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Full text of "Zentralblatt für Kinderheilkunde - Monatsschrift für praktische Ärzte 8.1903"

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New York 

State College of Agriculture 
At Cornell University 
Ithaca, N. Y. 


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CORNELL URIVERSITY LIBRARY 


T>igitiz ; ed by 













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CENTRALBLATT 


FÜR 

KI N DE R H EI LKUNDE 


EINE MONATSSCHRIFT FÜR PRAKTISCHE ÄRZTE. 


HERAUSGEGEBEN 


Dr. MED, EUGEN GRAETZER, 

PRAKT. ARZT IN SPROTTAU. 


8. JAHRGANG 1903. 



LEIPZIG, 

VERLAG VON JOHANN AMBROSIUS BARTH 


1903. 


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Z.5L 


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142995 


Alle Rechte Vorbehalten. 


Druck von Metzger & Wittig in Leipzig. 


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Inhaltsverzeichnis des VIII. Jahrganges 


Originalien. 

BrQning, H., Beitrag zur Lehre der Vergiftangen im Kindesalter 397, 447. 

Deutsch, E., Gratismilch- und Ordinationsanstalten für Säuglinge 269, 313. 

Fromm, E., Erfahrungen über Sanatogen 93. 

Hecker, R., Ein Fall von He nochscher Purpura 355. 

Joseph, M., Herpes tonsurans im Kindesalter, 49* 

Mendel, K., Erfolg der Organtherapie -in > einem Falle von infantilem Myxödem 1. 
Springer, C., Echinokokkus der Pleura 5. 

Toff, E., Über Xeroform in der Kinderheilkunde 95. 


Referate. 

Abraham, P. S., Ein Fall von Bromausschlag 407. 

— Ein Fall von Impetigo im Anschluß an die Vakzination 417. 

Abt, J. A., Spontaneous Haemorrhages in New-bom Children 202. 

— Report of ninety cases of typhoid fever in infants and Children 382. 

— Typhoid fever in infancy and Childhood 382. 

Acland, T. D., Die Kindersterblichkeit an Pocken und die Vakzination 58. 

Adams, S. S., Septic Endocarditis 360. 

Adsersen, A., Gewichts- und Längenkurven neugeborener Kinder 230. 

Aldrick, Ch. J., Neuritis from Whooping-Cough 387. 

Alessandrini, G., Sehnentransplantationen bei Fuß Verkrüppelungen infolge von 
spinaler Kinderlähmung 501. 

Aräoz, M. G. et Santas, M. A., Les sarcomes viscdraux chez les enfants 343. 

Arlt, F. R. v., Die Aufhellung alter und frischer Hornhauttrübungen (ex conj. 
lymph.) durch Dionin 140. 

Armann, W. F., Die Behandlung des kongenitalen Klumpfußes an der Poliklinik 
des Baseler Kinderspitals 508. 

Aronson., Antistreptokokkenserum bei Scharlach 260. 

Asam, W., Taenia cucumerina bei einem Kinde 351. 

Aubertin, M. Ch., Das Einschlafen der Hände bei Skarlatina 477. 


Babonneix, Monopldgies diphthäriques experimentales 248. 

Bär, A., Schwellung der peripheren Lymphdrüsen im Säuglingsalter 369. 

Baginsky, A., Antistreptokokkenserum bei Scharlach 260. 

Balint, R., Weitere Beiträge zur diätetischen Behandlung der Epilepsie 497. 

Bandi, J., Über die Bereitung eines antibakterillen Diphtherieserums. Sein pro¬ 
phylaktischer und Heil wert 247. 

Baravalle, Über Anchylostoma-Anämie im Kindesalter 126. 

Barker, J. P., Pneumonia in Children 331. 

Baron, C., Zur Kenntnis der Angina exsudativa ulcerosa (Angina Vincenti s. 
Angina diphtheroides) 321. 

Bartenstein, L., Die Lebercirrhose im Kindesalter 292. 

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Inhaltsverzeichnis. 


Bartenstein, L, Ein Fall von Retentio nrinae bei einem 10 Monate alten, weiblichen,, 
imbezillen Säuglinge mit periproktitischem Abszeß 458. 

Bäudler, S. W., Some observations on Vulvovaginitis in Ohildren 424. 

Baudouin, M., Nouveauz cas de Teratopages ayant väcu: Xipbopages. Un cas 
d’Hypogastro page viable. Un nouveau Sternopage 438. 

Baumm, P., Behandlung der Schädelimpression bei Neugeborenen 429. 

Beaumont, W. M., Paralysis of the Accomodation an a posteriori viev of diph- 
theria 240. 

Bechterew, W. v., Über operative Eingriffe bei Epilepsia choreica 157. 

Beck, C., Lichen simplex chronicus bei einem 9 Jahre alten Knaben 411. 

Benassi, P., Psoriasis infantum 413. 

Bender, 0., Zur Ätiologie des Schulterblatthochstandes 184. 

Berestneff, N., Über die Gewinnung eines hochwertigen Diphtherieheilserums 247. 

Berghinz, G., Ein Fall von Zerebrospinalmeningitis, verursacht durch Meningococcus- 
intracellularis 172. 

— Chronische, nicht syphilitische Nephritris parenchymatosa, beginnend von den» 
ersten 3 Monaten des Lebens 454. 

— Anatomische Studie über einen Fall von Little scher Krankheit 501. 

Berkenheim, G., Über die gonorrhoische Vulvovaginitis bei Kindern 423. 

Bernard, J., Über ein sicheres Frühsymptom des Typhus abdominalis im Kindes¬ 
alter 384.. 

Bernert, R., Über Azetonurie bei Typhus abdominalis 233. 

Bernhard, L. u. Blumenthal, L, Zur Kenntnis des kongenitalen Elephantiasis 63. 

Bertelsmann, Über einen eigenartig verlaufenen Fall von Schenkelhalsfraktur bei 
einem 15jährigen Jungen mit Ausgang in Coxavarasteilung 187. 

— Spontanluxation des linken Hüftgelenks im Verlaufe eines Scharlachs 262. 

Berti, G., Ein Fall von Satumismus im Kindesalter 404. 

Beuthner, W., Beobachtungen über die Nahrungsmengen von Brustkindern unter 
Berücksichtigung des Energiequotienten 114. 

Bdzy, Contribution k la Tuberculose infantile 375. 

Biro, Über Epilepsie 496. 

Bischoff, E., Pathologisch-anatomischer Befund bei familiärer spastischer Spinal- 
paralyse 163. 

— C. W., Zur Frage des Argentumkatarrhs bei Neugeborenen 427. 

Bloch, C. E., Studien über Darmentzündung 121. 

— E., Der hohe Gaumen 468. 

Blum, V., Die Coxa vara als Belastungsdeformität 505. 

Bolle, C., Zur Therapie der Barlowsehen Krankheit 203. 

Bondi, M., Megalophthalmus und Hydrophthalmus in einer Familie 434. 

Bontillier, A case of Aneurysm of the transverse portion of the aortic arch in & 
girl of 9 years 336. 

Boot, G. W., A case of Blidness and Deafness following Eclampsia in a child 490. 

Borchgrevink, Fall von anatomisch nachgewiesener Spontanheilung der tuberkulösen 
Peritonitis 377. 

Bra, M., Du parasite trouv£ dans le sang des 6pileptiques 153. 

— Du parasite trouv6 dans le sang des 6pileptiques. Son agglutination par le 
staun des animaux infeetäs et parle s6rum des 6pileptiques 153. 

Bram well, Urticaria ab ingestis 411. 

Broca, A., Trepanation pour troubles consecutifs a une fracture ancienne du 
crane 171. 


— Allgemeine Indikationen für die Behandlung des angeborenen pes varus- 
equinus 507. 

— Die schmerzhafte Pronation der jungen Kinder 512. 

Brown, G. $., Operation in a case of extradural haemorrhage the result of Whoo- 
ping-Cough 325. 

Brückner, M., Zur Pathologie der Masern 35. 

Brühl, Die Pflege des Gehörs in der Schule 146. 


Brüning, H., Tuberkulose der weiblichen Geschlechtsorgane im Kindesalter 16. 
— Über die Ernährung kranker Säuglinge mit Buttermilch 284. 

Bruns, L., Über Chorea electrica 159. 

Buday, K., Über, einige seltenere Entwickeiungsanomalien 439. 

Burckhardt, E., Über paroxysmale Hämoglobinurie 358. 

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Inhaltsverzeichnis. 


T 


8urke, J., Über angeborene Pulmonalstenose 71. 

Byk, L, Über die Anwendung des Pyramidons bei Typhus abdominalis 384. 


Caccia, Un case di meningite cerebro-spinale du batterio emofilo di Pfeiffer 889. 

CachioJe, M. V. Über die Anwendung des Pyridin beim Keuchhusten 23« 

Cailll, A., Chronic parenchymatous nephritis in a cbild treated by renal decap- 
sulation (Edebohls Operation) 237. 

— Sadden Death of an Infant six months old due to Compression of large Blood- 
vessels by an enlayed Thymus Gland 837. 

Calabrese, Beitrag zum Studium der Kinderlähmung 169. 

Camerer, Zur Physiologie des Säuglingsalters 229. 

— Die stickstoffhaltigen Bestandteile im menschlichen Urin und die sogenannte 
Acidose 284. 

Camp, De La, Familiäres Vorkommen angeborener Herzfehler, zugleich ein Beitrag 
zur Diagnose der Persistenz des Ductus arteriosus Botalli 367. 

Cappuccio, Über das Pfeiffersche Drüsenfieber 320. 

Caro, Über Buttermilch als Säuglingsnahrung 107. 

Carr, W., Contrasts between certain common diseases in children and adults 365. 

Cassel, J., Statistische und ätiologische Beiträge zur Kenntnis der Herzfehler bei 
Kindern 362. 

Cataneo u. Marinso, Über einige Hautsinnesfunktionen und dem Baumsinn im 
Kindesalter 231. 

Celli, C., Spezifische Autocytotoxine im Blute der Epileptiker 497. 

'Cesarini, Febriler Keuchhusten; Typus intermittens quotidianus 386. 

Chapell, Traumatism during adenoid Operations 145. 

— A case of Adenoids with Malaria 465. 

Chiari, H., Zur Entstehung der kongenitalen Darmatresie aus Intussusception 345. 

Ciechansky, 8., Über die Liehttherapie der tuberkulösen Gelenkaffektionen bei 
Kindern 211. 

Cima, Eitrige Pleuritis bei einem 2jährigen Kinde 10. 

— Beitrag zum Studium der histologischen Veränderungen der Milz bei der 
infektiösen Anaemia splenica der Kinder 202. 

Clairmont, Zur Tuberkulose der Schilddrüse (Struma tuberculosa) 17. 

Cnopf, Thrombophlebitis des Sinus longitudinaliß bei Morbillen 253. 

Cohn, Moritz, Einige Bemerkungen zur Behandlung der Furunkulosis 414. 

— Michael, Zur Frage der inneren Erkrankungen und plötzlichen Todesfälle im 
Anschluß an die Heilung eines Säuglingsekzems 416. 

Collom, Some remarks on intubation in diphtheria 249. 

Colmayer, Klinischer Beitrag zum Studium der Böteln 255. 

Comba, C., Die Behandlung der akuten Larynxstenosen bei Masern 252. 

— Ein großer Fremdkörper in den Luftwegen 340. 

Comby, L, 9 Fälle von infantilem Skorbut 359. 

Concefti, L., Die Phosphorbehandlung bei der Bachitis 196. 

— Ein Fall von Pseudobulbärparalyse infolge von Gehirnläsion bei einem 5jährigen 
Knaben 489. 


Cooke, W. S., A case of Tetanus following Vaccination 419. 

Cossmann, Azetonvergiftung nach Anlegung eines Zelluloid-Mullverbandes 453. 
Cozzelirvo, 0., Über die Wirkung der Thymusexstirpation bei jungen Kaninchen 335. 

— Intorno eil* eritema scarlatiniforme desquamativa recidivante 411. 

— u. Pezzulo, P., Über den Hirndruck beim Säugling während des Erbrechens 460. 
Crisafi, La funzionelitä del fegato nie bambini proveta ore levulosio 289. 


Crocker, H., Folgeerscheinungen der Vakzination 58. 

Cronheim, W. u. MUller, E., Versuche über den Stoff- und Kraftwechsel des Säug¬ 
lings mit besonderer Berücksichtigung des organisch gebundenen Phosphors 115. 

-Untersuchungen über den Einfluß der Sterilisation der Milch auf den 

Stoffwechsel des Säuglings unter besonderer Berücksichtigung der Knochen¬ 
bildung 277. 

Czerny, A., Uber die Bedeutung des Turgordruckes der Gewebe für das Kind 
im ersten Lebensjahre 197. 

— Über die Beziehungen zwischen Mästung und skrofulösen Hautaffektionen 412. 

Czyzewicz, Ein Fall von retrosakralem Dermoid 79. 

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Inhaltsverzeichnis. 


Davis, G. G., The forcible Eeposition of congenital Luxation of the Hip 507. 

Day, i. M., Das Inkubationsstadium der Varicellen 63. 

De|erine, J., Sur la rigiditä spaemodique congenitale d’origine m6dullaire. Syn¬ 
drome de Little par 14sion m4dullaire en foyer <36velopp6e pendant la vio 
intra-uterine 500. 

Delafosse, E. u. Salusbury, R., A case of Pulmonary and Tricuspid Regurgitation, 
following chronic Bronchitis and Emphysema 70. 

Delektorsky, N., Über die Atropinbehandlung des Heus bei Erwachsenen und 
Kindern 347. 

Dent, E. A., Konkurierendes Scharlach- und Masernexanthem 257. 

Deutsch, E., Die Anwendung von Bismutose bei den Ma gen darin erkrank un gen der 
Säuglinge 100. 

— Über Masturbation 150. 

— Über Lecithinpräparate 376. 

Dewolf, H., A report of thirteen cases of Edema, apparently epidemie in Charakter 287. 

Dickson, J. F , Adenoide and their Treatment 466. 

Ddbert, A., Eine Scharlachepidemie auf der Masemstation 477. 

Dokuszajewa, E., Über die Bedeutung der Ungleichheit des Pulses für die Diagnose 
der Persistenz des Ductus arteriosus Botalli 367. 

Dollinger, J., Die Behandlung der Oberschenkel- und Oberarmfirakturen Neugeborener 
und kleinerer Kinder 85. 

Dore, S. E., Postvaccinale Psoriasis 57. 

Dorn, Fr., Beitrag zur Ernährungstherapie 281. 

Dresler, K., Beitrag zur Diagnose der Persistenz des Ductus arteriosus Botalli 70. 

Dreuw, Zur Behandlung der Psoriasis 414. 

Drozda, J. V., Ein aparter Fall von akuter Leukämie (Sarcomatosis leucaemica) 370. 

Duel, A. B., The operative Treatment of Stenosis of the Larynx following Intubation 
and Tracheotomy 337. 

Durante, D., Über die hämolytische Eigenschaft des Bacterium coli cummune 125. 

— Klinische Formen kindlicher Tetanie. Der Tremor der Kinder 162. 

Duval, W u. Basset, H., The etiologie of the summer diarrheas of infants 125. 

Eckholm, K., Zur Scharlachübertragung durch Milch 473 :> 

Edlefsen, G., Das Ammoniak in der Atmungsluft und die Ätiologie der Rachitis 196. 

Edsall, D. L., Eecurrent Vomiting in Children 460. 

Ehrlich, P., Bemerkungen zu dem Aufsatze von Dr. v. Niessen: Diphtheriebazillen 
im Blute und im Behringschen Heilserum 244. 

Emanuel, C., Über intrabulbäre Tuberkulose bei Kindern und Bemerkungen über 
die Differentialdiagnose zwischen Tuberkulose und Netzhauttumoren 209. 

Engel, C. S., Über die Anwendung der Schultzeschen Schwingungen bei Bron¬ 
chiolitis und katarrhalischer Pneumonie junger Kinder 329. 

Eppinger, H., Die toxische Myolyse des Herzens bei Diphtheritis 242. 

Epstein, A., Ein Schaukelsessel für kleine Eachitiker und Schwächlinge 194. 

— Über die Indikationen Franzensbads für das Kindesalter 424. 

Erdmann, P., Beiträge zur Kenntnis der kongenitalen Syphilis der Leber 293. 

Escher, C., Zur Frage der angeborenen Rachitis 195. 

Escherich, Th., Die Erfolge der Serumbehandlung des Scharlachs an der Univers.- 
Kinderklinik in Wien 474. 

Eulenburg, A., Oerebrin bei Epileptikern 155. 

Everard, 5 mal Scharlachfieber 262. 


Faber, E. E., Die Todesursachen bei der Diphtherie 241. 

Fasching, M., Über Jodoform-Kalomelbehandlung 301. 

Feer, E., Weitere Beobachtungen über die Nahrungsmengen von Brustkindern 113. 
Fein, J., Eine neue Kürette für die Abtragung der adenoiden Vegetationen im 
Nasenrachen 19. 

Felix, E., Die Wichtigkeit der Untersuchung des Gehörapparates bei Kindern in 
Normalschulen 470. 


Feit, C. L, Postdiphtheric Paralysis affecting the Ear and Throat 239. 

Fdrd, Ch., Urticaire d’origine alimentaire limit^e aux parties non paralysdes dans 


un cas d’hdmiplegie infantile 168. 


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Inhaltsverzeichnis. 


VII 


Fick, J., Beoabachtungen über tertiäre Lues in Prof. Ehrmanns Ambulatorium in 
Wien 298, 

Finkelstein, Die Ernährung der Säuglinge im Kinderasyl der Stadt Berlin 108. 
Fischer, Über Urethritis gonorrhoica bei Kindern männlichen Geschlechts 86. 

— A., Stillung größerer nach Tonsillotomie auftretender Blutungen 468. 

— H., Die chirurgischen Ereignisse in den Anfällen der genuinen Epilepsie 157. 

— H., Beitrag zum Kapitel der rationellen Säuglingsernährung 282. 

— H., Über Sirolinbehandlung 876. 

— L, Clinical Results with Antistreptococcus Serum in Scarlet Fever 260. 

— L, A case of Intussusception in a Baby five months old 846. 

— M. Infantile Diabetes mellitus 286. 

— Th., A case of Ascites due to Thrombosis of the hepatic veins 298. 

Flamini, Contributo allo studio della bacteriuria nel tifo 884. 

Flatau, G., Über FJeischsaft „Puro“ 101. 

Flemming, C. E. S.. Notes on three pathological specimens 861. 

Floren, Zur Kasuistik der chirurgischen Therapie der Darminvagination 347. 
Foggie, W. E., A case of cerebral diplegia after wbooping-cough 387. 

Fournler, E., Des Dystropbies veineuses de l’hör^do-sypbilis 297. 

Francioni, C., Ein eigentümlicher Fall von Zerebralsklerose 490. 

Frank, J„ Primary Tuberculosis of the Parotid Gland 208. 

Franzi, F., Klinischer Beitrag zum Studium der Rigaschen Krankheit 319. 

Freund, W., Säuren und Basen im Urin kranker Säuglinge 284. 

Friedemann, B., Kreosotal bei Pneumonie 330. 

Friediung, i. K., Beiträge zur Diagnostik und Therapie der Stenosen der oberen 
Luftwege 338. 

— Zwei Fälle von Glioma cerebri 491. 

— u, Hecht, A. F., Kasuistisches aus dem Jahresberichte 489. 

Friedländer, v., Beitrag zur operativen Behandlung des Klumpfußes und Platt¬ 
fußes 509. 

Friedmann, L, Thiocol bei Lungenbazillose 376. 

Frischitta, Der Morbus Basedow im Kindesalter 334. 

Fuchs, C., Klinisch-therapeutische Erfahrungen über Thiokol und Sirolin 14. 
Fuchsig, E., Zur Frage der diffusen septischen Magenblutungen 360. 

Fürst, L, Das Problem, den Keuchhusten abzukürzen oder zu koupieren 23. 

— Klinisches und Therapeutisches über die anämische Form der Rachitis 201. 
Füth, H., Über eine angeborene Geschwulstbildung perithelialer Natur am Ober¬ 
kieferzahnfleisch eines 2 Tage alten Mädchens mit Hineinziehung des Schmelz¬ 
keimes 72. 

Fuhrmann, E., Ein seltener Fall von Erythema nodosum 411. 

Füller, E., A New Use for Thyreoid Extract 202. 


Gallois, P. u. Springer, M., Maladie de Little trös am61ior£e par le traitement mer- 
curiel 163. 

Gal Vagno, P., Über die pathogene Wirkung der im Kindesalter häufigsten Ein¬ 
geweidewürmer 126. 

—- Über Gonokokkenperitonitis der Kinder 427. 

Ganghofner, F., Zur Diagnose der Tetanie im ersten Kindesalter 161. 

Geipel, P., Weitere Beiträge zum Situs transversus und zur Lehre von den Trans¬ 
positionen der großen Gefäße des Herzens 367. 

Geißler, Beitrag zur Serumbehandlung der Diphtherie 246. 

Gerlach, W., Tod nach einer Antidiphtherieseruminjektion 242. 

Geriöny, S., Die Diphtherieheilserumtherapie im St. Ladislaushospital im Jahre 
1901. 246. 

Gershel, M. A., Subcutaneos Abscesses due to the Gonococcus 426. 

Gessner, C., Zur Kusuistik der familiären amaurotischen Idiotie 144. 

—* Über Entbindungslähmung 183. 

Giarrä u. Pichl, Bakteriologische Untersuchungen bei einigen Komplikationen der 
Masern 34. 

Gihney, V. P-, The Value of prolonged and uninterrupted immobilization in Pott’s 
disease of the Spine 184. 

— Present Status of congenital Dislocation of the Hip and the blooless Re- 
duction 507. 


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vm 


Inhaltsverzeichnis. 


Glatarä, L, Die Nasendiphtherie 240t 

Glinski, L. K., Zur pathologischen Anatomie der akuten Lymphämie 370. 

Goldmann, R., Ein Fall von zerebraler Kinderlähmung 136. 

Goldreich, L, Meningitis bei Neugeborenen 390. 

Goliner, Zur Behandlung der Magendarmaffektionen im Kindesalter 100. 

Golewki, S., Beiträge zur Anatomie und Pathogenese des Kryptopbthalmus eon- 
genitus 143. 

Gordon, A., Amyotrophie lateral Sclerosis in a boy of 15 with a histovy of acute 
arterior poliomyehtis in infancy 501. 

Graham, E. E., Pertussis with unusual cerebral Symptoms 386. 

Grande, E., Über einen Fall von Rigascher Krankheit 319. 

Gregor, K., Untersuchungen über die Atembewegungen des Kindes 231. 

— Über die Unschädlichkeit der Verfiitterung grober Mengen von Thyreoidea 
an Kinder 334. 

Griffith, Fr., Ein Instrument, um eine Hydroeele zu diagnostizieren 350. 

— Gonorrhoische Ophthalmie 427. 

Grober, J. A., Zwei seltenere Masernfälle 254. 

Groß, A., Über angeborenen Mangel der Schlüsselbeine 486. 

Groth, Alfrd., Beiträge zur Kenntnis der Nebenpocken im Verlaufe der Vakzination, 
sowie der postvakzinalen Exantheme 417. 

Günther, Eine bösartige Scharlachepidemie 474. 

Guida, Behandlung des Diabetes mellitus bei Kindern 235. 

Guth, H. u. Rosenfeld, R., Sklerodermie und Myosklerose 408. 
fttthrfe, L., The Medical Treatment of tuberculous Peritonitis 378. 

Guttmann, J., A case of epidural Abscess of Otitis origin-Operation-Recovery 389. 
Gutzmann, Die Sprachentwickelung des Kindes und ihre Hemmungen 148. 


Haherda, A., Zur Frage des Beweiswertes der Lungenprobe 428. 

Haberer, H., Ein Fall von Polydaktylie des Fußes 437. 

Habermann, J., Zur Entstehung der Taubstummheit infolge von Mittelohrerkran¬ 
kung 147. 

Hagenbach-Burckhardt, E., Die Barlo wache Krankheit in der Schweiz 204. 

— Über Pemphigus contagiosus 410. 

Haim, E., Beitrag zur Pathogenität des Bacillus proteus vulgaris (Hauser) 383. 

Hainiss, 6. v., Das massenhafte Auftreten von Askariden bei einem 6 Jahre alten 
Knaben 352. 

Hali, J. N., Congenital Dilatation of the small Intestine 344. 

Halmi u. Bajarus, Über Behandlung der Epilepsie nach der Methode Toulouse- 
Richet 497. 

Hammerschlag, V., Ein neues Einteilungsprinzip für die verschiedenen Formen der 
Taubstummheit 147. 

Hanszel, Ein kongenitaler Rachenpolyp 65. 

Harbitz, Fr., Die „Lungenprobe“ und ihre Bedeutung bei legalen Obduktionen von 

. neugeborenen Kindern 228. 

Haudek, Die Operationsmethoden der modernen Orthopädie 82. 

Haug, Entwickelung von Impfpusteln an beiden Ohren bei einem Kinde infolge 
Badens in infiziertem Badewasser 418. 

Hecht, A., Über Sauerstoffinhalationen hei Kinderkrankheiten 362. 

— Grippe und eitrige Meningitis mit dem Befund der Influenzabazillen 388. 

Hecker, R., Die Erkennung der fötalen Syphilis 38. 

— Die sogenannte Abhärtung der Kinder 225. 

.— Th. v., Über die Funktionen des kindlichen Magens bei Verdauungskrank- 
heiteu 120. 

Heermann, G., Über akute Nekrose des Warzenfortsatzes und Felsenbeins nach 
Scharlach 472. 

Heiberg, P., Einige Bemerkungen zum Artikel Kassowitz über die Resultate der 
Serumbehandlung bei Diphtherie 244. 

Heimann, G., Ein Beitrag zur Idiotenstatistik 494. 

flellesen, Über den Stickstoffwechsel der an Adipositas nimia leidenden Kinder, 
besonders bezüglich Abmagerungskuren 117. 

Herrman, Ch., A case of Achondroplasia (Micromelia) 198. 

— A case of Paroxysmal Hemoglobinuria in a boy your years old 234» 


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Inhaltsverzeichnis. 


IX 


Henrmami, Ein schwerer Fall von Tetanus traumaticus 419. 

Hertle, J., Über eine neue Methode zum plastischen Ersatz von Sehnendefekten 78. 

Herzberg, J., Sind in der Mundhöhle mit Ammenmilch ernährter Säuglinge Strepto¬ 
kokken vorhanden? 122. 

Heubner, 0., Die Energiebilanz des Säuglings 114. 

— Bemerkungen zur Scharlach- und Diphtherieniere 238. 

— Eine Allgemeininfektion mit Soor 328. 

Heusner, L, Über die angeborene H&ftluxation 185. 

— Über einen neuen Apparat für die Nachbehandlung der angeborenen Hüffc- 
luxation 186. 

Hibler, E. ¥., Vorfall eines zystisch erweiterten Ureters durch Harnblase und 
Urethra in die Vulva bei einem 6 Wochen alten Mädchen 457. 

Hippius, Einige Fragen aus dem Gebiete der Milehpasteurisation 104. 

Hirsch, D., Kann das Diphtherieheilserum auch auf andere Krankheiten günstig 
einwirken? 57. 

— G., Zur Dacryocystitis congenita 142. 

Hirschl, Über die Behandlung der gonorrhoischen Vulvovaginitis 429. 

Mitschmam», F. u. Undsnthat, 0. Th., Zur Frage der Verwertbarkeit der Lungen¬ 
schwimmprobe bei Keimgehalt der Uterushöhle 229. 

Hochsinger, C., Diagnostische Betrachtungen über drei seltene Formen infantiler 
Kardiopathien 366. 

— Über eine akute kongelative Zellgewebsverhärtung in der Submentalregion 
bei Kindern 416. 

Htfdhnossr, Sprengel sehe Difformhät mit Cucullarisdefekt und rechtsseitiger 
Wanderniere bei einem 12jährigen Knaben 80. 

Mtaigscbmied, E., Weitere Mitteilungen über die Anwendung und Wirkung des 
Jodipins 300. 

Hoffa, Über die orthopädische Behandlung der spinalen Kinderlähmung 76. 

Hofmeister, Ein neues Massageverfahren 85. 

— Über Verkrümmungen des Beines nach Knieresektion im Kindesalter 190. 

Hohlfeld, HL Zur tuberkulösen Lungenphthise im Kindesalter 15. 

Hehih, Arth., Ein Fall von Kopftetanus mit Hypoglossuspareee, geheilt nach Dural¬ 
infusionen von Behringschem Antitoxin 420. 

Houssay, Aphthöses Fieber 320. 

Huber, Fr., Brachial monoplegia in the course of Chorea minor 500. 

Hudovemig, K., Beitrag zur pathologischen Anatomie der Chorea minor 498. 


tdeUehu, Ein Beitrag zur Frage über infantile Tabes 40. 

Imhofer, R., Ein Fall von Spontanluxation des Amboß mit fistulösem Durchbruch 
in den knöchernen Gehörgang 472. 


Jacabt, Die Theinhardtsche lösliche Kmdemahrung 100. 

Jacob!, A., Canses of Epilepsie in the Yonng 151. 

— A., Peribronchitis and Interstitial Pneumonie 930. 

Jabobson, Gr., Über die Ernährung gesunder und dyspeptischer Säuglinge mit 
Buttermilch 285. 

Jacquier, A., Vorübergehende Verlangsamung und Arythmie des Pulses beim 
Kinde 368. 

Jäger, Die Resultate der Diphtheriebehandlung im Mülhauser Bürgerspital vor 
und nach der Anwendung des Behringschen Heilserums 28. 

Jakobi, S., Über das Erscheinen von Typhusbazillen im Urin 233. 

Jamfirescu, Haemorrhagia cerebralis bei einem 13jährigen Kinde, Meningitis vor- 
tänschend 171. 


Jamieson, Dermatitis vegetans 55. 

Jarcho, J.. Über harnsaore Diathese bei Kindern 461. 

Jemma, Über die lösliehen Fermente der Milch und ihre Bedeutung für die künst¬ 
liche Ernährung 281. 

Jensen, Etfm., Über Xeropbthalmie bei Säuglingen 483. 

Jessen, W., Schwere BromoformVergiftung bei einem 3jährigen Kinde mit Aus¬ 
gang in Genesung 407. 

Jonescu, Die Cirrhosis cardio-tuberculosa 16. 

Joseph. E., Über angeborene bösartige Neubildungen 456. 

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X 


Inhaltsverzeichnis. 


Josias, A., Traitement de la tuberculose pulmonaire chez les enfants par le suc 
musculaire et la viande crue 375. 

Jovane, A., Die Verteilung der Glykogenmenge auf die beiden Leberlappen 290. 

Jundell, J., Einige klinische und bakteriologische Beobachtungen über die Influenza- 
konjunktivitis bei Säuglingen 24. 

Kander, Resektion und Naht der Trachea bei Tracheal- und diaphragmatischer 
Larynxstenose 250. 

Kantorowicz, A., Zur Kasuistik der Heilung der Enuresis nocturna durch Ent¬ 
fernung adenoider Vegetationen 465. 

Kapsammer, G., Über Enuresis und ihre Behandlung mittels epiduraler Injektionen 463. 

Karewski, Zur Radikaloperation des angeborenen Leistenbruchs kleiner Kinder 348. 

Kashiwamura, S., Drei Fälle primärer Lungenaktinomykose 333. 

Kassowitz, Bemerkung zu den Bemerkungen von Heiberg 244. 

Katz, L., Ein modifiziertes Eingmesser (knieförmiges Adenotom) mit einigen Be¬ 
merkungen 467. 

Katzenstein, Ein Fall von Morphium Vergiftung im frühesten Kindesalter 404. 

Kausch, W., Cucullarisdefekt als Ursache des kongenitalen Hochstandes der 
Skapula 80. 

Keller, Zur Ätiologie angeborener Klumpfüße und Gelenkkontrakturen 510* 

— A., Fettumsatz und Acidose 284. 

Kerley, Ch. G., Diphtheria, with and witbout antitoxin; 159 cases 245. 

Kilmer, T. W., Whooping-cough. A new Method of Treatment 387. 

Kiwell, E., Bromoformvergiftung bei einem 3jährigen Kinde mit tötlichem Aus¬ 
gang 406. 

KlauBner, F., Zwei Fälle von Herniotomie wegen Inkarzeration von Coecum und 
Processus vermiformis bei kleinen Kindern 348. 

Klein, A., Die physiologische Bakteriologie des Dannkanals 123. 

Klippel, M., Multiple kongenitale Dystrophie des elastischen Gewebes 185. 

Kn aut, Zwei Fälle von Strammonium Vergiftung 403. 

Knöpfelmacher, W., Über die Auslösung der Milchsekretion bei Mutter und Kind 112. 

Kobrak, E., Erwiderung auf den Aufsatz von Dr. Natanson: Über den Milch¬ 
pasteurisierapparat von Dr. E. Kobrak 279. 

Koch, G., Über Knochenzysten in den langen Röhrenknochen 514. 

Kölliker, Th., Osteotomie und Osteoklase bei rachitischen Deformitäten der unteren 
Extremität 192. 

Kompe, K., Kasuistische Beiträge zur Lehre von den Mißbildungen 437. 

Konarshewsky, Das Diphtherieheilserum als therapeutisches und prophylaktisches 
Mittel bei Keuchhusten 249. 

Kopczynskl, St., Contribution k l’e tu de de Fanatomie pathologique et de la patho- 
g6nie de la chor6e 498. 

Koplik, H., The occurence and Mortality of Typhoid Fever in Infants and Ohildren 381. 

Koppen, A., Über einen Fall von Atrophia nervi optici und Mikrophthalmus im An¬ 
schluß an eine Läsion des Sehnerven intra partum 143. 

Kos, IW., Erworbenes Ankyloblepharon infolge akuten Trachoms 433. 

Koslowsky, IW., Die operative Behandlung partieller Hornhautstaphylome 141. 

Kramer, A., Über eine seltene Intoxikation 402. 

Kraus, E., Über den Wert des Hygiama als Nährmittel 101. 

Krause, H., Zur Behandlung der Lungen- und Kehlkopftuberkulose mit Hetol 13. 

Krautwig, P., Über plötzliche Todesfälle im Kindesalter 336. 

Krebs, W., Zur Frage der Abhärtung 226. 

Kremm, P., Die Radikaloperation des kindlichen angeborenen Leistenbruchs 129. 

Krönig, Zur Frage der Verwertbarkeit der Lun gen schwimmprobe bei Keimgebalt 
der Uterushöhle 229. 

Kuliga, P., Zur Genese der kongenitalen Dtinndarmstenosen und Atresien 345. 

Kulischer, M. u. Epstein, D., Zur Kasuistik der kongenitalen Syndaktylie 437. 

Kuno, Fr., Verlauf und Ursache einer Hospitaldiphtherieepidemie 27. 

— Fixierte Tuben und Bolzenkanülen bei erschwertem Dekanulement 339. 


Labbd, R., Epreuve de la chlorurie alimentaire dans la scarlatine et la diphtherie 
Fenfance 475. 

Lämmerhirt, F. K., Multiple Larynxpapillome im Kindesalter 341. 


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Inhaltsverzeichnis. 


XI 


Lang, J., Über Glvkosurie als Initialsymptom einer Schrumpfniere 2S6. 

Lange, E. v., Die Gesetzmäßigkeit im Längenwachstum des Menschen 479. 

Lange, De., Zur Kasuistik der Phosphaturie im Kindesalter 235. 

Lannelongue, Note sur la syphilis osseuse h£r6ditäre chez les nouveau-n6s (Malad ie 
de Parrot), chez les enfants et les adolescents, chez les adultes et les vieillards 
(Maladie de Paget) 298. 

Laubi, 0., Methode und Resultate der Ohren untersuch ungen von 22894 Schülern 
der ersten Primarklassen der Stadt Zürich 471. 

Lauenstein, K., Zu Ogstons Operation des rebellischen Klumpfußes (Entfernung 
der Knochenkerne der Fußwurzel und nachherige Umformung des Fußes) 509« 

Lazansky, L., Kreosotal bei Krupp 26. 

Leiner, K., Über die sogenannten skarlatiniformen Serumexantheme bei Diphtherie 31. 

— Über Wundscharlach bei Verbrennungen 263. 

Leitner, v., Kolobom der oberen Augenlider 434. 

Lentz, Vergleichende kulturelle Untersuchungen über die Ruhrbazillen und ruhr- 
ähnliche Bakterien nebst einigen Bemerkungen über den LakmusfarbstofF 124. 

Leopold, J. u. Levi, V., A case of selz-induced Oystitis duo to the Colon Bacillus 459. 

Levy, L., Zur Kasuistik der Prostatagewülste im Kindesalter 842. 

Lexer, E., Die Entstehung entzündlicher Knochenherde und ihre Beziehung zu 
den Arterien Verzweigungen der Knochen 512. 

Leyden, E. v., Die Behandlung des Scharlachs mit Rekonvaleszentenserum 32. 

Lichtwitz, Über einen Fall von angeborenem Diabetes insipidus, kombiniert mit 
nach Insolation hinzugetretener Epilepsie 154. 

Lieblein, V., Zur Kasuistik der Coxa vara infantum 505. 

Uebmann, Die Sprachstörungen geistig zurückgebliebener Kinder 148. 

— Stotternde Rinder 469. 

Liebscher, C., Über Inßuenzabezillenbefunde bei Masern- und Scharlacherkran¬ 
kungen 255. 

Linsbauer, R., Die Laryngitis pseudo-membranacea als Komplikation der Masern 251. 

Unser, Über die Beziehungen zwischen Nebennieren und Körperwachstum, be¬ 
sonders Riesenwuchs 481. 

Uon, M., Weiteres über die Cerebrintherapie der Epilepsie 155. 

üttle, Ein Fall von Tuberculosis verrucosa cutis 17. 

— Acne scrophVlosorum 17. 

— Ein Fall von Diphtherieexanthem 30. 

— Ein Fall von kongenitaler Syphilis mit seltenen Manifestationen 88. 

— Ein Fall von Dermatitis herpetiformis 54. 

— Zwei Fälle von Urticaria pigmentosa 56. 

— Ein Fall von Pityriasis rubra pilaris im Anschluß an die Vakzination 57. 

— Ein Fall von Sklerodermie in Streifenform 408. 

Löbel, L., Plattfuß und Skoliose 84. 

Löwenbach, G. u. Brandweiner, A., Die Vakzineerkrankung des weiblichen Genitales421. 

Longard. C., Zur Operation der Retentio testis inguinalis 350. 

Lörand, L, Beitrag zur Kenntnis des Echinococcus pleurae im Kindesalter 9. 

Lorenz, H., Zur Frage der Wachstumsstörungen und Gelenkdeformitäten infolge 
von traumatischen Epiphysentrennungen 190. 

Lovett, R. W., The mechanics of lateral curvature as applied to the treatment of 
severe cases 503. 

Lowenbura, H., Gonorrhoea in Children 426. 

Ludloff, Über Wachstum und Architektur der unteren Femurepiphyse und oberen 
Tibiaepiphyse 481. 

Lücke, R., Peritonitis tuberculosa traumatica mit Ileus 302. 

Lupescu, G., Die intramuskulären Injektionen von Sublimat in seltenen und 
massiven Dosen zur Behandlung der Lues bei Kindern 299. 

Lupus, H., Über Chinosol 328. 


Maas, 0., Über einige Fälle von Tabes im jugendlichen Alter 40. 

Maccarone, C.. Die Dyspepsie der Neugeborenen und Säuglinge und die Funktion 
der mütterlichen Brustdrüse 283. 

Machold, P., Ein seltener Masernfall 254. 

Mackenzie, H., Über die Behandlung von Larynxgeschwülsten bei Kindern 341. 
Magnus, Der operative Ersatz des gelähmten Quadriceps femoris 78. 


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Inhaltsverzeichnis. 


Mailiefert, Akute Hydroeele und Leistenbruch 849. 

Malley, Diphtheria Antitoxin in the infections or bacterial Bronchopneumonie of 
Childhood 248. 

Mamfonnst, Paralysie de l’accomodation et du voile du palais, conseeutive aux 
oreölons 481. 

Manicatide, E., Die Serotherapie bei Tussis convulsiva 23. 

— Ein neuer Fall von Angina mit Tetragenen 820. 

Mann, L, Über zerebellare Hemiplegie und Hemiataxie 170. 

Manstnrow, N., Über die sogenannte Rubeola scarlatinosa 476. 

Marchio, De., L’urina nella corea del Sydenham 499. 

Marfan et Gillet, Über zwei Fermente der Milch 106. 

Marinescir, Beiträge zum Studium der infantilen Hemiplegie 169. 

Martini, E. u. Lentz, 0., Über die Differenzierung"* der Ruhrbazillen mittels der 
Agglutination 125. 

Marx, E. u. Sticker, A., Untersuchungen über das Epithelioma contagiosum des 
Geflügels 6t. 

Massanek, G-, Ein Fall von Polyneuritis durch CO-Vergiftung 404. 

Massei, Wann darf man Krupp extubieren? 250. 

Matzenairer, R., Die Vererbung der Syphilis. Ist eine pateme Vererbung er¬ 
wiesen? 295. 

Mayer, W., Ein Fall von Pharyngitis gangraenosa, kombiniert mit Appendicitis 
gangraenosa 324. 

Meaver, G. H., Bacteriologie Studies of the Skin and Throat in cases of Scarla- 
tina 473. 


Meneau, J., De lTchthyose foetale dans ses rapports avec l’Ichthyose vulgaire 410. 
Mensi, Über Ursprung und Funktion der Hassalschen Körperchen 232. 

— Über Nephritis des Neugeborenen und Säuglings 455. 

Merkel, J., Fall von geheilter chronischer Epiphysenostitis der rechten Tibia 189. 
Meyer, Ad. \L> Zur Kenntnis der Magensaftsekretion der Säuglinge 118. 

— Betzy, Zur Kenntnis der bakteriziden Fähigkeit der Mileh 279. 

— E., Über Entwickelungsstörungen der Niere 457. 

Michel, F., Osteogenesis imperfecta 482. 

Middelton, S., Chud with a nervous affection chiefley characterised by tremors 159. 

— Two infants with great Enlargement of the Spleen and Anaemia 201. 

— Infant with great Enlargement of the liver and ascitea 292. 

— Child with cardiac affection, the nature and causation of which ane in doubt 365. 
Millard, C. K., Die Ätiologie der Scharlachrückfälle 33. 

Mills, W. S., Tonsillitis dassifild as an Infections disease 320. 

Mirinescu, M., Die Serotherapie der Diphtherie 29. 

Mitchell, E. W., Amygdalitis followed by Appendicitis, Nephritis and Endocarditis 324. 
Mdler, L, Bemerkungen über die seitlichen adenoiden Vegetationen im Nasen¬ 
rachenraum nebst Beschreibung eines neuen Instruments für deren Entfer¬ 
nung 466. 

Motear* u. Grenet, Die zerebro-spinale Form des typhösen Fiebers 881. 

Monnier, E., Larynxdiphtherie oder Larynxfremdkörper? 251. 

Moos, 0., Ein Fall von Lobärpneumonie mit konsekutivem Pemphigus acutus bei 
einem 2 1 / 4 jährigen Kinde 12. 

Morero, C., Akute diphtheroide Angina 322. 

Morty E., Über die Fermente der Milch 106. 

— Ernährungsversuche mit Soxhlets Nährzucker 282. 

Moser, P., Über die Behandlung des Scharlachs mit einem Scharlachstreptokokken¬ 
serum 258. 

— Über Antistreptokokkenserum bei Scharlach 260. 

Mraäek, Fr., Die Syphilis der Mütter und der Neugeborenen 294. 

Mllller, G., Über die obere Altersgrenze für die Behandlung der angeborenen Hüft¬ 
verrenkung 186. 

Mmrphy, Ch. E., Kongenitale Harnröhrenstriktur 64. 

Muus, N., Klavikularfrakturen Neugeborener bei Geburt in Schädellage 428. 

Mya, G., Über die durch den Pfeifferschen Bazillus verursachte fibrino-purulente 
Zerebrospinalmeningitis 172. 

— Drei Fälle von Lebercirrhose im Kindesalter 292. 


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Inhaltsverzeichnis. 


XIII 


Natanson, Über den Milchpasteurisierungsapparat von Dr. Kobrak 105. 

Neisser, E., Ein weiterer Beitrag zur Kenntnis vom chronischen Rachendlphtheroid26. 
Neumann, H., Über die Häufigkeit des Stillens 112. 

— Körpergewicht der Säuglinge nach sozialer Gruppierung 280. 

— Zur Frage einer ätiologischen Bedeutung des Cucullarisdefekies für den 
Schulterblatthochstand 508. 

— J., Klinische Bemerkungen über die Tuberkulose der Haut 210. 

— L., Untersuchungen über die Viskosität des Sputums und ihre Beziehung zuxn 
Husten, insbesondere zur Pertussis 21. 

Nicolai, C., Een zeldzame vorm van Morbus Barlowii 204. 

Nicolescu, D. D„ Die Hutchinson sehen Zähne 297. 

Niessen, V., Diphtheriebazillen im Blute und im Behringschen Heilserum 248* 
Noorden, C. v., Über Chinaphenin 827. 

Nordgren, P. E., Ein Fall von kongenitaler spastischer Pylorushypertrophie 488. 

Okerwarth, E^ Primäre Angina gangraenosa bei einem Knaben 322. 

Oehler, R., Über Tuberkulose-Infektion 206. 

Opdyke, The close analogy of trachoma to Adenoids 144. 

Orefice, E., Multiple Embolien und Thrombosen der Zerebralgefaße 490. 

Orescu, Ch., Die adenoiden Vegetationen 19. 

Orlandi, Contributo allo studio della cito diagnosi in aliune maletti infantili 390. 
Ornäs, C., Zur Kasuistik des Sarkoms des Dünndarms 343. 

Orta, Fr., Über Bi gasche Krankheit 819. 

Ostheimer, M., A case of congenital rachitis 195. 

Oswald, E., Zur Gelatinebehandlung bei Melaena neonatorum 203. 

Ottendorf, Ein Beitrag zur Tierskoliose 504. 


Pacchioni, D., Beschreibung und Pathogenese der Veränderungen der chondralen 
Verknöcherung bei der Rachitis 193. 

— Ein Fall von schwerer Hepatitis mit schwerem Ikterus bei einem von einer 
nephritischen Mutter ernährten Säugling 289. 

Painter, Infantile Paralysis; an epidemie of thirty-light cases 165. 

Palm, Kongenitale Vergrößerung einer normal gebauten Niere bei Defekt der 
anderen, ein Beweis für die Tätigkeit der Nieren im embryonalen Leben 64. 

Palmer, J. F., Die Wirkung der Revakzination der schwangeren Mutter auf die 
Leibesfrucht 419. 

Pdndy, Die Erfolge der Epilepsiebehandlung nach Toulouse-Richet 155. 

Panzer, Th., Notiz über den Ham des menschlichen Fötus 233. 

Parker and Nicol, Case of multiple hypertrophy of the sebaceous glands of the 
face in a congenital epileptic 155. 

Paterno, J., Experimentelle klinische Studie zu Parrots Athrepsie 288. 

— Untersuchungen über die pathologische Anatomie der Parrotschen Athrep¬ 
sie 288. 

Penkert, M., Über die Beziehungen der vergrößerten Thymusdrüse zum plötzlichen 
Tode 20. 

— Über idiopathische Stauungsleber 66. 

Peter, L C., Postdiptheric Paralysis affecting the general Nervous System 239. 

Petruschky, J., Spinalgie als Frühsymptom tuberkulöser Infektion 372. 

Pfeiffer, Th., Beitrag zur Therapie und Klinik des Tetanus 421. 

Pfister H., Die Erziehung und Behandlung seelisch Belasteter in Haus und 
Schule 150. 


— Die Kapazität des Schädels (der Kopfhöhle) beim Säugling und älteren 
Kinde 391. 

— Über das Gewicht des Gehirns und einzelner Hirn teile beim Säugling und 
älteren Kinde 478. 

Pineies, Fr., Über Thyreoaplasie (congenitales Myxödem) und infantiles Myxödem 200. 
Pinkus L., Zur Prophylaxe der Gynatresie 425. 

Pipping, W., Ein Fall von Polyarthritis deformans bei einem Kinde 189. 

—■ Über das Vorkommen der Spätstörungen nach Tracheotomie bei Krupp 340. 
Placzek, Zur forensischen Beurteilung frühzeitiger Onanie 151. 

Plantenga, Kindersterfte en Zuigelingenklinieken 109. 


— Die Leukozytose bei Masern und Röteln 254. 


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XIY 


Inhaltsverzeichnis. 


Porcelll, P., §plenopneumonie oder Gr&nchersche Krankheit 331. 

Pospischill, D., Mosers Scharlachstreptokokkenserum 259. 

Pottenger, F. M., A study of tuberculous Infektion 374. 

Preindlsberger, J., Urologische Mitteilungen 459. 

Preisich, K. n. Schlitz A., Die Infektion mit Tuberkulose im Kindesalter und deren 
Bekämpfung 206. 

Preleitner, K., Zwei Fälle von angeborenem partiellem Klavikulardefekt 435. 

Price, N. 6., A Contribution to the Therapeutics of children 329. 

Probst, M., Zur Klinik und Anatomie fortschreitender Verblödungsprozease im 
Kindesalter 493. 

Racchi, G., Beitrag zur Behandlung der infantilen linealen Anämie 871. 

Raczynski, J., Dyspepsia intestinalis acida lactatorum 286. 

Rad, v., Tabes dorsalis bei jugendlichen Individuen 39. 

Rahn, A., Über Bromipinklystiere, besonders in der Kinderpraxis 328. 

Ranke, H. v., Ein weiterer Beitrag zur Behandlung des nomatösen Brandes durch 
Exzision des erkrankten Gewebes 35. 

Reckzeh, Das Verhalten des Blutes bei Masern und Scharlach im Kindesalter 34. 

Reichardt, M., Zur pathologischen Anatomie der Chorea minor 158. 

Reichelt, Mitteilungen über die Indikationen zur Anwendung des Kufeke-Kinder- 
mehles 101. 

Reiner, M., Über ein Operationsverfahren zur Beseitigung hochgradiger Unter¬ 
schenkelverkrümmungen 192. 

— Über die unblutige, operative Epiphyseolyse zur Behandlung des Genu valgum 
adolescentium 510. 

— Epiphyseolyse mit subkutaner Periosteotomie zur Behandlung des Genu val¬ 
gum infantum 511. 

flenkauf, Abnorme Kinder und ihre Pflege 149. 

Rindfleisch, W., Ein Fall von einseitigem Ergrauen der Wimpern bei einem 
Kinde 142. 

— Über Chorea mollis sive paralytica mit Muskelveränderungen 499. 

Rocaz u. Cruchet, Kongenitales Myxödem; Stomatitis pseudomembranacea mit Koli- 
bazillen: Bronchopneumonie; Tod 200. 

Rodella, A., Über die Bedeutung der im Säuglingsstuhle vorkommenden Mikro¬ 
organismen mit besonderer Berücksichtigung der anaeroben Bakterien 123. 

Rößler, ( K., Über Kollargol 434. 

Rolly, Über periependymäre Wucherung, Kanalbildung und abnorme Entwicklungs¬ 
vorgänge am kindlichen Rückenmarkkanal 74. 

Rommel, 0., Zur Behandlung frühgeborener Kinder 227. 

— Der Soxhletsche Nährzucker in der Ernährungstherapie kranker Säuglinge 282. 

Roques, M., Die Behandlungsmethoden des Keuchhustens 325. 

Roshansky, W., Zur Behandlung der angeborenen Phimose 458. 

Rotch, T. M., Tuberculous Peritonitis in Early Life: With special Reference to its 
Treatment by Laparotomy 212. 

Rothschild, de, Contribution k l’6tude de l’industrie lacti&re 277. 

Rumpel, Die Behandlung des Scharlachs mit Rekonvaleszentenserum 261. 

Ruzicka, Ein Selbstversuch über Ausnutzung der Nährstoffe bei verschiedenen 
Quantitäten des mit dem Mahle eingeführten Wassers 117. ^ 

Saalfeld, E., Über Thigenol 300. 

Sachs, B., Ein weiterer Beitrag zur amaurotischen familiären Idiotie, einer Er¬ 
krankung hauptsächlich der grauen Substanz des Zentralnervensystems 493. 

Sala u. Rossi, Zur Frage über einige angebliche toxische und therapeutische Eigen¬ 
schaften des Blutserums von Epileptikern 496. 

Salge, Künstliche Präparate für die Ernährung des Kindes 102. 

Salvia, E., Singuli&re anomalie de d6veloppement du foie ayant Taspect d’un neo- 
plasme 290. 

Saunders, Pilocarpine in the treatment of Scarlet fever 261. 

Savariaud, Die nervösen Komplikationen der Frakturen am unteren Ende des 
Humerus bei Kindern 188. 

Savill, Idiopathische Prurigo 56. 

Schalenkamp, Die Behandlung des Keuchhustens mit einem Zinksalz 327. 

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Inhaltsverzeichnis 


XV 


Schambacher, A., Über die Persistenz von Drüsenkanälen in der Thymus und 
ihre Beziehungen zur Entstehung der Hassalschen Körperchen 835. 

Schanz, F., Die Äugenentzttndung der Neugeborenen und der Gonokokkus 87. 

— A., Über das Skolioeenredressement 82. 

— Das Bedre8sement schwerer habitueller Skoliosen und Kyphosen 83. 

Schaps, L, Beiträge zur Lehre von der zyklischen Albuminurie 234. 

Schettler, K, Beitrag zur Behandlung des Pes calcaneus paralyticus 182. 

Schenk, P., Impfergebnisse und Imprtechnik 59. 

Schick, B., Zur Kenntnis der „Hypertrophia cerebri“ als Krankheitsbild im Kindes¬ 
alter 492. 


Schilling, Th., Zur Frage der rezidivierenden Okulomotoriuslähmung 430. 

Schiödte, N., Bandwürmer im Kindesalter 126. 

Schlesinger, E., Eigentümlicher Beginn einer tuberkulösen Meningitis 15. 

SchltfB, H., Über einen Fall von infantiler Paranoia 492. 

Schloßmann, A. u. Moro, E., Zur Kenntnis der Arteigenheit der verschiedenen 
Eiweißkörper der Milch 279. 

Schmidt, G., Zwei Fälle subkutaner Nierenquetschung mit günstigem Ausgang 455. 
Schnizlein, Ein Fall von kongenitaler Atresie des Duodenums 845. 

Schoull, Die Phototherapie des Scharlachs 261. 

Schramm, H., Beitrag zur Kenntnis der Tuberkulose der Knochen und Gelenke 
am kindlichen Fuße 301. 

— Über den Wert der Laparotomie bei tuberkulöser Peritonitis der Kinder 379. 
Schreiber u. Dreper, Zur Chemie der Frauen- und Kuhmilch 107. 

Schreiner, M., Über den heutigen Stand der Keuchhustenbehandlung und über 
neue Erfahrungen mit Oxykampfer und Citrophen 385. 

Schröder, W., Zwei Fälle schwerer Otitis media purulenta durch „Schneeberger“ 128. 
SchUller, M., Ein inoperables Sarkom, behandelt mit Röntgenbestrahlung 342. 
SchUrmayer, Die Theinhardtschen Nährpräparate in der ärztlichen Praxis 100. 
Schulthess, W., Über die Prädilektionsstellen der skoliotischen Abbiegungen an 
der Wirbelsäule nach Beobachtungen an 1140 Skoliosen 83. 

— Hämaturie durch Oxalsäure nach Rhabarbergenuß 454. 

Schumacher, S. v., Ein Fall von gekreuzter Dystopie der Niere mit Lageverände¬ 
rungen an „den Geschlechtswerkzeugen 455. 

Schupffer, F., Über die infantile Herdsklerose mit Betrachtungen über sekundäre 
Degenerationen bei disseminierter Sklerose 164. 

Schwalbe, E., Untersuchung eines Falles von Poliomyelitis acuta infantum im 
Stadium der Reparation 165. 

Schwenk, P. N. K., Postdiphtheric Ocular Paralysis 239. 

Schwoner, J., Über Differenzierung der Diphtheriebazillen von den Pseudodiphtherie¬ 
bazillen durch Agglutination 28. 

Seelheim, Zwei Fälle von Diabetes mellitus im kindlichen Alter 236. 

Seibert, A., Typhoidal Appcndicitis in children 381. 

Sequeira, Xeroderma pigmentosum 55. 

Sherman, H. M., Congenital Absence of the Clavicles 435. 

Sick, K., Über Lymphangiome 515. 

Sidlauer, H., Ein Fall von Persistenz des Ductus arteriosus Botalli 70. 
Sidler-Huguenin, Beitrag zur Kenntnis der Geburtsverletzungen des Auges 428. 
Siegert, F., Albumosurie im Verlauf der Nephritis bei Diphtherie und Scharlach 
und ihre prognostische Bedeutung 238. 

Silberstein, J., Thigenol als Ersatzmittel des Ichthyol 301. 

Simmonds, H., Über Aristochin, ein geschmackloses Chininderivat 23. 

Simorini, Beitrag zum Studium der Diplokokkenarthritis im Kindesalter 331. 
Skiffossovsky, Angeborene Neubildungen des Schädels und Zerebralhernien 72. 
Slomann, H. C., Die Behandlung der angeborenen Hüftverrenkung 506. 

Smith, R. W., Gonorrhoische Synovitis bei einem Kinde 35. 

— W. IUI., Two cases of Tuberculosis of the heart and pericardium 209. 
Sonnenschein, K„ Ein Beitrag zur Therapie des Mastdarm Vorfalls bei Infantil ismus 128. 
Sotoff, A., Ein Fall von bösartiger Neubildung der Leber und der Bauchspeichel¬ 
drüse bei einem Kinde von 1 1 / 2 Jahren 290. 

Southworth, Inversion in the treatment of acute Pulmonary Edema in young 
children 334. 


Spolverini u. Barbieri, Über die angeborenen Herzfehler 71. 

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XVI 


Inhaltsverzeichnis« 


Stadeimann, Aphasie und Agraphie nach epileptischen Anfällen 154. 

— Beseitigung schwerer hysterischer Krampferscheinungen durch Wach- 
suggestion 160. 

Staedtler, Zur Therapie des Keuchhustens 328. 

Staicovici, N. 0., Zwei Fälle von vollständiger Regeneration der Hornhaut nach 
vollständiger Zerstörung derselben durch Prozesse konjunktivaler Eiterung 432. 
Stakemann, H., Welche besonderen Einrichtungen sind bei der Anstaltsbehandlung 
der Epileptischen erforderlich? 495. 

Stamm, C., Zur Prophylaxe des Keuchhustens 22. 

Starck, Über den therapeutischen Wert der Bismutose 99. 

Starck, W. v., Zur Kenntnis des Vorkommens des Stokes-Adam sehen Symptomen* 
komplexes im Kindesalter 368. 

Steckei, W., Zur Diagnose und Therapie des Keuchhustens 326« 

Steinhauer, Eine seltene Ursache von Darmstenose 351. 

Steinhaus, J., Über eine eigenartige Form von Tuberkulose des lymphatischen 
Apparates 371. 

Steiniiz, Fr., Alkalistoffwechsel 284. 

Stekel, W., Zur Pathologie und Therapie der Influenza 25. 

Stepp, Zur Behandlung des Keuchhustens 328. 

Stewart, Thoughts on Fetal Intracranial Hemorrhage 170. 

Stier, E., Zur pathologischen Anatomie der Huntington sehen Chorea 498. 
Stieren, E., Congenital Absence of both inferior recti muscles 435. 

Stooß, Die Pneumokokkenperitonitis im Kindesalter 12. 

Straßmann, P., Der Verschluß des Ductus arteriosus Botalli 67. 

Strominger, L, Rechtsseitige inguinale Kotfistel; doppelte Kryptorchie^ Darm¬ 
resektion; Heilung 350. 

Strong, L. W., Congenital Tumors of the Kidney 456. 

Stumpf, L., Bericht über die Ergebnisse der Schutzpockenimpfung im Königreich 
Bayern im Jahre 1901. 60. 

Stursberg, H., Über Aristochin, ein geschmackloses Chininderivat 23. 

Stzelbicky, J., Über die Ernährung der Säuglinge an der Mntterbrust 110. 

Sufrin, S., Zwei seltene Fälle von infektiöser Hemiplegie bei Kindern 478. 

Sugär, M., Über Masernotitis und deren prophylaktische Behandlung 253. 
Sutherland, 6. A., The Prognosis of tuberculous Peritonitis in Children 213. 
Swoboda, N., Zur Lösung der Variola-Varizellenfrage 62. 

— Über die Behandlung des Keuchhustens mit Aristochin, einem neuen geschmack¬ 
losen Chininderivat 326. 

— Über Vaccinia generalisata 418. 

— Ein Fall von chondrodystrophischem Zwergwuchs (Achondroplasie) 482. 
Szana, S., Die Hygiene der schulpflichtigen Kinder in Internaten 470. 

Szdkeli, A., Beitrag zur Kenntnis der Scharlachinfektion 33. 

— Über Säuglingsernährung 103. 

Szontagh, v., Die Mischinfektionen 257. 


Tanaka, Zur Erforschung der Immunität durch die Vakzination 60. 

— Über die Untersuchung des Pockenerregers 60. 

Tarchetti u. Zanconi, Beitrag zum Studium der latenten Tuberkulose der Mandeln 
und adenoiden Vegetationen 19. 

Tavel, Zur Epidemiologie des Typhus abdominalis 172. 

Teleky, L., .Zur Bekämpfung der Tuberkulose 14. 

Thiemich, Über die Funktionsunfähigkeit der motorischen Rindenfelder beim Säug¬ 
linge 75. 

— Über das Facialisphänomen bei älteren Kindern 160. 

Thierfeld, R., Über Lithiasis bei Kindern 462. 

Thomson, W. A., Übersicht der Impfgesetze in den Hauptstaaten und Kolonien 
der Welt 60... 

Tillmanns, H., Über die Entstehung und Behandlung der spondylitischen Läh¬ 
mungen 182. 

Timann, Behandlung der Spina ventosa mittels freier Autoplastik 79. 

Torday, F. v., In den Bronchus gelangter Fremdkörper; Tod durch Eklampsie 127. 

— Xanthoma tuberosum 416. 

Toretta, Über die subkutane Jodtherapie in der Kinderpraxis 299. 


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Inhaltsverzeichnis. 


XVII 


Treupel, G., Operative Behandlung gewisser Lungenerkrankungen 11, 332. 

Trumpp, Zur operativen Behandlung akuter Larynxstenosen 250. 

Turnowsky, M., Paralyse, Aphasie, Erblindung im Verlaufe des Keuchhustens 324. 

Ullrich, K., 9 Fälle von Tetanus. Ein Beitrag zur Antitoxinbehandlung dieser 
Krankheit 421. 

Urban, A. H., Hemorrhage following Tonsillotomy 467. 

Valagussa, Beitrag zum Studium des zyklischen Erbrechens bei den Kindern 460. 

Valentini, Über die systematische antifebrile Behandlung des Unterleibstyphus mit 
Pyramidon 385. 

Valvasori. Die Albumosurie bei einigen Kinderkrankheiten 237. 

Valvassori-Peroni, Zur künstlichen Ernährung der Säuglinge 105. 

Vargas, Die Achondroplasie 199. 

Veau, V., Die angeborenen serösen Zysten des Halses 341. 

Veverka, J., Über die Prophylaxis der Augenblennorrhöe der Neugeborenen durch 
Protargol 140. 

Vogel, G., Facialislähmung bei einem Kaiserschnittkinde 430. 

Volhard, F., Über chronische Dystrophien und Trophoneurosen der Haut im An¬ 
schluß an Mitteilungen 409. 

Vollmer, E., Über Elephantiasis lymphangiectatica congenita, ein Beitrag zur Lehre 
von der Erkrankung der Lymphgefäße 514. 

Vot, H. B. L, Over de Kindergriep (Coryza febriculosa infantum s. aeroditis 
superior infektiosa infantum 388. 

Voss v., Bemerkungen zur Genese der Tetanie 497. 

Vulpius, Zur Sehnenüberpflanzung bei spinaler Kinderlähmung 76. 

— Die deutsche Orthopädie im Jahre 1902. 181. 

— Über die Arthrodese des paralytischen Schlottergelenks der Schulter 181. 

— Die Sehnenüberpflanzung am Oberschenkel 502. 

Wachenheim, F. L., Chronic gastritis and gastric motor Insufflciency in Children 286. 

Wagner, M., Ein Fall von Erstickung infolge Verlegung des Kehlkopfeingang* 
durch Spulwürmer 127. 

Walko, K., Uber die Behandlung der Enuresis 463. 

Wallbach, G., Praktische Erfahrungen mit Kufekes Kindermehl 281. 

Wassermann, A., Über eine neue Art von Diphtherieserum 29. 

Wegener, Ein Beitrag zur Frage nach den Ursachen der Minderbegabung von 
Schulkindern 149. 

Weigert, F., Erfahrungen über die Kindermehle im allgemeinen und speziell das 
Kufekesche 282. 

Well, H., Über die Bedeutung des Mekoniumpfropfes beim Neugeborenen 227. 

— 3 Fälle von Schädelimpressionen bei Neugeborenen 429. 

Weißmann, Über Kornkaffee 403. 

Wende, G. W., Epidermolysis bullosa hereditaria 409. 

Werther, Über eine Epidemie von Trichophytie des Kopfes bei Schulkindern 414. 

Wettstein, A., Weitere Mitteilungen über die Resultate der Diphtheriebehandlung 
mit besonderer Berücksichtigung der Serumtherapie 246. 

White, R. P., Akute symmetrische erythematöse Keratodermie nach Arsen¬ 
gebrauch 407. 

Whitfield, Ein Fall von Pityriasis ruba pilaris 415. 

Widal et Ravaut, Ictäre chronique acholurique congenital chez un homme de 
29 ans. Augmentation passag&re et legere du volume du foie et de la rate. 
Parfait 6tat de la sant£ g£n£rale 482. 

Wiggins, H., Keloidbildung auf Vakzinationsnarben 58. 

Wilbert, Über den Einfluß der Rachenmandelhyperplasie auf die körperliche und 
geistige Entwickelung des Kindes 145. 

Wisniewski, Beitrag zur Syphilis der Kinder 297. 

Wobrizek, „Korrektor“, Apparat für korsettfreie Behandlung der Rückgrats¬ 
deformitäten 504. 

Wolkowsky, Ein Fall von Lebercirrhose im Kindesalter 291. 

Woods, R. F., Gonorrhoeal Vulvovaginitis in Children 422. 

Wrede, L., Über Pseudotuberkulosebazillen beim Menschen 205. 

Wullstein, L, Eine neue Operationsmethode des Caput obstipum 502. 

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xvm 


Inhaltsverzeichnis 


Zahorsky, J., A Contribution to the therapy of Enuresis 464. 

Zappert, J., Über eine ungewöhnlich gutartige Bulbäraffektion im Kindesalter 162. 
Zia, H., Über eine Konjunktivitisschulepidemie nebst einigen allgemeinen Be¬ 
merkungen über ärztliche Anordnungen bei Schulepidemien 137. 

Zuppinger, Über subkutane Gelatineinjektionen im Kindesalter 203. 

— Zur Kenntnis der diffusen chronischen Myokarditis bei Kindern 361. 


Aus Vereinen und Versammlungen. 

Acadämie de m6d. in Paris 44. 

Chirurgenkongreß, französischer 89. 

Congresso XII. die medicina interna Rom 169. 

Gesellschaft, deutscher Naturforscher und Ärzte 520. 

— deutsche, für öffentliche Gesundheitspflege, in Berlin 86. 

— Laryngologische, die Berliner 44. 

— Berliner medizinische 260, 263, 392, 439. 486. 

— k. k. der Ärzte in Wien 41, 222, 304. 

— kgl. der Ärzte Budapests 133, 134, 178. 

— Medizinische zu Magdeburg 134. 

— naturwissenschaftlich-medizinische zu Jena 530. 

— für Natur- und Heilkunde in Dresden 306. 

— Nürnberger mediz., und Poliklinik 183, 189, 353. 

— Schlesische, für vaterländische Kultur 219. 

— Medizinische der Stadt Basel 221. 

— schweizerischer Pädiater 485. 

— der Kinderärzte zu Kiew 141. 

— Londoner dermatologische 17, 38, 54—58. 

— Dermatologische für Großbritannien und Irland 56. 

Kongreß, Internationaler Gynäkologen — in Rom 42. 

— II. für Hygiene und Demographie 528. 

Reunione della^Sozieta Italiana di Pediatria 177, 352, 483. 

Societ6 de p6diatrie zu Paris 89. 

— m6d. des Hopiteaux in Paris 45. 

— de Th6rap. 261. 

Verein, für innere Medizin in Berlin 265, 323, 391. 

— ärztlicher in Hamburg 87, 187, 261, 262. 

— ärztlicher in Nürnburg 253, 266. 

— deutscher Ärzte inJPrag 88. 

— naturhistorisch-medizinischer Heidelberg 443. 

Vereinigung, freie der Chirurgen Berlins 216. 

— niederrheinisch-westfälischer Kinderärzte 130, 173, 214, 303, 516. 


Neu© Bücher. 

Bdzy u. Bibent, Die.Hysterie im kindlichen und jugendlichen Alter 46. 

Biedert, Th., Lehrbuch der Kinderkrankheiten 91. 

Concetti, L., Die Hygiene des Kindes 45. 

Filatoff, Klinische Vorlesungen über Kinderkrankheiten 91. 

Fischl, R., Die Ernährung des Säuglings in gesunden und kranken Tagen 488. 
Görges, Th., Das Kind im ersten Lebensalter 134. 

Grätzer, E., Therapeutischer Ratgeber 46. 

Hagenbach-Burckhardt, Klinische Mitteilungen aus dem Kinderspital in Basel 309. 
— Über die häusliche Pflege des kranken Kindes 530. 

Hecker, R., Abhärtung? 267. 

Heermann, A., Vorschriften auf dem Gebiete der Krankenpflege 267. 

Hochsinger, C., Gesundheitspflege des Kindes im Elternhaus 184. 

Hoffa, A., Die Behandlung der Gelenktuberkulose im kindlichen Lebensalter 531* 
Jacobi, A., Therapeutics of Infancy and Childhood 309. 

Jessner, Die Hautleiden kleiner Kinder 90. 

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Inhaltsverzeichnis. 


XIX 


Kayser, R., Anleitung zur Diagnose und Therapie der Kehlkopf-, Nasen- und Ohren¬ 
krankheiten 394. 

Luithlen, Die Zellgewebsverhärtungen der Neugeborenen 178. 

Monti, Kinderheilkunde in Einzeldarstellungen 581. 

Neumann, H., Über die Behandlung der Kinderkrankheiten 46. 

Orschansky, J., Die Vererbung im gesunden und krankhaften Zustande und die 
Entstehung des Geschlechts beim Menschen 267. 

Pick, C.. Kurzgefaßte praktische Hydrotherapie 46. 

Riether, G., Unser Kind 184. 

Trumpp, Die Magendarmkrankheiten im Säuglingsalter 531. 

Neue Dissertationen: 47, 91, 185, 179, 268, 395, 488. 


Kleine Mitteilungen. 

90, 223, 309, 631. 


Monatschronik. 

47, 91, 135, 179, 223, 895, 446, 532. 


Personalien. 

48, 92. 180. 224, 354, 396, 446, 532. 


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Eine Monatsschrift für praktische Ärzte. 


Unter Mitwirkung von 

Db. C. BERLINER (Aachen), Db. ALBR. DWORETZKY (Mobkau), 
Dibbktob Db. ESCHLE (Sinsheim), Pbof. Db. EVER8BUSCH (München), Db. G. 
FINDER (Ch ablotten bubö), Db.E.FLATAU (W abschau), Pbiv.-Doz.Db.R. HECKER 
(München), Db. HÖNIG (Budapest), Db. LEO JACOBI (New Yqbk), Pbof. Db. 
JOACHIMSTHAL (Beblin), Db. G. KREBS (Hildbsheim), Db. O. LASCH (Bbeslau), 
Db. P. MAAS (Aachen), Db. K. MENDEL (Beblin), Db. ADOLPH H. MEYER 
(Kopenhagen), Pbiy.-Doz. Db. R. O. NEUMANN (Kiel), Db. PLANTENGA (Haag), 
Db. CARL SCHADE (Göttingen), Pbiy.-Doz. Db. E. SCHREIBER (Göttinghn), 
Db. SCHRIDDE (Eblangen), Db. SZYMANOWSKI (Wabschau), Db. E. TOFF 
(Bbaila, Rumänien), Pbiy.-Doz. Db. H. STARCK (Heidelbebg), Pbof. Db. VUL- 
PIUS (Heidelbebg), Pbiy.-Doz. Db. ZIEGENSPECK (München) u. A. 

herausgegeben von 

Dr. med. Eugen Graetzer, 

prakt. Arzt in Sprottau. 


VIII. Jahrgang. Januar 1&03. Nr. L 


Intia.lt. 

L Qrjffla ft tb ei t r äge . seit. 

Dr. Kurt Mendel, Erfolg der Organtherapie in einem Falle von infantilem 

Myxödem. Mit 6 Abbildungen .. 1 

Dr. Ginl Springei;, Echinococcus der Pleura.. 5 

II. Referate. 

L. Lörand, Beitrag zur Kenntnis des Echinococcus pleurae im Kindesalter. 9 
Cima, Eitrige Pleuritis bei einem 2jährigen Kinde.10 

G. Treupel, Operative Behandlung gewisser Lungenerkrankungen. . . 11 

0. Moos, Ein Fall von Lobärpneumonie mit konsekutivem Pemphigus acutus 

bei einem 2 x / 2 jährigen Kinde.~ 12 

Stoss, Die Pneumökokkenperitonitis im Kindesälter.12 

H. Krause, Zur Behandlung der Lungen- und Kehlkopftuberkulose mit 

Hetol (Länderer).13 


Verlag von FMR&INAND ENKMiai STUTTGART. 

Soeben erschien: 

Biedert, ^ u D n r d p> Fischl, STb"! Lehrbuch der 
Kinderkrankheiten. Zwfl,<te sehr 

Mit 2 farbigen Tafeln und 73 Abbildungen im Text. gr. 8. 1902. geh. M. 18.—; 
elegant in Leinwand geh. M. 19.60. 

















Fortsetzung des Inhaltes. 


C. Fuchs, Klinisch-therapeutische Erfahrungen über Thiokol und Sirolin . 14 

L. Teleky, Zur Bekämpfung der Tuberkulose.14 

M. Hohlfeld, Zur tuberkulösen Lungenphthise im Kindesalter.15 

Eugen Schlesinger, Eigentümlicher Beginn einer tuberkulösen Meningitis. 15 

Dimitrie Jonescu, Die Cirrhosis cardio-tuberculosa ..16 

H. Brüning, Tuberkulose der weiblichen Geschlechtsorgane im Kindesalter 16 

Graham Little, Ein Fall von Tuberculosis verrucosa cutis.17 

Graham Little, Acne scrofulosorum.17 

P. Clairmont, Zur Tuberkulose der Schilddrüse (Struma tuberculosa) . . 17 

Tarchetti und Zanconi, Beitrag zum Studium der latenten Tuberkulose 

der Mandeln und adenoiden Vegetationen.18 

Ch. Orescu, Die adenoiden Vegetationen.19 

J. Fein, Eine neue Kürette für die Abtragung der adenoiden Vegetationen 

im Nasenrachen.. .. 19 

M. Penkert, Über die Beziehungen der vergrößerten Thymusdrüse zum 

plötzlichen Tode.20 

Leopold Neumann, Untersuchungen über die Viskosität des Sputums und 

ihre Beziehung zum Husten, insbesondere zur Pertussis.21 

C. Stamm, Zur Prophylaxe des Keuchhustens.22 

Mario Vianello Cachiole, Über die Anwendung von Pyridin beim Keuch¬ 
husten .22 

Fürst, Das Problem, den Keuchhusten abzukürzen oder zu coupieren ... 23 

H. Stursberg, Über Aristochin, ein geschmackloses Chininderivat ... 23 

Elena Manicatide, Die Serotherapie bei Tussis convulsiva.23 

H. Simmonds, Über Nebennierenblutungen. 23 

J. J und eil, Einige klinische und bakteriologische Beobachtungen über die 

Influenzakonjunktivitis bei Säuglingen.24 

W. Stekel, Zur Pathologie und Therapie der Influenza.25 

L. Lazansky, Kreosotal bei Krupp.26 

E. Neisser, Ein weiterer Beitrag zur Kenntnis vom chronischen Rachen- 

diphtheroid. 26 

Fr. Kuno, Verlauf und Ursache einer Hospitaldiphtherieepidemie .... 27 



Bromipin j| Stypticin 

Ind.: Neurasthenie, Hysterie, Epilepsie, Ind.: Blutungen im Klimakterium, 
Chorea, epileptische Dämmerzustände. menstruale Blutungen, Menorrhagien etc. 

Rp.: Bromipin 10% 100 g. Rp.: Tablettar. Stypticin No. 40 ä 0,0ö g. 

D. S. 2—3 mal täglich 1 Theelöffel voll in ober- D.S. Täglich 3—5—8 Tabletten zu nehmen, 
gähr. Bier oder heißer Milch. 

Dionin 

Ind.: Asthma, Emphysem. Bronchitis, Phthisis pulmon., Tracheitis, Pertussis. 
Schmerzzustände (Gastralgie, Ischias, Ovaralgie, Oophoritis, Ulcus ventriculi), Asomnie, 
Abstinenzkur. Keratitis, Chorioiditis, Bulbusoperatipnen. 

Rp.: Dionin 0,3, || Rp.: Dionin 0,04, j Rp.: Dionin 0,6, 

Aq. araygd. amar. 15,0. I Ol. Cacao 2,00. Aq. dest. 20,0. 

M. D. S. 3mal täglich 10; M. f. lege art.supp.d.t.doa. 10. j M. f. sol. steril. 

Abends 20 Tropfen. I S. Täglich 1 bis mehrere S. Zu subkutanen Injektionen. 
I Zäpfchen zu gebrauchen. 

Dionin wird für die Kinderpraxis aufs Wärmste empfohlen. 


Litteratur gratis und franko. 































Seite 


Fortsetzung des Inhaltes. 


J. Schwoner, Über Differenzierung der Diphtheriebazillen von den Pseudo¬ 

diphtheriebazillen durch Agglutination. . ,?8 

Jäger, Die Resultate der Diphtheriebehandlung im Mülhauser Bürgerspitäl 

vor und nach der Anwendung des Behringschen Heilserums .... 28 

M. Mirinescu, Die Serotherapie der Diphtherie.29 

A. Wassermann, Über eine neue Art von Diphtherieserum. ..... 29 
E. G. Little, Ein Fall von Diphtherie-Exanthem.30 

K. Le in er, Über die sogenannten skarlatiniformen Serumexantheme bei 

Diphtherie.31 

E. v. Leyden, Die Behandlung des Scharlachs mit Rekonvaleszentenserum. 32 

C. K. Millard, Die Ätiologie der Scharlachrückfälle.33 

August Sz6keli (Budapest), Beitrag zur Kenntnis der Scharlachinfektion. 33 
Reckzeh, Das Verhalten des Blutes bei Masern und Scharlach im Kindesalter. 34 
Giarr6 und Picchi, Bakteriologische Untersuchungen bei einigen Kompli¬ 
kationen der Masern. 34 

M. Brückner, Zur Pathologie der Masern.35 

H. v. Ranke, Ein weiterer Beitrag zur Behandlung des nomatösen Brandes 

durch Exzision des erkrankten Gewebes.35 

R. W. Innes Smith, Gonorhoische Synovitis bei einem Kinde.35 

Fischer, Über Urethritis gonorrhoica bei Kindern männlichen Geschlechts. 38 

F. Schank, Die Augenentzündung der Neugeborenen und der Gonococcus. 37 

Graham Little, Ein Fall von kongenitaler Syphilis mit seltenen Mani¬ 
festationen . 38 

R. Hecker, Die Erkennung der fötalen Syphilis.38 

v. Rad, Tabes dorsalis bei jugendlichen Individuen.39 

Idelsohn, Ein Beitrag zur Frage über „infantile Tabes“.40 

0. Maas, Über einige Fälle von Tabes im jugendlichen Alter.40 

III. Aus Vereinen und Gesellschaften. 

K. K. Gesellschaft der Ärzte in Wien.41 

IV. Internationaler Gynäkologenkongreß in Rom.42 

Berliner Laryngologische Gesellschaft.44 

Academie de medicine in Paris. 44 

Soci6t6 m£dicale des Hopitaux in Paris.45 


IV. Neue Bücher. — V. Monats-Chronik. 
Neue Dissertationen. 



Verlag von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Diagnostisch-therapeutisches Vademecum 

für Studierende und Ärzte zusammengestellt 

von 

Or. Heinrich Schmidt Dr. L. Friedheim 

Dr. A. Lamhofer und Dr. J. Donat 

in Leipzig. 

5. Auflage. 

VI und 428 Seiten Taschenformat. 1901. Mit Abbildungen. 
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Schmidt’* Jahrbücher: Man kann nicht gut mehr des Tatsächlichen, Wissenswerten auf 
einen so knappen Raum zusammenfassen. Die Antworten, die der Unsichere erhält, sind überall 
klar and richtig. 



























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monaten unent¬ 
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kommt bei Brech¬ 
durchfall, Darm¬ 
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Kinderheilkunde. 

Eine Monatsschrift für praktische Aerzte. 
VTIL Jahrgang. 1 . Januar 1908. No. 1 . 


1. Originalbeiträge. 

I) Erfolg der Organtherapie in einem Falle von infantilem 

Myxödem. 1 ) 

Von 

Dr. Kart Mendel, 

Aseistensarzt der Prof. Mendelschee Klinik. 

Bei keiner Krankheit hat die Organtherapie so günstige Resultate 
gezeitigt wie bei dem Myxödem. Auf Grund der Versuche von Schiff 
und Horsley, welche Tieren Teile einer gesunden Schilddrüse eines 
anderen Tieres in die Bauchhöhle einpflanzten und dann sahen, daß 
die so operierten Tiere die Totalexstirpation ihrer Schilddrüse sehr 
gut überstehen, ist man dazu gelangt, im Jahre 1890 das Gleiche 
bei myxödemkranken Menschen auszuführen. So implantierte Bircher 
(Volkmann. Klin. Vortr. 357, 1890) einer Patientin, bei der nach 
Kropfexstirpation Myxödem eingetreten war, Schilddrüsengewebe vom 
Kropfe einer anderen Frau in die Bauchhöhle und erzielte hiermit 
einen sehr guten, wenn auch nur temporären Erfolg. Die schwierigen 
Implantationen wurden später durch Injektionen von Schilddrüsen- 
saft (Murray) und dann durch Fütterung mit Schilddrüse in Form 
von Extrakten, Pillen oder Tabletten ersetzt. 

Die Resultate dieser Behandlung beim Myxödem sowie beim 
Kretinismus sind als sehr gut, in einzelnen Fällen als glänzend zu 
bezeichnen, und mit Recht schreibt Ewald im XXII. Band der 
speziellen Pathologie und Therapie Nothnagels (S. 196): „Die gro߬ 
artigen Erfolge der Tbyreoideabehandlung, die längst aus dem Stadium 
des Versuches heraus und ein gesicherter Besitz unseres therapeu- 
tischen Rüstzeuges geworden ist, müssen voll und ganz anerkannt 
werden, und dieser Erwerb ist als eines der bedeutsamsten Ereignisse 
der letzten Zeit auf pathologischem und therapeutischem Gebiet zu 
bezeichnen.“ 

Zahlreich sind die Veröffentlichungen von Fällen von Myxödem, 
in denen die Organtherapie von bestem Erfolge begleitet war. Der 
günstige Einfluß dieser Behandlungsweise zeigt sich besonders auch 
bei dem infantilen Myxödem und zwar in einem schnellen Wachstum 
der Röhren- und Schädelknochen und in einer allgemeinen Zunahme 
der Körperlänge. 

Der Fall, über welchen ich in folgendem berichte, tut nun in 

_ ' / 

1 ) Nach einer Demonstration in der Berliner Gesellschaft für Psychiatrie 
und Nervenkrankheiten am 9. Juni 1902. ■, 

Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII. 1 

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2 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1. 


objektiver Weise, durch Bandmaß und Röntgenhild, die günstige 
Wirkung der Thyreoidinbehandlung offenkundig dar. 


Die kleine Pat., um die es sich handelt, wurde, 7 V 2 Jahre alt, am 18. Juni 1901 
in die unter ärztlicher Oberleitung meines Vaters stehende Klinik aufgenommen. 
Anamnestisch ergab sich folgendes: 

In der Familie der Pat. sollen weder Nerven- noch Gemütskrankheiten, auch 
kein der Kranken ähnlicher Fall vorgekommen sein. Die Eltern sind gesund, 
Lues und Potatorium derselben wird negiert, der Vater stammt aus Berlin, die 
Mutter aus Grünberg (Schlesien). Letztere hat einen sehr starken Kropf, desgleichen 
soll eine Tante der Mutter einen starken Kropf haben. Die älteste Schwester 
der Pat. soll an Lungenschwindsucht gestorben sein, eine 11jährige Schwester 
leide an, „Lungenkatarrh“, ein 8jähriger Bruder an englischer Krankheit, die vier 
übrigen Geschwister seien gesund, sämtliche zeigen normale Größe. 

Pat. selbst wurde im Jahre 1893 in Nordend bei Berlin im neunten Schwanger¬ 
schaftsmonat in Schädellage normal und ohne Kunsthilfe geboren und zunächst 
mit Kuhmilch genährt, da die Mutter wegen einerx „schlimmen Brust“ nicht selbst 
stillen konnte. Das Kind bekam im Alter von sieben Monaten die ersten Zähne, 
fing mit neun Monaten an zu laufen, hörte jedoch nach einigen Wochen wieder 
damit auf, konnte auch nicht mehr stehen und begann erst mit dem vierten Jahr« 
wieder zu gehen. Mit 6Va Jahren kam sie in die Schule und soll daselbst ganz 
gut mitgekommen sein. An Krämpfen habe sie nie gelitten. 

Die Mutter der Kleinen hat bemerkt, daß seit etwa vier Jahren das Wachs¬ 
tum ihres Kindes völlig stehen geblieben sei, sodaß ihr dieselben Kleider wie 
vor vier Jahren sehr gut paßten, ihr Gesicht sei hingegen älter geworden* 
Körperlich fühle sich die kleine Pat. völlig wohl, Appetit, Stuhlgang und Schlaf 
Seien in Ordnung, geistig sei sie nicht auffallend zurückgeblieben. 

Der objektive Befund bei der Aufnahme im Juni 1901 ergab folgendes: 

Pat., 7 Vs Jahre alt, entspricht in ihrem Aussehen etwa einem 3jährigen 
Kinde. Sie ist 84 cm groß, der Kopfumfang beträgt 49 cm, Halsumfang 24 Vs, 
Ohrhinterhauptslinie 19, Ohrkinnlinie 13, Armlänge 33 l / a , Beinlänge 36 Vs* Brust¬ 
umfang 49—51, größter Leibumfang 56 cm. Das Gesicht bietet ein altes Aus¬ 
sehen, die Gesichtsfarbe ist leicht rötlich auf blaßgelbem Grunde, die Hautfarbe 
marmoriert, die Haut trocken, nur die inneren Handflächen schwitzen etwas. In 
der Oberschlüsselbeingegend finden sich leichte knollige Hautverdickungen. Scham- 
und Achselhaare fehlen vollständig, das Haupthaar ist sehr spärlich, dünn und 
trocken. Beim Geradestehen zeigte sich eine deutliche Lordose der Lendenwirbel¬ 
säule. Die Nasenwurzel ist breit, die Unterlippen leicht gewulstet, der Blick 
freundlich. Der Kopf erscheint im Verhältnis zum übrigen Körper groß, der 
Hals kurz, der Gaumen ist sehr schmal und steil, die Stirn niedrig, die Zähne, 
besonders am Unterkiefer, stark defekt. Pat. macht einen schüchternen, wenig 
lebhaften Eindruck, doch sind deutliche Intelligenzdefekte nicht nachweisbar. 

Die Pupillen sind gleich weit und reagieren auf Licht und Akkommodation, 
die Augenbewegungen sind nach allen Bichtungen hin frei, auch im übrigen bietet 
die Untersuchung der Hirnnerven nichts Abnormes. Die Zunge wird gerade vor¬ 
gestreckt und ist auffallend lang, ohne besonders breit zu sein. Beiderseits sind 
Cervicaldrüsen fühlbar. Die Kehlkopf knorpel sind deutlich abtastbar, von Schild¬ 
drüse ist nichts zu fühlen. 

Die oberen Extremitäten bieten bis auf ihre Kleinheit und geringe Gelenk¬ 
verdickungen keine Sonderheit. 

Der Gang ist watschelnd, beim Gehen wird das Becken stark mitbewegt, 
die Haut der unteren Gliedmaßen ist rauh und trocken. Reflexe und Sensibilität 
sind überall ohne Sonderheit 

Rhachitischer Thorax. Herz- und Lungenbefund normal. 

- Leib aufgetrieben, tympanitischer Klopfschall, leichte Nabelhernie. Unter¬ 
leibsorgane und Genitalien bieten keine Sonderheit, der Urin ist frei von Eiweiß 
und Zucker. 


Nach diesem Befunde war an der Diagnose „infantiles Myxödem“ 
nicht zu zweifeln, und es wurde demnach alsbald die Thyreoidea- 
behandlung eingeleitet: Pat. erhielt Thyreoidin in Tablettenform 
(Burroughs, Welcome und Co.) und zwar zunächst 0,1 g pro die, all-* 


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I. Originalbeiträge. 


3 



mählich ansteigend his 0,3 g. Unangenehme Nebenwirkungen traten 
.nie auf, vielmehr nahm die Besserung in dem Befinden der Kleinen 
stetig und in auffallendem Maße zu. Bereits x /i Jahr nach Beginn 
der Kur zeigten sich zwei neue Schneidezähne am Unterkiefer, die 
Haare waren bedeutend stärker und dichter geworden. Nach Ablauf 
eines Jahres hatte die Körpergröße um 10 cm zugenommen (94 cm im 
Juni 1902 gegen 84 im Juni 1901), der Leibumfang war hingegen 
um 4^2 cm gefallen (51 1 / % cm im Jahre 1902 gegen 56 cm im Jahre 
vorher); der Gesichtsausdruck ist in diesem Zeitraum ein durchaus 
anderer und kindlicherer, Pat. selbst bedeutend lebhafter und reger 
geworden. Die Mutter gibt an, daß ihr Kind kaum wieder zu er¬ 
kennen sei und daß die Kleider desselben sämtlich verändert werden 
müßten, damit sie gegenwärtig passen. 

Ganz besonders schön zeigt sich aber die Besserung an den von 
Herrn Dr. Levy-Dorn auf meine Veranlassung hergestellten Röntgen¬ 
bildern. Es wurden zweimal je 3 Aufnahmen gemacht, die erste 
Serie Ende Juni 1901, also vor Beginn der Kur, die zweite Anfang 
Mai 1902, also etwa 10 Monate nach Beginn derselben^ 

Das Ergebnis dieser Aufnahmen war folgendes: 

Während das Röntgenbild der ersten Aufnahmen (Juni 
1901) demjenigen eines 3 Jahre alten Kindes entspricht, 
entsprechen die 10 Monate später angefertigten Photo¬ 
gramme bereits einem 7 Jahre alten Kinde. Sämtliche Knochen 
sind auf den später angefertigten Bildern an Länge und Dicke be¬ 
deutend stärker entwickelt als auf den früheren Photogrammen, an 
denen eine hochgradige Verzögerung der Verknöcherung (besonders 
am Handskelett) zu konstatieren ist. 

Im speziellen ist auf den Röntgenbildern folgendes sichtbar: 


Fig. la (Juni 1901). 


ÄWSfcy“ 2 »- 




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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1. 


A. Hand (Fig. Ia und Ib). 

Neu hinzugekommen sind im Laufe der lOmonatigen Behand¬ 
lung zu dem vor Beginn der Kur aufgenommenen Bilde: 

1. die Epiphyse der Ulna (a) [auf Fig. Ia nichts, auf Fig. Ib 

deutlicher Schatten sichtbar]; 

2. das Os lunatum (b); 

3. das Os multangulum minus (c); 

4. die Epiphysen für die letzten Phalangen (d) [nur am Daumen 
ist dieselbe auch schon auf dem ersten Bilde sichtbar]. 

Sämtliche Knochen sind in Fig. Ib deutlich länger und dicker 
als in Fig. Ia. 



Fig. Ila (Juni 1901). Fig. II b (Mai 1902). 

B. Kniegelenk (Fig. Ila und IIb). 

Neu hinzugekommen sind im Laufe der lOmonatigen Behandlung: 

1. die Patella (a); von derselben ist im Juni 1901 noch keine 
Spur sichtbar, während das Bild vom Mai 1902 einen deut¬ 
lichen Patellaschatten zeigt; 

2. die Epiphyse der Fibula (b). 

Außerdem sieht man auf Fig. II b die Epiphyse der Tibia und 
diejenige des Femur bedeutend stärker entwickelt als auf Fig. Ila; 
während z. B. in Fig. Ila die Femurdiaphyse die Epiphyse des 
Knochens kapuzenförmig umgibt, überragen auf Fig. II b die Epiphysen¬ 
grenzen an einzelnen Punkten diejenigen der Diapliyse. 

Auch hier sind sämtliche Knochen des späteren Bildes deutlich 
stärker entwickelt. 


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liiMWiri 



Fig. lila (Juni 1901). Fig. IIIb (Mai 1902). 

(J. Fußgelenk (Fig. lila und III b). 

Neu hinzugekommen ist die Epiphyse des Metatarsus V (a). 

Auch auf diesen Bildern erkennt man eine deutliche Zunahme 
des Knochenwachstums in Länge und Breite während der stattgehabten 
Behandlung. So ist auch die Epiphyse der Fibula (b) auf dem 
späteren Bilde um vieles stärker entwickelt; während sie nämlich auf 
Fig. III a völlig isoliert und wie eine Insel vom Talus getrennt sicht¬ 
bar ist, liegt sie auf Fig. III b infolge ihrer Wachstumszunahme vom 
Talus bereits zum Teil verdeckt. 


(Aus der chirurgischeu Abteilung Prof. Dr. C. Bayer am K. F. J. Kinderspitale 

in Prag.) 

2) Echinococcus der Pleura. 

(Rippenresektion, Abstoßung des Sackes in toto.) 

Von 

Dr. Carl Springer, 

Mit dieser Überschrift ist der außerordentlich glückliche Erfolg 
der Operation bei einem Falle von Echinococcus der rechten Pleura¬ 
höhle skizziert, dessen Krankengeschichte ich hier kurz wiedergebe 
da der Verlauf nicht nur vom Standpunkte der Seltenheit, Interesse 
bietet. Das Wesen der Krankheit blieb mehrere Jahre hindurch un¬ 
erkannt, erst nachdem der anfangs „subphrenische“ Echinococcus in 
die Pleurahöhle durchgebrochen ergab sich durch die Probepunktion 
die richtige Diagnose und konnte die operative Heilung erreicht 
werden. 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1. 


L. L., Sohn gesunder Eltern, hat viel mit Hunden gespielt, stammt aus 
; Mähren, wo die Echinococcuskrankheit selten ist. Nachdem er in früher Kindheit 
Masern und Scharlach überstanden, erkrankte er im sechsten Lebensjahre ganz 
plötzlich unter Schüttelfrost, Fieber, Schmerzen im rechten Hypochondrium. Dieser 
Zustand schwand, ohne daß präzisere Symptome sich eingestellt hätten, nach zwei 
Tagen, kehrte von da an aber etwa alle halben Jahre wieder. Im Alter von acht 
Jahrenschloß sich an diese Anfälle häufiges Erbrechen, es wurde weiter von den 
behandelnden Ärzten eine Dämpfungszone über den letzten Kippen rechts, hinten, 
sowie eine Vergrößerung und Senkung der Leber vorn konstatiert. Einen cystischen 
Tumor konnte auch ein mir persönlich bekannter hervorragender Internist damals 
nicht nach weisen. Die Therapie erschöpfte dementsprechend im Laufe der Zeit 
alle einschlägigen Mittel; Arsen, Eisen, Jod u. s. w. wurden ohne jede Wirkung 
gegeben, der Knabe verlor den Appetit und fing an abzumagern. 

Anfang März 1901 nach 5jährigem Bestehen der Krankheit, im 11. Lebens¬ 
jahre des Pat. trat eine leichte Bronchitis auf, die nach acht Tagen abklang, am 
8. März stellte sich nach dem Abendessen plötzlich Erbrechen des genossenen 
Schinkens und Kaffees ein, die Nacht verlief aber ziemlich ruhig. Am Tage darauf, 
dem 9. März 1901 entstand früh ganz unvermutet unter starken Schmerzen 
in der rechten Brustseite, hochgradiger Dyspnoe unter Hustenreiz mit starker 
Cyanose ein bedrohlicher komatöser Zustand, Temperatur 39,0° C., Respiration 40, 
Puls 160, im Laufe des Nachmittags gesellte sich dazu eine ausgebildete Urticaria 
hauptsächlich am Rüc.ken, zahllose Quaddeln und Blasen unter unerträglichem 
Juckreiz. 24 Stunden später hatte sich der Knabe unter Reizmitteln etwas erholt, 
, es war nunmehr ein Eingefallensein der früher vorgewölbten Lebergegend zu 
:i konstatieren, dagegen fand sich die ganze rechte Thoraxhälfte ausgedehnt, die 
-Interkostalräume verstrichen, der Perkussionsschall darüber allenthalben gedämpft, 
das Atmungsgeräusch gleich dem Stimmfremitus fehlend. Der Pat. lag auschließ- 
lieh auf der rechten Seite. 

Durch weitere zehn Tage hielt unter Temperaturen von 39—40° C. Husten¬ 
reiz und Dyspnoö in gleicher Intensität an, um dann einem afebrilen Zustande 
mit geringeren Beschwerden Platz zu machen. Immerhin blieb aber eine leichte 
Cyanose der Lippen und bei jeder Anstrengung trat starke Atemnot ein. Die 
Vorwölbung der rechten Thoraxhälfte blieb in den unteren Partien im gleichen, 
oben flachte sie sich ab, auch hellte sich hier der Perkussionsschall etwas auf. 
Ikterus trat im ganzen Verlaufe nicht auf. 

So blieb der Zustand den Sommer über im wesentlichen stationär trotz aller 
medikamentösen Behandlung. Im Oktober 1901 wurde der Knabe auf unsere 
Abteilung aufgenommen. Die rechte Thoraxhälfte war enorm ausgedehnt, fa߬ 
förmig, beteiligte sich nicht an der Atmung, ihre Interkostalräume verstrichen, 
die linke Hälfte normal konfiguriert. Da Perkussionsschall war rechs vorn bis 
zur 3. Rippe etwas verkürzt von da abwärts wie über der ganzen hinteren Fläche 
absolut gedämpft. Das Atmungsgeräusch war rechts nur vorn über der Spitze 
als sogenanntes Kompressionsatmen hörbar, sonst fehlte es gleich dem Stimm¬ 
fremitus. Linkerseits bot die Untersuchung der Lunge einen normalen Befund. 
Das Herz war hochgradig nach links hinten verdrängt, der Spitzenstoß fühlbar 
im 5. Interkostalraume in der hinteren Axillarlinie, der Leberrand war unter dem 
Rippenbogen etwas denselben überragend palpatorisch und perkussorisch nach¬ 
weisbar, sonst normaler Abdominalbefund. Die Temperatur war normal, im Harn 
etwas Indikan und Gallenfarbstoff. 

Die Punktion des Thorax erwies das nach dem ganzen Verlaufe als wahr¬ 
scheinlich angenommene Vorhandensein eines Echinococcus; es entleerten sich 
ca. 21 einer grünlich-gelben, etwas trüben geruchlosen, schäumenden Flüssigkeit 
in der sich mikroskopisch Membranpartikel, Skolices und lose Haken, außerdem 
als Hinweis auch den primären Sitz in der Leber zerklüftete Bindegewebsrestc, 
gallig imbibiert, nekrotische Leberzellen sowie Hämatoidinkristalle fanden. Das 
Vorhandensein letzterer allein, welches nach Mosler und Peiper 1 ) bisher nur 
bei Leberechinococcus beobachtet wurde, wäre in diesem Falle kein strikter Beweis 
für diese Provenienz, da sie auch durch die mit dem Durchbruch verbundene 
Blutung entstanden sein könnten. Die sonstigen geformten Elemente, reichliche 

*) Mosler und Peiper: „Tierische Parasiten“ in Nothnagels Spezielle 
Pathologie und Therapie Bd. VI., Wien 1894. 


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I. Originalbeiträge. 


7 


polynukleäre Leukocvten, sowie Fettkugeln, boten nichts Charakteristisches, da¬ 
gegen fiel auf das Fehlen von Cholesterin, während Gallenfarbstoft durch die 
Probe mit Salpetersäure-Schwefelsäure nachzuweisen war. Mit der Flüssigkeit 
beschickte Agar- und Bouillonnährböden blieben steril. 

Durch diesen Befund war die ganze Genese der Krankheit klar gelegt, es 
handelte sich um einen Echinococcus der Pleura, der sich an den Durchbruch 
eines solchen von der Leber her angeschlossen hatte, jedenfalls nach vorheriger 
Usurierung des Zwerchfells. Der Zeitpunkt dieses Durchbruches ist markiert durch 
die schweren Zustande am 9. März 1901, die sich an die Bronchitis anschlossen. 
Vielleicht waren es gerade diese Hustenstöße, die die letzte Veranlassung zum 
Durchreißen der Cystenwand und des druckatrophischen Zwerchfelles gaben. 

Die Punktion hatte gleichzeitig als Palliativoperation den Wert, daß sie 
den Pleuraraum etwas entleerte, die Interkostalräume sanken ein, der Spitzenstoß 
reichte nahe an die normale Stelle; doch mußte sie vorzeitig abgebrochen werden, 
da die Herztätigkeit bedenklich schwach wurde. 

Die vorgeschlagene Kippenresektion wurde zunächst verweigert’ von den 
außerordentlich ängstlichen Eltern, der Knabe kam nur den Winter über noch 
2mal zur Punktion, bei der jedesmal etwa 21 entleert wurden. Interessant ist, 
daß der Knabe stets nach der Punktion 2—3 Tage fieberte und lmal danach 
eine Urticaria, jedenfalls Folgen der entweder durch den Stichkanal oder die 
Pleura selbst infolge der veränderten Druck und Zirkulationsverhältnisse ermög¬ 
lichten Besorption von toxischen Substanzen der Echinococcusflüssigkeit. 

Erst als sich die Eltern überzeugten, daß die Flüssigkeit sich immer wieder 
nachfüllte und daß die Operation das einzige rationelle Mittel sei, gaben sie ihre 
Einwilligung zu demselben. Am 15. III. 1902 wurden von Herrn Professor Bayer 
in Chloroformnarkose unterhalb der Scapula je ca. 6 cm der 7. und 8. Bippe sub¬ 
periostal reseziert, die etwa 4 mm dicke, mit der Pleura innig zusammenhängende 
Membran stumpf durch trennt. Es entleerten sich 71 der oben beschriebenen 
Flüssigkeit Durch die Wunde wurde ein starkes Drainrohr eingeführt, die Pleura¬ 
höhle mit steriler Gaze locker tamponiert. Nach der Operation bestand starker 
Hustenreiz, der durch Codein nur wenig gemildert wurde und durch mehrere 
Tage anhielt, die Temperatur stieg auf 39° C., durch das Drain entleerte sich 
spärliche, der früheren analoge Flüssigkeit, nur hier und da ein Fetzen der Echino- 
cocus8membran. Am 6. Tage nach der Operation erfolgte abermals eine Urticaria¬ 
eruption. 

Nach acht Tagen wurde das Drain entfernt und die ganze Höhle in der 
Absicht, die Sequestrierung anzuregen, mit steriler Gaze etwas fester tamponiert. 
Die Temperaturen schwankten in diesen Tagen zwischen 37—38° C. Acht Tage 
lang rührte sich der Echinococcussack gar nicht, und wir überlegten schon, in 
welcher Weise eine Verödung des Sackes durch eines der vielen vorgeschlagenen 
Mittel bewirkt werden könnte, falls die Tamponade versagen würde. Von solchen 
wäre uns da Sublimat bei Kindern zu bedenklich, Jod, Jodoform oder Alkohol 
plausibel gewesen. 

Am 1. IV. 1902, dem 16. Tage post operationem, zeigte sich ein großes 
Membranstück in der Wunde flottierend. Mit Pinzetten sehr vorsichtig ziehend, 
gelang es mir, den Echinococcussack in toto wie ein hohles Ei herauszuziehen. 
Derselbe war einkämmerig, und stellte einen über zwei Mannesfaust großen Abguß 
der Pleurahöhle dar mit zahlreichen Excrescenzen und roten durch Hämatoidin 
bedingten Flecken auf der Innenfläche. Seine Wand bot in Zupfpräparaten wie 
Schnitten den typischen Bau des Echinococcus. 

Bei dieser Ablösung trat fast gar keine Blutung ein, ein Zeichen, daß die 
Abstoßung allenthalben vollendet war; mit dem Keflektor übersahen wir einen 
großen Teil der Pleura, dieselbe war in lebhafter Granulation hier und da mit 
Fibrin belegt, jedoch nirgends Beste des Echinococcus, ebensowenig war eine Ein¬ 
ziehung oder Narbe der Zwerchfellkuppel zu sehen. 

Der weitere Verlauf war ein ganz glatter; durch den Drain entleerte sich, 
allmählich abnehmend reichliches Wundsekret, die Temperatur hielt sich in normalen 
Grenzen, die Lunge entfaltete sich allmählich. Nachdem auch durch Granulation 
die Besektiönswunde sich geschlossen, wurde der Knabe drei Monate nach der 
Operation in blühendem Zustande mit einem Stützmieder behufs Verhütung einer 
Skoliose durch die Narbenschrumpfung nach Hause entlassen. 


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Centralblatt fftr Kinderheilkunde. No. 1. 


Ist schon das Vorkommen des Echinococcus bei Kindern ein 
seltenes — wir beobachteten in den letzten Jahren außer diesem 
nur noch einen Fall von Leberechinococcus — so ist der glückliche 
Ausgang der Erkrankung mit der frappierenden, geburtartigen Ab¬ 
stoßung des Sackes auf einmal als ein ganz außergewöhnliches zu 
bezeichnen, da der Durchbruch in die Pleurahöhle ein sowohl durch 
die mechanische, ganz besonders aber durch die chemische Wirkung 
äußerst gefährliches Ereignis darstellt. Ergießt sich damit doch eine 
Menge der exquisit toxischen Echinococcusflüssigkeit über eine neue 
resorptionstüchtige Serosa ganz abgesehen von den Komplikationen 
falls der Inhalt eiterungserregende Bakterien enthielt. So schreibt 
Mosler und Peiper: „Der Durchbruch nach dem Cavum pleurae 
erfolgt unter heftigem Seitenschmerz, plötzlich auttretender Dyspnoe 
und schneller Entwickelung einer meist tötlich verlaufenden eitrigen 
Pleuritis“. 

Daß es in diesem Falle zu einer solchen nicht kam, ist wohl ein 
Fingerzeig dafür, daß sich der primäre Leberechinococcus — wie 
gewöhnlich — subkapsulär an der Konvexität mehr nach hinten zu 
entwickelte, und mit keinem grösseren Gallengang in Verbindung 
trat, so daß sein Inhalt eher steril bleiben konnte. Diese Annahme 
erklärt auch den Befund der früheren Beobachter des Knaben, daß 
sich eine breite Dämpfungszone rechts hinten fand, während vorn die 
Leber nur etwas vergrößert und gesenkt erschien. Bei dieser Sach¬ 
lage war auch der Nachweis eines cystischen Tumors durch Palpation 
oder Perkussion unmöglich, da derselbe, durch die Bippen gedeckt, 
dem direkten Nachweise sich entzog. 

Die zum Teile recht schweren toxischen Erscheinungen — Urti¬ 
caria, Juckgefühl, Fieber, im ersten Anfalle auch Coma — die sich 
jedesmal zeigten, wenn die Echinococcusflüssigkeit neue Resorptions- 
flächen fand, lmal beim Durchbruch, nach der Punktion, sowie auch 
nach der Resektion, entweder durch Resorption von den gesetzten 
Wundflächen aus oder durch die Druckentlastung vom umgebenden 
Gewebe aus, bestätigen die Bedenken, welche man gegen die Punktion 
des Echinococcussackes auch zu diagnostischem Zwecke hegt. Die¬ 
selben sind gewiß völlig ausreichend, um bei Echinococcus der Leber, 
wenn derselbe nicht mit den Bauchdecken verwachsen ist, die Probe¬ 
punktion als zu gefährlich zu unterlassen, da die Möglichkeit durch 
den Stichkanal, der die freie Bauchhöhle passiert, einen Weg für 
Dissemination auf das Peritoneum und Resorption des toxischen 
Inhaltes mit allen ihren Konsequenzen zu schaffen sich nicht ganz 
ausschließen läßt. Es ist daher gewiß rationeller, das von Volkmann 1 ) 
wieder aufgenommene zweizeitige Operationsverfahren nach Röcamier- 
Bögin für den Leberechinococcus auch als diagnostisches Mittel zu 
verwenden, wie es an einem 8jährigen Knaben an unserer Abteilung 
mit bestem Erfolge geschah. Das gleiche gilt wohl auch vom Echino¬ 
coccus der Lunge und Milz. 

In unserem Falle, wo dem Verlaufe und dem physikalischen 
Befunde nach außer den Weich teilen der Thorax wand kein intaktes 


*) Literatur bei Mosler und Peiper 1. c. 


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II. Referate. 


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Organ verletzt werden konnte, war die Punktion, die May dl 1 ) per- 
horresziert, so lange bei intra-thorakalen FlQssigkeitsansammlnngen 
ihre Provenienz und Organsitz nicht klar sind“, gewiß erlaubt, da 
sie znr Sicherung der Diagnose und Erwirkung der Operationsein¬ 
willigung unumgänglich nötig war. Man kann ja auch die eventuell 
notwendig scheinende Radikaloperation der Punktion gleich anschließen 
und so die Gefahren der letzteren auf ein Minimum reduzieren. Der 
glückliche Erfolg der Operation bestätigt aufs neue, daß die Behand¬ 
lung des Echinococcus, wenn irgend angängig, nur eine chirurgische 
sein kann. 


II. Referate. 

L. LÖrand. Beitrag zur Kenntnis des Echinococcus pleurae 

im Kindesalter. 

(Aus dem Stefanie-Kinderspital zu Budapest.) 

(Monatsschrift für Kinderheilkunde Oktober 1902.) 

Im Stefanie-Kinderspitale wurden seit 1890 im ganzen zwei Fälle 
von Echinococcus im intrathorakalen Raume beobachtet. Den einen 
hat bereits v. Bökay 1900 beschrieben und betont, daß derselbe der 
1. Fall sei, welcher bezeugte, daß das Baccellische Verfahren picht 
nur bei Echinococcus der Leber, sondern auch bei intrathorakaler 
Lagerung der Blase zum Erfolge führt. 

Die 2. Beobachtung schildert jetzt L. Sie ist vom diagnostischen 
und therapeutischen Standpunkt aus von Interesse. In ersterer Hin¬ 
sicht war es schwierig festzustellen, mit welcher Art des intrathorakal 
gelegenen Echinococcus man es zu tun hatte, ob mit pleural oder 
pulmonal gelagertem. Es zeigte sich, daß der Pat., ein 11 jähriger 
Knabe, der viel mit Hunden gespielt hatte, an primärem, intra¬ 
thorakalem Echinococcus litt, bezw. daß multiple Cysten, höchst wahr¬ 
scheinlich Mutter- und Tochterblasen, vorhanden waren, von denen 
eine Blase vereiterte und sich durch die Lunge bezw. durch den 
Bronchus spontan durchbrach und teilweise entleerte, so daß zur Zeit 
der Spitalaufnahme eine Pyopneumocyste konstatiert werden konnte. 
Es fand sich in der rechten Brusthöhle eine umschriebene Dämpfung, 
deren Grenzen sich bei Lageveränderung des Kranken veränderten, 
beim Husten wurde Foetor ex ore wahrgenommen, und bei der 
Punktion eine übelriechende, zersetzte Flüssigkeit gewonnen. Eine 
kleine Cyste war daher entweder in dem Lungengewebe gelagert, oder 
falls sie anfangs aus der Pleurahöhle hervorging, bildete sich eine 
Verwachsung zwischen der Blasenwand der vereiterten Cyste und dem 
visceralen Pleurablatte der Lunge, wonach zirkumskripter Zerfall des 
Lungengewebes und zum Schlüsse Durchbruch erfolgte durch den 
ebenfalls exulzerierten Bronchuszweig. Die Mutterblase selbst dürfte 
jedoch zwischen den Pleurablättern gelegen sein. Denn erstens wurden 


*) Maydl, Echinococcus der Pleura, Wien 1891 cit. bei Mosler- 
Peiper 1. c. 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1. 


in der Lunge keine entzündlichen Veränderungen gefunden, welche 
bei Lungenechinokokken gewöhnlich das Bild der Phthise Vortäuschen. 
Es fehlten ferner vor und nach der Operation solche Symptome, 
welche auf eine MiterkrankuDg des Lungengewebes hingedeutet hätten 
(Höhlensymptome) und nicht auch durch einen in die Bronchien durch¬ 
gebrochenen Pleuraechinococcus erklärt werden könnten. Die um¬ 
schriebene fluktuierende Hervorwölbung an der vorderen Brustwand, 
die vorlag, spricht in der Eegel ebenfalls für pleurale Lagerung der 
Blase. Endlich drängte sich bei der Operation nach der Rippen¬ 
resektion und Eröffnung des parietalen Brustfellblattes sofort ein Teil 
des Blasensackes bruchartig hervor. Dies wäre bei primärer pulmonaler 
Lagerung der Cyste nur so möglich gewesen, wenn dieselbe in den 
Pleuraraum hineingewachsen wäre; doch hätte man dann die An¬ 
wesenheit eines Pyopneumothorax oder zumindest einer exsudativen 
Pleuritis mit Verwachsungen mit Recht erwarten dürfen! Der wichtigste 
Faktor zu gunsten der pleuralen Lagerung der Blase ist aber der, 
daß nach der leichten und vollkommenen Entfernung des kindskopf¬ 
großen Echinococcus die Lunge vollkommen retrahiert und in kom¬ 
primiertem Zustande entlang der Wirbelsäule im hinteren Teile der 
Höhle gesehen werden konnte. Eine Kommunikation der Echinococcus¬ 
höhle mit der Leber wurde bei der Operation nicht konstatiert, auch 
ein Symptom einer solchen nicht entdeckt Auf Grund dieser Er¬ 
wägungen stellt L. die Diagnose auf primären multiplexen Pleura¬ 
echinococcus, von welchem eine Tochterblase in den Bronchus durch¬ 
brach. 

Therapeutisch hat Bökay in seinem 1. Falle, wo bei einem 
5jährigen Knaben ein die ganze linke Brusthälfte ausfüllender solitärer 
Echinococcus vorlag, mit 2mal wiederholten Baccellischem Verfahren 
volle Genesung erzielt. Auch bei obigem Falle wurde dies Verfahren ver¬ 
sucht, aber ohne solchen Erfolg. In dem 1. Falle hatte man es auch 
mit einem solitären, intrathorakal gelegenen Echinococcus zu tun, in 
welchem die nach vorhergegangener Aspiration injizierte Sublimat¬ 
lösung ihre volle Wirkung aüsüben konnte. Bei obigem Falle war 
es anders. Bei der Operation sah man, daß die Mutterblase im 
Absterben begriffen war, daß ihre Blasenwand brüchig wurde, und 
daß demnach ein gewisser Einfluß der Sublimatinjektion zu bemerken 
war, doch konnte die Wirkung des Verfahrens hier nicht zur Geltung 
kommen, da eine Tochterblase, in die das Sublimat sicher nicht ge¬ 
langt war, vereiterte und den Bronchus durchbrach, infolgedessen 
wohl auch die übrigen Blasen infizierte. Es war die Radikaloperation 
geboten. Diese ist also angezeigt, wenn wir Anzeichen der Vereiterung 
der Cyste oder des Auftretens von Pyopneumocystis wahrnehmen, 
während sonst das Baccellische Verfahren auch bei intrathorakaler 
Lagerung des Echinococcus als primärer Eingriff zu empfehlen wäre. 

Grfitzer. 


Cima. Eitrige Pleuritis bei einem 2jährigen Kinde. 

(La Pediatria No. IX. 1902.) 

Bei der Untersuchung des Kindes fand sich eine bis zur Axillar¬ 
linie reichende vollkommene Dämpfung auf der rechten Seite; die 


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C . ogle 



II. Referate. 


11 


Probepunktion — im 7. Interkostalraum ausgeführt — ergab das 
Vorhandensein von reinem Eiter. Innerhalb einer Woche erfolgte — 
olme besondere Therapie — völlige Aufhellung der Dämplung. 
Wahrend der Erkrankung hatte kein Fieber bestanden. Die mikro¬ 
skopische Untersuchung des bei der Probepunktion erhaltenen Eiters 
ergab Eiterkörperchen, einzelne rote Blutkörperchen und Hämatoidin- 
krystalle. Die Untersuchung auf Tuberkelbazillen war negativ. Da¬ 
gegen wuchs auf Agar und Bouillon ein Mikroorganismus mit allen 
morphologischen Eigenschaften des Staphylococcus albus, der auf 
Meerschweinchen geimpft, das Versuchstier innerhalb von 10 Tagen 
tötete. Innerhalb der Bauchhöhle des letzteren fand sich ein seröses, 
mit fibrinösen Flocken versetztes Exsudat, aus dem sich wieder der 
Staphylococcus albus in Reinkultur züchten ließ. Finder (Berlin). 


G. Treupel (Freiburg i. B.) Operative Behandlung gewisser 
Lungenerkrankungen. 

(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 40.) 

Es handelte sich um die Operation bei einem 9jährigen Knaben 
mit einer umschriebenen Verdichtung nicht tuberkulöser Natur und 
beginnender Schrumpfung mit Bronchiektasien im linken Unterlappen, 
die sich im 4. Lebensjahre ausgebildet haben soll, wo Pat. eine 
Ähre verschluckte. Seidem viel Hüsteln, zeitweise bei starken Husten- 
anfallen reichliche Entleerung eines stark riechenden eitrigen Aus¬ 
wurfes, der auch sofort entleert wird, wenn man das Kiüd auf den 
Bauch legt. ‘ 

Nach Resektion der 9.—7. Rippe wird mit dem Thermokauter 
in der Höhe der 7. Rippe etwa 5 cm nach außen von der Wirbel¬ 
säule eingegangen. Nachdem sich der Schorf abgestoßen, gelangte 
man mit der Sonde in eine nach der Wirbelsäule zu gelegene Höhle, 
aus der sich bei Hustenstößen Luft und Eiter entleerten. Seitdem 
expektorierte Pat. nichts mehr nach oben, sondern alles Sekret lief 
durch die Lungenfistel, die 7 Wochen offen blieb. Pat. bekam sehr 
bald blühende Gesichtsfarbe, nahm an Gewicht zu, hatte keinen Husten 
mehr, auch bei Bauchlage kam kein Eiter mehr zum Munde heraus. 
Verlauf auch weiter ein guter, die Operationswunde vernarbte, an 
Stelle der Lungenfistel ist eine trichterförmige Einziehung. Die 
Lungenerscheinungen sind fast verschwunden, Pat. wohl und munter. 
Man darf wohl annehmen, daß die Entfernung des Sekretes auf dem 
kürzeren Wege durch die Fistel während der 7 Wochen der Bronchial¬ 
schleimhaut, die sonst damit benetzt wurde, zugute kam, und vor 
allem darf man erwarten, daß sich jetzt nach der ausgiebigen Thorax¬ 
resektion die Schrumpfung des Lungengewebes viel rascher und voll¬ 
ständiger vollziehen kann. Grätzer. 


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12 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1. 


0. M008 (Heilbronn a. N.). Bin Fall von Lobärpneumonie mit 
konsekutivem Pemphigus acutus bei einem 2 1 / 8 jährigen Kinde. 

(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 45.) 

Das bisher stets gesunde Band erkrankte an typischer Pneumonie. 
Am 9. Krankheitstage zeigten sich zum erstenmale einige Bläschen 
von Stecknadelkopf- und Linsengröße auf der Vorderseite der Brust, 
von einem schmalen, blaßroten Saum umgeben. Diese vergrößerten 
sich tags darauf zu Dreimarkstückgröße, neue Bläschen tauchten auf 
Brust und Rücken, auf. Dabei war der Allgemeinzustand sehr be¬ 
drohlich, gegen den Kollaps waren Kampherinjektionen nötig, die 
hyperpyretischen Temperaturen trotzten jeglicher Antipyrese. Der 
Ausschlag griff immer weiter um sich, am Rumpfe saßen bis hühnerei¬ 
große Blasen, nach deren Abtragung das Bild einer schweren Ver¬ 
brennung bestand; vier Tage nach Beginn des Pemphigus erschien 
die untere Hälfte des Rückens in toto ihrer Epidermis beraubt, und 
auch auf der Vorderseite des Rumpfes, an Brust und Bauch waren 
über handtellergroße Partien freiliegenden Coriums. Der Prozeß auf 
der Lufige war unterdessen ziemlich abgelaufen, unter lytischem 
Temperaturabfall besserte sich das Befinden, die wenigen noch ent¬ 
stehenden Blasen blieben klein. Die Hautaffektion wurde mit Barde¬ 
leben sehen Brandbinden, die sich gut bewährten, behandelt. Die 
Rekonvaleszenz erfuhr keine Störung, das Kind wurde wieder ganz 
gesund. Grätzer. 


StOSS. Die Pneumokokkenperitonitis im Kindesalter. 

(Jahrbuch für Kinderheilkunde 1902 Bd. 56 Heft 4). 

Zusammenfassende Darstellung dieser Erkrankung auf Grund 
von vier selbstbeobachteten Fällen und der vorliegenden Literatur. 
Die vier Fälle wurden operiert und heilten alle. 

Klinisch sind zwei Formen zu unterscheiden, die abgekapselte 
eitrige und die diffuse eitrige Peritonitis. Die erstere beginnt gewöhn¬ 
lich ganz akut mit Erbrechen, Fieber und Schmerzen im Unterleib, 
zu denen sich häufig' Diarrhöen gesellen. Allmählich tritt eine 
gewisse Ruhe ein; dabei kommt es unter gewöhnlich anhaltenden 
Diarrhöen zu meteoristischer Auftreibung des Leibes und nach etwa 
14 Tagen zur deutlichen Flüssigkeitsansammlung im Abdomen. Wird 
in diesem Stadium der Abszeß nicht eröffnet, dann wird durch den 
Eiter der Nabel gleich einer Hernie vorgetrieben; durch die dünne 
gespannte Haut läßt sich der eitrige Inhalt erkennen; eventuell spon¬ 
taner Durchbruch. 

Die zweite, diffuse Form beginnt ebenso stürmisch, nur ver¬ 
schlimmert sich hier der Zustand ohne Unterbrechung. Das klinische 
Bild ist kein einheitliches, typisches, sondern entspricht dem einer 
allgemeinen schweren Peritonitis. 

Besprechung der Diagnose und Differenzialdiagnose speziell gegen¬ 
über Typhus abdominalis (Fehlen der Roseola, geringe oder fehlende 
Milzvergrößerung, Widal negativ), tuberkulöser Peritonitis. — Patho¬ 
logische Anatomie der Pneumokokkenperitonitis. Bezüglich der P a th o - 


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II. Referate. 


13 


genese der Erkrankung spricht sich Ver£ dahin ans, daß dieselbe 
im jugendlichen Alter keine einheitliche sei, sondern daß sie vielmehr 
sowohl durch Propagation des Pneumococcus aus der Nachbarschaft, 
vom Darm, von der Pleura, von den weiblichen Genitalien her, als 
auch auf h&matogenem Wege entstehe. 

Die Prognose ist bei den abgesackten Formen, wenn rechtzeitig 
eröffnet wird, eine sehr günstige, bei der diffusen eitrigen Form zum 
mindesten ernst Hecker (MOnoben). 

H. Krause. Zur Behandlung der Lungen- und Kehlkopf¬ 
tuberkulose mit Hetol (Länderer). 

(Berliner klin. Wochenschrift 1902 No. 42.) 

K. hat 21 Pat. mit Lungentuberkulose, von denen die jüngsten 
17 und 20 Jahre alt waren, mit intravenösen Injektionen — solche 
hält er allein für genügend wirksam — von Hetol behandelt. Nach¬ 
dem er längere Zeit an seinen Kehlkopfkranken die Beobachtung 
gemacht hatte, daß unter dieser Therapie nicht nur oberflächliche 
und wenig ausgedehnte Schleimhautläsionen ohne alles weitere Zutun 
zur Heilung gäangten, sondern daß auch die medikamentöse oder 
chirurgische Lokalbehandlung der Kehlkopftuberkulose in kürzerer 
Zeit als bisher zu günstigen Resultaten führte, behandelte er mit 
Hetol auch besonders dazu geeignet erscheinende Fälle aus der 
Privatpraxis, Bei solchen Pat., denen es zu Hause an ausreichender 
Pflege nicht fehlte, machte er auch sehr befriedigende Erfahrungen 
damit, und zwar nicht nur in initialen Fällen von Phthise, sondern 
auch in schwereren. Freilich erfordert die Behandlung oft lauge 
Zeit, wenn man die hauptsächlichsten Erscheinungen, das Fieber, 
den Husten, den Auswurf, die Schweiße, die Appetitlosigkeit und den 
Ernährungszustand günstig beeinflussen will. Bei konsequenter An¬ 
wendung des Hetols gelingt dies aber, und auch die physikalischen 
KrankheitszeiGhen zeigen deutlich die Wendung zum Besseren. Nicht 
selten, besonders bei beginnender Erkrankung, schwanden alle patho¬ 
logischen Symptome bis auf geringe bleibende Veränderungen der 
Afcmungsgeräusche. In anderen kam es zur Induration der befallenen 
Luugenpartien, in schwereren konnte man über Partien, welche am¬ 
phorisches Atmen und grobe feuchte Rasselgeräusche zeigten, das 
allmähliche Verschwinden der letzteren nachweisen; es blieben nur 
Höhlengeräusche zurück, aber die Atmung wurde freier und leichter. 
Man darf sich aber durch Anfangserfolge nicht beirren lassen und 
veranlaßt sehen, mit der Therapie aufzuhören. Gewöhnlich treten 
sehr bald Zeichen von subjektiv und objektiv nachweisbarer Besserung 
fast aller Symptome ein, die aber später einem Stillstände Platz 
macht; auch letzteres darf einen nicht beirren, man hat vielmehr mit 
den Injektionen fortzufahren, bis je nach dem Falle, früher oder 
später dauernde Veränderungen im günstigen Sinne sich geltend machen. 

Grätzel". 


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14 


Centralblatt fOr .Kinderheilkunde. No. 1. 


C. Fuch8. Klinisch-therapeutische Erfahrungen über Thiokol 

und Sirolin. 

(Aus dem k. k. Allgemeinen Krankenhause in Wien.) 

(Sonderabdruck aus der Wiener klin. Rundschau 1902 No. 21 u. 22.) 

F. ist mit den genannten Präparaten sehr zufrieden gewesen, 
so daß er zu dem Schluß kommt: 

„Alles zusammengefaßt, ergibt sich, daß das Thiokol und Sirolin 
infolge seiner Vorteile gegenüber allen Kreosotderivaten, be¬ 
sonders aber durch seine Ungiftigkeit, Appetit und Verdauung 
fördernde, Fieber, Nachtschweiße und vor allem den Lokal- 
prozeß günstig beeinflussende Wirksamkeit als das derzeit 
beste Guajakolpräparat bei Phthise zu bezeichnen und zu 
empfehlen ist, und zwar vor allem bei beginnender Lungentuberkulose, 
aber auch gegen die Symptome schwerster Phthisen und besonders 
bei Komplikation mit Darmtuberkulose, wobei keine Kontraindikation 
(auch nicht durch Hämoptoe) besteht.“ 

Auch bei Kindern hat F. die Mittel benutzt. Ein Beispiel: 

J. P., neun Jahre; Status praesens am 20. IX. 1901: Links hinten Dämpfung 
bis zur Mitte der Scapula, vorne bis zwei Querfinger, unter der Clavicula; Bron¬ 
chialatem, verlängertes Exspirium, trockene und feuchte Rasselgeräusche, spärlich, 
diffus; geringer Auswurf; Tuberkelbazillen positiv; Husten, Appetitlosigkeit, 
irregulär auftretende Temperatursteigerungen, Nachtschweiße; keine Hämoptoö, 
Urin normal; Körpergewicht 21,7 kg. Nach 10tägiger indifferenter Therapie bei 
unverändertem obigen Status erhielt Pat. ab 1. X. 1901 bis 18.11. 1902 anfangs 
3mal, später 4mal täglich je eine Thiokoltablette; hernach Sirolin zwei bis drei 
Kaffeelöffel täglich; seit 2. L 1902 vollständig normaler Lungenbefund, kein Aus¬ 
wurf, kein Husten, kein Nachtschweiß; sehr guter Appetit; Körpergewicht 26,5 kg. 
15. IH. Ende der Behandlung bei andauernd völlig normalem Befunde, Körper¬ 
gewicht 28,6 kg. Grätzer. 


L. Teleky. Zur Bekämpfung der Tuberkulose. 

(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 38—41.) 

Auch in Österreich beschäftigt sich heüte die Öffentlichkeit viel 
mit der Tuberkulosenfrage. Die verschiedene Wertung der mannig¬ 
fachen vorgeschlagenen Maßregeln kommt auch in den von Körper¬ 
schaften und Behörden abgegebenen Gutachten zum deutlichen Aus¬ 
druck. Diese bilden einen Teil des Materials, das T. als Unterlage 
für seine interessanten Darlegungen benutzte. 

Alle Maßregeln zur Bekämpfung der Tuberkulose lassen sich in 
drei große Gruppen sondern. Die erste umfaßt alle jene Maßregeln, 
die, ohne sich speziell gegen die Tuberkulose zu richten, durch 
Schaffung günstiger und den Forderungen der Hygiene entsprechender 
Lebensverhältnisse der Phthise den Boden für ihre Entwickelung ent¬ 
ziehen, z. B. Besserung der Lohn- und Arbeitsverhältnisse, Abkürzung 
der täglichen Arbeitszeit, Beschränkung der Frauen- und Kinderarbeit, 
Besserung der Wohnungsverhältnisse u. s. w. Die 2. Gruppe be¬ 
schäftigt sich mit der Prophylaxe der Tuberkulose, indem sie einer¬ 
seits die Gelegenheit für die Ansteckung verhindern will (Isolierung, 
Desinfektion u. s. w.), andererseits die für Tuberkulose Disponierten 
besonders schützt (Berufswahl, Bekonvaleszentenheime, Erholungstätten 


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II. Referate. 


15 


u. a). Die 3. Gruppe erstrebt Heilung der Erkrankten (Seehospize, 
Volksheilstätten) und dadurch Hemmung der Weiterverbreitung der 
Seuche. 

T. legt klar, welche Erfolge bisher mit diesen Arten von Ma߬ 
nahmen erreicht wurden, und erörtert die Möglichkeiten, die sich uns 
für die Durchführung derselben bieten, wobei er die.Erfahrungen 
heranzieht, die auf verwandten Gebieten gemacht wurden. 

Grätzer. 


M. Hohlfeld. Zur tuberkulösen Lungenphthise im Kindesalter* 
(Aus der Kinderklinik in Leipzig.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 47.) 

Zwei Fälle, betreffend ein sieben Monate und ein zehn Monate 
altes Kind mit großen Kavernen im Oberlappen. Bei dem 1. Pat. 
war es zur Bildung einer größeren Kaverne im rechten überlappen 
gekommen, wo die Phthise ihren Hauptsitz genommen hatte; auch in 
der linken Lunge nahm die Größe der tuberkulösen Herde nach den 
Unterlappen zu ab. Der tuberkulöse Charakter der Lungenerkrankung 
ergab sich aus der Anamnese, dem ganzen Krankheitsbilde und vor 
allem durch den Nachweis von Tuberkelbazillen im Sputum, während 
Auskultation und Perkussion mit Sicherheit nur die Zeichen einer 
Verdichtung des Lungengewebes ergaben. Beim 2. Kinde bestanden 
intra ritam Kavernensymptome, die durch den Nachweis elastischer 
Fasern im Sputum besonderen Rückhalt gewannen. Während man 
jedoch nach dem klinischen Befunde einen größeren Hohlraum er¬ 
warten durfte, fand sich bei der Sektion, daß dieser nur vorgetäuscht 
wurde durch Bronchiektasien in der Umgebung der kleinen Kaverne,, 
die auch hier im Oberlappen saß, während die Tuberkulose ziemlich 
gleichmäßig über alle Lappen verbreitet war. Auch in diesem Falle 
wurden im Sputum Tuberkelbazillen nachgewiesen. Es fand hier 
ferner — ein seltenes Ereignis in diesem Alter — eine Hämoptoe statt* 
Beide Fälle zeigen wieder, welche Ausdehnung die Phthise schon 
bei Säuglingen annehmen kann. Gr ätz er. 


Eugen Schlesinger. Eigentümlicher Beginn einer tuberkulösen 

Meningitis. 

(Archiv für Kinderheilkunde 1902 Bd. 3i, Heft 5/6.) 

Ein 2 1 / 2 jährige8 Kind wird mitten in voller Gesundheit plötzlich 
apoplektiform, von stundenlang anhaltenden, halbseitigen Krämpfen 
befallen, die von einer vollkommenen Lähmung derselben (rechten) 
Seite und Aphasie gefolgt waren. Alle diese Erscheinungen gingen 
jedoch innerhalb 36 Stunden vollkommen vorüber. Unmittelbar darauf 
setzte mit einem typischen, tagelangen Prodromalstadium die tuber¬ 
kulöse Menigitis ein, die weiterhin unter all den gewohnten Erschei¬ 
nungen am 15. Tage zum Exitus führte. Verf. schließt daraus, daß- 
bei einem tuberkulös belasteten Kinde das Auftreten schwerer Kon- 


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16 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1. 


vulsionen und Lähmungen stets mit Wahrscheinlichkeit auf eine 
tuberkulöse Meningitis, als das im Sindesalter häufigste Vorkommnis 
folgern lasse. Hecker (München). 


Dimitrie Jonescu. Die Cirrhosiß cardio-tuberculosa. 

(8pitalul 1902 No. 18/19.) 

Eine der interessantesten unter den verschiedenen, mit chronischem 
Ascites komplizierten Krankheiten des Kindesalters, ist die vonHutinel 
im Jahre 1893 beschriebene Cirrhosis cardio-tuberculosa. Die 
durch den tuberkulösen Prozeß hervorgerufene perikardische Sympbise 
bildet eine bedeutende Ursache venöser Stauungen, welche einen 
nachteiligen Einfluss auch auf die venöse Blutzirkulation der Leber 
ausübt und zur Entwickelung chronischer Hypertrophien und im 
weiteren Verlaufe zu wahrer Lebercirrhose führt. Die Stauung im 
rechten Herzen wirkt also hier auf dem Wege der supra-hepatischen 
Gefäße auf die Leber. Andererseits kann aber die Tuberkulose auch 
direkt auf die Leber einwirken und zwar auf dem Wege der Arteria 
hepatica, der Vena porta oder der Gallengänge, wenngleich der Weg 
durch die Pfortader der wahrscheinlichste ist. Die Krankheit ist 
selten, denn in der Literatur sind im ganzen 32 Beobachtungen 
verzeichnet, sechs bei Erwachsenen und die übrigen bei Kindern. 

Die perikardische tuberkulöse Symphise führt rasch zur 
Asystolie und infolge Behinderung der Herzbewegung zur Stauungsleber. 
Mitunter bietet die Leber auch tuberkulöse Granulationen, fettige 
Degenerationen oder fettige hypertrophische Cirrhose. 

Die Hauptsymptome dieser Krankheit sind: geringe körperliche 
Entwickelung, Dyspnoe, Cyanose des Gesichtes und der Extremitäten* 
vergrößerte, nicht schmerzhafte Leber, schwache Herztätigkeit mit 
fötalem Rhythmus und bedeutenden Ascites. 

Verf. beschreibt einen selbstbeobachteten Fall, bei welchem aus¬ 
gedehnte pleuro-perikardische und mediastino-sternale Adhärenzen, 
in denen sich verkäste Tuberkeln befanden, gefunden wurden. Das 
Perikard war fest mit dem Herzen durch zahlreiche, mit Tuberkeln 
besetzte Pseudomembranen verwachsen. Außerdem bestand Lungen¬ 
tuberkulose und Muskatnußleber. E. To ff (Braila). 


H. Brüning (Leipzig). Tuberkulose der weiblichen Geschlechts¬ 
organe im Kindesalter* 

(Monatsschrift für Geburt sh ilfe und Gynäkologie 12. August 1902 Heft 2.) 

In dem ersten eingehend beschriebenen Falle handelt es sich um 
ein 4jähriges Mädchen, das unter den Erscheinungen einer tuber¬ 
kulösen Peritonitis zu Grunde ging. Bei der Sektion fanden sich 
neben einer allgemeinen Drüsen- und Miliartuberkulose tuberkulöse 
Darmgeschwüre und von diesen ausgehend eine tuberkulöse Perforativ- 
peritonitis; außerdem tuberkulöse Salpingitis und Endometritis. 
Letztere Affektionen waren durch Fortschreiten der tuberkulösen 


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II. Referate. 


17 


Peritonitis auf die abdominalen Tubenenden und von da durch den 
Tubenkanal auf die Uterushöhle hervorgerufen. Verfasser verbreitet 
sich dann an der Hand zahlreicher Literaturangaben noch ausführ¬ 
lich über die Häufigkeit des Auftretens der Genitaltuberkulose im 
Kindesalter, über ihre Entstehungsweise wie über den Sitz der tuber¬ 
kulösen Prozesse: Die meisten Fälle treffen auf das Lebensalter 
zwischen 1 und 5 Jahre, dann folgt das von 11—15 Jahren; weniger 
häufig wird das Lebensalter zwischen 6 und 10 Jahren befallen; 
unter 1 Jahr wurde unter 44 Fällen genitale Tuberkulose nur einmal 
beobachtet. Die sekundäre Genitaltuberkulose ist viel häufiger wie 
die primäre. 

Die Diagnose wird sich in manchen Fällen durch das Auffinden von 
Tuberkelbazillen im Scheidensekret stellen lassen. In zweifelhaften 
Fällen von tuberkulöser Peritonitis bei Mädchen kann eventuell ein 
derartiger Befund die Diagnose tuberkulöse Peritonitis sicher stellen. 

Marz (München). 


Graham Little. Ein Fall von Tuberculosis verrucosa cutis. 

(Londoner dermat. Gesellschaft Sitzung vom 11. Juni 1902.) 

(The Brit. Joura. of Derm. Bd. 14 Juli 1902.) 

Die Anamnese deutet auf direkte Inokulation hin, da der Vater 
des gegenwärtig 2% Jahre alten Kindes drei Monate zuvor nach 
langem Krankenlager an Phthisis gestorben ist. Das Kind schlief 
bei ihm und bekam eines Tages am linken Daumen eine Pustel, die 
aufgestochen wurde, aber nicht abheilen wollte. Das Knötchen wurde 
größer und nahm eine warzige Beschaffenheit an. Das Gewächs be¬ 
findet sich auf einer geröteten Basis und hat eine papillomatöse 
Oberfläche. c. Berlin er-Aachen. 


Graham Little. Acne scrofulosorum. 

(The Brit Joum. of Derm. Bd. 14 Sept 1902.) 

Der Fall betrifft ein drei Monate altes, erblich nicht belastetes 
Kind, das am ganzen Körper, besonders stark an den Oberschenkeln, 
Unterschenkeln und am Gesäß, zahlreiche akneiforme Pusteln, außer¬ 
dem tief in der Haut sitzende, verschieden große, bläulichroth ver¬ 
färbte, gespannte Knoten zeigt. Bei näherer Untersuchung erweisen 
sich dieselben als Abszesse. Nur zwei Tuberkelbazillen konnten 
unter hundert Präparaten aufgefunden werden, c. Berliner-Aachen. 


P. Clairmont. Zur Tuberkulose der Schilddrüse (Struma 

tuberculosa). 

(Aus der I. Chirurg. Universitätsklinik in Wien.) 

(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 48.) 

C. beobachtete ein 2jähriges, sonst gesundes Kind, bei welchem sich im 
Verlaufe von 2—8 Wochen eine rasch wachsende Geschwulst in der Gegend der 
Schilddrüse entwickelte. Wegen zunehmender Atembeschwerden führte dieselbe 

CentralbL f. Klnderhlkde. VUL 2 

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13 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1. 

za einem operativen Eingriff, bei welchem ein Tamor gefunden wurde, der in 
seiner Lage der Schilddrüse entsprach, mit den oberflächlichen Muskeln ver¬ 
wachsen war und in seinem Inneren vielfache verkäste Herde darbot. Der Tumor 
wurde anscheinend im gesunden durch Exzision und Excochleation entfernt. 
Die histologische Untersuchung ergab tuberkulöses Granulationsgewebe. Nach 
Va Jahr war neben der noch immer bestehenden Fistel ein Rezidiv in Form 
einer kleinapfelgroßen derben Geschwulst aufgetreten. Bei der 2. Operation wurde 
diese Geschwulst, die mit der Trachea innig verwachsen war, exstirpiert; sie 
erwies sich ebenfalls als tuberkulöses Granulationsgewebe. 

Zweifellos lag hier Tuberkulose vor. Entwickelte sich dieselbe 
in der Schilddrüse oder in der Nachbarschaft und griff von da auf 
jene über? Es könnte sich höchstens um eine der Schilddrüse an¬ 
gelagerte Lymphdrüse handeln, die zuerst infiziert worden wäre. 
Allerdings waren vergrößerte Lymphdrüsen nicht nachzuweisen und 
in zahlreichen mikroskopischen Präparaten waren Reste lymphatischen 
Gewebes nicht zu findeD, doch könnte es immerhin, zumal ja gerade 
beim Kinde die Lymphdrüsen mit Vorliebe tuberkulös erkranken, 
möglich sein, daß auch hier erst von einer solchen der Prozeß auf 
die Schilddrüse Übergriff. War dies nun überhaupt der einzige 
tuberkulöse Herd im Körper oder lag sekundäre Schilddrüsentuber¬ 
kulose, auf dem Wege der Lymphbahn erfolgte Metastasierung vor? 
C. glaubt letzteres der Erfahrung gemäß, doch ließ sich kein anderer 
Krankheitsherd nachweisen. Prüft man die in der Literatur nieder¬ 
gelegten Beobachtungen von primär aufgetretener Schilddrüsentuber¬ 
kulose, so erscheinen dieselben durchwegs anfechtbar; jedenfalls ist 
vorläufig das Vorkommen einer primären Schilddrüsentuberkulose 
nicht erwiesen. 

Das pathologisch-anatomische Bild der Affektion weicht von dem 
der Tuberkulose im allgemeinen nicht ab. Klinisch ist das hervor¬ 
stechendste Symptom die rasche Dickenzunahme des Organs, die an 
Struma maligna erinnern läßt; die derbe, unebene Geschwulst führt 
stets durch Kompression der Trachea zu Dyspnoe, häufig zeigen 
sich Druckerscheinungen der benachbarten Nerven. Differential¬ 
diagnostisch kommen außer der ja viel häufiger beobachteten Struma 
maligna noch besonders in Betracht Lues, akute Strumitis, Struma 
congenita und angeborene Geschwülste am Halse. 

Therapeutisch kommt nur Operation in Betracht, deren Erfolge 
bisher gute waren. Schädliche Folgen durch Auftreten von Ausfalls¬ 
erscheinungen wurden bisher nicht gesehen. Obiger Fall ist aller¬ 
dings noch nicht spruchreif. Bei seiner letzten Untersuchung, 
11 Monate nach der zweiten Operation, sah das Kind nicht frisch 
wie früher aus, war nicht so lebhaft, zeigte ein leicht gedunsenes, 
blasses Gesicht, ausdruckslose Augen u. s. w. Eventuell müßte man 
orgarotherapeutisch eingreifen. Gr&tzer. 


Tarchetti und Zanconi. Beitrag zum Studium der latenten 
Tuberkulose der Mandeln und adenoiden Vegetationen. 


(Gazzetta degli ospedali e delle cliniche No. 102 1902;) 

Das Material, dessen Verf. sich zu seinen Untersuchungen be¬ 
diente, bestand fast ausschließlich aus adenoiden Vegetationen, (Ke 


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II. Referate. 


19 


bei kindlichen Individuen entfernt worden waren, bei welchen keinerlei 
Zeichen von Tuberkulose vorhanden waren. Ein Teil des durch die 
Operation gewonnenen Materials wurde unter allen Kautelen Meer¬ 
schweinchen unter die Haut gebracht, ein Teil für die mikroskopische 
Untersuchung vorbereitet. In vorliegender Arbeit wird nun über den 
Ausfall der Impfversuche berichtet. Keines der 17 geimpften Meer¬ 
schweinchen ging an Tuberkulose zu Grunde, so daß bei keiner der 
zur Impfung verwandten adenoiden Vegetationen das Vorhandensein 
einer latenten Tuberkulose angenommen werden kann. Den Resul¬ 
taten der Verff. stehen die auf Grund eines größeren Materials ge¬ 
wonnenen positiven Ergebnisse anderer Autoren gegenüber. F. 


Ch. Orescu. Die adenoiden Vegetationen. 

(Spitalul [rumänisch] 1902 No. 14/15.) 

Die adenoiden Vegetationen der Retro-nasalgegend werden oft 
verkannt, obwohl ihnen eine gewisse Wichtigkeit zukommt, da sie 
oft ernste Schädigungen der Gesundheit bewirken können, vor allem 
beispielsweise chronische Nasenleiden und eitrige Mittelohrentzündungen. 
Auch die Intelligenz, das Gedächtnis und die Aufmerksamkeit des 
Patienten sind geschwächt. Eine exakte Diagnose kann meist nur 
durch hintere Rhinoskopie gestellt werden. Die beste Behandlungs¬ 
methode ist die frühzeitige chirurgische Entfernung. Verf. benützt 
hierzu die Zange von Löwenberg, den Adenotom von Gottstein 
und seine eigene gekrümmte Kürette. E. Toff (Braila). 


J. Fein. Eine neue Kürette für die Abtragung der adenoiden 
Vegetationen im Nasenrachen. 

(Wiener klin. Rundschau 1902 No. 43.) 

Die üblichen Küretten ließen nicht selten größere Stücke der 
Wucherungen stehen, sodaß sehr bald sich Rezidive einstellten. Nach 
F.s Ansicht ist an diesen Mißerfolgen der unzweckmäßige Schaft 
der Instrumente schuld. 

Die Bewegung, welche das Instrument zu machen hat, ist eine 
kombinierte; in zwei Komponenten zerlegbare. Die Hauptkomponente 
ist eine hebelartige Drehbewegung in der Sagittalebene, bei welcher 
der Drehpunkt irgendwo in der Mundhöhle, in der Regel unterhalb 
des weichen Gaumens, liegt, während der lange Hebelarm vom Griff 
dargestellt wird und am kurzen Hebelarm das Messer im Nasen¬ 
rachenraum wirkt. Die 2. Komponente der Bewegung ist eine 
kreisende, weil der genannte Drehpunkt nicht fix bleibt, sondern 
während der Drehbewegung einen sagittalgestellten kleinen Kreis¬ 
bogen beschreibt. Um nun die ganze Anwachsungsstelle der ver¬ 
größerten Rachenmandel mit dem Messer bestreichen zu können, be- 
därf es für die Bewegungen des langen Hebelarmes eines großen 
Spielraumes, der zwischen den Kiefern nicht immer vorhanden ist. 
Der Hebelarm muß, wenn er ausgiebige Bewegungen zu machen imstande 
sein soll, außerhalb der Zahnreihen liegen. Es muß daher der Schaft 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1. 


im Drehpunkt senkrecht zur Seite abgebogen werden, damit deijenige 
Teil, welcher zwischen den seitlichen Zahnreihen zu liegen kommt, 
nur eine Achse darstellt, welche sich um ihre Längsrichtung dreht und 
daher nur einen ganz kleinen Baum benötigt. Da aber der Dreh¬ 
punkt des Hebels während der Bewegung eben nicht fix bleibt, 
sondern sich in einem kleinen, sagittal gestellten Kreisbogen bewegt, 
so beschreibt diese frontal gestellte Drehachse eigentlich einen Teil 
einer Mantelfläche eines Zylinders, dessen Grundflächenradius aber 
so klein ist, daß zwischen den Zahnreihen reichlich Platz verbleibt. 

F.s nach diesen Prinzipien konstruierte Kürette 1 ) hat sich in 
weit über 100 Fällen bereits bewährt; es gibt für Kinder von un¬ 
gefähr 115 cm Körperlänge (Alter von 5—6 Jahren) und für solche 
bis 135 cm Länge (etwa 12 Jahre) besondere Nummern. Grätzer. 


M. Penkert Über die Beziehungen der vergrößerten Thymus¬ 
drüse zum plötzlichen Tode. 

(Aus dem patholog. Institut in Greifswald.) 

(Deutsche med. Wochenschr. No. 45.) 

Zwei neue Beobachtungen von Thymustod. Das erste Mal 
handelte es sich um ein nach äußerer Wendung (wegen Querlage) 
spontan geborenes Kind. Obwohl nach der Aufstoßung Mund und 
obere Luftwege frei von Schleim waren, blieb das Gesicht stark 
cyanotisch verfärbt. Die künstlichen Atmungsversuche hatten wenig 
Erfolg, drei Stunden nach der Geburt Exitus. Bei der Sektion fand 
sich vollkommene Atelektase der Lungen, die Schwimmprobe fiel 
allenthalben negativ aus; außerdem fand sich eine sehr große Thymus¬ 
drüse. Diese mußte den Eintritt der Luft verhindert haben, die 
künstliche Atmung hatte keinen Erfolg. 

Weit interessanter ist der 2. Fall, wo ein 6 monatliches, bisher 
stets gesundes Kind ganz plötzlich unter kurzem Röcheln starb und 
die Sektion nur die beim Erstickungstode gewöhnlichen Befunde, 
dazu eine starke Thymusvergrößerung aufdeckte. Hier konnte nur 
letztere den plötzlichen Tod bedingt haben. Man fand alle Organe 
normal, die Luftröhre säbelscheidenförmig zusammengedrückt. Die 
abnorm vergrößerte Thymus bedrängt natürlich die im Brustkörbe 
gelegenen Organe, speziell aber die Trachea in der oberen Brust¬ 
öffnung, sie komprimiert überhaupt die Trachea von hier bis zur 
Bifurkation. Nimmt nun das Individuum eine anormale Lage ein, 
z. B. Hinüberbiegen des Kopfes, so werden die oberen Thymusteile, 
an der Trachea durch fibröses Bindegewebe fixiert, nach oben ge¬ 
zogen, die obere Brustöffnung wird etwas mehr verengert. Gleich¬ 
zeitig wird die Halswirbelsäule in diesem Gebiete nach vorn gedrängt 
und komprimiert in verstärktem Grade die Luftröhre von hinten, so 
daß kein Raum zum Eintritt der Luft übrig ist, plötzliche Atemnot 
und Erstickung eintritt. Grätzer. 


l ) Bei Bein er, Wien I, Franzensring 22. 


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II. Referate. 


21 


Leopold Neumann. Untersuchungen über die Viskosität des 
Sputums und ihre Beziehung zum Husten, insbesondere zur 

Pertussis. 

(Archiv für Kinderheilkunde Bd. 85 Heft 1 und 2.) 

Das Auftreten und der wechselnde Charakter des Sputums beim 
Keuchhusten wurde schon wiederholt mit dem Verlauf dieser Er¬ 
krankung in nahe Beziehung gebracht. N. suchte nun durch eine 
exakte Methode die Viskosität, d. h. die Zähflüssigkeit des 
Sputums beim Keuchhusten zu bestimmen und durch gleichzeitige 
klinische Beobachtungen der Hustenanfälle festzustellen, ob ein be¬ 
stimmter Zusammenhang zwischen der Zähigkeit des Sekrets und 
der Intensität des Hustens besteht. Der hierzu konstruierte Apparat 
besteht im Prinzip aus einer Kapillarröhre von bestimmter Lichtung, 
durch welche das betreffende Sputum unter abgemessenem, stets 
gleichem Druck getrieben wird. Die Geschwindigkeit, mit welcher 
das Sputum eine gewisse Länge der Röhre durchmißt, ergibt — auf 
1 ccm ausgerechnet — den Viskositätsgrad des Sputums. 

Der Einfluß der Tageszeit auf die Menge des Sputums machte 
sich in dem Sinne geltend, daß die in den Vormittagsstunden aus¬ 
gehusteten Sputa stets voluminöser waren. Hinsichtlich der Viskosität 
der Sputa und des Charakters der Anfälle ließ sich in den ver¬ 
schiedenen Tageszeiten kein Unterschied erkennen. 

Die Sputummenge stand nirgends in konstanter Beziehung zum 
Viskositätsgrad; ebenso bestand kein Parallelismus zwischen Viskosität 
des Sputums und der Intensität der Anfälle, wenigstens ergab sich 
aus den Untersuchungen, daß eine Abnahme der Heftigkeit der 
Hustenparoxysmen nicht mit einer Verflüssigung des Sekrets einher¬ 
geht, wie das bisher vielfach angenommen war; es zeigte sich im 
Gegenteil bei drei längere Zeit beobachteten Fällen eine bedeutende 
Steigerung der Viskosität bei Abnahme der Zahl und Intensität der 
Anfälle. Dieser Umstand, daß sich oft gerade bei leichteren An¬ 
fällen ein zäheres Sputum findet, als bei schweren, ist für die Therapie 
des Keuchhustens von Wichtigkeit; es erscheint nämlich fraglich, ob 
die herkömmliche Darreichung von Expectorantien, die ja eine Ver¬ 
flüssigung des Bronchialsekrets erstrebt, wirklich günstig auf den 
Verlauf einer Pertussis einzuwirken vermag. 

N.s Beobachtung, daß schwere Anfälle mit einem Sputum von 
niederer Viskosität und das Abklingen des Stadiums der schweren 
Paroxysmen mit einem Zäherwerden des Sputums koinzidiert, weist 
ihn darauf hin, daß die schweren Keuchhustenanfälle in einer Be¬ 
ziehung zu der geringen Viskosität des Pharynx- und Tracheal- bezw. 
Bronchialsekrets stehen und das auslösende Moment für die schweren 
Hustenparoxysmen vielleicht in einer durch die niedrige Viskosität 
bedingten größeren Beweglichkeit der Sputumsäule und der Zunahme 
des Volumens der letzteren zu suchen ist. Hecker (München.) 


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22 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1. 


C. Stamm (Hamburg), Zw Prophylaxe des Keuchhustens. 

(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 39.) 

Die Bahnverwaltungen können jeden Fall einer ansteckenden 
Krankheit von der Fahrt ausschließen, wenn nicht eine ganze Wagen¬ 
abteilung benutzt und bezahlt wird, das bedeutet also, daß der 
6—8 fache Fahrtpreis entrichtet werden muß. Keuchhüstenkranke 
Kinder werden besonders häufig behufs Ortswechsels die Bahn benutzen. 
Die schweren pekuniären Opfer schrecken natürlich die Angehörigen 
ab, die Fälle werden nicht gemeldet, und wenn unterwegs Anfälle 
auftreten, kommt der Auswurf mit Gardinen, Teppichen u. s. w. in 
Berührung, wird von den Mitfahrenden aufgenommen u. s. w. 

St. fordert daher, daß für solchen Transport die Bedingungen 
leichter gestellt werden, die Isolierungskosten billiger werden. Außer¬ 
dem erfordert die Beförderung keuchhustenkranker Kinder, daß das 
zu benutzende Coupö leicht zu desinfizieren sei, daß also Polsterung 
fehle oder mit abwaschbarem, wasserdichtem Stoff bedeckt sei, daß 
Teppiche nicht benutzt oder durch eine desinfizierbare Unterlage er¬ 
setzt werden, daß Gardinen und Rouleaux abgenommen werden. 

Grfitzer. 


Mario Vianello Cachiole. Über die Anwendung von Pyridin 

beim Keuchhusten. 

(Gazzett. degli ospedali e delle cliniche No. 90 1902.) 

Verf. schildert die Behandlungsweise der Pertussis, wie sie an 
der Mya sehen Klinik in Florenz gehandhabt wird. Dieselbe besteht 
zunächst in weitgehendster Anwendung hygienischer Maßnahmen; 
die Kinder wurden in großen luftigen Bäumen untergebracht, skrupu¬ 
löseste Reinlichkeit beobachtet, täglich mehrere Male die Bett- und 
Leibwäche gewechselt, häufig gebadet, tägliche Mundreinigung mit 
l% 0 iger Lösung von Kal. permangan. Jedes Kind hat einen eisernen 
emaillierten Spucknapf, der häufig ausgewaschen und desinfiziert wird 
und schließlich wird ganz besonderes Augenmerk auf eine sehr reich¬ 
liche Ernährung gerichtet. 

Die eigentliche Therapie besteht in Anwendung von Pyridin¬ 
inhalationen, die bekanntlich zuerst gegen Asthma nervosum empfohlen 
worden sind. Nach Ansicht des Verf.s hat das Pyridin beim Keuch¬ 
husten eine doppelte Wirkung; erstens verringert es infolge der 
sedativen Wirkung, die es auf die bulbäre Region ausübt, die Inten¬ 
sität der Anfälle und zweitens soll es die Zahl der Mikroorganismen 
herabsetzen. Was das letztere anbetrifft, so hat Verf. Versuche an¬ 
gestellt, aus denen hervorgeht, daß Kulturen von Staphylococcus, den 
Pyridindämpfen ausgesetzt, sich im Thermostaten nicht entwickeln. 
Die Anwendungsweise des Mittels geschah derart, daß 4—5 g Pyridin 
2mal täglich in eine zu den Füßen des Bettes stehende flache Schale 
gegossen wurden. Gleichzeitig wurden die verschiedenen Bromver¬ 
bindungen angewandt. Ohne seine Angaben durch zahlenmäßige 
Belege oder Krankengeschichten zu erläutern, rühmt Verf. die ge¬ 
schilderte Art der Keuchhustenbehandlung als eine besonders leistungs¬ 
fähige. F. 


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II. Referate. 


28 


Fürst (Berlin). Das Problem, den Keuchhusten abzukürzen 

oder zu coupieren. 

(Wiener med. Presse 1902 No. 47.) 

Eine energische, 3mal täglich in der Richtung von oben nach 
unten erfolgende Einreibung von Antitussinsalbe am Kehlkopf und 
Hals erwies sich in 16 Fällen als nutzbringend: die Zahl der Anfälle, 
die Intensität derselben wurde herabgesetzt, der Verlauf abgekürzt. 
Coupierung des Keuchhustens gelingt nur bei Anwendung des Mittels 
während des Initialstadiums. Grätzer. 


H. Stursberg. Über Aristochin, ein geschmackloses Chinin¬ 
derivat. 

(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 45.) 

Das ein weißes, geschmackloses Pulver darstellende Präparat, 
das 96 °/ 0 Chininbase enthalten soll, erhielten im Kinderambulatorium 
der med. Universitätsklinik Bonn 18 an Pertussis leidende Kinder 
im Alter von fünf Monaten bis zu sechs Jahren, davon zwölf längere 
Zeit hindurch (Kinder unter drei Jahren 3 mal täglich 0,05—0,1, 
größere bis 0,3). Die Darreichung mit etwas Wasser bot keinerlei 
Schwierigkeiten, es wurden weder Erbrechen noch sonstige schädliche 
Folgen beobachtet. In etwa der Hälfte der Fälle war ein deutlicher 
Erfolg nicht zu bemerken, bei der anderen Hälfte schien der Verlauf 
der Krankheit recht günstig beeinflußt zu werden. Jedenfalls sind 
weitere Versuche mit dem Mittel empfehlenswert, wobei man, da sich 
dasselbe als unschädlich erwiesen hat, ruhig die beigenannten Dosen 
erhöhen könnte. Grätzer. 


Elena Manicatide. Die Serotherapie bei Tussis convulsiva. 

(Spitalul [rumänisch] 1902 No. 6.) 

Nachdem im Sputum keuchhustenkranker Kinder ein eigentüm¬ 
licher Bazillus gefunden wurde, lag die Möglichkeit nahe, denselben 
zur Herstellung eines kurativen Serums zu benützen. Es wurden 
daher Reinkulturen desselben auf Schafe und Pferde überimpft und 
das betreffende Blutserum, ähnlich wie das Diphtherieheilserum be¬ 
nützt. Die Zahl der Anfälle der damit behandelten Kinder nahm 
ab. und war die Heilung der Krankheit eine raschere als unter der 
Einwirkung anderer Behandlungsmethoden. e. To ff (Braila). 


H. Simmonds (Hamburg). Über Nebennierenblutungen. 

(Virchows Archiv Bd. X Heft 2 November 1902.) 

In der Arbeit, die besonders die Blutungen bei Erwachsenen 
bespricht, sind auch einige Fälle von Nebennierenhämorrhagien bei 
Kindern bemerkenswert. 2 mal beobachtete Verf. solche Blutungen 
infolge von kapillaren Embolien durch Bakterien. — 1. Fall (im 
Original VIH): ein Jahr alter Knabe, der im Verlauf von Keuchhusten 


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24 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1. 


an lobulärer Pneumonie und multiplen Gelenkseiterungen erkrankte 
und ad exitum kam. Bei der mikroskopischen Untersuchung der 
beiden sehr vergrößerten Nebennieren, deren Binde wie Mark stark 
hämorrhagisch infiltriert waren, wurden neben einer dichten, hämor¬ 
rhagischen Infiltration aller Abschnitte in vielen Kapillaren Pfröpfe, 
von Streptokokken gebildet, gefunden. — Beim 2. Fall (im Ori¬ 
ginal X.) bei einem vier Monate alten Knaben ein ähnlicher Befund. 
Hier handelte es sich jedoch um Coli-Bazillen. — Im 8. Fall (im 
Original XII.) hat das betreffende Kind die wohl intra partum ent¬ 
standene Nebennierenblutung überlebt. Es starb im Alter von vier 
Monaten an Pneumonie. Außer einem kleinen Best von normalem 
Nebennierengewebe fand man hier nur amorphe, mit Blutpigment 
durchsetzte Massen. — Dieser Fall zeigt, daß einseitige Nebennieren¬ 
blutungen ohne Schaden für das Individuum zur Ausheilung gelangen 
können. Eine hämorrhagische Infarzierung beider Nebennieren jedoch 
führt zum Tode, der gewöhnlich unter peritonitischen und Kollaps¬ 
erscheinungen einzutreten pflegt. Schridde-Erlangen. 


J. Jundell. Einige klinische und bakteriologische Beobachtungen 
über die Influenzakonjunktivitis bei Säuglingen. 

(Widmarks Mitteilungen aus der Augenklinik des Carolinischen Medico-chirur- 
gischen Instituts zu Stockholm 1902 IV.) 


Gelegentlich einer Influenzaepidemie unter den Säuglingen in 
Stockholm fand J. in zahlreichen Fällen eine Konjunktivitis als 
Komplikation von Seite der Augen. In neun Fällen gelang es auch, 
den Influenzabazillus aus dem Bindehautsekret reinzuzüchten, und 
zwar wurden die bakteriologischen Untersuchungen sehr exakt durch¬ 
geführt. J. warnt davor, aus dem einfachen Ausstrichpräparat die 
Diagnose Influenzabazillus-Konjunktivitis zu stellen, da auf diese Weise 
auch dem Geübten zahlreiche Irrtümer unterlaufen müssen. Die 
Augenaffektion kann zustande kommen entweder durch direkte In¬ 
vasion des spezifischen Influenzamikroorganismus, oder durch die Toxine 
4esselben oder schließlich durch Sekundärinfektion. Es können natür¬ 
lich auch mehrere dieser Momente Zusammenwirken. Bemerkt muß 
werden, daß auch einmal zufällig durch eine Verunreinigung des 
Bindehautsackes von den Bespirationswegen her im Tränensekret 
Influenzabazillen gefunden werden könnten. Doch scheint dies bei 
den von J. beschriebenen Fällen ausgeschlossen, da sich fast in allen 
die Bazillen ganz oder beinahe in Beinkultur vorfanden. 

Von den erkrankten Kindern stand eines im 2., die übrigen im 
1. Lebensjahre. Stets wurden beide Augen befallen, wenn auch nicht 
immer gleichzeitig. Die Intensität der Konjunktivitis war sehr ver¬ 
schieden. Es wurden alle Stadien von einer leichten katarrhalischen 
Injektion bis zu ausgesprochen blennorrhoiformer Entzündung beob¬ 
achtet Doch blieb der Prozeß stets auf die Bindehaut beschränkt. 
Meist bestand gleichzeitig mehr oder wenjger heftiger Schnupfen. Als 
häufigsten Infektionsmodus nimmt J. die Übertragung von Sekret aus 
Mund oder Nase an, und zwar kann dies durch die Hand des Kindes 
oder durch den zum Waschen verwendeten Schwamm geschehen. 

E. Enslin (München). 


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n. Referate. 


25 


W. Stekel (Wien). Zur Pathologie und Therapie der Influenza. 

(Klinisch-therap. Wochenschrift 1902 No. 44/45.) 

Die genaue Besichtigung des weichen Gaumens ist ein differential¬ 
diagnostisch sehr wichtiges Hilfsmittel bei der Influenza. In einer 
großen Anzahl von Influenzafällen treten fibrinartige weiße Stellen 
unter der Schleimhaut auf, welche, zufällig auf der Tonsille lokalisiert, 
mit einem Pseudocroup oder einem echten Influenzacroup kombiniert, 
das Bild einer echten Diphtheritis Vortäuschen können. Zahlreiche 
Erfahrungen lehrten S., daß es in der Tat ein typisches Bild 
einer Pseudodiphtheritis gibt, die in Wahrheit nur eine 
croupöse Influenza ist, und deren Diagnose in den meisten Fällen 
nicht gestellt wird. Man kann die Diagnose aber leicht stellen, wenn 
man auf folgende Momente Rücksicht nimmt: Influenzadiphtheritis 
fangt in der Mehrzahl der Fälle mit Bronchitis an. Die Zunge zeigt 
meist das Bild einer Himbeerzunge. Die Milz ist vergrößert, mit¬ 
unter auch palpabel. Am Gaumen finden sich fleckenformige Streifen. 
Der Influenzabelag hat ein gelblichweißes Aussehen und sitzt nicht 
auf der dunkelrot düster entzündeten Schleimhaut, wie bei Diphtheritis, 
sondern auf fast normal gefärbten Tonsillen. Ist dieser Belag an 
den Mandeln, so zerfällt er sehr rasch und kann nach einigen Tagen 
schwinden. Am weichen Gaumen und in der Nase jedoch persistieren 
diese Stellen oft 14 Tage nach der Entfieberung. Wichtig ist auch 
das merkwürdige Verhalten des Herzens bei der Influenza, das etwa 
bei 50°/ 0 von S.’ Pat. sich zeigte. Meist handelte es sich um eine 
leichte Arythmie des Pulses, die abwechselnd bald mit Tachycardie, 
bald mit Bradycardie kombiniert war; in einzelnen Fällen wurde auch 
geringe Dilatation des Herzens konstatiert, hier und da auch ein 
systolisches Geräusch an der Herzspitze. Heilserum hat auf solche 
Fälle gar keinen Einfluß, während genügend hohe Dosen Chinin 
rasche, oft ganz unglaublich rasche Besserung des Zustandes herbei¬ 
führen. S. hat Kinder gesehen, wo plötzlich mit heftigem Krampf¬ 
husten ein intensiver Pseudocroup eintrat, die Pat. in höchster Lebens¬ 
gefahr zu schweben schienen; ein Brechmittel (Syr. Ipecac. alle fünf 
Minuten tee- und eßlöffelweise) beseitigte prompt den Zustand, der 
sich unter Berücksichtigung oben genannter Erscheinungen als In¬ 
fluenzacroup entpuppte. In anderen Fällen trat die Influenza dem 
Unkundigen vollständig wie eine Diphtherie entgegen; wer jene diffe- 
rentialdiagostischen Zeichen kennt, vermag diese Fälle sogleich als 
Influenzadiphtherie zu diagnostizieren und durch kräftige Dosen 
Chinin rasch zu heilen. Chinin scheint auf die Influenzaerreger 
direkt tötlich einzuwirken, wenn es möglichst am 1. Tage 
und in genügender Dosis verabreicht wird. Kindern unter sechs 
Jahren gibt S. Chinin, tannic., soviel dg, als Pat. Jahre hat, in 
2maliger Dosis. Auch Euchinin wirkt prompt. Größere Kinder 
erhalten Chinin, mur. oder sulfur. ebenfalls in kräftiger Dosis, 2—3 mal 
in halbstündigen Intervallen. 

S. legt seinen Beobachtungen großes Gewicht bei. Vielleicht 
sind viele Fälle von angeblicher Diphtheritis nichts als Influenzafälle. 
Vielleicht auch beruht die rasche Abnahme der Sterblichkeit an 


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26 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1. 


Diphtheritis in der Serumzeit auf der Anwesenheit von Ipfluenza- 
bazillen. Es scheint zwischen Influenza und Diphtheritis ein gewisser 
Antagonismus zu bestehen, und es existieren in der Literatur auch 
Beobachtungen, die dafür sprechen, daß der Influenzabazillus andere 
Migroorganismen töten kann. Grätzer. 


L. Lazansky (Neu-Strakonitz). Kreosotal bei Krupp. 

(Deutsche Medizinal*Ztg. 1902 No. 91.) 

L. hat bei echtem Krupp, sowie bei Pseudokrupp, Pertussis 
und Morbilli mit bestem Erfolg Kreosotal (Heyden) angewandt, meist 
in folgender Form, z. B. für Kinder von 5—10 Jahren: 

Rp. Inf. rad. Ipecac. 0,4:100,0 
Liq. Ammon, anis. 1,0—1,5 
Creosotal. 3,0—4,5 
Syr. Seneg. 15,0. 

S. umgeschüttelt! 4mal x /sstündlich, 4mal stündlich, bis zum Fieberabfall; 
sodann 2 stündlich je 1 Teelöffel, hernach 3—4 stündlich; solange kein Fieberabfall, 
die Flasche in 24 Stunden zu verbrauchen. 

Ebensoviel wird gegeben bei höherem Fieber, hier aber ordiniert 
L. lieber: 

Rp. Natr. salicyl. 1,0—2,0 
Creosotal. 3,0—4,5 
Emuls. amygd. dulc. 100,0 
Syr. Ipecac. 15,0 Gr ätz er. 


E. Neisser. Ein weiterer Beitrag zur Kenntnis vom chronischen 

Rachendiphtheroid. 

(Aus dem städt. Krankenhause in Stettin.) 

(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 40.) 

„Eine Gruppe klinisch und ätiologisch zusammengehöriger 
Fälle von chronischer Erkrankung der oberen Luftwege“ hat 1900 
N. zusammen mit Kahnert beschrieben; Fälle chronischer Heiserkeit, 
einhergehend mit Atrophie der Rachenschleimhaut und Neigung zur 
Eintrocknung des produzierten Schleimes, Ausdehnung des Prozesses 
vom Nasenrachenraum bis in den Kehlkopf, Fehlen jeder tiefgreifenden 
Veränderung, Remissionen bezw. frigorische Exacerbationen der Krank¬ 
heitserscheinungen. In allen Fällen Züchtung von Diphtheriebazillen, 
deren endgültige Beseitigung durch keinerlei Therapie gelang; hoher 
Antitoxingehalt des Blutes. 

Einen hierhin gehörigen Fall hat N. jetzt wieder beobachtet. 

Ein 4 monatliches Kind erkrankte an echter Diphtherie, zwei Tage später des- 

G leichen dessen 2 jähriges Schwesterchen. Eine Infektionsquelle läßt sich absolutnicht 
nden. Das dritte Kind der Familie, ein 7jähriger Knabe, wird aus dem Hause 
gegeben, die Wohnung und alles übrige aufs Peinlichste desinfiziert, die Familie 
verläßt auf 26 Tage das Haus, wo nur das Dienstpersonal zurückbleibt 
Das jüngste Kind war bald seinem Leiden erlegen, das zweite bei Serumtherapie 
rasch gesund geworden. Bereits elf Tage nach der Erkrankung hatte diese Pat. 
keine Diphtheriebazillen im Halse mehr. Acht Tage nach Rückkehr in die 
Wohnung erkrankte auch das dritte Kind, das inzwischen zurückgeholt worden war, 
an Diphtherie. Woher diese Infektion? Die Mutter denkt jetzt an das eine 
Hausmädchen, das schon immer durch Heiserkeit auffiel. Es erfolgt 


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II. Referate. 


27 


nunmehr dessen Aufnahme ins Krankenhaus, nachdem noch eruiert worden, daß 
das andere Hausmfidchen, sowie Hausherr und Hausfrau keine Diphtheriebazillen 
beherbergten. 

Das verdächtige Hausmädchen ist 22 Jahre alt Als es acht Jahre alt war, 
hatte ihr Bruder Diphtherie. Pat. will schon in ihrer Jugend sehr häufig heiser 
gewesen sein, ohne sonst viel Beschwerden gehabt zu haben. Später hatte sie 
dabei Trockenheit im Halse und das Gefühl, als säße etwas hinten im Rachen. 
Solche Zustände traten im Winter häufiger auf als im Sommer. Sie war als 
Amme zu dem jüngsten der obigen Kinder in Dienst getreten; seit fünf Wochen 
war sie wieder heiser, hatte Husten und jene Halsbeschwerden. Hintere Rachen¬ 
wand sehr stark glänzend, trocken, verdünnt; deutliche Follikelschwellung. Stimm¬ 
bänder gerötet, verdickt, glanzlos. Auf der hinteren Pharynxwand, im Nasen¬ 
rachenraum, auf den Stimmbändern schwärzlicher, sehr zäher Schleim. Ein Abstrich 
davon ergibt typische Diphtheriekulturen. Auch durch da» Tierexperiment werden 
echte, virulente Diphtheriebazillen nachgewiesen. 

Trotz 2monatlicher, sehr intensiver örtlicher Behandlung gelingt es nicht, 
die Bazillen zum Verschwinden zu bringen. 

Der Fall entsprach also in jeder Beziehung dem Bilde des oben 
beschriebenen chronischen Rachendiphtheroides, dessen Gefährlichkeit 
als Infektionsquelle deutlich hervortritt. Daß diese hier lag, war 
vollkommen klar, durch alle Umstände durchaus bewiesen. Das 4 monat¬ 
liche Kind, bei dem jede äußere Infektionsquelle auszuschließen war, 
kam zuerst daran. Pat. war als dessen Amme ins Haus gekommen 
und hatte es vier Wochen genährt, später noch weiter als Kinder¬ 
mädchen gepflegt, trotzdem sie schon anfing heiser zu werden und 
zu husten. Die Desinfektion der Wohnung hatte natürlich nichts 
genutzt, denn das Hausmädchen mit ihren Bazillen im Halse blieb 
weiter darin und besorgte aushilfsweise nach Rückkehr der Familie 
den 7 jährigen Knaben, der dann fünf Tage später erkrankte. Schlie߬ 
lich erkrankte später noch das Hausmädchen, das mit der Pat. während 
Abwesenheit der Familie in der Wohnung zurückgeblieben war, an 
Diphtherie. 

Das Blutserum der Pat. war behufs Einleitung einer Toxintherapie 
auf etwaigen Antitoxingehalt untersucht worden. Pat. beherbergte 
in ihrem Blute etwa 2000 J.-E. Diphtherieantitoxin. Es bestand 
also bei der Pat., dieser Trägerin und Überträgerin virulenter Bazillen, 
ein hoher Grad von Immunität, derart, daß sie gegen die schweren 
Einwirkungen ihrer Bazillen geschützt war. Als Amme hätte sie auch 
dem Kinde vermöge ihres großen Antitoxinbesitzes wohl volle Im¬ 
munität verliehen, hätte sie nicht nach vier Wochen aufgehört zu 
nähren. Von da bis zur Erkrankung vergingen vier Monate, ein Zeit¬ 
raum, in dem der etwa bereits vorhandene Schutz verloren ging. 

Grätzer. 


Fr. Kuno. Verlauf und Ursache einer Hospitaldiphtherie¬ 
epidemie. 

(Aus dem Dr. Christschen Kinderhospital in Frankfurt a. M.) 
(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 43.) 

Im Frühjahr 1902 erkrankten hintereinander zahlreiche wegen 
anderer Krankheiten ins Hospital gekommene Kinder an Diphtherie. 
Lange blieb man über die Ursache dieser Epidemie im unklaren; 
trotz sofortiger Isolierung der an Diphtherie erkrankten Kinder, trotz 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1. 


penibelster Desinfektionen dauerte die Epidemie fort. Zufällig kam 
dann der Fall Neisser (s. oben) zur Kenntnis, und es wurde darauf¬ 
hin sofort das Rachensekret sämtlicher Schulkinder, der Kranken¬ 
schwestern und Ärzte untersucht. Das Resultat war ein über¬ 
raschendes. Eine der Krankenschwestern, deren Rachen das Bild 
eines chronischen Rachenkatarrhs bot, hatte in ihrem Rachenschleim 
Diphtheriebazillen. Als man den Dienstgang dieser Schwester mit 
der Zeit des Auftretens der Diphtheriefälle in den einzelnen Sälen 
verglich, zeigte es sich, daß die ganzen Diphtherierkrankungen mit 
dem Dienst dieser Schwester gingen. Letztere war also als Trägerin 
und Verbreiterin der Infektion anzusehen. Mit ihrer Entfernung er¬ 
losch die Epidemie. 

Wenn scheinbar gesunde Personen auch häufig ohne Schaden 
für sich und ihre Umgebung virulente Bakterien in ihren Rachen¬ 
sekreten haben können, so beweist doch auch der Verlauf obiger 
Epidemie, welch unangenehme Folgen für eine disponierte Umgebung 
ein solcher Träger von Infektionsstoffen haben kann. Es erscheint 
daher dringend angezeigt, in allen Fällen von mehrfachen Diphtherie¬ 
erkrankungen nicht nur das Rachensekret der diphtherieverdächtigen 
Patienten, sondern auch das aller Personen, welche mit den Erkrankten 
in Berührung gekommen sind, bakteriologisch zu untersuchen. 

Grätzer. 


J. Schwoner. Über Differenzierung der Diphtheriebazillen von 
den Pseudodiphtheriebazillen durch Agglutination. 

(Aus dem serotherapeut. Institut in Wien.) 

(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 48.) 

Die betreffenden Untersuchungen führten zu folgenden Schlüssen: 

1. Ein durch Immunisierung mittels Diphtheriebazillen ge¬ 
wonnenes Serum agglutiniert Diphtheriebazillen in hohen Werten. 

2. Dieses Serum agglutiniert in Werten, wie es dem normalen 
Pferdeserum entspricht, Pseudodiphtheriebazillen und andere Bak¬ 
terien. 

3. Die Agglutination mittels dieses hochwertigen Serums ge¬ 
stattet eine Differenzierung der echten Diphtherie- von den Pseudo¬ 
diphtheriebazillen. 

4. Das durch Immunisierung mit einem Pseudodiphtheriebazillus 
gewonnene Serum agglutiniert nur den homologen Stamm. 

5. Der Pseudodiphtheriebazillus ist kein einheitliches Bakterium. 

Grätzer. 


Jäger. Die Resultate der Diphtheriebehandlung im Mülhauser 
Bürgerspital vor und nach der Anwendung des Behringschen 

Heilserums. 

(Deutsches Archiv für klin. Medizin Bd. 73.) 

Die Mortalität sämtlicher Diphtheritis- und Kruppfalle betrug 
in den letzten Jahren der Vorserumperiode 52—55 °/ 0 und fiel 


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U. Referate, 


29 


unter der Serum-Behandlung auf 15—20 °/ 0 ; von den tracheo- 
tomierten Kruppfälleu, wovon in der Vorserumperiode 67—71°/ 0 
starben, gingen in den letzten Jahren noch 29—37°/ 0 zu gründe. 
Jäger hat auch die Ansicht, daß die postdiphtherischen Lähmungen 
seit der Anwendung des Heilserums an Zahl abgenommen haben. 
Die Abnahme des Fiebers war schon 24 Stunden nach der ersten 
Seruminjektion bemerkbar und gewöhnlich war die Temperatur nach 
48 Stunden wieder normal. J. hat die Überzeugung, daß jede Diph- 
theritis in Heilung übergeht, wenn sie gleich bei ihrem Beginn mit 
dem Heilserum in genügender Dosis behandelt wird. 

Hugo Stark (Heidelberg.) 


NI, MirineSCU. Die Serotherapie der Diphtherie. 

(Spitalul [rumänisch] 1902 No. 8.) 

In der Krankenhausabteilung des Verf., mit einer jährlichen 
Frequenz von über 600 Diphtheriefällen, war die Mortalität in den 
Jahren vor Einführung des Serums 42—45 °/ 0 und ist jetzt auf 14 °/ 0 
gesunken. _ E. Toff (Braila.) 


A. Wassermann. Über eine neue Art von Diphtherieserum. 

(Aus dem Institut für Infektionskrankheiten in Berlin.) 

(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No, 44.) 

Es gibt zwei Gruppen von Immunseris; die von Behring, Ehrlich, 
Roux zuerst näher studierten antitoxischen, und die von Metschni- 
koff, Pfeiffer und W. selbst davon unterschiedenen bakteriziden. 
Erstere wirken ausschließlich auf die vom Bakterienleib abgeschiedenen 
spezifischen Gifte, während letztere ihre Wirkung ausschließlich auf 
die dem Bakterienleib angehörenden Stoffe entfalten. Der Typus 
eines rein antitoxischen Serums ist das Behringsche Diphtherieserum, 
das nur das spezifische Diphtheriegift bindet und neutralisiert, die 
Diphtheriebazillen selbst indessen nicht beeinflußt. Im Gegensätze 
hierzu wirken die bakteriziden Sera nur auf die Bakterien selbst oder 
auf gewisse Stoffe, welche einen Teil des Bakterienleibes bilden, nicht 
auf die Bakteriengifte. Diese Wirkung der bakteriziden Sera auf 
die Bakterien äußert sich nun in dreierlei Weise. Erstens durch 
die Abtötung und Auflösung der Bakterien, indem der im baktericiden 
Serum enthaltene spezifische Immunkörper die verdauenden Fermente 
der normalen Körpersäfte, die Komplemente auf die betreffende 
Bakterienart konzentriert und so zur Verdauung bringt. Zweitens 
durch das Phänomen der Agglutination, indem in allen bisher be¬ 
kannten bakteriziden Seris spezifische Stoffe enthalten sind, welche 
sich mit dem Bakterienleibe binden und im Verfolge damit eine 
makroskopisch sichtbare Zusammenballung der Mikroorganismen in 
einer bis dahin homogen diffusen Bakteriensuspension erzeugen. 
Drittens durch das Phänomen der Präzipitation, indem im bakteri¬ 
ziden Immunserum Stoffe vorhanden sind, welche mit gewissen aus 
den zerfallenen Bakterienleibem ausgelaugten Stoffen sich chemisch 
binden und diese zur Koagulation! zur Fällung bringen. 


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80 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1. 


W. wollte nun auch für Diphtheriebazillen ein Serum erzielen, 
das nicht rein antitoxisch, sondern auf die Leibessubstanzeu der 
Diphtheriebazillen selbst wirke. Diphtheriebazillenleiber wurden 
24 Stunden bei 60° getrocknet und abgetötet, dann im Exsikkator 
scharf getrocknet, fein zerrieben, dann dies Pulver mit Äthylen- 
Diaminlösung extrahiert. Die so erhaltene klare gelbliche Lösung 
enthält reichlich aus den Bazillenleibern extrahierte Substanzen. 
Wenn man davon 1—2 ccm Tieren injiziert, so gehen sie akut an 
Diphtherievergiftung zugrunde, indem neben den Leibessubstanzen 
der Diphtheriebazillen auch das in diesen noch vorhanden ge¬ 
wesene , poch nicht von den Leibern abgeschiedene Diphtherietoxin 
in die Äthyldiaminlösung übergegangen war. Um demnach Tieren 
rasch größere Mengen dieser Leibessubstanzen beibringen und so 
ein auf diese stark wirkendes Serum erzielen zu können, war es 
nötig, vorher das Diphtherietoxin zu neutralisieren. Dies gelingt 
durch Versetzung jener Lösung mit einer genügenden Menge Diph¬ 
therieantitoxin. Nunmehr erhielten Kaninchen intravenöse Injektionen 
von 2—3 ccm der so gewonnenen Flüssigkeit, worauf sie mit be¬ 
trächtlicher Verminderung des Körpergewichtes reagierten. Setzt 
man das Serum der so vorbehandelten Tiere zu einem klaren Aus¬ 
zuge der Diphtheriebazillenleiber zu ungefähr gleichen Teilen zu, so 
entsteht eine Trübung, ein flockiger Niederschlag; vermischt man das 
bisherige Diphtherieserum ebenso mit jener Lösung der Diphtherie¬ 
bazillenleiber, so tritt keinerlei Wirkung ein. Es handelt sich also 
tatsächlich um ein von dem antitoxischen Diphtherieserum ver¬ 
schiedenes, präzipitierendes Serum, das also auf die Körpersubstanzen 
der Diphtheriebazillen selbst eine spezifische Wirkung ausübt. 

Dieses Serum böte eine weitere Möglichkeit, die Differenzierung 
der echten und der Pseudodiphtheriebazillen mit Hilfe der Agglu¬ 
tination und Präzipitation zu bearbeiten. Auch wäre es nicht aus¬ 
geschlossen, daß dasselbe vielleicht auch therapeutischen Werterlangte. 
Wenn auch das Krankheitsbild der Diphtherie von dem spezifischen 
Diphtheriegift beherrscht, daher von dem bisherigen Diphtherieserum 
so günstig beeinflußt wird, so könnte doch das neue Serum auf ge¬ 
wisse Substanzen der Diphtheriebazillen, die gewiß auch nicht be¬ 
deutungslos sind, ein wirken; man könnte z. B. vielleicht durch Kom¬ 
bination des bisherigen Antitoxins mit einem auf die Bakterien selbst 
wirkenden Serum die bei Rekonvaleszenten und Gesunden oft sehr 
lange im Rachen befindlichen Diphtheriebazillen, auf deren epidemio¬ 
logische Wichtigkeit jüngst Wieder Neisser hin wies, rascher zum 
Verschwinden bringen. Grätzer. 


E. G. Little. Ein Fall von Diphtherie-Exanthem. 

(The Brit Joum. of Derm. Bd. 14 August 1902.) 

Am 28. März 1902 wurde ein vier Monate altes, gut genährtes 
Kind mit einer kompleten, rechtsseitigen Facialislähmung hochgradig 
fiebernd ins East London-Kinderhospital gebracht. Die Untersuchung 
des spärlichen Nasensekretes ergab keine Diphtheriebazillen. In der 


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II. Referate. 


31 


Mundhöhle fanden sich keine Diphtheriemembranen. Einige Stunden 
nach der Aufnahme des Kindes zeigte dasselbe am Rumpf, hinter 
den Ohren, später am Halse, auf der Kopfhaut, an den Beinen und 
Füßen einen Ausschlag, der im Beginn einen kleinpapulöseil, am 
folgenden Tage einen yesiko-pustulösen Charakter aufwies. Eine er¬ 
neute Untersuchung des Nasensekretes lieferte jetzt nahezu eine Rein¬ 
kultur von Diphtheriebazillen. Es handelte sich somit um einen sep¬ 
tischen Ausschlag. Trotz der Behandlung mit Antitoxininjektion, 
lokalen Waschungen und Tonicis erfolgte nach zwei Tagen der Exitus 
letalis. 

Die Autopsie bestätigte die Diagnose. Die Vorgefundenen Diph¬ 
theriebazillen zeigten die klein-diplo-bazilläre, nach Neissers Methode 
gut färbbare Form. C. Berliner (Aachen.) 


K. Lefner. Über die sogenannten skarlatiniformen Serum¬ 
exantheme bei Diphtherie. 

(Aus dem Karolinen-Kinderhospital in Wien.) 

(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 43.) 

Die Diagnose der verschiedenen Arten der Serumexantheme ist 
im allgemeinen leicht zu stellen mit Ausnahme der sogenannten 
skarlatiniformen, die in differential-diagnostischer Beziehung große 
Schwierigkeiten bieten. Ihre Unterscheidung vom echten Scharlach 
ist fast in allen Fällen schwierig, oft unmöglich. Es wurden alle 
möglichen difierential-diagnostischen Merkmale angeführt, ohne daß 
durch sie die Diagnose wirklich irgendwie gesichert wurde. 

Nach L.s klinischen Beobachtungen gebührt den skarlatiniformen 
Sernmexanthemen keineswegs die Ausnahmestellung, die sie bisher 
eingenommen haben. Während wir von sämtlichen Serumexanthemen 
— die skarlatiniformen ausgenommen — wissen, daß sie am häufigsten 
am Ende der 1. oder 2. Woche auftreten, daß sie flüchtiger Natur 
sind, oft ohne Fieber oder nur mit geringer Temperatursteigerung 
ohne Störung des Allgemeinbefindens verlaufen, wurde bei den 
scharlachähnlichen ziemlich übereinstimmend beobachtet, daß sie 
größtenteils vom 2.—4. Tage nach der Injektion auftreten, daß sie 
oft mit hohen Temperatursteigerungen, mit Störung des Allgemein¬ 
befindens einhergehen und oftmals von Schuppung gefolgt sind. 

L. berichtet nun über eine Reihe von skarlatiniformen Serum¬ 
exanthemen, die sich sämtlich als echter Scharlach erwiesen.. Von 
Januar bis April 1901 wurden 46 Diphtheriekranke aufgenommen; 
14 davon bekamen sogenannte skarlatiniforme Exantheme. Man 
wurde in der Diagnose „Erythem“ noch dadurch bestärkt, daß diese 
Exantheme beinahe alle nur nach der Injektion von zwei bestimmten 
Serien Diphtherie-Antitoxins auftraten, und daß andererseits nach 
Injektion des Antitoxins der gleichen Serie auch Urtikariaerytheme 
zur Beobachtung kamen. Bei sämtlichen Fällen trat das Exanthema 
scarlatiniforme zwischen 2. und 5. Tag auf. Die Kinder wurden 
nach 14 Tagen entlassen, ihr weiteres Schicksal blieb unbekannt. 
Die Annahme von der Existenz eines scharlachähnlichen Serum- 


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32 


Centrall latt für Einderbeilkande. No. 1. 


exanthems wurde erst erschüttert, als zwei mit skarlatiniformem Erythem 
im Spital beobachtete Fälle 8 Tage nach der Entlassung mit hämor¬ 
rhagischer Nephritis und lamellöser Schuppung zurückgebracht 
wurden; da wurde es klar, daß man es in diesen zwei Fällen sicher, 
in den übrigen mit großer Wahrscheinlichkeit mit echtem Scharlach 
zu tun hatte. Hierfür sprach, abgesehen von dem epidemischen Auf¬ 
treten der sogenannten Erytheme auch noch der Umstand, daß nach 
Reinigung des Pavillons mit Formalinspray diese Exantheme auf¬ 
hörten. 

Bis zu Ende des Jahres 1901 wurden noch 143 Diphtheriekranke 
aufgenommen; nur bei zwei davon entwickelte sich jenes Erythem, das 
sich bei längerer Beobachtung als Scharlach erwies. 1902 bis Juni 
war dies von 108 aufgenommenen Diphtheriefallen 6 mal der Fall. 

Zusammengefaßt zeigten L.s Beobachtungen: 

1. Die sogenannten skarlatiniformen Erytheme treten in den 
ersten 5 Tagen nach der Injektion auf, was in einem gewissen 
Widerspruch mit dem Verhalten der andersartigen universellen 
Serumexantheme steht. 

2. Die beobachteten Exantheme waren von typischer lamellöser 
Schuppung gefolgt. 

3. Nach Ablauf des Exanthems wurde wiederholt Glomerulo- 
Nephritis beobachtet. 

4. Das Exanthem erwies sich als kontagiös anderen Kindern 
desselben Zimmers gegenüber. 

5. Das Kontagium hatte eine hohe Tenazität, denn Sperrung 
und Formalindesinfektion (welche leider nicht sorgfältig genug aus¬ 
geführt war) konnte nicht immer eine neuerliche Infektion verhüten. 

6. Exanthem und Schuppung nahmen häufig von der Injektions¬ 
stelle ihren Ausgang, was an das Verhalten beim Wundscharlach 
erinnert. 

7. Die Transferierung der Kinder auf das Scharlachzimmer, der 
sechswöchentliche Aufenthalt daselbst hatte niemals eine Scharlach¬ 
infektion zufolge. 

8. Bei einem der Kinder trat ausser dem Scharlachexanthem 
noch am 11. Tage nach der Injektion eine typische Serum-Urtikaria auf. 

Diese Erfahrungen lassen nur den Schluß zu: In obigen Fällen 
von skarlatiniformen Serumexanthemen handelte es sich 
zweifellos um echten Scharlach. Wir werden in Zukunft beim 
Auftreten von sogenannten skarlatiniformen Exanthemen nach Serum¬ 
injektion Isolierung des Kranken und Desinfektion des Krankenzimmers 
fordern müssen. Grätzer, 


E. V. Leyden. Die Behandlung des Scharlachs mit 
Rekonvaleszentenserum. 

(Deutsches Archiv f. klin. Medizin Bd. 73.) 
v. L. gibt eine kurze Übersicht über die an der ersten medizinischen 
Klinik in Berlin bisher erzielten Erfolge mittels der Serumtherapie 
bei Scharlachkranken. 


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II. Referate. 


33 


Das Serum entstammte dem Blute von Scharlachrekonvaleszenten. 
Die den Kranken injizierte Dosis betrug 10—20cbcm; in der Regel 
wurde nur eine, einmal zwei Injektionen gemacht. Im ganzen wurden 
seit 1896 16 Fälle von Scharlach mit dem Serum behandelt. Über 
die 13 ersten haben bereits Huber und Blumenthal 1897 be¬ 
richtet. Der Erfolg war in drei Fällen ein „augenscheinlich günstiger“. 
Der Abfall der Temperatur stellte sich früher ein als unter gewöhn¬ 
lichen Verhältnissen. Auch in den übrigen zehn Fällen begann der 
lytische Temperaturabfall nie später als am 6. Tage, vollständige 
Entfieberung war nur einmal am 10. Tage, in den übrigen Fällen 
früher (bis zum 5. Tage) zu konstatieren. Sonach würde es sich 
um eine auffällige Abkürzung der Krankheit handeln. Das Exanthem 
schritt nach der Injektion noch in sechs Fällen etwas fort. Ernste 
Nachkrankheiten wurden nie beobachtet. In den drei jüngst behandelten 
Fällen war das Resultat durchweg günstig. — Soweit L.s Ver- 
suche. Ein abschließendes Urteil über den Wert der Serumbehand¬ 
lung Scharlachkranker läßt sich heute noch, nicht fällen. Die Serum¬ 
behandlung ist nach den bisherigen Versuchen vollständig unbedenk¬ 
lich. Wichtig scheint es zu sein, daß die Injektionen möglichst 
frühzeitig vorgenommen werden, ebenso wie bei der Diphtherie. 

Eine genaue Dosierung des Serums ist zur Zeit noch nicht 
möglich, da der Grad der Immunität eines Kranken noch nicht 
bestimmt werden kann. L. warnt übrigens vor allzugroßer Zaghaftig¬ 
keit in der Dosis des Serums. Hugo Starck (Heidelberg). 


C. K. Millard. Die Ätiologie der Scharlachrückfalle. 

(The Brit med. Journ. 16. August 1902.) 

Nach den Untersuchungen von Niven, Simpson, Boobbyer 
soll die Ursache der Scharlachrückfälle in dem Umstande zu suchen 
sein, daß die Patienten häufig noch mit Erscheinungen in der Nase, 
im Rachen und Ohr als scheinbar geheilt aus dem Hospital entlassen 
und zur Infektionsquelle nach Hause geschickt werden. In den 
Sekreten der Nase und des Ohres hat man Streptokokken gefunden, 
welche als Urheber des Scharlachs angesehen worden sind. Die 
Mehrzahl der Patienten sind im Hospital behandelt, wo Rekon¬ 
valeszenten mit akuten Fällen zusammengelegt werden. Die strenge 
Isolierung der letzteren von den ersteren im Hospital wird verlangt, 
wenn man in Zukunft die Scharlachrückfälle vermeiden will. 

C. Berliner (Aachen). 


August Szekeli (Budapest). Beitrag zur Kenntnis der 
Scharlacbinfektion. 

(Orvosi Hetilap No. 89 1902.) 

In einem mitgeteilten Falle bekam das Kind dadurch die Schar¬ 
lachinfektion, daß es mit einer Zinksalbe eingeschmiert wurde, welche 
die abschuppenden Hautpartikel eines Scharlachkranken enthielt, wobei 

Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII. 3 

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84 


Centralblatt für. Kinderheilkunde. No. 1. 


an der Haut des infizierten Kindes wahrscheinlich kleine Läsionen 
waren. Die Infektion war eine sehr milde, was aller Wahrscheinlich* 
keit nach daraas zu erklären war, daß sich die Wirkung des In¬ 
fektionsvirus in der Salbe verminderte. Verf. wirft die Frage auf, 
ob der Infektionsstoff, dessen Virulenzfähigkeit durch eine zeitlang 
währenden Aufenthalt in der Zinksalbe abgeschwächt ist, vielleicht 
zu Schutzimpfungen benutzt werden könnte durch Einreiben auf ein 
klein wenig lädierte Hautteile. Diese Schutzimpfung wäre mit der 
Vakkination analog, denn auch hier wird das abgeschwächte Virus 
der Krankheit durch kleine Hautläsion in den Organismus gebracht. 

J. Honig (Budapest). 


Reckzeh. Das Verhalten des Blutes bei Masern und 
Scharlach im Kindesalter. 

(Aus dem Zentral-Diakonissenhaus Bethanien in Berlin.) 

(Zeitschr. f. klin. Medizin Bd. 45 Heft 1—4) 

Eine Reihe methodischer Blutuntersuchungen bei je 60 Fällen 
von Masern und Scharlach zeitigte insofern schon interessante Resul¬ 
tate, als sich aus dem Verhalten der eosinophilen Zellen wichtige 
Anhaltspunkte für die Differentialdiagnose von Scharlach und Masern 
ergaben. 

Während sich bei Masern eine Verminderung der eosinophilen 
Zellen fand und höchstens lange nach der Entfieberung normale oder 
hochnormale Werte auftraten, war beim Scharlach stets Eosinophilie 
zu beobachten. 

Ein weiterer fundamentaler Unterschied zwischen beiden Er¬ 
krankungen liegt in der Gesamtleukozytenzahl: während bei Masern 
Hypoleukozytose auftritt, zeigt sich bei Scharlach eine deutliche 
Hyperleukozytose. Allerdings kann bei Masern in dieser Hinsicht 
das charakteristische Bild dadurch getrübt werden, daß hier bei Kompli¬ 
kationen, namentlich auf der Höhe derselben, speziell bei solchen 
der Respirationsorgane, eine Leukozytose auftritt. Komplikationen 
der Masern von seiten des Drüsensystems finden hämatologisch ihren 
Ausdruck in einer Lymphozytose oder wenigtens in einer Erhöhung 
der Lymphozytenzahlen. 

Während die Beobachtungen an den roten Blutzellen bei den 
Masern wenig Anomalien, wenigstens nichts für die Masern Charak¬ 
teristisches ergaben, war der Einfluß des Scharlachgiftes auf jene ein 
erheblicherer im Sinne einer geringen Anämie. Eschle (Sinsheim). 


Giarre und Picchi. Bakteriologische Untersuchungen bei 
einigen Komplikationen der Masern. 

(Lo Sperimentele No. 4 1904.) 

Verff. hatten bereits im Mai 1900 einen von ihnen bei Masern 
gefundenen Bazillus beschrieben, der sich durch seine Züchtbarkeit 
auf hämoglobinhaltigen Nährböden auszeichnete. 

Sie haben diese Versuche fortgesetzt und geben in vorliegender 


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IL Referate. 


85 


Arbeit die Resultate, die sie mit der Züchtung auf ihren nach eigener 
Methode hergestellten hämoglobinhaltigen Agarböden bei einem Material 
von 17 an verschiedenen Komplikationen der Masern verstorbenen 
Individuen erzielten. Die Untersuchung des Bronchialschleims fiel 
7 mal positiv, einmal negativ aus, zweimalige Unt ersuchung von Pul- 
monalsaft jedesmal positiv, viermalige Untersuchung des Herzblutes 
ergab drei negative und ein positives Resultat, fünf Impfungen mit 
Pleurainhalt fielen alle positiv aus, eine Impfung mit dem Eiter eines 
Lungenabszesses gleichfalls positiv u. s. w. Der von den Autoren be¬ 
schriebene Bazillus soll seinen morphologischen, kulturellen und bio¬ 
logischen Eigenschaften nach große Ähnlichkeit mit dem von Pfeiffer 
als Erreger der Influenza beschriebenen Bazillus zeigen. F. 


M. Brückner. Zur Pathologie der Masern. 

(Jahrbuch f. Kinderhlkd. Bd. 56 Heft 5.) 

Zwei Fälle von Transversalmyelitis im Verlaufe von Masern mit 
Besprechung der einschlägigen Literatur. Hecker (München). 


H. V. Ranke. Ein weiterer Beitrag zur Behandlung des 
nomatösen Brandes durch Exzision des erkrankten Gewebes. 

(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 48.) 

Vor 2 Jahren teilte Verf. drei Fälle von Noma faciei mit, welche 
in unmittelbarer Aufeinanderfolge, durch Exzision des brandigen Ge¬ 
webes mit nachfolgender Verschorfung durch den Thermokauter geheilt 
wurden. 

Erst jetzt bekam er wieder einen Fall von Noma in Behandlung, 
ein 3jährige8 schlecht genährtes Mädchen, das am 4. Tage nach 
Ausbruch der Masern an Noma der Genitalien und des Afters, 
sowie der beiden Schenkelbeugen erkrankte. Die Affektion griff 
sogleich rapid um sich und hatte schon erschreckende Fortschritte 
gemacht, als v. R. den Fall sah. Er exzidierte sofort alles Erkrankte, 
worauf der Verlauf sich überraschend günstig gestaltete. An keiner 
Stelle zeigte sich weiterhin noch brandiger Zerfall, der Zerstörungs¬ 
prozeß war wie mit einem Zauberschlage an all den verschiedenen 
Stellen zum Stillstand gebracht, und die Heilung vollzog sich unter 
antiseptischer Behandlung, täglichen Bädern und kräftiger Ernährung 
ohne jeden Zwischenfall, trotz der großen ausgeschnittenen Flächen, 
auch ohne wesentliche Verunstaltung. Grätzer. 


R. W. Innes Smith. Gonorhoische Synovitis bei einem Kinde. 

(The Brit. med. Journ. 7. Juni 1902.) 

Ein mit gonorrhoischer Ophthalmie geborenes Kind bekam 
15 Tage nach der Geburt eine Schwellung des rechten Kniegelenkes, 
die Verf. als durch die Blennorrhöe hervorgerufen ansieht. Fälle von 
blenorrhoischem Rheumatismus bei Kindern sind naturgemäß sehr 
selten. Vater und Mutter des Kindes hatten, wie die Anamnese er¬ 
gab, an Blennorrhöe gelitten. C. Berliner (Aachen). 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1. 


Fischer. Über Urethritis gonorrhoica bei Kindern männlichen 

Geschlechts. 

(Aas der Klinik fiir Dermatologie and Syphilis in Leipzig.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 46.) 

Zwei neue Beobachtungen dieser bei Knaben nicht häufigen 
Affektion. 

Fall 1 betrifft einen 9 jährigen Knaben, der, vor drei Wochen an Gonorrhoe 
erkrankt, bisher aber von einem Kurpfuscher behandelt, mit heftigen Erscheinungen 
in die Klinik eintrat: Präputialsack z. B. erfüllt mit dickflüssigen, gelben Eiter¬ 
mengen. Rechte Hälfte des Skrotums stark geschwollen, auf Druck sehr schmerz¬ 
haft; Hoden und Nebenhoden nicht voneinander differenzierbar. Im Urethralsekret 
zahlreiche Kokkenhaufen. Bei der Zweigläserprobe Urin in beiden Gläsern diffus 
getrübt Unter Behandlung mit Bettruhe, Hochlagerung des Hodensackes, kalten 
Umschlägen, häufigen Ausspülungen des Präputialsackes mit essigsaurer Tonerde 
und entsprechender Diät gingen die Erscheinungen nach 5 '/* Wochen soweit 
zurück, daß ambulante Behandlung möglich wurde, doch blieb schleimige Sekret¬ 
absonderung noch wochenlang zurück. Auf innerliche Darreichung von Salol in 
öfteren täglichen kleinen Dosen schwanden die Kokken allmählich. Erst nach 
4 monatlicher Behandlung ergab die Zweigläserprobe völlig klaren Urin. In ätio¬ 
logischer Beziehung war absolut nichts zu eruieren gewesen; die Untersuchung 
der Mutter des Pat. und dessen drei Schwestern fiel negativ aus. 

Fall 2 betraf die akute gonorrhoische Urethritis eines 11jährigen Knaben, 
der sich bei einer Prostituierten infiziert hatte. Der am 8. Tage ins Krankenhaus 
aufgenommene Pat. zeigte stürmische Erscheinungen (blutige Beimengungen im 
Sekret, Harnzwang, Harnverhaltung), doch heilte das Leiden ohne Komplikation 
in vier Wochen aus. 

Bisher waren 69 Fälle von Gonorrhoe bei Knaben beobachtet 
worden; 70°/ 0 ..derselben betrafen Knaben in den ersten sechs Lebens¬ 
jahren. Der Übertragungsmodus war 40mal zu eruieren, und zwar 
beruhte derselbe: 


1. Auf Ansteckung durch Kohabitationsversuche . .. 

2. Auf Übertragung durch Zusammenschlafen oder näheren (nicht ge¬ 

schlechtlichen) Verkehr mit gonorrhoisch erkrankten Knaben, Mädchen 
oder männlichen Erwachsenen. 

3. Auf zufälliger Übertragung durch weibliches Pflege- oder Wartepersonal 

4. Auf mittelbarer Übertragung durch Wäscheartikel u. dergl. .... 

5. Auf Infektion durch Sittlichkeitsdelikte . . . ,. 

Von Komplikationen waren zu verzeichnen: 


Balanitis und Balanoposthitis . . . . . . 

Lymphangoitis. 

Lymphadenitis. 

Cystitis (2 Fälle mit schwerer Hämaturie) . . 

Epididymitis, einseitig. 

„ beiderseitig. 

Incontinentia urinae, Enuresis. 

Gonitis.. 

Arthritis universalis . . . .. 

Strikturen ... . . 


9 mal 



5 

6 
1 
1 
4 




12 mal 


11 

9 

6 

2 


»> 

»> 

V) 


Die Gonorrhoe verlief im allgemeinen wie bei Erwachsenen; be¬ 
sondere Erwähnung verdienen folgende Punkte: 

1. Sehr häufig ist bei Knaben die Gonorrhoe eingeleitet von 
einer Balanitis, bezw. Balanoposthitis, besonders bei engem und 
langem Präputium. 

2. In 50 °/ 0 der Fälle ist auch die Pars posterior von der Er¬ 
krankung betroffen gewesen. 


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II. Referate. 


37 


3. Schmerzhafte Erektionen sind in keinem der obigen Fälle 
erwähnt, auch Prostatitis ist niemals beobachtet worden. 

4. Enuresis nocturna, überhaupt Incontinentia urinae wurde 
häufig beobachtet. 

5. Sehr selten scheint bei Knaben im Anschluß an Gonorrhöe 
Gelenkrheumatismus aufzutreten. 

6. Strikturen im Gefolge der gonorrhöischen Erkrankung sind 
bei Knaben durchaus nicht selten. Im Berichtsfall von Abbö hatten 
sich bei dem 3 jährigen Knaben bereits nach sechs Monaten imper¬ 
meable Strikturen in der Pars anterior und posterior entwickelt, die 
einen operativen Eingriff nötig machten. 

7. Meist pflegt bei Knaben die Gonorhoe mit viel stürmischeren 

Erscheinungen einzusetzen als beim Erwachsenen und sehr rasch auch 
auf die Pars posterior urethrae überzugehen. Gr ätz er. 


F. Schanz. Die Augenentzündung der Neugeborenen und 

der Gonococcus. 


(Vortrag, gehalten auf der Naturforscherversammlung zu Karlsbad 1902.) 

Wochenschrift für Therapie und Hygiene des Auges 1902 Bd. 6 No. 2.) 

Sch. faßt die Ergebnisse der neueren Untersuchungen über das 
Vorkommen der Gonokokken bei der Ophthalmoblennorhoe in den 
zwei Sätzen zusammen: 

1. Es gibt Augenentzündungen der Neugeborenen, welche unter 
dem Bilde der vollkommen typischen Blennorhoe verlaufen und bei 
denen trotz sorgfältigster Untersuchung der Gonococcus nie gefunden 
wird. 

2. Außer dem Gonococcus soll noch eine ganze Beihe anderer 
Mikroorganismen imstande sein, das typische Bild der Ophthalmo¬ 
blennorrhoe der Neugeborenen zu erzeugen. 

Dagegen ist bei der akuten Blennorrhoe der Sexualorgane der 
Beweis der alleinigen Pathogenität des Gonococcus erbracht. Dieser 
Widerspruch muß zu einer erneuten Prüfung der Frage über die 
Ätiologie der Augenentzündung Neugeborener auf fordern. Sch. ist 
nun der Ansicht, daß die bisher als Pseudogonokokken bezeichneten 
Mikroorganismen nur künstlich von den Gonokokken getrennt wurden, 
und daß sie nichts anderes sind, als sehr widerstandsfähige Gono¬ 
kokken. Sie unterscheiden sich von den Gonokokken dadurch, daß 
sie auch auf Löf fl er schein Serum angehen, und daß sie längere 
Lebensdauer und größere Resistenz gegenüber Temperaturunterschieden 
besitzen. Im übrigen gleichen sie den typischen Gonokokken vollkommen. 
Nun weiß man aber, daß zahlreiche Bakterien innerhalb gewisser 
Grenzen variieren und speziell weiß man von den Gonokokken, daß 
sie, längere Zeit auf den sogenannten Gonokokkennährböden gezüchtet, 
schließlich auch auf gewöhnlichen Nährböden wachsen. Es könnte 
nur sehr leicht möglich sein, daß hie und da besonders widerstandsfähige 
Individuen gleich von vornherein auf solchen Nährböden angehen. 
Die Angaben Sch.s werden bestätigt durch Untersuchungen von 


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38 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1. 


Morax-, Urbahn und Wildholz. Jedenfalls ist die Ätiologie der 
Ophthalmoblennorrhoe noch nicht geklärt, und es bedarf in dieser 
Beziehung noch weiterer Forschungen. E. Enslin (München). 


Graham Little. Ein Fall von kongenitaler Syphilis mit 
seltenen Manifestationen. 

(Londoner dermat. Gesellschaft, Sitzung vom 9. Juli 1902.) 

(The Brit Joum. of Derm. Bd. 14, August 1902.) 

Ein 7 Monate altes Kind zeigte außer gewöhnlichen, syphilitischen 
Papeln an verschiedenen Stellen des Körpers, an der Vorderfläche 
des rechten Oberschenkels drei vollständig ausgebildete, rote schwach¬ 
schuppige Ringe, die lebhaft an Herpes tonsurans erinnerten, jedoch 
mikroskopisch keine Trichophytonpilze aufzuweisen hatten. Zwei, wie 
Kettenringe ineinanderlaufende Ringe befanden sich an der Vorder¬ 
fläche des linken Oberschenkels. Die Erscheinungen sind erst vor 
einer Woche aufgetreten. 

Der Vater des Kindes hatte vor 4 Jahren Syphilis acquiriert, 
kurze Zeit später seine Frau angesteckt. Das erste vor der In¬ 
fektion geborene Kind lebt und ist gesund. Die nach der Infektion 
geborenen, voll ausgetragenen Kinder starben, und zwar: das erste 
5 Tage, das zweite 2 Wochen, das dritte 5 Wochen nach der Geburt. 
Das vierte, der vorliegende Fall, ist nunmehr 7 Monate am Leben. 
(Die Möglichkeit, daß es sich bei diesem Kinde um acquirierte, und nicht 
kongenitale, Lues gehandelt hat, ist nicht ausgeschlossen. Ref.) 

C. Berliner (Aachen). 


R. Hecker (München). Die Erkennung der fötalen Syphilis. 

(Aus dem Kinderspital München-Nord.) 

(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 45/46.) 

Die Erkennung einer spezifischen Erkrankung des Fötus als 
Ursache des Abortes ist für den Praktiker sehr wichtig, einmal zur 
Heilung der Erzeuger, dann aber zur Erzielung späterer gesunder 
Kinder und Herabsetzung der Totgeburten. Nun ist aber die Ent¬ 
scheidung, ob ein Fötus luetisch ist oder nicht, unter Umstanden 
recht schwierig. Die grob anatomischen Veränderungen, wie wir sie 
von der Pathologie der Syphilis hereditaria des Neugeborenen und 
Säuglings her kennen, fehlen oft genug, das einzige, was wir bei 
der Sektion finden, ist eine macerierte Frucht, deren sanguinolenter 
Zustand allein eine bestimmte Diagnose nicht zulässig erscheinen 
läßt. Oft kann nur das Mikroskop die Entscheidung bringen. 
Die Histopathologie der Heredosyphilis hat durch H. selbst eine 
wesentliche Förderung erfahren, der als erster eine methodische 
Heranziehnng von normalem Vergleichsmaterial und die mikro¬ 
skopische Untersuchung auch zweifelhafter und macerierter Föten in 
größerem Maßstabe in Angriff nahm. H. verfügt jetzt über ein sehr 
ansehnliches Material von histologisch bearbeiteten Föten und kann 
eine Reihe von Kriterien aufstellen, die für die Diagnose der fötalen 
Syphilis in zweifelhaften Fällen von Wert sind. 


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II. Referate. 


89 


Es hat sich z. B. heraasgestellt, daß gewisse Organe dem 
Macerationeprozeß besonders lange zu widerstehen vermögen und 
deshalb trotz relativ vorgeschrittener allgemeiner Fäulnis dankbare 
Objekte zur mikroskopischen Bearbeitung darstellen. Am frühesten 
unterliegt die Leber, am spätesten die Niere der Einwirkung der 
Fäulnis; es erweist sich also bei macerierten Früchten die 
Niere als das geeignetste Objekt zur histologischen Unter¬ 
suchung. Nun ist auch die Beteiligung der Niere an den Ver¬ 
änderungen der fötalen Syphilis eine sehr regelmäßige; Lunge und 
Leber liefern recht spärlich positive Ergebnisse, während wiederum 
Milz und Thymus häufig krankhaft verändert erscheinen. 

H. hat es sich jetzt zur Aufgabe gestellt, die zur Diagnose der 
fötalen Syphilis gegebenen Anhaltspunkte übersichtlich zusammenzu¬ 
fassen. Er führt zunächst die Zeichen an, die sich bei der makro¬ 
skopische Untersuchung darbieten, und zwar sichere, wahrscheinliche 
und unsichere Zeichen. Aber über die Hälfte der syphilitischen 
Föten konnte bei der Sektion noch nicht mit Bestimmtheit als solche 
erkannt werden, erst die mikroskopische Untersuchung brachte 
Gewißheit. Es waren dies Fälle, bei denen sich entweder keines der 
Zeichen oder nur „unsichere“ oder nur eines der „wahrscheinlichen“ 
Symptome vorfanden. Hier ist genaue Kenntnis der histologischen 
Veränderungen durchaus notwendig, namentlich in Betreff des wert¬ 
vollsten Objektes zur Aufklärung zweifelhafter Fälle: der Niere. 
Verf. erörtert eingehend diese pathologischen Zeichen nicht allein an 
der Niere, sondern auch an Milz, Thymus, Pankreas, Lunge, Leber, 
und gibt uns so wertvolle Handhaben, um fötale Syphilis zu er¬ 
kennen. Zuerst wird ja stets die Untersuchung der Niere in Betracht 
kommen, und erst bei negativem Ergebnis diejenige der übrigen 
Organe in der angegebenen Folge. Erst das Fehlen aller patho¬ 
logischen Erscheinungen in den untersuchten — nicht macerierten — 
Präparaten erlaubt uns, das Vorhandensein von kongenitaler Lues 
mit fast völliger Sicherheit auszuschließen. Grätzer. 


V. Rad. Tabes dorsalis bei jugendlichen Individuen. 


(Festschrift zur Feier des 50 jährigen Bestehens des ärztlichen Vereins 
Nürnberg 1902.) 

Verf. bringt folgende zwei Beobachtungen von infantiler Tabes: 

1. 10 jähriges Mädchen. Lues des Vaters negiert, doch habe er 
wiederholt Geschwüre am Mund gehabt. Mutter hat 3 mal im 
4. Monat abortiert, vier Geschwister jung an Konvulsionen gestorben, 
1 Schwester gesund. Pat. selbst litt an Konvulsionen. Objektiv: 
Rhagaden am Mundwinkel, Drüsenschwellung, Pupillenstarre, Miosis, 
Lichtstarre, Atrophia nervi optici, Westphalsches Zeichen, Biernacki- 
sches Symptom. Hypalgesie, Romberg, Ataxie. Keine Blasenstörungen. 

2) 7 jähriger Knabe. Mutter litt an Lues cerebri und hatte 2 mal 
abortiert Vater akquirierte Lues und infizierte seine Frau während 
der Gravidität mit dem Patienten. Mit 6 Jahren hatte er luetische 
Veränderungen im Pharynx. Objektiv: Strahlige Narben im Rachen. 


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40 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1. 


Papillendifferenz, träge Lichtreaktion, Westphal+, Bömberg ange¬ 
deutet. Hypästhetische Zone am Thorax. Biernacki + . Blasen¬ 
störungen. — 

Im Anschluß an diese Fälle bespricht Verf. die Differential¬ 
diagnose zwischen Lues spinalis, Friedreichscher Krankheit und 
Tabes, entscheidet sich in seinen Fällen für letztere Diagnose und 
wendet sich schließlich der Ätiologie der Tabes infantilis zu: 

Bei 12 vom Verf. zusammengestellten Fällen war 8 mal sichere 
Lues eines oder beider Eltern und 1 mal Infektion nach der Geburt 
nachweisbar. In den übrigen drei Fällen (darunter Fall 1 des Verf.) 
muß hereditäre Syphilis als sehr wahrscheinlich angenommen werden. 
Tabes, Paralyse und Lues cerebri bei den Eltern fand sich in sechs 
Fällen. 

Verf. meint, daß bei der infantilen oder juvenilen Tabes so gut 
wie immer ein Zusammenhang mit Syphilis der Eltern nachzuweisen, 
und daß in der Lues zweifellos die Hauptursache der Tabes bei 
Kindern zu sehen ist. Kurt Mendel (Berlin). 


Idelsohn. Ein Beitrag zur Frage über „infantile Tabes“. 

(Deutsche Zeitschr. f. Nervenh. Bd. 21 No. 3 und 4.) 

6jähriges Mädchen, dessen Eltern luetisch waren. Pupillen¬ 
differenz, Lichtstarre, Fehlen der Patellar- und Achillessehnenreflexe, 
Hypalgesie an den unteren Extremitäten. Zeichen der Lues here- 
ditaria fehlen. 

Die Literatur verfügt gegenwärtig über sieben sichere Fälle von 
infantiler Tabes (im Alter von 5—16 Jahren), darunter vier Knaben 
und drei Mädchen. 6 mal war Lues des Vaters oder der Eltern 
konstatiert, im 7. Falle war sie sehr wahrscheinlich. In vier Fällen 
bestand das Argyll-Robertsonsche Phänomen, in sechs Hypalgesie 
an den Beinen und Blasenstörungen, in sämtlichen das Westphalsche 
Zeichen. Ataxie war nur in einem Falle nachweisbar, ebenso das 
Rombergsche Phänomen. In zwei Fällen konnte Tabes des Vaters, 
einmal Paralyse angenommen werden. 

Das wichtigste ätiologische Moment der Tabes infantilis ist die 
hereditäre Lues. _ Kurt Mendel (Berlin). 


0. Maas. Über einige Falle von Tabes im jugendlichen Alter. 

(Monatsschr. f. Psych. und Neur. Bd. 12 No. 8.) 

M. berichtet über sechs Tabesfälle, bei drei derselben kann nicht 
bestimmt entschieden werden, ob sie noch zur juvenilen Form ge¬ 
rechnet werden können. Was die drei anderen (juvenilen) Fälle betrifft, 
so bestand bei zwei derselben der Verdacht auf hereditäre Lues, 
während bei dem dritten weder hereditäre noch erworbene Syphilis 
nachweisbar war. 

Ob der juvenilen Tabes gewisse Eigentümlichkeiten bezw. der 
Symptomatologie zukommen, kann nach Verf.s Meinung vorerst noch 
nicht entschieden werden. 

Sämtliche Patienten des Verf. gehörten dem weiblichen Ge¬ 
schlecht an. Kurt Mendel (Berlin). 


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m. Ans Y«nfaMn und Gfaelliehaftea. 


41 


III. Aus Vereinen und Gesellschaften. 

K. K. Gesellschaft der Ärzte In Wien. 

Sitzung vom 24. Oktober 1902. 1 ) 

Dr. Otto Hal&sz demonstriert ein fünf Tage altes Kind, das eine Kom¬ 
bination von Dofekten und Mißbildungen aufweist Nebst einer Hasenscharte und 
Wolfsrachen ist der rechte Vorderarm um 2 cm verkürzt, das Ellenbogengelenk 
subluxiert, der Vorderarm in Supinationsstellung kontrahiert und die rechte 
Hand weist das Fehlen des Ring- und kleinen Fingers auf, ohne daß eine Syn- 
daktilie vorhanden wäre. Beide Füße sind Klumpfüße. Die Mutter des Kindes 
hat acht normal gestaltete Kinder geboren. Vererbung ist nicht nachweisbar. 

Dr. Siegfried Weiß demonstriert ein 16 Tage altes Kind mit Pemphigus 
neonatorum im Stadium der beginnenden Abheilung. Neben den typischen Sym¬ 
ptomen zeigt dieser Fall eine Abweichung in bezug auf die Abhebung der Blasen¬ 
decken. Während sonst in der Regel die Ablösung derselben an der Blasengrenze 
Halt macht, exfoliieren sich hier die obersten Epidermislagen weit über diese 
Grenzen hinaus in Form äußerst zarter Lamellen, welche mit Leichtigkeit in 
großer Ansdehnung sich abziehen lassen. Mit diesem Symptom steht der Fall 
am Übergange zu der Dermatitis exfoliativa Ritter und kann vielleicht 
mit der Identitätsfrage des Pemphigus neonatorum, welche für die Impetigo con¬ 
tagiosa bereits erledigt ist, von Richter aber auch auf Dermatitis exfoliativa 
Ritter ausgedehnt wurde, in Beziehung gebracht werden. 

Diskussion: 

Primarius Dr. Knöpfelmacher: Ich habe im Laufe des letzten Jahres 
Gelegenheit gehabt, zwei Fälle zu beobachten, welche für einen gewissen Zu¬ 
sammenhang der Dermatitis exfoliativa Ritter und des Pemphigus neonatorum 
sprechen. Im ersten Falle hatte ein Kind wenige Tage nach der Geburt typischen 
Pemphigus neonatorum und im Anschluß daran entwickelte sich eine tödliche 
Dermatitis exfoliativa. Im zweiten Falle ein Kind Dermatitis exfoliativa, die Mutter 
des Kindes bekam Impetigo contagiosa. Bei dem erwiesenen Zusammenhänge 
zwischen Pemphigus neonatorum und Impetigo contagiosa des Erwachsenen spricht 
das fast gleichzeitige Auftreten von Dermatitis exfolitiva beim Kinde und von 
Impetigo contagiosa bei der Mutter dafür, daß, wenigstens in einzelnen Fällen, 
Dermatitis exfoliativa, Pemphigus neonatorum und Impetigo contagiosa ätiologisch 
miteinander nahe verwandt sind. Die erwähnten Fälle werden seinerseits ausführ¬ 
lich publiziert werden. 

Sitzung vom 31. Oktober 1902.*) 

Prof. Dr. 0. Chiari demonstriert ein dreieckiges Holzkohlenstück 
von 2—3 mm Dicke, dessen Seiten 2, 2Vs und 1cm messen, welches er am 
25. Oktober durch Laryngofissur aus dem Kehlkopfe eines 5jährigen 
Knaben entfernte. 

Interesse beansprucht dabei neben der Größe des Fremdkörpers nur noch 
die Art der Diagnose. Das Kind verspürte am 23. September während des 
Essens von Spinat plötzlich heftiges Stechen im Kehlkopfe, spuckte etwas Blut 
aus, wurde bald dyspnoeisch und mußte am nächsten Morgen wegen Erstickungs¬ 
erscheinungen tracheotomiert werden. Die zwei nächsten Tage trat Fieber bis 
39° C. auf, dagegen fehlten alle Erscheinungen von Krupp oder anderen Ent¬ 
zündungen. Das Kind konnte auch gut schlingen, nur hustete es öfter. Der 
Kehlkopf blieb unwegsam, so daß alle Versuche die Kanüle zu entfernen 
vergebens waren. Die Intubation wurde erfolglos versucht Erst am 11. Oktober 
wurde der Kehlkopf wieder etwas für Luft durchgängig, doch war die Stimme 
sehr heiser und schwach. Die Spiegelung des Kehlkopfes war wegen übermäßigen 
Widerstandes des sehr unruhigen und reizbaren Kindes unmöglich. Auch sonst 
ließ sich kein Fremdkörper nachweisen. Nach jeder Aufregung fieberte das Kind 
etwas. Die Eltern brachten deshalb das Kind am 23. Oktober zu Ch. Auch er 
konnte keine laryngoskopische Untersuchung durchführen, da das Kind sich aus 
allen Kräften wehrte. 


V Nach der Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 44. 
*) Nach der Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 45. 


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42 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1. 


Er untersuchte daher am nächsten Tage in Narkose. Die Spiegelung, sowie 
die Endoskopie durch eine Rohre lieferte kein Resultat. Die digitale Untersuchung 
ergab Freisein des introitus laryngis. Die Sondierung von der Tracheotomieöflnung 
aus ließ nichts nach weisen. Erst bei der Einführung der Schrötter sehen Kehl¬ 
kopfpinzette unter Leitung des Fingers stieß Ch. auf einen rauhen, harten Fremd¬ 
körper, den er nach dem Gefühl für einen Knochen erklärte. 

Er suchte ihn zu fassen, glitt aber ab. Von weiteren endolaryngealen Ex¬ 
traktion sversuchen glaubte er hier absehen zu müssen, da das Kind nach dem 
Berichte der Eltern und nach seiner eigenen Erfahrung vom Vortage voraus¬ 
sichtlich in absehbarer Zeit nicht tolerant geworden wäre. Auch fürchtete Ch. 
bei dem heftigen Widerstand Verletzungen durch den Fremdkörper selbst. End¬ 
lich reagierte das schwächliche Kind auf alle energischen Spiegelungsversuche 
und Aufregungen mit Fieber und litt an ziemlich starker Bronchitis. Ch. schlug 
daher die Laryngofissur für den nächsten Tag vor. 

Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen ergab kein Resultat; die Aufnahme 
eines Röntgenogramms war bei der außergewöhnlichen Ungeberdigkeit des Kindes 
kaum durchführbar. 

So führte Ch. denn, nur gestützt auf den Sondenbefund, die Laryngofissur 
aus und fand sofort nach Spaltung des Schildknorpels den schwarzen Fremd¬ 
körper und extrahierte ihn ohne Mühe. 

Im ersten Moment hielt Ch. ihn für ein Schieferstück; erst nach Vollendung 
der Operation entpuppte er sich bei genauer Beobachtung als sehr harte Holzkohle. 

Der Vater des Kindes erzählte erst dann, daß dasselbe am 17. Tage nach 
der Tracheotomie plötzlich einen Fremdkörper im Halse gespürt habe, ihn mit 
dem Finger entfernen wollte, aber verschluckte. Im Stuhl fand man am nächsten 
Tage ein kleines Steinchen (?) und ein Stückchen Holzkohle. Ch. beließ die 
Kanüle durch einige Tage, verstopfte sie am 28. Oktober, worauf das Kind zwei 
Tage und Nächte gut atmete, und entfernte sie am 30. mittags. Heute ist die 
Bronchitis fast verschwunden, die Atmung frei und die Stimme nur mäßig verschleiert 
Das Kind ist munter und hat guten Appetit, trotzdem es vorgestern 38,3 und 
gestern abend 39,1° C. hatte. Heute nachmittags war es fieberfrei. 

Die Diagnose war also nur durch die Sondierung von oben unter Leitung 
des Fingers gestellt worden. Die Röntgenstrahlen konnten bei der Natur des 
Fremdkörpers keinen Aufschluß geben. 

Diskussion: 

Doz. Dr. Großmann berichtet über einen ähnlichen Fall. Es handelte sich 
um eine Pat., die mit der Angabe erschien, einen Fremdkörper geschluckt zu 
haben. Einige Zeit nach Konstatierung und erfolglosem Extraktionsversuche des¬ 
selben erschien Pat. und zeigte ein von ihr ausgehustetes Knochenstück. Auch 
dieser Fremdkörper gab vorher bei der Röntgenuntersuchung ein negatives 
Resultat 


IV. Internationaler Gynäkologenkongreß in Rom. 

Sitzung vom 20. Sept. 1902. 1 ) 

G. J. Engelmann (Boston): Das Alter bei der ersten Menstruation am Pol und 
am Äquator. 

Frühzeitige Menstruation im Alter von 9—10 Jahren in den Tropen und 
spätes Auftreten im Alter von 18—20 Jahren im hohen Norden ist eine Sage, die 
sich von Generation zu Generation, ohne jede wissenschaftliche Begründung fort- 
pflanzt; denn die frühzeitige Pubertät in den tropischen Gegenden ist so wie deren 
spätes Auftreten in den arktischen Regionen nicht als Regel anzusehen. Das 
Negermädchen im Somaliland entwickelt sich mit 16 Jahren, also ebenso spät wie 
die Lappländerin, und Samojedinnen und Eskimoweiber können ebenso wie Hindu¬ 
frauen aus Indien schon mit zwölf Jahren Mutter werden. .. Die Pubertät kann 
am Pol ebenso .früh eintreten, wie dies gewöhnlich für den Äquator angenommen 
wird, und am Äquator so spät, wie man es für die Polbewohnerinnen annimmt 

E. bespricht dann eingehend das Alter der ersten Menstruation auf Grund von 


1 ) Zentralbl. f. Gynäk. 1902 No. 46. 


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UL Ana Vereinen und Gesellschaften. 


43 


Aber 60000 vertrauenswürdigen Daten, die er nach Zonen verteilt folgendermaßen 
gruppiert: 

I. Arktische Zone (624 Fälle); Alter im Mittel 14,6 Jahre. 
Matthews (500 Fälle) Arktische Indianer 12,6 Jahre 
Eskimo 13—15 „ 

v. Haven Eskimo 16 „ 

Vogt Guenas 15,2 „ 

Im hohen Norden bei Eskimos mit 14 Jahren; Wochenbett auch mit 11 Vs 
bis 12Vs> manchmal 18, oft 14 Jahren. 

II. Gemäßigte Zone. 

a. Europa. Alte Welt (58737 Fälle) mit 15,5 Jahren. 


Dänemark, Holland ( 8943 Fälle) 

16,5 Jahre, 

Deutschland 

(21258 


) 

16 

» 

England 

(12287 

>1 

) 

15 

yy 

Frankreich 

( 7887 

yy 

) 

14,6 

yy 

Italien 

( 6337 

yy 

) 

14,8 

yy 

Spanien 

( 2025 

yy 

) 

14,2 

yy 


b. Nordamerika. Neue Welt (10531 Fälle) mit 18,9 Jahren. 

Vereinigte Staaten und Kanada (englische, germanische, französische, 
italienische Kassen, sowie Nigros) mit 18,9 Jahren. 

III. Tropische Zone (inbegriffen die subtropischen Gegenden) (2733 Fälle) mit 

14,8 Jahren. 

Koberton (1140 Fälle) Südasien vom 18—23° N. 12,9 Jahre. 

Rein tropische Zone (1593 Fälle) 15,8 Jahre. 

Campbell (104 Fälle) Siam (13°N.). 14,3 Jahre. 

Mondicoe (1244 Fälle) Cochinchina (11—17° N.) 16,6 Jahre. 

Kob ertön (77 Fälle) Barbados, Demerara (13 und 6°N.) 15,6 Jahre. 

v. d. Burg (168 Fälle) Batavia (0—8°S.) 14,6 Jahre. 

Somaliland (0—b 10°) 16 Jahre. 

Bogasland (0-10°) 16 Jahre. 

Gestützt auf diese Statistik, sowie auf noch viele andere sich auf diese 
Frage beziehende Mitteilungen führt E. zuerst aus, daß, obwohl die höhere Tempe¬ 
ratur unter einem und demselben Klima die Pubertätsentwickelung begünstigt (die 
Pubertät tritt zumeist im Sommer ein, die Konzeption findet meistens im Früh¬ 
jahr statt) und auch auf die Geschlechtsbildung von Einfluß ist (höhere Tempe¬ 
ratur ist für die Bildung des männlichen Geschlechtes notwendig, wie dies Tat¬ 
sachen aus der Tier- und Pflanzenwelt beweisen), so variieren die mittleren Zahlen 
doch mehr unter den Bewohnerinnen der verschiedenen, zu einer Zone gehörenden 
Länder, als unter denen verschiedener, also extremerer Zonen. 

So tritt im civilisierten Europa die Pubertät im Süden früher ein als im 
Norden, in Italien und Frankreich früher (mit 14—15 Jahren) als in Deutschland 
und Dänemark (mit 16 Jahren). Sehr frtihes Entwickelungsalter (mit durch¬ 
schnittlich 11—12, ja 9—10 Jahren) in Indien, bezw. Ägypten und Arabien nimmt 
Vortr. nicht als einwurfsfrei an. 

In den Vereinigten Staaten Nordamerikas und Kanadas tritt die erste Men¬ 
struation durchschnittlich mit 14 Jahren auf, und zwar je näher gegen Süden, 
desto früher, je näher gegen Norden, desto später. 

Jedoch in den eigentlichen arktischen Gegenden ist ein frühes Auftreten, in den 
eigentlichen Äquatorialgegenden das späte Auftreten (zumeist mit 15—16 Jahren), 
also das Gegenteil der herkömmlichen Anschauungen, die Kegel. Von größerem 
Einfluß ist die Kasse; es werden nämlich unter einer und derselben Zone bei den 
verschiedenen Stämmen und Völkern die verschiedensten Entwickelungsalter ge¬ 
funden. In den Vereinigten Staaten iedoch ist auch dieser Einfluß nicht zu 
beobachten; dort menstruieren Deutsche und Franzosen, Engländer und Neger 
fast gleich im durchschnittlichen Alter von 14 Jahren zum ersten Male. 

Auch die Ernährung ist nicht ohne Einfluß, bei vielen Tiergattungen und 
Pflanzen selbst auf die Geschlechtsbildung. Und sicherlich ist die fett- und öl¬ 
reiche Kost Grund für die frühzeitige Entwickelung bei den Lappländern und 
Eskimos. Andererseits ist das träge Wesen (sluggish nervous System) der Neger 
nicht ohne Schuld an dem späten Auftreten der ersten Menstruation bei dieser 
Basse. 


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44 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1. 


Aus alledem schließt E., daß das ganze „Milieu“, das „Toüt-ensemble“ aller 
Bedingungen und nicht eine von diesen allein den wichtigsten Faktor bildet, und 
er möchte mit seinem Vertrage nur die falsche Ansicht der frühen Entwickelung 
in den Äquatorialgegenden und der späten in den Polargegenden widerlegt haben. 


Berliner Laryngologische Gesellschaft. 

Sitzung vom 7. November 1902.*) 

Es spricht Oberwarth über primäre Angina gangraenosa bei einem Knaben. 
Es waren keine anderen Krankheiten, wie Scharlach, vorausgegangen. Trotzdem 
traten in wiederholten Intervallen Schübe von nekrotisierenden Belägen an den 
Mandeln und an den Gaumenbögen abwechselnd auf. Bei der fünften Attacke 
trat hohes Fieber auf, und es kam zur brandigen Degeneration an der Unterlippe, 
an der linken Mandel und der linken Epiglottis. Außerdem traten Petechien auf, 
wie bereits bei einer früheren Attacke. Im nekrotischen Gewebe fand 0. Strepto¬ 
kokken. (Das demonstrierte Präparat zeigte deutlich die Veränderungen.) Die 
Natur dieses Leidens ist ungeklärt; es sind erst wenige Fälle publiziert, in denen 
allen in verschiedenen Intervallen die Beläge auftraten, bis nach einigen Monaten 
unter hohem Fieber der Tod eintrat. Man könnte auch an primäre Syphilis 
denken, aber der chronische intermittierende Verlauf, das Wiederverschwinden 
spricht gegen diese Auffassung. 

Schoetz berichtete dann über zwei Fälle von Pharynxtuberkulose bei 
Kindern, von denen erst zwölf Fälle in der Literatur bekannt sind. Der erste 
Fall betraf ein 12jähriges Mädchen, das mit diphtherieähnlichen Belägen im Halse 
zu ihm kam, weswegen er die Behandlung ablehnte. Nach drei Wochen kam das 
Kind wieder; die Rachenschleimhaut war blaurot und infiltriert und in ihr graue 
Knötchen zu sehen, zum Teil waren sie ulceriert. Man fand bei der Untersuchung 
der Lunge eine ausgedehnte Erkrankung der linken Spitze und im Sputum Bazillen. 
Das Kind lebte noch ca. drei Monate und starb unter hohen Temperaturen. Das 
zweite Kind kam mit fieberhaften Erscheinungen in Behandlung und war erst 
drei Tage krank. Auf den Mandeln saß ein grauer Belag. Aut dem Gaumen¬ 
segel sah Sch. kleine graue Knötchen. Die Lunge war gesund, Eltern und drei 
Geschwister ebenfalls. Diese Erscheinungen gingen vorüber, als plötzlich unter 
starker Temperaturerhöhung flache Ulcera auf den Mandeln auftraten und ein 
Exanthem auf der Haut des ganzen Körpers; an den Lungen war nichts zu finden. 
Dagegen trat doppelseitig eine Ohrentzündung auf; und auf der einen Seite 
bildeten sich bald zwei Perforationen, die zu einer großen nach kurzer Zeit ver¬ 
schmolzen. Die Tonsillen waren hochgradig infiltriert, ebenso die aryepiglottischen 
Falten und der Kehldeckel, an dessen Hinterwand ein Geschwür saß. Die Sektion 
bestätigte den Befund. Die Sektion erwies auch, daß es sich in diesem Falle um 
eine allgemeine Miliartuberkulose handelte mit besonderer Beteiligung der Hals¬ 
organe. In dem ersten Falle ist die Sektion nicht gemacht worden, aber die Ur¬ 
sache der Halsaffektion ist dieselbe. Sch. meint, daß man bei Beobachtung der 
Miliartuberkulose öfter auf solche Befunde stoßen wird. (?) Zur Differential¬ 
diagnose kommen die Diphtherie und allenfalls die Pseudoleukämie. Diese bilde 
mehr geschwulstähnliche Massen; aber erstere sei anfangs kaum von der be¬ 
ginnenden Tuberkulose zu"unterscheiden. 


Academie de medicine in Paris. 

Sitzung vom 7. Oktober 1902. l ) 

Josias berichtet über die Diphtheriefälle am Spital Bretonneau. Von 709 
klinisch diagnostizierten Fällen waren nur 580 mit dem Klebs-Löfflerschen 
Bazillus behaftet. Die Zahl der Todesfälle betrug 58, worunter 29 infolge von 
Bronchopneumonie; letztere Affektion erwies sich als besonders kontagiös, weshalb 
man diese Fälle isolieren müßte. J. glaubt, daß man die Sterblichkeit noch mehr 


*) Nach Deutsche Medizinal-Ztg. 1902 No. 93. 

*) Nach Münchener med. Wochenschr. 1902 No. 46. 


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IV. Nene Bücher. 


45 


berabsetzen kann, wenn man möglichst bei Beginn der Krankheit schon das Heil¬ 
serum (10—20 ccm) injiziere; im Spital geschehe dies gewöhnlich, aber die Ärzte 
in der Privatpraxis warteten oft viel zu lange: die Injektionen nur um 24 Stunden 
zu verschieben, das setze das Leben der Kinder aufs Spiel. 


Societö medicale des Hopitaux in Paris. 

Oktobersitzung 1902. *) 

Gegenstand der Besprechung war die hereditär-syphilitische Tabes. Babinski 
glaubt, daß diese Affektion, von welcher kaum 20 Fälle in der medizinischen 
Literatur veröffentlicht sind, oft in nur wenig ausgebildeter Form vorkommt und 
viel häufiger ist, als man gewöhnlich annimmt. Er teilte sodann der Gesellschaft 
zwei Fälle mit, die besonders dadurch interessant sind, daß beide Male der Vater 
ebenfalls Tabetiker war. Im ersten Falle handelte es sich um ein 22jähriges 
Mädchen mit Hutchinsonschen Zähnen. Außer einigen Geschwüren am anus, 
die sich sofort nach der Geburt gezeigt hatten, war sie bis zu ihrem 17. Jahre 
gesund geblieben. In diesem Alter bekam sie eine interstitielle Keratitis, die die 
charakteristischen Zeichen einer hereditär syphilitischen Affektion darbot. Nach 
weiteren zwei Jahren stellten sich lanzinierende Schmerzen ein und trat Pupillen¬ 
starre auf. Der Vater der Pat. hatte sich während der Schwangerschaft ihrer Mutter 
angesteckt und dann die Syphilis auf die Mutter übertragen. Der Vater hat eine 
ausgesprochene Tabes, die Kniereflexe sind aufgehoben, er leidet an Blasen¬ 
störungen, lanzinierenden Schmerzen, pathologischen Augenerscheinungen u. s. w. 
Der zweite Fall betrifft ein 15 jähriges Mädchen mit Pupillenstarre, aufgehobenen 
Sehnenreflexen, Schwierigkeiten bei der Harnentleerung, Chorioiditis und einigen 
psychischen Störungen, die auf eine Dementia praecox oder eine diffuse Meningo¬ 
encephalitis zurückzuführen sein dürften. Der Vater leidet an den gleichen Er¬ 
scheinungen wie deijenige der oben erwähnten Pat. Die genaue Erforschung 
dieser Fälle ist nach Babinski von großer Wichtigkeit, weil er annimmt, daß 
durch intensive, lange fortgesetzte Quecksilberbehandlung ein Einfluß auf die here¬ 
ditär-syphilitische Tabes ausgeübt werden kann, ein Einfluß, der wenigstens ebenso 
groß ist, wie deijenige des Quecksilbers auf die gewöhnliche Tabes, d. h. daß eine 
gewisse Einschränkung der Entwickelung der Krankheit erreicht werden kann. 
Zu dieser letzteren therapeutischen Bemerkung von Babinski fügte Gau eher 
hinzu, daß das Wort intensiv sich nur auf die Dauer der Behandlung, nicht aber 
auf die Stärke der Dosen bei der spezifischen Behandlung beziehen dürfe, da man 
beim Überschreiten der gewöhnlichen Gaben der Quecksilbersalze sofort Intoxi¬ 
kationserscheinungen hervorrufe. 


IV. Neue Bücher. 

Dio Hygiene des Kindes von Luigi Concetti. (Rom-Mailand. Societä Editrice 
Dante Alighieri 1903. 637 S.) 

Ein durch ausführliche und sachgemäße Behandlung aller für die Hygiene 
des Kindesalters irgendwie wichtigen Fragen ausgezeichnetes Buch, das nicht nur 
für Ärzte und Hygieniker, sondern auch für gebildete Laien berechnet ist. Verf. 
wird einem so zusammengesetzten Leserkreis gerecht, indem er auf das Glück¬ 
lichste die Mitte hält zwischen allzu gründlichem Eingehen auf wissenschaftliche 
Details von rein theoretischem Interesse und allzu großem Streben nach Populari¬ 
sierung, das ja oft zur Oberflächlichkeit führt. Besonders im Vaterland des Verf., 
wo, wie die mitgeteilten Ziffern zeigen, die Morbidität und Mortalität in den 
ersten Lebensjahren eine ganz besonders erschreckend hohe ist, wäre dem Buche 
die weiteste Verbreitung zu wünschen. 

Den breitesten Raum nimmt naturgemäß das Kapitel von der Ernährung 
ein, es-umfaßt allein über 350 Seiten; als besonders gelungen ist der Abschnitt, 
der von der künstlichen Ernährung und den Milchsurrogaten handelt, zu bezeichnen. 
Als ein Beweis, eine wie eingehende Darstellung der Gegenstand gefunden hat, 


l ) Vereinsbeilage der Deutsch, med. Wochenschrift 1902 No. 47. 


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46 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1. 


sei erwähnt, daß auch der Ernährung intubierter Kinder gedacht wird. In einem 
Kapitel über allgemeine Hygiene ist nichts vergessen, was für eine nach ver¬ 
nünftigen hygienischen Grundsätzen geleitete Kinderstube in Betracht kommt; 
besonders eingehend ist die der Haut- und Mundpflege, die Kleidung, die Hygiene 
der Sinnesorgane, die Unterstützung der ersten Gehversuche, die Hygiene der 
Psyche behandelt Den Schluß bildet ein die wichtigsten Grundsätze der Schul¬ 
hygiene behandelndes Kapitel. Finder (Berlin). 

B6zy und Bibent. Die Hysterie im kindlichen und jugendlichen Alter. (Übersetzt von 
H. Brodtmann) (Verlag v. Vogel und Kreienbrink. Berlin 1902. 286 S.) 

Nach einer geschichtlichen Einleitung besprechen die Verff. die Symptomato¬ 
logie die kindlichen Hysterie und deren hauptsächlich vorkommende Formen. 
Sie unterscheiden die Hysterie des frühesten, die des späteren Kindesalters und 
die des jugendlichen Alters. Auch beim Säugling werde Hysterie beobachtet. 
Weitere Kapitel sind der Kombination von Hysterie einerseits mit organischen 
Leiden oder Neurosen (Epilepsie, Chorea) andererseits, der Differentialdiagnose 
mit anderen Krankheiten, der Prognose, (welche, sofern das Leiden frühzeitig 
erkaunt und behandelt wird, günstig ist, und zwar bei Knaben günstiger als bei 
Mädchen), der Ätiologie (erbliche Veranlagung, Erziehung, Übertragung, Gemüts¬ 
bewegungen, Traumen, Onanie, hypnotische Experimente, Infektionskrankheiten) 
und der Therapie (Prophylaxe, Entfernung aus dem Elternhaus, Erziehung, 
Suggestion, Isolierung) gewidmet. Eine reichhaltige Literaturangabe schließt die 
Arbeit, welche zwar das hauptsächlichste über die kindliche Hysterie, alles jedoch 
in etwas summarischer und skizzenhafter Form bringt und nirgends weiter in 
die Tiefe zu dringen sucht. Kurt Mendel (Berlin). 

H. Neumann, über die Behandlung der Kinderkrankheiten. 3. Auflage. Verlag von 
0. Coblentz, Berlin (Preis Mk. 9). 

Gerade zwei Jahre, nachdem die 2. Auflage die Presse verlassen, erschien 
die 3. Auflage des allseits mit Becht freundlichst aufgenommenen Buches, das so 
recht ein Belehrungs- und Nachschlagewerk für den Praktiker ist, dem es in an¬ 
genehmer Form alles Wissenswerte über die Therapie der Kinderkrankheiten 
mitteilt und oft goldene Regeln und Winke für die tägliche Praxis gibt Der 
Autor hat auch diese Auflage genau revidiert, an vielen Stellen neu bearbeitet, 
mannigfach erweitert. Das Buch wird sicherlich zahlreiche neue Freunde sich 
erwerben und weiterhin vielen Nutzen stiften. Grätzer (Sprottau). 

Carl Pick. Kurzgefaßte praktische Hydrotherapie. J. J. Heines Verlag in Berlin. 
(Preis Mk. 6). 

Verf., ein Schüler von Winternitz und über 20 Jahre an einer der größten 
Wasserheilanstalten Österreichs tätig, hatte reichlich Gelegenheit, die großen Erfolge 
rationell durchgeführter hydrotherapeutischer Maßnahmen kennen zu lernen und 
auch in der täglichen hausärztlichen Praxis die segensreichen Wirkungen metho¬ 
discher Wasserkuren zu studieren. Er stellte es sich zur Aufgabe, Applikations¬ 
weise, Indikationen, Dosierung liydriatischer Prozeduren und die Wasserkur im 
Hause des Kranken mit den einfachsten Behelfen, dem Leser möglichst klar vor 
Augen zu führen, und er hat diese Aufgabe in glänzenderWeise gelöst. Nachdem 
er auf wenigen Seiten die szientifische Begründung der Hydrotherapie gegeben, 
bespricht er Applikationsweise, Indikationen und Dosierung der einzelnen Proze¬ 
duren, um dann zu dem Hauptabschnitt über die praktische Anwendung der 
Hydrotherapie in den einzelnen Krankheitsgebieten überzugehen und hier alles 
Wissenswerte vorzubringen. Wenn er diesen umfangreichen Stoff in lückenloser 
Weise auf 184 Seiten erledigte, so war dies nur möglich dadurch, daß er den Stoff 
vollkommen beherrscht und über eine höchst klare und präzise Diktion verfügt. 
Mit wenigen Worten versteht er es, die einzelnen Themata zu behandeln und 
die wichtigen Punkte zu erläutern, minder Wichtiges nur streifend und doch nie 
ganz außer acht lassend. Der Verlag hat das sehr empfehlenswerte Buch auch 
äußerlich würdig ausgestattet. Grätzer (Sprottau). 

E. Grätzer. Therapeutischer Ratgeber für die tägliche Praxis. ’) Leipzig 1902. Ernst 
Fiedler. (Preis Mk. 6.) 

Dieses bisher unter dem Titel „Die therapeutische Praxis des Arztes“ er¬ 
schienene Buch des bekannten Redakteurs der „Excerpta medica“ und des 


*) Entnommen der Prager med. Wochenschrift 1902 No. 37. 


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V. Monats-Chronik. 


47 


„Centralblatt für Kinderheilkunde“ erscheint nunmehr unter obigem Titel in 
5. Auflage, ein deutlicher Beweis für die beifällige Aufnahme, die das Buch ge¬ 
funden. Der neue Titel charakterisiert auch entschieden besser den Inhalt, der 
seinerseits wieder wesentliche Verbesserungen erfahren. Von den zahlreichen 
Rezeptaschenbüchern und ähnlichen Werken unterscheidet sich vorliegendes Buch 
wesentlich dadurch, daß es sich durchaus nicht auf die rein medikamentöse 
Therapie beschränkt, sondern auch die anderen gebräuchlichen physikalisch-diäte¬ 
tischen Maßnahmen mit der nötigen Ausführlichkeit angibt und insbesondere auch 
die für den praktischen Arzt so wichtigen chirurgischen Erkrankungen, wie Frak¬ 
turen und Luxationen, sowie die wichtigsten geburtshilflichen Fragen in den 
Kreis der Erörterungen zieht. Da mit kritischem Blick nur erprobte Behand¬ 
lungsweisen angeführt und die neuesten Errungenschaften entsprechend berück¬ 
sichtigt werden, kann das Buch als recht zuverlässiger Ratgeber für die tägliche 
Praxis bestens empfohlen werden. Grünhut (Prag). 


Heue Dissertationen. 1 ) 

Adam, Max. Nahrungsmengen künstlich ernährter Kinder nebst einem neuen Vor¬ 
schlag zur Nahrungsmengenberechnung. (München, Oktober 1902.) 

Deißler, Wilhelm. Ätiologie und Therapie des Caput obstipum congenitum et spasticum. 

(Leipzig, Oktober 1902.) 

Karsch, Wilhelm. Zur operativen Behandlung der angeborenen Gaumenspalten mit 
besonderer Rücksicht auf die funktionellen Erfolge. 

(Breslau, Sept.-Okt 1902.) 

Uipoldt, Johannes. Zur Ätiologie und Therapie der Hasenscharte, mit besonderer 
Berücksichtigung der im Leipziger Kinderkrankenhause vom Januar 1892 bis 
Ende 1902 vorgekommenen Fälle. (Leipzig, Oktober 1902.) 

Reinhold, Friedrich. Zwei Fälle von Diplegia spastica (Littlesehe Krankheit) bei 
zwei Geschwistern. (Jena, Oktober 1902.) 

Zimmermann, Alfred. Beitrag zur Kenntnis der Hypertrophien angeborenen Ur¬ 
sprungs. (Straßburg, Oktober 1902). 


V. Monats-Chronik. 

Berlin. Zur Schularztfrage. Nachdem die Reichshauptstadt es einige Jahre 
mit der probeweisen Anstellung von zehn Schulärzten versucht hat, geht man 
jetzt daran, die Institution zu einer allgemeinen und dauernden zu machen. Zu¬ 
nächst beschäftigte sich die städtische Schuldeputation kürzlich mit der Frage. 
Es wurde beschlossen, dem Magistrat vorzuschlagen, eine Organisation für sämt¬ 
liche Berliner Gemeindeschulen zu schaffen und 30 Schulärzte mit je 2000 Mk. 
Gehalt anzustellen. Deren Funktionen sollen so verteilt werden, daß sie nicht 
für einzelne Schulen, sondern möglichst für eine bestimmte Kinderzahl die Auf¬ 
sicht ausüben. Die sozialdemokratische Fraktion der Stadtverordneten¬ 
versammlung hat dagegen folgenden Antrag eingebracht: „Die Versammlung wolle 
beschließen, den Magistrat zu ersuchen, am 1. April 1903 an jederGemeinde- 
schule einen Schularzt anzustellen, mit der Maßgabe, daß die bisherigen 
zehn an zehn Doppelschulen amtierenden Ärzte vom 1. April 1903 ab an je einer 
Schule tätig sein sollen. Die Versammlung sieht einer besonderen Vorlage über 
die Kostendeckung entgegen und ersucht den Magistrat, die für die Neueinrichtung 
erforderlichen Mittel in den Etat von 1903 einzustellen.“ 

Vom ärztlichen Standpunkte verdient der zweitgenannte Antrag unbedingt 
den Vorzug. Für eine Stadt wie Berlin mit ca. 250000 in Betracht kommenden 
Schulkindern sind 30 Schulärzte entschieden viel zu wenig. Wenn ein Arzt die 
Fürsorge über ca. 8000 Schulkinder zu übernehmen hat, kann unmöglich etwas 
Ersprießliches geschaffen werden. Stellt man an den 260 Schulen je einen Ärzt 
mit 500 Mk. Gehalt an, so würden sich die Kosten auf 130000 Mk. stellen, 
während sie bei dem von der städtischen Schuldeputation vorgeschlagenen Modus 


*) Besprechung einzelner derselben Vorbehalten. 


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48 


Centralblatt f Hat Kinderheilkund e. No. 1. 


60000 Mk. betragen würden. Die Mehrkosten bei dem enteren Verfahren würden 
für eine Stadt wie Berlin kaum in Frage kommen. Durch die Berücksichtigung 
einer großen Zahl von Ärzten ließe sich ferner viel unnötige Verbitterung bei 
den Zurückgesetzten vermeiden, und es ließe sich auch leicht die im Interesse der 
Institution und des Ärztestandes überhaupt liegende Bevorsugung solcher jüngeren 
Kollegen ermöglichen, die noch nicht mit Fixis und Sinekuren aller Art gesegnet 
sind* Neigt sich die Stadtverwaltung dem Vorschläge der Schuldeputation zu, so 
wird ein wütendes Wettrennen um die neuen Fixa beginnen, bei dem nach alter 
Erfahrung diejenigen den Sieg davontragen werden, die ohnehin schon im Besitze 
zahlreicher ärztlicher Pfründen sind und daher für ihr neues Amt am wenigsten 
Zeit erübrigen können. Aus allen diesen Gründen können wir dem Anträge der 
sozialdemokratischen Fraktion nur vollen Erfolg wünschen. 

(AUgem. med. Zentral-Ztg. 1902 No. 93.) 

Berlin. Wegen Einführung unentgeltlicher Schutzimpfungen mH Diphtherieheil¬ 
serum für die ärmere Bevölkerung sind seitens des Polizeipräsidenten v. Wind* 
heim beim Magistrat Vorschläge gemacht worden. Wir glauben nicht, daß die 
geplante Maßregel, selbst wenn der Magistrat auf die Anregung des Polizei¬ 
präsidenten eingehen sollte, irgend welche praktische Bedeutung erlangen würde. 
Da ein gesetzlicher Zwang zur Annahme behördlicher Wohltaten nicht besteht, 
so würde bei der aus der Geschichte der Schutzpockenimpfungen sattsam bekannten 
Abneigung der Bevölkerung gegen derartige Eingriffe niemand von der Gelegen¬ 
heit unentgeltlicher Diphtherieimmunisierung Gebrauch machen und dies um so 
weniger, als die Inanspruchnahme des gebotenen Benefiziums möglicherweise als 
Armenunterstützung angesehen werden und daher Wahlrechtsbeschränkungen zur 
Folge haben könnte. Auch vom rein medizinischen Standpunkte muß die ge¬ 
plante Maßregel als überflüssig erscheinen. Einmal dauert der durch die Immuni¬ 
sierung gewährte Infektionsschutz selbst nach der Ansicht derer, die an ihn 
glauben, höchstens 10—20 Tage und es ist daher gewagt, um eines so gering¬ 
fügigen Vorteils willen die weder ganz seltenen, noch harmlosen Zufälle der 
Seruminjektion in den Kauf zu nehmen; sodann aber ist auch ohne derartige 
Mittel die Diphtheriemorbidität in Berlin in den letzten Jahren erfreulicherweise 
auf ein derartig niedriges Niveau gesunken, daß man vorerst ruhig auch weiterhin 
der Milde des Genius epidemicus neben den bisherigen Maßnahmen den Schutz der 
Bevölkerung an vertrauen kann. Ist doch nach alten Wiener Erfahrungen gerade 
für die Diphtherie ein spontanes Erlöschen auf Jahrzehnte durchaus nicht aus¬ 
geschlossen. Wozu also das wissenschaftliche Urteil späterer Geschlechter durch 
Maßnahmen von an sich höchst zweifelhaftem Werte trüben? 

(AUgem. med. Zentral-Ztg. 1902 No. 95.) 


Personalien: Doz. Dr. M. Pfaundler (Graz) zum außerordentl. Professor der Kinder¬ 
heilkunde in Graz ernannt. — Unser geschätzter Mitarbeiter, Privatdoz. 
Dr. 0. Vulpius in Heidelberg, ebenfalls zum Professor ernannt. — Privatdoz. 
Dr. Ludloff, bisher Assistent bei Professor Garrä in Königsberg, zum Leiter 
des neuen orthopädischen Instituts der Chirurg. Klinik nach Breslau berufen. 
— Ernannt zum leitenden Arzt der inneren Abteilung des Kinderhospitals 
Olgaheilanstalt Dr. HL Fischer, als ärztl. Anstaltsvorstand Geh. Hofrai Prof. 
Dr. Köstlin in Stuttgart — Dr. i. Raczynski zum a. o. Professor dei Kinder¬ 
heilkunde an der Universität Krakau ernannt. 

— Gestorben Dr. W. Rager, Spezialist für Orthopädie in Kopenhagen. 


Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzer in Sprottau. Verlag yon Johann 
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck yon Metzger A Wittig in Leipglg. 


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Central blatt für 

Kinderheilkunde. 

Eine Monatsschrift für praktische Ärzte. 
VHL Jahrgang. 1 . Februar 1903. No. 2. 


I. Origlnalbeitrftg'e. 

(Aus Dr. Max Josephs Poliklinik für Hautkrankheiten in Berlin.) 

Herpes tonsurans im Kindesalter. 

Von 

Dr. Max Joseph in Berlin. 

Die Hautkrankheiten weisen im wesentlichen den gleichen Typus 
auf, gleichgültig, ob Kinder oder Erwachsene betroffen werden. Meist 
zeigt dasselbe Exanthem sowohl nach Lokalisation als nach klini¬ 
schem Verlaufe und ebenso in der Prognose dieselben Eigenschaften, 
gleichgültig, ob es ein kindliches oder ein erwachsenes Individuum 
befallt Eine Ausnahme hiervon macht der Herpes tonsurans. Der¬ 
selbe spielt auf der Haut des Kindes eine ganz eigentümliche Rolle. 
Er bevorzugt vor allem den behaarten Kopf, den er bei Erwachsenen 
fast niemals ergreift. 

Wir sehen bei Erwachsenen leider recht häufig, besonders in der 
Großstadt, den Herpes tonsurans vesiculosus. Derselbe ist im behaarten 
Teile des Gesichtes lokalisiert und wird am häufigsten durch das 
Rasieren übertragen. Je länger er besteht und je weniger schnell 
er durch eine energische Therapie beseitigt wird, desto größer ist die 
Gefahr, daß sich eine sekundäre parasitäre Sykosis hieraus entwickelt. 
Aber niemals geht, so lange auch die Infektion besteht, dieser Herpes 
tonsurans beim Erwachsenen von dem Barte auf den behaarten Kopf 
über. Einzig und allein kann sich das Trichophyton tonsurans auf die 
unbehaarten Körperstellen, besonders den Rumpf, verbreiten, und es 
entwickelt sich alsdann daselbst der Herpes tonsurans maculosus et 
squamosus. 

Beim Kinde dagegen liegen die Verhältnisse anders. Hier kommt 
zwar auch zuweilen durch direkte Übertragung von einem Erwachsenen 
der Herpes tonsurans vesiculosus auf irgend einer Körperstelle vor. 
Gewöhnlich lokalisiert sich aber das Trichophyton tonsurans auf dem 
behaarten Kopfe. Man wird zu der Annahme gezwungen, daß die 
Kopfhaut des erwachsenen Menschen sich gegen das Eindringen der 
Trichophytie sehr resistent erweist. Auf der kindlichen Kopfhaut 
findet sich dagegen ein viel geeigneterer Nährboden, denn sonst wäre 
es uns unerklärlich, weshalb gerade die kindliche Kopfhaut die Prä¬ 
dilektionsstelle für die Lokalisation der Trichophytie abgibt. 

Das Auftreten desHerpes tonsurans auf dem behaarten Kopfe gehörte 
in Deutschland zwar zu den Seltenheiten, indes macht es auf mich 
den Eindruck, als ob diese Affektion in den letzten Jahren auch bei uns 
häufiger würde. Keinesfalls ist aber auch nUi|- z eip€(^^0(|9utung dessen 

Centralbl. t Kinderhlkde. VIII. 4 







50 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2. 


vorhanden, daß sie schon im Begriffe steht, etwa eine so enorme 
Ausdehnung zu erreichen, wie dies in England, Amerika und Frank¬ 
reich der Fall ist. Sabouraud 1 ) berichtet z. B., daß es in Paris 8 bis 
9000 Kinder mit Herpes tonsurans capillitii gibt. Kein Wunder, 
wenn alsdann ganze Schulen geschlossen werden müssen, da man eine 
noch größere Verbreitung dieser Trichophytie unter den Kindern be¬ 
fürchten müßte. Man gründet daher eigene „ringworra-schools“ (The 
British med.Journ., 23. Febr. 1901, S. 471), um den zahlreichen kranken 
Kindern wenigstens während ihrer Erkrankung, wo sie lange Zeit 
isoliert werden müßten, die Wohltat eines regelmäßigen Schulunterrichtes 
angedeihen zu lassen. Davon ist bei uns keine Rede. Im Gegenteil, 
es gibt bei uns gewiß viele Ärzte und selbst Dermatologen, welche 
noch nie einen Herpes tonsurans des behaarten Kopfes und dessen 
Folgezustand, das Kerion Celsi, gesehen haben. Trotzdem kamen in 
meiner Poliklinik doch in den letzten Jahren vier Fälle hiervon vor, 
und vor kurzem habe ich, dank der Freundlichkeit des Herrn Prof. 
A. Baginsky im hiesigen Kaiser und Kaiserin Friedrich-Kinder¬ 
krankenhaus, drei schwere Fälle von Kerion Celsi bei drei Geschwistern 
sehen können. Auch aus einer Stadt im westlichen Deutschland be¬ 
richtet mir ein befreundeter Kollege, daß daselbst vor kurzem eine 
Trichophytieepidemie von Schulkindern und deren kleinen Geschwistern 
in besorgniserregender Weise grassierte. Eine eigentümliche Er¬ 
scheinung trat hier insofern zu Tage, als nur Kinder, welchen die 
Haare geschnitten wurden, durch Vermittelung eines aus Amerika 
zugereisten erkrankten Knaben angesteckt wurden. Von Mädchen 
erkrankten nur einige wenige und zwar auch nur solche, denen die 
Haare geschnitten w r orden waren. Größere Geschwister bezw. Mädchen 
wurden trotz inniger Berührung (Zusammenschlafen mit erkrankten 
jüngeren Mädchen) nicht infiziert, vielleicht wegen des den Kopf be¬ 
deckenden dicken Haares. Es liegt auf der Hand, daß hier der Arzt 
einer größeren Ausbreitung durch frühzeitige Diagnose des ersten 
Krankheitsfalles Vorbeugen kann. 

Das klinische Bild des Herpes tonsurans capillitii ist aber so 
charakteristisch, daß man es frühzeitig erkennen muß. Kaposi hat 
bereits im Jahre 1876 in seinem berühmten, mit Hebra zusammen 
herausgegebenen großen Handbuche der Hautkrankheiten (Stuttgart, 
Enkel876)einemustergültigeDarstellungdieses Krankheitsbildes gegeben, 
welche noch heute als vollständig zutreffend bezeichnet werden muß. 
Es zeigen sich nach ihm auf dem behaarten Kopfe in der Regel 
zerstreute, inselförmige, unregelmäßige, linsen-, zuweilen aber auch 
pfennig- bis talergroße, rundliche Scheiben. Die Haut erscheint in 
diesem Bereiche wie gerupft oder als hätte ein des Haar Schneidens 
Unkundiger an dieser Stelle die Haare ungleichmäßig geschnitten. 
Der Haarwuchs ist daselbst auffallend ärmlich im Vergleiche zumHaar- 
wuchse der Umgebung und hierdurch fallen die kranken Stellen sehr 
ins Auge. Die Haare stehen dünn, ungleich lang, zum Teil kurz 
abgebrochen. So entsteht das Bild einer schlecht gemachten Tonsur. 

Im Bereiche der Krankheitsherde ist, wie ich Kaposis Schilde- 


J ) L’Echo m6dic. du Nord, 9. Juli 1899. 


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I. Originalbeiträge. 


51 


rang bestätigen kann, der Haarboden mit einer verschieden mächtigen 
und ziemlich fest haftenden Lage weißer, trockener Schüppchen be¬ 
deckt. Nach Entfernung derselben zeigt sich die erkrankte Hautstelle 
gewöhnlich mäßig gerötet, etwas geschwellt und über die Oberfläche 
ein wenig hervorragend. Bei Druck ödematös und empfindlich. Nur 
selten bekommt man einen einzelnen Krankheitsherd zu sehen, meist 
kommen die Kinder mit mehreren Stellen zur Beobachtung. Das 
Ausfallen und Abbrechen der Haare stellt sich schon frühzeitig ein 
und merkwürdig ist die verschiedene Art der Ausbreitung des Prozesses. 
Einzelne Krankheitsherde bleiben klein, andere vergrößern sich und 
erreichen fast die Größe eines Handtellers, und subjektiv macht sich 
nur ein geringes Jucken bemerkbar. 

Je länger nun dieser Herpes tonsurans auf dem behaarten Kopfe 
besteht, desto eher kann es zur Ausbildung jenes sekundären Zu¬ 
standes kommen, welchen wir als Kerion Celsi bezeichnen. Derselbe 
ist vollkommen analog jener sekundären, auf den Herpes tonsurans 
vesiculosus folgenden Erscheinung im Barte, welche wir als parasitäre 
Sykosis auffassen. Zunächst zeichnet sich das Trichophyton dadurch 
aus, daß es das Haar nur in dem über die Hautoberfläche heraus¬ 
ragenden Teile befällt. Hier unterscheidet sich biologisch der Tricho- 
pkytonpilz sehr wesentlich vom Favuspilz. Denn letzterer setzt sich 
zunächst im Infundibulum fest und läßt das Haar unbeteiligt. Das 
Trichophyton dagegen bewirkt eine Brüchigkeit des Haares. Dieses Ab¬ 
brechen der Haare über der Epidermis und die neben den zahlreichen 
Stümpfen vorhandenen Pusteln, geröteten Flecke und Krusten be¬ 
rechtigen am ersten zur Diagnose des Herpes tonsurans capillitii. 
Je länger aber das Trichophyton besteht, desto größere Neigung hat 
es in den intraepidermidalen Teil des Haares einzudringen und hier 
schreitet es direkt bis zum Haarbulbus vor. Nun entwickelt es dort 
eine leukotaktische Eigenschaft und zieht die Leukocyten gewisser¬ 
maßen aus den Kapillaren in der Umgebung der Papilla pili heraus. 
So entsteht alsdann eine Perifolliculitis, welche allmählich abszediert. 
Diese Eiterung wird nicht durch eine Mischinfektion (Staphylokokken u.s. w.), 
sondern durch das Trichophyton selbst hervorgerufen. Durch das 
Aneinanderliegen zahlreicher, von dieser Perifolliculitis umgebener 
Haare entsteht dann jener Zustand, welchen wir klinisch als Knoten 
bezeichnen. Allmählich zerfallen dieselben eitrig, und es zeigen sich 
dann jene typischen geröteten, über die Oberfläche stark hervorragenden, 
sich scharf von der gesunden Umgebung abhebenden, weichen, eine 
Ähnlichkeit mit einer Makrone aufweisenden Knoten. Die meisten 
Haare stecken nur lose in den zahlreichen, auf diesen Knoten be¬ 
findlichen Pusteln und lassen sich leicht ausziehen. Preßt man 
die Knoten zwischen zwei Fingern, so läßt sich aus den Follikeln 
eine kleine Quantität Eiter herausdrücken. So erinnert das Bild an 
einen Karbunkel geringen Grades und in den einige Zeit währenden 
Fällen zeigen sich zugleich die Lymphdrüsen der Cervikalgegend ver¬ 
größert und schmerzhaft. 

Daß die Infektion in diesen Fällen durch das Trichophyton ton¬ 
surans hervorgerufen ist, liegt ohne weiteres klar zu Tage. Dafür 
spricht zunächst der oben geschilderte unverkennbare Befund. Die 

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52 


Centralblatt Air Kinderheilkunde. No. 2. 


typischen, kreisrunden, geröteten Flecke mit den kleinen Pusteln und 
Haarstümpfen sind unverkennbar, höchstens könnte es zu einer Ver¬ 
wechselung mit einer Alopecia areata kommen. Indessen hierbei ist 
die Haut stets glatt, normal und zeigt keine Spur einer Entzündung. 
Vielleicht kommen aber in manchen Ländern Mischformen vor, so 
daß die Aufstellung einer Alopöcie pseudotondante (Lailler) verständ¬ 
lich wäre. 


Ist es aber erst zur Ausbildung des Kerion Celsi gekommen, so 
könnte eine Verwechselung mit Furunkeln oder Abszessen in Frage 
stehen. Indessen abgesehen davon, daß bei dem Kerion Celsi nicht 
so starke eitrige Sekretion besteht, als bei den genannten beiden 
Prozessen, so wird sich auch immer noch an irgend einer Stelle des 
Kopfes ein Herpes-tonsuranskreis finden, welcher die Diagnose er¬ 
leichtert. Die objektive Untersuchung auf das Vorhandensein von 
Trichophyton tonsurans in den Haaren wird aber natürlich den 
sichersten Aufschluß geben. Diesen Nachweis kann man leicht er¬ 
bringen, indem man die kranken Haare auf einen Objektträger legt, 
einige Tropfen von 30 %iger Kalium causticum-Lösung hinzusetzt 
und unter dem Mikroskope nun die zahlreichen im Haar und seinen 
Scheiden befindlichen vielfach verzweigten Mycelien des Trichophyton 
beobachten kann. Will man aber die Trichophyten färben, so hat 
sich mir folgendes Verfahren am besten bewährt, welches ich bereits 
in meiner mit Löwenbach zusammen herausgegebenen Dermato- 
histologischen Technik (Berlin, Marcus, 1900, II. Auflage, S. 113) be¬ 
schrieben habe. Die Haare werden 24 Stunden lang in einer Mischung 
von Alkohol und Äther ana entfettet, etwa 5 Minuten in Eisessig 
gelegt und dann mit einer Nadel sorgfältig auf dem Objektträger aus¬ 
gebreitet. Alsdann halte man den Objektträger hoch über die Flamme, 
damit der Eisessig langsam verdunstet und färbe nun mit Löffler- 
schem Methylenblau etwa 15 Minuten. Alsdann heben sich die Tricho¬ 
phyten durch ihre schöne blaue Färbung sehr gut von der Umgebung ab. 

Hat man einen solchen positiven Befund vor sich, so ist die 
Diagnose entschieden. Schwieriger ist die Frage zu beantworten, 
woher die Kinder ihre Trichophytie acquiriert haben. Es gehört zu 
den Seltenheiten, daß in der Familie des Kindes der Vater oder die 
Mutter oder eines von den Geschwistern eine Trichophytie hat. In 
einem solchen Falle wäre die Übertragung ja leicht zu erklären. Meist 
scheint es aber so, als ob die Ansteckung von Tieren (Hund, Katze, 
Pferd) erfolgt wäre. Nach dieser Richtung war es sehr interessant, 
als Sabouraud (u. a. Annal. de Dermat. 1894) glaubte eine groß- 
sporige von einer kleinsporigen Form des Trichophyton unterscheiden 
zu können. Die letztere sollte nur auf dem behaarten Kopf und fast 
ausschließlich bei Kindern Vorkommen, während die großsporige Form 
immer die Trichophytieerkrankung der unbehaarten Haut und der 
Bartgegend erzeuge. Die großsporige Form sollte etwa 7 bis 8 (x im 
Durchmesser, die kleinsporige etwa 3 fi halten. Ebenso glaubte 
Sabouraud die Sporen danach trennen zu sollen, je nachdem sie 
im Innern der Haarsubstanz (Endothrix) oder in den Haarscheiden 


und zwischen ihnen sowie dem eigentlichen Haar (Ektothrix) sich 
befinden. Letztere sollten besonders die Erreger der Sykosis sowie 

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L Originalbeitrfige. 


58 


des Eerion Gelsi sein, durch ihre Outartigkeit sich auszeichnen und 
tierischen Ursprungs, speziell von Pferden sein, während die Endothrix- 
form stets von Menschen abstammen sollte. Es scheint aber doch 
aus zahlreichen neueren Untersuchungen (Rosenbach, Krösing, 
Malcolm Morris u. a.) hervorzugehen, daß man in dieser bestimmten 
Art zwei Trichophytiegruppen nicht unterscheiden kann. Vielmehr pro¬ 
duzieren die Pilze Sporen verschiedener Größe, je nach der ver¬ 
schiedenen Zusammensetzung des Nährbodens, seinem Feuchtigkeits¬ 
gehalt, seiner Temperatur und dem Alter der Cultur, zu welchem 
Zwecke sich am besten die Kartoffel empfiehlt. Ebenso ist die strenge 
Unterscheidung zwischen Trichophyton Endothrix und Ektothrix 
nicht durchführbar. Sicher ist mithin heute, wie wir im Gegensatz 
zuSabouraud betonen müssen, daß eine und dieselbe Trichophyton- 
art die verschiedenen klinischen Bilder des Herpes tonsurans und des 
Kerion Celsi hervorbringen kann, was a priori auch bereits nach dem 
klinischen Studium das Wahrscheinlichste war. 

Die Therapie dieser Erkrankung ist meist keine leichte, zumal 
sie sich über eine längere Zeit erstrecken muß. Das souveränste 
Mittel ist natürlich die Epilation, denn durch dieselbe werden in 
kurzem die in den Haaren befindlichen Trichophyten am besten ent¬ 
fernt. Statt der Epilation ist auch das von Quinquaud empfohlene 
Cürettement recht praktisch, indem man mit einem scharfen Löffel alle 
Oberhautschichten und Haare auf der erkrankten Fläche entfernt. Erst 
nach dieser kleinen Operation oder nach der Epilation wende man Um¬ 
schläge mit einer erwärmten Sublimatlösung (1:1000) an. Die infiltrierten 
Partieen bedecke man mit einem Quecksilberpfiastermull, und falls 
die Haut nicht zu stark gereizt ist, empfiehlt sich der Gebrauch einer 
10°/ o igen Chrysarobin-Traumaticin-Lösung oder von Wilkinsonscher 
Salbe. Statt dessen verwendete Kaposi folgende Mischung: 

Ree. Olei Rusci 15,0 

Spir. sapon. kalio. 25,0 
Lactis sulfur. 10,0 
Balsami peruviani 1,5 
Naphtoli 0.5 

Spir. Lavandulae ad 100,0. 

Da aber die Behandlung dieser Affektion lange Zeit in Anspruch 
nimmt, so ist es kein Wunder, wenn man versucht hat, auch mit 
andern Mitteln schneller zum Ziele zu kommen. So wurde neuerdings 
die Finsenbehandlung empfohlen, in anderen Fällen scheint sich das 
Formalin bewährt zu haben und Barbe (Soc. de Dermat. frangaise, 
Juli 1898) empfiehlt folgende Mischung: 

Rec. Monochlorphenyl 20,0 
Alcohol abs. 80,0 
Easent lavand. 10,0. 

Ist es aber erst zur Ausbildung eines richtigen Kerion Celsi ge¬ 
kommen, so scheint mir immer noch die Kataphorese mit Sublimat 
die besten Erfolge zu geben. 

Die Einrichtung hierzu ist sehr einfach. Man braucht eine 
konstante Batterie von etwa 32 Elementen, einen Galvanometer zum 
Ablesen der Zahl der Milliamperes und einen Rheostaten, um den 
Strom langsam einschleichen zu lassen. Es bedeutete entschieden 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2. 


einen Fortschritt, als Meißner (Zeitschr. f. Elektrotherapie und ärzt¬ 
liche Elektrotechnik Januar 1899) uns durch seine wertvollen Ex¬ 
perimente den überzeugenden Beweis brachte, daß die Kataphorese 
stets vom positiven Pol ausgeht. Wir nehmen zu dem Zwecke seinem 
Vorschläge gemäß als Elektroden einen kurzen Zylinder aus Hart¬ 
gummi etwa von einem Durchmesser wie der eines Markstückes, 
welches durch eine Hartgummischeidewand in zwei gleiche Zellen 
geteilt und an der einen Seite ebenfalls durch eine Hartgummiplatte 
' geschlossen ist. Durch diese Hartgummiplatte ragen zwei Platinspiralen 
in das Innere der Zellen und sind dort mit den Schwamm- oder 
Wattebäuschchen in leitende Verbindung gebracht: Nach außen sind 
die Platinspiralen mit je einer Klemmschraube in Verbindung gesetzt, 
welche die Verbindung mit den Leitungsschnüren bewerkstelligen. 
Der Hartgummizylinder befindet sich an einem Handgriff. Als Flüssig¬ 
keit verwenden wir eine 1—2°/ 0 ige Sublimatlösung, mit welcher die 
Elektroden zu tränken sind. Da aber, wie Meißner experimentell 
nachgewiesen hat, mit der Dauer der Stromeinwirkung die Wieder¬ 
standsvermehrung in dem Elektrolyten zunimmt, so müssen wir dafür 
sorgen, daß der Strom von Zeit zu Zeit seine Richtung wechselt. Zu 
diesem Zwecke hat er einen periodischen automatischen Stromwender 
konstruiert, welcher so eingerichtet ist, daß er den Strom in Zwischen¬ 
räumen von 5 Minuten umkehrt. Betont muß also werden, daß beide 
Elektroden mit der einzuführenden Flüssigkeit armiert sein müssen. 
Außerdem müssen sich beide Elektroden auf der zu beeinflussenden 
Stelle der Körperoberfläche befinden, da sie wechselweise in Aktion 
treten. Ich lasse nun solche Kinder mit schwerem Kerion Celsi, 
wofür sich besonders diese Methode eignet, etwa 1 Stunde täglich 
mit dieser Sublimatkataphorese behandeln und sehe danach viel 
schnellere Erfolge als mit irgend einer anderen Behandlungsart. 

Der schließliche Endausgang sowohl der Trichophytie wie des 
Kerion Celsi ist aber ein ganz befriedigender. Es kommt zu einer 
vollkommenen Heilung, ohne daß sich ein bedeutender Haarverlust 
einstellt. Es atrophieren zwar einzelne kleine Haarbezirke, diese 
fallen aber dem Gros gesunder Haare gegenüber nicht besonders in 
die Augen. 


II. Referate. 

Graham Little. Ein Fall von Dermatitis herpetiformis. 

(Londoner derm. Gesellschaft, Sitzung vom 8. Oktober 1902.) 

(The Brit. Journ. of Derm. Bd. 14 November 1902.) 

Der Fall betraf ein gutgenährtes 10jähriges Mädchen, das vor 
4 Monaten ohne ersichtliche Ursache an Armen und Beinen Blasen 
bekam. In kurzer Zeit verbreitete sich der Ausschlag fast über den 
ganzen Körper. Die Kopfhaut und Mundschleimhaut blieben frei. 
Jucken verursachte das Leiden gar nicht. Die Blasen waren ver¬ 
schieden groß und entwickelten sich zumeist auf scheinbar gesunder 
Haut. Ihr Inhalt war klar und bakterienfrei. Die fUntersuchung 

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II. Referate. 


55 


des Blutes ergab eine geringe Vermehrung der weißen Blutkörperchen 
und eine sehr bedeutende Zunahme der eosinophilen Zellen. Inner¬ 
liche Gaben von Arsenik und Bepuderung der durch Punktion entleerten 
Blasen führten eine wesentliche Besserung herbei; jedoch konnte 
nicht verhindert werden, daß die Pat. immer wieder von frischen 
Eruptionen heimgesucht wurde. C. Berliner (Aachen). 


W. A. JamieSOn. Dermatitis vegetans. 

(The Brit Joum. of Denn. Bd. 14 November 1902.) 

Ein 8jähriges, blasses, nervöses Mädchen bekam am linken 
Mittelfinger eine Entzündung des Nagels, der schließlich abfiel. Die 
Entzündung ergriff den ganzen Finger, den Handrücken, die Kopf¬ 
haut, die Labia majora und andere Körperstellen. Nach einem 
Jahre zeigten die erkrankten Partien eine erhabene, unebene, rauhe, 
granulierte, grauverfärbte, warzenartige, nässende Oberfläche. Die 
Primäreffloreszenz war eine Papel, die pustulös wurde und schließlich 
eine vegetative Beschaffenheit annahm. Dieser Prozeß machte jede 
Effloreszenz durch, mit denen namentlich die Kopfhaut stark besät 
war. Das Allgemeinbefinden der Pat. war wenig gestört; sie klagte 
nicht so sehr über Jucken, als über Schmerzen bei Berührung der 
kranken Stellen. Die mikroskopische Untersuchung ergab das Vor¬ 
handensein einer starken Eosinophilie. Mikroorganismen waren nicht 
nachweisbar. 

Der Zustand besserte sich erst nach langen, vergeblichen Be¬ 
mühungen unter Anwendung eines Wasserstoffsuperoxyd-Sprays und 
nachfolgender Einfettung der Haut mit Vaselin. 

C. Berliner (Aachen). 


Sequeira. Xeroderma pigmentosum. 

(Londoner derm. Gesellschaft, Sitzung vom 7. Juli 1902.) 

(The Brit Journ. of Derm. Bd. 14 August 1902.) 

Die 5 jährige Pat. ist in England als einziges Kind deutscher 
Eltern geboren. Der Vater, die Tante, sowie der Großvater väter¬ 
licherseits sind an Phthise gestorben. 

Fünf Wochen nach der Geburt bekam das Kind am ganzen 
Körper, auch im Gesichte, ganz kleine, rote Knötchen, die vom Arzte 
für kongenitale Syphilis angesehen und daraufhin behandelt wurden. 
Der Ausschlag verschwand in einer Woche, hinterließ jedoch einen 
schuppigen Zustand, der besonders an der Stirn stark ausgeprägt 
war. Nach den Angaben der intelligenten Mutter nahm die Gesichts¬ 
haut des Kindes damals eine dunkle Farbe an. Sommersprossen 
waren es jedoch nicht. Erst als die Pat. 10 Monate alt war, wurde 
das Gesicht sonnverbrannt, zeigte stellenweise Hautrisse und zahl¬ 
reiche Sommersprossen. Im Alter von 3 Jahren bekam das Kind 
an der rechten Wange eine Warze, die operativ entfernt wurde; ein 
Jahr später zwei ebensolche Warzen in der Nähe des rechten Auges. 
Seitdem sind noch mehrere aufgetreten. 

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56 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2. 


Gegenwärtig ist das Gesicht und der Hals des ziemlich gut 
genährten Kindes dunkel und mit zahlreichen, hellbraunen, bis nahezu 
schwarzen Sommersprossen bedeckt. Man sieht außer diesen sehr 
kleine atrophische Hautstellen und vertiefte Narben, wo früher Warzen 
bestanden haben. Auf der Haut beider Wangen, wie der Nase sind 
zahlreiche, kleine Teleangiektasien vorhanden. An der Nase befinden 
sich außerdem drei verschiedene große Warzen. Die Kopfhaut ist 
trocken und schuppig; die Haut beider Vorderarme, wie der Beine 
ist trocken und dunkelbraun verfärbt. Sommersprossen sind nur an 
den Armen vorhanden. 

Bekanntlich wird die Entstehung des Xeroderma pigmentosum 
auf den Einfluß der ultravioletten Strahlen des Sonnenlichtes zurück¬ 
geführt. C. Berliner (Aachen). 


Graham Little. Zwei Fälle von Urticaria pigmentosa. 

(Londoner denn. Gesellschaft, Sitzung vom 8. Oktober 1902.) 

(The Brit Joum. of Denn. Bd. 14, November 1902.) 

Der eine Fall, ein 8jähriger Knabe, zeigte von Geburt an 
den makulösen Typus der Urticaria pigmentosa. Fast am ganzen 
Körper mit Ausnahme des Gesichtes, der Kopfhaut, der Hände und 
Streckseiten der Arme bemerkte man verschieden große und ungleich¬ 
mäßig verteilte, gelbbraune Flecken, die nur, wenn sie gekratzt wurden, 
anschwollen und eine mehr rosenrote Farbe annahmen. Es bestand 
Urticaria factitia. Das Leiden verursachte intensives Jucken. — 
Der zweite Fall wies den nodulären Typus auf. Er betraf einen 
4 Monate alten Knaben, bei dem die ersten gelbbraun pigmentierten 
Tumoren am Körper einen Monat nach der Geburt bemerkt worden 
waren. Doch scheinen Anzeichen der Affektion schon bei der Geburt 
des Kindes vorhanden gewesen zu sein. Am stärksten befallen sind 
Stamm, Gesicht und Kopfhaut. Frische Effloreszenzen entwickeln 
sich zunächst als Flecken, die mehr und mehr über das Niveau der 
Haut hervortreten, namentlich wenn sie gekratzt werden, und die 
dann persistieren. 

Erbliche Belastung war in keinem der beiden Fälle vorhanden. 

_ C. Berliner (Aachen). 


Savill. Idiopathische Prurigo. 

(Derm. Gesellschaft von Großbritannien und Irrland, Sitzung vom 

16. Juli 1902.) 

(The Brit Journ. of Derm. Bd. 14, September 1902.) 

Die Affektion bei dem 13 jährigen Mädchen besteht seit 7 Jahren 
und ist charakterisiert durch harte Papeln, kleine urticariaähnliche 
Quaddeln, zahlreiche Kratzeffekte und durch ein intensives Jucken. 
Die bisherige Behandlung hat sich als erfolglos erwiesen. 

In der Diskussion wird betont, daß die typischen Prurigoknötchen 
durch das Kratzen verändert und entstellt würden, und daß dadurch 
das ursprüngliche Krankheitsbild kaum wiederzuerkennen sei. 

Therapeutisch werden Maßnahmen zur Hebung des Allgemein- 

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II. Referate. 


57 


befindens und zur Kräftigung des Körpers empfohlen. Äußerlich 
sollen lokale milde Applikationen, heiße Bäder, ßeißiges Einfetten der 
Haut mit Ol, innerlich Kalomel, Sulfur, Ichthyol, Eisenpräparate zur 
Anwendung kommen. C. Berliner (Aachen). 

D. Hirsch (Krakau). Kann das Diphtherieheilserum auch 
auf andere Krankheiten günstig ein wirken? 

(Klinisch-therap. Wochenschrift 1902, Nr. 49.) 

Ein 3 7 a jähriges Kind bekam Hals- und Atembeschwerden. 
Obwohl objelriiv nicht viel nachweisbar, machte H. doch, da in dem¬ 
selben Hause Kinder an Diphtherie krank lagen, zwei Seruminjek¬ 
tionen. Das anämische und schlecht genährte Kind zeigte an der 
Haut des Kumpfes ein ausgebreitetes Ekzem in verschiedenen Stadien, 
ein solches nahm auch den Kopf ein, außerdem fand sich hinter 
einem Ohre eine kindesfaustgroße Lymphdrüsengeschwulst, endlich 
an den Beinen Prurigo nebst zahlreichen Kratzeffekten. Diese 
Hautaffektionen bestanden schon seit längerer Zeit und waren von ver¬ 
schiedenen Dermatologen erfolglos behandelt worden. Nach den 
Seruminjektionen verschwanden sie rasch, ebenso die Lymphdrüsen- 
schwellung, und gewann H. den Eindruck, daß das Serum hier thera¬ 
peutisch eingewirkt haben muß. Grätzer. 

Graham Little. Ein Fall von Pityriasis rubra pilaris im 
Anschluß an die Vaccination. 

(Londoner derm. Gesellschaft Sitzung vom 11. Juni 1902.) 

(The Brit. Journ. of Derm. Bd. 14 Juli 1902.) 

Die 9 jährige Patientin soll die ersten Erscheinungen des Aus¬ 
schlages als kleines Kind zur Zeit der ersten Impfung bekommen 
haben. Damals entstanden an den Impfstellen kleine, rote, mit 
Schüppchen bedeckte, juckende Knötchen, die das Bild eines Lichen 
ruber acuminatus vortäuschten. Der Ausschlag, der sich nach und 
nach über den ganzen Körper verbreitete, persistierte hartnäckig 
Jahre hindurch, bis er vor ca. 18 Monaten unter Arsenikmedikation, 
Bädern und Salbenbehandlung endlich verschwand. Gelegentlich der 
jetzigen Pockenepidemie in England wurde das Mädchen neuerdings 
geimpft. Einige Tage, nachdem die Impfstellen verheilt und die 
Krusten abgefallen waren, kam auf dem Grunde der Narben eine 
Gruppe typischer akuminierter Papeln zum Vorschein, die rasch 
die Extremitäten und den Rumpf ergriffen und durch Konfluenz 
große, schuppende Plaques bildeten. C. Berliner (Aachen). 


S. E. Dore. Postvaccinale Psoriasis. 

(Londoner derm. Gesellschaft, Sitzung vom 9. Juli 1902.) 

(The Brit. Journ. of Derm. Bd. 14 August 1902.) 

Der Verf. berichtet über drei erwachsene Pat., welche im Anschluß 
an die Revaccination Psoriasis bekamen. C. Berliner (Aachen). 

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58 


Centralblatt för Kinderheilkunde. Ko. 2. 


R. Crocker. Folgeerscheinungen der Vaccination. 

(Londoner derm. Gesellschaft, Sitzung vom 11. Juni 1902). 

(The Brit Journ. of Derm. Bd. 14 Juli 1902). 

1. Ein Fall von hypertrophischen Narben im Anschluß 
an die Impfung. 

Der Fall betraf ein 12jähriges Mädchen, das im Oktober 1901 
geimpft worden war. Auf jeder der vernarbten Impfstellen entwickelte 
sich eine konvexe Narbengeschwulst, welche nicht den ganzen Bezirk 
einnahm, sondern einen etwa 1 / 1Q Zoll breiten Ring frei ließ. 

2. Psoriasis im Gefolge der Vaccination. 

Ein 15 jähriges im Oktober 1901 geimpftes Mädchen bekam 
einige Zeit später an den Vaccinationsstellen Psoriasisplaques und 
nach 14 Tagen ebensolche am Ober- und Unterarm derselben Seite. 
Die Pat. hat nie zuvor Psoriasis gehabt, noch war ein Fall in ihrer 
Familie vorgekommen. 

Der erste Fall erklärt sich aus einer Disposition zur Keloid¬ 
bildung. So hat man bei kleinen Mädchen, deren Ohrläppchen be¬ 
hufs Aufnahme von Ohrringen durchbohrt worden waren, an den 
Stichstellen taubeneigroße Geschwülste entstehen sehen. 

Daß Psoriasis an lädierten Hautstellen (nach Kratzeffekten, 
Riß- oder Schnittwunden u. s. w.) sich entwickeln kann, ist eine Tat¬ 
sache, auf welche Köbner hingewiesen hat. 

C. Berliner (Aachen). 


H. Wiggins. Keloidbildung auf Vaccinationsnarben. 

(The Brit med. Journ. 27. September 1902.) 

Der Verfasser berichtet über 2 Fälle, die ein 8 jähriges und ein 
14 jähriges Mädchen betrafen. Einige Wochen, nachdem die Krusten 
von den vernarbten Impfstellen abgefallen waren, entwickelten sich 
auf dem Grunde der Narben Keloide, die im ersten Falle auf Druck 
schmerzhaft waren und exzidiert werden mußten. 

C. Berliner (Aachen). 


T. D. Acland. Die Kindersterblichkeit an Pocken und die 

Vaccination. 

(The Brit. med. Journ. 14. Juni 1902.) 

Der Verfasser hat statistische Daten aus früheren Pocken¬ 
epidemien in England und der zur Zeit dort herrschenden zu einer 
Tabelle zusammen gestellt, aus der hervorgeht, daß die Sterblichkeits¬ 
ziffer bei Kindern unter 10 Jahren in sechs englischen Städten bald 
höher, bald niedriger war, je nach dem unter den pockenkranken 
Kindern weniger oder mehr Geimpfte sich befanden. 

Newsholme weist aber in der Nummer vom 28. Juni 1902 
nach, daß auch der mehr oder weniger maligne Charakter der 
Pockenepidemie an der größeren oder geringeren Sterblichkeit seinen 
Anteil hat, wie dies ja auch bei den anderen Infektionskrankheiten 
der Fall ist, C. Berliner (Aachen). 

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II. Referate. 


59 


P. Schenk (Berlin). Impfergebnisse und Impftechnik. 

(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 42.) 

Nach 5 jähriger impfärztlicher Tätigkeit teilt S. seine an über 
4000 Impflingen gemachten Erfahrungen mit, namentlich darauf hin, 
um das Verhältnis zwischen Impfreaktion und den sie beeinflussenden 
Agentien zu klären. Als Hauptresultat seiner Betrachtungen stellt 
er den Satz voran: Hinsichtlich der unerwünschten Begleit¬ 
erscheinungen der Impfung ist Qualität und Quantität des 
eingeimpften Impfstoffes von der gleichen, wenn nicht von 
höherer Wichtigkeit, als die Impftechnik. Je wirksamer der 
Impfstoff, um so stärker die entzündliche Reaktion in der Umgebung 
der Pusteln. Diese Reaktion läßt sich durch Verringerung der ein¬ 
geimpften Lymphmenge, aber nicht durch eine Impftechnik, welche 
allen Ansprüchen an Asepsis genügt, beseitigen. Das neben diesen 
durch den Impfstoff selbst hervorgerufenen entzündlichen Erschei¬ 
nungen auch solche Vorkommen, welche accidenteller Natur sind, 
d. h. durch nachträgliche Verunreinigung der Lymphe, durch Un¬ 
sauberkeit des Impfinstrumentes, durch Beschmutzung der Impfstellen 
erzeugt werden, kann nicht geleugnet werden; nur darf gegen diese 
accidentellen Wundkrankheiten die Reizwirkung des Impfstoffes nicht 
als eine quantitö nögligeable hingestellt werden. Wie ungemein der 
Impfstoff in seiner Wirksamkeit variiert, ist bekannt Will man die 
Reizerscheinungen vermeiden, so genügt es nicht, ein steriles In¬ 
strument zu verwenden, sondern man muß durch exakte Probe¬ 
impfungen die Minimaldosis der zur Erzeugung einer 
Pustel erforderlichen Lymphe feststellen. Diese Probeimpfungen 
sollten in der Lympherzeugungsanstalt ausgeführt werden, und auf 
jeder ßegleitkarte müßte eine Angabe über die Stärke der Lymphe 
enthalten sein! 

Freilich schwankt auch bei der gleichen Lymphe oft das Re¬ 
sultat. Das hängt aber von der eingeimpften Quantität und von der 
Konstitution der Impflinge ab. Nach Weichardt genügt bei einer be¬ 
sonders kräftigen Lymphe bereits 1 mg zum vollen Impferfolg, d. h. 
zu vier großen Erstimpf blättern. Da die Erstimpfung als erfolgreich 
gilt, wenn mindestens eine Pustel sich entwickelte, so kann man bei 
einer besonders kräftigen Lymphe also bereits 0,00025 als Minimal¬ 
dosis bezeichnen. Jenner impfte nur eine Blatter ein. Man könnte 
ja ruhig zu diesem Verfahren zurückkehren. An sich würde ein 
1—1V 2 cm langer Impfschnitt dieselbe Schutzkraft verleihen, wie 
4 je 3 mm lange Schnitte. Die Versuchung zu wiederholtem Ein¬ 
streichen der Lymphe fiele bei einem Impfschnitt fort; gleichzeitig 
bedeutete diese Vereinfachung der Impfung einen wichtigen Schritt 
gegen Uberdosierung. Man rechnet jetzt auf 50—100 Impfungen 
1 ccm Lymphe, also auf eine Impfung das 40—80fache der 
Minimaldosis von 0,00025. Macht man die Impfschnitte höchstens 
0,5 cm lang und begnügt sich damit, die Lymphe gleichzeitig mit 
dem Ritzen der Haut einzuimpfen, also jedes wiederholte 
Einstreichen zu unterlassen, so wird die Menge der eingeimpften 
Dosis meist unter 0,01 bleiben. Bei Wiederimpflingen mit ihrer 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2. 


dickeren Haut legt man naturgemäß die Schnitte länger an. Und 
dabei ist für die schon einmal geimpften 12 jährigen Kinder die 
Erstlingsimpfdosis eigentlich überreichlich. Denn mit der kräftigeren 
Konstitution steigert sich der Impferfolg, das ist unzweifelhaft. 
Schwache oder keine Reaktion fand S. am häufigsten bei schwäch¬ 
lichen, anämischen Erstimpflingen mit torpider Haut; wohlgenährte, 
mit entsprechendem Turgor der Haut zeigten gewöhnlich kräftige 
Reaktion. Jedenfalls haben die Beobachtungen ergeben, daß strengste 
Asepsis bei und nach der Impfung an sich keine Gewähr für das 
Ausbleiben von Reizerscheinungen gibt. Wollen wir diese verhindern, 
so müssen wir strengere Anforderungen an die Valenzbestimmung 
der Lymphe stellen. Grätzer. 

L. Stumpf. Bericht über die Ergebnisse der Schutzpocken¬ 
impfung im Königreiche Bayern im Jahre 1901. 

(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 48—50.) 

Verf., k. Zentralimpfarzt, gibt einen sehr eingehenden und über¬ 
sichtlichen Bericht, der alle in Betracht kommenden Verhältnisse 
beleuchtet und viele interessante Einzelheiten enthält. Grätzer. 

W. Arnold Thomson. Übersicht der Impfgesetze in den 
Hauptstaaten und Kolonien der Welt. 

(The Brit. med. Journ. 27. September 1902.) 

Der Verf. rekapituliert in kurzen Auszügen die Gesetzesakte, 
welche in den größeren Ländern und Kolonien zur Einführung der 
Schutzimpfung erlassen worden sind, und bespricht deren Wirkung 
auf die Mortalität an Pocken. C. Berliner (Aachen). 


KeY8uke Tanaka (Akita-ken, Japan). Zur Erforschung der 
Immunität durch die Vaccination. 

(Centralblatt für Bakteriologie 1902 Bd. 82, Nr. 10.) 

Um eine event. eingetretene Immunität nach der Vaccination 
zu ermitteln, unterzog Verf. Erstimpflinge einer Verimpfung an 
einem Oberarm und danach in einer Zwischenzeit von 4, 5, 6, 7, 8, 
9, 10, 11 Tagen einer Nachimpfung am anderen Oberarm. 

Die Pusteln bei der Nachimpfung waren auch bei den ersten Nach¬ 
impfungen verkümmert, etwa vom 9. Tage an trat kaum mehr eine 
Entwickelung von Pusteln bei der Nachimpfung auf, so daß um diese 
Zeit eine Immunität eingetreten sein muß. Wie die Tabellen zeigen, 
kann der Anfangstermin der eingetretenen Immunität um einige Tage 
schwanken. _ R. 0. Neumann (Kiel). 

KeTsuke Tanaka (Akita-ken, Japan). Über die Unter¬ 
suchung des Pockenerregers. 

(Centralblatt für Bakteriologie 1902, Bd. 82, Nr. 10.) 

Die vom Verf. seit vielen Jahren gemachten Beobachtungen bei 
der Lymphuntersuchung ließen ihn zu der Vermutung kommen, daß 

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II. Referate. 


61 


der Erreger der Pocken unter keinen Umständen ein Bakterium 
sei, vielmehr glaubt er, daß der Erreger wahrscheinlich zu den 
Plasmodien zu rechnen ist, da in der klaren Flüssigkeit der Impf¬ 
pustel, besonders während des 5. und 7. Tages, wenn die Lymphe 
die größte Wirksamkeit entfaltet, nichts von irgend welchen Elementen 
darin zu finden ist. Ein weiterer Punkt, der Verf. zu seiner Annahme 
führte, war die Beobachtung des Koagulationsphänomens der 
Vaccinelymphe in dem Exsudat der an Pocken erkrankten 
Personen. Es gelangte zufällig in seine Behandlung ein Pat. mit 
exsudativer Pleuritis, der vor 25 Jahren Pocken überstanden hatte. 
Das Exsudat, welches steril entnommen in Kölbchen aufbewahrt 
wurde, zeigte nach einiger Zeit in der Mitte der Flüssigkeit ein 
gallertartiges Gerinnsel; wurde nun dieses Gerinnsel mit einer ge¬ 
ringen Menge betropft und im Brutschrank aufbewahrt, so sah 
einige Tage später die Lymphe wie gekocht aus und war 
in eine geronnene Masse verwandelt. Verf. glaubt hierin eine 
ähnliche Erscheinung zu sehen wie in der Grub er, Widal, Pfeiffer¬ 
schen Reaktion und schließt daraus, daß der Pockenerreger ver¬ 
möge seiner teilbaren Form sich überall im Organismus verbreiten 
könne und demnach auch in einem pathologischen Exsudat vor¬ 
handen sei. 

Die Bestätigung dieser Hypothese bleibt freilich abzuwarten. 

R. 0. Neumann (Kiel). 



E. Marx und A. Sticker. Untersuchungen über das 
Epithelioma contagiosum des Geflügels. 

(Aus dem kgl. Institut für experimentelle Therapie in Frankfurt a. M.) 

(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 50.) 

Unter den Infektionskrankheiten der Menschen und Tiere gibt 
es eine ganze Reihe, deren Erreger auch heute noch unbekannt sind. 
Zu diesen Krankheiten gehört auch die Geflügelpocke. 

Derselben wandten die Verff. seit einiger Zeit ihr Interesse zu, 
vornehmlich aus dem Grunde, weil hier der infektiöse Prozeß unter 
einer exquisiten Mitbeteiligung des Epithels verläuft. Dieser Umstand 
ließ das Studium der Geflügelpocke möglicherweise als bedeutungs¬ 
voll einmal für die Karzinomforschung, dann aber auch für das 
Studium des Molluscum contagiosum, der Darierschen Krankheit, 
sowie der Menschen- und Schafpocke erscheinen. Bei allen diesen 
Krankheiten werden ja Epithelmetamorphosen beobachtet, welche 
durch das Auftreten eigentümlicher Epithelkörperchen charakterisiert 
sind. Besondere Namen haben diese bei dem Molluscum als Molluscum¬ 
körperchen und bei der Menschenpocke als Guarnierische Körper¬ 
chen erhalten. 

Die Untersuchungen ergaben nun folgende Resultate: 

1. Das Virus der Geflügelpocke gehört in die Gruppe 
der filtrierbaren Krankheitserreger. 

2. Keiner der bisher als Erreger der Geflügelpocke be¬ 
schriebenen Parasiten kommt demgemäß in Betracht. 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2. 


3. Das Virus zeichnet sich gegen viele Eingriffe durch 
große Resistenz aus. Dasselbe verträgt völlige Eintrock¬ 
nung und mehrwöchentliches Aussetzen dem diffusen Tages¬ 
und dem Sonnenlicht; längere Einwirkung einer Tempe¬ 
ratur von minus 12 Grad; dreistündiges Erwärmen auf 60°; 
einstündige Erwärmung auf 100°, falls dasselbe vorher ein¬ 
getrocknet und im Vakuumröhrchen eingeschmolzen war; 
endlich mehrwöchentliches Aufbewahren in Glyzerin. Emp¬ 
findlicher ist es gegen die Einwirkung von Karbol, welches 
es in 2°/ 0 igQr Lösung vernichtet. 

4. Das Virus der Taubenpocke erleidet schon nach ein¬ 
maliger Passage durch das Huhn, auf welches es sich an¬ 
standslos übertragen läßt, eine derartige Veränderung, daß 
es nicht mehr auf Tauben überimpfbar ist, entsprechend 
dem Verhalten der originären Hühnerpocke. 

5. Das Überstehen einer einmaligen ausgedehnten Er¬ 
krankung verleiht Immunität. Grfitzer. 


Norbert Swoboda (Wien). Zur Lösung der Variola-Varicellen¬ 
frage. 

(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 47 und 48.) 

S. zeigt den Unitariern, daß sie mit Unrecht auf ihrem Stand¬ 
punkt beharren, er zeigt aber auch den Dualisten, daß sie oft eine 
ganz ungeschickte Beweisführung zu Gunsten ihrer Ansicht ins Treffen 
führen. Es gibt keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Variola 
und Varicellen in Bezug auf morphologische Eigenschaften und 
klinischen Verlauf im sporadisch auftretenden Fall; Varicellen treten 
z. B. namentlich bei Erwachsenen oft so auf, daß sie in nichts von 
schweren Pocken sich unterscheiden. Der Fall Hochsingers, wo 
scheinbar von Varicellenfällen ein Fall echter Variola herstammte, 
erklärt sich auf diese Weise. Es handelte sich eben um Varicella 
varioliformis. Auch S. schildert eine solche Beobachtung, und 
alle Fälle, die von Unitariern nach dieser Richtung hin verwertet 
werden, verhalten sich ebenso. 

Es bleibt nur die Ätiologie als Unterscheidungsmerkmal 
von Variola nnd Varicella übrig. Einen Fall, in welchem direkte 
oder indirekte Ansteckung durch einen Variolakranken sicherstellt, 
rechnen wir zur Variola, mag er nun verlaufen wie Variola oder wie 
Varicella. Ebenso muß man einen einzelnen, gerade so wie Variola 
verlaufenden Fall als eine schwere Form von Varicella betrachten, 
wenn ein Zusammenhang mit einem Variolafall ausgeschlossen ist. 
Unentschieden bleibt die Diagnose in jenen Fällen, wo beiderlei In¬ 
fektion möglich war, also wenn an einem Orte beide Krankheiten gleich¬ 
zeitig herrschen. Die Diagnose Varicellen tritt hier erst zu Tage, wenn 
kurz darauf Impfung haftet oder echte Blattern acquiriert werden, 
was leider häufig als Folge der prophylaktischen Isolierung im Blattern¬ 
spital geschieht. 

Die Fälle von Varicella varioliformis haben großes theoretisches 

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II. Referate. 


63 


Interesse: sie entkräftigen den einzigen in Betracht kommenden 
Einwand der Unitarier, daß Variolafälle von Varicellen herstammen 
können, zweitens reduzieren sie sehr die von den Impfgegnern oft 
zitierten Fälle, daß eine Person sowohl kurz nach überstandenen 
Blattern, als auch kurz nach der Impfung wieder Blattern bekommen 
kann. Sie haben aber auch großes praktisches Interesse. Was soll der 
Arzt tun, wenn er zu einem Fall geholt wird, der ganz so aussieht 
wie Variola, bei dem aber nicht einmal die Möglichkeit der direkten 
oder indirekten Infizierung durch Variolakontagium vorliegt; wenn 
seit vielen Jahren weit und breit nichts von Variola zu hören ist, 
und an eine Einschleppung nicht zu denken ist? Strenge Isolierung und 
Desinfektion, aber nicht die Bevölkerung alarmieren, Massenimpfungen 
inszenieren u. s. w.; wodurch der Arzt nur bloßgestellt wird, sich Haß 
und Feindschaft zuzieht, vor allem nicht ins Blatternspital schaffen, 
wo Pat. sich erst infiziert. Wo der begründete Verdacht vorliegt, 
daß es sich um Varicella handelt, sollten wenigstens die nicht lange 
vorher mit Erfolg Vaccinierten überhaupt nicht ins Blatternspital 
gebracht werden, die Ungeimpt'ten oder schon vor längerer Zeit Ge¬ 
impften aber unbedingt sofort geimpft werden! Grätzer. 


J. M. Day. Das Inkubationsstadium der Varicellen. 

(The Brit. med. Journ. 21. Juni 1902.) 

Der Verf. zeigt an einer Krankengeschichte, daß das Inkubations¬ 
stadium für die Varicellen, wie Trousseau es annimmt, ca. 27 Tage 
beträgt. C. Berliner (Aachen). 


L. Bernhard und M. Blumenthal. Zur Kenntnis der kongenitalen 

Elephantiasis. 

(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 40.) 

Bei dem jetzt 2jährigen Knaben wurde gleich nach der zur rechten Zeit 
erfolgenden Geburt eine Anschwellung der linken unteren Extremität konstatiert, 
die Genitalien wiesen normale Form auf. Nach 14 Tagen wurde eine bestehende 
Phimose operiert, schon einige Wochen nachher erlangten die Genitalien, die sich 
während der Wundheilung zu verändern begannen, den jetzigen Zustand. 

Bei der Besichtigung der unteren Extremitäten fällt die ungemeine 
Anschwellung der linken auf. Der linke Fuß ist polsterartig verdickt. Die 
Verdickung nimmt unmittelbar oberhalb der Malleolen stark ab, um alsdann 
wieder zu einem beträchtlichen Volumen anzuschwellen. Die Schwellung geht 
auf den Oberschenkel und von da auf die Genitalien fort. Der Penis ist in der 
geschwollenen Hautmasse völlig verschwunden, so daß man ihn suchen muß. 
Bas durch die Phimosenoperation gespaltene Präputium bildet eine kleinapfelgroße 
Geschwulst, welche die gesamte Haut des Penis verzogen hat und das Scrotum 
total bedeckt, so daß letzteres erst nach dem Aufheben der Präputialgeschwulst 
als normales Gebilde zum Vorschein kommt. 


Die genaueren Untersuchungen ergaben folgendes: Es lag einer 
der seltenen Fälle von angeborener Elephantiasis vor, die äußerlich 
dem Bilde der erworbenen völlig glich. Mikroskopisch fand 
man neben der diffusen fibromatösen Wucherung des Bindegewebes 
auch Lymphangiektasien kleinsten Umfanges in zahlreicher Menge vor. 
Die vorhandenen Furchenbildungen (an den Zehen und oberhalb 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2. 


der Malleolen) waren keine amniotischen, sondern entsprachen den 
normalen Anheftungsstellen der Fascien oberhalb der Gelenke. Ätio¬ 
logisch kamen weder Heredität noch entzündliche Prozesse in Be¬ 
tracht, ebensowenig ergab die bakteriologische Untersuchung der 
Gewebssäfte der elephantiastischen Teile ein positives Resultat Viel¬ 
mehr blieb nur die Auffassung des Prozesses als angeborener Ge¬ 
schwulstbildung (Lymphangioma) übrig, die vielleicht ihren 
Grund in einem Bildungsfehler des Saftbahnsystems hatte. 

Grätzer. 


Ch. E. Murphy. Kongenitale Harnröhrenstriktur. 

(The Brit. med. Journ. 13. September 1902.) 

Der Verf. wurde zu einem 24 Stunden alten Kinde gerufen, das 
seit der Geburt noch keinen Urin gelassen hatte. Bei der Unter¬ 
suchung erwies sich die Vorhaut nur schwach entwickelt, das Orificium 
urethrae war weiter als normal. Ein elastischer Katheter No. 1 stieß 
etwa einen Zoll von der Harnröhrenmündung entfernt auf vollständigen 
Verschluß, der durch die Urethrotomia interna gehoben wurde. Das 
Kind überstand die Operation sehr gut und kann seitdem in normaler 
Weise urinieren. C. Berliner (Aachen). 


Palm (Göttingen). Kongenitale Vergrößerung einer normal 
gebauten Niere bei Defekt der anderen: ein Beweis für die 
Tätigkeit der Nieren im embryonalen Leben. 


(Archiv für Gynäkologie Bd. 66 Heft 2.) 


In der Einleitung bringt Verf. eine Zusammenstellung der wichtigsten 
sich für die Nierensekretion während des fötalen Lebens aussprechenden 
Arbeiten. In seinem Falle handelte es sich um ein nicht ausgetragenes 
Kind von 2100g Gewicht und 43 cm Länge, das nach der Geburt 
einen Nabelschnurbruch von Kleinapfelgröße, eine Atresia ani, eine 
Verbildung der äußeren Genitalien und eine Beckenspalte aufwies. 
Bald nahm man auch eine Kloake wahr. Der Nabelschnurbruch wurde 
operiert. Von der vierten Woche ab verfiel das Kind und starb am 
28. Tage u. s. w. Bei der Sektion zeigte sich, abgesehen von den 
Mißbildungen, daß der linke Urether völlig fehlte; die linke Niere 
wurde erst nach genauer Untersuchung an normaler Stelle bedeutend 
verkleinert (etwa pflaumenkerngroß) gefunden. Die rechte Niere 
dagegen zeigte sich beträchtlich vergrößert. Sie war 15 g schwer, 
also im Verhältnis zum Gesamtgewicht des Kindes (1740 g) etwa um 
1 / 3 zu schwer. Mikroskopisch zeigte diese vergrößerte Niere ein durch¬ 
aus normales Bild. Durch Versuche an Kaninchen stellte Verf. des 
weiteren fest, daß die in der Zeit nach der Geburt physiologisch auf¬ 
tretende Gewichtsvermehrung der Nieren bedeutend gesteigert wird, 
wenn man eine Niere exstirpiert. Die andere Niere zeigt dann eine 
deutliche Kompensationshypertrophie. Bei diesen Nieren, deren Ver¬ 
größerung erst nach der Geburt sich ausbildet, finden sich im Gegen¬ 
satz zu seinem Falle deutliche mikroskopische Veränderungen, Ver¬ 
breiterung der Rindenzone, Vergrößerung der Glomeruli und meist 

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II. Referate. 


65 


Hypertrophie der Harnkanälchen. Aus dieser Verschiedenheit der 
histologischen Beschaffenheit schließt P., daß in seinem Fall eine 
extrauterin entstandene reine Hypertrophie nicht vorliegen und daß 
die Vergrößerung der Niere nur intrauterin entstanden sein kann. 
Außerdem fand er eine größere Zahl von Nierenläppchen (9), während 
er sonst nicht über sechs nachweisen konnte. Diese Mehranlage 
kann gleichfalls nach seiner Ansicht nur während des intrauterinen 
Lebens stattgefunden haben. 

Schließlich weist P. nach, daß die Vergrößerung der rechten 
Niere nur in der verstärkten Arbeitsleistung während des fötalen 
Lebens ihre Ursache haben kann und daß insbesondere der Nabel¬ 
schnurbruch zu ihr in keiner ursächlichen Beziehung steht. 

Marz (München). 


Fr. Hanszel. Ein kongenitaler Rachenpolyp. 
(Aus Prof. Chiaris Klinik in Wien.) 


(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 50.) 

Bei der Besichtigung des Rachens des 19jährigen Dienstmädchens fiel sofort 
zweierlei auf: linkerseits knapp an der seitlichen Pharynxwand ein Tumor von 
der Größe eines Kleinfingergliedes und das Fehlen des linken hinteren Gaumen¬ 
bogens. Der Tumor war wenig beweglich, reichte mit seiner Kuppe auch bei 
berabbäugendem weichem Gaumen in den oralen Pharynx herab, von der linken 
seitlichen Rachenwand nur einige Millimeter entfernt, verjüngte sich nach aufwärts, 
erschien von glatter, mattglänzender, düsterroter (an einer Stelle bläulichroter) 
Oberfläche und von derber Konsistenz. Postrhinoskopisch war als Anheftungs¬ 
stelle die seitliche und knapp unterhalb des Tubenwulstes befindliche Partie des 
Nasenrachenraumes festzustellen. Während die rechte Gaumenmandel etwas zwischen 
den Gaumenbögen hervorragte, war von der linken fast nichts zu sehen. Der 
harte Gaumen durchaus normal, der weiche insofern asymmetrisch, als eben der 
linke hintere Gaumenbogen vollständig fehlte. Sonst alles normal. 

Beim ersten Aspekt hielt H. den Tumor für einen adenoiden. Nach der 
Palpation mußte man an ein Fibrom, bei der an einer Stelle bläulichdurch- 
schimmernden Farbe an ein Angiofibrom denken. Der Versuch, den Tumor mit 
einer starken Drahtschlinge abzutragen, gelang nicht, man konnte ihn nicht durch¬ 
schnüren, so daß H. ihn noch oberhalb der Schlinge mit einem Scherenschlage 
knapp an der Ansatzstelle entfernte. Die Blutung war gering, und man konnte 
sehen, daß jene Stelle an der Plica salpingo-palatina sich befand, längsoval war 
und im Längendurchmesser 5 mm betrug. 

Der exstirpierte Tumor war 2 */* cm lang und maximal 1 cm breit. Die 
histologische Untersuchung ergab: Unter mehrschichtigem Plattenepithel ein mit 
Papillen besetztes Korium, Talgdrüsen in großer Menge, Härchen von verschiedener 
Größe, Schweißdrüsen, quergestreifte Muskelfasern mitten in dichtes Fettgewebe 
eingelagert, — also den typischen Bau dermoider Geschwülste. 


In den bisher beschriebenen Fällen von kongenitalen Polypen 
fand sich nie eine anderweitige Mißbildung vor; hier das Fehlen des 
gleichseitigen hinteren Gaumenbogens. Außerdem war bemerkenswert 
die Anheftungsstelle an der Plica salpingopalatina. 

Die meisten Beobachtungen dieser Art wurden bei Föten, Neu¬ 
geborenen und in den ersten Lebensjahren gemacht, nur in 2 Fällen 
später: bei einem 20- bezw. 13jährigen Mädchen. 

Differentialdiagnostisch kommen in Frage: Fibrome, Angiofibrome, 
adenoide Tumoren, akzessorische Tonsillen, Lipome; bei obigem Falle 
wäre bei der geringen Entwickelung der linken Tonsille auch an 
eine Tonsilla aberrata zu denken gewesen. Gr ätz er. 


Centralbl. f. Kinderhlkde. VIIL 


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66 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2. 


M. Penkert. Über idiopathische Stauungsleber (Verschluß der 

Venae hepaticae). 

(Aus dem Patholog. Institut in Greifswald.) 

(Virchows Archiv Bd. 169 Heft 3.) 

Die Beobachtung betrifft einen 22 Monate alten Knaben. 4 Wochen 
vor Eintritt in die Behandlung Zunahme des Leibesumfanges und 
Atemnot. Stuhlgang nur durch Abführmittel und Einläufe erzielt. 
Bei der Untersuchung: Leib stark aufgetrieben. Der Perkussionston 
auf der Höhe des Abdomens hell und tympanitisch, in den abhängigen 
Teilen gedämpft. Fluktuation vorhanden, Ascites. Ödeme bestehen 
nur an der Bauchhaut. Auf dem Abdomen ein ausgesprochenes 
Caput medusae. — Eine sichere Diagnose konnte nicht gestellt werden, 
es wurde ein fraglicher Lebertumor angenommen. Bei der Punktion 
des Ascites entleerten sich 3—4 Liter stark eiweißhaltiger Flüssigkeit 
(keine Echinokokkenbestandteile). Da bald wieder eine starke Auf¬ 
treibung des Leibes sich einstellte (bis zu 70 cm Leibesumfang), wurde 
zur Laparotomie geschritten, die jedoch neben einer hochgradigen 
Stauungsleber keinen besonderen Befund ergab. Nach ungefähr einem 
Monat erfolgte der Exitus. — Die Sektion klärte das Krankheitsbild 
auf: weder die linke, noch die rechte größere Vena hepatica 
ist deutlich ausgesprochen; ihr Lumen, im Anfang für ein 
Roßhaar durchgängig, versiegt sehr bald. Die enorme Stauungs¬ 
leber ist also bedingt dadurch, daß dem Blute die normalen, ab¬ 
leitenden Wege verschlossen waren. Als Collateralbahnen waren 
vorhanden kleine Gefäßchen des Ligamentum coronarium dextr. und 
sin. und vor allem die offen gebliebene Vena umbilicalis, die 
für eine feine Sonde vollkommen durchgängig war. (Hierdurch erklärt 
sich auch, daß das Kind ein Alter von 22 Monaten erreicht hat, und 
die Krankheitssymptome allmählich sich einstellten und verschlimmerten.) 
Einen ähnlichen Fall beschreibt Gee (Complete obliteration of the 
mouths of the hepatic veins. St. Bartholmews Hospital Reports VII, 
1871): ein 17 Monate altes Kind zeigte seit 3 Monaten eine zu¬ 
nehmende Anschwellung des Leibes. Der Nabel war normal verheilt. 
Gelbsucht war nie vorhanden. Punktion des Ascites. Tod nach 
kurzer Zeit an Erschöpfung. Die Autopsie zeigte, daß die Lebervenen 
kurz vor Eintritt in die Cava endigen und wie durch eine dünne 
Membran verschlossen sind. Gee glaubt, daß die Leber ursprünglich 
gut ausgebildet und später cirrhotisch geworden sei. Dadurch, daß 
die Cirrhose von der Kapsel auf die Lebervenen überging, sei die 
Verengerung und Obliteration der Lebervenenmündungen erfolgt. — 
Während bei den in der Literatur erwähnten 10 Fällen, welche ältere 
Individuen von 16—52 Jahren betreffen, das Krankheitsbild als eine 
Folge einer Entzündung der Leberkapsel oder einer fötalen, intersti¬ 
tiellen Hepatitis, einer kongenitalen Lues, zu betrachten ist, hält 
Verf. in seinem und Gees Fall den Verschluß der Lebervenen 
durch eine kongenitale Anomalie bedingt und nennt diese, 
bisher fast unbekannte Krankheit idiopathische Stauungsleber. 

Schridde (Erlangen). 


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II. Reterate. 


67 


P. Strafemann (Berlin). Der Verschluß des Ductus arteriosus 

(Botalli). 

(Hegars Beiträge VT. I. 1902). 

Der Referent hat schon als Student vor nahezu 2 Jahrzehnten 
eine gekrönte Preisschrift „Über die Veränderungen“ verfaßt, „welche 
die fötale Herztätigkeit regelmäßig durch die Geburt erfährt“. Es 
hat ihn daher das vielseitige Interesse, welches jüngere Autoren 
diesen Fragen entgegen bringen, veranlaßt, altes, unbenutztes Beob¬ 
achtungsmaterial doch noch zu verwenden und für den internationalen 
Gynäkologenkongreß zu Rom von 1902 einen Vortrag „Über Fötal¬ 
kreislauf“ zu verfassen. Die Arbeiten von S. und Röder finden 
den vollen Beifall des Referenten und auch die vorliegende, vor¬ 
wiegend polemische Arbeit S.s hat ihn überzeugt, daß Scharfe 
sich irrte. 

Schultze hatte im „Scheintod Neugeborener“ die logische For¬ 
derung aufgestellt, daß ein mechanischer Verschluß des schon von 
Galen beschriebenen, also fälschlich nach Botalli benannten, Ductus 
arteriosus an dessen Aortenmündung bestehen müsse, da sonst nicht 
einzusehen wäre, warum nicht das Blut aus der Aorta schon bald 
nach der Geburt durch den Ductus lungenwärts, also umgekehrt ge¬ 
richtet, hindurchfließen müßte. Unmittelbar mit dem Eintritt der 
Atmung muß bekanntlich der Blutdruck in allen Gefäßen des intra¬ 
thorakalen Raumes sinken; denn einmal hat der Thorax eine andere 
Ruhestellung eingenommen, welche, wie das Kollabieren der Lungen 
bei Eröffnung des Thorax beweist, während des ganzen extrauterinen 
Lebens und darüber hinaus einen negativen Druck in diesem Raume 
erhält, dann aber sind die Lungen entfaltet worden und die der 
Respiration dienenden Kapillarnetze in den Alveolen haben sich er¬ 
öffnet, erweitert. 

Dadurch vor allem wird das Blut aus dem rechten Bulbus 
arteriosus in die Lungen hineingesogen und der Ductus arteriosus 
kann sich zusammenziehen. In ihrer weiteren Tätigkeit gleichen nun 
die Lungen einem Schwamm, welcher sich aus dem rechten Herzen 
vollsaugt und in das linke Herz entleert. Dadurch steigt der Druck 
bald wieder im Unken Vorhof, die Valvula foraminis ovalis legt sich 
an und verhindert ein Zurückfließen in die unter viel geringerem 
Drucke stehende V. cava inf., während eine schiefe, ureterähnhche 
Einmündung mit kräftigem Muskelbündel darüber während der Vor¬ 
hofskontraktion den Rückfluß in die Lungen hindert. 

Durch diese Ordnung der Dinge steigt der Druck in der Aorta 
schon bald wieder, während er im Stamme der A. pulmonalis nament¬ 
lich bei der Inspiration negativ sein muß. Diesen von Schultze 
verlangten Verschluß hat S. in seinen im Jahre 1894 veröffentlichten 
Arbeiten anatomisch nachgewiesen und mittels gemeinsam mit Prof. 
Zuntz angestellten Injektions- und Durchspülungs versuchen als 
funktionsfähig bestätigt. Wiederum ist es die schiefe ureterähnliche 
Einmündung mit langhin zugeschärftem Saum, welche wie eine 
Klappe funktioniert und vom Beginn des Überdruckes in der Aorta bis 
zur vollendeten Gewebsobliteration (nach Wochen) den Abschluß bewirkt. 

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68 


Centralblatt für Kinderheilkunde. Ko. 2. 


Cohnstein und Zuntz haben frühem den Verschluß in histo¬ 
logischen Eigentümlichkeiten des Ganges, wie auch der Arteriae um- 
bilicales, gesucht, und Referent hat in einem Anhang zu Preyer, 
„Physiologie des Embryo“ dagegen polemisiert. Destomehr erfüllt 
es ihn jetzt mit Freude, daß der Verschluß gefunden ist und Referent 
zustimmen kann. Diese schiefe ureterähnliche Einmündung kehrt in 
den dem Fötus eigentümlichen Zirkulationseinrichtungen öfters wieder; 
abgesehen von den Lungenvenen, ist die Valvula for. ovalis und die 
Valvula Eustachii nichts weiter als eine solche schiefe Einmündung 
der unteren Hohlvene in den linken und rechten Vorhof, und Ref. 
ist der Überzeugung, daß auch an den Umbilicalarterien sich ähnliche 
anatomische Verhältnisse finden werden, denn sonst könnten nicht 
die Nabelnachblutungen nur bei Störung der Respiration, also bei 
Sinken des Druckes im Arteriensystem, erfolgen. Trotz der be¬ 
weisenden Experimente von Zuntz und S. glaubte nun Scharfe die 
Beweiskraft von S.s Deduktionen anzweifeln zu müssen, auf Grund 
von folgendem Versuch: Zwei irrigatorähnliche Gefäße werden A mit 
roter, B mit blauer Flüssigkeit gefüllt. Der Irrigatorschlauch ist 
so dünnwandig, daß er kein Lumen hat, sondern die Wände liegen 
mit Kapillarspalt aneinander. Die beiden Schläuche werden mittels 
gläsernen T-Stücken und einem Querschlauch miteinander verbunden, 
nur daß das T-Stück bei A rechtwinkelig aus-, bei B spitzwinkelig 
einmündet. Vier Klemmen, je eine oberhalb und unterhalb des 
T-Stückes ermöglichen die Regulierung. Die Weichheit und Dünnheit 
des Schlauches gestattete ein ventilartiges Aneinanderlegen der 
Wandungen. 

Läßt man bei gleichem Druck (gleiche Höhe der Gefäße, gleiche 
Höhe der Schlauchmündungen) beiderseits ausströmen, so schwankt 
die Flüssigkeit im Querschlauch hin und her. Erhöht man den 
Druck bei A } so strömt rote Flüssigkeit zu B und violette wird da¬ 
selbst entleert. Erhöht man bei B, so geschieht auffallenderweise 
das gleiche. 

Folglich, schließt Scharfe, müßte der erhöhte Druck in der 
Aorta die Entleerung des Blutes aus dem Ductus arteriosus be¬ 
günstigen und nicht die Mündung verschließen. 

S. wiederholte das Experiment und fand die Tatsachen bestätigt, 
allerdings erst, nachdem ihm Scharfe selbst die Quelle des dünn¬ 
wandigen Gummischlauches angegeben hatte. Als innere Fehler des 
Versuches erkannte er jedoch: 1. die Starrheit der Wandung bei der 
schiefen Einmündung, welche einen Ventilverschluß gerade hier 
unmöglich machte; 2. die Saugwirkung des Schlauchendes unter¬ 
halb des T-Stückes und 3. den (dünnwandigen) Ventilschlauch am 
„Ductus“. 

Bei einer Nachbildung des Apparates ohne Glasstücke erkannte 
er, daß ein Winkel von 40° als Minimum gewählt werden muß, sonst 
kommt es zu keiner Ventilwirkung, womit der Winkel harmoniert, 
welchen Röder für die Einmündung des Ductus (33°) in die Aorta 
gefunden hat. 

Es werden dann noch die beiden Fälle von Röder aus Schmorls 
pathologischem Institut in Dresden angeführt, bei welchem sich ein 

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II. Referate. 


69 


Aneurysma: in dem einen ein A. dissecans, im anderen ein Dilatations- 
Aneurysma beim Neugeborenen ausgebildet hatte und geborsten war. 

Gern erkennt Referent an, daß diese seltenen Fälle vereint mit 
Notizen bei Zweifel, Kehrer, Schnitzler u. s. w. beweisen, daß 
diese mühsamen Untersuchungen nicht nur eine akademische Be¬ 
deutung, sondern auch eine pädiatrische praktische haben, über die 
Genese der Aneurysmen ist er anderer Meinung. 

Beide Autoren lassen durch Stauungen den Druck in der Aorta 
sich exzessiv steigern und dadurch die Aortenmündung des Ductus 
sich wieder öffnen, wobei der Limbus än der schiefen Einmündung 
klappenförmig in den Ductus eingestülpt wird, genau wie in der 
3. Serie von Experimenten S.s und in denjenigen Röders, wo bei 
90 mm Hg am Manometer trichterförmige Erweiterung und beginnende 
Aneurysmabildung eintrat und bei 140 mm Hg das letztere platzte. 

Nach den von Röder gegebenen Abbildungen ist aber nicht die 
Aortenmündung, sondern die pulmonale die weitere, nicht umgekehrt, 
wie S. annimmt. Auch ist nichts von der segelartigen Einstülpung 
des „Limbus“ beschrieben. 

Ref. ist vielmehr der Anschauung, daß die vielfachen Erschei¬ 
nungen der Stauung und Zirkulationshemmung in den Obduktions¬ 
berichten rein venöse Stase und Gewebsasphyxie darstellten, her- 
vorgerufen durch mangelhafte Tätigkeit der Lungen. 

Es fehlte in diesen Fällen jene Tätigkeit der letzteren, welche ich 
oben derjenigen eines Schwammes verglichen habe, welcher sich von 
rechts her vollsaugt und nach links sich ausdrückt und welche allein 
den Druck in der Pulmonalis mindert, in der Aorta steigert. Durch 
die Respirationsstörungen sank der Druck in der Aorta, stieg derjenige 
in der Pulmonalis und der in Obliteration begriffene Ductus wurde wieder 
erweitert, aneurysmatisch dilatiert und zuletzt zum Bersten gebracht. 

Ref. hebt dies deshalb an dieser Stelle so hervor, weil es für die 
Therapie von Wichtigkeit ist. Vertiefung der Respiration kann 
man durch kalte Übergießungen im warmen Bade erreichen, Atelek¬ 
tasen durch Schultzesche Schwingungen, Sylvestern u. s. w. be¬ 
kämpfen. Ob in den beiden obduzierten Fällen viel zu erreichen 
gewesen wäre, ist zweifelhaft, war doch das Gewicht in dem einen 
Falle, um 1000 im anderen um beinahe 2000 unter dem Durchschnitt. 
Da werden die Rippenknorpel noch zu weich gewesen sein, um die 
Respiration dauernd günstig beeinflussen zu lassen. Die Struma congenita 
des einen Falles, welche die normale Schilddrüse an Größe nur um 
das Dreifache übertraf, wäre wohl kaum ein Hindernis gewesen. 

Nur nebenbei sei bemerkt, daß ein so seltener Fall von Struma 
congenita, wo die Größe der Struma die Größe des Kindeskopfes 
erreichte und welche noch außerdem zu Gesichtslage geführt hatte, 
vom Ref. vor einigen Jahren in der Privatklientel beobachtet wurde. 
Die Ausfolgung der Kindesleiche zwecks Präparation der jedenfalls 
vorhandenen Abnormitäten des Fötalkreislaufes war von den Ange¬ 
hörigen versprochen, wurde aber vom damaligen bureaukratisch strengen 
Herrn k. Bezirksarzt als „unzulässig an Private“ bezeichnet. Nicht 
einmal Obduktion war mir möglich. Difficile est satyram non scribere. 

Ziegenspeck (München). 

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70 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2. 


Hermann Sidlauer. Ein Fall von Persistenz des Ductus 
arteriosus Botalli. 

(Archiv für Kinderheilkunde Bd. 34 Heft 5 und 6.) 

Bei einem Falle (4 jähriges Mädchen) wird die betreffende 
Diagnose klinisch gestellt durch Ausschluß aller übrigen in Betracht 
kommenden Herzerkrankungen auf Grund folgender Punkte: 1. Diasto¬ 
lisches Geräusch im zweiten, linken Interkostalraum; 2. ebendaselbst 
fühlbares, dem Geräusch zeitlich entsprechende, Frömissement; 3. Art 
der Propagation des Geräusches, welche nur durch einen gemein¬ 
schaftlichen Fehler der Aorta und Pulmonalis zu erklären ist; 
4. Youssure und Hypertrophie des rechten Ventrikels; 5. bandförmige 
Dämpfung längs des Sternums; 6. Pulsus celer bei intakten Aorten¬ 
klappen und Fehlen der Cyanose und aller Stauungserscheinungen. 
Ausführliche Literaturzusammenstellung. Hecker (München). 


K. Dresler. Beitrag zur Diagnose der Persistenz des 
Ductus arteriosus Botalli. 

(Jahrbuch für Kinderheilkunde Bd. 56 Heft 5). 

An drei eigenen — auch radiographierten — und zwei Fällen 
der Literatur wird die Symptomatologie dieses Herzfehlers besprochen. 
Die Fälle stellen geradezu eine kleine entwickelungsgeschichtliche 
Studie dar, insofern sie den verschiedensten Lebensaltern entstammen; 
der jüngste Pat. ist 1 Jahr, der älteste 37. Die Erscheinungen 
weisen die sämtlichen, seinerzeit von Gerhardt gegebenen diagno¬ 
stischen Merkmale für die Persistenz des Ductus auf: keine Ver¬ 
größerung des Herzens, systolisches Geräusch über der Pulmonalis 
mit fühlbarem Schwirren, deutlicher zweiter Pulmonalton, Fortpflanzung 
des Geräusches in die Karotiden mit Bevorzugung der linken und 
Harmlosigkeit des Herzfehlers. Der eine Fall zeigte sowohl perku¬ 
torisch wie auch im Röntgenbilde nachweisbare Erweiterung der 
Pulmonalis (längliche Dämpfung links neben dem Sternum, an die 
obere relative Herzdämpfung angrenzend). Hecker (München). 


E. Delafosse (Bond) and R. Salusbury (Trevor): A Case of 
Pulmonary and Tricuspid Regurgitation following chronic 
Bronchitis and Emphysema. 

(Under the care of Dr. H. D. Rolleston.) 

(The L&ncet 4. Oktober 1902.) 

Der vorliegende Fall hat insofern auch für den Kinderarzt 
Interesse, als es sich um eine angeborene Mißbildung der Pulmonal¬ 
klappen handelt. Und zwar fanden sich bei der Autopsie des 
41jährigen Kranken, der den Folgen einer Insuffizienz der Pulmonal- 
und Trikuspidalklappe erlag, vier Pulmonalklappen. Die vierte Klappe 
war, wie das die Regel ist, kleiner als die anderen; die Klappen 

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II. Referate. 


71 


zeigten teilweise Fensterung. Bei der Gelegenheit werden noch zwei 
andere Fälle derselben Mißbildung angeführt, bei denen während des 
Lebens keinerlei Störungen bestanden; in einem vierten von Begbie 
beobachteten Falle bestand dagegen ein diastolisches Geräusch. 

Schreiber (Göttingeu). 


Spolverini und Barbieri. Über die angeborenen Herzfehler. 

(Jahrbuch für Kinderheilkunde Bd. 56, Ergänzungsheft.) 

Monographische Darstellung mit ausführlicher Literaturangabe 
unter Zugrundelegung von folgendem selbstbeobachteten Material. 
4 Fälle von Stenose der Arteria pulmonalis, 1 Fall von Anomalie 
der Tricuspidalis, 2 Fälle von Persistenz des gemeinsamen arteriellen 
Stammes infolge einer Entwickelungshemmung des Septum trunci und 
1 Fall von Atresie der Tricuspidalis zurück. Hecker (München). 


Josef Burke. Über angeborene Pulmonalstenose. 

(Zeitschr. für Heilkunde 1902, Heft 5.) 

Die vortreffliche Studie stützt sich auf drei klinisch gut beob¬ 
achtete und durch die Sektion bestätigte Fälle. Während bisher 
allgemein angenommen wurde, daß ein zweiter accentuierter Pul¬ 
monalton bei der Pulmonalstenose durch eine Komplikation mit einem 
offen gebliebenen Ductus Botalli zu erklären sei, weist B. sowohl auf 
Grund seiner drei eigenen Fälle, in welchen dieselbe Fehldiagnose 
gestellt wurde, sowie an der Hand von 14 Fällen aus der Literatur 
nach, daß dabei nie ein persistierender offener Ductus Botalli kon¬ 
statiert wurde, wohl aber daß in der Mehrzahl neben der Pul¬ 
monalstenose ein offenes Foramen ovale vorhanden war. In 
drei Fällen, in welchem als einzige Komplikation der Ductus Botalli 
offen gefunden wurde, war der zweite Pulmonalton zweimal als 
schwach, einmal als fehlend angegeben. B. kommt danach zur An¬ 
sicht, daß die Akzentuation des zweiten Pulmonaltones auf das offene 
Foramen ovale zurückzuführen sei; letzteres ist in der Tat die 
häufigste Komplikation der Pulmonalstenose und soll sogar durch 
diese wenn nicht erzeugt so doch in seiner Persistenz gefördert werden. 

Wo der zweite Ton herrührt, ist ungewiß, daß er durch die Pul- 
monaklappen selbst erzeugt wird, ist unwahrscheinlich; B. nimmt an, 
daß der zweite Ton, sowohl wie die Persistenz des offenen Foramen 
die Folge der Stauung im rechten Ventrikel ist und daß der zweite 
Ton durch verstärkte Kontraktion der beiden Vorhöfe hervorge¬ 
rufen wird. 

Die häufige Komplikation der Lungentuberkulose führt B. nicht 
auf die Pulmonalstenose sondern auf die neben der letzteren meistens 
vorhandene Enge der Aorta zurück. Hugo Starck (Heidelberg). 


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72 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2. 

H. Füth (Leipzig). Über eine angeborene Geschwulstbildung 
perithelialer Natur am Oberkieferzahnfleisch eines 2 Tage 
alten Mädchens mit Hineinbeziehung des Schmelzkeims. 

(Beiträge zur Geburtshilfe und Gynäkologie 6. Bd. 1. Heft). 

Die etwa hühnereigroße aus dem Mund hervorragende Geschwulst 
war schon bei der Geburt vorhanden. Sie ging Tom Oberkiefer aus und 
verschob die Oberlippe so stark nach oben, daß ein Saugen völlig un¬ 
möglich war. Die Geschwulst wurde deshalb operativ entfernt; die 
Heilung ging rasch von statten. Ein Rezidiv trat nicht auf. Jedoch 
ist bei dem nunmehr zweijährigen Mädchen, das sonst gute Zähne 
hat und nicht rhachitisch ist, der erste und zweite linke obere 
Schneidezahn (hier hat die Geschwulst gesessen) mangelhaft entwickelt. 
Ulassin hatte im Jahre 1894 einen ganz ähnlichen Fall bei einem 
neugeborenen Mädchen veröffentlicht; hier waren zwei Geschwülste vor¬ 
handen gewesen. Ulassin war auf Grund der mikroskopischen Unter¬ 
suchung zu dem Schluß gekommen, daß die Geschwülste epithelialen 
Ursprungs, ausgehend vom Schmelzkeim, seien. Verf. kommt bei 
seinem Fall nach eingehender mikroskopischer Untersuchung zu einem 
anderen Resultat: Es handelt sich um eine Geschwulst, die nicht vom 
Schmelzkeim ausgeht, aber Einschlüsse desselben enthält und deren 
Zellen bindegewebiger, perithelialer Natur sind. Marx (München). 


N. Sklifossovsky (Petersburg). Angeborene Neubildungen des 
Schädels und Cerebralhernien. 

(Die mediz. Woche 1902 No. 50.) 

Das Auftreten von angeborenen, nicht bruchartigen Geschwülsten 
an den Entwickelungsstellen von Cerebralhernien ist möglich und 
wird gar nicht selten am vorderen Teile des Schädels, auf der Stirn 
angetroffen. Die Differentialdiagnose ist da oft ungeheuer schwierig. 
Angeborene Neubildungen des Schädels stehen bisweilen in unmittelbarem 
Zusammenhang mit den tiefen Ge websschichten und mit dem Periost; 
das Periost und die demselben anliegende Schicht lockeren Unterhaut¬ 
zellgewebes können in solchen Fällen zur Neubildung von Knochen¬ 
gewebe führen. Der darunter liegende Teil des Skeletts wird, indem 
er eine permanente Kompression von seiten der Geschwulst erfährt, 
unmittelbar unterhalb der Geschwulst absorbiert, während rings herum 
reichliche Neubildung von Knochengewebe stattfindet. Man hat dann 
mit einer Reihe von Erscheinungen zu tun, welche in außerordentlichem 
Maße die Stellung einer genauen Diagnose erschweren. Derartige 
Beispiele sind stets sehr lehrreich, und dieser Umstand veranlaßt S. 
einen Fall von angeborener Neubildung im Gebiet desNasen- 
rückens ausführlich zu beschreiben. 

Warwara Filatowa, Bauernmädchen, 6 Jahre alt, anämisch, machte im 
allgemeinen den Eindruck eines regelmäßig entwickelten Kindes; nur in der 
Mittellinie des Gesichts, am Nasenrücken, hatte es eine höckrige Geschwulst von 
der Größe einer großen Kartoffel. Die Geschwulst zeigt an der Basis eine leichte 
Einschnürung und hing bei vertikaler Lage des Kindes leicht herunter. Die 
Circumferenz der Geschwulst betrug 12, ihr Längsdurchmesser 5, ihr Querdurch* 

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II. Referate. 


73 


messer 6 cm. Die Geschwulst berührte die Arcus frontales oben und verlief nach 
unten hin bis znm Knorpelteil der Nase; an den Seiten berührte sie die inneren 
Lidwinkel. Die Haut der beiden Lider des rechten Auges ging jedoch teilweise 
auf die Geschwulst hinüber, und man kann im allgemeinen sagen, daß die Mittel¬ 
linie des Gesichts die Geschwulst so teilte, daß zwei Drittel der rechten und ein 
Drittel der linken Seite angehörten. Die die Geschwulst überdeckende blau¬ 
rötliche Haut war sehr dünn und mit der Substanz der Neubildung fest ver¬ 
wachsen. Die Neubildung selbst war derb, hart, in ihrem oberen Teile konnte 
man bisweilen den Eindruck einer tiefen Fluktuation erhalten. Diese Erscheinung 
war aber undeutlich. An der Basis der Geschwulst konnte man am Kuochen 
eine Unebenheit in Form eines V* cm * langen Doms palpieren; die Unebenheit 
entsprach augenscheinlich dem mittleren Rande des Nasenfortsatzes des rechten 
Oberkiefers. Diese Unebenheit diente gleichsam als Andeutung auf das Vorhanden¬ 
sein einer Bruchpforte, wenn man auch hinter derselben eine Öffnung im Schädel 
nicht durchfühlen konnte. Die Geschwulst war vollständig schmerzlos. Selbst 
bei der bedeutendsten Kompression zeigte ihr Umfang keine Verringerung. Bei der 
Untersuchung konnte man auch nicht ein einziges Mal irgend welche Anzeichen 
eines Zusammenhanges derselben mit der Schädelhöhle feststcllen. Das Mädchen 
kam mit der geschilderten Neubildung zur Welt, und diese nahm mit der fort¬ 
schreitenden Entwickelung des Kindes an Umfang nur wenig zu. Das Kind 
erfreute sich sonst einer guten Gesundheit. Gehirnerscheinungen wurden bei ihm 
niemals beobachtet. 

Die Neubildung entstellte das Gesicht des Kindes, und da man sich bei 
wiederholten Untersuchungen stets vom Fehlen eines unmittelbaren Zusammenhanges 
der Neubildung mit der Schädelhöhle überzeugen konnte, so entschloß sich S., 
die Geschwulst zu enfernen. 

Am 21. Oktober Exstirpation der Geschwulst. Bei der Operation stellte es 
sich heraus, daß die dünne Haut mit der harten Geschwulst sehr fest verwachsen 
war und ohne Kontinuitätstrennung derselben nicht entfernt werden konnte. An der 
Basis der Geschwulst löste sich die Haut leicht ab. Nach Entfernung der Ge¬ 
schwulst fand mau im Schädel eine offene Stelle, die 18 mm im Längs- und 11mm 
im Querdurchmesser maß. Sie entsprach der Stelle des rechten Nasenbeines und 
zeigte fast runde Konturen. Das Periost der benachbarten Teile des Skeletts 
ging unmittelbar auf diese offene Stelle über, dieselbe umkleidend. In der 
offenen Stelle wurden deutlich Pulsationen und abwechselnde Hebungen und 
Senkungen, der Inspiration und Exspiration entsprechend, wahrgenommen. 

Am zweiten Tage nach der Operation stellte sich bei der Kranken Fieber 
ein, das rasch die Höhe von 40,2° C. erreicht hatte. Am 17. Tage nach der 
Operation trat der Tod ein. Bis zum Tode bewegte sich der fieberhafte Zustand 
zwischen 38,4 und 40,2° C. 

Es fand die Sektion statt, die Neubildung wurde untersucht 
und stellte sich als eine Kombination von derbem und weichem 
Bindegewebe (Fibroma durum et molle) dar, zeigte auch stellenweise 
die Struktur eines Sarkoms. In ihr wurde eine Höhle gefunden, 
wahrscheinlich ein Lymphraum, der mit der Schädelhöhle aber keinen 
unmittelbaren Zusammenhang hatte; zwischen ihm und der Hirnhaut, 
welche mit dem äußeren Periost vereinigt war, lag eine \ l j 2 —2 cm 
dicke Gewebsschicht. 

Man hatte hier also an der klassischen Stelle, an der angeborene 
Cerebralhernien aufzutreten pflegen, eine Bruchpforte, durch welche 
eine bruchartige Vorstülpung jedoch nicht stattgefunden hatte. 

Eine derartige Vorstülpung könnte zu stände kommen, wenn 
später eine bedeutendere Dehnung der lateralen Gehirnventrikelchen 
stattgefunden hätte. Man kann aber auch einen entgegengesetzten 
Verlauf der Erscheinungen annehmen: in den ersten Lebensjahren 
bestand hier vielleicht eine bruebartige Vorstülpung; diese letztere 
hatte sich aber dank eventuellen günstigen Verhältnissen der weiteren 

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74 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2. 


Einwirkung des Organismus vielleicht allmählich verringert und war 
mit dem fortschreitenden Zusammenfallen der lateralen Gehirnven- 
trikelchen allmählich nach innen gezogen worden, wonach die Dura mater, 
indem sie sich mit dem äußeren Periost vereinigte, die offene Stelle 
bezw. die Bruchpforte ausgefüllt hatte. Zu dieser Zeit begann sich 
aus dem jungen Bindegewebe, welches dem Periost unmittelbar anlag, 
ein Fibrom zu entwickeln; die bindegewebige Geschwulst verschmolz, 
nachdem sie bedeutende Dimensionen erreicht hatte, fest mit den 
allgemeinen Hautdecken, welche sich an den Stellen der größten Vor¬ 
stülpung der Höcker der Neubildung als sehr dünn erwiesen haben. 
Inmitten des Fibroms könnte sich eine Lymphhöhle bilden, welche, 
sich allmählich erweiternd, das benachbarte Gewebe bis zur Bildung 
einer Blase verdünnen könnte. In der Tat macht in obigem Falle 
die zweierlei Aufschichtung rings um die Lymphöhle herum diese 
Vermutung sehr wahrscheinlich. Es ist bekannt, daß die cystenartigen 
Schädelgeschwülste mit Ausnahme der Dermoidcysten gewöhnlich 
eine dünnflüssige seröse Flüssigkeit enthalten. Man nimmt an, daß 
diese Geschwülste mit der Schädelhöhle ursprünglich in Verbindung 
standen und bruchartige Vorstülpungen der Gehirnhäute darstellten; 
später wird der äußere Teil der Geschwulst auf dem Niveau der 
Bruchpforte des Schädels abgezwickt, so daß eine isolierte sackförmige 
Geschwulst entsteht. Es will S. scheinen, daß man die Bildung der¬ 
artiger isolierter cystenartiger Geschwülste am Schädel auch auf andere 
Weise erklären kann, welche plausibler zu sein scheint. Es entstehen 
in der Höhle des angeborenen Fibroms gewöhnlich Lymphspalten, 
welche bisweilen bedeutende Dimensionen erreichen. In obiger Ge¬ 
schwulst zeigte der bestehende derartige Lymphzwischenraum die 
Größe einer Mandelnuß; es liegt kein Grund vor, die Möglichkeit von 
der Hand zu weisen, daß dieser Zwischenraum sich immer mehr bis 
zur Bildung einer Blase entwickelt hätte. Grätzer. 


Rolly. Über periependymäre Wucherung, Kanalbildung 
und abnorme Entwickelungsvorgänge am kindlichen 
Kückenmarkkanal. 

(Deutsche Zeitschr. für Nervenheilkunde Bd. 21 No. 5 und 6). 
Gelegentlich von Untersuchungen des Zentralnervensystems bei 
Kindern fand R. bei zwei Fällen von allgemeiner angeborener Muskel¬ 
starre sowie in einem Falle, in dem die klinische Diagnose zwischen 
multipler Sklerose und kongenitaler Muskelstarre schwankte, eine 
diffuse Wucherung der Glia, Offenbleiben des Zentralkanals, eine 
Wucherung der Ependymzellen um den Zentralkanal herum. Diese 
Wucherung der Ependymzellen äußerte sich im Auftreten von 
Strängen, Zellnestern, Kanälen, Vortreibungen der EpendymSchicht 
des Zentralkanals. 

Verf. hält es für möglich, daß aus dieser Ependymwucherung 
mit Kanaibildung später das Krankbeitsbild der Syringomyelie ent- 

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II. Referate. 


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steht. Vielleicht hätten die drei Kinder, über welche Verf. berichtet, 
falls sie am Leben geblieben wären, in späterer Zeit eine typische 
Syringomyelie bekommen._ Kart Mendel (Berlin). 

M. Thiemich. Über die Funktionsunfahigkeit der 
motorischen Rindenfelder beim Säuglinge. 

(Aus der Univ.-Kinderklinik zu Breslau). 

(Zeitschr. f. klin. Medizin Bd. 45 Heft 8 und 4). 

Verf. wendet sich gegen die von Soltmann deduzierte „physio¬ 
logische Reflexdisposition“ des jungen Kindes, eine Theorie, die im 
wesentlichen auf den Ergebnissen von Experimenten an neugeborenen 
Tieren basiert, die ergaben, daß bei diesen bis zum 10. oder 
12. Lebenstage die motorischen Rindenfelder nicht galvanisch er¬ 
regbar sind, also weder hemmend noch exzitierend tätig sein konnten, 
und die somit geeignet schienen, unsere bisherigen Anschauungen 
über das Zustandekommen der Eklampsia infantum über den 
Haufen zu werfen. 

Ganz abgesehen davon, daß die Befunde anderer Autoren den 
Soltmannschen Untersuchungsergebnissen widersprechen, ist es nach 
Th. verfehlt, aus der elektrischen Unerregbarkeit das Fehlen jeder 
physiologischen Funktion zu folgern und etwa die Annahme, daß auch 
beim Säugetier die Nerven und Muskeln früher auf physiologische 
endogene Reize reagieren, als auf äußere, elektrische, auszuschließen. 

Mit Recht glaubte Verf. daher zur Entscheidung der Frage, 
ob bezw. wenn die motorischen Rindenfelder beim Säuglinge 
funktionsfähig sind, auf Beobachtungen am Kinde selbst angewiesen 
zu sein. Daher wurde von ihm ein ganz neuer Weg eingeschlagen, 
der durch die physiologischen Studien der letzten Jahre über kor¬ 
tikale Koordinationen eröffnet war: Die Feststellung des Zustande¬ 
kommens oder Nichtzustandekommens kombinierter Bewegungen, 
das nur unter Beteiligung seitens der Hirnrinde möglich ist. Im An¬ 
schluß an die Studien Herings bei Affen und Manns an gewissen 
Nervenkranken schien dem Verf. daher die Prüfung des Synergismus 
zwischen Fingerstreckern und Handbeugern beim Handschluß der 
Faust, dessen kortikale Natur sicher nachgewiesen ist, sowie das 
Zusammenwirken einer Plantarflexion des Fußes mit einer kräftigen 
Streckung im Knie- und Hüftgelenk („Verlängerung des Beines“), wie 
umgekehrt die Dorsalflexion bei Beugung dieses Gelenkes („Verkürzung 
des Beines“) als für die Lösung der Frage ausschlaggebend. Bei 
einer großen Reihe von Kindern konnten nun diese Indikatoren 
einer kortikalen motorischen Funktion konstatiert werden und zwar 
oft schon bei Neugeborenen, regelmäßig bei Kindern von 8—4 Monaten, 
soweit sie nicht besonders elend oder krank waren. Da die über¬ 
wiegende Mehrzahl der Kinder, welche im ersten Kindesalter an 
Krämpfen erkranken, über den 3.—4. Lebensmonat hinaus und nicht 
in extrem elendem Zustande ist, kann gefolgert werden, daß die 
wesentlichen Voraussetzungen der Soltmannschen Lehre von der 
Eklampsia infantum nicht mehr zu Recht bestehen. 

Eschle (Sinsheim). 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2. 


VulpillS. Zur Sehnenüberpflanzung bei spinaler 
Kinderlähmung. 

(Deutsche Zeitschr. f. Nervenh. Bd. 22 Heft 1 und 2.) 

Verf. berichtet über zwei Fälle von spinaler Kinderlähmung, bei 
(lenen er die Sehnenüberpflanzung auf den gelähmten Quadriceps mit 
günstigstem Erfolge ausgeführt hat, und wo die so erlangte Wieder¬ 
herstellung der Quadricepsfunktion sehr erheblich zur Wiederer¬ 
langung der Geh- und Stehfähigkeit beitrug. Kurt Mendel (Berlin). 


Hoflfa. Über die orthopädische Behandlung der spinalen 
Kinderlähmung. 

(Nach einem im Verein für innere Medizin zu Berlin gehaltenen 

Vortrage). 

(Zeitschr. für diätetische und physikalische Therapie Bd. 6 Heft 6 1902). 


Die spinale Kinderlähmung, die, meistens ganz plötzlich ein¬ 
setzend, Kinder in den ersten Lebensjahren befällt, führt bekanntlich 
zu paralytischen Kontrakturen an allen möglichen Körperstellen: 
wir haben die Torticollis paralytica, die paralytischen Lordosen, 
Kyphosen und Skoliosen, die paralytischen Kontrakturen oder 
Schlottergelenke der Schulter, an der Hand und den Fingern, ebenso 
dieselben an der Hüfte, ferner die paralytischen Deformitäten des 
Kniegelenkes und schließlich die mannigfaltigen Deformitäten des 
Fußes in Gestalt des Spitz-, Klump-, Platt-, Hacken- und Hohlfußes. 

Wenn wir auch in der elektrischen Behandlung, in der Massage, 
Gymnastik, in redressierenden Manipulationen, in warmen Bädern, 
in der Applikation heißer trockener Wärme und in reizenden Ab¬ 
reibungen Mittel und Wege haben, die vitale Energie der gehemmten 
Teile zu kräftigen und so die Entstehung paralytischer Kontrakturen 
zu verhüten, so tritt doch, sobald sich die letzteren erst einmal ent¬ 
wickelt haben, die eigentliche orthopädische Behandlung in ihr Recht. 

Das erste Hilfsmittel der eigentlich orthopädischen Behandlung 
ist die Redression derselben, die oft durch die subkutane Tenotomie 
oder die offene Durchschneidung aller sich der Geraderichtung ent¬ 
gegensetzenden Weichteile eingeleitet werden muss. Gipsverbände 
und orthopädische Apparate (vSchienenhülsenapparate) dienen dazu, 
den Effekt der Redression zu einem dauernden zu machen. Zum 


Ersatz der paralytischen Muskeln an diesen Apparaten bringt man 
gewöhnlich Gummizüge an, von denen man andererseits (z. B. bei 
Beugekontrakturen) auch als redressierend er Kraft Gebrauch macht 
So notwendig, wie über das Gelenk hinausgehende Stützapparate, 
die eine Überstreckung verhindern, können am Apparat angebrachte 
Sperrvorrichtungen, z. T. automatische, angebracht werden, um eine 
beliebige Beugung der Gliedmaßen zu ermöglichen. 

Mit dem Aufblühen der antiseptischen Wundbehandlung lag es 
nahe, statt dieser Notbehelfe den Kranken auf operativem Wege 


Hilfe zu bringen. 


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tt. tieferate. 


77 


Die Arthrodesenoperation, zuerst von Albert in Wien aus¬ 
geführt, hatte die Absicht, die künstliche Versteifung der paralytischen 
Gelenke herbeizuführen, indem man nach blutiger Eröffnung der 
Gelenke und Anfrischung der Gelenkenden, diese durch eine Naht 
von Silberdraht oder durch Nägel miteinander vereinigte. 

Die Arthrodese, immerhin ein Notbehelf bei ganz unheilbaren 
Lähmungen, ist in letzter Zeit durch die Sehnentransplantation in 
der Mehrzahl der Fälle verdrängt worden. Diese bezweckt selbst 
bei unheilbarer Muskellähmung auf operativem Wege die Sehnen 
gesunder, aber wenig bedeutender Nachbarmuskeln auf die funktions¬ 
untüchtigen Sehnen zu überpflanzen. Heute überträgt man sogar 
nicht nur die Funktion eines gesunden Muskels auf den gelähmten, 
sondern man übt auch die Teilung der Funktion eines solchen, indem 
man dessen Sehne nur teilweise an den gelähmten Muskel annäht. 

Eine besondere Form der Sehnentransplantation ist die von 
Lange angegebene periostale Sehnenverpflanzung: der kraftspendende 
Muskel wird hierbei nicht mit dem gelähmten Muskel, sondern direkt 
mit dem Periost vernäht. 

Zur Erreichung brauchbarer Resultate gehen weitere Operationen 
an den Sehnen, die man als Sehnenverkürzung und Sehnenver¬ 
längerung unterscheidet, Hand in Hand: Sind die gelähmten 
Muskeln durch Überlastung überdehnt worden, so daß sie die zu ihrer 
Funktion nötige Spannung verloren, so ist eine Verkürzung ihrer 
Sehnen indiziert, doch gibt es genug Fälle, in denen eine Ver¬ 
längerung durch treppenförmige Spaltung, Verschiebung der Länge 
nach und Vernähung der Querschnitte in Frage kommt. 

H. glaubt, daß die Herstellung des normalen Spannungsgrades 
an sich schon auf die Wiederherstellung der Funktion eines Muskels 
von Einfluß sein kann, in der Mehrzahl der Fälle entsteht durch die 
Transplantation ein neues Muskelindividuum (Drobnick, Eulenburg), 
welches durch Anpassung der Gehinrinde allmählich eine Selb¬ 
ständigkeit der Innervation und Funktion erlangt, indem die Koor¬ 
dinationszentren sich auf die immer wiederkehrenden zentripetalen 
sensiblen Erregungen aus dem Gebiet der verlagerten Muskeln 
einüben. 

H. hat schließlich in neuester Zeit häufig statt der Ansatzstelle 
den Ursprung eines Muskels verlagert. So wurde in einem vorge¬ 
stellten Fall von cerebraler Kinderlähmung, in welchem der Arm im 
Ellenbogen gelenke gebeugt und die Hand stark pronirt war, das 
Übergewicht der Pronatoren über die Supinatoren dadurch behoben, 
daß H. den Musculus pronator teres von seinem Ursprünge am 
Epicondylus intern, humeri loslöste, ihn nach der anderen Seite des 
Armes hinübernahm, zwischen dem Supinator brevis und der 
Beugemuskulatur durchzog und an den Epicondylus externus an¬ 
nähte, so daß aus dem Pronator teres gewissermaßen ein zweiter 
Supinator brevis gemacht wurde. Eschle (Sinsheim). 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2. 


Magnus. Der operative Ersatz des gelähmten Quadriceps 

femoris. 

(Aus der Schanz sehen orthopäd. Heilanstalt in Dresden). 

(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 41.) 

Bericht über drei mit bestem Erfolge nach einfacher Methode 
operierte Fälle, welche zwei 12- und ein 7 jähriges Kind betrafen. 
Die Methode war folgende: 

Zunächst wird ein 15 cm langer Hautschnitt an der vorderen 
Seite des Oberschenkels in der Medianlinie vom oberen Rande der 
Patella nach oben hin geführt, Fett und Fascie durch trennt und der 
Quadriceps und obere Teil der Patella freigelegt. Ebenso wird ein 
Schnitt durch die Mitte der Kniekehle bis zur Mitte des Oberschenkels 
herauf angelegt. Von da aus wird der Sartorius aufgesucht, unmittel¬ 
bar von seiner Insertionsstelle abgetrennt und etwa auf ein Drittel 
seiner Länge isoliert; dasselbe geschieht mit dem Biceps. Nun wird 
auf beiden Seiten zwischen Muskulatur und Fascie vom vorderen 
Schnitt nach hinten ein Elevatorium durchgestoßen und die so ge¬ 
bildeten Öffnungen durch Hin- und Herziehen des Elevatoriums er¬ 
weitert. Durch die auf diese Weise gebildeten Schlitze werden 
Sartorius und Biceps nach vorn gelagert. Darauf wird die Sehne 
des Quadriceps direkt an ihrem Ansatz an der Patella durchstochen, 
durch den so gebildeten Spalt wird das freie Ende des Sartorius 
hindurchgezogen und unter straffem Anziehen so zurückgeschlagen, 
daß eine Schlinge gebildet wird. Diese wird durch Naht fixiert. 
Dieselbe Manipulation wird dann mit dem Biceps vorgenommen. 
Die Nähte werden mit Silber oder Aluminiumbronze ausgeführt. 
Nun wird durch fortlaufende Hautnaht die Wunde vollständig ge¬ 
schlossen, nicht drainiert. Durch einen Gipsverband, der auch das 
Becken mit umfaßt, wird das Bein mit Streckstelluug gehalten. 

Die Hautnähte werden nach 10 Tagen entfernt. Nach 3 Wochen 
geht Pat. im Gipsverband; nach 6 Wochen wird der Verband ab¬ 
genommen. Das Bein bleibt jetzt völlig frei; es werden dann fleißig 
aktiv und passiv Streckbewegungen ausgeführt Grätzer. 


Josef Hertle. Über eine neue Methode zum plastischen 
Ersatz von Sehnendefekten. 


(Zeitschr. für Chirurgie Bd. 65 Heft 2—4 Seite 392). 


H. hatte eine 16 jährige Pat. wegen veralteter Sehnenverletzung 
und zwar Durchtrennung der Sehnen des M. extensor pollicis longus 
der linken Hand etwa 2 cm vor dem Carpometacarpalgelenk des 
Daumens zu behandeln. Nachdem die Naht wegen Nekrose von ca. 
4 cm des zentralen Stumpfes schon einmal mißlungen war, wurde sie 
nochmals ausgeführt, war jedoch dieses Mal nur unter stärkster An¬ 
spannung möglich, und auch dann wurde kaum eine Berührung der 
Sehnenenden erzielt. Die Funktion stellte sich allmählich wieder 
ein, jedoch nur unvollkommen, und die Opposition des Daumens war 
nicht recht ausführbar, was H. auf die straff fixierte Hautnarbe 

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II. Referate. 


79 


bezog. Um diese zu beseitigen und durch Brusthaut zu ersetzen, 
wurde Pat neuerdings operiert. Nach dem Abpräparieren der Haut 
zeigte sich, daß die beiden Sehnenstümpfe zwar durch Narbengewebe 
aneinander fixiert waren, daß jedoch die Narben auch fest an der 
Haut und der Unterlage hafteten und dadurch die Funktion beein¬ 
trächtigten. Außerdem wies aber das periphere Sehnenstück eine 
Verwachsung mit der Sehne des M. radial, extern, long. an der 
Kreuzungsstelle der beiden Sehnen auf. K. ließ die Verwachsung 
zwischen den beiden Sehnen bestehen und spaltete in Verbindung 
mit der Verwachsung und zwar aufwärts von dieser die Sehne 
des M. radial, extern, longus der Länge nach soweit, als dies zu 
einer bequemen Vernähung mit dem zentralen Sehnenstumpf des 
M. extens. pollic. longus nötig war. So ersetzte er den Substanzver¬ 
lust in der Sehne des M. extens. poll. longus durch eine Anleihe von 
Sehnenmaterial aus dem benachbarten M. radialis externus longus. 
Der funktionelle Erfolg war ein vollkommener. 

Joachimsthal (Berlin). 


Timann. Behandlung der Spina ventosa mittels freier Auto¬ 
plastik. 

(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. 36 Heft 1.) 

In der Rostocker Klinik wurde eine Serie solcher Kranker in 
der Weise operiert, daß kleine Stücke aus der Ulna herausgemeißelt 
und in den Defekt der exstirpierten kranken Diaphyse eingesetzt 
wurden. 

Die Erfolge erwiesen sich insofern besonders günstig, als nicht 
nur die Kontinuität des Knochens wieder hergestellt, sondern meist 
auch eine gute Funktion erzielt wurde. 

Interessant ist die Beobachtung, daß die implantierten Knochen¬ 
spangen nicht nur einheilten, sondern sich allmählich zur normalen 
Gestalt der entfernten Diaphysen gut umformten. Wichtig ist indessen, 
daß bei jungen Individuen das Ersatzstück recht lang genommen 
wird. Denn das letztere dürfte doch nicht in gleicher Weise mit¬ 
wachsen wie die Nachbarknochen. Vulpius (Heidelberg). 


Czyzewicz. Ein Fall von retrosakralem Dermoid. 

(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. 86 Heft 1.) 

Beschreibung eines Falles von taubeneigroßer Cyste mit Haar¬ 
schopf, die in der v. Mickuliczsehen Klinik exstirpiert wurde. 

Die Ätiologie der Geschwulst wird wie auch diejenige der coccy- 
gealen Einziehungen und Fisteln, welche bei Kindern sehr häufig 
nachzuweisen sind, mit der embryonalen Entwickelung des Zentral¬ 
nervensystems in Zusammenhang gebracht. Vulpius (Heidelberg). 


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80 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2. 


W. Kausch. Cucullarisdefekt als Ursache des congenitalen 
Hochstandes der Scapula. 

(Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie Bd. 9 Heft 3.) 

K. bringt die Krankengeschichten von 3 Pat. im Alter von 12, 
8 und 3 Jahren, bei welchen kongenitaler Hochstand des Schulter¬ 
blattes bestand. In allen Fällen fand sich gleichzeitig ein Defekt des 
gleichseitigen Cucullaris und zwar dessen unteren Abschnittes. R. 
hält den Muskeldefekt für das Primäre und faßt die veränderte 
Stellung der Scapula als eine Ausfallserscheinung auf. Die Be¬ 
wegungsstörungen sind zum Teil recht erhebliche und beziehen sich 
vorzüglich auf Verminderung der Hebung des Armes. Auch din Be¬ 
weglichkeit des Schulterblattes selbst ist gestört (bes. die Senkung). 

Wenngleich in den bisher publizierten Fällen von sogenannter 
Sprengelscher Deformität nirgends von Cucullarisdefekt die Rede ist, 
so glaubt K. doch auf Grund einer Abbildung, daß derselbe mitunter 
nur übersehen ist. Allerdings werden auch andere Ursachen für 
möglich gehalten (Muskel-, Nerven-, Knochenkrankheiten). 

Als Begleiterscheinungen des Hoch Standes der Scapula finden 
sich häufig Deformitäten derselben (Folge des veränderten Muskel¬ 
zuges), sowie Skoliose (kompensierende, die hochstehende Schulter 
senkende). 

Besserung ist auf rein orthopädischem Wege zu erzielen durch: 
Massage, Bewegungsübung, eventuell die Scapula herabziehende Vor¬ 
richtungen, wie Gummizugkorsett. Auf operativem Wege wurde in 
einem der Fälle der Hochstand des Schulterblattes wohl ein wenig 
gemindert, die Funktion des Armes aber verschlechtert. 

Hugo Starck (Heidelberg). 


C. Hödlmoser. Sprengelsche Difformitat mit Cucullarisdefekt 
und rechtsseitiger Wanderniere bei einem 12jährigen Knaben. 
(Aus dem Landesspital in Serajevo.) 


(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 52.) 

Der Pat. bot einen angeborenen und einen erworbenen Zu¬ 
stand dar. Als angeboren war zu betrachten der Hochstand der 
linken Scapula, wahrscheinlich auch die rechtsseitige Wanderniere, 
als erworben ein nervöser Symptomenkomplex von seiten des spinalen 
Nervensystems, im wesentlichen sich dokumentierend in einer spastischen 
Parese in intensiverem Grade der rechten, in geringerem der linken 
Seite. Da letztere Erscheinungen erst seit etwa einem Jahre be¬ 
standen, so muß ein erst mehrere Jahre nach der Geburt entstandenes 
Leiden angenommen werden, zu dem die Anlage allerdings vielleicht 
schon im fötalen Leben gegeben war. Es handelte sich offenbar um 
eine spastische Spinalparalyse. 

Was den Hochstand der Scapula anbelangt, so war hier, wie 
in den meisten derartigen Fällen ebenso, die Scapula in der Weise 
rotiert, daß der innere Winkel höher stand, als der äußere. Auf¬ 
fallend war, daß die Annäherung des unteren Scapulawinkels an die 

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Q. Referate. 


81 


Wirbelsäule nicht in dem Maße erfolgt war, als man es nach dem 
Hochstehen des inneren Scapulawinkels erwarten konnte; dies dürfte 
sich so erklären, daß eben der mediale Winkel in beträchtlicher 
Weise verdickt und verändert war, daher noch höher zu stehen schien, 
als es sonst der Fall war. Es bestand sicher eine wesentliche Ver¬ 
dickung des medialen Winkels der Scapula. Ferner fiel auf eine 
Knochenveränderung, ein starker von der Spina scapulae und an¬ 
scheinend auch von der Fossa supraspinata ausgehender Höcker, 
welcher bewirkte, daß die linke Halsseite von vorne vollständig aus- 
gefüllt erschien. Das Merkwürdige aber war, daß bei der radio¬ 
graphischen Untersuchung der Höcker absolut nicht zum Vorschein 
kam, so daß also nur eine knorpelige Beschaffenheit anzunehmen war. 

Kausch nimmt an, daß die Ursache des Hochstandes der 
Scapula zumindest in einer Anzahl von Fällen in einer Hypoplasie 
des unteren und zum Teil auch des mittleren Teiles des 
M. cucullaris gelegen sei. Obiger Fall bestätigte dies. H. fand 
tatsächlich, daß, während der obere Anteil des Cucullaris in abnormer 
Weise verkürzt uud gespannt war, die Gegend zwischen Scapula und 
Wirbelsäule, in welcher normalerweise der untere Anteil des Cucullaris 
gelegen ist, leer erschien, und auch die Prüfung der elektrischen 
Reaktion zeigte, während in den oberen Partien ausgesprochene 
Steigerung der mechanischen und faradischen Erregbarkeit vorhanden 
war, in den unteren Partien entschieden beträchtliche Herabsetzung 
derselben. Die geringe Entwickelung oder das Fehlen der unteren 
Cucullarisfasern hat zweifellos zum Entstehen der Difformität wesent¬ 
lich beigetragen. Aber auch die Verkürzung der oberen Cucullaris- 
partien ist nicht außer acht zu lassen, ebenso die Anspannung des 
Muskels, welche auch die bei dem Pat. vorhandene Annäherung der 
Scapula an die Wirbelsäule bedingen dürfte. 

Wie ist nun das Wesen solcher Muskeldefekte aufzufassen? 


Handelt es sich um eine in frühester Jugend bezw. im embryonalen 
Leben vor sich gegangene und zum Stillstand gekommene Muskel¬ 
dystrophie oder um wirkliche angeborene Muskeldefekte? In obigem 
Falle lag die Sache dadurch besonders kompliziert, daß der Knabe 
den Hochstand der Scapula schon seit Geburt zeigen sollte, dagegen 
erst seit einem Jahre jene nervösen Symptome, die dem Bilde der 
spastischen Spinalparalyse entsprachen. Da nun aber diese Erkrankung 
Muskelatrophien nicht erzeugt, da überdies eben spastische Symptome 
überwogen, so mußte die Annahme einer vielleicht sehr langsam fort¬ 
schreitenden Muskeldystrophie ausgeschlossen werden. H. glaubt, daß 
man es hier mit einer angeborenen Schwäche bestimmter 
Körperteile zu tun hat. Gewisse Anteile, sei es der Muskulatur, 
sei es des dazu gehörigen nervösen Apparates, besitzen nicht die 
gehörige Wachtstumsenergie, sie bleiben auf einem frühen Stadium 
der Entwickelung stehend. Mit dieser Annahme einer angeborenen, 
in der Frucht selbst und nicht außerhalb derselben gelegenen Störung 
der Entwickelungsfähigkeit läßt es sich auch gut in Einklang bringen, 
daß noch andere Anomalien Vorlagen, wie die Wanderniere, und daß 


eventuell auch das ganze Nervensystem weniger widerstandsfähig war, 
daher zu Erkrankungen geneigt erschien, wie hier der Spinalparalyse, 

Centrnlbl. f. Kinderhlkde. VT1I. Digitized by C 6 



82 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2. 


Die Schwächung des Nervensystems aber konnte wiederum Erschlaffung 
und Herabsetzung des Tonus der Ligamente der Bauchorgane be¬ 
wirken und so zur Wanderniere führen. Grätzer. 


M. Haudek. Die Operationsmethoden der modernen Orthopädie. 

(Wiener med. Wochenschrift 1902 No. 46—50.) 

Sehr fleißige Arbeit, in der Verf. eine Übersicht bietet über alle 
jene Operationsverfahren, die bei der Behandlung orthopädischer Er¬ 
krankungen in Betracht kommen, und zeigt, wie wir heutzutage bei 
den meisten Deformitäten mit unblutigen Mitteln auskommen, nament¬ 
lich wenn früh genug die Behandlung eingreift, die nur in schweren 
und sehr verspätet dem Arzte zukommenden Fällen eine blutige 
sein muß. Grätzer. 


A. Schanz (Dresden). Über das Skoliosenredressement. 

(Berliner klin. Wochenschrift 1902 Nr. 48). 

S. begann 1898 damit, bei Skoliosen das Redressement auszu¬ 
führen, und hat auf dem Chirurgenkongreß 1900 über seine Resultate 
berichtet. Man hat jetzt vielfach diese Idee aufgegriffen, doch glaubt 
S., daß man nicht durchgehends richtige Indikationen stellt, wodurch 
manche ungünstige Resultate hervortreten, die dann der ganzen 
Methode zur Last gelegt werden. S. präzisiert daher jetzt nochmals 
die Indikation, beschreibt sein Verfahren und referiert über seine 
Erfahrungen. 

Bei der Behandlung der Skoliosen sind zwei Aufgaben zu er¬ 
füllen : man muß den Prozeß, welcher die Skoliose erzeugte und ihre 
fortschreitende Verschlimmerung bedingt, außer Wirksamkeit setzen, 
und man muß die Formveränderung des Rumpfskelettes selbst be¬ 
seitigen. Das Redressement erfüllt nur die letztere Aufgabe. Die 
Lösung beider Aufgaben zu gleicher Zeit ist undurchführbar, weil 
wir in der Zeit, während welcher der Redressionsverband liegt, nichts 
tun können, um die Tragfähigkeit der Wirbelsäule zu erhöhen; ja 
der Verband wirkt sogar infolge der Inaktivitätsatrophie, die er er¬ 
zeugt, im Sinne der Verminderung der Tragfähigkeit der Wirbelsäule. 
Es muß demnach erst das Redressement und dann erst die Aus¬ 
tilgung des skolisierenden Prozesses erfolgen, wobei man dafür sorgen 
muß, daß das Redressionsresultat so lange erhalten bleibt, bis der 
skolisierende Prozeß beseitigt ist. Zum Redressement bedarf es aber 
wiederum einer Vorbereitung, deren Ziel die Mobilisation der Wirbel¬ 
säule, die Herstellung einer möglichst hohen Redressionsfähigkeit und 
die Gewöhnung des Pat. an die Anwendung des Redressionsapparates 
ist. Was letzteren betritft, so hat S. einen einfachen und billigen 
selbst konstruiert, einen kräftigen Beelyschen Rahmen mit einer 
Vorrichtung zur forcierten Extension der Wirbelsäule. S. schildert 
nun seine Methode des Redressements, die Herstellung des Verbandes, 
des Gipsbettes u. s. w. und sodann den zweiten Teil der Kur, bei 
dem Massage und Gymnastik die Hauptrolle spielen. 

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II. Referate. 


83 


Die Resultate, die S. mit Hilfe des Redressements erreichte, 
übertreffen bei weitem alles, was bisher als die höchste Korrektions¬ 
möglichkeit der skoliotischen Deformitäten gilt, und diese Resultate 
sind bei richtiger Ausführung der Kur Dauerresultate. Nicht leisten 
kann freilich auch diese Methode Umformung eines nicht plastischen 
Rnmpfskelettes; wenn die Wirbelsäule so fest fixiert ist, wenn die 
Rippen so unelastisch sind, daß durch Zug und Druck keine nennens¬ 
werte Formverbesserung geschehen kann, da vermag auch das 
Redressement nichts. In dies Stadium kommt früher oder später 
jede Skoliose, ein bestimmtes Alter läßt sich dafür nicht angeben; 
S. fand Fälle noch jenseits des 20. Jahres redressionsfähig, aber auch 
Fälle unter dem 10. Lebensjahre, an denen sich die Ausführung des 
Redressements nicht lohnte. Auch die Schwere der Deformität ist 
maßgebend. S. redressierte zuerst nur die schwersten Deformitäten 
dritten Grades. Hier springen die Erfolge am meisten in die Augen; 
denn durch das Redressement bringt man in günstigen Fällen den 
schwer deformierten Pat., dem sonst keine Besserung gebracht werden 
konnte, bis nahe an die vollständige Heilung, in allen Fällen zur 
wesentlichen Besserung, und zwar nicht allein zur Besserung der 
Deformität, sondern auch des Allgemeinbefindens: das schlaffe, blasse 
Skoliosengesicht ändert sich zusehends, wenn das Kind redressiert 
ist. Später kam S. dazu, auch nicht ganz so schlimme und dann 
noch leichtere Fälle ebenso zu behandeln. Er stellte sich folgende 
Grenze: das Redressement ist gerechtfertigt und indiziert, solange 
die Opfer, welche dasselbe an Zeit, Geld, Bequemlichkeit u. s. w. 
fordert, durch den Effekt ausgeglichen werden. Bei dieser Indikations¬ 
stellung kommt man dazu, Skoliosen, welche zwischen zweitem und 
drittem Grad stehen, auch solche zweiten Grades, zu redressieren; 
man erreicht hier fast Heilungen. Grätzer. 


A. Schanz. Das Redressement schwerer habitueller Skoliosen 

und Kyphosen. 

(Wiener klin. Rundschau 1902 Nr. 51.) 

Verf. setzt seine Methode auseinander, zeigt in Wort und Bild, 
welche Erfolge er erzielt hat, und gelangt zu dem Schluß: „Das 
Redressement ist bei richtiger Indikationsstellung die er¬ 
folgreichste Methode der Korrektur schwerer habitueller 
Skoliosen und Kyphosen. Grätzer. 


Wilhelm Schulthess. Über die Prädilektionsstellen der skolio¬ 
tischen Abbiegungen an der Wirbelsäule nach Beobachtungen 
an 1140 Skoliosen. 

(Zeitschrift f. orthopädische Chirurgie Bd. 10 Heft 4 Seite 733.) 

An ca. 1140 von Sch. mit seinem bekannten Meßapparat ge¬ 
zeichneten Skoliosen hat dieser Autor festgestellt, daß in der Gegend 
des zweiten Brustwirbels die größte Zahl von Krümmungen und zwar 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2. 


linkskonvexe beobachtet wurden, ferner daß das nächste Maximum 
rechtskonYexe Biegungen betrifft in der Gegend des siebenten Brust¬ 
wirbels. Linkskonvexe Krümmungen sind im ganzen häufiger als 
rechtskonvexe im Verhältnis von 60°/ 0 zu 40°/ 0 , abgesehen von dem 
höheren Stand der Abknickungsstelle unterscheiden sich die links¬ 
konvexen Krümmungen von den rechtskonvexen noch durch die relativ 
gleichmäßigen Durchschnittszahlen von Höhe und Überhängen der 
Krümmungsschenkel bei den linkskonvexen, während bei den rechts¬ 
konvexen die beiden Größen nach dem unteren Ende der Dorsal¬ 
wirbelsäule hin steigen. Ferner haben die rechtskonvexen Krümmungen, 
sofern sie in der Dorsalwirbelsäule liegen, eine viel stärker entwickelte 
Tendenz, kompensatorische Krümmungen zu bilden, als die links¬ 
konvexe. 

Sch. erblickt in der Gesetzmäßigkeit des Kurvenverlaufes einen 
Beweis für eine dem Körper bezw. der Wirbelsäule innewohnende 
Disposition zu den Ausbiegungen an den bezeichneten Stellen. Die 
gesetzmäßige Lokalisation liegt in der Anatomie und Physiologie, in 
der Mechanik der Wirbelsäule begründet. Ein insuffizientes Skelett 
wird an dieser Stelle zuerst einknicken. Die Ätiologie der Skoliose 
gewinnt durch eine solche Annahme einen sicheren Boden. Die 
Lokalisation liegt in der anatomischen Anlage, und das Auftreten, 
der Grad der Verschlimmerung einer Skoliose überhaupt hängt mehr 
von der Qualität des Skelettes, von seiner Widerstandsfähigkeit, seiner 
Elastizität, von seiner Wachstumsenergie und Regenerationsfähigkeit ab. 

Joachimsth&l. 


Siegmund Loebei. Plattfuß und Skoliose. 

(Zeitechr. für orthopädische Chirurgie Bd. 10 Heft 4 Seite 689). 

Nach seiner Statistik (114 hintereinander beobachtete Fälle von 
Skoliose und 10 Fälle von runden Rücken aus dem orthopädischen 
Institut von Dr. Lüning und Dr. Schulthess in Zürich) findet 
L., daß der Plattfuß und die Skoliose sehr häufig nebeneinander 
Vorkommen. Etwa in 71,1 °/ 0 der Fälle fand man einen ausge¬ 
sprochenen Plattfuß und in 7,8°/ 0 Anlage zu demselben. Auf die 
Frage, in welcher Beziehung der Plattfuß zur Skoliose steht, glaubt 
L. nach dem Resultat seiner Untersuchungen mit Sicherheit annehmen 
zu dürfen, daß der Plattfuß im allgemeinen mehr als eine Begleit¬ 
erscheinung der Skoliose aufzufassen ist und nicht als ein ätio¬ 
logisches Moment derselben. Man sieht allerdings, daß der einseitige 
Plattfuß mit der Richtung der Konvexität und der Form der Skoliose 
in einer bestimmten Beziehung steht. Der rechtsseitige Plattfuß ver¬ 
mindert die relative Zahl der rechtskonvexen Dorsal- und links¬ 
konvexen Lumbalskoliosen. Der linksseitige Plattfuß vermehrt die 
Zahl der rechtskonvexen Dorsal- und linkskonvexen Lumbalskoliosen. 
Schwere Skoliosen kommen bei leichten Plattfüßen und schwere 
Plattfüße bei leichter Skoliose vor. Es besteht also kein Zusammen¬ 
hang zwischen dem Grad des Plattfußes und der Skoliose. 

Joachimsthal. 


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II. Referate. 


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Hofmeister (Tübingen). Ein neues Massageverfahren. 

(Beiträge zur klinischen Chirurgie 86. Bd. 2. Heft). 

H. verwendet das Quecksilberbad bei Versteifungen, Ödemen der 
Hand und Finger nach Frakturen, Quetschungen, Phlegmonen u. dergl. 
Die Hand wird rhythmisch in einen mit metallischem Quecksilber 
halbgefüllten Zylinder tief eingetaucht und wieder herausgezogen. 
Der starke Druck des Metalles soll ähnlich wie die Massage auf die 
Zirkulation fördernd einwirken, wesentliche Umfangsabnahme von 
Hand und Finger nach dem Bad werden gemessen. Event, vorhandene 
Wunden werden durch Pflaster geschützt. Indoxikationserscheinungen 
wurden bei 100 Pat. trotz mehrwöchentlichen regelmäßigen Badens 
nicht beobachtet. Als wesentliche Vorteile des Verfahrens werden 
hervorgehoben die Schmerzlosigkeit derselben und die Möglichkeit, 
es frühzeitig nach der Verletzung anzuwenden. 

Vulpius (Heidelberg). 


Julius Dollinger. Die Behandlung der Oberschenkel- und 
Oberarmfrakturen Neugeborener und kleinerer Kinder. 

(Zeitschrift f. Chirurgie Bd. 65 Heft 5 und 6 Seite 570.) 

Der von D. bisher in 22 Fällen von Oberschenkelbrüchen Neu¬ 
geborener oder bei Kindern im Alter von 1—6 Jahren mit voll¬ 
kommen gutem Erfolg verwendete Verband besteht aus einer vorderen 
und einer hinteren Gipsschiene. Beide reichen vom Fuß bis zum Nabel. 
Der Extremitätenteil einer jeden Schiene umfaßt die halbe Circumferenz 
der Extremität, während der Rumpfteil auf der kranken Seite vorne 
und rückwärts etwas über die Mittellinie des Rumpfes reicht. D. ver¬ 
fertigt die Schiene bei Neugeborenen aus etwa 6 cm breiten, bei 
größeren Kindern aus entsprechend breiteren Gipsbinden, die sich an 
dem Extremitätenteil der Schiene genau bedecken, gegen den Rumpf¬ 
teil zu hingegen fächerartig auseinander weichen und hier einige 
Male zur Verstärkung der Quere noch hin und her ziehen. D. 
legt zuerst die vordere Schiene an. Der Gehilfe beugt die Extremität 
in der Hüfte und im Knie etwa bis 100°, korrigiert die Winkelstellung 
und die Verkürzung-, indem er am Unterschenkel etwas anzieht. 
Hat sich D. durch Messung überzeugt, daß die Verkürzung richtig 
korrigiert ist, so legt er zuerst die Schiene, mit ihrer wattegepolsterten 
Seite gegen die Haut gekehrt, auf den Körper, befestigt sie mit einer 
feuchten Mullbinde, so daß sie sich überall gut anschmiegt, und 
drückt jetzt, während der Gehilfe die Extremität auch weiter in Dis¬ 
traktion hält, die weiche Gipsschiene mit dem Daumen recht fest in 
die Exkavation unter der Spina ant. sup. Ist die vordere Schiene 
verhärtet, so verfertigt D. die rückwärtige. Auch sie wird mit einer 
feuchten Mullbinde an den Rumpf und an die Extremität befestigt 
und, während sie erhärtet, an dem unteren Aste des Sitzbeines und 
an dem unteren des Schambeines angedrückt. Jetzt entfernt D. die 
Mullbinden, mittels welcher die Schienen provisorisch an den Körper 
gedrückt waren und befestigt die Schienen von neuem mit einigen 
zirkulären Mullbindentouren. 



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Centralblatt flir Kinderheilkunde. No. 2. 


Bei Neugeborenen entfernt D. täglich zuerst die eine, dann die 
andere Schiene, erneuert die fütternde dünne Watteschicht und legt 
die Schiene, wenn sie trotz aller Vorsicht etwas feucht geworden ist, 
in die Röhre eines geheizten Sparherdes, wo sie in einigen Minuten 
vollkommen austrocknet Unterdessen wird die Muskulatur von dem 
vierten bis sechsten Tage an leicht durchmassiert, und die Haut mit 
Federweiß oder Reispuder eingerieben. Innerhalb 8—10 Tagen er¬ 
weichen die Schienen gewöhnlich und müssen durch neue ersetzt 
werden. Während der ganzen Heilungsdauer braucht man gewöhnlich 
2—3 Schienenpaare. 

In ähnlicher Weise behandelte D. 5 Neugeborene, die während der 
Geburt Oberarmbrüche erlitten hatten, mittels Gipsschienen, der Ober¬ 
arm wurde bis zu einem Winkel von 130° abduziert, der Vorderarm 
bis zum rechten Winkel gebeugt und supiniert. In dieser Stellung 
benutzt D. als Stützpunkte einerseits die Seitenfläche des Brustkorbes, 
andererseits die Beugefläche des Vorderarmes. Die Schiene reicht 
von dem unteren Drittel des Vorderarmes bis hinauf in die Achsel¬ 
höhle, schlägt hier auf dem Thorax um und zieht an diesem etwa 
bis zur zwölften Rippe herunter. Um Druck in der Achselhöhle zu 
vermeiden, legt D. ein kleines Wattepolster unter, das er nach Er¬ 
härtung der Schiene aus der Achselhöhle entfernt. Der Armteil um¬ 
faßt die halbe Circumferenz der Extremität, der Rumpfteil reicht vorne 
bis an die Brustwarze, rückwärts bis zum Rippenwinkel. 

Joachimsthal (Berlin). 


III. Aus Vereinen und Versammlungen. 

Deutsche Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege 

in Berlin. 

Nove mb er sitzung. 

(Allgem. med. Central-Ztg. 1902 No. 98.) 

Es sprach Prof. A. Baginsky über die Bedeutung der Seehospize für die Be¬ 
handlung der Skrofulöse und der örtlichen Tuberkulose der Kinder. Der Kampf gegen 
die Tuberkulose, so führte er aus, wird bei uns ganz vorwiegend in der Weise 
geführt, daß für Erwachsene Fürsorge getroffen wird. Für eine solche Fürsorge 
im großen Maßstabe gibt die soziale Gesetzgebung die Handhabe. Für die Be¬ 
kämpfung der Kindertuberkulose stehen die Vorkehrungen noch in den Anfängen. 
Der Berlin-Brandenburger Heilstätten verein für Lungenkranke hat jetzt eine 
Kinderheilstätte fertig gestellt. In Lychen war in diesem Sommer eine Kinder¬ 
heilstätte in Betrieb. Dazu kommt die Kindererholungsstätte vom Roten Kreuz 
in Schönholz. Zur Entscheidung der Frage, wie der Kampf gegen die Kinder¬ 
tuberkulose zu organisieren ist, sei vor allem die Frage von den Beziehungen 
zwischen Tuberkulose und Skrofulöse zu erörtern. Nach B. sind beide 
Leiden nicht identisch, sondern die Skrofulöse schafft nur einen günstigen Nähr¬ 
boden für die Tuberkulose.- Es sind hinsichtlich der besonderen Fürsorge für 
skrofulöse und tuberkulöse Kinder vier Gruppen zu unterscheiden: 1. blutarme, 
mit entzündeten Drüsen, Hautausschlägen und Schleimhautentzündung, 2. Kinder 
mit wirklicher, aber geschlossener Tuberkulose, mit Drüsen- oder Knochen- und 
Gelenktuberkulose, 3. Kinder mit offener Tuberkulose der Knochen und Gelenke, 
insbesondere mit Fisteln, 4. Kinder mit Lungentuberkulos|^^^(d|B erste Gruppe 



111. Aus Vereinen und Versammlungen. 


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genüge es, sie in bessere äußere Bedingungen zu versetzen. Die Kinder mit 
Lungentuberkulose müßten in feste Lungenheilstätten gebracht werden. Für die 
Kinder aber mit Drüsen-, geschlossener und offener Gelenk tuberkulöse ist das 
Beste eine Kur an der See in einem Seehospiz. Redner gab darauf einen kurzen 
geschichtlichen Überblick über die Entwickelung dieser Seehospize, die besonders 
in Frankreich zahlreich vorhanden sind und planmäßig geleitet werden. Paris 
allein unterhält 1200 Betten in den Seehospizen. Sehr wenig ist im Vergleiche 
hierzu das, was die Stadt Berlin für Seehospizpflege ausgibt, insgesamt 13000 Mk. 
jährlich. Auf diesem Gebiete müsse die Stadt Berlin sehr viel mehr tun, umso¬ 
mehr, weil Ausgaben für diesen Zweck sich wirtschaftlich durchaus lohnen. Die 
Erfahrung lehre nämlich, daß sehr oft in Seehospizen Erkrankungen an Knochen- 
und Gelenktuberkulose so ausheilen, daß auch ohne chirurgische Eingriffe die 
Kinder genesen. Die Stadt Berlin müsse daher ein Sechospiz für Berliner Kinder 
errichten. In der Diskussion legte Generalarzt Dr. Sch aper dar, daß man auf 
Erfolge mit Seehospizen wie in Frankreich bei uns nicht rechnen dürfe. Frank¬ 
reich habe das günstige Klima an seinen Seeküsten voraus. Wo finde man aber 
weiter bei uns Privatleute, die Millionen für Seehospize hergeben, wie dies in 
Frankreich geschehen ist. Dr. Karewski forderte, daß man bei der Auswahl 
der Fälle, die man den Seehospizen zuweist, sehr sorgfältig vorgehe. Man solle, 
solange man nicht mehr Seehospize hat, weniger Kinder hinschicken, diese aber 
länger dort verweilen lassen. Eine sichere Kenntnis von den Dauererfolgen der 
Seenospize stehe allerdings noch aus. Baurat Herzberg erörterte die Frage, 
wo man am besten Seehospize erbaut. Es kommen besonders Inseln in Betracht. 
Hier hat man darauf Bedacht zu nehmen, daß man Sandinseln wählt. Prof. Hoffa 
betonte, welche günstigen Erfolge bei Kindern mit Knochentuberkulose in See¬ 
hospizen, insbesondere nach den Beobachtungen inBercksurmer erzielt werden. 
Prof. Orth schlug vor, Seehospize u. a. auch an entlegeneren Stellen, z. B. in 
Neapel oder auf Madeira, zu errichten. Die Gesellschaft beschloß die Einsetzung 
einer Kommission, die darüber beraten soll, wie die Baginskysche Anregung 
sich am besten für Berlin verwirklichen läßt. Dr. C. S. Engel demonstrierte 
zum Schluß einen desinfizierbaren Kinderwagen für den Transport mit an¬ 
steckenden Krankheiten behafteter Kinder. 


Ärztlicher Verein in Hamburg. 

Sitzung vom 4. November 1902. 

(Vereinsbeilage N. 50 der Deutschen med. Wochenschrift 1902.) 

Demonstration von Deutschländer: Ein 13jähriges Mädchen mit Sprengel¬ 
scher Deformität. Anamnestisch ist zu erwähnen, daß die Mutter im sechsten Monate 
der Gravidität gefallen ist und daß das Kind in Beckenendlage zur Welt kam. 
Über abnorme Fruchtwassermenge wird keine besondere Angabe gemacht. Die 
Deformität bestand gleich von Geburt an. Der vorgestellte Fall zeigt einen rechts¬ 
seitigen Schulterblatthochstand von ca. 2 cm. Der subspinale Teil des medialen 
Schulterblattrandes ist bogenförmig ausgeschweift, der obere mediale Schulterblatt¬ 
wirbel ist verlängert (links 4 cm, rechts 7 cm) und reicht bis zwei Finger breit 
an das Schlüsselbein. Gleichzeitig besteht eine stärkere Entwickelung der beiden 
Processus transversi des siebenten Halswirbels, so daß bei bestimmten Stellungen 
des Schulterblattes Druck auf den Plexus brachialis eintritt. Ferner ist noch eine 
rechtskonvexe Cervikalskoliose und eine Verkleinerung der rechten Gesichtspartie 
zu verzeichnen. Funktionell besteht ein geringer Bewegungsdefekt in den Ex¬ 
kursionen des Armes nach hinten oben. Vom angeborenen Schief hals unterscheidet 
sieh die Deformität durch das Fehlen von anatomischen Veränderungen im Mus- 
culus sternocleidoma8toideus, von einer Skoliose durch das Fehlen des Rippen¬ 
buckels und der Außenrotation des Schulterblattes. Ätiologisch reiht Deutsch¬ 
land er den Fall in die Kategorie der intrauterinen Belastungsdeformitäten ein 
(Demonstration des Röntgenbildes). 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2. 


Verein deutscher Ärzte in Prag. 

Sitzung vom 7. November 1902. 

(Prager med. Wochenschrift 1902 No. 51.) 

Dr. Springer demonstriert 8 Kinder im Alter von l /i“~2 Jahren mit an¬ 
geborenen SchnUHurchen durch Simonartsche Bänder verursacht Bei dem einen Kinde 
ist das rechte Ohrläppchen scharf in zwei Hälften geteilt, sonst keinerlei Mi߬ 
bildung. Die anderen zeigen als Vorstufen der sogen. Spontanamputation tiefe 
zirkuläre Furchen an den Extremitäten, das eine in der Mitte des rechten Unter¬ 
schenkels mit dadurch bedingter Peromelie; der Fuß stellt von der Furche an 
einen schlaffen flossenähnlichen Anhang mit kleinen Wärzchen an Stelle der Zehen 
dar, nach dem Röntgenbilde enthält diese Flosse keinerlei knöcherne Teile. 
Außerdem sind an dem Kinde mehrere Phalangen an den Händen und dem 
anderen Fuße amputiert, an einzelnen tiefe Schnürfurchen. 

Das dritte Kind, 8 / 4 Jahr alt, zeigt nur in der Mitte des linken Unterarmes 
eine schräggestellte schmale zirkuläre Einschnürung, die linke Hand, im ganzen 
etwas paretisch, zeigt typische Kral len Stellung (Ulnarislähmung), jedoch keine 
Atrophien. Als Erklärung dieses Befundes zeigt sich die erwähnte Schnürfurche 
an der ulnaren Seite am tiefsten eingesenkt; das Skiagramm erweist die Vorder¬ 
armknochen frei von Schnürung. 

Dr. Springer bespricht weiter die zukünftige operative Behandlung dieser 
Fälle, speziell bezüglich des letzten Falles käme, falls die bis jetzt recht erfolg¬ 
reich betriebene Massage und Faradisation kein befriedigendes Resultat ergäbe, 
die Freilegung des N. ulnaris innerhalb der Furche in Betracht. 

S. demonstriert ein 6jähriges Mädchen, an dem er vor 6 1 /* Monaten die un¬ 
blutige Reposition nach Lorenz bei einer rechtsseitigen kongenitalen 
Hüftgelenksluxation mit völligem funktionellen wie anatomischen Erfolge 
vorgenommen hat. Die bestandene Verkürzung von 3 cm ist ganz behoben, ebenso 
die Lordose und das Watscheln beim Gehen, der Kopf ist an normaler Stelle in 
der Pfanne, die Beweglichkeit im Hüftgelenke allseits normal, der Trochanter 
in der Roser-Nelaton-Linie. Das Mädchen geht ganz normal, nur eine leichte 
Abduktion erinnert daran, daß es durch 6 Monate in dieser Stellung einen Gips¬ 
verband getragen hat. 

Das Röntgenbild zeigt den Kopf in der Pfanne reponiert. — 

Sitzung am 14. November 1902. 

(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 49.) 

Doz. Dr. Lieb lein stellt einen Kranken vor, bei welchem er wegen einer 
die Peritonealhöhle eröffnenden PfählungsVerletzung mit Erfolg operativ ein¬ 
gegriffen hat. Der Pat., ein 9jähriger Knabe aus Herrendorf bei Prag, fiel am 
9. Oktober mittags von einem Birnbaum aus einer Höhe von 3 m so unglücklich, 
daß er sich den dürren Ast eines Hollunderstrauches durch das Skrotum in den 
Unterleib einrannte. Bei der Untersuchung an der Klinik ( i l^4 Uhr nachmittags) 
zeigte sich die Haut der vorderen Bauchwand im Bereiche der rechten Pararektal- 
linie in einer Ausdehnung vom Rippenbogen bis etwas unterhalb des Nabels 
durch einen stabartigen Fremdkörper in Form einer Falte abgehoben. Das untere 
Ende des Fremdkörpers ließ sich durch die Haut deutlich durchtasten, während 
das obere sich unterhalb des Rippenbogens in der Tiefe verlor. Die Eingangs¬ 
pforte für das pfählende Instrument fand sich am Grunde der rechten Hoden¬ 
sackhälfte, nahe der Raphe in Form einer ca. hellergroßen Öffnung, durch welche 
eine Sonde in einen gegen die vordere Bauch wand führenden Wundkanal gelangte. 
Kein Aufstoßen, kein Erbrechen, auch keine Druckschmerzhaftigkeit des Unter¬ 
leibes. Nur die Berührung des Fremdkörpers sehr schmerzhaft. Ham frei von 
Blut. Unter Allgemeinnarkose zunächst Spaltung der Haut über dem Fremd¬ 
körper, sodann Eröffnung der Peritonealhöhle an der Stelle, an welcher dieser 
das Peritoneum durchbohrt hatte. Derselbe, ein ca. 20 cm langer kleinfingerdicker 
Hollunderast, reichte mit seinem oberen Ende bis an die Unterfläche der Leber. 
Beim Absuchen der Bauchhöhle auf Organläsionen fanden sich solche nicht, man 
fand jedoch in der Peritonealhöhle noch zwei weitere Fremdkörper, die entfernt 
wurden: nämlich ein kleines Stück Hosenstoff und ein Stück Haut, das der Form 
und Größe nach dem Defekt im Skrotum entsprach. Beide Fremdkörper waren 
durch das pfählende Instrument in die Bauchhöhjg d t verschleppt worden. Aus- 



III. Aus Vereinen und Versammlungen. 


89 


Spülung der Bauchhöhle, Drainage derselben mittels eines Jodoformgazestreifens, 
im übrigen Verschluß der Operationswunde. Verlauf nach der Operation voll¬ 
ständig zufriedenstellend, nur die Hautnfthte mußten wegen einer Infektion des 
Pföhlungskanales am zweiten Tage gelöst werden. Pat. wird in einigen Tagen 
aus der Spitalspflege entlassen werden. In Anschluß an diesen Fall bespricht 
der Vortr. den Mechanismus und die Therapie derartiger Verletzungen. 


Französischer Chirurgenkongreß. 

Paris 20.—25. Oktober 1902. 

(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 47.) 

Guinard-Paris: über Appendicitis mit pleuritischen Metastasen. Vortr. sprach 
über eine besondere Form von Appendicitis mit links- oder rechtsseitiger Pleuritis 
kompliziert, wo letztere nicht, wie es gewöhnlich bei solchen Komplikationen der 
Fall ist, per contiguitatem, sondern als septikämische Metastase entsteht. G. hat 
zwei Fälle dieser Form beobachtet. 

Im ersten von ihnen handelte es sich um einen 11jährigen Knaben, der im 
akuten Anfall von Appendicitis operiert worden war. Die infektiösentzündlichen 
Läsionen erstreckten sich hier von der Fossa iliaca bis zur unteren Fläche der 
Leber. Eine Woche nach der Ablation des erkrankten Wurmfortsatzes entwickelten 
sich plötzlich die Symptome einer akuten linksseitigen Pleuritis exsudativa. Bei 
der Probepunktion wurden 850 ccm seröser Flüssigkeit entleert. Aber schon 
2 Tage nachher verschlechterte sich noch der allgemeine Zustand des kleinen Pat. 
Mehrere in verschiedenen Richtungen vorgenommene Probepunktionen (eine davon 
verletzte den Magen, ohne üble Folgen nach sich zu ziehen) ergaben keine Spur 
von Eiter. Darauf schritt Vortr. zur explorativen Pleurotomie und fand einen 
zwischen Zwerchfell und linker Lunge gelegenen, mit stinkendem Eiter gefüllten 
Abszeß, welchen er evakuierte. Der Knabe genas. 

Die zweite Beobachtung betraf einen 50jährigen Mann. 

Vortr. ist der Meinung, daß in diesen beiden Fällen die Komplikationen 
seitens äer Pleura nicht vom Zwerchfell aus durch Infektion der Lymphbahnen, 
sondern als entfernte Metastasen einer durch die Appendicitis bedingten allgemeinen 
Septikämie entstanden sind. Er hebt die Korrelation zwischen der Natur des 
pleuralen Ergusses und der Intensität des Appendicitisfalles hervor; dei leichten 
Anfällen bleibt der Pleuraerguß serös, bei starken Krisen wird er purulent bei 
demselben Pat. Es folgt aus diesen Beobachtungen, daß man bei gewissen Pleuri¬ 
tiden nach der Möglichkeit ihrer Entstehung als Metastasen von einem infizierten 
Wurmfortsatz aus immer forschen soll. 


Societe de pediatrie zu Paris. 

Sitzung vom 20. Mai 1902. 

(Allgem. med. Central-Ztg. 1902 No. 102.) 

Die Herren Degny und B. Weil haben während weniger Monate sechs 
Fälle von Herzthrombose bei Diphtherie gesehen. Alle diese Fälle verliefen fast 
gleich: Die Krankheit setzt ein wie gewöhnlich; unter dem Einflüsse des Serums 
verschwinden die Pseudomembranen und die Krankheit scheint lokal geheilt; 
trotzdem persistiert das Fieber und das schlechte Allgemeinbefinden, der Venen¬ 
kreislauf scheint gehemmt, progressives Ödem der Beine tritt auf, der Herzschlag 
wird schwach und unregelmäßig, Exitus letalis. Bei der Autopsie zeigt sich Endo¬ 
karditis. Ein Mikroorganismus findet sich im Blute bei Lebzeiten und im Herz¬ 
blute unmittelbar nach dem Tode, ebenso in Endokardschnitten. Es ist ein kleiner, 
beweglicher, nach Gram färbbarer Diplococcus, den die Verff. als Diplococcus 
perlucidus bezeichnen. 

Herr Richardi&re stellt einen Fall von Myxödem bei einem 4 */ 2 Jahre 
alten Kinde vor. Das Kind macht den Eindruck eines Säuglings von 5—6 Monaten; 
es ist 65 cm hoch und wiegt 9 kg. Es hat nur fünf Zähne,, die eben durchge- 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2. 


brochen sind, Hypothermie (36°) und einen schwachen Puls von 120—130 Schiftgen 
in der Minute. Herzgeräusche an der Spitze und an der Basis. Die fest anliegende 
Haut ist nach Schilddrüsendarreichung geschmeidiger geworden, auch die Tempe¬ 
ratur etwas gestiegen. 

Herr Villemin zeigt einen 4jährigen Knaben, der als Mädchen gemeldet, 
in Wahrheit aber ein Hypospadlacus ist. Die kleine Rute ähnelt einer großen 
Klitoris; die Hoden sind in den großen Labien deutlich fühlbar. 

Derselbe berichtet einen Fall von Kombination von Gliom und Sarkoip. Ein 
2jähriges Kind wurde wegen Gliom der rechten Retina operiert. Bald darauf 
entstand ein sekundärer Tumor in der rechten Schläfengegend. Bei der Ein¬ 
lieferung in das Krankenhaus war Pat. kachektisch; die Leber war enorm ver¬ 
größert. Sie wog bei der Autopsie 1715 g und war mit vielen großen Sarkom¬ 
knoten durchsetzt; der Schläfentumor war ein Sarkom, das die Schädelwand 
durchbrochen hatte und in den Schädel eingedrungen war. 


IV. Kleine Mitteilungen. 

Die Kinderpflegerinnenschule Im Kaiser und Kaiserin Friedrich-Kinderkrankenhause in 
Berlin, so lautet ein Artikel (die Krankenpflege, Bd. II, Heft 1) von Prof. A. Ba¬ 
gin sky, der diese Institution ins Leben gerufen hat, um eigenes Pflegepersonal 
nir die Anstalt heranzubilden, und mit den bisher erzielten Resultaten recht zu¬ 
frieden ist. B. referiert kurz über die Entstehungsgeschichte der Schule, über die 
Art und Weise des Unterrichtes und des Ausbildungsganges der Pflegerinnen, 
über die Satzungen der Schule u. dergl. 

Bromokoll bei Pruritus wandte Lanz mit bestem Erfolge an und empfiehlt 
diese Salbe warm als Antipruriginosum, bei lokalem und allgemeinem Pruritus, 
Lichen simplex u. s. w. 

Eine Milchpumpe mit Glasballon, an welchem ein mit Glashahn armiertes Glas- 
robr angebracht ist, wodurch die abgezogene Muttermilch vermittelst eines auf 
die Glasröhre befestigten Schlauchstückes dem Kinde direkt zugeführt, oder aber 
bequem und sauber in eine Saugflasche übergefüllt Werden kann, empfiehlt-(Central- 
blatt f. Gynftk. 1902 No. 51) Dr. H. Gloeckner in Berlin. Zu beziehen vom 
Medizin. Warenbause in Berlin. 

Der 39. Jahresbericht aus dem Kinderspital in Basel enthält gleich seinen Vor¬ 
gängern in seinen zahlreichen Tabellen, Berichten und Krankengeschichten sehr 
viel des Interessanten und Lehrreichen. In der Klinik wurden 583 Pat. behandelt, 
in der Poliklinik 1103 Kinder. 


V. Neue Bücher. 

Jessners Dermatologische Vorträge für Praktiker. Heft 9. Die Hautleiden kleiner 
Kinder. (Würzburg, Stüber, 1903, Preis Mk. 0,90.) 

Es ist zweifellos ein glücklicher Gedanke des Verf., gerade die Hautleiden 
kleiner Kinder zum Gegenstände eines besonderen Vortrages gewählt zu haben. 
Wenn natürlich auch die Dermatosen des Kindesalters viel Gemeinschaftliches 
mit den Affektionen beim Erwachsenen haben, so zeigen sie doch andererseits 
so viele Besonderheiten, daß der Praktiker oft genug große Schwierigkeiten hat, 
sie zu beseitigen. Nach dieser Richtung wird ihm das vorliegende kleine Büchlein 
manche wertvollen Dienste erweisen, und wir können dasselbe auch den Pädiatern 
empfehlen. Vielleicht läßt es sich der Verf. in einer zweiten Auflage angelegen 
sein die therapeutische Seite noch mehr zu vertiefen und nach manchen Richtungen 
zu ergänzen. Max Joseph (Berlin). 

Nil Filatow. Klinische Vorlesungen Uber Kinderkrankheiten. Heft II. Verlag von 
F. Deuticke, Wien (Preis Mk. 6). 

Die klinischen Vorlesungen des bekannten, leider jüngst verstorbenen Moskauer 
Pädiaters, von seinen Assistenten gesammelt, von Türk, Bahr und Martinson ins 
Deutsche übertragen, haben trotzdem wir keinen Mangel an ähnlichen Bearbeitungen 

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VI. Monats-Chronik. 


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haben, auch bei uns warme Aufnahme gefunden. Die seltene Beobachtungsgabe 
des Verf.s, die sich mit großer Erfahrung paarte, seine Kunst, in kurzen, prägnanten 
Zügen Krankheitsbilder zu entrollen, das für die Praxis Wichtige rasch und dabei 
mit voller Klarheit zu skizzieren, diese Vorzüge sind auch dem deutschen Ärzte¬ 
publikum längst bekannt und haben den Arbeiten F.s zu rascher Verbreitung 
und großer Beliebtheit verholfen. Im vorliegenden II. Bande der „Vorlesungen“ 
werden 20 Krankheitsbilder im Anschluß an interessante Einzelfälle dem Leser 
vorgeführt und bei jeder Affektion auch der Therapie genügend Raum gegeben. 
Die Lektüre des Werkes ist von Anfang bis zu Ende fesselnd, anregend und im 
höchsten Grade belehrend. Gr ätz er (Sprottau). 

Ph. Biedert, Lehrbuch der Kinderkrankheiten. 12. Auflage. Verlag von F. Enke, 
Stuttgart (Preis Mk. 18). 

In die Bearbeitung dieser neuen Auflage des allgemein beliebten Lehrbuches 
hat sich B. geteilt mit dem Prager Dozenten R. Fischl, der zahlreiche Kapitel 
selbständig umgearbeitet hat Man wird, wenn man diese Auflage mit der vorigen 
vergleicht, recht umfangreiche Veränderungen finden. Allenthalben sind die 
einzelnen Kapitel durch Anfügen der Ergebnisse neuerer Arbeit auf den modernen 
Stand unseres Wissens fortgeführt worden, viele Themata (z. B. über septische 
Infektion der Säuglinge, Syphilis, Rhachitis, Tuberkulose, Skrofulöse, Bluter¬ 
krankungen, Immunität, Diphtherie, Magendarmaffektionen, Perityphlitis u. s. w.) 
haben eine fast gänzliche Umgestaltung erfahren, manche, wie Kolondilatation, 
Pyloruskrampf, Myxidiotie, Status lymphaticus sind neu aufgenommen worden. 
Mit Recht ist aber die gesamte Anordnug des Stoffes belassen worden, mit Recht 
eine größere Anschwellung des Umfanges vermieden worden. Letzteres wurde 
ermöglicht durch straffere Redaktion des Textes an vielen Stellen, worin B. 
Meister ist, so daß die Klarheit der Diktion absolut nicht geschmälert erscheint. 
So wird sicherlich auch die neue Auflage mit dem alten Wohlwollen von Pädiatern 
nnd praktischen Ärzten aufgenommen werden und weiteste Verbreitung finden. 

Grätzer. 


Heue Dissertationen. 

Eras, Gerhard. Über angeborene Makroglossie. (Leipzig, November 1902.) 

Hoffmann, Max. Mißbildung des äußeren Ohres. (München, Novefnber 1902.) 

Jatho, Max. Über universelles ödem bei Neugeborenen. 

(Marburg, November 1902.) 
Kreß, Eugen. Über Organgewicht bei Kindern. (München, November 1902.) 
Rosenberger, Georg. Die Hypertrophie der lymphatischen Gebilde des Rachens als 
Symptom der Skrofulöse. (Leipzig, November 1902.) 

Schicke, Richard. Melaena neonatorum spuria. (Marburg, November 1902.) 


VI. Monats-Chronik. 

Charlottenburg. Fürsorge für schwachbefähigte Schulkinder. Eine außerordent¬ 
liche Sorgfalt wendet nach der „Voss. Ztg.“ die städtische Schulverwaltung in Char¬ 
lottenburg denjenigen Kindern zu, die durch persönliche oder durch häusliche Ver¬ 
hältnisse verhindert sind, an dem allgemeinen Schulunterricht teilzunehmen. Für 
sch wachbefähigte Kinder sind zwei Hilfsschulen eingerichtet, von denen die 
eiste vier, die zweite fünf Klassen hat. Das Lehrsystem ist 3 stufig. Der Lehr¬ 
stoff ist so verteilt, daß an der ersten Hilfsschule der Stoff der zweiten Stufe auf 
die Klassen 2 und 3, an der zweiten Schule der Stoff der ersten Stufe auf die 
Klassen 1 und 2, derjenige der dritten Stufe auf die Klassen 4 und 5 entfällt. 
Um zwei Kindern, die infolge besonderer körperlicher Gebrechen nicht gehen und 
deshalb dem Schulunterricht nicht beiwohnen können, den notwendigsten Unter¬ 
richt dennoch zu gewähren, sind zwei Hilfslehrerinnen beauftragt, die Kinder in der 
elterlichen Wohnung in einigen wöchentlichen Stunden zu unterichten. Für die 
stotternden, stammelnden und mit sonstigen Sprachgebrechen behafteten Kinder 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2. 


werden Sprachheilkurse abgehalten, an denen im letzten Jahre im Sommer 45, 
im Winter 43 Kinder teilnanmen. Von den ersteren wurden 23 geheilt, 20 erheb¬ 
lich und 2 wenig gebessert, bei den letzteren betrug die Zahl der Geheilten 81, 
während 9 erheblich und 3 wenig gebessert wurden. 

(Allgem. med. Central-Ztg. 1902 No. 102.) 

Berlin. Eine amtliche Umfrage zur Kenntnis der Diphtherie wird, wie die „Voss. 
Ztg.“ mitteilt, bei den Ärzten im Deutschen Reiche demnächst veranstaltet werden. 
Die Umfrage hat den speziellen Zweck, über den vorbeugenden Wert de* 
Diphtherieserums Aufschluß zu gewinnen. Auf dem internationalen Hygiene¬ 
kongreß zu Paris wurde eine internationale Kommission eingesetzt, deren Mit¬ 
glieder in ihren Ländern statistische Angaben über den vorbeugenden Wert des 
Diphtherieserums sammeln sollen. Für das Deutsche Reich ist Professor Loeffler 
in Greifswald, der Entdecker des Diphtheriebazillus, Mitglied dieser Kommission. 
Die Ergebnisse der Umfrage, für welche im kaiserlichen Gesundheitsamte ein 
Fragebogen zusammengestellt worden ist, sollen Prof. Löffler überlassen werden. 
Er wird sie auf dem nächstjährigen internationalen Hygienekongreß in Brüssel 
zur Kenntnis der internationalen Kommission bringen. 

(Allgem. med. Central-Ztg. 1902 No. 101.) 

W T ien. Der Preis des Diphtherieheilserums, welches im staatlichen serothera- 
peutischen Institute erzeugt wird, wird vom 1. Januar 1903 an eine Ermäßigung 
erfahren. Die Preise für unmittelbar aus dem Institute abgegebene Serumsorten 
werden beim Absätze von mindestens 10 Fläschchen in folgender Weise bestimmt: 
a) für ein Fläschchen gewöhnlichen Serums in Mengen von 6—10 cm 8 : bei Sorte I 
zu 700 Antitoxineinheiten 1,20 Kronen, Sorte II zu 1000 AE. 2 Kronen, Sorte III 
zu 1500 AE. 3 Kronen, b) für ein Fläschchen hochwertigen Serums in Mengen 
von 5—7cm 8 : Sorte A zu 1000 AE. 3 Kronen, Sorte B zu 1500 AE. 4 Kronen, 
Sorte C zu 2000 AE. 5 Kronen. Die Preise des aus dem Institute bezogenen 
Heilserums werden beim Detailverkauf in Apotheken in folgender Weise fest¬ 
gesetzt: Sorte I 1,80 Kronen, Sorte II 2,60 Kronen, Sorte III 4 Kronen, A 4 Kronen, 
B 5 Kronen, C 6 Kronen. Auf jedem zum Vertriebe im Inlande bestimmten 
Fläschchen des Serumpräparates sind der Detailverkaufspreis, sowie der Zeitpunkt 
ersichtlich zu machen, bis zu welchem das Heilserum von der Institutsleitung als 
verwendbar erklärt wird. Nach Ablauf dieses Termines können in den Apotheken 
nicht umgesetzte Fläschchen gegen frisches Heilserum von der Institutsleitung kosten¬ 
los umgetauscht werden. Die Preise des Diphtherieheilserums des staatlichen 
Institutes sind nunmehr niedriger als in irgend einem anderen Lande, namentlich 
gegenüber denen der deutschen Fabriken. 

Wien. Beistellung von Diphtherieheilserum für arme Kranke im Epidemieverfahren. 
Hinsichtlich der Bestreitung der Auslagen für bei mittellosen Kranken angewendetes 
Diphtherieheilserum hat das Ministerium des Innern in einem speziellen Falle mit 
dem Erlasse vom 3. September 1902 eröffnet, daß jene Grundsätze, welche im 
Falle der Einleitung des Epidemieverfahrens bezüglich der Beistellung von Heil¬ 
mitteln für arme Kranke zu beobachten sind, in analogen Fällen auch auf das 
Diphtherieheilserum Anwendung zu finden haben. 

(Klinisch-therap. Wochenschrift 1902 No. 50.) 

Darmstadt. Hierselbst wurde die erste hessische zahnärztliche Poliklinik für 
Volksschulkinder eröffnet. Eine solche Poliklinik besteht im Deutschen 
Reiche nur noch in Straßburg i. E. (Allgem. med. Central-Ztg. 1902 No. 100.) 


Personalien: An Stelle des erkrankten Prof. Krabler ist Privatdoz. Dr. W. Müller 
für das laufende Semester mit der Abhaltung der Kinderklinik in Greifswald 
betraut worden. — Zum Professor ernannt Privatdoz. Dr. Freiherr v. Düngern 
in Freiburg i. B. — Ferner unser verehrter Mitarbeiter, der Privatdoz. für 
orthopäd. Chirurgie, Dr. G. Joachimsthal in Berlin. 

Gestorben Geh. S.-R. Dr. S. Ehrenhaus in Berlin.. 


Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzer in Sprottau. Verlag von Johann 
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metzger & Wittig in Leipzig. 

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Central blatt für 

Kinderheilkunde. 

Eine Monatsschrift für praktische Ärzte. 
VIII. Jahrgang. 1. März 1903. No, 3. 


I. Orig’inalbelträg’e. 

(Aus dem Säuglingsheim in Dresden. Dir.: Herr Prof. Dr. Schlossmann.) 

I. Erfahrungen Uber Sanatogen. 

Von 

Dr. Engen Fromm, 

Volontftrassistent an der Anstalt. 

Tag für Tag wirft die chemische Industrie neue Nähr- und 
Kräftigungsmittel, teilweise mit überschwänglichen Anpreisungen ver¬ 
sehen, auf den Markt, und der Praktiker, der aus der Unzahl der 
Präparate ein wirklich brauchbares aus wählen soll, sieht sich oft 
außer stände, das Richtige zu treffen, wenn er zugleich das Neueste 
und Beste seinen Klienten empfehlen will. 

Kann doch die klinische Beobachtung, deren Zweck es ist, dem 
Praktiker die Wege zu ebnen, mit dem gehäuften gleichzeitigen Er¬ 
scheinen der verschiedenen Präparate nicht gleichen Schritt halten, 
wenngleich eine nicht unbeträchtliche Anzahl schon von vornherein 
ausgeschieden wird, da ihre Zusammensetzung und angebliche Wirkungs¬ 
weise bereits theoretische Bedenken erweckt bezw. sich als unmöglich 
erweist. 

Besondere Schwierigkeiten ergeben sich dann, wenn ein solches 
Präparat in der Kinderpraxis Verwendung finden soll, da doch der 
kindliche Organismus auf alles, was ihm zugeführt wird, weit intensiver 
reagiert als der des Erwachsenen, und so oft einerseits erhebliche 
Schädigungen eintreten, wo bei älteren Individuen nur kein Vorteil 
wahrzunehraen ist, andererseits das Präparat etwa seines Geschmackes 
wegen vom Kinde überhaupt nicht genommen wird, während der 
Wille des aus dem Kindesalter hinausgetretenen sich darüber hinweg¬ 
zusetzen vermag. 

Unter den verhältnismäßig nicht zu zahlreichen Erzeugnissen 
dieser Art, an die nicht schon a priori mit großem Mißtrauen heran¬ 
gegangen werden mußte, und deren versprochene Wirkung theoretisch 
nicht unwahrscheinlich war, darf wohl das Sanatogen in erster Reihe 
genannt werden. 

Sanatogen besteht aus 95°/ 0 Kasein, dem Eiweißstoff der frischen 
Milch und 5°/ 0 glyzerin-phosphorsaurem Natrium und ist eine leicht 
lösliche und vor allem leicht resorbierbare Substanz. 

Da somit keine Schädigung der Kinder zu befurchten war, hat 
mir mein Chef, Herr Professor Dr. Schlossmann, den Auftrag erteilt, 
bei einer größeren Anzahl von zum überwiegenden Teil dem Säuglings- 

Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII. .QOQle 




94 


Oentralblatt für Kinderheilkunde. No. 3. 


alter angehörenden schwächlichen und rekonvaleszenten Kindern die 
Wirkung des Sanatogens nach der Richtung der Gewichtszunahme, 
der Veränderung der Stühle und des Allgemeinbefindens zu beobachten. 

Das Sanatogen wurde in Gaben von 1—2 Messerspitzen entweder 
in Wasser gelöst vor dem jedesmaligen Anlegen den Brustkindern 
eingeflößt oder in gleicher Dosis zugleich mit der Milch den Flaschen¬ 
kindern verabreicht. Größere Kinder erhielten 3 mal täglich 1 bis 
2 Kaffeelöffel in Suppe oder Milch. 

Meine Beobachtungen erstrecken sich auf ca. 20 Kinder, von 
denen allerdings die Hälfte aus äußeren Gründen nicht längere Zeit 
beobachtet werden konnte. Jedenfalls waren aber unter all den Kindern 
nur zwei, welche während der Sanatogendarreichung Erbrechen be¬ 
kamen, das aufhörte, als das Sanatogen abgesetzt wurde. Von allen 
übrigen wurde das Präparat gut genommen. Bei 10 Kindern konnten 
die Beobachtungen über eine Reihe von Wochen fortgesetzt werden. 
Davon waren bei acht ganz beträchtliche Gewichtszunahmen zu ver¬ 
zeichnen, ja bei 3 Kindern setzte diese Zunahme in ganz auffälliger 
Weise 1—2 Tage nach der Sanatogendarreichung ein. 

Es waren dies zwei 2 Monate alte Zwillingskinder, die vorher 
nur ganz mäßig Zunahmen, und deren Gewichtskurven ohne irgend 
welche anderen Einwirkungen mit der Zugabe von Sanatogen einen 
ziemlich steilen Anstieg nahmen, und ein, durch eine Magendarm¬ 
erkrankung sehr herabgekommenes, 3monatliches Kind, das sich 
zwar an der Ammenbrust wieder gut erholt hatte, gleichwohl aber 
erst, nachdem es Sanatogen bekommen hatte, ganz bedeutende Zu¬ 
nahmen erreichte. 

Bei einem an häufig rezidivierender Furunkulose leidenden Kinde 
dürfte neben der entsprechenden Medikation und Ernährung mit 
Buttermilch die Zuführung weiterer Nährsubstanz in Form von Sana¬ 
togen gewiß dazu beigetragen haben, die Gewebe widerstandsfähiger 
zu machen und den Heilungsprozeß zu beschleunigen. 

Gewiß wird niemand bei tiefgreifenden organischen Veränderungen 
vom Sanatogen die Heilung erwarten oder verlangen, immerhin schien 
es mir, als ob bei Kindern, welche Sanatogen längere Zeit erhalten 
hatten, der Kräfte verfall nicht so rapid ein trat, als man nach der 
Schwere des Zustandes hätte erwarten können. 

Eine von mehreren Beobachtern angeblich gefundene Besserung 
des Stuhles, die auf das Sanatogen allein oder hauptsächlich zurück¬ 
zuführen wäre, vermochte ich nicht wahrzunehmen. 

Sicher aber war das subjektive Befinden der Kinder, soweit es 
sich abschätzen ließ, während der ganzen Beobachtungszeit ein recht 
befriedigendes. — 

Gänzlich wird der praktische Arzt der Nährpräparate schon 
deshalb nicht entraten können, weil das Publikum selbst danach 
verlangt, zumal in den Fällen, wo der Arzt sich nicht veranlaßt sieht, 
irgend eine Medikation zu geben. Um nicht den Anschein der Un¬ 
kenntnis oder der Gleichgültigkeit zu erwecken, muß er sich wenigstens 
zur Verordnung eines Kräftigungsmittels entschließen, und wenn er 
dann das Sanatogen wählt, so wird er wenigstens die Befriedigung 
haben, nicht bloß, ut aliquid fiat, eine Verordnung gegeben, sondern 

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I. Originalbeiträge. 


95 


ein Präparat empfohlen zu haben, dem ein Wert keineswegs ab¬ 
zusprechen ist, und das trotz seines gewiß nicht allzu niedrigen Preises 
immer noch um 1 / 3 billiger ist als z. B. die Somatose. 

Zum Schluß ist es mir eine angenehme Pflicht, meinem.. ver¬ 
ehrten Chef, Herrn Prof. Dr. Schlossmann, für die freundliche Über¬ 
lassung des Materials meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. 


2. Über Xeroform in der Kinderheilkunde. 

Von 

Dr. E. Toff, 

Frauen- und Kinderarzt in Braila (Rumänien). 

Die Zahl der guten ‘Heilmittel ist in der Kinderheilkunde eine 
so geringe, daß es mir nicht überflüssig erscheint, auf eines derselben 
nachdrücklichst hinzuweisen, nachdem es, wie ich glaube, in dieser 
Hinsicht noch viel zu wenig gewürdigt wird. 

Das Xeroform, bekanntlich ein Tribromphenolwismuth, hat sich 
einen weiten Wirkungskreis als Wundantiseptikum erworben, doch 
halte ich dafür, daß seine interne Anwendung noch viel zu ver¬ 
nachlässigt ist, obwohl schon Hüppe (1) mit demselben bei Cholera 
ausgezeichnete Erfolge erzielen konnte. Die dabei, selbst bei erheb¬ 
lich geschwächten Individuen, angewendeten großen Dosen, zeigten 
die vollständige Ungiftigkeit des Mittels. Gleichzeitig wurde auch die 
Beobachtung gemacht, daß selbes nicht nur ein gutes Adstringens 
sei, sondern auch als kräftiges Darmantiseptikum reagiere. 

Im sauren Magensafte so gut wie unlöslich, spaltet es sich unter 
der Einwirkung des alkalischen Darminhaltes in Tribromphenol, 
welches eine energische antibakterielle Wirkung ausübt, und in Wis¬ 
mutoxyd, das nicht nur austrocknend und deckend wirkt, sondern 
auch mit den im Darme befindlichen Toxalbuminen und Ptomainen 
unlösliche Verbindungen eingeht und auf diese Weise der deletären 
Wirkung der verschiedenen Mikroorganismen entgegenarbeitet (2). Es 
verdient noch hervorgehoben zu werden, daß Xeroform eine auf¬ 
fallend desodorisierende Wirkung auf die Stühle ausübt, was wohl mit 
auf die antibakteriellen Eigenschaften desselben zu beziehen wäre (3). 

Auch Heuss (4), Fasano(5) und Beyer(6), haben das Xeroform 
intern bei akuter und chronischer Enteritis mit gutem Erfolge an¬ 
gewendet. 

Trotz dieser vielen günstigen Ergebnisse, blieb die interne An¬ 
wendung des Xeroforms in der Kinderpraxis eine ziemlich be¬ 
schränkte. Es ist dies, vielleicht auf das Mißtrauen zurückzuführen, 
das von seiten vieler Arzte neueren Mitteln entgegengebracht wird, 
welches sie oft an dem Wertlosen, doch von alters her Überlieferten, 
festhalten läßt. 

Ich benutze das Xeroform seit 7 Jahren in der Behandlung 
akuter und chronischer Durchfälle bei Kindern und habe in 
demselben ein ebenso verläßliches, als auch prompt wirkendes Mittel 
gefunden. Es kommt da, wie ich glaube, nicht nur die antiseptiscbe 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3. 


Wirkung der Phenolverbindung und die deckende des Wismutoxyds, 
sondern auch die analgetische des Broms in Betracht, ein Um¬ 
stand, welcher, meines Wissens, noch nicht genügend hervorgehoben 
wurde. Daß Brom zur Resorption kommt, ist durch die chemischen 
Harnuntersuchungen Reynders , erwiesen. Schon kurze Zeit nach 
Einnahme von Xeroform kann Brom im Harn nachgewiesen werden. 

In den sehr zahlreichen Fällen von Enteritis oder Gastroenteritis 
bei Kindern, in welchen ich Xeroform intern zu geben Gelegenheit 
fand, habe ich nie irgend welche nachteilige Wirkung oder Intoxikations¬ 
erscheinung beobachten können. Auch die von anderer Seite an¬ 
gegebene bräunliche Verfärbung des Harns (Phenolharn) habe ich 
niemals gesehen. 

Die Geschmack- und Geruchlosigkeit des Mittels machen die 
Verabreichung desselben bei Kindern sehr leicht, während die anal¬ 
getische Wirkung die Anwendung der Opiate fast immer überflüssig 
erscheinen läßt, eine nicht zu unterschätzende Eigenschaft, wenn man 
die großen Nachteile der Anwendung derselben in der Kinderheilkunde 
in Betracht zieht. 

Bei Gastritiden mit heftigem Erbrechen ist die Anwendung 
des Xeroforms sehr vorteilhaft; während oft jedwedes andere Medi¬ 
kament erbrochen wird, mag man es in was immer für einem Vehikel 
verabreichen, wird Xeroform nicht nur gut vertragen, sondern es 
stellt sich bald wieder die Toleranz für nährende Flüssigkeiten ein. 

Ich verordne gewöhnlich bei den oben erwähnten Darmaffektionen, 
für Kinder bis zu 2 Jahren, 0,5—1,0 g Xeroform auf 100 g Emulsio 
amygdalina oder Mixt, gummosa, lasse eventuell noch etwa Syrupus 
Menthae hinzusetzen und stündlich je einen Kaffeelöffel, sowohl bei 
Tag, als auch bei Nacht geben. Es ist dies vorteilhafter, als das 
Verabreichen größerer Dosen in längeren Zwischenräumen und stelle 
ich mir vor, daß auf diese Weise die Verteilung des Mittels im 
Magendarmtrakte gleichmäßig geschieht und folglich auch die Ein¬ 
wirkung eine gleichmäßige sein dürfte. Bei größeren Kindern ist die 
Dosis etwas größer zu bemessen und kann man bis 2,0 g täglich 
geben. Höhere Dosen sind unnötig, da man bei schwerer, tief¬ 
greifender Schädigung der Darmschleimhaut doch nicht auf ein mira- 
kulöses, plötzliches Aufhören der Krankheit rechnen kann und es 
daher vorzuziehen ist, kleinere Mengen längere Zeit einnehmen zu 
lassen, als durch große Dosen und gleichsam mit einem Schlage die 
Krankheit zu beheben zu trachten. Selbstredend muß in allen diesen 
Fällen die Diät peinlich genau geregelt werden, denn wenn die 
Krankheitsursache nicht behoben ist — und in der überwiegenden 
Mehrzahl dieser Kinderkrankheiten handelt es sich um Diätfehler — 
so kann natürlich auch das beste Mittel nur ephemäre Erfolge haben. 

Bei abnormen .Gärungsvorgängen im Verdauungstrakte, 
Meteorismus, Koliken *u. s. w., wie man sie namentlich bei mit der 
Saugflasche ernährten Kindern findet, habe ich oft Xeroform verordnet 
und war mit den Erfolgen sehr zufrieden. 

Hingegen habe ich von der internen Anwendung des Xeroforms 
in zwei Fällen von chronischer Urticaria bei Kindern keine 
sonderlichen Erfolge gesehen. Die diesbezügliche Empfehlung von 


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oogl 



I. Originalbeiträge. 


97 


♦ 

Ehrmann (7) dürfte wohl eher auf akute Urtieariafälle zu beziehen 
sein, wo infolge der darmantiseptischen Wirkung des . Mittels die 
guten Resultate wohl erklärlich sind, doch habe ich die Überzeugung, 
daß in den oben erwähnten chronischen Fällen es sich keineswegs 
um Einflüsse von seiten des Darmes handelte. Eines dieser Kinder, 
welches bei gutem Appetit, guter Darmentleerung und sonstiger guter, 
wenn auch graziler Körperkonstitution jahrelang an chronischer 
Urticaria gelitten hatte, wurde nach 25 Moorsalzbädern gesund, nach¬ 
dem vorher resultatlos alle möglichen internen und externen Mitteln 
angewendet wurden. 

Im Laufe dieses Sommers, während einer heftigen endemischen 
Dysenterie habe ich das Xeroform vielfach mit gutem Erfolge sowohl 
intern, als auch in Clysma angewendet. 

Auch bei Typhus abdominalis, namentlich im diarrhoischen 
Stadium dürfte sich die deckende und antiseptische Wirkung des 
Xeroforms gut bewähren, obwohl mir in dieser Beziehung, bei dem 
hier im allgemeinen seltenen Vorkommen von reinem Abdominal¬ 
typhus bei Kindern, nähere Erfahrungen fehlen. Doch würde ich das¬ 
selbe bei den so häufigen gastrischen Fiebern paludischen Ur¬ 


sprunges nur ungerne vermissen. 

Bezüglich der externen Anwendung des Xeroforms in der 
Kinderpraxis soll hervorgehoben werden, daß hierbei die antiseptische 
und sikkative Kraft in Verbindung mit der absoluten Reizlosigkeit 
desselben vorzüglich zu statten kommt und das Jodoform vollkommen 
entbehrlich macht. Es ist dies namentlich bei Säuglingen nicht zu 
unterschätzen, wo Jodoform sehr oft hartnäckige Ekzeme erzeugt. Nach 
rituellen Zirkumzisionen ist die Anwendung des Xeroforms sehr 
zu empfehlen, um eine rasche Vernarbung zu erzielen. Es ist von 
Vorteil in diesen Fällen nicht nur die Präputialwunde, sondern auch 
die Intercruralfalten u. s. w. mit Xeroform zu bestreuen, um Ent¬ 
zündungen der Haut vorzubeugen. 

Im allgemeinen habe ich schon seit langem die Anwendung von 
Amylum oder Lycopodium bei Wickelkindern verlassen, nachdem ich 
gefunden habe, daß Xeroform mit Talcum venet. ää part. aeq. das 
beste Vorbeugungsmittel für Intertrigo ist. Das so vielbeliebte Reis¬ 
mehl bildet mit den Hautsekreten und dem Harne eine Art Teig, 
welcher, in Gärung übergehend, nicht nur keinen Nutzen bringt, 
sondern direkt reizend, folglich schädlich auf die zarte Haut des 
Kindes ein wirkt. Ich habe öfters langwierige Dermatitiden, welche 
auf diese Ursache zurückzuführen waren, in wenigen Tagen mit 
obigem Xeroformtalkpulver zum Schwinden gebracht. 

Eine weitere Indikation für die Anwendung des Xeroforms in 
Pulver- oder Salbenform bilden die im Kindesalter so überaus häufigen 
nässenden Ekzeme, möge ihr Sitz wie immer, hinter den Ohren, 
an der Nase, der Oberlippe oder sonst irgendwo am Körper sein. 
Ich will es nicht unterlassen, hier gelegentlich hervorzuheben, daß ich 
als Salbengrundlage Ung. simplex oder Ung. emolliens dem Vaselin 
bei weitem vorziehe, nachdem letzteres von der kranken kindlichen 
Haut nicht gut vertragen wird und oft durch dasselbe die Entzündungs¬ 


erscheinungen gesteigert werden. 


Vielleicht ist der Grund darin zu 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3. 


suchen, daß viele Vaseline des Handels nicht ganz rein sind und 
wahrscheinlich öfters reizende Stoffe beigemengt enthalten. 

Seitdem ich bei Anwendung von Jodoformverbänden heftige In¬ 
toxikationssymptome auftreten sah, habe ich es aufgegeben, dieselben 
bei Brandwunden anzuwenden, und dies um so mehr, als ich die 
von Fink(8), Metall(9), Paschkis(lO), Cumston(ll) bei Erwachsenen 
erzielten guten Erfolge auch in der infantilen Therapie vollauf be¬ 
stätigt fand. Es darf nicht vergessen werden, hier auch auf die 
schmerzstillende Wirkung des Xeroforms hinzuweisen. Werden 
die von Haut entblößten, verbrannten Stellen mit Xeroform dick 
bestreut, darüber Watte gelegt und mit Binden fixiert, so beruhigen 
sich die bis dahin schreienden und unruhigen Kinder auffallend schnell. 
Der Verband kann wochenlang liegen bleiben ohne gewechselt zu 
werden, und ist dies nur dann notwendig, wenn derselbe von den 
Sekreten durchtränkt ist oder sich soweit gelockert hat, daß die 
wunden Flächen durch die Bewegungen des Kindes schmerzhaft ge¬ 
scheuert werden. 

Ohne die günstige Wirkung des Kalomels auf skrofulöse Ge¬ 
schwüre der Konjunktiva und Hornhaut in Abrede stellen zu wollen, 
muß doch gesagt werden, daß Xeroforminspersionen ehenso gute 
Resultate geben, und daß letztere sogar vorzuziehen sind, da man 
Xeroform den Müttern ungescheut nach Hause geben kann, was bei 
Kalomel nicht sehr rätlich ist. 

Akzidentelle und operative Wunden verbinde ich immer 
mit Xeroform, da ich einerseits die Sicherheit habe, kein Wundekzem 
zu erzeugen und andererseits die Heilung ebenso rasch als unter 
Jodoform vor sich geht. Reine Operationswunden bleiben auch unter 
Xeroform aseptisch und heilen per primam, was genug wichtig ist, 
wenn man bedenkt, daß in der Stadtpraxis bei operativen Eingriffen 
nicht immer jene absolute Asepsis durchgeführt werden kann, welche 
man in den großen Kliniken als etwas Natürliches ansieht. 

Bei Otitis media suppurativa haben sich Xeroformein¬ 
blasungen außerordentlich gut bewährt. Dieselben wirken nicht nur 
sekretionsbeschränkend auf den Ohrenfluß, sondern auch heilend auf 
die häufig bestehenden sekundären Ekzeme des äußeren Ohrs. 

Wenn ich also die Erfahrungen, welche ich mit Xeroform in 
der Kinderheilkunde im Laufe von 7 Jahren in Hunderten von Fällen 
gemacht habe, kurz zusammenfasse, muß ich sagen, daß wir in dem¬ 
selben ein ausgezeichnetes, nicht reizendes find ungiftiges 
Mittel besitzen, welches in glücklicher Kombination ein Antiseptikum 
und Sikkativum vereinigt, daher also bei allen Wunden und nässen den 
Hautaffektionen, sowie bei einer großen Anzahl von Erkrankungen 
des Magendarmtraktes mit ausnehmend gutem Erfolge angewendet 
werden kann. 


Literaturverzeichnis. 
Die Choleraepidemie in Hamburg. 


Berliner kl in. Wochen- 


1. Hüppe, 
schrift 1893 No. 7. 

2. Nencki. Wratsch 1893 No. 1. 

3. L. Keynders. Versuche über die Ungiftigkeit des Xeroforms und die 
Entgiftung des Darminhaltes durch Xeroform. Monographie, Nancy 1896. 

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II. Referate. 


99 


4. E. Heus». Über Xeroform, ein neues Pulverantiseptikum. Therap. Monats¬ 
hefte, April 1896. 

5. A. Fasano. Klinische Versuche mit Xeroform. Archivio Internazionale 
di medicina e chirurgia, 28. August 1897. 

6. Th. Beyer. Über die Verwendung des Xeroforms in der kleinen Chirurgie. 
Wiener medicin. Blätter 1896 No. 52. 

7. Ehr mann. Die externe und interne Anwendung des Xeroforms in der 
Dermatologie. Wiener medicin. Blätter 1898 No. 22. 

8. H. Fink. Xeroform. Wiener kliD. Rundschau 1897 No. 20. 

9. H. Metall. Zur Xeroformtherapie venerischer Erkrankungen. Wiener 
medicin. Presse 1897 No. 89. 

10. H. Paschkis. Die Verwendung des Xeroforms bei Haut* und Geschlechts¬ 
krankheiten. Wiener klin. Rundschau 1897 No. 42. 

11. G. G. Cumston. Xeroform als Jodoformersatz. Boston Med. and Surg. 
Journ. 14. Januar 1898. 


II. Referate. 

H. Starck. Über den therapeutischen Wert der Bismutose. 

(Aus der Heidelberger med. Klinik.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 47.) 

Das Präparat wurde bei 37 Kindern angewandt, von denen neun 
das 13. Lebensjahr überschritten hatten, die übrigen 8 Wochen bis 
12 Jahre alt waren. lOmal handelte es sich um Brechdurchfall, 
6mal um chronischen (2mal tuberkulösen), 17mal um akuten 
Darmkatarrh, 4mal um Ulcus ventriculi. Alle wurden ambulant 
behandelt. Die Wirkung war beim Brechdurchfall und akuten Darm - 
katarrh ganz vorzüglich, ebenso in 4 Fällen chronischer Enteritis; 
1 Fall von tuberkulöser Enteritis blieb unbeeinflußt, 9 Fälle von 
Ulcus ventriculi wurden gebessert. Beim Brechdurchfall hörten 
mehrmals Erbrechen und Durchfall bereits nach dem ersten Tage 
auf, der Appetit kehrte wieder, die Kinder wurden lebhaft und nahmen 
rasch an Gewicht zu; in hartnäckigeren Fällen konnte das Medikament 
stets nach 8—10 Tagen ausgesetzt werden. Auch beim akuten Darm¬ 
katarrh schwanden Schmerzen und Durchfall nach einem oder wenigen 
Tagen, der Ernährungszustand hob sich rasch. 

Man gibt das Präparat, das stets gut vertragen wurde und nie 
unangenehme Nebenerscheinungen machte, in häufigen Dosen von 
Va —* g (P ro die 6—10 g) als Pulver (das auch von kleinen Kindern 
gern genommen wurde, noch besser aber in Form folgender Mixtur: 

Rp. Bismutose 

Mucil. gumm. arab. ää 15,0 
Aq. dest. ad. 100,0 
8. Stündl. 1—2 Kaffeelöffel. 

St. faßt sein Urteil dahin zusammen, daß Bismutose „ein un¬ 
schädliches, geschmackloses, auch von kleinen Kindern leicht ein¬ 
zunehmendes, vorzügliches Adstringens ist, das Reizzustände des 
Magendarmkanals der Kinder in günstigster Weise beeinflußt“. 

Grätzer. 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3. 


Emst Deutsch (Budapest). Die Anwendung von Bismutose 
bei den Magendarmerkrankungen der Säuglinge. 

(Magyar Orvosok Lapja 1902 NÄ 38.) 

Verf. erprobte die Bismutose an 23 Säuglingen an der Ambulanz 
der „Gratismilch“ - Institution zu Budapest, und zwar 17mal bei 
Cat. intest, acutus und 6 mal bei Cholera infantum. Zuerst wurde 
der Säugling durch Baby-Purgo laxiert, dann bekam er je nach dem 
Alter stündlich oder 2 stündlich 1 Messerspitze Bismutose. Dabei 
wurde strenge Diät (Kufeke-Suppe, Michaelis-Kakao u. s. w.) ver¬ 
ordnet. Abgesehen von den in ultimis hereingebrachten Kindern 
genasen sämtlich innerhalb 3—5 Tagen, infolgedessen die Bismutose 
als Stypticum in jeder Hinsicht entsprechend betrachtet 
werden kann. Das Mittel selbst wurde gut vertragen, da es den 
unangenehmen Metallgeschmack des Bism. subnitr. entbehrt. Daher 
nehmen es die Kinder lieber als die übrigen Adstringentien. Die 
Verabreichung geschah entweder per os in Dosen von 1—2 g und 
6—12 g pro die, oder als Schachtelpulver (billiger!) 1—2stündlich 
1 Messerspitze, oder aber in 10—20°/ 0 Suspension mit dem Magen¬ 
oder Darmschlauch, wo das Erbrechen die Einnahme verhindert. 

J. Honig (Budapest). 


Goliner. Zur Behandlung der Magendarmaffektionen im 

Kindesalter. 

(Der Kinderarzt 1902 No. 12.) 

G. gab in den ersten 3 Monaten Odda als Zugabe zur verdünnten 
Kuhmilch, und zwar ] / 8 —1 Teelöffel auf die Flasche, später ließ er 
sie als Nahrung nehmen. Das Präparat erwies sich bei dyspeptischen 
Kindern als ganz gutes Nutriens, wurde gern genommen, bewirkte 
bald ständige Zunahme des Körpergewichts. 

Aus seiner Versuchsreihe führt G. drei Beispiele (6 Wochen, 
10 Monate, 1 l j 2 Jahre altes Kind) an, welche zeigen, wie gut Odda 
wirkte. Grätzer. 


Br. Schiirmayer (Hannover). Die Dr. Theinhardtschen 
Nährpräparate in der ärztlichen Praxis. 

(Deutsche Praxis 1902 No. 10.) 


P. Jacob (Charlottenburg). Über Theinhardts lösliche 
Kindernahrung. 

(Der Kinderarzt 1902 No. 11.) 

Die Verff. lassen sich über Zusammensetzung und Vorzüge der 
„löslichen Kindernahrung“ aus, die sich der Muttermilch sowohl in 
prozentischer Zusammensetzung der einzelnen Nährmaterialien, wie 
auch in der physiologischen Ausnutzung überaus günstig nähert. Das 
erwies auch die Anwendung in der Praxis, wo mit dem Präparate 

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II. Referate. 


101 


sehr günstige Erfolge erzielt wurden, und zwar schon bei Kindern 
im ersten Lebensmonat, sei es gesunden, sei es mit Gastritis und 
Enteritis behafteten. Auch in der Rekonvaleszenz nach akuten fieber¬ 
haften Krankheiten leistete das Präparat als eine Schonungsdiät vor¬ 
zügliche Dienste. Grätzer. 


E. KratlS (Wien). Über den Wert des „Hygiama“ als 

Nährmittel. 

(Therap. Monatshefte 1902 No. 12.) 

Hygiama wurde 12 Kindern irn Alter von \ l f % Jahren bis zu 
14 Jahren gegeben; es handelte sich vornehmlich um anämische, 
rhachitische, nach Infektionskrankheiten geschwächte Kinder, ferner 
um solche, die mit chronischem Magenkatarrh oder nervöser Dys¬ 
pepsie behaftet waren, und um zwei chlorotische Mädchen. Von 
allen wurde das Mittel gern genommen und gut vertragen. In 8 Fällen 
wurde nach 2—3 monatlichem Gebrauch namhafte Gewichtszunahme 
erzielt, bei zwei Rhachitikern besserten sich die Krankheitserscheinungen, 
bei den Kindern mit Magenkatarrh bezw. Dyspepsie wurden auch 
diese Affektionen günstig beeinflußt, gleichwie auch die Anämie und 
Chlorose. Grätzer. 


G. Flatau (Berlin). Über Fleischsaft „Puro“. 

(Sep.-Abdr. aus „Die ärztliche Praxis“ 1902 No. 14.) 

Unter F.s Material befanden sich auch 3 Kinder (1 1 / 2 —2 Jahre 
alt), die an Anorexie litten, schwach, müde, blaß u. 8. w. waren. Durch 
„Puro“, das als Zusatz zu Suppen gern genommen wurde, hob sich 
der Appetit, die Kinder bekamen ein blühendes Aussehen, wurden 
rege und munter. 

F. zeigt auch an der Hand von Literaturberichten, wie „Puro“, 
das auch bei ganz kleinen Kindern erfolgreich angewandt wurde, sich 
als leicht bekömmliches, gut schmeckendes Präparat bei schwächlichen 
Kindern, Blutarmen und Chlorotischen bestens bewährt hat. 

Grätzer. 


J. Reichelt. Mitteilungen über die Indikationen zur Anwendung 
des Kufeke-Kindermehles. 

(Med. Blätter 1902 No. 10.) 

In der Frühwaldschen Poliklinik wurde Kufeke-Mehl schon 
Kindern unter 3 Monaten verabfolgt. Es bewährte sich nicht nur 
bei akuten und subakuten Enteritiden, sondern auch bei chronischen 
Darmaffektionen. Auch zur Ernährung größerer, gesunder, sowie 
schwächlicher und rekonvaleszenter Säuglinge und Kinder empfiehlt 
Verf. das Mehl. Grätzer. 


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102 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3. 


H. Salge. Künstliche Präparate für die Ernährung des 

Säuglings. 

(Aus der Kinderklinik der CharitA) 

(Zeitschr. für diätetische und physikalische Therapie Bd. 5 Heft 4.) 

In einer kritischen Übersicht über die verschiedenen auf den 
Markt gebrachten Nährpräparate glaubt S. vornehmlich zwei Gruppen 
derselben unterscheiden zu sollen, 1. solche, die für sich allein eine 
vollständige Nahrung oder wenigstens einen wesentlichen Bestandteil 
derselben darstellen, 2. Präparate, die als Zusatz zur Nahrung diese 
für den Säugling geeigneter machen sollen. Die erste Gruppe ist 
bestrebt, soweit es sich nicht um einfache Milchkonserven (die sehr 
zuckerreiche Schweizermilch, das ohne Zuckerzusatz präparierte Löff- 
lundsche Fabrikat) handelt, die in der Zusammensetzung der Frauen- 
und Muttermilch bestehenden Unterschiede auszugleichen. 

Das älteste dieser Präparate, das sich aber gegen die aus¬ 
gedehnte Konkurrenz nach wie vor zu behaupten vermag, ist das 
Biedertsche künstliche Rahmgemenge, das als Rahmkonserve 
zum Zusatz zur Kindernahrung (in den Präparaten von Sauer, 
Pizzala, Drenckhan) oder schon fertig zubereitet (Fabrikate von 
W. Schneider und Th. Timpe) in den Handel kommt. 

Nachgebildet ist der Biedertschen Rahmkonserve die Löfflund- 
sche, die einen Teil der Kohlehydrate als Maltose enthält. Auch die 
Gärtnersche Fettmilch ist ein ähnliches, trinkfertig in den Handel 
kommendes Präparat, das mit der Zentrifuge aus zur Hälfte mit 
Wasser verdünnter Vollmilch bereitet wird und durchschnittlich 
1,5 °/ 0 Eiweiß, 3°/ 0 Fett und 6—7°, 

Fett (aus Nüssen, Mandeln u. s. w. 

Zusammensetzung dem Biedertschen Rahmgemenge nahekommende 
Lahmannsche vegetabilische Milch. 

Ferner versuchte man das schwerverdauliche Eiweiß der Kuhmilch 
durch eine Vorverdauung für den kindlichen Organismus geeigneter 
zu machen oder es ganz durch ein leicht verdauliches Eiweiß zu 
ersetzen. 

Die Backhaus-Milch wird so hergestellt, daß Magermilch, in 
der das Eiweiß durch Tripsin vorverdaut ist, mit Wasser und Rahm 
versetzt wird. Das fertige Präparat enthält 0,6 °/ 0 Kasein, l°/ 0 Albumin, 
3°/ 0 Fett und 6—7°/ 0 Milchzucker. Eine ganz ähnliche Zusammen¬ 
setzung gleichfalls auf dem Wege der Vorverdauung ist durch die 
seit 20 Jahren bewährte Voltmersche Muttermilch auf einem etwas 
einfacheren Wege erreicht. Einen Zusatz von fremdartigem Eiweiß 
(Hühnereiweiß) enthält die Riethsche Albumosenmilch, während 
Somatose in der Hartmannschen Somatosenmilch und in der 
Sauerschen Somatose Ramogen Verwendung gefunden hat. 

Die Hempel-Lehmannsche Milch wird bereitet durch Ver¬ 
dünnung der Kuhmilch bis zu einem Kaseingehalt von 0,75°/ 0 , Zusatz 
von Hühnereiweiß, Eidotter, Rahm und Zucker. Auch in dem 
Hesse-Pfundschen Eipulver hat das Ei und verdünnter Rahm 
Verwendung gefunden. 


0 Zucker enthält. Vegetabilisches 
herstammend, enthält die in der 


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II. Referate. 


103 


Die Rosesche Muttermilch ist nur aus Milcheiweiß, Butterfett, 
Zucker, Salzen und Wasser in den Verhältnissen der Frauenmilch 
zusammengesetzt. Diesen sich immer künstlicher zusammensetzenden 
Präparaten stehen einige trockene Milchkonserven gegenüber, die sich 
darauf beschränken, in Serien für die verschiedenen Lebensmonate 
des Kindes in den Fett- und Kohlehydratgehalt zu regulieren. Es sei 
in dieser Hinsicht namentlich Allenburys Milchnahrung erwähnt 

Als Übergang zur zweiten Gruppe ist der Malzsuppen¬ 
extrakt aufzuführen, der von Löfflund, Schering u. a. in den 
Handel gebracht wird und zur Bereitung der Liebig-Kellerschen 
Malzsuppe dient. Die übrigen als Zusatz zur Kindernahrung dienenden 
Präparate sind entweder fermentativer Natur (wie Timpes Milch¬ 
pulver, aus Pankreatin und Zucker bestehend) oder das Pegnin 
v. Dungerns, das durch vorherige Labgerinnung und Zerkleine¬ 
rung der entstandenen groben Gerinnsel die Verdauungsarbeit be¬ 
schränken will. 

Die Kindermehle sind entweder mit (Nestles, Rademanns, Muff- 
lers, Theinhardts Präparate, Opels Nährzwieback, Löfflunds 
Milchzwieback) Milch, oder ohne dieselbe (Kufekes Mehl, Mellins 
Food) hergestellt. Der Milchzusatz ist ohne jede praktische Bedeutung 
und alle diese Präparate sind als alleinige Nahrung für den Säugling 
umsomehr zu verwerfen, als die aus ihnen bereiteten Abkochungen 
einen so geringen Kaloriengehalt haben, daß das zur Deckung des 
Energiebedarfs eines 5 Kilo schweren Säuglings schon durchschnittlich 
2,5 Liter notwendig haben. Eine Bedeutung können sie nur für 
Anwendung der Ruhediät bei Darmkrankheiten haben, als Zusatz zur 
Milch an Stelle von gewöhnlichem Mehl, das bei guter Qualität und 
Eeinheit diesem Zwecke in ganz derselben Weise entspricht. 

Ist eine kohlehydratreiche Nahrung bei Atrophie und chronischen 
Verdauungsstörungen angezeigt, so wird die Liebigsuppe unbedingt 
allen Kindermehlen vorzuziehen sein. 

Aber auch die künstlichen vom chemischen Standpunkte voll¬ 
kommeneren Ersatzmittel der Muttermilch erzeugen, da sie alle 
Eigenschaften einer frischen Nahrung entbehren, schwere Ernährungs¬ 
störungen, wie die Barlowsche Krankheit. 

Auf das vergebliche Bemühen mit unseren heutigen Hilfsmitteln 
eine künstliche Nahrung der Muttermilch vollständig konform zu ge¬ 
stalten, hat ja auch Heubner hingewiesen (Ref.)! 

Esc hie (Sinsheim). 


Salomon Szekely. Über Säuglingsernährung. 

(Orvosi Hetilap 1903 Bd. 50 Heft 1.) 

Verf. berichtet über die Art und Weise der Herstellung jener 
Säuglingsmilch die nach seiner Angabe verfertigt wird. Die auf 
40—60° C. erwärmte Milch wird in einem starkwandigen Gefäße 
(Dekaselnator) mit Kohlensäure vermengt, bis der Manometer 25 bis 
30 Atm. Druck zeigt. Auf diesem mechanischen Wege erreicht S. 
die Ausscheidung des Kaseins; die abgelassene Serummenge wird im 
Verhältnis von 2:1 mit Obers und dazu mit 1,5 °/ 0 Zucker (Rohr- 

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104 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3. 


und Milchzucker zu gleichen Teilen) versetzt und eine Stunde hin¬ 
durch in offenen Flaschen pasteurisiert. Die so hergestellte Säuglings¬ 
milch besitzt folgende chemische Zusammensetzung: 


Wasser.88,10 

Fett.3,34 

Kasein.1,20 

Albumin.0,50 

Milchzucker.6,25 

Suspendierte Salze . . . 0,06 

Gelöste Salze .... 0,55 


Große Wichtigkeit mißt S. dem bakteriellen Einfluß der Kohlensäure 
zu, wodurch die Sterilisation vernachlässigt werden kann. 

E. Deutsch (Budapest). 


A. HippillS. Einige Fragen aus dem Gebiete der 
Milchpasteurisation. 

(Djetskaja Medizina 1902 Nr. 2.) 

Angesichts der immer wachsenden Verbreitung des Pasteurisierens 
der Milch zwecks ihrer Entkeimung wirft Verf. einige hierher gehörige 
Fragen auf, die er auf Grund seiner eigenen Erfahrungen zu beant¬ 
worten sucht. Vor allem fragt es sich: ist es besser, die Milch bei 
sich zu Hause zu pasteurisieren oder sich bereits fertig pasteurisierter, 
in speziellen Anstalten bearbeiteter Milch zu bedienen? H. ziehtaus 
verschiedenen schwerwiegenden Gründen das erstere Verfahren 
unbedingt vor. Die Gefahr einer neuerlichen Verunreinigung der 
Milch nach erfolgter Pasteurisation ist dabei eine minimale oder fehlt 
gänzlich. Sämtliche Milchpartikeln werden in den geschlossenen 
Soxhletflaschen gleichmäßig und genügend erwärmt. Sowohl das die 
Pasteurisation besorgende Dienstpersonal als auch die Bezugsquelle 
der Milch kann überwacht und kontrolliert werden. Nicht selten 


müssen der Milch noch vor dem Pasteurisieren diese oder jene In¬ 
gredienzien auf Vorschrift des Arztes zugesetzt werden, was zu Hause 
bequem geschehen kann. Der von H. konstruierte Apparat ist billig 
und leicht zu handhaben, so daß seiner Verwendung in jedem Haus¬ 
halte nichts im Wege steht. Der zweite Punkt betrifft die Frage, 
ob man Kindern eine Milch darreichen dürfe, die am Tage vorher 
pasteurisiert und dann in der Kälte gehalten worden ist. Autor 
bejaht mit Entschiedenheit diese Frage, wenigstens soweit es sich 
um die in seinem Apparate pasteurisierte Milch handelt, welche, wie 
mehrfach vorgenommene Untersuchungen beweisen, noch am Tage 
nach der Pasteurisation eine auffallend geringe Menge von neuem 
zur Entwicklung gelangter Keime enthält und einmal sogar sich als 
völlig steril erwiesen hat. — Auch die Frage, ob es gestattet sei, 
auch Neugeborenen unverdünnte Kuhmilch zu verabfolgen, entscheidet 
H. in positivem Sinne. Erst vor kurzem entschloß sich Verf., un¬ 
verdünnte pasteurisierte Milch zur Ernährung Neugeborener vom 
ersten Lebenstage an zu empfehlen. Ihm stehen sieben diesbezüg¬ 
liche Beobachtungen zur Seite, welche folgendes ergaben. Zwei Neu¬ 


geborene bekamen sterilisierte Vollmilch, ein Kind erhielt einfach 

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II. Referate. 


105 


aufgekochte, und vier Neugeborene wurden mit Vollmilch ernährt, 
die im H. sehen Apparate pasteurisiert wurde. Nur die Kinder der 
letzten Gruppe gediehen vortrefflich und tadellos, während die mit 
sterilisierter und gekochter Vollmilch gefütterten an Erbrechen und 
Verstopfung litten. Diese Erscheinungen verschwanden bei einem 
5wöchentlichen Knaben sofort, als man vom Soxhletapparate zur 
pasteurisierten Milch überging. Diesen Unterschied sucht Verf. durch 
den Umstand zu erklären, daß bei einer Erhitzung der Milch über 
80° C. und beim Kochen derselben die Labgerinnung entweder gänzlich 
aufgehoben oder bedeutend gehemmt wird, während durch das 
Pasteurisieren das Labferment nicht im mindesten alteriert wird. 

A. Dworetzky (Moskau). 

Leo Natanson. Über den Milchpasteurisierapparat von 
Dr. E. Kobrak. 

(Aus Blamenthals Chem.-bakteriol. Institut in Moskau). 

(Berliner klin. Wochenschrift 1903 Nr. 1.) 

Schon aus rein mathematischen Berechnungen kam N. zu dem 
Resultat, daß die Pasteurisierung in Kobraks Apparat bei verschie¬ 
denen Temperaturen stattfindet. Er machte dann praktische Versuche 
und sah, daß unter zehn Versuchen das Temperaturmaximum nur in 
zweien 60° überstieg; das Minimum war sogar von zehn Versuchen 
7 mal niedriger als 60°. Die Resultate entsprachen also den Angaben 
Kobraks, — daß im Apparat schon nach 5 Minuten die Temperatur auf 
65° steigt und dieselbe nach l 1 /* Stunden nicht unter 60° fällt — 
nicht und konnten an und für sich keinen Grund zur Annahme geben, 
daß die erzielten Temperaturen eine genügende keimtötende Wirkung 
ausüben würden. Und dies wurde auch bei den bakteriologischen 
Versuchen bestätigt. Während im Hippiusschen Apparate die Milch 
sich fast in allen Fällen als steril erwies, ergab die im Kobrak sehen 
Apparate pasteurisierte Milch in mehr als der Hälfte der Versuche 
das Überleben einer reichlichen Anzahl von Keimen, und zwar in 
den Fällen, wo der Apparat infolge der niedrigen Temperatur der 
Rohmilch nicht genügend hohe Wärmegrade produzieren konnte. Im 
ganzen ergaben von 22 in verschiedener Weise den häuslichen Ver¬ 
hältnissen angepaßten Versuchen 13 ein vollständig ungünstiges 
Resultat. N. kann sich also nur dahin aussprechen, daß Kobraks 
Apparat weder als genau, noch als rationell bezeichnet 
werden kann. Daß er nur gewisse Portionen (150 und 250 g) 
pasteurisiert, daß er zu umfangreich und schwer ist, sind ebenfalls 
Nachteile. Die Hauptsache aber ist, daß er nicht seiner Bestimmung 
entspricht, Rohmilch von beliebiger Temperatur zu entkeimen. Grätzer. 


Valvassori-Peroni. Zur künstlichen Ernährung der 
Säuglinge. 

(Gazzett. d. Ospedali 1902 Nr. 120.) 

Verf. hält die Bedenken, die in letzter Zeit von verschiedenen 
Seiten gegen die Sterilisierung der Milch geltend gemacht worden 

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106 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3. 


sind, für übertrieben; er glaubt, daß ein großer Teil der krankhaften 
Erscheinungen, die auf die sterilisierte Nahrung zurückgeführt werden, 
seinen Grund vielmehr in einer Überernährung der Kinder habe. 
Jedenfalls hält er die Verbreitung der im Laboratorium gewonnenen 
Anschauungen von der Bedeutung der Fermente u. s. w. in Laien¬ 
kreise und die Diskreditierung der Milchsterilisierung für ein sehr 
gefährliches Unternehmen. 

Bei eventuellen Dyspepsien führt Verf. Fermente, wie Papain, 
Pankreatin, Pepsin, Maltin direkt in den Magen des Säuglings ein. 

P. 


A. B. Marfan und Ch. Gillet. Über zwei Fermente der Milch. 

(Monatsschrift f. Kinderheilkunde, November 1902.) 

In der auch für die Praxis der Ernährung sehr wichtigen Er¬ 
forschung der verschiedenen in der Milch vorhandenen löslichen Fer¬ 
mente, deren genaue Kenntnis voraussichtlich manche unserer gegen¬ 
wärtigen Anschauungen über die Ernährung ändern werden, haben 
die Verff. einen bedeutsamen Schritt weiter getan, indem sie zwei 
dieser Fermente genau untersuchten: die Oxydase und die Lipase. 
Die interessanten Ergebnisse dieser Untersuchungen werden aus¬ 
einandergesetzt. Grrätzer. 


Emst Moro. Über die Fermente der Milch. 

(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 56, Ergänzungsheft.) 

Angeregt durch eine Theorie Escherichs, wonach das aus¬ 
gezeichnete Gedeihen der Säuglinge bei Zufütterung auch nur ge¬ 
ringster Mengen von Menschenmilch auf die Anwesenheit von Fer¬ 
menten in dieser zu beziehen sei, unterwarf M. die Milch von 
Frauen und von Tieren einer erneuten Untersuchung auf ihren 
Fermentgehalt. Er fand 1. ein saccharifizierendes Ferment, die 
Milchamylase, welche aus Stärke in überwiegender Menge Dextrine 
und nur wenig Maltose bildete; 2. von proteolytischen Fermenten 
Trypsin und Pepsin in Spuren; 3. ein koagulierendes (Fibrin-) Ferment, 
das spontan nicht gerinnende Fibrinogenlösungen, wie z. B. Hydro- 
celenflüssigkeiten zur Gerinnung bringt; 4. ein fettspaltendes lipo- 
lytisches; 5. ein salolspaltendes und 6. in der Kuhmilch ein oxyda¬ 
tives Ferment (Oxydation von Salicylaldehyd zu Salicylsäure). 

Das diastatische Ferment charakterisiert gewissermaßen die 
Menschenmilch, es fehlt vollständig der Kuh- und Ziegenmilch; im 
Gegensatz dazu sind die Oxydasen gerade der Kuhmilch eigentümlich, 
während sie in der Menschenmilch gänzlich vermißt werden. Die 
übrigen Fermente verteilen sich ziemlich gleichmäßig auf sämtliche 
Milcharten. 

Bezüglich der Herkunft der Milchfermente ergibt sich, daß die¬ 
selben außerordentlich verbreitet im ganzen Organismus, und daß 
außer dem Trypsin sämtliche auch im Blute nachgewiesen sind. 

Höchst wahrscheinlich sind dieselben also Abkömmlinge des 
Blutes. Sie spielen sicher für die Verdauung und Assimilation keine 

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II. Referate. 


107 


RoUe> da sie entweder unausgentitzt den Körper passieren, wie die 
Diastase oder in einer kaum in Betracht kommenden Menge vor¬ 
handen sind. 

Die Frage, ob die Fermente Stoffe oder Eigenschaften von 
Stoffen sind, beantwortet M. dahin, daß er in der Fermentwirkung 
der Milch nicht so sehr den Ausdruck einer vom mütterlichen Orga¬ 
nismus der Milch zugeführten Substanz, als vielmehr eine spezifische 
Reaktion des Milcheiweißes sieht. Die Verschiedenheit dieser Reaktion 
muß auf eine chemisch verschiedene Zusammensetzung des materiellen 
Substrates, d. h. des Milcheiweißes zurückgeftihrt werden. Daraus 
ergibt sich die chemische Verschiedenheit des Menschenmilch- und 
des Kuhmilcheiweißes. 

Die Wirkung der Fermente auf das Gedeihen der Kinder 
illustriert ein Versuch an zwei Brustkindern, denen von einem be¬ 
stimmten Tage ab ihre Ammenmilch nur gekocht verabreicht wurde, 
wodurch die Fermente zerstört waren. Beide zeigten von diesem 
Tag ab eine deutliche Verflachung der Kurve ihres Gewichtsanstieges. 

Hecker (München). 

E. Schreiber und K. Dreger. Zur Chemie der Frauen- 

und Kuhmilch. 

(Centralblatt f. Stoffwechsel- und Verdauungskrankheiten 1902 No. 18.) 

Die chemische Differenz der Frauen- und Kuhmilch ist ja durch 
zahlreiche Untersuchungen genügend erwiesen. Es erhob sich aber 
die Frage, ob diese Unterschiede nicht etwa durch die Verdauung 
verwischt würden, so daß die peptischen Endprodukte beider Milch¬ 
arten sich chemisch näher rückten. Mit Hilfe der vielfach benutzten 
biologischen Methode ließ sich zeigen, daß die chemische Differenz 
sich auch bis in die Verdauungsprodukte erhält. Die durch Injektion 
von künstlich verdauter Frauenmilch gewonnenen Laktosera reagieren 
nämlich nicht auf künstlich verdaute Kuhmilch und umgekehrt 
reagieren die Laktosera der verdauten Kuhmilch nicht auf verdaute 
Frauenmilch. Dagegen reagieren die Laktosera der verdauten Milch 
auf die unverdaute Milch der gleichen Art. Schreiber (Gröttingen). 


W. Caro. Über Buttermilch als Säuglingsnahrung. 


(Archiv f. Kinderheilkunde Bd. 34 Heft 5 und 6). 


Die Versuche C.s, Buttermilch als Nahrung für magendarmkranke 
Säuglinge zu verwenden, bestätigen vollauf die günstigen Erfahrungen 
de Jagers, Teixeira de Mattos, Schlossmanns, Hammarstens 
u. a. Zur Verwendung der Buttermileh ist erforderlich, daß dieselbe 
stets aus Rahm gewonnen wird, der aus frischer Milch ohne Ver¬ 
mischung mit Magermilch stammt. Das Rezept lautet: 1 Liter 
Buttermilch wird nach Zusatz von 25 g feinsten Weizenmehls und 
85 g Rohrzucker unter fortwährendem Umrühren mindestens 2 Min. 
lang gekocht. Findet sich hierbei Stärke im Stuhl, so kann statt 
des Weizenmehls dextrinisiertes Kindermehl genommen werden. Es 

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108 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3. 


wurden bisher 198 Säuglinge kürzere oder längere Zeit mit Butter¬ 
milch ernährt, darunter 157 mit Erfolg. Dabei wurde keine Rück¬ 
sicht auf die jeweilige Affektion genommen. 

Von Kindern mit normaler Verdauung WTirde die Buttermilch 
genau so gut vertragen, unter denselben Gewichtszunahmen, wie jede 
andere künstliche Nahrung. Hervorragende Erfolge zeigten sich bei 
Kindern mit akuten Darmstörungen. Wurde die Nahrung auch 
anfangs zumeist widerwillig getrunken oder erbrochen, so trat doch 
gewöhnlich schon am zweiten Tage die charakteristische Besserung 
der zuerst dünnen, schleimigen Stühle ein. Dieselben wurden zu 
einer festen, hellgelben, homogenen Paste, mitunter auch hart und 
klumpig, die Reaktion war alkalisch. Die Gewichtssteigerung bei 
Kindern, die Buttermilch gut vertrugen, betrug durchschnittlich 
150 bis 300 g pro Woche. Die darzureichende Nahrungsmenge richtet 
sich im ganzen nach dem Bedarf des Säuglings und seinem Lebensalter. 
In einer Anzahl von Fällen, bei denen die Buttermilch auch in 
kleinen Mengen nicht vertragen, sondern erbrochen oder nicht assi¬ 
miliert wurde, mußte zu fettreicherer Nahrung übergegangen werden. 
C. ist der Ansicht, daß wir zur Zeit keine bessere künstliche Nahrung 
bei den Verdauungsstörungen der Säuglinge kennen, als die Buttermilch. 

Hecker (München). 


H, Finkeistein, Die Ernährung der Säuglinge im Kinderasyl 

der Stadt Berlin. 


(Die Medizinische Woche 1902 No. 45.) 


Die Anstalt beherbergt täglich 90 Säuglinge, im Jahre 12—1400. 
Die Mortalität betrug im ersten Jahre des Bestehens 8°/ 0 » trotzdem 
es sich um minderwertige Individuen, meist um Frühgeborene, 
Schwache und Kranke handelte. Für einen großen Teil dieses 
Materials ist natürliche Ernährung unbedingtes Erfordernis. 
Arme stillende Mütter werden eventuell mitaufgenommen und auch 
zur Ernährung anderer Kinder mit herangezogen. Nicht ohne 
Interesse, namentlich im Hinblick auf die „wachsende Stillungsnot“, 
ist es, daß von den 20 bisher im Hause verbliebenen, zumeist aus 
den dürftigsten Verhältnissen und aus Berlin selbst stammenden 
Müttern nur eine einzige sich zum Stillgeschäft untauglich erwies, 
alle anderen vorzügliche Ammen waren, die 2—4 Liter im Tag 
lieferten und durch viele Monate 3—5 Kinder nährten, dabei selbst 
gut gedeihend. 

Die künstliche Ernährung stellte hohe technische Aufgaben. 
Es handelte sich darum, täglich 4—500 Einzelportionen von 8—10 
verschiedenen Mischungen bezw. Nährungspräparaten herzustellen, zu 
sterilisieren, zu konservieren. Das Soxhletverfahren war dazu un¬ 
geeignet. Man bedurfte graduierter Flaschen mit zweckmäßigem 
Verschluß; als solcher erwiesen sich zylindrische Aluminiumhütchen, 
die einfach über den Flaschenhals gestülpt werden und genügend 
bakteriensicher abschließen. Schwierigkeiten machte auch die Ab¬ 
kühlung. Endlich gelangte man dazu, die Milch in großen Kesseln 
im Dampfsterilisator zu erhitzen, hierauf einen Zapfdeckel (System 


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II. Referate. 


109 


Helm) aufzusetzen und nunmehr den Inhalt über einen der im 
Molkereibetrieb üblichen Rahmkühler zu schicken, der sich im Sammel¬ 
gefäß mit etwa 18° ankommen läßt; nun erst erfolgte die Mischuug 
mit Zusätzen, die Verteilung in Flaschen, die Aufbewahrung auf Eis. 
Dieses Vorgehen lieferte bekömmlichere Nahrung, als das übliche 
Soxhletverfahren. Die gewöhnlichen Milchverdünnungen mit Wasser 
und Milchzucker leisteten bei den schwächlichen Kindern nur selten 
Zufriedenstellendes; ebenso einfache Schleimbeimischung. Besseres 
wurde mit Beimengung von feinem Zwieback oder Kindermehl (Opel, 
Theinhardt, Rademanjn, Kufeke, Nestlö) erreicht. Das Beste 
leisteten maltosereiche Zusätze: Malzsuppe, Soxhlets ver¬ 
besserte Liebigsuppe, erstere mehr bei älteren, letztere auch 
bei jüngeren trefflich sieh bewährend. Vom Massengebrauche fett¬ 
reicher Präparate kam man zurück, da bei schwachen Verdauungs¬ 
organen Fett recht oft nicht vertragen wird. Außer den Maltose¬ 
mischungen fand am meisten Anwendung Buttermilch, unter Zu¬ 
satz von 60 g Rohrzucker und 20 g Weizenmehl bereitet. Sie 
leistet bei Behandlung schwerer akuter Brechdurchfälle 
ebenso Vorzügliches, wie bei einer großen Zahl chronischer 
Ernährungsstörungen; ganz besonders fand sie Verwendung bei 
verdauungsschwachen Neugeborenen und namentlich Frühgeborenen. 
Mit keiner anderen Ernährung außer der Muttermilch wurden ähn¬ 
liche Resultate erzielt; allerdings erreichte die günstige Wirkung oft 
nach 6—8 Wochen ihr Ende. Man muß ein reines Präparat haben, 
um diese Ernährung durchzuführen; zuverlässige Milchwirtschaften 
mit peinlichster Sauberkeit müssen sich mit der Herstellung befassen, 
um ein einwandfreies Produkt zu liefern. 

Dies die Haupternährungsweisen im Asyl. Gelegentlich wurden 
auch andere Präparate herangezogen. Rühmenswertes sah F. noch 
vom Allenburysehen Präparate und dem Pegninzusatze zur Vollmilch. 

Grätzer. 


B. P. B, Plantenga. Kindersterfte en Zuigelingenklinieken. 

(Ned. Tydschrift voor Geneesk. 1902 Nr. 18). 

Beschreibung der Einrichtung und Betriebsweise der ersten An¬ 
stalt in den Niederlanden, die bezweckt: 

L den Müttern Rat zu erteilen behufs der Behandlung ihrer 
Kinder während des ersten Lebensjahres; 

2. die Verschaffung geeigneter sterilisierter Nahrung für kunst¬ 
gemäß genährte Kinder, insoweit solches nötig ist. 

Verf. dieses hat diese erste Anstalt hier im Haag ins Leben 
gerufen aus Anlaß der französischen „Consultations de nourrisons 
et gouttes. de lait“. 

Verf. hat aber einige Änderungen eingeführt, welche ihm 
wünschenswert schienen zur Erhaltung eines besseren Resultats. 

Die Anstalt besteht aus: Wartezimmer, Konsultationszimmer 
nebst speziell geheiztem Wiege- und Untersuchungszimmer und Küche. 

Verf. ist täglich während einer bestimmten Zeit zu konsultieren, 
indem einige Damen ihm aus freiem Triebe ganz unentgeltlich zur 

Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII. Digitized by GiCPOglC 



110 


Centr&lblatt für Kinderheilkunde. No. 3. 


Seite stehen bei der Bereitung der zu verschaffenden Nahrung und 
bei der ordnungsmäßigen Führung der Bücher. 

Die Konsultationen werden vom Verf. unentgeltlich verteilt. 

Stets wird — wenn wenigstens die Möglichkeit dazu vorhanden ist 
— auf natürliche Nahrung angehalten und dazu die Nahrung der Mutter 
selber reguliert und die Gewichtszunahme des Kindes regelmäßig 
kontrolliert. 

Im Konsultationszimmer steht alles zur sofortigen Untersuchung 
der Muttermilch und der Fäces bereit. 

Ist natürliche Nahrung aus irgend einem Grunde nicht möglich, 
so werden so genau wie nur tunlich Vorschriften gegeben für eine 
kunstgemäße Nahrung und wird auch diese durch regelmäßige Ge¬ 
wichtsbestimmung des Kindes kontrolliert. 

Gibt diese Handlungsweise zu Nahrungsstörungen Anlaß oder 
sind die hygienischen Bedingungen derart, daß solches zuvor ver¬ 
mutet werden kann oder bleibt die Gewichtszunahme ungenügend, 
oder ist das Kind, wenn es der Behandlung unterzogen wird, krank, 
so wird demselben zu verhältnismäßig billigen Preisen sterilisierte 
Nahrung gereicht Dieser Preis richtet sich nach den pekuniären Ver¬ 
hältnissen des Verbrauchers. 

Durch tägliche Kontrolle der Fäces und des allgemeinen Be¬ 
findens des Kindes in Kombination mit regelmäßiger Gewichtsauf¬ 
zeichnung wird die Zweckmäßigkeit der gereichten Nahrung geprüft 
und bei ungenügender Gewichtszunahme oder bleibender Störung nach 
Umständen modifiziert. 

Indem Verf. auf diese Weise arbeitet gemäß den drei Haupt¬ 
prinzipien: 

1. Verschaffung guter, billiger und in gesonderten Portionen 
sterilisierter Nahrung; 

2. Regulierung der Nahrung auf Grund der Bedürfnisse des 
Kindes, folglich ganz individuell; 

3. Tägliche Kontrolle der Fäces und des allgemeinen Be¬ 

findens und regelmäßige (wöchentliche) Kontrolle der Gewichtszunahme, 
werden mit sehr geringen Unkosten vorzügliche Resultate erzielt, 
auch bei den Kindern, für die natürliche Nahrung aus irgend einem 
Grunde unmöglich ist. (Autoreferat.) 


J. Stzelbicky. Über die Ernährung der Säuglinge an der 

Mutterbrust. 


(Medizinskoje Obosrenie 1902 No. 7.) 


Eingangs illustriert der Autor die in seinem Wirkungskreise 
(Gouvernement Tula) herrschende Säuglingssterblichkeit durch eine 
Reihe von Zahlenangaben, die er selbst bezüglich der Kinder von 
860 Bäuerinnen, 1000 Arbeiterinnen, 75 Jüdinnen und 460 intelligenten 
Frauen gesammelt hat. Die 866 Bäuerinnen hatten bis zum Zeit¬ 
punkte der Euquete insgesamt 3942 Kinder geboren, von welchen 
1933 starben; unter diesen starben in einem Alter bis zu einem Jahre 
1112, d. h. 62,1 °/ 0 . Die 1000 Arbeiterinnen hatten 4328 Kinder 
geboren, von welchen bis zum Zeitpunkte der Enquete 1764 gestorben 


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II. Referate. 


111 


waren; im Laufe des ersten Lebensjahres starben 1026, d. h. 58,1 °/ 0 , 
Die 75 Jüdinnen hatten insgesamt 383 Kinder geboren, von welchen bis 
zum Zeitpunkte der Enquete 101 gestorben waren; von diesen starben 
vor Ablauf des ersten Lebensjahres 51,2 °/ 0 . Die 460 Mütter endlich, 
die hauptsächlich den intelligenten und wohlhabenderen Familien 
gehörten, hatten im ganzen 1865 Kinder geboren, von denen bis 
zum Zeitpunkte der Enquete 536 gestorben waren; im Alter bis zu 
einem Jahre starben 268, d. h. 50,0%. 

Was den Ernährungsmodus der Kinder betrifft, so teilt Yerf. 
folgende von ihm selbst gemachte Erfahrungen mit Von 400 Bäuerinnen 
stillten ihre jüngsten Künder an der Brust, wenigstens bis zu einem 
halben Jahre, 383 Mütter, während 17, d. h. 4,l°/ 0 , dies nicht taten. 
Von 540 Arbeiterinnen stillten ihre Kinder wenigstens ein halbes Jahr 
lang 494 Mütter, während 46, d. h. 8,4 °/ 0 , entweder gar nicht stillten 
oder es nicht bis zum Ablauf des ersten Halbjahres taten. Diese 
auf den ersten Blick sehr günstigen Ergebnisse werden aber durch 
den Umstand entwertet, daß, wie es sich bei genauerem Befragen 
ergibt, fast sämtliche Mütter der beiden genannten Stände ihre Kinder 
bereits sehr früh, fast vom ersten Lebenstage an, mit Brot, Brei u. dergl. 
nebenher zu füttern beginnen. 

Besonders eingehend studierte der Autor das Stillungsgeschäft 
bei 300 intelligenten Frauen, wobei er seine Aufmerksamkeit haupt¬ 
sächlich auf die (nach den Aussagen der Mütter selbst) häufigste Ur¬ 
sache der Unmöglichkeit, die ausschließliche Ernährung mit der 
Mutterbrust bis zu einem halben Jahre durchzuführen, lenkte, nämlich 
auf die angebliche ungenügende Milchabsonderung und die geringe 
Milchmenge in den Brüsten bei der Stillenden. Nach den Unter¬ 
suchungsergebnissen des Autors haben von den 300 Müttern bloß 91 
(80,3°/ 0 ) ihre jüngsten Kinder bis zu einem halben Jahre ausschließlich 
an der Brust ernährt, 154 (50,3 °/ 0 ) haben das ausschließliche Stillen 
an der Mutterbrust nicht bis zum Ablauf der ersten Jahreshälfte 
durchgefuhrt, und 55 Mütter (18,3 °/ 0 ) haben ihren Kindern überhaupt 
keine Brustnahrung gereicht. Klagen über ungenügende Milchab¬ 
sonderung in den Brüsten wurden vom Yerf. in 81 Fällen verzeichnet. 
Bei der genaueren Untersuchung dieser letzteren zeigte es sich, daß 
in 40 Fällen als Grund für eine unzureichende Milchmenge in der 
Wirklichkeit die sich durch das Schreien und durch die Unruhe der 
Kinder dokumentierende Dyspepsie der Säuglinge diente, wobei die 
Mütter dieses Geschrei fälschlicherweise als den Ausdruck des un¬ 
befriedigten Hungergefühles deuteten. Bei vielen von diesen 40 Müttern 
versiegte zuletzt die Milchsekretion einzig und allein aus dem Grunde, 
weil infolge der frühen Gewöhnung des Kindes an andere Nahrung 
es nicht kräftig genug saugen wollte und konnte, wodurch die potentielle 
Energie der Brustdrüse in ungenügender Weise ausgenutzt wurde. 
Wirklicher Milchmangel in den Brüsten der Stillenden kommt nach 
des Verf.s Forschungen in der Praxis bei weitem seltener vor, als 
es nicht nur die Mütter, sondern auch viele Arzte wähnen. - 

A. Dworetzky (Moskau). 


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112 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. S. 


H. Neumann. Über die Häufigkeit des 8tilleDS. 

(Deutsche raed. Wochenschrift 1902 No. 44.) 

Für die Berliner Bevölkerung hat N. die Tatsache fest¬ 
gestellt, daß seit 1885 die natürliche Ernährung im starken 
Rückgang ist. Welche Faktoren darauf hingewirkt haben, läßt sich 
nur vermutungsweise sagen. Die Verbreitung des Soxhletschen 
Apparates käme nur für die bemittelten Kreise in Betracht. Eher 
ließe sich die Verbesserung der Milch Verhältnisse im allgemeinen als 
Faktor anführen. Wenn trotz der Abnahme der Brustnahrung die 
Sterbefälle an Darmkrankheiten allmählich heruntergegangen sind, so 
läßt dieser Umstand den Fortschritt in der öffentlichen Gesundheits¬ 
pflege noch höher einschätzen, als es bisher angängig war. 

Sehr ungünstig sind schon immer die Ernährungsverhältnisse der 
unterjährigen unehelichen Kinder gewesen. Durch Aufnahme dieser 
Mütter in geschlossene Anstalten ließe nur sich in beschränktem Maße 
und auf beschränkte Zeit das Säugen steigern. Zimmers.Vorschlag, 
diese Mütter, welche ihre Kinder stillen, bei Privatleuten auf öffent¬ 
liche Kosten einzumieten und von der Gesundheitspolizei aus zu über¬ 
wachen, ist interessant, aber diskutabel. Nützlich wäre es jedenfalls, 
von Fall zu Fall die Möglichkeit, durch eine kleine Beihilfe dem 
Kinde die Brust zu erhalten, in Betracht zu ziehen; in romanischen 
Staaten wurden in dieser Hinsicht gute Erfahrungen gemacht. 

Grätzer. 


Wilhelm Knöpfelmacher. Über die Auslösung der Milch¬ 
sekretion bei Mutter und Kind. 


(Aus dem Karolinen-Kinderspital in Wien.) 


(Jahrbuch für Kinderheilkunde Bd. 56 Heft 6.) 


Zwischen Milchdrüse und Ovarien bestehen enge Beziehungen, 
welche durch Versuche von Halban und Knauer experimentell be¬ 
gründet sind: Die Verkümmerung der Brustdrüsen nach Exstirpation 
der Ovarien lehrt, daß die Entwickelung der Brustdrüsen an die 
Ovarien geknüpft ist; die ungestörte Entwickelung der Mammae nach 
Transplantation der Ovarien zeigt, daß die Verbindung zwischen 
Mamma und Ovarium nicht auf Nerveneinfluß, auch.nicht auf Blut¬ 
zufluß beruhen könne. Noch unklar ist es aber, warum die Milch¬ 
drüsen des Weibes in der Gravidität anschwellen, und unerklärt auch, 
Was die Sekretion der Milch in der Brustdrüse des Weibes auslöst. 
K. versucht eine Lösung der Frage und gleichzeitig auch eine Er¬ 
klärung der Milchsekretion bei Neugeborenen. 

Die Tatsache, daß Neugeborene beiderlei Geschlechts Milchdrüsen¬ 
sekretion zeigen, ferner, daß die Milchdrüsensekretion, sowohl bei 
der Mutter wie beim Kinde kurze Zeit post partum auftritt, legt 
den Gedanken nahe, daß bei Mutter und Kind ein und dasselbe 
Agens wirksam ist. Wir müssen annehmen, daß in der Blutbahn 
ein Körper kreist, welcher die Fähigkeit besitzt, die Milchsekretion 
auszulösen. Diese schon von Goltz und Ribbert für die mütterliche 
Milchsekretion gemachte Annahme 'muß auch für das Kind gelten. 


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II. Referate. 


113 


Folgen die theoretischen und experimentellen Stützen dieser Anuahme, 
auf Grund der Untersuchungen von Goltz, Ribbert, Halban, 
Knauer u. a. Von K. selbst angestellte Experimente, bei weiblichen 
Tieren durch Injektion von Blutserum eben werfender Tiere Milch¬ 
sekretion auszulösen, fielen vollständig negativ aus. 

Hecker (München). 


Emil Feer. Weitere Beobachtungen über die Nahrungsmengen 

von Brustkindern. 


(Jahrbuch für Kinderheilkunde Bd. 56 Ergänzungsheft.) 

Die Beobachtungen an 7 Brustkindern, bei denen während der 
Laktationsperiode sämtliche Mahlzeiten gewogen wurden, ergaben: 
die wöchentliche Gewichtszunahme erfolgt bei ungestörtem Wohl¬ 
befinden nicht sprungweise wie vielfach angegeben, sondern ziemlich 
regelmäßig. Die Zahl der Mahlzeiten schwankte in relativ engen 
Grenzen, und bewegte sich meist um sechs, später um fünf herum, 
ohne daß ein besonderer Zwang ausgeübt worden wäre; als Durch¬ 
schnitt der täglichen Mahlzeiten ergibt sich in der zweiten Lebens¬ 
woche 6,2 mit stetigem und gleichmäßigem Rückgang bis auf 5,3 Mahl¬ 
zeiten in der 20. Woche. Die maximalen Nahrungsvolumina sind im 
großen ganzen etwa anderthalbmal so groß wie die Durchschnitts¬ 
volumina der einzelnen Mahlzeiten. Die Mittelzahlen aus den Maximal¬ 
mahlzeiten sind ziemlich genau doppelt so groß wie diejenigen Zahlen, 
welcher Pfaundler als Magenkapazität bemessen hat. Ein Teil der 
Milch verläßt eben schon während des Trinkens den Magen. Die ge¬ 
samte genossene Milchmenge steigt in den ersten 2 Wochen rapid, dann 
bis zur achten und zehnten Woche langsam an, von wo ab nur noch 
eine unbedeutende Steigerung stattfindet, wenn nicht schon früher die 
Produktion still stehen bleibt oder sinkt. Das wöchentliche Nahrungs¬ 
volumen pro Kilo Körpergewicht steigt von 1100 g in der zweiten 
Woche auf 1200 g in der sechsten bis siebenten Woche an, um von 
hier allmählich auf 1000 g in der 20. Woche herunter zu gehen. Der 
Energiequotient, d. h. die Anzahl Kalorien, welche ein Individuum 
pro Kilo Körpergewicht aufnimmt (Heubner), bewegt sich von der 
2.—20. Woche zwischen 120 und 90 Kalorien und zwar in der Weise, 
daß er von der Geburt an zunimmt und in der sechsten bis siebenten 
Woche das Maximum mit 121 Kalorien erreicht, um von da allmählich 
abzusinken bis zu 96 Kalorien in der 20. Woche. 

Als Zuwachsquotient bezeichnet F. die Zunahme, welche ein 
Kilo Körpersubstanz auf ein Kilo Milchzufuhr in einer gegebenen 
Woche erfährt. Die Größe desselben überrascht durch die auffallende 
Verschiedenheit bei den verschiedenen Kindern; bei einzelnen ist er 
in den ersten 8 Wochen mehr als doppelt so groß wie bei anderen. 
Dagegen verhält er sich bei den Kindern der gleichen Mutter sehr 
ähnlich. Dies erlaubt den Schluß, daß die Milch einer Frau eine 
gewisse Konstanz in ihrer Zusammensetzung bewahrt, welche auch 
in späteren Laktationen sich wieder geltend macht. 

Hecker (München). 


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114 


Centralblatt für Kinderbeilkunde. No. 3. 


W. Beuthner. Beobachtungen über die Nahrungsmengen von 
Brustkindern unter Berücksichtigung des Energiequotienten 

(Heubner). 


(Jahrbuch für Kinderheilkunde Bd. 56, ErgänzuDgsheft.) 

3 Fälle mit genauen Wägungen jeder einzelnen Mahlzeit durch 
Monate hindurch. Eine Zusammenstellung derselben mit 18 Fällen 
der Literatur ergibt für den mittleren Energiequotienten (siehe vorige 
Arbeit) folgende Werte: 


1 . 

Woche 

59 

Kalorien 

10. Woche 104 

2. 


100 


14. „ 96 

4. 


106 


17. „ 91 

7. 


114 

V 

20. „ 85 


Hecker (München). 


0. Heubner. Die Energiebilanz des Säuglings. 

(Zeitschrift für diätetische und physikalische Therapie Bd. 5 Heft 1.) 

H. betont, daß für eine geregelte Kinderernährung nicht die ab¬ 
solute Quantität der täglichen Nahrungszufuhr als Maßstab gelten 
müßte, sondern die Kalorienzufuhr bezw. Energiezufuhr, die auf das 
Kilo des kindlichen Körpers entfällt. Diese Größe nennt er Energie¬ 
quotient. Aus des Verf.s Versuchen ergab sich nun 

I. daß der Energiequotient bei künstlicher Ernährung höher sein 
muß als bei Brustkindern, wenn man ein Wachstum des Kindes im 
ersten Lebensjahre als das erstrebenswerte Ziel im Auge behält. 
Denn die Leistung des Organismus besteht nur zum kleinsten Teile 
in Aufspeicherung von Kraftarbeit (Stoffansatz); der größte Teil der 
eingeführten Energie (ca. 88°/ 0 ) wird zu innerer Arbeit (nicht Ver¬ 
dauungsarbeit im engeren Sinne) verwandt. Erst wenn dem Bedürfnis 
der letzteren Genüge geschehen ist, kann ein Stoffansatz, ein Wachs¬ 
tum erfolgen. 

2. daß ein Sinken des Energiequotienten bei Brustkindern — 
wenigstens in den ersten 6 Monaten — auf 70 Kalorien nicht mehr 
mit einer Zunahme vereinbar ist, vielmehr ein gutes Gedeihen fast aus¬ 
nahmslos nur da stattfindet, wo der Energiequotient über 100 Kalorien 
beträgt. 

3. Was die ersten Lebenstage anlangt, so wollte Cramer eine 
Zunahme bei Kindern mit einer Nahrungsmenge, die einem Energie¬ 
quotienten von 10—30 Kalorien entsprach, schon erzielt haben. H. 
sah demgegenüber in einem — allerdings weiterer Beobachtung sich 
zu früh entziehenden — Falle eine Zunahme erst bei einem Energie¬ 
quotienten von 45 Kalorien, während er sonst in 3 Fällen innerhalb 
der ersten 10 Tage eine regelmäßig und rasch fortschreitende Ab¬ 
nahme des Kindes konstatieren konnte. 

H. gibt allerdings zu, daß eine sorgliche Warmhaltung des Kindes, 
bezw. eine Wärmezufuhr von außen von vornherein den Bedarf an 
einzuführender Energie wesentlich einzuschränken vermag, während 
andererseits bei Schwächlichkeit, weil da die Körperoberfläche im 
Verhältnis zum Gewicht vergrößert ist, ferner bei Erkrankung des 

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II. Referate. 


115 


Magendarmkanals und demzufolge ungenügender Ausnutzung der 
Nahrung, der Energiequotient ein weit größerer sein muß, als in 
der Norm. 

Auch ist der Bedarf an Kalorien seitens schwacher Frühgeburten 
nach Schmidt, Finkeistein, Budin ein so unverhältnismäßig großer, 
daß sich das nach H. mit Gramers Angaben nicht gut vereinigen läßt. 

4. Den Grund der angeführten Differenz zwischen der Verwertung 
der Muttermilch und der der Kuhmilch, wenn das angeführte Quantum 
den gleichen Energiewert repräsentiert, festzustellen ist noch nicht 
gelungen. Daß derselbe in der verschiedenen Beschaffenheit des 
Kaseins in beiden Fällen, namentlich in seiner fein oder gröber 
flockigen Gerinnbarkeit zu suchen sein, woraus sich eine Ungleich¬ 
heit der dem Organismus aufgebürdeten Verdauungsarbeit (im weiteren 
Sinne) ergeben würde, hält H. für unwahrscheinlich. Vielmehr 
sind wir mit der feineren Chemie derartiger Nahrungsmittel noch so 
wenig vertraut, daß es auch für erfolglos gehalten werden muß, eine 
gewisse äußere Übereinstimmung der Zusammensetzung zwischen 
Muttermilch und künstlicher Nahrung durch alle möglichen Künsteleien 
erzielen zu wollen. 

5. Bei gesunden Kindern wird man stets mit den einfachen 
mäßigen Milchverdünnungen und dem Alter entsprechend einem Zu¬ 
satz von Zucker oder Mehl auskommen. 

6. Bei kranken Kindern wird man aber zu den verschiedenen 
Surrogaten der reinen, schwachverdünnten Kuhmilch greifen müssen, 
die ein möglichst kleines Volumen mit einem möglichst hohen Energie¬ 
quotienten und möglichst geringem Anspruch an die Verdauungsarbeit 
verbinden, ohne daß man sich einseitig von dem Vorwiegen des einen 
oder anderen Nährstoffes in der Nahrung leiten läßt. 

Daß aber eine sonst rationelle Ernährung, wenn sie in Bezug 
auf den Energiequotienten zu hoch getrieben wird, auch von gesunden 
Kindern nicht vertragen wird, lehrt eine mitgeteilte Beobachtung 
H.8, die zeigte, daß nach einem solchen Verfahren bei einem noch 
zu jungen Kinde Dyspepsie eintritt, während wenige Wochen später 
eine Nahrung mit dem nämlichen Quotienten gut ertragen und ver¬ 
wertet wurde. Eschle (Sinsheim). 


W. Cronheim und Erich Müller. Versuche über den Stoff¬ 
und Kraftwechsel des Säuglings mit besonderer Berück¬ 
sichtigung des organisch gebundenen Phosphors. 

(Aus dem tierphysiologischen Laboratorium der landwirtschaftlichen 
Hochschule zu Berlin). 

(Zeitschrift f. diätetische und physikalische Therapie 1902 Bd. 6 Heft 1 und 2.) 

Wenn es auch nach den bisherigen Forschungsergebnissen als 
eine einwandfreie Tatsache angesehen werden, daß die Menge des in 
der Nahrung eingeführten Phosphors an sich, mehr noch aber die 
chemische Verbindung, in welcher er enthalten ist, für den Stoff¬ 
zuwachs, d. h. den Eiweißzuwachs des menschlichen Körpers und 

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116 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3. 


speziell des sich noch entwickelnden, kindlichen Organismus von 
einschneidender Bedeutung ist, so sind damit doch noch nicht alle, 
namentlich auch praktisch in Betracht kommenden Fragen über den 
Zusammenhang der Phosphorresorption aus der Nahrung mit der sich 
für den heranwachsenden Menschen ergebenden Stoffwechselbilanz 
aufgeklärt. Aus Rochmanns u. A. Versuchen geht zwar mit Sicher¬ 
heit hervor, daß die phosphorhaltigen Eiweißstoffe (Kasein, Vitellin) 
den phosphorfreien für die Ernährung selbst dann als überlegen an¬ 
zusehen sind, wenn den letzteren mineralische Phosphate in hinläng¬ 
licher Menge beigegeben werden, es ist auch nachden Arbeiten einer 
Reihe von russischen Forschern anzunehmen, daß phosphorhaltige 
Fette (z. B. das Lecithin des Eidotters) einen gewissen Einfluß 
auf die Anlagerung von Eiweißstoffen, speziell die Hämatopoese 
haben, aber es stand darüber noch immer jede Entscheidung aus, 
ob und inwiefern sich die beiden Hauptformen, in denen das 
organische Phosphor in den Nährstoffen — das eine Mal an Eiweiß, 
das andere Mal an Fett — gebunden erscheint, bezüglich der Assi¬ 
milation des Phosphors einerseits, der des Eiweißes andererseits 
voneinander unterscheiden. 

Diese Frage exakt in Angriff genommen zu haben, ist besonders 
bei dem Umfange und der Schwierigkeit der hierbei in Betracht 
kommenden Untersuchungen, als ein großes Verdienst der beiden an 
der vorliegenden Arbeit beteiligten Autoren anzusehen. 

Die Versuche wurden in Parallelreihen an Kindern mit und 
ohne Eidotterzusatz zu der Nahrung in der Weise angestellt, daß der 
Stickstoff und Phosphorgehalt, wie auch Kaloriengehalt beider 
Nahrungsformen durch entsprechende Zusätze (Magermilch, Butter, 
Zucker) zu dem meist ein Kindermehl, in einer Reihe auch Kuhmilch 
enthaltenden sterilisierten Flascheninhalt auf einen gleichen Wert ge¬ 
bracht wurde. Tierversuche wurden nur zur Vergleichung und Er¬ 
gänzung herangezogen. 

Es ergab sich nun zunächst, daß es für die Assimilation nicht 
gleichgültig ist, ob der Phosphor überwiegend in Form von Eidotter 
oder ausschließlich in der Form des in der Magermilch enthaltenen 
Kaseins bei gleicher Zufuhr von Eiweißkörpern und Gesamtnahrung 
verabfolgt wird. Vielmehr erweist sich der Eidotterzusatz, vermutlich 
durch seinen Gehalt an Lecithin, für die Ernährung des Kindes schon 
in frühestem Alter als überlegen. 

Für die Phosphorresorption selbst stellte es sich ferner heraus, 
daß die phosphorreichen Gewebe, Nervenmark und kernhaltige Drüsen 
am Stoffansatz des ersten Lebensjahres in ganz erheblicher Weise 
beteiligt sein müssen. Denn die Menge des für die Knochenbildung 
(aus dem Kalkansatz berechneten) und für die Fleisch- und Blut¬ 
bildung (berechnet aus' dem über den Bedarf der Knochenbildung 
hinaus angesetzten Stickstoff) notwendigen Phosphors ist bei weitem 
nicht so groß, als die wirklich angesetzte P.-Menge. 

Wichtige Resultate ergaben sich ferner für die Kalkbilanz selbst, 
indem diese trotz reichlicher Zufuhr aller knochenbildenden Mineral¬ 
stoffe bei der Ernährung mit sterilisierter Milch — ganz im Einklänge 
mit vielfachen praktischen Erfahrungen —als negativ erwies; sterili- 

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II. Referate. 


117 


sierte Milch war selbst nicht in Verbindung mit mäßigen Mengen 
von Eidotter im stände, eine genügende Knochenbildung zu bewirken. — 
Die Verff. deuten an, daß der erhöhte Stickstoffzusatz bei Zufuhr 
des erforderlichen Phosphors durch Lecithin im Gegensatz zu der 
durch Kasein möglicherweise darauf zurückzuführen ist, daß das 
letztere bei der Verdauung einen Teil seines Phosphors im Pseudo- 
nucleln unlöslich zurtickläßt. Die Unterschiede der Frauen- und 
Kuhmilch dürften ja nach neueren Forschungen wohl auch nicht der 
Verschiedenheit des beiderseitigen Kaseins sondern in dem Gehalt 
der Frauenmilch an anderen phospborhaltigen Bestandteilen beruhen. 
Werden doch 10°/ 0 der Trockensubstanz der letzteren von bisher 
nicht näher bekannten Stoffen gebildet. Eschle (Sinsheim). 


Ruzicka (Berlin). Ein Selbstversuch über Ausnutzung der 
Nährstoffe bei verschiedenen Quantitäten des mit dem Mahle 
eingefuhrten Wassers. 

(Archiv für Hygiene 1902 Bd. 45 Heft 4). 

Es handelte sich um die Feststellung, was für einen Unterschied 
in der Ausnutzung der eingeführten Nährstoffe eine Änderung der 
Quantität des mit dem eingenommenen Mahle eingebrachten Wassers 
bedingt. Die Versuchsanordnung war so, daß in 2 mal 2 tägigen 
Perioden mit derselben Nahrung auch dieselbe Wassermenge 
eingenommen wurde; im ersten Versuch war die Wassermenge 
auf den ganzen Tag gleichmäßig verteilt, im zweiten Versuch da¬ 
gegen wurde das Wasser mit der Nahrung zusammen und in den 
ersten 1—2 Stunden nach dem Essen getrunken, so daß die Haupt¬ 
mengen des Wassers gerade während der Verdauungsperiode vor¬ 
handen waren. 

Zwischen den Resultaten der ersten und zweiten Periode konnte 
kein durchgreifender Unterschied konstatiert werden, d. h. die Aus¬ 
nützung wurde auch durch die großen Wassermengen während 
des Essens nicht ungünstig beeinflußt. Selbst wenn dieser 
eine Versuch keine volle Beweiskraft erbringen sollte, so ist doch 
mit Sicherheit zu behaupten, daß mäßige Wasserzufubr beim Essen 
nicht schädlich wirken kann. R. 0. Ncumann (Kiel). 


E. Hellesen (Norwegen). Über den Stickstoffwechsel der 
an Adipositas nimia leidenden Kinder, besonders bezüglich 
Abmagerungskuren. 

(Norsk Magazin for Lägevidenakab 1902 September). 

Durch eine Reihe Stoffwechselversuche bei einem 12 jährigen 
Mädchen, welches 48 Kilo wog und eine Höhe von 141 cm hatte, 
gelangt Verf. zu dem Resultat, daß Abmagerungskuren im Kindes¬ 
alter wesentlich durch Einschränkung der Fettnahrung geschehen 

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118 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3. 


müssen bei einer Kalorienmenge, die nur */ 5 kleiner als die der 
Bilanznahrung ist. Man kann auch mit Eiweiß-Kohlehydratdiät 
leichter den Hunger des Kindes stillen als mit Eiweiß-Fettdiät. 

Adolph H. Meyer (Kopenhagen). 


Adolph H. Meyer (Däne). Zur Kenntnis der Magensaft¬ 
sekretion der Säuglinge. 

(Bibliotek for Läger 1902 Heft 3 und 4). 

Verf. gibt zuerst eine kritische Übersicht der wichtigsten Arbeiten 
über die Magenfunktionen der Säuglinge und zeigt, daß die Dissensen 
der Forscher teils auf verschiedenen mehr oder weniger wertvollen 
Versuchsmethoden, teils auf einer verkehrten oder ungenauen 
Schätzung der gewonnenen Versuchsergebnisse beruhen. Während 
man schon lange bei derartigen Untersuchungen bei Erwachsenen eine 
bestimmte, abgemessene Probemahlzeit als notwendig angesehen hat, 
wenn die Rede sein sollte von vergleichenden Versuchen, haben die 
pädiatrischen Verfasser entweder gar keine Probemahlzeit gegeben, 
die Versuche werden dann ganz unvergleichbar, oder sie haben Milch 
als Probemahlzeit benutzt, mit welcher es sehr schwierig zu arbeiten 
ist. Nachdem Verf. näher diese Schwierigkeiten (die wechselnde Zu¬ 
sammensetzung der Milch und der Milchgemische, die präexistierende 
saure Reaktion bei der Titration, die salzsäurebindende Fähigkeit 
der Milch u. s. w.) angegeben hat, beschreibt er seine Versuchs¬ 
methode. Als Standartprobemahlzeit hat er Gerstenwasser benutzt, 
dessen Brauchbarkeit nachgewiesen wird; es wurde gewöhnlich 
40 Min. nach dem Anfang der Mahlzeit ausgehoben, bisweilen zu 
anderen Zeiten; ab und zu wurde Schüles Methode benutzt (suk¬ 
zessives Aushebern einer einzelnen Mahlzeit). Vergleichshalber wurden 
Probemahlzeiten mit Wasser, physiologischer Kochsalzlösung, Nestlös 
Mehl und Milchgemische gegeben. Die Gesamtazidität (Titration mit 
Phenolphtaleln als Indikator), freie Salzsäure (Günzburgs Reaktion), 
gebundene HCl und organische Säuren (Leos sukzessive Analyse), 
Labferment (Gerinnungsprobe) und Pepsin (Metts Methode) wurden 
bestimmt, insofern es möglich war quantitativ. Gewöhnlich wurde 
Magenausspülung 1 / 2 Stunde vor den Versuchen vorgenommen; Verf. 
verneint, auf seine Üntersuchungen hinweisend, daß'dieselbe in wesent¬ 
lichem Grade auf die Versuche einwirkt. Unverdünnter und un- 


filtrierter Mageninhalt wurde immer benutzt. Im ganzen wurden 
38 Säuglinge, alle künstlich genährt, im Alter von 3 Wochen bis 
11 Monaten, untersucht. Die Anzahl der Versuche war ca. 300. Ver¬ 
suchstabellen und Krankengeschichten folgen. 

Was die Säuglinge mit normaler Verdauung betrifft, 
zeigt Verf., daß zu bestimmten Zeiten trotz gleicher Versuchsbedin¬ 
gungen kein bestimmter Aziditätswert angegeben werden kann. Die 
Aziditätsschwankungen, die denen der Salzsäureazidität entsprechen, 
auch in den Milch versuchen, sind doch kaum zufällig, sondern ein 
Ausdruck für Einwirkungen, die wir zu erkennen nicht im stände 


sind, aller Wahrscheinlichkeit nach nervöse Einwirkungen. Die Un- 

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II. Referate. 


119 


kenntnis der Resorptions- und Expulsionsverhältnisse des Magens er¬ 
schwert auch die Schätzung von der Bedeutung der Azidität. Die 
Salzsäureazidität ist auch kein Maß der Salzsäureproduktion. Es 
zeigt sich, daß die prozentuarische Menge der digestiven Säure im 
Verlaufe der ersten Stunde innerhalb derselben Grenzen liegt, bei den 
verschiedenen Probemahlzeiten unter gleichen Versuchsbedingungen. 
Lab und Pepsin wurJen immer gefunden; es gelang nicht, ein be¬ 
stimmtes Verhältnis zwischen den Fermenten und der Salzsäureazidität 
nachzuweisen. Freie HCl ist nicht nötig um die Labwirkung hervor¬ 
zurufen; Cl 2 Ca-Zusatz war nur nötig bei niedriger Salzsäureazidität, 
und Gerinnung trat bisweilen ein selbst bei niedriger Azidität. Die 
prozentuarische Menge des Pepsins steigt im Verlaufe der Verdauung, 
doch nicht immer gleich; die Pepsinmenge ist nicht nur von der 
Salzsäuremenge abhängig. Organische Säuren wurden nur bei den 
Mehl- und MUchmahlzeiten, nie in größerer Menge, [gefunden. Bei 
akuten Magendarmkatarrhen werden bisweilen niedrige Aziditäten 
gefunden, was doch auch bisweilen der Fall bei den gesunden Säug¬ 
lingen war. Daß heftige Cholerineanfälle die Magensaftsekretion so¬ 
wohl als die Schweiß- und Harnabsonderung herabsetzen können, ist 
übrigens ganz natürlich. Fieber scheint nicht direkt auf die Azidität 
einzuwirken. Das Gerstenwasser verläßt auch in dieser Gruppe schnell 
den Magen. Abnormitäten des Fermentgehaltes wurden nicht 
gefunden. Pepsin wurde auch bei neutraler Reaktion des Magen¬ 
inhaltes nachgewiesen. Organische Säuren konnten in den Wasser- 
und Gerstenwasserversuchen nicht nachgewiesen werden, in den 
wenigen Milchversuchen boten sie nichts Besonderes dar. 

Bei chronischen Gastrointestinalkatarrhen wurde ver¬ 
mehrte Schleimvermischung und Neigung zur Stagnation der stärkeren 
Milchgemische gefunden, während auch in dieser Gruppe Gersten¬ 
wasser (Wasser u. s. w.) schnell den Magen verläßt. Nur in einem 
einzelnen Fall wurde Hyperazidität (Hyperchlorhydrie?) nachgewiesen. 
Die Fermente und die organischen Säuren verhielten sich wie in den 
anderen Gruppen. Die Aziditätsvariationen waren auch derselben Art 
und fielen im ganzen innerhalb derselben Grenzen wie bei den ge¬ 
sunden Säuglingen. 

Zum Schluß resümiert Verf. seine Resultate: 

1. Die prozentuarische Menge der verschiedenen Bestandteile 
des Magensaftes zu einem gegebenen Zeitpunkte, etwa im Verlaufe 
von der ersten Stunde der Digestion, scheint sich im ganzen gleich 
zu verhalten, d. h. innerhalb gleicher Grenzen zu liegen, sei es, daß 
der Säugling Wasser, physiologische Kochsalzlösung, Gerstenwasser, 
Nest 16s Mehl, oder daß er eine Milchmischung getrunken hat, 
welcher Umstand sich vielleicht übereinstimmend mit Pawlows 
Nachweis des sogenannten Appetitsaftes erklären läßt. 

2. Die Aziditäts- und Fermentmenge ist bedeutend niedriger als 
bei Erwachsenen. 

3. Eine Norm der Azidität ebensowenig als der Lab- oder der 
Pepsinmenge gelang es nicht bei gesunden Säuglingen (unter gleichen 
Versuchsbedingungen) aufzustellen. 

4. Kein Anhaltspunkt wurde gefunden irgend einer klinischen 

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120 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3. 


oder anatomischen Diagnose der Gastrointestinalkatarrhe der Säug¬ 
linge ebensowenig als der Prognose und der Therapie. 

5. Die Annahme, daß der Säuglingsmagen nur als ein Reservoir 
zu betrachten, ist unhaltbar. Die Variationen, die schon unter 
normalen Verhältnissen auftreten, deuten gerade auf die intimen Ver¬ 
hältnisse, in welchen die Magenfunktionen mit denen des übrigen 
Verdaüungssystems stehen, wie Verf. auch nicht daran zweifelt, daß 
die Variationen unter abnormen Zuständen in der Tat ihre bestimmte 
physiologische Erklärung haben. 

6. Die Untersuchung der Magensaftsekretion der Säuglinge spielt 
gegenwärtig keine Rolle in klinischer Beziehung, da im ganzen unter 
abnormen Verhältnissen keine größeren Variationen gefunden werden 
als die, welche, auf unbekannten nervösen Einflüssen beruhend, von 
Tag zu Tag unter normalen Verhältnissen nachgewiesen werden können. 

(Autoreferat.) 

r -: 

\ Th. von Hecker (Petersburg). Uber die Funktionen des 
- kindlichen Magens bei Verdauungskrankheiten. 

(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 56 Heft 5.) 

H. prüfte den Chemismus, die Resorptionsfähigkeit und die 
motorische Funktion des Magens mit einer Anzahl stationärer Säug¬ 
linge, indem er ihnen eine Milchprobemahlzeit verabreichte und die¬ 
selbe nach anderthalb Stunden wieder ausheberte. Er kam zu 
folgenden Schlüssen: 

I. Die Methode von Penzoldt und Faber, das Resorptionsver¬ 
mögen des Magens mittels der Jodkaliprobe zu prüfen, leistet ganz 
gute Dienste bei der Diagnostik der Schwere der einzelnen Magen¬ 
darmkrankheiten, während der Salolmethode von Ewald und 
Sievers kein praktischer, diagnostischer Wert beizumessen ist. 

2. Die Resorption seitens des kindlichen Magens erfolgt bei 
Kindern bis zum vierten Jahr schneller, als nach dem vierten Lebensjahr. 
Altere Kinder nähern sich in dieser Beziehung den Erwachsenen. 

3. Am stärksten in Mitleidenschaft gezogen ist das Resorptions¬ 

vermögen des kindlichen Magens bei akuter Gastroenteritis, an zweiter 
Stelle stehen die Dyspepsien. Wenn auch in geringerem Grade leidet• 
das Resorptionsvermögen gleichfalls bei akuter Enteritis und akuter 
Colitis. Beim Schwinden der akuten Krankheitserscheinungen kommt 
es gewöhnlich bald zur Besserung der Resorption. Was nun die 
chronischen Erkrankungen des Magendarmtractus anbetrifft, so wird 
auch je nach der allgemeinen Schwere der Erkrankung gleichzeitig 
eine Beeinträchtigung der Resorption in mehr oder weniger starkem 
Grade beobachtet. In leichter verlaufenden Fällen hält sie sich noch 
in den normalen Grenzen. * \ 


4. Im Kindesalter wird bei allen Erkrankungen des Magendarm¬ 
tractus auch der Magen gleichzeitig in Mitleidenschaft gezogen; am 
wenigsten bei akuten Dyspepsien und schnell ablaufenden akuten 
Enteritiden; verhältnismäßig am stärksten bei akuter Gastroenteritis * 
und den chronischen Erkrankungen des Intestinaltractus, während 
man bei akuter Colitis folgendes beobachtet: Der Chemismus der 


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II. Referate. 


121 


Magenverdauung liegt schwer darnieder, bei gleichzeitig befriedigendem 
Zustande der Resorptionsverhältnisse des Magens. 

5. Die Schwere einer gestörten Magenverdauung in chemischer 
Beziehung kennzeichnet sich durch Fehlen von freier HCl, durch das 
Vorhandensein organischer Säuren, schwache saure, ja sogar neutrale 
Reaktion des Mageninhalts, welcher makroskopisch eine wenig ver¬ 
änderte Probemahlzeit darstellt. 

t>. Ist Milch als Probemahlzeit gegeben, so werden durch die 
klassische azidimetrische Titriermethode zu große Werte erhalten. 

Hecker (München). 


Carl Edvard Bloch (Däne). Studien über Darmentzündung. 

(Dissertation. Kopenhagen. 160 S.) 

Verf. nahm hauptsächlich anatomische Untersuchungen über die 
akuten und chronischen, letal verlaufenden Verdauungsstörungen bei 
Säuglingen vor. Um den kadaverösen Veränderungen zu entgehen, 
injizierte er unmittelbar nach dem Tode der Säuglinge 100—150 cm 
10°/ o iger Formalinlösung in die Peritonealhöhle. Nach der Ent¬ 
fernung des Magens und des Darms wurden diese Organe gemessen 
und der Darminhalt mikroskopisch untersucht. Die formalinfixierten 
Organe wurden in fließendem Wasser ausgewaschen und in 60°/ 0 igem 
Alkohol aufbewahrt. Zu mikroskopischer Untersuchung wurde sowohl 
Celloidin- als Paraffineinbettung (Serienschnitte) benutzt. Zum Färben 
des Bindegewebes benutzte Verf. Hansens Methode, mit Methylenblau 
und Hämatoxylin als Kernfärbungen kombiniert. Zur Muzinfärbung 
empfiehlt Verf. Maiers Mucihämatein. Zum Färben der Granula 
der Zellen benutzte er Heidenhains Eisenhäraatoxylinmethode. 
Ehr) ich-Biondi-Heid enhains Färbemethode, die ausgezeichnete 
Resultate gab, war doch die Hauptmethode. Bakterienfärbung nach 
Gram und mit Thionin. 

Verf. resümiert folgendermaßen seine Untersuchungen über die 
Gastroenteritis: Bei der akuten und chronischen Gastroenteritis der 
Säuglinge findet eine Entzündung statt, die am stärksten in der 
Nähe der Valvula ileocoecalis auftritt. Die stärkeren Entzündungs¬ 
veränderungen verbreiten sich gewöhnlich ein wenig den Dünndarm 
hinauf, im Dickdarm ist die Entzündung mehr gleichartig ausgebreitet. 
In einzelnen Fällen findet man auch eine weniger hervortretende 
Entzündung im Duodenum, aber der größte Teil des Dünndarms ist 
frei von stärkeren Entztindungssymptomen, sein Epithelium und Drüsen 
sind größtenteils normal. Die Entzündung verhält sich im Darme 
ganz wie in anderen Schleimhäuten. Bei den akuten Formen findet 
man hauptsächlich Injektion, zahlreiche Blutungen und eine sparsame 
Rundzelleninfiltration in der Schleimhaut; die Drüsen können zystisch 
dilatiert sein, ein großer Teil der Drüsenzellen und des Oberflächen¬ 
epithels der kranken Partien ist im nekrotischen Zerfalle, und man 
findet hämorrhagische Ulzerationen. Bei den chronischen Formen 
findet man stets dieselben, aber weniger hervortretenden Verände¬ 
rungen, wesentlich durch eine bedeutende Rundzelleninfiltration 
in der Schleimhaut und Submucosa und durch Rundzellenexsudation 


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122 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3. 


charakterisiert. Außerdem findet man einige oberflächliche Substanz¬ 
verluste und follikuläre Ulzerationen. Ebensowenig anatomisch 
als klinisch besteht irgend ein Unterschied zwischen den 
akuten und chronischen Formen. Im Magen findet man in¬ 
konstant hämorrhagische Ulzerationen und Veränderungen im inter¬ 
stitiellen Gewebe. Das Epithel ist immer, die Drüsen gewöhnlich 
normal. 

Verf. hat auch interessante Untersuchungen über die normalen 
anatomischen Verhältnisse des Magens und des Darms angestellt, und 
verschiedene neue Beobachtungen gemacht. Es wird zu weit fuhren, 
hier alle seine Beobachtungen zu referieren. Insbesondere sind seine 
Untersuchungen über die Länge des Darmes und den verschiedenen 
Kontraktionsgrad des Magens hervorzuheben. Ganz neu ist der 
Nachweis von Darmsaftdrüsen (d. h. Lieberkühnsche Drüsen, 
deren Fundusteil mit serösen Drüsenzellen, den Panethschen 
Zellen ausgekleidet ist) nicht allein im Dünndarm, sondern 
auch im Dickdarm des Säuglings bis zum Colon descendens 
herab. Die Darmsaftdrüsen des Dickdarms schwinden im zweiten 
Lebensjahre. Verf. glaubt, daß die bei Säuglingen verhältnismäßig 
größere Anzahl Darmsaftdrüsen als bei Erwachsenen (bei welchen 
man dieselben nur im Dünndarm findet) schuld daran ist, daß Kuh¬ 
milch vom Säugling besser als vom Erwachsenen ausgenützt wird. 

Von speziellem Interesse sind auch Verf.s Untersuchungen über 
die infantile Atrophie, welche die Heubnersche Auffassung stützen, 
daß die Krankheit funktioneller Natur sei. Verf. glaubt Grund 
zu haben zu vermuten, daß die Ursache der Krankheit in einer 
Störuug der Funktion der Lieberkühnschen Zellen zu suchen ist, 
da er bei dieser Krankheit nur eine sehr kleine Anzahl mit Sekret 
gefüllter Panethscher Zellen fand, und da er andere Ursachen 
dieser Abnormität ausschließen zu können vermag. Es ist zu hoffen, 
daß diese sehr interessante Abhandlung, die viele neue Beobachtungen 
in Bezug auf die normalen und abnormalen Verhältnisse des Säug¬ 
lingsmagens und des Säuglingsdarms darbietet, ins Deutsche übersetzt 
wird. Adolph H. Meyer (Kopenhagen). 


J. Herzberg. Sind in der Mundhöhle mit Ammenmilch 
ernährter Säuglinge Streptokokken vorhanden? 

(Aus der Kinderklinik der kgl. Charitö in Berlin.) 

(Deutsche med. Wochenschrift 1903 Nr. 1.) 

H. untersuchte 10 durchaus gesunde Brustkinder und fand in 
der Mundhöhle sämtlicher Streptokokken vor. Die Anwesenheit von 
Streptokokken in der Mundhöhle gesunder Kinder stellt also einen 
recht häufigen, wenn nicht konstanten Befund dar. Grätzer. 


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II. Referate. 


128 


A. Klein (Amsterdam). Die physiologische Bakteriologie 
des Darmkanals. 

(Archiv f. Hygiene Bd. 25 Heft 2.) 

Nachdem durch vorausgehende Untersuchungen festgestellt war, 
daß im menschlichen Dannkanal eine sehr große Menge Bakterien 
abgestorben sind, es aber beim Menschen bei Lebzeiten oder sofort 
nach dem Tode nicht möglich ist, zu erforschen, in welchem Teil 
des Darmkanals die Vernichtung vor sich geht, so verwandte Verf. 
zu der Feststellung dieser Verhältnisse das Kaninchen. Die Tiere 
wurden durch Nackenschlag getötet, die zu untersuchenden Teile der 
Darmschlingen sofort abgebunden und Zählproben nebst Kulturen 
angelegt. 

So ergaben sich folgende Eigentümlichkeiten: 

Mit den Ingesta gelangt eine große Zahl lebender und toter 
Bakterien aus dem Magen in den Dünndarm. Indem der Speisebrei 
fortbewegt wird, stirbt in den von ihm verlassenen Teilen des Dünn¬ 
darms eine Anzahl lebender Bakterien ab, welche dort zurückgeblieben 
sind. Im Coecum vollzieht sich derselbe Prozeß. Die Zahl leben¬ 
der Organismen in den verlassenen Teilen des Dünndarmes nimmt 
fortwährend ab, ohne daß jedoch eine vollkommene Sterilität erreicht 
wurde. Im Prozessus vermiformis und Colon ascendens 
findet ein weiteres Absterben der Bakterien statt. Im Coecum wurde 
eine Zunahme der kultivierbaren Organismen angetroffen, dieselbe 
beruht aber nicht auf einer Vermehrung der lebenden Bakterien, 
sondern sie wird durch erhöhte bakterielle Konzentration hervorge¬ 
rufen. Im Rest des Dickdarms und im Rectum ist ebensowenig 
eine Vermehrung wahrnehmbar, in manchen Fällen hingegen ein 
fortwährendes Absterben. 

Die Flora der züchtbaren Arten ist nicht allzugroß. Meist ist 
es Coli und dessen Verwandten, aber auch mehrere verflüssigende 
Arten finden sich. Am resistenzfähigsten sind die Coliarten, dagegen 
gehen die peptonisierenden Arten leicht zu Grunde. Da 
letztere leichter verschwinden, so finden sich im Coecum, 
Processus vermiformis und Colon ascendens nur meist Coli 
als züchtbare Arten. 

Die beim Kaninchen gefundene auffallende Erscheinung, daß 
nirgends eine Vermehrung der Bakterien stattfindet, ist auch der 
Grund, warum die Fäulnisprozesse in deren Darmkanal fehlen, 
eine Beobachtung, die beim Öffnen des Darmes bestätigt wird. Be¬ 
kanntlich ist letzteres bei Omni- nnd Carnivoren nicht der Fall. 

R. 0. Neu mann (Kiel). 


A. Rodella (Zürich). Über die Bedeutung der im 
Säuglingsstuhle vorkommenden Mikroorganismen mit be¬ 
sonderer Berücksichtigung der anaeroben Bakterien. 


(Zeitschrift f. Hygiene und Infektionskrankheiten 1902 Bd. 41 Heft 3.) 

Die Arbeit des Verf.8 beschäftigt sich in der Haupsache mit 
der Nachprüfung der von Escherich und anderen Autoren aufge- 


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124 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3. 


stellten Behauptung, daß den Darmbakterien des Säuglingsstuhles 
jede peptonisierende und proteolytische Eigenschaft abgehe. Die 
Versuche wurden angestellt mit Kot von „Brustkindern“, „Kindern 
mit gemischter Nahrung“ und „Flaschenkindern“ und zwar 
in der Weise, daß l / 2 —1 ccm Säuglingskot in 6—8 ccm sterile 
Milch übertragen und die so angelegte Cultur unter anaeroben 
Verhältnissen 24—48 Stunden bei 37° gehalten wurde. Sicher 
konnte festgestellt werden, daß im Säuglingsdarme peptoni¬ 
sierende Arten vorhanden sind. Außerdem zeigte sich, daß ihre 
Zahl bei künstlich ernährten Kindern viel größer ist und daß die 
Anaerobiose die Peptonisierung des Kaseins nicht hindert. In patho¬ 
logischen Fällen ist die Peptonisierung am größten. 

Weitere Untersuchungen über die Mikroorganismen des Darmes 
ergaben, daß neben vielen Bact. coli commune und Bact. lactis 
aerogenes auch andere Bakterien vorhanden sind, welche Gas 
bilden. Dieselben sind, gleich wie auch einige peptonisierende Bak¬ 
terien zum Teil anaerob. Für die Isolierung der anaeroben Bakterien 
ist es notwendig, gleichzeitig Gelatine und Zuckeragar zu verwenden, 
ebenso ist es empfehlenswert, das Material, selbst wenn dadurch eine 
geringere Ausbeutung erfolgt, vorher zu erwärmen. 

Uber die tatsächliche Rolle, die die Anaeroben in physiologischen 
und pathologischen Fällen spielen, weiß man einstweilen noch nichts 
Bestimmtes. Jedenfalls hat aber die große Zersetzungsfähigkeit, die 
diesen Bakterien eigen ist, für manche pathologische Fälle eine Be¬ 
deutung. Die Krankheitserreger dürften sich nicht nur aus der 
Coligruppe sondern auch aus den anaerob wachsenden Mikroorganismen 
rekrutieren. R. o. Neumann (Kiel). 


Lentz (Berlin). Vergleichende kulturelle Untersuchungen 
über die Ruhrbazillen und ruhrähnliche Bakterien nebst 
einigen Bemerkungen über den Lackmusfarbstoff. 

(Zeitschrift f. Hygiene und Infektionskrankheiten 1902 Bd. 41 Heft 3.) 

Es wurden 24 verschiedene bei Ruhrepidemien isolierte Orga¬ 
nismen nebst einigen ruhrähnlichen Bakterien vergleichsweise unter¬ 
sucht auf: Maltose-Lackmus-Agar, Dulcit-Lackmus-Agar, Dextrin- 
Lackmus-Agar, Fructose-Lackmus-Agar, Inulin-Lackmus-Agar und 
Mannit-Lackmus-Agar. Die Unterschiede, die sich bei der Unter¬ 
suchung herausstellten, waren nicht besonders durchgreifend und 
charakteristisch. Die besten Resultate ergab noch der Mannit- 
Lackmus-Agar. Die echten Ruhrbazillen ließen diesen Nähr¬ 
boden unverändert, die meisten andern Stämme färbten ihn da¬ 
gegen rot, zum Teil unter Gasbildung. Wenn auch dieser Mannit- 
nährboden für die Ruhrkultur gute Resultate liefert, so tritt doch 
der Wert desselben als diagnostisches Hilfsmittel gegenüber der 
spezifischen Agglutinationsreaktion eines hochwertigen Serums 
bedeutend zurück. R. O. Neumann (Kiel). 


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II. Referate. 


125 


E. Martini und 0 . Lentz (Berlin). Über die Differenzierung 
der Ruhrbazillen mittels der Agglutination. 

(Zeitschrift f. Hygiene und Infektionskrankheiten 1902 Bd. 41 Heft 8.) 

Bei den verschiedenen Ruhrepidemien wurden eine Reihe 
Organismen isoliert, welche in vielen morphologischen und biologischen 
Punkten Übeinstimmen, andererseits aber auch in manchen Punkten 
abweichen, sodaß bisher keine Einheit über die Identität oder Nicht¬ 
identität der verschiedenen Ruhrerreger herrschte. Mittels der 
Agglutinationsprüfung wurden nun von den Verff. die bekannten 
Reinkulturen geprüft und zwar so, daß nur hochwertige Sera, die 
durch aktive Immunisierung von Ziegen und Kaninchen gewonnen 
waren, benutzt wurden. Von Wichtigkeit ist, daß die Sera sehr 
hochwertig sein müssen, da sonst die Reaktion nicht einwandfrei 
gelingt. Auch ist das Serum von Ruhrrekonvaleszenten zur Agglu- 
tinationsprüfung durchaus ungeeignet. Die Prüfung ergab die 
Identität der Ruhrbakterien, welche vonShiga, Kruse, Th. Müller, 
von Flexner in New Haven, von E. Pfuhl in China und in der 
Döberitzer Epidemie 1901 gefunden wurden. Dagegen waren die 
Reinkulturen, die Flexner in Manila, Shong in Manila, Dcycke 
in Konstantinoppl, und Kruse bei Dysenterie der Irren gefunden 
hatte, von den oben genannten Arten verschieden. 

R. 0. Neumann (Kiel). 

W. Duval und H. Basset (Pensylvania). The etiology of 
the summer diarrheas of infants. 

(Centralblatt f. Bakteriologie Bd. XXXIII No. 1 S. 52.) 

Zur Untersuchung gelangten 42 typische Fälle von Sommerdiarrhoe 
bei Kindern, aus deren Stuhl, in einigen Fällen bei der Sektion auch 
aus Mesenterialdrüsen stets der Bacillus dysenteriae Shiga ge¬ 
züchtet wurde. Seine Spezifität konnte mittels der Agglutinations¬ 
probe gesichert werden. Im Gegensatz zu den Befunden bei an 
Sommerdiarrhoe erkrankten Kindern ließen sich bei Kindern mit ge¬ 
wöhnlicher Diarrhoe in 27 Fällen keine Shigaschen Bazillen 
nach weisen. Die Verff. nehmen daher an, daß der Bacillus dysen¬ 
teriae von Shiga bei Kindern die Sommerdiarrhoe, bei Er¬ 
wachsenen Dysenterie auslöst. R. 0. Neumann (Kiel). 


Durando Durante. Über die hämolytische Eigenschaft des 
Bacterium coli commune. Experimentelle Untersuchungen. 

(La Pediatria 1902 No. 10.) 

Verf. bediente sich zu seinen Untersuchungen zweier Kulturen 
von Bacterium coli, einer stark virulenten, die von einem an schwerer 
Darminfektion mit ausgesprochenen Intoxikationserscheinungen leiden¬ 
den Kinde stammte, und einer wenig virulenten, die aus den 
Fäces eines Kindes, das an leichter katarrhalischer Enteritis er¬ 
krankt war, genommen war. Das Resultat dieser Untersuchungen 
war, daß das Bacterium coli ausgesprochene hämolytische Eigen- 

CentralbL f. Kinderhlkdo. VIII. Digitized by GöOQI 



126 


Centralblatt ftir Kinderheilkunde. No. 8. 


schäften besitzt und zwar je stärker, je größer die Virulenz ist; 
jedoch geht die Hämolyse mit einer gewissen relativen Langsamkeit 
vor sich, auch ist kein Hindernis für ihr Zustandekommen, daß der 
betreffende Organismus bereits eine Infektion mit Bacterium coli Über¬ 
stunden hat. Finder. 


Galvagno. Über die pathogene Wirkung der im Kindesalter 
häufigsten Eingeweideparasiten. 

(Arch. di patologia e clinica infantile 1902 No. 4.) 

Verf. teilt die Wirkungen der Eingeweidewürmer in drei Gruppen 
ein. Die erste umfaßt die mechanischen Wirkungen und zwar sind 
das zunächst rein lokale Störungen, wie Darmverschluß, Epithel¬ 
ablösung, Blutung und Darmperforation. Zu den mechanischen 
Wirkungen gehören ferner die durch Einwanderung in entferntere 
Organe (Zellengänge, Magen, Trachea, Kehlkopf, Tränengänge, 
Wurmfortsatz, Vulva, Vagina, subkutanes Gewebe) entstehenden 
Störungen. Die zweite Gruppe nennt er diejenige der biochemischen 
Wirkungen, als da sind Fieber, Entzündungen (Enteritis, Vulvo- 
Vaginitis, Dermatitis), Abszeßbildung, ferner toxische Erscheinungen. 
Die dritte Gruppe umfaßt die neuropathogenen Wirkungen und zwar 
Koliken, Spasmen, Strangurie, Eklampsie, klonische Krämpfe, Kon¬ 
trakturen und Trismus, vorübergehende Paresen und Paralysen. 

_ Finder. 

Baravalle. Über Anchylostoma-Anämie im Kindesalter. 

(II Morgagni 1902 No. 9.) 

Es handelt sich in dem vom Verf. mitgeteilten Fall um ein 
7jährige8 Kind, das in einem an schweren Typhus erinnernden Zu¬ 
stand ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Nach Kalomelgaben fanden 
sich in den Fäces große Mengen von Anchylostoma duodenale. Der 
Zustand besserte sich unter täglicher Darreichung von Ferrum und 
nach einigen Gaben von Extr. filic. maris und nach ca. 5 Wochen 
konnte das Kind als geheilt entlassen werden. Verf. ist der Ansicht, 
daß bei sorgfältiger Beobachtung sich die Zahl von Anchylostomafällen 
im Kindesalter als nicht so selten heraussteilen würde, wie sie ge¬ 
meinhin angenommen wird. F. 


Nicolai Schiödte (Däne). Bandwürmer im Kindesalter. 

(Hospitalstidende 1902 No. 49 und 50.) 

Verf. hat alle die Fälle von Taenia bei Kindern gesammelt, die 
im Kommunehospital und im Kinderkrankenhause zu Kopenhagen von 
1878 bis 1902 behandelt wurden. Die Krankheit ist bei Kindern 
ziemlich selten in Kopenhagen, es handelte sich nämlich im ganzen 
nur um 48 Kinder (65 Fälle, da mehrere Rezidive eintraten), d. h. 
ca. 0,37 pro mille der in der Klinik und im Spital behandelten 
Kinder. Bei keinem Kinde wurde mehr als eine Taenia gefunden, 
ein Kind hatte seine Taenia 8 Jahre lang gehabt. Fast in allen 
Fällen war es Taenia mediocanellata, nur in 41 Fällen T. solium; 

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II. Referate. 


127 


vereinzelt wurden T. cucumerina, T. flavopunctata und Botriocephalus 
latus gefunden. Verf. gibt eine Darstellung der Symptomatologie 
und der Behandlung. Beinahe alle die Patienten waren anämisch, 
der Appetit war vermehrt, vermindert oder wechselnd; bedeutenden 
Einfluß auf die Entwickelung der Kinder hatte die Taenia in keinem 
Palle. Erbrechen fand nie statt; Abdomen war normal, auch der 
Stuhl. Dagegen wurde Aufstoßen und Übelkeit beobachtet, sowohl 
als Gähnen, mürrisches Wesen, Schläfrigkeit, Grübeln in der 
Nase, Kopfschmerzen, Schwindel, bläuliche Dekoloration unter den 
Augen u. s. w. Krämpfe oder spezielle nervöse Fälle wurden nicht 
beobachtet. Verf. empfiehlt bei den kleinen Formen mild wirkende 
Mittel, wie z. B. Flores kusso, bei den großen Formen wird gewöhn¬ 
lich nur Inf. corticis granati oder Extract. filicis Erfolg haben. Der 
Verlust an Gewicht während der Kur ist oft sehr groß. 

Adolph H. Meyer (Kopenhagen). 


M. Wagner (Meerane). Ein Fall von Erstickung infolge 
Verlegung des Kehlkopfeinganges durch Spulwürmer. 

(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 49.) 

Der 8jähr. Knabe bekam Kolik, und es gingen ihm zwei Spul¬ 
würmer ab. Nach einer daraufhin eingeleiteten Santoninkur gingen 
26 Spulwürmer ab. Einige Tage später kam ein Spulwurm aus einem 
Nasenloch hervor. Wieder einige Tage darauf erbrach Pat. zwei 
Spulwürmer, war dann wieder munter und wurde einige Zeit 
allein im Zimmer gelassen. Man fand ihn dann bewußtlos daliegen, 
blau im Gesicht, Schaum vor Mund und Nase, mit verdrehten Augen, 
krampfhafter Verzerrung des Mundes, stark rasselnder Atmung u. s. w. 
2 3 / 4 Stunden dauerte dieser Kampf, dann starb der Knabe. Bei der 
Sektion zeigten sich die typischen Erscheinungen des Erstickungs¬ 
todes. Aus dem Schlundende der Speiseröhre, dieselbe fest aus¬ 
stopfend , fand man ein Bündel von sieben Spulwürmern. Bei einem 
Brechanfall mußte dies Konvolut im Schlunde stecken geblieben sein 
und sich nach dem Zungengrunde zu über den Kehlkopfeingang weg¬ 
gelegt haben. Grätzer. 

Fr. V. Torday (Budapest). In den Bronchus gelangter 
Fremdkörper; Tod durch Eklampsie. 

(Magyar Orvosok Lapja 1902 No. 37.) 

Der 5 jährige Knabe aspirierte einen Zwetsehenkem, wonach 
sofort heftiger Hustenreiz auftrat, der sich aber später legte. Seit¬ 
dem aber wiederholen sich diese heftigen Hustenanfälle, dabei war 
ein geräuschvolles Atmen bei dem Knaben hörbar. Der Knabe 
wurde in solchem Zustand ins Stefanie-Kinderspital zu Budapest 
gebracht; nächsten Tag trat plötzlich Dyspnoe auf und hernach algide 
Asphyxie, welche trotz künstlicher Atmung nicht nachließ. In diesem 
komatösen Zustand stellte sich die Eklampsie ein mit schweren auf 
sämtliche Muskeln des Körpers sich verbreitenden Krämpfen. Der 
Fremdkörper konnte bei der vollführten Tracheotomie bezw. weder 

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128 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3. 

durch Husten noch durch Instrumente entfernt werden, endlich 
erfolgte der Tod im Laufe eines eklamptisehen Anfalles. Bei der 
Sektion wurde der Kern im rechten Bronchus mit seinem unteren Ende 
in die Schleimhaut bereits eingebohrt vorgefunden. Dieser Fall 
bestärkt von neuem die Erfahrung, daß, wenn in die Luftwege ein 
Fremdkörper gelangt, mit der Operation geeilt werden muß, 
wenn sich auch der Fremdkörper frei bewegt und das Allgemein¬ 
befinden kaum gestört ist J. Hönig (Budapest). 


W. Schröder (Hamburg-Barmbeck). 2 Fälle schwerer Otitis 
media purulenta durch „Schneeberger“. 

(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 47.) 

Beide Fälle zeichneten sich durch explosionsartige Schnelligkeit 
und Heftigkeit aus. Der eine betraf einen Erwachsenen, der zweite 
aber einen 14 jährigen Knaben mit Ozaena, dem sein Vater gegen diese 
Affektiön das Schnupfen des „Schneebergers“ empfohlen hatte. Schon 
nach einigen Stunden stellten sich aber doppelseitige Ohrenschmerzen 
ein, die immer heftiger wurden. Tags darauf erschien schon das 
linke Trommelfell perforiert, und es entleerte sich eine serös-blutige 
Flüssigkeit, während das rechte Ohr ein gerötetes Trommelfell zeigte. 
Heilung nach 3 Wochen. 

Schneeberger besteht aus verschiedenen Substanzen, hauptsächlich 
aber aus Khizoma iridis und Rhizoma veratri, letzteres für beide 
Fälle sicher ätiologisch zu beschuldigen. Wenn man bedenkt, daß 
bei mancher chronischer Nasopharyngitis mit atrophischer Tendenz 
der Nasenrachenraum überaus weit ist, sodaß hin und wieder sogar 
die klaffende Tube zu sehen ist, wenn man ferner berücksichtigt, mit 
welcher Gewalt manchmal die Prise in die Nase geschleudert wird, 
so muß man sich wundern, daß auf diesem Wege akute Otitis nicht 
viel häufiger entsteht. Jedenfalls sieht man, daß das Prisen ge¬ 
fährlich werden kann, daß das Aufschnupfen als Spielerei, wie es die 
Schuljugend häufig betreibt, durchaus zu perhorreszieren ist 

Grätzer. 


K. Sonnenschein. Ein Beitrag zur Therapie des Mastdarm- 
vorfalls bei Infantilismus. 


(Aus dem Bürgerhospital zu Köln.) 

(Centralblatt f. Chirurgie 1902 No. 44.) 

Bisher gibt es keine Methode, von der man unter allen Um¬ 
ständen einen Erfolg beim Mastdarm Vorfall erwarten darf. Daher 
erwarb sich in letzter Zeit die Thierschsehe Methode der Einlegung 
eines Silberdrahtringes in den Sphincter ani viele Freunde; sie wurde 
auch im Bürgerspital in allen Fällen und, von Prolapsen schwächlicher 
Kinder abgesehen, meist mit Erfolg angewandt. Die Erfolge beschränken 
sich aber eben auf die Kinderpraxis. Bei älteren Pat. erzielte man 
mit den sogenannten Suspensionsmethoden schöne Resultate. 

W. A. Freund betonte nun 1900, daß der bei infantilen Per¬ 
sonen bestehende Tiefstand der Douglastasche auch die Ursache von 


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£1. Referate. 


129 


Prolapsen sein könne. Während bei normal entwickelten Mädchen 
die Umschlagfalte des Peritoneum in der Excavatio recto-uterina in 
der Höhe der Portio vaginalis besteht, reicht sie bei infantilen Indi¬ 
viduen fast bis zum Beckenboden herab. In diese Tasche nun senken 
sich die Eingeweide wie in einen großen Bruchsack hinein und führen 
dann zu oft kolossalen Prolapsen, nicht nur der Vagina, sondern auch 
des Rectums, durch Ausstülpung zunächst der vorderen Mastdarm¬ 
wand und dadurch veranlaßtes sekundäres Heruntersteigen des ganzen 
Mastdarmes. 

Eine auf diese Erklärungen fußende, neue Operationsmethode 
wandte nun Bardenheuer im vorigen Jahre bei einem 17 jährigen 
ausgesprochen infantilen Mädchen mit großem Rectum- und Vaginal¬ 
prolaps mit vollem Erfolge an. Die Operation zeigte zum Unterschied 
von anderen wesentlich 2 Momente: Die erhebliche Drehung der 
Flexura sigmoidea nach rechts bei gleichzeitiger Querlagerung und 
die Verödung des Douglas; ersteres zur Beseitigung des Prolapses, 
das zweite zur Behebung der Ursachen desselben. Grätzer. 


P. Kremm. Die Radikaloperation des kindlichen angeborenen 

Leistenbruches. 


(Aus dem Kinderkrankenhause zu Riga.) 

(Centralblatt f. Chirurgie 1902 No. 46.) 

Seit längerer Zeit operiert K. den kindlichen angeborenen Leisten¬ 
bruch in folgender Weise: Schnitt auf den Bruchsackhals, nach oben 
und unten über denselben hinausgreifend. Nach gehöriger Vertiefung 
des Schnittes wird der Bruchsack eröffnet. Derselbe wird mit der 
Fascia herniae propr. bis zum Bruchsackhalse freigelegt. Nunmehr 
wird nach Reposition des Bruclisackinhaltes der Bruchsackhals mög¬ 
lichst hoch oben durch eine Tabaksbeutelnaht (Seide) geschlossen. 
Jetzt schlägt K den Bruchsack auf der ganzen Strecke zwischen 
oberem Hodenpol und Bruchsackhals nach außen um, sodaß die 
Serosaüäche, die bisher nach innen zu den Zylinder auskleidete, nun¬ 
mehr nach außen zu liegen kommt. Mit einigen Kopfnähten näht K. die 
sich berührenden Serosaflächen zusammen. Der Bruchsack + Fascia 
transversa + Kremasterschicht bildet nun einen zylindrischen Strang, 
dessen innere Lage die Fascia herniae propr. darstellt, und die Serosa 
zum äußeren Mantel hat. Es .folgt dann die Bassi nische Verlagerung 
und die Naht. Bei einiger Übung ist die Operation in 15—20 Min. 
beendet. 


Das Verfahren hat besondere Vorteile. Jede Quetschung und 
Zerrung der Gewebe fällt fort, eine Verletzung der Samenstranggebilde 
ist ausgeschlossen, ebenso ist die Gefahr der Nachblutung, die auch 
bei stumpfem Ablösen des Bruchsackes droht, glücklich vermieden. 
Dadurch daß der in Verbindung mit der Fascia propr. isolierte 
Bruchsack in seiner ganzen Ausdehnung gespalten wird, wird 
die Gefahr einer spontanen Zurückdrehung des nach außen ge¬ 
schlagenen Bruchsackes am sichersten vermieden, da die Serosa- 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3. 


flächen durch einige Kopfnähte in festen Kontakt miteinander ge¬ 
bracht werden können, sodaß eine Verklebung bald erfolgen kann. 
Auch kommt bei jener Behandlung des Bruchsackes bei dem Um¬ 
schlag der Vaginalserosa nach außen die hieraus resultierende Ver¬ 
klebung einem festeren Verschluß des Bruchsackhalses zu gute kommen. 
Endlich gelingt es wohl sicher bei hochangelegtem Verschluß des 
Bruchsackhalses und Verlagerung des Samenstranges auf den ver¬ 
nähten Leistenkanal, jede Trichterbildung, die zu Rezidiven Anlaß 
geben könnte, zu vermeiden. Grätzer. 


III; Aus Vereinen und Versammlungen. 

Vereinigung niederrheinisch-westfälischer Kinderärzte. 

10. Sitzung vom 10. August 1902 in Köln. 

(Originalbericht.) 

I. Demonstration von Herrn Mayer (Köln), a) Demonstration eines Redressions* 
gipsbettes bei rhachitischer Skoliose. Dasselbe wird nach Schanz auf dem Nebel- 
schen Kähmen in redressierter Lage des Kindes angefertigt, indem man von dem 
Kinde einen Gipsabklatsch des Rückens macht und diesen trocknet. Dem Rippen¬ 
buckel gegenüber kommt ein Filzstück, welches beim fertigen Gipsbett auf die 
Stelle des Rippenbuckels kommt. In den Abklatsch wird oben eine Stahlstange 
quer eingegipst, welche das Herumwälzen mit dem Gipsbett verhindert und 
außerdem einige Schnallen angebracht, welche das unwillkürliche Verlassen des 
Gipsbettes im Schlafe unmöglich machen. Die Ränder werden mit Flanell beklebt 

b) Demonstration eines Lederschuhes über einen Gehgipsverband. Der Schuh 
vorne und hinten zum Schnüren eingerichtet. 

II. Herr Dr. Kaupe (Dortmund). Maligne Varicellen. K. machte bei einer 
Varicellenepidemie die Beobachtung, daß dieselbe äußerst infektiös war, ferner 
daß bei derselben mehr als gewöhnlich Komplikationen auftraten, was von der 
gewöhnlichen Anschauung, daß Varicellen die unschuldigste Kinderkrankheit sei, 
bedeutend ab weicht. Nachdem K. die Urteile betreffs Prognose älterer Pädiater 
angegeben, ging er nach Erwähnung des Falles von Henoch: betreffs Nephritis 
nach Varicellen auf sein eigentliches Thema über und besprach die in der Literatur 
niedergelegte Kasuistik der malignen Varicellen unter Einreihung seiner Beob¬ 
achtungen: 2mal schwere ulceröse Form; 2mal Nephritis; bei einem Kinde, dessen 
Mundschleimhaut besonders befallen war, war sogar das vordere Gaumensegel 
von einer ulcerösen Varicellenpustel durchbrochen; bei einem anderen Nasenein¬ 
gang und Naseninneres äußerst stark befallen und als Kuriosum das Befallensein 
der Vola manus mit typischen Varicellenpusteln. K. schließt: Es ist also das 
Varicellengift nicht immer so indifferent als angenommen wird, und es ist daher 
ratsam, sich bei Varicellenerkrankung betreffs Prognose eine gewisse Reserve zu 
bewahren und wenn auch keine strenge, so doch reizlose Diät zu verordnen. 

Zur Diskussion: Herr Castenholz (Köln). C. hat ebenfalls schwere Nephritis 
nach Varicellen beobachtet wie sie schwerer auch nicht nach Scharlach aufzutreten 
pflegt. In mehreren Fällen — aber nur in einem Jahre, nachher nicht mehr — beob¬ 
achtete C. in einer Varicellenepidemie, daß sich die Varicellen zu großen, pemphigus¬ 
ähnlichen Blasen verbreiterten, von denen einzelne bis zu Handtellergroße an wuchsen. 
Diese Fälle verliefen schwer, wenn auch nicht tödlich. Schließlich muß C. die 
Gefährlichkeit der Varicellen für Hospitäler betonen, weil nach seinen Erfahrungen 
sich an Varicellen sehr leicht Sepsis mit tödlichem Ausgange anschließt 

Herr Rey (Aachen) beobachtete in früherer Zeit niemals irgend welche 
Komplikationen unangenehmer Natur bei Varicellen. Im vergangenen Frühjahr 
jedoch zeigten die Varicellen in Aachen wie auch in Dortmund einen viel 
schlimmeren Charakter als gewöhnlich. Besonders häufig trat unter der bedeutend 

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III. Aus Vereinen und Versammlungen. 


131 


vergrößerten Varicellenpustel ein Furunkel auf; seltener eine breitere Nekrose 
der Haut, die in einigen Fällen bis auf die Fascie hinabging. Die Temperaturen 
erreichten eine ungewöhnliche Höhe. Auch in den schwersten Fällen beobachtete 
er keine Nephritis. 

Herr Krautwig kennt einen Fall von Varicellen, wobei suffokative Anfälle 
eintraten und von einem Halsapezialisten abheilende Ulceration am falschen Stimm¬ 
band festgestellt wurde. 

Herr Selter (Solingen) bestätigt das Vorkommen von Hautgangrän bei 
Varicellen. 

III. Herr Dr. Kaupe. Ikterus nach Scharlach. Ein 4jähriges Kind an leichtem 
Scharlach erkrankt und bereits 4 Tage fieberfrei. Plötzlich Schüttelfrost, Er¬ 
brechen und Temperatur von 39,8, obwohl strengste Milchdiät innegehalten wurde 
und Nieren und Rachen frei waren. Anderen Tages sind die Zervikaldrüsen be¬ 
deutend geschwollen. Rachen frei, ebenso die Gelenke. Bis zum Abeud sind die 
Präaurikulardrüsen, Kubital- und Inguinaldrüsen geschwollen, hart und zum Teil 
sogar sichtbar; ebenso die Milz fühlbar. Es fiel auf, daß das Kind keinen Urin 
gelassen und daß der Stuhl angchalten war; ebenso begannen die Konjunktiven 
sich gelblich zu verfärben. Anderen Tags früh war das Kind tief ikterisch, die 
Leber deutlich fühlbar, nicht schmerzhaft. Urin waren ca. 70 ccm spontan ge¬ 
lassen, hochgestellt, trübe, dunkelbraun, enthielt viel Eiweiß und GallenfarbstofF. 
Mikroskopisch zahlreiche ikterisch * Hyaliuzylinder und Epithelien. Stuhlgang auf 
Einlauf strangförmig, tonig, übelriechend. Während dieser Zeit bestand das 
Fieber fort, bis zum fünften Tage nach dem Schüttelfrost fiel dasselbe kritisch 
ab, womit auch die Diurese wieder ausgiebiger wurde und eine allmähliche restitutio 
sich einstellte. 

Als Ursache nimmt K. zwei Möglichkeiten an. 1. ist durch die Schwellung 
sämtlicher Drüsen auch der an der Porta hepatis gelegene Ductus choledoehus 
verlegt gewesen oder aber die Leber selbst als Drüse ist durch das Virus in toto 
entzündet gewesen und dadurch ist der Übertritt von GallenfarbstofF in die Blut¬ 
bahn bedingt gewesen. 

IV. Herr Krautwig (Köln). Plötzliche Todesfälle im Kindesalter. (Der Vortrag 
ist erschienen im Archiv für Kinderheilkunde Bd. 35.) 

Zur Diskussion: Herr Bloch. Nach Analogie des plötzlichen Jflerztodes 
nach überstandener Diphtherie möchte ich an die plötzlichen Todesfälle nach 
schweren Verbrennungen erinnern, wo bei Sektionen nur wenig konstatiert wurde. 
Wahrscheinlich handelt es sich um Degeneration der Herzganglien durch die ins 
Blut aufgenommenen Verbrennungsstoffe von der Haut aus. 

Herr Castenholz berichtet über einen plötzlichen Todesfall, wo bei der 
Sektion eine im Schlaf aspirierte Fliege vorgefunden wurde. Das Bild machte 
sowohl äußerlich den Eindruck eines Erstickten und auch bei der Sektion wurden 
die Symptome der Erstickung vorgefunden. 

Herr Dreher teilt einen Fall von plötzlichem Tode mit, bei welchem sich 
bei der Obduktion eine mäßige Pleuritis exsudativa und eine im mittleren Maße 
hypertrophische Thymus fand. Das rhachitische Kind ist nach Angabe der Eltern 
bis unmittelbar vor seinem Tode ohne jede krankhafte Erscheinung gewesen. 

V. Herr Selter (Solingen) bespricht an der Hand zweier Fälle von Pylorus¬ 
stenose 1 ), deren einen er post mortem sah und anatomisch mit verarbeitete, während 
der zweite Fall, der unter den typischen Erscheinungen dieser Erkrankung in 
Behandlung kam und jetzt weit gebessert hier vorgestellt wird, die über dieses 
Kapitel bisher erschienene Literatur und knüpft daran eine Kritik, in der er zu 
folgenden Schlüssen kommt. 

1. Die angeborene Pylorusstenose ist ein wohl charakterisiertes Krankheits¬ 
bild, das sich zeigt a) in hartnäckigem aber wechselndem, meist einige Zeit nach 
der Geburt beginnendem, nicht gallenfarbstoff haltigem Erbrechen, b) in spärlichen, 
wenn vorhanden, dyspeptischen Stühlen, c) rascher Gewichtsabnahme und eventuell 
d) deutlich werdender Gastrektasie und e) Tumor in der dem Pylorus entsprechenden 
Gegend. 2. Für das Vorkommen des Pyloruskrampfes fehlen bisher noch die 
nötigen faktischen (d. h. anatomisch physiologischen) Grundlagen. 3. Die Therapie 
der Pylorusstenose erstreckt sich auf Regelung der Diät (feinflockige Gerinnsel 
büdende Speisen, wenn möglich Muttermilch) Magenspülungen, eventuell Mast- 


x ) Erscheint an anderer Stelle 


(Grenzgebiete der Chir. und Med.). 


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132 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8. 


darin- und Hauternährung und bei Fehlschlagen dieser Maßnahmen, als ultimum 
refugium Operation. 4. Die Prognose richtet sich nach dem unter der Behandlung 
festzustellendem Grade der Stenose. 

Zur Diskussion: Herr Hoffmann (als Gast) wendet sich gegen den die Ope^ 
ration vollständig verwerfenden Standpunkt Heubners und glaubt, daß man nach 
einer erfolglosen, nicht zu lange fortgesetzten inneren Therapie doch wohl die 
Verpflichtung habe, mit der Gastroenterostomose eiue Heilung herbeizuführen 
zu versuchen. Besonders der Fall von Kehr beweise, daß man auch in ganz 
jugendlichem Alter erfolgreich operieren könne. Sehr empfehlenswert sei gerade 
bei sehr heruntergekommenen Kindern die Witzelsche Methode der Gastro¬ 
enterostomose, welche eine sofortige Ernährung gestatte. 

Herr Lamm. Bezüglich der diätetischen Behandlung halte ich es für richtig, 
dem Kinde nur kleine, häufige Mahlzeiten zu geben, also das Brustkind nicht, 
wie üblich 15—20 Minuten an der Brust liegen zu lassen und eventuell das 
Resultat der Magenausspülung der Anzahl der Mahlzeiten zu Grunde zu legen. 

Herr Paffenholz berichtet über eiuen Fall von unzweifelhafter Pylorus¬ 
stenose, der ohne Operation gut verlaufen ist. Erbrechen bestand aber monate¬ 
lang, das Kind entwickelte sich sehr langsam, in den späteren Monaten aber gut. 
Also Versuch mit interner Behandlung abzuwarten jedenfalls gerechtfertigt. 

VI. Herr Rendsburg (Solingen) berichtet zur Frage der Buflermilchemährung 
über Erfolge, die Dr. Selter im Verein mit ihm bei Buttermilchernährung in 
der Praxis hatten. In ea. 75 Fällen bewährte sie sich durchaus gut; es gelang 
bei den meisten über Erwarten befriedigende Gewichtszunahmen, bei allen die 
Heilung selbst schwerer Brechdurchfälle zu erreichen, wo andere Mittel versagten 
bezw. langsam zum Ziele führten. Die Erfolge wurden durch Gewichtskurven 
illustriert. Da alle Milchhändler ihre Buttermilch mit vom Tage vorher zurück¬ 
gebliebener sauer gewordener Magermilch versetzen, empfiehlt sich größte Vorsicht; 
als Kontrollmittel, ob die Buttermilch nicht verfälscht ist, hat sich die Aziditäts¬ 
bestimmung und die Fällung des Kaseins mit Essigsäure bewährt. Die mit Mager¬ 
milch versetzte Buttermilch weist stets eine höhere Azidität auf, als die reine; 
das mit Essigsäure gefällte und abfiltrierte Kasein ist bei dieser fein verteilt und 
legt sich dem Filter in dünner Schicht an, bei jener ist es gröber und massiger auf 
dem Filtfir. In Fällen, in denen die Gewichtszunahme bei reiner Buttermilch auf 
die Dauer nicht befriedigte, erzielten sie stets durch Rahmzusatz einen guten Erfolg, 
üble Folgen sahen sie selbst bei schweren Enterokatarrhen nicht hiervon. Bei atro¬ 
phischen, für ihr Alter an Gewicht zurückgebliebenen Kindern ließen sich ohne 
schädliche Folgen bei gesteigerter Zunahme, Mengen bis zu 40 Kalorien pro kg ein¬ 
führen. Am schlechtesten wurde verhältnismäßig das Weizenmehl vertragen; relativ 
häufig ließ es sich im Stuhle unverdaut wiederfinden; bei Verwendung von dextrinierten 
Mehlen ließ sich dieser Umstand leicht heben. Die Mi l lonsche Reaktion auf Eiweiß 
war selbst bei Einfuhr unverhältnismäßig hoher Eiweißmengen stets negativ oder nur 
schwach angedeutet. Um zu sehen, ob das geänderte Verhältnis von Kasein zum 
Albumin in der Buttermilch mit zur leichteren Verdaulichkeit derselben beitrüge, 
haben S. und R. das Kasein der Buttermilch und der Magermilch gefällt und 
gewogen (so gut dies ohne exakte chemische Apparate ging) und ein Plus von 
Kasein in der Magermilch um 2,65% gefunden. Genauere chemische Analysen 
über das Verhältnis des Albumins und Kaseins in der Buttermilch stehen noch 
aus, werden jedoch auf ihre Veranlassung gemacht werden. 

Zur Diskussion: Herr Gernsheim. Von meiner ursprünglichen Skepsis, der 
ich verschiedentlich Ausdruck gegeben habe, bin ich abgekommen, seitdem ieh 
mit einwandsfreier Buttermilch, speziell bei Kindern auf dem Lande, in deren 
Familien selbst die Buttermiich sorgfältig hergestcllt wurde, gute Erfolge gehabt 
habe. Diese guten Ergebnisse stellten sich jedoch nur bei chronischen Erkrankungen 
des Magendarmkanals bei Kindern von 5—10 Monaten, ja bei Kindern über ein 
Jahr ein, nicht aber bei akuten Brechdurchfällen, bei denen ich regelmäßig ein 
klägliches Fiasko erlebte. Ich möchte noch hinzufügen, daß ich statt des nicht 
immer gleichmäßig beschaffenen Weizenmehls, Reismehl und zwar das in Paketen 
käufliche Knorrsche Reismehl verwenden lasse. 

Herr Paffenholz. Die Skepsis bei der Buttermiiehernährung bezieht sich auf 
die Schwierigkeit in Großstädten, gute Buttermilch zu beschaffen. Ein eklatanter 
Erfolg bei einem Dorfkind von ft Wochen (Zunahme von 1800 g in 3 Wochen), 
dessen Eltern selbst täglich für ihr Kind die Buttermilch bereiteten, veranlaßte 


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UI. Aus Vereinen und Versammlungen. 


138 


zu Versuchen in der Stadt; hier war das Material sehr verschieden, auch garantiert 
reine Proben ergaben große Unterschiede im Säuregehalt (16 Grade nach Soxhlet 
mit x / 4 -NNa- Lauge bis zu 38 Grade). Millonsche Reaktion nicht durchaus 
Kontraindikation gegen Eiweißernährung, auch Verdauungssekrete können dem 
Stuhl beigemischt sein. Überhaupt muß der so wichtige Weg der Fäcesunter- 
suchungen beim Aufsuchen der passenden Ernährungsweise noch weiter ausgebaut 
werden. Bestätigungen der Erfolge Biederts fehlen bis jetzt seitens der großen 
Kinderkliniken. 

Herr Selter. Daß man skeptisch der Buttermilch gegenüber gestanden, 
hat seinen Grund darin, daß sie auf Grund rein empirischer Erfahrung empfohlen 
wurde. Die erste Publikation hierüber (Teixeira) stößt unserer wissenschaftlichen 
Erkenntnis geradezu vor den Kopf, wenn sie z. B. mitteilt, daß man straflos un¬ 
gezählte Kalorien Buttermilch einführen könne, daß eine genaue Stuhluntersuchung 
zwecklos sei u. s. w. Ich glaube aber und Herr Rensburg hat es Ihnen an¬ 
gedeutet, daß wir einen Grund ihrer vorteilhaften Wirkung in dem Verhältnis 
des Albumins zu dem Kasein der Buttermilch sehen müssen. Ich bin daran, den 
Gedanken weiter auszubauen und eine auch konservierbare, kaseinarme und al¬ 
buminreiche Nahrung herzustellen. Sollte uns das gelingen, so glaube ich, sind 
wir damit einen Schritt weiter in der Säuglingsernährung, indem wir je nach dem 
Resultate der Stuhluntersuchung — die ich allerdings nach Biedert in der 
Therapie der Ernährungsstörungen für unentbehrlich und für einen trefflichen 
Wegweiser halte — Rahm (Fett), aus Zucker bezw. Kohlehydraten und aus einer 
solchen albuminreichen Milch eine dem Einzelfalle entsprechende Nahrung herzu¬ 
stellen in der Lage sind. Vorläufig aber glaube ich, ist die Buttermilch dazu 
berufen, uns die Lücke der leicht verdaulichen Eiweißmilch zu ersetzen. 

Herr Rensburg (Schlußwort). Ich wundere mich darüber, daß andere Herren 
solche Schwierigkeiten haben, eine einwandfreie Buttermilch zu erlangen. Wir 
haben in unserer doch relativ kleinen Stadt in kurzer Zeit schon 2 Quellen für 
gute Buttermilch gefunden. Die Prüfung des Stuhles mit Mi lionscher Reaktion 
hat uns auch in anderen Fällen zur Beurteilung, ob das Eiweiß verdaut wird, 
stets gute Dienste geleistet, wie überhaupt die Biedertsche Stuhluntersuchung 
auf Eiweiß, Fett und Stärke; wenn sie auch noch nicht alles bietet, so zeigt sie 
uns doch den Weg, an Stelle der rohen Empirie Indikationen für die eine oder 
andere Nahrungsweise zu finden. Die Mißerfolge Gernsheims bei akutem 
Darmkatarrh sind vielleicht darauf zurückzuführeh, daß die selbstbereitete Butter¬ 
milch benutzt wurde; wir haben jedenfalls auch hier glänzende Erfolge gesehen. 
Daß die Buttermilch als Nahrungsmittel wieder verschwindet, glaube ich nicht, 
es sei denn, daß es gelingt, dasjenige herauszufinden, was der Buttermilch ihre 
Erfolge bei der Säuglingsernährung verschafft. J. G. Rey. 


Königliche Gesellschaft der Ärzte Budapest. 

(Chirurgische Sektion.) 

Sitzung vom 13. XI. 1902. 

(Originalbericht.) 

M. Winternitz berichtet von einem durch primäre Naht geheilten supra- 
condylären Oberarmbruch bei einem 6jährigen Knaben. Die Adaptierung ohne 
Naht gelang nicht, daher versuchte W. nach Freilegung der Bruchenden die 
Vereinigung mittels Silberdraht. Der Verlauf war vollständig aseptisch, der Er¬ 
folg ein ausgezeichneter, da die Extension des Armes vollständig, die aktive 
Flexion bis 130, die passive bis 145° gelingt. Die Röntgenaufnahme zeigt den 
Mangel eines funktionhindernden Callus. Grund dieser Beobachtung empfiehlt 
W. diesen Vorgang, bei allen supracondylären Brüchen, wo die Adaptierung der 
Bruchenden unmöglich, oder wo Nerven- oder anderlei schwere Verletzungen 
im Spiele sind. Ernö Deutsch (Budapest). 


Königliche Gesellschaft der Ärzte Budapest. 


Sitzung vom 17. I. 1903. 

H. Alapy demonstriert einen 12jährigen Knaben, der 5 Wochen hindurch 
fieberte, ohne daß man den Grund eruiert hätte. Nach 5 Tage währender Be- 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3. 


obachtung stellt A. per exclusionem die Diagnose einer ohne Exsudation und 
Abszeßbildung verlaufenden Appendicitis. Die mikroskropische Untersuchung 
des entfernten Processus vermiformis bestätigte die Diagnose, indem sie das 
Bild einer beginnenden Appendicitis granulosa sec. Riedel zeigte. 

Ernö Deutsch (Budapest). 


Medizinische Gesellschaft zu Magdeburg. 

J Sitzung vom 23. Oktober 1902. 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 2.) 

Herr Reichard: über Sehnenverpflanzung. Vortr. schildert kurz die Geschichte 
dieses modernen OperationsVerfahrens und bespricht an der Hand seiner eigenen 
Erfahrungen (60 Verpflanzungen) die Indikationen. Während ihm die sonst am 
häufigsten zu dieser Operation indizierende Erkrankung, die spinale Kinderlähmung, 
bisher nur wenig und sehr undankbare Fälle ergab (lauter doppelseitige Lähmungen), 
hat er relativ viel Operationen gemacht bei der zerebralen Kinderlähmung und 
der Littleschen Krankheit (bei der ersteren Affektion 22, bei der zweiten 
14 Operationen). Bei der zerebralen Kinderlähmung läßt sich recht viel auf 
diesem Wege erreichen, indem sich ein Ausgleich zwischen Spasmus einerseits 
und Parese andererseits herstellen läßt, so daß die sehr störende spastische Equino- 
varusstellung des Fußes ganz verschwindet und ein normaler Gang mit gutem 
Aufsetzen der Fußsohle erlangt wird, während an der Hand sich in gewissen 
Grenzen Gebrauchsfähigkeit erzielen läßt durch Streckung der gebeugt herab¬ 
hängenden bezw. bei großer Spasmität eingebauten Finger. Durch Demonstration 
von Gipsabgüssen und Vorstellung mehrerer operierter Pat. werden die erreichten 
Erfolge gezeigt. Bei der Littl eschen Krankheit kommt der Sehnenverpflanzung 
zweifellos die Rolle zu, die übrigen Behandlungsmethoden in wertvoller Weise 
zu unterstützen. Andere Indikationen gaben noch ab ein doppelseitiger Hacken¬ 
faß bei Spina bifida, der sehr gut zu beseitigen war, ein doppelseitiger Klumpfuß 
und eine Quadricepsparese bei Spondylitis, sowie mehrere Fälle von angeborenem 
Klumpfuß und je 1 Fall von rhachitischem Knickfuß und doppelseitigem Klump¬ 
fuß nach schwerer chronischer Arthritis. In allen letztgenannten Fällen ließen 
sich sehr schöne Erfolge erzielen. Über die Sehnenverpflanzung an Stelle der 
Sehnennaht bei älteren Verletzungen fehlen eigene Erfahrungen. Schließlich be¬ 
spricht Vortr. noch kurz die Technik des Verfahrens. 


IV- Neu© Bücher. 


Carl Hochsinger. Gesundheitspflege des Kindes im Elternhaus. 2. Auflage. Verlag 
von Fr. Deuticke (Leipzig-Wien). Preis Mk. 3,60. 

Th. Go erg es. Das Kind im ersten Lebensalter. Verlag von Ullstein & Co. Berlin. 
Preis Mk. 1. 


G. Riether. Unser Kind. Verlag von A. Holder, Wien. Preis Mk. 1. 

Bei der Gewissenhaftigkeit, deren sich Hochsinger bei seinen Publikationen 
befleißigt, nimmt es nicht wunder, daß der Autor seine im Jahre 1895 zum 
erstenmal erschienene Arbeit in umfassender Weise revidierte, ehe er sie von 
neuem in die Welt schickte. Es hat allen wichtigen Neuerungen z. B. auf dem 
Gebiete der Ernährungsfrage der Säuglinge, der Nabel- und Mundpflege vollste 
Berücksichtigung zuteil werden lassen, er hat auch viele andere Kapitel umge¬ 
arbeitet und vermehrt, er hat der Alkoholfrage, den Eiweißpräparaten, den neueren 
Desinfektionsmethoden u. s. w. die nötige Aufmerksamkeit geschenkt, kurz: er hat 
ein modernes Buch geschaffen, welches altes Wesentliche über private Hygiene 
der Kinder von ihrer Geburt bis zur beendeten Schulzeit enthält und von einiger¬ 
maßen gebildeten Laien mit bestem Nutzen studiert werden kann. Mit Recht 
hat der Verf. die Generaleinteilung des Stoffes in 3 Abschnitte (Besonderheiten 
der Säuglingspflege, allgemeine Regeln einer Gesundheitspflege des Kindes, häus¬ 
liche Pflege des Schulkindes) beibehalten, da solche eine große Übersichtlichkeit 
des Inhaltes gewährleistete. So wird auch die neue Auflage des Werkchens gewiß 
aufs beifälligste aufgenommen werden. 


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V. Monats-Chronik. 


135 


Ein beschränkteres Gebiet hat Go erg es, der Arzt des Elisabeth-Kinder- 
hospitals zu Berlin zum Gegenstände seiner Ausführungen gemacht. Er hat dies 
Gebiet aber recht geschickt, klar und übersichtlich bearbeitet, hat dem modernen 
Standpunkt der Wissenschaft alienhalben Rechnung getragen, so daß man das 
Büchlein Laien sehr wohl zur Lektüre empfehlen kann. Das bei guter Ausstattung 
recht billige Buch gehört Ullsteins „Sammlung praktischer Hausbücher“ an, es 
ist auch ein praktisches Hausbuch in gutem Sinne des Wortes. 

Riethers „Unser Kind“ stellt sich zur Hauptaufgabe, ein „Vormerkbüchlein 
über das Gedeihen des Kindes“ zu sein. Es enthält in zweckmäßiger Anordnung 
Notizblätter zur Eintragung über Längen- und Wachstumsverhältnisse, Zahnen, 
Impfung, Gewichtzunahmen, Krankheiten u. 3 . w. des betreffenden Kindes, und 
als Anhang die wichtigsten Vorschriften über Ernährung und Pflege hauptsächlich 
fürs erste Lebensjahr. Das kleine Buch dürfte sich rasch Eingang in die Familien 
schaffen, da es durchaus den Bedürfnissen angepaßt ist und es den Eltern sehr 
bequem macht, übersichtlich und schnell sich über Gedeihen und Entwickelung 
ihrer Kinder zu orientieren. Grätzer. 

Vor uns liegt ein Exemplar des ersten Doppelheftes der „Mitteilungen 
der deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrank¬ 
heiten“. In demselben befinden sich außer dem Aufruf zur Begründung der 
Gesellschaft, deren Statuten sowie die Verhandlungen der konstituierenden Ver¬ 
sammlung im Bürgersaale des Rathauses zu Berlin am 19. Oktober 1902 ausführlich 
wiedergegeben. Ziele und Arbeitsplan der Gesellschaft sind aus diesen Verhand¬ 
lungen klar ersichtlich. Wie ebenfalls aus dem Inhalt der „Mitteilungen“ zu er¬ 
sehen ist, hat die Gesellschaft in der kurzen Zeit ihres Bestehens einen unerwarteten 
Aufschwung genommen, and da sie sich die Förderung der höchsten Reichs- und 
Staatsbehörden in hohem Maße erfreut, so ist zu erwarten, daß sie in der nächsten 
Zeit auf diesem Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege eine führende Rolle 
spielen wird. Wir bemerken noch, daß die „Mitteilungen“, welche den Mitgliedern 
der Gesellschaft unentgeltlich zugehen, auch durch den Buchhandel zum Jahrespreis 
von 3 Mk. zu beziehen sind. Sie erscheinen bei der bekannten Verlagsbuchhandlung 
von Johann Ambrosius Barth in Leipzig. G. 


Heue Dissertationen. 

Arbogast, Adolf. Über Behandlung der Melaena neonatorum mit Gelatineinjektionen. 

(Straßburg, Dezember 1902.) 
Heilbronn, iosef. Über kongenitale Nierenanomalien. 

(Würzburg, November 1902.) 

Hügel, Ludwig Ferdinand. Über Ileus im Kindesalter. 

(München, Dezember 1902.) 
Klippen, August. Der Pyloruskrampf im Säuglingsalter. (Bonn, Dezember 1902.) 
Lebon, Camille. Über das Mortalitätskontingent des Keuchhustens. 

(Straßburg, Dezember 1902.) 

Sachs, Adalbert. Über angeborene Defekte des Schlüsselbeine. 

(Leipzig, Dezember 1902.) 

Schlüter, Robert. Die fötale Infektion der Tuberkulose. 

(Rostock, Dezember 1902.) 

v. Schrenk-Notzing, Freiherr Albert. Beiträge zur Kenntnis der angeborenen Luxa¬ 
tionen im Sprunggelenk. (Leipzig, Dezember 1902.) 

Schulz, Karl. Über einen Fall von kongenitaler Amputation der rechten oberen 
Extremität (Würzburg, November 1902.) 

Sprenker, Theodor. Über die Beziehungen der Skrofulöse zu den häufigsten Binde- 
und Hornhauterkrankungen des Kindesalters. (Freiburg, Dezember 1902.) 


V, Monats-Chronik, 

Berlin. Der Allgemeine Deutsche Verein für Schulgesundheitspflege hat 
an die Regierungen und Stadtverwaltungen eine Eingabe gerichtet, worin um die 
Anstellung von Schulärzten in den Städten und auf dem Lande ersucht wird. In 

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136 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3. 


der Eingabe wird ausgeführt: Es liegen bereits genügende Erfahrungen vor, um 
über die Tätigkeit von Schulärzten urteilen zu können, und dieses Urteil lautet, 
daß überall, wo Schulärzte eingeführt worden sind, ihre Tätigkeit eine durchaus 
zufriedenstellende und ersprießliche gewesen ist. Die Befürchtungen, die man an 
die schulärztliche Tätigkeit insbesondere für das innere Leben der Schule knüpfte, 
sind nicht eingetroffen. Die Lehrerschaft hat sich mit der Einrichtung befreundet, 
ein Widerstand der Lehrerschaft, sobald sie das Wesen und Wirken der Schularzt- 
Institution in rechter Form kennen gelernt, hatte, ist nirgends hervorgetreten. 
Die Schularzteinrichtung ist nicht nur für die größeren und kleineren Städte ein 
Erfordernis, sondern in gleichem, wenn nicht erhöhtem Grade für die Landschulen, 
in welchen vielfach noch Zustände herrschen, die jeder Gesundheitspflege geradezu 
spotten. Ist auch die Schularztorganisation auf dem Lande mit größeren Schwierig¬ 
keiten als in den Städten verbunden, so zeigt doch das Beispiel des Herzogtums 
Sachsen-Meinigen, daß diese Schwierigkeiten nicht unüberwindbar sind. Die 
Grundzüge einer schulärztlichen Tätigkeit lassen sich in folgendem zusammen¬ 
fassen: 1. Begutachtungen aller Schulen und ihrer Einrichtungen. Von Zeit zu Zeit 
erfolgende Kontrolle dieser Einrichtungen. 2. Untersuchung der neu in die Schule 
tretenden Kinder, Wiederholung der Untersuchung, jedenfalls der krank befundenen 
Kinder innerhalb gewisser, nicht zu groß bemessener Zwischenräume und Angaben, 
was im Interesse der Schule und Schüler mit den kranken Kindern zu geschehen 
hat. 3. Unterstützung und Förderung aller mit der Schule auch in weiterem 
Sinne zusammenhängenden hygienischen Bestrebungen (Schulbäder, Heilstätten, 
hygienische Vorträge u. s. w.j. — Die hier angestrebten Ziele, denen man un¬ 
bedingt beistimmen muß, ließen sich am einfachsten in der Weise erreichen, daß 
zur Lösung der unter 1 genannten Aufgaben überall einige wenige hygienisch 
besonders durchgebildetc Ärzte als Oberschulärzte angestellt würden, welche 
die Schulbehörden zu beraten hätten, während zur sachgemäßen Erledigung der 
unter 2. und 3. genannten Forderungen sich zweifellos das System der freien 
Arztwahl seitens der Eltern der Schulkinder am besten eignen würde, das mit 
Leichtigkeit nach dem Muster kassenärztlichen Organisationen mit freier Auswahl 
eingerichtet werden könnte. (Allgem. med. Central-Ztg. 1903 No. 1.) 

— Die Kinderheilstätte für tuberkulöse Kinder des Berlin-Brandenburger Heil¬ 
stätten-Vereins ist am 5. Januar dieses Jahres eröffnet worden. Meldungen zur 
Aufnahme sind an Direktor D. Moeller, Vereins-Heilstätte Belzig, zu richten. 

Schweiz. Schulärztliche Untersuchungsergebnisse in der Schweiz. Im Jahre 
1897 wurde in der Schweiz, nach dem „Deutschen Reichsanzeiger“, eine Zählung 
der schwachsinnigen, körperlich gebrechlichen und sittlich verwahrlosten Schul¬ 
kinder ausgeführt, die in verschiedener Beziehung lückenhaft geblieben war. Um 
ausreichende und zuverlässige Feststellungen über abnorme Kinder zu beschaffen, 
wurde eine alljährlich stattfindende Untersuchung der in die Schule eintretenden 
Kinder durch die Schulärzte in 16 Kantonen angeordnet. In den Jahren 1899 
und 1900 wurden, wie die „Stat. Corr.“ der „Schweizerischen Statistik“ (Jahr¬ 
gang 1901) entnimmt, zusammen 107 968 Kinder mit dem Ergebnis untersucht, 
daß darunter 15595 Kinder = 144 aufs Tausend als nicht völlig normal erklärt 
werden mußten. Davon waren 2578 mit geistigen Gebrechen behaftet, und zwar 
waren blödsinnig 83, schwachsinnig in höherem Grade 552, in geringerem Grade 
1943. Die Zahl der Schwachsinnigen ist infolge sorgfältigerer Prüfung im letzten 
Berichtsjahre gegen das vorhergehende gesunken; dagegen blieb das Verhältnis 
der körperlichen Gebrechen, die leichter festzustellen sind, in beiden Jahren an¬ 
nähernd das gleiche. Es litten daran in den Jahren 1899 und 1900 zusammen 
12906 Kinder, und zwar an Augenfehlern 6895, an Gehörfehlern 2032, an Fehlern 
der Sprachorgane 1833, an Nervenkrankheiten 130 und an anderen Krankheiten 
2016; sittlich verwahrlost waren 111 Kinder. Von den 15 595 nicht normalen 
Kindern konnten 14262 = 915 aufs Tausend dem Unterricht in der öffentlichen 
Volksschule folgen; für 1333 — 85 aufs Tausend wurde Überweisung an eine 
Spezialklasse oder -anstalt angeordnet. Für ein Jahr von der Schule ausge¬ 
schlossen wurden 1899 367 und 1900 362 Kinder. 

(Allgem. med. Central-Ztg. 1903 No. 3.) 


Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzer in Sprottau. Verlag von Johann 
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metzger & Wittigin Leipzig. 


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Central blatt für 

Kinderheilkunde. 

Eine Monatsschrift für praktische Ärzte. 
VIII. Jahrgang. 1 . April 1908. No. 4. 


I. Referate. 

H. Zia. Über eine Konjunktivitisschulepidemie nebst einigen 
allgemeinen Bemerkungen über ärztliche Anordnungen bei 
Schulepidemien.*) 

(Aus der Univers.-Augenklinik zu Maxburg.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 7.) 

Im September vorigen Jahres herrschte in Marburg eine schwere, 
epidemisch aufgetretene Bindehauterkrankung — so wurde uns 
wenigstens von den verschiedensten Seiten mitgeteilt. 

Obwohl wir diese Auffassung keineswegs teilen, so erachten wir 
es doch für zweckmäßig, über diese sogenannte schwere Schulepidemie 
in Kürze zu berichten, weil daraus Lehren für die Zukunft gezogen 
werden können. 

Die Epidemie war in der höheren Töchterschule ausgebrochen 
und hatte folgenden Verlauf: 

Eine Schülerin stand wegen einer ekzematösen Hornhauterkrankung in Be¬ 
handlung der Klinik und trug auf dem erkrankten Auge einen leichten Heft¬ 
pflasterverband. Sie kam jeden Tag ziemlich frühzeitig in die poliklinische Sprech¬ 
stunde, so daß sie wohl regelmäßig zwei Schulstunden versäumte. 

Nach einigen Tagen kamen auch ihre Schulnachbarinnen und klagten über 
Brennen und leichtes Tränen der Augen, sowie über Beschwerden bei der Nah¬ 
arbeit. Bei der einen war ein geringer hypertrophischer Astigmatismus vorhanden, 
bei beiden konstatierten wir oberflächlich sitzende, zart rosa aussehende Follikel 
im lateralen Bereich der unteren Übergangsfalte. 

Da sie glaubten, von ihrer Nachbarin angesteckt zu sein, beruhigten wir sie 
und versicherten, daß von seiten ihrer Nachbarin keinerlei Ansteckungsgefahr 
vorliege. Falls sie wirklich in einigen Tagen noch Beschwerden hätten, sollten 
sie rieh wieder sehen lassen. 

Am nächsten Tage kamen drei weitere Schülerinnen, die in nächster Nähe 
saßen, mit den gleichen Beschwerden. Zwei davon hatten ganz normale Bindehaut, 
eine hatte eine Anzahl der oben beschriebenen Follikel. 

Obwohl wir die Kinder selbst, obwohl wir die Eltern und den Herrn Direktor 
der Schule vollkommen beruhigen konnten, kamen in den nächsten Tagen immer 
wieder neue Schülerinnen, die plötzlich Schmerzen in den Augen verspürten und 
bei der Naharbeit hatten. Zwei Kinder hatten wir auf ihre Bitte hin auf einige 
Zeit von der Handarbeitsstunde dispensieren lassen! 

Die Schülerinnen zeigten teils ganz normale Bindehaut, teils waren an der 
Bindehaut vereinzelte, teils zahlreiche Follikel vorhanden. Nur bei einer Schülerin 
war etwas schleimige Absonderung vorhanden — das damit angefertigte Deck¬ 
glaspräparat ließ einzelne Kokken und Xerosebazillen erkennen. 

Eine einzige Schülerin — im ganzen waren angeblich 41 erkrankt — zeigte 


! ) Diese Mitteilung ist so interessant und wichtig, daß wir sie vollständig 
wiedergeben au müssen geglaubt haben. Red. 

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138 


Centralblatt für Kinderheilkunde. 1 No. 4. 


eine trachomverdächtige Bindehaut, doch erwies auch hier der Verlauf, daß eine 
Schulfollikularis vorlag. 

Wir gaben einzelnen Zinktropfen oder schwache Kupfersalbe mit, die sie 
zu Hause anwenden sollten, falls sie noch Beschwerden verspüren würden. Nur 
einige wurden angewiesen, sich täglich vorzustellen; trotzdem kam die Mehrzahl 
in den nächsten Tagen wieder gelaufen. Es waren dies, wie wir feststellen 
konnten, die Freundinnen der Schülerinnen, die wir wieder bestellt hatten — 
sonach war eine Ausbreitung der Epidemie von Freundin zu Freundin zu kon¬ 
statieren! 

Wir schafften uns die kleinen Quälgeister in den nächsten Tagen mehr und 
mehr vom Halse und schon war die Zahl sehr gering geworden — da kam eines 
Morgens die ganze Gesellschaft wieder und behauptete, sie dürften nicht zur 
Schule kommen, da sonst die gesunden Kinder der Schule fern bleiben würden. 

Wir waren darüber höchst erstaunt, da wir stets eine Ansteckungsgefahr 
als ausgeschlossen erklärt hatten, da wir die Kinder, deren Eltern und Lehrer 
beruhigt glaubten. 

Wir bemerken, daß auch mit dem Herrn Kreisphysikus in obigem Sinne 
Rücksprache genommen war. 

Auf Befragen erfuhren wir nun, daß von anderer Seite überängstlichen Eltern 
der Rat gegeben worden war, ihre Kinder aus der Schule zu lassen, damit sie 
nicht angesteckt würden. 

Wir bemerken, daß nach den von der Regierung aufgestellten Regulativen 
man durchaus berechtigt war, bei vielen der beobachteten Fälle von leichten 
Fällen von Trachom zu sprechen, da diese Vorschriften den unitarischen Stand¬ 
punkt vertreten. 

Bei dieser Sachlage blieb daher dem Herrn Schuldirektor nichts anderes 
übrig, als sämtliche über ihre Augen klagenden Kinder wegzuschicken und ihnen 
den Schulbesuch nicht eher zu gestatten, als bis sie ein Attest beibrachten, wo¬ 
nach von seiten ihrer Augen keinerlei Ansteckungsgefahr vorlag. 

Wir stellten die gewünschten Atteste aus und ließen zur Beruhigung einige 
Kinder, die eine größere Zahl von Follikeln hatten, täglich zur Behandlung 
kommen. 

Nun wurden auch einige Schüler des Gymnasiums, deren Schwestern die 
schwere Augenerkrankung hatten, geschickt und schon wollte auch da die Epidemie 
ausbrechen. 

Wir traten darauf mit dem Herrn Direktor in Verbindung und schlugen 
ihm nach Klarlegung der Sachlage vor: Es sollten die über ihre Augen klagenden 
Schüler uns geschickt werden, keiner sollte vom Schulbesuche befreit werden und 
es sollten die über ihre Augen klagenden Schüler in die ersten Bänke gesetzt 
und möglichst oft aufgerufen werden. 

Der Herr Direktor machte davon in allen Klassen Mitteilung. Die erwartete 
Wirkung blieb nicht aus. Die drohende Epidemie war im Keime erstickt. Kein 
einziger kam nach dieser Kundgebung. 

Wir haben bei der Schilderung der Epidemie von einer Reihe nicht wesent¬ 
licher Details abgesehen, denn aus dem Gesagten dürfte mit Sicherheit hervor¬ 
gehen, daß es sich bei den überhaupt Erkrankten in mindestens 8 / 10 der Fälle 
um eine Follikelvermehrung in ’der Bindehaut ohne Katarrh, bei einzelnen um 
eine Conjunctivitis follicularis gehandelt hat, und daß die scheinbare Infektion 
lediglich eine psychische Infektion darstellte. 

Natürlich hat keine einzige der Schülerinnen, abgesehen von etwas ver¬ 
minderten Schulkenntnissen, den geringsten Schaden davongetragen. 


Was für Schlüsse dürfen wir aus obigen und anderweitigen Er¬ 
fahrungen ziehen? 

Die von der Regierung aufgestellten Regulative bedürfen, wie. 
dies bereits früher von Greeff u. a. betont wurde, einer baldigen 
Abänderung im Sinne des dualistischen Standpunktes, denn wir sahen 
hier, wie schon so oft, daß dadurch unnötige Angst in die Bevölkerung 
hineingetragen werden kann. 

Es ist notwendig, sofort bei dem Beginne von.Schulepidemien. 

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L Referate. 139 

mit dem Direktor der Schule in Verbindung zu treten und ihn nach 
allen Richtungen hin zu orientieren. 

Sogleich bei dem Beginne der Epidemie ist die Frage zu erwägen, 
ob nicht die Schulklasse, in der die Epidemie ausgebrochen ist, oder 
bei gleichzeitigem Beginne in mehreren Klassen die ganze Schule einer 
Untersuchung zu unterziehen ist. Allgemeine Regeln flir alle Schulen 
dürften sich hier kaum aufstellen lassen. Die Untersuchung ist zweck¬ 
mäßigerweise von dem Herrn Kreisphysikus in Gemeinschaft mit einem 
erfahrenen Augenarzt vorzunehmen. Das Resultat der Untersuchung 
nebst Direktiven wird dem Herrn Schulvorstand mitgeteilt und derselbe 
darf nur diesen Anordnungen Folge geben. Dem Werte von Schul¬ 
ärzten gegenüber verhalten auch wir uns bei der in Rede stehenden 
Frage etwas skeptisch. 

Trachomverdächtige Fälle und solche, bei denen die Konjunktiva 
ein pathologisches Sekret absondert, werden zweckmäßig isoliert gesetzt 
und sind einer Behandlung zu unterziehen. 

Bei lediglich psychischer Infektion dürften pädagogische Ma߬ 
nahmen rasch zum Ziele führen. Irgend welche Konzessionen ärztlicher¬ 
seits an die erkrankten Schüler sind durchaus zu vermeiden. 

Der Schulschluß ist nicht nur unnötig, sondern meist verkehrt, 
ja er kann schädlich sein. 

Fast immer handelt es sich bei den Schulepidemien, die den 
Verdacht einer trachomatösen Erkrankung aufkommen lassen, um 
durchaus harmlose Erkrankungen, bei denen eine Infektion von Schüler 
zu Schüler höchst unwahrscheinlich ist. 

Aber auch bei wirklichem Trachom ist Schulschluß zu widerraten, 
da auch hier die Gefahr der Übertragung in der Schule sehr gering 
ist, jedenfalls sich vermeiden läßt, da ferner die Gefahr der Infektion 
der Schüler zu Hause eine viel größere ist und ein Schulschluß, wenn 
er überhaupt von Nutzen sein soll, sich auf lange Zeit erstrecken 
müßte. 

Schüler, bei denen Trachom mit Sicherheit festgestellt ist, sind 
zweckmäßigerweise isoliert zu setzen und müssen behandelt werden. 
Die Behandlung läßt sich von der Schule aus regelmäßiger gestalten 
als von zu Hause aus. 

Besteht Absonderung nennenswerten Grades, so sind die Kinder 
vom Schulbesuch auszuschließen; denn es ist immer wieder zu be¬ 
tonen, daß eine Ansteckung beim Trachom wohl nur durch Sekret¬ 
übertragung erfolgt. 

Bei den durch Pneumokokken oder Koch-Weekssche Ba¬ 
zillen u. s. w. hervorgerufenen Schulepidemien sind die erkrankten 
Schüler isoliert zu setzen. Die Fälle, bei denen eine stärkere Ab¬ 
sonderung besteht, sind von der Schule fern zu halten. Falls eine 
größere Zahl von Schülern erkrankt ist, so dürfte ebenfalls deren 
Ausschluß von der Schule oder das Schließen der Schule iür kurze 
Zeit in Erwägung zu ziehen sein. 

Letztere Epidemien entstehen nicht selten plötzlich, dahingegen 
spricht ein plötzliches Einsetzen einer Epidemie mit größter Wahr¬ 
scheinlichkeit gegen Trachom. 

Als prophylaktische Maßnahmen sind Anweisungen zur Reinlich- 

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140 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4. 


keit, besonders auch zu öfterem Händewaschen, öfteres Abreiben der 
Schulbänke, der Türklinken u. s. w. zu empfehlen. Der Gebrauch 
gemeinsamer Waschutensilien und Handtücher ist zu vermeiden. 

Meinem verehrten Chef Herrn Prof. L. Bach spreche ich für die 
Anregung zu dieser Arbeit und die gewährte Hilfe meinen verbind¬ 
lichsten Dank aus. 


F, R. V. Arlt Die Aufhellung alter und frischer Hornhaut¬ 
trübungen (ex conj. ly mph.) durch Dionin. 

(Wochenschrift für Therapie und Hygiene des Auges VI. No. 11.) 

Zur Aufhellung von Hornhauttrübungen nach Conjunctivitis 
phlyctänularis bringt A. Dionin in Substanz in Dosen von 0,005 in 
den Bindehautsack und läßt leichte Massage folgen. Das Manöver 
wird in der Woche nur ein-, selten zweimal angewendet und auf diese 
Weise eine Gewöhnung an das Mittel und verminderte Wirkung des¬ 
selben vermieden, wie eine solche stets dann eintritt, wenn das Medi¬ 
kament öfters und dafür in geringeren Dosen verabfolgt wird. Un¬ 
mittelbar nach der Einlegung tritt mäßig starker Schmerz auf, der 
2—5 Minuten andauert, zugleich zeigt sich eine starke Lymphüber- 
schwemmung der Bindehaut, die mehrere Stunden anhält. Ein Verband 
wird nicht angelegt. Ist man genötigt, dem Kranken Dionin selbst 
in die Hand zu geben, so tut man dies am besten in der Form einer 
10°/ 0 igen Salbe, die abends erbsengroß eingestrichen wird. Aus den 
angefügten fünf Krankengeschichten geht hervor, daß die Behandlungs¬ 
dauer eine sehr lange sein muß. Es zeigt sich zwar auch schon 
nach mehrwöchentlichem Gebrauch von Dionin eine wesentliche 
Besserung der Sehschärfe, um jedoch eine volle Aufhellung von 
dichteren Trübungen zu erzielen, ist eine Zeit von vielen Monaten bis 
zu 2 Jahren erforderlich. Dann allerdings ergeben sich auch bei 
älteren Trübungen und älteren Individuen sehr gute Resultate, und 
die Erreichung einer wieder vollständig normalen Sehschärfe ist keine 
Seltenheit. Ens 1 in (München). 


J. Veverka. Über die Prophylaxis der Augenblennorrhoe der 
Neugeborenen durch Protargol. 

(Aus der geburtshilflichen Klinik in Prag.) 

(Die Heilkunde 1908 No. 1.) 

Vom März 1900 bis Februar 1901 wurden 1100 Neugeborene 
prophylaktisch mit 20°/ o iger Protargollösung behandelt; der Prozent¬ 
satz der Infizierten war 0°/ o - Außer dieser prompten Wirkung sind 
beim Protargol als Vorzüge hervorzuheben: die stets unbedeutend 
bleibende Reaktion der Conjunctiva. Die Ungefährlichkeit erleichtert 
die Technik sehr: es kommt gar nicht darauf an, ob man einige 
Tropfen mehr eintropft. Das nachherige Auswaschen mit Kochsalz¬ 
lösung fällt weg. 


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I. Referate. 


141 


Auf der Klinik von Prof. Rubeska wird in folgender Weise 
verfahren: Sofort nach der Geburt, solange das Kind noch mit der 
Nabelschnur zusammenhängt, werden die Lider jedes Auges mit einen* 
in S 0 / 0 ige Borsäurelösung getauchten Wattebausch gereinigt. Nach 
Unterbindung und Durchschneidung der Nabelschnur nochmaliges Ab¬ 
waschen der Umgebung der Augen mit Bor. Dann erst Reinigung 
der Haut mit Öl und Bad, bei dem die Augen vor dem Badewasser 
zu schützen sind. Nach dem Bade, der Abtrocknung und der Ver¬ 
sorgung des Nabelschnurrestes nochmals gründliche Reinigung der 
Augenumgebung mit Bor, worauf bei halbgeöffneten Lidern auf die 
Hornhaut 1—2, auch mehrere Tropfen der Protargollösung aufgeträufelt 
werden, die dann durch leichtes Bewegen der Augenlider überallhin 
verteilt werden. 

Wenn sich trotzdem mal stärkere Gefäßinjektion zeigt, ein 
mäßiges Lidödem und vielleicht schleimiges Sekret, so träufle man 
weiter 2mal täglich das Protargol ein, bis jeder Verdacht ver¬ 
schwindet. 

In gleicher Weise behandelt man die Augenblennorrhoe selbst. 
Auch hier bewährte sich die Protargoltherapie, und traten in keinem 
der vier so behandelten Fälle Komplikationen ein; das Lidödem 
schwand bei häufigen Waschungen des Auges mit 3°/ 0 iger Borlösung 
in 2 Tagen, die Chemosis im Laufe des dritten Tages, eine starke 
Hyperämie mit serösem oder schleimigem Sekret dauerte gewöhnlich 
nach weitere 3—4 Tage. Das Einträufeln von Protargol fand 2mal 
täglich statt, das erste Auswaschen mit Bor 1 / 2 Stunde nach der 
Instillation. Grätzer. 


M. Koslowsky. Die operative Behandlung partieller Hornhaut- 

staphylome. 

(Verhandlungen der Gesellschaft der Kinderärzte zu Kiew 1902.) 

Der Vortr. fuhrt 9 Fälle von partiellem Staphylom bei Kindern 
an, welche er mit mehr oder weniger günstigem Ausgange operiert 
hat. Bei dreien von diesen Kranken litt das eine Auge an Staphyloma 
partiale, während das andere Auge vollkommen gesund war. Bei den 
übrigen kleinen Pat. wies auch das andere Auge pathologische Ver¬ 
änderungen auf (Staphyloma totale, Leukoma totale oder adhaerens, 
Conjunctivitis follicularis mit Blepharitis). Das Wesen der Operation 
besteht darin, daß ein mehr oder minder bedeutender Teil des Staphy- 
loms exzidiert wird, und zwar derart, daß nach Verschluß der Wund¬ 
ränder durch die Naht der Augapfel eine möglichst normale Kon¬ 
figuration erhält. Zu diesem Zweck geht man folgendermaßen vor: 
An der Grenze des zu entfernenden Staphylomabschnittes werden drei 
bis vier gekrümmte Nadeln eingestochen, hierauf wird das Staphylom 
in vertikaler Richtung durch einen Schnitt gespalten, jede Hälfte mit 
der Pinzette gefaßt und mit der Schere abgetragen. Nun werden 
die Nadeln mit samt den Fäden vollends durchgeführt und die Suturen 
geknüpft. Der ersten Druckverband bleibt 3—4 Tage liegen, in 
der Folge wird er täglich gewechselt; die Nähte entfernt man am 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4. 


6.—12. Tage. Durch dieses Verfahren wird das Staphyloma partiale 
in ein gewöhnliches Leukoma adhaerens verwandelt; der durchsichtige 
Teil der Hornhaut, der früher fast senkrecht zum Augapfel stand, 
wird nun flach und nimmt teilweise die Form der normalen Cornea 
an. Nach Ausführung der Iridektomie behufs Verlagerung der Pupille 
hinter den durchsichtigen Rest der Hornhaut wurde bei sämtlichen 
Pat. eine beträchtliche Verbesserung des Sehvermögens erzielt. E. 
empfiehlt eine möglichst frühzeitige Vornahme des von ihm angewandten 
Operationsverfahrens. A. Dworetzky (Moskau). 


G. Hirsch. Zur Dacryocystitis „congenita“. 

(Archiv für Augenheilkunde, XIV Heft 4.) 

H. beschreibt 5 Fälle eigener Beobachtung von Dacryocysto- 
blennorrhoe bei Säuglingen. Bei drei mikroskopisch untersuchten 
Fällen ließ sich regelmäßig der Fränkelsehe Diplokokkus im Sekret 
des Tränensackes nachweisen. Ferner war bei den Müttern in allen 
Fällen starker Fluor albus vorhanden, weshalb H. die Erkrankung 
auf eine Pneumokokkeninfektion vom Vaginalsekret der 
Mutter aus zurückführt Das Leiden tritt ein- oder doppelseitig 
auf und scheint links häufiger wie rechts zu sein. Die Prognose ist 
eine gute, da die Erkrankung auch ohne Behandlung fast stets ohne 
Komplikationen spontan zu heilen scheint. Massage des Tränensackes, 
die auch von der Mutter ausgeführt werden kann, führt meist rasch 
zu Besserung und Heilung. E. Enslin (München). 


Rindfleisch. Ein Fall von einseitigem Ergrauen der Wimpern 

bei einem Kinde. 

(Klin. Monatsblätt. f. Augenheilkunde XL, 2.) 

Bei einem 5jährigen Mädchen traten ohne bekannte Ursache seit 
1 / 4 Jahr am linken Auge weiße Wimpern auf, die sich in dieser Zeit 
bedeutend vermehrten, so daß bei der ersten Untersuchung die Zahl 
der normal dunkelblond gefärbten Wimpern eine sehr geringe war. 
Ein erbliche Belastung in dermatologischer Hinsicht war nicht vor¬ 
handen, desgleichen fehlten Störungen von Seite des Nervus sym- 
pathicus. wie solche die Ätiologie zweier von Bock' beschriebener 
Fälle bildeten. Per exclusionem kommt R. zu dem Schluß, daß die 
allgemeine Körperschwäche der Pat. — die Folge einer schweren, 
katarrhalischen Pneumonie — die Ursache der Ergrauung war. 
Rätselhaft bleibt dabei freilich das völlig einseitige Lokalisiertsein 
der Affektion. Immerhin scheint für diese Auffassung zu sprechen, 
daß infolge einer allgemein roborierenden Behandlung die Zahl der 
farblosen Wimpern zu Gunsten der blonden in verhältnismäßig kurzer 
Zeit abnahm. Als Ursache der weißen Färbung der Cilien erwies 
sich miskroskopisch nicht wie in ähnlichen Fällen eine Luftblasen¬ 
ansammlung in der Rindenschicht, sondern eine mangelhafte Ent¬ 
wickelung des Pigmentes. E. Enslin (München). 


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I. Referate. 


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$. Golowill. Beiträge zur Anatomie und Pathogenese des 

Kryptophthalmus congenitus. 

(Zeitschrift für Augenheilkunde VIII, Ergänzungsheft.) 

Zu den acht bisher beim Menschen beobachteten Fällen von 
Kryptophthalmus fügt G. zwei neue. Als typische Merkmale dieser 
Hemmungsanomalie bezeichnet er 1. den Mangel freier Augenlider 
und der Lidspalte und 2. die Anwesenheit eines wenn auch krankhaft 
veränderten Augapfels unter der die Orbitalöffnung verschließenden 
Haut. Bei dem ersten Fall bestand diese angeborene Anomalie nur 
links, während rechts ein congenitales totales Synblepharon des oberen 
Lides vorhanden war. Lichtempfindung fehlte auf beiden Augen. 
Auf dringenden Wunsch des Pat. wurde ein operativer Eingriff ver¬ 
sucht. Es fand sich in der linken Orbita ein phthisischer Bulbus, 
der enukleiert wurde. Der kosmetische Effekt ließ zu wünschen übrig. 
Die zweite Beobachtung betraf ein 2 Monate altes Mädchen, deren 
4 Jahre ältere Schwester dasselbe Leiden besaß, jedoch nicht zur 
Untersuchung kam. Der Kryptophthalmus war hier beiderseitig, die 
Stirnhaut zog glatt über die Orbita hinweg. Durch die Haut hindurch 
konnte man deutlich die Augäpfel fühlen und auch ihre Bewegungen 
sehen. Da in dem linken Auge zweifellose Lichtempfindung vorhanden 
war, durchschnitt G. die Haut über ihm und bildete auf plastischem 
Wege zwei Augenlider, die jedoch bald stark schrumpften. Der frei¬ 
gelegte Bulbus erwies sich als staphylomatös entartet. Ein Jahr 
später starb das Kind an Scharlach. Der in Fall 1 gewonnene 
Bulbus wurde mikroskopisch untersucht. Auf Grund des dabei ge¬ 
machten Befundes und früherer Angaben kommt G. zu der auch von 
Cbiari vertretenen Anschauung, daß der Kryptophthalmus die Folge 
einer schweren Entzündung am Auge des Fötus sei. Wenn sich 
nämlich zu einer Zeit, wo die Lider noch verwachsen sind, an dem 
Auge der Frucht eine Keratitis, besonders eine solche ulceröser 
Natur entwickelt, so werden sehr leicht die Conjunctiva und die vor 
der Hornhaut liegenden Lider in den Entzündungsprozeß mit hinein¬ 
gezogen und damit die Regelmäßigkeit der ferneren Entwicklung der¬ 
selben gestört. Dabei kann es dann, neben anderen Anomalien, auch 
Vorkommen, daß die fötale Verwachsung der Lidspalte sich nicht 
löst, sondern infolge der entzündlichen Veränderungen bestehen bleibt. 

Enslin (München). 


A. Koppen. Über einen Fall von Atrophia nervi optici und 
Mikrophthalmus im Anschluß an eine Läsion des Sehnerven 

intra partum. 

(Die ophthalmologische Klinik 1902 Nr. 20.) 

K. untersuchte einen jungen Mann von 19 Jahren, dessen linkes 
Auge das typische Bild einer Opticusatrophie bot. Außerdem war 
der linke Bulbus kleiner als der rechte (Hornhautdurchmesser R. 12 mm 
L. HP/ginm). Die Anamnese ergab, daß es sich seinerzeit um eine 
schwere Zangengeburt gehandelt habe. Nach der Extraktion war das 


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144 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4. 


linke Auge stark vorgetrieben und seine Umgebung blutunterlaufen. 
Es ist also anzunehmen, daß damals eine Zerrung oder Zerreißung 
des Nervus opticus erfolgte, welche dann zur Atrophie führte. Solche 
Fälle sind nicht allzu selten. Interessant ist dagegen die Erscheinung 
des Mikrophthalmus. Gestützt auf Experimentaluntersuchungen Hertels 
an jungen Tieren nimmt K. an, daß das Zurückbleiben des Wachs¬ 
tums des linken Bulbus eine direkte Folge der Optikusläsion sei. 

E. Enslin (München). 


C. Gessner, Zur Kasuistik der familiären amaurotischen 

Idiotie. 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 7.) 

G. beobachtete folgenden Fall: 

Es handelte sich um ein 1 f / 4 Jahr altes Mädchen, jüdischer Abstammung. 
Das Kind ist gesund geboren worden und bis zum siebenten Lebensmonate gesund 
geblieben. Von da ab wurde es allmählich schwächer, es horten die Bewegungen 
der Beine auf, die Eltern beobachteten eine gewisse Starre der Extremitäten. 
Erbrechen oder andere zerebrale Symptome waren anfangs nicht vorhanden, in 
letzter Zeit der Erkrankung ist Erbrechen aufgetreten. Das Gehör blieb gut. 
Schließlich konnte das Kind, welches vollständig teilnahmslos war, weder sitzen 
noch stehen und war unfähig den Kopf gerade zu halten. Es entwickelte sich 
spastische Lähmung des ganzen Körpers. Das Sehvermögen war erloschen. 
Luetische Erkrankungen der Familie sind nicht nachweisbar gewesen, ebensowenig 
Tuberkulose oder nervöse Belastung. 

Die ophthalmoskopische Untersuchung ergab als pathognomonischen Befund: 
Die Papillen zeigten sich beiderseits vollständig abgeblaßt (Atrophia nerv, optic.); 
in der Makulagegend fand sich symmetrisch auf beiden Augen eine ungefähr 
iy 2 Papillendurchmesser große, weiße, nahezu runde Fläche mit einem roten 
Tupfen in der Mitte. 

14 Tage später ist das Mädchen gestorben. Gr ätz er. 


Ralph Opdyke. The close analogy of trachoma to Adenoids. 

(Medical Record, den 3. Januar 1903.) 

So wunderlich es auch klingen mag, haben doch Trachom und 
adenoide Wucherungen des Nasenrachenraums zahlreiche ätiologische 
und pathologisch-anatomische Berührungspunkte. Ursächliche Faktoren 
wie hereditäre Belastung, schlechte hygienische Verhältnisse, klima¬ 
tische Veränderungen, Dyskrasien und örtliche Reizzustände, sind 
sämtlich den beiden Affektionen gemeinsam. Fernerhin stellen beide 
Erkrankungen pathologische Umgestaltungen des nämlichen lymphoiden 
Gewebes dar: für adenoide Wucherungen des Naso-pharynx ist dies 
ja unzweifelhaft; aber auch bei Trachom wird dasselbe Verhältnis 
von den meisten Autoritäten angenommen. 

Mithin ergibt sich eine nicht zu unterschätzende prophylaktische 
Maßregel: die schleunigste Entfernung adenoider Gewächse bei Kin¬ 
dern, sobald die Affektion erkannt wird. Lehrer und Eltern sollten 
mit den typischen Erscheinungen bekannt sein, um eine frühzeitige 
Behandlung zu ermöglichen. 

Auf diese einfache Weise läßt sich eine Einschränkung des mit 
Recht gefürchteten Augenübels erzielen. Daneben wird auch das 


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I. Referate. 


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Gehörorgan vor vielfältigen Gefahren bewahrt, da bekanntlich über 
80 Prozent aller akuten und chronischen Ohrleiden auf adenoide 
Vegetationen des Nasenrachenraumes zurückzuführen seien. 

Leo Jacobi (New York). 


Walter F. Chapell. Traumatism during Adenoid Operatione. 

(Medical Review of Reviews, November 1902.) 

Die Entfernung adenoider Wucherungen aus dem Nasenrachen¬ 
raum ist zwar an sich eine unbedenkliche Operation, immerhin können 
wenig erfahrene Hände viel Unheil anrichten. Anfängern passiert 
es öfters, daß ihre Zange oder Cürette ein Stück der Nasenscheide¬ 
wand zu Tage fördert, gewöhnlich ohne weitere schädliche Folgen. 
Ist man über die Lage der Wucherungen mangelhaft orientiert, so 
reißt man mitunter mit dem scharfen Löffel die hintere Bachenwand 
los, verletzt das Periost, oder bricht sogar in die Sphenoidalhöhle 
hinein. Man halte sein Instrument möglichst in der Mittellinie und 
vermeide jegliche blinde Gewalt. 

Eine Otitis media kann auf den Eingriff folgen. Sie spricht 
nicht unbedingt für eine Verletzung der Eustachischen Röhre, son¬ 
dern beruht oft auf exazerbierenden Katarrhen des Nasenrachen¬ 
raumes. Daher operiere man nie bei frischen Entzündungen dieser 
Gegend, oder bei anderweitigen Temperatursteigerungen, welche ja 
Vorläufer von akuten Infektionskrankheiten sein können. 

Zum Schluß berichtet Verf. über eine seltene Verletzung bei 
einem 7jährigen Knaben. Das Kind wurde von anderer Hand operiert, 
und hat einen schrägen Riß durch den ganzen weichen Gaumen bis 
zum Knochenrand davongetragen. Das Schlucken ist erschwert und 
Flüssigkeiten kommen zur Nase heraus. Dieser Umstand verleidet 
dem Jungen die Nahrungsaufnahme. Seit der Operation sind bereits 
4 Monate verflossen, die Heilung geht aber sehr langsam vor sich 
und ist noch zur Zeit lange nicht vollendet. Der Junge fiebert, ist 
anämisch und heruntergekommen. Operative Schließung der Spalte 
ist in Aussicht gestellt. Leo Jacobi (New York). 


Wilbert (Bingen.) Über den Einfluß der IJacheiimandel- 
hyperplasie auf die körperliche und geistige ’Entwickelung 

der Kinder. 

(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 6.) 

W. hat 375 Volksschulkinder untersucht und legt die Resultate 
dieser Prüfungen in mehreren Tabellen nieder. 

Von den 375 Knaben zeigten 231 (= 62°/J hyperplastische 
Rachenmandeln; krankhafte Erscheinungen wurden hervorgerufen bei 
122 (« 33°/ 0 ). Teilt man die pathologischen Erscheinungen in ner¬ 
vöse Erkrankungen und Hörstörungen, so litten an ersteren ca. 5°/ 0 , 
an letzteren 27°/ 0 . Es zeigten 68 Knaben doppelseitig, 40 einseitig 
Hörstörungen, woraus sich eine Zahl von 166 kranken Ohren ergibt. 


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446 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4. 


Es .litten 85 °/ 0 der schlecht beanlagten und 7 7 °/ 0 der schlecht lernen¬ 
den Knabefr an Rachenmandelhyperplasie. Von 65 schlecht lernenden 
Schülern hatten 20 noch anderweitige Störungen; bringt man diese 
in Abzug, so bleiben noch 45 Knaben, bei denen die Rachenmandel¬ 
hyperplasie schädigend auf die geistige Entwicklung einwirkte, oder 
17 °/ 0 sämtlicher Kinder. Addiert man diese Zahl zu der die körper¬ 
lichen Schädigungen betreffenden, so erhält man eine Summe von 
167 Knaben. Es litten also 45°/ 0 der Schüler uiiter dem Einfluß 
der Rachenmandelhyperplasie. Grätzer. 


Brühl. Die Pflege des Gehörs in der Schule. 

(Die Krankenpflege Heft 3, Dezember 1902.) 

B. untersucht die Bedeutung des Gehörs für die geistige Ent¬ 
wicklung des Menschen, bespricht dann die häufigsten Ursachen, 
welche das normale Gehör bedrohen und zerstören (Mittelohrkatarrh, 
Behinderung der Nasenatmung adenoide Vegetationen, Mittelohreiterung, 
Verletzungen des Trommelfelles auch durch Züchtigung) und kommt 
zu folgenden praktischen Folgerungen bezüglich der Aufgabe der 
Schule gegenüber der Pflege des Gehörs: 1. Alle neu einzuschtilenden 
Kinder sind in zweckmäßiger Weise einer Hörprüfung zu unterziehen. 
Diese ist womöglich bei jedem Klassen Wechsel, jedenfalls bei allen 
schlechten Schülern zu wiederholen, ebenso näch dem Überstehen 
einer akuten Infektionskrankheit. 

2. Die als schwerhörig Erkannten Kinder müssen zur Feststellung 

der Ursachen und des Grades der Schwerhörigkeit dem Arzt über¬ 
wiesen werden. Unheilbar Schwerhörige mit einem beiderseitigen 

Gehür'^ür laute Sprache unter einem halben Meter, wenn sie schwer¬ 
hörig geworden, — unter 2 m, wenn sie taub geboren sind, 

müssen als untauglich für den gewöhnlichen Schulunterricht ausge¬ 
schieden werden und einen gesonderten, ihrem Hör- und Begriffs¬ 
vermögen angepaßten Einzelunterricht bekommen, unter Umständen 
in Taubstummenanstalten, in welchen auf die Hörreste Rücksicht 
genommen wird, entweder auf die Dauer oder wenigstens so lange, 
bis ihre Absehkunst und ihr Verständnis so weit entwickelt sind, 

daß sie, dem, gewöhnlichen Klassenunterricht folgen können. Gut 

beanlägie Kinder mit einem bessern Gehör bis 4 m können ver? 
suchsweise eingeschult werden; sie Und die leichtgradig schwer* 
hörigen (4—8 m) müssen die dem Lehrer am nächsten gelegenen 
Plätze erhalten. 

3. Es muß darauf gehalten werden, daß alle Schwerhörigen bis 

zur Heilung in ohrenärztlicher Behandlung bleiben, wenn nicht der 
Arzt die bestehende Schwerhörigkeit als unheilbar erklärt hat, so daß 
mit ihr dauernd gerechnet werden muß. Kinder mit übelriechendem 
Ausfluß aus dem Ohre müssen der Schule bis zur Besserung oder 
Heilung ihres Leidens fern bleiben. P. Maas (Aachen). 


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I. Referate. 


147 


Victor Hammerschlag (Wien). Ein neues Einteilungsprinzip 
für die verschiedenen Formen der Taubstummheit. 

(Archiv für Ohrenheilkunde Bd. 56, 3 u. 4.) 

Die übliche Einteilung der Taubstummheit in „angeborene“ Und 
„erworbene“ hat mehrere Mängel: Ihr entspricht erstens keine patho¬ 
logisch-anatomische Verschiedenheit der durch diese Einteilung ge¬ 
sonderten Krankheitsformen; zweitens ist es oft in der Praxis nicht 
möglich, auch nur klinisch und anamnestisch sicher festzustellen, ob 
die angeborene oder erworbene Form vorliegt; drittens endlich gibt 
es Erscheinungsformen der Taubstummheit, welche sich in keine der 
beiden Unterabteilungen einreihen lassen, nämlich die sogenannte 
endemische Taubstummheit, die als Ausfluß cretinoider Degeneration 
aufzufassen ist. Diese kann nämlich gleichzeitig hereditär bedingt 
und auch fötal oder postfotal erworben sein. 

Der Verf. schlägt deswegen vor, die Taubstummheit in folgende 
zwei Hauptgruppen einzuteilen: 

1. Die durch lokale Erkrankungen des Gehörorgans bedingte, 

2. die konstitutionelle Taubstummheit. , 

Erstere ist der Ausdruck einer auf das Gehörorgan beschränkten 

Erkrankung bei einem sonst gesunden Individuum. Sie ißt immer 
„erworben“, entweder im fötalen oder — häufiger -r- im postfötalen 
Leben. Die konstitutionelle Taubstummheit hingegen ist aufzufassen 
als der Ausdruck einer allgemeinen konstitutionellen Anomalie des 
betroffenen Individuums; die der Taubstummheit zu Grunde liegenden 
pathologischen Veränderungen sind nur ein Ausdruck der allgemeinen 
Erkrankung. Die konstitutionelle Taubstummheit kann erworben oder 
kongenital in der Keimesanlage bedingt sein. Sie ist wieder einzu¬ 
teilen in : 

a) die endemische 

b) die sporadische Form. Krebs (Hildesheim). 


J. Habermann. Zur Entstehung der Taubstummheit infolge 
von Mittelohrerkrankung. 

(Archiv für Ohrenheilkunde Bd. 57, 1 u. 2.) 

Nach den bisherigen Untersucbungsergebnissen an den Gehör¬ 
organen Taubstummer herrscht die Ansicht, daß entzündliche Prozesse 
im Mittelohr zur Taubstummheit nur dann führen können, wenn auch 
das innere Ohr mehr oder weniger an der Erkrankung teilgenommen 
hat. Dementgegen hat H. bereits früher mehrere Fälle mitgeteilt, 
in welchen bei krankhaftem Verschluß der beiden Paukenfenster ohne 
Beteiligung des inneren Ohres, des Hörnerves oder des Gehirns 
Taubstummheit eingetreten war. In vorliegender Arbeit beschreibt 
H. ausführlich einen neuen Fall, in welchem bei eingehender ana¬ 
tomischer Untersuchung der beiden Ohren eines Taubstummen nur 
eine Feststellung des Steigbügels und ein Verschluß der runden 
Fensternische gefunden wurde. 

Was die Behandlung solcher Fälle anbelangt, so wiederholt EL 


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148 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4. 


die Mahnung der anderen Autoren, alle Mittelohreiterungen frühzeitig 
und sorgfältig zu behandeln. Auch die Heilbarkeit der Taubstumm¬ 
heit selbst, nach Ablauf der Mittelohrentzündung, ist nicht ganz 
ausgeschlossen; und zwar dürften Eingriffe am ovalen Fenster gelegent¬ 
lichen Erfolg bringen. Krebs (Hildesheim). 


Uebmanil. Die Sprachstörungen geistig zurückgebliebener 

Kinder. 

(Sammlung von Abhandlungen aus dem Gebiete der pädagogischen Psychologie 
und Physiologie Bd. 4 Heft 3.) 

Der durch mehrere Arbeiten über Sprachstörungen rühmlichst 
bekannte Yerf. hat durch vorliegende Arbeit eine wesentliche Lücke 
in der medizinischen Literatur ausgefüllt. L. verlangt zunächst eine 
genauere Präzision der Diagnose „geistig zurückgeblieben“. Durch 
eine genaue Untersuchung sämtlicher zentralen Fähigkeiten (Hören, 
Riechen, Schmecken, Sehen, Tast-, Druck-, Temperatursinn, Schmerz¬ 
gefühl, Geschicklichkeit der Körper- und Handmuskulatur, spontane 
Sprache, Fähigkeit des Nachsprechens) findet man ganz bestimmte 
Defekte heraus, die je nach der Art und dem Grade des Falles ver¬ 
schieden sind. Unter diesen Defekten nehmen die Sprachstörungen 
eine hervorragende Stellung ein. Die Sprachstörungen sind entweder 
sekundärer Natur, beruhend auf der geistigen Inferiorität des Pat., oder 
sie sind das primäre Element. Durch organische Abnormitäten oder 
ftmktionelle Mängel wird die Sprache unverständlich, die Pat. werden 
von der Umgebung isoliert und bleiben so in ihrer geistigen Ent¬ 
wicklung zurück. Die sekundären Sprachstörungen sind 1. Stumm¬ 
heit, 2. Stammeln, 3. Stottern und Poltern. Von den sekundären 
Sprachstörungen werden das Stammeln (organisches und funktionelles) 
und die durch Schwerhörigkeit bedingten Sprachstörungen eingehend 
behandelt. Die Arbeit ist besonders wertvoll durch die ausführlichen 
Krankengeschichten, in denen die Pathologie und Therapie eingehend 
besprochen werden. p. Maas (Aachen). 


Glltzmann. Die Sprachentwicklung des Kindes und ihre 

Hemmungen. 

(Die Kinderfehler, Zeitschr. f. Kinderforschung 1902 Heft 5 und 6.) 

Wir Unterscheiden vier Perioden der Sprachentwicklung. Die 
erste ist die Schreiperiode, die zweite die rein reflektorische Lall¬ 
periode, in der dritten Periode werden Laute nachgeahmt, die vierte 
Periode kennzeichnet sich dadurch, daß das Kind nicht nur Worte, 
welche wir sprechen, hört und versteht, sie nicht nur nachzuahmen 
im stände ist, sondern sie auch selbständig verwendet. Schreien und 
Lallen sind als rein reflektorisch anzusehen, die beiden folgenden 
Perioden sind dagegen nicht mehr reflektorisch, jedoch kann auch 
die willkürliche Bewegung ganz ohne zentripetalen Reiz nicht zu stände 
kommen* Alle Hemmungen der Sprache lassen sich teils auf Ausfalls- 


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I. Referate. 


149 


erscheinungen, teils auf übermäßige Steigerung der Reize aurfick- 
fiihren. Die Hemmungen beziehen sich 

1. auf die peripher impressiven Sprachwege (Sprachstörungen in¬ 
folge Beeinträchtigung des Gehör- und Gesichtssinnes); 

2. auf die zentralen Sprachwege (Sprachstörungen bei Idiotie, 
Kretinismus, psychopathische Minderwertigkeiten, sensorische Stumm¬ 
heit, Hörstummheit, Stottern und funktionelles Stammeln); 

3. auf die peripher expressiven Wege (Stammeln infolge Fehler 
der Artikulationswerkzeuge). 

Bezüglich der Hörstummheit hätte Ref. eine präzisere Charakteri¬ 
sierung gewünscht. Nach den genauen Untersuchungen Liebmanns 
wissen wir, daß die Hörstummheit auf Defekte der Aufmerksamkeiten 
und der Gedächtnisse zurückzuführen ist. Dem gegenüber spielen die 
psychischen Hemmungen (Unlustgefühl, weil das Nachsprechen nicht 
die Vollendung des Vorbildes erreicht) und die adenoiden Vegetationen 
bei der Entstehung der Hörstummheit doch nur eine geringe Rolle. 

P. Maas (Aachen). 


Wegener. Ein Beitrag zur Frage nach den Ursachen der 
Minderbegabung von Schulkindern. 

(Zeitschr. für Schulgesundheitspflege 1902 No. 11.) 

Die Nachhilfeklasse der Stadtschule zu Wasungen wird von 
2*5 Knaben und 10 Mädchen besucht. Der hohe Prozentsatz (im 
ganzen 587 Schüler) erklärt sich aus den ungünstigen sozialen Ver¬ 
hältnissen der dortigen Bevölkerung. Von den 25 Knaben zeigen 15 
eine mangelhafte körperliche Entwicklung, Anzeichen schwerer über¬ 
standener oder noch bestehender Rhachitis und Skrophulose. Dieselben 
waren in der Länge- wie Gewichtszunahme um 3 — 4 Jahre zurück¬ 
geblieben, der Schädel zeigte sich auffallend groß mit überwiegender 
Form des Vierecks, die Zähne gezackt, die Knorpelansätze der Rippen 
stark verdickt, das Brustbein nach vorn getrieben, die Thoraxhälften 
ungleich. Wirbelsäule verbogen. Daneben bestanden Drüsen¬ 
anschwellungen, blasse Gesichtsfarbe u. s. w. Bei 3 Knaben war die 
Minderbegabung entschieden durch ein Trauma erworben; sie hatten 
an der Stirn, am Wirbel und Hinterhaupt auffallende, 5—7 cm lange 
Narben, teilweise mit darunter fühlbarer Knochenverdickung, welche 
in 2 Fällen von einem Sturz in die Scheune, im dritten von einem 
Steinwurf und Sensenhieb herrührten. Weitere 2 Knaben stammten 
von ausgesprochenen Potatoren: 1 Knabe war jahrelang augenleidend. 
Adenoide Vegetationen ließen sich bei 4 Knaben nachweisen. 

P. Maas (Aachen). 


Renkauf. Abnorme Kinder und ihre Pflege. 

(Pädagogisches Magazin Heft 29, 2. Auflage.) 

Der Verf. bespricht zunächst die Erscheinungen nervöser und 
seelischer Abnormität. Wir finden Schwäche der Gehörorgane ver¬ 
bunden mit Sprachstörungen, hochgradige Kurzsichtigkeit, Neigung 
zu Epilepsie, Schwachsinn in seiner ausgeprägtesten Form als Idiotie 

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J5Ö Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4. 

oder Blödsinn. Der somatische Druck wirkt nun auch auf das Vor¬ 
stellungsleben. Bei dem einen Kind ist der Vorstellungsablauf außer¬ 
ordentlich langsam, es vermag nur mit Mühe die äußern Eindrücke 
aufzunehmen, das Wahrgenommene haftet nur schwach im Gedächtnis 
und bei seiner Wiedergabe stellen sich allerlei Gedächtnisfehler heraus. 
Andere Kinder fassen schnell auf, aber der Ablauf der Vorstellungen 
ist zu rasch, neue Vorstellungen verdrängen die alten. Die Konzen¬ 
tration der Aufmerksamkeit gelingt nur für kurze Zeit, infolgedessen 
fehlt den Vorstellungen die feste Einprägung im Bewußtsein. Noch 
verhängnisvoller sind die Verbildungen im Gemüts- und Willensleben. 
Es fehlt der Sinn für Wahrheitsliebe, Schicklichkeitsgefühl, Schönheits¬ 
gefühl und religiöser Sinn. Die Gründe dieser Erscheinungen sind 
zu suchen in ererbter Disposition, Schäden des Familienlebens, 
mangelhafter Erziehung, Überanstrengung in der Schule. Abhilfe ist 
nur möglich durch Unterbringung derartig geistig abnormer und des¬ 
halb schwer erziehbarer Kinder in geeigneten Anstalten, denen päda¬ 
gogisch und psychiatrisch gebildete Leiter vorstehen. Notwendig 
ist es, daß Ärzte und Lehrer sich dem Studium der abnormen Kindes¬ 
seele mehr widmen, um rechtzeitig derartige Abnormitäten zu erkennen 
und dadurch größeres Unheil zu verhüten. p. Maas (Aachen). 


H.) Pfister. Die Erziehung und Behandlung seelisch Belasteter 
in Haus und Schule. 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 7 und 8.) 

Verf. weist in übersichtlicher und klarer Weise auf alle die 
Schädlichkeiten hin, denen die nervenschwachen Kinder zu Hause und 
in der Schule ausgesetzt zu sein pflegen, und zeigt, wie die gefährdete 
Jugend vor diesen Nervenfeinden am besten zu bewahren ist, wie 
aus diesen Kindern bei rationeller Pflege und Behandlung doch noch 
möglichst nervengesunde und leistungsfähige Menschen heranzuziehen 
sind. Die sehr beherzigenswerten Details lese man im Original nach. 

Grrätzer. 


E. Deutsch * (Budapest). Über Masturbation. 

(Magyar Orvosok Lapja 1903 No. 4, 5, 6, 7.) 

Verf. bespricht die Geschichte, Ethnographie, Verteilung nach 
Geschlecht und Alter, die verschiedenen Arten der Onanie (Einteilung 
nach Metaglia) schildert den Suctus voluptabilis (Lindner), bekennt 
sich als Anhänger der gemäßigten deutschen Richtung und verwirft 
die französische mit ihren Übertreibungen. Bei Besprechung der 
Ätiologie hebt er die Wichtigkeit der richtigen Erziehung in Haus 
und Schule hervor. Der deutsche Standpunkt wird auch bei Schilde¬ 
rung der Folgen der Masturbation beibehalten. Die durch D. in 
zwei Budapester Waisenhäusern beobachteten Fälle waren meistens 
Unaufmerksame, schlechte Schüler, mit mehr oder weniger ausgeprägtem 
Bilde der Neurasthenia sexualis. Die operative, elektrische und 

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L Referat. • 


151 


medikamentöse Therapie ist in den meisten Fällen überflüssig, ge¬ 
wöhnlich genügt der erzieherische Einfluß der Eltern und Lehrer unä 
zur rechten Zeit ein energisches Wort von seiten des Arztes. 

Autoreferat. 


Placzek (Berlin). Zur forensischen Beurteilung frühzeitiger 

Onanie. 

(Ärztliche Sachverständigen-Zeitung 1902 No. 22.) 

Die spärliche Kasuistik frühzeitiger Onanie bei Knaben bereichert 
P. um einen Fall, welcher dadurch besonders bemerkenswert ist, daß 
das Leiden schon mit 7 Monaten begann, und unzweifelhafte 
Erektionen manuell hervorgerufen wurden. 

„Das Kind war von den ersten Lebensmonaten an selten rege, lernte schon 
mit 8 / 4 Jahren sprechen. Als das Kind ungefähr 7 Monate alt war, begann es 
in auffallender Weise an seinem Geschlechtsteile zu spielen, daß es ^anz schattig 
um seine Augen aussah. Es keuchte dabei, daß man es im Nebenzimmer hören 
konnte, und hatte oft unmittelbar darauf Kopffliegen (eine Art horizontalen Kopf- 
schüttelns). Sein Geschlechtsteil trat ganz heraus, wie beim erwachsenen Menschen, 
suchte hin und her, machte auch stoßende Bewegungen. Das Kind tippte auch 
mit dem Finger darauf. Als es sprechen gelernt hatte, sagte es oft zur Mutter: 
,Sieh mal meine Mimi‘ (den Ausdruck dürfte es wohl von den Dienstmädchen 
aufgeschnappt haben, die ja den Vorfall oft genau mit ansahen). Das Onanieren 
hörte auf, als der Knabe geschlossene Höschen bekam, ein neues Dienstmädchen 
scharf auf ihn aufpaßte und ihn, sobald sie ihn ertappte, gehörig züchtigte. Seit 
2 Jähen tut er es nicht mehr. Er ist jetzt mit 3 Jahren ein kluger Junge, der 
sehr gefühlvoll und anhänglich ist“. Dies die Schilderung des Vaters. Das 
hereditär nicht belastete Kind war und blieb geistig und körperlich gesund. 

Obwohl jetzt 2 Jahre seit der onanistischen Periode verstrichen 
sind, machen sich also keinerlei unheilvolle Folgen der Onanie be¬ 
merkbar: Das ist ein sehr auffallendes Moment. 

Forensisch wichtig ist, daß hier die Schuld eines Dritten mit 
einer an Gewißheit grenzenden Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist. 
Das Kind war ja in der Obhut eines Dienstmädchens, weshalb es 
möglich erscheint, daß von letzterem an den Genitalien des Kindes 
manipuliert worden war. Undenkbar bliebe es aber, auch bei diesöf 
Annahme, heute noch, daß hieraus bei einem 7 monatlichen Kinde 1 
ein zielbewußtes, fortdauerndes Onanieren sich entwickeln könnte, 
welches lange Zeit jeder Therapie, auch der strengsten, spottet. Da 
auch alle sonstigen körperlichen Reizmöglichkeiten auszuschließeü 
waren (Ekzem, Pruritus, Intertrigo, Phimose, Parasiten), ist die An¬ 
nahme wahrscheinlicher, daß hier eine selten frühzeitige, instinktive 
Betätigung eines Naturtriebes vorliegt. Grätzer. 


A. Jacobi. Causes of Epilepsy in the Young. 


(American Medicine, 13. Dezember 1902.) . 

Sehr viele epileptische Anfälle bei kleinen Kindern entgehen der^ 
Beobachtung und der richtigen Deutung. Oft sterben solche Säug¬ 
linge ohne Behandlung; bei anderen wird von Eklampsie, Urämie*' 
n. dgl. geredet. Trotz dieser diagnostischen Schwierigkeiten hat Verf. 

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152 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4. 


im Laufe seiner langjährigen Tätigkeit viele Hunderte von epileptischen 
Kindern gesehen. 

Die Anlage zur Epilepsie kann angeboren sein; oder aber sie ist 
während des intra- sowohl als extrauterinen Lebens erworben. Unter 
allen Nervenleiden zeigt die Fallsucht am häufigsten eine direkte 
Heridität. Alkoholismus, Lues, Tuberkulose und eine Schar ander¬ 
weitiger Infektionen oder Intoxikationen der Eltern mögen zur Epi¬ 
lepsie der Kinder führen. Blutsverwandtschaft der sonst gesunden 
Eltern ist dagegen kaum als Ursache anzusehen. 

Da Epilepsie von der Gehirnrinde ausgelöst wird, so müssen wir 
daselbst die unmittelbare Veranlassung suchen. Mittelbar wird Epi¬ 
lepsie durch andauernde Zirkulationsstörungen oder auf reflektorischem 
Wege provoziert. 

Intrauterine Einflüsse spielen eine bedeutende Rolle als ätiolo¬ 
gische Momente bei Epilepsie. Namentlich die Syphilis ist hier, wie 
bei so zahlreichen Nervenleiden, eine ausgiebige Ursache. Wenn Kinder 
von 5—7 Jahren auf einmal epileptisch erkranken, so ist auf Syphilis 
zu fahnden. Solche Kinder sind häufig zart, schwächlich und unent¬ 
wickelt. Anderweitige intrauterine Einflüsse sind Gehirnhypertrophie, 
vorzeitige Verknöcherung des Schädels, und Meningocele spuria. Es 
kann die hypertrophische weiße Gehirnsubstanz die graue Rinde 
komprimieren und die epileptischen Krämpfe auslösen. Eine ähn¬ 
liche Kompression kann aber auch durch vorzeitige Verknöcherung 
der Nähte und Fontanellen bei ganz normalem Gehirn zu stände 
kommen: die große Fontanelle verkleinert sich in diesen Fällen rasch, 
und kann bereits im dritten Monat obliteriert sein, während sie 
normalerweise bis zum achten Monat an Größe zunimmt und sich 
erst gegen den 15. Monat schließt. Solche Kinder zeigen auch sonst 
eine beschleunigte Entwicklung: Sie gebrauchen ihre Glieder früh¬ 
zeitig; sie bekommen die ersten Zähne früh und rasch nacheinander, 
wobei nicht die unteren, sondern die oberen Schneidezähne zuerst 
erscheinen. So schreitet die Entwicklung fort, bis der stetig wachsende 
Hirndruck in ihren Gang eingreift. Dann tritt eben häufig die Epi¬ 
lepsie zu Tage. Vielleicht wäre hier eine Kraniotomie oder Krani- 
ektomie am Platze, um dem wachsenden Gehirn Raum zu schaffen. 
Unter Meningocele spuria versteht man eine Spalte im Schädel¬ 
knochen und Dura mater ohne Verletzung der bedeckenden Haut und 
Galea. Der Zustand verdankt seine Entstehung meist einer Zangen¬ 
geburt oder einem sonstigen Trauma; auch Karies und Syphilis können 
die Ursachen davon sein. 

Soviel über intra-uterine ätiologische Momente. Ein anderweitiger 
höchst wichtiger ursächlicher Faktor ist die Asphyxia neonatorum, 
welche zu hochgradiger Gehimhyperämie, Extravasation und Throm¬ 
bose führen kann. Bleibt das Kind am Leben, so kommt es oft zu 
Meningitis oder Lähmungen oder Idiotie und Epilepsie. Letztere 
sind häufig vergesellschaftet: ein Drittel aller Idioten sind zugleich 
epileptisch. Beide Affektionen konnte Verf. in Hunderten von Fällen 
direkt auf Asphyxie bei der Geburt beziehen. Daher soll der Arzt 
bemüht sein, das scheintote Kind schleunigst zum Atmen zu bringen. 
Jeder versäumte Augenblick bringt neue Gefahren mit sich. 


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I. Referate. 


153 


Ähnliche Verhältnisse finden sich bei Gehirnblutungen nicht 
asphyktischer Neugeborener. Solche Blutungen kommen sehr oft vor, 
und die meisten Kinder, welche im Laufe der ersten Woche sterben, 
gehen eben daran zu Grunde. 

Eine weitere Gefahr liegt in der Häufigkeit der kindlichen 
Eklampsie. Kein eklamptischer Anfall soll sich selbst überlassen 
werden. Stets koupiere man die Krämpfe mittels Cbloroform- 
inhalation. Konvulsionen begleiten eine ganze Schar von Kinder¬ 
krankheiten: Pneumonie, Enteritis, Nephritis, akute Infektionen u. s. w. 
Dagegen wird die Zahnung mit Unrecht als eine unversiegbare Quelle 
von Krämpfen angesehen; ihr Einfluß ist sicher ein sehr geringer. 
Die allermeisten „Zahnkrämpfe“ beruhen auf einer gleichzeitig be¬ 
stehenden Rachitis oder Nephritis. 

Ebenso übertrieben ist die angebliche Rolle der Phimose in der 
Ätiologie zahlreicher Nervenkrankheiten. Man hat Epilepsien, Kata¬ 
lepsien, Lähmungen, Idiotie und vieles andere auf Phimose beziehen 
wollen. Verf. hat nie eine derartige Entstehung beobachtet; auch 
keinen einzigen Fall von Epilepsie, Lähmung oder Idiotie gesehen, 
welcher durch Beschneidung geheilt wurde. Es werden allzu häufig 
unschuldige Vorhäute geopfert. 

Endlich hat man die Onanie für Epilepsie verantwortlich ge¬ 
macht. Bei Säuglingen und kleinen Kindern ist dies kaum je der 
Fall, wohl aber bei älteren Kindern, namentlich gegen die Pubertäts¬ 
zeit. Wo Epilepsie mit Masturbation einhergeht, beruhen möglicher¬ 
weise beide Zustände auf der nämlichen zentralen Erkrankung und 
sind beide wahrscheinlich unheilbar. Solche Fälle operativ zu be¬ 
handeln durch Klitoridektomie und Kastration, wie bereits geschehen, 
heißt ein Verbrechen an unschuldigen Kindern begehen. 

Leo Jacobi (New York). 


M. Bra. Du parasite trouv6 dans le sang des 6pileptiques. 
Son agglutination par le s6rum des animaux infect^s et par 
le s6rum des 6pileptiques. 

(Revue neurol. 1903 No. 1.) 

Verf. spritzte Kaninchen wiederholt und zwar ein Vierteljahr 
lang Bouillonkulturen des die Epilepsie angeblich erzeugenden Mikro¬ 
organismus unter die Haut. Fügte er das Serum dieser Tiere zu 
den Kulturen, welche zur Infizierung gebraucht worden waren, hinzu, 
so erfolgte deutliche Agglutination des Mikroorganismus. 

Nicht minder deutlich zeigte sich das Agglutinationsvermögen 
des Serums, welches Verf. Epileptikern entnahm, bezüglich des aus 
dem Epileptikerblute isolierten Kokkus. Kurt Mendel (Berlin). 


M. Bra. Du parasite trouvö dans le sang des 6pileptiques. 

(Revue neurol. 1902 No. 10.) 

Um den vom Verf. gefundenen Parasiten im Blut der Epileptiker 
zu erhalten, muß letzteres entweder in der Zeit vor einem Anfall oder 

Centralbl. f. Klnderhlkde. Vin. ^ 11 t 

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154 


Oetttralblatt fiIr Ktederheilfeunde. Ko. 4. 


während des Anfalles selbst untersucht werden. Das Blut wird durch 
Venaesektion gewonnen. Man sieht alsdann im Plasma kleine Mikro¬ 
organismen , welche entweder isoliert oder zu Diplokokken vereint 
sind, lebhafte Bewegung zeigen, außerdem wurmartige Körperchen 
aus 4, 6, 8 oder mehr Körnchen bestehend, mit schlangenartigen 
Wellenbewegungen. Im Blut von Gesunden fand Ver£ nie derartige 
Gebilde. In Bouillonkultur zeigt sich nach 24 Stunden Opaleszenz 
der Kultur sowie Kokken von 0,6 bis 1 fi isoliert oder zu zweien, 
und Ketten mit 4, 6 oder 8 Körnern. Diese Kulturen, Kaninchen 
eingespritzt, erzeugen Krämpfe. 

Verf. schlägt für den Parasit den Namen Neurokokkus vor und 
hält ihn für den Erzeuger der Epilepsie, deren infektiöse Natur durch 
die Experimente des Verf.s bewiesen sein würde. 

Kurt Mendel (Berlin). 


Stadelmann. Aphasie und Agraphie nach epileptischen 

Anfallen. 

(Psych.-neurol. Wochenschrift 1902 Jahrg. IV No. 14.) 

Verf. berichtet über einen 18jährigen Epileptiker, bei welchem 
sich nach den Anfällen schwere nervöse Erschöpfungszustände mit 
Aphasie, Agraphie, Worttaubheit und Echolalie zeigten. 

In einem zweiten Falle (10jähriges Mädchen) stellte sich im An¬ 
schluß an epileptische Krämpfe amnestische partielle Agraphie ein, 
dieselbe war noch nach einem Jahre nachweisbar. 

Kurt Mendel (Berlin). 


Lichtwitz jllVI. (Ohlau). Über einen Fall von angeborenem 
Diabetes insipidus, kombiniert mit nach Insolation hinzu¬ 
getretener Epilepsie. 

(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 45.) 

Pat., aus gesunder Familie stammend, brachte einen ungeheueren 
Durst mit auf die Welt und schied immer enorme Mengen Urin aus. 
Diese Erscheinungen blieben bei dem schwächlichen Knaben, der 
sehr schlecht in der Schule fortkam und auffallend geringe Intelligenz 
zeigte, weiter bestehen, auch später, als Pat. als Packer tätig war. 
Als solcher zog er sich an einem sehr heißen Tage einen Sonnen¬ 
stich zu, der zerebrale Symptome (Kopfschmerzen, Erbrechen u. s. w.) 
hervorrief. 14 Tage später erster epileptischer Anfall, dem weitere 
in unregelmäßigen Intervallen folgten. 

Aus der Harnruhr, dem geringen Grade der Intelligenz und 
Anomalien des Schädels (Fehlen der Hinterhauptswölbung) kann man 
auf eine angeborene Gehirnanomalie schließen. Wenn nun 
wohl auch das Auftreten der Epilepsie im 23. Lebensjahre etwas Auf¬ 
fallendes nicht hat, so wirkte doch sicher die Insolation ätiologisch 
mit; durch sie wurde die zentrale epileptische Veränderung gesetzt, 
welche gelegentlich durch nicht näher zu kontrollierende Ursachen 
als Anfall in die Erscheinung trat. Grätaer. 

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I. Referate. 


155 


Parker and Nictil. Case of multiple hypertrophy of the 
sebaceous glands of the face in a congenital epileptic. 

(The Glasgow medical journal, October 1902. S. SOI.) 

Die 16jährige Patientin erkrankte im Alter von 8 Jahren mit 
Krämpfen, die einen halben Tag andauerten, denselben folgten 
rechtsseitige Sehstörungen und Krämpfe, die sich sehr häufig wieder¬ 
holten. Sie entwickelte sich geistig nur sehr mangelhaft. Im Alter 
von 6 Jahren bekam sie einen Ausschlag im Gesicht, derselbe bestand 
in zahlreichen, sagokorngroßen Knötchen, die besonders Nase, Wangen 
und Kinn bedeckten. Es wird dann eine ausführliche, mikroskopische 
Beschreibung dieser multiplen hypotrophischen Talgdrüsen gegeben. 
Ein ähnlicher Fall ist von Bock (in Virchows Archiv 1880) be¬ 
schrieben. Schreiber (Göttingen). 


Pindy. Die Erfolge der Epilepsiebehandlung nach Toulouse- 

Richet 

(Psychiatr.-neurol. Wochenschrift 1902 No. 37.) 

Verf. spricht sich mit aller Entschiedenheit gegen dieToulouse- 
ßichetsche Epilepsiebehandlung (kleine Bromdosen bei kochsalzarmer 
Diät) aus. Wenn auch die Bromdosis kleiner sei, so sei ihre Wirkung 
doch vielfach größer bei der oligochlorösen Therapie, und für den 
Organismus sei nur das Wirkungsquantum und nicht das Gewichts¬ 
quantum von Belang. Die Möglichkeit der Bromvergiftung ist bei 
oligochloröser Diät eine sehr bedeutende, die Behandlung der Epi¬ 
lepsie nach Toulouse-Richet demnach ein „gefährliches zweck¬ 
verfehltes und unnötiges Unternehmen“. 

Die von den Autoren (Toulouse, Eichet, Bälint, Garbini, 
Meunier, Schäfer) berichteten guten Erfolge mit der Toulouse- 
ßichetschen Behandlung müssen nach Verf. „im Wege der Sug¬ 
gestion erklärt werden, deren Wirkung mehr oder weniger nicht nur 
die Kranken, sondern auch die sie behandelnden Arzte betrifft“. 

Kurt Mendel (Berlin). 


M. Lion (Tomäscheff-Kölok). Weiteres über die Cerebrintherapie 

der Epilepsie. 

(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 50.) 

A. Eulenburg (Berlin). Cerebrin bei Epileptikern. 

(Ibidem.) 

L. hat schon vor ca. 1 Jahr über seine Erfolge mit Cerebri- 
num-Poehl berichtet. Er gab dieses in Form von Tabletten bis 
2 g pro die oder in subkutanen Injektionen 1—2 Ampullen pro dosi, 
2—7 Ampullen wöchentlich. Jetzt erhält er noch raschere Resultate 
bei folgender Methode, die er dringend empfiehlt: Er steigt schnell 
(in einer Frist von 2—3 Wochen) bis 1,8 pro dosi (gewöhnlich 6 Ta¬ 
bletten ä 0,3), die er 1 mal am) Tage, am besten morgens nüchtern, 
gibt und jeden 8. Tag wiederholt. Wenn diese Gabe ungenügend 

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156 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4. 


ist, d. h. wenn die Anfälle, obwohl sie seltener und schwächer wer¬ 
den, fortdauern, fängt er an, nach 2—ß Wochen dieselbe Dosis jeden 

2. Tag and endlich jeden Tag zu geben. Subkutan macht er jeden 

3. oder 2. Tag 2 Einspritzungen auf einmal. In Fällen, wo neu- 
rasthenische Symptome in den Vordergrund treten, gibt L. zugleich 
mit dem Cerebrin das Sperminum-Poehl innerlich (Essent. spermin. 
2—3 mal täglich 20—30 Tropfen) oder in schweren Fällen subkutan, 
2—3 Ampullen Spermin. pro inject, wöchentlich. Diese Therapie hat 
sich außerordentlich bewährt. L. führt Fälle an, wo die Anfälle 
seit der Therapie überhaupt nicht wieder kamen oder fast ganz ver¬ 
schwanden. Die Behandelten waren meist Erwachsene, aber auch 
Kinder. 

Mädchen, 12 Jahre alt, epileptisch ca. 5 Jahre. Schwere konvulsivische 
Anfälle, fast jeden Monat, obwohl Pat. jahrelang Brom einnimmt, täglich 8—4 g. 
Ohne Brom wiederholen sich die Anfälle 3—4 mal jede Woche. Öfters „Übelkeit“ 
mit leichter Umnebelung des Bewußtseins (partielles petit mal). Bedeutende 
geistige Schwäche. Seit 20. November 1901 Cerebrinum-Poehl in Tabletten bi» 
1,5 pro die. Anfangs auch kleine Bromdosen (2—1 g pro die). Außerdem 
30 Cerebrineinspritzungen. Bis 15. Oktober 1902 (11 Monate) nur drei leichte 
konvulsivische Anfälle und ein sehr leichter von petit mal mit partiell er¬ 
haltenem Bewußtsein. 

In anderen Fällen trat bedeutende Minderung der Anfälle an 
Zahl und Intensität ein, in einer 4. Gruppe scheinbare Vermehrung 
der Zahl, wobei sich aber die Qualität der Anfälle änderte, starke 
verwandelten sich in leichte, um dann ganz zu verschwinden, 
es traten mehr in den Vordergrund petit mal, kaum merkliche 
Schwindelanfälle. Beispiel: 

lljähriger Knabe aus der Volksschule, epileptisch seit seinem sechsten 
Lebensjahre. Jeden Monat wiederholen sich drei und mehr konvulsivische Anfälle, 
jede Woche einige Male petit mal. Ohne Brom häufen sich die Anfälle noch 
bedeutend mehr. Schwaches Gedächtnis, öfters Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, 
Apathie, Reizbarkeit. Seit 22. Januar 1902 Cerebrinum-Poehl, Tabletten bis 1,5 
pro die und 60 Einspritzungen. Brom nur im Anfänge. Bis 15. Oktober (neun 
Monate): Erster Monat: Drei mäßige konvulsivische Anfälle und zwei von petit 
mal. Zweiter Monat: ein konvulsivischer Anfall, einer von petit mal. Dritter 
Monat: vier leichte Anfälle, fast ohne Konvulsionen, zwei leichte von petit mal. 
Vierter Monat: ein leichter Anfall fast ohne Konvulsionen, ein leichter von petit 
mal und sechs partielle von petit mal. Fünfter Monat: ein leichter und fünf 
kaum merkliche Anfälle ohne Konvulsionen, vier leichte von petit mal, ein partieller 
von petit mal. Im weiteren werden die partiellen Anfälle von petit mal immer 
öfter, konvulsivische Anfälle verschwinden ganz. Endlich treten in den Vorder¬ 
grund (letzte 2 Monate) sehr häufige Schwindelanfälle bei vollem Bewußtsein. 
Schwindelspur? Bedeutende Besserung des Gedächtnisses und Hebung des 
Allgemeinbefindens. 

Auch E. hat eine Anzahl von Pat. (nur Erwachsene? Ref.) mit 
Cerebrin behandelt, meist schwere veraltete Fälle, bei denen Brom¬ 
behandlung auf die Dauer versagte oder nicht toleriert wurde. Cere¬ 
brin wurde intern (4—6 Tabletten täglich) oder subkutan (jeden 
2. Tag 1—2 ccm) angewandt. Wenn E. auch nicht so hervorragende 
Wirkung sah, wie Lion, so hatte doch auch er den Eindruck, daß 
dem Cerebrin eine gewisse Bedeutung zukommt und das Verfahren 
beachtenswert ist. Grätzer. 


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I. Referate. 


157 


Hermann Fischer (Berlin). Die chirurgischen Ereignisse in 
den Anfallen der genuinen Epilepsie. 

(Archiv für Psychiatrie Bd. 36 Heft 2.) 

Verf. gibt einen Gesamtüberblick über die chirurgischen Ereig¬ 
nisse in epileptischen Anfällen, ihre Zahl, ihre Art und den Vor¬ 
gang bei ihrer Entstehung. Seine eigenen Untersuchungen, die er in 
der Anstalt zu Wuhlgarten anstellte, erstrecken sich auf 575 Männer, 
377 Frauen und 78 Kinder. An diesen 1030 Epileptischen wurden 
im ganzen 1697 einmalige Verletzungen, von welchen 440 als schwere 
zu bezeichnen waren, festgestellt. Die Zahl der chirurgischen Er¬ 
eignisse in epileptischen Anfällen demnach eine sehr große. Je 
schwerer und zahlreicher die Anfälle, um so gefährlicher und häufiger 
treten in ihnen die chirurgischen Ereignisse ein. Diejenigen Pa¬ 
tienten, welche von keiner Aura gewarnt werden, sind am schwersten 
betroffen. Das erste Stadium des epileptischen Anfalls (Niedersturz 
im Tonus bei umnachtetem Bewußtsein) birgt die meisten und schwersten 
Gefahren in sich, doch steht auch in den übrigen Stadien viel zu 
befurchten. 

37,3 °/ 0 der Epileptiker in Wuhlgarten blieben von Verletzungen 
in Anfällen frei, wenn man vom Zungenbiß absieht. 

Des weiteren bespricht Verf. die einzelnen Verletzungen in epi¬ 
leptischen Anfällen und zwar die Verletzungen der Weichteile, der 
Knochen und der Gelenke sowie die Erstickung der Epileptischen im 
Anfalle und die Entstehung von Hernien in demselben. Bezüglich 
des letzteren Punktes erwähnt Verf. einen Fall, welcher im An¬ 
fall an inkarzerierter Hernie zu Grunde ging; Epileptiker mit 
Bruchanlage sollen demnach stets Bruchbänder tragen. Erwähnens¬ 
wert aus diesem Kapitel ist ferner die Ansicht des Verfis, daß es 
bei jugendlichen und älteren Epileptikern eine auf lokalen oder all¬ 
gemeinen Ernährungsstörungen beruhende, durch die Epilepsie selbst 
herbeigeführte oder aus früherem Bestände durch das Nervenleiden 
bewahrte und vermehrte Knochenbrüchigkeit gibt, derzufolge relativ 
geringe Traumen ausreichen, um wiederholte Brüche an großen 
Extremitätenknochen zu erzeugen. 

Am Schlüsse seiner fleißigen Arbeit geht F. auf die Frage ein, 
wie ein Asyl für Epileptische gebaut und eingerichtet werden soll, 
und macht diesbezügliche Vorschläge, durch deren Befolgung die 
Möglichkeit des Eintritts schwerer Verletzungen im Anfalle auf ein 
Minimum beschränkt werden soll. Ref. möchte diesen Vorschlägen 
noch denjenigen hinzufügen, daß in den Betten nicht weiche, sondern 
harte Kopfkissen verwandt werden, da es — wie Ref. selbst erfahren 
hat — Vorkommen kann, daß ein Epileptiker, sich im Anfall in die 
weichen Kissen seines Bettes mit dem Gesichte hineinbohrend, erstickt. 

Kurt Mendel (Berlin). 

W. V. Bechterew. Über operative Eingriffe bei Epilepsia choreica. 

(Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. 21 Heft 3 u. 4.) 

In den Fällen von Epilepsia choreica handelt es sich nach B. 
um eine Erkrankung, deren pathologisch-anatomische Grundlage der 

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158 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4. 


Chorea und der Epilepsie gemeinschaftlich ist. Man müsse annehmen, 
daß bei diesem Leiden stabile Gewebsveränderungen des Gehirns und 
der Meningen vorliegen. Unter dieser Voraussetzung ließ B. bei 
einem an Epilepsia choreica leidenden Patienten, bei dem alle Mittel 
fehlgeschlagen hatten, den Schädel im Gebiete der rechten Zentral- 
windungen eröffnen, die Dura entfernen und ein großes Fenster im 
Schädel bilden, ferner im Gebiete der Centralgyri kleinere Rinden- 
bezirke fortnehmen, um so die Erregbarkeit der Zentren herabzu¬ 
setzen, ohne dauernde Gliedmaßenlähmung zu erzeugen. Während 
der Operation stellten sich bei Reizung der motorischen Rindencentra 
in gesteigertem Grade jene choreaähnlichen Bewegungen ein, die bei 
dem Kranken vor einem epileptischen Anfalle aufzutreten pflegten. 

Sehr guter Erfolg: Völliges Aufhören der Krämpfe in der linken 
Körperhälfte, Abschwächung derselben auf der rechten Körperseite. 

Darauf die gleiche Operation im Gebiete der linken Zentral¬ 
windungen, dieselbe hatte ein völliges Schwinden der Anfälle auf der 
rechten Seite zur Folge, so daß Pat. ganz anfallsfrei war. 

Am 4. Tag nach der Operation Erysipel, am 8. Tage Exitus! 

Kurt Mendel (Berlin). 


M. Reichardt. Zur pathologischen Anatomie der chorea minor. 

(Deutsches Archiv f. klin. Medizin Bd. 72 Heft 5 u. 6.) 

Zwei Fälle von Sydenhamscher Chorea, von denen der eine 
im Anschluß an eine rheumatische Gelenkerkrankung auftrat, vier 
Wochen fieberlos verlief, in den letzten acht Tagen unter Nachlassen 
der choreatischen Bewegungen von einer Psychose begleitet war, 
während der zweite Fall als Rezidiv einer früheren Chorea stürmisch, 
fieberhaft verlief und in acht Tagen zum Tode führte. 

Das bakteriologische Ergebnis war, soweit es sich auf das Ge¬ 
hirn bezieht, negativ, dagegen gelang im Herzblut der Nachweis von 
Staphylococcus aureus im ersten, und von Streptokokken im zweiten 
Falle. Beide Male war eine Endocarditis zu konstatieren. 

Der größte Teil des Gehirnes war in verschieden starker Weise 
von Entzündung, charakterisiert durch perivenöse kleinzellige Infil¬ 
tration, befallen, doch in so wenig ausgesprochenem Maße, daß makro¬ 
skopisch sichtbare Herde fehlten. Die Ganglienzellen waren am 
wenigsten geschädigt. Zahlreiche zum Teil makroskopisch sichtbare 
Blutungen waren namentlich an Stellen stärkerer Entzündung regel¬ 
los im ganzen Gehirn zerstreut. 

Unabhängig von den Entzündungsherden fanden sich fettige 
Degenerationen von Nervenfasern, dieselben fehlten in den Zentral¬ 
windungen, der inneren Kapsel, waren dagegen besonders in den 
basalen Ganglien und deren Umgebung, besonders dem Gebiete der 
hinteren inneren Kapsel nachzuweisen. 

Die Lokalisation der Choreabewegungen ist nach obigen Unter¬ 
suchungen nicht aufgeklärt, doch sehen wir auch hier wie aus ver¬ 
schiedenen früheren anatomischen Befunden einen Hinweis auf die 
basalen Ganglien. Hugo Stark (Heidelberg). 


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I. Referate. 


159 


L. Brun8. Über Chorea electrica. 

(Berliner klin. Wochenschrift 1902 No. 51.) 

B. ist auf Grund seiner Erfahrungen zur Überzeugung gelangt, 
daß die Henoch-Bergeronsche Form der Chorea electrica, obwohl 
die Symptomatologie scharf abgegrenzt ist, doch pathogenetisch drei 
verschiedene Formen in sich faßt, deren Ünterscheidung eine prak¬ 
tische Bedeutung hat, weil die therapeutischen Maßnahmen sich da¬ 
nach zu richten haben. Er meint, daß es neben der Chorea 
electrica 8. s. noch eine hysterische und eine epileptische 
Form gibt, und führt einige Beispiele aus seiner Praxis an, welche 
dieser Unterscheidung allerdings sehr nahe liegen. 

Die Differential di agnose der Unterarten bietet größere 
Schwierigkeiten. Am leichtesten ist die epileptische zu erkennen, wo 
neben den interparoxysmellen Zuckungen oder den rudimentären An¬ 
fallen, die mit Chorea electrica verwechselt werden können, doch 
meist auch klassische epileptische Anfälle Vorkommen. Sind die 
kleinen Anfälle häufig, so bleibt meist die geistige Entwicklung der 
Kinder zurück, bei längerer genauerer Beobachtung wird man auch 
wohl bei den kleinen Anfällen Bewußtseinspausen nachweisen können. 
Schwierig, ja zunächst unmöglich kann in vielen Fällen die Ent¬ 
scheidung einer Chorea electrica s. s. und der hysterischen Form 
sein, da hysterische Stigmata hier, wie bei der Kinderhysterie über¬ 
haupt, oft fehlen. Man wird da oft erst in dem Behandlungsresultat 
einen entscheidenden Faktor finden. Die Chorea electrica s. s. gibt, 
wie ihre nächsten Verwandten, die echten Tics, eine schlechte Pro¬ 
gnose, die hysterische Form ist leicht zu heilen, man wird also eine 
geheilte Chorea electrica meist als eine hysterische ansprechen dürfen. 
Man wird auch bei der Therapie zunächst zwischen diesen Formen 
eine Unterscheidung nicht machen, sondern die antihysterische Be¬ 
handlung einschlagen. B. wendetseine „zweckbewußteVernachlässigung“ 
an, d. h. er behandelt die Kinder, die unbedingt vom Hause weg ins 
Krankenhaus zu bringen sind, so, daß sie den Eindruck gewinnen, 
man bekümmere sich um ihr Leiden nicht, dasselbe habe also gewiß 
keine Bedeutung; nebenher kann man ja elektrische und hydrothera¬ 
peutische Prozeduren vornehmen, muß die Ernährung heben u. 8. w., 
im allgemeinen sollen sich aber die Erscheinungen gewissermaßen zu 
Tode langweilen und tun dies auch, wenn sie hysterischer Natur sind. 
Erkennt man die epileptische Abart, dann verfährt man natürlich 
gerade so, wie bei Epilepsie selbst. Grätzer. 


S. Middelton. Child with a nervous affection chiefley charac- 
terised by tremors. 

(The Glasgow medical jouraal, Oktober 1902 S. 293.) 

Der Knabe war im Alter von 10 Jahren plötzlich nach einem 
großen Schrecken mit Zittern in den Extremitäten erkrankt Zwei 
Monate vorher hatte er einen fieberhaften Darmkatarrh durchgemacht. 
Der Tremor war bei der Aufnahme so stark, daß der Knabe kaum 

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160 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4. 

gehen konnte, die Arme waren etwas weniger beteiligt. Lähmungen, 
Krämpfe und Atrophie fehlten. Der Patellarreflex war stark erhöht, 
dagegen fehlte der Fußklonus. Sensibilitätsstörungen bestanden nicht, 
die Gesichtsmuskulatur war frei von Zittern, nur die Zunge zitterte 
etwas. Auf Behandlung mit dem faradischen Strom besserte sich 
der Zustand. M. schwankt zwischen der Annahme einer Hysterie 
und einer disseminierten Sklerose, welch letztere durch den fieber¬ 
haften Darmkatarrh bedingt sein könnte. Schreiber (Göttingen). 


H. Stadelmann (Würzburg). Beseitigung schwerer hysterischer 
Krampferscheinungen durch Wachsuggestion. 

(Allgem. med. Zentral-Zeitung 1903 No. 5.) 

Prompter Erfolg der Wachsuggestion in folgenden 2 Fällen: 

1. Knabe von 12 Jahren verletzt sich unbedeutend am linken Knie. Einige 
Stunden später sollte er gezüchtigt werden und versteckte sich aus Angst hinter 
einen Busch, wo er stundenlang blieb. In diesem Affektzuötand wurde die gering¬ 
fügige Empfindung nach der Verletzung zu einem hysterischen Dauersymptom. 
Es zeigte sich eine so starke Kontraktur des linken Kniegelenkes, daß die Ferse 
die Haut über den Glutaei berührte. Haut um das Kniegelenk hochgradig hyper¬ 
ästhetisch. Knie aktiv und passiv nicht beweglich. 6 Monate lag Pat. im Bett 
oder humpelte etwas mit dem anderen Bein herum. Durch Wachsuggestion ge¬ 
lang es, alle Symptome in l l /2 Tagen zum Verschwinden zu bringen. Kein 
Rückfall. 

2. Mädchen von 12 Jahren hatte sich in der Schule sehr angestrengt und 

viel mit feinen Nadeln genäht. Eines Tages Schwächegefühl in der rechten Hand, 
das sich bald auf den ganzen Arm erstreckte. Pat. konnte nichts mehr anfassen 
oder festhalten, schließlich bekam sie, sobald sie nach etwas griff, Zitterbewegungen 
an Hand und Arm, die zu kräftigen Schleuderbewegungen wurden, so daß an¬ 
gefaßte Gegenstände weit in die Luft flogen. Diese ungeordneten Bewegungen 
erstreckten sich dann auch auf die Muskulatur der rechten Schulter, der rechten 
Nacken- und Gesichtshälfte und Zunge. Der Zustand hatte 5 Monate angedauert 
und wurde durch eine einzige Wachsuggestion beseitigt. Jetzt, l 1 /* Jahre danach, 
besteht die Heilung noch. Grätzer. 


M. Thiemich. Über das Facialisphanomen bei älteren Kindern. 

(Aus der Universitäts-Kinderklinik zu Breslau.) 

(Monatsschrift für Kinderheilkunde, Dezember 1902.) 

Es erscheint heute unzweifelhaft, daß während der ersten 2 bis 
3 Jahre das Facialisphänomen ein pathognomisches Symptom der 
Tetanie ist, wenn man von dem seltenen, in seiner Bedeutung noch 
unklaren Vorkommen bei Hydrocephalus, Meningitis und einigen 
anderen organischen Hirnkrankheiten absieht. Auch hier ist jeden¬ 
falls ein zufälliges Zusammentreffen mit Tetanie nicht ohne weiteres 
auszuschließen, zumal Verf. einwandfreie Fälle beobachten konnte, in 
denen sich Tetaniesymptome von schwankender Intensität zu orga¬ 
nischen Hirnerkrankungen, z. B. zu einer ganz stationären Idiotie, 
hinzugesellten und allmählich verschwanden. 

Ist nun nicht auch später, diesseits des dritten oder vierten 
Lebensjahres, das Facialisphänomen ein Latenzsymptom der 
Tetanie? Verf. bejaht diese Frage auf Grund folgender Erfahrungen. 

Verf. hat eine große Zahl von Kindern, bei denen früher in der 

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L Referate. 


161 


Klinik epileptiforme oder tetanische Krämpfe oder Laryngospasmus 
beobachtet wurden, und durch den Nachweis des Trousseauschen 
oder des Facialisphänomens und meist der galvanischen Übereregbar- 
keit die Zugehörigkeit der Krampferscheinungen zu den tetanoiden 
Zuständen erwiesen worden war, jährlich mehrmals wieder einberufen 
und sowohl genau untersucht, als auch über ihr Verhalten in den 
Zwischenzeiten Erkundigungen eingezogen. Dabei hat er oft bei 
Kindern, die vor mehreren Jahren Krämpfe u. s. w. hatten, und seit¬ 
dem allem Anscheine nach frei von jeglicher Störung geblieben waren, 
als Residuum gleichsam der früheren Erkrankung ein mehr oder 
minder lebhaftes Facialisphänomen gefunden. Bemerkenswerterweise 
war bei diesen Fällen fast ohne Ausnahme das Facialisphänomen 
während der ersten tetanoiden Krankheit vorhanden gewesen und mit 
Ablauf derselben für viele Wochen oder Monate verschwunden, um 
später wieder aufzutreten, ohne daß neue Krämpfe oder dgl. einsetzten. 
Es ist gewiß kein Zufall, daß es in den Sommer- und Herbstmonaten 
meist fehlte, im Winter und Frühjahr wieder nachweisbar war. 

Eine andere Stütze findet Verf. in der Anamnese der ein Faci¬ 
alisphänomen aufweisenden älteren Kinder. Wenn man sorgfältig 
nach Krämpfen oder Stimmritzenkrampf im Säuglingsalter fragt, so 
bekommt man etwa in 50°/ o der Fälle positive Antwort. Noch 
größer wird die Zahl der bejahenden Antworten, wenn wir nach 
Krämpfen oder Stimmritzenkrampf bei den Geschwistern fahnden. 
Die Tetanie als latente Form, als abnorme Konstitution des Nerven¬ 
systems ist nach Th.s Erfahrung eine außerordentlich erbliche oder besser 
familiäre Anomalie. Es ist sehr häufig, daß, wenn in einer Familie 
ein Kind dieselbe gezeigt hat, die folgenden sie ebenfalls aufweisen, 
wenn auch nicht stets in Form manifester Erkrankung. Es kommt 
gewiß vor, daß in einer Reihe von Kindern eines oder mehrere ganz 
verschont bleiben, andererseits sind die Fälle viel zahlreicher, in 
denen 3, 4 Kinder derselben Eltern hintereinander im zweiten oder 
dritten Lebensjahre an Krämpfen oder Laryngospasmus erkranken 
und event. zu Grunde gehen. 

Drittens spricht der unverkennbare zeitliche Parallelismus zwischen 
der Häufigkeit der Tetanien bei Säuglingen einerseits und der 
Facialisphänomene bei älteren Kindern andererseits, der hier wie dort 
anzunehmende Einfluß der Jahreszeit, für Zusammengehörigkeit beider 
Erscheinungen. 

Resumö: Das Facialisphänomen ist aus der Reihe der 
nervösen „Stigmata“ zu streichen und auch im späteren 
Kindesalter als pathognomonisches Latenzsymptom der 
Tetanie anzusehen, wenn auch diese oft eine dauernd 
symptomlos bleibende Anomalie des Nervensystems dar¬ 
stellt. Grätzer. 


F. Ganghofner. Zur Diagnose der Tetanie im ersten Kindesalter. 

(Zeitschrift f. Heilkunde 1902 Heft 5.) 

Nach Thiemich liegt sicher Tetanie vor, wenn unter An¬ 
wendung der Stintzingschen Normalelektrode von 3cbcm und einer in- 

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162 


Centralblatt ftlr Kinderheilkunde. No. 4. 


differepten Elektrode von 50 cbcm am Nervus medianua EOZ bei einer 
Stromstärke von weniger als 5 M. A. ausgelöst werden kann. Außerdem 
soll AnOZ bei geringerer Stromstärke erfolgen als AnSZ. Der Wert 
der Methode würde darin liegen, daß die Diagnose durch Prüfung 
eines einzigen Nerven sichergestellt werden kann. G., der in 
49 Fällen von Kindertetanie auf dieses Symptom untersucht hat, 
kam zu dem Schluß, daß die Thiemichsche Methode eine wertvolle 
Bereicherung unserer diagnostischen Hilfsmittel zur Feststellung der 
kindlichen Tetanie bildet, daß derselben aber kein Vorrang vor den 
anderen Untersuchungsmethoden gebührt, daß man ohne Berücksich¬ 
tigung anderer Krankheitserscheinungen lediglich auf Grund der ge¬ 
steigerten Erregbarkeit des Medianus nicht die Dignose auf Tetanie 
stellen darf, In 8 (von 49 Fällen) von Tetanie fiel die Prüfung 
negativ aus. Hugo Starck (Heidelberg). 


Dtirando Durante. Klinische Formen kindlicher Tetanie. Der 
Tremor der Kinder. 

(La Pediatria No. 12, 1902.) 

Verf. berichtet 4 Fälle, denen folgende Symptome gemeinsam sind: 
Mehr oder weniger ausgesprochener und ausgedehnter Tremor, Er¬ 
scheinungen von elektrischer und mechanischer Übererregbarkeit und 
Verdauungsstörungen. In dem einen Fall ist das ausgesprochene 
Bild der Tetanie vorhanden, aber auch in den anderen Fällen legen 
die gesteigerte Erregbarkeit, spastische Kontrakturen und das Trousseau- 
sche Phänomen den Gedanken daran nahe. In der Tat rechnet 
Verf., der zu denjenigen Autoren gehört, die den Begriff der Tetanie 
nach Escherichs Vorgang ziemlich weit fassen, auch seine Fälle, die 
übrigens alle in Genesung übergingen, zur atypischen Form der Tetanie; 
die Genese seiner Fälle sieht er in einer vom Magendarmkanal aus 
entstandenen Auto-Intoxikation. Zu einer besonderen Form der Tetanie 
werden die Fälle des Verf.s gestempelt durch das Vorhandensein des 
Tremors. Finder (Berlin). 


1 Zappert. Über eine ungewöhnlich gutartige Bulbäraffektion 

im Kindesalter. 

(Jahrbuch f. Psych. und Neurologie Bd. 22.) 

5 1 / 2 jähriger Knabe, der ca. 14 Tage zuvor an Fieber und Husten erkrankt 
war. Bald erholte er sich hiervon, doch blieb er leicht ermüdbar und speichelte 
auffallend viel, dann rückwärts geneigte Kopfhaltung, Verschlechterung der 
Sprache, zuweilen Schlingbeschwerden, später Zittern in den Händen. Erbrechen, 
Kopfschmerz, Fieber fehlten. 

Objektiv: bei feineren Mundbewegungen deutliche Störung. Pat. kann trotz 
zweckmäßiger Anstrengung nicht pfeifen, keine Atrophie der Lippen. Die Zunge 
wird mühsam nach vom bewegt und kann nicht weiter als bis zur Zahnreihe 
vorgeschoben werden, seitliche Bewegungen sind nur in ganz geringem Maße 
möglich. Keine Zungenatrophie. Sprache langsam, undeutlich, starker Speichel¬ 
fluß, Uvula hängt schlaff herab. Kopf dauernd nach hinten gebeugt. Sämtliche 
Reflexe lebhaft. Stimme heiser. Kaumuskeln schwach (?). 

11 Tage nach Aufnahme dieses Status Heilung. 

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I. Referate. 


168 


Verf. nimmt das Bestehen einer Bulbäraffektion an, erklärt die 
allgemeine Reflexsteigening mit einer Reizung der Pyramidenbahnen 
(durch Hyperämie oder Ödem) und sieht die eigentümliche Kopfhaltung 
des Knaben als den Ausdruck einer unangenehmen Sensation im 
Hinterhaupte an. 

In differentialdiagnostischer Beziehung kamen Hysterie, akute 
bulbäre Neuritis, postdiphtherische Lähmung in Betracht und konnten 
ausgeschlossen werden. Für Lues war kein Anbalstpunkt vorhanden. 

Die Art des im Bulbus bestehenden Krankheitsprozesses kann 
sein: Blutung, Embolie, Entzündung oder „ToxinWirkung“. 

Z. entscheidet sich in seinem Falle für die Annahme eines ent¬ 
zündlichen Vorganges. Besonders bemerkenswert erscheint ihm der 
überaus günstige Verlauf der Krankheit mit völliger Wiederherstellung 
ohne irgend ein restierendes Ausfallssymptom. Kurt Mendel (Berlin). 


E. BiöChofF. Pathologisch-anatomischer Befund bei familiärer 
infantiler spastischer Spinalparalyse. 

(Jahrbuch f. Psych. und Neurologie Bd 22.) 

B. teilt den pathologisch-anatomischen Befund von 2 Fällen mit, 
in denen es sich — wie gerade dieser Befund ergibt — um infantile 
familiäre spastische Spinalparalyse handelt. Es zeigt sich demnach, 
daß neben der Strümpellschen familiären spastischen Spinalparalyse 
der Erwachsenen auch eine solche bei Kindern vorkommt Die beij|tt| 
Brüder, über welche B. berichtet, erkrankten in ganz gleichartig^ 
Weise in der Kindheit. Der Autopsiebefund ergab (wie gleichfalls in 
den Strümpellschen Fällen) neben der Erkrankung der Pyramiden¬ 
bahn eine solche der Goll sehen Stränge, sowie (dies fehlt in den 
Strümpellschen Fällen) eine Verminderung der Zahl der großen 
Vorderhornganglienzellen (letztere Veränderung erklärt die intra vitam 
beobachtete Muskelatrophie). Die Hinterstrangsfasern, welche er¬ 
krankt sind, gehören jenen Körperabschnitten an, welche am längsten 
und intensivsten von spastischer Lähmung ergriffen waren. 

Kurt Mendel (Berlin). 


P. Gallois et M. Springer. Maladie de Little trfes am£lior£e 
par le traitement mercuriel. 

(Bulletin g4näral de th6rapeutique Heft 17 S. 648)* 

Das idiotische 4 l L jährige Mädchen konnte weder stehen noch 
gehen. Bei Stehversucnen sind die Knie einwärts gebogen, und die 
Beine kreuzen sich. Daneben bestehen Kontrakturen der Unter¬ 
extremitäten und Strabismus. Die Verff. zählen diesen Fall zu den 
sogenannten „formes frustes“ der Littleschen Krankheit. Der Vater 
des Kindes war Alkoholiker, aber nicht syphilitisch. Da das Kind 
zu früh geboren war, hielten die Verff. Syphilis nicht für ausgeschlossen 
und verordneten infolgedessen 20 Tropfen, später 40 Tropfen einer 
l°/ 00 alkoholischen Sublimatlösung (van Swjeten). Nach längerem Ge¬ 
brauch derselben trat entschieden eine Besserung des Zustandes ein. 

Schreiber (Göttingen), 

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164 


Centralblatt ftlr Kinderheilkunde. No. 4. 


F. Schlipfer. Über die infantile Herdsklerose mit Be¬ 
trachtungen über sekundäre Degenerationen bei disseminierter 

Sklerose. 

(Monatsschrift f. Psych. und Neurologie Bd. 12 Heft 1 und 2.) 

Den 58 bisher veröffentlichten Beobachtungen von infantiler Herd¬ 
sklerose fügt Sch. einen neuen Fall (mit Sektionsbefund) hinzu und 
kommt zu folgenden Schlüssen: 

Die Herdsklerose kommt, wenn auch sehr selten, auch bei 
Kindern vor, doch gehören nicht alle Fälle, die als solche veröffent¬ 
licht wurden, hierher; die durch die Autopsie bestätigten Fälle be¬ 
schränken sich auf 3 (unter ihnen derjenige des Verf.). 

Bisweilen beginnen die Symptome der Herdsklerose in der 
Kindheit, aber erst beim Erwachsenen findet man das vollständig ent¬ 
wickelte Bild der Krankheit. 

Vorzeitige oder schwere Geburten und die Asphyxie der Neu¬ 
geborenen üben keinen prädisponierenden Einfluß, die Heredität spielt 
eine geringe Rolle. 

Charakteristisch für die Symptomatologie sind das Vorherrschen 
der motorischen Störungen in den Beinen, die ausgesprochene 
Sensibilitätsstörung in denselben, Blasenstörungen, die Häufigkeit des 
Dekubitus. Häufig ist Ptosis, Anisokorie, Pupillenstarre, Trägheit 
bei der Akkommodation, Augenmuskelparese, Paraparese und Zittern 
der Extremitäten, Hemiparese, nicht konstant Intentionszittern, 
skandierende Sprache, Nystagmus. Psychische Störungen sind selten. 

Der Tod erfolgt gewöhnlich durch interkurrente Krankheiten. 
Therapie: Gute Nahrung, Jod- und Arsenpräparate. 

Oft sind bei der Herdsklerose der Kinder die Wurzeln der 
Spinal- und Cerebralnerven und die peripherischen Nerven in den 
Prozeß verwickelt. 

Die Degenerationen sind fast ganz auf die Pyramidenbahnen und 
die Gollschen Stränge beschränkt. „Was die ersteren betrifft, so 
kann man sie in einigen Fällen wirklich mit sklerotischen Herden in 
Verbindung bringen, wenn nämlich in den letzteren die Achsenzylinder 
zerstört sind, aber in anderen Fällen hängt die Degeneration ent¬ 
weder von einer diffusen Hirnsklerose ab oder sie ist von den Herden 
ganz unabhängig.“ Die Degeneration der Gollschen Stränge ist im 
allgemeinen nicht systematisch und kann nur ausnahmsweise als eine 
sekundäre Folge der sklerotischen Herde betrachtet werden. 

In einigen wenigen Fällen handelt es sich um echte Tabes in 
Verbindung mit disseminierter Sklerose in den anderen Rückenmarks¬ 
strängen, aber dann fehlen auch im klinischen Bilde die Symptome 
der Hinterstrangserkrankung nicht, während solche in den Fällen, in 
denen man sekundäre Degeneration der Hinterstränge angenommen 
hat, stets fehlen. Kurt Mendel (Berlin). 


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I. Referate. 


165 


Charta F. Painter. Infantile Paralysis; an epidemie of 
thirty-light cases. 

(Boston Medical and Surgical Journal, 11. Dezember 1902.) 

Poliomyelitis anterior tritt häufig epidemisch auf, und derartige 
Vorkommnisse verdienen ein genaueres Studium, als ihnen in der 
Regel zu teil wird. Die von P. mitgeteilte Epidemie umfaßt 38 Fälle 
und gehört somit zu den größten. Sie ereignete sich zwischen Juni 
und September 1900, innerhalb eines Radius von 4 Meilen. Aus¬ 
führlicher beschrieben sind 32 Fälle, 23 Knaben und 9 Mädchen. 
17 Kinder waren 3 Jahre alt oder jünger; acht waren nicht über 
2 Jahre, und sieben nicht unter 4 Jahre alt. Kein einziger gelangte 
zur vollständigen Heilung. Tödlicher Ausgang wurde einmal be¬ 
obachtet, doch kam die Leiche leider nicht zur Autopsie. 

Leo Jacobi (New York). 


Ernst Schwalbe. (Pathol. Institut Heidelberg.) Untersuchung 
eines Falles von Poliomyelitis acuta infantum im Stadium 

der Reparation. 

(Beiträge zur pathologischen Anatomie und zur allgemeinen Pathologie Bd. 32 

Heft 3, 1902.) 

Bei einem 6 / 4 jährigen Kinde entwickelte sich eine fieberhafte 
Erkrankung von wenigen Tagen, nach deren Ablauf die Eltern be¬ 
merkten, daß das Kind mit dem linken Beine keine Gehversuche mehr 
machte, sondern es herunterhängen ließ, statt darauf zu stehen. 
Die 3 Wochen später vorgenommeue Untersuchung ergab den Quadri- 
zeps des linken Beines als sehr stark paretisch, ebenso Strecker und 
Peroneen des Unterschenkels. Zehenbewegung jedoch gut ausführbar. 
Der Patellarreflex fehlte links. Die Therapie bestand in Galvani¬ 
sation und Salzbädern. 2 Monate darauf Besserung. Genu recur- 
vatum, links kein Patellarreflex. Nach einem weiteren Monat Exitus 
durch Empyema dextrum, Mediastinitis purulenta, Atelektase der 
rechten Lunge und Bronchopneumonie daselbst. — Es fand sich nun 
bei der Untersuchung des Rückenmarkes, daß die Veränderungen 
eine größere Ausdehnung hatten, als nach der klinischen Beobachtung 
batte erwartet werden dürfen: durch das ganze Lendenmark, ferner 
durch das ganze Sakralmark ließen sich Veränderungen nachweisen. 
Die größte Ausbreitung hätte der Prozeß im vierten und fünften 
Lumbalsegment, was ja durchaus der klinischen Beobachtung entsprach. 
Mikroskopisch wurden Veränderungen der Ganglienzellen: Schwund 
der Zellen, Degenerationsvorgänge, Verkalkung gefunden. Neben ge¬ 
ringeren pathologischen Befunden der Glia war eine Infiltration der 
Adventitialscheiden der Gefäße mit Fettkörnchenzellen, welche auch 
im intersstitiellen Gewebe in Herden lagen, vorhanden. — Die 
parenchymatösen und interstitiellen Veränderungen sind wohl auf eine 
gemeinsame Ursache zurückzuführen. Die Ätiologie der Poliomyelitis 
ist wahrscheinlich nicht einheitlich: in einem in der Literatur er- 


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m 


Centralblatt für Kinderbeilkunde. Ko. 4. 


wähnten Falle (Fr. Schultze, zur Ätiologie der akuten Poliomyelitis, 
Münchener med. Wochenschrift 1898) wurde aus der Lumbalflüssig- 
keit der Meningokokkus gezüchtet, im vorliegenden ist sie vielleicht 
durch denselben Erreger wie das Empyem, einen Diplokokkus, hervor¬ 
gebracht. Auch nach Infektionskrankheiten, z. B. nach Masern kommt 
sie vor. Der letztgenannte Modus wäre ein Analogon zu den 
diphtherischen Lähmungen. Mitunter beobachtet man auch eine 
Häufung der Fälle, die man jedoch nicht immer mit Recht als Epidemie 
bezeichnen kann. Schridde (Erlangen). 


R. Goldmann. Ein Fall von zerebraler Kinderlähmung. 

(Aus der med. Poliklinik in München.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 51.) 

Der 12jähr. Knabe war vor 11 Jahren plötzlich unter Fieber 
und Konvulsionen erkrankt und ist seitdem links gelähmt. 

G. gibt seiner Arbeit den Untertitel: Ein Beitrag zur Lehre 
von den Hautreflexen. In der Tat interessieren die Beobachtungen 
der Reflexe an dem Falle am meisten. Verf. gibt folgende Schil¬ 
derung: 

„Der Bizepsreflex ist gesteigert, weniger deutlich der Trizepsreflex. Bei 
Berührung des Handteller oder der Palmarseite der Finger bis in die Interdigital¬ 
falten ist folgendes Phänomen zu beobachten: Bei ganz schwachen Beizen tritt 
Extension und Abduktion des Daumens, bei etwas stärkeren auch Streckung des 
Zeigefingers ein, der gewöhnlich in der gleichen Weise die der übrigen Finger 
folgt: dabei sind sie gespreizt und in einer leichten Unruhe, wie wenn zu wenig 
Kraft da wäre, um die Extensionsstellung zu fixieren, nach ungefähr zwei bis 
mehreren Sekunden sinken die Finger in die Ruhelage zurück. Das ganze Phä¬ 
nomen erinnert sehr an die athetotischen Bewegungen. Ich konnte den Reflex 
auch auslösen, wenn ich den Pat. aufmerksam auf seine Hand blicken oder ihm 
eine anstrengende Kopfrechnung oder Bewegung ausfuhren ließ. In diesen Fällen 
wirkte die Erregungswelle von der Gehirnrinde her wahrscheinlich wie ein Impuls, 
der an der Stelle des geringsten Widerstandes, wie sie durch den Wegfall der 
motorischen Rindenfunktion für dieses Gebiet geschaffen war, seine Wirkung übte. 
Vom Dorsum der Hand, ferner von der Palma der anderen Seite konnte ich ihn 
nur manchmal bei sehr starkem Reize erzielen. 

Ein zweites Phänomen beobachtete ich bei stärkerem Reize des Handtellers 
der gelähmten Seite: dabei trat gleichzeitig Dorsalflexion im Karpal-, Beugung 
im Ellbogen-, Beugung und Elevation im Schultergelenk auf. Dasselbe gelang 
auch bei Stich in die rechte Palma, wobei aber der rechte Arm vollständig ruhig 
blieb. Es liegt nahe, diese beiden Phänomene als Analoga des Babinsky sehen 
und des Fußsohlenreflexes aufzufassen. In der Tat fand ich, daß vor kurzem 
Böttger den „Handtellerreflex“ in 2 Fällen frischer zerebraler Kinderlähmung 
und einem Falle von Porenkephalie beschrieben hat. Als den normalen Reflex- 
beschreibt er die Adduktion und Palmarbeugung des Daumens oder sämtlicher 
Finger. Daß er verhältnismäßig so selten ist — ca. 20 °/ 0 — ist in der Tatsache 
zu verstehen, daß die Reflexe umsomehr in den Hintergrund treten, je größer der 
Einfluß der Großhirnrinde der psychomotorischen Zentren ist. 

Interessant war, daß bei starkem Stich in die Palma wiederholt blitzartig 
ein krampfhafter Faustschluß erfolgte, der erst nach einigen Sekunden mit Mühe 
gelöst werden konnte. Dies soll auch in der letzten Zeit noch öfters spontan 
aufgetreten sein. Im Laufe der Behandlung, die im wesentlichen auf fleißigen 
Gebrauch der sonst vernachlässigten Hand hinauslief, konnte ich ein fast voll¬ 
ständiges Verschwinden dieser Erscheinung wahrnehmen. Ich nehme an, daß der 
Einfluß der gesunden Hemisphäre in Form der Mitbewegungen hemmend ein- 
wirkte. 


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1. Referate. 


167 


tm tiefen Schlafe konnte ich nar den Armreflex auslöeen, hingegen erschien 
im Halbschlaf das Fingerphänomen prompt, iedoch nicht bei Reizung der gesunden 
Seite. Die geringen Reize, die sonst zum Hervorrufen des Phänomens genügen, 
sind nicht im stände, den wahrscheinlich erhöhten Leitungswiderstand im Reflex¬ 
bogen zu überwinden. 

Das linke Bein zeigt gegenüber dem rechten weder an Länge, Umfang, noch 
an Kraft einen Unterschied. Die aktive und passive Beweglichkeit ist nur im 
Sprunggelenk im Sinne der Dorsalflexion eingeschränkt. Der Patellarreflex ist 
lebhaft, jedoch nicht gesteigert; Fußklonus ist nicht vorhanden. DasBabinsky- 
sche Phänomen ist positiv: Dorsalflexion der großen Zehe, Plantarflexion aller 
übrigen. Es ist jedesmal vom Beinreflex begleitet, der sich bis in die untere 
Bauchgegend erstreckt. Er ist bei genügend starkem Reize von jeder Stelle des 
Körpers auslösbar, am leichtesten von der Sohle der rechten Fußes und vom 
linken Handteller aus. Denselben Effekt hat eine anstrengende Denktätigkeit, 
eine plötzliche intendierte Bewegung, ein erschreckender Sinneseindruck. Auen der 
Versuch einer willkürlichen Bewegung der Zehen in einer Richtung bringt immer 
nur die beschriebene Kombination zum Vorschein. Das gesunde Bein zeigt dabei 
durchaus normales Verhalten. 

ln noch höherem Grade als die Hautreflexe am Beine ist der Kremasterreflex 
gesteigert. Es genügt schon leichtes Anblasen im Bereich der Oberschenkel, um 
ihn linkerseits anszulösen, während der rechte Hoden ruhig bleibt. Auch bei 
Kitzeln in der rechten Leistengegend ist der gegenseitige Reflex viel lebhafter. 
Den Zweifel, ob nicht der gesteigerte, bis auf die Bauchmuskeln sich erstreckende 
Beinreflex eine Kontraktion des Kremaster vortäusche, konnte ich widerlegen, als 
mir bei Reizung von der rechten Leiste aus der isolierte Kremasterreflex beider 
Leisten gelang.“ 


Dieser Fall scheint deshalb erwähnenswert, weil über die Haut¬ 
reflexe bei der infantilen zerebralen Hemiplegie, vom Babinsky sehen 
Phänomen abgesehen, auch in den neuesten Publikationen so gut wie 
gar nichts zu finden ist. Die im allgemeinen richtige Annahme, daß 
bei der zerebralen Hemiplegie die Sehnenreflexe gesteigert, die Haut¬ 
reflexe herabgesetzt sind, wurde wohl stillschweigend auf die ent¬ 
sprechende Kinderlähmung übertragen. 

Es scheint, daß in der Entwicklung der Einfluß der Gehirn¬ 
rinde auf die Hautreflexe ein anderer ist als beim Erwachsenen. G. 
stellt sich die Entwicklung so vor: Die Reflexe nach Strümpell 
als „rudimentäre Funktionen“ aufgefaßt, sind ursprünglich an das 
Rückenmark und die nächsthöheren motorischen Zentren gebunden. 
Mit der Entwicklung der Gehirnrinde und der Übernahme der 
motorischen Funktionen fallen auch die Reflexe unter ihre Herr¬ 
schaft, wodurch die spinalen Zentren ihre Stellung als selbständige 
Regulatoren der Bewegungsmechanismen verlieren. Bei einer 
Leitungsunterbrechung innerhalb der Pyramidenbahn können sie je¬ 
doch ihre ehemalige Bedeutung wieder erlangen, wenn sie in der 
Zeit vorher nicht durch mangelnde Übung gelitten haben. Der Kre¬ 
master- und Bauchdeckenreflex sind in dieser Hinsicht schlimmer 
daran als der Patellar- und die Fußsohlenreflexe, deren Zentren stets 
in Aktion sind und ziemlich selbständig, da der Willen bei der Be¬ 
wegung der Beine nur den Anstoß zum Ablauf des Gehmechanismus 
gibt, keineswegs aber die nuancierte Beherrschung aller Muskeln 
ausübt. 

An der Hand sind die Reflexe durch die detallierte Einflu߬ 
nahme des Willens auf jede Bewegung, vor allem die der Finger, 
überflüssig geworden; sie würden nur stören. Die Möglichkeit, sie 
zu erhalten, gewinnen wir, indem wir die Entwicklung der Pyra- 


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168 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4. 

midenbahnen verhindern. Die Böttgerschen Fälle, vor allem die 
Porenkephalie, und der obige genügen dieser Bedingung. 

Nach dem gegenwärtigen Stand der Kenntnisse müssen wir die 
Hautreflexe in 2 Gruppen einteilen. Die erste umfaßt diejenigen, 
welche durch die Schädigung der Pyramidenbahn nicht oder im Sinne 
der Steigerung betroffen werden: das ist der Plantar-Beinreflex. Die 
zweite — Bauch-, Kremaster- und der normale Zehenreflex — geht 
mit der Verletzung der genannten Bahn verloren oder büßt seine 
normale Stärke ein. 

Noch ein Wort zu der Auslösung der Phänomene durch Reize 
von Stellen der Haut, die nicht im Bereiche der betreffenden Ex¬ 
tremität liegen. Schon Westphal beobachtete eine Bewegung der 
gelähmten Hand bei Stich in die gesunde Handfläche. Er faßte sie 
irrtümlich als Mitbewegung au£ Parhon und Goldstein sahen 
wiederholt bei Reizung der gesunden Planta Flexionsbewegung der 
Zehen am gelähmten Fuße (den „kontralateralen Reflex“). In vielen 
Fällen ist der „gekreuzte Reflex“ konstatiert worden: Bewegung auf 
der gesunden Seite bei Reizung der gelähmten, wo der Reflex auf¬ 
gehoben oder herabgesetzt ist. Alle diese Erscheinungen haben ge¬ 
meinsam, daß der Reiz an der Stelle des geringsten Widerstandes, 
nach Goldscheider der niedrigsten „Neuronschwelle“, den Effekt 
auslöst. In obigem Falle befanden sich die spinalen Zentren der 
linken Seite infolge des Ausfalls der Hemmung von der Gehirnrinde 
in einem Zustande erhöhter Erregbarkeit. Der Stich, der an der ge¬ 
sunden Hand keinerlei Wirkung hervorbrachte, wurde als Nerven¬ 
erregung auf dem Wege der Kollateralen zu dem gegenseitigen Zen¬ 
trum geleitet, dessen Reizschwelle er stark genug war, zu überwinden. 
Es scheint bei einer gewissen Tiefe der Neuronschwelle gleichgültig, 
was für einem Reize die Nervenerregung entsprungen ist: Berührung, 
Stich, Kälteeinwirkung, ein intensiver Gehörseindruck, ja die Nerven¬ 
erregung, die einer willkürlichen Bewegung oder Denkarbeit zu 
Grunde liegt, vermögenden gleichen Effekt hervorzurufen, den jeder¬ 
zeit eingestellten Mechanismus zum Ablauf zu bringen. Grätzer. 


Ch. Fere, Urticaire d’origine alimentaire limit^e aux parties 
non paralys^es dans un cas d’h6mipl6gie infantile. 

(Rev. neurol. 1902 No. 15.) 

Es handelt sich um einen 27 jährigen, hereditär belasteten Mann, 
welcher eine linksseitige zerebrale Kinderlähmung durchgemacht hatte, 
jetzt Hemiparesis spastica und Konvulsionen darbot. Nach dem Ge¬ 
nüsse von Fischen bekam Pat. eine Urticaria, welche nur auf der 
gesunden, nicht gelähmten Seite lokalisiert war. 

Kurt Mendel (Berlin). 


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L Referate. 


169 


CaJabT68e. Beitrag zum Studium der Kinderlähmung. 

(XIL Congresflo di medicina interna. Bom. 28.—81. X. 1902.) 

Ver£ hat Gelegenheit gehabt, zwei wichtige Fälle von spinaler 
Kinderlähmung zu beobachten. Im ersten handelte es sich um ein 
3jähriges Kind, bei dem im Alter von 2 Jahren nach heftigem 
Fieber und Magendarmerscheinungen eine Lähmung aufgetreten war, die 
zuerst unter dem Bild einer linksseitigen Hemiplegie und Hyperästhesie 
derselben Seite und totaler linksseitiger und partieller rechtsseitiger 
Ophthalmoplegie sich zeigte. Nach einem Monat trat auch Lähmung 
und Atrophie in der rechten unteren Extremität ein, gleichzeitig eine zwar 
nicht vollständige und auch vorübergehende Anästhesie in demselben 
Glied; nach wenigen Tagen verschwand zuerst die rechtsseitige, dann 
die linksseitige Ophthalmoplegie, dann besserte sich und verschwand 
schließlich die Lähmung der linken oberen und unteren Extremität, 
so daß zuletzt nur eine solche des rechten Beines zurückblieb. 

Nach einer erschöpfenden Analyse dieses Falles geht Verf: zum 
zweiten über, in welchem — gleichfalls nach hohem Fieber — links¬ 
seitige Konvulsionen und linksseitige Hemiplegie auftrat, später totale 
Ophthalmoplegie, die zuerst beiderseitig war und dann nur auf der 
rechten Seite blieb; 20 Tage nach Beginn der Erkrankung trat 
Paralyse und später Atrophie der rechten unteren Extremität auf mit 
Aufhebung der Reflexe, Entartungsreaktion und Bildung des pes 
equinus. Seit zwei Jahren traten noch bisweilen Konvulsionen nach 
dem Typus der Jacksonschen Rindenepilepsie auf, die im linken 
Arm beginnen. Finder. 


Gh. MarinesCU. Beiträge zum Studium der infantilen 

Hemiplegie. 

(Spit&lnl [rumänisch] 1902 No. 11.) 

Verf. hat in mehreren Fällen von infantiler Hemiplegie genaue 
histologische Untersuchungen angestellt und sind die Ergebnisse in 
kurzem folgende. In einigen Fällen wurde eine Atrophie der Gro߬ 
hirnwindungen gefunden, ohne eigentliche Degenerationsherde. In 
anderen werden begrenzte Herde, Meningo-encephalitis, und in einem 
Falle Himatrophie infolge von Hydrocephalus gefunden. Handelt es 
sich um Atrophie, so sind auch die einzelnen Nervenzellen atrophisch, 
ihre Zahl ist vermindert und erstrecken sich diese Veränderungen 
bis in die dritte und vierte Schichte. Die großen Zellen der sensi¬ 
tiv-motorischen Zone bieten verschiedene Veränderungen, je nach¬ 
dem sich ein Herd in der inneren Kapsel befindet oder nicht. In 
ersterem Falle sind Veränderungen durch Fern Wirkung zu finden, 
aber auch bei einfacher Mikrogyrie sind Zellveränderungen bezüglich 
der Form und der Zahl zu beobachten. 

Oft wird bei zerebraler Hemiatrophie eine Atrophie der ent¬ 
gegengesetzten Zerebellarhemisphäre beobachtet. In den meisten Fällen 
wurden auch Läsionen der Basalganglien gefunden. 

E. Toff (Braila). 


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CentralbL f. Kinderhlkde. VUL 



170 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4. 


Ludwig Mann. Über zerebellare Hemiplegie und Hemiataxie. 

(Monatsschrift für Psych. und Neurologie Bd. XII, Ergänzungsheft.) 

Verf. berichtet über einen Fall mit folgenden Symptomen: er¬ 
hebliche linksseitige Hemiparese, die sämtliche Bewegungen gleich¬ 
mäßig betrifft, verbunden mit deutlicher Muskelatrophie und leichter 
Steigerung der Sehnenreflexe; typische, sehr ausgeprägte Hemiataxie 
bei vollkommener Intaktheit der Sensibilität in allen Qualitäten; Auf¬ 
hebung der Sensibiliät im Gebiet des linken Trigeminus mit Keratitis 
neuroparalytica; linksseitige Abducensparese; totale Lähmung des linken 
Facialis in allen Ästen mit EaB; linksseitige Herabsetzung des Gehörs. 
Diagnose: Zerebellarerkrankung links. — An diesen Fall knüpft Verf. 
einige sehr lesenswerte Bemerkungen über die Kleinhirnfunktion und 
die durch Kleinhirnerkrankung bedingten Störungen und stellt zum 
Schlüsse folgende Sätze als Ergebnis seiner Betrachtungen auf: 

1. Es gibt eine direkte zerebellare Hemiplegie, also eine durch 
halbseitige Erkrankung des Kleinhirns bedingte Herabsetzung der 
motorischen Kraft einer Körperhälfte. 

2. Diese Hemiplegie läßt sich bei genauer Beachtung ihrer 
symptomatologischen Charaktere streng von der durch Erkrankung 
der motorischen Großhirn-(Pyramiden-)bahn erzeugten Hemiplegie 
unterscheiden und für die Diagnose von Kleinhirnerkrankungen ver¬ 
werten. Sie weist stets auf einen gleichseitigen Sitz des Herdes hin. 

3. Sehr häufig tritt bei Kleinhirnerkrankungen eine halbseitige 
typische Bewegungsataxie der Extremitäten auf, für die das Fehlen 
der Sensibilitätsstörungen charakteristisch ist. 

4. Diese Ataxie ist zurückzuführen auf einen Ausfall derjenigen 
unbewußt verlaufenden Erregungen, welche von den Innervations¬ 
vorgängen der Muskulatur ausgehen, das Kleinhirn passieren und von 
dort vermittelst der Bindearmbahn als unerläßliche Elemente für die 
Ausführung koordinierter Bewegungen der motorischen Großhirnrinde 
zugeleitet werden. 

5. Auf die Unterbrechung derselben Kleinhirn-Bindearm-Groß- 
hirnbahn ist auch die zerebellare Hemiplegie zu beziehen. 

6. Die von Bonhoeffer nachgewiesene Tatsache, daß Störungen 

der Bindearmbahn der Hemichorea zu Grunde liegen, lassen sich mit 
der obigen Anschauung sehr gut vereinigen, da Übergangsformen 
zwischen Chorea und Ataxie in diesen Fällen außerordentlich häufig 
sind. Kurt Mendel (Berlin). 


Douglas H. Stewart. Thoughts on Fetal Intracranial 

Hemorrhage. 


(New York Medical Journal, 10. Januar 1903.) 

Blutungen innerhalb der Schädelhöhle entstehen intra partum 
infolge des ungleichen Druckes. Während die Wehenkraft einen 
starken Druck von oben ausübt, fehlt ein entsprechender Gegendruck 
am vorliegenden Kopfteil und es kommt infolgedessen zu einer ver¬ 
mehrten Spannung in den intrakranialen Gefäßen: von dieser zur 
Blutung ist nur ein Schritt. Trockene Geburt, lebhafte Wehen und 


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I. Referate. 


1T1 


eine um den Hals geschlungene Nabelschnur sind begünstigende 
Momente. 

Der gefährliche Zeitraum liegt zwischen Blasensprung und Ein¬ 
tritt des Kopfes in den Beckeneingang. Daraus ergeben sich Prophy¬ 
laxe und Therapie: nach vorzeitig abgeflossenem Fruchtwasser warte 
man nicht auf die langsame Erweiterung der Geburtswege, sondern 
diktiere künstlich den Muttermund; um den Wehendruck von oben 
auszugleichen, empfiehlt sich die Einführung eines Kolpeurynters bis 
zum vorliegenden Schädelteil. Daneben, sobald es möglich wird, lege 
man die Zange an und ziehe den Kopf tief ins Becken hinein: sind 
dann einmal die Schädelknochen untereinander geschoben, so hat 
man gewonnenes Spiel. 

Die stattgefundene Gehirnblutung verrät sich durch folgende 
Zeichen: eigentümliches konvergierendes klonisches Schielen (häufig); 
angedeutete Kiefersperre (selten); Zittern oder Rigidität der Zunge, 
in der Regel mit fehlenden Saugversuchen einhergehend. 

Die Prognose ist häufig eine ernste. Leo Jacobi (New York). 


C. JamfireSCU, Haemorrhagia cerebralis bei einem 13jährigen 
Kinde, Meningitis vortäuschend. 

(Spitalul 1902 No. 6.) 

Der Fall bot während des Lebens das klassische Bild einer 
Meningitis dar, doch hatte die Lumbalpunktion die Gegenwart zahl¬ 
reicher roter Blutkörperchen in der Zerebrospinalflüssigkeit gezeigt 
und so eine Hirnblutung vermuten lassen. Ätiologisch war nichts 
nachzuweisen. Bei der Nekropsie wurde ein nußgroßer hämorrhagischer 
Herd gefunden, welcher sich in die Tiefe des rechten Lobulus fron- 
talk erstreckte. Die Blutung dehnte sich auf die äußere Kapsel, den 
rechten Linsenkern, einen Teil des Corpus striatum aus und gelangte 
bis in den rechten SeitenventrikeL K Toff (Braila). 


A. Broca. Trepanation pour troubles cons^cutifs a une 
fracture ancienne du crane. 

(Gazette des Hopiteaux No. 119 S. 1169.) 

Der 2jährige Knabe war im Alter von 1 1 / 2 Jahren von einem 
Pferde geschlagen worden. Die Wunde heilte anfangs sehr gut, nach 
14 Tagen stellten sich aber plötzlich Zerebralerscheinungen ein und 
im Anschluß daran eine doppelseitige Taubheit, ohne daß sich im 
Ohr Veränderungen fanden. Ferner verlor das Kind die Sprache. 
Es konnte im Alter von 2 Jahren noch nicht gehen. Am linken 
Scheitelbein fand sich ein Knochendefekt, die Veränderungen selbst 
bezieht B. auf eine konsekutive Meningitis. Nach einer Trepanation 
besserte sich der Zustand erheblich, die Taubstummheit verlor sich 
aber nicht. Schreiber (Göttingen). 


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172 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4. 


Bergbmz. Ein Fall von Zerebrospinalmeningitis verursacht 

durch den Meningococcus intracellularis. 

(Rivista di Clinica Pediatrica No. 1, 1903.) 

Bericht über einen Fall dieser in Italien ungemein selten ver¬ 
kommenden Erkrankung. Finder (Berlin). 


G. Mya (Florenz). Über die durch den Pfeifferschen Bazillus 
verursachte fibrino-purulente Zerebrospinalmeningitis. 

(Wochenschrift für Kinderheilkunde Dezember, 1902.) 

M. hatte Gelegenheit, drei ganz reine Fälle von eitriger, durch 
den Pfeifferschen Bazillus hervorgebrachter Zerebrospinalmeningitis 
zu studieren. Zwei davon endeten letal, der dritte mit Genesung. 
Alle drei betrafen Säuglinge, was beweist, daß das Alter ein zu dieser 
speziellen Form zerebrospinaler Meningitis prädisponierendes Moment 
bilden kann. In den zwei Fällen, die auf den Sektionstisch kamen, 
war die Meningitis von außerordentlich schwerer Form. Sowohl im 
Gehirn, als im Rückenmark war eine sehr reichliche fibrinös-eitrige 
Apfiammlung, und die meningeale Entzündung war von schweren 
Veränderungen der Hirnsubstanz (hämorrhagischer Encephalitis in 
Form von Erweichung) begleitet. Wahrscheinlich fehlten auch im 
dritten Falle nicht Encephalitiserscheinungen, obwohl in mehr be¬ 
schränkter, wahrscheinlich bulbärer Form, wie der Anfang des Lei¬ 
dens mit Anzeichen einer vollständigen linksseitigen Facialislähmung 
und nachbleibender gekreuzter Parese bewies. Solche schwere Ver¬ 
änderungen der Hirnsubstanz sind bei von anderen Mikroorganismen 
verursachten eitrigen Meningitiden viel seltener, sie scheinen also ein 
wichtiges Merkmal der durch den Pfeifferschen Bazillus bedingten 
zu sein. Im ersten Fall war die Meningitis kompliziert durch beider¬ 
seitige Bronchopneumonie und linksseitige fibrinös-eitrige Pleuritis, 
im zweiten durch eitrige Arthritis (eines Schultergelenkes), die dem 
Ausbruch der Meningitis einige Tage vorausging, im dritten end¬ 
lich gingen meningitische Erscheinungen voraus, denen nach 
mehreren Tagen einseitige Otitis und Bronchopneumonie nachfolgte. 
In diesem Falle schreibt Verf. die Heilung der größeren Widerstands¬ 
fähigkeit des Organismus zu; es handelte sich um ein Brustkind aus 
wohlhabender Familie. G r ä t z e r. 


Tavel (Bern). Zur Epidemiologie des Typhus abdominalis. 

(Centralblatt f. Bakteriologie 1903 Bd. 33 No. 3.) 

Im Oktober 1900 brach in Olten in der Schweiz eine kleine 
Typhusepidemie aus, welche mehrere Opfer forderte. Die Typhusfälle 
konzentrierten sich alle in den höheren Quartieren des Ortes und 
beliefen sich auf einige 20. Die Ursache der Infektion konnte nicht 
genau ermittelt werden, doch mußte die Wasserleitung schuld sein. 
Man. vermutete, daß bei der starken rückläufigen Strömung, die 
beim Abstellen der Wasserleitung in den Röhren hervorgebracht 

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II. Ans Vereinen und Versammlungen. 


173 


wurde, eventuell typhysbazillenhaltiges Material mit eingesaugt 
worden sein könnte. Die Wasserleitung lief in einem Punkte des 
Ortes blind aus. Kurz vor dem Schlußzapfen ging aber noch ein 
kleinkalibriges Rohr in ein einzelnes Haus, in welchem ebenfalls im 
Oktober 3 Typhusfälle hintereinander vorgekommen waren. Während 
im ganzen Ort die Epidemie bald erlosch, brach sie in dem genannten 
Haus im März 1901 von neuem wieder aus. Bei der Nachforschung 
fand man in dem blinden Rohrstück schlammiges Wasser vor, 
in welchem im Kubikzentimeter 8000—13000 Keime vorhanden waren. 
Darunter war Coli, Fluoreszens, Proteus und auch Typhus. 
Letzterer wurde morphologisch und auch biologisch identifiziert Die 
Agglutination mit Serum gelang in einer Verdünnung von 1:1000. 

Interessant ist die Tatsache, daß unter gewissen Umständen — 
in diesem Falle infolge des Stagnierens des Wassers — die Typhus¬ 
bazillen sich mehrere Monate lebendig, entwicklungsfähig und infektiös 
erhalten können. R. O. Neumann (Kiel). 


II. Aus Vereinen und Versammlungen. 


Vereinigung niederrheinisch-westfäiischer Kinderärzte. 

11. Sitzung vom 30. November 1902. 


Zu Beginn der Sitzung berichtet Hott Gremsheim (Worms) Uber äte Ver¬ 
sammlungen der deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde auf der Naturforscberversantm- 
lung zu Karlsbad. 

Sodann demonstriert Herr Selter (Solingen) einen Fall von Fehlen des Mus- 
culus gastrocnemius, den er durch Überpflanzung der Sehne des Peroneus longus 
ersetzte. Auch bei der Operation fand sich nur eine Andeutung der Achillessehne 
am Calcaneus, sonst keine Spur des betreffenden Muskels. 

I. Herr Conrads (Essen). Über eine bisher noch nicht gewürdigte Ursache 
der „plötzlichen Todesfälle im Kindesalter“. Angesichts der in den letzten Jahren des 
öfteren hervorgetretenen Neigung, diese Fälle ohne weiteres auf das Konto des 
Status lymphaticus zu setzen, verdient jede Beobachtung mitgeteilt zu werden, 
welche — trotzdem sie bei oberflächlicher Betrachtung unter die genannte Kategorie 
gehören könnte — dennoch eine andere Todesursache aufdeckte. In dem von C. 
beobachteten Falle handelte es sich um ein 13 Monate altes rachitisches, pastöses 
Mädchen, welches seit 9 Monaten an Laryngospasmus litt, der durch Phosphor 
zwar gebessert, aber niemals ganz beseitigt wurde; beim Erwachen sowie beim 
Schreien hörte man noch immer den charakteristischen inspiratorischen Laut. Das 
Kind wurde eines Nachmittags ohne vorhergegangene Krankheit tot in seinem 
Bettchen aufgefunden, in welches es 2 Stunden vorher gelegt worden war. Die 
Sektion ergab eine ziemlich große Thymus (11:7:2cm, Gewicht 29,5g), die von 
der Thyreoidea bis fast zur Zwerchfellkuppe herabreichte. Die Trachea seitlich 
etwas flach gedrückt, so daß ihr Querschnitt etwas verzerrt erscheint; dicht unter¬ 
halb des Kehlkopfes ist er noch symmetrisch. In Anbetracht der Anamnese hätte 
man wohl Tod im laryngospastischen Anfall annehmen können, und doch war 
die Ursache des Exitus — eine Kohlenoxydvergiftung, wie die (nur infolge eines 
auffallend hellen Totenfleckes auf der rechten Backe vorgenommene) spektro¬ 
skopische Untersuchung unzweifelhaft ergab, ebenso die Hoppe-Seylersehe 
Natronprobe. — Für das Zustandekommeu der Vergiftung kann nur ein Petroleum¬ 
ofen verantwortlich gemacht werden, der das kleine Zimmer, in welchem sich zur 
Zeit keine anderen Menschen auf hielten, heizte. C. behält sich weitere Unter¬ 


suchungen über diesen Punkt noch vor. 

Zur Diskussion: Herr Paffenholz. Zu dem Thema plötzliche Todesfälle 
gehört ein Fall, der auch ohne Obduktion nicht aufzuklären gewesen wäre. Ein 
älteres Kind erhält im Streit einen Stoß und stürzt zur Erde, wird tot aufgehoben. 

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174 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4. 


Die Obduktion ergab eine Überschwemmung der Bronchien mit flüssigem Eiter; 
es war ein Bronchialdrüsenabszeß in die untere Trachea perforiert, also das Kind 
buchstäblich an dem Eiter ertrunken. 

Herr Ungar möchte den Zusammenhang plötzlichen Todes, vergrößerter 
Thymusdrüse und Status lymphaticus nicht so völlig von der Hand weisen, wenn 
er auch nicht an die rein mechanische Ursache glaubt Er teilt einen zur gericht¬ 
lichen Obduktion gelangten Fall mit, bei dem doch schließlich die lymphatische 
Konstitution als Ursache des plötzlichen Todes angesehen werden mußte. 


Herr Selter bemerkt, daß Richter (Wien) die Annahme plötzlichen Todes 
infolge vergrößerter Thymus und lymphatischen Habitus an der Hand eines 
großen Materials sehr unwahrscheinlich gemacht habe. Was sei denn Status 
lymphaticus?! doch vorläufig ein Begriff ohne pathologische Grundlage, eine An¬ 
sicht, welche durch die hier gemachten Mitteilungen nur bestätigt werden. 

Herr Gernsheim. Bei der Annahme des sogenannten Status lymphaticus 
als Todesursache führt man des Öfteren auch eine Neigung des Zentralnerven¬ 
systems an, durch die Herzstillstand hervorgerufen wurde. Ich bin durch die 
Ausführungen Richters dahin gekommen, den Status lymphaticus an sich für 
mich ganz aus den Ursachen für die plötzlichen Todesfälle auszuschalten, aber 
ich kann mich dennoch nicht der Vermutung erwehren, daß durch eine infolge 
irgend welcher # Ursache hervorgerufene passive Hyperämie und Schwellung der 
Thymus eine Überladung des Blutes mit C0 8 stattfinden und den mittelbaren 
Anlaß zum mehr oder weniger plötzlichen Tode geben kann. 

Herr Cr am er. Es ist gewiß von Interesse hier in jedem Einzelfalle die 
Todesursache exakt festzustellen. Ich möchte zwei einschlägige Fälle erwähnen: 
Im ersten Falle starb ein bis dahin völlig gesundes Kind plötzlich am Ende der 
dritten Lebenswoche. Bei der Sektion fand sich eine noch von der spontanen 
Geburt herrührende sehr ausgebreitete Blutung über beide Hemisphären. Intra 
vitam waren nie Erscheinungen beobachtet worden, die auf eine Störung des 
Nervensystems oder Himdruck schließen ließen. Im zweiten Falle wurde am 
14. Lebenstage nachmittags 8 Uhr ein bis dahin ganz gesundes Kind im Bett 
tot aufgefunden, nachdem es erst um 1 Uhr ganz normal an der Brust getrunken 
hatte. Bei der Sektion fand sich die Lunge des Kindes beiderseits bis in die 
feinsten Bronchiolen mit Milch vollgesogen. 

Herr Krautwig. Es sind eine ganze Reihe von plötzlichen Todesfällen im 
Kindesalter und bei Erwachsenen ganz genau bekannt, bei denen eine übergroße 
Thymus den einzigen, auffälligsten Befund bei der Obduktion bildete. Die Thymus 
wirkt aber nicht durch Druck tödlich, sie ist nur der Index oder der Begleiter 
der an sich unbekannten Ursache, welche auch kaum in dem fast preis¬ 
gegebenen Status lymphaticus zu suchen ist. Jedenfalls ist in jedem Falle noch 
die unbekannte Todesursache zu erforschen, welche gelegentlich, wie in dem Falle 
Conrads, in einer CO Intoxikation, häufiger vielleicht in der Summe der respira¬ 
torischen Schädlichkeiten besteht (C0 8 u. s. w.), die manchmal auf den Säugling 
in den dumpfen Wohnungen der Armen ein wirken, besonders dann, wenn das 
Kind sehr nahe der Erde in einem Korbe liegt. 

II. Herr Dreher (Düsseldorf). Behandlung des Keuchhustens mit Chinin, mur. 
und Aristochin. Einfluß der Impfung auf den Verlauf des Keuchhustens. Vortr. hat während 
der letzten Keuchhustenepidemie die Erkrankten, soweit es angängig war, syste¬ 
matisch und genau nach den Binz-Ungar sehen Vorschriften mit Chinin, mur. 
und später mit Aristochin in denselben Dosen behandelt. Was das erstere Prä¬ 
parat angeht, so glaubt er beobachtet zu haben, daß es in allen Fällen sicher 
gewirkt hat, in denen die Pat. das Alter von 18 Monaten nicht überschritten 
hatten. ' Die Zahl der Anfälle und ihre Heftigkeit sank in 6—8 Tagen von 
20—25 innerhalb 24 Stunden auf 6—8 herab. Die Dauer der Anfälle, die Reprisen 
und das Erbrechen ließen gleichzeitig nach. Chinin ist für dieses Lebensalter 
gewissermaßen ein Spezifikum gegen Pertussis. Ältere Kinder wurden nicht mehr 
in allen Fällen günstig beeinflußt und zwar um so weniger, als sie von der 
bezeichneten Altersgrenze entfernt waren. Kindern über 4 Jahren wurde Chinin 
wegen der Nebenerscheinungen, die bei den nötigen hohen Dosen zu befürchten 
sind, nicht mehr gegeben, sondern durch Heroin mit leidlichem Ergebnis ersetzt. — 
Es wurden nur solche Kinder zur Beobachtung verwendet, welche Chinin nicht 
zurückwiesen und außer an Keuchhusten nicht erkrankt waren. Von Säuglingen 


wurde Chinin, mur. nur ganz selten verweigert, auch wurde es, 

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erst nach dem 

e 



IL Am Vereinen und Versammlungen. 


175 


Hustenanfalle gereicht, nicht erbrochen. — Wie das Chinin, mur., so bewährte 
sich auch das Aristochin, welches er in denselben Dosen gab, wie das erstere. 
Da Aristochin sich in ungenügend saurem Magensaft nicht löst, so wurde bei 
Säuglingen kurz vor der Darreichung des Pulvers schwache Salzsäurelösung ge¬ 
geben. Die Erfolge waren recht ermutigend. In den zur Beobachtung gelangten 
21 Fällen sanken die Anfälle in 6—8 Tagen bis über die Hälfte der früheren 
Attacken, so daß der ganze Krankheitsverlauf ein äußerst milder war, wenn 
auch nicht ganz in demselben Maße, wie bei Chinin, mur. Einen ganz wesent¬ 
lichen Vorzug vor demselben stellt aber die absolute Geschmacklosigkeit des 
ersteren dar. Zum Zweck der Darreichung wurde es in etwas Wasser oder Milch 
aufgeschwemmt oder in geeigneten Fällen in etwas Apfelbrei gemischt und dann 
gern genommen. Aristochin empfiehlt er bestens zur Nachprüfung, zumal die 
anderen geschmacklosen Chininpräparate anerkanntermaßen in ihrer Wirkung bei 
Keuchhusten unsicher sind, ja völlig versagen. — Weiter glaubt D. beobachtet 
zu haben, daß die Impfung, wenn sie während der Pertussiserkrankung oder kurz 
vorher vorgenommen war, nicht nur keinen verschlimmernden, sondern sogar einen 
günstigen Einfluß habe. Die kurz vor der Infektion geimpften Kinder mehrerer 
an Keuchhusten erkrankten Familien litten alle weniger als ihre Geschwister unter 
dieser Krankheit. In 4 Fällen, die D. impfte während des Erkranktseins, verlief 
der Keuchhusten ebenfalls sehr mild. Keuchhustenkranke Kinder brauchen von 
der Impfung nicht zurückgestellt zu werden. 

Zur Diskussion: Herr Gernsheim (Worms) hat von Chinin, mur., Chinin, 
tannic. und speziell von Euchinin, die er alle drei in relativ großen Dosen (0,2—0,8) 
bei Kindern unter l 1 /« Jahren gab, sehr gute und fast gleiche Erfolge gesehen, muß 
aber hinzufugen, daß die die Anfälle mildernde Wirksamkeit beim fortgesetzten 
Gebrauche nachläßt und man andere Präparate, z. B. Tussol, anwenden muß. Er 
sah in einer Familie das frisch geimpfte 4jährige Kind heftiger erkranken, als 
die nicht geimpften Geschwister, Zwillinge von 5 Monaten. Als Beruhigungs¬ 
mittel empfiehlt er Dionin, er verabreicht es entweder in Lösung für sich oder 
in Kombination mit einer Kreosotalschüttelmixtur, welch letztere den Schleim 
gut verflüssigt und das Erbrechen mildert 

Herr Bloch (Köln). Ein eigentliches Heilmittel gibt es bei Keuchhusten 
nicht. Er erzielte bei den Kölner Epidemien den besten Erfolg mit Codein, das 
sehr gut ertragen wurde. Chinin hat er sehr häufig und im Gegensätze zu Herrn 
Dreher gerade bei größeren Kindern angewandt. Er gibt die Schokolade-Chinin- 
Tabletten (Zimmer), welche genau dosiert sind und gern genommen werden. Er 
erlebte dabei öfter Chininexantheme, die aber bald ohne Folgen bei Aussetzen 
des Chinins schwanden, das Chinin konnte nach wenigen Tagen weiter gegeben 
werden. 

Herr Ungar (Bonn) bestätigt den Wert des Aristochins bei der Keuchhusten¬ 
behandlung, widerspricht aber der Annahme, daß man bei Kindern, die älter als 
l 1 /« Jahr, keine Erfolge der Chininbehandlung sehe. Er betont sodann die große 
Schwierigkeit, an ein abschließendes Urteil über den Wert der Chininbehandlung 
zu gelangen. 

Herr Rey (Aachen) hat von keinem Mittel, weder von den Narkoticis noch 
vom Chinin in seinen verschiedenen Verbindungen, eine befriedigende Wirkung 
gesehen. Allen diesen Mitteln fehlt ein Einfluß auf die Dauer der Krankheit, 
es fehlt die baktericide Wirkung ganz oder fast ganz. In früheren Jahren sah 
er Besseres vom Kreosot, es kann jedoch nicht in genügend großen Dosen gegeben 
werden. Seit kurzer Zeit wendet er mit geradezu erstaunlichem Erfolge Thiokol 
bezw. Sirolin an. Ersteres 4 mal täglich 0,3—0,6; letzteres in 24 Stunden vier 
Teelöffel, die sogar von 5monatlichen Kindern nicht nur vertragen werden, 
sondern ausgezeichnet auf Allgemeinbefinden und Appetit wirken. Der typische 
Keuchhusten verschwand innerhalb 14 Tagen vollständig, eine Wirkung, die kein 
anderes Mittel aufweisen kann. Hohe Dosen sind allerdings notwendig, werden 
aber ausgezeichnet vertragen. Dem Guajakol in diesen Präparaten kommt direkt 
bakterizide Wirkung zu, woher auch die enorme Abkürzung der Krankheitsdauer. 

Herr Dreher (Schlußwort) sah von den vielen existierenden Keuchhusten¬ 
mitteln, soweit er sie versucht, viel weniger und seltener gute Erfolge wie vom 
Chinin. Die Altersgrenze wurde natürlich rein empirisch genommen. Vor 
Narkoticis glaubt er besonders bei älteren Kindern warnen zu sollen, das sie den 
Pat. unfähig machen, gegen die Anfälle anzukämpfen. Keuchhusten der Er- 

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176 


Ceatralblatt für Kinderheilkunde. No. 4. 


wachaenen ist jedenfalls recht selten, vielfach sind es Verwechslungen mit Bronchi¬ 
tiden, die bei der Pflege der Kinder akquiriert werden. 

III. Herr Ungar (Bonn) demonstriert einen von ihm vor längerer Zeit be¬ 
reits konstruierten Apparat zur pneumatischen Behandlung der Rachitis, speziell des 
rachitischen Thorax. Durch elektromagnetische Kontakte öffnen bezw. schließen 
sich der Respirationsbewegung des Kindes entsprechend zwei Klappen, durch 
welche einerseits komprimierte Luft von selbst zugeführt, andererseits die Ex¬ 
spirationsluft von selbst entweicht, ohne daß eine sonstige Hilfe notwendig wird. 

IV. Herr Paffenholz (Düsseldorf), a) Bromoformintoxikation. In Fällen, wo 
Chinin nicht genommen oder erbrochen wurde, hat P. manchmal mit eklatantem 
Erfolge Bromoform gegeben und zwar bisher immer in der am meisten empfohlenen 
Form 10,0 g in einem Tropffläschen mit den nötigen Anweisungen zur Vorsicht beim 
Auf bewahren. Trotz letzterer erlebte er im letzten halben Jahre zwei Intoxi¬ 
kationsfälle, weil die Kinder von der aromatisch duftenden Medizin genascht 
hatten. Die beiden Fälle unterscheiden sich in der Symptomatologie nicht von 
den in der Literatur gefundenen 10—15 anderen. In beiden sehr bedrohliche 
Erscheinungen: Koma, schwacher bezw. unfühlbarer Puls, kalte Extremitäten, 
oberflächliche Atmung. Durch möglichst schnelle Magenausspülung und sehr 
energische Exzitation mit Kampherinjektionen und Wärme gelang es, beide Kinder 
am Leben zu erhalten. Menge des genossenen Bromoform ließ sich nicht fest¬ 
stellen. In dem einen Falle trat die Wirkung plötzlich, blitzartig ein, in den 
anderen, wo die Menge geringer war, allmählich unter langsamem Einschlafen 
und Erkalten. Erst der Umstand, daß das Kind nicht zu wecken war, brachte 
die Eltern auf den Gedanken, daß der Schlaf kein natürlicher sei. P. wurde erst 
5 Stunden nach Genuß des Bromoform gerufen. Von Interesse in diesem Falle 
ist noch, daß die Mutter den andern Vergiftungsfall durch P. kannte und trotzdem 
die gewöhnlichste Vorsicht außer acht ließ. 

Zur Diskussion: Herr Bloch erwähnt einen Fall akuter und einen chronischer 
Bromoformvergiftung. 

1. 1 / 4 Jahr altes Brustkind, Pertussis ohne Komplikation, erhielt von Kollegen 
8 mal täglich 2 Tropfen. Die Eltern gaben aber viel mehr und B. traf das Kind 
in tiefem Koma, starke Cyanose, Kälte, Puls klein, kaum fühlbar, starkes Rascheln 
über den Lungen (Ödem!), starke Speichelsekretion. Kampfer und Senfbad konnten 
den Tod nicht verhindern. 

2. Ein öjähriger Junge erhielt vom Arzte längere Zeit Bromoform, zeigte, 
als B. zugezogen wurde, Schläfrigkeit, Mattigkeit und etwas träge Pupillenreaktion. 
Naeh Aussetzen von Bromoform Besserung. 

Herr Ungar macht auf die chronische Bromoformintoxikation aufmerksam, 
die zu einer hochgradigen fettigen Degeneration führen könne. 

Herr Selter sah auf Bromoform einen 24stündigen Schlaf folgen, einen 
anderen mit Erbrechen, Durchfall, großer Leber erkranken. 

Herr Paffenholz (Schlußwort). Der Fall des Herrn Bloch ist also auch 
durch Mißbrauch des Mittels, nicht durch die Medikation an sich entstanden. Der 
Fall von Herrn Selter ist nicht als akute Bromoformvergiftung aufzufassen, da 
Diarrhöen, Leber- und Milzschwellung nicht dazu passen. Als Prophylaxe ist 
angegeben worden, nur 3—5 g zu verordnen oder das Mittel mit anderen zu 
mischen (Bilz), so daß die verlockenden Eigenschaften verdeckt werden, z. B. 
Bromoform, Spir. rectif, Glyzerin ää 5,0 Ol. Menth, pip. gtt. I. Tinct. vanill. gutt. 111. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898 No. 38.) 


b) Phosphorvergrftung. Ein Kind von 20 Monaten spielte gewohnheitsmäßig 
mit Streichhölzern und einmal auch mit sogenannten Vulkanhölzern, die an jeder 
Reibfläche sich entzünden und viel Phosphor enthalten. Von einigen dieser Hölzer 
leckte es die Köpfe ab, genauere Angaben über die Menge waren nicht zu ge¬ 
winnen. Erst am dritten bis vierten Tage zeigten sich die ersten Erscheinungen 
der Vergiftung: fehlender Appetit, Unruhe, schmerzhaftes Abdomen, einmal Er¬ 
brechen. Es entwickelte sich allmählich Ikterus der Konjunktiven und der Haut 
des Gesichtes. Am siebenten Tage war das Gelbwerden des Gesichtes am deut¬ 


lichsten und jetzt trat Erbrechen brauner, schleimiger Massen ein, und jetzt erst 
wurde P. gerufen. Es bestand noch Ikterus, aber nach Angabe der Eltern geringer 
als tags zuvor, Leber geschwollen mit schmerzhaftem Rand und der ganzen Leber¬ 
gegend, Magenblutungen, herabgesetzte Temperatur, kleiner Puls, Anorexie, Harn 

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II. Aas Vereinen and Versammlungen. 


m 


ohne Albamen. Als Antidot wurde 01. terebrinth. gegeben mit den bekannten 
anderen Maßregeln (Verbot der Fette u. s. w.). Das Kind genas langsam wieder. 
Bemerkenswert ist die zeitliche Aufeinanderfolge der Symptome. 

Zur Diskussion: Herr Conrads erwähnt einen Fall aus seiner Praxis, der 
dadurch bemerkenswert ist, daß keine Phosphor Vergiftung auftrat, trotzdem das 
Kind in 6 Tagen infolge Verwechslung zweier Signaturen in der Apotheke 
2 cg Phosphor (in Lebertran) erhalten hatte. Das einzige, was bei dem 
9 Monate alten, leidlich genährten, rachitischen Kinde in den Tagen beobachtet 
wurde, war eine auffallende Blässe. 

V. Herr Gernsheim (Worms) demonstriert mikroskopische Präparate eines 
über kindskopfgroßen glattwandigen Tumors, der schnell wachsend im linken 
Hypochondrium eines 2 V,jährigen Mädchens unbedeckt von Darm bei vollständig 
normalem Urin eine Geschwulst der Milz vorgetäuscht hatte, bei der Sektion sich 
aber als von der linken Niere ausgehend erwies. Die mikroskopische Untersuchung 
ergab dann ein kleinzelliges Bundzellensarkom, das Metastasen im Mesenterium, 
in der linken Pleura und in der Gegend des rechten Jochbeines gemacht hatte. 

Zur Diskussion: Herr Conrads erwähnt einen Fall von Bauchgeschwulst 
bei einem 5 monatlichen Kinde, welches er wegen der enormen Größe des Tumors 
laparotomierte. Dabei stellte sich heraus, daß der Tumor nichts anderes war, 
als die infolge angeborener Atresie der Vagina kolossal (bis zu ca. 300 ccm Inhalt) 
ausgedehnte Scheide. Der Fall ist bisher ein Unikum. J. G. Rey (Aachen). 


Riunione della Sezione Napoletana della Societa italiana 

di Pediatria. 


(Neapel, 20. Dezember 1902.) 

Cozzolin o: Laennecsche Lebercirrtiose bei einem 8)ährigen Mädchen. Das 
Kind hatte vor einem Jahr die Pocken überstanden. Es bestand Leberschrumpfung, 
Milztumor, Ascites. 

Concetti: über einen Fall von akuter inselftfrmiger Encephalo-Myelrtis, die zum 
Bild der multiplen Sklerose führte bei einem 3 jährigen Knaben. Heilung. 

Redner setzt ausführlich seinen öfters vertretenen Standpunkt auseinander, 
wonach die meisten das Nervensystetn betreffenden Erkrankungen des Kindesaltcrs 
unter einem und demselben ätiologischen Gesichtspunkt betrachtet werden müssen 
und daß am häufigsten. das toxische Agens in dem Verdauungskanal seinen Ur> 
Sprung hat. Im vorliegenden Fall waren Gehirn und Rückenmark herdweise be¬ 
fallen, dagegen nicht die Meningen. Der Knabe war einen Monat lang in der 
Klinik, wurde zuerst mit mehrmals täglich wiederholten heißen Bädern, mit 
Kalomel und Eisblase auf Kopf und längs des Rückens, Einreibungen mit Mer- 
kurialsalbe an den Schläfen und längs der Wirbelsäule, sowie mit Lumbalpunk¬ 
tionen behandelt. 

Dur ante: Der Tremor der Kinder. Redner glaubt, daß in seinem Fall es sich 
um eine vorübergehende Einwirkung toxischen, aus dem Intestinaltraktus stammender 
Agentien auf die Nervenelemente handelte. 

Fede: über das toxämische ödem der Kinder. Demonstration zweier Kinder 


von 8 und 1 /, Jahr, Geschwister, mit allgemeiner Anasarka. Die wiederholte 
Untersuchung des Urins hat nicht das geringste Anzeichen dafür gegeben, daß 
eine Nierenerkrankung vorliegt. Es ist keine Infektionskrankheit vorausgegangen. 
Dagegen litten sie stets infolge unzweckmäßiger Ernährung an Darmstörungen. 
Redner nimmt einen ätiologischen Zusammenhang zwischen letzterem und dem 
Ödem an, indem er an eine Toxämie intestinalen Ursprungs glaubt. 

Valagussa: über die Wirkung einiger Antidiphtheriesera. Redner hat bei einer 
Prüfung des Serums aus dem Institut Pasteur nach der neuen Methode Ehrliche 
gefunden, daß der wirkliche antitoxische Wert fast nie übereinstimmte mit dem 
angegebenen Wert. 

Fede und Finizio: Untersuchungen Uber den Wert der Salzsäure und Milchsäure 


für die Verdauung der verschiedenen Kaseine. Das Optimum der Wirkung beider 
Säuren ist nach den verschiedenen KaBeinsorten verschieden und zwar eo, daß 

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178 


Centralblatt für Kinderheilkunde. Ko. 4. 


Eselin- und Frauenmilch sich annährend gleich verhalten, dann folgt Ziegen-, so¬ 
dann Kuhmilch. 

Recchi: Beitrag zur Behandlung der Infantilen Anaemia splenica. R. hat in 
3 Fällen mit zufriedenstellendem Erfolg subkutane Injektionen im Natr. methyl- 
arsen. gemacht. 

Cozzolino: Lobäre Pneumonie bei einem Kinde mit ektopischem Schmerz am Ap¬ 
pendix. 

Gallo: Die Kindersterblichkeit in Neapel. Sie ist größer, als in allen anderen 
italienischen Städten und bedingt vor allem durch die zahlreichen Erkrankungen 
des Verdauungsapparats. 

Dur ante: Der Einfluß der Injektionen von'"normalem Serum auf die experimentellen 
Infektionen mit Bact. coli. Während die Kontrolltiere, die mit tödlichen Dosen einer 
Bouillonkultur von Bact. coli infiziert wurden, zu Grunde gingen, blieben die 
nachher mit normalem Kaninchenserum behandelten am Leben. 

Valagussa: Modifikationen am Intubationsinstrumentarium. 

Giordani: Untersuchungen Über Tuberkulose der Lymphdrüsen. Knabe, mit 
Tumoren am Halse, die den Eindruck von Lymphomen machen; die histologische 
Untersuchung einer exstirpierten Geschwulst ergab, daß es sich um Tuberkulose 
handelte. 

Filia: über Fermente in der Milch von Frauen, deren Säuglinge dyspeptisch sind. 
Verf. hat zwischen der Milch solcher Frauen, deren Säuglinge gesund sind, und 
der solcher, deren Säuglinge dyspeptisch sind, keinen Unterschied gefunden und 
folgert daraus, daß die Dyspepsie bei letzteren nicht die Folge des Fehlens von 
Fermenten sein kann. Er schreibt sie vielmehr einer verminderten Aktivität des 
eiweißlösenden Enzyms zu, welches vom Pankreas der Säuglinge selbst geliefert 
wird; denn, wenn er den Müttern Pankreatin gab, wurde die Dyspepsie gebessert. 

Finder (Berlin). 

Chirurgische Sektion des königlich ungarischen Vereines 

der Ärzte. 

Sitzung vom 11. XII. 1902. 

(Originalbericht.) 

H. Alapi demonstriert einen nach May dl operierten Fall von Ektopie der 
Harnblase. Der 18jährige Knabe entleert alle 5—6 Stunden den Harn, der eiwei߬ 
frei in normaler Quantität abgesondert wird. Keine Spur von Proctitis. Die 
Implantation der Harnleiter in der Flexura sigmoidea ist nach A. die einzig 
empfehlenswerte Art des operativen Eingriffes, da hierdurch Continenz des Harns 
gesichert und die Operation in einer Sitzung durchführbar ist. Die früher geübten 
plastischen Eingriffe sind veraltet und haben heute nur mehr historischen Wert. 

E. Deutsch (Budapest). 


III. Neu© Bücher. 

Friedrich Luithlen. Die Zellgewebsverhärtungen der Neugeborenen. Verlag von 
A. H öl der in Wien. Preis Mk. 3,20. 

In der Literatur herrschte bisher große Verwirrung betreffs der Begriffe 
Sclerema ödematosum, adiposum, Sklerodermie; diese Affektionen wurden sehr oft 
miteinander verwechselt und zusammengeworfen. L. hat sich der schwierigen 
Aufgabe unterzogen, die gesamte vorliegende Literatur durchzuarbeiten, um zur 
richtigen Auffassung und Deutung der betreffenden Fragen zu gelangen. Eigene 
Erfahrungen, gemacht in der niederösterreichischen Landes-Findelanstalt, wurden 
zur Unterstützung herangezogen und die Resultate in obengenannter mono¬ 
graphischen Studie niedergelegt. Dieselbe bietet viel des Interessanten und Lehr¬ 
reichen, zumal es der Autor versteht, seinen Stoff in fesselnder Darstellung dem 
Leser zu unterbreiten und stets die nötige Präzision hervortreten zu lassen. 

Grätzer. 


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HI. Neue Bücher. — IV. Monats-Chronik. 


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Neue Dissertationen. 

Banzhaf, Richard. 3 Fälle von familiärer und hereditärer zerebraler Lähmung im 
Kindesalter. (Tübingen, Januar 1903.) 

Sehr, Sally. Beitrag zur Kasuistik der aus angeborenen Melanosen des Auges hervor- 
gehenden Tumoren. (Heidelberg, Januar 1903.) 

Dentler, Wilhelm. Über kongenitale Tumoren der Schilddrüse nebst einem neuen 
Fall (Cysto-Adeno-Chondro-Sarkom). (München, Januar 1908.) 

Engel. Hans. Über kongenitale Ankylosen an den Gelenken der Hände und Füße. 

(Berlin 1902.) 

Gruber, Hans. Über paralytische Skoliosen im Anschluß an spinale Kinderlähmung. 

(Würzburg, Januar 1903.) 

Herzberger, Wilhelm. Über kongenitale cystische Entartung des Pankreas. 

(Giessen, Januar 1903.) 

Laengner, Hans. Die angeborenen Geschwülste der Steißbeingegend und des Becken¬ 
bindegewebes, unter Verwendung von Fällen des k. klinischen Instituts für 
Chirurgie. (Berlin 1902.) 

Lehmann, Ottmar. Über akute Osteomyelitis im Säuglingsalter. 

(Heidelberg, Januar 1908.) 

Meyer, Erich. Der Eiweißgehalt der Frauenmilch. (Berlin 1902.) 

Michelmann, Reinhold. Fötale Harnblasendilatation als Geburtshindernis. 

(Berlin 1902.) 

Hosenthal, Max. 4 Brüder mit Thomsenscher Krankheit (Myotonia congenita). 

(Berlin 1902.) 

Simonsohn, Alfred. Pylorusstenose bei Neugeborenen. 

(Greifswald, Januar 1903.) 

Todt, Karl. Akute gelbe Leberatrophie in kindlichen Lebensalter. 

(Berlin, Januar 1903.) 

Wichura, Max. 2 Fälle von Anencephalie. (Berlin 1902.) 


IV. Monats-Chronik. 


Der 2. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für orthopädische Chirurgie wird ebenso 
wie der Chirurgenkongreß in der Pfingst woche, am Dienstag den 2. Juni im Hör¬ 
saal der k. chirurgischen Klinik (Ziegelstraße 7—9) zu Berlin abgehalten werden. 
Die Eröffnung des Kongresses wird vormittags 9 Uhr stattfinden. 

Als Themata, die zur Besprechung kommen sollen, sind die Sehnenplastik 
(Referent Herr Vulpius - Heidelberg) und die Coxa vara (Referent Herr 
Joachimsthal-Berlin) ausersehen. Willkommen werden für die Diskussion 
namentlich Beiträge sein, welche sich auf die Technik der Sehnenplastik und 
die Ätiologie der Coxa vara beziehen. 

Vorträge und Mitteilungen sind möglichst bald bei Herrn Prof. Dr. 
Joachimsthal, Berlin W., Magdeburgerstraße 36 anzumelden. Vorzustellende, 
von auswärts kommende Kranke finden Aufnahme in der k. chirurgischen Klinik 
Sr. Exzellenz des Herrn Geh. Rat Prof. Dr. v. Bergmann (Ziegelstr. 5—7). 

Zur Schulbankfrage hat die Königliche Regierung zu Magdeburg (nach dem 
Preuß. Volksschularchiv 1902, S. 184) folgende Verfügung vom 5. Februar d. J. 
an die Lokalschulbehörden erlassen: 

„Von den Kreisärzten werden an Stelle der vielfach üblichen Bänke mit 
Plusdistanz ans gesundheitlichen Rücksichten Bänke mit Minusdistanz, d, h. solche, 
bei denen die Pultplatte die Sitzbank überdeckt — gefordert. Die vielsitzigeu 
festen Bänke dieser Art haben den Mangel, daß der aufgerufene Schüler inner¬ 
halb der Bank nicht aufstehen kann. Durch den Ministerialerlaß vom 11. April 1888 
sind deshalb bereits neben Bänken mit beweglicher Sitzplatte die festen zwei¬ 
sitzigen Bänke für solche Fälle empfohlen, in denen die vorhandenen Mittel und 
der verfügbare Raum ihre Anwendung gestatten.“ 

„Seitdem durch die Anordnung der zweisitzigen „Landschulbank“ nach 
Rettig’s System nicht mehr Schulzimmerfläche erfordert wird, als durch die 


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180 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4; 


mehrsitzige Bank, und auch der Preis nicht erheblich höher ist als bei älteren 
Banksystemen, wird für Neubeschaffungen in erster Linie die „Rettigbank“ in 
Frage kommen. Die Bank hat keinerlei bewegliche Teile und zeigt eine feste 
Minusdistanz. Der Schüler kann in der Bank nicht aufstehen, kann aber ohne 
Störung des Nachbars und ohne Geräusch aus ihr heraustreten. Der Lehrer 
kann an jeden einzelnen Schüler herantreten.“ 

„Die gesundheitlichen Forderungen werden erfüllt durch die eine 3 gute 
Körperhaltung veranlassende Ausbildung von Bank und Lehne, durch das Vor¬ 
handensein eines gerillten Fußbrettes, wodurch die Abkühlung der Füße und die 
Bildung und Aufwirbelung von Staub verhütet wird, und endlich dadurch, daß 
nach dem Aufklappen der drehbar am Fußboden befestigten Bänke auch unter 
denselben leicht und gründlich gereinigt werden kann. Als wirtschaftlicher Vor¬ 
teil der Rettigbank kommt neben den geringen Unterhaltungskosten in Betracht, 
daß sie von jedem einheimischen Tischler gefertigt werden kann, da die das 
Patent ausnutzende Firma P. Joh. Müller & Co, Berlin SW. 46 sich nur die 
Lieferung der Eisenteile vorbehält und bereit ist, nach Einsendung der Grund¬ 
rißskizzen der Schulzimmer Platzverteilungspläne, Werkzeichnungen in natür¬ 
licher Größe und Verdingungsbedingungen kostenfrei zu liefern.“ 

„Die Schulaufsichtsbeamten und Schulvorstände machen wir auf die Be¬ 
nutzung dieses Angebotes und auf die Einführung der „Rettig’schen Land-Schul¬ 
bank“ ihrer gesundheitlichen Vorzüge wegen aufmerksam. Wo die örtlichen Ver¬ 
hältnisse es fordern, daß auch ferner die wenigen guten mehrsitzigen festen Bänke 
mit Plusdistanz angeschafft werden, ist dahin zu wirken, daß Musterzeichnungen 
von der Königlichen Regierung erbeten werden.“ 

SchiilbUcherdesinfektion. Die nordamerikanischen Freistaaten marschieren zur 
Zeit an der Spitze der Hygiene. Die Gesundheitsbehörde des amerikanischen 
Staates New Jersey hat zu Desinfektionszwecken von Büchern, Kindergarten- 

f eräten und anderen Gegenständen ein Versuchskabinet eingerichtet, das für die 
öglinge der öffentlichen Schulen bestimmt ist. Das Kabinet besteht aus Holz, 
hat einen Raumgehalt von 24 Kubikfuß und läßt sich dicht verschließen. Zur 
Desinfektion dient Formaldehyd. Damit das Gas genügend in die Gegenstände 
eindringen kann, werden die Bücher aufrecht und weit geöffnet aufgestellt. Jeden 
Tag werden nach Schulschluß die von den Bändern benutzten Gegenstände in 
das Kabinet gebracht und dort der Desinfektion unterworfen; am nächsten Morgen 
finden die Schüler ihre Gegenstände desinfiziert vor. Vom Geruch ist nichts zu 
merken, weder an den Büchern noch Federn, nur am Zeug haftet er länger. Das 
Verfahren erwies sich nach sorgfältiger Prüfung als wirksam, so daß”die Bücher 
vollkommen keimfrei werden. („Allgem. Wiener med. Ztg.“) 

Gratismilchinstitution Budapest. Seit Bestand dieser Institution (1901 16. XI.) 
wurden bis zum 1. März laufenden Jahres 565230 Portionen (141308 Liter) 
3,5% Fett enthaltende pasteurisierte und 120280 Flaschen (24056 Liter) Szökely- 
Milch und 234000 Semmeln verteilt. Seit dem 1. VII. des Jahres 1902 besteht 
in Verbindung mit dieser Anstalt, eine unter der Leitung unseres Mitarbeiters 
Dr. Ernö Deutsch stehendes Säuglingsordinationsinstitut, das zugleich als Zentral¬ 
stelle für Erprobung verschiedener Nähr- und Heilpräparate dient. Vom 1. VH. 1901 
bis 1. IH. 1903 besuchten 1450 Säuglinge das Institut. Außer den Säuglingen 
erhalten auf Anordnung des Institutsarztes oder auf Anweisung anderer Ärzte 
kranke Kinder täglich einen Liter Milch ins Haus gestellt. Für hungernde Schul¬ 
kinder wird Frühstück und Jause an Ort und Stelle verteilt. Solche Mütter, die 
ihre Kinder zu stillen fähig sind, bekommen täglich einen Liter Milch zum Selbst¬ 
gebrauch, außerdem Anweisungen zur Volksküche. Die Säuglinge werden wöchent¬ 
lich gewogen und den Müttern Anleitung in der Kinderhygiene erteilt. Auf 
1450 Säuglinge verzeichnet das Institut 46 Sterbefrille. 


Personalien : Zu Professoren ernannt: Privatdoz. Dr. A. Tobeitz in Graz, 
Dr. H. R. Pinilla in Salamanca. Dr. C. Garica del Real y Alvarez in Santagio. 
Habilitiert: Dr. A. Villa in Rom für Kinderheilkunde. 

Gestorben: Dr. D. Cervesato, Professor der pädiatrischen Klinik zu Bologna. 


Verantwortlicher Bedakteur: Dr. Engen Gxaetzer in Spxottau. Verlag tob. Johann 
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metsger A Wittig in Leipzig. 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. 

Eine*Monatsschrift für praktische Ärzte. 

Unter Mitwirkung von 

Db. C. BERLINER (Aachen), De. ERNST DEUTSCH (Budapest), 

De. ALBR. DWORETZKY (Moskau), Db. E. ENSLIN (Eblanö-en), Dibbktob De. 
ESCHLE (Sinsheim), Pbof. Db. EVERSBUSCH (München), Db. G. FINDER (Chab- 
lottenbubq-), Db. E. FLATAU (Wab8CHau), Pbiy.-Doz. Db. R. HECKER (München), 
De. LEO JACOBI (New Yobk), Pbof. Db. JOACHIMSTHAL (Beblin), Db. MAX 
JOSEPH (Beblin), Db. G. KREBS (Hildesheim), Db. P. MAAS (Aachen), Db. K. 
MENDEL (Beblin), Db. ADOLPH H. MEYER (Kopenhagen), Db. PLANTENGA 
(Haag), Db. CARL SCH ADE (Göttingen), Pbiy.-Doz. Db.E. SCHREIB ER (Göttingen), 
Db. SCHRIDDE (Eblangen), Pbiy.-Doz. Db. H. STARCK (Heidelbebg), Db. SZYMA- 
NOWSKI (Wabschau), Db. E.TOFF (Bbaila, Rumänien), Prop. Db. VULPIUS (Heidel- 
bebg), Db. H. WALBAUM (Kiel), Pbiy.-Doz. Db. ZIEGENSPECK (München) u. A. 

herausgegeben von 

Dr. med. Eugen Graetzer, 

prakt. Arzt in Sprottau. 


VIII. Jahrgang. Mai 1903. 


Nr. 5. 


Inhalt. 

I. Beferate. 

Seite 


0. Vulpius, Die deutsche Orthopädie im Jahre 1902 ........ 181 

Oskar Yulpius, Über die Arthrodese des paralytischen Schlottergelenkes 

der Schulter.181 

E. Scheffler, Beitrag zur Behandlung des Pes calcaneus paralyticus . . 182 

H. Tillmanns, Über die Entstehung und Behandlung der spondylitischen 

Lähmungen. 182 

Gessner, Über Entbindungslähmung.183 

Y. P. Gibney, The Value of prolonged and uninterrupted immobilization 

in Pott’s disease of the Spinae.184 

0. Bender, Zur Ätiologie des Schulterblatthochstandes. 184 

M. Klippel, Multiple kongenitale Dystrophie des elastischen Gewebes . 185 

L. Heusner, Über die angeborene Hüftluxation.185 

L. Heusner, Über einen neuen Apparat für die Nachbehandlung der an¬ 

geborenen Hüftluxation ..186 

Georg Müller, Über die obere Altersgrenze für die Behandlung der an¬ 
geborenen Hüftverrenkung ..186 

Bertelsmann, Über einen eigenartig verlaufenen Fall von Schenkelhals¬ 
fraktur bei einem 15jährigen Jungen mit Ausgang in Coxayarastellung 187 

M. Savariaud, Die nervösen Komplikationen der Frakturen am unteren 

Ende des Humerus bei Kindern..188 


Anerkannt vorzüglichstes^ 

| ^ f/an acJjfe auf den Mamcn. 

Reines G et r e i E i w , 

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Fortsetzung des In ln altes. 

W. Pipping, Ein Fall von polyarthritie deformans bei einem Kinde . . 
J. Merkel, Fall von geheilter chron. Epiphyseuostitis der rechten Tibia . 
Hofmeister, Über Verkrümmungen des Beines nach Knieresektion im 

Kindesalter. 

Hans Lorenz, Zur Frage der Wachstumsstörungen und Gelenksdeformi¬ 
täten infolge von traumatischen Epiphysentrennungen. 

M. Reiner, Uber ein Operationsverfahren zur Beseitigung hochgradiger 

Unterschenkelverkrümmungen.. 

Th. Kölliker, Osteotomie und Osteoklase bei rachitischen Deformitäten 

der unteren Extremität. 

Dante Pacchioni, Beschreibung und Pathogenese der Veränderungen 

der chondralen Verknöcherung bei der Rachitis. 

A. Epstein, Ein Schaukelsessel für kleine Rachitiker und Schwächlinge . 

C. Es eher, Zur Frage der angeborenen Rachitis. 

Maurice Ostheimer, A case of congenital rhachitis .. 

Luigi Concetti, Die Phosphorbehandlung bei der Rachitis .. 

G. Edlefsen, Das Ammoniak in der Atmungsluft und die Ätiologie der 

Rachitis.*. 

Ad. Czerny, Über die Bedeutung des Turgordruckes der Gewebe für das 

Kind im ersten Lebensjahre. 

Charles Herrman, A case of Achondroplasia (Micromelia). 

Vargas, Die Achondroplasie. 

Fr. Pineies, Über Thyreoaplasie (congenitales Myxödem) und infantiles 

Myxödem. 

Rocaz und Cruchet, Kongenitales Myxödem Stomatitis pseudomembranacea 

mit Colibazillen, Bronchopneumonie, Tod, Autopsie. 

L. Fürst, Klinisches und Therapeutisches über die anämische Form der 

Rachitis. 

S. Middelton, Two infants with great Enlargement of the Spleen and 

Anämia. 

Cima, Beitrag zum Studium der histologischen Veränderungen der Milz 
bei der infektiösen Anämia splenica der Kinder. 


Seite 

189 

189 

190 
190 
192 

192 

193 

194 

195 

195 

196 

196 

197 

198 

199 

200 
200 
201 
201 
202 



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Chorea, epileptische Dämmerzustände. 

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gähr. Bier oder heißer Milch. 


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D. S. Täglich 8—5—8 Tabletten zu nehmen. 


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M. D. S. 3mal täglich 10; 
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Fortsetzung des Inhaltes. 8eit e 

Isaac A. Abt. Spontaneous Hämorrhages in Ncw-born Children .... 202 

Eugene Füller, A New Use for Physoid Extract u. s. ..202 

Zuppinger, Ober subkutane Gelatineinjektionen im Kindesalter «... 203 

E. Oswald, Zur Gelatinebehandlung bei Melaena neonatorum.203 

C. Bolle, Zur Therapie der Barlowsehen Krankheit.203 

C. Nicolai, Een zeldzame vorm van Morbus Barlowii.204 

E. Hagenbach-Burckhardt, Die Barlowsehe Krankheit in der Schweiz 204 

L. Wrede, Über Pseudotuberkulosebazitlen beim Menschen. ] 205 

R. Oehler, Über Tuberkulose-Infektion.206 

K. Pr eisich und A. Schütz, Die Infektion mit Tuberkulose im Kindes- 

alter und deren Bekämpfung.206 

J. Frank, Primany Tuberculosos of the Parotid Glaud.208 

W. M. Smith, Two cases of Tuberculosis of the heart and pericardium . 209 
C. Emanuel, Über intrabulbäre Tuberkulose bei Kindern und Bemerkungen 

über die Differentialdiagnose zwischen Tuberkulose und Netzhauttumoren 209 
Neumann, Klinische Bemerkungen über die Tuberkulose der Haut . . 210 

G. Ciechansky, Über die Lichttherapie der tuberkulösen Gelenkaffektionen 

bei Kindern.211 

T. M. Rotch, Tuberculous Peritonitis in Early Life: With special Refe¬ 
rence to its Treatment by Laparotomy.212 

G. A. Sutherland, The Prognosis of tuberculous Peritonitis in Children 213 

n. Aus Vereinen und Versammlungen. 

Vereinigung niederrheinisch'westfälischer Kinderärzte. 214 

Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins.216 

Medizin. Sektion der Schles. Gesellschaft f. vaterländische Kultur . . . 219 

Medizin. Gesellschaft der Stadt Basel.221 

K. K. Gesellschaft der Ärzte in Wien. 222 

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Central blatt für 

Kinderheilkunde. 

Eine Monatsschrift für praktische Arzte- 
VIII. Jahrgang. 1 . Mai 1908. No. 5. 


I. Referate. 

0. VlllpillS. Die deutsche Orthopädie im Jahre 1902. 

(Münchener med. Wochenschrift 1908 No. 5.) 

Ganz kurzer, übersichtlicher Bericht mit Literaturangabe. 

Grätzer. 


Oskar Vulpius. Über die Arthrodese des paralytischen 
Schlottergelenkes der Schulter. 

(Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. 69 Heft 1 u. 2 S. 117.) 

V. hatte in 6 Fällen Gelegenheit, wegen paralytischen Schlotter¬ 
gelenkes die Schulterarthrodese auszuführen und vier von den Pat 
Jahre hindurch zu beobachten. Er zieht den Längsschnitt der queren 
Inzision vor, schon weil er die in Betracht kommenden Knochenflächen 
besser zu Gesicht bringt und ihre Vereinigung durch die Naht er¬ 
leichtert. Zur Verödung trägt die Exstirpation der Gelenkkapsel in 
ihren leicht zugänglichen Teilen, im übrigen ihre Wundmachung mit 
dem scharfen Löffel sicherlich bei. Den nächsten Akt bildet die An¬ 
frischung der Gelenkknorpel. Der luxierte Kopf wird mit dem Messer 
leicht allseitig abgeschält; zweckmäßig wird durch Einkerbungen oder 
Rinnen an einzelnen Stellen der Knochen entblößt. Aus der Pfanne 
läßt sich der gesamte Knorpelüberzug mit dem Löffel herausholen, 
ebenso wird die Unterfläche des Akromions und eventuell auch die 
Spitze des Coracoid abgeschabt. Zwei im Kopf sich kreuzende Silber¬ 
drähte werden dann durch das Akromion bezw. die Cavitas glenoi- 
dalis oder das Coracoid gelegt und festgedreht, während der Arm 
vom Assistenten in mäßiger Abduktion, leichter Innenrotation und 
deutlicher Hebung nach vorn gehalten wird. Durch die Fixierung 
des Armes in dieser Stellung wird selbstverständlich die Elevation 
desselben begünstigt, speziell die Innenrotation erleichtert, später die 
Führung der Hand zum Munde. Die Ruhigstellung des Armes während 
der Heilung geschieht am zweckmäßigsten im Gipsverband, der Arm 
und Schulter der operierten Seite sowie den Brustkorb umgreift, 
den Ellbogen in rechtwinkliger Stellung stützt. — 

Die Fixationsperiode soll keinesfalls unter 10 Wochen, besser 
3 Monate betragen und dann noch verlängert werden durch die An¬ 
legung eines Hülsenapperates von ähnlichem Umfang, wie ihn der 
Gipsverband besaß. Dieser Apparat wird auf einem Gipsabguß aus 
Leder gewalkt, in der gesundseitigen Achselhöhle und an der Innen- 

Centnübl. f. Kinderhlkde. VLLL p Ift 

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182 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


Seite des Armes geschnürt. Er wird nur zur Vornahme von Massage 
und Gymnastik abgenommen, im übrigen noch 2—8 Monate getragen, 
bis die solide Ankylosierung als definitiv zu erachten ist. — 

Nach V.s Ausführungen und Erfahrungen stellt sich die Arthro¬ 
dese als das Normalverfahren bei einer Monoplegie der Schulter dar. 
Mit ihren Erfolgen kann sich die Leistung eines orthopädischen 
Apparates keinesfalls messen. Joachimsthal (Berlin). 


E. Scheffler. Beitrag zur Behandlung des Pes calcaneus 

paralyticuß. 

(Aus der Schanzschen orthop. Heilanstalt in Dresden.) 

(Klinisch-therap. Wochenschrift 1908 No. 12.) 

Der Fall illustriert besonders die Überlegenheit der Sehnentrans¬ 
plantation gegenüber der Arthrodese. Das 13jährige Kind hat an¬ 
geblich im ersten Lebensjahre die Lähmung beider Unterschenkel 
akquiriert. Eine im fünften Lebensjahre ausgeführte beiderseitige 
Arthrodesenoperation hatte gar keinen Erfolg, namentlich der linke 
Fuß bildete einen hochgradig veränderten Hackenfuß. Die jetzt aus¬ 
geführte Sehnentransplantation brachte vollen Erfolg, was um so be¬ 
merkenswerter ist, als zum Ersätze des Gastrocnemius und Soleus 
nur ein brauchbarer Muskel zur Verfügung stand: der Flex. halluc. 
Die Befürchtung, daß dieser sich als nicht ausreichend zum Ersatz 
der starken Wadenmuskulatur erweisen oder gedehnt werden würde, 
war unnütz: der Muskel korrigiert sehr gut die Deformität. Zum 
Teil ist dies Resultat wohl dem Umstande zuzuschreiben, daß der 
überpflanzte Muskel mehrmals in die Sehne des zu verstärkenden 
Muskels durchflochten und mit Draht vernäht wurde, und daß bei der 
Nachbehandlung der Fuß nur ganz allmählich aus der anfänglichen 
extremen Spitzfußstellung herausgebracht wurde. Grätzer. 


H. Tillmanns. Über die Entstehung und Behandlung der 
spondylitischen Lähmungen. 

(Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. 69 Heft 1 u. 2 S. 134.) 

T. hat in den Jahren 1895—1902 11 Laminektomien wegen 
spondylitischer Lähmung bei Kindern im Alter von l s / 4 —14 Jahren 
ausgeführt. Sämtliche Kranke überstanden den operativen Eingriff 
ohne Schaden, die Operationswunde heilte stets reaktionslos. Die 
tuberkulöse Spondylitis bestand zur Zeit der Aufnahme der 
Kranken in die Klinik in 3 Fällen seit 4—6 Monaten, in einem Fall 
seit 1*/ 4 Jahr, in 6 Fällen seit 2—3 Jahren und in einem Fall seit 
8 Jahren. Die Lähmung bestand am Tage der Aufnahme der Pat. 
in die Klinik in 3 Fällen seit etwa 4 Wochen, in einem Fall seit 
6 Wochen, in 2 Fällen seit 2 1 / 2 —3 Monaten, in 2 Fällen seit 
4 Monaten, in einem Fall seit 9 Monaten und in 2 Fällen seit 
1—l s / 4 Jahren. In allen Fällen war die spondylitische Lähmung 
schon ohne Erfolg unblutig behandelt worden. 


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I. Referate. 


183 


Erfolgreich war die Laminektomie in den 11 Fällen^bei 
10 Pat., erfolglos nur in einem Fall. Die Dauererfolge sind 
aber ungünstig. Von den 10 1895—1902 operierten teils ge¬ 
besserten, teils geheilten Pat. leben zur Zeit der Publikation nur 
noch drei. Die anderen sind gestorben, meist an ihrer tuberkulösen 
Spondylitis. tVon den drei'noch lebenden Operierten sind zwei dauernd 
geheilt seitjfl899, der dritte Heilungsfall wurde im Januar 1902 
operiert. 

In dem ersten Heilungsfall hatte sich nur eine abnorme Enge 
des Wirbelkanals gefunden; die Spondylitis tuberculosa, vor 8 Jahren 
begonnen, war so gut wie abgelaufen; die Lähmung bestand zur Zeit 
der Operation etwa 4 Monate. In dem zweiten Heilungsfall war die 
seit 2 Jahren bestehende Spondylitis im wesentlichen in der Heilung 
begriffen, die seit 4 Wochen bestehende Lähmung aber hochgradig 
(motorische und sensible Paraplegie mit Blasen- und Mastdarmlähmung). 
Die Blasen- und Mastdarmlähmung wurde durch unblutiges Redres¬ 
sement nach Calot beseitigt und die Paraplegie 3% Monate später 
durch Laminektomie. 

Im dritten Heilungsfallendlich handelte es sich um eine seit 
etwa 1 j 2 Jahr bestehende Spondylitis mit seit 2*/ a Monaten vor¬ 
handener Lähmung (spastische Paraplegie mit Lähmung der Sensi¬ 
bilität und Störung der Blase). Es ergab sich bei der Operation 
eine ausgesprochene tuberkulöse Wirbelkaries; aus dem Wirbelkanal 
wurde etwa 6—8 ccm Eiter mit krümeligen Käsestückchen entfernt. 
T. hält mit Rücksicht auf die kurze Zeit, die seit der Operation ver¬ 
flossen ist, ein Rezidiv nicht für ausgeschlossen. 

T. legtjauf eine fachkundige orthopädische Nachbehandlung unter 
entsprechender Fixation und Entlastung der Wirbelsäule ein besonderes 
großes Gewicht. Joachimsthal (Berlin). 


GeSSner. [über Entbindungslähmung. 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 4.) 

Demonstration in "der Nürnberger med Gesellschaft und Poli¬ 
klinik (4. XII. 1902). 

11 jähriger Junge; akquirierte bei 'Extraktion nach Wendung aus Querlage 
durch beiderseitigen Druck auf den Erbschen Punkt und benachbarte Nerven* 
Stämme eine doppelseitige, besonders rechts stark ausgeprägte Lähmung des 
Plexus cervico-brachialis. Befallen sind vorwiegend Kukullaris, Sternokleido, 
Platysma, Deltoides, Brachialis internus, Bizeps, Brachio radiales, Latissimus dorsi 
und Rhomboidei. Rechts hochgradige Atrophie der Muskeln, links mäßige Atrophie 
und^Schwäche, offenbar dadurch bedingt, daß bei der Extraktion der Mittelfinger 
auf die rechts gelegenen Nervenstämme intensiver drückte als der Zeigefinger 
auf die links ^gelegenen. Bemerkenswert ist ferner die hochgradige Hypoplasie 
der zu den betroffenen Nervengebieten gehörenden Knochen, also der Skapula, 
der Rippen, der Klavikula, die ihre Krümmung verloren hat, und des Oberarms, 
der unterhalb des Collum chirurgicum frakturiert ist Bemerkenswert sind ferner 
die hochgradigen Schlottergelenke im Schulter- und Ellbogengelenk, welch letzteres 
sehr leicht hyperextendiert werden kann. Von seiten der Gehirnnerven und des 
Sympathikus^sind keinerlei Störungen nachweisbar. Gr. 



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184 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


V. P. Gibney. The Value of prolonged and uninterrupted 
immobilization in Pott’s disease of the Spine. 

(Archives of Pediatrics, Dezember 1902.) 

In unseren orthopäthischen Kreisen herrscht große Meinungs¬ 
verschiedenheit in Bezug auf die Behandlung Pottscher Wirbel¬ 
krankheit. Während einige Autoritäten die Stahlprothesen über alles 
preisen, neigen sich andere zum Gipskorsett. Stahlapparate benötigen 
einen häufigen Verbandwechsel; dagegen kann ein Gipskorsett monate¬ 
lang liegen bleiben. Nun fragt es sich, ob eine derartige kontinuier¬ 
liche Immobilisation der unterbrochenen vorzuziehen sei. 

G. bejaht die Frage und hofft, daß die gegenwärtigen ameri¬ 
kanischen Erfolge des Dr. Lorenz dazu beitragen werden, im Publikum 
etwaige Vorurteile gegen Gipsverbände zu verscheuchen. 

Leo Jacobi (New York). 


0. Bender. Zur Ätiologie des Schulterblatthochstandes. 

(Aus der Univ.-Poliklinik für orthopäd. Chirurgie in Leipzig.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 7.) 

Der Hochstand der Scapula ist eigentlich nur ein Symptom, 
welches im Gefolge vieler pathologischer Vorgänge hervortreten kann. 
Beim angeborenen Hochstand können intrauterine Belastungs¬ 
deformitäten , fötale Hemmungsvorgänge, angeborene Muskeldefekte 
die Unterlage bilden. Die erworbene Form beruht in der Mehr¬ 
zahl der bisherigen Beobachtungen auf rachitischen Veränderungen 
der Skapula, Eulenburg fand die Ursache in einer entzündlichen 
Retraktion des Levator scapulae. Von einer neuen Ätiologie weiß 
jetzt B. zu berichten, indem in einem von ihm beobachteten Falle 
Ankylose des Schultergelenks der maßgebende Faktor war. 

Der 10jährige Knabe bekam vor einigen Jahren eine Entzündung 
des linken Schultergelenks, welche mit Versteifung des Gelenks endigte. 
Seit 2 Jahren besteht totale Ankylose, seit einiger Zeit auch Hoch¬ 
stand der Schulter. Man trifft hier eine Parallele zu den Verhältnissen 
bei einer ankylosierenden Koxitis. Wie die Hüftankylose, wenn sie 
in Abduktionsstellung erfolgt ist, bei Adduktion ein Tiefersinken der 
gleichnamigen Beckenseite und eine scheinbare Verlängerung des 
Beines zur Folge hat, während die gesunde Seite in die Höhe steigt, 
ebenso zeigte sich bei B.s Pat. bei Adduktion eine geringe scheinbare 
Verlängerung des Oberarms, Herabsinken des akromialen Endes und 
Aufsteigen des oberen inneren und des unteren Winkels der Skapula. 
Dieselbe drehte sich demnach um ihre sagittale Achse; der Dreh¬ 
punkt lag aber dicht an der Pfanne, so daß die Hauptmasse des 
Schulterblattes bei geradem Herabhängen des Armes beträchtlich 
höher stand, wie normal. 

Also auch der erworbene Schulterblatthochstand kann eine Folge 
sehr verschiedener pathologischer Prozesse sein! Grätzer. 


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I. Referate. 


185 


M. Klippel. Multiple kongenitale Dystrophie des elastischen 

Gewebes. 

(Arch. g6n. de m6d. 1908 No. 2.) 

Der Pat. K.s bot folgende Anomalien: Subluxation der beiden 
Sternoklavikulargelenke, Difformitäten der Wirbel, eine Thoraxdiffor- 
mität in Gestalt einer ringförmigen Einziehung oberhalb der unteren 
Apertur, eine Hernia lineae albae und inguinaiis, Hepatoptose, 
Lungenemphysem und Varicen an den unteren Extremitäten. Alle 
diese Veränderungen führt K. auf eine einheitliche Ursache zurück, 
auf eine kongenitale Dystrophie des elastischen Gewebes, die einen 
Teil der erwähnten Anomalien schon während des intrauterinen Lebens, 
einen anderen, wie das Lungenemphysem und die Varicen, erst später 
zur Ausbildung hat kommen lassen. Schade (Göttingen). 


L. Heusner. Über die angeborene Hüftluxation. 

(Zeitschrift f. orthop. Chirurgie, Bd. X Heft 4 S. 571.) 

H. hat die angeborene Hüftluxation früher operativ nach Hoffa 
eingerenkt, ist aber nach einigen Mißerfolgen und nach Bekanntwerden 
des Lorenz sehen unblutigen Verfahrens zu letzterem übergegangen. H. 
hat in der ersten Zeit die Reposition in ähnlicher Weise wie Schede 
ausgeführt; seit mehreren Jahren hat er aber ausschließlich manuell 
eingerenkt und seinen früher beschriebenen Extensionstisch nur noch 
zur Anlegung der Verbände benutzt. Zu den Verbänden nach der 
Einrenkung verwendet er statt Gips in der Regel Stärkebinden mit 
Einlagen von Flechtwerk und biegsamen Eisenschienen, wodurch die¬ 
selben leichter, schmiegsamer und haltbarer werden. Aus Rücksicht 
auf die Anteversion des Schenkelhalses wendet er schon bei der 
Primärstellung, wie auch bei allen noch folgenden Verbänden, starke 
Einwärtsrotation an, muß daher den Verband über das gebeugte Knie 
bis gegen den Fuß hinführen und auf das frühzeitige Umhergehen 
der Pat. verzichten. Wo Wiederverrenkung zu befürchten ist, läßt 
H. nach Entfernung der Gipsverbände noch längere Zeit einen ent¬ 
lastenden Schienhülsenapparat tragen mit einer Vorrichtung, welche 
die Abduktionsstellung und die Einwärtsrotation des Beines sichert. 
Bei starker Anteversionsstellung des Schenkelhalses hält H. das 
Schedesche Verfahren für angezeigt (Fixation des Beines für 2 bis 
3 Monate in starker Einwärtsrotation, dann Osteotomie des Femur 
im unteren Drittel und Drehung des unteren Schenkelendes so weit 
nach außen, daß der Fuß und die Knieachse wieder in ihre natürliche 
Richtung kommen); um aber eine Abkürzung der Heilungsdauer zu 
ermöglichen und einer späteren Wiederkehr der Rtickwärtsstellung 
vorzubeugen, hat Jä. eine Sehnentransplantation in Aussicht genommen, 
durch die das Übergewicht der Auswärtsdreher abgeschwächt, die 
Einwärtsdreher dagegen gestärkt werden sollen. Zu diesem Zwecke 
wird mit Hilfe eines 10—15 cm langen Schnittes an der Rückseite 
des oberen Schenkelendes die untere Partie der Sehne des Glutaeus 
maximus vom Knochen und der Fascia lata abgetrennt und unter 


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186 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


starker Einwärtsdrehung des Beines der kleine Trochanter» von der 
Rückseite her freigemacht. Dann wird mit einem stumpfen Haken 
die Sehne des Ileopsoas, welche an der Vorderseite dieses Knochen¬ 
vorsprunges inseriert, hervorgezogen, abgeschnitten, und nunmehr 
der losgelöste Zipfel der Sehne des Glutaeus maximus an das Periost 
des kleinen Rollhügels, der eventuell durchbohrt werden muß, an¬ 
genäht. 

Durch die Tenotomie des Ileopsoas wird die auswärtsdrehende 
Komponente dieses Muskels gemindert oder zunächst ganz ausgeschaltet; 
durch die Verpflanzung der Sehne des Glutaeus maximus von der 
Außenseite an die Innenseite des Oberschenkels wird weiterhin 
die untere Hälfte des Muskels aus einem Auswärtsdreher in einen 
Einwärtsdreher verwandelt. Es muß zu einem späteren Termin die 
operative Auswärtsdrehung des unteren Schenkelendes hinzugefügt 
werden. JoachimsthaL 


L. Heusner (Barmen). Über einen neuen Apparat für die 
Nachbehandlung der angeborenen Hüftluxation. 

(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 8.) 

Ein solcher Apparat soll dem bis dahin im Gipsverbande fest¬ 
gestellten Gelenk möglichste Freiheit gestatten, dagegen alle nach¬ 
teiligen , die Reluxation begünstigenden Bewegungen, namentlich 
stärkere Adduktion, Flexion und Auswärtsrotatiön verhindern. Es 
soll das Bein in beständiger Einwärtsstellung halten; denn der Kopf 
ist durch die fast immer vorhandene Ante Versionsstellung des Halses 
meist in der Richtung nach vorn von der Pfanne abgewandt. Dazu 
kommt, daß durch die Einrenkung die verkürzten Auswärtsdreher 
angespannt werden und den Schenkel nach außen zu drehen, den 
Kopf also noch mehr von der Pfanne abzukehren streben, worauf 
auch die nach der Lorenz sehen Einrenkungsmethode zurückbleibende 
Auswärtsstellung des Fußes beruht. Durch dauernde Einwärtsdrehung 
des Beines kann man nicht nur die verkürzten Auswärtsroller dehnen, 
sondern auch mit Hilfe ihres Widerstandes den Kopf mit Hebelgewalt 
in die Pfanne pressen. 

Die Herstellung eines so vielseitigen Apparates ist keine leichte 
Aufgabe, weshalb die meisten Chirurgen sich auf Gipsverbände be¬ 
schränken, damit aber ein wesentliches Hilfsmittel für die dauernde 
Retention des Kopfes aus der Hand geben. H.s Apparat ist einfach 
und zweckmäßig, er hat sich dem Erfinder bereits wiederholt be¬ 
währt. Gr ätz er. 


Georg Müller (Berlin). Über die obere Altersgrenze für die 
Behandlung der angeborenen Hüftverrenkung. 


(Die Therapie der Gegenwart 1903 No. 2.) 

Vor etwa Jahresfrist hat M. die ersten Mitteilungen über Erfolge 
mit seiner mechanischen Behandlungsweise gemacht. Inzwischen hat 


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1. Referate. 


187 


er die Methode in manchen Punkten modifiziert, sowohl was den 
Streckapparat, als auch den portativen Apparat betrifft, und seitdem 
sind die Resultate noch günstiger geworden. In dem Material figu¬ 
rieren auch manche Fälle, die vorher anderweitig ohne dauernden 
Erfolg unblutig eingerenkt waren. In diesen Fällen wird man zu 
M.s Methode greifen müssen, da sie zweifellos überall da, wo die 
Flachheit oder völliger Mangel der Pfannenanlage den Erfolg der 
unblutigen Einrenkung vereitelt, als alleinige Erfolg versprechende 
Methode in Betracht kommt. 

Man kann mit dieser Methode auch weit über die bisher übliche 
äußerste Grenze von 10 Jahren hinausgehen, und M. führt als Bei¬ 
spiel ein 15 l L jähriges Mädchen an. Bei doppelseitiger Verrenkung 
konnte M. allerdings bisher nicht über das zehnte Jahr hinaus voll¬ 
kommene Heilung erzielen. Bei einem 14jährigen doppelseitig luxierten 
Mädchen erreichte er nach V/ 2 Jahren eine Fixation des Kopfes 3 cm 
über der Roser-N61atonschen Linie, nachdem er bei Beginn der 
Behandlung 6 cm oberhalb derselben gestanden hatte, ferner bedeutende 
Verminderung der Lordose und wesentliche Besserung des Ganges. 
Auch bei einem 28jährigen Mädchen und einer 49jährigen Frau 
konnten wenigstens die heftigen Schmerzen beseitigt werden. 

Jedenfalls steht nach den Erfahrungen M.s fest, daß auch in 
einem Alter, in welchem die unblutige Einrenkung keinen Erfolg 
mehr verspricht, die Apparatbehandlung heranzuziehen sein wird, 
da man durch dieselbe bei einseitiger Verrenkung zuweilen noch 
Heilung, in sehr vielen Fällen, und zwar einschließlich der doppelten 
Luxation Besserung des objektiven und subjektiven Zustandes er¬ 
reichen wird. Grätzer. 


Bertelsmann. Über einen eigenartig verlaufenen Fall von 
Schenkelhalsfraktur bei einem 15jährigen Jungen mit Ausgang 
in Coxavarastellung. 

(Ärztl. Verein in Hamburg, 24. II. 1903.) 

Der bis dahin gesunde Schiffbauerlehrling hat im Juli 1902 einen 
Balken, zusammen mit einem Kameraden, auf der Schulter getragen. 
Sein Kamerad, welcher das vordere Ende des Balkens trug, ließ dieses 
fallen, so daß der vorgestellte Pat. durch das hintere Balkenende 
einen heftigen Stoß auf die rechte Schulter erhielt. Der Verletzte 
fühlte hierbei einen Schmerz in der rechten Hüfte; er arbeitete aber 
noch 8 Tage weiter und suchte sodann, als die Schmerzen nicht 
besser geworden waren, einen Arzt auf, der Rheumatismus konstatierte. 
Im November 1902 kam der Pat., der bisher nicht wieder gearbeitet 
hatte, in B.s Behandlung. Der damalige Befund entspricht dem 
heutigen. 

Das rechte Bein ist um 3 2 / 2 cm verkürzt und im Hüftgelenk 
fast völlig fixiert, Trochanterstand. Unter dem Poupartschen Band 
ist der vorgebogene Teil des Schenkelhalses zu fühlen. Röntgenbild 
ergibt: Abbiegung des Schenkelhalses nach unten, Abbiegung des 
Schenkelhalses in stark nach vorn konvexem Bogen. An der Stelle 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


der Abbiegung ist ein kleiner Kallus, keine Einkeilung, sichtbar; 
unterhalb desselben eine alte Bruchlinie, Hüftgelenk intakt. Der 
Fall schließt sich an die Beobachtungen von Sprengel, Sudeck, 
Alsberg u. s. w. an. Gr. 


IM. Savariatld (Paris). Die nervösen Komplikationen der 
Frakturen am unteren Ende des Humerus bei Kindern. 

(Arch. g6n. de m6d. 1903 No. 2 u. 3.) 

S. bespricht die Lähmungen im Gefolge der im Kindesalter so 
häufigen Frakturen des unteren Humerusendes. Er unterscheidet 
frühe und späte Lähmungen; die ersteren, an Häufigkeit überwiegend, 
schließen sich entweder unmittelbar an das Trauma an (unmittelbare 
Lähmungen) oder treten einige Tage bis mehrere Wochen später auf 
(sekundäre Lähmungen), und zwar vorwiegend bei der Fractura humeri 
supracondylica. Auch von den sogenannten Spätlähmungen sind die 
meisten gleich im Anschluß an die Verletzung entstanden, anfangs 
aber unbeachtet geblieben. Die frühen Lähmungen haben ihre Ur¬ 
sache gewöhnlich in einer einfachen Kontusion des Nerven, seltener 
handelt es sich um Zerreißung desselben, Verletzung durch einen 
Knochensplitter oder Einklemmung zwischen Knochenfragmenten. Die 
prähumeralen Nerven, die Radialis und Medianus, erleiden diese Kon¬ 
tusion, indem sie durch das meist nach vorn und unten dislozierte 
obere Fragment nach vorn gedrängt werden; der N. ulnaris wird beim 
Fall auf den Ellbogen direkt gegen den Knochen komprimiert. 
Während die früheren Lähmungen meist die prähumeralen Nerven- 
stämme betreffen, scheinen sich die eigentlichen Spätlähmungen auf 
den N. ulnaris zu beschränken; meist ist ihnen im jugendlichen Alter 
eine Fraktur des Condylus externus vorangegangen. Nach Mouchet 
ist die Ursache dieser Spätlähmungen in einer Neuritis n. ulnaris 
zu suchen, die auf Obliteration des Sulcus ulnaris infolge allmählicher 
Ausbildung eines Cubitus valgus und dadurch bedingter Kompression 
des Nervenstammes zurückzuführen ist. 

Die Therapie richtet sich nach der jeweiligen Ursache. Zer¬ 
reißungen sowie Verletzungen des Nerven durch Knochensplitter ver¬ 
langen unmittelbares operatives Eingreifen, ebenso Einklemmung 
zwischen den Knochenfragmenten, wenn es nicht durch unblutige 
Manipulationen gelingt, den Nerven zu befreien. Sind die Nerven- 
stämme durch das dislozierte obere Fragment in die Höhe gehoben, 
so versucht man bei frischen Frakturen die Dislokation in Narkose 


auszugleichen, in veralteten Fällen kommt die Resektion in Frage. 
Bei den eigentlichen Spätlähmungen genügt es, für den N. ulnaris 
eine neue Knochenrinne, die ihn gegen Druck schützt, zu schaffen. 

Die Prognose der frühen Lähmungen ist verschieden. 

Manche Fälle heilen ohne Behandlung, andere, besonders die 
mit Kontrakturen und Retraktion der Muskeln und Sehnen komplizierten, 
trotzen jeder Therapie, wie z. B. die Spätlähmungen, bei denen man 
durch das erwähnte Operationsverfahren meist nur eine geringe 
Besserung erzielt. 

In den vier von S. mitgeteilten Beobachtungen handelte es sich 
um Kinder, welche eine Transversalfraktur des unteren Humerusendes 


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I. Referate. 


189 


erlitten hatten; die Lähmungen wurden in sämtlichen Fällen erst 
kürzere oder längere Zeit nach dem Trauma entdeckt. Der eine 
Fall heilte spontan nach einem Jahr, der zweite und dritte wurde 
durch Operation nicht beeinflußt, der vierte durch Operation (Resektion 
des oberen Fragments) geheilt. Schade (Göttingen). 


W. Pipping (Finländer). Ein Fall von polyarthritis deformans 

bei einem Kinde. 

(Finska Läkaresällskapets Handlingar Bd. 44 Supplementsheft pag. 496.) 

Es handelte sich um ein 6jähriges Mädchen. Der allmählich 
fortschreitende Prozeß mit symmetrischer Lokalisation hatte bedeu¬ 
tende Veränderungen in den meisten Gelenken hervorgerufen. Die 
Handgelenke und sämtliche Fingergelenke, die Hüft-, Knie-, Fuß- und 
Zehengelenke waren angegriffen, die Füße in geringerem Grade als 
die Hände. Die Gelenke der Wirbelsäule waren frei. Die Krank¬ 
heit hatte im zweiten Lebensjahre der Patientin in dem einen Knie¬ 
gelenk begonnen, sie war nicht mit größerem Schmerz, auch nicht, 
so viel bekannt, mit Fieber verbunden gewesen; Geschwulst, Steifig¬ 
keit und Schwierigkeit bei Bewegungen hatten aber ununterbrochen 
zugenommen. Bedeutende Atrophie der Muskulatur, sowohl der 
Ober- als Unterextremitäten. Die Sensibilität normal. Die Patellar- 
reflexe und elektrische Irritabilität normal; die Herzaktion etwas 
unregelmäßig; Hautfarbe blaß. Alle die Lymphdrüsen etwas ge¬ 
schwollen, sonst nichts Abnormes bei der Organuntersuchung. 

Das Kind hatte unter schlechten hygienischen Verhältnissen 
gelebt und war in hohem Grade vernachlässigt gewesen. Irgend 
welche andere Ursache der Krankheit hatte nicht ermittelt werden 
können. Adolf H. Meyer (Kopenhagen). 


J. Merkel. Fall von geheilter chron. Epiphysenostitis der 

rechten Tibia. 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 8.) 

Demonstration in der Nürnberger med. Gesellschaft u. Poliklinik 
(18. XII. 02). 

Ein 7jähriges Mädchen erkrankte nach Masern an akuter Gelenkschwellung 
des rechten Tibio-Tarsalgelenks. Aufbruch und 4 monatliche fistulöse Eiterung, 
von dem zweimarkstückgroßen Malleolusgeschwür ausgehend. Fraglich: ob intra- 
oder extraartikulärer Prozeß. Durch Bloßlegung des Malleolus durch 8 cm lange 
Inzision, durch Abpräparieren der verdickten und losgelösten Knochenhaut und 
Aufmeißelung und Evidement der Markhöhle wurde konstatiert, daß das Gelenk 
nur noch durch den Epiphysenknorpel der Tibia der Perforation entging. Dann 
glatte Heilung. Gehakt tadellos. Obwohl der Sitz für Tuberkulose sprach, 
zeigte sich doch bei der Untersuchung der Markhöhle, daß es sich nur um Staphylo- 
raykose handelte. Es fanden sich aus den erweiterten Markräumen teils einzeln 
hervorsprießende, teils in Herden angeordnete graue Granulationen ohne Eiter, 
ohne käsige Pünktchen, ohne kleine griesförmige Spongiosasequester. Gr. 


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190 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


Hofmei8ter (Tübingen). Über Verkrümmungen des Beines 
nach Knieresektion im Kindesalter. 

(Bruns Beiträge z. klin. Chirurgie Bd. 37.) 

Die Untersuchungen beziehen sich auf Kinder, bei denen die 
Kniegelenkresektion im 3. bis 13. Lebensjahr ausgeführt worden 
ist, und bei welchen seit der Operation bis zur Nachuntersuchung 
1—17 Jahre verflossen waren. Von im ganzen 123 Fällen konnte 
bei 107 ein Befund meistens auf Grund persönlicher Nachuntersuchung 
erhoben werden. Es fand sich in 16,8 °/ 0 der Fälle ein gerades 
Bein. Unter Zurechnung der ganz leichten Verkrümmungen (bis 165°) 
steigt der Prozentsatz der guten Stellungsresultate auf 27,1 1 / 2 . Mittel¬ 
schwere Krümmungen (140—160°) zeigten 28°/ 0 , schwere Krümmungen 
(130° und darunter) 44°/ 0 * Bezüglich des Lebensalters ergibt sich, 
daß speziell schwere Verkrümmungen um so häufiger sind, je jünger 
die Kinder zur Zeit der Operation waren. H. teilt die ihm zur Ver¬ 
fügung stehenden Fälle in zwei Gruppen: 1. vom dritten bis achten, 
2. vom neunten bis 13. Lebensjahr. Bei der ersten Gruppe kommen 
auf 48 Fälle 31 schwere Krümmungen = 64,6°/ 0 , bei der zweiten 
Gruppe auf 59 Fälle 16 = 27,2°/ 0 . Geradgebliebene Beine gibt es 
in Gruppe 1 nur 14,6 °/ 0 , in Gruppe 2 37,3 °/ 0 . Die Verkrümmung 
beginnt entweder alsbald nach der Operation oder entwickelt sich 
später und ganz allmählich. Zuweilen wirkt ein Trauma verschlim¬ 
mernd, wohl infolge Epiphysenlösung, wie in einem Falle sicher fest¬ 
gestellt wurde. Entweder entsteht die Knickung an der Stelle der 
früheren Gelenkspalte oder es entwickelt sich eine bogenförmige Ver¬ 
krümmung am unteren Femurende. Die Tibia erwies sich im allge¬ 
meinen als unverändert (Röntgenbilder). Erstere Krümmung findet 
sich bei frühzeitig auftretender Deformität, letztere in älteren Fällen, 
wobei eine pathologische Plastizität des Knochens die Verbiegung 
erleichtert, die indes wesentlich durch den Zug der Oberschenkel¬ 
flexoren verschuldet wird. 

In therapeutischer Beziehung wendet H. die Osteotomie resp. 
ein Verfahren ähnlich dem Helferich’schen bogenförmigen Resektions¬ 
schnitt an, und schlägt für geeignete Fälle die Epiphysiolyse vor, 
um dann das Bein zu strecken. Prophylaktisch empfiehlt er außer 
längerer Fixation des resezierten Gelenkes, die Wirkung der Beuge¬ 
muskulatur auszuschalten durch Tenotomie der Flexorensehnen und 
Verlagerung ihrer Insertion an den Oberschenkel, um ihr Wiederver¬ 
wachsen mit der früheren Insertionsstelle zu verhindern. Eine 
Transplantation der Beuger auf den Streckapparat sei für den Rese¬ 
zierten zwecklos. H. empfiehlt ein Verfahren bei Resezierten bis zum 
achten Lebensjahr prinzipiell anzuwenden, bei älteren Kindern aber 
abzuwarten, ob eine Verkrümmung eintritt. Vulpius (Heidelberg). 


Hans Lorenz. Zur Frage der Wachstumsstörungen und Gelenks¬ 
deformitäten infolge von traumatischen Epiphysentrennungen. 

(Wien. klin. Wochenschr. 1902 No. 51.) 

L. berichtet aus der v. Eiselsberg’schen Klinik über zwei Fälle 
von Wachstumsstörungen nach Epiphysenverletzungen. 


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I. Referate. 


191 


Bei dem ersten 19jährigen Patienten, der als 6jähriges Kind 
gefallen war und danach längere Zeit Schmerzen in der Gegend des 
rechten Handgelenks gehabt hatte, ergab das Röntgenbild, daß es 
sich seinerzeit um eine Epiphysenverletzung am unteren Radiusende 
gehandelt hatte, ja man konnte noch nachweisen, daß der Sturz eine 
Einkeilung des Diaphysenschaftes in die Epiphyse, eine ausgedehnte 
Zermalmung des Schaltknorpels zur Folge gehabt haben mußte; denn 
die Kontur der Corticalis des Diaphysenschaftes ließ sich deutlich 
in die Epiphyse hinein verfolgen. Distal von dem Köpfchen der Ulna, 
etwas palmar- und radialwärts verschoben, lag noch ein Knochenstück, 
eine Scheibe, die nichts anderes sein konnte, als die abgebrochene, 
im Wachstum zurückgebliebene und mit dem Ulnaschatt nur in syn- 
desmotischer Verbindung stehende Epiphyse. Es war das Längen¬ 
wachstum der beiden Vorderarmknoehen und zwar namentlich dasjenige 
des Radius in hohem Grade behindert worden, dasjenige der Ulna 
wohl deshalb weniger, weil ihr Schaltknorpel durch das Trauma nicht 
ebenso schwer geschädigt worden war wie jener des Radius. Bei dem 
Kranken maß der rechte Radius 15 1 / 2 , fast 11 cm weniger als der 
der anderen Seite, die rechte Ulna maß 22, die linke 28 cm. Die 
Dicke der beiden Knochen war — abgesehen von den etwas verdickten 
distalen Enden — an beiden Armen gleich, die Muskulatur beiderseits 
ziemlich gleich gut entwickelt. Das distale Ende der Ulna hatte 
sich auf den Handrücken vorgeschoben, während die Handwurzel¬ 
knochen mit dem verkürzten Radius in der normalen gelenkigen Ver¬ 
bindung geblieben waren. 

In dem zweiten Fall bestand bei einem 34jährigen Tischler, der 
in seinem 10. Lebensjahre eine Verletzung des linken Ellbogens 
durch Sturz von einem Baum erlitten hatte, ein hochgradiger Cubitus 
valgus. Bei gestrecktem Arm schloß die Oberarmachse mit der 
Vorderarmachse einen nach außen offenen Winkel von 150° ein. 
Der laterale Condylus stand bedeutend höher als der mediale, er er¬ 
schien im ganzen etwas klein und dabei plump und setzte sich, wenn 
man die Außenseite des Oberarmes abtastete, gegen den Humerus¬ 
schaft mit einer auffallenden Stufe ab. Deutlich ließ er sich, wenn 
auch nur in geringem Maße, von vorn nach hinten gegen den übrigen 
Humerus verschieben. Die Furche zwischen Epicondylus internus 
und Olecranon war verstrichen, der mediale Rand des Olecranon 
berührte fast den freien Rand des medialen Epicondylus, der Nervus 
ulnaris war dadurch aus seinem Bett herausgehoben und ganz ober¬ 
flächlich zu tasten. Die linke Hand ergab die typischen Befunde 
einer Ulnarislähmung. Das Röntgenbild zeigte den abgebrochenen 
Condylus externus und eine Pseudarthrose zwischen ihm und dem 
Humerus. Dabei erwies sich der laterale Condylus um vieles kleiner, 
er schien im Wachstum gehemmt oder ganz behindert gewesen zu 
sein, was auch mit der Angabe des Patienten übereinstimmte, daß 
der Cubitus valgus im Laufe der Jahre immer mehr zugenommen 
habe. Die Ulnarislähmung hatte sich erst 10 Jahre nach der Ver¬ 
letzung eingestellt, das Röntgenbild zeigte noch eine sehr bemerkenswerte 
Tatsache, Ulna und Radius sind verbogen, sie besitzen eine medial- 
wärts gerichtete Konkavität, so daß dadurch der Cubitus valgus bis 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


zu einem gewissen Grade kompensiert wird. Bestände diese Ver¬ 
biegung nicht, so wäre der Winkel, den Vorderarm- und Oberarmachse 
einschließen, noch spitzer. Joachimsthal (Berlin). 


M. Reiner. Über ein Operationsverfahren zur Beseitigung 
hochgradiger Unterschenkelverkrümmungen. 

(Aus Prof. Lorenz’ Ambulatorium in Wien.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 49.) 

R. hat bei 3 Kindern (6, 7 l / 2 , 10 Jahre alt), welche mit hoch¬ 
gradigen rachitischen Unterschenkelverkrümmungen behaftet waren, 
mit bestem Erfolge ein neues kombiniertes, einzeitiges Verfahren zur 
Anwendung gebracht, welches die eventuelle mehrfache lineare Osteo¬ 
tomie, die sich unmittelbar anschließende instrumentelle Extension 
und endlich den Kontentivverband in Anwendung bringt und daher 
folgende Vorteile bietet: 

1. Die den Knochen verkürzende Keilresektion wird entbehrlich. 

2. Die nachträgliche Gewichtsextension entfällt, da durch die 
Überwindung der Widerstände die sofortige Stellungskorrektur mög¬ 
lich ist. 

3. Der Pat. wurde durch den sofort angelegten Kontentivverband 
aller Vorteile der mobilisierenden Behandlung teilhaftig. Grätzer. 


Th. KÖlliker. Osteotomie und Osteoklase bei rachitischen 
Deformitäten der unteren Extremität. 


(Archiv f. klin. Chirurgie Bd. 69 Heft 1 u. 2 [Festschrift von Esmarch 

gewidmet] S. 48.) 

Wegen rachitischer Deformitäten der unteren Extremität wurde 
in K.’s Klinik seit 1886 60mal operiert, und zwar wurde 47 mal die 
Osteotomie und 13 mal die Osteoklase ausgeführt. Wegen Genu 
valgum sind 32 Osteotomien und 4 Osteoklasen, wegen Kurvaturen 
der Tibia im unteren Drittel 15 Osteotomien und 9 Osteoklasen vor¬ 
genommen. Bei Genu valgum wurde die Tibia 26 mal osteotomiert 
bei 22 Kindern und 4 Erwachsenen. Von diesen Operationen waren 
18 Keilosteotomien, acht lineare Osteotomien. Am Oberschenkel 
führte K. die Osteotomie 6 mal aus bei 3 Erwachsenen und 3 Kindern. 
3 mal handelte es sich um Keil-, 3 mal um lineäre Osteotomien. Bei 
den rachitischen Kurvaturen der Tibia im unteren Drittel mit 
vorderer äußerer oder vorderer Konvexität wurde stets die Keil¬ 
osteotomie gewählt. Sowohl bei der Behandlung des Genu valgum 
als der Kurvaturen im unteren Drittel des Unterschenkels ist die 
Operation die Ausnahme. Sie kommt nur in Frage bei den schweren 
Deformitäten Erwachsener, bei Kindern, wenn die Erfolglosigkeit ein¬ 
facherer Behandlungsmethoden erwiesen und auch auf einen spontanen 
Ausgleich der Deformität nicht mehr zu rechnen ist. Bei der Häufig¬ 
keit, mit der auch schwere rachitische Deformitäten sich in den 
ersten Lebensjahren ausgleichen, wird vor dem fünften Lebensjahre 
nur ganz ausnahmsweise zur operativen Behandlung geschritten. 


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I. Referate. 


193 


Unter den 47 Osteotomien werden nur 2mal Störungen der 
Wundheilung verzeichnet. In einem dieser Fälle wurde die proximale 
Knochenfläche der Tibia nekrotisch, nach Art der sog. Nekrose der 
Sägefläche. 

Bei Kindern wird vor Ausführung der Osteotomie die Osteoklase 
versucht, die entweder manuell oder mittels des Lorenz sehen 
Redresseur-Osteoklasten geschieht. Joachimsthal (Berlin). 


Dante Pacchioni. Beschreibung und Pathogenese der Ver¬ 
änderungen der chondralen Verknöcherung bei der Rachitis. 

(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 57 Heft 1.) 

Nachdem P. schon früher Untersuchungen über die wichtige 
Rolle der Phosphorsäure bei der Knochenbildung angestellt hatte, 
konnte er neuerdings mit der Reaktion von Monti und Lilienfeld 
bei der Rachitis eine augenfällige Verminderung des Phosphorsäure¬ 
inhaltes des Knorpels beobachten. Die größere Intensität der Fär¬ 
bung in der Nähe der Gefäßgebiete beweist, daß die Phosphorsäure 
des Knorpels direkt vom Blute herrührt. Die Zellen des rachitischen 
Knorpels sind immer kleiner als jene des normalen, in Entwickelung 
begriffenen Knorpels; ebenso sind auch die Zellkerne kleiner und 
unregelmäßiger als im normalen Zustande. Er findet ferner eine 
namhafte Abnahme des Gehaltes an Kalksalzen; und es beschränkt 
sich bei der Rachitis der Kalkinhalt ausschließlich auf die Knochen. 
Es fehlt jene dichte verkalkte Knorpelschichte, die im normalen Zu¬ 
stande den aktiven Knorpel vom Knochen trennt. An keinem Punkte 
oder nur sehr selten sieht man — wie im normalen Zustande — 
verkalkte Zellen; nur die Zellen, welche sich unmittelbar in der 
Peripherie der Gefäßknoten befinden, weisen in ihrem Innern sicht¬ 
bare Kalkkörner auf. 

P. nimmt an, daß die Veränderungen der chemischen Zusammen¬ 
setzung des Knorpels bei der Rachitis von einer Veränderung der 
Zellfunktion abhängig sind, und es ist sehr wahrscheinlich, daß diese 
Veränderung auf einer Abnahme ihrer metabolischen Aktivität beruht. 
Diese Annahme wird von der Tatsache erhärtet, daß im rachitischen 
Zustande die Knorpelzellen kleiner und mit einem kleineren, unregel¬ 
mäßigeren Kerne versehen sind, als im normalen Zustande. Durch 
diese gestörte Aktivität kommt es, daß der rachitische Knorpel in 
mehr oder weniger passiver Weise, wie ein untätiges Gewebe, das 
Eindringen des Knochengewebes erleidet 

Die pathologisch-anatomischen Veränderungen der Rachitis ver¬ 
danken ihre Entstehung nicht, wie mehrfach geglaubt wird, einem 
Entzündungsprozesse des Knochens; der fundamentale Krankheits¬ 
prozeß sitzt vielmehr nicht im Knochen, sondern im Knorpel, eigent¬ 
lich im Protoplasma und im Kerne der Knorpelzellen. 

Hecker (München). 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


A. Epstein. Ein Schaukelsessel fiir kleine Rachitiker und 

Schwächlinge. 

(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 56 Heft 6.) 


Der Sessel ist für rachitische und schwächliche Kinder im Alter 
von ungefähr 1—3 Jahren geeignet, und hat zunächst den Zweck, 
der Verschlimmerung oder Entstehung gewisser rachitischer Defor¬ 
mitäten, namentlich der Wirbelsäule, entgegenzuwirken; ferner die 
Körperhaltung muskelschwacher Kinder zu bessern und überhaupt 
die Muskeltätigkeit kleinerer Kinder anzuregen. Die Behandlung 
rachitischer Verkrümmungen bei ganz kleinen Kindern ist ja eine 
sehr mangelhafte. Die komplizierten Apparate, Korsetts, Gerade¬ 
halter, auch die Rauch fuß sehe Schwebe, ebenso die gymnastischen 
Übungen sind nur für ältere Kinder. Bei den kleinen beschränken 
wir uns damit, das Kind von Zeit zu Zeit auf den Schoß hinzulegen 
und je nach der Art der Verkrümmung in der Bauch- oder Seiten¬ 
lage desselben durch ein entsprechendes Handauflegen ein Redresse¬ 
ment anzustreben; oder wir lassen das Kind abwechselnd auf beiden 
Armen der Wärterin herumtragen, halten es möglichst viel in hori¬ 
zontaler Lage u. s. w. Letzteres, die permanente Rückenlage, hat 
bei rachitischen Kindern auch Nachteile: Hemmung der geistigen 
Entwicklung, Hemmung der Atmungsexcursionen und dadurch Be¬ 
förderung der Thoraxdeformität u. s. w., wobei nicht zu übersehen 
ist, daß man sowohl gegen die Zunahme der Verkrümmung ankämpft, 
aber für die aktive Aufrichtung der Wirbelsäule nichts leistet. 

Dagegen wird gegen die Sitzlage nichts einzuwenden sein, wenn 
nur dabei das Zusammensinken des Körpers vermieden wird und sie 
wird umsomehr bevorzugt werden können, wenn durch ein mit dieser 
Sitzlage verbundener Mechanismus eine Streckung der Wirbelsäule 
und eine zweckentsprechende Tätigkeit des Muskelapparates bewirkt 
wird. 

Der Sessel ist ein auf einem Schlitten aufgeschraubter Stuhl, 
ein Schaukelstuhl, dessen Dimensionen der Körpergröße kleiner Kinder 
angepaßt sind. Das Wesentliche ist die verkehrte Sitzweise. 
Das Kleine wird so hineingesetzt, daß das Gesicht der Lehne zu¬ 
gekehrt ist, die unteren Extremitäten werden durch die Zwischen¬ 
räume, welche sich zwischen Lehne und Sitzbrett befinden, hinaus¬ 
geleitet, so daß die Unterschenkel entweder frei herabhängen oder 
die Füße sich an der hinteren Verbindungsstange, oder auch vom 
Fußboden abstoßen können. Mit den vorgestreckten oberen Extremi¬ 
täten hält sich das Kind an den Seitenpfeilern der Lehne. Die 
Kinder lernen bald zu schaukeln .und huldigen allmählich diesem 
Sport mit großem Eifer. Vorne Überfallen wird durch die Lehne 
selbst verhindert. Fallen nach rückwärts ist nicht möglich, weil der 
Körper vermöge der Sitzlage auf der reklinierten Sitzplatte nach 
vorne gravitiert und das Kind sich auch beim Schaukeln an der 
Lehne mit den Händen hält. 

Die Beobachtung des schaukelnden Kindes lehrt, daß schon das 
Sitzen allein mit freiem Rücken, vorgestreckten Armen und auf einer 
unnachgiebigen Unterlage das Kind zu einer strammeren Haltung 


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I. Referate. 


195 


nötigt. Viel wesentlicher sind jedoch die Schaukelbewegungen des 
Kindes, welche durch das Zusammenspiel der betreffenden Rücken- 
und Extremitätenmuskulatur angeregt und unterhalten werden und 
und bei welchen der Oberkörper auf der queren Hüftgelenksachse 
sich gleichmäßig nach vorne und hinten bewegt. Ist das Schaukeln 
recht im Gange, so wird die Haltung des Körpers noch militärischer. 
Kopf hoch, Brust heraus, Rücken möglichst gestreckt, insoweit näm¬ 
lich die Verkrümmung nachgibt. So befolgt das Kind selbst unwill¬ 
kürlich den orthopädischen Grundsatz, daß der Kranke die normale 
Form der Wirbelsäule zunächst durch die eigene Tätigkeit und 
Muskelarbeit herzustellen habe. Einige angeführte Fälle demon¬ 
strieren die Besserung oder Heilung von Verkrümmungen. 

Da diese gymnastische Tätigkeit auch einen sichtlich günstigen 
Einfluß nicht nur auf den Appetit, das Allgemeinbefinden und das 
Aussehen des Kindes, sondern auch auf das ganze Wesen und die 
Laune des Kindes hat, so empfiehlt sich der Schaukelsessel überhaupt 
bei kleinen Rachitikern zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr 
(auch solchen ohne Verkrümmungen) ferner für nichtrachitische und 
muskelschwache, für herabgekommene und rekonvaleszente Kinder und 
schließlich auch für manche Kinder, die aus irgend einem anderen 
Grunde nicht gehen können oder dürfen (gelähmte Kinder oder Kinder 
mit Klumpfußverbänden). Zu beziehen von Gebrüder Thonet, Wien. 

Hecker (München). 


C. Escher. Zur Frage der angeborenen Rachitis. 

(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 56 Heft 4.) 

Die Frage, ob es eine intrauterin erworbene, bei der Geburt 
noch floride echte Rachitis gibt, wird von verschiedenen Autoren 
entschieden bejaht. Kassowitz fand z. B. unter 29 totgeborenen 
oder bald nach der Geburt gestorbenen Kindern 26, d. h. 89,7 °/ 0 
mit Rachitis behaftet. E. untersuchte 105 lebende Neugeborene und 
25 Leichen (Früchte aus den letzten Schwangerschaftsmonaten, Neu¬ 
geborene und Kinder bis zum Alter von 4 Monaten) und kommt zu 
einem vollständig negativen Resultat. Es konnte bei den ersten zwei 
Gruppen weder makroskopisch, noch mikroskopisch und zwar am 
Schädel, wie an den Rippen, an den Femurepiphysen ein Befund er¬ 
hoben werden, der erlaubt hätte, auch nur ein einziges Mal die be¬ 
stimmte Diagnose auf Rachitis zu stellen. 

Die Verschiedenheit seiner Resultate gegenüber anderen Autoren 
führt E. auf falsche Deutung der erhobenen Befunde seitens dieser 
zurück. Hecker (München). 


Maurice Ostheimer. A case of congenital rhachitis. 


(Arcbives of Pediatrics, November 1902.) 


Verf. berichtet über einen Fall von sogenannter „angeborener 
Rachitis“ (Chondrodystrophia foetalis, Kaufmann). 

Das 7 Monate alte, stark heruntergekommene Kind zeigte einen großen 
viereckigen Schädel, mit ganz flachem Hinterkopf, tiefliegenden Augen und weit- 


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196 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


klaffender Fontanelle. Der Brustkorb war seitlich eingedrückt und bot einen 
ausgeprägten Rosenkranz dar. Eine leichte Lordose des unteren Rückens trieb 
den ohnehin großen Leib noch stärker hervor. Milz und Leber nicht vergrößert; 
am Herzen keine Geräusche. 

Sämtliche Extremitäten waren hochgradig verkrümmt; namentlich die Ober¬ 
schenkel beschrieben fast vollständige Halbkreise. An den oberen Extremitäten 
waren sämtliche Epiphysen aufgetrieben. Diese Deformitäten traten schon früh¬ 
zeitig auf. Im Alter von 4 Monaten fiel das Mädchen etwa 5 cm tief, und brach 
Oberschenkel, Oberarm und Unterarm der linken Seite. — Das Kind wurde im 
Alter von 11 Monaten durch eine Pneumonie hingerafft. 

Diese „foetale 44 Rachitis, von Parrot als Achondroplasia, von 
Kaufmann als Chondrodystrophia bezeichnet, ist in den Vereinigten 
Staaten nicht häufig. Merkwürdigerweise betrafen die bisherigen Be¬ 
richte meist Kinder von schottischen Eltern. 

Leo Jacobi (New York). 


Llligi Concetti. Die Phosphorbehandlung bei der Rachitis. 

(Rivista di Clinica Pediatrica 1903 No. 1.) 

Verf. bedient sich einer Lösung^ die er folgendermaßen herstellt: 
0,1g Phosphor werden in 10—15 g Äther aufgelöst und diese Lösung 
dann mit 25—30 g Mandelöl gemischt unter langsamer Erwärmung 
im Wasserbad. Diese konzentrierte Lösung wird dann einem Liter 
Lebertran zugesetzt und das Ganze in 100 g-Flaschen abgefüllt. 
Verf. berichtet über zwölf Fälle, in denen er mit Anwendung der 
Phosphortherapie günstige Erfolge erzielt hat. Finder (Berlin). 


G. Edlefsen (Hamburg). Das Ammoniak in der Atmungsluft 
und die Ätiologie der Rachitis. 

(Deutsche Ärzte-Ztg. 1903 No. 1 u. 2). 

E. geht noch einmal genauer auf die Frage ein, ob man zu 
der Annahme berechtigt ist, daß der Verunreinigung der Luft mit 
Ammoniakdämpfen wirklich die ihr von Kassowitz zugeschriebene 
Bedeutung einer Rachitis erzeugenden Schädlichkeit zukommt. Nach 
seiner Ansicht kommen da folgende Unterfragen in Betracht: 

1. Kommt die ammoniakalische Zersetzung des Harns in den 
Windeln oder Kindertüchern der noch nicht kontinenten Kinder 
überhaupt so häufig vor, daß man ihr eine so wichtige Rolle in 
der Rachitis beimessen darf? 

2. Ist es wahrscheinlich, daß das Ammoniak in gröfserer Menge 
aus der Atmungsluft in den Kreislauf gelangt? 

3. Wenn diese Frage bejaht werden muß, ist es wahrscheinlich, 
daß das in das Blut übergetretene Ammoniak den von Kassowitz 
angenommenen schädigenden Einflufs auf die Gewebe übt, namentlich 
„besonders reizend und entzündungserregend auf die Appositions¬ 
stellen der Knochen ein wirkt? 44 

E. sucht nachzuweisen, daß diese Fragen verneint werden müssen 
und damit Kassowitz’ Theorie fällt. Vielmehr spricht für seine 
eigene „Infektionstheorie 44 , wenn auch sie nur als Notbehelf zu gelten 


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I. Referate. 


197 


hat und einer sicheren Basis entbehrt. Die Ätiologie der Rachitis 
bleibt vorläufig noch in Dunkel gehüllt, das erst durch weitere 
Forschungen gelüftet werden dürfte. Grstzer. 


Ad. Czerny. Über die Bedeutung des Turgordruckes der 
Gewebe für das Kind im ersten Lebensjahre. 

(Monatsschrift f. Kinderheilkunde, Oktober 1902.) 

Die häufigste Ursache, weshalb Kinder mit florider Rachitis 
dem Arzte zugefilhrt werden, ist die, daß sie in einem Alter nicht 
sitzen, stehen oder gehen können, in welchem normalerweise diese 
Fälligkeiten entwickelt sein müßten. 

Was ist die Ursache? Schmerzen nur in den wenigen Fällen, 
wo frische Frakturen oder Infraktionen bestehen, oder wo daneben 
Barlowsche Krankheit vorliegt. Rachitische Veränderungen der 
Knochen sind ebenfalls nicht als Ursache dieser Motilitätsstörungen 
zu betrachten, ebenso nicht Veränderungen an Muskeln oder 
Nerven. C. weist aber auf einen neuen Gesichtspunkt hin, der hier 
in Betracht käme. 

Beobachten wir eine Pflanze, welche kein festes Stützgerüst hat, 
so sehen wir, daß dieselbe ihre natürliche Haltung und Stellung nur 
solange bewahrt, als der Turgordruck ihrer Gewebszellen eine ganz 
bestimmte Höhe hat. Sinkt der Turgordruck z. B. durch Wasser¬ 
mangel, so verliert die Pflanze das Vermögen, ihre äußere Con- 
figuration aufrecht zu halten, und nach dem Gesetze der Schwere 
sinken Blüten und Blätter herab. Nur wenn eine Pflanze ein festes 
Stützgerüst erworben hat, bewahrt sie auch ihre Form und Stellung, 
wenn der Turgordruck ihrer Gewebe sehr stark herabgesetzt wird. 
Letztere ersetzt somit bei vielen Pflanzen vollständig das Stützgerüst. 
Daß sich ein gleiches Verhältnis im Körper des Tieres nach weisen 
läßt, hat zunächst Schaper durch Untersuchungen feststellen können. 

Daß auch für das Kind in den ersten 2 Lebensjahren, ehe das 
Skelett eine gewisse Stabilität erlangt hat, der Turgordruck der 
Gewebe für die Haltung des Körpers und die motorischen 
Funktionen von ausschlaggebender Bedeutung ist, zeigt schon 
die klinische Beobachtung. Der gesunde und sich normal entwickelnde 
Säugling weist eine hohe Resistenz des Körpergewebes auf. Letztere 
kann jedoch sehr rasch verloren gehen oder auch von Anfang an 
fehlen. Nicht selten wird der bis dahin derbe, pralle Körper rasch 
welk und schlaff. Manchmal fühlt sich das Körpergewebe des Kindes 
trotz anscheinend guter Gewichtszunahmen zu weich an. Gerade 
diejenigen Kinder aber, die einen sehr hohen Gewebsturgor haben, 
lernen sehr bald sitzen, stehen, gehen. Im Gegensatz hierzu findet 
man kaum ein Kind, bei welchem im entsprechenden Alter diese 
Fähigkeiten noch fehlen, oder, wenn sie bereits vorhanden waren, 
wieder verloren gegangen sind, bei denen man nicht gleichzeitig den 
Gewebsturgor als stark herabgesetzt konstatieren kann. Diese Herab¬ 
setzung hat aber, wie die Beobachtung lehrt, nur bis zum dritten 

Cfntralbl. f. Kind.rtUkde. VIII. Digitized by G©Og[e 



198 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


Lebensjahre Bedeutung; sobald die Verknöcherung des Skeletts eine 
gewisse Vollendung erreicht hat, verliert sie an Bedeutung. 

Die Auffassung, daß der Gewebsturgor für die motorischen 
Funktionen des Kindes ausschlaggebend ist, ist im stände, die Be¬ 
ziehungen der Motilitätsstörungen der Kinder zur Rachitis, zu den 
Ernährungsstörungen und anderen Erkrankungen zu klären. Das 
Verhalten des Turgors hängt in der ersten Lebenszeit wesentlich 
davon ab, in welchem Zustand ein Kind geboren wurde. Dann spielt 
die Ernährung eine große Rolle; wenn bei ihr der Turgor ein zu 
geringer bleibt, ist sie für den bestimmten Fall als unzweckmäßig 
anzusehen, selbst wenn es sich um Frauenmilch handelt. 

Die Erkenntnis, daß eine Änderung des Gewebsturgors un¬ 
abhängig von den Vorgängen an den Knochen die motorischen 
Funktionen beeinflußt, muß uns bestimmen, die Motilitätsstörungen 
rachitischer Kinder von der Rachitis selbst abzusondern, unter 
letzteren Bezeichnungen eben bloß die Knochenveränderungen zu¬ 
sammenzufassen. Das ist auch für die Beurteilung therapeutischer 
Erfolge wichtig. Wenn ein rachitisches Kind nicht stehen und gehen 
kann und dies nach Durchführung irgend eines therapeutischen 
Regimes erlernt, so ist dies keineswegs als günstige Beeinflussung 
des rachitischen Prozesses anzusehen, indem dabei die Erscheinungen 
am Knochensystem oft gänzlich unbeeinflußt bleiben. Man wird 
künftig vielmehr beiMotilitätsstörungen rachitischer Kinder 
auf die Beobachtung des Gewebsturgors das Hauptgewicht 
zu legen haben. Grfttzer. 


Charles Herrman. A case of Achondroplasia (Micromelia). 

(Archives of Pediatrics, Januar 1903.) 

Diese Affektion trägt verschiedene Bezeichnungen: Achondroplasia, 
Chondrodystrophia foetalis und Mikromelie. Letztere scheint dem 
Zustand am besten zu entsprechen, da es sich in erster Linie um 
ein gehemmtes Wachstum der Extremitäten handelt 

Herrman beschreibt einen 15jährigen Knaben, der von ge¬ 
sunden Eltern abstammt. Er wurde ohne Schwierigkeit geboren und 
nach den ersten 2 Wochen künstlich genährt. Im Alter von 10 Mo¬ 
naten fielen der Mutter sein großer Kopf und die kurzen Extremi¬ 
täten auf. Mit 9 Monaten erschien der erste Zahn. Sitzen konnte 
das Kind nicht vor 5 Jahren, und mit 7 Jahren fing es an zu gehen 
und gut zu sprechen. 

Gegenwärtig zeigt der Knabe einen relativ großen Kopf und auf¬ 
fallend kurze Extremitäten, bei nahezu normalem Körper. Er wiegt 
60 Pfand, und seine Höhe entspricht dem Alter von 7 Jahren; der 
Körper allein ist so groß wie normalerweise im Alter von 13 Jahren; 
die Extremitäten haben die Länge eines 5 jährigen Alters. 

Geistig ist der Junge im allgemeinen ziemlich zurückgeblieben, 
obwohl sein Gedächtnis für einige Einzelheiten große Schärfe zeigt. 

Zeichen von Rachitis, mit welcher diese Affektion recht häufig 
verwechselt wird, fehlen vollständig. 


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I. Referate. 


199 


Am Körper ist der Tiefstand beider Schultern und die ausgeprägte 
Lordose in der Lumbalregion zu bemerken. Die oberen Extremitäten 
sind sehr kurz; während normalerweise die Finger bis zur Mitte des 
Oberschenkels reichen, gehen sie hier nur bis zum Trochanter major. 
Fernerhin ist der Oberarm kürzer als der Unterarm, wieder zum 
Unterschied von der Norm. Die Hände sind groß im Verhältnis zum 
ganzen Arm, obschon etwas kleiner als normalerweise; die Finger 
sind von nahezu gleicher Länge und divergieren in der Art eines 
Dreizacks. 

Die kurzen und muskulösen Beine sind stark gebogen, infolge 
einer eigentümlichen Artikulation im Knie, die merkwürdigerweise 
den Bau eines Dachshundbeines wiederholt. 

Bis jetzt sind wir über die genauere Pathologie der Mikromelie 
wenig unterrichtet. Die Schilddrüse wurde stets normal befunden, 
was auch den therapeutischen Mißerfolg der Thyreoid. extracts ä 
priori wahrscheinlich macht. 

Ein Versuch, die Säbelbeine durch operatives Eingreifen zu 
beseitigen, führte ebenfalls zu keinem günstigen Resultat. 

Leo Jacobi (New York). 


Vargas (Barcelona). Die Achondroplasie. 

(Monatsschrift f. Kinderheilkunde, November 1902 .) 

V. bringt zunächst zur Kenntnis einen Fall von Achondroplasie 
oder Chondrodistrophia hypoplastica, der alle deutlichen Cha¬ 
raktere dieser Affektion, aber auch nur diese in sich vereinigt und 
dadurch ganz besonders dazu dienen kann, diese Krankheitsspezies 
zu begründen und sie von den anderen derselben Gruppe abzutrennen. 
Pat. war sicher nicht behaftet mit Rachitis congenita (weder am 
Schädel, noch am Gesichte rachitische Knochenveränderungen!), auch 
nicht mit Kretinismus (die Zunge erschien normal klein, das Gesicht 
intelligent), nicht mit Osteopsatyrosis (trotz kräftiger Manipulationen 
an den Knochen keine Frakturen). Die radioskopische Untersuchung 
der Knochen zeigte die Kürze und Dicke derselben und das Fehlen 
der Epiphyse wegen unterbliebener enchondrischer Ossifikation. Das 
ist Achondroplasie, unterdrücktes Längenwachstum der langen Knochen 
wegen mangelnder Ossifikation in den Epiphysenwurzeln während des 
Fötallebens, bei normaler Beschaffenheit von Kopf, Brust und Bauch, 
samt den darin eingeschlossenen Eingeweiden. 

Verf. bringt die genaue Krankengeschichte und den Untersuchungs¬ 
befund des Falles (mit acht vortrefflichen Illustrationen), läßt sich 
dann aus über die Geschichte und Häufigkeit der Affektion (Angabe 
aller bisherigen Beobachtungen!), über deren Ätiologie (noch nicht 
bekannt!), Symptomatologie, Pathogenese (der genaue Mechanismus 
ist noch dunkel!), Diagnose (auch Verhältnis zum Myxödem), Verlauf 
und Prognose (der Prozeß erlaubt, ein höheres Lebensalter zu er¬ 
reichen und alle Funktionen von Schwangerschaft und Mutterpflichten 
zu erfüllen), endlich über die Therapie (die in Bezug auf das eigent¬ 
liche Leiden völlig negativ ist und höchstens orthopädische Ma߬ 
nahmen erheischt). Gr ätz er. 

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200 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


Fr. Pineles. Über Thyreoaplasie (congenitales Myxödem) 
und infantiles Myxödem. 

(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 48.) 

Es herrschte in der Bezeichnung und Scheidung der verschiedenen 
Krankheitstypen des Myxödems bisher große Verwirrung. In einem 
gelegentlich der Karlsbader Naturforscherversammlung gehaltenen 
Vortrage bemühte sich P. die Beziehungen der einzelnen Krankheits¬ 
bilder zueinander zu sichten. Er kam zu dem Resultat, daß 
3 Affektionen auseinanderzuhalten sind: Das auf einem an¬ 
geborenen Defekt der Schilddrüse beruhende, also eine Entwicklungs¬ 
anomalie darstellende kongenitale Myxödem, das er „Thyreoa¬ 
plasie“ nennt, dann das infantile Myxödem und der endemische 
Kretinismus. Eine Zusammenstellung der wichtigsten Unter¬ 
scheidungsmerkmale dieser drei Erkankungen zeigt folgendes Bild: 


Thyreoaplasie (kongenitales 
Myxödem). 

( Chronischer Alkoholismus, Tuber¬ 
kulose u. neuropath. Belastung 
in der Aszendenz. Manchmal 
Konsanguinität 


Infantiles 

Myxödem. 

Die dem idiopath. 

Myxödem der 
Erwachsenen zu¬ 
kommenden 
fttioL Faktoren. (?) 


Pathol. 

Ver¬ 

halten 

der 

Schild¬ 

drüse: 

Klin. 

Krank¬ 

heits¬ 

bild: 


Mißbildung im Sinne einer Schild- 
drüsenagenesie. 


Schweres Myxödem und hoch¬ 
gradige Wachstumsstörung. 


Atrophie der 
Schilddrüse. 


Meist leichtere 
Formen. 


Krank¬ 

heits¬ 

verlauf: 


Deutliches Auftreten der ersten 
klinischen Erscheinungen in der 
zweiten Hälfte der ersten Lebens¬ 
jahres oder später. 


Ge¬ 

schlecht: 

Verbrei¬ 

tung: 


{ 

{ 


Starkes Überwiegen des weiblichen 
Geschlechtes. 


In allen Ländern. 


Auftreten der 
ersten Erschei¬ 
nungen vom 
sechsten Lebens¬ 
jahre an. 

Deutliches Über¬ 
wiegen des weibL 
Geschlechtes. 

Hauptsächlich in 
Großbritannien 
und Belgien. 


Endemischer 

Kretinismus. 


Eine unbekannte 
infektiöse Schäd¬ 
lichkeit. 


Strumöse Ent¬ 
artung der Schild¬ 
drüse, manchmal 
Atrophie. 


Schwerere und 
leichtere Formen. 


Auftreten der 
ersten Erschei¬ 
nungen in den 
ersten Lebens¬ 
jahren. 

Leichtes Über¬ 
wiegen des männL 
Geschlechtes. 

In Kropf- u. Kre¬ 
tinengegenden. 

Grätzer. 


Rocaz und Cruchet. Kongenitales Myxödem; Stomatitis pseudo- 
membranacea mit Colibazillen; Bronchopneumonie; Tod; 

Autopsie. 

(Archives de m6d. des enfants 1903 No. 2.) 

Es handelte sich um ein 2 J / 2 jähriges Mädchen, welches alle 
klassischen Zeichen des Myxödems darbot: der Kopf groß, auf kurzem 


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L Referate. 


201 


Halse aufsitzend, sehr großer Bauch, kurze Extremitäten, gedunsenes 
Gesicht, kleine Augen mit dicken, gleichsam ödematösen Lidern; 
flache Nase, dicke Lippen, stark hypertrophische Zunge, die es aus vdem 
immer geöffneten Munde heraussteckte; die Haare dick, brüchige die 
Zähne klein, die Fontanelle nicht geschlossen. Vollständiges Fehlen 
der Intelligenz. Temperatur immer subnormal, zwischen 35,2° und 
35,8° abends, doch wurden auch Temperaturen von 34° und 84,5° 
beobachtet. 

Während des Aufenthaltes im Krankenhause bekam die Kranke 
eine schwere Gastroenteritis und kurz darauf eine Stomatitis, be¬ 
stehend in gelblichen Pseudomembranen an den Lippen und dem 
vorderen Teil der Zunge; bakteriologisch wurde die colibazilläre Natur 
derselben erwiesen und sind die Verff. der Ansicht, daß es sich um 
eine Infektion der Mundschleimhaut durch die Exkremente handele, 
da das Kind die damit beschmutzten Tücher oft zum Munde führte. 

Endlich trat eine Bronchopneumonie auf, welcher Pat. erlag. 

Die vorgenommene Nekropsie ergab das vollständige Fehlen der 
Glandula thyreoldea, an deren Stelle vier kleine lymphatische Knoten 
gefunden wurden. Die Haut zeigte eine bedeutende Verdickung des 
Malpighischen Stratums, des Dermas und des Bindegewebes. Ähn¬ 
liche epitheliale Hypertrophien bot die Zunge, an welcher namentlich 
die Papillae fungiformes stark verdickt waren. Das Skelett zeigte 
eine erhebliche Verspätung der Ossifikation, während die mikro¬ 
skopische Untersuchung der Muskeln, dieselben als ganz normal erwies. 

E. Toff (Braila). 


L. Fürst (Berlin). Klinisches und Therapeutisches über die 
anämische Form der Rachitis. 

(Der Kinderarzt 1902 No. 11.) 

F. gab solchen Kindern mit bestem Erfolg Syrup. Calcii Ferro- 
phospholactici (Freund), welches sehr bekömmlich und resorptions¬ 
fähig ist, eine Vermehrung des Hämoglobingehaltes und schnellere 
Umwandelung der Knorpel- bezw. Osteoiden in Knochenzellen bewirkt. 

Grätzer. 


S. Middelton. Two infants with great Enlargement of the 
Spleen and Anämia. 


(The Glasgow med. Journ., Oktober S. 289.) 

Der erste Fall betrifft einen 15 Monate alten Knaben mit mäßiger 
Rachitis und ausgesprochener Anämie. Die Milz ragte bis zum Nabel 
abwärts, die Leber war nur eben fühlbar. 60°/ o Hämoglobin, Zahl 
der roten Blutkörperchen 76°/. des Normalen, Temperatur normal. 
In dem zweiten Fall waren bei dem 21 Monate alten Mädchen stärkere 
Zeichen von Rachitis vorhanden. Die Milz reichte bis zur Spina 
iliaca nach abwärts; die Leber war fühlbar. Die Blutuntersuchung 
ergab keine Vermehrung der Leukocyten, dagegen eine Poikilocytose 
und kernhaltige rote Blutkörperchen. Während der Behandlung mit 


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202 


Centralblatt flir Kinderheilkunde. No. 5. 


Arsen stellt sich in diesem Fall Fieber ein. M. glaubt nicht, daß die 
Vergrößerung der Milz, sowie die Anämie mit der Rachitis zusammen¬ 
hinge, sondern daß es sich in beiden Fälle um eine Anämia splenica 
handelte. Schreiber (Göttingen). 


Cima. Beitrag zum Studium der histologischen Veränderungen 
der Milz bei der infektiösen Anämia splenica der Kinder. 

(La Pediatria Nr. 10 1902.) 

Die Untersuchungen betreffen zwei Fälle. In dem einen über¬ 
wiegt die Hyperplasie des Bindegewebes; in dem anderen ist dieselbe 
zwar auch vorhanden, jedoch tritt besonders hervor eine Infiltration 
der lymphatischen Elemente der Malpighisehen Follikel. Finder. 


Isaac A. Abt Spontaneous Hämorrhages in New-bom Children. 

(Journal of the American Medical Association, den 31. Januar 1903.) 

A. teilt 13 Originalfälle von spontanen Blutungen bei Neu¬ 
geborenen mit. Am häufigsten blutete in seiner Casuistik der Mund 
7mal; 5mal kam das Blut aus dem Darm; die Nase blutete 4mal, 
der Nabel 3mal; in den übrigen Fällen kam das Blut vom Magen, 
vom Ohre ; aus der Vagina, oder es fand ein subkutaner Erguß statt. 
In der Ätiologie spielt die Sepsis eine bedeutende Rolle. Thera¬ 
peutisch erwiesen sich sämtliche landläufige innerliche Mittel, wie 
Sekale, Eisenchlorid, Nebennierenextrakt u. s. w., als völlig nutzlos. 
Auch von der lokalen Anwendung dieser blutstillenden Mittel ist 
nicht viel Gutes zu erwarten. Dagegen empfiehlt sich der örtliche 
und innerliche Gebrauch von Gelatine. Eine lOprocentige Lösung 
in physiologischer Kochsalzflüssigkeit kann lokal appliziert werden. 
Auf sorgfältige Sterilisierung der Gelatine ist peinlichst zu achten. 
Die subkutane Einverleibung von Gelatine bringt leider so zahlreiche 
Gefahren mit sich, daß man sie mit großem Mißtrauen ansehen muß. 

Leo Jacobi (New York). 


Eugene Füller. A New Use for Thyroid Extract u. s. w. 

(Medical News, den 28. Februar 1903.) 

F. hat einen 15jährigen Bluter mit Schilddrüsenextrakt behandelt 
und einen eklatanten Erfolg damit erzielt. Der Junge gehörte zu 
einer typischen Bluterfamilie; vier seiner Onkel und zwei Brüder 
bluteten zu Tode bei der Beschneidung. Der Knabe selbst litt an 
hartnäckiger Hämaturie und zeigte geschwollene Gelenke; daneben 
Anämie und starke Abmagerung. Versuchsweise wurde ihm Schild¬ 
drüsenextrakt inDosen von 0,3 3 mal täglich verordnet, mit schlagender 
Wirkung. Schon nach einigen Gaben hörte die Blutung auf und 
kehrte seit der Zeit (9 Monate sind bereits verflossen) nicht wieder. 

Ein zweiter Fall betraf einen 55jährigen Nephritiker, der eben¬ 
falls Hämaturie bekam. Die Blutung stammte aus der Prostata und 


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L Referate. 


208 


wurde durch Cystotomie nebst Drainage vergebens behandelt, um 
auf die Verordnung von Schilddrüsenextrakt, 3 mal täglich 0,8, rasch 
und völlig aufzuhören. Leo Jacobi (New York). 


Zuppinger. Über subkutane Gelatineinjektionen im Kindesalter. 

(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 52.) 

8jähriger Knabe mit Skorbut und schweren Blutungen aus Mund 
und Nase. Trotz aller Therapie enorme Blutverluste. Injektion von 
40 ccm einer 2 °/ 0 igen selbstbereiteten Gelatinelösung. Nach kurzer Zeit 
kein Tropfen Blut mehr, Pat. erholte sich vollständig. — lOjähriges 
Mädchen mit gleichem Krankheitsbilde; Versagen jeglicher Therapie. 
Injektion von 20 ccm einer 1 °/ 0 igen Gelatinelösung. Promptes 
Sistieren der Blutungen, die sich allerdings nach einigen Stunden in 
schwächerem Grade wieder zeigten (zu schwache Gelatinelösung!), um 
dann endgültig auszubleiben. — lOjähriges Mädchen mit schwerer 
Purpura haemorrhagica. Heftige Blutung aus einer Zahnextraktions¬ 
wunde, die trotz wiederholter sorgfältigster Tamponade mit den besten 
Stypticis nicht sistiert. Nach Injektion von 10 ccm einer 5 °/ 0 igen 
Gelatinelösung prompter Effekt 

In verschiedenen leichteren Fällen wurde die Gelatine in 5- bis 
10 °/ 0 igen Lösungen intern mit bestem Erfolge angewandt. 

Grfitzer. 


E. Oswald. Zur Gelatinebehandlung bei Melaena neonatorum. 

(Aus dem Frauenspital Basel-Stadt.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 47.) 

Beschreibung von 5 Fällen, von denen nur einer (frühreifes Kind 
von 1750 g, das auch ohne Melaena hätte zu Grunde gehen können) 
letal verlief, die anderen vier gerettet wurden. Von diesen vier 
wurden aber nur zwei mit Gelatine behandelt; die anderen zwei im 
wesentlichen exspektativ behandelten heilten aber ebenso glatt ab. 
Das beweist wieder, wie vorsichtig man in der Kritik therapeutischer 
Maßnahmen sein muß. Allerdings hatte man bei dem einen Falle 
den „Eindruck“, daß Gelatine lebensrettend wirkte, und sollte man 
in schweren Fällen gewiß stets diese Behandlung einschlagen, von 
der freilich erst weitere Beobachtungen lehren müssen, ob sie wirklich 
von Nutzen ist. Grfitzer. 


C. Bolle. Zur Therapie der Barlowsehen Krankheit 

(Zeitschrift für diätetische und physikalische Therapie Bd. 6 Heft 6.) 

Im Anschluß an einen von ihm ## beobachteten und innerhalb 
17 Tagen durch zweckentsprechende Änderung der Diät geheilten 
Fälle von Barlowscher Krankheit, äußert sich Verf. über Ätiologie 
und Therapie dieser seit etwas länger als einem Jahrzehnt häufiger 
zur Beobachtung kommenden Krankheit ganz in dem Sinne, wie es 
von seiten anderer Autoren und auch von dem Kef. (von letzterem 
unter dem ersten Eindruck der ihm im Jahre 1892 aufstoßenden 
Fälle) geschah. 


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&\J*± VUUIlAOlUAObt 1U& AJLiUU\>l UUUA.UUUV« XIV* V. 

B. glaubt für die Entstehung der Barlow sehen Krankheit aus¬ 
schließlich eine zu lange Sterilisation der Milch (daneben käme wohl 
auch übertriebene Künstelei in der Ernährung überhaupt, namentlich 
im ersten Lebensjahre in Betracht! Ref.) verantwortlich machen zu 
müssen und sieht in einer Ernährungsweise, in der rohe Milch die 
Hauptrolle spielt, das beste Mittel zu schneller und sicherer Heilung. 

Auch in dem von ihm beschriebenen Falle trat bei dem 
2 1 / 2 jährigen Kinde einer gut situierten Familie, das mit 15 Minuten 
jeweils sterilisierter Milch und dazwischen mit den verschiedensten 
Nährpräparaten ständig weiter aufgefüttert wurde, und das neben 
rachitischen Erscheinungen die charakteristischen Symptome von 
schmerzhaften Knochenauftreibungen an den Gelenkepiphysen, Schmerz¬ 
haftigkeit der Rippenbögen bei der leisesten Berührung und blutige 
Suggillationen der Mundschleimhaut zeigte, in der erwähnten Frist 
nach Verabreichung von roher Milch und der Gewöhnung an reich¬ 
lichen Gemüsegenuß eine derartige Besserung ein, daß das Kind bei 
ausgezeichnetem Appetit und vollem Wohlbefinden umherlief. 

Verf. schlägt in durchaus zweckmäßiger Weise vor, die Kinder¬ 
milch nur zu pasteurisieren, statt zu sterilisieren, bei Erkrankungen 
an Barlowscher Krankheit im Säuglingsalter mit der bisherigen 
Ernährung zu brechen und rohe Milch zu verabfolgen. 

Schon früher von B. angestellte Fütterungsversuche hatten zur 
Evidenz ergeben, daß auch mit sterilisierter Milch ernährte Meer¬ 
schweinchen unweigerlich an Barlo wscher Krankheit zu Grunde gehen, 
während die Kontrolliere gesund blieben. Eschle (Sinsheim). 


C. Nicolai. Een zeldzame vorm van Morbus Barlowii. 

(Nederlandsch Tijdschrift voor Geneeskunde 1902 II No. 14.) 

9 Monate altes Kind mit plötzlich aufgetretener Protusion des 
linken Auges, wegen Blutung hinter dem Bulbus. Ekchymosen der 
Augenlider. Lähmung des Ramus ophthalmicus Nervi trigemini. 
Auflockerung und dunkelblaurote Färbung des Zahnfleisches, besonders 
an den Stellen, wo die oberen und unteren Schneidezähne durch¬ 
gebrochen sind. 

Verf. teilt den Fall mit, weil der Exophthalmus nur sehr selten 
als erstes Symptom eines Morbus Barlowii beobachtet ist. Thera¬ 
peutisch hatte Diätwechselung die glänzendsten Resultate zur Folge. 
Diese therapeutischen Erfolge bestätigen die Diagnose. 

Plantenga (Haag). 


E. Hagenbach-Burckhardt. Die Barlowsche Krankheit in 

der Schweiz. 

(Correspondenz-Blatt f. Schweizer Ärzte 1902 No. 24). 
Mitteilungen über Barlowsche Krankheit in der Schweiz fand 
H. im ganzen nur 4, die zusammen über 7 Fälle berichten. Wenn 
auch die Zahl der Beobachtungen in Wirklichkeit etwas größer sein 
wird, so steht doch fest, daß die Krankheit in der Schweiz selten 


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I. Referate. 


205 


ist. Das ist eigentlich zu verwundern, da gerade in der Schweiz 
die Verabreichung von sterilisierter und sogar vielfach zu stark, zu 
lange und zu häufig gekochter Milch allgemein gebräuchlich ist. 
Man sieht daraus, daß die ätiologische Seite noch sehr der Auf¬ 
klärung bedarf. 

Im Kinderspital Basel hat H. jetzt den ersten Fall von Barlow- 
8cher Krankheit beobachtet. Es handelte sich um ein 11 Monate 
altes, 3 Wochen mit Muttermilch, dann mit sterilisierter Milch und 
Hafermehl ernährtes Kind, das die charakteristischen Symptome des 
Leidens darbot. Bemerkenswert wäre das anhaltende, in der ersten 
Zeit recht hohe Fieber, welches die Affektion unter dem Bilde einer 
schweren Infektion oder Intoxikation erscheinen ließ. Grätzer. 


L. Wrede (Pathol. Institut Güttingen). Über Pseudo¬ 
tuberkulosebazillen beim Menschen. 

(Beitr. zur pathol. Anatomie und zur allgemeinen Pathologie, Bd. XXXII Heft 8.) 

Ein Achtmonatskind einer gesunden Erstgebärenden, die nur am 
dritten und vierten Wochenbettstage Abendtemperaturen von 38,1° 
und 76 bezw. 72 Pulse bei übelriechendem Ausflusse hatte, sonst 
aber ein normales Wochenbett durchmachte, starb 36 Stunden nach 
der Geburt. Die Autopsie ergab neben einigen anderen Befunden: 
am weichen Gaumen, an Mandeln, Vorder- und Hinterfläche des 
Kehldeckels und im Verlauf der ganzen Speiseröhre eine ätißerst 
reiche, an submiliare Tuberkel erinnernde Knötchenbildung. Ganz 
gleiche Knötchen in beiden Nebennieren und im unteren Ileum und 
im Colon, besonders im Coecum. Ferner war die Leber durchsetzt 
von äußerst zahlreichen, kleinsten, hellen Knötchen. Die Knötchen 
erwiesen sich mikroskopisch nicht so scharf abgegrenzt wie der 
Tuberkel, auch fehlten typische epitheloide und Riesenzellen. Die 
Knötchen der Leber lagen nicht wie bei der akuten Miliartuberkulose 
in der Glissonschen Kapsel, sondern ganz unregelmäßig bald im 
zentralen, bald im intermediären, bald im peripheren Abschnitt der 
Leberläppchen. In sämtlichen Knötchen nun fanden sich statt der 
erwarteten säurefesten, Koch sehen Tuberkelbazillen kurze, plumpe 
Stäbchen mit abgerundeten Ecken von 0,5—1,5 fi Länge, die nicht 
säurefest waren. Meist waren die Stäbchen zu zweit gelagert, oft 
waren dichte Haufen zu sehen, nicht selten auch Ketten. — Aus 
den Knötchen der Leber wurde eine Aussaat auf verschiedene Nähr¬ 
böden gemacht. Mit den gezüchteten Reinkulturen wurden Tier¬ 
versuche angestellt, und zwar an Mäusen, Meerschweinchen und 
Kaninchen. Sehr auffällig war nun, daß man bei den größtenteils 
schon nach 2 — 5 Tagen zugrunde gegangenen Tieren auch haupt¬ 
sächlich nur in Leber und Nebennieren kleine Knötchen fand, die 
vollkommen den oben beschriebenen glichen und die gleichen Bazillen 
enthielten. Den Darmtraktus wie beim Kind zu affizieren, gelang 
nicht durch die darauf gerichteten Fütterungsversuche. Der von 
Wrede gefundene Pseudotuberkulosebazillus ist nach Verf. Ansicht 


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206 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


mit keinem der bisher beschriebenen vollständig zu identifizieren. — Die 
Infektion des Kindes ist wahrscheinlich durch bazillenhaltiges Sekret 
der Geburtswege erfolgt. Schridde (Erlangen). 

R. Oehler (Frankfurt a. M.). Über Tuberkulose-Infektion. 

(Allgem. med, Central-Ztg. 1903 No. 5.) 

Verf. hat durch Nachforschungen an zahlreichem Krankenmaterial 
die gefestigte Überzeugung bekommen, daß das Zusammenleben mit 
Schwindsüchtigen besonders für Kinder eine schwere Gefahr bedeutet, 
und daß es namentlich die schleichend verlaufenden Tuberkulosen 
älterer Erwachsener, leichte, ambulante Fälle sind, welche die 
Infektionsquelle für Kinder abgeben. Grätzer. 


K. Preisich und A. Schütz. Die Infektion mit Tuberkulose 
im Kindesalter und deren Bekämpfung. 

(Aus dem Stefanie-Kinderhospital zu Budapest.) 

(Zeitschrift f. Tuberkulose und Heilstätten wesen Bd. 3 Heft 6.) 

Die Verff. stehen unbedingt auf dem Boden einer Anschauung, 
deren Hochflut sich heute doch wohl schon etwas zu verlaufen beginnt, 
wenn sie gegenüber der bakteriellen Übertragbarkeit der Tuberkulose 
die Disposition als eine quantitö nögligeable betrachten. So vollständig 
ihnen zuzustimmen ist, daß bei der Bekämpfung der Tuberkulose 
der Schwerpunkt auf die Beschützung der Kinder zu legen ist, so 
dürften doch andererseits die Mittel und Wege, die sie für die Er¬ 
reichung dieses Zieles im Auge haben, ebenso wenig uneingeschränkten 
Beifall finden, wie sogar diejenigen Gesichtspunkte, unter denen sie 
selbst Maßnahmen von unzweifelhaftem Wert verlangen. Bedauerlich 
erscheint es eben, daß den Grundsätzen der wahren Hygiene gegen¬ 
über, die auf Verbesserungen der Existenzbedingungen durch Sorge 
für Licht, Luft, reichliche und kräftige Nahrung, vernunftgemäße 
Abwechslung zwischen Tätigkeit und Ruhe dringt, die Forderung 
weitgehender Desinfektions-, Isolierungs- und die Volksseele bevor¬ 
mundender, ja vergewaltigender Polizeimaßregeln in den Vorder¬ 
grund gerückt werden, auf deren inhumane und antisoziale Konse¬ 
quenzen Rosenbach 1 ) neuerdings ebenso mutig, wie drastisch hin¬ 
gewiesen hat. 

Den Grund der Häufigkeit der Tuberkulose im Kindesalter auf 
eine erhöhte Empfänglichkeit des Kindes zurückzuführen, ist nach 
der Ansicht der Autoren nicht statthaft, wenn sie auch zugeben, 
daß nach dem 5.—6. Lebensjahre, zu Beginn des Schulganges, die 
Gefahr einer tuberkulösen Infektion abnimmt. Der Zimmerschmutz 
mit seinem Gehalt an Tuberkelbazillen ist ihrer Auffassung nach 
nämlich die hauptsächlichste Quelle der Ansteckung, gegen die andere 
Schädlichkeiten, ja auch andere Arten von Schmutz wenig in Betracht 
zu kommen scheinen: Die bakteriellen Verunreinigungen des Zimmer¬ 
bodens werden bei Bewegung und beim Spielen. der Kinder als Staub 

*) 0. Boseubach, Arzt contra Bakteriologe. Urban & Schwarzenberg. 
Berlin 1903 278 S. 


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I. Referate. 


207 


aufgewirbelt und inhaliert; mit ihnen verunreinigt das Kind seine 
Nahrung, sein Spielzeug, seine Hände und namentlich auch die Finger¬ 
nägel, die so zu äußerst gefährlichen Impfinstrumenten werden. 
Fanden dieVerff. doch bei 21,2 °/ 0 der untersuchten Kinder Tuberkel¬ 
bazillen im Nagelschmutz. Die Schulzeit scheint denselben allem 
Anscheine nach darum eine neue gesundheitliche Epoche ein¬ 
zuleiten, weil der Aufenthalt in der Bazillenatmosphäre der elter¬ 
lichen Wohnung und die Kinderspiele auf dem gefährlichen Boden 
derselben nun eine Einschränkung erlitten haben. Wie herrlich 
müssen da die hygienischen Verhältnisse der Schulen Ungarns sein, 
wenn man dort solche Gegensätze konstruieren darf! 

Dadurch daß man, wie heute so häufig, der bloßen Infektions¬ 
möglichkeit die Rolle einer Infektionsnotwendigkeit zuschiebt, 
glaubt man natürlich der definitiven Lösung des schwierigen Problems 
keinen Abbruch zu tun. Eine selbständige Auffassungsweise gegen¬ 
über der Autorität Kochs bekunden P. und Sch. dadurch — wenn 
hierzu auch heute nicht mehr ein seltener Mut gehört — daß sie 
jenem in der Frage der Unübertragbarkeit der Rindertuberkulose 
auf den Menschen die Gefolgschaft verweigern. Im Gegenteil bildet 
in ihren Augen die Rindertuberkulose ein weiteres (wenn auch in 
Anbetracht der ausgiebigen Schlachthauskontrolle und der Einbürgerung 
der Gewohnheit, die Milch gründlich zu kochen praktisch wenig in 
Betracht kommendes) Infektionsmoment. Ein solches ersten Ranges 
demgegenüber und für den Säugling im ersten Lebensjahr (der noch 
nicht auf dem schmutzigen Zimmerboden spielen kann!) fast aus¬ 
schließlich in Betracht kommendes Moment sind natürlich die Personen 
zu schaffen berufen, die sich mit dem Kinde und seiner Pflege be¬ 
schäftigen. Einer Mutter, die an offener Tuberkulose der Drüsen 
oder Knochen leidet, soll deshalb nicht nur das Säugen, sondern jede 
Berührung mit ihrem Kinde untersagt werden müssen: dieses ist bei 
gesunden Verwandten, Freunden oder speziellen Instituten (Findel¬ 
häusern u. 8. w.) unterzubringen. Wenn der Verkehr mit dem tuber¬ 
kulösen Vater oder anderen Angehörigen als leichter vermeidbar nach 
P. und Sch. keine strengeren Maßnahmen erfordern dürfte, so 
wäre doch für die Dienstboten eine obligatorische Kontrolle bezüglich 
aller akuten und chronischen Krankheiten durchaus in ihrem Sinne, 
während betreffend der Ammen und Wärterinnen selbstredend die 
gleichen, wie die den Müttern gegenüber zu treffenden Kautelen zu 
fordern wären. 

Wo Tuberkulöse die Wohnungen wechseln, sind diese zu des¬ 
infizieren: das setzt natürlich eine obligatorische Anzeigepflicht durch 
die Ärzte und Allwissenheit der Polizei voraus. Baupolizeilich zu 
verbieten wären die langen Korredore, wie sie in dem Vaterlande 
der Verff. häufig zu finden sind, da sie nach den' Erfahrungen der 
letzteren die Bewohner zum Ausklopfen möglicherweise infizierter 
Teppiche und Kleider gerade an diesem Orte verleiten! 

Trotzdem die Autoren schließlich zugeben, daß Armut und Un¬ 
wissenheit viel zur Übertragung der Tuberkulose beitragen, fordern 
sie ein polizeiliches Verbot für beide nicht, sondern begnügen sich 
vorderhand damit, auf den Beginn des Unterrichtes in der Hygiene 


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208 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


schon in den Elementarklassen der Schulen und auf wiederholte 
Aushändigung von Vorschriften zur Verhütung der Tuberkulose nach 
bewährtem Schema an Eltern, Pfleger und Lehrer, mindestens bei 
der Geburt des Kindes, sowie beim Beginne des Schulunterrichtes 
zu dringen. 

Die an „offener“ Tuberkulose leidenden Kinder sind natürlich 
von Kinderbewahranstalten und Spielplätzen auszuschließen. Wohl 
um die Jugend von dem gefährlichen Herumspielen auf dem durch 
Tuberkelbazillen verpesteten Stubenboden der elterlichen Wohnung 
abzuhalten, soll sie, falls dort nicht hinlängliche Aufsicht garantiert 
ist, über die Mittagspause in der Schule behalten und dort beköstigt 
werden: „Mit letztgenannten Verfügungen wäre bei uns mehr geholfen, 
als mit Volksküchen für Kinder, wie sie im Auslande angetroffen 
werden.“ 

Jeder arbeitsunfähige Phthisiker, der daheim nicht isoliert werden 
kann, muß ebenso wie jedes größere lungenkranke Kind, unbedingt 
ins Spital verbracht werden; das Gleiche gilt für die Fälle von offener 
Knochen- und Drüsentuberkulose. Für die Fälle chirurgischer Tuber¬ 
kulose wünschen die Autoren die Errichtung besonderer Spitäler, wie 
auch besonderer Ordinationsanstalten. Den Ärzten sollen Laboratorien 
zur — vermutlich für die ersteren — unentgeltichen Untersuchung 
der Sekrete zur Verfügung gestellt werden, damit die Feststellung 
der Diagnose kein Säumnis erleide. — Die anderen, weniger originellen, 
aber auch weniger in das soziale Leben eingreifenden Forderungen 
der Verff. — Landaufenthalt in den Ferien für die Schulkinder, Er¬ 
richtung von Seehospizen und „suburbainer“ Sanatorien, womöglich 
in mildem Klima und am Meeresufer, Belehrungen über die Unsitte 
des Spuckens auf den Boden, des Vorkostens und Anblasens der Kindes¬ 
nahrung u. s. w. — verlieren durch den Mangel an Eigenartigkeit 
nichts an ihrem Wert. 

Ob es uns Ärzten wohl geglaubt werden wird, daß wir gerade 
aus Menschenliebe für alle derartigen Maßregeln, wie die zuerst 
charakterisierten plaidieren, wenn wir methodisch im Hause und in 
der Öffentlichkeit die Liebe zum Kranken in Furcht vor ihm und 
vor der Ansteckung verwandeln? Eschle (Sinsheim). 


J. Frank. Primary Tuberculosis of the Parotid Gland. 

(Annales of Surgery, Dezember 1902.) 

Bericht über einen Fall von Primärtuberkulose der Parotis bei 
einem 22 Monate alten Kinde. Heilung nach Operation war voll¬ 
ständig. 

Solche Fälle sind selten. Verf. glaubt den ersten diesbezüglichen 
amerikanischen Bericht geliefert zu haben. 

Der tuberkulöse Prozeß ist meist diffus, sehr selten umschrieben, 
und der Verlauf, wie auch bei sonstigen chronischen Infektionen, 
langsam. Die Erkennung stößt auf erhebliche Schwierigkeiten. Häufig 
sind zuerst Lues, Parotitis, bösartige Neubildung und dgl. vermutet. 
Die Affektion ist eine rein lokale und gibt dementsprechend eine 


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L Referate. 


209 


gute Prognose. Operatives Eingreifen führt fast immer zur Dauer- 
heilung. Es ist nicht einmal in jedem Falle notwendig, die ganze 
Drüse zu exstirpieren. Leo Jacobi (New York). 


W. M. Smith. Two cases of Tuberculosis of the heart and 

pericardium. 

(The Edinburgh medical journal, Oktober 1902 S. S56.) 

Der erste Fall betrifft einen 3jährigen Knaben, bei dem während 
des Lebens eine ausgebreitete Tuberkulose der Lungen konstatiert 
wurde. Geräusche seitens des Herzens fehlten. Bei der Autopsie 
fand sich eine ausgebreitete Tuberkulose der Lungen und des Herzens. 
Betroffen war sowohl das Perikard wie Myokard und Endokard. Der 
zweite Fall betrifft einen 42 jährigen Pat., bei dessen Autopsie eine 
allerdings geringere Tuberkulose des Herzens gefunden wurde. S. 
glaubt, daß die gute Versorgung des Herzens mit Blut sowie seine 
ständige Bewegung das seltene Auftreten von Tuberkulose im Herzen 
erkläre. Die ausgedehntere Tuberkulose, welche in dem ersten Fall 
gefunden wurde, erkläre sich durch die Verwachsungen der Perikardial¬ 
blätter, wodurch das Herz ebenso in seiner Tätigkeit beschränkt sei, 
wie durch die tuberkulösen Veränderungen in seiner Umgebung. 

Schreiber (Göttingen). 


C. Emanuel. Über intrabulbäre Tuberkulose bei Kindern und 
Bemerkungen über die Differentialdiagnose zwischen Tuber¬ 
kulose und Netzhauttumoren. 


(Rlin. Monatsbl&tter für Augenheilkunde XL. II.) 

Die diagnostischen Irrtümer, die bei Unterscheidung von Gliom 
der Netzhaut und klinisch ähnlich verlaufenden intrabulbären Er¬ 
krankungen noch häufig Vorkommen, fuhrt E. darauf zurück, daß 
man bisher an sich sehr verschiedenartige Prozesse unter dem Namen 
Pseudogliom zusammengefaßt hat. Er verwirft diesen Ausdruck und 
betont die Notwendigkeit einer Gruppierung dieses Prozesses vom 
pathologisch-anatomischen Gesichtspunkt aus. Sodann berichtet er 
über 3 Fälle intrabulbärer Tuberkulose bei Kindern, von denen zwei 
als Glioma retinae diagnostiziert wurden, während in dem dritten 
die Diagnose in suspenso blieb. Beim ersten handelte es sich um 
einen 5 1 / a jährigen Knaben, bei dem rechts eine Ablatio retinae be¬ 
stand, und bei welchem man im hinteren Teil des Glaskörpers eine 
gelbliche Geschwulst sah, die fast bis an die Linse zu reichen schien. 
Die mikroskopische Untersuchung des enukleierten Bulbus ergab, 
daß dieser Tumor ein kirschkerngroßer Solitärtuberkel der Chorioidea 
war. Fall II war ein 10 jähriger Knabe, bei welchem man im linken 
Auge ophthalmoskopisch in der Gegend des hinteren Pols eine Ge¬ 
schwulst bemerkte, die von den Netzhautgefäßen überzogen war. Sie 
wurde innerhalb 4 Wochen deutlich größer und der Bulbus deshalb 
entfernt. Die Neubildung entpuppte sich als eine circumscripte, von 
der Sklera ausgehende tuberkulöse Wucherung. Bei dem dritten 


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210 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


Kind, im Alter von 6 Jahren, zeigte die Sklera an mehreren Stellen, 
besonders am Äquator buckelförmige Hervortreibungen. Die Iris 
war atrophisch, im Glaskörper sah man eine gelbliche Masse, die 
der Hinterfläche der Linse direkt anzuliegen schien. Das Gliom 
wurde hier vorgetäuscht durch eine diffuse tuberkulöse Entzündung 
der Ghorioidea und Retina. 

E. bespricht sodann die Differentialdiagnose zwischen tuberkulösen 
Pseudotumoren und echten intraokulären Neubildungen. An der Hand 
der vorerwähnten Krankengeschichten weist er nach, daß namentlich 
die von Lagrange angegebenen Merkzeichen, wie das multiple Auf¬ 
treten, das Vorhandensein entzündlicher Symptome und die Hypotonie 
nicht unbedingt verläßlich sind. Freilich vermag er andererseits 
keine wesentlich neuen Punkte zur Erleichterung der Diagnose zu 
bringen. Die Differentialdiagnose zwischen den in Frage kommenden 
intraokulären Erkrankungen bleibt vorläufig noch schwierig und un¬ 
sicher. E. Enslin (Erlangen). 


Neumann (Wien). Klinische Bemerkungen über die Tuber¬ 
kulose der Haut. 


(Wiener klin. Rundschau 1903 No. 1.) 

N. läßt sich über die verschiedenen Arten des Infektionsmodus 
an, wie z. B. über den durch aktive und passive Oskulation. Be¬ 
sonders eingehend behandelt er die Übertragung der Tuberkulose auf 
die Kinder durch tuberkulöse Beschneider, die Blutungen durch Saugen 
mit dem Munde zu stillen suchen. 

Es kann mit voller Sicherheit angenommen werden, daß die 
Tuberkulose den Kindern viel häufiger inokuliert wird, als man all¬ 
gemein annimmt, und in der Literatur verzeichnet ist. Diesbezüglich 
ist sehr zu beachten, daß die Eiterungs- und Geschwürsprozesse nach 
der Zirkumzision gewöhnlichen Ursachen, nämlich der Invasion von 
Eiterkokken zugeschrieben werden. In anderen Fällen, in denen die 
Geschwüre einen ungewöhnlichen Charakter aufweisen, werden sie 
entweder für venerisch gehalten, zumal wenn die Leistendrüsen ver¬ 
eitern, oder wenn sie intumesziert bleiben, für Syphilis und als solche 
behandelt Aber die durch Zirkumzision inokulierte Tuberkulose 
bleibt nicht auf dem Penis und den regionären Lymphdrüsen lokali¬ 
siert, sondern schreitet auf den Lymphbahnen zu den Lymphdrüsen 
des Beckens vor. Nach kürzerer oder längerer Zeit kommt es in 
diesen zur Verkäsung und zum Zerfall, mit Perforation in die Bauch¬ 
höhle und mit tödlicher Peritonitis. Oder es entwickelt sich Tuber¬ 
kulose der anderen Organe der Bauchhöhle, wahrscheinlich auch in 
entlegenen Organen, an der die Kinder auch nach der Heilung der 
Zirkumzisionswunde zugrunde gehen. Die tuberkulösen Zirkumzisions- 
geschwüre gleichwie die zerfallenen Lymphdrüsen bilden ebensoviele 
Infektionsquellen, durch deren direkten und indirekten physischen 
Kontakt die Tuberkulose sowohl auf andere Körperstellen der Träger 
selbst, insbesondere auf ekzematöse, als auch auf andere Individuen 
übertragen werden kann. In letzterer Beziehung dürfte es genügen, 


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I. Referate. 


211 


auf die von Demme konstatierte Invasion von Tuberkelbazillen in 
ekzematöse Hautflächen zu verweisen. Gleich wie diese, vermögen 
die Tuberkelbazillen in jede andere der Schutzdecke entblößte zu¬ 
gängliche Stelle der Haut und Schleimhaut einzudringen. Diese 
tuberkulösen Geschwüre bilden daher eine bedrohliche Infektions¬ 
quelle für diejenigen Personen, die der Pflege dieser Kinder obliegen, 
Mutter, Amme, Kindsmädchen, zumal der direkte Kontakt mit den 
Pfleglingen nicht bloß sehr häufig, sondern auch von längerer Dauer 
ist. Aaf diese Weise kann, erleichtert durch die durch Unkenntnis 
des Charakters des Leidens bedingte Sorglosigkeit, kutane Tuberkulose 
der Pflegepersonen, wie die an den Fingern, den Interdigitalfalten 
vorkommende Tuberculosis verrucosa cutis, der an den Vorderarmen 
lokalisierte Lupus pernio, aber auch andere Lupusformen am Gesichte 
infolge von direktem physischem Kontakt entstehen. Aber es ist 
auch der indirekte körperliche Kontakt zu beachten, und die Über¬ 
tragung durch gebrauchte Verbandstücke, Benützung von zur Rei¬ 
nigung dienenden Wäschestücken und anderen Utensilien, durch 
Beisammenliegen mit dem tuberkulösen Kinde. Angesichts der Wider¬ 
standsfähigkeit des Tuberkelbazillus und der angenommenen Ent¬ 
stehung der Lungentuberkulose per inhalationem können die in Rede 
stehenden Tuberkulosenherde auch die Infektionsquellen für die Lunge 
abgeben. Gr&tzer. 


G. Ciechansky. Über die Lichttherapie der tuberkulösen 


Gelenkaffektionen bei Kindern. 

(Praktitechesky Wratsch 1902 No. 35.) 

Bereits seit 3 Jahren beschäftigt sich der Moskauer ArzrCie¬ 
chansky mit der Lichtbehandlung der Gelenktuberkulose. Während 
dieser Zeit wurden in seinem Lichtheilinstitute acht derartige Fälle 
der Phototherapie unterworfen, und zwar 3 Erwachsene und 5 Kinder. 
Bei dem einen Kinde waren 5 Gelenke gleichzeitig ergriffen, bei den 
vier übrigen bestand tuberkulöse Gonitis. Das Verfahren war folgendes. 
Täglich wurde das befallene Gelenk in entblößtem Zustande der Ein¬ 
wirkung des warmen Lichtes eines Voltabogens ausgesetzt. Das Licht 
wurde durch einen hinter dem Flammenbogen aufgestellten para¬ 
bolischen Spiegel aus Neusilber konzentriert und ungekühlt auf die 
Haut des kranken Gelenkes projiziert. Die Stromstärke betrug 
80—120 Amp&re, die Spannung 35—40 Volt, die Lichtstärke etwa 
12000 Normalkerzen, die Temperatur des Strahlenbündels ca. 37—40°R. 
Der Kranke wurde je nach seiner Empfindlichkeit 3—5 m weit vom 
Lichtbogen gelagert. Die Mehrzahl der Kinder ertrug die sich ent¬ 
wickelnde Wärme, ohne irgendwelche Beschwerden zu äußern. Ein 
etwa auftretendes Gefühl von Brennen wurde durch ein sanftes 
Streicheln beseitigt. Während der Söance rötet sich die Haut, und 
die subkutanen Venen zeigen gesteigerte Blutfülle; eine Reihe von 
Stunden hindurch (manchmal bis zum Abend) dauerte das Wärme- 
gefiihl im Gelenke fort. Im Verlaufe der Lichtbehandlung wurden 
sämtliche Medikamente und sonstige Heilmethoden ausgesetzt. 


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212 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


Die behandelten Kinder standen in einem Alter von 2—5 Jahren. 
Bei zweien von ihnen konnten aus äußeren Gründen die Beobach¬ 
tungen nicht zu Ende geführt werden. Aus den mitgeteilten 
3 Krankengeschichten glaubt der Verf. folgende Schlüsse ziehen zu 
dürfen. Die Anwendung von warmen Lichtstrahlen bei Gelenk¬ 
tuberkulose verdient ernste Beachtung und ist imstande erfreuliche 
Resultate zu zeitigen. Am ehesten tritt bei dieser Methode eine 
Linderung der Schmerzen, sodann völlige Schmerzlosigkeit ein. Gleich¬ 
zeitig bessert sich Schlaf und Appetit, der allgemeine Ernährungs¬ 
zustand wird dementsprechend gehoben. Am spätesten verliert sich 
die Geschwulst und wird die Beweglichkeit im Gelenke wieder¬ 
hergestellt. Absolute Ruhe und Extension sind bei dem in Rede 
stehenden Verfahren nicht notwendig. Eine Beseitigung der Ver¬ 
kürzung des kranken Beines und der Abmagerung desselben kann 
durch die Lichttherapie nicht erzielt werden. Bei Neigung der Tu¬ 
berkel zum Zerfall ist die Behandlung mit kaltem Licht vorzuziehen. 

A. Dworetzky (Moskau). 


T. M. Rotch. Tuberculous Peritonitis in Early Life: With 

special Reference to its Treatment by Laparotomy. 

(Journal of the American Medical Association, den 10. Januar 1903.) 

Eine energische Befürwortung der frühzeitigen Laparotomie in 
der Behandlung tuberkulöser Peritonitiden im Kindesalter. Heutzutage 
bringt eine derartige Operation minimale Gefahren mit sich; anderer¬ 
seits aber ist die Gefahr einer allgemeinen Tuberkulose bei lokali- 
sirten Peritonitiden sehr bedeutend: daher operiere man frühzeitig 
in allen Fällen von chronisch verlaufender umschriebener Bauchfell¬ 
entzündung, ohne erst mit Einreibungen und innerlichen Mitteln Zeit 
zu vergeuden. Kontraindiziert ist die Operation, wo bereits Lunge, 
Gehirn oder Drüsen und Knochen in ausgedehntem Maße tuberkulös 
mit erkrankt sind. Ein bestehender Aszites verbessert wesentlich 
die Prognose; dagegen sind die Aussichten bei der fibrösen Form 
ungünstig. Tuberkulöse Mesenterialdrüsen sowohl als Geschwüre der 
Darm wand sind naturgemäß ernste Komplikationen, jedoch wird durch 
sie ein günstiger Ausgang keineswegs unwahrscheinlich gemacht. 

Allerdings bleibt die Laparotomie im ersten Lebensjahre meist 
erfolglos, da es sich hier am häufigsten um allgemeine Tuberkulose 
mit Beteiligung des Bauchfells handelt. 

Folgt Bericht über 13 operierte Fälle, die zu einer Serie von 
20 Operationen gehören. Zwei starben einige Monate nach dem 
Eingriff, ein Kind erkrankte aufs neue nach einem Jahre und zehn 
blieben gesund nach einem Zeitraum von 3 Monaten bis zu 9 Jahren. 

Leo Jacobi (New York). 


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I. Befer*te. 


218 


G. A. Sutherland. The Prognosis of tuberculous Peritonitis 

in Children. 

(Archives of Pediatrics, Februar 1903.) 

Die Prognose der tuberkulösen Peritonitis im Kindesalter ist 
ein viel umstrittener Gegenstand. Vor 25 Jahren betrachtete man 
die Aussichten als so ziemlich hoffnungslos. Später gab die operative 
Behandlung Anlaß zu optimistischen Erwartungen. Heutzutage suchen 
wir noch immer nach festeren Gesichtspunkten. 

Verf. hat seine Studien an 41 Krankenhausfällen gemacht. Da¬ 
von starben elf, ein Fall blieb ungebessert, 39 wurden „geheilt“, 
d. h. sind zur Zeit noch gesund. Die Mortalität betrug somit 26,8 °/ 0 . 
Chirurgisch wurden 14 Fälle behandelt, mit 7 Heilungen (50 °/ 0 ); aie 
übrigen genossen klinische Behandlung, und darunter kamen 22 zur 
Heilung (81,3 0 / 0 ). 

Unkomplizierte tuberkulöse Peritonitis dauert in der Regel 6 bis 
12 Monate oder länger, und zeigt beim sonst gesunden Kinde eine 
unverkennbare Heilungstendenz. Diese wird durch schlechte hygie¬ 
nische Verhältnisse, hereditäre Disposition, allgemeine Schwäche, 
interkurrente Krankheiten u. dgl. ungünstig beeinflußt. Somit hängt 
unsere Prognose häufig von indirekt wirkenden Momenten ab. Anderer¬ 
seits richtet sie sich nach der klinischen Krankheitsform. Es gibt 
eine akut einsetzende Varietät, auf die ein chronischer Verlauf folgt, 
mit Aszites, hohem Fieber und Auftreibung des Leibes. Solche 
Fälle heilen oft vollständig ab. Eine andere und häufigere Form 
setzt langsam und schleichend ein. Aszites scheint dabei für den 
günstigen Ausgang zu sprechen, ebenso Knotenbildungen, Darm¬ 
verklebungen und die Verbindung mit tuberkulöser Pleuritis. Da¬ 
gegen sind andauerndes Fieber, eine hohe Pulsfrequenz (über 110) 
hartnäckige Durchfälle, starke Auftreibung des Leibes, rasche Ab¬ 
magerung und Rückfälle der Krankheit lauter ungünstige Momente. 

Noch schwerer fallen Komplikationen in die prognostische Wag¬ 
schale. Darmgeschwüre, Verkäsung der mesenterialen Lymphdrüsen, 
Eiterherde, ausgesprochene Obstruktionserscheinungen; Lungentuber¬ 
kulose, Meningitis, und allgemeine Miliartuberkulose sind die gewöhn¬ 
lichen Todesursachen. 

Die Prognose erfährt durch unsere Therapie eingreifende Ände¬ 
rungen. Medikamentös und hygienisch-diätetisch können wir den 
Prozeß zwar nicht direkt, wohl aber auf Umwegen durch Hebung 
der Widerstandsfähigkeit unserer Kranken einigermaßen in Schranken 
halten. Wo uns die klinische Behandlung im Stich läßt, da bietet 
auch die vielfach empfohlene einfache Laparotomie keine besseren 
Aussichten. Von zwölf operierten Fällen starben sechs, und wenn¬ 
gleich der Tod erst 1—6 Monate später eintrat und somit keine un¬ 
mittelbare Folge der Laparotomie war, konnte man aus sämtlichen 
12 Fällen keine bestimmten Fingerzeige zu gunsten der operativen 
Therapie ersehen, und letztere sollte demnach lediglich für geeignete 
Komplikationen, wie Darmverschluß und andere, reserviert werden. 

Leo Jacobi (New York). 


Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII. 


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214 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


II. Aus Vereinen und Versammlungen. 


Vereinigung niederrheinisch-westfälischer Kinderärzte. 

(Sitzung vom 1. Februar 1903.) 


I. Herr Rensburg (Solingen) demonstriert die makroskopischen und mikro¬ 
skopischen Präparate zweier Fälle von Haultuberkel als Symptom von akuter Miliar¬ 
tuberkulose. Die Hautstücke kommen von zwei Brüdern, die in kurzer Zeit an 
Miliartuberkulose zugrunde gingen. Sie stellen vereinzelte über die ganze Haut 
verbreitete, derbe, mohnkorngroBe bis höchstens hanfkorngroße rote, sich von der 
gesunden Umgebung scharf absetzende Knötchen dar, die stellenweise mit 
einem kleinen Schüppchen bedeckt sind, stellenweise aber auch wie sie unter den 
Augen des Arztes entstanden auch unter dessen Augen wieder sich zurückbildeten, 
Übergang und Ulceration konnte nicht bemerkt werden. Mikroskopische Befund: 
Junges Granulationsgewebe, scharf von der Umgebung abgesetzt ohne besondere 
Gefäßneubildung, an einer Stelle deutlich nekrotisierte Gewebsmassen; das Stratum 
corneum über den Knötchen erhalten (nicht durchbrochen von ihnen) und ver¬ 
dickt; keine Riesen- oder epitheloiaen Zellen; am Grunde des Knötchens reichlich 
Tuberkelbazillen; in den Gefäßen sind Bazillen nicht nachweisbar. 

Die Miliartuberkel der Haut scheinen sehr selten zu sein, sie sind in keinem 
Lehr- oder Handbuch erwähnt, obschon sie ja auch differentialdiagnostisch ver¬ 
wertbar sind. Auch in der Literatur findet sich nur eine analoge Publikation 
von Leichtenstern. Im Anschluß an die Präparatdemonstration zeigt R. ein 
Kind, das neben anderen Zeichen einer Tuberkulose (Pleuritis, Fungus des Hand¬ 
gelenks, Spitzenaffektion der rechten Spitze) auch diese Hauttuberkulide in gleicher 
klinischer Form zeigt, sie sind zum Teil in kleine Skrofuloderme umgewandelt, 
zum Teil zeigen sie noch die ursprüngliche derbe, mit den oben demonstrierten 
identische Form. Die klinisch gestellte Diagnose soll noch histologisch und bak¬ 
teriologisch an einem exzidierten Knötchen erhärtet werden. 

II. Herr Castenholz (Köln). In seinem Vortrage „über die Ätiologie der 
Rachitis“ erläutert C. zunächst die im Jahrbuch für Kinderheilkunde 1895 ver¬ 
öffentlichte Arbeit von Wachsmuth „Zur Theorie der Rachitis“; in welcher die 
Rachitis als eine C0 2 -Intoxikation des kindlichen Körpers oder eine Asphyxie des 
wachsenden Knochens bezeichnet wird. Diese C0 2 -Theorie der Rachitis hält C. für 
diejenige, welche sich am meisten mit den klinisch beobachteten Tatsachen deckt. 

Im allgemeinen wird die Rachitis nicht so beobachtet, daß man zu richtigen 
Schlüssen kommen kann. Es ist vielmehr erforderlich, neugeborene Kinder von 
Müttern, deren frühere Kinder schon rachitisch waren, so zu beobachten, daß man 
im stände ist, die Rachitis entstehen zu sehen. Zu dem Zwecke müssen schon 
während der Schwangerschaft nicht durch bloße Aufnahme einer Anamnese, 
sondern durch eigne persönliche Untersuchung die sozialen und hygienischen Ver¬ 
hältnisse sowie die Lebensgewohnheiten und die Gesundheit der Eltern möglichst 
genau festgestellt werden. Das in diese Verhältnisse eintretende, neugeborene 
Kind muß alsdann genau beobachtet werden. Diese Art der Beobachtung ist 
nicht leicht. Die Ergebnisse bestätigen aber durchaus die Wachsmu thsche Theorie; 
man sieht die Rachitis stets infolge hygienischer Fehler in der Wartung und 
Pflege der Kinder entstehen. Diese Fehler sind alle geeignet, den C0 2 -Gehalt im 
kindlichen Körper zu erhöhen. (Die Arbeit soll im Jahrbuch für Kinderheilkunde 
veröffentlicht werden.) 

Zur Diskussion: Herr Paffenholz kann sich der Annahme des Vortr., mit 
der Hygiene des Kindes im engeren Sinne, besonders mit dem Sauerstoffmangel 
bezw. der Kohlensäureüberladung des Blutes, die Ätiologie der Rachitis erklären zu 
können, nicht anschließen, hält vielmehr die Ätiologie der Rachitis augenblicklich 
noch für unbekannt. Das vom Vortr. in den Vordergrund gestellte Moment möge 
mitwirken, aber nicht anders als auch andere Schädlichkeiten (Verdauungs¬ 
störungen u. dergl.). Er bespricht 4 Kinder einer gutsituierten Familie, von denen 
das erste ganz gesund blieb, von den andern drei aber zwei erkrankten an zwar 
leichter aber unzweifelhafter Rachitis. Nach der Geburt des ersten Kindes machte 
die Mutter Gelenkrheumatismus leichten Grades durch und später auch der Vater; 
dies erinnert ihn an eine Publikation von Edlefsen, der die sonderbaren Koin¬ 
zidenzen von Gelenkrheumatismus, krupöser Pneumonie und Rachitis in Hamburg 


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II. Aus Vereinen und Versammlungen. 


215 


und Altona studiert hat. Die möglichst frühe Beobachtung rachitischer Prozesse 
sei sehr wertvoll, aber vielleicht doch nur mit dem Röntgenapparat zu erreichen. 

Herr Selter. Wie erklärt uns Herr Castenh|olz die GO t -Anhäufung 
des Blutes im Knochen? Wie erklärt er die Wirkung der Phosphortherapie? 
Die Erklärung ist nicht befriedigend. Meine Überzeugung ist, daß wir unter 
Rachitis eine Summe verschiedener Erkrankungen oder Krankheitserscheinungen 
verstehen müssen, die wir noch nich völlig richtig zu verstehen und zu gruppieren 
in der Lage sind. Gehen wir einmal den einzelnen Krankheitserscheinungen nach, 
vielleicht werden wir dann das Wesen der Rachitis eher klären. Klinisch ist 
Rachitis ein Sammelname. 

Herr Conrads kann in der chronischen C0 2 -Überladung nur eine der Ur¬ 
sachen nicht aber das Wesen der Rachitis erkennen. Sonst wäre die sehr große 
Verschiedenheit in der Mortalität der Brust- und der Flaschenkinder nicht zu 
erklären; sonst würden auch die nervösen Erscheinungen (Kopfschweiße, Kon¬ 
vulsionen) bei Zufuhr frischer Luft doch in höchstens einigen Tagen verschwinden 
müssen (was man natürlich von den anatomischen Veränderungen am Knochen 
nicht erwarten darf). Auch spricht gegen diese Theorie das zweifellose Vor¬ 
kommen der Rachitis bei hygienisch einwandfrei aufgezogenen Kindern, namentlich 
in den besser situierten Kreisen. 

Herr Rensburg fragt an, inwiefern durch die Theorie Castenholz er¬ 
klärt wird der Umstand, daß Brustkinder viel weniger häufig Rachitis haben 
als Flaschenkinder, er glaube, daß da doch, wie noch in ganz neuester Zeit im 
Zuntzschen Laboratorium nachgewiesen wurde, die Kalkresorption eine Rolle spielt. 

Herr Mayer. Eine Stütze der C asten holz sehen Theorie ist das häufige 
Vorkommen von adenoiden Wucherungen im Nasenrachenraum bei rachitischer 
Skoliose. Die dadurch behinderte Atmung ist bei der Therapie der frischen Rachitis 
zunächst zu regeln. Ich beobachte die adenoiden Wucherungen allerdings nur bei 
den Kindern, die zu mir wegen ihrer Verkrümmungen kommen als Nebenbefund, 
glaube aber nach meinen Beobachtungen, daß die adenoiden Wucherungen in 
einem Zusammenhänge mit der frischen Rachitis stehen. 

Herr Dreher steht der Theorie des Herrn Castenholz sympathisch gegen¬ 
über gerade mit Rücksicht auf die Therapie der Rachitis und ihren Erfolg. Er 
glaubt, daß Rachitis kein einheitliches Krankeitsbild ist, daß insbesondere die 
rein nervösen Symptome von ihm getrennt werden müssen. Die Knochen¬ 
erkrankungen werden seiner Meinung nach durch Phosphoröl nicht beeinflußt, 
wohl aber die sehr häufig daneben bestehenden Nervenerscheinungen, wie Laryngo- 
spasmns u. s. w. Diese letzteren aber auch durch andere therapeutische Ma߬ 
nahmen, wie Darreichung von Brom, die ihrerseits sicher keinen Einfluß auf 
die Knochenerkrankung haben. 

Herr Paffen holz ist nicht der Meinung, daß mit dem Wort Rachitis mehrere 
Krankheiten bezeichnet werden, sondern, daß die Rachitis eine ätiologisch und 
pathologisch einheitliche aber in ihrem Wesen noch ganz unbekannte Krankheit 
sei, die aber in verschiedener Heftigkeit bezüglich der Anzahl der Symptome 
(Knochenveränderungen, Laryngospasmus, verminderte Turgeszenz der Haut u. s. w.) 
auftrete. Aus dem Einfluß irgendwelcher Therapie auf die Knochenveränderungen 
bezw. der Wirkungslosigkeit Schlüsse auf die Ätiologie der Rachitis zu ziehen, 
hält er bei dem monate- oder selbst jahrelangen Prozeß nicht für berechtigt. 

Herr Castenholz (Schlußwort). Auf die Ausführungen von Herrn Selter 
bemerkt C., daß die konstitutionelle Natur der Rachitis nicht wohl mehr an- 
gezweifelt werden kann. Die CO t -Überladung glaubt C. ausreichend begründet 
zu haben und muß zugleich auf die Wachsmuthsche Arbeit verweisen. Die 
C0 2 -Theorie ist zunächst die einzige, welche es ermöglicht, alle konstitutionellen 
Symptome der Rachitis mit einer einzigen Ursache zwanglos zu erklären. Das 
spricht für ihre Richtigkeit. Was die Phosphortherapie anlangt, so ist sie bei 
leichten Fällen durchaus unangebracht, bei schwereren Fällen hat C. persönlich 
wenig Erfolg gesehen. Die Wirkung würde sich durch die Affinität des P zu C0 2 
erklären. Wenn der P C0 2 bindet, schwindet die Zusammenziehung der kleinen 
Arterien, die Stauungshyperämie geht zurück und die Verkalkung schreitet 
schneller fort Der Phosphor soll auch auf das Zellprotoplasma von günstiger 
Einwirkung sein. 

Herrn Conrads und Rendsburg erwidert er, daß Brustkinder schon 
deshalb weniger leicht an Rachitis erkranken, weil sie von der Mutter viel mehr 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


an die frische Luft genommen werden. Im übrigen ist der Unterschied nicht so 
groß zwischen der Erkrankung von Brust- und Flaschenkindern an Rachitis, wie 
inan im allgemeinen annimmt, wenigstens nicht in den niederen Kreisen der Be¬ 
völkerung. Wo in besseren Kreisen die Kinder genährt werden, da ist auch im 
allgemeinen die hygienische Behandlung eine sorgfältigere. Außerdem ist eine 
geeignete Nahrung doch auch an und für sich dem Zellenwachstum günstig, bei 
schlechter hygienischer Behandlung ist sie aber auch nicht im stände, die Rachitis 
zu verhüten. Dagegen ist eine verkehrte Ernährung für sich allein nicht fähig, 
Rachitis zu erzeugen, wie übrigens jetzt allseitig anerkannt wird. Die mangel¬ 
hafte Kalkresorption im Darm rachitischer Kinder ist ebenfalls abgetan, da von 
Rüdel und Rey nachgewiesen ist, daß bei Darreichung von essigsaurem Kalk 
der Kalkgehalt im Urin rachitischer Kinder anstieg. 

UI. Herr Selter (Solingen). Vorläufige Mitteilung Uber Buttermilchkonserven. Aus¬ 
gehend von der Erfahrung, daß die Buttermilch in der Therapie der Verdauungs¬ 
störungen der Säuglinge als leichtverdauliche Eiweißmilch (kaseinarme Milch) ein 
schwer entbehrliches Nährpräparat sei, hat S. bei Anwendung derselben sehr unr 
angenehm empfunden, daß verwendbare Buttermilch nicht tagtäglich und überall 
zu beschaffen ist, und daß selbst an Orten, wo einwandfreie Molkereien bestehen, 
die Buttermilch, weil Nebenprodukt der Butterfabrikation, nicht immer für den 
Säuglingsdarm unschädlicherweise gewonnen wird, sondern krankmachenden 
Gärungen — schleimige, fettsaure, essigsaure Gärung — unterworfen ist. Aus 
diesem Grunde hat S. eine rein milchsaure Buttermilch in Konservenform durch 
die deutschen Nährmittel werke hersteilen lassen. Nach diversen Nährversuchen 
wurde als zweckmäßigste Form der Herstellung diejenige mit nur Zucker gefunden. 
Die Konserve mit 3 Teilen Wasser gemischt ergibt eine Nahrung von 
2,59 °/ 0 Eiweißstoffe (0,44 °/ 0 Albumin, 2,15 Kasein), 

0,5 „ Fett, 

8 „ Zucker, 

0,5 „ Milchsäure, entsprechend ca. 600—650 Kalorien pro 1000g. 
Bezüglich des Eiweißgehaltes sowie des Verhältnisses des Kaseins zum Albumin 
würde also die Nahrung die Mitte zwischen Kuhmilch und Frauenmilch halten. 
Die Ausführungen wurden mit einer Anzahl Auszügen aus Krankengeschichten 
und Versuchsprotokollen belegt. 

Diskussion: Herr Paffenholz hält die Sonntagsstörungen im Buttermilch¬ 
betrieb für vermeidlich, wenn Samstags das doppelte Tagesquantum frisch geliefert 
und sofort gekocht wird. Er macht einige Mitteilungen über Erfolge mit Butter¬ 
milchernährung. Störungen von allzu hohem Säuregrad (über 23 Soxhlet) waren 
geringfügig, wenn es sich nur um Milchsäure handelte; es ist wichtig, daß keine 
Buttersäuregärung stattfindet. Rey (Aachen). 


Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. 

Sitzung am 12. Januar 1903. 

(Centralblatt f. Chirurgie 1903 No. 9.) 

Herr Hoffa: Beiträge zur Sehnenplastik. H.gibt einen Überblick über ca. 100 Fälle 
die er durch Sehnenplastik behandelt hat. Die Resultate waren im allgemeinen 
gute. Um dieselben zu erzielen, ist die erste Bedingung eine exakte Aseptik. 
H. benutzt zur Naht Seide, die in l°/ 00 iger Sublimatlösung gekocht ist. Primäre 
Eiterung bedingt einen Mißerfolg; H. erlebte sie 4mal unter 120 Fällen. Von 
der nachträglichen Ausstoßung von Seidenfäden wurde das Resultat in der Regel 
nicht beeinträchtigt. Zum zweiten ist für gute Blutstillung zu sorgen; durch 
Nachblutungen wird die Bildung festen Sehnengewebes verhindert. Drittens ist 
eine genügend lange Fixation erforderlich. Auch Tierexperimente ergaben die 
Bedeutung dieser drei Momente für die Entwicklung eines festen sehnigen Gewebes 
an der Nahtstelle. Fixierende Verbände wurden gewöhnlich 6 Wochen hindurch 
angewandt. Endlich muß man bei der Operation darauf bedacht sein, eine ge¬ 
nügende Spannung der Sehnen herzustellen. H. ist der Überzeugung, daß in 
manchen Fällen von Lähmung eines Muskels nur eine Funktionsunfähigkeit be¬ 
steht, weil die Muskeln zu lang und zu gedehnt sind; man vermag dann durch 
Sehnen Verkürzung den Tonus wieder herzustellen. Er fuhrt darauf einen funk¬ 
tioneilen Erfolg zurück, den er bei einer Facialislähmung hatte, wo er aus kos- 

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II. Aus Vereioen und Versammlungen. 


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metischen Gründen eine Keilexzision aus der Wange gemacht und den unteren 
Teil der Wange an den Jochbogen angenftht hatte. Im übrigen erreicht man 
durch die Sehnenplastiken nicht immer eine Funktion, wie man beabsichtigt hatte, 
sondern oft nur eine tendinöse Fixation; in diesen Fällen dient die Sehnenplastik 
als Ersatz der Arthrodese. H. hat verschiedentlich auch periostale Sehnenplastiken 
gemacht und durch Einfügung von Seidensehnen eine Neubildung von Sehnen¬ 
defekten zu erzielen versucht. Er demonstriert an einer Reihe von Pat. die 
Erfolge, die er durch seine Sehnenplastiken erzielt hat bei paralytischem Schlotter¬ 
gelenk der Schulter, bei einer Radialislähmung, bei paralytischen Klump- und 
Plattfüßen. 

Herr Joachimsthal, a) Geheilte angeborene HUft- und Kniegelenksluxation. 
J. sah das jetzt 3jährige Mädchen bald nach der Geburt, wo es ihm wegen eines 
Genu recurvatum congenitum zugeführt wurde; das Bein ließ sich hyperextendieren 
bis zu einem Winkel von 130°. Dieses Leiden heilte spontan wie gewöhnlich; 
nach 2 Jahren, als J. die Hüftgelenksluxation in Behandlung nahm, die an dem¬ 
selben Beine bestand, wurde das Knie normal gestreckt. Die Hüftverrenkung 
heilte nach der Reposition und Fixation in Abduktionsstellung innerhalb eines 
Vierteljahres. Demonstration. 

b) Ober den Pes valgus congenitus. Geringgradige Plattfüße sind nach Küstners 
Erhebungen bei Neugeborenen nicht selten; hochgradige sind selten. J. demon¬ 
striert ein Kind, das er im Alter von 4 Wochen mit einem doppelseitigen, hoch¬ 
gradigen Pes valgus in Behandlung bekam, nachdem er es 10 Monate hindurch 
mit redressierenden Verbänden behandelt hat Die Deformität, die so hochgradig 
war und mit so starker Abduktion des Vorfußes einherging, daß bei nach vom 
gerichteter Patella die kleine Zehe rechtwinklig zum Unterschenkel stand, ist 
jetzt ausgeglichen. Interressant ist dabei, daß auch die Längenverhältnisse der 
Zehen sich geändert haben; ursprünglich erschien die große Zehe erheblich kürzer. 
Die Änderung dieses Verhältnisses durch die Korrektion der Stellung zeigt, daß 
es sich nicht um eine reelle Verkürzung handelte, sondern daß eine scheinbare, 
durch Gelenkverschiebung bedingte Verkürzung vorlag. 

c) Angeborener Oberschenkeldefekt und Coxa vara. J. zeigt ein Kind mit hoch¬ 
gradiger Verkürzung des Oberschenkels, bei dem zuerst auf Grund des Röntgen¬ 
bildes ein angeborener Defekt des Oberschenkels angenommen wurde; es fehlte 
der Oberschenkelkopf und der proximale Teil der Diaphyse. Spätere Aufnahmen 
des Beines zeigten, daß der Defekt des Oberschenkels nicht so hochgradig war, 
als es zuerst auf Grund des Röntgenbildes schien; ein Teil der zuerst nicht sicht¬ 
baren Diaphyse erschien nach verspätet eingetretener Ossifikation auf den späteren 
Bildern und zeigte sich im Sinne der Coxa vara verkrümmt. Die weitere Kon¬ 
trolle mit Hilfe des Röntgenbildes dürfte bei fortschreitender Ossifikation wahr¬ 
scheinlich auch ein Vorhandensein des Kopfes ergeben, so daß die Mißbildung 
also nicht als angeborener Oberschenkeldefekt, sondern als hochgradige Coxa 
vara congenita mit Fortsetzung der Verkrümmung auf den proximalen Teil des 
Oberschenkels zu deuten ist. 

Herr Hoffa: Ober Schenkelhalsbruche im kindlichen und jugendlichen Alter. 
Nach Besprechung der in der Literatur niedergelegten Beobachtungen teilt H. 
11 eigene Fälle ihrem Verlaufe und der bei ihnen eingeschlagenen Therapie nach 
mit unter Demonstration der von ihnen aufgenommen Röntgenbilder. 

In den 7 älteren Fällen mußte wegen schlechter Stellung des Beines, an¬ 
haltender Schmerzen eine operative Behandlung (Resektion mit nachheriger Ein¬ 
stellung des Trochanters in die Pfanne, Osteotomia subtrochanterica) eingeschlagen 
werden, die immer gute definitive Resultate ergab. H. faßt zum Schlüsse das 
Ergebnis seiner Erfahrungen und Studien über die Schenkelhalsbrüche im kind¬ 
lichen Alter zusammen: Es handelt sich meist um traumatische Lösungen der 
Schenkelkopfepiphyse, selten um Brüche im Schenkelhälse selbst. Es kommen 
vollständige und unvollständige Schenkelhalsbrüche und ebenso vollständige Zer¬ 
reißungen der Epiphyse und anfänglich nur in einer Lockerung bestehende Epi¬ 
physenlösungen mit mehr oder minder ausgedehnter Zerreißung des Periosts vor; 
im ersteren Falle wird der stumpfe Schenkelhalswinkel in einen mehr -rechten 
verwandelt, im letzteren stellt sich die Epiphysenebene oft nahezu vertikal. 

Es waren außer schweren Gewalten oft nur geringfügige Traumen voran¬ 
gegangen. In manchen Fällen lag hier bereits eine krankhafte Veränderung vor, 
nämlich eine typische Coxa vara; die Pat. hatten schon vorher über Hüftschmerzen 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


« oder hatten schon vor der Verletzung gehinkt. Da bei der Coxa vara 
. physenlinie nahezu vertikal verläuft, so ist es begreiflich, daß sie sich 
bei Beanspruchung auf Biegung leicht löst. Die Erscheinungen sind zunächst 
geringgradig, stärkere Beschwerden stellten sich erst nach einer Reihe von Wochen 
und Monaten ein. 

Die richtige Diagnose ist selten gleich gestellt worden. Die erste Diagnose 
wurde gewöhnlich auf Kontusion der Hüfte gestellt, später wurde gewöhnlich eine 
Coxitis angenommen; die in falscher Stellung des Beines ausgeheilten Fälle wur¬ 
den als statische Schenkelhalsverbiegung aufgefaßt. Als Symptome, die bald nach 
der Verletzung bestehen, sind zu nennen: Stellung des Beines in leichter Flexion, 
Außenrotation und Adduktion, Hochstand des Trochanters u. s. w., später finden 
wir die typische Coxa vara. Gegenüber der tuberkulösen Coxitis ist bemerkens¬ 
wert das Fehlen der reflektorischen Muskelspasmen. Den genaueren Sitz der Fraktur 
weist das Röntgenbild nach. 

Die Prognose ist ungünstig, einmal weil oft eine knöcherne oder binde¬ 
gewebige Heilung vollständig ausbleibt, oder weil die Heilung unter stärkerer 
Dislokation der Fragmente erfolgt, oder weil sich noch sekundär durch die Be¬ 
lastung eine Coxa vara ausbildet 

Die Behandlung wird in der ersten Zeit in Extension resp. Gipsverband nach 
Korrektur der Stellung bestehen; nach der Konsolidation soll man noch 1 Jahr 
einen Schienenhülsenapparat mit Beckengürtel und Abduktionsvorrichtung tragen 
lassen. Hat sich eine Deformität ausgebüdet, so kommt man in leichteren Fällen 
mit orthopädischer Behandlung aus, schwerere erfordern die Resektion oder die 
subtrochantere schiefe Osteotomie. 


Herr Pfeifer: Multiple chronische Gelenkentzündungen im Kindesalter. Nach 
Mitteilung der Krankengeschichte eines typischen, zu Ankylosen und Kontrak¬ 
turen der verschiedensten Gelenke führenden Falles skizziert P. diese von vorn¬ 
herein chronisch verlaufenden Gelenkrheumatismen, die Arthritis chronica villosa 
und die Arthritis ankylopoötiea. Während bei ersterer hauptsächlich die Kapsel 
verdickt und gewuchert ist, ist bei letzterer außer der Kapsel, die frühzeitige 
Neigung zur Schrumpfung zeigt, der Knorpel stärker beteiligt Diese primären 
chronischen Gelenkrheumatismen beginnen neberlos und allmählich in den kleinen 
Gelenken der Extremitäten und fuhren zur Ankylose oft sämtlicher Körpergelenke. 

Der chronische Gelenkrheumatismus kann auch aus einem akuten entstehen; 
häufig konstatiert man dabei Klappenläsionen; mit der Zeit treten hier Stillstände 
und Heilungen ein. Am seltensten wurde im Kindesalter die Arthritis deformans 
beobachtet; dieselben waren meist aus polyartikulären Gelenkentzündungen nach 
akuten Infektionskrankheiten hervorgegangen. Auch die Strepto- und Staphylo- 
mykose und die Osteomyelitis kann zu multiplen chronischen, deformierenden 
Gelenkentzündungen führen. 

Therapeutisch kommen hauptsächlich die physikalischen Heilmethoden 
und die Apparatbehandlung in Betracht Bei Ankylosen größerer Gelenke hat 
Hoffa mehrfach mit Erfolg das Einlegen von resorbierbaren Magnesiumplatten 
angewandt. 

Herr Engelm'ann: Zur Kasuistik der Spontanluxatfonen des Hüftgelenkes. Das 
10jährige Mädchen erkrankte im September vorigen Jahres an Typhus^ in der 
6. Woche stellten sich Schmerzen in der linken Hüftgegend ein, das Bein wurde 
in Beuge- und Adduktionsstellung ruhig gelagert. Anfang November wurde eine 
typische Luxatio iliaca festgestellt, die spontan im Gefolge der typhösen Coxitis 
aufgetreten war. Der Eintritt der Verrenkung war von der Pat nicht bemerkt 
worden. Es wurde die unblutige Einrenkung wie bei einer kongenitalen Luxation 
vorgenommen. Der Trochanter stand 4 1 /, cm über der Roser-Nölatonschen Linie; 
der Einrenkung wurde eine manuelle Extension des Beines vorhergeschickt; schon 
bei den ersten pumpenschwengelartigen Bewegungen trat der Kopf mit lautem 
Geräusch in die Pfanne. 3 Wochen Gipsverband. Heilung. (Demonstration.) 

Herr König bemerkt, daß in seinen Fällen von Spontanluxation nach 
Typhus die Reposition nach dem Modus deijenigen bei traumatischer Luxation 
auögefÜhrt wurde. 

Herr Becher: Ober den Zusammenhang zwischen Thoraxdeformitäten, Skoliosen 
und den adenoiden Vegetationen des Nasen-Rachenraumes. B. hat diesen von Redard 

aufgestellten Symptomenkoniplex in ca. 6°/ 0 der Fälle gefunden, der bei Kindern 
von 6—12 Jahren aufzutreten pflegt Es handelt sich um leichte habituelle 


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II. Aas Vereinen und Versammlungen. 


219 


Skoliosen in den verschiedensten Formen, die sich entwickelten, nachdem schon 
seit längerer Zeit Thoraxdeformitäten bemerkt worden waren, nämlich mulden¬ 
förmige Einziehung über dem unteren Drittel des Sternum, flache Einziehungen 
der seitlichen unteren Thoraxpartien, ohne daß Zeichen von Rachitis bestehen. 
Daneben erkennt man bereits durch den Aspekt (Gesichtsausdruck u. s. w.) und 
aus sonstigen Symptomen das Vorhandensein adenoider Vegetationen, die eben¬ 
falls bereits seit Jahren Erscheinungen machten. Daß die adenoiden Vegetationen 
diese Knochenveränderungen zur Folge haben, erklärt sich aus dem Einflüsse, 
den sie auf den allgemeinen Ernährungszustand (Anämie, schlaffe Muskulatur) 
haben. Nach ihrer Entfernung geht die Skoliose unter Anwendung von Mas¬ 
sage und Turnübungen zurück. Auch anderen nasalen Erkrankungen, die die 
Respiration behindern, erkennt B. eine Rollo in der Ätiologie der geschilderten 
Deformierungen zu. 

Herr König ist der Meinung, daß der Einfluß der Rachitis nicht genügend 
gewürdigt ist Er glaubt, daß die Behinderung der Atmung, wie sie die adenoiden 
Vegetationen verursachen, nur dann zu den genannten Deformierungen fuhren 
werde, wenn die Knochen abnorm weich sind. 

Herr Hoffa bemerkt, daß in den Fällen, die als Grundlage der Becher¬ 
sehen Ausführungen dienten, Zeichen von Rachitis gerade mit Bestimmtheit aus¬ 
geschlossen werden konnten. 


Medizin. Sektion der Schles. Gesellschaft f. vaterländische 

Kultur. 

Sitzung vom 14. November 1902. 

A. Most demonstriert das Becken eines 15 Tage post partum an einer 
akuten Osteomyelitis der Beckenpfanqe gestorbenen Kindes, welche einige Tage nach 
der Geburt begonnen hatte. Im Eiter Streptokokken. Infektionsmodus ganz 
dunkel, denn Mutter vollkommen gesund, auch Wochenbett ohne jede Störung, 
Kind frei von Verletzungen, Haut- und Nabelaffektionen u. s. w. 

Sitzung vom 21. November 1902. 

Tietze demonstriert zwei exstirpierte Wurmfortsätze. Der erste stammte von 
einem 3 Wöchentlichen Kinde, das mit einer seit 18 Stunden eingeklemmten rechts¬ 
seitigen Leistenhernie operiert wurde. Es lagen Coecum und der ziemlich lange 
Proc. vermiformis vor, letzterer durch Taxisversuche so arg gequetscht, daß seine 
Resektion notwendig erschien. Naht der Bruchpforte und des gesamten Bruch¬ 
bettes; Bruchsack wird nicht exstirpiert; Kollodium verband. Das sehr elende 
Kind wird geheilt Fall 2 betraf eine Perityphlitisoperation bei drohender Per¬ 
foration. 

Sitzung vom 12. Dezember 1902. 

Lu dl off stellt 8 Glieder einer Familie vor, die an angeborenen Deformitäten 
des Skeletts leiden, und demonstriert die Röntgenbilder. Der Vater hat einen 
Defekt der Fibula, 2 Kinder (Knabe von 12 und Mädchen von 5 Jahren) an¬ 
geborene Luxation der linken Hüfte. 

Schlittenheim stellt einen Fall von Hydrocephalus vor. 17jähriger Junge. 
Lernte mit 11 Monaten gehen, kam mit 7 Jahren in die Schule, wo er gut lernte. 
Seit dem zwölften Jahre ist er kränklich, indem er etwa alle Monate einmal 
einen ca. 2 Tage dauernden Anfall von Kopfschmerzen und Erbrechen hatte. 
Damals schon fiel der Mutter auf, daß sein Kopf auffallend groß wurde. Hin 
und wieder krampfähnliche Zustände mit folgendem Schweißausbruch. Seit einem 
Jahr langsame Abnahme der Sehkraft, welche vor */* Jahren zur totalen Er¬ 
blindung führte. Seither läßt Pat. zeitweise unter sich gehen. Untersuchung 
ergibt abnorm große Schädelbildung; Nähte breit, klaffend, Fontanellen weit. 
Überall Verknöcherung, nirgends Pulsation. Auffallende Schlafsucht; verminderte 
Intelligenz, aber freies Sensorium. Beiderseits totale Optikusatrophie, Nystagmus 
in Ruhe und bei Endstellungen, reflektorische Pupillenstarre. Beiderseits fehlender 
Geruchssinn. Paresen von wechselnder Stärke und wechselndem Sitz einen Tag 
im rechten, den anderen im linken Peroneusgebiet; gleichzeitig wechselt auch das 
Auftreten des Babinsky sehen Reflexes. Im übrigen weder sensible, noch 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


motorische Störungen. Normale Reflexe. Incontinentia urinae et alvi. — Die 
Annahme eines Tumors ist unwahrscheinlich wegen der langen Dauer der Affektion 
und den intensiven Veränderungen am Schädel. S. nimmt chronischen Hydro- 
cephalus an, verursacht durch ehr onischemeningi tische Veränderungen 
mit Beteiligung der Plexus choroidei. Wechsel der motorischen Störungen 
und Reflexe ist Ausdruck der Druckschwankungen. Die Lumbalpunktion ergab 
sehr vermehrten Druck (330 mm), die Flüssigkeit war klar, 1007 spezifisches Ge¬ 
wicht, steril, enthielt eine Spur Albumen und einzelne rote Blutkörperchen. Die 
Lumbalpunktion erzielte so wenig therapeutischen Effekt, wie eine antiluetische Kur. 


Sitzung vom 30. Januar 1903. 

A. Most demonstriert ein 9wöchentliches Kind mit offenbar intrauterinen 
Belastungsdeformitäten der unteren Extremitäten. Links besteht Klumpfuß, das Knie¬ 
gelenk befindet sich in ausgesprochener Beugekontraktur, die Patella fehlt. Rechtß 
steht der Fuß in Calcaneo-Valgus-Stellung, der Unterschenkel ist um 90° nach 
außen rotiert, durch Rotationsbewegungen läßt sich die Tibia sogar etwas nach 
vorn hin subluxieren; ebenso weist die abnorme, ausgiebige, seitliche Beweglichkeit 
auf eine Lockerung der Kapselbänder des Kniegelenkes hin; auch hier Knie in 
ausgesprochener Beugekontraktur, totales Fehlen der Patella. Eine weitere Anomalie 
wiesen die Nägel der Hände auf: es handelte sich um angeborene Anonynchie 
und Onychatrophie. Bemerkenswert war hierbei die Erblichkeit: von fünf 
Geschwistern des Kindes sind vier mit gleichem Defekt der Fingernägel zur Welt 
gekommen, der Vater leidet ebenfalls an angeborener Onychatrophie, und ebenso 
dessen fünf Brüder und dessen Mutter. Anderweitige Mißbildungen sind in der 
Familie unsterblich. 

Sitzung vom 6. Februar 1903. 

Bröer stellt 1. einen 7 jährigen Jungen vor, welcher durch die nach Beck - 
Hacker ausgefuhrte Operation von seiner Eichelhypospadie geheilt wurde. Durch 
einen, auf die hinter der Eichel liegende, punktförmige Harnröhrenmündung ge¬ 
setzten Schnitt wurde die Harnröhre am unteren Teile des Penis samt Schwell¬ 
körper freipräpariert, durch die vorher mit einem Trokart durchbohrte Eichel 
hindurchgezogen und mit Seidenfäden fixiert. Primärer Verschluß der Hautwunde. 
Verweilkatheter. Darreichung von Urotropin 1,0 2 mal täglich. Entfernung des 
Katheters am 16. Tage. Urin wird in genügend starkem Strahl spontan gelassen. 
Prophylaktisches Bougieren der neuen Harnröhrenmündung. Geheilt entlassen am 
26. Tage nach der Operation. 

2. Einen 13jährigen Knaben, welcher sich durch Aufspringen auf den Rand 
einer Tonne eine Ruptur der Harnröhre zugezogen hatte. Pat. wurde 24 Stunden 
nach der Verletzung aufgenommen, klagte über heftige Schmerzen in der Damm¬ 
gegend und Unmöglichkeit, den heftig drängenden Urin lassen zu können. Die 
betroffene Stelle am Perineum wies nebst Blauverfärbung der Haut leichte 
Schwellung und bei Druck lebhafte Schmerzempfindlichkeit auf. Bei starkem 
Pressen entleert Pat. nur wenige Tropfen blutig gefärbten Urins. Vom Kathe¬ 
terismus wird abgesehen und sofort zur Operation geschritten. In Äthernarkose 
Schnitt in der Raphe über die größte Vor Wölbung der perinealen Anschwellung. 
Nach Freilegung der Verletzungsstelle zeigt sich die Harnröhre dicht unterhalb 
des Bulbus total quer durchrissen. Einführung eines N61aton in den leicht auf¬ 
findbaren zentralen Stumpf. Nach Entleerung der Blase, welche perkutorisch 
fast bis zum Nabel reichte, wird der Katheter durch den peripheren Stumpf heraus¬ 
geleitet und hier nach Dittel befestigt. Zirkuläre Naht der Harnröhrenstümpfe 
über dem Katheter mit Seide. Tamponade der Wunde. Einige fixierende Haut¬ 
nähte. Verlauf fieberfrei. Blasenspülungen wegen leichter Cystitis mit 3%iger 
Borsäure. Urotropin 1,0 3 mal täglich. Am 13. Tage ist der Katheter verstopft 
und wird entfernt. Unmöglichkeit bei starkem Harndrang spontan Urin zu 
lassen. Neueinführung des Katheters. Nach weiteren sechs Tagen endgültige 
Entfernung desselben. Am 28. Tage post operationem mit gut geschlossener 
Narbe und normal funktionierender Harnröhre entlassen. 


Hepner spricht über Behandlung der Spina ventosa durch freie Autoplastik nach 
Müller, ein Verfahren, das angängig ist bei Tuberkulose der Diaphysen, der 
Metacarpen und Phalangen ohne Beteiligung der Gelenke und darin besteht, daß, 
nach Exzision der erkrankten Knochen- und Weichteile, ein Stück der Ulna inklusive 
des zugehörigen Periosts an Stelle des Defektes implantiert wird. H. stellt ein 

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II. Aus Vereinen und Versammlungen. 


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11 monatliches nach dieser Methode operiertes (es wurden die Grundpbalanx des 
fünften Fingers der linken Hand und der Metacarpus des fünften Fingers der 
rechten Hand ersetzt) Kind vor, bei dem die Heilung trotz ausgedehnter tuber¬ 
kulöser Weichteilsabszesse primär erfolgte und die Funktion eine gute ist; Röntgen¬ 
bilder zeigen, daß die eingeheilten Knochen sich in guter Stellung befinden. 

Lilienfeld stellt einen Fall von cavemösem Angiom der Finger bei einem 
10jährigen, sonst gesunden Mädchen vor; die angeborene, in letzter Zeit stark 
gewachsene Geschwulst wurde durch systematisch ausgeführte Injektionen von 
Alkohol in das perivaskuläre Gewebe zum Schwinden gebracht. Der Sitz der 
Geschwulst betraf den Mittel- und Ringfinger der rechten Hand. 


Medizin. Gesellschaft der Stadt Basel. 

Sitzung vom 16. Oktober 1902. 

(Correspondenz - Blatt f. Schweizer Ärzte 1903 No. 8.) 

Prof. E. Hagenbach-Burckhardt macht einige klinische Mitteilungen 
über Kinder, die im Laufe des Jahres im Kinderspital verpflegt worden sind. 
Er berichtet zunächst über einen Fall von paroxysmaler Hämoglobinurie. Es betraf 
einen 7jährigen Knaben mit hereditärer Lues, welcher auf Kälteeinwirkung — 
kalte Waschungen, Aufenthalt im Freien bei niedriger Temperatur — prompt und 
regelmäßig von einem Anfall von Hämoglobinurie befallen wurde. Zu gleicher 
Zeit mit diesem Blutbefund stellte sich Fieber, Brechen und Cyanose ein. Dem 
blutigen Urin ging unmittelbar voraus Hämoglobinämie, d. h. Austreten des 
Hämoglobins aus den roten Blutkörperchen und Rotfärbung des Serums. Dieselben 
Anfälle konnten durch Abschnürung eines Fingers oder eines Armes hervor- 
gerufen werden, wenn der abgeschnürte Körperteil in kaltes Wasser getaucht 
und dann der Schlauch wieder entfernt wurde (Versuche von Ehrlich). Statt 
der Hämoglobinurie trat in einem Fall Hämoglobinocholie auf. Die Zahl der 
Blutkörperchen stieg im Laufe des Winters von l 1 /* Million auf über 6 Millionen, 
der Hämoglobingehalt von 26 auf 70%. Die Behandlung bestand in einer Schmier¬ 
kur, Bettruhe, Ausschluß von Kälteeinwirkung und roborierender Kost; der 
Pat. konnte geheilt vorgestellt werden. 

Ferner stellte Hagenbachein 1%jähriges Mädchen mit Barlowscher Krankheit 
vor. Dieselbe äußerte sich neben Zeichen von hämorrhagischer Diathese haupt¬ 
sächlich in periostalen und subperiostalen Blutungen im linken Oberschenkel; 
durch eine größere Inzision wurde eine Menge von Blutgerinnseln entleert. Später 
trat noch eine Fraktur am kranken Oberschenkel hinzu. Das Kind genaß bei 
Änderung der Kost, wie sie vorgeschlagen wird für diese in der Schweiz bis jetzt 
nur selten beobachtete Krankheit. 

Dann besprach derselbe eine frische Spondylitis, die unter Erstickungsanfällen 
rasch letal endete. Aus den keuchhustenartigen Anfällen und aus den Atmungs¬ 
beschwerden mußte ein Druck auf den Vagus und den Recurrens angenommen 
und damit Bronchialdrüsentuberkulose und mit Wahrscheinlichkeit ein Abszeß 
im hinteren Mediastinum diagnostiziert werden. Das bei der Autopsie erhaltene 
und demonstrierte Präparat zeigte den Vagus und Recurrens eingebettet in 
Bronchialdrüsentumoren; ein direkt vor der Wirbelsäule gelegener länglicher 
Abszeß trug zur Vermehrung des intrathorakischen Druckes bei. 

Schließlich wurde von H. noch referiert über eine sich über sieben Fälle 
erstreckende Pemphigusepidemie im Kinderspital. Dieselbe ergab nach verschiedenen 
Richtungen Abweichungen vom gewöhnlichen Verhalten dieser als Pemphigus 
contagiosus neonatorum bezeichneten Krankheit. Sie dehnte sich, ausgehend von 
einem 12 Tage alten Kinde auf sechs weitere Kinder aus, im gleichen Saale, die 
im Alter standen von 8—15 Monaten, also müßte die Krankheit eher als Pemphigus 
infantum bezeichnet werden. Solche Epidemien bei ältern Kindern sind noch 
wenige beschrieben worden, wo wie in unserem Fall unzweifelhaft Pemphigus 
vorlag. Dann bot die Epidemie'noch ein weiteres Interesse, daß auch Erwachsene 
vom Kinde infiziert wurden. Ferner ist hervorzuheben, daß bei dem ersten 
Kinde, wo die Blaseneruption eine sehr große war, die Efflorescenzen sich aus¬ 
dehnten auf Handteller und Fußsohlen. Deshalb wurde ganz im Anfang der 
Fall als syphilitisch angesehen und erst der weitere Verlauf und die Übertragung 

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222 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


der harmlos sich zeigenden Krankheit auf sechs andere Kinder veranlagte, von 
dieser Annahme mit Bestimmtheit abzugehen. Sämtliche Fälle verliefen unter 
wenig Fieber, die einen rasch, die andern bis zur Dauer eines Monats günstig. 


K. K. Gesellschaft der Ärzte in Wien. 

Sitzung vom 19. Dez. 1902. 

Dr. R. Neurath demonstriert ein 8 Wochen altes Kind mit heredo-syphilitischen 
Knochenaffektionen von seltener Intensität und Multiplizität. Seit der Geburt 
besteht Coryza syphilitica, seit 6 Wochen Schwellungen der Extremitätengelenke, 
seit 3 Wochen ein typisches blasses, schmutziggraues Kolorit und andere Lues¬ 
symptome. 

Die oberen Extremitäten zeigen eine starke Einschränkung ihrer aktiven 
Beweglichkeit, die Schultergelenke zeigen geringe, das linke Ellbogengelenk eine 
strarke spindelige, das rechte eine kaum angedeutete Schwellung; im linken 
Ellbogengelenk besteht abnorme Beweglichkeit (Epiphysenlösung). Über dem 
Handgelenk besteht beiderseits eine leichte Anschwellung. Die mittleren drei 
Grundphalangen beider Hände zeigen syphilitische Phalangitis. An den unteren 
Extremitäten besteht Schwellung beider Kniegelenke und ganz besonders eine 
starke Verunstaltung beider Unterschenkel, indem dieselben in ihrer unteren 
Hälfte sehr verdickt und bogenförmig (nach hinten konvex) gekrümmt erscheinen. 
Hier über dem Sprunggelenk besteht ausgesprochene abnorme Beweglichkeit. 

Röntgenbilder des Falles zeigen an den beteiligten Röhrenknochen starke 
Aufhellung im Schatten der Diaphysenenden, Verwischtsein der Struktur und 
ganz besonders das Fehlen der dunklen Markierung der Verknöcherungszone; 
weiters starke periostale Auflagerungen, stärker ausgeprägt an den Diaphysen¬ 
enden als am Schafte. An manchen Knochen, wie an den unteren Enden der 
Unterschenkel und am linken Humerus haben die Veränderungen zu einer be¬ 
sonders starken Einschmelzung des Diaphysenendes geführt. 

Am Handskelett zeigen sich die charakteristischen Zeichen der Phalangitis 
syphilitica, daneben aber auch starke Mitbeteiligung der Metakarpalknochen (teils 
Ostitis, teils akute Atrophie). Vortr. weist noch auf das Fehlen der Krepitation 
trotz sicherer Epiphysiolysis hin und erklärt dasselbe durch starke Erweichung 
der Knochenenden. 

Dr. J. Schwoner demonstriert einen Fall von Urticaria chron. pigmentosa bei 
einem 2jährigen Kinde, das bis auf die Hauterkrankung bisher stets gesund war; 
in den beiderseitigen Familien kam eine derartige Hautaffektion nicht vor. Bald 
nach der Geburt zeigten sich die ersten Efflorescenzen, und trotz aller Therapie 
kamen immer neue Schübe, bis sie seit etwa 9 Monaten immer seltener werden. 
Das Kind zeigt an der behaarten Kopfhaut, an der Stirn und am Halse blasse, 
gelbliche, wenig infiltrierte, xauthelasmaähnliche Efflorescenzen, an Stamm und 
Extremitäten teils einzelnstehende, stecknadelkopfgroße, teils confluierende Plaques 
von schmutzigbraunroter Farbe, über das Hautniveau ziemlich stark erhaben. 
Hände, Füße und Gesteht beinahe vollständig frei. 

Sitzung vom 16. Januar 1903. 


Dr. R. Grünfeld stellt einen Fali von multiplen cartaliginären Exostosen vor bei 
einem 10jährigen Knaben, in dessen Familie von einer ähnlichen Erkrankung 
nichts bekannt ist Als das Kind 4 Jahre alt war, erschien der erste Tumor, 
und zwar an einer Rippe, worauf auch an anderen Körperstellen sich schmerzlos 
Auswüchse entwickelten. Seit dem 4. Lebensjahre blieb der Knabe auch im 
Wachstum zurück, und jetzt ist an dem auch rachitische Zeichen aufweisenden 
Kinde ein erhebliches Zurückbleiben in der Größe und im Körpergewicht zu 
konstatieren. Man palpiert bei demselben eine große Anzahl von knochen¬ 
harten, unverschieblichen, Rippen, Sternum, Ellbogen, Fingern u. s. w. auf¬ 
sitzenden, von normalen Weich teilen bedeckten Tumoren. Außerdem entdeckt 
man auf dem Radiogramme noch viele nicht palpable Exostosen, wie z. B. an 


den Diaphysenenden der Röhrenknochen, wo auch hochgrad ige Deformitäten 
der Epiphysenfugen und Epiphysen sichtbar sind. Schädel und Wirbelsäule sind 
frei geblieben. Endlich ergibt die Messung, daß der linke Arm um 1 cm, das 
rechte Bein um 2cm gegenüber der anderen Seite verkürzt sind, also eine 
„gekreuzte“ Wachstumsstörung; die Verkürzung betrifft sämtliche beteiligten 
Knochen. 

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in. Kleine Mitteilungen. 


223 


III. Kleine Mitteilungen. 


Ober Myegen, ein nmes Eiweißpräparat berichtet Privatdoz. Dr. R. 0. Neumann 
(Kiel). Myogen wird aus Blutserum frisch geschlachteter Rinder in einfachster 
Weise bereitet, und zwar so, daß sich das Eiweißmolekül nicht dabei verändert. 
Myogen ist ein brännlichgraues, sehr feines, geruchloses Pulver, dessen Geschmack 
an Leim erinnert. Es ist unlöslich in Wasser, quillt aber schon nach kurzer Zeit 
beim Stehen mit Wasser auf. Mit Pepsin und Salzsäure zusammengebracht wird 
es in der gleichen Zeit gelöst, wie Fleisch. Es läßt sich in Kaffee und Kakao, 
in Suppen oder Bouillon verrührt nehmen, mit Fett oder Butter vermengt ver¬ 
liert es seinen Eigengeschmack. Angenehmer nehmen sich die von der Fabrik 
hergestellten Kakes, die auch von Kindern ohne Widerwillen genommen wurden. 
N. hat mit dem Puiver und den Kakes an sich selbst einen Stickstoff-Stoffwechsel- 
versuch ausgeführt und zieht daraus folgende Schlüsse: Myogen und die Kakes 
werden auch in größeren Mengen vom Organismus gut vertragen. Die Assimilation 
ist ebenso günstig, wie beim Fleisch. Auch die Resorption ist ausgiebig. Die 
Myogenkakes stellen ein höchst konzentriertes Nahrungsmittel aus ca. 20% Eiweiß, 
50% Kohlehydraten und 10 % Fett dar. 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 3.) 

Unguent Credl bei Sepsis wandte vanZandt mit promptem Erfolg an; auch 
bei schweren Fällen übte es hier rasch seine günstige Wirkung aus. Interessant 
ist die Mitteilung, daß die Silberkur auch bei einem 8jährigen Knaben, der an 
einer postdiphtheritischen Paralyse litt, sich bewährte; innerhalb 48 Stunden 
nach der ersten Einreibung setzte die Besserung ein. 

(The Hot Springs Medical Journal 1902 No. 8.) 

Zur Behandlung der Stuhlverstopfung bei Kindern empfiehlt Dr. Goliner (Erfurt) 
die in Natterers Fabrik pharmazeutischer Konfitüren in München hergestellten 
„Abführtabletten für Kinder“, welche allen Anforderungen entsprechen, 
die wir an eine rationelle Therapie der kindlichen Obstructio alvi stellen. Die 
Tabletten bestehen im wesentlichen aus Fol. Sennae, Tartar, depur. und einigen 
Geschmackskorrigentien. Die pharmakodynamischen Wirkungen beider Abführ¬ 
mittel setzen sich zu einem zuverlässigen Gesamteffekt zusammen, welcher die 
Verstopfung prompt beseitigt. Man gibt kleinen Kindern vom zweiten Lebens¬ 
jahre ab morgens und abends 1 Tablette und wartet die Wirkung ab, welche 
spätestens nach 2—3 Stunden eintritt; ältere Kinder vom zehnten Lebensjahre ab 
nehmen 2 Tabletten. Der Erfolg zeigt sich in schmerzlosen leichten Entleerungen, 
denen nach einigen Tagen normaler Stuhlgang folgt. Sollte letzterer nicht ein- 
treten, so kann man die Tabletten noch einige Zeit lang geben, die sehr gut ver¬ 
tragen werden. (Medico 1902 No. 49.) 

Ichthalbln wandte Dr. J. Marcuse (Mannheim) bei skrofulösen, anämischen 
Kindern an. Die heruntergekommenen, ärmlichen Verhältnissen entstammenden 
Kinder bekamen bald besseres Aussehen, ihr Allgemeinzustand hob sich zusehends, 
das Körpergewicht stieg (innerhalb 4 Wochen von 1000—1500 g), hauptsächlich 
infolge der appetitsteigernden Wirkung des Präparats. Man gibt Säuglingen 
3 mal täglich 0,1—0,3 in Schleimsuppe. Zweckmäßig ist es bei Kindern, % Ffund 
Tafelschokolade zn verreiben, 15 g Ichthalbin beizumischen und von dem Gemisch 
3mal täglich einen abgestrichenen Teelöffel voll zu geben, so daß die Gesamt¬ 
menge in 8—10 Tagen aufgebraucht ist. Die Kinder verlangen von selbst danach. 

(Die Therapie der Gegenwart, März 1903.) 


Über Salocreol macht Dr. J. Gnezda (Berlin, v. Leydensche Klinik) Mit¬ 
teilung. Salocreol ist ein Präparat, in welchem die verschiedenen Phenole des 
Buchenholzteers bezw. Kreosots insgesamt mit Sazliylsäure zu einem Ester ver¬ 
einigt sind. Es ist eine ölige, braune, fast geruchlose Flüssigkeit, fast unlöslich 
in Wasser, leichtlöslich in Alkohol, Äther, Chloroform. Auf die Haut gebracht, 
bringt es ein angenehm kühlendes Gefühl hervor und es wird resorbiert, ohne an 
der Applikationsstelle dauernd zu färben oder Reizungen zu bewirken. Be- 
pinselung bezw. Einreibung des Mittels wurde bei Rheumatismen, Erysipel 
gemacht und hatte gute Erfolge. Besonders beeinflußt wurden aber akute und 
chronische Lymphadenitiden, und G. kann über einen Fall berichten, in dem 
skrofulöse Drüsen, die zwei Dezennien anhielten, in einer Woche fast voll- 


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224 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5. 


ständig zurückgingen. Bei Angina und Drüsenschwellungen nach Morbilli oder 
Skarlatina verhütete die lokale Behandlung erst Abszeßbildung und endete mit 
Volum Verringerung bis zur Norm. Salocreol wurde täglich in Dosen von 5—10 g 
appliziert, bei Kindern in entsprechend geringeren. 

(Deutsche Ärzte-Ztg. 1903 No. 4.) 


IV. Monats-Chronik. 

Hygiene scolaire en France. Un pas en avant dans la lütte contre la tuberculose. 

Unter diesem Titel wird in der Zeitschrift „Tuberculosis“ März 1903 eine In¬ 
struktion betreffs in Frankreich erlassener schulhygienischer Vorschriften mit¬ 
geteilt. 

Das Unterrichtsministerium in Frankreich hatte eine Kommission mit dem 
Studium von Maßnahmen betraut, welche zur Verhütung der Weiter Verbreitung 
der Tuberkulose in den öffentlichen Lehranstalten zu ergreifen wären. 

Auf Grund des von dieser Kommission erstatteten Gutachtens hat der Unter¬ 
richtsminister verfügt: 

1. In allen öffentlichen und privaten Alumnaten und Pensionsanstalten sind 
Gesundheitslisten zu führen, in welche Gewicht, Größe und Brustumfang ein¬ 
zutragen sind. Diese Angaben sind 3 monatlich aufzunehmen und die Listen 
durch den Anstaltsarzt aufzubewahren. Auch alle Krankheiten sind zu ver¬ 
zeichnen. 

2. In allen Räumen sämtlicher Unterrichtsanstalten sind belehrende Plakate 
über hygienische Vorschriften, namentlich über die zur Verhütung der Tuberkulose 
nötigen Maßnahmen auszuhängen. 

Gleichzeitig hat der Unterrichtsminister allen Schulvorständen eine Instruktion 
zugehen lassen, welche Maßnahmen zur Tuberkulosebekämpfung vorschreibt, die 
sich 1. auf die Unterrichtsräume, 2. auf die Schüler selbst beziehen. 

Die auf die Räume bezüglichen Vorschriften erstrecken sich bis in die 
Details auf die Gebäude, das Mauerwerk, die Fußböden, das Mobiliar, auf 
infektionsverdächtige Bücher, auf Lüftung, Reinigung und Desinfektion, außerdem 
in den Internaten auf Speisesäle, Schlafräume, Toiletten, Bäder und Aborte. 

Die Vorschriften für das Personal verlangen Untersuchung und Femhaltung 
von tuberkulösen Lehrern, Dienstboten und Schülern. 

Sobald die oben bezeichneten Gesundheitslisten die mangelhafte Entwicklung 
eines Schülers ergeben, ist derselbe genau zu untersuchen und die Familie zu 
benachrichtigen. 

Diese Vorschriften sind in Paris bereits in Kraft, und ist damit ihre Durch¬ 
führbarkeit erwiesen. 

Die Schularztfrage beschäftigte am 24. Februar den mit dieser Angelegenheit 
von der Berliner Stadtverordnetenversammlung betrauten Ausschuß. Vom Magistrat 
war die Anstellung von 30 Ärzten gefordert worden, demgegenüber die Sozial¬ 
demokraten in einem Anträge Augustin und Genossen einen Mediziner für jede 
der 260 Berliner Gemeindeschulen verlangten. Der Ausschuß wies den letzteren 
Antrag schon wegen der finanziellen Schwierigkeiten, die seiner Durchführung 
entgegenstehen, zurück und beschloß die Anstellung von 36 Schulärzten, denen 
je ein Jahreseinkommen von 2000 Mk. gewährt werden soll. Ein Antrag, dieses 
Einkommen auf 1600 Mk. zu bemessen und so die Vermehrung um sechs Stellen 
ohne eine weitere Belastung des Schuletats zu ermöglichen, wurde abgelehnt, und 
man beließ es bei dem in der Magistrats Vorlage geforderten Gehalt von 2000 Mk. 

(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 10.) 


Personalien: Zum Professor ernannt: Dr. L. Bruns in Hannover. — Die Venia 
legendi für Kinderheilkunde erteilt Dr. E. Wieland in Basel. — Unser bisheriger 
geschätzter Mitarbeiter, Privatdoz. Dr. med. et phil. R. O. Neumann, bis jetzt 
1. Assistent am hygien. Institut in Kiel ernannt zum Abteilungsvorsteher 
am staatl. Hygien. Institut in Hamburg. 


Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzerin Sprottau. Verlag von Johann 
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metzger & Wittigin Leipzig. 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. 

Eine Monatsschrift für praktische Ärzte. 

Unter Mitwirkung von 

Db. C. BERLINER (Aachen), Db. ERN8T DEUTSCH (Budapest), 

De. ALBR. DWORETZKY (Moskau), De. E. ENSLIN (Eblangen), Dibektob Db. 
ESCHLE (Sinsheim), Pbop. Db. EVERSBUSCH (München), Db. G. FINDER (Chab- 
lotthnbubg), Db. E. FLATAU (Wabschau), Pbiv.-Doz. Db. R. HECKER (München), 
Db. LEO JACOBI (New Yob*), Pbop. Db. JOACHIMSTHAL (Beblin), Db. MAX 
JOSEPH (Beblin), Db. G. KREBS (Hildesheim), Db. P. MAAS (Aachen), Db. K. 
MENDEL (Beblin), Db. ADOLPH H. MEYER (Kopenhagen), Db. PLANTENGA 
(Haag), Db.CARL SCHADE (Göttingen), Pbiv.-Doz. Db.E.SCHREIBER(Göttingbn), 
De. SCHRIDDE (Eblangbn), Pbiv.-Doz. Db, H. STARCK (Heidblbebg), Db. SZYMA- 
NOWSKI (Wabschau), Db. E.TOFF (Bbaila, Rumänien), Pbop. Db. VULPIUS (Heidel¬ 
berg), Db. H. WALBAUM (Kiel), Pbiv.-Doz. Db. ZIEGENSPECK (München) u. A. 

herausgegeben von 

Dr. med. Eugen Graetzer, 

prakt. Arzt in Sprottau. 


Vni Jahrgang. Juni 1903. 


Nr. 6. 


Inhalt. 

I. Beferate. 

Seite 


Hecker, Die sogenannte Abhärtung der Kinder.225 

Walter Krebs, Zur Frage der Abhärtung. . . ..226 

0. Rommel, Zur Behandlung frühgeborener Kinder.227 

H. Weil, Über die Bedeutung des Mekoniumpfropfes beim Neugeborenen 227 
Francis Harbitz, Die „Lungenprobe“ und ihre Bedeutung bei legalen 

Obduktionen von neugeborenen Kindern.228 

Albin Haberda, Zur Frage des Beweiswertes der Lungenprobe . . . 228 

F. Hitschmann und 0. Th. Lindenthal, Zur Frage der Verwertbarkeit 

der Lungenschwimmprobe bei Keimgehalt der Uterushöhle .... 229 
Krönig, Zur Frage der Verwertbarkeit der Lungenschwimmprobe bei 

Keimgehalt der Uterushöhle. 229 

Camerer, Zur Physiologie des Säuglingsalters.229 

A. Adsersen, Gewichts- u. Längenkurven neugeborener Kinder 1891—1894 230 
H. Neumann, Körpergewicht der Säuglinge nach sozialer Gruppierung . 230 

Cataneo und Marinio, Über einige Hautsinnesfunktionen und den Raum¬ 
sinn im Kindesalter.231 

Konrad Gregor, Untersuchungen über die Atembewegungen des Kindes 231 
Enrico Mensi, Über Ursprung und Funktion der Hassalschen Körperchen 232 
Theodor Panzer, Notiz über den Harn des menschlichen Fötus . . . 233 



Anerkannt vorzüglichstes 
Man acJjte auf den Mb men. 

y IjifTerafun ..«jttMfa» 

Mbrnn tttwrta H.HtfMQUll,4utinloh(Wurw«ti|j 

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Fortsetzung des Inhaltes. 


S. Jakobi, Über das Erscheinen von Typhusbazillen im Urin.23S 

Richard Berner dt, Über Acetonurie bei Typhus abdominalis .... 233 

Leo Schaps, Beiträge zur Lehre von der cyklischen Albuminurie . . . 234 

Charles Herrman, A case of Paroxysmal Hemoglobinuria in a boy your 

years old..234 

Cornelia de Lange, Zur Kasuistik der Phosphaturie im Kindesalter . 235 

Guida, Behandlung der Diabetes mellitus bei Kindern.235 

Myron E. Fischer, Infantile Diabetes mellitus.236 

Seelheim, Zwei Fälle von Diabetes mellitus im kindlichen Alter . . . 236 

Lang, Über Glykosurie als Initialsymptom einer Schrumpfhiere .... 236 

A. Caill6, Chronic parenchymatous nephritis in a child treated by renal 

decapsulation (Edebohls’ Operation) . . *.. 237 

Valvasori, Die Albumosurie bei einigen Kinderkrankheiten.237 

F. Siegert, Albumosurie im Verlauf der Nephritis bei Diphtherie und 

Scharlach und ihre prognostische Bedeutung ..238 

O. Heubner, Bemerkungen zur Scharlach- und Diphtherieniere .... 238 

P. N. K. Schwenk, Postdiphtherie Ocular Paralysis.239 

L. C. Peter, Postdiphtherie Paralysis affecting the General Nervous System 239 
C. L. Feit, Postdiphtherie Paralysis affecting the Ear and Throat . . . 239 

W. M. Beaumont, Paralysis of the Accomodation an a posteriori view of 

Diphtheria.240 

R. Glatard, Die Nasendiphtherie.240 

Erik E. Fab er, Die Todesursachen bei der Diphtherie.241 

H. Eppinger, Die toxische Myolyse des Herzens bei Diphtheritis . . . 242 

W. Gerl ach, Tod nach einer Antidiphtherieseruminjektion.242 

v. Niessen, Diphtheriebazillen im Blute und im B eh rin g sehen Heilserum 243 
P. Ehrlich, Bemerkungen zu dem Aufsatze von Dr. v. Niessen: Diph¬ 
theriebazillen im Blute und im Behringschen Heilserum.244 

Pool Heiberg, Einige Bemerkungen zum Artikel Kassowitz’ über die 

Resultate der Serumbehandlung bei Diphtherie.244 

Kassowitz, Bemerkung zu den Bemerkungen von Heiberg.244 



Bromipin 

Ind.: Neurasthenie, Hysterie, Epilepsie, 
Chorea, epileptische Dämmerzustände. 

Rp.: Bromipin 10% 100 g. 

D. S. 2—3 mal täglich 1 Theelöffel voll in ober¬ 
gähr. Bier oder heißer Milch. 


Stypticin 

Ind.: Blutungen im Klimakterium, 
menstruale Blutungen, Menorrhagien etc. 

Rp.: Tablettar. Stypticin No. 40 ä 0,06 g. 
D. 8. Täglich 3—6—8 Tabletten zu nehmen. 


^ Dionin <$ Vw 


Ind.: Asthma, Emphysem, Bronchitis, Phthisis pulmon., TracheVtis, Pertussis, 
Schmerzzustände (Gastralgie, Ischias, Ovaralgie, Oophoritis, Ulcus ventrieuii), Asomnie, 
Abstinenzkur, Keratitis, Chorioiditis, Bulbusoperationen. 


Rp.: Dionin 0,3, 

Aq. amygd. amar. 15,0. 
M. D. S. 3 mal täglich 10; 
Abends 20 Tropfen. 


Rp.: Dionin 0,04, 

01. Cacao 2,00. 

M. f. lege art. supp. d. t. dos. 10. 
S. Täglich 1 bis mehrere 
Zäpfchen zu gebrauchen. 


Rp.: Dionin 0,5, 

Aq. dest. 20,0. 

M. f. sol. steril. 

S. Zu subkutanen Injektionen. 


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(sofortige juckstillende Wirkung); parasitäre Dermatosen wie; 
{Scabies (Einreibung mit grüner Seife, nach 1 Stunde Bad, 
vollständige Einreibung mit Thigcnolum purum, abends 2. Thi- 
genoleinreibung. In 2 Tagen Heilung); Favus etc.; Akne; 
gynäkologischen Affektionen wie: Endo-, Para- und Peri¬ 
metritis, Beckenexsudaten, als 10—20 °/ 0 Thigenol- 
vaginaltampos oder Suppositorien ä 0,30; Rheumatismus 
(Einreibungen mit Thigenol, Chloroform ac. 10,0, Spir. camplior 
40,0); Erysipel (pur oder 10 °/ 0 Salbe), Fissur aani, 
Hämorrhoiden etc. 


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Form der Kreosot - Therapie. 

Jodoformersatz. 

greift Instrumente nicht an. 










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Fortsetzung des Inhaltes. 


Felix v. Szontagh, Die Mischinfektionen ............ 257 

E. A. Dent, Konkurrierendes Scharlach- und Masernexanthem .... 257 

Paul Moser, Über die Behandlung des Scharlachs mit einem Scharlach¬ 
streptokokkenserum .258 

D. Pospischill, Mosers Scharlachstreptokokkenserum.259 

P. Moser, Über Antistreptokokkenserum bei Scharlach.260 

A. Baginsky, Bemerkungen zu dem vorstehenden Artikel P. Mosers . 260 
H. Aronson, Bemerkungen zu dem Artikel des Herrn Dr. P. Moser . . 260 


xx. Lj ogiuo »j , n.uuour|mrivviviwcuociuui uci uvuatiouu ... 

Louis Fischer, Clinical Results with Antistreptococcus Serum in Scarlet 

Fever.260 

Rumpel, Die Behandlung des Scharlachs mit Rekonvaleszentenserum . . 261 

Schoull, Die Phototherapie des Scharlachs.261 

E. W. Saunders, Pilocarpine in the treatment of Scarlet fever .... 261 

Everard, Fünfmal Scharlachfieber.262 

Bertelsmann, Spontanluxation des linken Hüftgelenks im Verlaufe eines 

Scharlachs.262 

Karl Leiner, Über Wundscharlach bei Verbrennungen.268 


IL Aus Vereinen und Versammlungen. 


Berliner medicinische Gesellschaft.. 263 

Verein für innere Medizin in Berlin.265 

Ärztlicher Verein in Nürnberg.266 


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Inder«, 

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Central blatt für 

Kinderheilkunde. 

Eine Monatsschrift für praktische Ärzte. 
VIIL Jahrgang. 1. Juni 1903. No. 6. 


I. Referate. 

Hecker (München). Die sogenannte Abhärtung der Kinder. 

(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 46.) 

Auf Grund seiner Erfahrungen kommt H. zu folgenden Schlüssen: 

Die heute in vielen, besonders gebildeten Kreisen übliche und 
verbreitete Methode, kleine Kinder mittels Kaltwasserprozeduren 
„systematisch“ abzuhärten, ist nicht nur unzweckmäßig, sondern häufig 
geradezu gesundheitsschädlich. 

Diese „systematische“ (d. h. schematische und kritiklose) Kalt¬ 
wasserabhärtung gewährt den Kindern nachweislich nicht nur keinen 
Schutz vor den sogenannten Erkältungskrankheiten, sondern sie er¬ 
höht im Gegenteil geradezu die Empfänglichkeit für dieselben. 

Sie führt daher häufig zu Schnupfen, Halsentzündungen, Bronchitis, 
Lungenentzündung. 

Sie kann außerdem zu folgenden Schädigungen führen: 

Zu ausgesprochener, ja schwerster Anämie. 

Zu Erkrankungen des Gesamtnervensystems, wie allgemeine Nervo¬ 
sität, Neurasthenie, Appetitlosigkeit; unruhiger Schlaf, nächtliches Auf¬ 
schreien; psychische Reizbarkeit mit auffallender Unruhe und Auf¬ 
regungszuständen; Veränderung des Charakters, Launenhaftigkeit, 
Jähzorn, stilles Wesen u. s. w. 

Zu akuten und chronisch rezidivierenden Darm- bezw. Dickdarm¬ 
katarrhen. 

Sie erschwert den Ablauf aller der genannten, sowie auch anderer 
zufälliger Erkrankungen, besonders des Keuchhustens. 

Eine gewisse körperliche Abhärtung ist beim Kinde notwendig, 
sie geschehe aber nach folgenden Grundsätzen: 

1. Die Abhärtung sei nicht Selbstzweck, sondern sie habe immer 
ihr eigentliches Ziel im Auge, die Wehrhaftmachung des Körpers 
gegenüber den Angriffen aus der Natur. Also nicht lautloses Ertragen 
von kalten Güssen werde erstrebt, sondern das Überwinden von Kälte, 
Wärme, Nässe, Trockenheit, Zugluft, Wind u. s. w. 

2. Dieses Ziel kann nur durch die Anwendung adäquater, i. e. 
natürlicher Mittel erreicht werden. Solche Mittel sind: 

a) Gewöhnung an die Luft des Zimmers. Zeitweilig Blo߬ 
legen, Gewährung des Bloßstrampelns im Schlaf unter Vermeidung 
von sogenannten Schlafsäcken, Barfußlaufen. Nacktlaufen vor dem 
Schlafengehen. Schlafen bei offenem Fenster nur im Hochsommer 
und nur in Orten mit mildem Klima! 

( Centralbl. f. Kinderhlkde. VIIL 


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226 


Centralblatt fitir Kinderheilkunde. No. 6. 


b) Gewöhnung an die Luft im Freien. Vom zweiten Halb¬ 
jahr ab Ausfahren oder Ausgehen bei jeder Witterung, außer bei 
Nordostwinden, großer Kälte, Schneestürmen u. s. w. Bei größeren 
Kindern Luft- und Sonnenbäder im Sommer, Barfußlaufen. 

c) Richtige Anpassung der Kleidung an Klima und Jahres¬ 
zeit. Kein bestimmtes „Regime“. Vorsicht in den Übergangszeiten 
des Jahres. Keine Pelzverweichlichung im Winter. Womöglich freier 
Hals. Nackte Beine nur im Sommer, bei mageren Kindern Vorsicht! 

d) Gewöhnung an kühles Wasser. Dasselbe werde nicht 
kälter, nicht häufiger und nicht früher angewandt, als sich mit dem 
allgemeinen Wohlbefinden des Kindes verträgt, wobei zu beachten 
ist, daß eventuelle Schädigungen zuweilen erst nach einiger Zeit sich 
bemerkbar machen. Unangenehmes Empfinden mahnt zu sorgsamer 
Beobachtung, wogegen scheinbar angenehmes Empfinden kein sicherer 
Beweis für die Unschädlichkeit der Prozedur ist. Waschungen sind 
den Übergießungen vorzuziehen und sollen, wenn sie den ganzen 
Körper betreffen, nicht mehr als einmal täglich vorgenommen werden. 

3. Jede Abhärtung geschehe allmählich und unmerklich, etwa so, 
wie man sich in einen starken elektrischen Strom „hineinschleicht“. 

4. Jede Abhärtung sei absolut individuell und berücksichtige 
stets den jeweiligen Körperzustand, die Bedürfnisse und die Empfind¬ 
samkeit des Kindes. Es gibt kein bestimmtes Abhärtungs¬ 
schema. 

5. Keinerlei Abhärtung (auch nicht die Luftabhärtung) beginne 
zu früh. Säuglinge sind überhaupt nicht abzuhärten, sondern unter 
allen Umständen warm zu halten. 

6. Ohne vorangegangene ärztliche Untersuchung sollen bei Kindern, 

speziell bei anämischen und nervösen, keinerlei Kaltwasserprozeduren 
vorgenommen werden. Gr&tzer. 


Walter Krebs. Zur Frage der Abhärtung. 

(Aus der hydrotherap. Anstalt der kgl. Univers. in Berlin.) 

(Berliner klin. Wochenschrift 1903 No. 7.) 

K. wendet sich gegen Hecker, dem er allerdings bezüglich der 
Nichtabhärtung der Säuglinge beistimmt, während er gegen dessen 
Ablehnung der „systematischen“ Abhärtung der Kinder im all¬ 
gemeinen Bedenken geltend macht. K. möchte eine systematische 
(natürlich verständig gehandhabte!) Abhärtung keineswegs eo ipso 
schematisch und kritiklos nennen, denn ein System muß doch in jeder 
Kur liegen, und es kommt nur darauf an, den Angehörigen das 
Rationelle und Nichtrationelle bei der Durchführung einer solchen 
Kur in zweckmäßiger Form auseinanderzusetzen. Aber selbst wenn 
man die Schlußfolgerungen Heckers, die dieser aus seinen praktischen 
Erfahrungen zieht, zugeben wollte, daß nämlich mild und streng ab¬ 
gehärtete Kinder wesentlich empfänglicher gegen Erkältungskrankheiten 
sind, als nicht systematisch Abgehärtete, a. h. Nichtabgehärtete, so 
sind doch zum mindesten zwei Einwürfe zu machen. Zunächst wird 
doch in sehr vielen Fällen erst dann die Abhärtung begonnen, wenn 


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I. Referate. 


227 


mehrfach überstandene Erkältungskrankheiten dazu auffordern, eine 
methodische Wasserabhärtung an Stelle der bisherigen Verweichlichung 
als Schutz gegen fernere Erkältungen treten zu lassen. Es ist dann 
gar nicht zu sagen, ob diese mild oder streng abgehärteten Kinder 
wegen oder trotz der Abhärtung anfällige waren; Angaben über 
das Befinden vor der Abhärtungskur fehlen ja bei Hecker. Zweitens 
werden jedenfalls die Eltern abgehärteter Kinder eher letztere jedem 
Wetter, manchmal in mangelhafter Bekleidung, aussetzen, während 
die Nichtabgehärteten bei schlechtem Wetter im Zimmer gehalten, 
warm angezogen u. s. w. werden. Es sind also die Bedingungen für 
einen Vergleich nicht anwendbar. 

Das durch unzählige Beobachtungen bewiesene Faktum, daß 
unter gleichen Voraussetzungen sich abgehärtete Kinder den 
klimatischen Verhältnissen gegenüber widerstandsfähiger erweisen, als 
Nichtabgehärtete, bleibt bestehen und rechtfertigt nach wie vor das 
Vertrauen auf den Vorteil einer verständigen Abhärtungskur, zumal 
nach K.s Ansicht auch die theoretischen Bedenken Heckers betreffs 
des kalten Wassers nicht überzeugende Kraft besitzen. Gr ätz er. 


0. Rommel (München). Zur Behandlung frühgeborener Kinder. 

(Die medizin. Woche 1902 No. 48.) 

Verf. empfiehlt seine Couveuse, deren Vorteil vor der Lionschen, 
mit der sie äußerlich Ähnlichkeit hat, liegt: 1. in dem Fortfall eines 
komplizierten Thermoregulators, 2. in der besseren Ventilation, 3. dem 
bedeutend geringeren Verbrauch an Heizmaterial, 4. im Preise (175 Mk. 
gegenüber 450 Mk.). Grätzer. 


H. Weil. Über die Bedeutung des Mekoniumpfropfes beim 

Neugeborenen. 

(Aus der k. k. deutschen geburtshilfl. Univ.-Klinik in Prag.) 

(Deutsche med- Wochenschrift 1902 No. 43.) 

Cr am er hat dem Befunde eines Mekoniumpfropfes eine gewisse 
Bedeutung auf forensischem Gebiete beimessen wollen. W. bestreitet 
diese Bedeutung. Erstens ist dieser Befund viel zu selten — W. 
fand ihn unter 500 Geburten einmal —, als daß der Gerichtsarzt in 
die Läge kommen dürfte, ihn zu erheben. Aber selbst bei größerer 
Häufigkeit wäre seine Bedeutung eine recht geringe; höchstens könnte 
die Konstatierung des Pfropfes als ein unterstützendes Moment heran¬ 
gezogen werden, wenn andere, sicherere Befunde für die Annahme 
vorliegen, daß das Kind bei der Geburt gelebt habe und erst post 
partum zu Grunde gegangen sei. Mit der Feststellung der Tatsache, 
daß ein Mekoniumpfropf fehlt, läßt sich überhaupt nichts anfangen. 

Grätzer. 


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228 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 


Francis Harbitz (Norwege). Die „Lungenprobe“ und ihre 
Bedeutung bei legalen Obduktionen von neugeborenen Kindern. 

(Norsk Magazin for Lägevidenskab. 1902 November.) 

1893 haben Bordas und Descoust, auf experimentelle Unter¬ 
suchungen gestützt, behauptet, daß Fäulnisgase sich nie in atelek- 
tatischen Lungen, sondern nur in faulen Lungen von Kindern, 
die geatmet haben, entwickeln können. Nach einer Darstellung der 
Diskussionen über diesen Gegenstand referiert Verf. 11 legale Ob¬ 
duktionen von faulen Leichen neugeborener Kinder, um zu zeigen, 
wie sich die Lungen verhalten einerseits in den Fällen, in welchen die 
Kinder geatmet haben, andererseits in solchen, wo man annehmen 
muß, daß die Lungen atelektatisch gewesen waren und das Kind tot¬ 
geboren. Unter den letzten Fällen waren mehrere, in welchen Fäulnis¬ 
gase konstatiert wurden. 

Verf. hat 6 mal versucht, die Leichen von totgeborenen Kindern 
eine verschiedene lange Zeit liegen zu lassen, um zu erfahren, wie 
die Fäulnisprozesse sich verhalten; nur in einem Falle blieb 
die eine Lunge schwimmfähig, in den übrigen trat keine Fäulnis 
mit Gasebildung ein, sondern eine Liquefactio (Hinschmelzen) der 
Lungen. Obgleich diese Experimente die Erfahrungen von Bordas 
und Descoust bestätigen, meint Verf. doch, auf seine Obduktions¬ 
erfahrungen gestützt, daß man, wenn die Fäulnis sehr stark ist, nicht 
mit Bestimmtheit entscheiden darf, ob die Lungen ursprünglich mit 
Luft gefüllt waren oder nicht. Eine Fäulnis mit Gasebildung bedeutet 
doch gewöhnlich, daß Atmung stattgefunden hat. 

Verf. erwähnt demnächst die Möglichkeit, daß die Lungen luftleer 
sind, trotzdem daß sie ursprünglich mit Atmungsluft gefüllt gewesen 
sind. Er referiert vier Sektionsbefunde bei neugeborenen, gewöhnlich 
zu früh geborenen Kindern, die geatmet haben, aber bei welchen die 
Lungen atelektatisch gefunden wurden. Gewöhnlich findet man in 
solchen Fällen, so auch in denen des Verfis, Luft (NB. nicht Fäulnis¬ 
gase!) im Magen und Dünndarm. Um solche Fälle zu erklären, verweist 
Verf. hauptsächlich auf die Hypothese von Thomas (schwache Respi¬ 
ration bei zu früh geborenen Kindern mit gradueller Verminderung der 
Respirationsbewegungen und sukzessiver Ausleerung der Luft durch 
die Bronchien bei jeder Respiration) oder auf die von Ungar (Resorption 
der Luft durch die Kapillaren, wenn die Respiration aufhört, während 
die Zirkulation noch eine kurze Zeit dauert); eventuelle Flüssigkeit 
in der Pleurahöhle kann doch vielleicht auch die Luft resorbieren 
oder durch Kompression die Lungen luftleer machen. 

Adolph H. Meyer (Kopenhagen). 


Albin Haberda (Wien). Zur Frage des Beweiswertes der 

Lungenprobe. 

(Archiv f. Gynäkologie Bd. 67 Heft 1.) 

Die Lungenschwimmprobe allein beweist nichts. Die sonstigen 
Veränderungen der Lungen durch die Atmung, namentlich das Bild 

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I. Referate. 


229 


der Luftflillung der Alveolen ist entscheidend. Die Ausdehnung der 
Alveolen ist nach Luftatmung eine charakteristisch gleichmäßige, bei 
faulen gasbildenden Lungen eine ungleichmäßige. Die Ausführungen 
von Hitschmann und Lindenthal haben daher keine Bedeutung 
für die praktische gerichtliche Medizin; auch deshalb nicht, weil die 
Geburten, um die es sich hier handelt, in der Regel sehr in die 
Länge gezogen werden und durch Kunsthilfe beendet werden müssen. 

Marx (München). 


F. Hitschmann und 0. Th. Lindenthal (Wien). Zur Frage der 
Verwertbarkeit der Lungenschwimmprobe bei Keimgehalt der 

Uterushöhle. 

(Archiv f. Gynäkologie Bd. 66 Heft 2.) 

Nach den Untersuchungen der Verff. kann ohne Luftatmung und 
ohne Fäulnis die Lungenschwimmprobe, eventuell auch die Magen- 
Darmschwimmprobe positiv ausfallen und zwar durch die Wirkung 
anaerober Bazillen, welche Gas bilden. Marx (München). 


Krönig (Leipzig). Zur Frage der Verwertbarkeit der Lungen¬ 
schwimmprobe bei Keimgehalt der Uterüshöhle. 

(Monatschrift f. Geburtshilfe u. Gynäkologie Bd. 16 Heft 3.) 

Verf., der im übrigen auf seine früheren Arbeiten über diesen 
Gegenstand verweist, stimmt den Ausführungen von Hitschmann 
und Lindenthal bei und ist gleichfalls der Ansicht, daß der positive 
Ausfall der Lungenschwimmprobe allein weder bei frischen noch bei 
faulen Früchten dafür beweisend ist, daß das Kind geatmet hat. 
Nach früheren Untersuchungen K.s findet sich das gasbildendeanaerobe 
Stäbchenbakterium, das auch Hitschmann und Lindenthal bei 
ihren Fällen gefunden haben, normalerweise nicht im Scheidensekret 
der Schwangeren; vielmehr geht es, in Reinkultur in die Scheide 
Schwangerer gebracht, innerhalb kurzer Zeit dort zu Grunde. 

Marx (München). 


Camerer. Zur Physiologie des Säuglingsalters. 

(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 56 Heft 4.) 

Physiologisch-chemische Untersuchungen, deren zahlreiche Er¬ 
gebnisse nicht in Kürze wiedergegeben werden können. Sie betreffen 
die Wachstumsyorgänge beim Säugling und beim Erwachsenen, die 
Bedeutung der einzelnen Nahrungsstoffe für den Stoffwechsel, die 
Zusammensetzung, speziell den Eiweißgehalt der Frauenmilch und 
die Bildung, Prüfung und Verwendung physiologischer Mittelwerte. 

Hecker (München). 


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230 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 


A. Adsersen (Däne). Gewichts- und Längenkuryen 
neugeborener Kinder 1891—1894. 

(Nordiskt medicinskt Arkiv 1902 Abt. II Heft 4 No. 19.) 

Verf. hat früher (Nordiskt medic. Arkiv 1896—1900) nach¬ 
gewiesen, daß die Schwankungen in den Gewichts- und Längenkurven 
von neugeborenen Kindern Übereinstimmungen zeigen, sei es, daß die 
Kinder am einen oder anderen Orte geboren sind, daß aber die 
Schwankungen nicht immer gleichzeitig auftreten, sondern in der 
kältesten Jahreszeit früher bei den Kindern, welche am weitesten 
nach Westen, später bei denen, welche am weitesten nach Osten ge¬ 
boren sind, ein treten. 

Verf. veröffentlicht jetzt Untersuchungen aus dem Entbindungs¬ 
hause zu Helsingfors und aus der Mariae-Gebäranstalt zu St. Peters¬ 
burg. Die Zahlen betreffen nur reife, in Helsingfors 1891—1894, in 
St. Petersburg vom 20. Dezember 1890 bis zum 19. Dezember 1894 
geborene Kinder. Das Resultat entspricht ganz besonders gut 
den früheren Untersuchungen des Verf.s. Die Verschiebung der 
Schwankungen geht — wie es aus den Tabellen hervorgeht — mit 
einer so großen Regelmäßigkeit vor sich, daß man — ceteris paribus — 
aus der Anzahl der geographischen Längengrade ziemlich genau den 
Grad der Verschiebung vorauszuberechnen im stände ist. Verf. glaubt, 
daß die Erforschung dieser Verhältnisse dazu beitragen kann, über 
die jährliche Periodizität der menschlichen Stoffwechselprozesse und 
die Verschiedenheiten derselben als eine Folge der Lage des Geburts¬ 
ortes aufzuklären. Adolph H. Meyer (Kopenhagen). 


H. Neumann. Körpergewicht der Säuglinge nach sozialer 

Gruppierung. 

(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 56 Heft 5.) 

Diagrammatische Darstellung der Resultate von 1002 Wägungen 
an 665 Kindern aus dem Berliner Kinderschutzverein. Es soll das 
durchschnittliche Körpergewicht von Säuglingen zur Anschauung ge¬ 
bracht werden, welche unter den Verhältnissen der Berliner Arbeiter¬ 
bevölkerung künstlich ernährt werden. Bis zum vierten Monat 
stimmen die erhaltenen Zahlen mit den Durchschnittszahlen Garn erers 
(für Flaschenkinder) überein, von da ab vermindert sich die Zahl 
der Kinder, welche die Gewichte Camerers erreichen, erheblich in 
zunehmendem Maße. Die Normalverhältnisse wurden durch folgende 
Zahlen ausgedrückt: zweite Hälfte des 1. Monats 2000—4000 g, 
2. Mon. 2500—5000 g, 3. Mon. 3000—55U0g, 4. Mon. 3500—6000 g, 
5. Mon. 4000—7000 g, 6. Mon. 4500—7000 g, 7. Mon. 5000—7500 g, 
8. Mon. 5000—8000 g, 9. Mon. 6000—8500 g, 10.—12. Mon. 6000 bis 
8500g, 13.-15. Mon. 7000—10000g. Hecker (München) 


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I. Referate. 


2»1 

Cataneo und Marinio. Über einige Hautsinnesfunktionen 
und den Kaumsinn im Kindesalter. 

(La Pediatria, 1902 No. 12.) 

Die Untersuchungen wurden an 50 Kindern im Alter bis zu 7 Jahren 
vorgenommen. Es ergab sich, daß der Berührungssinn auch bei 
Kindern in den ersten Lebensjahren bereits sehr ausgesprochen war, 
die Lokalisation genau und die Empfindungskreise scharf umschrieben. 
Ebenso siud Drucksinn und Temperatursinn ausgebildet, desgleichen 
Raumsinn und Muskelsinn. Es wurde ferner mittels Anwendung der 
Elektrizität (Du Bois-Reymond scher Schlittenapperat) die Schmerz¬ 
empfindlichkeit geprüft und es ergab sich, daß dieselbe im Vergleich 
zum Erwachsenen ungemein viel weniger ausgeprägt war. Verf. folgert 
daraus, daß die Schmerzempfindung nichts Ursprüngliches ist, sondern 
sich erst später herausdifferenziert und durch Erziehung und Erfahrung 
weitergebildet wird. p. 


Konrad Gregor (Breslau). Untersuchungen über die Atem¬ 
bewegungen des Kindes. 

(Archiv f. Kinderheilkunde Bd. 35 Heft 3 u. 4.) 

Wie bei der Entwicklung der Atmung in der Säugetierreihe 
jener Moment, wo der Stützpunkt der Körperlast nach den hinteren 
Extremitäten verlegt und die Schwererichtung eine cepbalocaudale 
wird, von Bedeutung ist, so beobachten wir auch in der Atmungs¬ 
entwicklung im frühen Kindesalter einen Wendepunkt zu der Zeit, 
wenn der Mensch seine Atmung der der veränderten Einwirkung der 
Schwere auf die Bewegungen der Brusteingeweide entsprechend um¬ 
zugestalten beginnt. In beiden Fällen erfolgt eine Verlegung der 
Schwererichtung in die cephalocaudale Linie; die ursprünglich vor¬ 
wiegende Zwerchfellsatmung wandelt sich allmählich in die thorakale 
Atmung um. Die thorakale Atmung des Säuglings ist anfangs da¬ 
durch eingeschränkt, daß infolge der nahezu horizontalen Stellung 
der oberen Brustapertur eine Thoraxerweiterung durch Hebung des 
Schultergürtels und der oberen Rippen nicht möglich ist. Eine Zu¬ 
hilfenahme der Schultermuskulatur zu tieferen Inspirationen ist mecha¬ 
nisch wohl durchführbar (forcierte Atmung bei Pneumonie); da aber 
die oberen Lungenlappen des Säuglings sich schon bei ruhig gestelltem 
Thorax nahezu in Inspirationsstellung befinden und durch den inspi¬ 
ratorischen Zwerchfellszug bereits voll entfaltet werden, so kann eine 
gemeinsame Aktion von abdomineller Atmung mit denjenigen Muskeln, 
die wir beim Erwachsenen als die Auxillarmuskulatur der Atmung 
bezeichnen, normalerweise nur in dem Sinne stattfinden, daß die eine 
Atembewegung die andere vertritt. Ein unvermitteltes Hinzutreten 
der Tätigkeit der sogenannten Auxiliarmuskeln zur Zwerchfellsatmung 
muß zur Lungenblähung führen. 

Die thorakale Atmung, d. h. die Möglichkeit der Rippenhebung, 
wird vorbereitet durch Rippensenkung und Descensus der vorderen 
Brustwand. Durch die Aufrichtung des Körpers gestaltet sich auch 
die abdominelle Atmung günstiger: in der Rückenlage nämlich wirkt 

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232 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 

der Druck, den Leber, Magen und Darm gegen jede Abplattung des 
Zwerchfells ausüben, im Sinne einer Abflachung der Atmung. 

Die Arbeitsleistung der Atemmechanik, gemessen durch das 
Volumen der in der Zeiteinheit pro 1 kg Körpergewicht eingeatmeten 
Luftmenge, ist im Säuglingsalter fast doppelt so groß wie im späteren 
Kindesalter. Der große Verbrauch an Atmungsarbeit ist zum Teil 
bedingt durch die in der liegenden Stellung des Säuglings bei Steige¬ 
rung seines Luftverbrauches nur die Möglichkeit zu Gebote steht, 
durch häufige flache Inspirationen ein Plus an Atemluft in die Lungen 
einzuführen. Das ältere Kind dagegen, welches bereits gelernt hat, 
die durch den cephalocaudalen Zug der Baucheingeweide unterstützte 
Zwerchfellsatmung in zweckentsprechender Weise mit der thorakalen 
Atmung zu kombinieren, hat dadurch in weitem Umfange die Mög¬ 
lichkeit, seine Atemtiefe zu variieren. Die Erwerbung einer größeren 
Aktionsfreiheit durch Vertiefung der Atmung geht in der Zeit 
vom 3.—7. Jahre vor sich. 

G. photographierte Kinder verschiedener Altersklassen in den 
einzelnen Atemstellungen (nach dem Vorgänge von C. Hasse) und 
zwar auf eine Platte jedesmal tiefste Inspiration und tiefste Exspiration. 
Es ergab sich, daß bei den meisten Mädchen die inspiratorische 
Hebung der oberen Brustapertur merklich größer war als diejenige 
des unteren Rippenrandes; bei 4 Kindern fand sogar eine Einziehung 
dieser Region statt bei der tiefen Einatmung. Dies erklärt sich' da¬ 
durch, daß auch bei forcierter tiefer Atmung nicht die maximale 
Entfaltung des Thorax mit Hilfe der Rippenheber äusgeführt wird, 
wie es späterhin geschieht. Ferner ließ sich die für die reine 
thorakale Atmung charakteristische Einziehung der Unterbauchgegend 
nur ganz ausnahmsweise konstatieren. Bei Knaben ist die Brust¬ 
atmung im allgemeinen viel besser ausgebildet und die Inspirations¬ 
linie verläuft in allen Fällen vor der Exspirationslinie. Der Typus 
der Atmung verändert sich zwischen dem 7. und 14. Lebensjahr nicht 
mehr in charakteristischer Weise. 

Eine Reihe von beigegebenen Photogrammen veranschaulicht die 
Arbeit. Hecker (München). 


EnriCO Mensi. Über Ursprung und Funktion der Hassal- 

schen Körperchen. 

(La Pediatria 1903 No. 2.) 

Verf, hat die Thymusdrüse von Föten verschiedener Entwicklungs¬ 
stadien untersucht, um einen Beitrag zur Lösung der Frage von der 
Bedeutung jener zuerst von Hassal beschriebenen, in der Mark¬ 
substanz und zwar vornehmlich um die Gefäße herum gelegenen 
charakteristischen Körperchen zu haben. Vor dem vierten Monat 
hat Verf. diese Gebilde nie gefunden; ihre größte Entwicklung er¬ 
reichen sie zur Zeit der Geburt. Verf. sieht in ihnen einen für die 
Funktion des Organs wesentlichen Bestandteil. F. 


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L Referate. 


283 


Theodor Panzer. Notiz über den Harn des menschlichen Fötus. 

(Zeitschrift f. Heilkunde 1902 Heft 2.) 

P. hatte Gelegenheit, bei einem Fötus mit fehlender Urethra den 
Inhalt der stark gedehnten 210 ccm haltenden Harnblase zu unter¬ 
suchen. Der Harn hatte spezifisches Gewicht von 1008, reagierte 
neutral. Das spärliche Sediment bestand aus zahlreichen Platten- 
epithelien, Lymphkörperchen und Körnchen von kohlensaurem Calcium. 
Zucker, Aceton, Indican fehlten, dagegen fanden sich Spuren coagulier- 
baren Eiweißes. Neben reichlicher Menge von AUantoin, war das 
Fehlen von Kreatinin am auffallendsten. 

Der Gesamtstickstoff betrug 0,98 g, der Harnstoff 0,36 g, die 
Harnsäure 0,21 g pro Liter Harn. 

Die Untersuchungen dürften wohl die ersten in dieser Hinsicht 
angestellten sein. Hugo Starck (Heidelberg). 


S. Jakobi. Über das Erscheinen von Typhusbazillen im Urin. 

(Deutsches Archiv f. kliu. Medizin, Bd. 72 Heft 5 u. 6.) 

Unter 35 Typhuskranken wurden bei 7 Kranken Typhusbazillen 
im Urin nachgewiesen (= 20°/ 0 )- Bei vier derselben fanden sich 
Zylinder im Urin, unter diesen in 3 Fällen auch Blut. 

In einem Falle enthielt der Urin auch nach Aufhören der 
Nephritis noch Typhusbazillen. 

Beim Auftreten der Bakteriurie waren stets auch schon Roseolen 
vorhanden; eine schwere Komplikation scheint die Bakteriurie nicht 
zu bedeuten, da alle Fälle geheilt wurden. Immerhin ist auch aus 
diesen Untersuchungen zu entnehmen, daß dem Urin Typhuskranker 
eine größere Aufmerksamkeit besonders hinsichtlich der Desinfektion 
geschenkt werden muß, zumal da häufig auch noch in der Rekon¬ 
valeszenz virulente Typhusbazillen abgeschieden werden. 

Hugo Starck (Heidelberg). 


Richard Bernert. Über Acetonurie bei Typhus abdominalis. 

(Zeitschrift f. Heilkunde 1902 Heft 2.) 

B. suchte festzustellen, ob Acetonurie eine regelmäßige Begleit¬ 
erscheinung des Typhus abdominalis ist und solche die Diagnose er¬ 
leichtern kann. Auf Grund von 94 Typhusfällen, unter denen nur 
in 11 (= ll,7°/o) Fällen Acetonurie nachzuweisen war, kommt B. zu 
dem Schluß, daß dieselbe für Typhus nicht diagnostisch ver¬ 
wertet werden kann, sondern eher für Autointoxikation spricht: 
Tritt im Verlauf eines Typhus Acetonurie auf, so dauert dieselbe in 
der Regel auch in der Deferveszenzperiode nach, wahrscheinlich als 
Folge der Unterernährung. Allerdings kann die Unterernährung nicht 
als einzig auslösende Ursache für die Bildung von Aceton gelten, da 
sonst dessen Auftreten häufiger beobachtet werden müßte. 

Hugo Starck (Heidelberg) 


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234 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 


Leo Schöps. Beiträge zur Lehre von der cyklischen 
Albuminurie. 

(Archiv f. Kinderheilkunde Bd. 35 Heft 1 u. 2.) 

Bei der cyklischen Albuminurie hält die Eiweißausscheidung eine 
gewisse Regel inne, z. B. so, daß der Nachtharn kein Albumen ent¬ 
hält, im Tagharn aber sich solches in wechselnder Menge nachweisen 
läßt, während gegen Abend das Albumen im Harn wieder verschwindet. 
Fast alle Fälle dieser Erkrankung finden sich bei Individuen im 
Alter von 5—15 Jahren, und zwar werden Mädchen 4mal so häufig 
davon betroffen wie Knaben (Ursache davon vielleicht die bei jenen 
so häufige Cystitis, die sich zuweilen vielleicht zu aufsteigender Nephritis 
entwickelt). 

Nach ihrem Allgemeinzustand sind die betreffenden Pat. fast durch¬ 
wegs blasse, grazil gebaute Kinder mit dürftiger Muskulatur und 
ebensolchem Unterhautfettgewebe. Ein großer Teil leidet an Ob¬ 
stipation, sowie an häufigen Entzündungen der Rachenmandel und 
Rachen wand. Die subjektiven Klagen bestehen in Kopfschmerzen, 
Appetitlosigkeit, Müdigkeit, öfter Übelkeit, welche sich bis zum Er¬ 
brechen steigern kann, Herzklopfen und allerhand Schmerzen, be¬ 
sonders Seitenstechen. 

Sehr häufig sind pathologische Erscheinungen von Seite des 
Herzens wie Dikrotie des Pulses, hebender Spitzenstoß, frequente 
Herztätigkeit, wechselnde Arythmie des Pulses, Verbreiterung der 
Herzdämpfung nach rechts und links und zumeist Geräusche zugleich 
mit akzentuiertem zweiten Pulmonalton. Alle diese Erscheinungen 
wechseln sehr an Intensität und auch an Qualität, was gegen einen 
organischen Herzfehler spricht. Dilative Herzschwäche wurde nicht 
beobachtet. 

Die Prognose ist quoad vitam gut, quoad sanitatem aber schlecht; 
die betreffenden Kinder zeigen noch nach vielen Jahren dieselben 
Erscheinungen wie früher. 

Auffallend ist das familiäre Auftreten der cyklischen Albuminurie. 
S. konstatiert dasselbe 5 mal. 

Über die Ätiologie ergibt sich wenig Positives. In. der Mehrzahl 
der Fälle sind Infektionskrankheiten vorausgegangen. Sehr wahr¬ 
scheinlich ist ein Zusammenhang zwischen der cyklischen Albuminurie 
und pathologischen Zuständen am Herzen, wobei diese als die primäre 
Störung aufzufassen sind. Hecker (Müncheu). 


Charles Herrman. A case of Paroxysmal Hemoglobinuria 
in a boy your years old. 


(Archives of Pediatrics, Februar 1903.) 


Im Kindesalter kommt die paroxysmale Hämoglobinurie selten 
vor. Es sind nur einige 20 Fälle in der Literatur beschrieben 
worden. H. schildert seinen Pat., einen 4jährigen Knaben, der als 
Säugling an kongenitaler Syphilis gelitten hatte. Die Anfälle werden 
in der Regel des Morgens gegen 10 Uhr beobachtet. Das Kind wird 


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I. Referate. 


285 


reizbar, gähnt, klagt über Kopfweh und bekommt einen Schüttelfrost. 
Bleich, mit blauen Lippen und mormorierter Haut an den Beinen, 
klagt er über Müdigkeit, legt sich hin und verfällt in einen Schlaf, wobei 
die Körperwärme ansteigt. Eine halbe Stunde später wacht er auf, 
und nun geht der braunrot gefärbte Ham ab. Danach stellt sich 
Wohlbefinden ein. Die nachfolgende Entleerung liefert einen leicht 
gefärbten, an Uraten reichen Urin. Der ganze Anfall dauert 1 bis 
U/j Stunden, und wird durch Kälte angeblich nicht hervorgerufen. 

Der Knabe wurde antiluetisch mit Jodkalium und Quecksilber 
behandelt, und die Anfälle kehrten erst seltener wieder, um dann 
einige Zeit lang gänzlich auszubleiben. Die früher vergrößerte Milz 
ging auf ihre normalen Maße zurück. Da man in der Hälfte aller 
Fälle Lues in der Anamnese findet, empfiehlt sich stets ein Versuch 
mit antisyphilitischen Mitteln. Verf. gibt mit Vorliebe Protojoduretum 
Hydrargyri in Dosen von 3—6 Milligramm, 3mal täglich während 
5 Tagen, um dann auszusetzen und Ferrum peptonatum 5 Tage lang 
zu geben. Die Anfälle werden dadurch gemildert und kehren seltener 
wieder. Bei Verdacht auf Malaria ist natürlich Chinin indiziert. 
Sonst verordne man Ruhe und Wärme, eine blande Diät, namentlich 
reichlich Milch und Wasser, bei stark saurem Harn Alkalien, bei 
schwächlichen Kindern Lebertran. Warme Bäder mit nachfolgender 
Abreibung scheinen günstig zu wirken. Der beginnende Anfall ließe 
sich vielleicht durch eine heißes Senfbad coupieren. 

Auf Schutz vor Erkältung ist großes Gewicht zu legen. An 
kalten Wintertagen bleibt das Kind am besten im Zimmer. Kalte 
Bäder sind ebenfalls zu vermeiden. Die Prognose ist gut quoad 
vitam; immerhin denke man an die Möglichkeit einer hinzutretenden 
wirklichen Nephritis. Leo Jacobi (New York). 


Cornelia de Lange. Zur Kasuistik der Phosphaturie im 

Kindesalter. 

(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 57 Heft 1.) 

Phosphaturie bei einem 7 Monate alten Kinde. Die Erscheinung, 
die nach Soetbeer auf vermehrter Kalkausscheidung mit dem Urin und 
verminderter Kalkausscheidung mit den Fäces beruht, war hier wahr¬ 
scheinlich veranlaßt durch eine Störung einer Darmfunktion infolge 
von Oxiuren. Letztere können Darmkatarrh erzeugen und unter Um¬ 
ständen die ganze Dickdarmschleimhaut pelzartig besetzen. 

Hecker (München). 


Gllida. Behandlung der Diabetes mellitus bei Kindern. 

(Arch. di patologia e clinica infantile 1902 No. 4.) 

Verf. rät, Säuglingen, bei denen Diabetes festgestellt ist (? Ref.) 
mehrere Male täglich 100 g alkalisches Mineralwasser, z. B. Vichy 
mit Zusatz von 0,1 Natronbikarbonat zu geben. Älteren Kindern 
wird man hauptsächlich Milch geben; dazu geringe Mengen Kartoffeln, 

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286 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 

Brot und hin und wieder ein Ei. Daneben geringe Dosen Marsala¬ 
wein mit alkalischem Wasser vermischt; im Winter Lebertran. 

P. 


Myron E. Fischer. Infantile Diabetes mellitus. 

(American Medicine 1902 13. Dezember.) 

Diabetes mellitus im Kindesalter ist selten genug, um kasuistische 
Mitteilungen zu rechtfertigen. Dieser Fall betrifft ein 3 l j 2 j \ähriges 
Mädchen. Großes Durst, unstillbarer Hunger, Polyurie und reizbare 
Schwäche des Nervensystems waren die Symptome. Der Urin enthielt 
sehr viel Zucker. Trotz der angemessenen Diätverodnung verfiel das 
Kind #> rasch und ging innerhalb 3 Wochen im Koma zu Grunde. 

Ätiologische Anhaltspunkte bietet möglicherweise der Umstand, 
daß 2 Jahre vorher das Kind an heftigen Krämpfen gelitten hatte, 
welche eine rechtsseitige Hemiplegie hinterließen. Diese Lähmung 
ging nur teilweise zurück; auch wiederholten sich mehrmals später 
die Konvulsionen. Leo Jacobi (New York). 


Seelheim (Brünen). Zwei Fälle von Diabetes mellitus im 
kindlichen Alter. 

(Der Kinderarzt 1903 No. 4.) 

14jähriger und 3 ^jähriger Knabe. Gesamtdauer ad exitum im 
ersten Falle 7—8 Monate, im zweiten Falle ca. 8 Wochen. Beiden 
Fällen gemeinsam das Fehlen übergroßer Eßbegier, die auffallende 
Veränderung des Gesichtsausdruckes (unbeweglich, ergeben), die all¬ 
mähliche Abnahme des Durstes und der Urinmenge bei fast un¬ 
verändertem Prozentgehalt an Zucker. Beide Eltern streng solide; 
in beiden Familien keine erblichen organischen Krankheiten, i. sp. 
Diabetes, wohl aber nervöse Störungen bei verschiedenen Gliedern. 

Grötzer. 


Lang (Karlsbad). Über Glykosurie als Initialsymptom einer 

Schrumpfniere. 

(Die Medizin. Woche 1902 No. 46.) 

L. beschreibt einige Fälle, welche zeigen, daß Glykosurie als 
diagnostisch wertvolles Symptom einer beginnenden Schrumpfniere 
auftreten kann zu einer Zeit, wo alle anderen Symptome fehlen; ein© 
geringfügige Glykosurie, die durch Kohlehydratzufuhr nicht oder nur 
unwesentlich beeinflußt wird, verschwindet nach relativ kurzem Be¬ 
stände, um den klinischen Symptomen einer echten Schrumpfniere 
Platz zu machen. 

Die Beobachtungen betrafen eine 63jährige und eine 53jährige 
Person, sowie ein 11 jähriges Kind. 

11 jähriger Knabe. Mach Angabe der Mutter klagte der Knabe seit mehreren 
Wochen über langdauernde Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit. Anamnese ohne 
Belang bis auf einen vor 3 Jahren durchgemachten Scharlach. Seither soll der 
Knabe stets gesund gewesen sein. Die Untersuchung ergab durchaus normale 

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I. Referate. 


$37 


Verhältnisse, namentlich am Herzen weder perkutorisch noch auskultatorisch nach¬ 
weisbare Veränderungen. Die Untersuchung des in 24 Stunden entleerten Harnes 
ergab folgendes Resultat: Harnmenge 1660 cm 8 , spezifisches Gewicht 1016, Eiweiß 
negativ, deutliche Spuren Zucker, mikroskopisch keine Abnormität. Trotz ein¬ 
dringlicher Mahnung, sich von Zeit zu Zeit vorzustellen, sah L. den Knaben erst 
nach 8 Monaten wieder, als sich neue Beschwerden eingestellt hatten. Er klagte 
über Kurzatmigkeit beim Treppen- und Bergsteigen, sowie beim Laufen. Objektiv 
ließ sich nur eine Vergrößerung der Herzdämpfung und akzentuierter zweiter 
Aortenton feststellen. Die Harnuntersuchung ergab geringe Spuren von Albumen 
(deutliche Opaleszenz), kein Zucker (bei frei gewählter gemischter Kost), mikro¬ 
skopisch einzelne hyaline und mit einzelnen Leukocyten besetzte Zylinder. Im 
Laufe der weiteren Untersuchung war niemals Zucker aufzufinden, hingegen stets 
Albumen und Zylinder. Gr ätz er. 


A. Caille. Chronic parenchymatous nephritis in a child 
treated by renal decapsulation (Edebohls’ Operation). 

(Archives of Pediatrics, Oktober 1902.) 

Die operative Behandlung chronischer Nephritiden rührt von 
Edebohls (New York) her, dessen Methode in der Entfernung der 
bindegewebigen Nierenkapsel besteht. Dadurch kommt das Nieren¬ 
gewebe mit der sehr gefäßreichen Fettkapsel in unmittelbare Be¬ 
rührung, und es bilden sich alsbald zahlreiche Anastomosen zwischen 
den beiden Gefäßbezirken. Das Blut wird nun aus der überfüllten 
Niere in die neuen Bahnen geleitet und das kranke Organ einiger¬ 
maßen entlastet. Edebohls hat mit seiner Methode gute und perma¬ 
nente Erfolge erzielt 

Der von C. mitgeteilte Fall betrifft ein 5jähriges Mädchen mit 
chronischer parenchymatöser Nephritis nach Masern. Die Operation 
wurde yon Dr. Edebohls ausgeführt: beide fibröse Nierenkapseln 
wurden entfernt. Die Heilung ist zur Zeit noch keine vollständige, 
doch geht es dem Kinde ganz gut, und ein dauernder Erfolg ist wohl 
in Aussicht zu stellen. Leo Jacobi (New York). 


Valvasori. Die Albumosurie bei einigen Kinderkrankheiten. 

(La Pediatria 1902 No. 8.) 

Verf. kommt auf Grund seiner Beobachtungen zu folgenden Er¬ 
gebnissen: 

Bei Erkrankungen entzündlichen Charakters (Darmkatarrh, Bron¬ 
chialkatarrh, Bronchitis, Bronchopneumonie) zeigt die Zunahme der 
Albumo8urie eine Ausbreitung und Fortschreiten, die Abnahme der 
Albumosurie einen Rückgang des Krankheitsprozesses an. Bis zu 
einem gewissen Punkt kann man auch aus dem Grade der Albumosurie 
einen Rückschluß machen auf Gutartigkeit bezw. Schwere der Er¬ 
krankung. Einen noch höheren Wert hat die Untersuchung auf 
Albumosurie bei eitrigen Prozessen (Pleuritis, Leberabszeß, Gehirn¬ 
abszeß); denn je größer die Virulenz der Eiterungen ist, je mehr der 
Eitererguß unter Zerstörung der umgebenden Gewebe sich ausdehnt, 
desto stärker ist die Reaktion des Urins auf Albumose. Mit dem 
Verschwinden des Eiters schwindet auch die Albumosurie. 

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236 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 

Bei den spezifischen Entzündungen (Tuberkulose) ist Albumose 
im Harn ein häufiges Vorkommnis; die Albumosurie ist geringer bei 
den lokalisierten Formen, stärker bei der allgemeinen Form der 
Tuberkulose und überall da, wo Eiter gebildet wird. Sie steht in 
keinem Verhältnis zur Höhe der Körpertemperatur. Bei Ileotyphus 
und Varicellen findet sich Albumosurie fast stets; bei Chorea ist sie 
bisweilen für kurze Zeit vorhanden. 

Bei all den angeführten Krankheiten findet sich niemals im Urin 
die sogenannte Hemialbumose oder Propepton. F. 


F. Siegert (Straßburg). Albumosurie im Verlauf der Nephritis 
bei Diphtherie und Scharlach und ihre prognostische Bedeutung. 

(Monatsschrift f. Kinderheilkunde, Dezember 1902.) 

Seit 8 Jahren hat S. im Verlaufe der akuten parenchymatösen 
Nephritis gar nicht selten die hochgradige Albuminurie plötzlich von 
starker Albumosurie kompliziert gesehen, und fast stets war damit 
der Beginn rascher Heilung der Nephritis eingeleitet. 

An Stelle des aus dem Essbachschen (Pikrinsäure), wieSpiegler- 
schen (Gerbsäure) Reagens ausfallenden dichten Niederschlages tritt 
ein schmieriger, der Wand oft zäh anhaftender Niederschlag in der 
gänzlich getrübten Reagensflüssigkeit. Immer ist der Niederschlag 
dabei erheblich vermindert. Beim Erhitzen des mit Essigsäure schwach 
angesäuerten Harns tritt schon bei ca. 60° eine intensive Trübung 
ein, um so intensiver, ja vorsichtiger erwärmt wird, in der Kälte noch 
zunehmend. Beim Erhitzen auf 100° fällt das Albumin aus der 
wieder klaren Flüssigkeit aus, die beim Erkalten aufs neue sich 
trübt. Filtriert man den kochenden Harn auf heißem Filter, so trübt 
sich das Filtrat stark beim Erkalten und wird bei erneutem Kochen 
fast klar. Auf Pikrinsäure (Essbachs Reagens), wie] Gerbsäure 
(Spieglers Reagens) erfolgt intensive Trübung in der Kälte, welche 
dauert, beim Erhitzen aber fast verschwindet, beim Erkalten sofort 
wiederkehrt. Auf Übersättigung des essigsauren Harns mit kon¬ 
zentrierter Kochsalzlösung, wie auf Zusatz von Ferrocyankali er¬ 
folgt Trübung. Millon, Molisch, Xanthoproteinreaktion positiv, bei 
Biuretreaktion violettrote Färbung. 

Die dauernde Trübung des Essbachschen, wie Spieglerschen 
Reagens, das Auftreten derselben beim Erhitzen, das Schwinden beim 
Kochen und verstärkte Wiederauftreten in der Kälte lassen die 
Albumosurie trotz gleichzeitiger starker Albuminurie nicht übersehen. 
Dieselbe gibt, und das ist für den Praktiker das Wichtigste, meist 
eine gute Prognose; Ablauf der Nephritis in kurzer Zeit. 

Grätzer. 


0. Heilbner. Bemerkungen zur Scharlach- und Diphtherieniere. 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 4.) 

Mit einem neuen, etwas umständlichen Verfahren untersuchte H. 
vorläufig 2 Fälle, je einen Scharlach- und einen Diphtheriefall, und 

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L Referate. 


239 


verglich mit den so gewonnenen Erfahrungen Präparate von je einem 
früher untersuchten Falle. Die Zahl der Fälle ist so gering, weil 
H. nur ganz reine untersuchen wollte, von denen man voraussetzen 
durfte, daß eben nur das Scharlachvirus oder das Diphtheriegift die 
Erkrankung der Niere bedingt hatte. 

Die Resultate der Untersuchungen waren nun folgende: Bei den 
zwei Scharlachfällen handelte es sich um eine ganz exquisit hämor¬ 
rhagische Erkrankung mit ganz vorwiegender Beteiligung der Glomeruli, 
und erst sekundärer Erkrankung der Nierenepithelien, und zwar in 
der Hauptsache einer Degeneration und klumpigen Zusammensinterung 
mit dem ergossenen Blute in den ersten, direkt an die Glomeruli 
anstoßenden Abschnitten der gewundenen Kanäle erster Ordnung. 
Es steht also diese Erkrankung der Nieren, die ganz vorwiegend und 
primär den Gefäßanteil der Nierensubstanz betrifft, in ganz gutem 
Einklang mit den klinischen Erscheinungen der Scharlachnephritis, 
die sich ja durch ihren regelmäßig hämorrhagischen Charakter sehr 
deutlich zu erkennen gibt. 

Ganz anders die Diphtherieniere: Blutungen fehlen zwar auch 
hier nicht ganz, sie waren aber nirgends an den Glomerulis und in 
den gewundenen Kanülen anzutreffen, vielmehr nur in vereinzelten 
geraden Kanälen. Dagegen ist der Diphtherieniere in den von H. 
untersuchten Fällen die primäre Degeneration der Nierenepthelien 
eigen. Diese trifft aber in keinem der beiden Fälle das Gesamt¬ 
kanalsystem, sondern immer nur einzelne seiner Abschnitte. Die Be¬ 
funde stimmen insofern mit den Resultaten der klinischen Untersuchung 
überein, als auch während des Lebens die hämorrhagische Beschaffen¬ 
heit des Urins gänzlich fehlte und dafür nur abgestoßene Epithelien- 
zylinder und Leukocyten nachweisbar waren. Die beiden Diphtherie- 
fälle waren Erkrankungen an reiner Diphtheria gravissima, ohne 
Komplikationen seitens der Bronchien und Lungen. Gr&tzer* 


P, N. K. Schwenk. Postdiphtheric Ocular Paralysis. 

L. C. Peter. Postdiphtheric Paralysis affeeting the general 

Nervous System. 

C. L. Feit. Postdiphtheric Paralysis affeeting the Ear and 

Throat. 


(Medical News, den 14. Februar 1903.) 


Unter allen akuten Infektionskrankheiten führt die Diphtherie 
am häufigsten zu Augenmuskellähmungen, und unter diesen ist Lähmung 
der Ciliarmuskeln die gewöhnlichste. In der Regel sind beide Augen 
affiziert. Die Lähmung tritt 2—6 Wochen nach der Grundkrankheit 
auf und schwindet innerhalb des gleichen Zeitraums. Kinder erholen 
sich rascher als Erwachsene. Der Schaden wird durch gestörtes 
Sehen in der Nähe angezeigt. Von den äußeren Augenmuskeln sind 
die Recti extern! besonders häufig gelähmt, doch dauert in diesem 
Falle die Paralyse eine kurze Zeit. Öfters findet man nur eine Parese. 


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240 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 

Sehr wahrscheinlich ist die Affektion eine periphere, wofür die sym¬ 
metrische Verteilung und die freibleibenden Pupillen deutlich sprechen. 

Nach P. steht die Häufigkeit der diphtheritischen Paralysen in 
einem mehr oder weniger direkten Verhältnis zur Schwere der all¬ 
gemeinen Infektion. Nasendiphtherie prädisponiert im hohen Grade 
zu lokalen und allgemeinen Lähmungen. Mit Ausnahme der Herz- 
und Respirationslähmungen, geben die übrigen eine gute Prognose 
ab. Frühzeitige Einspritzung von Antitoxin bietet einen großen 
Schutz gegen Paralysen. Höchst wichtig in prophylaktischer Hinsicht 
ist demnächst absolute Rühe während des gesamten Verlaufes der 
Diphtherie, Bei eingetretener Lähmung sind Ruhe, Massage, der 
galvanische Strom, Eisen und Strychnin unsere Hauptstützen. 

Der weiche Gaumen liefert den klassischen Sitz der diphtheri¬ 
tischen Lähmung. Die Kaumuskeln werden sehr selten befallen, und 
dasselbe gilt vom Ohre. F. hat lediglich zwei Berichte von Taubheit 
nach Diphtherie auffinden können. Meist kommt es zur Heilung, 
namentlich unter zweckmäßiger Therapie. Strychnin ist sehr wertvoll; 
daneben durch Elektrizität Massage, Bäder und Bettruhe die geeigneten 
Mittel. Leo Jacobi (New York). 


W. NI. Beaumönt. Paralysis of the Accomodation an a 
posteriori view of Diphtheria. 

(The Bristol medico-chirurgical Journal, September 1902 S. 213.) 

B. geht von dem Standpunkt aus, daß alle Halsaffektionen, denen 
Akkommodation8störungen folgen, diphtherische sind. Diese Störungen 
treten nach schweren und leichten Fällen auf. Die Diagnose der 
Diphtherie ist in den Fällen, wo Membranen fehlen, ohne Nachweis 
der Bazillen nicht zu führen. Es hatte somit Interesse, auf Grund 
einer Statistik von Akkommodationsstörungen zu untersuchen, wie oft 
die Diphtherie übersehen wird. Von 33 Fällen von Akkommodations¬ 
störungen war in 14 Fällen (58°/ 0 ) die Diphtherie vorher diagnostiziert. 
Von diesen 14 waren allerdings nur fünf Fälle von Ärzten untersucht 
worden. Schreiber (Göttingen) 


R. Glatard. Die Nasendiphtherie. 


(Inaugural-Disaert Paris 1902.) 

Die zahlreichen Untersuchungen, welche G. mit Bezug auf diese 
Erkrankungsform angestellt hat, haben erwiesen, daß dieselbe sehr 
häufig vorkommt und oft verkannt wird. Die reinen Diphtherieformen 
geben eine gute Prognose, während die Streptokokkendiphtherien als 
bösartig anzusehen sind. 

Die nasale Lokalisation des Löfflerschen Bazillus kann allein 
für sich Vorkommen oder als Folge bezw. Anfang einer diphtheritischen 
Angina. Mitunter ist eine Tendenz zu chronischem Verlaufe bemerk¬ 
bar und es entwickelt sich eine sogenannte Rhinitis fibrinosa, welche 
aber wegen ihrer Ansteckungsfähigkeit von besonderer Wichtigkeit ist 


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I. Referate. 


241 


Bezüglich der Behandlung ist die Anwendung des Diphtherie¬ 
serums in erster Reihe zu nennen, doch darf die lokale antiseptische 
und allgemeine tonisierende Behandlung nicht vernachlässigt werden. 

E. To ff (Braila). 


Erik E. Faber (Däne). Die Todesursachen bei der Diphtherie. 

(Dissertation, Kopenhagen 1903 105 S.) 

Der Verf. nahm mit dem Gärtnerschen Tonometer zahlreiche 
Blutuntersuchungen bei Kindern, welche an Diphtherie, litten, vor. 
In den leichten und einigen schweren Fällen trat keine Änderung des 
Blutdruckes ein. In mehreren schweren und in den schwersten Fällen 
.fiel der Blutdruck im Anfang der Krankheit, um das Minimum im 
Schluß der zweiten oder im Anfang dritten Woche zu erreichen, und 
nahm dann wieder langsam zu, bis der normale Blutdruck sich in 
der vierten oder fünften Woche wieder nachweisen ließ. Nicht immer 
wurden gleichzeitig andere hervortretende klinische Symptome gefunden, 
aber wenn die für diese Krankheitsperiode charakteristischen Kollaps¬ 
symptome eintraten, trafen diese mit dem niedrigen Blutdrucke zu¬ 
sammen. Der Fall des Blutdruckes kann also als ein wichtiger, 
nie fehlender Teil dieses Symptomenkomplexes angesehen 
werden. 

Rücksichtlich der Todesursachen teilt der Verf. die Pat. in fünf 
Gruppen. Gruppe I umfaßt die schwersten Diphtheriefälle, in welchen 
die Pat. im Verlaufe der ersten 8 Tage sterben, während der lokale 
Prozeß auf seinem Höhepunkt ist, ohne daß Komplikationen noch 
das Krankheitsbild beherrschen, Gruppe II die Patienten, welche in 
der zweiten oder dritten Woche nach dem Ende des Fiebers und 
dem Schwinden der Belege, oft nach scheinbarem Wohlbefinden, viel¬ 
leicht mit anfangenden leichteren Paresen sterben. Dem Tode voraus 
geht ein eigentümlicher apathischer mit Jaktation wechselnder Zustand, 
Gruppe III die Pat., welche an Respirationsleiden sterben, Gruppe IV 
die Pat., welche im Stadium der Paresen sterben, nachdem die Di¬ 
phtherie schon lange überstanden ist, Gruppe V die Pat., welche im 
Stadium der Rekonvaleszenz an zufälligen Komplikationen oder an 
anderen von der Diphtherie nicht direkt folgenden Krankheiten sterben 
(z. B. Granulom nach Tracheotomie, croupöse Pneumonie, Scharlach, 
Tuberkulose). 

Im Widerstreit mit den meisten anderen Forschern vertritt der 
Verf., auf sowohl pathologisch-anatomische als klinische Untersuchungen 
gestützt, daß die Todesursache bei den Pat. der ersten und zweiten 
Gruppe nicht eine Herzlähmung ist, sondern der lähmende 
Einfluß des Diphtheriegifts auf das vasomotorische Zentrum, 
die davon folgende abnorme Blutverteilung und deren Einwirkungen 
auf den Organismus. In der dritten Gruppe tritt der Tod gewöhnlich 
durch allmähliche Erstickung und Kohlensäureintoxikation, in selteneren 
Fällen durch plötzliches Verstopfen des Luftweges ein, wodurch eine 
Stockung des Kreislaufes entsteht. In der vierten Gruppe ist Respi¬ 
rationslähmung die häufigste Todesursache, entweder direkt durch 
Unterbrechung der Respiration, oder indirekt durch die wegen der 


Centralbl. f. Eioderhlkdo. VUL 


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Gdögle 



242 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 


Parese hervorgerufenen Entzündungsprozesse in den Lungen. Indirekt 
können die Paresen auch durch Schluckpneumonien oder durch Er¬ 
stickung wegen des Eindringens der Nahrung in den Luftweg den 
Tod hervorrufen. 

Endlich kann vielleicht Herzparalyse die einzige oder mitwirkende 
Todesursache sein. In der fünften Gruppe ist natürlich in jedem 
verschiedenen Falle die Todesursache verschieden. Der Verf. hebt 
nur hervor, daß der Tod bei Pat. mit Granulom in einzelnen Fällen 
ganz plötzlich, ohne eigentliche Erstickungserscheinungen, eintreten 
kann, indem Kollaps gleich im Anfang der Respirationsbeschwerde 
auftritt. Wenn ein solcher Fall eintritt, in welchem man kein deut¬ 
liches Zeichen von Granulom bemerkt hat, insbesondere wenn keine 
Autopsie stattfindet, ist der kausale Zusammenhang mit der Granulom¬ 
bildung nicht leicht ersichtlich, und solche Fälle werden oft fehlerhaft 
als eine von der Diphtherie verursachte Herzparalyse, „plötzlicher 
Herztod“, aufgefaßt. Adolf H. Meyer (Kopenhagen). 


H. Eppinger. Die toxische Myolyse des Herzens bei Diphtheritis. 

(Aus dem pathoi.-anatom. Institut Graz.) 

(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 15 u. 16.) 

E. ist nach genauen Untersuchungen zur Überzeugung gelangt, 
daß es sich bei der postdiphtheritischen Herzlähmung um Auflösung 
der Herzmuskelfasern handelt, die durch die Diphtherieintoxikation 
herbeigeführt wird. Er begründet diese Ansicht eingehend. 

Grätzer. 


W. Gerlach. Tod nach einer Antidiphtherieseruminjektion. 

(Aus dem Gouvemementslandschaftshospital in Poltawa.) 

(Therap. Monatshefte 1903 No. 4.) 

Das Serum wirkte bei dem Kinde deutlich auf den Verlauf der 
Diphtherie ein, aber es entwickelte sich dann an der Haut ein Ery¬ 
thema exsud. multiforme, im Anschluß daran wurde Pat. von Hirn¬ 
erscheinungen befallen und starb im Laufe der aufgetretenen Krampf¬ 
anfälle an Herzparalyse. Bei der Sektion fand man zwischen der 
harten Hirnhaut und der Schädeldecke serös durchtränkte, hyperämische 
und zugleich leicht hämorrhagische Flecken, also pathologisch-anato¬ 
misch dasselbe, was die Haut beim Erythema exsud. bietet. Allerdings 
erschien der Herzmuskel auch affiziert, und möglicherweise wäre bei 
unverändertem Herzen der Tod nicht eingetreten, andererseits aber 
waren es wiederum die Anstrengungen der schweren Krämpfe, denen 
das Herz nicht Stand hielt, und so schreibt G. den letalen Ausgang 
dem Serum in die Schuhe, als dessen Nachwirkung das Erythema 
exsud. der Haut und des Hirns offenbar doch anzusehen ist. 

Grätzer. 


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I. Referate. 


243 


V. Niessen (Wiesbaden). Diphtheriebazillen im Blute und im 
Behringschen Heilserum. 

(Wiener uaed. Wochenschrift 1902 No. 47 n. 48.) 

Verf. konnte sowohl im Blute tuberkulöser Menschen und Tiere, 
wie auch in den verschiedenen Tuberkulinpräparaten Kochs lebende 
und fortpflanzungsfähige Tuberkelbazillen kulturell nach weisen und 
stellte deshalb bei der Diphtherie und ihrem Serum in gleicher 
Richtung Nachforschungen an. Dieselben fielen positiv aus. Im Blute 
Diphtheriekranker, sowie im Höchster Serum fanden sich echte Di¬ 
phtheriebazillen. Auch konnte er bei Pat. eine Art Diathese nach 
Serumbehandlung entdecken. Verf. fragt nun: „Liegt nicht eine Gefahr 
darin, und ist es nicht ein überaus gewagtes Experiment, jene Präparate 
regenerationsfähiger plasmatischer Derivate pathogener und virulenter 
Bakterien zu therapeutischen Zwecken dem Menschen einzuverleiben? 
Die Erfolge des Diphtherieheilserums sprechen zwar dagegen, immerhin 
gibt meine Beobachtung zu denken, mahnt sogar bezüglich des 
Tuberkulingebrauches entschieden zu größter Vorsicht. Zwar hat der 
erste Teil der analogen Experimente, der Nachweis von Tuberkel- 
bezw. von Diphtheriebazillen im Blute bei den entsprechenden genuinen 
Krankheiten erwiesen, daß wir es auch hier weit öfter und wahr¬ 
scheinlicher mit Allgemeininfektionen, mit generalisierten und nicht 
nur lokalisierten Prozessen zu tun haben, als insgemein angenommen 
wird, immerhin hat das Prinzip der künstlichen Schaffung einer 
Diathese mit dem lebendigen Bakterienplasma, einer Art überkompen¬ 
satorischen Stimulation der reaktiven Körperfunktionen, mit einem 
Wort hat diese Methode der Imtnunisierungstherapie, die, wie gesagt, 
stets auf biologischen Prinzipien beruht, ihre schwerwiegenden Be¬ 
denken, da das Schicksal der kurativ einverleibten Bakterienplasma¬ 
elemente, wie uns das Beispiel der Syphilis lehrt, nicht die völlige 
Elimination oder Assimilation, sondern eben das ist, was wir Diathese, 
oder chronischen, mehr weniger timiden, zu Paroxysmen und Rezidiven 
neigenden Infektionszustand bezeichnen. Die relative Immunität, die 
wir also erzielen, ist in vielen Fällen, so paradox das erscheint, Infektion, 
Diathese, und nichts garantiert eine derzeitige Anabiose zu akuten 
Krankheitserscheinungen an diesem oder jenem Organ, nichts ver¬ 
hindert die Schaffung der sogenannten Disposition mit ihrer Schwester, 
der erblichen Belastung.“ Im ganzen wird man ja allerdings lieber 
eine nicht unmittelbar lebensgefährliche Diathese in den Kauf nehmen, 
wenn periculum in mora war und die Seruminjektion direkt lebens¬ 
rettend wirkt, trotzdem ist es wohl dem Arzte nicht zu verdenken, 
wenn er dem Serum fortan etwas skeptischer gegenüber steht und 
nicht gleich zur Spritze greift, solange er den Diphtherieprozeß sicher 
mit seinen anderen Mitteln zu beherrschen im stände ist (? Ref.). Auf 
alle Fälle möchte Verf. entschieden vor den prophylaktischen 
Schutzimpfungen warnen. Grätzer. 


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244 


Centralblatt fttr Kinderheilkunde. No. 6. 


P. Ehrlich. Bemerkungen zu dem Aufsatze von Dr. v. Niessen: 
Diphtheriebazillen im Blute und im Behringschen Heilserum. 

(Wiener med. Wochenschrift 1903 No. 3.) 

Sämtliche deutschen Diphtherieheilsera werden einer staatlichen 
Kontrolle unterworfen, zunächst durch das kgl. Institut für experi¬ 
mentelle Therapie, sodann durch vier vom kgl. preuß. Kultusministerium 
bestimmte Krankenhäuser, die nochmals die Sera auf Sterilität prüfen. 
Diese Prüfungen, die sich jetzt auf 8 Jahre erstrecken, haben noch 
kein einziges Mal das Vorhandensein von Diphtheriebazillen oder 
diphtheriebazillenähnlicher Mikroben ergeben. Die von v. Niessen 
bezeichneten sechs Nummern des Höchster Serums wurden jetzt noch 
einmal untersucht und absolut keimfrei befunden. 

Die Annahme, daß Diphtheriebazillen darin sein konnten, war 
überhaupt von vornherein als irrige zu bezeichnen. Die Immunisierung 
der Pferde erfolgt ausschließlich mit Toxinen, in der lebende Bazillen 
nicht vorhanden sind. Werden lebende Diphtheriebazillen einem im¬ 
munisierten Tiere zugeführt, so werden dieselben sehr bald abgetötet 
Außerdem genügt der Zusatz von 0,5 °/ 0 Karbol zum Serum, um solche 
Bazillen sehr bald abzutöten. 

Also es ist trotz v. Niessen daran festzuhalten, daßdiedeutschen 
Diphtheriesera frei von Diphtheriebazillen sind und nach 
Art der Gewinnung, Konservierung und Kontrolle davon 
auch frei sein müssen. Grätzer. 


Pool Heiberg (Kopenhagen). Einige Bemerkungen zum Artikel 
Kassowitz’ über die Resultate der Serumbehandlung bei 

Diphtherie. 

KasSOWitZ. Bemerkung zu den Bemerkungen von Heiberg. 

(Therap. Monatshefte 1903 No. 1.) 

Der Gedankengang, der dem Angriffe Kassowitz’ zu gründe 
lag, skizziert H. folgendermaßen: „In einer Reihe Städte ist die 
Diphtheriemortalität (das Verhältnis zwischen der Anzahl der Diphtherie¬ 
todesfälle und der Anzahl der Einwohner) gestiegen und gesunken, 
ohne von der Einführung der Serumbehandlung beeinflußt zu werden •— 
also hat diese Behandlung keine Bedeutung gehabt/ 4 Die Unrichtig¬ 
keit dieser Beweisführung sucht H. an einem hypothetisch ersonnenen 
Beispiele nachzuweisen. 

K. läßt dieses Beispiel nicht gelten; es ändert nichts an den für 
das Diphtherieserum in hohem Maße gravierenden Tatsachen, daß 
erstens einmal die Kurven der absoluten Diphtheriemortalität durch 
die überall um dieselbe Zeit vollzogene Einführung und Durchführung 
der Serumtherapie keine simultane Abknickung nach unten, sondern 
überhaupt keine sichtbare Alteration erfahren haben, und daß zweitens 
an manchen Orten trotz allgemeiner Anwendung des Serums in und 
außer den Spitälern eine so enorme Mortalität Platz gegriffen und sich 
Jahre hindurch behauptet hat, wie sie auch in der serumfreien Zeit 
zu den Seltenheiten gehört hat. 


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I. Referate. 


245 


K. hebt dann noch eine Kundgebung Marfans aus dem Spital 
des Enfants-Malades in Paris hervor, wo alle Diphtheriefalle injiziert 
werden, aber im Laufe des letzten Jahres 271 Kinder an Diphtherie 
starben. Nach Marfan kamen in dem Spital zwei Formen von 
Diphtherie zur Beobachtung, die gewöhnliche und maligne. Beiersterer 
wirkte das Serum präzis, bei letzterer — die Bösartigkeit äußerte 
sich entweder durch den Übergang auf die Atmungsorgane, oder durch 
Hämorrhagien, Ekchymosen, Nasenbluten, oder durch sehr spätes Ab¬ 
fallen der Membranen und durch am 8.—10. Tage erfolgendes Er¬ 
brechen — nur langsam und unsicher. Mit anderen Worten heißt 
dies, daß alle jene Gefahren und Komplikationen, welche das Leber* 
der Diphtheriekranken vor der Einführung der Serumtheräpie be¬ 
drohten, auch jetzt noch massenhaft Todesfälle herbeiführen, und daß 
nur jene gutartigeren Fälle günstig verlaufen, welche auch früher 
bei jeder beliebigen Therapie zum größten Teil geheilt wurden. 

Grfitzer. 


Charles G. Kerley. Diphtheria, with and without antitoxin; 

159 Cases. 

(Arcbives of Pediatrics, Oktober 1902.) 

Ein wertvoller statistischer Beitrag zur Serumbehandlung der 
Diphtherie. Die gesamte Kasuistik umfaßt 159 Fälle, darunter 
42 operativ durch Intubation behandelte Kinder. Ein Teil aller 
Fälle (103) wurde ohne Serum behandelt: es waren dies Insassen 
eines großen Säuglingsasyls, die in recht günstigen hygienischen 
Verhältnissen erkrankten und bessere Pflege genossen als mancher 
arme „Privatpatient“. Dessenungeachtet starben 60 Fälle dieser 
Gruppe! 

Die zweite Serie besteht aus 56 Fällen, die sämtlich Serum 
eingespritzt bekamen. Gestorben in der zweiten Serie 4 Fälle! 

Solche Zahlen sagen mehr als Worte. 

Verfasser stellt folgende Regeln auf: 

Ist eine Membran zu sehen, so warte man nicht auf bakterio¬ 
logische Bestätigung, sondern spritze sofort Serum ein. Findet man 
nach 12 Stunden keine deutliche Besserung, so wiederhole man das 
Verfahren alle 12 Stunden bis die Membran schwindet. 

Bei Croup ist die Einspritzung angezeigt, sobald die Dyspnoe 
eine inspiratorische und exspiratorische wird. 

Die Einzeldosis soll 2000 Antitoxineinheiten betragen, für Kinder 
unter einem Jahre; für ältere Kinder 3000 Einheiten. Um die 
besten Erfolge zu erzielen, muß das Serum frühzeitig, womöglich 
schon am ersten Krankheitstage angewandt werden. Doch ist es 
nie zu spät, damit vorzugehen. 

Mit Ausnahme von Urticariaausschlägen wurden keine lästige 
oder schädliche Nebenwirkungen beobachtet. 

Leo Jacobi (New York.) 


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246 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 


Sigismund Gerlöny. Die Diphtherieheilserumtherapie im 
St. Ladislaushospital im Jahre 1901. 

(Orvosok lapja 1908 1. Januar. 1 ) 

Im Jahre 1901 wurden im Hospital für infektiöse Krankheiten 
181 Fälle diphtheritischer Erkrankung mit Heilserum behandelt. 
Von den 181 kranken Kindern hatten 119 Rachen-, 11 Kehlkopf-, 
51 Rachen- und Kehlkopfdiphtherie. Bei 43 Fällen war die Kehl¬ 
kopfstenose eine so hochgradige, daß man einen operativen Eingriff 
machen mußte. 42 Intubationen, eine primäre und vier sekundäre 
Tracheotomieen wurden vollbracht. Unter den 39 verstorbenen 
Kindern sind 20 in den ersten 48 Stunden des Spitalaufenthaltes 
verschieden. Die meisten Erkrankungen fielen auf Oktober, die 
wenigsten auf den Monat Januar. Die kleinste Lethalität zeigt 
Monat März (6,25°/ 0 )> die größte August (71,66 °/ 0 ). Albuminurie 
wurde bei 42, Gaumenlähmung bei 14, Komplikationen von Seiten 
der Ohren bei 5, Serumexantheme bei 45 Fällen beobachtet. Zur 
Anwendung kam ausschließlich das Preisssche Heilserum. 

E. Deutsch (Budapest). 


Albert Wettstein. Weitere Mitteilungen über die Resultate 
der Diphtheriebehandlung mit besonderer Berücksichtigung 
der Serumtherapie. 

(Mitteilungen aus den Grenzgebieten, Bd. 10 S. 603.) 

Eine statistische Bearbeitung der vom August 1897 bis Januar 
1902 auf der chirurgischen Klinik zu Zürich beobachteten Fälle 
von Diphtherie. Alle 549 Fälle bakteoriologisch nachgewiesener 
Diphtherie wurden mit Serum behandelt, 75 Fälle endeten tätlich. 

In der Serumperiode war die Mortalität um zwei Drittel geringer 
als vor 1894. 

Aus den Resultaten der Untersuchungen, in welchen das Serum 
als ein Spezificum gegen Diphtherie bezeichnet wird, sei hervor¬ 
gehoben, daß die Zahl der Diphtheriekomplikationen seit dessen An¬ 
wendung bedeutend gesunken. Nennenswerte schädigende Neben¬ 
wirkungen wurden nicht beobachtet. 

Wettstein bezeichnet es direkt als einen Kunstfehler, wenn 
ein Arzt nicht, sobald er klinisch die Diagnose Diphtherie stellt, 
sofort eine Injektion von Diphtherieheilserum macht. 

Hugo Starck (Heidelberg). 


Geissler (Kollinghorst). Beitrag zur Serumbehandlung der 

Diphtherie. 

(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 17.) 

120 Diphtheriefälle mit nur 9°/ 0 Mortalität. Darunter 14 Kehl¬ 
kopfdiphtherien mit sieben Todesfällen, darunter drei Tracheotomierte, 
die sämtlich starben (kamen mit schwersten Stenoseerscheinungen erst 

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I. Referate. 


247 


am 5. und 6. Tage zur Injektion); in den übrigen Fällen verschwand 
die Stenose prompt auf die Injektion, und von allen Fällen, die frei 
von Kehlkopfsymptomen injiziert wurden, bekam keiner nach der 
Injektion solche. 

Zwei Fälle illustrierten besonders die Wirksamkeit des Serums: 
der eine, der alle Indikationen der Tracheotomie aufwies und ohne 
letztere zur Heilung kam, und ein Fall mit allen Zeichen schwerer 
Diphtheriesepsis, der ebenfalls gut endete. Grätzer. 


N. Berestneff. Über die Gewinnung eines hochwertigen 
Diphtherieheilserums. 

(Djetskaja Medizina 1902 No. 2.) 

B. teilt das Verfahren mit, durch welches es in dem Moskauer 
bakteriologischen Institut gelungen ist, ein hochwertiges Serum zu 
erzielen. Das Wesen des neuen erfolgreichen Methode besteht darin, 
daß man die Pferde mit geringen Toxinmengen, die aber um so 
häufiger injiziert werden, immunisiert. Die Grundlage für ein der¬ 
artiges Vorgehen gaben die wiederholten Beobachtungen ab, daß eine 
und dieselbe Toxinmenge je nach dem Injektionsverfahren ein ver¬ 
schiedenartiges Antitoxin erzeugen kann: so liefert ein mit geringen, 
aber häufigen Dosen immunisiertes Tier ein höherwertiges Serum als 
ein mit großen, aber seltenen Dosen Toxin behandeltes. Die durch 
Applikation von großen Toxinquantitäten beim Pferde hervorgerufene 
heftige Allgemeinreaktion wird in dem genannten Institute schon des¬ 
wegen zu vermeiden gesucht, weil die hohe Temperatur durch ihren 
schädigenden Einfluß auf den Organismus zweifelsohne die Bildung 
des Antitoxins beeinträchtigt. Es wurde nachgewiesen, daß während 
der Fieberperiode bei den im Immunisierungsprozess befindlichen Pferden 
der Gehalt des Blutes an Antitoxin in der Regel sinkt. Das an die 
Serumglobuline gebundene Antitoxin nimmt unstreitig an dem durch 
das Fieber bedeutend gesteigerten Stoffwechsel teil, wodurch es natür¬ 
lich leidet. Die Immunisierung mit kleinen, aber häufigen Dosen hat 
nun den Vorzug, daß die Pferde dabei nicht fiebern, nicht erkranken, 
ja nicht selten auch kein lokales Ödem aufweisen und das gewonnene 
Serum einen beträchtlich höheren Heil wert besitzt, als es bei der 
früheren Methode der Fall ist. A. Dworetzky (Moskau). 


Jvo Bandi (San Paulo, Brasilien). Über die Bereitung eines 
antibakteriellen Diphtherieserums. Sein prophylaktischer und 

Heilwert. 


(Zentralblatt f. Bakteriologie u. s. w. I. Abteilung, Bd. XXXIII No. 7 pag. 535.) 

Auf die recht interessanten theoretischen Erörterungen desVerf. 
kann hier nicht eingegangen werden. Im Gegensatz zu den bisher 
bekannten Diphtheriesera, deren Wirkung auf antitoxischen Eigen¬ 
schaften beruht, verfügt das von B. hergestellte Serum nur über sehr 
geringe Mengen von Antitoxinen (ca. 15 Immunitätseinheiten pro 

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248 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 


Kubikzentimeter), dagegen wohnen ihm sehr lebhafte antibakterielle 
Kräfte inne, die nach Untersuchungen des Verf. den vorgenannten 
Sera absolut fehlen. Die bakteriziden Eigenschaften des neuen 
Serums wurden sowohl im Reagenzglase (Agglutination u. 8. w.) als 
auch an Tieren nachgewiesen. 

Die Gewinnung des Serums geschieht in der Weise, daß dem 
serumerzeugenden Tiere allmählich steigende Dosen von sensibilisierten 
— d. h. kurze Zeit hindurch mit spezifischem Serum behandelten — 
Diphtheriekulturen eingespritzt werden und alsdann das Serum des 
Tieres in der üblichen Weise gewonnen wird. 

Der prophylaktische Wert dieses Serums liegt auf der Hand: 
Es tötet die eindringenden Bakterien, ehe es zur Entwickelung von 
Toxinen kommen kann. Durch vergleichende Tierversuche zeigt Verf. 
aber auch, daß es bei bereits erfolgter Infektion in seiner Wirkung 
die antitoxischen Sera übertrifft. Auch am Menschen hat Verf. die 
Wirkung seines Serums erprobt. In 7 Fällen von an Diphtherie 
erkrankten Kindern war der Erfolg ein stets guter. Zwei besonders 
schwere Fälle werden ausführlich besprochen. In beiden handelt 
es sich um ganz ausgedehnte Pseudomembranbildungen, die eine 
Tracheotomie erforderlich machten. Nach der Einspritzung von 
antibakteriellem Serum wurden die Pseudomembranen sehr bald in 
großen Stücken ausgestoßen, und es trat schnelle Genesung ein. 
Einmal wurden in drei Dosen 14 ccm, das andere Mal in zwei Dosen 
9 ccm des Serums eingespritzt. Nach Ansicht des Verf. sind gerade 
solche Fälle mit ausgedehnter Pseudomembranbildung zur Behand¬ 
lung mit seinem Serum geeignet, da es hier in erster Linie darauf 
ankommt die enormen Mengen von Bakterien möglichst rasch 
abzutöten. H. Wal bäum (Kiel). 


M. L. Babonneix. Monoplegies dipht&iques experimentales. 

(Gazette hebdomadaire, No. 87 S. 1021.) 

B. ist es gelungen durch Injektionen kleiner Mengen von Diph¬ 
therietoxinen isolierte Nervenlähmungen zu erzeugen, wie das auch 
Roux und Yersin in ihren Versuchen gelang. Bei der Autopsie 
der Tiere konnten sie auch Veränderungen an den Nerven feststellen. 

Schreiber (Göttingen). 


Joseph 0. Malley. Diphtheria Antitoxin in the infectious or 
bacterial Bronchopneumonia of Childhood. 


(American Medizine, den 17. Januar 1903.) 


Das Diphtherie-Heilserum ist auf dem Wege, neue Gebiete zu 
erobern. Es hat sich nämlich bei schwerem Scharlach, bei Sepsis 
und bei Bronchopneumonien infektiösen Ursprungs bewährt. 

Verf. hat das Serum in mehreren Fällen von Bronchopneumonie 
nach akuten Infektionskrankheiten der Kinder angewendet und sehr 
befriedigende Erfolge damit erzielt. Auch bei Scharlach mit aus¬ 
gesprochenen anginösen Beschwerden brachte das Mittel rasche Er* 


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I. Referate. 


249 


leichterung. Andere Autoren loben das Serum als nahezu spezifisch 
gegen Sepsis. Die genauere Wirkungsweise bleibt einstweilen un¬ 
bekannt. Leo Jacobi (New York). 


J. Konarshewsky. Das Diphtherieheilserum als therapeutisches 
und prophylaktisches Mittel bei Keuchhusten. 

(Russky Medizinsky Westnik 1902 No. 4.) 

Nachdem K. während einer Epidemie von Tussis convulsiva 
sämtliche empfohlene Mittel ohne Erfolg in Anwendung gezogen hatte, 
versuchte er es in 20 Fällen mit dem Diphtherie-Heilserum, da in 
der Literatur einige Hinweise auf den Nutzen dieses Serums bei 
Keuchhusten existieren. Und in der Tat konnte er sich davon über¬ 
zeugen, daß 2 — 3 Injektionen von 1000 Antitoxineinheiten genügen, 
um den ganzen Verlauf des Keuchhustens auf die Dauer von bloß 
zwei Wochen zu beschränken und das Eintreten des Stadium con- 
vulsivum zu verhüten; sollten sich konvulsivische Hustenanfälle auch 
einstellen, so verschwinden sie in der Regel nach einer dritten In¬ 
jektion vollkommen, und zwar bereits in der auf die morgendliche 
Einspritzung folgenden Nacht. Im allgemeinen hatte der Autor 
keine Veranlassung, zu einer dritten Injektion seine Zuflucht zu 
nehmen, da sämtliche Krankheitsyptome, die typischen sowohl wie 
die atypischen, nach Ablauf von 24 Stunden eine ganz beträchtliche 
Besserung aufweisen und zu Beginn der dritten, nicht selten jedoch 
schon zu Ende der zweiten Woche sich vollständig verlieren. Die 
Diphtherie-Heilseruminjektionen, gesunden Kindern appliziert, leisteten 
vortreffliche Dienste, um diese trotz ihres Beisammenseins mit den 
erkrankten Kindern vor der Ansteckung mit Keuchhusten zu be¬ 
wahren. A. Dworetzky (Moskau). 


John H. MC Collom. Some remarks on intubation in diphtheria. 

(Archives of Pediatrics, Oktober 1902.) 

Die Behandlung der diphtheritischen Larynxstenose mit In¬ 
halationen und innerlicher Medikation ist wirkungslos und zeitraubend. 
Je frühzeitiger man operativ eingreift, um so besser die Prognose. 

In der Wahl zwischen Tracheotomie und Intubation neigt Verf. 
entschieden zur letzteren Methode, welche in der Tat zahlreiche 
Vorteile bietet, und eine im Verhältnis zur Tracheotomie weit geringere 
Mortalität aufweist (25— 30%)- Man hat bisher die Intubation haupt¬ 
sächlich im Kindesalter ausgeführt und die Tracheotomie bei Er¬ 
wachsenen vorgezogen. Verf. ist nach einigen diesbezüglichen Er¬ 
fahrungen zu der Überzeugung gelangt, daß die unblutige Operation 
in jedem Alter bessere Resultate liefert. 

Vorbedingung des Erfolges ist frühzeitiges Eingreifen. Man 
warte daher nicht auf bakteriologische Ergebnisse der Untersuchung, 
sondern intubiere sofort. 

Etwas schwierig kann die Ernährung intubierter Kinder werden. 
Am besten ernährt man mittelst einer Schlundsonde aus weichem 
Gummi. Leo Jacobi (New York). 

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250 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 


Trumpp. Zur operativen Behandlung akuter Larynxstenosen. 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 13.) 

T. bemüht sich seit Jahren, die Mängel, die den bisher gebräuch¬ 
lichen Tuben anhaften, zu beseitigen und eine Tube zu konstruieren, 
die allen Anforderungen genügt. Obwohl er in diesem Streben schon 
seinem Ziele bedeutend näher gerückt ist, steht die Konstruktion 
eines wirklichen Idealinstrumentes noch aus, doch hofft T. auch die 
Mängel, die sich bei seinen eigenen Tuben herausgestellt haben, be¬ 
seitigen zu können. Es sind dies elastische Tuben, welche große 
Vorzüge besitzen und denen jedenfalls die Zukunft gehört. 

Grätzer. 


Kander (Karlsruhe). Resektion und Naht der Trachea bei 
Tracheal- und diaphragmatischer Larynxstenose. 

(Bruns Beiträge z. klin. Chirurgie Bd. 38.) 

K. bespricht anläßlich eines von v. Beck operierten Falls die 
verschiedenen Verfahren zur Beseitigung von Tracheal- und Larynx¬ 
stenosen, die nach Tracheotomie oder Intubation bezw. Verletzungen 
(spez. Selbstmordversuchen) auftreten können. Er empfiehlt an Stelle 
der Bougierung die Resektion der erkrankten Stelle und dann, anstatt 
den Defekt durch plastische Operationen zu decken (wonach leicht 
wieder Stenose infolge Narbenschrumpfung eintritt), die Luftröhre zu 
mobilisieren und die gesunden Teile ringförmig miteinander zu ver¬ 
nähen. Angabe der bisher in der Literatur berichteten Fälle, genaue 
Schilderung des vorliegenden Falles und nähere Angaben über Technik 
der Operation und Nachbehandlung. Vulpius. 


MaSSei. Wann darf man beim Croup extubieren? 


(La Clinica moderna 1902 No. 50.) 


Verf. betont, daß sich auf obige Frage eine allgemein gültige 
Antwort nicht erteilen läßt, sondern daß der Zeitpunkt der Extubation 
variiert je nach dem besonderen Verhalten des einzelnen Falles. 

Folgende Gesichtspunkte empfiehlt er zur Berücksichtigung: Erst¬ 
lich muß die Temperatur zur Norm zurückgekehrt sein, ferner ist 
auf Quantität und Qualität des Auswurfs und auf die Häufigkeit und 
Art des Hustens acht zu geben. Solange das Sekret noch sehr dick¬ 
flüssig ist und starker Husten auf Anwesenheit reichlicher Mengen 
desselben in der Luftröhre hin weist, ist es empfehlenswert, zu 
warten. Drittens empfiehlt es sicht, die Extubation nicht eher vor¬ 
zunehmen, als bis die Beläge im Pharynx und auf dem Gaumen, 
Mandeln u. s. w. verschwunden sind. Weiterhin sind zu berücksichtigen 
der Kräftezustand und Appetit, sowie Puls und Atmung. Sind Tachy¬ 
kardie und Dyspnoe vorhanden als Zeichen einer Vergiftung des 
Nervensystems, so ist größte Vorsicht anzuraten und die Extubation 
lieber hinauszuschieben. In jedem Fall ist es nötig, die Umgebung 
»ach der Extubation darauf vorzubereiten, daß plötzlich wieder ein 


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I. Referate. 


251 


Erstickungsanfall eintreten und eine Reintubation nötig werden kann. 
Denn nach Herausnahme des Tubus kaun sowohl unmittelbar ein 
heftiger Erstickungsanfall eintreten, als auch kann die zuerst normale 
Atmung allmählich wieder schlechter werden. 

Da wo es möglich ist, nach der Extubation zu laryngoscopieren, 
wird diese Untersuchung eventuell Aufschluß darüber geben, ob man 
mit der Möglichkeit einer notwendig werdenden Reintubation wird 
rechnen müssen. F. 


E. Monnier. Larynxdiphtherie oder Larynxfremdkörper? 

(Aus der chirurg. Klinik in Zürich.) 

(Korrespondenzblatt f. Schweizer Ärzte 1903 No. 7.) 

Wieder ein Fall, welcher zeigt, wie wichtig es ist, daß man bei 
jeder akuten Stenose der Luftwege, auch bei vorhandener Diphtherie¬ 
epidemie, an die Eventualität eines aspirierten Fremdkörpers denkt 
und durch genaueste Anamnese sich über die Sachlage zu orientieren 
sucht. Hier kam das Kind mit der Diagnose „Diphtherie“ ins Spital, 
wo es sofort operiert und auf die Diphtheriestation verlegt wurde, wo es 
wahrscheinlich nachträglich Diphtherie akquirierte, welche letal endigte. 
Der Fremdkörper war noch vorher entdeckt und extrahiert worden, 
worauf das Kind sofort aus dem Diphtheriegebäude entfernt wurde. 
Leider zu spät, denn bald darauf entwickelte sich Munddiphtherie — 
trotzdem gleich bei Beginn der Behandlung Serum injiziert worden 
war —, die auf Larynx und Trachea überging und von einem tötlichen 
Herzkollaps gefolgt war. Grätzer. 


R, Linsbauer (Budapest). Die Laryngitis pseudo-membranacca 
als Komplikation der Masern. 

(Archives de mädicine des enfants 1903 No. 1.) 

Im allgemeinen können zweierlei Kehlkopfentzündungen im Ver¬ 
laufe der Masern unterschieden werden: die Laryngitis subglottica 
oder catarrhalis und die Laryngitis pseudo-membranacea. 
Die erstere ist nichts als eine Exacerbation des gewöhnlichen Larynx- 
katarrhs, der fast immer die Morbillen begleitet, kann aber eine solche 
Intensität erreichen, daß man an Croup denken möchte. Doch ist 
die Prognose im allgemeinen eine gute. Nicht so bei der zweiten Er¬ 
krankungsform, die als sehr ernst zu betrachten ist. Durch die 
bakteriologischen Untersuchungen wurde erwiesen, daß bei diesen mit 
Stenose einhergehenden Larynxaffektionen es sich um eine Infektion 
mit Klebs-Löfflerschen Bazillen handle. L. konnte unter t7 Fällen 
eigener Beobachtung 16 mal den Diphtheriebazillus kultivieren. Wahr¬ 
scheinlich ist eine Prädisposition für die Diphtherieinfektion durch 
das noch unbekannte pathogene Agens der Masern geschaffen. Es ist 
nicht unmöglich, daß die Virulenz der Diphtheriebazillen durch diese 
Symbiose erheblich verstärkt wird, wie dies von Roux und Martin 
für die Symbiose derselben mit Streptokokken nachgewiesen wurde t 

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252 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 


Die Mortalität ist demnach eine größere; so war in der Kranken¬ 
hausabteilung L.s für 1261 mit Intubation behandelte reine Croup¬ 
fälle die Mortalität 57,76 °/ 0 , während in demselben Zeitabschnitte für 
34 Fälle von Masern-Croup dieselbe auf 67,65 °/ 0 gestiegen war. 

Betreffend der Frequenz der postmorbillösen Kehlkopfdiphtherie, 
gibt sie L. mit 9,14 °/ 0 an und wird dieselbe gewöhnlich bei Kindern 
unter 5 Jahren beobachtet. Die krankhaften Veränderungen sind 
nicht immer nur auf den Kehlkopf beschränkt, sondern können auch 
den Pharynx und die Nase ergreifen. Meist erscheinen die stenotischen 
Symptome am 6.—8. Tage nach Beginn der Masern, doch wurden 
dieselben auch später, bis zum 20. Tage beobachtet. 

Bezüglich der Behandlung werden Inhalationen, Expektorantien 
und auch Narcotica, um den Stimmbänderkrampf zu vermindern, 
empfohlen. Für schwerere Fälle ist L. Anhänger der Intubation an 
Stelle der Tracheotomie. Die Serumeinspritzungen von 1500—3000 
Antitoxineinheiten, die, wenn notwendig, zu wiederholen sind, haben 
die Sterblichkeit um ein Erhebliches vermindert. L. schlägt für die 
in Krankenhäusern behandelte Masernkranke Präventivinjektionen 
von Antidiphtherieserum vor. E. To ff (Braila). 


Carlo Comba. Die Behandlung der akuten Larynxstenosen 

bei Masern. 

(Rivista di Clinica Pediatrica 1903 No. 3.) 

Verf. teilt die akuten Larynxstenosen bei Masern ein in solche, 
die nicht diphtherischer Natur und solche, die als sekundär di¬ 
phtherische zu bezeichnen sind. Jene, die meist in der ersten Krankheits¬ 
periode Vorkommen und mit dem Auftreten des Exanthems gewöhnlich 
verschwinden, sind wahrscheinlich nicht nur auf die Schleimhaut¬ 
affektion zurückzuführen, sondern auch auf einen durch dieselbe be¬ 
dingten Spasmus. In diesen Fällen kommt man nicht ohne operatives 
Eingreifen aus. Gute Dienste leisten — außer Inhalationen von 
warmem Wasserdampf — die Brompräparate, besonders in Klystier¬ 
form. In 18 dieser einfachen — d. h. nicht diphtherischen — Larynx¬ 
stenosen hat Verf. in den Jahren 1894—1902 operativ ergreifen müssen 
und zwar hat er 6 mal intubiert — wobei drei Todesfälle —, zwei 
intubiert und sekundär tracheotomiert — beide geheilt — und 10 mal 
nur tracheotomiert — davon sechs Todesfälle. Unter diesen 18 Fällen 
trat die Laryngostenose 13 mal in der Eruptionsperiode der Masern auf. 

Wegen diphtherischer Larynxstenose, die sekundär bei masern¬ 
kranken Kindern auftrat, wurde in den Jahren 1895—1902 auf der 
Klinik des Verf.s 41 mal operiert. Intubiert wurden 20 Kinder mit 
dem Resultat einer Heilung bei 14; intubiert und später tracheo¬ 
tomiert wurden fünf; davon starben vier; und tracheotomiert wurden 16, 
davon starben neun. F. 


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I. Referate. 


253 


M. Sugär (Budapest). Über Masernotitis und deren pro¬ 
phylaktische Behandlung. 

(Klinisch-therap. Wochenschrift 1903 No. 1.) 

Ein großer Prozentsatz von Masernotitis entsteht per tubam, 
man muß also theoretisch die Möglichkeit einer prophylaktischen Be¬ 
handlung zugeben. S. Weiss ging nun von der bekannten Erfahrung 
aus, daß bei erkrankter Nasenschleimhaut die Nasenatmung verlegt 
ist und das abgesonderte Sekret durch die Tuben gelegentlich des 
Hustens, Niesens, Schneuzens ins Mittelohr gelangt und dort zur Quelle 
der Infektion wird. Wenn man daher für starken Abfluß der Sekrete 
aus der Nase und für Freihaltung derselben zur Luftatmung sorgt, 
so müßte es wohl gelingen, der Retention von Nasenschleim im 
Inneren der Nase und Nasenrachenraum vorzubeugen und so zu ver¬ 
hüten, daß der Nasenschleim ins Mittelohr gelange. Hajek wendet 
seit langem gegen chronische Rhinitis der Kinder x / 2 °/o^ e Lapis- 
einträufelungen in die Nase an, das Gleiche tat Weiss als 
Prophylakticum gegen Masernotitis. Er führte bei horizontaler Rücken¬ 
lage des Kindes in jedes Nasenloch eine mit einigen Tropfen der 
Lösung befeuchtete Wattewicke ein und drückte die Nasenflügel 
darüber gegen das Septum wie beim Schneuzen an. Die so behandelten 
Masernfälle zeigten nur in 6,6 °/ 0 der Fälle Otitis media. 

Die einfache prophylaktische Maßregel wandte nun S. im St. Ladis¬ 
laus-Infektionsspital an, nur hielt er es für zweckmäßiger, die Lösung 
mittels Tropfgläschens bezw. Augentropfers einzuträufeln. Als im 
Februar und März eine große Masernepidemie herrschte, bekamen 
unter 111 Masernkindern 18 Ohrenkomplikationen. Als Verf. dann 
die Lapisbehandlung einführte, wurde die Morbilitätszahl an Ohr¬ 
komplikationen auf 7°/ 0 herabgedrückt, indem von 60 Pat. nur vier 
Otitis bekamen. Grätzer. 


Cnopf. Thrombophlebitis des Sinus longitudinalis bei Morbillen. 


(Vereinsbeilage No. 3 zur Deutschen med. Wochenschrift 1903.) 

C. berichtete im Ärztl. Verein in Nürnberg (6. XII. 1902) über 
ein l 3 / 4 jähriges Mädchen, das am siebenten Tage nach Eruption des 
Exantnems klonische Krämpfe der linken Gesichtshälfte und linken 
oberen Extremität bekam, die sich schlaff paretisch zeigte. Der linke 
Arm erwies sich bald bleibend gelähmt, die klonischen Krämpfe 
dauerten fort. Am vierten Tage nach Eintritt der Lähmung Exitus. 
Sektionsbefund: Sinus longitud. prall wie mit dunkelblauem Wachs 
thrombotisch infiltriert, auf der Höhe der Schädelwölbung einen eitrig 
zerfallenen Thrombus enthaltend. Zwischen Dura und Arachnoidea 
rechts vielfache Abscesse. Zahlreiche Erweichungsherde rechts, der 
rechte Seitenventrikel stark erweitert. Stammganglien total zerstört, 
links gleichfalls zahlreiche, doch weniger intensive Veränderungen. 
Jedenfalls starker Kontrast zwischen Obduktionsbefund und klinischen 
Erscheinungen. 

Die gewöhnbchen ätiologischen Momente für Thrombose des 
Sinus bei Kindern (Otitis med. purul. und Caries ossis petrosi, Erysipel, 


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254 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 


Furunkulose, Endokarditis) waren liier auszuschließen, man konnte 
nur den exanthematiscben Prozeß an sich verantwortlich machen, 
zumal ja Masernerkrankungen septische Folgeerscheinungen (Noma u.s. w.) 
nicht fremd sind. Grätzer. 


Jul. A. Grober. Zwei seltenere Masernfölle. 

(Aus der medic. Univers.-Klinik in Jena.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 5.) 

Im ersten Falle war das Exanthem und das ganze Krankheits¬ 
bild so, daß man in der Diagnose zwischen Morbilli haemorrhagici 
und Sepsis mit multiplen Hautembolien schwanken konnte. Tat¬ 
sächlich handelte es sich, wie die Autopsie zeigte, nicht um Sepsis, 
sondern um ganz akute Miliartuberkulose; das Exanthem konnte 
nur Masern gewesen sein. In den letzten Tagen ante exitum stellte 
sich noch als Sekundärinfektion Diphtherie ein, sodaß also Kom¬ 
bination dieser drei Leiden vorlag. 

Der zweite Fall war ein leichter. Bemerkenswert war, daß 
ein Initialstadium vollständig fehlte; die gewöhnlichen Prodrome, 
erster Fieberanstieg, Schnupfen, Kopfweh, Conjunctivitis, Exanthem, 
blieben völlig aus. Grätzer. 


P. Machold (Sondershausen). Ein seltener Masernfall. 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 15.) 

In einer Familie erkrankten 3 Kinder während einer Masernepidemie an 
Masern. Nach 7 Tagen trat bei allen kleienförmige Abschuppung ein, auch 
bei dem 8jährigen, bisher ganz gesunden Mädchen, zu dem M. nachträglich ge¬ 
holt wurde, weil es plötzlich „blau verfärbt“ sei. Das Kind hatte von dem Be¬ 
ginn der Masern am 18. Januar bis zum 28. Januar im Bette zugebracht, war dann 
völlig gesund aufgestanden, wurde aber 2 Tage später wieder matt und zeigte 
abends bereits an den Füßen eine blaue Verfärbung, die sich dann rasch weiter 
ausbreitete. 

M. fand über den ganzen Körper zerstreut, diffus und nicht symmetrisch, 
nur teilweise sich über das Hautniveau erhebende blaurote Efflorescenzen von 
Markstückgröße, die beiden Füße aber in toto bis an die Knöchel blau ver¬ 
färbt. Kinn, Hals, Schleimhäute frei. An den Weichen einige kleinere, fünf¬ 
pfennigstückgroße hellrote Stellen, wie frische Blutaustritte aussehend. Bronchitis 
und fühlbare Milz, sonst an den Organen nichts Besonderes, Urin normal, Tempe¬ 
ratur rectal 37,5°. In den nächsten Tagen blaßte das Ekanthem immer mehr 
ab, bis am fünften Tage kleienförmige Abschuppung eintrat, „wie das erste Mal“ 
nach Aussage der Mutter. Das Kind blieb seitdem gesund. 

Da das Kind nichts, auch kein Hausmittel bekommen hatte, 
also ein Arzneiexanthem nicht im Spiele sein konnte, auch jede 
andere Affektion auszuschließen war, konnte es sich nur um ein 
Masernrezidiv handeln. Grätzer. 


Plantenga. Die Leukocytose der Masern und Köteln. 

(Archives de m6d. des enf., März 1903.) 

Auf Grund der von Combe bei Masern gemachten Unter¬ 
suchungen, hat P. weitere Nachforschungen über die Zahl und die 


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I. Referate. 


255 


verschiedenen Formen der Leukocyten bei Morbilli und Rubeola 
angestellt. Diesbezüglich wurden zwei Zellgruppen in Betracht ge¬ 
zogen: polynukleäre neutrophile Leukocyten (inklusive die eosinophilen 
Leukocyten) und Lymphocyten, unter welchen sowohl die wenigen 
großen einkernigen Leukocyten, als auch diejenigen mit polymorphem 
Kerne gerechnet wurden. Behufs Fixierung und Färbung wurde die 
Prussche Lösung (Solut. acidi osmici 0,1 °/ 0 gr. 10, Solut. acidi 
chromici 0,1 °/ 0 gr. 10, Acidi acet. glacial. gr. 1), zur Zählung der 
Zeißsche Apparat benutzt. Die Resultate dieser Untersuchungen sind 
folgende. 

Man findet während der Inkubationszeit, bei Abwesenheit 
jedweden krankhaften Symptomes, eine erhebliche Hyperleuko- 
cytose, welche in wenigen Tagen ihr Maximum erreicht und durch 
eine starke Vermehrung der mehrkernigen neutrophilen Leukocyten 
bewirkt ist. Hingegen erleidet die Zahl der anderen Leukocyten- 
formen und namentlich diejenige der Lymphocyten, fast keine Ver¬ 
mehrung. In den letzten zwei Tagen der Inkubation ist ein be¬ 
trächtlicher Abfall der Hyperleukocytose zu bemerken, welche dann 
durch eine bedeutende Hypoleukocytose ersetzt wird. Auch diese 
kommt hauptsächlich auf Rechnung der neutrophilen polynukleären 
Leukocyten, deren Zahl nur wenige Hunderte per Kubikmillimeter 
beträgt. In der letzten Periode der Krankheit gelangt die Zahl der 
Leukocyten allmählich wieder auf die normale Höhe, ausgenommen 
jene Fälle, wo Komplikationen sich entwickeln. 

Von allen diesbezüglich untersuchten infektiösen oder exanthe- 
matischen Krankheiten werden obige Veränderungen der Blutbe¬ 
schaffenheit, außer bei Masern, nur noch bei Rubeola gefunden. Es 
würde dies vielleicht auf eine Identität beider Krankheiten hindeuten; 
möglicherweise ist nur die Virulenz und der Invasionsmodus der 
Krankheitserreger ein verschiedener. Diese Untersuchungen sind von 
großer Bedeutung, namentlich wenn es sich darum handelt, die er¬ 
wähnten zwei Krankheiten von Sklarlatina zu differenzieren, da 
bei letzterer die Zahl der neutrophilen polynukleären Zellen fast 
keine Veränderung erleidet. E. Toff (Braila). 


DomeniCO Colmayer. Klinischer Beitrag zum Studium der 

Röteln. 

(Arch. d. Pat. e Chir. infantile, V. 1902.) 

Mitteilung eines Falles und kurze, nichts neues enthaltende 
Zusammenfassung der die Roseala von den Morbilli unterscheidenden 
Merkmale. p. 


C. Liebscher. Über Influenzabazillenbefunde bei Masern- und 
Scharlacherkrankungen. 

(Aus Prof. Granghofners Klinik in Prag.) 


(Prager med. Wochenschrift 1903 No. 8 u. 9.) 

Untersucht wurden 57 Fälle von 79, d. i. 72 °/ 0 der in einem 
Halbjahr (16. XII. 1901 bis 1. VII. 1902) aufgenommenen Masernkinder. 


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256 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 


Von diesen 57. hatten 11 (= 19,3 °/ 0 ) im Nasensekret Influenzabazillen. 
Mortalität unter diesen 57 Fällen 24,5 °/ 0 aller Masernfalle. Gesamt¬ 
mortalität in dem Halbjahr 30°/ 0 * Von den 11 Influenzafällen starben 
4 (=36 °/ 0 ), von den 46 übrigen Fällen 10 (=22°/o)* Unter den 
11 Fällen konnte 4mal Pneumonie nachgewiesen werden (= 36°/ 0 ), 
auf die 46 negativen Fälle kamen 9 Pneumonien (l9,5°/ 0 )* Von uen 
4 Pneumoniefällen starben 3, bei deren Sektion auch im Lungen¬ 
sekrete der Influenzabazillus gefunden wurde. 2 Fälle verliefen ohne 
jegliche Affektion der Respirationsorgane, ja ihr Verlauf war ein 
recht milder. 2mal war ganz geringe, 2mal etwas stärkere Bron¬ 
chitis vorhanden. Erwähnenswert ist ein Fall, wo das Kind wohl 
Zeichen großer Herzschwäche, aber keinerlei Lungenerscheinungen 
darbot; im Nasensekrete reichlich Influenzabazillen. Letztere fanden 
sich nun bei der Sektion auch im Lungensafte, ohne daß die Lungen 
pathologische Erscheinungen dargeboten hätten. 

In der gleichen Zeitperiode wurden 60 Skarlatinafälle unter¬ 
sucht, aber nur 3 mal (5 °/ 0 ) Influenzabazillen nachgewiesen. Von diesen 
3 Fällen unterschieden sich 2 in nichts von dem gewöhnlichen Ver¬ 
laufe des Scharlachs, ja einer war sogar besonders mild. Im dritten 
Falle handelte es sich um ein 13monatliches Kind, das am fünften 
Tage seiner Erkrankung in halbmoribundem Zustande mit den Zeichen 
schwerer Pneumonie eingebracht wurde und Tags darauf starb; im 
Nasensekret, sowie nachträglich bei der Sektion im Pneumoniesafte 
reichlich Influenzabazillen. 

Auch an anderen im Spital liegenden Kindern wurden dies¬ 
bezügliche Untersuchungen vorgenommen und es wurden von 30 
Kindern bei drei Influenzabazillen im Nasensekret entdeckt; zwei 
davon hatten mehrere Monate vorher Masern durchgemacht. Es wurde 
auch eine Anzahl von Kindern mit Rubeolen, Varicellen, Pertussis 
untersucht, stets mit negativem Ergebnis. 

Irgendwelche Schlüsse gestatten nur die Masernfälle, bei denen 
ziemlich oft Influenzabazillen angetroffen wurden. Die scheinbar 
höhere Mortalitätsziffer bei letzteren Fällen, sowie das häufigere 
Vorkommen von Pneumonie scheinen hier zu der Annahme zu be¬ 
rechtigen, daß das Vorkommen des Bacillus influenzae das Krankheits¬ 
bild verändern und den Verlauf erheblich beeinflussen kann. Aber 
es sind ja nur erst kleine Zahlen, mit den L. rechnet, auch wurden 
von 79 Masernfällen nur 5? untersucht, sodaß eine unbedingte Ver¬ 
wertung der Beobachtungen nicht gerechtfertigt erscheint. Wohl 
aber verdienen einige Punkte Beachtung: So unterschieden sich 4 
von den Influenzafällen durchaus nicht von dem gewöhnlichen, nicht 
komplizierten Verlaufe der Morbillen, so daß hier das Vorhandensein 
der Bazillen nur als zufälliger Nebenbefund zur Geltung kam. Um¬ 
gekehrt verliefen manche Masernfälle mit schweren Erscheinungen 
von Seiten des Respirationstraktus und gingen vielfach letal aus, 
ohne daß der Befund von Influenza zu erheben war. Jene 4 Fälle 
deuten also wohl darauf hin, daß der Influenzabazillus, ohne katar¬ 
rhalische Erscheinungen hervorzurufen, wie ein Saprophyt vegetieren 
kann. Jedenfalls scheinen derartige Befunde keine gar so schwer¬ 
wiegende Bedeutung zu haben, ferner können doch die so gefürchteten 


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I. Referate. 


25T 


Masernpneumonien vorwiegend durch andere Bakterien hervorgerufen 
werden. Wenn Süßwein jene Influenzafälle streng isoliert wissen 
will, so hält es L. für rationeller, diese Maßregel auf alle schweren 
Lungenkomplikationen mit Masern auszudehnen, wenn dies die Ver¬ 
hältnisse gestatten. Grätzer. 


Felix V. Szontagh. Die Mischinfektionen. 

(Orvosi hetilap, Gyermekgyögyäszat 1908 III. 1.) 

I. Masern und Tuberkulose treten sehr oft in innigen Konnex 
miteinander. Meistens kommt die schlummernde Tuberkulose durch 
das Maserngift zum Auflodern, in anderen Fällen wird das In¬ 
dividuum zugleich durch Masern und Tuberkulose infiziert, oder es 
wird durch die Morbillen das Terrain für die Tuberkulose quasi 
geebnet II. Masern mit Diphtherie bilden eine überaus gefürchtete 
Mischinfektion, deren Prognose trotz Serumtherapie eine recht dubiöse 
ist Verfasser schließt sich ganz den Ansichten Linsbauers an, 
außer denen, die die Intubation betreffen; Szontagh intubiert die 
morbillÖ8en Croupfälle ebenso, wie die, die nicht mit Masern kom¬ 
biniert sind. III. Masern mit Skarlatina tritt oft vereint auf; ent¬ 
weder beobachten wir beide Exantheme zu gleicher Zeit, oder sie 
zeigen sich nacheinander. Die Prognose betreffend glaubt Verfasser, 
daß dieselbe günstiger ist, wenn die Morbillen früher als die Skar¬ 
latina auftreten. IV. Rubeolen mit Masern. V. Masern mit Vari¬ 
cellen. VI. Vaccine mit Masern sind seltenere Kombinationen. 
VII. Öfters beobachtet man das Auftreten von Morbillen und 
Pertussis, in welchem Falle die Prognose eine schlechtere ist, wenn 
sich zur Pertussis die Masern gesellen. VIII. Verfasser beobachtete 
einen Fall von Masern und Osteomyelitis. IX. Heubner teilt einen 
Fall mit, bei dem er Erythema exsudativum multiforme mit Morbillen 
vereint auftreten sah. X. Leo und Häubler beschrieben Morbillen 
mit Pemphigus acutus kombiniert. XI. Skarlatina kombiniert mit 
Pertussis, Osteomyelitis, Erysipelas, Typhus abdominalis, Influenza, 
Rubeola, Malaria wurden wiederholt beschrieben. XII. Die Kombi¬ 
nation von Diphtherie mit Scharlach, besonders wenn letztere später 
auftritt, ist ein signum malae ominis. Ernö Deutsch (Budapest). 


E. A. Dent. Konkurrierendes Scharlach- und Masernexanthem. 

(The Brit. med. Journ., 15. November 1902.) 

Von sieben Geschwistern erkrankt am 8. Februar ein zehnjähriges 
Mädchen an Scharlach, wird ins Hospital gebracht, wo sie bis zu 
ihrer völligen Wiederherstellung verbleibt. Daheim sind Räume und 
Kleider einer energischen Desinfektion unterworfen worden. Etwa 
14 Tage, nachdem die Patientin ihrer Familie zurückgegeben war, 
bekommt am 1. April ein Kind einen Scharlachausschlag, der am 
4. verschwunden war, um am 6. einen typischen, von den bekannten 

Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII. ,, (^Y l8irfL> 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 


katarrhalischen Erscheinungen, Rhinitis, Conjunktivitis u. s. w. be¬ 
gleiteten Masernexanthem Platz zu machen. Um dieselbe Zeit erkrankt 
ein drittes Kind derselben Familie mit einem Ausschlage, den man 
weder für typischen Scharlach noch für typische Masern ansehen 
konnte. Nach 5 Tagen begann dieses Kind sich zu schälen. Wenige 
Tage darauf erkrankten noch drei Kinder an einem masernähnlichen, 
durchaus atypischen Ausschlage, der ohne nachfolgende Desquamation 
verschwand. 

Man kann hier von einer Mischinfektion sprechen, durch welche 
das charakteristische Bild des Scharlachs wie der Masern eine 
Alteration erfahren hat. C. Berliner (Aachen). 


Paul Moser. Über die Behandlung des Scharlachs mit einem 

Scharlachstreptokokkenserum. 

(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 57 Heft 1). 

Seit dem Jahre 1897 war es M. gelungen, aus dem Herzblute 
von Scharlachleichen in 99 Fällen 63mal Streptokokken zu züchten, 
2 mal in vivo aus der wasserklaren Cerebrospinalflüssigkeit. Ein Fall, 
bei dem sich aus der klaren Punktionsflüssigkeit reichlich Strepto¬ 
kokken züchten ließen, bei dem sich aber nach dem Tode das Herz¬ 
blut als steril erwies, lehrt, daß der negative Befund im Herzblut 
allein nicht beweisend ist für das Fehlen von Streptokokken im Blut. 
Diese Untersuchungen ließen einen ätiologischen Zusammenhang der 
Streptokokken mit der Skarlatina als wahrscheinlich annehmen. M. 
ging nun daran, Pferde mit den Kokken systematisch zu immunisieren. 
Die Tiere wurden mit einem Gemische von nicht abgetöteten, aus 
Skarlatinablut stammenden Streptokokkenkulturen behandelt. Diese 
Kulturen wurden ohne Tierpassage nur von Bouillon zu Bouillon 
weiter gezüchtet, um die Mikroorganismen nicht irgendwie zu ver¬ 
ändern. Ein im Paltaufschen Institute zur Verfügung gestelltes 
Pferd wurde seit dem 13. Februar 1900 in steigenden Dosen mit 
solchen Kulturen injiziert. Die Kulturen, oft bis zehn verschiedene 
Stämme, waren 3—6 Tage alt und wurden wöchentlich anfangs intra¬ 
venös, später subkutan in wechselnder Menge von 2 bis zu 200 ccm 
steigend dem Pferde einverleibt. Die hierauf eintretende Reaktion 
war meist mäßig, kurz dauernd; bis zu 3 Tagen anhaltende Tempe¬ 
ratursteigerungen, einmal bis 39,7, nur seltene leichte Eiterungen 
aus dem Stichkanal und eine einmalige Absceßbildung waren die 
unangenehmen Zufälle für das Tier bei diesem Injektionsverfahren. 
Ein weiteres Pferd wurde seit Januar 1902 in gleicher Weise injiziert. 
Das Blut von diesen zwei Pferden wurde nach monatelanger Be¬ 
handlung entnommen und das Serum davon ohne Karbolzusatz 
Scharlachkranken injiziert. Zur Injektion wurde eine 100 ccm fassende 
Asbeststempelspritze verwendet und das Serum subkutan der Bauch¬ 
haut einverleibt. Auf diese Weise wurden 81 Pat. im Spital be¬ 
handelt. 


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I. Referate. 


25» 


Bei der Behandlung war vor allem die Schwere der Erkrankung 
maßgebend. Von leichten und mittelschweren Fällen wurden 5 bezw.. 
16 injiziert, von schweren Fällen mit zweifelhafter und solchen mit 
letaler Prognose 29 bezw. 34. Bezüglich der Prognose wurden die 
Fälle in leichte, mittelschwere, schwere und letale Fälle geordnet; 
dabei wurde auf eine bestimmte Zahl von Punkten Rücksicht ge¬ 
nommen, wie Alter, Familiendisposition, Temperatur, Puls u. 8. w. 
Die Injektion wurde möglichst frühzeitig gemacht, die einmalige Dosis 
schwankte zwischen 30 und 180 ccm. Bevorzugt wurden schwere und 
letal verlaufende Formen. 

Die Durchschnittsmortalität an Scharlach betrug im St. Anna- 
Kinderspitale in den Jahren 1895—1900 zwischen 12,45 und 20,12; 
im Jahre 1901 fiel sie auf 8,99. Zu gleicher Zeit betrug die 
Durchschnittsmortalität für 1901 in den fünf anderen Spitälern 
Wiens 13,09. 

Der Erfolg der Injektion macht sich vor allem in einer günstigen 
Beeinflussung des Allgemeinbefindens geltend; die Hinfälligkeit schwindet 
sehr rasch. Augenfällig ist die Besserung in den nervösen Erschei¬ 
nungen: Somnolenz, Delirien, Unruhe u. s/w. verlieren sich sehr rasch. 
Am auffälligsten aber ist in Fällen, die nicht durch schwere Rachen¬ 
affektion kompliziert sind, das Verhalten der Temperatur, die in den 
ersten 24 Stunden nach der Injektion einen kritischen Abfall zur 
Norm zeigt; die Pulszahl sinkt manchmal um 40 und mehr Schläge; 
eventuelle Symptome von Herzschwäche schwinden; die Störungen der 
Respiration gehen zurück. Von den starken Schwellungen des Nasen¬ 
rachenraumes und der Coryza sind die Pat. früher als sonst befreit; 
die schweren ausgedehnten Zerstörungen im Rachen wurden nach 
rechtzeitiger Injektion nicht mehr beobachtet. So kommt es im ganzen 
zu einer abgekürzten Krankheitsdauer der Skarlatina. 

Daß das Serum ein spezifisches ist, geht daraus hervor, daß 
weder normales Pferdeblutserum noch auch das Serum von Marmorek 
ähnlichen Einfluß auf die Krankheit zeigten. 

Die Nachteile des Serums sind die gleichen wie beim Diphtherie¬ 
serum: auch hier kommt es zuweilen zu Serumexanthemen, vorüber¬ 
gehenden leichten Drüsenschwellungen, Gelenksaffektionen. 

Das ganze Material an Krankengeschichten und Tabellen ist der 
Arbeit beigegeben. Hecker (München). 


D. Pospischill. Mosers Scharlachstreptokokkenserum. 

(Aus dem k. k. Kaiser Franz Joseph-Regierungs-Jubiläums-Kinderspital 

in Wien.) 

(Wien. klin. Wochenschr. 1903 No. 15.) 

P. wandte das Serum in 26 Fällen an und gibt von denselben 
genaue Krankheitsgeschichten. Es waren mit einer Ausnahme alles 
Fälle von sehr dubiöser bezw. direkt trister Prognose. Erstere boten 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 


12 Kinder, von denen neun geheilt wurden, letztere 13, von denen 
doch noch fünf geheilt wurden. So hat also P. die besten Erfahrungen 
mit dieser Behandlung gemacht. Temperaturabfall, Abnahme der 
Puls- und Respirationfrequenz, Voller- und Härterwerden des Pulses, 
Freiwerden des Sensoriums, ruhiger Schlaf, Warmwerden der Peripherien, 
Schwinden der Cyanose, vermehrte Nahrungsaufnahme waren die un¬ 
mittelbaren Folgen der Injektion. Gr Ätzer. 


P. Moser. Über Antistreptokokkenserum bei Scharlach. 

A, Baginsky, Bemerkungen zu dem vorstehenden Artikel 

P. Mosers. 

H. Aronson. Bemerkungen zu dem Artikel dea Herrn 
Dr. P. Moser. 

(Berliner klin, Wochenschrift 1903 No. 1.) 

Polemische Artikel, deren erster gegen Baginsky und Aronson 
gerichtet ist, worauf diese antworten. Grätzer. 


A. Baginsky. Antistreptokokkenserum bei Scharlach. 

(Berliner med. Gesellschaft, 5. XI. 1902.) 

B. hat in 695 Fällen von Scharlach stets Streptokokken gefunden 

und ebenso auch bei Sektionen von Scharlachleichen in den Organen, 
wodurch er zur Überzeugung gelangt ist, daß die Streptokokken bei 
Skarlatina einen bedeutungsvollen Faktor ausmachen und eine Be¬ 
handlung mit Antistreptokokkeuserum des Versuches wert sei. Er 
benutzte ein von Aronson hergestelltes Serum und erzielte bemerkens¬ 
werte Resultate, namentlich mit einem hochwertigen Serum, die 
Temperatur fiel eher ab und der Abfall erhielt sich gleichmäßig 
sinkend bis zur Norm. Komplikationen traten selten auf, die Mortalität 
war eine geringe. Er zweifelt nicht an der Wirksamkeit des Serums, 
wenngleich dasselbe nicht so prompten Effekt offenbart, wie das 
Diphtherieserum. Grätzer. 


Louis Fischer. Clinical Results with Antistreptococcus Serum 

in Scarlet Fever. 


(Medical Record, den 7. März 1908.) 


In zwei Fällen von schwerem Scharlach wurde Aronsons Heil¬ 
serum versuchsweise angewandt. Der klinische Erfolg war ein 
frappanter. Das Fieber ging lytisch herunter, die nekrotischen Mem¬ 
branen schmolzen förmlich hinweg, die Drüsenschwellungen schwanden, 


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I. Referate. 


261 


und alles ohne nachteilige Nebenwirkungen. Verf. schließt sich voll¬ 
ständig den Ansichten Baginskys über das neue Serum an und 
empfiehlt zuversichtlich weitere Versuche mit demselben. 

Leo Jacobi (New York). 


Rumpel. Die Behandlung des Scharlachs mit Rekonvaleszenten- 

serum. 

(Ärztl. Verein in Hamburg, 26. XII. 1902.) 

Bei der zur Zeit herrschenden schweren Scharlachepidemie wurden 
ausschließlich sehr schwere Fälle, und zwar 39, mit Rekonvaleszenten¬ 
serum behandelt; es starben 23 (= 59°/ 0 ). Das Blut zur Serum¬ 
bereitung wurde erwachsenen Rekonvaleszenten (Mädchen von 17 bis 
25 Jahren) nach mittelschwerem Scharlach entnommen (am 25. und 
35. Scharlachtage), wobei streng darauf gesehen wurde, daß es keine 
Streptokokken enthielt. Die Injektion des Serums hatte keinen Einfluß 
auf Fieber, Zahl der Krankheitstage, Auftreten von Komplikationen; 
recht früh angewandt schien es allerdings in gewissen Fällen den 
Verlauf der Krankheit zu beeinflussen. R. resümiert: 

1. Gegen die durch den Streptococcus bedingten und andere 
Nachkrankheiten war das Serum ohne Einfluß. 

2. Bei den unkomplizierten Fällen des 1.—3. Krankheitstages 

scheint es von günstiger Wirkung zu sein; doch ist ein zwingender 
Beweis hinsichtlich der Temperaturherabsetzung und Abkürzung des 
Scharlachprozesses nicht zu erbringen. Grätzer. 


SchOUll (Tunis). Die Phototherapie des Scharlachs. 

(Soci6t6 de Th6rap., Sitzung vom 26. XII. 1902.) 

Mehrere Fälle, bei denen die Einwirkung der chemischen Strahlen 
des Sonnenspektrums die Abschuppung verhinderte; die Kinder wurden 
gleich nach der Eruption auf einige Tage ins rote Zimmer gebracht, 
es trat dann keine Abschuppung ein und wurde so die Ansteckungs¬ 
gefahr wesentlich verkürzt. Grätzer. 


E. W. Saunders. Pilocarpine in the treatment of Scarlet fever. 


(Archives of Pediatrics, Februar 1903.) 

Pilokarpin ist kein indifferentes Mittel und in zahlreichen 
Zuständen ist seine Anwendung zu perhorreszieren. Allein als 
Waffe im Kampfe mit dem Scharlach besitzen wir einstweilen kein 
besseres Medikament. Pilokarpin regt die Schleim- und Speichel¬ 
absonderung energisch an, wodurch die spezifischen Toxine direkt 
angegriffen und eliminiert oder unschädlich gemacht werden. Man 
fange vorsichtig mit kleinen Dosen an. Im Notfall läßt sich eine 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 


übergroße Dosis durch eine Atropininjektion leicht neutralisieren, denn 
Atropin ist das physiologische Gegengift. 

Neben dem Pilokarpin sind natürlich viele andere Mittel an¬ 
wendbar, namentlich die Serumtherapie, sowie Nukleindarreichung, 
Bäder u. s. w. 

Kontraindiziert ist Pilokarpin bei Gegenwart von Herzdegeneration 
oder Komplikationen seitens der Lunge. Leo J&cobi (New York). 


Everard. Fünfmal Scharlachfieber. 

(The Brit med. Journ., 25. Oktober 1902.) 

Ein kleines Mädchen, daß sich zu Besuch bei einer Tante auf¬ 
hielt, bekam Scharlach und wurde sofort isoliert. Vier Tage später 
erkrankte die Tante und deren zehnjährige Tochter an Scharlach, 
und zwar die Tante zum fünften, die Tochter zum zweiten Male. 
Die erste Scharlachattacke, welche die Tante im Alter von 2’/ 2 Jahren 
durchmachte, soll mit Schafpocken und Masern zusammen auf¬ 
getreten sein. c. Berliner (Aachen). 


Bertelsmann. Spontanluxation des linken Hüftgelenks im 
Verlaufe eines Scharlachs. 

(Biolog. Abteilung des Ärztl. Vereins Hamburg, 11. XL 1902.) 

8jähriges Mädchen mit schwerem Scharlach und Streptokokken- 
Allgemeininfektion, die mit mehrfachen Gelenkschwellungen einher- 
giug. Als das linke Hüftgelenk eine sonderbare Form annahm, 
untersuchte man es genauer und fand (auf dem Röntgenbilde) die 
Luxation. Ein Trauma war nicht vorausgegangen, grob-anatomische 
Veränderungen an den Knochen waren absolut nicht zu entdecken. 
Was der Luxation zu Grunde lag, bleibt dunkel, B. vermutet folgendes: 
Man sieht häufig bei solchen pygenen Gelenksaffektionen, daß das 
Bein der betroffenen Seite sich sofort in Kontrakturstellung begibt, 
und zwar in Adduktion, Flexion und Innenrotation. Der Kopf drängt 
also gegen die hinteren Kapselpartien. Nimmt man hinzu die Er¬ 
weiterung der Kapsel durch den Erguß, ferner den Umstand, daß 
das Ligament, teres manchmal zerstört, manchmal stark gedehnt 
ist, so hat man prädisponierende Momente. Liegt nun das kranke 
Bein nicht auf dem anderen, so wird es nach dem Gesetz der 
Schwere die Bettunterlage zu erreichen suchen, wobei gewöhnlich 
eine Neigung des Beckens nach vorn eintritt. Zur Herstellung dieser 
Lordose gehört aber eine Muskelaktion, welche die schwachen Patienten 
vielleicht nicht mehr fertigbringen. Die Bewegung geschieht dann 
nicht in der Lendenwirbelsäule, sondern zwischen Femur und Becken, 
indem der Kopf nach hinten aus der Pfanne herausgleitet. 

Gr&tzer. 


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II. Aus Vereinen und Versammlungen. 


263 


Karl Leiner. Über Wundscharlach bei Verbrennungen. 

(Aus dem Karolinen-Kinderspital in Wien.) 

(Jahrbuch f. Kinderheilkunde, Bd. 56 Heft 6.) 

Ver£ sucht die Existenz des immer noch vielfach bestrittenen 
echten Wundscharlachs durch 3 Fälle von Scharlach nach Ver¬ 
brennungen zu beweisen. Daß es sich um echten Scharlach handelte, 
konnte, abgesehen von dem typischen Exanthem durch das charakte¬ 
ristische Verhalten der Zunge, die typische, auch die Hände und 
Füße ergreifende lamellöse Schuppung, in je einem Fall durch die 
Stomatitis, die Angina mit Belag und die Übertragung der Erkrankung 
auf die Mutter erhärtet werden. Die differentielle Diagnose zwischen 
echtem Wundscharlach und Scharlach bei Verwundeten ist schwer. 
Für ersteren sprach der durchgehends milde Verlauf, die geringe 
Beteiligung der Rachenschleimhaut, der Beginn und die stärkste 
Intensität des Exanthems rings um die Verbrennung, das vollständige 
Wohlbefinden vor der Verletzung (kein Prodromalsymptom bis zur 
Verletzung). 

L. meint, daß zwischen Verbrennung und Scharlachinfektion 
tatsächlich ein Zusammenhang bestehe, sei es, daß die Verbrennung 
eine direkte Eingangspforte für das Scharlachgift bildet, sei es, daß 
dieselbe die Disposition zur Scharlachinfektion erhöht. 

Hecker (München). 


II. Aus Vereinen und Versammlungen. 


Berliner medicinische Gesellschaft. 


Sitzung vom 3. Dezember 1902. 

Treitel: über die Ergebnisse der Untersuchungen in der Taubstummenanstalt in 
Weißensee und Uber den Wert der Htfrübungen. Die Zöglinge der Anstalt sind israe¬ 
litischer Abkunft, wodurch sich die Untersuchungsergebnisse erklären lassen. Unter 
43 Zöglingen hatten 75% angeborene Taubheit (unter den Juden ist die an¬ 
geborene Form die häufigere), und auch die Zahl der idiotischen Taubstummen 
war eine auffallend hohe (Häufigkeit der Verwandtenehen bei Juden!). Unter 
86 untersuchten Gehörorganen waren 44 als total taub zu bezeichnen, 45% 
hatten Vokalgehör. Durch Hörprüfung findet man noch Kinder heraus, welche 
die ganze Tonreihe haben, so daß man sie noch zum Unterricht verwenden kann. 
Über den Nutzen der Hörühungen sind die Ansichten noch verschieden. T. glaubt, 
daß die meisten Kinder nicht hören, sondern nur kombinieren lernen, ferner, daß, 
wenn sie auch gewisse Töne wahrnehmen, sie doch zu wenig intensiv hören, als 
daß ein praktischer Nutzen resultierte. Immerhin läßt sich bei Kindern mit 
noch einigermaßen vorhandener Hörfähigkeit und Intelligenz durch Hör üb ungen 
wohl noch manches erreichen. Schlechter stehen die Aussichten hei bloßem 
Vokalgehör. Ob man bei ganz Tauben noch Versuche machen soll oder ob 
dadurch eher die Aufmerksamkeit vom Ablesen abgelenkt wird, bleibt zu berück¬ 
sichtigen. Man sollte mindestens verschiedene Klassen einrichten, in denen die 
ganz Tauben von den anderen gesondert unterrichtet werden, wie es im Aus¬ 
lande schon zum Teil geschieht. 


Sitzung vom 21. Januar 1903. 

H. Röder: Oie Darstellung des Säuglingsstuhles in Moulagenform als Lehrmittel 
in der Pädiatrie. R. demonstriert verschiedene der von ihm im Kaiser und Kaiserin 


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264 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 


Friedrich-Kinderkrankenhause von Säuglingsstühlen hergestellte Moulagen, welche 
sehr deutlich Säuglingsstüble bei verschiedener Ernährungsform, sowie bei diversen 
Verdauungsstörungen vor Augen führen. — A. Baginsky. hebt die Bedeutung 
der schönen Moulagen für den Unterricht von Studenten, Ärzten, Kranken- und 
Kinderpflegerinnen hervor. Auch ist man so auf den ersten Blick imstande, 
aus den Faeces wichtige diagnostische Rückschlüsse auf pathologische Dann¬ 
prozesse zu machen und auch zu therapeutischen Indikationen am Krankenbette 
zu. gelangen. 

Sitzung vom 28, Januar 1903# T *} 

Senator; Demonstration von Blutpräparaten. Dieselben stammen von einem 
10 Monate alten Mädchen, das rachitische Knocbenveränderungfen, eine mäßige 
Milzschwellung, wie sie sich bei Rachitis häufig findet, und vor allem auffällige 
Anämie darbot, sonst aber keinerlei pathologische Zeichen entdecken ließ. Blut-, 
befand: Abnahme der roten Blutkörperchen und dementsprechend des Hämoglobin¬ 
gehaltes., Neben normalgroßen auch Makrocyten, Mikrocyten; Poikkilocytose. Kern¬ 
haltige rote Blutkörperchen: Nörmoblasten, Megaloblasten, Gigantobiasten. In 
vielen roten Blutkörperchen Mitosen. Verhältnis der weißen Blutkörperchen zu 
den roten etwa 1:400, i. sp. einkernige Blutkörperchen 737*%, darunter 
große Lymphocyten 24,2%, kleine 38,8%, uninukleäre Leukocyten 1,6%, Über¬ 
gangsformen 8,2%, Myelocyten 0,7%; multinukleäre, neutrophile nur 21,5 °/o, 
eosinophile 4,95%, zusammen multinukleäre 26,5%. Das Überwiegen von Lympho¬ 
cyten ist ja bei kleinen Kindern nichts Besonderes, hier aber war es doch ein 
ganz enormes zu nennen. Es fanden sich außerdem Mitosen in den Leuko¬ 
cyten, ein äußerst seltener Befund. Das Kind starb bald darauf; Sektion nicht, 
gestattet. Was die Diagnose anbelangt, so sprachen gegen Leukämie, Pseudo¬ 
leukämie und Anaemia infantum pseudoleucaemcia gewichtige Gründe; es konnte 
sich nur um Anaemia perniciosa handeln, wofür auch das Vorkommen der 
Megaloblasten und das Überwiegen der Lymphocyten sprach. — Heubner 
macht darauf aufmerksam, daß das Verhältnis der Lymphocyten sich beim gesunden 
Säugling auf 66% und darüber belaufen kann und bis zum dritten Lebens¬ 
jahre noch über 50% beträgt. Erst vom dritten oder vierten Lebensjahre an 
fängt das Verhältnis an, zu Gunsten der polyeukleären Zellen sich zu ändern, 
und allmählich in den nächsten Jahren wandelt es sich zu dem bei Erwachsenen 
üblichen um. Demgegenüber entgegnet Senator, daß ein Verhältnis von 73,5 °/ 0 
bei Kindern im ersten Lebensjahre jedenfalls als auffallend hoch und abnorm 
anzusehen ist. 


Sitzung vom 18. Februar 1903. 


Helbing: Ein Fall von symmetrischer Verbildung des Daumens. Es handelte sich 
bei dem dreijährigen, sonst wohlgebildeten Mädchen um die äußerst seltene 
Kombination von Hyperphalangie des Daumens mit seitlicher Ab¬ 
biegung der Nagelphalanx. Die seitliche Deviation des Nagelgliedes mit 
ulnarwärts offenem Winkel, die links 90°. rechts 130° betrug, war, wie die 
Röntgenaufnahme zeigte, hervorgerufen durch Einfügung einer keilförmigen 
mittleren Phalanx und bewirkte hochgradige Entstellung, so daß operativ vor¬ 
gegangen wurde. Links, wo die Deformität hochgradiger war, exstirpierte H. 
einfach die Phalanx und vereinigte die beiden ursprünglich vollkommen inkon¬ 
gruenten Gelenkflächen miteinander, so daß also die distale Gelenkfläche der ersten 
Phalanx mit der proximalen der Nagelphalanx zusammentraf. Am anderen Daumen 
resezierte H. ohne Gelenköffnung einen Keil, derart, daß das distale Ende der 
ersten Phalanx und das proximale Ende der Keilphalanx in Wegfall kam. Sehr 
schönes Resultat, auch funktionell. Von solcher Mißbildung existiert nur noch 
ein Fall, den vor 3 Jahren Joachimsthal vorstellte. Auch hier war zwischen 
erstem und drittem Glied ein Keil eingeschaltet, aber es resultierte nur eine so 
geringe seitliche Deviation der Nagelphalanx, daß von der Operation Abstand 
genommen wurde. 

Martens zeigt ein 12jähriges Mädchen mit einer eigenartigen Handgeschwulst, 
die bei dem bis dahin durchaus gesunden Kinde sich vor 6 Wochen zuerst in 
der Weise bemerkbar zu machen begann, daß im Handteller eine kleine rote 
Stelle mit einigen gelben Pickeln entstand. Es entwickelte sich sodann unter 
der Haut ein Tumor, der vor etwa 2 Wochen die Haut auf hob, dann durch- 


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II. Aus Vereinen und Versammlungen. 


265 


brach und sehr rasch wuchs. Epidermis wallartig an den Rändern erhoben, 
Umgebung etwas entzündet; Tumor selbst blumenkohl- oder maulbeerartig, klein¬ 
walnußgroß, mit kaum bleifederdickem Stiel, von Epidermis nicht bedeckt, 
sezerniert stark und hat mehrfach stark geblutet. Er erinnert lebhaft an die 
französischeroeits einige Male beobachtete „Botryomykose“, eine durch den sogen. 
Mikrococcus botryogenes hervorgerufene, aus Binde- und Granulationsgewebe be¬ 
stehende Geschwulst, die im allgemeinen nur bei Pferden, ausnahmsweise aber 
auch bei Menschen vorkommt. Die nachträgliche Exzision ergab, daß hiervon 
nicht die Rede war sondern daß der Tumor ein Angiosarkom der Haut war, 
dessen oberflächliche Partien nekrotisch waren und massenhaft Staphylokokken 
enthielten. 


Verein für innere Medizin in Berlin. 

Sitzung vom 15. Dezember 1902. 

H. Neumann stellt einen 4jährigen Knaben mit intrathoracischem Tumor 
vor, der seit etwa 7 Monaten hervortritt bei dem schlecht entwickelten Kinde, 
bei dem sich zunächst ein wechselnd lautes stertoröses Atmen bemerkbar macht. 
Brustkorb wird wenig gehoben, die linke Seite steht bei der Einatmung 
fast still. Die oberflächlichen, seitlich vom Manubrium in die Tiefe gehenden 
Venen vom Oberarm an deutlich erweitert. Oberer Teil des Rumpfes nach 
rechts skoliotisch. Perkussion der Brust ergibt einen Widerstand und absolute 
Dämpfung von der Spitze der linken Lunge an, nach unten hin links innen 
sich in die scheinbare Herzdämpfung fortsetzend, mehr außen ihre untere Grenze 
auf der vierten Rippe erreichend. Nach außen wird die Dämpfung durch die 
Achsellinie, nach innen etwa auf der Mitte des Manubrium, weiter unten durch 
den linken Sternalrand begrenzt. Herzstoß im fünften und sechsten Interkostal¬ 
raum außerhalb der Mamillarlinie. Auch in der linken oberen Schulterblatt¬ 
grube Dämpfung. Im Bereiche der Dämpfung oben zeitweise lautes bronchiales 
Atmen, zeitweise abgeschwächtes Atmen; Pektoralfremitus deutlich. Im Gebiet 
des Lungenschalls links meist tympanitischer Beiklang. Am Halse zahlreiche 
große Drüsen. Interskapular lautes bronchiales Atmen, nach rechts oben fort¬ 
geleitet; interskapular rechts etwas Dämpfung. Leber vergrößert. Seit Monaten 
hektisches Fieber, abwechselnd mit stärkerem, unregelmäßigem Fieber, das abends 
bis auf 40° steigt, Kehlkopf normal; hohler Husten, im Auswurf keine Tuberkel¬ 
bazillen. Schwester der Mutter an Tuberkulose verstorben. N. glaubt, daß es 
sich um ein großes Paket verkäster Drüsen handelt, die vom Mediastinum 
ausgehen und einen soliden Tumor im vorderen oberen Teil des linken Brust¬ 
kastens bilden. Derselbe war anfangs wesentlich unter dem Manubrium, in der 
linken oberen Schlüsselbeingrube und in den oberen zwei Zwischenräumen nach¬ 
zuweisen und nach außen durch eine die Mitte der Clavicula schneidende Senk¬ 
rechte begrenzt, allmählich rückte er um einen Intercostalraum tiefer, so daß er 
nunmehr links außen bis zur vierten Rippe reicht. Er hat das Herz wesentlich 
beeinflußt, das nach dem Untersuchungsbefunde nach unten gedrückt und quer 
gelagert sein mußte. Röntgenaufnahmen bestätigen dies; die obere Herzgrenze 
(von vorn gedacht) befindet sich anstatt im zweiten Interkostalraum im vierten. 


Sitzung vom 2. März 1903. 


B. Bend ix stellt einen 13 Monate alten Knaben vor, um einen Beitrag 
zur Ätiologie der Urticaria im frühen Kindesalter zu liefern. Das sonst gesunde Kind, 
dessen Darmtätigkeit ebenfalls normal ist, besitzt eine Idiosynkrasie gegen 
Eier, die sich regelmäßig nach außen in Form einer typischen Urticaria geltend 
macht. Ob er Ei roh oder gekocht, nur oder in Milch, Bouillon u. s. w. erhält, 
ist gleich; selbst kleinste Mengen haben den gleichen Effekt seit dem vierten 
Lebensmonat des Kindes, wo die Mutter denselben zum erstenmal wahrnahm. 
Auch experimentell hat B. die Anomalie schon zweimal zum Vorschein gebracht: 
Das eine Mal verstrichen 5, das andere Mal 7 Minuten bis zum Ausbruch der 
Eruption, die nach ca. 20 Minuten wieder verschwand. B. wiederholt jetzt den 
Versuch, indem er ein Ganzei in */ 4 Liter eingequirlt hat, wovon das Kind wenige 


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266 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 


Schluck erhält. Nach 8 Minuten tritt der Ausschlag deutlich hervor: das ganze 
Gesicht erscheint mit Urticariaquaddeln wie besät, wobei besonders das rechte 
Augenlid geschwollen, die Augenschleimhaut injiziert ist Starker Juckreiz. 
Das Kind hat offenbar nur eine besondere Empfindlichkeit dem Eiereiweiß gegen¬ 
über (falls überhaupt das Eiweiß der schuldige Faktor ist), da es auf Milch¬ 
oder Fleischeiweiß nicht abnorm reagiert Vielleicht bietet der Fall für jene 
chronischen, sich Monate hinziehenden Fälle von Urticaria einen therapeutischen 
Hinweis dafür, daß wir hier versuchsweise Eiernahrung für einige Zeit absolut 
ausschließen. — Albu hat vor mehreren Jahren einen ähnlichen Fall gesehen, 
nur daß hier ein Erythema exsudatium bullosum nach Eigenuß entstand. 
Jedesmal nach solchem bekam das sonst gesunde Kind sehr bald eine massen¬ 
hafte Eruption von hellen Blasen verschiedenster Größe über den ganzen Körper 
und fühlte sich krank. Nach Stu n de n , oder auch Tagen erst trockneten die 
Bläschen allmählich ein. So geschah es ungezählte Male vom ersten bis zum 
fünften Lebensjahre. Da das Kind sehr hartnäckig obstipiert war, behandelte 
A. diese Obstipation energisch, worauf geringe Besserung eintrat, aber nicht 
Heilung. Die Ätiologie solcher Fälle ist noch ganz rätselhaft. 


Ärztlicher Verein in Nürnberg. 

Sitzung vom 4. Dezember 1902. 

F. Giulini demonstriert eine Mißbildung beider Augen, offenbar durch amnio¬ 
tische Verwachsungen entstanden. An den oberen Augenlidern des 18 Tage 
alten Kindes findet sich je ein */* cm bezw. 1 cm langes 1 , federkieldickes, zapfen¬ 
förmiges Hautgebilde, etwa der Mitte des Lidrandes aufsitzend. Lider ektro- 
pioniert, die evertierte Bindehaut verdickt, mit kleinen warzenförmigen Gebilden 
besetzt. Lidspalten enge, werden von selbst nicht geöffnet. Bulbi von Binde¬ 
haut überkleidet, links so vollständig, daß der Bulbus zu fehlen scheint; rechts 
liegt ein schmaler Streif der getrübten Hornhaut frei. 

Kronacher: über frühzeitige Gaumennaht. K., der die Erfolge der frühzeitigen 
Gaumennaht bei J. Wolff, der stets zweizeitig, bei ganz kleinen Kindern drei¬ 
zeitig operierte, gesehen hat, ist entschiedener Befürworter der frühen Operation, 
die nicht nur nicht gefährlich, sondern sogar lebensrettend ist, da gerade junge 
Kinder mit angeborener Gaumenspalte sehr oft infolge von Schluckpneumonie, 
Bronchitis, Ohraffektionen u. s. w. zu Grunde gehen. Auch die funktionellen Resultate 
sind bei den früh Operierten sehr gut, und lernen dieselben ohne besonderen 
Unterricht normal sprechen. K. hat selbst in letzter Zeit 4 Kinder mit bestem 
Erfolg operiert. 

C. Koch demonstriert eine Dermoidcyste des Schädels, durch Operation bei 
einem 1V 2 jährigen Kinde gewonnen. Der nußgroße Tumor saß genau über der 
großen Fontanelle, unter der Galea aponeurotica, dem Periost ziemlich fest auf. 
Sie ließ sich aber gut ausschälen. 

Sitzung vom 18. Dezember 1902. 

Krämer und Kronacher zeigen die schwere Mißbildung des linken Armee 
bei dem betreffenden Knaben bezw. an Röntgenbildern. Der Vorderarm rudi¬ 
mentär entwickelt, Hand und Finger fehlen völlig. Totaler Defekt des Radius, 
partieller der Ulna, an der Proc. coronoid. und Olecranon fehlen. Der Unter¬ 
armknochen, spitzwinklig zum Oberarm stehend, liegt in einer geringen, der 
Fossa coronoidea entsprechenden Vertiefung des ebenfalls sehr atrophischen Ober¬ 
armknochens. An den Vorderarmknochen schließen sich zwei Metakarpalknochen, 
sowie die Phalangen eines Fingers an. 


Sitzung vom 8. und 22. Januar 1908. 


C. Port sah bei einem neugeborenen Mädchen ein präsacrales Cystenfibrom, 
das in Form eines 8 cm langen, etwa zwei Daumen an der Basis dicken Schwanzes 
zwischen Steißbein und After herabhing; an der Spitze eine, etwas Sekret ent¬ 
leerende Öffnung. Die Operation förderte ein Konglomerat von fünf Cysten mit 
serösem Inhalt zutage: 10 Tage lang Wohlbefinden, dann Unruhe und rascher 


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III. Neue Bücher. 


267 


Verfall; Zeichen von Harnverhaltung (trotz steter Entleerung von Harn), plötz¬ 
licher Abgang einer großen Menge blutiger Flüssigkeit, bald darauf Exitus. Es 
fand sich noch eine große, leere, den ganzen Beckenausgang verlegende Cyste vor, 
die einen fast vollkommenen Verschluß der Harnröhre durch Abknickung bewirkt 
hatte und kurz ante exitum durchgebrochen war. 

Neuburger beobachtete Polyarthritis gonorrhoica bei einem fünftägigen, mit 
schwerer Blennorrhoea neonatorum behafteten Kinde (Gonokokken). Es 
wurden nach und nach affiziert beide Schulter- und das linke Handgelenk, das 
linke Kniegelenk, die rechte Groß- und linke Mittelzehe, die Augenblennorrhoe 
hatte sich auffallend rasch nach Beginn der Gelenkerkrankungen gebessert. Auch 
letztere gingen allmählich zurück, und es erfolgte völlige Wiederherstellung. 
Zwei Tage ante partum war auch die Mutter an heftiger Polyarthritis erkrankt, 
doch nimmt N. an, daß die Allgemeininfektion des Kindes erst nach der Geburt 
vom Auge aus erfolgte. 

Sitzung vom 5. Februar 1908. 

J. Cnopf: über die angeborenen Funktionsstörungen des Verdauungsapparates. 
Erschöpfendes Referat über die verschiedenen Ansichten über die angeborene 
Pylorushypertrophie, Operation derselben u. s. w. 


in. Neue Bücher. 


B. Hecker. Abhärtung? Verlag von Gebauer-Schwetschke, Halle 1903. 

Das Büchlein, als Mahnwort und Wegweiser an die Mütter gerichtet, zeigt 
ihnen, wie eine rationelle Abhärtung beschaffen sein muß, wohin aber eine 
schematische, barbarische, unhygienische Abhärtung, wie sie leider vielfach geübt 
wird, hinfuhrt. Besonders eine systematische Aohärtung von Säuglingen und 
kleinen Kindern ist eine gefährliche Maßnahme, die sich bitter rächt. Auch 
späterhin muß die Abhärtung, soll sie ihren Zweck wirklich erfüllen, durchaus 
individuell eingerichtet sein, der jeweilige Körperzustand, die Empfindsamkeit 
des Kindes, das Klima des Wohnortes u. s. w., alle derartigen Faktoren bedürfen 
besonderer Berücksichtigung. Die Lektüre des kleinen Buches, dessen Inhalt 
den Erfahrungen des bekannten erfahrenen Münchener Kinderarztes entspringt, 
dürfte vielen Nutzen stiften. Gr ätz er. 


J. Orschansky. Die Vererbung im gesunden und krankhaften Zustande und die Ent¬ 
stehung des Geschlechts beim Menschen. Verlag von F. Enke, Stuttgart. 
Preis Mk. 9. 

Der Verf. hat sich die Aufgabe gestellt, das Resumd seiner eigenen 
Studien mit den Ergebnissen der modernen Untersuchungen auf dem oben 
bezeichneten Gebiete in Einklang zu bringen, und er hat sich dieser Aufgabe 
mit großem Fleiße und vollem Verständnis gewidmet, so daß das hochinteressante 
Werk vollen Anspruch darauf hat, gelesen zu werden. Es zerfällt in 10 Kapitel, 
betitelt: „Das Gebiet der Erblichkeit“, „Die Vererbung von im Leben erworbenen 
Veränderungen“, „Die erbliche Übertragung von Krankheiten“, „Entstehung 
der Geschlechter“, „Die Ähnlichkeit“, „Körperbau der Neugeborenen und deren 
Mütter“, „Die Grenzen der Erblichkeit, Entwickelung des Skeletts“, „Die Erblich¬ 
keit in kranken Familien“, „Die Elemente der Vererbung, Befruchtungstypen“, 
„Die Vererbung und die individuelle Evolution“. In allen diesen Abschnitten 
tritt das Talent des Autors, auch schwierigere Stoffgebiete dem Leser durch 
klare und präzise Darstellungsweise nahe zu bringen und ihn dauernd zu fesseln, 
in wohltuender Weise zu Tage, der Verf. versteht es fesselnd zu belehren und 
das Interesse dauernd wach zu halten. Wir können daher die Lektüre des 
Werkes warm empfehlen. Gr ätz er. 


A. He ermann. Vorschriften aus dem Gebiete der Krankenpflege. Verlag von 
H. Hartung & Sohn. Leipzig 1903. Preis Mk. 2. 

Abreißbare Zettel, auf denen die Ärzte den Pflegern oder Patienten ge¬ 
druckte Vorschriften übergeben, damit diese besser verstanden und behalten 
werden. Der Kinderpflege sind zwei solcher Blätter gewidmet, die übrigen be¬ 
ziehen sich auf die verschiedenen Bäder, Ausspülungen des Darmes, der Nase, 


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268 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6. 


der Ohren und Augen, auf Packungen, Abreibungen, Umschläge, Pflege der 
Wöchnerinnen, Pflege ansteckender Krankheiten u. s. w. Den meisten der 20 
Pflegevorschriften (man kann von jeder einzelnen je 6 Stück für 20 Pf. haben), 
sind einige Zeichnungen heigegehen. Ein ganz zweckmäßiges Unternehmen, das 
manchem Praktiker recht willkommen sein dürfte. Gr ätz er. 


Neue Dissertationen. 

(Januar bis März 1903.) 

G. Boxberger. Über die Beziehungen der hyperplasierten Thymusdrüse zum plötz¬ 

lichen Tode bei Kindern. (Kiel.) 

K. Dreger. Vaccina generalisata. (Göttingen.) 

Fr. Dieterlen. Über kongenitale Ektopien und Erosionen am Muttermund. 

(München.) 

W. Frien. Ein Fall von einseitiger kongenitaler Cystenniere bei einem 2V* jährigen 
Mädchen; Heilung durch Operation. (Erlangen.) 

Fr. Großmann. Über die angeborenen Blutcysten des Halses. (Leipzig.) 

Bernh. Hoffmann. Epityphlitis im frühen Kindesalter und ihre Beziehungen zu der 
gleichen Erkrankung Erwachsener. (Marburg.) 

W. Holzer. Über Albuminurie im Kindesalter. (Heidelberg.) 

W. Hoppe. Beitrag zur Lehre von den angeborenen Kreuzsteißbeingeschwülsten. 

(Breslau.) 

R. Kästel. Die angeborene Verlagerung der Niere in ihrer praktischen Bedeutung. 

(Heidelberg.) 

P. Kaiserling. Über Ectopia vesicae. (Halle.) 

P. Lindemann. Über Osteogenesis imperfecta. (Berlin.) 

Alfr. Loewy. Die an der kgl. Chirurg. Klinik Breslau in den Jahren 1891 bis 
April 1901 behandelten Fälle von Hasenscharte. (Breslau.) 

K. Luer. Über einen Fall von kongenitaler Scheidenatresie mit Cystokolposbildung 

bei völligem Mangel der Urethra und Blase, sowie der Portio, Cervix und 
des Corpus uteri. (München.) 

Herrn. Marcus. Vom Tetanus neonatorum und seiner Behandlung mit Serum¬ 
einspritzungen. (Kiel.) 

L. Müller. Über 3 Fälle von Chorea chron. progressiva s. hereditaria. 

(Heidelberg.) 

R. Noehte. Resultate der Sehnentransplantationen bei peripheren Lähmungen. 

(Berlin.) 

H. Otto. Ein Fall von Atresia hymenalis congenita. (Berlin.) 

A. Pfreimter. Ein Fall von Nierenmischgeschwulst im Kindesalter. (München.) 

J. Ritscher. Über Scharlachabszesse an der Hand eines Falles von Aneurysma 
' * afeariovenosum spurium carotidis communis et jugularis internae infolge 

eines’*solchen. (Kiel.) 

Sato. Vergleichende Untersuchungen über die Bogengänge des Labyrinthes beim 
Neugeborenen und beim erwachsenen Menschen. (Rostock.) 

W. Schillingen. Ein weiterer Fall von Lidgangrän mit Diphtheriebazillenbefund. 

.• T (Tübingen.) 

*W 4 Schltepe* Kephalhaematoma neonatorum. (Greifswald.) 

0. Schönfbld. Ein Fall von Aplasie der rechten Niere bei einem an Retro¬ 
pharyngealabszeß gestorbenen Kinde. (Kiel.) 

A. Weinberg. Über einen Fall von Hydrocephalus congenitus intern, mit Phoco- 
- melie. (Bonn.) 

-Jfl. Wiek. Ein Beitrag zur Kenntnis der angeborenen Geschwülste der Kreux- 
und Steißbeingegend. (Kiel.) 


Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzer in Sprottau. Verlag von Johann 
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metzger & Wittig in Leipzig. 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. 

Eine Monatsschrift für praktische Ärzte. 

Unter Mitwirkung von 

Db. C. BERLINER (Aachen), Db. ERNST DEUTSCH (Budapest), 

Db. ALBR. DWORETZKY (Moskau), Db. E. ENSLIN (Erlangen), Dibektob Db. 
ESCHLE (Sinsheim), Pbop. Db. EVERSBUSCH (München), Db. G. FINDER (Chab- 
lottbnBubo), Db. E. FLATAU (W abschau), Pbiv.-Doz. Db. R. HECKER (München), 
Db. LEO JACOBI (New Yobk), Pbop. Db. JOACHIMSTHAL (Beblin), Db. MAX 
JOSEPH (Beblin), Db. G. KREBS (Hildesheim), Db. P, MAAS (Aachen), Db. K. 
MENDEL (Berlin), Db. ADOLPH H. MEYER (Kopenhagen), Db. PLANTENGA 
(Haag), Dr.CARL SCHADE (Güttingen), Pbiv.-Doz. Db. E. SCHREIBER (Güttingen), 
Db. SCHRIDDE (Eblangen), Pbiv.-Doz. Db. H. STARCK (Heedelbebg), Db. SZYMA- 
NOWSKI (Wabschau), Db. E.TOFF (Bbatla, Rumänien), Pbop. Db. YULPIUS (Heidel¬ 
berg), Db. H. WALBAUM (Kiel), Pbiv.-Doz. Db. ZIEGENSPECK (München) u. A. 

herausgegeben von 

Dr. med. Eug-en Graetzer, 

prakt. Arzt in Sprottau. 


VIII. Jahrgang. Juli 1903. 


Nr. 7. 


I ntia.lt. 

I. Originalbeiträge. 

Seit© 


Ernst Deutsch, Gratismilch- und Ordinationsanstalten für Säuglinge . . 269 

n. Referate. 

H. de Rothschild, Contribution a l’dtude de l’industrie laiti^re .... 277 

W. Cronheim und Erich Müller, Untersuchungen über den Einfluß der 
Sterilisation der Milch auf den Stoffwechsel des Säuglings unter be¬ 
sonderer Berücksichtigung der Knochenbildung.277 

E. Kobrak, Erwiderung auf den Aufsatz von Dr. L. Natanson: Über 

den Milchpasteurisierapparat von Dr. E. Kobrak.279 

Betzy Meyer, Zur Kenntnis der bakteriziden Fähigkeit der Milch . . . 279 

A. Schlossmann und E. Moro, Zur Kenntnis der Arteigenheit der ver¬ 
schiedenen Eiweißkörper der Milch.279 

Jemma, Über die löslichen Fermente der Milch und ihre Bedeutung für 

die künstliche Ernährung.281 

G. Wallbach, Praktische Erfahrungen mit Kufekes Kindermehl . . . 281 

Fr. Dorn, Beitrag zur Ernährungstherapie.281 

F. Weigert, Erfahrungen über die Kindermehle im allgemeinen und speziell 

das Kufekesche.282 



(Anerkannt vorzüglichstes 

fi^ bS |Sr^, 

Man acJjfe auf den Mamen. 
... 

KNlf MÖLLER Gulcilftlgwiitftiw i 

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Fortsetzung des Inhaltes, 


II. Fischer, Beitrag zum Kapitel der rationellen Säuglingsernährung . . 282 
Ernst Moro, Ernährungsversuche mit Soxhlets „Nährzucker“ . , . . 2.92 
0. Bommel, Der Soxhletsche Nährzucker in der Ernährungstkerapie 

kranker Säuglinge. 282 

C. Maccarone, Die Dyspepsie der Neugeborenen und Säuglinge und die 

Funktion der mütterlichen Brustdrüse.283 

Fr. Steinitz, Alkalistoffwechsel.284 

Walther Freund, Säuren und Basen im Urin kranker Säuglinge . . . 284 

A. Keller, Fettumsatz und Acidose.284 

C am er er, Die stickstoffhaltigen Bestandteile im menschlichen Urin und 

die sogen. Acidose.284 

H. Brüning, Über die Ernährung kranker Säuglinge mit Buttermilch . . 284 

Gr. Jacobson, Über die Ernährung gesunder und dyspeptischer Säuglinge 

mit Buttermilch.285 

Jan Baczynski, Dyspepsia intestinalis acida lactatorum. 286 

F. L. Wachenheim, Chronic gastritis and gastric motor Insufficiency in 

Children. .286 

Halsey Dewolf, A Beport of thirteen cases of Edema, apparently epi- 

demie in character.287 

JapichinoPaternö, Experimentelle klinischeStudiezuParrots„Athrepsie a 288 

Japichino Paternö, Untersuchungen über die pathologische Anatomie 

der Parrotschen Athrepsie.288 

Dante Pacchioni, Ein Fall von schwerer Hepatitis mit schwerem Ikterus 

bei einem von einer nephritischen Mutter ernährten Säugling . . . 289 

Crisafi, La funzionelitä del fageto nie bambini proveta ove levulosio . . 289 

Antonio Jovane, Die Verteilung der Glykogenmenge auf die beiden 

Leberlappen.290 

E. Salvia, Singuli&re anomalie de d6veloppement du foie ayant l’aspect 

d’un neoplasme.290 

A. Sotoff, Ein Fäll von bösartiger Neubildung der Leber und der Bauch¬ 
speicheldrüse bei einem Kinde von l 1 /* Jahren.290 



chemische Fabrik — Darmstadt. 


Bromipin 

Ind.: Neurasthenie, Hysterie, Epilepsie, 
Chorea, epileptische Dämmerzustände. 

Rp.: Bromipin 10°/ 0 100 g. 

D. S. 2—3 mal täglich 1 Theolöffel voll in ober¬ 
gähr. Bier oder heißer Milch. 


Stypticin 

Ind.: Blutungen im Klimakterium, 
menstruale Blutungen, Menorrhagien etc. 

Rp.: Tablettar. Stypticin No. 40 ä 0,06 g. 
D. 8. Täglich 3—6—8 Tabletten an nehmen. 


Dionin 

Ind.: Asthma, Emphysem, Bronchitis, Phthisis pulmon., TracheVtis, Pertussis, 
Schmerzzustände (Gastralgie, Ischias, Ovaralgie, Oophoritis, Ulcus ventriculi), Asomnle, 
Abstinenzkur, Keratitis, Chorioiditis, Bulbusoperationen. 


Rp.: Dionin 0,3, 

Aq. amygd. amar. 16,0. 
M. D. S. 3 mal täglich 10; 
Abends 20 Tropfen. 


II Rp.: Dionin 0,04, 

01. Cacao 2,00. 

M. f. lege art. supp. d. t. dos. 10. 

S. Täglich 1 bis mehrere 
Zäpfchen zu gebrauchen. | 


Rp.: Dionin 0,6, 

Aq. dest. 20,0. 

M. f. sol. steril. 

S. Zu subkutanen Injektionen. 


Dionin wird für die Kinderpraxis aufs Wärmste empfohlen. 


Litteratur gratis und franko. 


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Fortsetzung des Inhaltes, 


A. Wolkowsky, Ein Fall von Lebercirrhose im Kindesalter.291 

Guiseppe Mya, Drei Fälle von Lebercirrhose im Kindesalter .... 292. 

L. Bartenstein, Die Lebercirrhose im Kindesalter.292 

S. Middelton, Infant with great Enlargement of the liver and ascites . 292 

Th. Fischer, A case of Ascites due to Thrombosis of the hepatic veins 293 
Paul Erdmann, Beiträge zur Kenntnis der kongenitalen Syphilia der Leber 293 

Pr. Mra£ek, Die Syphilis der Mütter und der Neugeborenen.294 

R. Matzenauer, Die Vererbung der Syphilis. Ist eine paterne Vererbung 

erwiesen?..295 

J. Wisniewski, Beitrag zur Syphilis der Kinder.297 

D. D. Niculescu, Die Hutchinsonschen Zähne.297 

E. Fournier, Des dystrophies veineuses de l’h6r6do-Syphilis.297 

Lannelongue, Note sur la Syphilis osseuse h£r4ditaire chez les nouveau- 

n4s (maladie de Parrot), chez les enfants et les adolescents, chez les 

adultes et les vieillards (maladie de Paget).298 

J. Fick, Beobachtungen über tertiäre Lues in Prof. Ehrmanns Ambu¬ 
latorium in Wien.298 

George Lupescu (Gustav Weinberg), Die intramuskulären Injektionen 
von Sublimat in seltenen und massiven Dosen zur Behandlung der 

Lues bei Kindern.299 

Torretta, Über die subkutane Jodtherapie in der Kinderpraxis .... 299 
Ed. Hönigschmied, Weitere Mitteilungen über die Anwendung u. Wirkung 

des Jodipins.300 

Edm. Saalfeld, Über Thigenol.300 

J. Silberstein, Thigenol als Ersatzmittel des Ichthyols.300 

M. Fasching, Über Jodoform - Kalomel - Behandlung.301 

H. Schramm, Beitrag zur Kenntnis der Tuberkulose der Knochen und Ge¬ 
lenke am kindlichen Fuße.301 

R. Lücke, Peritonitis tuberculosa traumatica mit Ileus.302 


KNOLL St Co., Ludwigshafen a. Rh. 


^cbtbaUrin 

Tonicum und Darmantisepticum. 

Geruch- und geschmackloses Ichthyoleiweiß 
zur inneren Ichthyolanwendung. 

Ind.: Tuberkulose , Typhus ab dom., Hautkrankheiten. 

Dos,: 0,3 — 1,0, 3mal täglich. 





'angenehmste Poem 

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Proben u. Littecalur umsonst u. portofrei 
1 Fabrik pharmac.Confituren,Wilhelm Netterer,MündienllJ 


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,oogi 























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Seite 


Fortsetzung des Inhaltes. 

m. Aus Vereinen und Versammlungen. 

Vereinigung niederrheinisch - westfälischer Kinderärzte . ..,303 

K. K. Gesellschaft der Ärzte in Wien.304 

Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Dresden.306 

IV. Neue Bücher. — V. Kleine Mitteilungen. 



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Kinderheilkunde. 

Eine Monatsschrift ftir praktische Ärzte. 

VIIL Jahrgang. 1. Juli 1908. No. 7. 


I. Origlnalbeiträge. 

Gratismilch- und Ordinationsanstalten für Säuglinge. 

Vortrag, gehalten am 27. IV. 1903 am internationalen medizinischen 

Kongreß zu Madrid. 

Von 

Dr. Ernst Deutsch (Budapest). 

„Ün enfant qui nait a moins de chances de 
vivre une semaine qu’un homme de quatre- 
vingt-dix ans et moins de chances qu’un 
octog&naire de vivre un an.“ (Bergeron.) 

Die staatliche Beeinflussung der Steigerung der Geburtszahl ist 
eine Frage, deren praktische Durchführung eine problematische ist; 
anders stehen wir der Mortalität der Kinder gegenüber, die zu be¬ 
kämpfen ist und diesen Kampf durchzuführen ist von größter nationaler 
Wichtigkeit. Diese anerkannte Tatsache brachte die großen Be¬ 
strebungen auf dem Gebiete des Kinderschutzes hervor, die jetzt in 
der ganzen gebildeten Welt auf dem Tapete sind. Findel wesen, 
Säuglingsspitäler, Kinderheilanstalten, Institute für Verwaiste, Krüppel¬ 
heime, Vereinigung zum Schutze für Epileptiker und Idioten u. s. w. 
sind alle Blüten dieser Richtung. In meinem heutigen Vortrag will 
ich einer Institution gedenken, die auf Grund meiner bescheidenen 
Ansicht und meiner Erfahrungen eine kolossale Tragweite besitzt, doch 
bisher außer von der französischen Republik und Amerika von anderen 
Ländern kaum gewürdigt wurde —, ich meine die Gratismilchanstalten. 

Um ein übersichtliches Bild über diese Institution und über all 
die Fragen, die mit ihr verbunden sind, geben zu können, habe ich 
an alle Kinderkliniken der Welt Fragebogen ausgesandt; deren Be¬ 
antwortung die Daten, die ich aus der Weltliteratur gesammelt und 
meine eigenen Erfahrungen dieser bescheidenen Arbeit bilden. 

In erster Reihe möchte ich ein übersichtliches Bild über die 
Mortalität der Säuglinge und aller Faktoren, die sie beeinflussen, 
geben. 

Vor allem führe ich die mir auf privatem Wege gütigst zur 
Verfügung gestellten Daten vor. 

Österreich: 

Wien (Escherich) 1865 24,1%, in* Jahre 1898 19,0%. 

Prag (Epstein, Fischl) 19—25%. 

Krakau (Jakubowsky) 1898 starben im Säuglingsalter in Galizien 
64134. 

Centralbl. f. Kinderhlkde. VIIL 


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270 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7. 


Deutschland: 

Berlin (Heubner) 16—19°/ 0 der Neugeborenen sterben im ersten 
Lebensjahr. 

Leipzig (Soltmann) Mortalitätsperzent der Säuglinge 28,3%. 
München (Ranke) auf 100 Säuglinge sterben 27,8. 

Frankreich: 

Toulouse (B6ry) auf 150000 Einwohner sterben jährlich im Durch¬ 
schnitt 200 Säuglinge. 

Nach Cayrol-Blums Mitteilung hat 



.Einwohner 



Kinder 


Säuglinge 

Paris 

2660559 

von 1892—1901 

wurden 565650 geboren, 70718 starben, 

Lyon 

453 145 

yy 

yy 

84 713 

yy 

11373 „ 

Bordeaux 

257471 

yy 

yy 

52225 

yy 

6 764 „ 

Limoges 

83569 

yy 

yy 

17445 

yy 

2619 „ 

Nimes 

80355 

yy 

yy 

20 553 

yy 

4546 „ 

Montpellier 

76364 

yy 

yy 

15 742 

yy 

2294 „ 


England: 

Newcastle on Syre (Rauken Lyle) 150°/ oo .J 
Edinburgh (Simpson) 154% 0 . 

Italien: 

Genua (Jemma) 26%. 

Rom (Concetti) 26,11%. 

Schweiz: 

Basel (Hagenbach-Burckhardt) 12—14%. 

Genf (Champendal) 15%. 

Rumänien: 

Jassy (Jmerwol) 22,72%. 

Norwegen: 

Christiania (Johannessen) 14,6%, in Budalen 1,49%. 
Spanien: 

Zaragoza (Borobio) 20%. 

Amerika: 


Toronto (Machell) 20—25%. 

Quebec (Fortier) 26,8—49,9%. 

New York im Jahre 1901 starben auf 6095685 Einwohner 43307, 
unter diesen 9348 Säuglinge. 

Boulder (Cattermoll) 1900 starben auf 539700 Einwohner 6987, 
unter denen 1228 Säuglinge waren. 

Zu diesen Daten will ich noch die vergleichende Sterblichkeits¬ 
tabelle einiger großer europäischer Städte anreihen: 

Auf 1000 Geburten starben von 1895—1898 in 
Budapest 
Wien 
Prag. . 

Triest . 

Breslau . 

Dresden . 

München 
Bukarest 
Dublin . 

Petersburg 


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183 

208 

176 

219 
262 
208 
279 

220 
169 

310 Säuglinge. 

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I. Originalbeiträge. 


271 


In meinem Vaterlande ist das Mortalitätsperzentverhältnis der 
unter einem Jahre Verstorbenen zur Gesamtmortalität verglichen 
32,05 %, dieser Perzentsatz entspricht auch ungefähr dem durchschnitt¬ 
lichen europäischen Säuglingsmortalitätsperzent. 

Wenn wir die Gründe der großen Säuglingsmortalität suchen, so 
liegt diese meistens in der Armut und Unwissenheit der Eltern; mit 
einem Worte, den größten Teil der kleinen Särge bevölkern die Säug¬ 
linge des Proletariats. Mit einigen Details will ich die Richtigkeit 
dieser Behauptung zu beweisen suchen. In den ersten drei Lebens¬ 
monaten sterben 15mal mehr illegitime, als legitime Kinder (Firck). 

8,9 °/p sterben unter den Säuglingen der reichen Bevölkerung in 
Erfurt, 30,5 °/ 0 unter den Armen. Ähnliche Daten liefert für Ungarn 
Körössy. 

Im Hungexjahre 1868 starben in Finnland doppelt soviel Säug¬ 
linge, wie in einem andern Jahre. 

In Preußen starben unter 100 Säuglingen von hohen Staats¬ 
beamten 15—17, während 30—36,4 unter jenen der Dienstboten und 
durch den Armenfond Erhaltenen zu Grunde gehen. 

Die Armut bewegt die Mütter, sich als Ammen zu verdingen, 
und ihre eigenen Kinder der irrationell durchgeführten künstlichen 
Ernährung zu opfern; welchen Einfluß diese Tatsache ausübt, zeigt 
am besten, daß im Zeitraum 1858—1869, während welcher Zeit der 
größte Teil der Chateau-Chinoner- Frauen in Paris säugten, 63 °L der 
Sänglinge starben, während in der Zeit der Belagerung von Paris 
das Mortalitätsperzent auf 27 fiel, da die Mütter ihre Kinder selber 
stillten. Zur Illustration derselben Tatsache diene Bayern mit einem 
Säuglingsmortalitätsperzent von 27,4 und Norwegen mit der Zahl 10,1 
(Budalen sogar mit dem beneidenswerten Perzentsatz 1,49), im ersten 
Lande wird nahezu ausschließlich künstlich genährt, während in 
Norwegen die meisten Mütter ihrer schönsten Pflicht, ihre Kinder 
selbst zu stillen, nachkommen. 

Daß die irrationell durchgeführte künstliche Ernährung der Säug¬ 
linge eine große Morbidität und Mortalität in Magendarmkrankheiten 
hervorbringt, zeigen auch meine Daten, die sich auf 1100 Säuglinge 
unserer Anstalt beziehen: es waren 390 Erkrankungen des Digestionsappa¬ 
rates zu verzeichnen, und auf 46 Sterbefälle 28 infolge dieser Krankheiten. 

Nach den sorgfältigen statistischen Zusammenstellungen des 
Kaiserlichen Reichsgesundheitsamtes starben im deutschen Reiche 
unter einem Jahre: 

1894 im ganzen 386000, an Magen- und Darmkrankheiten 124000 

1895 „ „ 424000, „ „ „ „ 155000 

1896 „ „ 378000, „ „ „ „ 118000 

1897 „ „ 417000, „ „ „ „ ' 145000 

In Chemnitz starben im Jahre 1901 2744 Säuglinge, unter diesen 
2456 an Magendarmkrankheiten. Auf die 80°/ 0 der Diepper Säuglings¬ 
mortalität fallen 68 °/ 0 solcher, die magenkrank sind. 

Die vorgeführten Daten wollen — ohne einen Anspruch auf 
Vollständigkeit zu haben — nur die absolute Notwendigkeit einer 
Institution, die dies Elend ankämptt, zeigen. 

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272 


Centralbl&ti ftir Kinderheilkunde. No. 7. 


Man wirft den Gratismilchanstalten von vielen Seite vor, daß sie 
der künstlichen Ernährung Vorschub leisten, den „la mellieure goutte 
de lait est encore celle que l’enfant trouve dans le sain de sa mere“ 
(Budin), abgesehen davon, daß alle meine Gewährsmänner sich in 
wärmsten Worten über die Nützlichkeit und Notwendigkeit dieser In¬ 
stitution aussprechen und bei richtiger Handhabung dieser Vorwurf un¬ 
bedingt nicht stichhaltig ist, ist bei dem Proletariate die künstliche Er¬ 
nährung — wie ich es auch auf Grund der mir zugesandten Fragebögen 
bestätigen kann (nur für Prag, Krakau, Marburg, Edinburgh, Genf, 
Jassy, Christiania wird ihre Seltenheit hervorgehoben) — in der ganzen 
Welt riesig verbreitet und ihre Ausdehnung wächst leider von Tag 
zu Tag, so daß Institute, die diese in rationelle Bahnen lenken, 
ein kaum diskutables Postulat bilden. 

Daß die Erfolge ohne Ausnahme brillante sind, will ich mit 
einigen Beispielen illustrieren. 

Quintrie berichtet aus Bordeaux, daß im Jahre 1899 seit Be¬ 
stehen des „goutte de lait“ auf 473 nur 4,4 °/ 0 im Jahre 1900 auf 
495 Säuglinge 2,2 °L an Magendarmerkrankungen erlagen, während 
im Jahre 1898 in Rouen im Monate August auf 100 Geburten 91 
starben, unter denen 76,6 an Enteritis, in Bolbec auf 78,66 durch 
Magendarmerkrankungen, in Havre 51,20 auf 68, in F&caüip 16 
auf 30,2. 

Im Jahre 1898 starben in Paris während vier Wochen 833 Säug¬ 
linge an Cholera infantum, im Gegensätze zu der mit Milchverteilung 
verbundenen Säuglingsordinationsanstalt, in der von 1898—1900 kein 
einziger Todesfall vorgekommen ist. 

Herrlich sind die Erfolge von Dufour (Feeamp); im Jahre 
1898—1900 starben auf 156 Frequentanten des „goutte de lait“ zwei, 
auf 434 Geburten der Stadt 42. Der „Bericht über das Ergebnis 
des Versuches, die Säuglingssterblichkeit in den Sommermonaten durch 
die Abgabe sterilisierter Milch einzuschränken“ (Halle 1903) schreibt: 
„ . . . daß die von der Verwendung sterilisierter Milch erhoffte 
Wirkung eingetreten und tatsächlich in den Versuchsbezirken eine 
Verminderung der Kindersterblichkeit erreicht worden ist.“ 

Im folgenden will ich die mir bekannten Gratismilchanstalten 
nach Ländern geordnet aufzählen: 

Österreich: 

Wien: Verein „Charitas“ unter Führung des Dr. Hercka. 

Prag: Zeitweilige Verteilung in der Fischlschen Poliklinik. 
Deutschland: 

Berlin: „Verein für häusliche Gesundheitspflege“. 

„Berliner Kinderschutzverein.“ 

„Poliklinik des Prof. Neumann.“ 

(Alle drei Vereine bringen Milch zur Verteilung.) 

Leipzig: Mehrere wohltätige Vereine verteilen Milch. 

Marburg: Die Rumpfsche Poliklinik ist mit einer Milchverteilungs¬ 
anstalt verbunden. 

Frankreich: 


Paris: „Consultation pour les nourrissons ä la charitö“ (Budin). 
„Dispensaire de Belleville“ (Variot). 

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I. Originalbeitrftge. 


273 


„Dispensaire de la rue Picpus“ (Rothschild). 

Im „Hopital Tenon“ unter Boissards Leitung. 

Dubrisay pöre führt eine solche Anstalt in der rue Jean 
Lautier. 

In den Straßen Ordener, Chemin-Vert, La Rochefoucauld, Saint- 
Benoit (Napias) sind ähnliche Institute im Betriebe. 
„L’oeuvre philantropique du lait“ durch Rothschild gegründet, 
unter der Führung desselben eine Verteilung in der polyclinique 
rue Marcadet. 

Toulouse: In den „maison de Charitö“ jedes Bezirkes wird Milch 
verteilt. 

Rouen: Brunon leitet ein „goutte de lait“. 

Havre: Caron führt eine Gratismilchanstalt. 

Amiens: Unter Aufsicht Peaucelliers wird Milch verteilt. 
Montpellier: In den Sommermonaten verteilt das Municipium der 
Stadt Milch. 

Dieppe: Die Stadtbehörde beschäftigt sich mit Milchverteilung 
(Coche). 

Grenoble: Unter Berlioz’ Leitung. 

Fecamp: Dufours „goutte de lait“. 

In England sind neuerdings in einzelnen Vororten Londons und in 
Battersea, St. Helens und Liverpool kleine Milchbetriebe. 

Italien: 

Neapel: In der „Annunciata“ ist eine Gratismilchanstalt in Tätigkeit. 
Rom: Nach Concettis Bericht verteilen mehrere Wohltätigkeits¬ 
anstalten Milch. 

Schweiz: 

Basel: Mehrere Wohltätigkeitsanstalten bringen Milch zur Ver¬ 
teilung. 

Lausanne: „Sociötö de goutte de lait“. 

Genf: „Association maternelle du lait störilisö“. 

Griechenland: 

Athen: Unter Aufsicht des Dr. Papanagioton. 

Nach den mir zugesandten Berichten gibts in Holland, Spanien, 
Rumänien, Norwegen keine ähnlichen Anstalten. 

Amerika: 

Montreal: Das Journal „La patrie“ erhält ein „goutte de lait“ und 
das „Montreal hospital milk dispensary“. 

New York: „Diet Kitchen.“ 

„The good samaritan dispensary“. 

Gründung von Nathan Strauss. 

Boston: Verteilung zur Sommerszeit. 

Pittsburg: „Pittsburg and Allegheny sterilised, pasteurised and 
modified milk ice and coal society.“ 

Philadelphia: „Philadelphia sterilised milk and ice institution.“ 

In meinem Vaterlande sind drei ähnliche Institutionen, eine in 


Budapest, Izabella u. 42 „Ingyentej“ (unter meiner Leitung), eine in 
Temesvar (Szana) und eine in Neitra (Turoczy). 

Diese Liste ist gewiß mangelhaft, doch gibt sie ein genug 


klares Bild über den jetzigen Stand dieser Institution. 

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274 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7. 


Das wichtigste Moment bei der Verteilung ist die Möglichkeit 
der Kontrolle. Wir haben uns wiederholt in der ersten Zeit unserer 
Tätigkeit von Unfugen verschiedenster Sorte überzeugt. Die dem 
Säugling zugedachte Milch wurde unter allen Kindern der Familie 
verteilt oder andern wirtschaftlichen Zwecken zugeführt. Seit Kon¬ 
stituierung eines ständigen Aufsichtskomitees, das in gewissen Zeit¬ 
räumen die Familien aufsucht, um sich über die Vermögensverhält- 
nisse und über die Verwendung der gespendeten Milch Aufklärung 
zu verschaffen, sind die Mißbräuche seltener geworden. 

Großes Gewicht legen wir darauf, daß die Milch größtenteils an 
Ort und Stelle verzehrt wird. Die Schulkinder trinken ihre Ration 
stets im Lokal, teilweise auch die gesunden Säuglinge, nur die kranken 
und in der Peripherie der Stadt wohnenden nehmen ihre Tagesportion 
mit nach Hause. 

Natürlicherweise wird die Milch nur gegen Anweisungen ausgeliefert, 
die stets durch die Mutter vorgezeigt werden müssen. Kindern wird 
die Milch zum Nachhausetragen nicht übergeben. Überaus em¬ 
pfehlenswert zur Durchführung ist die Idee Weils (Paris), der den 
Bezirks- und Armenärzten das Recht zur Ausgabe von Anweisungen 
für Milch auf Stadt- oder Staatskosten vorschlägt („Gest le lait en 
nature, aliment de premier ordre, qu’il faut pouvoir prescrire aux 
enfants indigents qui se meurent devant le sein tari de la mfcre“.) 

Bei kleinem Betrieb, wie in den französischen Provinzstädten und 
neuerdings in Halle ist die Zustellung der Milch zu Haus und Hof 
durchführbar (z. B. in Lyon durch die Pferde der Feuerwehr). Meines- 
teiis bin ich für dies System bei unserem Großbetrieb nicht ein¬ 
genommen und glaube, daß der Unfug, durch diese Erleichterung 
noch erklecklich gefördert wird. 

Wir verteilen die Milch ganz unentgeltlich ; doch ist die Ansicht 
von Heubner, Rotch, Camerer und Johanessen, daß man einen 
Entgelt für die Milch verlangen soll, auch nicht zu verwerfen, denn 
das arme Volk achtet das ganz unentgeltlich Gebotene weniger, als 
einen Artikel, den sie bezahlen müssen. Das zahlende System ist 
auch in Fecamp durchgeführt, wo für die verschiedenen Gesellschafts¬ 
klassen verschiedene Preise aufgestellt sind. 

Von eminenter Wichtigkeit ist, in welcher Form man die Milch 
verteilt. Ich würde als Axiom aufstellen, daß die Form, in der die 
minimalste Manipulierung mit der Milch notwendig ist, unbedingt die 
beste sei; als solche würde ich die auch bei uns durchgeftihrte Ver¬ 
teilung einer entsprechend zubereiteten Milch (bei uns nach dem 
System Dr. Szekelys) in den Einzelportionen entsprechenden 
kleinen, mit Patentverschluß versehenen Flaschen, auf die vor dem 
Trinken nach Entfernung des Verschlusses das Saughütchen auf¬ 
gesetzt wird. 

Vieler Orten wird rohe oder sterilisierte unverdünnte Milch, in 
andern Instituten verdünnte oder präparierte Milch auf dieser Weise 
ausgeteilt. Bei Kindern, die älter wie sechs Monate sind, verteilen 
wir ebenso wie in vielen französischen Anstalten die Milch in der 
Tagesportion entsprechenden großen Flaschen. 

Was die verschiedenen Milchsorten, die in den verschiedenen 


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I. Originalbeitrftge. 


275 


Anstalten zur Verteilung kommen, anbelangt, will ich vor allem die 
mir zur Verfügung stehenden Daten aufzählen. Fischl verteilte in 
Prag eine Zeit hindurch Biederts Rahmgemenge und Kellers Malz¬ 
suppe. In Berlin erhalten Säuglinge in der Neumannschen Poli¬ 
klinik Buttermilch und Biederts Ramogen. 

In Leipzig wird auf Anweisungen des Armenamtes rohe Milch 
zur Verteilung gebracht. Die Rumfsche Poliklinik in Marburg ver¬ 
sieht Säuglinge mit roher Milch. Die „Polyclinique Henri de Roth¬ 
schild“ in Paris, die „maison de charitö“ in Toulouse, die Stadt¬ 
behörde in Montpellier verteilen sterilisierte und rohe Milch. In der 
Schweiz wird in den Städten Basel, Lausanne (sociötö de goutte de 
lait“), Genf („association matemelle du lait störilisö“) pasteurisierte 
und sterilisierte Milch unter den armen Säuglingen der Stadt veraus¬ 
gabt. In Amerika erhalten die Säuglinge meistens die sogenannte 
„modified milk“ (Philadelphia, Pittsburg, Boston, Montreal) in Quebec 
und New York verteilt man sterilisierte Milch. 

Was meinen eigenen Standpunkt, die Gewinnungsweise und Qualität 
der Milch betreffend anbelangt, bin ich im großen ganzen Cernys 
Meinung. 

1. Der Gesundheitszustand der Kühe soll von behördlich an- 
gestellten Tierärzten ständig kontrolliert werden. 

2. Die Nahrung der Kühe muß so beschaffen sein, daß sie nicht 
dünnflüssige Fäces zur Folge hat. 

3. Die Bakterien, welche in die Ausführungsgänge der Milch¬ 
drüse eindringen, werden erfahrungsgemäß in die Hauptmasse bei 
den ersten Melkstrichen ausgespült. Die erste Melkportion sollte 
deshalb nicht in dasselbe Gefäß aufgefangen werden, in welches die 
übrige Milch gesammelt wird. Um die Verunreinigung der Milch 
durch Schmutz, welcher den Tieren anhaftet, zu vermeiden, ist es 
erforderlich, die Tiere sauber zu halten und vor dem Melken be¬ 
sonders das Euter sorgfältig von sichtbarem Schmutz zu befreien. 
Als zweckmäßig wurde allenthalben das Festbinden des Schwanzes 
während des Melkens befunden. 

4. Die Milch muß sofort nach dem Melken auf eine Temperatur 
unter 10° C. abgekühlt, bei gleicher Temperatur transportiert und bis 
zur Verwendung aufbewahrt werden. 

5. Der Fettgehalt soll nicht weniger als 3°/ 0 betragen. 

6. Die Acidität der Milch darf nicht gesteigert sein und nicht 
rasch zunehmen. 

Gegen langdauerndes Erhitzen der Milch bin ich unbedingt, da 
meine Erfahrung sich mit dieser deckt, daß mit übersterilisierter 
Milch ernährte Säuglinge mit solchen Symptomen erkranken, die nach 
Darreichung von roher oder pasteurisierter Milch schwinden. Dies 
ist das Prinzip, das ich bei der Verabreichung der in unserem Lokal 
verteilten Milch befolge, sie wird pasteurisiert und ich habe noch 
keinen Fall von Barlowscher Krankheit beobachtet. 

In Betracht gezogen, daß die Fütterungstuberkulose beim Menschen 
außergewöhnlich selten ist, habe ich bei einzelnen atrophischen Säug¬ 
lingen, besonders in der kühlen Jahreszeit, rohe Milch mit gutem 
Erfolge verabreicht. Das Generalisieren dieses Vorganges würde ich. 


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276 


Centr&lblatt für Kinderheilkunde. No. 7. 


nicht anempfehlen, da man bei der mangelhaften Intelligenz der armen 
Klassen für die richtige Handhabung der rohen Milch gar keiue 
Sicherheit besitzt. 

Die Erfahrungen von Teixeira de Mattos, Salge, Brüning und 
andrer Autoren machen die Versuche mit Buttermilch, besonders vom 
Standpunkte der Billigkeit, überaus erwünscht. Nach den Erfahrungen, 
die bisher in der Literatur niedergelegt sind, ist die Buttermilch auch 
bei ganz jungen Säuglingen, bei Erkrankungen des Verdauungstraktes, 
bei Atrophikern und zur Durchführung von „allaitement mixte“ gut 
anzuwenden. Diese Ernährungsweise ist für diesen Sommer in 
unserer Anstalt ins Programm genommen. Ein großes Bedenken 
bildet der Umstand, daß die Beschaffung reiner Buttermilch mit viel 
Schwierigkeit verbunden ist. 

Vom Standpunkt der billigen Massenversorgung muß ich der 
Ziegenmilch gedenken. Die Ziege zeigt wenig Neigung zu Enteritiden 
und Tuberkulose, ist ein reinliches, billiges und milchergiebiges Tier. 
Barbellien empfiehlt Schweizer- und Alpenziegen für Neugeborene, 
Tiere aus Nubien und Malta für Kinder nach dem Abstillen und 


Ziegen von Murcia und den Pyrenäen für gesunde Säuglinge. Bei 
uns ist die Ziegenmilch wegen ihres Geschmackes und Geruches 
perhorresziert. 

Der Vollständigkeit halber gedenke ich noch der Milch der 
Eselin, die durch den schwachen Milchertrag überaus teuer und daher 
vom Standpunkt unserer Institution nicht in Betracht käme. 

Von größtem Vorteil wäre, wenn jede Gratismilchanstalt ihre 
eigene Milchwirtschaft hätte (Noel Rouches), der Kostenpunkt macht 
die Durchführung dieses Postulates illusorisch. Meines Wissens ist 
die einzige Anstalt, die in dieser günstigen Lage ist, die von Professor 
Schlossmann (Dresden). Ich gedenke in Zukunft das landwirtschaft¬ 
liche Ministerium anzugehen, um von ihren Musterwirtschaften die 
nötige Milchquantität zu erhalten; bis dorthin beziehen wir die 
Milch aus der mustergültig geführten Zentralmilchhalle der Stadt 
Budapest. 

Im allgemeinen wird die Verfolgung der schlechten Milch viel 
zu nachlässig betrieben, zumal die Versorgung mit guter Milch dieselbe 
Wichtigkeit besitzt wie die mit gutem Trinkwasser, Die Worte 
Strauss’ „Le lait infanticide fait courir les plus graves dangers k la 
santö publique, k la prospöritö nationale; il doit etre poursuivi sans 
treve ni merci, avec un zöle infatigable et toujours en 6veil“. 

Was die Arbeitszeit der Gratismilchanstalten anbelangt, sind 
zweierlei Standpunkte vertreten. Die eine Partei glaubt nur für die 
Sommerszeit das Institut offen halten zu müssen und bringt als Beleg 
für diese Meinung die große Säuglingsmortalität in den Sommer¬ 
monaten vor, der andere Teil — zu diesem gehöre ich auch —, 
meint, daß es einerseits eine halbe Wohltat sei, die Säuglinge 2 bis 
3 Monate mit Nahrung zu versehen und sie dann wieder ihrem 


Schicksal zu überlassen, andererseits hat die irrationell durchgeführte 
künstliche Ernährung nicht nur in den warmen Monaten, sondern 
auch zur Winterszeit ihre Gefahren. Es ist ja unstreitig, daß 1433 
(Zahl der in dem ersten Lebensjahr im Monate August von 1895 bis 

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II. Referate. 


277 


1901 in Halle verstorbenen) eine riesengroße zu 344 (Februar 1895 bis 
.1901) ist, doch ist die letztere auch nicht zu verwerfen. 

Henrie de Rothschild hat bei Gelegenheit der Eröffnung 
seines neuen Hospitales hervorgehoben, daß er, noch als Student der 
Midizin, vom Drange geführt, in erster Reihe Wohltat zu üben, in 
seinem „dispensaire de la Rue Picpus“ Milch ohne ärztliche Kontrolle 
verteilte. Später war er sich dessen bewußt, daß die Wohltat ohne 
eine Ordinationsanstalt nur eine halbe sei, und daß durch deren 
Einführung Variots Ideal „H faut danc laisser les enfants a leur 
mere, je ne crains pas de le röpöter, et remplacer, toutes les fois 
qu’on le pourra l’hospitalisation par les secours qui permetteut ä la 
mere de soigner son enfant ä domicile“ — ins Leben trete. Diesen 
Entwickelungsgang machten nahezu alle — auch unsere — Anstalten 
durch. Im Anfänge wurde in den meisten Instituten Milch ohne Wahl 
an sämtliche sich Meldenden verteilt, nur später sah man ein, daß man 
hierdurch einesteils der künstlichen Ernährung Vorschub leistet, 
anderenteils viele Kranke (Cholera infantum!) nicht der Heilung, 
sondern dem Verderben zuführt. 

Budin war derjenige, der in der Pariser Geburtsklinik als Erster 
diese Idee mit Erfolg verfocht, ihm folgten seine Jünger in Paris 
und am Lande (Dufour, Mocquot), so daß die ganze Republik 
mit solchen hygienischen Kulturzentren — denn als solche muß 
man sie betrachten — besät, ein Bollwerk gegen das „steeple-chase 
de crötinisme“ (Strauss) errichtet und einen erfolgreichen Kampf 
gegen Vorurteil und Dummheit, die sich in der Hygiene der Säuglinge 
eingefleischt haben, aufnehmen kann. (Schluß folgt.) 


II. Referate. 

H. de Rothschild. Contribution a l’etude de Tindustrie laitiere. 

(Revue d’Hygtene et de m^dicine infantiles, Tome I N. 1 S. 50 1902.) 

Die interessante Arbeit gibt eine Übersicht über die Milch¬ 
industrie der verschiedenen Länder, sowie über die Unterrichtsinstitute 
für Milchwirtschaft und der Zeitschriften über Molkerei wesen. Zu 
einem Referat ist die Arbeit nicht geeignet, ihre Lektüre sei aber 
jedem, der sich für dies Gebiet interessiert, empfohlen. 

Schreiber (Göttingen). 


W. Cronheim und Erich Müller. Untersuchungen über den 
Einfluß der Sterilisation der Milch auf den Stoffwechsel des 
Säuglings unter besonderer Berücksichtigung der Knochen¬ 
bildung. 

(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 57 Heft 1.) 

Um die noch nicht entschiedene Frage zu prüfen, ob der Ca- 
Stoffwechsel des Säuglings Unterschiede aufweist bei Darreichung von 
sterilisierter und roher Milch, stellen die Verff. folgenden Versuch 
an: Aus der Molkerei wurde täglich das Doppelte des für das Ver- 

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278 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7. 


suchskind notwendigen Tagesquantums Kuhmilch bestellt Die eine 
Hälfte wurde den — vollkommen gesunden und nicht im Kranken¬ 
haus liegenden — Kindern täglich frisch und roh verfüttert, die 
andere Hälfte wurde an demselben Tage 20—30 Minuten lang bei 
110—103° C. im Kochsalzbad sterilisiert und für den Kontroll- 
versuch auf Eis aufbewahrt. So erhielten die Kinder in beiden Ver¬ 
suchen sicher die gleiche Milch. Zur Verdünnung wurde destilliertes 
Wasser verwandt, um den Kalkgehalt des Leitungswassers auszu¬ 
schalten. Die Kinder bekamen eine im Verhältnis von 1 Teil Wasser 
zu 3 Teilen Milch verdünnte Kuhmilch mit einem Zusatz von 50 g 
Milchzucker, an den beiden letzten Versuchstagen wurden 25 g Milch¬ 
zucker durch eine entsprechende Menge reiner Reisstärke ersetzt, 
um die abführende Wirkung des Milchzuckers abzuschwächen. 

Die Kinder wurden vor Beginn des Versuches mit Liebigsuppe 
ernährt. Nur die drei letzten Tage vor dem Versuche erhielten sie 
bereits die Versuchsnahrung, einerseits, um sie an dieselbe zu ge¬ 
wöhnen, andererseits, um die Beeinflussung des Stoffwechsels durch 
die frühere Ernährung nach Möglichkeit auszuschalten. Die Dauer 
jedes Versuches betrug 4 mal 24 Stunden. Die Analysenmilch wurde 
erhalten, indem täglich von der rohen Milch je 100 ccm in ver¬ 
schließbaren Kolben mit 1 ccm Chloroform versetzt und dann ein den 
getrunkenen Tagesmengen proportionales Quantum abgewogen wurde. 
Die Milch- und Kotanalysen geschahen nach den üblichen Methoden. 

Die Verff. kommen zu folgenden Resultaten: 

Fett sowie Eiweiß der sterilisierten Milch sind in den Versuchen 
besser verdaut bezw. assimiliert worden als in der rohen Milch, wenn 
auch die Verschiedenheiten in Versuch 2 nur sehr geringfügige sind. 
Dagegen wurde gefunden, daß von drei Versuchen ein früherer eine 
stark negative Kalkbilanz ergab; No. 1 der jetzigen Versuche gab 
sowohl bei Darreichung von roher als auch sterilisierter Milch eine 
positive Kalkbilanz, jedoch sprechen die Zahlen deutlich zu gunsten 
der rohen Milch insofern, als bei dieser mehr als das Doppelte von 
Kalk angesetzt worden ist. Versuch 2 schließlich gibt vollständig 
identische Werte. Der Phosphor der rohen Milch wurde in beiden 
Versuchen besser verdaut, als derjenige der sterilisierten Milch; da¬ 
gegen lassen sich über die Retention des Phosphors keine bindenden 
Schlüsse ziehen. Die Ausnützung der Kohlehydrate war die gewöhn¬ 
liche vollkommene. 

Die Verff. sind der Ansicht, daß Versuch 1 und der frühere 
Versuch entschieden gegen die Sterilisation der Milch sprechen und 
sie sehen darin eine Bestätigung der praktischen Erfahrung, daß für 
die Ernährung von Säuglingen sterilisierte Milch wenigstens für längere 
Zeitperioden möglichst nicht zu verwenden sei. 

Ref., der sich über die Unzweckmäßigkeit zu lange fortgesetzter 
Sterilisation schon wiederholt ausgesprochen hat, hält diese zwei Ver¬ 
suche doch noch nicht für beweiskräftig genug, um eine derartig 
wichtige Frage zu entscheiden. Die Zahlenergebnisse zeigen so kleine 
Differenzen und sind vor allem so wenig einheitlich, daß nicht noch 
eine andere Deutung der Versuche möglich wäre. 

Hecker (Mönchen). 


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II. Referate. 


279 


E. Kobrak. Erwiderung auf den Aufsatz 1 ) von Dr. L. Natan- 
son: Über den Milchpasteurisierapparat von Dr. E. Kobrak. 

(Berliner klin. Wochenschrift 1908 No. 7.) 

Natanson hatte in erster Linie die Inkonstanz der in E.s 
Apparat zur Verwendung gelangenden Pasteurisiertemperaturen be¬ 
mängelt, vor allem die erheblichen Differenzen, die sich bei der Be¬ 
nutzung des Apparates im Sommer einerseits und im Winter anderer¬ 
seits geltend machen. K. seinerseits betrachtet nun diese parallel 
mit dem Einsetzen höherer Lufttemperaturen im Sommer rein auto¬ 
matisch in seinem Apparat zur Geltung kommenden höheren, energischer 
wirkenden Sterilisiertemperaturen gerade als Vorteil. Wenn der 
Apparat bei Natanson im Winter seine Pflicht nicht tat, so lag das 
daran, daß dieser bei seinen Versuchen mit sibirischen Verhältnissen 
rechnete, nicht mit solchen unseres gemäßigten Klimas, wo der 
Apparat durchaus gut funktioniert, selbst wenn einzelne saprophytische 
Keime Zurückbleiben; vor diesen hat man heutzutage keinen Horror 
nißhr. Grrfttzer. 


Betzy Meyer (Däne). Zur Kenntnis der bakteriziden Fähigkeit 

der Milch. 

(Hospitalstidende 1903 No. 4.) 

Aus den im Versuchslaboratorium der kgl. Hochschule für Land¬ 
wirtschaft ausgeftihrten Versuchen, welche für die Pädiatrie von be¬ 
deutendem Interesse sind, geht hervor: 1. Daß es keinen Einfluß auf 
das Wachstum der Bakterien in der Milch hat, ob die Milch gleich 
zu einer niedrigen Temperatur herabgektihlt wird oder ob sie zuerst 
einige Stunden bei ca. 30° steht. Das Wachstum der Bakterien 
wird nicht vermehrt, selbst wenn die Milch 1—2 Stunden steht, ehe 
sie abgekühlt wird. Es scheint nicht nötig, daß die Abkühlungs- 
temperatur niedriger als 10—12° ist. Dagegen muß die Milch 
permanent bei der niedrigen Temperatur stehen, bis sie genossen 
wird. 2. Daß die „lebende“ Milch (d. h. frisch gemolkene Milch im 
Verlaufe den ersten 5—6 Stunden) bakterizide Eigenschaften gegen¬ 
über der in der Milch gewöhnlich vorkommenden Bakterien hat. 
3. Daß die Milch auch gegenüber dem Diphtheriebazillus diese Eigen¬ 
schaft besitzt. Adolph H. Meyer (Kopenhagen). 


A. $Chl 088 mann U. E. Moro. Zur Kenntnis der Arteigenheit 
der verschiedenen Eiweißkörper der Milch. 

(Aus dem Dresdner Säuglingsheim.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 14.) 

Die Verff. suchten auf biologischem Wege die für die Säuglings¬ 
ernährung wichtige Frage klarzustellen, ob mir das vorherrschende 
Milcheiweiß, das Kasein, der Träger der Arteigenheit ist, oder ob 


*) S. unser Centralbl. S. 105 (Bef.). 


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280 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7. 


auch das lösliche oder besser gesagt gelöste Eiweiß der Milch, das 
Laktalbumin, für jede Gattung verschieden ist. Wäre dies nicht der 
Fall, also der Albuminkörper der Kuhmilch dem der Frauenmilch 
biologisch gleichwertig, dann wäre ja ein Hinweis gegeben, bei der 
künstlichen Säuglingsnahrung sich vorwiegend dieses Albuminkörpers 
zu bedienen. Aber die Versuche ergaben unzweideutig, daß Kuh¬ 
milchalbumin und Frauenmilchalbumin biologisch ganz verschiedene 
Körper sind, daß weiter nicht nur das Kasein, sondern auch das ge- 
lößte Eiweiß der Milch Träger der Arteigenheit ist. Auch dafiir, 
daß der gelöste Eiweißkörper der Milch identisch ist mit den oder 
nur einem der Eiweißkörper des Blutes, konnten die Verff. die Be¬ 
weise erbringen. Sie folgern: 

„Aus dem Gesagten ergibt sich abermals einer der immer klarer 
zu Tage tretenden Gründe für die Überlegenheit der natürlichen Er¬ 
nährung über die künstliche. Ein namhafter Teil des Eiweißes, dieser 
für den Aufbau des kindlichen Organismus so wichtigen Verbindung, 
ist in der Frauenmilch in gelöstem Zustande vorzugsweise als Lakt¬ 
albumin enthalten. Dieses Laktalbumin ist aber arteigenes Eiweiß; 
wie es aus dem Blute der Mutter stammt, so kann es direkt in das 
Blut des Kindes aufgenommen werden* Kein umfänglicher chemischer 
Prozeß ist von nöten, keine Umsetzung der Komplexe, keinerlei 
Gruppenverschiebung im Molekül ist erforderlich; so wie es ist, so 
wie es dem Digestionsapparate des Kindes aus der Brustdrüse der 
Mutter zufließt, so kann es sofort in das* Körpereigentum des Kindes 
aufgenommen werden. Im Gegensatz hierzu enthält die Kuhmilch 
nur wenig Laktalbumin, dieses wenige Albumin wird durch Ver¬ 
dünnen der Milch noch weiter vermindert, durch das Kochen chemisch 
weiter alteriert. Aber auch wenn man dazu käme, dem Säugling 
große Mengen Kuhlaktalbumin oder aber Ovalbumin an dessen Stelle 
zuzuführen, wie dies ja bei Modifikationen der kindlichen Ernährung 
vorgeschlagen worden ist, stets hätte der Organismus des Kindes die 
Arbeit zu überwältigen, dieses artfremde Eiweiß in arteigenes umzu¬ 
setzen und die Entgiftung des Körpers einzuleiten. Denn genau wie 
ein Gift wirkt nach unserer Anschauung ein Eiweiß der einen 
Gattung auf den Organismus der anderen. Daß eine Gewöhnung an 
die Giftwirkung, besonders auch dann, wenn ein langsames Ein¬ 
schleichen in den Reiz statt hat, in den meisten Fällen gelingt, das 
kann ja niemand wundernehmen. Ebenso ergeht es uns mit anderen 
Giften, mit Alkohol und Nikotin. Aber wie es Individuen gibt, die 
ihrer Naturanlage nach sich niemals an diese Gifte gewöhnen können, 
ebenso wie es Idiosynkrasien gegen alles mögliche andere gibt, ebenso 
gibt es solche Säuglinge, die auf das artfremde Eiweiß immer mit 
den schwersten Abwehrerscheinungen reagieren werden. Aber auch 
für diejenigen Kinder, die wir dazu bekommen, gegen das Gift der 
artfremden Eiweißkörper tolerant zu werden — und das ist ja glück¬ 
licherweise die große Mehrzahl von denen, die uns durch äußere 
Umstände zu diesem Versuche zwingen —, ist die verlangte Leistung 
des Körpers eine unverhältnismäßig gesteigerte/ 4 Grätzer. 


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II. Referate. 


281 


iemma. Über die löslichen Fermente der Milch und ihre 
Bedeutung für die künstliche Ernährung. 

(La Pediatria 1903 No. 3.) 

Verf. gibt eine detallierte Übersicht über die verschiedenen bisher 
über diesen Gegenstand erschienenen Arbeiten. Er kommt zu dem 
Schluß, daß, wie geistvoll und bestechend auch Escherichs Hypothese 
sein mag, daß die sterilisierte Milch zur Ernährung sich nicht eigne, 
weil in ihr die Enzyme zu gründe gehen, in der Praxis die künstliche 
Ernährung im wesentlichen davon nicht berührt wird. F. 


G. Wallbach (Berlin). Praktische Erfalirungen mit Kufekes 

Kindermehl. 

(Die ärztliche Praxis 1903 No. 3.) 

Aus einem reicheren Material werden fünf Fälle herausgesucht und 
beschrieben als Typen von Affektionen, bei denen Kufeke sich bestens 
zu bewähren pflegt. Zweimal handelte es sich um mehr chronische 
Erkrankungen, um Atrophie, welche den Ausgang einer auf Er¬ 
nährungsstörungen beruhenden Dystrophie bildete. In beiden Fällen 
kam es darauf an, zunächst die Ernährungsstörung zu beseitigen, um 
dann durch Zuführung geeigneter Nahrung der Macies Herr zu werden; 
in beider Hinsicht leistete Kufeke gute Dienste, auch zeigte sich bei 
dem einen Fall, daß Milch mit Kufeke trotz bestehenden Durch¬ 
falls gut vertragen wurde und die Häufigkeit der Stühle bald nach¬ 
ließ. Bei den akuten Magendarmstörungen wird man natürlich meist 
gut tun, die Milch ganz wegzulassen. Hier genügt längere Zeit die 
wässrige Kufekesuppe zur Ernährung, und es ist manchmal frappant, 
wie schnell dann die störendsten Erscheinungen, das Aufgetriebensein, 
die Kolik u. s. w. verschwinden. Lehrreich war auch Fall 3, wo 
bei einem hochfiebernden, mit Magendarmkatarrh behafteten Kinde 
die Kufekesuppe zur Ernährung und Erhaltung des Kräftezustandes 
vollkommen ausreichte. Bei Fall 4 bestand chronische Verstopfung, 
wie man sie bei ausschließlicher Milchernährung oft sieht. Unter 
Kufekesuppe regelte sich der Stuhlgang, wie Verf. das Gleiche schon 
mehrfach beobachtete. 

Kufeke wird von Kindern jeden Alters gern genommen und er¬ 
weist sich nützlich in allen Fällen von Ernährungsstörungen, Ver¬ 
dauungsstörungen akuten und chronischen Charakters. Grätzer. 


Fr. Dorn (Berlin). Beitrag zur Ernährungstlierapie. 

(Deutsche Ärzte-Ztg. 1903 No. 7). 

Warme Empfehlung des Kufekemehles, das D. oft als rettende 
Nahrung bei Brechdurchlällen der Säuglinge kennen gelernt und auch 
wiederholt bei geschwächten Magendarmfunktionen älterer Kinder 
mit bestem Erfolge in Anwendung gezogen hat. Grätzer. 


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282 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7. 


F. Weigert (Stettin). Erfahrungen über die Kindermehle im 
allgemeinen und speziell das Kufekesche. 

(Der Kinderarzt 1903 No. 4.) 

W. hat mit Kufekemehl sehr gute Erfahrungen gemacht, 
namentlich bei den akuten Magendarmstörungen der Säuglinge, bei 
denen er folgendermaßen vorzugehen pflegt: 

Er beginnt stets mit einer ausschließlichen Teediät und setzt 
diese so lange fort, bis dunkelbraun gefärbter Stuhl erscheint 
(24—28 Stunden). Dann läßt er einen Eßlöffel Kufekemehl in lau¬ 
warmem Wasser verrühren und auf 1 Liter Wasser auf füllen und 
diese Mischung ca. 10 Minuten unter Umrühren kochen. Davon läßt 
er alle 4 Stunden ca. 4 Strich (= Eßlöffel) — eventuell in der 
Zwischenzeit Tee zu Durststillung — reichen. Zu jeder Flasche wird 
1 Teelöffel Milchzucker hinzugesetzt, da durch dessen Anwesenheit 
die Fäulnisprozesse bekanntlich gehemmt werden. 

Wird dieses Quantum einen Tag lang ohne Vermehrung der 
Stühle oder des Erbrechens vertragen, so gibt er 6 Strich der gleichen 
Konzentration in denselben Pausen. Erfolgt nach ca. 2 Tagen nicht 
faulig riechender, wenig Schleim einschließender Kot und zwar nicht 
mehr wie 3—4mal täglich, so ersetzt er von den 6 Strich Kufekesuppe 
1 Strich durch saubere, abgekochte Kuhmilch; bleibt, der Stuhl 
homogen — ohne unverdaute Reste — so gibt er 3 stündlich 4 Teile 
Kufeke, 2 Teile Milch; bei Kindern von 5 Monaten — oder deren 
Gewicht — aufwärts steigt er mit der Konzentration nach etwa wieder 
3 Tagen auf 3:3 und so fort, erst allmählich wird das Einzel- 
quantum, etwa auf 9 Strich, vergrößert. Grätzer. 


H, Fischer (München). Beitrag zum Kapitel der rationellen 
Säuglingsernährung. 

(Ärztliche Rundschau 1903 No. 19.) 

Leibniz-Kindermehl als Ersatz für Milch hat F. nicht nur 
in seiner eigenen Familie, sondern auch bei zahlreichen anderen 
Säuglingen mit so gutem Erfolge angewandt, daß er nicht ansteht, 
dasselbe bei akuten Magendarmkatarrhen, Brechdurchfall sowohl als 
auch da, wo die Kinder bei vorher unzweckmäßiger Ernährung durch 
fortdauernde Diarrhoen heruntergekommen sind, warm zu empfehlen. 

Grätzer. 


Ernst Moro. Ernährungsversuche mit Soxhlets „Nährzucker“. 

(Aus dem St. Anna-Kinderspital in Wien.) 

(Klinisch-therap. Wochenschrift 1903 No. 5.) 

0, Rommel. Der Soxhletsche Nährzucker in der Ernährungs¬ 
therapie kranker Säuglinge. 

(Aus der pädiatr. Univers.-Poliklinik in München.) 
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 6.) 


M. berichtet von 24 Säuglingen (23 davon jünger als l / 2 Jahr), 
meist echte Atrophiker, zum Teil kombiniert mit akuten Verdauungs- 


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II. Referate. 


288 


Störungen; 6mal handelte es sich um schwächliche Rekonvaleszenten 
von akuten Magendarmkatarrhen. Alle wurden ambulatorisch be¬ 
handelt. Außer von einem Kinde (gerade von der Mutter abgesetzt) 
wurde der Nährzucker ausnahmslos gern genommen. Sämtliche 
Kinder gediehen bei dieser Ernährung vorzüglich, oft wurden geradezu 
exorbitante Zunahmen erzielt. Bei interkurrenten Krankheiten war 
es erstaunlich, wie rasch die Kinder wieder heraufkamen. Ab¬ 
gesehen von der vortrefflichen Beeinflussung des Allgemeinbefindens 
hat der Nährzucker auch obstipierende Wirkung, die stets rasch 
und prompt eintrat und manchmal so stark war, daß dagegen ein¬ 
geschritten werden mußte. Die Stühle glichen gut verdauten Kuh¬ 
milchstühlen. Jedenfalls verdient das Präparat in der Säuglings¬ 
nahrung vollste Berücksichtigung und fördert gerade bei atrophischen 
Kindern sehr befriedigende Ernährungserfolge zu Tage. 

Auch R. war mit dem Nährzucker sehr zufrieden. Er verfügt 
über 36 Fälle, magendarmkranke Säuglinge akuter oder chronischer 
Natur. 75°/ 0 davon wurden geheilt bezw. gebessert, ein Resultat, 
das sehr befriedigend ist, wenn man bedenkt, daß es sich um poli¬ 
klinisches Maierial handelt, daß die Behandlung in der heißesten 
Jahreszeit stattfand, und daß sie sehr oft durch schwere interkurrente 
Krankheiten unterbrochen wurde. Nach den gemachten Erfahrungen 
resümiert R. folgendermaßen. 

Der Soxhletsche Nährzucker, für gesunde Säuglinge ein ratio¬ 
nelles Zusatzmittel zur Verbesserung der verdünnten Kuhmilch, ist 
in der Behandlung kranker Säuglinge indiziert: 

1. Bei akuten Fällen, als erste Nahrung nach Wasserdiät. 

2. In den meisten Fällen, wo Kellers Malzsuppe angezeigt ist, 
d. h. bei chronischen Ernährungsstörungen, zumal solchen, welche bei 
milch- und fettreicher Nahrung aufgetreten sind. 

3. Im Preise der Keil ersehen Malzsuppe gleich (ca. 45 Pfg. pro 
Liter — bei etwa 700 Kaloriengehalt) ist die Technik der Nahrungs¬ 
bereitung mit dem Soxhl et sehen Nährzucker soviel einfacher, daß 
derselbe, zumal für die Privatpraxis, den Vorzug verdient. 

4. Das Fehlen von unverändertem Mehl läßt den Nährzucker 
auch für Kinder im ersten Lebensquartal geeignet erscheinen. 

5. Für ältere Säuglinge, zumal bei stinkenden alkalischen Stühlen, 

ist die Ke 11ersehe Malzsuppe der Ernährung mit Nährzucker über¬ 
legen. Gr ätze r. 


C. Maccarone. Die Dyspepsie der Neugeborenen und Säuglinge 
und die Funktion der mütterlichen Brustdrüse. 

(Archivio di Patologie e Clinica infantile, No. 6 1903.) 

Die primäre Dyspepsie der ausschließlich mit Muttermilch er¬ 
nährten Säuglinge beruht fast stets darauf, daß in der Darreichung 
der Nahrung keine Regelmäßigkeit beobachtet wird. Die Mütter 
bieten dem Säugling ja häufig die Brust, teils aus schlechter An¬ 
gewohnheit, indem sie es als ein Mittel betrachten, das unruhige 
Kind zur Ruhe zu bringen, teils aber ist die Milchportion keine hin- 

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284 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. T. 


reichende. Auch die normal funktionierende Milchdrüse büßt, wenn 
ihr nicht eine genügende Ruhepause gegönnt wird, ihre Funktions¬ 
fähigkeit allmählich ein. Zwischen Quantität und Qualität der Milch 
besteht ein gewisses Verhältnis, insofern bei spärlicher Sekretion der 
Brustdrüse das Sekret — wenige Ausnahmen abgerechnet — arm an 
nährenden Bestandteilen ist und umgekehrt. F, 


Fr. Steinitz. Alkalistoffwechsel. 

Walther Freund. Säuren und Basen im Urin kranker Säuglinge. 

A. Keller. Fettumsatz und Acidose. 

(Monatsschrift f. Kinderheilkunde, Januar 1903.) 

In den drei Arbeiten (Gesamttitel: „Zur Kenntnis der chro¬ 
nischen Ernährungsstörungen der Säuglinge“) werden die 
Resultate von Versuchen mitgeteilt, welche an der Breslauer Kinder¬ 
klinik angestellt wurden und welche zur Klärung und Erweiterung 
der Kenntnisse der betreffenden Fragen wesentlich beitragen. 

Grätzer. 


Camerer (Urach). Die stickstoffhaltigen Bestandteile im 
menschlichen Urin und die sogen. Acidose. 

(Monatsschrift f. Kinderheilkunde April 1903.) 

Eignet sich nicht zum kurzen Referat. Grätzer. 


H. Brüning. Über die Ernährung kranker Säuglinge mit 

Buttermilch. 


(Aus der Univers.-Kinderklinik zu Leipzig.) 

(Deutsche Ärzte-Ztg. 1903 Heft 4.) 

Die Buttermilch wurde im Krankenhause selbst zubereitet. Die 
morgens frisch gelieferte Milch wurde in flachen, irdenen Gefäßen 
24^-36 Stunden in einen Schrank gestellt, dann der Rahm ab¬ 
geschöpft, in Buttermaschinen aus Glas aufgenommen, und nach Be¬ 
endigung des Butterungsprozesses die Butter sorgfältig abgehoben. 
Von der Testierenden Buttermilch wurde 1 Liter nach folgendem 
Rezept weiter behandelt: 40 g feinstes Weizenmehl wurden zunächst 
mit wenig kalter Buttermilch angerührt, dann die übrige Buttermilch 
zugesetzt und unter langsamem Zufügen von 60 g Zucker und unter 
stetigem Umrühren bis zum Sieden erhitzt; nachdem die Mischung 
20 Minuten lang gekocht, wurde sie in den Eisschrank gestellt und 
nach Bedarf, nochmals aufgewärmt, an die Kinder verabreicht, und 
zwar an 28, meist in der Ernährung heruntergekommene Ziehkinder, 
von denen speziell 20 infolge chronischer Darmstörungen mehr oder 
weniger hohe Atrophie aufwiesen und auch mit anderen Affektionen 
(Ekzeme, Nephritis, Pneumonie, Furunkulosis u. s. w.) behaftet, also 
schwer krank waren. Bei solchem Material war natürlich die Mor¬ 
talität eine hohe; immerhin besserten sich bei der Buttermilchnahrung 


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II. Referate. 


285 


vielfach schon nach wenigen Tagen die Stühle, wurden auch vorüber¬ 
gehende Gewichtszunahmen erzielt. Es wurde den Säuglingen die 
Buttermilch möglichst rein oder abwechselnd mit etwas Eichelkakao, 
Tee oder Graupenschleim gegeben. Interessant war die Tatsache, 
daß einzelne der mit reiner Buttermilch Ernährten anfangs recht gut 
au Gewicht Zunahmen, daß dann aber nach 9—10—12 Tagen bei 
sonst unverändertem Allgemeinbefinden ein Stillstand der Körper¬ 
gewichtszunahme eintrat, welche trotz genügender Nahrungsmenge 
sich nicht änderte; erst nachdem durch allmählichen Zusatz süßer, 
also nicht entfetteter Milch der Fettgehalt der Nahrung gesteigert 
wurde, begann auch die Körpergewichtskurve wieder anzusteigen. 

Über das spätere Schicksal der Kinder war nicht viel zu eruieren. 
Und doch ist das sehr wichtig, weil es gelegentlich sich gezeigt hat, 
daß derartige Kinder unter anderen Ernährungsbedingungen nicht 
gedeihen, sondern, falls nicht rechtzeitig ärztliche Hilfe zur Hand ist, 
rapide zu Grunde gehen. Namentlich mit Rücksicht auf diese Frage 
ist es deshalb angebracht, die mit der Buttermilchtherapie bei kranken 
Säuglingen erzielten günstigen Erfolge mit Vorsicht zu erwarten. In^ 
folge der Schwierigkeiten, einwandfreie Buttermilch einem größeren 
Abnehmerkreise zugängig zu machen, dürfte diese Art der Ernährung 
wohl überhaupt kaum breiteren Boden gewinnen; sie wird sich viel¬ 
mehr darauf beschränken, in geeigneten Fällen versuchsweise an¬ 
gewandt zu werden. Grätzer. 


Gr. Jacobson (Bukarest). Über die Ernährung gesunder und 
dyspeptischer Säuglinge mit Buttermilch. 

(Archives de mödiciue des enfants 1903 No. 2.) 

J. ist Anhänger dieser Ernährungsmethode geworden, nachdem 
er in einem Falle eigener Beobachtung, ein schwer dyspeptisches 
Kind, welches weder die Mutterbrust, noch die Milch dreier Ammen 
vertragen konnte und nach monatelanger Behandlung bereits auf¬ 
gegeben war, auf Buttermilchernährung sich erholen und zum voll¬ 
kommenen Gesundheitszustände zurückkehren sah. 

Es ist vorteilhaft, die Buttermilch im Hause selbst bereiten zu 
lassen, da diejenige aus den Milchmeiereien oft verschiedenartig ver¬ 
unreinigt ist. Die gute Wirkung derselben wird auf dreierlei Ur¬ 
sachen zurückgeführt: 1. der Säuregehalt; 2. das Fehlen von Fett; 
3. die feine Verteilung des Kaseins. 

Die Buttermilch ist für gesunde Säuglinge durch ihre sehr leichte 
Verdaulichkeit und Assimilierbarkeit ein Nahrungsmittel erster Ord¬ 
nung. Dieselbe wird von an chronischer Gastroenteritis, an kon¬ 
genitaler oder erworbener Dyspepsie leidenden Säuglingen und im 
allgemeinen von allen kachektischen Kindern, ausgezeichnet vertragen 
und nehmen dieselben rasch an Gewicht zu. Außerdem ist auch der 
geringe Preis dieses Nahrungsmittels von Wichtigkeit, so daß auch 
die Armen sich dasselbe leicht verschaffen können. Es soll niemals 
vergessen werden, durch entsprechende Anweisung der Milchmeier, 
bei der Darstellung die größte Reinlichkeit walten zu lassen. 

_ E. Toff (Braila). 

CentralbL f. Kinderhlkde. VI1L DigitizedbyG 20 



286 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7. 


Jan Raczynski. Dyspepsia intestinalis acida lactatorum. 

(Aas dem St. Ludwig-Spitale in Krakaa.) 

(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 12.) 

Unter Benutzung des gesamten Ammenmaterials der Anstalt 
(12 stillende Frauen) untersuchte B. die Milch von Frauen, deren 
Kinder ganz gesund waren, und von solchen, deren Kinder deutliche 
Dyspepsie aufwiesen. Durch Vergleich der Resultate der Milch¬ 
analysen konnte B. aber keinen Zusammenhang herausfinden zwischen 
dem Krankheitszustand und der größeren oder geringeren Quantität 
.eines der bestimmten Bestandteile. Er suchte daher die Ursachen 
dieses Krankheitszustandes auf anderem Wege, indem er die Faeces 
untersuchte. Es ergab sich, daß die Azidität der Stühle bei Kindern 
mit dyspeptischen Erscheinungen auffallend hoch ist. Man kann also 
behaupten, daß bei Brustkindern Krankheitszustände Vorkommen, in 
welchen die Faeces größere Fettsäuremengen enthalten, und ihre An¬ 
wesenheit eine Reihe von Symptomen verursacht, wie häufige Stuhl¬ 
entleerung, Schlafmangel, Auftreibung des Bauches u. 8. w. Die 
Bildung dieser größeren Säuremengen wird nicht verursacht durch 
die chemische Zusammensetzung der Nahrung. Da wir nun wissen, 
daß die Azidität der Stühle bei Brustkindern eine Folge der Wirkung 
von Bakterien ist, d. i. der normalen Vegetation, so müssen wir ver¬ 
muten, daß auch in diesen Fällen dasselbe Agens im Spiele ist, daß 
aber die günstigen Verhältnisse in diesem Falle eine stärkere Ent¬ 
wickelung dieser Flora zulassen und demgemäß auch die Entwickelung 
einer größeren Menge ihrer Produkte verursacht. Diesen Zustand 
können wir also Dyspepsie mit Uberschuß von Säuren im Darm be¬ 
nennen, Dyspepsia acida intestinalis. Eine diesbezügliche weitere 
Untersuchung ergab ferner, daß der Prozentgehalt des Fettes im 
Stuhl bei Dyspepsie besonders hoch ist, woraus man schließen kann, 
daß die erhöhte Azidität des Inhalts des Verdauungstraktus die 
Ausnützung der Fette erschwert. Die üppige Entwickelung der Bak¬ 
terien im Verdauungstraktus aber kann beruhen auf Darreichung 
ungeeigneter Nahrung gleich nach der Geburt, auf Überfütterung oder 
auf ungenügender Entwickelung der Verdauungsdrüsen, bei ungenügen¬ 
der Entwickelung des gesamten Organismus (daher kommt es, daß 
meist schwach entwickelte, nicht ausgetragene Kinder dyspeptisch 
werden). Grätzer. 


F, L. Wachenheim. Chronic gastritis and gastric motor In- 
sufficiency in Children. 

(New York, Medical Journal, den 24. Januar 1903.) 

Nach W. ist der chronische Magenkatarrh eine überaus häufige 
Affektion im Kindesalter, namentlich dem zweiten und 12. Lebens¬ 
jahre. Daneben besteht meist motorische Insuffizienz des Magens. 

Die Erkennung basiert sich auf den klinischen Erscheinungen 
im Verein mit den Ergebnissen einer eingehenden Untersuchung des 
Mageninhalts. Die Magensonde ist durchaus unentbehrlich. Man 

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II. Referate. 


287 


hebert den Inhalt heraus und vergleicht ihn mit normalen Ver¬ 
dauungsprodukten. Ein dargereichtes Brausepulver erleichtert die 
perkutorische Feststellung der Magengrenzen, speziell des oberen 
Randes, um allen Täuschungen durch Verdrängung aus dem Wege 
zu gehen. Über die motorische Tätigkeit des Organs gibt uns eben¬ 
falls sein Inhalt genügenden Aufschluß, indem die Anwesenheit von 
Speiseresten des vergangenen Tages deutlich für mangelhafte 
Nahrungsbeförderung spricht. 

Was nun die Symptomatologie anbelangt, so offenbart sich der un¬ 
komplizierte Magenkatarrh durch Blässe, Unterernährung, Abmagerung, 
belegte Zunge, Kopfweh, Verstopfung, gestörten Schlaf, und epi¬ 
gastrische Empfindlichkeit, namentlich nach dem Essen. Freie Salz¬ 
säure fehlt oft im Mageninhalt, Therapie: Magenausspülung, und 
Salzsäure sowohl wie Amara innerlich, nebst vorsichtiger Diät. 

Der mit motorischer Insuffizienz einhergehende Magenkatarrh 
liefert folgendes Bild: Hartnäckige Obstipation, besonders bei rhachi- 
tischen Kindern; ausgiebiges Aufstoßen von Gasen; starke Abmagerung; 
selten ausgesprochene Anorexie. Hier besteht die Behandlung weniger 
in der Spülung als in einer Regelung der Diät. Man gebe kleine, 
aber häufige Mahlzeiten. Von Medikamenten empfehlen sich Nux 
vomica, Natrium bicarbonicum, Wismut und Magnesia. Gegen die 
Verstopfung leistet Cascara Sagrada wirksame Dienste. Massage ist 
ebenfalls sehr zu loben. Wo die Nahrung länger als 12 Stunden im 
Magen verweilt, ist die Spülung auch hier angezeigt, und wird am 
besten vor dem Frühstück vorgenommen. Leo Jacobi (New York.) 


Halsey Dewolf. A Report of thirteen cases of Edema, 
apparently epidemie in character. 

(Arcbives of Pediatrics, Dezember 1902.) 

Bericht über 18 Fälle einer eigentümlichen Affektion, welche 
Verf. faute de mieux „epidemisches Odem“ nennt. 

Auf einer Gebäranstalt erkrankten innerhalb 11 Tagen rasch 
nacheinander 13 Säuglinge. Meist im Anschluß an eine heftige 
Gastroenteritis setzte die eigentliche Krankheit mit Ödemen ein. 
Entweder gleichzeitig oder in schneller Reihenfolge traten Ödeme im 
Gesicht, an Händen und Füßen auf. Einige Male kam es zu 
Hydrops anasarca. Die Ödeme waren sehr hochgradig, wechselten 
aber trotzdem mit überraschender Leichtigkeit ihren Sitz und ihre 
Beschaffenheit — also „fliegende Ödeme“. Die Kinder zeigten sub- 
normale Temperaturen, sahen blaß und apathisch aus, boten aber im 
übrigen kein nachweisbares organisches Leiden. Das Herz wurde 
stets geprüft, mit ziemlich negativem Befund. Die Blutuntersuchung 
lieferte ebenfalls keine wichtigen Anhaltspunkte. Dagegen war der 
Urin 9 mal eiweißhaltig. 

Von den 13 Kindern starben neun im Hospital, die anderen vier, 
darunter drei mit persistierenden Ödemen mußten entlassen werden. 
Der Exitus trat meist nach einigen Stunden im Kollaps ein. Zuerst 
versagte die Atmung, dann blieb das Herz stehen. 

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288 


Centralblafct für Kinderheilkunde. No. 7. 


Das nahezu gleichzeitige Auftreten der Fälle, die frappante 
Ähnlichkeit der klinischen Erscheinungen und des Verlaufes be¬ 
rechtigen zur Annahme einer gemeinschaftlichen Ursache. Angesichts 
des Umstandes, daß sämtliche 13 Kinder künstlich ernährt wurden, 
liegt die Vermutung unfern, daß die Milch eine Infektionsquelle 
abgab. Nun läßt es sich wohl denken, wie eine primäre Enteritis die 
Ansteckung begünstigen kann; wie letztere, im Verdauungstraktus be¬ 
ginnend, nach und nach Blutgefäße und Nieren pathologisch affiziert, 
wodurch dann zuletzt Ödeme entstehen. 

Dem Verf. scheint eine derartige Hypothese plausibel zu sein. 

Leo Jakobi (New York). 


Japichino Paternö. Experimentelle klinische Studie zu Parrots 

„Athrepsie“. 

(La Pediatria, 1902 No. 11.) 

Verf. unterscheidet nach Analogie seines Lehrers Fe de eine 
primäre und sekundäre Atrophie der Säuglinge. Die erstere — 
identisch mit der von Parrot so bezeichneten Athrepsie — ist nicht 
durch Erkrankungen des Magendarmkanals verursacht, noch der Aus¬ 
druck einer chronischen Infektionskrankheit, wie Tuberkulose oder 
Syphilis, sondern hängt ab von einer durch mangelhafte, falsche oder 
unregelmäßige Ernährung bedingten Autointoxikation. 

Zum Studium der Atrophie hat Verf. bei säugenden Hunden 
durch unangemessene Ernährung einen der Atrophie der Kinder ver¬ 
gleichbaren Zustand herbeigeführt. Außer einer Verkleinerung der 
Zellen (?Ref.) hat Verf. bei den untersuchten Tieren niemals irgend 
welche makroskopische oder mikroskopische Veränderung auffinden 
können. Ebenso war der Sektionsbefund bei einem unter dem Bilde 
der „Athrepsie“ gestorbenen Kinde ein völlig negativer. 

Verf. hält es für sicher, daß die Pathogenese der in Rede 
stehenden Erkrankung beherrscht wird von einer Intoxikation des 
Organismus, die zurückzuführen ist auf eine gestörte Funktion des 
Verdauungskanals. Die Nahrung wird, weil sie unangemessen ist oder 
weil die Verdauungssäfte nicht wirksam sind, nicht resorbiert, geht in 
Fäulnis über, es bilden sich organische Gifte, die in den Organismus 
durch das Blut übergehen. Verf. hat die verschiedenen Gewebe und 
Organe der an Atrophie gestorbenen Tiere mit einer überaus großen 
Giftigkeit behaftet gefunden. Der Organismus besitzt gegen diese 
Gifte, die ihn anderenfalls in wenigen Stunden töten würden, Schutz¬ 
vorrichtungen, die jedoch nur schwach funktionieren; eine solche wahr¬ 
nehmbare, jedoch geschwächte Schutzfunktion fand Verf. in den Leber¬ 
zellen. F. 


Japichino Paternö. Untersuchungen über die pathologische 
Anatomie der Parrotschen Athrepsie. 

(La Pediatria Nr. 2 1903.) 

Verf. hat ebenso wie Fe de und seine Schüler an jungen Hunden 
experimentiert, nur mit dem Unterschiede, daß er seine Versuchstiere 

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II. Referate. 


289 


erst später tötete, als jene es getan hatten. . Er gibt die Resultate 
der Untersuchungen, die er an den Eingeweiden der Tiere angestellt 
hat, wieder und kommt ebenso, wie die früheren Untersucher, zu dem 
Ergebnis, daß nirgends nennenswerte histologische Veränderungen zu 
finden waren ausser der allgemeinen Atrophie. F. 


Dante Pacchioni. Ein Fall von schwerer Hepatitis mit 
schwerem Ikterus bei einem von einer nephritischen Mutter 
ernährten Säugling. 

(Rivista di Clinica Pediatria, Fase. III März 1903.) 

Es handelte sich um ein 4 monatliches Kind, das nach 10 tägiger 
Krankheit zu Grunde ging. Unter den klinischen Symptomen sind 
vor allem ein starker Ikterus und die bei der Blutuntersuchung ge¬ 
fundene Herabsetzung in der Zahl der roten Blutkörperchen zu er¬ 
wähnen; bei der Sektion fanden sich ausgesprochene entzündliche und 
degenerative Veränderungen an der Leber; das Organ war — wohl 
infolge der geringen in ihm enthaltenen Blutquantität — klein, der 
Ikterus erklärte sich durch den Leberbefund nicht, denn es war keine 
Stauung in den Gail wegen vorhanden; dagegen war das massenhafte 
Zugrundegehen der roten Blutkörperchen zu der Erklärung seines Zu¬ 
standekommens ausreichend. 

Den Grund für die Erkrankung sucht Verf. in einer Intoxikation 
mit spezieller elektiver Wirkung auf die roten Blutkörperchen, und 
zwar glaubt er, daß die Intoxikation hervorgerufen wurde durch 
toxische Stoffe, die in der Milch der nephritisch erkrankten Mutter 
enthalten waren. F. 


Crisafi. La funzionelita del fegato nie bambini proveta ove 

levulosio. 

Vorläufige Mitteilung. 

(Rivista di Clinica Pediatria No. 2 1903.) 

Verf. hat bei Kindern, die an den verschiedensten Erkrankungen 
litten, nach dem Vorschlag von Strauss die Lävulose angewandt 
zur Funktionsprüfung der Leber. Er hat Kindern bis 5 Jahren 
25—40 g, solchen über 5 Jahren 40—60 g gegeben. Er hat auf 
diesem Wege gefunden, daß die Leberfunktion bei akuten Infektions¬ 
krankheiten im allgemeinen eine gute ist. Am meisten beeinträchtigt 
scheint sie noch zu sein bei nephritischen und schleichenden tuber¬ 
kulösen Prozessen. Die Phenylhydrazinprobe erwies sich als die 
empfindlichste, um auch die kleinsten Spuren von Lävulose zu ent¬ 
decken. F. 


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290 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7. 


Antonio Jovane. Die Verteilung der Glykogenmenge auf 

die beiden Leberlappen. 

(La Pediatria No. 3 1903.) 

Verf. hat sich die Aufgabe gestellt, zu prüfen, inwiefern die Be¬ 
hauptung Sörögö’s, daß die beiden Leberlappen nicht nur anatomisch, 
sondern auch physiologisch voneinander völlig unabhängig sind, für 
ganz junge Individuen zutrifft; er hat zu diesem Grunde an jungen 
Kaninchen Untersuchungen angestellt und die erhaltenen Resultate 
mit denen bei erwachsenen Tieren erzielten verglichen. Er fand, daß 
bei Kaninchen in den ersten Lebenstagen ebenso wie bei ausgewach¬ 
senen Tieren, daß, wenn sie auch unter genau demselben Regime ge¬ 
halten und in derselben Periode der Yerdauungstätigkeit untersucht 
wurden, die Quantität des Glykogens im linken und rechten Leber¬ 
lappen durchaus verschieden war, und zwar liegen die Verhältnisse 
so, daß nicht konstant die größere Menge in dem einen oder anderen 
Lappen angetroffen wird, sondern vielmehr findet sie sich bald im 
rechten, bald im linken Lappen. Die verschiedene glykogenbildende 
Tätigkeit der beiden Lappen wird auf die verschiedene Blutverteilung 
zurückgeführt. F. 

E. Salvia. Singuliöre anomalie de döveloppement du foie 

ayant l’aspect d’un nöoplasme. 

(Revue de Chirurgie No. 10 S. 498.) 

Der 3jährige Knabe litt seit seinem zweiten Lebensjahr an einer 
Anschwellung der Leber. S. exstirpierte den Tumor, welchen er für 
ein Fibrosarkom hielt. Der Knabe erlag aber einer Infektion. Die 
mikroskopische Untersuchung des Tumors, die ausführlich mitgeteilt 
wird, ergab, daß es sich um eine Störung in der Entwickelung der 
Leber handelte, da derselbe die Struktur der embryonalen Leber 
zeigt mit Hyperplasie des Schleimgewebes. Schreiber (Göttingeu). 


A, Sotoff. Ein Fall von bösartiger Neubildung der Leber und 
der Bauchspeicheldrüse bei einem Kinde von l x / 2 Jahren. 


(Zeitschrift der Russischen Gesellschaft für Volkshygiene 1902 No. 5. u. 6.) 


In der pädiatrischen Klinik des Prof. N. Gundobin (St. Peters¬ 
burg) wurde jüngt ein seltener Fall beobachtet: Karzinom der Leber 
und des Pankreaskopfes bei einem Mädchen von \ l j 2 Jahren. Bei 
der Aufnahme in die Klinik war das Kind kachektisch, es bestanden 
deutliche Anzeichen von Rhachitis, die Lymphdrtisen am Halse und in 
der linken Inguinalgegend waren geschwellt; die Leber war beträcht¬ 
lich vergrößert, reichte bis an die Nabelgegend und wies eine höckerige 
Oberfläche auf; Ikterus fehlte. Puls 140—150, Atmungsfrequenz 
40—50. Tod am 5. Tage. Bei der Sektion wurden auf der Pleura 
und im Lungenparenchym Knoten gefunden, die Bauchhöhle enthielt 
etwa 500 ccm einer hämorrhagischen Flüssigkeit. Das Lebergewebe 


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II. Referate. 


291 


war mit Ausnahme eines kleinen Restes vom linken Lappen durch 
eine Neubildung substituiert, die sich in Gestalt von solitären oder 
confluierenden Knoten repräsentierte; ihre Konsistenz war derb bis 
knorpelhart. Der Pankreaskopf war von dem Neoplasma vollständig 
zerstört, das Colon transversum mit dem Tumor verwachsen; an der 
hinteren Fläche des Magens wurden zwei kleine Knoten konstatiert. 
Bei der histologischen Untersuchung erwies sich die Geschwulst als 
karzinomatös. Bemerkenswert ist der Umstand, daß, trotzdem nur 
ein verhältnismäßig kleiner Abschnitt der Leber von dem Tumor ver¬ 
schont geblieben war, die Gallensekretion dennoch fortbestand, wie 
durch die mikroskopische Analyse der Darmentleerungen nachgewiesen 
werden konnte. Von Interesse ist auch die Anamnese des Kindes: 
vom ersten Lebensmonate an bekam es gemischte Nahrung und litt 
lange Zeit hindurch an Durchfällen; seit einem Alter von 9 Monaten 
begann man ihm erst wöchentlich, dann aber bedeutend öfter je 
J / 4 Gläschen Schnaps darzureichen; Appetitlosigkeit, Auftreibung des 
Leibes und die Anwesenheit einer Geschwulst wurden in seinem 
17. Lebensmonate bemerkt. A. Dworetzky (Moskau). 


A. Wolkowsky. Ein Fall von Lebercirrhose im Kindesalter. 

(Djetskaja Medizina 1902 No. 3.) 

Die Lebercirrhose ist im Kindesalter eine äußerst seltene Er¬ 
krankung. Ein derartiger Fall wurde in der pädiatrischen Klinik 
der Universität Tomsk beobachtet. Die bei dem 9jährigen Mädchen 
in den Vordergrund tretenden Erscheinungen setzten sich aus einer 
beträchtlichen Leberhypertrophie, einem bedeutenden Ascites, Ver¬ 
größerung der Milz, Entwickelung von Venenanastomosen in der Bauch¬ 
haut, Knöchelödem und Verminderung der Harnmenge zusammen. 
Aus der Anamnese ist hervorzuheben, daß das Mädchen sehr lange 
Zeit hindurch an wiederholten und hartnäckigen Anfällen von Malaria 
litt, so daß Chinin nicht mehr half und zu Arsen gegriffen werden 
mußte. Außerdem ist noch hinzuzufügen, daß die Kranke seit 4 Jahren 
tagtäglich 2—3 Gläschen Portwein oder auch Schnaps zu trinken 
pflegt. Der anfänglich zu therapeutischen Zwecken verordnete Wein 
wurde der Kleinen so sehr zum Bedürfnis, daß ihre Eltern sich ge¬ 
nötigt sahen, ihn ihr regelmäßig zu beschaffen. Die erste Frage, 
welche die Patientin bei ihrem Eintritt in die Klinik tat, war die, ob 
sie hier auch Wein bekommen werde. Man muß also annehmen, daß 
auf das Auftreten der Lebercirrhose zwei ätiologische Momente ein¬ 
gewirkt haben: der Alkoholismus und die Malaria. Die Behandlung 
bestand in der Darreichung von Kalomel, 2 mal täglich k 0,03. Nach 
ötägigem Gebrauch wurde eine Pause von 2 Tagen gemacht und dann 
mit denselben Gaben fortgesetzt. Der Effekt der Kalomeltherapie 
war ein schneller und in die Augen fallender. Trotzdem Leber und 
Milz in statu quo blieben, verließ doch die Patientin nach 20 Tagen 
die Klinik in bedeutend gebessertem Zustande. 

A. Dworetzky (Moskau). 


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292 


Contralblatt für Kinderheilkunde. No. 7. 


Guiseppe Mya. Drei Fälle von Lebercirrhose im Kindesalter. 

(Rivista di Clinica Pediatria No. 1 1903) 

Verf. gibt zunächst einen Überblick über die verschiedenen Arten 
von Lebercirrhose, die im Kindesalter Vorkommen können. Es sind 
dies die Alkoholcirrhose, die syphilitische, die durch Malaria verursachte 
Cirrhose, diejenige Form der Cirrhose, die infolge chronischer ent¬ 
zündlicher Vorgänge in den Gallengängen entsteht, ferner eine 
Cirrhose, die sich als Folge diffuser akuter Entzündungen der Leber 
darstellt, die Cirrhose, die durch Zirkulationsstörungen (Herzfehler) 
bedingt wird, sodann die Cirrhose im Verlaufe der Tuberkulose und 
schließlich die dyspeptische Cirrhose und diejenige, die sich als zweites 
Stadium der Bantischen Krankheit (Splenomegalie) präsentiert. 

Verf. führt drei Fälle eigener Beobachtung an. In dem einen Fall 
fand sich die Cirrhose bei einem an subakut verlaufender eitriger 
Cerebrospinalmeningitis gestorbenen Kinde und zwar ergab die histo¬ 
logische Untersuchung, daß die cirrhotischen Veränderungen frischen 
Datums waren, Verf. glaubt, dass die Cirrhose in diesem Falle be¬ 
dingt war 1. durch einen die Meningitis begleitenden entzündlichen 
Prozeß in der Leber, 2. durch eine Stase infolge der Behinderung 
von Atmung und Blutlauf, 3. zum größten Teil durch tiefgehende 
Zirkulationsstörungen in der Leber, durch die Struktur und Ernährung 
des Leberparenchyms geschädigt wurden. 

Die zweite Cirrhose fand sich bei einem an Tuberkulose des 
Kleinhirns und frischer Tuberkulose der Lunge verstorbenen Kinde. 
Da sich weder an Peri-Endo- oder Myocard irgend welche Ver¬ 
änderungen fanden, so benutzt der Verf. diesen Fall als Beweis gegen 
diejenigen, die nur die kardiale Form der Cirrhose bei Tuberkulose 
anerkennen. 

Im letzten Falle wurde die Cirrhose gefunden bei einem Kinde 
mit einer Darmperforation. Verf. glaubt, daß es sich hier in letzter 
Linie um eine Cirrhose dyspeptischen Ursprungs handelte. F. 


L. Bartenstein. Die Lebercirrhose im Rindesalter. 

(Klinisch-therap. Wochenschrift 1903 No. 6 u. 7.) 

Der Aufsatz gibt unter Zugrundelegung der betreffenden Literatur 
ein übersichliches Bild über Wesen, Ätiologie, Symptomatologie, Therapie 
der kindlichen Lebercirrhose. Grätzer. 


S. Middelton. Infant with great Enlargement of the liver 

and ascites. 


(Glasgow medical journal, Oktober 1902, S. 209.) 

Die kleine Patientin erkrankte im Alter von 15 Monaten mit 
Anschwellung des Leibes. Bei der Aufnahme in das Krankenhaus 
war das Kind gut genährt aber blaß, es bestand starker Ascites, die 
Leber war stark vergrößert, die Bauchdeckenvenen waren stark aus¬ 
gedehnt, besondere Klagen bestanden nicht; die Temperatur war 


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II. Referate. 


293 


normal. Unter Zunahme des Ascites und der Leberschwellung ver¬ 
fiel das Kind immer mehr. Der Ascites mußte 22 mal punktiert 
werden, die Punktionen ertrug das Kind sehr gut, dieselben ergaben 
ca. 22,8 Liter Flüssigkeit. Die Leber erschien darnach vergrößert, 
ihre Oberfläche rauh, und ihr Rand hart und dick. Die Milz war 
nicht fühlbar. Mäßige Ödeme schwanden nach den Punktionen. 
Geringe pleuritische Ergüsse. Die Temperatur war leicht febril, nur 
vorübergehend betrug sie 39°. In den letzten 6 Wochen stellte sich 
eine Besserung des Allgemeinbefindens ein. Therapeutisch war die 
Anwendung von grauer Salbe ohne Erfolg; im wesentlichen bestand 
die Therapie in zweckmäßiger Ernährung und Punktion. Der Appetit 
war größtenteils gut. Der Stuhl war nur vorübergehend diarrhoeisch. 
Abgesehen von Alkoholismus des Vaters ließ sich ein ätiologisches 
Moment nicht finden. Das Herz war frei. Der Mißerfolg der grauen 
Salbe spricht nach M.s Ansicht gegen kongenitale Syphilis. Es be¬ 
stehen keinerlei Anhaltspunkte für Lebercirrhose, das Fehlen von 
Gelbsucht spricht gegen die hypotrophische Form der Cirrhose. Der 
Fall gleicht einem von Muss er beschriebenen. 

Schreiber (Göttingeil). 


Th. Fischer. A case of Ascites due fo Thrombosis of the 

hepatic veins. 

(The Bristol medico-chirurgical Journal, September 1902, S. 209.) 

Das 3jährige Mädchen war vor 5 Monaten an Keuchhusten er¬ 
krankt, seit einem Monat wurde die Anschwellung des Bauches be¬ 
merkt. Der stark ausgedehnte Bauch gab überall Dämpfung. Er¬ 
weiterte Bauchdeckenvenen. Leberdämplüng begann im fünften Inter¬ 
kostalraum. Die Leber reichte 4 Finger breit über dem Rippenbogen 
nach abwärts. Milz nicht fühlbar. Lunge und Herz frei. Mäßige 
Ödeme an den Unterextremitäten. Wenig normal gefärbter Urin. 
Nach einer Punktion füllte sich der Bauch sehr schnell wieder; in 
den letzten 14 Tagen des Lebens bestand mäßiges Fieber. Die 
Autopsie ergab: Ikterus der Haut, Ascites, Muskatnußleber. Die 
teilweise granulierte Leber hatte eine Gewicht von 650,9 g. Throm¬ 
bose der Lebervenen. Verschluß der beiden Lebervenen an der 
Eintrittsstelle in die Vena cava. Milz nicht vergrößert. Kulturen 
aus den Thromben ergaben Streptokokken (wohl terminale Infektion). 
Die Wände der zum Teil dilatierten Venen waren verdickt, an einzelnen 
Stellen fanden sich cirrhotische Veränderungen. F. erwähnt kurz 
noch zwei weitere Fälle und geht dann auf die Literatur ein. Als 
Ätiologie für die Thrombose kommen in Betracht Syphilis und In¬ 
fektion. Schreiber (Göttingen). 


Paul Erdmann. Beiträge zur Kenntnis der kongenitalen 
Syphilis der Leber. 

(Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 74, S. 458.) 

Auf Grund eingehender anatomischer Studien an normalen und 
elf syphilitischen Lebern stellt E. drei Haupttypen von kongenitaler 

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294 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7. 


Lebersyphilis auf. Die erste Gruppe betrifft abnorm große und 
schwere Lebern mit diffuser Zellinfiltration. Die Konsistenz ist normal 
oder weich. 

Die Zellen sollen mit der blutbildenden Funktion der Leber in 
Beziehung stehen, werden als „Blutzellen“, d. h. Mutterzellen von 
Blutelementen angesehen; die Zellinfiltration des Parenchyms in 
Lebern syphilitischer Kinder soll eine weit stärkere sein, als die¬ 
jenige gleichaltriger normaler Kinder. 

Der zweiten Gruppe gehören an: Abnorm große und schwere 
Lebern mit glatter Oberfläche und von derber Konsistenz. Allgemeine, 
diffuse, von Fall zu Fall an Stärke zunehmende Bindegewebswucherung 
mit oder ohne Bildung miliarer Gummen, teils mit, teils ohne Zell¬ 
infiltration. Endlich wird eine dritte Gruppe beschrieben, die folgende 
Merkmale aufweist: Etwas vergrößerte oder normal große Lebern mit 
glatter Oberfläche oder leichthöckeriger Oberfläche und von derber 
Konsistenz. Streifenförmige Bindegewebswucherung. Keine Infiltration 
mit blutbildenden Elementen. 

Das Aussehen der Lebern der zweiten Gruppe war „feuerstein- 
ähnlich“, die charakteristischste Veränderung lag in der diffusen 
Wucherung des interlobulären Stützgewebes. 

In der letzten Gruppe betraf die Bindegewebswucherung mehr 
das Stützgewebe der großen Gefäße und der Leberkapsel. 

Hugo Stark (Heidelberg). 


Fr. Mracek. Die Syphilis der Mütter und der Neugeborenen. 

(Wiener klm. Wochenschrift 1903 No. 18.) 

Sich auf die an einem reichhaltigen Material gemachten Er¬ 
fahrungen stützend, das er in eingehenden Erörterungen verwertet, 
kommt M. zu folgenden Schlüssen: 

1. Je früher die Frucht infiziert wird, desto größere Gefahr be¬ 
steht für dieselbe. 

2. Weder das Alter noch die Form der mütterlichen Syphilis 
läßt einen sicheren Schluß auf den Ausgang der Gravidität zu. 

3. Bei nicht erwiesener Syphilis der Mutter (also möglicherweise 
paterner Infektion) fand sich von 11 Fällen 9 mal Plazentarerkrankung, 
eine Erscheinung, die in der Frage der Art der paternen Übertragung 
sich zwar auch nicht entscheidend verwerten läßt, gewiß aber sehr 
bemerkenswert ist. 

4. Die lange Jahre währende Übertragbarkeit der Syphilis der 
Mütter und die deletäre Wirkung derselben auf die Deszendenten 
fordern zur energischen Behandlung jeder, auch der latent syphilitischen 
Mutter auf. 

5. Um eine generelle Übersicht zu gewinnen, ist es notwendig, 

dasselbe durch Fälle von syphilitischen Müttern, welche gesunde 
Kinder zur Welt gebracht haben und durch Fälle von frühzeitigem 
Abortus zu ergänzen. Grätzer. 


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II. Referate. 


295 


R. Matzenauer (Wien). Die Vererbung der Syphilis. Ist 
eine pateme Vererbung erwiesen? 

(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 7.) 


Aus der ungemein interessanten Arbeit heben wir folgende Stellen 
als besonders bemerkenswert hervor: 

„Auf Grund meiner Recherchen kann ich die überraschende Be¬ 
hauptung aussprechen, daß bisher keine Beobachtung vorliegt, bei 
welcher alle die Bedingungen erfüllt wären, die man von einer Aus¬ 
nahme gegen das Collessche Gesetz verlangen muß: Es gibt keine 
Ausnahmen vom Collesschen Gesetz. Alle als solche in der 
Literatur bisher beschriebenen Fälle beruhen auf leicht 
nachweisbaren Irrtümern: 1. Entweder hat das von gesunden 
Eltern stammende gesunde Kind erst extrauterin Syphilis acquiriert 
und die eigene Mutter infiziert, oder 2. es war die Mutter selbst 
bereits vor der Geburt des Kindes syphilitisch und konnte daher 
ihre Krankheit auf das Kind vererbt haben (die vermeintlichen 
rezenten Syphiliserscheinungen der Mutter waren dann bereits 
Syphilisrezidive), oder 3. endlich sind die angeblichen Ausnahme¬ 
fälle so mangelhaft skizziert, daß sie überhaupt keinerlei Garantie 
für die Richtigkeit der Beobachtung bieten: in fast der Hälfte aller 
Fälle geben die betreffenden Autoren nur an, daß sie gelegentlich 
einmal ein derartiges Vorkommnis beobachtet hätten, ohne aber über¬ 
haupt eine eingehende Schilderung zu bringen; und zwar sind das 
nicht etwa Autoren, deren Namen allein uns schon eine gewisse 
Garantie für die Richtigkeit der Beobachtung bieten würden; gerade 
von den großen, vielerfahrensten Syphilidologen von Weltruf, denen 
ein so wichtiges Vorkommen von prinzipieller Bedeutung schwerlich 
entgangen wäre, hat kein einziger einen Ausnahmsfall vom Colles¬ 
schen Gesetz gesehen! 

Es gibt also keine Ausnahmen vom Collesschen Gesetz: jede 
Mutter eines hereditär-luetischen Kindes ist ausnahmslos 
immun. Die Bedeutung dieser Erfahrungstatsache wurde seit jeher 
richtig gewürdigt und auch von den Anhängern der paternen Ver¬ 
erbung als der „schwerwiegendste Einwurf“ (Kassowitz) gegen die 
Annahme einer solchen betrachtet und vollauf erkannt“. 

„Wir haben also zu gunsten des Profetaschen Gesetzes weder 
eine Analogie bei anderen Infektionskrankheiten, noch Beweise bei 
Syphilis speziell gefunden. Im Gegenteil spricht Theorie und Er¬ 
fahrung gegen die Geltung desselben. Das Profetasche Gesetz ist 
heute nicht mehr aufrecht zu erhalten und muß fallen gelassen werden. 

Die Erfahrungstatsache, daß syphilitische Mütter ihre gesunden 
Kinder in der Regel nicht infizieren, findet schon darin eine un¬ 
gezwungene Erklärung, daß rezent syphilitische Mütter in der Regel 
syphilitische Kinder gebären, und daß gesunde Kinder in der Regel 
von Müttern stammen, welche selbst schon eine alte, latente oder in 
nicht infektiösen Erscheinungen sich äußernde Syphilis haben. 

Daraus folgt aber weiter, daß auch die ganze, heute 
fast allgemein akzeptierte Theorie von Finger, wonach 
„Immunität (id est dauernde (!) Immunität) gegen Syphilis akquiriert 


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296 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7. 


werden kann, ohne Syphilis selbst durchzumachen (1. wenn man 
Mutter wird eines vom Vater syphilitischen Kindes und der Infektion 
vom Vater und vom Kind entgeht, 2. als Kind syphilitischer Eltern, 
wenn man der Vererbung der Syphilis entgeht“), heute nicht mehr 
aufrecht erhalten werden kann und fallen gelassen werden 
muß. 

Gegen die Annahme, daß die nach dem Collesschen Gesetz 
immunen Frauen bloß immun, aber doch wirklich gesund und nicht 
etwa latent syphilitisch seien, spricht: 

1. daß in der gesamten Pathologie der Infektionskrank¬ 
heiten und auch bei Syphilis speziell eine spermatische Ver¬ 
erbung der Krankheit selbst nicht zu erweisen ist, sondern 
eine Vererbung derselben immer nur von Mutter aufs Kind 
stattfindet. 

2. daß bei Syphilis überhaupt keine nachweisliche Vererbung 
der Immunität statttindet. 

3. daß bei anderen Infektionskrankheiten die Vererbung einer 
dauernden Immunität überhaupt niemals vorkommt, sondern daß 
eine vererbte Immunität höchstens eine passive, rasch vorübergehende 
sein könnte. 

Um die Bedeutung der dauernd bestehenden Immunität jener 
Mütter voll zu würdigen, müssen wir konstatieren, daß eine einmal 
überstandene Syphilis (mit wenigen Ausnahmen) Immunität für die 
Dauer des ganzen Lebens hinterläßt, und wir müssen andererseits 
zugestehen, daß eine dauernde Immunität immer nur dann zu finden 
ist, wenn das betreffende Individuum schon früher Syphilis über¬ 
standen hat. 

Da es einerseits eine Vererbung einer dauernden 
Immunität nicht gibt, und da andererseits jede auch an¬ 
scheinend gesunde Mutter eines hereditär luetischen Kindes 
ausnahmslos dauernd immun ist, muß folglich auch jede 
anscheinend gesunde, aber immune Mutter selbst (latent) 
syphilitsch sein. 

Da es also schließlich keine hereditäre Syphilis ohne 
Syphilis der Mutter gibt, und da andererseits von einer syphi¬ 
litischen Mutter die Krankheit zweifellos vererbt werden kann, so 
folgt daraus, daß wir eine Vererbung der Syphilis in jedem Fall von 
einer syphilitischen Mutter ableiten können und die Hypothese einer 
patemen Vererbung nicht anzunehmen brauchen. 

Die Konsequenzen für die Praxis ergeben sich von selbst: 

1. Die Mutter eines syphilitischen Kindes muß, auch wenn sie 
keine Symptome bietet, mit Quecksilber behandelt werden. 

2. Die Mutter eines syphilitischen Knaben kann entsprechend 
dem Collesschen Gesetz ungescheut ihr Kind selbst stillen. 

8. Die syphilitischen Eltern eines gesunden Kindes können 
möglicherweise ihr Kind infizieren. 

4. Ein syphilitischer Mann soll, um die Infektion seiner Frau 

zu vermeiden, nicht vor Ablauf mehrerer Jahre seit seiner Infektion 
und nicht ohne mehrfach wiederholte Quecksilberbehandlung in die 
Ehe treten. Grätzer. 


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IT. Referate. 


297 


J. WiSIliewski (Warschau). Beitrag zur Syphilis der Kinder. 

(Nowiny lekarski 1903 No. 3.) 

Verf. bespricht die Syphilis des Kindesalters unter besonderer 
Berücksichtigung der Symptomatologie, ohne wesentlich Neues zu 
sagen. 

Zum Schluß finden wir die bezügliche Statistik aus dem all¬ 
gemeinen Ambulatorium^des evangelischen Krankenhauses in Warschau. 
Verf. hat vom Dezember 1898 bis zum Oktober 1902 3360 Kranke 
aufgenommen. Darunter fand er 33 Fälle hereditärer Syphilis, was 
l°/ 0 ausmacht. Es waren 19 Knaben und 14 Mädchen. Das jüngste 
Kind hatte 2 Wochen, der älteste Patient war 26 Jahre alt. Es 
waren darunter: 3 Fälle von Pemphigus neonatorum: im 1., 10. und 
22. Monat; 1 Fall Hutchinsonscher Zähne bei einem 1jährigen 
Kinde; eine gleichzeitige Affektion der Gehör- und Gesichtsorgane 
bei einem 3monatlichen Kinde; 1 Fall von Gumma palati ulcerosum 
bei einem Kinde von 37 2 Monaten. In der überwiegenden Mehrzahl 
der Fälle handelte es sich um Ernährungsstörungen und Nasenkatarrh. 

Szymanowski (Warschau). 


D. D. Niculescu. Die Hutchinsonschen Zähne. 

(Spitalul [rumänisch] 1902 No. 23—24.) 

Nach eingehendem Studium betreffend diese Zahnveränderungen 
und Darlegung der verschiedenen Meinungen über das Zustande¬ 
kommen derselben, gelangt N. zum Schlüsse, daß dieselben in Ver¬ 
bindung mit anderen Zeichen von hereditärer Lues wohl dazu bei¬ 
tragen, diese Diagnose zu festigen, daß aber Hutchinsonsche Zähne 
allein noch keinen Beweis für die in Rede stehende Affektion abgeben, 
da auch andere krankhafte Einflüsse eine Störung in der Zahnernährung 
und in weiterer Folge diese Veränderungen der Zähne bewirken können. 

E. Toff (Braila). 


E. Fournier, Des dystrophies veineuses de rh6r6do-syphilis. 

(Revue d’hygißne et de mädicine infantiles, Tome I No. 1, S. 26.) 

F. bringt hier verschiedene Beobachtungen von hereditär-syphi¬ 
litischen Kindern, bei denen sich eigentümliche Erweiterungen der 
Venen des Kopfes finden (zum Teil mit Abbildungen). Er glaubt, 
daß diese Veränderungen auf einer Dystrophie der Venen auf syphi¬ 
litischer Basis beruht, und führt als Beweis dafür eine Beobachtung 
eines syphilitischen Kindes an, bei dem sich eine allgemeine Er¬ 
weiterung der Venen der rechten Körperhälfte fand. Diese venösen 
Veränderungen am Kopfe verschwinden, statt dessen werden bei Er¬ 
wachsenen schon frühzeitig auftretende Venenerweiterungen an den 
Unterextremitäten auf syphilitischer Basis gefunden, wofür F. eben¬ 
falls Beobachtungen anführt. Zum Schlüsse folgt noch eine Polemik 
gegen verschiedene Angriffe, die seine Studien über heriditär-syphi¬ 
litische Veränderungen erfahren haben. Er hält diese Veränderungen 
an den Venen für ein wichtiges Zeichen von hereditärer Syphilis. 

Schreiber (Göttingen), 


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298 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7. 


Lannelongue. Note sur la Syphilis osseuse h£r£ditaire chez 
les nouveau-nes (maladie de Parrot), chez les enfants et les 
adolescents, chez les adultes et les vieillards (maladie de Paget). 

(Bull, de l’acad. de m6d. 1903 No. 9.) 

L. bespricht die Veränderungen, welche die heriditäre Syphilis 
am Knochensystem in den verschiedenen Lebensaltern bewirkt. Am 
bekanntesten sind die heriditär-syphilitischen Knochenaffektionen der 
Neugeborenen, weniger die des späteren Kindes- und des Jünglings¬ 
alters. Die hereditäre Knochensyphilis tritt hier in zwei verschiedenen 
Formen auf, einmal als Osteoperiostitis gummosa, die in der Regel 
auf einen Knochen lokalisiert bleibt, und sodann unter dem Bilde 
einer kontinuierlich fortschreitenden diffusen, fast immer ohne Eiterung 
verlaufenden Periostitis. Die letztere ist die typische Form des 
Knaben- und Jünglingsalters; sie beginnt nach dem 4. bis 5. Lebens¬ 
jahr. Die Veränderungen können schließlich alle Teile des Skeletts 
betreffen und führen dann zu ganz denselben Deformitäten, wie sie 
der von Paget beschriebenen Ostitis deformans (Pagetsehe Krank¬ 
heit) der Erwachsenen eigentümlich sind. Auch die Pag et sehe 
Krankheit stellt nach L. nichts anderes dar als eine heriditär-syphi- 
litische Knochenerkrankung des späteren Lebensalters. 

Schade (Göttingen). 


J. Fick. Beobachtungen über tertiäre Lues in Prof. Ehrmanns 
Ambulatorium in Wien. 

(Arch. f. Dermat. u. Syph., Bd. 64 1903.) 

Da die beste Verhütung der hereditären Lues eine gründliche 
Behandlung der erworbenen Krankheit ist, so werden die nachfolgenden 
Zahlen gewiß auch den Pädiater interessieren. F. widerlegt energisch 
die Gegner der Ne iss ersehen intermittierenden Behandlungs weise. 
Von den vielen Schädigungen, welche diese Methode nach der Meinung 
der Symptomatiker hervorrufen solle, sei noch kein einziger Fall tat¬ 
sächlich berichtet. Ebenso unbewiesen bleibe der Satz, daß die 
intermittierenden Kuren wegen der geringen Anzahl tertiärer Fälle 
überflüssig seien. In seiner nun folgenden Statistik des Luesmaterials 
des Ehrmannsehen Ambulatoriums rechnet Verf. zu den tertiären 
Fällen nur typisch gummöse Prozesse. Ausgeschlossen bleiben maligne 
pustulöse, papulös ulceröse Lues, sowie Tabes, progressive Paralyse 
und Patienten mit Tubercula cutanea. Unter 1484 Syphilitikern fand 
Verf. 96 Tertiäre. Von diesen erfuhren 46 gar keine, sieben nachweisbar 
ungenügende Behandlung. Sechs hatten nur intern Pillen oder K. J. ge¬ 
nommen. 15 Pat. waren in geringem Maße symptomatisch behandelt, 
22 hatten eine einmalige gründliche Hg-Kur durchgemacht. Keiner 
von diesen Patienten hatte die intermittierende Methode angewandt. 
Hingegen waren alle im Sekundärstadium im Ambulatorium inter¬ 
mittierend behandelte Patienten bisher gesund geblieben. 511 .von 
diesen befinden sich bereits 5—10 Jahre nach der Infektion. Über 
die Zeitdauer, welche zwischen Infektion und tertiären Symptomen 

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II. Referate. 


299 


verlief, berichtet Verf. von 58 Fällen: 16 im ersten Lustrum, 19 im 
zweiten, 7 im dritten, 3 im vierten, je 6 im fünften und sechsten 
Lustrum, ein Patient bereits 30 Jahre nach Beginn der Erkrankung. 
Unter den tertiären Erscheinungen betrafen 47 Hautgummen, 14 
Knochen und Periost, 18 Schleimhaut der Nase und des Rachens, 
11 Sarcocele, 7 Nervensystem, 3 Muskeln, 2 Drüsen, 2 Leber und 
Milz. Auffällig war das frühe Erscheinen der Sarcocele in den ersten 
5 Jahren, 7mal sogar in den ersten 14 Monaten der Erkrankung. 
Die Hg.-Behandlung im Ehr mann sehen Ambulatorium wurde aus¬ 
schließlich in Form von Einreibungen oder als Injektion löslicher 
Salze (Sublimat in 2 %iger Lösung) ausgeführt. Max Joseph (Berlin). 


George Lupescu (Gustav Weinberg). Die intramuskulären 
Injektionen von Sublimat in seltenen und massiven Dosen zur 
Behandlung der Lues bei Kindern. 

(Inaugural-Disseration, Jassy, März 1903.) 

Verf. hebt hervor, daß das Sublimat ein ausgezeichnetes Mittel 
für die Behandlung der Lues durch intramuskuläre Einspritzungen 
darstellt; dasselbe ist den unlöslichen Quecksilberpräparaten, welche 
in massiven Dosen schwere Zufälle bewirken können, vorzuziehen. 
Der durch die Injektion hervorgerufene Schmerz ist unbedeutend und 
verschwindet rascher als bei Erwachsenen, andererseits kann das 
Präparat mathematisch genau dosiert werden, die Wirkung ist eine 
schnell einsetzende, was namentlich bei schweren syphilitischen 
Affektionen von Wichtigkeit ist. Gewöhnlich genügen 3 bis 5 Ein¬ 
spritzungen, um die syphilitischen Symptome zum Schwinden zu bringen. 
Um Rezidiven vorzubeugen, sollen die Injektionsserien im Laufe der 
ersten 2 Jahre von Zeit zu Zeit wiederholt werden. Man macht die 
Einspritzungen alle 6—8 Tage und dosiert im Verhältnis zum Alter 
des Kindes. 

Außer der spezifischen Behandlung soll auch eine nicht spezifische 
durchgeführt werden: hygienische Lebensweise, Luftwechsel, Bäder 
u. 8. w. Die Nieren sollen überwacht und gleichzeitig auch eventuell 
parasyphilitische Affektionen behandelt werden. E. Toff (Braila). 


Torretta. Über die subkutane Jodtherapie in der Kinderpraxis. 

(11 Progresso Medico No. 18 1902.) 

Verf. bediente sich zur subkutanen Anwendung des Jodipins und 
zwar gebrauchte er sowohl die 10°/ 0 ige wie die 25%ige Lösung. Die 
Injektion wurde in die Glutaeen gemacht. Wie Verf. an der Hand 
einiger mitgeteilter Fälle zu zeigen sucht, hat er sich dieser Be¬ 
handlungsmethode mit Vorteil bedient bei den verschiedenen Er¬ 
scheinungen der Skrophulose, ferner in einem Fall von Periostitis der 
rechten Schulter, ferner in zwei Fällen kongenitaler Lues, wo Jodipin 
per os und subkutan zur Unterstützung einer Merkurialkur gegeben 
wurde. Ferner glaubt Verf., daß die Anwendung des Jodipins ihren 
Platz hat bei Broncho-Pneumonien mit verzögerter Lösung, bei 

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300 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7. 


chronischen Bronchitiden, überhaupt bei allen Erkrankungen des 
Kindesalters, in denen Jod indiziert ist. 

Man beginnt mit Injektionen von 1 ccm der 25°/ 0 igen Lösung 
und kann bis auf 2—3 ccm steigen. F. 


Ed. HÖnigSChmied. Weitere Mitteilungen über die Anwendung 
und Wirkung des Jodipins. 

(Ärztl. Kundschau 1903 No. 19.) 

H. hat schon mehrfach über seine mit Jodipin erzielten Erfolge 
referiert. Auch jetzt zeigt er, was er damit bei Erwachsenen und 
Kindern erreicht hat. Was letztere anbelangt, so beziehen sich die 
Erfolge zum Teil auf Fälle von Impetigo faciei, die durch Jodipin 
in kurzer Zeit geheilt wurden. So wurde das Leiden bei einem 
4 Monate alten Kinde, das täglich einen Kinderlöffel voll 10°/oig en 
Jodipins erhielt (extern nur Zinksalbe) schon nach 8 Tagen gebessert, 
nach 14 Tagen geheilt. Nie zeigten sich Rezidive, nachdem die 
Affektion zur Heilung gebracht war, wozu meist 100 g Jodipin (10°/ 0 ) 
ausreichten. Auch bei Lues hereditaria bewährte sich das Präparat 
bestens, desgleichen bei skrophulösen Erkrankungen der Drüsen, 
Augen u. s. w., wo auch mitunter Jodipin subkutan injiziert wurde 
(257 0 ). Sehr selten kommen Rezidive zur Beobachtung. So bei einem 
13jährigen Mädchen mit skrophulöser Augen- und Nasenerkrankung. 
Auf 30 Injektionen k 15 g (25°/ 0 ) Jodipins war Pät. hergestellt; als 
sich später ein Rezidiv einstellte, bekam es intern 250 g (10°/ 0 ) Jodipin 
und wurde hergestellt. Auch bei Ekzemen leistete Jodipin die 
besten Dienste. _ Grätzer. 


Edm, Saalfeld (Berlin). Über Thigenol. 

(Therap. Monatshefte 1903 No. 4.) 

Thigenol ist eine konzentrierte Lösung der Natriumverbindung 
der Sulfosäure eines synthetisch dargestellten Sulfoöls, in welchem 
10°/ o Schwefel organisch gebunden sind, eine dunkelbraune, dick 
syrupöse, geruchlose, in Wasser, verdünntem Alkohol und Glycerin 
völlig lösliche Flüssigkeit, die auf der Haut sehr rasch zu einer nicht 
klebenden, mit Wasser leicht abwaschbaren Decke eintrocknet. Thigenol 
wirkt bei äußerer Anwendung gefäßverengernd, daher anämisierend, 
entzündungsmildernd, resorptionsbefördernd und austrocknend. Es 
bewährte sich speziell außerordentlich beim Ekzem, auch bei kleineren 
Kindern. Fälle, die monatelang jeder anderen Therapie getrotzt, 
heilten auf 1 / 2 —l°/ 0 igeThigenolsalbe bezw. Thigenolzinkpasta rasch ab. 

Auch bei anderen Hautaffektionen wurden recht günstige Erfolge 
erzielt, so namentlich bei Seborrhoe des Kopfes und Gesichtes, wo 
sich neben der Salbe auch Thigenol in Lösung (Wasser 1: Spiritus 2) 
bestens bewährte, bei Lichen chron. simpl., Scabies, Congelatio. 

-- Grätzer. 


J. Silberstein (Wien). Thigenol als Ersatzmittel des Ichthyols. 

(Ärztliche Central-Ztg. 1903 No. 3.) 

Auch S. hat Thigenol als wirksames Mittel bei Ekzem (nament¬ 
lich dem chronischen, schuppenden), Scabies, Akne vulgaris, als 

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II. Referate. 


301 


vorzügliches Wundheilmittel schätzen gelernt. Intern bewährte es 
sich bei einem Falle von Bronchiektasie, bei chronischen Magendarm¬ 
störungen und in 2 Fällen von Chlorose; bei beiden chlorotischen 
Mädchen hatten die üblichen Eisenmittel fehlgeschlagen, während 
folgende Mixtur rasch half: 

Rp. Thigenol 10,0 

Alj. Menth, pip. 20,0 

S. Smal tägl. 30 Tropfen. Grätzer. 


M. Fa8Ctling (Krems a. D.). Über Jodoform-Kalomel-Behandlung. 

(Wiener med. Presse 1903 No. 1.) 

F. hat bei über 250 Fällen die glänzende antiseptische Wirkung 
dieses Gemisches kennen gelernt, 4 das aber nicht gleich gemischt, 
sondern getrennt appliziert wird. Erst streut man mit einem Haar¬ 
pinsel das Kalomel (via humida oder vapore paratum) ein, sodann 
zu etwa gleichen Teilen Jodoform; in Höhlen wunden reibt man die 
Pulver mittels einer mit steriler Watte oder Gaze umwickelten Korn¬ 
zange oder Pinzette ein. 

Bei frischen einfachen und Quetschwunden, bei Pararitien, Phleg¬ 
monen, Abszessen, Furunkeln, Bubonen, Karies u. s. w. hat sich diese 
Behandlung bestens bewährt. Bei vereiternder Lymphadenitis, 
sowie bei skrophulösen Lymphdrüsenabszessen wirkte das Mittel 
geradezu spezifisch. Besonders letztere gingen staunenswert zurück, 
die Menge des Sekretes nahm ab, die Wundhöhle füllte sich rasch 
mit Granulationen. Es schien sich aber auch durch Resorption eine 
günstige Einwirkung auf die Skrophulose überhaupt zu ergeben; die 
Patienten wurden blühender, nahmen an Gewicht zu u. s. w., die ver¬ 
größerten Drüsen gingen zurück. Die Narben erhielten eine schöne, 
glatte Beschaffenheit. 

Gleiche Resultate bei Karies und tuberkulösen Knochen¬ 
affektionen. ___ Grätzer. 


H. Schramm. Beitrag zur Kenntnis der Tuberkulose der 
Knochen und Gelenke am kindlichen Fuße. 

(Wien. med. Wochenschr. 1903 No. 16—19.) 

Unter 384 Kindern, die im Laufe von 16 Jahren wegen Fu߬ 
erkrankungen in das St. Sophien-Kinderspital in Lemberg aufgenommen 
wurden, litten 200 an verschiedenen Formen der Tuberkulose. Je 
nach dem Sitze der Erkrankung teilt S. die Fälle in vier Gruppen ein. 
In die erste rechnet er die Tuberkulose der Zehen- und Mittelfu߬ 
knochen, in die zweite die der vorderen Tarsalknochen (Kahnbein, 
Würfelbein, Keilbeine), in die dritte die des Fersenbeins ohne Mit¬ 
leidenschaft des Sprunggelenkes, in die vierte die des Sprunggelenkes. 
Das Material betrug 62 Fälle der ersten Gruppe, 23 Fälle der zweiten, 
17 Fälle der dritten und 98 Fälle der vierten Gruppe. 

S. geht nun genau auf diese Fälle ein, charakterisiert sie, be¬ 
richtet über die Resultate der Behandlung, die er auch durch Tabellen 
übersichtlich illustriert, und berichtet über einzelne besonders inter¬ 
essante Krankengeschichten. Grätzer. 


Centralbl. f. Kinderhikde. VIII. 


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302 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7. 


R. Lucke. Peritonitis tuberculosa traumatica mit Ileus. 

(Aus der Chirurg. Abteilung des Krankenhauses Moabit in Berlin.) 

(Berliner klin. Wochenschrift 1903 No. 18.) 

Die Literatur bringt sehr wenig über durch Trauma veranlaßte 
Tuberkulose der serösen Häute: 3 Fälle, wo die Pleura primär affiziert 
erschien, nur einen Fall von Tuberkulose des Perikards, keinen von 
traumatischer Peritonaltuberkulose. Der von L. beobachtete Fall ist 
durch Inspektion in vivo und post mortem klargestellt. 

Der 12jährige Knabe fiel beim Schlittschuhlaufen auf den Rücken, 
sein Genosse ihm, stolpernd, quer über den Leib, also — heftiger 
Stoß gegen den Leib. Sofort empfand der Verunglückte starke Leib¬ 
schmerzen und erkrankte ganz akut unter den Zeichen eines schweren 
Unterleibsleidens, unter denen Ileuserscheinungen besonders hervor¬ 
traten. Die 15 Tage nach dem Unfall an dem schon stark herunter¬ 
gekommenen Pat. vorgenommene Laparotomie enthüllte eine diffuse 
tuberkulöse Peritonitis, die Sektion daneben eine Skrofulöse mit 
käsiger Entartung besonders der mesenterialen und mediastialen 
Lymphdrüsen. 

Sicher hatte hier das Trauma die Ursache der Infektion der 
Bauchhöhle mit den in den verkästen Mesenterialdrüsen lagernden 
virulenten Tuberkelbazillen abgegeben. Der Zustand des Peritoneums 
bei der Operation stimmte ziemlich genau mit den Angaben Baum¬ 
gartens überein, welcher experimentell feststellte, daß die Entwicke¬ 
lung des Tuberkelknötchens bereits 3—4 Tage nach der Invasion 
beginnt, daß am 10.—11. Tage schon deutliche Entzündungserschei¬ 
nungen vorhanden sind, und am zwölften bereits völlig ausgebildete 
Tuberkel. Die Operation war am 15. Tage nach dem Unfall, man 
könnte also hier mit ziemlicher Genauigkeit allein aus dem Befunde 
bei der Operation den Zusammenhang der Erkrankung mit dem 
Trauma nachweisen. Im Beginn der Erkrankung mußte man nach 
allen Erscheinungen zuerst an einen traumatischen Ileus denken, der 
ja nicht so selten ist. Weiter wurde an pathologische Veränderungen 
des Appendix gedacht, welche durch das Trauma angefacht, Ursache 
der dargebotenen Erscheinungen sein konnten. An komplizierende 
Tuberkulose des Bauchfells ließ die völlig fehlende Peristaltik denken, 
welche gerade bei Bauchfelltuberkulose oft angetroffen wird, ferner 
der rapide Kräfteverfall und die starke Abmagerung, welche den ver¬ 
hältnismäßig nicht sehr hochgradigen Ileussymptomen in ihrer Intensität 
nicht entsprachen, endlich die geringe Druckempfindlichkeit des Leibes. 
Letztere war auch differentialdiagnostisch gegen einfache nicht tuber¬ 
kulöse Peritonitis zu verwerten, wie sie nach Trauma von Henoch 
(tritt gegen die Lende) und Kleist (12jähriger Knabe nach Sturz 
auf dem Eise) beschrieben sind. Gegen Tuberkulose hatten die 
Anamnese und der negative Befund der übrigen Organe gesprochen, 
nicht aber die Fieberlosigkeit, die bei Bauchfelltuberkulose mehrfach 
beobachtet worden ist. Gr&tzer. 


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in. Ans Vereinen und Versammlungen. 


303 


III. Aus Vereinen und Versammlungen. 
Vereinigung niederrheinisch-westfälischer Kinderärzte. 

13. Versammlung (zu Solingen) am 3. Mai 1903. 

Zunächst fuhrt Herr Selter (Solingen) die Vereinigung in sein „Säug¬ 
lingsheim ein: Nach kurzem Überblick über die Geschichte der Säuglingsheil¬ 
stätten und der Erwähnung der Entstehung des Hauses, das ohne sachverständigen 
Rat, lediglich in dem Drange, wohlzutun, von der Stifterin erbaut sei und erst 
nachher von S. übernommen wurde, schildert derselbe kurz die Zwecke des 
Hauses, die sich meist mit denen der bisher bestehenden Säuglingsheilstätten 
decken (sittlichere Form der Ammenvermittlung, Ermöglichung der Brusternährung 
für Kinder unbemittelter Kreise; Ausbildung von Kinderpflegerinnen, Kontrolle 
des Ziehmutterwesens u. s. w.), dagegen durch Aufnahme von unehelichen Müttern 
mit ihren Kindern für wenigstens 3 Monate, durch Erziehung derselben in der 
Gesundheitspflege sowohl ihres eigenen Körpers als auch ihres Kindes über deren 
Ziele hinausgehen. Zum Schluß gibt S. einen Überblick über die im ersten 
Vierteljahr des Betriebes verpflegten Kinder und Mütter (im ganzen 42:23). 

Die weitere Sitzung der Vereinigung fand darauf im Bethesdakrankenhause 
statt Dort gibt S. zuerst eine kurze Schilderung der Schaffung von kleinen 
Spezialkrankenanstalten. Sodann demonstriert derselbe einen Fall von voll¬ 
ständigem, einseitigem, angeborenem Fehlen der Bauchmuskulatur. 

Darauf demonstriert Herr Rensburg (Solingen) aus dem Material des 
letzten Jahres einige Erkrankungsfälle des Nervensystems: 

1. drei Hirnverletzungen. 

a) Verletzung mit einer Phiule, Verlust an Gehimsubstanz in Kleinäpfel- 
größe in der Gegend des hinteren Stirnhirnes bis auf die Centralwindungen, 
fünf Tage Bewußtlosigkeit, dann glatte Heilung, anfänglich totale halbseitige 
Lähmung, die sich zum Teil wieder zurückbildete, so daä der Junge den Fuß 
unter Hinken benutzen, ebenso gröbere Bewegungen mit der Hand ausführen kann. 

b) Ein Gehirnabszeß nach einer perforierenden Verletzung in der Gegend 
der Bewegungszentren, mit vollständiger, halbseitiger Lähmung, Trepanation, 
Eröffnung und Drainage des Abszesses, vollständige Rückkehr der Bewegungs¬ 
möglichkeit. 

c) Eine symptomlos in das Stirnhirn eingeheilte Flobertkugel. 

2. Drei Fälle angeborener, spastischer Lähmungen. 

a) 2 Kinder eines Potator strenuus; beide zeigen das typische Bild der 
von Little beschriebenen Lähmung (Steigerung der Reflexe, Fußklonus, Strabismus, 
Intelligenzdefekte, Hautreflexe normal): ein dritter Bruder mit gleicher Krankheit 
gestorben, sonst in der Familie keine Geistes- oder Nervenkrankheiten. 

b) Ein 6jähriger Junge, der unfähig zu gehen, zu stehen und zu sitzen, 
einen bei Ablenkung der Aufmerksamkeit verschwindenden Spasmus sämtlicher 
Glieder zeigt. Bei Bewegungsversuchen ataktische Bewegungen; der Spasmus 
steigert sich bei diesen wesentlich; Sehnenreflexe eher abgeschwächt als lebhaft, 
kein Fußklonus, dagegen Hautreflexe stark gesteigert; eine einfache Berührung 
löst eine spastische Kontraitur des ganzen Körpers aus. Intelligenz ziemlich 
normal, Sprache unbeholfen, jedoch kann der Junge alles sagen. Die Diagnose 
bleibt zweifelhaft. 

3. Eine Athyreosis im 18. Lebensjahre; durch 5 monatliche Thyreoidinbehand- 
lung in der gewöhnlichen Weise beeinflußt. Wachstum in dieser Zeit 10 cm. 

Herr Heimann (Solingen) demonstriert alsdann einen Tumor des Mediastinum 
anticum, der Leiche eines 3jährigen Mädchens entnommen, der klinische Er¬ 
scheinungen von seiten des Respirations- und Zirkulationsapparates geboten hatte. 
Die ersterwähnten auch zuerst beobachteten Respirationsstörungen bestanden in 
Atemnot bei körperlichen Anstrengungen, sowie im Auftreten von Stridor beim 
lauten Schreien. Daneben hatten sich Ödeme der Brust- und Gesichtshaut sowie 
Erweiterung der Brusthautvenen eingestellt. Außerdem waren beträchtliche An¬ 
schwellungen der dicht oberhalb der Clavicula gelegenen Halslymphdrüsen zu 
bemerken. Anatomisch handelte es sich um einen zur Gruppe der Lymphosarkome 
gehörigen sehr weichen Tumor, der zur Kompression der Trachea und des 
rechten Bronchus geführt hatte und einmal in die Lunge am Hilus hinein¬ 
gewachsen war und weiter zu lymphomatöser Umwandlung des dem Herzbeutel 
aufliegenden Fettgewebes geführt hatte. 

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304 


Centr&iblatt für Kinderheilkunde. No. 7. 


Im Anschlüsse an diesen Fall berichtet H. über die im Mediastinum anticum 
vorkommenden Geschwülste und deren Ausgangspunkt, sowie über die sich in 
der Literatur findenden Anhaltspunkte zu Bestimmung des Ausgangspunktes der 
Lymphosarkome. Zum Schlüsse macht er auf die Unhaltbarkeit aer Annahme 
einer mechanischen Einwirkung der Thymus auf die Trachea und dadurch herbei¬ 
geführten Tod aufmerksam, wenn in solchen Fällen eine Verengerung der Trachea 
nicht erwähnt wird. 

Herr Paffenholz (Düsseldorf, trug hierauf ein Sammelreferat: Über 
Ätiologie und Pathologie der Magendarmkrankheiten des Säuglings vor. Da es sich zu 
kurzem Referate nicht eignet, kann hier darüber nicht berichtet werden; es wird 
in extenso erscheinen. J. G. Rey (Aachen). 


K. K. Gesellschaft der Ärzte in Wien. 


(Wiener klin. Rundschau No. 8—13 1903.) 

Sitzung vom 6. Februar 1903. 

Franz Mraöek stellt einen 14V*jährigen Knaben mit schwerer Lues 
hereditaria vor. Er weist neben der typischen Symptomentrias (Keratitis parenchy- 
matosa, Hutchinsonsche Zähne, Schwerhörigkeit) noch eine schwere gummöse 
Syphilis des Rachens mit Perforation des harten Gaumens auf. Ferner sind noch 
Reste von Phalangeal- und Interphalangeal-GelenksafFektionen in Form spindel¬ 
förmiger Auftreibungen mehrerer Finger nachzuweisen. Die Mutter hat drei Abortus 
überstanden, sodann acht lebende, aber schwächliche und lebensunfähige Kinder ge¬ 
boren. Pat. ist das 12. Kind. Die Mortalität der Deszendenten beträgt daher 84®/ 0 . 
Die Mutter selbst gibt an, immer gesund gewesen zu sein; auch der Mann soll 
nach ihrer Angabe keinerlei Erkrankungen gezeigt haben. Erst nach 20jähriger 
Ehe, 2 Jahre nach der letzten Gravidität, traten gummöse Geschwüre an beiden 
Unterschenkeln auf. Sonst sind keinerlei Zeichen von Lues an der Frau zu kon¬ 
statieren. Die Mutter wäre also, falls die Gummen nicht die latente Erkrankung 
bewiesen hätten, als gesund angesehen worden. Sie hat durch 20 Jahre ihre 
Syphilis latent an sieh getragen. 

Sitzung vom 13. Februar 1903. 

Theodor Escherich demonstriert ein 14tägiges Kind, das neben anderen 
Mißbildungen (Defekt des Radius und des Kreuzbeines, Caput obstipum, ange¬ 
borene Hüftgelenksluxation, Klumpfuß u. s. w.) noch einen haselnußgroßen, roten 
Tumor des Nabels aufweist. Derselbe ist von Schleimhaut überkleidet und an 
der Basis leicht eingeschnürt; in seiner Mitte findet sich eine Öffnung, durch 
welche die Sonde 2 cm tief eindringen kann. Es handelt sich um Prolaps und 
Geschwulstbildung eines Meckelschen Divertikels. 

Vortr. demonstriert ferner 2 Kinder (6 und 8 Jahre alt) mit Bleilähmung. 
Der Vater ist Drechsler und glättet die Stöcke mit Kremserweiß. Beide Kinder 
weisen die für das Kindesalter charakteristische Form der Vergiftung auf: 
Beginn mit Peroneuslähmung, erst viel später die Radialislähmung, Bleisaum nicht 
an den Schneiden, sondern an den Backenzähnen. Erst spät Koliken, Obstipation 
und psychische Störungen. 


Sitzung vom 20. Februar 1903. 

Norbert Swoboda stellt 2 Fälle von Spasmus nutans vor, welche auf der 
von Raudnitz angegebenen Ätiologie beruhen: sehr dunkle, nur von einer 
Lampe erhellte Wohnung, so daß die Kinder gezwungen waren, stets nach dem 
einen Punkt hinzustarren. Beide Kinder (7 und 13 Monate) zeigen keinerlei 
Symptome von Rhachitis, auch besserte sich die Affektion auffallend durch Über¬ 
siedeln in eine helle Wohnung. 

Max Kassowitz bemerkt, daß beide Kinder nach seiner Ansicht an 
Kraniotabes, also Rhachitis, leiden. Auch weist das 13 Monate alte Kind noch 
eine guldenstückgroße Fontanelle auf. Bezüglich des Zusammenhanges der 
Rhachitis mit Spasmus nutans erwähnt Kassowitz die Tatsache, daß Spasmus 
nutans genau dieselben Freqnenzschwankungen aufweise wie die Rhachitis. 


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III. Aus Vereinen und Versammlungen. 


305 


Sitzung vom 27. Februar 1908. 

Katholicki (Graz) demonstriert einen Burschen mit einem Lymphangioma 
cavemosum des linken Armes bis zum Ellbogen und der Hand. Die Neubildung 
ist so maligen, daß sie die Weicbteile und die Knochen der Hand bis auf wenige 
Reste zum Schwund brachte. Man kann durch Druck die Lymphe aus den 
Hohlräumen entfernen, so daß ein leerer Hautsack mit den Formen des Armes 
und der Hand zurückbleibt. Die Geschwulst hat sich angeblich im Anschluß an 
einen Schlag mit einem spanischen Rohr auf den Arm entwickelt. 

Richard Pal tauf betont die Seltenheit des Vorkommnisses, daß eine 
Lymphgefäßgeschwulst sogar den Knochen usurieren kann; wahrscheinlich findet 
im Knochen derselbe Prozeß der Neubildung und Vergrößerung vorhandener 
Lymphgefäße statt. 

Auch Anton Freih. v. Eiseisberg betont die Seltenheit des Falles. 
Therapeutisch komme nur die Ablatio der Hand in Betracht. 

Max Kasse witz stellt 2 Kinder mit Spasmus nutans vor; beide Kinder 
leiden an Kraniotabes, wohnen aber beide in hellen Zimmern. Das zweite Kind 
hat auch früher an Laryngospasmus gelitten. Kassowitz konnte öfters das ab¬ 
wechselnde Auftreten von Laryngospasmus und Spasmus nutans beobachten. 

Julius Zappert: Spasmus nutans ist sicherlich sehr häufig bei rhachitischen 
Kindern; doch folgt daraus noch nicht, daß Rhachitis die Ursache ist. Da die 
Kinder an Spasmus nutans erkranken, zu einer Zeit, wo sie beginnen, den Kopf 
dauernd aufrecht zu halten, so könnte dies vielleicht die Gelegenheitsursache 
abgeben. 

Wilhelm Knöpfelmacher gibt zwar zu, daß alle an Spasmus nutans 
leidenden Kinder Rhachitis haben, doch tritt der Spasmus meist im 2. Lebenshalb¬ 
jahre auf, wo die Kraniotabes im Abnehmen begriffen ist; die Schädelrhachitis 
kann demnach nicht die alleinige Ursache des Spasmus sein; auch die Theorie 
von Raudnitz (dunkle Zimmer) stimmt nur selten; ebensowenig die Ansicht 
von Zappert, da die Kinder mit 10 Monaten den Kopf schon ohne jede Er¬ 
müdung aufrecht halten können. 

Max Kassowitz betont noch einmal den in der letzten Sitzung hervor¬ 
gehobenen Zusammenhang von Spasmus nutans und Rhachitis, der sich in dem 
gleichen Verlauf der Frequenzkurven beider Krankheiten ausdrückt. Allerdings 
ist auch Kassowitz der Ansicht, daß neben Rhachitis noch eine andere Gelegen¬ 
heitsursache bei der Entstehung des Spasmus beteiligt sein muß. 


Sitzung vom 6. März 1903. 

Josef Friedjung: Demonstration dreier Fälle der von ihm be¬ 
schriebenen typischen Form der Kinderhysterie. Dieselbe besteht in kurzen 
Schmerzanfällen in der Magengegend, welche an Inkarzeration erinnern. Regel¬ 
mäßig besteht bei solchen Kindern eine Diastase des Rectus abdominis, sowie 
hochgradige Überempfindlichkeit der Bauchdecken in der Mittellinie. Wahr¬ 
scheinlich beruhen die Anfälle darauf, daß der Darm sich in die Rektusspalte 
einschiebt und daß hierbei bei der Überempfindlichkeit ein schmerzhaftes Gefühl 
ausgelöst wird. Anlegen von Heftpflasterstreifen und Tinct. Valerianae intern 
ist die wirksame Suggestivtherapie. 


Sitzung vom 13. März 1903. 


Norbert Swoboda stellt ein 11 monatliches Kind mit sogenannter 
Elephantiasis congenita und partiellem Riesenwuchs vor. Beide Glutealgegenden von 
der Crista ilei abwärts, das ganze rechte Bein und der linke Fuß sind enorm 
vergrößert durch eine diffuse, elastische, stellenweise derbe Geschwulst. Der 
Umfang des Beckens beträgt 54 cm, des rechten Beines 34 cm gegen 14 cm 
links. Die Mißbildung war schon bei der Geburt in verhältnismäßig gleicher 
Größe entwickelt und hat seither mit dem übrigen körperlichen Wachstum gleichen 
Schritt gehalten. Es handelt sich in diesem Falle um eine Kombination von 
partiellem Riesenwuchs mit einer großen Anzahl von papillären Hautgeschwülsten 
vom Charakter des Fibroma molluscum. 

Ernst Finger stellt ein löjähriges Mädchen mit einer Follicutitis exulcerans 
serpiginosa nasi (Kaposi) vor. An beiden Nasenflügeln finden sich tiefe Ulcera- 
tionen mit grobzackigem Rand, gekörntem Grunde. Auf der entzündlich ge- 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7. 


sch wollenen Umgebung mehrere stecknadelkopfgroße, rosenrote, weiche Knötchen. 
Die Affektion ist sehr schmerzhaft, jedoch gutartig; Applikation einer 2°/ 0 igen 
Borsalbe führt wesentliche Besserung herbei. 


Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Dresden. 


Sitzung vom 25. Oktober 1902. 

(Münchener med. Wochenschrift No. 51 1902.) 

Herr Fritz Förster: Ober eine Epidemie von Streptokokkenerkrankungen. 

Die Epidemie spielte sich ab bei sieben von neun einen Haushalt teilenden Per¬ 
sonen (Mutter, Kindermädchen und 5 Töchter im Alter von 5—11 Jahren,während 
Vater und Köchin verschont blieben). Sie dauerte */ 4 Jahr, doch folgten nach 
3 und 6 Monaten je ein einzelner Fall. Im ganzen waren es 18 Erkrankungen, 
und zwar zehn Anginen, eine schwere Koryza, drei Lymphangitiden und vier sonstige 
Hautaffektionen. Die einzelnen erkrankten verschieden'oft, zeigten’demnach eine 
ungleiche Disposition. Stets fanden sich Streptokokken, die aber für weiße 
Mäuse nie sich als virulent erwiesen. Die Epidemie verlief in 8 durch kurze 
Intervalle getrennten Absätzen, eingeleitet stets durch eine Hautaffektion, der 
Schleimhauterkrankungen in regelmäßigen Zwischenräumen folgten. 

F. zieht aus seinen Beobachtungen folgende Schlüsse: 

1. Streptokokkenaffektionen können beim Menschen epidemisch gehäuft 
auftreten. 

2. Die häufigste Erkrankungsform dabei ist die Angina. 

3. Unter gewissen Bedingungen erlangt der Streptococcus die Fähigkeit, 
direkt von Person zu Person anzustecken. 

4. Die „spezifische Virulenz“ erlangt er vermutlich durch gewisse Passagen 
durch den Menschen, vor allem rasch verlaufende Prozesse in der Haut und den 
Lymphbahnen. 

5. Mit der Disposition lassen sich diese Epidemien allein A 'nicht erklären. 
Die Virulenz für weiße Mäuse gibt keinen Maßstab für dieses spezifische Ver¬ 
mögen des Streptococcus. 

6. Die Inkubationszeit bei derartigen Infektionen beträgt 3—3 1 /* Tage. 

7. Der hohen Infektiosität entspricht durchaus nicht immer eine besondere 
Schwere der hervorgerufenen Erkrankungen. 


Sitzung vom 15. November 1902. 
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 2.) 


Herr Baron: Ober endemisches Auftreten von exsudativen ulzerösen Anginen. 

In dem städtischen Findelhause zu Dresden sind Halsentzündungen, die in 
ihrem Aussehen der Diphtherie sehr ähneln, mit ihr aber nichts zu tun haben, häufige 
Erscheinungen. So waren von 132 Fällen von Anginen, die in den letzten Jahren 
beobachtet wurden, 24 katarrhalische, 31 lakunäre, 22 diphtherische und 44 ulzeröse. 
Die Zahl der letzteren scheint im Zunehmen begriffen zu sein, denn während 1900 
nur sechs derartige Fälle vorkamen, sind 1901 deren 19 und auch in diesem Jahre his 
Mitte November schon die gleiche Zahl beobachtet worden. In den beiden letzten 
Jahren ist ein deutliches gruppen weises Auftreten nachweisbar gewesen, obwohl 
die Krankheit an sich nicht so leicht von Person zu Person übertragbar zu sein 
scheint, sondern einerseits sehr innige Berührungen, wie z. B. bei Geschwistern, 
in Anstalten u. s. w., andererseits auch eine gewisse Disposition dazu erforderlich 
ist. Trotz einer nur unvollkommen durchführbaren Absonderung blieb die Mehr¬ 
zahl der im gleichen Tage- und Schlafraum untergebrachten Kinder verschont 
und von den Erkrankten hatten ca. 30 °/ 0 bereits in der Anstalt Halsentzündungen, 
meist lakunärer Natur, überstanden, und bei 9 Kindern war ein wiederholtes Er¬ 
kranken an nekrotischer Angina zu beobachten. Ebenso glaubt B., daß als ein 
Beweis für eine gewisse familiäre Dispositon zu Anginen das gleichzeitige oder 
kurz vorher oder nachher beobachtete Erkranken von 11 Geschwistern an Anginen, 
meist lakunären oder nekrotischen Charakters, anzusehen sein dürfte. 

Die Erkrankung selbst trat bei völligem oder fast völligem Wohlbefinden 
der Kinder auf. Selten war Fieber und dann auch nur bis höchstens 88,5° vor- 


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m. Aus Vereinen und Versammlungen. 


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handen. Mäßige oder fehlende Drüsenschwellung, kleine Schluckbeschwerden, 
negativer Harnbefund. In einer Anzahl von Fällen bestand Foetor ex ore, 
Salivation und bei 2 Kindern initialer Herpes labialis. Die weißgelben bis grau¬ 
bräunlichen, schmierigen Beläge hafteten ziemlich fest; bei gewaltsamer Entfernung 
blutete es leicht und stark, und ein höckeriger, mit ausgefressenen Bändern um¬ 
grenzter Geschwürsgrund trat zu Tage. Der Verlauf der Krankheit war meist 
ziemlich langwierig (bis 30 und 45 Tage) und Rekrudeszenzen und Rezidive nicht 
selten. Durch therapeutische Maßnahmen schien weder der Verlauf noch die 
Dauer in bemerkenswerter Weise beeinflußt zu werden, obwohl alle irgendwie 
angegebenen Mittel erprobt wurden. Ausgedehnte Defekte können nach Abheilen 
der Ulzerationen gelegentlich Zurückbleiben (in einem Falle gänzlicher Verlust 
der Uvula bei _ einem 3jährigen Kinde). Was die Ätiologie betrifft, so waren die 
sonst angeführten Momente (RachitiB, Skrofuiose, Syphilis, Unsauberkeit, schlechte 
hygienische Verhältnisse) sämtlich nicht vorhanden. Dagegen fanden sich in 
jedem Ausstrichpräparat bei der mikroskopischen Untersuchung der besonders 
durch die Arbeiten von Vincent, Bernheim, Abel u. a. bekannter gewordene 
Bac. fusiformis nebst seiner Begleiterin, der Spirochaetis denticola. Bezüglich ihres 
morphologischen Verhaltens entsprachen die Bakterien den Beschreibungen der 
übrigen Autoren; nur möchte B. hervorheben, daß der Bac. fusiformis stets deut¬ 
liche wackelnde oder schaukelnde Bewegungen im hängenden Tropfen zeigte 
(entgegen den Angaben von Vincent, Niclot und Marotte und de Stöcklin). 
Das Gelingen der Geiselfärbung scheint weniger von der Methode als von ge¬ 
wissen noch unbekannten und daher jetzt noch dem Zufall überlassenen Momenten 
abhängig zu sein. Der Bac. fus. nimmt zwar die Gram sehe Färbung an, ent¬ 
färbt sich aber bei längerer Alkoholeinwirkung auch wieder, und aus diesem 
Verhalten sind daher jedenfalls die einander widersprechenden Angaben Vincents 
und Abels u. a. zu erklären. 

Die Versuche, die betreffenden Bakterien zu kultivieren, fielen negativ aus, 
und erst in neuerer Zeit sind zwei Arbeiten erschienen, in denen über gelungene 
Züchtungen von Bac. fusiformis und Spirochäten berichtet wird. Dieselben wider¬ 
sprechen sich jedoch vollständig. Denn Niclot und Marotte haben dieselben 
aerob auf einem aus menschlichem Serum, Bouillon und Marmorekschein Strepto¬ 
kokkenserum bestehenden Nährboden gezüchtet und durch Einimpfung solcher 
Kulturen bei Meerschweinchen Abszesse erzeugt, welche die in den Kulturen 
vorhandenen Bakterien aufwiesen. Rist dagegen gibt an, daß Veillon und 
Zuber einen streng anaeroben Bac. fusiformis isoliert hätten. Derselbe unter¬ 
scheidet sich jedoch von dem ersteren außer durch die Anaerobiose noch durch 
seine Unbeweglichkeit, sein Verhalten zu den Anilinfarben u. s. w. Es entsteht 
daher die Frage, ob es nicht zwei oder mehrere Stäbchen von der beschriebenen 
Form gibt, die morphologisch sich zwar sehr ähneln, biologisch aber große Unter- 
, schiede aufweisen. 

Bezüglich des ätiologischen Zusammenhanges zwischen dem Auftreten des 
Bac. fusiformis und der Spirochaete mit der Angina exsudativa ulcerosa kann man 
nur Vermutungen aufstellen. Wenn diese Bakterien auch in anscheinend gesunder 
Mundhöhle hin und wieder gefunden werden, so wird die Annahme einer be¬ 
stimmten ätiologischen Beziehung doch sehr gestützt durch die Beobachtung, daß 
bei dieser Art von Angina die betreffenden Bakterien in so auffällig überwiegender 
Zahl, oft sogar fast in Reinkultur auftreten und bei Anginen anderen Charakters 
ebenso regelmäßig vermißt werden. Auch das von Vincent geschilderte Ver¬ 
halten in der Membran spricht für diese Auffassung. Die durch den Bac. fusi- 
formis allein erzeugten Anginen sind nur exsudativ; erst durch das zahlreichere 
Hinzukommen der Spirachaete werden sie ulzerös. 


Differentialdiagnostisch kann man sagen, daß bei einem mikroskopischen Bild 
von Spindelbazillen und Schräubenbakterien mit sehr großer Wahrscheinlichkeit 
die Mundhöhle Sitz der Erkrankung sein wird. Dagegen läßt sich nicht sagen, 
daß gerade die Tonsillen der Locus morbi sein werden, da man dieselben ulzerösen 
Prozesse auch auf der Wange, der Zunge u. s. w. vorfinden kann. Doch ist 
andererseits auch die Anschauung, daß die Vincentsche Angina nur eine auf 
den Tonsillen lokalisierte Stomacace sei, nicht haltbar, weil erstens das klinische 
Bild nicht übereinstimmt und zweitens bei sehr vielen ulzerösen Stomatitiden das 
charakteristische mikroskopische Bild fehlt. B. behauptet vielmehr, daß ebenso 
wie die mit Belägen einhergehende Angina auch die Stomatitis ulcerosa kein 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7. 


einheitliches Krankheitsbild darstellt, sondern durch verschiedene Bakterienarten 
erzeugt werden kann, und daß eine dieser Arten der Rac. fusiformis mit oder 
ohne Spirachaeten ist. 

Bei der Frage, ob bei Anwesenheit dieser Bakterien andere Krankheiten 
mit einiger Berechtigung ausgeschlossen werden können, kommen besonders 
Diphtherie und Lues in Betracht. Hinsichtlich der ersten kann man wohl sagen, 
daß es sich bei solchem Befunde mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht um 
Diphtherie handeln wird, obwohl in einzelnen Fällen auch Diphtherie- bezw. 
Pseudodiphtheriebazillen gefunden worden sind. Es ist dies jedoch nur eine 
Mahnung, der vorläufigen mikroskopischen Untersuchung stets noch die bakterio¬ 
logische folgen zu lassen. Auch bei zweifellos Syphilitischen hat man exsudative 
Anginen mit Bac. fusiformis gefunden. Doch glaubt B. nicht, daß man hieraus 
eine direkte Beziehung des Bac. fusiformis zu einer „Angina luetica“ schließen 
kann, sondern erklärt die Fälle dahin, daß sich auf dem durch die Syphilis 
bezw. die eventuelle Inunktionskur vorbereiteten Boden eine Vincent sehe Angina 
etabliert hat und zufällig auch gefunden worden ist. 

Aus alledem ist ersichtlich, ein wie großes Interesse die durch diesen 
Bakterienbefund charakterisierten Anginen für den praktischen Arzt besitzen, 
wie nötig aber andererseits auch bei jeder mit Belägen einhergehenden Angina 
die mikroskopische und noch mehr kulturelle Untersuchung des Exsudats ist. 

Diskussion: Herr Richard Graupner stimmt betreffs der Therapie mit 
dem Herrn Vortragenden überein, daß dieselbe meist überflüssig; mitunter nur 
nötigten subjektive Beschwerden und Fortschreiten des geschwürigen Zerfalls 
zum Eingreifen: Touchieren mit dem Höllensteinstift habe sich ihm dann bewährt. 
Beziehungen zur Syphilis habe er, gleich Herrn Baron, in den von ihm beob¬ 
achteten Fällen nicht nachweisen können, und bei syphilitischen Ulzerationen 
der Tonsillen die betreffenden Mikroorganismen stets vermißt; wenn sie sich viel¬ 
leicht bei Mandelaffektionen, wie sie syphilitischen geschwürigen Prozessen folgen 
können, mitunter nachweisen lassen, so fehle ihnen doch hier jede ätiologische 
Bedeutung. 

Herr E. Schmorl hat bei Ulzerationen der Tonsillen vielfach mit gutem 
Erfolg Betupfen mit Perubalsam vorgenommen und empfiehlt, denselben in den 
angezogenen Fällen therapeutisch zu versuchen. 

Herr Werth er hat bei diphtheroiden Anginen bei Syphilitikern zwar meist 
den Bacillus fusiformis und Spirillen gefunden, mißt diesen Befunden aber nur 
eine sekundäre Bedeutung bei. 

Herr Wolf kann die bakteriologischen Befunde des Herrn Baron in allem 
bestätigen, teilt aber nicht dessen Ansicht über den ätiologischen Zusammenhang, 
sondern hält sie für zufällige Ansiedelungen. Zu dieser Reserve bestimme ihn 
einmal und vor allem die geforderte Symbiose, die allein die Krankheit erzeugen 
könne; er kenne dazu in der Pathologie kein Analogon. Weiter aber sei der 
gleiche bakteriologische Befund auch sonst recht häufig auf normalen wie er¬ 
krankten Tonsillen erhoben worden, namentlich bei Syphilitischen; bei solchen 
habe er diese Tatsache auch bei eigenen Untersuchungen bestätigt gefunden. Ein 
ätiologischer Zusammenhang sei nach allen bisher vorliegenden Befunden noch 
nicht als erwiesen anzusehen. 

Herr Graupner widerspricht dieser Ansicht und weist daraufhin, daß ver¬ 
schiedene Beobachter, vor allem Vincent selbst, Fälle anfuhren, in denen sich 
nur der Bac. fusiformis fand. Er selbst habe gleiches gesehen; derartige Fälle 
scheinen sich auch klinisch durch Ausbleiben der Ulzerationen auszuzeichnen. 

Herr Baron hat auch von der Anwendung des Höllensteinstiftes keinen 
Erfolg gesehen, Perubalsam hat er bisher noch nicht erprobt. Die positiven Be¬ 
funde bei Syphilis sind auch seiner Meinung nach nur von sekundärer Bedeutung 
Vielleicht schaffe die Syphilis in ähnlicher Weise einen günstigen Boden zur 
Ansiedelung, wie einfache Anginen, die bei seinen Kranken recht oft voraus¬ 
gegangen waren. Den Einwänden des Herrn Graupner schließt er sich gegen¬ 
über den Ausführungen des Herrn Wolf an; er hebt weiter hervor, daß der 
Befund meist in Reinkultur gemacht werde, daß das anatomische Bild fast stets 
das gleiche, man treffe in einer mittleren Schicht meist beide Mikroorganismen, 
in einer dritten nur noch den Bac/fusiformis. Auch ZüchtungB- und Impfversuche, 
soweit dieselben bisher überhaupt gelungen wären, sprächen nir einen ätiologischen 
Zusammenhang. 


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IV“. Neue Bücher. — V. Kleine Mitteilungen. 


8ÖÖ 


Sitzung yom 21. März 1903. 

Herr Friedrich Hänel stellt ein 8jähriges Mädchen vor, bei dein er den 

durch Unfall verloren gegangenen Zeigefinger der linken Hand durch Oberpflanzung der 
zweiten Zehe ersetzt hat. 

Es hatte sich um Verlust des Nageigliedes und des größten Teiles des Mittel* 
gliedes des Zeigefingers gehandelt. Die Operation wurde vor einem Jahre nach 
dem Vorbild des v. Eiselsbergschen Falles ausgeführt. 

6. HI. 1902. Anfrischung des Zeigefingerstumpfes, Durchtrennung der Zehe 
bis auf eine plantare Hautbrücke Naht der Beugesehnen, der Knochen, der 
Strecksehnen, der Dorsalhaut; Fixation durch Gipsverband, der gut vertragen 
wurde. 

18. HI. Einkerbung der Hautbrücke. 1 

22. in. Durchtrennung des letzten Restes. 

Die Zehe war vollkommen angeheilt und zeigte auch in der Folgezeit keinerlei 
Zirkulationsstörungen. Später machte sich noch eine kleine plastische Nach¬ 
operation nötig. 

Inzwischen ist die Gebrauchsfähigkeit des Fingers eine gute geworden. Die 
aktive Beweglichkeit des Endgelenkes ist allerdings gering. Die Innervation hat 
sich eingestellt, Berührung, Druck, Stich, Temperaturunterschiede werden deut¬ 
lich empfunden. 


IV. Neue Bücher. 

Klinische Mitteilungen aus dem Kinderspital in Basel. Berlin 1903 Verlag von S. Karger, 

Ein stattlicher Band, enthaltend vier interessante, im Jahrbuch für Kinderheil* 
künde erschienene Aufsätze, die hier als Separatabdrücke zu einem Ganzen ver¬ 
einigt sind. Es sind dies: E. Hagenbach-Burckhardt, Über Pemphigus con- 
tagiosus, E. Wieland, Das Diphtherieserum, seine Wirkungsweise und seine 
Leistungsgrenzen bei'operativen Larynxstenosen, E. Burckhardt, Über paroxvs- 
male Hämoglobinurie, Armann, Die Behandlung des .kongenitalen Klumpfußes 
an der Poliklinik des Baseler Kinderspitales. Wir kommen auf alle diese 
Arbeiten im referierenden Teile zurück. Grätzer. 

A. Jacobi: Therapeutics of Infancy and Childhood. 3. Auflage. J. B. Lippincott 
Company. 1903. 560 Seiten. Philadelphia und London. 

Das Buch -des bekannten amerikanischen Pädiaters, dessen dritte Auflage 
vor uns liegt, zählt entschieden zu den besten Werken, die wir auf diesem Ge¬ 
biete besitzen; ich möchte es bezeichnen als die Frucht einer sehr reichen Er¬ 
fahrung, gepaart mit einer gewissenhaften Kritik. Dabei ist die gesamte Literatur 
bis aut die Neuzeit sorgfältig berücksichtigt. J. behandelt sowohl die inneren 
als die chirurgischen Erkrankungen des Kindesalters, einschließlich der 
Erkrankungen des Auges, der Ohren und der Haut. Die Diagnostik, Ätiologie 
sowie pathologische Anatomie ist nur soweit berücksichtigt, als es zum Ver¬ 
ständnis der Behandlung nötig ist. Dem Ganzen voraufgeschickt ist ein Kapitel 
über Ernährung der kranken Kinder, der allgemeinen Therapie und der Krank¬ 
heiten der Neugeborenen. Was mich besonders bei der Lektüre des Buches in¬ 
teressierte, ist der Umstand, daß sich unsere klinischen sowie poliklinischen Er¬ 
fahrungen mit denen J.s decken. In einzelnen Punkten bestehen allerdings Ab¬ 
weichungen, so machen wir z. B. bei der Behandlung der Pneumonie, um nur 
eins anzuführen, ausgiebigen Gebrauch von Alkohol, den J. nicht empfiehlt Ich 
bedaure, daß das Buch, soweit mir bekannt, nicht durch eine deutsche Über¬ 
setzung einem weiteren Leserkreise zugängig gemacht ist. Ich kann die Lektüre 
dee Buches nur auf das Dringendste empfehlen. Schreiber (Göttingen).* 


V. Kleine Mitteilungen. 

Soxhlets Nährzucker. In der Publikation A. Klautschs „Über Soxhlets 
N äh r,z ucker“, d. Zeitschr. 1902 Heft 7 findet sich die Angabe, daß dieses 
Präparat eine Dextrin-Maltose-Milchzuckermischung sei. * 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7. 


Nach der sonst vorliegenden Literatur und meinen eigenen Untersuchungen 
ist das Präparat vollständig frei von Milchzucker und besteht nur aus Dextrin¬ 
maltose und Kochsalz. - Dr. Söldner (Grünbach). 

Der XI. Jahresbericht Uber die Tätigkeit des Neuen Kinderkrankenhauses zu Leipzig 
für das Jahr 1902 ist erschienen und enthält außer dem Verwaltungsbericht, er¬ 
stattet von Mediz.-Bat Prof. Dr. Soltmann, die ärztlichen Berichte der 
Medizinalabteilung (Soltmann) und der Chirurg. Abteilung (Tillmanns). 

Eine Kinderabteilung hat in seiner prachtvoll gelegenen, zu einem Kinderheim 
wie geschaffenen Heilanstalt Waldhof-Elgershausen Dr. Liebe eingerichtet Es 
sollen Aufnahme finden schwächliche, „disponierte“ Kinder, die in die besten 
hygienischen Verhältnisse versetzt werden müssen, um nicht der Tuberkulose zum 
Opfer zu fallen, sowie leichtkranke, schon tuberkulöse Kinder. Durch hygienisch¬ 
diätetische Verfahren, Wasserbehandlung, Luftbäder u. s. w. soll ärztlicherseits 
auf die Kinder eingewirkt werden, während gleichzeitig dieselben einen Schul¬ 
unterricht genießen, der sich von jedem Buraukratismus und Schematismus fern¬ 
hält und dem Kräftezustand des einzelnen Kindes angepaßt wird. Knaben und 
Mädchen jeden Alters können Aufnahme finden. 

Wissenschaftliche Berichte Ober „Puro“ ist eine elegant ausgestattete Broschüre 
betitelt, herausgegeben von dem Chem. Institut „Puro“, eine Vereinigung ander¬ 
wärts publizierter wissenschaftlicher Aufsätze über diesen bekannten Fleischsaft, 
aus denen hervorgeht, daß letzterer auch von seiten medizinischer Autoritäten 
Anerkennung gefunden hat und verdient, in der Praxis reichlich verwendet zu 
werden. 

Die Verabreichung von Chinin bei Kindern stößt meist auf Schwierigkeiten. Diese 
lassen sich nach Dr. Borde (Bordeaux) leicht überwinden, wenn man in folgender 
Weise vorgeht. Man mischt in einem Mörser Chinin, sulfur. 1 g mit Ol.ölivar. 
8 g. 20 Tropfen enthalten 0,05 g von dem Chininsalz. Bringt man nun in einen 
zur Hälfte mit kalter (womöglich versüßter) Milch gefüllten Eßlöffel eine bestimmte 
Anzahl Tropfen dieser öligen Mixtur, so bildet sich in der Mitte der Milch und 
an ihrer Oberfläche eine Linse. Da jedes Chininteilchen nun in Öl gehüllt ist 
und wie eine kleine Pille über die feuchte Mundschleimhaut gleitet, schluckt das 
Kind den Inhalt des Eßlöffels ohne Widerstreben hinunter. Erst einige Sekunden 
später empfindet es einen leicht bitteren Geschmack, der jedoch rasch ver¬ 
schwindet und auch vermieden wird, wenn unmittelbar nach Verabreichung der 
Mixtur ein Schluck irgend einer Flüssigkeit getrunken wird. 

(La Semaine m6d. 1903 No. 9 — Therap. Monatshefte 1908 No. 5.) 

Ein portativer, elektrisch beleuchteter Mundspatel, von Arthur Löwy (Berlin) 
konstruiert, verdient nach Dr. J. Buhemann (Berlin) ein getreuer Begleiter des 
Praktikers zu werden, der gerade unter schwierigen Verhältnissen, z. B. bei un¬ 
ruhigen Put., bei Kindern, bei Bettlägerigen, die Untersuchungen sehr vereinfacht 
und die Genauigkeit derselben erhöht Der Spatel hat die Form des gewöhn¬ 
lichen Glasspekulums. Im Inneren des aus sehr festem Glase gefertigten 
Spekulums, und zwar an der Spitze, befindet sich eine kleine, recht widerstands¬ 
fähige, elektrische Glühlampe, welche außer dem Hause durch ein in der Westen¬ 
tasche bequem unterzubringendes, in der Sprechstunde dureh ein sehr großes, 
dauerhaftes Trockenelement gespeist wird. Bei Kindern ist es zweckmäßig, den 
Leitungsdraht, welcher einstöpselig ist, dann erst einzuschalten, wenn das Spekulum 
eingeführt ist, weil jene beim Erblicken des Lichtes den Mund gewaltsam schließen. 
Braucht man länger dauernde Beleuchtung, z. B. bei operativen Eingreifen, In¬ 
zisionen u. dgl., so tut man gut, die Stöpselöfinung des Trockenelements nach 
innen zu dirigieren, damit das Andrücken des letzteren an die Brustwand des 
Arztes das Herausspringen des Leitungsdrahtes verhindert. Die Lichtquelle ist 
so intensiv, daß es möglich ist, in völlig dunklem Baume bei geschlossenem 
Munde die Kieferhöhlen zu durchleuchten. Bei noch so langer Einschaltung der 
Lichtquelle tritt keinerlei Hitzewirkung ein. Das Spekulum, das sehr gründlich 
desinfiziert werden kann und nur 85 g wiegt, kann in einem Taschenmesseretui 
bequem in der Tasche getragen werden. Es dient bei Nachtbesuchen zugleich 
als Beleuchtungsmittel. (Deutsche Medicinal-Ztg. 1903 No. 27). 


Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzer in Sprottau. Verlag von Johann 
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metzger & Wittig in Leipzig. 

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Central blatt für 

Kinderheilkunde. 

Eine Monatsschrift für praktische Ärzte. 

VIII. Jahrgang. 1. August 1908. No. 8. 


I. Origlnalbeiträge. 

Gratismilch- und Ordinationsanstalten für Säuglinge. 

Vortrag, gehalten am 27. IV. 1903 am internationalen medizinischen 
Kongreß zu Madrid. 

Von 

Dr. Ernst Deutsch (Budapest). 

(Schluß.) 

Die wichtigste Aufgabe der Säuglingsordinationsanstalt ist es, der 
natürlichen Ernährung Propaganda zu machen, denn die Worte 
Variots sind sehr zu beherzigen: „Fallaitement maternel est ideal 
pour l’enfant en meme temps qu’il est la satisfaction de l’un des 
instincts humains les plus respectables“; um dies zu erreichen, muß 
der Institutsarzt jede einzelne Mutter auf die Möglichkeit des Selbst¬ 
stillens strenge untersuchen, sie aulklären, daß die Muttermilch die 
zuträglichste Nahrung für den Säugling und die künstliche Ernährung 
nur ein gewagtes Experiment sei. 

Ist die Milchsekretion eine nicht entsprechende, so möge der 
Arzt durch Aufbesserung der Nahrungs Verhältnisse der Mutter (in 
unserem Institute durch Verabreichung einer größeren Tagesration 
von Milch, Verteilung von Anweisungen an die Volksküchen, Ordination 
der die Milchabsonderung befördernden (?) Mittel, wie Somatose, 
Plasmon, Tropon u. s. w.) zu fördern suchen, gelingt dies nicht, — 
was die wöchentliche Wägung zeigt — so ist „allaitement mixte u 
am Platze, eine Methode, die der ausschließlich künstlichen Er¬ 
nährung unbedingt vorzuziehen ist. Dieselbe Methode ist bei Arbeite¬ 
rinnen durchzuführen, die, wenn sie dazu gehörig angehalten werden, 
stets Muße haben, 3—4mal täglich die Brust zu reichen; für die 
Zwischenzeit erhalten sie dem Alter des Säuglings entsprechende 
Milchmenge. 

Endlich ist es Aufgabe des Arztes, bei Anwesenheit von Agalaktie 
(exceptioneller Zustand!) oder bei Kontraindikation des Säugens (als 
solche erkenne ich: Anomalien und Krankheiten der Mammae, Herz¬ 
klappenfehler, Hysterie, Epilepsie, Psychosen, Tuberkulose, Gravidität 
an) die ausschließliche künstliche Ernährung anzuordnen. 

In unserem Institute erhielten 144 Frauen Milch zur Hebung 
der Milchsekretion, bei 249 Kindern wurde „allaitement mixte“, bei 
464 ausschließlich künstliche Ernährung durchgeführt. 

Mütter, deren Milchsekretion in jeder Beziehung eine entsprechende 
ist, sollen Anweisungen für den Zeitpunkt der Ablaktation (9 bis 

Centralbl. t KJnderhlkde. VHL 22 n\r> 

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814 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8. 


11 Monate) bekommen. Die Ablaktation fuhren wir bei den uns zu 
diesem Behufe zugeführten und bei den Kindern unserer Anstalt, 
durch Darreichung gewöhnlicher Milch, Malzkakes, Beigabe von Fleisch¬ 
saft Puro zur Milch u. s. w. durch. Entwöhnt wurden seit Bestand 
unserer Anstalt 356 Säuglinge. 

Zum Wirkungskreis der Säuglingsordinationsanstalt gehört die 
regelmäßige Wägung der Kleinen; wodurch das Gedeihen der Kinder 
kontrolliert, die Ambition der Mütter geweckt wird. Um den Zwang 
der pünktlichen Abwägung, auf die Strauss sehr richtig bemerkt: 
„cette pröcaution n’est pas moins nöcessaire que celle de la prise 
de tempörature des nouvelles accouchöes“, der Säuglinge durchzuführen, 
entziehen wir die Milch im Moment, wo die Mutter diese ihre Pflicht 
versäumt Meiner Ansicht nach ist die wöchentliche Vorstellung (bei 
welcher außer dem Kind auch Saugflasche und -hütchen vorzuzeigen 
sind; in Föcamp besorgt die Anstalt selbst die Reinigung der Saug¬ 
hütchen) das richtigste Prinzip und nicht das zwei- und vierwöchent¬ 
liche, wie dies andererorts durchgeführt ist. Schön und dem idealsten 
demokratischen Prinzip entsprechen die Verhältnisse in Föcamp, von 
denen Dufour in folgenden Worten gedenkt „Tous les enfants sont 
deshabillös complötement et en commun, riches et pauvres, il n’y a 
pas de distinction, il n’y a plus lä que des freres de lait“; in dieser 
Stadt besuchen nämlich die Mütter nahezu sämtlicher Gesellschafts¬ 
klassen mit ihren Sprößlingen das Institut. 

Eine Kulturmission besorgt das Institut durch Gründung der 
Schule für Mütter. Nicht mit hochtrabenden Phrasen, sondern mit 
einfachen, leicht faßbaren Worten möge der ärztliche Leiter der 
Anstalt den Frauen die Grundideen der Kinderhygiene beibringen. 
G. Mocquot verzeichnet wunderschöne Erfolge auf diesem Gebiete; 
nicht nur Frauen, sondern auch Mädchen lauschten mit ungeteiltem 
Interesse seinen Lehren, und dieser sind nicht nur die sogenannten 
kleinen Leute bedürftig, auch die Töchter der besten Stände sollten 
sich diesem Studium mit Eifer hingeben — „on pourrait sans diffi- 
cultö röduire la part faite ä l’histoire d’Assyrie ou ä la trigonomötrie 
pour faire une place ä l’ötude de la puöriculture“ (Cayrol-Blum), 
von welcher „puericulture“ Variot mit Recht behauptet, daß sie 
weniger betrieben wird als die Kunst der Tierzucht. 

Diese Vorträge sollen in Druck gelegt in den weitesten Kreisen 
verbreitet werden. Diese Programme betreibt die „ligue contre la 
mortalitö infantile“ in Paris und im neuen Säuglingshospital des 
Baron Rothschild sind Vortragsräume zu diesem Behufe eingerichtet. 
In der nächsten Wintersaison will ich diese Schule der Mütter auch 
in unserer Anstalt einführen und zugleich eine populär gehaltene 
Kinderhygiene unter allen Frauen verteilen. 

Den Abriß, den ich mir für die Vorträge und für die populäre 
Hygiene gemacht, ist der folgende: 

I. Natürliche Ernährung des Säuglings. 

1. Jede Mutter, die zum SelbststiHen ihres Kindes fähig ist 
und dies versäumt, begeht ein Unrecht gegen die Gesundheit ihres 
Kindes und gegen ihr eigenes Gedeihen. 


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I. Originalbeiträge. 


315 


2. Die künstlich ernährten Kinder haben weniger Widerstands¬ 
kraft, wie die, die Muttermilch erhalten. 

3. Das Stillen macht weniger Ungelegenheit, wie die Ernährung 
mit der Flasche. 

. 4. Nur der Arzt ist berechtigt, der Mutter das Stillen zu untersagen. 

5. Einen halben Tag nach der Geburt soll das Kind das erste 
Mal an die Brust gelegt werden. Wenn das Säugen in den ersten 
Tagen Schwierigkeiten macht, soll dies die Mutter nicht entmutigen — 
Übung macht den Meister! 

7. In den ersten Lebenswochen wird der Säugling zwei-, später 
dreistündlich genährt, im zweiten Halbjahr erhält das Kind sechs 
Mahlzeiten täglich. Von 10 Uhr nachts bis 4—6 Uhr früh sollen 
Mutter und Kind ruhen. 

7. Wenn der Säugling unruhig, ist das nicht immer Zeichen des 
Hungers; nasse Windeln, eine Falte in der Wäsche, Bauchgrimmen 
oder ein Schmarotzer können die Ursache bilden. 

8. Wenn noch so wenig Muttermilch vorhanden ist, die ersten 
Lebenswochen soll dem Säugling dieser Genuß nicht entzogen werden. 

9. Zur Entfernung des Kindspeches soll man keine Abführmittel 
gebrauchen. 

10. Die Entwöhnung soll langsam, womöglich in kühler Jahres¬ 
zeit im 9.—10. Monat mit verdünnter Kuhmilch und Suppe vor¬ 
genommen werden. 


II. Künstliche Ernährung: 

1. Das Hauptprinzip ist Reinlichkeit des Gefäßes und der Saug¬ 
hütchen auf dem die rein gewonnene Milch entweder in der, durch 
den Arzt vorgeschriebene Verdünnung, oder bei dem präparierten 
Milchsorten meistens nur in Quantitätsunterschied dem Alter gemäß 
verabreicht wird. 

2. Die Überernährung bringt zwar einen starken Fettansatz 
hervor, doch ist die Widerstandskraft solcher Säuglinge gewöhnlich 
eine geschwächte. 

3. Im ersten Lebenshalbjahr sind Kindermehle zu verwerfen. 

4. Bei Erkrankung des Säuglings hole man schleunigst den ärzt¬ 
lichen Rat ein. 

5. Der Mund der künstlich genährten Säuglings soll mittels ab¬ 
gekochtem Wasser und reinem Lappen gereinigt werden. 

6. Der sogenannte Zummel ist schädlich. 

7. Das richtige Gedeihen des Säuglings zeigt die Wage. Das 
normale neugeborene Kind hat ein Gewicht von 3300 g, die tägliche 
Zunnahme ist in den 


Monaten 1— 2 25—30 g. 

3— 4 10—22,, 

5— 6 16—18,, 

7— 9 12—15,, 

10—12 6—12 „ 


III. Kinderzimmer. 

1. Das Kinderzimmer soll groß, luftig, gut ventilierbar sein. 

2. Temperatur 15° R. 

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816 


Centr&lblatt für Kinderheilkunde. No. 8. 


3. Öfters und gründlich lüften. 

4. Nachtgeschirr, nasse Windeln sollen nicht im Kinderzimmer 
stehen. 

IV. Kleidung. 

1. Reinlichkeit, Sicherung der Wärme, Freiheit der Bewegung. 

2. Windeln sollen in entsprechender Menge vorhanden sein. 

3. Im Zimmer soll der Säugling keine Haube tragen. 

4. Nur im Falle des Säugens kommt das Kind ins Bett der 
Mutter. 

V. Hautpflege; 

1. Bad nie ohne Thermometer verabfolgen, 28° R. bei dem Neu¬ 
geborenen, 26° R. am Ende des ersten Lebensjahres. Die Reinigung 
geschehe mit einem reinen Schwamm. Der Kopf wird durch Öl oder 
Vaseline von Borken befreit. 

2. Wunde Flächen werden mit lauem Wasser gereingt und dann 
mit einem Streupulver versehen. 

VI. Das auf die Luft bringen. 

1. Der Neugeborene kann im Sommer gleich, im Winter zu 
6—8 Wochen ins Freie geführt werden. Die Dauer des Spazierganges 
überschreite nicht im Anfang */ 4 Stunde. 

2. Das Kind soll in den ersten Monaten horizontal getragen, 
dann abwechselnd auf einem und dem anderen Arme gehalten werden. 
Mit 9—10 Monaten soll das Kind herumkriechen, „Das-auf-die-Bein- 
chen-stellen soll nicht forciert werden. 

VII. Das Impfen. 

1. Das Impfen ist unbedingt notwendig bei epidemiefreien Zeiten 
innerhalb des ersten Jahres, im Falle einer Epidemie auch in der 
ersten Lebenswoche. 

Eine weitere überaus wichtige wissenschaftliche Aufgabe der 
Säuglingsordinationsanstalten ist eine praktische Versuchsstation für 
die verschiedenen Arten der künstlichen Ernährung. Wenn auch 
Stoffwechselversuche, die als das eigentliche Kriterium zur Beurteilung 
des Wertes eines Nährstoffes angesehen sind, bei diesen Anstalten 
nicht durchzuführen sind, so ist andemteils der Erfolg der zeitlich 
langen Durchführung des Fütterungsversuches von schlagendem Beweis. 
Auf diesem Wege kann man die Lieblingsidee von Biedert die 
Durchführung einer praktischen Versuchsstation für künstliche Er¬ 
nährung realisieren. Meines Wissens sind in den bisherigen Anstalten 
überall einheitliche Ernährungsmethoden eingeführt, in der Budapester 
Anstalt waren wir die ersten, die mit verschiedenen Arten der künst¬ 
lichen Ernährung Versuche anstellten, nämlich: 

1. Ernährung mit unverdünnter roher Milch 

2. Ernährung mit unverdünnter abgekochter Milch 

B. 

4. 

5. 

6 . 


„ verdünnter „ 

„ pegninisierter Milch 
„ Szökelyscher Milch 
„ Odda und Milch 


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I. Originalbeitrftge. 


317 


7. Ernährung mit Ramogen 


8. 

11 

„ Theinhardts Kindernährmittel 

9. 

11 

„ Löfflunds Nährzwieback 

10. 

11 

„ Tropon-Kindermehl 

11. 

11 

„ Soxhlets Nährzucker. 


Die Erfolge dieser Fütterungsversuche sind mit Gewichtstabellen 
und Krankengeschichten versehen, teilweise schon in der ungarischen 
Fachliteratur erschienen, teilweise warten sie noch der Aufarbeitung. 

In der heurigen Sommersaison will ich mit Buttermilch und 
Kellerscher Suppe Versuche anstellen, so daß wir mit der Zeit mit 
Cerny Keller sagen werden können, „daß es möglich wird, objektiv 
zu beurteilen, was von den bisher angegebenen Ernährungsmethoden 
genügend geprüft ist oder nicht, und was sie leisten.“ — 

In der unter meiner Leitung stehenden Anstalt habe ich auch 
eine praktische Versuchsstation für neue Arzneimittel eingerichtet. Ich 
halte es für ein grosses Unrecht, wenn man auf Grund der Versuche an 
2—3 Pat. eine ermutigende Parere über ein Präparat abgibt, daher auch 
die berechtigte Skepsis der meisten Praktiker gegen neue Arzneimittel. 
Spitäler und Ordinationsanstalten sollten es sich zur ernsten Aufgabe 
machen, rigoros durchgef&hrte Versuche mit neuen Präparaten den 
ärztlichen Lesepublikum vorzufuhren. So weit es mein Material er¬ 
laubt, habe ich die mir zur Verfügung gestellten Arzneimittel geprüft 
und die Erfolge in der Fachpresse mitgeteilt. Bis heute machte ich 
mit 120 Präparaten Versuche. — 

Die Notwendigkeit der Einrichtung von Säuglingsordinations¬ 
anstalten, unterstützt auch das Moment, daß nach dem ungarischen 
Regierungsbericht im Jahre 1901 57,34°/ 0 der Kinder ohne ärztliche 
Hilfe gestorben sind, ähnliche Daten liefern die Statistiken anderer 
Länder. — 

Unsere Anstalt versieht nicht nur Säuglinge, sondern alle kranken 
Kinder bis zum zehnten Lebensjahr, die der Milchdiät bedürftig sind, 
mit Milch. 

Cor net sagt sehr richtig mit Bezug auf die Tuberkulosendiät: 
„Die Milch nimmt durch glückliche Vereinigung aller Nährstoffe 
(Eiweiß, Fett, Kohlenhydrate, Salz und Wasser) und ihre leichte Ver¬ 
daulichkeit eine wichtige Stelle in der Diät ein.“ Im Deutschen 
Reiche starben während des Jahres 1894 an Tuberkulose 123904 


Menschen. Der Betrag der Todesfälle an Lungenschwindsucht stellt 
sich pro mille der Bevölkerung bezw. in Prozenten sämtlicher Todes¬ 
fälle im Kanton Genf auf 2,4 bezw. 11,7, in England auf 2,5 bezw. 
11,5, in Bayern auf 2,2, in Frankfurt a. M. auf 0,4. In Ungarn 
starben im Jahre 1900 72467 an Tuberkulose. Zahlen, die die Auf¬ 
nahme eines Kampfes auf allen Linien berechtigt. 

Seit 1. August 1902 haben wir 16 tuberkulöse Kinder mit Milch 
versehen, außerdem erhielten sie Kreosot- und Lebertranpräparate, 
die Erfolge waren brillant. Die Ausdehnung dieser Gratismilch¬ 
anstalten in dieser Richtung hätte eine riesige Bedeutung. In der 
Zukunft wollen wir eine direkte Kefirabteilung für Tuberkulöse 
einrichten. 178 Rachitiker und 11 mit skrofulösen Leiden Behaftete 


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318 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8. 


erhielten von unserer Anstalt Milchrationen, außerdem Kinder mit 
solchen Krankheiten, bei denen absolute Milchdiät indiziert ist 
(Nephritiker, Kinder mit Ösophagusstrikturen — bei uns leider nicht 
selten) u. s. w. 

Endlich erhalten in den Wintermonaten Schulkinder bis zu dem 
zehnten Lebensjahre früh und nachmittag je 1 / i Liter Milch und eine 
Semmel. Die segensreiche Wirkung wird von den Schulmännern 
überall hervorgehoben — denn nicht nur „plenus venter non studet 
libenter!“ 

Ich glaube, man wird uns nicht mit Unbescheidenheit zeihen, wenn 
wir behaupten, daß unsere Anstalt ihre Vielseitigkeit betreffend als 
einzig bezeichnet werden kann. Wir versehen das Kind von der 
Geburt bis zum zehnten Lebensjahre mit Milch, deren Masse vom 
16. November 1901 bis 1. März 1903 165364 Liter ausmachte, wir 
geben jedem Hospitale und jedem Arzt das Recht, uns Anweisungen 
für Milch zu senden und streben für die Zukunft Aufstellung von 
Filialen in sämtlichen Bezirken der Hauptstadt an, Versendung ins 
Haus durch Automobile für die Peripherie der Stadt. 

Und es eröffnet sich noch ein weites Arbeitsfeld für unsere 
Institution. Neben dem Kinderschutz möchte ich ins Programm der 
Anstalt den Schutz der Mutter für eine Zeit vor und nach der Ent¬ 
bindung aufnehmen. Der Schutz der Schwangeren ist ein Kinder¬ 
schutz „in utero“ und die Unterstützung der Wöchnerin ist natürlicher¬ 
weise auch von eminenter Wichtigkeit für den Säugling. Das Institut 
soll für die Nahrung der Frau in der letzten Periode ihrer Schwanger¬ 
schaft und während der Zeit des Wochenbettes sorgen. Der Instituts¬ 
arzt möge die Schwangere und die Wöchnerin mit gehörigen Rat¬ 
schlägen die Kinderhygiene betreffend versehen und manchem folge¬ 
schwerem Mißgriff wird so aus dem Wege gegangen werden können. 

Endlich möchte ich noch geräumige Trinkhallen (für den Sommer 
in Kolonadenform) für solche Säuglinge stiften, deren Mütter den Tag 
hindurch fern vom häuslichen Herd die armen kleinen Würmer un¬ 
mündigen Kindern oder Greisen anvertrauen müssen. Dieser Zweig 
des Institutes könnte sich dann auch mit Wärterinausbildung be¬ 
schäftigen. 

Um all diesen Anforderungen nachzukommen, wäre es erwünscht, 
diese Institutionen zu verstaatlichen (wie ich es bei der Kinderschutz¬ 
enquete im Ministerium des Innern im März 1903 vorgeschlagen habe), 
denn nur auf diesem Wege könnte man all den Aufgaben gerecht 
werden, denen die Anstalt vom idealem Standpunkte nachkommen 
sollte. 

Literaturverzeichnis findet sich in H. de Rothschilds Werk 
„Bibliographia lactaria“ vor. An dieser Stelle will ich denjenigen 
Autoren mit Dankbarkeit gedenken, die mir durch Rücksendung der 
Fragebogen meine Arbeit erleichterten. 


Wien: T. Escherisch, A. Monti. Prag: R. Fisch 1, A.Epstein. Krakau: 

L. Jakubowsky. Berlin: 0. Heubner, A. Baginski, H. Neumann, 
H. Finkeistein. Leipzig: 0. Soltmann. Breslau: A. Czerny. Würzburg: 

M. Hofmeister. München: H. v. Banke. Marburg: Schwarzkopf. Jena: 
Schultze. Paris: Josias, H. de Bothschild. Toulouse: B6zy. Montpellier: 
Baumei. Sheffield: J. W. Martin. Newcastle on Syre: R. Ranken Lyle. 


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II. Referate. 


319 


Edinburgh: A. B. Simpson. Geneva: R. Jemma. Torino: A. Muggia. Rom. 
C. Concetti. Basel: E. Hagenbach - Burchardt. Lausanne: A. Oombe. 
Genf: E. Martin. Leiden: J. F. 0. S. Veit. Jassy: Imerwol. Christiania: 
A. Johanessen. Madrid: F. Criadoy Aguilad. Zaragossa: P. Borobio y 
Diaz. Toronto: H. J. Machell. Quebec: R. Forti er. New York: P. A. Morrow: 
Minneapolis: T. S. Roberts. Baltimore: W. D. Book er. Boulder: G. Cattermole. 
Montreal: Cameren. Boston: T. M. Rotch. Philadelphia: J. P. G. Griffith. 
Pittsburg: A. Dranga. 


II. Referate. 

FranC68C0 Franzi. Klinischer Beitrag zum Studium der 
Rigaschen Krankheit. 

(Archiv, di Patologia e Clinica infantile 1902 No. 5.) 

Verf. schließt sich auf Grund zweier von ihm beobachteter und 
hier mitgeteilter Fälle der Ansicht seines Lehrers Guida an, daß die 
sogenannte Ri gasche Krankheit — man kann sie wohl am besten 
bezeichnen als Bildung einer von tumorartigen Granulationen um¬ 
gebene Ulceration am Frenulum linguae — keine Krankheit sui 
generis ist, sondern nur die Folge des beständigen Saugens an einer 
milchleeren Brust. Sie heilt — ohne jede lokale Behandlung —, 
sobald das Kind mühelos und genügend trinken kann. F. 


FranceSCO Orta. Über Rigasche Krankheit. 

(Archiv, di Patologia e Clinica infantile 1903 No. 1.) 

Verf. berichtet über 3 Fälle. In allen fehlen die unteren Schneide¬ 
zähne, die Milchsekretion bei den Müttern nur ungenügend, es bestand 
ein Magendarmkatarrh, er konnte während der Periode, in der die 
sublinguale Geschwulst geschwürig zerfiel, Bacillus coli nachgewiesen 
werden. Zwei von den mitgeteilten drei Fällen verliefen tödlich. 
Verf. ist der Ansicht, daß die Entstehung des sublingualen Tumors 
gleichzeitig auf eine Darminfektion und auf die ungenügende Milch¬ 
sekretion zurückzuführen sei, infolgedessen der Säugling gezwungen 
ist, mit großer Anstrengung zu saugen. F. 


Emanuel Grande. Über einen Fall von Rigascher Krankheit. 
(Produzione sottolinguale.) 

(Archivio di Patologia e Clinica infantile 1903 No. 6.) 

Mitteilung eines Falles, in welchem Verf. als Grund für die Ent¬ 
stehung der Krankheit ansieht, daß das Kind fortwährend an der 
Brust lag und seine Zunge infolgedessen eine übermäßige Anstrengung 
leisten mußte. Der Ernährungzustand des Säuglings war von Anfang 
an ein guter: der sublinguale Tumor verschwand ohne therapeutische 
Eingriffe. F. 


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320 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8. 


Houssay. Aphtöses Fieber. 

(Arch. de mäd. des enfants, März 1903.) 

Fieberhafte Aphten sind bei Kindern ein häufiges Vorkommnis 
und weist H. darauf hin, daß dieselben ansteckend und wahrschein¬ 
lich von an aphtösem Fieber leidenden Tieren übertragen werden. 
Man soll also in Fällen von Epizotien die nötigen prophylaktischen 
Maßnahmen ergreifen. Auch wäre durch sukzessive Einimpfungen 
bei Tieren die Gewinnung eines Immunisierungsserums anzustreben. 

E. Toff (Braila). 


CappiICCiO. Über das Pfeiffersche Drüsenfieber. 

(La Pediatria 1902 No. 9.) 

Verf. gehört zu den Autoren, die der von Pfeiffer als Drüsen¬ 
fieber beschriebenen Krankheit die Berechtigung abstreiten, als morbus 
sui generis zu gelten. Sie gehört vielmehr nach ihm zu der großen 
Reihe von Infektionen, die von der Schleimhaut der Mundrachenhöhle 
ihren Ursprung nehmen; daß sie sich konstant durch eine Anschwellung 
derselben Lymphdrüsenpartien manifestiert, hat seine Erklärung in 
anatomischen Gründen, indem in der Mehrzahl der Fälle es die 
Luschkasche Tonsille ist, in der sich die Infektionsträger zuerst 
ansiedeln. Letztere stellen nicht einen konstanten und wohl definierten 
Mikroorganismus der, sondern jeder Parasit der Mundhöhle kann 
diese Rolle übernehmen. F. 


Walter 8. Mills. Tonsillitis Classifild as an Infectious disease. 

(Medical News, den 24. Januar 1903.) 

Aus klinischen Gründen muß man die Mandelentzündung als 
eine akute Infektionskrankheit mit örtlichen Erscheinungen auffassen. 
Ein spezifischer Erreger ist bis jetzt nicht gefunden worden. Ein¬ 
maliges Überstehen disponiert zu neuen Attacken. Häufig geht das 
Leiden mit anderen Infektionskrankheiten einher, denen es darin 
ähnlich ist, daß es ein Inkubationsstadium besitzt und in derselben 
Weise wie jene einsetzt. Angina catarrhalis, Angina follicularis und 
Angina phlegmonosa sind sukzessive Phasen der nämlichen Affektion. 

Die Angina ist für Schulkinder eine Plage und richtet mehr 
Schaden an als parasitäre Hautaffektionen. . 

Therapeutisch sind Bettruhe, flüssige Nahrung und milde Anti- 
pyretica anzuwenden. Lokal empfiehlt sich Gurgeln mit billigem 
Rotwein. Gegen Angina follicularis ist Phytolacca das wirksamste 
Mittel: man verordne eine 1 °Lige Lösung tropfenweise 1—2stündlich 
zu nehmen. Bei beginnender Vereiterung leistet schwefeligsaurer Kalk 
in Dosen von 1 / 2 Milligramm gute Dienste. 

_ Leo Jakobi (New York). 


Elena Manicatide. Ein neuer Fall von Angina mit Tetragenen. 

(Spitalul [rumänisch] 1902 No. 22.) 

Durch bakteriologische Untersuchungen wurden in den letzten 
Jahren von der großen Gruppe der mit Pseudomembranen einher- 

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II. Referate. 


321 


gehenden Anginen, zahlreiche Abarten unterschieden, welche äußerlich 
zwar das klassische Bild der Diphtherie darbieten, in Wirklichkeit 
aber nicht der Einwirkung der Löfflerschen Bazillen, sondern der¬ 
jenigen anderer Mikroorganismen zuzuschreiben sind. Dahin gehören 
die durch verschiedene Strepto- oder Staphylokokken, durch Pneumonie¬ 
kokken, durch Bacterium coli, durch Bacillus fusiformis und Spirillen 
hervorgerufene Anginen. 

Verfasserin hatte Gelegenheit einen Fall zu beobachten, welcher 
auf den ersten Anblick alle Anzeichen einer wahren Diphtherie 
darbot: Fieber, Schwellung der Hals- und Submaxillardriisen, der 
Tonsillen, des weichen Gaumens, mit einem schmutziggrauen, ad- 
härenten, pseudomembranösen Belag dieser Teile. Wischte man den¬ 
selben weg, so erschien eine tiefe ülzeration mit ziemlich regelmäßigen 
Bändern und zerklüftetem Grunde. Der Löffler sehe Bazillus wurde 
aber weder mikroskopisch, noch in Kulturen gefunden. Hingegen 
zeigten die Pseudomembranen eine große Anzahl von tetragenen 
Kokken, und ist M. der Ansicht, daß dieselben als Krankheitsursache 
anzusehen wären. E. Toff (Braila). 


C. Baron (Dresden). Zur Kenntnis der Angina exsudativa 
ulcerosa (Angina Vincentii s. Angina diphtheroides). 


(Archiv f. Kinderheilkunde Bd. 35, Heft 3 u. 4.) 


Die Beobachtungen wurden gemacht an 38 Fällen von exsudativen 
Halsentzündungen nicht diphtherischer Natur, die als ulzeröse oder 
nekrotische charakterisiert waren. Die Kinder zeigten keine Temperatur¬ 
steigerung, klagten weder über Halsschmerzen und Schlingbeschwerden, 
noch auch waren die Drüsen empfindlich oder geschwollen. Dagegen 
erblickte man auf den Mandeln mehr oder weniger ausgedehnte, un¬ 
regelmäßig begrenzte Beläge von weißgelber bis graubräunlicher Farbe, 
schmieriger Beschaffenheit und rundlicher bis ovaler Form. Ver¬ 
schiedentlich konnte man auch auf dem Zäpfchen, zuweilen auch auf 
den Gaumenbögen derartige Flecken und Punkte sehen. Die Um¬ 
gebung der Stellen war nicht auffallend gerötet oder geschwollen. 
Gewaltsame Entfernung der Beläge verursachte Blutung, der Geschwürs¬ 
grund war höckerig mit ausgefressenen Rändern. Sehr geringe Heilungs¬ 
tendenz. Durch therapeutische Maßnahmen scheint weder die Dauer 
noch der sonstige Verlauf der Krankheit in bemerkenswerter Weise 
beeinflußt zu werden. Nach dem Schwinden des Belages heilt die 
ülzeration unter Hinterlassung einer weißlichen Narbe. Die Er¬ 
krankung ist zweifellos ansteckend. 

Während bei Kulturversuchen nur Strepto- und Staphylokokken 
wuchsen, war das Ausstrichpräparat charakteristisch. Man findet ge¬ 
wöhnlich in Reinkultur zwei Mikroorganismen: eine Stäbchen- und eine 
Schraubenform. Das Stäbchen ist in der Mitte verdickt und nach 
beiden Enden hin zugespitzt (Wetzstein- oder Spindelform): Bacillus 
fusiformis. Er zeigt manchmal Diploformen, Winkelstellung und 
Vakuolen, nimmt die Gram sehe Färbung an, entfärbt sich aber 
wieder hei längerer Alkohölwirkung; zeigt langsame, schaukelnde 
Eigenbewegung. Das zweite Bakterium, die Spirochäte, hat schlangen- 


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322 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8. 


artige oder wellige Form; man findet auch Sechser-, Schleifenformen 
u. dergl. Es färbt sich nicht so intensiv als der Bazillus, verhält 
sich gegen Gram refraktär und zeigt auffallend rasche Bewegungen. 

Ob zwischen dem Auftreten der exsudativ ulzerösen Halsentzündung 
und dem Vorkommen des Bacillus fusiformis und der Spirochäte ein 
ursächlicher Zusammenhang besteht, ist zur Zeit noch nicht zu ent¬ 
scheiden. In diagnostischer Beziehung kann man wohl aus einem 
mikroskopischen Befunde von Spindelbazillen und Schraubenbakterien 
mit großer Wahrscheinlichkeit schließen, daß es sich um einen ulzero- 
membranösen Prozeß im Munde handelt und daß Diphtherie wohl 
nicht vorliegt. Sicherheit in letzterer Beziehung kann aber nur das 
Kulturverfahren bringen. Hecker (München). 


C. Morero. Akute diphtheroide Angina. 

(Rivista di Clinica Pediatria 1903 No. 3.) 

Verf. teilt 3 Fälle mit, die ihrem klinischen Verlauf nach wohl für 
Diphtherie hätten gehalten werden können, bei denen aber die bakterio¬ 
logische Untersuchung die Haltlosigkeit dieser Diagnose ergab, f. 


E. Oberwarth. Primäre Angina gangraenosa bei einem Knaben. 


(Deutsche med. Wochenschrift 1903 N. 17 u. 18.) 


Es handelte sich bei dem 12jährigen Pat. um einen reinen Fall 
idiopathischer primärer Angina gangraenosa, einer Affektion, von der 
bisher nur etwa 22 Fälle, meist aus dem Auslande, bekannt ge¬ 
worden sind. Der Knabe wurde zuerst 8 Wochen in der Poliklinik 
von H. Neumann, während der folgenden 6 1 /, Wochen bis zum 
Tode im Berliner städtischen Krankenhaus am Friedrichshain be¬ 
handelt. 

Der Fall war ein Beispiel für die Chronicität und das schubweise 
Auftreten der Krankheit, die hier in fünf verschiedenen, durch Pausen 
getrennten Etappen auftrat. Zuerst Schmerzen im rechten Ohr und 
rechter Halsseite, die von selbst schnell Vorgehen. 2 Wochen darauf 
Hals- und Ohrenschmerzen links, die 8 Tage später so stark sind, 
daß sie den Pat. in die Poliklinik führen, wo Ulzerationen der linken 
Tonsille, des Gaumensegels und der Uvula festgestellt werden. Nach 
10 Tagen haben sich diese Geschwüre gereinigt, die Beschwerden 
verloren, und es folgen 10 Tage des Wohlbefindens. Plötzlich wieder 
Halsschmerzen, diesmal rechts; zugleich auf der rechten Mandel eine 
weißliche Auflagerung. Nach 10 Tagen hat sich ein gangränöses 
Geschwür am oberen Pol der rechten Mandel entwickelt, fürchterlicher 
Fötor entsteht, stinkende Fetzen stoßen sich ab. Dieser Zustand 
dauerte 10 Tage, als sich auf der anderen Mandel eine neue gangränöse 
Stelle zeigt. Bald darauf entwickeln sich Petechien, die Milz schwillt an. 
Wieder 10 Tage später ist die Halsaffektion zurückgegangen, nur im 
Nasenrachenraum noch ein gelblichweißer Belag auf der rechten Seite. 
Wenige Tage darauf (vierter Anfall) entwickelt sich ein schwerer Zu¬ 
stand mit hohem Fieber, neuen Hautblutungen und Halsschmerzen 
links; Überführung ins Krankenhaus. Hier erholt sich Pat. bald, und 


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IL Referate. 


323 


in den nächsten 4 Wochen geht es ihm bis auf vorübergehende Herz¬ 
schwäche leidlich gut. Dann aber setzt die letzte, tödliche Attacke 
ein. An Unterlippe und Wange bildet sich ein schwarzer Knoten, 
es kommt zu einer großen Netzhautblutung, alsbald entsteht Gangrän 
der linken Mandel mit stinkendem Fötor, die Gangrän breitet sich 
aus, der Knoten in der Unterlippe zerfallt, und 10 Tage nach Beginn 
dieser letzten Etappe tritt der Tod ein. Jeder Anfall übertraf also 
den vorhergehenden an Intensität und Schwere der Beteiligung des 
ganzen Organismus. 

Eine zweite für die Krankheit charakteristische Erscheinung 
bilden die Blutungen, die zahlreichen Petechien während der drei 
letzten Anfälle und die Netzhautblutung kurz vor dem Tode. Ferner 
wurden in der letzten Periode erhebliche Mengen geronnenen Blutes 
beim Käuspem aus dem Munde entleert, die offenbar den gangränösen 
Rachenpartien entstammten und als parenchymatöse Hämorrhagien 
aus den zerfressenen Tonsillen zu deuten sind. Schließlich wurden* 
bei der Obduktion zahlreiche Hämorrhagien im Endokard, Perikard, 
Nierenbecken und in der Magenschleimhaut konstatiert. 

Eine Eigentümlichkeit, die allerdings auch in der Literatur $ mal 
erwähnt wird, bildete der auskultatorische Befund am Herzen. Wochen¬ 
lang war während der drei letzten schweren Anfälle fast bei jeder 
Untersuchung ein lautes systolisches Geräusch zu hören, bald an der 
Basis, bald an der Spitze, am lautesten und konstantesten links neben 
dem Sternum. Die Sektion ergab Fettmetamorphose des Myokards 
und Hypertrophie des rechten Ventrikels, jedoch intakte Klappen. 
Die Herzgeräusche waren wohl Folge der Anämie oder der Schlaffheit 
des Herzmuskels. Grätzer. 


Hetlbner. Eine Allgemeininfektion mit Soor. 


(Verein f. innere Medizin in Berlin, 25. Mai 1903.) 

H. berichtet über einen in mancher Beziehung dunkel gebliebenen 

Fall. 


Ein 5 / 4 jähriges Kind erkrankte 4 Wochen vor dem Tode mit Blässe, Appetit¬ 
losigkeit, nach 14 Tagen stellte sich heftiger Schnupfen ein, wenige Tage vor 
dem Tode bot sich ein schweres Krankheitsbild dar, Pat. kam wegen eines 
Mandelbelages in die Diphtheriestation. Aber es fanden sich keine Diphtherie¬ 
bazillen, keine Drüsenschwellung, keine Membranen, der Belag war auch nicht 
diphtherieartig, sondern trocken, bröckelig, nicht abstreif bar; nur mit dem scharfen 
Löffel ließ sich etwas entfernen, und da fanden sich Soorpilze. Die übrige 
Mundschleimhaut war frei davon. Es bestand hohes Fieber und schwere 
Allgemeinerscheinungen, und unter diesen, sowie schwerer Dyspnoe erfolgte der 
Exitus. Die Sektion ergab nur Pharyngitis gangraenosa und parenchymatöse 
Degeneration innerer Organe. Mikroskopisch fand sich an den Tonsillen 
hämorrhagische Nekrose, massenhaft Stäbchen, große Zellen und Verbände, ebenso 
in den Lymphgefäßen und in den Nieren wimmelte es ebenfalls von diesen kleinen 
Sproß verbänden. Von den Tonsillen wurden diese Zellen gezüchtet, es ergaben 
sich alle Charakteristica für Soor, und solchen anerkannte auch ein namhafter 
Botaniker. Tierversuche mit diesen Kulturen zeigten eine hochgradige Pathogenität. 


Manches ist, wie gesagt, dunkel, doch erscheint die Annahme 
einer Allgemeinininfektion mit Soor wohl gerechtfertigt, die von den 
Tonsillen ihren Weg in die Blutbahn nahm. In den Nieren fand 

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324 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8. 


sich ja nichts anderes wie Soor. Wodurch die Nekrose der Tonsillen 
eintrat, bleibt dunkel; denn weder mit den Soorkulturen, noch mit 
den in den Tonsillen gefundenen Stäbchen konnte man Nekrose oder 
Gangrän erzeugen. Grätzer. 


W. Mayer (Mannheim). Ein Fall von Pharyngitis gangraenosa, 
kombiniert mit Appendicitis gangraenosa. 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 5.) 

Die Tonsillarmembranen enthielten vorwiegend Streptokokken, 
der Bauchhöhleneiter nur Kolibazillen. Trotzdem ist M. der Über¬ 
zeugung, daß zwischen beiden Krankheitsherden, die das 7jährige 
Kind aufwies, ein ursächlicher Zusammenhang bestand, und daß die 
Streptokokken zur Entzündung des Processus geführt haben, wo sie 
allerdings von den in unendlicher Menge vorhandenen Kolibazillen 
überwuchert wurden. Grätzer. 


E. W, Mitchell. Amygdalitis followed by Appendicitis, Nephritis 

and Endocarditis. 

(Arehives of Pediatrics, März 1903.) 

Pat., ein 11 jähriges graziles Mädchen, wurde nach einer Angina 
tonsillaris von Appendicitis befallen. Sie wurde operiert, und es fand 
sich Eiter im Wurmfortsatz. Drei Tage später traten Erscheinungen 
von Nephritis auf. Es folgte daraufhin eine Endokarditis und endlich 
noch eine Pyelitis. Das Kind genas vollständig trotz alledem. 

Es fragt sich nun, ob diese offenbar septischen Komplikationen 
ihre Infektionsquelle im Appendix oder im Rachen hatten. Verf. 
neigt sich zur letzteren Ansicht hin. Leo Jacobi (New York.) 


M.Turnowsky (Marosväsarhely). Paralyse, Aphasie, Erblindung 
im Verlaufe des Keuchhustens. 


(Wiener med. Wochenschrift 1903 No. 7.) 

2 V,jähriges Kind mit mittelstarkem Keuchhusten bekommt anfangs der 
fünften Woche täglich einige Minuten lang dauernde Schüttelfröste mit nachfolgenden 
Temperaturerhöhungen (bis 38,9 °). In großen Intervallen anfangs leises, später an 
Intensität und Dauer zunehmendes Zucken um die Mundwinkel und in der linken 
Gesichtshälfte. Am dritten Tage der fünften Woche plötzlich, aber nicht während 
eines Hustenanfalles oder unmittelbar nach einem solchen, allgemeine Konvul¬ 
sionen, kolossaler Fraisenanfall von 8 ständiger Dauer. Komatöser Zustand darauf 
3 Tage lang, dann vollständige rechtsseitige Lähmung und Anästhesie, linksseitige 
Oculomotorius- und Facialislähmung, Aphasie. Dieser Zustand bleibt einige 
Wochen, darauf Exitus. Vorher war noch Trübung der Hornhäute, zentrale 
Perforation an der einen Seite mit Entleerung von Glaskörper und Linse ein¬ 
getreten. 


T. hat in der Literatur nur einen ähnlichen Fall finden können, 
den Leroux beschrieben. Auch hier halbseitige Lähmung der Ex¬ 
tremitäten und Oculomotorius- und Facialislähmung der anderen Seite, 
auch hier meist während oder unmittelbar nach einem Anfall auf¬ 
tretend; auch hier zog sich der Zustand unter Somnolenz und Apathie 

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II. Referate. 


825 


sehr in die Länge und endete nach Monaten tödlich. Doch fehlte 
hier die Aphasie und die Teilnahme der Augen an der Erkrankung. 
Was letzte Komplikation anbelangt, so mag wohl der Zusammenhang 
folgender gewesen sein: Infolge der allgemeinen Infektionskrankheit 
Choroiditis, im Anschluß daran Imbibition der Hornhäute mit septischen 
Stoffen und Erweichung. Aphasie nach Konvulsionen wurde schon 
mehrmals bei Keuchhusten beobachtet, immer traten aber die Kon¬ 
vulsionen plötzlich auf, unmittelbar nach einem heftigen Hustenanfalle, 
so daß man Hämorrhagien annehmen durfte. Im obigen Falle ist 
wohl schwerlich davon die Rede, da die Erscheinungen nicht so 
apoplektiform auftreten, sondern unter Fiebererscheinungen sich in 
die Länge zogen. Da bei dem Kinde auch von tuberkulöser oder 
luetischer Belastung keine Rede war, so muß man wohl an einen 
infolge direkter Einwirkung des Keuchhustentoxins entstandenen in¬ 
fektiösen Entzündungs- bezw. EhweichungsVorgang in der Gehirn¬ 
substanz denken. Der Symptomenkomplex (Lähmung der rechten 
Extremitäten, des linken N. ofculomotorius und facialis, Aphasie) zwingt 
zur Annahme einer multilokulären Herderkrankung. Grätzer. 


George S. Brown. Operation in a case of entradural hämorraghe 
the result of Whooping cough. 

(New York Medical Journal, den 25. April 1903.) 

Ein 7jähriger Knabe, der seit 4 Wochen an Keuchhusten litt, 
fing an über heftigen Kopfschmerz in der Gegend der rechten Schläfe 
zu klagen. Es traten alsbald Somnolenz, Delirium, langsamer Puls, 
Fieber und Lähmung des linken Armes hinzu. Später linksseitige 
heftige Konvulsionen. Eine Blutung in der Gegend des rechtsseitigen 
motorischen Rindenbezirks wurde angenommen. Nun schritt man 
zur Operation. Der erste Versuch, das Blutgerinnsel zu finden, 
scheiterte. Eine zweite Probe führte zur Aufdeckung des vermuteten 
Gerinnsels. Es hatte die Größe einer Bohne und nach dessen Ent¬ 
fernung trat rasche Besserung sämtlicher krankhaften Erscheinungen 
ein. Die Wunden heilten per primam intentionem, und 10 Tage nach 
der Operation verließ der Junge das Hospital. 

Leo Jakobi (New York). 


M. Roques. Die Behandlungsmethoden des Keuchhustens. 

(Inaug.-Dissert., Paris, November 1902.) 

R. gibt eine historische Übersicht aller gegen Keuchhusten 
empfohlenen Medikamente und Prozeduren und gelangt zum Schlüsse, 
daß derzeit ein spezifisches Medikament gegen diese Krankheit nicht 
existiert. Am vorteilhaftesten scheint noch folgendes Vorgehen zu 
sein: im ersten Stadium wende man eine einfache antikatarrhalische 
Behandlung an, im zweiten Stadium Belladonnasirup und Zimmer¬ 
aufenthalt, später Bromkali; gegen Ende dieser Periode Luftwechsel 
und Ol. jecoris aselli. E. Toff (Braila). 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8. 


Norbert Swoboda. Über die Behandlung des Keuchhustens 
mit Aristochin, einem neuen geschmacklosen Chininpräparat. 

(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 10.) 

68 behandelte Fälle, nicht kompliziert durch fieberhafte Erkran¬ 
kungen. Säuglinge erhielten als Tagesdosis 8 mal soviel Dezigramm 
als sie Monate zählten, größere Kinder 3 mal soviel als Dezigramm, als 
sie Jahre zählten, doch wurde bei solchen im elften und zwölften 
Monat nie über 0,3 pro die, bei Kindern über 4 Jahren nur ausnahms¬ 
weise über 1,2 g hinausgegangen. Die Dauer der Behandlung betrug 
in der Regel 9 Tage. Durch 3 Tage wurde die volle Tagesdosis ge¬ 
geben, dann durch 6 Tage die Hälfte. Ein 12jähriges Kind erhielt 
z. B. als volle Tagesdosis 2x0,3 = 0,6 g durch 3 Tage, dünn 6 Tage 
nur noch 0,3 pro die, und zwar gewöhnlich auf 3 Portionen verteilt. So 
wurde das Präparat stets gut vertragen und machte keinerlei Neben¬ 
erscheinungen. Bei 50 °/ 0 der Fälle beeinflußte es den Verlauf der Krank¬ 
heit günstig, brachte rasche Besserung und Heilung in einem Stadium, in 
welchem dies spontan oder bei anderer Therapie nicht einzutreten pflegt ; 
in einzelnen Fällen wurde sogar ein Idealerfolg erzielt, indem da, wo 
der Keuchhusten schon im Stadium catarrhale erkannt wurde, es gar 
nicht zum Stadium convulsivum kam. Jedenfalls ging aus den Be¬ 
obachtungen hervor, daß die bei der Chininbehandlung des Keuch¬ 
hustens erzielten Erfolge mindestens ebenso gut mit dem geschmack¬ 
losen und anscheinend von toxischen Nebenwirkungen freien Aristochin 
zu erzielen sind. Die Wirkung des Mittels zeigt sich aber in der 
Regel nur bei den zu Chininbehandlung geeigneten Fällen und läßt 
in vorgeschrittenen Stadien und bei den durch fieberhafte Erkrankungen 
komplizierten Fällen häufig im Stich. Grätzer. 


W. Steokel (Wien). Zur Diagnose uud Therapie des Keuchhustens. 

(Klinisch-therap. Wochenschrift 1903 No. 23.) 

St. hat mit Euchinin glänzende Erfolge erzielt. Es gelang ihm 
damit den Verlauf des Keuchhustens wesentlich abzukürzen, ja das 
Leiden zu koupieren, wenn er das Mittel rechtzeitig anwenden konnte. 
Auf möglichst frühzeitigen Beginn dieser Behandlung kommt es sehr 
an; beginnt man aber damit rechtzeitig, dann wirkt Euchinin fast 
sicher; denn von 23 Fällen versagte es nur einziges Mal in einem 
nicht ganz klaren Falle bei einem Säugling. Man muß mit der 
Ordination möglichst in der ersten sogenannten katarrhali¬ 
schen Periode einsetzen, da es dann meist gelingt, die Affektion 
auf 1—2 Wochen zu beschränken. Daß es sich in dieser Periode 
aber um Pertussis handelt, für diese Diagnose stehen uns einige Er¬ 
kennungszeichen zur Verfügung: die merkwürdige Beschaffenheit des 
Harnes — derselbe erscheint auffallend blaß und hat hohes spezifisches 
Gewicht (1020—1035), eine Folge des großen Reichtums an Harn¬ 
säure — und der Umstand, daß die Kinder am Tage ruhig sind und 
in der Nacht zu husten beginnen; ein Husten, der sich nachts ein¬ 
stellt und bei dem sich objektiv nichts nach weisen läßt, ist immer. 
Keuchhustens verdächtig. Beginnt die Behandlung mit Euchinin 

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II. Referate. 


327 


in diesem Stadium, dann gelingt es häufig, das Leiden in 
einer Woche zu koupieren. Auch später wirkt ja Euchinin noch 
günstig ein, aber je früher die Behandlung, desto rascher und 
energischer der Erfolg! Man muß freilich auch genügende Dosen 
verabfolgen. St. gibt Säuglingen 0,2 in Suppositorien 2mal täglich; 
und so steigt er von Jahr zu Jahr, immer 1 Dezigr. mehr (innerlich!), 
2mal täglich, als das Kind Jahre hat (aber nicht über 0,7 g per os). 
Wollen die Kinder das Mittel so nicht nehmen, so appliziert man 
es in Suppositorien in etwas höherer Dosierung, 2 Dezigr. mehr, als 
das Kind Jahre hat (aber Einzeldosis nicht höher als 1 g). Kommt 
Pat. erst auf der Höhe der Krankheit in Behandlung, so ist es zweck¬ 
mäßig, den ersten Dosen Codein in kleinen Mengen zuzufügen. Neben 
Euchinin leisten heiße Bäder (10—;15 Minuten abends vor dem 
Schlafengehen) mit flüchtiger, kühler Übergießung des Nackens gute 
Dienste, namentlich bezüglich der Nachtruhe. Grätzer. 


C. V. Noorden. Über Chinaphenin. 

(Therapie der Gegenwart 1903 No. 1.) 

Neues Chininpräparat der Vereinigten Chininfabriken Zimmer&Co., 
eine chemische Verbindung von Chinin und Phenetidin, weißes, ge¬ 
schmackloses Pulver, sehr schwer in Wasser, leicht in Alkohol, Äther, 
Chloroform, Säuren löslich und mit letzteren, z. B. Schwefelsäure, in 
Wasser leicht lösliche Salze bildend. Hat sich bei Keuchhusten 
recht gut bewährt. Dosis: bei Säuglingen 3mal täglich 0,15—0,2 
(in Milch oder Suppe), bei älteren Kindern 3mal täglich 0,2—0,3 
(am besten in Schokoladenplätzchen). Erfolg entschieden günstig, 
insofern sich alsbald nach Beginn der Behandlung die Anfälle nach 
Zahl und Heftigkeit verminderten. Bei keinem der 14 so behandelten 
Kindern überstieg während der Darreichung des Mittels die Zahl der 
Anfälle 8—9täglich. Schon nach 8—10 Tagen jedesmal weitere Ver¬ 
minderung der Anfalle, immer Heilung. Das Medikament wurde aus¬ 
gezeichnet vertragen, störende Nebenwirkungen traten nie ein. 

Ein anderes Chininpräparat der gleichen Firma, das Aristochin 
(Chininkarbonsäurechininäther), das geschmacklose Krystalle bildet 
und genau denselben Effekt hat, wie salzsaures Chinin in gleicher 
Dosis, eignet sich ebenfalls besonders für die Kinderpraxis (Schokolade¬ 
plätzchen ä 0,1 oder 0,05). Grätzer. 


Schalenkamp (Crombach). Die Behandlung des Keuchhustens 
mit einem Zinksalz. 

(Der Kinderarzt 1903 No. 1.) 

S. behandelt seit 5 Jahren Keuchhusten mit Zink, ferro-hydro- 
cyanicum (Merck), mit dem er sehr zufrieden ist. Er gibt das 
geruch- und geschmacklose, in Wasser und Alkohol nicht lösliche 
Pulver trocken, mit Sacch. lact. gemischt ein, und zwar Kindern bis zu 
1 Jahr pro Tag 1,2 = pro dosi 0,3 g 

1 Vs v n n = ,, „ 0,4 „ 

2 „ v n 2,0 = „ „ 0,5 „ 

2 Vs ii ii v ü,0 = ii ii 0,6» 

Darüber „ „ 3,6 = „ „ 0,9 g 

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328 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8. 


Das Mittel erwies sich als unschädlich, bewirkte in allen Fällen 
nach 10 Tagen schon auffallende Besserung, nach 3 Wochen Heilung 
(freilich gab S. daneben noch Pertussin! Ref.). Grätzer. 


Staedtler (Bern). Zur Therapie des Keuchhustens. 

(Deutsche Medizinal-Ztg. 1903 No. 45.) 

S. empfiehlt ein von ihm zusammengesetztes (Naphthen-Camphora) 
und von Krewel & Co (Köln) dargestelltes Präparat „Vaporin“, mit 
dem er sehr günstige Erfahrungen gemacht hat. Vaporin wird, mit 
Wasser verdampft, eingeatmet, und genügt 1 malige Verdampfung von 
1 Eßlöffel Vaporin mit Wasser täglich und l / 2 — 3 /. stündlicher Aufent¬ 
halt der Kinder im Verdampfungsraum. Vaporin hat sich als gänzlich 
unschädlich erwiesen. Es bessert sehr bald die Erscheinungen des 
Keuchhustens und bringt ihn in 10—14 Tagen zur Heilung; im 
Stadium incubationis verabreicht, wirkt es koupierend. Grätzer. 


Stepp (Nürnberg). Zur Behandlung des Keuchhustens. 

(Prager med. Wochenschrift 1903 No. 11—14.) 

St. schildert 15 Fälle, bei denen ihm Fluoroform die besten 
Dienste geleistet hat; es waren zum Teil Kinder von ein und wenigen 
Monaten, eine Anzahl hatte schwere Komplikationen. St. empfiehlt 
die Darreichung des Fluoroforms bei Kindern in zartem Lebensalter 
Und solchen, die durch andere Krankheiten (Rachitis u. s. w.) in 
ihrer Konstitution herabgekommen sind, ferner bei älteren Kindern, 
wo Bromoform versagt oder aus anderen Gründen nicht angewendet 
werden kann. Fluoroform ist geschmack- und geruchlos und absolut 
ungiftig, so daß es selbst ganz jungen Kindern längere Zeit hindurch 
gegeben werden kann. Grätzer. 


H. Lupus. Über Chinosol. 

(Spitalul 1902 No. 23—24 ) 

Die Vorzüge des Chinosols werden gemäß der erschienenen 
Literatur dargelegt und will Verf. außerdem bei drei an Tussis con¬ 
vulsiva erkrankten Kindern durch Nasenspülungen mit sehr warmer 
Chinosollösung 1:1000, die Krankheit abgekürzt, bezw. geheilt 
haben. Diese Waschungen sollen mit dem Web ersehen Syphon alle 
2 Stunden ausgeführt und noch etwa 5—7 Tage nach Aufhören des 
Hustens fortgesetzt werden, um Rezidiven vorzubeugen. 

E. Toff (Braila) 


A. Rahn (Krippen). Über Bromipinklystiere, besonders in der 

Kinderpraxis. 

(Die Therapie der Gegenwart 1903 No. 1.) 

R. wandte Mercks 10°/ 0 iges Bromipin in Klystierform bei 
Kindern an, und zwar in folgenden Dosen: bei Säuglingen soviel Gramm, 
wieviel Monate sie zählen, bei Kindern über 1 Jahr 10—12—15 g, 


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II. Referate. 


329 


bei solchen über 4 Jahren 15—20 g, bei älteren 25—30 g. Diese 
Dosen rührt man mit 1 L —1 1 / 2 Tasse lauen Tees (am besten Lein¬ 
samen- oder Moostee) oder Milch und Tee ein, taucht in diese ölige 
Flüssigkeit eine Gummikanüle von grauem Patentgummi und 12 cm 
Länge und höchstens l / 2 cm Durchmesser ein, läßt die Kinder sich 
auf die linke Seite bei angezogenen Beinen legen und spritzt dann 
die Lösung ein oder läßt sie einlaufen. 

Bei jeder Form von Eklampsie bewährten sich diese Klystiere 
sehr, indem die Wirkung schon nach 10 Minuten eintrat. Die Kinder 
schliefen ruhig und lange ein, und erholten sich seelisch und körper¬ 
lich rasch. Bei Keuchhusten bewirkten Klystiere (früh und abends) 
bedeutenden Nachlaß der Anfälle an Zahl und Intensität. Bei 
Atrophie der Säuglinge, wo diese fortdauernd wimmern und schreien, 
bewies sich Bromipin als zuverlässiges Sedativum, als Tonicum und, 
infolge seines Gehaltes an Sesamöl, auch als Nutriens. In 3 Fällen 
von Brechdurchfall mit Erscheinungen von akutem Hydrocephaloid 
schienen das Schlucken, die Unruhe, das jähe Aufschreien u. s. w. 
sich zu bessern. Endlich bewährten sich die Klystiere außerordentlich 
bei rachitischen Kindern, um das echauffierte Atmen, Geifern und 
Röcheln zu beruhigen. Grfitzer. 

N. G. PriCG. A Contribution to the Therapeutics of Children. 

(Philadelphia Medical Journal, den 14. Februar 1903.) 

Heroin wird warm empfohlen als Antispasmodicum bei Kindern. 
Das Mittel wirkt stärker als Brom und Belladonna, und ist ein vor¬ 
zügliches Sedativum namentlich bei Reizzuständen der respiratorischen 
Schleimhaut. 

Kumulative und sonstige unerwünschte Nebenwirkungen sind nicht 
zu fürchten. Das Heroinum hydrochloricum verdient wegen seiner 
leichten Löslichkeit den Vorzug; es ist mit den gebräuchlichen Ex- 
pektorantien gut verträglich. Die Dosis für ein 1 jähriges Kind sei 
ungefähr x / 4 Milligramm. Leo Jakobi (New York). 


C. S. Engel (Berlin). Über die Anwendung der Schultzeschen 
Schwingungen bei Bronchiolitis und katarrhalischer Pneumonie 

junger Kinder. 

(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 9.) 

In Fällen, wo die obere Bauch- und die untere Rippengegend 
statt bei der Inspiration hervorgewölbt zu werden, stark einsinken, 
wenn Krämpfe und Cyanose eintreten, wenn das Sensorium benommen 
ist und der vorher stark gespannte, wenn auch fliegende Puls klein 
wird, dann versagen häufig auch die als letztes Mittel neben Kampfer 
empfohlenen Applikationen kalten Wassers. Zufällig bekam E. in 
letzter Zeit häufiger derartig schwere Fälle von Kapillarbronchitis 
und Bronchopneumonie kleiner Kinder zu Gesicht, und da bewährten 
sich ihm wiederholt noch die Schultzeschen Schwingungen als lebens¬ 
rettend. Er nahm etwa 3 mal hintereinander zehn ausgiebige 

CentralbL f. Kinderhlkde. V11L 23 



330 


Ccntralblatt für Kinderheilkunde. No. 8. 


Schwingungen mit Pausen von je 5 Minuten vor; die Schwingungen 
wurden im Laufe weniger Stunden häufiger wiederholt, bis die 
dringendste Gefahr vorüber war. Grätzer. 


B. Friedemann (Kaukehmen). Kreosotal bei Pneumonie. 

(Die Therapie der Gegenwart, Februar 1903.) 

F. hat Kreosotal mit recht gutem Erfolg in 14 Fällen von 
kruppöser Pneumonie, bei Kindern und Erwachsenen, angewendet, 
und zwar in großen Dosen: bei Erwachsenen in 24 Stunden 6—8 g, 
bei Kindern von 8—14 Jahren die Hälfte, bei kleineren entsprechend 
weniger. Sicherlich wirkt das Mittel bakterizid und entwicklungs¬ 
hemmend auf die Erreger der Pneumonie; das beweist nach F. am 
besten dies öfters beobachtete Wiederaufflammen der Krankheit bei 
zu frühzeitiger Aussetzung des Mittels. Andererseits aber muß es 
auch den Stoffwechselprodukten der Pneumokokken, die doch jeden¬ 
falls die Ursache der schweren Allgemeinerscheinungen sind, direkt 
entgegenwirken. Sonst könnte man sich den schnellen Abfall der 
Temperatur und die so rasche Besserung des Allgemeinzustandes 
kaum erklären; beides tritt gewöhnlich schon nach 12—24 Stunden ein. 

Grätzer. 


A. Jacobi. Peribronchitis and Interstitial Pneumonia. 

(Archives of Pediatrics, Januar 1903.) 

Es gibt drei Arten von Pneumonie im Kindesalter: kruppöse, 
lobuläre und interstitielle. Selten findet man die Formen rein aus¬ 
geprägt; meist fließen die Grenzen ineinander. 

Die interstitielle Pneumonie verläuft unter hohem und anhaltendem 
Fieber und dauert wochen- oder monatelang. Ausgang in Heilung 
ist keineswegs ungewöhnlich, und die resultirende Lungencirrhose 
führt oft später zu keinen erheblichen Beschwerden. 

Am häufigsten werden die Oberlappen befallen. Physikalisch 
findet man Dämpfung und sehr verschärftes, aber vesikuläres Atmen, 
nebst gelegentlichen Rasselgeräuschen. In späteren Stadien, ent¬ 
sprechend der fortschreitenden Hyperplasie des Bindegewebes, wird 
das vesikuläre Atmen immer schwächer und geht schließlich in 
Bronchialatmen über, welches denn auch in der Regel niemals ver¬ 
schwindet. Sakkadiertes Atmen kommt häufig vor. Husten ist kein 
zuverlässiges Zeichen. Nach längerem Bestehen wird der Brustkorb 
deformiert: die kranke Seite fallt etwas zusammen, die Spitzen ziehen 
sich zurück, der obere Thorax ist abgeplattet; Schulterblatt und 
Wirbelsäule weichen von ihren Normalstellungen ab. 

Therapeutisch ist vor allem der Prophylaxe Rechnung zu tragen. 
Frische Luft, gute Ernährung, tägliche kühle Waschungen und Ab¬ 
reibungen sind alle wirksam und sehr ans Herz zu legen. Auch 
Medikamente sind nicht zu verachten, Arsenik ist ein ausgezeichnetes 
Mittel; ebenso Phosphor. In Dosen von 1 mg täglich kann das 
Acidum arsenicosum Kindern monatelang gegeben werden. Ältere 
Kinder, die sich allen Maßnahmen zum Trotz schlecht entwickeln, 

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II. Referate. 


381 


sind auf hereditäre Syphilis verdächtig und reagieren oft sehr prompt 
auf Jod und Quecksilber. Bei schwachen Herzen ist Digitalis an¬ 
gebracht, in Dosen von etwa 5 cg täglich für ein Kind im Alter von 
1 Jahr. 

Im akuten Stadium der Krankheit leistet eine vorsichtige Hydro¬ 
therapie befriedigende Dienste. Später gebe man Jod als Resorbens 
bezw. Jodeisen als Blutmittel. 

Gymnastische Übungen (ohne Übertreibung!) können in chronisch 
verlaufenden Fällen von Nutzen sein. Leo Jakobi (New York). 


J. P. Barbar. Pneumonia in Children. 

(Archives of Pediatrics, November 1902.) 

Während die Mortalität der kruppösen Pneumonie einstimmig 
als sehr niedrig (etwa 4°/ 0 ) anerkannt wird, geben unsere Lehrbücher 
der Bronchopneumonie eine Sterblichkeit, die zwischen 40 und 50 °/ 0 
schwankt und von manchen noch höher verlegt wird. Dies ist ent¬ 
schieden zu hoch gegriffen. Solche Zahlen mögen für Hospitäler und 
Waisenhäuser gelten, nicht aber für die allgemeine Privatpraxis. Verf. 
verfügt über eine Reihe von 165 Pneumonien bei Kindern, darunter 
148 Bronchopneumonien mit 12 Todesfällen, somit 8,1 °/ 0 * Auch nahm 
die Krankheit einen kürzeren Verlauf als die Textbücher angeben. 

Statistische Untersuchungen sollten die Erfahrungen praktischer 
Ärzte berücksichtigen, anstatt der üblichen Basierung auf Hospital- 
und Asylbeobachtungen. Leo Jakobi (New York). 


Pietro Porcelli. Splenopneumonie oder Granchersehe 

Krankheit 

(Rivista di Clinica Pediatrica, Fase. III, März 1903.) 

Mitteilung eines einen 6jährigen Knaben betreffenden Falles, der 
nach 20 Tagen geheilt war. Die Krankheit betraf, wie das bei dieser 
Form der Pneumonie meist der Fall ist, die linke Lunge. F. 


Simorimi. Beitrag zum Studium der Diplokokkenarthritis im 

Kindesalter. 

(La Pediatria, 1903 No. 4.) 

Verf. bringt drei Krankengeschichten: 2mal war die Arthritis 
eine Komplikation einer Pneumonie, in dem dritten Falle war mit 
aller Wahrscheinlichkeit die Eingangspforte für den Diplokokkus der 
Pharynx oder die Tonsillen. In allen drei Fällen war der einzige 
Infektionsträger der Friedländersche Diplococcus; der Mikrococcus 
wurde im Blut und bisweilen auch im Harn gefunden. Besonders in 
dem ersten Fall, der nicht im Anschluß an eine Pneumonie auftrat, 
glich die Polyarthritis klinisch völlig einer rheumatischen; nur zeigte 
sich die Erkrankung völlig von Salicylgaben unbeeinflußt,, auch war 



332 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8. 


der Verlauf ein schnellerer, als beim Rheumatismus, und das Exsudat 
zeigte häufiger die Tendenz, eitrig zu werden. 

Die drei Fälle kamen während einer Diplokokkenepidemie inner¬ 
halb von 3 Monaten zur Beobachtung. F. 


G.Treupel. OperativeBehandlunggewisserLungenerkrankungen. 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 5.) 

Nachdem Verf. vor kurzem einen Fall mitgeteilt, in dem die 
operative Inangriffnahme einer bronchiektatischen Kaverne guten 
Erfolg gehabt, gibt er jetzt die Krankengeschichte einer 4 ^jährigen 
Knaben wieder, dessen Krankheit vor etwa 3 Jahren begann, und 
bei dem sich — ob auf Basis einer Tuberkulose oder im Anschluß 
an Aspiration erbrochener Speiseteile, bleibe dahingestellt — Lungen¬ 
gangrän entwickelte. 

Bei dem erblich nicht belasteten, vorher gesunden Knaben ent¬ 
wickelte sich allmählich ein Lungenleiden. Öfteres Erbrechen nach 
dem Frühstück ist dem vorausgegangen. Sichere Lungenerscheinungen 
bestanden vor 2 Jahren (Ende 1900). Seit Anfang 1902 deuteten 
die Symptome auf Lungenabszeß bezw. -gangrän hin. Es wurde 
die Aufnahme in die Klinik bewirkt (3. VI. 1902) und es wurde hier 
das Vorhandensein eines mit Luft und Flüssigkeit gefüllten 
Hohlraumes im Bereich des rechten Ober- und Mittellappens 
festgestellt. Eine Probepunktion (10. VI. 1902) ergibt aber statt 
des erwarteten Eiters eine seröse und sterile Flüssigkeit. 
Zwischen dem 18. und 20. VI. 1902 änderte sich das Krankheitsbild 
und die Untersuchung ließ denn auch bald keinen Zweifel mehr über 
das Vorhandensein eines Pneumothorax bestehen, bei dessen Punktion 
ein äußerst übelriechendes, jauchiges, mit Gas vermischtes Exsudat 
zu Tage gefördert wurde. Operation. 

Es handelte sich also um einen Lungenabszeß bezw. eine 
zirkumskripte Gangrän des rechten Ober- und Mittellappens, von 
der aus sich ein Durchbruch nach der Pleurahöhle vorbereitete. 
Daneben reaktive rein seröse Entzündung der Pleura (Punktion 
eines serösen und sterilen Exsudates). Dann Durchbruch und Pyo- 
pneumothorax R. Daß man, nachdem der Durchbruch des Abszesses 
in die Pleurahöhle erfolgt war, also ein jauchiger Pyopneumothorax 
bestand, zu baldigen Operation schritt, war selbstverständlich, und den 
Nutzen dieser Operation wird wohl niemand bezweifeln. Wohl aber 
darf angesichts des Verlaufs die Frage erhoben werden, ob die Operation 
nicht auch bereits vorher hätte ausgeführt werden können. Darauf 
möchte T. für seine Person mit ja antworten. Selbst wenn Tuberkulose 
mit im Spiel sein sollte, was aber keineswegs bis jetzt erwiesen ist, 
konnte der sicher und genügend genau lokalisierte Abszeß operativ 
in Angriff genommen werden. Der Durchbruch in die Pleurahöhle 
wäre dann wohl unterblieben. Das Resultat der ersten Probe¬ 
punktion — rein seröses steriles Exsudat — darf dem nicht entgegen¬ 
gehalten werden. Denn,dieses Exsudat erklärt sich wohl zwanglos 
als die Reaktion von Seite der Pleura in der Nähe eines Eiterherdes. 
Solches beobachtet man wohl auch bei Eiterungen m Nähe der 

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Gelenke, indem hier ebenfalls zunächst ein seröser Erguß auftritt. 
Der rasche Verlauf hat die diagnostischen Erwägungen überholt. 
Das Befinden des Knaben hat sich nach der Operation subjektiv und 
objektiv sehr rasch gebessert. Der jugendliche Körper überwindet 
ja schwere Lungenerkrankungen erstaunlich rasch. So ist auch hier 
jedenfalls zum mindesten eine Verlängerung des Lebens zu er¬ 
warten. Die Prognose bleibt aber deshalb ernst und zweifelhaft, weil 
die Annahme einer bereits bestehenden amyloiden Degeneration 
(Leber-, Milzvergrößerung, Eiweiß im Harn) vorläufig wenigstens nicht 
ganz zurückgewiesen werden kann. Grätzer. 


S. Kashiwamura, Drei Fälle von primärer Lungenaktino- 

mykose. 

(Virchows Archiv, Bd. 171, Heft 2 1903.) 

Von den vier Beobachtungen betrifft die letzte eine 13jährige 
Schülerin. Die Krankheit wurde 5 Monate vor der Aufnahme der 
Pat. ins Krankenhaus als Luftröhrenkatarrh angesprochen. Es bestand 
Husten mit Auswurf, dem öfters Blut beigemischt war. Der Lungen¬ 
befund zeigte R.H.U.-Dämpfung bis zum Angulus scapulae, darüber 
lautes, bronchoamphorisches Atmen, verstärkten Stimmfremitus. Auch 
hier, wie bei den anderen drei Fällen, war das erste klinische 
Symptom eine Pleuritis. Daß wirklich eine primäre Erkrankung 
der Lunge vorlag, bewies der Sektionsbefund, der außer im Respi- 
rationstraktus keine weiteren Veränderungen aktinomykotischer Natur 
ergab. 

Die Zähne des Mädchens zeigten übrigens nicht den geringsten 
Defekt. Es sind deshalb wohl die Aktinomycespilze direkt in die 
Lunge gelangt wie auch in dem Balackschen 1 ) Falle, bei dem in 
einer Lungenhöhle eine Aktinomycesdrusen tragende, 1 cm lange Ge¬ 
treidegranne gefunden wurde. Schridde (Erlangen). 


Peano Michail. Un case di enfisema polmonere ed asma 
infantile de vegetazioni adenoidi della rinofaringe cureto colla 

Jodipina. 

(La Pediatria Nr. 1 1903.) 

Ein 4 1 / 2 jähriger Knabe, dessen Emphysem Verf. als eine Folge 
häufiger asthmatischer Anfälle betrachtet, als deren Quelle wiederum 
adenoide Vegetationen des Nasenrachenraumes angesehen werden. 
Statt, wie man erwarten sollte, letztere zu operieren und so die 
Quelle der Anfälle zu beseitigen,* hat Verf. innerlich Jodipin gegeben. 
Nach 3 monatlicher Anwendung desselben sind die Anfälle nach An¬ 
gabe der Eltern ausgeblieben, die adenoiden Vegetationen sind „fast“ 
verschwunden. F. 

*) Balack, Über Lungenaktinomykose. Dies. Leipzig 1893. 


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Southworth. Inversion in the treatment of acute Pulmonary 
Edema in young Children. 

(Archives of Pediatries, Mai 1903.) 

Mechanische Maßnahmen sind oft wertvolle Hilfsmittel, und 
speziell die Inversion hat sich bereits bei Fremdkörpern im Larynx 
und bei Chloroformasphyxie bewährt. Auch bei Bronchopneumonie 
und akuter Bronchitis leistet die Lagerung des Kindes mit dem Ge¬ 
sicht nach unten bei tieferstehendem Kopf manchmal gute Dienste. 

Dagegen ist bisher kein Fall bekannt, in dem Inversion beim 
Lungenödem versucht worden wäre. Verf. berichtet über diese neue 
Anwendung der mechanischen Therapie. Ein Mädchen von 13 Monaten 
bekam Lungenödem ohne nachweisbare Ursache. Der herbeigeeilte 
Arzt kam auf den originellen Einfall, das Kind an den Beinen auf¬ 
zuhängen. Daneben wurde die Brust nach abwärts (in hängender 
Lage) gestrichen. Diese Maßnahmen förderten eine ziemliche Quantität 
von blutigschaumiger Flüssigkeit zutage, und es trat augenfällige 
Erleichterung ein. Nun folgten Excitantien und Abführmittel, und 
am nächsten Tage war das Kind außer Gefahr. 

Leo Jakobi (New York). 


Frisctlitta. Der Morbus Basedow im Kindesalter. 

(La Pediatria No. 2 1903.) 

Verf. führt drei Beobachtungen an; zwei davon betreffen 13jährige, 
eine einen 14jährigen Knaben. Strenges hygienisches und diätetisches 
Regime brachte bei gleichzeitiger Anwendung von Thyreoidin Besse¬ 
rung herbei. F. 


K. Gregor. Über die Unschädlichkeit der Verfutterung großer 
Mengen von Thyreoidea an Kinder. 

(Aus der Universitäts-Kinderklinik zu Breslau.) 
(Monatsschrift f. Kinderheilkunde, Februar 1903.) 

In der Literatur sind vielfach Fälle von artifiziellem Thyreoidis- 
mus verzeichnet; meist handelte es sich hierbei um die Verwendung 
von Thyreoideatabletten. G. war nun während der kalten Jahres¬ 
zeit in der Lage, größere Mengen von Hammelschilddrüsen wenige 
Stunden nach dem Schlachten der Tiere verfüttern zu können, ohne 
Gefahr zu laufen, die Pat. durch die Folgen einer bakteriellen Zer¬ 
setzung der Drüsensubstanz zu schädigen. In keinem dieser Fälle, 
wo frische Drüsensubstanz in großen Quantitäten den Kindern 
gereicht wurde, kam es zu einer üblen Nebenwirkung. G. führt drei 
Beispiele an: Ein 5jähriges Mädchen erhielt innerhalb 36 Tagen 
286 g (Einzeldosen von 20—40 g, einmal sogar 125 g), ein 3 ^jähriger 
Knabe innerhalb 12 Tagen 545 g, ein 11 jähriges Kind vom 12. Mai 
bis 9. Juni 60 g, am 12. Juni auf einmal 82 g, d. h. soviel wie in 
55 Tabletten wirksame Substanz enthalten ist; allen 3 Kindern bekam 
diese Kur sehr gut. Hält man dies den Angaben aus der Literatur 


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II. ßcforate. 


335 


gegenüber, wie z. B. der Mitteilung Heubners, der den plötzlichen 
Tod eines Kindes auf Thyreoidismus schob, obwohl dasselbe nur 4 mal 
täglich Y 4 Tablette erhielt, so bleiben zwei Erklärungen übrig: Ent¬ 
weder hatten jene Intoxikationssymptome überhaupt nichts zu tun 
mit der Einnahme der Schilddrüsenpräparate, sondern waren nichts 
als Verschlimmerungen oder Komplikationen der bestehenden Krank¬ 
heit, oder man hatte in Verwesung übergegangene Präparate gereicht. 
Denn abgesehen von obigen 3 Fällen hat G. zahlreichen anderen 
Kindern mit Idiotie, schwerer Rachitis und Myxödem durch Monate 
große Dosen frischer Schilddrüse gegeben, ohne Thyreoidismus 
zu erleben. Er kann daher die Berechtigung eines umschriebenen 
Krankheitsbegriffes „Thyreoidismus“ überhaupt nicht anerkennen. 

Grätzer. 


Olimpio Cozzolino. Über die Wirkung der Thymusexstirpation 
bei jungen Kaninchen. 

(La Pediatria No. 3 1903.) 

Verf. hat die Exstirpation der Thymusdrüse bei jungen Kaninchen 
als eine leichte uud vollkommen unschädliche Operation befunden; 
irgendwelche Bedeutung für die Gewichtszunahme des Tieres kommt 
der Thymus nach seinen Untersuchungen nicht zu, ebensowenig traten 
nach ihrer Fortnahme irgendwelche trophischen Störungen an der Haut 
oder ihren Anhängen auf, auch kommt ihr keine Bedeutung für die 
Blutbildung zu. 

Um nun die Behauptung Briegers, Kitesatos und Wasser¬ 
manns, daß die Thymus eine wichtige Rolle im Kampf des Organis¬ 
mus gegen die Infektionsträger spiele, auf ihre Richtigkeit zu prüfen, 
hat Verf. eine Reihe von Versuchen angestellt, er hat z. B. Tiere, 
denen die Thymus exstirpiert war, mit Diphtherie infiziert, jedoch 
haben diese Versuche keine Resultate gegeben, aus denen sich un¬ 
antastbare Schlußfolgerungen ziehen ließen. p. 


A. Schambacher. Über die Persistenz von Drüsenkanälen 
in der Thymus und ihre Beziehungen zur Entstehung der 
Hassallschen Körperchen. 

(Virchows Archiv, Bd. 172, Heft 3 1903.) 

Bei einem 4jährigen Knaben, der während langer Zeit schon 
eigenartige Entwicklungsstörungen gezeigt hatte, und bei dem in 
letzter Zeit derartige Erstickungsanfälle aufgetreten waren, daß eine 
Tracheotomie indiziert war, fand Verf. bei der Sektion eine sehr große 
Thymus vor, deren Maße 10:5:2 cm waren. In ihr und in 30 weiteren 
Drüsen von Kindern bis zu 5 Jahren, ebenso in acht Thymusdrüsen 
von menschlichen Föten konnte der Verf. nachweisen, daß die 
Hassallschen Körperchen aus kleinen, mit kubischem Epithel aus¬ 
gekleideten Kanälen hervorgehen. Es sind dies die Reste des von 
vielen Anatomen geleugneten Thymuskanals. Schridde (Erlangen). 


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Theodore Le Bontillier. A case of Aneurysm of the trans- 
yerse portion of the aortic arch in a girl of 9 years. 

(American Journal of the Medical Science, Mai 1903.) 

Aneurysma der Brustaorta bei einem 9jährigen Mädchen, welches 
2mal Keuchhusten überstanden hatte, das erste Mal bereits 9 Tage 
nach der Geburt. Ferner hatte das Kind mit 4 Jahren einen leichten 
Rheumatismus durchgemacht. Es wurde damals ein Herzfehler ver¬ 
mutet. 

Sie kam nach der Poliklinik wegen Husten und Schmerzen im 
linken Handgelenk. Bei der Untersuchung entdeckte man folgendes: 
die oberflächlichen Venen am Brustkorb, am Hals, im Gesicht und 
an den Armen stark erweitert; sichtbare Pulsation zwischen zweitem 
und viertem Interkostalraum, sowie im Jugulum und am Halse; systo¬ 
lisches Schwirren; fühlbarer pulsierender Tumor im Jugulum; un¬ 
gleiche Radialpulse; Olivers Trachealzug ausgesprochen; Fehlen von 
fühlbarer Pulsation der Bauchaorta (ein neues Zeichen!); Dämpfung 
über dem oberen Sternum; lautes systolisches Geräusch in der Herz¬ 
gegend, nach den Karotiden fortgeleitet, namentlich rechts. 

Die Ätiologie ist dunkel. Es ist möglich, daß die Aorten wand 
bei den heftigen Hustenstößen in dem so zarten Alter eine Dehnung 
bis zum Einreißen erfahren hatte; andererseits wäre der Rheumatis¬ 
mus zu berücksichtigen. 

Es folgt eine Literaturübersicht von Aneurysma bei Personen 
unter 20 Jahren. 60 Berichte sind zusammengetragen (intrakraniales 
Aneurysma nicht mitgerechnet). 18 mal saß das Aneurysma an der 
Brustaorta; 5mal an der Bauchaorta; die übrigen Fälle betrafen die 
Aortenklappen, den Ductus -arteriosus, die Herz wand, die Arteria 
pulmonalis und die Arterien der Extremitäten. Die Ätiologie blieb 
meist unklar. Trauma, Rheumatismus, Anstrengung, Abszesse in der 
Nachbarschaft waren die vermuteten ursächlichen Momente. 

Die meisten Fälle nahmen ein jähes Ende. Herzruptur, akute 
Perikarditis, ulzeröse Endokarditis, Embolie und einmal Aphasie (?) 
gaben den Gnadenstoß. 

Von subjektiven Erscheinungen klagten die meisten über Dyspnoe 
nach geringen Anstrengungen und über Schmerzen. Dagegen war 
in dem oben beschriebenen Fall keine nennenswerte Kurzatmigkeit 
vorhanden. Leo Jakobi (New York). 


P. Krautwig (Köln). Über plötzliche Todesfälle im Kindesalter. 

(Archiv f. Kinderheilkunde, Bd. 35, Heft 3. u. 4.) 

Zusammenfassendes Referat über die Ätiologie der Fälle, in 
denen Kinder scheinbar mitten aus voller Gesundheit heraus oder 
doch aus einem Zustande nur leichten Krankseins unerwartet plötzlich 
dahinsterben. Der Tod kann durch Synkope (Herzstillstand) oder 
durch Asphyxie (Atemstillstand) erfolgen. Ersteres tritt bei der 
Diphtherie ein, wobei man dann myokarditische und interstitielle Ver¬ 
änderungen findet. Mechanische Momente (Kompression des Herzens) 


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kommen zuweilen bei rachitischen Kindern in Betracht, die mit vollem 
Magen plötzlich sterben. Wichtiger sind die Herztodesfälle durch 
direkte Reizung der nervösen Elemente des Herzens, wie sie als Gift¬ 
wirkung im Gefolge von Magendarmkrankheiten und Infektionskrank¬ 
heiten, besonders der Diphtherie Vorkommen können; auch die Todes¬ 
fälle bei ausgebreiteten Ekzemen gehören hierher. 

Der Tod durch Asphyxie kann eintreten bei Krupp und Diphtherie, 
durch Aspiration vod Fremdkörpern, Würmern u. s. w., am häufigsten 
durch Laryngospasmus und, wie oft übersehen wird, durch aus¬ 
gebreitete Bronchitis. Bezüglich des Thymustodes lehnt K. die 
mechanische Ätiologie ab, indem er ganz richtig bemerkt, daß nicht 
die weiche Thymus die Luftröhre und die Gefäße komprimieren, 
sondern umgekehrt selbst gegen das Brustbein angedrückt werden 
wird. Er hält die Thymusvergrößerung wie auch die Todesfälle bei 
solchen Kindern für eine Erscheinung der Rachitis. Der Tod im 
laryngospastischen Anfall ist als Herztod aufzufassen. Welche Todesart 
Vorgelegen hat, Asphyxie oder Synkope, ist bei der Sektion häufig 
nicht mehr zu entscheiden. Hecker (München). 


Augustus Caille, Sudden Death of an Infant six months old 
due to Compression of large Bloodvessels by an enlayed 
Thymus Gland. 

(Archives of Pediatrics, März 1903.) 

Das 6 monatliche Kind war bei Lebzeiten etwas cyanotisch und 
dyspnoetisch. Zweimal kam es zu Konvulsionen. Am Herzen war 
ein lautes systolisches Geräusch an der Basis zu hören, neben reinen 
Klappentönen. Das Geräusch wurde nach keiner Richtung hin fort¬ 
geleitet. Das Kind starb plötzlich, und bei der Sektion fand man 
eine vergrößerte Thymusdrüse, welche mit ihrem unteren Pol die 
großen Blutgefäße komprimierte und dadurch die Zirkulation völlig 
unterbrach. 

Der Zustand wurde intra vitam diagnostiziert. 

Leo Jakobi (New York). 


Arthur B. Duel. The operative Treatment of Stenosis of the 
Larynx following Intubation and Tracheotomy. 

(New York Medical Journal, den 2. Mai 1902.) 

Es gibt eine sehr lästige Art von Larynxstenosen, die nach In¬ 
tubation oder nach Tracheotomie fortdauern. Das Vorkommnis ist 
allerdings ziemlich selten — etwa ein Fall von hundert muß dauernd 
intubiert oder tracheotomiert werden. In der Regel kommt es bei 
derartig intubierten Kindern zu wiederholter Autoextubation, wodurch 
dann häufige Reintubation nötig wird. Um dieses unliebsame Er¬ 
eignis zu vermeiden, greift man lieber zur Tracheotomie. Diese 
chronischen Stenosen nach Intubation sind auf chronische entzündliche 
Vorgänge und Hypertrophien der Scheimhaut zu beziehen, nicht etwa 


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auf ungeschicktes Operieren oder Geschwüre und Narben, wie man 
früher geglaubt hat. 

Verf. empfiehlt anstatt der Tracheotomie in solchen chronischen 
Zuständen eine etwas modifizierte Intubation. Er spaltet nämlich 
den Kehlkopf und legt eine Klemme an den Tubus in situ an. Da¬ 
durch wird spontane Extubation unmöglich gemacht und man um¬ 
geht die Tracheotomie. Leo Jakobi (New York). 


J03. K. Friedjung. Beiträge zur Diagnostik und Therapie der 
Stenosen der oberen Luftwege. 

(Archiv f. Kinderheilkunde, Bd. 35, Heft 5 u. 6.) 

Sorgfältig geführte Einzelbeobachtungen, die für jeden Praktiker 
lesenswert sind. Sie bestätigen im ganzen schon Bekanntes, bringen 
aber auch manches Neue. Für diphtheritische Erkrankung der oberen 
Luftwege charakteristisch ist allmählich zunehmende Heiserkeit und 
Atemnot. Es kommen aber auch Ausnahmen vor, besonders bei sehr 
jungen Kindern, was dann leicht zu unrichtiger Deutung des Bildes 
führt. Umgekehrt setzen die nicht diphtheritisehen, wohl meist 
katarrhalischen Erkrankungen fast immer plötzlich, meist zur Nachtzeit 
ein (Pseudokrupp). Dabei kann die Anamnese aber auch zuweilen der 
bei Diphtherie gewohnten recht ähnlich lauten. Zur Erläuterung 
dient das Beispiel eines 2 3 / 4 jährigen Knaben mit Heiserkeit, bellendem 
Husten und Luftmangel, dessen Symptome sich allmählich ver¬ 
schlimmerten. Keine Beläge, keine Diphtheriebazillen. Laryngo- 
skopisch nur Schwellung und Rötung der Kehlkopfschleimhaut. 
Also Vorsicht bei Verwertung der Anamnese zur Unterscheidung 
diphtherischer und nichtdiphtherischer Larynxstenosen! Auch die 
klinischen Erscheinungen beider Formen lassen wenig charakteristische 
Unterschiede erkennen. Schärfer ist. die Charakteristik sowohl der 
Anamnese als auch der Erscheinungen von Larynx- und Tracheal¬ 
stenosen aus anderen Ursachen. F. lenkt die Aufmerksamkeit vor 
allem auf die akustischen Phänomene, die sich bei den Stenosen der 
oberen Luftwege verschiedenen Ursprungs beobachten lassen, z. B. bei 
Retropharyngealabszeß: inspiratorische Dyspnoe, Stimme rein, 
aber eigentümlich gequetscht, quäckend, auffallend hoch und schwach, 
etwas nasal. Bei Trachealstenose durch Schwellung mediastinaler 
Drüsen: lauter inspiratorischer Stridor. Der Husten ist keuchend, 
pfeifend, von auffallend großer Tonhöhe. Bei diphtheritischen Er¬ 
krankungen des Larynx war eine solche Konstanz der Erscheinungen 
nicht festzustellen. Bald war das Inspirium von einem sägenden 
Geräusche von wechselnder Tonhöhe begleitet, bald war es laut 
schreiend, ähnlich wie beim Glottiskrampfe, bald auch schnarchend. 
Das Exspirium war oft weniger laut, zumeist von höherer Tonlage 
als das Inspirium. 

Diagnostisch recht ergiebig ist die Inspektion des stenotischen 
Kindes. Charakteristisch u. a. ist die Kopfhaltung der Kinder bei 
Retropharyngealabszessen: der Kopf wird sichtlich gezwungen steif, 
ein wenig nach hinten und seitlich geneigt gehalten; die Neigung 


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II. Referate. 


339 


erfolgt nach der kranken Seite. Recht häufig fand F. bei steno- 
sierenden Sehwellungen der Bronchialdrüsen mäßigen Exophthalmus. 
Dagegen konnte er die von Hoffmann genannte Pupillendifferenz, Er¬ 
weiterung auf der erkrankten Seite, niemals feststellen. Folgen noch 
Beobachtungen über einen Fremdkörper in der Trachea, über eigen¬ 
tümliche respiratorische Störungen bei chronischer Urämie, sowie bei 
einem schweren Status epilepticus u. s. w. Hecker (München). 


Fritz Kuno. Fixierte Tuben und Bolzenkanülen bei erschwertem 

Dekanulement. 

(Aus dem Christschen Kinderhospital in Frankfurt a. M.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 18.) 

Bei chronischen Stenosen wurden seit 2 Jahren, um das Heraus¬ 
husten der Tuben zu vermeiden, diese im Kehlkopf fixiert, was in 
folgender Weise zu geschehen hat. 

Zuerst intubiert man das Kind mit der seinem Alter entsprechenden 
Tube und markiert durch Überfahren der Tube von der Trachealfistel 
aus mit einem scharfen Messerchen die Stelle, welche der Höhe der 
Fistel entspricht. Dabei kontrolliert man mit dem Finger die richtige 
Lage des Tubenknopfes im Kehlkopfeingang. In der Höhe der ein¬ 
gekratzten Striche läßt man zwei feine, dicht nebeneinander liegende 
Löcher durch die vordere Tubenwand bohren und zieht durch sie 
einen Seidenfaden („Fixierfaden“). Seine Einführung gelingt auch bei 
ganz hochliegenden Löchern leicht dadurch, daß man durch jedes 
Loch eine feine Drahtschlinge zum unteren Tubenende herausschiebt, 
in die etwas geöffnete Schlinge den Faden einlegt und zurückzieht. 
Nach Armierung der Tube wird der Mandrin eines gewöhnlichen 
Belloque, nachdem an sein Ende ein Faden geknüpft ist, von der 
Trachealfistel aus durch den Kehlkopf zum Mund herausgeschoben. 
Mit dem dann zum Mund heraushängenden Faden wird der Fixier¬ 
faden der Tube verknüpft und in gewöhnlicher Weise intubiert, während 
die assistierende Schwester den aus der Trachealfistel heraushängenden 
Fixierfaden herunterzieht. Dann wird, um die Trachealfistel weit 
offen zu halten und auch eventuell einen leichten Zug nach vorn aus¬ 
üben zu können, ein Drainrohrstück über den Fixierfaden geschoben 
und derselbe über einem Gazebausch geknüpft. Den Haltefaden der 
Tube kann man dann noch, um allzu schnelles Durchbeißen bei 
langem Liegenlassen der Tube zu verhüten, mittels Belloque durch 
die Nase führen. 

Die fixierte Tube kann ruhig ohne Schädigung der Gewebe (die 
längste Zeit waren 14 Tage) liegen blieben. 

Die Kinder lernen leicht auch Flüssigkeiten schlucken und kommen 
dabei in der Ernährung nicht zurück. 

Trotz der großen Vorzüge des Intubationsverfahrens kommt man 
mit ihm auch manchmal nicht zum Ziel. Man wendet dann mit 
Vorteil rechtwinklig gebogene Bolzen an, welche von der Tracheal- 


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340 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8. 


fistel aus nach oben in die Luftröhre bezw. den Kehlkopf geschoben 
werden. Sie haben, soweit sie sich in der Luftröhre befinden, ab¬ 
gesehen von ihrer soliden Spitze, einen durch ihre ganze Dicke 
gehenden breiten Spalt, durch welchen die Kinder bequem atmen 
und Schleim aushusten können. Ihr aus der Trachealfistel heraus¬ 
ragender Teil ist mit verschiedenen Bohrlöchern versehen, dann zur 
Seite abgebogen und dient als Griff beim Einfuhren des Instrumentes. 
Über ihn läßt sich leicht ein Kanülenschild schieben und befestigen, so 
daß die Bolzenkanüle wie eine gewöhnliche Kanüle mit zwei Bändern 
um den Hals getragen werden kann. Nach der Einführung der 
Bolzenkanüle tritt gewöhnlich zuerst starker Speichelfluß ein, bald 
aber gewöhnen sich die Kinder und können sie ruhig 24 Stunden 
tragen, wenn nur die Öffnung der Kanüle von eingetrocknetem Schleim 
reingehalten wird. Gr&tzer. 


W. Pipping (Finne). Über das Vorkommen der Spätstörungen 
nach Tracheotomie bei Krupp. 

(Finska Läkaresällskapets Handlingar, April 1903.) 

Der Verf. hat Aufklärungen von 67 Pat. gesammelt, die nach 
Tracheotomie als gesund vom Krankenhause entlassen wurden, um 
zu erfahren, inwiefern die Verff. recht haben, die behaupten, daß 
die Tracheotomie ernsthafte Spätstörungen hervorruft. 

Sieben waren gestorben (sechs an akuten Krankheiten, hereditär 
belastet, einer an Tuberkulose). 60 lebten noch. Seit der Operation 
waren: 

für 2 20 Jahre 


8 

15—20 

10 

10—15 

20 

7—10 

7 

4— 7 

13 

2— 4 


verlaufen. Unter diesen befand sich nur ein (hereditär belasteter) 
Tuberkulöser, so daß die Tracheotomie nicht zur Tuberkulose prä¬ 
disponiert. Bei 32,8 °/ 0 wurden leichte Respirationsbeschwerden ge¬ 
troffen (Heiserkeit, Stridor, Dyspnoe, Neigung zu Katarrhen), so daß 
man annehmen muß, daß die Tracheotomie zu solchen leichteren 
Spätstörungen disponiert, selbst wenn die Tracheotomie natürlich nicht 
in allen diesen Fällen schuld daran ist. 

Adolph H. Meyer (Kopenhagen). 


Carlo Comba. Ein großer Fremdkörper in den Luftwegen. 

(Rivista di Clinica Pediatria No. 4 1903.) 

Ein 3 ^Jähriges Kind hat eine große getrocknete Bohne aspiriert. 
Es wurde die Tracheotomie gemacht und mittels einer Pinzette der 
Fremdkörper, der sehr weit unten saß, stückweise entfernt. F. 


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1L Referate. 


341 


F. IC Lämmerhirt. Multiple Larynxpapillome im Kindesalter. 

(Aus der Universitäts-Kinderklinik in Leipzig.) 

(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 12.) 

Beschreibung von drei Beobachtungen. Die ersten zwei zeigen, 
daß die Gefahr einer radikalen Operation mit Eröffnung des Larynx 
bei exakter Ausführung nicht eine große und der Erfolg, wenn 
auch mitunter erst nach vieler Mühe erreichbar, doch ein recht zu¬ 
friedenstellender ist. Fall 3 demonstriert das Risiko, das man bei 
symptomatischer und exspektativer Therapie eingeht, indem bei akuten 
Infektionskrankheiten mit einem solchen Leiden behaftete Kinder 
einer größeren Gefahr ausgesetzt sind, als andere. Das Kind starb 
im Verlaufe eines Scharlachs. Grätzer. 


Hunter Mackenzie. Über die Behandlung von Larynx- 
geschwülsten bei Kindern. 

(Internationales Zentralblatt für Laryngologie, Rhinologie und verwandte 
Wissenschaften, Januar 1903.) 

M. hält die Thyreotomie zur Entfernung von Papillomen und 
ähnlichen Larynxtumoren bei Kindern für gefährlich und wenig er¬ 
folgreich. Die Geschwulstmassen rezidivieren immer von neuem. 
Ebenso ist es bei endolaryngealen Eingriffen. Er ist der Meinung, daß 
die Tracheotomie bessere Resultate zieht als irgendwelche andere 
Behandlungsmethode und verhältnismäßig am besten vor Rezidiven 
schützt. Wo komplette und dauernde Aphonie besteht, soll die Trachea 
eröffnet werden. Krebs (Hildesheim). 


Victor Veau. Die angeborenen serösen Zysten des Halses. 

(Arcbives de mädicine des enfants, April 1903.) 

V. hat einen Fall von angeborener Zyste des Halses beobachtet 
und macht im Anschluß an denselben eine längere Studie über die 
Natur und Entwicklung dieser Zysten. Das betreffende 21 Monate 
alte Kind bot seit der Geburt eine Schwellung der rechten Halsseite, 
welche in der Folge langsam zunahm. Als V. dieselbe sah, hatte sie die 
Größe einer Faust, erstreckte sich zwischen Unterkiefer, Sternokleido- 
mastoideus und Clavicula, war außerordentlich weich, so daß man den 
Eindruck einer Pseudoreduktibilität gewann. Die Entfernung wurde 
ohne Schwierigkeit gemacht; am oberen Ende der mehrkämmerigen 
Zyste wurden einige kleine Lymphdrüsen gefunden. Die Geschwulst 
hatte mit der Umgebung keine besonderen Verwachsungen, doch fand 
man in dieselbe eindringend die dritte und vierte Wurzel des Brachial¬ 
plexus, die durchschnitten wurden, letztere unterhalb der Abgangs¬ 
stelle des Phrenicus. V. hält diese Zysten für in der Entwicklung 
zurückgebliebene Teile des lymphatischen Systems. Es existieren 
normalerweise am Halse der 2—3monatlichen Embryonen lymphatische 
Hohlräume, welche in ihrer Struktur an die in Rede stehenden Zysten 
erinnern. Im weiteren Verlaufe des embryonalen Lebens bilden sich 


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342 


Centr&lblatt für Kinderheilkunde. No. 8. 


diese Hohlräume zurück, doch ist es möglich, daß auf irgend eine 
Weise eine Störung in dieser Rückbildung eintritt und es zur Zysten¬ 
bildung kommt. In manchen Fällen beobachtet man eine Verbindung 
zwischen diesen Zysten und der Vena jugularis interna, was auch bei 
den erwähnten lymphatischen Hohlräumen gefunden wird. .Später 
schließt sich dieser Verbindungskanal, doch kann eine kleine Öffnung 
fortbestehen und man findet dann Zysten mit blutigem, statt mit 
serösem Inhalte. E. Toff (Braila). 


Max Schüller (Berlin). Ein inoperables Sarkom, behandelt 
mit Röntgenbestrahlung. 

(Deutsche Medizinal -Ztg. 1903 No. 4.) 

Der 3 */ 2 jährige Knabe wies ein rezidivierendes Rundzellensarkom 
auf, das mäunerhandgroß war und sich vom linken Hinterhaupt bis 
herab zur Clavicula erstreckte. Es wurden jeden zweiten Tag Be¬ 
strahlungen vorgenommen, und die ersten derselben hatten über¬ 
raschenden Effekt, indem sehr auffällige Rückbildung der Geschwulst¬ 
masse erfolgte. Später zeigte die Einwirkung große Schwankungen 
und eine Heilung war nicht zu erzielen, das sehr elende Kind unterlag 
seinem Leiden. Jedenfalls wurde durch die Röntgentherapie das 
Wachstum des Tumors, der bekanntlich sonst sehr rasch zu wachsen 
pflegt, verzögert und auch ein Teil des Sarkomgewebes direkt zum 
Schwinden gebracht. Mehr Erfolg wird man wahrscheinlich haben, 
wenn man früher diese Behandlung einleitet, womit nicht gesagt 
werden soll, daß die chirurgischen Eingriffe in den Hintergrund ge¬ 
schoben werden sollen. Aber wo sie nicht ausführbar, da sollte die 
Röntgenbestrahlung sofort eintreten, sie sollte auch unmittelbar nach 
der Operation Platz greifen, zur Verhütung von Rezidiven. 

Grätzer. 


L. Levy. Zur Kasuistik der Prostatageschwülste im Kindesalter. 
(Aus der Chirurg. Universitäts-Kinderklinik zu München.) 


(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 10.) 

L. bereichert die spärliche Kasuistik um einen interessanten Fall. 
Bei dem 4jährigen Knaben ergab die Sektion ein Myxosarcoma 
pros tatae. Blase und Mastdarm waren frei geblieben, dagegen die Pars 
prostatica urethrae vollständig destruiert und die Prostata ganz in dem 
Tumor aufgegangen. Die Geschwulst hatte sich hauptsächlich nach 
oben und unten entwickelt. Das ganze kleine Becken war mit Tumor¬ 
massen ausgefüllt, und bei längerem Bestand der Krankheit wäre ein 
Durchbruch in die Peritonealhöhle erfolgt und hätte eine sarkomatöse 
Peritonitis erzeugt, wie schon mehrfach beobachtet wurde. Störungen 
bei der Harnentleerung traten hier relativ spät ein, 14 Tage vor der 
Aufnahme, wo der Tumor über gänseeigroß war; in diesen 14 Tagen 
könnte derselbe wohl kaum diese Größe erlangt haben. Pat. klagte 
nur über Schmerzen, solange komplette Harnverhaltung bestand. 
Schon bei der Aufnahme war es unmöglich, mittels Haarsonde in 


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II. Referate. 


343 


die Blase zu gelangen. Es wurde daher die Sectio alta und nach 
14 Tagen der tiefe Blasenschnitt gemacht, wobei sich die Unmöglich¬ 
keit herausstellte, die Geschwulst zu exstirpieren. Grätzer. 


M. G. Aräoz et M. Manuel A. Santas. Les sarcomes visc&aux 

chez les enfants. 

(Communication faite au XIV. Congr. internat. de M^decine.) 

Die Verff. berichten über 10 Fälle von Sarkomen der Eingeweide 
bei Kindern im Alter von 2—11 Jahren (7 Knaben und 3 Mädchen). 
Nach ihrer Statistik bilden die Sarkome, abgesehen von den Hydatiden- 
cysten, welche die Verff. noch häufiger beobachteten, die häufigsten 
Neubildungen im Kindesalter, und zwar besonders zwischen dem 
dritten und sechsten Lebensjahr, seltener bei Kindern unter 2 Jahren. 
Der Sitz des primären Sarkoms fand sich 4mal im Mesenterium, und 
2mal in der Niere, 2mal im Kleinhirn, 2mal im Darm und einmal 
in der Lunge. Histologisch handelt es sich mit Ausnahme von einem 
Gliosarkom des Kleinhirns um Rundzellensarkome. Was die Sympto¬ 
matologie anbetrifft, so fehlen charakteristische Erscheinungen, es 
besteht nur im Endstadium der Erkrankung eine ausgesprochene 
Kachexie. Drüsenschwellungen fehlen, im übrigen richten sich die 
Symptome nach dem Sitz der Neubildung (Druckschmerzen, Dyspnoe 
und Dextrokardie bei Lungensarkom; Verstopfung, Schmerzen und 
Dyspnoe bei Mesenterialsarkomen; Durchfälle und Koliken bei den 
Darmsarkomen; Kopfschmerzen, anfallsweise auftretendes Erbrechen, 
Herdsymptome oder schwankender Gang, Neuritis optica bei den 
Hirnsarkomen). Die Nierensarkome verlaufen allgemein symptomlos, 
nur sehr große machen Schmerzen, Hämaturie fehlt oft. In dem 
einen Fall von Mesenterialsarkom wurde Ikterus und Entfärbung der 
Stühle beobachtet, bedingt durch Kompression des Ductus choledochus. 
Die Diagnose der Sarkome ist schwierig, das häufigere Vorkommen 
bei Kindern und das schnelle Wachstum der Tumoren spricht für 
Sarkom. Dieselben sind fest, häufig höckerig und von unregelmäßiger 
Gestalt, nicht schmerzhaft. Bei dem Fall von Lungensarkom wurde 
Fieber beobachtet, für das eine andere Ursache nicht gefunden wurde 
(Karzinomfälle mit Fieber). Der Verlauf war ein sehr schneller, 
meistens in wenigen Monaten, nur in zwei Fällen dauerte die Er¬ 
krankung etwas über ein Jahr. Die Therapie kann bei den Nieren¬ 
sarkomen nur eine operative sein; der eine Fall wurde operiert, aber 
mit negativem Erfolg. Schreiber (Göttingen). 


Carl Hiort af OrnäS (Schwede). Zur Kasuistik des Sarkoms 

des Dünndarms. 

(Upsala Läkareförenings Förhandlingar, N. F. Bd. 8 Heft 2.) 

Verf. beschreibt 3 Fälle dieser seltenen Krankheit. Der eine 
betraf einen 7jährigen Knaben, der 3 Monate vor dem Tode plötzlich 

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344 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8. 


mit Erbrechen und heftigen Bauchschmerzen erkrankte. Nach 3 Tagen 
wieder subjektives Wohlbefinden. 4 Wochen vor dem Tode traten 
wieder und ganz plötzlich Erbrechen, heftige Leibschmerzen und 
Druckempfindlichkeit des Leibes auf. Abwechselnd Stuhlverhaltung 
und Durchfälle. Im Krankenhause wurde ein faustgroßer Tumor 
palpiert, der sich von der Gegend der Harnblase aus bis zum Nabel 
streckte; Bauch aufgetrieben und empfindlich. Starke Abmagerung. 
Bei der Sektion fand sich ein faustgroßer Tumor im unteren Teile 
der Bauchhöhle, der an der Harnblase, der vorderen Bauchwand und 
einigen Darmschlingen fest adhärent war. Die Geschwulst erwies sich 
als im Dünndarm ca. 2 cm oberhalb der Ileokoekalklappe belegen, 
und zwar war das Darmrohr hier stark verdickt, während das Lumen 
zugleich erweitert war; der Tumor stellte also gewissermaßen eine 
aneurysmenartige Erweiterung des Darms dar. Die Dicke der ver¬ 
änderten Darm wand war wechselnd, im allgemeinen 2—2,5 cm, an 
einzelnen Stellen nur 0,5—lern; die Innenfläche des Tumors war 
zum großen Teile nekrotisch, das Mesenterium und das Omentum 
majus stark verdickt, die retroperitonealen Lymphdrüsen vergrößert 
bis zur Größe einer Walnuß. In den Nieren und der rechten Lunge 
zahlreiche Metastasen, das Zwerchfell von Geschwulstmassen durch¬ 
wachsen. Die mikroskopische Untersuchung ergab, daß es sich um 
ein zellenreiches Rundzellensarkom handelte. 

Adolph H. Meyer (Kopenhagen). 


J. N. Hall. Congenital Dilatation of the small Intestine. 

(Archives of Pediatrics, Januar 1903.) 

Dilatation des Kolon ist häufig genug, aber angeborene Erweite¬ 
rung des Dünndarmes gehört zu den Seltenheiten. 

Ein Mädchen von 11 Monaten wurde zum Verf. wegen hoch¬ 
gradiger Verstopfung gebracht. Das Kind hatte seit der Geburt 
kein einziges Mal spontan Stuhlgang gehabt. Auf Eingießungen und 
Abführmittel folgten in der Regel normale Entleerungen alle 1 bis 
2 Tage. 

Allmählich verschlimmerte sich der Zustand, bis der Leib eine 
kolossale Ausdehnung annahm. Bei guter Beleuchtung konnte man 
drei Querfurchen über den Leib verlaufen sehen. Peristaltische Be¬ 
wegungen wurden nicht wahrgenommen. 

Im übrigen, außer einigen Verdrängungserscheinungen von seiten 
der Brustorgane, war nichts Abnormes nachzuweisen. Der Tod er¬ 
folgte alsbald, und bei der Sektion fand sich eine enorme Erweiterung 
des gesamten Dünndarmes (bis zu 2 Zoll im Durchmesser). Der Dick¬ 
darm maß etwa 1 Zoll im Durchmesser und enthielt normale Fäces. 
Stellenweise zeigte das ganze Darmrohr unregelmäßige Erweiterungen 
und Einziehungen. 

Wahrscheinlich starb das Kind an der Autointoxikation vom 
Darme aus. Leo Jakobi (New York). 


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II. Referate. 


345 


Paul Kuliga. Zur Genese der kongenitalen Dünndarmstenosen 

und Atresien. 

(Beitr. z. pathol. Anatomie und z. allg. Pathologie, Bd. 33 Heft 3 1903.) 

In der Arbeit sind die in der Literatur niedergelegten 185 Fälle 
von kongenitalen Dünndarmstenosen und Atresien und die ver¬ 
schiedenen Theorien zur Erklärung dieser Mißbildungen ausführlich 
besprochen. Anspruch auf Wahrscheinlichkeit haben nur zwei Möglich¬ 
keiten, nämlich Enteritis oder Entwicklungsanomalie. Jedoch läßt 
sich in der Mehrzahl der Fälle weder für das eine, noch für 
das andere ein direkter Beweis erbringen. — Der in der Arbeit be¬ 
handelte Fall betrifft ein Kind, das 10 Tage alt geworden ist, und 
welches von Anfang an alles Genossene erbrach und nie Stuhl gehabt 
hat. 7 Tage nach einer vorgenommenen Operation starb der Knabe. 
Die Leichendiagnose berichtet uns von multiplen Stenosen des Dünn¬ 
darmes. Im Rektum oder Dickdarm war keine Stenose nachweisbar. 

Schridde (Erlangen). 


Schnizlein. Ein Fall von kongenitaler Atresie des Duodenums. 

(Beitr. z. klin. Chirurgie, Bd. 36 Heft 3.) 

Das interessante Präparat entstammt einem kurz nach der Ge¬ 
burt verstorbenen Kinde, bei dem als letzte Todesursache eine frische 
diffuse Peritonitis angetroffen wurde. 

Es bestand eine komplette Atresie des Duodenums und weite 
Dislokation der beiden Dünndarmteile. Der ganze periphere Darm¬ 
abschnitt erwies sich als hochgradig atrophisch, ebenso das Mesen¬ 
terium. 

Der zentrale Darmstumpf enthielt in seinem Innern eine ob¬ 
turierende Membran, die wohl durch Verwachsung von Schleimhaut¬ 
falten zustande gekommen war. Vielleicht ist die ganz Mißbildung 
durch einen ähnlichen Vorgang entstanden. Vulpius (Heidelberg). 


H. Chiari. Zur Entstehung der kongenitalen Darmatresie aus 

Intussuszeption. 

(Prager med. Wochenschrift 1903 No. 22.) 

Im Jahre 1888 hat Ch. über einen Fall von Atresie des Ileums 
bei einem 7 Tage alten, reifgeborenen Knaben berichtet, bei welchem 
die Atresie des Ileums 15 cm über der Valvula ileo-coecalis durch 
die Ausheilung einer intrauterin entstandenen Intussuszeption sich 
entwickelt hatte; das Intussuszeptum war in dem unter der Atresie 
gelegenen, gleich dem Dickdarm ganz zusammengezogenen Abschnitte 
des Ileums enthalten, maß im ganzen 4 cm in der Länge, bestand 
jedoch nur im untersten Viertel aus der äußeren und der inneren 
Intussu8zeptumlamelle, in den oberen drei Vierteln nur aus der äußeren 
Lamelle. 

CentralbL f. Kinderhlkde. VIII. Digitjzed by G(M)gk 



346 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8. 


Seit dieser Zeit bekam Ch. von Fällen von kongenitaler Atresie 
des Darmes, in denen a priori überhaupt an die Entstehung der 
Atresie aus einer abgeheilten Intussuszeption gedacht werden konnte, 
also abgesehen von Atresie im Duodenum und abgesehen von Atresia 
recti, nur noch drei zu Gesicht. Aber alle drei schienen Ch.s Ver¬ 
mutung, daß eine intrauterin abgeheilte Intussuszeption des Darmes 
eine der häufiger vorkommenden Ursachen für eine kongenitale Atresie 
des Darmes abgeben dürfte, nicht zu bestätigen. 

Nun hat H. Braun kürzlich eine Beobachtung publiziert, wo 
von einem Intussuszeptum zunächst "nichts wahrzunehmen war, und 
wo sich erst bei der späteren mikroskopischen Untersuchung in 
dem obersten Abschnitte des distalen Darmendes, der makroskopisch 
nur weißlich-bröcklige Massen zu enthalten geschienen hatte, ein etwa 
1 cm langer, nekrotischer Darmteil ergab, der an keiner Stelle eine 
Verbindung mit dem umgebenden Darme zeigte und danach zweifels¬ 
ohne ein nekrotisch gewordenes Intussuszeptum gewesen war. 

Diese Mitteilung regte Ch. an, auch seine Fälle nachträglich 
mikroskopisch zu untersuchen. Und es gelang ihm in der Tat, bei 
einem der drei Fälle auf diesem Wege den Nachweis zn erbringen, 
daß es sich hier um eine mit Atresie abgeheilte fötale Intussuszeption 
im Ileum gehandelt habe. Bei den beiden anderen Fällen fiel die 
Prüfung negativ aus, so daß Ch. bei dem einen bei der früheren 
Auffassung bleiben muß, daß die doppelte Atresie des Jejunums 
hier durch fötale Peritonitis bedingt gewesen war; der dritte Fall 
blieb nach wie vor unklar. Es können eben sehr verschiedene 
Momente zu einer solchen Atresie führen: fötale Peritonitis, Axen- 
drehung des Darmes, Verschließung von Mesenterialarterien, Anomalien 
des D. omplialo-me8entericus u. s. w. Aber man darf sich auch nicht, 
will man fötale Intussuszeption ausschließen, mit der makroskopischen 
Untersuchung begnügen, da das Intussuszeptum oft so verändert 
ist, daß man es nur noch mikroskopisch feststellen kann. 

Grätzer. 


Louis Fischer. A case of Intussusception in a Baby fire 

months old. 


(New York medical Journal, den 21. Februar 1903.) 

Ein Fall von Darminvagination bei einem 5 monatlichen Säugling. 
Das klinische Bild setzte sich aus folgenden Symptomen zusammen: 
Erbrechen und Stuhlverstopfung, große Auftreibung des Leibes, 
Schmerzen, Abgang von Blut und Schleim per anum, und gegen das 
Ende entzündliche Erscheinungen, die aber erst später auftraten. 
Die Kotstauung war eine absolute und dauerte länger als 10 Tage 
an. Winde gingen gelegentlich ab. 

Obschon der Fall durch die Frühdiagnose, den guten Ernährungs¬ 
zustand, das kräftige Herz und die Abwesenheit eines Grundleidens 
eminent operationsgerecht war, verweigerten die Angehörigen einen 
chirurgischen Eingriff und das Kind starb. 


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II. Referate. 


347 


Der invaginierte Darm konnte per rectum etwa 2 1 / 2 Zoll über 
dem After 'gefühlt werden. Nach innen sowie nach außen von 4 der 
Intussuszeption ließ sich ein 14 Zoll langes Katheterstück einführen, 
ohne das Ende derselben zu erreichen. Leo Jakobi (New York). 


Floren. Zur Kasuistik der chirurgischen Therapie der Dann¬ 
in vagination. 

(Aus dem Elisabeth-Krankenhause zu Kassel.) 

(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 11.) 

Es handelt sich um ein 7 Monate altes Kind, bei dem sich 
ein besonderer Handgriff bestens bewährte. Die Operation 
(24. VII. 1902) wird folgendermaßen geschildert: 

ca. 10 cm langer Schnitt lateral vom linken Rectus zwischen diesem und 
dem Poupartschen Bande. Eröffnung des Peritoneums; dasselbe zeigt eine 
leichte sero-fibrinöse Ausschwitzung. Es zeigt sich, daß es sich um eine totale 
ileocoecale Intussuszeption bis zur Flexura lienalis handelt. Unter 
vollkommener Yerzichtleistung auf jeglichen Zug an dem intussuszipierten Darm¬ 
teile ging der Operateur direkt mit der Hand ins kleine Becken an den Kopf 
des Intussuszeptum und suchte dasselbe innerhalb des Intussuszipiens nach oben 
zu bringen. Unter streichenden Bewegungen wurden dann immer mehr Teile 
der Flexura über das mehr und mehr nach oben gedrängte Intussuszeptum ge¬ 
schoben, bis die Flexur frei wurde. Der intussuszipierte Darm füllte als dicke 
Masse das Kolon descendens aus, begann aber schon langsam an der Eintritts¬ 
stelle der Invagination sich zu lösen und herauszugleiten. Unter weiter streichenden 
Bewegungen löste sich der Rest der Invagination ganz von selbst. Der intus¬ 
suszipierte Darm hatte an verschiedenen Stellen, namentlich auch an der Eintritts¬ 
pforte, blauschwarz sugillierte Stellen und zeigte Adhäsionen und Verklebungen. 
Auch über der Flexur und dem Colon descendens war eine seröse fibrinöse Aus¬ 
schwitzung zu finden. Nach 14 Tagen gesund entlassen. 

Dies Verfahren ist bei der Behandlung eines doch immerhin 
ziemlich stark in Mitleidenschaft gezogenen Darmes als relativ mildes 
anzusehen, die Möglichkeit, daß die Serosa an irgend einer Stelle 
einreißt, durfte hier nicht groß sein. Denn die Gewaltwirkung erfolgt 
in Form eines Schubes mit Hinaufbringen gerade der Teile, die am 
tiefsten in pathologischer Lage sind. Die lädierteste Stelle am Darm, 
der sugillierte Einklemmungsring, bleibt vollständig ohne Berührung, 
ohne Gewalteinwirkung. Die Desinvagination errolgt relativ rasch; 
auch die Tatsache, daß der Darm in der letzten Phase der Ein¬ 
stülpung sich von selbst desinvaginiert, scheint dafür zu sprechen, daß 
das Verfahren den physiologischen Verhältnissen am meisten Rechnung 
trägt. Grätzer. 


N. Delektorsky, Über die Atropinbehandlung des Ileus bei 
Erwachsenen und Kindern. 

(Djetskaja Medizina 1902 No. 4.) 

Nach Besprechung der einschlägigen Literatur teilt D. zwei Fälle 
von Darmverschluß bei Kindern mit, der durch Atropininjektionen 
verhältnismäßig ^schnell behoben wurde. Im ersten der beschriebenen 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8. 


Fälle handelte es sich um ein öjähriges Mädchen mit Obturations- 
ileus, wobei, wie der Autor annimmt, die normalen Verhältnisse 
zwischen dem motorischen und dem Hemmungsapparate des Darmes 
zweifellos gestört waren. Im Laufe vom 25 Stunden wurden dem 
kleinen Mädchen 0,003 Atropin, auf drei Gaben verteilt, eingespritzt; 
irgendwelche unangenehme Nebenerscheinungen kamen nicht zur Be¬ 
obachtung; ausgiebige Abführung erfolgte eine Stunde nach der letzten 
Injektion. Während der Rekonvaleszenzperiode machte sich bei der 
kleinen Pat. eine Parese des Darmes geltend, welche vielleicht der 
Atropinnachwirkung zur Last zu legen ist. 

Im zweiten Falle handelte es sich ebenfalls anscheinend um 
eine Störung der normalen Beziehungen zwischen den Funktionen 
des motorischen und Hemmungsapparates des Darmes, hervorgerufen 
durch einen entzündlichen Prozeß in der Ileocoecalgegend (bei einem 
12jährigen Knaben). Im Laufe von 19 Stunden wurden 0,003 Atropin, 
in drei Gaben, injiziert. Die schmerzstillende Wirkung trat in diesem 
Falle deutlicher hervor als im ersten. Abführung erfolgte erst 
37 Stunden nach der letzten Einspritzung — unmittelbar nach einem 
Klysma. Auch hier wurde im weiteren Verlaufe der Krankheit eine 
vorübergehende Darmparese beobachtet. Interessant ist es, daß die 
Ursache der Blinddarmentzündung offenbar eine Askaride war, mit 
deren Abgang die Erscheinungen gelindert wurden. Dieser Fall ist 
also, nach des Verf.s Ansicht, in eine Reihe mit den von Metschni- 
koff beschriebenen, durch Darmschmarotzer bedingten Appendizitiden 
zu setzen. 

Zum Schluß hält sich der Autor für berechtigt dem Atropin in 
der Kinderpraxis eine ebensolche Rolle zu vindizieren wie in der 
Therapie der Erwachsenen. A. Dworetzky (Moskau). 


F. KlauSSfier (München). Zwei Fälle von Herniotomie wegen 
Inkarzeration von Coecum und Processus vermiformis bei 
kleinen Kindern. 

• (Wiener klin. Rundschau 1902 No. 49.) 

K. bereichert die spärliche Kasuistik um zwei Fälle. Beide 
Kinder — das eine war 6 Wochen, das andere 4 Monate alt — 
wurden in Narkose ohne Zwischenfall operiert. Bei dem zweiten 
Kinde zeigte sich schon nach ca. 1 Woche ein Rezidiv, das erste ist 
jetzt über 1 Jahr alt und hat sich prächtig entwickelt. Grätzer. 


Karewski. Zur Radikaloperation des angeborenen Leisten¬ 
bruches kleiner Kinder. 


(Centralbl. f. Chirurgie 1902 No. 51.) 

Die Mitteilung Klemms veranlaßt K., wieder auf seine früheren 
Publikationen hinzuweisen, in denen er zeigte, daß die Schwierigkeiten 
der Isolierung der dem späteren Samenstrang zugehörigen Gebilde äußerst 


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II. Referate. 


349 


leicht umgangen werden können, wenn man die Bruchhüllen nur bis 
auf die Serosa inzidiert und dann den die innerste Schicht des Sackes 
bildenden Processus vaginalis peritonei stumpf auslöst. Es gelingt 
das fast ausnahmslos ohne Eröffnung der Serosa, nämlich immer 
dann, wenn nicht Verwachsungen zwischen Bruchinhalt und Bruch¬ 
sack vorliegen. Im übrigen hat ja eine Durchlöcherung derselben 
keinen Nachteil. Niemals ist K. in seinen zahlreichen Fällen eine 
wesentliche parenchymatöse Hämorrhagie oder eine Verletzung der 
Gefäße oder des Vas deferens vorgekommen. Die Isolierung läßt 
sich unschwer bis über die innere Öffnung des Leistenkanals hinauf 
vornehmen, man kann dort das Peritoneum zusammenschnüren und 
erhält damit einen genügend sicheren Verschluß, der weder bei sehr 
großen Bruchpforten noch selbst bei heftigem Husten der Kinder 
versagt. Pfeilernaht, Bassinische Verlagerung und andere Methoden 
der Radikalbehandlung haben sich K. bis zum vierten Lebensjahre 
der Kinder als völlig überflüssig erwiesen, trotzdem er ausschließlich 
bei großen Skrotalbrüchen den Eingriff für indiziert hält, also stets 
unter ungünstigen Verhältnissen operiert. 

Da sich unter K.s Fällen einige befinden, die jetzt mehr als 
zwölf, andere die mehr als zehn, viele die mehr als 6 Jahre rezidivfrei 
sind, scheint ihm diese einfache Methode sich vollauf bewährt zu 
haben und allen anderen Arten der Operation vorzuziehen zu sein. 
Sie ist in wenigen Minuten ausführbar, gibt die besten Wundverhält¬ 
nisse, welche selbst bei Beschmutzen mit Urin und Kot keine Ge¬ 
fahren in sich bergen, und führt meist in 8—10 Tagen zur Ver¬ 
narbung. Die überwiegende Mehrzahl der Kinder wird von K. unter 
sehr ungünstigen häuslichen Verhältnissen poliklinisch operiert, ohne 
daß jemals daraus der geringste Nachteil erwachsen ist, obgleich eine 
nicht geringe Zahl der kleinen Pat. sich in den ersten Lebensmonaten 
befindet, also von irgend einer Sorgfalt für Reinhaltung gar keine 
Rede sein kann. In den ersten Tagen wird die Wunde mit einem 
täglich zu wechselnden Jodoform- (in letzter Zeit Vioform-)Verband 
bedeckt, alsdann nur mit einem von der Mutter bei jedesmaliger Be¬ 
schmutzung zu wechselnden Airolsalbenläppchen. Grätzer. 


E. Mailiefert. Akute Hydrocele und Leistenbruch. 

(Wiener klin. Rundschau 1903 No. 24.) 

Fall von Hydrocele acuta funiculi spermatici bezw. Perispermatitis 
serosa bei einem 5jährigen Knaben, der seit 2 Jahren wiederholt 
in der einen Leistengegend eine schmerzhafte Geschwulst bekommen 
hatte, die nach einigen Stunden immer wieder spontan verschwand. 
Diesmal war dies nicht der Fall, vielmehr traten nach einigen Stunden 
schwere Allgemeinerscheinungen, Erbrechen, Druckempfindlichkeit des 
Unterleibes, Kollaps u. s. w. ein, so daß M. an der Diagnose zu 
zweifeln begann und in der Meinung, es könnte, obwohl objektiv kein 
Grund zu dieser Vermutung vorlag, sich doch um eine inkarzerierte 
Hernie handeln, eine sofortige Operation vorschlug. Dieselbe wurde 
nicht genehmigt, und tags darauf war die Geschwulst verschwunden 
zugleich mit den übrigen Krankheitssymptomen. Grätzer. 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8. 


Frederic Griffith, Ein Instrument, um eine Hydrocele zu 

diagnostizieren. 

(Journ. of cut. and genit.-urin. dis. Bd. 20, September 1902.) 

Die sicherste Methode, eine Hydrocele zu diagnostizieren, ist die, 
daß man Licht durchfallen läßt. Die Transparenz ist pathognomonisch, 
wenn nicht der Inhalt durch Beimengung von Blutfarbstoff dunkel 
geworden oder die Tunica stark verdickt ist. Um in solch zweifel¬ 
haften Fällen die Diagnose zu ermöglichen, bedient man sich einer 
zylinderförmigen, an beiden Enden offenen Röhre, z. B. einer solchen 
für Heftpflaster, die man auf 2 Zoll Durchmesser und 6—8 Zoll 
Länge sich zurecht schneidet. Die Innenfläche wird schwarz an¬ 
gestrichen oder mit schwarzem Papier beklebt. Bringt man nun den 
Hydroceletumor zwischen Kerzenlicht und das eine Ende der Röhre 
und sieht durch das andere Ende hindurch, so tritt dem Beschauer 
die Transparenz von flüssigem Inhalt deutlich ins Auge. 

C. Berliner (Aachen). 


L. Strominger. Rechtsseitige inguinale Kotfistel; doppelte 
Kryptorchie; Darmresektion; Heilung. 

(Spitalul 1903 No. 4—5.) 

Ein 13jähriger, sonst immer gesund gewesener Knabe hatte 
vor 1V 2 Jahren einen Abszeß der rechten Leistenbeuge gehabt, 
welcher eröffnet wurde, wodurch sich viel Eiter entleerte. Die 
Suppuration dauerte 1 1 / a Monate und wurde dann das Auftreten 
einer Kotfistel bemerkt. Nach vorgenommener Resektion des fistulösen 
Darmstückes und Entfernung der degenerierten, in der Bauchhöhle 
zurückgebliebenen Hoden erfolgte Heilung per primam. Es scheint 
sich in diesem Falle um eine eingeklemmte Darmschlinge gehandelt 
zu haben, welche mit dem Leistenkanal Adhärenzen einging und 
dann perforierte. E. To ff (Braila). 


C. Longard. Zur Operation der Retentio testis inguinalis. 

(Aus dem Krankenhause Forst-Aachen.) 

(Centralblatt f. Chirurgie 1903 No. 8.) 

L. empfiehlt folgendes von ihm erprobtes Verfahren: Nach 
der Durchschneidung der Haut wird die Fascie des Obliquus 
ext. in der ganzen Länge des Leistenkanals gespalten, der Hoden 
vorgezogen und der Samenstrang bis hoch hinauf in den Leisten¬ 
kanal isoliert, die Tunica communis oberhalb des Hodens quer 
durchtrennt und der Hoden so mobilisiert, daß er sich bequem an 
den Grund des stumpf erweiterten leeren Hodensackes bringen läßt. 
Nun wird in den tiefsten Punkt des Hodensackes ein alle Schichten 
bis auf den Hoden durchtrennender Schnitt von etwa 2—3 cm Länge 
gemacht, ein etwa zehnpfennigstückgroßes Segment des Hodens in 
diesen Schlitz gedrängt und hier durch sechs bis sieben Fäden, welche 

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II. Referate. 


351 


die Skrotalhaut und Tuuica albuginea des Hodens fassen, ringsum 
fixiert. Diese Fäden werden lang lassen und an der Innenseite des 
Oberschenkels durch einige HeltpHasterstreifen befestigt. Hieraul 
wird die Fascie des Obliquus ext. und der Hautschnitt vernäht und 
eventuell noch nach dem Vorschläge Kochers die Tunica communis 
des Samenstranges mitgefaßt. 

Durch die auf diese Weise mit Hoden und Skrotum vereinigten 
Fäden gelingt es leicht, eine Extension an beiden Gebilden und am 
Samenstrang auszuüben, die nach Belieben geschwächt oder gesteigert 
werden kann und so ein Hinaufgleiten des Hodens verhütet. 

Grätzer. 


Steinhauer (Naumburg a. S.). Eine seltene Ursache von Darm¬ 
stenose. 

(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 23.) 

Ein 9jähriger Knabe erkrankte unter Erscheinungen, die auf 
eine partielle Intussuceptio schließen ließen. Die Eiteren gaben 
das Heben einer schweren Last als Ursache der Erkrankung an. 
Schon wollte Prof. v. Bramann operativ eingreifen, als mehrere große 
Knäuel von Taenien gliedern abgingen, worauf die unter dem linken 
Rippenbogen vorhanden gewesene Resistenz schwand, das Fieber fiel, 
Stuhlentleerung wieder in normaler Weise erfolgte. Grätzer. 


W. Asartl (Mumau). Taenia cucumerina bei einem Kinde. 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 8.) 

Ein 19 Monate altes Kind brachte Gurkenkernen ähnliche Körper¬ 
chen im Stuhl zutage, die frisch rosarot tingiert erschienen, in 
älterem Zustande weiß bis weißgrau. Die Familie hatte einen Hund 
besessen. Auf Extr. filic. mar. 2,0: Syr. Menth. 30,0 gingen einige 
Exemplare von Taenia cucumerina ab, als welche ein Kenner auf 
diesem Gebiete, Huber (Memmingen) jene Individuen erkannte. 

In einem „Zusatz 44 fügt Huber einiges über diese Taenie, die 
ja beim Menschen recht selten ist, bei. Die Taenia cucumerina, mit 
welcher die T. elliptica der Katze identisch ist, kommt bei etwa 
40 °/ 0 aller Hunde im Dünndarm vor. Des Cysticercoides häufigster 
Träger ist nach Grassi der Hundefloh. Bei dem intimen Umgänge 
der Kinder mit den Vierfüßern ist es nicht zu vermeiden, daß Flöhe 
in die Milchschüsseln oder das Butterbrot der Kleinen gelangen; 
auch Übertragung durch Katzen ist leicht möglich. Es ist wiederholt 
beobachtet, daß die Anwesenheit vieler Taeniae cucumerinae bei 
Canis schwere Darmstörung, teils nervöse Symptome (Epilepsie, Wut¬ 
anfälle, Pseudo-Lyssa) erzeugt hat; auch sind bei Hunden tunnelartige 
Unterminierungen der Darmschleimhaut beschrieben. Was aber bei 
Hunden geschehen kann, ist auch bei den Kindern möglich, so daß 
jedenfalls Vorsicht geboten erscheint. Grätzer. 


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352 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8. 


G. V. HailliSS. Das massenhafte Auftreten von Askariden bei 
einem 6 Jahre alten Knaben. 

(Budapesti orvosi ujsäg, 14. Mai, 1903.) 

Der 6 Jahre alte Knabe R. H. wurde am 16. XI1902 im St. Rochus- 
Hospitale mit Konstipation, Übelkeiten, Kopf- und Bauchschmerzen 
vorgestellt. Am 18. XI. wurden einige Askariden entleert, welche 
auf Darreichung von Santonin bis zum 3. I. 1903 die Zahl von 279 
erreichten. Nach Abtreibung der Würmer besserte sich der Zustand 
rapid. Ernst Deutsch (Budapest). 


III. Aus Vereinen und Versammlungen. 

Piemontesische Sektion der Italienischen Gesellschaft für 

Pädiatrie. 

Sitzung vom 12. Februar 1903. 

Motta: über die Indikation zur unblutigen Behandlung der angeborenen Schulter¬ 
luxation. Redner beschreibt ein Verfahren, mit dem zu beginnen ist, sobald die 
Deformität entdeckt ist, und das in Massage, besonders Abduktion und Außen¬ 
rotation, Extension an den Füßen u. s. w. besteht und das ihm in 20 Fällen, 
worunter 7 doppelseitige waren, gute Dienste geleistet hat. 

Meusi berichtet über einen Fall von Anaemia splenica im Kindesalter. Die 
histologische Untersuchung der Milz ergab Sklerose der Pulpa und der Malpighi- 
schen Körperchen. Organtherapie ergab in diesem Falle eine deutliche Besse¬ 
rung, die vielleicht zur Heilung geführt hätte, wenn nicht eine Bronchopneumonie 
den Exitus verursacht hätte. 

Meusi berichtet über Nierenerkrankungen bei Säuglingen. Er verfügt über 
12 Fälle; in einigen bestand Sklerem, in einigen Skierödem, bei anderen waren 
keine Erscheinungen seitens der Haut vorhanden; anämische Konvulsionen waren 
nur einmal aufgetreten. Redner verbreitet sich über die Differentialdiagnose 
zwischen Sklerem und Skierödem. Was die Pathogenese des letzteren anbetrifft, 
so ist M. auf Grund klinischer und pathologisch-anatomischer Erfahrungen nicht 
geneigt, die Theorie der Niereninfektion in allen Fällen anzuerkennen, vielmehr 
glaubt er, daß es sich oft nur um individuelle Insuffizienz und Inmaturität der 
Niere handelt. 

Vallana spricht über den Einfluß von Milchgenuß auf die Milchsekretion. Im 
Gegensatz zu anderen Beobachtern hat V. von einem täglichen Milchgenuß von 
1 V 2 Liter bei gesunden, gut genährten Säugenden keinen Einfluß auf die Milch¬ 
sekretion wahrnehmen können. 

Muggia berichtet Uber einen Fall von angeborener kompletter Paralyse aller vier 
Extremitäten. Es handelte sich um ein von gesunden Eltern stammendes Kind, 
das bei der Geburt 2,900 kg wog. Nach 2 Tagen bemerkte man, daß das Kind 
weder die oberen noch die unteren Glieder bewegen konnte. Alle sonstigen 
Körperfunktionen waren normal. Im Alter von 4 Monaten starb das Kind an 
Bronchitis. Autopsie konnte nicht gemacht werden. Nach Ausschluß aller sonst 
in Frage kommenden Möglichkeiten äußert M. die Vermutung, daß es sich um 
eine Aplasie des Rückenmarks gehandelt haben könne. F. 


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III. Aua Vereinen und Versammlungen. 


353 


Nürnberger med. Gesellschaft und Poliklinik. 

(Nach der Münchener med. Wochenschrift.) 

Sitzung vom 15. Januar 1903. 

Hein lein legt das Präparat eines mit dem Erfolg guter Beinfunktion wegen 
Tuberkulose resezierten Kniegelenkes eines 5jährigen Knaben vor, dessen Leiden 
auf 3 Jahre zurückdatiert, bei welchem sich eine rechtwinklige Beugekontraktur 
des Gelenkes entwickelt hatte und der Gang völlig unmöglich geworden war. 
Das Präparat hat insofern ein gewisses Interesse, als kleine käsige Zerfallsherde 
sich lediglich in den Mm. subcrurales genu und in und um den Schleimbeutel 
des M. semimembranosus in der Kniekehle fanden, während die Gelenkkapsel 
stark atrophiert, der Gelenkraum teilweise verödet sich darstellte und die resezierten 
knöchernen Gelenkenden vollends das Bild einer geheilten Tuberkulose darboten: 
die knorpelige Oberfläche der letzteren dunkler gefärbt und minder glänzend als 
normal, die Oberfläche ist uneben, zeigt dort, wo früher erweichtes Knochen- 
ge webe dem Druck des gegenüberliegenden gesunden Knochens nachgegeben hat. 
Einsenkungen, Vertiefungen, dazwischen auch wieder plane Flächen, an die 
Schliffflächen der deformierenden Gelenkentzündung erinnernd. 

Weigel demonstriert ein von ihm durch die Operation gewonnenes Präparat 
von akuter Darminvagination. 

Dasselbe stammt von einem Kind von 8 Monaten, das von der Mutter gestillt 
worden und angeblich stets gesund gewesen war; insbesondere soll es nicht an 
Darmkatarrhen gelitten haben. Die Erkrankung begann 4—5 Tage vor der 
Operation mit Erbrechen, blutigen Stühlen, Leibschmerzen und Meteorismus. Am 
Tage vor der Operation ging eine fetzige Membran ab. Auf Grund dieser 
Symptome und der in der linken Bauchseite fühlbaren wurstförmigen prallen 
Geschwulst wurde die Diagnose gestellt und durch die Operation bestätigt. Auch 
der ins Rektum eingeführte Finger fühlte hoch oben eine rundliche, pralle 
Resistenz, welche sich bei der Operation als das untere Ende des Invaginatums 
herausstellte. 

Die Operation ergab, daß das ganze Kolon und ein Teil des Ileums an 
der Invagination beteiligt war, welche bis ans untere Ende der Flexur reichte. 

Die Desinvagination gelang nur zum kleinen Teil, weil der Darm an 
mehreren Stellen gangränös und die sich berührenden Flächen mehrfach verklebt 
waren. Die Gangrän machte die Resektion des demonstrierten Stückes nötig, 
welches einen Teil des unteren Ileums, das ganze Kolon und einen Teil der Flexur 
umfaßte. Beim Aufschneiden des Präparates ergab sich, daß der vorausgehende 
unterste Teil des Invaginatums das Coecum und daß die Invagination zum Teil 
eine doppelte war. 

Sitzung vom 5. Februar 1903. 

Fla tau zeigt einen ringförmigen Prolaps der Harnröhrenschleimhaut eines 
7jährigen Mädchens. Der halbpflaumengroße Tumor drängte sich zwischen den 
Labien vor, blutete auf Berührung leicht, verursachte stetes Drängen zum 
Urinieren und Brennen während desselben. Die Diagnose war durch die in der 
Mitte des Tumors gelegene Harnröhrenmündung sofort klargestellt. Die Ätiologie 
wird in diesem Falle wohl in den schlechten Ernährungsverhältnissen des schwachen 
und muskelarmen Kindes gelegen haben, ferner in der gleichzeitig bestehenden 
hartnäckigen Verstopfung. F. steht ferner auf dem Standpunkte, daß für das 
Entstehen des Hamröhrenschleimhautprolapses die Situation und der Verlauf des 
Blasenhalses und seine Verhältnisse zur Harnröhre einen wichtigen Anteil hat. 
Auch in dem beobachteten Fall war die Symphyse besonders steil und die Harn¬ 
röhre lief fast senkrecht in die Höhe. Die einzige rationelle Therapie bei den 
Formen des großen und ringförmigen Prolapses ist die blutige Abtragung mit 
sorgfältiger Annähung des zentralen Mukosastumpfes an die vaginale Um¬ 
säumung der Mündung. Da es meist sehr stark blutet, so ist es rätlich, den 
Prolaps nicht mit einem Mal zu resezieren, sondern partienweise vorzugehen und 
bei jeder abgetrennten Stelle sofort mit Katgut zu vernähen. Nach der kleinen 
Operation zeigt sich nicht selten eine Inkontinenz, die indes nach kurzer Zeit 
spontan verschwindet. 

Sitzung vom 2. April 1903. 

Steinhardt spricht über Barlowsche Krankheit, besonders über die Sympto¬ 
matologie und Ätiologie derselben und teilt folgenden Fall mit: 

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354 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8. 


Kind M., 8 Monate alt, war im Alter von 3 Monaten an Magendarmkatarrh 
erkrankt gewesen und seitdem ausschließlich mit Allenbury s Milchnahrung er¬ 
nährt worden. Seit 4—5 Wochen bemerkt der behandelnde Arzt Schwellung des 
Zahnfleisches, seit 14 Tagen Schwellung beider Beine; Kind nimmt zusehends 
ab, ist blässer geworden, schreit viel, besonders beim Anfassen. Die Untersuchung 
der Brust- und Bauchorgane ergibt normale Verhältnisse. Am Skelett keine 
Zeichen von Rachitis. Stuhl immer in Ordnung; Urin stets frei von Blut. Die 
beiden oberen mittleren Sehneidezähne bereits durchgebrochen, das Zahnfleisch in 
der Umgebung derselben dick geschwollen, tief dunkelblau verfärbt, leicht blutend; 
in der Gegend der noch nicht sichtbaren unteren mittleren Schneidezähne ähnliche, 
aber weniger stark ausgeprägte Veränderungen wie oben. Intensive Schwellung 
des linken Oberschenkels, sowohl der Weichteile als auch des deutlich fühlbaren 
Knochens; keine Hautrötung; starke Druckempfindlichkeit Rechter Oberschenkel 
weniger geschwollen. Blasses Aussehen. Temperatur 39,5 °. Günstige hygienische 
Verhältnisse. — Auf sofortige Abschaffung der bisherigen Ernährung und Ver¬ 
abreichung roher, ungekochter Kuhmilch eklatante Besserung in wenigen Tagen 
und nach einigen Wochen vollständige Heilung. 

Steinhardt berichtet ferner über einen typischen Fall der sogenannten 
Winekelschon Krankheit (Cyanosis afebriäs icterica perniciosa cum haemoglolNituria) bei 
einem 10tägigen Kinde. Medikamente waren nie verabreicht worden; dagegen 
gibt die Mutter an, daß sie bereits 2 Kinder unter den nämlichen Erscheinungen 
verloren habe. Tod innerhalb 36 Stunden. 

Voit hat 2 Fälle von Möller-BaHowscher Krankheit gesehen: 

1. 1882 ca. 1 Jahr altes rachitisches Kind, seit der Geburt ausschließlich 
mit Wa f f 1 e r s Kinderzwieback ernährt. Schmerzhafte blutunterlaufene Schwellungen 
an den Epiphysen der unteren Extremitäten, vereinzelte Hautblutungen, Stomatitis 
ulcerosa mit Blutungen der Schleimhaut Heilung. 

2. 1896 13 Monate altes rachitisches Kind, seit der Geburt ausschließlich 
mit Gärtners Fettmilch genährt; hochgradige Anämie, Fieber, blutige Stuhl¬ 
gänge, Blut im Urin, starke Schwellung der Diaphyse der rechten Tibia, wahr¬ 
scheinlich durch periostale Blutung bedingt. Das Zahnfleisch leicht blutend; 
am Rücken vereinzelte Petechien. Vollständige Heilung nach 10 Wochen durch 
Anwendung gekochter Milch, Kindermehl, Spinat und Fleischbrühe. 

Hintner legt ein seltenes Präparat einer Herzmißbildung vor. 

Vollständiger Defekt des Septum ventricul. Aorta entspringt in der Mitte 
des Ventrikels und vorne, Arter. pulmonalis entspringt rückwärts und ist im 
Anfangsteil kaum für eine dünne Sonde durchgängig. Valvul. bicuspidalis normal 
entwickelt, ValvuL tricuspidalis fehlt. Beide Atrien entwickelt, miteinander durch 
eine dünne häutige Klappe verbunden; Septum atriorum als solches ebenfalls 
fehlend. Es würde sich wohl um ein Cor triloculare biatriatum handeln. 


IV. Personalien. 

Leipzig. Prof. Dr. Tillmanns, Direktor der Chirurg. Abteilung des Kinder¬ 
krankenhauses, zum Ehrenmitglied der American therapeutic Society ernannt. 

Wien. Prof. Dr. Eschetich zum Ehrenmitglied der American pediatric 
Society ernannt. 

Budapest. Dozent für Kinderheilkunde Dr. M. Szalardy zum Direktor des 
dortigen staatlichen Kinderasyls ernannt. 

— Chefarzt der Abteilung für Augenkranke des Ad öle Brody-Kinderspitals, 
Dr. M. Mohr, habilitiert als Dozent für Kinderheilkunde. 

Prag. Dr. 1 . Langer habilitiert für Kinderheilkunde an der deutschen Uni¬ 
versität. 

Lemberg. Dr. Fr. X. Lewkowicz habilitiert als Dozent für Kinderheilkunde. 

Toulouse. Dr. B6zy ernannt zum Professor für Kinderheilkunde. 

Neapel. Dr. A. Curcio habilitiert für orthopädische Chirurgie. 


Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetser in Sprottau. — Verlag von Johann 
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metsger & Wittig in Leipzig. 


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Central blatt für 

Kinderheilkunde. 

Eine Monatsschrift für praktische Ärzte. 
VIII. Jahrgang. 1. September 1903. No. 9. 


I. Originalbeiträge. 

(Aus dem Kinderspital München-Nord.) 
(Privatdozent Dr. Hecker und Privatdozent Dr. Trumpp.) 


Ein Fall von Henochscher Purpura. 

(Zugleich ein Beitrag zur Wirkung des Atropins.) 
Von 


Privatdozent Dr. Hecker. 


Der im folgenden wiedergegebene Fall erscheint mir in zweifacher 
Hinsicht mitteilenswert. Einmal wegen der relativen Seltenheit der¬ 
artiger Krankheitsbilder, zum andern wegen des Erfolges der dabei 
eingeschlagenen Therapie. Unter Henochscher Purpura versteht 
man heute eine von Henoch im Jahre 1868 zuerst beobachtete 
Affektion, bei welcher sich zu den schon vorhandenen Symptomen 
der Peliosis rheumatica — Blutflecken und Gelenkschwellungen — 
noch gewisse abdominale Erscheinungen, nämlich Erbrechen, Darm¬ 
blutungen und Kolik hinzugesellen. Charakteristisch in den 
Henoch sehen Fällen war das Auftreten der genannten Erscheinungen 
in Schüben mit mehrtägigen, wöchentlichen, ja selbst einjährigen 
Intervallen. Fieber war nicht konstant und hielt sich meist auf 
einer mäßigen Stufe. Erscheinungen am Herzen wurden nicht be¬ 
obachtet. Die Prognose möchte Henoch trotz des günstigen Aus¬ 
ganges fast aller seiner Fälle wegen der Möglichkeit einer Nephritis 
nicht absolut günstig stellen. 

Die Darmerscheinungen treten gewöhnlich mit größerer Heftig¬ 
keit auf und beherrschen dadurch eine Zeitlang das Krankheitsbild, 
insbesondere sind die Kolikanfälle äußerst schmerzhaft und schlaf¬ 
raubend. Die Stühle erscheinen entweder deutlich bluthaltig, schwarz 
oder nur orangenfarbig. Der Verlauf ist ein zwar sehr protrahierter, 
aber meist günstiger. Die Therapie ist eine recht unsichere. 
Henoch schien die Applikation eines Eisbeutels auf den Unterleib, 
Eismilch zur Nahrung und eine Mandel- und Öl-Emulsion, bei heftigen 
Schmerzen mit Zusatz von Extr. Opii (0,05:120,0) am besten zu 
wirken; von Ergotin und Eisen sah er keinen Erfolg. Seitz be¬ 
zeichnet es als charakteristisch für die Krankheit, daß die Therapie 
gegenüber dem eigenartigen Symptomenkomplex, sowohl den Schmerzen 
als auch den Rezidiven nicht viel zu leisten vermag. Er schließt 
sich den Henoch sehen Empfehlungen an und verweist bezüglich der 
medikamentösen Therapie auf die Purpura haemorrhagica: säuerliche 


Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII 


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356 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9. 


Mittel (Zitronensäure, Phosphor säure), China Dekokt 5°/*, Ergotin. 
dialys. 1 °/ 0 , Plumb. acet. mit Pulv. Opii aa 0,001 pro Dosi, Liqu. 
ferri sesquichl. l°/ 0 , gegen Magendarmblutungen speziell Irrigationen 
mit l l 2 °/ 0 iger Plumb. acet.-Lösung. Bendix empfiehlt bei Magen¬ 
darmblutungen Injektionen von 5°/ 0 Gelatine; Fischei eine 2—5°/oige 
Lösung innerlich. 

Derartige Fälle von Purpura rheumatica, bei denen es zu 
Blutungen auf die Magendarmschleimhaut kommt, sind wie gesagt 
selten. Sie als eine eigene Krankheitsform abzutrennen, rechtfertigt 
sich nur durch die in der Regel beobachtete Schwere des Allgemein¬ 
zustandes, die bei rheumatischer Purpura sonst wohl nicht beobachtet 
wird und ferner durch das in den Vordergrundtreten der Darm¬ 
erscheinungen, die dann, ähnlich wie die Basilarmeningitis vielen 
Fälle akuter Miliartuberkulose, der Erkrankung ihren Stempel auf¬ 
drücken. 

Die Krankengeschichte meines Falles ist auszugsweise folgende: 

Anamnese: 9jähriger bis dahin gesunder Knabe. Der Vater gibt mit 
Genugtuung an, daß sein Sohn sehr gern und auch ziemlich viel Bier (bis zu 
einem Liter pro Tag) trinke. Nach mehreren Diätfehlern erkrankte der Knabe 
am 29. VIII. 1902 mit Fieber, Appetitlosigkeit und einer schmerzhaften 
Schwellung am rechten Fußgelenk. 

Status praesens. 30. VIII. Kräftig gebauter und gutgenährter Knabe. 
Temperatur 39°. Die Gegend des rechten Fußgelenkes stark geschwollen und 
gerötet. Auf Druck sehr empfindlich. In der Mitte des rechten Oberarmes findet 
sich eine pflaumengroße Schwellung, über welcher die Haut gerötet, schmerzhaft 
und wenig verschieblich ist. In der Haut beider Unterschenkel zahlreiche 
bis linsengroße, dunkelrote Flecken, die auf Fingerdruck nicht ver¬ 
schwinden. Mundhöhle und Bachen ohne Blutungen, Zahnfleisch intakt. Innere 
Organe ohne pathologischen Befund. Diagnose: Purpura rheumatica. Ordination: 
Milch- und Suppendiät, Natr. salycil. 0,5 3 mal täglich, äußerlich Ichthyolvasogen. 

81. VIII. Neue Schwellungen am linken Oberarm und Unterschenkel. Tem¬ 
peratur 38,3°. 

1. IX. Frische Blutungen an den Nates und am Penis. Große Schmerz¬ 
haftigkeit der oberen Lendenwirbel. Temperatur 38,6°. 

3. IX. Seit gestern fieberfrei. Keine neuen Blutungen oder Schwellungen; 
Fußgelenk schwillt ab. Seit heute absolute Appetitlosigkeit und häufiges 
Erbrechen. Ordination: Salyzil ausgesetzt, halbstündlich etwas Eismilch. 

5. IX. Immer noch anhaltendes Erbrechen grünlicher Massen, Eiswasser und 
Eiweisswasser-Diät 

7. IX. Erbrechen hat seit heute aufgehört. 

8. IX. Ausgesprochene Appetitlosigkeit, Ekel vor jeder Nahrungsauf¬ 
nahme. Seit dem Morgen heftige Kolikschmerzen, besonders in der Gegend 
über dem Nabel; daselbst auch Druckempfindlichkeit. Abends plötzlich dunkel¬ 
rotes, zum Teil geronnenes Blut im Stuhle; dieser unter heftigen Schmerzen 
entleert Pat. macht den Eindruck eines Schwerkranken. Ordination: Eisblase, 
Eiswasser, Tr. Opii. gtt. VI. 

9. IX. Morgens. Leibschmerzen unvermindert. Neuerliche Darmblutung. 
Temperatur 37,4°; Puls 134. Eine d arge reichte Lösung von Ergotin 2,0 c. Tr. 
cinnamomi. 50,0; wird erbrochen, ebenso eine 10°/ 0 ige Gelatinelösung. Tr. Opii 
gtt. 8. Abends. Blutiger, unter heftigen Schmerzen entleerter Stuhl. Große 
Leibschmerzen. Kein Fieber. 

10. IX. Morgens 5 Uhr zum Pat. gerufen. Derselbe windet sich vor Leib¬ 
schmerzen laut stöhnend im Bett; sieht merklich verfallen aus. Enge Pupillen. 
(Opium!) Puls 164! Temperatur 37,6. Injektion von 0,0003, Atropin, sulfur. 
(3 Striche einer Lösung von Atropin. 0,01; aqu. dest. 10,0.) Die Wirkung der 
Injektion ist eklatant Im Verlaufe einer Viertelstunde, während welcher 
sich die Pupillen allmählich erweitern, beruhigt sich Pat. vollständig, die Leib¬ 
schmerzen lassen nach. 


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I. Originalbeitrfige. 


357 


Vormittags 10 Uhr: Pat. ist vollkommen schmerzfrei; kurz vorher wurde 
ohne Schmerzen hellbrauner, anscheinend blutfreier Stuhl entleert. Puls 134. 

Abends wiederum Leibschmerzen, aber von viel geringerer Intensität als am 
Morgen. Im Stuhl etwas Blut. Zweite Injektion von 0,0003 Atropin. Gleich¬ 
zeitig Injektion von 30cbcm 10°/ 0 Gelatinelösung. 

11. IX. Ausgezeichnete Nacht. Pat. schlief ohne alle Schmerzen ganz durch. 
Puls 112. Temperatur 37,2. Abends Wohlbefinden. 

12. IX. Nach einer guten Nacht und einem ebenso verlaufenen Tag ist 
das Allgemeinbefinden abends wieder weniger gut. Frische Petechien an der 
Bauchhaut, am linken Ellbogen und rechten Fuß. Keine Darmblutung. Etwas 
Leibschmerzen, die durch eine dritte Atropininjektion sofort beseitigt werden. 
Ziemlich heftige Schmerzen an der geschwollenen, nicht geröteten Einstichstelle 
der Gelatineinjektion. Appetitlosigkeit hält an. Innerlich Gelatinelösung 1 E߬ 
löffel. Diese wird jetzt nicht mehr erbrochen und einige Tage noch weiter gegeben. 

13. IX. Vorzügliche Nacht. Keinerlei Schmerzen mehr. Puls 92. Tempe¬ 
ratur 37,2. Zwei dünne, braune, anscheinend blutfreie Stühle. 

Von diesem Tage ab besserte sich das Allgemeinbefinden ganz langsam, aber 
stetig. Koliken oder Darmblutungen wurden nicht mehr beobachtet. Am hart¬ 
näckigsten blieb die Appetitlosigkeit bestehen. Dagegen traten im Verlaufe der 
nächsten 3 Wochen 2 mal frische Petechien an den früher befallenen Stellen ohne 
jede Nebenerscheinung auf. Am 12. X. konnte Pat. geheilt entlassen werden. 

Während der ganzen Zeit zeigte das Herz keinerlei besondere Erscheinungen; 
auch die Mundhöhle blieb vollkommen unbeteiligt. Im Urin niemals Eiweiß, 
Zucker- oder Blutbestandteile. 

Aus der Krankengeschichte geht zunächst deutlich hervor, daß 
wir es wirklich mit einem Analogon jener von Henoch beschriebenen 
Fälle von Purpura mit abdominalen Symptomen zu tun haben. Eine 
akute Purpura rheumatica wird durch Hinzutreten von schweren ab¬ 
dominalen Symptomen, Anorexie, Erbrechen, Koliken und Darm¬ 
blutungen zu einer eigenartigen Erkrankung umgewandelt. Das nur 
anfangs bestehende und mäßige Fieber, die Nichtbeteiligung des Herzens, 
der negative Urinbefund lassen eine Sepsis ausschließen. Die in¬ 
testinalen Erscheinungen setzen am fünften Krankheitstage mit Appetit¬ 
losigkeit und Erbrechen ein. Letzteres hält hartnäckig 3 Tage an. 
Am neunten Krankheitstage erst erscheinen heftige Kolik- und Darm¬ 
blutungen. Die Schmerzen erreichen ihren Höhepunkt am 14. Krank¬ 
heitstage, 7 Tage nach dem ersten Erbrechen. Während der Zeit 
der Darmblutungen sistiert das Aufschließen von Hämorrhagien in 
der Haut. Das von Henoch als charakteristisch bezeichnete Auf¬ 
treten der Symptome in Schüben zeigt sich deutlich nur bei den 
Petechien in der Haut, von denen im ganzen vier größere Eruptionen 
beobachtet werden, während der abdominale Symptomenkomplex fast 
wie mit einem Schlage zum Stillstand kommt. Ich glaube dies als 
Wirkung der Therapie auffassen zu dürfen. 

Diese war anfänglich ebenso unsicher als erfolglos. Die Salizyl¬ 
säure blieb gegen die Gelenkschwellungen und Blutungen ohne Wirkung; 
weder Koliken- noch Darmblutungen erfuhren durch Opium, Eisblase, 
Eiswasser u. s. w. auch nur die geringste Besserung. Ergotin und 
Gelatine per os werden erbrochen. Erst durch Atropin wird das 
Bild wie mit einem Zauberschlage verändert. Die qualvollen 
Schmerzen hören innerhalb weniger Minuten auf. Der Kranke, der 
sich vorher mit schmerz verzogenem Gesicht im Bette wälzte, liegt 
ruhig und zufrieden da; kurze Zeit darauf entleert er im Gegensatz 
zu den schmerzhaften und blutigen Defäkationen der letzten Tage 
ohne alle Beschwerden blutfreien Stuhl. Zwar folgen noch zwei 

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358 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9. 


schwache Attacken von Blutstuhl und Kolik, diese werden aber durch 
je eine Atropininjektion wieder prompt beseitigt. Auf die Haut¬ 
blutungen hatte das Atropin scheinbar keinen Einfluß. 

Die Wirkung des Atropins richtet sich in erster Linie auf die 
Bewegungen des Darmes. Die unregelmäßige und krampfhafte Peri¬ 
staltik wird vermindert; sie wird nicht gelähmt, sondern wie der bald 
darauf entleerte und gut geformte Stuhl zeigt, zu gleicher Zeit nach 
der Richtung normaler Kontraktionen hin angeregt, reguliert. 

Neben dieser krampfstillenden und regulierenden Wirkung offenbart 
sich aber auch meines Erachtens in diesem Falle das von Hagen 
angeführte Symptom der Atropindarreichung: die Verengerung der 
Mesenterialgefäße, wodurch es zum Stillstand der Darmblutung kommt. 
Die Blutungen in die Darmschleimhaut sind wohl das Primäre; durch 
sie wird reflektorisch der Krampf der Darmmuskulatur erzeugt. 
Würde das Atropin nur krampfstillend wirken, dann müßte nach wie 
vor Blut im Stuhl zum Vorschein kommen. In dieser ischämisierenden 
Wirkung auf die Mesenterialgefäße liegt das Spezifische in der An¬ 
wendung des Atropins bei He noch scher abdominaler Purpura. Ein 
strenges Diätregime ist dabei selbstverständlich trotzdem notwendig. 
Das Atropin erschien mir in diesem Falle nahezu lebensrettend, 
denn hätten die Blutverluste noch eine Weile fortbestanden, so wäre 
der schon sehr entkräftete Körper vermutlich unterlegen. Der voraus¬ 
gegangene gewohnheitsmäßige Alkoholgenuß des Knaben mag wohl 
das seine zu dem raschen Verfall beigetragen haben. 

Von der Wirkungsweise der Gelatine bekam ich in diesem Falle 
kein recht klares Bild. Innerlich gegeben, wurde sie auf den Höhe¬ 
punkt der Krankheit sofort erbrochen und die Einspritzung machte 
ich erst, nachdem das Atropin schon seine Wirkung getan. 1 ) Bemerkens¬ 
wert war die große und mehrere Tage anhaltende Schmerzhaftigkeit 
der Injektionsstelle, obwohl dieselbe keinerlei Rötung oder Infiltration 
zeigte. 


II. Referate. 

Ernst Burckhardt. Über paroxysmale Hämoglobinurie. 

(Jahrbuch für Kinderheilkunde Bd. 57, Heft 5.) 

B. hatte Gelegenheit, einen exquisiten Fall von paroxysmaler 
Hämoglobinurie bei einem 6 Jahre alten Knaben zu beobachten. Die 
dabei angestellte Untersuchung ergab, daß während des Anfalles 
primäre Hämoglobinämie vorhanden war. Bei drei Anfällen wurden 
J / 2 —2 Stunden nach Beginn der ersten Erscheinungen durch Einstich 
mit einer Glasspritze in die Vena cubiti ca. 2—3 cbcm gewonnen, 
sofort zentrifugiert, bis das Serum vollkommen klar abgeschieden war. 
Alle drei Versuche ergaben deutliche Rotfärbung des Serums. Spektros¬ 
kopisch war Oxyhämoglobin nachzuweisen. 4malige Untersuchung 
des Blutes in der anfallsfreien Zeit auf gleiche Weise zeigte jedesmal 
klares, gelbes, hämoglobinfreies Serum. Eine an beiden Ohren während 
eines Falles symmetrisch auftretende oberflächliche Gangrän lehrte, daß 


*) Jedenfalls wird sie neben dem Atropin zu versuchen sein. 


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II. Referate» 


359 


die Attacke mit einer Störung der Vasomotoren verknüpft war. Ausgelöst 
wurden die Anfälle jedesmal nur durch Kälte, nicht aber durch Muskel¬ 
tätigkeit. B. versuchte des weitern an dem Pat. den Anteil, den die 
Kälte und Stauung in ihrer Einwirkung auf das zirkulierende Blut hat, 
und fand, daß Kälteeinwirkung auf die Hautoberfläche Hämoglobinämie 
mit darauffolgender Hämoglobinurie hervorruft. Stauung bewirkt eben¬ 
falls schwache Hämoglobinämie, ohne daß Hämoglobin im Harn auftritt. 
Wirksam ist dabei die mit der Stauung verbundene Temperaturherab¬ 
setzung, denn wird diese dadurch ausgeschaltet, daß die normale Körper¬ 
wärme künstlich erhalten wird, so zeigt sich keine Hämoglobinämie. 
Stauung mit Kälte kompliziert wirkt demgemäß intensiver, als jedes 
allein. Zum Auftreten der Krankheit gehört noch eine verminderte 
Widerstandsfähigkeit des Blutes durch akute oder chronische Infektions¬ 
krankheiten. Zusammenfassend gibt B. folgende allgemeine Definition 
zur Erklärung der Hämoglobinurie: die Kälte (in anderen Fällen 
abnorme Muskeltätigkeit) ruft auf Grund einer abnormen Erregbarkeit 
des vasomotorischen Systems bei dazu disponierten Individuen (Lues, 
Malaria) solche Veränderungen im Blut hervor, daß es anfallsweise 
zur Auslösung des Hämoglobins aus den roten Blutkörperchen und 
zur Eliminierung desselben durch die Nieren kommt. 

Hecker (München). 


J. Comby. Neue Fälle von infantilem Skorbut 

(Archives de med. des enfants, April 1903.) 

Der Kinderskorbut oder die Barlowsehe Krankheit gehört zu 
den oft verkannten Erkrankungen, was um so bedauerlicher ist, als 
in den beizeiten erkannten Fällen eine richtige Therapie wahre 
Wunder wirkt, während sonst die Kinder dem Tode entgegengehen 
können. Als ätiologisches Hauptmoment findet man in diesen Fällen 
die Tatsache, daß die Kinder ausschließlich mit verschiedenen Milch- 
und Mehlkonserven genährt werden. Gärtnersehe Milch, sterilisierte, 
maternisierte Milch können Skorbut bewirken und dürfte der Grund 


in den Veränderungen, welchen die Milch bei allen diesen Präparationen 
unterworfen ist, zu suchen sein. Als Hauptsymptome der Krankheit 
sind harte Schwellungen der Glieder, verbunden mit großer Schmerz¬ 
haftigkeit derselben (schmerzhafte Pseudoparaplegie) zu erwähnen, 
subperiostale Hämatome an den Tibien, Purpuraflecken und die 
klassischen Skorbutveränderungen des Zahnfleisches, bestehend in 
starker Schwellung, Ecchymosierung, Ulzerierung desselben mit Neigung 
zu Blutungen, doch treten diese Veränderungen an der Mundschleim¬ 
haut oft später hervor und die kleinen Pat. werden erfolglos auf 
Rheumatismus, Arthritis, Koxalgie, infantile Paralyse usw. behandelt. 

Die erfolgreiche Therapie des Zustandes besteht in Weglassen der 
Konservennahrung, Verabreichung von frischer gekochter Milch, von 
etwas Erdäpfelpuröe, Trauben- oder Orangensaft, Saft von rohem Fleische 
usw. Gleichzeitig harte Matratze und fleißiges Lüften des Zimmers. 

C. rät, bei allen mit sterilisierter Milch oder sonstigen industriellen 
Konserven ernährten Kindern auf der Hut zu sein, um gleich bei 
Auftreten der ersten Skorbutsymptome zweckentsprechend einschreiten 


zu können. 



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E. To ff (Braila). 

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360 


Centralblatt ftlr Kinderheilkunde. No. 9. 


E. Fuchsig. Zur Frage der diffusen septischen Magenblutungen. 

(Aus dem k. k. Kaiser Franz Joseph-Spital in Wien.) 

(Wiener klm. Wochenschrift 1903 No. 25.) 

Es gibt eine septische diffuse Magenblutung, die am häufigsten 
bisher bei Epityphlitis beobachtet worden ist. Aber auch im Ver¬ 
laufe anderer septischer Prozesse sah man schwere Magenblutungen 
auftreten, während die Sektion nur vereinzelte, manchmal gar keine 
Ulzerationen aufdeckte. F. erlebte bei einem an phlegmonöser 
Epityphlitis erkrankten 13jährigen Knaben eine solche tödliche 
Magenblutung. Es wurde die Schleimhaut mikroskopisch und histologisch 
genau untersucht. Die makroskopische Untersuchung ergab neben in 
der Schleimhaut liegenden, fast diffusen punktförmigen Hämorrhagien 
auch die als hämorrhagische Erosionen bekannten Epitheldefekte; 
wirkliche Ulzerationen fehlten. Dieser Befund wurde auch 
histologisch bestätigt. Es fehlten also Befunde, die als Folgen der 
fortschreitenden Selbstverdauung anzusehen wären, die Magen¬ 
blutungen mußten Folgen der septischen Intoxikation ge¬ 
wesen sein. Es ist also hier nicht etwa die Schleimhautnekrose 
das Primäre, sondern es greifen auch in der Magenschleimhaut, wie 
anderwärts bei septischen Blutungen, die Toxine die Gesäßwand an. 
Die Blutung ist also die primäre und oft auch einzige Sequenz der 
Toxinewirkung. Daß es in der Folge auch zur Geschwürsbildung durch 
die Wirkung des Magensaftes kommen kann, ist natürlich, da ja nur 
die intakte Zirkulation in der Magenwand die Selbstverdauung aufhält. 
Die Wirkung der Toxine auf die Kapillaren ist wohl so zu denken, 
daß die Alteration eine Durchlässigkeit der Kapillarschlingen für die 
roten Blutzellen bewirkt, die Blutung also als hochgradige Diapedese 
aufzufassen ist; unaufgeklärt bleibt noch, wie die ausgetretenen Blut¬ 
zellen auch durch die normale Schleimhaut an die Oberfläche gelangen, 
ebenso wie noch die Frage offen steht, warum es überhaupt zu dieser 
Art von Toxinewirkung kommt, da doch bei der Unzahl der septischen 
Erkrankungen diese diffusen Magenblutungen zu den Seltenheiten 
gehören. Grätzer. 


Samuel S. Adams. Septic Endocarditis. 

(Archives of Pediatrics, Dezember 1902.) 

Ulzeröse Endokarditis im Kindesalter gehört zu den Raritäten 
und verläuft fast ausnahmslos letal. Daß sie aber kein unwider¬ 
rufliches Todesurteil abgibt, beweisen die allerdings höchst spärlichen 
Heilungsberichte. Eine sorgfältige Durchsicht der einschlägigen 
Literatur hat unserem Autor 47 Fälle abgeworfen, sämtlich bei 
Kindern unter 14 Jahren, mit lediglich drei Heilungen. 

Sein eigener Fall betrifft ein ßjähriges, etwas schwächliches 
Mädchen, ohne hereditäre Belastung, mit negativer Anamnese bis 
ungefähr 4 Monate vor ihrer Aufnahme ins Hospital, als sie einen 
Malariaanfall überstanden hatte. Aufgenommen am 1. Dezember 1899, 
wieder wegen Malaria. Plasmodien im Blut nachgewiesen. Am 
15. Dezember hohes Fieber, Dyspnoe, vorübergehende Bewußtlosig- 


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II. Referate* 


861 


keit, Präkordialschmerz. Herzstoß diffus, wahrnehmbares Schwirren, 
wenig vergrößerte Dämpfung. Lautes präsystolisches Geräusch an 
der Spitze. Dasselbe besteht bis zum 18. Dezember und verschwindet 
alsdann. Ein blasendes systolisches Geräusch tritt auf. Der zweite 
Pulmonalton stark akzentuiert. Am 30. Dezember neuer Anstieg der 
inzwischen normal gewordenen Temperatur und gleichzeitiges Auf¬ 
treten eines deutlichen Doppelgeräusches an der Spitze. Stark ver¬ 
größerte Herzdämpfung. Mitunter stürmische Herzaktion. Häufiges 
Erbrechen, Schweiße, rote Flecken auf der Mundschleimhaut. Eine 
Blutprobe, mit dem Kulturverfahren behandelt, zeitigt zahlreiche 
Streptokokkenkolonien, nebst einem unbekannten Bazillus. 

Status am 10. Februar: Stark vergrößerte Herzdämpfung, hebender 
diffuser Stoß, lautes Geräusch an der Spitze, leichtes Reiben an 
der Basis. Nun erkrankte das Kind an Keuchhusten, gefolgt von 
Masern und kruppöser Pneumonie. Nachdem es diese überwunden 
hatte, wurde es von schweren Windpocken heimgesucht. Es genas 
auch diesmal und ist zur Zeit, wie Briefe in den Händen des Bericht¬ 
erstatters es schildern, ein gesundes, kräftiges Mädchen, tätig und 
lustig, dem keiner seine lange Leidensgeschichte ansieht. 

Leo Jakobi (New York). 


C. E. S. Flemming, Notes on three pathological specimens. 

(The Bristol medico-chirurgical Journal, September 1902, S. 222.) 

Bei der Autopsie des 6jährigen plötzlich verstorbenen Knaben 
fand sich eine abgebrochene Nähnadel, welche das Perikardium durch¬ 
drang und einen Einriß in die Pulmonalarterie gemacht hatte. Auf¬ 
fällig ist, daß das Kind die Nadel ohne Störung 2 Monate bei sich 
getragen hatte. Schreiber (Göttingen). 


Zuppinger. Zur Kenntnis der diffusen chronischen Myokarditis 

bei Kindern. 


(Archiv f. Kinderheilkunde Bd. 35, Heft 5 u. 6.) 


Zwei Fälle chronischer Myokarditis bei Kindern, von denen der 
eine im Gefolge einer schweren Rachendiphtherie 50 Tage dauerte, 
sich lange Zeit nur durch verlangsamten unregelmäßigen Puls und 
durch schlechte Füllung der Radialis kund gab und schließlich durch 
eine fieberhafte Bronchitis zu Ende ging, während der zweite Fall 
ein schweres und vielfach kompliziertes Leiden darrteilte, das sich 
im Anschluß an eine — wahrscheinlich kruppöse — Pneumonie ent¬ 
wickelte und über ein Jahr andauerte. Im Vordergrund der sub¬ 
jektiven und objektiven Krankheitserscheinungen standen Stauungs¬ 
symptome, und zwar von seiten der Leber, der Lungen und des 
Darmkanals; beiderseitige zeitweilig wechselnde Herzvergrößerung, 
Ödeme, ununterbrochener, quälender Hustenreiz, psychische Unruhe 
waren die hauptsächlichsten Symptome *im übrigen. 

Bezüglich der Therapie der prognostisch stets ungünstigen chro¬ 
nischen Myokarditis hält Z. für das wichtigste, im akuten Stadium 


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362 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9. 


lange und strenge Femhaltung aller erhöhten Anforderungen an das 
Herz zu beobachten; wochenlange absolute Bettruhe, entsprechend 
geregelte Diät und Vermeidung psychischer Aufregung. Sauerstoff¬ 
inhalationen können manchen Kindern vorübergehend rechte Erleichte¬ 
rung bringen. Hecker (München). 


A. Hecht. Über Sauerstoff inhalationen bei Kinderkrankheiten. 

(Archiv f. Kinderheilkunde, Bd. 57, Heft 1.) 

Neun diphtheritische Larynxstenosen wurden mit Sauerstoff be¬ 
handelt; davon zeigt sich nur bei zweien ein deutlicher Einfluß auf 
die Atmung, insofern die stockende Respiration wieder in Gang kam. 
Dagegen fiel die Pulsfrequenz ziemlich konstant ab, am ausgiebigsten 
im Schlaf. Die pulsverlangsamende Wirkung tritt nicht ein, wenn 
ein asphyktischer Anfall sich entwickelt. Meist schwindet auch die 
Cyanose, oder wird viel geringer, doch vollzieht sich das erheblich 
langsamer, als wenn durch irgend einen Zufall, z. B. durch einen 
Hustenstoß, die Luftwege frei werden. In schwerster Asphyxie mit 
maximal weiten Pupillen trat die günstige Wirkung der Inhalation 
auch durch rasche Verengerung der Pupillen zu Tage. Unverkennbar 
war bei vier Fällen von Bronchopneumonie die günstige Wirkung der 
Inhalation auf das Herz. 

Aus den Beobachtungen geht hervor, daß Tachykardie und ver¬ 
minderte Pulsspannung, wenn auch nur vorübergehend, durch Sauer¬ 
stoffinhalationen meist eine Besserung erfahren, ob nun Dyspnoe oder 
eine sonstige toxische Ursache diesem Zustand zu Grunde liegt. 
Merkwürdigerweise schwinden dabei die Zeichen der Dys¬ 
pnoe nicht, nur die Cyanose bessert sich. Der zugeführte Sauer¬ 
stoff kommt also zunächst dem Herzen zugute. Sauerstoffinhalationen 
sind daher bei Krupp, Pneumonie usw. stets dann angezeigt, wenn 
sich der Nachlaß der Herzkraft durch Tachykardie kund gibt. 

Hecker (München). 


J. Cassel. Statistische und ätiologische Beiträge zur Kenntnis 
der Herzfehler bei Kindern. 


(Zeitschr. f. klin. Medizin, Bd. 48, Heft 5 u. 6, 1903.) 

Die ebenso umfangreichen wie gewissenhaften Studien des Verf.s 
werden dem Praktiker nicht weniger wie dem Kliniker willkommen sein. 

Das von C. zusammengestellte und eingehend beleuchtete Material 
betrifft 107 von ihm beobachtete Fälle von Herzfehlern, die unter 
rund 20000 kranken Kindern gesehen wurden (also 0,5 °/ 0 der Fälle). 
Die Geschlechter schienen gleichmäßig beteiligt zu sein, da es sich 
um 57 Knaben und 50 Mädchen handelte. 25 Fälle entfielen auf 
das erste, 45, die höchste Zahl, auf das zweite und 35 auf das dritte 
Quinquennium. Von den 107 Fällen waren 26 angeboren, 77 er¬ 
worben, zweifelhaft für die Beurteilung 4. 

Die angeborenen Herrfehler (26 unter 107) bildeten mehr als 
ein Viertel aller Fälle. Die Feststellung, ob angeborener oder er¬ 
worbener Herzfehler, hat nicht etwa bloß ein wissenschaftliches, sondern 


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II. Referate. 


363 


wegen der beträchtlich ungünstigeren Prognose des Vitium cordis 
congenitum auch ein erhebliches praktisches Interesse. Nur ein 
kleinerer Teil der Träger des letzteren erlebt die Pubertätsjahre, 
ein verschwindend geringer das Mannesalter. 

Der alten Erfahrung entsprechend, daß von den in den ersten 
4 Lebensjahren beobachteten Herzfehlern die angeborenen die über¬ 
wiegende Mehrzahl bilden, findet sich auch durch das Material des 
Verf.s bestätigt, 19, also 2 / s der Fälle, gehörten dieser Altersklasse 
an, während von 77 erworbenen Herzfehlern nur sechs dieser Alters¬ 
klasse angehörten. Von den 26 Fällen betrafen 13 Fälle Knaben und 
13 Fälle Mädchen. Das am meisten charakteristische, weil ganz un¬ 
trügliche Symptom, das selbst beim Fehlen aller anderen Kennzeichen 
die Diagnose mit Sicherheit stellen läßt, ist die Blausucht, wenn es 
auch in manchen Fällen von angeborenen Herzfehlern fehlt. Unter 
26 Fällen fand sie sich 17 mal. Die Cyanose stellt sich häufig erst 
im späteren Kindes- oder Jünglingsalter ein. Weniger beweiskräftig 
ist der Trommelschlägelfinger, den man auch bei chronischen 
Lungenkrankheiten und bei der hypertrophischen Lebercirrhose bis¬ 
weilen vorfindet. Das Phänomen wurde in neun Fällen beobachtet, 
bei denen sämtlich zugleich Cyanose bestand. Abnorm laute systolische 
Herzgeräusche bei Säuglingen und kleinen Kindern sind ein nahezu 
untrügliches Zeichen für die kongenitale Natur eines bestehenden 
Herzaffektes. Der Timbre schwankt zwischen weichem Blasegeräusch 
und raschem, sägenden, zischenden, ja dröhnenden Klangcharakter. 
Alle diese Arten rauher Geräusche, so wie. die oftmals vernehmbaren 
musikalischen Geräuschphänomene sind, wenn sie bei Säuglingen und 
Kindern der ersten 2—3 Jahre Vorkommen, in diagnostischer Hinsicht 
von größter Bedeutung. Derartige systolische Geräusche wurden 
unter 26 Fällen bei 20 gehört, bei den übrigen sechs, von denen 
fünf an typischer Blausucht litten (der sechste betraf eine Dextro- 
kardie), wurden ganz reine Herzgeräusche wahrgenommen. Es be¬ 
stätigte sich also auch hier die öfters aufgestellte Behauptung, daß 
ein vitium cordis congenitum nicht ganz selten ohne Geräuschbildung 
am Herzen besteht. Systolisches Geräusch und Cyanose gemeinschaft¬ 
lich zeigten 12 Fälle. — Die Geräusche waren in acht Fällen über 
dem ganzen Herzen gleichmäßig stark, 6mal am lautesten über der 
Spitze, 5mal am ostium arteriosum dextrum, 1 mal am lautesten 
über dem Ost. arteriös, sinitr. Die Vergrößerung des Herzens gehört 
im Gegensatz zu den Befunden bei den erworbenen Herzklappenfehlern 
der Kinder nicht zu den konstanten Erscheinungen der angeborenen 
Anomalien, sie fand sich nur in 11 Fällen und betraf 8 mal — was 
charakteristisch für die angeborenen Herzfehler ist — die rechte 
Herzhälfte, die anderen 3 Male beide Hälften. Bei 14 Kindern konnte 
keine Vergrößerung nachgewiesen werden. 

Von den 77 Fällen mit erworbenen Herzfehlern betrafen 44 Knaben 
und 33 Mädchen. Es fallen hier im Gegensatz zu den angeborenen 
Herzfehlern nur sechs auf die jüngste Altersstufe, die andern auf die 
späteren Lebensjahre. 

Der akute Gelenkrheumatismus bildete die allerhäufigste Ursache 
der das Vitium veranlassenden Endokarditis (62 °/ 0 ). Es handelte 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9. 


sich im ganzen um 68 Fälle von Polyarthritis rheumatica acuta und 
sieben Fälle von akutem monartikulärem Rheumatismus, bei denen die 
Diagnose per exclusionem et ex juvantibus gesichert wurde, zusammen 
um 75 Fälle (42 Knaben, 35 Mädchen). Der Umstand, daß in den 
ersten 4 Lebensjahren der Gelenkrheumatismus eine äußerst seltene 
Beobachtung ist, erklärt wohl auch zum Teil die Seltenheit erworbener 
Herzfehler auf dieser Altersstufe, denn von 75 Fällen von akutem 
Gelenkrheumatismus blieben nur 24 von dieser Folgekrankheit frei. 

Ferner erörtert C. die Beziehungen zwischen Rheumatismus, 
Endokarditis und Chorea. Unter seinen Kranken waren im ganzen 
38 Fälle von Chorea, und zwar 11 Knaben und 27 Mädchen, nie 
konnte er Chorea bei Kindern unter 5 Jahren sehen. Von seinen 
38 Pat. hatten nur 15 nachweisbar an Rheumatismus gelitten; 
unter diesen wurde die Trias: Rheumatismus, Endokarditis, Chorea 
bei im ganzen 9 Kindern festgestellt. Von den 77 Kindern mit 
Herzklappenfehlern wurde bei zwölfen Chorea beobachtet. Nach 
anderen Infektionskrankheiten wurde Chorea 7mal, nach Trauma 
einmal beobachtet, dabei mit Klappenfehlern kombiniert nur 2mal, 
Chorea und Klappenfehler ohne andere Ätiologie fand sich noch 
einmal, Chorea ohne Klappenfehler und ohne sonstige Ätiologie 
14mal. Jedenfalls verdankt, wenn nicht die Mehrzahl, so doch ein 
großer Teil der Choreakranken das Übel anderen Ursachen als dem 
zumeist angeschuldigten Rheumatismus. Verf. macht übrigens darauf 
aufmerksam, daß in ‘manchen Familien eine gewisse Disposition zu 
rheumatischen Krankheiten und Chorea derart besteht, daß einzelne 
Familienmitglieder von der einen, andere von der anderen Affektion 
befallen werden. Während die Chorea minor in der Regel den bei 
Kindern üblichen milden Verlauf von 6—8—12 wöchentlicher Dauer 
nimmt, hatte C. auch Gelegenheit, in zwei Fällen die in Deutschland 
so seltene Form der Chorea paralytica zu beobachten. 

Von anderen Affektionen, die nun den rheumatischen zu¬ 
zuzählen geneigt sind, beobachtete Verf. 15 Fälle von Purpura simplex 
(einer mit Endokarditis, ein anderer mit Chorea einhergehend, während 
bei 12 Fällen von Peliosis rheumatica, 11 von Morbus maculosus 
Werlhofii und 19 von Erythema nodosum kein einziges Mal eine 
Komplikation mit Endokarditis oder Chorea gesehen wurde. 

Da die Gonorrhoe Erwachsener nicht so ganz selten zu Endo¬ 
karditis schwachen Grades führt, so wurden alle gonorrhoischen 
Kinder (71 Mädchen und 11 Knaben) nach dieser Richtung sorgfältig 
untersucht, aber stets mit negativem Resultat. Die anderen Infektions¬ 
krankheiten spielen für die Ätiologie der Endokarditis bei weitem 
nicht die Rolle, wie der Rheumatismus, relativ die hervorragendste 
noch der Scharlach (bei C. aber auch nur 4mal); Masern und Ab¬ 
dominaltyphus sind äußerst selten mit Endokarditis kompliziert. 

Bei den kindlichen Klappenfehlern ist die Mitralis am häufigsten 
betroffen (unter 77 Fällen 7 3 mal). 58 mal fand sich Insuffizienz, 
12 mal Stenose und 3 mal Insuffizienz und Stenose gemeinschaftlich. 
Präsystolische Geräusche wurden nicht vor dem siebenten Lebens¬ 
jahre an der Herzspitze gehört. Fehler am Ostium der Aorta wurden 
nur 4 mal konstatiert (3 mal Insuffizienz, lmal Stenose). 


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II. Referate. 


365 


Einiges Interesse verdient die Tatsache, daß neben frischer und 
rekurrierender Endokarditis im ganzen 7 mal exsudative Pleuritis (5 mal 
links, 2 mal rechts gesehen wurde. In drei Fällen wurde neben dem 
Klappenfehler eine cerebrale Hemiplegie, wohl sicher embolischen 
Ursprungs, festgestellt. 

Von den 77 Kindern mit erworbenen Klappenfehlern sind 20 
noch am Leben und erfreuen sich ungestörter Gesundheit, 13 sind 
gestorben, das Schicksal der übrigen ist unbekannt. Jedenfalls geht 
daraus eine Bestätigung der alten Annahme hervor, daß bei jugend¬ 
lichen Individuen Heilungen von Klappenfehlern nicht allzu selten 
Vorkommen. Eschle (Sinsheim). 


S. Middelton. Child with cardiac affection, the nature and 
causation of which are in doubt 
(The Glasgow medical jouraal, Oktober 1902, S. 292.) 

Bei dem 8jährigen Knaben, der früher Masern und Keuchhusten 
überstanden hatte, wurde zufällig ein Herzfehler entdeckt. Subjektive 
Erscheinungen seitens des Herzens bestanden nicht, nur zuweilen soll 
etwas Cyanose des Gesichts vorhanden gewesen sein. Über dem 
Herzen bestand ausgedehnte Pulsation, aber kein Schnurren. Der 
Spitzenstoß war im vierten Interkostalraum neben der Warze zu 
f ühlen. Die Herzdämpfung reichte links bis zur Mammillarlinie, nach 
oben bis zum zweiten Interkostalraum, nach rechts 2,5 cm über die 
Mittellinie. Über dem Herzen hörte man, am lautesten an der Trikuspidalis, 
ein systolisches Geräusch, das an der Spitze nur schwach hörbar, an 
der Aorta und der Pulmonalis deutlicher, aber an der letzteren eben¬ 
falls schwächer hörbar ist. Das Geräusch pflanzt sich nach oben nicht 
fort. Das Lungen waren frei. Urin normal. Das Geräusch spricht 
für einen Trikuspidalinsuffizienz, doch fehlen die anderen Erscheinungen 
und besonders ein ätiologisches Moment, M. denkt an eine kongenitale 
Mißbildung des Ventrikelseptum, wenn auch die Cyanose nicht so aus¬ 
gesprochen ist und das Geräusch nach oben nicht fortgeleitet wird. 

Schreiber (Göttingen.) 


W. Carr. Contrasts between certain common diseases in 
children and adults. 


(The Edinburgh medical jouraal, Oktober 1902, S. 305.) 

Nach einer allgemeinen Übersicht über die Symptomatologie ver- • 
schiedener Erkrankungen bei Erwachsenen und Kindern, geht C. auf 
einzelne Krankheiten genauer ein und bespricht zunächst die Unter¬ 
schiede zwischen dem Auftreten des akuten Rheumatismus in beiden 
Lebensaltern und betont besonders, daß bei Kindern weit häufiger 
Gelenkaffektionen fehlen und statt dessen Herzaffektionen auftreten. 
Auch soll bei Rheumatismus im Kindesalter das Salyzil nicht so gut 
wirken. Bei der Besprechung der Tuberkulose hebt er hervor, daß 
der Ausgangspunkt derselben variiere, und daß die Ausbildung der¬ 
selben im kindlichen Alter schneller vor sich gehe. Damit hängt 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9. 


wohl zusammen, daß Kavernenbildung im kindlichen Alter seltener 
ist, und daß die objektiven wie subjektiven Symptome der Tuberkulose 
verschieden sind. Von den Erkrankungen des Herzens sind die an¬ 
geborenen dem kindlichen Lebensalter eigen, und von akquirierten 
Herzfehlern ist der häufigste der Mitralfehler. Bei den Erkrankungen 
des Magendarmkanals betont er mit Recht die oft im Gegensatz zu 
der geringen Lokalerkrankung auffällig schweren Allgemeinerschei¬ 
nungen, während bei Typhus ein umgekehrtes Verhältnis herrscht. 

Schreiber (Göttingen). 


C. Hochsinger. Diagnostische Betrachtungen über drei seltene 
Formen infantiler Kardiopathien. 

(Jahrbuch für Kinderheilkunde, Bd. 57, Heft 1.) 

Im ersten Falle handelt es sich um einen 9 Jahre alten Knaben 
mit Cor bovinum acquisitum. Der Kranke zeigte Abflachung der 
rechten und Vorwölbung der linken Thoraxhälfte, rhytmische herz¬ 
systolische Einziehungen an der linken vorderen und seitlichen Brust¬ 
wand, bei denen auch der Schwertfortsatz mit beteiligt ist; ferner fühl¬ 
bares systolischdiastolisches Schwirren, enorme Vergrößerung des 
Herzens in beiden Anteilen, Dislokation nach links und Querlagerung 
(Röntgenaufnahme). Die Diagnose lautete: Schwielige, tuberkulöse 
Mediastinoperikarditis mit Obsoleszens des Herzbeutels und Ver¬ 
wachsung desselben mit der Brustwand. Enorme Herzhypertrophie 
mit Insuffizienz der Mitral- und Aortenklappen, Verschiebung des 
hypertrophischen Herzens nach links und Fixiertbleiben desselben in 
der abnormen Lage durch tuberkulöse Schwarten. Obsolete tuber¬ 
kulöse Pleuritis. 

Der zweite Fall betraf einen 13 Jahre alten Knaben: exzessive 
dilatatorische Hypertrophie beider Herzventrikel (Cor bovinum); systo¬ 
lisches Schwirren im zweiten Interkostalraume mit stark abklappendem 
zweiten Pulmonalton; weit nach links vom Sternum reichende Dämpfung, 
die der Herzdämpfung kappenförmig aufgesetzt scheint. Diese Symp- 
tomenkette entspricht einem offen gebliebenen Ductus arteriosus 
Botalli. Aus der linksseitigen Herzhypertrophie und dem kleinen 
Kruralpuls schließt H. auf eine angeborene Stenose des Isthmus 
der Aorta. Das Vorhandensein eines Kollateralkreislaufes wird durch 
das Röntgenbild wahrscheinlich gemacht, in welchem scharf begrenzte, 
seitlich vom Schlüsselbeinrande verlaufende, nach abwärts ziehende 
Streifen auf eine erweiterte Arteria mammaria interna deuten. 

Der dritte Fall zeigt ein sehr kompliziertes Symptomenbild, be¬ 
züglich dessen ich auf das Original verweise; es führte zur Annahme 
einer fehlerhaften Septierung des Truncus arteriosus com¬ 
munis: Transposition der Arterienursprünge mit rudimentärer Ent¬ 
wicklung des Aortenanfanges und vikariierender Erweiterung der 
Pulmonalis bei gleichzeitig offenem Ductus Botalli. 

Hecker (München). 


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II. Referate. 


367 


Paul Geipel. Weitere Beiträge zum Situs transversus und zur 
Lehre von den Transpositionen der großen Gefäße des Herzens. 

(Archiv für Kinderheilkunde Bd. 35, Heft 3 u. 4.) 

Ein Fall von partiellem Situs solitus (einkammeriger Bau 
des Herzens) bei Anlage des Gesamtorganismus im Sinne des Situs 
transversus. Auffallend war dabei die stark poröse Herzmuskulatur. 
Ein Fall von partiellem Situs transversus: Lagerung von Magen 
und Milz im rechten Hypochondrium, partieller Situs transversus der 
Leber, Dickdarm in linker Leibeshälfte, multiple Obliterationen des 
Dünndarms, Achsendrehung. Eine eigentliche fötale Peritonitis war 
dabei nicht vorhanden. Weiterhin das Herz eines 25jährigen Mäd¬ 
chens mit einer sogenannten korrigierten Transposition der 
großen Gefäße (Aorta links vorn, Pulmonalis rechts hinten). Die 
interessanten anatomischen und entwickelungsgeschichtlichen Aus¬ 
führungen des Verf. über diese Fälle sind nicht zu kurzem Referat 
geeignet. Hecker (München). 

De la Camp. Familiäres Vorkommen angeborener Herzfehler, 
zugleich ein Beitrag zur Diagnose der Persistenz des Ductus 

arteriosus Botalli. 

(Aus der II. med. Universitätsklinik in Berlin.) 

(Berliner klin. Wochenschrift 1903 No. 3.) 

Bei 6 Geschwistern ein übereinstimmendes, wenn auch nicht gleich 
stark und völlig gleichartig entwickeltes Krankheitsbild, dessen Symp¬ 
tome aber sämtlich auf das Vorhandensein eines offenen Duktus allein 
hinwiesen. Dafür sprach die links neben dem Sternum der Herz- 
dämpfung aufgesetzte unregelmäßige, schmale Dämpfung, über der 
ein (schräg verlaufendes) systolisches Schwirren und der verstärkte 
Pulmonalklappenschluß fühlbar, ein systolisches Geräusch, das sich 
in die Aortenbahn ebenso wie in die Lungengefäße fortpflanzt, und 
ein verstärkter zweiter Pulmonalton hörbar ist, ferner die Hyper¬ 
trophie des rechten Herzens, die fehlende Cyanose, die nur während 
der jeweiligen eigentümlichen Anfälle auftritt (auch Trommelschlägel¬ 
finger fehlen) und nicht am wenigsten das eigentümliche Röntgenbild, 
das sich zeigte. 

Jedes hereditär wichtige Moment in der Aszendenz fehlte. Eltern 
und Großeltern waren nicht blutsverwandt, keinerlei Anomalien, auch 
keine erworbenen oder angeborenen Herzfehler lagen vor, auch Lues 
war nicht nachweisbar. Gr ätz er. 


E. Dokuszajewa, Über die Bedeutung der Ungleichheit des Pulses 


für die Diagnose der Persistenz des Ductus arteriosus Botalli. 


(BolnitschDaja Gaseta Botkina 1903 No. 1.) 


Bereits im Jahre 1891 machte Dr. D. Sokoloff auf ein Symptom 
aufmerksam, welches die Diagnose des Offenbleibens des Ductus arte¬ 
riosus Botalli schon intra vitam bedeutend zu erleichtern vermag 


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368 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9. 


und sogar die Richtung erkennen läßt, in welcher sich das Blut bei 
persistierender Kommunikation zwischen Aorta und Art. pulmonalis 
hinbewegt. Es handelt sich nämlich um Ungleichheiten des Pulses 
an den symmetrischen peripheren Arterien der oberen Körperhälfte. 
Das bezeichnete Symptom ist bisher völlig unbeachtet geblieben, und erst 
die Verfasserin der in der Überschrift genannten Arbeit lenkt wiederum 
die Aufmerksamkeit auf diese Erscheinung. In ihren beiden Fällen 
bestand das Grundleiden in einem Offenbleiben des Ductus arteriosus 
Botalli infolge von angeborener Stenose des Pulmonalostiums. Das 
klinische Bild setzte sich zusammen: 1. aus einer bedeutenden Hyper¬ 
trophie des rechten und einer geringem des linken Ventrikels; 2. aus 
einem lauten, die Systole und Diastole umfassenden Geräusch, das 
besonders deutlich über dem Sternum, über der Ansatzstelle des 
vierten Rippenknorpels, zu hören war, und 3. aus einer Ungleichheit 
in der Stärke des Pulses an den peripheren Arterien des Kopfes 
und der oberen Extremitäten rechts und links. Der Umstand, daß 
die Pulswelle in den symmetrischen Arterien der obern Körperhälfte 
von ungleicher. Stärke war, findet seine Erklärung darin, daß infolge 
der vorhandenen Kommunikation ein Teil des Blutes aus der Aorta 
in die Arteria pulmonalis übertrat; demgemäß sank auch, der im 
Aortensystem herrschende Blutdruck, und in die linke Karotis und 
Subklavia gelangte eine geringere Blutmenge als in den Truncus 
anonymus, was eine geringere Spannung und einen schwächern Puls 
in den peripheren Arterien links bedingte. Entsprechend der ver¬ 
minderten Blutmenge war auch die linke Körperseite im Vergleich mit 
der rechten ungenügend ernährt und in der Entwickelung weit zurück¬ 
geblieben. A. Dworetzky (Moskau). 


A. Jacquier. Vorübergehende Verlangsamung und Arythmie 
des Pulses beim Kinde. 

(Inaugural-Dissertation, Paris, April 1902.) 

Langsamkeit und Arythmie des Pulses ist bei Kindern kein 
seltenes Vorkommnis und man darf aus diesen Symptomen keine 
allzu pessimistischen Schlüsse ziehen. In der Rekonvaleszenz nach 
fieberhaften Krankheiten ist sehr oft ein verlangsamter und unregel¬ 
mäßiger Puls zu beobachten und sogar als ein gutes Zeichen an¬ 
zusehen; fehlt er, so sind Rezidive zu befürchten. In anderen 
Fällen findet man als Ursachen der in Rede stehenden Pulsverände¬ 
rungen: verschiedene Vergiftungen, Erkrankungen des Magendarm¬ 
traktes, Würmer, Anämie, rasches Wachstum, Neurosen (Chorea, 
Hysterie, Urininkontinenz) usw. In allen diesen Fällen handelt es 
sich um vorübergehende Störungen der Herzinnervation auf direktem 
oder reflektorischem Wege. E. To ff (Braila). 


W. v. Starck. Zur Kenntnis des Vorko mm ens des Stokes- 
Adam sehen Symptomenkomplexes im Kindesalter. 

(Monatsschrift für Kinderheilkunde, 1903, April). 

Ein bis dahin ziemlich gesunder öjähriger Knabe wird plötzlich 
von Ohnmacht, dann allgemeinen Krämpfen und Bewußtlosigkeit be- 


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IL Referate. 


369 


fallen. Pat. behält intensive Kopfschmerzen zurück, es findet sich 
hochgradige Pulsverlangsamung und leichte Benommenheit. Man 
mußte an den Beginn einer Meningitis denken. Lumbalpunktion fällt 
völlig negativ aus. Der Puls bleibt dauernd zwischen 28—44 (meist 
36), es ist zunehmende Vergrößerung der Herzdämpfung zu konstatieren. 
Die Anfälle, wie im Beginn des Leidens, wiederholen sich noch 2 mal, 
bei einem vierten Anfall, der 5 Monate nach dem ersten auftritt, 
erfolgt Exitus letalis. Bei der Sektion ergeben sich als wesentliche 
Befunde: Erhebliche Hypertrophie des Herzens, hochgradige Schwellung 
der Bronchialdrüsen, allgemeine Hyperplasie des lymphatischen Appa¬ 
rates; nichts, was die Erscheinungen in vivo, nichts, was den plötz¬ 
lichen Tod erklären konnte. 

Der Fall entsprach ganz dem Krankheitsbilde, welches C har cot 
mit dem Namen „Pouls lent permanent avec attaques syncopales et 
öpileptiformes“, Huchard später als Stokes- Ad am sehe Krankheit 
bezeichnete. Ätiologisch macht Verf. die doppelseitige Bronchial¬ 
drüsentumoren verantwortlich, welche eine Vaguskompression ver- 
anlaßten. Daß letztere Langsamkeit des Pulses, Ohnmachts- und 
epileptiforme Anfälle hervorrufen kann, lehren andere Beobachtungen. 

* Grätzer. 


Arthur Bär. Schwellung der peripheren Lymphdrüsen im 

Säuglingsalter. 

(Aus dem Karolinen-Kinderspital in Wien.) 

(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 56, Heft 6.) 

Es handelt sich hier nur um die einfache chronische Lymphdrüsen¬ 
entzündung, welche nach der Anschauung Vieler nur durch irgend 
eine vorausgegangene Erkrankung entstanden sein könne. Aus dem 
mitgeteilten Befunde ist ersichtlich, daß bei Kindern, die zweifellos 
nie einen Darmkatarrh durchgemacht hatten, an verschiedenen 
Körperstellen erbsen- bis bohnengroße Drüsen nachgewiesen werden 
konnten. Im allgemeinen besteht wohl ein Zusammenhang zwischen 
Inguinaldrüsenschwellung und Darmkatarrh; universelle Drüsen¬ 
schwellung kommt dagegen nur bei allerschwersten, mit Atrophie 
einhergehenden Enteritiden vor. Die Frage, ob Rachitis Drüsen¬ 
schwellung erzeugen kann, darf als noch nicht gelöst betrachtet 
werden. Exzessive Drüsenschwellung kommt jedenfalls nicht vor. 
Bei hereditärer Syphilis sind die Drüsen auffallend weniger be¬ 
teiligt als bei der akquirierten Syphilis der Erwachsenen. Zwischen 
ausgedehnten Hautaffektionen und den entsprechenden regionären 
Drüsen besteht selbstverständlich ein Zusammenhang, doch ist er 
nicht immer leicht zu erkennen, da die Drüsenschwellung sehr mini¬ 
mal sein kann. Im ganzen fand B. unter 350 Kindern des Kinder¬ 
spitals, wie auch unter 25 Neugeborenen keines ohne fühlbare Drüsen. 
Die Tastbarkeit der peripheren Drüsen bedeutet im Säug¬ 
lingsalter an sich nichts Pathologisches und setzt eine vorher¬ 
gegangene Erkrankung nicht notwendigerweise voraus. 

Hecker (München). 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9. 


J. V. Drozda. Ein aparter Fall von akuter Leukämie (Sarko- 
matosis leukaemica). 

(Aus dem k. k. Kaiser Franz Joseph-Spital in Wien.) 

(Wiener med. Wochenschrift 1903 No. 9.) 

Bei dem 12jährigen Pat. ergab die Sektion bemerkenswerte Ver¬ 
hältnisse. Es fand sich eine geradezu enorme Hyperplasie 
nahezu des gesamten adenoiden Gewebes, besonders am 
Digestionstrakte, zu der noch, abweichend von dem sonst ge¬ 
wohnten Verhalten, eine analoge Wucherung an der Außenfläche 
der Dura mater sich hinzugesellte, welche sogar zu einer partiellen 
Usur des Schädeldaches geführt hatte. 

Im auffälligen Gegensätze zu dieser mächtigen Hyperplasie nahezu 
des gesamten Lymphapparates erschien dagegen die Milz nur in 
verhältnismäßig geringer Weise in Mitleidenschaft gezogen. 
Die adenoiden Wucherungen waren im Magen, dem Duodenum und 
dem oberen Jejunum ganz besonders dicht geordnet, in der nach ab¬ 
wärts laufenden Partie des Digestionstraktus nahmen dieselben grada- 
tim in mäßig abnehmender Weise allmählich ab und waren sohin 
z. B. an der Flexur nur mehr spärliche Follikelschwellungen erweis¬ 
bar. Die Leber selbst wurde allerdings sehr stark vergrößert 
vorgefunden. Das Knochenmark zeigte keine besonders hochgradigen 
Veränderungen. 

Aus dem Blutbefunde wäre hier die ganz auffällige überwiegende 
Mehrzahl von ausnehmend großen Leukocyten hervorzuheben. . 

Auf Grund dieser Verhältnisse sieht Verf. den Fall als Über¬ 
gangsstufe zwischen echter „akuterLeukämie“und„Lympho- 
sarkom“ an und spricht von „Sarkomatosis leukaemica“. 

Grätzer. 


L. K. Glinski. Zur pathologischen Anatomie der akuten 

Lymphämie. 

(Aus dem pathol. anatom. Institut in Krakau.) 

(Virchows Archiv, Bd. 171, Heft 1, Januar 1903.) 

Bei einem einjährigen Knaben wurde Tränenfluß und Verklebung 
der Augenlider bemerkt. Nach einigen Wochen gesellte sich zu diesen 
Beschwerden ein stetig zunehmender Exophthalmus. Gleichzeitig 
wurde das Kind blasser, es magerte erheblich ab, Erbrechen und 
Durchfälle traten auf. Der damals erhobene Befund ergab: allgemeine 
Abmagerung. Die Hautdecken blaß, trocken und gefaltet. Die Nacken- 
und Unterkieferdrüsen stark vergrößert, etwas weniger die axillaren 
und inguinalen Drüsen. Die Herztöne rein, aber sehr schwach. Die 
Leber nicht palpabel, dagegen die Milz unter dem Rippenbogen deut¬ 
lich fühlbar, vergrößert und hart. Der Bauch aufgetrieben, Bauch¬ 
decken gespannt. Körpertemperatur 38,2° C. Das Verhältnis der 
weißen zu den roten Blutkörperchen wie 1:5 (180416 weiße, 918750 
rote Blutkörperchen). Der Hämoglobingehalt auf 21 °/ 0 gesunken. 
Kurze Zeit nach der Untersuchung starb das Kind unter Symptomen 


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II. Referate. 


371 


von Lungenentzündung und Herzschwäche. Die Sektion zeigte alle 
Lymphdrüsen vergrößert, insbesondere die Halsdrüsen, welch letztere 
große Pakete bildeten. Das Knochenmark der Röhrenknochen deut¬ 
lich rot. In den peripherischen Gefäßen, ebenso wie in den Venen¬ 
sinus und im Herzen findet sich teils blaßrotes, flüssiges Blut, teils 
blasse gallertartige, lockere Blutgerinnsel An den Rippen fielen an 
der Stelle der Verbindung der Rippenknorpel mit dem Knochen Ver¬ 
dickungen auf, die fast das Bild eines rachitischen Rosenkranzes 
vortäuschten, sich jedoch von den rachitischen Verdickungen durch 
ihre mehr spindelförmige Gestalt unterschieden. Die mikroskopische 
Untersuchung ergab die leukämische Natur dieser Gebilde und zeigte 
weiter, daß sich am Herzen ausgebreitete zirkumvaskuläre leukämische 
Infiltrate befanden, die stellenweise tief in den Muskel eindrangen. 
Neben den anderen, gewöhnlich bei Leukämie auftretenden Ver¬ 
änderungen zeigten sich noch kleinere Infiltrate an den weichen Hirn¬ 
häuten. — Die Entstehung der sogenannten heteroplastischen Lymphome 
ist auf zweierlei Weise denkbar: die eine Art verdankt ihr Entstehen 
den sich vermehrenden, aus dem Blute stammenden Lymphozyten, die 
anderen dagegen bilden sich aus an dieser Stelle präexistierenden 
Gewebselementen. S c h r i d d e (Erlangen). 


Giovanni Racchi. Beitrag zur Behandlung der infantilen 
linealen Anämie. 

(La Pediatria, No. 2, 1903.) 

Verf. ist der Ansicht, daß die lineale Anämie des Kindesalters 
eine von der Leukämie durchaus verschiedene Affektion ist und einen 
morbus sui generis infektiösen Charakter darstellt. Er hat die drei 
Fälle, die er hier mitteilt, mit dem von Gautier empfohlenen Methyl¬ 
arsenpräparat (Metharsol Bonty) behandelt, und zwar hat er es teils 
in Form von subkutanen Injektionen — täglich 1 / 2 Pravatzspritze — 
angewandt, teils per os gegeben in steigenden Dosen von täglich 
10—30 Tropfen. In allen drei Fällen war der Erfolg ein aus¬ 
gezeichneter; die Blutuntersuchung ergab in dem einen ein Steigen 
der Zahl der roten Blutkörperchen von 2 Millionen auf 5 Millionen, 
eine Abnahme der weißen von 21650 auf 10600. f. 


J. Steinhaus. Uber eine eigenartige Form von Tuberkulose 
des lymphatischen Apparates. 

(Aus dem jüd. Krankenhause in Warschau.) 

(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 12.) 

S.’ Fall zeigt wieder, daß unter dem Bilde von Pseudoleukämie 
oder Lymphosarkomatose Prozesse verborgen sein können, die wir 
mit großer Wahrscheinlichkeit auf Tuberkulose zurückführen können, 
und die mit Pseudoleukämie und Lymphosarkomatose nichts zu tun 
haben. 

Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII. Digitized by QoPgle 



372 


Ccntralblatt für Kinderheilkunde. No. 9. 


Ein 14jäbriger Junge kam mit Zeichen beginnender Lungen¬ 
tuberkulose, sowie mit vergrößerten Hals- und Achsellymphdrüsen 
ins Spital. Die Dämpfung über den Lungen verbreitete sich all¬ 
mählich, gleichzeitig fiel eine allmählich zunehmende Vorwölbung des 
oberen Abschnittes des Brustkorbes links vom Brustbein, eine un- 
gewöhnliche Füllung der subkutanen Venen in derselben Region und 
eine immer fortschreitende Vergrößerung der Lymphdrüsen auf. Pat. 
starb bald. Bei der Sektion fand sich ein Mediastinaltumor, welcher 
die Thymus eingenommen und kolossal vergrößert hatte, in der Leber 
und Milz metastatische Knoten, bedeutende Vergrößerung aller Lymph¬ 
drüsen der oberen Körperhälfte. Die mikroskopische Untersuchung 
des Tumors, wie der Knoten der Leber und Milz ergab dasselbe Bild: 
Tuberkulose, kombiniert mit einem eigenartigen Prozeß, der nicht 
anders als ein entzündlicher gedeutet werden konnte. Für diesen 
Prozeß ist die ausschließliche Ausbreitung im lymphatischen Apparat 
und in Organen, die an lymphatischem Gewebe reich sind, bei gleich¬ 
zeitigem Vorhandensein von typisch tuberkulösen Veränderungen in 
den Produkten der entzündlichen Wucherung, wie auch außerhalb 
derselben, charakteristisch. Sternberg hat früher Beobachtungen 
veröffentlicht, in denen klinisch die Diagnose auf Pseudoleukämie 
(oder Lymphosarkomatose) gestellt war, während das Mikroskop dann 
die gleichen Veränderungen aufdeckte, wie in S.s’ Fall. Diese Fälle 
machen es sehr wahrscheinlich, daß eine eigenartige Tuberkulose 
des lymphatischen Apparates existiert, welche durch immense Wuche¬ 
rung von Bindegewebe charakterisiert wird, in welchem es zur Bildung 
auffällig großer, manchmal mehrkemiger Zellen kommt. Die meisten 
Fälle von Pseudoleukämie sind gewiß solche „eigenartige Tuberkulose“ 
gewesen. Wodurch der eigentümliche Verlauf und das eigenartige 
mikroskopische Bild bedingt wird, das ist allerdings bis jetzt noch 
dunkel. Gr&tzer. 


J. Petruschky (Danzig). Spinalgie als Frühsymptom tuber¬ 
kulöser Infektion. 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 9.) 

Nach P.s Ansicht geht der tuberkulösen Lungenerkrankung eine 
Infektion der Lymphdrüsen in der Regel voraus; die Drüsenerkrankung 
ist also das Primäre, die Lungengewebsinvasion das Sekundäre. Auch 
Ribbert fand, daß in den meisten Fällen tuberkulöser Lungen¬ 
erkrankung eine vorgeschrittenere, also sicher ältere Erkrankung der 
Bronchialdrüsen vorlag. Dies stimmt durchaus überein mit den Be¬ 
obachtungen, die P. selbst zu machen Gelegenheit hatte (zum Teil 
im Kochschen Institut); er hat bei junger Lungentuberkulose immer 
den Eindruck gehabt, daß die Erkrankungen der Bronchial drüsen 
älter waren. Das geeignetste Beobachtungsmaterial bilden wohl 
Kinderobduktionen. Denn auch das glaubt P. aus allen bisherigen 
Beobachtungen schließen zu können, daß die große Mehrzahl der 
Tuberkulösen den Keim der Krankheit bereits im Kindesalter erwirbt 
und ihn jahrelang in Lymphdrüsen herumträgt, bevor die Lunge er¬ 
griffen wird. 


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II. Referate. 


373 


Aber wie diagnostizieren wird die primäre tuberkulöse Erkrankung 
der Bronchialdrüsen? Als Merkmale werden angegeben: gesteigerte 
Pulsfrequenz, pertussisähnlicher Husten (selbst Erbrechen), heisere 
Stimme (Stimmbandlähmung), Dyspnoe, Venenstauungen, Pupillen¬ 
differenz. Diese dürfte man aber wohl meist erst bei hochgradiger, 
durch vorgeschrittene Lungentuberkulose gesteigerter Bronchialdrüsen¬ 
erkrankung antreffen, kaum aber bei primärer Tuberkulose der Bronchial¬ 
drüsen, auf deren früher Erkennung es hier ankommt. Als subjektive 
Verdachtssymptome werden da häufig Schmerzempfindungen zwischen 
den Schulterblättern angegeben. Husten kann vorhanden sein, aber 
auch fehlen. An den Lungen ist objektiv nicht das mindeste nach¬ 
zuweisen. Ist der Lungenbefund aber völlig negativ, so gewinnt jedes 
Symptom, das auf Bronchialdrüsentuberkulose hinweist, Bedeutung. 
Daher möchte P. nochmals auf die Spinalgie hinweisen, die typische 
Druckempfindlichkeit bestimmter Rückenwirbel. 

Bei Abtastung der Processus spinosi zeigt sich mehr oder weniger 
große Empfindlichkeit einiger Dornfortsätze gegen Druck, während 
die übrigen nicht empfindlich sind. Die schmerzhaften Wirbel — 
sie liegen meist zwischen 2.—7. Rückenwirbel — stehen häufig ein 
wenig hinter dem Niveau der übrigen zurück. Bei der Abtastung 
hat der untersuchende Finger oft den Eindruck, als seien die empfind¬ 
lichen Dornfortsätze etwas breiter, weicher und elastischer, als die 
übrigen. Das Symptom hat freilich nur diagnostischen Wert, wenn 
der Empfindlichkeitsunterschied ganz deutlich ist und bei jeder 
Betastung in gleicher Weise angegeben wird. In einer Reihe von 
Fällen wurde der durch Spinalgie bei negativem Lungenbefund 
erweckte Verdacht auf Bronchialdrüsentuberkulose durch typische 
Tuberkulinreaktion gestützt, während in keinem der Fälle eine wirk¬ 
liche Wirbelkaries zum Ausbruch kam. Bis jetzt hat P. 79 Fälle 
von Spinalgie gesammelt mit gleichzeitiger Prüfung mit Tuberkulin. 
Von diesen reagierten nur zwei nicht, während 77 (32 bei Kindern 
unter 16 Jahren, 45 bei Erwachsenen) typisch reagierten. Nur in 
14 dieser Fälle war auch eine Lungenerkrankung durch spärlichen 
Bazillenbefund nachweisbar. Bei vorgeschrittener Tuberkulose der 
Lungen fand P. fast nie Spinalgie. Andererseits hat er 26 Fälle 
gesammelt, in denen die Prüfung auf Spinalgie negativ ausfiel, die 
Tuberkulinprobe dagegen positiv bei negativem Lungenbefunde, aber 
anamnestischem Tuberkulose verdacht. Ein unfehlbares Mittel zur 
Diagnose der Bronchialdrüsentuberkulose ist also die Spinalgie nicht, 
wohl aber ein wichtiges Glied in einer Kette anderer Verdachts¬ 
symptome. 

Über das Vorkommen der Spinalgie im Kindesalter konnte P. 
gelegentlich von Schüleruntersuchungen folgendes konstatieren: Spinalgie 
fand sich bei sieben von 164 Knaben (5 °/ 0 ), bei 28 von 121 Mädchen 
(23°/ 0 ), im ganzen also bei 37 von 285 Kindern (13°/ 0 ). Daß Bronchial¬ 
drüsentuberkulose bei der Mehrzahl dieser 37 Kinder vorlag, erschien 
auch aus anderen Gründen wahrscheinlich. Immerhin ist der Prozent¬ 
satz der positiven Befunde ein wesentlich geringerer als bei der 
Tuberkulose der Halslymphdrüsen, die sich bei etwa 85°/ 0 fand. Die 
Tuberkulose der Bronchialdrüsen im Kindesalter dürfte daher die 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9. 


wesentlich seltenere, allerdings auch, wegen Gefährdung der Lungen, 
die bedenklichere der beiden Drüsenerkrankungsformen sein. P. ver¬ 
mutet, daß häufig erst im Pubertätsalter eine Infektion der Bronchial¬ 
drüsen von anderen Lymphdrüsen aus erfolgt. Gr ätz er. 


F. M. Pottenger. A study of tuberculous Infection etc. 


(New York medical Journal, den 21. März 1903.) 

Es ist sehr wahrscheinlich, meint P., daß zahlreiche Fälle von 
Tuberkulose bei Erwachsenen ihren Ursprung in einer Infektion 
während der Kinderjahre haben. Daher verdient die Schwindsucht 
im Kindesalter ein eingehenderes Studium, als ihr bisher zuteil ge¬ 
worden ist. Schon heutzutage gestattet das vorhandene statistische 
Material folgende Behauptungen: 

1. Tuberkulose kommt häufig im Kindesalter vor. Von Kindern, 
die während der letzten 3 Monate ihres ersten Lebensjahres sterben, 
gehen 25 °/ 0 an dieser Seuche zugrunde. Auch im zweiten und dritten 
Lebensjahr fordert die Schwindsucht zahlreiche kindliche Opfer. 

2. In nahezu allen Fällen von Tuberkulose sind die Lymphdrüsen 
affiziert, und zwar findet man Beweise dafür, daß oft hier die Primär¬ 
infektion stattgefunden hat. 

3. Nahzu alle Kinder zeigen in den ersten Jahren vergrößerte 
Drüsen, von denen etwa 60—70°/ o tuberkulös sind. 

4. Ein großer Prozentsatz solcher Kinder erkranken später an 
Tuberkulose, die ihren Ursprung wahrscheinlich in diesen Drüsen 
nimmt. 

Der kindliche Organismus bietet den Tuberkelbazillen viele be¬ 
queme Eintrittspforten. Die jungen Gewebe sind saftig und besitzen 
eine geringe Widerstandsfähigkeit; Bazillen werden eingeatmet, ver¬ 
schluckt, vielleicht durch offene Wunden aufgenommen; sie dringen 
in die Lymphdrüsen ein und werden in den Lymphdrüsen abgelagert. 
Nebenbei sei bemerkt, daß die Mandeln und das adenoide Gewebe 
des Nasenrachenraumes bewiesenermaßen als Eintrittspforte für die 
Bazillen dienen können. Die Gewohnheiten der Kinder erleichtern 
die Infektion. Auf den Boden spielend, führen sie ihre schmutzigen 
Händchen beständig in den Mund und infizieren sich mit Bazillen. 
(Bei 66 daraufhin untersuchten kleinen Kindern fanden sich bei 14 
Tuberkelbazillen im Unternagelraum.) 

Ein weiterer Punkt verdient Beachtung. Die Infektion mit 
Tuberkelbazillen findet am häufigsten zu einer Zeit statt, in welcher 
die Kinder am meisten katarrhalischen Magen- und Darmerkrankungen 
ausgesetzt sind, d. h. während der ersten 2 Lebensjahre. 

Aus diesen Betrachtungen geht die enorme Wichtigkeit der 
Prophylaxe im Kindesalter klar hervor. Die Pflege und Ernährung 
der Kinder lassen noch vieles zu wünschen übrig. Man sollte mehr 
auf Hebung der Widerstandsfähigkeit der Kleinen achten. Ist aber 
einmal die Krankheit in Drüsen, Knochen, Lungen oder anderswo 
zum Vorschein gekommen, so gehe man an eine energische Therapie 
heran. _ Leo Jakobi (New York). 


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II. Referate. 


875 


Dp. Bezy. Contribution ä la Tuberkulose infantile. 

(Annales de M6d4cine et Chirurgie, No. 18, 15. September 1902.) 

Nach einigen einleitenden Bemerkungen über Heredität und Be¬ 
deutung der Prophylaxe der kindlichen Tuberkulose sowie über die 
Häufigkeit und die verschiedenen Formen derselben, geht B. zu 
seinem eigentlichen Thema über und sucht zu beweisen: 1., daß die 
Diagnose der kindlichen Tuberkulose zeitweise sehr schwierig sei und 
oft erst durch die Autopsie gestellt würde, daß dieselbe somit in 
Frankreich weit häufiger sei, als man annähme, und 2., daß man 
mehr gegen diese kindliche Tuberkulose tun müsse. 

Die Schwierigkeiten der Diagnose haben bereits bei einigen 
Autoren Beachtung gefunden. B. führt als weiteren Beweis für die¬ 
selben fünf Beobachtungen an, von denen vier bereits von Philippe 
und Auxion mitgeteilt worden sind. Bei drei von den zunächst im 
Auszuge mitgeteilten vier Krankheitsfällen war überhaupt nicht an 
eine Tuberkulose gedacht worden. Es standen vielmehr im Vorder¬ 
grund der klinischen Erscheinungen die Zeichen der Pädatrophie und 
Magendarmstörungen. Bei der Autopsie fanden sich dagegen aus¬ 
gedehnte tuberkulöse Veränderungen der Drüsen, besonders des 
Mesenteriums und geringere Pulmonalveränderungen. Nur in dem 
vierten Fall war eine Erkrankung der tracheo-bronchialen Lymph- 
drüsen angenommen worden. Die Sektion ergab dagegen eine Kom¬ 
pression des rechten Bronchus durch Drüsen und eine ausgedehnte 
Tuberkulose der Mesenterialdrüsen. Die fünfte Beobachtung betrifft 
ein hereditär tuberkulös belastetes Kind. Das Vorhandensein von 
Dämpfung und Bronchialatmen in Verbindung mit stark schwankendem 
Fieber, sowie die Röntgenuntersuchung führten anfangs zu der Diagnose 
eines eitrigen Ergusses, eventuell mit Kompression der Lungen. Der 
weitere Verlauf ergab indessen, daß es sich um einen kavernösen 
Prozeß handelte. Als Gründe für diesen diagnostischen Irrtum führt 
B. an, daß die Kinder nicht aus werfen, daß die Kavernen kleiner 
und zerstreuter sind, als bei Erwachsenen, und daß die kindliche 
Tuberkulose häufig unter dem Bilde einer Bronchopneumonie beginnt. 
Die letztere habe bei seinem Kinde wohl die oben angegebenen 
klinischen Symptome, besonders auch den klinischen Befund bei der 
Röntgenuntersuchung hervorgerufen. In dem zweiten kurzen Abschnitt 
hebt B. drei Hauptpunkte für die Abwehr der Tuberkulose hervor, 
die sich nach seiner Ansicht unter Mitwirkung der Arzte leicht durch¬ 
führen ließe: 1. Verhinderung der Ehe von Tuberkulösen, 2. Verbot 
des Stillens und 3. Fürsorge für hygienische Wohnungen. 

Schreiber (Göttingen). 


A. Josias. Traitement de la tuberculose pulmonaire chez les 
enfänts par le suc musculaire et la viande crue. 


(Revue d’hygiene et de m£decine infantiles, Bd. 1 , No. 1 , S. 3.) 


J. empfiehlt auf Grund von 24 Beobachtungen, deren ausführliche 
Krankengeschichten er beifügt, die Anwendung des rohen Fleischsaftes 
für die Behandlung der Lungentuberkulose, worüber in neuerer Zeit 


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Contralblatt fttr Kinderheilkunde. No. 9. 


mehrfach französische Autoren berichtet haben. J. gewann den Saft 
so, daß er das Fleisch mit wenig (einem Viertel seines Gewichtes) 
destilliertem Wasser 3 / 4 Stunden stehen ließ und dann in einer ge¬ 
wöhnlichen Presse auspreßte. 100 g Fleisch liefern auf diese Weise 
etwa 15—20 ccm eines rötlichen Saftes. Der Saft von 500 g Fleisch 
(165 ccm) enthielt 11,86 Eiweiß und 5,18 Salze, diese Menge erhielten 
die Kinder täglich, indem J. 15 g Fleisch auf ein Kilo Körpergewicht 
der Kranken rechnete, außerdem erhielten sie noch 100—200 g rohen 
Fleisches (aber kein gekochtes). Die Kinder nahmen den Saft, welcher 
immer frisch bereitet sein muß, da er sonst leicht fault, in Form von 
warmer oder kalter Bouillon sehr gern. Die mit dem Fleischsaft 
erzielten Resultate kann man wohl als gute betrachten, allerdings ist 
die Beobachtungsdauer nicht genügend lang. Die Wirkung erklärt 
J. dadurch, daß die Ernährung gehoben würde. 

Schreiber (Göttingen). 


ErnÖ Deutsch. Über Lecithinpräparate. 

(Magyar orvosok lapja 1903, 12. März.) 

Verf. beruft sich auf die Worte Munks „und es scheint, als ob 
keine pflanzliche oder tierische Zelle und keine tierische Flüssigkeit 
des Lecithins entbehrt“ und empfiehlt zur Behandlung der Rachitis 
und Skrofulöse die deutschen Riedelschen und die ungarischen 
Richterschen Fabrikate. Die Darreichung ist per os und subkutan 
durchführbar. D. zieht diese der Phosphormedikation vor. 

Autoreferat Ernö Deutsch (Budapest). 


H. Fischer. Über Sirolinbehandlung. 

(Reichs-Mediz. Anzeiger 1903 No. 3.) 

30 Fälle von Lungentuberkulose, mit Sirolin behandelt, zeigten 
rasche Zunahme des Appetits und Körpergewichts; auch sonst war 
die Wirkung denjenigen der Kreosotpräparate mindestens gleich, 
wobei jede unangenehme Nebenwirkung fehlte. Nach F. bedeutet 
Sirolin einen entschiedenen Fortschritt der medikamentösen Tuber¬ 
kulosetherapie. Grätzer. 


L. Friedmann. Thiocol bei Lungenbazillose. 

(Inaug.-Dissert., Bukarest.) 

F. berichtet von den Resultaten, die auf der Klinik von Professor 
Maldarescu mit Thiocol bei Lungentuberkulose erzielt wurden. Das 
Präparat erwies sich zunächst als völlig unschädlich und konnte selbst 
in großen Dosen längere Zeit hindurch gereicht werden. Diese Un¬ 
schädlichkeit neben der Wasserlöslichkeit und Geruchlosigkeit läßt 
den Schluß berechtigt erscheinen, daß Thiocol vor allen Kreosot- 
bezw. Guajacolpräparaten den Vorzug verdient. Außerdem wohnt ihm 
eine spezifisch antituberkulöse Wirkung zweifellos inne; fast in allen 
Fällen war erhebliche Besserung des Appetites, Zunahme des Körper- 


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II. Referate. 


377 


gewichts, Abnahme des Hustens und Auswurfs, Schwinden des Fiebers 
und der Schweiße, sowie Besserung der physikalischen Erscheinungen 
nachweisbar. Auch bei tuberkulösen Affektionen der Pleura, des 
Larynx usw. ist Thiocol angezeigt. Grätzer. 


0. Borchgre vink. Fall von anatomisch nachgewiesener Spontan¬ 
heilung der tuberkulösen Peritonitis. 

(Aus dem Reichshospital in Christiania.) 

(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 3.) 

Ein 16 jähriges Mädchen wurde am 20. Oktober 1897 mit Aszites aufgenommen 
und am 9. November ungeheilt entlassen. Pat. war September 1896 an Peri¬ 
karditis erkrankt, die mehrere Wochen andauerte. Bis Dezember 1896 dann wohl, 
bekam sie da Ödeme an den Füßen, zu denen sich im März 1897 Aszites hinzu¬ 
gesellte. Juni 1897 wurden durch Punktion 11 Liter entleert, der Leib schwoll 
aber bald wieder an. Pat. kam dann ins Spital, wo sonst nichts von Tuberkulose 
entdeckt wurde. Aber Tierversuche mit der durch abermalige Punktion entleerten 
Flüssigkeit zeigten unzweideutig, daß es sich um tuberkulöse Peritonitis handelte. 
Pat. wurde entlassen, doch begann nach ärztlichem Berichte Juni 1898 sich er¬ 
staunliche Besserung zu zeigen, Pat. wurde wieder gesund und blieb es bis An¬ 
fang 1901, wo sie nach nur mehrtägiger Krankheit unter Erscheinungen der 
Herzschwäche und Lungenödem starb. 

Bei der Sektion ergab sich zunächst, daß damals die Perikarditis bereits 
tuberkulöser Natur gewesen war (es fanden sich noch einige Riesenzellentuberkel), 
und daß die Infektion von einer Bronchialdrüse ausging. In der Bauchhöhle 
fand sich das typische Bild einer chronischen Peritonitis, Tuberkel, käsige oder 
verkalkte Ablagerungen kamen aber weder auf dem Bauchfell, noch im Netz 
vor, ebensowenig, wie in den verdickten Kapseln der Leber und Milz (auch 
mikroskopischer Befund negativ!); die einzigen Zeichen der früher vorhandenen 
Tuberkulose der Bauchhöhle bildeten bindegewebige Verwachsungen und Ver¬ 
dickung des Bauchfells. Auch die Genitalien erschienen chronisch entzündet. 
In mikroskopischen Schnitten von beiden Tuben fanden sich Riesentuberkel, ebenso 
in der Schleimhaut des Uterus spärliche fibröse Tuberkel. 

Man hatte es hier zu tun mit einem typischen Beispiel einer 
tuberkulösen Peritonitis, die von einer Infektion des Herzbeutels ihren 
Ursprung nimmt. Eine erweichte Bronchialdrüse bildet die Quelle 
der Infektion, worauf diese sich zunächst über das Perikardium, 
Mediastinum anterior und das rechte Brustfell breitet, dann die Leber¬ 
kapsel und das oberflächliche Leberstroma in Mitleidenschaft nimmt, 
um im weiteren Verlauf auch das Bauchfell zu erreichen. Wahrschein¬ 
lich von der Bauchhöhle aus sind in obigem Falle die Geschlechts¬ 
organe als das letzte Glied in der Reihe infiziert worden. 

Herzbeutel und Geschlechtsorgane waren die einzigen Stellen, 
wo die Tuberkulose als solche sich bei der Sektion immer noch nach- 
weisen ließ; sonst waren fibröse Verdickungen, Adhäsionen und Pseudo¬ 
membranen die Reste des entzündlichen Prozesses, dessen tuberkulöse 
Natur, was die Bauchhöhle betrifft, durch die Infektiosität des serösen 
Exsudates dargelegt wurde. 

Bedeutendes Interesse gewinnt der Fall dadurch, das der Sektions¬ 
befund mehr oder weniger genau mit den Beobachtungen zusammen¬ 
fallt, die als Beweis für die Existenz einer chronisch idiopatischen 
Peritonitis referiert worden sind (Henoch, Vierordt u. a.), Beob¬ 
achtungen, bei denen die Untersuchung auf Tuberkulose zum Teil 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9. 


fehlt, zum Teil als mangelhaft bezeichnet werden muß. Es geht aus 
dem vorliegenden Befunde hervor, daß der Umstand, daß die Ad¬ 
häsionen und das schwielig verdickte Gewebe bei der Sektion eines 
Falles von chronischer Peritonitis tuberkelfrei sind, als Beweis der 
idiopathischen Natur der Peritonitis durchaus nicht angeführt werden 
darf. Der Fall lehrt vielmehr, daß die Tuberkel, welche die Pseudo¬ 
membranen und Adhäsionen einst erzeugten, auf den serösen Häuten 
ganz und gar verschwinden können, während die Reste der Tuber¬ 
kulose sich noch im ursprünglichen Infektionsherde, oder, wie in 
obigem Falle, auch in den weniger regenerationsfähigen Genitalschleim¬ 
häuten vorfinden lassen. 

Das größte Interesse des Falles liegt jedoch in der anatomisch 
nachgewiesenen Spontanheilung der tuberkulösen Peritonitis und in 
dem Beweise, welchen er nochmals dafür erbringt, daß die Heilung 
dieser Krankheit sich recht wohl vollziehen kann, ohne Laparotomie 
und andere operative Eingriffe. GrÄtzer. 


Leonard Guthrie. The Medical Treatment of tuberculous 

Peritonitis. 

(Archives of Pediatrics, April 1908.) 

Yerf. tritt dem operativen Enthusiasmus* in der Behandlung 
chronischer Peritonitiden bei Kindern entschieden entgegen. Seinen 
persönlichen Erfahrungen gemäß gibt diese Affektion keine so ernste 
Prognose wie es die Chirurgen haben wollen. Oft genügt eine rein 
klinische Therapie, um Heilung zu sichern. 

Von Medikamenten, die anscheinend pünktlich auf den tuber¬ 
kulösen Prozeß einwirken, sind Quecksilber und Jodkalium zu nennen. 
Auch Arsen mag in demselben Sinne (als Resorbens oder Alterativum) 
nützlich sein. Mit diesen drei Mitteln ist aber auch die Liste ab¬ 
geschlossen, denn alle sonstigen „Specifica“ sind machtlos der Krank¬ 
heit gegenüber. Weder Jodoform noch Guajacol noch Ferrum jodatum 
sind imstande, in den Prozeß einzugreifen. Die Therapie gestaltet 
sich demnach hauptsächlich symptomatisch. 

Symptome, die unsere Hilfe erheischen, sind: Schmerzen, Meteoris¬ 
mus, Dyspepsie, Diarrhöe oder Verstopfung, Erbrechen und Aszites. 

Gegen die Schmerzen verordnet man warme Umschläge (heiße 
Wolle u. dergl.), Einreibungen mit Belladonna oder Pinselungen mit 
Tinct. Jodi. Opiate lassen sich umgehen. Gegen Meteorismus und 
andere Verdauungsstörungen hilft eine geregelte Diät und Wismut. 
Übrigens ist es nicht nötig, jede Diarrhöe k tout prix zu coupieren. 
Mäßige Durchfälle scheinen sogar wünschenswert zu sein, indem sie 
den Aszites verkleinern und toxische Stoffe herausbefördern. Nötigen¬ 
falls greift man zu den Opiaten, zu Wismut und Kreide. Viele ge¬ 
priesene Adstringentia nützen nichts. Ist hartnäckiges Erbrechen 
vorhanden, so sind Wismut und Acidum hydrocyanicum am Platze. 

Von entschiedener Wichtigkeit ist kräftige Ernährung und der 
Genuß frischer Luft. Man meide nicht ängstlich jede festere Kost, 
sondern gebe zuversichtlich Fleisch, Fisch, Geflügel, Eier, Milch und 


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II. Referate. 


379 


Butter. In manchen Fällen von Diarrhöe leistet rohes oder teilweise 
gekochtes Fleisch gute Dienste. Mehlspeisen sind mit Vorsicht zu 
gestatten. Alles Unverdauliche ist natürlich zu verbieten. 

Bettruhe, womöglich im Freien und auf dem Lande, ist ein 
mächtiger Heilfaktor. 

Was endlich unser Verhalten dem Aszites gegenüber anbelangt, 
so empfiehlt Verf. die akuten Fälle in Ruhe zu lassen. In chronischen 
Fällen tut man besser, die Flüssigkeit durch einen kleinen Einschnitt 
mittelst des Troicars zu entleeren. Den Troicar ohne Einschnitt 
einzustoßen ist ein gefährliches Verfahren. 

Leo Jakobi (New York). 


H. Schramm. Über den Wert der Laparotomie bei tuberkulöser 
Peritonitis der Kinder. 


(Wiener med. Wochenschrift 1903 No. 8 u. 9.) 

S. verfügt über 45 Fälle von tuberkulöser Peritonitis, die im 
Sophien-Kinderspital in Lemberg behandelt wurden 25 Knaben und 
20 Mädchen, meist im Alter von 4—7 Jahren. Von diesen wurden 
25 ohne Operation behandelt (Einreibungen mit Jod, Jodvasogen, 
Ichthyol; feuchte Umschläge, gute Ernährung, Kreosot, Arsen u. dergl), 
20 (11 Knaben und 9 Mädchen) wurden laparotomiert. 

Von der ersten Gruppe starben im Hospitale 2 Mädchen und 
7 Knaben, zusammen 9 Kinder oder 36°/ 0 , der Aufenthalt im Spitale 
war bei 2 Kindern 8 Tage, bei 5 Kindern 26—48 Tage, bei zweien 
sogar 164 und 174 Tage. Die Todesursache war fast immer fort¬ 
schreitende Tuberkulose und allgemeine Abzehrung. 

Von den 20 Operierten starben im Spitale 2 oder 10 °/ 0 , und 
zwar ein Mädchen, bei welchem ein tuberkulös entartetes Darmstück 
reseziert wurde und bei welchem nach 8 Tagen eine Kotfistel ent¬ 
stand. Das Kind starb 3 Wochen nach der Operation an Abzehrung, 
und ein Knabe 4 Tage nach der Operation wegen Lungenentzündung. 

Dieser Unterschied in den Erfolgen beider Behandlungsmethoden 
tritt vielleicht noch schärfer auf, wenn man die einzelnen Formen 
der Bauchfelltuberkulose betrachtet. Die beste Prognose und die 
größten Chancen zur Selbstheilung gibt ja die sogenannte exsudative 
Form der Bauchfelltuberkulose, bei welcher das ganze viscerale und 
parietale Peritoneum mit zahlreichen bis erbsengroßen, teilweise grauen, 
teilweise halb verkästen Tuberkeln besät ist, die Darmschlingen sind 
wenig oder gar nicht miteinander verlötet, dafür befindet sich in der 
Bauchhöhle mehr oder weniger reichliches seröses, mit wenigen fibri¬ 
nösen Flocken gemischtes Exsudat. Von dieser Form wurden im 
St. Sophien-Kinderspitale 28 Fälle beobachtet. Von diesen wurden 
17 mit internen Mitteln behandelt, bei 11 Kindern die Laparotomie 
gemacht; von der ersten Gruppe starben trotz sorgfältigster Behand¬ 
lung sechs oder fast die Hälfte; von den elf operierten starb nur ein 
Kind an Lungenentzündung. 

Bei der zweiten Form befindet sich in der Bauchhöhle sehr 
wenig oder kein flüssiges Exsudat, das Bauchfell ist aber stark ver- 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9. 


dickt, die Darmschlingen vielfach verwachsen, beim Betasten fühlt 
man in der Bauchhöhle mehr oder weniger ausgedehnte tuberkulöse 
Infiltrate in Form von harten, wenig oder gar nicht beweglichen 
diffusen Tumoren, die sogar kindskopfgroß werden können. Von dieser 
Form waren 13 Fälle in Behandlung; von sieben intern behandelten 
starben zwei im Spitale, fünf verließen die Heilanstalt mit geringer 
Besserung; von den sechs operierten starb keines im Spitale. Zu 
der dritten Gruppe, der sogenannten Peritonitis tuberc. ulcerosa zählt 
man Fälle mit ausgedehnter Verkäsung und Vereiterung der tuber¬ 
kulösen Infiltrate. Von dieser Form wurden 4 Fälle behandelt; ein 
nicht operiertes Kind starb im Spitale; von den drei operierten starb 
eines wegen der nach der Darmresektion entstandenen Kotfistel; 
eines verließ die Anstalt mit eiternder Fistel, eines vollständig 
gesund. 

Schon aus dieser Zusammenstellung der unmittelbaren Erfolge 
wird man schließen, daß man die Laparotomie bei tuberkulöser Bauch¬ 
fellentzündung nicht als ein indifferentes Mittel betrachten kann, auch 
nicht für ein Mittel, das die spontane Heilung nur beschleunigt, man 
wird im Gegenteile die Operation als ein direkt heilendes und sehr 
wirksames Mittel anerkennen, welches seine Wirkung in allen Formen 
der Erkrankung, wenn auch nicht immer im gleichen Grade, ent¬ 
wickelt. 

Aber auch die Dauererfolge suchte S. zu eruieren, konnte dies 
aber nur bei 23 Kindern erreichen. Von diesen wurden zehn intern 
behandelt, 13 verließen die Anstalt nach überstandener Laparotomie. 
Von den zehn nicht operierten starben im Laufe des ersten Jahres 
acht, das ist 80 °/ 0 , nur zwei blieben am Leben, und von einem der 
beiden schreibt die Mutter, daß es immer schwächlich ist. Von der 
zweiten Gruppe starben drei, das heißt 24,6°/ 0 , am Leben blieben 
zehn, das heißt 75,4 °/ 0 , alle sind vollständig gesund. 

Im ganzen ergaben sich also folgende Resultate: 

Exsudative Form: nicht operierte 5, gestorben 3, leben 2; 

operierte 6, gestorben —, leben 6. 

Adhäsive Form: nicht operierte 5, gestorben alle 5. 

operierte 4, gestorben 1, leben 3. 

Ulzeröse Form: operierte 3, gestorben 2, lebt 1. 

Die Erfolge bestätigen nur die bisherige Erfahrung, daß die 
Prognose bei exsudativer Form der tuberkulösen Bauchfellentzündung 
relativ am besten ist, beweisen aber, daß eine Selbstheilung auch bei 
dieser Form zwar möglich, aber auch bei Kindern sehr selten ist. 
Die zwei anderen Arten dieser Erkrankung geben eine schlechtere, 
die ulzeröse Form sogar eine ganz schlechte Prognose; die Erfolge 
zeigen, daß man jedoch mittels Laparotomie auch bei dieser Form 
eine vollständige und dauerhafte Heilung erzielen kann. 

Grätzer. 


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II. Referate. 


381 


A. Seibert. Typhoidal Appendicitis in Children. 

(Archives of Pediatrics, September 1902). 

Appendizitis als Komplikation des Abdominaltyphus ist bei Er¬ 
wachsenen bekanntlich nicht sehr selten. Dagegen im Kindesalter 
gilt diese Kombination als eine so große Rarität, daß die meisten 
pädiatrischen Lehrbücher ihrer gar nicht erwähnen. Demgegenüber 
darf man wohl vermuten, daß die Appendizitis bei typhuskranken 
Kindern häufig übersehen worden ist; denn wir haben keine stich¬ 
haltigen Gründe für die Annahme einer besonderen Immunität gegen 
diese Komplikation. 

S. teilt zwei diesbezügliche Krankengeschichten mit. 

Der erste Fall betraf einen 11 jährigen Knaben. In der zweiten 
Woche eines typischen Typhusverlaufs traten plötzlich heftige Leib¬ 
schmerzen auf, mit Druckempfindlichkeit in der rechten Regio iliaca. 
Es wurde eine Perforation oder Appendizitis vermutet. Die vor¬ 
genommene Laparotomie förderte einen geschwürigen Wurmfortsatz zu 
Tage. Der kleine Pat. genas. 

Im zweiten Falle war die Appendizitis anscheinend das primäre 
Leiden. Nach Entfernung des entzündeten Wurmfortsatzes entwickelte 
sich allmählich der Typhus. Die Vermutung liegt aber nahe, daß 
hier die Appendizitis lediglich als die ursprüngliche Lokalisation der 
Typhusbazillen anzusehen ist. Demnach hätten beide Krankheiten 
die nämliche Ursache. Leo Jacobi (New York). 


Henry Koplik. The Occurrence and Mortality of Typhoid 
Fever in Infants and Children. 

(Archives of Pediatrics, Mai 1903.) 

Über die Häufigkeit des Typhus abdominalis im Säuglings- 
bezw. Kindesalter herrscht eine große Meinungsverschiedenheit. Manche 
gehen weit genug, um den Typhus bei Kindern unter 2 Jahren zu 
leugnen. Dies ist entschieden zu kategorisch. Schon das Neugeborene 
kann die Krankheit mit auf die Welt bringen, und es unterliegt gar 
keinem Zweifel, daß der Säugling an Typhus erkranken kann. Beim 
Neugeborenen verläuft die Affektion meist letal. Später sinkt die 
Mortalität bedeutend und schwankt in der Regel zwischen 6—13°/ 0 . 

Von Komplikationen des kindlichen Typhus sind hauptsächlich 
Perforation, Blutungen und Pneumonie zu nennen. Herzaffektionen 
sind seltener als bei Erwachsenen. Leo Jakobi (New York). 


Moizard und H. Grenet. Die cerebro-spinale Form des typhösen 

Fiebers. 

(Archives de Medecine des Enfants 1903 No. 1.) 

Die cerebrospinalen Symptome erscheinen mitunter gleich am 
Anfang des typhösen Fiebers und treten oft so sehr hervor, daß sie 
die anderen Symptome verdecken und irgend eine Form der cerebro¬ 
spinalen Meningitis Vortäuschen. 


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382 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9. 


Ein 5 jähriger Pat., der seit lange hustete und an beiden Lungen¬ 
spitzen Zeichen von Infiltration darbot, trat ins Krankenhaus mit 
Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, beschleunigter Respiration und er¬ 
weiterten Pupillen, doch reagierten dieselben gut auf Licht und Kon¬ 
vergenz. Den zweiten Tag trat mehrfach Erbrechen auf, auch eine 
Andeutung des Kernigschen Zeichens, etwas Schmerz und Steifigkeit 
in den Beinen, wenn man bei sitzender Stellung des Kranken die¬ 
selben zu strecken versuchte, war vorhanden. Die Lumbalpunktion 
ergab eine klare, sterile Flüssigkeit, ohne zeitige Elemente, und die 
Serodiagnose gab, aber erst nach 12 Tagen, ein positives Resultat 
Spinale Symptome im Laufe des typhösen Fiebers sind im all¬ 
gemeinen selten, dieselben können bestehen, ohne daß sichtbare Ver¬ 
änderungen der nervösen Zentren nach dem Tode zu konstatieren 
wären, in anderen Fällen handelt es sich um wirkliche typhöse 
Meningitis. Mitunter sind die Pupillen ungleich, erweitert oder 
verengert, ohne daß gleichzeitig eine Meningitis bestünde. Unregel¬ 
mäßigkeit des Pulses, der Respiration, meningitischer Schrei, wurden 
von mehreren bei reinem Typhus, ohne meningitische Komplikation, 
beobachtet. Für die Differentialdiagnose ist die Lumbalpunktion, die 
Ehrlichsche Diazoreaktion, die Fibrinreaktion (Fehlen des fibrinösen 
Retikulums bei Typhus) und die Seroreaktion von hervorragender 
Wichtigkeit. Selbstverständlich geben diese für die Diagnose wichtigen 
Methoden keine sichere und absolute Aufklärung über den Zustand 
der Meningen, da doch eine Infektion derselben durch den Ebert- 
schen Bazillus vorhanden sein kann. Wichtig ist hierfür die bakte¬ 
riologische Untersuchung, doch gibt es gewisse Formen von seröser 
Meningitis im Verlaufe des Typhus, wo die bakteriologische Unter¬ 
suchung der Cerebrospinalflüssigkeit negativ ausfällt und trotzdem 
eine bakterielle Infektion der Meningen besteht. E. To ff (Braila). 


I. A. Abt. Report of ninety cases of typhoid fever in infants 

and Children. 


(The medical. News, November 1902.) 

2. Typhoid fever in infancy and Childhood. 

(The Chicago medical Recorder, Oktober 1902.) 

A. berichtet über 200 Fälle von kindlichem Typhus, die er 
während einer Typhusepidemie zu beobachten Gelegenheit hatte. Das 
Alter des jüngsten Pat. betrug 8 Monate; die Diagnose wurde wie 
in allen Fällen, durch die Wi dal sehe Reaktion sichergestellt. Wenn 
auch in den meisten Fällen der Typhus leicht verlief, so wurden 
doch schwere Fälle beobachtet. Während bei den älteren Kinderen 
die Prodromalsymptome kaum fehlten, setzte der Typhus bei kleineren 
Kindern nicht selten plötzlich mit Fieber und Beschleunigung des 
Pulses ein. In 9 Fällen wurden Rezidive beobachtet, in einem Falle 
sogar 2 mal. Von nervösen Störungen waren am häufigsten Kopf¬ 
schmerzen, bei älteren Kindern waren auch Delirien vorhanden. In 


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II. Referate. 


383 


2 Fällen zeigten sich meningitische Erscheinungen und in einem 
Fall solche von Dementia. Die Zunge zeigte in 36 Fällen die 
charakteristische Typhusform. Infolge sorgfältiger Mundflege waren 
Komplikationen seitens des Mundes selten. Nur in 4 Fällen trat 
Herpes labialis auf, 16 mal kam Nasenbluten zur Beobachtung. Zu 
Beginn der Erkrankung war häufig Verstopfung vorhanden, dieselbe 
hielt in 36 Fällen an, während in 28 Fällen Durchfall eintrat. Bei 
5 Kindern wurden Darmblutungen beobachtet, bei zweien Darm¬ 
perforation. Die Milz war in 84 Fällen fühlbar; blieb die Milz länger 
vergrößert, so war ein Rezidiv wahrscheinlich. Von seiten der Lunge 
wurde in 40 Fällen Bronchitis notiert; am Herzen waren in 13 Fällen 
akzidentelle Geräusche hörbar, in 2 Fällen wurde eine Myokarditis 
angenommen. Roseolen traten meist in den ersten Tagen auf und 
blieben in verschiedener Ausdehnung verschieden lange bestehen, 
seltener wurden andere Hautkomplikationen wie Furunkulose, Ery¬ 
them u. s. w. beobachtet. Ziemlich häufig war das Mittelohr be¬ 
troffen. Der Urin gab mit Ausnahme von 9 Fällen die Diazoreaktion. 
In 5 von 15 untersuchten Fällen wurden Typhusbazillen im Urin 
gefunden; nur selten war Albuminurie und Cylindrurie vorhanden. 
Die Wi dal sehe Reaktion war in allen mit Ausnahme von 2 Fällen 
positiv. Im übrigen zeigte das Blut eine Abnahme von Leukozyten 
und Hämoglobin. Die Mortalität betrug 3°/ 0 * Die Behandlung war 
die übliche, jedoch empfiehlt A. die Bäder nicht zu niedrig zu 
temperieren. Schreiber (Göttingen). 


E. Haim. Beitrag zur Pathogenität des Bacillus proteus 
vulgaris (Hauser). 

(Aus dem Kaiser Franz Joseph-Spital in Wien.) 

(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 20.) 

13jähriges Mädchen mit Typhus abdominalis, der jedoch 
infolge von Proteusinfektion ein atypisches Bild darbot. Schon in 
der Anamnese mußte die Angabe des häufigen Erbrechens, sowie der 
starken Diarrhöen in der ersten Woche der Krankheit auffallen, 
ebenso die gleich anfangs vorhandenen starken Remissionen in der 
Fieberkurve. Auch der Verlauf war dann ein bei Kindern ungewöhn¬ 
lich schwerer. Das am meisten auffallende Bild aber, das gleich zur 
Annahme irgend einer Mischinfektion drängte, bot der Stuhl, der in 
den ersten Tagen bis 8mal täglich erfolgte und dünnflüssig, stark 
übelriechend, schaumig, mit viel Schleim vermengt war. Die normale 
Darmflora war vollständig verdrängt, das Bild beherrschten kurze, 
dicke Stäbchen, welche später als Proteusbazillen erkannt wurden. 
Es ist dies der erste publizierte Fall von Misch in fektion von 
Typhus und Proteus vulgaris. 

Einige Tage später erkrankte der 10jährige Bruder der Pat. und 
bot das typische Bild eines Typhus abdomin. levis; im Stuhl kein 
Proteus. Grätzer. 


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384 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9. 


Flamini. Contributo allo Studio della bacteriuria nel tifo. 

(Rivista di Clinica Pediatrica No. 2 1903.) 

Verf. hat bei acht an Typhus erkrankten Kindern den Urin unter 
allen — detailliert angeführten — Kautelen untersucht und ist zu 
dem Resultat gelangt, daß Bakteriurie ein häufiges Vorkommnis ist; 
denn in^den acht Fällen hat er sie 7 mal gefunden. Sie kann ohne 
Albuminurie einhergehen; in den Fällen jedoch, in denen gleichzeitig 
eine solche besteht, ist die Zahl der Typhusbazillen größer. Fehlt 
Albuminurie, so ergibt die mikroskopische Untersuchung des Harn¬ 
sediments Anzeichen für das Bestehen von Nierenveränderungen in 
Gestalt von Nierenepithelien und Zylindern. Niemals fanden sich 
Bazillen in den ersten 8 Tagen der Erkrankung, sondern stets erst 
später, zur Zeit, wenn die Roseola erscheint. Auch zur Zeit der 
Rekonvaleszenz fanden sich die Bazillen im Harn, und zwar in nicht 
merklich geringerer Zahl, als vorher. Das ist von besonderer Wichtig¬ 
keit für die Frage von den Infektionsquellen des Typhus und für die 
zur Verhütung der Infektion einzuschlagender Maßnahmen. F. 


Josef Bernard. Über ein sicheres Frühsymptom des Typhus 
abdominalis im Kindesalter. 

(Ungarische medizinische Presse 30. 12. 1902.) 

Nach vollkommener Entleerung des Darmes am Ende der ersten 
Krankheitswoche fühlt B. in der Gegend der Valvula coli zwei bis 
drei haselnuß- oder taubeneigroße und ebenso geformte Tumoren, die 
in einer zur Längsachse des Körpers parallelen Linie gelagert, un¬ 
gefähr in 1—2 cm Entfernung voneinander sich befinden. Verf. meint, 
daß diese Schwellungen den hypertrophierten Lymphfollikeln des 
Dünndarmes entsprechen und glaubt mit diesem Symptom die Diagnose 
des Typhus abdominalis im Kindesalter zu erleichtern. 

E. Deutsch (Budapest). 


L. Byk (Berlin). Über die Anwendung des Pyramidons bei 

Typhus abdominalis. 

(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 3.) 

Bei einem 12jährigen Knaben setzten Dosen von 0,3 prompt die 
Temperatur herab (einmal sogar um 4°, ohne daß unangenehme Er¬ 
scheinungen zu Tage traten), und zwar allmählich, wie auch das An¬ 
steigen wieder ein allmähliches war. Das Mittel wirkte ebenso prompt 
bei hohen, wie bei mittleren Temperaturen, ebenso wenn es galt, das 
Ansteigen des Fiebers im Laufe des Tages zu verhüten, wie das Ab¬ 
fallen desselben während der Nacht zu verstärken. Während der 
langen Dauer der Krankheit machten sich nie Intoxikations- oder 
Kollapserscheinungen u. dergl. geltend. Grätzer. 


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II. Referate. 


385 


Valentini. Über die systematische antifebrile Behandlung des 
Unterleibstyphus mit Pyramidon. 

(Aus dem Diakonissenhause in Danzig.) 

(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 16.) 

V. konnte durch fortgesetzte Tag und Nacht in 2 stündlichen 
Zwischenräumen gereichte Dosen von Pyramidon (bei Kindern 0,1—0,2) 
bei allen Fällen von Typhus die Temperatur dauernd auf die Norm 
oder fast auf die Norm herabdrücken, das Allgemeinbefinden, Sensorium, 
Puls günstig beeinflussen. Die Krankheitsdauer wird nicht abgekürzt, 
aber man kann das Pyramidon 3—4 Wochen lang geben, ohne daß 
eine Schädigung eintritt. Gr&tzer. 

IN, Schreiner. Über den heutigen Stand der Keuchhusten¬ 
behandlung und über neuere Erfahrungen mit Oxykampher 

und Citrophen. 

(Aus der kgl. pädiatr. Universitätspoliklinik in München.) 

(Therap. Monatshefte 1903 No. 5—7.) 

Auf Grund seiner Erfahrungen, die S. an einem großen Material 
mit der Behandlung des Keuchhustens mit Citrophen und Oxy¬ 
kampher gesammelt hat, gelangt er betreffs des erstem zu folgenden 
Schlüssen: 

Citrophen wird von allen Kindern, besonders in etwas Zucker¬ 
wasser, wegen seines limonadeähnlichen Geschmackes sehr gern ge¬ 
nommen und gut vertragen. Eine ungünstige Einwirkung auf den 
Verdauungstraktus wurde in keinem Falle bemerkt; wohl aber wurde 
das Erbrechen günstig beeinflußt, und nahm bei einzelnen Pat. 
während der Darreichung des Mittels der Appetit zu. Schädliche 
Einwirkungen auf irgend welche inneren Organe konnten niemals, 
auch bei den höchsten angewandten Dosen, nicht konstatiert werden. 
In manchen Fällen trat eine reichlichere Schweißsekretion auf; Hautaus¬ 
schläge kamen nicht vor. Die Wirkung auf den Keuchhusten ist eine 
ausgezeichnete. Mit Ausnahme eines verschwindend kleinen Prozent¬ 
satzes, der sich gewiß noch vermindern läßt, bewirkt das Citrophen 
nicht nur eine erhebliche Verkürzung der Krankheitsdauer, sondern 
es gestaltet auch den ganzen Verlauf (bei 93 °/ 0 der behandelten 
Fälle) zu einem viel milderen. Die Anfälle werden innerhalb kurzer 
Zeit, manchmal schon in 1—3 Tagen, erheblich seltener, kürzer und 
leichter. Das Erbrechen von Nahrung pflegt rasch aufzuhören, auch 
das Schleimbrechen verliert sich bald. Es empfiehlt sich, je nach 
der Intensität der Erkrankung, mit Dosen von 3 mal täglich 1,5 bis 
2,0 deg pro anno zu beginnen, und, wenn diese Dosis unwirksam 
bleibt, in kurzen Zwischenräumen auf 2,5—3,0 deg pro anno, 3mal 
täglich zu steigern. Die meistens auch wirksame Einzeldosis von 
0,7 g sollte jedoch vorläufig bei Kindern unter 8—10 Jahren nicht 
überschritten werden; hier ist es besser, die kleinere Dosis lieber 
öfter, etwa 4 mal täglich, zu verabreichen. 


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386 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9. 


Oxaphor ist als 50°/ 0 ige alkoholische Lösung käuflich, und 
zwar in drei verschiedenen Formen. Alle drei Arzneiformen, in 
welchen der pfefferartige Geschmack nicht bedeutend korrigiert ist, 
wurden in heißer Milch gegeben, welche noch das beste Corrigens ist. 
Die einfachste Art, Oxaphor zu geben, ist jedoch, das Mittel tropfen¬ 
weise (19 Tropfen = 1 g) in Zuckerwasser nehmen zu lassen. Sein 
Urteil über die Verwendbarkeit des Mittels bei Keuchhusten faßt S. 
folgendermaßen zusammen: Zahl und Intensität der einzelnen Anfälle 
werden bei den meisten Pat. prompt herabgedrückt Der Verlauf 
der Krankheit erfährt eine bemerkenswerte Abkürzung, wenn auch 
nicht immer in dem Grade, wie das bei Citrophen der Fall ist. Das 
Mittel wird nicht gern, aber nicht mit großem Widerwillen genommen 
und meist gut vertragen; es verursacht nicht nur keine Magensymp¬ 
tome, sondern bessert sogar öfters den darniederliegenden Appetit 
Wegen seiner Unschädlichkeit für das Herz ist Oxykampher besonders 
bei schweren Komplikationen (Pneumonie!) zu empfehlen. Eine Kom¬ 
bination mit anderen Mitteln, auch mit Citrophen, ist zwecklos. 
Einzelgabe, je nach Schwere des Falles, 3 mal täglich bis 3 stündlich 
1—3dcg pro anno; eine weitere Steigerung der Einzeldosen, die ohne 
Bedenken erfolgen könnte, würde wahrscheinlich noch viel günstigere 
Resultate zeitigen. Grätzer. 


Cesarini. Febriler Keuchhusten; Typus intermittens 
quotidianus. 

(Riforma medica No. 9 1908.) 

Es handelt sich um einen 1 x / a jährigen Knaben mit typischem 
Keuchhusten, bei dem jedoch gleichzeitig ein irreguläres intermittierendes 
Fieber mit einem oder mehreren Anfällen am Tage vorhanden war; 
dieses Fieber verschwand unter dem Bild einer Krise am elften Krank¬ 
heitstage. Verf. schließt aus diesem Fall, daß der Keuchhusten nicht 
immer afebril auftritt, daß durch das Fieber sich die Prognose nicht 
verschlechtert, und daß die Temperatursteigerung durch keins der 
gegen Keuchhusten gegebenen Mittel beeinflußt wird. F. 


Edwin E. Graham, Pertussis with unusual cerebral Symptoms. 

(New York medical Journal, den 20. Juni 1908.) 

Bericht über einen Fall von Keuchhusten bei einem 19 Monate 
alten Kinde mit ungewöhnlichen zerebralen Erscheinungen: Stupor, 
Parese der Beine, später ausgeprägter spastischer Zustand der oberen 
und unteren Extremitäten. Die ophthalmoskopische Untersuchung 
lieferte negative Befunde. Ebensowenig Aufklärung erhielt man von 
einer Lumbalpunktion. 

Lähmungen im Verlauf des Keuchhustens kommen bekanntlich 
nicht all zu selten vor. Leo Jakobi (New York). 


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II. Referate. 


387 


Charles J. Aldrick. Neuritis from Whooping-Cough. 

(New York Medical Journal, den 6. Juni 1903.) 

Neuritiden können im Verlauf einer jeden Infektion auftreten. 
Speziell nach Keuchhusten sieht man Neuritis verhältnismäßig selten. 

Verf. berichtet über einen Fall bei einem 4jährigen Knaben, 
welcher in der vierten Woche eines Keuchhustens schwach auf den 
Beinen wurde. Sehr bald gesellten sich ähnliche Störungen von 
seiten der Arme hinzu. Auch Gaumenlähmung trat auf. Innerhalb 
von zwölf weiteren Wochen genas der Knabe vollständig. 

Folgt Übersicht ähnlicher Fälle aus der Literatur. 

Leo Jakobi (New York). 


T. W. Kilmer. Whooping-Cough. A new Method of Treatment. 

(New York Medical Journal, den 20. Juni 1903.) 

Nach der Meinung des Verf.s ist der Keuchhusten an einen be¬ 
stimmten Verlauf ebenso gebunden wie die Pneumonie. 

Therapeutisch empfiehlt sich die innere Darreichung von Brom 
und Antipyrin abwechselnd mit Chinin. So erhält z. B. ein 2jähriges 
Kind 0,05 Antipyrin mit 0,2 Natrium bromatum 2 stündlich 3—4 Tage 
lang; alsdann setzt man aus und reicht 0,2 Chininum sulphuricum, 
3stündlich 3—4 Tage lang, um nun wieder zur ersten Medikation 
zurückzukehren. 

Daneben preist K. eine neue mechanische Behandlungsmethode, 
welche in der Anlegung einer gutsitzenden elastischen Leibbinde be¬ 
steht. Diese Binde kann den Thorax mit einhüllen. Ihre Wirkung 
soll eine ausgezeichnete sein, namentlich soll das Erbrechen dadurch 
in Schranken gehalten werden. Das Prinzip dieser Maßnahme hat 
Verf. der bekannten Leibbinde gegen Seekrankheit entlehnt. 

Leo Jakobi (New York). 


W. E. Foggie. A case of cerebral diplegia after whooping- 

cough. 

(The Scottish Medical and Surgical Journal, S. 39, Januar 1903.) 

Das 2 1 / 3 jährige Mädchen hekam im Anschluß an einen heftigen 
Keuchhustenanfall im sechsten Lebensmonat allgemeine Krämpfe mit 
Bewußtlosigkeit, die ca. 2 Wochen dauerten. Die Folge war eine 
mangelhafte geistige Entwicklung, Muskelschwäche und Steifheit der 
Glieder. Das Kind bietet zur Zeit etwa folgendes Bild: 

Es ist schwächlich und für sein Alter klein, es kann sitzen aber 
nicht stehen, die Fontanelle ist noch nicht geschlossen. Die geistige 
Entwicklung ist unter Durchschnitt, es spricht nur wenige Worte; 
Gesicht und Gehör gut. Das auffälligste Symptom ist die Steifheit 
der Glieder, besonders der oberen Extremitäten, die gestreckt gehalten 
werden. Die unteren Extremitäten sind weniger steif; die Muskel¬ 
spasmen treten bei Bewegungen noch stärker auf, die Reflexe sind 

Centralbl. f. Kinderhlkdr. VIII. by GOdß 



388 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9. 


teils erhöht, teils normal. Keine atethotischen Bewegungen, keine 
Sensibilitätsstörungen. F. nimmt als Ursache dieser nervösen Störungen 
eine Meningealblutung an. Schreiber (Göttingen). 


A. Hecht. Grippe und eitrige Meningitis mit dem Befund 
der Influenzabazillen. 

(Jahrbuch f. Kinderheilkunde, Bd. 57, Heft 3.) 

Bei einem Falle von Meningitis im Verlaufe einer Influenza- 
pneumonie fanden sich in der punktierten Lumbalflüssigkeit Influenza¬ 
bazillen und außerdem kleine Gram negative diplokokkenartige Gebilde, 
die nach ihrem kulturellen Verhalten ebenfalls als Influenzabazillen 
anzusprechen waren. Es handelt sich also um eine reine Influenza¬ 
meningitis. In den gehärteten Organen ließen sich Influenzabazillen 
mit Sicherheit nur in der Exsudatlage zwischen den Meningen nach- 
weisen. Die klinische Diagnose der Influenzameningitis ist nur durch 
Lumbalpunktion und gelungene Kultur zu stellen. Für die Differenzial- 
Diagnose zwischen Diplokokken- und reiner Influenzameningitis wäre 
vielleicht auf eventuelle Leukozytose zu achten, die nach Rieder bei 
reiner Influenzapneumonie vermißt wird. Dem Influenzabazillus 
scheint, wo er allein herrscht, die Fähigkeit zu mangeln, größere 
Fibrin-Exsudationen zu bewirken. Hecker (München). 


H. B. L. Vos. Over de Kindergriep (Coryza febriculosa infan¬ 
tum, s. aeroditis superior infectiosa infantum). 


(Ned. Tijdschrift v. Genesk. 1903 No. 1.) 


Verf. überlegt sich aus Anlaß einer kleinen Reihe von Krankheits¬ 
fällen die Frage, ob ein Grund vorliege zur Annahme eines selbst¬ 
ständigen Krankheitsbildes der „Kindergrippe“, die von Filatow wie 
folgt beschrieben wird: Katarrh der oberen Luftwege, mehr speziell 
Coryza und namentlich am Anfänge kurzer, trockener Husten, Kon¬ 
junktivitis, Fieber, Ohrenschmerzen. 

Diese Frage wird vom Verf. bejahend beantwortet. 

Verf. ergeht sich in einer ausführlichen Besprechung der ver¬ 
schiedenen Symptome und Komplikationen. 

Als bedeutendste Komplikation nennt Verf. die Pneumonie. 

Indem beide Erscheinungsweisen, sowohl die kruppöse als die 
katarrhalische Pneumonie auftreten können, weist der Verf. daraufhin, 
daß diese bei der Grippe wie überhaupt bei sehr jungen Kindern 
klinisch nicht scharf zu trennen sind. 

Außer durch starken Temperatur Wechsel wird die Grippepneumonie 
oft durch einen äußerst unregelmäßigen und langgedehnten Verlauf 
gekennzeichnet, der meistens dein Verlaufe einer Pneumonia migrans 
entspricht. 

Bei der Differentialdiagnose soll an Diphtherie und Lues congenita 
gedacht werden. 


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II. Referate. 


389 


Schwierigkeiten bieten sich mitunter dar, wenn Erscheinungen 
seitens des Respirationsapparates bei skrofulösen Kindern sich mit 
einer Coryza und Konjunktivitis komplizieren, welche gleichfalls Symp¬ 
tome der Skrofulöse sind. 

Auch Pertussis kann im Anfangsstadium Schwierigkeiten darbieten, 
aber nicht lange. 

Bei Malaria entscheidet die Blutuntersuchung. 

Indem auch bei der Kindergrippe bisweilen eine stufenweise 
Steigerung der Temperatur vorkommt, soll bei der Differentialdiagnose 
auch an Typhus abdominalis gedacht werden; auch miliare und 
chronische verlaufende Tuberkulose können Schwierigkeiten für die 
Differentialdiagnose bieten. Von Bedeutung ist unbedingt auch die 
Differentialdiagnose bei der Influenza. Diese fängt gewöhnlich an 
mit Fieber, allgemeiner Schwäche, Kopfschmerzen, oft mit Erbrechen; 
Coryza und Husten fanden meistens am ersten Tage noch nicht statt; 
die Coryza tritt nicht in den Vordergrund. 

Auch greift die Grippe besonders junge Kinder (von 2—5 Jahren 
an, die Influenza insonderheit ältere. 

Inbezug auf die Ätiologie befinden wir uns noch im Dunkeln. 
Verfl zeigt uns, daß auch Luzzatos Untersuchungen hier kein Licht 
entzündet haben. 

Die Prognose ist im allgemeinen faust. 

Die Therapie ist eine rein symptomatische. Plantenga (Haag). 


J. Guttmann. A case of epidural Absceß of Otitic origin- 

Operation-Recovery. 

(New York Medical Journal, den 9. Mai 1903.) 

Bis vor kurzem hat man Eiterungen innerhalb der Schädelhöhle 
mit Recht als höchst ernste Zustände angesehen. Heutzutage trägt 
die Chirurgie immer mehr dazu bei, die trübe Prognose abzuändern. 

Einen hierher gehörenden Fall schildert Verf. Bei seiner Pat., 
einem 15jährigen* Mädchen, kam es nach Influenza zur akuten Otitis 
media, an die sich zerebrale Erscheinungen anschlossen (Kopfschmerz, 
Erbrechen, Stupor, Nackenstarre). 

Eine Mastoidoperation nach Schwarze wurde nun ausgeführt 
und das Antrum vom Eiter befreit. Dabei entdeckte man eine tief¬ 
gehende Fistel, die schließlich zu einem epiduralen Abszeß führte. 
Diese wurde entleert und seine Wände ausgeschabt. 

Das Kind erholte sich rasch und verließ 8 Tage später das 
Krankenhaus. LeoJacobi (New York). 


Caccia. Un caso di meningite cerebro-spinale da batterio 
emofilo di Pfeiffer. 

(Rivista di Clinica Pediatrica 1903 No. 2.) 

Es handelte sich um ein 9monatliches Kind mit Meningitis 
cerebro-spinalis; die mittels der Punktion des Wirbelkanals gewonnene 

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390 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9. 


Zerebrospinalflüssigkeit wurde bakteriologisch untersucht und es ergab 
sich, daß der Krankheitserreger ein Mikroorganismus war, der sich 
seinen morphologischen und kulturellen Eigenschaften nach, sowie in 
bezug auf seine Einwirkung auf Tiere in nichts von dem Bazillus 
unterschied, den Pfeiffer bei Influenza beschrieben hat. Verf. glaubt, 
daß der Bazillus wahrscheinlich den Nasenrachenraum als Eingangs¬ 
pforte benutzt habe und von dort zum Gehirn gelangt sei. Eine 
20 Tage nach Auftreten der ersten nervösen Symptome (Facialis- 
lähmung) entstandene Otitis media purulenta erklärt Verf. durch Aus¬ 
breitung des Prozesses durch den inneren Gehörgang auf das Mittel¬ 
ohr. Der Fall ging übrigens in Genesung über, was Verf. zum Teil 
zurückfiihrt auf wiederholte Lumbalpunktionen. F. 


D’Orlandi. Contributo allo Studio della cito diagnosi in aliune 

maletti infantili. 

(La Pediatria Nr. 1 1903.) 

Verf. hat bei den verschiedensten Erkrankungen die Zerebro¬ 
spinalflüssigkeit, die durch Lumbalpunktion genommen war, unter¬ 
sucht und ist zu folgenden Resultaten gelangt: 

In der Zerebrospinalflüssigkeit, die in physikalischer und chemi¬ 
scher Beziehung normal war und von Kindern, die an verschiedenen 
Krankheiten litten, stammte, fanden sich fast konstant kleine und große 
Lymphozyten oder polynukleäre oder mononukleäre Leukozyten oder 
die einen mit den andern zusammen. Bei tuberkulöser Meningitis 
mit typischem Verlauf überwogen die einzelligen Formen (Lympho¬ 
zyten und mononukleäre Leukozyten). Bei akuter Zerebrospinal- 
meningitis mit Befund von Pneumokokken hatte der Befund keinen 
speziellen Charakter; bei diffuser Lungentuberkulose mit meningealen 
Reizungserscheinungen und beim Ileotyphus mit ebensolchen Er¬ 
scheinungen überwogen die polynukleären Elemente. Bei Chorea, 
Tetanie, chronischem Hydrocephalus, Rachitis, Pleuritis, Lungenphthise, 
Bronchopneumonie war der Befund negativ. F. 


Ludwig Goldreich. Meningitis bei Neugeborenen. 

(Aus dem Karolinen-Kinderspital in Wien.) 

(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 56 Heft 6.) 

Ein Fall, bei dem sich schon 24 Stunden post partum Meningitis¬ 
symptome feststellen Hessen: Vorwölbung der großen Fontanelle, 
klonische Krämpfe der Gesichts-, Nacken- und Armmuskulatur, Nacken¬ 
steifheit. Tod. nach 54ständiger Lebensdauer. Obduktions-Befund: 
akute, fibrinös eitrige Meningitis, frische fibrinöse Pleuritis, diffuse 
eitrige Bronchitis. Im Eiter Bacterium coli commune. L. glaubt, 
daß die Infektion während der Geburt durch Aspiration von Frucht¬ 
wasser erfolgt sei und daß die Meningen erst sekundär von den 
Bronchien aus auf dem Wege der Blutbahn infiziert worden seien. 

Hecker (München). 

— 



III. Aus Vereinen und Vursainmlungen. 


391 


H. Pfister. Die Kapazität des Schädels (der Kopfhöhle) beim 
Säugling und älteren Kinde. 

(Monatsschrift f. Psych. u. Neur., Bd. 13 Heft 6.) 

Pf. fand bei seinen Messungen, daß die Kapazität der Kopfhöhle 
-auf sämtlichen Altersstufen bei den Knaben größer ist als bei den 
Mädchen. Dieser Kapazitätsunterschied der Geschlechter ist bei bezw. 
kurz nach der Geburt ein relativ geringer (ungefähr 20 ccm), wächst 
mit dem Heranwachsen der Kinder anfangs rasch, später immer lang¬ 
samer. Von den Anfangswerten der Kapazität wächst der durch¬ 
schnittliche Bauminhalt der Kopfhöhle so, daß schon vor dem neunten 
Monate das erste Drittel der Gesamtzunahme, mit ca. 2 l / 2 Jahren 
das zweite Drittel gewonnen wird, von welchem Zeitpunkte ab 
in immer langsamerem Tempo das Weiterwachsen um das letzte 
Drittel der Gesamtzunahme erfolgt. Wann diese abgeschlossen ist, 
kann nicht bestimmt angegeben werden. 

Bei Knaben wie bei Mädchen zeigt die Kapazität auf derselben 
Altersstufe eine oft sehr erhebliche Variationsbreite. Diese Unter¬ 
schiede sind als Ausdruck einer individuellen Anlage aufzufassen. 

Kurt Mendel. 


III. Aus Vereinen und Versammlungen, 
Verein für innere Medizin in Berlin. 

Sitzung vom 6. April 1903. 

Einen Fall von geheilter spondylitischer Lähmung demonstriert Joachimsthal. 
Es handelt sich um einen jetzt 9 Jahre alten Knaben, bei dem sich im vierten 
Lebensjahre die ersten Erscheinungen einer spondylitischen Erkrankung geltend 
machten, worauf sich in der oberen Region der Brustwirbelsäule ein Gibbus aus¬ 
bildete. Extensionsmaßnahmen, später Korsettbehandlung. 1 Jahr nach Erscheinen 
der ersten spondylitischen Symptome traten Lähmungserscheinungen an den unteren 
Gliedmaßen und Blase auf, und diese Symptome machten solche Fortschritte, daß, 
-als J. das Kind Januar 1899 zum ersten mal sah, komplette spastische Paralyse 
an beiden Beinen, sowie vollkommene Incontinentia urinae bestanden. Im Bereiche 
des vierten und fünften Dorsalwirbels fand sich eine Prominenz der auf Druck 
empfindlichen Dornfortsätze. Da Pat. an beiden Beinen gelähmt war, mußte er 
in horizontaler Lage behandelt werden; er wurde in ein nach Lorenz gefertigtes 
Gipsbett gelegt, an dem vermittelst eines Jury-mastes und einer Glisson sehen 
Schwebe eine Extension und damit eine Entlastung der oberen Partien der 
Wirbelsäule versucht wurde. In diesem trostlosen Zustande blieb Pat. etwa 
fi Monate lang. Um die Mitte des Jahres 1899 zeigte sich eine Anschwellung 
der rechten Halsseite, die sich dann als unterhalb der Sternokleidomastoideus 
gelegener Kongestionsabszeß entpuppte, jedenfalls ausgehend von dem tiefer 
gelegenen spondylitischen Herd. Am 4. November 1899 wurde der Abszeß durch 
■einen Schnitt an der Innenseite des Sternokleidomastoideus breit eröffnet und 
Vs Liter Eiter entleert; man gelangte mit dem Finger bis an die Vorderfläche 
•der Wirbelsäule, konnte aber den tiefer gelegenen Herd nicht abtasten. Unmittel¬ 
bar an diesen Eingriff schloß sich nun eine überraschende Rückbildung der 
Paralysen an. Schon am Nachmittage des Operationstages waren die Spasmen 

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392 


Gentralblatt für Kinderheilkunde. No. 9. 


vollständig verschwunden, Tags darauf konnte Pat. den Urin halten und die 
Beine bewegen, 3 Wochen später ging er schon ohne jede Stütze frei umher, und 
ist seitdem (3 1 /, Jahre) auch vollkommen gehfähig und gesund geblieben. Wie 
ist nun diese sofortige Rückbildung der */* Jahr vorhanden gewesenen Lähmungen 
zu erklären? Offenbar durch Aufhebung der bestehenden Druckwirkung. J. hält 
es für das wahrscheinlichste, die Paralysen auf ein Ödem zu beziehen, wie solches 
bei Behinderung des venösen Abflusses aus den Duralvenen entstehen kann und 
sicherlich geeignet ist, die schwersten Symptome hervorzurufen, indem es die 
betreffenden Fasern funktionsunfähig macht. Bei Aufhebung des Kompressions¬ 
druckes kann es zurückgehen; die noch nicht abgestorbenen Fasern können dann 
ihre Funktionsfähigkeit wieder erlangen. Daß jener Abszeß hier, entgegengesetzt 
wie sonst, von dem Herde aus nach oben wandert, erklärt sich aus der dauernden 
horizontalen Lage, die Pat. 1 / 2 Jahr hindurch einnehmen mußte. 

Sitzung vom 4. Mai 1903. 

Über Entfernung eines Fremdkörpers aus dem linken Bronchus eines 5jährigen 
Knaben spricht F. Karewski. Das Kind war, als es spielte, plötzlich blau ge¬ 
worden und wie tot umgefallen. Nachdem vergebens Ärzte gesucht waren, kam 
es nach etwa 30 Minuten ins Krankenhaus, wo sofort tracheotomiert und künst¬ 
liche Atmung eingeleitet wurde, worauf Pat. wieder zum Leben kam. Tags 
darauf befand sich das Kind ganz wohl, und, wenn man die Kanüle zuhielt, 
bekam es genug Luft, konnte auch ganz gut sprechen, so daß man annehmen 
mußte, ein Fremdkörper sein nicht mehr vorhanden. Äls man aber versuchte, 
die Kanüle zu entfernen und die Wunde zuhielt, wurde das Kind wieder blau 
und dyspnoisch, so daß Wiedereinführung der Kanüle nötig war. Laryngoskopische 
Untersuchung erfolglos. Am dritten Tage begann Pat. zu fiebern. Am vierten 
Tage konstatierte man auf der linken Lungenhälfte eine Dämpfung, und diese 
nahm so rapid zu, daß schon nach einigen Stunden vollkommener Schenkelschall 
auf der ganzen linken Lunge bestand; diese Hälfte blieb beim Atmen zurück. 
Respirationsgeräusch fast ganz aufgehoben. Abends 39,3° Temperatur. Zweifellos 
war der Fremdkörper beim Kanülenwechsei aus dem Larynx in die Bronchien 
gerutscht, obturierte den linken Hauptbronchus total und bewirkte Lungenatelektase. 
Eine Röntgenaufnahme brachte den Fremdkörper auch prachtvoll zur Ansicht; 
cs zeigte sich ein metallner Knopf im linken Hauptbronchus, einige Zentimeter 
unterhalb der Teilung. Es wurde nun jetzt (am fünften Tage) Extraktion mittels 
eines starken Elektromagneten versucht, der Fremdkörper rührte sich aber nicht von 
der Stelle. Nach vielen vergeblichen Versuchen mit allerlei Hilfsmitteln gelang 
endlich die Extraktion mittels einer schlanken Kornzange, und der Fremdkörper 
entpuppte sich als 3 1 / i g schwerer Messingknopf aus einer Ofentür. Am nächsten 
Tage Entfieberung, bald auch Verschwinden der übrigen Erscheinungen, Pat. blieb 
seitdem gesund. Es hatte sich also wirklich nur um Lungenatelektase gehandelt, 
durch die Entfernung des Fremdkörpers war schlimmeres verhütet worden. Denn 
nicht immer wird, wie manche hoffen, solch ein Fremdkörper früher oder später 
spontan ausgehustet und richtet unterdessen kein Unglück an. Es besteht stets 
eine recht große Gefahr, und man sollte deshalb nicht die Hände in den Schoß 
legen, sondern den in den Bronchien nachgewiesenen Fremdkörper auch unter 
allen Umständen herauszuholen suchen. Freilich ist das Herumtappen im Dunkeln, 
das Manipulieren in der Lunge mit Instrumenten ein gewagtes Unternehmen, 
weshalb die Killiansche Bronchoskopie noch freudig zu begrüßen ist. Wer 
diese beherrscht, hat ein leichtes Spiel. 


Berliner medizinische Gesellschaft 

Sitzungen vom 11.—25. März 1903. 

über die Barlowsche Krankheit hielt Heubner einen Vortrag. Derselbe ver¬ 
fügt über 65 eigene Beobachtungen. Früher nur vereinzelt auftretend, häuften 
sich die Fälle seit dem Jahre 1901. Die B. (wir werden der Kürze halber das 
Leiden so abkürzen) ist eine Säuglingskrankheit. 8 / 4 der Fälle entwickelten sich 

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III. Aus Vereinen und Versammlungen. 


393 


in den letzten 4 Monaten des ersten Lebensjahres, V 4 zu ziemlich gleichen Teilen 
in den beiden Vierteljahren vor und nach der genannten Periode; am häufigsten 
war der Krankheitsbeginn im achten Monat. Es waren die Pat. (39 Knaben und 
26 Mädchen) sämtlich Kinder besser situierter Leute. Dieser Umstand und die 
Ähnlichkeit der B. mit Skorbut führt zur Betrachtung der Ernährung als eventuell 
ätiologischen Momentes. Fast durchweg waren die Kinder unter ärztlicher Über¬ 
wachung nach den jetzt allgemein gütigen Regeln genährt worden und dabei bis 
zu dem Zeitpunkt, wo die B. begann, gut gediehen. Es handelte sich allerdings 
ausnahmslos um künstlich genährte Kinder. Von 55 Kindern, über die Notizen 
bestehen, waren 13 mit verschiedenerlei Milchsorten, zum Teil aus den besten 
Kuhställen Berlins, unter Zusatz von Graupenschleim oder L ah mann scher 
Pflanzenmilch oder Zuckerwasser ernährt worden, ohne Soxhlet, also ohne zu langes 
Kochen. Einmal war Pat. eine Zeitlang zu reichlich ernährt worden (1V 2 Liter 
Milch pro Tag). In einem Falle von Erkrankung im 13. Monat hatte das Kind 
schon vom neunten Monat an gemischte Diät erhalten (Fleischbrühe. Ei) aber 
allerdings keine „frische“ Nahrung. 12 mal war Kuhmilch aus zum Teil besten 
Musterställen, im Soxhlet */* Stunde und darüber gekocht, dargereicht worden. 
19mal, etwa in der Hälfte der während der letzten 1 */* Jahre beobachteten Fälle 
war die Milch aus der größten Berliner Meierei, die pasteurisierte Milch liefert, 
bezogen und zum Teil im Soxhlet, zum Teil auch ohne diesen gewöhnlich noch¬ 
mals gekocht worden. Nur 7 mal waren monatelang Milchpräparate (kondensierte 
Milch, Albumosen-, Somatose-, Fettmilch) gegeben worden, nur 4 mal überwiegend 
mehlreiche Nahrung. Aus dieser Zusammenstellung fließt kaum ein helleres Licht 
auf die Entstehung von B.; daß in einer großen Anzahl der Fälle der beiden 
letzten Jahre der Bezugsort immer derselbe war, erweckte den Argwohn, daß 
diese Milch irgend eine Schädlichkeit enthielte. Dieser Verdacht erwies sich bei 
näherer Betrachtung als inhaltslos. Eines war allen Beobachtungen gemeinsam: 
daß die Nahrung bis zum Sieden erhitzt worden ist. Dabei war es nicht nötig, 
daß die Erhitzung längere Zeit fortgesetzt wurde, sondern bei einer Reihe von 
Kindern hat sogar die einfache Abkochung der Milch hingereicht, B. hervorzurufen. 
In der Majorität der Fälle durfte die Milch allerdings wohl 10 Minuten lang gekocht 
worden sein. Daß aber allein im Momente der Erhitzung die Schädlichkeit ge¬ 
legen sein mußte, durfte schon daraus gefolgert werden, daß in allen Fällen der 
Ersatz der gekochten Nahrung durch ungekochte eine überraschend schnelle 
Besserung der Krankheit hervorrief. Also ein bedeutungsvolles ätiologisches 
Hilfsmoment muß das Abkochen der Nahrung darstellen; die Milch muß durch das 
Kochen eine Einbuße erleiden, die ein Teil der Säuglinge auszugleichen außer 
stände ist. Daß die Zahl der Erkrankungen jetzt erheblich zunimmt, das möchte 
wohl im Anwachsen der künstlichen Ernährung begründet sein. Was die Patho¬ 
logie nun anbelangt, so waren unter den 65 Fällen bei 44 sowohl Zahnfleisch¬ 
veränderungen wie Knochenschwellungen und -Schmerzhaftigkeit, kachektisches Aus¬ 
sehen usw. vorhanden. 6mal fehlten die Blutungen am Zahnfleisch, obwohl die 
Zähne schon vorhanden waren, 10mal fehlten die Zähne, dementsprechend auch die 
ZahnfleischafFektion. Schwellung und Schmerz der Knochen waren am häufigsten 
und stärksten ausgebildet an den unteren Epiphysen der Oherschenkel. Unter 
54 Fällen, wo deutliche Schwellung nachweisbar war, waren 33 mal nur die Ober¬ 
schenkel, 14mal Ober- und Unterschenkel, 7mal nur die Unterschenkel ergriffen; 
wesentlich seltener waren die schmerzhaften Anschwellungen der Vorderarme 
und der Rippen. Nicht immer war die Epiphyse die am stärksten geschwollene 
Partie des Oberschenkels, sondern mehrmals fand sich der größte Umfang der 
Geschwulst in der Mitte der Diaphyse. Auch Epiphysenlösungen kommen vor. 
Auch am Schädel sah H. hämorrhagische Anschwellungen; einmal am Schädel¬ 
dach, 4 mal in der Orbita. Es handelt sich pathologisch anatomisch in der 
Hauptsache 

1. um eine eigenartige Ernährungsstörung mit Wachstumsbehinderung und 
Baufälligwerden im Knochensystem; 

2. um eine Neigung zu Blutaustritten aus den Gefäßen, die wieder vor¬ 
wiegend das Gebiet des Knochenmarkes und Periostes betrifft, aber doch auch 
auf nicht knöcherne Körperorgane (Haut, Schleimhäute, Nieren) übergreifen kann. 
Die Knochenerkrankung erstreckt sich sowohl auf das Mark wie auf den wachsen¬ 
den Knochen selbst. Das Mark geht eine ganz eigentümliche Degeneration aus 
dem lymphzellenreichen saftigen Gewebe in eine lockere, verödete, gefäßarme^ 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9. 


dem embryonalen Bindegewebe ähnliche, ganz zellcuarme Substanz ein. Die Mark¬ 
zellen verlieren die Fähigkeit, sich in Osteoplasten umzuwandeln, und so hört der 
Knochen auf zu wachsen. An Stelle der Spongiosa tritt ein mürbes, leicht zerbrech¬ 
liches und verschiebliches Gewebe, und da auch das periostale Wachstum mangelhaft 
ist, so wird auch die Corticalis dann atrophisch, osteoporotisch. Dadurch entstehen 
besonders an den Ossifikationsgrenzen der Epiphysen allerhand Infraktionen, 
Frakturen, Verschiebungen, die aus der Spongiosa ein unregelmäßiges Trümmer¬ 
feld machen können. Hier entstehen nun die Hämorrhagien, die sowohl das 
Mark imprägnieren, wie namentlich in großer Mächtigkeit zwischen Periost und Cor¬ 
ticalis der Diaphyse sich ergießen und so zur Geschwulstbildung fuhren. Es handelt 
sich um etwas ganz anderes, als um Rachitis, mit der die Erkrankung in gar keinem 
Zusammenhang steht. An Skorbut erinnert B. in mancherlei Hinsicht, aber es 
sind auch starke Unterschiede vorhanden: vor allem führt B. am Zahnfleisch nicht 
zur Nekrose, es tritt keine Geschwürsbildung und faulige Abstoßung auf. Außer 
am Knochen sah H. auch an anderen Organen Blutungen auftreten: 7 mal an 
der Haut (in Form von purpuraartigen Flecken, blutigen Suffosionen, Blutblasen), 
6 mal an Schleimhäuten (Zunge, Auge, Nase, Darm), 6 mal in der Niere (Nephritis 
haemorrhagica). In weitaus den meisten Fällen wurde das Leiden durch den 
Habitus und das kachektische Aussehen erkannt. Der Verlauf der Krankheit 
ist immer ein sehr chronischer, so lange nicht die geeignete Behandlung ein¬ 
setzt Letztere ist bei M. eine äußerst dankbare. 28 mal hat H. über die Er¬ 
folge Nachrichten erhalten. In 25 Fällen war die Besserung der bis dahin 
wochen- und monatelang bestandenen Erkrankung eine überraschend schnelle, 
und endgültige; binnen wenigen Tagen schwand der Schmerz, in 14 Tagen 
war das Zahnfleisch normal, die Schwellungen in vollem Rückgänge. Um 
dies zu erreichen, genügen diätetische Vorschriften. Es ist weiter nichts nötig, 
als daß die bis dahin gewöhnlich ganz monoton gehaltene Ernährung mit 
länger gekochter Milch oder mit Milchpräparaten aufgegeben wird und an deren 
Stelle die Ernährung mit ungekochter Milch tritt, die allerdings aus sehr zu- 
verläßiger Quelle bezogen und ununterbrochen auf Eis stehen muß. Da es sich 
meist um Kinder im zweiten Halbjahr handelt, wird sie nicht verdünnt und in 
fünf Mahlzeiten s / 4 —1 Liter verabreicht. Wo reine Milch nicht gut vertragen 
wird, mag man sie mit einer 5—7%ig en Lösung von Soxhlcts Nährzucker oder 
Soxhlets Liebigsuppenpulver oder Mellins food zu einem Drittel oder zur Hälfte 
verdünnen. Man erwärmt Milch und Lösung auf Körpertemperatur und mischt 
nachher. Außer der Milch erhält das Kind 3 mal täglich 2—3 Teelöffel frisch 
ausgepreßten Fleischsaftes, ebenso oft einen Teelöffel frischen Fruchtsaftes, Kinder 
über 9 Monaten einmal noch eventuell einige Teelöffel Kartoffelmus, Spinat u. dergl. 
Diese Diät wird in der Regel sehr gut vertragen und führt in kurzer Zeit zur 
toxalen Umänderung des Befindens. Bleibt freilich B. längere Zeit unerkannt 
und unbehandelt, so nimmt das Leiden an Intensität zu und manchmal sogar ein 
letales Ende. 

Diskussion (Bericht darüber bringen wir in der nächsten Nummer). 


IV. Neue Bücher. 

R. Kayser. Anleitung zur Diagnose und Therapie der Kehlkopf-, Nasen- und Ohren- 
krankheiten. Zweite vermehrte und verbesserte Auflage. Berlin 1903. Verlag 
von S. Karger. 

Nach 2 Jahren ist ein Neudruck dieses Buches notwendig geworden. Zeigt 
dieses Faktum schon, daß das Werk einem Bedürfnisse entgegen kam und seinen 
Zweck in besterWeise erfüllte, so gelangt man auch durch die Lektüre desselben 
zu dem gleich günstigen kritischen Resultat. Der Autor versteht es vortrefflich, 
kurz und bündig das zu sagen, was er will, und zwar so zu sagen, daß es dem 
Leser auch ohne Abbildungen — das Buch enthält deren 130 — sofort klar wird, 
er ist ein Meister in der Beschränkung, d. h. darin, das Wichtigste herauszuholen 
aus dem Lehrstoffe und einen Überblick über letzteren zu geben, wie das ja bei 
einer solchen „Anleitung“ vollständig genügt. Der Praktiker wird daher auch 

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IV. Neue Bücher. — V. Monats-Chronik. 


395 


<lie 2. Auflage, in welcher der Verf. vieles verbessert und hinzugefiigt hat, be 
friedigt aus der Hand legen und sich immer wieder darin gern Rat holen. 

Grätzer. 


Neue Dissertationen» 

J. Arnheim. Ein Beitrag zur Lehre von den Nahrungsmengen des Brust¬ 
kindes (Jena).. — F. Bergner. Über Sarkomatose im Kindesalter (München). — 
Fr. BrDning. Über das Auftreten des Fettes im Knochenmark in den ersten Lebens¬ 
jahren (Freiburg). — W. Cartsburg. Über die präventive Behandlung der Augen¬ 
eiterung der Neugeborenen (Greifswald). — J. Fuchsberger. Über einen Fall von 
angeborener Mißbildung sämtlicher Extremitäten (München). —•, J. Herzog. Ein 
Beitrag zur Lehre von den intrakraniellen Blutungen Neugeborener (München). — 
E. Hinz. Über profuse Hämoptoe im frühen Kindesalter bei der Lungentuber¬ 
kulose (Leipzig). — R. Holzhäuer. Zur Kasuistik der Gehirntumoren im Kindes 
alter (Berlin). — L Kaplan. Bemerkungen zur normalen und topographischen 
Anatomie der Thymus mit besonderer Berücksichtigung der plötzlichen Todesfälle 
bei Thymushypertrophic (Berlin). — P. Kuliga. Zur Genese der kongenitalen 
Dünndarmstenosen und Atresien (Heidelberg). — R. Kutz. Beitrag zur Kasuistik 
der Enchondrome am Halse. Beschreibung eines seltenen Falles von kongentialem 
Encbondrom neben dem Proc. spinosus des sechsten Halswirbels (Königsberg). — 
0. Lütgens. Zur Kasuistik der Riesenkinder (Greifswald). — H. Much. Über Todes¬ 
ursachen bei Neugeborenen, mit besonderer Berücksichtigung ihrer forensischen 
Bedeutung (Würzburg). — A. Nolte. Ein Fall von kongenitalem, totalem Tibia¬ 
defekt (Leipzig). — P. Ott6. Ein Fall von Thymustod (Königsberg). — 0. Pieper. 
Ein Fall von Septumdefekt mit angeborener Stenose des Ostium arteriös, dextrum. 
Tod durch Lungentuberkulose (München). — T. Sato. Über einen Fall von 
Rückenmarksdegeneration mit seltenen und eigenartigen Veränderungen der Gang¬ 
lienzellen bei einem 4jährigen Kinde (Würzburg). — W. Schiffer. Kasuistischer 
Beitrag zur klinischen Diagnostik der Persistenz des Ductus arteriös. Botaili 
{Gießen). — A. Seibold. Zur Kasuistik der angeborenen Cystengeschwülste des 
Halses unter besonderer Berücksichtigung eines Falles von kongenitalem kaver¬ 
nösem Lymphangiom (Würzhurg). — W. Stübinger. Kasuistische Beiträge zur 
Kenntnis der angeborenen bösartigen Geschwülste (Leipzig). — J. Trepinski. Ein 
Beitrag zur Statistik und Anatomie der Tuberkulose im Kindesalter (München). — 
H. Viereck. Beiträge zur Hämatologie des Neugeborenen (Rostock). — H. Wolffheim. 
Über einen umfangreichen porenkephalischen Defekt des Gehirns eines Kindes 
mit frischer Poliomyelitis anterior (Königsberg). — J. Zillikens. Über Karzinome 
im jugendlichen Alter (Gießen). 


V. Monats-Chronik. 


Eine neue Kindererholungsstätte vom Roten Kreuz ist dieser Tage in Sadowa 
eröffnet worden, nachdem die bisherige einzige in Schönholz dem Andrange 
schon lange nicht mehr genügte; dieselbe untersteht der ärztlichen Leitung von 
Dr. R. Lennhoff. Im ganzen sind jetzt in Berlin sechs Erholungsstätten er¬ 
richtet. (Berliner klin. Wochenschrift 1903 No. 30.) 


Für den Transport von Kindern mit ansteckenden Krankheiten ins Krankenhaus 
schlug im vorigen Jahre Dr. med. C. S. Engel die Verwendung von Kinder¬ 
wagen, die leicht zu desinfizieren sind, vor. Später demonstrierte er in der 
Deutschen Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege das Muster eines solchen 
Kinderwagens. Dr. Engels Vorschlag ist jetzt verwirklicht worden. Es ist hier 
«in Transportinstitut für kranke Kinder von der Eisenmöbelfabrik För¬ 
ster & Schulze, die sich auch mit der Herstellung von Kinderbetten beschäftigt, 
ins Leben gerufen worden. Das Institut stellt in verschiedenen Stadtgegenden 
eigens für den Kindertransport hergerichtete Kinderwagen bereit. Auf den Anruf 
der Hauptstelle desTransportinstituts, Berlin, Dresdner Str.80, wird ein Kinderwagen 
in die Wohnung des Bestellers geschickt. Der Überbringer übernimmt es auch, in 
Begleitung eines Angehörigen des Kindes oder allein das erkrankte Kind in dem 

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396 


Ccntralblatt für Kinderheilkunde. No. 9. 


Kinderwagen nach dem Krankenhause zu schaffen. Nach Beendigung des Trans¬ 
portes wird der Wagen desinfiziert. Für die Herleihung des Wagens und die 
Gestellung des Fahrers werden 3 Mk. berechnet. Mit der Einrichtung wird be¬ 
zweckt, den Transport kranker Kinder von der Wohnung der Eltern oder Pfleger 
in das Hospital zu verbilligen. Die Benutzung öffentlichen Fuhrwerkes bei dem 
Transport von Personen mit ansteckenden Krankheiten ist nämlich polizeilich unter¬ 
sagt und die Kosten der Benutzung der üblichen Krankentransportwagen sind 
für die vorwiegend in Betracht kommenden ärmere Bevölkerung meist schwer 
erschwinglich. — Die Erfahrung muß lehren, ob sich die Idee Dr. Engels be¬ 
währen wird. (Allgem. med. Zentral-Ztg. 1903 No. 27.) 

Die Schulärztin, so betitelt sich ein interessanter Artikel von J. Waldschmidt- 
Charlotten bürg (Deutsche med. Wochenschrift 1903, No. 30), worin dieser die 
Schularztfrage als in ein neues Stadium tretend begrüßt. Eine neuere Verfügung 
des preuß. Kultusministers stellt die Volksschule als Mitkämpferin gegen die 
Trunksucht hin; „wenn dem Religionsunterrichte hauptsächlich die ethische Seite, 
die Bekämpfung des Lasters, zufällt, so hat der Unterricht in der Naturkunde uud 
Gesundheitslehre vielfach Gelegenheit, die verheerenden Wirkungen des über¬ 
mäßigen Alkoholgenusses auf Gesundheit und Leben den Kindern zur Kenntnis 
zu bringen.“ Im preuß. Abgeordnetenhause wurde bereits die Forderung aufge¬ 
stellt: „Darauf zu halten, daß die Jugend in der Schule über die schädlichen 
Folgen des übertriebenen Alkoholgenusses aufgeklärt wird, und zwar in den 
oberen Klassen der höheren Lehranstalten durch Ärzte.“ Hier wird also direkt 
der Wunsch ausgesprochen, daß Ärzte als Lehrende in den Schulen auf- 
treten möchten. Das wäre in der Tat ärztlicherseits mit Genugtuung zu be¬ 
grüßen. Von pädagogischer Seite ist dieser Sache schon näher getreten worden. 
Harry Schmitt behandelt in seinem soeben erschienenen Werke „Frauenbewegung 
und Mädchenschulreform“ auch die Schularztfrage und spricht sich für die Ver¬ 
wendung von Schulärztinnen für die Mädchenschulen aus. Die Untersuchung der 
Mädchen unter Assistenz der Klassenlehrerin sollte von Ärztinnen ausgeführt 
werden, die aber als aktive Mitglieder des Lehrerkollegiums einrangiert werden 
sollten, uud die Mädchen nicht nur in den Fächern zu unterrichten hätten, welche 
die Gesundheitsregeln betreffen, sondern auch in manch anderem. Die „Chemie 
der Küche“, W 7 ert und Zubereitung der Nahrungsmittel der normalen und Kranken¬ 
kost, die eigene Körperpflege, sowie Kinder* und Krankenpflege u. s. w. wären 
nicht minder wichtige Unterrichtsgegenstände. „Ohne die verständnisvolle und 
bereitwillige Ausführung ärztlicher Anordnungen seitens der pflegenden Mütter 
und Mädchen ist oft alle ärztliche Kunst umsonst. Nichts könnte dem schaden¬ 
stiftenden Kurpfuschertum so den Boden abgraben, nichts der physischen Völksge- 
sundheit, auf der doch die physische ruht, förderlicher sein, als fachkundige 
Überwachung. Belehrung und Aufklärung der Mädchen im Laufe der Schulzeit, 
während welcher sie außerdem die Befähigung erlangen müssen, gegebenen Falls 
aus eigener Initiative heraus, wenn ärztliche Hilfe nicht gleich bei der Hand ist, über¬ 
all, wo es not tut, sachkundig hilfreich zu sein.“ So würde den Schulärztinnen — 
und ein Gleiches gilt natürlich auch von den Schulärzten — ein neues und sehr 
ergiebiges Feld der Tätigkeit zufallen. 

An der Universität Greifswald finden vom 15.—28. Oktober Fortbildungs¬ 
kurse für praktische Ärzte statt, an denen sich beteiligen werden die Herren: 
Professoren Moritz, Friedrich, Striibing, Loefflcr, Schirmer, Martin, 
Tilmann, die Dozenten DrDr. Ritter, Müller, Jung. Anmeldungen werden 
erbeten an Prof. A. Martin. 


VI. Personalien. 

Berlin. Dr. W. Stoeltzner, habilitiert für Kinderheilkunde. 

Prag. Dr. J. Langer, habilitiert für Kinderheilkunde. 

Erlangen. Prof. Dr. Fr. Voit aus München, als ordentlicher Professor be¬ 
rufen, um u. a- Kinderheilkunde zu lehren. 


Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzer in Sprottau. — Verlag von Johann 
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metzger & W/ftl tg in Leipzig. 



Centralblatt für 

Kinderheilkunde. 

Eine Monatsschrift für prälctische Ärzte. 
VIII. Jahrgang. 1. Oktober 1903. No. 10. 


I. Origrinalbeiträg*©. 

(Aus der Universitäts-Kinderklinik zu Leipzig.) 
(Direktor Med.-Kat Prof. Dr. 0. Soltmann.) 


Beitrag zur Lehre der Vergiftungen im Kindesalter. 

Von 


Dr. med. H. Brüning, 

Assistenzarzt 


Im neuen Kinderkrankenhause in Leipzig gelangten im ersten 
Dezennium seines Bestehens 14 Fälle von Vergiftungen bei Kindern 
im Alter von 3 Wochen bis 13 Jahren zur Aufnahme. Mit Ausnahme 
eines einzigen Falles im ersten und zwei weiteren im 13. Lebensjahre 
beobachteten Fällen standen die übrigen Kinder im Alter von 2 bis 
5 Jahren. 

Die weitaus größere Anzahl von Vergiftungen in einem^Lebens- 
alter, in welchem die Kinder der Obhut der Mütter entwöhnt zu werden 
pflegen, und in welchem sie selbständig zu handeln beginnen, ohne den 
Dingen der Außenwelt gegenüber bei der ihrem Alter entsprechenden 
geistigen Entwicklung das nötige Verständnis entgegenzubringen, läßt es 
naturgemäß begreiflich erscheinen, daß die meisten Unglücksfälle durch 
Vergiftungen im Kindesalter im Gegensatz zu Erwachsenen versehent¬ 
lich durch eigenes Verschulden der Betroffenen herbeigeführt wurden. 
Ohne hierbei eine gewisse Fahrlässigkeit der Eltern in jedem Falle 
leugnen zu wollen, waren in zehn Fällen wohl die Verunglückten 
allein an ihrem Unfälle schuld, und nur in drei Fällen war der 
letztere durch direkte Lässigkeit und Unvorsichtigkeit einer dritten 
Person, ohne daß der Betroffene es hindern konnte (bei einem 3 monat¬ 
lichen Säugling durch Fahrlässigkeit der Hebamme), bei zwei Mädchen 
durch Unvorsichtigkeit der Mutter hervorgerufen. Nur in einem 
einzigen der vorhin erwähnten, durch eigene Schuld bedingten In¬ 
toxikationen war mit Überlegung gehandelt worden; auf diesen 
Fall, der ein 13jähriges Mädchen betraf, welches suicidii causa 
Karbolsäure getrunken hatte, komme ich später nochmals zurück. 

Die Art der Vergiftung und der Weg, den die Gifte 
nehmen mußten, um in den Körper zu gelangen, entsprach den 
anfangs geschilderten Tatsachen; die Vergiftungen betrafen in erster 
Linie (neun Fälle) die Aufnahme von Säuren und Laugen u. a., wie 
sie im Haushalte zum Putzen usw. Verwendung finden; je einmal 
handelte es sich um Aufnahme von Morphium und Verschlucken von 


Centralbl. t Kinderhlkdo. VIII. 


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398 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


Tinte, 3mal um Einatmung von Kohlendunst. Mit Ausnahme der 
letzten Fälle, die durch Affektion zunächst der Respirationsorgane 
charakterisiert waren, und mit Ausnahme des 3wöchentlichen Säug¬ 
lings, bei welchem das Gift von der Nabelwunde, d. h. von der Haut 
aus in den Organismus gelangte, erfolgte also die Vergiftung stets 
auf dem Wege des Digestionstraktus, d. h. also durch Verschlucken 
der giftigen Substanzen. Die Vergiftung wurde verursacht durch: 

I. Säuren in 6 Fällen; davon 

2 mal Karbolsäure, 
lmal Salpetersäure, 

3 mal Schwefelsäure, 

H. durch kaustische bezw. laugenartige Substanzen in vier Fällen, 
je lmal Kalilauge und Tinte 

2mal Ammoniak bezw. Salmiakgeist 

HI. durch Morphium einmal, 

IV. durch Kohlen dunst 3 mal. 

Den günstigsten Verlauf nahm die Vergiftung mit Tinte, so 
daß eigentlich kaum noch von einer Vergiftung als solcher die Rede 
sein kann. 

1. Fall (Vergiftung mit Tinte). 

Ein Mädchen im Alter von 1*/* Jahren (No. 489, 1899) wurde gleich nach¬ 
dem es in einem unbewachten Augenblick ein Fläschchen mit Kaisertinte aus¬ 
getrunken hatte, dem Krankenhause zugeführt. Mund- und Rachenschleimhaut 
war intensiv blau-schwarz verfärbt; die Temperatur betrug 38,2. Keine merk¬ 
lichen Beschwerden. Magenspülung. Nach 2 Tagen geheilt entlassen; auchspäter 
keine Nachwirkungen. 

Im Gegensatz zu dieser harmlosen Intoxikation, die, wie so 
manche dieser Art, von Schulkindern usw. aus Übermut unter¬ 
nommen — es dürften derartige Beobachtungen wohl jedem Leser 
zur Genüge aus seiner eigenen Schulzeit bekannt sein — für das 
Kind ohne jeden Schaden ablief, kam es zu weit schwereren Er¬ 
scheinungen in den Fällen von Vergiftung mit Kalilauge und Ammoniak. 

Es seien auch diese Fälle in extenso mitgeteilt: 


2. Fall (Vergiftung durch Linimentum ammoniatum). 

G., Frieda (1378, 1899), 1*/* Jahre alt, trank versehentlich flüchtiges Liniment 
(eine aus Olivenöl, Mohnöl und Liquor Ammonii caustici bestehende weißliche 
Masse) das zu Einreibungen usw. verwendet zu werden pflegt; ein Teil wurde 
alsbald wieder erbrochen. Als das Kind sogleich nach dem Unfälle ins Kranken¬ 
haus gebracht wurde, war schon auf größere Entfernung ein stechender Ammoniak- 
geruch aus dem Munde bemerkbar; die Zunge war trocken, grauweißlich; Ton¬ 
sillen und Gaumenbögen, sowie die Schleimhaut des Rachens waren intensiv 
gerötet und geschwollen. Bei der Ausspülung des Magens mit Zitronensäure¬ 
lösung entleerten sich große Mengen noch stark nach Ammoniak riechenden 
Mageninhaltes. Am nächsten Tage einmal Erbrechen; auf der linken Tonsille grau¬ 
weiße, oberflächliche Nekrosen; Rötung der Schleimhaut des Rachens noch stärker. 
Die Beläge stoßen sich jedoch nach kurzer Zeit ab, und das Kind konnte, 8 Tage 
nach der Aufnahme, mit gutem Allgemeinzustand entlassen werden. Auch später 
haben sich bei dem Kinde keine üblen Folgen bemerkbar gemacht. 


3. Fall (Vergiftung mit Salmiakgeist). 


K., Günther (1013, 1898), 2 Jahre alt; trank versehentlich einige Schluck 
reinen Salmiakgeist; darnach heftig geschrieen; erbrochen; Husten. Vom Arzt 
sofort ins Krankenhaus geschickt; fleckige, weiße Beläge auf Zahnfleisch, Zunge 


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I. Originalbeiträge. 


399 


und hartem Gaumen; Tonsillen, vordere Gaumenbögen ähnlich; Schleimhaut überall 
gerötet und geschwollen. Schlucken erschwert; Stimme frei. Große Unruhe. 
Eismilch; Limonade mit Acid. sulfur. dil. Morphium; Eisschlauch um den Hals. 
Nach einigen Tagen haben sich die Ätzschorfe abgestoßen. Kind gebessert 
entlassen. 

Das Band lebt und ist völlig gesund. Es bestehen keine Beschwerden 
irgend welcher Art, die mit der Vergiftung in Zusammenhang sich bringen 
ließen. 

4. Fall (Vergiftung mit Lauge). 

von B., Gertrud (999, 1898), 4 Jahre alt; trinkt ami 4. Juni Lauge vom 
Seifensieder; Zunge stark angeschwollen; durch Milch mit Magnes. ust. anscheinend 
völlig geheilt 3 Wochen später nach jeder Mahlzeit Erbrechen; auch flüssige 
Speisen werden wieder erbrochen; Stärkerwerden der Schluckbeschwerden; zu¬ 
nehmende Abmagerung; einmal nur das Erbrochene mit Blut vermischt; Leib¬ 
schmerzen; angehaltener, zeitweise blutiger Stuhl. Bei der Aufnahme ins Kranken¬ 
haus: abgemagertes Kind; foetor ex ore; Rötung des Racheneinganges; Passage 
der ungeiähr 17 cm von der Zahnreihe entfernten Stenose nicht möglich; sehr 
heftiges Würgen mit Herausbringen von massenhaft schaumig-blutigem Schleim. 
Milch aus der Flasche passiert ohne Beschwerden; bei der Auskultation am 
Rücken läßt sich das Auftreten der Milch und darauf das langsame Durch¬ 
fließen derselben durch die verengte Partie deutlich verfolgen. Tägliche Son¬ 
dierung mit vorübergehender erheblicher Besserung und Zunahme des Körper¬ 
gewichtes. Später wieder langsame Verschlechterung: zeitweise Erbrechen, 
schlechtes Trinken; Schmerzgefühl unter dem Brustbein. In leidlichem Er¬ 
nährungszustand auf Wunsch der Eltern „gebessert“ entlassen. 

Nach persönlicher Erkundigung bei der Mutter des Kindes ist dasselbe am 
30. September desselben Jahres, kaum 4 Wochen, nachdem es aus dem Kranken¬ 
hause entlassen worden war, an Entkräftung gestorben. Die Bougierung der 
stenosierten Speiseröhre wurde vom Hausarzte bis kurz vor dem exitus täglich 
vorgenommen, doch war die Nahrungsaufnahme, die gegen Ende ganz unmöglich 
wurde, durch Erbrechen und Schmerzhaftigkeit so sehr erschwert, daß das Kind 
zum Skelett abmagerte, bis der Tod es von seinen Qualen erlöste. 

Über Vergiftung mit Laugen und ätzenden Substanzen bei 
Kindern finden sich in der Literatur relativ zahlreiche Beispiele. 
Manicus beobachtete eine Ammoniakvergiftung bei einem 5jährigen 
Kinde, welches nach 4 Wochen völlig wieder hergestellt war, und 
Kramsztyk berichtet aus dem jüdischen Kinderhospital in 
Warschau über 32 Fälle von Vergiftung mit Natronlauge, welche 
dort in den Jahren 1889—1899 behandelt worden waren; von diesen 
Kindern standen 30 im 1.—5., und nur zwei im 9. bezw. 10. Lebens¬ 
jahre. Fast alle kamen bald nach der Intoxikation zur Aufnahme, 
aber gleichwohl endigte eine große Anzahl der Fälle mit dem Tode. 

Daß gelegentlich tötliche Giftmengen auch im Kindesalter ohne 
Schaden vertragen werden, beweist der Fall 5, welcher eine Ver¬ 
giftung mit Morphium betraf. 

M., Else, 2 Jahre alt (176, 1893), hat um 4 Uhr nachmittags nach Angabe 
der Mutter ungefähr die Hälfte einer für sie (die Mutter) bestimmten Arznei aus¬ 
getrunken. Trotzdem die Mutter dem Kinde bald nachher Kaffee und Milch zu 
trinken gab, fiel das Kind in immer tieferen Schlaf. Hierdurch ängstlich ge¬ 
worden, bringt die Mutter das Kind ins Krankenhaus. Sofortige Magenausspülung 
entleert reichlich Mageninhalt, ohne mit Bestimmtheit auf die toxische Schädlich¬ 
keit hinzuweisen. Pupillen sehr enge, auf Belichtung noch enger werdend, durch 
Beschattung jedoch sich nicht erweiternd. Puls und Atmung regelmäßig; Puls 
ziemlich kräftig. Schlaf ununterbrochen, nur ab und zu leichte Reaktion auf 
sensible Reize; später ist die Reaktion vollkommen erloschen und der Puls 
irregulär. Um 8 Uhr abends (da die Intoxikationserscheinungen zunehmen) mittels 
Sonde 0,5 Kampher in Emulsion, ferner subkutan Atropin, sulfur. 0,001. Eine 
Stunde später werden die Pupillen weiter, der schwache Puls wird voller, und 




400 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


schon am andern Tage kann das Kind geheilt entlassen werden. Immerhin ist 
dieser glückliche Ausgang, der wohl im wesentlichen durch die alsbaldige Ent¬ 
leerung des gefüllten Magens durch die Sonde und durch die alsbaldige Verab¬ 
reichung von Kampher und Atropin, sulfur. bedingt worden ist, sehr zu ver¬ 
wundern mit Rücksicht auf die Menge des für das Kindesalter bekanntlich 
außerordentlich differenten Giftstoffes. Die Arznei hatte nämlich folgende Zu¬ 
sammensetzung gehabt: 

Morphin, mur. 0,12 

Aqu. Lauroceras. 20,0 

und das Kind sollte die Hälfte davon getrunken, also doch zum mindesten 
0,05 Morphium und 7—8 g Aqu. Laurocerasi, d. h. also fast die doppelte Maximal¬ 
einzeldosis an Morphium für den Erwachsenen und mehr als die für Erwachsene 
bestimmte Tagesmenge an Kirschlorbeerwasser, das außerdem noch Spuren von 
Blausäure enthält, zu sich genommen. 

Das Kind hat sich nach persönlicher Erkundigung bei den Eltern sehr gut 
entwickelt; irgend weiche Schädlichkeiten sind nachträglich nicht aufgetreten. 

Vergiftungsfälle bei Kindern durch Morphium bezw. Opium mit 
glücklichem Ausgang beobachteten auch Cruse, Semtschenko und 
Eschle; in zwei von Trautner und Biedert beschriebenen Fällen 
trat dagegen der Tod ein. Cruses Fall betraf seinen eigenen 2monat- 
lichen Säugling, bei welchem versehentlich statt mit Borsäurelösung 
die Mundhöhle mit einer Lösung von Morphin, mur. 0,6—30,0 aus¬ 
gewischt worden war, trotz einer Morphiummenge von etwa 0,003 g 
trat nach 36 Stunden nach Verabreichung der doppelten Maximal¬ 
dosis an Atropin für Erwachsene (2 mg) völlige restitutio ad integrum 
ein; ähnlich erging es in den Fällen von Eschle und Semtschenko, 
von denen der erstere, durch Verabreichung von 12 Tropf. Tinct. Opii 
simpl. an ein 4jähriges Mädchen, der zweite durch Eingeben von 
Pulv. Doweri in zu großer Dosis an ein 8monatliches Kind bedingt 
war. Während in Semtschenkos Fall schon nach 24 Stunden 
Besserung eintrat, hielten die Vergiftungserscheinungen in dem Falle 
Eschles, der außerdem, wie ein von Katzenstein beschriebener 
Fall bei einem 20 tägigen Kinde, im Gegensatz zu den übrigen Beob¬ 
achtungen durch Fehlen der Pupillenverengerung' bezw. durch. Dila¬ 
tation der Pupillen ad maximum und enorme Steigerung der Sehnen¬ 
reflexe mit klonisch-tonischen Krämpfen charakterisiert war, lange 
Zeit an; in diesem Falle wirkte ein Belladonnainfus ebenfalls günstig. 
Der Säugling Katzensteins wurde in erster,.Linie durch künstliche 
Atmung zum Leben zurückgerufen; ferner wurden Kochsalzinfusionen 
und Exzitantien angewandt; nach 26 Stunden war jegliches Symptom 
der Morphiumvergiftung verschwunden. Daß aber trotz Magenspülung 
und Verabreichung von Atropin gerade im Säuglingsalter der Tod 
nicht verhütet werden kann, beweisen die von Biedert und Trautner 
näher beschriebenen Fälle bei mehrwöchentlichen bezw. mehrmonat¬ 
lichen Kindern; bei der Sektion des Trautnerschen Falles fanden 
sich an den Organen keine nachweisbaren Veränderungen. 

Was die Therapie der Morphium- bezw. Opiumvergiftung anlangt, 
so sind neben rechtzeitiger Anwendung von Magenpumpe und Brech¬ 
mitteln in erster Linie Exzitantien (Kampher, Äther) und die vor¬ 
sichtige Darreichung von Atropin sulfur. in nicht zu geringer Dosis 
zu empfehlen, da gerade auch das Atropin vom kindlichen Organis¬ 
mus, wie die Beobachtung Cruses zeigt, ohne Schaden vertragen 
wird; ebenfalls verdienen Kochsalzinfusionen und eventuell künstliche 


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I. Originalbeiträge. 


401 


Atmung versucht zu werden. Ebenfalls um Intoxikationen im akuten 
Stadium der Vergiftungserscheinungen handelte es sich bei den 
Kohlenoxydvergiftungen, deren Opfer ein sonst gesundes 4jähriges 
Mädchen durch eigenes Verschulden und durch Fahrlässigkeit der 
Pflegemutter und zwei Geschwister von 2 und 5 Jahren durch- 
Unachtsamkeit der Mutter geworden sind. 

Fall 6. 

J., Else, 4 Jahre alt, (161, 1896), wird von der Pflegemutter auf V* Stunde 
allein im Zimmer gelassen; während dieser Zeit macht sich das Kind am 
Ofen zu schaffen und soll frische Briketts nachgelegt haben. Durch Herausfallen 
brennender Kohle aus dem Ofen in die Kohlenschale gelangen die in derselben 
befindlichen Kohlen allmählich ins Glimmen. Die Pflegemutter findet das Kind 
bei ihrer Rückkehr bewußtlos im Zimmer vor dem Ofen liegen, der Raum ist 
dicht voller Qualm. Nachdem auf der Sanitätswache künstliche Atmungsversuche 
gemacht und das Kind tüchtig abgerieben und gebürstet worden war, tritt Er¬ 
brechen ein, und das Bewußtsein schien langsam wiederzukehren. Nach der 
Überführung ins Krankenhaus ergab sich: kühle, cyanotische Haut; angestrengte, 
oberflächliche Atmung, mit Ringen nach Luft, zeitweise aussetzend; Puls nicht 
fühlbar, Pupillen starr, mittel weit; Kornealreflex erloschen; häufiges, schleimiges 
Erbrechen; große Unruhe, Jaktation. Trotz Bäder und Abklatschungen, Injektion 
von Äther und Kampher und Sauerstoffmhalation nur vorübergehende leichte Besse¬ 
rung. Nachdem die Respiration von 56 auf 28 Atemzüge in der Minute und die 
Temperatur von 38,4 auf 34,8 gesunken war, erfolgte der exitus wenige Stunden 
nach der Aufnahme. Die Obduktion konnte leider nicht gemacht werden. 

Fall 7 und 8. 


Die beiden anderen Fälle betrafen zwei Geschwister im Alter von 2 und 
5 Jahren, welche von der Mutter ebenfalls allein im Zimmer zurückgelassen 
worden waren und bei der Rückkehr bewußtlos in dem mit Rauch dicht erfüllten 
Zimmer aufgefunden wurden. Das ältere der beiden Mädchen erholte sich im 
Laufe des Tages soweit, daß jede Gefahr vorüber zu sein schien, doch trat am 
Tage nach dem Unfall eine plötzliche Verschlimmerung des Zustandes mit großer 
Blässe, röchelnder.''Atmung und heftiger Atemnot ein, daß die Überführung in 
das Krankenhaus notwendig wurde. Hier ging das Kind am Spätnachmittage 
unter den Erscheinungen des Lungenödems zugrunde, indem es, beim Aufrichten 
im Bette völlig* cyanotisch geworden, tot niedersank. Trotz sofortiger Intubation 
und nachfolgender Tracheotomie, bei welcher größere Mengen eingedickten 
Sekretes aus den Bronchien und der Trachea entfernt wurden, gelang es nicht, 
das Kind wieder ins Leben zurückzurufen. 

Bei der jüngeren Schwester, die wegen hochgradigster Stenoseerscheinungen 
mit großer Unruhe und tiefen Einziehungen ebenfalls intubiert und, da keine 
Besserung eintrat, kurz darauf tracheotomiert werden mußte, war der Verlauf ein 
günstigerer; nach Ablauf der bronchitischen LungenalFektion und allmählichem 
Verschwinden des Lungenödems konnte das Kind, 4 Wochen nach der Aufnahme, 
geheilt entlassen werden. Bei dem Kinde sind irgendwelche üblen Nachwirkungen 
der Vergiftung nicht aufgetreten; es lebt und ist gesund. 


Sämtliche 3 Fälle von CO Vergiftung sind also durch Fahr¬ 
lässigkeit dritter Personen (Pflegemutter bezw. Mutter) herbeigeführt 
worden; zu bemerken ist nur, daß im zweiten Falle bei dem älteren 
Kinde durch Intubation und Tracheotomie mit nachfolgender künst¬ 
licher Atmung das Kind nicht wieder ins Leben zurückgerufen werden 
konnte, während bei dem 2jährigen Schwesterchen die bei Lebzeiten 
wegen hochgradigster Stenoseerscheinungen vorgenommene Intubation 
mit sekundärer Tracheotomie und Entfernung der vorliegenden Schleim¬ 
massen offenbar einen außerordentlich günstigen Effekt erzielte, indem zwar 
eine langsame, aber doch stetige Besserung und später völlige Heilung 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


eintrat. Daß die Intubation bezw. die Tracheotomie in Fällen von 
Kohlenoxydvergiftung, die gewöhnlich mit heftiger Atemnot und Cyanose 
einhergehen, nicht ohne weiteres angewandt werden sollen, braucht 
nicht hervorgehoben zu werden; erst in solchen Fällen, wo wirklich 
Stenoseerscheinungen mit Einziehungen im Jugulum und Epigastrium 
den Verdacht nahe legen, daß neben der Intoxikation mit Kohlen¬ 
dunst auch noch ein Hindernis in den luftzuführenden Wegen — 
bei beiden Kindern war der Kehlkopf und der obere Abschnitt der 
Trachea mit dicken, zähen Schleimmassen verstopft — die Situation 
erschwert, treten die vorhin genannten operativen Eingriffe in ihr 
Recht; in den übrigen Fällen dürfte man mit den üblichen thera¬ 
peutischen Maßnahmen (Sorge für frische Luft, künstliche Atmung, 
Kochsalzinfusion, Transfusion, Faradisation des n. phrenicus, Aderlaß), 
falls überhaupt noch die Möglichkeit vorliegt, die Kinder am Leben 
zu erhalten, völlig auskommen. 

Die schwersten Vergiftungssymptome und namentlich die bös¬ 
artigsten Folgeerscheinungen werden nach den nunmehr kurz mit¬ 
zuteilenden Vergiftungen durch Säuren hervorgerufen; unter den 
letzteren kommen Schwefel-, Karbol- und Salpetersäure in erster 
Linie in Frage. (Schluß folgt.) 


II. Referate. 

Alph. Kramer (Dorpat). Über eine seltene Intoxikation. 

(St. Petersburger med. Wochenschrift 1903 No. 18.) 

Intoxikation mit dem allgemein als harmlos angesehenen Wäsche¬ 
blau. 

l 1 /«jähriges Kind ißt am Abend eine Kugel Wäscheblau, am nächsten 
Vormittag noch eine, und erkrankt mittags plötzlich mit heftigem Erbrechen und 
Durchfall, dann Krämpfen und Somnolenz. Nachmittags 4 Uhr: Leichte Cyanose, 
starke Konvulsionen, unregelmäßige, oberflächliche, intermittierende Atmung, 
unregelmäßiger, fadenförmiger Puls, absolute Somnolenz, Mydriasis, reaktionslose 
Pupillen. Sehr bald vollständiger Atemstillstand, moribunder Zustand. Therapie: 
Energische künstliche Atmung, Vin. stibiat., Thoraxerschütterungen, reichlich 
Kognak mit Milch (per os und per klysma). Erst nach 8 ständiger Tätigkeit 
stellten sich Atmung und Herztätigkeit wieder spontan ein, der Zustand besserte 
sich allmählich, und tags darauf war Pat. wieder hergestellt. 

Bei der Analyse erwies sich der Farbstoff als Ultramarin. Dies 
wird dargestellt aus Tonerde, Kieselsäure, Natron, Kalk und Schwefel, 
oder aus Kaolin, Natr. sulfat und Kohle, oder aus Kaolin, Soda, 
Schwefel und Kohle, und ist ein an sich unlösliches Pigment, welches 
indessen durch Säure oder saure Salze unter Entwicklung von 
Schwefelwasserstoff zerstört wird. Es handelte sich hier um 
eine Vergiftung mit H 2 S. Dasselbe gelangt aus dem Magen ins Blut, 
wo es dank dessen Alkaleszenz nicht zur Wirkung kommt, dann auf 
dem Wege der Blutbahn in die Lungen, wo es frei wird und in 
Aktion tritt. Dies geschah hier auffallend spät; es sind aber auch 
andere Fälle von Spätwirkung von HgS schon bekannt. Grätzer. 


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II. Referate. 


40S 


Knaut (Klaushagen). Zwei Fälle von Strammoniumvergiftung. 

(Berliner klin. Wochenschrift 1902 No. 51 .) 

Zwei Kinder hatten Stechapfelkraut und Samen der einheimischen 
Datura Strammonium in unbekannter Menge vor über 2 Stunden zu 
sich genommen. Das jüngere Kind sah K. nicht persönlich und ließ 
ihm nur eine Ipecacuanha-Tartarus stibiat.-Emulsion zukommen, auf 
die es sich tüchtig erbrach. Das ältere, 5jährige Kind schien größere 
Mengen genossen zu haben und bot ein sehr schweres Krankheits¬ 
bild dar. Absolute Bewußtlosigkeit wechselte alle paar Minuten mit 
intensiven klonischen Krämpfen ab. Aber auch dieses Kind wurde 
durch subkutane Injektionen einer l°/ 0 igen Apomorphinlösung in 
gehörigen Dosen, sowie hohe Essigeingießungen gerettet, ja beide 
Kinder waren tags darauf wieder vollkommen hergestellt. Grätser. 


Weissmann (Glatz). Über „Kornkaffee“. 

(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 1.) 

Eine Vergiftungsreihe durch „Kornkaffee“ sah W. in einer 
Familie. In Schlesien verkaufen Mehl- und Kolonialgeschäfte, auch 
Drogerien, geröstetes Korn als „Kornkaffee“, der vielfach wegen 
seiner Billigkeit und zur Vermeidung des „aufregenden“ Bohnenkaffees 
konsumiert wird. Auch in der betreffenden Familie wurde er seit 
einiger Zeit viel getrunken. Seitdem klagten die Kinder, manchmal 
mehrere zugleich, über Kopfweh, Leibschmerz, Durchfall, und sahen 
schlecht aus. Anfangs September erkrankte das 9 Monate alte, etwas 
atrophische Kind, nachdem es 2 Tage hindurch statt der üblichen 
Kufekesuppe Kornkaffee mit Milch erhalten, plötzlich an Fieber, 
Krämpfen, Durchfall, und starb noch am gleichen Tage. Kurz darauf 
legte sich der 6jährige Bruder, um zwar mit Kopfschmerz, Fieber, Leib¬ 
weh, Durchfall, und zwar nach 2—3 Tagen wieder aufzustehen, aber 
von Zeit zu Zeit immer wieder über Hitze im Kopfe, Schwindel, Stuhl¬ 
drang zu klagen. Kaum war dieser aufgestanden, so erkrankten 
unter gleichen Erscheinungen das 11 und 8jährige Mädchen, etwas 
später ein 4jähriges Kind und endlich auch die Mutter. Eine ge¬ 
meinsame Schädlichkeit als Ursache dieser akuten und subakuten 


Magendarmkatarrhe mußte vorliegen, man zog alles in Erwägung 
und kam endlich auf den „Kornkaffee“. Es stellte sich heraus, daß 
dieser eine beträchtliche Menge Kornradesamen enthielt Die 
Kornrade (Agrostemma Githago) wächst als Unkraut auf Roggenfeldern 
und wird mit dem Korn zusammen ausgedroschen, aber durch „Rad¬ 
siebe“ wieder entfernt. Sind diese zu grob, oder bei mangelhafter 
Reinigung, verbleibt im Getreide der Kornradesamen (etwa hanfkorn¬ 
große, mattschwärzliche, ovale, in einen spitzen Schnabel auslaufende, 
höckerige, unter der Lupe spiralig geriefte Gebilde von harter Kon¬ 
sistenz und bitterlichem Nachgeschmack). Dieser enthält das Alka¬ 
loid Agrostemmin, welches entschieden gesundheitsschädliche 
Wirkungen ausübt und in obigen Fällen ausgeübt hat. Nachdem 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


jetzt seit 6 Wochen kein Kornkaffee in der Familie mehr benutzt 
wird, sind sämtliche 6 Kinder gesund, ihre Verdauung normal. 

Gr&tzer. 


Giovanni Berti. Ein Fall von Saturnismus im Kindesalter. 

(Rivista di Clinica Pediatrica No. 5 190S.) 

Ein 26 Monate altes, schlecht genährtes Kind wurde wegen 
eines Kopfgrinds von der Mutter monatelang mit Hebrascher Salbe 
eingerieben, die vom Arzte verordnet worden war. Als wegen der 
allmählich eintretenden Allgemeinerscheinungen Verf. das Kind zu 
Gesicht bekam, fand sich folgendes Bild: Anämia, Torticollis infolge 
von Athralgia cervicalis, Paralyse der oberen und der unteren Ex¬ 
tremitäten, und zwar war sie in diesen stärker, als in jenen. An 
den gelähmten Gliedern fand sich die schon von Duchenne be¬ 
schriebene Eigentümlichkeit, daß die elektrische Kontraktilität der 
Muskeln ganz oder fast aufgehoben war, während gleichzeitig einige 
dieser Muskeln noch auf energischen Willensimpuls reagierten; be¬ 
sonders zeigten dies Verhalten die Extensoren der Hand. Es bestand 
ferner Ptosis und Aphonie mit asphyktischen Anfällen; ferner eine 
Mydriasis der rechten Pupille. Es fehlten die von Bur ton und 
Gübler beschriebenen Erscheinungen auf der Mundschleimhaut und 
vor allem die Koliken. Nach Aussetzen der Hebraschen Salbe trat 
Heilung ein. F. 


G. MaSSanek. Ein Fall von Polyneuritis durch CO-Vergiftung 

verursacht 

(Budapesti orvosi ujsäg, 7. Mai 1903.) 

Der 8 Jahre alte Knabe G. F. wurde am 22. Februar 1903 im 
St. Johannes-Hospitale mit einer rechtsseitigen Hemiplegie und ge¬ 
störtem Sensorium vorgestellt. Da sich der Zustand verschlechterte, 
wurde das Kind am 25. Februar aufgenommen. Große Unruhe, 
rechtsseitige Hemiplegie, erloschene Reflexe. Als Sedativum wurde 
Chloral verabreicht In drei Tagen ist das Sensorium freier, doch 
ist eine linksseitige Parese und Schmerzhaftigkeit der Nervenstämme 
zu konstatieren. Am 12. März Sensorium normal, Gang ataktisch; 
16. April geheilt entlassen. Nachträglich wurde in Erfahrung ge¬ 
bracht, daß ein Bruder in Rauch erstickt und der besprochene Knabe 
noch zur rechten Zeit gerettet worden ist. Die Folge der CO-Ver- 
giftung war die Polyneuritis. Ernst Deutsch (Budapest). 


Katzenstein (München). Ein Fall von Morphiumvergiftung 
im frühesten Kindesalter. 

(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 44.) 

Schwerer Fall, durch die erfolgreiche Therapie und besondere 
Symptomatologie bemerkenswert. 


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II. Referate. 


405 


K. wird nachts zu einem bis dahin gesunden 24 Tage alten Kinde wegen 
eines Krampfanfalles gerufen. Er findet das Kind in einem eklamptischen Anfalle; 
Atmung sehr erschwert, hochgradige Cyanose, Pupillen klein, Augenreflexe er¬ 
loschen. K. kannte die Familie, die sehr sorgfältig in der Kinderpflege ist, seit 
langem, unterdrückt die Vermutung an eine Vergiftung, zumal die Wärterin auch 
jede^Möglichkeit dazu abstreitet. Er behandelt den Fall als bloßen eklamptischen 
Anfall. Der Zustand verschlimmert sich, der Verdacht an eine Opium Vergiftung 
tritt klarer hervor, und nun gesteht die Wärterin, ein Morphiumpulver (0,007g 
für einen Erwachsenen bestimmt) verabfolgt zu haben, und zwar 10 Uhr abends. 
Seitdem waren jetzt 8 Stunden verflossen. K. spült daher den Magen nicht mehr 
aus, sondern gibt Kalomel und Klystiere. Die Krampfanfälle wiederholten sich 
l L —1 stündlich; Pupillen jetzt stecknadelkopfgroß, in den Pausen zwischen den 
Anfällen Bewußtlosigkeit und überhaupt recht schweres Krankheitsbild. In den 
Intervallen ist das Aussehen des Pat. beruhigender, erschrecklich aber gestalten 
sich die Anfälle, welche nach wenigen Momenten in vollständige Asphyxie über¬ 
gehen. Während anfangs die Unfälle den Eindruck einer infantilen Eklampsie 
machten, gestalteten sich dieselben später folgendermaßen: Bei dem ruhig liegenden 
Kinde sieht man zuerst eine allmählich stärker werdende Blaufärbung der Finger¬ 
nägel und Lippen; gleichzeitig wird die Atmung seltener und noch flacher als 
vordem; hierauf tritt Tetanus des ganzen Körpers ein und gleichzeitig hört die 
Atmung gänzlich auf; dabei schlägt das Herz zunächst ruhig und gleichmäßig 
fort; der Tetanus löst sich nach 15—30 Sekunden, es tritt vollständige Erschlaffung 
der Muskeln ein, und der Zustand ist genau, wie man ihn bei neugeborenen 
asphyktischen Kindern sieht. K. behandelt diese Anfälle mit künstlicher Atmung 
unter besonderer Beachtung der Herzmassage. Denn wenn die Massage des 
Brustkorbes nicht konstant fortgesetzt wird, so läßt sofort die Herztätigkeit erheb¬ 
lich nach. Während in diesem asphyktischen Zustande alle Hautreize wirkungslos 
bleiben, ruft Eintauchen in heißes Wasser stets einen Reflex hervor. Pat. macht 
einen tiefen Atemzug und bewegt die Extremitäten. Die Wirkung war ja bloß 
eine momentane, immerhin aber war ein erfolgreicher Hautreiz gesetzt, eine ge¬ 
wisse Wärmemenge zugeführt, und die Lungen- und Herzmassage konnte auf 
dem Tische weiter fortgesetzt werden. Die Dauer dieser Anfälle, während welcher 
das Kind selbständig nur 3—4 Atemzüge, d. h. je einen Atemzug beim Eintauchen 
ins Wasser machte, betrug 15—35, aber auch bis 40 Minuten. Es bedurfte also 
großer Anstrengung und Energie, um durch Herz- und Lungenmassage das Leben 
zu erhalten. Es wurden im Zeitraum von 14 Stunden wohl im ganzen 6 bis 
7 Stunden lang die künstlichen Atembewegungen gemacht. Um auf die Elimi¬ 
nierung des Giftes hinzuwirken, machte K. in Intervallen warme Kochsalzeinläufe 
in den Darm und eben solche subkutane Einspritzungen (von ersteren 10 k 100 ccm, 
von letzteren 12 k 10 ccm, im ganzen also 6 / 4 Liter); vermittels der Einläufe 
erhielt Pat. auch 4 Löffelchen Kognak und 50 ccm schwarzen Kaffee. Der letzte 
Anfall erfolgte 17 Stunden nach der Vergiftung, 9 Stunden darauf trank das 
Kind die erste Flasche Milch, es erfolgte dann Urin und Stuhlentleerung und das 
Kind erholte sich nunmehr ziemlich rasch. 


Von besonderem Interesse sind die Krampfzustände in diesem 
Krankheitsbilde. Infolge narkotischer Vergiftung treten derartige 
Krämpfe ein bei niederen Tieren, z. B. den kaltblütigen Fröschen. 
Beim Menschen sind sie nur dem allerfrühesten Lebensalter eigen¬ 
tümlich, wofür Soltmann folgende Erklärung gibt: Es besitzt das 
Gehirn des Neugeborenen, schon gegenüber dem des älteren Säuglings 
auf Grund seiner rückständigen anatomischen Beschaffenheit (Fehlen 
der strengen Trennung zwischen weißer und grauer Substanz, viel¬ 
faches Fehlen der Markscheiden um die Achsenzylinder, mangelhafte 
Entwickelung der Pyramidenbündel usw.) an und für sich eine erhöhte 
Reflexdisposition. Der Neugeborene reagiert also auf Opium wie 
ein niederes Rückenmarks wesen, und so konnte K. die deletäre 
Wirkung des Morphiums auf die Zellen der Großhirnrinde und der 
Medulla oblongata hier nebeneinander beobachten. Bei älteren Säug- 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


lingen fällt, wie bei Erwachsenen, die bis zu Krämpfen führende 
Wirkung des Morphiums infolge der zahlreichen Reflexhemmungs¬ 
vorrichtungen gewöhnlich fort. 

Das Gewicht des Kindes betrug 3500 g, also berechnete sich für 
das Kilo Körpergewicht 2 mg Morphin. Für einen Erwachsenen von 
50 kg Gewicht würde das eine Dosis von 1 dcg Morphin bedeuten, 
d. i. das dreifache der Maximaleinzeldosis. Bei Kindern ist zudem 
die Intoleranz gegen Morphin noch eine sehr große! Der selten 
schwere Verlauf der Vergiftung, infolge deren das Kind einmal 
40 Minuten, mehrfach 30 Minuten vollständig ohne eigene Atmung 
war, und das Herz öfter seine Tätigkeit einzustellen drohte, beweist, 
daß 2 mg Morphin pro Kilo Körpergewicht das kindlichen Körpers 
als im allgemeinen letale gelten muß. Der glückliche Ausgang ist 
wohl vor allem der künstlichen Atmung zuzuschreiben. Die Behandlung 
mit Atropin oder Kal. permang. steht noch auf zu unsicheren Füßen. 
Eine Magenspülung 3 Stunden nach der Intoxikation erschien nicht 
mehr opportun. Um sie zu ersetzen, gab K. als das Kind noch 
schluckte und später, als es wieder schluckte, Kalomel, das auch 
reichliche Stühle hervorrief. Die eingebrachten 1*/ 4 Liter Kochsalz¬ 
lösung sollten das Gift verdünnen und die Ausscheidung beschleunigen, 
was auch gelang; das Kind hätte nach 26 Stunden die ersten Stuhl- 
und Harnentleerungen und war da bereits so gut wie frei von allen 
Intoxikationserscheinungen. G r ä t z e r. 


E. Kiwull (Wenden). Bromoformvergiftung bei einem 3jährigen 
Kinde mit tötlichem Ausgang. 

(Centralbl. f. innere Medizin 1902 No. 50.) 

Das Kind wurde in bewußtlosem Zustande (ca. 6 km per Achse) in die Stadt 
gebracht. Die Anamnese ergab folgendes: der 11jährige Bruder hatte Keuch¬ 
husten gehabt und mit Erfolg erhalten: 


Bromoform. 

12,0 

Ol. thym. gtt. 

30,0 

Ol. amygd. dulc. 

20,0 

Gumm. arab. 

10,0 

Aq. amygd. amar. 

19,0 

Aq. dest. 

100,0 

S. 3 mal täglich 1 

Teelöffel. 


Als er genesen, erkrankte das 3jährige Kind ebenfalls an Pertussis, die 
Eltern ließen die Arznei wieder anfertigen und gaben unbeschadet mehrere Tee¬ 
löffel täglich 6 Tage hindurch. Am 7. Tage morgens ganz früh wurde der letzte 
Rest aus der Flasche gegeben. Wenige Minuten später bekam das Kind Zuckungen 
und wurde bewußtlos. Status: Blässe des Gesichtes, Lippen leicht cyanotisch, 
Puls kam fühlbar, Füße kalt, Reflexe aufgehoben, Muskeln völlig erschlafft, 
Atmung oberflächlich, zuweilen aussetzend, Pupillen eng, weit hörbares tracheales 
Rasseln, Bromoformgeruch ex ore; von Zeit zu Zeit schwache Anfälle von Pertussis. 
Atherinjektionen, künstliche Atmung (1 Stunde). Unter Erscheinungen von Lungen¬ 
ödem Exitus. Sektion erst 16 Tage post mortem, an der exhumierten Leiche. 
Starke Hyperämie der Piagefäße; bei Schnitten durch die Gehimsubstanz reich¬ 
liches Auftreten von Blutpunkten, atso starke Kongestionserscheinungen; außer¬ 
dem dunkles flüssiges Blut in den großen Gefäßen und im Herzen; Lungen und 
Leber blutreich; in Trachea und Kehlkopf Schleim, im Munde schaumige Flüssigkeit 
Die chemische Analyse des Magen- und Darminhalts fiel negativ aus. 

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IL Referate. 


407 


Trotz dieses letzteren Moments kann es sich doch wohl nur um 
Bromoformvergiftung handeln. Das Sektionsergebnis war ziemlich das 
gleiche, wie es schon nach dieser Intoxikation konstatiert worden ist; 
auch die klinischen Symptome und Anamnese wiesen direkt darauf 
hin. Daß das Gift hier so stürmisch wirkte, daran sind wohl, ab¬ 
gesehen von der Stärke der für ein viel älteres Kind bestimmten 
Arznei, noch andere Umstände schuld. Bei der nach obigem Rezept 
bereiteten Emulsion bildet sich sehr bald ein Bodensatz, das Bromo- 
form sinkt nach unten. Das Kind erhielt also zunächst gewiß nur 
sehr wenig Bromoform, zuletzt aber in dem Reste der Flüssigkeit 
die größte Menge davon, dazu noch früh auf leerem Magen, kein 
Wunder, daß die Wirkung eine so deletäre war. Grätzer. 


W. Jessen. Schwere Bromoformvergiftung bei einem 3jährigen 
Kinde mit Ausgang in Genesung. 

(Aus dem Krankenhause Bethanien in Berlin.) 

(Therap. Monatshefte, August 1903.) 

Das Kind, das etwa 2 ccm Bromoform getrunken, kam erst 
1 l L Stunden später in Behandlung, tief schlafend, mit vollständig 
reaxtionslosen Corneae, reaktionslosen und maximal verengerten 
Pupillen, sehr flacher, rascher, unregelmäßiger Atmung, sehr kleinem 
Pulse (96). Die Behandlung mußte sich jetzt darauf beschränken, 
die Atmung zu heben. Das Kind wurde im Bade über Brust und 
Rücken immer wieder kalt übergossen, was etwa 4 Stunden fort¬ 
gesetzt wurde und stets momentan vorzüglich wirkte, indem sich 
Atmung und Puls hoben. Noch 6 Stunden nach der Vergiftung aber 
bestand das Bild der tiefen Narkose, nach 9 Stunden schlug Pat. 
zum ersten Male die Augen auf, schlief aber immer wieder ein, um 
erst 20 Stunden nach der Vergiftung munter zu werden. Bemerkens¬ 
wert war außer der Schwere der Vergiftung noch die lange Aus¬ 
scheidung des Bromoforms durch die Atmungsluft; noch 24 Stunden 
post intoxikat. war deutlicher Bromoformgeruch nachweisbar. 

Grätzer. 


P. S. Abraham. Ein Fall von Bromausschlag. 

(The Brit. Journ. of Denn., Bd. 44, Dezember 1902.) 

Ein Säugling bekam einen charakteristischen Bromausschlag, als 
die das Kind stillende Mutter gegen ihre epileptischen Anfälle für 
längere Zeit Brom eingenommen hatte. C. Berliner (Aachen). 


R. P. White. Akute, symmetrische, erythematöse Keratodermie 
nach Arsengebrauch. 

(The Brit. Journ. of Denn., Bd. 15, Januar 1903.) 

Einem 13jährigen Knaben, der einen heftigen Choreaanfall 
bekam, wurde am 8. Juni 1901 Liquor arsenicosi Fowleri in steigenden 

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408 


Centralblatt ftlr Kinderheilkunde. No. 10. 


Dosen, beginnend mit 4 Tropfen alle 4 Stunden, verordnet Am 
17. Juni war der Pat. auf 10 Tropfen 4 stündlich angelangt, als sich 
bei ihm belegte Zunge, leichte Konjunktivitis und Rhinitis als erste 
Anzeichen einer Arsenvergiftung einstellten. Man setzte sofort mit 
dem Mittel aus. Am Abend bekam das Gesicht ein gedunsenes Aus¬ 
sehen; über allen Phalangeal- und Metacarpal gelenken zeigten sich 
symmetrisch verteilte, erythematöse, hellrosarote Flecke, ebensolche 
später an den Hand- und Ellenbogengelenken, an den Trochanteren, 
Knöcheln und Fußsohlen. Die Haut an den befallenen Stellen war 
gespannt und stark verdickt. Außerdem bedeckte die ganze Körper¬ 
oberfläche ein diffuses Scharlacherythem, das nach 2 Tagen wieder 
völlig verschwunden war, während die erythematösen Flecke per- 
sistierten, anfangs im Zentrum, dann auch peripherisch sich in großen 
weißen Lamellen schälten. Ohne Hinterlassung irgend einer Arsen- 
pigmentation waren alle Erscheinungen definitiv verschwunden. Auch 
von der Chorea war der Pat. befreit. C. Berliner (Aachen). 


Graham Little. Ein Fall von Sklerodermie in Streifenform. 

(The Brith. Journ. of Derm., Bd. 14, Dezember 1902.) 

Die Affektion begann bei dem 11jährigen Knaben vor 5 Jahren 
mit einem dünnen, roten Streifen. In der letzten Zeit ist derselbe ab¬ 
geblaßt und zeigt eine leichte atrophische Vertiefung. Irgendwelche sub¬ 
jektive Empfindungen verursachte das Leiden nie. Gegenwärtig sieht 
man etwa 1 / 2 Zoll von der Stirnhaargrenze entfernt einen ca. 3 / 8 Zoll 
breiten, atrophischen Streifen von der Stirn abwärts über die Orbita, 
das obere Augenlid zur rechten Seite der Nase sich hinziehen. Die 
Haare der Augenbrauen fehlen an der Stelle, wo der Streifen darüber 
weggeht. Als eine Fortsetzung der Linie nach oben hin erscheint 
eine in derselben vertikalen Richtung verlaufende kahle Stelle der 
Kopfhaut. Die ganze Affektion scheint ziemlich genau der Verteilung 
des supraorbitalen Zweiges des fünften Nerven zu verlaufen. 

C. Berliner (Aachen). 


Sklerodermie und Myo- 


H. Gllth u. R. Rosenfeld (Karlsbad). 

sklerose. 

(Prager med. Wochenschrift 1903 No. 31.) 

Die Verff. beschreiben einen Fall von Sklerodermie bei einem 
8jährigen Mädchen, der durch die Beteiligung des Muskelapparats 
manches Interessante darbot. So fand sich hochgradige Atrophie der 
Gesichtsmuskulatur der rechten Seite genau übereinstimmend mit der 
Ausdehnung der Sklerodermie im Gesicht, auffallende Volumenvermin- 
derung des Schultergürtels und erhebliche Schwäche der rechten oberen 
Extremität, welch letztere in ihrer Ausbreitung ebenfalls ziemlich 
genau mit der Ausbreitung der Sklerodermie übereinstimmte, endlich 
hochgradige Atrophie der ganzen linken unteren Extremität, an deren 
Außenseite nur ein schmaler sklerodermatischer Streifen etabliert 
war, während die Muskelerkrankung die gesamte Muskulatur in 

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II. Referate. 


409 


ihrer ganzen Zirkumferenz betraf, vorzüglich allerdings die Waden¬ 
muskulatur, die — obzwar unter normaler Haut gelegen — derb, 
straff und verkürzt war. Man muß die Muskelerkrankung wohl patho¬ 
genetisch in vollkommene Analogie stellen zur gleichzeitigen Erkrankung 
der Haut. Beide sind am besten zu erklären durch die Annahme von 
Störungen in vasomotorischen Zentren verschiedener Höhe, unter deren 
Einfluß es zur Gefäßerkrankung und gleichartigen Nutritionsstörung 
in Haut und Muskeln kommt. Meist erkranken letztere gerade unter 
den erkrankten Hautpartien, aber es kommen auch „dissoziierte Myo- 
sklerosen“ vor, und obiger Fall gehörte zu diesen seltenen Fällen. 

Grätser. 


Fr. Volhard. Über chronische Dystrophien und Trophoneurosen 
der Haut im Anschluß an kasuistische Mitteilungen. 

(Aus der med. Poliklinik in Gießen.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 26 u. 27.) 

Beschreibung von 4 Fällen, welche das Gemeinsame haben, daß 
scheinbar eine Erkrankung der Haut im Vordergrund steht, während 
es sich um Wachstums- bezw. Stoffwechselstörungen dabei handelt. 

1. Ausgedehnte multiple Lymphangiektasien an der Innenseite 
des Oberschenkels bei einem 14jährigen Jungen, die seit 3 Jahren 
bestehen. Die leicht pigmentierte Haut des rechten Oberschenkels 
ist besonders auf der Innenseite gleichmäßig wie durch ein flaches 
Kissen gehoben. Hautgeschwulst tief eindrückbar, aber nach dem 
Knie zu nicht mehr diffus, sondern hier treten zahllose zirkumskripte, 
kleinhöckerige, glasig durchscheinende, weiche Höcker wie Varikositäten 
unter der Epidermis zu Tage, die sich leicht wegdrücken lassen und 
mit wässriger Flüssigkeit gefüllt sind. Es handelt sich um ein 
Lymphangiom, das in seinem oberen Teile kavernös erscheint, in 
seinem unteren aus Lymphvarizen besteht. Lymphstauung und an¬ 
geborene Schwäche der Lymphgefäß Wandungen scheinen ätiologisch 
maßgebend zu sein. 

2. Fall von Hemiatrophia facialis progressiva mit halb¬ 
seitig gekreuzter Pigmentation, bei einem 17jährigen Jungen 
seit einigen Jahren bestehend. Die Gesichtsatrophie sitzt links. Der 
Rumpf erscheint wappenartig gefeldert: linke Brnstseite intensiv braun, 
rechte weiß, rechte Bauchseite braunschwarz, linke weiß, linker Arm 
und rechtes Bein braun. Gegen eine Kombination mit Morbus 
Addisonii spricht schon die eigenartige Anordnung und gekreuzte 
Halbseitigkeit. 

3. Fall von infantilem Myxödem bei 7jährigem Kinde, durch 
Schilddrüsentabletten geheilt. 

4. Fall von diffuser Sklerodermie mit Sklerodaktylie. 

Grätzer. 


G. W. Wende. Epidermolysis bullosa hereditaria. 

(Journ. of cutan. and genit.-urin. dis., Bd. 20, Dezember 1902.) 

Ein 7jähriger, erblich weder für Haut- noch für Nervenkrank¬ 
heiten belasteter Knabe erkrankte 3 Wochen nach der Geburt mit 

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410 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


starker Diarrhöe. Gleichzeitig fing die Haut am Anus und am Munde 
an rot, dann feucht zu werden und löste sich schließlich blasenförmig 
ab. Mit kurzen Unterbrechungen dauerte das Leiden fort, bis der 
Knabe 3 Jahre alt war. Da zeigte sich eines Tages an den Innen¬ 
flächen der Finger Blasen, im weiteren Verlaufe ebensolche an den 
Handrücken, Handtellern, Fußsohlen. Um die heiße Jahreszeit besserte 
sich der Zustand, während die kalten Monate eine Verschlimmerung 
herbeiführten. Das Leiden hatte totalen Haarausfall und gänzliche 
Zerstörung der Fingernägel zur Folge. 

Zurzeit sind von Bläschen, Blasen, Schuppen außer den erwähnten 
Teil auch Stirn, Wangen, Kniegelenke befallen. Die Behandlung mit 
Streupulver erweist sich am wohltuendsten. c. Berliner (Aachen). 


J. Meneau. De lTchthyose foetale dans ses rapports avec 
lTchthyose vulgaire. 

(Ann. de Denn, et de Syph., Tome IV, No. 1, Februar 1903.) 

Verf. sucht aus den anatomischen und klinischen Merkmalen 
der fötalen und der vulgären Ichthyosis nachzuweisen, daß die Ver¬ 
schiedenheit dieser beiden Affektionen nur eine scheinbare sei, tat¬ 
sächlich handle es sich hier um einen einheitlichen Prozeß in ver¬ 
schiedenen Formen. Die meisten in der Literatur beschriebenen 
Fälle von fötaler Ichthyosis beträfen nur die schweren Mißbildungen, 
welche den frühen Tod herbeiführen müßten, leichtere Formen mit 
längerer Lebensdauer seien mit der Ichthyosis vulgaris verwechselt 
worden. Verf. betont, daß zahlreiche Ubergangsformen zwischen der 
schweren fötalen und der vulgären Ichthyosis beobachtet wurden, und 
hält daher beide Erkrankungen für verschiedene Grade der gleichen 
Hyperkeratose. Max Joseph (Berlin). 


E. Hagenbach-Burckhardt. Über Pemphigus contagiosus. 

(Jahrbuch für Kinderheilkunde Bd. 57, Heft 5.) 

Ausgehend von einem 12 Tage alten, mit Pemphigus behafteten 
Kinde, bildete sich im Baseler Kinderspital eine kleine Pemphigus¬ 
epidemie von im ganzen sieben Fällen aus. Diese Epidemie zeigte, 
daß die Inkubation sich wahrscheinlich zwischen 8 und 16 Tagen 
bewegt. Der Pemphigus neonatorum non syphiliticus kann sich auch 
auf Handteller und Fußsohlen erstrecken, aber nur da, wo das 
Exanthem ein sehr verbreitetes ist. Die Lokalisation an diesen 
Stellen erlaubt also nicht, ohne weiteres die Diagnose auf Syphilis 
zu stellen. Sowohl Erwachsene als auch Kinder bis zu 15 Monaten 
wurden von der Krankheit befallen; dagegen keine Kinder über dieses 
Alter hinaus. Ja die Empfänglichkeit für Pemphigus ist nicht nur 
bei Neugeborenen, sondern bis über das erste Lebensjahr hinaus eine 
große. Aus diesem Grund möchte H. den von Escherich vor¬ 
geschlagenen Namen „Pemphigus infantum“ als den richtigeren ge¬ 
braucht wissen. Hecker (München). 


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II. Referate. 


411 


E. Fuhrmann. Ein seltener Fall von Erythema nodosum. 

(Jahrbuch für Kinderheilkunde, Bd. 57, Heft 1.) 

Der Fall betrifft ein neugeborenes Kind. Als Ursache wird 
eine Gefäßneurose, wahrscheinlich toxischer Natur, vermutet. 

Hecker (München). 


Olimpio Cozzolino. Intorno eil’ eritema searlattiniforme 
desquamativo recidivante. 

Verf. führt zwei Fälle der fraglichen Hauterkrankung an; er hält 
sie für eine von Infektionskrankheiten, sowie von Arzneiintoxikationen 
unabhängige Erkrankung sui generis, die sich von dem wirklichen 
Scharlachexanthem nur dadurch unterscheidet, daß sie, wenn das 
Gesicht überhaupt befallen ist, keinen Teil desselben verschont läßt, 
ferner durch ihre lange Dauer und durch das frühzeitige Auftreten 
und die Reichlichkeit der Abschuppung. Bei dem ersten Anfall kann 
der erfahrenste Arzt über die Natur der Krankheit im Zweifel sein, 
bei den folgenden Anfällen ist ein solcher Zweifel kaum mehr mög¬ 
lich. Verf. hält die Erkrankung für eine Toxidermie, hervorgerufen 
durch im Blute zirkulierende toxische Agentien chemischer und bak¬ 
terieller Natur; in manchen Fällen ist auch die Annahme einer 
Autointoxikation gastrointestinalen Ursprungs gerechtfertigt. Die 
Prognose ist fast immer günstig; doch berichten Hallopeau und 
Tuffier von Komplikationen (Perikarditis). 

Wohl die meisten von den Autoren unter der Bezeichnung „Rezi¬ 
divierende Skarlatina“ beschriebenen Fälle gehören hierher. F. 


C. Beck. Lichen simplex chronicus bei einem 9 Jahre alten 

Knaben. 

(Budapesti orvosi ujsdg mell&klete, 23. Mai, 1903.) 

B. beschreibt einen Fall von Lichen spl. chron. sec. Vidal, 
welches Krankheitsbild auch unter den Namen Lichenifikation primi¬ 
tive circenscrite (Jaquet) und Nevrodermite circenscrite (Brocq) 
bekannt ist. Verf. beobachtete einen solchen Krankheitsfall bei einem 
9 Jahre alten Kinde. Die Hauptsymptome dieses Übels sind die 
folgenden: das alle objektiven Zeichen vorgehende Jucken, die dicht 
stehenden flachen Papeln, die zur Lichenifikation der Haut führen, 
Trockenheit der Haut, allgemeine nervöse Störungen, chronischer 
Verlauf, Hang zu Rezidiven. Verf. glaubt den Grund dieser Er¬ 
krankung in einer pathologischen Veränderung des Nervensystems 
suchen zu können. Ernst Deutsch (Budapest). 


Bramwell. Urticaria ab ingestis. 


(The Brit. med. Journ., 22. November 1902.) 

Ein 7jähriges Mädchen erkrankte nach reichlichem Rhabarber- 
genusse mit Schlaflosigkeit, Fieber, Jucken am ganzen Körper. Am 


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412 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


nächsten Tage war das Gesicht gerötet und geschwollen, und der 
Körper von Urticariaquaddeln bedeckt, von denen einige in den darauf¬ 
folgenden Tagen einen vesikulösen, stellenweise bullösen Charakter 
annahmen. C. Berliner (Aachen). 


Ad. Czerny (Breslau). Über die Beziehungen zwischen Mästung 
und skrofulösen Hautaffektionen. 

(Monatsschrift für Kinderheilkunde, Mai 1903). 

An den vielen Kindern mit skrofulösen Hautaffektionen fiel es 
C. auf, daß sich die schwersten Formen dieser Hautaffektionen gerade 
bei Kindern mit sehr starkem Panniculus adiposus fanden. Versuche, 
durch Verhinderung eines starken Fettansatzes das Zustandekommen 
und den Verlauf solcher Hautaffektionen zu beeinflussen, gelangen, 
und teilt C. deshalb seine diesbezüglichen Erfahrungen mit. 

C. hat drei Typen von skrofulösen Hautleiden kennen gelernt, 
für welche eine Beziehung zur Entwicklung des Panniculus adiposus 
zu bestehen scheint. Den sogenannten Milchschorf der Säuglinge, 
der bei mageren Kindern selten und minimal, bei fetten recht intensiv 
und hartnäckig ist, dann Prurigo (-Lichen urticatus, Lichen strophulus, 
Strophulus, Urticaria papulosa, Varicella pruriginosa) und die meist 
erst bei Kindern nach dem zweiten Lebensjahre vorkommenden 
Ekzeme, die hauptsächlich in der Ellenbogenbeuge, den Kniekehlen 
und Genitokruralfalten lokalisiert sind. Der größte Teil der mit 
diesen Affektionen behafteten Kinder ist fett, entweder offenbar durch 
die Qualität und Quantität der Nahrung fett geworden oder trotz 
geringer Nahrungsaufnahme, so daß man in letzterem Falle eine 
pathologische Disposition zur Fortentwicklung annehmen muß. Man 
kann sehr oft bei diesen Kindern, welche in den ersten 2 Jahren 
an Milchschorf und Prurigo zu leiden hatten, diese Affektionen spontan 
verschwinden sehen, wenn die Kinder abnehmen, rapid verschwinden 
sehen, wenn sie durch interkurrente Krankheiten, z. B. Magendarm¬ 
affektionen, rasch und viel an Körpergewicht verlieren. 

Diese Erfahrungen kann man therapeutisch sich zu nutze machen. 
Man ist imstande, durch Einleitung einer Ernährung, welche weiteren 
Fettansatz möglichst verhindert, beim wachsenden Organismus eine 
langsame Abmagerung zu erzielen. Die günstigsten Erfolge sind zu 
erzielen, wenn mit der Ernährungstherapie begonnen wird, sobald sich 
die ersten Symptome einer skrofulösen Hautkrankheit zeigen. Be¬ 
kommen wir die Künder in Behandlung bereits nach monate- oder 
jahrelangem Bestände der Hautkrankheiten und ungeeigneter Er¬ 
nährung, so können wir nur mehr durch eine lange durchgeführte 
Ernährungstherapie das erreichen, was beim Säugling in kurzer Zeit 
zu erzielen ist. 

In welcher Weise können wir nun beim Säugling die in Rede 
stehende Disposition herabsetzen? Die Erfahrung lehrt, daß die Er¬ 
nährung mit Frauenmilch oft ein die Skrofulöse der Säuglinge effektiv 
ungünstig beeinflussender Umstand ist, daß oft die schwersten Formen 
von Milchschorf und Prurigo gerade bei üppig gedeihenden Brust- 


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II. Referate. 


413 

kindem Vorkommen. Frauenmilch ist tatsächlich die fettreichste 
Nahrung, diejenige, bei der die Säuglinge die höchsten Grade von 
Adipositas erreichen können. Da wir den Fettgehalt derselben nicht 
herabsetzen können, müssen wir die Milchquantitäten in den ersten 
Lebensmonaten auf das notwendigste Minimum herabsetzen, und wenn 
dies nicht ausreicht, bereits im zweiten Quartal des ersten Jahres 
zum AUaitement mixte oder sogar zur künstlichen Ernährung über¬ 
gehen. Das Einschränken der Nahrung soll sofort eingeleitet werden, 
sobald sich die ersten Zeichen der Hautleiden zeigen, und wird er¬ 
reicht durch Herabsetzung der Zahl der Mahlzeiten auf fünf oder 
vier in 24 Stunden und, falls das Kind sehr lange trinkt, auch durch 
Verkürzung der Trinkzeit. Oft erweist es sich als nützlich, schon 
im zweiten Vierteljahr Allaitemenf mixte derart einzuleiten, daß das 
Kind täglich lmal statt Frauenmilch Fleischbrühe mit Schleim oder 
Gries erhält. 

Die Einschränkung der Milch ist auch beim älteren Kinde eine 
der wichtigsten Forderungen bei der Ernährungstherapie der Skrofulöse. 
Auch Eier unterstützen sehr den Fettansatz, auch sie sind daher, 
will man skrofulöse Hautaffektionen zum Verschwinden bringen, zu 
vermeiden. Bei solchen Kindern muß man den Übergang zur ge¬ 
mischten Kost schon im Alter von 1 1 / 2 Jahren oder bei sonst kräftigen 
Kindern noch früher einleiten. C. verordnet da folgendes: zum ersten 
Frühstück Milch, verdünnt mit Kaffee oder Tee, dazu Gebäck, soviel 
das Kind will, aber ohne Butter; zum zweiten Frühstück rohes Obst 
(ohne Zucker); mittags eine konsistente Suppe mit besonderer Be¬ 
vorzugung der Leguminosensuppen (Erbsen, Linsen, Bohnen, puröe- 
artig gekocht), fein zerteiltes Fleisch und frisches Gemüse (Spinat, 
Mohrrüben, Kohlrabi, Blumenkohl, Kopfsalat, Schnittbohnen), kein 
Kompott, keine süßen Speisen; zum Vesper Milch mit Kaffee oder 
Tee und etwas Gebäck; abends fein zerteiltes Fleisch mit Brot und 
Butter (sehr wenig) oder dafür Kartoffeln oder Reis. Durst ist mit 
Wasser zu stillen. Grätzer. 


PietPO Benassi. Psoriasis infantum. 

(Giorn. ital. d. malat. ven. e d. pelle, Vol. XLIV 1903 Fase. 1.) 

Nach vielfachen aus der Literatur berichteten Fällen, sowie auf 
Grund von 14 eigenen Beobachtungen von Psoriasis bei Kindern in 
den ersten fünf Lebensjahren kommt Verf. zu folgenden Schlüssen: 
Die Psoriasis tritt bei jungen Kindern sehr selten auf, da die Haut 
des Kindes weder in ihrer anatomischen und physiologischen Eigenart 
für diese Erkrankung disponiert, noch so vielen äußeren Reizen aus¬ 
gesetzt ist wie die Haut der Erwachsenen. Häufig ist die Psoriasis 
eine Folgeerscheinung vorhergehender entzündlicher Dermatosen, doch 
können auch schlechte Hygiene und ungeeignete Kleidung auslösend 
für die Erkrankung wirken. Meist findet sich im frühen Kindesalter 
die feuchte Form, aber in geringerer Heftigkeit und Ausdehnung wie 
in späterem Alter. Auch eine hereditäre Prädisposition könne gerade 
bei Säuglingen in Betracht kommen. Max Joseph (Berlin). 


CentralbL t Kinderhlkde. VIII. 


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414 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


Dreuw. Zur Behandlung der Psoriasis. 

(Mon. f. prakt. Dermat., 1. Mai 1903.) 

Als schnell heilende Salbe erprobte Verf. folgende: Acid. salicyl. 
10,0 Chrysarobin, Ol. rusci nov. ana 20,0 Sapon virid., Vaselin, 
ana 25,0. Diese Zusammensetzung erwies sich besonders zweckmäßig 
sowohl bei vereinzelten, stark verdickten Psoriasisherden, als zur Be¬ 
seitigung der letzten schon lange bestehenden Spuren der Krankheit. 
Reiz oder Schmerzhaftigkeit lindere man durch Zinkleim oder Zink¬ 
schwefelpaste. Max Joseph (Berlin). 


Moritz Cohn. Einige Bemerkungen zur Behandlung der 

Furunculosis. 

(Mon. f. prakt Dermat., Bd. 36, Heft 4, 15. Februar 1903.) 

Verf. erzielte bei sich selbst anläßlich einer Furunculosis, welche 
jeder anderen Behandlung trotzte, guten Erfolg mit Ichthyolbädern 
und 10°/ 0 iger Ichthargansalbe. Besonders wirkte die Ichthargansalbe 
vorbeugend an Stellen, wo ein neuer Furunkel zu entstehen schien. 
Auch eine Kur Nenndorfer Schwefelbäder erwies sich nur unter gleich¬ 
zeitiger Anwendung von Ichthargansalbe als günstig. Verf. rät bei 
Furunculosis von allen innerlichen Mitteln, ausgenommen etwa die 
Nenndorfer Schwefelquelle, abzusehen. Man wende hingegen die 
Ichthargansalbe an, sobald Rötung, Schwellung, Jucken oder Schmerz 
einen neuen Furunkel ankündigen, und zwar reibe man zur Ver¬ 
meidung von Nachschüben zuerst die umgebende Haut, zuletzt den 
Furunkel selbst ein. Verf. gebrauchte folgende Salbe: Ich thar gan 10,0 
(bei sehr empfindlicher Haut 5,0), Aq. dest. 5,0, Glyzerin 10,0, Lanolin 
85,0, Vaselin fl. 40,0. Wo zu große Reizempfindlichkeit die Ichthargan- 
behandlung ausschließt, sei der Platinbrenner am Platze. Zur Nach¬ 
behandlung eignet sich Ichthyolpaste, welche auch die durch andere 
Mittel erzeugten Ekzeme leicht beseitigt. Verf. will chirurgische 
Eingriffe nur da zugeben, wo bereits Karbunkel bestehen. In den 
ersten Stadien empfehlen sich tägliche Bäder mit Ichthyol oder 
Schwefel, wo diese zu kostspielig sind, Kreolinbäder. 

Max Joseph (Berlin). 


Werther. Über eine Epidemie von Trichophytie des Kopfes 

bei Schulkindern. 

(Mon. f. prakt. Dermat., Bd. 36, No. 3, Februar 1903.) 

Nach einem Überblick der Ätiologie und klinischen Merkmale 
der Dermatomykosen schildert Verf. eine in einem Internat aus- 
gebrochene Trichophytieepidemie, welche von 30 Kindern 17 ergriff, 
und zwar 14 Knaben und 3 Mädchen im Alter von 6—10 Jahren. 
Wahrscheinlich hatte der zuerst erkrankte Knabe die Trichophytie 
^ er i enau f en thalt auf einem Bauerngute von Tieren akquiriert 
und den anderen Kindern mitgebracht. Verf. berichtet im Anschluß 


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II. Referate. 


415 


hieran einen andern Fall, wo ein Wärter der tierärztlichen Hochschule 
von trichophytiekrankem Rindvieh eine schwere Trichophytie des 
Bartes erwarb, und seine beiden Kinder bald darauf an schuppenden 
Scheiben und runden geröteten Herden am Kopfe und im Gesichte 
erkrankten. Obgleich bei der geschilderten Kinderepidemie der gleiche 
Ansteckungsherd nachweisbar war, auch einheitlich bei der Kultur 
der gleiche Trichophyton gefunden wurde, waren die klinischen 
Formen doch verschieden. Zuerst erschienen leicht gerötete Flecke, 
seröse Krusten, später graue Färbung, Schuppung, vereinzelte eitrige 
Follikel. Der behaarte Kopf war am häufigsten ergriffen, ein Pat. 
zeigte dort bis zehn runde erbsen- bis talergroße Herde. Die Haare fielen 
aus oder brachen kurz ab und konnten so eine Alopecia areata Vor¬ 
täuschen. Die Therapie bestand in Jodtinktur, Chrysarobinsalbenstift, 
Nachbehandlung'“ mit Schwefel- oder Salizylsalbe, Erweichung oder 
Öffnung der Abszesse. Nach 8 Wochen etwa waren in den nach¬ 
wachsenden Haaren keine Pilze mehr zu finden. Verf. legte nach 
dem Plautschen „Anreicherungsverfahren“ ein Haar oder eine Schuppe 
von Trichophytiekranken zwischen Objektträger und Deckglas und 
konservierte dies in einer Petrischale mit angefeuchtetem Fließpapier. 
Die Pilze wuchsen bei Zimmertemperatur saprophytisch weiter. Die 
verschiedenen Wachstumsstadien sind ausführlich beschrieben und 
durch Photographien veranschaulicht. Impfung dieser Kulturen auf 
Meerschweinchen erzeugte Schwellung, Rötung, Schuppung und Haar¬ 
ausfall, beim Menschen Ekzem an der Impfstelle (Arm), Schuppung, 
entzündliche Infiltrate, Krusten. Schuppen und Haare der geimpften 
Tiere und Menschen wiesen unter dem Mikroskop den gleichen, bei 
der Kinderepidemie gefundenen Trichophyton auf, so daß dieser Pilz 
als Krankheitserreger festgestellt ist. Max Joseph (Berlin). 


Whitfield. Ein Fall von Pityriasis rubra pilaris. 

(The Brit. Journ. of Denn., Bd. 14, Dezember 1902, S. 470.) 

Der 4 Jahre 3 Monate alte Knabe bekam im September 1902 
Husten und wurde im Kinderhospital mit Lebertran, Malz und Eisen 
behandelt. 4 Tage nach der Aufnahme des Kindes bekam dasselbe 
auf der Brust eine Anzahl roter Flecke, die sich rasch über das 
Gesicht, den Stamm und Extremitäten verbreiteten. Bei der ersten 
Besichtigung durch den Verf. zeigte der Knabe folgenden Status: 
Kopfhaut und Gesicht diffus gerötet und schuppend; die Gesichtshaut 
dünn, rissig, gespannt, wodurch Ektropion entstand. Der Hals war 
bedeckt mit hirsekorngroßen, hellroten Papeln, welche von kleinen 
Silberschüppchen umgeben waren. Ähnliche Papeln zeigten auch die 
anderen Körperstellen. Handteller und Fußsohlen wiesen diffuse Ab¬ 
schuppung auf. Die Nägel, die Schleimhäute waren frei. Die Streck¬ 
seiten der Knie- und Ellenbogengelenke waren bedeckt mit Papeln 
und dicken Schuppen. Für die Pityriasis rubra pilaris fehlt aller¬ 
dings ein wesentliches Symptom, nämlich die follikulären Hornpfröpfe 
im Zentrum der Papeln. C. Berliner (Aachen). 

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416 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No« 10. 


Ferencz V. Torday. Xanthoma tuberosum. 

(Orvosi hetilap. Gyermekgyogyascat 190S III. 1.) 

Verf. beobachtete bei einem einjährigen Kinde das Auftreten von 
gelben Flecken und Knötchen, die sich seit 7 Monaten entwickelten. 
Diese kleinen Tumoren bestehen aus Endothelien und den Langer- 
hansschen Zellen ähnelnden Gebilden, deren Protoplasma mit Fett¬ 
tropfen und Pigmenthaufen erfüllt sind. Interessant ist, das sich 
dieser Zustand nach Überstehen einer kruppösen Pneumonie ge¬ 
bessert, hat. E. Deutsch (Budapest). 


Michael Cohn (Berlin). Zur Frage der inneren Erkrankungen 
und plötzlichen Todesfälle im Anschluß an die Heilung 
eines Säuglingsekzems. 

(Die Therapie der Gegenwart, Juni 1902.) 

C. sah bei einem 1 ^Jährigen Kinde, das mit einem chronischen 
Ekzem des Kopfes und Drüsenschwellung behaftet war, nachdem er 
dagegen eine erfolgreiche Behandlung mit, Zinköl eingeleitet, 3 Tage 
später Zeichen einer leichten Nephritis (Ödeme, Albuminurie, Zylin- 
drurie) eintreten, die innerhalb der nächsten Woche wieder ver¬ 
schwanden, während auch gleichzeitig das Ekzem gänzlich abheilte. 

C. glaubt, daß manche Todesfälle, wie sie nach rascher Heilung 
von Ekzemen bei Kindern vorkamen, auf eine (nicht beachtete!) 
Nephritis zurückzuführen seien, daß die beobachteten Konvulsionen 
gewiß urämischer Natur gewesen sind. Das Auftreten der Nephritis 
ist wohl so zu erklären, daß Staphylokokkentoxine von den Ekzemen 
aus in die Drüsen gewandert waren, deren Schwellung dadurch zu¬ 
stande kam. Bei Heilung des Ekzems schwinden auch die Drüsen, die 
dort deponierten Toxine dringen in die Blutbahn und werden von den 
Nieren wieder aus dem Organismus eliminiert, wobei sie die Nieren 
in einen entzündlichen Zustand versetzen. Je rascher die Heilung 
des Ekzems und die Abschwellung der Drüsen, desto rapider die 
Resorption jener Toxine, desto größere Gefahren drohen den Nieren 
und dem Gesamtorganismus. 

Diese Gefahren dürfen aber nicht davon abhalten, jedes Kinder¬ 
ekzem energisch zu behandeln, denn die genannten Zustände sind 
relativ selten, viel häufiger die vom Ekzem drohenden Gefahren. 
Auch C. hat einen Todesfall durch Erysipel und einen an akuter 
Sepsis zu beklagen; bei beiden Kindern waren dieser letalen Affek¬ 
tionen ausgegangen von einem Ekzem. Grätzer. 


C. Hochsinger. Über eine akute kongelative Zellgewebsver¬ 
härtung in der Submentalregion bei Kindern. 

(Monatsschrift f. Kinderheilkunde, Februar 1903.) 

Seit mehreren Jahren beobachtet H. zur Winterszeit Kinder 
zwischen 4 und 10 Jahren, bei denen zurzeit strenger Fröste, während 

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EL Referate, 


417 


oder unmittelbar nach längerem Aufenthalte im Freien, eine um¬ 
schriebene, schmerzhafte Anschwellung der Haut in der Submental¬ 
region entsteht. Diese umschriebene, mediale, daumennagelgroße Partie 
unterhalb des Kinnes erscheint sukkulent infiltriert, hart, vorgewölbt, 
blaß, mitunter rosenrot, aber stets heller als die Umgebung. Bei der 
Palpation ergibt sich eine Verhärtung des subkutanen Zellgewebes, Epi¬ 
dermis und Cutis weisen keine palpablen Veränderungen auf. Die Haut 
ist in toto von ihrer Unterlage abhebbar. Die Affektion tritt ganz plötz¬ 
lich auf und schwindet allmählich spontan in 2—3 Wochen. Sie beruht 
wahrscheinlich auf einer durch die Kälte herbeigeführten Zirkulations¬ 
störung im subkutanen Zellgewebe, welche mit ödematöser Durch¬ 
tränkung desselben einhergeht. Die Lokalisation ist wohl gegeben 
durch die eigentümliche Bekleidung der Kinder zur Winterszeit, wo¬ 
durch die Submentalregion stark hervorgedrängt, oft geradezu ab¬ 
geschnürt wird; diese durch jene hoch zugeschlossenen, um den 
Hals sich eng schmiegenden Mäntelkrägen hervorgerufene Stauung 
bewirkt offenbar in Kombination mit der Kältewirkung, welche diese 
so vorgedrängten Partien besonders intensiv tangiert, die pathologische 
Veränderung des Zellgewebes. H. sah letztere auch nach lokaler 
artifizieller Kälteapplikation sich entwickeln, z. B. nach längerer Be¬ 
nutzung eines Eisbeutels. Besonders gefährdet sind schwächliche, 
anämische Kinder, was wohl auf besonderer Vulnerabilität, vielleicht 
auch auf erhöhter Erstarrungsfähigkeit des subkutanen Fettgewebes 
beruht. Wiederholt waren mehrere Kinder derselben Familie be¬ 
troffen, nachdem sie der gleichen kongelativen Schädlichkeit (Aufent¬ 
halt auf dem Eisplatze!) ausgesetzt gewesen. Grätzer. 


P. S. Abraham. Ein Fall von Impetigo im Anschluß an die 

Vakzination. 

(The Brit. Journ. of Denn., Bd. 14, Dezember 1902, S. 471.) 

Ein 5 Monate altes Kind leidet, seitdem es vor 2 Monaten ge¬ 
impft worden ist, an einem Ausschlage, charakterisiert durch erhabene, 
pustulöse Effloreszenzen, welche im Beginn als Vaccinia generalisata 
angesehen worden sind. C. Berliner (Aachen). 


Alfred Groth, Beiträge zur Kenntnis der Nebenpocken im 
Verlaufe der Vakzination, sowie der postvakzinalen Exantheme. 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 3.) 

Verf., Assistent der k. b. Centralimpfanstalt in München, bespricht 
zuerst die Entstehung der kleinen, zumeist in der unmittelbaren 
Umgebung des Impffeldes entstehenden Nebenpocken, der sogenannten 
Vaccinolae, und kommt hierbei im Anschluß an einen von ihm be¬ 
schriebenen Fall, bei welchem dieselben zu einer eigentümlichen Schorf¬ 
bildung am Impffelde geführt hatten, zu dem Schluß, daß die Vaccinolae 
nicht nur oberflächlichen Kontinuitätstrennungen der Haut und von 
außen erfolgender Infektion — die gewöhnliche Anschauung — herrühren, 
sondern fast ausschließlich einer Verschleppung von Keimen auf dem 

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418 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


Lymphwege ihre Entstehung verdanken. Die zweite Art von Neben¬ 
pocken, die generalisierte Vakzine entsteht auf dem Wege der Blut¬ 
bahn, und Verf. stellt sich bei der Frage, welche Allgemeinexantheme 
post vaccinationem man unter generalisierter Vakzine zu verstehen 
hat, auf den Standpunkt, daß dies mehr oder weniger der persön¬ 
lichen Anschauung überlassen bleiben muß, solange der exakte 
Nachweis durch Auffindung des spezifischen Virus nicht zu erbringen 
ist. Dagegen ist es unstatthaft, auch die Fälle mit noch so aus¬ 
gebreiteter Vakzeineeruption auf der Haut als generalisierte Vakzine 
zu bezeichnen, wie es häufig geschieht, wenn die Pusteln sich nicht 
auf dem Wege der Blutbahn gebildet haben. Bei Besprechung der 
dritten Art, auf welche Nebenpusteln zustande kommen, nämlich durch 
direkte Übertragung des Impfstoffes, warnt Verf. vor der Impfung 
ekzematös oder sonstwie an Hautaffektionen erkrankter Kinder, da 
der hieraus entstehenden Kombination von Vakzine mit Ekzemjdie 
befallenen Impflinge unter septischen Symptomen nicht allzu selten 
erliegen. Autorreferat 


Haug. Entwicklung von Impfpusteln an beiden Ohren bei 
einem Kinde infolge Badens in infiziertem Badewasser. 
(Aus der kgl. Univers.-Ohrenklinik zu München.) 

(Ärztl. Sachverständigen-Ztg. 1903 No. 16.) 

Das mit Intertrigo hinter den Ohren behaftete 7 monatliche 
Kind wurde in ein Bad gesetzt, das vorher ein Kind mit vollständig 
entwickelten und zum Teil geplatzten Impfblattern benutzt hatte. 
Nach der typischen Inkubationszeit entwickelten sich an und hinter 
den Ohren unter intensiven Entzündungserscheinungen Impfpusteln. 

Grätzer. 


Norbert Swoboda. Über Vaccinia generalisata. 

(Wiener med. Wochenschrift 1903 No. 17—19.) 

S. berichtet über einen Fall, wo das mit Ekzem behaftete und 
trotzdem geimpfte Kind eine schwere Vaccinia generalisata davon¬ 
trug, welche zum Verlust beider Ohrmuscheln führte; letztere waren 
besonders schwer affiziert und fielen ab. Auffallend war die rasche, 
dauernde Heilung des Ekzems nach Ablauf der Erkrankung; das 
Ekzem hatte vor der Impfung durch viele Monate keine Neigung zur 
Heilung gezeigt. Der Fall zeigte auch, daß die Angabe Henoch’s, 
daß nach Vaccinia generalisata nie Narben Zurückbleiben, unrichtig ist. 

Als wichtigste Maßnahmen zur Verhütung der Vaccinia gene¬ 
ralisata führt S. an: 

1. Ausschluß kranker Kinder von der Impfung; 

2. Impfschutz verband; 

3. Verimpfung möglichst kleiner Lymphmengen und baldiges 
Entfernen des Überschusses; 

4. Einschränkung der Massenimpfung. Grfitzer. 


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XI. Referate. 


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J. F. Palmer. Die Wirkung der Revakzination der schwangeren 
Mutter auf die Leibesfrucht. 

(The Brit. med. Journ., 2. Dezember 1902.) 

Zwölf zum ersten Male geimpfte Kinder, deren Mütter während 
der Schwangerschaft revakziniert worden waren, zeigten an den Impf¬ 
stellen gar keine oder ungewöhnlich kleine Bläschen. Bei 300 anderen 
um dieselbe Zeit und mit derselben Lymphe geimpften Kindern traten 
die Erscheinungen der Impfung in ganz normaler Weise auf. 

C. Berliner (Aachen). 


W. S. Cooke. A case of Tetanus following Yaccination. 

(New York medical Journal, den 10. Januar 1903.) 

Ein 4jähriges Mädchen erkrankte vier Wochen nach seiner 
Impfung (am Bein) in der für Tetanus charakteristischen Weise. Die 
Krampfanfälle dauerten etwa acht Tage lang und ließen alsdann all¬ 
mählich nach. Die Behandlung bestand in Serumeinspritzungen und 
Darreichung von Bromkali und Chloralhydrat in mäßigen Dosen. 
Eine ältere Schwester der Patientin, welche gleichzeitig mit dieser 
geimpft worden war, blieb gesund. Ätiologisch ist zu bemerken, daß 
die erkrankte Schwester bald nach ihrer Impfung aufs Land kam, 
wo sie sich wahrscheinlich mit bazillenhaltiger Erde infizierte. 

Leo Jakobi (New York). 


Herrmann (Nauen). Ein schwerer Fall von Tetanus traumaticus. 


(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 10.) 


Ein lOjähriger Knabe fiel von einem Baume und trat sich dabei 
ein Stück Holz in einen Fuß. Nach einigen Tagen entwickelte sich 
hier eine ausgebreitete Phlegmone, am 7. Tage traten die ersten Er¬ 
scheinungen des Tetanus hervor. Interessant bei dem Falle waren: 

1. Die außerordentlich schweren Symptome: Vom Gesicht 
und Kopf an war jeder Skelettmuskel starr, Pat. lag steif wie ein 
Stock da. Alle 4 Extremitäten waren abduziert, jede in einem 
Winkel von 60° zum Rumpf; die Plantarflexion der Füße zum Unter¬ 
schenkel war so stark, daß der Metatarsus zum Crus eine gerade 
Linie bildete. In Narkose hörte die Starrheit auf, mit Ausnahme 
der verletzten Extremität. Der Leib war bretthart, der Brustkorb 
total starr, alle Atmungsmuskeln verharrten in absoluter Starre, so 
daß Atmung nur^mit^Hilfe des Diaphragma möglich sein konnte. 

2. Die Toleranz gegen Narcotica. Pat. erhielt 3mal täglich 
je 1 g Chloralhydrat per Klysma (im ganzen 70 g), außerdem die 
ersten Tage pro die auf einmal 0,005 Morphium subkutan und Brom 
intern. Auch wurde er in den ersten 8 Tagen behufs Verbandwechsels 
4 mal narkotisiert. Trotzdem war er nach Ablauf des Tetanus voll¬ 
kommen munter, das Herz funktionierte vorzüglich. Die Furcht vor 
großen Dosen von Narcoticis bei Kindern in gewissen Fällen ist also 
jedenfalls übertrieben. Das erfuhr H. kürzlich auch bei einem 
P/jjährigen Kinde mit Atropin-KokainVergiftung, das bei sehr 


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420 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


schweren Vergiftungserscheinungen zuerst stündlich 0,005 Extr. Opii, 
dann 0,01 g erhielt, bis nach Ablauf von ca. 15 Stundend),15 Opium 
verbraucht war; das Kind genas ohne weitere Störungen mit Aus¬ 
nahme einer starken Obstipation. 

3. Das Versagen des Tetanusantitoxin, das zudem noch 
sehr teuer ist (10 Mk. pro injectione von 200 I.). Die beiden ge¬ 
machten Injektionen hatten weder auf den Verlauf, noch auf die 
Schwere der Symptome irgend welchen Einfluß. Wenn Pat. später 
genas, so war dies wohl zum Teil wenigstens der übrigen Therapie 
zu verdanken, die bei jedem Falle daher außer dem Antitoxin wird 
ins Treffen geführt werden müssen. Grätzer. 


Arth. Holub. Ein Fall von Kopftetanus mit Hypoglossusparese, 
geheilt nach Duralinfusionen von Behringschem Antitoxin. 

(Aus dem k. k. Kaiser Franz Joseph-Spital.) 

(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 17.) 

Der sehr schwere Fall betraf einen 10jährigen Knaben, der 
durch Steinwurf an der linken Schläfe verletzt wurde. 3 Tage später 
zum 1. Male Behinderung am Kauen, 4 Tage später ausgebildetes 
Krankheitsbild. Erst am achten Tage kam Pat. in ärztliche Be¬ 
handlung. Der Fall erschien als prognostisch sehr ungünstiger, nicht 
allein wegen des späten Beginns der Behandlung, sondern auch nach 
der Häufigkeit, Ausdehnung und Intensität der Krampfanfälle; ferner 
war Tachycardie vorhanden, es sprachen mit die Beteiligung des 
Facialis und Hypoglossus. Was letztere anbelangt, so zeigte sich 
Hypoglossuslähmung auf der Seite der Verletzung, was bisher nur 
lmal bei Tetanus beobachtet worden war; 1 Woche nach Aufnahme 
in die Klinik wurde zuerst die Abweichung der Zunge konstatiert. 

Bemerkenswert war die günstige Einwirkung des Antitoxins bei 
diesem schweren Falle. Es wurden an fünf. aufeinanderfolgenden 
Tagen je 100 A.-E. durch Lumbalinfusion eingeführt, dann noch 
einige Male 50 A.-E. Die sonstige Therapie war eine gar nicht ins 
Gewicht fallende. 

4, 6 und 10 Wochen nach Auf hören der Anfälle machten sich 
in drei Attaken eigenartige Erscheinungen bemerkbar: reißende 
Schmerzen im Kreuz und Bein unter subfebrilen Temperaturen, Be¬ 
wegungsbehinderung, Druckempfindlichkeit nicht nur auf der Wirbel¬ 
säule an den Punktionsstellen, sondern auch am Ischiadicus u. 8. w. 
Man dachte zuerst an Hysterie, dann an latente Tuberkulose, aber 
es stellte sich heraus, daß es sich um eine traumatische Irritation 
der Meningen handelte, hervorgerufen durch die Lumbalpunktion. 

3 Wochen nach Auf hören der Krampfanfälle zeigte sich auch 
eine Neigung zur Furunkelbildung. Grätzer. 


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II. Referate. 


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Karl Ullrich. Neun Fälle von Tetanus. Ein Beitrag zur 
Antitoxinbehandlung dieser Krankheit 

(Mitteilungen aus den Grenzgebieten, Bd. 10 S. 120.) 

Die Fälle sind in jeder Hinsicht ungleichwertig. U. scheidet 
sie in drei Gruppen. Fälle 1—4, bei denen das Serum, den neuen 
verschärften Behringschen Anforderungen entsprechend, zur Anwen¬ 
dung kam; Fälle 5 u. 6, die diesen Forderungen nicht genügen, 
jedoch relativ früh (3. u. 4. Tag) iniziert wurden. 3. Fall 7—9 ohne 
Serum resp. sehr spät damit behandelte Fälle. Die vier ersten Fälle 
starben. Von den beiden Fällen der II. Gruppe wurde einer geheilt; 
unter den drei letzten Kranken kam ein Todesfall vor. Die Resul¬ 
tate in Bezug auf die Heilwirkung des Antitoxins sind somit recht 
schlechte, auch bei frühzeitiger Anwendung des Antitoxins läßt sich 
aus den bisherigen Beobachtungen eine erhebliche Verbesserung der 
Mortalität nicht erkennen. Trotzdem empfiehlt U., der Leyden- und 
Rosenthalschen Begründung folgend, daß das Heilserum, wenn es 
auch ausgesprochenen Tetanus nicht heilt, doch wenigstens das noch 
in Zirkulation befindliche Gift zu binden vermöge, auch weiterhin 
das Heilserum bei Tetanus anzuwenden. Hugo Starck (Heidelberg). 


Th. Pfeiffer. Beitrag zur Therapie und Klinik des Tetanus. 

Zeitschrift für Heilkunde 1902, Heft 2.) 

Die Zahl der mit Tetanus-Antitoxin behandelten Fälle beträgt 
etwa 330. Am häufigsten wurde das Behringsehe und Tizzoni- 
sche Antitoxin verwendet, die Mortalität ist für beide Präparate 
etwa dieselbe (B = 51,7°/ 0 , T = 46,2°/ 0 )* Für die Beurteilung der 
Wirksamkeit des Heilserums ist die Inxubationsdauer, die Raschheit 
der Entwickelung, die Ausbreitung und Dauer der Krankheit in Be¬ 
tracht zu ziehen. Die Form der Einverleibung war früher die sub¬ 
kutane, dann die intravenöse, die aber auf Behrings Rat wieder 
verlassen ist, die intrazerebrale (Roux, Borrel) die subdurale und 
subarachnoideale (Jakob, Blumenthal). P. hält die letztere für 
aussichtsreich, da das Antitoxin durch die Blut- und Lymphgefäße 
den Nervenzellen direkt zugeführt wird. Unter acht von P. behan¬ 
delten Fällen, von denen drei mit Tizzonis, fünf mit Behrings 
Serum behandelt wurden, kam nur einer (Behrings S.) mit dem 
Leben davon; bei 14 weiteren Fällen, die nicht mit Serum behandelt 
wurden, betrug die Mortalität nur 50°/ 0 . Hugo Starck (Heidelberg). 


Georg Löwenbach und Alfred Brandweiner. Die Vakzine¬ 
erkrankung des weiblichen Genitales. 

(Mon. f. prakt. Denn., Bd. 36, 1903.) 

Verf. bringt einige Belege für die seltene Erscheinung von Vak¬ 
zine an den weiblichen Geschlechtsorganen, welche insofern bemerkens- 

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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


wert sind, als diese Affektion dem ungeübten Auge eine venerische 
oder andere Dermatose Vortäuschen kann. Die erste Patientin war 
eine 35jährige Frau, welche mit dem gleichen Handtuche den erfolg¬ 
reich geimpften Arm ihres Kindes und ihre eignen Geschlechtsteile 
getrocknet hatte. In einem andern Falle entstanden die charakte¬ 
ristischen Pusteln am Genitale einer Frau, die mit dem geimpften 
Kinde im gleichen Bett schlief. Bei der dritten Pat. trat zu den 
typischen Pusteln ein Impferysipel. Hier erklärte sich die Infektion 
der Mutter, welche den geimpften Arm des Kindes reinigte und ver¬ 
band, durch einen juckenden, zum Kratzen reizenden Fluor der Genital¬ 
region. Im vierten Fall hatte der Arzt die Übertragung verschuldet, 
indem er nacheinander die Impfstelle des Kindes und die an einem 
Fluor leidende Frau untersuchte, ohne sich dazwischen die Hände 
zu reinigen. Yerf. fügt den eigenen Beobachtungen noch zahlreiche 
andere Berichte von verschieden lokalisierten Vakzineerkrankungen 
hinzu. Immer ist der Verlauf der ähnliche: Unter Jucken und 
Brennen erscheinen Rötung, Schwellung, dann runde, erbsengroße, 
mit rötlichem Hofe umgebene Blasen, deren erst heller Inhalt eitrig 
wird. Im Zentrum bildet sich eine Delle. Ist die Hautstelle wie 
am Genitale einer Reibung ausgesetzt, so entsteht durch vorzeitiges 
Brechen der Blase ein Impfgeschwür. Bei dem oberflächlichen In¬ 
fektionsmodus erfolgt keine Narbenbildung. Therapeutisch sind nur 
Reinlichkeitsvorschriften und Antiseptica nötig. Zur Prophylaxe mache 
man Mütter und Pflegerinnen auf die Ansteckungsgefahr durch Impf¬ 
linge aufmerksam. Max Joseph (Berlin). 


Richard F. Woods. Gonorrhoeal Vulvovaginitis in Children. 

(American Journal of the Medical Sciences. Februar 1903.) 

Aus seinem Studium der Literatur schließt W. auf den gonor¬ 
rhoischen Charakter der allermeisten Fälle von Vulvovaginitis im 
Kindesalter. Man wird stets sicher gehen, wenn man jeden zweifel¬ 
haften Fall als gonorrhoisch betrachtet. 

Zahlreiche Gefahren drohen dem erkrankten Kinde. Am häufig¬ 
sten kommt es zur Ophthalmie. Akute Peritonitis kann auftreten. 
Oder, falls die Infektion nicht so weit vorgeht, werden Uterus und 
Adnexa befallen. Vielleicht lassen sich einige unerklärte Genital¬ 
affektionen bei Virgines auf diese im Säuglingsalter überstandene 
Gonorrhöe zurückführen. N 

Die Behandlung besteht in Reinlichkeit und sonstig geregelter 
Hygiene; daneben werden Lokalspülungen vorgenommen. In Verf. 
Händen hat sich das Kalium hypermanganicum sehr bewährt. Zwei¬ 
mal täglich spült man die Scheide mit einer Lösung aus, die anfangs 
stark diluiert sein soll, später jedoch bis zu 1:2000 allmählich 
steigen darf. Eine gründliche Abseifung der äußeren Genitalien geht 
der Ausspülung voran. Nach derselben streut man zweckmäßig Bor¬ 
säurepulver in die Geschlechtsfalten ein und insouffliert dasselbe in 
die Scheide. Leo Jakobi (New York). 


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II. Referate. 


428 


G. Berkenhein). Über die gonorrhoische Vulvovaginitis bei 
Kindern nach den Erfahrungen im Kinderkrankenhause der 
Heil. Olga zu Moskau. 

(Djetskaja Medizina 1902, No. 3.) 

Im Kinderkrankenhause der Heil. Olga zu Moskau wurden in 
der zehnjährigen Zeitperiode von 1891 bis 1901 an die 400 Fälle 
von Vulvovaginitis beobachtet Auf Grund der hierbei gemachten 
Erfahrungen kommt B. zu folgenden Schlüssen. Die Vulvovaginitis 
der kleinen Mädchen ist hinsichtlich der Pathogenese vollkommen 
identisch mit der analogen Erkrankung bei erwachsenen Frauen und 
in 75°/o der Fälle gonorrhoischen Ursprungs. Ihr verhältnismäßig 
milder Verlauf bei kleinen Mädchen findet seine Erklärung in den 
anatomischen und physiologischen Eigentümlichkeiten des kindlichen 
Organismus. Am häufigsten wird die in Rede stehende Krankheit 
bei Kindern der jüngeren Altersstufen angetroffen und am zahlreich¬ 
sten in den Wintermonaten beobachtet. Ihre mittlere Dauer beträgt 
7V 2 Wochen, wobei sie in einem Drittel der Fälle in die chronische 
Form übergeht. Die gonorrhoische Vulvovaginitis kommt hauptsäch¬ 
lich bei sonst gesunden Mädchen zur Beobachtung, wobei die all¬ 
gemeinen sowie die örtlichen Erscheinungen nur schwach ausgeprägt 
zu sein pflegen. Von den lokalen Symptomen stehen im Vorder¬ 
gründe: Schmerzen beim Harnlassen, Röte der äußeren Geschlechts¬ 
teile, hartnäckiger Eiterausfluß aus der Scheide, mitunter Blutungen 
und Vaginismus. Die Komplikationen der Affektion sind meistenteils 
von verhältnismäßig leichter Natur; im Kinderspitale der Heil. Olga 
wurden vermerkt: Urethritis, Cystitis, Conjunctivitis, Peritonitis und 
Arthritis gonorrhoica. Die Komplikationen von seiten des Perito¬ 
neums manifestieren sich am allerhäufigsten durch Reizerscheinungen 
— Peritonismus — und beschränken sich auf die Dauer von 1 bis 
8 Tagen. Die Arthritis gonorrhoica befällt bei Kindern sehr oft 
mehrere Gelenke auf einmal und zeichnet sich durch milden Verlauf 
sowie eine günstige Prognose aus. An erster Stelle steht in der 
Therapie der gonorrhoischen Vulvovaginitis die Allgemeinbehandlung, 
vorzüglich die Bettruhe. Von den lokal anzuwendenden Mitteln ver¬ 
mag keines die Krankheit merklich abzukürzen. 

A. Dworetzky (Moskau). 


Hirschl. Über die Behandlung der gonorrhoischen Vulvo¬ 
vaginitis. 

(Klinisch-therap. Wochenschrift 1903 No. 13.) 

H. hat im Allgem. Krankenhause in Prag mit Protargol 
namentlich in akuten Fällen ausgezeichnete Resultate erzielt, so daß 
er Protargol geradezu ein Spezifikum gegen Vulvovaginitis gonorrhoica 
nennt. Bei Kindern wurde täglich eine Ausspülung (mittels in die 
Hymenalöffnung eingeführten weiblichen Glaskatheters) mit */ 2 Liter 
einer 1—2 1 / a °/ 0 igen Protargollösung (frisch und auf kaltem Wege 
hergestellt und kühl belassen) gemacht. Nach 8—12 Tagen waren 

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424 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


alle Erscheinungen verschwunden, worauf noch jeden zweiten Tag 
mit Chlorzink ( l / 2 Kaffeelöffel 50 °/ 0 ige r Lösung auf 1 Liter lauen 
Wassers), in den Zwischentagen mit Soda gespült wurde. Das ge¬ 
nügte in allen Fällen. Grätzer. 


Alois Epstein. Über die Indikationen Franzensbads für das 

Kindesalter. 

(Prager med. Wochenschrift 1903 No. 27 u. 28.) 

E. hat Franzensbad als „Kinderbad“ schätzen gelernt, da nach 
seinen Erfahrungen daselbst verschiedene Krankheitszustände bei 
Kindern auf das günstigste beeinflußt werden. So die verschiedenen 
Formen von Anämie, zumal solche mit „dyspeptiscber Komplikation“. 
Bei Kindern vom 5. Lebensjahre ab ist hier eine Franzensbader 
Trink- und Badekur warm zu empfehlen. Je älter die Kinder, desto 
begründeter ist diese Empfehlung, und namentlich bei Mädchen 
zwischen 8. und 12. Jahre, bei herannahender Pubertätszeit, sollte 
man, wenn sich Zeichen von Anämie, von nervösen Zuständen ein¬ 
stellen, die auf den Beginn dysmenorrhoischer Zustände hinweisen, 
sofort an Franzensbad denken, das in solchen Fällen ausgezeichnet 
wirkt. Auch hysterische und neurasthenische Beschwerden der 
Kinder bilden eine Indikation von Franzensbad, ebenso Enuresis. 
Mit Rhachitis oder Skrofulöse behaftete Kinder gehören ebenfalls 
nach Franzensbad. Eine Kur daselbst ist ferner zu empfehlen bei 
Vulvovaginitis kleiner und junger Mädchen; dies Leiden, das oft recht 
hartnäckig ist und sich lange Zeit als pathologischer Faktor doku¬ 
mentieren kann, wird meist in Franzensbad recht günstig beeinflußt. 

Grätzer. 


Samuel W. Bäudler. Some Observations on Vulvovaginitis 
in Children (with special Reference to the gonorrhoeal form); 
its Treatment and possible Sequelae. 

(Medical Record, den 14. März 1903.) 

Eitrige Vulvovaginitis bei Kindern ist in der großen Mehrzahl 
aller Fälle gonorrhoischen Ursprungs. Hin und wieder verdankt die 
Affektion ihre Entstehung einem anderen, ebenfalls intrazellulären 
Kokkus. Beide Formen der Entzündung zeigen eine bedeutende 
Ähnlichkeit, allein die spezifische scheint intensiver zu verlaufen, wäh¬ 
rend die nichtgonorrhoische weniger Eiter liefert und rascher abheilt. 

Man hat behauptet, daß die spezifische Form stets eine reine 
Vulvitis darstellt, indem die Scheide verschont bleibt. Dies ist durch¬ 
aus falsch, wie. man sich mit Hilfe des Speculum oft genug über¬ 
zeugen kann:* es kommen dabei nämlich die entzündete Vaginal- 
schleimheit sowie der erodierte winzige Cervix zum Vorschein. 

Wie bei Erwachsenen, sieht man auch im Kindesalter gelegent¬ 
lich Condylomata lata auf dem Perineum, um den After etc., zuweilen 
von Fissuren begleitet. 


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Dt. Referate* 


425 


t)ie gonorrhoische Vulvitis wird am besten mit eine? lOprozen- 
tigen Silbernitratlösung behandelt. Die entzündete Gegend bis zum 
Hymen hinauf wird damit eingepinselt. Ein warmes Sitzbad 1 bis 
2 Mal täglich ist daneben zu verordnen. In der Zwischenzeit appli¬ 
ziert man eine 2prozentige Protargolsalbe, am besten unmittelbar 
nach jedem* Bade. 

Die Scheide spült man zweckmäßig mit einer Borsäurelösung 
aus, und injiziert alsdann eine 2prozentige Protargollösung mit Hilfe 
des Speculum. Argentum nitricum kann in späteren Stadien not¬ 
wendig werden. Bei Mitbeteiligung des Cervix ist absolute Bettruhe 
unbedingt nötig, und daher führt gewöhnlich die ambulatorische Be¬ 
handlung zu nichts. Solche Fälle gehören ins Krankenhaus. 

Was die Komplikationen anbelangt, so sind sie hier die näm¬ 
lichen wie beim erwachsenen Weibe. Besonders zu furchten sind 
Atresien des Hymen oder der Vagina mit ihren Folgezuständen, wie 
Hämatokolpos, Hämatosalpinx etc. Dieser Gefahr wird zum Teil 
durch eine radikale Therapie mittelst Irriagation und namentlich 
durch die Anwendung des Speculum entgegengearbeitet. 

Leo Jakobi (New York). 


L. PinCUS (Danzig). Zur Prophylaxe der Gynatresie. 

(Vortrag in der Sitzung der ost- und westpreußischen Gesellschaft 
für Gynäkologie am 21. II. 1903.) 

(Monatsschr. f Geburtsh. u. Gyn., Bd. 17, Heft 5.) 

Ein erheblicher Prozentsatz der Gynatresien ist nicht ange¬ 
boren, sondern im extrauterinen Leben erworben. Bei der Prophy¬ 
laxe handelt es sich natürlich nur um die letzteren; von diesen 
kommen hauptsächlich die Gynatresien in Betracht, welche durch 
gonorrhoische Infektionen der Vaginalschleimhaut im Kindesalter ent¬ 
stehen, dann diejenigen, welche durch ähnliche entzündliche Prozesse 
bei Konstitutionsanomalien oder im Verlauf schwerer Infektions¬ 
krankheiten sich bilden. Ein Teil der sogenannten „angeborenen“ 
Gynatresien ist durch die intra oder post partum stattgehabte 
gonorrhoische Infektion der Vulva und Vagina zu erklären. Nach 
Verfasser wird dieser Punkt noch zu wenig beachtet. Bei bestehen¬ 
der Gonorrhöe der Mutter sollte deshalb nicht nur der Konjunktival- 
sack, sondern auch die Vulva des neugeborenen Mädchens credeisiert 
werden (danach Abspülung mit schwacher Kochsalzlösung oder 
Brunnenwasser). Da wo bereits Infektion stattgefunden hat, ist 
wiederholte Kontrolle nötig, um eine Atresie zu verhüten. Von 
sonstigen Infektionskrankheiten kommen namentlich Typhus, Schar¬ 
lach, Diphtherie, Variola (Variolois), Pneumonie, Cholera, Dysenterie 
und Erysipel, zuweilen auch Phthisis und Lues in Frage. Hier ist 
peinliche Reinhaltung der Vulva nötig. Abgang von Eiter oder Blut 
aus der Vulva muß sorgfältig beachtet werden. In den Kinderkranken¬ 
häusern sollte die Vagina von solchen Krankheiten genesener Kinder 
vor der Entlassung mit einer 0,5—1 cm dicken Kupfersonde unter¬ 
sucht werden. 


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426 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


Ist es zur Gynatresie gekommen, so müssen schwere Folgezu¬ 
stände (wie Hämatosalpinx) verhütet werden; vor allem aber muß 
verhütet werden, daß die Kinder durch die Schmerzen oder durch 
die öfters in Form eines Blutsturzes eintretende erste Menstruation 
erschreckt werden. Verfasser hat schon auf diese Weise entstandene 
traumatische Neurosen beobachtet. Es sollten deshalb die im Puber¬ 
tätsalter stehenden Mädchen von den Müttern auf das Erscheinen 
der Menstruation vorbereitet werden. Bei Amenorrhöe im geschlechts- 
reifen Alter stehender Mädchen, welche schwere Infektionskrankheiten 
früher durchgemacht haben, ist lokal zu untersuchen. 

Otto Marx (München). 


Milton A. Gershel. Subcutaneous Abscesses due to the Gono- 
coccus, in a child two years of age. 

(Medical Record, den 7. Februar 1903.) 

Bei einem 2jährigen typhuskranken männlichen Kinde entwickelte 
sich eine akute Urethritis anterior. Im Ausfluß wurden typische 
Gonokokken nachgewiesen. 

Eine Woche später erschien ein kleiner Abszeß in der Anal¬ 
gegend; derselbe wurde aspiriert, und im gewonnenen Eiter fanden 
sich wieder Gonokokken. Drei Tage hinterher kam ein zweiter ähn¬ 
licher Abszeß in der nämlichen Region zum Vorschein, wurde ge¬ 
öffnet, und zeigte in seiner Flüssigkeit wiederum Gonokokken. 

Solche Abszesse nach Gonorrhöe sind selten genug. Verf hat 
im ganzen 11 Berichte aus der Literatur zusammengetragen. 

Leo Jakobi (New York). 

H. Löwenburg. Gonorrhoea in Children. 

(American Medicine, den 21. Februar 1903.) 

Extragenitale Infektion mit dem Neissersehen Gonococcus ist 
im Kindesalter keineswegs selten. Am häufigsten werden die Kon¬ 
junktiven und die Mund- sowohl als Analschleimhaut befallen. Spe¬ 
zifische Vulvovaginitis kommt oft in der poliklinischen Praxis zur 
Beobachtung; dagegen scheint die eigentliche Urethralgonorrhöe bei 
Knaben weniger bekannt zu sein. Verf. schildert einen Fall bei 
einem 4jährigen Jungen, der sich allem Anscheine nach mit seinen 
eigenen beschmutzten Händen infizierte. Die Symptome bestanden 
in Schmerzen und Ausfluß, zu denen alsbald erschwerte Urinent¬ 
leerung und Phimose hinzutraten. 

Trotz der heftigen entzündlichen Erscheinungen wurde die Cir- 
cumcision ausgeführt, wonach der Junge reichlich Harn entleerte und 
sich rasch besserte. Die Schnittwunde heilte in 10 Tagen, während 
der Ausfluß durch antiseptische Umschläge und innerliche Darreichung 
von Alkalien und Baisamum Copaivae binnen 2 Monaten aufhörte. 
Irrigation der Urethra wurde anfänglich versucht, mußte aber wegen 
der großen Schmerzhaftigkeit und Angst des kleinen Gonorrhoikers 
aufgegeben werden. 

L. erteilt den Ratschlag, jeden Urethralausfluß bei Einaben 
mikroskopisch zu untersuchen und auf Gonokokken zu fahnden. Im 


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II. Referate« 


427 


Notfälle nehme man ohne Bedenken die Circumcision vor; im übrigen 
besteht die Therapie in lokaler Reinlichkeit und Darreichung von 
antiseptischen oder alkalischen Diureticis. Leo Jakobi (New York). 


P. Galvagno. Über Gonokokkenperitonitis der Kinder. 

(Arch. di Patologia e Clinica infantile, No. 3—4 1903.) 

Verf. gibt in Form einer klinischen Vorlesung eine zusammen¬ 
fassende Studie über die Peritonitis bei kleinen Mädchen, die infolge 
gonorrhoischer Infektion der Geschlechtsteile entsteht. Seiner An¬ 
sicht nach sind solche Fälle bei weitem häufiger, als man gewöhn¬ 
lich glaubt; er nimmt unter anderen eine aszitische Form dieser 
Peritonitis an und glaubt, daß manche Fälle von sogenannten „essen¬ 
tiellem Ascites“ bei Kindern auf Gonokokkenperitonitis zurückzu- 
fiihren sind. p. 


F. Griffith. Gonorrhoische Ophthalmie. 

(Journ. of cut. and genit. urin. dis., Bd. 20, Dezember 1902.) 

Ein 8jähriger Knabe fand einen Damenhandschuh auf der Straße, 
zog sich denselben an und spielte damit den ganzen Vormittag, wobei 
er sich hin und wieder mit der behandschuhten Hand das Gesicht 
abrieb und ins Auge fuhr. Am nächsten Tage schwoll die Gegend 
des linken Auges an. Erst nachdem verschiedene Hausmittel ohne 
Erfolg angewendet worden waren, wurde der Patient, leider zu spät, 
ins Hospital gebracht. Die Cornea war durch Eiterung bereits 
zerstört. 

Die Behandlung erstreckte sich nach Erblindung des einen Auges 
auf die Erhaltung des anderen. C. Berliner (Aachen). 


C. W. Bischoff. Zur Frage des Argentumkatarrhs bei Neu¬ 
geborenen. 

(Aus der kgl. Univers.-Frauenklinik zu Bonn.) 

(Centralblatt f. Gynäk. 1903 No. 10.) 

Bericht über 100 Neugeborene, bei denen die Einträufelung mit 
2%iger Argent. nitr.-Lösung genau nach den alten Credöschen 
Vorschriften gemacht wurde. Über die danach eingetretene Re¬ 
aktion belehrt folgende Tabelle: 


Tag 

stark 

mäßig 

1 gering 

minimal 

keine 

1 . 

o 

20 

22 

38 

20 

2. 

0 

0 

6 

22 

72 

3. 

0 

0 

1 

1 

10 

89 

4. 

! o 

1 0 

0 

0 

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100 

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428 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 

Also in 80°/ 0 der Fälle wohl Reaktion, aber eine so mäßige 
und kurzdauernde, daß eine Behandlung unnötig war (B. hält eine 
solche sogar bei dieser geringen Reaktion eher für schädlich). Bei 
dieser so harmlosen Reaktion und bei dem überwältigenden Material, 
durch das die Leistungsfähigkeit der 2°/ 0 igen Argentum nitr.-Lösung 
bewiesen ist, hält B. das ursprüngliche Crödesche Verfahren zur 
Zeit noch für das empfehlenswerteste. Wenn manche stärkere Re¬ 
aktionen danach sahen, so lag das jedenfalls daran, daß sie sich 
nicht streng an die Credöschen Vorschriften hielten. Grätzer. 


Sidler-Huguenin (Zürich). Beitrag zur Kenntnis der Geburts¬ 
verletzungen des Auges. 

(KorrespondeDzblatt für Schweizer Ärzte 1903 No. 6 u. 7.) 

Verf. bespricht eingehend die Literatur und bringt dann genaue 
Krankengeschichten von sechs eigenen interessanten Beobachtungen; 
ein Fall betrifft eine rechtsseitige Facialisparalyse bei normalen 
Beckenverhältnissen und nach einem durchaus normalen Geburts¬ 
verlauf, die übrigen fünf verschieden, schwere Verletzungen nach 
Zangengeburten. Grätzer. 


Niels Muus. (Klavikularfrakturen Neugeborener bei Geburt 

in Schädellage. 

(Aus der kgl. Entbindungsanstalt zu Kopenhagen.) 

(Centralblatt für Gynäkologie 1903 No. 23.) 

Es wurden 1700 Neugeborene untersucht und 22 Klavikular¬ 
frakturen (= 1,3°/ 0 ) gefunden, darunter keine doppelseitige. Die 
Frakturen waren 2 mal so häufig bei Multiparen, als bei Primipareu. 
Sie geschahen 5mal nach Zangenentbindung, 17mal nach spontaner 
Geburt. Sie saßen immer im mittleren Drittel des Schlüsselbeins 
und waren gewöhnlich vollständige. 

Die Frakturen machten gar keine Erssheinungen; die Kinder 
bewegten den betreffenden Arm, wurden durch den Bruch nicht be¬ 
lästigt, reagierten selbst auf direkten Druck nicht, zeigten keine 
Defiguration der Schulter, kein Hämatom an der Frakturstelle. Das 
einzige Symptom war Krepitation, und auch diese war oft sehr 
schwierig zu erkennen. Sie heilten sehr typisch: in 1—2 Wochen 
bildete sich ein fester Kallus. Eine Therapie ist nicht nötig. 

Was nun das Zustandekommen dieser Frakturen bei der Geburt 
in Schädellage betrifft, so neigt M. zu der Annahme, daß die Fraktur 
schon während der Passage der Schultern durch das Becken entsteht, 
und daß sie allein durch die Wehentätigkeit verursacht werden kann. 
Man könnte sich die Sache so vorstellen, daß die Wehen die vordere 
Schulter gegen die Hinterfläche der Symphyse pressen, und daß da¬ 
durch häufig die Fraktur der vorderen Klavicula entsteht; die sel¬ 
tenere Fraktur des hinteren Schlüsselbeins könnte dann durch die 
Passage am Promontorium vorüber hervorgerufen werden. Auch die 
häufigen Frakturen bei Zangenentbindung könnten sehr wohl während 
der Passage durch das Becken entstehen. Grätzer. 


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II. Referate. 429 

P. Baumm (Breslau). Behandlung der Schädelimpression bei 

Neugeborenen. 

(Zentralblatt f. Gynäkologie 1903 No. 19.) 

B. gibt ein einfaches und ungefährliches Mittel an, das er bisher 
in 4 Fällen angewendet hat, und zwar mit sehr befriedigenden Er¬ 
folgen. Er bohrte einen ganz kleinen, eng gedrehten Korkzieher 
direkt durch die Kopfschwarte (event. nachdem er einen kleinen Ein¬ 
schnitt gemacht) ganz wenig, nur so weit, daß er eben faßte, in die 
eingedrückte Partie und suchte diese durch Zug auszugleichen. Dies 
gelang auch stets leicht, doch starben 2 Kinder, wie die Sektion 
zeigte, infolge großer intrakranieller Blutungen, die aber mit der 
Bohrung absolut nicht zusammenhingen. Wenn auch die zwei ge¬ 
heilten Kinder vielleicht auch ohne den Eingriff am Leben geblieben 
wären, so bleibt doch zu bedenken, daß später noch von derartigen 
Schädeldeformitäten Gehirnaffektionen ausgehen können, und daß schon 
der nicht zu unterschätzende Schönheitsfehler an sich dahin führen 
sollte, jede Schädelimpression durch jenes einfache Mittel zu be¬ 
seitigen. Grätzer. 


H. Weil. Drei Fälle von Schädelimpressionen bei Neugeborenen. 

(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 27.) 

Zwei Fälle von Impressionen des Scheitelbeins infolge forzierter 
manueller Extraktion bei plattem Becken. Im ersten machte die 
löffelförmige, ca. guldengroße Impression absolut keine Störungen 
und verschwand wieder. Im zweiten zeigte das asphyktisch geborene 
Kind eine tiefe, löffelförmige Impression von 5 cm Länge und l^cm 
Breite. Nachdem man (erfolgreich) Wiederbelebungsversuche ange¬ 
stellt, fand man bei der Inspektion keine Spur mehr von der Im¬ 
pression, und erst bei Abtastung konnte man eine leicht imprimierte 
Stelle entdecken; man mußte annehmen, es habe sich um einen 
Knocheneindruck gehandelt, der wieder aufgeklappt war. Nun starb 
das Kind 4 l / 2 Stunden post partum. Bei der Sektion fand man die 
weichen Schädeldecken an jener Stelle blutig suffundiert, das Os parietale 
in seiner Mitte in horizontaler Richtung frakturiert; eine zweite 
kleinere Fraktur fand sich am hinteren unteren Winkel des Scheitel¬ 
beins als 1^2 cm lange, radiäre Fissur. Die inneren Meningen wiesen 
blutige Suffusionen auf. Weder bei der klinischen Untersuchung, 
noch bei der äußeren Besichtigung gelegentlich der Autopsie durch 
Abtastung des Schädeldaches hatten die Frakturen festgestellt werden 
können. Die Impression hatte sich intra vitam dadurch ausgeglichen, 
daß die durch die Blutextravasation zwischen Hirnoberfläche und 
Schädelkapsel einem hohen partiellen Innendrucke ausgesetzte Knochen¬ 
delle allmählich verschwand. Derartige Blutextravasate kommen selbst 
bei einfachen Unterschiebungen der Scheitelbeine durch Zerreißung 
der von der Pia zum Sinus falciformis major hinziehenden Gefäße 
oder auch durch Ruptur dieses Blutleiters selbst zu stände. Im vor¬ 
liegenden Falle war die Fraktur die Entstehungsursache der Hämor- 

CentralbL f. Kinderhlkde. VIIL Digitized by VjO(gH5lC 



430 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


rhagie, diese selbst aber angesichts des räumlichen Mißverhältnisses 
zwischen der relativen Größe des Kindskopfes im Vergleiche zur Ver¬ 
engerung des Beckens unvermeidlich. 

Dieses Moment in der Entstehung der Knocheneindrücke besitzt 
große forensische Bedeutung. Bei der Entscheidung der Frage, ob 
eine Impression intrauterin, besonders intra partum entstanden, oder 
die Folge eines Gewaltaktes nach der Geburt sei, muß man auch 
das Größenverhältnis zwischen dem Kopfe des Kindes und dem Becken 
der Mutter, sowie etwaige Anomalien während der Schwangerschaft 
resp. der Geburt berücksichtigen. Meist aber genügt die Konstatie¬ 
rung der Tatsache, daß bei der intrauterin entstandenen Impression 
jede Spur äußerer Gewalteinwirkung fehlt. 

Der dritte Fall betraf eine tiefe Impression im Anschlüsse an 
die Durchleitung des Kopfes einer reifen Frucht durch ein mäßig 
allgemein verengtes, plattes Becken mittels hoher Zange. Auch hier 
(wie bei Fall 2) spürte und hörte man bei Überwindung des Wider¬ 
standes im Beckeneingange ein eigenartiges Knacken, worauf der 
Schädel dem Zuge mit einem Male folgte. Er wies eine tiefe Im¬ 
pression am hinteren Anteile des rechten Stirnbeines auf. 

Grätzer. 


G. Vogel (Aachen). Facialislähmung bei einem Kaiserschnittkinde. 

(Kasuistische Mitteilungen aus der Würzburger Universitätsfrauenklinik; 

Zeitschrift f. Geburtsh. u. Gyn., Bd. 48, Heft 8.) 

Mitteilung eines Falles von linksseitiger Facialislähmung bei 
einem mittels Kaiserschnitt geborenen Kinde. Die Lähmung begann 
schon nach 12 Stunden sich zu bessern, der Lagophthalmus blieb 
noch 24 Stunden; dann schwand die Lähmung völlig. Verursacht 
war die Lähmung durch Druck des osteomalacischen Beckens auf die 
Austrittstelle des linken Facialis. Otto Marx (München). 


Th. Schilling (Erlangen). Zur Frage der rezidivierenden 
Okulomotoriuslähmung. 

(Aus Prof. Oppenheims Poliklinik für Nervenkranke zu Berlin.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 18.) 

C har cot sah bekanntlich das Leiden nur als Form der Migräne 
an (Migraine ophthalmoplögique). Kar plus teilte die bisher bekannt 
gewordenen Fälle in zwei Gruppen, eine solche, wo ätiologische Be¬ 
ziehungen zur Migäne beständen, und eine andere, in der eine grob¬ 
anatomische basale Veränderung primärer Natur und unabhängig von 
den Migräneanfällen, als Krankheitsursache anzusprechen sei. 

S. hat nun einen Fall beobachtet, der in keine dieser Gruppen 
hineinpaßt. Der Pat., ein löjähriger Lehrling, erkrankte als 8jähriger 
Knabe an linksseitiger totaler Okulomotoriuslähmung, die seit 
7 1 / a Jahren wiederkehrt, wobei die Zwischenräume bei den einzelnen 
Anfällen kürzer werden, diese selbst jedoch an Heftigkeit einbüßen. 

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II. Referate« 


i31 


Die Anfalle sind durch heftige Schmerzen in der linken Stirn- und 
Schläfengegend, Erbrechen und große Hinfälligkeit eingeleitet. Migräne¬ 
attacken zwischen den Lähmungsanfällen fehlen völlig, in der Familie 
des Pat. keine Migräne. 

Also hier erinnert nichts an einen Zusammenhang mit Mygräne« 
Es liegt aber die Frage nahe, ob nicht der ersten Lähmung ein ent¬ 
zündlicher intrakranieller Prozeß vorangegangen sei, der sekundär 
durch Verwachsungen auch die späteren Lähmungen verursacht hätte. 
Eine derartige Annahme erscheint, abgesehen von der Unsicherheit 
der anamnestischen Angaben, schon dadurch unbegründet, daß die 
Mutter des Pat. bestimmt erklärt, die Anfälle hätten sich im 9. und 
10. Lebensjahr in gleicher Heftigkeit und Dauer wie im achten ein¬ 
gestellt, und sie hätten sich nicht im geringsten voneinander unter¬ 
schieden, wären erst im Laufe der Jahre kürzer und milder geworden. 
Manche Autoren beschuldigen Tumoren. Um einen intrauterin oder 
einen in den ersten Lebensjahren entstandenen kongenitalen Tumor 
kann es sich hier, wo die Anfälle erst im achten Lebensjahre auftreten, 
nicht handeln. Nimmt man aber einen Tumor an, der erst im achten 
Lebensjahre imstande war, durch Druck auf den Nerven Lähmung 
zu erzeugen, so wäre kein Grund vorhanden, warum er nicht von 
da ab viel konstantere Druckwirkung zeigen sollte; es ist ferner 
nicht erklärlich, daß ein Tumor in so großen zeitlichen Abständen 
so heftige Druckerscheinungen hervorrufen sollte; schließlich müßte 
ein solcher im Laufe der Zeit doch stets stürmischere Erscheinungen 
auslösen, während hier gerade das Gegenteil geschah. Verschiedent¬ 
lich wurde nun auch einer kongenitalen Schwäche des Nervus 
oculomotorius oder seines Kernes die Schuld an der Erkrankung ge¬ 
geben. Daran könnte man hier wohl denken, wo ein Feld mark¬ 
haltiger Fasern im linken Augenhintergrunde zu konstatieren war, und 
Pat. stotterte. Welches weitere Moment aber dazu gekommen sein 
mag, bei einem derartig minderwertigen Nerven die rezidivierenden 
Lähmungsanfälle zu erzeugen, das ist eine offene Frage. Vielleicht 
könnte man ein im Körper als Stoffwechselprodukt stets sich bildendes 
Gift annehmen, das durch Alexine in seiner Wirkung aufgehoben 
wird, bis einmal der Organismus durch irgendwelche Umstände an 
der Erzeugung der Alexine gehindert wird; nun könnte das Gift auf 
einen kongenital schwachen Nerven lähmend wirken. G-rätzer. 


L. Mandonnet. Paralysie de raccommodation et du voile du 
palais, consecutive aux oreillons. 

(Annales d’oculistique, Februar 1903.) 

Ein 9jähriges Kind wurde zu M. gebracht, mit der Angabe, daß 
es seit einigen Wochen schlechter sehe. Besonders sei ihm das 
Lesen fast ganz unmöglich. Die Annahme ergab, daß die Pat. vor 
4 Wochen an Mumps erkrankt war und 8 Tage lang mit hohem 
Fieber zu Bette lag. Während der Kekonvaleszenz entwickelte sich 
dann die benannte Sehstörung. Das Mädchen klagte damals auch 

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432 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


über Doppeltsehen, doch war dieses Symptom nicht von langer Dauer. 
Außerdem fiel den Eltern die näselnde Sprache auf und es zeigte 
sich auch, daß das Kind nur schwer schlucken konnte und daß 
namentlich flüssige Speisen leicht wieder zur Nase herauskamen. 
Diese Gaumenlähmung war zur Zeit der Augenuntersuchung ebenfalls 
noch vorhanden. Letztere ergab äußerlich am Auge nichts auffallendes. 
Eine Erweiterung der Pupillen bestand nicht. Mit dem Augenspiegel 
wurde rechts eine Hypermetropie von 1,5 D, links von 0,5 D bestimmt. 
Bei Aufnahme der Sehschärfe stellte sich für die Ferne eine Herab¬ 
setzung derselben auf rechts 1 / 3 , links 2 / 3 der normalen heraus. Mit 
den der Hypermetropie entsprechenden Konvexgläsern ließ sich dieselbe 
jedoch auf 1 korrigieren. In der Nähe konnte nur sehr großer Druck 
gelesen werden. Aber mit Konvexgläsern von 4,5 D las das Kind 
leicht die feinste Schrift. Die Diagnose Akkommodationslähmung 
war also zweifellos. Nach Diphtherie ist eine solche ja häufig. Nach 
Mumps ist sie bisher nur in sehr vereinzelten Fällen beobachtet worden. 
Wie meist bei Diphtherie so bestand auch hier keine Lähmung des 
Sphincter pupillae, also keine Mydriasis. Daß anfänglich auch andere 
Augenmuskeln mit betroffen waren, dafür spricht die Angabe der 
Doppelbilder. Zur Zeit der Untersuchung waren aber die Augen¬ 
bewegungen wieder völlig normal. Über den weiteren Verlauf berichtet 
M. leider nichts. E. Enslin (Erlangen). 


N. D. StaiCOVici (Bukarest). Zwei Fälle von vollständiger 
Regeneration der Hornhaut nach vollständiger Zerstörung 
derselben durch Prozesse konjunktivaler Eiterung. 

(Revista de Chirurgie, Januar 1903 [rumänisch].) 

Es ist bekannt, daß nach tiefen Eiterungsprozessen der Hornhaut, 
dieselbe nie ihre Durchsichtigkeit wieder erlangt, sondern an Stelle 
des Ulcus ein weißer, undurchsichtiger Fleck zurückbleibt. So lange 
aber die membrana Descemeti intakt ist, kann eine vollständige 
restitutio ad integrum stattfinden und kommt, wenn auch nur in sehr 
seltenen Fällen zur Beobachtung. So hat S. einen Pat. mit eitriger 
Ophthalmie und eitriger Ulzeration der ganzen Hornhaut in Behand¬ 
lung gehabt, bei dem zuerst Vaskularisierung und dann vollständige 
Aufhellung der ganzen Cornea beobachtet wurde. Einen ähnlichen 
Fall bot ein 8tägigesKind dar, bei dem infolge von blenorrhagischer 
Ophthalmie eine doppelseitige Infiltration und später eine eitrige 
Exfoliation der ganzen Hornhautfiäche zu beobachten war. Auch 
hier war nach zwei Monaten vollständige Aufhellung der Hornhaut 
beiderseits zu verzeichnen, nachdem vorher eine reichliche perikeratische 
Vaskularisierung aufgetreten war, welche sich bis über die Hornhaut 
erstreckte. Die vorgenommene Behandlung bestand in reichlichen 
Waschungen mit Sublimat 1: 3000 und in Kauterisationen mit Argen¬ 
tum nitricum 2 °/ 0 und später 3°/ 0 ; außerdem Jodoformsalbe, Atropin 
und Okklusivverband. E. Toff (Braila). 


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II. Referate. 


433 


M. KOS (Przemysl). Erworbenes Ankyloblepharon infolge 
akuten Trachoms. 

(Wiener med. Wochenschrift 1903 No. 34.) 

Bei einem sonst gesunden, normal entwickelten und einer augen¬ 
gesunden Familie angehörenden, 10jährigen Mädchen kommt es in 
dem verhältnismäßig kurzen Zeitraum von 4 Monaten zur Infektion 
mit Trachom, zur Vernarbung der Bindehaut und zu einer so weit 
fortgeschrittenen Verwachsung der temporalen Lidrandteile, daß 2 / 5 der 
Lidränder derselben anheimfallen. Grätzer. 


Edmund iensen (Däne). Über Xerophthalmie bei Säuglingen. 

(Hospitalstidende 1903 No. 29.) 

Nach den Erfahrungen des Verf.s ist die Prognose dieses Leidens 
gar nicht schlecht, wenn es zurzeit diagnostiziert wird. Das wichtigste 
ätiologische Moment ist Hunger; gewöhnlich handelt es sich um 
Säuglinge im Alter von 3—9 Monaten, welche zu lange mit Kinder¬ 
mehl oder anderen Surrogaten genährt sind. Die Patogenese ist noch 
nicht klar; den sogenannten Xerosenbazillus findet man nämlich auch 
unter normalen Verhältnissen. Eine Unterernährung des Zentral¬ 
nervensystems findet statt, warum diese insbesondere die Vitalität 
der vorderen Abschnitte des Auges angreift, weiß man nicht. Die 
Krankheit beginnt in der Bindehaut, später kann die Hornhaut 
affiziert werden (Keratomalacia); es handelt sich um eine Nekrose, 
die das ganze Auge angreifen kann. Die Prognose hängt von der 
rechtzeitigen Diagnose und Behandlung ab. Die Behandlung besteht 
darin, dem Säugling reichliche Nahrung zu geben, d. h. man muß 
augenblicklich Milch, wenn das Kind über 6 Monate ist, ungemischte 
Milch verabreichen. 

Der Verf. veröffentlicht 9 Fälle; zwei, die sehr spät unter Be¬ 
handlung kamen, starben, die anderen erholten sich bald. Mehrere 
der Kinder haben 1—l 1 /, auch 2 Liter Milch in 24 Stunden ge¬ 
trunken und vertragen und dabei schnell an Gewicht zugenommen 
und sich erholt. Gleichzeitig hört die Progression des Augenleidens 
auf, und Heilung tritt verhältnismäßig schnell auf. Die Lokalbehand¬ 
lung ist von untergeordneter Rolle. Man muß die Augen zubinden, 
nachdem man eine indifferente Salbe in den Bindehautsack geschmiert 
hat. Der Verband wird einmal täglich gewechselt. Die Xerose ver¬ 
schwindet im Verlaufe von ca. 10 Tagen. Die Differentialdiagnose 
gegenüber Konjunktivitis bietet keine Schwierigkeit dar. Man darf 
die Augen nicht spülen oder tröpfeln. Erst wenn die Wunden geheilt 
sind, eventuell mit Bildung eines adhärenten Leukoms, kann man eine 
Lokalbehandlung nach den gewöhnlichen Regeln einleiten. 

.Besser als die beste Behandlung ist die Prophylaxis, die in einer 
rationellen Ernährung besteht. Der rechte Name der Krankheit wäre 
Ophthalmia ex inanitione. Adolph H. Meyer (Kopenhagen). 


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434 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


K. Rössler (Przemysl). Über Kollargol. 

(Wiener med. Wochenschrift 1903 No. 19.) 

R. hat Kollargol in der Augenpraxis als sehr brauchbares 
Ersatzmittel des Argent. nitr. schätzen gelernt; es hat vor letzterem 
den Vorzug der rascheren Adstringierung, der vollständigen Gefahr¬ 
losigkeit und totalen Schmerzlosigkeit. R. benutzt es außer in 
wässrigen Lösungen und in Form des Ung. Credö noch als Kollargol- 
stift, dessen Applikation weder Schmerzen noch Reizerscheinungen 
bedingt: 

Rp. Collargol. 3,0 
Sacch. lact. 

Tragacanth. 

Oss. sep. ää 1,0 

Mucil. Gumm. Acaciae gtt. IIL 

Aq. dest., Glycerin, ää a. s. ut f. bacillus. 

S. In braunem Glase autzubewabren! 

Bei Trachom und Follikularkatarrh läßt R. 2mal täglich 
je 1 g Ung. Credö in die Schläfegrube und über dem Arcus super- 
ciliaris bis zum Ablauf der Reizerscheinungen verreiben, hierauf einmal 
täglich die Conjunctiva mit 2—5 0 / 0 iger Kollargollösung bepinseln; 
bei vollständiger Reizlosigkeit Abreiben der Follikel mit dem Kollargol- 
stift und sofortige Instillation von 5°/ 0 iger Kollargollösung. Bei 
einfacher Konjunktivitis genügt 1—2°/ 0 ige Kollargollösung, um 
nach 8 — 10 Tagen Heilung herbeizuführen. Grfitzer. 


V. Leitner. Colobom der oberen Augenlider. 

(Orvosi hetilap 1908 No. 21.) 

L. operierte den seit seiner Geburt mit zweiseitigem Colobom 
behaftetem 7jährigen Knaben. Dieser Fall stützt die Theorie von 
van Duyse, nach der die pathologische Straffheit des Amnion Ent¬ 
wickelungsstörungen hervorbringen kann. Ernö Deutsch (Budapest). 


M. Bondi. Megalophthalmus und Hydrophthalmus in einer 

Familie. 


(Klinisch-therap. Wochenschrift 1903 No. 14.) 

Beim Hydrophthalmus handelt es sich bekanntlich um einen 
glaukomatösen Zustand, so daß Zeichen einer inneren Desorganisation, 
totale Exkavation und fast immer aufgehobenes Sehvermögen vor¬ 
handen ist, während bei Megalophthalmus keine inneren Veränderungen 
anzutreffen sind und das Sehvermögen ein vollkommen brauchbares ist. 

B. fand nun in einer Familie ein Kind mit Hydrophthalmus, 
die Mutter und das andere Kind mit Megalophthalmus behaftet. Die 
Möglichkeit eines zufälligen Zusammentreffens dieser zwei klinisch 
so verschiedenen Bilder war natürlich nicht auszuschließen, immerhin 
dürfte man wohl eher an einen ätiologischen Zusammenhang denken. 
Es ist auch dafür schon plädiert, ein Beweis aber noch nicht geliefert 
worden, so daß die Frage in suspenso bleibt. Grätzer. 


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II. Referate. 


435 


Edward Stieren. Congenital Absence of both inferior recti 

muscles. 

(American Medicine, den 11. April 1903.) 

Ein ßjähriger Knabe wurde auf sein Sehvermögen untersucht 
und es fand sich völliger Mangel der beiden unteren Recti. Die 
Bewegungen des Augapfels nach innen, außen und oben sind ungestört, 
dagegen nach unten kann der Augapfel nicht bewegt werden und der 
ganze Kopf muß mitgehen. Mit stillstehenden Augen senkt das Kind 
den Kopf, um nach unten zu blicken. Leo Jakobi (New York). 


H. M. Sherman. Congenital Absence of the Clavicles. 

(American Medizine, den 11. April 1903.) 

Berichte nebst Röntgenbildern von zwei Fällen angeborenen 
Schlüsselbeinmangels. Die Kinder sind 3 und 7 Jahre alt. Die Ab¬ 
normität wurde zufällig bei der Untersuchung entdeckt. Die Schultern 
sind sehr frei beweglich und lassen sich nach vorn unter das Kinn bis zur 
Berührung miteinander bringen, um beim Loslassen in ihre ursprüng¬ 
liche Lage zurückzuschnellen. Die Funktion des Schultergelenkes 
ist sonst völlig normal. Es ist vielleicht bemerkenswert, daß der 
Vater des älteren Kindes an beiden Seiten Klavikularbrüche erlitten 
hatte, die schlecht geheilt waren. Das linke Schlüsselbein hatte er 
bereits im Alter von 2 Jahren gebrochen. 

Aber der interessanteste Befund in beiden Fällen ist die späte 
Verknöcherung des Schädels. Der 3jährige Knabe zeigt noch weit 
offene Fontanellen und eine klaffende Frontalnaht, während beim 
7jährigen Mädchen die Fontanellen und Nähte zwar geschlossen sind, 
aber tiefe Furchen die früheren Spalten markieren. Dieser Zustand 
wurde bereits von P. Marie unter dem Namen „La Dyostose Cleido- 
cranienne“ beschrieben. Leo Jakobi (New York). 


K. Preleitner. Zwei Fälle von angeborenem partiellen 
Klavikulardefekt. 

(Aus dem St. Anna Kinderspital in Wien.) 

(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 3.) 

Bei einem 12jährigen, wegen Lungenkatarrhs in Behandlung 
kommenden Knaben ergab die Untersuchung folgendes: 

Ein für sein Alter entsprechend großer Knabe mit spärlich entwickeltem 
Panniculus adiposus, von blasser Hautfarbe und ausgesprochen» phthisischen 
.Thoraxbau. Die Schultern hängen nach vorne und unten, und dementsprechend 
stehen die Schulterblätter engelflügelförmig noch hinten vom Thorax ab. 

Die Supraklavikulargruben sind auf Kosten der Infraklavikulargruben be¬ 
deutend vergrößert und ihre untere Begrenzung wird nicht wie normalerweise durch 
einen im medialen Teile nach vorne, im lateralen Teile nach hinten konvexen 
Bogen gebildet, 71 sondern die untere Grenzlinie verläuft in einer frontalen Ebene 
und ist ungefähr in ihrer Mitte 2 mal rechtwinklig geknickt. Entsprechend der 
Knickungsstelle sieht man auf jeder Seite je zwei rundliche Prominenzen, welche 
knapp untereinander liegen. 


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436 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


Der palpierende Finger gelangt, vom akromialen Klavikularende beginnend, 
glatt bis in die Mitte der Klavikula, fühlt hier die untere rundliche Prominenz, 
muß aber, um die Kontur der Klavikula weiter verfolgen zu können, über eine 
kleine Stufe hinauf gleiten, deren oberster Teil durch die obere rundliche Pro¬ 
minenz gebildet wird. Von der einen Prominenz zur anderen fühlt man straffe 
Bandmassen ziehen. Die Palpation ergab also, daß die beiden Clavikulae aus 
je zwei Teilen bestehen, welche, den zwei Knickungswinkeln entsprechend, durch 
straffe Bandmassen gewissermaßen pseudarthrotisch untereinander verbunden sind. 
Dabei sind die Claviculae in ihrem ganzen Verlauf von normaler Dicke, die 
pseudoarthrotisch miteinander verbundenen Fragmentenden erscheinen sogar etwas 
kolbig verdickt. 

Wie die vorliegende Trennungsbildung schon vermuten ließ, ist auch ab¬ 
normale Beweglichkeit vorhanden. 

Bei passiven Bewegungen gelingt es, das eine Fragmentende um das andere, 
fixiert gehaltene, herumzuführen. Dabei besteht nicht etwa Krepitation, sondern 
man fühlt ganz deutlich, daß zwei glatte Flächen einander berühren. 

Faßt man die beiden Schultern an und versucht dieselben einander nach 
vorne zu nähern, so gelingt dies bis zu deren Berührung, ohne daß der Knabe 
dabei den geringsten Schmerz empfindet. 

Hält man die Schultern in dieser Stellung und beobachtet nun das Ver¬ 
halten der Fragmente, so sieht man, daß dieselben beiderseits je einen nach oben 
spitzen Winkel einschließen, dessen Scheitel bdeutend über der geraden Ver¬ 
bindungslinie der beiden Gelenksflächen je einer Klavikula liegt, daß also die 
Annäherung der Schultern dadurch ermöglicht wurde, daß die beiden Fragmente 
nach oben ausgewichen sind. Bei dieser Stellung stehen die beiden Scapulae 
so weit nach hinten und außen ab, daß zwischen je einer Skapula und dem 
Thorax ein tiefe Mulde besteht. 

Der vorliegende Fall wurde als pseudarthrotisch ausgeheilte, 
frühzeitig erworbene Fraktur beider Claviculae gedeutet, obschon die 
Symmetrie der beiden Trennungslinien einige Bedenken wachrief. 
Als jedoch nach einigen Tagen die 8jährige Schwester des Pat. an 
ihren Schlüsselbeinen untersucht werden konnte und es sich ergab, 
daß dieselbe genau denselben beiderseitigen Defekt aufweist, ja sogar 
eine noch größere Bewegungsfreiheit besitzt, indem sie; die Schultern 
ohne jede Nachhilfe, bloß durch Kreuzung der Arme zur Berührung 
bringen kann, da mußte man, da alle Traumen auszuschließen sind, 
an eine angeborene Mißbildung denken. Auch ein Trauma intra 
partum kann nicht angenommen werden, da die Geburten leicht ver¬ 
laufen sind. Es intervenierten bei den Geburten keine Ärzte, sondern 
Hebammen. Diese geben an, daß beide Geburten in normaler Zeit 
vor sich gegangen seien. Bei dem Knaben habe es sich um erste 
Position, erste Lage gehandelt, bei dem Mädchen zwar um Gesichts¬ 
lage, doch sei die Geburt auch in diesem Falle leicht von statten 
gegangen. Von einem Trauma wissen weder die beiden in Betracht 
kommenden Hebammen, noch der Vater etwas anzugeben. 

Grätzer. 


Afred Groß. Über angeborenen Mangel der Schlüsselbeine. 

(Aus der med. Klinik in Kiel.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 27.) 

Die Anomalie wurde bei dem 12jährigen Mädchen zufällig ent¬ 
deckt. Die Schlüsselbeine fehlten im lateralen Teile völlig, während 
medial sich an das Manubrium sterni beiderseits 2 cm lange, frei 
endigende Stümpfe ansetzten. Man konnte die losen Oberarmköpfe 


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II. Referate. 


437 


fast vollkommen einander nähern, so daß sie sich oberhalb des Brust¬ 
beinschaftes berührten. Es bestanden nicht die geringsten Bewegungs¬ 
störungen, das Kind gebrauchte seine Arme völlig frei und sicher. 
Der Defekt hat bloß insofern Bedeutung, als er einer ordentlichen 
Entfaltung des Brustkorbes hinderlich ist, das Schultergelenk Zer¬ 
rungen ausgesetzt ist und leicht Subluxationen eintreten. Die not¬ 
wendige Verschiebung der Muskelinsertionen bewirkt keine Funktions¬ 
störung. 

Das Mädchen bot deutliche Zeichen gestörter Entwicklung, 
mangelhaftes Längenwachstum, Störungen der Zahnentwicklung, Ano¬ 
malien am Gaumen und Schädel. Mit Rücksicht darauf glaubt G. 
den Schlüsselbemdefekt als wahre Hemmungsbildung auffassen zu 
müssen. Grätzer. 


Hans Haberer. Ein Fall von Polydaktylie des Fußes. 

(Aus der I. chirurg. Univers.-Klinik in Wien.) 

(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 20.) 

17jähriger Junge hat einen Fuß mit 8 Zehen; die überzähligen 
Endglieder des Fußes finden sich alle an dessen tibialer Seite, sind 
also überzählige Großzehen. Besonders interessant und selten war 
hier das Vorkommen einer überzähligen Großzehe mit drei Phalangen, 
an welche sich ein überzähliger Metatarsus und ein überzähliges Keil¬ 
bein anschloß. Grätzer. 


M. KllliSCher u. D. Epstein (Kiew). Zur Kasuistik der kon¬ 
genitalen Syndaktylie. 

(Wiener klin. Rundschau 1903 No. 5.) 

Fall, interessant durch die familiären Verhältnisse, sowie durch 
die recht seltene Beteiligung des Daumens an der Syndaktylie, der 
mit seinen zwei Nachbarn durch Hautbrücken fast seiner ganzen 
Ausdehnung nach verschmolzen war. Die Füße boten vollständige 
Analogie bezüglich der Mißbildung dar, wie die oberen Extremitäten. 

Grätzer. 


K. Kompe (Friedrichroda). Kasuistische Beiträge zur Lehre 
von den Mißbildungen. 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 4.) 

Es handelt sich um drei Kinder aus einer nachweislich gesunden 
Familie, bei welcher auch bei den Voreltern nie Mißbildungen bemerkt 
worden sind. Die zwei zuerst geborenen Kinder der Gatten, 8 und 
6 Jahre alt, sind körperlich ganz normal entwickelt. Das dritte, ein 
Knabe, wurde im Mai 1889 mit einfacher Hasenscharte geboren. 
2 Jahre später kam ein Mädchen zur Welt mit einem Wolfsrachen, 
bei dem das ganze Os intermaxillare und auch das ganze Mittelstück 
der Lippe fehlte, so daß die Mittellinie eine große und breite Spalte 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


bildete. 1 Jahr später wurde ein Mädchen geboren mit doppelter 
Hasenscharte und Gaumenspalte (mit vorspringendem Zwischenkiefer) 
und einem symmetrischen Defekt an beiden Händen und Füßen: es 
fehlten rechts und links an den Händen der 8. Finger mit samt dem 
Metakarpus und ebenso an den Füßen die 8. Zehe mit ihrem Meta¬ 
tarsus. Die tiefe Einziehung zwischen 2. und 3. Finger bezw. Zehe 
schloß aus, daß eine Verwachsung vom 2. und 3. oder 3. und 4. Meta¬ 
karpus bezw. Metatarsus vorlag und so eine spurlos vollzogene Synd- 
aktylie Vortäuschen konnte. Es handelte sich also nicht um das 
Fehlen eines Strahles bei der Entwicklung der Endglieder der Extre¬ 
mitäten im eigentlichen Sinne, sondern darum, daß die ursprüngliche 
Anlage zweier Strahlen sich nicht voneinander gegliedert, d. h. diffe¬ 
renziert hatte. 

Die Ätiologie blieb unklar; warum speziell bei drei aufeinander¬ 
folgenden Kindern die Spaltbildung im Gesicht auftrat, blieb dem 
Verf. ein Rätsel. Grfitzer. 


M. Baudouin. Nouveaux cas de T^ratöpages ayant v6cu: 
Xiphopages. Un cas d’Hypogastro page viable. Un nouveau 

Stemopage. 

(Gazette Medicale de Paris, N. 41, S. 321.) 

Die Arbeit bringt nur # eine kurze Zusammenstellung älterer und 
neuerer Fälle der in der Überschrift genannten Mißbildungen. 

Schreiber (Göttingen). 


P. E. Nordgren (Schwede). Ein Fall von kongenitaler 
spastischer Pylorushypertrophie. 

(Nordiskt medicinskt Arkiv, 1902, Abt. II, [Innere Medizin] Heft 3, No. 16.) 

Verf. beschreibt einen solchen in der siebenten Lebenswoche 
letal endenden Fall bei einem Mädchen, welches mit Brustmilch ge¬ 
nährt wurde. Der Sektionsbefund zeigte Hypertrophie des Pylorus. 
Verf. gibt eine monographische Darstellung des Leidens und resümiert 
seine Schlüsse folgendermaßen: 1. Im Säuglingsalter kommt eine auf 
einer anatomisch nachweisbaren Hypertrophie des Pylorus beruhende 
Krankheit vor. 2. Diese Hypertrophie ist aller Wahrscheinlichkeit 
nach angeboren. 3. Die sie begleitende Stenose ist wenigstens in 
manchen Fällen spastischer Art. In einem Nachtrag referiert Verf. 
noch einen Fall, in welchem durch die bei der Sektion ausgefiihrten 
Versuche nach Pfaundlers Anforderung völlig bewiesen wurde, daß 
eine wirkliche anatomische Hypertrophie im Pylorus existiert. 

Adolph H. Meyer (Kopenhagen). 


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III. Aus Vereinen und Versammlungen. 


439 


K. Buday. Über einige seltenere Entwicklungsanomalien. 

(Pester medizinisch-chirurgische Presse, 1. II. 1903.) 

B. beschreibt einen Fall mit angeborenem Verschluß des Duo¬ 
denums, der mit Mangel der Herzsepten verbunden war. Der obere 
Abschnitt des Duodenums bildet einen regelmäßig runden, prallen 
Schlauch, der mit dem gleichfalls erweiterten Magen durch den Pylorus 
hindurch breit kommuniziert. Den Scheitel des Schlauches kreuzt 
vorne der quere Teil des Dickdarms; der obere Teil des Duodenums 
endigt vollständig blind und die Kontinuität des Darmes ist ganz 
aufgehoben. In den unteren, gleichfalls blind beginnenden und ganz 
kollabierten Teil des Duodenums mündet der Choledochus derart, daß 
er-gleichsam die Fortsetzung des ersteren zu sein scheint. Das Herz 
ist stark erweitert, das Kammerseptum fehlt nahezu vollkommen und 
das Vorhofseptum zum größten Teil, an der Grenze der Kammer 
und des Vorhofes ist nur eine venöse Öffnung mit drei Klappensegeln 
vorhanden. Die Aorta ist von der Arteria pulraonalis vollkommen 
getrennt. 

Verf. meint, daß diese Abnormitäten durch mangelhafte oder 
abnorme Entwicklungsenergie des Mesenchyms entstehen. 

Das Kind — das 1800 g Gewicht und 46 cm Länge hatte — 
starb unter häufigem Erbrechen am vierten Tage. 

E. Deutsch (Budapest). 


III. Aus Vereinen und Versammlungen. 


Berliner med. Gesellschaft. 


Sitzungen vom 11. bis 25. März 1903. 


Diskussion über HeubnersV ortrag: über die Barlowsche Krankheit. Litten 
hält B. ebenfalls für etwas anderes als Skorbut. Letzterer kann ebensowenig 
wie B. allein hervorgerufen werden durch Einförmigkeit der Diät, wenn diese 
sonst nicht gerade ungeeignet ist; zugegeben sei, daß diese Einförmigkeit unter 
Umständen ein schwerwiegendes Moment bei diesen Krankheiten ist, nicht um 
sie hervorzurufen, aber sie zu unterhalten und schwerer zu gestalten. Bei B. 
kommen bei Kindern, die schon Zähne haben, manchmal ganz erhebliche Zahn¬ 
fleischerkrankungen vor, die allerdings nie die schwere Fäulnis und schwere 
Nekrose und tiefgreifende Geschwürsbildung mit dem aashaften Geruch annehmen, 
der bei Erwachsenen mit Skorbut so häufig ist. G. Kl em per er kann nur rein 
Theoretisches Vorbringen; aber zur Zeit damit beschäftigt, den Unterschied der 
Verdaulichkeit gekochter und ungekochter Milch zu untersuchen, hat er dabei 
einige Resultate erhalten, die vielleicht auch zur Erklärung der B. wichtig sein 
könnten. Er fand vor allem, daß die resorbierbare Stickstoffmenge bei der rohen 
Milch größer ist, als bei der gekochten, während andererseits der resorbierbare 
Ammoniak, die schädliche Substanz, in der gekochten Milch bedeutend größer ist, 
als in der rohen. Wenn also ein Kind nur mit gekochter Milch ernährt wird, 
so muß Eiweiß-Unterernährung eintreten, nicht allgemeine Unterernährung, denn 
der Kalorienwert kann ausreichend sein, nur am N. fehlt es; außerdem aber 
müssen sich Giftwirkungen geltend machen, die auf die größeren Mengen resor¬ 
bierten Ammoniaks zu beziehen wären. H. Neumann hat wie H. in Berlin bis 
1900 sehr wenige Fälle von B. gesehen, seitdem gehäuftes Auftreten, für das er 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


die Pasteurisierung einer Milch (ans jener Molkerei) mit häuslicher Erhitzung 
verantwortlich macht; er hält den Übelstand, daß diese Milch erst pasteurisiert 
und nachher noch einmal im Hause mehr oder weniger lange gekocht wird, für 
die Ursache dieser Epidemie. Ferner betont er die Bedeutung der Nierenaffek¬ 
tionen, weil immer wieder Fälle Vorkommen, wo entweder bei genauester Unter¬ 
suchung nur sehr wenig andere Symptome B.scher Krankheit sich finden, oder 
es sich sogar ganz ausschließlich um eine Hämaturie handelt, bei der auch spär¬ 
liche Zylinder vorhanden sein können: nur die Kenntnis der Ursache dieser 
Hämaturie führt zur Heilung. Cassel bat 22 Fälle von B. bisher gesehen. Er 
sah wiederholt auch die platten und kurzen Knochen befallen. Tn einem Falle 
sah er eine große teigige Schwellung über dem Stirnbein, deren Haut blau ver¬ 
färbt war; an den Rändern der Schwellung fühlte man einen harten, krater¬ 
förmigen Knochenrand. Das Kind hatte etwa 8 Tage pklamptische Anfälle, für 
die keine Ursache gefunden wurde; weder Fieber, noch Rhachitis, noch sonst 
irgendwelche ätiologische Momente. Mit Darreichung von roher Milch ver¬ 
schwanden die Krämpfe sofort, das Kind genas. Möller hat ja einen ähnlichen 
Fall beobachtet und fand bei der Autopsie an der Innenfläche der Ossa parietalia 
und frontalia kollossale Blutextravasate; daß solche Blutungen durch Druck auf 
das Gehirn Konvulsionen machen können, erscheint begreiflich. Autor sah 3mal 
Hämaturie und einmal Albuminurie ohne Blut; 2mal war die Hämaturi* (nebst 
Blässe) das einzige Symptom der B. Die Pat. hatten Zähne, aber keine Blutung 
am Zahnfleisch. Auch in diesen Fällen brachte rohe Milch Heilung. Daß der 
besser situierte Mittelstand die Mehrzahl der Pat. stellt, beobachtete auch er; 
namentlich sind es Kinder von Frauen, die besonders gründlich die Ernährung 
betreiben und in der Sterilisierung die Hauptsache der Ernährung suchen. 
Hauser sah einige 20 Fälle von B., und zwar nur bei künstlich ernährten Säug¬ 
lingen und speziell bei solchen, die eine lange gekochte, meist sterilisierte Milch 
erhalten hatten. Auch er hat gleich Neu mann in letzter Zeit Häufung der Er¬ 
krankungen bei Kindern beobachtet, die mit pasteurisierter und dann noch ge¬ 
kochter oder sterilisierter Milch ernährt waren. Nicht nur Bolle, die Milchzentrale, 
sondern auch kleinere Molkereien schicken, was nicht allgemein bekannt ist, 
nicht rohe, sondern pasteurisierte Milch nach Berlin. Die einfache Einförmigkeit 
der Nahrung ist wohl schwerlich die Ursache der B., denn einmal ist einförmige 
Milchnahrung für die ersten 8—10 Monate das Physiologische, sodann sah Autor 
vielfach, daß es nicht der Beifütterung von Gemüse und Obstsäften bedarf, um 
B. rasch zu heilen. Es muß also der Koch- und Sterilisierungsprozeß die Milch 
ungeeignet, schädlich machen, wobei die Ansicht Klemperers, daß Ammoniak 
hier eine Rolle spielt, daß Gift Wirkung statthat, recht plausibel erscheint. Man 
hat es bei B. nicht mit einer Knochenaffektion zu tun, sondern mit schweren 
Störungen der ganzen konstitutionellen Beschaffenheit des gesamten Stoffwechsels, 
vor allem der Blutbildung. Die Kinder sind auffallend anämisch, hinfällig, 
schwitzen profus, leiden an absoluter Anorexie, sie zeigen bei längerem Krank¬ 
sein neben Blutungen am Knochensystem und Zahnfleisch auch solche der Nieren, 
Haut u. s. w., und alle diese schweren Symptome verschwinden binnen längstens 
8 Tagen, sobald rohe Milch gereicht wird. Das macht doch entschieden den 
Eindruck, als ob der Organismus unter der Wirkung eines Giftes stände, nach 
dessen Aussetzen rasch Blutbildung und Stoffwechsel sich erholen. Entschieden 
gehört B. als besondere Gruppe den Krankheiten an, die man als „hämorrhagische 
Diathese“ bezeichnet, und hat die größte Ähnlichkeit mit Skorbut. Wenn 
Heubner manche Erscheinungen des letzteren, z. B. ulceröse Prozesse am Zahn¬ 
fleisch, nie sah, so liegt das daran, daß er das Leiden früh erkannte; wer chro¬ 
nischere Fälle sieht, erlebt auch für Skorbut typische Erscheinungen. Orth 
demonstriert einige mikroskopische Präparate. Dieselben zeigen, daß man bei B. 
sehr verschiedene Bilder finden kann, die teilweise sehr an Rhachitis erinnern, 
wobei nicht gesagt ist, daß solche vorliegt. Denn Schmorl z. B. hat experi¬ 
mentell gezeigt, daß man ähnliche Veränderungen auch durch Erkrankungen im 
Mark erzeugen kann. Das Einzige, was in allen Fällen ira wesentlichen gleich 
gefunden wird, ist eine eigentümliche Beschaffenheit des Knochenmarkes. Also 
ist anzunehmen, daß das Wesentliche der Knochen Veränderungen bei der B. eine 
Veränderung des Knochenmarkes ist. Ritter, der 32 Fälle von B. gesehen, be¬ 
stätigt die schon gemachten Beobachtungen, aus denen hervorgebt das Anwachsen 
dieser Fälle in jüngster Zeit, das Betroffenwerden der Säuglinge wohlhabender 


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III. Aus Vereinen und Versammlungen. 


441 


Eltern u. s. w. Es spricht die 6. entschieden als Sterilisationskrankheit an; alle 
seine Pat, waren mit sterilisierter Milch ernährt worden. Finkelstcin verfügt 
über 13 Fälle der letzten 1 1 / 2 Jahre. Er beschäftigt sich mit der Prophylaxe 
und fragt: Ist man etwa imstande, prophylaktisch durch eine besonders gestaltete 
Ernährung die durch das Kochen entfallenden Stoffe zu ersetzen, mit anderen 
Worten: Gewährt die frühzeitige Darreichung von Gemüse, von Fruchtsäften, 
von frischem Fleischsaft eine Aussicht, den Ausbruch der Krankheit zu verhüten, 
trotzdem man die Milch kocht? Das wäre sehr wichtig, denn im allgemeinen ist 
doch immer ein gewisses Beklemmungsgefühl vorhanden, wenn man im heißen 
Sommer die Kinder mit roher Milch ernähren soll. Man kann sich da schon von 
vornherein sagen: Da wir annehmen müssen, daß die Krankheit durch Zerstörung 
bestimmter Stoffe in der Hitze hervorgerufen wird, so ist der Nutzen gekochter 
Gemüse zweifelhaft. Es verbleiben nur die paar Löiielchen Frucht- und Fleisch¬ 
saft, und diese dürften, selbst wenn sie die notwendigen Stoffe wirklich enthalten, 
nicht hinreichen, um die gewünschte Wirkung auszuüben. Autor hat auch in 
einem sehr eklatanten Falle dieses Scheitern der prophylaktischen Ernährung er¬ 
fahren. Ein Kind, dessen älterer Bruder 1 Jahr vorher eine schwere B. durch¬ 
gemacht, wurde vom ersten Tage an unter dem Gesichtspunkt ernährt: wie ver¬ 
meiden wir die B. hier? Es erhielt von Anfang an ganz kurz aufgekochte Milch, 
so bald wie angängig Gemüse und Fruchtsaft, und trotzdem traten im 8. oder 
9. Monat die ersten Symptome der B. ein, in Gestalt von Schmerzen und Schwel¬ 
lung in den Unterschenkeln und von beginnender Pseudoparalyse, die bei ge¬ 
eignetem Verhalten schnell verschwanden. Es lehrt dieser Fall auch, daß bei 
manchen Kindern eine große individuelle Disposition bestehen muß. Autor möchte 
auch etwas über die Schnelligkeit der Heilung sprechen. Die Fälle, bei denen 
zunächst nichts weiter besteht, als Schmerzen und Bewegungsstörungen, gehen 
geradezu frappant innerhalb weniger Tage zurück. Wesentlich langsamer geht 
es, wenn es bereits zu Blutungen gekommen ist, obgleich auch da innerhalb 
8 Tagen deutliche Fortschritte eintreten. Große Hämatome bedürfen natürlich 
zur Resorption längere Zeit. Sehr verschieden verhält sich die Nierenblutung. 
Das eine Mal schwindet sie sehr schnell; öfter hat Autor beobachtet, daß zwar 
anfänglich eine erhebliche Herabminderung der Blutungen stattfindet, daß aber 
dann Wochen und selbst monatelang in geringer Intensität die Hämaturie fort¬ 
besteht. Trotzdem ist die Befürchtung einer chronischen Nephritis nur ausnahms¬ 
weise gerechtfertigt. Auch Max Schultze hat in den letzten 2 Jahren eine 
erhebliche Zunahme der B. beobachtet. 1902 behandelte er ö typische Fälle, 
alles Kinder wohlhabender Eltern, zufällig sämtlich mit Milch aus der schon 
öfters erwähnten Meierei ernährt. Den Müttern war nichts von dem Pasteu¬ 
risieren bekannt, sie kochten die Milch noch tüchtig oder ließen sie mit Soxhlet 
10—20 Minuten im kochenden Wasser. Daß diese doppelt sterilisierte Milch zum 
Schuld träger an der B. geworden ist, geht aus der Tatsache hervor, daß die 
5 Kinder keiner anderen gemeinsamen Schädlichkeit ausgesetzt waren und sofort 
zu genesen begannen, als eine andere Milch gegeben wurde. Autor behandelt 
B. so wieHeubner; die hämorrhagische Sehv ellung in der Mundhöhle bepinselt 
er mit Zitronensaft; Sanatogen trägt viel dazu bei, die Kinder wieder in die Höhe 
zu bringen, zumal wenn sie am Anfang wenig Appetit haben. Michael Cohn 
weist auf die Bedeutung hin, welche gewissen Hyperämien, physiologischen wie 
pathologischen, insbesondere traumatischen, für die Lokalisation der Schwellungen 
am Knochen resp. der subperiostalen Blutungen bei der B. zukommt. Am klar¬ 
sten liegt das bei der Zahnffeischaffektion; die Kinder befinden sich meist in 
Dentition, die Blutzufuhr zum Kiefer ist eine erhöhte. Bei der 2. Prädilektions¬ 
stelle am Skelett, den unteren Extremitäten, denke man daran, daß die Kinder 
sich meist gerade in jenem Alter befinden, wo sie ihre ersten Steh- und Gehver¬ 
suche machen, wobei ja stets leichte Traumen Vorkommen. Diese haben für ein 
gesundes Kind keinerlei Folgen, Kindern mit B. werden sie bereits verhängnis¬ 
voll. Ein 3. Lieblingssitz für die subperiostalen Blutungen ist die Orbita, wo 
die Blutung das sehr markante Symptom der B., den Exophthalmus, hervorruft. 
Hier muß man wohl an den Schreiakt denken bei dieser schmerzhaften Krank¬ 
heit Wenn Kinder schreien, so kommt es zur venösen Hyperämie am Schädel, 
und manchmal prominieren dabei schon normalerweise infolge praller Füllung 
der Orbitalvenen die Bulbi leicht. Bei einem an dieser hämorrhagischen Diathese 
leidenden Kinde genügt wahrscheinlich schon gar nicht so heftiges Schreien, um 


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Centralblatt für Rinderbeilkunde. Mo. 10. 


die Gefäße zur Ruptur zu bringen. Das geht auch aus einem Erlebnis hervor: 
Ein Kind mit B. wird in die Sprechstunde gebracht Es wird entkleidet und 
untersucht, wobei das Kind zu schreien beginnt; in diesem Augenblick entsteht 
ganz plötzlich eine starke Protrusion des rechten Bulbus! Beuthner hatte Ge* 
legenheit, B. bei einem 2jähr. Kinde plötzlich entstehen zu sehen, das aus einer 
mit Hämophilie belasteten Familie stammte. Brat erkannte bei einem auch mit 
Phimose behafteten Kinde die ebenfalls bestehende B. nicht und operierte. Es 
entstand eine erhebliche Blutung, es kam später zu einer derben Infiltration des 
Präputiums, und das Kind erholte sich trotz der späteren Behandlung der B. nie 
mehr recht und starb kurze Zeit darauf an Pneumonie. Man sollte daher wohl, 
wenn möglich, bei Kindern mit B. mit Operationen solange warten, bis die B. 
geheilt ist. Erich Müller erinnert an seine zusammen mit Cronheim ge¬ 
machten Stoffwechselversuche über den Einfluß der Ernährung mit roher gegen¬ 
über sterilisierter Milch bei Säuglingen. Aus diesen Versuchen scheint eine ge¬ 
wisse Klärung der Frage nach der Entstehung der B. insofern hervorzugehen, 
als sie einerseits gezeigt haben, daß die Verdaulichkeit und die Assimilation der 
Eiweißkörper, der Fette, des Phosphors und der Kohlehydrate durch die Steri¬ 
lisation nicht leidet, daß andererseits aber der Kalk der sterilisierten Milch zwar 
ebenso gut verdaut, aber schlechter angesetzt wird, als derjenige der rohen Milch. 
Im Gegensatz zu der vorzüglichen Ausnutzung der übrigen Bestandteile der Milch 
wurde nur ein erhöhter Kalkgehalt des Kotes bei Ernährung mit sterilisierter 
Milch gefunden. Wenn aber ein Stoff, der bereits im Körper aufgenommen ist, 
diesem wieder in erhöhtem Maße entzogen wird — und wir wissen vom Kalk, 
daß er im Dünndarm aufgenommen und zum größten Teil wieder im Dickdarm 
ausgeschieden wird, — so ist das ein scharfer Beweis für eine Störung des Stoff¬ 
wechsels, welche vielleicht ätiologisch für die Entstehung der B. von Wichtigkeit 
sein kann, um so mehr, als wir die hohe Bedeutung der geringen, im Blute 
zirkulierenden Kalkmengen für die Arbeit des Herzens und Blutgerinnung kennen. 
Mit der Störung letzterer hängt vielleicht die bei der B. bekannte Neigung zu 
Blutungen zusammen. Es ist vielfach in den letzten Jahren zur Verminderung 
der Tuberkulosenverbreitung unter dem Rindvieh bei der Aufzucht von Kälbern 
diesen an Stelle der rohen, gekochte Milch gegeben worden. Leider mußte dies 
aufgegeben werden, da es sich herausstellte, daß die Entwickelung dieser Tiere 
erheblich Schaden litt, speziell eine große Knochenbrüchigkeit sich einstellte. 
Senator wundert sich, daß bei einer Krankheit, deren wichtigste Symptome die 
progressive schwere Anämie und die Neigung zu Blutungen sind, bisher keine 
Blutuntersuchungen angestellt worden sind. Er veranlaßte zu solchen Ritter, 
und dessen Präparat erinnerte ihn sofort an den berühmten Ehr lieh sehen Fall, 
in dem dieser aus dem Blutbefund eine Aufhebung oder Herabsetzung der 
Funktion, eine Aplasie des Knochenmarks diagnostizierte, was die Sektion be¬ 
stätigte. Der Fall betraf ein 21jähr. Mädchen mit schwerer Anämie; das Leiden 
hatte mit Uterinblutungen begonnen, dann kamen Netzhautblutungen, am Zahn¬ 
fleisch Blutung und nekrotische Verschorfung hinzu. Also Ähnlichkeit mit B. 
zweifellos. Im Blut fanden sich außer den gewöhnlichen Zeichen der Anämie 
Degenerationsformen der Erythrocyten, ferner die multinukleären neutrophilen 
Leukocyten sehr stark reduziert (bis 14°/ 0 ), keine eosinophilen Zellen, keine 
kernhaltigen Blutkörperchen, weder Normo-, noch Megalo-, noch Gigantobiasten, 
wie man sie sonst bei so schwerer Anämie findet. Das Blutpräparat von B. 
zeigt einen ganz ähnlichen Befund, nur daß die Veränderungen nicht so weit vor¬ 
geschritten sind wie in jenem tödlichen Fall, vor allem ein auffallendes Sinken 
der multinukleären neutrophilen Zellen. Nimmt man dazu noch Knochenbefunde 
(Orth), bei denen es sich um eine plastische Beschaffenheit mit herabgesetzter 
Funktionsfähigkeit handelt, d. h. mit ungenügender Blutkörperchenbildung, nimmt 
man ferner dazu, daß das hauptsächlichste ätiologische Moment für B. die Er- ' 
nährung mit übersterilisierter Milch ist, bei deren Ernährung, wie Müller zeigte, 
die Assimilation des Kalkes schlecht ist, also der Knochenstoifwechsel leidet, 
nimmt man alles dies zusammen: den Blutbefund, der auf mangelhafte Funktion 
des Knochenmarks hinweist, die Beschaffenheit des Knochenmarks selbst und den 
schädlichen Einfluß der Ernährung auf den Knochenstoffwechsel % so liegt wohl 
der Gedanke nahe, daß ein Zusammenhang zwischen der gestörten Knochenmarks¬ 
funktion und B. besteht. Wir wissen zudem, welch wichtige Rolle das Knochen¬ 
mark für die Blutbildung spielt. Es hat also gewiß der Gedanke, daß es sich 


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III. Aus Vereinen und Versammlungen. 


443 


bei B. um eine primäre Erkrankung des Knochenmarks handelt, zu der vielleicht 
rhacbiti&che Kinder besonders disponiert sind, eine gewisse Berechtigung. Jacusiel 
befürchtet, die hier zu Tage getretenen Äußerungen könnten zu einem „Rohen- 
Milch-Rummel“ führen, der sehr verderblich werden könnte. „Es war hauptsäch¬ 
lich der Zweck meiner Ausführungen, hier gerade den Vortragenden dringend zu 
ersuchen, unzweideutig festzustellen, daß er selbst der Ansicht ist, daß die Er¬ 
nährung mit gekochter Milch, wie wir sie jetzt haben, wie die Dinge liegen, die 
allerbeste für unsere Pfleglinge ist, und daß eine Ernährung mit roher Milch 
solange nicht Platz greifen kann, wie wir kein Verfahren kennen und besitzen, 
durch welches wir rohe Milch von der Kuh in die Stadt, von der Stadt ins Haus 
und vom Haus in die Flasche und in den Körper des Kindes bringen können, 
ohne daß das liebe, unschuldige Ding von Milch in unserem verderbten Berlin 
ein mordsschlechtes wird, das die Kinder mordet.“ Heubner (Schlußwort) be¬ 
tont, daß kein einziger Fall zur Mitteilung gekommen, der ein Kind betraf, das 
an der Brust gelegen hatte. Er gebe zu, daß, wie die Dinge jetzt liegen, wir 
besser tun, im allgemeinen erhitzte Milch zu geben, als rohe. Wenn er aber eine 
Milch, wie sie einzelne Molkereien wirklich liefern, für jeden Säugling haben 
könnte, so würde er unbedingt die rohe Milch vorziehen. Hervorzuheben ist die 
Tatsache, die auch Finkeistein bestätigte, daß bei anhaltendem Genuß nicht 
nur stark erhitzter Milch, sondern der Milch, wie sie im Haushalt aufgekocht 
wird, B. entstehen kann. Dies beweist, daß die Erklärung, abnorm starke und 
lange Erhitzung rufe B. hervor, nicht stichhaltig sein kann. Zugegeben sei, daß 
das lange Kochen vielleicht die Schädlichkeiten in gesteigertem Maße bewirkt, 
die B. hervorruft, aber der zureichende Grund für den Nachteil gekochter Milch 
ist das Kochen an sich. Heubner hat von einem Kollegen gehört, daß derselbe 
mittels pasteurisierter Milch fast ebenso rasche Heilung der B. erzielt habe, als 
er mit roher. Auch Heubner ist ja anfangs nur zögernd an die Verabreichung 
ungekochter Milch herangegangen, aber er ist nun durch lange Erfahrung über¬ 
zeugt, daß man sie ruhig benutzen kann, wenn sie in jeder Beziehung rein ist. 
Wer sich davor fürchtet, der mag bei der Behandlung der B. ruhig gut pasteu¬ 
risierte Milch benutzen. 


Naturhistorisch-Medizinischer Verein Heidelberg. 

(Medizinische Sektion.) 

(Münchner med. Wochenschrift No. 20, 21 u. 31.) 

Sitzung vom 3. Februar 1903. 

L. Tobler demonstriert einen Patienten mit disseminierter Tuberkulose der Haut 
im Anschluß an Scharlach. 

Der 5 Jahre alte Junge stammt aus tuberkulös belasteter Familie; er war 
früher gesund, erkrankte im April 1902 an Skarlatina. Im Anschluß daran 
stellten sich eitriger Ausfluß aus den Ohren und rote Flecke an der Haut ein, 
aus denen sich die jetzt bestehende Hautaffektion entwickelte. 

Patient ist zart, schwach, in dürftigem Ernährungszustand; es besteht Fieber 
und mäßige Dyspnoe. Die Untersuchung der inneren Organe ergibt eine floride 
Phthise des rechten Oberlappens, eitrigen Ausfluß aus beiden Ohren, Eiter und 
Tuberkelbazillen im Urin. 

Auf der Haut der Extremitäten und vereinzelt an anderen Stellen findet 
sich das seit 4—5 Monaten unverändert bestehende Exanthem in ungefähr 90 
einzelnen, rundlichen, verschieden großen Herden. Auf blaurotem, schmalem 
Hof erhebt sich eine schmutzig grau-braune, zerklüftete Hornmasse; unter der¬ 
selben ist die Haut torpide gerötet, uneben, trocken. Keine makroskopisch sicht¬ 
baren Knötchen. 

Die mikroskopische Untersuchung eines exzidierten Stückes zeigt- gewaltige, 
papilläre Hyperkeratose, unregelmäßige Verdickung und Wucherung des Epithel¬ 
lagers, Vergrößerung der Papillen. Das Stratum papillare und subpapillare ist 
von einer dichten, herdweisen oder konfluierenden zelligen Infiltration einge¬ 
nommen, die nach Art eines Riesenzellentuberkels zusammengesetzt ist. 

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444 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


Das Krankheitsbild entspricht anatomisch am meisten der Riehl-Paltauf- 
schen Tuberculosis verrucosa cutis. Klinisch reiht es sich einer Anzahl von 
Fällen von disseminierter Hauttuberkulose bei Kindern an, die von Doutrele- 
pont, Du Castel, Hall u. a. beschrieben worden sind und bei denen die Der¬ 
matose akut während der Rekonvaleszenz von Masern oder Scharlach auftrat. 


(Sitzung vom 10. Februar 1903.) 

Herr v. Hippel demonstriert als Nebenbefund bei einem Augenkranken 
ein ausgedehntes kavernöses Angiom am rechten Unterarm. Hierzu zeigt Herr 
Engelken das Röntgenbild. 

Diskussion: Herren Jordan, Gierke. 

E. Schwalbe: Demonstration angeborener Darmstenosen und retroperitonealer 
Hernien. 

1. 3 Tages altes weibliches Kind. Niemals wurde Mekoniumabgang be¬ 
merkt. Ein äußerer After war nicht nachweisbar. Bei der klinischen Unter¬ 
suchung fiel auf, daß der untere Teil des Abdomens eingezogen, nicht aufgetrieben 
war. Es wurde die Möglichkeit erwogen, daß außer der Atresia ani eine höher¬ 
sitzende Darmstenose vorhanden sei. Die Sektion ergab Einmündung des Mast¬ 
darms an der hinteren Wand der Vagina, Uterus bicornis, sowie Stenose des 
Duodenums an der Einmündung der Gallengänge. Das Duodenum war ballon¬ 
artig aufgetrieben, ebenso der Magen. Der Teil des Duodenums distal von der 
Stenose, sowie der Anfangsteil des Dünndarms war stark gallenhaltig, in dem 
aufgetriebenen Duodenalteil scheint keine Galle vorhanden zu sein. Die Stenose 
war keine absolute, sondern eine relative, sie läßt sich mit dünner geknöpfter 
Sonde passieren. Eine kurze Besprechung dieser Duodenalstenose, die an einer 
typischen Stelle sich befindet, erfolgte in Verbindung mit der Besprechung des 
zweiten Falls. 

2. Multiple Dünndarmstenosen. 12 Tage altes Kind, wohlgebildeter After. 
Erscheinungen des Darm Verschlusses. Es wurde hochsitzende Mastdarmstenose 
angenommen. Operation. Anlegung eines künstlichen Afters. Bald nach der 
Operation Exitus. Bei der Sektion wurden multiple Dünndarmstenosen konsta¬ 
tiert. Der Fall ist eingehend beschrieben von Dr. Kuliga und wird in Zieglers 
Beitr. veröffentlicht. 

3. Eine Hernia retroperitonealis sin.; 

4. und 5. zwei Fälle von Hernia parajejunalis (Broesike). 

Der zweite Fall kompliziert mit einem Mesenterium commune für Dünn¬ 
darm und Anfangsteil des Kolons. In Kürze werden die Verhältnisse des retro- 
peritonealen Rezessus, sowie im besonderen des Recessus parajejunalis nebst den 
entsprechenden Hernien erläutert. Die drei Fälle, von denen die beiden ersten 
aus dem pathologischen Institut Heidelberg, der dritte aus dem anatomischen 
Institut in Straß bürg stammen, werden in der Zeitschr. f. Morphol. u. Anthropol. 
veröffentlicht. 

(Sitzung vom 12. Mai 1903.) 


Ibrahim stellt, ein 3 Monate altes Kind mit kongenitaler Pylorusstenose vor. 
Es bestand unstillbares Erbrechen seit der 1. Lebenswoche, das durch die ver¬ 
schiedensten diätetischen Maßnahmen nicht beseitigt werden konnte; auch Mutter¬ 
milch wurde erbrochen. Der Stuhlgang war obstipiert. Das Kind wog beim 
Eintritt in die Kinderklinik 2600 g, wiegt jetzt nach 5 wöchentlicher Behandlung 
(Darreichung kleiner eisgekühlter Mengen Muttermilch in angemessenen Pausen, 
Magenspülungen, Kataplasmen) 3120 g. Die außerordentlich intensive Magen¬ 
peristaltik ist jetzt noch zu beobachten, scheint jedoch für das Kind im Gegen- 
satz zu früher nicht mehr schmerzhaft zu sein. Der Magen ist nur wenig er¬ 
weitert, seine Entleerung erheblich verzögert; freie Salzsäure 2 Stunden nach 
Aufnahme von 60 g Muttermilch regelmäßig nachweisbar. Operative Behandlung 
ist noch in Aussicht genommen. 

Vortragender bespricht noch zwei weitere Fälle von kongenitaler Pylorus¬ 
stenose, die beide von Herrn Prof. Jordan operiert wurden (Gastroenterostomia 
posterior) und zum Exitus kamen. Im einen Falle handelte es sich um den 


Bruder des heute vorgestellten Kindes. Die Autopsie ergab muskuläre Hyper¬ 
trophie hauptsächlich der Ringmuskulatur. 

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Hl. Aus Vereineu Und Versammlungen* 


446 


Alle drei beobachteten Fälle betrachtet Vortragender als organisch bedingte 
Stenpsen, ohne für andere Fälle die Möglichkeit des Bestehens eines reinen 
Pylorospasmus in Abrede zu stellen. 

Diskussion: v. Bosthorn erlaubt sich, an die anwesenden Vertreter der 
Chirurgie die Anfrage zu stellen, ob analoge Arten von Strikteren bei Erwachsenen 
vorkämen und auch da bereits Anlässe zu operativen Eingriffen abgegeben hätten. 
Anläßlich einer Diskussion über einen derartig gedeuteten, in einem ärztlichen 
Verein vorgestellten Fall, bei welchem allerdings die ergänzende anatomische 
Untersuchung des Präparates versäumt worden war, seien Andeutungen über 
das Vorkommen idiopathischer Strikturen des Pylorus, welche nicht auf eine patho¬ 
logische Veränderung, wie bei Ulcus, Entzündungsprozessen u. dergl., zurückzu¬ 
führen waren, auch bei Erwachsenen gefallen. 

Jordan: Auf die Frage des Herrn Prof. v. von Bosthorn erwidere ich 
zunächst, daß beim Erwachsenen Fälle von Pylorusstenose ohne eigentliche ana¬ 
tomische Veränderung der Wand des Pylorus Vorkommen, die Anlaß zu chirur¬ 
gischem Eingreifen geben können. Bei der Gastroptose kann z. B. infolge des 
Tiefstandes des Magens eine Abknickung des Pylorus resp. des Duodenums ver¬ 
ursacht werden und dadurch eine relative Stenose entstehen, die zu schweren 
Folgezuständen führt. In einem derartigen Falle, der eine 74jährige Dame be¬ 
traf, war ich veranlaßt wegen zunehmenden Kräfteverfalls, den sorgfältigst durch¬ 
geführte interne Behandlung nicht aufzuhalten vermochte, die Gastroenterostomie 
zu. machen, die vorzüglichen Erfolg hatte und der Patientin die volle Gesundheit 
wieder verschaffte. Verengerung oder Undurchgängigkeit des Pförtners kann 
ferner durch Verlötung mit der Gallenblase und Verziehung desselben verursacht 
werden. Auch Spasmen des Pylorus bei Hyperazidität des Magens gaben die 
Anzeige für Gastroenterostomie. 

Was die Fälle von kongenitaler Pylorusstenose anlangt, so wäre eine Auf¬ 
klärung über die Natur des Leidens von größtem Wert für die Therapie: handelte 
es sich uha einen Spasmus des Pylorusringes, so könnte man von der Divulsion, 
einem einfachen und relativ leichten Eingriff, Heilung erwarten. Liegt dagegen 
eine muskuläre Hypertrophie, eine organische Stenose vor, so ist die Gastro¬ 
enterostomie das richtige Verfahren. Bei dem minimalen Kräftezustand der 
Patienten, die meist nicht mehr als 5 Pfund wiegen, ist dieselbe ein sehr schwerer 
Eingriff und es muß immer als Glücksfall betrachtet werden, wenn ein solches 
Kind die Operation übersteht und geheilt wird. Bei den beiden, von mir ope¬ 
rierten Fällen hatte ich den Eindruck, daß die an sich vorzuziehende hintere 
Anastomose infolge der Auspackung des Magens und Kolons den Schock erhöht, 
und würde daher im nächsten Fall die vordere Gastroenterostomie am tiefsten 
Punkte, der vorderen Magenwand, ausführen, zumal die Anastomose doch nur mit 
Nähten bewerkstelligt werden kann. Die Jejunostomie kann bei den anatomi¬ 
schen Verhältnissen Neugeborener kaum in Frage kommen. 

Brauer frägt, ob es nicht zweckmäßig wäre, bei Kindern mit der in Dis¬ 
kussion stehenden Erkrankung zunächst eine Jejunostomie auszuführen und erst 
späterhin — nach Aufbesserung des Ernährungszustandes — zur Gastroenteros¬ 
tomie zu schreiten. 

Fl ein er: Die von Herrn Prof. Jordan angeführten mechanischen Mißver¬ 
hältnisse, welche bei Tiefstand und Vertikalstellung des Magens die 
Fortschiebung des Mageninhaltes nach dem Darme behindern können, sollte man 
nicht eigentlich den Pylorusstenosen zurechnen. Kussmaul hat diese Zustände 
zuerst beschrieben und auf Abknickung des Duodenums bezogen. Diese 
Abknickung findet am horizontalen Aste des Zwölffingerdarmes statt, da wo dieser 
an der Wirbelsäule befestigt ist. Da nun durch interne Mittel, d. h. durch Er- 
nährungs- und Liegekuren, Magenspülungen, Herauf binden oder Stützung des 
gesenkten Magens durch geeignete Verbände oder durch Bandagen jene Ab¬ 
knickung am Duodenum verhindert oder beseitigt werden kann, so besteht eine 
Indikation zu operativem Vorgehen bei diesen Fällen in der Kegel nicht. 

Zu den Stenosen des Pylorus, nach welchen der Herr Vorsitzende gefragt 
hat und welche ohne Narbenbildung, Verwachsung oder Neubildung zu stände 
kommen, wäre wohl jene gutartige Form zu rechnen, welche als hypertro¬ 
phische Pylorusstenose bezeichnet wird und im Gefolge von chronisch¬ 
gastrischen Zuständen sich allmählich entwickelt. Man begegnet ihr nicht gerade 
Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII. Digitized by VjOQgLC 



446 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10. 


häufig, kann sie aber klinisch gut von anderen Formen der Pylorusstenosen unter¬ 
scheiden: zu den Zeichen des meist langjährigen chronischen Magenkatarrhs ge¬ 
sellen sich allmählich und in wachsendem Maße die Erscheinungen der motori¬ 
schen Insuffizienz und der Magenerweiterung. Auch ein Tumor wird schließlich 
fühlbar: der gleichmäßig verdickte Pylorus bildet eine etwa nußgroße Geschwulst 
von glatter Oberfläche. Differentialdiagnostisch (mit Magenkarzinom) ist für die 
hypertrophische Pylorusstenose die auf Jahre sich erstreckende Vorgeschichte des 
Magenleidens von Wichtigkeit. 

Ibrahim: Die ersten Beobachtungen über kongenitale Pylorusstenosen 
stammen von Länderer und Maier aus den Jahren 1879 und 1885. Diese 
Forscher beschrieben Leichenbefunde an Mägen der verschiedensten Lebensalter, 
die sie nur auf eine kongenitale Stenose des Pylorus zurückführen konnten. 
Erst im Anschluß an diese Beobachtungen wurde das anatomische und später 
auch das klinische Bild der kongenitalen Pylorusstenose am Säugling festgestellt 
Unter den von Länderer und Maier beschriebenen Fällen finden sich mehrere, 
die neben einer Ektasie des Magens und einer abnormen Enge des Pylorus 
keinerlei anatomische Veränderungen weder an der Schleimhaut, noch an der 
Muskulatur des Magens oder Pylorus erkennen ließen. 


IV. Monats-Chronik. 

Dr. E. Deutsch (Budapest) sendet uns zu seiner jüngst in unserem Blatte 
veröffentlichten Arbeit: „Gratismilch- und Ordinationsanstalten für Säuglinge“ folgenden 
„Nachtrag“: 

Von allergrößter Wichtigkeit ist, bei Magendarmkrankheiten der Säuglinge 
statt der Milch ein diätetisches Getränk zu verabreichen. In der unter meiner 
ärztlichen Leitung stehenden Gratismilchanstalt wird ausschließlich eine aus 
Kufekes Mehl bestehende Suppe (1 Eßlöffel Mehl auf 1 Liter Wasser) ver¬ 
wendet. Die Bereitung der Suppe ist einfach und der Erfolg ein überaus zu¬ 
friedenstellender. Seitdem die Frauen wissen, daß sie bei MUchentziehung ein 
anderes Nährmittel erhalten, versäumen sie ausnehmend selten die Meldung des 
Auftretens eines unverdauten Stuhles. 

Nürnberg. Ein erster internationaler Kongreß ffUr Schulhygiene wird für Ostern 
1904 in Nürnberg geplant. Ein internationales Komitee, welchem neben be¬ 
kannten deutschen Forschern, wie Baginsky, Hoffa, Eulenburg, Cohn 
(Breslau), Hueppe (Prag) auch Gelehrte anderer Nationen angehören, hat sich 
bereits zum Zwecke der Vorarbeiten gebildet. 

Die Stadt Nürnberg hat die Zahl ihrer Schulärzte, die anfänglich (im 
Jahre 1898) 6 betrug, auf 15 vermehrt. Nach der neu ausgearbeiteten Dienst¬ 
ordnung für die Schulärzte erstreckt sich deren Wirkungskreis nicht nur auf die 
städtischen Schulen, sondern auch auf die Privatschulen. Sämtliche Kinder 
werden beim Eintritte in die Schule untersucht und dann noch 2 mal im Laufe 
des Jahres. Bei Mädchen unterbleibt die Untersuchung vom 4. Schuljahre an, 
wenn die Eltern nicht besonders es wünschen. Beim Austritte aus der Schule 
erfolgt auf Wunsch der Eltern die Untersuchung der Knaben, um Ratschläge 
bezüglich der Wahl des Berufes zu geben. 


V. Personalien. 

Breslau. Gestorben der langjährige Assistent an der Kinderklinik Dr. 
K. Gregor. 

Rom. Habilitiert für Pädiatrie Dr. L. M. Spolverinl. 

Chicago. Dr. F. B. Earle zum Professor der Kinderheilkunde am College 
of Physicians and Surgeons ernannt. 

Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzer in Sprott&u. — Verlag von Johann 
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metzger & Wittig in Leipzig. 

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Eine Monatsschrift für praktische Ärzte. 


Unter Mitwirkung von 

De. C. BERLINER (Aachen), De. ERNST DEUTSCH (Budapest), 

De. ALBR. DWORETZKY (Moskau), De. E. ENSLIN (Eelangen), Dieektob De. 
ESCHLE (Sinsheim), Peop. De. EVERSBUSCH (München), De. G. FINDER (Char¬ 
lotten bueg), Db. E. FLATAU (Waeschau), Peiv.-Doz. De. R. HECKER (München), 
De. LEO JACOBI (New Yoek), Peop. De. JOACHIMSTHAL (Beblin), De. MAX 
JOSEPH (Beelin), De. G. KREBS (Hildesheim), De. P. MAAS (Aachen), De. K. 
MENDEL (Beelin), De. ADOLPH H. MEYER (Kopenhagen), De. PLANTENGA 
(Haag), De. CARL SCHADE (Göttingen), Peiv.-Doz. De. E. SCHREIBER (Göttingbn), 
De. SCHRIDDE (Eelangen), Peiv.-Doz. De. H. STARCK (Hetdblbebg), De. SZYMA- 
NOWSKI (Waeschau), De.E.TOFF (Bbaila, Rumänien), Peop. De. VULPIUS (Heidej,- 
beeg), De. H. WALBAUM (Kiel), Peiv.-Doz. De. ZIEGENSJPECK (München) u. A- 

herausgegeben von 

Dy. med. Eugen Graetzer, 

prakt. Arzt in Sprottau. 

VIIL Jahrgang. November 1903. Nr, 11. 


Inhalt. 

I. Originalbeiträge. seit. 

H. Brpning, Beitrag zur Lehre der Vergiftungen im Kindesalter .. . . 447 


n. Referate. 

CoBsmann, Azeton Vergiftung nach Anlegung eipes Zellul oid-Mullverbandes 45ß 
H. Schulthess, Hämaturie durch Oxalsäure uach Rhabarbergenuß . . . 454 
GuidoBerghinz, Chronische nicht syphilitische Nephritis parenehymatosa, 

beginnend von den ersten 3 Monaten des Lebens.. . 454 

Jdensi, Über Nephritis des Neugeborenen und Säuglings ...... 455 

'Cr. Schmidt, Zwei Fälle subkutaner Nierepquetschung m. günstigem Ausgang 455 
B. v. Schumacher, Ein Fall von gekreuzter Dystopie der Niere mit Lage¬ 
veränderungen an den Geschlechts Werkzeugen.. 455 

Lawrence W. Strong, Congenital Tumors of the Kidpey.456 

E. Joseph, Über pngeborepe bösartige Neubildungen ........ 456 

Erich Meyer, Über Entwicklungsstörungen der Niere.457 

E. v. Hibler, Vorfall eines zystisch erweiterten Ureters durch Harpblase 

und Urethra in die Vulva bei einem 6 Wochen plten Mädchep . . . 457 

W. Roshansky, Zur Behandlung der angeborenen Phimose.458 

jL. Bartenstein, Ein Fall von Ketentio urm^e bei einem 10 Monate alten, 

weiblichen, imbecillen Säuglinge mit periproetitischem Abszeß . . . 458 

Jos. Preindlsberger, Urologische Mitteilungen.459 

J. Leopold and V. Levi, A case of selz-induced Cystitis due to the 

Colon Bacillus. 459 

■Olimpio Cozzölino und Pesquale Pezzulo, Über den Hirndruck beim 

Säugling während des Erbrechens . ,..460 



















Fortsetzung des Inhaltes. 


Seite 


David L. Edsall, Recurrent Vomiting in Children . ........ 

Valagussa, Beitrag zum Studium des zyklischen Erbrechens bei den Kindern 

J. Jarcho, Über harnsaure Diathese bei Kindern. 

R. Thierfeld, Über Lithiasis bei Kindern. 

Karl Walko, Über die Behandlung der Enuresis .. 

G. Kapsammer, Über Enuresis und ihre Behandlung mittels epiduraler 

Injektionen. 

John Zahorsky, A (Kontribution to the therapy of Enuresis. 

A. Kantorowicz, Zur Kasuistik der Heilung der Enuresis nocturna durch 

Entfernung adenoider Vegetationen. 

W. F. Chapell, A case of Adenoids with Malaria. 

Jörgen Möller, Bemerkungen über die seitlichen adenoiden Vegetationen 
im Nasenrachen nebst Beschreibung eines neuen Instrumentes für deren 

Entfernung. 

J. F. Dickson, Adenoids and their Treatment. 

L. Katz, Ein modifiziertes Ringmesser („knieformiges Adenotom“) mit 

einigen Bemerkungen.. 

Adolph H. Urban, Hemmorrhage following Tonsillotomy. 

A. Fischer, Stillung größerer nach Tonsillotomie auftretenden Blutungen 

E. Bloch, Der hohe Gaumen .. 

Lieb mann, Stotternde Kinder. 

S&ndorSzana, Die Hygiene der schulpflichtigen Kinder in Internaten . 
Eugenin Felix, Die Wichtigkeit der Untersuchung des Gehörapparates'] 

bei Kindern der Normalschulen. 

Otto Laubi, Methode u. Resultate d. Ohrenuntersuchungen v. 22894 Schülern 

der ersten Primarklassen der Stadt Zürich. 

R. Imhofer, Ein Fall von Spontanluxation des Amboß mit .fistulösem 

Durchbruch in den knöchernem Gehörgang.i . . . 

G. Herrmann, Über akute Nekrose des Warzenfortsatzes und Felsenbeines 

nach Scharlach. 

George H. Meaver, Bacteriologie Studies of the Skin and Throat in cases 
of Scarlatina. 


460 

461 

461 

462 

463 

463 

464 

465 
465 


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469 

470 

470 

471 

472 

472 

473 



Bromipin 

Ind.: Neurasthenie, Hysterie, Epilepsie, 
Chorea, epileptische Dämmerzustände. 

Rp.: Bromipin 10% 100 g. 

D. S. 2—3 mal täglich 1 Theelöffel voll in ober¬ 
gähr. Bier oder heißer Milch. 


Stypticin 

Ind.: Blutungen im Klimakterium, 
menstruale Blutungen, Menorrhagien etc. 

Rp.: Tablettar. Stypticin No. 40 ä 0,06 g. 
D. S. Täglich 3—6—8 Tabletten zu nehmen, 


Dionin 


Ind.: Asthma, Emphysem, Bronchitis, Phthisis pulmon., TracheVtis, Pertussis, 
Schmerzzustände (Gastralgie, Ischias, Ovaralgie, Oophoritis, Ulcus ventriculi), Asomnie, 
Abstinenzkur, Keratitis, Chorioiditis, Bulbusoperationen. 


Rp.: Dionin 0,3, 

Aq. amygd. amar. 15,0. 
M.D. S. 3mal täglich 10; 
Abends 20 Tropfen. 


Rp.: Dionin 0,04, 

Ol. Cacao 2,00. 

M. f. lege art. supp. d. t. dos. 10. 
S. Täglich 1 bis mehrere 
Zäpfchen zu gebrauchen. 


Rp.: Dionin 0,6, 

Aq. dest 20,0. 

M. f. 8ol. steril. 

S. Zu subkutanen Injektionen. 


Dionin wird für die Kinderpraxis aufs Wärmste empfohlen. 


Litteratur gratis und franko. 


\ 




































Fortsetzung des Inhaltes, 


Karl Eckholm, Zur Scharlachübertragung durch Milch.478 

Th. Escherich, Die Erfolge der Serumbehandlung des Scharlachs an der 

Unjversitäts-Kinderklinik in Wien.474 

Günther, Eine bösartige Scharlachepidemie.474 

RaoulLabb6, fipreuve de la chlorurie alimentaire dans la scarlatine et la 

diphthärie Fenfance.475 

N. Mansurow, Über die sogenannte Rubeola scarlatinosa.476 

A. Doebert, Eine Scharlachepidemie auf der Masernstation.477 

M. Ch. Aubertin, Das Einschlafen der Hände bei Scarlatina.477 

S. Sufrin, Zwei seltene Fälle von infektiöser Hemiplegie bei Kindern . . 478 
H. Pfister, Über das Gewicht des Gehirns und einzelner Hirnteile beim 

Säugling und älteren Kinde.478 

E. von Lange, Die Gesetzmäßigkeit im Längenwachstum des Menschen . 479 
Lu dl off, Über Wachstum und Architektur der unteren Femurepiphyse 

und oberen Tibiaepiphyse..48 L 

Linser, Über die Beziehungen zwischen Nebennieren und Körper Wachstum, 

besonders Riesenwuchs.48 t 

N. Swoboda, Ein Fall von chondrodystrophischem Zwergwuchs (Achondro- 

plasie).482 

F. Michel, Osteogenesis imperfecta.482 

Widal et Ravaut, Ict&re chronique acholurique congenital chez un homme 

de 29 ans. Augmentation passag^re et legere du volume du foie et de 
la rate. Parfait 6 tat de la sante generale ..482 

Hl. Aus Vereinen und Versammlungen. 

Toskanische Sektion der Italienischen Gesellschaft für Pädiatrie .... 488 

Gesellschaft schweizerischer Pädiater.485 

Berliner medizinische Gesellschaft.486 


IV. Neue Bücher. — Neue Dissertationen. 



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greift Instrumente nicht an. I Geruchloser Ichthyolersatz. 











Central blatt für 

Kinderheilkunde. 

Eine Monatsschrift für praktische Ärzte. 
VIII. Jahrgang. 1. November 1903. No. 11. 


I. Originalbeiträge. 

(Aus der Universitäts-Kinderklinik zu Leipzig.) 

(Direktor Med.-Rat Prof. Dr. 0. Soltmann.) 

Beitrag zur Lehre der Vergiftungen im Kindesaiter. 

Von 

Dr. med. H. Brüning, 

Assistenzarzt. 

(Schluß.) 

9. Fall (Schwefelsäureintoxikation). 

4jähriger Knabe, F., C. (685, 1899) aufg. 14. VI. 1899; trank Ostern 1898 
versehentlich einige Kubikzentimeter rauchender Schwefelsäure; die Verschorfungen 
in der Mundhöhle heilten glatt ab, doch kann der Kleine seitdem nur noch flüssige 
Nahrung schlucken, ohne zu erbrechen; seit einem Jahre ist der Knabe täglich 
vom Hausarzte sondiert worden. Im Krankenhause Allgemeinbefinden befriedigend; 
feste Speisen können jedoch nicht geschluckt werden. 21 cm hinter der Zahnreihe 
stößt man auf ein Hindernis, welches nur für dünne Sonden (No. 9—11) passier¬ 
bar ist. Später geht No. 12 glatt durch und Pat. vermag auch konsistentere 
Speisen, ohne zu erbrechen, zu schlucken. Mit einer Zunahme des Körpergewichtes 
von 500 g nach 6 Wochen geheilt entlassen. 

Nach einer brieflichen Mitteilung des Vaters geht es dem Kinde relativ 
gut; es kann alle Speisen genießen, jedoch soll es ganz selten Vorkommen, daß 
„etwas sitzen bleibt, so daß es stärker drücken muß“. 

10. Fall (Schwefelsäurevergiftung). 

M., Karl, 13 Jahre^alt (1086, 1898), trank, in der Meinung, Himbeersaft 
vor sich zu haben, versehentlich Schwefelsäure; sofort Erbrechen. Wegen 
Erstickungsanfällen 4 Stunden nach dem Unfall ins Krankenhaus gebracht: 
schwerer Krankheitszustand, Röcheln, Klagen über Hals* und Magenschmerzen; 
leichte Somnolenz. Zahnfleisch und Zunge mit weißem Belag bedeckt. PÄs sehr 
frequent. Magengegend schmerzhaft, Patellarreflexe erloschen. Trotz Eisblase, 
Ei8milcb und Magn. ust. nebst etwas Morphium Zunahme der Cyanose und Be¬ 
nommenheit; Nasenflügelatmcn; feuchtes Rasseln auf der Lunge; Herz nach rechts 
bis zur Mitte des Brustbeines; Galloprythmus, dumpfe Herztöne; Urin hell, 
enthält 2 1 /a°/o Zucker; Stimme aphonisch. Stuhl dickbreiig, o. B., Kremaster¬ 
reflex nicht mehr auszulösen. Puls wird unfühlbar, Exitus 21 Stunden nach der 
Aufnahme; Temperatur kurz vorher 40,2. 

Obduktionsbefund: Verätzung des Zungengrundes, der Tonsillen, Gaumen¬ 
bögen, des Kehldeckels und der Pharynxwand; membranöse Abstoßung des 
Pharynxepitheles. Verätzung der Cardia und streifenförmig von der Cardia nach 
dem Magenfundus zu verlaufende, weißgelbe Verätzungen der Magenschleimhaut. 
Zarte verrucöse Auflagerungen an der Mitralis; .Dilatation der Ventrikel; Hyper¬ 
trophie des linken Ventrikels. Hyperämie und Ödem der Lungen; venöse Hyper¬ 
ämie der Milz und der Nieren mit trüber Schwellung des Nierenparenchyms. 
Hämorrhagische Enteritis des Dünndarmes, Follikelschwellung im Dickdarm. 
Verkalkte tuberkulöse Herde in den Bronchialdrüsen. 

Centralbl. f. Kinderlilkde. VIII. ,, r\C%&\o 

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Ceutralblatt für Kinderheilkunde. No. 11. 


11. Fall (Schwefelsäurevergiftung). 

K., Marie (1580, 1898), 3 Jahre alt; einige Tage vor der Katastrophe 
durchfälliger Stuhl, sonst nie krank. Allein in der Wohnung zurückgeblieben; 
bei der Rückkehr der Mutter von dieser am Boden liegend aufgefunden, leere 
Flasche mit Putzwasser (30 g waren darin!) daneben stehend. Schaum vor dem 
Mund, Aphonie; 3 Stunden später im Kollaps ins Krankenhaus gebracht: Cyanose, 
große Unruhe, Unvermögen zu sprechen und zu schlucken; Temperatur 35°; 
Puls unfühlbar: Respiration verlangsamt, unregelmäßig. Lippen geschwollen; 
auf dem Kinn zwei rote Ätzstreifen; Schleimhaut des Mundes grau-weißlich ver¬ 
färbt, trocken. Magengegend aufgetrieben und druckempfindlich. Reflexe fohlen. 
Trotz aller Mühe Tod 6 Stunden nach dem Unfall, nachdem völlige Bewußt¬ 
losigkeit eingetreten. 

Bei der Sektion ergab sich außer typischen Befund an Rachen und Speise¬ 
röhre eine Perforation der Mageuwand mit Peritonitis perforativa; im Bauch¬ 
böhleninhalt noch Schwefelsäure nachweisbar. 

12. Fall (Karbolsäurevergiftung). 

E., Meta (350, 1894), 1 Bjährig, wird aus der Zwangsarbeitsanstalt als 
diphtherieverdächtig dem Krankenhause zugeführt (Schluckbeschwerden, Hals¬ 
schmerzen, Heiserkeit seit tags vorher). Bei der Aufnahme fällt sofort eine vom 
linken Mundwinkel über das Kinn nach abwärts verlaufende braun-rote Ver¬ 
färbung der Haut auf, als sei vom Munde heraus etwas über das Kinn herab¬ 
geflossen; Klagen über Brennen und Kratzen im Halse; oberflächliche, weißliche, 
sich abstoßende Verschorfung des Zahnfleisches und der Wangenschleimhaut; 
intensive Rötuug und Schwellung der Tonsillen und der Gaumenbögen. Auf 
beiden Tonsillen einige lakunäre Pfropfe; daneben jedoch, sich deutlich durch 
die schmutzig-gelbliche Farbe abhebend, anscheinend durch oberflächliche Nekrose 
bedingte Schorfe, ebensolche auf der Uvula. Pat. gibt an, aus Furcht Vorstrafe 
suicidii causa Karbolsäure getrunken zu haben, die sie sich aus der Apotheke 
geholt habe, sie habe nur wenig getrunken, aber beim Husten einen Teil davon 
in den Kehlkopf bekommen. Im Harn keine Karbolsäure mehr nachweisbar. 
'Nahrungsaufnahme durch die Schwellung der Rachenorgaifb erschwert. Lang¬ 
sames Abstoßen der Schorfe; Tonsillen hypertrophisch. Therapeutisch: Eisstück¬ 
chen schlucken; Gurgeln mit Kal. hyp. Keine weiteren Beschwerden. Auch 
späterhin keine Beschwerden. 

13. Fall (Karbolsäurevergiftung). 

Einem 3wöchentlichen Säugling brachte die Hebamme, „weil der Nabel 
nicht in Ordnung sei“, Karbolwasser auf die Nabelgegend, so daß die Haut sofort 
ganz weiß wurde und sich das Kind vor Schmerze* krümmte. Als die Eltern 
das Kind ins Krankenhaus brachten, war die Hautfarbe ikterisch, der Nabel 
leicht gerötet und vorgewölbt, die ganze Unterbauchgegend und zum Teil auch 
der Rücken eingenommen von einer scharf begrenzten, unregelmäßig gezackten 
crysipelatösen Rötung, deren oberste Schichten leicht weißlich erschienen; einzelne 
Spritzer auch an den Beinen. Kind sehr schläfrig. Erbrechen, Durchfall; Tem¬ 
peratur 37,8. Bleiumschläge auf den Nabel. Urin gibt Phcnolreaktion, enthält 
aber kein Eiweiß. Langsame Besserung aller Erscheinungen; 6 Wochen später 
vollkommen geheilt entlassen. Der Vater des Kindes teilte mir auf meine An¬ 
frage brieflich mit, daß der Junge noch am Leben und gesund sei; die Narben 
von der Verätzung seien noch deutlich sichtbar, der Knabe habe Masern und Schar¬ 
lach überstanden und nach seiner Ansicht, da er zu dieser Zeit noch etwas 
schwächlich gewesen sei, hierbei außerordentlich zu leiden gehabt. Direkte Nach¬ 
teile habe die Vergiftung nicht hervorgerufen. 


14. Fall (Salpetersäurevergiftung). 

2jährige8 Mädchen F. M. (423, 1894) trinkt aus Versehen einige Kubik¬ 
zentimeter reine Salpetersäure; Milch und doppeltkohlensaures Natron sofort 
hinterher gegeben. 8 Tage später wird das Kind unruhiger und klagt über un¬ 
bestimmte Beschwerden; nach weiteren 8 Tagen Erbrechen, Schluckbeschwerden, 
röchelnde Atmung, undeutliche Sprache. Bei der Aufnahme ins Krankenhaus in 


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I. Originalbeiträge. 


449 


der Nacht (4 Wochen nach dem Unfall) ist das Kind sehr matt und hinfällig, 
Haut kühl, Puls frequent, Respiration sehr beschleunigt; Rachen gerötet, viel 
Schleim im Munde; Temperatur 38,5; Prießnitz. Tee mit Kognak. Am anderen 
Morgen bemerkt man u. a. noch eine mäßige, wulstige, schmerzhafte Schwellung 
in der Gegend des Schildknorpels; lobuläre Herde der Lungen; Erbrechen; 
näselnde Stimme. Puls öfters ungleich und unregelmäßig, später verlangsamt 
und kaum noch zu fühlen. Zunahme der Cyanose; Kühle der Extremitäten. 
Exitus. 

Sektionsbefund: Perioesophagitis et Mediastinitis gangraenosa, „zwischen 
der Wirbelsäule und dem Ösophagus in der Höhe der obersten Brustwirbel eine 
von einem schmierigen, zerfallenden Gewebe ausgekleidete Abszeßhöhle; von hier 
aus taschenförmige Ausbuchtung nach oben hin bis zu einer grau-gelben Stelle 
auf der hinteren Rachen wand (Perforation!); daneben mehrere grau-gelbliche 
Stellen auf der Schleimhaut des Rachens. Schleimhaut des Schlundes und des 
oberen Teiles der Speiseröhre in eine weißlich glänzende, narbig aussehende 
Fläche verwandelt; im Ösophagus von der Bifurkation abwärts wieder dasselbe 
narbige Aussehen der Schleimhaut, bis dicht oberhalb der Cardia reichend; dieser 
Teil trübe, von fleckigen Blutaustritten durchsetzt; an den weißlich erscheinenden 
Partien läßt sich die Mukosa als ein dünnes feines Häutchen von der Submukosa 
abziehen. Zwischen diesen beiden weißlichen Partien eine sanduhrförmige Ver¬ 
engerung der Speiseröhre, der oben beschriebenen Abszeßhöhle entsprechend“; 
von letzterer aus in der Höhe des 3. bis 4. Trachealringes ovaler Defekt in der 
Trachealwand; Bronchitis purulenta; Magenschleimhaut an. der Cardia auffallend 
injiziert, trübe; an der hinteren Wand nahe der großen Kurvatur eine kleinhand¬ 
tellergroße, sehnig glänzende, weißliche narbige Stelle mit einzelne Inselchen 
erhaltener Schleimhaut. Dünndarmschleimhaut cyanotisch. Aus dem Abszeßeiter 
Streptococcus longus gezüchtet. 

Unter den 6 Fällen von Säurevergiftung waren also 3 Todes¬ 
fälle zu verzeichnen; jedesmal handelt es sich um Aufnahme des 
Giftes per os. Um ähnliche Fälle handelt es sich in den von To- 
beitz, Salomon, Heimann, Model, Holsti und Reimer mit¬ 
geteilten Beobachtungen. Der 3 jährige diphtheriekranke Patient 
Reimers nahm versehentlich 1 Kaffeelöffel 50°/ 0 Karbolsäure und 
fiel sofort bewußtlos um, doch trat nach 10 Tagen völlige Heilung 
ein. Salomons Patient, ein 14tägiger Säugling, erhielt aus Ver¬ 
sehen einen Kaffeelöffel voll Acid. carbol. liquefact. und Spir. Vini ää; 
nach anscheinend völliger Wiederherstellung mit 6 Monaten traten 
nun allmählich die Erscheinungen der Ösophagusstenose auf, so daß 
das Kind regelmäßig bougiert und im Alter von 2 1 / 2 Jahren ösopha- 
gotomiert werden mußte. Das Kind überstand die Operation gut und 
kam mit dem Leben davon. Die Fälle Heimanns und Models be¬ 
trafen 2 Kinder im Alter von 3 und 9 Jahren; letzteres verschluckte, 
in der Rekonvaleszenz nach Diphtherie einen Eßlöffel 90°/ o igeir Karbol¬ 
säure und fiel sogleich wie tot um; doch trat auch hier, wie in dem 
ersteren Falle, durch schleunigste Ausspülung des Magens mit Glauber¬ 
salzlösung sowie durch Anwendung von Alkohol und Äther Besserung 
und völlige Genesung ein. 

U - Tödlich verliefen die Vergiftungen, welche Reimer und Holsti 
beschreiben. Das eine der beiden Kinder Reimers hatte Schwefel¬ 
säure, und der 6jährige Knabe Holstis Salpetersäure aus Unvor¬ 
sichtigkeit getrunken; bei dem zweiten Falle Reimers hatte die dem 
Trünke ergebene Mutter das Kind gewaltsam durch Eingießen von 
conc. Schwefelsäure vergiftet. Alle 3 Kinder starben nach kurzer 
Zeit an den Folgen einer durch die Gifte bedingten Magenperforation 
mit eitriger Bauchfellentzündung; die Perforationsöffnung befand 

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450 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11. 


sich stets in der Gegend der großen Kurvatur, wie dies auch schon 
bei früheren Fällen angedeutet wurde. Hierher sind auch die von 
Medin und Josefoicz näher beschriebene Fälle zu rechneu, in 
denen durch Applikation eines Klysmas die Vergiftung bei 2 Kindern 
im Alter von 5 Jahren und 10 Monaten verursacht wurde. Nach 
Med ins Mitteilungen hatte eine Hebamme ihrem anOxyuren leidenden 
Töchterchen einen Einlauf gemacht, der etwa 2 — 3 gr Karbol¬ 
säure enthielt, während in dem zweiten Falle dem Säugling ver¬ 
sehentlich ein Klystier mit 1 / a °/ 0 Karbolsäurelösung verabreicht worden 
war. In beiden Fällen kam es zwar zu typischen, schweren 
lntoxikationserscheinungen — im ersten Falle sofortige Bewußtlosig¬ 
keit, völlige Anästhesie, schleimig-blutige Entleerungen, im Harn über 
30 Stunden lang Karbolfärbung, Urticaria in der Rekonvaleszenz —, 
doch verliefen beide Fälle so günstig, daß die Kinder als geheilt be¬ 
trachtet werden konnten. 

Im Gegensatz zu diesen Fällen, wo die Intoxikation auf dem 
Wege des Verdauungstraktus erfolgte, sind auch eine Anzahl von 
Fällen mit per kutaner und auf dem Wege des Lymphstromes be¬ 
wirkter Vergiftung, d. h. durch äußere Verwendung der giftigen 
Substanzen beschrieben. Außer der eigenen, oben mitgeteilten Ver¬ 
giftung durch Karbolsäure (Fall 13) werden derartige Beobachtungen, 
in denen es sich auffallenderweise wiederum stets um Karbol¬ 
intoxikation handelte, von Pöraire, Simon und Meitzer mitgeteilt. 
Pöraire beschreibt 5 Fälle von allgemeiner Intoxikation und Gang¬ 
rän der Finger nach Umschlägen mit l°/ 0 Karbolsäurelösung; 
Simon schildert die durch Karbolwatte bei einem 22monatlichen 
Kinde mit einer Ulzeration am Kiefer bewirkte Allgemein-Intoxikation 
mit Erbrechen, schlechtem Puls, Fieber und vollkommener Anurie; 
nachdem die Karbolwatte weggelassen, trat schnelle Besserung ein 
und der grün-schwarze Urin nahm seine normale Beschaffenheit 
wieder an. Bemerkenswert ist auch noch der von Meitzer bei einem 
9 tägigen jüdischen Knaben im Anschluß an die rituelle Zirkum- 
zision, die mit Umschlägen von 4°/ 0 iger Karbolsäurelösung behandelt 
wurde, hervorgerufene Intoxikation, welche nach 3 Tagen den Tod 
des Kindes herbeiführte. 

Bezüglich der eigenen Beobachtungen seien noch einige kurze 
Bemerkungen angefügt. 13 der Verunglückten kamen durch inner¬ 
liche Aufnahme der Giftstoffe (Einatmen, Verschlucken) zu der Ver¬ 
giftung, nur in einem Falle handelt es sich um äußere Anwendung 
der giftigen Flüssigkeit. 

Die Zeit der Aufnahme der Erkrankten ins Krankenhaus nach 
stattgehabter Indoxikation war wesentlich verschieden. Die meisten 
(10) kamen noch im Stadium der akuten Giftwirkung zur Auf¬ 
nahme, und zwar frühestens 1 / a Stunde und spätestens am Tage nach 
dem Unfälle. Infolgedessen kamen bei diesen Kindern auch in 
erster Linie die Erscheinungen der akuten Vergiftung zur Beob¬ 
achtung, wie dieselben in den oben angeführten Krankengeschichten 
mitgeteilt worden sind; 6 von diesen Kindern konnten geheilt bez. 
gebessert entlassen werden, während 4 den Vergiftungen erlagen. 
Die Besserungen bez. Heilungen betrafen im wesentlichen die weniger 


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1. Original bei träge. 


451 


schweren Fälle, doch liefen auch einzelne sehr schwere Intoxikationen 
(Kohlenoxydvergiftung, Laugen- und Säure Verätzung) wider Erwarten 
günstig ab. Für den Ausgang der Vergiftung war natürlich die 
Menge der vergiftenden Substanzen mit in Betracht zu ziehen, über 
deren Größe die anamnestischen Daten meist nur sehr unbestimmte 
Angaben machten („einige ccm“, „wenige Schluck“, „etwas“ usw.); in 
einigen der Fälle (s. die Morphiumvergiftung) konnte aber durch Unter¬ 
suchung der betreffenden Gefäße und durch Nachfragen in der Apo¬ 
theke ziemlich genau die Giftmenge nachträglich ermittelt werden. 
Die 4 Todesfälle im akuten Stadium der Vergiftung erfolgten bald 
nach der Überführung der Vergifteten ins Krankenhaus, trotzdem 
die verschiedensten Versuche gemacht worden waren, die Kinder am 
Leben zu erhalten. 

Zu beachten ist fernerhin die Tatsache, daß bei einzelnen der 
Kinder nicht sogleich nach der Intoxikation die Vergiftungser¬ 
scheinungen auftraten, sondern daß dieselben erst eine Zeit nachher 
bemerkt wurden. So hatte z. B. das 13jährige Mädchen (Fall 12), 
um sich das Leben zu nehmen, Karbolsäure getrunken; die Ver¬ 
giftung war aber trotz der schon äußerlich sichtbaren Verätzungen 
und trotz der Klagen über Kratzen und Brennen im Halse nicht er¬ 
kannt, und das Kind wegen Diphtherieverdacht dem Krankenhause 
zugeführt worden; hier konnten die Vergiftungssymptome zugleich mit 
einer lakunären Angina nachgewiesen werden, und durch Nachfrage 
bestätigte sich der Verdacht, daß das Kind Gift genommen hatte. 

Im Gegensatz zu dieser Gruppe der Vergifteten kamen 3 Fälle 
erst mit den Folgeerscheinungen der Intoxikationen, und zwar 
Fall 4 (Laugenverätzung) nach 3 Wochen, Fall 14 (Salpetersäurever¬ 
giftung nach 4 Wochen und Fall 9 (Schwefelsäureintoxikation) nach 
14 Monaten in Krankenhaus behandlung, Die Klagen der Kinder er¬ 
streckten sich in allen 3 Fällen auf Schluckbeschwerden. Würgen 
und Erbrechen nach der Nahrungsaufnahme und Abnahme des Körper¬ 
gewichtes. Daß derartige Erscheinung der Nahrungsaufnahme bei 
einer vorhergegangenen Vergiftung durch Lauge oder Säuren nur 
durch Stenosenbildung innerhalb der Speiseröhre bedingt sein konnte, 
unterlag keinem Zweifel. In 2 Fällen konnte denn auch eine narbige 
Striktur des Ösophagus durch Sondenuntersuchung nachgewiesen 
werden; dieselbe saß bei den 4jährigen Kindern 17 bez. 21 cm 
hinter der Zahnreihe und war derart, daß im ersteren Falle die 
Sonden überhaupt nicht mehr durchgingen, während bei den kleinen 
Knaben durch dünne Sonden das Hindernis passiert werden konnte. 
In dem dritten Falle, der zur Obduktion kam, wurde die Stenose, 
die höher oben saß, durch eine Periösophagitis und Peritrachitis, 
die sich durch eine wulstige Schwellung an der Vorderseite des 
Halses zu Lebzeiten des Kindes manifestierte, bedingt. 

Über den Sitz der durch die Gifte bedingten Verätzungen 
geben einige Sektionen Aufschluß. Außer den Mund- und Rachen¬ 
organen waren stets der obere und der untere Teil der Ösophagus¬ 
schleimhaut, die Gegend der Cardia, sowie der Fundusteil des Magens 
beteiligt. Es ist zweifellos, daß die Lokalisation der Verschorfungen 
mit der Art und Weise der Aufnahme der Gifte insofern in Zu- 


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452 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11. 

sammenhang gebracht werden muß, als durch hastiges Trinken der 
in Frage kommenden Flüssigkeiten die letzteren, von dem oberen 
Teil des Ösophagus direkt in den unteren Abschnitt gespritzt werden 
und hier namentlich die verengte Stelle an der Cardia in Mitleiden¬ 
schaft gezogen wird ; wie dies deutlich aus Fall 10 und 14 ersicht¬ 
lich ist. Je nach dem Füllungs- und Kontraktionszustand des 
Magens kommt es dann entweder zu streifigen, von der Cardia nach 
dem Fundus ausstrahlenden und der Höhe der Falten entsprechenden 
Verätzungen (Fall 10) oder zu schweren Veränderungen in der Gegend 
der großen Kurvatur (Fall 14 und 11) in Gestalt großer, perforierender 
Substanzverluste mit sekundärer Perforationsperitonitis, oder — bei 
längerer Dauer der Eirankheit —, wie in Fall 14, zu Narbenbildungen 
der verschorften Schleimhaut in Form weißlicher, schwarzglänzender 
Plaques; daß gelegentlich auch die Dünndarmschleimhaut an den 
Verschorfungsprozessen teilnehmen kann, scheint nach dem im akuten 
Stadium der Vergiftung verstorbenen Kinde in Fall 10 zweifellos, 
in welchem eine hämorrhagische Enteritis des Dünndarms gefunden 
wurde. 

Ob die in letzterem Falle intra vitam diagnostizierte Zucker¬ 
ausscheidung im Urin, welche 2 1 / a °/ 0 betrug, allein der Giftwirkung 
zuzuschreiben ist oder mit dem Darmkatarrh bezw. mit einer durch 
Fortsetzung des entzündlichen Prozesses auf den Pankreasausführungs¬ 
gang hervorgerufenen Pankreasaffektion in Zusammenhang sich bringen 
läßt, ist wohl nicht mit Sicherheit zu bejahen, jedenfalls aber auch 
nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Die Literaturangaben 
bei jüngeren Individuen berichten nichts über diese sicherlich sehr 
seltene Affektion. 

Was nun schließlich den endgültigen Ausgang der 14 Fälle von 
Vergiftungen anbelangt, so endeten 6 Fälle tötlich, und zwar am 
Tage der Vergiftung 3 Fälle (2 Schwefelsäure 1 Kohlenoxyd) am 
Tage nach der Vergiftung 1 Fall von Kohlenoxydintoxikation 
4 Wochen nach dem Unfall 1 Fall (Salpetersäure) 3*/ 2 Monat nach 
der Intoxikation 1 Fall (Lauge); die übrigen 8 Kinder kamen mit 
dem Leben davon. Bei 7 von denselben ist die Vergiftung, ohne 
dauernde Schädlichkeiten zu hinterlassen, vorübergegangen. Eins 
hat jedoch nach Ansicht des Vaters in der ersten Zeit nach der 
Intoxikation noch sehr zu leiden gehabt und sich nur langsam er¬ 
holen können (Fall 13), so daß es durch Masern und Scharlach, von 
denen es kurz nacheinander befallen wurde, sehr mitgenommen 
wurde. Nur der Knabe, der versehentlich Schwefelsäure getrunken 
hatte (Fall 9) leidet auch jetzt — nach 4 Jahren, — noch zeitweise 
an geringgradigen Stenoseerscheinungen, die ihn zwingen, beim 
Hinunterschlucken fester Speisen hin und wieder etwas stärker zu 
pressen. Es ist aber wohl anzunehmen, daß auch diese Beschwerden 
in kurzer Zeit vollkommen nachlassen werden, so daß auch dieser 
Knabe als völlig geheilt betrachtet werden kann. 

Literatur: 

Biedert, P. Lehrbuch der Kinderkrankheiten 1902. 

Cruse, W. Zur Behandlung der Morphiumvergiftung mit Atropin. Arch. 
für Kinderh. 16. 


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II. Referate. 


45» 


Eschle. Ein Beitrag zur Kasuistik der Opium Vergiftung. Therap. Monats* 
hefte 1896. 

Hei mann, E. Eine Karbolsäure Vergiftung bei einem 3 jährigen Kinde» 
Allg. med. Zentralzeitung 1890. 

Holsti. Salpetersäure Vergiftung. Ref. im Jabrb. f. Kinderb. 29, 140. 
Josefoicz, J. Ein Fall von akuter Karbolsäurevergiftung. Gaz. lek. 1895» 
Katzenstein. Ein Fall von Morphiumvergiftung im frühesten Kindesalter. 
Münch, med. W. 1902. 

Kramstyk. Über Vergiftungen mit Natronlauge bei Kindern. Jahrb. f. 
Kinderb. 55, 5. 

Manicus, H. T. Ammoniakvergiftuug. Hosp. Tid. 1888. 

Med in, 0. Karbolsäurevergiftung durch ein Klystier. Hygiea 1883, 125. 
Meitzer, J. Kar boisäure Vergiftung bei einem Kinde. New York med. 
W. 1889. 

Model, A. Vergiftung mit konz. Karbolsäure bei einem diphtheriekranken 
Kinde. Ther. Monatsh. 1889. 

P4raire, M. Gangräne du m4duis caus4e par l’aeide ph6nique. Bull, de 
la soc. anat. de Paris 1896. 

Reimer. Kasuistische und pathol.-anatomische Mitteilungen usw. Jahrb. 
f. Kinderb. 11. 

Salomon, J. Vergiftung mit Karbolsäure und Alkohol bei einem 14 Tage 
alten Kinde. D. Arch. f. kl. Med. 56. 

Semtschenko. Opiumvergiftung eines Säuglings. Anwendung von Atropin 
als Gegengift. Wratsch 1886. 

Simon, J. Akute Intoxikation durch karbolisierte Watte. Rev. mens, des 
mal. de Venfance 1887. 

Trautner, T. M. Opiumvergiftung bei einem Kinde. Ref. Jahrb. f. 
Kinderh. 20. 

Tobeitz, A. Eine akute Vergiftung mit Karbolsäure. Arch. f. Kinderh. 11. 


II. Referate. 


CoSSmann. Azetonvergiftung nach Anlegung eines Zelluloid- 

Mullverbandes. 

(Aus dem Diakonenkrankenhause in Duisburg a. R.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 36.) 

Bei einem 12jährigen, schon seit längerer Zeit wegen einer tuberkulösen 
Hüftgelenksentzündung im Streckverband Hegenden Knaben sollte ein Gehverband 
angelegt werden, und wurde der seit 1896 häufig dazu benutzte Zelluloid-Mull- 
verband angelegt. Schon kurze Zeit nachher wurde der Knabe unruhig,, klagte 
über starkes Brennen an den Beinen, bekam Erbrechen, dann wurde er komatös. 
C. fand ihn in tiefem Koma, mit weiten, nicht reagierenden Pupillen, kaum fühl¬ 
barem Pulse, kalten Händen und Füßen und ab und zu eintretenden tiefen, ge¬ 
räuschvollen Atemzügen vor. Unter fortgesetzter Anwendung künstlicher Atmung, 
Einwicklungen in heiße Prießnitzumschläge, Infusionen von Kochsalzlösung usw. 
verloren sich allmählich die Erscheinungen, die Benommenheit hielt aber über 
36 Stunden an. Ebenso lange roch die Exspirationsluft nach Aceton. Die Unter¬ 
suchung des Harns ergab Aceton, ebenso war solches im Erbrochenen enthalten. 

Wie kam diese Vergiftung zustande? Das Verbandmaterial war 
tadellos. Acetonvergiftungen durch Einatmung sind in den betreffenden 
Fabriken sogar unbekannt. Dagegen sind zur Resorption durch die 
Haut alle Verbedingungen gegeben, vor allem wäre die Eigenschaft 


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454 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11. 


des Acetons, leicht Fette zu lösen, zu betonen. Nun war bei dem 
Knaben allerdings, entgegen der sonstigen Gewohnheit, der Zelluloid- 
Mullverband nicht auf einem Gipsmodell hergestellt, sondern unmittel¬ 
bar auf dem Körper, wobei aber Trikotstoff untergelegt worden war. 
Reizerscheinungen auf der Haut zeigten sich andererseits nicht bei 
Abnahme des Verbandes, auch ergaben Tierversuche, welche die 
Resorbierbarkeit des Acetons durch die Haut beweisen sollten, ein 
negatives Resultat. Die Sache bleibt also ziemlich dunkel. Bemerkens¬ 
wert ist allerdings in hohem Grade, daß hier beim Anlegen jenes 
Verbandes auf dem bloßen Körper eine Acetonvergiftung zustande 
kam, und daß diese durchaus dem Bilde des Coma diabeticum ent¬ 
sprach, das Kussmaul ja als „Acetonämie“ bezeichnete. Grätzer. 


H. Schulthess (Hottingen). Hämaturie durch Oxalsäure nach 

Rhabarbergenuß. 

(Korrespondenzblatt f. Schweizer Ärzte 1903 No. 18.) 

Ein 7jähriger Knabe aß eines Mittags etwa 100 g Rhabarbermus. 
Am Abend schied er blutigen Harn aus, der reichlich Oxalat enthielt. 
Sonst war er vollständig munter und blieb es auch, Zeichen von 
Oxalsäurevergiftung stellten sich nicht ein, nur der nächste Morgen¬ 
harn hatte noch starken Oxalatgehalt, so daß im ganzen in den beiden 
Harnen ca. 0,217 g Oxalsäure ausgeschieden wurde. Der Junge war 
stark obstipiert, sonst aber durchaus gesund. 

Zweifellos war die Hämaturie die Folge der Nierenreizung durch 
Oxalsäure gewesen. Rhabarbermus besteht zu 2 L aus großen Rha¬ 
barberstielen, und diese enthalten ca. 1 °/ 0 Oxalsäure; also betrug 
die Einnahme 0,6 g, wovon 1 / 3 sich im untersuchten Harn vorfand. 
Als sehr starke Einzeldosis für Oxalsäure wurde von Hager 0,5 g 
bezeichnet, 2 g als toxische, 4 g als tötliche. Die Einnahme stand 
hier also unterhalb des toxischen Schwellenwertes, woraus sich erklärt, 
daß keine weiteren Intoxikationserscheinungen auftraten. Nur das 
Ausscheidungsorgan wurde alteriert. Der Junge hatte früher das 
Gemüse stets vertragen; man könnte da jetzt höchstens eine momentane 
Idiosynkrasie annehmen, begünstigt vielleicht durch die Obstipation 
mit Gelegenheit zu reichlicherer Resorption, begründet vielleicht durch 
einen abnormen Zustand des Harnapparates zur kritischen Zeit, dessen 
anderweitiger Ausdruck eine 2 Tage vor dem Ereignis einsetzende 
und noch einige Tage anhaltende Neigung zu Enuresis nocturna war. 
Jedenfalls mahnt ein solcher Fall zur Vorsicht auch gegenüber „ge¬ 
sunden“ Gemüsen. Grätzer. 


Guido Berghinz. Chronische nicht syphilitische Nephritis 
parenchymatosa, beginnend von den ersten 3 Monaten des Lebens. 

(La Pediatria Juni 1903.) 

Die urämischen Anfälle begannen, als das Kind 3 Monate alt 
war; im Alter von einem Jahre kam es in Spitalbehandlung, und es 


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II. Referate. 


455 


wurden im Urin Eiweiß in Menge, hyaline Zylinder, spärliche Zylinder- 
epithelien, aber kein Blut gefunden. 

Das Befinden wechselte, .doch wiederholten sich die eklamptischen 
Anfälle von Zeit zu Zeit. Ein Jahr darauf trat Exitus ein. Die Sektion 
ergab: Lungentuberkulose und verkäste Bronchialdrüsen; beiderseitige 
Nephritis parenchymatosa chronica mit zahlreichen Blutinfarcten und 
Blutextravasaten in der linken Niere. F. 


MeilSi. Über Nephritis des Neugeborenen und Säuglings. 

(Rivista di Ciinica Pediatrica, August 1903.) 

In 17 Krankengeschichten, die Verf. mitteilt, trat die Nephritis 
14mal im Verlauf einer Bronchopneumonie auf, so daß daraus die 
Folgerung gezogen wird, daß diese eine sehr häufige Ursache der 
Nierenentzündung abgebe. Die anatomischen Veränderungen, die 
gefunden wurden, betrafen besonders das Epithel der Rindensubstanz, 
seltener die Gefäße und die Glomeruli. 

Zwischen dem funktionellen Verhalten der Nieren und dem 
klinischen Symptomenkomplex besteht, besonders in Bezug auf die 
zirkulatorischen und nervösen Störungen, kein bestimmter konstanter 
Zusammenhang. Die Prognose der Nephritis hängt von derjenigen 
der Grundkrankheit ab. Als ein wertvolles therapeutisches Mittel 
bezeichnet Verf. das Renaden. F. 


G. Schmidt. Zwei Fälle subkutaner Nierenquetschung mit 
günstigem Ausgang. 

(Aus der Breslauer Chirurg. Klinik.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 17.) 

Der eine Fall betraf ein Kind, einen 8jährigen Knaben, der sich 
die Verletzung durch Fall auf der Straße beim Spielen zuzog. Er 
wies die charakteristischen Symptome auf: große Schmerzhaftigkeit 
bei allen Bewegungen in Verbindung mit Shockerscheinungen nach 
dem Unfall, daher Unfähigkeit, allein aufzustehen, örtliche Druck¬ 
empfindlichkeit in der Nierengegend, anfänglich Urinverhaltung, dann 
mehrere Tage anhaltende Ausscheidung von Blut und Blutgerinnseln. 

Therapie: nur Ruhe und Milchdiät. Pat. stand 15 Tage nach 
dem Trauma auf und wurde 2 Tage darauf geheilt entlassen. 

Grätzer. 


S. V. Schumacher. Ein Fall von gekreuzter Dystopie der 
Niere mit Lageveränderungen an den Geschlechtswerkzeugen. 
(Aus der II. anatom. Anstalt in Wien.) 

(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 29.) 

Bei dem 2 monatlichen weiblichen Kinde fand sich neben inter¬ 
essanten Lageveränderungen am Geschlechtsapparate eine gekreuzte 


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456 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11. 


Dystopie der Niere ohne Verwachsung der beiden Nieren, eine 
Veränderung, die bisher nur 4mal in der Literatur verzeichnet ist. 

Grätzer. 


Lawrence W. Strong. Congenital Tumors of the Kidney. 

(Archives of Pediatrics, May 1903.) 

Bericht über zwei Originalfälle von angeborenen Nierengeschwülsten 
nebst Bemerkungen über diese Tumoren im allgemeinen. Verf. ge¬ 
langt zu folgenden Schlüssen: 1. Histologisch sind diese Tumoren 
dem Wolffschen Körper analog. 2. Ein Röhrensystem durchzieht 
das gesamte Gewebe dieser Geschwülste. 3. Daneben finden sich 
Zellmassen, offenbar durch Metamorphose der Röhren entstanden. 
Letztere sind mesothelialen Ursprungs. 4. Bilaterale Tumoren sind 
auf eine doppelseitige Anlage, nicht auf Metastase zu beziehen. 
5. Metastasen können sowohl durch den Lymphstrom, wie durch den 
Blutstrom entstehen. 6. Die histologischen Charaktere wechseln je 
nach dem Alter des betreffenden Teiles. Der Beckenteil des Tumors 
ist der älteste und zeigt eine vollständige Differenzierung von Mesen- 
chym und Mesothel; dagegen sind die metastatischen Teile jünger 
und bestehen aus undifferenzierten, durchweg gleichartigen Zellen. 

Leo Jacobi (New York). 


E. Joseph. Über angeborene bösartige Neubildungen. 

(Aus der Heidelberger Chirurg. Klinik.) 

(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 35.) 

Beschreibung zweier interessanter Fälle. 

1 1 / 2 jähriges Kind mit mannsfaustgroßem Tumor der einen Niere, 
der sich als Mischgeschwulst charakterisiert. Die epithelialen, drüsigen 
Elemente sind durch den ganzen Tumor verstreut, es finden sich 
quergestreifte und glatte Muskulatur, Schleim- und Knorpelgewebe, 
rein sarkomatöse Granulationen; aus diesen letzteren besteht im 
wesentlichen ein Geschwulstthrombus der Vena renalis. Trotz dieses 
Thrombus, trotz der sonstigen Bösartigkeit solcher Geschwülste wurde 
durch die Operation radikale Heilung erzielt; es sind seitdem 1 1 / 2 Jahre 
verflossen, das Kind ist ein kräftiger Knabe, der nirgends eine Spur 
von einem Rezidiv zeigt. Czerny glaubt, daß Geschwulstzellen unter 
Umständen zugrunde gehen und so eine gewisse Spontanheilung 
•maligner Tumoren zustande kommen kann. 

5 Monate altes Kind mit einem haselnußgroßen, speckig glänzenden 
Bauchdeckentumor. Es handelte sich vermutlich um einen embryo¬ 
nalen, bösartig degenerierten Tumor. Da er bereits im Alter von 
4 Wochen für das Auge der Mutter bemerkbar wurde, wohl un¬ 
bestritten eine fötale Bösartigkeit. Das Kind überstand die Operation 
gut und hat bisher kein Rezidiv bekommen. Grätzer. 


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II, Referate. 


457 


Erich Meyer. Über Entwicklungsstörungen der Niere. 

(Virchows Archiv, Bd. 173, Heft 2, 1903.) 

Bei der Sektion eines 9 Wochen alten Mädchens, welches mehr¬ 
fache Mißbildungen, Gaumenspalte, Uterus bicornis, abnorme Peri¬ 
tonealfaltung, Atresia ani aufwies, fanden sich eigentümlich gefleckt 
erscheinende Nieren. Die Renculizeichnung, welche man sonst in 
diesem Alter immer findet, fehlte vollkommen. Mikroskopisch zeigten 
die Nieren streckenweise vollständig normalen Bau und nirgends Er¬ 
scheinungen von Degeneration oder Entzündung. An einzelnen Stellen 
jedoch war ein Gewebe eingestreut, welches gut entwickelte Mal- 
pighische Körperchen mit ihrem Gefäßknäuel und Tubuli recti auf¬ 
wies, in dem aber das Bindeglied zwischen diesen beiden, die Tubuli 
contorti fehlten. Diesen Befund verwertet Verf. als Stütze für die 
Ansicht, daß sich das Kanalsystem der Niere aus zwei verschiedenen 
Anlagen entwickele, eine Ansicht, welche aber bis jetzt die Zustimmung 
der meisten Anatomen nicht erfahren hat. 

M. beschreibt weiter Zystennieren-von Kindern (9jähriges Mäd¬ 
chen, 6jähriger Knabe, 11 Monate und 2 Jahre alten Brüdern) und 
führt ihre Genese auf Entwicklungsstörungen zurück. Zugleich spricht 
er die. Vermutung aus, daß sich aus den in der Entwicklung ge¬ 
hemmten Partien bei Fortbestehen des Lebens echte Tumoren ent¬ 
wickeln können. Schridde (Erlangen). 


E. v. Hibler. Vorfall eines zystisch erweiterten Ureters durch 
Harnblase und Urethra in die Vulva bei einem 6 Wochen 

alten Mädchen. 

(Aus dem patholog.-anatom. Institut Innsbruck.) 

(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 17.) 

Das Kind war wegen plötzlichen Auftretens eines geschwulstartigen 
Gebildes in der Vulva in die Kinderklinik gebracht worden. Bis 
dahin hatte die Mutter nur bemerkt, daß das Kind häufiger Urin 
lassen mußte, als normal erschien. Es wurde die Diagnose auf 
zystische Geschwulstbildung, ausgehend von einem vielleicht abnormen 
Urogenitalgange gestellt. Nach mehrstündigem Bestehen platzte die 
Zyste unter Entleerung der Flüssigkeit. Da der Zystensack sich 
nicht in die Urethra und Blase zurückzog, wurde der aus der Urethra 
heraushängende, nekrotisch gewordene Teil desselben später mittels 
Schere abgetragen. Das Kind befand sich in den nächsten Tagen 
wohl, dann aber starb es unter anscheinend urämischen Zuständen. 

Die Obduktion ergab, daß es sich bei dem Zystensack um das 
unterste vorgestülpte Ende eines in seinem .Harnblasengebiete atro¬ 
phisch abgeschlossenen Ureters der linken Niere handelte, und daß 
diese Niere außerdem noch mit einem zweiten, offen in die Harnblase 
mündenden Urether ausgestattet war. Mehr noch wie dieser erschien 
der Ureter der rechten Niere hydronephrotisch erweitert. In der 
Harnblase Erscheinungen hämorrhagisch-eitriger Cystitis, die sich in 
die hydronephrotischen Ureteren hinauf fortsetzten. Grätzer. 


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458 


(Jentralblatt Mir Kinderheilkunde. No. 11. 


W. Roshansky. Zur Behandlung der angeborenen Phimose. 

(Medizinakoje Obosrenije 1903, No. 7.) 

R. empfiehlt eine unblutige, einfache und schmerzlose Behand¬ 
lungsmethode der kongenitalen Phimose, welche ebensolche günstige 
Dauerresultate erzielen soll, wie das operative Verfahren. Seine 
Methode besteht darin, daß der Vorhautsack täglich mit irgend 
einem schwachen Desinfiziens, am häufigsten mit einer 2°/ 0 igen Bor¬ 
säurelösung von Zimmertemperatur, ausgespritzt wird. Treten an 
der Vorhaut oder an der Harnröhrenmündung Reizerscheinungen — 
Schwellung und Rötung — auf, so ersetzt man die Borsäure durch 
Bleiwasser. Gewöhnlich macht diese Spülung die Mutter des Kindes 
selbst, und zwar 2—3 mal täglich, mit Hilfe einer einfachen, kugel¬ 
förmigen, etwa 15 g haltenden Gummispritze. Die Vorhaut wird 
hierbei ein wenig über den Ansatz der Spritze geschoben, und die 
Spülung ist als gelungen zu betrachten, wenn beim Entleeren der 
Spritze die Vorhaut sich kolbenförmig aufbläht. Die Erscheinungen 
der Harnverhaltung verschwinden bereits im Laufe der ersten Be¬ 
handlungswoche, und nach 2—3 Wochen ist die Vorhaut dermaßen 
gedehnt, daß sie mühelos fast über die ganze Eichel zurückgezogen 
werden kann. Dann werden die epithelialen Verklebungen zwischen 
Vorhaut und Eichel vermittels einer stumpfen Sonde gelöst und der 
Sulcus retroglandularis von dem angesammelten Smegma gesäubert. 

Die im Laufe von 1— 1 1 / 2 Wochen anzuschließende Nachbehand¬ 
lung besteht bloß darin, daß täglich die Vorhaut zurückgeschoben 
und daß die Eichel und der Sulcus retroglandularis abgespült und 
mit in Borsäurelösung getränkter Watte abgetupft wird, wodurch 
das Wiederauftreten der epithelialen Verklebungen verhindert und 
gleichzeitig die mechanische Dehnung der Vorhaut fortgesetzt wird. 

A. Dworetzky (Moskau). 


L. Bartenstein. Ein Fall von Retentio urinae bei einem 


10 Monate alten, weiblichen, imbecillen Säuglinge mit 
periproktitischem Abszeß. 

(Aus der Univers.-Kinderklinik zu Breslau.) 

(Monatsschrift für Kinderheilkunde, November 1902). 

Die Retentio urinae konnte hier nicht auf rein mechanischem 
Wege erklärt werden. Denn man kann sich nicht vorstellen, daß 
ein Abszeß, der im Cavum ischio-rectale, zwischen Rektum und den 
Beckenknochen liegt, eine Abknickung oder Einstülpung der Blase 
bewirken kann, so daß es zum vollkommenen Verschluß der inneren 
Harnröhrenmündung kommt, zumal dazwischen Rektum und Uterus 
liegt. Bei der ersten Palpation per rectum wurde ein Abszeß oder 
größere Infiltration nicht vorgefunden. Selbst bei starker Füllung 
des Rektums mit harten Kotmassen dürfte die mechanische Erklärung 
eine gezwungene bleiben; denn mit Entleerung des Rektums hätte 
dann die den Druck auf die Blase vermittelnde Ursache wegfallen 
und die spontane Urinentleerung auftreten müssen. Aber sogar nach 


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II. Referate. 


459 


Eröffnung des Abszesses trat 16 Stunden lang noch keine willkürliche 
Miktion ein. Die Ursachen müssen vielmehr in den topographisch¬ 
anatomischen Verhältnissen Hegen, indem es nahe liegt anzunehmen, 
daß entzündliche Prozesse (wie hier die Periproktitis) im Cavum ischio- 
rectale eine Reizung der sensiblen Fasern des den Sphincter vesicae 
versorgenden Ramus hämorrhoidal. infer. setzen und so reflektorisch 
einen Spasmus des Muskels bewirken, der noch eine Zeitlang nach 
Entleerung des Abszesses bestehen bleibt, weil die Reizung nicht 
durch den mechanischen Druck, sondern durch entzündliche Prozesse 
in der Umgebung der Nerven bedingt ist. Als förderndes Moment 
mag noch die Obstipation mit Ansammlung von festen Kotmassen 
im Rektum in Betracht zu ziehen sein, indem bei beträchtlicher 
Füllung der Blase durch den Druck des gefüllten Rektums eine Ein¬ 
stülpung oder Abknickung am Blasenhalse dazutreten und noch ein 
mechanisches Hindernis für das AbfHeßen des Urins setzen kann. 
Doch gehört dazu wahrscheinlich schon eine so erhebliche Füllung 
der Blase, wie sie normalerweise gar nicht vorkommt, sondern nur 
unter einem von Nerven aus bedingten Spasmus des Sphinkters oder 
einer anderen mechanischen Ursache. 

Ätiologisch verantwortlich für den periproktitischen Abszeß selbst 
macht B. eine Verletzung der Rektalschleimhaut, hervorgerufen durch 
den häufigen Gebrauch einer Klystierspritze mit hartem Ansatzrohr. 
Eine Verletzung war hier, bei dem imbezillen Kinde mit herabge¬ 
setzter Schmerzempfindung, besonders leicht möglich. Grätzer. 


JOS. Preindlsberger. Urologische Mitteilungen. 

(Aus dem bosnisch-herzegovin. Landesspital in Sarajevo.) 

(Wiener klin. Rundschau 1903 No. 3.) 

I. Ruptura urethrae; infiltratio urinosa. Sectio alta. 
Katheterismus posterior. Betraf einen 12jährigen Knaben, der 
in einen offenen Kanal auf ein querstehendes Wasserleitungsrohr 
rittlings mit der Dammgegend gefallen war. 

II. Cystitis tuberculosa vesicae. Sectio alta. Bei dem 
14jährigen Mädchen wurde durch die Operation wenigstens wesentliche 
Besserung erzielt. 

III. Ein Fall von Schrumpfblase. Sectio alta. Hoch¬ 

gradige Schrumpfblase bei einem 16jährigen Knaben, wahrscheinlich 
auch durch Lithiasis bedingter Pericystitis beruhend. Der als ultimo 
ratio ausgeführte operative Eingriff, die Sectio alta mit Anlegung 
einer Blasenfistel, hatte wesentliche Erleichterung des qualvollen Zu¬ 
standes zur Folge. Grätzer. 


J. Leopold and V. Levi. A case of selz-induced Cystitis due 
to the Colon Bacillus. 


(Archives of Pediatrics, Mai 1903.) 

In einem Fall von akuter Cystitis bei einem 14jährigen Knaben 
fand man im Urin nahezu Reinkulturen des Bacillus coli, neben 


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460 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11. 

saprophytischen Kokken und dem Bacillus subtilis. Nach Genesung 
verschwanden diese Mikroorganismen aus dem Harn. 

Später gab der Knabe zu, daß er onaniert, und erzählte, wie er 
sich 2 Tage vor seiner Erkrankung mit einer langen Klystierspritze 
etwas Badewasser direkt in die Blase eingespritzt hatte! 

Zwei weitere Fälle von Colicystitis bei Erwachsenen finden 
Erwähnung. Die Infektion kann von außen durch die Urethra statt¬ 
finden, was öfters bei Frauen Vorkommen mag; es kann aber der 
betreffende Erreger durch die Niere in die Blase geraten, oder auch 
per continuitatem aus dem Darm einwandern. 

Leo Jakobi (New York). 


Olimpio Cozzolino u. Pasquale Pezzulo. Über den Hirndruck 
beim Säugling während des Erbrechens. 

(La Pediatria, No. 4, 1903.) 

Bei zwei an Gastroenteritis leidenden Säuglingen haben Verff. 
mittels eines von ihnen konstruierten Apparates, der eine Modifikation 
des MarrayschenSphygmographen darstellt und auf die Stirnfontanelle 
aufgesetzt wird, der Hirndruck während des Erbrechens geprüft. Die 
Resultate sind in Gestalt graphischer Kurven der Arbeit beigefügt. 
Es geht aus ihnen als Hauptsache, hervor, daß während des ganzen 
Brechaktes eine erhebliche Vermehrung des Hirndruckes vorhanden ist. 

F. 


David L. Edsall. Recurrent Vomiting in Children. 

(American Journal of the Medical Sciences, April 1903.) 

Verf. polemisiert mit Marfan, welcher das zyklische Erbrechen 
bei Kindern auf eine bestehende Acetonämie beziehen möchte. Da¬ 
gegen betont E., daß Aceton allein die toxischen Erscheinungen 
keineswegs verursachen kann, vielmehr beruht der eigentümliche Zu¬ 
stand auf einer Säureintoxikation. Daraus ergibt sich eine rationelle 
Therapie, nämlich Alkalien in großen Dosen. Man gebe Natrium 
bicarbonicum oder citricum, wenigstens 6,0 in abgeteilten Dosen, 
beim ersten Zeichen des drohenden Anfalls. Es soll genug Alkali 
verabreicht werden, um den Harn alkalisch zu machen; das Mittel 
wird dann fortgesetzt bis zum Verschwinden aller Symptome. Sehr 
große Dosen (4,0 3 mal täglich) haben sich ebenfalls bewährt, jedoch 
sind geringere Mengen bei häufiger Darreichung wohl sicherer. 

Allerdings gibt Verf. zu, daß neben der Säurevergiftung auch 
anderweitige Momente gelegentlich das zyklische Erbrechen bedingen 
können, immerhin empfiehlt sich stets ein Versuch mit den Alkalien. 

Leo Jakobi (New York). 


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II. Referate. 


461 


Valagussa. Beitrag zum Studium des zyklischen Erbrechens 

bei den Kindern. 

(Policlinico No. 12 1902.) 

Zyklisches Erbrechen kommt bei Kindern vor, die durch Here¬ 
dität zur harnsauren Diathese veranlagt sind. Es handelt sich um 
ein Symptom einer Stoffwechselerkrankung, das an und für sich 
mit einer Erkrankung des Verdauungstraktus nichts zu tun hat, und 
das auf einer Intoxikation des Nervensystems beruht. Das Erbrechen 
läßt sich beseitigen durch vegetarianische Diät, besonders durch 
reichliche Zufuhr von frischen Gemüsen; ferner ist der Stuhlgang zu 
regeln, alkalische Wässer, Piperazin usw. zu verordnen. Während 
des Anfalls Ruhe, kalte Einpackungen, Klystiere mit Natr. bicarbon. 

F. 


J. iarcho. Über harnsaure Diathese bei Kindern. 


(Djetskaja Medizina 1902 No. 2.) 

Verf. teilt zehn ausführliche Krankengeschichten mit, welche die 
ätiologischen Momente für das Auftreten der viskeralen und Gelenk¬ 
gicht bei Kindern, die verschiedenen Erscheinungsformen der harn¬ 
sauren Diathese im Kindesalter, ihren Verlauf und die Mittel zu 
ihrer Bekämpfung darlegen. J. ist der Ansicht, daß bei Kindern die 
Bedingungen für die Entwicklung dieser Diathese bei weitem zahl¬ 
reicher sind, als bei Erwachsenen. Die Stoffwechselvorgänge spielen 
sich im kindlichen Organismus viel schneller ab, während auf 1kg 
Körpergewicht beim Erwachsenen 0,5 Harnstoff kommt, wird bei 
Kindern 0,8 g gefunden. Folglich ist für die Umsetzung der Eiwei߬ 
körper in Harnstoff mehr Sauerstoff erforderlich. Nichtsdestoweniger 
kann man es häufig genug in den wohlhabenderen Familien beob¬ 
achten, wie die Kinder mit eiweißreicher Nahrung unter Vernach¬ 
lässigung der Amylaceen geradezu überfüttert werden, während ihnen 
der ausreichende Genuß von frischer Luft versagt bleibt. Ungeachtet 
dessen, daß bei überwiegender Eiweißkost mehr Sauerstoff vom 
Organismus verbraucht wird, der Aufenthalt im Freien ein aus¬ 
gedehnterer sein müßte, werden nicht selten die kleineren Kinder 
aus Furcht vor Erkältung oder vor Ansteckung mit Infektionskrank¬ 
heiten nur sehr wenig spazieren geführt; die im schulpflichtigen Alter 
befindlichen Kinder verbringen etwa 6 Stunden in den dumpfen 
Klassenzimmern, die übrige Zeit beim Bereiten der Schulaufgaben 
und nachts in dem ungenügend ventilierten Schlafzimmer. Dazu 
kommt noch, daß die Kinder sehr häufig an adenoiden Vegetationen 
und an chronischer Rhinitis leiden, welche ebenfalls den Sauerstoff¬ 
zutritt zu den Lungen erschweren. Unter solchen Bedingungen kann 
der Überschuß der aus den aufgenommenen Eiweißkörpern sich 
bildenden Harnsäure sich nicht bis zum Endstadium, d. h. zu Harn¬ 
stoff oxydieren. Als ein weiteres ursächliches Moment für das Auf¬ 
treten der Gicht im Kindesalter kommt die Erblichkeit in Betracht. 

Was die Behandlung des in Rede stehenden Leidens betrifft, so 


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462 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11. 


empfiehlt Autor vor allem folgendes Regime. Bis zu einem Alter 
von 3 Jahren dürfen Fleischspeisen überhaupt dicht gereicht werden; 
im spätem Alter ist gemischte Nahrung zu verabfolgen: etwas Fleisch 
(einmal täglich), Eier, Milch, Amylaceen, Früchte und Gemüse. Aufent¬ 
halt im Freien, genügender Zutritt von frischer Luft und Bewegungs¬ 
spiele sind unbedingt erforderlich. Als fernere therapeutische Ma߬ 
nahmen sind anzuraten: Entfernung der adenoiden Vegetationen, 
Hydrotherapie (Abreibungen und Bäder), Mineralwasserkuren und von 
Arzneimitteln Lithium carbonicum, Piperazin und Sidonal. 

A. Dworetzky (Moskau). 


R. Thierfeld. Über Lithiasis bei Kindern. 

(Aus Prof. C. Bayers Abteilung am Kaiser Franz Joseph-Kinderspital 

in Prag.) 

(Prager med. Wochenschrift 1903 No. 35.) 

Von 1888—1902 gelangten 30 Fälle von Urolithiasis zur Auf¬ 
nahme. Davon wurden 18 durch Sectio alta operiert, in 6 Fällen 
gelang es, den Stein mit einer Pinzette oder anderen Instrumenten 
zu extrahieren, 2 mal war Sectio alta und Sectio mediana notwendig, 
2 mal wurde die Lithotripsie angewendet, 2 Fälle wurden durch interne 
Medikation, verbunden mit Kathetrisement, geheilt bezw. ging der 
Stein spontan ab. Einmal hatte sich der Stein bei einem Mädchen 
um eine Haarnadel gebildet, die übrigen Fälle betrafen Knaben. 
Ausgeführt wurde der hohe Blasenschnitt folgendermaßen: 

Es wurde die Haut mit einem Schnitte, der oberhalb der Sym¬ 
physe begann und ca. 6 cm lang war, in der Mittellinie durchtrennt 
Hierauf praeparando Fascie und Muse. rect. gespalten, das prävesikale 
Fettgewebe im Cav. Retzii soweit als nötig hinaufgeschoben. Sodann 
wurde die durch zwei Nähte fixierte Blase zwischen denselben durch¬ 
trennt. Nach Entfernung des Steines wurde die Blase in der Regel 
nach Art der Lambertschen Darmnaht geschlossen und außerdem 
noch wenige Versicherungsnähte angebracht. Die Dichtigkeit der 
Naht wurde durch Borwasserinjektion geprüft. Hierauf folgte nach 
Einlegung oines Jodoformdochtes und Herausleitung zum unteren 
Wundwinkel (mit oder ohne Drain, je nach der Tiefe der prävesikalen 
Wundhöhle) regelmäßig auch die Naht der M. recti und der Haut. 

Dieses Operationsverfahren erwies sich als vollständig zulänglich, 
denn von allen Fällen, die zur Sectio alta kamen, ging keiner ver¬ 
loren. Wohl kann es einigemal zur Lockerung der Blasennaht, 
Ausfließen des Urins aus der Wunde und Fistelbildung, doch hatten 
diese Umstände, von der längeren Heilungsdauer abgesehen, sonst 
keine üblen Folgen. In diesen Fällen wurde dann erst ein Verweil¬ 
katheter eingelegt, wenn durch die Fistel der meiste Urin abging. 
Als Verband bewährten sich dann stets fleißig gewechselte Kompressen 
mit essigsaurer Tonerde. 

Neben den oben genannten nicht ganz tadellos verlaufenden 
Fällen (3mal Fistelbildung, 6mal Ausfließen des Harnes zur Bauch- 


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II. Referate. 


463 


wunde) wurden erzielt acht glatte Heilungen, in welchen Fällen die 
Kinder wenige Tage post operationem das Spital verließen. 

G r ätz er. 


Karl Walko. Über die Behandlung der Enuresis. 

(Aus der med. Klinik des Prof. ß. v. Jaksch in Prag.) 

(Zeitschrift für diätetische und physikalische Therapie, Bd. 6, Heft 6, 1902.) 

Verf. sieht in dem Umstande, daß selbst eine von frühester 
Jugend und bis weit über die Pubertätszeit hinausreichende Enuresis 
geheilt, und zwar durch Maßnahmen geheilt werden kann, deren Effekt 
wohl ausschließlich auf eine suggestive Beeinflussung zurückzuführen 
ist, einen Beweis dafür, daß es sich bei dieser Krankheit nur um 
eine Hemmungserscheinung psychischer Natur eines an sich normal 
entwickelten Organs und nicht um Entwicklungsstörung oder Muskel¬ 
schwäche handelt. 

Die Auffassung von Thiemich, daß die Enuresis als eine Er¬ 
scheinungsform der Hysterie anzusehen sei, ist nach W. sicher nur 
für einen Teil der Fälle — für die Individuen neuropathischer Ab¬ 
stammung berechtigt. 

Von diesen Gesichtspunkten und auch von praktischen thera¬ 
peutischen Erfahrungen ausgehend, verwirft Verf. jede medikamentöse 
Therapie, sieht aber die anderen Behandlungsmethoden (Faradisation, 
Massage, Hydrotherapie) als gleichwertig an, die alle geeignet sind, 
die Enuresis, dieses durch verschiedene akzidentelle Ursachen ein¬ 
getretene Hemmungsphänomen eines an sich früher normal funktio¬ 
nierenden Organs durch Beseitigung einer Ausfallserscheinung auf 
dem Wege der Suggestion zu beheben. Auch die Erfolge der Ent¬ 
fernung von adenoiden Vegetationen aus der Nase werden von W. 
nur als Suggestionswirkungen betrachtet. Bezüglich der Wirksamkeit 
des faradischen Stromes hat sich schon vor Jahrzehnten Henoch 
in ähnlichem Sinne geäußert. Bei der Massage spricht der Umstand 
für eine Wirkung auf suggestivem Wege, daß der Erfolg sich nicht 
nur verhältnismäßig rasch einstellt, sondern daß auch im Verlaufe 
vemachlässigterer Fälle zuerst der Harndurchbruch bei Tage sistiert 
und erst später während der Nacht. 

Durch die Suggestion muß die Beseitigung einer Ausfallerschei¬ 
nung um so leichter gelingen, als nach Bernheim die Hypnose 
sowohl eine Steigerung der ideomotorischen als der ideosensitiven 
und ideosensoriellen Reflexerregbarkeit im Gefolge hat. 

Eschle (Sinsheim). 


G. Kapsammer. Über Enuresis und ihre Behandlung mittelst 
epiduraler Injektionen. 

(Aus der Abteilung für Krankheiten der Harnorgane der Wiener 
Allgem. Poliklinik.) 

(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 29 u. 30.) 

Cathelin gab 1901 eine neue Methode zur Heilung der Enuresis 
an: die epiduralen Injektionen. Die Cornua coccygea des Kreuzbeins 

Contralbl. f. Kinderhlk.lo, VIII. Digitjzed by GoC^k 



464 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11. 


bezeichnen die Linie, in deren Mitte die membrana obturatoria durch¬ 
stochen wird; dringt man hier mit der Nadel in den Kreuzbeinkanal 
vor, so findet die Injektion auf die Wurzeln der cauda equina statt, 
ohne daß der Duralsack eröffnet wird. 

K. hat diese Methode bei 37 Fällen rein neuropatiacher Enuresis 
nachgeprüft, bei 25 davon zu Ende geführt Sämtliche 25 Fälle sind 
geheilt. Es wurden je nach dem Alter der Kinder 3—6 ccm Va°/o“ 
iger Kokainlösung (manchmal nur l l 4 0 Ligev) injiziert, später nur 
physiol. Kochsalzlösung (3—8 ccm). 8 Pat. waren schon nach der 
ersten Injektion geheilt, vier nach der zweiten Injektion, die übrigen 
nach mehreren. Etwa die Hälfte war mit Kokain-, die andere mit 
physiol. Kochsalzlösung behandelt worden; ein Unterschied zeigte 
sich nicht. Es handelt sich jedenfalls um eine Chocwirkung auf die 
cauda equina. Durch das Trauma auf die Bahnen der Sakralnerven, 
welche den Nervus erigens enthalten, wird reflektorisch der zentrale 
Tonus des Sphincter internus wieder hergestellt oder verstärkt. 

Sämtliche Injektionen (über 300) wurden ambulatorisch gemacht; 
außer in zwei Fällen ganz vorübergehendes Erbrechen nach den In¬ 
jektionen zeigten sich keinerlei Nebenwirkungen. Es handelt sich 
also um eine ganz ungefährliche Methode, die in Fällen, denen wir 
bisher ziemlich machtlos gegenüber standen, Heilung brachte. Sie 
verdient also recht wohl Interesse. Grfitzer. 


Johfl Zahorsky. A Contribution to the therapy of Enuresis. 

(Interstate medical Journal, X, No. 7, 1903.) 

Verf. betont den zerebralen, ursächlichen Faktor bei der Enuresis 
nocturna. Es handelt sich nämlich sehr häufig um eine ungenügende 
zentrale Hemmung. Von diesem Gesichtspunkt ausgehend, verfolgt 
eine rationelle Therapie die Anregung der mangelhaften Hemmungs¬ 
funktion, neben den hergebrachten mehr lokalen Maßnahmen. 

Verf. skizziert seine eigene Methode wie folgt: 

1. Zweimal täglich, um 9 Uhr morgens und um 2 Uhr nach¬ 
mittags, wird ein Diureticum verabreicht Als solches verschreibt er 
die alkalischen Citrate mit Spiritus aetheris nitrosi, oder auch Koffein, 
Diuretin, sowie Natrium benzoicum. 

2. Vor dem Schlafengehen wird eine Dosis Atropin verordnet. 
Statt Atropin kann auch Rhus aromaticum oder Antipyrin angewandt 
werden. 

3. Kalte Rückendouchen nach Pendergast. Dabei steht das 
entblößte Kind in der leeren Badewanne, während man ihm kaltes 
Wasser über die Schultern auf den Rücken gießt. Dies wird am 
Besten vor dem Schlafengehen vorgenommen, das Kind hernach ab¬ 
gerieben und ins Bett gebracht. 

Mit diesen Maßnahmen hat Verf. gute Erfolge gehabt. 

Leo Jakobi (New York). 


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II. Referate. 


465 


A. KantorowiCZ. Zur Kasuistik der Heilung der Enuresis 
nocturna durch Entfernung adenoider Vegetationen. 

(Prakitschewßky Wratsch 1902 No. 40.) 

Wegen der Hartnäckigkeit des Leidens, wie auch wegen des 
durch die Behandlung erzielten glänzenden Resultates verdient der 
vom Verf. mitgeteilte Fall einige Beachtung. Der 12jährige Knabe 
litt seit 6 Jahren an Bettnässen, welches sich im Laufe dieser ganzen 
Zeit Nacht für Nacht zu mehreren Malen wiederholte. Weder päda¬ 
gogische Maßnahmen noch irgendwelche ärztliche Anordnungen konnten 
Abhilfe schaffen. Der Knabe ist für seine Jahre gut entwickelt, 
hereditär nicht belastet; von seiten der inneren Organe sind keine 
pathologischen Veränderungen zu konstatieren. Der Sexualapparat 
ist völlig normal. Keine Helminthiasis. Bei der Untersuchung des 
Nasenrachenraumes wurden sehr bedeutende adenoide Vegetationen 
gefunden. Da das Kind jedoch durch die Nase auch bei geschlosse¬ 
nem Munde recht frei atmete, so beschränkte sich der Autor vorläufig 
auf die Verordnung von Extr. fl. Pischi, welches indessen erfolglos 
blieb, da der Kranke nach wie vor jede Nacht 2—3 Male das Bett 
näßte. Da entschloß sich K. zur Entfernung der adenoiden Vege¬ 
tationen, was er auch in vier Sitzungen ausführte; die Wucherungen 
waren in beträchtlicher Menge vorhanden, von derber, fast knorpel¬ 
harter Konsistenz. Gleich nach der ersten Sitzung erklärte die 
Mutter, daß der Knabe im Laufe von drei Tagen bloß ein einziges 
Mal das Bett genäßt habe, was früher nie vorgekommen sei; nach 
der zweiten Sitzung verschwand die Enuresis vollständig. Gegen¬ 
wärtig sind bereits drei Monate nach der Entfernung der Vegetationen 
verschwunden, der Knabe befindet sich die ganze Zeit in ärztlicher 
Kontrolle, und das nächtliche Bettnässen ist niemals wieder aufgetreten. 

A. Dworetzky (Moskau). 


W. F. Chapell. A case of Adenoids with Malaria. 

(Medical Record, den 21. März 1903.) 

Ein 5 monatliches Mädchen wurde wegen adenoiden Vegetationen 
operiert und zehn kleine Gewebsmassen ohne Narkose entfernt. Zwei 
Wochen hinterher trat Fieber auf, dessen Ursache unaufgeklärt blieb 
und welches zu Verdacht auf post-operative Infektion führte, bis eine 
genauere Anamnese Malaria wahrscheinlich machte. Tatsächlich 
fanden sich Plasmodien des Tertiantyphus im Blut, und nun wurde 
zu Chinindarreichungen geschritten. Erst bekam das Kind etwa 0,3 Chi- 
ninum bisulphuricum täglich; alsbald ging man zu größeren Dosen 
über, bis 1,2 täglich; die Gesamtmenge innerhalb 21 Tagen betrug 
endlich 15 g. Das Kind genas vollständig. Die enormen Chinin¬ 
dosen wurden gut vertragen. Leo Jakobi (New York). 


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466 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11. 


Jörgen Möller. Bemerkungen über die seitlichen adenoiden 
Vegetationen im Nasenrachen nebst Beschreibung eines 
neuen Instrumentes für deren Entfernung. 

(Aus der oto-laryngol. Klinik des Kommune-Hospitals zu Kopenhagen.) 

(Archiv für Ohrenheilkunde, Bd. 57, No. 3 u. 4.) 

Es ist eine alte Streitfrage, ob die adenoiden Vegetationen auf 
die eigentliche Rachentonsille begrenzt sind oder ob sie auch an 
anderen Stellen, namentlich in den Rosenmüllerschen Gruben und 
an den Tubenwülsten auftreten können. Hauptvertreter der ersteren 
Anschaung war der verstorbene Trautmann; die Mehrheit der 
Autoren hat sich ihm aber nicht angeschlossen. In der Mygindsschen 
Klinik wurden während des letzten Jahres neun Fälle von seitlichen 
Vegetationen (unter 200) beobachtet, von denen acht Fälle zur Operation 
kamen. Doch sind sicherlich hierbei noch manche Fälle übersehen 
worden; denn in der Privatklientel von Myginds waren unter 120 
adenoiden Vegetationen elf Fälle seitliche Wucherungen. Dieselben 
machen meist erhebliche Beschwerden, Nasenverstopfung und Schwer¬ 
hörigkeit, zeigen auch wenig Tendenz zur Schrumpfung. Sie entgehen 
leicht einer flüchtigen Untersuchung; erst durch genaues Abtasten 
mit dem Finger gelingt es oft, die Diagnose zu stellen. 

Die Behandlung besteht in der Abtragung der seitlichen Vege¬ 
tationen. Zu diesem Zwecke hat M. besondere Adenotome konstruiert, 
eins für die rechte und eins für die linke Seite. Dieselben ähneln 
dem bekannten Beckmannschen Messer, sind aber schmäler und im 
stumpfen Winkel seitwärts abgebogen. 

Referent macht darauf aufmerksam, daß sich die seitlichen 
Wucherungen verhältnismäßig leicht durch den Rhinoscopia anterior 
auffinden lassen, nachdem man die unteren Nasenmuscheln durch 
Kokain oder Adrenalin zum Abschwellen gebracht hat, und daß sie 
alsdann mit der vorn eingeführten Schlinge unter Leitung des Auges 
gut ZU entfernen sind. Krebs (Hildesheim). 


J. F. DickSOn. Adenoids and their Treatment. 

(Pediatrics, June 1903.) 

Unter den zahlreichen üblen Folgen der adenoiden Wucherungen 
hebt Verf. besonders die Gehörstörungen hervor. Man darf bestimmt 
behaupten, daß etwa 70°/ 0 aller Ohrenleiden im Kindesalter davon 
herrühren. Viele Taubstummen sind es infolge von adenoiden Vege¬ 
tationen geworden. 

Die Erscheinungen, welche auf solche Wucherungen hindeuten, 
sind: verstopfte Nase, erschwertes, schnarchendes Atmen, Offenhalten 
des Mundes, Kopfschmerzen, Nasenstimme, und ein eigentümlicher 
Gesichtsausdruck. 

Ätiologisch spielen häufige Erkältungen, Keuchhusten, Skrofulöse, 
Masern u. a. m. eine Rolle. Auch die Heredität scheint nicht ohne 
Einfluß zu sein. 

Die Behandlung soll meist eine operative sein, doch kommt man 


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II. Referate. 


467 


in leichten Fällen mit Spülungen, lokaler Anwendung von Tannin¬ 
glyzerin und innerem Gebrauch von Syrupus Ferri Jodati zum Ziel. 
Unter den zahlreichen empfohlenen Instrumenten findet die Löwen- 
bergsche Zange beim Verf. noch die größte Nachsicht. Nahezu alle 
Operateure gebrauchen den Finger, einige armieren ihn sogar mit 
einem Stahlnagel, was sehr zu bedauern sei. Gottsteins Kürette 
hat sich in den Händen des Verf. nicht bewährt. 

Die Narkose ist unentbehrlich und Äther dem Chloroform vor¬ 
zuziehen. 

In der Regel bleiben Rezidive aus und das Endresultat gestaltet 
sich höchst befriedigend. Leo Jakobi (New York). 


L. Ratz (Berlin). Ein modifiziertes Ringmesser („knieförmiges 
Adenotom“) mit einigen Bemerkungen. 

(Therap. Monatshefte 1903 No. 7.) 

Bei kleineren Kindern (1—ßjährig) ist das Gottstein-Beckmann- 
sche Ringmesser mit Recht beliebt. Bei älteren Kindern (und Er¬ 
wachsenen) aber gelingt es oft nicht, das Instrument bis an die Basis 
der Rachentonsille ohne erhebliche Verletzungen heraufzubringen. 
Das liegt an der gestreckten Form des Stieles und des Griffes des 
Instrumentes. K. hat — durch eine entsprechende Krümmung und 
Verlängerung des Instrumentes und eine etwas modifizierte Stellung 
des schneidenden Teiles des Ringes — in solchen Fällen leicht das 
Instrument (H. Windler, Berlin) an Ort und Stelle bringen und den 
Tumor an der Basis durchschneiden können. 

K. operiert mit ganz scharfen Instrumenten. Zurückgebliebene 
Reste entfernt er mit einer langen Cooperschen Schere, wie sie die 
Gynäkologen gebrauchen. Die Narkose wendet er nur sehr selten an, 
nur bei sehr widerspenstigen Kindern, wenn genügende Assistenz fehlt. 

f Grätzer. 


Adolph H. Urban. Hemmorrhage following Tonsillotomy. 

(American Medicine, den 4. Juli 1903.) 

Gefährliche Blutungen nach Entfernung der Mandeln kommen 
meist bei Erwachsenen vor. Im Kindesalter sieht man selten bedenk¬ 
liche Blutungen nach lege artis vollzogener Operation. Immerhin sei 
man auf alles gefaßt, wie der von U. berichtete Fall lehrt. Die 
Nachblutung trat hier bei dem 7 Jahre alten Knaben erst am nächsten 
Tage nach der Operation auf, war aber so profus, daß der Pat. eben 
am Verblutungstode vorbeikam, indem die blutende Tonsille mittels 
des Paquelin berührt wurde; die Blutung hörte sofort auf. 

Leo Jakobi (New York). 


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Ccntralblatt für Kinderheilkunde. No. 11. 


A. Fischer. Stillung größerer nach Tonsillotomie auftretender 

Blutungen. 

(Budapesti orvoai ujadg 1903 No. 11.) 

Die Anwendung des Glüheisens, lokale Kompression, Styptiea, 
Unterbindung der Carotis externa oder communis sind oft erfolglos 
oder bilden überaus komplizierte Eingriffe. F. versuchte die Um¬ 
stechung der blutenden Fläche mit beiden Gaumenbögen und ist mit 
dem Erfolge zufrieden. Der Versuch wurde bei einem 8jährigen 
Knaben gemacht. En& Deutsch (Budapest). 

E. Bloch. Der hohe Gaumen. 

(Aus der Universitäts-Ohrenklinik in Freiburg L Br.) 

(Zeitschrift für Ohrenheilkunde, XL, IV. 1.) 

Prof. B., der die Frage nach den Beziehungen der ungewöhnlich 
hohen Form des harten Gaumens bei habitueller Mundatmung schon 
lange bearbeitet, faßt die Ergebnisse seiner neuesten Studien in 
folgende Schlußsätze zusammen: 

1. Der hohe Gaumen der Autoren ist ein durch Schätzung nach 
dem Augenmaß entstandener Begriff. 

2. Mit dem Sieben mann sehen Instrumente gemessen, hat er 
bei Erwachsenen einen Höhenbreitenindex von > 58,0, bei Kindern 
von > 50,0. 

8. Bei habitueller Mundatmung von Jugend auf zeigt der Gaumen 
Erwachsener einen durchschnittlichen Index von 64,2, während der 
durchschnittliche Gaumenindex erwachsener Nasenatmer nur 53,0 be¬ 
trägt. Der Gaumen besitzt also bei der habituellen Mundatmung 
eine beträchtlich größere Höhe, als bei normal Atmenden. 

4. Kinder mit Mundatmung haben ebenfalls einen höheren Gaumen 
als solche mit normaler Atmung, doch ist der Unterschied noch nicht 
so ausgesprochen wie bei Erwachsenen. 

5. Im Zahnwechsel Stehende zeigen diesen Unterschied deutlicher 
als Kinder (mit den Milchzähnen), aber noch nicht so stark ausgeprägt 
als Erwachsene. 

6. Ein Zusammenhang zwischen Gesichtsschädelform und der 
Gaumenhöhe ist aus der Vergleichung eines größeren statistischen 
Materials zu ermitteln. Schmalgesichter haben durchschnittlich einen 
höheren Gaumenindex als Breitgesichter. 

7. Der hohe Gaumen bei Mundatmung ist aber nicht durch sein 
Zusammentreffen mit Leptoprosopie zu erklären. 

8. Die chamäprosopen Mundatmer haben einen höheren Gaumen 
als die leptoprosopen Nasenatmer. 

9. Mit zunehmendem Wachstum von der Kindheit bis zur völligen 
Reife wird der Mensch mehr leptoprosop. 

10. Die Beobachtungen bei doppelseitigem, angeborenem Choanal- 
verschluß und bei einseitigem mit Mundatmung sprechen ebenfalls 
zugunsten des Einflusses der letzteren auf die Entwicklung des 
hohen Gaumens. 


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II. Referate. 


469* 


11. Es ist möglich, daß in adenoiden Familien bei einzelnen 
Gliedern die Leptoprosopie allein forterbt ohne stärkere Wucherung 
des lymphatischen ßachenringes. Krebs (Hildesheim> 


Liebmann. Stotternde Kinder. 


(Sammlung von Abhandlungen aus dem Gebiete der pfidagog. Psychologie und 
Physiologie, Bd. VT, Heft 2.) 


Nach der Ansicht L.s bildet den primären Kern des Stotterns 
die Übertreibung des konsonantischen Elementes der Sprache, zu 
dem nicht nur die eigentlichen Konsonanten gehören, sondern auch 
der Verschlußlaut der Stimmbänder (der Spiritus lenis der Griechen), 
der die in der Schrift mit einem Vokal anlaufenden Worte beginnt. 
Diese Übertreibung der Konsonanten i. w. S. kann in einer zu langen 
Dauer (z. B. b—ade sog. tonisches Stottern) oder in einer mehrmaligen 
Wiederholung (z. B. bbbade sog. klonisches Stottern) bestehen. Die 
Übertreibung der Konsonanten wird auf Grund einer ererbten oder 
erworbenen nervösen Disposition durch verschiedene Schädlichkeiten 
(besonders durch Infektionskrankheiten, Kopfverletzungen r schwerer 
Fall, ^Schreck, psychische Ansteckung) hervorgerufen. Im Anfänge 
des Übels finden pur unwillkürliche inkoordinierte Sprachstörungen 
statt, die durch Übertreibung der Konsonanten eine leichte Unter¬ 
brechung der Kontinuität der Bede herbeiführen. 

Diese leichten Häsitationen fallen der Umgebung auf. Man 
macht die Kinder darauf aufmerksam, man tadelt und verspottet sie, 
man schilt, droht und schlägt, man eröffnet ihnen die traurigsten 
Perspektiven ihrer Zukunft. Meist werden Übungen veranstaltet, 
gestotterte Worte müssen wiederholt werden. Man findet schwierige 
Laute heraus, weist den Stotterer auf diese hin und übt sie immer 
wieder. Durch dieses Verhalten der Umgebung bekommt der Stotterer 
vor dem Sprechen die größte Furcht. Er verfolgt die Aussprache 
jedes Wortes, besonders der schwierigen Laute mit peinlicher Angst. 
Die anfänglich schwachen, unwillkürlichen, inkoordinierten Sprach- 
bewegumgen werden durch die Angst bedeutend verstärkt. Auch die 
Atmung wird durch die Angst frequent und unregelmäßig. 

Bis hierher sind alle die falschen Atmungs- und Sprech¬ 
bewegungen des Stotterers durchaus unwillkürlich. Nunmehr treten 
auch willkürliche hinzu. „Man weist nämlich den Stotterer an, tief 
Atem zu holen, den Atem herauszustoßen oder zurückzuhalten.“ 
Die Umgebung behauptet, der Stotterer müsse sich „mehr Mühe geben“ 
namentlich bei den „schwierigen“ Lauten; dann werde es schon gehen. 
Durch diese unsachgemäßen Verordnungen werden zu den anfänglich 
nur unwillkürlichen, inkoordinierten Atmungs- und Sprachbewegungen 
auch noch willkürliche hinzugefügt. Durch das Hinzutreten der will¬ 
kürlichen falschen Atmungs- und Sprechbewegungen wird die Sprache 
des armen Pat. immer schlechter. Seine Angst vor dem Sprechen, 
seine Furcht vor bestimmten Lauten wird immer größer. Es ist nun 
für das Stottern außerordentlich charakteristisch, daß das Übel in 
seiner Intensität außerordentlich wechselt. Ein Stotterer spricht bei 


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470 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11. 


gewissen Gelegenheiten völlig fließend, bei anderen leicht stotternd, 
dann wieder kann er überhaupt kein Wort herausbringen. Um diese 
eigentümliche Erscheinung zu verstehen, muß man sich vergegen¬ 
wärtigen, daß der Stotterer nervös ist, d. h. sein Nervensystem in 
abnormer Weise auf Reize reagiert, die für gesunde Menschen von 
geringem Belang sind. Selbst leichtes körperliches Unwohlsein kann 
auf die Sprache des Stotterers stark verschlimmernd wirken. 

Vor allem aber sind es psychische Momente — Gemüts¬ 
depression, Aufregung, Angst vor fremden Personen, Lehrern — 
welche die Sprache des Stotterers beeinflussen. Beachtenswert ist, 
daß selbst hochgradige Stotterer, wenn sie allein sind, fließend 
sprechen können. 

Die Prophylaxe hat alle diejenigen Momente, welche die Sprech¬ 
angst befördern, auszuschalten. Die Therapie muß die Sprechangst be¬ 
seitigen und das Selbstbewußtsein haben. L. verwirft alle Atmungs-, 
Stimm- und Artikulationsübungen. Er läßt nur den Pat., um die 
Übertreibung des konsonantischen Elementes zu mäßigen, zunächst 
mit gedehnten Vokalen sprechen. Nachdem die Pat. in dieser Weise 
ohne zu stottern sprechen, geht er allmählich zur natürlichen Sprache 
über. Durch reichliches Lob, welches dem Pat. für sein gutes 
Sprechen gespendet wird, bekommt der Pat. wieder Vertrauen zu 
seiner Sprache. Gleichzeitig muß die Umgebung darauf aufmerksam 
gemacht werden, daß sie alles, was die Sprechangst des Pat. eventuell 
wieder hervorrufen könnte, von demselben fern hält. 

Durch 15 sehr instruktive Krankengeschichten werden die ge¬ 
schilderten Verhältnisse illustriert. p. Maas (Aachen). 


Sändor Szana. Die Hygiene der schulpflichtigen Kinder in 

Internaten. 

(Orvosok lapja, 1903, 24 6s 25 nr.) 

Die Erziehung in Internaten ist keine äquivalente für die Er¬ 
ziehung im Schoße der Familie. Das System der Zieheltern (bei 
gehöriger Kontrolle) ist den Internaten vorzuziehen. Im Internat 
kann weder die physische, noch die psychische Erziehung individuali¬ 
sierend sein. Taubstumme und Blinde bilden eine Ausnahme, für 
diese ist die ärztlich überwachte Unterbringung in Internaten 
empfehlenswert. E. Deutsch (Budapest). 


Eugenill Felix. Die Wichtigkeit der Untersuchung des 
Gehörapparates bei Kindern der Normalschulen. 

(Presa medicala romana, 15. Februar 1903.) 

Es ist von besonderer Wichtigkeit, die Hörfahigkeit der Kinder 
bei Beginn des Elementarunterrichtes zu untersuchen, um festzustellen, 
ob dieselben imstande sind, dem Unterrichte mit Vorteil zu folgen. 
F. hat 1038 Kinder der Elementarschulen Bukarests daraufhin unter¬ 
sucht und gefunden, daß bei 327 (31,50°/ 0 ) die Hörfähigkeit mehr 


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1h Referate. 


471 


oder weniger geschwächt war. Unter den Ursachen, welche Störungen 
des Gehörs bei Kindern bewirken, sind adenoide Vegetationen in 
erster Reihe zu nennen, und zwar Hypertrophien der Luschkaschen 
Tonsille. So boten z. B. 342 Schüler (177 Knaben und 165 Mädchen) 
adenoide Vegetationen des nasalen Pharynx dar, welche direkt durch 
digitale Untersuchung festgestellt wurden. Es fanden sich ferner 
Cerumenanhäufungen, verschiedene Trommelfellaffektionen und Per¬ 
forationen dieser Membran vor. 

Außerdem wurde untersucht, ob ein Verhältnis zwischen der 
Klassifikation des Schülers und dem Grade seiner Gehörstörung be¬ 
stehe, und gefunden, daß der Prozentsatz der an Gehöraffektionen 
leidenden guten und ausgezeichneten Schüler ein erheblich geringerer 
sei, als derjenige der mittleren und schlechten. Ebenso war dies 
auch bezüglich der adenoiden Vegetationen nachzuweisen. F. ist der 
Ansicht, daß die Lehrer über diese verschiedenen Erkrankungsformen 
genügend aufgeklärt werden sollen, um den betreffenden Pat. bei¬ 
zeiten entsprechende Ratschläge zu geben, bezw. dieselben an einen 
Arzt zu weisen. E. Toff (Braila). 

Otto Laubi. Methode und Resultate der Ohrenuntersuchungen 
von 22894 Schülern der ersten Primarklassen der Stadt 

Zürich. 

(Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte 1903 No. 13.) 

Die interessanten Resultate werden in Tabellen niedergelegt. 
Als praktische Resultate der Untersuchungen werden folgende Forde¬ 
rungen aufgestellt: 

1. Alle neu eintretenden Schüler der öffentlichen Schulen sind 
im Verlauf der ersten Monate auf den Zustand ihres Gehörs zu unter¬ 
suchen. 

2. Die Untersuchung soll — wie bei den Augenuntersuchungen — 
bestehen: 

a) aus einer Voruntersuchung aller Schüler, wenn möglich durch 
einen Arzt, auf die Hörschärfe; 

b) einer Spezialuntersuchung durch einen Ohrenarzt für alle 
Kinder, die bei der Voruntersuchung als abnormal gefunden wurden. 

3. Die Voruntersuchung und, wenn nötig, ärztliche Untersuchung 
soll wiederholt werden bei allen Repetenten und Schülern, welche 
einer Spezialklasse überwiesen werden, ferner bei den Schülern, 
welche im Laufe des Jahres Infektionskrankheiten überstanden haben. 

4. Um die gefundenen Resultate praktisch auszunutzen, erhalten 
die Lehrer Mitteilungen über die Ergebnisse der ärztlichen Unter¬ 
suchung und haben sie dieselben in die Schülerlisten einzutragen. 
Stark schwerhörige, unheilbare Kinder (untere Hörgrenze 1 / 2 Meter 
beiderseits für laute Sprache, wenn dieselben schwerhörig geworden, 
2 Meter beiderseits, wenn sie schwerhörig geboren) sind von der 
Schule auszuschließen und werden am besten einzeln unterrichtet, 
oder so lange in Taubstummenschulen untergebracht, bis sie gelernt 
haben, vom Munde abzulesen; leichter schwerhörige Kinder sollen in 
den vordem Bänken plaziert werden. 


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472 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11. 


5. Kinder, bei welchen Ohrfettpfröpfe nachgewiesen werden, sind 
dem Arzte oder der Poliklinik zuzuführen, um dieselben entfernen 
zu lassen und haben die Eltern hierüber ein Zeugnis einznliefern; 
wird der Verordnung nicht innerhalb einiger Wochen Folge geleistet, 
so hat der Stadtarzt die betreffenden Pat. einem geeigneten Arzte 
zur Behandlung zu übergeben. 

6. Kinder mit Ohreneiterungen, besonders übelriechenden, sollen 
bis zur Heilung ihrer Leidens von der Schule ferngehalten werden, 
da dieselben eine Infektionsquelle für die übrigen Schüler bilden. 
Zieht sich die Heilung in die Länge, oder handelt es sich um Eite¬ 
rungen, die nur operativ geheilt werden können, so kann der Schul¬ 
besuch gestattet werden, wenn die Kinder zweckmäßige Verbände 
tragen, welche das nach außen Fließen des Eiters verhindern. 

7. Kinder, welche durch nasale Sprache und beständiges Offen¬ 

halten des Mundes vermuten lassen, daß sie an Vergrößerung der 
Bachenmandel leiden, sind von den Lehrern und Stadtarzt besonders 
zu überwachen und bei denselben zeitweilig die Hörprüfung zu wieder¬ 
holen und die Eltern zu veranlassen, bei allfälligen Hörstörungen 
rechtzeitig ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Grätzer. 


R. Imhofer. Ein Fall von Spontanluxation des Amboß mit 
fistulösem Durchbruch in den knöchernen Gehörgang. 

Aus Prof. A. Epsteins Kinderklinik an der kgl. böhm. Landesfindel¬ 
anstalt zu Prag.) 

(Prager med. Wochenschrift 1803 No. 36.) 

Der Fall betraf ein 2 1 / i jähriges Kind, und der Prozeß war offen¬ 
bar ein tuberkulöser. 

So groß die Neigung zur Sequesterbildung im kindlichen Schläfen¬ 
beine, so gern wird auch der nekrotische Knochen spontan eliminiert. 
I. hat wiederholt sehr große Sequester bei Kindern spontan abgehen 
sehen und ist der Ansicht, daß man bei jugendlichen Individuen die 
Indikation zur Radikaloperation sehr einschränken kann. Man darf 
hier der Natur viel zumuten und soll lieber längere Zeit sich ex- 
spektativ verhalten, als eine Operation vornehmen, deren Nachbehand¬ 
lung bei Kindern so schwer ist, daß dadurch der ganze Erfolg sehr 
oft in Frage gestellt wird. Grätzer. 


G. Heermann (Kiel). Über akute Nekrose des Warzenfortsatzes 
und Felsenbeines nach Scharlach. 


(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 22.) 

H. hat in den letzten Jahren 13 Fälle dieser äußerst schweren 
Scharlachkomplikation gesehen, welche dadurch besonders gefährlich 
wird, daß, obwohl sich in kürzester Zeit die schwersten ^Zerstörungen 
der Knochen etablieren, dies nach außen so wenig in die Erscheinung 
tritt, daß ein Übersehen bezw. Vernachlässigen des Leidens fast ent- 


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IL Referate. 


473 


schuldbar ist, sich aber schwer rächt. Nach H.s Ansicht handelt es 
sich um einen bakteriellen Prozeß, der im Warzenfortsatz selbst be¬ 
ginnt, erst sekundär auf die Paukenhöhle übergreift und schon aus 
diesem Grunde anders bewertet werden muß, wie die gewöhnlichn 
Scharlachotitis. Bei dieser kann man die Anzeichen der Eiterretention 
ab warten, d. h. die Schwellung und Senkung der hinteren oberen 
Gehörgangs wand und die starke Anschwellung über dem Warzenfort¬ 
satze. Bei der Warzenfortsatznekrose aber zwingen schon plötzliche 
Temperatursteigerungen, Druckempfindlichkeit über dem Warzenfortsatz 
und ein leichtes entzündliches Infiltrat über demselben zu operativem 
Eingreifen. Da die Erscheinungen nicht ohne weiteres in die Augen 
fallende sind, verpflichtet schon eine bloße, während des Verlaufes 
des Scharlachs eintretende Temperatursteigerung zur genauen Unter¬ 
suchung des Ohres und seiner Umgebung. Die Nekrose kann sich 
schon sehr früh, am 2. oder 3. Krankheitstage einstellen, aber auch 
viel später. Grätzer. 


George H. Meaver. Bacteriologie Studies of the Skin and 
Throat in cases of Scarlatina. 

(American Medicine, den 18. April 1903.) 

Bakteriologische Untersuchungen der Haut und des Rachens 
beim Scharlach. Verf resümiert seine Studien wie folgt: 

1. Auf den Mandeln scharlachkranker Personen finden sich 
massenhaft Streptokokken. 

2. Anderweitige Bakterien, die mittels des Kulturverfahrens von 

Hautschüppchen und Mandelschleim gezüchtet wurden, boten nichts 
Charakteristisches für Scharlach, da sie auch bei Gesunden auf der 
Haut und im Rachen vegetieren. Leo Jakobi (New York). 


Karl Eckholm (Wasa, Finland). Zur Scharlachübertragung 

durch Milch. 


(Zeitschr. f. klin. Medizin, Bd. 29, Heft 1—4, 1903.) 


Etwa 2 Wochen vor dem Ausbruch einer umfangreicheren 
Scharlachepidemie (121 Erkrankungen in 76 Familien) wurde von E. 
ein junges Mädchen an phlegmonöser Angina behandelt, welches in 
einer Milchwirtschaft beschäftigt war, aus der sechs der von der 
Epidemie heimgesuchten Familien ihre Milch bezogen. Der Verdacht, 
daß es sich hier möglicherweise, doch um eine verkappte Scharlach¬ 
epidemie gehandelt haben könne, ist der Anlaß einer eingehenderen 
Schilderung der in Betracht kommenden Verhältnisse. 

Verf. gibt allerdings das Fehlen eines Exanthems, welches aber 
möglicherweise ihm, als behandelndem Arzte, entgangen sein könne, 
sowie auch die erweisliche Seltenheit eines Tiefergreifens der skarla- 
tinösen Mundaffektion und das Auftreten konsekutiver Abszedierungen 
im submukösen Gewebe zu. Ferner wird erwähnt, daß in den Ställen 
und bei Behandlung der Milch große Sauberkeit herrschte, sowie 


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474 


Ccntralblatt für Kinderheilkunde. No. 11. 


daß es Dicht herauszubringen war, daß das Mädchen mit Scharlach¬ 
kranken in Verkehr gewesen wäre, wenn auch die Möglichkeit nicht 
von der Hand zu weisen sei. — 

Bef. würde sich nicht mit einem Bericht über die Veröffent¬ 
lichung, aus der positive Anhaltspunkte für oder gegen die Möglich¬ 
keit einer Seuchenübertragung durch Milch sich nicht ergeben, auf¬ 
gehalten haben, wenn nicht eine Art Methode darin läge, wie heute 
auch seitens solcher Kollegen, die sonst logisch zu urteilen und Für 
und Wider abzuwägen gewohnt scheinen, sobald die große Suggestion 
unserer Ära in Frage kommt, durch Voraussetzung dessen, was 
bewiesen werden soll, der Circulus vitiosus geschlossen wird. 

Eschle (Sinsheim). 


Th. Escherich. Die Erfolge der Serumbehandlung des Schar¬ 
lachs an der Universitäts-Kinderklinik in Wien. 

(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 23.) 

112 Fälle injiziert mit dem Moserschen Serum, und zwar mit 
sehr günstigem Heilerfolge. Exantheme, Ödeme und mehr weniger 
lang dauernde Fieberzustände als Folge der Injektion wurden in etwa 
75°/ 0 beobachtet; doch nie entstand ein bleibender Nachteil, und 
steht zu hoffen, daß man diese unangenehmen Begleiterscheinungen 
mit der Vervollkommnung der Herstellung wird vermeiden lernen* 
Das Serum wurde in Dosen von 100—200 ccm an einer Stelle der 
seitlichen Bauchwand subkutan injiziert, die Injektionsöffnung durch 
Jodoformkollodium sorgfältig verschlossen. 

Zur Beurteilung des Effekts zieht E. jene sogenannten verlorenen 
Scharlachfälle heran; wo schwere toxische Symptome im Vordergrund 
stehen. Hier ist die Wirkung des Serums, die volle Dosis und die 
frühzeitige Injektion vorausgesetzt, eine zauberhafte. Nach einigen 
Stunden Abfall der Temperatur, Sinken der Puls- und Atemfrequenz, 
Schwinden von Somnolenz und Delirien, es zeigt sich Euphorie, 
Neigung zur Nahrungsaufnahme — kurz, ein total verändertes Bild. 

Man ist nach E.s Ansicht mit Entdeckung dieses Serums an 
einen Wendepunkt in der Behandlung des Scharlachs angelangt Frei¬ 
lich, man steht erst in den ersten Anfängen der Methode, noch ist 
der Preis ein hoher, es muß eine große Quantität injiziert werden, 
es zeigen sich unangenehme Nebenerscheinungen, welche es recht- 
fertigen, daß man vorläufig nur die schwereren Fälle injizieren wird. 
Es ist aber zu hoffen, daß, wie bei dem Diphtherieserum, nach und 
nach eine Vervollkommnung eintreten wird — zum Segen der Schar- 
lachpatienten. G r ä t z c r. 


Günther. Eine bösartige Scharlachepidemie. 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 24.) 

G. beobachtet jetzt in Höchstadt a. A. und Umgegend eine sehr 
bösartige Scharlachepidemie, die hauptsächlich Erwachsene betrifft 
und mit solch rapider Heftigkeit einsetzt, daß in den schweren Fällen 


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II. Referate. 


475 


der Tod oft schon innerhalb 24 Stunden unter den Zeichen schwerster 
Sepsis eintritt. Das Leiden beginnt plötzlich mit Erbrechen und. 
zuweilen profusen Diarrhöen, die Temperatur erreicht rasch die Höhe 
von 40—41° und darüber, der Puls 150—160 wird rasch klein, 
manchmal unregelmäßig, die Konjunktiven sind stark injiziert, die 
Respiration beschleunigt und oberflächlich, das Sensorium benommen, 
manchmal Delirien oder Konvulsionen vorhanden, die Tonsillen ge^ 
schwollen und manchmal mit schmutziggrauen Belegen versehen, 
Lippen und Zunge trocken, starker Fötor, Submaxillardrüsen früh¬ 
zeitig erheblich geschwollen und schmerzhaft. 

Die Epidemie begann gleich mit solch einem schweren Falle, 
der wie eine schwere Vergiftung verlief und ohne Exanthem, so daß 
die Deutung schwer gewesen wäre, wären nicht unmittelbar darauf 
zwei Geschwister an typischer Skarlatina erkrankt. Bei dem völlig 
gesunden Kinde stellten sich plötzlich heftige Diarrhöe und starkes 
Erbrechen ein, die Temperatur betrug 42,4 0 (!), der Puls kaum fühl¬ 
bar; bald starke Benommenheit, Delirien und allgemeine Konvulsionen; 
Tonsillen nur leicht gerötet und geschwollen. 12 Stunden nach Be¬ 
ginn der Erkrankung Exitus. 

Ähnlich verliefen andere Fälle. Die Therapie war ihnen gegenüber 
völlig machtlos; Wein, Äther- und Kampferinjektionen, heiße Bäder 
und Ein Wickelungen, Koffein, natr.-benz. usw. hatten nicht den ge¬ 
ringsten Effekt. Die Beobachtung zeigt, daß diejenigen Fälle, die 
gleich zu Beginn mit starkem Benommensein des Sensoriums einher¬ 
gehen, alle tödlich enden, während Klarbleiben desselben selbst bei 
sonst gleichen Symptomen als günstiges Zeichen anzusehen ist. 

Die mittelschweren Fälle sind durchgehends mit Nachkrankheiten 
kompliziert. Grätzer. 


Raoul Labbe. Äpreuve de la chlorurie alimentaire dans la 


scarlatine et la diphth^rie l’enfance. 


(Archives de mödecine des enfants, September 1903.) 

L. hat die Versuche von Achard und seinen Schülern nach¬ 
gemacht, denzufolge bei zahlreichen akuten Krankheiten eine förm¬ 
liche Retention von Chlornatrium im Organismus stattfindet, derart, 
daß nicht nur das Kochsalz der gewöhnlichen Nahrung zurückgehalten 
wird, sondern auch ein bedeutender Teil des zu experimentellen Zwecken 
eingeführten. Dasselbe soll in den Geweben bleiben und gleichzeitig 
auch einen gewissen Teil der zur selben Zeit eingeführten Flüssigkeits¬ 
menge dortselbst gebunden halten. 

Die Versuche, welche L. bei Kindern anstellte, denen er 5 g Koch¬ 
salz in Milch verabreichte, haben die Richtigkeit obiger Annahmen für 
Scharlach und Diphtherie nicht ergeben und gelangt Verf. zu folgenden 
Schlüssen. Bei Scharlach, im Anfangs- oder Endstadium, zeigen 
die Versuche für die alimentäre Chlorurie immer fast normale Ver¬ 
hältnisse; nach Einnahme von 5 g Kochsalz während eines oder 
mehrerer Tage, zeigte sich eine Vermehrung dieses Körpers im Harne, 
fast unmittelbar nach der Einverleibung, so daß die ausgeschiedenen 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11. 


Mengen den eingenommenen beinahe gleichkamen. Andererseits war 
auch die ausgeschiedene Urinmenge vermehrt, wenn auch weniger 
deutlich als die Kochsalzmenge. Bei Diphtherie waren die Resultate 
weniger klar, indem man eine Verspätung der Urinreaktion, oder in 
schweren Fällen eine Verminderung beobachten konnte. Eine ab¬ 
solute Retention wurde nur in zwei tödlich endigenden Diphtherie¬ 
fällen beobachtet. E. To ff (Braila). 


N. Mansurow. Über die sogenannte Rubeola scarlatinosa. 

(Praktitschesky Wratsch 1902 No. 43.) 


Die Rubeola scarlatinosa als besondere selbständige Krankheits¬ 
form mit charakteristischen Symptomen und eigentümlichem Verlauf 
ist nur von wenigen Autoren beschrieben worden und kommt nur 
selten zur Beobachtung. Von einigen wird ihre Existenz als sicher 
erwiesen betrachtet, während andere wieder sie leugnen oder den 
anormalen, jedoch echten Scharlachformen zuzählen. Angesichts dessen 
ist der vom Verf. mitgeteilte Fall, welcher seinen eigenen Sohn be¬ 
trifft, von nicht geringem Interesse. 

Um den 20. Februar 1902 erkrankte der 6jährige Knabe unter 
unbestimmten Symptomen (Apathie, Appetitlosigkeit, Verstopfung). 
Am 25. Februar abends stellte sich ein heftiges Jucken in Händen 
und Füßen ein und gleich darauf trat ein kleinpapulöses, punktförmiges, 
rosenrotes Exanthem auf; die einzelnen Effloreszenzen waren von 
Stecknadelkopfgröße und sahen dem Ausschlag bei miliarem Scharlach 
außerordentlich ähnlich. Im Laufe der Nacht verbreitete sich das 
Exanthem über die Extremitäten, ging auf den Rumpf über und 
zeigte sich des Morgens auch auf dem Gesichte, während Lippen und 
Kinn frei blieben; am Gaumen waren ebenfalls vereinzelte Efflores¬ 
zenzen zu bemerken, im Rachen die Erscheinungen eines ganz leichten 
Katarrhs. Das Jucken bestand in unverminderter Heftigkeit fort. 
Am folgenden Tage nahm der Ausschlag eine mehr dunkle, rote 
Farbe an, und die submaxillaren Drüsen schwollen ziemlich bedeutend 
an. Die Körpertemperatur blieb mit Ausnahme einer geringfügigen 
Steigerung (bis auf 38,0°), welche mit der stärksten Eruption koin- 
zidierte, die ganze Zeit über normal. Der Kranke klagte über Schluck¬ 
beschwerden, geringe Lichtscheu mit Tränenträufeln und über einen 
leichten Schnupfen mit Husten. Im übrigen boten die inneren Organe 
nicht die mindesten Abweichungen von der Norm dar, und das Kind 
war sogar meist außer Bett. Am fünften Tage nach Beginn der 
Eruption blaßte das Exanthem völlig ab und verschwand, worauf eine 
kleienförmige Abschuppung eintrat, welche 10—12 Tage andauerte. 

Von Besonderheiten dieses Falles ist hervorzuheben, daß erstens 
die Eruption an den unteren Extremitäten begann und von dort aus 
sich nach oben ausbreitete, daß zweitens die Vergrößerung der Hals¬ 
drüsen nach dem Verschwinden des Ausschlages länger anhielt, als 
in den bisher beschriebenen Fällen, daß drittens von den Geschwistern 
des kleinen Pat. trotz Beisammenseins sich niemand ansteckte und 
daß viertens nach der Abschuppung lange Zeit hindurch gelb-bräun- 


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II. Beferate. 


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liehe Fleckchen, ganz besonders an den Stellen der stärksten Ent¬ 
wicklung des Exanthems, zu sehen waren. 

Was die Diagnose in diesem Falle betrifft, so gemahnte das 
klinische Bild bezüglich der äußeren Erscheinungen an einen leichten 
Scharlach, bezüglich der übrigen Symptome gewissermaßen an Masern. 
Gerade derartige Fälle wurden auch von Prof. N. Filatoff unter 
der Bezeichnung „Rubeola scarlatinosa“ beschrieben. 

A. Dworetzky (Moskau). 


A. Doebert. Eine Scharlachepidemie auf der Masernstation. 

(Jahrbuch f. Kinderheilkunde, Bd. 57, Heft 2.) 

An zehn Fällen von Scharlach bei masernkranken- bezw. rekon¬ 
valeszenten Kindern beobachtete D. folgendes: In der Hälfte aller 
Fälle war das Exanthem durchaus kein typisches, sondern undeutlich 
und meist sehr flüchtig. Den Grund dafür sieht D. darin, daß die 
Körperdecke, die noch vor kurzem durch die Maserneruption in so 
intensiver Weise in Anspruch genommen war, auf die Hautphänomene 
der neuen Affektion nicht immer in so heftiger Weise reagiert. Fast 
sämtliche Kinder litten an Durchfall vor Ausbruch des Scharlach¬ 
exanthems. Die Anzahl der Komplikationen war auffallend groß. 
Es traten bei 9 Fällen auf: 5mal Otitis, 4mal Nephritis, 2mal nekro¬ 
tisierende Angina, 1 mal Septicopyämie, 1 mal Enteritis, 1 mal schwere 
Lymphadenitis mit tötlichem Ausgange. Hecker (München). 


M. Ch. Aubertin. Das Einschlafen der Hände bei Scarlatina. 

(Archives de m6d. desjenfants, April 1903.) 

Paul Mayer hatte letzthin die Aufmerksamkeit auf ein un¬ 
bekanntes Symptom des Scharlachs gelenkt, bestehend in einem Ge¬ 
fühl von Ameisenlaufen, von Eingeschlafensein der Hände, welches 
gleichzeitig mit der Eruption auftritt und 1—1*/ 2 Tage dauert. 
Mitunter besteht auch eine gewisse Schwäche der betreffenden Ex¬ 
tremitäten, so daß die Bewegung oder das Ergreifen Schwierigkeiten 
macht. A. konnte sich an eigener Person von der Richtigkeit der 
erwähnten Symptome gelegentlich einer Scharlacherkrankung über¬ 
zeugen. Er verlegt dasselbe hauptsächlich in die palmare Fläche 
der Finger, in den Thenar und Hypothenar. Die Bettwärme und 
die Bewegung der Finger verstärken dasselbe. Mayer hat dieses 
Symptom nur bei Scharlach gefunden und bei keinem der anderen 
skarlatiniformen toxischen oder infektiösen Erytheme; er hält das¬ 
selbe für pathognomisch und führt es auf eine Einwirkung des 
Scharlachgiftes auf das Rückenmark oder die peripheren Nerven 
zurück E. Toff (Braila). 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. Mo. 11. 


S. Sufrin. Zwei seltene Fälle von infektiöser Hemiplegie bei 

Kindern. 

(Spitalul 1903 No. 3.) 

In einem dieser Fälle bandelte es sich um ein 4jähriges Kind, 
welches eine mit Angina pnltacea komplizierte Skarlatina durchgemacht 
hatte. Dasselbe war bereits fieberfrei, als zwei Wochen nach Krank¬ 
heitsbeginn plötzlich Erbrechen, Oligurie und Temperatur über 40° C. 
auftraten. Der Harn war eiweißhaltig, Puls und Respiration 'sehr 
beschleunigt. Nach 2 Tagen traten Konvulsionen auf, dann ent¬ 
wickelte sich eine rechtsseitige Hemiplegie mit Aphasie. Der 
Zustand dauerte 8 Tage, wo dann unter Anurie, Dyspnoe und Koma, 
Exitus letalis eintrat. 

Im zweiten Falle trat eine ähnliche Lähmung bei einem 
jährigen Knaben auf, welcher vor 12 Wochen eine anscheinend leichte 
Skarlatina durchgemacht hatte. Wenige Tage vor Beginn der Lähmung 
hatte derselbe Diphtherie, welche auf Serumeinspritzung rasch ver* 
schwand, doch wurde gleichzeitig Oligurie und Eiweiß im Harne 
beobachtet. In den folgenden Tagen mehrfache urämische Anfalle, 
Trismus, Epistaxis und plötzlich, unter Bewußtseinsverlust, Auftreten 
einer totalen, rechtsseitigen Hemiplegie mit Aphasie. Als S. das 
Kind zum letzten Male sah, war der Zustand erheblich gebessert. 

S. glaubt, daß die Ursache dieser Lähmungen in kapillaren 
Blutungen der linken Hirnhemisphäre zu suchen sei und nimmt an, daß 
durch die Mikroorganismen — oder durch ihre Toxine — eine deletäre 
Wirkung auf die Blutgefäße, oder eine Veränderung der Blutbeschaffen¬ 
heit bewirkt wurde, welche Blutergüsse durch Diapedesis oder durch 
Rupturen der kleinen Blutgefäße zur Folge hatte, e. Toff (Braila). 


H. Pfister. 


Über das Gewicht des Gehirns und einzelner 


Hirnteile beim Säugling und älteren Kinde. 

(Neurol. Centralbl. 1903 No. 12.) 

P. gibt die Gesamtresultate seiner an 302 Gehirnen vorgenom¬ 
menen Wägungen. Und zwar handelte es sich um 161 Knaben- und 
141 Mädchengehirne, von denen 228 auch zu Teilwägungen benutzt 
wurden. 

Die betreffenden Kinder starben im Alter von einer Woche bis 
zu 14 Jahren. Die Gehirne wurden unmittelbar nach der Heraus¬ 
nahme mit den weichen Häuten gewogen. Es ergab sich folgendes: 
Das mittlere Gesamthirngewicht ist auf allen Alterstufen bei Knaben 
größer als bei Mädchen. Die Differenz wächst mit dem Alter. Bei 
beiden Geschlechtern wächst im Laufe der Entwicklung das Hirn¬ 
gewicht so, daß das erste Drittel des Gesamtzunahme schon mit 
Ende des achten Monats, das zweite Drittel in der ersten Hälfte des 
dritten Lebensjahres erreicht ist. Von da ab findet eine immer 
langsamer werdende Zunahme statt, die jedenfalls erst lange nach dem 
14. Lebensjahre abgeschlossen ist. Auf allen Altersstufen zeigt das 


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II. Referate, 


47» 


individuelle Gesamthirngewicht eine ungemeine Variabilität. Bei 
Knabenhirnen aus der 2. und 3. Woche beträgt z. B. der maximale 
Gewichtsunterschied bereits über 160 g. Das absolute Gewicht des 
Kleinhirns ist auf allen Altersstufen bei den Mädchen geringer als bei 
den Knaben. Bei Kindern desselben Alters und Geschlechts kommen 
merkbare Schwankungen der absoluten Kleinhirngröße vor. Das 
durchschnittliche Kleinhirngewicht normaler Neugeborener beträgt un¬ 
gefähr 20 g, dasjenige Erwachsener 135—150 g. Von dieser Zunahme 
wird das erste Drittel mit dem sechsten Monat, das zweite vor Ende 
des zweiten Lebensjahres erreicht. Es wächst demnach das Klein¬ 
hirn verhältnismäßig schneller heran als das Gesamthirn, auch als 
das Großhirn und nimmt relativ viel bedeutender an Gewicht zu als 
die übrigen Hirnteile. Das mittlere Großhirngewicht der Knaben 
übertrifft zu allen Zeiten das der Mädchen. Das erste Drittel der 
Gewichtszunahme des Großhirns wird im 9.—10. Monat, das zweite 
ungefähr in der Mitte des dritten Jahres erreicht. Auch das Gro߬ 
hirngewicht zeigt eine große Variabilität (bei Knaben von 6 Wochen 
bereits Differenzen um fast 150 g!). Ein konstanter Größenunter¬ 
schied zugunsten einer bestimmten Hirnhälfte existiert nicht. In 
wenig mehr als der Hälfte aller Fälle (in 54,5°/ 0 ) war die linke 
Hemisphäre schwerer als die rechte. In 3,6 °/ 0 wogen beide Hälften 
gleichviel. 

Medulla oblongata, Pons und Vierhügelpartie nehmen von etwa 
5,5 g beim Neugeborenen bis zu ca. 27—28 g zu. 

Im extrauterinen Leben findet durch das ungleichmäßige Wachs¬ 
tum der einzelnen Hirn teile eine Verschiebung ihres relativen Gewichts 
der Art statt, daß, während das Kleinhirngewicht von etwa 5,5°/ 0 
beim Neugeborenen auf nahezu 11 °/ 0 beim Erwachsenen, der Hirnrest 
(Medulla oblongata + Pons + Vierhügel) von etwa 1,6 auf 2°/ 0 des 
Totalhirngewichtes ansteigen, gleichzeitig das relative Großhirngewicht 
von fast 93°/ 0 auf mittlere 87,5°/ 0 herabsinkt. Kurt Mendel. 


E. YOIl Lange. Die Gesetzmäßigkeit im Längenwachstum des 

Menschen. 

(Jahrbuch für Kinderheilkunde, Bd. 57, Heft 3.) 

Die außerordentlich interessante Arbeit muß im Original nach¬ 
gelesen werden. Zur Orientierung und Empfehlung greife ich folgendes 
heraus. Die Körperlänge hat als Maß dadurch besonderen Wert, 
daß sie die Fähigkeit besitzt, als Gradmesser des gesamten körper¬ 
lichen Wachstums zu dienen. Vermöge ihrer Zusammensetzung aus 
den Längenmaßen von Kopf, Hals, Rumpf und Bein summiert sich in 
ihr das Einzel Wachstum dieser Körperteile stets zu einem Werte, der 
jede andere Maßzunahme am Körper weit übertrifft und selbst geringe 
Fortschritte noch erkennen und verfolgen läßt. Sie behält bei auf¬ 
gerichtetem, wie bei ausgestreckt liegendem Körper ihr jeweiliges 
Maß fest bei, abgesehen von minimalen Bewegungen in den Gelenken, 

Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII. 34 

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Contralblatt für Kinderheilkunde. No. 11. 


die uns indes nach ihrer Größe bekannt und daher kontrollierbar 
sind. Ihre Veränderung vollzieht sich unter normalen Verhältnissen 
nur nach einer Richtung, nach der einen stetigen, mehr oder weniger 
raschen Maßzunahme nicht so wie z. B. das Körpergewicht, das 
vielfachen Schwankungen unterworfen ist, sie weist während der 
Wachstumsperiode nur Fortschritte und höchstens zeitweisen Stillstand, 
nie aber Rückschritte im strengen Sinne des Wortes auf. 

Die normale Körpergröße bei Neugeborenen bewegt sich bei 
allen Rassen und Völkerschaften in einem stets wiederkehrenden 
Wertverhältnis zur mittleren Körpergröße der Erwachsenen, und 
zwar in dem Verhältnis 1 zu 3 bis 3 2 / a ; für die germanischen Völker¬ 
schaften gilt als Mittelwert der Geburtsgröße von Knaben wie Mäd¬ 
chen eine Größe von 49—50 cm. Das Körper Wachstum des Neu¬ 
geborenen steht noch unter dem unmittelbaren Einfluß der Energie, 
welche sich gegen Ende der fötalen Vorperiode ausgebildet hat. 
Diese sehr hochgradige Energie zeigt jedoch durch die veränderte 
Ernährung sehr bald eine beträchtliche Abnahme; so zwar, daß bei 
normalem Wachstum die Größenzunahme des ersten Lebensjahres 
nicht mehr die Hälfte, jene des zweiten Lebensjahres nur mehr das 
Fünftel des intrauterinen Wachstums erreicht. Das wuchtige Auftreten 
und die rapide Abnahme der Wachstumsenergie innerhalb der zwei 
ersten Lebensjahre tritt am anschaulichsten vor Augen, wenn wir 
den Zeitraum berechnen, welcher bei eventueller Fortdauer dieser 
Energiegrade erforderlich wäre, um eine Manneshöhe von 170 cm zu 
erreichen. Ein Neugeborener würde dazu statt 19—20 Jahre nur 
1 Jahr 4 Monate brauchen, falls die Wachstumsenergie die gleiche 
wie am Anfänge bliebe. 

Die Verbindungslinie zwischen den von Jahr zu Jahr erreichten 
ordinaten Höhen ist keine ansteigende Gerade, sondern eine Kurve, 
die an der Geburtsordinate sich jäh erhebt und nach Beschreibung 
eines mehr oder weniger bewegten Bogens am Ende ihres Höhen¬ 
laufes ganz allmählich in die Horizontale übergeht. Das Fötalwachs¬ 
tum charakterisiert sich dadurch, daß das stärkste Wachstum in den 
5. Monat fällt und daß während des 7. und 8. Monats eine auffallende 
Minderung des Wachstums auftritt, während erst vom 9. Monat an 
von neuem ein rapides Wachstum folgt. 

Das gesteigerte Wachstum während der ersten Lebensjahre ist 
kein gleichmäßiges, sondern ein in seiner Stärke stetig abnehmendes. 
Vom dritten Lebensjahre an hält das Längenwachstum ein ziemlich 
konstantes Tempo ein. Das Wachstumsbild von 4.—20. Lebensjahre 
läßt sich in drei Teile zerlegen: 1. Fortsetzung des gegen das dritte 
Lebensjahr eingetretenen ruhigen Wachstums mit stetig sich ver¬ 
ringernder Energie und Längenzunahme. 2. Impulsive Steigerung 
der Wachstumsenergie und Längenzunahme im zeitlichen Zusammen¬ 
hänge mit der Pubertätsperiode; im Wachstumsbilde gekennzeichnet 
durch impulsiven Anstieg der Wachstumskurve. 3. Abnahme der 
Wachstumsenergie und des Längenzuwachses bis zu ihrem vollen 
Erlöschen; im Wachstumsbilde Übergang der Wachstumskurve in die 
konstante horizontale Lage der nunmehr erreichten vollen Körper¬ 
länge. Der Kurvenanstieg zur Pubertätszeit stimmt mit der volks- 


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II. Referate. 


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tümlichen Beobachtung vom „Aufschießen des Körpers“ iiberein. Die 
Erreichung höherer Stufen der Körperlänge ist hauptsächlich der 
längeren Dauer eines intensiven Wachstums, weniger dagegen dem 
Zunahmegrad dieses Wachstums zuzuschreiben. Hecker (München). 


Ludloff (Breslau). Über Wachstum und Architektur der unteren 
Femurepiphyse und oberen Tibiaepiphyse. 

(Bruns Beiträge zur klin. Chir., Bd. 38.) 

Systematische Untersuchungen an Röntgenphotogrammen von 
Knien fast ausschließlich weiblicher Individuen von 3 / 4 —80 Jahren. 
Als praktisch wichtige Ergebnisse sind hervorzuheben 1., daß mehrere 
scheinbar pathologische Befunde im Röntgennegativ, wie Pro tuberanzen 
an den Condylen vom 2.—4. Lebensjahre und der dunkle Fleck in 
der Femurepiphyse im Alter von 4—15 Jahren, als normale Befunde 
anzusehen sind, da sie mit den Wachstums Vorgängen Zusammenhängen; 
2. konnten mit Hilfe dieser Bilderreihen bestimmte anatomische Tatsachen 
festgelegt werden, wovon besonders zu erwähnen ist, daß die Epiphysen¬ 
fuge an Femur und Tibia bis zum 15. Jahr persistiert, ferner, daß ge¬ 
mäß der Beanspruchung auf Druck im Condylus lateralis Längsknochen- 
bälkchen und der Beanspruchung auf Zug (durch Bänder, welche 
die Bildung von Genu valgum, wozu die Anlage in jedem Knie ge¬ 
geben ist, verhüten) im Condylus medialis Querknochenbälkchen auf- 
treten, schließlich, daß vom 25. Jahre ab bereits Merkmale von 
Knochenatrophie auftreten. Wegen weiterer Einzelheiten muß auf 
das Original verwiesen werden. V ulpius. 


Unser (Tübingen). Über die Beziehungen zwischen Neben¬ 
nieren und Körperwachstum, besonders Riesenwuchs. 

(Bruns Beiträge zur klin. Chirurgie, Bd. 37.) 

Schilderung eines Falles von Riesenwuchs bei einem 5 1 / 2 jährigen 
Knaben, der das Aussehen eines 16 —18jährigen bot. Auch die Ent¬ 
wicklung der Zähne und der äußeren Genitalien, sowie das Verhalten 
der Epiphysenlinien im Radiogramm entsprach diesem Alter. Pat. 
ging an einem Tumor des Abdomens zugrunde, der sich bei mikro¬ 
skopischer Untersuchung als ein Hypernephrom malignen Charakters 
erwies. Verf. nimmt an, daß die Vergrößerung der Niere in Zu¬ 
sammenhang stehe mit dem Riesenwuchs und führt als Beispiel 
mehrere Fälle aus der Literatur an, wo bei Tumoren der Neben¬ 
nieren abnormes Größenwachstum bezw. bei Degeneration derselben 
Zwergwuchs beobachtet wurde. L. empfiehlt bei Fällen von Zwerg¬ 
wuchs bezw. verlangsamtem Körperwachstum Nebennierenextrakt zu 
versuchen. Fütterung von Hunden mit Nebennierenpräparaten ergab 
zunächst rascheres Wachstum der Versuchstiere, doch wurde von den 
Kontrollieren der Vorsprung später wieder eingeholt. 

Vulpius (Heidelberg). 

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Centraibl&tt für Kinderheilkunde. No. 11. 


N. Swoboda. Ein Fall von chondrodystrophischem Zwerg¬ 
wuchs (Achondroplasie). 

(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 23.) 

10jähriges Mädchen, das die charakteristischen Zeichen dieses Zu¬ 
standes aufwies und doch selbst von kompetenten Beobachtern für 
rachitisch erklärt und demgemäß, natürlich ohne jeden Erfolg, be¬ 
handelt wurde (bekam z. B. 21 Flaschen Phosphorlebertran!). 

Gr&tzer. 


F. Michel. Osteogenesis imperfecta. 

(Virchows Archiv, Bd. 173, Heft 1 1903.) 

In dem in der Arbeit beschriebenen Falle handelt es sich um 
ein ausgetragenes, totgeborenes Kind mit äußerst plumpen, abnorm 
kurzen Extremitäten und einem noch häutigen Schädeldach. Die 
Skelettknochen bestanden aus einem äußerst dünnen Mantel von 
größtenteils verkalkten Knochenbälkchen. Durch diese abnorme Be¬ 
schaffenheit waren intrauterin zahlreiche Knickungen und Frakturen 
entstanden, die sich vorzugsweise in den abnorm dünnen Rippen, 
den Diaphysen der langen Röhrenknochen, den dünnwandigen Ver- 
knöcherungskernen der Wirbelbögen und merkwürdigerweise im 
Unterkiefer lokalisierten. An jenen Frakturstellen wurde das Periost 
zu einer oft bedeutenden Wucherung angeregt, die zu reichlicher 
Bildung von allerdings meist kümmerlichen, grobfaserigen Knochen¬ 
bälkchen führte. — Diese Knickungen und Frakturen sind nach 
Ansicht von M. entweder durch äußeren Druck, durch Anstemmen 
gegen die Wand des Fruchthalters, Anpressen der Beine gegen den 
Rumpf, oder durch Muskelzug entstanden. — Die Osteogenesis im- 
pprfekta ist ein anatomisch wie klinisch gut abgegrenztes Bild einer 
fötalen Erkrankung, welche sich darin charakterisiert, daß eine über 
das ganze Skelettsystem ausgedehnte mangelhafte Bildung von Knochen 
statthat bei annähernd normalem Verhalten der vorbereitenden Prozesse 
im Knorpel. Über die Ätiologie ist man sich noch im unklaren. 
Im vorliegenden Falle war Syphilis bestimmt auszuschließen. In der 
Literatur sind nur noch 12 genauere Beobachtungen bekannt. 

Schrtdde-Erlangen. 


Widal et RdYHUti Ictfere cliro]}i(^u6 acRolurn^ue congenital 
chez un homme de 29 ans. Augmentation passagfere et 
legfere du volume du foie et de la rate. Parfait £tat de la 

sante generale. 

(Gazette bebdomadaire, No. 92, 1902.) 

Der Pat. war von Kindheit an ikterisch ohne nachweisbares 
ätiologisches Moment. Abgesehen von einer vorübergehenden Obsti¬ 
pation bestanden keinerlei Krankheitserscheinungen, insonderheit 


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III. Aua Vereinen und Versammlungen. 


483 


keine dyspeptischen StöruDgen. Die Intensität des Ikterus schwankte, 
nahm aber selbst bei reiner Milchdiät nicht wesentlich ab. Der rot¬ 
braune Harn enthielt niemals Gallenfarbstoff, dagegen reichlich Uro¬ 
bilin. Der Stuhl war immer dunkel gefärbt, zuweilen sogar sehr stark. 
Das Blutserum war ebenfalls dunkler gefärbt und enthielt Gallenfarb¬ 
stoff. Die Zahl der roten und weißen Blutkörperchen war normal, 
die Widerstandfähigkeit der ersteren vermehrt, die Größe derselben 
überschritt etwas das normale Maß. Leber und Milz waren ver¬ 
größert, indessen schwankte ihr Volumen. Ascites bestand niemals. Ali¬ 
mentäre Glykosurie ließ sich nicht erzeugen. Methylenblau wurde 
in normaler Weise ausgeschieden. Es bestand Hyperazitität. Die 
Pulsfrequenz schwankte zwischen 40—60. Der Pat. zeigte keinerlei 
nervöse Erscheinungen, die Temperatur war normal. Der Vater des 
Pat. litt an Leberkoliken mit Ikterus infolge von Alkoholismus. 
W. u. R. führen diesen Ikterus zurück auf eine angeborene Entartung 
der Leberzellen, infolgedessen es zu einer stärkeren Sekretion von 
Galle käme, die ihrerseits die Gallenwege für Infektion empfänglicher 
mache. Schreiber (Göttingen.) 


III. Aus Vereinen und Versammlungen. 


Toskanische Sektion der Italienischen Gesellschaft für 

Pädiatrie. 


Sitzung vom 23. Juni 1903. 

Concetti (Rom): Ein Fall von bösartigem Lymphosarkom des Mesenteriums und 
DUnndarmes bei einem 5 jährigen Knaben. 

Der Tumor war bei Inspektion und Palpation des Abdomens konstatierbar. 
Der Verlauf war schnell und führte innerhalb von 3 Monaten nach dem Auftreten 
der ersten Symptome (Schmerzen) zum Tode. Bei der Autopsie fand man den 
apfelsinengroßen Tumor in den Drüsenmassen des Mesenteriums; ein 30 cm langes 
Stück des Dünndarms war in den Tumor aufgegangen. Eine Metastase fand sich 
in der Leber; desgleichen waren die Nieren erkrankt. Die histologische Unter¬ 
suchung ergab, daß es sich um ein Rundzellensarkom mit zahlreichen karyokine- 
tischen Figuren handelte. Kulturversuche ergaben zahlreiche Blastomycetenformen 
in Reinkultur: dieselben fanden sich auch bei mikroskopischen Untersuchung mit 
der Sanfeliceschen Färbung, am zahlreichsten in den ältesten Teilen des Tumors. 
Impfversuche verliefen ergebnislos. 

Comba (Bologna): Demonstrationen. 

C. zeigt die Photographie eines Knaben, der eine Adenopathia tracheo- 
bronchialis mit starker Kompression des rechten Kopf-Arm-Venenstamms und 
daraus folgender sehr markanter Entwicklung des entsprechenden Hautvenennetzes 
aufweist. 

Außerdem ein mikroskopisches Präparat von Liquor cerebrospinalis von einem 
Fall von tuberkulöser Meningitis mit zahlreichen Tuberkelbazillen und polymorph- 
nukleierten Leukozyten. 

Fede (Neapel): über die Ursachen der sublingualen Geschwulst (Rigasehe 
Krankheit). 

F. hat in vielen Publikationen auf die traumatische Entstehung der kleinen 
Tumörcben am Frenulum linguae hingewiesen, und zwar sollen sie infolge der 
Reizung durch die beiden unteren mittleren Sehneidezähne entstehen. Es bestehen 
jedoch Fälle, er selbst verfügt über solche, in denen vor der Dentition bereits 
Rigasche Krankheit vorlag; in diesen Fällen entsteht sie durch Reibung des 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11. 


Frenulum an dem außergewöhnlich scharfen Alveolarrand oder durch anhaltendes 
und schwieriges Saugen, wenn wenig oder keine Milch in der mütterlichen Mamma 
vorhanden ist. Diese Fälle bilden aber die Ausnahme; die Regel bildet die Ent¬ 
stehung infolge der Reizung durch die Schneidezähne, ln einem sehr aus¬ 
gesprochenen Fall war auf keine andre Weise Heilung zu erzielen, als durch Ex¬ 
traktion dieser Zähne. 

C. demonstriert einen Fall von „maligner“ Rigascher Krankheit, in dom 
das Kind sehr schlechten Allgemeinzustand, Anämie, Milzvergrößerung zeigt. 

Mya schließt sich der Erklärung für das Zustandekommen der Krankheit 
durch Irritation seitens der Schneidezähne au; er führt jedoch die merkwürdige 
Tatsache ihrer verschiedenen geographischen Verbreitung an; So kommt sie in 
den südlichen Provinzen Italiens, in Toscana z. B. sehr selten vor. Es müssen 
demnach also noch andere Faktoren, wie Klima usw. mitsprechen. 

Gaetano (Neapel): Einfluß der Infektion mit B. coli auf das Stickstoffgleich- 
gewicht und die Oxydationsvorgänge im Organismus. 

Aus G.8 Versuchen ergibt sich, daß bei nicht intensiver Infektion mit B. 
coli Stickstoffersparnis und bei intensiver Infektion Stickstoffdefizit vorhanden ist. 
Dagegen besteht immer Vermehrung der Oxydatio ns Vorgänge. 

Crisati (Florenz): Jodophile Reaktion und Glykosurie bei Kindern mit Keuchhusten. 

Die Jodophilreaktion bei 20 keuchhustenkranken Kindern gab 16 positive 
Resultate. Dagegen hat C. nur einmal bei diesen 20 Fällen Glykosurie gefunden. 
Das steht im Gegensatz zu der von einigen Autoren z. B. beim Diabetes ge¬ 
fundenen konstanten Beziehung zwischen Jodophilreaktion und Glykosurie. C. 
erklärt dies dadurch, daß das von der Leber ausgeschiedene Glykogen zum 
größten Teil in der Lunge umgewandelt wird, so daß das arterielle Blut, 
das durch die Nierenarterie zur Niere gelangt, nicht mehr genügend davon erhält, 
daß es zur Ausscheidung kommt. Dagegen fand sich bei 13 Kindern 12 mal 
Lävulosurie. 

Frontini (Bologna): Fall von Lungenhemie. 

Ein 3jähriger Knabe, bei dem ein taubeneigroßer Tumor im zweiten rechten 
Interkostalraum bestand, dessen Volumen mit den Respirationsbewegungen 
schwankte, am größten bei tiefen Respirationen und Hustenstößen war, bei der 
Exspiration fast verschwand. Diagnose: Lungenhernie infolge Aufbruch eines 
abgesackten Empyems nach innen; Pneumothorax fehlt wegen der Adhärenz der 
beiden Pleurablätter. 

Mya (Florenz): Nochmals Uber Larynxstenosen nach Serotherapie. 

M. hat schon früher auf das Auftreten einer akuten Larynxstenose als mög¬ 
liche, jedoch seltene Folge der Serotherapie aufmerksam gemacht. Er erklärte 
das Zustandekommen der Stenose durch ein subglottisches Ödem infolge eines 
toxischen Moments, wie es z. B. auch die Urticaria, Anasarka nach Serum¬ 
einspritzungen hervorrufe. Diese Stenosen erschienen gewöhnlich gleichzeitig mit 
den andern durch Seruminjektionen bedingten Symptomen. M. berichtet über 
einen neuen Fall, in dem die stenotischen Erscheinungen gleichzeitig mit einer 
sehr intensiven Urticaria auftraten und verschwanden. Man muß sich hüten, 
solche Fälle für diphtherische Reinfektion zu halten und demgemäß mit neuen 
Serumeinspritzungen vorzugehen. 

Pacchioni (Florenz): • Assoziation des Diphtheriebazillus mit dem Vincentschen 
Bazillus. 

Drei Fälle, in denen die Assoziation des Diphtheriebazillus mit dem B. 
Viucentii sich fand, haben P. zu der Ansicht gebracht, daß hier eine wohlcharak¬ 
terisierte klinische Varietät vorliegt, die durch ein grau-schwarzes, wenig kon¬ 
sistentes und fötid riechendes Exsudat gekennzeichnet ist. 

Rossi (Bologna): Eitrige Streptokokkenperitonitis bei einem Mädchen. 

Möglicherweise war die Eingangspforte für den Eiterreger in diesem Fall 
die Tonsille; es fand sich nämlich gleichzeitig^eine leichte Tonsillitis. Nach 
Operation trat Heilung ein. 

Caccia (Florenz): Ein ungewöhnlicher Fall von doppeltem Retro-Pharyngealabszeß. 

Nach Inzision und Entleerung eines auf der rechten Seite der hinteren 
Pharynxwand bestehenden Abszesses blieb ’nocli eine harte Geschwulst in der 
Mittellinie bestehen, durch die der Laryuxeingang so verlegt wurde, daß zur 
Tracheotomie geschritten werden mußte. Nach einigen Tagen erweichte sich die 
Geschwulst, wurde iuzidiert und es entleerte sich reichlich Eiter. 


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III. Aus Vereinen und Versammlungen. 


485 


Caccia (Florenz): Die Drainage der Luftwege bei Tracheotomierten. 

C. macht darauf aufmerksam, daß tracheotomierte Kinder auf den Versuch 
des Decanulements mit Temperatursteigerungen und bronchitischen Erscheinungen 
reagieren. 

Giarrä: Anormale Formen kindlicher Influenza. F. 

Gesellschaft schweizerischer Pädiater. 

(Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte 1903 No. 18.) 

Die diesjährige Versammlung fand anläßlich des schweizerischen Ärztetages 
in Lausanne statt. Die Gesellschaft, welche nun 42 Mitglieder zählt, vereinigte 
sich am 13. Juni morgens 8 Uhr unter dem Präsidium von Prof. Hagenbach- 
Burckhardt in der Kapelle des Kantousspitales. Für die nächste dreijährige 
Periode wurde als Vorstand gewählt: Prof. Combc als Präsident, Prof. Stooss als 
Vizepräsident, Dr. Campart als Aktuar. 

Hierauf nahm Prof. Combe das Wort zu eiaer Reibe klinischer Demon¬ 
strationen: 

1. ln erster Linie wurde ein Kind mit akuter Tetanie vorgeführt. Diese 
Krankheit ist in Lausanne im Frühjahr häufig und zeigt sich unter drei Formen, 
als Tetanismus, akute und chronische Tetanie. Der Tetanismus (latente 
Tetanie) charakterisiert sich durch fünf Symptome, von denen aber nur zwei 
pathognomonisch sind, das Erb sehe Zeichen: die anormale Reaktion der Nerven 
auf den elektr. Strom und das Trousseausche Zeichen: die anormale Reaktion 
der vasomotorischen Nerven. Die übrigen drei Zeichen, das von Chvostek Sohn 
(abnormale Erregbarkeit der Muskeln), das von Chvostek Vater (abnormale Er¬ 
regbarkeit der motorischen Nerven), und das Zeichen von Schultze (abnormale 
Erregbarkeit der sensiblen Nerven) finden sich auch bei Nervosität, Hysterie, 
Meningismus usw. Die latente Tetanie kann mit Spasmus glottidis und Konvul¬ 
sionen kompliziert sein. Die akute Tetanie äußert sich in Anfällen titanischer 
Steifigkeit, abwechselnd mit freien Intervallen, in denen das Kind die fünf ge¬ 
nannten Zeichen aufweist, mit Kontrakturen der Hände und Füase. Die chronische 
Tetanie zeigt eine allgemeine Steifigkeit ohne die Zeichen des Tetanismus, aber 
mit den charakteristischen Kontrakturen der Hände und Füsse. Es ist auffallend, 
daß die Tetanie in Lausanne häufig auftritt, in der übrigen Schweiz dagegen 
selten. 

2. Ein Fall von Benediktscher Krankheit. 

Das betreffende Kind wurde im Alter von 6 Jahren 8 Tage nach einer Influenza 
(gastrointestinale Form) von Ptosis, divergierendem Strabismus mit Dilatation der 
Pupille des linken Auges befallen. 15 Tage später entwickelte sich eine langsam 
progressive Parese von Arm und Bein rechterseits. ein Monat nachher ein Spasmus 
von Abducens und Facialis linkerseits; endlich 3 Monate später traten zu der rechts¬ 
seitigen, spastischen Hemiparese ausgeprägte choreatische Bewegungen hinzu, 
ebenso im unteren Facialis-Gebiet und im Äbducens linkerseits. Es handelt sich 
also in diesem merkwürdigen Fall um eine alternierende Lähmung des 3., 6. und 
7. Kopfnerven linkerseits und der rechten Körperhälfte, entsprechend einer Kom¬ 
bination der Kraukheitsformen von Weber und Milliard Gubler, aber hier 
ist diese alternierende Lähmung spastischer Natur und von choreatischen Lähmungen 
begleitet. 

Zuerst durch Benedikt in Wien 1889 beschrieben, wurde diese Krankheits¬ 
form durch Charcot (1893) und Gilles de la Tourette (1900) näher studiert. 
Diese Autoren haben 6 Fälle davon in der Literatur gefunden. Alle diese Fälle 
zeigen eine spastische Hemiplegie mit Hemi-Tremor und Lähmung des Oculo- 
motorius der anderen Seite, herrührend von einer Erkrankung des Großhirn¬ 
schenkels. In unserem Falle kombiniert sich die spastische Hemiplegie, verbunden 
mit rechtsseitigem Hemi-Tremor außerdem mit eiuem Hemispasmus des 6. und 
7* Kopfnerven; es handelt sich also um eine Affektion des Gehirnschenkels und 
der Brücke. 

Aus verschiedenen Gründen, welche der Vortragende auseinandersetzt, muß 
die vorliegende Erkrankung verursacht sein durch eine Poliomesencephalitis 
(Typus Wernicke). 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11. 


3. Zwei Fälle von Hydrocephalus acquisitus bei zwei Kindern von 4 und 6 Jahren. 
I Im ersten Fall handelt es sich um einen idiopathischen Hydrocephalus 
auf Grund einer Meningitis serosa, entstanden im Verlauf einer Lungenentzündung» 
Im zweiten Fall ist der Hydrocephalus sekundär entstanden infolge eines Solitär¬ 
tuberkels des Cerebellums. 

4. Prof. Combe zeigt Fälle von Myxoedem, seit 6 Jahren mit Schilddrüsen¬ 
präparaten behandelt. Seine Erfahrung, beruhend auf ca. 30 Fällen, erlaubt 
folgende Schlüsse: Bei allen verschwindet der myxoedematöse Zustand; das Ge¬ 
sicht, die Zunge, die Haut werden normal. Das Wachstum wird normal bei de» 
Kindern, wo die Behandlung vor dem zweiten Jahr begann, fast normal, wo sie 
vor dem zehnten Jahr begann, es bleibt aber sehr zurück, wenn die Behandlung 
erst später einsetzt. Die Intelligenz wird normal bei den Kindern, wo die Be¬ 
handlung vor dem sechsten Lebensmonat beginnt, sie bleibt zurück wenn die Be¬ 
handlung erst im zweiten Jahr beginnt, sie entwickelt sich sehr wenig, wenn die 
Behandlung erst nach dem zehnten Jahr einsetzt. 

5. In letzter Linie spricht der Vortragende über Infantilismus. Wie Hertoghe 
und Ausset, nimmt er einen myxoedematösen Infantilismus an, aber entgegen 
diesen Autoren glaubt er wie Hutinel, daß der Infantilismus nur ein Symptom 
ist, welches durch zahlreiche Krankheiten der Eltern verursacht werden kann (Lues, 
Tuberkulose, Alkoholismus, Malaria), und auch durch angeborene oder erworbene 
Krankheiten der Kinder selbst: angeborene Herzfehler und chronische Darmleiden. 
Zur Illustration dieser Auffassung zeigt Prof. Combe ein Mädchen von 5 Jahren 
mit Infantilismus, verursacht durch einen Mangel des Ventrikelseptums des Herzenq 
Roger sehe Krankheit). Er zeigt sodann eine Reihe anatomischer Präparate von 
Kindern mit angeborenen Herzfehlern, welche im Spitale gestorben waren. 


Berliner med. Gesellschaft. 


(Sitzungen vom 11 . bis 25. März 1903.) 
(Schluß). 


Ledermann demonstriert 3 Fälle von Aplasia pilorum moniliformis, darunter 
einen 10 jährigen Knaben, der äußerst spärlichen Haarwuchs aufweist. Haare 
dünn, glanzlos, meist nur einige cm lang, viele dicht über der Kopfhaut abge¬ 
brochen und wie feine Stoppeln die Kopfhaut bedeckend, die teilweise atrophisch 
verändert ist, teilweise kleine, an die Haarfollikel gebundene, schuppenbedeckte 
Knötchen zeigt (Lichen pilaris oder Keratosis follicularis). Die Affektion bestand 
seit den ersten Lebensmonaten, nachdem das ursprünglich reichlich vorhandene 
Haarkleid ausgefallen war. Die mikroskopische Untersuchung ergab das typische 
Bild der Spindelhaare. Die 42jährige Mutter des Pat. leidet seit ihrer Jugend 
an der gleichen Affektion und trägt eine Perücke. Die Affektion — sie besteht 
darin, daß die Haare abwechselnd spindelförmige Anschwellungen mit mehr oder 
weniger starker zentraler Luftfüllung und Einschnürungen zeigen, an denen das 
Mark häufig ganz verloren gegangen ist, so daß sich die beiden Kutikularsäume 
fast berühren — tritt meist hereditär auf und ist im Sinne einer Hemmungs¬ 
bildung aufzufassen; die Therapie ist machtlos. 

Mosse stellt 3 Kinder mit angeborenen Herzfehlern vor. Zunächst eine»; 
10 jährigen Jungen, bei dem erstens ein systolisches Geräusch über der ganzen! 
Herzgegend auffällt, das sein Punctum maximum nicht über einem Ostium, sondern 
in der Mitte der Herzdämpfung, im 4. Interkostalraum hat. Zweitens fühlt man 
ein sehr intensives transversales Schwirren ebenfalls am deutlichsten im 4. Intern 
kostalraum, und zwar in der Richtung von links nach rechts hinübergehend. 
handelt sich höchstwahrscheinlich um einen angeborenen Defect im Septum 
ventriculorum. Um die Verschiedenheit der Intensität des systolischen Ge¬ 
räusches beim Septumdefekt und bei Pulmonalstenose zu demonstrieren, zeigt M. 
einen 6 und einen 272 jährigen Jungen mit kongenitaler Pulmonalstenose. Bei dem 
älteren, durch intensive Cyanose auffallenden Knaben hat M. eine Blutunter¬ 
suchung gemacht, die, wie in den meisten Fällen der Literatur, Hyperglobulie, 
Vermehrung der roten Blutkörperchen ergab. 

A. Baginsky führt einen Krankheitsfall mit einer eigenartigen Veränderung^ 


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IIL Aus Vereinen und Versammlungen. 


487 


der Haut vor, vielleicht ein Unicum. Zunächst aber demonstriert er, um zu 
illustrieren, daß jenes Kind nicht an Sklerodermie leidet, ein anderes mit wirklicher 
Sklerodermie behaftetes Kind, das am 15. Oktober 1902 geboren, im Sommer v. J. 
erkrankte, indem sich ohne besondere Ursache am rechten Oberschenkel, der 
Trochanterengegend entsprechend, eine kaum groschengroße, bläulich-weiße Steile 
zeigte, die allmählich größer wurde und sich schließlich in eine strahlige, wei߬ 
glänzende, narbenähnliche, flache Stelle um wandelte. Nacheinander entstanden 
mehrere solche Flecken am rechten Hinterbacken, am Rücken, am Fußrücken, in 
der Gegend des rechten äußeren Knöchels. Seither ist nun bei dem bis dahin ger 
sunden, einzigen Kinde gesunder Eltern keine therapeutische Maßnahme imstande 
gewesen, das Leiden aufzuhalten, das vielmehr stetig fortschritt. Man konstatiert, 
aaß die ganze Trochanterengegend bis über den rechten Hinterbacken hinauf in 
eine Art von tiefgehender, von einer strahlig glänzenden, härtlich sich anfühlenden, 
Von dicker Haut bekleideten Narbe verwandelt ist, so zwar, daß die Haut wie 
an den Knochen angepreßt und festgeheftet erscheint. Ebenso am rechten 
Unterschenkel, fast in der ganzen Ausdehnung des unteren Drittels, und in der 
Umgebung des äußeren Knöchels, wo die Haut so fest und derb dem Knochen 
aufliegt, daß sie nicht abhebbar, sondern an dem Knochen festgeheftet erscheint. 
Ähnlich am rechten Fußrücken. Aber auch sonst an den verschiedensten Körper¬ 
stellen kleine, sonderbare Figuren bildende, bläulich-weißglänzende Stellen, offen¬ 
bar Anfänge der gleichen Veränderungen, die sich als echte progressive Sklero¬ 
dermie (en plaques) charakterisieren, eine bei Kindern recht seltene Affektion. 
Warme Seifenbäder mit Massage und Fetteinreibungen haben bisher ebensowenig 
Erfolg dagegen gehabt, wie Soolbäder und Salol intern. Das andere, 5 8 / 4 Jahre 
alte Kind bekam anfangs Februar d. J., nachdem es einige Tage appetitlos und 
unwohl gewesen, eine Verhärtung der Haut am Halse, die nach der Beobachtung 
der Mutter alsbald sich weiter ausdehnte, so daß letztere die Aufnahme ins Kranken¬ 
haus veranlaßte. Hier ergab die Untersuchung folgendes: Die ganze Gesichts¬ 
haut, bis auf eine kleine Partie um den Mund herum, auch Wangen, Augenlider, 
Stirnhaut fühlen sich bretthart und fest an; die Haut am Kinn und unterhalb 
desselben am ganzen Halse und Nacken ist derb, fest, steif, an der Oberfläche 

f latt und zart, nicht rauh, aber so derb und fest, daß man ein festweiches Stück 
Kautschuk anzufassen glaubt. Ebenso die gesamte übrige Körperhaut: überall die 
glatte Oberfläche ohne Abschuppung oder besonders auffallende Farbe, die fest¬ 
weiche kautschukähnliche Konsistenz, die aber nicht allein die Haut betrifft, 
sondern auch Unterhautzellgewebe und Muskeln — Sensibilität normal, ebenso 
Motilität, das Kind springt lustig herum, Sprache und Schlingen unbehindert, 
Haut- und Muskelreflexe normal. Neben der Glätte, Faltenlosigkeit und Ver- 
strichenheit der Haut fällt auch die Steifheit des Haupthaares sofort auf. Mit 
Sklerodermie hat der Zustand sicher nichts zu tun, auch um Skierödem, Sklerema 
adiposum handelt es sich nicht, mit Myxödem ist das liebliche, gescheite Kind 
sicher auch nicht behaftet. B. möchte die sonderbare Erkrankung als „Staitino- 
dermie“ (teigige Haut) bezeichnen. 

A. Baginsky zeigt ferner ein anatomisches Präparat, das von einem plötz¬ 
lich in einem Anfalle von Laryngospasmus verstorbenen Rinde stammt. Dasselbe, 
fl 1 /» Monate alt, wurde wegen Stimmritzenkrampf, Zuckungen und Krämpfen in 
den Extremitäten und heftigen allgemeinen Krämpfen aufgenommen. Schlecht 
ernährt, mit rachitischen Veränderungen behaftet, zeigte es krampfartige Zu- 
stände in der Extremitäten- und Rumpfmuskulatur. Muskeln der Extremitäten 
brettbart; Chvosteksche, Trousseausohe Phänomene. In einem Anfall von 
heftigem Laryngospasmus trotz aller Hilfe Exitus. Oberhalb der sehr kleinen 
Thymusdrüse, noch innerhalb des vorderen Mediastinum, aber ins Jugulum hin¬ 
einreichend, fand sich ein großes, hartes, käsig degeneriertes Konvolut von 
Lymphdrüsen vor, in welches der N. vagus der linken Seite vollständig einge¬ 
packt erschien; desgleichen war der linke N. phrenicus von dem Drüsenpaket an 
einer Stelle eingehüllt, während er etwas weiter abwärts über die Drüse gelagert 
nach dem Zwerchfell hinabzog. Zweifellos haben sich beide Nerven so in einem 
dauernden Reizzustand befunden. Es war kaum möglich, bei dem kleinen Kinde 
aus etwaigen Begleiterscheinungen, der Herzaktion usw., auf eine Vagusaffektion 
zu fahnden; indes können wohl auch ohne solche die laryngospastischen Phänomene 
auf die Vagusreizung, der Atemstillstand vielleicht auch auf die Phrenicusalteration 
bezogen werden. Es wäre also der Vorgang so zu denken, daß der Tod auf dem 

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488 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11. 


Boden der allgemeinen tuberkulösen und rachitischen Kachexie durch die Läsion 
peripherer Nerven bedingt gewesen ist, ein Seitenstiick zu den durch große Thy¬ 
mus bedingten plötzlichen Todesfällen. 


IV. Neue Bücher. 

Rudolf Fisch 1. Die Ernährung des Säuglings in gesunden und kranken Tagen. Stutt¬ 
gart 1903, Verlag von F. Enke. Preis: Mk. 2. 

Der Verf. hat sechs populäre Vorträge, die er gehalten hat, zu einem Ganzen 
vereinigt. Leider liegen bereits so viele zum Teil ja auch recht beachtenswerte 
Scbriftchen gleichen Inhaltes vor, daß es Fischl wohl ziemlich schwer werden 
dürfte, einen großen Leserkreis zu finden. Und doch verdient das Büchlein 
weiteste Verbreitung und ragt hoch hinaus über viele Schriften ähnlichen Titels, 
mit denen der Büchermarkt überschwemmt ist. Der Verf. hat es ausgezeichnet 
verstanden, mit wenig Worten viel zu sagen, und so zu sagen, daß es auch allgemein 
verstanden wird. Er hielt sich streng an die Wissenschaft und schildert doch 
überall fein pointiert und interessant selbst spröde Stoffe. Er überschreitet 
nirgends die Grenzen, die ein populär-medizinischer Autor strikte beachten muß, 
will er nicht Halbwissenschaft und Kurpfuscherei großziehen. So bezitzt das 
kleine Buch große Vorzüge, und der Arzt wird vielen Nutzen stiften, der es den 
Müttern warm zur Anschaffung empfiehlt. Gr ätz er. 


Neue Dissertationen. 

D. Bantlin. Über einen Fall von Lebercirrhose im Kindesalter (Tübingen). — 
Fr. Butzon. Über Nasenpolypen im Kindesalter (Straßburg). — Er. Conrad. Über den 
heutigen Stand der Kenntnis der Vincent sehen Angina (München). — W.Dugge. 2 Fälle 
fortgeschrittener Friedreich scher Krankheit bei zwei Geschwistern (Rostock). — 
Ed. Frank. Naevi pigmentosi disseminati bei hochgradigem, stetig zunehmendem 
Hydrocephalus eines neugeborenen Kindes (München). — H. E. Geinitz. Beiträge 
zu Lebererkrankungen im Kindesalter (Halle). — W. Hammer. Über Thymus¬ 
erkrankungen und Thymustod (Freiburg). — A. Th. Haymann. Amniogene und erbliche 
Hasenscharten (Leipzig). — Alfr. Hellmann. Die Bedeutung der Schilddrüse in der 
Nosologie, nebst einem Fall von infantilem Myxödem (Gienen). — v. Janta-Pölczynski. 
Ein Beitrag zur Behandlung der Rachendiphtherie (Berlin). — W. Kloninger. Zur Ätio¬ 
logie und Prognose des Nystagmus bei jungen Kindern (Leipzig). — H. Klose. Über den 
Scharlach der Kinder, mit besonderer Berücksichtigung des Fiebers (Straßburg). — 
Arth. Koblenzer. Über postdiphtheritische Lähmungen mit spezieller Berücksichtigung 
zweier Fälle von doppelseitiger Rekurrenzlähmung (München). — A. Kreutzkamp. 
Ergebnis der Cred^schen Prophylaxe in der Frauenklinik zu Halle 1899—1903 
(Halle). — J. Wahr. Über Verkrümmung des Beines nach Resektion des Knie¬ 
gelenkes im Kindesalter (Kiel). — P. Watthieu. Die rachitischen Deformitäten des 
Vorderarmes im Röntgenbilde (Leipzig). — E. Prätorius. Zur patholog. Anatomie 
der Poliomyelitis anterior acuta infantum (München). — W. Riedel. Über das Auf¬ 
treten von Geschwüren im Gesicht nach Masern (Leipzig). — F. W. Schön. Maligne 
Hodengeschwülste in den beiden ersten Lebensdezennien (Leipzig). — Arth. Schubart 
Über psychische Störungen bei Chorea minor (Kiel). — F. Schulz. Über die Ge¬ 
wichtsverhältnisse der Säuglinge am 10. Lebenstage gegenüber dem Gewicht bei 
der Geburt (Greifswald). Alfr. Tienes. Über das Verhalten des Milz bei Rachitis 
(Leipzig). — P. Walter. Beitrag zur operativen Behandlung der kongenitalen Hüft¬ 
gelenksluxation (Freiburg). — A. Zabel. Über Blennorrhoea neonatorum ohne 
Gonokokken (Halle). — Arth. Zeidler. Zur Ätiologie und Symptomatologie der 
zerebralen Kinderlähmung (Leipzig). — W. Zimdars. Über kongenitale Zystennieren 
(Greifswald). 


Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzerin Sprott&u. — Verlag von Johann 
Ambrosius Barth ln Leipzig. — Druck you Metzger A Wittigin Leipzig. 


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Central blatt für 

Kinderheilkunde. 

Ein© NIonatsSchrift für praktisch© Är zXe* 
VIII. Jahrgang. 1. Dezember 1903. No. 12. 


I. Referate. 

J. K. Friedjung u. A. F. Hecht. Kasuistisches aus dem Jahres¬ 
berichte. 

(Aus der Kaderabteilung Prof. Monti und Prof. Frühwald der 
Allgem. Poliklinik in Wien.) 

(Wiener med. Wochenschrift 1903 No. 36.) 

Ein 6jähriges, kräftiges Mädchen, vorher gesund, wird ohne sicht¬ 
bare Ursache mitten in der Gesundheit von einem apoplektiformen 
Insult überrascht, mit halbseitigen Krämpfen (links) nach Hause ge¬ 
bracht. In den nächsten Tagen wiederholen sich die Anfälle weniger 
heftig, es kommt zu einer spastischen Hemiparese der linken Seite, 
Sprache und Intelligenz werden geschädigt, am siebenten Krankkeits- 
tage sistieren die wieder heftig gewordenen Konvulsionen nur noch 
für kurze Intervalle, und unter terminaler Temperatursteigerung stirbt 
das Kind nach einem halben Tage. 

Was lag vor? Es konnte sich nur um eine scharf lokalisierte 
Herderkrankung handeln; ein Tumor war zu vermuten. Nun ergab 
die Obduktion nichts anderes, als hochgradige Hyperämie der 
Meningen und der Gehirnrinde neben Ödem des Gehirns. Die 
Hyperämie des Gehirns mußte jene Erscheinungen veranlaßt haben. 
Und in der Tat liegen Literaturangaben vor, nach denen Gehirn¬ 
hyperämie solche Symptome hervorzurufen imstande ist. Die Ur¬ 
sache dieser Hyperämie blieb hier aber dunkel, ebenso ist der lang¬ 
wierige Verlauf schwer zu deuten. Grätzer. 


ConcettL Ein Fall von Pseudobulbärparalyse infolge von 
Gehirnläsion bei einem 5jährigen Knaben. 

(Policlinica 1903 No. 1.) 

Der Symptomenkomplex, der sich sehr rapid in der Kekonvales- 
zenz nach mittel schwerer Diphtherie entwickelte, war folgender: Er¬ 
brechen, apoplektiformer Insult bei ungetrübtem Bewußtsein, mit 
schlaffer halbseitiger Lähmung, Aufhebung der Sehnen- und Haut¬ 
reflexe, Facialisparese, Babinskischem Symptom nur auf der linken 
Seite; Hyperästhesie der Glieder mit ataktischen Bewegungen rechts; 
Lähmung der Zunge, des”Gaumensegels besonders links; Schlucken 
und Sprechen unmöglich, Atmung beschleunigt mit Cheyne-Stoke- 

Centralbl. f. Kiuderhlkde. VIII. Digitized by GoOgle 





490 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


schem Typus, Puls schnell, fadenförmig. Schließlich trat Bewußtseins¬ 
störung und Koma und nach 3 Stunden der Exitus ein. Bei der 
Autopsie fand man einen Embolus, der die rechte A. Sylviae ver¬ 
stopfte, und beginnende Erweichung der Rindensubstanz in der ent¬ 
sprechenden Region; außerdem einen Thrombus im linken Herzohr, 
Nephritis und frische Myokarditis. 

Der Fall erweist die Möglichkeit des Bestehens eines bulbären 
Symptomenkomplexes bei völliger anatomischer Intaktheit des Bulbus. 

F. 


Edoardo Orefice. Multiple Embolien und Thrombosen der 

Zerebralgefaße. 

(La Clinica Pediatrica, Juni 1908.) 

Verf. gibt ausführliche Krankengeschichte nebst Sektionsbefund 
zweier Fälle. Im ersten führten die epikritischen Überlegungen zu 
der Diagnose: Multiple zerebrale Erweichungsherde, verursacht durch 
Embolien infolge Endokarditis wahrscheinlich fötalen Ursprungs. Im 
zweiten Falle handelte es sich um multiple Thrombosen der Hirn¬ 
gefäße; Verf. führt sie zurück auf den marantischen Zustand des 
Kindes und die durch häufige Diarrhöen und Erbrechen bewirkte 
Eindickung des Blutes. F. 


G. W. Boot A case of Blindness and Deafhess following 
Eclampsia in a child. 

(American Medicine, den 1. August 1903.) 

Das 6jährige Mädchen bekam im Verlaufe einer Enterocolitis 
einen kurzen Krampfanfall, aus welchem sie blind und taub erwachte. 
Beide Störungen dauerten nur 15 Stunden und schwanden vollständig. 
Lähmungen oder Aphasie waren nicht vorhanden. 

Leo Jakobi (New York). 


Carlo Francioni. Ein eigentümlicher Fall von Zerebralsklerose. 

(Rivista di Clinica Pediatrica 1903 No. 4.) 

Verf. gibt eine sehr ausführliche Krankheitsgeschichte des einen 
10 ^jährigen Knaben betreffenden Falles, sowie einen genauen Sektions¬ 
bericht nebst den Resultaten der histologischen Untersuchung vom 
Zentralnervensystem. Es fanden sich hauptsächlich Veränderungen 
in der Rindensubstanz der beiden Hinterhauptslappen. Veränderungen, 
die vom Verf. als Residuen eines entzündlichen oder degenerativen 
Prozesses gedeutet werden. Im Rückenmark fand sich ein großer 
Teil der Seiten- und Vorderstränge des oberen Zervikalmarks dege¬ 
neriert besonders in der Gegend der Pyramidenbündel. 

Die Anfangssymptome der Erkrankung waren Erbrechen, Kopf¬ 
schmerz, es folgten epileptiforme Anfälle und langsamer progressiver 
Verlust des Sehvermögens auf beiden Augen. Der Irisreflex auf 

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I. Referate. 


491 


Lichteinfall war dabei vollkommen erhalten; die Erklärung für diese 
Tatsache ist dadurch gegeben, daß bei der Sektion die Nervi optici 
bis zu ihrem Eintritt in die primären Sehzentren völlig intakt ge¬ 
funden wurden. 

Die Krankheit, als deren Residuen Verf. die im Zentralnerven¬ 
system gefundenen Veränderungen ansieht, hält er für eine tuber¬ 
kulöse Encephalitis, die wahrscheinlich in Begleitung einer tuber¬ 
kulösen Meningitis aufgetreten war. F. 


JOS« K. Friedjung. Zwei Fälle von Glioma cerebri. 

(Archiv f. Kinderheilkunde, Bd. 35, Heft 5 u. 6.) 

Der erste Fall ergab bfci der Sektion ein kleinapfelgroßes Gliom 
des Pons und der Vierhügel mit fast vollständiger Infiltration der¬ 
selben und Kompression der linksseitigen Hirnnerven IV-XII; im 
Vordergrund der Erscheinung stand die zerebellare Ataxie, die sich 
als Herdsymptom bei Erkrankungen des Kleinhirns, namentlich seines 
Mittellappens, wohl auch als indirektes Symptom bei Herden in un¬ 
mittelbarer Nachbarschaft, so auch der Vierhügel findet Auf die 
Corpora quadrigemina weist aber ganz besonders die mehrfache Augen¬ 
muskellähmung hin (linker Abducens und beide Okulomotorii, nament¬ 
lich der rechte), dazu kamen Schwerhörigkeit, links stärker als rechts, 
vermindertes Sehen, und Protrusio bulbi links, um das Bild der Herd¬ 
erkrankung der Vierhügel zu vervollständigen. Damit vereinigten 
sich aber noch charakteristische Erscheinungen einer Läsion der 
Brücke. Vor allem das bekannte Symptom der Hemiplegia alternans 
inferior: der linke Facialis, die rechten Extremitäten gelähmt, das 
weist fast unfehlbar auf einen Herd der linken Brückenhällte. Auch 
die Störung der Sprache und des Sehlingens durfte wohl mit der 
Brückenerkrankung in Zusammenhang gebracht werden. Wie gewöhn¬ 
lich waren die Sehnenreflexe gesteigert. 

Der zweite Fall bot bei der Obduktion ein fast mannesfaust¬ 
großes, zum großen Teil hämorrhagisches Gliom der rechten Gro߬ 
hirnhemisphäre mit Verdrängung der Stammganglien nach rechts. 
Hochgradige Abplattung der Hirngyri und chronischer Hydrocephalus 
internus. Seit dem 15. Lebensmonate traten durch lange Zeit jeden 
Morgen „Ohnmachtsanfälle“ ohne Krämpfe mit leichter Cyanose von 
kurzer Dauer auf, denen mehrstündiger Schlaf folgte. In den letzten 
8 Monaten blitzartige Zuckungen aller vier Gliedmaßen, sowie rasche 
Drehungen des Kopfes nach rechts. Pat., der bereits gehen konnte, 
hat seit 4 Monaten zu laufen aufgehört und konnte nicht einmal 
mehr sitzen. Die Diagnose wurde angesichts des auffallend ver¬ 
größerten Kopfes, der offenen und gespannten großen Fontanelle und 
Nähte, der Stauungspapille, der charakteristischen Augenstellung 
(„abwärts geschoben“ mit leichtem Strabismus convergens) und der 
Abwesenheit von Herdsymptomen auf Hydrocephalus chronicus ge¬ 
stellt. Bemerkenswert war das überraschend schnelle Ende des 
Kranken: nach einer unter den üblichen Kautelen gemachten Lumbal- 

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492 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


punktion treten plötzlich Konvulsionen auf und im Verlaufe von 
21 Stunden stirbt das Kind. Die Vermutung liegt nahe, daß der 
rasche Exitus mit der Punktion in ursächlichem Zusammenhänge steht. 

Hecker (München). 


Bela Schick. Zur Kenntnis der „Hypertrophia cerebri“ als 
Krankheitsbild im Kindesalter. 

(Jahrbuch f. Kinderheilkunde, Bd. 57, Heft 4.) 

Zwei klinisch beobachtete und sezierte Fälle geben dem Verf. 
Gelegenheit, die pathologische Anatomie, die Symptomatologie und 
Differential diagnose dieser seltenen Erkrankung zu studieren. Aus 
den Beobachtungen sei hervorgehoben: in beiden Fällen Vorhanden¬ 
sein hereditärer psychopathischer Belastung. Persistenz der Thymus; 
klinisch in dem einen Fall epileptiforme Anfälle, die kurz vor dem 
Tode in rasch aufeinanderfolgende, hauptsächlich klonische Krämpfe 
diffuser Natur ohne bestimmte Lokalisation übergingen; dabei tiefer 
Sopor; terminal ansteigendes Fieber. Die Lumbalpunktion ergab 
auffällig niedrigen Druck (7—8 mm Hg gegen 3,25 mm normal). Beim 
zweiten Fall hauptsächlich klonische Krämpfe diffuser Art mit Aus¬ 
schaltung des Bewußtseins. Die Krämpfe waren zum größten Teil 
reflektorisch durch äußere Heize bedingt. Krampfhafter Kieferschluß 
mit furchtbaren allgemeinen Konvulsionen, sobald nur der Löffel in 
die Nähe des Mundes kam. Durch Lumbalpunktion überhaupt keine 
Flüssigkeit zu erhalten, der Druck gleich Null. In beiden Fällen in 
den letzten Tagen fast unzählbarer Puls und exzessive hohe, zerebral 
bedingte Temperaturgrade. Diagnostisch möchte B. als eine Er¬ 
scheinungsform der Hypertrophia cerebri hinstellen: bald nach der Ge¬ 
burt beginnende, hauptsächlich klonische Krämpfezustände diffuser Art 
ohne bestimmte Lokalisation mit Aufhebung des Bewußtseins und 
mit Herabsetzung des zerebrospinalen Druckes, eventuell gänzlid^ 
negativer Ausfall der Lumbalpunktion. Hecker (MitaiWerip 


H. Schloss. Über einen Fall von infantiler Paranoia. 

(Aus der niederösterreich. Landes-Irrenanstalt in Kierling-Gugging.) 

(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 23.) 

S. bezeichnet als Paranoia eine Psychose, die sich darin äußert, 
daß bei erhaltenem Bewußtsein primär entstandene Wahnvorstellungen 
dadurch, daß sie sich nach logischen Gesetzen verbinden, ein zu¬ 
sammenhängendes System bilden. Die Armut der kindlichen Begriffe 
bedingt bei Kindern natürlich eine gewisse Dürftigkeit jener Wahn¬ 
vorstellungen. 

S.s Pat., ein 12jähriger Schulknabe, der schon in den ersten 
Lebensjahren an schweren Stimmritzenkrämpfen litt, frühzeitig Alkohol 
genoß und masturbierte, dazu psyckopatisch belastet war, zeigte sehr 
bald einen ethischen Defekt. Er stahl, log, schimpfte in gemeinen 

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I. Referate. 


493 


Ausdrücken usw. Dann bildeten sich rasch Wahnideen aus, die 
hauptsächlich darin bestanden, daß er, der über ein ziemliches Ver¬ 
mögen verfügte, fürchtete, von den Ärzten, seinem Onkel, von 
Anarchisten usw. vergiftet zu werden um seines Reichtums wegen, 
den er dazu bedeutend überschätzte. Er war daher sehr vorsichtig 
im Genuß von Speisen, nahm überall eigentümliche Gerüche wahr; 
aus Rache bespuckte er alle, war oft deprimiert, dann zu Bosheiten 
geneigt. Es kam hier also schon in einer Lebensperiode, in welcher 
die Systematisierung von Wahnvorstellungen eine Seltenheit ist, zu 
einer solchen. Daß das System ein dürftiges war, lag eben am Mangel 
voller psychischer Entwicklung und des vollen Ausdrucksvermögens. 

Grätzer. 


NI. Probst (Wien). Zur Klinik und Anatomie fortschreitender 
Verblödungsprozesse im Kindesalter. 

(Wiener med. Wochenschrift 1903 No. 25 u. 26.) 

Rindenprozeß mit Schwund der Ganglienzellen und markhaltigen 
Fasern, Erweiterung der Gefäße, Kernvermehrung der Gefäßwand, 
ausgebreitet über Stirn-, Schläfen-, Scheitel- und Hinterhauptshirn. 
Lues war bei dem 17jährigen Mädchen, das im zwölften Lebensjahre 
erkrankt war und bei zunehmender Verblödung unter dem Bilde der 
progressiven Paralyse 5 Jahre später starb, nicht nachweisbar. 

Grätzer. 


B. Sachs (New York), Ein weiterer Beitrag zur amaurotischen 
familiären Idiotie, einer Erkrankung hauptsächlich der grauen 
Substanz des Zentralnervensystems. 


(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 28.) 

S. hatte Gelegenheit, bei einem 2^jährigen mit amaurotischer 
familiärer Idiotie behafteten Kinde die Autopsie zu machen. Es 
fanden sich u. a. kleine Hirnwindungen, fissurale Abnormitäten (Kon¬ 
fluenz der Fissura Rolando mit der Fissura Sylvii usw.), mangelhafte 
Entwicklung der meisten Fasern im Gehirn, Degeneration der Pyra¬ 
midenfasern in den Seiten- und Vordersträngen des Rückenmarks. 
Diese Degeneration war auch deutlich in der Capsula interna, in den 
Hirnschenkeln, in der Brücke und in der Medulla oblongata. Weit 
auffallender waren die Störungen in der grauen Substanz; sie waren 
ziemlich gleich in der Hirnrinde, in den Kernen der Hirnnerven, in 
der vorderen und hinteren grauen Substanz des Rückenmarks vom 
zervikalen bis zum sakralen Teile hinab. Die Veränderungen stimmten 
genau überein mit denen, die Hirsch bei einem Falle gefunden hat, 
und mit denen, die S. selbst bei zwei Fällen 1887 und 1892 ent¬ 
deckte. Nirgends Anzeichen eines entzündlichen Prozesses, dagegen 
geringe Vermehrung der Neurogliazellen im ganzen Zentralnerven¬ 
system. Die auffallendste Veränderung aber betraf die großen Ganglien¬ 
zellen der grauen Substanz. In der Rinde und in der vorderen 


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494 


Ceutralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


grauen Substanz des Rückenmarks fand sich kaum eine normale 
Ganglienzelle; der Zellkörper zeigte sich total verändert, erschien wie 
eine homogene Substanz, der Kern meist an die Peripherie des Zell¬ 
körpers verschoben. 

Daraus ließe sich der Schluß ziehen, daß es sich bei der amau¬ 
rotischen familiären Idiotie um eine Affektion hauptsächlich der 
zentralen grauen Substanz im Gehirn und Rückenmark handelt; die 
Entartung der weißen Fasern in den vorderen und Seitensträngen 
ist wahrscheinlich eine sekundäre. Das Wesentliche des Prozesses 
bleibt noch in Dunkel gehüllt, jedoch denkt sich S. die Sache so, daß 
die graue Nervensubstanz solcher Kinder, welche die Fähigkeit be¬ 
sessen hat, sich bis zum Alter von 4—6 Monaten normal auszubilden, 
nach dieser Zeit eine Störung der normalen Entwicklung erleidet: erst 
Entwicklungshemmung, dann Degeneration. Bei manchen anderen 
Krankheitsbildern sind bereits ähnliche anatomische Veränderungen 
gefunden worden. So von Spiller bei einem Falle von kongenitaler 
spastischer Starre, von Rolly bei Littlescher Krankheit. Also bei 
verwandten Krankheitszuständen ließen sich ähnliche Zellenbilder 
nachweisen. S. hat auch nie die amaurotische familiäre Idiotie als 
vollständig eigenartige Erkrankung aufgefaßt, nur als besonderes Krank¬ 
heitsbild, und ein solches liegt zweifellos vor. Klinisch ist die Gruppe 
sicherlich von der gewöhnlichen Idiotie und den verschiedenen spasti¬ 
schen Hirnlähmungen der Kinder zu differenzieren, es liegt aber eine 
Verwandtschaft mit den sonstigen kongenitalen Lähmungen zweifellos 
vor. Jetzt ist auch erwiesen, daß die amaurotische familiäre Idiotie 
enge anatomische Beziehungen aufweist zu anderen Krankheitsbildern, 
die ebenfalls auf Störungen in der normalen Entwicklung des Zentral¬ 
nervensystems beruhen. Was die Affektion besonders auszeichnet, ist 
die Tatsache, daß die Störungen hauptsächlich und jedenfalls primär 
die graue Substanz des Hirns und des Rückenmarks betreffen. Vieles 
bleibt noch dunkel, so der Umstand, daß gerade diese Krankheitsform 
sich fast ausschließlich bei Kindern jüdischer Abstammung ausbildet 
(auch der neue Fall S.s betraf ein solches). Grätzer. 


Georg Heimann. Ein Beitrag zur Idiotenstatistik. 

(Allg. Zeitschr. f. Psych.. Bd. 60, Heft 3.) 

Unter 1935 Idioten der Irren- und Idiotenanstalten im Jahre 
1900 waren 646 in der Land-, Forstwirtschaft und Gärtnerei tätig, 
146 im Handel, 24 im Verkehrsgewerbe, 578 in der Industrie, 31 im 
Bergbau, 441 in häuslichen Diensten, 69 in Militär-, bürgerlichem, 
kirchlichem Dienste und freien Berufsarten. Verf. stellt in seiner 
Arbeit fernerhin die Angaben über die Kriminalität der Idioten zu¬ 
sammen. Als stumm bezw. taubstumm werden 147, als taub oder 
schwerhörig 22 bezeichnet, blind waren 79. Epilepsie fand sich 35, 
Chorea 27, Athetose 5 mal. Bei 231 ist Mikrocephalie, bei 153 Hydro- 
cephalus notiert. Ätiologisch kann 80 mal englische Krankheit, 15 mal 
angeborene Syphilis, 55 mal Gehirnentzündung im ersten Jahre, 114mal 

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I. Referate. 


495 


eine im ersten Jahr erlittene Kopfverletzung in Betracht. Ferner 
spielt Erblichkeit, Trunksucht der Eltern, Blutverwandtschaft der 
Eltern eine Rolle. Sehr hoch ist die Zahl der unehelich Geborenen. 

Kurt Mendel. 


H. Stakemann (Rotenburg i. Hann.). Welche besonderen Ein¬ 
richtungen sind bei der Anstaltsbehandlung der Epileptischen 

erforderlich? 


(Allg. Zeitschr. f. Psych., Bd. 60, Heft 5.) 

Verf. faßt die Hauptergebnisse seiner Arbeit in folgenden Sätzen 
zusammen: 

1. Für die große Mehrzahl der Epileptischen ist die Anstalts¬ 
pflege nötig. 

2. Die Unterbringung derselben in Irrenanstalten, gemeinsam mit 
frischen Fällen von Geisteskranken, führt zu großen Unannehmlich¬ 
keiten und entspricht nicht den heutigen Anschauungen der Irren¬ 
pflege. 

3. Es liegt daher sowohl im Interesse der Irrenanstalten, als 
auch der Epileptischen, insbesondere der großen Menge der sogenannten 
geistesgesunden Epileptischen, daß Sonderanstalten für letztere erbaut 
werden, wie solche sowohl als staatliche, wie als private bereits be¬ 
stehen und sich bewährt haben. 

4. Dieselben sollen jedoch ausnahmsweise auch anderen „Krampf¬ 
kranken“ zur Aufnahme dienen können; auch ist die Aufnahme unter¬ 
richtsfähiger Idioten erwünscht, wenn dieselben gleichzeitig epilep¬ 
tisch sind. 

5. Die Einrichtungen in diesen Sonderanstalten müssen sich 
streng an die erprobten Einrichtungen der staatlichen Irrenanstalten 
anlehnen. Die Zumischung eines geringeren Prozentsatzes von Geistes¬ 
kranken empfiehlt sich sowohl im Interesse der Ärzte und des Pflege¬ 
personals, als auch der praktischen Behandlung der Kranken selbst. 

6. Den staatlichen Sonderanstalten gebührt wegen der Einheit¬ 
lichkeit der ärztlichen und administrativen Maßnahmen und wegen 
der meist größeren Vollkommenheit der baulichen, technischen und 
inneren Einrichtungen vor den Privatanstalten im ganzen der 
Vorzug, doch sind auch Privatsonderanstalten für Epileptische, in 
welchen die ganze Fürsorge für die Kranken in der Hand eines 
psychiatrisch gebildeten Arztes liegt und deren Gesamteinrichtungen 
den modernen Anforderungen an eine Irrenanstalt entsprechen, als 
zur Bewahrung, Kur und Pflege geeignet anzusehen. 

7. Die besonders zu fordernden Einrichtungen an diese Sonder¬ 
anstalten beschränken sich im wesentlichen auf den besonderen Schutz 


der Kranken vor Verletzungen und Unglücksfällen jeder Art Im 
übrigen sollen sich dieselben von den eigentlichen Irrenanstalten mög¬ 
lichst wenig unterscheiden. 

8. An die Pflichttreue, Aufmerksamkeit und Selbständigkeit des 
Pflegepersonals an Sonderanstalten für Epileptische müssen besonders 
hohe Anforderungen gestellt werden. Weibliche Pflege ist auf der 


Männerabteilung nicht angebracht. 


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Kurt Mendel. 

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496 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


Sala und R0S8i. Zur Frage über einige angebliche toxische 
und therapeutische Eigenschaften des Blutserums von 
Epileptikern. 

(Neurol. Zentralbl. 1903 No. 18.) 

Im Gegensatz zu Ceni fanden Verff. in fünf Fällen von Epi¬ 
lepsie, daß 

1. die Injektionen mit Blutserum von Epileptikern keinen wohl¬ 
tätigen Einfluß auf den Verlauf des Krankheitsbildes ausübten und 
2., daß niemals eine toxische Erscheinung — weder vorüber¬ 
gehend noch dauernd — sich zeigte; vielmehr bleiben die Organismen 
den Seruminjektionen gegenüber völlig neutral. Kurt Mendel. 


Biro. Über Epilepsie, 

(Deutsche Zeitschr. f. Nervenh., Bd. 23, Heft 1 u. 2.) 

Verf. stützt seine Ausführungen auf die Beobachtung von 306 Fällen 
von Epilepsie. Es waren hiervon 55°/ 0 männlichen, 45°/ 0 weib¬ 
lichen Geschlechts, darunter 37 °/ 0 Knaben und 63 *y o Mädchen unter 
13 Jahren. Ein einzelnes Trauma reicht aus, um die Anfälle hervor¬ 
zurufen. In 10 °/ 0 konnte ein psychisches Trauma nachgewiesen 
werden. In l°/ 0 stellte sich das Leiden im Anschluß an adenoide 
Wucherungen ein, in 10°/n nach Infektionskrankheiten (Masern, Typhus, 
Meningitis), in 14 °/ 0 als Folge des Alkoholismus der Eltern. Direkte 
Heredität fand sich in 6°/ 0 , das Leiden vererbt sich 3 mal so häufig 
von dem Vater auf die Kinder als von der Mutter, und zwar haben 
die Söhne die Krankheit vom Vater, die Töchter von der Mutter. 

In 28°/ 0 Aura, die bei demselben Kranken fast immer in gleicher 
Form auftrat. Erbrechen in 2°/ 0 . Der Zungenbiß ist vom Alter, 
von der Dauer und Stärke des Anfalls unabhängig. Unwillkürlicher 
Ilarnabgang ist häufiger bei Frauen als bei Männern, seltener ist In¬ 
continentia alvi. In 2 °/ 0 Epilepsia procursiva, in 4°/ 0 Albuminurie. 
In 58°/ 0 der Fälle traten die Anfälle am Tage und in der Nacht, 
in 29°/ 0 nur nachts, in 8°/ 0 häufiger am Tage und in weniger als 
5°/ 0 nur am Tage auf. 14°/ 0 waren geistesschwach. In 98 °/ 0 blieb 
der Typus der Anfälle konstant, in 60°/ 0 Abnahme der freien Inter¬ 
valle mehr oder weniger beständig, in 26 °/ 0 waren die Intervalle fast 
gleichmäßig und in 12 °/ 0 verlängerten sie sich stets und stufenweise. 

Die Behandlung hat stets mit Brom zu beginnen; falls es nichts 
nützt, wende man eine kombinierte Methode (Bechterew, Flechsig, 
Ziehen) an. Ist auch diese erfolglos, so versuche man die Toulouse- 
Richetsche Behandlung, eventuell Bromipin, Bromalin, Atropin usw. 

Kurt Mendel. 


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I. Referate. 


497 


Carlo Coni. Spezifische Autocytotoxine und Antiautocytotoxine 
im Blute der Epileptiker. 

(Neurol. Zentralbl. 1903 No. 8.) 

Im Epileptikerblut kreist nachC. zusammen mit einem spezifischen 
Autocytotoxin auch ein Antiautocytotoxin. Dieses antitoxische Prinzip 
ist jedoch nicht im lebenden Plasma löslich; aber es findet sich im 
Blute in einem latenten Zustande, an die zeitigen Elemente des Blutes 
gebunden, von denen es durch einen phagolytischen Prozeß losgelöst 
wird. Kurt Mendel. 


Rudolf Bälint. Weitere Beiträge zur diätetischen Behandlung 

der Epilepsie. 

(Neurol. Zentralbl. 1903 No. 8.) 

B. kommt zu dem Schlüsse, daß die chlorarme Diät (Riehet- 
Toulouse), bestehend aus Milch, Butter, Eiern, Obst und aus mit 
Bromnatrium gesalzenem Brot, die Zahl und Intensität der Anfälle 
vermindert, daß aber dieselbe längere Zeit nur dann fortgesetzt 
werden kann, wenn der Kranke ihrer nicht überdrüssig wird. In 
diesem Falle sind in die Diät Gemüse, Mehlspeisen und Fleisch, 
doch ohne Kochsalz zubereitet und mit Bromnatrium gesalzen, auf¬ 
zunehmen. Das Körpergewicht der Kranken ist zu kontrollieren, auf 
Bromismus zu achten, eventuell ist die Bromdosis abzuändern, bezw, 
zeitweilig auszulassen oder die Diät zu variieren. Kurt Mendel. 


Halmi und Bajaruß. Über Behandlung der Epilepsie nach 
der Methode von Toulouse-Richet. 

(Psycb.-neur. Wochenschrift 1902 No. 48.) 

Die Toulouse-Richetsche Methode —so führen Verff. aus — 
heilt weder die Epilepsie, noch bessert sie sie. „Wohl gelangt die 
Wirkung des Brom bei künstlicher Entziehung des Chlor besser zur 
Entfaltung, doch ist die stärkere Wirkung mit der Gefahr einer ver¬ 
schieden schweren Bromvergiftung verbunden.“ Eine längere Zeit 
hindurch währende Anwendung scheitert auch an der Weigerung der 
Pat. Die oligochlorische Bromtherapie machte die Kranken in 
psychischer Beziehung ruhiger und unempfindlicher, bei einzelnen 
Pat. traten Stupor und Delirien auf, bei zweien erfolgte der Exitus 
durch Bromintoxikation (Herzschwäche). Kurt Mendel. 


VOR V088. Bemerkungen zur Genese der Tetanie. 

(Psycb.-neur. Wochenschrift 1902 No. 50.) 

Verf. betont den nahen Zusammenhang der Tetanie mit der 
Epilepsie und nimmt eine spasmophile Diathese der Vorderhörner 
des Rückenmarks sowie der Kerne der motorischen Hirnnerven als 
Eutstehungsursache der Tetanie an. Kurt Mendel, 


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498 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


Stanislas Kopczyn8ki. Contribution ä l’dtnde de ranatomie 
pathologique et de la pathog^nie de la chorde. 

(Revue neurol. 1903 No. 15.) 

In einem Fall von Sydenhamscher Chorea, welcher zur Sektion 
kam, war der Obduktionsbefund — bis auf eine leichte Chromatolyse 
in einzelnen Zellen der Hirnrinde — ein durchaus negativer. Ins¬ 
besondere konnten weder sonstige Strukturveränderungen der Zellen, 
speziell der Pyramidenzellen, noch Degeneration der Nervenfasern noch 
NeurogliaWucherung nachgewiesen werden. Die motorischen Bahnen 
der Hirnrinde, die Stammganglien und die Hirngefäße wurden als 
normal befunden. 

Im Anschluß hieran geht Verf. die Theorien durch, welche zur¬ 
zeit betreffs der pathologischen Anatomie und Pathogenese der Chorea 
existieren. Kurt Mendel. 


Karl Hudovernig. Beitrag zur pathologischen Anatomie der 

Chorea minor. 

(Arcb. f. Psych. und Nervenkr., Bd. 37, Heft 1.) 

Aus einem klinisch und anatomisch untersuchten Falle von Chorea 
minor kommt Verf. zu folgenden Schlüssen: 

1. Die Chorea minor ist eine infektiöse Krankheit, und das schäd¬ 
liche Agens derselben wirkt auf hämatogenem Wege. 

2. In leichteren Fällen verursacht dasselbe eine nutritive Störung; 
im schwereren äußert sich dasselbe in Veränderungen der Blutgefäße 
und in Ablagerungen von Kolloidkörperchen; letztere ist ein Ausdruck 
des ad maximum gesteigerten Krankheitsprozesses. 

3. Die Anwesenheit von Kolloidkörperchen ist für Chorea minor 
charakteristisch, ohne daß dieselben in allen Fällen von Chorea minor 
vorhanden sein müssen. 

4. Die choreatischen Bewegungen sind stets der Ausdruck einer 

direkten oder indirekten Reizung der Pyramidenbahnen an einer be¬ 
liebigen Stelle ihres Verlaufes. Kurt Mendel. 


Ewald Stier. Zur pathologischen Anatomie der Huntington- 

schen Chorea. 

(Arch. f. Psych. und Nervenkr., Bd. 37, Heft 1.) 

Verf. kommt zu folgenden Schlüssen auf Grund eines eigenen 
klinisch und anatomisch untersuchten Falles: 

„Die Huntingtonsche Chorea beruht immer auf einer ererbten 
anomalen Anlage der motorischen Rindenzentren, welche oftmals schon 
makroskopisch als Asymmetrie dieser Rindenteile oder größerer Him- 
abschnitte sichtbar wird. Die eigentliche Erkrankung beginnt im späteren 
Leben damit, daß die Neuroglia in den motorischen Zentren anfängt 
m wuchern. Diese Wucherung erfolgt entweder herdweise oder diffus 

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I. Referate. 


499 


und befällt im letzeren Falle vorwiegend die zweite und dritte Rinden- 
Schicht, das sind die Schichten der kleinen und mittleren Pyramiden¬ 
zellen, Hand in Hand mit dieser diffusen Wucherung geht fast stets 
eine Erkrankung der Gefäße. Fast immer erkranken gleichzeitig die 
kleineren und mittleren Ganglienzellen bis zu ihrem völligen Unter¬ 
gänge, während die großen Ganglienzellen in den innersten Schichten, 
speziell die großen Betzschen Zellen so gut wie völlig unversehrt 
bleiben. Bei längerem Bestand führt die diffuse Form der Erkrankung 
anatomisch freist zu einer Afiektion der Hirnhäute und zum Schwund 
der Tangentialfasern, zu nachweisbarer Nervenfaserdegeneration im 
Gehirn und Rückenmark, sowie zu allgemeiner Atrophie des Gehirns; 
klinisch zum Untergang aller höheren geistigen Funktionen, zur 
Demenz.“ Kurt Mendel. 


De Marchio. L’urina nella corea del Sydenham, 

(Arch. di farmacologia sperimentale 1903 No. 6.) 

Der untersuchte Urin stammte von zwei an Chorea erkrankten 
Pat. Die Untersuchung wurde in zwei Serien ausgeführt, die je 6 Tage 
umfaßten, so daß die erste Serie während der Akme der Erkrankung 
vorgenommen wurde, die zweite Serie nach der Genesung. Quantität 
und Qualität der Nahrung blieb während der ganzen Zeit der Unter¬ 
suchung unverändert. 

Es ergab sich, daß bei der Chorea die Tagesmenge des Urins 
vermindert, das spezifische Gewicht relativ erhöht und die totale 
Azidität vermehrt ist. Die Menge des Gesamtstickstoffs ist un¬ 
verändert, der prozentuale Stickstoffgehalt jedoch, der während der 
Krankheit nicht als Harnstoff erscheint, ist größer als der nach der 
Genesung ausgeschiedene; es besteht nämlich während der Krankheit 
eine Verminderung der Hamstoffausscheidung und eine Zunahme des 
nicht an Harnstoff gebundenen Stickstoffs. Ferner ist die Harnsäure¬ 
ausscheidung, sowie die Ausscheidung der Phosphate vermehrt, f. 


W. Rindfleisch. Über Chorea mollis sive paralytica mit 
Muskelveränderungen. 

(Deutsche Zeitschr. f. Nervenh.) 

Verf. berichtet über zwei Fälle von Chorea mollis, von denen 
der eine letal endigte und anatomisch untersucht werden konnte. Es 
fanden sich am Zentralnervensystem nur ganz geringe Veränderungen 
im Muskelsystem, aber ungleichmäßiges Volumen der Fasern, teil weiser 
Verlust der Querstreifung und Vermehrung der Muskelkeme, die sich 
manchmal zu Kernklumpen zusammenballten. Verf. hält diese Muskel¬ 
veränderungen für das Primäre. Sie, sowie die Hirnänderungen seien 
Folgen einer infektiös-toxischen Schädlichkeit. Kurt Mendel. 


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500 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


Franzis Huber. Brachial monoplegia in ,the cottrse of 
Chorea minor. 

(Archive» of Pediatrics, April 1903.) 

Mehr oder minder ausgesprochene Muskelschwäche ist im Ver¬ 
lauf der Chorea minor nicht so selten und es kann gelegentlich zu 
vollständigen Lähmungen kommen. 

H. beschreibt eine derartige Lähmung der linken oberen Ex¬ 
tremität bei einem 8jährigen an Chorea leidenden Mädchen. So 
ausgesprochen war die Paralyse, daß ein Verdacht auf Poliomyelitis 
wach wurde. Doch ging der Zustand unter roborierender Behandlung 
langsam zurück bis zur völligen Widerherstellung der Kraft. 

Offenbar sind derartige Störungen als rein funktionelle änzusehen, 
vielleicht auf Erschöpfung der motorischen Rindenzellen beruhend, 
was auch bei Epilepsie hin und wieder eintritt. 

In Bezug auf Therapie glaubt H. von Opiaten bessere Resultate 
gesehen zu haben, als vom Arsen, gerade in schweren Fällen von 
Chorea. 

Zum Schluß erinnert er an den Fall vonPreobrajensay, welcher 
im Blute eines choreatischen Pat. Streptokokken gefunden hatte. Der 
betreffende Kranke litt unter anderen an Muskelschwäche und 
Lähmungen, und wurde mit Antistreptokokkenserum erfolgreich 
behandelt, nachdem Brom, Chloral und Arsenik versagt hatten. 

Leo Jakobi (New York). 


J. Dejerine. Sur la rigidit^ ßpasmodique congenitale d’origine 
medullaire. Syndröme de Little par 16sion m&lullaire en 
foyer d£velopp6e pendant la vie intra-uterine. 

(Revue neurol. 1903 No. 12.) 

Es handelt sich um einen 63jährigen Mann, der wahrscheinlich 
durch normalen Geburtsakt zur Welt kam und eine angeborene Starre 
sämtlicher vier Extremitäten, besonders der Beine darbot. Hirnnerven 
frei. Intelligenz und Sensibilität und Sphinkterfunktion ohne Sonder¬ 
heit Die Sektion ergab nichts Krankhaftes im Gehirn, hingegen 
einen schon makroskopisch wahrnehmbaren sklerotischen Herd im 
Rückenmark in der Höhe des dritten Zervikalsegmentes. Dieser Herd 
befiel — wie die mikroskopische Untersuchung ergab — die beiden 
vorderen Dritteile der Hinterstränge und die beiden Hinterhörner, 
von da erstreckten sich Ausläufer in die hinteren Regionen beider 
Seitenstränge. Sekundäre Degenerationen, aufsteigend im Gollschen 
und Burdachschen Strang bis hinauf zu den Hinterstrangkernen und 
absteigend in beiden Seitensträngen (Pyramidenseitenstrangbahn bis 
ins unterste Brustmark, Tractus anterolateralis bis ins oberste Brust¬ 
mark). Im Bereiche des sklerotischen Herdes schwere hyaline Ent¬ 
artung der Gefäße und starke Gliaverdichtung. 

Verf. berichtet über einen zweiten sehr ähnlichen Fall und 
spricht die Vermutung aus, daß es sich in beiden um eine im intra- 

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L Referate. 


501 


uterinen Leben durchgemachte Lues handle. Hierfür sprechen auch 
die schweren Gefäßveränderungen. 

Somit gibt es auch Fälle, in denen der Littlesche Symptomkomplex 
nicht zerebralen, sondern medullären Ursprungs ist. Charakteristisch 
für dieselben ist das Freibleiben der Psyche und der Hirnnerven 
sowie das Fehlen von epileptischen Anfällen. Kurt Mendel. 


Guido Berghinz. Anatomische Studie über einen Fall von 
Littlescher Krankheit. 

(Rivista di Clinica Pediatrica, Juni 1903.) 

Die genaue mikroskopische Untersuchung des Nervensystems 
ergab das Fehlen aller pathologischen Veränderungen; obwohl Verf. 
sich genau an der von Mya und Levi bei der Untersuchung ihres 
Falles befolgten Methode hielt, konnte er keine der von jenen be¬ 
schriebenen Veränderungen in seinem Fall auffinden. F. 


Alfred Gordon. Amyotrophie lateral Sclerosis in a boy of 
15 with a history of acute anterior poliomyelitis in infancy. 

(American Medicine, den 4. April 1903.) 

Wir sind gewöhnt, den Schäden nach Ablauf der Poliomyelitis 
anterior acuta einen stationären Charakter zuzuschreiben. Dies ist 
jedoch häufig unrichtig. Es scheint vielmehr, als ob die vernarbten 
Stellen im Rückenmark einen locus minoris resistentiae darstellen. 
Wenigstens sehen wie oft, daß Kinder, welche an spinaler Lähmung 
gelitten hatten, später von anderen Nervenkrankheiten befallen werden, 
namentlich von progressiver Muskelatrophie. Seltener entwickelt sich 
die amyotrophische Lateralsklerose auf dem Boden einer abgelaufenen 
akuten Poliomyelitis. Verf. berichtet über einen derartigen Fall 

Der 15 Jahre alte Pat. hatte im ersten Lebensjahre eine spinale 
Kinderlähmung überstanden. Es blieben linkes Bein und rechter Arm 
dauernd gelähmt. 

Gegenwärtig zeigt er ausgebreitete Muskelatrophien des scapulo- 
humeralen Typus, daneben erhöhte Reflexe und stellenweise deutliche 
Entartungsreaktion. Leo Jakobi (New York). 

GillliO Ale$$andrini. Sehnenteansplantationen bei 
Fußverkrüppelungen infolge von spinaler Kinderlähmung. 

(La Pediatria Juni 1903) 

Verf, hat bei elf Fällen von spinaler Kinderlähmung interosseale 
Sehnentransplantationen ausgeführt, und zwar hat er den Tibialis 
posticus in toto auf den Extensor longus der Zehen in acht Fällen 
transplantiert, in zweien den Extensor hallucis auf den Tibialis posticus, 
während er in einem Fall eine doppelte interosseale Transplantation 
ausführte. F. 

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502 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


0. VulpiuS. Die Sehnenüberpflanzung ^am Oberschenkel. 

(Wiener klin. Rundschau 1908 No. 15.) 

Die Lähmung des Quadrizeps macht nicht immer eine Über¬ 
pflanzung erforderlich. Letztere ist aber nach V. indiziert, wo das 
extensionslahme Bein wegen Neigung zu Beugekontraktur, zum Ein¬ 
sinken in Flexion funktionsunfähig wird. Zur Überpflanzung steht 
in erster Reihe der Sartorius zur Verfügung, des weiteren kann die 
mediale Flexorengruppe der Semimuskeln und der Bizeps auf den 
Quadrizeps gepfropft werden, gelegentlich auch ein Adduktor. V. 
trägt kein Bedenken, alle diese Muskeln bez. Sehnen zu transplantieren, 
um einen kräftigen Extensor zu gewinnen. Der Ausfall der Beuge 
hat wenig zu bedeuten, die Flexion geschieht teils passiv, teils durch 
die Gastrocnemii; die nachträgliche Entwickelung eines Genu recur- 
vatum nach Opferung der Beuger hat V. nie beobachtet. 

Zur Operation bedarf man gewöhnlich dreier ausgiebiger Längs¬ 
schnitte: eine vordere Incision legt die Patella nebst ihrem Ligament 
und die Quadrizepssehne in ihrer Scheide frei, der zweite Schnitt 
legt hinter dem medialen Condylus femoris das breite rote Band des 
Sartorius frei, der dritte endlich zieht lateral vom Köpfchen der Fibula 
aufwärts. V. schildert die Technik genauer und zeigt an einigen 
Beispielen, was erreicht werden kann. Das Kniegelenk erhält allmählich 
seine Streckfähigkeit wieder in dem Maße, als der neugebildete Quadri¬ 
zeps gekräftigt und geübt wird. In einzelnen Fällen wurde sogar die 
Leistungsfähigkeit geradezu normal. Jedenfalls verschwindet die 
Flexionsstellung und dadurch wird selbst im ungünstigsten Falle, daß 
eine aktive Extension nicht erreicht wird, der Gang des Pat. außer¬ 
ordentlich gebessert. Bei „Handgängern“, wo die Pat. sich nur mit 
Hilfe der Arme fortbewegen können, ist natürlich die Behandlung 
recht kompliziert und zeitraubend, aber auch hier kann, wie V. an 
dem Beispiele eines 5 x / 2 jährigen Knaben schildert, ein recht schönes 
Resultat erzielt werden. Grätzer. 


L. Wullstein. Eine neue Operationsmethode des Caput 

obstipum. 

(Zentralblatt f. Chirurgie, No. 33, S. 881.) 

W. empfiehlt für schwere und veraltete Fälle von Caput obstipum 
außer der Durchschneidung bez. partiellen Exstirpation des kontrakten 
Musculus stemocleidomastoideus die Verkürzung des gedehnten ander¬ 
seitigen Kopfnickers. Der Grad der Verkürzung des Muskels muß 
sich nach der vorhandenen Längendifferenz richten und ungefähr 
4—8 cm betragen. Für die Verkürzung kann nur der Teil des 
Muskels in Betracht kommen, der oberhalb seines geteilten Verlaufes 
und unterhalb der Eintrittsstelle des Nervus accessorius gelegen ist. 
Die trotz der Verkürzung für die Erhaltung der Innervation not¬ 
wendige Kontinuität wird dadurch gewahrt, daß der isolierte Muskel 
an der Stelle der Verkürzung in eine Schlinge gelegt und durch 
Nähte an den vier Rändern und in dem mittleren Teile der Schlinge 

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L Referate. 


503 


in seiner dreifachen Lage vereinigt wird. Wenn die Pat. aus dem 
Verbände, in dem sie sich zur Entspannung und damit zur besseren 
Heilung des verkürzten Muskels in stark überkorrigierter Stellung 
befinden, herausgenommen werden, so scheuen sie selbstverständlich 
zuerst jede Bewegung und Zerrung an dem verkürzten Muskel; aber 
bald schon gehen sie zu leichten Bewegungen über, die von Tag zu 
Tag und von Woche zu Woche bald vollständig frei werden. So ist 
die Behandlung nach Abnahme des Verbandes, der durchschnittlich 
20 Tage liegen bleibt, völlig beendet. Joachimsthal (Berlin). 


Hugo Neumann. Zur Frage einer ätiologischen Bedeutung des 
Cucullarisdefektes für den Schulterblatthochstand. 

(Aus der III. medizin. Universitätsklinik in Wien.) 

(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 86.) 

Kausch hat bekanntlich einen Zusammenhang zwischenSkapular- 
hochstand und angeborenem Cucullarisdefekt angenommen. N. be¬ 
richtet nun über einen Fall, der geeignet ist, diese Ansicht umzustoßen, 
ja fast den Wert eines Experimentes besitzt. Es fehlte hier gerade 
die von Kausch ätiologisch angeschuldigte unterste Partie des einen 
Cucullaris — und zwar scheint alles für einen angeborenen Defekt 
zu sprechen —, und doch stand die Skapula völlig normal. Aber 
auch eine Durchsicht der Literatur spricht deutlich gegen Kausch. 
Fälle, wo beide Anomalien vereint angetroffen wurden, sind recht 
selten. Es sind Fälle bekannt, wo hochgradiger Defekt des ganzen 
Muskels oder einzelner Teile bestand bei normalem Skapularstand. 
In den Fällen, wo beide Anomalien zusammen zu finden waren, zeigte 
sich durchaus nicht ein Verhältnis gegenseitiger Abhängigkeit dieser 
zwei Symptome. 

Es spricht dagegen alles dafür, daß es sich um zufälliges 
Nebeneinandervorkommen zweier Mißbildungen handelt. Kommt 
doch die Sprengel sehe Difformität vielfach auch mit anderen mit 
dem Schulterblatthochstand in keiner Beziehung stehenden Mi߬ 
bildungen kombiniert vor! Es liegen eben auch dort zwei gleich¬ 
wertige Mißbildungen vor, und kann ebensogut wie Cucullarisdefekt 
ein anderer Muskeldefekt oder eine ganz andere Mißbildung bei 
Schulterblatthochstand sich finden, wie letzterer nicht selten auch 
ohne jede andere Mißbildung anzutreffen ist. Grätzer. 


Robert W. Lovett The mechanics of lateral curvature as 
applied to the treatment of severe cases. 

(Zeitschr. f. orthopäd. Chir., Bd. 11, Heft 4, S. 827.) 

Bei Fällen von fixierten knöchernen Krümmungen kann nach L. 
nicht die gleiche Behandlungweise angewandt werden, wie bei Fällen 
von Skoliose mit biegsamen Krümmungen. Die Tatsache, daß zwischen 

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504 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


zwei ^beweglichen Teilen in der Wirbelsäule sich ein fixierter Teil 
befindet, macht es leichter, den ganzen Thorax zu drehen oder zu 
verschieben, als in der Krümmung selbst die kleinste Veränderung 
zu verursachen. Eine Folge davon ist, daß gewaltsame Versuche, 
die knöcherne Rotation in fixierten Krümmungen zu korigieren, eine 
Vermehrung der lateralen Krümmung herbeiführen werden, wenn der 
Thorax nicht an der Rotation verhindert wird; ebenso werden gewalt¬ 
same Versuche, die laterale Krümmung zu korrigieren, wahrscheinlich 
die Rotation vermehren. 

Für die Applikation von Gipskorsetts hat L. aus zwei Gründen 
die wagerechte Stellung, wobei die Beine senkrecht herunterhängen 
für die beste, einmal, weil die wagerechte Stellung bei Manipulationen 
größere seitliche Verschiebung zwischen den Wirbeln gestattet als die 
suspendierte Stellung, und zweitens, weil es in der wagerechten Lage 
mit senkrecht herunterhängenden Beinen möglich ist, ein Gipskorsett 
anzulegen, welches in gewissem Grade die Lumbalkrümmung der 
Wirbelsäule abflachen soll, wogegen bei der aufrechten Stellung die 
Abflachung der Lumbalwirbelsäule einen gewissen Grad von Hyper¬ 
extension in der Dorsalregion benötigt 

Das forcierte Redressement erscheint L. nur ratsam als Einleitung 
und zeitweilige Unterstützung der gymnastischen Behandlung der 
Skoliose. Joachimsthal (Berlin). 


Ottendorf. Ein Beitrag zur Tierskoliose. 

(Zeitschr. f. orthop&d. Chir., Bd. 11, Heft 4, S. 80S.) 

0. beschreibt eine Anzahl Präparate von Skoliose bei Tieren aus 
der Sammlung der Tierarzneischule zu Hannover. Überraschend ist die 
große Ähnlichkeit der Tierskoliose mit der menschlichen. Da beim Tier 
keine Belastungsmomente wie beim Menschen zur Erklärung der Ent¬ 
stehung der Wirbelsäulenbiegung heranzuziehen sind, sondern andere Ur¬ 
sachen der Verkrümmung angenommen werden müssen, erscheint es 
keineswegs ausgeschlossen, daß bei der menschlichen Skoliose derartige 
Ursachen, seitlicher Zug und Druck des Brustbein-Rippenwirbelringes, 
wenigstens mitspielen und vielleicht die Skoliose einleiten können, 
während statische Momente die weitere Ausbildung der Deformität 
bewirken, da sie an einem bereits aus der Reihe gewichenen Wirbel¬ 
körper einen leichteren Angriffspunkt finden. Joachimsthal (Berlin). 


Wobrizek. „Korrektor“, Apparat für korsettfreie Behandlung 
der Rückgratsdeformitäten. 

(Arch. f. Orthop., Mechanotherapie und Unfallheilkunde, Bd. 1, Heft 2.) 

Der von W. konstruierte Redressionsapparat wirkt auf die Wirbel¬ 
säule der sitzenden Pat. Mehrere Pelotten können durch Schraubenkraft 
eine Stellungskorrektur erzeugen in ähnlicher Weise, wie dies auch von 
anderen Konstrukteuren schon unternommen worden ist. DerPelotten- 
druck kann mit der Suspension kombiniert verwendet werden. Die 

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I. Referate. 


505 


Pat. sollen den Apparat möglichst lange (1—1 1 / 2 Stunde täglich) be¬ 
nützen. Daß die Vorrichtung sowohl mobilisierend als korrigierend auf 
die skoliotische und kyphotische Wirbelsäule einwirken kann, ist 
nicht zu bezweifeln. Daß der „Korrektor“ das Stützkorsett ersetzen 
könne, diese Behauptung dürfte auf Widerspruch stoßen. 

Vu 1 p i u s - Heidelberg. 


Victor Blum. Die Coxa vara als Belastungsdeformität. 

(Arcb. f. klin. Chir., Bd. 69, Heft 4, S. 1065.) 

Bei einem 9jäbrigen Knaben konnte Blum die Entwickelung 
einer rechtsseitigen Coxa vara unter der Einwirkung der Rumpf¬ 
last während der Heilung einer tuberkulösen Entzündung 
des Hüftgelenks der linken Seite beobachten. Zur Zeit der 
Publikation war das linke Bein abduziert und auswärts rotiert (in 
der Hüfte ankylotisch). Der Trochanter der linken Seite stand an 
normaler Stelle in der Roser-Nölatonschen Linie, während der rechte 
Trochanter dieselbe um 2 l j 2 cm überragte. Der rechte Trochanter 
stand höher, mehr nach außen und vorne prominent. In der rechten 
Hüfte war die Abduktion nur um ein Winkel von 25° von der Mittel¬ 
linie möglich, Beugung und Streckung geschahen in normalen Grenzen. 
Die genaue Messung ergab die gleichen Maße beiderseits für die 
absolute Länge der Extremität, hingegen eine Differenz der relativen 
Länge zu Ungunsten der rechten Extremität. Der Fall rangiert in 
die dritte, von Hofmeister angegebene Gruppe der Coxa vara — 
Trochauterhochstand mit vorwiegender Innenrotation. Blum sucht 
in der In aktivitätsatroph ie des coxitischen Beines und der Über- 
beanspruchung der gesunden Extremität das veranlassende 
Moment für die Ausbildung der Schenkelhalsverbiegung. Als be¬ 
günstigendes Moment wird eine in der frühesten Jugend überstandene 
schwere Rachitis angeführt. 

An einer Reihe von Skeletten des Wiener pathologisch anatomischen 
Museums, bei dem aus verschiedenen Gründen Atrophien der einen 
unteren Extremität bestanden, fand Blum eine mehr oder weniger 
hochgradige Coxa vara der anderen Seite, (so in sechs Fällen von an¬ 
geborener einseitiger Luxation der Hüfte, in zwei Fällen von einseitiger 
Coxitis, in zwei Fällen von einseitiger Hypoplasie mit Ausbildung einer 
Coxa valga im Sinne Alberts). Da sich in den meisten dieser Fälle 
keine Zeichen einer überstandenen Knochenerkrankung an dem defor¬ 
mierten Femur vorfanden, ist Blum geneigt, die Entstehung der Ver¬ 
krümmung einzig und allein auf dieEinwirkung der Überbelastung 
zurückzuführen. Joachimsthal (Berlin). 


V. Lieblein, Zur Kasuistik der Coxa vara infantum. 

(Aus der Chirurg. Klinik des Prof. Wölfl er in Prag.) 

(Prager med. Wochenschrift 1903 No. 43.) 

Vier Fälle von Coxa vara, deren Untersuchung, speziell die 
röntgenphotographische, interessante Einzelheiten ergab. 

CentralbL f. Kinderhlkde. VIII. Digitized by CjDOglC 



506 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


Die beiden ersten Fälle, die ein 9jähriges bezw. 7jähriges Kind 
betrafen, beruhten zweifellos auf rachitischer Grundlage. Im ersten 
Falle erschien der Schenkelhalswinkel ersetzt durch einen Schenkel¬ 
halsbogen, der seine Konvexität nach außen und oben kehrte und 
direkt überging in die rachitische bogenförmige Verkrümmung der 
Oberschenkeldiaphyse. Die Epiphysenlinie des Kopfes erschien vertikal 
gestellt, die des großen Trochanters horizontal, der Trochanter selbst 
bedeutend in die flöhe gerückt, der Schenkelkopf hatte seinen Platz 
in der Pfanne nicht verlassen. Ähnlich bei Fall 2. Auch hier ein 
Schenkelhals winkel, auch hier jene Anomalie in der Stellung der 
Epiphysenfugen, auch hier der Kopf in seiner Totalität in der Pfanne 
geblieben. Außerdem fiel auf die außerordentliche Verstärkung des 
Schenkelhalses in seinen inneren und unteren Partien. Beide Kinder 
boten die Erscheinungen schwerster Rachitis am ganzen Skelett dar. 

Viel schwieriger gestaltete sich die Beantwortung der Frage nach der 
Ätiologie bei den beiden anderen Pat., Kindern von 7 und 9 Jahren, 
die beide gleiche Veränderungen darboten, der eine doppelseitig, der 
andere nur einseitig. Die Röntgenuntersuchung zeigte, wie der Schenkel¬ 
kopf mit seinen unteren Partien aus der Pfanne herausgetreten und 
dem Trochanter minor bedeutend näher gerückt ist; sie zeigte die 
Verkürzung der unteren Halspartien, die pilzhutförmige Gestalt der 
Kopfepiphyse, den Trochanterhochstand, die Adduktion des Ober¬ 
schenkels. Das Bild war sehr ähnlich demjenigen, das Joachims¬ 
thal, Kredel, Hoffa usw. bei der sogen, traumatischen Coxa 
vara gefunden haben. Aber die Annamnese ergab in beiden Fällen 
in bezug auf vorhergegangene Traumen ein völlig negatives Resultat. 
Es bleibt daher nichts anderes übrig, als auch hier eine Erkrankung 
der Kopfepiphysenfuge — ob rachitische Natur, ist nicht festzustellen 
— anzunehmen, welche zu pathologischer Nachgiebigkeit, vielleicht zur 
Lockerung derselben geführt hat, so daß schon das Laufen, Gehen, 
Springen ein genügendes Trauma dargestellt hat, um ein Herabrutschen 
der Kopfepiphyse am Hals zu veranlassen. Grätzer. 


H. C. Slomann (Däne). Die Behandlung der angeborenen 
Hüftverrenkung. 


(Nordisk Tidskrift for Terapi.) 


Verf. gibt eine detaillierte Beschreibung der Lorenzschen un¬ 
blutigen Repositionsmethode und referiert fünf Fälle, in welchen er 
mit gutem Erfolg die Methode benutzt hat. Es handelte sich um neun 
luxierte Hüftgelenke; in sieben Fällen gelang anatomische Reposition, 
in zwei Fällen eine Transposition des Femurkopfes nach vorn, ln 
funktioneller Beziehung war das Resultat bei einem Pat. ideal (ein¬ 
seitige Luxation), bei den anderen sehr gut. Verf. rät in Fällen von 
suprakotyloider Luxation das erste Stadium der Behandlung (Rotation 
auswärts) von einem Stadium der Einwärtsrotation folgen zu lassen. 
Die Abhandlung ist mit guten Photographien und Röntgenbildern 
ausgestattet. Adolph H. Meyer (Kopenhagen). 


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I. Referate. 


507 


G. G. Davis. The forcible Reposition of congenital Luxation 

of the Hip. 

(American Medicine, den 30. Mai 1903.) 

Verf. polemisiert mit der „blutlosen“ Methode von Lorenz bei 
kongenitaler Hüftgelenkluxation und empfiehlt, einen Mittelweg zwischen 
den Extremen der blutigen und der konservativen Operation ein¬ 
zuschlagen. Eine subkutane Tenototomie, z. B. würde jede gewaltsame 
Zerreißung der Adduktoren unnötig machen; ferner hüte man sich 
vor Kraftleistungen, die a tout prix reüssieren wollen. Viel ratsamer 
ist es, zu inzidieren und dem ausgerenkten Kopf erst den Weg zu ebnen, 
als völlig im Dunkeln zu manipulieren. Leo Jakobi (New York). 


Virgil P. Gibney. Present Status of congenital Dislocation 
of the Hip and the bloodless Reduction. 

(American Medicine, den 30. Mai 1903.) 

Seit dem Besuche von Lorenz in Amerika ist die Streitfrage 
der blutlosen Einrenkung bei angeborener Hüftgelenkluxation stets 
auf der Tagesordnung. Die Parteien für und wider sind beide wohl 
gerüstet, und zählen die besten Namen auf beiden Seiten. 

Nun weiß aber der passive Beobachter sehr wohl, wie der leb¬ 
hafte Streit endigen wird: nachdem nämlich der Pendel einige Zeit 
hin und her gegangen, kehrt er nach der Mitte zurück. Die öffent¬ 
liche Meinung ist eben dem Gesetz des Rhythmus wie jede andere 
Bewegung untertan. 

Gegenwärtig stehen wir hier im Zeichen der Reaktion. Man er¬ 
örtert con amore die Gefahren der blutlosen Methode und man macht 
sich Vorwürfe über den blinden Enthusiasmus für Lorenz und 
seine Leistungen. 

Verf. erinnert an die Gefahren der blutlosen Operation, wie 
Lähmungen, Lazerationen, Frakturen, Gefäßzerreißungen u. dergl. mehr. 
Man operiere womöglich von dem 6. und 7. Lebensjahre. Bei älteren 
Kindern mache man keine längeren Einrenkungsversuche, und ziehe 
bei ihnen stets die Röntgographie zu Hilfe. 

Leo Jacobi (New York). 


A. Broca (Paris). Allgemeine Indikationen für die Behand¬ 
lung des angeborenen pes varus-equinus. 

(Revue pratique d’obst^tr. et de paediatrie, April 1903.) 

Verf. ist der Ansicht, daß die Behandlung des angeborenen 
Klumpfußes gleich in den ersten Tagen nach der Geburt unter¬ 
nommen werden soll. Man beginnt die orthopädische Redressie- 
rung indem man sich anfangs nur mit der Korrektion der Varus- 
stellung beschäftigt; die Einwärtsbeugung und Supination wird 
korrigiert und man legt eine Flanellbinde an, um den Fuß in der 

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508 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


guten Stellung zu erhallen. Nach etwa 15 Tagen beginnt man auf 
gleiche Weise die Redressierung der Equinusstellung. Gelangt man 
nach 5—6 Wochen zu keinem bleibenden Resultate, so ist die Sektion 
der Achillessehne angezeigt und ist ß. für die offene Durchtrennung, 
um auch die sich spannenden Ligamenta tibio-calcanea vollständig 
durchschneiden zu können. In den meisten Fällen gelingt es auf 
diese Weise, ein ästhetisch und funktionell gleich ausgezeichnetes 
Resultat zu erzielen. Nur in schweren Fällen, wo dies auf dem 
erwähnten Wege nicht gelingt oder es sich um vernachlässigte Klump¬ 
füße handelt, ist B. für eingreifendere blutige Operationen, obwohl 
auch die Redressierung nach Lorenz oft gute Resultate ergibt. Unter 
den blutigen Operationen ist die Methode von Phelps nicht immer 
imstande, die Deformität zu korrigieren, während die Tarsektomie 
einen verkürzten, breiten, wenn auch funktionell guten Fuß ergibt. 
B. ist daher der Ansicht, daß die Entfernung großer Knochenteile 
vermieden werden soll. Man beginne bei Kindern und Halberwachsenen 
mit der Resektion des Astragalus- und Calcaneuskopfes, worauf ein 
Gipsverband angelegt wird, ln weiterer Folge ist eine orthopädische 
und Massagebehandlung von Wichtigkeit, da die Resultate alle Ein¬ 
griffe zum großen Teile auch von der Funktionierung der in Betracht 
kommenden Muskeln abhängt. E. To ff (Braila). 


Willy F. Armann. Die Behandlung des kongenitalen Klump¬ 
fußes an der Poliklinik des Baseler Kinderspitals. 

(Jahrbuch für Kinderheilkunde, Bd. 57, Heft 5.) 

Die Arbeit enthält nicht viel Neues. Die Behandlungsweise faßt 
A. folgendermaßen zusammen: 

Die Behandlungsweise zerfällt in zwei Abschnitte, die eigentliche 
oder Hauptbehandlung und in die Nachbehandlung. Für erstere 
wenden wir mit Vorliebe Kontentivverbände an, während wir bei der 
letzteren den Barwellschen den Vorzug geben. Mit dieser Methode 
ist es uns in allen Fällen gelungen, in kürzerer oder längerer Zeit 
eine gute Stellung des Fußes zu erreichen. Die guten Resultate sind 
im wesentlichen von der Nachbehandlung abhängig, die sich manch¬ 
mal sogar auf Jahre erstrecken muß, da der Fuß wegen seiner fatalen 
Neigung, zu rezidivieren, nicht außer Kontrolle gelassen werden darf. 
Da, wo diese Nachbehandlung mit Energie durchgeführt wurde, sind 
auch ideale Heilungen erzielt worden; in anderen, weniger gewissen¬ 
haft nachbehandelten Fällen ist noch ein Rest von Abnormität 
zurückgeblieben, während in dem Falle mit mangelhafter oder fehlender 
Nachbehandlung doch das erreicht worden ist, daß das Kind einen 
mehr oder weniger guten Gang bekommen hat, daß der Fuß plantigrad 
aufgesetzt wird, wenn auch noch geringere oder stärkere Adduktion 
zurückgeblieben ist. Hecker (München). 


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I. Referate. 


509 


Fr. V. Friedländer. Beitrag zur operativen Behandlung des 
Klumpfußes und des Plattfußes. 

(Aus dem k. k. Wilhelminen-Spital in Wien.) 

(Wiener klm. Wochenschrift 1903 No. 40.) 

Die Exstirpation des Talus, sowie die Keilresektion aus dem Tarsus, 
diese beiden typischen Klumpfußoperationen, haben ihre großen Mängel. 
Anläßlich eines Falles von angeborenem beiderseitigen Klumpfuß bei 
einem 5 1 / 2 jährigen Mädchen, der allen Versuchen der unblutigen Behand¬ 
lung getrotzt, hatF. ein neues Verfahren, das einen minimalen Knochen¬ 
defekt setzt, mit Erfolg angewandt. Er beschreibt dies Verfahren 
genau und zeigt, daß sich ein ähnliches auch für hartnäckig rezidi¬ 
vierende, schwere Plattfüße bestens eignen würde. Grätzer. 


Karl Lauenstein. Zu Ogstons Operation des rebellischen 
Klumpfußes (Entfernung der Knochenkerne der Fußwurzel 
und nachherige Umformung des Fußes). 

(Zentralbl. f. Chir., 1903 No. 39, S. 1058.) 

L. hat in drei Fällen 4 mal die von Ogston zur Behandlung 
des rebellischen Klumpfußes bei Kindern empfohlene Entfernung der 
Knochenkerne aus den einzelnen Fußwurzelknochen mit nachheriger 
Stellungsverbesserung des Fußes ausgeführt. Er bestätigt die leichte 
Ausführbarkeit der Operation. Eine voraufgehende Untersuchung 
durch Röntgenstrahlen ist für die Operation unerläßlich. Welche 
Knochenkeme zu entfernen sind, muß dem Ermessen des Operateurs 
im Einzelfalle überlassen bleiben. Ob nach der Operation die Weich¬ 
teilwunde genäht wird oder nicht, ist ohne prinzipielle Bedeutung. 
Wenn genügend Knochenkerne entfernt worden sind, so läßt sich die 
Klumpfußstellung überraschend leicht und vollständiger als nach den 
bisher bekannten Methoden ausgleichen. Außer der Equinus- und 
Varusstellung ist es besonders die Einwärts Wendung der Fußspitze, 
die sich leicht beseitigen läßt. Die Retention in guter Stellung mit 
Rücksicht auf die Einwärts Wendung der Fußspitze wird wesentlich 
dadurch erleichtert, daß man die Hacke des operierten Fußes gegen 
die des gesunden Fußes stellt und durch ein Kissen oder Polster die 
Innenränder beider Füße auseinanderhält. Schon nach 8 Wochen 
kann man die Kinder mit festem Schuhwerk gehen lassen, da sie 
mit voller Sohle auftreten. Nach dem Röntgenbilde tritt eine sehr 
schnelle Reproduktion der entfernten Knochenkerne ein (6—8 Wochen). 
Somit erscheint die Gefahr einer Störung des Wachstums des Fußes 
durch die Operation nicht zu bestehen. 

Bis zu welchem Alter die Operation geeignet ist, läßt sich zur Zeit 
noch nicht entscheiden. Joachimsthal (Berlin). 


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510 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


Keller (Berlin). Zur Ätiologie angeborener Klumpfüße und 
Gelenkkontrakturen. 

(Archiv f. Gyn., Bd. 67, Heft 2.) 

Bei dem totgeborenen Kinde fanden sich Klumpfuß, Gelenk¬ 
kontrakturen, ferner je eine Druckmarke über den beiden äußeren 
Epicondylen des Oberarmknochens. All dies bei gleichzeitig bestehendem 
Hydramnion (ca. 6 1). Diese auffallende Tatsache sucht Verf. nun 
so zu erklären, daß das Fruchtwasser in den früheren Monaten der 
Schwangerschaft wohl nur ganz spärlich vorhanden gewesen sei und 
daß sich jene Anomalien schon zu dieser Zeit vollkommen ausgebildet 
hätten. Das Hydramnion hat sich dann erst in den letzten Monaten 
der Schwangerschaft als zufällige Komplikation eingestellt. 

Otto Marz (München). 


Max Reiner. Über die unblutige operative Epiphyseolyse zur 
Behandlung des Genu valgum adolescentium. 


(Zeitschrift für orthopädische Chir. 1903 Bd. 11.) 


R. weist darauf hin, daß die Epiphyseolyse prinzipiell der rich¬ 
tigste von allen Eingriffen beim Genu valgum adolescentium ist, weil 
sie erstens die Deformität am Kulminationspunkt an greift und zweitens 
die Kontinuitätstrennung an dem Locus minoris resistentiae der Ex¬ 
tremität etabliert. Er zeigt ferner, daß die Operation mit einfachen 
Hilfsmitteln ausführbar ist, daß sie ein nur geringes Operationstrauma 
im Gefolge hat, und daß sie daher, in richtiger Indikationsbreite 
ausgeführt, allen übrigen blutigen und unblutigen Behandlungsmethoden 
überlegen ist. Endlich sucht er aus dem literarischen Tatbestände 
den Nachweis zu erbringen, daß die Epiphyseolyse an sich, als un¬ 
komplizierte Verletzung betrachtet, fast ausnahmslos glatt ausheilt, 
daß überaus zahlreiche an traumatischen, experimentellen und opera¬ 
tiven Epiphysenlösungen gesammelte Erfahrungen zu dem Schlüße 
zwingen, daß die Epiphyseolyse eine in ihren Folgen durchaus berechen¬ 
bare, keinen dauernden Schaden verursachende Verletzung darstellt, 
und daß die gefürchtete Spätkomplikation der Wachstums Verkürzung 
nur bei grober nicht reduzierter Dislokation eintritt Als geeignete 
Fälle werden solche angesehen, welche Pat. zwischen dem 8. und 
17. Lebensjahre betreffen. Pat., welche die obere Altersgrenze über¬ 
schritten haben, werden der Cirkumferenz-Osteotomie unterzogen. Bei 
jüngeren Kindern sind es die Periostverbindungen, welche das Zustande¬ 
kommen der am unteren Fermurende intendierten Epiphyseolyse er¬ 
schweren oder gar verhindern. R. schickt daher bei dem Genu valgum 
infantum der Epiphyseolyse eine subkutane bezw. subfasciale Perioste¬ 
otomie voraus. Das Periosteotom, das er benutzt, unterscheidet sich 
von einem gewöhnlichen Tenotom dadurch, daß es stärker gebaut, 
mit einer kürzeren, stark konvexen Schneide versehen ist und dem¬ 


nach keine eigentliche Spitze besitzt. 


Auch ist der Stiel, welcher 

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I. Referate. 


511 


Klinge und Handgriff verbindet, möglichst wenig dick und der ganzen 
Länge nach von ziemlich gleichem Querschnitte. Man führt das In¬ 
strument derart, daß man dasselbe unmittelbar vor dem lateralen 
Fasciendissepiment in der Höhe der Epiphysenfuge einsticht und es 
nun subfascial hart am Knochen mit umgelegter Schneide nach vorn 
schiebt bis zur vorderen äußeren Kante des Femurkolbens. Nun stellt 
man das Messer auf die Schneide und führt, indem man es zurück¬ 
zieht, den Schnitt aus. Hierauf dreht man das Instrument mit flachgelegter 
Klinge in der Wunde um. und vervollständigt den Schnitt in gleicher 
Weise nach rückwärts, so daß die ganze laterale Portion des Periostes 
durchtrennt wird. Das Redressement, das man nach der Periosteotomie 
vornimmt, vollfuhrt man entweder aus freier Hand oder mit Hilfe 
eines besonderen zu diesem Zweck von R. konstruierten Apparates. 
Es folgt für 6 Wochen ein zirkulärer Gipsverband, späterhin Massage 
und Gymnastik. 

Wie zahlreiche an jugendlichen Individuen ausgeführte Versuche 
ergeben haben, sind die auf die geschilderte Weise herbeigeführten 
Kontinuitätstrennungen in der Regel tatsächlich reine Epiphyseolysen- 
lösungen. Joachimsthal (Berlin). 


M. Reiner. Epiphyseolyse mit subkutaner Periosteotomie zur 
Behandlung des Genu valgum infantum. 

(Aus dem Univers.-Ambulatorium f. orthopäd. Chirurgie in Wien.) 
(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 27.) 


R. hat 1901 einen Bericht über die von ihm vorgenommenen 
unblutigen Epiphyseolysen zur Korrektur des Genu valgum adolescentium 
abgestattet und dargetan, daß diese Operation der richtigste von allen 
Eingriffen beim Genu valgum adolescentium ist, einfach ausführbar 
und keinen dauernden Schaden verursachend, speziell eine Wachs¬ 
tumshemmung nicht im Gefolge habend. Im Wiener Institut f. 
orthopäd. Chirurgie ist seitdem die unblutige Epiphyseolyse das 
Normal verfahren geworden bei Pat. zwischem 8. und 17. Lebensjahr. 
Pat., welche die obere Altersgrenze überschritten, werden der Circum- 
ferenz-Osteotomie unterzogen, Pat., welche die untere Altersgrenze 
noch nicht erreicht haben, sind bis vor kurzem mittels anderen 
Operationsmethoden behandelt worden. Die Epiphyseolyse ist bei 
Kindern bis zum 8. Lebensjahre sehr schwer ausführbar, sie bedarf 
größerer Kraftentfaltung, als bei älteren Individuen, man ist nicht 
sicher, die Kontinuitätstrennung wirklich am Ort der Epiphysenfuge 
etablieren zu können; der Erfolg ist also weniger sicher, Neben¬ 
verletzungen nichts seltenes. R. fand, daß die Periostverbindungen 
hierbei maßgebend sind. Bei Adoleszenten haftet das Periost dem 
unteren Diaphysenende des Femur nur leicht an und ist ganz dünn, 
bei Kindern (rachitischen) ist es sehr häufig an dieser Stelle stark 
verdickt und immer in innigem Zusammenhänge mit dem unterliegenden 


Diaphysenende. Versuche an Leichen haben folgendes ergeben: 

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514 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


Georg Koch. Über Knochenzysten in den langen "Röhren¬ 
knochen. 

(Arch. f. klin. Chir., Bd. 68, Heft 4, S. 977.) 

K. berichtet über eine durch zentrale Erweichung eines Enchondroms 
am oberen Femurende entstandene Zyste bei einem 15jährigen Pat. 
Derselbe hatte bereits 5 Jahre zuvor bei einem verhältnismäßig ge¬ 
ringen Trauma — er war auf einer ungepflasterten Straße zu Fall 
gekommen — einen Bruch des rechten Oberschenkels erlitten, der 
nach fünfwöchentlicher Behandlung glatt geheilt war. Im Dezember 1901 
erlitt er ohne jeden äußeren Anlaß eine Spontanfraktur dicht unter 
dem rechten Trochanter. Krepitation und abnorme Beweglichkeit 
waren an der Bruchstelle deutlich nachweisbar. Die Gegend der¬ 
selben war viel stärker als bei einer gewöhnlichen Fraktur auf¬ 
getrieben. Das Röntgenbild ergab, daß eine Strukturveränderung 
des Knochengewebes stattgefunden hatte. Unter einem Extensions- 
verbande war nach 3 Wochen eine mäßige Konsolidation der Bruch¬ 
enden eingetreten, der Tumor an der Bruchstelle war gewachsen. Es 
wurde infolgedessen zur Operation geschritten (Prof. Körte). Von 
einem Längsschnitt an der Außenseite des Oberschenkels wurde die 
Muskulatur scharf durchtrennt, bis man auf den Tumor gelangte. 
Beim Abschieben des Periostes traf man auf weiche Knochenmassen, 
die mit dem Periost fest verwachsen waren, sich mit diesem zum 
Teil stumpf bei Seite schieben ließen. Durch diese weichen Knochen¬ 
massen hindurch gelangte man in eine größere Höhle, welche sanguino¬ 
lente Flüssigkeit enthielt. Die Höhle lag in der Markhöhle des 
Knochens, sie war glattwandig und mit einer Bindegewebsschicht 
ausgekleidet. Man konnte in der Wand der Zyste genau die Bruch¬ 
linie verfolgen. Die Höhle, von der Größe einer Mandarine, reichte 
nach oben bis zum Ansätze des Collum femoris, nach unten bis 
unterhalb des Trochanter. Sie wurde austamponiert, worauf man 
einen Streckverband anlegte. Die Heilung nahm einen glatten Ver¬ 
lauf, so daß Pat. nach 3 Monaten geheilt ohne Verkürzung des Beines 
entlassen werden konnte. 

Nach der mikroskopischen Untersuchung erwies sich die Knochen¬ 
zyste, hervorgegangen aus einem Enchondrom, das in Verknöcherung 
begriffen und zum Teil in Erweichung übergegangen war. 

Joachiinsthal (Berlin). 


E. Vollmer. Über Elephantiasis lymphangiectatica congenita, 
ein Beitrag zur Lehre von der Erkrankung der Lymphgefäße. 

(Arch. f. Derm. u. Syph., Bd. 65, Heft 3.) 

Der Fall V.s ist eine Mischung der angeborenen subkutanen 
Elephantiasis und der von Langhans beschriebenen Erkrankung 
der größeren subkutanen Lymphgefäße. Bei öinem fünfjährigen, 
gesund geborenen Knaben aus gesunder Familie entstanden anscheinend 

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I. Referate. 


515 


nach der Impfung schwammige Schwellungen an der rechten Gesichts¬ 
hälfte, hinter dem Ohre und am rechten Arme mit bräunlich-schwärz¬ 
lichem Kolorit; ähnliche Pigmentflecke erschienen am übrigen Körper. 
Es handelte sich um eine ausgedehnte elephantiastische Veränderung 
des Kopfes, Halses und Armes, dessen auffälligste Teilerscheinung die 
starke Lymphangiektasie der Backe, eine äußerst verunstaltende „Hänge¬ 
backe“ war. Die Haut war im allgemeinen empfindlich und von 
schwammiger Konsistenz. Da eine von den Eltern gewünschte Sool- 
bäderkur natürlich erfolglos blieb, wurden die Aufschwemmungen 
auf chirurgischem Wege entfernt. Dabei fiel die außergewöhnliche 
Größe der hinter den Ohren verlaufenden Lymphbahnen auf. Das 
kosmetische Resultat befriedigte. Bei dem genesenden Knaben war 
der ausgesprochene Salzhunger merkwürdig. Verf. erwägt zwei Möglich¬ 
keiten der Ätiologie. Entweder lag ein durch die Impfung veranlaßter 
krankhafter Prozeß der Lymphbahnen vor, welcher die Schwellungen 
der Lymphbahnen der Epidermis und subkutanen Lymphgefäße hervor¬ 
rief. Wahrscheinlicher aber sei die durch eine merkwürdige Form 
des Brustkorbes gestützte Annahme, daß rachitische Veränderungen 
oder ein intrauterines oder Geburtstrauma zu den Lymphstauungen 
disponierte. Aus dem ausführlich beschriebenen mikroskopischen 
Befund ist folgendes hervorzuheben: Starke Bindegewebsneubildung; 
in den Saftspalten Zellen mit oft bläschenförmigem Kern von zwei- 
bis dreifacher Größe gewöhnlicher Leukocyten, welche Verf. als 
Plasmazellen anspricht. Hand in Hand mit der Vermehrung des 
Bindegewebes der Haut ging eine starke Ablagerung von Pigment 
im Rete Malpighii und dem angrenzenden Corium. Der ursächliche 
Zusammenhang der Lymphstauung mit Pigmentablagerung erhellte 
auch aus der Veränderung der Pigmentierung, sobald die Operation 
die Lymphwege durch Narben verlegt hatte. Max Joseph (Berlin). 


Konrad Sick, Über Lymphangiome. 

(Virchows Archiv, Bd. 172, Heft 3, 1903.) 

Außer zwei Fällen, die Frauen betreffen, noch vier Beobachtungen 
an Kindern. 

1. Macroglossa, lljähr. Mädchen. Kongenitaler Tumor der 
linken vorderen Zungenhälfte. 

2. Lymphangiom des Nackens, lljähr. Mädchen. Wahrschein¬ 
lich kongenitale Neubildung. 

3. Lymphangioma cysticum colli congenitum. 2jähr. Knabe. 

4. Lymphangiom der Wangen- und Schläfengegend, subkutan 

sitzend. 3jähr. Mädchen. Angeblich in den letzten 3 Monaten ent¬ 
standen. Schridde-Erlangen. 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


ir. Aus Vereinen und Versammlungen. 
Vereinigung niederrheinisch-westfälischer Kinderärzte. 

14. Sitzung zu Köln am 2. August 1903. 

Dr. Bloch (Köln) über Prophylaxe und Therapie der Magendarmkrankheiten des 

Säuglingsalters (Referat). I. Prophylaxe, öffentliche Wohltätigkeitsanstalten 
und Vereine ließen in einzelnen Gemeinden zur Bekämpfung der hohen Morta¬ 
litätsziffern der Säuglinge namentlich im Arbeiterstande Maßregeln ergreifen. So 
entstanden die Krippen, Säuglingshospitäler und Säuglingsheime, deren gute Be¬ 
richte zur Nacheiferung anspornen Der Staat selbst richtet sein Hauptaugenmerk 
auf die allgemeine Hygiene und Besserung der sozialen Stellung des Arbeiterstandes, 
um die Sterblichkeit der Säuglinge einzuschränken. — Die Hauptrolle bei den Ur¬ 
sachen der Magendarmkrankheiten spielt natürlich die Art der Ernährung. Die 
beste Nahrung für das Säuglingsalter ist und bleibt die Muttermilch; die 
Mütter sollten unbedingt den Versuch des Selbststillens machen, und die Ärzte 
müßten in dieser Hinsicht noch viel mehr als es geschieht belehrend in ihren 
Kreisen auftreten. — Da der größte Teil der Kinder auf künstliche Ernährung 
angewiesen ist und dabei die Kuhmilch hauptsächlich in Betracht kommt, so 
drohen die Hauptgefahren aus der schlechten Beschaffenheit der letzteren. 
Es wird deshalb in den letzten Jahren ärztlicherseits überall für eine bessere 
staatliche sanitäre Kontrolle der Kindermilch hingearbeitet (cf. Vorträge Paffen- 
holz, Krautwig in unserer Vereinigung). Auch im Hause muß eine sachver¬ 
ständige Behandlung der Milch verlangt werden (sofortiges Kochen in sauberen 
Gefäßen, Kühlhalten derselben, Benutzung leicht zu reinigender Flaschen und 
hygienische Saugpfropfen). Erstrebenswert wäre die Abgabe sterilisierter Einzel- 
portionenen guter Milch von Seiten der Gemeinden entweder unentgeltlich wenig¬ 
stens für Arme oder für eine entsprechend mäßige Entschädigung bezw. zum 
Selbstkostenpreise, zugleich im Sommer Abgabe von Eis zum unbedingt erforder¬ 
lichen Kühlhalten der Flaschen. — Von seiten der Mütter ist natürlich penibelste 
Sauberkeit in der Behandlung des Kindes überhaupt, ganz besonders aber bei 
der Ernährung erforderlich (genügende Wäsche, Bäder, Desinfektion und Lüftung 
der Wohnräume, Flaschen- und Propfenreinigung, Haut- und Mundpflege u. s.w.) 
Beinahrung soll womöglich vor dem 7. Monat vermieden werden, namentlich aber 
in den Sommermonaten. Versuche mit allen möglichen durch Reklame empfohlenen 
Ersatzmitteln für Muttermilch sollen nicht ohne ärztlichen Rat gemacht werden. — 
Nach Einführung der bakteriologischen Untersuchungsmethoden sah man die 
Hauptgefahr in dem Bakteriengehalt der Milch. Dies führte zur Sterilisation 
oder Pasteurisation. Diese Methoden werden eingehend erörtert, ihre Vorzüge 
und Nachteile erwähnt. In den besseren Kreisen hat sich das Soxhietsche Ver¬ 
fahren wohl am meisten eingebürgert und auch am besten erprobt; nur wurde 
die anfänglich gewünschte Erhitzungsdauer von 45 Minuten in den letzten Jahren 
für schädlich anerkannt und eine solche von 5—10 Minuten für genügend erachtet. 
— Hierauf wird die Streitfrage über Anwendung von Vollmilch oder der Ver¬ 
dünnungen zur Ernährung der S. des Näheren dargelegt und zu ihr kritisch Stellung 
genommen. 

II. Therapie. 1. Diätetische Behandlung; Vermeidung der Überfütte¬ 
rung (zu häufiges Anlegen oder zu langes Trinkenlassen) wo möglich, Brustnahrung! 
eventuell Amme! Das Hauptverdienst für die neueren Prinzipien der Diätbe¬ 
handlung kommt Prof, Biedert zu, der uns in der Beurteilung der verschiedenen 
Krankheitsarten auf die Wichtigkeit der chemischen makro- und mikroskopischen 
Untersuchungen der Stuhlentleerungen aufmerksam gemacht hat. Auch bei den 
geringsten Dyspepsieen ist zunächst die Nahrungsmenge herabzusetzen, was am 
besten durch die Verdünnung geschieht; außerdem sind die Pausen zwischen den 
einzelnen Mahlzeiten zu verlängern. Vor allem ist die Ursache der Verdauungs¬ 
störungen zu ergründen und eventuell zu beseitigen. Da nun die Kuhmilch fast 
allerorts sehr große Mängel aufweist, so wurde der Fabrikation und Empfehlung 
für Ersatzmittel derselben Tür und Tor geöffnet. Diese Ersatzmittel zerfallen 
in drei Gruppen: a) Besonders präparierte Kuhmilch, die in der neuen Zusammen¬ 
setzung der Muttermilch ähnlicher sein soll (Voltmers Muttermilch, Gärtner sehe 

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II. Aus Vereinen und Versammlungen. 


517 


Fettmilch, Montische Molkenmilch, Backhausmilch, von Dungernsche Peg- 
ninmilch, keimfreie sog. Forst ersehe Milch, Buttermilch u. a.). Alle diese 
Sorten werden ausführlich geschildert und die Erfahrungen, soweit sie literarisch 
niedergelegt sind, mitgeteilt, b) Rahmgemenge und Konserven (Biederts künst¬ 
liches und natürliches Rahmgemenge, Löfflund, Drenkhan u. a.) c) Surrogate 
der frischen Milch (kondensierte Milch, Nestles Kindermehl, Hafer- und Gersten¬ 
schleim, Kellers Malzsuppe) und amy lumhaltige Präparate (ferner Theinhardts-, 
Rademann-, Muffler-, Kufecke-, Frerich-u. a. Mehle, Mellins food. Odda. 
Kein einziges aller dieser Präparate kann auch nur annähernd die Mutterbrust er¬ 
setzen, wie schon die außerordentlich große Zahl bezeugt. Außerdem ist ihr hoher 
Preis und der Mangel an frischer Herstellung von großem Nachteil für sie. Aller¬ 
dings wird man häufig bei Magendarm Störungen von dem einen oder dem andern 
von ihnen Gebrauch machen müssen als Ersatz für die Kuhmilch. Eine staatliche 
Versuchsanstalt für die Ernährung der Säuglinge, wie sie Biedert verlangt, 
würde gewiß manchen Nutzen bringen. 

Bei jeder Magendarmstörung ist tunlichst die Milchnahrung einzuschräoken 
und zunächst entweder eine schleimige Abkochung oder Ersatzpräparate zu reichen 
oder zur Wasserdiät zu schreiten. Ein Schema aufzustellen, nach dem die ein¬ 
zelnen Erkrankungsformen behandelt werden, hat seine großen Schwierigkeiten. 
Man hat 1. zu individualisieren, 2. zu experimentieren. In dem einen 
Falle wird man mit Biederts Rahmgemenge, in dem anderen mit Backhaus 
oder von Dungernsche Milch oder Kellers Malzsuppe oder Buttermilch u. s. w. 
zu einem guten Resultate gelangen. Hunger erträgt der Säugling ziemlich gut 
und längere Zeit, nicht aber den Durst. Also wird man anfänglich ruhig zu 
einer völligen Nahrungsentziehung schreiten und damit am besten fahren, da der 
Magendarmkanal ruhig gestellt wird. Zur Durststillung wird man am besten nur 
abgekochtes Wasser oder leichte Teeaufgüsse mit geringem Kognakzusatz geben. 
Die Wasserdiät (diäte hydrique) ist namentlich bei den Franzosen beliebt und 
wird bei Brechdurchfällen selbst 4—5 Tage lang durchgeführt. Die früher be¬ 
liebten Zusätze von Eiweiß werden jetzt seltener angewandt wegen der Fäulnis¬ 
zersetzung im Darm. Manchmal bleibt nichts anderes übrig, als zur Brustnahrung 
überzugehen, wenn jede künstliche Nahrung versagt. 

2. Mechanische Behandlung, a) Magen- und Darmspülungen. Trotz der 
leichten Technik haben die größere Zahl der Ärzte noch eine gewisse Scheu vor 
ihrer Anwendung in der Privatpraxis. Nur Kontraindikation bei drohendem 
Kollapsus, bei Erkrankungen des Kolons sind ausgiebige hohe Darmspülungeu 
(Irrigator mit Nelatonmagensondej mit physiologischen Kochsalzlösungen mit 
eventueller Nachspülung von V 2 °/o’g er essigsaurer Tonerde oder 1% Tannin, sodann 
1 °/ <M) Arg. nit.-lösungen von großem Vorteil. Magendarmspülungen bewirken die 
Entfernung des schädlichen Nahrungsrestes und tragen zur Ruhigstellung des 
Magendarmkanals bei. b) Heiße Lcibuinschläge und Kataplasmen. c) Senf bäder 
oder aromatische Bäder, d) Subkutane Kochsalzinfusionen, eventuell bei den 
schweren Wasser Verlusten der Cholera infantum. 

3. Rein medikamentöse Behandlung, a) Purgantia (Kalomel in kleinen 
Dosen mehrmals täglich die ersten 2 Tage. Ol. Ricini bei etwas älteren Säuglingen, 
wenn keine Herzschwäche droht; Salzsäure, Salol, Naphtalin, Resorzin, b) Ad- 
stringentien: Magister. Bism. und neuere Wismutpräparate (Dermatol, Xeroform, 
Bismutose); Tannin und seine Salze (Tannalbin, Tannigen, Tannopin, Tannoform). 
Argentum nitr. c) Opiate: Pulv. Doweri, Tinct. op. nur in minimalen Mengen und 
unter großer Vorsicht anzuwenden wegen Neigung zur Säure Vergiftung. 

Zur Diskussion: Herr Rey betont, daß trotz Anwendung der besten Milch, 
der besten Präparate die Säuglingssterblichkeit nicht geringer werden, so kann 
lange die Mütter und Pflegerinnen nicht zur peinlichsten Sauberkeit, zu einer 
gewissen Asepsis und zur Einhaltung der wenigstens dreistündigen Nahrüngs- 
pausen erzogen werden, so lange nicht vor allem lange Schläuche und Glas¬ 
röhre aus der Säuglingsstube verbannt werden. Dies ist nur zu erreichen 
durch fortwährendes Belehren durch den Arzt und die Hebammen. So lange 
aber die Kinderheilkunde an den Universitäten wie bisher ein Stiefkind bleibt, 
so lange ist von dem Gros der Ärzte kein genügendes Interesse und Ver¬ 
ständnis und daher auch keine richtige Belehrung zu erwarten. Die Säugliugs- 

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Centr&lbl&tt für Kinderheilkunde. No. 12. 


Sterblichkeit wird trotz aller Mühen, die auf gute Milch und deren Ersatz ver¬ 
wandt wird, nicht merklich gebessert werden, so lange die Belehrung über deren 
Gebrauch nicht Allgemeingut geworden ist. 

Herr Selter vermißt die strenge Kritik in dem Blochschen Vorträge. Was 
haben z. B. wir für Erfahrungen über die Zufuhr von Fermenten (Pegnin usw.) in 
den Verdauungskanal. Denn hier ist Kritik nötig. Vor allem vermisse ich die 
genügende Betonung der Brusternährung. Wasserdiät haben wir oft bis zu 
8 Tagen gegeben. Die meisten Arbeiten über Säuglingsdiätetik lassen allerdings 
eine Indikationsstellung vermissen. Hier ist die Stuhluntersuchung nach Biedert, 
mit der ich allerdings nicht überall übereinstimme, der richtige Weg, wie ich dem¬ 
nächst in einer großen Anzahl Stuhluntersuchungen nachweisen werde. Natürlich 
darf man nicht allein die mikroskopische oder chemische Untersuchung berück¬ 
sichtigen, sondern alle anderen Umstände auch. Dann ist die Stuhl Untersuchung 
ein Leitfaden zur Indikationsstellung, wie er gegenüber den früheren Tappen im 
Dunkeln nicht genug hervorgehoben werden kann. 

Herr Paffen holz (Düsseldorf). Bei der Prophylaxe muß unterschieden 
werden zwischen den Störungen, die durch unpassende Diätetik hervorgerufen 
werden (chemische Verschiedenheiten der künstlichen Nährmittel von der Frauen¬ 
milch, Überfütterung, Unsauberkeit bei der Handhabung u. dergl.) und denen, 
die im Sommer zustande kommen durch die der Jahreszeit eigentümlichen Acci- 
denzien (NahrungsVeränderungen durch die Hitze). Dies ist nicht nur zu einer 
Klärung der Sterblichkeitsstatistik, sondern auch für die praktische Prophylaxe 
wichtig. — In der Therapie ist durch Biedert durch die chemische und mikro¬ 
skopische Untersuchung der Fäces ein Weg angebahnt worden zur strengen 
Indikationsstellung der zu verordnenden Nahrungsmittel; so ist zu bedauern, daß 
bisher noch von keiner größeren Kinderklinik eine Kritik über den Wert dieser 
Angaben erfolgt ist; eine Bestätigung bezw. ein weiterer Ausbau dieser Versuche 
würde für die Praxis von großem Werte sein. Vor einiger Zeit ist aber (Naturf.- 
Vers. Hamburg) gerade von hervorragender Seite eine gegenteilige Ansicht ge¬ 
äußert worden. — Bei Beurteilung der unzähligen Nährpräparate ist große Skepsis 
am Platze und die Forderung muß gestellt werden, daß einer öffentlichen Em¬ 
pfehlung eine Prüfung in einer größeren Kinderklinik (nicht bloß Poliklinik) vor¬ 
ausgehen muß. Immerhin haben sich zwei Präparate erhalten und werden zum 
wertvollen Bestände der Säuglingsdiätetik gehören, das sind die Keil ersehe Malz¬ 
suppe und die Buttermilch. 

HerrCramer. Wenn in dem späteren Säuglingsalter vielleicht medikamen¬ 
töse Therapie und Nahrungswechsel erfolgreich sind, so möchte ich für die Magen- 
darmstörungen des Neugeborenen und in den ersten Lebens wochen darauf hin weisen, 
wie wichtig und ausschlaggebend da die genaueste Durchführung der richtigen diä¬ 
tetischen Vorschriften ist. Ich meine große Nahrungspausen und kleine Nahrungs¬ 
mengen. Wir Gynäkologen sind z. B. bei den nicht seltenen Störungen bei 
Brustnahrung nicht in der Lage mit der Ernährung wechseln zn dürfen. Wir 
müssen ä tout prix die Brustnahrung erhalten. Gegen die medikamentöse Behand¬ 
lung in diesem Alter bin ich sehr zurückhaltend. Oft leistet hier die Einführung 
einer Flasche sehr gute Dienste, in der wir Korrigentien, wie Schleim, Milchzucker, 
Rahm u. s. w. einführen können. 

Die Biedert sehe Stuhluntersuchung ist zum Zwecke der Sprechstunden¬ 
diagnostik ausgebildet. In diesem Sinne wird sie vorzügliche Dienste leisten. 
Eine genaue Beurteilung des Stoffwechsels kann man von ihr nicht verlangen. 

Herr Keller. Die Milchthermophore, mögen sie auch bakteriologisch den 
Anforderungen entsprechen, sind für die Praxis vorläufig nicht zu empfehlen, 
da die Apparate nicht tadellos funktionieren. Auswahl der Tiermilch im wesent¬ 
lichen davon abhängig, welche Milch in tadellosem Zustand zur Verfügung steht. 
Fragt an, von wem 5 tägige Wasserdiät empfohlen wird; weist hin auf die Lecithin¬ 
therapie (Combe) die vorgeschlagen, aber bisher nur sehr unvollkommen erprobt 
ist. Die Stuhluntersuchungen haben für die Praxis fast keinen Wert, denn auch 
bei unzweckmäßiger Ernährung erhält man tadellosen Stuhl, der sich von Brust¬ 
milchstuhl äußerlich nicht unterscheidet. Die mikroskopische Untersuchung ge¬ 
stattet kein Urteil über die chemische Zusammensetzung, und die letztere ist viel 
zu kompliziert. 

Herr Gernsheim. Im Anschluß an die Worte des Herrn Rey möchte ich 
Ihre Aufmerksamkeit wiederholt auf die Flaschenbürste lenken, die fast stets die 


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II. Aus Vereinen und Versammlungen. 


519 


Trägerin einer Unmenge von Keimen ist, die die Flaschen von neuem unreparier¬ 
bar infizieren. Ich halte es für unbedingt notwendig, die Flaschenbürste täglich 
einmal auszukochen. Bezüglich der Darmspülung darf ich einwenden, daß dazu 
ein besonderer Schlauch wie Nelatonkatheder, Ewaldsche Sonde und ähnliche 
durchaus nicht notwendig ist; wird die Spülung richtig ausgeführt, d. h. wird der 
Säugling in die richtige Rückenlage mit erhobenem Steiß gebracht und der Trichter 
oder Irrigator nicht höher als höchstens */» m über die Kanalöflhung gehalten, 
damit das Spülwasser glatt ohne Widerstand des Säuglings einfließen kann, so 
kommt man mit einer gewöhnlichen Olive oder einem gewöhnlichen Irrigator¬ 
ansatz sehr gut aus. In den Referate des Kollegen Bloch vermisse ich die Er¬ 
wähnung des Allaitement mixte, das ja zuerst von Biedert, dann von Marfan, 
der Breslauer Schule u. s. w. empfohlen wurde. Wenn wir nicht eine Muttermilch¬ 
ernährung durchführen können, so müssen wir unbedingt bestrebt sein, das All. m. 
anzuwenden, selbst wenn pro Nahrungsportion auch nur 30—40 gr Milch dem 
Kinde gewonnen werden. Selbst bei solch kleinen Mengen werden die anderen 
Nahrungssorten, die man je nach dem Alter des Kindes gibt, vorzüglich ausgenutzt. 
Ausheberungen ergaben in verschiedenen Fällen, das Kuhmilch dabei viel feiner 
gerinnt als bei reiner Kuhmilchernährung. — Herrn Keller gegenüber möchte 
ich darauf hinweisen, daß die Stuhluntersuchungen nach Biedert für den Paediater 
von unermeßlichem Wert für Diagnose und Therapie sind, zumal nicht nur be¬ 
stehende Zustände damit erkannt, sondern auch kommende Veränderungen (Fett¬ 
diarrhöe) vorauszusehen sind. Aus dem Verhalten des im Stuhl vorhandenen 
Fettes, der vorhandenen Stärkepartikel ist mit Leichtigkeit auf den Charakter der 
Krankheit zu schließen. Schleimpartikel sind mit dem Mikroskop frühzeitig zu 
erkennen. Unerläßlich ist die Reaktionsprüfung, das Aussehen und der Geruch 
von großer Wichtigkeit. Ganz einfach aber ist die Untersuchung nicht, es gehört 
Übung dazu. 

Herr Freiberger erwähnt auf die Anfrage des Herrn Selter, daß er an 
der Breslauer Kinderklinik Kinder mit Vollmilch mit Pegninzusetz durch das ganze 
erste Lebensjahr ernährt hat. Als Unterschied gegenüber Vollmilchernährung trat 
hervor, daß die Kinder gute Farben erhielten und muskelkräftig wurden. Ferner 
ließ sich das habituelle Erbrechen in einer Reihe von Fällen beseitigen. Die Ver¬ 
suche einer Ernährung mit Pankreonmilch haben zu schlechten Resultaten geführt, 
die Kinder waren nur mit Frauenmilch zu erhalten. Ferner hebt er als eine der 
wesentlichsten Verstöße von seiten der Mütter gegen die Reinlichkeit die Unsitte 
hervor, den Gummipfropfen erst selbst in den Mund zu nehmen, bevor sie ihn 
dem Kinde reichen. 

HerrDr. Rensburg (Elberfeld) berichtet über die im Mai dieses Jahres in Ham¬ 
burg stattgefuudene Ausstellung für hygienische Milch Versorgung. Unter 
den zahllosen Gebrauchsgegenständen, die bei der hygienischen Milchversorgung ge¬ 
braucht werden, wurden, weil von praktischem Interesse, besonders erwähnt, 1. ein 
von Dr. S eif f er t (Leipzig) erdachter neuer Sterilisationsapparat für Milch, der unter 
Benutzung der ultravioletten Lichtstrahlen als Sterilisatoren und Vermeidung des 
Kochens die Milch unter Erhaltung ihrer biologischen Eigenschaften konservierbar 
machen soll 2. ein kleiner für zwei Milchproben dienender billiger Apparat zur Ga ber¬ 
schen Fettbestimmung. Unter den Milchpräparaten interessierte alsdann 1. schüttel¬ 
raumfreie eingeschlossene Dauermilch zur Vermeidung des Aufrahmens und Aus¬ 
buttems bei längerem Transport; 2. die zu demselben Zwecke sogen, lait bomog6nis6, 
eine Milch, die zwischen zwei unter hohem Druck aneinandergepreßte Metallscheiben 
zermalmt wurde. Hierdurch soll die Fettemulsion, wie mikroskopisch nachweisbar, 
derart weit getrieben sein zu feinstem Fettstaub, daß eine Vereinigung zu Butter 
ausgeschlossen sein soll; 3. dauerhaft konservierte Milch ohne Zuckerzusatz in 
reichlicher Anzahl; 4. Milchfleischextrakt, welches das Feischextrakt ersetzen soll; 
5. Galaktit, eine aus Casein gepreßte hornartige Masse, die industriell als dessen 
Ersatz verarbeitbar ist. Von den gestellten Preisaufgaben interessieren den Par- 
diater besonders: 


1. populäre Anleitung zur richtigen Behandlung der Milch im Haushalt ein¬ 
schließlich Säuglings- und Kindermilch: nicht verteilt. 

2. einfache praktische Methode zur Bestimmung des Scbmutzgehaltes in der 
Milch: nicht verteilt. 

3. hervorragende Leistung auf dem Gebiete der Kindermilchversorgung: zu¬ 
erkannt der Firma Vollmer. 


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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


4. dasselbe speziell für die ärmere Bevölkerung; nicht vergeben. 

5. zweckmäßigstes und billigstes Verfahren zur Bereitung der Säuglingsmilch 
im Haushalte, erteilt dem Dr. Lookschen Milchsterilisationsapparat. 

R. referiert weiter über die Vorträge Rubners (Wert der Milch als Nahrungs¬ 
mittel und über Gewinnung gesunder Milch) und H e u b n e r s(Kuhmilch als Säuglings¬ 
nahrung); über eine Versammlung, in der eine Öffentliche Besprechung einer muster¬ 
gültigen Polizei Verordnung betr. Verkehr mit Milch ohne praktisches Ergebnis 
stattfand; über eine wissenschaftliche Versammlung des ärztlichen Vereins in Ham¬ 
burg, in der Dunbar (Hamburg) über Anforderungen der Hygiene an die städti¬ 
sche Milch Versorgung, Soxhlet (München) über Milch Versorgung und Säuglings¬ 
nahrung, und Ed leisen (Hamburg) über die durch die Schwerverdaulichkeit der 
Kuhmilch veranlaßten Gesundheitsstörungen des Säuglings und die Wege zu ihrer 
Verhütung und Beseitigung sprachen. 

Zur Diskussion. Herr Selter: Milchfleischextrakt schmeckt sehr schlecht. Ich 
beschäftige mich augenblicklich mit der Frage, ob nicht die sog. homogenisierte 
Milch für den Säugling bezüglich des Fettes leichter verdaulich ist. Auch die Ham¬ 
burger Versammlung hat mir wieder bewiesen, daß die Produzenten und zum 
Teil auch die Behörden noch nicht das nötige Verständnis für die Milchhygiene 
haben. 

Herr Keller (Bonn) spricht überSeehospize. Er schickt einige allgemeine 
Bemerkungen über die Organisation der deutschen Seehospize voraus und bespricht 
dann die klinischen Beobachtungen, welche er im Sommer 1902 als Leiter der 
Wyker Kinderheilstätte zu machen Gelegenheit hatte. Bemerkenswert sind die 
Erfolge der Hospizbehandlung bei Respirationserkrankungen, sowie der günstige 
Einfluß auf die nervösen Beschwerden neuropathisch belasteter Kinder. Ausführ¬ 
lich werden die Gewichtszunahmen der Kinder besprochen und in Vergleich ge¬ 
setzt zu den Zunahmen, welche in Ferienkolonien u. s. w. erzielt werden. Am 
wenigsten konnte sich K. von den vielgerühmten Erfolgen der Seehospize bei 
Skrophulotuberkulose überzeugen. Um diese zu erreichen, wäre eine Verlänge¬ 
rung der Kurdauer, oder falls dies nicht möglich ist, eine Ergänzung der Kur 
durch anschließenden Aufenthalt auf dem Lande notwendig. Außerdem erscheint 
eine strengere ärztliche Auslese des für die Kinderheilstätten geeigneten Kinder¬ 
materials erforderlich. 

Herr Selter. Die Auswahl der Kinder untersteht bei uns den Frauen¬ 
vereinen, deren Auswahl ein Vertrauensarzt bestätigt, ohne daß ein hausärzt¬ 
liches Attest vorliegt. Dagegen sollten wir in unsern Städten Front machen und 
so die Auswahl einschränken (stellt einen diesbezüglichen Antrag). Aber auch 
die ärztliche Leitung und Verpflegung an den Seehospizen läßt nach meinen 
Erfahrungen oft zu wünschen übrig. 

Herr Dreher (Düsseldorf) demonstriert einen Pulverbläser, der mit einem 
Mundspatel so in Verbindung gebracht ist, daß ein pulverförmiges Medikament 
nach Einführung des Spatels auf jede beliebige Stelle der Mundhöhle eingeblasen 
werden kann. Der Vorteil des Instrumentes von den gewöhnlichen Pulverbläsern 
besteht darin, daß nur eine Manipulation in der Mundhöhle nötig ist, daß der 
Arzt die eine Hand frei behält und daß endlich die Applikation auch bei einem 
sich sträubenden Kinde leicht möglich ist, während durch den gewöhnlichen Pulver¬ 
bläser leicht Verletzungen hervorgerufen werden können. Das Instrument ist von 
Metall und leicht sterilisierbar. J G. Rey (Aachen). 


Naturforscherversammlung in Kassel. 


Abteilung für Kinderheilkunde. 

(Münch, med. Wochenschrift 1903 Nr. 40.) 

L Sitzung am 21. September 1903, Nachm. 3 Uhr. 
Vorsitzender: Herr Koller (Kassel). 


1. Schilling (Leipzig): Die Sekretion der Speicheldrüsen bei Kindern. 

Bisher galt die Ansicht, daß nur die Parotis und das Pankreas in geringem 
Maße saccharifizierendes Ferment liefern, und daß die Glandula submaxilaris nicht 
vor Ende des zweiten Lebensmonates Speichel produziere. Der Verfasser konnte 

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II. Aus Vereinen und Versammlungen. 


521 


bei Säuglingen von 9 Tagen bis 6 Wochen (Einlegen eines Stärkekleister ent¬ 
haltenden Zulpes in die Mundhöhle des Kindes), und zwar sowohl bei Brust¬ 
kindern als auch bei künstlich genährten, nachweisen, daß auch bereits die Sub- 
maxillardrüse wirksames Ferment enthält. Das Pankreas liefert gleichfalls zu 
dieser Zeit Ferment. Dadurch soll die Verdauung von Kohlehydraten schon in 
diesem frühen Lebensalter verbürgt sein. 

2. Cahen-Brach (Frankfurt a. M. : über einen Fall von Kolonektasie. 

Der Verfasser berichtet über einen Fall von hochgradiger, chronischer Stuhl¬ 
verstopfung eines jetzt 3jährigen Knaben, bei welchem die methodische Anwendung 
„hoher“ Öleinläufe bedeutende Besserung erzielte. Die Eingießungen wurden in 
der bekannten Weise vorgenommen, daß ein mit dem Irrigator verbundener, 
elastischer Schlauch in den After eingeführt und dann unter gleichzeitigem Ein¬ 
fließen des erwärmten Öles die Sonde vorgeschoben wurde. Ein Röntgenbild 
zeigt den mit einer Kette armierten Schlauch in mehrfachen Schlingen im Dick¬ 
darm liegend. Der Verf. berechnet daraus eine mindestens 17 cm im Umfang 
betragende Erweiterung des Enddarmes. 

Die Schlingenbildung war etwa bis 23 cm oberhalb des Anus verfolgbar. 
Bei diesem Kinde war somit zur Erzielung einer ausgiebigen Klysmawirkung die 
Sonde bis zu der angegebenen Höhe hinaufzuführen. 

Diskussion: Ganghofner (Prag) ist nicht überzeugt, daß in dem be¬ 
richteten Falle tatsächlich eine erhebliche Ektasie des Darmes vorlag, da bei den 
entstehenden Biegungen des eingeführten Darmrohres, welches in der Regel nicht 
weit über die Flexur hinauskommt, die gelungene Einführung eines längeren 
Rohres nichts beweist. Die Ölklysmen wirken ja häufig gut bei hartnäckiger 
Obstipation, auch in der gewöhnlichen Weise mit dem Irrigator appliziert. Besser 
wirkt jedoch bei chronischer Obstipation die systematische Massage, welche gerade 
bei jungen Kindern Dauererfolge auf weist. 

Biedert (Hagenau) meint, daß es für gewöhnlich unnötig sei, mit einer 
Sonde hoch hinaufzugehen; bei Hochlagerung des Steißes fließt unter mäßigem 
Drucke die Flüssigkeit bis in das Coekum, wovon er sich selbst zu überzeugen 
Gelegenheit hatte. Nur bei einer eventuellen Abknickung des Kolon ist es nötig, 
ein Darmrohr anzuwenden, um den Rückfluß der Flüssigkeit herbeizuführen. 

Cahen-Brach (Frankfurt a. M.) hält auf Grund der Röntgenaufnahme an 
seiner Ansicht einer Erweiterung des Enddarmes fest. Die hohe Einführung der 
Darmsonde geschah zum Zwecke der Feststellung einmal der Weite des Darmes 
wegen und dann, um nachzuweisen, wie hoch das Darmrohr eingedrungen sei. 

D’Espine (Genf) bespricht kurz einen selbst beobachteten Fall von Hirsch¬ 
sprungscher Krankheit bei einem 14 jährigen Knaben. Leichtere Fälle dieser 
Krankheit sind nicht so selten. 

Möser (Wien) hält eine Ausdehnung des Darmes durqh die Kettensonde 
selbst für möglich und damit auch eine Täuschung über die tatsächlichen Ver¬ 
hältnisse. In der Wiener Universitäts-Kinderklinik wird in solchen Fällen eine 
explorative Eingießung einer Wismutlösung (5—10 g auf 50 g Wasser) mit Erfolg 
angewendet. 

Uffenheimer (München) hebt die Vorzüge der gleichzeitigen Wasserein¬ 
gießung mit der Einführung der Sonde hervor und berichtet eine eigene günstige 
Beobachtung. 

Gernsheim (Worms) meint, daß das Öl bei diesen Eingießungen doch 
recht weit in den Darm hinauffließe und noch 2—3 Tage lang im Darm zurück¬ 
bleibe. Wenigstens finden sich nach dieser Zeit noch Reste des Öles dem Stuhl¬ 
gang beigemischt. 

3. Rein ach (München): Beitrag zur Behandlung von Ernährungsstörungen im 
Säuglingsalter mit gelabter Kuhmilch. 

Eine rationelle Fermenttherapie setzt voraus die Möglichkeit, aus für die 
tägliche Praxis brauchbaren Fäzesuntersuchungen die herabgesetzte Tätigkeit der 
Verdauungsdrüsen für Eiweiß-, Fett- und Kohlehydratverdauung erschließen zu 
können. Für Fett oder Kohlehydrate ist dies möglich — mikrochemisch —, nicht 
sicher für Eiweiß. Die Labung der Milch nach Professor v. Düngern bedingt 
feinflockiges Gerinnen der Milch im Magen. Durch diesen Labprozeß wird jedoch 
die chemische Verschiedenheit und die sog. Eigenart der Kuhmilcheiweißkörper 
gegenüber denen der Frauenmilch, der Idealnahrung, nicht ausgeglichen. Den 
Versuchen Dr. Siegerts stehen ungünstige Dr. Brünings gegenüber. R. hat 
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Ccntralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


an 51 Kindern Versuche mit Pegninmilch angestellt und berichtet über 44 Genaues. 
Es waren nur kranke Kinder, und zwar 26 chronisch und 18 akut erkrankte. 
Von den chronischen Fällen sind ausgeheilt 8, 6 gebessert mit akuten Rückfällen, 
12 dauernd nicht geheilt. Von 4 Atrophikern sind 3 nicht geheilt. Von den 
18 akuten Fällen waren 11 leichter und 7 schwer krank. Von den Schwerkranken 
sind 1 5 und von den leichten 4 geheilt; aus der Behandlung geblieben sind 4. 
Die Beobachtungszeit der chronischen Fälle erstreckte sich auf Wochen bis zu 
5—6 Monaten, ebenso der akuten, worunter allerdings kürzer beobachtete. Zu¬ 
nahmen teilweise 30—40 g, teilweise nur 10—15 g bei der ersten und zweiten 
Gruppe der chronischen Fälle. Die Gewichtsverhältnisse im allgemeinen standen 
oft im Kontrast zu dem Befunde der Verdauungsorgane. — Günstig wurden durch¬ 
weg die Magenbeseh werden beeinflußt. Rachitis wurde nicht sinnfällig ge¬ 
bessert. Gefährlich in der Fermenttherapie scheint die Zersetzungsmöglichkeit. 
Pegninvollmilch wurde meist nicht vertragen, wenigstens im ersten Halbjahr. 

Schlußthesen: i. In den von mir mit gelabter verdünnter Kuhmilch be¬ 
handelten Fällen chronischer Ernährungsstörung hat sich bezüglich Ausheilung 
der Darmstörung und Hebung des Ernährungszustandes des Gesamtorganismus 
ein Vorzug vor anderen Methoden nicht ergeben; wesentlich günstiger gestaltete 
sich die Ausheilung akuter Verdauungsstörungen. 2. Die unverdünnte Pegnin¬ 
milch hat sich nur in einer kleinen Zahl von Fällen für längere Zeit anwenden 
lassen. 3. Da aus den auch von anderer Seite publizierten Erfolgen, einerseits 
mit kohlehydratreichen, andererseits mit fettreichen Nährmitteln, sowie auf Grund 
mikrochemischer Stuhluntersuchungen hervorgeht, daß neben der oft nötigen Milch¬ 
verdünnung bei einer Zahl von Kindern Zusatz von Kohlehydraten, bei anderen 
Fett mit eventueller Herabsetzung des Eiweißgehaltes nötig ist, um dauernd gutes 
Gedeihen zu gewährleisten, so ist zwar zur Erhöhung der Ei weiß Verdaulichkeit 
auch die Labung prinzipiell in Erwägung zu ziehen, aber für die Bedürfnisse 
und Handhabung in der Praxis dürften solche Mischungen zu kompliziert und 
für das Gros der Bevölkerung zu umständlich werden. 4. Die Pegninmilch wird 
durchwegs gern genommen. 5. In einer größeren Reihe von chronischen und 
akuten Störungen mit vorwiegendem Erbrechen und Unruhe nach dem Trinken 
wurden letztere Symptome in der günstigsten Weise durchweg beeinflußt. 6. Fälle 
von Reizerscheinungen von Seiten des Zentralnervensystems, die mit den Ver¬ 
dauungsorganen in Zusammenhang gebracht werden können, zeigten sofortiges 
Verschwinden dieser Zustände. 

Demonstration von Gewichts- und Ernährungskurven. 

Diskussion: Siegert (Straßburg) spricht sein Erstaunen darüber aus, daß 
der Vortragende gelabte Kuhmilch bei akuten Magendarmerkrankungen für ein 
Heilmittel hält. Bei diesen sei der erste und wichtigste Schritt, die Milch ganz 
fortzulassen. S. hat mit der Labung der Milch bei gesunden Kindern ausge¬ 
zeichnete Erfolge zu verzeichnen und spricht sich dagegen aus, gelabte Milch als 
Heilmittel zu verwe nden. Die Labung ist nur die Herbeiführung eines physio¬ 
logischen Vorganges. Verwand darf nur gekochte Milch werden, da die Labung 
roher Milch sehr feste Gerinnsel gibt. 

Schloßmann (Dresden) stimmt dem Vorredner nicht bei. Er hat mit 
Pegnin keine besseren Resultate gesehen und hält die Bestrebungen, die Milch 
durch verdauende Zusätze leichter verdaulich zu machen, heutzutage nicht für 
angebracht. Wir sollten vielmehr dahin streben, möglichst gute und reine Milch 
zu bekommen. Die alte Lehre, bei akuten Magendarmstörungen anfangs die 
Milch ganz fortzulassen, sei eine Irrlehre. 

Selter (Solingen) vermißt für die Anwendung der gelabten Milch bei 
Säuglingen eine genaue Indikationsstellung von seiten des Vortragenden. Nach 
seinen Untersuchungen ist die Gerinnung der gelabten Milch im Magen des 
Kindes die gleiche wie diejenige nicht gelabter Milch. Gegenüber Schloß mann 
(Dresden) möchte er vorläufig bei akuten Magendarmstörungen keine Milch geben. 

Rommel (München) befürwortet die Anwendung gelabter Milch bei Krank¬ 
heitsfällen, in denen die Symptome von seiten des Magens im Vordergründe des 
Krankheitsbildes stehen. 


Rein ach (München) setzt auseinander, daß es nur seine Absicht war, die 
tatsächlichen Erfolge bei Ernährung mit gelabter Milch bei einer Reihe von 
Magendarmstörungen hier zu erörtern. 


4. Salge (Berlin): Enterokatarrh im Säuglingsalter. 

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II. Aus Vereinen und Versammlungen. 


523 


Verfasser hatte Gelegenheit, eine Reihe von Kindern in der Säuglingsstation 
der Kinderklinik der Charite zu beobachten, die an akutem Enterokatarrh mit 
schweren Vergiftungserscheinungen litten. In diesen Fällen wurden die von 
Escherich und Finkeistein im Jahre 1900 beschriebenen blauen Bazillen in 
großer Menge gefunden. Es wurden Versuche gemacht, an den Bakterien oder 
ihrem Kultursubstrat pathogene Eigenschaften nachzuweisen. Als Versuchstiere 
dienten Kaninchen und Meerschweinchen. Diese Versuche, in deren Verlauf auch 
die Autolyse der Bakterien nach dem Vorgänge Conradis ausgeführt wurde 
führten nicht zu einem positiven Ergebnis. Es wurde dann, angeregt durch die 
klinische Beobachtung, untersucht, ob Fettsubstanzen für die Biologie des Mikro¬ 
organismus von Bedeutung wären. Es wurden dem 1 1 / 2 proz. Traubenzucker 
•enthaltenden Nährboden 0,1 % bleisaures Natron zugesetzt. In diesen Nährböden 
trat eine erhebliche Wachstumsforderung ein, pathogene Eigenschaften konnten 
aber auch so nicht nachgewiesen werden. 

Dagegen ergab sich das interessante Resultat, daß nicht nur der Zucker zer¬ 
setzt wurde, sondern auch die hohe Fettsäure verschwand und in niedere Fett¬ 
säuren zerlegt wurde. Dieser Befund würde es leicht verständlich erscheinen 
lassen, daß in diesen Fällen die Darreichung von Fett eine starke Azidität der 
Stühle zur Folge hat. 

Die großen Mengen von Säuren, die im Darme gebildet werden, lassen 
daran denken, sie mit den toxischen Erscheinungen, die nach Fettdarreichung 
eintreten, in Beziehung zu setzen, und Verfasser stellt die Möglichkeit auf, daB 
os sich um eine Alkalientziehung durch die gebildeten abnormen Säuren handle. 
Untersuchungen hierüber stellt der Verfasser in Aussicht. 

5. Siegert (Straßburg i. E.): Die Fermenttherapie der Atrophie im Säuglingsalter. 

Unter Bezugnahme auf einen einleitenden Vortrag in der letztjährigen Ver¬ 
sammlung präzisiert Vortragender jetzt die Indikationen der Fermenttherapie: 
mangelnde Sekretion des Magens, Darmes und Pankreas. 

Die Diagnose erfolgt aus dem Nachweis unverdauter Nahrungsbestandteile: 
Stärke, große konfluierte Fettlachen, viele Parakaseinflocken im Stuhl unter Ver¬ 
hältnissen, wo diese sonst fehlen. Außerdem aus ungenügender oder fehlender 
Gewichtszunahme bei zweckmäßiger Nahrung in entsprechender Menge. Der 
Erfolg der Fermenttherapie bei gleicher Ernährung bestätigt die Diagnose. 

Die Leistungen der mit Pegnin gelabten Milch, der Pankreaspräparate und 
des kräftigsten Sekretionserregers, der Buttermilch, werden zum Teil auf Grund 
kurzer Krankengeschichten besprochen. 

Dank der systematischen Anwendung der Fermente (Labferment, Pankreas¬ 
extrakte) und der Erreger der Fermentsekretion (Salzsäure, Fleischbrühe und 
-extrakt) und vor allem der Buttermilchkonserve Biederts vermögen wir heute 
oft die Atrophie des Säuglings in blühendes Gedeihen zu verwandeln. 

Diskussion: Rommel (München) hat sich bemüht, eine gute Buttermilch 
darzustellen, und hat gefunden, daß diese doch nichts anderes ist als eine ge¬ 
säuerte Magermilch. Er verwendet jetzt auch in der Praxis Zentrifugenmager¬ 
milch, welche er 24 Stunden lang durch Zusatz von Milchsäurebakterien gesäuert 
hat. Seine Erfolge sind günstige. Nach seinen Untersuchungen ist der Albumin¬ 
gehalt der Buttermilch nicht erhöht 

Thiemich (Breslau) hat Kinder mit Vollmilch gefüttert und direkt im 
Anschlüsse daran eine Portion Pegnin herunterschlucken lassen. Eine Störung 
ist dabei nicht eingetreten. Die mechanische Bedeutung der Pegningerinnung 
ist mindestens sehr gering. 

Salge (Berlin) sieht doch zwischen gesäuerter Magermilch und Buttermilch 
Unterschiede. Der Fettgehalt ist für die Feinheit der Kaseingerinnung wichtig. 
Seine Erfolge mit gesäuerter Magermilch waren nicht so günstig wie diejenigen 
mit Buttermilch. 

Lugenbühl (Wiesbaden) hat gute Erfolge mit einem trinkfertig hergestellten 
Buttermilchpräparat aus Holland zu verzeichnen. 

Biedert (Hagenau) spricht sich für Buttermilch aus, nur warnt er vor der 
gewöhnlichen Buttermilch, welche oft gefährliche Beimischungen enthält. Er 
plädiert für künstliche Herstellung von Buttermilch — eventuell durch künstliche 
Säuerung (Säurebazillen). 

Rommel (München) betont, daß bei der Säuerung der Magermilch ein an¬ 
dauerndes Schütteln für die Feinheit der Kaseingerinnung bedeutungsvoll sei. 

87* 



524 


Centralblatt för Kinderheilkunde. No. 12. 


Beim Zusatz von Mehl und Zucker zur Magermilch vor der künstlichen Säuerung' 
entsteht zum Schlüsse eine fast homogene Mischung. 

6. Selter (Solingen) berichtet über ein von ihm in der Literatur nicht ge¬ 
fundenes Krankheitsbild: Trophodormatoneurosf, eine Erkrankung, die er bei Kindern 
weiblichen Geschlechtes zwischen 1 1 / t und 3 1 / 1 Jahren beobachtete. Die Symptome 
waren: Verdrießlichkeit, Ängstlichkeit, bei einzelnen Kindern mit psychischen 
Störungen (Delirien, Halluzinationen), ja bis zur ausgeprägten Psychose. Dabei 
profuse Schweiße und deren Folgen (Sudamina, Exkoriationen, Kratzeffekte), rote, 
kühle Schwellung der Hände und Füße. An inneren Organen keine Störungen. 
Der Verlauf der Erkrankung war langwierig (bis zu 3—4 Monaten), aber stete 
günstig. 

7. Schloß mann (Dresden): Eine verbesserte Methode der ErnähnmgsstatistHc 
der Säuglinge. 

Die bisherige Art, wie die Ernährungsfrage bei der Statistik der Säuglings¬ 
todesfälle berücksichtigt wird, ist ungenügend. In Dresden wird jetzt nur eine. 
Frage zur Beantwortung vorgelegt. „Wie lange wurde das verstorbene Kind ge¬ 
stillt ?“ Damit ist die Grundlage für eine brauchbare, allgemeine Statistik gegeben. 
Weiter muß bei der Volkszählung für alle Kinder unter einem Jahr festgestellt 
werden, ob die Kinder gestillt werden oder nicht. , 

8. Sperk (Wien): Die Prinzipien der städtischen Kindermilchversorgung. 

Der Verf. bespricht die Notwendigkeit der städtischen Kindermilch Versorgung^ 
besonders im Interesse der armen Bevölkerung. Die Kommunen sind dafür die 
berufenen Körperschaften. Durch Zentralisierung des gesamten Kindermilch Ver¬ 
kehrs in besonderen städtischen Molkereianlagen würden die Stadtgemeinden in 
der Lage sein, die Frage einheitlich zu regeln. Redner wünscht im Anschlüsse 
an diese Anstalten die Errichtung sogenannter Milchlaboratorien nach amerika¬ 
nischem Muster. Redner weist weiter darauf hin, daß es notwendig sei, alle 
Maßnahmen des öffentlichen Kinderschutzes auch auf das Land zu übertragen; 
denn gerade dort ist die Kinder- und besonders die Säuglingssterblichkeit eine 
größere als in den Städten. Das Land aber ist die eigentliche Produktionsstätte 
des Nachwuchses. Durch die Sanierung der kindlichen Ernährungsverhältnisse 
auf dem Lande ist es aber erst möglich, alle hygienischen Faktoren des Land¬ 
lebens für die öffentliche Gesundheit zu verwerten. 


II. Sitzung vom 22. September 1903, Vorm. Uhr. 

Vorsitzender: Herr C o m b y (Paris). 

1. Hochsinger (Wien): Stridor congenitus und Thymushypertrophie (mit Rönt- 
genbildern). 

H., welcher sich schon seit zwei Jahren mit radioskopischen Untersuchungen 
über die Thymusdrüse im Säuglings- und frühen Kindesalter befaßt, hat 58 Kinder 
der ersten drei Lebenssemester im Röntgeninstitute Kienböcks in Wien rück- 
sichtlich der Thymusgröße untersucht. Zunächst stellt H. fest, das radioskopische 
Untersuchungen über die Thymusdrüse überhaupt noch nicht vorgenommen worden 
sind, daß dieselben aber immer zn einem positiven Resultate in den frühen Lebens¬ 
perioden führen. Es gibt ein typisches Röntgenbild der Thymus, welches sich 
als ein vom Herzschatten parallel mit dem Wirbelsäulenschatten zum oberen 
Brustbeinrand emporsteigendes, die Wirbelsäule seitlich überragendes und konkav 
begrenztes Band darstellt. Unter normalen Verhältnissen ist die Breite dieses 
Bandes der Höhe der Insertion der zweiten Rippe an dem Dorsalwirbel nur um 
ein geringeres breiter als der Wirbelschatten selbst. Unter pathologischen Ver¬ 
hältnissen wird nun der dem Wirbelsäulenschatten folgende Änteil des Thymus¬ 
schattens breiter, so daß er beiderseits mehr weniger den ersteren überragt und 
auch den Herzschatten scheinbar seitlich vergrößert. 

Seine besondere Aufmerksamkeit hat H. jenen Säuglingen zugewendet, 
welche das bisher in seiner Wesenheit noch nicht enträtselte Bild des „Stridor 
congenitus“ darboten. Hierunter wird eine angeborene oder in den ersten Lebens- 
monaten auftretende geräuschvolle Atmung verstanden, deren Intensität am Ende 
des Inspiriums am bedeutendsten ist, welche Tag und Nacht persistiert und 
röchelndes, mäckerndes oder klucksendes Tönen bei jedem Atemzuge erkennen 
läßt. Immer finden sich auch inspiratorische supra- und substernale Einziehungen, 
welche beweisen, daß es sich um eine Stenose der oberen Luftwege handelt. 

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II. Aas Vereinen und Versammlungen. 


525 


Über die Entstehung dieser Geräusche sind viele Theorien ersonnen worden, 
unter anderen auch eine, welche das Geräusch von einer Kompression durch 
hypertrophierte Thymus herleitet Der Vortragende, welcher immer diese von 
Avellis verteidigte Anschauung geteilt hatte, konnte nun durch die radiologische 
Untersuchung von 20 Säuglingen mit Stridor congenitus das Vorliegen einer 
hypertrophierten Thymus im Röntgenbilde feststellen. 4 von diesen Fällen hatten 
«norm hypertrophierte Thymen, 20 wesentlich vergrößerte und nur 1 Fall eine 
geringfügig vergrößerte Thymus. Aus diesen Untersuchungsergebnissen glaubt 
H. mit Sicherheit annehmen zu dürfen, daß die als Stridor congenitus bezeichnete 
geräuschvolle Atmung der Säuglinge auf Thymushypertrophie beruht, und schlägt 
vor, diese pathologische Atmungsform richtiger mit dem Namen Stridor thymicus 
za bezeichnen und von dem Epitheton „congenitus“ ganz abzusehen, weil das¬ 
selbe viel häufiger nicht gleich bei der Geburt, sondern erst innerhalb der ersten 
Lebensmonate des Kindes in Erscheinung tritt. 

Sonst konnte noch ein gewisser Zusammenhang zwischen Rachitis und 
Tbymushypertrophie festgestellt werden, da von 32 untersuchtöl rachitisdien 
Kindern 23 eine Vergrößerung der Thymusdrüse aufwiesen. Die Beziehung der 
Thymushyperplasie zur Rachitis wird in ähnlicher Weise beurteilt, wie das Ver¬ 
hältnis der Milzhyperplasie zu der genannten Erkrankungsform. 

2. Zuppinger (Wien): über Laryngitis aphthosa. 


Der Vortragende erwähnt, das die Stomatitis aphthosa zwar in der über¬ 
wiegenden Mehrzahl der Fälle eine wirklich gutartige, nur auf die Mundschleim¬ 
haut lokalisierte Krankheit sei, nicht selten aber progredienten Charakter zeige, 
insofern sie dann auf den Gaumen, Uvula, Tonsillen und hintere Rachen wand 
übergreife. In sehr seltenen Fällen ist auch der tiefere Verdauungstrakt be¬ 
troffen. Andererseits kann die aphthöse Entzündung auch auf den Larynx über¬ 
gehen und dann besonders bei kleinen Kindern ausgesprochene Larynxstenose er¬ 
zeugen, die die Kinder in direkte Erstickungsgefahr bringt. Verfasser beobachtete 
unter 900 Kindern mit Stomato-pharyngitis aphthosa 6 solche Fälle und bringt 
ein ausführlicheres Beispiel. Die Therapie besteht in einer energischen Behand¬ 
lung der Grundkrankheit, hierzu benutzt er Auswaschungen des Mundes und 
Rachens mit Solutio Kali hypermang. und vermeidet interne Verabreichung von 
Kali chloricum. Geht die Grundkrankheit zurück, lassen auch bald die Symptome 
von seiten des Kehlkopfes nach. Zur Unterstützung werden mit bestem Erfolge 
Wasserdampfinhalationen und warme Umschläge am Halse angewendet. Bei 
gefahrdrohender Larynxstenose ist die Intubation auch im Säuglingsalter der 
Tracheotomie schon wegen der voraussichtlich kurzen Intubationsdauer vorzuziehen. 

3. Brüning (Leipzig) berichtet unter gleichzeitiger Demonstration von Photo- 

f rammen und farbigen Abbildungen, welche das Verhalten der Seiffertschen 
[omafäden zu den Gefäßen und den im nomatösen Gewebe verlaufenden Muskel¬ 
fasern illustrieren sollen, über 4 Nomafätie aus dem Leipziger Kinderkrankenhause. 
Die Erkrankung betraf 2 Knaben und 2 Mädchen im Alter von 3 bis 5 1 / i Jahren 
und endete bei den beiden Knaben tödlich, während die beiden Mädchen mit 
dem Leben davon kamen. In drei Fällen entwickelte sich der Wangenbrand 
nach Masern, der vierte Fall betraf einen hereditärluetischen, rachitischen Knaben 
mit langwieriger Pneumonie und Empyem. Die Therapie war eine exspektative. 
4. Keller (Bonn): Erfolge und Organisation der Seehospize. 


Die wesentlichen Erfolge der deutschen Seehospize bestehen in dem Ver¬ 
schwinden der nervösen Beschwerden bei neuropathisch belasteten Kindern (in 
Zusammenhang mit der Anstaltsbehandlung), in der günstigen Beeinflussung der 
Respirationserkrankungen durch die relative Keim- und Staubfreiheit der Luft, 
eowie die Gleichmäßigkeit der Temperatur und vor allem in der Erzielung er¬ 
heblicher Körpergewichtszunahmen bei Kindern aus armen und wohlhabenden 
Familien. Bei erholungsbedürftigen und rekonvaleszenten Kindern werden infolge¬ 
dessen gute Erfolge erzielt, aber diese sind von kurzer Dauer. Bei Tuberkulose 
und Skrofulöse kommt es zu einer Besserung des Allgemeinbefindens, zu einem 
vorübergehenden Verschwinden einzelner Symptome, aber von einer Heilung kann 
keine Rede sein. Ein Vergleich mit den ausländischen Hospizen fällt zu Un¬ 
gunsten der deutschen aus. Bleibt die Kurdauer in den letzteren auf sechs Wochen 
beschränkt, dann sind die Seehospize nicht besser als die Ferienkolonien, nur 
viel kostspieliger. Stellen die Hospize sich größere Aufgaben, und zwar eine 


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526 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1&. 


ernsthafte Bekämpfung der Skrofoluse-Tuberkulose, dann ist es notwendig: 1. eine 
sorgfältige Auslese des Materials, vor allem der unentgeltlich aufgenommenen 
Kinder, 2. eine erheblich längere Kurdauer, 3. Durchführung des Winterbetriebes- 
in größerem Maßstabe, 4. dauernde ärztliche Beobachtung der Kinder auch nach 
der Entlassung aus der Heilstätte. 

Die letztere, sowie die Auslese des Materials ist in den Großstädten den 
Kinderpolikliniken oder einzelnen Ärzten zu übergeben, welche ständig in Fühlung 
mit der Vereinsleitung und den Seehospizärzten stehen. 

Die Bedingungen für guten Erfolg sind gegeben, nur müssen sie voll aus¬ 
genützt werden, wenn die deutschen Heilstätten nicht weit hinter den ausländischen- 
zurückstehen sollen. 

5. Thiemich (Breslau) erstattet das diesjährige Referat: über die Hysterie 
im Kindesalter. 

Referent stellt die Tatsache des häufig monosymptomatischen Auftretens 
der Kinderhysterie in den Vordergrund und versteht darunter das Fehlen der 
sogenannten Charcotschen Stigmata. Um ein Verständnis für dieses Verhalten 
anzubahnen, geht Th. den Frühformen der Kinderhysterie nach und schildert 
besonders einige deijenigen Krankheitsbilder, welche nijht Nervenkrankheiten, 
sondern Erkrankungen der vegativen Systeme imitieren. Es handelt sich dabei 
öfter um sehr junge Kinder (2.—4. Lebensjahr) und meist um die psychogene 
Fortsetzung bezw. Wiederholung eines früheren organischen Leidens, dessen Haupt¬ 
symptom durch Autoimitation fortgeführt wird. Neben der Autoimitation spielt 
die Imitation fremder Leiden — beides natürlich mehr oder minder unbewußt — 
eine wichtige ätiologische Rolle. Auch dies wird an Beispielen erläutert. Aus 
diesen Beobachtungen ergibt sich die Wichtigkeit des Milieus für den Ausbrucb 
hysterischer Erkrankungen. Dafür spricht auch die ärztliche Erfahrung, daß eine 
Heilung oft nur durch Entfernung des Patienten aus seiner bisherigen Umgebung 

Ö t. Es ist wahrscheinlich, daß das ungeeignete Verhalten nervöser Eltern, 
er usw. die hysterische Manifestation nicht direkt produziert, sondern nur da¬ 
durch schädlich wirkt, daß die wohl bei jedem Kinde gelegentlich zu beobachten¬ 
den, kleinen Ansätze zur Hysterie nicht unterdrückt und ausgerottet, sonder» 
großgezogen werden. (Autoreferat) 


6. Im Anschluß daran erfolgt das Korreferat von Bruns (Hanover). 

Der Korreferent gibt zunächst einige kurze Daten nach seinem eigene» 
Materiale. Er hat unter 700 Fällen von Hysterie 144 bei Kindern beobachtet; 
also auf etwa 5 Hysterische 1 Kind. Die obere Grenze des Kindesalters setzt 
er ins 16. Jahr. Die meisten Fälle fielen zwischen das 7. und 12. Jahr; ziemlich 
viele darüber bis zum 16. Jahre; im 6., 5. und 4. Jahre hat er nur noch 6 Fälle 
beobachtet; die jüngsten waren zwei Knaben von 3 Jahren. Er hält die Hysterie 
unter diesem Jahr jedenfalls für äußerst selten und die Hysterie der Neugeborenen, 
von der besonders französische Autoren berichten, für unbewiesen. Alles in allem 
kamen ihm etwa doppelt so viel hysterische Mädchen als Knaben zur Beobachtung; 
unter 9 Jahren war aber die Zahl der Knaben fast so groß wie die der Mädchen. 
Mit dem höheren Kindesalter nimmt also die Hysterie bei Knaben relativ ab, 
bei Mädchen zu. 40% seiner hysterischen Kinder waren Landkinder; bei diese» 
kommen ganz besonders schwere und hartnäckige Formen vor. — Die Formen 
der Hysterie sind sehr verschiedenartige; relativ sehr häufig ist die Astasie-Abasie; 
hysterische Krämpfe sind häufiger, als B. früher annahm, besonders bei älteren 
Kindern. Meist fehlen die Stigmata, besonders die Hautanästhesien. B. sucht 
das Fehlen derselben aus Eigentümlichkeiten des kindlichen Vorstellungslebens 
zu erklären; ihr Fehlen bilde deshalb keinen unerklärlichen Gegensatz zu der 
Hysterie der Erwachsenen, es zeuge vielmehr deutlich, daß auch die Stigmata der 
Hysterie psychisch bedingt sind. 

Trotz des Fehlens der Stigmata sei die Diagnose wenigstens in Fällen 
mit neurologischen Symptomen bei der Kinderhysterie auch vor der Heilung 
oder bei Nichtgelingen derselben meist sicher. Vor allem gelte es, auch bei 
Kindern immer an die Möglichkeit der Hysterie zu denken, vor ihr auf der Hut 
zu sein. Dann halte man sich an die charakteristischen Eigentümlichkeiten der 
Symptome der Hysterie und ihrer Gruppierung, die B. näher ausführt, an die 
große psychische Beeinflußbarkeit, an das Mißverhältnis zwischen Ursache und 


scheinbarer Schwere der Symptome. — Erschwerend für die Diagnose kann e» 
manchmal wirken, wenn hysterische Erscheinungen als Imitationen oder Prolon- 

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II. Aus Vereinen und Versammlungen. 


527 


gationen organischer Leiden auf treten, z. B. hysterische Ankylosen nach Gelenk¬ 
rheumatismus, oder hysterische Chorea nach rheumatischer, oder überhaupt nach 
organischen Krankheiten, wie z. B. Astasie-Abasie nach Infektionskrankheiten. — 
Die Prognose der Kinderhysterie ist sowohl für die Heilung der Symptome, als 
für die Gesamtkrankheit eine viel bessere, als die der Hysterie der Erwachsenen; 
ersteres liege an der größeren Suggestibilität der Kinder, letzteres daran, daß 
bei ihnen der hysterische Charakter noch nicht festgewurzelt ist. — Für die Be¬ 
handlung ist in allen hartnäckigen Fällen Aufnahme ins Krankenhaus geboten. — 
Im Speziellen empfiehlt B. für den betretfenden Einzelfall wieder die Methoden, 
die er früher als Überrumpelungsmethode und als Methode der zielbewußten 
Vernachlässigung bezeichnet hat, und weist die Behauptung, daß die erstere 
Methode den Kindern schädlich sei, kurz zurück. Nötig sei es jedenfalls, das 
die hysterischen Manifestationen möglichst rasch und möglichst gründlich ausge¬ 
rottet würden; dann sei eine Dauerheilung zu hoffen. (Autoreferat.) 

Die Schlußsätze zu den Referaten sind die folgenden: 

1. Das häufig „monosymptomatische“ Auftreten der Hysterie im Kindes¬ 
alter darf als gesichert gelten und steht nicht im Widerspruche mit dem Wesen 
der Hysterie. 

2. Zu den gewöhnlichen — oft verkannten — Frühformen der Kinder¬ 
hysterie gehören die durch Autoimitation entstandenen. 

3. Die Manifestation hysterischer Erkrankungen wird oft, die Fixierung der¬ 
selben fast immer durch ungeeignetes Verhalten der Umgebung des Kranken 
hervorgerufen; andere Ursachen für die Fixierung sind im Kindesalter selten. 

4. Die Prognose der Kinderhysterie ist eine wesentlich günstigere, wie die 
der Erwachsenen; und zwar sowohl die Prognose des Einzelsymptoms, wie des 
Gesamtleidens. 

5. Therapeutisch kommt bei nicht ganz rasch in Heilung ausgehenden 
Fällen stets die Entfernung aus den gewohnten Verhältnissen, besonders die Auf¬ 
nahme in ein Krankenhaus in Betracht. Die Behandlung des Einzelsymptomes 
wird je nach der Art desselben verschieden sein, wichtig aber ist, daß seine 
Ausrottung möglichst rasch erfolgt. 

Diskussion: Binswanger (Jena) wendet sich gegen die Auffassung des 
Referenten, daß die kindliche Hysterie den Charakter einer monosymptomatischen 
habe, es gibt nur eine Hysterie mit monosomatischen Symptomen. Der psychische 
Zustand ist nicht monosymptomatisch. Der Schmerz ist seiner Meinung nach zu 
wenig betont, eine große Anzahl der Lähmungen kommt über den Schmerz 
als auslösendes Moment. Er erwähnt eine diesbezügliche eigene Beobachtung. 
Schließlich warnt er vor der Anwendung der Hypnotherapie bei der Hysterie. 

D’Espine (Gent) warnt gleichfalls vor der Anwendung der Hypnose und 
steht auch auf dem Standpunkt, daß die Eklampsie kleiner Kinder streng von 
der Hysterie zu trennen sei. 

Ganghofner (Prag) hat bei hysterischen Kindern eine Reihe von Prüfungen 
auf eine eventuelle Gesichtsfeldeinschränkung gemacht und V 4 —Vs seiner Fälle 
zeigte eine solche. Den Angaben über die Säuglingshysterie steht auch er skep¬ 
tisch gegenüber, die Mehrzahl seiner Kinder befand sich im 7. bis 11. Lebensjahre. 
Die von dem Referenten betonte Störung der viszeralen Funktionen hält er für 
wichtig und beachtenswert. Eine häufige Erscheinung sei auch das hysterische 
Erbrechen. Die Enuresis kann pur zum Teil auf hysterischer Grundlage beruhen, 
in seinem Material war wenigstens die hysterische Enuresis sehr selten. Die Ent¬ 
stehungsweise der nervösen Enuresis bei Kindern ist eine andere als die hyste¬ 
rischer Erkrankungen. 

Thiemich (Breslau) verteidigt seinen Standpunkt und hebt nochmals hervor, 
daß die somatischen Stigmata (im Sinne Charcots) bei der kindlichen Hysterie 
meist fehlen. Die Enuresis der Kinder an dem Material der Breslauer Klinik ist 
überwiegend hysterischer Natur. 

Bruns (Hannover) hebt hervor, daß die Grundlage der Hysterie psychischer 
Natur sei, doch sei es naturgemäß bei Kindern sehr schwierig, auf diesem Ge¬ 
biete Untersuchungen anzustellen. Den Versuch, eine Definition der Hysterie zu 
geben, hat Korreferent, weil bisher erfolglos, unterlassen. 


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528 


Central bl att für Kinderheilkunde. No. 12. 


II. internationaler Kongreß für Hygiene und Demographie 

in Brüssel. * 


(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 40.) 


Die IV. Sektion (administrative, Kinderhygiene) behandelte in ausführlicher 
Diskussion die Frage der Säuglingsernährung und des administrativen und legislativen 
Schutzes der Neugeborenen. 

Zu diesem Thema hatten Budin (Paris), Heubner (Berlin), Knöpfel- 
m ach er (Wien) umfassende Referate erstattet. Von allen Seiten wurde die über¬ 
aus große, durch Magendarmkrankheiten verursachte Sterblichkeit der Kinder im 
ersten Lebensjahr konstatiert und die Brustnahrung als die einzige rationelle Er¬ 
nährung der Säuglinge anerkannt, während ebenso die zu diesem Zweck auf den 
Markt gebrachten Milchpräparate, die durch chemische Manipulationen der Mutter¬ 
milch gleichwertig gemacht werden sollen, verworfen wurden. Budin berichtete, 
daß er da, wo die Sekretion der Brustdrüse anfänglich nicht für die ausschließliche 
Brustnahrung ausreicht, durch eine gemischte Ernährung sehr gute Resultate er¬ 
zielt habe, und zivar in der Weise, daß er jede Brustmahlzeit durch eine kleine 
Menge sterilisierter, unverdünnter Kuhmilch komplettiert. Die beidenMilchsorten 
gleichzeitig gereicht, würden sehr gut vertragen und durch den häufigeren Reiz 
würde die Brustdrüse so zur Sekretion angeregt, daß die Zusatzmahlzeiten bald 
ganz wegfallen könnten. Für die künstliche Ernährung empfiehlt er die pure, 
sterilisierte Kuhmilch mit einem Buttergehalt von 37—38 g pro 100 ccm Milch, 
und zwar müßte diese den Kindern im Verhältnis zu ihrem Gewicht und nicht 
im Verhältnis zu ihrem Alter gereicht werden. Für ein Kilo Gewicht wird die 
Menge von 100g empfohlen; die entsprechende Gewichtszunahme solle im ersten 
Drittel des Säuglingsjahres 5 g pro Kilo Gewicht und pro die betragen, im zweiten 
2,5 und im letzten 1,25 g. Budin warnt eindringlich vor einer Übernährung und 
betrachtet das Verhalten der Temperatur für einen Indikator zur Vermehrung oder 
Verminderung der Nahrungszufuhr. Redner bespricht dann die guten Resultate, die 
durch die von ihm eingefuhrten „Consultations des nourissons u in bezug auf Be¬ 
lehrung der Mütter als auch in der Überwachung der Gesundheit der Säuglinge 
erzielt werden, sowie die Einrichtungen der „Gouttes de lait“, die es sich zur 
Aufgabe gemacht, die ärmeren Volksschichten mit guter, reiner Milch zu versorgen. 
Er bringt statistisches Material, wie sich die Sterblichkeit durch diese Anstalten 
verringert. Durch ausgesetzte Prämien, durch Gewährung von Nahrungsmitteln 
würden die Mütter zum Stillen angefeuert und so die Wichtigkeit dieses Aktes 
propagiert; dazu kämen hygienische Belehrungen im weitesten Sinne. Clerfait 
(Mons) tritt für eine Belehrung der jungen Mädchen in den Haushaltungsschulen 
in bezug auf Säuglingsernährung ein und verlangt, daß die Hebammen mehr als 
bisher als Erzieherinnen der Frauen nach dieser Richtung hin tätig sein müßten, 
während Heubner wohl die Bedeutung solcher Maßregeln anerkennt, das Haupt¬ 
mittel aber in der Beschaffung einer billigen, einwandfreien Milch für die ärmeren 
Klassen erblickt. Das Soxhletsche Verfahren stelle noch nicht das Ideal dar; 
die Milchsurrogate seien zu verwerfen. Die Hamburger Milchausstellung habe 
aber gezeigt, daß die Milchproduzenten auf dem richtigen Wege seien. Heubner 
erwähnt in dieser Beziehung das von dem Ingenieur Helm angegebene Verfahren 
der Tiefenkühlung, bei welchem durch Abkühlung der Milch auf wenig über 0 Grad 
eine Vernichtung der Bakterien zustande kommt, ohne daß der Geschmack leidet, 
was bei der Sterilisierung der Fall ist. Die Milch wird in besonders konstruierte 
Gefäße abgefüllt und aus diesen in den Niederlagen direkt an die Konsumenten 
verabfolgt. Sache der Kommunen wäre es nun, die Etablierung möglichst zahl¬ 
reicher Niederlagen zu begünstigen. Der Konsument hat nur die Aufgabe, die 
Milch kühl aufzubewahren. Seiffert hat durch die Einwirkung der ultravio¬ 
letten Strahlen des elektrischen Funkens die Keimfreimachung der Milch zu er¬ 
reichen gesucht, ohne die biologischen Eigenschaften zu schädigen. Dieses Ver¬ 
fahren hat den Vorteil der Soxhletschen Abfüllung in Einzelportionen ohne 
dessen Nachteil der Sterilisierung, es ist aber bis jetzt nur im Laboratorium und 
noch nicht im Großbetrieb erprobt. Heubner spricht die Hoffnung aus, daß in 
nicht allzu ferner Zeit auch den Minderbemittelten eine zweckentsprechende billige 
Säuglingsnahrung geboten wird, und bespricht dann noch zum Schluß die Institu- 


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II. Aus Vereinen und Versammlungen. 


529 


tion, die die Stadt Leipzig zum Schutze der unehelichen Neugeborenen geschaffen 
hat, indem sie einen Magistratsbeamten mit der GerneralVormundschaft über sämt¬ 
liche uneheliche Kinder beauftragt hat. Ihm zur Seite stehen ein Ziehkinderarzt 
und besoldete Aufsichtsdamen, die im Verein mit diesem die Wohnung, Nahrung 
und sonstige Haltung jedes einzelnen Kindes zu überwachen haben. 

Knöpfelmacher betont, daß die Lehre von der Säuglingsernährung einer 
gründlichen Revision bedarf, und stützt sich dabei auf neuere Untersuchungen, 
die zeigten, daß der Unterschied zwischen Frauen- und Kuhmilch nicht in den 
Kasein zu suchen ist, sondern in gewissen Fermenten, die der Frauenmilch eigen 
sind, während sie in der Kuhmilch zum Teil fehlen, z. B. die Diastase, wofür 
diese wieder Oxydasen enthält, die in der Frauenmilch nicht vorhanden sind. 
Durch Kochen werden aber diese Fermente zerstört und so vielleicht ein Faktor 
der Assimilation ausgeschaltet. Redner kommt dann auch auf die Bord et sehen 
Versuche zurück, welche die Spezifität der Milchsorten zeigen, so daß bei Zufuhr 
von artfremder Milch der kindliche Organismus eine größere Leistung zu voll¬ 
bringen habe wie bei Zufuhr von artgleicher Milch, wie dies Wassermann an¬ 
nehme, was aber noch nicht bewiesen sei. Interessant und von Bedeutung sei 
auch die Beoachtung Moros, daß Frauenmilchkinder auf die erstmalige Zufuhr 
von Kuhmilch mit Leukocytose reagieren. Redner bespricht dann noch die Ver¬ 
suche Heubners und Rubners über den Energiequotienten und schließt mit 
der Ansicht, daß die Nahrung am zuträglichsten für den Säugling ist, die der 
Frauenmilch in bezug auf Fett, Zucker, Salze u. s. w. am nächsten käme. 

Über die Nahrungsmilch, die Anforderungen an ihre chemische Zusammen¬ 
setzung, über die Bedingungen, durch die die Schwankungen in derselben ent¬ 
stehen, und über die Prüfungsmethoden verhandelte die Sektion für Nahrungs- 
mittclhygiene. Zu diesen Fragen hatten Bor das (Paris), Schaffer (Bern) 
van Engelen (Brüssel) die Referate erstattet. Schaffer beleuchtete alle Fak¬ 
toren, die für die Variationen in der Milch in Betracht kommen. Als mittleren 
Gehalt der in der Schweiz produzierten Milch betrachtet man einen Gehalt von 
87,5 °/ 0 Wasser, 3,6 °/ 0 Fett, 4,8 °/ 0 Milchzucker, 3,4 °/ 0 Eiweiß und 0,7 °/ 0 Mineral¬ 
stoffe. Diese Zusammensetzung ist nun in weiten Grenzen schwankend, ohne daß 
die Milch verfälscht zu sein braucht. Schon die Viehrasse, ob Braunvieh oder 
Fleckvieh, die Fütterung, die Art des Melkens (Schwankungen des Fettgehaltes 
von 0,8 % 9,6 % zwischen der zuerst und der zuletzt gemolkenen Milchportion), 

die Melkzeit (ob Morgen- oder Abendmilch), der Melker, die Arbeitsleistung und 
Bewegung der Tiere, Temperatur und Witterung sind von großer Bedeutung für 
die Komposition der Milch. Die Sektion nahm denn die von Bor das vorgeschlagene 
Definition der Vollmilch mit folgendem Wortlaut an: Man darf nur als Vollmilch 
betrachten und als solche verkaufen die Produkte, die von einem vollständigen 
Ausmelken der Kühe, und zwar nur gesunder Kühe stammen. Die Sektion vo¬ 
tierte ferner, daß die Unterprodukte der Milch, wie abgerahmte, zentrifugierte, 
Magermilch nicht für Neugeborene, Kranke und Greise benutzt werden dürfen und 
daß jeder Zusatz antiseptischcr Mittel zur Konservierung zu verbieten sei. Eine 
ausgedehnte Stallkontrolle durch Veterinäre wurde ebenfalls warm befürwortet 
Bezüglich der Sterilisation der Nahrungsmittelkonserven, hauptsächlich der Armee¬ 
konserven, über welche Frage Sforza (Bologna) und Vaillard (Paris) eingehende 
Berichte gaben, wurde das Verfahren der Sterilisierung mittels des gespannten 
Wasserdampfes bei 125 Grad während einer Stunde als die beste empfohlen; wo 
es die Natur der Konserven nicht erlaube, hat die fraktionierte Sterilisierung bei 
niederen Temperaturen zu geschehen. Der Zusatz von Antisepticis ist ebenfalls 
auf das strengste zu untersagen. Die Prüfung auf Keimfreiheit geschieht durch 
Aufbewahren von Probebüchsen im Brutschrank während 8 Tagen. Die Pasteu¬ 
risierung der Milch bildete einen weiteren Verhandlungsgegenstand dieser Sektion. 
Es handelt sich darum, welche Methode vorzuziehen sei, ob die momentane, d. h. 
die Erhitzung auf 85 Grad während 1—2 Minuten, oder die langsame, d. h. die 
Erwärmung auf 63—65 Grad während einer Stunde. Das letztere Verfahren hat 
den Vorteil, daß es die biologischen Verhältnisse der Milch nicht verändert, 
während dies beim Schnellverfahren der Fall ist, das auch für die Fabrikation von 
Hartkäsen nicht anwendbar ist. Es entspann sich eine lebhafte Diskussion über 
die Höhe der zur Vernichtung der Tuberkelbazillen nötigen Temperatur und Zeit 
und schließlich wurden folgende Konklusionen angenommen: Die Pasteurisation 
in den Molkereien, die Milch verarbeiten, ist notwendig und unerläßlich. Mehrere 


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530 


Centralbi&tt für Kinderheilkunde« No« 12. 


Apparate ermöglichen es, ohne große Unzugänglichkeiten, die pathogenen Keime 
in der Vollmilch und im Rahm bei einer Temperatur von 85 Grad zu zerstören. 
Doch ist es wünschenswert, bezüglich des letzteren weitere Versuche hinsichtlich 
der Temperatur und eines geeigneten Arbeitsmodus anzustellen, ebenso wie Ver¬ 
suche bezüglich der Verwendung von Temperaturen um 65 Grad herum fortge¬ 
setzt werden sollen. 

Naturwissenschaftlich-medizinische Gesellschaft zu Jena. 

(Sitzung vom 16. Juli 1903.) 

(Münchener med. Wochenschrift.) 

Lommel: über die Pubertätsalbuminurie. 

Die im Pubertätsalter auftretende, beim Heranwachsen meistens wieder ver¬ 
schwindende Albuminurie hat Leube neuerdings als Entwickelungskrankheit 
prinzipiell von der physiologischen Albuminurie, die als Konstitutionsanomalie 
aufzufassen ist, abgetrennt. Die Pubertätsalbuminurien stellen das Gros der so¬ 
genannten zyklischen Albuminurie dar; sie ist in der hierhergehörigen Literatur 
mit einer reichen Kasuistik vertreten. Vortr. hatte Gelegenheit, über Häufigkeit 
und Verlauf der Pubertätsalbuminurie fortdauernde Beobachtungen anzustellen 
an einem besonders günstigen Material, den Lehrlingen und jugendlichen Arbeitern 
zweier großer Firmen, der optischen Werkstätten Carl Zeiss und der Glas¬ 
werke von Schott und Genossen in Jena. Die jungen Leute werden vom 14. bi& 
18. Lebensjahr jährlich 2 mal einer ärztlichen Untersuchung zugeführt und be¬ 
finden sich somit dauernd unter ärztlicher Kontrolle. Es wurde bei 587 jungen 
Leuten in 111 Fällen, also 19 °/ 0 , Albuminurie gefunden. Hierbei sind Fälle, bei 
denen die Albuminurie auf organische Nierenerkrankungen bezogen werden mußte^ 
natürlich ausgeschieden. Das Eiweiß bestand bei 20 willkürlich herausgegriffenen, 
mit fraktionierter Aussalzung behandelten Harnen stets aus Globulin und Albumin. 
Sediment fehlte entweder völlig oder es wurden nach Zentrifugierung einzelne 
verfettete Epithelien, hier und da auch einige hyaline Zylinder gefunden. Die 
Albuminurie zeigte in einigen daraufhin genau untersuchten Fällen den bekannten 
orthostatischen Typus und war stets sehr wechselnd (zyklisch). Ein deutlicher 
Unterschied in der Häufigkeit der Albuminurie vor und nach der Tagesarbeit 
oder bei Vergleichung der Morgenharne von Tag- und Nachtarbeitern war nicht 
festzuBtellen. Die Albuminurie war auffallend oft mit abnormen Herzerscheinungen 
verbunden. Bei Ve ^ er jungen Leute fand sich die jugendliche Wachstums¬ 
hypertrophie des Herzens, die Krehl an demselben Material studiert und be¬ 
schrieben hat; in einem anderen, noch größeren Teil fanden sich weniger aus¬ 
geprägte, aber deutliche abnorme Befunde. So fand sich häufig ein weiches 
systolisches Blasen, das als Zeichen einer muskulären Mitralinsuffizienz gedeutet 
werden mußte; in anderen Fällen war lediglich ein hebender Spitzenstoß oder 
ein akzentuierter zweiter Aortenton vorhanden, so daß die Herzhypertrophie 
wenigstens angedeutet erschien. Wiederholt wurde auffallende Tachykardie be¬ 
obachtet. Von 90 Fällen von Pubertätsalbuminurie fanden sich in 4 b Fällen ab¬ 
norme Herzerscheinungen. Dies spricht für Leub es Annahme, daß eine mangelhafte 
Adaption des Herzens an die Verhältnisse des wachsenden Organismus und eine 
relative Herzinsuffizienz für die Entstehung der Pubertätsalbuminurie bedeutungs¬ 
voll sei. Das Vorhandensein einer Herzhypertrophie und gespannter Gefäße darf 
nach dem Gesagten keine diagnostischen Anhaltspunkte zu gunsten einer orga¬ 
nischen Nierenerkrankung liefern. Die oft schwierige Differentialdiagnose zwischen 
Pubertätsalbuminurie und chronischer Nephritis wird vielmehr sich auf sorgfältige 
längere Beobachtung, besonders auf das Vorhandensein eines regelmäßigen Zyklus 
in der Eiweißausscheidung, auf den Befund von granulierten und epithelialen 
Zylindern und das ophthalmoskopische Ergebnis stützen müssen. 


III. Neue Bücher. 


E. Hagenbach-Burckhardt. über die häusliche Pflege des kranken Kindes. Basel, 
Verlag von B. Schwabe. 

Das 39 Seiten starke Heftchen enthält einen Vortrag, den der geschätzte 
Autor im Baseler Samariterinnenkurs gehalten. Nachdem der Redner kurz auf 


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IV. Kleine Mitteilungen und Monats-Chronik. 531 

die Pflege des gesunden Kindes, speziell auf dessen Ernährung eingegangen, wobei 
er speziell den hohen Wert der natürlichen Ernährung betont, bespricht er die 
häusliche Pflege bei verschiedenen Affektionen, namentlich bei Erkrankungen des 
Magendarmtraktus, bei den hauptsächlichsten Infektionskrankheiten, bei chronischen 
Leiden usw. Darauf gibt er Belehrungen über Abhärtung, über Konvulsionen, 
über den falschen Krupp, über die Dentition, Würmer und noch verschiedene 
andere Dinge, deren Kenntnis für den Laien von Wichtigkeit ist. 

Das kleine Büchlein hat also einen reichen Inhalt, einen Inhalt, dessen 
Kenntnisnahme für jede Mutter, jede Kinderpfiegerin von großem Nutzen sein 
wird. Daß derselbe durchaus auf dem Boden der modernen Wissenschaft steht, 
daß er sich auf das beschränkt, was der Laie zu wissen braucht, und nicht 
Dinge bringt ( die nur dazu angetan wären, Halbwissen großzuziehen und Ver¬ 
wirrung in den Köpfen anzurichten, daß er, auf reichen persönlichen Erfahrungen 
fußend, nur rationelle Ratschläge erteilt und beherzigenswerte Winke gibt, das 
brauchen wir bei einem Autor, wie Hagenbach-Burckhardt kaum besonders 
zu betonen. Daß aber der Verf. es vorzüglich versteht, mit wenig Worten viel 
und dabei klar und deutlich zu sagen, das wollen wir hervorheben zur Empfeh¬ 
lung des Schriftchens, das von seiten der Ärzte den Frauen warm empfohlen 
zu werden verdient. Grätzer. 

Monti. Kinderheilkunde in Einzeldarstellungen. Verleg von Urban & Schwarzen¬ 
berg, Wien u. Berlin. 

Nachdem jetzt von diesem hochbedeutenden Werke Heft 20, enthaltend 
,,Krankheiten der Neugeborenen“ (Preis Mk. 3) und Heft 21 „Die wich¬ 
tigsten Hautkrankheiten im Kindesalter“ (Preis Mk. 4) erschienen ist, 
liegt dasselbe komplett vor. Wir haben schon oft genug betont, wie gerade diese 
Montischen „Vorträge“ dem Praktiker das bieten, was er in einem derartigen 
Buche sucht und zu finden hofft, wie es der Autor ausgezeichnet versteht, bei jedem 
Kapitel seine und anderer Erfahrungen kurz und klar zum Ausdruck zu bringen, 
dabei nur das praktisch Wichtige berücksichtigend und bis in alle Details ver¬ 
folgend, wie es ihm dadurch gelungen ist, ein wirklich brauchbares pädiatrisches 
Nachschlagebuch zu schaffen. Wenn wir heute das komplette Werk noch einmal 
betrachten, so können wir nur sagen, daß wir dieses Urteil in allem aufrecht 
erhalten und hoffen, daß das Werk in den weitesten Kreisen der Praktiker Ein¬ 
gang finden möchte. Grätzer. 

Joh. Müller u. 0. Seifert. Würzburger Abhandlungen aus dem Gesamtgebiet der 
praktischen Medizin. Würzburg, A. Stübers Verlag. Preis jedes Heftes Mk.—.75. 

Die von Müller und Seifert herausgegebenen „Würzburger Abhandlungen“ 
bringen wieder zwei bemerkenswerte Arbeiten aus dem Gebiete der Pädiatrie: 
„Die Behandlung der Gelenktuberkulose im kindlichen Lebensalter“ 
von Alb. Hoffa und „Die Magendarmkrankheiten im Säuglingsalter“ 
von Tr um pp. Also zwei höchst wichtige Kapitel der Kinderheilkunde, bearbeitet 
von Autoren, die auf den betreffenden Gebieten zu Hause sind und zur Ent¬ 
wicklung derselben persönlich ganz wesentlich beigetragen haben. Da bedarf es 
wohl kaum der Erwähnung, daß beide Aufsätze in mustergültiger Weise be¬ 
arbeitet sind. Freilich mußten sich die Verff. in Rücksicht auf den geringen 
ihnen zur Verfügung stehenden Raum manche Beschränkungen auferlegen. Wenn 
sie trotzdem alles Wissenswerte präzis und klar zum Ausdruck bringen, und uns 
einen kurzen aber lückenlosen Bericht geben über den heutigen Standpunkt der 
zwei genannten Gebiete, so war das eben nur dadurch möglich, daß sie diese 
Gegenstände vollständig beherrschen. Nicht nur der Pädiater, sondern jeder 
prakt. Arzt dürfte durch die Lektüre der beiden Heftchen voll befriedigt werden. 

Grätzer. 


IV. Kleine Mitteilungen und Monats-Chronik. 


Sirosol, ein neues Kreosotpräparat, hat Dr. J. Winterberg im k. k. 
all gern. Krankenhaus in Wien, teils in der Privatpraxis bei Kindern und Er¬ 
wachsenen, hauptsächlich bei Tuberkulose angewandt und war mit den Erfolgen 

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532 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No, 12. 


recht zufrieden. Das Medikament, leichtflüssig und ziemlich geruch- und ge¬ 
schmacklos wie es ist, wurde gern genommen und bewährte sich besonders bei 
Spitzenkatarrhen, hatte aber auch bei schwereren Fällen deutlichen symptomatischen 
Effekt, so daß es verdient, in die allgemeine Praxis eingeführt zu werden. 

(Mediz.-chirurg. Zentralblatt 1903 No. 4.) 

Bromokoll ist schon öfters für die dermatologische Praxis empfohlen worden, 
wo es speziell gegen das Jucken vorzügliche Dienste leistete. Neuerdings wies 
in einem Ferienkurse wieder Dr. Max Joseph (Berlin) auf dies Präparat hin, 
besonders auf das jetzt von der Fabrik (Aktien-Gesellschaft für Anilinfabrikation 
in Berlin) in den Handel gebrachte Bromocoll. solub. und die 10%ige Lösung. 
Ersteres bewährte sich bestens bei schweren Formen des Pruritus, des Lichen 
ruber planus und Lichen simpl. chronicus, bei Prurigo mitis und Urti¬ 
caria. Noch zweckmäßiger ist folgende Schüttelmixtur: 

Rp. Bromocoll. solub. 5,0 — 10,0—20,0 
Zink. oxyd. 

Amyl. ää 20,0 
Glycerin. 30,0 
Aq. dest ad 100,0. 

Der Vorteil dieser Medikation besteht darin, daß ohne jeden Verband diese 
aufgepinselte Mixtur eintrocknet und haftet (nach 10—15 Minuten). Diese Mixtur 
eignet sich noch besonders für subakute und chronische Ekzeme, wo die Epidermis- 
regeneration noch nicht*vollzogen ist und starkes Jucken diePat. quält; bei noch stark 
entzündetem Ekzem ist sie kontraindiziert. Bromocoll solub. hat nun die Firma 
Beiersdorf & Co. zu sehr zweckmäßigen Fabrikaten verarbeitet, z. B. zu Ung. 
Caseini c. Bromocoll solubile (10°/o), die Autor speziell bei Pruritus vulvae 
et ani mit großem Erfolg angewandt hat; die Salbe wird mit dem vorher mit 
Wasser angefeuchteten Fingern dünn verrieben, so lange sie feucht ist. Diese 
Salbe, sowie jene Schüttelmixtur wirkte auch sehr gut bei Strophulus infantum 
und bei Urticaria autotoxischen Ursprungs, wo man allerdings außerdem stets 
noch als Darmantisepticum Methol zu verordnen hat, dann aber oft überraschend 
schnelle Erfolge erlebt. Bromocollpflastermull und Bromocoll-Trikoplast 
(10°/ 0 ) leisten vortreffliche Dienste bei zirkumskriptem Lichen ruber verru¬ 
cosus, bei zirkumskriptem Lichen simpl. chronic, und beim stark juckenden, 
infiltrierten chron. Ekzem. 

— Zur Vorbereitung des 4.—9. April 1904 in Nürnberg tagenden inter¬ 
nationalen Kongresses für Schulhygiene hat sich ein Komitee gebildet, 
an dessen Spitze die Herren Prof. Griesbach (Straßburg), Hofrat Schubert 
Nürnberg, Geheimer Hofrat Dr. v. Schuh, I. Bürgermeister von Nürnberg und 
Kaufmann E. Hopf (Nürnberg) stehen. Der Ortsausschuß wird gebildet von den 
Herren Medizinalrat G. Merkel und Hofrat Stich in Nürnberg. Se. Kgl. Hoheit 
Dr. med. Prinz Ludwig Ferdinand von Bayern hat das Protektorat über¬ 
nommen. Meldungen zur Teilnahme am Kongreß, Ankündigungen von Vorträgen, 
sowie Ansage von Ausstellungsgegenständen sind bis spätestens 15. Dezember d. J. 
an den Generalsekretär Hofrat Dr. med. Paul Schubert in Nürnberg einzusenden 
Ausführliche Programme mit Tagesordnung werden Ende Dezember d. J. zur 
Versendung gelangen. Zur Vermittlung von Wohnungen erbietet sich jetzt schon 
der Vorsitzende des Wohnungsausschusses Hofrat Dr. med. E. Stich; den Mit¬ 
gliedsbeitrag von 20 M. nimmt der Schatzmeister des Kongresses Kaufmann 
Emil Hopf, Nürnberg, Blumenstr. 17, entgegen. 

(Münchener med. Wochenschrift 1903 Nr. 36.) 

Berlin. Die neue Kinderklinik der Charite ist jetzt fertiggestellt und in 
Benutzung genommen worden. 


V. Personalien. 

Zum Professor ernannt Doc. Dr. F. Frühwald in Wien. — Habilitiert: 
Dr. H. Thimmer in Amsterdam für Orthopädie, Dr. G. Wladimiroff in Moskau für 
Pädiatrie. — Gestorben Prof. Ott in Halle. 


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Namenverzeichnis des Vlll. Jahrganges. 


AbU 37. 

Abel 307. 

Abraham 407, 417. 

Abt 202, 382. 

Acland 58. 

Adams 360. 

Adam 47. 

Adsersen 230. 

Alapy 133, 178. 

Albert 77, 505. 

Albu 266. 

Aldrick 387. 

Aleösandrini 501. 

Ardoz 343. 

Arbogast 135. 

Arlt v. 140. 

Armann 309, 508. 
Arnheim 395. 

Aronsohn 260. 

Asam 351. 

Aubertin 477. 

Ausset 486. 

Auxion 375. 

Avellis 525. 

Babinski 45, 166, 167. 
Babonneix 248. 

Bär 369. 

Baccelli 9, 10. 

Baginsky 50, 86, 90, 260, 
264, 487. 

Bahr 90. 

Bajarus 497. 

Balack 333. 

Bdlint 497. 

Bandi 247. 

Bantin 488. 

Banzhat 179. 

Baravalle 126. 

Barb 53. 

Barber 331. 

Barbieri 71. 

Bardenheuer 129. 

Barlow 197, 203, 204, 221, 
353, 354, 392ff. 

Baron 306, 308, 321. 
Bartenstein 292, 458. 
Barwell 508. 

Basset 125. 


Bäudler 424. 

Baudouin 438. 
Baumgarten 302. 

Bäumm 429. 

Bayer 7. 

Beaumont 240. 

Becher 218. 

Bechterew v. 157. 
Bechterew 496. 

Beck 411. 

Begbie 71. 

Behr 179. 

Behring 28, 29. 

Benassi 413. 

Bender 184. 

Bendix 265. 

Benedikt 485. 

Berestneff 247. 

Bergeron 159. 

Berghinz 172, 454, 501. 
Bergner 395. 

Berkenheim 423. 

Bernard 384. 

Bernert 233. 

Bernhardt 63. 

Bernheim 307, 463. 
Bertelsmann 187, 262. 
Berti 404. 

Beuthner 114. 

Beyer 95. 

Bdzy 46, 354, 375. 
Bibent 46. 

Biedert 91, 133, 400, 516 
bis 519. 521. 
Binswanger 527. 

Bircher 1. 

Biro 496. 

Bischoff 163, 427. 

Bloch 121, 131, 175, 

468, 516—518. 

Blum 505. 

Blumenthal 33, 63. 

Bock 155. 

Böttger 166, 168. 

Bokay v. 9, 10. 

Bolle 203. 

Bondi 434. 

Bonhöffer 170. 

Bontillier 336. 


Boobbyer 33. 

Boot 490. 

Borchgrevink 377. 

Bordas 228, 529. 

Borde 310. 

Boxberger 268. 

Bra 153. 

Bram well 411. 
Brandweiner 421. 

Brat 442. 

Brauer 445. 

Braun 346. 

Broca 171. 507, 512. 
Brocq 411. 

Broör 220. 

Brösicke 444. 

Brown 325. 

Brückner 35. 

Brühl 146. 

Brüning 16, 284, 395, 397, 
448, 521, 525. 

Bruns 159, 224, 526, 527. 
Buday 439. 

Budin 115, 528. 
Burekhardt 309, 358. 
Burg v. d. 43. 

Burke 71. 

Burton 404. 

Butzon 488. 

Byk 384. 


176, 


Cacchiole 22. 

Caccia 389, 484, 485. 
Cahen* Brach 521. 

Cailld 237, 337. 

Calabrese 169. 

Camerer 229, 230, 284. 
Camp De la 367. 
Campart 485. 

Campbell 43. 

Cappuccio 320. 

Caro 107. 

Carr 365. 

Cartsburg 395. 

Cassel 362, 440. 
Castenholz 130, 131, 214, 
215. 

Cataneo 231. 

Cathelin 468. 


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,oogl 



534 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


Ceni 496, 497. 

Cervesato 180. 

Cesarini 386. 

Chapell 145, 465. 

Charcot 369, 430, 485. 
Chiari 41, 143, 345. 
Ciechansky 211. 

Cima 10, 202. 

Clairmont 17. 

Glerfait 528. 

Cnopf 253, 267. 

Cohn, Moritz 414. 

— Michael 416, 441. 
Cohnstein 68. 

Collom 249. 

Colmayer 255. 

Comba 252, 340, 483. 
Combe 254, 485, 486. 
Comby 359. 

Concetti 45, 177, 196,483, 
489. 

Conrad 488. 

Conradi 523. 

Conrads 173, 177. 215. 
Cooke 419. 

Cornet 317. 

Cossmann 453. 

Cozzolino 177, 178, 335, 
411, 460. 

Cramer 114, 115, 174, 
227, 518. 

Cred6 427. 

Crisafi 289, 484. 

Crocker 419. 

Cronheim 115, 277, 442 
Cruchet 200. 

Cruse 400. 

Cumston 98. 

Curcio 354. 

Czerny 197, 412, 456. 
Czyzewicz 79. 

Davis 507. 

Day 63. 

Degny 89. 

Delßler 47. 

Dejerine 500. 

Delafosse 70. 

Deiektorsky 347. 

Dent 257. 

Dentler 179. 

Descoust 228. 

Deutsch 100, 150, 180, 
269, 313, 376, 446. 
Deutschländer 87. 

Dewolf 287. 

Deycke 125. 

Dickson 466. 

Dieterlen 268. 

Doebert 477. 
Dokuszajewa .367. 
Dollinger 85. 


Dore 57. 

Dorn 281. 

Dreger.107, 268. 

Dreher 131, 174, 175, 

215, 520. 

Dresler 70. 

Dreuw 414. 

Drobnick 77. 

Drozda 370. 

Duchenne 404. 

Duel 337. 

Dufour 314. 

Dugge 488. 

Dunbar 520. 

Düngern v. 92, 516, 517, 
521. 

Durante 125, 162, 177, 
178. 

Duval 125. 

Earle 446. 

Eckholm 473. 

Edebohl 237. 

Edlefsen 196, 214, 520. 
Edsall 460. 

Ehrenhaus 92. 

Ehrlich 29, 244. 

Ehrmann 97, 298. 
Eiseisberg v. 190, 305, 
309. 

Emanuel 209. 

Engel 87, 179, 329, 395. 
Engelen v. 529. 

Engelken 444. 

Engelmann 42, 218. 
Eppinger 242. 

Epstein 194, 424, 437. 
Eras 91. 

Erdmann 293. 

Escher 195. 

Escherich 106, 123, 162, 
304, 354, 474, 523. 
Eschle 400. 

Espine 521, 527. 
Eulenburg 77, 155, 184. 
Everard 262. 

Ewald 1, 120. 

Faber 120, 241. 

Fasano 95. 

Fasching 301. 

Fede 177, 288, 483. 

Feer 113. 

Fein 19. 

Felix 470. 

Feit 239. 

F6r6 168. 

Fick 298. 

Filatoff 90, 388, 477. 
Filia 178. 

Finger 305. 

Finizio 177. 


Fink 98. 

Finkeistein 108, 115, 441, 
523. 

Fischer 36, 48, 157, 236, 
260, 282, 293, 346, 376, 
468. 

Fischl, 91, 488. 

Flamini 384. 

Flatau 101, 353. 

Flechsig 496. 

Fleiner 445. 

Flemming 361. 

Flexner 125. 

Floren 347. 

Förster 306. 

Foggie 387. 

Fournier 297. 

Francioni 490. 

Franke 208, 488. 

Franzi 319. 

Freiberger 519. 

Freund 128, 284. 
Friedemann 330. 
Friedjung 305, 838, 489, 
491. 

Friedländer v. 509. 
Friedmann 376. 

Frien 268. 

Frischitta 334. 

Fromm 93. 

Frontini 484. 

Frühwald 101, 489, 532. 
Fuchs 14. 

Fuchsberger 395. 

Fuchsig 360. 

Fürst 23, 201. 

Füth 72. 

Fuhrmann 411. 

Füller 202. 

Gaetano 484. 

Gallo 178. 

Gallois 163. 

Galvagno 126, 427. 
Ganghofner 161, 521, 527. 
Gauch er 45. 

Gautier 871. 

Gee 66. 

Geinitz 488. 

Geipel 367. 

Geissler 246. 

Gerhardt 70. 

Gerlach 242. 

Gerlöny 246. 

Gernsheim 132, 178, 174, 
177, 518, 521. 

Gershel 426. 

Gessner 144, 183. 

Giarre 34, 485. 

Gibnöy 184, 507. 

Gilles de la Tourette 485. 
Gillet 106. 

by Google 



Namenverzeichnis. 


535 


Giordani 178. 

Glatard 240. 

Glinski 370. 

Glöckner 90. 

Gnezda 223. 

Görges 184. 

Goldmann 166. 

Goldreich 390. 
Goldscheider 168. 
Goldstein 168. 

Goliner 100, 223. 
Golowin 143. 

Goltz 112, 113. 

Gordon 501. 

Gottstein 19. 

Grätzer 46. 

Graham 386. 

Grancher 331. 

Grande 319. 

Grassi 351. 

Graupner 308. 

Greeff 138. 

Gregor 231, 334, 446. 
Grenet 381. 

Griffitte 850, 427. 

Grober 254. 

Groß 436. 

Großmann 42, 268. 

Groth 417. 

Gruber 179. 

Grünfeld 222. 

Gubler 404. 

Günther 474. 

Guida 235, 319. 

Guilini 266. 

Guinard 89. 

Gundobin 290. 

Guth 408. 

Guthrie 378. 

Guttmann 389. 

Gutzmann 148. 

Haberda 228. 

Haberer 437. 

Habermann 147. 

Hänel 309. 

Häubler 257. 

Hagen 358. 

Hagenbach - Burckhardt 
204, 221, 309, 310, 485, 
530. 

Haim 383. 

Hainiss v. 352. 

Hajek 253. 

Haläsz 41. 

Halban 112, 113. 

Hall 344. 

Hallopeau 411. 

Halmi 497. 

Hammer 488. 
Hammerschlag 147. 
Hanszel 65. 


Harbitz 228. 

Hassal 232, 335. 

Haudek 82. 

Haug 418. 

Hauser 383, 440. 

Haven v. 43. 

Haymann 488. 

Hebra 50. 

Hecht 362, 388, 489. 
Hecker 38, 225, 267, 854. 
Hecker v. 120. 

Heermann 267, 419, 472. 
Heiberg 244. 

Heilbronn 135. 

Heimann 303, 449, 494. 
Heinlein 353. 

Helbing 264. 

Helferich 190. 

Hel lesen 117. 

Hellmann 488. 

Henoch 130, 159, 303, 
355 ff, 377, 418. 

Hepner 220. 

Hering 175, 

Herrman 198, 234. 

Hertle 78. 

Ilertoghe 486. 

Herzberg 87, 122. 
Herzberger 179. 

Herzog 395. 

Heubner 113, 114, 132, 
238, 257, 264, 323, 335, 
392 ff., 443, 520, 528. 
Heusner 185, 186. 

Heuß 95. 

Hibler v. 457. 

Hintner 354. 

Hinz 395. 

Hippel v. 444. 

Hippius 104, 105. 

Hirsch 57, 142, 493. 
Hirschl 423. 

Hitschmann 229. 
HochsiDger 62, 134, 366, 
416, 524. 

Hödlmoser 80. 
Hönigschmied 300. 

Hoffa 76, 87, 185, 216 bis 
219, 506, 531. 
Hoffmann 91, 132, 268, 
339. 

Hofmeister 85, 190, 505. 
Hohlfeld 15. 

Holsti 449. 

Holub 420. 

Holzer 268. 

Holzhäuer 395. 

Hoppe 268. 

Horsley 1. 

Houssay 320. 

Huber 33, 351, 500. 
Huhard 369. 


Hudovernig 498. 

Hügel 135. 

Hüppe 95. 

Hutinel 16, 486. 

Ibrahim 444, 446. 
Idelsohn 40. 

Imhofer 472. 

Jacob 100. 

Jacobi 151, 223, 309, 330, 
Jacobson 285. 

Jacquier 368. 

Jacusiel 443. 

Jäger 28. 

Jakobi 233. 

Jamfirescu 171. 

Jamieson 55. 
Janta-Polczynski v. 488. 
Jaquet 411. 

Jarcho 461. 

Jatho 91. 

Jemma 281. 

Jensen 433. 

Jessen 406. 

Jessner 90. 

Joachimsthal 92, 179, 217, 
264, 391, 506. 

Jonescu 16. 

Jordan 444, 445. 

Josefciz 450. 

Joseph 49, 456, 532. 
Josias 44, 375. 

Jovare 290. 

Jundell 24. 

Kästel 268. 

Kahnert 26. 

Kaiserling 268. 

Kalischer 437. 

Ränder 250. 

Kantorowicz 465. 

Kaplan 395 
Kaposi 50, 305. 
Kapsammer 463. 
Karewski 87, 348, 392. 
Karplus 430. 

Karsch 47. 

Kashiwamura 333. 
Kassowitz 195, 196, 244, 
295, 304, 305. 
Katholicki 305. 

Katz 467. 

Katzenstein 400, 404. 
Kaufmann 195, 196. 
Kaupe 130, 131. 

Kausch 80, 503. 

Kayser 394, 

Kehr 132. 

Kehrer 69. 

Keiler 284, 510, 518, 520, 
525. 


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536 


Ccntralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


Kerley 245. 

Kilmer 387. 

Kiwull 406. 

Klaußner 348. 

Klautsch 309. 

Klein 123. 

Kleist 303. 

Klemm 348. 

Klemperer 439. 

Klippei 185. 

Kloninger 488. 

Klose 488. 

Knauer 112, 113. 

Knaut 403. 

Knöpfelmacher 41, 112, 
305, 528, 529. 
Koblenzer 488. 

Kobrak 105, 279. 

Koch 266, 514. 

Köbner 58. 

Kölliker 192. 

König 218, 219. 

Koppen 135. 

Köstlin 48. 

Kompe 437. 
Konarshewsky 249. 
Kopezynski 498. 

Koplik 381. 

Koppen 143. 

Kos 433. 

Koslowsky 141. 

Krabler 92. 

Krämer 266. 

Kramer 402. 

Kramsztyk 399. 

Kraus 101. 

Krause 13. 

Krautwig 131, 174, 336. 
Krebs 226. 

Kredel 506. 

Krehl 530. 

Kremm 129. 

Kreß 91. 

Kreutzkamp 488. 

Krönig 229. 

Krösing 53. 

Kronacher 266. 

Kruse 125. 

Küstner 217. 

Kufeke 101, 281, 282. 
Kuliga 345, 395, 444. 
Kuno 27, 339. 

Kußmaul 445. 

Kutz 395. 

Labb6 475. 

Lämmerhirt 341. 

Längner 179. 

Lagrange 210. 

Lamm 132. 

Länderer 13. 

Lang 236. 


Lange 77. 

Lange v. 479. 

Lange de 235. 

Langer 354, 396. 
Langhans 514. 
Lannelongue 298. 

Lanz 90. 

Laubi 471. 

Lauenstein 509. 

Lazansky 26. 

Lebon 135. 

Ledermann 486. 

Lehmann 179. 
Leichtenstern 214. 

Leroer 31, 263. 

Leipoldt 47. 

Leitner v. 434. 

Lennhoff 395. 

Lentz 124, 125. 

Leo 257. 

Leopold 459. 

Leroux 324. 

Leube 530. 

Levi 459, 501. 

Levy 342. 

Levy-Dorn 3. 

Lewkowicz 354. 

Leyden y. 32. 

Lexer 512. 

Lichtwitz 154. 

Liebe 310. 

Lieblein 88, 505. 
Liebmann 148, 149, 469. 
Liebscher 255. 

Lilienfeld 221. 

Lindemann 268. 
Lindenthal 229. 

Linsbauer 251, 257. 
Linser 481. 

Lion 155. 

Litten 439. 

Little 17, 30, 38, 54, 56, 
57, 163, 305, 408, 494, 
501. 

Löbel 84. 

Löffler 92. 

Löwenbach 53, 421. 
Lommel 530. 

Lowenberg 19. 

Löwy 268, 310. 

Longard 350. 

Lorand 9. 

Lorenz 184, 185, 190, 192. 

391, 506. 507, 508. 
Lovett 503. 

Lowenburg 426. 

Ludloff 48, 219, 481. 
Lücke 302. 

Lütgens 395. 

Luer 268. 

Lugenbühl 523. 

Luithlen 178. 


Lupescu 299. 

Lupus 328. 

Luzzato 389. 

, Maccarore 283. 

Machold 254. 

Mackenzie 341. 

Magnus 78. 

Mahr 488. 

Maillefert 349. 

Maldarescu 376. 
Mandornet 431. 
Mauicatide 23, 320. 
Manicus 399. 

Mann 75, 170. 

Mansurow 476. 

Marchio De 499. 

Marcus 268. 

Marcuse 223. 

Marfan 106, 245, 519. 
Marie 435. 

Marinescu 169. 

Marinio 231. 

Marmorek 259. 

Marotte 307. 

Martens 264. 

Martin 251. 

Martini 125. 

Martinson 90. 

Marx 61. 

Maß 40. 

Massanek 404. 

Massei 250. 

Matthews 43. 

' Matthieu 488. 

Matzenauer 295. 

Maydl 9, 178. 
i Mayer 130, 215, 324, 477. 

: Meaver 473. 

, Medin 450. 

I Meißner 54. 

I Meitzer 450. 

Mendel 1. 

Meneau 410. 

Mensi 232, 352, 435. 
Merkel 189. 

Metall 98. 

Met8cbnikoff 29, 348. 
Meyer 118, 179, 279, 457. 
Michel 482. 

Michell 333. 

Michelmann 179. 
Middeton 159, 201 292, 

365. 

Millard 33. 

Mills 320. 

Mirinescu 29. 

Mitschell 824. 

Mocquot 314. 

Model 449. 

Möller 440, 466. 

Möser 521. 


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Namenverzeichni s. 


537 


Mohr 354. 

Moizard 881. 

Mondicoe 43. 

Monnier 251. 

Monti 531. 

Moos 12. 

Morax 38. 

Morero 822. 

Moro 106, 279, 282, 529. 
Morris 53. 

Moser 258, 260, 474. 

Mosler 6, 8. 

Mosa? 486. 

Most 219, 220. 

Motta 352. 

Mouchet 188. 

Mraäek 294, 304. 

Much 395. 

Müller 92, 115, 125, 186, 
220, 268, 277, 442, 531. 
Muggia 352. 

Munk 376. 

Murphy 64. 

Murray 1. 

Musser 293. 

Muus 428. 

Mya 22, 172, 292, 484, 
501. 

Myginds 466. 

Natanson 105, 279. 

Neisser 26, 298. 

Neuburger 267. 

Neumann H. 46, 112, 230, 
265, 323, 439, 503. 

— J. 210. 

— L. 21. 

— R. O. 223, 224. 

Neurath 222. 

Newsholme 58. 

Niclot 307. 

Nicol 155. 

Nicolai 204. 

Niculescu 297. 

Niessen v. 243, 244. 

Niven 83. 

Nöthe 268. 

Nolte 395. 

Noorden v. 327. 

Nordgren 438. 

Oberwarth 44, 322. 

Oehler 206. 

Ogston 509. 

Opdyke 144. 

Orence 490. 

Orescu 19. 

Orlandi 390. 

Ornäs 343. 

Orschansky 267. 

Orta 319. 

Orth 87, 440. 

GentralbL f. Kinderlilkde. VIII 


Ostheimer 195. 

Oswald 203. 

Ott 532. 

OM 395. 

Ottendorf 504. 

Otto 268. 

Pacchioni 193, 289, 484. 
Paget 298. 

Painter 165. 

Palm 64. 

Palmer 419. 

Paltauf 305. 

P&ndy 155. 

Panzer 283. 

Parhon 168. 

Parker 155. 

Parrot 196, 288. 

Paschkis 98. 

Paternö 288. 

Pawlow 119. 

Peiper 6. 8. 

Pendergast 464. 

Penkert 20, 66. 

Pentzold 120. 

P6raire 450. 

Peter 239. 

Petruschky 372. 

Pezzulo 460. 

Pfaffenholz 132, 173, 176, 
214—216, 304, 518. 
Pfaundler 48, 113, 438. 
Pfeifer 218. 

Pfeiffer 29, 35, 320, 389, 
421. 

Pfister 150, 391, 478. 
Pfreinter 268. 

Pfuhl 125. 

Phelps 508. 

Philippe 375. 

Picchi 34. 

Pick 46. 

Pieper 395. 

Pincus 425. 

Pineies 200. 

Pinilla 180. 

Pipping 189, 340. 

Placzek 151. 

Plantenga 109, 254. 

Poehl 155, 156. 

Porcelli 331. 

Port 266. 

Pospischill 259. 

Pottenger 374. 

Prätorius 488. 
Preindlsberger 459. 
Preisich 206. 

Preleitner 435. 

Preyer 68. 

Price 329. 

Probst 493. 

Profeta 295. 


Quinquaud 53. 

ftacchi 371. 

Raczynski 48, 286. 

Rad v. 39. 

Rager 48. 

Rahn 328. 

Ranke v. 35. 

Raudnitz 304, 305. 
Ravaut 482. 

Recchi 178. 

Reckzeh 34. 

Reichard 134. 

Reichardt 158. 

Reichelt 100. 

Reimer 449. 

Reiner 192, 510, 511. 
Reinach 521, 522. 
Reinhold 47. 

Rendsburg 132, 133, 214, 
' 215, 303, 519. 

Renkauf 149. 

Rey 130, 175, 517 
Reynders 96. 

Ribbert 112, 113, 372. 
Richardtere 89. 

Richet 155, 496, 497. 
Richter 41. 

Riedel 488. 

Rieder 388. 

Riether 134. 

Riga 319, 483, 484. 
Rindfleisch 142, 499. 

Rist 307. 

Ritscher 286. 

Ritter 41, 440. 

Roberton 43. 

Rocaz 200. 

Rochmann 116. 

Rodella 123. 

Röder 67 ff., 263. 

Rößler 434. 

Rolly 74, 494. 

Rommel 227, 282, 522, 
523. 

Roques 325. 

Rosenbach 53, 206. 
Rosenberger 91. 

Rosenfeld 408. 

Rosenthal 179. 

Roshansky 458. 

Rossi 484, 496. 

Rosthorn v. 445. 

Rotch 212. 

Rothschild de 277, 318. 
Roux 29, 251. 

Rubeska 141. 

Rubner 520, 529. 
Ruhemann 310. 

Rumpel 261. 

Ruzicka 117. 

:ed by VjOOwIC 



538 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


Saalfeld 300. 

Sabouraud 50 ff. 

Sachs 135) 493. 

Sala 496. 

Salge 102,' 522, 528. 
Salomon 449. 

Salusbury 70. 

Salvia 290. 

Santas 343. 

Sato 268, 395. 

Saunders 261. 

Savariaud 188. 

Savill 56. 

Schaffer 529. 
Schalenkamp 327. 
Schambacher 835. 

Schanz 37, 78, 82, 83, 
182. 

Schaper 87, 197. 

Schaps 234. 

Scharfe 67 ff. 

Schede 185. 

Scheffler 182. 

Schenk 59. 

Schick 492. 

Schicke 91. 

Schiff 1. 

Schiffer 395. 

Schilling 430, 520. 
Schillinger 268. 

Schiödte 126. 

Schlesinger 15. 

Schlieper 268. 
Schlittenheim 219. 

Schloß 492. 

Schloßmann 93, 279, 522, 
524. 

Schlüter 135. 

Schmidt 455. 

Schmitt 396. 

Schmort 308, 440. 
Schnitzler 69. 

Schnizlein 345. 

Schön 488. 

Schönfeld 268. 

Schötz 44. 

Schoull 261. 

Schramm 301, 379. 
Schreiber 107. 

Schreiner 385. 

Schrenk- Notzing v. 135. 
Schröder 128. 

Schubart 488. 

Schüller 342. 

Schürmayer 100. 

Schütz 206. 

Schultheß 83, 454. 
Schnitze 67 ff, 166, 329, 
441. 

Schulz 135, 488. 
Schumacher v< 455. 
Schupfer 164. 


I Schwalbe 165, 444. 

| Schwenk 239. 

Schwoner 28, 222. 

Seibert 881. 

Seibold 395. 

Seifert 531. 

1 Seiffert 519, 528. 

Seitz 355. 

Selter 131 — 133, 178 bis 
176, 215, 216, 303, 518, 
520, 522, 524. 
Semtschenko 400. 

Senator 264, 442. 

Sequeira 55. 

S4r6g6 290. 

Sforza 529. 

Sherman 435. 

Shiga 125. 

Shong 125. 

Sick 515. 

Sidlauer 70. 
Sidler-Huguenin 428. 
Siegert 238, 522, 523. 
Sievers 120. 

Silberstein 301. 

Simmonds 23. 

Simon 450. 

Simonsohn 179. 

Simorini 331. 

Simpson 33. 

Sklifossovsky 72. 

Slomann 506. 

Smith 35, 209. 

Söldner 810. 

Sokoloff 867. 

Soltmann 75, 310, 405. 
Sonnenschein 128. 

Sotoff 290. 

Southworth 334. 

Soxhlet 282, 309, 516, 
520, 528. 

Speck 524, 

Spiller 494. 

Spolverini 70, 446. 
Sprengel 80, 503. 
Sprenker 135. 

Springer 5, 88, 163. 
Stadelmann 154, 160. 
St&dtler 328. 

Staicovici 432. 

Stakemann 495. 

Stamm 22. 

Starck 99. 

Starck v. 368. 

Steckei 326. 

Steinhardt 353, 354. 
Steinhauer 351. 

Steinhaus 371. 

Steinitz 284. 

Stekel 25. 

Stepp 328. 

Stemberg 372. 

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Stewart 170. 

Sticker 61. 

Stier 498. 

Stieren 435. 

Stöltzner 396. 

Stoß 12. 

Straßmann 67. 

Strauß 289, 314. 
Strominger 350. 

Strong 456. 

Strümpell v. 168, 167. 
Stübinger 895. 

Stumpf 60. 

Stursberg 23. 

Stzelbicky 110. 

Sufrin 478. 

Sug&r 253. 

Sutherland 213. 

Swoboda 62, 304, 305, 
326, 418, 482. 

Szal&rdi 854. 

Szana 470. 

Sz6keli 33, 103. 

Szontagh 257. 

Tanaka 60. 

Tarchetti 18. 

Tavel 172. 

Teieky 14. 

Theinhardt 100. 

Thiemich 75, 160, 161, 
463, 523, 526, 527. 
Thierfeld 462. 

Thimmer 532. 

Thomas 228. 

Thomson 60. 

Tienes 488. 

Tietze 219. 

Tillmanns 182, 310, 354. 
Timann 79. 

Tobeitz 180, 449. 

Tobler 443. 

Todt 179. 

Toff 95. 

Torday v. 127, 416. 
Toretta 299. 

Toulouse 155, 496, 497. 
Trautmann 466. 

Trautner 400. 

Treitel 263. 

Trepinski 395. 

Treupel 11, 332. 

Trumpp 250, 531. 

Türk 90. 

Tuffier 411. 

Turnowsky 324. 

Uffenheimer 521. 

Ulassin 72. 

Ullrich 421. 

Ungar 174—176, 228. 
Urbahn 38. 

Urban 467. 

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Vaillard 529. 

Valagussa 177, 178, 461. 
Vaientini 885. 

Vallana 852. 

Valvasori 237. 
Valvassori-Perori 105. 
Vargas 199. 

Veilion 307. 

Veverka 140. 

Vidai 411. 

Viereck 395. 

Vierordt 377. 

Villa 180. 

Villemin 90. 

Vincent 307. 

Vogel 430. 

Vogt 43. 

Voit 354, 396. 

Volhard 409. 

Volkmann 8. 

Vollmer 514. 

Vos 388. 

Voß v. 497. 

Vulpius 48, 76, 179, 181, 
502. 

Wachenheim 286. 
Wachsmuth 214. 


Namenverzeichnis. ' 539 


Wagner 127. 
Waldschmidt 896. 
Walko 463. 

Walbach 281. 

Walter 488. 
Wassermann 29, 529. 
Wegener 149. 
Weichardt 59. 

Weigel 353. 

Weigert 282. 

Weil 89, 227, 429. 
Weinberg 268, 299. 
Weiß 41, 253. 
Weißmann 403. 
Wende 409. 

Werther 308, 414. 
Westphal 168. 
Wettstein 246. 

White 407. 

Whitfield 415. 
Wichura 179. 

Wiek 268. 

Wieland 224, 309. 
Wiggins 58. 

Wilbert 145. 

Wildholz 38. 
Winterberg 531. 
Winternitz 133. 


Wisniewski 297. 
Wladimiroff 532. 
Wolf 308. 

Wolff 266. 
Wolffheim 395. 
Wolkowsky 291. 
Woods 422. 
Wobrizek 504. 
Wrede 205. 
Wullstein 502. 


Zabel 488. 

Zahorsky 464. 

Zanconi 18. 

Zand van 223. 

Zappert 305. 

Zeidler 488. 

Zia 137. 

Ziehen 496. 

Zillikens 395. 

Zimdars 488. 

Zimmer 112. 
Zimmermann 47. 

Zuber 307. 

Zuntz 67, 68. 

Zuppinger 203, 361, 525. 
Zweifel 69. 


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Sachverzeichnis des VIII. Jahrganges. 


Abführtabletten von Natterer 223. 

Abhärtung, die sogenannte, der Kinder 
225, 226. 

Abmagerungskuren, Stickstoffwech¬ 
sel bei 117. 

Abnorme Kinder und ihre Pflege 149. 

Abszesse, subkutane bei Gonorrhoe 
426. 

Acetonurie bei Typhus abdominalis 
233. 

Achondroplasie 198, 199, 482. 

Acidose und Fettumsatz 284, A. und 
die stickstoffhaltigen Bestandteile im 
Urin 284. 

Acidum carbolic., nitr., oxalic., sulfur., 
Intoxikationen mit 447, 448, 454. 

Acne scrofulosorum 17, Thigenol bei 
A. vulgaris 301. 

Adenotome, neue 466, 467. 

Adipositas, Stickstoffwechsel bei 117, 
A. und skrofulöse Hautaffektionen 412. 

Aeroditis superior infectiosa infantum 
388. 

Agglutination zur Differenzierung: 
von Diphtherie- und Pseudodiphtherie¬ 
bazillen 28, von Ruhrbazillen 125. 

Agraphie, nach epileptischen Anfallen 
154. 

Akkomodationslähmung nach 
Mumps 431. 

Aktinomykose der Lunge 333. 

Albuminurie, zyklische 234, Puber- 
tÄts- 530. 

Albumosurie bei einigen Kinderkrank¬ 
heiten 237, im Verlauf der Nephritis 
bei Diphtherie und Scharlach 238. 

Alkalistoffwechsel und chron. Er¬ 
nährungsstörungen der Säuglinge 284. 

Ammoniak in der Atmungsluft, und 
Rachitis 196. 

Anaemia splenica 178, 201, 202, 352, 
perniciosa 264, durch Anchylostoma 
126, Behandlung der lienalen 371, 
Ichthalbin bei A. 223, Franzensbad 
424. 

Anchylostoma — Anämie 126. 

Aneurysma aortae bei 9jähr. Kinde 
336. 


Angina gangraenosa 44, 322, strepto- 
coccica 306, exsudativa ulcerosa 306, 
321, akute diphtheroide 322, mit 
Tetragenen 320, als Infektionskrank¬ 
heit 320. 

Angiom, kavernöses der Finger 221, 
am Unterarm 444. 

Angiosarkom an der Hand 265. 

Ankyloblepharon nach Trachom 433. 

Antitussin bei Keuchhusten 23. 

Aphasie nach epileptischen Anfallen 
154. 

Aphthen fieberhafte320, desLarynx525. 

Apiasia pilorum moniliformis 486. 

Appendicitis u. pleuritische Meta¬ 
stasen 89, Fall von A. granulosa 134, 
A. und Pharyngitis gangraenosa 324, 
A. bei Typhus abdominalis 381. 

Argent. nitr. — Katarrh bei Neu¬ 
geborenen 425, bei Vulvovaginitis 425. 

Aristochin bei Keuchhusten 326, 327. 

Arsen, Keratodermie nach 407. 

Arteigenheit der verschiedenen Ei¬ 
weißkörper der Milch 279. 

Arthritis chronica multiplex 218, 
gonorrhoica 267, pneumococcica 331, 
urica 461. 

Arthrodese des paralytischen Schlotter¬ 
gelenkes der Schulter 181, bei Pes 
calcaneus paralyticus 182. 

Ascaris, Verlegung des Kehlkopfein¬ 
gangs durch 127, massenhaftes Auf¬ 
treten von A. 352. 

Atembewegungen, Untersuchungen 
über 231. 

Athrepsie, klinische Studie über 288, 
pathologische Anatomie 288. 

Atresie des Darms 344, des Genitales 
425. 

Atrophia nervi optici nach Läsion 
des Sehnerven 143. 

Atropin bei Heus 347, Henochscher 
Purpura 355. 

Augenentzündungen, Kollargol bei 
434, Augenblennorrhöe 140, 427, Kon- 
junktivitisschulepidemie 137, Horn¬ 
hauttrübungen ex conjunct. lymph. 
140, Regeneration der Hornhaut nach 


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Sachverzeichnis. 


541 


schweren Ophthalmien 432, Trachom 
144, Ankylohlepharon nach Trachom 
433, Dacryocystitis 142. 

Autoplastik, freie, bei Spina ventosa 
79, 220. 

Azeton, Vergiftung nach Anlegung 
eines Zelluloid-Mullverbandes 453. 

Baktericide Fähigkeit, der Milch 
279. 

Bakterien und Bazillen im Darm 
123, im Säuglingsstuhl 123, ruhrähn¬ 
liche 124, bei Ruhr 124, 125, in der 
Mundhöhle 122, im Ham 233, im 
Ham bei Typhus abdominalis 884; 
Bacterium coli commune, hämoly¬ 
tische Eigenschaft des 125, Einfluß 
auf Stickstoffgleichgewicht und Oxy¬ 
dationsvorgänge 484. 

Bakteriurie s. Bakterien. 

Barlowsche Krankheit, Fälle von 
221, 353, 354, 359, in der Schweiz 
204, seltsame Form von 204, Er¬ 
fahrungen über 392, 439, Therapie 203. 

Basedowsche Krankheit im Kindes¬ 
alter 334. 

Bauchmuskulatur, angeborenes Feh¬ 
len der 303. 

Belastungsdeformitäten , intraute¬ 
rine der unteren Extremitäten 220. 

Benediktsche Krankheit, Fall 485. 

Bismutose, Erfolge mit 99, 100. 

Bleilähmung, 2 Kinder mit 304. 

Blennorrhoea neonatorum s. Oph¬ 
thalmoblennorrhoe. 

Blutungen in der Schädelhöhle intra 
partum 170, Gehirnblutung Meningitis 
vortäuschend 171, nach Tonsillotomie 
467, 468, septische Magenblutungen 
360, der Nebennieren 23, Hämaturie 
bei Oxalsäurevergiftung 454, spontane 
B. bei Neugeborenen 202, B. bei 
Barlowscher Krankheit, s. d.; Schild¬ 
drüsenextrakt gegen B. 202, Gelatine¬ 
injektionen 203. 

Bromausschlag, Fall von 407. 

Bromipinklystiere bei Kinderkrank¬ 
heiten 328. 

Bromocoll Anwendung 532, bei Pru¬ 
ritus 90. 

Bromoform, Intoxikation mit 176, 
406, 407. 

Bronchitis, Bronchiolitis, Jodipin 
299, Schultzesche Schwingungen 329. 

Bronchopneumonie s. Pneumonie. 

Bulbäraffektion, ungewöhnlich gut¬ 
artige 162. 

Buttermilch als Säuglingsnahrung 
*107. 109, 132, 216, 284, 285, 523. 

Caput obstipum, neue Operation 502. 

Carcinom von Leber u. Pankreas 290. 


Cerebrin bei Epilepsie 155. 

Chinaphenin bei Keuchhusten 327. 

Chinin bei Influenza 25, Verabreichung 

i Ivon Ch. bei Kindern 310. 

Chinosol bei Keuchhusten 328. 

Chlorose, Thigenol bei 801. 

Chlorurie bei Scharlach und Diph¬ 
therie 475. 

Cholera infantum, Bismutose bei 
99, 100, Buttermilch 109, Kufekemehl 
281, 282, Leibnizmehl 282. 

Chondrodystrophia foetalis 195, 198, 
199. 

Chorea, pathologische Anatomie der 
158, 498, der Urin bei 499, Lähmung 
bei 500, Ch. electrica 159, Ch. mollis 
mit Muskelveränderungen 499. 

Circumcisio, Xeroform naöh der 97. 

Cirrhosis cardio-tuberculosa 16, hepatis 
bei 8jähr. Mädchen 177, bei Kindern 
291, 292. 

Citrophen bei Keuchhusten 385. 

Codein bei Keuchhusten 175. 

Collargol s. Kollargol. 

Colobom der Augenlider 434. 

Combustio Xeroform bei 98, Wund¬ 
scharlach bei 263. 

Conjunctivitis bei Influenza 24, 
Schulepidemie von 187, C. tracho- 
matosa und adenoide Wucherungen 
144, Hornhauttrübungen nach C. lym- 
phatica 140. 

Cor bovinum, Fälle von 866. 

Coryza febriculosa infantum 388. 

Couveuse, neue 227. 

Coxa vara u. angeborener Ober¬ 
schenkeldefekt 217, als Belastungs¬ 
deformität 505, Fälle von 505. 

Cucullaris, Fehlen des 80, 503. 

Cystenfibrom, präsakrales 266. 

Cystitis tuberculosa 459, durch Coli- 
bazillen 459. 


Dacryocystitis congenita 142. 

Defekt von Sehnen 78, der Bauch¬ 
muskulatur 305, des M. cucullaris 80, 
503, M. gastrocnemius 173, des Ober¬ 
schenkels 217, der Armknochen 266, 
einer Niere 64. 

Dermatitis exfoliativa u. Pemphigus 
neonatorum 41, herpetiformis 54, vege¬ 
tans 55. 

Dermoid, retrosakrales 79, des Schädels 
266. 

Diabetes insipidus, angeborener 154. 

— mellitus Fälle 236, Behandlung 
bei Kindern 235. 

Diathese, harnsaure bei Kindern 461. 

Dilatation, angeborene des Dünn¬ 
darms 344, des Kolons 521. 

Dion in zur Aufhellung von Hornhaut¬ 
trübungen 140, bei Keuchhusten 175. 


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542 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


Diphtherie Herzthrombose bei 89, 
Myolyse des Herzens 242, Nephritis 
288, Chlorurie 475, Paralysen 239, 
240, 248, Todesursachen 241; chron. 
Rachendiphtheroid 26, 27, Nasen- 
diphtherie 240, Larynxdiphtherie oder 
Larynxfremdkörper 251; Intubation 
u. Tracheotomie 249, 250; Diphtherie- 
Exanthem 31. 

Diphtherie-Serum bei Diphtherie 28, 
29, 31, 44, 92, 244, 247, 484, bei 
Scharlach u. Bronchopneumonie 248, 
bei Keuchhusten 249, Beeinflussung 
von Krankheiten durch 57, Tod nach 
Seruminjektion 242, Wert der Sera 
177, antibakterielles Serum 247, hoch¬ 
wertiges D. 247, Preis des D. 92, un¬ 
entgeltliche Abgabe bei Epidemien 92, 
unentgeltliche Schutzimpfungen in 
Berlin 48, amtliche Umfrage über den 
vorbeugenden Wert 92. 

Diphtheriebazillen) u. Pseudodiph¬ 
theriebazillen 28, im Blute u. im 
Behringschen Serum 243, 244, [asso¬ 
ziiert mit Vinzentschen 484. 

Divertikel, Meckelsches, Prolaps- 
und Geschwulstbildung 304. 

Drüsenfieber, Pfeiffersches 320. 

Ductus arteriosus Botalli, Ver¬ 
schluß 67, Persistenz 70, 866, 867. 

Dysenterie, Xeroform bei 97, Ruhr¬ 
bazillen 124, 125. 

Dyspepsie s. Magendarmkatarrhe. 

Dystopie, gekreuzte der Niere 455. 

Dystrophie multiple kongenitale des 
elastischen Gewebes 185, syphilitische 
der Venen 297. 

Echinokokkus der Pleura 5, 9. 

Einschlafen der Hände bei Skarlatina 
477. 

Eklampsie, Bromipin bei 329, Blind¬ 
heit und Taubheit nach 490. 

Ektasie s. Dilatation. 

Ektopie der Harnblase 178. 

Ekzem, Xeroform bei 97, Jodipin 300, 
Thigenol 300, 801, Bromokoll 532, 
Heilung von E. und plötzliche Todes¬ 
fälle 416. 

Elephantiasis, kongenitale 63, 305, 
514. 

Embolien der Zerebralgefaße 490. 

Emphysema pulmonum u. adenoide 
Vegetationen 333. 

Encephalo-Myelitis, akute insel- 
förmige 177. 

Endocarditis ulcerosa 360, E. und 
Herzfehler 862. 

Energiequotient bei Säuglingen 113, 
114. 

Entbindungslähmung, Fall 183. 

Enteritis s. Magendarmkatarrhe. 


Enuresis, Behandlung 463, 464, mit 
epiduralen Injektionen 468, Ent¬ 
fernung adenoider Vegetationen 465, 
Franzensbad bei 424. 

j Epidermolysisbullosahereditaria409. 

Epilepsie. Über E. 496, Ursachen 
der E. 151, parasitäre Erreger 153, 

E. nach Insolation 154, E. u. Tetanie 
497, das Blutserum bei 496, 497, die 
chirurgischen Ereignisse bei den An¬ 
fällen 157, multiple hypertrophische 
Talgdrüsen bei 155, Aphasie und 
Agraphie nach Anfällen 154, Be¬ 
handlung mit Cerebrin 155, nach 
Toulouse-Richet 155, 497, in An¬ 
stalten 495, E. choreica 157. 

Epiphyseolyse bei Genu valgum 510, 
511. 

Ep iphysentrennungen, traumatische 
190. 

Epiphyseostitis chronica tibiae 189. 

Epithelioma contagiosum des Ge¬ 
flügels 61. 

Epityphlitis, Magenblutungen bei 
360. 

Erbrechen, Hirndruck des Säuglings 
beim 460, zyklisches 460, 461. 

Ergrauen der Wimpern 142. 

Erysipel, Salocreol 223. 

Erythema exsudativum multiforme 
nach Eigenuß 266, nodosum 411, 
scarlatiniforme desauamativum 411. 

Euchinin bei Keucnhusten 175, 326. 

Exostosen, multiple cartaliginäre 222. 

Facialisphänomen bei älteren 
Kindern 160. 

Facialislähmung bei einem Kaiser¬ 
schnittkinde 430. 

Fermente in der Milch 106, 178, 281, 
518. 

Fermenttherapie der Atrophie im 
Säuglingsalter 523. 

Fleischsaft bei Lungentuberkulose 87 5. 

Fluoroform bei Keuchhusten 328. 

Folliculitis exulcerans serpiginosa 
nasi 805. 

Fracturae ossium. Behandlung bei 
Neugeborenen 85, Klavikularfrakturen 
bei Geburt in Schädellage, Schenkel¬ 
halsbrüche im kindlichen Alter 217, 
eigenartiger Fall von Schenkelhals¬ 
fraktur, nervöse Komplikationen der 

F. am unteren Ende des Humerus 188, 
durch Naht geheilter supracondylärer 
Oberarmbruch 138. 

Franzensbad, Indikationen für 424. 

Fremdkörper in den Luftwegen 41, 
127, 251, 340, 892, im Herzen 361. 

Frühgeborene Kinder, Behandlung 
227. 

Furunculosis, Behandlung 414. 


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Sachverzeichnis. 


543 


Galactit 519. 

Gangraena pulmonum, Operation 
bei 332. 

Gastritis s. Magendarmkatarrhe. 

Gastrocnemius, Fehlen des 173. 

Gaumen, der hohe 468, frühzeitige 
Naht 266. 

Geburtsverletzungen des Auges 428, 
der Klavikula 428. 

Geflügelpocken s. Epithelioma. 

Gehirn, Verletzungen 803, Hyperämie 
489, Sklerose 490, Hypertrophie 492, 
Gliom 491, Gewicht des 478, Druck 
im G. während des Erbrechens 460. 

Gehör, Pflege in der Schule 147, Unter¬ 
suchung bei Schulkindern 470, 471. 

Gelatine bei Blutungen 202, 203, 
Melaena 203. 

Genu valgum, Epiphyseolyse bei 510, 
511. 

Gewicht des Gehirns und seiner Teile 
478, Kurven des G. neugeborener 
Kinder 230, G. der Säuglinge nach 
sozialer Grimpierung 280. 

Glioma des Gehirns 491, Kombination 
mit Sarkom 90. 

Glykogen, Verteilung auf beide Leber- 

1 lappen 290. 

Glykosurie als Initialsymptom einer 
Schrumpiniere 236, bei Kindern mit 
Keuchhusten 484. 

Gonorrhöe bei Knaben 86, G. und 
Ophthalmoblennorrhoe 87, Ophthal¬ 
mie 427, Vulvovaginitis 422—426, 
subkutane Abszesse 426, Synovitis 85, 
Polyarthritis 267, Peritonitis 427. 

Gratismilchlnstitute in Budapest 
180, überhaupt 269, 313, 446. 

Gynatresie, Prophylaxe 425. 

Hämaturie durch Oxalsäure 454. 

Hämoglobinurie, paroxysmale 221, 
234, 358. 

Hämorrhagie s. Blutung. 

Harn des menschlichen Fötus 233, 
bei Chorea 499, Typhusbazillen im 233. 

Iiassalsche Körperchen, Ursprung 
und Funktion der 232, 335. 

Hautsinnesfunktionen im Kindes¬ 
alter 231. 

Helminthiasis. Pathogene Wirkung 
der häufigsten Eingeweidewürmer 126, 
Bandwürmer bei Kindern 126, Tänien 
als Ursache von Darmstenose 351, 
Taenia cucumerina bei einem Kinde 
851, Verlegung des Kehlkopfeingangs 
durch Spulwürmer 127, massenhaftes 
Auftreten von Askariden 351, Anchy- 
ostoma-Anaemie 126. 

Hemiatrophia facialis mit halb¬ 
seitig gekreuzter Pigmentation 409. 

Hemiplegie u. Urticaria 168, nach. 


Scharlach 478, zerebellare H. und 
Hemiataxie 170, histologische Unter¬ 
suchung bei infantiler 169. 

Hepatitis bei einem von einer nephri- 
tischen Mutter ernährten Kinde 289. 

Herdsklerose, infantile 164. 

Hernien cerebrale u. angeborene Neu¬ 
bildungen ,des Schädels 72, Lungen¬ 
hernie 484, akute Hydrocele u. Leisten¬ 
bruch 349, Radikaloperation des an¬ 
geborenen Leistenbruchs 129, 348, 

Herniotomie wegen Inkarceration von 
Coekum u. Proc. vermiformis 348, 
retroperitoneale 444. 

Heroin als Sedativum 829. 

Herpes tonsurans im Kindesalter 49. 

He toi bei Lungen- und Kehlkopftuber¬ 
kulose 18. 

Hörübungen bei Taubstummheit 263. 

Hochstand der Skapula und Ku- 
kullarisdefekt 80, 508, und Wander¬ 
niere 80, Fall von 87, Ätiologie des 
184. 

Hornhaut, Regeneration der, nach 
schweren Ophthalmien 432. 

Hydrarg. bichlorat, Injektionen bei 
Syphilis 299. 

Hydrocele u. Leistenbruch 349, In¬ 
strument zur Diagnose der 850. 

Hydrocephaloid, Bromipin bei 329. 

Hydrocephalus chronic, infolge chron. 
Meningitis 220, Fälle von H. acquisitus 
486. 

Hydrophthalmus u. Megalophthalmus 
434. 

Hygiama als Nährmittel 101. 

Hyperphalangie des Daumens 264. 

Hypertrophie kongenitale spastische 
des Pylorus 438, des Gehirns 492. 

Hypospadie, Fall von 90, operierte 
Eichel-H. 220. 

Hysterie oder disseminierte Herz¬ 
sklerose 159, im Kindesalter 305, 526, 
Beseitigung schwerer Krampferschei¬ 
nungen durch Wach Suggestion 160. 

Ichthalbin bei Anämie u. Skrofulöse 
223. 

Ichthargan bei Furunkulosis 414. 

Ichthyosis foetalis u. vulgaris 410. 

Icterus chron.-congenitus 482, nach 
Scharlach 131, bei einem von feiner 
nephritischen Mutter ernährten Kinde 
289. 

Idiotie familiäre amaurotische 144, 493, 
Statistik über 494. 

Ileus, Atropin bei 347. 

Impetigo contagiosa u. Pemphigus 
neonatorum 41, im Anschluß an die 
Vakzination 417, Jodipin bei I. faciei 
300. 

Impfung s. Vakzination. 

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544 


Centralblatt fftr Kinderheilkunde. No. 12. 


Impressionen des Schädels bei Neu- 

? eborenen 429. 

antilismus, Wesen des 486, Pro¬ 
lapsus ani bei 128. 

Influenza — Konjunktivitis 24,Kinder¬ 
grippe 388, Pathologie u. Therapie der 
25, Meningitis u. Influenzabazillen 888, 
Influenzabazillen bei Masern u. Schar¬ 
lach 255. 

Insufficienz, motorische des Magens 
286. 

Intoxikationen mit Azeton 453, Blei 
304, 404, Bromoform 176, 406, 407, 
Karbolsäure 448, Kohlenoxyd 173, 401, 
404, Kornkaffee 403, Lauge 399, Lini¬ 
ment. ammoniat. 398, Morphium 399, 
404, Oxalsäure 454, Phosphor 176, 
Salmiakgeist 398, Salpetersäure 448, 
Schwefelsäure 447, 448, Strammonium 
403, Tinte 398, Wäscheblau 402. 
Intubation bei Diphtherie 249, neue 
Tuben 250, fixierte Tuben und Bolzen¬ 
kanülen 339, wann extubiert man bei 
Krupp? 250, Larynxstenose nach 337. 
Intussusception, Invagination u. 
kongenitale Darmatresie 345, bei 5- 
monatl. Kind 346, Präparat einer 353, 
chirurgische Therapie 347. 
Inversion bei Lungenödem 334. 

Jahresbericht aus dem Kinderspital 
in Basel 90, des Neuen Kinder¬ 
krankenhauses zu Leipzig 310. 

Jo dipin, Anwendung und Wirkung 
299, 300. 

Jodoform-Kalomel als Antiseptikum 
301. 

Kal. permang. bei Vulvovaginitis 422. 
Kapazität des Schädels bei Kindern 
391. 

Keloide auf Vakzinationsnarben 58. 
Keratodermie, akute symmetrische 
nach Arsengebrauch 407. 
Kinderasyl, Ernährung der Säuglinge 
im Berliner 108. 

— erholungsstätte, neue 395. 

— heilstätte für tuberkulöse Kinder 
136. 

— klinik, neue Berliner 532. 

— lähmung s. Paralysen. 

— mehle 101, 281, 282. 

— nahrung, Theinhardtsche 100. 

— pflegerinnenschule im Kaiser u. 
Kaiserin Friedrich - Kinderkranken- 
hause in Berlin 90. 

— wagen, desinfizierbare 87. 
Klavikulardefekt, angeborener 435, 
436. 

— frakturen Neugeborener 428. 
Kohlenoxydvergiftung u. plötzliche 
Todesfälle 173, u. Polyneuritis 404, 
Fälle von 401. 


K o 11 a rg o 1 bei Augenentzündungen 434. 
Kongreß, II. der deutschen Gesell¬ 
schaft f. orthopäd. Chirurgie 179, I. 
internst, für Schulhygiene 446, 532. 
Kornkaffee, Vergiftung durch 403. 
Korrektor, neuer Apparat 504. 
Kotfistel, inguinale 350. 

Kreosotal bei Krupp 26, Keuchhusten 
175, Pneumonie 330. 

Kretinismus, endemischer u.Myxödem 

200 . 


Krupp, Kreosotal 
inhalationen 362. 


bei 26, Sauerstoff- 


Kryptophthalmus congenitus 143. 
Kryptorchismus, Operation bei 350. 
Kufekemehl 101, 281, 282, 446. 
Kyphose, Redressement der 83. 


Länge neugeborener Kinder 230. 

Lävulose zur Funktionsprüfung der 
Leber 289. 

Laminektomie bei spondylitischen 
Lähmungen 182. 

Laryngitis pseudo-membranacea bei 
Masern 251, aphthosa 525. 

Laryngofissur bei Fremdkörpern 41. 

Laryngospasmus, Präparat von einem 
Kinde mit 487. 

Larynxstenose s. Stenose. 

Lauge, Vergiftung mit 399. 

Leber. Funktionsprüfung der 289, Ver¬ 
teilung der Glykogenmengen in der 
290, Entwickelungsstörungen der 291, 
Thrombose der Venen 293, Syphilis 
293, Tumoren 290, Cirrhose 291, 292. 

Lecithin bei Skrofulöse u. Rachitis 376» 

Leukämie, Fälle von akuter 370. 

Leukocytose bei Masern u. Röteln 254. 

Lichen simplex chronic. 411, 582 

Bromokoll bei 532. 

Lichtbehandlung bei Gelenkstuber¬ 
kulose 211. 

Liniment, ammoniat., Vergiftung 
mit 398. 

Lipase in der Milch 106. 

Lithiasis bei Kindern 462. 

Littlesche Krankheit s. Spinalpara¬ 
lyse. 

Lumbalpunktion zur Diagnostik der 
verschiedensten Krankheiten 390. 

Lungenerkrankungen, Operation bei 

11 . 


Lungenprobe, Bedeutung u. Beweis¬ 
wert 228, 229. 

Luxatio coxae congenita, unblutige 
Operation 88, 185, 186, 217, 352, 506, 
507, Apparat zur Nachbehandlung 186. 

Luxation der Hüfte bei Typhus 218, 
bei Scharlach 262, L. des Amboß 472. 

Lymphadenitis, Salocreol bei 223. 

^Lymphangiektasien, multiple 409. 


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Sachverzeichnis. 


545 


Lymphangioma cavernosum am Arm 
305, Fälle von 515. 

Lymphdrü8en, Schwellung der peri¬ 
pheren, im Säuglingsalter 369. 

Lymphosarkom des Mesenteriums u. 
Dünndarms 483. 

Lymphosarkomatose oder Tuber¬ 
kulose? 371. 

Mästung u. skrofulöse Hautaffektionen 
412. 

Magen, Funktionen des kindlichen, u. 
Verdauungskrankheiten 120, septische 
Blutungen~360. 

Magendarmkatarrhe u. Schwellung 
der peripheren Lymphdrüsen 369, 
Magensaftsekretion bei 119, Funk¬ 
tionen des Magens bei 120, chron. 
Magenkatarrh u. Insuffizienz des 
Magens 286, Dyspespie der Säuglinge 
u. die Fermente in der Milch 178, 
Dyspepsie der Neugeborenen und 
Säuglinge u. die Funktion der mütter¬ 
lichen Brustdrüse 283, Dyspepsia acida 
lactatorum 286, Studien über Darm¬ 
entzündung 121, Enterokatarrhe im 
Säuglingsalter 522, Prophylaxe u. 
Therapie der M. 516, Buttermilch bei 
107, 109, 132, 284, 285, 517, 523, ge¬ 
labte Kuhmilch '521, Soxhlets Nähr¬ 
zucker 282, Odda 100, Theinhardts 
Kindernahrung ^100, j Hygiama 101, 
Kufekemehl 101, 281, 282, Leibniz- 
mehl 282, Xeroform 95, 96, Bismutose 
99, 100. 

Magensaftsekretion r der Säuglinge 
118. 

Massage, neues Verfahren 85. 

Masturbation, über M. 150, foren¬ 
sische Beurteilung *T51. 

Mediastinum, Tumor des 303. 

Megalophthalmus u. [ Hydrophthal- 
mus 434. 

Mekoniumpfropf, Bedeutung beim 
Neugeborenen 227. 

Melaena neonatorum, Gelatine 
bei 203. 

Meningitis tuberkulöse 15, M. bei 
Neugeborenen 390, M. mit Influenza¬ 
bazillen 388, 389, M. cerebrospinalis 
mit Meningococcus intracellularis 172, 
mit Pfeifferschen Bazillen 172. 

Meningococcus intracellularis bei 
Zerebrospinalmeningitis 172. 

Menstruation, erste, am Pol und 
Äquator 42. 

Metharsol bei linealer Anämie 371. 

Micromelia s. Achondroplasia. 

Mikrophthalmus im Anschluß an 
eine Läsion des Sehnerven 143. 

Milch. Ernährung mit Muttermilch 110, 


112, Nahrungsmengen bei Brustkindern 
113,114, Auslösung der Milchsekretion 
bei Mutter u. Kind 112, Milchgenuß 
u. ihr Einfluß auf die Milchsekretion 
352, Buttermilch als Säuglingsnahrung 
107, 109, 132, 216, pasteurisierte M. 
104, 105, 279, gelabte 521, homo¬ 
genisierte 519, M. nach Sz^kely 103, 
Dauermilch 519, Galactit 519, Milch¬ 
fleischextrakt 519, Chemie der Frauen* 
u. Kuhmilch 107, Fermente in der 
Milch 106, 178, 281, 518, Arteigenheit 
der verschiedenen Eiweißkörper 279, 
Wert der Salz- und Milchsäure für 
die Verdauung derKaseine 177, bakteri¬ 
zide Fähigkeit der M. 279, Über¬ 
tragung von Scharlach durch M. 473, 
Einfluß der Sterilisation auf den Stoff¬ 
wechsel des Säuglings 277, neuer 
Ster ilisation sapparat 519, Thermophore 
518, Milchpumpe mit Glasballon 90, 
Milchindustrie der verschiedenen 
Länder 277, Anforderungen an eine 
Nahrungsmilch 529, Prinzipien der 
städtischen Milch Versorgung 524, Aus¬ 
stellung für hygienische Milchver- 
8orgung 519. 

Mischinfektionen 257. 

Missbildungen, angeborene des 
Skeletts 219, des Armes 266, des 
Daumens 264, beider Augen 266, 435, 
Spaltbildung im Gesicht 437, Kom¬ 
bination von M. u. Defekten 41, 
seltenere Entwickelungsanomalien 439. 

Morbilli, Verhalten des Blutes bei 34, 
Leukocytose bei 254, Myelitis bei 35, 
Otitis bei 253, Thrombophlebitis des 
Sinus longitudinalis bei 253, Laryn¬ 
gitis bei 251, Larynxstenosen bei 252, 
Bazillen bei Komplikationen 34, In¬ 
fluenzabazillen bei 255, Mischinfek¬ 
tionen 257, konkurrierende M. und 
Skarlatina 257, Skarlatina auf der 
Masernstation 477, seltene Fälle von 
M. 254, Kreosotal bei 26. 

Morphium, Vergiftung mit 399, 404. 

Moulagen von Säuglingsstühlen 263. 

Mundhöhle, Streptokokken in der — 
von Brustkindern 122. 


Mundspatel, elektrisch beleuchteter 
310. 

Myelitis bei Masern 35. 

Myocarditis, diffuse chronische 361. 

Myogen 233. 

Myosklerose u. Sklerodermie 408. 

Myxödem bei einem Kinde 89, Fälle 
von 486, kongenitales M. u. infantiles 
200, Thyreoidin bei infantilem 1, 409, 
Autopsie bei einem Falle von kongeni¬ 
talem 200. 

Myxosarkom der Prostata 342. 

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546 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


Nährmittel, künstliche 100—102. 

Nährzucker, Soxhlets 282, 809. 

Nahrungsmengen bei Brustkindern 
113, 114. 

Natr. methylarsenic. bei Anaemia 
splenica 178. 

Nebennieren u. Körper Wachstum 481, 
Blutungen in den 23. 

Nekrose, akute des Warzenfortsatzes 
u. Felsenbeins 472. 

Nenndorfer Bäder bei Furunculosis 
414. 

Nephritis der Neugeborenen u. Säug¬ 
linge 455, N. der Nährmutter und 
schwere Hepatitis des Kindes 289, 
N. nach Heilung des Säuglingsekzems 
416, hei Sklerem u. Skierödem 352, 
bei Scharlach und Diphtherie 238, 
chronische nieht syphilitische 454, 
Operation bei chronischer 237, 
Glykosurie als Initialsymptom von 
Schrumpfhiere 236. 

Neuritis bei Keuchhusten 387. 

Niere, Vergrößerung u. Defekt 64, 
Entwickelungsstörungen 457, ge¬ 
kreuzte Dystopie 455, angeborene 
Geschwülste 456, Quetschungen 455. 

Noma Excision bei 35, Fälle von 525. 

Obstipatio, Abführtabletten 223. 

Odda bei Dyspepsie 100. 

Oedem, toxämisches 177, epidemisches 
287. 

Oedema pulmonum, Inversion bei334. 

Okulomotoriuslähmung, rezidivie¬ 
rende 430. 

Onanie s. Masturbation. 

Operationen gewisser Lungenerkran¬ 
kungen 11, der modernen Orthopädie 
82. 

Ophthalmoblennorrhoe u. Gono¬ 
kokken 37, Protargol zur Prophylaxis 
140. 

Orthopädie, Operationen der moder¬ 
nen 82, die deutsche im Jahre 1902 
181. 

Osteogenesis imperfekta 482. 

Osteomyelitis, akute der Beckenpfann e 
219, Entstehung der 512. 

Osteotomie u. Osteoklase bei rachi¬ 
tischen Deformitäten der unteren Ex¬ 
tremität 192. 

Otitis bei Masern 253, nach Influenza 
389, O. media suppurativa durch 
Schneeberger 128, Xeroform bei 0. 
media supperativa 98, Taubstumm¬ 
heit infolge 0. 147. 

Oxaphor bei Keuchhusten 385. 

Oxydase in der Milch 106. 

Oxydationsvorgänge u. Bacterium 
coli 484 


Pagetsche Krankheit u. Syphilis 298. 

Papillome, multiple des Larynx 341. 

Paralysen bei Keuchhusten 386, 887, 
Diphtherie 239, 240, 248, Scharlach 
478, Ohorea 500, spondylitische 182, 
391, EDtbindung8lähmung 183, Facia- 
lislähmung bei einem Kaiserschnitt¬ 
kinde 430, angeborene aller vier Ex¬ 
tremitäten 352, Fälle angeborener 
spastischer 303, spastische Spinalpara¬ 
lyse 163, Akkomodationslähmung nach 
Mumps 431, rezidivierende Okulomoto¬ 
riuslähmung 480, Hemiplegie 169, 170, 
Poliomyelitis acuta im Stadium der 
Reparation 165, Epidemie von Polio¬ 
myelitis anterior 165, Fall von cere¬ 
braler Kinderlähmung 166, Urticaria 
nach cerebraler Kinderlähmung 168, 
zwei wichtige Fälle spinaler Kinder¬ 
lähmung 169, Nervenleiden nach spi¬ 
naler Kinderlähmung 501, orthopä¬ 
dische Behandlung bei spinaler Kinder¬ 
lähmung 76, Sehnenüberpflanzung 
dabei 76, 501, operativer Ersatz des 
Quadriceps femoris 78, Pes calcaneus 
paralyticus 182, paraly tisches Schlotter¬ 
gelenk der Schulter 182, P. im Ge¬ 
folge der Frakturen des unteren Hu¬ 
merusendes 188. 

Paronoia, Fall von infantiler 492. 

Parotitis epidemica, Akkomodations¬ 
lähmung nach 431. 

Pasteurisieren der Milch 104, 105, 
279. 

Pemphigus acutus bei Lobärpneumonie 
12, Epidemie von P. bei älteren Kin¬ 
dern 221, P. eontagio8us 410, P. 
neonatorum, Dermatitis exfoliativa u. 
Impetigo contagiosa 41. 

Periproctitis, Ketentio urinae bei Ab¬ 
szeß durch 458. 


Peritonitis tuberculosa 212, 213, 302, 
377—380, P. durch Pneumokokken 12, 
Gonokokken 427, Streptokokken 484. 

Pertussis u. Viskosität des Sputums 
21, febriler 386, mit cerebralen Er¬ 
scheinungen 386, 387, Jodophile Reak¬ 
tion u. Glykosurie bei 484, Paralyse, 
Aphasie u. Erblindung bei 324, intra¬ 
durale Blutung bei 325, Einfluß der 
Vakzination auf 175, Prophylaxe 22, 
Behandlungsmethoden 325, Pyridin 
bei 22, Kreosotal 26, 175, Diphtherie¬ 
serum 249, Antitussin 23, Aristochin 
23, 174, 326, 327, Chinin mur. 174, 
Euchinin 175, 826. Chinaphenin 327, 
Chinosol 328, Bromipin 329, Heroin 
329, Citropben 885, Vaporin 328, 
Fluoroform 328, Oxykampher 385, Ci¬ 
trophen 385, Zink, ferro-hydrocyanic. 
327, Serotherapie 28, elastische Leib¬ 
binde 387. 


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Sachverzeichnis. 


547 


Pes calcaneus, Behandlung des 182. 

— valgus congenitus 217, operative 
Behandlung 509, allgemeine Indika¬ 
tionen für die Behandlung 507. 

— varus, Behandlung 508, 509, Ätio¬ 
logie des angeborenen 510. 

Pharyngitis gangraenosa u. Appendi- 
citis^324. 

Phimose, Behandlung der angeborenen 
458. 

Phosphaturie, Kasuistik der 235. 

Phosphor bei Rachitis 196, Gehalt an 
P. in der Nahrung 115, Intoxikation 
mit 176. 

Phototherapie des Scharlach 261. 

Physi ologie. zur — des Säuglingsalters 
229. 

Pilocarpin bei Scharlach 261. 

Pityriasis rubra pilaris im Anschluß 
an die Vakzination 57, Fall von 415. 

Plastik von Sehnendefekten 78, bei 
Spina ventosa 79. 

Plattfuß s. Pes valgus. 

Pleuritis u. Appendicitis 89, eitrige bei 
einem 2 jähr/Kinde 10. 

Pneumokokken-Arthritis 331, Perito¬ 
nitis 12. 

Pneumonie mit konsekutivem Pemphi¬ 
gus ,12, mit Schmerz am Appendix 178, 
interstitielle 330, Splenopneumonie 331, 
Mortalität bei 331, Sauerstoffinhala¬ 
tionen bei 362, Diphtherieserum 248, 
Schultzesche Schwingungen 329, 
Jodipin 299, Kreosotal 330. 

Poliomyelitis 8. Paralysen. 

Po ly arthritis deformans 189, gonor¬ 
rhoica 267. 

Polydaktylie des Fußes 437. 

Polyneuritis durch CO-Vergiftung 404. 

Polyp des Rachens 65. 

Prolapsus ani bei Infantilismus 128, 
eines Me ekel sehen Divertikels 304, 
urethrae 353, eines zystisch erweiterten 
Ureters 457. 

Pronation, die schmerzhafte 512. 

Protargol zur Prophylaxe der Augen- 
blennorrhöe 140, bei Vulvovaginitis 
423. 

Proteus vulgaris u. Typhus abdomi¬ 
nalis 383. 

Prurigo idiopathischer 56, Broinokoll 
bei 532. 

Pruritus,' BromokolUbei 90, 532. 

Pseudobulbärparalyse infolge von 
Gehirnläsion 489. 

Pseudodiphtlierie und .Influenza 25. 

Pseudodiphtheriebazillen, Differen¬ 
zierung von Diphtheriebazillen 28. 

Pseudokrupp, Kreosotal bei 26. 

Pseudoleukämie oder Tuberkulose? 
371. 

Pseudotuberkulosebazillen 205. 


Psoriasis infantum 413, Behandlung 
414, P. nach Vakzination 57, 58. 

Pulmonalklappen, Mißbildung der 
70, 71. 

Puls, Ungleichheit des — und Persi¬ 
stenz des Ductus arteriosusBotalli 367, 
vorübergehende Verlangsamung u. 
Arythmie 368, Puls lent permanent 
avec attaques syncopales et 6pil£pti- 
formes 369. 

Pulverbläser am Mundspatel 520. 

Puro als Nährmittel 101, Berichte über 
310. 

Purpura, Fall von Henochscher 355. 

P y 1 o r u s, kongenitale spastische Hyper¬ 
trophie des 438, zwei Fälle von Stenose 
des 131. 

Pyramidon bei Typhus abdominalis 
384, 385. 

Pyridin bei Keuchhusten 22. 

Quecksilberbad zur Massage 85. 

Quetschung der Niere 455. 

Rachitis angeborene 195, Ätiologie der 
214, Unterschenkel Verkrümmungen 
bei 192, Veränderungen der chondralen 
Verknöcherung bei 193, R. u. Achon- 
droplasie 198, 199, R. u. Coxa vara 
505, 506, R. u. Spasmus nutans 306, 
307, R. u. Turgordruck der Gewebe 
197, Ammoniak in der Atmungsluft 
bei 196, R. u. Thymusliypertrophie 525, 
Phosphorbehandlung 196, Syr. Calcii- 
Ferro-phospholactic. 201, Lecithin 376, 
Bromipin 329, Franzensbad 424, Appa¬ 
rat zur pneumatischen Behandlung 
176, Schaukelsessel 194. 

Raumsinu im Kindesalter 231. 

Redressement von Skoliosen 82, 83, 
130. 

Resektion des Knies, Verkrümmungen 
des Beins nach 190. 

Retentio urinae bei periproktitischem 
Abszeß 458. 

Retropharyngealabszeß, doppelter 
484. 

Rhabarber, Oxalsäure Vergiftung durch 
454. 

Rheumatismen, chron. multiple 218, 
im Kindesalter u. bei Erwachsenen 
365, Rh. u. Herzfehler 363, Salocreol 
bei 223. 

Riesenwuchs, partieller u. Elephan¬ 
tiasis congenita 305, R. u. Nebennieren 
481. 

Rigasche Krankheit, Fälle von 319, 
Ursachen 483. 

Rindenfelder, Funktionsunfähigkeit 
der motorischen — beim Säugling 75. 

Röntgenstrahlen bei inoperablem 
Carcinom 342. 


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548 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


ßubeolae scarlatinosae 476, Fall I 
von 255, Leukozytose bei 254. 

Rückenmark, Kanalbildungu.abnorme 
Entwickelung 74. 

Ruptura urethrae 220, 459. 

Säuglingsheim in Solingen 303. 

— kiiniken in den Niederlanden 109. 

Salmiakgeist, Vergiftung mit 398. 

Salocreol 223. 

Sanatogen, Erfahrungen mit 93. 

Sarkom, inoperables, behandelt mit 
Röntgcnstrahlen 342, S. der Einge¬ 
weide 343, [des Dünndarms 343, der 
Prostata 342. 

Sarkomatosis leucaemica 370. 

Saturnismus Fall von 404. 

Sauerstoffinhalationen bei Kinder 
krankheiten 362. 

Scabies, Thigenol bei 301. 

Scarlatina u. Serumexantheme 31, 
Behandlung mit Diphtherieserum 248. 
Streptokokkenserum 258—260, 474, 

Rekonvaleszentenserum 32, 261, Photo¬ 
therapie 261, Pilokarpin 261; Ätiolo¬ 
gie der Infektion ^ u. Rückfälle 33, 
fünfmal iS. 262, Übertragung durch 
Milch 473, Verhalten des Blutes bei 
34, bakteriologische Untersuchungen 
bei 473, Influenzabazillen bei 255, 
Mischinfektionen 257, konkurrierende 
S. mit Morbillen 257, Epidemie von 
S. auf der Masernstation 477, bösartige 
Epidemie von 474, Nephritis bei S. 
238, Chlorurie 475, Einschlafen der 
Hände 477, Spontanluxation des Hüft¬ 
gelenks 262, Icterus nach S. 131, disse- 
minierte Hauttuberkulose 443, Nekrose 
des Warzenfortsatzes 472, Hemiplegie 
478, Rubeolae scarlatinosae476, Wund¬ 
scharlach bei Verbrennung 263. 

Schaukelsessel für rachitische u. 
schwache Kinder 194. 

Schilddrüsenpräparate bei infan¬ 
tilem Myxöden 1, Blutungen 202, Ver- 
fütterung großer Mengen 334. 

Schnee berger, Otitis media durch 
128. 

Schnürfurchen durch Simonartsche 
Bänder 88. 

Schrumpf blase, Fall von 459. 

Schuh über einen Gehgipsverband 130. 

Schule. Epidemie von Konjunktivitis 
in der S. 137, Pflege des Gehörs in 
der S. 146, Untersuchung des Gehör¬ 
organs 470, 471, zahnärztliche Poli¬ 
klinik für Volkschulen 92, Hygiene der 
schulpflichtigen Kinder in Internaten 
470, I. internat. Kongreß für Schul¬ 
hygiene 446, schulhygienische Vor¬ 
schriften gegen Tuberkulose 224, 
Schulbücherdesinfektion 180, Schul- j 


bank 179, Schularztfragen in Berlin 
47, 224, Schulärzte in Nürnberg 446, 
Schulärztinnen 396, Unterauellungser- 
gebnisse in der Schweiz 136, Eingabe 
betreffs Einführung von Schulärzten 
in Städten u. auf dem Lande 135, 
Ursache der Minderbegabung von 
Schulkindernl49,Füraorgefür schwach¬ 
befähigte Schulkinder 91, Erziehung 
seelisch Belasteter in Haus u. S. 150. 

Schwingungen, Schultzesche bei 
Bronchiolitis u. Pneumonie 329. 

Seborrhöe, Thigenol bei 300. 

Seehospize für skrofulöse u. tuber¬ 
kulöse Kinder 86, 520, Erfolge u. 
Organisation 520, 525. 

Sehnentransplantation bei spinaler 
Kinderlähmung 76, 501, Pes calcaneus 
paralyticus 182, am Oberschenkel 502, 
100 Fälle von 216. 

Sepsis, Ung. Cred6 bei 223, Diphtherie¬ 
serum 248, Magenblutungen bei 360, 
Endokarditis 360. 

Serotherapie bei Diphtherie 28, 29, 
31, 44, 48, 92, 244, 247, 484, Keuch¬ 
husten 23, Skarlatina 32, 474. 

Serum-Exantheme bei Diphtherie 31. 

Simonartsche Bänder, Schnurfurchen 
88 . 

Sirolin bei Tuberkulose 14, 376, Keuch¬ 
husten 175. 

Sirosol bei Tuberkulose 531. 

Situs transversus, Fälle von 367. 

Sklerodermie in Streifenform 408, 
S. u. Myosklerose 408, mit Sklero- 
daktylie 409. 

Sklerose des Gehirns 490. 

Skoliose u. Plattfuß 84, u. adenoide 
Vegetationen 218, Prädilektionsstellen 
83, bei Tieren 504, Redressement 82, 
83, Redressionsgipsbett 130, Apparat 
Korrektor 504, Behandlung fixierter 
503. 

Skorbut, infantiler s. Barlowsche 
Krankheit. 

Skrofulöse, Hautaffektionen bei S. u. 
Mästung 412, Xeroform bei Geschwüren 
99, Jodoform-Kaiomel 301, Salokreol 
bei Drüsen 223, Ichthalbin bei S. 223, 
Jodipin 300, Lecithin 376, Seehospize 
86, Franzensbad 424. 

Soor, Allgemeininfektion mit 323. 

Spasmus nutans, Ätiologie 304, 305. 

Speicheldrüsen, Sekretion der 520. 

Spina ventosa, Autoplastik bei 79, 
220 . 

Spinalgie als Frühsymptom der Tuber¬ 
kulose 372. 

Spinalparalyse medullären Ursprungs 
500, Befund bei familiärer infantiler 
163, 501, Besserung durch Quecksilber 


163. 


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Sachveneichnis. 


549 


Splenopneumonie, Fall von 331. 

Spondylitis mit tödlichem Erstickungs¬ 
anfall 221, Lähmungen bei 194, kon¬ 
tinuierliche Fixation bei 184. 

Sprache, Störungen der — geistig zu¬ 
rückgebliebener Kinder 148, Entwicke¬ 
lung der S. u. ihre Hemmungen 148, 
stotternde Kinder 469. 

Sprengelsche Difformität s. Hoch¬ 
stand der Skapula. 

Sputum, Viskosität des 21. 

Staphylome, Behandlung partieller 
141. 

Statistik, verbesserte Methode der S. 
der Ernährung 524. 

Status lymphaticus u. plötzliche 
Todesfälle 174. 

Stauung'sleber, idiopathische 66. 

Stenosen des Pylorus 131, 444, Darms 
345, 357, 444, Larynx 249—252, 337 
bis 339, 362, 484. 

Stickstoffwechsel der an Adipositas 
nimia leidenden Kinder 117, Einfluß 
der Infektion mit Bacterium coli 484. 

Stomatitis pseudomembranacea mit 
Kolibazillen 200. 

Stottern, Behandlung 469. 

Strammonium, Vergiftung mit 403. 

Streptokokken in der Mundhöhle 122, 
— Erkrankungen 306, — peritonitis 
484. 

Strictura urethrae, kongenitale 64. 

Stridor congenitus u. Thymushypertro¬ 
phie 525. 

Struma tuberculosa 17. 

Syndaktylie, kongenitale 437. 

Synovitis, gonorrhoische 35. 

Syphilis, kongenitale mit seltenen Mani¬ 
festationen 38, Erkennung der fötalen 
38, S. der Mutter u. der Neugeborenen 
294, die paterne Vererbung 295, Fall 
von schwerer hereditärer 304, heredo- 
syphil. Knochenaffektionen 222, 298, 
Venen Vereiterungen 297, kongenitale 
der Leber 293, Hutchinsonsche 
Zähne 297, S. des Kindesalters 297, 
tertiäre S. 298, S. u. Tabes 39, 40, 
45, Sublimatinjektionen bei 299, Jodi- 
pin 299, 300. 

Syr. Calcii-Ferro-phospholactici j 
bei Rachitis 201. I 


Tabes bei jugendlichen Individuen 39, 
40, hereditär syphilitische 45. ! 

Tachykardie, Sauerstoffinhalationen i 
bei 362. 


ohreiterung 147, durch Schädelfraktur 
171, Hörübungen bei 263. 

Tetanie u. Fazialisphänomen 160, u. 
Epilepsie 497, Fall von akuter 485, 
klinische Formen 162, Diagnose im 
ersten Lebensalter 161. 

Tetanus nach Vakzination 419, träum a- 
ticus4l9, Kopftetanus miiHypoglossus- 
parese 420, Antitoxinbehandlung 420, 
421. 

Tetragene bei Angina 321. 

Thigenol als Ersatz für Ichthyol 300, 
301. 

Thiokol bei Tuberkulose 14, 376, Per¬ 
tussis 175. 

Thrombophlebitis des Sinus longi- 
tudinalis bei Morbillen 253, der Leber¬ 
venen 293. 

Thrombosen der Zerebralgefäße 490. 

Thymus, Vergrößerung der — u. plötz¬ 
licher Tod 20, 131, 173 ff., 337, u. 
Kompression der großen Blutgefäße 
337, u. Stridor congenitus 524, Ex¬ 
stirpation der — bei Kaninchen 335, 
Persistenz von Drüsenkanälen in der 
355. 

Thyreoidin s. Schilddrüsenpräparate. 

Thyreoaplasie u. infantiles Myxödem 

200 . 

Tinte, Vergiftung mit 398. 

Todesfälle, plötzliche 131, 173, 336, 
416. 

Tonsillitis s. Angina. 

Tonsillotomie, Blutungen nach 467, 
468. 

Tracheotomie, Larynxstenosen nach 
337, Spätstörungen nach 340, Drainage 
bei 485. 

Trachom s. Conjunctivitis. 

Transport von Kindern mit anstecken¬ 
den Krankheiten 395. 

Transposition der großen Gefäße des 
Herzens 867. 

Tremor bei Kindern 159, 162, 177. 

Trichophytie, Epidemie bei Schul¬ 
kindern 414. 

Trophodermatoneurose bei Kindern 
524. 

Truncus arteriosus communic., 
fehlerhafte Septierung des 366. 

Tuberkulosis bei Kindern und Er¬ 
wachsenen 365, Diagnose der kindlichen 
375, Spinalgie als Frühsymptom 372, 
Phthise im Kindesalter 15, Infektion 
mit 206, 374, Bekämpfung der 15, 
206, schulhygienische Vorschriften 224, 
Kinderheilstätten für tuberkulöse Kin- 


Taenien bei Kindern 126, als Ursache 
von Darmstenose 351, T. cucumerinae 
351. 

Taubstummheit, neues Einteilungs¬ 
prinzip 147, Entstehung infolge Mi'ttel- 


der 136, Seehospize 86, T. der Haut 
210, T. verrucosa cutis 17, Hauttuber- 
kel als Symptom akuter Miliartuber¬ 
kulose 214, disseminierte T. der Haut 
nach Scharlach 443, der Lvmphdrüsen 


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550 


Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12. 


178, 372, eigenartige des lymphatischen 1 
Apparates 371, der Schilddrüse 17, | 
der Parotis 208, des Ohrs 472, des [ 
Pharynx 44, intrabulbäre 209, Menin¬ 
gitis 15, der Knochen u. Gelenke 301, 
des Knies 353, Spondylitis 182, des 
Herzens 209, Cirrhosis cardio-tuber- 
culosa 10, Peritonitis 212, 213, 302, 
377—380, der Blase 459, der weib¬ 
lichen Geschlechtsorgane 16, Hetol bei 
T. 13, Thiokol u. Sirolin 14, 376, 
Sirosol 431, Fleischsaft 375, Licht¬ 
therapie bei T. der Gelenke 211. 

Tumoren, angeborene am Oberkiefer¬ 
zahnfleisch 72, des Schädels 72, der 
Netzhaut 209, der Bronchialdrüsen 
369, intrathorazische 265, der Niere 
456. 

Turgordruck der Gewebe u. Rachitis 
1.97. 

Typhus abdominal., Häufigkeit u. 
Mortalität bei Kindern 381, 200 Fälle 
von kindlichem T. 382, zerebro-spinale 
Form 381, sicheres Frühsymptom 384, 
zur Epidemiologie 172, Mischinfektion 
mit Proteus vulgaris 383, Typhus¬ 
bazillen im Ham 233, Bakteriurie bei 
384, Azetonurie bei 233, Luxation der 
Hüfte bei 216, T. u. Appendizitis 381, 
Xeroform bei 97, Pyramidon 384, 385. 

Ulcus ventriculi, Bismutose bei 99. 

Ung.-Cred6 bei Sepsis 233. 

Urticaria pigmentosa 56, 222, ab in- 
gestis 411, durch Eigenuß 265, bei 
einem Hemiplegiker 168, Xeroform 
bei 96, Bromokoll 532. 

Vakzination u. Kindersterblichkeit an 
Pocken 58, 60, Immunität durch 60, 
Impfergebnisse 59, Impftechnik 59, 
Impfgesetze 60, Einfluß der V. auf 
Keuchhusten 174, Re Vakzination der 
schwangeren Mutter 419, Vakzine¬ 
erkrankung des weiblichen Genitales 
421, Impfpusteln infolge Badens 418, 
V accinia generalisata 418,Nebenpocken 
u. postvakzinale Exantheme 417, Pi¬ 
tyriasis rubra pilaris im Anschluß an 
die 57, Psoriasis 57, 58, Impetigo 417, 
Keloide auf den Narben 58, Tetanus 
nach 419. 

Vaporin bei Keuchhusten. 

Varizellen u. Variola 62, Inkubations¬ 
stadium 63, maligne 130. 

Variola u. Varizellen 62, u. Vakzination 
58, Pockenerreger 60. 


] Vegetationen, adenoide 19, seitliche 
I 466, Einfluß auf körperliche u. geistige 
I Entwickelung 145, latente Tuberkulose 
18, V. u. Lungenemphysem 333, u. 
Enuresis 465, u. Trachom 144, u. Sko¬ 
liosen 218, Malaria bei 465, Behand¬ 
lung der 466, Verletzungen bei Ent¬ 
fernung der 145, neue Küretten 19, 
467. 

Venae hepaticae, Verschluß der 66. 

Verblödungsprozesse, fortschreiten¬ 
de im Kindesalter 493. 

Verkrümmungen des Beins nach 
Knieresektion 190, Beseitigung von — 
des Unterschenkels 192. 

Viskosität des Sputums 21. 

Vitia cordis, angeborene 70, 71, 366, 
367, 486, statistische u. ätiologische 
Beiträge 362, unbestimmter Herzfehler 
365. 

Vulvovaginitis bei Kindern 422 bis 
426. 

Wachstumsstörungen nach trauma¬ 
tischen Epiphysentrennungen 190, u. 
Nebennieren 481, u. Architektur der 
unteren Femurepiphyse u. oberen Ti¬ 
biaepiphyse 481, Gesetzmäßigkeit im 
Längenwachstum 479. 

Wäscheblau, Vergiftung durch 402. 

Wanderniere u. Sprengelsche Dif- 
formität 80. 

Wasser, mit der Mahlzeit eingeführt 
117. 

Winckelsche Krankheit, Fall von 
354. 

Wunden, Xeroform bei 97, Jodoform- 
Kalomel 301. 

Wundscharlach bei Verbrennungen 
263. 

Xanthoma tuberosum, Fall von 416. 

Xeroderma pigmentosum, Fall von 
55. 

Xeroform, Erfahrungen mit 95. 

Xerophthalmie bei Säuglingen 433. 

Zellgewebsentzündung, koDgelative 
in der Submentalregion 416. 

Zelluloid-Mull verband, Azetonver- 
vergiftung nach Anlegung 453. 

Zink, ferro-hydrocyanic. bei Keuch¬ 
husten 327. 

Zwergwuchs, chondrodystrophischer 
482. 

Zysten, seröse des Halses 341, der 
langen Röhrenknochen 514. 


Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzer in Sprottau. — Verlag von Johann 
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metzger & Wittig in Leipzig. 

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