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New York
State College of Agriculture
At Cornell University
Ithaca, N. Y.
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CORNELL URIVERSITY LIBRARY
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CENTRALBLATT
FÜR
KI N DE R H EI LKUNDE
EINE MONATSSCHRIFT FÜR PRAKTISCHE ÄRZTE.
HERAUSGEGEBEN
Dr. MED, EUGEN GRAETZER,
PRAKT. ARZT IN SPROTTAU.
8. JAHRGANG 1903.
LEIPZIG,
VERLAG VON JOHANN AMBROSIUS BARTH
1903.
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Z.5L
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142995
Alle Rechte Vorbehalten.
Druck von Metzger & Wittig in Leipzig.
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Inhaltsverzeichnis des VIII. Jahrganges
Originalien.
BrQning, H., Beitrag zur Lehre der Vergiftangen im Kindesalter 397, 447.
Deutsch, E., Gratismilch- und Ordinationsanstalten für Säuglinge 269, 313.
Fromm, E., Erfahrungen über Sanatogen 93.
Hecker, R., Ein Fall von He nochscher Purpura 355.
Joseph, M., Herpes tonsurans im Kindesalter, 49*
Mendel, K., Erfolg der Organtherapie -in > einem Falle von infantilem Myxödem 1.
Springer, C., Echinokokkus der Pleura 5.
Toff, E., Über Xeroform in der Kinderheilkunde 95.
Referate.
Abraham, P. S., Ein Fall von Bromausschlag 407.
— Ein Fall von Impetigo im Anschluß an die Vakzination 417.
Abt, J. A., Spontaneous Haemorrhages in New-bom Children 202.
— Report of ninety cases of typhoid fever in infants and Children 382.
— Typhoid fever in infancy and Childhood 382.
Acland, T. D., Die Kindersterblichkeit an Pocken und die Vakzination 58.
Adams, S. S., Septic Endocarditis 360.
Adsersen, A., Gewichts- und Längenkurven neugeborener Kinder 230.
Aldrick, Ch. J., Neuritis from Whooping-Cough 387.
Alessandrini, G., Sehnentransplantationen bei Fuß Verkrüppelungen infolge von
spinaler Kinderlähmung 501.
Aräoz, M. G. et Santas, M. A., Les sarcomes viscdraux chez les enfants 343.
Arlt, F. R. v., Die Aufhellung alter und frischer Hornhauttrübungen (ex conj.
lymph.) durch Dionin 140.
Armann, W. F., Die Behandlung des kongenitalen Klumpfußes an der Poliklinik
des Baseler Kinderspitals 508.
Aronson., Antistreptokokkenserum bei Scharlach 260.
Asam, W., Taenia cucumerina bei einem Kinde 351.
Aubertin, M. Ch., Das Einschlafen der Hände bei Skarlatina 477.
Babonneix, Monopldgies diphthäriques experimentales 248.
Bär, A., Schwellung der peripheren Lymphdrüsen im Säuglingsalter 369.
Baginsky, A., Antistreptokokkenserum bei Scharlach 260.
Balint, R., Weitere Beiträge zur diätetischen Behandlung der Epilepsie 497.
Bandi, J., Über die Bereitung eines antibakterillen Diphtherieserums. Sein pro¬
phylaktischer und Heil wert 247.
Baravalle, Über Anchylostoma-Anämie im Kindesalter 126.
Barker, J. P., Pneumonia in Children 331.
Baron, C., Zur Kenntnis der Angina exsudativa ulcerosa (Angina Vincenti s.
Angina diphtheroides) 321.
Bartenstein, L., Die Lebercirrhose im Kindesalter 292.
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TV
Inhaltsverzeichnis.
Bartenstein, L, Ein Fall von Retentio nrinae bei einem 10 Monate alten, weiblichen,,
imbezillen Säuglinge mit periproktitischem Abszeß 458.
Bäudler, S. W., Some observations on Vulvovaginitis in Ohildren 424.
Baudouin, M., Nouveauz cas de Teratopages ayant väcu: Xipbopages. Un cas
d’Hypogastro page viable. Un nouveau Sternopage 438.
Baumm, P., Behandlung der Schädelimpression bei Neugeborenen 429.
Beaumont, W. M., Paralysis of the Accomodation an a posteriori viev of diph-
theria 240.
Bechterew, W. v., Über operative Eingriffe bei Epilepsia choreica 157.
Beck, C., Lichen simplex chronicus bei einem 9 Jahre alten Knaben 411.
Benassi, P., Psoriasis infantum 413.
Bender, 0., Zur Ätiologie des Schulterblatthochstandes 184.
Berestneff, N., Über die Gewinnung eines hochwertigen Diphtherieheilserums 247.
Berghinz, G., Ein Fall von Zerebrospinalmeningitis, verursacht durch Meningococcus-
intracellularis 172.
— Chronische, nicht syphilitische Nephritris parenchymatosa, beginnend von den»
ersten 3 Monaten des Lebens 454.
— Anatomische Studie über einen Fall von Little scher Krankheit 501.
Berkenheim, G., Über die gonorrhoische Vulvovaginitis bei Kindern 423.
Bernard, J., Über ein sicheres Frühsymptom des Typhus abdominalis im Kindes¬
alter 384..
Bernert, R., Über Azetonurie bei Typhus abdominalis 233.
Bernhard, L. u. Blumenthal, L, Zur Kenntnis des kongenitalen Elephantiasis 63.
Bertelsmann, Über einen eigenartig verlaufenen Fall von Schenkelhalsfraktur bei
einem 15jährigen Jungen mit Ausgang in Coxavarasteilung 187.
— Spontanluxation des linken Hüftgelenks im Verlaufe eines Scharlachs 262.
Berti, G., Ein Fall von Satumismus im Kindesalter 404.
Beuthner, W., Beobachtungen über die Nahrungsmengen von Brustkindern unter
Berücksichtigung des Energiequotienten 114.
Bdzy, Contribution k la Tuberculose infantile 375.
Biro, Über Epilepsie 496.
Bischoff, E., Pathologisch-anatomischer Befund bei familiärer spastischer Spinal-
paralyse 163.
— C. W., Zur Frage des Argentumkatarrhs bei Neugeborenen 427.
Bloch, C. E., Studien über Darmentzündung 121.
— E., Der hohe Gaumen 468.
Blum, V., Die Coxa vara als Belastungsdeformität 505.
Bolle, C., Zur Therapie der Barlowsehen Krankheit 203.
Bondi, M., Megalophthalmus und Hydrophthalmus in einer Familie 434.
Bontillier, A case of Aneurysm of the transverse portion of the aortic arch in &
girl of 9 years 336.
Boot, G. W., A case of Blidness and Deafness following Eclampsia in a child 490.
Borchgrevink, Fall von anatomisch nachgewiesener Spontanheilung der tuberkulösen
Peritonitis 377.
Bra, M., Du parasite trouv£ dans le sang des 6pileptiques 153.
— Du parasite trouv6 dans le sang des 6pileptiques. Son agglutination par le
staun des animaux infeetäs et parle s6rum des 6pileptiques 153.
Bram well, Urticaria ab ingestis 411.
Broca, A., Trepanation pour troubles consecutifs a une fracture ancienne du
crane 171.
— Allgemeine Indikationen für die Behandlung des angeborenen pes varus-
equinus 507.
— Die schmerzhafte Pronation der jungen Kinder 512.
Brown, G. $., Operation in a case of extradural haemorrhage the result of Whoo-
ping-Cough 325.
Brückner, M., Zur Pathologie der Masern 35.
Brühl, Die Pflege des Gehörs in der Schule 146.
Brüning, H., Tuberkulose der weiblichen Geschlechtsorgane im Kindesalter 16.
— Über die Ernährung kranker Säuglinge mit Buttermilch 284.
Bruns, L., Über Chorea electrica 159.
Buday, K., Über, einige seltenere Entwickeiungsanomalien 439.
Burckhardt, E., Über paroxysmale Hämoglobinurie 358.
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Inhaltsverzeichnis.
T
8urke, J., Über angeborene Pulmonalstenose 71.
Byk, L, Über die Anwendung des Pyramidons bei Typhus abdominalis 384.
Caccia, Un case di meningite cerebro-spinale du batterio emofilo di Pfeiffer 889.
CachioJe, M. V. Über die Anwendung des Pyridin beim Keuchhusten 23«
Cailll, A., Chronic parenchymatous nephritis in a cbild treated by renal decap-
sulation (Edebohls Operation) 237.
— Sadden Death of an Infant six months old due to Compression of large Blood-
vessels by an enlayed Thymus Gland 837.
Calabrese, Beitrag zum Studium der Kinderlähmung 169.
Camerer, Zur Physiologie des Säuglingsalters 229.
— Die stickstoffhaltigen Bestandteile im menschlichen Urin und die sogenannte
Acidose 284.
Camp, De La, Familiäres Vorkommen angeborener Herzfehler, zugleich ein Beitrag
zur Diagnose der Persistenz des Ductus arteriosus Botalli 367.
Cappuccio, Über das Pfeiffersche Drüsenfieber 320.
Caro, Über Buttermilch als Säuglingsnahrung 107.
Carr, W., Contrasts between certain common diseases in children and adults 365.
Cassel, J., Statistische und ätiologische Beiträge zur Kenntnis der Herzfehler bei
Kindern 362.
Cataneo u. Marinso, Über einige Hautsinnesfunktionen und dem Baumsinn im
Kindesalter 231.
Celli, C., Spezifische Autocytotoxine im Blute der Epileptiker 497.
'Cesarini, Febriler Keuchhusten; Typus intermittens quotidianus 386.
Chapell, Traumatism during adenoid Operations 145.
— A case of Adenoids with Malaria 465.
Chiari, H., Zur Entstehung der kongenitalen Darmatresie aus Intussusception 345.
Ciechansky, 8., Über die Liehttherapie der tuberkulösen Gelenkaffektionen bei
Kindern 211.
Cima, Eitrige Pleuritis bei einem 2jährigen Kinde 10.
— Beitrag zum Studium der histologischen Veränderungen der Milz bei der
infektiösen Anaemia splenica der Kinder 202.
Clairmont, Zur Tuberkulose der Schilddrüse (Struma tuberculosa) 17.
Cnopf, Thrombophlebitis des Sinus longitudinaliß bei Morbillen 253.
Cohn, Moritz, Einige Bemerkungen zur Behandlung der Furunkulosis 414.
— Michael, Zur Frage der inneren Erkrankungen und plötzlichen Todesfälle im
Anschluß an die Heilung eines Säuglingsekzems 416.
Collom, Some remarks on intubation in diphtheria 249.
Colmayer, Klinischer Beitrag zum Studium der Böteln 255.
Comba, C., Die Behandlung der akuten Larynxstenosen bei Masern 252.
— Ein großer Fremdkörper in den Luftwegen 340.
Comby, L, 9 Fälle von infantilem Skorbut 359.
Concefti, L., Die Phosphorbehandlung bei der Bachitis 196.
— Ein Fall von Pseudobulbärparalyse infolge von Gehirnläsion bei einem 5jährigen
Knaben 489.
Cooke, W. S., A case of Tetanus following Vaccination 419.
Cossmann, Azetonvergiftung nach Anlegung eines Zelluloid-Mullverbandes 453.
Cozzelirvo, 0., Über die Wirkung der Thymusexstirpation bei jungen Kaninchen 335.
— Intorno eil* eritema scarlatiniforme desquamativa recidivante 411.
— u. Pezzulo, P., Über den Hirndruck beim Säugling während des Erbrechens 460.
Crisafi, La funzionelitä del fegato nie bambini proveta ore levulosio 289.
Crocker, H., Folgeerscheinungen der Vakzination 58.
Cronheim, W. u. MUller, E., Versuche über den Stoff- und Kraftwechsel des Säug¬
lings mit besonderer Berücksichtigung des organisch gebundenen Phosphors 115.
-Untersuchungen über den Einfluß der Sterilisation der Milch auf den
Stoffwechsel des Säuglings unter besonderer Berücksichtigung der Knochen¬
bildung 277.
Czerny, A., Uber die Bedeutung des Turgordruckes der Gewebe für das Kind
im ersten Lebensjahre 197.
— Über die Beziehungen zwischen Mästung und skrofulösen Hautaffektionen 412.
Czyzewicz, Ein Fall von retrosakralem Dermoid 79.
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TI
Inhaltsverzeichnis.
Davis, G. G., The forcible Eeposition of congenital Luxation of the Hip 507.
Day, i. M., Das Inkubationsstadium der Varicellen 63.
De|erine, J., Sur la rigiditä spaemodique congenitale d’origine m6dullaire. Syn¬
drome de Little par 14sion m4dullaire en foyer <36velopp6e pendant la vio
intra-uterine 500.
Delafosse, E. u. Salusbury, R., A case of Pulmonary and Tricuspid Regurgitation,
following chronic Bronchitis and Emphysema 70.
Delektorsky, N., Über die Atropinbehandlung des Heus bei Erwachsenen und
Kindern 347.
Dent, E. A., Konkurierendes Scharlach- und Masernexanthem 257.
Deutsch, E., Die Anwendung von Bismutose bei den Ma gen darin erkrank un gen der
Säuglinge 100.
— Über Masturbation 150.
— Über Lecithinpräparate 376.
Dewolf, H., A report of thirteen cases of Edema, apparently epidemie in Charakter 287.
Dickson, J. F , Adenoide and their Treatment 466.
Ddbert, A., Eine Scharlachepidemie auf der Masemstation 477.
Dokuszajewa, E., Über die Bedeutung der Ungleichheit des Pulses für die Diagnose
der Persistenz des Ductus arteriosus Botalli 367.
Dollinger, J., Die Behandlung der Oberschenkel- und Oberarmfirakturen Neugeborener
und kleinerer Kinder 85.
Dore, S. E., Postvaccinale Psoriasis 57.
Dorn, Fr., Beitrag zur Ernährungstherapie 281.
Dresler, K., Beitrag zur Diagnose der Persistenz des Ductus arteriosus Botalli 70.
Dreuw, Zur Behandlung der Psoriasis 414.
Drozda, J. V., Ein aparter Fall von akuter Leukämie (Sarcomatosis leucaemica) 370.
Duel, A. B., The operative Treatment of Stenosis of the Larynx following Intubation
and Tracheotomy 337.
Durante, D., Über die hämolytische Eigenschaft des Bacterium coli cummune 125.
— Klinische Formen kindlicher Tetanie. Der Tremor der Kinder 162.
Duval, W u. Basset, H., The etiologie of the summer diarrheas of infants 125.
Eckholm, K., Zur Scharlachübertragung durch Milch 473 :>
Edlefsen, G., Das Ammoniak in der Atmungsluft und die Ätiologie der Rachitis 196.
Edsall, D. L., Eecurrent Vomiting in Children 460.
Ehrlich, P., Bemerkungen zu dem Aufsatze von Dr. v. Niessen: Diphtheriebazillen
im Blute und im Behringschen Heilserum 244.
Emanuel, C., Über intrabulbäre Tuberkulose bei Kindern und Bemerkungen über
die Differentialdiagnose zwischen Tuberkulose und Netzhauttumoren 209.
Engel, C. S., Über die Anwendung der Schultzeschen Schwingungen bei Bron¬
chiolitis und katarrhalischer Pneumonie junger Kinder 329.
Eppinger, H., Die toxische Myolyse des Herzens bei Diphtheritis 242.
Epstein, A., Ein Schaukelsessel für kleine Eachitiker und Schwächlinge 194.
— Über die Indikationen Franzensbads für das Kindesalter 424.
Erdmann, P., Beiträge zur Kenntnis der kongenitalen Syphilis der Leber 293.
Escher, C., Zur Frage der angeborenen Rachitis 195.
Escherich, Th., Die Erfolge der Serumbehandlung des Scharlachs an der Univers.-
Kinderklinik in Wien 474.
Eulenburg, A., Oerebrin bei Epileptikern 155.
Everard, 5 mal Scharlachfieber 262.
Faber, E. E., Die Todesursachen bei der Diphtherie 241.
Fasching, M., Über Jodoform-Kalomelbehandlung 301.
Feer, E., Weitere Beobachtungen über die Nahrungsmengen von Brustkindern 113.
Fein, J., Eine neue Kürette für die Abtragung der adenoiden Vegetationen im
Nasenrachen 19.
Felix, E., Die Wichtigkeit der Untersuchung des Gehörapparates bei Kindern in
Normalschulen 470.
Feit, C. L, Postdiphtheric Paralysis affecting the Ear and Throat 239.
Fdrd, Ch., Urticaire d’origine alimentaire limit^e aux parties non paralysdes dans
un cas d’hdmiplegie infantile 168.
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Inhaltsverzeichnis.
VII
Fick, J., Beoabachtungen über tertiäre Lues in Prof. Ehrmanns Ambulatorium in
Wien 298,
Finkelstein, Die Ernährung der Säuglinge im Kinderasyl der Stadt Berlin 108.
Fischer, Über Urethritis gonorrhoica bei Kindern männlichen Geschlechts 86.
— A., Stillung größerer nach Tonsillotomie auftretender Blutungen 468.
— H., Die chirurgischen Ereignisse in den Anfällen der genuinen Epilepsie 157.
— H., Beitrag zum Kapitel der rationellen Säuglingsernährung 282.
— H., Über Sirolinbehandlung 876.
— L, Clinical Results with Antistreptococcus Serum in Scarlet Fever 260.
— L, A case of Intussusception in a Baby five months old 846.
— M. Infantile Diabetes mellitus 286.
— Th., A case of Ascites due to Thrombosis of the hepatic veins 298.
Flamini, Contributo allo studio della bacteriuria nel tifo 884.
Flatau, G., Über FJeischsaft „Puro“ 101.
Flemming, C. E. S.. Notes on three pathological specimens 861.
Floren, Zur Kasuistik der chirurgischen Therapie der Darminvagination 347.
Foggie, W. E., A case of cerebral diplegia after wbooping-cough 387.
Fournler, E., Des Dystropbies veineuses de l’hör^do-sypbilis 297.
Francioni, C., Ein eigentümlicher Fall von Zerebralsklerose 490.
Frank, J„ Primary Tuberculosis of the Parotid Gland 208.
Franzi, F., Klinischer Beitrag zum Studium der Rigaschen Krankheit 319.
Freund, W., Säuren und Basen im Urin kranker Säuglinge 284.
Friedemann, B., Kreosotal bei Pneumonie 330.
Friediung, i. K., Beiträge zur Diagnostik und Therapie der Stenosen der oberen
Luftwege 338.
— Zwei Fälle von Glioma cerebri 491.
— u, Hecht, A. F., Kasuistisches aus dem Jahresberichte 489.
Friedländer, v., Beitrag zur operativen Behandlung des Klumpfußes und Platt¬
fußes 509.
Friedmann, L, Thiocol bei Lungenbazillose 376.
Frischitta, Der Morbus Basedow im Kindesalter 334.
Fuchs, C., Klinisch-therapeutische Erfahrungen über Thiokol und Sirolin 14.
Fuchsig, E., Zur Frage der diffusen septischen Magenblutungen 360.
Fürst, L, Das Problem, den Keuchhusten abzukürzen oder zu koupieren 23.
— Klinisches und Therapeutisches über die anämische Form der Rachitis 201.
Füth, H., Über eine angeborene Geschwulstbildung perithelialer Natur am Ober¬
kieferzahnfleisch eines 2 Tage alten Mädchens mit Hineinziehung des Schmelz¬
keimes 72.
Fuhrmann, E., Ein seltener Fall von Erythema nodosum 411.
Füller, E., A New Use for Thyreoid Extract 202.
Gallois, P. u. Springer, M., Maladie de Little trös am61ior£e par le traitement mer-
curiel 163.
Gal Vagno, P., Über die pathogene Wirkung der im Kindesalter häufigsten Ein¬
geweidewürmer 126.
—- Über Gonokokkenperitonitis der Kinder 427.
Ganghofner, F., Zur Diagnose der Tetanie im ersten Kindesalter 161.
Geipel, P., Weitere Beiträge zum Situs transversus und zur Lehre von den Trans¬
positionen der großen Gefäße des Herzens 367.
Geißler, Beitrag zur Serumbehandlung der Diphtherie 246.
Gerlach, W., Tod nach einer Antidiphtherieseruminjektion 242.
Geriöny, S., Die Diphtherieheilserumtherapie im St. Ladislaushospital im Jahre
1901. 246.
Gershel, M. A., Subcutaneos Abscesses due to the Gonococcus 426.
Gessner, C., Zur Kusuistik der familiären amaurotischen Idiotie 144.
—* Über Entbindungslähmung 183.
Giarrä u. Pichl, Bakteriologische Untersuchungen bei einigen Komplikationen der
Masern 34.
Gihney, V. P-, The Value of prolonged and uninterrupted immobilization in Pott’s
disease of the Spine 184.
— Present Status of congenital Dislocation of the Hip and the blooless Re-
duction 507.
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vm
Inhaltsverzeichnis.
Glatarä, L, Die Nasendiphtherie 240t
Glinski, L. K., Zur pathologischen Anatomie der akuten Lymphämie 370.
Goldmann, R., Ein Fall von zerebraler Kinderlähmung 136.
Goldreich, L, Meningitis bei Neugeborenen 390.
Goliner, Zur Behandlung der Magendarmaffektionen im Kindesalter 100.
Golewki, S., Beiträge zur Anatomie und Pathogenese des Kryptopbthalmus eon-
genitus 143.
Gordon, A., Amyotrophie lateral Sclerosis in a boy of 15 with a histovy of acute
arterior poliomyehtis in infancy 501.
Graham, E. E., Pertussis with unusual cerebral Symptoms 386.
Grande, E., Über einen Fall von Rigascher Krankheit 319.
Gregor, K., Untersuchungen über die Atembewegungen des Kindes 231.
— Über die Unschädlichkeit der Verfiitterung grober Mengen von Thyreoidea
an Kinder 334.
Griffith, Fr., Ein Instrument, um eine Hydroeele zu diagnostizieren 350.
— Gonorrhoische Ophthalmie 427.
Grober, J. A., Zwei seltenere Masernfälle 254.
Groß, A., Über angeborenen Mangel der Schlüsselbeine 486.
Groth, Alfrd., Beiträge zur Kenntnis der Nebenpocken im Verlaufe der Vakzination,
sowie der postvakzinalen Exantheme 417.
Günther, Eine bösartige Scharlachepidemie 474.
Guida, Behandlung des Diabetes mellitus bei Kindern 235.
Guth, H. u. Rosenfeld, R., Sklerodermie und Myosklerose 408.
fttthrfe, L., The Medical Treatment of tuberculous Peritonitis 378.
Guttmann, J., A case of epidural Abscess of Otitis origin-Operation-Recovery 389.
Gutzmann, Die Sprachentwickelung des Kindes und ihre Hemmungen 148.
Haherda, A., Zur Frage des Beweiswertes der Lungenprobe 428.
Haberer, H., Ein Fall von Polydaktylie des Fußes 437.
Habermann, J., Zur Entstehung der Taubstummheit infolge von Mittelohrerkran¬
kung 147.
Hagenbach-Burckhardt, E., Die Barlo wache Krankheit in der Schweiz 204.
— Über Pemphigus contagiosus 410.
Haim, E., Beitrag zur Pathogenität des Bacillus proteus vulgaris (Hauser) 383.
Hainiss, 6. v., Das massenhafte Auftreten von Askariden bei einem 6 Jahre alten
Knaben 352.
Hali, J. N., Congenital Dilatation of the small Intestine 344.
Halmi u. Bajarus, Über Behandlung der Epilepsie nach der Methode Toulouse-
Richet 497.
Hammerschlag, V., Ein neues Einteilungsprinzip für die verschiedenen Formen der
Taubstummheit 147.
Hanszel, Ein kongenitaler Rachenpolyp 65.
Harbitz, Fr., Die „Lungenprobe“ und ihre Bedeutung bei legalen Obduktionen von
. neugeborenen Kindern 228.
Haudek, Die Operationsmethoden der modernen Orthopädie 82.
Haug, Entwickelung von Impfpusteln an beiden Ohren bei einem Kinde infolge
Badens in infiziertem Badewasser 418.
Hecht, A., Über Sauerstoffinhalationen hei Kinderkrankheiten 362.
— Grippe und eitrige Meningitis mit dem Befund der Influenzabazillen 388.
Hecker, R., Die Erkennung der fötalen Syphilis 38.
— Die sogenannte Abhärtung der Kinder 225.
.— Th. v., Über die Funktionen des kindlichen Magens bei Verdauungskrank-
heiteu 120.
Heermann, G., Über akute Nekrose des Warzenfortsatzes und Felsenbeins nach
Scharlach 472.
Heiberg, P., Einige Bemerkungen zum Artikel Kassowitz über die Resultate der
Serumbehandlung bei Diphtherie 244.
Heimann, G., Ein Beitrag zur Idiotenstatistik 494.
flellesen, Über den Stickstoffwechsel der an Adipositas nimia leidenden Kinder,
besonders bezüglich Abmagerungskuren 117.
Herrman, Ch., A case of Achondroplasia (Micromelia) 198.
— A case of Paroxysmal Hemoglobinuria in a boy your years old 234»
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Inhaltsverzeichnis.
IX
Henrmami, Ein schwerer Fall von Tetanus traumaticus 419.
Hertle, J., Über eine neue Methode zum plastischen Ersatz von Sehnendefekten 78.
Herzberg, J., Sind in der Mundhöhle mit Ammenmilch ernährter Säuglinge Strepto¬
kokken vorhanden? 122.
Heubner, 0., Die Energiebilanz des Säuglings 114.
— Bemerkungen zur Scharlach- und Diphtherieniere 238.
— Eine Allgemeininfektion mit Soor 328.
Heusner, L, Über die angeborene H&ftluxation 185.
— Über einen neuen Apparat für die Nachbehandlung der angeborenen Hüffc-
luxation 186.
Hibler, E. ¥., Vorfall eines zystisch erweiterten Ureters durch Harnblase und
Urethra in die Vulva bei einem 6 Wochen alten Mädchen 457.
Hippius, Einige Fragen aus dem Gebiete der Milehpasteurisation 104.
Hirsch, D., Kann das Diphtherieheilserum auch auf andere Krankheiten günstig
einwirken? 57.
— G., Zur Dacryocystitis congenita 142.
Hirschl, Über die Behandlung der gonorrhoischen Vulvovaginitis 429.
Mitschmam», F. u. Undsnthat, 0. Th., Zur Frage der Verwertbarkeit der Lungen¬
schwimmprobe bei Keimgehalt der Uterushöhle 229.
Hochsinger, C., Diagnostische Betrachtungen über drei seltene Formen infantiler
Kardiopathien 366.
— Über eine akute kongelative Zellgewebsverhärtung in der Submentalregion
bei Kindern 416.
Htfdhnossr, Sprengel sehe Difformhät mit Cucullarisdefekt und rechtsseitiger
Wanderniere bei einem 12jährigen Knaben 80.
Mtaigscbmied, E., Weitere Mitteilungen über die Anwendung und Wirkung des
Jodipins 300.
Hoffa, Über die orthopädische Behandlung der spinalen Kinderlähmung 76.
Hofmeister, Ein neues Massageverfahren 85.
— Über Verkrümmungen des Beines nach Knieresektion im Kindesalter 190.
Hohlfeld, HL Zur tuberkulösen Lungenphthise im Kindesalter 15.
Hehih, Arth., Ein Fall von Kopftetanus mit Hypoglossuspareee, geheilt nach Dural¬
infusionen von Behringschem Antitoxin 420.
Houssay, Aphthöses Fieber 320.
Huber, Fr., Brachial monoplegia in the course of Chorea minor 500.
Hudovemig, K., Beitrag zur pathologischen Anatomie der Chorea minor 498.
tdeUehu, Ein Beitrag zur Frage über infantile Tabes 40.
Imhofer, R., Ein Fall von Spontanluxation des Amboß mit fistulösem Durchbruch
in den knöchernen Gehörgang 472.
Jacabt, Die Theinhardtsche lösliche Kmdemahrung 100.
Jacob!, A., Canses of Epilepsie in the Yonng 151.
— A., Peribronchitis and Interstitial Pneumonie 930.
Jabobson, Gr., Über die Ernährung gesunder und dyspeptischer Säuglinge mit
Buttermilch 285.
Jacquier, A., Vorübergehende Verlangsamung und Arythmie des Pulses beim
Kinde 368.
Jäger, Die Resultate der Diphtheriebehandlung im Mülhauser Bürgerspital vor
und nach der Anwendung des Behringschen Heilserums 28.
Jakobi, S., Über das Erscheinen von Typhusbazillen im Urin 233.
Jamfirescu, Haemorrhagia cerebralis bei einem 13jährigen Kinde, Meningitis vor-
tänschend 171.
Jamieson, Dermatitis vegetans 55.
Jarcho, J.. Über harnsaore Diathese bei Kindern 461.
Jemma, Über die lösliehen Fermente der Milch und ihre Bedeutung für die künst¬
liche Ernährung 281.
Jensen, Etfm., Über Xeropbthalmie bei Säuglingen 483.
Jessen, W., Schwere BromoformVergiftung bei einem 3jährigen Kinde mit Aus¬
gang in Genesung 407.
Jonescu, Die Cirrhosis cardio-tuberculosa 16.
Joseph. E., Über angeborene bösartige Neubildungen 456.
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X
Inhaltsverzeichnis.
Josias, A., Traitement de la tuberculose pulmonaire chez les enfants par le suc
musculaire et la viande crue 375.
Jovane, A., Die Verteilung der Glykogenmenge auf die beiden Leberlappen 290.
Jundell, J., Einige klinische und bakteriologische Beobachtungen über die Influenza-
konjunktivitis bei Säuglingen 24.
Kander, Resektion und Naht der Trachea bei Tracheal- und diaphragmatischer
Larynxstenose 250.
Kantorowicz, A., Zur Kasuistik der Heilung der Enuresis nocturna durch Ent¬
fernung adenoider Vegetationen 465.
Kapsammer, G., Über Enuresis und ihre Behandlung mittels epiduraler Injektionen 463.
Karewski, Zur Radikaloperation des angeborenen Leistenbruchs kleiner Kinder 348.
Kashiwamura, S., Drei Fälle primärer Lungenaktinomykose 333.
Kassowitz, Bemerkung zu den Bemerkungen von Heiberg 244.
Katz, L., Ein modifiziertes Eingmesser (knieförmiges Adenotom) mit einigen Be¬
merkungen 467.
Katzenstein, Ein Fall von Morphium Vergiftung im frühesten Kindesalter 404.
Kausch, W., Cucullarisdefekt als Ursache des kongenitalen Hochstandes der
Skapula 80.
Keller, Zur Ätiologie angeborener Klumpfüße und Gelenkkontrakturen 510*
— A., Fettumsatz und Acidose 284.
Kerley, Ch. G., Diphtheria, with and witbout antitoxin; 159 cases 245.
Kilmer, T. W., Whooping-cough. A new Method of Treatment 387.
Kiwell, E., Bromoformvergiftung bei einem 3jährigen Kinde mit tötlichem Aus¬
gang 406.
KlauBner, F., Zwei Fälle von Herniotomie wegen Inkarzeration von Coecum und
Processus vermiformis bei kleinen Kindern 348.
Klein, A., Die physiologische Bakteriologie des Dannkanals 123.
Klippel, M., Multiple kongenitale Dystrophie des elastischen Gewebes 185.
Kn aut, Zwei Fälle von Strammonium Vergiftung 403.
Knöpfelmacher, W., Über die Auslösung der Milchsekretion bei Mutter und Kind 112.
Kobrak, E., Erwiderung auf den Aufsatz von Dr. Natanson: Über den Milch¬
pasteurisierapparat von Dr. E. Kobrak 279.
Koch, G., Über Knochenzysten in den langen Röhrenknochen 514.
Kölliker, Th., Osteotomie und Osteoklase bei rachitischen Deformitäten der unteren
Extremität 192.
Kompe, K., Kasuistische Beiträge zur Lehre von den Mißbildungen 437.
Konarshewsky, Das Diphtherieheilserum als therapeutisches und prophylaktisches
Mittel bei Keuchhusten 249.
Kopczynskl, St., Contribution k l’e tu de de Fanatomie pathologique et de la patho-
g6nie de la chor6e 498.
Koplik, H., The occurence and Mortality of Typhoid Fever in Infants and Ohildren 381.
Koppen, A., Über einen Fall von Atrophia nervi optici und Mikrophthalmus im An¬
schluß an eine Läsion des Sehnerven intra partum 143.
Kos, IW., Erworbenes Ankyloblepharon infolge akuten Trachoms 433.
Koslowsky, IW., Die operative Behandlung partieller Hornhautstaphylome 141.
Kramer, A., Über eine seltene Intoxikation 402.
Kraus, E., Über den Wert des Hygiama als Nährmittel 101.
Krause, H., Zur Behandlung der Lungen- und Kehlkopftuberkulose mit Hetol 13.
Krautwig, P., Über plötzliche Todesfälle im Kindesalter 336.
Krebs, W., Zur Frage der Abhärtung 226.
Kremm, P., Die Radikaloperation des kindlichen angeborenen Leistenbruchs 129.
Krönig, Zur Frage der Verwertbarkeit der Lun gen schwimmprobe bei Keimgebalt
der Uterushöhle 229.
Kuliga, P., Zur Genese der kongenitalen Dtinndarmstenosen und Atresien 345.
Kulischer, M. u. Epstein, D., Zur Kasuistik der kongenitalen Syndaktylie 437.
Kuno, Fr., Verlauf und Ursache einer Hospitaldiphtherieepidemie 27.
— Fixierte Tuben und Bolzenkanülen bei erschwertem Dekanulement 339.
Labbd, R., Epreuve de la chlorurie alimentaire dans la scarlatine et la diphtherie
Fenfance 475.
Lämmerhirt, F. K., Multiple Larynxpapillome im Kindesalter 341.
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Inhaltsverzeichnis.
XI
Lang, J., Über Glvkosurie als Initialsymptom einer Schrumpfniere 2S6.
Lange, E. v., Die Gesetzmäßigkeit im Längenwachstum des Menschen 479.
Lange, De., Zur Kasuistik der Phosphaturie im Kindesalter 235.
Lannelongue, Note sur la syphilis osseuse h£r6ditäre chez les nouveau-n6s (Malad ie
de Parrot), chez les enfants et les adolescents, chez les adultes et les vieillards
(Maladie de Paget) 298.
Laubi, 0., Methode und Resultate der Ohren untersuch ungen von 22894 Schülern
der ersten Primarklassen der Stadt Zürich 471.
Lauenstein, K., Zu Ogstons Operation des rebellischen Klumpfußes (Entfernung
der Knochenkerne der Fußwurzel und nachherige Umformung des Fußes) 509«
Lazansky, L., Kreosotal bei Krupp 26.
Leiner, K., Über die sogenannten skarlatiniformen Serumexantheme bei Diphtherie 31.
— Über Wundscharlach bei Verbrennungen 263.
Leitner, v., Kolobom der oberen Augenlider 434.
Lentz, Vergleichende kulturelle Untersuchungen über die Ruhrbazillen und ruhr-
ähnliche Bakterien nebst einigen Bemerkungen über den LakmusfarbstofF 124.
Leopold, J. u. Levi, V., A case of selz-induced Oystitis duo to the Colon Bacillus 459.
Levy, L., Zur Kasuistik der Prostatagewülste im Kindesalter 842.
Lexer, E., Die Entstehung entzündlicher Knochenherde und ihre Beziehung zu
den Arterien Verzweigungen der Knochen 512.
Leyden, E. v., Die Behandlung des Scharlachs mit Rekonvaleszentenserum 32.
Lichtwitz, Über einen Fall von angeborenem Diabetes insipidus, kombiniert mit
nach Insolation hinzugetretener Epilepsie 154.
Lieblein, V., Zur Kasuistik der Coxa vara infantum 505.
Uebmann, Die Sprachstörungen geistig zurückgebliebener Kinder 148.
— Stotternde Rinder 469.
Liebscher, C., Über Inßuenzabezillenbefunde bei Masern- und Scharlacherkran¬
kungen 255.
Linsbauer, R., Die Laryngitis pseudo-membranacea als Komplikation der Masern 251.
Unser, Über die Beziehungen zwischen Nebennieren und Körperwachstum, be¬
sonders Riesenwuchs 481.
Uon, M., Weiteres über die Cerebrintherapie der Epilepsie 155.
üttle, Ein Fall von Tuberculosis verrucosa cutis 17.
— Acne scrophVlosorum 17.
— Ein Fall von Diphtherieexanthem 30.
— Ein Fall von kongenitaler Syphilis mit seltenen Manifestationen 88.
— Ein Fall von Dermatitis herpetiformis 54.
— Zwei Fälle von Urticaria pigmentosa 56.
— Ein Fall von Pityriasis rubra pilaris im Anschluß an die Vakzination 57.
— Ein Fall von Sklerodermie in Streifenform 408.
Löbel, L., Plattfuß und Skoliose 84.
Löwenbach, G. u. Brandweiner, A., Die Vakzineerkrankung des weiblichen Genitales421.
Longard. C., Zur Operation der Retentio testis inguinalis 350.
Lörand, L, Beitrag zur Kenntnis des Echinococcus pleurae im Kindesalter 9.
Lorenz, H., Zur Frage der Wachstumsstörungen und Gelenkdeformitäten infolge
von traumatischen Epiphysentrennungen 190.
Lovett, R. W., The mechanics of lateral curvature as applied to the treatment of
severe cases 503.
Lowenbura, H., Gonorrhoea in Children 426.
Ludloff, Über Wachstum und Architektur der unteren Femurepiphyse und oberen
Tibiaepiphyse 481.
Lücke, R., Peritonitis tuberculosa traumatica mit Ileus 302.
Lupescu, G., Die intramuskulären Injektionen von Sublimat in seltenen und
massiven Dosen zur Behandlung der Lues bei Kindern 299.
Lupus, H., Über Chinosol 328.
Maas, 0., Über einige Fälle von Tabes im jugendlichen Alter 40.
Maccarone, C.. Die Dyspepsie der Neugeborenen und Säuglinge und die Funktion
der mütterlichen Brustdrüse 283.
Machold, P., Ein seltener Masernfall 254.
Mackenzie, H., Über die Behandlung von Larynxgeschwülsten bei Kindern 341.
Magnus, Der operative Ersatz des gelähmten Quadriceps femoris 78.
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Inhaltsverzeichnis.
Mailiefert, Akute Hydroeele und Leistenbruch 849.
Malley, Diphtheria Antitoxin in the infections or bacterial Bronchopneumonie of
Childhood 248.
Mamfonnst, Paralysie de l’accomodation et du voile du palais, conseeutive aux
oreölons 481.
Manicatide, E., Die Serotherapie bei Tussis convulsiva 23.
— Ein neuer Fall von Angina mit Tetragenen 820.
Mann, L, Über zerebellare Hemiplegie und Hemiataxie 170.
Manstnrow, N., Über die sogenannte Rubeola scarlatinosa 476.
Marchio, De., L’urina nella corea del Sydenham 499.
Marfan et Gillet, Über zwei Fermente der Milch 106.
Marinescir, Beiträge zum Studium der infantilen Hemiplegie 169.
Martini, E. u. Lentz, 0., Über die Differenzierung"* der Ruhrbazillen mittels der
Agglutination 125.
Marx, E. u. Sticker, A., Untersuchungen über das Epithelioma contagiosum des
Geflügels 6t.
Massanek, G-, Ein Fall von Polyneuritis durch CO-Vergiftung 404.
Massei, Wann darf man Krupp extubieren? 250.
Matzenairer, R., Die Vererbung der Syphilis. Ist eine pateme Vererbung er¬
wiesen? 295.
Mayer, W., Ein Fall von Pharyngitis gangraenosa, kombiniert mit Appendicitis
gangraenosa 324.
Meaver, G. H., Bacteriologie Studies of the Skin and Throat in cases of Scarla-
tina 473.
Meneau, J., De lTchthyose foetale dans ses rapports avec l’Ichthyose vulgaire 410.
Mensi, Über Ursprung und Funktion der Hassalschen Körperchen 232.
— Über Nephritis des Neugeborenen und Säuglings 455.
Merkel, J., Fall von geheilter chronischer Epiphysenostitis der rechten Tibia 189.
Meyer, Ad. \L> Zur Kenntnis der Magensaftsekretion der Säuglinge 118.
— Betzy, Zur Kenntnis der bakteriziden Fähigkeit der Mileh 279.
— E., Über Entwickelungsstörungen der Niere 457.
Michel, F., Osteogenesis imperfecta 482.
Middelton, S., Chud with a nervous affection chiefley characterised by tremors 159.
— Two infants with great Enlargement of the Spleen and Anaemia 201.
— Infant with great Enlargement of the liver and ascitea 292.
— Child with cardiac affection, the nature and causation of which ane in doubt 365.
Millard, C. K., Die Ätiologie der Scharlachrückfälle 33.
Mills, W. S., Tonsillitis dassifild as an Infections disease 320.
Mirinescu, M., Die Serotherapie der Diphtherie 29.
Mitchell, E. W., Amygdalitis followed by Appendicitis, Nephritis and Endocarditis 324.
Mdler, L, Bemerkungen über die seitlichen adenoiden Vegetationen im Nasen¬
rachenraum nebst Beschreibung eines neuen Instruments für deren Entfer¬
nung 466.
Motear* u. Grenet, Die zerebro-spinale Form des typhösen Fiebers 881.
Monnier, E., Larynxdiphtherie oder Larynxfremdkörper? 251.
Moos, 0., Ein Fall von Lobärpneumonie mit konsekutivem Pemphigus acutus bei
einem 2 1 / 4 jährigen Kinde 12.
Morero, C., Akute diphtheroide Angina 322.
Morty E., Über die Fermente der Milch 106.
— Ernährungsversuche mit Soxhlets Nährzucker 282.
Moser, P., Über die Behandlung des Scharlachs mit einem Scharlachstreptokokken¬
serum 258.
— Über Antistreptokokkenserum bei Scharlach 260.
Mraäek, Fr., Die Syphilis der Mütter und der Neugeborenen 294.
Mllller, G., Über die obere Altersgrenze für die Behandlung der angeborenen Hüft¬
verrenkung 186.
Mmrphy, Ch. E., Kongenitale Harnröhrenstriktur 64.
Muus, N., Klavikularfrakturen Neugeborener bei Geburt in Schädellage 428.
Mya, G., Über die durch den Pfeifferschen Bazillus verursachte fibrino-purulente
Zerebrospinalmeningitis 172.
— Drei Fälle von Lebercirrhose im Kindesalter 292.
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Inhaltsverzeichnis.
XIII
Natanson, Über den Milchpasteurisierungsapparat von Dr. Kobrak 105.
Neisser, E., Ein weiterer Beitrag zur Kenntnis vom chronischen Rachendlphtheroid26.
Neumann, H., Über die Häufigkeit des Stillens 112.
— Körpergewicht der Säuglinge nach sozialer Gruppierung 280.
— Zur Frage einer ätiologischen Bedeutung des Cucullarisdefekies für den
Schulterblatthochstand 508.
— J., Klinische Bemerkungen über die Tuberkulose der Haut 210.
— L., Untersuchungen über die Viskosität des Sputums und ihre Beziehung zuxn
Husten, insbesondere zur Pertussis 21.
Nicolai, C., Een zeldzame vorm van Morbus Barlowii 204.
Nicolescu, D. D„ Die Hutchinson sehen Zähne 297.
Niessen, V., Diphtheriebazillen im Blute und im Behringschen Heilserum 248*
Noorden, C. v., Über Chinaphenin 827.
Nordgren, P. E., Ein Fall von kongenitaler spastischer Pylorushypertrophie 488.
Okerwarth, E^ Primäre Angina gangraenosa bei einem Knaben 322.
Oehler, R., Über Tuberkulose-Infektion 206.
Opdyke, The close analogy of trachoma to Adenoids 144.
Orefice, E., Multiple Embolien und Thrombosen der Zerebralgefaße 490.
Orescu, Ch., Die adenoiden Vegetationen 19.
Orlandi, Contributo allo studio della cito diagnosi in aliune maletti infantili 390.
Ornäs, C., Zur Kasuistik des Sarkoms des Dünndarms 343.
Orta, Fr., Über Bi gasche Krankheit 819.
Ostheimer, M., A case of congenital rachitis 195.
Oswald, E., Zur Gelatinebehandlung bei Melaena neonatorum 203.
Ottendorf, Ein Beitrag zur Tierskoliose 504.
Pacchioni, D., Beschreibung und Pathogenese der Veränderungen der chondralen
Verknöcherung bei der Rachitis 193.
— Ein Fall von schwerer Hepatitis mit schwerem Ikterus bei einem von einer
nephritischen Mutter ernährten Säugling 289.
Painter, Infantile Paralysis; an epidemie of thirty-light cases 165.
Palm, Kongenitale Vergrößerung einer normal gebauten Niere bei Defekt der
anderen, ein Beweis für die Tätigkeit der Nieren im embryonalen Leben 64.
Palmer, J. F., Die Wirkung der Revakzination der schwangeren Mutter auf die
Leibesfrucht 419.
Pdndy, Die Erfolge der Epilepsiebehandlung nach Toulouse-Richet 155.
Panzer, Th., Notiz über den Ham des menschlichen Fötus 233.
Parker and Nicol, Case of multiple hypertrophy of the sebaceous glands of the
face in a congenital epileptic 155.
Paterno, J., Experimentelle klinische Studie zu Parrots Athrepsie 288.
— Untersuchungen über die pathologische Anatomie der Parrotschen Athrep¬
sie 288.
Penkert, M., Über die Beziehungen der vergrößerten Thymusdrüse zum plötzlichen
Tode 20.
— Über idiopathische Stauungsleber 66.
Peter, L C., Postdiptheric Paralysis affecting the general Nervous System 239.
Petruschky, J., Spinalgie als Frühsymptom tuberkulöser Infektion 372.
Pfeiffer, Th., Beitrag zur Therapie und Klinik des Tetanus 421.
Pfister H., Die Erziehung und Behandlung seelisch Belasteter in Haus und
Schule 150.
— Die Kapazität des Schädels (der Kopfhöhle) beim Säugling und älteren
Kinde 391.
— Über das Gewicht des Gehirns und einzelner Hirn teile beim Säugling und
älteren Kinde 478.
Pineies, Fr., Über Thyreoaplasie (congenitales Myxödem) und infantiles Myxödem 200.
Pinkus L., Zur Prophylaxe der Gynatresie 425.
Pipping, W., Ein Fall von Polyarthritis deformans bei einem Kinde 189.
—■ Über das Vorkommen der Spätstörungen nach Tracheotomie bei Krupp 340.
Placzek, Zur forensischen Beurteilung frühzeitiger Onanie 151.
Plantenga, Kindersterfte en Zuigelingenklinieken 109.
— Die Leukozytose bei Masern und Röteln 254.
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XIY
Inhaltsverzeichnis.
Porcelll, P., §plenopneumonie oder Gr&nchersche Krankheit 331.
Pospischill, D., Mosers Scharlachstreptokokkenserum 259.
Pottenger, F. M., A study of tuberculous Infektion 374.
Preindlsberger, J., Urologische Mitteilungen 459.
Preisich, K. n. Schlitz A., Die Infektion mit Tuberkulose im Kindesalter und deren
Bekämpfung 206.
Preleitner, K., Zwei Fälle von angeborenem partiellem Klavikulardefekt 435.
Price, N. 6., A Contribution to the Therapeutics of children 329.
Probst, M., Zur Klinik und Anatomie fortschreitender Verblödungsprozease im
Kindesalter 493.
Racchi, G., Beitrag zur Behandlung der infantilen linealen Anämie 871.
Raczynski, J., Dyspepsia intestinalis acida lactatorum 286.
Rad, v., Tabes dorsalis bei jugendlichen Individuen 39.
Rahn, A., Über Bromipinklystiere, besonders in der Kinderpraxis 328.
Ranke, H. v., Ein weiterer Beitrag zur Behandlung des nomatösen Brandes durch
Exzision des erkrankten Gewebes 35.
Reckzeh, Das Verhalten des Blutes bei Masern und Scharlach im Kindesalter 34.
Reichardt, M., Zur pathologischen Anatomie der Chorea minor 158.
Reichelt, Mitteilungen über die Indikationen zur Anwendung des Kufeke-Kinder-
mehles 101.
Reiner, M., Über ein Operationsverfahren zur Beseitigung hochgradiger Unter¬
schenkelverkrümmungen 192.
— Über die unblutige, operative Epiphyseolyse zur Behandlung des Genu valgum
adolescentium 510.
— Epiphyseolyse mit subkutaner Periosteotomie zur Behandlung des Genu val¬
gum infantum 511.
flenkauf, Abnorme Kinder und ihre Pflege 149.
Rindfleisch, W., Ein Fall von einseitigem Ergrauen der Wimpern bei einem
Kinde 142.
— Über Chorea mollis sive paralytica mit Muskelveränderungen 499.
Rocaz u. Cruchet, Kongenitales Myxödem; Stomatitis pseudomembranacea mit Koli-
bazillen: Bronchopneumonie; Tod 200.
Rodella, A., Über die Bedeutung der im Säuglingsstuhle vorkommenden Mikro¬
organismen mit besonderer Berücksichtigung der anaeroben Bakterien 123.
Rößler, ( K., Über Kollargol 434.
Rolly, Über periependymäre Wucherung, Kanalbildung und abnorme Entwicklungs¬
vorgänge am kindlichen Rückenmarkkanal 74.
Rommel, 0., Zur Behandlung frühgeborener Kinder 227.
— Der Soxhletsche Nährzucker in der Ernährungstherapie kranker Säuglinge 282.
Roques, M., Die Behandlungsmethoden des Keuchhustens 325.
Roshansky, W., Zur Behandlung der angeborenen Phimose 458.
Rotch, T. M., Tuberculous Peritonitis in Early Life: With special Reference to its
Treatment by Laparotomy 212.
Rothschild, de, Contribution k l’6tude de l’industrie lacti&re 277.
Rumpel, Die Behandlung des Scharlachs mit Rekonvaleszentenserum 261.
Ruzicka, Ein Selbstversuch über Ausnutzung der Nährstoffe bei verschiedenen
Quantitäten des mit dem Mahle eingeführten Wassers 117. ^
Saalfeld, E., Über Thigenol 300.
Sachs, B., Ein weiterer Beitrag zur amaurotischen familiären Idiotie, einer Er¬
krankung hauptsächlich der grauen Substanz des Zentralnervensystems 493.
Sala u. Rossi, Zur Frage über einige angebliche toxische und therapeutische Eigen¬
schaften des Blutserums von Epileptikern 496.
Salge, Künstliche Präparate für die Ernährung des Kindes 102.
Salvia, E., Singuli&re anomalie de d6veloppement du foie ayant Taspect d’un neo-
plasme 290.
Saunders, Pilocarpine in the treatment of Scarlet fever 261.
Savariaud, Die nervösen Komplikationen der Frakturen am unteren Ende des
Humerus bei Kindern 188.
Savill, Idiopathische Prurigo 56.
Schalenkamp, Die Behandlung des Keuchhustens mit einem Zinksalz 327.
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Inhaltsverzeichnis
XV
Schambacher, A., Über die Persistenz von Drüsenkanälen in der Thymus und
ihre Beziehungen zur Entstehung der Hassalschen Körperchen 835.
Schanz, F., Die Äugenentzttndung der Neugeborenen und der Gonokokkus 87.
— A., Über das Skolioeenredressement 82.
— Das Bedre8sement schwerer habitueller Skoliosen und Kyphosen 83.
Schaps, L, Beiträge zur Lehre von der zyklischen Albuminurie 234.
Schettler, K, Beitrag zur Behandlung des Pes calcaneus paralyticus 182.
Schenk, P., Impfergebnisse und Imprtechnik 59.
Schick, B., Zur Kenntnis der „Hypertrophia cerebri“ als Krankheitsbild im Kindes¬
alter 492.
Schilling, Th., Zur Frage der rezidivierenden Okulomotoriuslähmung 430.
Schiödte, N., Bandwürmer im Kindesalter 126.
Schlesinger, E., Eigentümlicher Beginn einer tuberkulösen Meningitis 15.
SchltfB, H., Über einen Fall von infantiler Paranoia 492.
Schloßmann, A. u. Moro, E., Zur Kenntnis der Arteigenheit der verschiedenen
Eiweißkörper der Milch 279.
Schmidt, G., Zwei Fälle subkutaner Nierenquetschung mit günstigem Ausgang 455.
Schnizlein, Ein Fall von kongenitaler Atresie des Duodenums 845.
Schoull, Die Phototherapie des Scharlachs 261.
Schramm, H., Beitrag zur Kenntnis der Tuberkulose der Knochen und Gelenke
am kindlichen Fuße 301.
— Über den Wert der Laparotomie bei tuberkulöser Peritonitis der Kinder 379.
Schreiber u. Dreper, Zur Chemie der Frauen- und Kuhmilch 107.
Schreiner, M., Über den heutigen Stand der Keuchhustenbehandlung und über
neue Erfahrungen mit Oxykampfer und Citrophen 385.
Schröder, W., Zwei Fälle schwerer Otitis media purulenta durch „Schneeberger“ 128.
SchUller, M., Ein inoperables Sarkom, behandelt mit Röntgenbestrahlung 342.
SchUrmayer, Die Theinhardtschen Nährpräparate in der ärztlichen Praxis 100.
Schulthess, W., Über die Prädilektionsstellen der skoliotischen Abbiegungen an
der Wirbelsäule nach Beobachtungen an 1140 Skoliosen 83.
— Hämaturie durch Oxalsäure nach Rhabarbergenuß 454.
Schumacher, S. v., Ein Fall von gekreuzter Dystopie der Niere mit Lageverände¬
rungen an „den Geschlechtswerkzeugen 455.
Schupffer, F., Über die infantile Herdsklerose mit Betrachtungen über sekundäre
Degenerationen bei disseminierter Sklerose 164.
Schwalbe, E., Untersuchung eines Falles von Poliomyelitis acuta infantum im
Stadium der Reparation 165.
Schwenk, P. N. K., Postdiphtheric Ocular Paralysis 239.
Schwoner, J., Über Differenzierung der Diphtheriebazillen von den Pseudodiphtherie¬
bazillen durch Agglutination 28.
Seelheim, Zwei Fälle von Diabetes mellitus im kindlichen Alter 236.
Seibert, A., Typhoidal Appcndicitis in children 381.
Sequeira, Xeroderma pigmentosum 55.
Sherman, H. M., Congenital Absence of the Clavicles 435.
Sick, K., Über Lymphangiome 515.
Sidlauer, H., Ein Fall von Persistenz des Ductus arteriosus Botalli 70.
Sidler-Huguenin, Beitrag zur Kenntnis der Geburtsverletzungen des Auges 428.
Siegert, F., Albumosurie im Verlauf der Nephritis bei Diphtherie und Scharlach
und ihre prognostische Bedeutung 238.
Silberstein, J., Thigenol als Ersatzmittel des Ichthyol 301.
Simmonds, H., Über Aristochin, ein geschmackloses Chininderivat 23.
Simorini, Beitrag zum Studium der Diplokokkenarthritis im Kindesalter 331.
Skiffossovsky, Angeborene Neubildungen des Schädels und Zerebralhernien 72.
Slomann, H. C., Die Behandlung der angeborenen Hüftverrenkung 506.
Smith, R. W., Gonorrhoische Synovitis bei einem Kinde 35.
— W. IUI., Two cases of Tuberculosis of the heart and pericardium 209.
Sonnenschein, K„ Ein Beitrag zur Therapie des Mastdarm Vorfalls bei Infantil ismus 128.
Sotoff, A., Ein Fall von bösartiger Neubildung der Leber und der Bauchspeichel¬
drüse bei einem Kinde von 1 1 / 2 Jahren 290.
Southworth, Inversion in the treatment of acute Pulmonary Edema in young
children 334.
Spolverini u. Barbieri, Über die angeborenen Herzfehler 71.
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XVI
Inhaltsverzeichnis«
Stadeimann, Aphasie und Agraphie nach epileptischen Anfällen 154.
— Beseitigung schwerer hysterischer Krampferscheinungen durch Wach-
suggestion 160.
Staedtler, Zur Therapie des Keuchhustens 328.
Staicovici, N. 0., Zwei Fälle von vollständiger Regeneration der Hornhaut nach
vollständiger Zerstörung derselben durch Prozesse konjunktivaler Eiterung 432.
Stakemann, H., Welche besonderen Einrichtungen sind bei der Anstaltsbehandlung
der Epileptischen erforderlich? 495.
Stamm, C., Zur Prophylaxe des Keuchhustens 22.
Starck, Über den therapeutischen Wert der Bismutose 99.
Starck, W. v., Zur Kenntnis des Vorkommens des Stokes-Adam sehen Symptomen*
komplexes im Kindesalter 368.
Steckei, W., Zur Diagnose und Therapie des Keuchhustens 326«
Steinhauer, Eine seltene Ursache von Darmstenose 351.
Steinhaus, J., Über eine eigenartige Form von Tuberkulose des lymphatischen
Apparates 371.
Steiniiz, Fr., Alkalistoffwechsel 284.
Stekel, W., Zur Pathologie und Therapie der Influenza 25.
Stepp, Zur Behandlung des Keuchhustens 328.
Stewart, Thoughts on Fetal Intracranial Hemorrhage 170.
Stier, E., Zur pathologischen Anatomie der Huntington sehen Chorea 498.
Stieren, E., Congenital Absence of both inferior recti muscles 435.
Stooß, Die Pneumokokkenperitonitis im Kindesalter 12.
Straßmann, P., Der Verschluß des Ductus arteriosus Botalli 67.
Strominger, L, Rechtsseitige inguinale Kotfistel; doppelte Kryptorchie^ Darm¬
resektion; Heilung 350.
Strong, L. W., Congenital Tumors of the Kidney 456.
Stumpf, L., Bericht über die Ergebnisse der Schutzpockenimpfung im Königreich
Bayern im Jahre 1901. 60.
Stursberg, H., Über Aristochin, ein geschmackloses Chininderivat 23.
Stzelbicky, J., Über die Ernährung der Säuglinge an der Mntterbrust 110.
Sufrin, S., Zwei seltene Fälle von infektiöser Hemiplegie bei Kindern 478.
Sugär, M., Über Masernotitis und deren prophylaktische Behandlung 253.
Sutherland, 6. A., The Prognosis of tuberculous Peritonitis in Children 213.
Swoboda, N., Zur Lösung der Variola-Varizellenfrage 62.
— Über die Behandlung des Keuchhustens mit Aristochin, einem neuen geschmack¬
losen Chininderivat 326.
— Über Vaccinia generalisata 418.
— Ein Fall von chondrodystrophischem Zwergwuchs (Achondroplasie) 482.
Szana, S., Die Hygiene der schulpflichtigen Kinder in Internaten 470.
Szdkeli, A., Beitrag zur Kenntnis der Scharlachinfektion 33.
— Über Säuglingsernährung 103.
Szontagh, v., Die Mischinfektionen 257.
Tanaka, Zur Erforschung der Immunität durch die Vakzination 60.
— Über die Untersuchung des Pockenerregers 60.
Tarchetti u. Zanconi, Beitrag zum Studium der latenten Tuberkulose der Mandeln
und adenoiden Vegetationen 19.
Tavel, Zur Epidemiologie des Typhus abdominalis 172.
Teleky, L., .Zur Bekämpfung der Tuberkulose 14.
Thiemich, Über die Funktionsunfähigkeit der motorischen Rindenfelder beim Säug¬
linge 75.
— Über das Facialisphänomen bei älteren Kindern 160.
Thierfeld, R., Über Lithiasis bei Kindern 462.
Thomson, W. A., Übersicht der Impfgesetze in den Hauptstaaten und Kolonien
der Welt 60...
Tillmanns, H., Über die Entstehung und Behandlung der spondylitischen Läh¬
mungen 182.
Timann, Behandlung der Spina ventosa mittels freier Autoplastik 79.
Torday, F. v., In den Bronchus gelangter Fremdkörper; Tod durch Eklampsie 127.
— Xanthoma tuberosum 416.
Toretta, Über die subkutane Jodtherapie in der Kinderpraxis 299.
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Inhaltsverzeichnis.
XVII
Treupel, G., Operative Behandlung gewisser Lungenerkrankungen 11, 332.
Trumpp, Zur operativen Behandlung akuter Larynxstenosen 250.
Turnowsky, M., Paralyse, Aphasie, Erblindung im Verlaufe des Keuchhustens 324.
Ullrich, K., 9 Fälle von Tetanus. Ein Beitrag zur Antitoxinbehandlung dieser
Krankheit 421.
Urban, A. H., Hemorrhage following Tonsillotomy 467.
Valagussa, Beitrag zum Studium des zyklischen Erbrechens bei den Kindern 460.
Valentini, Über die systematische antifebrile Behandlung des Unterleibstyphus mit
Pyramidon 385.
Valvasori. Die Albumosurie bei einigen Kinderkrankheiten 237.
Valvassori-Peroni, Zur künstlichen Ernährung der Säuglinge 105.
Vargas, Die Achondroplasie 199.
Veau, V., Die angeborenen serösen Zysten des Halses 341.
Veverka, J., Über die Prophylaxis der Augenblennorrhöe der Neugeborenen durch
Protargol 140.
Vogel, G., Facialislähmung bei einem Kaiserschnittkinde 430.
Volhard, F., Über chronische Dystrophien und Trophoneurosen der Haut im An¬
schluß an Mitteilungen 409.
Vollmer, E., Über Elephantiasis lymphangiectatica congenita, ein Beitrag zur Lehre
von der Erkrankung der Lymphgefäße 514.
Vot, H. B. L, Over de Kindergriep (Coryza febriculosa infantum s. aeroditis
superior infektiosa infantum 388.
Voss v., Bemerkungen zur Genese der Tetanie 497.
Vulpius, Zur Sehnenüberpflanzung bei spinaler Kinderlähmung 76.
— Die deutsche Orthopädie im Jahre 1902. 181.
— Über die Arthrodese des paralytischen Schlottergelenks der Schulter 181.
— Die Sehnenüberpflanzung am Oberschenkel 502.
Wachenheim, F. L., Chronic gastritis and gastric motor Insufflciency in Children 286.
Wagner, M., Ein Fall von Erstickung infolge Verlegung des Kehlkopfeingang*
durch Spulwürmer 127.
Walko, K., Uber die Behandlung der Enuresis 463.
Wallbach, G., Praktische Erfahrungen mit Kufekes Kindermehl 281.
Wassermann, A., Über eine neue Art von Diphtherieserum 29.
Wegener, Ein Beitrag zur Frage nach den Ursachen der Minderbegabung von
Schulkindern 149.
Weigert, F., Erfahrungen über die Kindermehle im allgemeinen und speziell das
Kufekesche 282.
Well, H., Über die Bedeutung des Mekoniumpfropfes beim Neugeborenen 227.
— 3 Fälle von Schädelimpressionen bei Neugeborenen 429.
Weißmann, Über Kornkaffee 403.
Wende, G. W., Epidermolysis bullosa hereditaria 409.
Werther, Über eine Epidemie von Trichophytie des Kopfes bei Schulkindern 414.
Wettstein, A., Weitere Mitteilungen über die Resultate der Diphtheriebehandlung
mit besonderer Berücksichtigung der Serumtherapie 246.
White, R. P., Akute symmetrische erythematöse Keratodermie nach Arsen¬
gebrauch 407.
Whitfield, Ein Fall von Pityriasis ruba pilaris 415.
Widal et Ravaut, Ictäre chronique acholurique congenital chez un homme de
29 ans. Augmentation passag&re et legere du volume du foie et de la rate.
Parfait 6tat de la sant£ g£n£rale 482.
Wiggins, H., Keloidbildung auf Vakzinationsnarben 58.
Wilbert, Über den Einfluß der Rachenmandelhyperplasie auf die körperliche und
geistige Entwickelung des Kindes 145.
Wisniewski, Beitrag zur Syphilis der Kinder 297.
Wobrizek, „Korrektor“, Apparat für korsettfreie Behandlung der Rückgrats¬
deformitäten 504.
Wolkowsky, Ein Fall von Lebercirrhose im Kindesalter 291.
Woods, R. F., Gonorrhoeal Vulvovaginitis in Children 422.
Wrede, L., Über Pseudotuberkulosebazillen beim Menschen 205.
Wullstein, L, Eine neue Operationsmethode des Caput obstipum 502.
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xvm
Inhaltsverzeichnis
Zahorsky, J., A Contribution to the therapy of Enuresis 464.
Zappert, J., Über eine ungewöhnlich gutartige Bulbäraffektion im Kindesalter 162.
Zia, H., Über eine Konjunktivitisschulepidemie nebst einigen allgemeinen Be¬
merkungen über ärztliche Anordnungen bei Schulepidemien 137.
Zuppinger, Über subkutane Gelatineinjektionen im Kindesalter 203.
— Zur Kenntnis der diffusen chronischen Myokarditis bei Kindern 361.
Aus Vereinen und Versammlungen.
Acadämie de m6d. in Paris 44.
Chirurgenkongreß, französischer 89.
Congresso XII. die medicina interna Rom 169.
Gesellschaft, deutscher Naturforscher und Ärzte 520.
— deutsche, für öffentliche Gesundheitspflege, in Berlin 86.
— Laryngologische, die Berliner 44.
— Berliner medizinische 260, 263, 392, 439. 486.
— k. k. der Ärzte in Wien 41, 222, 304.
— kgl. der Ärzte Budapests 133, 134, 178.
— Medizinische zu Magdeburg 134.
— naturwissenschaftlich-medizinische zu Jena 530.
— für Natur- und Heilkunde in Dresden 306.
— Nürnberger mediz., und Poliklinik 183, 189, 353.
— Schlesische, für vaterländische Kultur 219.
— Medizinische der Stadt Basel 221.
— schweizerischer Pädiater 485.
— der Kinderärzte zu Kiew 141.
— Londoner dermatologische 17, 38, 54—58.
— Dermatologische für Großbritannien und Irland 56.
Kongreß, Internationaler Gynäkologen — in Rom 42.
— II. für Hygiene und Demographie 528.
Reunione della^Sozieta Italiana di Pediatria 177, 352, 483.
Societ6 de p6diatrie zu Paris 89.
— m6d. des Hopiteaux in Paris 45.
— de Th6rap. 261.
Verein, für innere Medizin in Berlin 265, 323, 391.
— ärztlicher in Hamburg 87, 187, 261, 262.
— ärztlicher in Nürnburg 253, 266.
— deutscher Ärzte inJPrag 88.
— naturhistorisch-medizinischer Heidelberg 443.
Vereinigung, freie der Chirurgen Berlins 216.
— niederrheinisch-westfälischer Kinderärzte 130, 173, 214, 303, 516.
Neu© Bücher.
Bdzy u. Bibent, Die.Hysterie im kindlichen und jugendlichen Alter 46.
Biedert, Th., Lehrbuch der Kinderkrankheiten 91.
Concetti, L., Die Hygiene des Kindes 45.
Filatoff, Klinische Vorlesungen über Kinderkrankheiten 91.
Fischl, R., Die Ernährung des Säuglings in gesunden und kranken Tagen 488.
Görges, Th., Das Kind im ersten Lebensalter 134.
Grätzer, E., Therapeutischer Ratgeber 46.
Hagenbach-Burckhardt, Klinische Mitteilungen aus dem Kinderspital in Basel 309.
— Über die häusliche Pflege des kranken Kindes 530.
Hecker, R., Abhärtung? 267.
Heermann, A., Vorschriften auf dem Gebiete der Krankenpflege 267.
Hochsinger, C., Gesundheitspflege des Kindes im Elternhaus 184.
Hoffa, A., Die Behandlung der Gelenktuberkulose im kindlichen Lebensalter 531*
Jacobi, A., Therapeutics of Infancy and Childhood 309.
Jessner, Die Hautleiden kleiner Kinder 90.
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Inhaltsverzeichnis.
XIX
Kayser, R., Anleitung zur Diagnose und Therapie der Kehlkopf-, Nasen- und Ohren¬
krankheiten 394.
Luithlen, Die Zellgewebsverhärtungen der Neugeborenen 178.
Monti, Kinderheilkunde in Einzeldarstellungen 581.
Neumann, H., Über die Behandlung der Kinderkrankheiten 46.
Orschansky, J., Die Vererbung im gesunden und krankhaften Zustande und die
Entstehung des Geschlechts beim Menschen 267.
Pick, C.. Kurzgefaßte praktische Hydrotherapie 46.
Riether, G., Unser Kind 184.
Trumpp, Die Magendarmkrankheiten im Säuglingsalter 531.
Neue Dissertationen: 47, 91, 185, 179, 268, 395, 488.
Kleine Mitteilungen.
90, 223, 309, 631.
Monatschronik.
47, 91, 135, 179, 223, 895, 446, 532.
Personalien.
48, 92. 180. 224, 354, 396, 446, 532.
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Eine Monatsschrift für praktische Ärzte.
Unter Mitwirkung von
Db. C. BERLINER (Aachen), Db. ALBR. DWORETZKY (Mobkau),
Dibbktob Db. ESCHLE (Sinsheim), Pbof. Db. EVER8BUSCH (München), Db. G.
FINDER (Ch ablotten bubö), Db.E.FLATAU (W abschau), Pbiv.-Doz.Db.R. HECKER
(München), Db. HÖNIG (Budapest), Db. LEO JACOBI (New Yqbk), Pbof. Db.
JOACHIMSTHAL (Beblin), Db. G. KREBS (Hildbsheim), Db. O. LASCH (Bbeslau),
Db. P. MAAS (Aachen), Db. K. MENDEL (Beblin), Db. ADOLPH H. MEYER
(Kopenhagen), Pbiy.-Doz. Db. R. O. NEUMANN (Kiel), Db. PLANTENGA (Haag),
Db. CARL SCHADE (Göttingen), Pbiy.-Doz. Db. E. SCHREIBER (Göttinghn),
Db. SCHRIDDE (Eblangen), Db. SZYMANOWSKI (Wabschau), Db. E. TOFF
(Bbaila, Rumänien), Pbiy.-Doz. Db. H. STARCK (Heidelbebg), Pbof. Db. VUL-
PIUS (Heidelbebg), Pbiy.-Doz. Db. ZIEGENSPECK (München) u. A.
herausgegeben von
Dr. med. Eugen Graetzer,
prakt. Arzt in Sprottau.
VIII. Jahrgang. Januar 1&03. Nr. L
Intia.lt.
L Qrjffla ft tb ei t r äge . seit.
Dr. Kurt Mendel, Erfolg der Organtherapie in einem Falle von infantilem
Myxödem. Mit 6 Abbildungen .. 1
Dr. Ginl Springei;, Echinococcus der Pleura.. 5
II. Referate.
L. Lörand, Beitrag zur Kenntnis des Echinococcus pleurae im Kindesalter. 9
Cima, Eitrige Pleuritis bei einem 2jährigen Kinde.10
G. Treupel, Operative Behandlung gewisser Lungenerkrankungen. . . 11
0. Moos, Ein Fall von Lobärpneumonie mit konsekutivem Pemphigus acutus
bei einem 2 x / 2 jährigen Kinde.~ 12
Stoss, Die Pneumökokkenperitonitis im Kindesälter.12
H. Krause, Zur Behandlung der Lungen- und Kehlkopftuberkulose mit
Hetol (Länderer).13
Verlag von FMR&INAND ENKMiai STUTTGART.
Soeben erschien:
Biedert, ^ u D n r d p> Fischl, STb"! Lehrbuch der
Kinderkrankheiten. Zwfl,<te sehr
Mit 2 farbigen Tafeln und 73 Abbildungen im Text. gr. 8. 1902. geh. M. 18.—;
elegant in Leinwand geh. M. 19.60.
Fortsetzung des Inhaltes.
C. Fuchs, Klinisch-therapeutische Erfahrungen über Thiokol und Sirolin . 14
L. Teleky, Zur Bekämpfung der Tuberkulose.14
M. Hohlfeld, Zur tuberkulösen Lungenphthise im Kindesalter.15
Eugen Schlesinger, Eigentümlicher Beginn einer tuberkulösen Meningitis. 15
Dimitrie Jonescu, Die Cirrhosis cardio-tuberculosa ..16
H. Brüning, Tuberkulose der weiblichen Geschlechtsorgane im Kindesalter 16
Graham Little, Ein Fall von Tuberculosis verrucosa cutis.17
Graham Little, Acne scrofulosorum.17
P. Clairmont, Zur Tuberkulose der Schilddrüse (Struma tuberculosa) . . 17
Tarchetti und Zanconi, Beitrag zum Studium der latenten Tuberkulose
der Mandeln und adenoiden Vegetationen.18
Ch. Orescu, Die adenoiden Vegetationen.19
J. Fein, Eine neue Kürette für die Abtragung der adenoiden Vegetationen
im Nasenrachen.. .. 19
M. Penkert, Über die Beziehungen der vergrößerten Thymusdrüse zum
plötzlichen Tode.20
Leopold Neumann, Untersuchungen über die Viskosität des Sputums und
ihre Beziehung zum Husten, insbesondere zur Pertussis.21
C. Stamm, Zur Prophylaxe des Keuchhustens.22
Mario Vianello Cachiole, Über die Anwendung von Pyridin beim Keuch¬
husten .22
Fürst, Das Problem, den Keuchhusten abzukürzen oder zu coupieren ... 23
H. Stursberg, Über Aristochin, ein geschmackloses Chininderivat ... 23
Elena Manicatide, Die Serotherapie bei Tussis convulsiva.23
H. Simmonds, Über Nebennierenblutungen. 23
J. J und eil, Einige klinische und bakteriologische Beobachtungen über die
Influenzakonjunktivitis bei Säuglingen.24
W. Stekel, Zur Pathologie und Therapie der Influenza.25
L. Lazansky, Kreosotal bei Krupp.26
E. Neisser, Ein weiterer Beitrag zur Kenntnis vom chronischen Rachen-
diphtheroid. 26
Fr. Kuno, Verlauf und Ursache einer Hospitaldiphtherieepidemie .... 27
Bromipin j| Stypticin
Ind.: Neurasthenie, Hysterie, Epilepsie, Ind.: Blutungen im Klimakterium,
Chorea, epileptische Dämmerzustände. menstruale Blutungen, Menorrhagien etc.
Rp.: Bromipin 10% 100 g. Rp.: Tablettar. Stypticin No. 40 ä 0,0ö g.
D. S. 2—3 mal täglich 1 Theelöffel voll in ober- D.S. Täglich 3—5—8 Tabletten zu nehmen,
gähr. Bier oder heißer Milch.
Dionin
Ind.: Asthma, Emphysem. Bronchitis, Phthisis pulmon., Tracheitis, Pertussis.
Schmerzzustände (Gastralgie, Ischias, Ovaralgie, Oophoritis, Ulcus ventriculi), Asomnie,
Abstinenzkur. Keratitis, Chorioiditis, Bulbusoperatipnen.
Rp.: Dionin 0,3, || Rp.: Dionin 0,04, j Rp.: Dionin 0,6,
Aq. araygd. amar. 15,0. I Ol. Cacao 2,00. Aq. dest. 20,0.
M. D. S. 3mal täglich 10; M. f. lege art.supp.d.t.doa. 10. j M. f. sol. steril.
Abends 20 Tropfen. I S. Täglich 1 bis mehrere S. Zu subkutanen Injektionen.
I Zäpfchen zu gebrauchen.
Dionin wird für die Kinderpraxis aufs Wärmste empfohlen.
Litteratur gratis und franko.
Seite
Fortsetzung des Inhaltes.
J. Schwoner, Über Differenzierung der Diphtheriebazillen von den Pseudo¬
diphtheriebazillen durch Agglutination. . ,?8
Jäger, Die Resultate der Diphtheriebehandlung im Mülhauser Bürgerspitäl
vor und nach der Anwendung des Behringschen Heilserums .... 28
M. Mirinescu, Die Serotherapie der Diphtherie.29
A. Wassermann, Über eine neue Art von Diphtherieserum. ..... 29
E. G. Little, Ein Fall von Diphtherie-Exanthem.30
K. Le in er, Über die sogenannten skarlatiniformen Serumexantheme bei
Diphtherie.31
E. v. Leyden, Die Behandlung des Scharlachs mit Rekonvaleszentenserum. 32
C. K. Millard, Die Ätiologie der Scharlachrückfälle.33
August Sz6keli (Budapest), Beitrag zur Kenntnis der Scharlachinfektion. 33
Reckzeh, Das Verhalten des Blutes bei Masern und Scharlach im Kindesalter. 34
Giarr6 und Picchi, Bakteriologische Untersuchungen bei einigen Kompli¬
kationen der Masern. 34
M. Brückner, Zur Pathologie der Masern.35
H. v. Ranke, Ein weiterer Beitrag zur Behandlung des nomatösen Brandes
durch Exzision des erkrankten Gewebes.35
R. W. Innes Smith, Gonorhoische Synovitis bei einem Kinde.35
Fischer, Über Urethritis gonorrhoica bei Kindern männlichen Geschlechts. 38
F. Schank, Die Augenentzündung der Neugeborenen und der Gonococcus. 37
Graham Little, Ein Fall von kongenitaler Syphilis mit seltenen Mani¬
festationen . 38
R. Hecker, Die Erkennung der fötalen Syphilis.38
v. Rad, Tabes dorsalis bei jugendlichen Individuen.39
Idelsohn, Ein Beitrag zur Frage über „infantile Tabes“.40
0. Maas, Über einige Fälle von Tabes im jugendlichen Alter.40
III. Aus Vereinen und Gesellschaften.
K. K. Gesellschaft der Ärzte in Wien.41
IV. Internationaler Gynäkologenkongreß in Rom.42
Berliner Laryngologische Gesellschaft.44
Academie de medicine in Paris. 44
Soci6t6 m£dicale des Hopitaux in Paris.45
IV. Neue Bücher. — V. Monats-Chronik.
Neue Dissertationen.
Verlag von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG.
Diagnostisch-therapeutisches Vademecum
für Studierende und Ärzte zusammengestellt
von
Or. Heinrich Schmidt Dr. L. Friedheim
Dr. A. Lamhofer und Dr. J. Donat
in Leipzig.
5. Auflage.
VI und 428 Seiten Taschenformat. 1901. Mit Abbildungen.
Gebunden M. 6.—• Gebunden und mit Schreibpapier durchschossen M. 7.—.
Bas Erscheinen von fünf starken Auflagen innerhalb weniger Jahre dürfte am
besten für die praktische Brauchbarkeit des kleinen Werkchens sprechen. "‘VÜ
Schmidt’* Jahrbücher: Man kann nicht gut mehr des Tatsächlichen, Wissenswerten auf
einen so knappen Raum zusammenfassen. Die Antworten, die der Unsichere erhält, sind überall
klar and richtig.
Bei Bestellungen bitten wir sich stets auf die Anzeige im Centralblatt fttr Kinderheilkunde zu berufen.
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Central blatt für
Kinderheilkunde.
Eine Monatsschrift für praktische Aerzte.
VTIL Jahrgang. 1 . Januar 1908. No. 1 .
1. Originalbeiträge.
I) Erfolg der Organtherapie in einem Falle von infantilem
Myxödem. 1 )
Von
Dr. Kart Mendel,
Aseistensarzt der Prof. Mendelschee Klinik.
Bei keiner Krankheit hat die Organtherapie so günstige Resultate
gezeitigt wie bei dem Myxödem. Auf Grund der Versuche von Schiff
und Horsley, welche Tieren Teile einer gesunden Schilddrüse eines
anderen Tieres in die Bauchhöhle einpflanzten und dann sahen, daß
die so operierten Tiere die Totalexstirpation ihrer Schilddrüse sehr
gut überstehen, ist man dazu gelangt, im Jahre 1890 das Gleiche
bei myxödemkranken Menschen auszuführen. So implantierte Bircher
(Volkmann. Klin. Vortr. 357, 1890) einer Patientin, bei der nach
Kropfexstirpation Myxödem eingetreten war, Schilddrüsengewebe vom
Kropfe einer anderen Frau in die Bauchhöhle und erzielte hiermit
einen sehr guten, wenn auch nur temporären Erfolg. Die schwierigen
Implantationen wurden später durch Injektionen von Schilddrüsen-
saft (Murray) und dann durch Fütterung mit Schilddrüse in Form
von Extrakten, Pillen oder Tabletten ersetzt.
Die Resultate dieser Behandlung beim Myxödem sowie beim
Kretinismus sind als sehr gut, in einzelnen Fällen als glänzend zu
bezeichnen, und mit Recht schreibt Ewald im XXII. Band der
speziellen Pathologie und Therapie Nothnagels (S. 196): „Die gro߬
artigen Erfolge der Tbyreoideabehandlung, die längst aus dem Stadium
des Versuches heraus und ein gesicherter Besitz unseres therapeu-
tischen Rüstzeuges geworden ist, müssen voll und ganz anerkannt
werden, und dieser Erwerb ist als eines der bedeutsamsten Ereignisse
der letzten Zeit auf pathologischem und therapeutischem Gebiet zu
bezeichnen.“
Zahlreich sind die Veröffentlichungen von Fällen von Myxödem,
in denen die Organtherapie von bestem Erfolge begleitet war. Der
günstige Einfluß dieser Behandlungsweise zeigt sich besonders auch
bei dem infantilen Myxödem und zwar in einem schnellen Wachstum
der Röhren- und Schädelknochen und in einer allgemeinen Zunahme
der Körperlänge.
Der Fall, über welchen ich in folgendem berichte, tut nun in
_ ' /
1 ) Nach einer Demonstration in der Berliner Gesellschaft für Psychiatrie
und Nervenkrankheiten am 9. Juni 1902. ■,
Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII. 1
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2
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1.
objektiver Weise, durch Bandmaß und Röntgenhild, die günstige
Wirkung der Thyreoidinbehandlung offenkundig dar.
Die kleine Pat., um die es sich handelt, wurde, 7 V 2 Jahre alt, am 18. Juni 1901
in die unter ärztlicher Oberleitung meines Vaters stehende Klinik aufgenommen.
Anamnestisch ergab sich folgendes:
In der Familie der Pat. sollen weder Nerven- noch Gemütskrankheiten, auch
kein der Kranken ähnlicher Fall vorgekommen sein. Die Eltern sind gesund,
Lues und Potatorium derselben wird negiert, der Vater stammt aus Berlin, die
Mutter aus Grünberg (Schlesien). Letztere hat einen sehr starken Kropf, desgleichen
soll eine Tante der Mutter einen starken Kropf haben. Die älteste Schwester
der Pat. soll an Lungenschwindsucht gestorben sein, eine 11jährige Schwester
leide an, „Lungenkatarrh“, ein 8jähriger Bruder an englischer Krankheit, die vier
übrigen Geschwister seien gesund, sämtliche zeigen normale Größe.
Pat. selbst wurde im Jahre 1893 in Nordend bei Berlin im neunten Schwanger¬
schaftsmonat in Schädellage normal und ohne Kunsthilfe geboren und zunächst
mit Kuhmilch genährt, da die Mutter wegen einerx „schlimmen Brust“ nicht selbst
stillen konnte. Das Kind bekam im Alter von sieben Monaten die ersten Zähne,
fing mit neun Monaten an zu laufen, hörte jedoch nach einigen Wochen wieder
damit auf, konnte auch nicht mehr stehen und begann erst mit dem vierten Jahr«
wieder zu gehen. Mit 6Va Jahren kam sie in die Schule und soll daselbst ganz
gut mitgekommen sein. An Krämpfen habe sie nie gelitten.
Die Mutter der Kleinen hat bemerkt, daß seit etwa vier Jahren das Wachs¬
tum ihres Kindes völlig stehen geblieben sei, sodaß ihr dieselben Kleider wie
vor vier Jahren sehr gut paßten, ihr Gesicht sei hingegen älter geworden*
Körperlich fühle sich die kleine Pat. völlig wohl, Appetit, Stuhlgang und Schlaf
Seien in Ordnung, geistig sei sie nicht auffallend zurückgeblieben.
Der objektive Befund bei der Aufnahme im Juni 1901 ergab folgendes:
Pat., 7 Vs Jahre alt, entspricht in ihrem Aussehen etwa einem 3jährigen
Kinde. Sie ist 84 cm groß, der Kopfumfang beträgt 49 cm, Halsumfang 24 Vs,
Ohrhinterhauptslinie 19, Ohrkinnlinie 13, Armlänge 33 l / a , Beinlänge 36 Vs* Brust¬
umfang 49—51, größter Leibumfang 56 cm. Das Gesicht bietet ein altes Aus¬
sehen, die Gesichtsfarbe ist leicht rötlich auf blaßgelbem Grunde, die Hautfarbe
marmoriert, die Haut trocken, nur die inneren Handflächen schwitzen etwas. In
der Oberschlüsselbeingegend finden sich leichte knollige Hautverdickungen. Scham-
und Achselhaare fehlen vollständig, das Haupthaar ist sehr spärlich, dünn und
trocken. Beim Geradestehen zeigte sich eine deutliche Lordose der Lendenwirbel¬
säule. Die Nasenwurzel ist breit, die Unterlippen leicht gewulstet, der Blick
freundlich. Der Kopf erscheint im Verhältnis zum übrigen Körper groß, der
Hals kurz, der Gaumen ist sehr schmal und steil, die Stirn niedrig, die Zähne,
besonders am Unterkiefer, stark defekt. Pat. macht einen schüchternen, wenig
lebhaften Eindruck, doch sind deutliche Intelligenzdefekte nicht nachweisbar.
Die Pupillen sind gleich weit und reagieren auf Licht und Akkommodation,
die Augenbewegungen sind nach allen Bichtungen hin frei, auch im übrigen bietet
die Untersuchung der Hirnnerven nichts Abnormes. Die Zunge wird gerade vor¬
gestreckt und ist auffallend lang, ohne besonders breit zu sein. Beiderseits sind
Cervicaldrüsen fühlbar. Die Kehlkopf knorpel sind deutlich abtastbar, von Schild¬
drüse ist nichts zu fühlen.
Die oberen Extremitäten bieten bis auf ihre Kleinheit und geringe Gelenk¬
verdickungen keine Sonderheit.
Der Gang ist watschelnd, beim Gehen wird das Becken stark mitbewegt,
die Haut der unteren Gliedmaßen ist rauh und trocken. Reflexe und Sensibilität
sind überall ohne Sonderheit
Rhachitischer Thorax. Herz- und Lungenbefund normal.
- Leib aufgetrieben, tympanitischer Klopfschall, leichte Nabelhernie. Unter¬
leibsorgane und Genitalien bieten keine Sonderheit, der Urin ist frei von Eiweiß
und Zucker.
Nach diesem Befunde war an der Diagnose „infantiles Myxödem“
nicht zu zweifeln, und es wurde demnach alsbald die Thyreoidea-
behandlung eingeleitet: Pat. erhielt Thyreoidin in Tablettenform
(Burroughs, Welcome und Co.) und zwar zunächst 0,1 g pro die, all-*
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I. Originalbeiträge.
3
mählich ansteigend his 0,3 g. Unangenehme Nebenwirkungen traten
.nie auf, vielmehr nahm die Besserung in dem Befinden der Kleinen
stetig und in auffallendem Maße zu. Bereits x /i Jahr nach Beginn
der Kur zeigten sich zwei neue Schneidezähne am Unterkiefer, die
Haare waren bedeutend stärker und dichter geworden. Nach Ablauf
eines Jahres hatte die Körpergröße um 10 cm zugenommen (94 cm im
Juni 1902 gegen 84 im Juni 1901), der Leibumfang war hingegen
um 4^2 cm gefallen (51 1 / % cm im Jahre 1902 gegen 56 cm im Jahre
vorher); der Gesichtsausdruck ist in diesem Zeitraum ein durchaus
anderer und kindlicherer, Pat. selbst bedeutend lebhafter und reger
geworden. Die Mutter gibt an, daß ihr Kind kaum wieder zu er¬
kennen sei und daß die Kleider desselben sämtlich verändert werden
müßten, damit sie gegenwärtig passen.
Ganz besonders schön zeigt sich aber die Besserung an den von
Herrn Dr. Levy-Dorn auf meine Veranlassung hergestellten Röntgen¬
bildern. Es wurden zweimal je 3 Aufnahmen gemacht, die erste
Serie Ende Juni 1901, also vor Beginn der Kur, die zweite Anfang
Mai 1902, also etwa 10 Monate nach Beginn derselben^
Das Ergebnis dieser Aufnahmen war folgendes:
Während das Röntgenbild der ersten Aufnahmen (Juni
1901) demjenigen eines 3 Jahre alten Kindes entspricht,
entsprechen die 10 Monate später angefertigten Photo¬
gramme bereits einem 7 Jahre alten Kinde. Sämtliche Knochen
sind auf den später angefertigten Bildern an Länge und Dicke be¬
deutend stärker entwickelt als auf den früheren Photogrammen, an
denen eine hochgradige Verzögerung der Verknöcherung (besonders
am Handskelett) zu konstatieren ist.
Im speziellen ist auf den Röntgenbildern folgendes sichtbar:
Fig. la (Juni 1901).
ÄWSfcy“ 2 »-
4
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1.
A. Hand (Fig. Ia und Ib).
Neu hinzugekommen sind im Laufe der lOmonatigen Behand¬
lung zu dem vor Beginn der Kur aufgenommenen Bilde:
1. die Epiphyse der Ulna (a) [auf Fig. Ia nichts, auf Fig. Ib
deutlicher Schatten sichtbar];
2. das Os lunatum (b);
3. das Os multangulum minus (c);
4. die Epiphysen für die letzten Phalangen (d) [nur am Daumen
ist dieselbe auch schon auf dem ersten Bilde sichtbar].
Sämtliche Knochen sind in Fig. Ib deutlich länger und dicker
als in Fig. Ia.
Fig. Ila (Juni 1901). Fig. II b (Mai 1902).
B. Kniegelenk (Fig. Ila und IIb).
Neu hinzugekommen sind im Laufe der lOmonatigen Behandlung:
1. die Patella (a); von derselben ist im Juni 1901 noch keine
Spur sichtbar, während das Bild vom Mai 1902 einen deut¬
lichen Patellaschatten zeigt;
2. die Epiphyse der Fibula (b).
Außerdem sieht man auf Fig. II b die Epiphyse der Tibia und
diejenige des Femur bedeutend stärker entwickelt als auf Fig. Ila;
während z. B. in Fig. Ila die Femurdiaphyse die Epiphyse des
Knochens kapuzenförmig umgibt, überragen auf Fig. II b die Epiphysen¬
grenzen an einzelnen Punkten diejenigen der Diapliyse.
Auch hier sind sämtliche Knochen des späteren Bildes deutlich
stärker entwickelt.
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liiMWiri
Fig. lila (Juni 1901). Fig. IIIb (Mai 1902).
(J. Fußgelenk (Fig. lila und III b).
Neu hinzugekommen ist die Epiphyse des Metatarsus V (a).
Auch auf diesen Bildern erkennt man eine deutliche Zunahme
des Knochenwachstums in Länge und Breite während der stattgehabten
Behandlung. So ist auch die Epiphyse der Fibula (b) auf dem
späteren Bilde um vieles stärker entwickelt; während sie nämlich auf
Fig. III a völlig isoliert und wie eine Insel vom Talus getrennt sicht¬
bar ist, liegt sie auf Fig. III b infolge ihrer Wachstumszunahme vom
Talus bereits zum Teil verdeckt.
(Aus der chirurgischeu Abteilung Prof. Dr. C. Bayer am K. F. J. Kinderspitale
in Prag.)
2) Echinococcus der Pleura.
(Rippenresektion, Abstoßung des Sackes in toto.)
Von
Dr. Carl Springer,
Mit dieser Überschrift ist der außerordentlich glückliche Erfolg
der Operation bei einem Falle von Echinococcus der rechten Pleura¬
höhle skizziert, dessen Krankengeschichte ich hier kurz wiedergebe
da der Verlauf nicht nur vom Standpunkte der Seltenheit, Interesse
bietet. Das Wesen der Krankheit blieb mehrere Jahre hindurch un¬
erkannt, erst nachdem der anfangs „subphrenische“ Echinococcus in
die Pleurahöhle durchgebrochen ergab sich durch die Probepunktion
die richtige Diagnose und konnte die operative Heilung erreicht
werden.
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6
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1.
L. L., Sohn gesunder Eltern, hat viel mit Hunden gespielt, stammt aus
; Mähren, wo die Echinococcuskrankheit selten ist. Nachdem er in früher Kindheit
Masern und Scharlach überstanden, erkrankte er im sechsten Lebensjahre ganz
plötzlich unter Schüttelfrost, Fieber, Schmerzen im rechten Hypochondrium. Dieser
Zustand schwand, ohne daß präzisere Symptome sich eingestellt hätten, nach zwei
Tagen, kehrte von da an aber etwa alle halben Jahre wieder. Im Alter von acht
Jahrenschloß sich an diese Anfälle häufiges Erbrechen, es wurde weiter von den
behandelnden Ärzten eine Dämpfungszone über den letzten Kippen rechts, hinten,
sowie eine Vergrößerung und Senkung der Leber vorn konstatiert. Einen cystischen
Tumor konnte auch ein mir persönlich bekannter hervorragender Internist damals
nicht nach weisen. Die Therapie erschöpfte dementsprechend im Laufe der Zeit
alle einschlägigen Mittel; Arsen, Eisen, Jod u. s. w. wurden ohne jede Wirkung
gegeben, der Knabe verlor den Appetit und fing an abzumagern.
Anfang März 1901 nach 5jährigem Bestehen der Krankheit, im 11. Lebens¬
jahre des Pat. trat eine leichte Bronchitis auf, die nach acht Tagen abklang, am
8. März stellte sich nach dem Abendessen plötzlich Erbrechen des genossenen
Schinkens und Kaffees ein, die Nacht verlief aber ziemlich ruhig. Am Tage darauf,
dem 9. März 1901 entstand früh ganz unvermutet unter starken Schmerzen
in der rechten Brustseite, hochgradiger Dyspnoe unter Hustenreiz mit starker
Cyanose ein bedrohlicher komatöser Zustand, Temperatur 39,0° C., Respiration 40,
Puls 160, im Laufe des Nachmittags gesellte sich dazu eine ausgebildete Urticaria
hauptsächlich am Rüc.ken, zahllose Quaddeln und Blasen unter unerträglichem
Juckreiz. 24 Stunden später hatte sich der Knabe unter Reizmitteln etwas erholt,
, es war nunmehr ein Eingefallensein der früher vorgewölbten Lebergegend zu
:i konstatieren, dagegen fand sich die ganze rechte Thoraxhälfte ausgedehnt, die
-Interkostalräume verstrichen, der Perkussionsschall darüber allenthalben gedämpft,
das Atmungsgeräusch gleich dem Stimmfremitus fehlend. Der Pat. lag auschließ-
lieh auf der rechten Seite.
Durch weitere zehn Tage hielt unter Temperaturen von 39—40° C. Husten¬
reiz und Dyspnoö in gleicher Intensität an, um dann einem afebrilen Zustande
mit geringeren Beschwerden Platz zu machen. Immerhin blieb aber eine leichte
Cyanose der Lippen und bei jeder Anstrengung trat starke Atemnot ein. Die
Vorwölbung der rechten Thoraxhälfte blieb in den unteren Partien im gleichen,
oben flachte sie sich ab, auch hellte sich hier der Perkussionsschall etwas auf.
Ikterus trat im ganzen Verlaufe nicht auf.
So blieb der Zustand den Sommer über im wesentlichen stationär trotz aller
medikamentösen Behandlung. Im Oktober 1901 wurde der Knabe auf unsere
Abteilung aufgenommen. Die rechte Thoraxhälfte war enorm ausgedehnt, fa߬
förmig, beteiligte sich nicht an der Atmung, ihre Interkostalräume verstrichen,
die linke Hälfte normal konfiguriert. Da Perkussionsschall war rechs vorn bis
zur 3. Rippe etwas verkürzt von da abwärts wie über der ganzen hinteren Fläche
absolut gedämpft. Das Atmungsgeräusch war rechts nur vorn über der Spitze
als sogenanntes Kompressionsatmen hörbar, sonst fehlte es gleich dem Stimm¬
fremitus. Linkerseits bot die Untersuchung der Lunge einen normalen Befund.
Das Herz war hochgradig nach links hinten verdrängt, der Spitzenstoß fühlbar
im 5. Interkostalraume in der hinteren Axillarlinie, der Leberrand war unter dem
Rippenbogen etwas denselben überragend palpatorisch und perkussorisch nach¬
weisbar, sonst normaler Abdominalbefund. Die Temperatur war normal, im Harn
etwas Indikan und Gallenfarbstoff.
Die Punktion des Thorax erwies das nach dem ganzen Verlaufe als wahr¬
scheinlich angenommene Vorhandensein eines Echinococcus; es entleerten sich
ca. 21 einer grünlich-gelben, etwas trüben geruchlosen, schäumenden Flüssigkeit
in der sich mikroskopisch Membranpartikel, Skolices und lose Haken, außerdem
als Hinweis auch den primären Sitz in der Leber zerklüftete Bindegewebsrestc,
gallig imbibiert, nekrotische Leberzellen sowie Hämatoidinkristalle fanden. Das
Vorhandensein letzterer allein, welches nach Mosler und Peiper 1 ) bisher nur
bei Leberechinococcus beobachtet wurde, wäre in diesem Falle kein strikter Beweis
für diese Provenienz, da sie auch durch die mit dem Durchbruch verbundene
Blutung entstanden sein könnten. Die sonstigen geformten Elemente, reichliche
*) Mosler und Peiper: „Tierische Parasiten“ in Nothnagels Spezielle
Pathologie und Therapie Bd. VI., Wien 1894.
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I. Originalbeiträge.
7
polynukleäre Leukocvten, sowie Fettkugeln, boten nichts Charakteristisches, da¬
gegen fiel auf das Fehlen von Cholesterin, während Gallenfarbstoft durch die
Probe mit Salpetersäure-Schwefelsäure nachzuweisen war. Mit der Flüssigkeit
beschickte Agar- und Bouillonnährböden blieben steril.
Durch diesen Befund war die ganze Genese der Krankheit klar gelegt, es
handelte sich um einen Echinococcus der Pleura, der sich an den Durchbruch
eines solchen von der Leber her angeschlossen hatte, jedenfalls nach vorheriger
Usurierung des Zwerchfells. Der Zeitpunkt dieses Durchbruches ist markiert durch
die schweren Zustande am 9. März 1901, die sich an die Bronchitis anschlossen.
Vielleicht waren es gerade diese Hustenstöße, die die letzte Veranlassung zum
Durchreißen der Cystenwand und des druckatrophischen Zwerchfelles gaben.
Die Punktion hatte gleichzeitig als Palliativoperation den Wert, daß sie
den Pleuraraum etwas entleerte, die Interkostalräume sanken ein, der Spitzenstoß
reichte nahe an die normale Stelle; doch mußte sie vorzeitig abgebrochen werden,
da die Herztätigkeit bedenklich schwach wurde.
Die vorgeschlagene Kippenresektion wurde zunächst verweigert’ von den
außerordentlich ängstlichen Eltern, der Knabe kam nur den Winter über noch
2mal zur Punktion, bei der jedesmal etwa 21 entleert wurden. Interessant ist,
daß der Knabe stets nach der Punktion 2—3 Tage fieberte und lmal danach
eine Urticaria, jedenfalls Folgen der entweder durch den Stichkanal oder die
Pleura selbst infolge der veränderten Druck und Zirkulationsverhältnisse ermög¬
lichten Besorption von toxischen Substanzen der Echinococcusflüssigkeit.
Erst als sich die Eltern überzeugten, daß die Flüssigkeit sich immer wieder
nachfüllte und daß die Operation das einzige rationelle Mittel sei, gaben sie ihre
Einwilligung zu demselben. Am 15. III. 1902 wurden von Herrn Professor Bayer
in Chloroformnarkose unterhalb der Scapula je ca. 6 cm der 7. und 8. Bippe sub¬
periostal reseziert, die etwa 4 mm dicke, mit der Pleura innig zusammenhängende
Membran stumpf durch trennt. Es entleerten sich 71 der oben beschriebenen
Flüssigkeit Durch die Wunde wurde ein starkes Drainrohr eingeführt, die Pleura¬
höhle mit steriler Gaze locker tamponiert. Nach der Operation bestand starker
Hustenreiz, der durch Codein nur wenig gemildert wurde und durch mehrere
Tage anhielt, die Temperatur stieg auf 39° C., durch das Drain entleerte sich
spärliche, der früheren analoge Flüssigkeit, nur hier und da ein Fetzen der Echino-
cocus8membran. Am 6. Tage nach der Operation erfolgte abermals eine Urticaria¬
eruption.
Nach acht Tagen wurde das Drain entfernt und die ganze Höhle in der
Absicht, die Sequestrierung anzuregen, mit steriler Gaze etwas fester tamponiert.
Die Temperaturen schwankten in diesen Tagen zwischen 37—38° C. Acht Tage
lang rührte sich der Echinococcussack gar nicht, und wir überlegten schon, in
welcher Weise eine Verödung des Sackes durch eines der vielen vorgeschlagenen
Mittel bewirkt werden könnte, falls die Tamponade versagen würde. Von solchen
wäre uns da Sublimat bei Kindern zu bedenklich, Jod, Jodoform oder Alkohol
plausibel gewesen.
Am 1. IV. 1902, dem 16. Tage post operationem, zeigte sich ein großes
Membranstück in der Wunde flottierend. Mit Pinzetten sehr vorsichtig ziehend,
gelang es mir, den Echinococcussack in toto wie ein hohles Ei herauszuziehen.
Derselbe war einkämmerig, und stellte einen über zwei Mannesfaust großen Abguß
der Pleurahöhle dar mit zahlreichen Excrescenzen und roten durch Hämatoidin
bedingten Flecken auf der Innenfläche. Seine Wand bot in Zupfpräparaten wie
Schnitten den typischen Bau des Echinococcus.
Bei dieser Ablösung trat fast gar keine Blutung ein, ein Zeichen, daß die
Abstoßung allenthalben vollendet war; mit dem Keflektor übersahen wir einen
großen Teil der Pleura, dieselbe war in lebhafter Granulation hier und da mit
Fibrin belegt, jedoch nirgends Beste des Echinococcus, ebensowenig war eine Ein¬
ziehung oder Narbe der Zwerchfellkuppel zu sehen.
Der weitere Verlauf war ein ganz glatter; durch den Drain entleerte sich,
allmählich abnehmend reichliches Wundsekret, die Temperatur hielt sich in normalen
Grenzen, die Lunge entfaltete sich allmählich. Nachdem auch durch Granulation
die Besektiönswunde sich geschlossen, wurde der Knabe drei Monate nach der
Operation in blühendem Zustande mit einem Stützmieder behufs Verhütung einer
Skoliose durch die Narbenschrumpfung nach Hause entlassen.
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8
Centralblatt fftr Kinderheilkunde. No. 1.
Ist schon das Vorkommen des Echinococcus bei Kindern ein
seltenes — wir beobachteten in den letzten Jahren außer diesem
nur noch einen Fall von Leberechinococcus — so ist der glückliche
Ausgang der Erkrankung mit der frappierenden, geburtartigen Ab¬
stoßung des Sackes auf einmal als ein ganz außergewöhnliches zu
bezeichnen, da der Durchbruch in die Pleurahöhle ein sowohl durch
die mechanische, ganz besonders aber durch die chemische Wirkung
äußerst gefährliches Ereignis darstellt. Ergießt sich damit doch eine
Menge der exquisit toxischen Echinococcusflüssigkeit über eine neue
resorptionstüchtige Serosa ganz abgesehen von den Komplikationen
falls der Inhalt eiterungserregende Bakterien enthielt. So schreibt
Mosler und Peiper: „Der Durchbruch nach dem Cavum pleurae
erfolgt unter heftigem Seitenschmerz, plötzlich auttretender Dyspnoe
und schneller Entwickelung einer meist tötlich verlaufenden eitrigen
Pleuritis“.
Daß es in diesem Falle zu einer solchen nicht kam, ist wohl ein
Fingerzeig dafür, daß sich der primäre Leberechinococcus — wie
gewöhnlich — subkapsulär an der Konvexität mehr nach hinten zu
entwickelte, und mit keinem grösseren Gallengang in Verbindung
trat, so daß sein Inhalt eher steril bleiben konnte. Diese Annahme
erklärt auch den Befund der früheren Beobachter des Knaben, daß
sich eine breite Dämpfungszone rechts hinten fand, während vorn die
Leber nur etwas vergrößert und gesenkt erschien. Bei dieser Sach¬
lage war auch der Nachweis eines cystischen Tumors durch Palpation
oder Perkussion unmöglich, da derselbe, durch die Bippen gedeckt,
dem direkten Nachweise sich entzog.
Die zum Teile recht schweren toxischen Erscheinungen — Urti¬
caria, Juckgefühl, Fieber, im ersten Anfalle auch Coma — die sich
jedesmal zeigten, wenn die Echinococcusflüssigkeit neue Resorptions-
flächen fand, lmal beim Durchbruch, nach der Punktion, sowie auch
nach der Resektion, entweder durch Resorption von den gesetzten
Wundflächen aus oder durch die Druckentlastung vom umgebenden
Gewebe aus, bestätigen die Bedenken, welche man gegen die Punktion
des Echinococcussackes auch zu diagnostischem Zwecke hegt. Die¬
selben sind gewiß völlig ausreichend, um bei Echinococcus der Leber,
wenn derselbe nicht mit den Bauchdecken verwachsen ist, die Probe¬
punktion als zu gefährlich zu unterlassen, da die Möglichkeit durch
den Stichkanal, der die freie Bauchhöhle passiert, einen Weg für
Dissemination auf das Peritoneum und Resorption des toxischen
Inhaltes mit allen ihren Konsequenzen zu schaffen sich nicht ganz
ausschließen läßt. Es ist daher gewiß rationeller, das von Volkmann 1 )
wieder aufgenommene zweizeitige Operationsverfahren nach Röcamier-
Bögin für den Leberechinococcus auch als diagnostisches Mittel zu
verwenden, wie es an einem 8jährigen Knaben an unserer Abteilung
mit bestem Erfolge geschah. Das gleiche gilt wohl auch vom Echino¬
coccus der Lunge und Milz.
In unserem Falle, wo dem Verlaufe und dem physikalischen
Befunde nach außer den Weich teilen der Thorax wand kein intaktes
*) Literatur bei Mosler und Peiper 1. c.
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II. Referate.
9
Organ verletzt werden konnte, war die Punktion, die May dl 1 ) per-
horresziert, so lange bei intra-thorakalen FlQssigkeitsansammlnngen
ihre Provenienz und Organsitz nicht klar sind“, gewiß erlaubt, da
sie znr Sicherung der Diagnose und Erwirkung der Operationsein¬
willigung unumgänglich nötig war. Man kann ja auch die eventuell
notwendig scheinende Radikaloperation der Punktion gleich anschließen
und so die Gefahren der letzteren auf ein Minimum reduzieren. Der
glückliche Erfolg der Operation bestätigt aufs neue, daß die Behand¬
lung des Echinococcus, wenn irgend angängig, nur eine chirurgische
sein kann.
II. Referate.
L. LÖrand. Beitrag zur Kenntnis des Echinococcus pleurae
im Kindesalter.
(Aus dem Stefanie-Kinderspital zu Budapest.)
(Monatsschrift für Kinderheilkunde Oktober 1902.)
Im Stefanie-Kinderspitale wurden seit 1890 im ganzen zwei Fälle
von Echinococcus im intrathorakalen Raume beobachtet. Den einen
hat bereits v. Bökay 1900 beschrieben und betont, daß derselbe der
1. Fall sei, welcher bezeugte, daß das Baccellische Verfahren picht
nur bei Echinococcus der Leber, sondern auch bei intrathorakaler
Lagerung der Blase zum Erfolge führt.
Die 2. Beobachtung schildert jetzt L. Sie ist vom diagnostischen
und therapeutischen Standpunkt aus von Interesse. In ersterer Hin¬
sicht war es schwierig festzustellen, mit welcher Art des intrathorakal
gelegenen Echinococcus man es zu tun hatte, ob mit pleural oder
pulmonal gelagertem. Es zeigte sich, daß der Pat., ein 11 jähriger
Knabe, der viel mit Hunden gespielt hatte, an primärem, intra¬
thorakalem Echinococcus litt, bezw. daß multiple Cysten, höchst wahr¬
scheinlich Mutter- und Tochterblasen, vorhanden waren, von denen
eine Blase vereiterte und sich durch die Lunge bezw. durch den
Bronchus spontan durchbrach und teilweise entleerte, so daß zur Zeit
der Spitalaufnahme eine Pyopneumocyste konstatiert werden konnte.
Es fand sich in der rechten Brusthöhle eine umschriebene Dämpfung,
deren Grenzen sich bei Lageveränderung des Kranken veränderten,
beim Husten wurde Foetor ex ore wahrgenommen, und bei der
Punktion eine übelriechende, zersetzte Flüssigkeit gewonnen. Eine
kleine Cyste war daher entweder in dem Lungengewebe gelagert, oder
falls sie anfangs aus der Pleurahöhle hervorging, bildete sich eine
Verwachsung zwischen der Blasenwand der vereiterten Cyste und dem
visceralen Pleurablatte der Lunge, wonach zirkumskripter Zerfall des
Lungengewebes und zum Schlüsse Durchbruch erfolgte durch den
ebenfalls exulzerierten Bronchuszweig. Die Mutterblase selbst dürfte
jedoch zwischen den Pleurablättern gelegen sein. Denn erstens wurden
*) Maydl, Echinococcus der Pleura, Wien 1891 cit. bei Mosler-
Peiper 1. c.
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10
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1.
in der Lunge keine entzündlichen Veränderungen gefunden, welche
bei Lungenechinokokken gewöhnlich das Bild der Phthise Vortäuschen.
Es fehlten ferner vor und nach der Operation solche Symptome,
welche auf eine MiterkrankuDg des Lungengewebes hingedeutet hätten
(Höhlensymptome) und nicht auch durch einen in die Bronchien durch¬
gebrochenen Pleuraechinococcus erklärt werden könnten. Die um¬
schriebene fluktuierende Hervorwölbung an der vorderen Brustwand,
die vorlag, spricht in der Eegel ebenfalls für pleurale Lagerung der
Blase. Endlich drängte sich bei der Operation nach der Rippen¬
resektion und Eröffnung des parietalen Brustfellblattes sofort ein Teil
des Blasensackes bruchartig hervor. Dies wäre bei primärer pulmonaler
Lagerung der Cyste nur so möglich gewesen, wenn dieselbe in den
Pleuraraum hineingewachsen wäre; doch hätte man dann die An¬
wesenheit eines Pyopneumothorax oder zumindest einer exsudativen
Pleuritis mit Verwachsungen mit Recht erwarten dürfen! Der wichtigste
Faktor zu gunsten der pleuralen Lagerung der Blase ist aber der,
daß nach der leichten und vollkommenen Entfernung des kindskopf¬
großen Echinococcus die Lunge vollkommen retrahiert und in kom¬
primiertem Zustande entlang der Wirbelsäule im hinteren Teile der
Höhle gesehen werden konnte. Eine Kommunikation der Echinococcus¬
höhle mit der Leber wurde bei der Operation nicht konstatiert, auch
ein Symptom einer solchen nicht entdeckt Auf Grund dieser Er¬
wägungen stellt L. die Diagnose auf primären multiplexen Pleura¬
echinococcus, von welchem eine Tochterblase in den Bronchus durch¬
brach.
Therapeutisch hat Bökay in seinem 1. Falle, wo bei einem
5jährigen Knaben ein die ganze linke Brusthälfte ausfüllender solitärer
Echinococcus vorlag, mit 2mal wiederholten Baccellischem Verfahren
volle Genesung erzielt. Auch bei obigem Falle wurde dies Verfahren ver¬
sucht, aber ohne solchen Erfolg. In dem 1. Falle hatte man es auch
mit einem solitären, intrathorakal gelegenen Echinococcus zu tun, in
welchem die nach vorhergegangener Aspiration injizierte Sublimat¬
lösung ihre volle Wirkung aüsüben konnte. Bei obigem Falle war
es anders. Bei der Operation sah man, daß die Mutterblase im
Absterben begriffen war, daß ihre Blasenwand brüchig wurde, und
daß demnach ein gewisser Einfluß der Sublimatinjektion zu bemerken
war, doch konnte die Wirkung des Verfahrens hier nicht zur Geltung
kommen, da eine Tochterblase, in die das Sublimat sicher nicht ge¬
langt war, vereiterte und den Bronchus durchbrach, infolgedessen
wohl auch die übrigen Blasen infizierte. Es war die Radikaloperation
geboten. Diese ist also angezeigt, wenn wir Anzeichen der Vereiterung
der Cyste oder des Auftretens von Pyopneumocystis wahrnehmen,
während sonst das Baccellische Verfahren auch bei intrathorakaler
Lagerung des Echinococcus als primärer Eingriff zu empfehlen wäre.
Grfitzer.
Cima. Eitrige Pleuritis bei einem 2jährigen Kinde.
(La Pediatria No. IX. 1902.)
Bei der Untersuchung des Kindes fand sich eine bis zur Axillar¬
linie reichende vollkommene Dämpfung auf der rechten Seite; die
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C . ogle
II. Referate.
11
Probepunktion — im 7. Interkostalraum ausgeführt — ergab das
Vorhandensein von reinem Eiter. Innerhalb einer Woche erfolgte —
olme besondere Therapie — völlige Aufhellung der Dämplung.
Wahrend der Erkrankung hatte kein Fieber bestanden. Die mikro¬
skopische Untersuchung des bei der Probepunktion erhaltenen Eiters
ergab Eiterkörperchen, einzelne rote Blutkörperchen und Hämatoidin-
krystalle. Die Untersuchung auf Tuberkelbazillen war negativ. Da¬
gegen wuchs auf Agar und Bouillon ein Mikroorganismus mit allen
morphologischen Eigenschaften des Staphylococcus albus, der auf
Meerschweinchen geimpft, das Versuchstier innerhalb von 10 Tagen
tötete. Innerhalb der Bauchhöhle des letzteren fand sich ein seröses,
mit fibrinösen Flocken versetztes Exsudat, aus dem sich wieder der
Staphylococcus albus in Reinkultur züchten ließ. Finder (Berlin).
G. Treupel (Freiburg i. B.) Operative Behandlung gewisser
Lungenerkrankungen.
(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 40.)
Es handelte sich um die Operation bei einem 9jährigen Knaben
mit einer umschriebenen Verdichtung nicht tuberkulöser Natur und
beginnender Schrumpfung mit Bronchiektasien im linken Unterlappen,
die sich im 4. Lebensjahre ausgebildet haben soll, wo Pat. eine
Ähre verschluckte. Seidem viel Hüsteln, zeitweise bei starken Husten-
anfallen reichliche Entleerung eines stark riechenden eitrigen Aus¬
wurfes, der auch sofort entleert wird, wenn man das Kiüd auf den
Bauch legt. ‘
Nach Resektion der 9.—7. Rippe wird mit dem Thermokauter
in der Höhe der 7. Rippe etwa 5 cm nach außen von der Wirbel¬
säule eingegangen. Nachdem sich der Schorf abgestoßen, gelangte
man mit der Sonde in eine nach der Wirbelsäule zu gelegene Höhle,
aus der sich bei Hustenstößen Luft und Eiter entleerten. Seitdem
expektorierte Pat. nichts mehr nach oben, sondern alles Sekret lief
durch die Lungenfistel, die 7 Wochen offen blieb. Pat. bekam sehr
bald blühende Gesichtsfarbe, nahm an Gewicht zu, hatte keinen Husten
mehr, auch bei Bauchlage kam kein Eiter mehr zum Munde heraus.
Verlauf auch weiter ein guter, die Operationswunde vernarbte, an
Stelle der Lungenfistel ist eine trichterförmige Einziehung. Die
Lungenerscheinungen sind fast verschwunden, Pat. wohl und munter.
Man darf wohl annehmen, daß die Entfernung des Sekretes auf dem
kürzeren Wege durch die Fistel während der 7 Wochen der Bronchial¬
schleimhaut, die sonst damit benetzt wurde, zugute kam, und vor
allem darf man erwarten, daß sich jetzt nach der ausgiebigen Thorax¬
resektion die Schrumpfung des Lungengewebes viel rascher und voll¬
ständiger vollziehen kann. Grätzer.
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12
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1.
0. M008 (Heilbronn a. N.). Bin Fall von Lobärpneumonie mit
konsekutivem Pemphigus acutus bei einem 2 1 / 8 jährigen Kinde.
(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 45.)
Das bisher stets gesunde Band erkrankte an typischer Pneumonie.
Am 9. Krankheitstage zeigten sich zum erstenmale einige Bläschen
von Stecknadelkopf- und Linsengröße auf der Vorderseite der Brust,
von einem schmalen, blaßroten Saum umgeben. Diese vergrößerten
sich tags darauf zu Dreimarkstückgröße, neue Bläschen tauchten auf
Brust und Rücken, auf. Dabei war der Allgemeinzustand sehr be¬
drohlich, gegen den Kollaps waren Kampherinjektionen nötig, die
hyperpyretischen Temperaturen trotzten jeglicher Antipyrese. Der
Ausschlag griff immer weiter um sich, am Rumpfe saßen bis hühnerei¬
große Blasen, nach deren Abtragung das Bild einer schweren Ver¬
brennung bestand; vier Tage nach Beginn des Pemphigus erschien
die untere Hälfte des Rückens in toto ihrer Epidermis beraubt, und
auch auf der Vorderseite des Rumpfes, an Brust und Bauch waren
über handtellergroße Partien freiliegenden Coriums. Der Prozeß auf
der Lufige war unterdessen ziemlich abgelaufen, unter lytischem
Temperaturabfall besserte sich das Befinden, die wenigen noch ent¬
stehenden Blasen blieben klein. Die Hautaffektion wurde mit Barde¬
leben sehen Brandbinden, die sich gut bewährten, behandelt. Die
Rekonvaleszenz erfuhr keine Störung, das Kind wurde wieder ganz
gesund. Grätzer.
StOSS. Die Pneumokokkenperitonitis im Kindesalter.
(Jahrbuch für Kinderheilkunde 1902 Bd. 56 Heft 4).
Zusammenfassende Darstellung dieser Erkrankung auf Grund
von vier selbstbeobachteten Fällen und der vorliegenden Literatur.
Die vier Fälle wurden operiert und heilten alle.
Klinisch sind zwei Formen zu unterscheiden, die abgekapselte
eitrige und die diffuse eitrige Peritonitis. Die erstere beginnt gewöhn¬
lich ganz akut mit Erbrechen, Fieber und Schmerzen im Unterleib,
zu denen sich häufig' Diarrhöen gesellen. Allmählich tritt eine
gewisse Ruhe ein; dabei kommt es unter gewöhnlich anhaltenden
Diarrhöen zu meteoristischer Auftreibung des Leibes und nach etwa
14 Tagen zur deutlichen Flüssigkeitsansammlung im Abdomen. Wird
in diesem Stadium der Abszeß nicht eröffnet, dann wird durch den
Eiter der Nabel gleich einer Hernie vorgetrieben; durch die dünne
gespannte Haut läßt sich der eitrige Inhalt erkennen; eventuell spon¬
taner Durchbruch.
Die zweite, diffuse Form beginnt ebenso stürmisch, nur ver¬
schlimmert sich hier der Zustand ohne Unterbrechung. Das klinische
Bild ist kein einheitliches, typisches, sondern entspricht dem einer
allgemeinen schweren Peritonitis.
Besprechung der Diagnose und Differenzialdiagnose speziell gegen¬
über Typhus abdominalis (Fehlen der Roseola, geringe oder fehlende
Milzvergrößerung, Widal negativ), tuberkulöser Peritonitis. — Patho¬
logische Anatomie der Pneumokokkenperitonitis. Bezüglich der P a th o -
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II. Referate.
13
genese der Erkrankung spricht sich Ver£ dahin ans, daß dieselbe
im jugendlichen Alter keine einheitliche sei, sondern daß sie vielmehr
sowohl durch Propagation des Pneumococcus aus der Nachbarschaft,
vom Darm, von der Pleura, von den weiblichen Genitalien her, als
auch auf h&matogenem Wege entstehe.
Die Prognose ist bei den abgesackten Formen, wenn rechtzeitig
eröffnet wird, eine sehr günstige, bei der diffusen eitrigen Form zum
mindesten ernst Hecker (MOnoben).
H. Krause. Zur Behandlung der Lungen- und Kehlkopf¬
tuberkulose mit Hetol (Länderer).
(Berliner klin. Wochenschrift 1902 No. 42.)
K. hat 21 Pat. mit Lungentuberkulose, von denen die jüngsten
17 und 20 Jahre alt waren, mit intravenösen Injektionen — solche
hält er allein für genügend wirksam — von Hetol behandelt. Nach¬
dem er längere Zeit an seinen Kehlkopfkranken die Beobachtung
gemacht hatte, daß unter dieser Therapie nicht nur oberflächliche
und wenig ausgedehnte Schleimhautläsionen ohne alles weitere Zutun
zur Heilung gäangten, sondern daß auch die medikamentöse oder
chirurgische Lokalbehandlung der Kehlkopftuberkulose in kürzerer
Zeit als bisher zu günstigen Resultaten führte, behandelte er mit
Hetol auch besonders dazu geeignet erscheinende Fälle aus der
Privatpraxis, Bei solchen Pat., denen es zu Hause an ausreichender
Pflege nicht fehlte, machte er auch sehr befriedigende Erfahrungen
damit, und zwar nicht nur in initialen Fällen von Phthise, sondern
auch in schwereren. Freilich erfordert die Behandlung oft lauge
Zeit, wenn man die hauptsächlichsten Erscheinungen, das Fieber,
den Husten, den Auswurf, die Schweiße, die Appetitlosigkeit und den
Ernährungszustand günstig beeinflussen will. Bei konsequenter An¬
wendung des Hetols gelingt dies aber, und auch die physikalischen
KrankheitszeiGhen zeigen deutlich die Wendung zum Besseren. Nicht
selten, besonders bei beginnender Erkrankung, schwanden alle patho¬
logischen Symptome bis auf geringe bleibende Veränderungen der
Afcmungsgeräusche. In anderen kam es zur Induration der befallenen
Luugenpartien, in schwereren konnte man über Partien, welche am¬
phorisches Atmen und grobe feuchte Rasselgeräusche zeigten, das
allmähliche Verschwinden der letzteren nachweisen; es blieben nur
Höhlengeräusche zurück, aber die Atmung wurde freier und leichter.
Man darf sich aber durch Anfangserfolge nicht beirren lassen und
veranlaßt sehen, mit der Therapie aufzuhören. Gewöhnlich treten
sehr bald Zeichen von subjektiv und objektiv nachweisbarer Besserung
fast aller Symptome ein, die aber später einem Stillstände Platz
macht; auch letzteres darf einen nicht beirren, man hat vielmehr mit
den Injektionen fortzufahren, bis je nach dem Falle, früher oder
später dauernde Veränderungen im günstigen Sinne sich geltend machen.
Grätzel".
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14
Centralblatt fOr .Kinderheilkunde. No. 1.
C. Fuch8. Klinisch-therapeutische Erfahrungen über Thiokol
und Sirolin.
(Aus dem k. k. Allgemeinen Krankenhause in Wien.)
(Sonderabdruck aus der Wiener klin. Rundschau 1902 No. 21 u. 22.)
F. ist mit den genannten Präparaten sehr zufrieden gewesen,
so daß er zu dem Schluß kommt:
„Alles zusammengefaßt, ergibt sich, daß das Thiokol und Sirolin
infolge seiner Vorteile gegenüber allen Kreosotderivaten, be¬
sonders aber durch seine Ungiftigkeit, Appetit und Verdauung
fördernde, Fieber, Nachtschweiße und vor allem den Lokal-
prozeß günstig beeinflussende Wirksamkeit als das derzeit
beste Guajakolpräparat bei Phthise zu bezeichnen und zu
empfehlen ist, und zwar vor allem bei beginnender Lungentuberkulose,
aber auch gegen die Symptome schwerster Phthisen und besonders
bei Komplikation mit Darmtuberkulose, wobei keine Kontraindikation
(auch nicht durch Hämoptoe) besteht.“
Auch bei Kindern hat F. die Mittel benutzt. Ein Beispiel:
J. P., neun Jahre; Status praesens am 20. IX. 1901: Links hinten Dämpfung
bis zur Mitte der Scapula, vorne bis zwei Querfinger, unter der Clavicula; Bron¬
chialatem, verlängertes Exspirium, trockene und feuchte Rasselgeräusche, spärlich,
diffus; geringer Auswurf; Tuberkelbazillen positiv; Husten, Appetitlosigkeit,
irregulär auftretende Temperatursteigerungen, Nachtschweiße; keine Hämoptoö,
Urin normal; Körpergewicht 21,7 kg. Nach 10tägiger indifferenter Therapie bei
unverändertem obigen Status erhielt Pat. ab 1. X. 1901 bis 18.11. 1902 anfangs
3mal, später 4mal täglich je eine Thiokoltablette; hernach Sirolin zwei bis drei
Kaffeelöffel täglich; seit 2. L 1902 vollständig normaler Lungenbefund, kein Aus¬
wurf, kein Husten, kein Nachtschweiß; sehr guter Appetit; Körpergewicht 26,5 kg.
15. IH. Ende der Behandlung bei andauernd völlig normalem Befunde, Körper¬
gewicht 28,6 kg. Grätzer.
L. Teleky. Zur Bekämpfung der Tuberkulose.
(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 38—41.)
Auch in Österreich beschäftigt sich heüte die Öffentlichkeit viel
mit der Tuberkulosenfrage. Die verschiedene Wertung der mannig¬
fachen vorgeschlagenen Maßregeln kommt auch in den von Körper¬
schaften und Behörden abgegebenen Gutachten zum deutlichen Aus¬
druck. Diese bilden einen Teil des Materials, das T. als Unterlage
für seine interessanten Darlegungen benutzte.
Alle Maßregeln zur Bekämpfung der Tuberkulose lassen sich in
drei große Gruppen sondern. Die erste umfaßt alle jene Maßregeln,
die, ohne sich speziell gegen die Tuberkulose zu richten, durch
Schaffung günstiger und den Forderungen der Hygiene entsprechender
Lebensverhältnisse der Phthise den Boden für ihre Entwickelung ent¬
ziehen, z. B. Besserung der Lohn- und Arbeitsverhältnisse, Abkürzung
der täglichen Arbeitszeit, Beschränkung der Frauen- und Kinderarbeit,
Besserung der Wohnungsverhältnisse u. s. w. Die 2. Gruppe be¬
schäftigt sich mit der Prophylaxe der Tuberkulose, indem sie einer¬
seits die Gelegenheit für die Ansteckung verhindern will (Isolierung,
Desinfektion u. s. w.), andererseits die für Tuberkulose Disponierten
besonders schützt (Berufswahl, Bekonvaleszentenheime, Erholungstätten
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II. Referate.
15
u. a). Die 3. Gruppe erstrebt Heilung der Erkrankten (Seehospize,
Volksheilstätten) und dadurch Hemmung der Weiterverbreitung der
Seuche.
T. legt klar, welche Erfolge bisher mit diesen Arten von Ma߬
nahmen erreicht wurden, und erörtert die Möglichkeiten, die sich uns
für die Durchführung derselben bieten, wobei er die.Erfahrungen
heranzieht, die auf verwandten Gebieten gemacht wurden.
Grätzer.
M. Hohlfeld. Zur tuberkulösen Lungenphthise im Kindesalter*
(Aus der Kinderklinik in Leipzig.)
(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 47.)
Zwei Fälle, betreffend ein sieben Monate und ein zehn Monate
altes Kind mit großen Kavernen im Oberlappen. Bei dem 1. Pat.
war es zur Bildung einer größeren Kaverne im rechten überlappen
gekommen, wo die Phthise ihren Hauptsitz genommen hatte; auch in
der linken Lunge nahm die Größe der tuberkulösen Herde nach den
Unterlappen zu ab. Der tuberkulöse Charakter der Lungenerkrankung
ergab sich aus der Anamnese, dem ganzen Krankheitsbilde und vor
allem durch den Nachweis von Tuberkelbazillen im Sputum, während
Auskultation und Perkussion mit Sicherheit nur die Zeichen einer
Verdichtung des Lungengewebes ergaben. Beim 2. Kinde bestanden
intra ritam Kavernensymptome, die durch den Nachweis elastischer
Fasern im Sputum besonderen Rückhalt gewannen. Während man
jedoch nach dem klinischen Befunde einen größeren Hohlraum er¬
warten durfte, fand sich bei der Sektion, daß dieser nur vorgetäuscht
wurde durch Bronchiektasien in der Umgebung der kleinen Kaverne,,
die auch hier im Oberlappen saß, während die Tuberkulose ziemlich
gleichmäßig über alle Lappen verbreitet war. Auch in diesem Falle
wurden im Sputum Tuberkelbazillen nachgewiesen. Es fand hier
ferner — ein seltenes Ereignis in diesem Alter — eine Hämoptoe statt*
Beide Fälle zeigen wieder, welche Ausdehnung die Phthise schon
bei Säuglingen annehmen kann. Gr ätz er.
Eugen Schlesinger. Eigentümlicher Beginn einer tuberkulösen
Meningitis.
(Archiv für Kinderheilkunde 1902 Bd. 3i, Heft 5/6.)
Ein 2 1 / 2 jährige8 Kind wird mitten in voller Gesundheit plötzlich
apoplektiform, von stundenlang anhaltenden, halbseitigen Krämpfen
befallen, die von einer vollkommenen Lähmung derselben (rechten)
Seite und Aphasie gefolgt waren. Alle diese Erscheinungen gingen
jedoch innerhalb 36 Stunden vollkommen vorüber. Unmittelbar darauf
setzte mit einem typischen, tagelangen Prodromalstadium die tuber¬
kulöse Menigitis ein, die weiterhin unter all den gewohnten Erschei¬
nungen am 15. Tage zum Exitus führte. Verf. schließt daraus, daß-
bei einem tuberkulös belasteten Kinde das Auftreten schwerer Kon-
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1.
vulsionen und Lähmungen stets mit Wahrscheinlichkeit auf eine
tuberkulöse Meningitis, als das im Sindesalter häufigste Vorkommnis
folgern lasse. Hecker (München).
Dimitrie Jonescu. Die Cirrhosiß cardio-tuberculosa.
(8pitalul 1902 No. 18/19.)
Eine der interessantesten unter den verschiedenen, mit chronischem
Ascites komplizierten Krankheiten des Kindesalters, ist die vonHutinel
im Jahre 1893 beschriebene Cirrhosis cardio-tuberculosa. Die
durch den tuberkulösen Prozeß hervorgerufene perikardische Sympbise
bildet eine bedeutende Ursache venöser Stauungen, welche einen
nachteiligen Einfluss auch auf die venöse Blutzirkulation der Leber
ausübt und zur Entwickelung chronischer Hypertrophien und im
weiteren Verlaufe zu wahrer Lebercirrhose führt. Die Stauung im
rechten Herzen wirkt also hier auf dem Wege der supra-hepatischen
Gefäße auf die Leber. Andererseits kann aber die Tuberkulose auch
direkt auf die Leber einwirken und zwar auf dem Wege der Arteria
hepatica, der Vena porta oder der Gallengänge, wenngleich der Weg
durch die Pfortader der wahrscheinlichste ist. Die Krankheit ist
selten, denn in der Literatur sind im ganzen 32 Beobachtungen
verzeichnet, sechs bei Erwachsenen und die übrigen bei Kindern.
Die perikardische tuberkulöse Symphise führt rasch zur
Asystolie und infolge Behinderung der Herzbewegung zur Stauungsleber.
Mitunter bietet die Leber auch tuberkulöse Granulationen, fettige
Degenerationen oder fettige hypertrophische Cirrhose.
Die Hauptsymptome dieser Krankheit sind: geringe körperliche
Entwickelung, Dyspnoe, Cyanose des Gesichtes und der Extremitäten*
vergrößerte, nicht schmerzhafte Leber, schwache Herztätigkeit mit
fötalem Rhythmus und bedeutenden Ascites.
Verf. beschreibt einen selbstbeobachteten Fall, bei welchem aus¬
gedehnte pleuro-perikardische und mediastino-sternale Adhärenzen,
in denen sich verkäste Tuberkeln befanden, gefunden wurden. Das
Perikard war fest mit dem Herzen durch zahlreiche, mit Tuberkeln
besetzte Pseudomembranen verwachsen. Außerdem bestand Lungen¬
tuberkulose und Muskatnußleber. E. To ff (Braila).
H. Brüning (Leipzig). Tuberkulose der weiblichen Geschlechts¬
organe im Kindesalter*
(Monatsschrift für Geburt sh ilfe und Gynäkologie 12. August 1902 Heft 2.)
In dem ersten eingehend beschriebenen Falle handelt es sich um
ein 4jähriges Mädchen, das unter den Erscheinungen einer tuber¬
kulösen Peritonitis zu Grunde ging. Bei der Sektion fanden sich
neben einer allgemeinen Drüsen- und Miliartuberkulose tuberkulöse
Darmgeschwüre und von diesen ausgehend eine tuberkulöse Perforativ-
peritonitis; außerdem tuberkulöse Salpingitis und Endometritis.
Letztere Affektionen waren durch Fortschreiten der tuberkulösen
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II. Referate.
17
Peritonitis auf die abdominalen Tubenenden und von da durch den
Tubenkanal auf die Uterushöhle hervorgerufen. Verfasser verbreitet
sich dann an der Hand zahlreicher Literaturangaben noch ausführ¬
lich über die Häufigkeit des Auftretens der Genitaltuberkulose im
Kindesalter, über ihre Entstehungsweise wie über den Sitz der tuber¬
kulösen Prozesse: Die meisten Fälle treffen auf das Lebensalter
zwischen 1 und 5 Jahre, dann folgt das von 11—15 Jahren; weniger
häufig wird das Lebensalter zwischen 6 und 10 Jahren befallen;
unter 1 Jahr wurde unter 44 Fällen genitale Tuberkulose nur einmal
beobachtet. Die sekundäre Genitaltuberkulose ist viel häufiger wie
die primäre.
Die Diagnose wird sich in manchen Fällen durch das Auffinden von
Tuberkelbazillen im Scheidensekret stellen lassen. In zweifelhaften
Fällen von tuberkulöser Peritonitis bei Mädchen kann eventuell ein
derartiger Befund die Diagnose tuberkulöse Peritonitis sicher stellen.
Marz (München).
Graham Little. Ein Fall von Tuberculosis verrucosa cutis.
(Londoner dermat. Gesellschaft Sitzung vom 11. Juni 1902.)
(The Brit. Joura. of Derm. Bd. 14 Juli 1902.)
Die Anamnese deutet auf direkte Inokulation hin, da der Vater
des gegenwärtig 2% Jahre alten Kindes drei Monate zuvor nach
langem Krankenlager an Phthisis gestorben ist. Das Kind schlief
bei ihm und bekam eines Tages am linken Daumen eine Pustel, die
aufgestochen wurde, aber nicht abheilen wollte. Das Knötchen wurde
größer und nahm eine warzige Beschaffenheit an. Das Gewächs be¬
findet sich auf einer geröteten Basis und hat eine papillomatöse
Oberfläche. c. Berlin er-Aachen.
Graham Little. Acne scrofulosorum.
(The Brit Joum. of Derm. Bd. 14 Sept 1902.)
Der Fall betrifft ein drei Monate altes, erblich nicht belastetes
Kind, das am ganzen Körper, besonders stark an den Oberschenkeln,
Unterschenkeln und am Gesäß, zahlreiche akneiforme Pusteln, außer¬
dem tief in der Haut sitzende, verschieden große, bläulichroth ver¬
färbte, gespannte Knoten zeigt. Bei näherer Untersuchung erweisen
sich dieselben als Abszesse. Nur zwei Tuberkelbazillen konnten
unter hundert Präparaten aufgefunden werden, c. Berliner-Aachen.
P. Clairmont. Zur Tuberkulose der Schilddrüse (Struma
tuberculosa).
(Aus der I. Chirurg. Universitätsklinik in Wien.)
(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 48.)
C. beobachtete ein 2jähriges, sonst gesundes Kind, bei welchem sich im
Verlaufe von 2—8 Wochen eine rasch wachsende Geschwulst in der Gegend der
Schilddrüse entwickelte. Wegen zunehmender Atembeschwerden führte dieselbe
CentralbL f. Klnderhlkde. VUL 2
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13 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1.
za einem operativen Eingriff, bei welchem ein Tamor gefunden wurde, der in
seiner Lage der Schilddrüse entsprach, mit den oberflächlichen Muskeln ver¬
wachsen war und in seinem Inneren vielfache verkäste Herde darbot. Der Tumor
wurde anscheinend im gesunden durch Exzision und Excochleation entfernt.
Die histologische Untersuchung ergab tuberkulöses Granulationsgewebe. Nach
Va Jahr war neben der noch immer bestehenden Fistel ein Rezidiv in Form
einer kleinapfelgroßen derben Geschwulst aufgetreten. Bei der 2. Operation wurde
diese Geschwulst, die mit der Trachea innig verwachsen war, exstirpiert; sie
erwies sich ebenfalls als tuberkulöses Granulationsgewebe.
Zweifellos lag hier Tuberkulose vor. Entwickelte sich dieselbe
in der Schilddrüse oder in der Nachbarschaft und griff von da auf
jene über? Es könnte sich höchstens um eine der Schilddrüse an¬
gelagerte Lymphdrüse handeln, die zuerst infiziert worden wäre.
Allerdings waren vergrößerte Lymphdrüsen nicht nachzuweisen und
in zahlreichen mikroskopischen Präparaten waren Reste lymphatischen
Gewebes nicht zu findeD, doch könnte es immerhin, zumal ja gerade
beim Kinde die Lymphdrüsen mit Vorliebe tuberkulös erkranken,
möglich sein, daß auch hier erst von einer solchen der Prozeß auf
die Schilddrüse Übergriff. War dies nun überhaupt der einzige
tuberkulöse Herd im Körper oder lag sekundäre Schilddrüsentuber¬
kulose, auf dem Wege der Lymphbahn erfolgte Metastasierung vor?
C. glaubt letzteres der Erfahrung gemäß, doch ließ sich kein anderer
Krankheitsherd nachweisen. Prüft man die in der Literatur nieder¬
gelegten Beobachtungen von primär aufgetretener Schilddrüsentuber¬
kulose, so erscheinen dieselben durchwegs anfechtbar; jedenfalls ist
vorläufig das Vorkommen einer primären Schilddrüsentuberkulose
nicht erwiesen.
Das pathologisch-anatomische Bild der Affektion weicht von dem
der Tuberkulose im allgemeinen nicht ab. Klinisch ist das hervor¬
stechendste Symptom die rasche Dickenzunahme des Organs, die an
Struma maligna erinnern läßt; die derbe, unebene Geschwulst führt
stets durch Kompression der Trachea zu Dyspnoe, häufig zeigen
sich Druckerscheinungen der benachbarten Nerven. Differential¬
diagnostisch kommen außer der ja viel häufiger beobachteten Struma
maligna noch besonders in Betracht Lues, akute Strumitis, Struma
congenita und angeborene Geschwülste am Halse.
Therapeutisch kommt nur Operation in Betracht, deren Erfolge
bisher gute waren. Schädliche Folgen durch Auftreten von Ausfalls¬
erscheinungen wurden bisher nicht gesehen. Obiger Fall ist aller¬
dings noch nicht spruchreif. Bei seiner letzten Untersuchung,
11 Monate nach der zweiten Operation, sah das Kind nicht frisch
wie früher aus, war nicht so lebhaft, zeigte ein leicht gedunsenes,
blasses Gesicht, ausdruckslose Augen u. s. w. Eventuell müßte man
orgarotherapeutisch eingreifen. Gr&tzer.
Tarchetti und Zanconi. Beitrag zum Studium der latenten
Tuberkulose der Mandeln und adenoiden Vegetationen.
(Gazzetta degli ospedali e delle cliniche No. 102 1902;)
Das Material, dessen Verf. sich zu seinen Untersuchungen be¬
diente, bestand fast ausschließlich aus adenoiden Vegetationen, (Ke
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II. Referate.
19
bei kindlichen Individuen entfernt worden waren, bei welchen keinerlei
Zeichen von Tuberkulose vorhanden waren. Ein Teil des durch die
Operation gewonnenen Materials wurde unter allen Kautelen Meer¬
schweinchen unter die Haut gebracht, ein Teil für die mikroskopische
Untersuchung vorbereitet. In vorliegender Arbeit wird nun über den
Ausfall der Impfversuche berichtet. Keines der 17 geimpften Meer¬
schweinchen ging an Tuberkulose zu Grunde, so daß bei keiner der
zur Impfung verwandten adenoiden Vegetationen das Vorhandensein
einer latenten Tuberkulose angenommen werden kann. Den Resul¬
taten der Verff. stehen die auf Grund eines größeren Materials ge¬
wonnenen positiven Ergebnisse anderer Autoren gegenüber. F.
Ch. Orescu. Die adenoiden Vegetationen.
(Spitalul [rumänisch] 1902 No. 14/15.)
Die adenoiden Vegetationen der Retro-nasalgegend werden oft
verkannt, obwohl ihnen eine gewisse Wichtigkeit zukommt, da sie
oft ernste Schädigungen der Gesundheit bewirken können, vor allem
beispielsweise chronische Nasenleiden und eitrige Mittelohrentzündungen.
Auch die Intelligenz, das Gedächtnis und die Aufmerksamkeit des
Patienten sind geschwächt. Eine exakte Diagnose kann meist nur
durch hintere Rhinoskopie gestellt werden. Die beste Behandlungs¬
methode ist die frühzeitige chirurgische Entfernung. Verf. benützt
hierzu die Zange von Löwenberg, den Adenotom von Gottstein
und seine eigene gekrümmte Kürette. E. Toff (Braila).
J. Fein. Eine neue Kürette für die Abtragung der adenoiden
Vegetationen im Nasenrachen.
(Wiener klin. Rundschau 1902 No. 43.)
Die üblichen Küretten ließen nicht selten größere Stücke der
Wucherungen stehen, sodaß sehr bald sich Rezidive einstellten. Nach
F.s Ansicht ist an diesen Mißerfolgen der unzweckmäßige Schaft
der Instrumente schuld.
Die Bewegung, welche das Instrument zu machen hat, ist eine
kombinierte; in zwei Komponenten zerlegbare. Die Hauptkomponente
ist eine hebelartige Drehbewegung in der Sagittalebene, bei welcher
der Drehpunkt irgendwo in der Mundhöhle, in der Regel unterhalb
des weichen Gaumens, liegt, während der lange Hebelarm vom Griff
dargestellt wird und am kurzen Hebelarm das Messer im Nasen¬
rachenraum wirkt. Die 2. Komponente der Bewegung ist eine
kreisende, weil der genannte Drehpunkt nicht fix bleibt, sondern
während der Drehbewegung einen sagittalgestellten kleinen Kreis¬
bogen beschreibt. Um nun die ganze Anwachsungsstelle der ver¬
größerten Rachenmandel mit dem Messer bestreichen zu können, be-
därf es für die Bewegungen des langen Hebelarmes eines großen
Spielraumes, der zwischen den Kiefern nicht immer vorhanden ist.
Der Hebelarm muß, wenn er ausgiebige Bewegungen zu machen imstande
sein soll, außerhalb der Zahnreihen liegen. Es muß daher der Schaft
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20
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1.
im Drehpunkt senkrecht zur Seite abgebogen werden, damit deijenige
Teil, welcher zwischen den seitlichen Zahnreihen zu liegen kommt,
nur eine Achse darstellt, welche sich um ihre Längsrichtung dreht und
daher nur einen ganz kleinen Baum benötigt. Da aber der Dreh¬
punkt des Hebels während der Bewegung eben nicht fix bleibt,
sondern sich in einem kleinen, sagittal gestellten Kreisbogen bewegt,
so beschreibt diese frontal gestellte Drehachse eigentlich einen Teil
einer Mantelfläche eines Zylinders, dessen Grundflächenradius aber
so klein ist, daß zwischen den Zahnreihen reichlich Platz verbleibt.
F.s nach diesen Prinzipien konstruierte Kürette 1 ) hat sich in
weit über 100 Fällen bereits bewährt; es gibt für Kinder von un¬
gefähr 115 cm Körperlänge (Alter von 5—6 Jahren) und für solche
bis 135 cm Länge (etwa 12 Jahre) besondere Nummern. Grätzer.
M. Penkert Über die Beziehungen der vergrößerten Thymus¬
drüse zum plötzlichen Tode.
(Aus dem patholog. Institut in Greifswald.)
(Deutsche med. Wochenschr. No. 45.)
Zwei neue Beobachtungen von Thymustod. Das erste Mal
handelte es sich um ein nach äußerer Wendung (wegen Querlage)
spontan geborenes Kind. Obwohl nach der Aufstoßung Mund und
obere Luftwege frei von Schleim waren, blieb das Gesicht stark
cyanotisch verfärbt. Die künstlichen Atmungsversuche hatten wenig
Erfolg, drei Stunden nach der Geburt Exitus. Bei der Sektion fand
sich vollkommene Atelektase der Lungen, die Schwimmprobe fiel
allenthalben negativ aus; außerdem fand sich eine sehr große Thymus¬
drüse. Diese mußte den Eintritt der Luft verhindert haben, die
künstliche Atmung hatte keinen Erfolg.
Weit interessanter ist der 2. Fall, wo ein 6 monatliches, bisher
stets gesundes Kind ganz plötzlich unter kurzem Röcheln starb und
die Sektion nur die beim Erstickungstode gewöhnlichen Befunde,
dazu eine starke Thymusvergrößerung aufdeckte. Hier konnte nur
letztere den plötzlichen Tod bedingt haben. Man fand alle Organe
normal, die Luftröhre säbelscheidenförmig zusammengedrückt. Die
abnorm vergrößerte Thymus bedrängt natürlich die im Brustkörbe
gelegenen Organe, speziell aber die Trachea in der oberen Brust¬
öffnung, sie komprimiert überhaupt die Trachea von hier bis zur
Bifurkation. Nimmt nun das Individuum eine anormale Lage ein,
z. B. Hinüberbiegen des Kopfes, so werden die oberen Thymusteile,
an der Trachea durch fibröses Bindegewebe fixiert, nach oben ge¬
zogen, die obere Brustöffnung wird etwas mehr verengert. Gleich¬
zeitig wird die Halswirbelsäule in diesem Gebiete nach vorn gedrängt
und komprimiert in verstärktem Grade die Luftröhre von hinten, so
daß kein Raum zum Eintritt der Luft übrig ist, plötzliche Atemnot
und Erstickung eintritt. Grätzer.
l ) Bei Bein er, Wien I, Franzensring 22.
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II. Referate.
21
Leopold Neumann. Untersuchungen über die Viskosität des
Sputums und ihre Beziehung zum Husten, insbesondere zur
Pertussis.
(Archiv für Kinderheilkunde Bd. 85 Heft 1 und 2.)
Das Auftreten und der wechselnde Charakter des Sputums beim
Keuchhusten wurde schon wiederholt mit dem Verlauf dieser Er¬
krankung in nahe Beziehung gebracht. N. suchte nun durch eine
exakte Methode die Viskosität, d. h. die Zähflüssigkeit des
Sputums beim Keuchhusten zu bestimmen und durch gleichzeitige
klinische Beobachtungen der Hustenanfälle festzustellen, ob ein be¬
stimmter Zusammenhang zwischen der Zähigkeit des Sekrets und
der Intensität des Hustens besteht. Der hierzu konstruierte Apparat
besteht im Prinzip aus einer Kapillarröhre von bestimmter Lichtung,
durch welche das betreffende Sputum unter abgemessenem, stets
gleichem Druck getrieben wird. Die Geschwindigkeit, mit welcher
das Sputum eine gewisse Länge der Röhre durchmißt, ergibt — auf
1 ccm ausgerechnet — den Viskositätsgrad des Sputums.
Der Einfluß der Tageszeit auf die Menge des Sputums machte
sich in dem Sinne geltend, daß die in den Vormittagsstunden aus¬
gehusteten Sputa stets voluminöser waren. Hinsichtlich der Viskosität
der Sputa und des Charakters der Anfälle ließ sich in den ver¬
schiedenen Tageszeiten kein Unterschied erkennen.
Die Sputummenge stand nirgends in konstanter Beziehung zum
Viskositätsgrad; ebenso bestand kein Parallelismus zwischen Viskosität
des Sputums und der Intensität der Anfälle, wenigstens ergab sich
aus den Untersuchungen, daß eine Abnahme der Heftigkeit der
Hustenparoxysmen nicht mit einer Verflüssigung des Sekrets einher¬
geht, wie das bisher vielfach angenommen war; es zeigte sich im
Gegenteil bei drei längere Zeit beobachteten Fällen eine bedeutende
Steigerung der Viskosität bei Abnahme der Zahl und Intensität der
Anfälle. Dieser Umstand, daß sich oft gerade bei leichteren An¬
fällen ein zäheres Sputum findet, als bei schweren, ist für die Therapie
des Keuchhustens von Wichtigkeit; es erscheint nämlich fraglich, ob
die herkömmliche Darreichung von Expectorantien, die ja eine Ver¬
flüssigung des Bronchialsekrets erstrebt, wirklich günstig auf den
Verlauf einer Pertussis einzuwirken vermag.
N.s Beobachtung, daß schwere Anfälle mit einem Sputum von
niederer Viskosität und das Abklingen des Stadiums der schweren
Paroxysmen mit einem Zäherwerden des Sputums koinzidiert, weist
ihn darauf hin, daß die schweren Keuchhustenanfälle in einer Be¬
ziehung zu der geringen Viskosität des Pharynx- und Tracheal- bezw.
Bronchialsekrets stehen und das auslösende Moment für die schweren
Hustenparoxysmen vielleicht in einer durch die niedrige Viskosität
bedingten größeren Beweglichkeit der Sputumsäule und der Zunahme
des Volumens der letzteren zu suchen ist. Hecker (München.)
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22
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1.
C. Stamm (Hamburg), Zw Prophylaxe des Keuchhustens.
(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 39.)
Die Bahnverwaltungen können jeden Fall einer ansteckenden
Krankheit von der Fahrt ausschließen, wenn nicht eine ganze Wagen¬
abteilung benutzt und bezahlt wird, das bedeutet also, daß der
6—8 fache Fahrtpreis entrichtet werden muß. Keuchhüstenkranke
Kinder werden besonders häufig behufs Ortswechsels die Bahn benutzen.
Die schweren pekuniären Opfer schrecken natürlich die Angehörigen
ab, die Fälle werden nicht gemeldet, und wenn unterwegs Anfälle
auftreten, kommt der Auswurf mit Gardinen, Teppichen u. s. w. in
Berührung, wird von den Mitfahrenden aufgenommen u. s. w.
St. fordert daher, daß für solchen Transport die Bedingungen
leichter gestellt werden, die Isolierungskosten billiger werden. Außer¬
dem erfordert die Beförderung keuchhustenkranker Kinder, daß das
zu benutzende Coupö leicht zu desinfizieren sei, daß also Polsterung
fehle oder mit abwaschbarem, wasserdichtem Stoff bedeckt sei, daß
Teppiche nicht benutzt oder durch eine desinfizierbare Unterlage er¬
setzt werden, daß Gardinen und Rouleaux abgenommen werden.
Grfitzer.
Mario Vianello Cachiole. Über die Anwendung von Pyridin
beim Keuchhusten.
(Gazzett. degli ospedali e delle cliniche No. 90 1902.)
Verf. schildert die Behandlungsweise der Pertussis, wie sie an
der Mya sehen Klinik in Florenz gehandhabt wird. Dieselbe besteht
zunächst in weitgehendster Anwendung hygienischer Maßnahmen;
die Kinder wurden in großen luftigen Bäumen untergebracht, skrupu¬
löseste Reinlichkeit beobachtet, täglich mehrere Male die Bett- und
Leibwäche gewechselt, häufig gebadet, tägliche Mundreinigung mit
l% 0 iger Lösung von Kal. permangan. Jedes Kind hat einen eisernen
emaillierten Spucknapf, der häufig ausgewaschen und desinfiziert wird
und schließlich wird ganz besonderes Augenmerk auf eine sehr reich¬
liche Ernährung gerichtet.
Die eigentliche Therapie besteht in Anwendung von Pyridin¬
inhalationen, die bekanntlich zuerst gegen Asthma nervosum empfohlen
worden sind. Nach Ansicht des Verf.s hat das Pyridin beim Keuch¬
husten eine doppelte Wirkung; erstens verringert es infolge der
sedativen Wirkung, die es auf die bulbäre Region ausübt, die Inten¬
sität der Anfälle und zweitens soll es die Zahl der Mikroorganismen
herabsetzen. Was das letztere anbetrifft, so hat Verf. Versuche an¬
gestellt, aus denen hervorgeht, daß Kulturen von Staphylococcus, den
Pyridindämpfen ausgesetzt, sich im Thermostaten nicht entwickeln.
Die Anwendungsweise des Mittels geschah derart, daß 4—5 g Pyridin
2mal täglich in eine zu den Füßen des Bettes stehende flache Schale
gegossen wurden. Gleichzeitig wurden die verschiedenen Bromver¬
bindungen angewandt. Ohne seine Angaben durch zahlenmäßige
Belege oder Krankengeschichten zu erläutern, rühmt Verf. die ge¬
schilderte Art der Keuchhustenbehandlung als eine besonders leistungs¬
fähige. F.
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II. Referate.
28
Fürst (Berlin). Das Problem, den Keuchhusten abzukürzen
oder zu coupieren.
(Wiener med. Presse 1902 No. 47.)
Eine energische, 3mal täglich in der Richtung von oben nach
unten erfolgende Einreibung von Antitussinsalbe am Kehlkopf und
Hals erwies sich in 16 Fällen als nutzbringend: die Zahl der Anfälle,
die Intensität derselben wurde herabgesetzt, der Verlauf abgekürzt.
Coupierung des Keuchhustens gelingt nur bei Anwendung des Mittels
während des Initialstadiums. Grätzer.
H. Stursberg. Über Aristochin, ein geschmackloses Chinin¬
derivat.
(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 45.)
Das ein weißes, geschmackloses Pulver darstellende Präparat,
das 96 °/ 0 Chininbase enthalten soll, erhielten im Kinderambulatorium
der med. Universitätsklinik Bonn 18 an Pertussis leidende Kinder
im Alter von fünf Monaten bis zu sechs Jahren, davon zwölf längere
Zeit hindurch (Kinder unter drei Jahren 3 mal täglich 0,05—0,1,
größere bis 0,3). Die Darreichung mit etwas Wasser bot keinerlei
Schwierigkeiten, es wurden weder Erbrechen noch sonstige schädliche
Folgen beobachtet. In etwa der Hälfte der Fälle war ein deutlicher
Erfolg nicht zu bemerken, bei der anderen Hälfte schien der Verlauf
der Krankheit recht günstig beeinflußt zu werden. Jedenfalls sind
weitere Versuche mit dem Mittel empfehlenswert, wobei man, da sich
dasselbe als unschädlich erwiesen hat, ruhig die beigenannten Dosen
erhöhen könnte. Grätzer.
Elena Manicatide. Die Serotherapie bei Tussis convulsiva.
(Spitalul [rumänisch] 1902 No. 6.)
Nachdem im Sputum keuchhustenkranker Kinder ein eigentüm¬
licher Bazillus gefunden wurde, lag die Möglichkeit nahe, denselben
zur Herstellung eines kurativen Serums zu benützen. Es wurden
daher Reinkulturen desselben auf Schafe und Pferde überimpft und
das betreffende Blutserum, ähnlich wie das Diphtherieheilserum be¬
nützt. Die Zahl der Anfälle der damit behandelten Kinder nahm
ab. und war die Heilung der Krankheit eine raschere als unter der
Einwirkung anderer Behandlungsmethoden. e. To ff (Braila).
H. Simmonds (Hamburg). Über Nebennierenblutungen.
(Virchows Archiv Bd. X Heft 2 November 1902.)
In der Arbeit, die besonders die Blutungen bei Erwachsenen
bespricht, sind auch einige Fälle von Nebennierenhämorrhagien bei
Kindern bemerkenswert. 2 mal beobachtete Verf. solche Blutungen
infolge von kapillaren Embolien durch Bakterien. — 1. Fall (im
Original VIH): ein Jahr alter Knabe, der im Verlauf von Keuchhusten
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24
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1.
an lobulärer Pneumonie und multiplen Gelenkseiterungen erkrankte
und ad exitum kam. Bei der mikroskopischen Untersuchung der
beiden sehr vergrößerten Nebennieren, deren Binde wie Mark stark
hämorrhagisch infiltriert waren, wurden neben einer dichten, hämor¬
rhagischen Infiltration aller Abschnitte in vielen Kapillaren Pfröpfe,
von Streptokokken gebildet, gefunden. — Beim 2. Fall (im Ori¬
ginal X.) bei einem vier Monate alten Knaben ein ähnlicher Befund.
Hier handelte es sich jedoch um Coli-Bazillen. — Im 8. Fall (im
Original XII.) hat das betreffende Kind die wohl intra partum ent¬
standene Nebennierenblutung überlebt. Es starb im Alter von vier
Monaten an Pneumonie. Außer einem kleinen Best von normalem
Nebennierengewebe fand man hier nur amorphe, mit Blutpigment
durchsetzte Massen. — Dieser Fall zeigt, daß einseitige Nebennieren¬
blutungen ohne Schaden für das Individuum zur Ausheilung gelangen
können. Eine hämorrhagische Infarzierung beider Nebennieren jedoch
führt zum Tode, der gewöhnlich unter peritonitischen und Kollaps¬
erscheinungen einzutreten pflegt. Schridde-Erlangen.
J. Jundell. Einige klinische und bakteriologische Beobachtungen
über die Influenzakonjunktivitis bei Säuglingen.
(Widmarks Mitteilungen aus der Augenklinik des Carolinischen Medico-chirur-
gischen Instituts zu Stockholm 1902 IV.)
Gelegentlich einer Influenzaepidemie unter den Säuglingen in
Stockholm fand J. in zahlreichen Fällen eine Konjunktivitis als
Komplikation von Seite der Augen. In neun Fällen gelang es auch,
den Influenzabazillus aus dem Bindehautsekret reinzuzüchten, und
zwar wurden die bakteriologischen Untersuchungen sehr exakt durch¬
geführt. J. warnt davor, aus dem einfachen Ausstrichpräparat die
Diagnose Influenzabazillus-Konjunktivitis zu stellen, da auf diese Weise
auch dem Geübten zahlreiche Irrtümer unterlaufen müssen. Die
Augenaffektion kann zustande kommen entweder durch direkte In¬
vasion des spezifischen Influenzamikroorganismus, oder durch die Toxine
4esselben oder schließlich durch Sekundärinfektion. Es können natür¬
lich auch mehrere dieser Momente Zusammenwirken. Bemerkt muß
werden, daß auch einmal zufällig durch eine Verunreinigung des
Bindehautsackes von den Bespirationswegen her im Tränensekret
Influenzabazillen gefunden werden könnten. Doch scheint dies bei
den von J. beschriebenen Fällen ausgeschlossen, da sich fast in allen
die Bazillen ganz oder beinahe in Beinkultur vorfanden.
Von den erkrankten Kindern stand eines im 2., die übrigen im
1. Lebensjahre. Stets wurden beide Augen befallen, wenn auch nicht
immer gleichzeitig. Die Intensität der Konjunktivitis war sehr ver¬
schieden. Es wurden alle Stadien von einer leichten katarrhalischen
Injektion bis zu ausgesprochen blennorrhoiformer Entzündung beob¬
achtet Doch blieb der Prozeß stets auf die Bindehaut beschränkt.
Meist bestand gleichzeitig mehr oder wenjger heftiger Schnupfen. Als
häufigsten Infektionsmodus nimmt J. die Übertragung von Sekret aus
Mund oder Nase an, und zwar kann dies durch die Hand des Kindes
oder durch den zum Waschen verwendeten Schwamm geschehen.
E. Enslin (München).
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n. Referate.
25
W. Stekel (Wien). Zur Pathologie und Therapie der Influenza.
(Klinisch-therap. Wochenschrift 1902 No. 44/45.)
Die genaue Besichtigung des weichen Gaumens ist ein differential¬
diagnostisch sehr wichtiges Hilfsmittel bei der Influenza. In einer
großen Anzahl von Influenzafällen treten fibrinartige weiße Stellen
unter der Schleimhaut auf, welche, zufällig auf der Tonsille lokalisiert,
mit einem Pseudocroup oder einem echten Influenzacroup kombiniert,
das Bild einer echten Diphtheritis Vortäuschen können. Zahlreiche
Erfahrungen lehrten S., daß es in der Tat ein typisches Bild
einer Pseudodiphtheritis gibt, die in Wahrheit nur eine
croupöse Influenza ist, und deren Diagnose in den meisten Fällen
nicht gestellt wird. Man kann die Diagnose aber leicht stellen, wenn
man auf folgende Momente Rücksicht nimmt: Influenzadiphtheritis
fangt in der Mehrzahl der Fälle mit Bronchitis an. Die Zunge zeigt
meist das Bild einer Himbeerzunge. Die Milz ist vergrößert, mit¬
unter auch palpabel. Am Gaumen finden sich fleckenformige Streifen.
Der Influenzabelag hat ein gelblichweißes Aussehen und sitzt nicht
auf der dunkelrot düster entzündeten Schleimhaut, wie bei Diphtheritis,
sondern auf fast normal gefärbten Tonsillen. Ist dieser Belag an
den Mandeln, so zerfällt er sehr rasch und kann nach einigen Tagen
schwinden. Am weichen Gaumen und in der Nase jedoch persistieren
diese Stellen oft 14 Tage nach der Entfieberung. Wichtig ist auch
das merkwürdige Verhalten des Herzens bei der Influenza, das etwa
bei 50°/ 0 von S.’ Pat. sich zeigte. Meist handelte es sich um eine
leichte Arythmie des Pulses, die abwechselnd bald mit Tachycardie,
bald mit Bradycardie kombiniert war; in einzelnen Fällen wurde auch
geringe Dilatation des Herzens konstatiert, hier und da auch ein
systolisches Geräusch an der Herzspitze. Heilserum hat auf solche
Fälle gar keinen Einfluß, während genügend hohe Dosen Chinin
rasche, oft ganz unglaublich rasche Besserung des Zustandes herbei¬
führen. S. hat Kinder gesehen, wo plötzlich mit heftigem Krampf¬
husten ein intensiver Pseudocroup eintrat, die Pat. in höchster Lebens¬
gefahr zu schweben schienen; ein Brechmittel (Syr. Ipecac. alle fünf
Minuten tee- und eßlöffelweise) beseitigte prompt den Zustand, der
sich unter Berücksichtigung oben genannter Erscheinungen als In¬
fluenzacroup entpuppte. In anderen Fällen trat die Influenza dem
Unkundigen vollständig wie eine Diphtherie entgegen; wer jene diffe-
rentialdiagostischen Zeichen kennt, vermag diese Fälle sogleich als
Influenzadiphtherie zu diagnostizieren und durch kräftige Dosen
Chinin rasch zu heilen. Chinin scheint auf die Influenzaerreger
direkt tötlich einzuwirken, wenn es möglichst am 1. Tage
und in genügender Dosis verabreicht wird. Kindern unter sechs
Jahren gibt S. Chinin, tannic., soviel dg, als Pat. Jahre hat, in
2maliger Dosis. Auch Euchinin wirkt prompt. Größere Kinder
erhalten Chinin, mur. oder sulfur. ebenfalls in kräftiger Dosis, 2—3 mal
in halbstündigen Intervallen.
S. legt seinen Beobachtungen großes Gewicht bei. Vielleicht
sind viele Fälle von angeblicher Diphtheritis nichts als Influenzafälle.
Vielleicht auch beruht die rasche Abnahme der Sterblichkeit an
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26
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1.
Diphtheritis in der Serumzeit auf der Anwesenheit von Ipfluenza-
bazillen. Es scheint zwischen Influenza und Diphtheritis ein gewisser
Antagonismus zu bestehen, und es existieren in der Literatur auch
Beobachtungen, die dafür sprechen, daß der Influenzabazillus andere
Migroorganismen töten kann. Grätzer.
L. Lazansky (Neu-Strakonitz). Kreosotal bei Krupp.
(Deutsche Medizinal*Ztg. 1902 No. 91.)
L. hat bei echtem Krupp, sowie bei Pseudokrupp, Pertussis
und Morbilli mit bestem Erfolg Kreosotal (Heyden) angewandt, meist
in folgender Form, z. B. für Kinder von 5—10 Jahren:
Rp. Inf. rad. Ipecac. 0,4:100,0
Liq. Ammon, anis. 1,0—1,5
Creosotal. 3,0—4,5
Syr. Seneg. 15,0.
S. umgeschüttelt! 4mal x /sstündlich, 4mal stündlich, bis zum Fieberabfall;
sodann 2 stündlich je 1 Teelöffel, hernach 3—4 stündlich; solange kein Fieberabfall,
die Flasche in 24 Stunden zu verbrauchen.
Ebensoviel wird gegeben bei höherem Fieber, hier aber ordiniert
L. lieber:
Rp. Natr. salicyl. 1,0—2,0
Creosotal. 3,0—4,5
Emuls. amygd. dulc. 100,0
Syr. Ipecac. 15,0 Gr ätz er.
E. Neisser. Ein weiterer Beitrag zur Kenntnis vom chronischen
Rachendiphtheroid.
(Aus dem städt. Krankenhause in Stettin.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 40.)
„Eine Gruppe klinisch und ätiologisch zusammengehöriger
Fälle von chronischer Erkrankung der oberen Luftwege“ hat 1900
N. zusammen mit Kahnert beschrieben; Fälle chronischer Heiserkeit,
einhergehend mit Atrophie der Rachenschleimhaut und Neigung zur
Eintrocknung des produzierten Schleimes, Ausdehnung des Prozesses
vom Nasenrachenraum bis in den Kehlkopf, Fehlen jeder tiefgreifenden
Veränderung, Remissionen bezw. frigorische Exacerbationen der Krank¬
heitserscheinungen. In allen Fällen Züchtung von Diphtheriebazillen,
deren endgültige Beseitigung durch keinerlei Therapie gelang; hoher
Antitoxingehalt des Blutes.
Einen hierhin gehörigen Fall hat N. jetzt wieder beobachtet.
Ein 4 monatliches Kind erkrankte an echter Diphtherie, zwei Tage später des-
G leichen dessen 2 jähriges Schwesterchen. Eine Infektionsquelle läßt sich absolutnicht
nden. Das dritte Kind der Familie, ein 7jähriger Knabe, wird aus dem Hause
gegeben, die Wohnung und alles übrige aufs Peinlichste desinfiziert, die Familie
verläßt auf 26 Tage das Haus, wo nur das Dienstpersonal zurückbleibt
Das jüngste Kind war bald seinem Leiden erlegen, das zweite bei Serumtherapie
rasch gesund geworden. Bereits elf Tage nach der Erkrankung hatte diese Pat.
keine Diphtheriebazillen im Halse mehr. Acht Tage nach Rückkehr in die
Wohnung erkrankte auch das dritte Kind, das inzwischen zurückgeholt worden war,
an Diphtherie. Woher diese Infektion? Die Mutter denkt jetzt an das eine
Hausmädchen, das schon immer durch Heiserkeit auffiel. Es erfolgt
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II. Referate.
27
nunmehr dessen Aufnahme ins Krankenhaus, nachdem noch eruiert worden, daß
das andere Hausmfidchen, sowie Hausherr und Hausfrau keine Diphtheriebazillen
beherbergten.
Das verdächtige Hausmädchen ist 22 Jahre alt Als es acht Jahre alt war,
hatte ihr Bruder Diphtherie. Pat. will schon in ihrer Jugend sehr häufig heiser
gewesen sein, ohne sonst viel Beschwerden gehabt zu haben. Später hatte sie
dabei Trockenheit im Halse und das Gefühl, als säße etwas hinten im Rachen.
Solche Zustände traten im Winter häufiger auf als im Sommer. Sie war als
Amme zu dem jüngsten der obigen Kinder in Dienst getreten; seit fünf Wochen
war sie wieder heiser, hatte Husten und jene Halsbeschwerden. Hintere Rachen¬
wand sehr stark glänzend, trocken, verdünnt; deutliche Follikelschwellung. Stimm¬
bänder gerötet, verdickt, glanzlos. Auf der hinteren Pharynxwand, im Nasen¬
rachenraum, auf den Stimmbändern schwärzlicher, sehr zäher Schleim. Ein Abstrich
davon ergibt typische Diphtheriekulturen. Auch durch da» Tierexperiment werden
echte, virulente Diphtheriebazillen nachgewiesen.
Trotz 2monatlicher, sehr intensiver örtlicher Behandlung gelingt es nicht,
die Bazillen zum Verschwinden zu bringen.
Der Fall entsprach also in jeder Beziehung dem Bilde des oben
beschriebenen chronischen Rachendiphtheroides, dessen Gefährlichkeit
als Infektionsquelle deutlich hervortritt. Daß diese hier lag, war
vollkommen klar, durch alle Umstände durchaus bewiesen. Das 4 monat¬
liche Kind, bei dem jede äußere Infektionsquelle auszuschließen war,
kam zuerst daran. Pat. war als dessen Amme ins Haus gekommen
und hatte es vier Wochen genährt, später noch weiter als Kinder¬
mädchen gepflegt, trotzdem sie schon anfing heiser zu werden und
zu husten. Die Desinfektion der Wohnung hatte natürlich nichts
genutzt, denn das Hausmädchen mit ihren Bazillen im Halse blieb
weiter darin und besorgte aushilfsweise nach Rückkehr der Familie
den 7 jährigen Knaben, der dann fünf Tage später erkrankte. Schlie߬
lich erkrankte später noch das Hausmädchen, das mit der Pat. während
Abwesenheit der Familie in der Wohnung zurückgeblieben war, an
Diphtherie.
Das Blutserum der Pat. war behufs Einleitung einer Toxintherapie
auf etwaigen Antitoxingehalt untersucht worden. Pat. beherbergte
in ihrem Blute etwa 2000 J.-E. Diphtherieantitoxin. Es bestand
also bei der Pat., dieser Trägerin und Überträgerin virulenter Bazillen,
ein hoher Grad von Immunität, derart, daß sie gegen die schweren
Einwirkungen ihrer Bazillen geschützt war. Als Amme hätte sie auch
dem Kinde vermöge ihres großen Antitoxinbesitzes wohl volle Im¬
munität verliehen, hätte sie nicht nach vier Wochen aufgehört zu
nähren. Von da bis zur Erkrankung vergingen vier Monate, ein Zeit¬
raum, in dem der etwa bereits vorhandene Schutz verloren ging.
Grätzer.
Fr. Kuno. Verlauf und Ursache einer Hospitaldiphtherie¬
epidemie.
(Aus dem Dr. Christschen Kinderhospital in Frankfurt a. M.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 43.)
Im Frühjahr 1902 erkrankten hintereinander zahlreiche wegen
anderer Krankheiten ins Hospital gekommene Kinder an Diphtherie.
Lange blieb man über die Ursache dieser Epidemie im unklaren;
trotz sofortiger Isolierung der an Diphtherie erkrankten Kinder, trotz
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28
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1.
penibelster Desinfektionen dauerte die Epidemie fort. Zufällig kam
dann der Fall Neisser (s. oben) zur Kenntnis, und es wurde darauf¬
hin sofort das Rachensekret sämtlicher Schulkinder, der Kranken¬
schwestern und Ärzte untersucht. Das Resultat war ein über¬
raschendes. Eine der Krankenschwestern, deren Rachen das Bild
eines chronischen Rachenkatarrhs bot, hatte in ihrem Rachenschleim
Diphtheriebazillen. Als man den Dienstgang dieser Schwester mit
der Zeit des Auftretens der Diphtheriefälle in den einzelnen Sälen
verglich, zeigte es sich, daß die ganzen Diphtherierkrankungen mit
dem Dienst dieser Schwester gingen. Letztere war also als Trägerin
und Verbreiterin der Infektion anzusehen. Mit ihrer Entfernung er¬
losch die Epidemie.
Wenn scheinbar gesunde Personen auch häufig ohne Schaden
für sich und ihre Umgebung virulente Bakterien in ihren Rachen¬
sekreten haben können, so beweist doch auch der Verlauf obiger
Epidemie, welch unangenehme Folgen für eine disponierte Umgebung
ein solcher Träger von Infektionsstoffen haben kann. Es erscheint
daher dringend angezeigt, in allen Fällen von mehrfachen Diphtherie¬
erkrankungen nicht nur das Rachensekret der diphtherieverdächtigen
Patienten, sondern auch das aller Personen, welche mit den Erkrankten
in Berührung gekommen sind, bakteriologisch zu untersuchen.
Grätzer.
J. Schwoner. Über Differenzierung der Diphtheriebazillen von
den Pseudodiphtheriebazillen durch Agglutination.
(Aus dem serotherapeut. Institut in Wien.)
(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 48.)
Die betreffenden Untersuchungen führten zu folgenden Schlüssen:
1. Ein durch Immunisierung mittels Diphtheriebazillen ge¬
wonnenes Serum agglutiniert Diphtheriebazillen in hohen Werten.
2. Dieses Serum agglutiniert in Werten, wie es dem normalen
Pferdeserum entspricht, Pseudodiphtheriebazillen und andere Bak¬
terien.
3. Die Agglutination mittels dieses hochwertigen Serums ge¬
stattet eine Differenzierung der echten Diphtherie- von den Pseudo¬
diphtheriebazillen.
4. Das durch Immunisierung mit einem Pseudodiphtheriebazillus
gewonnene Serum agglutiniert nur den homologen Stamm.
5. Der Pseudodiphtheriebazillus ist kein einheitliches Bakterium.
Grätzer.
Jäger. Die Resultate der Diphtheriebehandlung im Mülhauser
Bürgerspital vor und nach der Anwendung des Behringschen
Heilserums.
(Deutsches Archiv für klin. Medizin Bd. 73.)
Die Mortalität sämtlicher Diphtheritis- und Kruppfalle betrug
in den letzten Jahren der Vorserumperiode 52—55 °/ 0 und fiel
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U. Referate,
29
unter der Serum-Behandlung auf 15—20 °/ 0 ; von den tracheo-
tomierten Kruppfälleu, wovon in der Vorserumperiode 67—71°/ 0
starben, gingen in den letzten Jahren noch 29—37°/ 0 zu gründe.
Jäger hat auch die Ansicht, daß die postdiphtherischen Lähmungen
seit der Anwendung des Heilserums an Zahl abgenommen haben.
Die Abnahme des Fiebers war schon 24 Stunden nach der ersten
Seruminjektion bemerkbar und gewöhnlich war die Temperatur nach
48 Stunden wieder normal. J. hat die Überzeugung, daß jede Diph-
theritis in Heilung übergeht, wenn sie gleich bei ihrem Beginn mit
dem Heilserum in genügender Dosis behandelt wird.
Hugo Stark (Heidelberg.)
NI, MirineSCU. Die Serotherapie der Diphtherie.
(Spitalul [rumänisch] 1902 No. 8.)
In der Krankenhausabteilung des Verf., mit einer jährlichen
Frequenz von über 600 Diphtheriefällen, war die Mortalität in den
Jahren vor Einführung des Serums 42—45 °/ 0 und ist jetzt auf 14 °/ 0
gesunken. _ E. Toff (Braila.)
A. Wassermann. Über eine neue Art von Diphtherieserum.
(Aus dem Institut für Infektionskrankheiten in Berlin.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No, 44.)
Es gibt zwei Gruppen von Immunseris; die von Behring, Ehrlich,
Roux zuerst näher studierten antitoxischen, und die von Metschni-
koff, Pfeiffer und W. selbst davon unterschiedenen bakteriziden.
Erstere wirken ausschließlich auf die vom Bakterienleib abgeschiedenen
spezifischen Gifte, während letztere ihre Wirkung ausschließlich auf
die dem Bakterienleib angehörenden Stoffe entfalten. Der Typus
eines rein antitoxischen Serums ist das Behringsche Diphtherieserum,
das nur das spezifische Diphtheriegift bindet und neutralisiert, die
Diphtheriebazillen selbst indessen nicht beeinflußt. Im Gegensätze
hierzu wirken die bakteriziden Sera nur auf die Bakterien selbst oder
auf gewisse Stoffe, welche einen Teil des Bakterienleibes bilden, nicht
auf die Bakteriengifte. Diese Wirkung der bakteriziden Sera auf
die Bakterien äußert sich nun in dreierlei Weise. Erstens durch
die Abtötung und Auflösung der Bakterien, indem der im baktericiden
Serum enthaltene spezifische Immunkörper die verdauenden Fermente
der normalen Körpersäfte, die Komplemente auf die betreffende
Bakterienart konzentriert und so zur Verdauung bringt. Zweitens
durch das Phänomen der Agglutination, indem in allen bisher be¬
kannten bakteriziden Seris spezifische Stoffe enthalten sind, welche
sich mit dem Bakterienleibe binden und im Verfolge damit eine
makroskopisch sichtbare Zusammenballung der Mikroorganismen in
einer bis dahin homogen diffusen Bakteriensuspension erzeugen.
Drittens durch das Phänomen der Präzipitation, indem im bakteri¬
ziden Immunserum Stoffe vorhanden sind, welche mit gewissen aus
den zerfallenen Bakterienleibem ausgelaugten Stoffen sich chemisch
binden und diese zur Koagulation! zur Fällung bringen.
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1.
W. wollte nun auch für Diphtheriebazillen ein Serum erzielen,
das nicht rein antitoxisch, sondern auf die Leibessubstanzeu der
Diphtheriebazillen selbst wirke. Diphtheriebazillenleiber wurden
24 Stunden bei 60° getrocknet und abgetötet, dann im Exsikkator
scharf getrocknet, fein zerrieben, dann dies Pulver mit Äthylen-
Diaminlösung extrahiert. Die so erhaltene klare gelbliche Lösung
enthält reichlich aus den Bazillenleibern extrahierte Substanzen.
Wenn man davon 1—2 ccm Tieren injiziert, so gehen sie akut an
Diphtherievergiftung zugrunde, indem neben den Leibessubstanzen
der Diphtheriebazillen auch das in diesen noch vorhanden ge¬
wesene , poch nicht von den Leibern abgeschiedene Diphtherietoxin
in die Äthyldiaminlösung übergegangen war. Um demnach Tieren
rasch größere Mengen dieser Leibessubstanzen beibringen und so
ein auf diese stark wirkendes Serum erzielen zu können, war es
nötig, vorher das Diphtherietoxin zu neutralisieren. Dies gelingt
durch Versetzung jener Lösung mit einer genügenden Menge Diph¬
therieantitoxin. Nunmehr erhielten Kaninchen intravenöse Injektionen
von 2—3 ccm der so gewonnenen Flüssigkeit, worauf sie mit be¬
trächtlicher Verminderung des Körpergewichtes reagierten. Setzt
man das Serum der so vorbehandelten Tiere zu einem klaren Aus¬
zuge der Diphtheriebazillenleiber zu ungefähr gleichen Teilen zu, so
entsteht eine Trübung, ein flockiger Niederschlag; vermischt man das
bisherige Diphtherieserum ebenso mit jener Lösung der Diphtherie¬
bazillenleiber, so tritt keinerlei Wirkung ein. Es handelt sich also
tatsächlich um ein von dem antitoxischen Diphtherieserum ver¬
schiedenes, präzipitierendes Serum, das also auf die Körpersubstanzen
der Diphtheriebazillen selbst eine spezifische Wirkung ausübt.
Dieses Serum böte eine weitere Möglichkeit, die Differenzierung
der echten und der Pseudodiphtheriebazillen mit Hilfe der Agglu¬
tination und Präzipitation zu bearbeiten. Auch wäre es nicht aus¬
geschlossen, daß dasselbe vielleicht auch therapeutischen Werterlangte.
Wenn auch das Krankheitsbild der Diphtherie von dem spezifischen
Diphtheriegift beherrscht, daher von dem bisherigen Diphtherieserum
so günstig beeinflußt wird, so könnte doch das neue Serum auf ge¬
wisse Substanzen der Diphtheriebazillen, die gewiß auch nicht be¬
deutungslos sind, ein wirken; man könnte z. B. vielleicht durch Kom¬
bination des bisherigen Antitoxins mit einem auf die Bakterien selbst
wirkenden Serum die bei Rekonvaleszenten und Gesunden oft sehr
lange im Rachen befindlichen Diphtheriebazillen, auf deren epidemio¬
logische Wichtigkeit jüngst Wieder Neisser hin wies, rascher zum
Verschwinden bringen. Grätzer.
E. G. Little. Ein Fall von Diphtherie-Exanthem.
(The Brit Joum. of Derm. Bd. 14 August 1902.)
Am 28. März 1902 wurde ein vier Monate altes, gut genährtes
Kind mit einer kompleten, rechtsseitigen Facialislähmung hochgradig
fiebernd ins East London-Kinderhospital gebracht. Die Untersuchung
des spärlichen Nasensekretes ergab keine Diphtheriebazillen. In der
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II. Referate.
31
Mundhöhle fanden sich keine Diphtheriemembranen. Einige Stunden
nach der Aufnahme des Kindes zeigte dasselbe am Rumpf, hinter
den Ohren, später am Halse, auf der Kopfhaut, an den Beinen und
Füßen einen Ausschlag, der im Beginn einen kleinpapulöseil, am
folgenden Tage einen yesiko-pustulösen Charakter aufwies. Eine er¬
neute Untersuchung des Nasensekretes lieferte jetzt nahezu eine Rein¬
kultur von Diphtheriebazillen. Es handelte sich somit um einen sep¬
tischen Ausschlag. Trotz der Behandlung mit Antitoxininjektion,
lokalen Waschungen und Tonicis erfolgte nach zwei Tagen der Exitus
letalis.
Die Autopsie bestätigte die Diagnose. Die Vorgefundenen Diph¬
theriebazillen zeigten die klein-diplo-bazilläre, nach Neissers Methode
gut färbbare Form. C. Berliner (Aachen.)
K. Lefner. Über die sogenannten skarlatiniformen Serum¬
exantheme bei Diphtherie.
(Aus dem Karolinen-Kinderhospital in Wien.)
(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 43.)
Die Diagnose der verschiedenen Arten der Serumexantheme ist
im allgemeinen leicht zu stellen mit Ausnahme der sogenannten
skarlatiniformen, die in differential-diagnostischer Beziehung große
Schwierigkeiten bieten. Ihre Unterscheidung vom echten Scharlach
ist fast in allen Fällen schwierig, oft unmöglich. Es wurden alle
möglichen difierential-diagnostischen Merkmale angeführt, ohne daß
durch sie die Diagnose wirklich irgendwie gesichert wurde.
Nach L.s klinischen Beobachtungen gebührt den skarlatiniformen
Sernmexanthemen keineswegs die Ausnahmestellung, die sie bisher
eingenommen haben. Während wir von sämtlichen Serumexanthemen
— die skarlatiniformen ausgenommen — wissen, daß sie am häufigsten
am Ende der 1. oder 2. Woche auftreten, daß sie flüchtiger Natur
sind, oft ohne Fieber oder nur mit geringer Temperatursteigerung
ohne Störung des Allgemeinbefindens verlaufen, wurde bei den
scharlachähnlichen ziemlich übereinstimmend beobachtet, daß sie
größtenteils vom 2.—4. Tage nach der Injektion auftreten, daß sie
oft mit hohen Temperatursteigerungen, mit Störung des Allgemein¬
befindens einhergehen und oftmals von Schuppung gefolgt sind.
L. berichtet nun über eine Reihe von skarlatiniformen Serum¬
exanthemen, die sich sämtlich als echter Scharlach erwiesen.. Von
Januar bis April 1901 wurden 46 Diphtheriekranke aufgenommen;
14 davon bekamen sogenannte skarlatiniforme Exantheme. Man
wurde in der Diagnose „Erythem“ noch dadurch bestärkt, daß diese
Exantheme beinahe alle nur nach der Injektion von zwei bestimmten
Serien Diphtherie-Antitoxins auftraten, und daß andererseits nach
Injektion des Antitoxins der gleichen Serie auch Urtikariaerytheme
zur Beobachtung kamen. Bei sämtlichen Fällen trat das Exanthema
scarlatiniforme zwischen 2. und 5. Tag auf. Die Kinder wurden
nach 14 Tagen entlassen, ihr weiteres Schicksal blieb unbekannt.
Die Annahme von der Existenz eines scharlachähnlichen Serum-
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32
Centrall latt für Einderbeilkande. No. 1.
exanthems wurde erst erschüttert, als zwei mit skarlatiniformem Erythem
im Spital beobachtete Fälle 8 Tage nach der Entlassung mit hämor¬
rhagischer Nephritis und lamellöser Schuppung zurückgebracht
wurden; da wurde es klar, daß man es in diesen zwei Fällen sicher,
in den übrigen mit großer Wahrscheinlichkeit mit echtem Scharlach
zu tun hatte. Hierfür sprach, abgesehen von dem epidemischen Auf¬
treten der sogenannten Erytheme auch noch der Umstand, daß nach
Reinigung des Pavillons mit Formalinspray diese Exantheme auf¬
hörten.
Bis zu Ende des Jahres 1901 wurden noch 143 Diphtheriekranke
aufgenommen; nur bei zwei davon entwickelte sich jenes Erythem, das
sich bei längerer Beobachtung als Scharlach erwies. 1902 bis Juni
war dies von 108 aufgenommenen Diphtheriefallen 6 mal der Fall.
Zusammengefaßt zeigten L.s Beobachtungen:
1. Die sogenannten skarlatiniformen Erytheme treten in den
ersten 5 Tagen nach der Injektion auf, was in einem gewissen
Widerspruch mit dem Verhalten der andersartigen universellen
Serumexantheme steht.
2. Die beobachteten Exantheme waren von typischer lamellöser
Schuppung gefolgt.
3. Nach Ablauf des Exanthems wurde wiederholt Glomerulo-
Nephritis beobachtet.
4. Das Exanthem erwies sich als kontagiös anderen Kindern
desselben Zimmers gegenüber.
5. Das Kontagium hatte eine hohe Tenazität, denn Sperrung
und Formalindesinfektion (welche leider nicht sorgfältig genug aus¬
geführt war) konnte nicht immer eine neuerliche Infektion verhüten.
6. Exanthem und Schuppung nahmen häufig von der Injektions¬
stelle ihren Ausgang, was an das Verhalten beim Wundscharlach
erinnert.
7. Die Transferierung der Kinder auf das Scharlachzimmer, der
sechswöchentliche Aufenthalt daselbst hatte niemals eine Scharlach¬
infektion zufolge.
8. Bei einem der Kinder trat ausser dem Scharlachexanthem
noch am 11. Tage nach der Injektion eine typische Serum-Urtikaria auf.
Diese Erfahrungen lassen nur den Schluß zu: In obigen Fällen
von skarlatiniformen Serumexanthemen handelte es sich
zweifellos um echten Scharlach. Wir werden in Zukunft beim
Auftreten von sogenannten skarlatiniformen Exanthemen nach Serum¬
injektion Isolierung des Kranken und Desinfektion des Krankenzimmers
fordern müssen. Grätzer,
E. V. Leyden. Die Behandlung des Scharlachs mit
Rekonvaleszentenserum.
(Deutsches Archiv f. klin. Medizin Bd. 73.)
v. L. gibt eine kurze Übersicht über die an der ersten medizinischen
Klinik in Berlin bisher erzielten Erfolge mittels der Serumtherapie
bei Scharlachkranken.
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II. Referate.
33
Das Serum entstammte dem Blute von Scharlachrekonvaleszenten.
Die den Kranken injizierte Dosis betrug 10—20cbcm; in der Regel
wurde nur eine, einmal zwei Injektionen gemacht. Im ganzen wurden
seit 1896 16 Fälle von Scharlach mit dem Serum behandelt. Über
die 13 ersten haben bereits Huber und Blumenthal 1897 be¬
richtet. Der Erfolg war in drei Fällen ein „augenscheinlich günstiger“.
Der Abfall der Temperatur stellte sich früher ein als unter gewöhn¬
lichen Verhältnissen. Auch in den übrigen zehn Fällen begann der
lytische Temperaturabfall nie später als am 6. Tage, vollständige
Entfieberung war nur einmal am 10. Tage, in den übrigen Fällen
früher (bis zum 5. Tage) zu konstatieren. Sonach würde es sich
um eine auffällige Abkürzung der Krankheit handeln. Das Exanthem
schritt nach der Injektion noch in sechs Fällen etwas fort. Ernste
Nachkrankheiten wurden nie beobachtet. In den drei jüngst behandelten
Fällen war das Resultat durchweg günstig. — Soweit L.s Ver-
suche. Ein abschließendes Urteil über den Wert der Serumbehand¬
lung Scharlachkranker läßt sich heute noch, nicht fällen. Die Serum¬
behandlung ist nach den bisherigen Versuchen vollständig unbedenk¬
lich. Wichtig scheint es zu sein, daß die Injektionen möglichst
frühzeitig vorgenommen werden, ebenso wie bei der Diphtherie.
Eine genaue Dosierung des Serums ist zur Zeit noch nicht
möglich, da der Grad der Immunität eines Kranken noch nicht
bestimmt werden kann. L. warnt übrigens vor allzugroßer Zaghaftig¬
keit in der Dosis des Serums. Hugo Starck (Heidelberg).
C. K. Millard. Die Ätiologie der Scharlachrückfalle.
(The Brit med. Journ. 16. August 1902.)
Nach den Untersuchungen von Niven, Simpson, Boobbyer
soll die Ursache der Scharlachrückfälle in dem Umstande zu suchen
sein, daß die Patienten häufig noch mit Erscheinungen in der Nase,
im Rachen und Ohr als scheinbar geheilt aus dem Hospital entlassen
und zur Infektionsquelle nach Hause geschickt werden. In den
Sekreten der Nase und des Ohres hat man Streptokokken gefunden,
welche als Urheber des Scharlachs angesehen worden sind. Die
Mehrzahl der Patienten sind im Hospital behandelt, wo Rekon¬
valeszenten mit akuten Fällen zusammengelegt werden. Die strenge
Isolierung der letzteren von den ersteren im Hospital wird verlangt,
wenn man in Zukunft die Scharlachrückfälle vermeiden will.
C. Berliner (Aachen).
August Szekeli (Budapest). Beitrag zur Kenntnis der
Scharlacbinfektion.
(Orvosi Hetilap No. 89 1902.)
In einem mitgeteilten Falle bekam das Kind dadurch die Schar¬
lachinfektion, daß es mit einer Zinksalbe eingeschmiert wurde, welche
die abschuppenden Hautpartikel eines Scharlachkranken enthielt, wobei
Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII. 3
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84
Centralblatt für. Kinderheilkunde. No. 1.
an der Haut des infizierten Kindes wahrscheinlich kleine Läsionen
waren. Die Infektion war eine sehr milde, was aller Wahrscheinlich*
keit nach daraas zu erklären war, daß sich die Wirkung des In¬
fektionsvirus in der Salbe verminderte. Verf. wirft die Frage auf,
ob der Infektionsstoff, dessen Virulenzfähigkeit durch eine zeitlang
währenden Aufenthalt in der Zinksalbe abgeschwächt ist, vielleicht
zu Schutzimpfungen benutzt werden könnte durch Einreiben auf ein
klein wenig lädierte Hautteile. Diese Schutzimpfung wäre mit der
Vakkination analog, denn auch hier wird das abgeschwächte Virus
der Krankheit durch kleine Hautläsion in den Organismus gebracht.
J. Honig (Budapest).
Reckzeh. Das Verhalten des Blutes bei Masern und
Scharlach im Kindesalter.
(Aus dem Zentral-Diakonissenhaus Bethanien in Berlin.)
(Zeitschr. f. klin. Medizin Bd. 45 Heft 1—4)
Eine Reihe methodischer Blutuntersuchungen bei je 60 Fällen
von Masern und Scharlach zeitigte insofern schon interessante Resul¬
tate, als sich aus dem Verhalten der eosinophilen Zellen wichtige
Anhaltspunkte für die Differentialdiagnose von Scharlach und Masern
ergaben.
Während sich bei Masern eine Verminderung der eosinophilen
Zellen fand und höchstens lange nach der Entfieberung normale oder
hochnormale Werte auftraten, war beim Scharlach stets Eosinophilie
zu beobachten.
Ein weiterer fundamentaler Unterschied zwischen beiden Er¬
krankungen liegt in der Gesamtleukozytenzahl: während bei Masern
Hypoleukozytose auftritt, zeigt sich bei Scharlach eine deutliche
Hyperleukozytose. Allerdings kann bei Masern in dieser Hinsicht
das charakteristische Bild dadurch getrübt werden, daß hier bei Kompli¬
kationen, namentlich auf der Höhe derselben, speziell bei solchen
der Respirationsorgane, eine Leukozytose auftritt. Komplikationen
der Masern von seiten des Drüsensystems finden hämatologisch ihren
Ausdruck in einer Lymphozytose oder wenigtens in einer Erhöhung
der Lymphozytenzahlen.
Während die Beobachtungen an den roten Blutzellen bei den
Masern wenig Anomalien, wenigstens nichts für die Masern Charak¬
teristisches ergaben, war der Einfluß des Scharlachgiftes auf jene ein
erheblicherer im Sinne einer geringen Anämie. Eschle (Sinsheim).
Giarre und Picchi. Bakteriologische Untersuchungen bei
einigen Komplikationen der Masern.
(Lo Sperimentele No. 4 1904.)
Verff. hatten bereits im Mai 1900 einen von ihnen bei Masern
gefundenen Bazillus beschrieben, der sich durch seine Züchtbarkeit
auf hämoglobinhaltigen Nährböden auszeichnete.
Sie haben diese Versuche fortgesetzt und geben in vorliegender
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IL Referate.
85
Arbeit die Resultate, die sie mit der Züchtung auf ihren nach eigener
Methode hergestellten hämoglobinhaltigen Agarböden bei einem Material
von 17 an verschiedenen Komplikationen der Masern verstorbenen
Individuen erzielten. Die Untersuchung des Bronchialschleims fiel
7 mal positiv, einmal negativ aus, zweimalige Unt ersuchung von Pul-
monalsaft jedesmal positiv, viermalige Untersuchung des Herzblutes
ergab drei negative und ein positives Resultat, fünf Impfungen mit
Pleurainhalt fielen alle positiv aus, eine Impfung mit dem Eiter eines
Lungenabszesses gleichfalls positiv u. s. w. Der von den Autoren be¬
schriebene Bazillus soll seinen morphologischen, kulturellen und bio¬
logischen Eigenschaften nach große Ähnlichkeit mit dem von Pfeiffer
als Erreger der Influenza beschriebenen Bazillus zeigen. F.
M. Brückner. Zur Pathologie der Masern.
(Jahrbuch f. Kinderhlkd. Bd. 56 Heft 5.)
Zwei Fälle von Transversalmyelitis im Verlaufe von Masern mit
Besprechung der einschlägigen Literatur. Hecker (München).
H. V. Ranke. Ein weiterer Beitrag zur Behandlung des
nomatösen Brandes durch Exzision des erkrankten Gewebes.
(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 48.)
Vor 2 Jahren teilte Verf. drei Fälle von Noma faciei mit, welche
in unmittelbarer Aufeinanderfolge, durch Exzision des brandigen Ge¬
webes mit nachfolgender Verschorfung durch den Thermokauter geheilt
wurden.
Erst jetzt bekam er wieder einen Fall von Noma in Behandlung,
ein 3jährige8 schlecht genährtes Mädchen, das am 4. Tage nach
Ausbruch der Masern an Noma der Genitalien und des Afters,
sowie der beiden Schenkelbeugen erkrankte. Die Affektion griff
sogleich rapid um sich und hatte schon erschreckende Fortschritte
gemacht, als v. R. den Fall sah. Er exzidierte sofort alles Erkrankte,
worauf der Verlauf sich überraschend günstig gestaltete. An keiner
Stelle zeigte sich weiterhin noch brandiger Zerfall, der Zerstörungs¬
prozeß war wie mit einem Zauberschlage an all den verschiedenen
Stellen zum Stillstand gebracht, und die Heilung vollzog sich unter
antiseptischer Behandlung, täglichen Bädern und kräftiger Ernährung
ohne jeden Zwischenfall, trotz der großen ausgeschnittenen Flächen,
auch ohne wesentliche Verunstaltung. Grätzer.
R. W. Innes Smith. Gonorhoische Synovitis bei einem Kinde.
(The Brit. med. Journ. 7. Juni 1902.)
Ein mit gonorrhoischer Ophthalmie geborenes Kind bekam
15 Tage nach der Geburt eine Schwellung des rechten Kniegelenkes,
die Verf. als durch die Blennorrhöe hervorgerufen ansieht. Fälle von
blenorrhoischem Rheumatismus bei Kindern sind naturgemäß sehr
selten. Vater und Mutter des Kindes hatten, wie die Anamnese er¬
gab, an Blennorrhöe gelitten. C. Berliner (Aachen).
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1.
Fischer. Über Urethritis gonorrhoica bei Kindern männlichen
Geschlechts.
(Aas der Klinik fiir Dermatologie and Syphilis in Leipzig.)
(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 46.)
Zwei neue Beobachtungen dieser bei Knaben nicht häufigen
Affektion.
Fall 1 betrifft einen 9 jährigen Knaben, der, vor drei Wochen an Gonorrhoe
erkrankt, bisher aber von einem Kurpfuscher behandelt, mit heftigen Erscheinungen
in die Klinik eintrat: Präputialsack z. B. erfüllt mit dickflüssigen, gelben Eiter¬
mengen. Rechte Hälfte des Skrotums stark geschwollen, auf Druck sehr schmerz¬
haft; Hoden und Nebenhoden nicht voneinander differenzierbar. Im Urethralsekret
zahlreiche Kokkenhaufen. Bei der Zweigläserprobe Urin in beiden Gläsern diffus
getrübt Unter Behandlung mit Bettruhe, Hochlagerung des Hodensackes, kalten
Umschlägen, häufigen Ausspülungen des Präputialsackes mit essigsaurer Tonerde
und entsprechender Diät gingen die Erscheinungen nach 5 '/* Wochen soweit
zurück, daß ambulante Behandlung möglich wurde, doch blieb schleimige Sekret¬
absonderung noch wochenlang zurück. Auf innerliche Darreichung von Salol in
öfteren täglichen kleinen Dosen schwanden die Kokken allmählich. Erst nach
4 monatlicher Behandlung ergab die Zweigläserprobe völlig klaren Urin. In ätio¬
logischer Beziehung war absolut nichts zu eruieren gewesen; die Untersuchung
der Mutter des Pat. und dessen drei Schwestern fiel negativ aus.
Fall 2 betraf die akute gonorrhoische Urethritis eines 11jährigen Knaben,
der sich bei einer Prostituierten infiziert hatte. Der am 8. Tage ins Krankenhaus
aufgenommene Pat. zeigte stürmische Erscheinungen (blutige Beimengungen im
Sekret, Harnzwang, Harnverhaltung), doch heilte das Leiden ohne Komplikation
in vier Wochen aus.
Bisher waren 69 Fälle von Gonorrhoe bei Knaben beobachtet
worden; 70°/ 0 ..derselben betrafen Knaben in den ersten sechs Lebens¬
jahren. Der Übertragungsmodus war 40mal zu eruieren, und zwar
beruhte derselbe:
1. Auf Ansteckung durch Kohabitationsversuche . ..
2. Auf Übertragung durch Zusammenschlafen oder näheren (nicht ge¬
schlechtlichen) Verkehr mit gonorrhoisch erkrankten Knaben, Mädchen
oder männlichen Erwachsenen.
3. Auf zufälliger Übertragung durch weibliches Pflege- oder Wartepersonal
4. Auf mittelbarer Übertragung durch Wäscheartikel u. dergl. ....
5. Auf Infektion durch Sittlichkeitsdelikte . . . ,.
Von Komplikationen waren zu verzeichnen:
Balanitis und Balanoposthitis . . . . . .
Lymphangoitis.
Lymphadenitis.
Cystitis (2 Fälle mit schwerer Hämaturie) . .
Epididymitis, einseitig.
„ beiderseitig.
Incontinentia urinae, Enuresis.
Gonitis..
Arthritis universalis . . . ..
Strikturen ... . .
9 mal
5
6
1
1
4
12 mal
11
9
6
2
»>
»>
V)
Die Gonorrhoe verlief im allgemeinen wie bei Erwachsenen; be¬
sondere Erwähnung verdienen folgende Punkte:
1. Sehr häufig ist bei Knaben die Gonorrhoe eingeleitet von
einer Balanitis, bezw. Balanoposthitis, besonders bei engem und
langem Präputium.
2. In 50 °/ 0 der Fälle ist auch die Pars posterior von der Er¬
krankung betroffen gewesen.
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II. Referate.
37
3. Schmerzhafte Erektionen sind in keinem der obigen Fälle
erwähnt, auch Prostatitis ist niemals beobachtet worden.
4. Enuresis nocturna, überhaupt Incontinentia urinae wurde
häufig beobachtet.
5. Sehr selten scheint bei Knaben im Anschluß an Gonorrhöe
Gelenkrheumatismus aufzutreten.
6. Strikturen im Gefolge der gonorrhöischen Erkrankung sind
bei Knaben durchaus nicht selten. Im Berichtsfall von Abbö hatten
sich bei dem 3 jährigen Knaben bereits nach sechs Monaten imper¬
meable Strikturen in der Pars anterior und posterior entwickelt, die
einen operativen Eingriff nötig machten.
7. Meist pflegt bei Knaben die Gonorhoe mit viel stürmischeren
Erscheinungen einzusetzen als beim Erwachsenen und sehr rasch auch
auf die Pars posterior urethrae überzugehen. Gr ätz er.
F. Schanz. Die Augenentzündung der Neugeborenen und
der Gonococcus.
(Vortrag, gehalten auf der Naturforscherversammlung zu Karlsbad 1902.)
Wochenschrift für Therapie und Hygiene des Auges 1902 Bd. 6 No. 2.)
Sch. faßt die Ergebnisse der neueren Untersuchungen über das
Vorkommen der Gonokokken bei der Ophthalmoblennorhoe in den
zwei Sätzen zusammen:
1. Es gibt Augenentzündungen der Neugeborenen, welche unter
dem Bilde der vollkommen typischen Blennorhoe verlaufen und bei
denen trotz sorgfältigster Untersuchung der Gonococcus nie gefunden
wird.
2. Außer dem Gonococcus soll noch eine ganze Beihe anderer
Mikroorganismen imstande sein, das typische Bild der Ophthalmo¬
blennorrhoe der Neugeborenen zu erzeugen.
Dagegen ist bei der akuten Blennorrhoe der Sexualorgane der
Beweis der alleinigen Pathogenität des Gonococcus erbracht. Dieser
Widerspruch muß zu einer erneuten Prüfung der Frage über die
Ätiologie der Augenentzündung Neugeborener auf fordern. Sch. ist
nun der Ansicht, daß die bisher als Pseudogonokokken bezeichneten
Mikroorganismen nur künstlich von den Gonokokken getrennt wurden,
und daß sie nichts anderes sind, als sehr widerstandsfähige Gono¬
kokken. Sie unterscheiden sich von den Gonokokken dadurch, daß
sie auch auf Löf fl er schein Serum angehen, und daß sie längere
Lebensdauer und größere Resistenz gegenüber Temperaturunterschieden
besitzen. Im übrigen gleichen sie den typischen Gonokokken vollkommen.
Nun weiß man aber, daß zahlreiche Bakterien innerhalb gewisser
Grenzen variieren und speziell weiß man von den Gonokokken, daß
sie, längere Zeit auf den sogenannten Gonokokkennährböden gezüchtet,
schließlich auch auf gewöhnlichen Nährböden wachsen. Es könnte
nur sehr leicht möglich sein, daß hie und da besonders widerstandsfähige
Individuen gleich von vornherein auf solchen Nährböden angehen.
Die Angaben Sch.s werden bestätigt durch Untersuchungen von
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38
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1.
Morax-, Urbahn und Wildholz. Jedenfalls ist die Ätiologie der
Ophthalmoblennorrhoe noch nicht geklärt, und es bedarf in dieser
Beziehung noch weiterer Forschungen. E. Enslin (München).
Graham Little. Ein Fall von kongenitaler Syphilis mit
seltenen Manifestationen.
(Londoner dermat. Gesellschaft, Sitzung vom 9. Juli 1902.)
(The Brit Joum. of Derm. Bd. 14, August 1902.)
Ein 7 Monate altes Kind zeigte außer gewöhnlichen, syphilitischen
Papeln an verschiedenen Stellen des Körpers, an der Vorderfläche
des rechten Oberschenkels drei vollständig ausgebildete, rote schwach¬
schuppige Ringe, die lebhaft an Herpes tonsurans erinnerten, jedoch
mikroskopisch keine Trichophytonpilze aufzuweisen hatten. Zwei, wie
Kettenringe ineinanderlaufende Ringe befanden sich an der Vorder¬
fläche des linken Oberschenkels. Die Erscheinungen sind erst vor
einer Woche aufgetreten.
Der Vater des Kindes hatte vor 4 Jahren Syphilis acquiriert,
kurze Zeit später seine Frau angesteckt. Das erste vor der In¬
fektion geborene Kind lebt und ist gesund. Die nach der Infektion
geborenen, voll ausgetragenen Kinder starben, und zwar: das erste
5 Tage, das zweite 2 Wochen, das dritte 5 Wochen nach der Geburt.
Das vierte, der vorliegende Fall, ist nunmehr 7 Monate am Leben.
(Die Möglichkeit, daß es sich bei diesem Kinde um acquirierte, und nicht
kongenitale, Lues gehandelt hat, ist nicht ausgeschlossen. Ref.)
C. Berliner (Aachen).
R. Hecker (München). Die Erkennung der fötalen Syphilis.
(Aus dem Kinderspital München-Nord.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 45/46.)
Die Erkennung einer spezifischen Erkrankung des Fötus als
Ursache des Abortes ist für den Praktiker sehr wichtig, einmal zur
Heilung der Erzeuger, dann aber zur Erzielung späterer gesunder
Kinder und Herabsetzung der Totgeburten. Nun ist aber die Ent¬
scheidung, ob ein Fötus luetisch ist oder nicht, unter Umstanden
recht schwierig. Die grob anatomischen Veränderungen, wie wir sie
von der Pathologie der Syphilis hereditaria des Neugeborenen und
Säuglings her kennen, fehlen oft genug, das einzige, was wir bei
der Sektion finden, ist eine macerierte Frucht, deren sanguinolenter
Zustand allein eine bestimmte Diagnose nicht zulässig erscheinen
läßt. Oft kann nur das Mikroskop die Entscheidung bringen.
Die Histopathologie der Heredosyphilis hat durch H. selbst eine
wesentliche Förderung erfahren, der als erster eine methodische
Heranziehnng von normalem Vergleichsmaterial und die mikro¬
skopische Untersuchung auch zweifelhafter und macerierter Föten in
größerem Maßstabe in Angriff nahm. H. verfügt jetzt über ein sehr
ansehnliches Material von histologisch bearbeiteten Föten und kann
eine Reihe von Kriterien aufstellen, die für die Diagnose der fötalen
Syphilis in zweifelhaften Fällen von Wert sind.
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II. Referate.
89
Es hat sich z. B. heraasgestellt, daß gewisse Organe dem
Macerationeprozeß besonders lange zu widerstehen vermögen und
deshalb trotz relativ vorgeschrittener allgemeiner Fäulnis dankbare
Objekte zur mikroskopischen Bearbeitung darstellen. Am frühesten
unterliegt die Leber, am spätesten die Niere der Einwirkung der
Fäulnis; es erweist sich also bei macerierten Früchten die
Niere als das geeignetste Objekt zur histologischen Unter¬
suchung. Nun ist auch die Beteiligung der Niere an den Ver¬
änderungen der fötalen Syphilis eine sehr regelmäßige; Lunge und
Leber liefern recht spärlich positive Ergebnisse, während wiederum
Milz und Thymus häufig krankhaft verändert erscheinen.
H. hat es sich jetzt zur Aufgabe gestellt, die zur Diagnose der
fötalen Syphilis gegebenen Anhaltspunkte übersichtlich zusammenzu¬
fassen. Er führt zunächst die Zeichen an, die sich bei der makro¬
skopische Untersuchung darbieten, und zwar sichere, wahrscheinliche
und unsichere Zeichen. Aber über die Hälfte der syphilitischen
Föten konnte bei der Sektion noch nicht mit Bestimmtheit als solche
erkannt werden, erst die mikroskopische Untersuchung brachte
Gewißheit. Es waren dies Fälle, bei denen sich entweder keines der
Zeichen oder nur „unsichere“ oder nur eines der „wahrscheinlichen“
Symptome vorfanden. Hier ist genaue Kenntnis der histologischen
Veränderungen durchaus notwendig, namentlich in Betreff des wert¬
vollsten Objektes zur Aufklärung zweifelhafter Fälle: der Niere.
Verf. erörtert eingehend diese pathologischen Zeichen nicht allein an
der Niere, sondern auch an Milz, Thymus, Pankreas, Lunge, Leber,
und gibt uns so wertvolle Handhaben, um fötale Syphilis zu er¬
kennen. Zuerst wird ja stets die Untersuchung der Niere in Betracht
kommen, und erst bei negativem Ergebnis diejenige der übrigen
Organe in der angegebenen Folge. Erst das Fehlen aller patho¬
logischen Erscheinungen in den untersuchten — nicht macerierten —
Präparaten erlaubt uns, das Vorhandensein von kongenitaler Lues
mit fast völliger Sicherheit auszuschließen. Grätzer.
V. Rad. Tabes dorsalis bei jugendlichen Individuen.
(Festschrift zur Feier des 50 jährigen Bestehens des ärztlichen Vereins
Nürnberg 1902.)
Verf. bringt folgende zwei Beobachtungen von infantiler Tabes:
1. 10 jähriges Mädchen. Lues des Vaters negiert, doch habe er
wiederholt Geschwüre am Mund gehabt. Mutter hat 3 mal im
4. Monat abortiert, vier Geschwister jung an Konvulsionen gestorben,
1 Schwester gesund. Pat. selbst litt an Konvulsionen. Objektiv:
Rhagaden am Mundwinkel, Drüsenschwellung, Pupillenstarre, Miosis,
Lichtstarre, Atrophia nervi optici, Westphalsches Zeichen, Biernacki-
sches Symptom. Hypalgesie, Romberg, Ataxie. Keine Blasenstörungen.
2) 7 jähriger Knabe. Mutter litt an Lues cerebri und hatte 2 mal
abortiert Vater akquirierte Lues und infizierte seine Frau während
der Gravidität mit dem Patienten. Mit 6 Jahren hatte er luetische
Veränderungen im Pharynx. Objektiv: Strahlige Narben im Rachen.
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40
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1.
Papillendifferenz, träge Lichtreaktion, Westphal+, Bömberg ange¬
deutet. Hypästhetische Zone am Thorax. Biernacki + . Blasen¬
störungen. —
Im Anschluß an diese Fälle bespricht Verf. die Differential¬
diagnose zwischen Lues spinalis, Friedreichscher Krankheit und
Tabes, entscheidet sich in seinen Fällen für letztere Diagnose und
wendet sich schließlich der Ätiologie der Tabes infantilis zu:
Bei 12 vom Verf. zusammengestellten Fällen war 8 mal sichere
Lues eines oder beider Eltern und 1 mal Infektion nach der Geburt
nachweisbar. In den übrigen drei Fällen (darunter Fall 1 des Verf.)
muß hereditäre Syphilis als sehr wahrscheinlich angenommen werden.
Tabes, Paralyse und Lues cerebri bei den Eltern fand sich in sechs
Fällen.
Verf. meint, daß bei der infantilen oder juvenilen Tabes so gut
wie immer ein Zusammenhang mit Syphilis der Eltern nachzuweisen,
und daß in der Lues zweifellos die Hauptursache der Tabes bei
Kindern zu sehen ist. Kurt Mendel (Berlin).
Idelsohn. Ein Beitrag zur Frage über „infantile Tabes“.
(Deutsche Zeitschr. f. Nervenh. Bd. 21 No. 3 und 4.)
6jähriges Mädchen, dessen Eltern luetisch waren. Pupillen¬
differenz, Lichtstarre, Fehlen der Patellar- und Achillessehnenreflexe,
Hypalgesie an den unteren Extremitäten. Zeichen der Lues here-
ditaria fehlen.
Die Literatur verfügt gegenwärtig über sieben sichere Fälle von
infantiler Tabes (im Alter von 5—16 Jahren), darunter vier Knaben
und drei Mädchen. 6 mal war Lues des Vaters oder der Eltern
konstatiert, im 7. Falle war sie sehr wahrscheinlich. In vier Fällen
bestand das Argyll-Robertsonsche Phänomen, in sechs Hypalgesie
an den Beinen und Blasenstörungen, in sämtlichen das Westphalsche
Zeichen. Ataxie war nur in einem Falle nachweisbar, ebenso das
Rombergsche Phänomen. In zwei Fällen konnte Tabes des Vaters,
einmal Paralyse angenommen werden.
Das wichtigste ätiologische Moment der Tabes infantilis ist die
hereditäre Lues. _ Kurt Mendel (Berlin).
0. Maas. Über einige Falle von Tabes im jugendlichen Alter.
(Monatsschr. f. Psych. und Neur. Bd. 12 No. 8.)
M. berichtet über sechs Tabesfälle, bei drei derselben kann nicht
bestimmt entschieden werden, ob sie noch zur juvenilen Form ge¬
rechnet werden können. Was die drei anderen (juvenilen) Fälle betrifft,
so bestand bei zwei derselben der Verdacht auf hereditäre Lues,
während bei dem dritten weder hereditäre noch erworbene Syphilis
nachweisbar war.
Ob der juvenilen Tabes gewisse Eigentümlichkeiten bezw. der
Symptomatologie zukommen, kann nach Verf.s Meinung vorerst noch
nicht entschieden werden.
Sämtliche Patienten des Verf. gehörten dem weiblichen Ge¬
schlecht an. Kurt Mendel (Berlin).
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m. Ans Y«nfaMn und Gfaelliehaftea.
41
III. Aus Vereinen und Gesellschaften.
K. K. Gesellschaft der Ärzte In Wien.
Sitzung vom 24. Oktober 1902. 1 )
Dr. Otto Hal&sz demonstriert ein fünf Tage altes Kind, das eine Kom¬
bination von Dofekten und Mißbildungen aufweist Nebst einer Hasenscharte und
Wolfsrachen ist der rechte Vorderarm um 2 cm verkürzt, das Ellenbogengelenk
subluxiert, der Vorderarm in Supinationsstellung kontrahiert und die rechte
Hand weist das Fehlen des Ring- und kleinen Fingers auf, ohne daß eine Syn-
daktilie vorhanden wäre. Beide Füße sind Klumpfüße. Die Mutter des Kindes
hat acht normal gestaltete Kinder geboren. Vererbung ist nicht nachweisbar.
Dr. Siegfried Weiß demonstriert ein 16 Tage altes Kind mit Pemphigus
neonatorum im Stadium der beginnenden Abheilung. Neben den typischen Sym¬
ptomen zeigt dieser Fall eine Abweichung in bezug auf die Abhebung der Blasen¬
decken. Während sonst in der Regel die Ablösung derselben an der Blasengrenze
Halt macht, exfoliieren sich hier die obersten Epidermislagen weit über diese
Grenzen hinaus in Form äußerst zarter Lamellen, welche mit Leichtigkeit in
großer Ansdehnung sich abziehen lassen. Mit diesem Symptom steht der Fall
am Übergange zu der Dermatitis exfoliativa Ritter und kann vielleicht
mit der Identitätsfrage des Pemphigus neonatorum, welche für die Impetigo con¬
tagiosa bereits erledigt ist, von Richter aber auch auf Dermatitis exfoliativa
Ritter ausgedehnt wurde, in Beziehung gebracht werden.
Diskussion:
Primarius Dr. Knöpfelmacher: Ich habe im Laufe des letzten Jahres
Gelegenheit gehabt, zwei Fälle zu beobachten, welche für einen gewissen Zu¬
sammenhang der Dermatitis exfoliativa Ritter und des Pemphigus neonatorum
sprechen. Im ersten Falle hatte ein Kind wenige Tage nach der Geburt typischen
Pemphigus neonatorum und im Anschluß daran entwickelte sich eine tödliche
Dermatitis exfoliativa. Im zweiten Falle ein Kind Dermatitis exfoliativa, die Mutter
des Kindes bekam Impetigo contagiosa. Bei dem erwiesenen Zusammenhänge
zwischen Pemphigus neonatorum und Impetigo contagiosa des Erwachsenen spricht
das fast gleichzeitige Auftreten von Dermatitis exfolitiva beim Kinde und von
Impetigo contagiosa bei der Mutter dafür, daß, wenigstens in einzelnen Fällen,
Dermatitis exfoliativa, Pemphigus neonatorum und Impetigo contagiosa ätiologisch
miteinander nahe verwandt sind. Die erwähnten Fälle werden seinerseits ausführ¬
lich publiziert werden.
Sitzung vom 31. Oktober 1902.*)
Prof. Dr. 0. Chiari demonstriert ein dreieckiges Holzkohlenstück
von 2—3 mm Dicke, dessen Seiten 2, 2Vs und 1cm messen, welches er am
25. Oktober durch Laryngofissur aus dem Kehlkopfe eines 5jährigen
Knaben entfernte.
Interesse beansprucht dabei neben der Größe des Fremdkörpers nur noch
die Art der Diagnose. Das Kind verspürte am 23. September während des
Essens von Spinat plötzlich heftiges Stechen im Kehlkopfe, spuckte etwas Blut
aus, wurde bald dyspnoeisch und mußte am nächsten Morgen wegen Erstickungs¬
erscheinungen tracheotomiert werden. Die zwei nächsten Tage trat Fieber bis
39° C. auf, dagegen fehlten alle Erscheinungen von Krupp oder anderen Ent¬
zündungen. Das Kind konnte auch gut schlingen, nur hustete es öfter. Der
Kehlkopf blieb unwegsam, so daß alle Versuche die Kanüle zu entfernen
vergebens waren. Die Intubation wurde erfolglos versucht Erst am 11. Oktober
wurde der Kehlkopf wieder etwas für Luft durchgängig, doch war die Stimme
sehr heiser und schwach. Die Spiegelung des Kehlkopfes war wegen übermäßigen
Widerstandes des sehr unruhigen und reizbaren Kindes unmöglich. Auch sonst
ließ sich kein Fremdkörper nachweisen. Nach jeder Aufregung fieberte das Kind
etwas. Die Eltern brachten deshalb das Kind am 23. Oktober zu Ch. Auch er
konnte keine laryngoskopische Untersuchung durchführen, da das Kind sich aus
allen Kräften wehrte.
V Nach der Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 44.
*) Nach der Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 45.
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42
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1.
Er untersuchte daher am nächsten Tage in Narkose. Die Spiegelung, sowie
die Endoskopie durch eine Rohre lieferte kein Resultat. Die digitale Untersuchung
ergab Freisein des introitus laryngis. Die Sondierung von der Tracheotomieöflnung
aus ließ nichts nach weisen. Erst bei der Einführung der Schrötter sehen Kehl¬
kopfpinzette unter Leitung des Fingers stieß Ch. auf einen rauhen, harten Fremd¬
körper, den er nach dem Gefühl für einen Knochen erklärte.
Er suchte ihn zu fassen, glitt aber ab. Von weiteren endolaryngealen Ex¬
traktion sversuchen glaubte er hier absehen zu müssen, da das Kind nach dem
Berichte der Eltern und nach seiner eigenen Erfahrung vom Vortage voraus¬
sichtlich in absehbarer Zeit nicht tolerant geworden wäre. Auch fürchtete Ch.
bei dem heftigen Widerstand Verletzungen durch den Fremdkörper selbst. End¬
lich reagierte das schwächliche Kind auf alle energischen Spiegelungsversuche
und Aufregungen mit Fieber und litt an ziemlich starker Bronchitis. Ch. schlug
daher die Laryngofissur für den nächsten Tag vor.
Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen ergab kein Resultat; die Aufnahme
eines Röntgenogramms war bei der außergewöhnlichen Ungeberdigkeit des Kindes
kaum durchführbar.
So führte Ch. denn, nur gestützt auf den Sondenbefund, die Laryngofissur
aus und fand sofort nach Spaltung des Schildknorpels den schwarzen Fremd¬
körper und extrahierte ihn ohne Mühe.
Im ersten Moment hielt Ch. ihn für ein Schieferstück; erst nach Vollendung
der Operation entpuppte er sich bei genauer Beobachtung als sehr harte Holzkohle.
Der Vater des Kindes erzählte erst dann, daß dasselbe am 17. Tage nach
der Tracheotomie plötzlich einen Fremdkörper im Halse gespürt habe, ihn mit
dem Finger entfernen wollte, aber verschluckte. Im Stuhl fand man am nächsten
Tage ein kleines Steinchen (?) und ein Stückchen Holzkohle. Ch. beließ die
Kanüle durch einige Tage, verstopfte sie am 28. Oktober, worauf das Kind zwei
Tage und Nächte gut atmete, und entfernte sie am 30. mittags. Heute ist die
Bronchitis fast verschwunden, die Atmung frei und die Stimme nur mäßig verschleiert
Das Kind ist munter und hat guten Appetit, trotzdem es vorgestern 38,3 und
gestern abend 39,1° C. hatte. Heute nachmittags war es fieberfrei.
Die Diagnose war also nur durch die Sondierung von oben unter Leitung
des Fingers gestellt worden. Die Röntgenstrahlen konnten bei der Natur des
Fremdkörpers keinen Aufschluß geben.
Diskussion:
Doz. Dr. Großmann berichtet über einen ähnlichen Fall. Es handelte sich
um eine Pat., die mit der Angabe erschien, einen Fremdkörper geschluckt zu
haben. Einige Zeit nach Konstatierung und erfolglosem Extraktionsversuche des¬
selben erschien Pat. und zeigte ein von ihr ausgehustetes Knochenstück. Auch
dieser Fremdkörper gab vorher bei der Röntgenuntersuchung ein negatives
Resultat
IV. Internationaler Gynäkologenkongreß in Rom.
Sitzung vom 20. Sept. 1902. 1 )
G. J. Engelmann (Boston): Das Alter bei der ersten Menstruation am Pol und
am Äquator.
Frühzeitige Menstruation im Alter von 9—10 Jahren in den Tropen und
spätes Auftreten im Alter von 18—20 Jahren im hohen Norden ist eine Sage, die
sich von Generation zu Generation, ohne jede wissenschaftliche Begründung fort-
pflanzt; denn die frühzeitige Pubertät in den tropischen Gegenden ist so wie deren
spätes Auftreten in den arktischen Regionen nicht als Regel anzusehen. Das
Negermädchen im Somaliland entwickelt sich mit 16 Jahren, also ebenso spät wie
die Lappländerin, und Samojedinnen und Eskimoweiber können ebenso wie Hindu¬
frauen aus Indien schon mit zwölf Jahren Mutter werden. .. Die Pubertät kann
am Pol ebenso .früh eintreten, wie dies gewöhnlich für den Äquator angenommen
wird, und am Äquator so spät, wie man es für die Polbewohnerinnen annimmt
E. bespricht dann eingehend das Alter der ersten Menstruation auf Grund von
1 ) Zentralbl. f. Gynäk. 1902 No. 46.
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UL Ana Vereinen und Gesellschaften.
43
Aber 60000 vertrauenswürdigen Daten, die er nach Zonen verteilt folgendermaßen
gruppiert:
I. Arktische Zone (624 Fälle); Alter im Mittel 14,6 Jahre.
Matthews (500 Fälle) Arktische Indianer 12,6 Jahre
Eskimo 13—15 „
v. Haven Eskimo 16 „
Vogt Guenas 15,2 „
Im hohen Norden bei Eskimos mit 14 Jahren; Wochenbett auch mit 11 Vs
bis 12Vs> manchmal 18, oft 14 Jahren.
II. Gemäßigte Zone.
a. Europa. Alte Welt (58737 Fälle) mit 15,5 Jahren.
Dänemark, Holland ( 8943 Fälle)
16,5 Jahre,
Deutschland
(21258
)
16
»
England
(12287
>1
)
15
yy
Frankreich
( 7887
yy
)
14,6
yy
Italien
( 6337
yy
)
14,8
yy
Spanien
( 2025
yy
)
14,2
yy
b. Nordamerika. Neue Welt (10531 Fälle) mit 18,9 Jahren.
Vereinigte Staaten und Kanada (englische, germanische, französische,
italienische Kassen, sowie Nigros) mit 18,9 Jahren.
III. Tropische Zone (inbegriffen die subtropischen Gegenden) (2733 Fälle) mit
14,8 Jahren.
Koberton (1140 Fälle) Südasien vom 18—23° N. 12,9 Jahre.
Rein tropische Zone (1593 Fälle) 15,8 Jahre.
Campbell (104 Fälle) Siam (13°N.). 14,3 Jahre.
Mondicoe (1244 Fälle) Cochinchina (11—17° N.) 16,6 Jahre.
Kob ertön (77 Fälle) Barbados, Demerara (13 und 6°N.) 15,6 Jahre.
v. d. Burg (168 Fälle) Batavia (0—8°S.) 14,6 Jahre.
Somaliland (0—b 10°) 16 Jahre.
Bogasland (0-10°) 16 Jahre.
Gestützt auf diese Statistik, sowie auf noch viele andere sich auf diese
Frage beziehende Mitteilungen führt E. zuerst aus, daß, obwohl die höhere Tempe¬
ratur unter einem und demselben Klima die Pubertätsentwickelung begünstigt (die
Pubertät tritt zumeist im Sommer ein, die Konzeption findet meistens im Früh¬
jahr statt) und auch auf die Geschlechtsbildung von Einfluß ist (höhere Tempe¬
ratur ist für die Bildung des männlichen Geschlechtes notwendig, wie dies Tat¬
sachen aus der Tier- und Pflanzenwelt beweisen), so variieren die mittleren Zahlen
doch mehr unter den Bewohnerinnen der verschiedenen, zu einer Zone gehörenden
Länder, als unter denen verschiedener, also extremerer Zonen.
So tritt im civilisierten Europa die Pubertät im Süden früher ein als im
Norden, in Italien und Frankreich früher (mit 14—15 Jahren) als in Deutschland
und Dänemark (mit 16 Jahren). Sehr frtihes Entwickelungsalter (mit durch¬
schnittlich 11—12, ja 9—10 Jahren) in Indien, bezw. Ägypten und Arabien nimmt
Vortr. nicht als einwurfsfrei an.
In den Vereinigten Staaten Nordamerikas und Kanadas tritt die erste Men¬
struation durchschnittlich mit 14 Jahren auf, und zwar je näher gegen Süden,
desto früher, je näher gegen Norden, desto später.
Jedoch in den eigentlichen arktischen Gegenden ist ein frühes Auftreten, in den
eigentlichen Äquatorialgegenden das späte Auftreten (zumeist mit 15—16 Jahren),
also das Gegenteil der herkömmlichen Anschauungen, die Kegel. Von größerem
Einfluß ist die Kasse; es werden nämlich unter einer und derselben Zone bei den
verschiedenen Stämmen und Völkern die verschiedensten Entwickelungsalter ge¬
funden. In den Vereinigten Staaten iedoch ist auch dieser Einfluß nicht zu
beobachten; dort menstruieren Deutsche und Franzosen, Engländer und Neger
fast gleich im durchschnittlichen Alter von 14 Jahren zum ersten Male.
Auch die Ernährung ist nicht ohne Einfluß, bei vielen Tiergattungen und
Pflanzen selbst auf die Geschlechtsbildung. Und sicherlich ist die fett- und öl¬
reiche Kost Grund für die frühzeitige Entwickelung bei den Lappländern und
Eskimos. Andererseits ist das träge Wesen (sluggish nervous System) der Neger
nicht ohne Schuld an dem späten Auftreten der ersten Menstruation bei dieser
Basse.
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44
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1.
Aus alledem schließt E., daß das ganze „Milieu“, das „Toüt-ensemble“ aller
Bedingungen und nicht eine von diesen allein den wichtigsten Faktor bildet, und
er möchte mit seinem Vertrage nur die falsche Ansicht der frühen Entwickelung
in den Äquatorialgegenden und der späten in den Polargegenden widerlegt haben.
Berliner Laryngologische Gesellschaft.
Sitzung vom 7. November 1902.*)
Es spricht Oberwarth über primäre Angina gangraenosa bei einem Knaben.
Es waren keine anderen Krankheiten, wie Scharlach, vorausgegangen. Trotzdem
traten in wiederholten Intervallen Schübe von nekrotisierenden Belägen an den
Mandeln und an den Gaumenbögen abwechselnd auf. Bei der fünften Attacke
trat hohes Fieber auf, und es kam zur brandigen Degeneration an der Unterlippe,
an der linken Mandel und der linken Epiglottis. Außerdem traten Petechien auf,
wie bereits bei einer früheren Attacke. Im nekrotischen Gewebe fand 0. Strepto¬
kokken. (Das demonstrierte Präparat zeigte deutlich die Veränderungen.) Die
Natur dieses Leidens ist ungeklärt; es sind erst wenige Fälle publiziert, in denen
allen in verschiedenen Intervallen die Beläge auftraten, bis nach einigen Monaten
unter hohem Fieber der Tod eintrat. Man könnte auch an primäre Syphilis
denken, aber der chronische intermittierende Verlauf, das Wiederverschwinden
spricht gegen diese Auffassung.
Schoetz berichtete dann über zwei Fälle von Pharynxtuberkulose bei
Kindern, von denen erst zwölf Fälle in der Literatur bekannt sind. Der erste
Fall betraf ein 12jähriges Mädchen, das mit diphtherieähnlichen Belägen im Halse
zu ihm kam, weswegen er die Behandlung ablehnte. Nach drei Wochen kam das
Kind wieder; die Rachenschleimhaut war blaurot und infiltriert und in ihr graue
Knötchen zu sehen, zum Teil waren sie ulceriert. Man fand bei der Untersuchung
der Lunge eine ausgedehnte Erkrankung der linken Spitze und im Sputum Bazillen.
Das Kind lebte noch ca. drei Monate und starb unter hohen Temperaturen. Das
zweite Kind kam mit fieberhaften Erscheinungen in Behandlung und war erst
drei Tage krank. Auf den Mandeln saß ein grauer Belag. Aut dem Gaumen¬
segel sah Sch. kleine graue Knötchen. Die Lunge war gesund, Eltern und drei
Geschwister ebenfalls. Diese Erscheinungen gingen vorüber, als plötzlich unter
starker Temperaturerhöhung flache Ulcera auf den Mandeln auftraten und ein
Exanthem auf der Haut des ganzen Körpers; an den Lungen war nichts zu finden.
Dagegen trat doppelseitig eine Ohrentzündung auf; und auf der einen Seite
bildeten sich bald zwei Perforationen, die zu einer großen nach kurzer Zeit ver¬
schmolzen. Die Tonsillen waren hochgradig infiltriert, ebenso die aryepiglottischen
Falten und der Kehldeckel, an dessen Hinterwand ein Geschwür saß. Die Sektion
bestätigte den Befund. Die Sektion erwies auch, daß es sich in diesem Falle um
eine allgemeine Miliartuberkulose handelte mit besonderer Beteiligung der Hals¬
organe. In dem ersten Falle ist die Sektion nicht gemacht worden, aber die Ur¬
sache der Halsaffektion ist dieselbe. Sch. meint, daß man bei Beobachtung der
Miliartuberkulose öfter auf solche Befunde stoßen wird. (?) Zur Differential¬
diagnose kommen die Diphtherie und allenfalls die Pseudoleukämie. Diese bilde
mehr geschwulstähnliche Massen; aber erstere sei anfangs kaum von der be¬
ginnenden Tuberkulose zu"unterscheiden.
Academie de medicine in Paris.
Sitzung vom 7. Oktober 1902. l )
Josias berichtet über die Diphtheriefälle am Spital Bretonneau. Von 709
klinisch diagnostizierten Fällen waren nur 580 mit dem Klebs-Löfflerschen
Bazillus behaftet. Die Zahl der Todesfälle betrug 58, worunter 29 infolge von
Bronchopneumonie; letztere Affektion erwies sich als besonders kontagiös, weshalb
man diese Fälle isolieren müßte. J. glaubt, daß man die Sterblichkeit noch mehr
*) Nach Deutsche Medizinal-Ztg. 1902 No. 93.
*) Nach Münchener med. Wochenschr. 1902 No. 46.
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IV. Nene Bücher.
45
berabsetzen kann, wenn man möglichst bei Beginn der Krankheit schon das Heil¬
serum (10—20 ccm) injiziere; im Spital geschehe dies gewöhnlich, aber die Ärzte
in der Privatpraxis warteten oft viel zu lange: die Injektionen nur um 24 Stunden
zu verschieben, das setze das Leben der Kinder aufs Spiel.
Societö medicale des Hopitaux in Paris.
Oktobersitzung 1902. *)
Gegenstand der Besprechung war die hereditär-syphilitische Tabes. Babinski
glaubt, daß diese Affektion, von welcher kaum 20 Fälle in der medizinischen
Literatur veröffentlicht sind, oft in nur wenig ausgebildeter Form vorkommt und
viel häufiger ist, als man gewöhnlich annimmt. Er teilte sodann der Gesellschaft
zwei Fälle mit, die besonders dadurch interessant sind, daß beide Male der Vater
ebenfalls Tabetiker war. Im ersten Falle handelte es sich um ein 22jähriges
Mädchen mit Hutchinsonschen Zähnen. Außer einigen Geschwüren am anus,
die sich sofort nach der Geburt gezeigt hatten, war sie bis zu ihrem 17. Jahre
gesund geblieben. In diesem Alter bekam sie eine interstitielle Keratitis, die die
charakteristischen Zeichen einer hereditär syphilitischen Affektion darbot. Nach
weiteren zwei Jahren stellten sich lanzinierende Schmerzen ein und trat Pupillen¬
starre auf. Der Vater der Pat. hatte sich während der Schwangerschaft ihrer Mutter
angesteckt und dann die Syphilis auf die Mutter übertragen. Der Vater hat eine
ausgesprochene Tabes, die Kniereflexe sind aufgehoben, er leidet an Blasen¬
störungen, lanzinierenden Schmerzen, pathologischen Augenerscheinungen u. s. w.
Der zweite Fall betrifft ein 15 jähriges Mädchen mit Pupillenstarre, aufgehobenen
Sehnenreflexen, Schwierigkeiten bei der Harnentleerung, Chorioiditis und einigen
psychischen Störungen, die auf eine Dementia praecox oder eine diffuse Meningo¬
encephalitis zurückzuführen sein dürften. Der Vater leidet an den gleichen Er¬
scheinungen wie deijenige der oben erwähnten Pat. Die genaue Erforschung
dieser Fälle ist nach Babinski von großer Wichtigkeit, weil er annimmt, daß
durch intensive, lange fortgesetzte Quecksilberbehandlung ein Einfluß auf die here¬
ditär-syphilitische Tabes ausgeübt werden kann, ein Einfluß, der wenigstens ebenso
groß ist, wie deijenige des Quecksilbers auf die gewöhnliche Tabes, d. h. daß eine
gewisse Einschränkung der Entwickelung der Krankheit erreicht werden kann.
Zu dieser letzteren therapeutischen Bemerkung von Babinski fügte Gau eher
hinzu, daß das Wort intensiv sich nur auf die Dauer der Behandlung, nicht aber
auf die Stärke der Dosen bei der spezifischen Behandlung beziehen dürfe, da man
beim Überschreiten der gewöhnlichen Gaben der Quecksilbersalze sofort Intoxi¬
kationserscheinungen hervorrufe.
IV. Neue Bücher.
Dio Hygiene des Kindes von Luigi Concetti. (Rom-Mailand. Societä Editrice
Dante Alighieri 1903. 637 S.)
Ein durch ausführliche und sachgemäße Behandlung aller für die Hygiene
des Kindesalters irgendwie wichtigen Fragen ausgezeichnetes Buch, das nicht nur
für Ärzte und Hygieniker, sondern auch für gebildete Laien berechnet ist. Verf.
wird einem so zusammengesetzten Leserkreis gerecht, indem er auf das Glück¬
lichste die Mitte hält zwischen allzu gründlichem Eingehen auf wissenschaftliche
Details von rein theoretischem Interesse und allzu großem Streben nach Populari¬
sierung, das ja oft zur Oberflächlichkeit führt. Besonders im Vaterland des Verf.,
wo, wie die mitgeteilten Ziffern zeigen, die Morbidität und Mortalität in den
ersten Lebensjahren eine ganz besonders erschreckend hohe ist, wäre dem Buche
die weiteste Verbreitung zu wünschen.
Den breitesten Raum nimmt naturgemäß das Kapitel von der Ernährung
ein, es-umfaßt allein über 350 Seiten; als besonders gelungen ist der Abschnitt,
der von der künstlichen Ernährung und den Milchsurrogaten handelt, zu bezeichnen.
Als ein Beweis, eine wie eingehende Darstellung der Gegenstand gefunden hat,
l ) Vereinsbeilage der Deutsch, med. Wochenschrift 1902 No. 47.
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46
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1.
sei erwähnt, daß auch der Ernährung intubierter Kinder gedacht wird. In einem
Kapitel über allgemeine Hygiene ist nichts vergessen, was für eine nach ver¬
nünftigen hygienischen Grundsätzen geleitete Kinderstube in Betracht kommt;
besonders eingehend ist die der Haut- und Mundpflege, die Kleidung, die Hygiene
der Sinnesorgane, die Unterstützung der ersten Gehversuche, die Hygiene der
Psyche behandelt Den Schluß bildet ein die wichtigsten Grundsätze der Schul¬
hygiene behandelndes Kapitel. Finder (Berlin).
B6zy und Bibent. Die Hysterie im kindlichen und jugendlichen Alter. (Übersetzt von
H. Brodtmann) (Verlag v. Vogel und Kreienbrink. Berlin 1902. 286 S.)
Nach einer geschichtlichen Einleitung besprechen die Verff. die Symptomato¬
logie die kindlichen Hysterie und deren hauptsächlich vorkommende Formen.
Sie unterscheiden die Hysterie des frühesten, die des späteren Kindesalters und
die des jugendlichen Alters. Auch beim Säugling werde Hysterie beobachtet.
Weitere Kapitel sind der Kombination von Hysterie einerseits mit organischen
Leiden oder Neurosen (Epilepsie, Chorea) andererseits, der Differentialdiagnose
mit anderen Krankheiten, der Prognose, (welche, sofern das Leiden frühzeitig
erkaunt und behandelt wird, günstig ist, und zwar bei Knaben günstiger als bei
Mädchen), der Ätiologie (erbliche Veranlagung, Erziehung, Übertragung, Gemüts¬
bewegungen, Traumen, Onanie, hypnotische Experimente, Infektionskrankheiten)
und der Therapie (Prophylaxe, Entfernung aus dem Elternhaus, Erziehung,
Suggestion, Isolierung) gewidmet. Eine reichhaltige Literaturangabe schließt die
Arbeit, welche zwar das hauptsächlichste über die kindliche Hysterie, alles jedoch
in etwas summarischer und skizzenhafter Form bringt und nirgends weiter in
die Tiefe zu dringen sucht. Kurt Mendel (Berlin).
H. Neumann, über die Behandlung der Kinderkrankheiten. 3. Auflage. Verlag von
0. Coblentz, Berlin (Preis Mk. 9).
Gerade zwei Jahre, nachdem die 2. Auflage die Presse verlassen, erschien
die 3. Auflage des allseits mit Becht freundlichst aufgenommenen Buches, das so
recht ein Belehrungs- und Nachschlagewerk für den Praktiker ist, dem es in an¬
genehmer Form alles Wissenswerte über die Therapie der Kinderkrankheiten
mitteilt und oft goldene Regeln und Winke für die tägliche Praxis gibt Der
Autor hat auch diese Auflage genau revidiert, an vielen Stellen neu bearbeitet,
mannigfach erweitert. Das Buch wird sicherlich zahlreiche neue Freunde sich
erwerben und weiterhin vielen Nutzen stiften. Grätzer (Sprottau).
Carl Pick. Kurzgefaßte praktische Hydrotherapie. J. J. Heines Verlag in Berlin.
(Preis Mk. 6).
Verf., ein Schüler von Winternitz und über 20 Jahre an einer der größten
Wasserheilanstalten Österreichs tätig, hatte reichlich Gelegenheit, die großen Erfolge
rationell durchgeführter hydrotherapeutischer Maßnahmen kennen zu lernen und
auch in der täglichen hausärztlichen Praxis die segensreichen Wirkungen metho¬
discher Wasserkuren zu studieren. Er stellte es sich zur Aufgabe, Applikations¬
weise, Indikationen, Dosierung liydriatischer Prozeduren und die Wasserkur im
Hause des Kranken mit den einfachsten Behelfen, dem Leser möglichst klar vor
Augen zu führen, und er hat diese Aufgabe in glänzenderWeise gelöst. Nachdem
er auf wenigen Seiten die szientifische Begründung der Hydrotherapie gegeben,
bespricht er Applikationsweise, Indikationen und Dosierung der einzelnen Proze¬
duren, um dann zu dem Hauptabschnitt über die praktische Anwendung der
Hydrotherapie in den einzelnen Krankheitsgebieten überzugehen und hier alles
Wissenswerte vorzubringen. Wenn er diesen umfangreichen Stoff in lückenloser
Weise auf 184 Seiten erledigte, so war dies nur möglich dadurch, daß er den Stoff
vollkommen beherrscht und über eine höchst klare und präzise Diktion verfügt.
Mit wenigen Worten versteht er es, die einzelnen Themata zu behandeln und
die wichtigen Punkte zu erläutern, minder Wichtiges nur streifend und doch nie
ganz außer acht lassend. Der Verlag hat das sehr empfehlenswerte Buch auch
äußerlich würdig ausgestattet. Grätzer (Sprottau).
E. Grätzer. Therapeutischer Ratgeber für die tägliche Praxis. ’) Leipzig 1902. Ernst
Fiedler. (Preis Mk. 6.)
Dieses bisher unter dem Titel „Die therapeutische Praxis des Arztes“ er¬
schienene Buch des bekannten Redakteurs der „Excerpta medica“ und des
*) Entnommen der Prager med. Wochenschrift 1902 No. 37.
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V. Monats-Chronik.
47
„Centralblatt für Kinderheilkunde“ erscheint nunmehr unter obigem Titel in
5. Auflage, ein deutlicher Beweis für die beifällige Aufnahme, die das Buch ge¬
funden. Der neue Titel charakterisiert auch entschieden besser den Inhalt, der
seinerseits wieder wesentliche Verbesserungen erfahren. Von den zahlreichen
Rezeptaschenbüchern und ähnlichen Werken unterscheidet sich vorliegendes Buch
wesentlich dadurch, daß es sich durchaus nicht auf die rein medikamentöse
Therapie beschränkt, sondern auch die anderen gebräuchlichen physikalisch-diäte¬
tischen Maßnahmen mit der nötigen Ausführlichkeit angibt und insbesondere auch
die für den praktischen Arzt so wichtigen chirurgischen Erkrankungen, wie Frak¬
turen und Luxationen, sowie die wichtigsten geburtshilflichen Fragen in den
Kreis der Erörterungen zieht. Da mit kritischem Blick nur erprobte Behand¬
lungsweisen angeführt und die neuesten Errungenschaften entsprechend berück¬
sichtigt werden, kann das Buch als recht zuverlässiger Ratgeber für die tägliche
Praxis bestens empfohlen werden. Grünhut (Prag).
Heue Dissertationen. 1 )
Adam, Max. Nahrungsmengen künstlich ernährter Kinder nebst einem neuen Vor¬
schlag zur Nahrungsmengenberechnung. (München, Oktober 1902.)
Deißler, Wilhelm. Ätiologie und Therapie des Caput obstipum congenitum et spasticum.
(Leipzig, Oktober 1902.)
Karsch, Wilhelm. Zur operativen Behandlung der angeborenen Gaumenspalten mit
besonderer Rücksicht auf die funktionellen Erfolge.
(Breslau, Sept.-Okt 1902.)
Uipoldt, Johannes. Zur Ätiologie und Therapie der Hasenscharte, mit besonderer
Berücksichtigung der im Leipziger Kinderkrankenhause vom Januar 1892 bis
Ende 1902 vorgekommenen Fälle. (Leipzig, Oktober 1902.)
Reinhold, Friedrich. Zwei Fälle von Diplegia spastica (Littlesehe Krankheit) bei
zwei Geschwistern. (Jena, Oktober 1902.)
Zimmermann, Alfred. Beitrag zur Kenntnis der Hypertrophien angeborenen Ur¬
sprungs. (Straßburg, Oktober 1902).
V. Monats-Chronik.
Berlin. Zur Schularztfrage. Nachdem die Reichshauptstadt es einige Jahre
mit der probeweisen Anstellung von zehn Schulärzten versucht hat, geht man
jetzt daran, die Institution zu einer allgemeinen und dauernden zu machen. Zu¬
nächst beschäftigte sich die städtische Schuldeputation kürzlich mit der Frage.
Es wurde beschlossen, dem Magistrat vorzuschlagen, eine Organisation für sämt¬
liche Berliner Gemeindeschulen zu schaffen und 30 Schulärzte mit je 2000 Mk.
Gehalt anzustellen. Deren Funktionen sollen so verteilt werden, daß sie nicht
für einzelne Schulen, sondern möglichst für eine bestimmte Kinderzahl die Auf¬
sicht ausüben. Die sozialdemokratische Fraktion der Stadtverordneten¬
versammlung hat dagegen folgenden Antrag eingebracht: „Die Versammlung wolle
beschließen, den Magistrat zu ersuchen, am 1. April 1903 an jederGemeinde-
schule einen Schularzt anzustellen, mit der Maßgabe, daß die bisherigen
zehn an zehn Doppelschulen amtierenden Ärzte vom 1. April 1903 ab an je einer
Schule tätig sein sollen. Die Versammlung sieht einer besonderen Vorlage über
die Kostendeckung entgegen und ersucht den Magistrat, die für die Neueinrichtung
erforderlichen Mittel in den Etat von 1903 einzustellen.“
Vom ärztlichen Standpunkte verdient der zweitgenannte Antrag unbedingt
den Vorzug. Für eine Stadt wie Berlin mit ca. 250000 in Betracht kommenden
Schulkindern sind 30 Schulärzte entschieden viel zu wenig. Wenn ein Arzt die
Fürsorge über ca. 8000 Schulkinder zu übernehmen hat, kann unmöglich etwas
Ersprießliches geschaffen werden. Stellt man an den 260 Schulen je einen Ärzt
mit 500 Mk. Gehalt an, so würden sich die Kosten auf 130000 Mk. stellen,
während sie bei dem von der städtischen Schuldeputation vorgeschlagenen Modus
*) Besprechung einzelner derselben Vorbehalten.
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48
Centralblatt f Hat Kinderheilkund e. No. 1.
60000 Mk. betragen würden. Die Mehrkosten bei dem enteren Verfahren würden
für eine Stadt wie Berlin kaum in Frage kommen. Durch die Berücksichtigung
einer großen Zahl von Ärzten ließe sich ferner viel unnötige Verbitterung bei
den Zurückgesetzten vermeiden, und es ließe sich auch leicht die im Interesse der
Institution und des Ärztestandes überhaupt liegende Bevorsugung solcher jüngeren
Kollegen ermöglichen, die noch nicht mit Fixis und Sinekuren aller Art gesegnet
sind* Neigt sich die Stadtverwaltung dem Vorschläge der Schuldeputation zu, so
wird ein wütendes Wettrennen um die neuen Fixa beginnen, bei dem nach alter
Erfahrung diejenigen den Sieg davontragen werden, die ohnehin schon im Besitze
zahlreicher ärztlicher Pfründen sind und daher für ihr neues Amt am wenigsten
Zeit erübrigen können. Aus allen diesen Gründen können wir dem Anträge der
sozialdemokratischen Fraktion nur vollen Erfolg wünschen.
(AUgem. med. Zentral-Ztg. 1902 No. 93.)
Berlin. Wegen Einführung unentgeltlicher Schutzimpfungen mH Diphtherieheil¬
serum für die ärmere Bevölkerung sind seitens des Polizeipräsidenten v. Wind*
heim beim Magistrat Vorschläge gemacht worden. Wir glauben nicht, daß die
geplante Maßregel, selbst wenn der Magistrat auf die Anregung des Polizei¬
präsidenten eingehen sollte, irgend welche praktische Bedeutung erlangen würde.
Da ein gesetzlicher Zwang zur Annahme behördlicher Wohltaten nicht besteht,
so würde bei der aus der Geschichte der Schutzpockenimpfungen sattsam bekannten
Abneigung der Bevölkerung gegen derartige Eingriffe niemand von der Gelegen¬
heit unentgeltlicher Diphtherieimmunisierung Gebrauch machen und dies um so
weniger, als die Inanspruchnahme des gebotenen Benefiziums möglicherweise als
Armenunterstützung angesehen werden und daher Wahlrechtsbeschränkungen zur
Folge haben könnte. Auch vom rein medizinischen Standpunkte muß die ge¬
plante Maßregel als überflüssig erscheinen. Einmal dauert der durch die Immuni¬
sierung gewährte Infektionsschutz selbst nach der Ansicht derer, die an ihn
glauben, höchstens 10—20 Tage und es ist daher gewagt, um eines so gering¬
fügigen Vorteils willen die weder ganz seltenen, noch harmlosen Zufälle der
Seruminjektion in den Kauf zu nehmen; sodann aber ist auch ohne derartige
Mittel die Diphtheriemorbidität in Berlin in den letzten Jahren erfreulicherweise
auf ein derartig niedriges Niveau gesunken, daß man vorerst ruhig auch weiterhin
der Milde des Genius epidemicus neben den bisherigen Maßnahmen den Schutz der
Bevölkerung an vertrauen kann. Ist doch nach alten Wiener Erfahrungen gerade
für die Diphtherie ein spontanes Erlöschen auf Jahrzehnte durchaus nicht aus¬
geschlossen. Wozu also das wissenschaftliche Urteil späterer Geschlechter durch
Maßnahmen von an sich höchst zweifelhaftem Werte trüben?
(AUgem. med. Zentral-Ztg. 1902 No. 95.)
Personalien: Doz. Dr. M. Pfaundler (Graz) zum außerordentl. Professor der Kinder¬
heilkunde in Graz ernannt. — Unser geschätzter Mitarbeiter, Privatdoz.
Dr. 0. Vulpius in Heidelberg, ebenfalls zum Professor ernannt. — Privatdoz.
Dr. Ludloff, bisher Assistent bei Professor Garrä in Königsberg, zum Leiter
des neuen orthopädischen Instituts der Chirurg. Klinik nach Breslau berufen.
— Ernannt zum leitenden Arzt der inneren Abteilung des Kinderhospitals
Olgaheilanstalt Dr. HL Fischer, als ärztl. Anstaltsvorstand Geh. Hofrai Prof.
Dr. Köstlin in Stuttgart — Dr. i. Raczynski zum a. o. Professor dei Kinder¬
heilkunde an der Universität Krakau ernannt.
— Gestorben Dr. W. Rager, Spezialist für Orthopädie in Kopenhagen.
Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzer in Sprottau. Verlag yon Johann
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck yon Metzger A Wittig in Leipglg.
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Central blatt für
Kinderheilkunde.
Eine Monatsschrift für praktische Ärzte.
VHL Jahrgang. 1 . Februar 1903. No. 2.
I. Origlnalbeitrftg'e.
(Aus Dr. Max Josephs Poliklinik für Hautkrankheiten in Berlin.)
Herpes tonsurans im Kindesalter.
Von
Dr. Max Joseph in Berlin.
Die Hautkrankheiten weisen im wesentlichen den gleichen Typus
auf, gleichgültig, ob Kinder oder Erwachsene betroffen werden. Meist
zeigt dasselbe Exanthem sowohl nach Lokalisation als nach klini¬
schem Verlaufe und ebenso in der Prognose dieselben Eigenschaften,
gleichgültig, ob es ein kindliches oder ein erwachsenes Individuum
befallt Eine Ausnahme hiervon macht der Herpes tonsurans. Der¬
selbe spielt auf der Haut des Kindes eine ganz eigentümliche Rolle.
Er bevorzugt vor allem den behaarten Kopf, den er bei Erwachsenen
fast niemals ergreift.
Wir sehen bei Erwachsenen leider recht häufig, besonders in der
Großstadt, den Herpes tonsurans vesiculosus. Derselbe ist im behaarten
Teile des Gesichtes lokalisiert und wird am häufigsten durch das
Rasieren übertragen. Je länger er besteht und je weniger schnell
er durch eine energische Therapie beseitigt wird, desto größer ist die
Gefahr, daß sich eine sekundäre parasitäre Sykosis hieraus entwickelt.
Aber niemals geht, so lange auch die Infektion besteht, dieser Herpes
tonsurans beim Erwachsenen von dem Barte auf den behaarten Kopf
über. Einzig und allein kann sich das Trichophyton tonsurans auf die
unbehaarten Körperstellen, besonders den Rumpf, verbreiten, und es
entwickelt sich alsdann daselbst der Herpes tonsurans maculosus et
squamosus.
Beim Kinde dagegen liegen die Verhältnisse anders. Hier kommt
zwar auch zuweilen durch direkte Übertragung von einem Erwachsenen
der Herpes tonsurans vesiculosus auf irgend einer Körperstelle vor.
Gewöhnlich lokalisiert sich aber das Trichophyton tonsurans auf dem
behaarten Kopfe. Man wird zu der Annahme gezwungen, daß die
Kopfhaut des erwachsenen Menschen sich gegen das Eindringen der
Trichophytie sehr resistent erweist. Auf der kindlichen Kopfhaut
findet sich dagegen ein viel geeigneterer Nährboden, denn sonst wäre
es uns unerklärlich, weshalb gerade die kindliche Kopfhaut die Prä¬
dilektionsstelle für die Lokalisation der Trichophytie abgibt.
Das Auftreten desHerpes tonsurans auf dem behaarten Kopfe gehörte
in Deutschland zwar zu den Seltenheiten, indes macht es auf mich
den Eindruck, als ob diese Affektion in den letzten Jahren auch bei uns
häufiger würde. Keinesfalls ist aber auch nUi|- z eip€(^^0(|9utung dessen
Centralbl. t Kinderhlkde. VIII. 4
50
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2.
vorhanden, daß sie schon im Begriffe steht, etwa eine so enorme
Ausdehnung zu erreichen, wie dies in England, Amerika und Frank¬
reich der Fall ist. Sabouraud 1 ) berichtet z. B., daß es in Paris 8 bis
9000 Kinder mit Herpes tonsurans capillitii gibt. Kein Wunder,
wenn alsdann ganze Schulen geschlossen werden müssen, da man eine
noch größere Verbreitung dieser Trichophytie unter den Kindern be¬
fürchten müßte. Man gründet daher eigene „ringworra-schools“ (The
British med.Journ., 23. Febr. 1901, S. 471), um den zahlreichen kranken
Kindern wenigstens während ihrer Erkrankung, wo sie lange Zeit
isoliert werden müßten, die Wohltat eines regelmäßigen Schulunterrichtes
angedeihen zu lassen. Davon ist bei uns keine Rede. Im Gegenteil,
es gibt bei uns gewiß viele Ärzte und selbst Dermatologen, welche
noch nie einen Herpes tonsurans des behaarten Kopfes und dessen
Folgezustand, das Kerion Celsi, gesehen haben. Trotzdem kamen in
meiner Poliklinik doch in den letzten Jahren vier Fälle hiervon vor,
und vor kurzem habe ich, dank der Freundlichkeit des Herrn Prof.
A. Baginsky im hiesigen Kaiser und Kaiserin Friedrich-Kinder¬
krankenhaus, drei schwere Fälle von Kerion Celsi bei drei Geschwistern
sehen können. Auch aus einer Stadt im westlichen Deutschland be¬
richtet mir ein befreundeter Kollege, daß daselbst vor kurzem eine
Trichophytieepidemie von Schulkindern und deren kleinen Geschwistern
in besorgniserregender Weise grassierte. Eine eigentümliche Er¬
scheinung trat hier insofern zu Tage, als nur Kinder, welchen die
Haare geschnitten wurden, durch Vermittelung eines aus Amerika
zugereisten erkrankten Knaben angesteckt wurden. Von Mädchen
erkrankten nur einige wenige und zwar auch nur solche, denen die
Haare geschnitten w r orden waren. Größere Geschwister bezw. Mädchen
wurden trotz inniger Berührung (Zusammenschlafen mit erkrankten
jüngeren Mädchen) nicht infiziert, vielleicht wegen des den Kopf be¬
deckenden dicken Haares. Es liegt auf der Hand, daß hier der Arzt
einer größeren Ausbreitung durch frühzeitige Diagnose des ersten
Krankheitsfalles Vorbeugen kann.
Das klinische Bild des Herpes tonsurans capillitii ist aber so
charakteristisch, daß man es frühzeitig erkennen muß. Kaposi hat
bereits im Jahre 1876 in seinem berühmten, mit Hebra zusammen
herausgegebenen großen Handbuche der Hautkrankheiten (Stuttgart,
Enkel876)einemustergültigeDarstellungdieses Krankheitsbildes gegeben,
welche noch heute als vollständig zutreffend bezeichnet werden muß.
Es zeigen sich nach ihm auf dem behaarten Kopfe in der Regel
zerstreute, inselförmige, unregelmäßige, linsen-, zuweilen aber auch
pfennig- bis talergroße, rundliche Scheiben. Die Haut erscheint in
diesem Bereiche wie gerupft oder als hätte ein des Haar Schneidens
Unkundiger an dieser Stelle die Haare ungleichmäßig geschnitten.
Der Haarwuchs ist daselbst auffallend ärmlich im Vergleiche zumHaar-
wuchse der Umgebung und hierdurch fallen die kranken Stellen sehr
ins Auge. Die Haare stehen dünn, ungleich lang, zum Teil kurz
abgebrochen. So entsteht das Bild einer schlecht gemachten Tonsur.
Im Bereiche der Krankheitsherde ist, wie ich Kaposis Schilde-
J ) L’Echo m6dic. du Nord, 9. Juli 1899.
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I. Originalbeiträge.
51
rang bestätigen kann, der Haarboden mit einer verschieden mächtigen
und ziemlich fest haftenden Lage weißer, trockener Schüppchen be¬
deckt. Nach Entfernung derselben zeigt sich die erkrankte Hautstelle
gewöhnlich mäßig gerötet, etwas geschwellt und über die Oberfläche
ein wenig hervorragend. Bei Druck ödematös und empfindlich. Nur
selten bekommt man einen einzelnen Krankheitsherd zu sehen, meist
kommen die Kinder mit mehreren Stellen zur Beobachtung. Das
Ausfallen und Abbrechen der Haare stellt sich schon frühzeitig ein
und merkwürdig ist die verschiedene Art der Ausbreitung des Prozesses.
Einzelne Krankheitsherde bleiben klein, andere vergrößern sich und
erreichen fast die Größe eines Handtellers, und subjektiv macht sich
nur ein geringes Jucken bemerkbar.
Je länger nun dieser Herpes tonsurans auf dem behaarten Kopfe
besteht, desto eher kann es zur Ausbildung jenes sekundären Zu¬
standes kommen, welchen wir als Kerion Celsi bezeichnen. Derselbe
ist vollkommen analog jener sekundären, auf den Herpes tonsurans
vesiculosus folgenden Erscheinung im Barte, welche wir als parasitäre
Sykosis auffassen. Zunächst zeichnet sich das Trichophyton dadurch
aus, daß es das Haar nur in dem über die Hautoberfläche heraus¬
ragenden Teile befällt. Hier unterscheidet sich biologisch der Tricho-
pkytonpilz sehr wesentlich vom Favuspilz. Denn letzterer setzt sich
zunächst im Infundibulum fest und läßt das Haar unbeteiligt. Das
Trichophyton dagegen bewirkt eine Brüchigkeit des Haares. Dieses Ab¬
brechen der Haare über der Epidermis und die neben den zahlreichen
Stümpfen vorhandenen Pusteln, geröteten Flecke und Krusten be¬
rechtigen am ersten zur Diagnose des Herpes tonsurans capillitii.
Je länger aber das Trichophyton besteht, desto größere Neigung hat
es in den intraepidermidalen Teil des Haares einzudringen und hier
schreitet es direkt bis zum Haarbulbus vor. Nun entwickelt es dort
eine leukotaktische Eigenschaft und zieht die Leukocyten gewisser¬
maßen aus den Kapillaren in der Umgebung der Papilla pili heraus.
So entsteht alsdann eine Perifolliculitis, welche allmählich abszediert.
Diese Eiterung wird nicht durch eine Mischinfektion (Staphylokokken u.s. w.),
sondern durch das Trichophyton selbst hervorgerufen. Durch das
Aneinanderliegen zahlreicher, von dieser Perifolliculitis umgebener
Haare entsteht dann jener Zustand, welchen wir klinisch als Knoten
bezeichnen. Allmählich zerfallen dieselben eitrig, und es zeigen sich
dann jene typischen geröteten, über die Oberfläche stark hervorragenden,
sich scharf von der gesunden Umgebung abhebenden, weichen, eine
Ähnlichkeit mit einer Makrone aufweisenden Knoten. Die meisten
Haare stecken nur lose in den zahlreichen, auf diesen Knoten be¬
findlichen Pusteln und lassen sich leicht ausziehen. Preßt man
die Knoten zwischen zwei Fingern, so läßt sich aus den Follikeln
eine kleine Quantität Eiter herausdrücken. So erinnert das Bild an
einen Karbunkel geringen Grades und in den einige Zeit währenden
Fällen zeigen sich zugleich die Lymphdrüsen der Cervikalgegend ver¬
größert und schmerzhaft.
Daß die Infektion in diesen Fällen durch das Trichophyton ton¬
surans hervorgerufen ist, liegt ohne weiteres klar zu Tage. Dafür
spricht zunächst der oben geschilderte unverkennbare Befund. Die
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52
Centralblatt Air Kinderheilkunde. No. 2.
typischen, kreisrunden, geröteten Flecke mit den kleinen Pusteln und
Haarstümpfen sind unverkennbar, höchstens könnte es zu einer Ver¬
wechselung mit einer Alopecia areata kommen. Indessen hierbei ist
die Haut stets glatt, normal und zeigt keine Spur einer Entzündung.
Vielleicht kommen aber in manchen Ländern Mischformen vor, so
daß die Aufstellung einer Alopöcie pseudotondante (Lailler) verständ¬
lich wäre.
Ist es aber erst zur Ausbildung des Kerion Celsi gekommen, so
könnte eine Verwechselung mit Furunkeln oder Abszessen in Frage
stehen. Indessen abgesehen davon, daß bei dem Kerion Celsi nicht
so starke eitrige Sekretion besteht, als bei den genannten beiden
Prozessen, so wird sich auch immer noch an irgend einer Stelle des
Kopfes ein Herpes-tonsuranskreis finden, welcher die Diagnose er¬
leichtert. Die objektive Untersuchung auf das Vorhandensein von
Trichophyton tonsurans in den Haaren wird aber natürlich den
sichersten Aufschluß geben. Diesen Nachweis kann man leicht er¬
bringen, indem man die kranken Haare auf einen Objektträger legt,
einige Tropfen von 30 %iger Kalium causticum-Lösung hinzusetzt
und unter dem Mikroskope nun die zahlreichen im Haar und seinen
Scheiden befindlichen vielfach verzweigten Mycelien des Trichophyton
beobachten kann. Will man aber die Trichophyten färben, so hat
sich mir folgendes Verfahren am besten bewährt, welches ich bereits
in meiner mit Löwenbach zusammen herausgegebenen Dermato-
histologischen Technik (Berlin, Marcus, 1900, II. Auflage, S. 113) be¬
schrieben habe. Die Haare werden 24 Stunden lang in einer Mischung
von Alkohol und Äther ana entfettet, etwa 5 Minuten in Eisessig
gelegt und dann mit einer Nadel sorgfältig auf dem Objektträger aus¬
gebreitet. Alsdann halte man den Objektträger hoch über die Flamme,
damit der Eisessig langsam verdunstet und färbe nun mit Löffler-
schem Methylenblau etwa 15 Minuten. Alsdann heben sich die Tricho¬
phyten durch ihre schöne blaue Färbung sehr gut von der Umgebung ab.
Hat man einen solchen positiven Befund vor sich, so ist die
Diagnose entschieden. Schwieriger ist die Frage zu beantworten,
woher die Kinder ihre Trichophytie acquiriert haben. Es gehört zu
den Seltenheiten, daß in der Familie des Kindes der Vater oder die
Mutter oder eines von den Geschwistern eine Trichophytie hat. In
einem solchen Falle wäre die Übertragung ja leicht zu erklären. Meist
scheint es aber so, als ob die Ansteckung von Tieren (Hund, Katze,
Pferd) erfolgt wäre. Nach dieser Richtung war es sehr interessant,
als Sabouraud (u. a. Annal. de Dermat. 1894) glaubte eine groß-
sporige von einer kleinsporigen Form des Trichophyton unterscheiden
zu können. Die letztere sollte nur auf dem behaarten Kopf und fast
ausschließlich bei Kindern Vorkommen, während die großsporige Form
immer die Trichophytieerkrankung der unbehaarten Haut und der
Bartgegend erzeuge. Die großsporige Form sollte etwa 7 bis 8 (x im
Durchmesser, die kleinsporige etwa 3 fi halten. Ebenso glaubte
Sabouraud die Sporen danach trennen zu sollen, je nachdem sie
im Innern der Haarsubstanz (Endothrix) oder in den Haarscheiden
und zwischen ihnen sowie dem eigentlichen Haar (Ektothrix) sich
befinden. Letztere sollten besonders die Erreger der Sykosis sowie
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L Originalbeitrfige.
58
des Eerion Gelsi sein, durch ihre Outartigkeit sich auszeichnen und
tierischen Ursprungs, speziell von Pferden sein, während die Endothrix-
form stets von Menschen abstammen sollte. Es scheint aber doch
aus zahlreichen neueren Untersuchungen (Rosenbach, Krösing,
Malcolm Morris u. a.) hervorzugehen, daß man in dieser bestimmten
Art zwei Trichophytiegruppen nicht unterscheiden kann. Vielmehr pro¬
duzieren die Pilze Sporen verschiedener Größe, je nach der ver¬
schiedenen Zusammensetzung des Nährbodens, seinem Feuchtigkeits¬
gehalt, seiner Temperatur und dem Alter der Cultur, zu welchem
Zwecke sich am besten die Kartoffel empfiehlt. Ebenso ist die strenge
Unterscheidung zwischen Trichophyton Endothrix und Ektothrix
nicht durchführbar. Sicher ist mithin heute, wie wir im Gegensatz
zuSabouraud betonen müssen, daß eine und dieselbe Trichophyton-
art die verschiedenen klinischen Bilder des Herpes tonsurans und des
Kerion Celsi hervorbringen kann, was a priori auch bereits nach dem
klinischen Studium das Wahrscheinlichste war.
Die Therapie dieser Erkrankung ist meist keine leichte, zumal
sie sich über eine längere Zeit erstrecken muß. Das souveränste
Mittel ist natürlich die Epilation, denn durch dieselbe werden in
kurzem die in den Haaren befindlichen Trichophyten am besten ent¬
fernt. Statt der Epilation ist auch das von Quinquaud empfohlene
Cürettement recht praktisch, indem man mit einem scharfen Löffel alle
Oberhautschichten und Haare auf der erkrankten Fläche entfernt. Erst
nach dieser kleinen Operation oder nach der Epilation wende man Um¬
schläge mit einer erwärmten Sublimatlösung (1:1000) an. Die infiltrierten
Partieen bedecke man mit einem Quecksilberpfiastermull, und falls
die Haut nicht zu stark gereizt ist, empfiehlt sich der Gebrauch einer
10°/ o igen Chrysarobin-Traumaticin-Lösung oder von Wilkinsonscher
Salbe. Statt dessen verwendete Kaposi folgende Mischung:
Ree. Olei Rusci 15,0
Spir. sapon. kalio. 25,0
Lactis sulfur. 10,0
Balsami peruviani 1,5
Naphtoli 0.5
Spir. Lavandulae ad 100,0.
Da aber die Behandlung dieser Affektion lange Zeit in Anspruch
nimmt, so ist es kein Wunder, wenn man versucht hat, auch mit
andern Mitteln schneller zum Ziele zu kommen. So wurde neuerdings
die Finsenbehandlung empfohlen, in anderen Fällen scheint sich das
Formalin bewährt zu haben und Barbe (Soc. de Dermat. frangaise,
Juli 1898) empfiehlt folgende Mischung:
Rec. Monochlorphenyl 20,0
Alcohol abs. 80,0
Easent lavand. 10,0.
Ist es aber erst zur Ausbildung eines richtigen Kerion Celsi ge¬
kommen, so scheint mir immer noch die Kataphorese mit Sublimat
die besten Erfolge zu geben.
Die Einrichtung hierzu ist sehr einfach. Man braucht eine
konstante Batterie von etwa 32 Elementen, einen Galvanometer zum
Ablesen der Zahl der Milliamperes und einen Rheostaten, um den
Strom langsam einschleichen zu lassen. Es bedeutete entschieden
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2.
einen Fortschritt, als Meißner (Zeitschr. f. Elektrotherapie und ärzt¬
liche Elektrotechnik Januar 1899) uns durch seine wertvollen Ex¬
perimente den überzeugenden Beweis brachte, daß die Kataphorese
stets vom positiven Pol ausgeht. Wir nehmen zu dem Zwecke seinem
Vorschläge gemäß als Elektroden einen kurzen Zylinder aus Hart¬
gummi etwa von einem Durchmesser wie der eines Markstückes,
welches durch eine Hartgummischeidewand in zwei gleiche Zellen
geteilt und an der einen Seite ebenfalls durch eine Hartgummiplatte
' geschlossen ist. Durch diese Hartgummiplatte ragen zwei Platinspiralen
in das Innere der Zellen und sind dort mit den Schwamm- oder
Wattebäuschchen in leitende Verbindung gebracht: Nach außen sind
die Platinspiralen mit je einer Klemmschraube in Verbindung gesetzt,
welche die Verbindung mit den Leitungsschnüren bewerkstelligen.
Der Hartgummizylinder befindet sich an einem Handgriff. Als Flüssig¬
keit verwenden wir eine 1—2°/ 0 ige Sublimatlösung, mit welcher die
Elektroden zu tränken sind. Da aber, wie Meißner experimentell
nachgewiesen hat, mit der Dauer der Stromeinwirkung die Wieder¬
standsvermehrung in dem Elektrolyten zunimmt, so müssen wir dafür
sorgen, daß der Strom von Zeit zu Zeit seine Richtung wechselt. Zu
diesem Zwecke hat er einen periodischen automatischen Stromwender
konstruiert, welcher so eingerichtet ist, daß er den Strom in Zwischen¬
räumen von 5 Minuten umkehrt. Betont muß also werden, daß beide
Elektroden mit der einzuführenden Flüssigkeit armiert sein müssen.
Außerdem müssen sich beide Elektroden auf der zu beeinflussenden
Stelle der Körperoberfläche befinden, da sie wechselweise in Aktion
treten. Ich lasse nun solche Kinder mit schwerem Kerion Celsi,
wofür sich besonders diese Methode eignet, etwa 1 Stunde täglich
mit dieser Sublimatkataphorese behandeln und sehe danach viel
schnellere Erfolge als mit irgend einer anderen Behandlungsart.
Der schließliche Endausgang sowohl der Trichophytie wie des
Kerion Celsi ist aber ein ganz befriedigender. Es kommt zu einer
vollkommenen Heilung, ohne daß sich ein bedeutender Haarverlust
einstellt. Es atrophieren zwar einzelne kleine Haarbezirke, diese
fallen aber dem Gros gesunder Haare gegenüber nicht besonders in
die Augen.
II. Referate.
Graham Little. Ein Fall von Dermatitis herpetiformis.
(Londoner derm. Gesellschaft, Sitzung vom 8. Oktober 1902.)
(The Brit. Journ. of Derm. Bd. 14 November 1902.)
Der Fall betraf ein gutgenährtes 10jähriges Mädchen, das vor
4 Monaten ohne ersichtliche Ursache an Armen und Beinen Blasen
bekam. In kurzer Zeit verbreitete sich der Ausschlag fast über den
ganzen Körper. Die Kopfhaut und Mundschleimhaut blieben frei.
Jucken verursachte das Leiden gar nicht. Die Blasen waren ver¬
schieden groß und entwickelten sich zumeist auf scheinbar gesunder
Haut. Ihr Inhalt war klar und bakterienfrei. Die fUntersuchung
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II. Referate.
55
des Blutes ergab eine geringe Vermehrung der weißen Blutkörperchen
und eine sehr bedeutende Zunahme der eosinophilen Zellen. Inner¬
liche Gaben von Arsenik und Bepuderung der durch Punktion entleerten
Blasen führten eine wesentliche Besserung herbei; jedoch konnte
nicht verhindert werden, daß die Pat. immer wieder von frischen
Eruptionen heimgesucht wurde. C. Berliner (Aachen).
W. A. JamieSOn. Dermatitis vegetans.
(The Brit Joum. of Denn. Bd. 14 November 1902.)
Ein 8jähriges, blasses, nervöses Mädchen bekam am linken
Mittelfinger eine Entzündung des Nagels, der schließlich abfiel. Die
Entzündung ergriff den ganzen Finger, den Handrücken, die Kopf¬
haut, die Labia majora und andere Körperstellen. Nach einem
Jahre zeigten die erkrankten Partien eine erhabene, unebene, rauhe,
granulierte, grauverfärbte, warzenartige, nässende Oberfläche. Die
Primäreffloreszenz war eine Papel, die pustulös wurde und schließlich
eine vegetative Beschaffenheit annahm. Dieser Prozeß machte jede
Effloreszenz durch, mit denen namentlich die Kopfhaut stark besät
war. Das Allgemeinbefinden der Pat. war wenig gestört; sie klagte
nicht so sehr über Jucken, als über Schmerzen bei Berührung der
kranken Stellen. Die mikroskopische Untersuchung ergab das Vor¬
handensein einer starken Eosinophilie. Mikroorganismen waren nicht
nachweisbar.
Der Zustand besserte sich erst nach langen, vergeblichen Be¬
mühungen unter Anwendung eines Wasserstoffsuperoxyd-Sprays und
nachfolgender Einfettung der Haut mit Vaselin.
C. Berliner (Aachen).
Sequeira. Xeroderma pigmentosum.
(Londoner derm. Gesellschaft, Sitzung vom 7. Juli 1902.)
(The Brit Journ. of Derm. Bd. 14 August 1902.)
Die 5 jährige Pat. ist in England als einziges Kind deutscher
Eltern geboren. Der Vater, die Tante, sowie der Großvater väter¬
licherseits sind an Phthise gestorben.
Fünf Wochen nach der Geburt bekam das Kind am ganzen
Körper, auch im Gesichte, ganz kleine, rote Knötchen, die vom Arzte
für kongenitale Syphilis angesehen und daraufhin behandelt wurden.
Der Ausschlag verschwand in einer Woche, hinterließ jedoch einen
schuppigen Zustand, der besonders an der Stirn stark ausgeprägt
war. Nach den Angaben der intelligenten Mutter nahm die Gesichts¬
haut des Kindes damals eine dunkle Farbe an. Sommersprossen
waren es jedoch nicht. Erst als die Pat. 10 Monate alt war, wurde
das Gesicht sonnverbrannt, zeigte stellenweise Hautrisse und zahl¬
reiche Sommersprossen. Im Alter von 3 Jahren bekam das Kind
an der rechten Wange eine Warze, die operativ entfernt wurde; ein
Jahr später zwei ebensolche Warzen in der Nähe des rechten Auges.
Seitdem sind noch mehrere aufgetreten.
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56
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2.
Gegenwärtig ist das Gesicht und der Hals des ziemlich gut
genährten Kindes dunkel und mit zahlreichen, hellbraunen, bis nahezu
schwarzen Sommersprossen bedeckt. Man sieht außer diesen sehr
kleine atrophische Hautstellen und vertiefte Narben, wo früher Warzen
bestanden haben. Auf der Haut beider Wangen, wie der Nase sind
zahlreiche, kleine Teleangiektasien vorhanden. An der Nase befinden
sich außerdem drei verschiedene große Warzen. Die Kopfhaut ist
trocken und schuppig; die Haut beider Vorderarme, wie der Beine
ist trocken und dunkelbraun verfärbt. Sommersprossen sind nur an
den Armen vorhanden.
Bekanntlich wird die Entstehung des Xeroderma pigmentosum
auf den Einfluß der ultravioletten Strahlen des Sonnenlichtes zurück¬
geführt. C. Berliner (Aachen).
Graham Little. Zwei Fälle von Urticaria pigmentosa.
(Londoner denn. Gesellschaft, Sitzung vom 8. Oktober 1902.)
(The Brit Joum. of Denn. Bd. 14, November 1902.)
Der eine Fall, ein 8jähriger Knabe, zeigte von Geburt an
den makulösen Typus der Urticaria pigmentosa. Fast am ganzen
Körper mit Ausnahme des Gesichtes, der Kopfhaut, der Hände und
Streckseiten der Arme bemerkte man verschieden große und ungleich¬
mäßig verteilte, gelbbraune Flecken, die nur, wenn sie gekratzt wurden,
anschwollen und eine mehr rosenrote Farbe annahmen. Es bestand
Urticaria factitia. Das Leiden verursachte intensives Jucken. —
Der zweite Fall wies den nodulären Typus auf. Er betraf einen
4 Monate alten Knaben, bei dem die ersten gelbbraun pigmentierten
Tumoren am Körper einen Monat nach der Geburt bemerkt worden
waren. Doch scheinen Anzeichen der Affektion schon bei der Geburt
des Kindes vorhanden gewesen zu sein. Am stärksten befallen sind
Stamm, Gesicht und Kopfhaut. Frische Effloreszenzen entwickeln
sich zunächst als Flecken, die mehr und mehr über das Niveau der
Haut hervortreten, namentlich wenn sie gekratzt werden, und die
dann persistieren.
Erbliche Belastung war in keinem der beiden Fälle vorhanden.
_ C. Berliner (Aachen).
Savill. Idiopathische Prurigo.
(Derm. Gesellschaft von Großbritannien und Irrland, Sitzung vom
16. Juli 1902.)
(The Brit Journ. of Derm. Bd. 14, September 1902.)
Die Affektion bei dem 13 jährigen Mädchen besteht seit 7 Jahren
und ist charakterisiert durch harte Papeln, kleine urticariaähnliche
Quaddeln, zahlreiche Kratzeffekte und durch ein intensives Jucken.
Die bisherige Behandlung hat sich als erfolglos erwiesen.
In der Diskussion wird betont, daß die typischen Prurigoknötchen
durch das Kratzen verändert und entstellt würden, und daß dadurch
das ursprüngliche Krankheitsbild kaum wiederzuerkennen sei.
Therapeutisch werden Maßnahmen zur Hebung des Allgemein-
Digitized by V ><?le
II. Referate.
57
befindens und zur Kräftigung des Körpers empfohlen. Äußerlich
sollen lokale milde Applikationen, heiße Bäder, ßeißiges Einfetten der
Haut mit Ol, innerlich Kalomel, Sulfur, Ichthyol, Eisenpräparate zur
Anwendung kommen. C. Berliner (Aachen).
D. Hirsch (Krakau). Kann das Diphtherieheilserum auch
auf andere Krankheiten günstig ein wirken?
(Klinisch-therap. Wochenschrift 1902, Nr. 49.)
Ein 3 7 a jähriges Kind bekam Hals- und Atembeschwerden.
Obwohl objelriiv nicht viel nachweisbar, machte H. doch, da in dem¬
selben Hause Kinder an Diphtherie krank lagen, zwei Seruminjek¬
tionen. Das anämische und schlecht genährte Kind zeigte an der
Haut des Kumpfes ein ausgebreitetes Ekzem in verschiedenen Stadien,
ein solches nahm auch den Kopf ein, außerdem fand sich hinter
einem Ohre eine kindesfaustgroße Lymphdrüsengeschwulst, endlich
an den Beinen Prurigo nebst zahlreichen Kratzeffekten. Diese
Hautaffektionen bestanden schon seit längerer Zeit und waren von ver¬
schiedenen Dermatologen erfolglos behandelt worden. Nach den
Seruminjektionen verschwanden sie rasch, ebenso die Lymphdrüsen-
schwellung, und gewann H. den Eindruck, daß das Serum hier thera¬
peutisch eingewirkt haben muß. Grätzer.
Graham Little. Ein Fall von Pityriasis rubra pilaris im
Anschluß an die Vaccination.
(Londoner derm. Gesellschaft Sitzung vom 11. Juni 1902.)
(The Brit. Journ. of Derm. Bd. 14 Juli 1902.)
Die 9 jährige Patientin soll die ersten Erscheinungen des Aus¬
schlages als kleines Kind zur Zeit der ersten Impfung bekommen
haben. Damals entstanden an den Impfstellen kleine, rote, mit
Schüppchen bedeckte, juckende Knötchen, die das Bild eines Lichen
ruber acuminatus vortäuschten. Der Ausschlag, der sich nach und
nach über den ganzen Körper verbreitete, persistierte hartnäckig
Jahre hindurch, bis er vor ca. 18 Monaten unter Arsenikmedikation,
Bädern und Salbenbehandlung endlich verschwand. Gelegentlich der
jetzigen Pockenepidemie in England wurde das Mädchen neuerdings
geimpft. Einige Tage, nachdem die Impfstellen verheilt und die
Krusten abgefallen waren, kam auf dem Grunde der Narben eine
Gruppe typischer akuminierter Papeln zum Vorschein, die rasch
die Extremitäten und den Rumpf ergriffen und durch Konfluenz
große, schuppende Plaques bildeten. C. Berliner (Aachen).
S. E. Dore. Postvaccinale Psoriasis.
(Londoner derm. Gesellschaft, Sitzung vom 9. Juli 1902.)
(The Brit. Journ. of Derm. Bd. 14 August 1902.)
Der Verf. berichtet über drei erwachsene Pat., welche im Anschluß
an die Revaccination Psoriasis bekamen. C. Berliner (Aachen).
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58
Centralblatt för Kinderheilkunde. Ko. 2.
R. Crocker. Folgeerscheinungen der Vaccination.
(Londoner derm. Gesellschaft, Sitzung vom 11. Juni 1902).
(The Brit Journ. of Derm. Bd. 14 Juli 1902).
1. Ein Fall von hypertrophischen Narben im Anschluß
an die Impfung.
Der Fall betraf ein 12jähriges Mädchen, das im Oktober 1901
geimpft worden war. Auf jeder der vernarbten Impfstellen entwickelte
sich eine konvexe Narbengeschwulst, welche nicht den ganzen Bezirk
einnahm, sondern einen etwa 1 / 1Q Zoll breiten Ring frei ließ.
2. Psoriasis im Gefolge der Vaccination.
Ein 15 jähriges im Oktober 1901 geimpftes Mädchen bekam
einige Zeit später an den Vaccinationsstellen Psoriasisplaques und
nach 14 Tagen ebensolche am Ober- und Unterarm derselben Seite.
Die Pat. hat nie zuvor Psoriasis gehabt, noch war ein Fall in ihrer
Familie vorgekommen.
Der erste Fall erklärt sich aus einer Disposition zur Keloid¬
bildung. So hat man bei kleinen Mädchen, deren Ohrläppchen be¬
hufs Aufnahme von Ohrringen durchbohrt worden waren, an den
Stichstellen taubeneigroße Geschwülste entstehen sehen.
Daß Psoriasis an lädierten Hautstellen (nach Kratzeffekten,
Riß- oder Schnittwunden u. s. w.) sich entwickeln kann, ist eine Tat¬
sache, auf welche Köbner hingewiesen hat.
C. Berliner (Aachen).
H. Wiggins. Keloidbildung auf Vaccinationsnarben.
(The Brit med. Journ. 27. September 1902.)
Der Verfasser berichtet über 2 Fälle, die ein 8 jähriges und ein
14 jähriges Mädchen betrafen. Einige Wochen, nachdem die Krusten
von den vernarbten Impfstellen abgefallen waren, entwickelten sich
auf dem Grunde der Narben Keloide, die im ersten Falle auf Druck
schmerzhaft waren und exzidiert werden mußten.
C. Berliner (Aachen).
T. D. Acland. Die Kindersterblichkeit an Pocken und die
Vaccination.
(The Brit. med. Journ. 14. Juni 1902.)
Der Verfasser hat statistische Daten aus früheren Pocken¬
epidemien in England und der zur Zeit dort herrschenden zu einer
Tabelle zusammen gestellt, aus der hervorgeht, daß die Sterblichkeits¬
ziffer bei Kindern unter 10 Jahren in sechs englischen Städten bald
höher, bald niedriger war, je nach dem unter den pockenkranken
Kindern weniger oder mehr Geimpfte sich befanden.
Newsholme weist aber in der Nummer vom 28. Juni 1902
nach, daß auch der mehr oder weniger maligne Charakter der
Pockenepidemie an der größeren oder geringeren Sterblichkeit seinen
Anteil hat, wie dies ja auch bei den anderen Infektionskrankheiten
der Fall ist, C. Berliner (Aachen).
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II. Referate.
59
P. Schenk (Berlin). Impfergebnisse und Impftechnik.
(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 42.)
Nach 5 jähriger impfärztlicher Tätigkeit teilt S. seine an über
4000 Impflingen gemachten Erfahrungen mit, namentlich darauf hin,
um das Verhältnis zwischen Impfreaktion und den sie beeinflussenden
Agentien zu klären. Als Hauptresultat seiner Betrachtungen stellt
er den Satz voran: Hinsichtlich der unerwünschten Begleit¬
erscheinungen der Impfung ist Qualität und Quantität des
eingeimpften Impfstoffes von der gleichen, wenn nicht von
höherer Wichtigkeit, als die Impftechnik. Je wirksamer der
Impfstoff, um so stärker die entzündliche Reaktion in der Umgebung
der Pusteln. Diese Reaktion läßt sich durch Verringerung der ein¬
geimpften Lymphmenge, aber nicht durch eine Impftechnik, welche
allen Ansprüchen an Asepsis genügt, beseitigen. Das neben diesen
durch den Impfstoff selbst hervorgerufenen entzündlichen Erschei¬
nungen auch solche Vorkommen, welche accidenteller Natur sind,
d. h. durch nachträgliche Verunreinigung der Lymphe, durch Un¬
sauberkeit des Impfinstrumentes, durch Beschmutzung der Impfstellen
erzeugt werden, kann nicht geleugnet werden; nur darf gegen diese
accidentellen Wundkrankheiten die Reizwirkung des Impfstoffes nicht
als eine quantitö nögligeable hingestellt werden. Wie ungemein der
Impfstoff in seiner Wirksamkeit variiert, ist bekannt Will man die
Reizerscheinungen vermeiden, so genügt es nicht, ein steriles In¬
strument zu verwenden, sondern man muß durch exakte Probe¬
impfungen die Minimaldosis der zur Erzeugung einer
Pustel erforderlichen Lymphe feststellen. Diese Probeimpfungen
sollten in der Lympherzeugungsanstalt ausgeführt werden, und auf
jeder ßegleitkarte müßte eine Angabe über die Stärke der Lymphe
enthalten sein!
Freilich schwankt auch bei der gleichen Lymphe oft das Re¬
sultat. Das hängt aber von der eingeimpften Quantität und von der
Konstitution der Impflinge ab. Nach Weichardt genügt bei einer be¬
sonders kräftigen Lymphe bereits 1 mg zum vollen Impferfolg, d. h.
zu vier großen Erstimpf blättern. Da die Erstimpfung als erfolgreich
gilt, wenn mindestens eine Pustel sich entwickelte, so kann man bei
einer besonders kräftigen Lymphe also bereits 0,00025 als Minimal¬
dosis bezeichnen. Jenner impfte nur eine Blatter ein. Man könnte
ja ruhig zu diesem Verfahren zurückkehren. An sich würde ein
1—1V 2 cm langer Impfschnitt dieselbe Schutzkraft verleihen, wie
4 je 3 mm lange Schnitte. Die Versuchung zu wiederholtem Ein¬
streichen der Lymphe fiele bei einem Impfschnitt fort; gleichzeitig
bedeutete diese Vereinfachung der Impfung einen wichtigen Schritt
gegen Uberdosierung. Man rechnet jetzt auf 50—100 Impfungen
1 ccm Lymphe, also auf eine Impfung das 40—80fache der
Minimaldosis von 0,00025. Macht man die Impfschnitte höchstens
0,5 cm lang und begnügt sich damit, die Lymphe gleichzeitig mit
dem Ritzen der Haut einzuimpfen, also jedes wiederholte
Einstreichen zu unterlassen, so wird die Menge der eingeimpften
Dosis meist unter 0,01 bleiben. Bei Wiederimpflingen mit ihrer
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60
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2.
dickeren Haut legt man naturgemäß die Schnitte länger an. Und
dabei ist für die schon einmal geimpften 12 jährigen Kinder die
Erstlingsimpfdosis eigentlich überreichlich. Denn mit der kräftigeren
Konstitution steigert sich der Impferfolg, das ist unzweifelhaft.
Schwache oder keine Reaktion fand S. am häufigsten bei schwäch¬
lichen, anämischen Erstimpflingen mit torpider Haut; wohlgenährte,
mit entsprechendem Turgor der Haut zeigten gewöhnlich kräftige
Reaktion. Jedenfalls haben die Beobachtungen ergeben, daß strengste
Asepsis bei und nach der Impfung an sich keine Gewähr für das
Ausbleiben von Reizerscheinungen gibt. Wollen wir diese verhindern,
so müssen wir strengere Anforderungen an die Valenzbestimmung
der Lymphe stellen. Grätzer.
L. Stumpf. Bericht über die Ergebnisse der Schutzpocken¬
impfung im Königreiche Bayern im Jahre 1901.
(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 48—50.)
Verf., k. Zentralimpfarzt, gibt einen sehr eingehenden und über¬
sichtlichen Bericht, der alle in Betracht kommenden Verhältnisse
beleuchtet und viele interessante Einzelheiten enthält. Grätzer.
W. Arnold Thomson. Übersicht der Impfgesetze in den
Hauptstaaten und Kolonien der Welt.
(The Brit. med. Journ. 27. September 1902.)
Der Verf. rekapituliert in kurzen Auszügen die Gesetzesakte,
welche in den größeren Ländern und Kolonien zur Einführung der
Schutzimpfung erlassen worden sind, und bespricht deren Wirkung
auf die Mortalität an Pocken. C. Berliner (Aachen).
KeY8uke Tanaka (Akita-ken, Japan). Zur Erforschung der
Immunität durch die Vaccination.
(Centralblatt für Bakteriologie 1902 Bd. 82, Nr. 10.)
Um eine event. eingetretene Immunität nach der Vaccination
zu ermitteln, unterzog Verf. Erstimpflinge einer Verimpfung an
einem Oberarm und danach in einer Zwischenzeit von 4, 5, 6, 7, 8,
9, 10, 11 Tagen einer Nachimpfung am anderen Oberarm.
Die Pusteln bei der Nachimpfung waren auch bei den ersten Nach¬
impfungen verkümmert, etwa vom 9. Tage an trat kaum mehr eine
Entwickelung von Pusteln bei der Nachimpfung auf, so daß um diese
Zeit eine Immunität eingetreten sein muß. Wie die Tabellen zeigen,
kann der Anfangstermin der eingetretenen Immunität um einige Tage
schwanken. _ R. 0. Neumann (Kiel).
KeTsuke Tanaka (Akita-ken, Japan). Über die Unter¬
suchung des Pockenerregers.
(Centralblatt für Bakteriologie 1902, Bd. 82, Nr. 10.)
Die vom Verf. seit vielen Jahren gemachten Beobachtungen bei
der Lymphuntersuchung ließen ihn zu der Vermutung kommen, daß
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II. Referate.
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der Erreger der Pocken unter keinen Umständen ein Bakterium
sei, vielmehr glaubt er, daß der Erreger wahrscheinlich zu den
Plasmodien zu rechnen ist, da in der klaren Flüssigkeit der Impf¬
pustel, besonders während des 5. und 7. Tages, wenn die Lymphe
die größte Wirksamkeit entfaltet, nichts von irgend welchen Elementen
darin zu finden ist. Ein weiterer Punkt, der Verf. zu seiner Annahme
führte, war die Beobachtung des Koagulationsphänomens der
Vaccinelymphe in dem Exsudat der an Pocken erkrankten
Personen. Es gelangte zufällig in seine Behandlung ein Pat. mit
exsudativer Pleuritis, der vor 25 Jahren Pocken überstanden hatte.
Das Exsudat, welches steril entnommen in Kölbchen aufbewahrt
wurde, zeigte nach einiger Zeit in der Mitte der Flüssigkeit ein
gallertartiges Gerinnsel; wurde nun dieses Gerinnsel mit einer ge¬
ringen Menge betropft und im Brutschrank aufbewahrt, so sah
einige Tage später die Lymphe wie gekocht aus und war
in eine geronnene Masse verwandelt. Verf. glaubt hierin eine
ähnliche Erscheinung zu sehen wie in der Grub er, Widal, Pfeiffer¬
schen Reaktion und schließt daraus, daß der Pockenerreger ver¬
möge seiner teilbaren Form sich überall im Organismus verbreiten
könne und demnach auch in einem pathologischen Exsudat vor¬
handen sei.
Die Bestätigung dieser Hypothese bleibt freilich abzuwarten.
R. 0. Neumann (Kiel).
E. Marx und A. Sticker. Untersuchungen über das
Epithelioma contagiosum des Geflügels.
(Aus dem kgl. Institut für experimentelle Therapie in Frankfurt a. M.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 50.)
Unter den Infektionskrankheiten der Menschen und Tiere gibt
es eine ganze Reihe, deren Erreger auch heute noch unbekannt sind.
Zu diesen Krankheiten gehört auch die Geflügelpocke.
Derselben wandten die Verff. seit einiger Zeit ihr Interesse zu,
vornehmlich aus dem Grunde, weil hier der infektiöse Prozeß unter
einer exquisiten Mitbeteiligung des Epithels verläuft. Dieser Umstand
ließ das Studium der Geflügelpocke möglicherweise als bedeutungs¬
voll einmal für die Karzinomforschung, dann aber auch für das
Studium des Molluscum contagiosum, der Darierschen Krankheit,
sowie der Menschen- und Schafpocke erscheinen. Bei allen diesen
Krankheiten werden ja Epithelmetamorphosen beobachtet, welche
durch das Auftreten eigentümlicher Epithelkörperchen charakterisiert
sind. Besondere Namen haben diese bei dem Molluscum als Molluscum¬
körperchen und bei der Menschenpocke als Guarnierische Körper¬
chen erhalten.
Die Untersuchungen ergaben nun folgende Resultate:
1. Das Virus der Geflügelpocke gehört in die Gruppe
der filtrierbaren Krankheitserreger.
2. Keiner der bisher als Erreger der Geflügelpocke be¬
schriebenen Parasiten kommt demgemäß in Betracht.
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62
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2.
3. Das Virus zeichnet sich gegen viele Eingriffe durch
große Resistenz aus. Dasselbe verträgt völlige Eintrock¬
nung und mehrwöchentliches Aussetzen dem diffusen Tages¬
und dem Sonnenlicht; längere Einwirkung einer Tempe¬
ratur von minus 12 Grad; dreistündiges Erwärmen auf 60°;
einstündige Erwärmung auf 100°, falls dasselbe vorher ein¬
getrocknet und im Vakuumröhrchen eingeschmolzen war;
endlich mehrwöchentliches Aufbewahren in Glyzerin. Emp¬
findlicher ist es gegen die Einwirkung von Karbol, welches
es in 2°/ 0 igQr Lösung vernichtet.
4. Das Virus der Taubenpocke erleidet schon nach ein¬
maliger Passage durch das Huhn, auf welches es sich an¬
standslos übertragen läßt, eine derartige Veränderung, daß
es nicht mehr auf Tauben überimpfbar ist, entsprechend
dem Verhalten der originären Hühnerpocke.
5. Das Überstehen einer einmaligen ausgedehnten Er¬
krankung verleiht Immunität. Grfitzer.
Norbert Swoboda (Wien). Zur Lösung der Variola-Varicellen¬
frage.
(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 47 und 48.)
S. zeigt den Unitariern, daß sie mit Unrecht auf ihrem Stand¬
punkt beharren, er zeigt aber auch den Dualisten, daß sie oft eine
ganz ungeschickte Beweisführung zu Gunsten ihrer Ansicht ins Treffen
führen. Es gibt keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Variola
und Varicellen in Bezug auf morphologische Eigenschaften und
klinischen Verlauf im sporadisch auftretenden Fall; Varicellen treten
z. B. namentlich bei Erwachsenen oft so auf, daß sie in nichts von
schweren Pocken sich unterscheiden. Der Fall Hochsingers, wo
scheinbar von Varicellenfällen ein Fall echter Variola herstammte,
erklärt sich auf diese Weise. Es handelte sich eben um Varicella
varioliformis. Auch S. schildert eine solche Beobachtung, und
alle Fälle, die von Unitariern nach dieser Richtung hin verwertet
werden, verhalten sich ebenso.
Es bleibt nur die Ätiologie als Unterscheidungsmerkmal
von Variola nnd Varicella übrig. Einen Fall, in welchem direkte
oder indirekte Ansteckung durch einen Variolakranken sicherstellt,
rechnen wir zur Variola, mag er nun verlaufen wie Variola oder wie
Varicella. Ebenso muß man einen einzelnen, gerade so wie Variola
verlaufenden Fall als eine schwere Form von Varicella betrachten,
wenn ein Zusammenhang mit einem Variolafall ausgeschlossen ist.
Unentschieden bleibt die Diagnose in jenen Fällen, wo beiderlei In¬
fektion möglich war, also wenn an einem Orte beide Krankheiten gleich¬
zeitig herrschen. Die Diagnose Varicellen tritt hier erst zu Tage, wenn
kurz darauf Impfung haftet oder echte Blattern acquiriert werden,
was leider häufig als Folge der prophylaktischen Isolierung im Blattern¬
spital geschieht.
Die Fälle von Varicella varioliformis haben großes theoretisches
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II. Referate.
63
Interesse: sie entkräftigen den einzigen in Betracht kommenden
Einwand der Unitarier, daß Variolafälle von Varicellen herstammen
können, zweitens reduzieren sie sehr die von den Impfgegnern oft
zitierten Fälle, daß eine Person sowohl kurz nach überstandenen
Blattern, als auch kurz nach der Impfung wieder Blattern bekommen
kann. Sie haben aber auch großes praktisches Interesse. Was soll der
Arzt tun, wenn er zu einem Fall geholt wird, der ganz so aussieht
wie Variola, bei dem aber nicht einmal die Möglichkeit der direkten
oder indirekten Infizierung durch Variolakontagium vorliegt; wenn
seit vielen Jahren weit und breit nichts von Variola zu hören ist,
und an eine Einschleppung nicht zu denken ist? Strenge Isolierung und
Desinfektion, aber nicht die Bevölkerung alarmieren, Massenimpfungen
inszenieren u. s. w.; wodurch der Arzt nur bloßgestellt wird, sich Haß
und Feindschaft zuzieht, vor allem nicht ins Blatternspital schaffen,
wo Pat. sich erst infiziert. Wo der begründete Verdacht vorliegt,
daß es sich um Varicella handelt, sollten wenigstens die nicht lange
vorher mit Erfolg Vaccinierten überhaupt nicht ins Blatternspital
gebracht werden, die Ungeimpt'ten oder schon vor längerer Zeit Ge¬
impften aber unbedingt sofort geimpft werden! Grätzer.
J. M. Day. Das Inkubationsstadium der Varicellen.
(The Brit. med. Journ. 21. Juni 1902.)
Der Verf. zeigt an einer Krankengeschichte, daß das Inkubations¬
stadium für die Varicellen, wie Trousseau es annimmt, ca. 27 Tage
beträgt. C. Berliner (Aachen).
L. Bernhard und M. Blumenthal. Zur Kenntnis der kongenitalen
Elephantiasis.
(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 40.)
Bei dem jetzt 2jährigen Knaben wurde gleich nach der zur rechten Zeit
erfolgenden Geburt eine Anschwellung der linken unteren Extremität konstatiert,
die Genitalien wiesen normale Form auf. Nach 14 Tagen wurde eine bestehende
Phimose operiert, schon einige Wochen nachher erlangten die Genitalien, die sich
während der Wundheilung zu verändern begannen, den jetzigen Zustand.
Bei der Besichtigung der unteren Extremitäten fällt die ungemeine
Anschwellung der linken auf. Der linke Fuß ist polsterartig verdickt. Die
Verdickung nimmt unmittelbar oberhalb der Malleolen stark ab, um alsdann
wieder zu einem beträchtlichen Volumen anzuschwellen. Die Schwellung geht
auf den Oberschenkel und von da auf die Genitalien fort. Der Penis ist in der
geschwollenen Hautmasse völlig verschwunden, so daß man ihn suchen muß.
Bas durch die Phimosenoperation gespaltene Präputium bildet eine kleinapfelgroße
Geschwulst, welche die gesamte Haut des Penis verzogen hat und das Scrotum
total bedeckt, so daß letzteres erst nach dem Aufheben der Präputialgeschwulst
als normales Gebilde zum Vorschein kommt.
Die genaueren Untersuchungen ergaben folgendes: Es lag einer
der seltenen Fälle von angeborener Elephantiasis vor, die äußerlich
dem Bilde der erworbenen völlig glich. Mikroskopisch fand
man neben der diffusen fibromatösen Wucherung des Bindegewebes
auch Lymphangiektasien kleinsten Umfanges in zahlreicher Menge vor.
Die vorhandenen Furchenbildungen (an den Zehen und oberhalb
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2.
der Malleolen) waren keine amniotischen, sondern entsprachen den
normalen Anheftungsstellen der Fascien oberhalb der Gelenke. Ätio¬
logisch kamen weder Heredität noch entzündliche Prozesse in Be¬
tracht, ebensowenig ergab die bakteriologische Untersuchung der
Gewebssäfte der elephantiastischen Teile ein positives Resultat Viel¬
mehr blieb nur die Auffassung des Prozesses als angeborener Ge¬
schwulstbildung (Lymphangioma) übrig, die vielleicht ihren
Grund in einem Bildungsfehler des Saftbahnsystems hatte.
Grätzer.
Ch. E. Murphy. Kongenitale Harnröhrenstriktur.
(The Brit. med. Journ. 13. September 1902.)
Der Verf. wurde zu einem 24 Stunden alten Kinde gerufen, das
seit der Geburt noch keinen Urin gelassen hatte. Bei der Unter¬
suchung erwies sich die Vorhaut nur schwach entwickelt, das Orificium
urethrae war weiter als normal. Ein elastischer Katheter No. 1 stieß
etwa einen Zoll von der Harnröhrenmündung entfernt auf vollständigen
Verschluß, der durch die Urethrotomia interna gehoben wurde. Das
Kind überstand die Operation sehr gut und kann seitdem in normaler
Weise urinieren. C. Berliner (Aachen).
Palm (Göttingen). Kongenitale Vergrößerung einer normal
gebauten Niere bei Defekt der anderen: ein Beweis für die
Tätigkeit der Nieren im embryonalen Leben.
(Archiv für Gynäkologie Bd. 66 Heft 2.)
In der Einleitung bringt Verf. eine Zusammenstellung der wichtigsten
sich für die Nierensekretion während des fötalen Lebens aussprechenden
Arbeiten. In seinem Falle handelte es sich um ein nicht ausgetragenes
Kind von 2100g Gewicht und 43 cm Länge, das nach der Geburt
einen Nabelschnurbruch von Kleinapfelgröße, eine Atresia ani, eine
Verbildung der äußeren Genitalien und eine Beckenspalte aufwies.
Bald nahm man auch eine Kloake wahr. Der Nabelschnurbruch wurde
operiert. Von der vierten Woche ab verfiel das Kind und starb am
28. Tage u. s. w. Bei der Sektion zeigte sich, abgesehen von den
Mißbildungen, daß der linke Urether völlig fehlte; die linke Niere
wurde erst nach genauer Untersuchung an normaler Stelle bedeutend
verkleinert (etwa pflaumenkerngroß) gefunden. Die rechte Niere
dagegen zeigte sich beträchtlich vergrößert. Sie war 15 g schwer,
also im Verhältnis zum Gesamtgewicht des Kindes (1740 g) etwa um
1 / 3 zu schwer. Mikroskopisch zeigte diese vergrößerte Niere ein durch¬
aus normales Bild. Durch Versuche an Kaninchen stellte Verf. des
weiteren fest, daß die in der Zeit nach der Geburt physiologisch auf¬
tretende Gewichtsvermehrung der Nieren bedeutend gesteigert wird,
wenn man eine Niere exstirpiert. Die andere Niere zeigt dann eine
deutliche Kompensationshypertrophie. Bei diesen Nieren, deren Ver¬
größerung erst nach der Geburt sich ausbildet, finden sich im Gegen¬
satz zu seinem Falle deutliche mikroskopische Veränderungen, Ver¬
breiterung der Rindenzone, Vergrößerung der Glomeruli und meist
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II. Referate.
65
Hypertrophie der Harnkanälchen. Aus dieser Verschiedenheit der
histologischen Beschaffenheit schließt P., daß in seinem Fall eine
extrauterin entstandene reine Hypertrophie nicht vorliegen und daß
die Vergrößerung der Niere nur intrauterin entstanden sein kann.
Außerdem fand er eine größere Zahl von Nierenläppchen (9), während
er sonst nicht über sechs nachweisen konnte. Diese Mehranlage
kann gleichfalls nach seiner Ansicht nur während des intrauterinen
Lebens stattgefunden haben.
Schließlich weist P. nach, daß die Vergrößerung der rechten
Niere nur in der verstärkten Arbeitsleistung während des fötalen
Lebens ihre Ursache haben kann und daß insbesondere der Nabel¬
schnurbruch zu ihr in keiner ursächlichen Beziehung steht.
Marz (München).
Fr. Hanszel. Ein kongenitaler Rachenpolyp.
(Aus Prof. Chiaris Klinik in Wien.)
(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 50.)
Bei der Besichtigung des Rachens des 19jährigen Dienstmädchens fiel sofort
zweierlei auf: linkerseits knapp an der seitlichen Pharynxwand ein Tumor von
der Größe eines Kleinfingergliedes und das Fehlen des linken hinteren Gaumen¬
bogens. Der Tumor war wenig beweglich, reichte mit seiner Kuppe auch bei
berabbäugendem weichem Gaumen in den oralen Pharynx herab, von der linken
seitlichen Rachenwand nur einige Millimeter entfernt, verjüngte sich nach aufwärts,
erschien von glatter, mattglänzender, düsterroter (an einer Stelle bläulichroter)
Oberfläche und von derber Konsistenz. Postrhinoskopisch war als Anheftungs¬
stelle die seitliche und knapp unterhalb des Tubenwulstes befindliche Partie des
Nasenrachenraumes festzustellen. Während die rechte Gaumenmandel etwas zwischen
den Gaumenbögen hervorragte, war von der linken fast nichts zu sehen. Der
harte Gaumen durchaus normal, der weiche insofern asymmetrisch, als eben der
linke hintere Gaumenbogen vollständig fehlte. Sonst alles normal.
Beim ersten Aspekt hielt H. den Tumor für einen adenoiden. Nach der
Palpation mußte man an ein Fibrom, bei der an einer Stelle bläulichdurch-
schimmernden Farbe an ein Angiofibrom denken. Der Versuch, den Tumor mit
einer starken Drahtschlinge abzutragen, gelang nicht, man konnte ihn nicht durch¬
schnüren, so daß H. ihn noch oberhalb der Schlinge mit einem Scherenschlage
knapp an der Ansatzstelle entfernte. Die Blutung war gering, und man konnte
sehen, daß jene Stelle an der Plica salpingo-palatina sich befand, längsoval war
und im Längendurchmesser 5 mm betrug.
Der exstirpierte Tumor war 2 */* cm lang und maximal 1 cm breit. Die
histologische Untersuchung ergab: Unter mehrschichtigem Plattenepithel ein mit
Papillen besetztes Korium, Talgdrüsen in großer Menge, Härchen von verschiedener
Größe, Schweißdrüsen, quergestreifte Muskelfasern mitten in dichtes Fettgewebe
eingelagert, — also den typischen Bau dermoider Geschwülste.
In den bisher beschriebenen Fällen von kongenitalen Polypen
fand sich nie eine anderweitige Mißbildung vor; hier das Fehlen des
gleichseitigen hinteren Gaumenbogens. Außerdem war bemerkenswert
die Anheftungsstelle an der Plica salpingopalatina.
Die meisten Beobachtungen dieser Art wurden bei Föten, Neu¬
geborenen und in den ersten Lebensjahren gemacht, nur in 2 Fällen
später: bei einem 20- bezw. 13jährigen Mädchen.
Differentialdiagnostisch kommen in Frage: Fibrome, Angiofibrome,
adenoide Tumoren, akzessorische Tonsillen, Lipome; bei obigem Falle
wäre bei der geringen Entwickelung der linken Tonsille auch an
eine Tonsilla aberrata zu denken gewesen. Gr ätz er.
Centralbl. f. Kinderhlkde. VIIL
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2.
M. Penkert. Über idiopathische Stauungsleber (Verschluß der
Venae hepaticae).
(Aus dem Patholog. Institut in Greifswald.)
(Virchows Archiv Bd. 169 Heft 3.)
Die Beobachtung betrifft einen 22 Monate alten Knaben. 4 Wochen
vor Eintritt in die Behandlung Zunahme des Leibesumfanges und
Atemnot. Stuhlgang nur durch Abführmittel und Einläufe erzielt.
Bei der Untersuchung: Leib stark aufgetrieben. Der Perkussionston
auf der Höhe des Abdomens hell und tympanitisch, in den abhängigen
Teilen gedämpft. Fluktuation vorhanden, Ascites. Ödeme bestehen
nur an der Bauchhaut. Auf dem Abdomen ein ausgesprochenes
Caput medusae. — Eine sichere Diagnose konnte nicht gestellt werden,
es wurde ein fraglicher Lebertumor angenommen. Bei der Punktion
des Ascites entleerten sich 3—4 Liter stark eiweißhaltiger Flüssigkeit
(keine Echinokokkenbestandteile). Da bald wieder eine starke Auf¬
treibung des Leibes sich einstellte (bis zu 70 cm Leibesumfang), wurde
zur Laparotomie geschritten, die jedoch neben einer hochgradigen
Stauungsleber keinen besonderen Befund ergab. Nach ungefähr einem
Monat erfolgte der Exitus. — Die Sektion klärte das Krankheitsbild
auf: weder die linke, noch die rechte größere Vena hepatica
ist deutlich ausgesprochen; ihr Lumen, im Anfang für ein
Roßhaar durchgängig, versiegt sehr bald. Die enorme Stauungs¬
leber ist also bedingt dadurch, daß dem Blute die normalen, ab¬
leitenden Wege verschlossen waren. Als Collateralbahnen waren
vorhanden kleine Gefäßchen des Ligamentum coronarium dextr. und
sin. und vor allem die offen gebliebene Vena umbilicalis, die
für eine feine Sonde vollkommen durchgängig war. (Hierdurch erklärt
sich auch, daß das Kind ein Alter von 22 Monaten erreicht hat, und
die Krankheitssymptome allmählich sich einstellten und verschlimmerten.)
Einen ähnlichen Fall beschreibt Gee (Complete obliteration of the
mouths of the hepatic veins. St. Bartholmews Hospital Reports VII,
1871): ein 17 Monate altes Kind zeigte seit 3 Monaten eine zu¬
nehmende Anschwellung des Leibes. Der Nabel war normal verheilt.
Gelbsucht war nie vorhanden. Punktion des Ascites. Tod nach
kurzer Zeit an Erschöpfung. Die Autopsie zeigte, daß die Lebervenen
kurz vor Eintritt in die Cava endigen und wie durch eine dünne
Membran verschlossen sind. Gee glaubt, daß die Leber ursprünglich
gut ausgebildet und später cirrhotisch geworden sei. Dadurch, daß
die Cirrhose von der Kapsel auf die Lebervenen überging, sei die
Verengerung und Obliteration der Lebervenenmündungen erfolgt. —
Während bei den in der Literatur erwähnten 10 Fällen, welche ältere
Individuen von 16—52 Jahren betreffen, das Krankheitsbild als eine
Folge einer Entzündung der Leberkapsel oder einer fötalen, intersti¬
tiellen Hepatitis, einer kongenitalen Lues, zu betrachten ist, hält
Verf. in seinem und Gees Fall den Verschluß der Lebervenen
durch eine kongenitale Anomalie bedingt und nennt diese,
bisher fast unbekannte Krankheit idiopathische Stauungsleber.
Schridde (Erlangen).
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II. Reterate.
67
P. Strafemann (Berlin). Der Verschluß des Ductus arteriosus
(Botalli).
(Hegars Beiträge VT. I. 1902).
Der Referent hat schon als Student vor nahezu 2 Jahrzehnten
eine gekrönte Preisschrift „Über die Veränderungen“ verfaßt, „welche
die fötale Herztätigkeit regelmäßig durch die Geburt erfährt“. Es
hat ihn daher das vielseitige Interesse, welches jüngere Autoren
diesen Fragen entgegen bringen, veranlaßt, altes, unbenutztes Beob¬
achtungsmaterial doch noch zu verwenden und für den internationalen
Gynäkologenkongreß zu Rom von 1902 einen Vortrag „Über Fötal¬
kreislauf“ zu verfassen. Die Arbeiten von S. und Röder finden
den vollen Beifall des Referenten und auch die vorliegende, vor¬
wiegend polemische Arbeit S.s hat ihn überzeugt, daß Scharfe
sich irrte.
Schultze hatte im „Scheintod Neugeborener“ die logische For¬
derung aufgestellt, daß ein mechanischer Verschluß des schon von
Galen beschriebenen, also fälschlich nach Botalli benannten, Ductus
arteriosus an dessen Aortenmündung bestehen müsse, da sonst nicht
einzusehen wäre, warum nicht das Blut aus der Aorta schon bald
nach der Geburt durch den Ductus lungenwärts, also umgekehrt ge¬
richtet, hindurchfließen müßte. Unmittelbar mit dem Eintritt der
Atmung muß bekanntlich der Blutdruck in allen Gefäßen des intra¬
thorakalen Raumes sinken; denn einmal hat der Thorax eine andere
Ruhestellung eingenommen, welche, wie das Kollabieren der Lungen
bei Eröffnung des Thorax beweist, während des ganzen extrauterinen
Lebens und darüber hinaus einen negativen Druck in diesem Raume
erhält, dann aber sind die Lungen entfaltet worden und die der
Respiration dienenden Kapillarnetze in den Alveolen haben sich er¬
öffnet, erweitert.
Dadurch vor allem wird das Blut aus dem rechten Bulbus
arteriosus in die Lungen hineingesogen und der Ductus arteriosus
kann sich zusammenziehen. In ihrer weiteren Tätigkeit gleichen nun
die Lungen einem Schwamm, welcher sich aus dem rechten Herzen
vollsaugt und in das linke Herz entleert. Dadurch steigt der Druck
bald wieder im Unken Vorhof, die Valvula foraminis ovalis legt sich
an und verhindert ein Zurückfließen in die unter viel geringerem
Drucke stehende V. cava inf., während eine schiefe, ureterähnhche
Einmündung mit kräftigem Muskelbündel darüber während der Vor¬
hofskontraktion den Rückfluß in die Lungen hindert.
Durch diese Ordnung der Dinge steigt der Druck in der Aorta
schon bald wieder, während er im Stamme der A. pulmonalis nament¬
lich bei der Inspiration negativ sein muß. Diesen von Schultze
verlangten Verschluß hat S. in seinen im Jahre 1894 veröffentlichten
Arbeiten anatomisch nachgewiesen und mittels gemeinsam mit Prof.
Zuntz angestellten Injektions- und Durchspülungs versuchen als
funktionsfähig bestätigt. Wiederum ist es die schiefe ureterähnliche
Einmündung mit langhin zugeschärftem Saum, welche wie eine
Klappe funktioniert und vom Beginn des Überdruckes in der Aorta bis
zur vollendeten Gewebsobliteration (nach Wochen) den Abschluß bewirkt.
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Centralblatt für Kinderheilkunde. Ko. 2.
Cohnstein und Zuntz haben frühem den Verschluß in histo¬
logischen Eigentümlichkeiten des Ganges, wie auch der Arteriae um-
bilicales, gesucht, und Referent hat in einem Anhang zu Preyer,
„Physiologie des Embryo“ dagegen polemisiert. Destomehr erfüllt
es ihn jetzt mit Freude, daß der Verschluß gefunden ist und Referent
zustimmen kann. Diese schiefe ureterähnliche Einmündung kehrt in
den dem Fötus eigentümlichen Zirkulationseinrichtungen öfters wieder;
abgesehen von den Lungenvenen, ist die Valvula for. ovalis und die
Valvula Eustachii nichts weiter als eine solche schiefe Einmündung
der unteren Hohlvene in den linken und rechten Vorhof, und Ref.
ist der Überzeugung, daß auch an den Umbilicalarterien sich ähnliche
anatomische Verhältnisse finden werden, denn sonst könnten nicht
die Nabelnachblutungen nur bei Störung der Respiration, also bei
Sinken des Druckes im Arteriensystem, erfolgen. Trotz der be¬
weisenden Experimente von Zuntz und S. glaubte nun Scharfe die
Beweiskraft von S.s Deduktionen anzweifeln zu müssen, auf Grund
von folgendem Versuch: Zwei irrigatorähnliche Gefäße werden A mit
roter, B mit blauer Flüssigkeit gefüllt. Der Irrigatorschlauch ist
so dünnwandig, daß er kein Lumen hat, sondern die Wände liegen
mit Kapillarspalt aneinander. Die beiden Schläuche werden mittels
gläsernen T-Stücken und einem Querschlauch miteinander verbunden,
nur daß das T-Stück bei A rechtwinkelig aus-, bei B spitzwinkelig
einmündet. Vier Klemmen, je eine oberhalb und unterhalb des
T-Stückes ermöglichen die Regulierung. Die Weichheit und Dünnheit
des Schlauches gestattete ein ventilartiges Aneinanderlegen der
Wandungen.
Läßt man bei gleichem Druck (gleiche Höhe der Gefäße, gleiche
Höhe der Schlauchmündungen) beiderseits ausströmen, so schwankt
die Flüssigkeit im Querschlauch hin und her. Erhöht man den
Druck bei A } so strömt rote Flüssigkeit zu B und violette wird da¬
selbst entleert. Erhöht man bei B, so geschieht auffallenderweise
das gleiche.
Folglich, schließt Scharfe, müßte der erhöhte Druck in der
Aorta die Entleerung des Blutes aus dem Ductus arteriosus be¬
günstigen und nicht die Mündung verschließen.
S. wiederholte das Experiment und fand die Tatsachen bestätigt,
allerdings erst, nachdem ihm Scharfe selbst die Quelle des dünn¬
wandigen Gummischlauches angegeben hatte. Als innere Fehler des
Versuches erkannte er jedoch: 1. die Starrheit der Wandung bei der
schiefen Einmündung, welche einen Ventilverschluß gerade hier
unmöglich machte; 2. die Saugwirkung des Schlauchendes unter¬
halb des T-Stückes und 3. den (dünnwandigen) Ventilschlauch am
„Ductus“.
Bei einer Nachbildung des Apparates ohne Glasstücke erkannte
er, daß ein Winkel von 40° als Minimum gewählt werden muß, sonst
kommt es zu keiner Ventilwirkung, womit der Winkel harmoniert,
welchen Röder für die Einmündung des Ductus (33°) in die Aorta
gefunden hat.
Es werden dann noch die beiden Fälle von Röder aus Schmorls
pathologischem Institut in Dresden angeführt, bei welchem sich ein
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II. Referate.
69
Aneurysma: in dem einen ein A. dissecans, im anderen ein Dilatations-
Aneurysma beim Neugeborenen ausgebildet hatte und geborsten war.
Gern erkennt Referent an, daß diese seltenen Fälle vereint mit
Notizen bei Zweifel, Kehrer, Schnitzler u. s. w. beweisen, daß
diese mühsamen Untersuchungen nicht nur eine akademische Be¬
deutung, sondern auch eine pädiatrische praktische haben, über die
Genese der Aneurysmen ist er anderer Meinung.
Beide Autoren lassen durch Stauungen den Druck in der Aorta
sich exzessiv steigern und dadurch die Aortenmündung des Ductus
sich wieder öffnen, wobei der Limbus än der schiefen Einmündung
klappenförmig in den Ductus eingestülpt wird, genau wie in der
3. Serie von Experimenten S.s und in denjenigen Röders, wo bei
90 mm Hg am Manometer trichterförmige Erweiterung und beginnende
Aneurysmabildung eintrat und bei 140 mm Hg das letztere platzte.
Nach den von Röder gegebenen Abbildungen ist aber nicht die
Aortenmündung, sondern die pulmonale die weitere, nicht umgekehrt,
wie S. annimmt. Auch ist nichts von der segelartigen Einstülpung
des „Limbus“ beschrieben.
Ref. ist vielmehr der Anschauung, daß die vielfachen Erschei¬
nungen der Stauung und Zirkulationshemmung in den Obduktions¬
berichten rein venöse Stase und Gewebsasphyxie darstellten, her-
vorgerufen durch mangelhafte Tätigkeit der Lungen.
Es fehlte in diesen Fällen jene Tätigkeit der letzteren, welche ich
oben derjenigen eines Schwammes verglichen habe, welcher sich von
rechts her vollsaugt und nach links sich ausdrückt und welche allein
den Druck in der Pulmonalis mindert, in der Aorta steigert. Durch
die Respirationsstörungen sank der Druck in der Aorta, stieg derjenige
in der Pulmonalis und der in Obliteration begriffene Ductus wurde wieder
erweitert, aneurysmatisch dilatiert und zuletzt zum Bersten gebracht.
Ref. hebt dies deshalb an dieser Stelle so hervor, weil es für die
Therapie von Wichtigkeit ist. Vertiefung der Respiration kann
man durch kalte Übergießungen im warmen Bade erreichen, Atelek¬
tasen durch Schultzesche Schwingungen, Sylvestern u. s. w. be¬
kämpfen. Ob in den beiden obduzierten Fällen viel zu erreichen
gewesen wäre, ist zweifelhaft, war doch das Gewicht in dem einen
Falle, um 1000 im anderen um beinahe 2000 unter dem Durchschnitt.
Da werden die Rippenknorpel noch zu weich gewesen sein, um die
Respiration dauernd günstig beeinflussen zu lassen. Die Struma congenita
des einen Falles, welche die normale Schilddrüse an Größe nur um
das Dreifache übertraf, wäre wohl kaum ein Hindernis gewesen.
Nur nebenbei sei bemerkt, daß ein so seltener Fall von Struma
congenita, wo die Größe der Struma die Größe des Kindeskopfes
erreichte und welche noch außerdem zu Gesichtslage geführt hatte,
vom Ref. vor einigen Jahren in der Privatklientel beobachtet wurde.
Die Ausfolgung der Kindesleiche zwecks Präparation der jedenfalls
vorhandenen Abnormitäten des Fötalkreislaufes war von den Ange¬
hörigen versprochen, wurde aber vom damaligen bureaukratisch strengen
Herrn k. Bezirksarzt als „unzulässig an Private“ bezeichnet. Nicht
einmal Obduktion war mir möglich. Difficile est satyram non scribere.
Ziegenspeck (München).
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2.
Hermann Sidlauer. Ein Fall von Persistenz des Ductus
arteriosus Botalli.
(Archiv für Kinderheilkunde Bd. 34 Heft 5 und 6.)
Bei einem Falle (4 jähriges Mädchen) wird die betreffende
Diagnose klinisch gestellt durch Ausschluß aller übrigen in Betracht
kommenden Herzerkrankungen auf Grund folgender Punkte: 1. Diasto¬
lisches Geräusch im zweiten, linken Interkostalraum; 2. ebendaselbst
fühlbares, dem Geräusch zeitlich entsprechende, Frömissement; 3. Art
der Propagation des Geräusches, welche nur durch einen gemein¬
schaftlichen Fehler der Aorta und Pulmonalis zu erklären ist;
4. Youssure und Hypertrophie des rechten Ventrikels; 5. bandförmige
Dämpfung längs des Sternums; 6. Pulsus celer bei intakten Aorten¬
klappen und Fehlen der Cyanose und aller Stauungserscheinungen.
Ausführliche Literaturzusammenstellung. Hecker (München).
K. Dresler. Beitrag zur Diagnose der Persistenz des
Ductus arteriosus Botalli.
(Jahrbuch für Kinderheilkunde Bd. 56 Heft 5).
An drei eigenen — auch radiographierten — und zwei Fällen
der Literatur wird die Symptomatologie dieses Herzfehlers besprochen.
Die Fälle stellen geradezu eine kleine entwickelungsgeschichtliche
Studie dar, insofern sie den verschiedensten Lebensaltern entstammen;
der jüngste Pat. ist 1 Jahr, der älteste 37. Die Erscheinungen
weisen die sämtlichen, seinerzeit von Gerhardt gegebenen diagno¬
stischen Merkmale für die Persistenz des Ductus auf: keine Ver¬
größerung des Herzens, systolisches Geräusch über der Pulmonalis
mit fühlbarem Schwirren, deutlicher zweiter Pulmonalton, Fortpflanzung
des Geräusches in die Karotiden mit Bevorzugung der linken und
Harmlosigkeit des Herzfehlers. Der eine Fall zeigte sowohl perku¬
torisch wie auch im Röntgenbilde nachweisbare Erweiterung der
Pulmonalis (längliche Dämpfung links neben dem Sternum, an die
obere relative Herzdämpfung angrenzend). Hecker (München).
E. Delafosse (Bond) and R. Salusbury (Trevor): A Case of
Pulmonary and Tricuspid Regurgitation following chronic
Bronchitis and Emphysema.
(Under the care of Dr. H. D. Rolleston.)
(The L&ncet 4. Oktober 1902.)
Der vorliegende Fall hat insofern auch für den Kinderarzt
Interesse, als es sich um eine angeborene Mißbildung der Pulmonal¬
klappen handelt. Und zwar fanden sich bei der Autopsie des
41jährigen Kranken, der den Folgen einer Insuffizienz der Pulmonal-
und Trikuspidalklappe erlag, vier Pulmonalklappen. Die vierte Klappe
war, wie das die Regel ist, kleiner als die anderen; die Klappen
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II. Referate.
71
zeigten teilweise Fensterung. Bei der Gelegenheit werden noch zwei
andere Fälle derselben Mißbildung angeführt, bei denen während des
Lebens keinerlei Störungen bestanden; in einem vierten von Begbie
beobachteten Falle bestand dagegen ein diastolisches Geräusch.
Schreiber (Göttingeu).
Spolverini und Barbieri. Über die angeborenen Herzfehler.
(Jahrbuch für Kinderheilkunde Bd. 56, Ergänzungsheft.)
Monographische Darstellung mit ausführlicher Literaturangabe
unter Zugrundelegung von folgendem selbstbeobachteten Material.
4 Fälle von Stenose der Arteria pulmonalis, 1 Fall von Anomalie
der Tricuspidalis, 2 Fälle von Persistenz des gemeinsamen arteriellen
Stammes infolge einer Entwickelungshemmung des Septum trunci und
1 Fall von Atresie der Tricuspidalis zurück. Hecker (München).
Josef Burke. Über angeborene Pulmonalstenose.
(Zeitschr. für Heilkunde 1902, Heft 5.)
Die vortreffliche Studie stützt sich auf drei klinisch gut beob¬
achtete und durch die Sektion bestätigte Fälle. Während bisher
allgemein angenommen wurde, daß ein zweiter accentuierter Pul¬
monalton bei der Pulmonalstenose durch eine Komplikation mit einem
offen gebliebenen Ductus Botalli zu erklären sei, weist B. sowohl auf
Grund seiner drei eigenen Fälle, in welchen dieselbe Fehldiagnose
gestellt wurde, sowie an der Hand von 14 Fällen aus der Literatur
nach, daß dabei nie ein persistierender offener Ductus Botalli kon¬
statiert wurde, wohl aber daß in der Mehrzahl neben der Pul¬
monalstenose ein offenes Foramen ovale vorhanden war. In
drei Fällen, in welchem als einzige Komplikation der Ductus Botalli
offen gefunden wurde, war der zweite Pulmonalton zweimal als
schwach, einmal als fehlend angegeben. B. kommt danach zur An¬
sicht, daß die Akzentuation des zweiten Pulmonaltones auf das offene
Foramen ovale zurückzuführen sei; letzteres ist in der Tat die
häufigste Komplikation der Pulmonalstenose und soll sogar durch
diese wenn nicht erzeugt so doch in seiner Persistenz gefördert werden.
Wo der zweite Ton herrührt, ist ungewiß, daß er durch die Pul-
monaklappen selbst erzeugt wird, ist unwahrscheinlich; B. nimmt an,
daß der zweite Ton, sowohl wie die Persistenz des offenen Foramen
die Folge der Stauung im rechten Ventrikel ist und daß der zweite
Ton durch verstärkte Kontraktion der beiden Vorhöfe hervorge¬
rufen wird.
Die häufige Komplikation der Lungentuberkulose führt B. nicht
auf die Pulmonalstenose sondern auf die neben der letzteren meistens
vorhandene Enge der Aorta zurück. Hugo Starck (Heidelberg).
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72 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2.
H. Füth (Leipzig). Über eine angeborene Geschwulstbildung
perithelialer Natur am Oberkieferzahnfleisch eines 2 Tage
alten Mädchens mit Hineinbeziehung des Schmelzkeims.
(Beiträge zur Geburtshilfe und Gynäkologie 6. Bd. 1. Heft).
Die etwa hühnereigroße aus dem Mund hervorragende Geschwulst
war schon bei der Geburt vorhanden. Sie ging Tom Oberkiefer aus und
verschob die Oberlippe so stark nach oben, daß ein Saugen völlig un¬
möglich war. Die Geschwulst wurde deshalb operativ entfernt; die
Heilung ging rasch von statten. Ein Rezidiv trat nicht auf. Jedoch
ist bei dem nunmehr zweijährigen Mädchen, das sonst gute Zähne
hat und nicht rhachitisch ist, der erste und zweite linke obere
Schneidezahn (hier hat die Geschwulst gesessen) mangelhaft entwickelt.
Ulassin hatte im Jahre 1894 einen ganz ähnlichen Fall bei einem
neugeborenen Mädchen veröffentlicht; hier waren zwei Geschwülste vor¬
handen gewesen. Ulassin war auf Grund der mikroskopischen Unter¬
suchung zu dem Schluß gekommen, daß die Geschwülste epithelialen
Ursprungs, ausgehend vom Schmelzkeim, seien. Verf. kommt bei
seinem Fall nach eingehender mikroskopischer Untersuchung zu einem
anderen Resultat: Es handelt sich um eine Geschwulst, die nicht vom
Schmelzkeim ausgeht, aber Einschlüsse desselben enthält und deren
Zellen bindegewebiger, perithelialer Natur sind. Marx (München).
N. Sklifossovsky (Petersburg). Angeborene Neubildungen des
Schädels und Cerebralhernien.
(Die mediz. Woche 1902 No. 50.)
Das Auftreten von angeborenen, nicht bruchartigen Geschwülsten
an den Entwickelungsstellen von Cerebralhernien ist möglich und
wird gar nicht selten am vorderen Teile des Schädels, auf der Stirn
angetroffen. Die Differentialdiagnose ist da oft ungeheuer schwierig.
Angeborene Neubildungen des Schädels stehen bisweilen in unmittelbarem
Zusammenhang mit den tiefen Ge websschichten und mit dem Periost;
das Periost und die demselben anliegende Schicht lockeren Unterhaut¬
zellgewebes können in solchen Fällen zur Neubildung von Knochen¬
gewebe führen. Der darunter liegende Teil des Skeletts wird, indem
er eine permanente Kompression von seiten der Geschwulst erfährt,
unmittelbar unterhalb der Geschwulst absorbiert, während rings herum
reichliche Neubildung von Knochengewebe stattfindet. Man hat dann
mit einer Reihe von Erscheinungen zu tun, welche in außerordentlichem
Maße die Stellung einer genauen Diagnose erschweren. Derartige
Beispiele sind stets sehr lehrreich, und dieser Umstand veranlaßt S.
einen Fall von angeborener Neubildung im Gebiet desNasen-
rückens ausführlich zu beschreiben.
Warwara Filatowa, Bauernmädchen, 6 Jahre alt, anämisch, machte im
allgemeinen den Eindruck eines regelmäßig entwickelten Kindes; nur in der
Mittellinie des Gesichts, am Nasenrücken, hatte es eine höckrige Geschwulst von
der Größe einer großen Kartoffel. Die Geschwulst zeigt an der Basis eine leichte
Einschnürung und hing bei vertikaler Lage des Kindes leicht herunter. Die
Circumferenz der Geschwulst betrug 12, ihr Längsdurchmesser 5, ihr Querdurch*
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II. Referate.
73
messer 6 cm. Die Geschwulst berührte die Arcus frontales oben und verlief nach
unten hin bis znm Knorpelteil der Nase; an den Seiten berührte sie die inneren
Lidwinkel. Die Haut der beiden Lider des rechten Auges ging jedoch teilweise
auf die Geschwulst hinüber, und man kann im allgemeinen sagen, daß die Mittel¬
linie des Gesichts die Geschwulst so teilte, daß zwei Drittel der rechten und ein
Drittel der linken Seite angehörten. Die die Geschwulst überdeckende blau¬
rötliche Haut war sehr dünn und mit der Substanz der Neubildung fest ver¬
wachsen. Die Neubildung selbst war derb, hart, in ihrem oberen Teile konnte
man bisweilen den Eindruck einer tiefen Fluktuation erhalten. Diese Erscheinung
war aber undeutlich. An der Basis der Geschwulst konnte man am Kuochen
eine Unebenheit in Form eines V* cm * langen Doms palpieren; die Unebenheit
entsprach augenscheinlich dem mittleren Rande des Nasenfortsatzes des rechten
Oberkiefers. Diese Unebenheit diente gleichsam als Andeutung auf das Vorhanden¬
sein einer Bruchpforte, wenn man auch hinter derselben eine Öffnung im Schädel
nicht durchfühlen konnte. Die Geschwulst war vollständig schmerzlos. Selbst
bei der bedeutendsten Kompression zeigte ihr Umfang keine Verringerung. Bei der
Untersuchung konnte man auch nicht ein einziges Mal irgend welche Anzeichen
eines Zusammenhanges derselben mit der Schädelhöhle feststcllen. Das Mädchen
kam mit der geschilderten Neubildung zur Welt, und diese nahm mit der fort¬
schreitenden Entwickelung des Kindes an Umfang nur wenig zu. Das Kind
erfreute sich sonst einer guten Gesundheit. Gehirnerscheinungen wurden bei ihm
niemals beobachtet.
Die Neubildung entstellte das Gesicht des Kindes, und da man sich bei
wiederholten Untersuchungen stets vom Fehlen eines unmittelbaren Zusammenhanges
der Neubildung mit der Schädelhöhle überzeugen konnte, so entschloß sich S.,
die Geschwulst zu enfernen.
Am 21. Oktober Exstirpation der Geschwulst. Bei der Operation stellte es
sich heraus, daß die dünne Haut mit der harten Geschwulst sehr fest verwachsen
war und ohne Kontinuitätstrennung derselben nicht entfernt werden konnte. An der
Basis der Geschwulst löste sich die Haut leicht ab. Nach Entfernung der Ge¬
schwulst fand mau im Schädel eine offene Stelle, die 18 mm im Längs- und 11mm
im Querdurchmesser maß. Sie entsprach der Stelle des rechten Nasenbeines und
zeigte fast runde Konturen. Das Periost der benachbarten Teile des Skeletts
ging unmittelbar auf diese offene Stelle über, dieselbe umkleidend. In der
offenen Stelle wurden deutlich Pulsationen und abwechselnde Hebungen und
Senkungen, der Inspiration und Exspiration entsprechend, wahrgenommen.
Am zweiten Tage nach der Operation stellte sich bei der Kranken Fieber
ein, das rasch die Höhe von 40,2° C. erreicht hatte. Am 17. Tage nach der
Operation trat der Tod ein. Bis zum Tode bewegte sich der fieberhafte Zustand
zwischen 38,4 und 40,2° C.
Es fand die Sektion statt, die Neubildung wurde untersucht
und stellte sich als eine Kombination von derbem und weichem
Bindegewebe (Fibroma durum et molle) dar, zeigte auch stellenweise
die Struktur eines Sarkoms. In ihr wurde eine Höhle gefunden,
wahrscheinlich ein Lymphraum, der mit der Schädelhöhle aber keinen
unmittelbaren Zusammenhang hatte; zwischen ihm und der Hirnhaut,
welche mit dem äußeren Periost vereinigt war, lag eine \ l j 2 —2 cm
dicke Gewebsschicht.
Man hatte hier also an der klassischen Stelle, an der angeborene
Cerebralhernien aufzutreten pflegen, eine Bruchpforte, durch welche
eine bruchartige Vorstülpung jedoch nicht stattgefunden hatte.
Eine derartige Vorstülpung könnte zu stände kommen, wenn
später eine bedeutendere Dehnung der lateralen Gehirnventrikelchen
stattgefunden hätte. Man kann aber auch einen entgegengesetzten
Verlauf der Erscheinungen annehmen: in den ersten Lebensjahren
bestand hier vielleicht eine bruebartige Vorstülpung; diese letztere
hatte sich aber dank eventuellen günstigen Verhältnissen der weiteren
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74
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2.
Einwirkung des Organismus vielleicht allmählich verringert und war
mit dem fortschreitenden Zusammenfallen der lateralen Gehirnven-
trikelchen allmählich nach innen gezogen worden, wonach die Dura mater,
indem sie sich mit dem äußeren Periost vereinigte, die offene Stelle
bezw. die Bruchpforte ausgefüllt hatte. Zu dieser Zeit begann sich
aus dem jungen Bindegewebe, welches dem Periost unmittelbar anlag,
ein Fibrom zu entwickeln; die bindegewebige Geschwulst verschmolz,
nachdem sie bedeutende Dimensionen erreicht hatte, fest mit den
allgemeinen Hautdecken, welche sich an den Stellen der größten Vor¬
stülpung der Höcker der Neubildung als sehr dünn erwiesen haben.
Inmitten des Fibroms könnte sich eine Lymphhöhle bilden, welche,
sich allmählich erweiternd, das benachbarte Gewebe bis zur Bildung
einer Blase verdünnen könnte. In der Tat macht in obigem Falle
die zweierlei Aufschichtung rings um die Lymphöhle herum diese
Vermutung sehr wahrscheinlich. Es ist bekannt, daß die cystenartigen
Schädelgeschwülste mit Ausnahme der Dermoidcysten gewöhnlich
eine dünnflüssige seröse Flüssigkeit enthalten. Man nimmt an, daß
diese Geschwülste mit der Schädelhöhle ursprünglich in Verbindung
standen und bruchartige Vorstülpungen der Gehirnhäute darstellten;
später wird der äußere Teil der Geschwulst auf dem Niveau der
Bruchpforte des Schädels abgezwickt, so daß eine isolierte sackförmige
Geschwulst entsteht. Es will S. scheinen, daß man die Bildung der¬
artiger isolierter cystenartiger Geschwülste am Schädel auch auf andere
Weise erklären kann, welche plausibler zu sein scheint. Es entstehen
in der Höhle des angeborenen Fibroms gewöhnlich Lymphspalten,
welche bisweilen bedeutende Dimensionen erreichen. In obiger Ge¬
schwulst zeigte der bestehende derartige Lymphzwischenraum die
Größe einer Mandelnuß; es liegt kein Grund vor, die Möglichkeit von
der Hand zu weisen, daß dieser Zwischenraum sich immer mehr bis
zur Bildung einer Blase entwickelt hätte. Grätzer.
Rolly. Über periependymäre Wucherung, Kanalbildung
und abnorme Entwickelungsvorgänge am kindlichen
Kückenmarkkanal.
(Deutsche Zeitschr. für Nervenheilkunde Bd. 21 No. 5 und 6).
Gelegentlich von Untersuchungen des Zentralnervensystems bei
Kindern fand R. bei zwei Fällen von allgemeiner angeborener Muskel¬
starre sowie in einem Falle, in dem die klinische Diagnose zwischen
multipler Sklerose und kongenitaler Muskelstarre schwankte, eine
diffuse Wucherung der Glia, Offenbleiben des Zentralkanals, eine
Wucherung der Ependymzellen um den Zentralkanal herum. Diese
Wucherung der Ependymzellen äußerte sich im Auftreten von
Strängen, Zellnestern, Kanälen, Vortreibungen der EpendymSchicht
des Zentralkanals.
Verf. hält es für möglich, daß aus dieser Ependymwucherung
mit Kanaibildung später das Krankbeitsbild der Syringomyelie ent-
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II. Referate.
75
steht. Vielleicht hätten die drei Kinder, über welche Verf. berichtet,
falls sie am Leben geblieben wären, in späterer Zeit eine typische
Syringomyelie bekommen._ Kart Mendel (Berlin).
M. Thiemich. Über die Funktionsunfahigkeit der
motorischen Rindenfelder beim Säuglinge.
(Aus der Univ.-Kinderklinik zu Breslau).
(Zeitschr. f. klin. Medizin Bd. 45 Heft 8 und 4).
Verf. wendet sich gegen die von Soltmann deduzierte „physio¬
logische Reflexdisposition“ des jungen Kindes, eine Theorie, die im
wesentlichen auf den Ergebnissen von Experimenten an neugeborenen
Tieren basiert, die ergaben, daß bei diesen bis zum 10. oder
12. Lebenstage die motorischen Rindenfelder nicht galvanisch er¬
regbar sind, also weder hemmend noch exzitierend tätig sein konnten,
und die somit geeignet schienen, unsere bisherigen Anschauungen
über das Zustandekommen der Eklampsia infantum über den
Haufen zu werfen.
Ganz abgesehen davon, daß die Befunde anderer Autoren den
Soltmannschen Untersuchungsergebnissen widersprechen, ist es nach
Th. verfehlt, aus der elektrischen Unerregbarkeit das Fehlen jeder
physiologischen Funktion zu folgern und etwa die Annahme, daß auch
beim Säugetier die Nerven und Muskeln früher auf physiologische
endogene Reize reagieren, als auf äußere, elektrische, auszuschließen.
Mit Recht glaubte Verf. daher zur Entscheidung der Frage,
ob bezw. wenn die motorischen Rindenfelder beim Säuglinge
funktionsfähig sind, auf Beobachtungen am Kinde selbst angewiesen
zu sein. Daher wurde von ihm ein ganz neuer Weg eingeschlagen,
der durch die physiologischen Studien der letzten Jahre über kor¬
tikale Koordinationen eröffnet war: Die Feststellung des Zustande¬
kommens oder Nichtzustandekommens kombinierter Bewegungen,
das nur unter Beteiligung seitens der Hirnrinde möglich ist. Im An¬
schluß an die Studien Herings bei Affen und Manns an gewissen
Nervenkranken schien dem Verf. daher die Prüfung des Synergismus
zwischen Fingerstreckern und Handbeugern beim Handschluß der
Faust, dessen kortikale Natur sicher nachgewiesen ist, sowie das
Zusammenwirken einer Plantarflexion des Fußes mit einer kräftigen
Streckung im Knie- und Hüftgelenk („Verlängerung des Beines“), wie
umgekehrt die Dorsalflexion bei Beugung dieses Gelenkes („Verkürzung
des Beines“) als für die Lösung der Frage ausschlaggebend. Bei
einer großen Reihe von Kindern konnten nun diese Indikatoren
einer kortikalen motorischen Funktion konstatiert werden und zwar
oft schon bei Neugeborenen, regelmäßig bei Kindern von 8—4 Monaten,
soweit sie nicht besonders elend oder krank waren. Da die über¬
wiegende Mehrzahl der Kinder, welche im ersten Kindesalter an
Krämpfen erkranken, über den 3.—4. Lebensmonat hinaus und nicht
in extrem elendem Zustande ist, kann gefolgert werden, daß die
wesentlichen Voraussetzungen der Soltmannschen Lehre von der
Eklampsia infantum nicht mehr zu Recht bestehen.
Eschle (Sinsheim).
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76
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2.
VulpillS. Zur Sehnenüberpflanzung bei spinaler
Kinderlähmung.
(Deutsche Zeitschr. f. Nervenh. Bd. 22 Heft 1 und 2.)
Verf. berichtet über zwei Fälle von spinaler Kinderlähmung, bei
(lenen er die Sehnenüberpflanzung auf den gelähmten Quadriceps mit
günstigstem Erfolge ausgeführt hat, und wo die so erlangte Wieder¬
herstellung der Quadricepsfunktion sehr erheblich zur Wiederer¬
langung der Geh- und Stehfähigkeit beitrug. Kurt Mendel (Berlin).
Hoflfa. Über die orthopädische Behandlung der spinalen
Kinderlähmung.
(Nach einem im Verein für innere Medizin zu Berlin gehaltenen
Vortrage).
(Zeitschr. für diätetische und physikalische Therapie Bd. 6 Heft 6 1902).
Die spinale Kinderlähmung, die, meistens ganz plötzlich ein¬
setzend, Kinder in den ersten Lebensjahren befällt, führt bekanntlich
zu paralytischen Kontrakturen an allen möglichen Körperstellen:
wir haben die Torticollis paralytica, die paralytischen Lordosen,
Kyphosen und Skoliosen, die paralytischen Kontrakturen oder
Schlottergelenke der Schulter, an der Hand und den Fingern, ebenso
dieselben an der Hüfte, ferner die paralytischen Deformitäten des
Kniegelenkes und schließlich die mannigfaltigen Deformitäten des
Fußes in Gestalt des Spitz-, Klump-, Platt-, Hacken- und Hohlfußes.
Wenn wir auch in der elektrischen Behandlung, in der Massage,
Gymnastik, in redressierenden Manipulationen, in warmen Bädern,
in der Applikation heißer trockener Wärme und in reizenden Ab¬
reibungen Mittel und Wege haben, die vitale Energie der gehemmten
Teile zu kräftigen und so die Entstehung paralytischer Kontrakturen
zu verhüten, so tritt doch, sobald sich die letzteren erst einmal ent¬
wickelt haben, die eigentliche orthopädische Behandlung in ihr Recht.
Das erste Hilfsmittel der eigentlich orthopädischen Behandlung
ist die Redression derselben, die oft durch die subkutane Tenotomie
oder die offene Durchschneidung aller sich der Geraderichtung ent¬
gegensetzenden Weichteile eingeleitet werden muss. Gipsverbände
und orthopädische Apparate (vSchienenhülsenapparate) dienen dazu,
den Effekt der Redression zu einem dauernden zu machen. Zum
Ersatz der paralytischen Muskeln an diesen Apparaten bringt man
gewöhnlich Gummizüge an, von denen man andererseits (z. B. bei
Beugekontrakturen) auch als redressierend er Kraft Gebrauch macht
So notwendig, wie über das Gelenk hinausgehende Stützapparate,
die eine Überstreckung verhindern, können am Apparat angebrachte
Sperrvorrichtungen, z. T. automatische, angebracht werden, um eine
beliebige Beugung der Gliedmaßen zu ermöglichen.
Mit dem Aufblühen der antiseptischen Wundbehandlung lag es
nahe, statt dieser Notbehelfe den Kranken auf operativem Wege
Hilfe zu bringen.
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tt. tieferate.
77
Die Arthrodesenoperation, zuerst von Albert in Wien aus¬
geführt, hatte die Absicht, die künstliche Versteifung der paralytischen
Gelenke herbeizuführen, indem man nach blutiger Eröffnung der
Gelenke und Anfrischung der Gelenkenden, diese durch eine Naht
von Silberdraht oder durch Nägel miteinander vereinigte.
Die Arthrodese, immerhin ein Notbehelf bei ganz unheilbaren
Lähmungen, ist in letzter Zeit durch die Sehnentransplantation in
der Mehrzahl der Fälle verdrängt worden. Diese bezweckt selbst
bei unheilbarer Muskellähmung auf operativem Wege die Sehnen
gesunder, aber wenig bedeutender Nachbarmuskeln auf die funktions¬
untüchtigen Sehnen zu überpflanzen. Heute überträgt man sogar
nicht nur die Funktion eines gesunden Muskels auf den gelähmten,
sondern man übt auch die Teilung der Funktion eines solchen, indem
man dessen Sehne nur teilweise an den gelähmten Muskel annäht.
Eine besondere Form der Sehnentransplantation ist die von
Lange angegebene periostale Sehnenverpflanzung: der kraftspendende
Muskel wird hierbei nicht mit dem gelähmten Muskel, sondern direkt
mit dem Periost vernäht.
Zur Erreichung brauchbarer Resultate gehen weitere Operationen
an den Sehnen, die man als Sehnenverkürzung und Sehnenver¬
längerung unterscheidet, Hand in Hand: Sind die gelähmten
Muskeln durch Überlastung überdehnt worden, so daß sie die zu ihrer
Funktion nötige Spannung verloren, so ist eine Verkürzung ihrer
Sehnen indiziert, doch gibt es genug Fälle, in denen eine Ver¬
längerung durch treppenförmige Spaltung, Verschiebung der Länge
nach und Vernähung der Querschnitte in Frage kommt.
H. glaubt, daß die Herstellung des normalen Spannungsgrades
an sich schon auf die Wiederherstellung der Funktion eines Muskels
von Einfluß sein kann, in der Mehrzahl der Fälle entsteht durch die
Transplantation ein neues Muskelindividuum (Drobnick, Eulenburg),
welches durch Anpassung der Gehinrinde allmählich eine Selb¬
ständigkeit der Innervation und Funktion erlangt, indem die Koor¬
dinationszentren sich auf die immer wiederkehrenden zentripetalen
sensiblen Erregungen aus dem Gebiet der verlagerten Muskeln
einüben.
H. hat schließlich in neuester Zeit häufig statt der Ansatzstelle
den Ursprung eines Muskels verlagert. So wurde in einem vorge¬
stellten Fall von cerebraler Kinderlähmung, in welchem der Arm im
Ellenbogen gelenke gebeugt und die Hand stark pronirt war, das
Übergewicht der Pronatoren über die Supinatoren dadurch behoben,
daß H. den Musculus pronator teres von seinem Ursprünge am
Epicondylus intern, humeri loslöste, ihn nach der anderen Seite des
Armes hinübernahm, zwischen dem Supinator brevis und der
Beugemuskulatur durchzog und an den Epicondylus externus an¬
nähte, so daß aus dem Pronator teres gewissermaßen ein zweiter
Supinator brevis gemacht wurde. Eschle (Sinsheim).
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78
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2.
Magnus. Der operative Ersatz des gelähmten Quadriceps
femoris.
(Aus der Schanz sehen orthopäd. Heilanstalt in Dresden).
(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 41.)
Bericht über drei mit bestem Erfolge nach einfacher Methode
operierte Fälle, welche zwei 12- und ein 7 jähriges Kind betrafen.
Die Methode war folgende:
Zunächst wird ein 15 cm langer Hautschnitt an der vorderen
Seite des Oberschenkels in der Medianlinie vom oberen Rande der
Patella nach oben hin geführt, Fett und Fascie durch trennt und der
Quadriceps und obere Teil der Patella freigelegt. Ebenso wird ein
Schnitt durch die Mitte der Kniekehle bis zur Mitte des Oberschenkels
herauf angelegt. Von da aus wird der Sartorius aufgesucht, unmittel¬
bar von seiner Insertionsstelle abgetrennt und etwa auf ein Drittel
seiner Länge isoliert; dasselbe geschieht mit dem Biceps. Nun wird
auf beiden Seiten zwischen Muskulatur und Fascie vom vorderen
Schnitt nach hinten ein Elevatorium durchgestoßen und die so ge¬
bildeten Öffnungen durch Hin- und Herziehen des Elevatoriums er¬
weitert. Durch die auf diese Weise gebildeten Schlitze werden
Sartorius und Biceps nach vorn gelagert. Darauf wird die Sehne
des Quadriceps direkt an ihrem Ansatz an der Patella durchstochen,
durch den so gebildeten Spalt wird das freie Ende des Sartorius
hindurchgezogen und unter straffem Anziehen so zurückgeschlagen,
daß eine Schlinge gebildet wird. Diese wird durch Naht fixiert.
Dieselbe Manipulation wird dann mit dem Biceps vorgenommen.
Die Nähte werden mit Silber oder Aluminiumbronze ausgeführt.
Nun wird durch fortlaufende Hautnaht die Wunde vollständig ge¬
schlossen, nicht drainiert. Durch einen Gipsverband, der auch das
Becken mit umfaßt, wird das Bein mit Streckstelluug gehalten.
Die Hautnähte werden nach 10 Tagen entfernt. Nach 3 Wochen
geht Pat. im Gipsverband; nach 6 Wochen wird der Verband ab¬
genommen. Das Bein bleibt jetzt völlig frei; es werden dann fleißig
aktiv und passiv Streckbewegungen ausgeführt Grätzer.
Josef Hertle. Über eine neue Methode zum plastischen
Ersatz von Sehnendefekten.
(Zeitschr. für Chirurgie Bd. 65 Heft 2—4 Seite 392).
H. hatte eine 16 jährige Pat. wegen veralteter Sehnenverletzung
und zwar Durchtrennung der Sehnen des M. extensor pollicis longus
der linken Hand etwa 2 cm vor dem Carpometacarpalgelenk des
Daumens zu behandeln. Nachdem die Naht wegen Nekrose von ca.
4 cm des zentralen Stumpfes schon einmal mißlungen war, wurde sie
nochmals ausgeführt, war jedoch dieses Mal nur unter stärkster An¬
spannung möglich, und auch dann wurde kaum eine Berührung der
Sehnenenden erzielt. Die Funktion stellte sich allmählich wieder
ein, jedoch nur unvollkommen, und die Opposition des Daumens war
nicht recht ausführbar, was H. auf die straff fixierte Hautnarbe
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II. Referate.
79
bezog. Um diese zu beseitigen und durch Brusthaut zu ersetzen,
wurde Pat neuerdings operiert. Nach dem Abpräparieren der Haut
zeigte sich, daß die beiden Sehnenstümpfe zwar durch Narbengewebe
aneinander fixiert waren, daß jedoch die Narben auch fest an der
Haut und der Unterlage hafteten und dadurch die Funktion beein¬
trächtigten. Außerdem wies aber das periphere Sehnenstück eine
Verwachsung mit der Sehne des M. radial, extern, long. an der
Kreuzungsstelle der beiden Sehnen auf. K. ließ die Verwachsung
zwischen den beiden Sehnen bestehen und spaltete in Verbindung
mit der Verwachsung und zwar aufwärts von dieser die Sehne
des M. radial, extern, longus der Länge nach soweit, als dies zu
einer bequemen Vernähung mit dem zentralen Sehnenstumpf des
M. extens. pollic. longus nötig war. So ersetzte er den Substanzver¬
lust in der Sehne des M. extens. poll. longus durch eine Anleihe von
Sehnenmaterial aus dem benachbarten M. radialis externus longus.
Der funktionelle Erfolg war ein vollkommener.
Joachimsthal (Berlin).
Timann. Behandlung der Spina ventosa mittels freier Auto¬
plastik.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. 36 Heft 1.)
In der Rostocker Klinik wurde eine Serie solcher Kranker in
der Weise operiert, daß kleine Stücke aus der Ulna herausgemeißelt
und in den Defekt der exstirpierten kranken Diaphyse eingesetzt
wurden.
Die Erfolge erwiesen sich insofern besonders günstig, als nicht
nur die Kontinuität des Knochens wieder hergestellt, sondern meist
auch eine gute Funktion erzielt wurde.
Interessant ist die Beobachtung, daß die implantierten Knochen¬
spangen nicht nur einheilten, sondern sich allmählich zur normalen
Gestalt der entfernten Diaphysen gut umformten. Wichtig ist indessen,
daß bei jungen Individuen das Ersatzstück recht lang genommen
wird. Denn das letztere dürfte doch nicht in gleicher Weise mit¬
wachsen wie die Nachbarknochen. Vulpius (Heidelberg).
Czyzewicz. Ein Fall von retrosakralem Dermoid.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. 86 Heft 1.)
Beschreibung eines Falles von taubeneigroßer Cyste mit Haar¬
schopf, die in der v. Mickuliczsehen Klinik exstirpiert wurde.
Die Ätiologie der Geschwulst wird wie auch diejenige der coccy-
gealen Einziehungen und Fisteln, welche bei Kindern sehr häufig
nachzuweisen sind, mit der embryonalen Entwickelung des Zentral¬
nervensystems in Zusammenhang gebracht. Vulpius (Heidelberg).
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80
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2.
W. Kausch. Cucullarisdefekt als Ursache des congenitalen
Hochstandes der Scapula.
(Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie Bd. 9 Heft 3.)
K. bringt die Krankengeschichten von 3 Pat. im Alter von 12,
8 und 3 Jahren, bei welchen kongenitaler Hochstand des Schulter¬
blattes bestand. In allen Fällen fand sich gleichzeitig ein Defekt des
gleichseitigen Cucullaris und zwar dessen unteren Abschnittes. R.
hält den Muskeldefekt für das Primäre und faßt die veränderte
Stellung der Scapula als eine Ausfallserscheinung auf. Die Be¬
wegungsstörungen sind zum Teil recht erhebliche und beziehen sich
vorzüglich auf Verminderung der Hebung des Armes. Auch din Be¬
weglichkeit des Schulterblattes selbst ist gestört (bes. die Senkung).
Wenngleich in den bisher publizierten Fällen von sogenannter
Sprengelscher Deformität nirgends von Cucullarisdefekt die Rede ist,
so glaubt K. doch auf Grund einer Abbildung, daß derselbe mitunter
nur übersehen ist. Allerdings werden auch andere Ursachen für
möglich gehalten (Muskel-, Nerven-, Knochenkrankheiten).
Als Begleiterscheinungen des Hoch Standes der Scapula finden
sich häufig Deformitäten derselben (Folge des veränderten Muskel¬
zuges), sowie Skoliose (kompensierende, die hochstehende Schulter
senkende).
Besserung ist auf rein orthopädischem Wege zu erzielen durch:
Massage, Bewegungsübung, eventuell die Scapula herabziehende Vor¬
richtungen, wie Gummizugkorsett. Auf operativem Wege wurde in
einem der Fälle der Hochstand des Schulterblattes wohl ein wenig
gemindert, die Funktion des Armes aber verschlechtert.
Hugo Starck (Heidelberg).
C. Hödlmoser. Sprengelsche Difformitat mit Cucullarisdefekt
und rechtsseitiger Wanderniere bei einem 12jährigen Knaben.
(Aus dem Landesspital in Serajevo.)
(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 52.)
Der Pat. bot einen angeborenen und einen erworbenen Zu¬
stand dar. Als angeboren war zu betrachten der Hochstand der
linken Scapula, wahrscheinlich auch die rechtsseitige Wanderniere,
als erworben ein nervöser Symptomenkomplex von seiten des spinalen
Nervensystems, im wesentlichen sich dokumentierend in einer spastischen
Parese in intensiverem Grade der rechten, in geringerem der linken
Seite. Da letztere Erscheinungen erst seit etwa einem Jahre be¬
standen, so muß ein erst mehrere Jahre nach der Geburt entstandenes
Leiden angenommen werden, zu dem die Anlage allerdings vielleicht
schon im fötalen Leben gegeben war. Es handelte sich offenbar um
eine spastische Spinalparalyse.
Was den Hochstand der Scapula anbelangt, so war hier, wie
in den meisten derartigen Fällen ebenso, die Scapula in der Weise
rotiert, daß der innere Winkel höher stand, als der äußere. Auf¬
fallend war, daß die Annäherung des unteren Scapulawinkels an die
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Q. Referate.
81
Wirbelsäule nicht in dem Maße erfolgt war, als man es nach dem
Hochstehen des inneren Scapulawinkels erwarten konnte; dies dürfte
sich so erklären, daß eben der mediale Winkel in beträchtlicher
Weise verdickt und verändert war, daher noch höher zu stehen schien,
als es sonst der Fall war. Es bestand sicher eine wesentliche Ver¬
dickung des medialen Winkels der Scapula. Ferner fiel auf eine
Knochenveränderung, ein starker von der Spina scapulae und an¬
scheinend auch von der Fossa supraspinata ausgehender Höcker,
welcher bewirkte, daß die linke Halsseite von vorne vollständig aus-
gefüllt erschien. Das Merkwürdige aber war, daß bei der radio¬
graphischen Untersuchung der Höcker absolut nicht zum Vorschein
kam, so daß also nur eine knorpelige Beschaffenheit anzunehmen war.
Kausch nimmt an, daß die Ursache des Hochstandes der
Scapula zumindest in einer Anzahl von Fällen in einer Hypoplasie
des unteren und zum Teil auch des mittleren Teiles des
M. cucullaris gelegen sei. Obiger Fall bestätigte dies. H. fand
tatsächlich, daß, während der obere Anteil des Cucullaris in abnormer
Weise verkürzt uud gespannt war, die Gegend zwischen Scapula und
Wirbelsäule, in welcher normalerweise der untere Anteil des Cucullaris
gelegen ist, leer erschien, und auch die Prüfung der elektrischen
Reaktion zeigte, während in den oberen Partien ausgesprochene
Steigerung der mechanischen und faradischen Erregbarkeit vorhanden
war, in den unteren Partien entschieden beträchtliche Herabsetzung
derselben. Die geringe Entwickelung oder das Fehlen der unteren
Cucullarisfasern hat zweifellos zum Entstehen der Difformität wesent¬
lich beigetragen. Aber auch die Verkürzung der oberen Cucullaris-
partien ist nicht außer acht zu lassen, ebenso die Anspannung des
Muskels, welche auch die bei dem Pat. vorhandene Annäherung der
Scapula an die Wirbelsäule bedingen dürfte.
Wie ist nun das Wesen solcher Muskeldefekte aufzufassen?
Handelt es sich um eine in frühester Jugend bezw. im embryonalen
Leben vor sich gegangene und zum Stillstand gekommene Muskel¬
dystrophie oder um wirkliche angeborene Muskeldefekte? In obigem
Falle lag die Sache dadurch besonders kompliziert, daß der Knabe
den Hochstand der Scapula schon seit Geburt zeigen sollte, dagegen
erst seit einem Jahre jene nervösen Symptome, die dem Bilde der
spastischen Spinalparalyse entsprachen. Da nun aber diese Erkrankung
Muskelatrophien nicht erzeugt, da überdies eben spastische Symptome
überwogen, so mußte die Annahme einer vielleicht sehr langsam fort¬
schreitenden Muskeldystrophie ausgeschlossen werden. H. glaubt, daß
man es hier mit einer angeborenen Schwäche bestimmter
Körperteile zu tun hat. Gewisse Anteile, sei es der Muskulatur,
sei es des dazu gehörigen nervösen Apparates, besitzen nicht die
gehörige Wachtstumsenergie, sie bleiben auf einem frühen Stadium
der Entwickelung stehend. Mit dieser Annahme einer angeborenen,
in der Frucht selbst und nicht außerhalb derselben gelegenen Störung
der Entwickelungsfähigkeit läßt es sich auch gut in Einklang bringen,
daß noch andere Anomalien Vorlagen, wie die Wanderniere, und daß
eventuell auch das ganze Nervensystem weniger widerstandsfähig war,
daher zu Erkrankungen geneigt erschien, wie hier der Spinalparalyse,
Centrnlbl. f. Kinderhlkde. VT1I. Digitized by C 6
82
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2.
Die Schwächung des Nervensystems aber konnte wiederum Erschlaffung
und Herabsetzung des Tonus der Ligamente der Bauchorgane be¬
wirken und so zur Wanderniere führen. Grätzer.
M. Haudek. Die Operationsmethoden der modernen Orthopädie.
(Wiener med. Wochenschrift 1902 No. 46—50.)
Sehr fleißige Arbeit, in der Verf. eine Übersicht bietet über alle
jene Operationsverfahren, die bei der Behandlung orthopädischer Er¬
krankungen in Betracht kommen, und zeigt, wie wir heutzutage bei
den meisten Deformitäten mit unblutigen Mitteln auskommen, nament¬
lich wenn früh genug die Behandlung eingreift, die nur in schweren
und sehr verspätet dem Arzte zukommenden Fällen eine blutige
sein muß. Grätzer.
A. Schanz (Dresden). Über das Skoliosenredressement.
(Berliner klin. Wochenschrift 1902 Nr. 48).
S. begann 1898 damit, bei Skoliosen das Redressement auszu¬
führen, und hat auf dem Chirurgenkongreß 1900 über seine Resultate
berichtet. Man hat jetzt vielfach diese Idee aufgegriffen, doch glaubt
S., daß man nicht durchgehends richtige Indikationen stellt, wodurch
manche ungünstige Resultate hervortreten, die dann der ganzen
Methode zur Last gelegt werden. S. präzisiert daher jetzt nochmals
die Indikation, beschreibt sein Verfahren und referiert über seine
Erfahrungen.
Bei der Behandlung der Skoliosen sind zwei Aufgaben zu er¬
füllen : man muß den Prozeß, welcher die Skoliose erzeugte und ihre
fortschreitende Verschlimmerung bedingt, außer Wirksamkeit setzen,
und man muß die Formveränderung des Rumpfskelettes selbst be¬
seitigen. Das Redressement erfüllt nur die letztere Aufgabe. Die
Lösung beider Aufgaben zu gleicher Zeit ist undurchführbar, weil
wir in der Zeit, während welcher der Redressionsverband liegt, nichts
tun können, um die Tragfähigkeit der Wirbelsäule zu erhöhen; ja
der Verband wirkt sogar infolge der Inaktivitätsatrophie, die er er¬
zeugt, im Sinne der Verminderung der Tragfähigkeit der Wirbelsäule.
Es muß demnach erst das Redressement und dann erst die Aus¬
tilgung des skolisierenden Prozesses erfolgen, wobei man dafür sorgen
muß, daß das Redressionsresultat so lange erhalten bleibt, bis der
skolisierende Prozeß beseitigt ist. Zum Redressement bedarf es aber
wiederum einer Vorbereitung, deren Ziel die Mobilisation der Wirbel¬
säule, die Herstellung einer möglichst hohen Redressionsfähigkeit und
die Gewöhnung des Pat. an die Anwendung des Redressionsapparates
ist. Was letzteren betritft, so hat S. einen einfachen und billigen
selbst konstruiert, einen kräftigen Beelyschen Rahmen mit einer
Vorrichtung zur forcierten Extension der Wirbelsäule. S. schildert
nun seine Methode des Redressements, die Herstellung des Verbandes,
des Gipsbettes u. s. w. und sodann den zweiten Teil der Kur, bei
dem Massage und Gymnastik die Hauptrolle spielen.
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II. Referate.
83
Die Resultate, die S. mit Hilfe des Redressements erreichte,
übertreffen bei weitem alles, was bisher als die höchste Korrektions¬
möglichkeit der skoliotischen Deformitäten gilt, und diese Resultate
sind bei richtiger Ausführung der Kur Dauerresultate. Nicht leisten
kann freilich auch diese Methode Umformung eines nicht plastischen
Rnmpfskelettes; wenn die Wirbelsäule so fest fixiert ist, wenn die
Rippen so unelastisch sind, daß durch Zug und Druck keine nennens¬
werte Formverbesserung geschehen kann, da vermag auch das
Redressement nichts. In dies Stadium kommt früher oder später
jede Skoliose, ein bestimmtes Alter läßt sich dafür nicht angeben;
S. fand Fälle noch jenseits des 20. Jahres redressionsfähig, aber auch
Fälle unter dem 10. Lebensjahre, an denen sich die Ausführung des
Redressements nicht lohnte. Auch die Schwere der Deformität ist
maßgebend. S. redressierte zuerst nur die schwersten Deformitäten
dritten Grades. Hier springen die Erfolge am meisten in die Augen;
denn durch das Redressement bringt man in günstigen Fällen den
schwer deformierten Pat., dem sonst keine Besserung gebracht werden
konnte, bis nahe an die vollständige Heilung, in allen Fällen zur
wesentlichen Besserung, und zwar nicht allein zur Besserung der
Deformität, sondern auch des Allgemeinbefindens: das schlaffe, blasse
Skoliosengesicht ändert sich zusehends, wenn das Kind redressiert
ist. Später kam S. dazu, auch nicht ganz so schlimme und dann
noch leichtere Fälle ebenso zu behandeln. Er stellte sich folgende
Grenze: das Redressement ist gerechtfertigt und indiziert, solange
die Opfer, welche dasselbe an Zeit, Geld, Bequemlichkeit u. s. w.
fordert, durch den Effekt ausgeglichen werden. Bei dieser Indikations¬
stellung kommt man dazu, Skoliosen, welche zwischen zweitem und
drittem Grad stehen, auch solche zweiten Grades, zu redressieren;
man erreicht hier fast Heilungen. Grätzer.
A. Schanz. Das Redressement schwerer habitueller Skoliosen
und Kyphosen.
(Wiener klin. Rundschau 1902 Nr. 51.)
Verf. setzt seine Methode auseinander, zeigt in Wort und Bild,
welche Erfolge er erzielt hat, und gelangt zu dem Schluß: „Das
Redressement ist bei richtiger Indikationsstellung die er¬
folgreichste Methode der Korrektur schwerer habitueller
Skoliosen und Kyphosen. Grätzer.
Wilhelm Schulthess. Über die Prädilektionsstellen der skolio¬
tischen Abbiegungen an der Wirbelsäule nach Beobachtungen
an 1140 Skoliosen.
(Zeitschrift f. orthopädische Chirurgie Bd. 10 Heft 4 Seite 733.)
An ca. 1140 von Sch. mit seinem bekannten Meßapparat ge¬
zeichneten Skoliosen hat dieser Autor festgestellt, daß in der Gegend
des zweiten Brustwirbels die größte Zahl von Krümmungen und zwar
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84
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2.
linkskonvexe beobachtet wurden, ferner daß das nächste Maximum
rechtskonYexe Biegungen betrifft in der Gegend des siebenten Brust¬
wirbels. Linkskonvexe Krümmungen sind im ganzen häufiger als
rechtskonvexe im Verhältnis von 60°/ 0 zu 40°/ 0 , abgesehen von dem
höheren Stand der Abknickungsstelle unterscheiden sich die links¬
konvexen Krümmungen von den rechtskonvexen noch durch die relativ
gleichmäßigen Durchschnittszahlen von Höhe und Überhängen der
Krümmungsschenkel bei den linkskonvexen, während bei den rechts¬
konvexen die beiden Größen nach dem unteren Ende der Dorsal¬
wirbelsäule hin steigen. Ferner haben die rechtskonvexen Krümmungen,
sofern sie in der Dorsalwirbelsäule liegen, eine viel stärker entwickelte
Tendenz, kompensatorische Krümmungen zu bilden, als die links¬
konvexe.
Sch. erblickt in der Gesetzmäßigkeit des Kurvenverlaufes einen
Beweis für eine dem Körper bezw. der Wirbelsäule innewohnende
Disposition zu den Ausbiegungen an den bezeichneten Stellen. Die
gesetzmäßige Lokalisation liegt in der Anatomie und Physiologie, in
der Mechanik der Wirbelsäule begründet. Ein insuffizientes Skelett
wird an dieser Stelle zuerst einknicken. Die Ätiologie der Skoliose
gewinnt durch eine solche Annahme einen sicheren Boden. Die
Lokalisation liegt in der anatomischen Anlage, und das Auftreten,
der Grad der Verschlimmerung einer Skoliose überhaupt hängt mehr
von der Qualität des Skelettes, von seiner Widerstandsfähigkeit, seiner
Elastizität, von seiner Wachstumsenergie und Regenerationsfähigkeit ab.
Joachimsth&l.
Siegmund Loebei. Plattfuß und Skoliose.
(Zeitechr. für orthopädische Chirurgie Bd. 10 Heft 4 Seite 689).
Nach seiner Statistik (114 hintereinander beobachtete Fälle von
Skoliose und 10 Fälle von runden Rücken aus dem orthopädischen
Institut von Dr. Lüning und Dr. Schulthess in Zürich) findet
L., daß der Plattfuß und die Skoliose sehr häufig nebeneinander
Vorkommen. Etwa in 71,1 °/ 0 der Fälle fand man einen ausge¬
sprochenen Plattfuß und in 7,8°/ 0 Anlage zu demselben. Auf die
Frage, in welcher Beziehung der Plattfuß zur Skoliose steht, glaubt
L. nach dem Resultat seiner Untersuchungen mit Sicherheit annehmen
zu dürfen, daß der Plattfuß im allgemeinen mehr als eine Begleit¬
erscheinung der Skoliose aufzufassen ist und nicht als ein ätio¬
logisches Moment derselben. Man sieht allerdings, daß der einseitige
Plattfuß mit der Richtung der Konvexität und der Form der Skoliose
in einer bestimmten Beziehung steht. Der rechtsseitige Plattfuß ver¬
mindert die relative Zahl der rechtskonvexen Dorsal- und links¬
konvexen Lumbalskoliosen. Der linksseitige Plattfuß vermehrt die
Zahl der rechtskonvexen Dorsal- und linkskonvexen Lumbalskoliosen.
Schwere Skoliosen kommen bei leichten Plattfüßen und schwere
Plattfüße bei leichter Skoliose vor. Es besteht also kein Zusammen¬
hang zwischen dem Grad des Plattfußes und der Skoliose.
Joachimsthal.
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II. Referate.
85
Hofmeister (Tübingen). Ein neues Massageverfahren.
(Beiträge zur klinischen Chirurgie 86. Bd. 2. Heft).
H. verwendet das Quecksilberbad bei Versteifungen, Ödemen der
Hand und Finger nach Frakturen, Quetschungen, Phlegmonen u. dergl.
Die Hand wird rhythmisch in einen mit metallischem Quecksilber
halbgefüllten Zylinder tief eingetaucht und wieder herausgezogen.
Der starke Druck des Metalles soll ähnlich wie die Massage auf die
Zirkulation fördernd einwirken, wesentliche Umfangsabnahme von
Hand und Finger nach dem Bad werden gemessen. Event, vorhandene
Wunden werden durch Pflaster geschützt. Indoxikationserscheinungen
wurden bei 100 Pat. trotz mehrwöchentlichen regelmäßigen Badens
nicht beobachtet. Als wesentliche Vorteile des Verfahrens werden
hervorgehoben die Schmerzlosigkeit derselben und die Möglichkeit,
es frühzeitig nach der Verletzung anzuwenden.
Vulpius (Heidelberg).
Julius Dollinger. Die Behandlung der Oberschenkel- und
Oberarmfrakturen Neugeborener und kleinerer Kinder.
(Zeitschrift f. Chirurgie Bd. 65 Heft 5 und 6 Seite 570.)
Der von D. bisher in 22 Fällen von Oberschenkelbrüchen Neu¬
geborener oder bei Kindern im Alter von 1—6 Jahren mit voll¬
kommen gutem Erfolg verwendete Verband besteht aus einer vorderen
und einer hinteren Gipsschiene. Beide reichen vom Fuß bis zum Nabel.
Der Extremitätenteil einer jeden Schiene umfaßt die halbe Circumferenz
der Extremität, während der Rumpfteil auf der kranken Seite vorne
und rückwärts etwas über die Mittellinie des Rumpfes reicht. D. ver¬
fertigt die Schiene bei Neugeborenen aus etwa 6 cm breiten, bei
größeren Kindern aus entsprechend breiteren Gipsbinden, die sich an
dem Extremitätenteil der Schiene genau bedecken, gegen den Rumpf¬
teil zu hingegen fächerartig auseinander weichen und hier einige
Male zur Verstärkung der Quere noch hin und her ziehen. D.
legt zuerst die vordere Schiene an. Der Gehilfe beugt die Extremität
in der Hüfte und im Knie etwa bis 100°, korrigiert die Winkelstellung
und die Verkürzung-, indem er am Unterschenkel etwas anzieht.
Hat sich D. durch Messung überzeugt, daß die Verkürzung richtig
korrigiert ist, so legt er zuerst die Schiene, mit ihrer wattegepolsterten
Seite gegen die Haut gekehrt, auf den Körper, befestigt sie mit einer
feuchten Mullbinde, so daß sie sich überall gut anschmiegt, und
drückt jetzt, während der Gehilfe die Extremität auch weiter in Dis¬
traktion hält, die weiche Gipsschiene mit dem Daumen recht fest in
die Exkavation unter der Spina ant. sup. Ist die vordere Schiene
verhärtet, so verfertigt D. die rückwärtige. Auch sie wird mit einer
feuchten Mullbinde an den Rumpf und an die Extremität befestigt
und, während sie erhärtet, an dem unteren Aste des Sitzbeines und
an dem unteren des Schambeines angedrückt. Jetzt entfernt D. die
Mullbinden, mittels welcher die Schienen provisorisch an den Körper
gedrückt waren und befestigt die Schienen von neuem mit einigen
zirkulären Mullbindentouren.
86
Centralblatt flir Kinderheilkunde. No. 2.
Bei Neugeborenen entfernt D. täglich zuerst die eine, dann die
andere Schiene, erneuert die fütternde dünne Watteschicht und legt
die Schiene, wenn sie trotz aller Vorsicht etwas feucht geworden ist,
in die Röhre eines geheizten Sparherdes, wo sie in einigen Minuten
vollkommen austrocknet Unterdessen wird die Muskulatur von dem
vierten bis sechsten Tage an leicht durchmassiert, und die Haut mit
Federweiß oder Reispuder eingerieben. Innerhalb 8—10 Tagen er¬
weichen die Schienen gewöhnlich und müssen durch neue ersetzt
werden. Während der ganzen Heilungsdauer braucht man gewöhnlich
2—3 Schienenpaare.
In ähnlicher Weise behandelte D. 5 Neugeborene, die während der
Geburt Oberarmbrüche erlitten hatten, mittels Gipsschienen, der Ober¬
arm wurde bis zu einem Winkel von 130° abduziert, der Vorderarm
bis zum rechten Winkel gebeugt und supiniert. In dieser Stellung
benutzt D. als Stützpunkte einerseits die Seitenfläche des Brustkorbes,
andererseits die Beugefläche des Vorderarmes. Die Schiene reicht
von dem unteren Drittel des Vorderarmes bis hinauf in die Achsel¬
höhle, schlägt hier auf dem Thorax um und zieht an diesem etwa
bis zur zwölften Rippe herunter. Um Druck in der Achselhöhle zu
vermeiden, legt D. ein kleines Wattepolster unter, das er nach Er¬
härtung der Schiene aus der Achselhöhle entfernt. Der Armteil um¬
faßt die halbe Circumferenz der Extremität, der Rumpfteil reicht vorne
bis an die Brustwarze, rückwärts bis zum Rippenwinkel.
Joachimsthal (Berlin).
III. Aus Vereinen und Versammlungen.
Deutsche Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege
in Berlin.
Nove mb er sitzung.
(Allgem. med. Central-Ztg. 1902 No. 98.)
Es sprach Prof. A. Baginsky über die Bedeutung der Seehospize für die Be¬
handlung der Skrofulöse und der örtlichen Tuberkulose der Kinder. Der Kampf gegen
die Tuberkulose, so führte er aus, wird bei uns ganz vorwiegend in der Weise
geführt, daß für Erwachsene Fürsorge getroffen wird. Für eine solche Fürsorge
im großen Maßstabe gibt die soziale Gesetzgebung die Handhabe. Für die Be¬
kämpfung der Kindertuberkulose stehen die Vorkehrungen noch in den Anfängen.
Der Berlin-Brandenburger Heilstätten verein für Lungenkranke hat jetzt eine
Kinderheilstätte fertig gestellt. In Lychen war in diesem Sommer eine Kinder¬
heilstätte in Betrieb. Dazu kommt die Kindererholungsstätte vom Roten Kreuz
in Schönholz. Zur Entscheidung der Frage, wie der Kampf gegen die Kinder¬
tuberkulose zu organisieren ist, sei vor allem die Frage von den Beziehungen
zwischen Tuberkulose und Skrofulöse zu erörtern. Nach B. sind beide
Leiden nicht identisch, sondern die Skrofulöse schafft nur einen günstigen Nähr¬
boden für die Tuberkulose.- Es sind hinsichtlich der besonderen Fürsorge für
skrofulöse und tuberkulöse Kinder vier Gruppen zu unterscheiden: 1. blutarme,
mit entzündeten Drüsen, Hautausschlägen und Schleimhautentzündung, 2. Kinder
mit wirklicher, aber geschlossener Tuberkulose, mit Drüsen- oder Knochen- und
Gelenktuberkulose, 3. Kinder mit offener Tuberkulose der Knochen und Gelenke,
insbesondere mit Fisteln, 4. Kinder mit Lungentuberkulos|^^^(d|B erste Gruppe
111. Aus Vereinen und Versammlungen.
87
genüge es, sie in bessere äußere Bedingungen zu versetzen. Die Kinder mit
Lungentuberkulose müßten in feste Lungenheilstätten gebracht werden. Für die
Kinder aber mit Drüsen-, geschlossener und offener Gelenk tuberkulöse ist das
Beste eine Kur an der See in einem Seehospiz. Redner gab darauf einen kurzen
geschichtlichen Überblick über die Entwickelung dieser Seehospize, die besonders
in Frankreich zahlreich vorhanden sind und planmäßig geleitet werden. Paris
allein unterhält 1200 Betten in den Seehospizen. Sehr wenig ist im Vergleiche
hierzu das, was die Stadt Berlin für Seehospizpflege ausgibt, insgesamt 13000 Mk.
jährlich. Auf diesem Gebiete müsse die Stadt Berlin sehr viel mehr tun, umso¬
mehr, weil Ausgaben für diesen Zweck sich wirtschaftlich durchaus lohnen. Die
Erfahrung lehre nämlich, daß sehr oft in Seehospizen Erkrankungen an Knochen-
und Gelenktuberkulose so ausheilen, daß auch ohne chirurgische Eingriffe die
Kinder genesen. Die Stadt Berlin müsse daher ein Sechospiz für Berliner Kinder
errichten. In der Diskussion legte Generalarzt Dr. Sch aper dar, daß man auf
Erfolge mit Seehospizen wie in Frankreich bei uns nicht rechnen dürfe. Frank¬
reich habe das günstige Klima an seinen Seeküsten voraus. Wo finde man aber
weiter bei uns Privatleute, die Millionen für Seehospize hergeben, wie dies in
Frankreich geschehen ist. Dr. Karewski forderte, daß man bei der Auswahl
der Fälle, die man den Seehospizen zuweist, sehr sorgfältig vorgehe. Man solle,
solange man nicht mehr Seehospize hat, weniger Kinder hinschicken, diese aber
länger dort verweilen lassen. Eine sichere Kenntnis von den Dauererfolgen der
Seenospize stehe allerdings noch aus. Baurat Herzberg erörterte die Frage,
wo man am besten Seehospize erbaut. Es kommen besonders Inseln in Betracht.
Hier hat man darauf Bedacht zu nehmen, daß man Sandinseln wählt. Prof. Hoffa
betonte, welche günstigen Erfolge bei Kindern mit Knochentuberkulose in See¬
hospizen, insbesondere nach den Beobachtungen inBercksurmer erzielt werden.
Prof. Orth schlug vor, Seehospize u. a. auch an entlegeneren Stellen, z. B. in
Neapel oder auf Madeira, zu errichten. Die Gesellschaft beschloß die Einsetzung
einer Kommission, die darüber beraten soll, wie die Baginskysche Anregung
sich am besten für Berlin verwirklichen läßt. Dr. C. S. Engel demonstrierte
zum Schluß einen desinfizierbaren Kinderwagen für den Transport mit an¬
steckenden Krankheiten behafteter Kinder.
Ärztlicher Verein in Hamburg.
Sitzung vom 4. November 1902.
(Vereinsbeilage N. 50 der Deutschen med. Wochenschrift 1902.)
Demonstration von Deutschländer: Ein 13jähriges Mädchen mit Sprengel¬
scher Deformität. Anamnestisch ist zu erwähnen, daß die Mutter im sechsten Monate
der Gravidität gefallen ist und daß das Kind in Beckenendlage zur Welt kam.
Über abnorme Fruchtwassermenge wird keine besondere Angabe gemacht. Die
Deformität bestand gleich von Geburt an. Der vorgestellte Fall zeigt einen rechts¬
seitigen Schulterblatthochstand von ca. 2 cm. Der subspinale Teil des medialen
Schulterblattrandes ist bogenförmig ausgeschweift, der obere mediale Schulterblatt¬
wirbel ist verlängert (links 4 cm, rechts 7 cm) und reicht bis zwei Finger breit
an das Schlüsselbein. Gleichzeitig besteht eine stärkere Entwickelung der beiden
Processus transversi des siebenten Halswirbels, so daß bei bestimmten Stellungen
des Schulterblattes Druck auf den Plexus brachialis eintritt. Ferner ist noch eine
rechtskonvexe Cervikalskoliose und eine Verkleinerung der rechten Gesichtspartie
zu verzeichnen. Funktionell besteht ein geringer Bewegungsdefekt in den Ex¬
kursionen des Armes nach hinten oben. Vom angeborenen Schief hals unterscheidet
sieh die Deformität durch das Fehlen von anatomischen Veränderungen im Mus-
culus sternocleidoma8toideus, von einer Skoliose durch das Fehlen des Rippen¬
buckels und der Außenrotation des Schulterblattes. Ätiologisch reiht Deutsch¬
land er den Fall in die Kategorie der intrauterinen Belastungsdeformitäten ein
(Demonstration des Röntgenbildes).
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88
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2.
Verein deutscher Ärzte in Prag.
Sitzung vom 7. November 1902.
(Prager med. Wochenschrift 1902 No. 51.)
Dr. Springer demonstriert 8 Kinder im Alter von l /i“~2 Jahren mit an¬
geborenen SchnUHurchen durch Simonartsche Bänder verursacht Bei dem einen Kinde
ist das rechte Ohrläppchen scharf in zwei Hälften geteilt, sonst keinerlei Mi߬
bildung. Die anderen zeigen als Vorstufen der sogen. Spontanamputation tiefe
zirkuläre Furchen an den Extremitäten, das eine in der Mitte des rechten Unter¬
schenkels mit dadurch bedingter Peromelie; der Fuß stellt von der Furche an
einen schlaffen flossenähnlichen Anhang mit kleinen Wärzchen an Stelle der Zehen
dar, nach dem Röntgenbilde enthält diese Flosse keinerlei knöcherne Teile.
Außerdem sind an dem Kinde mehrere Phalangen an den Händen und dem
anderen Fuße amputiert, an einzelnen tiefe Schnürfurchen.
Das dritte Kind, 8 / 4 Jahr alt, zeigt nur in der Mitte des linken Unterarmes
eine schräggestellte schmale zirkuläre Einschnürung, die linke Hand, im ganzen
etwas paretisch, zeigt typische Kral len Stellung (Ulnarislähmung), jedoch keine
Atrophien. Als Erklärung dieses Befundes zeigt sich die erwähnte Schnürfurche
an der ulnaren Seite am tiefsten eingesenkt; das Skiagramm erweist die Vorder¬
armknochen frei von Schnürung.
Dr. Springer bespricht weiter die zukünftige operative Behandlung dieser
Fälle, speziell bezüglich des letzten Falles käme, falls die bis jetzt recht erfolg¬
reich betriebene Massage und Faradisation kein befriedigendes Resultat ergäbe,
die Freilegung des N. ulnaris innerhalb der Furche in Betracht.
S. demonstriert ein 6jähriges Mädchen, an dem er vor 6 1 /* Monaten die un¬
blutige Reposition nach Lorenz bei einer rechtsseitigen kongenitalen
Hüftgelenksluxation mit völligem funktionellen wie anatomischen Erfolge
vorgenommen hat. Die bestandene Verkürzung von 3 cm ist ganz behoben, ebenso
die Lordose und das Watscheln beim Gehen, der Kopf ist an normaler Stelle in
der Pfanne, die Beweglichkeit im Hüftgelenke allseits normal, der Trochanter
in der Roser-Nelaton-Linie. Das Mädchen geht ganz normal, nur eine leichte
Abduktion erinnert daran, daß es durch 6 Monate in dieser Stellung einen Gips¬
verband getragen hat.
Das Röntgenbild zeigt den Kopf in der Pfanne reponiert. —
Sitzung am 14. November 1902.
(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 49.)
Doz. Dr. Lieb lein stellt einen Kranken vor, bei welchem er wegen einer
die Peritonealhöhle eröffnenden PfählungsVerletzung mit Erfolg operativ ein¬
gegriffen hat. Der Pat., ein 9jähriger Knabe aus Herrendorf bei Prag, fiel am
9. Oktober mittags von einem Birnbaum aus einer Höhe von 3 m so unglücklich,
daß er sich den dürren Ast eines Hollunderstrauches durch das Skrotum in den
Unterleib einrannte. Bei der Untersuchung an der Klinik ( i l^4 Uhr nachmittags)
zeigte sich die Haut der vorderen Bauchwand im Bereiche der rechten Pararektal-
linie in einer Ausdehnung vom Rippenbogen bis etwas unterhalb des Nabels
durch einen stabartigen Fremdkörper in Form einer Falte abgehoben. Das untere
Ende des Fremdkörpers ließ sich durch die Haut deutlich durchtasten, während
das obere sich unterhalb des Rippenbogens in der Tiefe verlor. Die Eingangs¬
pforte für das pfählende Instrument fand sich am Grunde der rechten Hoden¬
sackhälfte, nahe der Raphe in Form einer ca. hellergroßen Öffnung, durch welche
eine Sonde in einen gegen die vordere Bauch wand führenden Wundkanal gelangte.
Kein Aufstoßen, kein Erbrechen, auch keine Druckschmerzhaftigkeit des Unter¬
leibes. Nur die Berührung des Fremdkörpers sehr schmerzhaft. Ham frei von
Blut. Unter Allgemeinnarkose zunächst Spaltung der Haut über dem Fremd¬
körper, sodann Eröffnung der Peritonealhöhle an der Stelle, an welcher dieser
das Peritoneum durchbohrt hatte. Derselbe, ein ca. 20 cm langer kleinfingerdicker
Hollunderast, reichte mit seinem oberen Ende bis an die Unterfläche der Leber.
Beim Absuchen der Bauchhöhle auf Organläsionen fanden sich solche nicht, man
fand jedoch in der Peritonealhöhle noch zwei weitere Fremdkörper, die entfernt
wurden: nämlich ein kleines Stück Hosenstoff und ein Stück Haut, das der Form
und Größe nach dem Defekt im Skrotum entsprach. Beide Fremdkörper waren
durch das pfählende Instrument in die Bauchhöhjg d t verschleppt worden. Aus-
III. Aus Vereinen und Versammlungen.
89
Spülung der Bauchhöhle, Drainage derselben mittels eines Jodoformgazestreifens,
im übrigen Verschluß der Operationswunde. Verlauf nach der Operation voll¬
ständig zufriedenstellend, nur die Hautnfthte mußten wegen einer Infektion des
Pföhlungskanales am zweiten Tage gelöst werden. Pat. wird in einigen Tagen
aus der Spitalspflege entlassen werden. In Anschluß an diesen Fall bespricht
der Vortr. den Mechanismus und die Therapie derartiger Verletzungen.
Französischer Chirurgenkongreß.
Paris 20.—25. Oktober 1902.
(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 47.)
Guinard-Paris: über Appendicitis mit pleuritischen Metastasen. Vortr. sprach
über eine besondere Form von Appendicitis mit links- oder rechtsseitiger Pleuritis
kompliziert, wo letztere nicht, wie es gewöhnlich bei solchen Komplikationen der
Fall ist, per contiguitatem, sondern als septikämische Metastase entsteht. G. hat
zwei Fälle dieser Form beobachtet.
Im ersten von ihnen handelte es sich um einen 11jährigen Knaben, der im
akuten Anfall von Appendicitis operiert worden war. Die infektiösentzündlichen
Läsionen erstreckten sich hier von der Fossa iliaca bis zur unteren Fläche der
Leber. Eine Woche nach der Ablation des erkrankten Wurmfortsatzes entwickelten
sich plötzlich die Symptome einer akuten linksseitigen Pleuritis exsudativa. Bei
der Probepunktion wurden 850 ccm seröser Flüssigkeit entleert. Aber schon
2 Tage nachher verschlechterte sich noch der allgemeine Zustand des kleinen Pat.
Mehrere in verschiedenen Richtungen vorgenommene Probepunktionen (eine davon
verletzte den Magen, ohne üble Folgen nach sich zu ziehen) ergaben keine Spur
von Eiter. Darauf schritt Vortr. zur explorativen Pleurotomie und fand einen
zwischen Zwerchfell und linker Lunge gelegenen, mit stinkendem Eiter gefüllten
Abszeß, welchen er evakuierte. Der Knabe genas.
Die zweite Beobachtung betraf einen 50jährigen Mann.
Vortr. ist der Meinung, daß in diesen beiden Fällen die Komplikationen
seitens äer Pleura nicht vom Zwerchfell aus durch Infektion der Lymphbahnen,
sondern als entfernte Metastasen einer durch die Appendicitis bedingten allgemeinen
Septikämie entstanden sind. Er hebt die Korrelation zwischen der Natur des
pleuralen Ergusses und der Intensität des Appendicitisfalles hervor; dei leichten
Anfällen bleibt der Pleuraerguß serös, bei starken Krisen wird er purulent bei
demselben Pat. Es folgt aus diesen Beobachtungen, daß man bei gewissen Pleuri¬
tiden nach der Möglichkeit ihrer Entstehung als Metastasen von einem infizierten
Wurmfortsatz aus immer forschen soll.
Societe de pediatrie zu Paris.
Sitzung vom 20. Mai 1902.
(Allgem. med. Central-Ztg. 1902 No. 102.)
Die Herren Degny und B. Weil haben während weniger Monate sechs
Fälle von Herzthrombose bei Diphtherie gesehen. Alle diese Fälle verliefen fast
gleich: Die Krankheit setzt ein wie gewöhnlich; unter dem Einflüsse des Serums
verschwinden die Pseudomembranen und die Krankheit scheint lokal geheilt;
trotzdem persistiert das Fieber und das schlechte Allgemeinbefinden, der Venen¬
kreislauf scheint gehemmt, progressives Ödem der Beine tritt auf, der Herzschlag
wird schwach und unregelmäßig, Exitus letalis. Bei der Autopsie zeigt sich Endo¬
karditis. Ein Mikroorganismus findet sich im Blute bei Lebzeiten und im Herz¬
blute unmittelbar nach dem Tode, ebenso in Endokardschnitten. Es ist ein kleiner,
beweglicher, nach Gram färbbarer Diplococcus, den die Verff. als Diplococcus
perlucidus bezeichnen.
Herr Richardi&re stellt einen Fall von Myxödem bei einem 4 */ 2 Jahre
alten Kinde vor. Das Kind macht den Eindruck eines Säuglings von 5—6 Monaten;
es ist 65 cm hoch und wiegt 9 kg. Es hat nur fünf Zähne,, die eben durchge-
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90
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2.
brochen sind, Hypothermie (36°) und einen schwachen Puls von 120—130 Schiftgen
in der Minute. Herzgeräusche an der Spitze und an der Basis. Die fest anliegende
Haut ist nach Schilddrüsendarreichung geschmeidiger geworden, auch die Tempe¬
ratur etwas gestiegen.
Herr Villemin zeigt einen 4jährigen Knaben, der als Mädchen gemeldet,
in Wahrheit aber ein Hypospadlacus ist. Die kleine Rute ähnelt einer großen
Klitoris; die Hoden sind in den großen Labien deutlich fühlbar.
Derselbe berichtet einen Fall von Kombination von Gliom und Sarkoip. Ein
2jähriges Kind wurde wegen Gliom der rechten Retina operiert. Bald darauf
entstand ein sekundärer Tumor in der rechten Schläfengegend. Bei der Ein¬
lieferung in das Krankenhaus war Pat. kachektisch; die Leber war enorm ver¬
größert. Sie wog bei der Autopsie 1715 g und war mit vielen großen Sarkom¬
knoten durchsetzt; der Schläfentumor war ein Sarkom, das die Schädelwand
durchbrochen hatte und in den Schädel eingedrungen war.
IV. Kleine Mitteilungen.
Die Kinderpflegerinnenschule Im Kaiser und Kaiserin Friedrich-Kinderkrankenhause in
Berlin, so lautet ein Artikel (die Krankenpflege, Bd. II, Heft 1) von Prof. A. Ba¬
gin sky, der diese Institution ins Leben gerufen hat, um eigenes Pflegepersonal
nir die Anstalt heranzubilden, und mit den bisher erzielten Resultaten recht zu¬
frieden ist. B. referiert kurz über die Entstehungsgeschichte der Schule, über die
Art und Weise des Unterrichtes und des Ausbildungsganges der Pflegerinnen,
über die Satzungen der Schule u. dergl.
Bromokoll bei Pruritus wandte Lanz mit bestem Erfolge an und empfiehlt
diese Salbe warm als Antipruriginosum, bei lokalem und allgemeinem Pruritus,
Lichen simplex u. s. w.
Eine Milchpumpe mit Glasballon, an welchem ein mit Glashahn armiertes Glas-
robr angebracht ist, wodurch die abgezogene Muttermilch vermittelst eines auf
die Glasröhre befestigten Schlauchstückes dem Kinde direkt zugeführt, oder aber
bequem und sauber in eine Saugflasche übergefüllt Werden kann, empfiehlt-(Central-
blatt f. Gynftk. 1902 No. 51) Dr. H. Gloeckner in Berlin. Zu beziehen vom
Medizin. Warenbause in Berlin.
Der 39. Jahresbericht aus dem Kinderspital in Basel enthält gleich seinen Vor¬
gängern in seinen zahlreichen Tabellen, Berichten und Krankengeschichten sehr
viel des Interessanten und Lehrreichen. In der Klinik wurden 583 Pat. behandelt,
in der Poliklinik 1103 Kinder.
V. Neue Bücher.
Jessners Dermatologische Vorträge für Praktiker. Heft 9. Die Hautleiden kleiner
Kinder. (Würzburg, Stüber, 1903, Preis Mk. 0,90.)
Es ist zweifellos ein glücklicher Gedanke des Verf., gerade die Hautleiden
kleiner Kinder zum Gegenstände eines besonderen Vortrages gewählt zu haben.
Wenn natürlich auch die Dermatosen des Kindesalters viel Gemeinschaftliches
mit den Affektionen beim Erwachsenen haben, so zeigen sie doch andererseits
so viele Besonderheiten, daß der Praktiker oft genug große Schwierigkeiten hat,
sie zu beseitigen. Nach dieser Richtung wird ihm das vorliegende kleine Büchlein
manche wertvollen Dienste erweisen, und wir können dasselbe auch den Pädiatern
empfehlen. Vielleicht läßt es sich der Verf. in einer zweiten Auflage angelegen
sein die therapeutische Seite noch mehr zu vertiefen und nach manchen Richtungen
zu ergänzen. Max Joseph (Berlin).
Nil Filatow. Klinische Vorlesungen Uber Kinderkrankheiten. Heft II. Verlag von
F. Deuticke, Wien (Preis Mk. 6).
Die klinischen Vorlesungen des bekannten, leider jüngst verstorbenen Moskauer
Pädiaters, von seinen Assistenten gesammelt, von Türk, Bahr und Martinson ins
Deutsche übertragen, haben trotzdem wir keinen Mangel an ähnlichen Bearbeitungen
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VI. Monats-Chronik.
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haben, auch bei uns warme Aufnahme gefunden. Die seltene Beobachtungsgabe
des Verf.s, die sich mit großer Erfahrung paarte, seine Kunst, in kurzen, prägnanten
Zügen Krankheitsbilder zu entrollen, das für die Praxis Wichtige rasch und dabei
mit voller Klarheit zu skizzieren, diese Vorzüge sind auch dem deutschen Ärzte¬
publikum längst bekannt und haben den Arbeiten F.s zu rascher Verbreitung
und großer Beliebtheit verholfen. Im vorliegenden II. Bande der „Vorlesungen“
werden 20 Krankheitsbilder im Anschluß an interessante Einzelfälle dem Leser
vorgeführt und bei jeder Affektion auch der Therapie genügend Raum gegeben.
Die Lektüre des Werkes ist von Anfang bis zu Ende fesselnd, anregend und im
höchsten Grade belehrend. Gr ätz er (Sprottau).
Ph. Biedert, Lehrbuch der Kinderkrankheiten. 12. Auflage. Verlag von F. Enke,
Stuttgart (Preis Mk. 18).
In die Bearbeitung dieser neuen Auflage des allgemein beliebten Lehrbuches
hat sich B. geteilt mit dem Prager Dozenten R. Fischl, der zahlreiche Kapitel
selbständig umgearbeitet hat Man wird, wenn man diese Auflage mit der vorigen
vergleicht, recht umfangreiche Veränderungen finden. Allenthalben sind die
einzelnen Kapitel durch Anfügen der Ergebnisse neuerer Arbeit auf den modernen
Stand unseres Wissens fortgeführt worden, viele Themata (z. B. über septische
Infektion der Säuglinge, Syphilis, Rhachitis, Tuberkulose, Skrofulöse, Bluter¬
krankungen, Immunität, Diphtherie, Magendarmaffektionen, Perityphlitis u. s. w.)
haben eine fast gänzliche Umgestaltung erfahren, manche, wie Kolondilatation,
Pyloruskrampf, Myxidiotie, Status lymphaticus sind neu aufgenommen worden.
Mit Recht ist aber die gesamte Anordnug des Stoffes belassen worden, mit Recht
eine größere Anschwellung des Umfanges vermieden worden. Letzteres wurde
ermöglicht durch straffere Redaktion des Textes an vielen Stellen, worin B.
Meister ist, so daß die Klarheit der Diktion absolut nicht geschmälert erscheint.
So wird sicherlich auch die neue Auflage mit dem alten Wohlwollen von Pädiatern
nnd praktischen Ärzten aufgenommen werden und weiteste Verbreitung finden.
Grätzer.
Heue Dissertationen.
Eras, Gerhard. Über angeborene Makroglossie. (Leipzig, November 1902.)
Hoffmann, Max. Mißbildung des äußeren Ohres. (München, Novefnber 1902.)
Jatho, Max. Über universelles ödem bei Neugeborenen.
(Marburg, November 1902.)
Kreß, Eugen. Über Organgewicht bei Kindern. (München, November 1902.)
Rosenberger, Georg. Die Hypertrophie der lymphatischen Gebilde des Rachens als
Symptom der Skrofulöse. (Leipzig, November 1902.)
Schicke, Richard. Melaena neonatorum spuria. (Marburg, November 1902.)
VI. Monats-Chronik.
Charlottenburg. Fürsorge für schwachbefähigte Schulkinder. Eine außerordent¬
liche Sorgfalt wendet nach der „Voss. Ztg.“ die städtische Schulverwaltung in Char¬
lottenburg denjenigen Kindern zu, die durch persönliche oder durch häusliche Ver¬
hältnisse verhindert sind, an dem allgemeinen Schulunterricht teilzunehmen. Für
sch wachbefähigte Kinder sind zwei Hilfsschulen eingerichtet, von denen die
eiste vier, die zweite fünf Klassen hat. Das Lehrsystem ist 3 stufig. Der Lehr¬
stoff ist so verteilt, daß an der ersten Hilfsschule der Stoff der zweiten Stufe auf
die Klassen 2 und 3, an der zweiten Schule der Stoff der ersten Stufe auf die
Klassen 1 und 2, derjenige der dritten Stufe auf die Klassen 4 und 5 entfällt.
Um zwei Kindern, die infolge besonderer körperlicher Gebrechen nicht gehen und
deshalb dem Schulunterricht nicht beiwohnen können, den notwendigsten Unter¬
richt dennoch zu gewähren, sind zwei Hilfslehrerinnen beauftragt, die Kinder in der
elterlichen Wohnung in einigen wöchentlichen Stunden zu unterichten. Für die
stotternden, stammelnden und mit sonstigen Sprachgebrechen behafteten Kinder
’ & r o iXTC
92
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 2.
werden Sprachheilkurse abgehalten, an denen im letzten Jahre im Sommer 45,
im Winter 43 Kinder teilnanmen. Von den ersteren wurden 23 geheilt, 20 erheb¬
lich und 2 wenig gebessert, bei den letzteren betrug die Zahl der Geheilten 81,
während 9 erheblich und 3 wenig gebessert wurden.
(Allgem. med. Central-Ztg. 1902 No. 102.)
Berlin. Eine amtliche Umfrage zur Kenntnis der Diphtherie wird, wie die „Voss.
Ztg.“ mitteilt, bei den Ärzten im Deutschen Reiche demnächst veranstaltet werden.
Die Umfrage hat den speziellen Zweck, über den vorbeugenden Wert de*
Diphtherieserums Aufschluß zu gewinnen. Auf dem internationalen Hygiene¬
kongreß zu Paris wurde eine internationale Kommission eingesetzt, deren Mit¬
glieder in ihren Ländern statistische Angaben über den vorbeugenden Wert des
Diphtherieserums sammeln sollen. Für das Deutsche Reich ist Professor Loeffler
in Greifswald, der Entdecker des Diphtheriebazillus, Mitglied dieser Kommission.
Die Ergebnisse der Umfrage, für welche im kaiserlichen Gesundheitsamte ein
Fragebogen zusammengestellt worden ist, sollen Prof. Löffler überlassen werden.
Er wird sie auf dem nächstjährigen internationalen Hygienekongreß in Brüssel
zur Kenntnis der internationalen Kommission bringen.
(Allgem. med. Central-Ztg. 1902 No. 101.)
W T ien. Der Preis des Diphtherieheilserums, welches im staatlichen serothera-
peutischen Institute erzeugt wird, wird vom 1. Januar 1903 an eine Ermäßigung
erfahren. Die Preise für unmittelbar aus dem Institute abgegebene Serumsorten
werden beim Absätze von mindestens 10 Fläschchen in folgender Weise bestimmt:
a) für ein Fläschchen gewöhnlichen Serums in Mengen von 6—10 cm 8 : bei Sorte I
zu 700 Antitoxineinheiten 1,20 Kronen, Sorte II zu 1000 AE. 2 Kronen, Sorte III
zu 1500 AE. 3 Kronen, b) für ein Fläschchen hochwertigen Serums in Mengen
von 5—7cm 8 : Sorte A zu 1000 AE. 3 Kronen, Sorte B zu 1500 AE. 4 Kronen,
Sorte C zu 2000 AE. 5 Kronen. Die Preise des aus dem Institute bezogenen
Heilserums werden beim Detailverkauf in Apotheken in folgender Weise fest¬
gesetzt: Sorte I 1,80 Kronen, Sorte II 2,60 Kronen, Sorte III 4 Kronen, A 4 Kronen,
B 5 Kronen, C 6 Kronen. Auf jedem zum Vertriebe im Inlande bestimmten
Fläschchen des Serumpräparates sind der Detailverkaufspreis, sowie der Zeitpunkt
ersichtlich zu machen, bis zu welchem das Heilserum von der Institutsleitung als
verwendbar erklärt wird. Nach Ablauf dieses Termines können in den Apotheken
nicht umgesetzte Fläschchen gegen frisches Heilserum von der Institutsleitung kosten¬
los umgetauscht werden. Die Preise des Diphtherieheilserums des staatlichen
Institutes sind nunmehr niedriger als in irgend einem anderen Lande, namentlich
gegenüber denen der deutschen Fabriken.
Wien. Beistellung von Diphtherieheilserum für arme Kranke im Epidemieverfahren.
Hinsichtlich der Bestreitung der Auslagen für bei mittellosen Kranken angewendetes
Diphtherieheilserum hat das Ministerium des Innern in einem speziellen Falle mit
dem Erlasse vom 3. September 1902 eröffnet, daß jene Grundsätze, welche im
Falle der Einleitung des Epidemieverfahrens bezüglich der Beistellung von Heil¬
mitteln für arme Kranke zu beobachten sind, in analogen Fällen auch auf das
Diphtherieheilserum Anwendung zu finden haben.
(Klinisch-therap. Wochenschrift 1902 No. 50.)
Darmstadt. Hierselbst wurde die erste hessische zahnärztliche Poliklinik für
Volksschulkinder eröffnet. Eine solche Poliklinik besteht im Deutschen
Reiche nur noch in Straßburg i. E. (Allgem. med. Central-Ztg. 1902 No. 100.)
Personalien: An Stelle des erkrankten Prof. Krabler ist Privatdoz. Dr. W. Müller
für das laufende Semester mit der Abhaltung der Kinderklinik in Greifswald
betraut worden. — Zum Professor ernannt Privatdoz. Dr. Freiherr v. Düngern
in Freiburg i. B. — Ferner unser verehrter Mitarbeiter, der Privatdoz. für
orthopäd. Chirurgie, Dr. G. Joachimsthal in Berlin.
Gestorben Geh. S.-R. Dr. S. Ehrenhaus in Berlin..
Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzer in Sprottau. Verlag von Johann
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metzger & Wittig in Leipzig.
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Central blatt für
Kinderheilkunde.
Eine Monatsschrift für praktische Ärzte.
VIII. Jahrgang. 1. März 1903. No, 3.
I. Orig’inalbelträg’e.
(Aus dem Säuglingsheim in Dresden. Dir.: Herr Prof. Dr. Schlossmann.)
I. Erfahrungen Uber Sanatogen.
Von
Dr. Engen Fromm,
Volontftrassistent an der Anstalt.
Tag für Tag wirft die chemische Industrie neue Nähr- und
Kräftigungsmittel, teilweise mit überschwänglichen Anpreisungen ver¬
sehen, auf den Markt, und der Praktiker, der aus der Unzahl der
Präparate ein wirklich brauchbares aus wählen soll, sieht sich oft
außer stände, das Richtige zu treffen, wenn er zugleich das Neueste
und Beste seinen Klienten empfehlen will.
Kann doch die klinische Beobachtung, deren Zweck es ist, dem
Praktiker die Wege zu ebnen, mit dem gehäuften gleichzeitigen Er¬
scheinen der verschiedenen Präparate nicht gleichen Schritt halten,
wenngleich eine nicht unbeträchtliche Anzahl schon von vornherein
ausgeschieden wird, da ihre Zusammensetzung und angebliche Wirkungs¬
weise bereits theoretische Bedenken erweckt bezw. sich als unmöglich
erweist.
Besondere Schwierigkeiten ergeben sich dann, wenn ein solches
Präparat in der Kinderpraxis Verwendung finden soll, da doch der
kindliche Organismus auf alles, was ihm zugeführt wird, weit intensiver
reagiert als der des Erwachsenen, und so oft einerseits erhebliche
Schädigungen eintreten, wo bei älteren Individuen nur kein Vorteil
wahrzunehraen ist, andererseits das Präparat etwa seines Geschmackes
wegen vom Kinde überhaupt nicht genommen wird, während der
Wille des aus dem Kindesalter hinausgetretenen sich darüber hinweg¬
zusetzen vermag.
Unter den verhältnismäßig nicht zu zahlreichen Erzeugnissen
dieser Art, an die nicht schon a priori mit großem Mißtrauen heran¬
gegangen werden mußte, und deren versprochene Wirkung theoretisch
nicht unwahrscheinlich war, darf wohl das Sanatogen in erster Reihe
genannt werden.
Sanatogen besteht aus 95°/ 0 Kasein, dem Eiweißstoff der frischen
Milch und 5°/ 0 glyzerin-phosphorsaurem Natrium und ist eine leicht
lösliche und vor allem leicht resorbierbare Substanz.
Da somit keine Schädigung der Kinder zu befurchten war, hat
mir mein Chef, Herr Professor Dr. Schlossmann, den Auftrag erteilt,
bei einer größeren Anzahl von zum überwiegenden Teil dem Säuglings-
Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII. .QOQle
94
Oentralblatt für Kinderheilkunde. No. 3.
alter angehörenden schwächlichen und rekonvaleszenten Kindern die
Wirkung des Sanatogens nach der Richtung der Gewichtszunahme,
der Veränderung der Stühle und des Allgemeinbefindens zu beobachten.
Das Sanatogen wurde in Gaben von 1—2 Messerspitzen entweder
in Wasser gelöst vor dem jedesmaligen Anlegen den Brustkindern
eingeflößt oder in gleicher Dosis zugleich mit der Milch den Flaschen¬
kindern verabreicht. Größere Kinder erhielten 3 mal täglich 1 bis
2 Kaffeelöffel in Suppe oder Milch.
Meine Beobachtungen erstrecken sich auf ca. 20 Kinder, von
denen allerdings die Hälfte aus äußeren Gründen nicht längere Zeit
beobachtet werden konnte. Jedenfalls waren aber unter all den Kindern
nur zwei, welche während der Sanatogendarreichung Erbrechen be¬
kamen, das aufhörte, als das Sanatogen abgesetzt wurde. Von allen
übrigen wurde das Präparat gut genommen. Bei 10 Kindern konnten
die Beobachtungen über eine Reihe von Wochen fortgesetzt werden.
Davon waren bei acht ganz beträchtliche Gewichtszunahmen zu ver¬
zeichnen, ja bei 3 Kindern setzte diese Zunahme in ganz auffälliger
Weise 1—2 Tage nach der Sanatogendarreichung ein.
Es waren dies zwei 2 Monate alte Zwillingskinder, die vorher
nur ganz mäßig Zunahmen, und deren Gewichtskurven ohne irgend
welche anderen Einwirkungen mit der Zugabe von Sanatogen einen
ziemlich steilen Anstieg nahmen, und ein, durch eine Magendarm¬
erkrankung sehr herabgekommenes, 3monatliches Kind, das sich
zwar an der Ammenbrust wieder gut erholt hatte, gleichwohl aber
erst, nachdem es Sanatogen bekommen hatte, ganz bedeutende Zu¬
nahmen erreichte.
Bei einem an häufig rezidivierender Furunkulose leidenden Kinde
dürfte neben der entsprechenden Medikation und Ernährung mit
Buttermilch die Zuführung weiterer Nährsubstanz in Form von Sana¬
togen gewiß dazu beigetragen haben, die Gewebe widerstandsfähiger
zu machen und den Heilungsprozeß zu beschleunigen.
Gewiß wird niemand bei tiefgreifenden organischen Veränderungen
vom Sanatogen die Heilung erwarten oder verlangen, immerhin schien
es mir, als ob bei Kindern, welche Sanatogen längere Zeit erhalten
hatten, der Kräfte verfall nicht so rapid ein trat, als man nach der
Schwere des Zustandes hätte erwarten können.
Eine von mehreren Beobachtern angeblich gefundene Besserung
des Stuhles, die auf das Sanatogen allein oder hauptsächlich zurück¬
zuführen wäre, vermochte ich nicht wahrzunehmen.
Sicher aber war das subjektive Befinden der Kinder, soweit es
sich abschätzen ließ, während der ganzen Beobachtungszeit ein recht
befriedigendes. —
Gänzlich wird der praktische Arzt der Nährpräparate schon
deshalb nicht entraten können, weil das Publikum selbst danach
verlangt, zumal in den Fällen, wo der Arzt sich nicht veranlaßt sieht,
irgend eine Medikation zu geben. Um nicht den Anschein der Un¬
kenntnis oder der Gleichgültigkeit zu erwecken, muß er sich wenigstens
zur Verordnung eines Kräftigungsmittels entschließen, und wenn er
dann das Sanatogen wählt, so wird er wenigstens die Befriedigung
haben, nicht bloß, ut aliquid fiat, eine Verordnung gegeben, sondern
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I. Originalbeiträge.
95
ein Präparat empfohlen zu haben, dem ein Wert keineswegs ab¬
zusprechen ist, und das trotz seines gewiß nicht allzu niedrigen Preises
immer noch um 1 / 3 billiger ist als z. B. die Somatose.
Zum Schluß ist es mir eine angenehme Pflicht, meinem.. ver¬
ehrten Chef, Herrn Prof. Dr. Schlossmann, für die freundliche Über¬
lassung des Materials meinen verbindlichsten Dank auszusprechen.
2. Über Xeroform in der Kinderheilkunde.
Von
Dr. E. Toff,
Frauen- und Kinderarzt in Braila (Rumänien).
Die Zahl der guten ‘Heilmittel ist in der Kinderheilkunde eine
so geringe, daß es mir nicht überflüssig erscheint, auf eines derselben
nachdrücklichst hinzuweisen, nachdem es, wie ich glaube, in dieser
Hinsicht noch viel zu wenig gewürdigt wird.
Das Xeroform, bekanntlich ein Tribromphenolwismuth, hat sich
einen weiten Wirkungskreis als Wundantiseptikum erworben, doch
halte ich dafür, daß seine interne Anwendung noch viel zu ver¬
nachlässigt ist, obwohl schon Hüppe (1) mit demselben bei Cholera
ausgezeichnete Erfolge erzielen konnte. Die dabei, selbst bei erheb¬
lich geschwächten Individuen, angewendeten großen Dosen, zeigten
die vollständige Ungiftigkeit des Mittels. Gleichzeitig wurde auch die
Beobachtung gemacht, daß selbes nicht nur ein gutes Adstringens
sei, sondern auch als kräftiges Darmantiseptikum reagiere.
Im sauren Magensafte so gut wie unlöslich, spaltet es sich unter
der Einwirkung des alkalischen Darminhaltes in Tribromphenol,
welches eine energische antibakterielle Wirkung ausübt, und in Wis¬
mutoxyd, das nicht nur austrocknend und deckend wirkt, sondern
auch mit den im Darme befindlichen Toxalbuminen und Ptomainen
unlösliche Verbindungen eingeht und auf diese Weise der deletären
Wirkung der verschiedenen Mikroorganismen entgegenarbeitet (2). Es
verdient noch hervorgehoben zu werden, daß Xeroform eine auf¬
fallend desodorisierende Wirkung auf die Stühle ausübt, was wohl mit
auf die antibakteriellen Eigenschaften desselben zu beziehen wäre (3).
Auch Heuss (4), Fasano(5) und Beyer(6), haben das Xeroform
intern bei akuter und chronischer Enteritis mit gutem Erfolge an¬
gewendet.
Trotz dieser vielen günstigen Ergebnisse, blieb die interne An¬
wendung des Xeroforms in der Kinderpraxis eine ziemlich be¬
schränkte. Es ist dies, vielleicht auf das Mißtrauen zurückzuführen,
das von seiten vieler Arzte neueren Mitteln entgegengebracht wird,
welches sie oft an dem Wertlosen, doch von alters her Überlieferten,
festhalten läßt.
Ich benutze das Xeroform seit 7 Jahren in der Behandlung
akuter und chronischer Durchfälle bei Kindern und habe in
demselben ein ebenso verläßliches, als auch prompt wirkendes Mittel
gefunden. Es kommt da, wie ich glaube, nicht nur die antiseptiscbe
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96
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3.
Wirkung der Phenolverbindung und die deckende des Wismutoxyds,
sondern auch die analgetische des Broms in Betracht, ein Um¬
stand, welcher, meines Wissens, noch nicht genügend hervorgehoben
wurde. Daß Brom zur Resorption kommt, ist durch die chemischen
Harnuntersuchungen Reynders , erwiesen. Schon kurze Zeit nach
Einnahme von Xeroform kann Brom im Harn nachgewiesen werden.
In den sehr zahlreichen Fällen von Enteritis oder Gastroenteritis
bei Kindern, in welchen ich Xeroform intern zu geben Gelegenheit
fand, habe ich nie irgend welche nachteilige Wirkung oder Intoxikations¬
erscheinung beobachten können. Auch die von anderer Seite an¬
gegebene bräunliche Verfärbung des Harns (Phenolharn) habe ich
niemals gesehen.
Die Geschmack- und Geruchlosigkeit des Mittels machen die
Verabreichung desselben bei Kindern sehr leicht, während die anal¬
getische Wirkung die Anwendung der Opiate fast immer überflüssig
erscheinen läßt, eine nicht zu unterschätzende Eigenschaft, wenn man
die großen Nachteile der Anwendung derselben in der Kinderheilkunde
in Betracht zieht.
Bei Gastritiden mit heftigem Erbrechen ist die Anwendung
des Xeroforms sehr vorteilhaft; während oft jedwedes andere Medi¬
kament erbrochen wird, mag man es in was immer für einem Vehikel
verabreichen, wird Xeroform nicht nur gut vertragen, sondern es
stellt sich bald wieder die Toleranz für nährende Flüssigkeiten ein.
Ich verordne gewöhnlich bei den oben erwähnten Darmaffektionen,
für Kinder bis zu 2 Jahren, 0,5—1,0 g Xeroform auf 100 g Emulsio
amygdalina oder Mixt, gummosa, lasse eventuell noch etwa Syrupus
Menthae hinzusetzen und stündlich je einen Kaffeelöffel, sowohl bei
Tag, als auch bei Nacht geben. Es ist dies vorteilhafter, als das
Verabreichen größerer Dosen in längeren Zwischenräumen und stelle
ich mir vor, daß auf diese Weise die Verteilung des Mittels im
Magendarmtrakte gleichmäßig geschieht und folglich auch die Ein¬
wirkung eine gleichmäßige sein dürfte. Bei größeren Kindern ist die
Dosis etwas größer zu bemessen und kann man bis 2,0 g täglich
geben. Höhere Dosen sind unnötig, da man bei schwerer, tief¬
greifender Schädigung der Darmschleimhaut doch nicht auf ein mira-
kulöses, plötzliches Aufhören der Krankheit rechnen kann und es
daher vorzuziehen ist, kleinere Mengen längere Zeit einnehmen zu
lassen, als durch große Dosen und gleichsam mit einem Schlage die
Krankheit zu beheben zu trachten. Selbstredend muß in allen diesen
Fällen die Diät peinlich genau geregelt werden, denn wenn die
Krankheitsursache nicht behoben ist — und in der überwiegenden
Mehrzahl dieser Kinderkrankheiten handelt es sich um Diätfehler —
so kann natürlich auch das beste Mittel nur ephemäre Erfolge haben.
Bei abnormen .Gärungsvorgängen im Verdauungstrakte,
Meteorismus, Koliken *u. s. w., wie man sie namentlich bei mit der
Saugflasche ernährten Kindern findet, habe ich oft Xeroform verordnet
und war mit den Erfolgen sehr zufrieden.
Hingegen habe ich von der internen Anwendung des Xeroforms
in zwei Fällen von chronischer Urticaria bei Kindern keine
sonderlichen Erfolge gesehen. Die diesbezügliche Empfehlung von
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oogl
I. Originalbeiträge.
97
♦
Ehrmann (7) dürfte wohl eher auf akute Urtieariafälle zu beziehen
sein, wo infolge der darmantiseptischen Wirkung des . Mittels die
guten Resultate wohl erklärlich sind, doch habe ich die Überzeugung,
daß in den oben erwähnten chronischen Fällen es sich keineswegs
um Einflüsse von seiten des Darmes handelte. Eines dieser Kinder,
welches bei gutem Appetit, guter Darmentleerung und sonstiger guter,
wenn auch graziler Körperkonstitution jahrelang an chronischer
Urticaria gelitten hatte, wurde nach 25 Moorsalzbädern gesund, nach¬
dem vorher resultatlos alle möglichen internen und externen Mitteln
angewendet wurden.
Im Laufe dieses Sommers, während einer heftigen endemischen
Dysenterie habe ich das Xeroform vielfach mit gutem Erfolge sowohl
intern, als auch in Clysma angewendet.
Auch bei Typhus abdominalis, namentlich im diarrhoischen
Stadium dürfte sich die deckende und antiseptische Wirkung des
Xeroforms gut bewähren, obwohl mir in dieser Beziehung, bei dem
hier im allgemeinen seltenen Vorkommen von reinem Abdominal¬
typhus bei Kindern, nähere Erfahrungen fehlen. Doch würde ich das¬
selbe bei den so häufigen gastrischen Fiebern paludischen Ur¬
sprunges nur ungerne vermissen.
Bezüglich der externen Anwendung des Xeroforms in der
Kinderpraxis soll hervorgehoben werden, daß hierbei die antiseptische
und sikkative Kraft in Verbindung mit der absoluten Reizlosigkeit
desselben vorzüglich zu statten kommt und das Jodoform vollkommen
entbehrlich macht. Es ist dies namentlich bei Säuglingen nicht zu
unterschätzen, wo Jodoform sehr oft hartnäckige Ekzeme erzeugt. Nach
rituellen Zirkumzisionen ist die Anwendung des Xeroforms sehr
zu empfehlen, um eine rasche Vernarbung zu erzielen. Es ist von
Vorteil in diesen Fällen nicht nur die Präputialwunde, sondern auch
die Intercruralfalten u. s. w. mit Xeroform zu bestreuen, um Ent¬
zündungen der Haut vorzubeugen.
Im allgemeinen habe ich schon seit langem die Anwendung von
Amylum oder Lycopodium bei Wickelkindern verlassen, nachdem ich
gefunden habe, daß Xeroform mit Talcum venet. ää part. aeq. das
beste Vorbeugungsmittel für Intertrigo ist. Das so vielbeliebte Reis¬
mehl bildet mit den Hautsekreten und dem Harne eine Art Teig,
welcher, in Gärung übergehend, nicht nur keinen Nutzen bringt,
sondern direkt reizend, folglich schädlich auf die zarte Haut des
Kindes ein wirkt. Ich habe öfters langwierige Dermatitiden, welche
auf diese Ursache zurückzuführen waren, in wenigen Tagen mit
obigem Xeroformtalkpulver zum Schwinden gebracht.
Eine weitere Indikation für die Anwendung des Xeroforms in
Pulver- oder Salbenform bilden die im Kindesalter so überaus häufigen
nässenden Ekzeme, möge ihr Sitz wie immer, hinter den Ohren,
an der Nase, der Oberlippe oder sonst irgendwo am Körper sein.
Ich will es nicht unterlassen, hier gelegentlich hervorzuheben, daß ich
als Salbengrundlage Ung. simplex oder Ung. emolliens dem Vaselin
bei weitem vorziehe, nachdem letzteres von der kranken kindlichen
Haut nicht gut vertragen wird und oft durch dasselbe die Entzündungs¬
erscheinungen gesteigert werden.
Vielleicht ist der Grund darin zu
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98
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3.
suchen, daß viele Vaseline des Handels nicht ganz rein sind und
wahrscheinlich öfters reizende Stoffe beigemengt enthalten.
Seitdem ich bei Anwendung von Jodoformverbänden heftige In¬
toxikationssymptome auftreten sah, habe ich es aufgegeben, dieselben
bei Brandwunden anzuwenden, und dies um so mehr, als ich die
von Fink(8), Metall(9), Paschkis(lO), Cumston(ll) bei Erwachsenen
erzielten guten Erfolge auch in der infantilen Therapie vollauf be¬
stätigt fand. Es darf nicht vergessen werden, hier auch auf die
schmerzstillende Wirkung des Xeroforms hinzuweisen. Werden
die von Haut entblößten, verbrannten Stellen mit Xeroform dick
bestreut, darüber Watte gelegt und mit Binden fixiert, so beruhigen
sich die bis dahin schreienden und unruhigen Kinder auffallend schnell.
Der Verband kann wochenlang liegen bleiben ohne gewechselt zu
werden, und ist dies nur dann notwendig, wenn derselbe von den
Sekreten durchtränkt ist oder sich soweit gelockert hat, daß die
wunden Flächen durch die Bewegungen des Kindes schmerzhaft ge¬
scheuert werden.
Ohne die günstige Wirkung des Kalomels auf skrofulöse Ge¬
schwüre der Konjunktiva und Hornhaut in Abrede stellen zu wollen,
muß doch gesagt werden, daß Xeroforminspersionen ehenso gute
Resultate geben, und daß letztere sogar vorzuziehen sind, da man
Xeroform den Müttern ungescheut nach Hause geben kann, was bei
Kalomel nicht sehr rätlich ist.
Akzidentelle und operative Wunden verbinde ich immer
mit Xeroform, da ich einerseits die Sicherheit habe, kein Wundekzem
zu erzeugen und andererseits die Heilung ebenso rasch als unter
Jodoform vor sich geht. Reine Operationswunden bleiben auch unter
Xeroform aseptisch und heilen per primam, was genug wichtig ist,
wenn man bedenkt, daß in der Stadtpraxis bei operativen Eingriffen
nicht immer jene absolute Asepsis durchgeführt werden kann, welche
man in den großen Kliniken als etwas Natürliches ansieht.
Bei Otitis media suppurativa haben sich Xeroformein¬
blasungen außerordentlich gut bewährt. Dieselben wirken nicht nur
sekretionsbeschränkend auf den Ohrenfluß, sondern auch heilend auf
die häufig bestehenden sekundären Ekzeme des äußeren Ohrs.
Wenn ich also die Erfahrungen, welche ich mit Xeroform in
der Kinderheilkunde im Laufe von 7 Jahren in Hunderten von Fällen
gemacht habe, kurz zusammenfasse, muß ich sagen, daß wir in dem¬
selben ein ausgezeichnetes, nicht reizendes find ungiftiges
Mittel besitzen, welches in glücklicher Kombination ein Antiseptikum
und Sikkativum vereinigt, daher also bei allen Wunden und nässen den
Hautaffektionen, sowie bei einer großen Anzahl von Erkrankungen
des Magendarmtraktes mit ausnehmend gutem Erfolge angewendet
werden kann.
Literaturverzeichnis.
Die Choleraepidemie in Hamburg.
Berliner kl in. Wochen-
1. Hüppe,
schrift 1893 No. 7.
2. Nencki. Wratsch 1893 No. 1.
3. L. Keynders. Versuche über die Ungiftigkeit des Xeroforms und die
Entgiftung des Darminhaltes durch Xeroform. Monographie, Nancy 1896.
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II. Referate.
99
4. E. Heus». Über Xeroform, ein neues Pulverantiseptikum. Therap. Monats¬
hefte, April 1896.
5. A. Fasano. Klinische Versuche mit Xeroform. Archivio Internazionale
di medicina e chirurgia, 28. August 1897.
6. Th. Beyer. Über die Verwendung des Xeroforms in der kleinen Chirurgie.
Wiener medicin. Blätter 1896 No. 52.
7. Ehr mann. Die externe und interne Anwendung des Xeroforms in der
Dermatologie. Wiener medicin. Blätter 1898 No. 22.
8. H. Fink. Xeroform. Wiener kliD. Rundschau 1897 No. 20.
9. H. Metall. Zur Xeroformtherapie venerischer Erkrankungen. Wiener
medicin. Presse 1897 No. 89.
10. H. Paschkis. Die Verwendung des Xeroforms bei Haut* und Geschlechts¬
krankheiten. Wiener klin. Rundschau 1897 No. 42.
11. G. G. Cumston. Xeroform als Jodoformersatz. Boston Med. and Surg.
Journ. 14. Januar 1898.
II. Referate.
H. Starck. Über den therapeutischen Wert der Bismutose.
(Aus der Heidelberger med. Klinik.)
(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 47.)
Das Präparat wurde bei 37 Kindern angewandt, von denen neun
das 13. Lebensjahr überschritten hatten, die übrigen 8 Wochen bis
12 Jahre alt waren. lOmal handelte es sich um Brechdurchfall,
6mal um chronischen (2mal tuberkulösen), 17mal um akuten
Darmkatarrh, 4mal um Ulcus ventriculi. Alle wurden ambulant
behandelt. Die Wirkung war beim Brechdurchfall und akuten Darm -
katarrh ganz vorzüglich, ebenso in 4 Fällen chronischer Enteritis;
1 Fall von tuberkulöser Enteritis blieb unbeeinflußt, 9 Fälle von
Ulcus ventriculi wurden gebessert. Beim Brechdurchfall hörten
mehrmals Erbrechen und Durchfall bereits nach dem ersten Tage
auf, der Appetit kehrte wieder, die Kinder wurden lebhaft und nahmen
rasch an Gewicht zu; in hartnäckigeren Fällen konnte das Medikament
stets nach 8—10 Tagen ausgesetzt werden. Auch beim akuten Darm¬
katarrh schwanden Schmerzen und Durchfall nach einem oder wenigen
Tagen, der Ernährungszustand hob sich rasch.
Man gibt das Präparat, das stets gut vertragen wurde und nie
unangenehme Nebenerscheinungen machte, in häufigen Dosen von
Va —* g (P ro die 6—10 g) als Pulver (das auch von kleinen Kindern
gern genommen wurde, noch besser aber in Form folgender Mixtur:
Rp. Bismutose
Mucil. gumm. arab. ää 15,0
Aq. dest. ad. 100,0
8. Stündl. 1—2 Kaffeelöffel.
St. faßt sein Urteil dahin zusammen, daß Bismutose „ein un¬
schädliches, geschmackloses, auch von kleinen Kindern leicht ein¬
zunehmendes, vorzügliches Adstringens ist, das Reizzustände des
Magendarmkanals der Kinder in günstigster Weise beeinflußt“.
Grätzer.
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100
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3.
Emst Deutsch (Budapest). Die Anwendung von Bismutose
bei den Magendarmerkrankungen der Säuglinge.
(Magyar Orvosok Lapja 1902 NÄ 38.)
Verf. erprobte die Bismutose an 23 Säuglingen an der Ambulanz
der „Gratismilch“ - Institution zu Budapest, und zwar 17mal bei
Cat. intest, acutus und 6 mal bei Cholera infantum. Zuerst wurde
der Säugling durch Baby-Purgo laxiert, dann bekam er je nach dem
Alter stündlich oder 2 stündlich 1 Messerspitze Bismutose. Dabei
wurde strenge Diät (Kufeke-Suppe, Michaelis-Kakao u. s. w.) ver¬
ordnet. Abgesehen von den in ultimis hereingebrachten Kindern
genasen sämtlich innerhalb 3—5 Tagen, infolgedessen die Bismutose
als Stypticum in jeder Hinsicht entsprechend betrachtet
werden kann. Das Mittel selbst wurde gut vertragen, da es den
unangenehmen Metallgeschmack des Bism. subnitr. entbehrt. Daher
nehmen es die Kinder lieber als die übrigen Adstringentien. Die
Verabreichung geschah entweder per os in Dosen von 1—2 g und
6—12 g pro die, oder als Schachtelpulver (billiger!) 1—2stündlich
1 Messerspitze, oder aber in 10—20°/ 0 Suspension mit dem Magen¬
oder Darmschlauch, wo das Erbrechen die Einnahme verhindert.
J. Honig (Budapest).
Goliner. Zur Behandlung der Magendarmaffektionen im
Kindesalter.
(Der Kinderarzt 1902 No. 12.)
G. gab in den ersten 3 Monaten Odda als Zugabe zur verdünnten
Kuhmilch, und zwar ] / 8 —1 Teelöffel auf die Flasche, später ließ er
sie als Nahrung nehmen. Das Präparat erwies sich bei dyspeptischen
Kindern als ganz gutes Nutriens, wurde gern genommen, bewirkte
bald ständige Zunahme des Körpergewichts.
Aus seiner Versuchsreihe führt G. drei Beispiele (6 Wochen,
10 Monate, 1 l j 2 Jahre altes Kind) an, welche zeigen, wie gut Odda
wirkte. Grätzer.
Br. Schiirmayer (Hannover). Die Dr. Theinhardtschen
Nährpräparate in der ärztlichen Praxis.
(Deutsche Praxis 1902 No. 10.)
P. Jacob (Charlottenburg). Über Theinhardts lösliche
Kindernahrung.
(Der Kinderarzt 1902 No. 11.)
Die Verff. lassen sich über Zusammensetzung und Vorzüge der
„löslichen Kindernahrung“ aus, die sich der Muttermilch sowohl in
prozentischer Zusammensetzung der einzelnen Nährmaterialien, wie
auch in der physiologischen Ausnutzung überaus günstig nähert. Das
erwies auch die Anwendung in der Praxis, wo mit dem Präparate
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II. Referate.
101
sehr günstige Erfolge erzielt wurden, und zwar schon bei Kindern
im ersten Lebensmonat, sei es gesunden, sei es mit Gastritis und
Enteritis behafteten. Auch in der Rekonvaleszenz nach akuten fieber¬
haften Krankheiten leistete das Präparat als eine Schonungsdiät vor¬
zügliche Dienste. Grätzer.
E. KratlS (Wien). Über den Wert des „Hygiama“ als
Nährmittel.
(Therap. Monatshefte 1902 No. 12.)
Hygiama wurde 12 Kindern irn Alter von \ l f % Jahren bis zu
14 Jahren gegeben; es handelte sich vornehmlich um anämische,
rhachitische, nach Infektionskrankheiten geschwächte Kinder, ferner
um solche, die mit chronischem Magenkatarrh oder nervöser Dys¬
pepsie behaftet waren, und um zwei chlorotische Mädchen. Von
allen wurde das Mittel gern genommen und gut vertragen. In 8 Fällen
wurde nach 2—3 monatlichem Gebrauch namhafte Gewichtszunahme
erzielt, bei zwei Rhachitikern besserten sich die Krankheitserscheinungen,
bei den Kindern mit Magenkatarrh bezw. Dyspepsie wurden auch
diese Affektionen günstig beeinflußt, gleichwie auch die Anämie und
Chlorose. Grätzer.
G. Flatau (Berlin). Über Fleischsaft „Puro“.
(Sep.-Abdr. aus „Die ärztliche Praxis“ 1902 No. 14.)
Unter F.s Material befanden sich auch 3 Kinder (1 1 / 2 —2 Jahre
alt), die an Anorexie litten, schwach, müde, blaß u. 8. w. waren. Durch
„Puro“, das als Zusatz zu Suppen gern genommen wurde, hob sich
der Appetit, die Kinder bekamen ein blühendes Aussehen, wurden
rege und munter.
F. zeigt auch an der Hand von Literaturberichten, wie „Puro“,
das auch bei ganz kleinen Kindern erfolgreich angewandt wurde, sich
als leicht bekömmliches, gut schmeckendes Präparat bei schwächlichen
Kindern, Blutarmen und Chlorotischen bestens bewährt hat.
Grätzer.
J. Reichelt. Mitteilungen über die Indikationen zur Anwendung
des Kufeke-Kindermehles.
(Med. Blätter 1902 No. 10.)
In der Frühwaldschen Poliklinik wurde Kufeke-Mehl schon
Kindern unter 3 Monaten verabfolgt. Es bewährte sich nicht nur
bei akuten und subakuten Enteritiden, sondern auch bei chronischen
Darmaffektionen. Auch zur Ernährung größerer, gesunder, sowie
schwächlicher und rekonvaleszenter Säuglinge und Kinder empfiehlt
Verf. das Mehl. Grätzer.
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102
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3.
H. Salge. Künstliche Präparate für die Ernährung des
Säuglings.
(Aus der Kinderklinik der CharitA)
(Zeitschr. für diätetische und physikalische Therapie Bd. 5 Heft 4.)
In einer kritischen Übersicht über die verschiedenen auf den
Markt gebrachten Nährpräparate glaubt S. vornehmlich zwei Gruppen
derselben unterscheiden zu sollen, 1. solche, die für sich allein eine
vollständige Nahrung oder wenigstens einen wesentlichen Bestandteil
derselben darstellen, 2. Präparate, die als Zusatz zur Nahrung diese
für den Säugling geeigneter machen sollen. Die erste Gruppe ist
bestrebt, soweit es sich nicht um einfache Milchkonserven (die sehr
zuckerreiche Schweizermilch, das ohne Zuckerzusatz präparierte Löff-
lundsche Fabrikat) handelt, die in der Zusammensetzung der Frauen-
und Muttermilch bestehenden Unterschiede auszugleichen.
Das älteste dieser Präparate, das sich aber gegen die aus¬
gedehnte Konkurrenz nach wie vor zu behaupten vermag, ist das
Biedertsche künstliche Rahmgemenge, das als Rahmkonserve
zum Zusatz zur Kindernahrung (in den Präparaten von Sauer,
Pizzala, Drenckhan) oder schon fertig zubereitet (Fabrikate von
W. Schneider und Th. Timpe) in den Handel kommt.
Nachgebildet ist der Biedertschen Rahmkonserve die Löfflund-
sche, die einen Teil der Kohlehydrate als Maltose enthält. Auch die
Gärtnersche Fettmilch ist ein ähnliches, trinkfertig in den Handel
kommendes Präparat, das mit der Zentrifuge aus zur Hälfte mit
Wasser verdünnter Vollmilch bereitet wird und durchschnittlich
1,5 °/ 0 Eiweiß, 3°/ 0 Fett und 6—7°,
Fett (aus Nüssen, Mandeln u. s. w.
Zusammensetzung dem Biedertschen Rahmgemenge nahekommende
Lahmannsche vegetabilische Milch.
Ferner versuchte man das schwerverdauliche Eiweiß der Kuhmilch
durch eine Vorverdauung für den kindlichen Organismus geeigneter
zu machen oder es ganz durch ein leicht verdauliches Eiweiß zu
ersetzen.
Die Backhaus-Milch wird so hergestellt, daß Magermilch, in
der das Eiweiß durch Tripsin vorverdaut ist, mit Wasser und Rahm
versetzt wird. Das fertige Präparat enthält 0,6 °/ 0 Kasein, l°/ 0 Albumin,
3°/ 0 Fett und 6—7°/ 0 Milchzucker. Eine ganz ähnliche Zusammen¬
setzung gleichfalls auf dem Wege der Vorverdauung ist durch die
seit 20 Jahren bewährte Voltmersche Muttermilch auf einem etwas
einfacheren Wege erreicht. Einen Zusatz von fremdartigem Eiweiß
(Hühnereiweiß) enthält die Riethsche Albumosenmilch, während
Somatose in der Hartmannschen Somatosenmilch und in der
Sauerschen Somatose Ramogen Verwendung gefunden hat.
Die Hempel-Lehmannsche Milch wird bereitet durch Ver¬
dünnung der Kuhmilch bis zu einem Kaseingehalt von 0,75°/ 0 , Zusatz
von Hühnereiweiß, Eidotter, Rahm und Zucker. Auch in dem
Hesse-Pfundschen Eipulver hat das Ei und verdünnter Rahm
Verwendung gefunden.
0 Zucker enthält. Vegetabilisches
herstammend, enthält die in der
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II. Referate.
103
Die Rosesche Muttermilch ist nur aus Milcheiweiß, Butterfett,
Zucker, Salzen und Wasser in den Verhältnissen der Frauenmilch
zusammengesetzt. Diesen sich immer künstlicher zusammensetzenden
Präparaten stehen einige trockene Milchkonserven gegenüber, die sich
darauf beschränken, in Serien für die verschiedenen Lebensmonate
des Kindes in den Fett- und Kohlehydratgehalt zu regulieren. Es sei
in dieser Hinsicht namentlich Allenburys Milchnahrung erwähnt
Als Übergang zur zweiten Gruppe ist der Malzsuppen¬
extrakt aufzuführen, der von Löfflund, Schering u. a. in den
Handel gebracht wird und zur Bereitung der Liebig-Kellerschen
Malzsuppe dient. Die übrigen als Zusatz zur Kindernahrung dienenden
Präparate sind entweder fermentativer Natur (wie Timpes Milch¬
pulver, aus Pankreatin und Zucker bestehend) oder das Pegnin
v. Dungerns, das durch vorherige Labgerinnung und Zerkleine¬
rung der entstandenen groben Gerinnsel die Verdauungsarbeit be¬
schränken will.
Die Kindermehle sind entweder mit (Nestles, Rademanns, Muff-
lers, Theinhardts Präparate, Opels Nährzwieback, Löfflunds
Milchzwieback) Milch, oder ohne dieselbe (Kufekes Mehl, Mellins
Food) hergestellt. Der Milchzusatz ist ohne jede praktische Bedeutung
und alle diese Präparate sind als alleinige Nahrung für den Säugling
umsomehr zu verwerfen, als die aus ihnen bereiteten Abkochungen
einen so geringen Kaloriengehalt haben, daß das zur Deckung des
Energiebedarfs eines 5 Kilo schweren Säuglings schon durchschnittlich
2,5 Liter notwendig haben. Eine Bedeutung können sie nur für
Anwendung der Ruhediät bei Darmkrankheiten haben, als Zusatz zur
Milch an Stelle von gewöhnlichem Mehl, das bei guter Qualität und
Eeinheit diesem Zwecke in ganz derselben Weise entspricht.
Ist eine kohlehydratreiche Nahrung bei Atrophie und chronischen
Verdauungsstörungen angezeigt, so wird die Liebigsuppe unbedingt
allen Kindermehlen vorzuziehen sein.
Aber auch die künstlichen vom chemischen Standpunkte voll¬
kommeneren Ersatzmittel der Muttermilch erzeugen, da sie alle
Eigenschaften einer frischen Nahrung entbehren, schwere Ernährungs¬
störungen, wie die Barlowsche Krankheit.
Auf das vergebliche Bemühen mit unseren heutigen Hilfsmitteln
eine künstliche Nahrung der Muttermilch vollständig konform zu ge¬
stalten, hat ja auch Heubner hingewiesen (Ref.)!
Esc hie (Sinsheim).
Salomon Szekely. Über Säuglingsernährung.
(Orvosi Hetilap 1903 Bd. 50 Heft 1.)
Verf. berichtet über die Art und Weise der Herstellung jener
Säuglingsmilch die nach seiner Angabe verfertigt wird. Die auf
40—60° C. erwärmte Milch wird in einem starkwandigen Gefäße
(Dekaselnator) mit Kohlensäure vermengt, bis der Manometer 25 bis
30 Atm. Druck zeigt. Auf diesem mechanischen Wege erreicht S.
die Ausscheidung des Kaseins; die abgelassene Serummenge wird im
Verhältnis von 2:1 mit Obers und dazu mit 1,5 °/ 0 Zucker (Rohr-
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104
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3.
und Milchzucker zu gleichen Teilen) versetzt und eine Stunde hin¬
durch in offenen Flaschen pasteurisiert. Die so hergestellte Säuglings¬
milch besitzt folgende chemische Zusammensetzung:
Wasser.88,10
Fett.3,34
Kasein.1,20
Albumin.0,50
Milchzucker.6,25
Suspendierte Salze . . . 0,06
Gelöste Salze .... 0,55
Große Wichtigkeit mißt S. dem bakteriellen Einfluß der Kohlensäure
zu, wodurch die Sterilisation vernachlässigt werden kann.
E. Deutsch (Budapest).
A. HippillS. Einige Fragen aus dem Gebiete der
Milchpasteurisation.
(Djetskaja Medizina 1902 Nr. 2.)
Angesichts der immer wachsenden Verbreitung des Pasteurisierens
der Milch zwecks ihrer Entkeimung wirft Verf. einige hierher gehörige
Fragen auf, die er auf Grund seiner eigenen Erfahrungen zu beant¬
worten sucht. Vor allem fragt es sich: ist es besser, die Milch bei
sich zu Hause zu pasteurisieren oder sich bereits fertig pasteurisierter,
in speziellen Anstalten bearbeiteter Milch zu bedienen? H. ziehtaus
verschiedenen schwerwiegenden Gründen das erstere Verfahren
unbedingt vor. Die Gefahr einer neuerlichen Verunreinigung der
Milch nach erfolgter Pasteurisation ist dabei eine minimale oder fehlt
gänzlich. Sämtliche Milchpartikeln werden in den geschlossenen
Soxhletflaschen gleichmäßig und genügend erwärmt. Sowohl das die
Pasteurisation besorgende Dienstpersonal als auch die Bezugsquelle
der Milch kann überwacht und kontrolliert werden. Nicht selten
müssen der Milch noch vor dem Pasteurisieren diese oder jene In¬
gredienzien auf Vorschrift des Arztes zugesetzt werden, was zu Hause
bequem geschehen kann. Der von H. konstruierte Apparat ist billig
und leicht zu handhaben, so daß seiner Verwendung in jedem Haus¬
halte nichts im Wege steht. Der zweite Punkt betrifft die Frage,
ob man Kindern eine Milch darreichen dürfe, die am Tage vorher
pasteurisiert und dann in der Kälte gehalten worden ist. Autor
bejaht mit Entschiedenheit diese Frage, wenigstens soweit es sich
um die in seinem Apparate pasteurisierte Milch handelt, welche, wie
mehrfach vorgenommene Untersuchungen beweisen, noch am Tage
nach der Pasteurisation eine auffallend geringe Menge von neuem
zur Entwicklung gelangter Keime enthält und einmal sogar sich als
völlig steril erwiesen hat. — Auch die Frage, ob es gestattet sei,
auch Neugeborenen unverdünnte Kuhmilch zu verabfolgen, entscheidet
H. in positivem Sinne. Erst vor kurzem entschloß sich Verf., un¬
verdünnte pasteurisierte Milch zur Ernährung Neugeborener vom
ersten Lebenstage an zu empfehlen. Ihm stehen sieben diesbezüg¬
liche Beobachtungen zur Seite, welche folgendes ergaben. Zwei Neu¬
geborene bekamen sterilisierte Vollmilch, ein Kind erhielt einfach
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II. Referate.
105
aufgekochte, und vier Neugeborene wurden mit Vollmilch ernährt,
die im H. sehen Apparate pasteurisiert wurde. Nur die Kinder der
letzten Gruppe gediehen vortrefflich und tadellos, während die mit
sterilisierter und gekochter Vollmilch gefütterten an Erbrechen und
Verstopfung litten. Diese Erscheinungen verschwanden bei einem
5wöchentlichen Knaben sofort, als man vom Soxhletapparate zur
pasteurisierten Milch überging. Diesen Unterschied sucht Verf. durch
den Umstand zu erklären, daß bei einer Erhitzung der Milch über
80° C. und beim Kochen derselben die Labgerinnung entweder gänzlich
aufgehoben oder bedeutend gehemmt wird, während durch das
Pasteurisieren das Labferment nicht im mindesten alteriert wird.
A. Dworetzky (Moskau).
Leo Natanson. Über den Milchpasteurisierapparat von
Dr. E. Kobrak.
(Aus Blamenthals Chem.-bakteriol. Institut in Moskau).
(Berliner klin. Wochenschrift 1903 Nr. 1.)
Schon aus rein mathematischen Berechnungen kam N. zu dem
Resultat, daß die Pasteurisierung in Kobraks Apparat bei verschie¬
denen Temperaturen stattfindet. Er machte dann praktische Versuche
und sah, daß unter zehn Versuchen das Temperaturmaximum nur in
zweien 60° überstieg; das Minimum war sogar von zehn Versuchen
7 mal niedriger als 60°. Die Resultate entsprachen also den Angaben
Kobraks, — daß im Apparat schon nach 5 Minuten die Temperatur auf
65° steigt und dieselbe nach l 1 /* Stunden nicht unter 60° fällt —
nicht und konnten an und für sich keinen Grund zur Annahme geben,
daß die erzielten Temperaturen eine genügende keimtötende Wirkung
ausüben würden. Und dies wurde auch bei den bakteriologischen
Versuchen bestätigt. Während im Hippiusschen Apparate die Milch
sich fast in allen Fällen als steril erwies, ergab die im Kobrak sehen
Apparate pasteurisierte Milch in mehr als der Hälfte der Versuche
das Überleben einer reichlichen Anzahl von Keimen, und zwar in
den Fällen, wo der Apparat infolge der niedrigen Temperatur der
Rohmilch nicht genügend hohe Wärmegrade produzieren konnte. Im
ganzen ergaben von 22 in verschiedener Weise den häuslichen Ver¬
hältnissen angepaßten Versuchen 13 ein vollständig ungünstiges
Resultat. N. kann sich also nur dahin aussprechen, daß Kobraks
Apparat weder als genau, noch als rationell bezeichnet
werden kann. Daß er nur gewisse Portionen (150 und 250 g)
pasteurisiert, daß er zu umfangreich und schwer ist, sind ebenfalls
Nachteile. Die Hauptsache aber ist, daß er nicht seiner Bestimmung
entspricht, Rohmilch von beliebiger Temperatur zu entkeimen. Grätzer.
Valvassori-Peroni. Zur künstlichen Ernährung der
Säuglinge.
(Gazzett. d. Ospedali 1902 Nr. 120.)
Verf. hält die Bedenken, die in letzter Zeit von verschiedenen
Seiten gegen die Sterilisierung der Milch geltend gemacht worden
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106
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3.
sind, für übertrieben; er glaubt, daß ein großer Teil der krankhaften
Erscheinungen, die auf die sterilisierte Nahrung zurückgeführt werden,
seinen Grund vielmehr in einer Überernährung der Kinder habe.
Jedenfalls hält er die Verbreitung der im Laboratorium gewonnenen
Anschauungen von der Bedeutung der Fermente u. s. w. in Laien¬
kreise und die Diskreditierung der Milchsterilisierung für ein sehr
gefährliches Unternehmen.
Bei eventuellen Dyspepsien führt Verf. Fermente, wie Papain,
Pankreatin, Pepsin, Maltin direkt in den Magen des Säuglings ein.
P.
A. B. Marfan und Ch. Gillet. Über zwei Fermente der Milch.
(Monatsschrift f. Kinderheilkunde, November 1902.)
In der auch für die Praxis der Ernährung sehr wichtigen Er¬
forschung der verschiedenen in der Milch vorhandenen löslichen Fer¬
mente, deren genaue Kenntnis voraussichtlich manche unserer gegen¬
wärtigen Anschauungen über die Ernährung ändern werden, haben
die Verff. einen bedeutsamen Schritt weiter getan, indem sie zwei
dieser Fermente genau untersuchten: die Oxydase und die Lipase.
Die interessanten Ergebnisse dieser Untersuchungen werden aus¬
einandergesetzt. Grrätzer.
Emst Moro. Über die Fermente der Milch.
(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 56, Ergänzungsheft.)
Angeregt durch eine Theorie Escherichs, wonach das aus¬
gezeichnete Gedeihen der Säuglinge bei Zufütterung auch nur ge¬
ringster Mengen von Menschenmilch auf die Anwesenheit von Fer¬
menten in dieser zu beziehen sei, unterwarf M. die Milch von
Frauen und von Tieren einer erneuten Untersuchung auf ihren
Fermentgehalt. Er fand 1. ein saccharifizierendes Ferment, die
Milchamylase, welche aus Stärke in überwiegender Menge Dextrine
und nur wenig Maltose bildete; 2. von proteolytischen Fermenten
Trypsin und Pepsin in Spuren; 3. ein koagulierendes (Fibrin-) Ferment,
das spontan nicht gerinnende Fibrinogenlösungen, wie z. B. Hydro-
celenflüssigkeiten zur Gerinnung bringt; 4. ein fettspaltendes lipo-
lytisches; 5. ein salolspaltendes und 6. in der Kuhmilch ein oxyda¬
tives Ferment (Oxydation von Salicylaldehyd zu Salicylsäure).
Das diastatische Ferment charakterisiert gewissermaßen die
Menschenmilch, es fehlt vollständig der Kuh- und Ziegenmilch; im
Gegensatz dazu sind die Oxydasen gerade der Kuhmilch eigentümlich,
während sie in der Menschenmilch gänzlich vermißt werden. Die
übrigen Fermente verteilen sich ziemlich gleichmäßig auf sämtliche
Milcharten.
Bezüglich der Herkunft der Milchfermente ergibt sich, daß die¬
selben außerordentlich verbreitet im ganzen Organismus, und daß
außer dem Trypsin sämtliche auch im Blute nachgewiesen sind.
Höchst wahrscheinlich sind dieselben also Abkömmlinge des
Blutes. Sie spielen sicher für die Verdauung und Assimilation keine
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II. Referate.
107
RoUe> da sie entweder unausgentitzt den Körper passieren, wie die
Diastase oder in einer kaum in Betracht kommenden Menge vor¬
handen sind.
Die Frage, ob die Fermente Stoffe oder Eigenschaften von
Stoffen sind, beantwortet M. dahin, daß er in der Fermentwirkung
der Milch nicht so sehr den Ausdruck einer vom mütterlichen Orga¬
nismus der Milch zugeführten Substanz, als vielmehr eine spezifische
Reaktion des Milcheiweißes sieht. Die Verschiedenheit dieser Reaktion
muß auf eine chemisch verschiedene Zusammensetzung des materiellen
Substrates, d. h. des Milcheiweißes zurückgeftihrt werden. Daraus
ergibt sich die chemische Verschiedenheit des Menschenmilch- und
des Kuhmilcheiweißes.
Die Wirkung der Fermente auf das Gedeihen der Kinder
illustriert ein Versuch an zwei Brustkindern, denen von einem be¬
stimmten Tage ab ihre Ammenmilch nur gekocht verabreicht wurde,
wodurch die Fermente zerstört waren. Beide zeigten von diesem
Tag ab eine deutliche Verflachung der Kurve ihres Gewichtsanstieges.
Hecker (München).
E. Schreiber und K. Dreger. Zur Chemie der Frauen-
und Kuhmilch.
(Centralblatt f. Stoffwechsel- und Verdauungskrankheiten 1902 No. 18.)
Die chemische Differenz der Frauen- und Kuhmilch ist ja durch
zahlreiche Untersuchungen genügend erwiesen. Es erhob sich aber
die Frage, ob diese Unterschiede nicht etwa durch die Verdauung
verwischt würden, so daß die peptischen Endprodukte beider Milch¬
arten sich chemisch näher rückten. Mit Hilfe der vielfach benutzten
biologischen Methode ließ sich zeigen, daß die chemische Differenz
sich auch bis in die Verdauungsprodukte erhält. Die durch Injektion
von künstlich verdauter Frauenmilch gewonnenen Laktosera reagieren
nämlich nicht auf künstlich verdaute Kuhmilch und umgekehrt
reagieren die Laktosera der verdauten Kuhmilch nicht auf verdaute
Frauenmilch. Dagegen reagieren die Laktosera der verdauten Milch
auf die unverdaute Milch der gleichen Art. Schreiber (Gröttingen).
W. Caro. Über Buttermilch als Säuglingsnahrung.
(Archiv f. Kinderheilkunde Bd. 34 Heft 5 und 6).
Die Versuche C.s, Buttermilch als Nahrung für magendarmkranke
Säuglinge zu verwenden, bestätigen vollauf die günstigen Erfahrungen
de Jagers, Teixeira de Mattos, Schlossmanns, Hammarstens
u. a. Zur Verwendung der Buttermileh ist erforderlich, daß dieselbe
stets aus Rahm gewonnen wird, der aus frischer Milch ohne Ver¬
mischung mit Magermilch stammt. Das Rezept lautet: 1 Liter
Buttermilch wird nach Zusatz von 25 g feinsten Weizenmehls und
85 g Rohrzucker unter fortwährendem Umrühren mindestens 2 Min.
lang gekocht. Findet sich hierbei Stärke im Stuhl, so kann statt
des Weizenmehls dextrinisiertes Kindermehl genommen werden. Es
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108
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3.
wurden bisher 198 Säuglinge kürzere oder längere Zeit mit Butter¬
milch ernährt, darunter 157 mit Erfolg. Dabei wurde keine Rück¬
sicht auf die jeweilige Affektion genommen.
Von Kindern mit normaler Verdauung WTirde die Buttermilch
genau so gut vertragen, unter denselben Gewichtszunahmen, wie jede
andere künstliche Nahrung. Hervorragende Erfolge zeigten sich bei
Kindern mit akuten Darmstörungen. Wurde die Nahrung auch
anfangs zumeist widerwillig getrunken oder erbrochen, so trat doch
gewöhnlich schon am zweiten Tage die charakteristische Besserung
der zuerst dünnen, schleimigen Stühle ein. Dieselben wurden zu
einer festen, hellgelben, homogenen Paste, mitunter auch hart und
klumpig, die Reaktion war alkalisch. Die Gewichtssteigerung bei
Kindern, die Buttermilch gut vertrugen, betrug durchschnittlich
150 bis 300 g pro Woche. Die darzureichende Nahrungsmenge richtet
sich im ganzen nach dem Bedarf des Säuglings und seinem Lebensalter.
In einer Anzahl von Fällen, bei denen die Buttermilch auch in
kleinen Mengen nicht vertragen, sondern erbrochen oder nicht assi¬
miliert wurde, mußte zu fettreicherer Nahrung übergegangen werden.
C. ist der Ansicht, daß wir zur Zeit keine bessere künstliche Nahrung
bei den Verdauungsstörungen der Säuglinge kennen, als die Buttermilch.
Hecker (München).
H, Finkeistein, Die Ernährung der Säuglinge im Kinderasyl
der Stadt Berlin.
(Die Medizinische Woche 1902 No. 45.)
Die Anstalt beherbergt täglich 90 Säuglinge, im Jahre 12—1400.
Die Mortalität betrug im ersten Jahre des Bestehens 8°/ 0 » trotzdem
es sich um minderwertige Individuen, meist um Frühgeborene,
Schwache und Kranke handelte. Für einen großen Teil dieses
Materials ist natürliche Ernährung unbedingtes Erfordernis.
Arme stillende Mütter werden eventuell mitaufgenommen und auch
zur Ernährung anderer Kinder mit herangezogen. Nicht ohne
Interesse, namentlich im Hinblick auf die „wachsende Stillungsnot“,
ist es, daß von den 20 bisher im Hause verbliebenen, zumeist aus
den dürftigsten Verhältnissen und aus Berlin selbst stammenden
Müttern nur eine einzige sich zum Stillgeschäft untauglich erwies,
alle anderen vorzügliche Ammen waren, die 2—4 Liter im Tag
lieferten und durch viele Monate 3—5 Kinder nährten, dabei selbst
gut gedeihend.
Die künstliche Ernährung stellte hohe technische Aufgaben.
Es handelte sich darum, täglich 4—500 Einzelportionen von 8—10
verschiedenen Mischungen bezw. Nährungspräparaten herzustellen, zu
sterilisieren, zu konservieren. Das Soxhletverfahren war dazu un¬
geeignet. Man bedurfte graduierter Flaschen mit zweckmäßigem
Verschluß; als solcher erwiesen sich zylindrische Aluminiumhütchen,
die einfach über den Flaschenhals gestülpt werden und genügend
bakteriensicher abschließen. Schwierigkeiten machte auch die Ab¬
kühlung. Endlich gelangte man dazu, die Milch in großen Kesseln
im Dampfsterilisator zu erhitzen, hierauf einen Zapfdeckel (System
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II. Referate.
109
Helm) aufzusetzen und nunmehr den Inhalt über einen der im
Molkereibetrieb üblichen Rahmkühler zu schicken, der sich im Sammel¬
gefäß mit etwa 18° ankommen läßt; nun erst erfolgte die Mischuug
mit Zusätzen, die Verteilung in Flaschen, die Aufbewahrung auf Eis.
Dieses Vorgehen lieferte bekömmlichere Nahrung, als das übliche
Soxhletverfahren. Die gewöhnlichen Milchverdünnungen mit Wasser
und Milchzucker leisteten bei den schwächlichen Kindern nur selten
Zufriedenstellendes; ebenso einfache Schleimbeimischung. Besseres
wurde mit Beimengung von feinem Zwieback oder Kindermehl (Opel,
Theinhardt, Rademanjn, Kufeke, Nestlö) erreicht. Das Beste
leisteten maltosereiche Zusätze: Malzsuppe, Soxhlets ver¬
besserte Liebigsuppe, erstere mehr bei älteren, letztere auch
bei jüngeren trefflich sieh bewährend. Vom Massengebrauche fett¬
reicher Präparate kam man zurück, da bei schwachen Verdauungs¬
organen Fett recht oft nicht vertragen wird. Außer den Maltose¬
mischungen fand am meisten Anwendung Buttermilch, unter Zu¬
satz von 60 g Rohrzucker und 20 g Weizenmehl bereitet. Sie
leistet bei Behandlung schwerer akuter Brechdurchfälle
ebenso Vorzügliches, wie bei einer großen Zahl chronischer
Ernährungsstörungen; ganz besonders fand sie Verwendung bei
verdauungsschwachen Neugeborenen und namentlich Frühgeborenen.
Mit keiner anderen Ernährung außer der Muttermilch wurden ähn¬
liche Resultate erzielt; allerdings erreichte die günstige Wirkung oft
nach 6—8 Wochen ihr Ende. Man muß ein reines Präparat haben,
um diese Ernährung durchzuführen; zuverlässige Milchwirtschaften
mit peinlichster Sauberkeit müssen sich mit der Herstellung befassen,
um ein einwandfreies Produkt zu liefern.
Dies die Haupternährungsweisen im Asyl. Gelegentlich wurden
auch andere Präparate herangezogen. Rühmenswertes sah F. noch
vom Allenburysehen Präparate und dem Pegninzusatze zur Vollmilch.
Grätzer.
B. P. B, Plantenga. Kindersterfte en Zuigelingenklinieken.
(Ned. Tydschrift voor Geneesk. 1902 Nr. 18).
Beschreibung der Einrichtung und Betriebsweise der ersten An¬
stalt in den Niederlanden, die bezweckt:
L den Müttern Rat zu erteilen behufs der Behandlung ihrer
Kinder während des ersten Lebensjahres;
2. die Verschaffung geeigneter sterilisierter Nahrung für kunst¬
gemäß genährte Kinder, insoweit solches nötig ist.
Verf. dieses hat diese erste Anstalt hier im Haag ins Leben
gerufen aus Anlaß der französischen „Consultations de nourrisons
et gouttes. de lait“.
Verf. hat aber einige Änderungen eingeführt, welche ihm
wünschenswert schienen zur Erhaltung eines besseren Resultats.
Die Anstalt besteht aus: Wartezimmer, Konsultationszimmer
nebst speziell geheiztem Wiege- und Untersuchungszimmer und Küche.
Verf. ist täglich während einer bestimmten Zeit zu konsultieren,
indem einige Damen ihm aus freiem Triebe ganz unentgeltlich zur
Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII. Digitized by GiCPOglC
110
Centr&lblatt für Kinderheilkunde. No. 3.
Seite stehen bei der Bereitung der zu verschaffenden Nahrung und
bei der ordnungsmäßigen Führung der Bücher.
Die Konsultationen werden vom Verf. unentgeltlich verteilt.
Stets wird — wenn wenigstens die Möglichkeit dazu vorhanden ist
— auf natürliche Nahrung angehalten und dazu die Nahrung der Mutter
selber reguliert und die Gewichtszunahme des Kindes regelmäßig
kontrolliert.
Im Konsultationszimmer steht alles zur sofortigen Untersuchung
der Muttermilch und der Fäces bereit.
Ist natürliche Nahrung aus irgend einem Grunde nicht möglich,
so werden so genau wie nur tunlich Vorschriften gegeben für eine
kunstgemäße Nahrung und wird auch diese durch regelmäßige Ge¬
wichtsbestimmung des Kindes kontrolliert.
Gibt diese Handlungsweise zu Nahrungsstörungen Anlaß oder
sind die hygienischen Bedingungen derart, daß solches zuvor ver¬
mutet werden kann oder bleibt die Gewichtszunahme ungenügend,
oder ist das Kind, wenn es der Behandlung unterzogen wird, krank,
so wird demselben zu verhältnismäßig billigen Preisen sterilisierte
Nahrung gereicht Dieser Preis richtet sich nach den pekuniären Ver¬
hältnissen des Verbrauchers.
Durch tägliche Kontrolle der Fäces und des allgemeinen Be¬
findens des Kindes in Kombination mit regelmäßiger Gewichtsauf¬
zeichnung wird die Zweckmäßigkeit der gereichten Nahrung geprüft
und bei ungenügender Gewichtszunahme oder bleibender Störung nach
Umständen modifiziert.
Indem Verf. auf diese Weise arbeitet gemäß den drei Haupt¬
prinzipien:
1. Verschaffung guter, billiger und in gesonderten Portionen
sterilisierter Nahrung;
2. Regulierung der Nahrung auf Grund der Bedürfnisse des
Kindes, folglich ganz individuell;
3. Tägliche Kontrolle der Fäces und des allgemeinen Be¬
findens und regelmäßige (wöchentliche) Kontrolle der Gewichtszunahme,
werden mit sehr geringen Unkosten vorzügliche Resultate erzielt,
auch bei den Kindern, für die natürliche Nahrung aus irgend einem
Grunde unmöglich ist. (Autoreferat.)
J. Stzelbicky. Über die Ernährung der Säuglinge an der
Mutterbrust.
(Medizinskoje Obosrenie 1902 No. 7.)
Eingangs illustriert der Autor die in seinem Wirkungskreise
(Gouvernement Tula) herrschende Säuglingssterblichkeit durch eine
Reihe von Zahlenangaben, die er selbst bezüglich der Kinder von
860 Bäuerinnen, 1000 Arbeiterinnen, 75 Jüdinnen und 460 intelligenten
Frauen gesammelt hat. Die 866 Bäuerinnen hatten bis zum Zeit¬
punkte der Euquete insgesamt 3942 Kinder geboren, von welchen
1933 starben; unter diesen starben in einem Alter bis zu einem Jahre
1112, d. h. 62,1 °/ 0 . Die 1000 Arbeiterinnen hatten 4328 Kinder
geboren, von welchen bis zum Zeitpunkte der Enquete 1764 gestorben
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II. Referate.
111
waren; im Laufe des ersten Lebensjahres starben 1026, d. h. 58,1 °/ 0 ,
Die 75 Jüdinnen hatten insgesamt 383 Kinder geboren, von welchen bis
zum Zeitpunkte der Enquete 101 gestorben waren; von diesen starben
vor Ablauf des ersten Lebensjahres 51,2 °/ 0 . Die 460 Mütter endlich,
die hauptsächlich den intelligenten und wohlhabenderen Familien
gehörten, hatten im ganzen 1865 Kinder geboren, von denen bis
zum Zeitpunkte der Enquete 536 gestorben waren; im Alter bis zu
einem Jahre starben 268, d. h. 50,0%.
Was den Ernährungsmodus der Kinder betrifft, so teilt Yerf.
folgende von ihm selbst gemachte Erfahrungen mit Von 400 Bäuerinnen
stillten ihre jüngsten Künder an der Brust, wenigstens bis zu einem
halben Jahre, 383 Mütter, während 17, d. h. 4,l°/ 0 , dies nicht taten.
Von 540 Arbeiterinnen stillten ihre Kinder wenigstens ein halbes Jahr
lang 494 Mütter, während 46, d. h. 8,4 °/ 0 , entweder gar nicht stillten
oder es nicht bis zum Ablauf des ersten Halbjahres taten. Diese
auf den ersten Blick sehr günstigen Ergebnisse werden aber durch
den Umstand entwertet, daß, wie es sich bei genauerem Befragen
ergibt, fast sämtliche Mütter der beiden genannten Stände ihre Kinder
bereits sehr früh, fast vom ersten Lebenstage an, mit Brot, Brei u. dergl.
nebenher zu füttern beginnen.
Besonders eingehend studierte der Autor das Stillungsgeschäft
bei 300 intelligenten Frauen, wobei er seine Aufmerksamkeit haupt¬
sächlich auf die (nach den Aussagen der Mütter selbst) häufigste Ur¬
sache der Unmöglichkeit, die ausschließliche Ernährung mit der
Mutterbrust bis zu einem halben Jahre durchzuführen, lenkte, nämlich
auf die angebliche ungenügende Milchabsonderung und die geringe
Milchmenge in den Brüsten bei der Stillenden. Nach den Unter¬
suchungsergebnissen des Autors haben von den 300 Müttern bloß 91
(80,3°/ 0 ) ihre jüngsten Kinder bis zu einem halben Jahre ausschließlich
an der Brust ernährt, 154 (50,3 °/ 0 ) haben das ausschließliche Stillen
an der Mutterbrust nicht bis zum Ablauf der ersten Jahreshälfte
durchgefuhrt, und 55 Mütter (18,3 °/ 0 ) haben ihren Kindern überhaupt
keine Brustnahrung gereicht. Klagen über ungenügende Milchab¬
sonderung in den Brüsten wurden vom Yerf. in 81 Fällen verzeichnet.
Bei der genaueren Untersuchung dieser letzteren zeigte es sich, daß
in 40 Fällen als Grund für eine unzureichende Milchmenge in der
Wirklichkeit die sich durch das Schreien und durch die Unruhe der
Kinder dokumentierende Dyspepsie der Säuglinge diente, wobei die
Mütter dieses Geschrei fälschlicherweise als den Ausdruck des un¬
befriedigten Hungergefühles deuteten. Bei vielen von diesen 40 Müttern
versiegte zuletzt die Milchsekretion einzig und allein aus dem Grunde,
weil infolge der frühen Gewöhnung des Kindes an andere Nahrung
es nicht kräftig genug saugen wollte und konnte, wodurch die potentielle
Energie der Brustdrüse in ungenügender Weise ausgenutzt wurde.
Wirklicher Milchmangel in den Brüsten der Stillenden kommt nach
des Verf.s Forschungen in der Praxis bei weitem seltener vor, als
es nicht nur die Mütter, sondern auch viele Arzte wähnen. -
A. Dworetzky (Moskau).
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112
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. S.
H. Neumann. Über die Häufigkeit des 8tilleDS.
(Deutsche raed. Wochenschrift 1902 No. 44.)
Für die Berliner Bevölkerung hat N. die Tatsache fest¬
gestellt, daß seit 1885 die natürliche Ernährung im starken
Rückgang ist. Welche Faktoren darauf hingewirkt haben, läßt sich
nur vermutungsweise sagen. Die Verbreitung des Soxhletschen
Apparates käme nur für die bemittelten Kreise in Betracht. Eher
ließe sich die Verbesserung der Milch Verhältnisse im allgemeinen als
Faktor anführen. Wenn trotz der Abnahme der Brustnahrung die
Sterbefälle an Darmkrankheiten allmählich heruntergegangen sind, so
läßt dieser Umstand den Fortschritt in der öffentlichen Gesundheits¬
pflege noch höher einschätzen, als es bisher angängig war.
Sehr ungünstig sind schon immer die Ernährungsverhältnisse der
unterjährigen unehelichen Kinder gewesen. Durch Aufnahme dieser
Mütter in geschlossene Anstalten ließe nur sich in beschränktem Maße
und auf beschränkte Zeit das Säugen steigern. Zimmers.Vorschlag,
diese Mütter, welche ihre Kinder stillen, bei Privatleuten auf öffent¬
liche Kosten einzumieten und von der Gesundheitspolizei aus zu über¬
wachen, ist interessant, aber diskutabel. Nützlich wäre es jedenfalls,
von Fall zu Fall die Möglichkeit, durch eine kleine Beihilfe dem
Kinde die Brust zu erhalten, in Betracht zu ziehen; in romanischen
Staaten wurden in dieser Hinsicht gute Erfahrungen gemacht.
Grätzer.
Wilhelm Knöpfelmacher. Über die Auslösung der Milch¬
sekretion bei Mutter und Kind.
(Aus dem Karolinen-Kinderspital in Wien.)
(Jahrbuch für Kinderheilkunde Bd. 56 Heft 6.)
Zwischen Milchdrüse und Ovarien bestehen enge Beziehungen,
welche durch Versuche von Halban und Knauer experimentell be¬
gründet sind: Die Verkümmerung der Brustdrüsen nach Exstirpation
der Ovarien lehrt, daß die Entwickelung der Brustdrüsen an die
Ovarien geknüpft ist; die ungestörte Entwickelung der Mammae nach
Transplantation der Ovarien zeigt, daß die Verbindung zwischen
Mamma und Ovarium nicht auf Nerveneinfluß, auch.nicht auf Blut¬
zufluß beruhen könne. Noch unklar ist es aber, warum die Milch¬
drüsen des Weibes in der Gravidität anschwellen, und unerklärt auch,
Was die Sekretion der Milch in der Brustdrüse des Weibes auslöst.
K. versucht eine Lösung der Frage und gleichzeitig auch eine Er¬
klärung der Milchsekretion bei Neugeborenen.
Die Tatsache, daß Neugeborene beiderlei Geschlechts Milchdrüsen¬
sekretion zeigen, ferner, daß die Milchdrüsensekretion, sowohl bei
der Mutter wie beim Kinde kurze Zeit post partum auftritt, legt
den Gedanken nahe, daß bei Mutter und Kind ein und dasselbe
Agens wirksam ist. Wir müssen annehmen, daß in der Blutbahn
ein Körper kreist, welcher die Fähigkeit besitzt, die Milchsekretion
auszulösen. Diese schon von Goltz und Ribbert für die mütterliche
Milchsekretion gemachte Annahme 'muß auch für das Kind gelten.
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II. Referate.
113
Folgen die theoretischen und experimentellen Stützen dieser Anuahme,
auf Grund der Untersuchungen von Goltz, Ribbert, Halban,
Knauer u. a. Von K. selbst angestellte Experimente, bei weiblichen
Tieren durch Injektion von Blutserum eben werfender Tiere Milch¬
sekretion auszulösen, fielen vollständig negativ aus.
Hecker (München).
Emil Feer. Weitere Beobachtungen über die Nahrungsmengen
von Brustkindern.
(Jahrbuch für Kinderheilkunde Bd. 56 Ergänzungsheft.)
Die Beobachtungen an 7 Brustkindern, bei denen während der
Laktationsperiode sämtliche Mahlzeiten gewogen wurden, ergaben:
die wöchentliche Gewichtszunahme erfolgt bei ungestörtem Wohl¬
befinden nicht sprungweise wie vielfach angegeben, sondern ziemlich
regelmäßig. Die Zahl der Mahlzeiten schwankte in relativ engen
Grenzen, und bewegte sich meist um sechs, später um fünf herum,
ohne daß ein besonderer Zwang ausgeübt worden wäre; als Durch¬
schnitt der täglichen Mahlzeiten ergibt sich in der zweiten Lebens¬
woche 6,2 mit stetigem und gleichmäßigem Rückgang bis auf 5,3 Mahl¬
zeiten in der 20. Woche. Die maximalen Nahrungsvolumina sind im
großen ganzen etwa anderthalbmal so groß wie die Durchschnitts¬
volumina der einzelnen Mahlzeiten. Die Mittelzahlen aus den Maximal¬
mahlzeiten sind ziemlich genau doppelt so groß wie diejenigen Zahlen,
welcher Pfaundler als Magenkapazität bemessen hat. Ein Teil der
Milch verläßt eben schon während des Trinkens den Magen. Die ge¬
samte genossene Milchmenge steigt in den ersten 2 Wochen rapid, dann
bis zur achten und zehnten Woche langsam an, von wo ab nur noch
eine unbedeutende Steigerung stattfindet, wenn nicht schon früher die
Produktion still stehen bleibt oder sinkt. Das wöchentliche Nahrungs¬
volumen pro Kilo Körpergewicht steigt von 1100 g in der zweiten
Woche auf 1200 g in der sechsten bis siebenten Woche an, um von
hier allmählich auf 1000 g in der 20. Woche herunter zu gehen. Der
Energiequotient, d. h. die Anzahl Kalorien, welche ein Individuum
pro Kilo Körpergewicht aufnimmt (Heubner), bewegt sich von der
2.—20. Woche zwischen 120 und 90 Kalorien und zwar in der Weise,
daß er von der Geburt an zunimmt und in der sechsten bis siebenten
Woche das Maximum mit 121 Kalorien erreicht, um von da allmählich
abzusinken bis zu 96 Kalorien in der 20. Woche.
Als Zuwachsquotient bezeichnet F. die Zunahme, welche ein
Kilo Körpersubstanz auf ein Kilo Milchzufuhr in einer gegebenen
Woche erfährt. Die Größe desselben überrascht durch die auffallende
Verschiedenheit bei den verschiedenen Kindern; bei einzelnen ist er
in den ersten 8 Wochen mehr als doppelt so groß wie bei anderen.
Dagegen verhält er sich bei den Kindern der gleichen Mutter sehr
ähnlich. Dies erlaubt den Schluß, daß die Milch einer Frau eine
gewisse Konstanz in ihrer Zusammensetzung bewahrt, welche auch
in späteren Laktationen sich wieder geltend macht.
Hecker (München).
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114
Centralblatt für Kinderbeilkunde. No. 3.
W. Beuthner. Beobachtungen über die Nahrungsmengen von
Brustkindern unter Berücksichtigung des Energiequotienten
(Heubner).
(Jahrbuch für Kinderheilkunde Bd. 56, ErgänzuDgsheft.)
3 Fälle mit genauen Wägungen jeder einzelnen Mahlzeit durch
Monate hindurch. Eine Zusammenstellung derselben mit 18 Fällen
der Literatur ergibt für den mittleren Energiequotienten (siehe vorige
Arbeit) folgende Werte:
1 .
Woche
59
Kalorien
10. Woche 104
2.
100
14. „ 96
4.
106
17. „ 91
7.
114
V
20. „ 85
Hecker (München).
0. Heubner. Die Energiebilanz des Säuglings.
(Zeitschrift für diätetische und physikalische Therapie Bd. 5 Heft 1.)
H. betont, daß für eine geregelte Kinderernährung nicht die ab¬
solute Quantität der täglichen Nahrungszufuhr als Maßstab gelten
müßte, sondern die Kalorienzufuhr bezw. Energiezufuhr, die auf das
Kilo des kindlichen Körpers entfällt. Diese Größe nennt er Energie¬
quotient. Aus des Verf.s Versuchen ergab sich nun
I. daß der Energiequotient bei künstlicher Ernährung höher sein
muß als bei Brustkindern, wenn man ein Wachstum des Kindes im
ersten Lebensjahre als das erstrebenswerte Ziel im Auge behält.
Denn die Leistung des Organismus besteht nur zum kleinsten Teile
in Aufspeicherung von Kraftarbeit (Stoffansatz); der größte Teil der
eingeführten Energie (ca. 88°/ 0 ) wird zu innerer Arbeit (nicht Ver¬
dauungsarbeit im engeren Sinne) verwandt. Erst wenn dem Bedürfnis
der letzteren Genüge geschehen ist, kann ein Stoffansatz, ein Wachs¬
tum erfolgen.
2. daß ein Sinken des Energiequotienten bei Brustkindern —
wenigstens in den ersten 6 Monaten — auf 70 Kalorien nicht mehr
mit einer Zunahme vereinbar ist, vielmehr ein gutes Gedeihen fast aus¬
nahmslos nur da stattfindet, wo der Energiequotient über 100 Kalorien
beträgt.
3. Was die ersten Lebenstage anlangt, so wollte Cramer eine
Zunahme bei Kindern mit einer Nahrungsmenge, die einem Energie¬
quotienten von 10—30 Kalorien entsprach, schon erzielt haben. H.
sah demgegenüber in einem — allerdings weiterer Beobachtung sich
zu früh entziehenden — Falle eine Zunahme erst bei einem Energie¬
quotienten von 45 Kalorien, während er sonst in 3 Fällen innerhalb
der ersten 10 Tage eine regelmäßig und rasch fortschreitende Ab¬
nahme des Kindes konstatieren konnte.
H. gibt allerdings zu, daß eine sorgliche Warmhaltung des Kindes,
bezw. eine Wärmezufuhr von außen von vornherein den Bedarf an
einzuführender Energie wesentlich einzuschränken vermag, während
andererseits bei Schwächlichkeit, weil da die Körperoberfläche im
Verhältnis zum Gewicht vergrößert ist, ferner bei Erkrankung des
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II. Referate.
115
Magendarmkanals und demzufolge ungenügender Ausnutzung der
Nahrung, der Energiequotient ein weit größerer sein muß, als in
der Norm.
Auch ist der Bedarf an Kalorien seitens schwacher Frühgeburten
nach Schmidt, Finkeistein, Budin ein so unverhältnismäßig großer,
daß sich das nach H. mit Gramers Angaben nicht gut vereinigen läßt.
4. Den Grund der angeführten Differenz zwischen der Verwertung
der Muttermilch und der der Kuhmilch, wenn das angeführte Quantum
den gleichen Energiewert repräsentiert, festzustellen ist noch nicht
gelungen. Daß derselbe in der verschiedenen Beschaffenheit des
Kaseins in beiden Fällen, namentlich in seiner fein oder gröber
flockigen Gerinnbarkeit zu suchen sein, woraus sich eine Ungleich¬
heit der dem Organismus aufgebürdeten Verdauungsarbeit (im weiteren
Sinne) ergeben würde, hält H. für unwahrscheinlich. Vielmehr
sind wir mit der feineren Chemie derartiger Nahrungsmittel noch so
wenig vertraut, daß es auch für erfolglos gehalten werden muß, eine
gewisse äußere Übereinstimmung der Zusammensetzung zwischen
Muttermilch und künstlicher Nahrung durch alle möglichen Künsteleien
erzielen zu wollen.
5. Bei gesunden Kindern wird man stets mit den einfachen
mäßigen Milchverdünnungen und dem Alter entsprechend einem Zu¬
satz von Zucker oder Mehl auskommen.
6. Bei kranken Kindern wird man aber zu den verschiedenen
Surrogaten der reinen, schwachverdünnten Kuhmilch greifen müssen,
die ein möglichst kleines Volumen mit einem möglichst hohen Energie¬
quotienten und möglichst geringem Anspruch an die Verdauungsarbeit
verbinden, ohne daß man sich einseitig von dem Vorwiegen des einen
oder anderen Nährstoffes in der Nahrung leiten läßt.
Daß aber eine sonst rationelle Ernährung, wenn sie in Bezug
auf den Energiequotienten zu hoch getrieben wird, auch von gesunden
Kindern nicht vertragen wird, lehrt eine mitgeteilte Beobachtung
H.8, die zeigte, daß nach einem solchen Verfahren bei einem noch
zu jungen Kinde Dyspepsie eintritt, während wenige Wochen später
eine Nahrung mit dem nämlichen Quotienten gut ertragen und ver¬
wertet wurde. Eschle (Sinsheim).
W. Cronheim und Erich Müller. Versuche über den Stoff¬
und Kraftwechsel des Säuglings mit besonderer Berück¬
sichtigung des organisch gebundenen Phosphors.
(Aus dem tierphysiologischen Laboratorium der landwirtschaftlichen
Hochschule zu Berlin).
(Zeitschrift f. diätetische und physikalische Therapie 1902 Bd. 6 Heft 1 und 2.)
Wenn es auch nach den bisherigen Forschungsergebnissen als
eine einwandfreie Tatsache angesehen werden, daß die Menge des in
der Nahrung eingeführten Phosphors an sich, mehr noch aber die
chemische Verbindung, in welcher er enthalten ist, für den Stoff¬
zuwachs, d. h. den Eiweißzuwachs des menschlichen Körpers und
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3.
speziell des sich noch entwickelnden, kindlichen Organismus von
einschneidender Bedeutung ist, so sind damit doch noch nicht alle,
namentlich auch praktisch in Betracht kommenden Fragen über den
Zusammenhang der Phosphorresorption aus der Nahrung mit der sich
für den heranwachsenden Menschen ergebenden Stoffwechselbilanz
aufgeklärt. Aus Rochmanns u. A. Versuchen geht zwar mit Sicher¬
heit hervor, daß die phosphorhaltigen Eiweißstoffe (Kasein, Vitellin)
den phosphorfreien für die Ernährung selbst dann als überlegen an¬
zusehen sind, wenn den letzteren mineralische Phosphate in hinläng¬
licher Menge beigegeben werden, es ist auch nachden Arbeiten einer
Reihe von russischen Forschern anzunehmen, daß phosphorhaltige
Fette (z. B. das Lecithin des Eidotters) einen gewissen Einfluß
auf die Anlagerung von Eiweißstoffen, speziell die Hämatopoese
haben, aber es stand darüber noch immer jede Entscheidung aus,
ob und inwiefern sich die beiden Hauptformen, in denen das
organische Phosphor in den Nährstoffen — das eine Mal an Eiweiß,
das andere Mal an Fett — gebunden erscheint, bezüglich der Assi¬
milation des Phosphors einerseits, der des Eiweißes andererseits
voneinander unterscheiden.
Diese Frage exakt in Angriff genommen zu haben, ist besonders
bei dem Umfange und der Schwierigkeit der hierbei in Betracht
kommenden Untersuchungen, als ein großes Verdienst der beiden an
der vorliegenden Arbeit beteiligten Autoren anzusehen.
Die Versuche wurden in Parallelreihen an Kindern mit und
ohne Eidotterzusatz zu der Nahrung in der Weise angestellt, daß der
Stickstoff und Phosphorgehalt, wie auch Kaloriengehalt beider
Nahrungsformen durch entsprechende Zusätze (Magermilch, Butter,
Zucker) zu dem meist ein Kindermehl, in einer Reihe auch Kuhmilch
enthaltenden sterilisierten Flascheninhalt auf einen gleichen Wert ge¬
bracht wurde. Tierversuche wurden nur zur Vergleichung und Er¬
gänzung herangezogen.
Es ergab sich nun zunächst, daß es für die Assimilation nicht
gleichgültig ist, ob der Phosphor überwiegend in Form von Eidotter
oder ausschließlich in der Form des in der Magermilch enthaltenen
Kaseins bei gleicher Zufuhr von Eiweißkörpern und Gesamtnahrung
verabfolgt wird. Vielmehr erweist sich der Eidotterzusatz, vermutlich
durch seinen Gehalt an Lecithin, für die Ernährung des Kindes schon
in frühestem Alter als überlegen.
Für die Phosphorresorption selbst stellte es sich ferner heraus,
daß die phosphorreichen Gewebe, Nervenmark und kernhaltige Drüsen
am Stoffansatz des ersten Lebensjahres in ganz erheblicher Weise
beteiligt sein müssen. Denn die Menge des für die Knochenbildung
(aus dem Kalkansatz berechneten) und für die Fleisch- und Blut¬
bildung (berechnet aus' dem über den Bedarf der Knochenbildung
hinaus angesetzten Stickstoff) notwendigen Phosphors ist bei weitem
nicht so groß, als die wirklich angesetzte P.-Menge.
Wichtige Resultate ergaben sich ferner für die Kalkbilanz selbst,
indem diese trotz reichlicher Zufuhr aller knochenbildenden Mineral¬
stoffe bei der Ernährung mit sterilisierter Milch — ganz im Einklänge
mit vielfachen praktischen Erfahrungen —als negativ erwies; sterili-
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II. Referate.
117
sierte Milch war selbst nicht in Verbindung mit mäßigen Mengen
von Eidotter im stände, eine genügende Knochenbildung zu bewirken. —
Die Verff. deuten an, daß der erhöhte Stickstoffzusatz bei Zufuhr
des erforderlichen Phosphors durch Lecithin im Gegensatz zu der
durch Kasein möglicherweise darauf zurückzuführen ist, daß das
letztere bei der Verdauung einen Teil seines Phosphors im Pseudo-
nucleln unlöslich zurtickläßt. Die Unterschiede der Frauen- und
Kuhmilch dürften ja nach neueren Forschungen wohl auch nicht der
Verschiedenheit des beiderseitigen Kaseins sondern in dem Gehalt
der Frauenmilch an anderen phospborhaltigen Bestandteilen beruhen.
Werden doch 10°/ 0 der Trockensubstanz der letzteren von bisher
nicht näher bekannten Stoffen gebildet. Eschle (Sinsheim).
Ruzicka (Berlin). Ein Selbstversuch über Ausnutzung der
Nährstoffe bei verschiedenen Quantitäten des mit dem Mahle
eingefuhrten Wassers.
(Archiv für Hygiene 1902 Bd. 45 Heft 4).
Es handelte sich um die Feststellung, was für einen Unterschied
in der Ausnutzung der eingeführten Nährstoffe eine Änderung der
Quantität des mit dem eingenommenen Mahle eingebrachten Wassers
bedingt. Die Versuchsanordnung war so, daß in 2 mal 2 tägigen
Perioden mit derselben Nahrung auch dieselbe Wassermenge
eingenommen wurde; im ersten Versuch war die Wassermenge
auf den ganzen Tag gleichmäßig verteilt, im zweiten Versuch da¬
gegen wurde das Wasser mit der Nahrung zusammen und in den
ersten 1—2 Stunden nach dem Essen getrunken, so daß die Haupt¬
mengen des Wassers gerade während der Verdauungsperiode vor¬
handen waren.
Zwischen den Resultaten der ersten und zweiten Periode konnte
kein durchgreifender Unterschied konstatiert werden, d. h. die Aus¬
nützung wurde auch durch die großen Wassermengen während
des Essens nicht ungünstig beeinflußt. Selbst wenn dieser
eine Versuch keine volle Beweiskraft erbringen sollte, so ist doch
mit Sicherheit zu behaupten, daß mäßige Wasserzufubr beim Essen
nicht schädlich wirken kann. R. 0. Ncumann (Kiel).
E. Hellesen (Norwegen). Über den Stickstoffwechsel der
an Adipositas nimia leidenden Kinder, besonders bezüglich
Abmagerungskuren.
(Norsk Magazin for Lägevidenakab 1902 September).
Durch eine Reihe Stoffwechselversuche bei einem 12 jährigen
Mädchen, welches 48 Kilo wog und eine Höhe von 141 cm hatte,
gelangt Verf. zu dem Resultat, daß Abmagerungskuren im Kindes¬
alter wesentlich durch Einschränkung der Fettnahrung geschehen
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3.
müssen bei einer Kalorienmenge, die nur */ 5 kleiner als die der
Bilanznahrung ist. Man kann auch mit Eiweiß-Kohlehydratdiät
leichter den Hunger des Kindes stillen als mit Eiweiß-Fettdiät.
Adolph H. Meyer (Kopenhagen).
Adolph H. Meyer (Däne). Zur Kenntnis der Magensaft¬
sekretion der Säuglinge.
(Bibliotek for Läger 1902 Heft 3 und 4).
Verf. gibt zuerst eine kritische Übersicht der wichtigsten Arbeiten
über die Magenfunktionen der Säuglinge und zeigt, daß die Dissensen
der Forscher teils auf verschiedenen mehr oder weniger wertvollen
Versuchsmethoden, teils auf einer verkehrten oder ungenauen
Schätzung der gewonnenen Versuchsergebnisse beruhen. Während
man schon lange bei derartigen Untersuchungen bei Erwachsenen eine
bestimmte, abgemessene Probemahlzeit als notwendig angesehen hat,
wenn die Rede sein sollte von vergleichenden Versuchen, haben die
pädiatrischen Verfasser entweder gar keine Probemahlzeit gegeben,
die Versuche werden dann ganz unvergleichbar, oder sie haben Milch
als Probemahlzeit benutzt, mit welcher es sehr schwierig zu arbeiten
ist. Nachdem Verf. näher diese Schwierigkeiten (die wechselnde Zu¬
sammensetzung der Milch und der Milchgemische, die präexistierende
saure Reaktion bei der Titration, die salzsäurebindende Fähigkeit
der Milch u. s. w.) angegeben hat, beschreibt er seine Versuchs¬
methode. Als Standartprobemahlzeit hat er Gerstenwasser benutzt,
dessen Brauchbarkeit nachgewiesen wird; es wurde gewöhnlich
40 Min. nach dem Anfang der Mahlzeit ausgehoben, bisweilen zu
anderen Zeiten; ab und zu wurde Schüles Methode benutzt (suk¬
zessives Aushebern einer einzelnen Mahlzeit). Vergleichshalber wurden
Probemahlzeiten mit Wasser, physiologischer Kochsalzlösung, Nestlös
Mehl und Milchgemische gegeben. Die Gesamtazidität (Titration mit
Phenolphtaleln als Indikator), freie Salzsäure (Günzburgs Reaktion),
gebundene HCl und organische Säuren (Leos sukzessive Analyse),
Labferment (Gerinnungsprobe) und Pepsin (Metts Methode) wurden
bestimmt, insofern es möglich war quantitativ. Gewöhnlich wurde
Magenausspülung 1 / 2 Stunde vor den Versuchen vorgenommen; Verf.
verneint, auf seine Üntersuchungen hinweisend, daß'dieselbe in wesent¬
lichem Grade auf die Versuche einwirkt. Unverdünnter und un-
filtrierter Mageninhalt wurde immer benutzt. Im ganzen wurden
38 Säuglinge, alle künstlich genährt, im Alter von 3 Wochen bis
11 Monaten, untersucht. Die Anzahl der Versuche war ca. 300. Ver¬
suchstabellen und Krankengeschichten folgen.
Was die Säuglinge mit normaler Verdauung betrifft,
zeigt Verf., daß zu bestimmten Zeiten trotz gleicher Versuchsbedin¬
gungen kein bestimmter Aziditätswert angegeben werden kann. Die
Aziditätsschwankungen, die denen der Salzsäureazidität entsprechen,
auch in den Milch versuchen, sind doch kaum zufällig, sondern ein
Ausdruck für Einwirkungen, die wir zu erkennen nicht im stände
sind, aller Wahrscheinlichkeit nach nervöse Einwirkungen. Die Un-
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II. Referate.
119
kenntnis der Resorptions- und Expulsionsverhältnisse des Magens er¬
schwert auch die Schätzung von der Bedeutung der Azidität. Die
Salzsäureazidität ist auch kein Maß der Salzsäureproduktion. Es
zeigt sich, daß die prozentuarische Menge der digestiven Säure im
Verlaufe der ersten Stunde innerhalb derselben Grenzen liegt, bei den
verschiedenen Probemahlzeiten unter gleichen Versuchsbedingungen.
Lab und Pepsin wurJen immer gefunden; es gelang nicht, ein be¬
stimmtes Verhältnis zwischen den Fermenten und der Salzsäureazidität
nachzuweisen. Freie HCl ist nicht nötig um die Labwirkung hervor¬
zurufen; Cl 2 Ca-Zusatz war nur nötig bei niedriger Salzsäureazidität,
und Gerinnung trat bisweilen ein selbst bei niedriger Azidität. Die
prozentuarische Menge des Pepsins steigt im Verlaufe der Verdauung,
doch nicht immer gleich; die Pepsinmenge ist nicht nur von der
Salzsäuremenge abhängig. Organische Säuren wurden nur bei den
Mehl- und MUchmahlzeiten, nie in größerer Menge, [gefunden. Bei
akuten Magendarmkatarrhen werden bisweilen niedrige Aziditäten
gefunden, was doch auch bisweilen der Fall bei den gesunden Säug¬
lingen war. Daß heftige Cholerineanfälle die Magensaftsekretion so¬
wohl als die Schweiß- und Harnabsonderung herabsetzen können, ist
übrigens ganz natürlich. Fieber scheint nicht direkt auf die Azidität
einzuwirken. Das Gerstenwasser verläßt auch in dieser Gruppe schnell
den Magen. Abnormitäten des Fermentgehaltes wurden nicht
gefunden. Pepsin wurde auch bei neutraler Reaktion des Magen¬
inhaltes nachgewiesen. Organische Säuren konnten in den Wasser-
und Gerstenwasserversuchen nicht nachgewiesen werden, in den
wenigen Milchversuchen boten sie nichts Besonderes dar.
Bei chronischen Gastrointestinalkatarrhen wurde ver¬
mehrte Schleimvermischung und Neigung zur Stagnation der stärkeren
Milchgemische gefunden, während auch in dieser Gruppe Gersten¬
wasser (Wasser u. s. w.) schnell den Magen verläßt. Nur in einem
einzelnen Fall wurde Hyperazidität (Hyperchlorhydrie?) nachgewiesen.
Die Fermente und die organischen Säuren verhielten sich wie in den
anderen Gruppen. Die Aziditätsvariationen waren auch derselben Art
und fielen im ganzen innerhalb derselben Grenzen wie bei den ge¬
sunden Säuglingen.
Zum Schluß resümiert Verf. seine Resultate:
1. Die prozentuarische Menge der verschiedenen Bestandteile
des Magensaftes zu einem gegebenen Zeitpunkte, etwa im Verlaufe
von der ersten Stunde der Digestion, scheint sich im ganzen gleich
zu verhalten, d. h. innerhalb gleicher Grenzen zu liegen, sei es, daß
der Säugling Wasser, physiologische Kochsalzlösung, Gerstenwasser,
Nest 16s Mehl, oder daß er eine Milchmischung getrunken hat,
welcher Umstand sich vielleicht übereinstimmend mit Pawlows
Nachweis des sogenannten Appetitsaftes erklären läßt.
2. Die Aziditäts- und Fermentmenge ist bedeutend niedriger als
bei Erwachsenen.
3. Eine Norm der Azidität ebensowenig als der Lab- oder der
Pepsinmenge gelang es nicht bei gesunden Säuglingen (unter gleichen
Versuchsbedingungen) aufzustellen.
4. Kein Anhaltspunkt wurde gefunden irgend einer klinischen
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120
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3.
oder anatomischen Diagnose der Gastrointestinalkatarrhe der Säug¬
linge ebensowenig als der Prognose und der Therapie.
5. Die Annahme, daß der Säuglingsmagen nur als ein Reservoir
zu betrachten, ist unhaltbar. Die Variationen, die schon unter
normalen Verhältnissen auftreten, deuten gerade auf die intimen Ver¬
hältnisse, in welchen die Magenfunktionen mit denen des übrigen
Verdaüungssystems stehen, wie Verf. auch nicht daran zweifelt, daß
die Variationen unter abnormen Zuständen in der Tat ihre bestimmte
physiologische Erklärung haben.
6. Die Untersuchung der Magensaftsekretion der Säuglinge spielt
gegenwärtig keine Rolle in klinischer Beziehung, da im ganzen unter
abnormen Verhältnissen keine größeren Variationen gefunden werden
als die, welche, auf unbekannten nervösen Einflüssen beruhend, von
Tag zu Tag unter normalen Verhältnissen nachgewiesen werden können.
(Autoreferat.)
r -:
\ Th. von Hecker (Petersburg). Uber die Funktionen des
- kindlichen Magens bei Verdauungskrankheiten.
(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 56 Heft 5.)
H. prüfte den Chemismus, die Resorptionsfähigkeit und die
motorische Funktion des Magens mit einer Anzahl stationärer Säug¬
linge, indem er ihnen eine Milchprobemahlzeit verabreichte und die¬
selbe nach anderthalb Stunden wieder ausheberte. Er kam zu
folgenden Schlüssen:
I. Die Methode von Penzoldt und Faber, das Resorptionsver¬
mögen des Magens mittels der Jodkaliprobe zu prüfen, leistet ganz
gute Dienste bei der Diagnostik der Schwere der einzelnen Magen¬
darmkrankheiten, während der Salolmethode von Ewald und
Sievers kein praktischer, diagnostischer Wert beizumessen ist.
2. Die Resorption seitens des kindlichen Magens erfolgt bei
Kindern bis zum vierten Jahr schneller, als nach dem vierten Lebensjahr.
Altere Kinder nähern sich in dieser Beziehung den Erwachsenen.
3. Am stärksten in Mitleidenschaft gezogen ist das Resorptions¬
vermögen des kindlichen Magens bei akuter Gastroenteritis, an zweiter
Stelle stehen die Dyspepsien. Wenn auch in geringerem Grade leidet•
das Resorptionsvermögen gleichfalls bei akuter Enteritis und akuter
Colitis. Beim Schwinden der akuten Krankheitserscheinungen kommt
es gewöhnlich bald zur Besserung der Resorption. Was nun die
chronischen Erkrankungen des Magendarmtractus anbetrifft, so wird
auch je nach der allgemeinen Schwere der Erkrankung gleichzeitig
eine Beeinträchtigung der Resorption in mehr oder weniger starkem
Grade beobachtet. In leichter verlaufenden Fällen hält sie sich noch
in den normalen Grenzen. * \
4. Im Kindesalter wird bei allen Erkrankungen des Magendarm¬
tractus auch der Magen gleichzeitig in Mitleidenschaft gezogen; am
wenigsten bei akuten Dyspepsien und schnell ablaufenden akuten
Enteritiden; verhältnismäßig am stärksten bei akuter Gastroenteritis *
und den chronischen Erkrankungen des Intestinaltractus, während
man bei akuter Colitis folgendes beobachtet: Der Chemismus der
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II. Referate.
121
Magenverdauung liegt schwer darnieder, bei gleichzeitig befriedigendem
Zustande der Resorptionsverhältnisse des Magens.
5. Die Schwere einer gestörten Magenverdauung in chemischer
Beziehung kennzeichnet sich durch Fehlen von freier HCl, durch das
Vorhandensein organischer Säuren, schwache saure, ja sogar neutrale
Reaktion des Mageninhalts, welcher makroskopisch eine wenig ver¬
änderte Probemahlzeit darstellt.
t>. Ist Milch als Probemahlzeit gegeben, so werden durch die
klassische azidimetrische Titriermethode zu große Werte erhalten.
Hecker (München).
Carl Edvard Bloch (Däne). Studien über Darmentzündung.
(Dissertation. Kopenhagen. 160 S.)
Verf. nahm hauptsächlich anatomische Untersuchungen über die
akuten und chronischen, letal verlaufenden Verdauungsstörungen bei
Säuglingen vor. Um den kadaverösen Veränderungen zu entgehen,
injizierte er unmittelbar nach dem Tode der Säuglinge 100—150 cm
10°/ o iger Formalinlösung in die Peritonealhöhle. Nach der Ent¬
fernung des Magens und des Darms wurden diese Organe gemessen
und der Darminhalt mikroskopisch untersucht. Die formalinfixierten
Organe wurden in fließendem Wasser ausgewaschen und in 60°/ 0 igem
Alkohol aufbewahrt. Zu mikroskopischer Untersuchung wurde sowohl
Celloidin- als Paraffineinbettung (Serienschnitte) benutzt. Zum Färben
des Bindegewebes benutzte Verf. Hansens Methode, mit Methylenblau
und Hämatoxylin als Kernfärbungen kombiniert. Zur Muzinfärbung
empfiehlt Verf. Maiers Mucihämatein. Zum Färben der Granula
der Zellen benutzte er Heidenhains Eisenhäraatoxylinmethode.
Ehr) ich-Biondi-Heid enhains Färbemethode, die ausgezeichnete
Resultate gab, war doch die Hauptmethode. Bakterienfärbung nach
Gram und mit Thionin.
Verf. resümiert folgendermaßen seine Untersuchungen über die
Gastroenteritis: Bei der akuten und chronischen Gastroenteritis der
Säuglinge findet eine Entzündung statt, die am stärksten in der
Nähe der Valvula ileocoecalis auftritt. Die stärkeren Entzündungs¬
veränderungen verbreiten sich gewöhnlich ein wenig den Dünndarm
hinauf, im Dickdarm ist die Entzündung mehr gleichartig ausgebreitet.
In einzelnen Fällen findet man auch eine weniger hervortretende
Entzündung im Duodenum, aber der größte Teil des Dünndarms ist
frei von stärkeren Entztindungssymptomen, sein Epithelium und Drüsen
sind größtenteils normal. Die Entzündung verhält sich im Darme
ganz wie in anderen Schleimhäuten. Bei den akuten Formen findet
man hauptsächlich Injektion, zahlreiche Blutungen und eine sparsame
Rundzelleninfiltration in der Schleimhaut; die Drüsen können zystisch
dilatiert sein, ein großer Teil der Drüsenzellen und des Oberflächen¬
epithels der kranken Partien ist im nekrotischen Zerfalle, und man
findet hämorrhagische Ulzerationen. Bei den chronischen Formen
findet man stets dieselben, aber weniger hervortretenden Verände¬
rungen, wesentlich durch eine bedeutende Rundzelleninfiltration
in der Schleimhaut und Submucosa und durch Rundzellenexsudation
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122
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3.
charakterisiert. Außerdem findet man einige oberflächliche Substanz¬
verluste und follikuläre Ulzerationen. Ebensowenig anatomisch
als klinisch besteht irgend ein Unterschied zwischen den
akuten und chronischen Formen. Im Magen findet man in¬
konstant hämorrhagische Ulzerationen und Veränderungen im inter¬
stitiellen Gewebe. Das Epithel ist immer, die Drüsen gewöhnlich
normal.
Verf. hat auch interessante Untersuchungen über die normalen
anatomischen Verhältnisse des Magens und des Darms angestellt, und
verschiedene neue Beobachtungen gemacht. Es wird zu weit fuhren,
hier alle seine Beobachtungen zu referieren. Insbesondere sind seine
Untersuchungen über die Länge des Darmes und den verschiedenen
Kontraktionsgrad des Magens hervorzuheben. Ganz neu ist der
Nachweis von Darmsaftdrüsen (d. h. Lieberkühnsche Drüsen,
deren Fundusteil mit serösen Drüsenzellen, den Panethschen
Zellen ausgekleidet ist) nicht allein im Dünndarm, sondern
auch im Dickdarm des Säuglings bis zum Colon descendens
herab. Die Darmsaftdrüsen des Dickdarms schwinden im zweiten
Lebensjahre. Verf. glaubt, daß die bei Säuglingen verhältnismäßig
größere Anzahl Darmsaftdrüsen als bei Erwachsenen (bei welchen
man dieselben nur im Dünndarm findet) schuld daran ist, daß Kuh¬
milch vom Säugling besser als vom Erwachsenen ausgenützt wird.
Von speziellem Interesse sind auch Verf.s Untersuchungen über
die infantile Atrophie, welche die Heubnersche Auffassung stützen,
daß die Krankheit funktioneller Natur sei. Verf. glaubt Grund
zu haben zu vermuten, daß die Ursache der Krankheit in einer
Störuug der Funktion der Lieberkühnschen Zellen zu suchen ist,
da er bei dieser Krankheit nur eine sehr kleine Anzahl mit Sekret
gefüllter Panethscher Zellen fand, und da er andere Ursachen
dieser Abnormität ausschließen zu können vermag. Es ist zu hoffen,
daß diese sehr interessante Abhandlung, die viele neue Beobachtungen
in Bezug auf die normalen und abnormalen Verhältnisse des Säug¬
lingsmagens und des Säuglingsdarms darbietet, ins Deutsche übersetzt
wird. Adolph H. Meyer (Kopenhagen).
J. Herzberg. Sind in der Mundhöhle mit Ammenmilch
ernährter Säuglinge Streptokokken vorhanden?
(Aus der Kinderklinik der kgl. Charitö in Berlin.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1903 Nr. 1.)
H. untersuchte 10 durchaus gesunde Brustkinder und fand in
der Mundhöhle sämtlicher Streptokokken vor. Die Anwesenheit von
Streptokokken in der Mundhöhle gesunder Kinder stellt also einen
recht häufigen, wenn nicht konstanten Befund dar. Grätzer.
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II. Referate.
128
A. Klein (Amsterdam). Die physiologische Bakteriologie
des Darmkanals.
(Archiv f. Hygiene Bd. 25 Heft 2.)
Nachdem durch vorausgehende Untersuchungen festgestellt war,
daß im menschlichen Dannkanal eine sehr große Menge Bakterien
abgestorben sind, es aber beim Menschen bei Lebzeiten oder sofort
nach dem Tode nicht möglich ist, zu erforschen, in welchem Teil
des Darmkanals die Vernichtung vor sich geht, so verwandte Verf.
zu der Feststellung dieser Verhältnisse das Kaninchen. Die Tiere
wurden durch Nackenschlag getötet, die zu untersuchenden Teile der
Darmschlingen sofort abgebunden und Zählproben nebst Kulturen
angelegt.
So ergaben sich folgende Eigentümlichkeiten:
Mit den Ingesta gelangt eine große Zahl lebender und toter
Bakterien aus dem Magen in den Dünndarm. Indem der Speisebrei
fortbewegt wird, stirbt in den von ihm verlassenen Teilen des Dünn¬
darms eine Anzahl lebender Bakterien ab, welche dort zurückgeblieben
sind. Im Coecum vollzieht sich derselbe Prozeß. Die Zahl leben¬
der Organismen in den verlassenen Teilen des Dünndarmes nimmt
fortwährend ab, ohne daß jedoch eine vollkommene Sterilität erreicht
wurde. Im Prozessus vermiformis und Colon ascendens
findet ein weiteres Absterben der Bakterien statt. Im Coecum wurde
eine Zunahme der kultivierbaren Organismen angetroffen, dieselbe
beruht aber nicht auf einer Vermehrung der lebenden Bakterien,
sondern sie wird durch erhöhte bakterielle Konzentration hervorge¬
rufen. Im Rest des Dickdarms und im Rectum ist ebensowenig
eine Vermehrung wahrnehmbar, in manchen Fällen hingegen ein
fortwährendes Absterben.
Die Flora der züchtbaren Arten ist nicht allzugroß. Meist ist
es Coli und dessen Verwandten, aber auch mehrere verflüssigende
Arten finden sich. Am resistenzfähigsten sind die Coliarten, dagegen
gehen die peptonisierenden Arten leicht zu Grunde. Da
letztere leichter verschwinden, so finden sich im Coecum,
Processus vermiformis und Colon ascendens nur meist Coli
als züchtbare Arten.
Die beim Kaninchen gefundene auffallende Erscheinung, daß
nirgends eine Vermehrung der Bakterien stattfindet, ist auch der
Grund, warum die Fäulnisprozesse in deren Darmkanal fehlen,
eine Beobachtung, die beim Öffnen des Darmes bestätigt wird. Be¬
kanntlich ist letzteres bei Omni- nnd Carnivoren nicht der Fall.
R. 0. Neu mann (Kiel).
A. Rodella (Zürich). Über die Bedeutung der im
Säuglingsstuhle vorkommenden Mikroorganismen mit be¬
sonderer Berücksichtigung der anaeroben Bakterien.
(Zeitschrift f. Hygiene und Infektionskrankheiten 1902 Bd. 41 Heft 3.)
Die Arbeit des Verf.8 beschäftigt sich in der Haupsache mit
der Nachprüfung der von Escherich und anderen Autoren aufge-
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124
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3.
stellten Behauptung, daß den Darmbakterien des Säuglingsstuhles
jede peptonisierende und proteolytische Eigenschaft abgehe. Die
Versuche wurden angestellt mit Kot von „Brustkindern“, „Kindern
mit gemischter Nahrung“ und „Flaschenkindern“ und zwar
in der Weise, daß l / 2 —1 ccm Säuglingskot in 6—8 ccm sterile
Milch übertragen und die so angelegte Cultur unter anaeroben
Verhältnissen 24—48 Stunden bei 37° gehalten wurde. Sicher
konnte festgestellt werden, daß im Säuglingsdarme peptoni¬
sierende Arten vorhanden sind. Außerdem zeigte sich, daß ihre
Zahl bei künstlich ernährten Kindern viel größer ist und daß die
Anaerobiose die Peptonisierung des Kaseins nicht hindert. In patho¬
logischen Fällen ist die Peptonisierung am größten.
Weitere Untersuchungen über die Mikroorganismen des Darmes
ergaben, daß neben vielen Bact. coli commune und Bact. lactis
aerogenes auch andere Bakterien vorhanden sind, welche Gas
bilden. Dieselben sind, gleich wie auch einige peptonisierende Bak¬
terien zum Teil anaerob. Für die Isolierung der anaeroben Bakterien
ist es notwendig, gleichzeitig Gelatine und Zuckeragar zu verwenden,
ebenso ist es empfehlenswert, das Material, selbst wenn dadurch eine
geringere Ausbeutung erfolgt, vorher zu erwärmen.
Uber die tatsächliche Rolle, die die Anaeroben in physiologischen
und pathologischen Fällen spielen, weiß man einstweilen noch nichts
Bestimmtes. Jedenfalls hat aber die große Zersetzungsfähigkeit, die
diesen Bakterien eigen ist, für manche pathologische Fälle eine Be¬
deutung. Die Krankheitserreger dürften sich nicht nur aus der
Coligruppe sondern auch aus den anaerob wachsenden Mikroorganismen
rekrutieren. R. o. Neumann (Kiel).
Lentz (Berlin). Vergleichende kulturelle Untersuchungen
über die Ruhrbazillen und ruhrähnliche Bakterien nebst
einigen Bemerkungen über den Lackmusfarbstoff.
(Zeitschrift f. Hygiene und Infektionskrankheiten 1902 Bd. 41 Heft 3.)
Es wurden 24 verschiedene bei Ruhrepidemien isolierte Orga¬
nismen nebst einigen ruhrähnlichen Bakterien vergleichsweise unter¬
sucht auf: Maltose-Lackmus-Agar, Dulcit-Lackmus-Agar, Dextrin-
Lackmus-Agar, Fructose-Lackmus-Agar, Inulin-Lackmus-Agar und
Mannit-Lackmus-Agar. Die Unterschiede, die sich bei der Unter¬
suchung herausstellten, waren nicht besonders durchgreifend und
charakteristisch. Die besten Resultate ergab noch der Mannit-
Lackmus-Agar. Die echten Ruhrbazillen ließen diesen Nähr¬
boden unverändert, die meisten andern Stämme färbten ihn da¬
gegen rot, zum Teil unter Gasbildung. Wenn auch dieser Mannit-
nährboden für die Ruhrkultur gute Resultate liefert, so tritt doch
der Wert desselben als diagnostisches Hilfsmittel gegenüber der
spezifischen Agglutinationsreaktion eines hochwertigen Serums
bedeutend zurück. R. O. Neumann (Kiel).
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II. Referate.
125
E. Martini und 0 . Lentz (Berlin). Über die Differenzierung
der Ruhrbazillen mittels der Agglutination.
(Zeitschrift f. Hygiene und Infektionskrankheiten 1902 Bd. 41 Heft 8.)
Bei den verschiedenen Ruhrepidemien wurden eine Reihe
Organismen isoliert, welche in vielen morphologischen und biologischen
Punkten Übeinstimmen, andererseits aber auch in manchen Punkten
abweichen, sodaß bisher keine Einheit über die Identität oder Nicht¬
identität der verschiedenen Ruhrerreger herrschte. Mittels der
Agglutinationsprüfung wurden nun von den Verff. die bekannten
Reinkulturen geprüft und zwar so, daß nur hochwertige Sera, die
durch aktive Immunisierung von Ziegen und Kaninchen gewonnen
waren, benutzt wurden. Von Wichtigkeit ist, daß die Sera sehr
hochwertig sein müssen, da sonst die Reaktion nicht einwandfrei
gelingt. Auch ist das Serum von Ruhrrekonvaleszenten zur Agglu-
tinationsprüfung durchaus ungeeignet. Die Prüfung ergab die
Identität der Ruhrbakterien, welche vonShiga, Kruse, Th. Müller,
von Flexner in New Haven, von E. Pfuhl in China und in der
Döberitzer Epidemie 1901 gefunden wurden. Dagegen waren die
Reinkulturen, die Flexner in Manila, Shong in Manila, Dcycke
in Konstantinoppl, und Kruse bei Dysenterie der Irren gefunden
hatte, von den oben genannten Arten verschieden.
R. 0. Neumann (Kiel).
W. Duval und H. Basset (Pensylvania). The etiology of
the summer diarrheas of infants.
(Centralblatt f. Bakteriologie Bd. XXXIII No. 1 S. 52.)
Zur Untersuchung gelangten 42 typische Fälle von Sommerdiarrhoe
bei Kindern, aus deren Stuhl, in einigen Fällen bei der Sektion auch
aus Mesenterialdrüsen stets der Bacillus dysenteriae Shiga ge¬
züchtet wurde. Seine Spezifität konnte mittels der Agglutinations¬
probe gesichert werden. Im Gegensatz zu den Befunden bei an
Sommerdiarrhoe erkrankten Kindern ließen sich bei Kindern mit ge¬
wöhnlicher Diarrhoe in 27 Fällen keine Shigaschen Bazillen
nach weisen. Die Verff. nehmen daher an, daß der Bacillus dysen¬
teriae von Shiga bei Kindern die Sommerdiarrhoe, bei Er¬
wachsenen Dysenterie auslöst. R. 0. Neumann (Kiel).
Durando Durante. Über die hämolytische Eigenschaft des
Bacterium coli commune. Experimentelle Untersuchungen.
(La Pediatria 1902 No. 10.)
Verf. bediente sich zu seinen Untersuchungen zweier Kulturen
von Bacterium coli, einer stark virulenten, die von einem an schwerer
Darminfektion mit ausgesprochenen Intoxikationserscheinungen leiden¬
den Kinde stammte, und einer wenig virulenten, die aus den
Fäces eines Kindes, das an leichter katarrhalischer Enteritis er¬
krankt war, genommen war. Das Resultat dieser Untersuchungen
war, daß das Bacterium coli ausgesprochene hämolytische Eigen-
CentralbL f. Kinderhlkdo. VIII. Digitized by GöOQI
126
Centralblatt ftir Kinderheilkunde. No. 8.
schäften besitzt und zwar je stärker, je größer die Virulenz ist;
jedoch geht die Hämolyse mit einer gewissen relativen Langsamkeit
vor sich, auch ist kein Hindernis für ihr Zustandekommen, daß der
betreffende Organismus bereits eine Infektion mit Bacterium coli Über¬
stunden hat. Finder.
Galvagno. Über die pathogene Wirkung der im Kindesalter
häufigsten Eingeweideparasiten.
(Arch. di patologia e clinica infantile 1902 No. 4.)
Verf. teilt die Wirkungen der Eingeweidewürmer in drei Gruppen
ein. Die erste umfaßt die mechanischen Wirkungen und zwar sind
das zunächst rein lokale Störungen, wie Darmverschluß, Epithel¬
ablösung, Blutung und Darmperforation. Zu den mechanischen
Wirkungen gehören ferner die durch Einwanderung in entferntere
Organe (Zellengänge, Magen, Trachea, Kehlkopf, Tränengänge,
Wurmfortsatz, Vulva, Vagina, subkutanes Gewebe) entstehenden
Störungen. Die zweite Gruppe nennt er diejenige der biochemischen
Wirkungen, als da sind Fieber, Entzündungen (Enteritis, Vulvo-
Vaginitis, Dermatitis), Abszeßbildung, ferner toxische Erscheinungen.
Die dritte Gruppe umfaßt die neuropathogenen Wirkungen und zwar
Koliken, Spasmen, Strangurie, Eklampsie, klonische Krämpfe, Kon¬
trakturen und Trismus, vorübergehende Paresen und Paralysen.
_ Finder.
Baravalle. Über Anchylostoma-Anämie im Kindesalter.
(II Morgagni 1902 No. 9.)
Es handelt sich in dem vom Verf. mitgeteilten Fall um ein
7jährige8 Kind, das in einem an schweren Typhus erinnernden Zu¬
stand ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Nach Kalomelgaben fanden
sich in den Fäces große Mengen von Anchylostoma duodenale. Der
Zustand besserte sich unter täglicher Darreichung von Ferrum und
nach einigen Gaben von Extr. filic. maris und nach ca. 5 Wochen
konnte das Kind als geheilt entlassen werden. Verf. ist der Ansicht,
daß bei sorgfältiger Beobachtung sich die Zahl von Anchylostomafällen
im Kindesalter als nicht so selten heraussteilen würde, wie sie ge¬
meinhin angenommen wird. F.
Nicolai Schiödte (Däne). Bandwürmer im Kindesalter.
(Hospitalstidende 1902 No. 49 und 50.)
Verf. hat alle die Fälle von Taenia bei Kindern gesammelt, die
im Kommunehospital und im Kinderkrankenhause zu Kopenhagen von
1878 bis 1902 behandelt wurden. Die Krankheit ist bei Kindern
ziemlich selten in Kopenhagen, es handelte sich nämlich im ganzen
nur um 48 Kinder (65 Fälle, da mehrere Rezidive eintraten), d. h.
ca. 0,37 pro mille der in der Klinik und im Spital behandelten
Kinder. Bei keinem Kinde wurde mehr als eine Taenia gefunden,
ein Kind hatte seine Taenia 8 Jahre lang gehabt. Fast in allen
Fällen war es Taenia mediocanellata, nur in 41 Fällen T. solium;
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II. Referate.
127
vereinzelt wurden T. cucumerina, T. flavopunctata und Botriocephalus
latus gefunden. Verf. gibt eine Darstellung der Symptomatologie
und der Behandlung. Beinahe alle die Patienten waren anämisch,
der Appetit war vermehrt, vermindert oder wechselnd; bedeutenden
Einfluß auf die Entwickelung der Kinder hatte die Taenia in keinem
Palle. Erbrechen fand nie statt; Abdomen war normal, auch der
Stuhl. Dagegen wurde Aufstoßen und Übelkeit beobachtet, sowohl
als Gähnen, mürrisches Wesen, Schläfrigkeit, Grübeln in der
Nase, Kopfschmerzen, Schwindel, bläuliche Dekoloration unter den
Augen u. s. w. Krämpfe oder spezielle nervöse Fälle wurden nicht
beobachtet. Verf. empfiehlt bei den kleinen Formen mild wirkende
Mittel, wie z. B. Flores kusso, bei den großen Formen wird gewöhn¬
lich nur Inf. corticis granati oder Extract. filicis Erfolg haben. Der
Verlust an Gewicht während der Kur ist oft sehr groß.
Adolph H. Meyer (Kopenhagen).
M. Wagner (Meerane). Ein Fall von Erstickung infolge
Verlegung des Kehlkopfeinganges durch Spulwürmer.
(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 49.)
Der 8jähr. Knabe bekam Kolik, und es gingen ihm zwei Spul¬
würmer ab. Nach einer daraufhin eingeleiteten Santoninkur gingen
26 Spulwürmer ab. Einige Tage später kam ein Spulwurm aus einem
Nasenloch hervor. Wieder einige Tage darauf erbrach Pat. zwei
Spulwürmer, war dann wieder munter und wurde einige Zeit
allein im Zimmer gelassen. Man fand ihn dann bewußtlos daliegen,
blau im Gesicht, Schaum vor Mund und Nase, mit verdrehten Augen,
krampfhafter Verzerrung des Mundes, stark rasselnder Atmung u. s. w.
2 3 / 4 Stunden dauerte dieser Kampf, dann starb der Knabe. Bei der
Sektion zeigten sich die typischen Erscheinungen des Erstickungs¬
todes. Aus dem Schlundende der Speiseröhre, dieselbe fest aus¬
stopfend , fand man ein Bündel von sieben Spulwürmern. Bei einem
Brechanfall mußte dies Konvolut im Schlunde stecken geblieben sein
und sich nach dem Zungengrunde zu über den Kehlkopfeingang weg¬
gelegt haben. Grätzer.
Fr. V. Torday (Budapest). In den Bronchus gelangter
Fremdkörper; Tod durch Eklampsie.
(Magyar Orvosok Lapja 1902 No. 37.)
Der 5 jährige Knabe aspirierte einen Zwetsehenkem, wonach
sofort heftiger Hustenreiz auftrat, der sich aber später legte. Seit¬
dem aber wiederholen sich diese heftigen Hustenanfälle, dabei war
ein geräuschvolles Atmen bei dem Knaben hörbar. Der Knabe
wurde in solchem Zustand ins Stefanie-Kinderspital zu Budapest
gebracht; nächsten Tag trat plötzlich Dyspnoe auf und hernach algide
Asphyxie, welche trotz künstlicher Atmung nicht nachließ. In diesem
komatösen Zustand stellte sich die Eklampsie ein mit schweren auf
sämtliche Muskeln des Körpers sich verbreitenden Krämpfen. Der
Fremdkörper konnte bei der vollführten Tracheotomie bezw. weder
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128 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3.
durch Husten noch durch Instrumente entfernt werden, endlich
erfolgte der Tod im Laufe eines eklamptisehen Anfalles. Bei der
Sektion wurde der Kern im rechten Bronchus mit seinem unteren Ende
in die Schleimhaut bereits eingebohrt vorgefunden. Dieser Fall
bestärkt von neuem die Erfahrung, daß, wenn in die Luftwege ein
Fremdkörper gelangt, mit der Operation geeilt werden muß,
wenn sich auch der Fremdkörper frei bewegt und das Allgemein¬
befinden kaum gestört ist J. Hönig (Budapest).
W. Schröder (Hamburg-Barmbeck). 2 Fälle schwerer Otitis
media purulenta durch „Schneeberger“.
(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 47.)
Beide Fälle zeichneten sich durch explosionsartige Schnelligkeit
und Heftigkeit aus. Der eine betraf einen Erwachsenen, der zweite
aber einen 14 jährigen Knaben mit Ozaena, dem sein Vater gegen diese
Affektiön das Schnupfen des „Schneebergers“ empfohlen hatte. Schon
nach einigen Stunden stellten sich aber doppelseitige Ohrenschmerzen
ein, die immer heftiger wurden. Tags darauf erschien schon das
linke Trommelfell perforiert, und es entleerte sich eine serös-blutige
Flüssigkeit, während das rechte Ohr ein gerötetes Trommelfell zeigte.
Heilung nach 3 Wochen.
Schneeberger besteht aus verschiedenen Substanzen, hauptsächlich
aber aus Khizoma iridis und Rhizoma veratri, letzteres für beide
Fälle sicher ätiologisch zu beschuldigen. Wenn man bedenkt, daß
bei mancher chronischer Nasopharyngitis mit atrophischer Tendenz
der Nasenrachenraum überaus weit ist, sodaß hin und wieder sogar
die klaffende Tube zu sehen ist, wenn man ferner berücksichtigt, mit
welcher Gewalt manchmal die Prise in die Nase geschleudert wird,
so muß man sich wundern, daß auf diesem Wege akute Otitis nicht
viel häufiger entsteht. Jedenfalls sieht man, daß das Prisen ge¬
fährlich werden kann, daß das Aufschnupfen als Spielerei, wie es die
Schuljugend häufig betreibt, durchaus zu perhorreszieren ist
Grätzer.
K. Sonnenschein. Ein Beitrag zur Therapie des Mastdarm-
vorfalls bei Infantilismus.
(Aus dem Bürgerhospital zu Köln.)
(Centralblatt f. Chirurgie 1902 No. 44.)
Bisher gibt es keine Methode, von der man unter allen Um¬
ständen einen Erfolg beim Mastdarm Vorfall erwarten darf. Daher
erwarb sich in letzter Zeit die Thierschsehe Methode der Einlegung
eines Silberdrahtringes in den Sphincter ani viele Freunde; sie wurde
auch im Bürgerspital in allen Fällen und, von Prolapsen schwächlicher
Kinder abgesehen, meist mit Erfolg angewandt. Die Erfolge beschränken
sich aber eben auf die Kinderpraxis. Bei älteren Pat. erzielte man
mit den sogenannten Suspensionsmethoden schöne Resultate.
W. A. Freund betonte nun 1900, daß der bei infantilen Per¬
sonen bestehende Tiefstand der Douglastasche auch die Ursache von
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£1. Referate.
129
Prolapsen sein könne. Während bei normal entwickelten Mädchen
die Umschlagfalte des Peritoneum in der Excavatio recto-uterina in
der Höhe der Portio vaginalis besteht, reicht sie bei infantilen Indi¬
viduen fast bis zum Beckenboden herab. In diese Tasche nun senken
sich die Eingeweide wie in einen großen Bruchsack hinein und führen
dann zu oft kolossalen Prolapsen, nicht nur der Vagina, sondern auch
des Rectums, durch Ausstülpung zunächst der vorderen Mastdarm¬
wand und dadurch veranlaßtes sekundäres Heruntersteigen des ganzen
Mastdarmes.
Eine auf diese Erklärungen fußende, neue Operationsmethode
wandte nun Bardenheuer im vorigen Jahre bei einem 17 jährigen
ausgesprochen infantilen Mädchen mit großem Rectum- und Vaginal¬
prolaps mit vollem Erfolge an. Die Operation zeigte zum Unterschied
von anderen wesentlich 2 Momente: Die erhebliche Drehung der
Flexura sigmoidea nach rechts bei gleichzeitiger Querlagerung und
die Verödung des Douglas; ersteres zur Beseitigung des Prolapses,
das zweite zur Behebung der Ursachen desselben. Grätzer.
P. Kremm. Die Radikaloperation des kindlichen angeborenen
Leistenbruches.
(Aus dem Kinderkrankenhause zu Riga.)
(Centralblatt f. Chirurgie 1902 No. 46.)
Seit längerer Zeit operiert K. den kindlichen angeborenen Leisten¬
bruch in folgender Weise: Schnitt auf den Bruchsackhals, nach oben
und unten über denselben hinausgreifend. Nach gehöriger Vertiefung
des Schnittes wird der Bruchsack eröffnet. Derselbe wird mit der
Fascia herniae propr. bis zum Bruchsackhalse freigelegt. Nunmehr
wird nach Reposition des Bruclisackinhaltes der Bruchsackhals mög¬
lichst hoch oben durch eine Tabaksbeutelnaht (Seide) geschlossen.
Jetzt schlägt K den Bruchsack auf der ganzen Strecke zwischen
oberem Hodenpol und Bruchsackhals nach außen um, sodaß die
Serosaüäche, die bisher nach innen zu den Zylinder auskleidete, nun¬
mehr nach außen zu liegen kommt. Mit einigen Kopfnähten näht K. die
sich berührenden Serosaflächen zusammen. Der Bruchsack + Fascia
transversa + Kremasterschicht bildet nun einen zylindrischen Strang,
dessen innere Lage die Fascia herniae propr. darstellt, und die Serosa
zum äußeren Mantel hat. Es .folgt dann die Bassi nische Verlagerung
und die Naht. Bei einiger Übung ist die Operation in 15—20 Min.
beendet.
Das Verfahren hat besondere Vorteile. Jede Quetschung und
Zerrung der Gewebe fällt fort, eine Verletzung der Samenstranggebilde
ist ausgeschlossen, ebenso ist die Gefahr der Nachblutung, die auch
bei stumpfem Ablösen des Bruchsackes droht, glücklich vermieden.
Dadurch daß der in Verbindung mit der Fascia propr. isolierte
Bruchsack in seiner ganzen Ausdehnung gespalten wird, wird
die Gefahr einer spontanen Zurückdrehung des nach außen ge¬
schlagenen Bruchsackes am sichersten vermieden, da die Serosa-
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3.
flächen durch einige Kopfnähte in festen Kontakt miteinander ge¬
bracht werden können, sodaß eine Verklebung bald erfolgen kann.
Auch kommt bei jener Behandlung des Bruchsackes bei dem Um¬
schlag der Vaginalserosa nach außen die hieraus resultierende Ver¬
klebung einem festeren Verschluß des Bruchsackhalses zu gute kommen.
Endlich gelingt es wohl sicher bei hochangelegtem Verschluß des
Bruchsackhalses und Verlagerung des Samenstranges auf den ver¬
nähten Leistenkanal, jede Trichterbildung, die zu Rezidiven Anlaß
geben könnte, zu vermeiden. Grätzer.
III; Aus Vereinen und Versammlungen.
Vereinigung niederrheinisch-westfälischer Kinderärzte.
10. Sitzung vom 10. August 1902 in Köln.
(Originalbericht.)
I. Demonstration von Herrn Mayer (Köln), a) Demonstration eines Redressions*
gipsbettes bei rhachitischer Skoliose. Dasselbe wird nach Schanz auf dem Nebel-
schen Kähmen in redressierter Lage des Kindes angefertigt, indem man von dem
Kinde einen Gipsabklatsch des Rückens macht und diesen trocknet. Dem Rippen¬
buckel gegenüber kommt ein Filzstück, welches beim fertigen Gipsbett auf die
Stelle des Rippenbuckels kommt. In den Abklatsch wird oben eine Stahlstange
quer eingegipst, welche das Herumwälzen mit dem Gipsbett verhindert und
außerdem einige Schnallen angebracht, welche das unwillkürliche Verlassen des
Gipsbettes im Schlafe unmöglich machen. Die Ränder werden mit Flanell beklebt
b) Demonstration eines Lederschuhes über einen Gehgipsverband. Der Schuh
vorne und hinten zum Schnüren eingerichtet.
II. Herr Dr. Kaupe (Dortmund). Maligne Varicellen. K. machte bei einer
Varicellenepidemie die Beobachtung, daß dieselbe äußerst infektiös war, ferner
daß bei derselben mehr als gewöhnlich Komplikationen auftraten, was von der
gewöhnlichen Anschauung, daß Varicellen die unschuldigste Kinderkrankheit sei,
bedeutend ab weicht. Nachdem K. die Urteile betreffs Prognose älterer Pädiater
angegeben, ging er nach Erwähnung des Falles von Henoch: betreffs Nephritis
nach Varicellen auf sein eigentliches Thema über und besprach die in der Literatur
niedergelegte Kasuistik der malignen Varicellen unter Einreihung seiner Beob¬
achtungen: 2mal schwere ulceröse Form; 2mal Nephritis; bei einem Kinde, dessen
Mundschleimhaut besonders befallen war, war sogar das vordere Gaumensegel
von einer ulcerösen Varicellenpustel durchbrochen; bei einem anderen Nasenein¬
gang und Naseninneres äußerst stark befallen und als Kuriosum das Befallensein
der Vola manus mit typischen Varicellenpusteln. K. schließt: Es ist also das
Varicellengift nicht immer so indifferent als angenommen wird, und es ist daher
ratsam, sich bei Varicellenerkrankung betreffs Prognose eine gewisse Reserve zu
bewahren und wenn auch keine strenge, so doch reizlose Diät zu verordnen.
Zur Diskussion: Herr Castenholz (Köln). C. hat ebenfalls schwere Nephritis
nach Varicellen beobachtet wie sie schwerer auch nicht nach Scharlach aufzutreten
pflegt. In mehreren Fällen — aber nur in einem Jahre, nachher nicht mehr — beob¬
achtete C. in einer Varicellenepidemie, daß sich die Varicellen zu großen, pemphigus¬
ähnlichen Blasen verbreiterten, von denen einzelne bis zu Handtellergroße an wuchsen.
Diese Fälle verliefen schwer, wenn auch nicht tödlich. Schließlich muß C. die
Gefährlichkeit der Varicellen für Hospitäler betonen, weil nach seinen Erfahrungen
sich an Varicellen sehr leicht Sepsis mit tödlichem Ausgange anschließt
Herr Rey (Aachen) beobachtete in früherer Zeit niemals irgend welche
Komplikationen unangenehmer Natur bei Varicellen. Im vergangenen Frühjahr
jedoch zeigten die Varicellen in Aachen wie auch in Dortmund einen viel
schlimmeren Charakter als gewöhnlich. Besonders häufig trat unter der bedeutend
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III. Aus Vereinen und Versammlungen.
131
vergrößerten Varicellenpustel ein Furunkel auf; seltener eine breitere Nekrose
der Haut, die in einigen Fällen bis auf die Fascie hinabging. Die Temperaturen
erreichten eine ungewöhnliche Höhe. Auch in den schwersten Fällen beobachtete
er keine Nephritis.
Herr Krautwig kennt einen Fall von Varicellen, wobei suffokative Anfälle
eintraten und von einem Halsapezialisten abheilende Ulceration am falschen Stimm¬
band festgestellt wurde.
Herr Selter (Solingen) bestätigt das Vorkommen von Hautgangrän bei
Varicellen.
III. Herr Dr. Kaupe. Ikterus nach Scharlach. Ein 4jähriges Kind an leichtem
Scharlach erkrankt und bereits 4 Tage fieberfrei. Plötzlich Schüttelfrost, Er¬
brechen und Temperatur von 39,8, obwohl strengste Milchdiät innegehalten wurde
und Nieren und Rachen frei waren. Anderen Tages sind die Zervikaldrüsen be¬
deutend geschwollen. Rachen frei, ebenso die Gelenke. Bis zum Abeud sind die
Präaurikulardrüsen, Kubital- und Inguinaldrüsen geschwollen, hart und zum Teil
sogar sichtbar; ebenso die Milz fühlbar. Es fiel auf, daß das Kind keinen Urin
gelassen und daß der Stuhl angchalten war; ebenso begannen die Konjunktiven
sich gelblich zu verfärben. Anderen Tags früh war das Kind tief ikterisch, die
Leber deutlich fühlbar, nicht schmerzhaft. Urin waren ca. 70 ccm spontan ge¬
lassen, hochgestellt, trübe, dunkelbraun, enthielt viel Eiweiß und GallenfarbstofF.
Mikroskopisch zahlreiche ikterisch * Hyaliuzylinder und Epithelien. Stuhlgang auf
Einlauf strangförmig, tonig, übelriechend. Während dieser Zeit bestand das
Fieber fort, bis zum fünften Tage nach dem Schüttelfrost fiel dasselbe kritisch
ab, womit auch die Diurese wieder ausgiebiger wurde und eine allmähliche restitutio
sich einstellte.
Als Ursache nimmt K. zwei Möglichkeiten an. 1. ist durch die Schwellung
sämtlicher Drüsen auch der an der Porta hepatis gelegene Ductus choledoehus
verlegt gewesen oder aber die Leber selbst als Drüse ist durch das Virus in toto
entzündet gewesen und dadurch ist der Übertritt von GallenfarbstofF in die Blut¬
bahn bedingt gewesen.
IV. Herr Krautwig (Köln). Plötzliche Todesfälle im Kindesalter. (Der Vortrag
ist erschienen im Archiv für Kinderheilkunde Bd. 35.)
Zur Diskussion: Herr Bloch. Nach Analogie des plötzlichen Jflerztodes
nach überstandener Diphtherie möchte ich an die plötzlichen Todesfälle nach
schweren Verbrennungen erinnern, wo bei Sektionen nur wenig konstatiert wurde.
Wahrscheinlich handelt es sich um Degeneration der Herzganglien durch die ins
Blut aufgenommenen Verbrennungsstoffe von der Haut aus.
Herr Castenholz berichtet über einen plötzlichen Todesfall, wo bei der
Sektion eine im Schlaf aspirierte Fliege vorgefunden wurde. Das Bild machte
sowohl äußerlich den Eindruck eines Erstickten und auch bei der Sektion wurden
die Symptome der Erstickung vorgefunden.
Herr Dreher teilt einen Fall von plötzlichem Tode mit, bei welchem sich
bei der Obduktion eine mäßige Pleuritis exsudativa und eine im mittleren Maße
hypertrophische Thymus fand. Das rhachitische Kind ist nach Angabe der Eltern
bis unmittelbar vor seinem Tode ohne jede krankhafte Erscheinung gewesen.
V. Herr Selter (Solingen) bespricht an der Hand zweier Fälle von Pylorus¬
stenose 1 ), deren einen er post mortem sah und anatomisch mit verarbeitete, während
der zweite Fall, der unter den typischen Erscheinungen dieser Erkrankung in
Behandlung kam und jetzt weit gebessert hier vorgestellt wird, die über dieses
Kapitel bisher erschienene Literatur und knüpft daran eine Kritik, in der er zu
folgenden Schlüssen kommt.
1. Die angeborene Pylorusstenose ist ein wohl charakterisiertes Krankheits¬
bild, das sich zeigt a) in hartnäckigem aber wechselndem, meist einige Zeit nach
der Geburt beginnendem, nicht gallenfarbstoff haltigem Erbrechen, b) in spärlichen,
wenn vorhanden, dyspeptischen Stühlen, c) rascher Gewichtsabnahme und eventuell
d) deutlich werdender Gastrektasie und e) Tumor in der dem Pylorus entsprechenden
Gegend. 2. Für das Vorkommen des Pyloruskrampfes fehlen bisher noch die
nötigen faktischen (d. h. anatomisch physiologischen) Grundlagen. 3. Die Therapie
der Pylorusstenose erstreckt sich auf Regelung der Diät (feinflockige Gerinnsel
büdende Speisen, wenn möglich Muttermilch) Magenspülungen, eventuell Mast-
x ) Erscheint an anderer Stelle
(Grenzgebiete der Chir. und Med.).
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8.
darin- und Hauternährung und bei Fehlschlagen dieser Maßnahmen, als ultimum
refugium Operation. 4. Die Prognose richtet sich nach dem unter der Behandlung
festzustellendem Grade der Stenose.
Zur Diskussion: Herr Hoffmann (als Gast) wendet sich gegen den die Ope^
ration vollständig verwerfenden Standpunkt Heubners und glaubt, daß man nach
einer erfolglosen, nicht zu lange fortgesetzten inneren Therapie doch wohl die
Verpflichtung habe, mit der Gastroenterostomose eiue Heilung herbeizuführen
zu versuchen. Besonders der Fall von Kehr beweise, daß man auch in ganz
jugendlichem Alter erfolgreich operieren könne. Sehr empfehlenswert sei gerade
bei sehr heruntergekommenen Kindern die Witzelsche Methode der Gastro¬
enterostomose, welche eine sofortige Ernährung gestatte.
Herr Lamm. Bezüglich der diätetischen Behandlung halte ich es für richtig,
dem Kinde nur kleine, häufige Mahlzeiten zu geben, also das Brustkind nicht,
wie üblich 15—20 Minuten an der Brust liegen zu lassen und eventuell das
Resultat der Magenausspülung der Anzahl der Mahlzeiten zu Grunde zu legen.
Herr Paffenholz berichtet über eiuen Fall von unzweifelhafter Pylorus¬
stenose, der ohne Operation gut verlaufen ist. Erbrechen bestand aber monate¬
lang, das Kind entwickelte sich sehr langsam, in den späteren Monaten aber gut.
Also Versuch mit interner Behandlung abzuwarten jedenfalls gerechtfertigt.
VI. Herr Rendsburg (Solingen) berichtet zur Frage der Buflermilchemährung
über Erfolge, die Dr. Selter im Verein mit ihm bei Buttermilchernährung in
der Praxis hatten. In ea. 75 Fällen bewährte sie sich durchaus gut; es gelang
bei den meisten über Erwarten befriedigende Gewichtszunahmen, bei allen die
Heilung selbst schwerer Brechdurchfälle zu erreichen, wo andere Mittel versagten
bezw. langsam zum Ziele führten. Die Erfolge wurden durch Gewichtskurven
illustriert. Da alle Milchhändler ihre Buttermilch mit vom Tage vorher zurück¬
gebliebener sauer gewordener Magermilch versetzen, empfiehlt sich größte Vorsicht;
als Kontrollmittel, ob die Buttermilch nicht verfälscht ist, hat sich die Aziditäts¬
bestimmung und die Fällung des Kaseins mit Essigsäure bewährt. Die mit Mager¬
milch versetzte Buttermilch weist stets eine höhere Azidität auf, als die reine;
das mit Essigsäure gefällte und abfiltrierte Kasein ist bei dieser fein verteilt und
legt sich dem Filter in dünner Schicht an, bei jener ist es gröber und massiger auf
dem Filtfir. In Fällen, in denen die Gewichtszunahme bei reiner Buttermilch auf
die Dauer nicht befriedigte, erzielten sie stets durch Rahmzusatz einen guten Erfolg,
üble Folgen sahen sie selbst bei schweren Enterokatarrhen nicht hiervon. Bei atro¬
phischen, für ihr Alter an Gewicht zurückgebliebenen Kindern ließen sich ohne
schädliche Folgen bei gesteigerter Zunahme, Mengen bis zu 40 Kalorien pro kg ein¬
führen. Am schlechtesten wurde verhältnismäßig das Weizenmehl vertragen; relativ
häufig ließ es sich im Stuhle unverdaut wiederfinden; bei Verwendung von dextrinierten
Mehlen ließ sich dieser Umstand leicht heben. Die Mi l lonsche Reaktion auf Eiweiß
war selbst bei Einfuhr unverhältnismäßig hoher Eiweißmengen stets negativ oder nur
schwach angedeutet. Um zu sehen, ob das geänderte Verhältnis von Kasein zum
Albumin in der Buttermilch mit zur leichteren Verdaulichkeit derselben beitrüge,
haben S. und R. das Kasein der Buttermilch und der Magermilch gefällt und
gewogen (so gut dies ohne exakte chemische Apparate ging) und ein Plus von
Kasein in der Magermilch um 2,65% gefunden. Genauere chemische Analysen
über das Verhältnis des Albumins und Kaseins in der Buttermilch stehen noch
aus, werden jedoch auf ihre Veranlassung gemacht werden.
Zur Diskussion: Herr Gernsheim. Von meiner ursprünglichen Skepsis, der
ich verschiedentlich Ausdruck gegeben habe, bin ich abgekommen, seitdem ieh
mit einwandsfreier Buttermilch, speziell bei Kindern auf dem Lande, in deren
Familien selbst die Buttermiich sorgfältig hergestcllt wurde, gute Erfolge gehabt
habe. Diese guten Ergebnisse stellten sich jedoch nur bei chronischen Erkrankungen
des Magendarmkanals bei Kindern von 5—10 Monaten, ja bei Kindern über ein
Jahr ein, nicht aber bei akuten Brechdurchfällen, bei denen ich regelmäßig ein
klägliches Fiasko erlebte. Ich möchte noch hinzufügen, daß ich statt des nicht
immer gleichmäßig beschaffenen Weizenmehls, Reismehl und zwar das in Paketen
käufliche Knorrsche Reismehl verwenden lasse.
Herr Paffenholz. Die Skepsis bei der Buttermiiehernährung bezieht sich auf
die Schwierigkeit in Großstädten, gute Buttermilch zu beschaffen. Ein eklatanter
Erfolg bei einem Dorfkind von ft Wochen (Zunahme von 1800 g in 3 Wochen),
dessen Eltern selbst täglich für ihr Kind die Buttermilch bereiteten, veranlaßte
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UI. Aus Vereinen und Versammlungen.
138
zu Versuchen in der Stadt; hier war das Material sehr verschieden, auch garantiert
reine Proben ergaben große Unterschiede im Säuregehalt (16 Grade nach Soxhlet
mit x / 4 -NNa- Lauge bis zu 38 Grade). Millonsche Reaktion nicht durchaus
Kontraindikation gegen Eiweißernährung, auch Verdauungssekrete können dem
Stuhl beigemischt sein. Überhaupt muß der so wichtige Weg der Fäcesunter-
suchungen beim Aufsuchen der passenden Ernährungsweise noch weiter ausgebaut
werden. Bestätigungen der Erfolge Biederts fehlen bis jetzt seitens der großen
Kinderkliniken.
Herr Selter. Daß man skeptisch der Buttermilch gegenüber gestanden,
hat seinen Grund darin, daß sie auf Grund rein empirischer Erfahrung empfohlen
wurde. Die erste Publikation hierüber (Teixeira) stößt unserer wissenschaftlichen
Erkenntnis geradezu vor den Kopf, wenn sie z. B. mitteilt, daß man straflos un¬
gezählte Kalorien Buttermilch einführen könne, daß eine genaue Stuhluntersuchung
zwecklos sei u. s. w. Ich glaube aber und Herr Rensburg hat es Ihnen an¬
gedeutet, daß wir einen Grund ihrer vorteilhaften Wirkung in dem Verhältnis
des Albumins zu dem Kasein der Buttermilch sehen müssen. Ich bin daran, den
Gedanken weiter auszubauen und eine auch konservierbare, kaseinarme und al¬
buminreiche Nahrung herzustellen. Sollte uns das gelingen, so glaube ich, sind
wir damit einen Schritt weiter in der Säuglingsernährung, indem wir je nach dem
Resultate der Stuhluntersuchung — die ich allerdings nach Biedert in der
Therapie der Ernährungsstörungen für unentbehrlich und für einen trefflichen
Wegweiser halte — Rahm (Fett), aus Zucker bezw. Kohlehydraten und aus einer
solchen albuminreichen Milch eine dem Einzelfalle entsprechende Nahrung herzu¬
stellen in der Lage sind. Vorläufig aber glaube ich, ist die Buttermilch dazu
berufen, uns die Lücke der leicht verdaulichen Eiweißmilch zu ersetzen.
Herr Rensburg (Schlußwort). Ich wundere mich darüber, daß andere Herren
solche Schwierigkeiten haben, eine einwandfreie Buttermilch zu erlangen. Wir
haben in unserer doch relativ kleinen Stadt in kurzer Zeit schon 2 Quellen für
gute Buttermilch gefunden. Die Prüfung des Stuhles mit Mi lionscher Reaktion
hat uns auch in anderen Fällen zur Beurteilung, ob das Eiweiß verdaut wird,
stets gute Dienste geleistet, wie überhaupt die Biedertsche Stuhluntersuchung
auf Eiweiß, Fett und Stärke; wenn sie auch noch nicht alles bietet, so zeigt sie
uns doch den Weg, an Stelle der rohen Empirie Indikationen für die eine oder
andere Nahrungsweise zu finden. Die Mißerfolge Gernsheims bei akutem
Darmkatarrh sind vielleicht darauf zurückzuführeh, daß die selbstbereitete Butter¬
milch benutzt wurde; wir haben jedenfalls auch hier glänzende Erfolge gesehen.
Daß die Buttermilch als Nahrungsmittel wieder verschwindet, glaube ich nicht,
es sei denn, daß es gelingt, dasjenige herauszufinden, was der Buttermilch ihre
Erfolge bei der Säuglingsernährung verschafft. J. G. Rey.
Königliche Gesellschaft der Ärzte Budapest.
(Chirurgische Sektion.)
Sitzung vom 13. XI. 1902.
(Originalbericht.)
M. Winternitz berichtet von einem durch primäre Naht geheilten supra-
condylären Oberarmbruch bei einem 6jährigen Knaben. Die Adaptierung ohne
Naht gelang nicht, daher versuchte W. nach Freilegung der Bruchenden die
Vereinigung mittels Silberdraht. Der Verlauf war vollständig aseptisch, der Er¬
folg ein ausgezeichneter, da die Extension des Armes vollständig, die aktive
Flexion bis 130, die passive bis 145° gelingt. Die Röntgenaufnahme zeigt den
Mangel eines funktionhindernden Callus. Grund dieser Beobachtung empfiehlt
W. diesen Vorgang, bei allen supracondylären Brüchen, wo die Adaptierung der
Bruchenden unmöglich, oder wo Nerven- oder anderlei schwere Verletzungen
im Spiele sind. Ernö Deutsch (Budapest).
Königliche Gesellschaft der Ärzte Budapest.
Sitzung vom 17. I. 1903.
H. Alapy demonstriert einen 12jährigen Knaben, der 5 Wochen hindurch
fieberte, ohne daß man den Grund eruiert hätte. Nach 5 Tage währender Be-
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3.
obachtung stellt A. per exclusionem die Diagnose einer ohne Exsudation und
Abszeßbildung verlaufenden Appendicitis. Die mikroskropische Untersuchung
des entfernten Processus vermiformis bestätigte die Diagnose, indem sie das
Bild einer beginnenden Appendicitis granulosa sec. Riedel zeigte.
Ernö Deutsch (Budapest).
Medizinische Gesellschaft zu Magdeburg.
J Sitzung vom 23. Oktober 1902.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 2.)
Herr Reichard: über Sehnenverpflanzung. Vortr. schildert kurz die Geschichte
dieses modernen OperationsVerfahrens und bespricht an der Hand seiner eigenen
Erfahrungen (60 Verpflanzungen) die Indikationen. Während ihm die sonst am
häufigsten zu dieser Operation indizierende Erkrankung, die spinale Kinderlähmung,
bisher nur wenig und sehr undankbare Fälle ergab (lauter doppelseitige Lähmungen),
hat er relativ viel Operationen gemacht bei der zerebralen Kinderlähmung und
der Littleschen Krankheit (bei der ersteren Affektion 22, bei der zweiten
14 Operationen). Bei der zerebralen Kinderlähmung läßt sich recht viel auf
diesem Wege erreichen, indem sich ein Ausgleich zwischen Spasmus einerseits
und Parese andererseits herstellen läßt, so daß die sehr störende spastische Equino-
varusstellung des Fußes ganz verschwindet und ein normaler Gang mit gutem
Aufsetzen der Fußsohle erlangt wird, während an der Hand sich in gewissen
Grenzen Gebrauchsfähigkeit erzielen läßt durch Streckung der gebeugt herab¬
hängenden bezw. bei großer Spasmität eingebauten Finger. Durch Demonstration
von Gipsabgüssen und Vorstellung mehrerer operierter Pat. werden die erreichten
Erfolge gezeigt. Bei der Littl eschen Krankheit kommt der Sehnenverpflanzung
zweifellos die Rolle zu, die übrigen Behandlungsmethoden in wertvoller Weise
zu unterstützen. Andere Indikationen gaben noch ab ein doppelseitiger Hacken¬
faß bei Spina bifida, der sehr gut zu beseitigen war, ein doppelseitiger Klumpfuß
und eine Quadricepsparese bei Spondylitis, sowie mehrere Fälle von angeborenem
Klumpfuß und je 1 Fall von rhachitischem Knickfuß und doppelseitigem Klump¬
fuß nach schwerer chronischer Arthritis. In allen letztgenannten Fällen ließen
sich sehr schöne Erfolge erzielen. Über die Sehnenverpflanzung an Stelle der
Sehnennaht bei älteren Verletzungen fehlen eigene Erfahrungen. Schließlich be¬
spricht Vortr. noch kurz die Technik des Verfahrens.
IV- Neu© Bücher.
Carl Hochsinger. Gesundheitspflege des Kindes im Elternhaus. 2. Auflage. Verlag
von Fr. Deuticke (Leipzig-Wien). Preis Mk. 3,60.
Th. Go erg es. Das Kind im ersten Lebensalter. Verlag von Ullstein & Co. Berlin.
Preis Mk. 1.
G. Riether. Unser Kind. Verlag von A. Holder, Wien. Preis Mk. 1.
Bei der Gewissenhaftigkeit, deren sich Hochsinger bei seinen Publikationen
befleißigt, nimmt es nicht wunder, daß der Autor seine im Jahre 1895 zum
erstenmal erschienene Arbeit in umfassender Weise revidierte, ehe er sie von
neuem in die Welt schickte. Es hat allen wichtigen Neuerungen z. B. auf dem
Gebiete der Ernährungsfrage der Säuglinge, der Nabel- und Mundpflege vollste
Berücksichtigung zuteil werden lassen, er hat auch viele andere Kapitel umge¬
arbeitet und vermehrt, er hat der Alkoholfrage, den Eiweißpräparaten, den neueren
Desinfektionsmethoden u. s. w. die nötige Aufmerksamkeit geschenkt, kurz: er hat
ein modernes Buch geschaffen, welches altes Wesentliche über private Hygiene
der Kinder von ihrer Geburt bis zur beendeten Schulzeit enthält und von einiger¬
maßen gebildeten Laien mit bestem Nutzen studiert werden kann. Mit Recht
hat der Verf. die Generaleinteilung des Stoffes in 3 Abschnitte (Besonderheiten
der Säuglingspflege, allgemeine Regeln einer Gesundheitspflege des Kindes, häus¬
liche Pflege des Schulkindes) beibehalten, da solche eine große Übersichtlichkeit
des Inhaltes gewährleistete. So wird auch die neue Auflage des Werkchens gewiß
aufs beifälligste aufgenommen werden.
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V. Monats-Chronik.
135
Ein beschränkteres Gebiet hat Go erg es, der Arzt des Elisabeth-Kinder-
hospitals zu Berlin zum Gegenstände seiner Ausführungen gemacht. Er hat dies
Gebiet aber recht geschickt, klar und übersichtlich bearbeitet, hat dem modernen
Standpunkt der Wissenschaft alienhalben Rechnung getragen, so daß man das
Büchlein Laien sehr wohl zur Lektüre empfehlen kann. Das bei guter Ausstattung
recht billige Buch gehört Ullsteins „Sammlung praktischer Hausbücher“ an, es
ist auch ein praktisches Hausbuch in gutem Sinne des Wortes.
Riethers „Unser Kind“ stellt sich zur Hauptaufgabe, ein „Vormerkbüchlein
über das Gedeihen des Kindes“ zu sein. Es enthält in zweckmäßiger Anordnung
Notizblätter zur Eintragung über Längen- und Wachstumsverhältnisse, Zahnen,
Impfung, Gewichtzunahmen, Krankheiten u. 3 . w. des betreffenden Kindes, und
als Anhang die wichtigsten Vorschriften über Ernährung und Pflege hauptsächlich
fürs erste Lebensjahr. Das kleine Buch dürfte sich rasch Eingang in die Familien
schaffen, da es durchaus den Bedürfnissen angepaßt ist und es den Eltern sehr
bequem macht, übersichtlich und schnell sich über Gedeihen und Entwickelung
ihrer Kinder zu orientieren. Grätzer.
Vor uns liegt ein Exemplar des ersten Doppelheftes der „Mitteilungen
der deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrank¬
heiten“. In demselben befinden sich außer dem Aufruf zur Begründung der
Gesellschaft, deren Statuten sowie die Verhandlungen der konstituierenden Ver¬
sammlung im Bürgersaale des Rathauses zu Berlin am 19. Oktober 1902 ausführlich
wiedergegeben. Ziele und Arbeitsplan der Gesellschaft sind aus diesen Verhand¬
lungen klar ersichtlich. Wie ebenfalls aus dem Inhalt der „Mitteilungen“ zu er¬
sehen ist, hat die Gesellschaft in der kurzen Zeit ihres Bestehens einen unerwarteten
Aufschwung genommen, and da sie sich die Förderung der höchsten Reichs- und
Staatsbehörden in hohem Maße erfreut, so ist zu erwarten, daß sie in der nächsten
Zeit auf diesem Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege eine führende Rolle
spielen wird. Wir bemerken noch, daß die „Mitteilungen“, welche den Mitgliedern
der Gesellschaft unentgeltlich zugehen, auch durch den Buchhandel zum Jahrespreis
von 3 Mk. zu beziehen sind. Sie erscheinen bei der bekannten Verlagsbuchhandlung
von Johann Ambrosius Barth in Leipzig. G.
Heue Dissertationen.
Arbogast, Adolf. Über Behandlung der Melaena neonatorum mit Gelatineinjektionen.
(Straßburg, Dezember 1902.)
Heilbronn, iosef. Über kongenitale Nierenanomalien.
(Würzburg, November 1902.)
Hügel, Ludwig Ferdinand. Über Ileus im Kindesalter.
(München, Dezember 1902.)
Klippen, August. Der Pyloruskrampf im Säuglingsalter. (Bonn, Dezember 1902.)
Lebon, Camille. Über das Mortalitätskontingent des Keuchhustens.
(Straßburg, Dezember 1902.)
Sachs, Adalbert. Über angeborene Defekte des Schlüsselbeine.
(Leipzig, Dezember 1902.)
Schlüter, Robert. Die fötale Infektion der Tuberkulose.
(Rostock, Dezember 1902.)
v. Schrenk-Notzing, Freiherr Albert. Beiträge zur Kenntnis der angeborenen Luxa¬
tionen im Sprunggelenk. (Leipzig, Dezember 1902.)
Schulz, Karl. Über einen Fall von kongenitaler Amputation der rechten oberen
Extremität (Würzburg, November 1902.)
Sprenker, Theodor. Über die Beziehungen der Skrofulöse zu den häufigsten Binde-
und Hornhauterkrankungen des Kindesalters. (Freiburg, Dezember 1902.)
V, Monats-Chronik,
Berlin. Der Allgemeine Deutsche Verein für Schulgesundheitspflege hat
an die Regierungen und Stadtverwaltungen eine Eingabe gerichtet, worin um die
Anstellung von Schulärzten in den Städten und auf dem Lande ersucht wird. In
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136
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 3.
der Eingabe wird ausgeführt: Es liegen bereits genügende Erfahrungen vor, um
über die Tätigkeit von Schulärzten urteilen zu können, und dieses Urteil lautet,
daß überall, wo Schulärzte eingeführt worden sind, ihre Tätigkeit eine durchaus
zufriedenstellende und ersprießliche gewesen ist. Die Befürchtungen, die man an
die schulärztliche Tätigkeit insbesondere für das innere Leben der Schule knüpfte,
sind nicht eingetroffen. Die Lehrerschaft hat sich mit der Einrichtung befreundet,
ein Widerstand der Lehrerschaft, sobald sie das Wesen und Wirken der Schularzt-
Institution in rechter Form kennen gelernt, hatte, ist nirgends hervorgetreten.
Die Schularzteinrichtung ist nicht nur für die größeren und kleineren Städte ein
Erfordernis, sondern in gleichem, wenn nicht erhöhtem Grade für die Landschulen,
in welchen vielfach noch Zustände herrschen, die jeder Gesundheitspflege geradezu
spotten. Ist auch die Schularztorganisation auf dem Lande mit größeren Schwierig¬
keiten als in den Städten verbunden, so zeigt doch das Beispiel des Herzogtums
Sachsen-Meinigen, daß diese Schwierigkeiten nicht unüberwindbar sind. Die
Grundzüge einer schulärztlichen Tätigkeit lassen sich in folgendem zusammen¬
fassen: 1. Begutachtungen aller Schulen und ihrer Einrichtungen. Von Zeit zu Zeit
erfolgende Kontrolle dieser Einrichtungen. 2. Untersuchung der neu in die Schule
tretenden Kinder, Wiederholung der Untersuchung, jedenfalls der krank befundenen
Kinder innerhalb gewisser, nicht zu groß bemessener Zwischenräume und Angaben,
was im Interesse der Schule und Schüler mit den kranken Kindern zu geschehen
hat. 3. Unterstützung und Förderung aller mit der Schule auch in weiterem
Sinne zusammenhängenden hygienischen Bestrebungen (Schulbäder, Heilstätten,
hygienische Vorträge u. s. w.j. — Die hier angestrebten Ziele, denen man un¬
bedingt beistimmen muß, ließen sich am einfachsten in der Weise erreichen, daß
zur Lösung der unter 1 genannten Aufgaben überall einige wenige hygienisch
besonders durchgebildetc Ärzte als Oberschulärzte angestellt würden, welche
die Schulbehörden zu beraten hätten, während zur sachgemäßen Erledigung der
unter 2. und 3. genannten Forderungen sich zweifellos das System der freien
Arztwahl seitens der Eltern der Schulkinder am besten eignen würde, das mit
Leichtigkeit nach dem Muster kassenärztlichen Organisationen mit freier Auswahl
eingerichtet werden könnte. (Allgem. med. Central-Ztg. 1903 No. 1.)
— Die Kinderheilstätte für tuberkulöse Kinder des Berlin-Brandenburger Heil¬
stätten-Vereins ist am 5. Januar dieses Jahres eröffnet worden. Meldungen zur
Aufnahme sind an Direktor D. Moeller, Vereins-Heilstätte Belzig, zu richten.
Schweiz. Schulärztliche Untersuchungsergebnisse in der Schweiz. Im Jahre
1897 wurde in der Schweiz, nach dem „Deutschen Reichsanzeiger“, eine Zählung
der schwachsinnigen, körperlich gebrechlichen und sittlich verwahrlosten Schul¬
kinder ausgeführt, die in verschiedener Beziehung lückenhaft geblieben war. Um
ausreichende und zuverlässige Feststellungen über abnorme Kinder zu beschaffen,
wurde eine alljährlich stattfindende Untersuchung der in die Schule eintretenden
Kinder durch die Schulärzte in 16 Kantonen angeordnet. In den Jahren 1899
und 1900 wurden, wie die „Stat. Corr.“ der „Schweizerischen Statistik“ (Jahr¬
gang 1901) entnimmt, zusammen 107 968 Kinder mit dem Ergebnis untersucht,
daß darunter 15595 Kinder = 144 aufs Tausend als nicht völlig normal erklärt
werden mußten. Davon waren 2578 mit geistigen Gebrechen behaftet, und zwar
waren blödsinnig 83, schwachsinnig in höherem Grade 552, in geringerem Grade
1943. Die Zahl der Schwachsinnigen ist infolge sorgfältigerer Prüfung im letzten
Berichtsjahre gegen das vorhergehende gesunken; dagegen blieb das Verhältnis
der körperlichen Gebrechen, die leichter festzustellen sind, in beiden Jahren an¬
nähernd das gleiche. Es litten daran in den Jahren 1899 und 1900 zusammen
12906 Kinder, und zwar an Augenfehlern 6895, an Gehörfehlern 2032, an Fehlern
der Sprachorgane 1833, an Nervenkrankheiten 130 und an anderen Krankheiten
2016; sittlich verwahrlost waren 111 Kinder. Von den 15 595 nicht normalen
Kindern konnten 14262 = 915 aufs Tausend dem Unterricht in der öffentlichen
Volksschule folgen; für 1333 — 85 aufs Tausend wurde Überweisung an eine
Spezialklasse oder -anstalt angeordnet. Für ein Jahr von der Schule ausge¬
schlossen wurden 1899 367 und 1900 362 Kinder.
(Allgem. med. Central-Ztg. 1903 No. 3.)
Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzer in Sprottau. Verlag von Johann
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metzger & Wittigin Leipzig.
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Central blatt für
Kinderheilkunde.
Eine Monatsschrift für praktische Ärzte.
VIII. Jahrgang. 1 . April 1908. No. 4.
I. Referate.
H. Zia. Über eine Konjunktivitisschulepidemie nebst einigen
allgemeinen Bemerkungen über ärztliche Anordnungen bei
Schulepidemien.*)
(Aus der Univers.-Augenklinik zu Maxburg.)
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 7.)
Im September vorigen Jahres herrschte in Marburg eine schwere,
epidemisch aufgetretene Bindehauterkrankung — so wurde uns
wenigstens von den verschiedensten Seiten mitgeteilt.
Obwohl wir diese Auffassung keineswegs teilen, so erachten wir
es doch für zweckmäßig, über diese sogenannte schwere Schulepidemie
in Kürze zu berichten, weil daraus Lehren für die Zukunft gezogen
werden können.
Die Epidemie war in der höheren Töchterschule ausgebrochen
und hatte folgenden Verlauf:
Eine Schülerin stand wegen einer ekzematösen Hornhauterkrankung in Be¬
handlung der Klinik und trug auf dem erkrankten Auge einen leichten Heft¬
pflasterverband. Sie kam jeden Tag ziemlich frühzeitig in die poliklinische Sprech¬
stunde, so daß sie wohl regelmäßig zwei Schulstunden versäumte.
Nach einigen Tagen kamen auch ihre Schulnachbarinnen und klagten über
Brennen und leichtes Tränen der Augen, sowie über Beschwerden bei der Nah¬
arbeit. Bei der einen war ein geringer hypertrophischer Astigmatismus vorhanden,
bei beiden konstatierten wir oberflächlich sitzende, zart rosa aussehende Follikel
im lateralen Bereich der unteren Übergangsfalte.
Da sie glaubten, von ihrer Nachbarin angesteckt zu sein, beruhigten wir sie
und versicherten, daß von seiten ihrer Nachbarin keinerlei Ansteckungsgefahr
vorliege. Falls sie wirklich in einigen Tagen noch Beschwerden hätten, sollten
sie rieh wieder sehen lassen.
Am nächsten Tage kamen drei weitere Schülerinnen, die in nächster Nähe
saßen, mit den gleichen Beschwerden. Zwei davon hatten ganz normale Bindehaut,
eine hatte eine Anzahl der oben beschriebenen Follikel.
Obwohl wir die Kinder selbst, obwohl wir die Eltern und den Herrn Direktor
der Schule vollkommen beruhigen konnten, kamen in den nächsten Tagen immer
wieder neue Schülerinnen, die plötzlich Schmerzen in den Augen verspürten und
bei der Naharbeit hatten. Zwei Kinder hatten wir auf ihre Bitte hin auf einige
Zeit von der Handarbeitsstunde dispensieren lassen!
Die Schülerinnen zeigten teils ganz normale Bindehaut, teils waren an der
Bindehaut vereinzelte, teils zahlreiche Follikel vorhanden. Nur bei einer Schülerin
war etwas schleimige Absonderung vorhanden — das damit angefertigte Deck¬
glaspräparat ließ einzelne Kokken und Xerosebazillen erkennen.
Eine einzige Schülerin — im ganzen waren angeblich 41 erkrankt — zeigte
! ) Diese Mitteilung ist so interessant und wichtig, daß wir sie vollständig
wiedergeben au müssen geglaubt haben. Red.
Cmtnlbl. t Kinderhlkde. Vm. Digitized by GftHOglc
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Centralblatt für Kinderheilkunde. 1 No. 4.
eine trachomverdächtige Bindehaut, doch erwies auch hier der Verlauf, daß eine
Schulfollikularis vorlag.
Wir gaben einzelnen Zinktropfen oder schwache Kupfersalbe mit, die sie
zu Hause anwenden sollten, falls sie noch Beschwerden verspüren würden. Nur
einige wurden angewiesen, sich täglich vorzustellen; trotzdem kam die Mehrzahl
in den nächsten Tagen wieder gelaufen. Es waren dies, wie wir feststellen
konnten, die Freundinnen der Schülerinnen, die wir wieder bestellt hatten —
sonach war eine Ausbreitung der Epidemie von Freundin zu Freundin zu kon¬
statieren!
Wir schafften uns die kleinen Quälgeister in den nächsten Tagen mehr und
mehr vom Halse und schon war die Zahl sehr gering geworden — da kam eines
Morgens die ganze Gesellschaft wieder und behauptete, sie dürften nicht zur
Schule kommen, da sonst die gesunden Kinder der Schule fern bleiben würden.
Wir waren darüber höchst erstaunt, da wir stets eine Ansteckungsgefahr
als ausgeschlossen erklärt hatten, da wir die Kinder, deren Eltern und Lehrer
beruhigt glaubten.
Wir bemerken, daß auch mit dem Herrn Kreisphysikus in obigem Sinne
Rücksprache genommen war.
Auf Befragen erfuhren wir nun, daß von anderer Seite überängstlichen Eltern
der Rat gegeben worden war, ihre Kinder aus der Schule zu lassen, damit sie
nicht angesteckt würden.
Wir bemerken, daß nach den von der Regierung aufgestellten Regulativen
man durchaus berechtigt war, bei vielen der beobachteten Fälle von leichten
Fällen von Trachom zu sprechen, da diese Vorschriften den unitarischen Stand¬
punkt vertreten.
Bei dieser Sachlage blieb daher dem Herrn Schuldirektor nichts anderes
übrig, als sämtliche über ihre Augen klagenden Kinder wegzuschicken und ihnen
den Schulbesuch nicht eher zu gestatten, als bis sie ein Attest beibrachten, wo¬
nach von seiten ihrer Augen keinerlei Ansteckungsgefahr vorlag.
Wir stellten die gewünschten Atteste aus und ließen zur Beruhigung einige
Kinder, die eine größere Zahl von Follikeln hatten, täglich zur Behandlung
kommen.
Nun wurden auch einige Schüler des Gymnasiums, deren Schwestern die
schwere Augenerkrankung hatten, geschickt und schon wollte auch da die Epidemie
ausbrechen.
Wir traten darauf mit dem Herrn Direktor in Verbindung und schlugen
ihm nach Klarlegung der Sachlage vor: Es sollten die über ihre Augen klagenden
Schüler uns geschickt werden, keiner sollte vom Schulbesuche befreit werden und
es sollten die über ihre Augen klagenden Schüler in die ersten Bänke gesetzt
und möglichst oft aufgerufen werden.
Der Herr Direktor machte davon in allen Klassen Mitteilung. Die erwartete
Wirkung blieb nicht aus. Die drohende Epidemie war im Keime erstickt. Kein
einziger kam nach dieser Kundgebung.
Wir haben bei der Schilderung der Epidemie von einer Reihe nicht wesent¬
licher Details abgesehen, denn aus dem Gesagten dürfte mit Sicherheit hervor¬
gehen, daß es sich bei den überhaupt Erkrankten in mindestens 8 / 10 der Fälle
um eine Follikelvermehrung in ’der Bindehaut ohne Katarrh, bei einzelnen um
eine Conjunctivitis follicularis gehandelt hat, und daß die scheinbare Infektion
lediglich eine psychische Infektion darstellte.
Natürlich hat keine einzige der Schülerinnen, abgesehen von etwas ver¬
minderten Schulkenntnissen, den geringsten Schaden davongetragen.
Was für Schlüsse dürfen wir aus obigen und anderweitigen Er¬
fahrungen ziehen?
Die von der Regierung aufgestellten Regulative bedürfen, wie.
dies bereits früher von Greeff u. a. betont wurde, einer baldigen
Abänderung im Sinne des dualistischen Standpunktes, denn wir sahen
hier, wie schon so oft, daß dadurch unnötige Angst in die Bevölkerung
hineingetragen werden kann.
Es ist notwendig, sofort bei dem Beginne von.Schulepidemien.
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L Referate. 139
mit dem Direktor der Schule in Verbindung zu treten und ihn nach
allen Richtungen hin zu orientieren.
Sogleich bei dem Beginne der Epidemie ist die Frage zu erwägen,
ob nicht die Schulklasse, in der die Epidemie ausgebrochen ist, oder
bei gleichzeitigem Beginne in mehreren Klassen die ganze Schule einer
Untersuchung zu unterziehen ist. Allgemeine Regeln flir alle Schulen
dürften sich hier kaum aufstellen lassen. Die Untersuchung ist zweck¬
mäßigerweise von dem Herrn Kreisphysikus in Gemeinschaft mit einem
erfahrenen Augenarzt vorzunehmen. Das Resultat der Untersuchung
nebst Direktiven wird dem Herrn Schulvorstand mitgeteilt und derselbe
darf nur diesen Anordnungen Folge geben. Dem Werte von Schul¬
ärzten gegenüber verhalten auch wir uns bei der in Rede stehenden
Frage etwas skeptisch.
Trachomverdächtige Fälle und solche, bei denen die Konjunktiva
ein pathologisches Sekret absondert, werden zweckmäßig isoliert gesetzt
und sind einer Behandlung zu unterziehen.
Bei lediglich psychischer Infektion dürften pädagogische Ma߬
nahmen rasch zum Ziele führen. Irgend welche Konzessionen ärztlicher¬
seits an die erkrankten Schüler sind durchaus zu vermeiden.
Der Schulschluß ist nicht nur unnötig, sondern meist verkehrt,
ja er kann schädlich sein.
Fast immer handelt es sich bei den Schulepidemien, die den
Verdacht einer trachomatösen Erkrankung aufkommen lassen, um
durchaus harmlose Erkrankungen, bei denen eine Infektion von Schüler
zu Schüler höchst unwahrscheinlich ist.
Aber auch bei wirklichem Trachom ist Schulschluß zu widerraten,
da auch hier die Gefahr der Übertragung in der Schule sehr gering
ist, jedenfalls sich vermeiden läßt, da ferner die Gefahr der Infektion
der Schüler zu Hause eine viel größere ist und ein Schulschluß, wenn
er überhaupt von Nutzen sein soll, sich auf lange Zeit erstrecken
müßte.
Schüler, bei denen Trachom mit Sicherheit festgestellt ist, sind
zweckmäßigerweise isoliert zu setzen und müssen behandelt werden.
Die Behandlung läßt sich von der Schule aus regelmäßiger gestalten
als von zu Hause aus.
Besteht Absonderung nennenswerten Grades, so sind die Kinder
vom Schulbesuch auszuschließen; denn es ist immer wieder zu be¬
tonen, daß eine Ansteckung beim Trachom wohl nur durch Sekret¬
übertragung erfolgt.
Bei den durch Pneumokokken oder Koch-Weekssche Ba¬
zillen u. s. w. hervorgerufenen Schulepidemien sind die erkrankten
Schüler isoliert zu setzen. Die Fälle, bei denen eine stärkere Ab¬
sonderung besteht, sind von der Schule fern zu halten. Falls eine
größere Zahl von Schülern erkrankt ist, so dürfte ebenfalls deren
Ausschluß von der Schule oder das Schließen der Schule iür kurze
Zeit in Erwägung zu ziehen sein.
Letztere Epidemien entstehen nicht selten plötzlich, dahingegen
spricht ein plötzliches Einsetzen einer Epidemie mit größter Wahr¬
scheinlichkeit gegen Trachom.
Als prophylaktische Maßnahmen sind Anweisungen zur Reinlich-
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4.
keit, besonders auch zu öfterem Händewaschen, öfteres Abreiben der
Schulbänke, der Türklinken u. s. w. zu empfehlen. Der Gebrauch
gemeinsamer Waschutensilien und Handtücher ist zu vermeiden.
Meinem verehrten Chef Herrn Prof. L. Bach spreche ich für die
Anregung zu dieser Arbeit und die gewährte Hilfe meinen verbind¬
lichsten Dank aus.
F, R. V. Arlt Die Aufhellung alter und frischer Hornhaut¬
trübungen (ex conj. ly mph.) durch Dionin.
(Wochenschrift für Therapie und Hygiene des Auges VI. No. 11.)
Zur Aufhellung von Hornhauttrübungen nach Conjunctivitis
phlyctänularis bringt A. Dionin in Substanz in Dosen von 0,005 in
den Bindehautsack und läßt leichte Massage folgen. Das Manöver
wird in der Woche nur ein-, selten zweimal angewendet und auf diese
Weise eine Gewöhnung an das Mittel und verminderte Wirkung des¬
selben vermieden, wie eine solche stets dann eintritt, wenn das Medi¬
kament öfters und dafür in geringeren Dosen verabfolgt wird. Un¬
mittelbar nach der Einlegung tritt mäßig starker Schmerz auf, der
2—5 Minuten andauert, zugleich zeigt sich eine starke Lymphüber-
schwemmung der Bindehaut, die mehrere Stunden anhält. Ein Verband
wird nicht angelegt. Ist man genötigt, dem Kranken Dionin selbst
in die Hand zu geben, so tut man dies am besten in der Form einer
10°/ 0 igen Salbe, die abends erbsengroß eingestrichen wird. Aus den
angefügten fünf Krankengeschichten geht hervor, daß die Behandlungs¬
dauer eine sehr lange sein muß. Es zeigt sich zwar auch schon
nach mehrwöchentlichem Gebrauch von Dionin eine wesentliche
Besserung der Sehschärfe, um jedoch eine volle Aufhellung von
dichteren Trübungen zu erzielen, ist eine Zeit von vielen Monaten bis
zu 2 Jahren erforderlich. Dann allerdings ergeben sich auch bei
älteren Trübungen und älteren Individuen sehr gute Resultate, und
die Erreichung einer wieder vollständig normalen Sehschärfe ist keine
Seltenheit. Ens 1 in (München).
J. Veverka. Über die Prophylaxis der Augenblennorrhoe der
Neugeborenen durch Protargol.
(Aus der geburtshilflichen Klinik in Prag.)
(Die Heilkunde 1908 No. 1.)
Vom März 1900 bis Februar 1901 wurden 1100 Neugeborene
prophylaktisch mit 20°/ o iger Protargollösung behandelt; der Prozent¬
satz der Infizierten war 0°/ o - Außer dieser prompten Wirkung sind
beim Protargol als Vorzüge hervorzuheben: die stets unbedeutend
bleibende Reaktion der Conjunctiva. Die Ungefährlichkeit erleichtert
die Technik sehr: es kommt gar nicht darauf an, ob man einige
Tropfen mehr eintropft. Das nachherige Auswaschen mit Kochsalz¬
lösung fällt weg.
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I. Referate.
141
Auf der Klinik von Prof. Rubeska wird in folgender Weise
verfahren: Sofort nach der Geburt, solange das Kind noch mit der
Nabelschnur zusammenhängt, werden die Lider jedes Auges mit einen*
in S 0 / 0 ige Borsäurelösung getauchten Wattebausch gereinigt. Nach
Unterbindung und Durchschneidung der Nabelschnur nochmaliges Ab¬
waschen der Umgebung der Augen mit Bor. Dann erst Reinigung
der Haut mit Öl und Bad, bei dem die Augen vor dem Badewasser
zu schützen sind. Nach dem Bade, der Abtrocknung und der Ver¬
sorgung des Nabelschnurrestes nochmals gründliche Reinigung der
Augenumgebung mit Bor, worauf bei halbgeöffneten Lidern auf die
Hornhaut 1—2, auch mehrere Tropfen der Protargollösung aufgeträufelt
werden, die dann durch leichtes Bewegen der Augenlider überallhin
verteilt werden.
Wenn sich trotzdem mal stärkere Gefäßinjektion zeigt, ein
mäßiges Lidödem und vielleicht schleimiges Sekret, so träufle man
weiter 2mal täglich das Protargol ein, bis jeder Verdacht ver¬
schwindet.
In gleicher Weise behandelt man die Augenblennorrhoe selbst.
Auch hier bewährte sich die Protargoltherapie, und traten in keinem
der vier so behandelten Fälle Komplikationen ein; das Lidödem
schwand bei häufigen Waschungen des Auges mit 3°/ 0 iger Borlösung
in 2 Tagen, die Chemosis im Laufe des dritten Tages, eine starke
Hyperämie mit serösem oder schleimigem Sekret dauerte gewöhnlich
nach weitere 3—4 Tage. Das Einträufeln von Protargol fand 2mal
täglich statt, das erste Auswaschen mit Bor 1 / 2 Stunde nach der
Instillation. Grätzer.
M. Koslowsky. Die operative Behandlung partieller Hornhaut-
staphylome.
(Verhandlungen der Gesellschaft der Kinderärzte zu Kiew 1902.)
Der Vortr. fuhrt 9 Fälle von partiellem Staphylom bei Kindern
an, welche er mit mehr oder weniger günstigem Ausgange operiert
hat. Bei dreien von diesen Kranken litt das eine Auge an Staphyloma
partiale, während das andere Auge vollkommen gesund war. Bei den
übrigen kleinen Pat. wies auch das andere Auge pathologische Ver¬
änderungen auf (Staphyloma totale, Leukoma totale oder adhaerens,
Conjunctivitis follicularis mit Blepharitis). Das Wesen der Operation
besteht darin, daß ein mehr oder minder bedeutender Teil des Staphy-
loms exzidiert wird, und zwar derart, daß nach Verschluß der Wund¬
ränder durch die Naht der Augapfel eine möglichst normale Kon¬
figuration erhält. Zu diesem Zweck geht man folgendermaßen vor:
An der Grenze des zu entfernenden Staphylomabschnittes werden drei
bis vier gekrümmte Nadeln eingestochen, hierauf wird das Staphylom
in vertikaler Richtung durch einen Schnitt gespalten, jede Hälfte mit
der Pinzette gefaßt und mit der Schere abgetragen. Nun werden
die Nadeln mit samt den Fäden vollends durchgeführt und die Suturen
geknüpft. Der ersten Druckverband bleibt 3—4 Tage liegen, in
der Folge wird er täglich gewechselt; die Nähte entfernt man am
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4.
6.—12. Tage. Durch dieses Verfahren wird das Staphyloma partiale
in ein gewöhnliches Leukoma adhaerens verwandelt; der durchsichtige
Teil der Hornhaut, der früher fast senkrecht zum Augapfel stand,
wird nun flach und nimmt teilweise die Form der normalen Cornea
an. Nach Ausführung der Iridektomie behufs Verlagerung der Pupille
hinter den durchsichtigen Rest der Hornhaut wurde bei sämtlichen
Pat. eine beträchtliche Verbesserung des Sehvermögens erzielt. E.
empfiehlt eine möglichst frühzeitige Vornahme des von ihm angewandten
Operationsverfahrens. A. Dworetzky (Moskau).
G. Hirsch. Zur Dacryocystitis „congenita“.
(Archiv für Augenheilkunde, XIV Heft 4.)
H. beschreibt 5 Fälle eigener Beobachtung von Dacryocysto-
blennorrhoe bei Säuglingen. Bei drei mikroskopisch untersuchten
Fällen ließ sich regelmäßig der Fränkelsehe Diplokokkus im Sekret
des Tränensackes nachweisen. Ferner war bei den Müttern in allen
Fällen starker Fluor albus vorhanden, weshalb H. die Erkrankung
auf eine Pneumokokkeninfektion vom Vaginalsekret der
Mutter aus zurückführt Das Leiden tritt ein- oder doppelseitig
auf und scheint links häufiger wie rechts zu sein. Die Prognose ist
eine gute, da die Erkrankung auch ohne Behandlung fast stets ohne
Komplikationen spontan zu heilen scheint. Massage des Tränensackes,
die auch von der Mutter ausgeführt werden kann, führt meist rasch
zu Besserung und Heilung. E. Enslin (München).
Rindfleisch. Ein Fall von einseitigem Ergrauen der Wimpern
bei einem Kinde.
(Klin. Monatsblätt. f. Augenheilkunde XL, 2.)
Bei einem 5jährigen Mädchen traten ohne bekannte Ursache seit
1 / 4 Jahr am linken Auge weiße Wimpern auf, die sich in dieser Zeit
bedeutend vermehrten, so daß bei der ersten Untersuchung die Zahl
der normal dunkelblond gefärbten Wimpern eine sehr geringe war.
Ein erbliche Belastung in dermatologischer Hinsicht war nicht vor¬
handen, desgleichen fehlten Störungen von Seite des Nervus sym-
pathicus. wie solche die Ätiologie zweier von Bock' beschriebener
Fälle bildeten. Per exclusionem kommt R. zu dem Schluß, daß die
allgemeine Körperschwäche der Pat. — die Folge einer schweren,
katarrhalischen Pneumonie — die Ursache der Ergrauung war.
Rätselhaft bleibt dabei freilich das völlig einseitige Lokalisiertsein
der Affektion. Immerhin scheint für diese Auffassung zu sprechen,
daß infolge einer allgemein roborierenden Behandlung die Zahl der
farblosen Wimpern zu Gunsten der blonden in verhältnismäßig kurzer
Zeit abnahm. Als Ursache der weißen Färbung der Cilien erwies
sich miskroskopisch nicht wie in ähnlichen Fällen eine Luftblasen¬
ansammlung in der Rindenschicht, sondern eine mangelhafte Ent¬
wickelung des Pigmentes. E. Enslin (München).
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I. Referate.
143
$. Golowill. Beiträge zur Anatomie und Pathogenese des
Kryptophthalmus congenitus.
(Zeitschrift für Augenheilkunde VIII, Ergänzungsheft.)
Zu den acht bisher beim Menschen beobachteten Fällen von
Kryptophthalmus fügt G. zwei neue. Als typische Merkmale dieser
Hemmungsanomalie bezeichnet er 1. den Mangel freier Augenlider
und der Lidspalte und 2. die Anwesenheit eines wenn auch krankhaft
veränderten Augapfels unter der die Orbitalöffnung verschließenden
Haut. Bei dem ersten Fall bestand diese angeborene Anomalie nur
links, während rechts ein congenitales totales Synblepharon des oberen
Lides vorhanden war. Lichtempfindung fehlte auf beiden Augen.
Auf dringenden Wunsch des Pat. wurde ein operativer Eingriff ver¬
sucht. Es fand sich in der linken Orbita ein phthisischer Bulbus,
der enukleiert wurde. Der kosmetische Effekt ließ zu wünschen übrig.
Die zweite Beobachtung betraf ein 2 Monate altes Mädchen, deren
4 Jahre ältere Schwester dasselbe Leiden besaß, jedoch nicht zur
Untersuchung kam. Der Kryptophthalmus war hier beiderseitig, die
Stirnhaut zog glatt über die Orbita hinweg. Durch die Haut hindurch
konnte man deutlich die Augäpfel fühlen und auch ihre Bewegungen
sehen. Da in dem linken Auge zweifellose Lichtempfindung vorhanden
war, durchschnitt G. die Haut über ihm und bildete auf plastischem
Wege zwei Augenlider, die jedoch bald stark schrumpften. Der frei¬
gelegte Bulbus erwies sich als staphylomatös entartet. Ein Jahr
später starb das Kind an Scharlach. Der in Fall 1 gewonnene
Bulbus wurde mikroskopisch untersucht. Auf Grund des dabei ge¬
machten Befundes und früherer Angaben kommt G. zu der auch von
Cbiari vertretenen Anschauung, daß der Kryptophthalmus die Folge
einer schweren Entzündung am Auge des Fötus sei. Wenn sich
nämlich zu einer Zeit, wo die Lider noch verwachsen sind, an dem
Auge der Frucht eine Keratitis, besonders eine solche ulceröser
Natur entwickelt, so werden sehr leicht die Conjunctiva und die vor
der Hornhaut liegenden Lider in den Entzündungsprozeß mit hinein¬
gezogen und damit die Regelmäßigkeit der ferneren Entwicklung der¬
selben gestört. Dabei kann es dann, neben anderen Anomalien, auch
Vorkommen, daß die fötale Verwachsung der Lidspalte sich nicht
löst, sondern infolge der entzündlichen Veränderungen bestehen bleibt.
Enslin (München).
A. Koppen. Über einen Fall von Atrophia nervi optici und
Mikrophthalmus im Anschluß an eine Läsion des Sehnerven
intra partum.
(Die ophthalmologische Klinik 1902 Nr. 20.)
K. untersuchte einen jungen Mann von 19 Jahren, dessen linkes
Auge das typische Bild einer Opticusatrophie bot. Außerdem war
der linke Bulbus kleiner als der rechte (Hornhautdurchmesser R. 12 mm
L. HP/ginm). Die Anamnese ergab, daß es sich seinerzeit um eine
schwere Zangengeburt gehandelt habe. Nach der Extraktion war das
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G< gle
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4.
linke Auge stark vorgetrieben und seine Umgebung blutunterlaufen.
Es ist also anzunehmen, daß damals eine Zerrung oder Zerreißung
des Nervus opticus erfolgte, welche dann zur Atrophie führte. Solche
Fälle sind nicht allzu selten. Interessant ist dagegen die Erscheinung
des Mikrophthalmus. Gestützt auf Experimentaluntersuchungen Hertels
an jungen Tieren nimmt K. an, daß das Zurückbleiben des Wachs¬
tums des linken Bulbus eine direkte Folge der Optikusläsion sei.
E. Enslin (München).
C. Gessner, Zur Kasuistik der familiären amaurotischen
Idiotie.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 7.)
G. beobachtete folgenden Fall:
Es handelte sich um ein 1 f / 4 Jahr altes Mädchen, jüdischer Abstammung.
Das Kind ist gesund geboren worden und bis zum siebenten Lebensmonate gesund
geblieben. Von da ab wurde es allmählich schwächer, es horten die Bewegungen
der Beine auf, die Eltern beobachteten eine gewisse Starre der Extremitäten.
Erbrechen oder andere zerebrale Symptome waren anfangs nicht vorhanden, in
letzter Zeit der Erkrankung ist Erbrechen aufgetreten. Das Gehör blieb gut.
Schließlich konnte das Kind, welches vollständig teilnahmslos war, weder sitzen
noch stehen und war unfähig den Kopf gerade zu halten. Es entwickelte sich
spastische Lähmung des ganzen Körpers. Das Sehvermögen war erloschen.
Luetische Erkrankungen der Familie sind nicht nachweisbar gewesen, ebensowenig
Tuberkulose oder nervöse Belastung.
Die ophthalmoskopische Untersuchung ergab als pathognomonischen Befund:
Die Papillen zeigten sich beiderseits vollständig abgeblaßt (Atrophia nerv, optic.);
in der Makulagegend fand sich symmetrisch auf beiden Augen eine ungefähr
iy 2 Papillendurchmesser große, weiße, nahezu runde Fläche mit einem roten
Tupfen in der Mitte.
14 Tage später ist das Mädchen gestorben. Gr ätz er.
Ralph Opdyke. The close analogy of trachoma to Adenoids.
(Medical Record, den 3. Januar 1903.)
So wunderlich es auch klingen mag, haben doch Trachom und
adenoide Wucherungen des Nasenrachenraums zahlreiche ätiologische
und pathologisch-anatomische Berührungspunkte. Ursächliche Faktoren
wie hereditäre Belastung, schlechte hygienische Verhältnisse, klima¬
tische Veränderungen, Dyskrasien und örtliche Reizzustände, sind
sämtlich den beiden Affektionen gemeinsam. Fernerhin stellen beide
Erkrankungen pathologische Umgestaltungen des nämlichen lymphoiden
Gewebes dar: für adenoide Wucherungen des Naso-pharynx ist dies
ja unzweifelhaft; aber auch bei Trachom wird dasselbe Verhältnis
von den meisten Autoritäten angenommen.
Mithin ergibt sich eine nicht zu unterschätzende prophylaktische
Maßregel: die schleunigste Entfernung adenoider Gewächse bei Kin¬
dern, sobald die Affektion erkannt wird. Lehrer und Eltern sollten
mit den typischen Erscheinungen bekannt sein, um eine frühzeitige
Behandlung zu ermöglichen.
Auf diese einfache Weise läßt sich eine Einschränkung des mit
Recht gefürchteten Augenübels erzielen. Daneben wird auch das
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I. Referate.
146
Gehörorgan vor vielfältigen Gefahren bewahrt, da bekanntlich über
80 Prozent aller akuten und chronischen Ohrleiden auf adenoide
Vegetationen des Nasenrachenraumes zurückzuführen seien.
Leo Jacobi (New York).
Walter F. Chapell. Traumatism during Adenoid Operatione.
(Medical Review of Reviews, November 1902.)
Die Entfernung adenoider Wucherungen aus dem Nasenrachen¬
raum ist zwar an sich eine unbedenkliche Operation, immerhin können
wenig erfahrene Hände viel Unheil anrichten. Anfängern passiert
es öfters, daß ihre Zange oder Cürette ein Stück der Nasenscheide¬
wand zu Tage fördert, gewöhnlich ohne weitere schädliche Folgen.
Ist man über die Lage der Wucherungen mangelhaft orientiert, so
reißt man mitunter mit dem scharfen Löffel die hintere Bachenwand
los, verletzt das Periost, oder bricht sogar in die Sphenoidalhöhle
hinein. Man halte sein Instrument möglichst in der Mittellinie und
vermeide jegliche blinde Gewalt.
Eine Otitis media kann auf den Eingriff folgen. Sie spricht
nicht unbedingt für eine Verletzung der Eustachischen Röhre, son¬
dern beruht oft auf exazerbierenden Katarrhen des Nasenrachen¬
raumes. Daher operiere man nie bei frischen Entzündungen dieser
Gegend, oder bei anderweitigen Temperatursteigerungen, welche ja
Vorläufer von akuten Infektionskrankheiten sein können.
Zum Schluß berichtet Verf. über eine seltene Verletzung bei
einem 7jährigen Knaben. Das Kind wurde von anderer Hand operiert,
und hat einen schrägen Riß durch den ganzen weichen Gaumen bis
zum Knochenrand davongetragen. Das Schlucken ist erschwert und
Flüssigkeiten kommen zur Nase heraus. Dieser Umstand verleidet
dem Jungen die Nahrungsaufnahme. Seit der Operation sind bereits
4 Monate verflossen, die Heilung geht aber sehr langsam vor sich
und ist noch zur Zeit lange nicht vollendet. Der Junge fiebert, ist
anämisch und heruntergekommen. Operative Schließung der Spalte
ist in Aussicht gestellt. Leo Jacobi (New York).
Wilbert (Bingen.) Über den Einfluß der IJacheiimandel-
hyperplasie auf die körperliche und geistige ’Entwickelung
der Kinder.
(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 6.)
W. hat 375 Volksschulkinder untersucht und legt die Resultate
dieser Prüfungen in mehreren Tabellen nieder.
Von den 375 Knaben zeigten 231 (= 62°/J hyperplastische
Rachenmandeln; krankhafte Erscheinungen wurden hervorgerufen bei
122 (« 33°/ 0 ). Teilt man die pathologischen Erscheinungen in ner¬
vöse Erkrankungen und Hörstörungen, so litten an ersteren ca. 5°/ 0 ,
an letzteren 27°/ 0 . Es zeigten 68 Knaben doppelseitig, 40 einseitig
Hörstörungen, woraus sich eine Zahl von 166 kranken Ohren ergibt.
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446
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4.
Es .litten 85 °/ 0 der schlecht beanlagten und 7 7 °/ 0 der schlecht lernen¬
den Knabefr an Rachenmandelhyperplasie. Von 65 schlecht lernenden
Schülern hatten 20 noch anderweitige Störungen; bringt man diese
in Abzug, so bleiben noch 45 Knaben, bei denen die Rachenmandel¬
hyperplasie schädigend auf die geistige Entwicklung einwirkte, oder
17 °/ 0 sämtlicher Kinder. Addiert man diese Zahl zu der die körper¬
lichen Schädigungen betreffenden, so erhält man eine Summe von
167 Knaben. Es litten also 45°/ 0 der Schüler uiiter dem Einfluß
der Rachenmandelhyperplasie. Grätzer.
Brühl. Die Pflege des Gehörs in der Schule.
(Die Krankenpflege Heft 3, Dezember 1902.)
B. untersucht die Bedeutung des Gehörs für die geistige Ent¬
wicklung des Menschen, bespricht dann die häufigsten Ursachen,
welche das normale Gehör bedrohen und zerstören (Mittelohrkatarrh,
Behinderung der Nasenatmung adenoide Vegetationen, Mittelohreiterung,
Verletzungen des Trommelfelles auch durch Züchtigung) und kommt
zu folgenden praktischen Folgerungen bezüglich der Aufgabe der
Schule gegenüber der Pflege des Gehörs: 1. Alle neu einzuschtilenden
Kinder sind in zweckmäßiger Weise einer Hörprüfung zu unterziehen.
Diese ist womöglich bei jedem Klassen Wechsel, jedenfalls bei allen
schlechten Schülern zu wiederholen, ebenso näch dem Überstehen
einer akuten Infektionskrankheit.
2. Die als schwerhörig Erkannten Kinder müssen zur Feststellung
der Ursachen und des Grades der Schwerhörigkeit dem Arzt über¬
wiesen werden. Unheilbar Schwerhörige mit einem beiderseitigen
Gehür'^ür laute Sprache unter einem halben Meter, wenn sie schwer¬
hörig geworden, — unter 2 m, wenn sie taub geboren sind,
müssen als untauglich für den gewöhnlichen Schulunterricht ausge¬
schieden werden und einen gesonderten, ihrem Hör- und Begriffs¬
vermögen angepaßten Einzelunterricht bekommen, unter Umständen
in Taubstummenanstalten, in welchen auf die Hörreste Rücksicht
genommen wird, entweder auf die Dauer oder wenigstens so lange,
bis ihre Absehkunst und ihr Verständnis so weit entwickelt sind,
daß sie, dem, gewöhnlichen Klassenunterricht folgen können. Gut
beanlägie Kinder mit einem bessern Gehör bis 4 m können ver?
suchsweise eingeschult werden; sie Und die leichtgradig schwer*
hörigen (4—8 m) müssen die dem Lehrer am nächsten gelegenen
Plätze erhalten.
3. Es muß darauf gehalten werden, daß alle Schwerhörigen bis
zur Heilung in ohrenärztlicher Behandlung bleiben, wenn nicht der
Arzt die bestehende Schwerhörigkeit als unheilbar erklärt hat, so daß
mit ihr dauernd gerechnet werden muß. Kinder mit übelriechendem
Ausfluß aus dem Ohre müssen der Schule bis zur Besserung oder
Heilung ihres Leidens fern bleiben. P. Maas (Aachen).
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I. Referate.
147
Victor Hammerschlag (Wien). Ein neues Einteilungsprinzip
für die verschiedenen Formen der Taubstummheit.
(Archiv für Ohrenheilkunde Bd. 56, 3 u. 4.)
Die übliche Einteilung der Taubstummheit in „angeborene“ Und
„erworbene“ hat mehrere Mängel: Ihr entspricht erstens keine patho¬
logisch-anatomische Verschiedenheit der durch diese Einteilung ge¬
sonderten Krankheitsformen; zweitens ist es oft in der Praxis nicht
möglich, auch nur klinisch und anamnestisch sicher festzustellen, ob
die angeborene oder erworbene Form vorliegt; drittens endlich gibt
es Erscheinungsformen der Taubstummheit, welche sich in keine der
beiden Unterabteilungen einreihen lassen, nämlich die sogenannte
endemische Taubstummheit, die als Ausfluß cretinoider Degeneration
aufzufassen ist. Diese kann nämlich gleichzeitig hereditär bedingt
und auch fötal oder postfotal erworben sein.
Der Verf. schlägt deswegen vor, die Taubstummheit in folgende
zwei Hauptgruppen einzuteilen:
1. Die durch lokale Erkrankungen des Gehörorgans bedingte,
2. die konstitutionelle Taubstummheit. ,
Erstere ist der Ausdruck einer auf das Gehörorgan beschränkten
Erkrankung bei einem sonst gesunden Individuum. Sie ißt immer
„erworben“, entweder im fötalen oder — häufiger -r- im postfötalen
Leben. Die konstitutionelle Taubstummheit hingegen ist aufzufassen
als der Ausdruck einer allgemeinen konstitutionellen Anomalie des
betroffenen Individuums; die der Taubstummheit zu Grunde liegenden
pathologischen Veränderungen sind nur ein Ausdruck der allgemeinen
Erkrankung. Die konstitutionelle Taubstummheit kann erworben oder
kongenital in der Keimesanlage bedingt sein. Sie ist wieder einzu¬
teilen in :
a) die endemische
b) die sporadische Form. Krebs (Hildesheim).
J. Habermann. Zur Entstehung der Taubstummheit infolge
von Mittelohrerkrankung.
(Archiv für Ohrenheilkunde Bd. 57, 1 u. 2.)
Nach den bisherigen Untersucbungsergebnissen an den Gehör¬
organen Taubstummer herrscht die Ansicht, daß entzündliche Prozesse
im Mittelohr zur Taubstummheit nur dann führen können, wenn auch
das innere Ohr mehr oder weniger an der Erkrankung teilgenommen
hat. Dementgegen hat H. bereits früher mehrere Fälle mitgeteilt,
in welchen bei krankhaftem Verschluß der beiden Paukenfenster ohne
Beteiligung des inneren Ohres, des Hörnerves oder des Gehirns
Taubstummheit eingetreten war. In vorliegender Arbeit beschreibt
H. ausführlich einen neuen Fall, in welchem bei eingehender ana¬
tomischer Untersuchung der beiden Ohren eines Taubstummen nur
eine Feststellung des Steigbügels und ein Verschluß der runden
Fensternische gefunden wurde.
Was die Behandlung solcher Fälle anbelangt, so wiederholt EL
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148
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4.
die Mahnung der anderen Autoren, alle Mittelohreiterungen frühzeitig
und sorgfältig zu behandeln. Auch die Heilbarkeit der Taubstumm¬
heit selbst, nach Ablauf der Mittelohrentzündung, ist nicht ganz
ausgeschlossen; und zwar dürften Eingriffe am ovalen Fenster gelegent¬
lichen Erfolg bringen. Krebs (Hildesheim).
Uebmanil. Die Sprachstörungen geistig zurückgebliebener
Kinder.
(Sammlung von Abhandlungen aus dem Gebiete der pädagogischen Psychologie
und Physiologie Bd. 4 Heft 3.)
Der durch mehrere Arbeiten über Sprachstörungen rühmlichst
bekannte Yerf. hat durch vorliegende Arbeit eine wesentliche Lücke
in der medizinischen Literatur ausgefüllt. L. verlangt zunächst eine
genauere Präzision der Diagnose „geistig zurückgeblieben“. Durch
eine genaue Untersuchung sämtlicher zentralen Fähigkeiten (Hören,
Riechen, Schmecken, Sehen, Tast-, Druck-, Temperatursinn, Schmerz¬
gefühl, Geschicklichkeit der Körper- und Handmuskulatur, spontane
Sprache, Fähigkeit des Nachsprechens) findet man ganz bestimmte
Defekte heraus, die je nach der Art und dem Grade des Falles ver¬
schieden sind. Unter diesen Defekten nehmen die Sprachstörungen
eine hervorragende Stellung ein. Die Sprachstörungen sind entweder
sekundärer Natur, beruhend auf der geistigen Inferiorität des Pat., oder
sie sind das primäre Element. Durch organische Abnormitäten oder
ftmktionelle Mängel wird die Sprache unverständlich, die Pat. werden
von der Umgebung isoliert und bleiben so in ihrer geistigen Ent¬
wicklung zurück. Die sekundären Sprachstörungen sind 1. Stumm¬
heit, 2. Stammeln, 3. Stottern und Poltern. Von den sekundären
Sprachstörungen werden das Stammeln (organisches und funktionelles)
und die durch Schwerhörigkeit bedingten Sprachstörungen eingehend
behandelt. Die Arbeit ist besonders wertvoll durch die ausführlichen
Krankengeschichten, in denen die Pathologie und Therapie eingehend
besprochen werden. p. Maas (Aachen).
Glltzmann. Die Sprachentwicklung des Kindes und ihre
Hemmungen.
(Die Kinderfehler, Zeitschr. f. Kinderforschung 1902 Heft 5 und 6.)
Wir Unterscheiden vier Perioden der Sprachentwicklung. Die
erste ist die Schreiperiode, die zweite die rein reflektorische Lall¬
periode, in der dritten Periode werden Laute nachgeahmt, die vierte
Periode kennzeichnet sich dadurch, daß das Kind nicht nur Worte,
welche wir sprechen, hört und versteht, sie nicht nur nachzuahmen
im stände ist, sondern sie auch selbständig verwendet. Schreien und
Lallen sind als rein reflektorisch anzusehen, die beiden folgenden
Perioden sind dagegen nicht mehr reflektorisch, jedoch kann auch
die willkürliche Bewegung ganz ohne zentripetalen Reiz nicht zu stände
kommen* Alle Hemmungen der Sprache lassen sich teils auf Ausfalls-
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I. Referate.
149
erscheinungen, teils auf übermäßige Steigerung der Reize aurfick-
fiihren. Die Hemmungen beziehen sich
1. auf die peripher impressiven Sprachwege (Sprachstörungen in¬
folge Beeinträchtigung des Gehör- und Gesichtssinnes);
2. auf die zentralen Sprachwege (Sprachstörungen bei Idiotie,
Kretinismus, psychopathische Minderwertigkeiten, sensorische Stumm¬
heit, Hörstummheit, Stottern und funktionelles Stammeln);
3. auf die peripher expressiven Wege (Stammeln infolge Fehler
der Artikulationswerkzeuge).
Bezüglich der Hörstummheit hätte Ref. eine präzisere Charakteri¬
sierung gewünscht. Nach den genauen Untersuchungen Liebmanns
wissen wir, daß die Hörstummheit auf Defekte der Aufmerksamkeiten
und der Gedächtnisse zurückzuführen ist. Dem gegenüber spielen die
psychischen Hemmungen (Unlustgefühl, weil das Nachsprechen nicht
die Vollendung des Vorbildes erreicht) und die adenoiden Vegetationen
bei der Entstehung der Hörstummheit doch nur eine geringe Rolle.
P. Maas (Aachen).
Wegener. Ein Beitrag zur Frage nach den Ursachen der
Minderbegabung von Schulkindern.
(Zeitschr. für Schulgesundheitspflege 1902 No. 11.)
Die Nachhilfeklasse der Stadtschule zu Wasungen wird von
2*5 Knaben und 10 Mädchen besucht. Der hohe Prozentsatz (im
ganzen 587 Schüler) erklärt sich aus den ungünstigen sozialen Ver¬
hältnissen der dortigen Bevölkerung. Von den 25 Knaben zeigen 15
eine mangelhafte körperliche Entwicklung, Anzeichen schwerer über¬
standener oder noch bestehender Rhachitis und Skrophulose. Dieselben
waren in der Länge- wie Gewichtszunahme um 3 — 4 Jahre zurück¬
geblieben, der Schädel zeigte sich auffallend groß mit überwiegender
Form des Vierecks, die Zähne gezackt, die Knorpelansätze der Rippen
stark verdickt, das Brustbein nach vorn getrieben, die Thoraxhälften
ungleich. Wirbelsäule verbogen. Daneben bestanden Drüsen¬
anschwellungen, blasse Gesichtsfarbe u. s. w. Bei 3 Knaben war die
Minderbegabung entschieden durch ein Trauma erworben; sie hatten
an der Stirn, am Wirbel und Hinterhaupt auffallende, 5—7 cm lange
Narben, teilweise mit darunter fühlbarer Knochenverdickung, welche
in 2 Fällen von einem Sturz in die Scheune, im dritten von einem
Steinwurf und Sensenhieb herrührten. Weitere 2 Knaben stammten
von ausgesprochenen Potatoren: 1 Knabe war jahrelang augenleidend.
Adenoide Vegetationen ließen sich bei 4 Knaben nachweisen.
P. Maas (Aachen).
Renkauf. Abnorme Kinder und ihre Pflege.
(Pädagogisches Magazin Heft 29, 2. Auflage.)
Der Verf. bespricht zunächst die Erscheinungen nervöser und
seelischer Abnormität. Wir finden Schwäche der Gehörorgane ver¬
bunden mit Sprachstörungen, hochgradige Kurzsichtigkeit, Neigung
zu Epilepsie, Schwachsinn in seiner ausgeprägtesten Form als Idiotie
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J5Ö Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4.
oder Blödsinn. Der somatische Druck wirkt nun auch auf das Vor¬
stellungsleben. Bei dem einen Kind ist der Vorstellungsablauf außer¬
ordentlich langsam, es vermag nur mit Mühe die äußern Eindrücke
aufzunehmen, das Wahrgenommene haftet nur schwach im Gedächtnis
und bei seiner Wiedergabe stellen sich allerlei Gedächtnisfehler heraus.
Andere Kinder fassen schnell auf, aber der Ablauf der Vorstellungen
ist zu rasch, neue Vorstellungen verdrängen die alten. Die Konzen¬
tration der Aufmerksamkeit gelingt nur für kurze Zeit, infolgedessen
fehlt den Vorstellungen die feste Einprägung im Bewußtsein. Noch
verhängnisvoller sind die Verbildungen im Gemüts- und Willensleben.
Es fehlt der Sinn für Wahrheitsliebe, Schicklichkeitsgefühl, Schönheits¬
gefühl und religiöser Sinn. Die Gründe dieser Erscheinungen sind
zu suchen in ererbter Disposition, Schäden des Familienlebens,
mangelhafter Erziehung, Überanstrengung in der Schule. Abhilfe ist
nur möglich durch Unterbringung derartig geistig abnormer und des¬
halb schwer erziehbarer Kinder in geeigneten Anstalten, denen päda¬
gogisch und psychiatrisch gebildete Leiter vorstehen. Notwendig
ist es, daß Ärzte und Lehrer sich dem Studium der abnormen Kindes¬
seele mehr widmen, um rechtzeitig derartige Abnormitäten zu erkennen
und dadurch größeres Unheil zu verhüten. p. Maas (Aachen).
H.) Pfister. Die Erziehung und Behandlung seelisch Belasteter
in Haus und Schule.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 7 und 8.)
Verf. weist in übersichtlicher und klarer Weise auf alle die
Schädlichkeiten hin, denen die nervenschwachen Kinder zu Hause und
in der Schule ausgesetzt zu sein pflegen, und zeigt, wie die gefährdete
Jugend vor diesen Nervenfeinden am besten zu bewahren ist, wie
aus diesen Kindern bei rationeller Pflege und Behandlung doch noch
möglichst nervengesunde und leistungsfähige Menschen heranzuziehen
sind. Die sehr beherzigenswerten Details lese man im Original nach.
Grrätzer.
E. Deutsch * (Budapest). Über Masturbation.
(Magyar Orvosok Lapja 1903 No. 4, 5, 6, 7.)
Verf. bespricht die Geschichte, Ethnographie, Verteilung nach
Geschlecht und Alter, die verschiedenen Arten der Onanie (Einteilung
nach Metaglia) schildert den Suctus voluptabilis (Lindner), bekennt
sich als Anhänger der gemäßigten deutschen Richtung und verwirft
die französische mit ihren Übertreibungen. Bei Besprechung der
Ätiologie hebt er die Wichtigkeit der richtigen Erziehung in Haus
und Schule hervor. Der deutsche Standpunkt wird auch bei Schilde¬
rung der Folgen der Masturbation beibehalten. Die durch D. in
zwei Budapester Waisenhäusern beobachteten Fälle waren meistens
Unaufmerksame, schlechte Schüler, mit mehr oder weniger ausgeprägtem
Bilde der Neurasthenia sexualis. Die operative, elektrische und
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L Referat. •
151
medikamentöse Therapie ist in den meisten Fällen überflüssig, ge¬
wöhnlich genügt der erzieherische Einfluß der Eltern und Lehrer unä
zur rechten Zeit ein energisches Wort von seiten des Arztes.
Autoreferat.
Placzek (Berlin). Zur forensischen Beurteilung frühzeitiger
Onanie.
(Ärztliche Sachverständigen-Zeitung 1902 No. 22.)
Die spärliche Kasuistik frühzeitiger Onanie bei Knaben bereichert
P. um einen Fall, welcher dadurch besonders bemerkenswert ist, daß
das Leiden schon mit 7 Monaten begann, und unzweifelhafte
Erektionen manuell hervorgerufen wurden.
„Das Kind war von den ersten Lebensmonaten an selten rege, lernte schon
mit 8 / 4 Jahren sprechen. Als das Kind ungefähr 7 Monate alt war, begann es
in auffallender Weise an seinem Geschlechtsteile zu spielen, daß es ^anz schattig
um seine Augen aussah. Es keuchte dabei, daß man es im Nebenzimmer hören
konnte, und hatte oft unmittelbar darauf Kopffliegen (eine Art horizontalen Kopf-
schüttelns). Sein Geschlechtsteil trat ganz heraus, wie beim erwachsenen Menschen,
suchte hin und her, machte auch stoßende Bewegungen. Das Kind tippte auch
mit dem Finger darauf. Als es sprechen gelernt hatte, sagte es oft zur Mutter:
,Sieh mal meine Mimi‘ (den Ausdruck dürfte es wohl von den Dienstmädchen
aufgeschnappt haben, die ja den Vorfall oft genau mit ansahen). Das Onanieren
hörte auf, als der Knabe geschlossene Höschen bekam, ein neues Dienstmädchen
scharf auf ihn aufpaßte und ihn, sobald sie ihn ertappte, gehörig züchtigte. Seit
2 Jähen tut er es nicht mehr. Er ist jetzt mit 3 Jahren ein kluger Junge, der
sehr gefühlvoll und anhänglich ist“. Dies die Schilderung des Vaters. Das
hereditär nicht belastete Kind war und blieb geistig und körperlich gesund.
Obwohl jetzt 2 Jahre seit der onanistischen Periode verstrichen
sind, machen sich also keinerlei unheilvolle Folgen der Onanie be¬
merkbar: Das ist ein sehr auffallendes Moment.
Forensisch wichtig ist, daß hier die Schuld eines Dritten mit
einer an Gewißheit grenzenden Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist.
Das Kind war ja in der Obhut eines Dienstmädchens, weshalb es
möglich erscheint, daß von letzterem an den Genitalien des Kindes
manipuliert worden war. Undenkbar bliebe es aber, auch bei diesöf
Annahme, heute noch, daß hieraus bei einem 7 monatlichen Kinde 1
ein zielbewußtes, fortdauerndes Onanieren sich entwickeln könnte,
welches lange Zeit jeder Therapie, auch der strengsten, spottet. Da
auch alle sonstigen körperlichen Reizmöglichkeiten auszuschließeü
waren (Ekzem, Pruritus, Intertrigo, Phimose, Parasiten), ist die An¬
nahme wahrscheinlicher, daß hier eine selten frühzeitige, instinktive
Betätigung eines Naturtriebes vorliegt. Grätzer.
A. Jacobi. Causes of Epilepsy in the Young.
(American Medicine, 13. Dezember 1902.) .
Sehr viele epileptische Anfälle bei kleinen Kindern entgehen der^
Beobachtung und der richtigen Deutung. Oft sterben solche Säug¬
linge ohne Behandlung; bei anderen wird von Eklampsie, Urämie*'
n. dgl. geredet. Trotz dieser diagnostischen Schwierigkeiten hat Verf.
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152
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4.
im Laufe seiner langjährigen Tätigkeit viele Hunderte von epileptischen
Kindern gesehen.
Die Anlage zur Epilepsie kann angeboren sein; oder aber sie ist
während des intra- sowohl als extrauterinen Lebens erworben. Unter
allen Nervenleiden zeigt die Fallsucht am häufigsten eine direkte
Heridität. Alkoholismus, Lues, Tuberkulose und eine Schar ander¬
weitiger Infektionen oder Intoxikationen der Eltern mögen zur Epi¬
lepsie der Kinder führen. Blutsverwandtschaft der sonst gesunden
Eltern ist dagegen kaum als Ursache anzusehen.
Da Epilepsie von der Gehirnrinde ausgelöst wird, so müssen wir
daselbst die unmittelbare Veranlassung suchen. Mittelbar wird Epi¬
lepsie durch andauernde Zirkulationsstörungen oder auf reflektorischem
Wege provoziert.
Intrauterine Einflüsse spielen eine bedeutende Rolle als ätiolo¬
gische Momente bei Epilepsie. Namentlich die Syphilis ist hier, wie
bei so zahlreichen Nervenleiden, eine ausgiebige Ursache. Wenn Kinder
von 5—7 Jahren auf einmal epileptisch erkranken, so ist auf Syphilis
zu fahnden. Solche Kinder sind häufig zart, schwächlich und unent¬
wickelt. Anderweitige intrauterine Einflüsse sind Gehirnhypertrophie,
vorzeitige Verknöcherung des Schädels, und Meningocele spuria. Es
kann die hypertrophische weiße Gehirnsubstanz die graue Rinde
komprimieren und die epileptischen Krämpfe auslösen. Eine ähn¬
liche Kompression kann aber auch durch vorzeitige Verknöcherung
der Nähte und Fontanellen bei ganz normalem Gehirn zu stände
kommen: die große Fontanelle verkleinert sich in diesen Fällen rasch,
und kann bereits im dritten Monat obliteriert sein, während sie
normalerweise bis zum achten Monat an Größe zunimmt und sich
erst gegen den 15. Monat schließt. Solche Kinder zeigen auch sonst
eine beschleunigte Entwicklung: Sie gebrauchen ihre Glieder früh¬
zeitig; sie bekommen die ersten Zähne früh und rasch nacheinander,
wobei nicht die unteren, sondern die oberen Schneidezähne zuerst
erscheinen. So schreitet die Entwicklung fort, bis der stetig wachsende
Hirndruck in ihren Gang eingreift. Dann tritt eben häufig die Epi¬
lepsie zu Tage. Vielleicht wäre hier eine Kraniotomie oder Krani-
ektomie am Platze, um dem wachsenden Gehirn Raum zu schaffen.
Unter Meningocele spuria versteht man eine Spalte im Schädel¬
knochen und Dura mater ohne Verletzung der bedeckenden Haut und
Galea. Der Zustand verdankt seine Entstehung meist einer Zangen¬
geburt oder einem sonstigen Trauma; auch Karies und Syphilis können
die Ursachen davon sein.
Soviel über intra-uterine ätiologische Momente. Ein anderweitiger
höchst wichtiger ursächlicher Faktor ist die Asphyxia neonatorum,
welche zu hochgradiger Gehimhyperämie, Extravasation und Throm¬
bose führen kann. Bleibt das Kind am Leben, so kommt es oft zu
Meningitis oder Lähmungen oder Idiotie und Epilepsie. Letztere
sind häufig vergesellschaftet: ein Drittel aller Idioten sind zugleich
epileptisch. Beide Affektionen konnte Verf. in Hunderten von Fällen
direkt auf Asphyxie bei der Geburt beziehen. Daher soll der Arzt
bemüht sein, das scheintote Kind schleunigst zum Atmen zu bringen.
Jeder versäumte Augenblick bringt neue Gefahren mit sich.
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I. Referate.
153
Ähnliche Verhältnisse finden sich bei Gehirnblutungen nicht
asphyktischer Neugeborener. Solche Blutungen kommen sehr oft vor,
und die meisten Kinder, welche im Laufe der ersten Woche sterben,
gehen eben daran zu Grunde.
Eine weitere Gefahr liegt in der Häufigkeit der kindlichen
Eklampsie. Kein eklamptischer Anfall soll sich selbst überlassen
werden. Stets koupiere man die Krämpfe mittels Cbloroform-
inhalation. Konvulsionen begleiten eine ganze Schar von Kinder¬
krankheiten: Pneumonie, Enteritis, Nephritis, akute Infektionen u. s. w.
Dagegen wird die Zahnung mit Unrecht als eine unversiegbare Quelle
von Krämpfen angesehen; ihr Einfluß ist sicher ein sehr geringer.
Die allermeisten „Zahnkrämpfe“ beruhen auf einer gleichzeitig be¬
stehenden Rachitis oder Nephritis.
Ebenso übertrieben ist die angebliche Rolle der Phimose in der
Ätiologie zahlreicher Nervenkrankheiten. Man hat Epilepsien, Kata¬
lepsien, Lähmungen, Idiotie und vieles andere auf Phimose beziehen
wollen. Verf. hat nie eine derartige Entstehung beobachtet; auch
keinen einzigen Fall von Epilepsie, Lähmung oder Idiotie gesehen,
welcher durch Beschneidung geheilt wurde. Es werden allzu häufig
unschuldige Vorhäute geopfert.
Endlich hat man die Onanie für Epilepsie verantwortlich ge¬
macht. Bei Säuglingen und kleinen Kindern ist dies kaum je der
Fall, wohl aber bei älteren Kindern, namentlich gegen die Pubertäts¬
zeit. Wo Epilepsie mit Masturbation einhergeht, beruhen möglicher¬
weise beide Zustände auf der nämlichen zentralen Erkrankung und
sind beide wahrscheinlich unheilbar. Solche Fälle operativ zu be¬
handeln durch Klitoridektomie und Kastration, wie bereits geschehen,
heißt ein Verbrechen an unschuldigen Kindern begehen.
Leo Jacobi (New York).
M. Bra. Du parasite trouv6 dans le sang des 6pileptiques.
Son agglutination par le s6rum des animaux infect^s et par
le s6rum des 6pileptiques.
(Revue neurol. 1903 No. 1.)
Verf. spritzte Kaninchen wiederholt und zwar ein Vierteljahr
lang Bouillonkulturen des die Epilepsie angeblich erzeugenden Mikro¬
organismus unter die Haut. Fügte er das Serum dieser Tiere zu
den Kulturen, welche zur Infizierung gebraucht worden waren, hinzu,
so erfolgte deutliche Agglutination des Mikroorganismus.
Nicht minder deutlich zeigte sich das Agglutinationsvermögen
des Serums, welches Verf. Epileptikern entnahm, bezüglich des aus
dem Epileptikerblute isolierten Kokkus. Kurt Mendel (Berlin).
M. Bra. Du parasite trouvö dans le sang des 6pileptiques.
(Revue neurol. 1902 No. 10.)
Um den vom Verf. gefundenen Parasiten im Blut der Epileptiker
zu erhalten, muß letzteres entweder in der Zeit vor einem Anfall oder
Centralbl. f. Klnderhlkde. Vin. ^ 11 t
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154
Oetttralblatt fiIr Ktederheilfeunde. Ko. 4.
während des Anfalles selbst untersucht werden. Das Blut wird durch
Venaesektion gewonnen. Man sieht alsdann im Plasma kleine Mikro¬
organismen , welche entweder isoliert oder zu Diplokokken vereint
sind, lebhafte Bewegung zeigen, außerdem wurmartige Körperchen
aus 4, 6, 8 oder mehr Körnchen bestehend, mit schlangenartigen
Wellenbewegungen. Im Blut von Gesunden fand Ver£ nie derartige
Gebilde. In Bouillonkultur zeigt sich nach 24 Stunden Opaleszenz
der Kultur sowie Kokken von 0,6 bis 1 fi isoliert oder zu zweien,
und Ketten mit 4, 6 oder 8 Körnern. Diese Kulturen, Kaninchen
eingespritzt, erzeugen Krämpfe.
Verf. schlägt für den Parasit den Namen Neurokokkus vor und
hält ihn für den Erzeuger der Epilepsie, deren infektiöse Natur durch
die Experimente des Verf.s bewiesen sein würde.
Kurt Mendel (Berlin).
Stadelmann. Aphasie und Agraphie nach epileptischen
Anfallen.
(Psych.-neurol. Wochenschrift 1902 Jahrg. IV No. 14.)
Verf. berichtet über einen 18jährigen Epileptiker, bei welchem
sich nach den Anfällen schwere nervöse Erschöpfungszustände mit
Aphasie, Agraphie, Worttaubheit und Echolalie zeigten.
In einem zweiten Falle (10jähriges Mädchen) stellte sich im An¬
schluß an epileptische Krämpfe amnestische partielle Agraphie ein,
dieselbe war noch nach einem Jahre nachweisbar.
Kurt Mendel (Berlin).
Lichtwitz jllVI. (Ohlau). Über einen Fall von angeborenem
Diabetes insipidus, kombiniert mit nach Insolation hinzu¬
getretener Epilepsie.
(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 45.)
Pat., aus gesunder Familie stammend, brachte einen ungeheueren
Durst mit auf die Welt und schied immer enorme Mengen Urin aus.
Diese Erscheinungen blieben bei dem schwächlichen Knaben, der
sehr schlecht in der Schule fortkam und auffallend geringe Intelligenz
zeigte, weiter bestehen, auch später, als Pat. als Packer tätig war.
Als solcher zog er sich an einem sehr heißen Tage einen Sonnen¬
stich zu, der zerebrale Symptome (Kopfschmerzen, Erbrechen u. s. w.)
hervorrief. 14 Tage später erster epileptischer Anfall, dem weitere
in unregelmäßigen Intervallen folgten.
Aus der Harnruhr, dem geringen Grade der Intelligenz und
Anomalien des Schädels (Fehlen der Hinterhauptswölbung) kann man
auf eine angeborene Gehirnanomalie schließen. Wenn nun
wohl auch das Auftreten der Epilepsie im 23. Lebensjahre etwas Auf¬
fallendes nicht hat, so wirkte doch sicher die Insolation ätiologisch
mit; durch sie wurde die zentrale epileptische Veränderung gesetzt,
welche gelegentlich durch nicht näher zu kontrollierende Ursachen
als Anfall in die Erscheinung trat. Grätaer.
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I. Referate.
155
Parker and Nictil. Case of multiple hypertrophy of the
sebaceous glands of the face in a congenital epileptic.
(The Glasgow medical journal, October 1902. S. SOI.)
Die 16jährige Patientin erkrankte im Alter von 8 Jahren mit
Krämpfen, die einen halben Tag andauerten, denselben folgten
rechtsseitige Sehstörungen und Krämpfe, die sich sehr häufig wieder¬
holten. Sie entwickelte sich geistig nur sehr mangelhaft. Im Alter
von 6 Jahren bekam sie einen Ausschlag im Gesicht, derselbe bestand
in zahlreichen, sagokorngroßen Knötchen, die besonders Nase, Wangen
und Kinn bedeckten. Es wird dann eine ausführliche, mikroskopische
Beschreibung dieser multiplen hypotrophischen Talgdrüsen gegeben.
Ein ähnlicher Fall ist von Bock (in Virchows Archiv 1880) be¬
schrieben. Schreiber (Göttingen).
Pindy. Die Erfolge der Epilepsiebehandlung nach Toulouse-
Richet
(Psychiatr.-neurol. Wochenschrift 1902 No. 37.)
Verf. spricht sich mit aller Entschiedenheit gegen dieToulouse-
ßichetsche Epilepsiebehandlung (kleine Bromdosen bei kochsalzarmer
Diät) aus. Wenn auch die Bromdosis kleiner sei, so sei ihre Wirkung
doch vielfach größer bei der oligochlorösen Therapie, und für den
Organismus sei nur das Wirkungsquantum und nicht das Gewichts¬
quantum von Belang. Die Möglichkeit der Bromvergiftung ist bei
oligochloröser Diät eine sehr bedeutende, die Behandlung der Epi¬
lepsie nach Toulouse-Richet demnach ein „gefährliches zweck¬
verfehltes und unnötiges Unternehmen“.
Die von den Autoren (Toulouse, Eichet, Bälint, Garbini,
Meunier, Schäfer) berichteten guten Erfolge mit der Toulouse-
ßichetschen Behandlung müssen nach Verf. „im Wege der Sug¬
gestion erklärt werden, deren Wirkung mehr oder weniger nicht nur
die Kranken, sondern auch die sie behandelnden Arzte betrifft“.
Kurt Mendel (Berlin).
M. Lion (Tomäscheff-Kölok). Weiteres über die Cerebrintherapie
der Epilepsie.
(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 50.)
A. Eulenburg (Berlin). Cerebrin bei Epileptikern.
(Ibidem.)
L. hat schon vor ca. 1 Jahr über seine Erfolge mit Cerebri-
num-Poehl berichtet. Er gab dieses in Form von Tabletten bis
2 g pro die oder in subkutanen Injektionen 1—2 Ampullen pro dosi,
2—7 Ampullen wöchentlich. Jetzt erhält er noch raschere Resultate
bei folgender Methode, die er dringend empfiehlt: Er steigt schnell
(in einer Frist von 2—3 Wochen) bis 1,8 pro dosi (gewöhnlich 6 Ta¬
bletten ä 0,3), die er 1 mal am) Tage, am besten morgens nüchtern,
gibt und jeden 8. Tag wiederholt. Wenn diese Gabe ungenügend
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156
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4.
ist, d. h. wenn die Anfälle, obwohl sie seltener und schwächer wer¬
den, fortdauern, fängt er an, nach 2—ß Wochen dieselbe Dosis jeden
2. Tag and endlich jeden Tag zu geben. Subkutan macht er jeden
3. oder 2. Tag 2 Einspritzungen auf einmal. In Fällen, wo neu-
rasthenische Symptome in den Vordergrund treten, gibt L. zugleich
mit dem Cerebrin das Sperminum-Poehl innerlich (Essent. spermin.
2—3 mal täglich 20—30 Tropfen) oder in schweren Fällen subkutan,
2—3 Ampullen Spermin. pro inject, wöchentlich. Diese Therapie hat
sich außerordentlich bewährt. L. führt Fälle an, wo die Anfälle
seit der Therapie überhaupt nicht wieder kamen oder fast ganz ver¬
schwanden. Die Behandelten waren meist Erwachsene, aber auch
Kinder.
Mädchen, 12 Jahre alt, epileptisch ca. 5 Jahre. Schwere konvulsivische
Anfälle, fast jeden Monat, obwohl Pat. jahrelang Brom einnimmt, täglich 8—4 g.
Ohne Brom wiederholen sich die Anfälle 3—4 mal jede Woche. Öfters „Übelkeit“
mit leichter Umnebelung des Bewußtseins (partielles petit mal). Bedeutende
geistige Schwäche. Seit 20. November 1901 Cerebrinum-Poehl in Tabletten bi»
1,5 pro die. Anfangs auch kleine Bromdosen (2—1 g pro die). Außerdem
30 Cerebrineinspritzungen. Bis 15. Oktober 1902 (11 Monate) nur drei leichte
konvulsivische Anfälle und ein sehr leichter von petit mal mit partiell er¬
haltenem Bewußtsein.
In anderen Fällen trat bedeutende Minderung der Anfälle an
Zahl und Intensität ein, in einer 4. Gruppe scheinbare Vermehrung
der Zahl, wobei sich aber die Qualität der Anfälle änderte, starke
verwandelten sich in leichte, um dann ganz zu verschwinden,
es traten mehr in den Vordergrund petit mal, kaum merkliche
Schwindelanfälle. Beispiel:
lljähriger Knabe aus der Volksschule, epileptisch seit seinem sechsten
Lebensjahre. Jeden Monat wiederholen sich drei und mehr konvulsivische Anfälle,
jede Woche einige Male petit mal. Ohne Brom häufen sich die Anfälle noch
bedeutend mehr. Schwaches Gedächtnis, öfters Kopfschmerzen, Schläfrigkeit,
Apathie, Reizbarkeit. Seit 22. Januar 1902 Cerebrinum-Poehl, Tabletten bis 1,5
pro die und 60 Einspritzungen. Brom nur im Anfänge. Bis 15. Oktober (neun
Monate): Erster Monat: Drei mäßige konvulsivische Anfälle und zwei von petit
mal. Zweiter Monat: ein konvulsivischer Anfall, einer von petit mal. Dritter
Monat: vier leichte Anfälle, fast ohne Konvulsionen, zwei leichte von petit mal.
Vierter Monat: ein leichter Anfall fast ohne Konvulsionen, ein leichter von petit
mal und sechs partielle von petit mal. Fünfter Monat: ein leichter und fünf
kaum merkliche Anfälle ohne Konvulsionen, vier leichte von petit mal, ein partieller
von petit mal. Im weiteren werden die partiellen Anfälle von petit mal immer
öfter, konvulsivische Anfälle verschwinden ganz. Endlich treten in den Vorder¬
grund (letzte 2 Monate) sehr häufige Schwindelanfälle bei vollem Bewußtsein.
Schwindelspur? Bedeutende Besserung des Gedächtnisses und Hebung des
Allgemeinbefindens.
Auch E. hat eine Anzahl von Pat. (nur Erwachsene? Ref.) mit
Cerebrin behandelt, meist schwere veraltete Fälle, bei denen Brom¬
behandlung auf die Dauer versagte oder nicht toleriert wurde. Cere¬
brin wurde intern (4—6 Tabletten täglich) oder subkutan (jeden
2. Tag 1—2 ccm) angewandt. Wenn E. auch nicht so hervorragende
Wirkung sah, wie Lion, so hatte doch auch er den Eindruck, daß
dem Cerebrin eine gewisse Bedeutung zukommt und das Verfahren
beachtenswert ist. Grätzer.
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I. Referate.
157
Hermann Fischer (Berlin). Die chirurgischen Ereignisse in
den Anfallen der genuinen Epilepsie.
(Archiv für Psychiatrie Bd. 36 Heft 2.)
Verf. gibt einen Gesamtüberblick über die chirurgischen Ereig¬
nisse in epileptischen Anfällen, ihre Zahl, ihre Art und den Vor¬
gang bei ihrer Entstehung. Seine eigenen Untersuchungen, die er in
der Anstalt zu Wuhlgarten anstellte, erstrecken sich auf 575 Männer,
377 Frauen und 78 Kinder. An diesen 1030 Epileptischen wurden
im ganzen 1697 einmalige Verletzungen, von welchen 440 als schwere
zu bezeichnen waren, festgestellt. Die Zahl der chirurgischen Er¬
eignisse in epileptischen Anfällen demnach eine sehr große. Je
schwerer und zahlreicher die Anfälle, um so gefährlicher und häufiger
treten in ihnen die chirurgischen Ereignisse ein. Diejenigen Pa¬
tienten, welche von keiner Aura gewarnt werden, sind am schwersten
betroffen. Das erste Stadium des epileptischen Anfalls (Niedersturz
im Tonus bei umnachtetem Bewußtsein) birgt die meisten und schwersten
Gefahren in sich, doch steht auch in den übrigen Stadien viel zu
befurchten.
37,3 °/ 0 der Epileptiker in Wuhlgarten blieben von Verletzungen
in Anfällen frei, wenn man vom Zungenbiß absieht.
Des weiteren bespricht Verf. die einzelnen Verletzungen in epi¬
leptischen Anfällen und zwar die Verletzungen der Weichteile, der
Knochen und der Gelenke sowie die Erstickung der Epileptischen im
Anfalle und die Entstehung von Hernien in demselben. Bezüglich
des letzteren Punktes erwähnt Verf. einen Fall, welcher im An¬
fall an inkarzerierter Hernie zu Grunde ging; Epileptiker mit
Bruchanlage sollen demnach stets Bruchbänder tragen. Erwähnens¬
wert aus diesem Kapitel ist ferner die Ansicht des Verfis, daß es
bei jugendlichen und älteren Epileptikern eine auf lokalen oder all¬
gemeinen Ernährungsstörungen beruhende, durch die Epilepsie selbst
herbeigeführte oder aus früherem Bestände durch das Nervenleiden
bewahrte und vermehrte Knochenbrüchigkeit gibt, derzufolge relativ
geringe Traumen ausreichen, um wiederholte Brüche an großen
Extremitätenknochen zu erzeugen.
Am Schlüsse seiner fleißigen Arbeit geht F. auf die Frage ein,
wie ein Asyl für Epileptische gebaut und eingerichtet werden soll,
und macht diesbezügliche Vorschläge, durch deren Befolgung die
Möglichkeit des Eintritts schwerer Verletzungen im Anfalle auf ein
Minimum beschränkt werden soll. Ref. möchte diesen Vorschlägen
noch denjenigen hinzufügen, daß in den Betten nicht weiche, sondern
harte Kopfkissen verwandt werden, da es — wie Ref. selbst erfahren
hat — Vorkommen kann, daß ein Epileptiker, sich im Anfall in die
weichen Kissen seines Bettes mit dem Gesichte hineinbohrend, erstickt.
Kurt Mendel (Berlin).
W. V. Bechterew. Über operative Eingriffe bei Epilepsia choreica.
(Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. 21 Heft 3 u. 4.)
In den Fällen von Epilepsia choreica handelt es sich nach B.
um eine Erkrankung, deren pathologisch-anatomische Grundlage der
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158
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4.
Chorea und der Epilepsie gemeinschaftlich ist. Man müsse annehmen,
daß bei diesem Leiden stabile Gewebsveränderungen des Gehirns und
der Meningen vorliegen. Unter dieser Voraussetzung ließ B. bei
einem an Epilepsia choreica leidenden Patienten, bei dem alle Mittel
fehlgeschlagen hatten, den Schädel im Gebiete der rechten Zentral-
windungen eröffnen, die Dura entfernen und ein großes Fenster im
Schädel bilden, ferner im Gebiete der Centralgyri kleinere Rinden-
bezirke fortnehmen, um so die Erregbarkeit der Zentren herabzu¬
setzen, ohne dauernde Gliedmaßenlähmung zu erzeugen. Während
der Operation stellten sich bei Reizung der motorischen Rindencentra
in gesteigertem Grade jene choreaähnlichen Bewegungen ein, die bei
dem Kranken vor einem epileptischen Anfalle aufzutreten pflegten.
Sehr guter Erfolg: Völliges Aufhören der Krämpfe in der linken
Körperhälfte, Abschwächung derselben auf der rechten Körperseite.
Darauf die gleiche Operation im Gebiete der linken Zentral¬
windungen, dieselbe hatte ein völliges Schwinden der Anfälle auf der
rechten Seite zur Folge, so daß Pat. ganz anfallsfrei war.
Am 4. Tag nach der Operation Erysipel, am 8. Tage Exitus!
Kurt Mendel (Berlin).
M. Reichardt. Zur pathologischen Anatomie der chorea minor.
(Deutsches Archiv f. klin. Medizin Bd. 72 Heft 5 u. 6.)
Zwei Fälle von Sydenhamscher Chorea, von denen der eine
im Anschluß an eine rheumatische Gelenkerkrankung auftrat, vier
Wochen fieberlos verlief, in den letzten acht Tagen unter Nachlassen
der choreatischen Bewegungen von einer Psychose begleitet war,
während der zweite Fall als Rezidiv einer früheren Chorea stürmisch,
fieberhaft verlief und in acht Tagen zum Tode führte.
Das bakteriologische Ergebnis war, soweit es sich auf das Ge¬
hirn bezieht, negativ, dagegen gelang im Herzblut der Nachweis von
Staphylococcus aureus im ersten, und von Streptokokken im zweiten
Falle. Beide Male war eine Endocarditis zu konstatieren.
Der größte Teil des Gehirnes war in verschieden starker Weise
von Entzündung, charakterisiert durch perivenöse kleinzellige Infil¬
tration, befallen, doch in so wenig ausgesprochenem Maße, daß makro¬
skopisch sichtbare Herde fehlten. Die Ganglienzellen waren am
wenigsten geschädigt. Zahlreiche zum Teil makroskopisch sichtbare
Blutungen waren namentlich an Stellen stärkerer Entzündung regel¬
los im ganzen Gehirn zerstreut.
Unabhängig von den Entzündungsherden fanden sich fettige
Degenerationen von Nervenfasern, dieselben fehlten in den Zentral¬
windungen, der inneren Kapsel, waren dagegen besonders in den
basalen Ganglien und deren Umgebung, besonders dem Gebiete der
hinteren inneren Kapsel nachzuweisen.
Die Lokalisation der Choreabewegungen ist nach obigen Unter¬
suchungen nicht aufgeklärt, doch sehen wir auch hier wie aus ver¬
schiedenen früheren anatomischen Befunden einen Hinweis auf die
basalen Ganglien. Hugo Stark (Heidelberg).
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I. Referate.
159
L. Brun8. Über Chorea electrica.
(Berliner klin. Wochenschrift 1902 No. 51.)
B. ist auf Grund seiner Erfahrungen zur Überzeugung gelangt,
daß die Henoch-Bergeronsche Form der Chorea electrica, obwohl
die Symptomatologie scharf abgegrenzt ist, doch pathogenetisch drei
verschiedene Formen in sich faßt, deren Ünterscheidung eine prak¬
tische Bedeutung hat, weil die therapeutischen Maßnahmen sich da¬
nach zu richten haben. Er meint, daß es neben der Chorea
electrica 8. s. noch eine hysterische und eine epileptische
Form gibt, und führt einige Beispiele aus seiner Praxis an, welche
dieser Unterscheidung allerdings sehr nahe liegen.
Die Differential di agnose der Unterarten bietet größere
Schwierigkeiten. Am leichtesten ist die epileptische zu erkennen, wo
neben den interparoxysmellen Zuckungen oder den rudimentären An¬
fallen, die mit Chorea electrica verwechselt werden können, doch
meist auch klassische epileptische Anfälle Vorkommen. Sind die
kleinen Anfälle häufig, so bleibt meist die geistige Entwicklung der
Kinder zurück, bei längerer genauerer Beobachtung wird man auch
wohl bei den kleinen Anfällen Bewußtseinspausen nachweisen können.
Schwierig, ja zunächst unmöglich kann in vielen Fällen die Ent¬
scheidung einer Chorea electrica s. s. und der hysterischen Form
sein, da hysterische Stigmata hier, wie bei der Kinderhysterie über¬
haupt, oft fehlen. Man wird da oft erst in dem Behandlungsresultat
einen entscheidenden Faktor finden. Die Chorea electrica s. s. gibt,
wie ihre nächsten Verwandten, die echten Tics, eine schlechte Pro¬
gnose, die hysterische Form ist leicht zu heilen, man wird also eine
geheilte Chorea electrica meist als eine hysterische ansprechen dürfen.
Man wird auch bei der Therapie zunächst zwischen diesen Formen
eine Unterscheidung nicht machen, sondern die antihysterische Be¬
handlung einschlagen. B. wendetseine „zweckbewußteVernachlässigung“
an, d. h. er behandelt die Kinder, die unbedingt vom Hause weg ins
Krankenhaus zu bringen sind, so, daß sie den Eindruck gewinnen,
man bekümmere sich um ihr Leiden nicht, dasselbe habe also gewiß
keine Bedeutung; nebenher kann man ja elektrische und hydrothera¬
peutische Prozeduren vornehmen, muß die Ernährung heben u. 8. w.,
im allgemeinen sollen sich aber die Erscheinungen gewissermaßen zu
Tode langweilen und tun dies auch, wenn sie hysterischer Natur sind.
Erkennt man die epileptische Abart, dann verfährt man natürlich
gerade so, wie bei Epilepsie selbst. Grätzer.
S. Middelton. Child with a nervous affection chiefley charac-
terised by tremors.
(The Glasgow medical jouraal, Oktober 1902 S. 293.)
Der Knabe war im Alter von 10 Jahren plötzlich nach einem
großen Schrecken mit Zittern in den Extremitäten erkrankt Zwei
Monate vorher hatte er einen fieberhaften Darmkatarrh durchgemacht.
Der Tremor war bei der Aufnahme so stark, daß der Knabe kaum
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160 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4.
gehen konnte, die Arme waren etwas weniger beteiligt. Lähmungen,
Krämpfe und Atrophie fehlten. Der Patellarreflex war stark erhöht,
dagegen fehlte der Fußklonus. Sensibilitätsstörungen bestanden nicht,
die Gesichtsmuskulatur war frei von Zittern, nur die Zunge zitterte
etwas. Auf Behandlung mit dem faradischen Strom besserte sich
der Zustand. M. schwankt zwischen der Annahme einer Hysterie
und einer disseminierten Sklerose, welch letztere durch den fieber¬
haften Darmkatarrh bedingt sein könnte. Schreiber (Göttingen).
H. Stadelmann (Würzburg). Beseitigung schwerer hysterischer
Krampferscheinungen durch Wachsuggestion.
(Allgem. med. Zentral-Zeitung 1903 No. 5.)
Prompter Erfolg der Wachsuggestion in folgenden 2 Fällen:
1. Knabe von 12 Jahren verletzt sich unbedeutend am linken Knie. Einige
Stunden später sollte er gezüchtigt werden und versteckte sich aus Angst hinter
einen Busch, wo er stundenlang blieb. In diesem Affektzuötand wurde die gering¬
fügige Empfindung nach der Verletzung zu einem hysterischen Dauersymptom.
Es zeigte sich eine so starke Kontraktur des linken Kniegelenkes, daß die Ferse
die Haut über den Glutaei berührte. Haut um das Kniegelenk hochgradig hyper¬
ästhetisch. Knie aktiv und passiv nicht beweglich. 6 Monate lag Pat. im Bett
oder humpelte etwas mit dem anderen Bein herum. Durch Wachsuggestion ge¬
lang es, alle Symptome in l l /2 Tagen zum Verschwinden zu bringen. Kein
Rückfall.
2. Mädchen von 12 Jahren hatte sich in der Schule sehr angestrengt und
viel mit feinen Nadeln genäht. Eines Tages Schwächegefühl in der rechten Hand,
das sich bald auf den ganzen Arm erstreckte. Pat. konnte nichts mehr anfassen
oder festhalten, schließlich bekam sie, sobald sie nach etwas griff, Zitterbewegungen
an Hand und Arm, die zu kräftigen Schleuderbewegungen wurden, so daß an¬
gefaßte Gegenstände weit in die Luft flogen. Diese ungeordneten Bewegungen
erstreckten sich dann auch auf die Muskulatur der rechten Schulter, der rechten
Nacken- und Gesichtshälfte und Zunge. Der Zustand hatte 5 Monate angedauert
und wurde durch eine einzige Wachsuggestion beseitigt. Jetzt, l 1 /* Jahre danach,
besteht die Heilung noch. Grätzer.
M. Thiemich. Über das Facialisphanomen bei älteren Kindern.
(Aus der Universitäts-Kinderklinik zu Breslau.)
(Monatsschrift für Kinderheilkunde, Dezember 1902.)
Es erscheint heute unzweifelhaft, daß während der ersten 2 bis
3 Jahre das Facialisphänomen ein pathognomisches Symptom der
Tetanie ist, wenn man von dem seltenen, in seiner Bedeutung noch
unklaren Vorkommen bei Hydrocephalus, Meningitis und einigen
anderen organischen Hirnkrankheiten absieht. Auch hier ist jeden¬
falls ein zufälliges Zusammentreffen mit Tetanie nicht ohne weiteres
auszuschließen, zumal Verf. einwandfreie Fälle beobachten konnte, in
denen sich Tetaniesymptome von schwankender Intensität zu orga¬
nischen Hirnerkrankungen, z. B. zu einer ganz stationären Idiotie,
hinzugesellten und allmählich verschwanden.
Ist nun nicht auch später, diesseits des dritten oder vierten
Lebensjahres, das Facialisphänomen ein Latenzsymptom der
Tetanie? Verf. bejaht diese Frage auf Grund folgender Erfahrungen.
Verf. hat eine große Zahl von Kindern, bei denen früher in der
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L Referate.
161
Klinik epileptiforme oder tetanische Krämpfe oder Laryngospasmus
beobachtet wurden, und durch den Nachweis des Trousseauschen
oder des Facialisphänomens und meist der galvanischen Übereregbar-
keit die Zugehörigkeit der Krampferscheinungen zu den tetanoiden
Zuständen erwiesen worden war, jährlich mehrmals wieder einberufen
und sowohl genau untersucht, als auch über ihr Verhalten in den
Zwischenzeiten Erkundigungen eingezogen. Dabei hat er oft bei
Kindern, die vor mehreren Jahren Krämpfe u. s. w. hatten, und seit¬
dem allem Anscheine nach frei von jeglicher Störung geblieben waren,
als Residuum gleichsam der früheren Erkrankung ein mehr oder
minder lebhaftes Facialisphänomen gefunden. Bemerkenswerterweise
war bei diesen Fällen fast ohne Ausnahme das Facialisphänomen
während der ersten tetanoiden Krankheit vorhanden gewesen und mit
Ablauf derselben für viele Wochen oder Monate verschwunden, um
später wieder aufzutreten, ohne daß neue Krämpfe oder dgl. einsetzten.
Es ist gewiß kein Zufall, daß es in den Sommer- und Herbstmonaten
meist fehlte, im Winter und Frühjahr wieder nachweisbar war.
Eine andere Stütze findet Verf. in der Anamnese der ein Faci¬
alisphänomen aufweisenden älteren Kinder. Wenn man sorgfältig
nach Krämpfen oder Stimmritzenkrampf im Säuglingsalter fragt, so
bekommt man etwa in 50°/ o der Fälle positive Antwort. Noch
größer wird die Zahl der bejahenden Antworten, wenn wir nach
Krämpfen oder Stimmritzenkrampf bei den Geschwistern fahnden.
Die Tetanie als latente Form, als abnorme Konstitution des Nerven¬
systems ist nach Th.s Erfahrung eine außerordentlich erbliche oder besser
familiäre Anomalie. Es ist sehr häufig, daß, wenn in einer Familie
ein Kind dieselbe gezeigt hat, die folgenden sie ebenfalls aufweisen,
wenn auch nicht stets in Form manifester Erkrankung. Es kommt
gewiß vor, daß in einer Reihe von Kindern eines oder mehrere ganz
verschont bleiben, andererseits sind die Fälle viel zahlreicher, in
denen 3, 4 Kinder derselben Eltern hintereinander im zweiten oder
dritten Lebensjahre an Krämpfen oder Laryngospasmus erkranken
und event. zu Grunde gehen.
Drittens spricht der unverkennbare zeitliche Parallelismus zwischen
der Häufigkeit der Tetanien bei Säuglingen einerseits und der
Facialisphänomene bei älteren Kindern andererseits, der hier wie dort
anzunehmende Einfluß der Jahreszeit, für Zusammengehörigkeit beider
Erscheinungen.
Resumö: Das Facialisphänomen ist aus der Reihe der
nervösen „Stigmata“ zu streichen und auch im späteren
Kindesalter als pathognomonisches Latenzsymptom der
Tetanie anzusehen, wenn auch diese oft eine dauernd
symptomlos bleibende Anomalie des Nervensystems dar¬
stellt. Grätzer.
F. Ganghofner. Zur Diagnose der Tetanie im ersten Kindesalter.
(Zeitschrift f. Heilkunde 1902 Heft 5.)
Nach Thiemich liegt sicher Tetanie vor, wenn unter An¬
wendung der Stintzingschen Normalelektrode von 3cbcm und einer in-
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162
Centralblatt ftlr Kinderheilkunde. No. 4.
differepten Elektrode von 50 cbcm am Nervus medianua EOZ bei einer
Stromstärke von weniger als 5 M. A. ausgelöst werden kann. Außerdem
soll AnOZ bei geringerer Stromstärke erfolgen als AnSZ. Der Wert
der Methode würde darin liegen, daß die Diagnose durch Prüfung
eines einzigen Nerven sichergestellt werden kann. G., der in
49 Fällen von Kindertetanie auf dieses Symptom untersucht hat,
kam zu dem Schluß, daß die Thiemichsche Methode eine wertvolle
Bereicherung unserer diagnostischen Hilfsmittel zur Feststellung der
kindlichen Tetanie bildet, daß derselben aber kein Vorrang vor den
anderen Untersuchungsmethoden gebührt, daß man ohne Berücksich¬
tigung anderer Krankheitserscheinungen lediglich auf Grund der ge¬
steigerten Erregbarkeit des Medianus nicht die Dignose auf Tetanie
stellen darf, In 8 (von 49 Fällen) von Tetanie fiel die Prüfung
negativ aus. Hugo Starck (Heidelberg).
Dtirando Durante. Klinische Formen kindlicher Tetanie. Der
Tremor der Kinder.
(La Pediatria No. 12, 1902.)
Verf. berichtet 4 Fälle, denen folgende Symptome gemeinsam sind:
Mehr oder weniger ausgesprochener und ausgedehnter Tremor, Er¬
scheinungen von elektrischer und mechanischer Übererregbarkeit und
Verdauungsstörungen. In dem einen Fall ist das ausgesprochene
Bild der Tetanie vorhanden, aber auch in den anderen Fällen legen
die gesteigerte Erregbarkeit, spastische Kontrakturen und das Trousseau-
sche Phänomen den Gedanken daran nahe. In der Tat rechnet
Verf., der zu denjenigen Autoren gehört, die den Begriff der Tetanie
nach Escherichs Vorgang ziemlich weit fassen, auch seine Fälle, die
übrigens alle in Genesung übergingen, zur atypischen Form der Tetanie;
die Genese seiner Fälle sieht er in einer vom Magendarmkanal aus
entstandenen Auto-Intoxikation. Zu einer besonderen Form der Tetanie
werden die Fälle des Verf.s gestempelt durch das Vorhandensein des
Tremors. Finder (Berlin).
1 Zappert. Über eine ungewöhnlich gutartige Bulbäraffektion
im Kindesalter.
(Jahrbuch f. Psych. und Neurologie Bd. 22.)
5 1 / 2 jähriger Knabe, der ca. 14 Tage zuvor an Fieber und Husten erkrankt
war. Bald erholte er sich hiervon, doch blieb er leicht ermüdbar und speichelte
auffallend viel, dann rückwärts geneigte Kopfhaltung, Verschlechterung der
Sprache, zuweilen Schlingbeschwerden, später Zittern in den Händen. Erbrechen,
Kopfschmerz, Fieber fehlten.
Objektiv: bei feineren Mundbewegungen deutliche Störung. Pat. kann trotz
zweckmäßiger Anstrengung nicht pfeifen, keine Atrophie der Lippen. Die Zunge
wird mühsam nach vom bewegt und kann nicht weiter als bis zur Zahnreihe
vorgeschoben werden, seitliche Bewegungen sind nur in ganz geringem Maße
möglich. Keine Zungenatrophie. Sprache langsam, undeutlich, starker Speichel¬
fluß, Uvula hängt schlaff herab. Kopf dauernd nach hinten gebeugt. Sämtliche
Reflexe lebhaft. Stimme heiser. Kaumuskeln schwach (?).
11 Tage nach Aufnahme dieses Status Heilung.
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I. Referate.
168
Verf. nimmt das Bestehen einer Bulbäraffektion an, erklärt die
allgemeine Reflexsteigening mit einer Reizung der Pyramidenbahnen
(durch Hyperämie oder Ödem) und sieht die eigentümliche Kopfhaltung
des Knaben als den Ausdruck einer unangenehmen Sensation im
Hinterhaupte an.
In differentialdiagnostischer Beziehung kamen Hysterie, akute
bulbäre Neuritis, postdiphtherische Lähmung in Betracht und konnten
ausgeschlossen werden. Für Lues war kein Anbalstpunkt vorhanden.
Die Art des im Bulbus bestehenden Krankheitsprozesses kann
sein: Blutung, Embolie, Entzündung oder „ToxinWirkung“.
Z. entscheidet sich in seinem Falle für die Annahme eines ent¬
zündlichen Vorganges. Besonders bemerkenswert erscheint ihm der
überaus günstige Verlauf der Krankheit mit völliger Wiederherstellung
ohne irgend ein restierendes Ausfallssymptom. Kurt Mendel (Berlin).
E. BiöChofF. Pathologisch-anatomischer Befund bei familiärer
infantiler spastischer Spinalparalyse.
(Jahrbuch f. Psych. und Neurologie Bd 22.)
B. teilt den pathologisch-anatomischen Befund von 2 Fällen mit,
in denen es sich — wie gerade dieser Befund ergibt — um infantile
familiäre spastische Spinalparalyse handelt. Es zeigt sich demnach,
daß neben der Strümpellschen familiären spastischen Spinalparalyse
der Erwachsenen auch eine solche bei Kindern vorkommt Die beij|tt|
Brüder, über welche B. berichtet, erkrankten in ganz gleichartig^
Weise in der Kindheit. Der Autopsiebefund ergab (wie gleichfalls in
den Strümpellschen Fällen) neben der Erkrankung der Pyramiden¬
bahn eine solche der Goll sehen Stränge, sowie (dies fehlt in den
Strümpellschen Fällen) eine Verminderung der Zahl der großen
Vorderhornganglienzellen (letztere Veränderung erklärt die intra vitam
beobachtete Muskelatrophie). Die Hinterstrangsfasern, welche er¬
krankt sind, gehören jenen Körperabschnitten an, welche am längsten
und intensivsten von spastischer Lähmung ergriffen waren.
Kurt Mendel (Berlin).
P. Gallois et M. Springer. Maladie de Little trfes am£lior£e
par le traitement mercuriel.
(Bulletin g4näral de th6rapeutique Heft 17 S. 648)*
Das idiotische 4 l L jährige Mädchen konnte weder stehen noch
gehen. Bei Stehversucnen sind die Knie einwärts gebogen, und die
Beine kreuzen sich. Daneben bestehen Kontrakturen der Unter¬
extremitäten und Strabismus. Die Verff. zählen diesen Fall zu den
sogenannten „formes frustes“ der Littleschen Krankheit. Der Vater
des Kindes war Alkoholiker, aber nicht syphilitisch. Da das Kind
zu früh geboren war, hielten die Verff. Syphilis nicht für ausgeschlossen
und verordneten infolgedessen 20 Tropfen, später 40 Tropfen einer
l°/ 00 alkoholischen Sublimatlösung (van Swjeten). Nach längerem Ge¬
brauch derselben trat entschieden eine Besserung des Zustandes ein.
Schreiber (Göttingen),
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164
Centralblatt ftlr Kinderheilkunde. No. 4.
F. Schlipfer. Über die infantile Herdsklerose mit Be¬
trachtungen über sekundäre Degenerationen bei disseminierter
Sklerose.
(Monatsschrift f. Psych. und Neurologie Bd. 12 Heft 1 und 2.)
Den 58 bisher veröffentlichten Beobachtungen von infantiler Herd¬
sklerose fügt Sch. einen neuen Fall (mit Sektionsbefund) hinzu und
kommt zu folgenden Schlüssen:
Die Herdsklerose kommt, wenn auch sehr selten, auch bei
Kindern vor, doch gehören nicht alle Fälle, die als solche veröffent¬
licht wurden, hierher; die durch die Autopsie bestätigten Fälle be¬
schränken sich auf 3 (unter ihnen derjenige des Verf.).
Bisweilen beginnen die Symptome der Herdsklerose in der
Kindheit, aber erst beim Erwachsenen findet man das vollständig ent¬
wickelte Bild der Krankheit.
Vorzeitige oder schwere Geburten und die Asphyxie der Neu¬
geborenen üben keinen prädisponierenden Einfluß, die Heredität spielt
eine geringe Rolle.
Charakteristisch für die Symptomatologie sind das Vorherrschen
der motorischen Störungen in den Beinen, die ausgesprochene
Sensibilitätsstörung in denselben, Blasenstörungen, die Häufigkeit des
Dekubitus. Häufig ist Ptosis, Anisokorie, Pupillenstarre, Trägheit
bei der Akkommodation, Augenmuskelparese, Paraparese und Zittern
der Extremitäten, Hemiparese, nicht konstant Intentionszittern,
skandierende Sprache, Nystagmus. Psychische Störungen sind selten.
Der Tod erfolgt gewöhnlich durch interkurrente Krankheiten.
Therapie: Gute Nahrung, Jod- und Arsenpräparate.
Oft sind bei der Herdsklerose der Kinder die Wurzeln der
Spinal- und Cerebralnerven und die peripherischen Nerven in den
Prozeß verwickelt.
Die Degenerationen sind fast ganz auf die Pyramidenbahnen und
die Gollschen Stränge beschränkt. „Was die ersteren betrifft, so
kann man sie in einigen Fällen wirklich mit sklerotischen Herden in
Verbindung bringen, wenn nämlich in den letzteren die Achsenzylinder
zerstört sind, aber in anderen Fällen hängt die Degeneration ent¬
weder von einer diffusen Hirnsklerose ab oder sie ist von den Herden
ganz unabhängig.“ Die Degeneration der Gollschen Stränge ist im
allgemeinen nicht systematisch und kann nur ausnahmsweise als eine
sekundäre Folge der sklerotischen Herde betrachtet werden.
In einigen wenigen Fällen handelt es sich um echte Tabes in
Verbindung mit disseminierter Sklerose in den anderen Rückenmarks¬
strängen, aber dann fehlen auch im klinischen Bilde die Symptome
der Hinterstrangserkrankung nicht, während solche in den Fällen, in
denen man sekundäre Degeneration der Hinterstränge angenommen
hat, stets fehlen. Kurt Mendel (Berlin).
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I. Referate.
165
Charta F. Painter. Infantile Paralysis; an epidemie of
thirty-light cases.
(Boston Medical and Surgical Journal, 11. Dezember 1902.)
Poliomyelitis anterior tritt häufig epidemisch auf, und derartige
Vorkommnisse verdienen ein genaueres Studium, als ihnen in der
Regel zu teil wird. Die von P. mitgeteilte Epidemie umfaßt 38 Fälle
und gehört somit zu den größten. Sie ereignete sich zwischen Juni
und September 1900, innerhalb eines Radius von 4 Meilen. Aus¬
führlicher beschrieben sind 32 Fälle, 23 Knaben und 9 Mädchen.
17 Kinder waren 3 Jahre alt oder jünger; acht waren nicht über
2 Jahre, und sieben nicht unter 4 Jahre alt. Kein einziger gelangte
zur vollständigen Heilung. Tödlicher Ausgang wurde einmal be¬
obachtet, doch kam die Leiche leider nicht zur Autopsie.
Leo Jacobi (New York).
Ernst Schwalbe. (Pathol. Institut Heidelberg.) Untersuchung
eines Falles von Poliomyelitis acuta infantum im Stadium
der Reparation.
(Beiträge zur pathologischen Anatomie und zur allgemeinen Pathologie Bd. 32
Heft 3, 1902.)
Bei einem 6 / 4 jährigen Kinde entwickelte sich eine fieberhafte
Erkrankung von wenigen Tagen, nach deren Ablauf die Eltern be¬
merkten, daß das Kind mit dem linken Beine keine Gehversuche mehr
machte, sondern es herunterhängen ließ, statt darauf zu stehen.
Die 3 Wochen später vorgenommeue Untersuchung ergab den Quadri-
zeps des linken Beines als sehr stark paretisch, ebenso Strecker und
Peroneen des Unterschenkels. Zehenbewegung jedoch gut ausführbar.
Der Patellarreflex fehlte links. Die Therapie bestand in Galvani¬
sation und Salzbädern. 2 Monate darauf Besserung. Genu recur-
vatum, links kein Patellarreflex. Nach einem weiteren Monat Exitus
durch Empyema dextrum, Mediastinitis purulenta, Atelektase der
rechten Lunge und Bronchopneumonie daselbst. — Es fand sich nun
bei der Untersuchung des Rückenmarkes, daß die Veränderungen
eine größere Ausdehnung hatten, als nach der klinischen Beobachtung
batte erwartet werden dürfen: durch das ganze Lendenmark, ferner
durch das ganze Sakralmark ließen sich Veränderungen nachweisen.
Die größte Ausbreitung hätte der Prozeß im vierten und fünften
Lumbalsegment, was ja durchaus der klinischen Beobachtung entsprach.
Mikroskopisch wurden Veränderungen der Ganglienzellen: Schwund
der Zellen, Degenerationsvorgänge, Verkalkung gefunden. Neben ge¬
ringeren pathologischen Befunden der Glia war eine Infiltration der
Adventitialscheiden der Gefäße mit Fettkörnchenzellen, welche auch
im intersstitiellen Gewebe in Herden lagen, vorhanden. — Die
parenchymatösen und interstitiellen Veränderungen sind wohl auf eine
gemeinsame Ursache zurückzuführen. Die Ätiologie der Poliomyelitis
ist wahrscheinlich nicht einheitlich: in einem in der Literatur er-
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m
Centralblatt für Kinderbeilkunde. Ko. 4.
wähnten Falle (Fr. Schultze, zur Ätiologie der akuten Poliomyelitis,
Münchener med. Wochenschrift 1898) wurde aus der Lumbalflüssig-
keit der Meningokokkus gezüchtet, im vorliegenden ist sie vielleicht
durch denselben Erreger wie das Empyem, einen Diplokokkus, hervor¬
gebracht. Auch nach Infektionskrankheiten, z. B. nach Masern kommt
sie vor. Der letztgenannte Modus wäre ein Analogon zu den
diphtherischen Lähmungen. Mitunter beobachtet man auch eine
Häufung der Fälle, die man jedoch nicht immer mit Recht als Epidemie
bezeichnen kann. Schridde (Erlangen).
R. Goldmann. Ein Fall von zerebraler Kinderlähmung.
(Aus der med. Poliklinik in München.)
(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 51.)
Der 12jähr. Knabe war vor 11 Jahren plötzlich unter Fieber
und Konvulsionen erkrankt und ist seitdem links gelähmt.
G. gibt seiner Arbeit den Untertitel: Ein Beitrag zur Lehre
von den Hautreflexen. In der Tat interessieren die Beobachtungen
der Reflexe an dem Falle am meisten. Verf. gibt folgende Schil¬
derung:
„Der Bizepsreflex ist gesteigert, weniger deutlich der Trizepsreflex. Bei
Berührung des Handteller oder der Palmarseite der Finger bis in die Interdigital¬
falten ist folgendes Phänomen zu beobachten: Bei ganz schwachen Beizen tritt
Extension und Abduktion des Daumens, bei etwas stärkeren auch Streckung des
Zeigefingers ein, der gewöhnlich in der gleichen Weise die der übrigen Finger
folgt: dabei sind sie gespreizt und in einer leichten Unruhe, wie wenn zu wenig
Kraft da wäre, um die Extensionsstellung zu fixieren, nach ungefähr zwei bis
mehreren Sekunden sinken die Finger in die Ruhelage zurück. Das ganze Phä¬
nomen erinnert sehr an die athetotischen Bewegungen. Ich konnte den Reflex
auch auslösen, wenn ich den Pat. aufmerksam auf seine Hand blicken oder ihm
eine anstrengende Kopfrechnung oder Bewegung ausfuhren ließ. In diesen Fällen
wirkte die Erregungswelle von der Gehirnrinde her wahrscheinlich wie ein Impuls,
der an der Stelle des geringsten Widerstandes, wie sie durch den Wegfall der
motorischen Rindenfunktion für dieses Gebiet geschaffen war, seine Wirkung übte.
Vom Dorsum der Hand, ferner von der Palma der anderen Seite konnte ich ihn
nur manchmal bei sehr starkem Reize erzielen.
Ein zweites Phänomen beobachtete ich bei stärkerem Reize des Handtellers
der gelähmten Seite: dabei trat gleichzeitig Dorsalflexion im Karpal-, Beugung
im Ellbogen-, Beugung und Elevation im Schultergelenk auf. Dasselbe gelang
auch bei Stich in die rechte Palma, wobei aber der rechte Arm vollständig ruhig
blieb. Es liegt nahe, diese beiden Phänomene als Analoga des Babinsky sehen
und des Fußsohlenreflexes aufzufassen. In der Tat fand ich, daß vor kurzem
Böttger den „Handtellerreflex“ in 2 Fällen frischer zerebraler Kinderlähmung
und einem Falle von Porenkephalie beschrieben hat. Als den normalen Reflex-
beschreibt er die Adduktion und Palmarbeugung des Daumens oder sämtlicher
Finger. Daß er verhältnismäßig so selten ist — ca. 20 °/ 0 — ist in der Tatsache
zu verstehen, daß die Reflexe umsomehr in den Hintergrund treten, je größer der
Einfluß der Großhirnrinde der psychomotorischen Zentren ist.
Interessant war, daß bei starkem Stich in die Palma wiederholt blitzartig
ein krampfhafter Faustschluß erfolgte, der erst nach einigen Sekunden mit Mühe
gelöst werden konnte. Dies soll auch in der letzten Zeit noch öfters spontan
aufgetreten sein. Im Laufe der Behandlung, die im wesentlichen auf fleißigen
Gebrauch der sonst vernachlässigten Hand hinauslief, konnte ich ein fast voll¬
ständiges Verschwinden dieser Erscheinung wahrnehmen. Ich nehme an, daß der
Einfluß der gesunden Hemisphäre in Form der Mitbewegungen hemmend ein-
wirkte.
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1. Referate.
167
tm tiefen Schlafe konnte ich nar den Armreflex auslöeen, hingegen erschien
im Halbschlaf das Fingerphänomen prompt, iedoch nicht bei Reizung der gesunden
Seite. Die geringen Reize, die sonst zum Hervorrufen des Phänomens genügen,
sind nicht im stände, den wahrscheinlich erhöhten Leitungswiderstand im Reflex¬
bogen zu überwinden.
Das linke Bein zeigt gegenüber dem rechten weder an Länge, Umfang, noch
an Kraft einen Unterschied. Die aktive und passive Beweglichkeit ist nur im
Sprunggelenk im Sinne der Dorsalflexion eingeschränkt. Der Patellarreflex ist
lebhaft, jedoch nicht gesteigert; Fußklonus ist nicht vorhanden. DasBabinsky-
sche Phänomen ist positiv: Dorsalflexion der großen Zehe, Plantarflexion aller
übrigen. Es ist jedesmal vom Beinreflex begleitet, der sich bis in die untere
Bauchgegend erstreckt. Er ist bei genügend starkem Reize von jeder Stelle des
Körpers auslösbar, am leichtesten von der Sohle der rechten Fußes und vom
linken Handteller aus. Denselben Effekt hat eine anstrengende Denktätigkeit,
eine plötzliche intendierte Bewegung, ein erschreckender Sinneseindruck. Auen der
Versuch einer willkürlichen Bewegung der Zehen in einer Richtung bringt immer
nur die beschriebene Kombination zum Vorschein. Das gesunde Bein zeigt dabei
durchaus normales Verhalten.
ln noch höherem Grade als die Hautreflexe am Beine ist der Kremasterreflex
gesteigert. Es genügt schon leichtes Anblasen im Bereich der Oberschenkel, um
ihn linkerseits anszulösen, während der rechte Hoden ruhig bleibt. Auch bei
Kitzeln in der rechten Leistengegend ist der gegenseitige Reflex viel lebhafter.
Den Zweifel, ob nicht der gesteigerte, bis auf die Bauchmuskeln sich erstreckende
Beinreflex eine Kontraktion des Kremaster vortäusche, konnte ich widerlegen, als
mir bei Reizung von der rechten Leiste aus der isolierte Kremasterreflex beider
Leisten gelang.“
Dieser Fall scheint deshalb erwähnenswert, weil über die Haut¬
reflexe bei der infantilen zerebralen Hemiplegie, vom Babinsky sehen
Phänomen abgesehen, auch in den neuesten Publikationen so gut wie
gar nichts zu finden ist. Die im allgemeinen richtige Annahme, daß
bei der zerebralen Hemiplegie die Sehnenreflexe gesteigert, die Haut¬
reflexe herabgesetzt sind, wurde wohl stillschweigend auf die ent¬
sprechende Kinderlähmung übertragen.
Es scheint, daß in der Entwicklung der Einfluß der Gehirn¬
rinde auf die Hautreflexe ein anderer ist als beim Erwachsenen. G.
stellt sich die Entwicklung so vor: Die Reflexe nach Strümpell
als „rudimentäre Funktionen“ aufgefaßt, sind ursprünglich an das
Rückenmark und die nächsthöheren motorischen Zentren gebunden.
Mit der Entwicklung der Gehirnrinde und der Übernahme der
motorischen Funktionen fallen auch die Reflexe unter ihre Herr¬
schaft, wodurch die spinalen Zentren ihre Stellung als selbständige
Regulatoren der Bewegungsmechanismen verlieren. Bei einer
Leitungsunterbrechung innerhalb der Pyramidenbahn können sie je¬
doch ihre ehemalige Bedeutung wieder erlangen, wenn sie in der
Zeit vorher nicht durch mangelnde Übung gelitten haben. Der Kre¬
master- und Bauchdeckenreflex sind in dieser Hinsicht schlimmer
daran als der Patellar- und die Fußsohlenreflexe, deren Zentren stets
in Aktion sind und ziemlich selbständig, da der Willen bei der Be¬
wegung der Beine nur den Anstoß zum Ablauf des Gehmechanismus
gibt, keineswegs aber die nuancierte Beherrschung aller Muskeln
ausübt.
An der Hand sind die Reflexe durch die detallierte Einflu߬
nahme des Willens auf jede Bewegung, vor allem die der Finger,
überflüssig geworden; sie würden nur stören. Die Möglichkeit, sie
zu erhalten, gewinnen wir, indem wir die Entwicklung der Pyra-
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168 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4.
midenbahnen verhindern. Die Böttgerschen Fälle, vor allem die
Porenkephalie, und der obige genügen dieser Bedingung.
Nach dem gegenwärtigen Stand der Kenntnisse müssen wir die
Hautreflexe in 2 Gruppen einteilen. Die erste umfaßt diejenigen,
welche durch die Schädigung der Pyramidenbahn nicht oder im Sinne
der Steigerung betroffen werden: das ist der Plantar-Beinreflex. Die
zweite — Bauch-, Kremaster- und der normale Zehenreflex — geht
mit der Verletzung der genannten Bahn verloren oder büßt seine
normale Stärke ein.
Noch ein Wort zu der Auslösung der Phänomene durch Reize
von Stellen der Haut, die nicht im Bereiche der betreffenden Ex¬
tremität liegen. Schon Westphal beobachtete eine Bewegung der
gelähmten Hand bei Stich in die gesunde Handfläche. Er faßte sie
irrtümlich als Mitbewegung au£ Parhon und Goldstein sahen
wiederholt bei Reizung der gesunden Planta Flexionsbewegung der
Zehen am gelähmten Fuße (den „kontralateralen Reflex“). In vielen
Fällen ist der „gekreuzte Reflex“ konstatiert worden: Bewegung auf
der gesunden Seite bei Reizung der gelähmten, wo der Reflex auf¬
gehoben oder herabgesetzt ist. Alle diese Erscheinungen haben ge¬
meinsam, daß der Reiz an der Stelle des geringsten Widerstandes,
nach Goldscheider der niedrigsten „Neuronschwelle“, den Effekt
auslöst. In obigem Falle befanden sich die spinalen Zentren der
linken Seite infolge des Ausfalls der Hemmung von der Gehirnrinde
in einem Zustande erhöhter Erregbarkeit. Der Stich, der an der ge¬
sunden Hand keinerlei Wirkung hervorbrachte, wurde als Nerven¬
erregung auf dem Wege der Kollateralen zu dem gegenseitigen Zen¬
trum geleitet, dessen Reizschwelle er stark genug war, zu überwinden.
Es scheint bei einer gewissen Tiefe der Neuronschwelle gleichgültig,
was für einem Reize die Nervenerregung entsprungen ist: Berührung,
Stich, Kälteeinwirkung, ein intensiver Gehörseindruck, ja die Nerven¬
erregung, die einer willkürlichen Bewegung oder Denkarbeit zu
Grunde liegt, vermögenden gleichen Effekt hervorzurufen, den jeder¬
zeit eingestellten Mechanismus zum Ablauf zu bringen. Grätzer.
Ch. Fere, Urticaire d’origine alimentaire limit^e aux parties
non paralys^es dans un cas d’h6mipl6gie infantile.
(Rev. neurol. 1902 No. 15.)
Es handelt sich um einen 27 jährigen, hereditär belasteten Mann,
welcher eine linksseitige zerebrale Kinderlähmung durchgemacht hatte,
jetzt Hemiparesis spastica und Konvulsionen darbot. Nach dem Ge¬
nüsse von Fischen bekam Pat. eine Urticaria, welche nur auf der
gesunden, nicht gelähmten Seite lokalisiert war.
Kurt Mendel (Berlin).
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L Referate.
169
CaJabT68e. Beitrag zum Studium der Kinderlähmung.
(XIL Congresflo di medicina interna. Bom. 28.—81. X. 1902.)
Ver£ hat Gelegenheit gehabt, zwei wichtige Fälle von spinaler
Kinderlähmung zu beobachten. Im ersten handelte es sich um ein
3jähriges Kind, bei dem im Alter von 2 Jahren nach heftigem
Fieber und Magendarmerscheinungen eine Lähmung aufgetreten war, die
zuerst unter dem Bild einer linksseitigen Hemiplegie und Hyperästhesie
derselben Seite und totaler linksseitiger und partieller rechtsseitiger
Ophthalmoplegie sich zeigte. Nach einem Monat trat auch Lähmung
und Atrophie in der rechten unteren Extremität ein, gleichzeitig eine zwar
nicht vollständige und auch vorübergehende Anästhesie in demselben
Glied; nach wenigen Tagen verschwand zuerst die rechtsseitige, dann
die linksseitige Ophthalmoplegie, dann besserte sich und verschwand
schließlich die Lähmung der linken oberen und unteren Extremität,
so daß zuletzt nur eine solche des rechten Beines zurückblieb.
Nach einer erschöpfenden Analyse dieses Falles geht Verf: zum
zweiten über, in welchem — gleichfalls nach hohem Fieber — links¬
seitige Konvulsionen und linksseitige Hemiplegie auftrat, später totale
Ophthalmoplegie, die zuerst beiderseitig war und dann nur auf der
rechten Seite blieb; 20 Tage nach Beginn der Erkrankung trat
Paralyse und später Atrophie der rechten unteren Extremität auf mit
Aufhebung der Reflexe, Entartungsreaktion und Bildung des pes
equinus. Seit zwei Jahren traten noch bisweilen Konvulsionen nach
dem Typus der Jacksonschen Rindenepilepsie auf, die im linken
Arm beginnen. Finder.
Gh. MarinesCU. Beiträge zum Studium der infantilen
Hemiplegie.
(Spit&lnl [rumänisch] 1902 No. 11.)
Verf. hat in mehreren Fällen von infantiler Hemiplegie genaue
histologische Untersuchungen angestellt und sind die Ergebnisse in
kurzem folgende. In einigen Fällen wurde eine Atrophie der Gro߬
hirnwindungen gefunden, ohne eigentliche Degenerationsherde. In
anderen werden begrenzte Herde, Meningo-encephalitis, und in einem
Falle Himatrophie infolge von Hydrocephalus gefunden. Handelt es
sich um Atrophie, so sind auch die einzelnen Nervenzellen atrophisch,
ihre Zahl ist vermindert und erstrecken sich diese Veränderungen
bis in die dritte und vierte Schichte. Die großen Zellen der sensi¬
tiv-motorischen Zone bieten verschiedene Veränderungen, je nach¬
dem sich ein Herd in der inneren Kapsel befindet oder nicht. In
ersterem Falle sind Veränderungen durch Fern Wirkung zu finden,
aber auch bei einfacher Mikrogyrie sind Zellveränderungen bezüglich
der Form und der Zahl zu beobachten.
Oft wird bei zerebraler Hemiatrophie eine Atrophie der ent¬
gegengesetzten Zerebellarhemisphäre beobachtet. In den meisten Fällen
wurden auch Läsionen der Basalganglien gefunden.
E. Toff (Braila).
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CentralbL f. Kinderhlkde. VUL
170
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4.
Ludwig Mann. Über zerebellare Hemiplegie und Hemiataxie.
(Monatsschrift für Psych. und Neurologie Bd. XII, Ergänzungsheft.)
Verf. berichtet über einen Fall mit folgenden Symptomen: er¬
hebliche linksseitige Hemiparese, die sämtliche Bewegungen gleich¬
mäßig betrifft, verbunden mit deutlicher Muskelatrophie und leichter
Steigerung der Sehnenreflexe; typische, sehr ausgeprägte Hemiataxie
bei vollkommener Intaktheit der Sensibilität in allen Qualitäten; Auf¬
hebung der Sensibiliät im Gebiet des linken Trigeminus mit Keratitis
neuroparalytica; linksseitige Abducensparese; totale Lähmung des linken
Facialis in allen Ästen mit EaB; linksseitige Herabsetzung des Gehörs.
Diagnose: Zerebellarerkrankung links. — An diesen Fall knüpft Verf.
einige sehr lesenswerte Bemerkungen über die Kleinhirnfunktion und
die durch Kleinhirnerkrankung bedingten Störungen und stellt zum
Schlüsse folgende Sätze als Ergebnis seiner Betrachtungen auf:
1. Es gibt eine direkte zerebellare Hemiplegie, also eine durch
halbseitige Erkrankung des Kleinhirns bedingte Herabsetzung der
motorischen Kraft einer Körperhälfte.
2. Diese Hemiplegie läßt sich bei genauer Beachtung ihrer
symptomatologischen Charaktere streng von der durch Erkrankung
der motorischen Großhirn-(Pyramiden-)bahn erzeugten Hemiplegie
unterscheiden und für die Diagnose von Kleinhirnerkrankungen ver¬
werten. Sie weist stets auf einen gleichseitigen Sitz des Herdes hin.
3. Sehr häufig tritt bei Kleinhirnerkrankungen eine halbseitige
typische Bewegungsataxie der Extremitäten auf, für die das Fehlen
der Sensibilitätsstörungen charakteristisch ist.
4. Diese Ataxie ist zurückzuführen auf einen Ausfall derjenigen
unbewußt verlaufenden Erregungen, welche von den Innervations¬
vorgängen der Muskulatur ausgehen, das Kleinhirn passieren und von
dort vermittelst der Bindearmbahn als unerläßliche Elemente für die
Ausführung koordinierter Bewegungen der motorischen Großhirnrinde
zugeleitet werden.
5. Auf die Unterbrechung derselben Kleinhirn-Bindearm-Groß-
hirnbahn ist auch die zerebellare Hemiplegie zu beziehen.
6. Die von Bonhoeffer nachgewiesene Tatsache, daß Störungen
der Bindearmbahn der Hemichorea zu Grunde liegen, lassen sich mit
der obigen Anschauung sehr gut vereinigen, da Übergangsformen
zwischen Chorea und Ataxie in diesen Fällen außerordentlich häufig
sind. Kurt Mendel (Berlin).
Douglas H. Stewart. Thoughts on Fetal Intracranial
Hemorrhage.
(New York Medical Journal, 10. Januar 1903.)
Blutungen innerhalb der Schädelhöhle entstehen intra partum
infolge des ungleichen Druckes. Während die Wehenkraft einen
starken Druck von oben ausübt, fehlt ein entsprechender Gegendruck
am vorliegenden Kopfteil und es kommt infolgedessen zu einer ver¬
mehrten Spannung in den intrakranialen Gefäßen: von dieser zur
Blutung ist nur ein Schritt. Trockene Geburt, lebhafte Wehen und
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I. Referate.
1T1
eine um den Hals geschlungene Nabelschnur sind begünstigende
Momente.
Der gefährliche Zeitraum liegt zwischen Blasensprung und Ein¬
tritt des Kopfes in den Beckeneingang. Daraus ergeben sich Prophy¬
laxe und Therapie: nach vorzeitig abgeflossenem Fruchtwasser warte
man nicht auf die langsame Erweiterung der Geburtswege, sondern
diktiere künstlich den Muttermund; um den Wehendruck von oben
auszugleichen, empfiehlt sich die Einführung eines Kolpeurynters bis
zum vorliegenden Schädelteil. Daneben, sobald es möglich wird, lege
man die Zange an und ziehe den Kopf tief ins Becken hinein: sind
dann einmal die Schädelknochen untereinander geschoben, so hat
man gewonnenes Spiel.
Die stattgefundene Gehirnblutung verrät sich durch folgende
Zeichen: eigentümliches konvergierendes klonisches Schielen (häufig);
angedeutete Kiefersperre (selten); Zittern oder Rigidität der Zunge,
in der Regel mit fehlenden Saugversuchen einhergehend.
Die Prognose ist häufig eine ernste. Leo Jacobi (New York).
C. JamfireSCU, Haemorrhagia cerebralis bei einem 13jährigen
Kinde, Meningitis vortäuschend.
(Spitalul 1902 No. 6.)
Der Fall bot während des Lebens das klassische Bild einer
Meningitis dar, doch hatte die Lumbalpunktion die Gegenwart zahl¬
reicher roter Blutkörperchen in der Zerebrospinalflüssigkeit gezeigt
und so eine Hirnblutung vermuten lassen. Ätiologisch war nichts
nachzuweisen. Bei der Nekropsie wurde ein nußgroßer hämorrhagischer
Herd gefunden, welcher sich in die Tiefe des rechten Lobulus fron-
talk erstreckte. Die Blutung dehnte sich auf die äußere Kapsel, den
rechten Linsenkern, einen Teil des Corpus striatum aus und gelangte
bis in den rechten SeitenventrikeL K Toff (Braila).
A. Broca. Trepanation pour troubles cons^cutifs a une
fracture ancienne du crane.
(Gazette des Hopiteaux No. 119 S. 1169.)
Der 2jährige Knabe war im Alter von 1 1 / 2 Jahren von einem
Pferde geschlagen worden. Die Wunde heilte anfangs sehr gut, nach
14 Tagen stellten sich aber plötzlich Zerebralerscheinungen ein und
im Anschluß daran eine doppelseitige Taubheit, ohne daß sich im
Ohr Veränderungen fanden. Ferner verlor das Kind die Sprache.
Es konnte im Alter von 2 Jahren noch nicht gehen. Am linken
Scheitelbein fand sich ein Knochendefekt, die Veränderungen selbst
bezieht B. auf eine konsekutive Meningitis. Nach einer Trepanation
besserte sich der Zustand erheblich, die Taubstummheit verlor sich
aber nicht. Schreiber (Göttingen).
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172
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4.
Bergbmz. Ein Fall von Zerebrospinalmeningitis verursacht
durch den Meningococcus intracellularis.
(Rivista di Clinica Pediatrica No. 1, 1903.)
Bericht über einen Fall dieser in Italien ungemein selten ver¬
kommenden Erkrankung. Finder (Berlin).
G. Mya (Florenz). Über die durch den Pfeifferschen Bazillus
verursachte fibrino-purulente Zerebrospinalmeningitis.
(Wochenschrift für Kinderheilkunde Dezember, 1902.)
M. hatte Gelegenheit, drei ganz reine Fälle von eitriger, durch
den Pfeifferschen Bazillus hervorgebrachter Zerebrospinalmeningitis
zu studieren. Zwei davon endeten letal, der dritte mit Genesung.
Alle drei betrafen Säuglinge, was beweist, daß das Alter ein zu dieser
speziellen Form zerebrospinaler Meningitis prädisponierendes Moment
bilden kann. In den zwei Fällen, die auf den Sektionstisch kamen,
war die Meningitis von außerordentlich schwerer Form. Sowohl im
Gehirn, als im Rückenmark war eine sehr reichliche fibrinös-eitrige
Apfiammlung, und die meningeale Entzündung war von schweren
Veränderungen der Hirnsubstanz (hämorrhagischer Encephalitis in
Form von Erweichung) begleitet. Wahrscheinlich fehlten auch im
dritten Falle nicht Encephalitiserscheinungen, obwohl in mehr be¬
schränkter, wahrscheinlich bulbärer Form, wie der Anfang des Lei¬
dens mit Anzeichen einer vollständigen linksseitigen Facialislähmung
und nachbleibender gekreuzter Parese bewies. Solche schwere Ver¬
änderungen der Hirnsubstanz sind bei von anderen Mikroorganismen
verursachten eitrigen Meningitiden viel seltener, sie scheinen also ein
wichtiges Merkmal der durch den Pfeifferschen Bazillus bedingten
zu sein. Im ersten Fall war die Meningitis kompliziert durch beider¬
seitige Bronchopneumonie und linksseitige fibrinös-eitrige Pleuritis,
im zweiten durch eitrige Arthritis (eines Schultergelenkes), die dem
Ausbruch der Meningitis einige Tage vorausging, im dritten end¬
lich gingen meningitische Erscheinungen voraus, denen nach
mehreren Tagen einseitige Otitis und Bronchopneumonie nachfolgte.
In diesem Falle schreibt Verf. die Heilung der größeren Widerstands¬
fähigkeit des Organismus zu; es handelte sich um ein Brustkind aus
wohlhabender Familie. G r ä t z e r.
Tavel (Bern). Zur Epidemiologie des Typhus abdominalis.
(Centralblatt f. Bakteriologie 1903 Bd. 33 No. 3.)
Im Oktober 1900 brach in Olten in der Schweiz eine kleine
Typhusepidemie aus, welche mehrere Opfer forderte. Die Typhusfälle
konzentrierten sich alle in den höheren Quartieren des Ortes und
beliefen sich auf einige 20. Die Ursache der Infektion konnte nicht
genau ermittelt werden, doch mußte die Wasserleitung schuld sein.
Man. vermutete, daß bei der starken rückläufigen Strömung, die
beim Abstellen der Wasserleitung in den Röhren hervorgebracht
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II. Ans Vereinen und Versammlungen.
173
wurde, eventuell typhysbazillenhaltiges Material mit eingesaugt
worden sein könnte. Die Wasserleitung lief in einem Punkte des
Ortes blind aus. Kurz vor dem Schlußzapfen ging aber noch ein
kleinkalibriges Rohr in ein einzelnes Haus, in welchem ebenfalls im
Oktober 3 Typhusfälle hintereinander vorgekommen waren. Während
im ganzen Ort die Epidemie bald erlosch, brach sie in dem genannten
Haus im März 1901 von neuem wieder aus. Bei der Nachforschung
fand man in dem blinden Rohrstück schlammiges Wasser vor,
in welchem im Kubikzentimeter 8000—13000 Keime vorhanden waren.
Darunter war Coli, Fluoreszens, Proteus und auch Typhus.
Letzterer wurde morphologisch und auch biologisch identifiziert Die
Agglutination mit Serum gelang in einer Verdünnung von 1:1000.
Interessant ist die Tatsache, daß unter gewissen Umständen —
in diesem Falle infolge des Stagnierens des Wassers — die Typhus¬
bazillen sich mehrere Monate lebendig, entwicklungsfähig und infektiös
erhalten können. R. O. Neumann (Kiel).
II. Aus Vereinen und Versammlungen.
Vereinigung niederrheinisch-westfäiischer Kinderärzte.
11. Sitzung vom 30. November 1902.
Zu Beginn der Sitzung berichtet Hott Gremsheim (Worms) Uber äte Ver¬
sammlungen der deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde auf der Naturforscberversantm-
lung zu Karlsbad.
Sodann demonstriert Herr Selter (Solingen) einen Fall von Fehlen des Mus-
culus gastrocnemius, den er durch Überpflanzung der Sehne des Peroneus longus
ersetzte. Auch bei der Operation fand sich nur eine Andeutung der Achillessehne
am Calcaneus, sonst keine Spur des betreffenden Muskels.
I. Herr Conrads (Essen). Über eine bisher noch nicht gewürdigte Ursache
der „plötzlichen Todesfälle im Kindesalter“. Angesichts der in den letzten Jahren des
öfteren hervorgetretenen Neigung, diese Fälle ohne weiteres auf das Konto des
Status lymphaticus zu setzen, verdient jede Beobachtung mitgeteilt zu werden,
welche — trotzdem sie bei oberflächlicher Betrachtung unter die genannte Kategorie
gehören könnte — dennoch eine andere Todesursache aufdeckte. In dem von C.
beobachteten Falle handelte es sich um ein 13 Monate altes rachitisches, pastöses
Mädchen, welches seit 9 Monaten an Laryngospasmus litt, der durch Phosphor
zwar gebessert, aber niemals ganz beseitigt wurde; beim Erwachen sowie beim
Schreien hörte man noch immer den charakteristischen inspiratorischen Laut. Das
Kind wurde eines Nachmittags ohne vorhergegangene Krankheit tot in seinem
Bettchen aufgefunden, in welches es 2 Stunden vorher gelegt worden war. Die
Sektion ergab eine ziemlich große Thymus (11:7:2cm, Gewicht 29,5g), die von
der Thyreoidea bis fast zur Zwerchfellkuppe herabreichte. Die Trachea seitlich
etwas flach gedrückt, so daß ihr Querschnitt etwas verzerrt erscheint; dicht unter¬
halb des Kehlkopfes ist er noch symmetrisch. In Anbetracht der Anamnese hätte
man wohl Tod im laryngospastischen Anfall annehmen können, und doch war
die Ursache des Exitus — eine Kohlenoxydvergiftung, wie die (nur infolge eines
auffallend hellen Totenfleckes auf der rechten Backe vorgenommene) spektro¬
skopische Untersuchung unzweifelhaft ergab, ebenso die Hoppe-Seylersehe
Natronprobe. — Für das Zustandekommeu der Vergiftung kann nur ein Petroleum¬
ofen verantwortlich gemacht werden, der das kleine Zimmer, in welchem sich zur
Zeit keine anderen Menschen auf hielten, heizte. C. behält sich weitere Unter¬
suchungen über diesen Punkt noch vor.
Zur Diskussion: Herr Paffenholz. Zu dem Thema plötzliche Todesfälle
gehört ein Fall, der auch ohne Obduktion nicht aufzuklären gewesen wäre. Ein
älteres Kind erhält im Streit einen Stoß und stürzt zur Erde, wird tot aufgehoben.
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174
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4.
Die Obduktion ergab eine Überschwemmung der Bronchien mit flüssigem Eiter;
es war ein Bronchialdrüsenabszeß in die untere Trachea perforiert, also das Kind
buchstäblich an dem Eiter ertrunken.
Herr Ungar möchte den Zusammenhang plötzlichen Todes, vergrößerter
Thymusdrüse und Status lymphaticus nicht so völlig von der Hand weisen, wenn
er auch nicht an die rein mechanische Ursache glaubt Er teilt einen zur gericht¬
lichen Obduktion gelangten Fall mit, bei dem doch schließlich die lymphatische
Konstitution als Ursache des plötzlichen Todes angesehen werden mußte.
Herr Selter bemerkt, daß Richter (Wien) die Annahme plötzlichen Todes
infolge vergrößerter Thymus und lymphatischen Habitus an der Hand eines
großen Materials sehr unwahrscheinlich gemacht habe. Was sei denn Status
lymphaticus?! doch vorläufig ein Begriff ohne pathologische Grundlage, eine An¬
sicht, welche durch die hier gemachten Mitteilungen nur bestätigt werden.
Herr Gernsheim. Bei der Annahme des sogenannten Status lymphaticus
als Todesursache führt man des Öfteren auch eine Neigung des Zentralnerven¬
systems an, durch die Herzstillstand hervorgerufen wurde. Ich bin durch die
Ausführungen Richters dahin gekommen, den Status lymphaticus an sich für
mich ganz aus den Ursachen für die plötzlichen Todesfälle auszuschalten, aber
ich kann mich dennoch nicht der Vermutung erwehren, daß durch eine infolge
irgend welcher # Ursache hervorgerufene passive Hyperämie und Schwellung der
Thymus eine Überladung des Blutes mit C0 8 stattfinden und den mittelbaren
Anlaß zum mehr oder weniger plötzlichen Tode geben kann.
Herr Cr am er. Es ist gewiß von Interesse hier in jedem Einzelfalle die
Todesursache exakt festzustellen. Ich möchte zwei einschlägige Fälle erwähnen:
Im ersten Falle starb ein bis dahin völlig gesundes Kind plötzlich am Ende der
dritten Lebenswoche. Bei der Sektion fand sich eine noch von der spontanen
Geburt herrührende sehr ausgebreitete Blutung über beide Hemisphären. Intra
vitam waren nie Erscheinungen beobachtet worden, die auf eine Störung des
Nervensystems oder Himdruck schließen ließen. Im zweiten Falle wurde am
14. Lebenstage nachmittags 8 Uhr ein bis dahin ganz gesundes Kind im Bett
tot aufgefunden, nachdem es erst um 1 Uhr ganz normal an der Brust getrunken
hatte. Bei der Sektion fand sich die Lunge des Kindes beiderseits bis in die
feinsten Bronchiolen mit Milch vollgesogen.
Herr Krautwig. Es sind eine ganze Reihe von plötzlichen Todesfällen im
Kindesalter und bei Erwachsenen ganz genau bekannt, bei denen eine übergroße
Thymus den einzigen, auffälligsten Befund bei der Obduktion bildete. Die Thymus
wirkt aber nicht durch Druck tödlich, sie ist nur der Index oder der Begleiter
der an sich unbekannten Ursache, welche auch kaum in dem fast preis¬
gegebenen Status lymphaticus zu suchen ist. Jedenfalls ist in jedem Falle noch
die unbekannte Todesursache zu erforschen, welche gelegentlich, wie in dem Falle
Conrads, in einer CO Intoxikation, häufiger vielleicht in der Summe der respira¬
torischen Schädlichkeiten besteht (C0 8 u. s. w.), die manchmal auf den Säugling
in den dumpfen Wohnungen der Armen ein wirken, besonders dann, wenn das
Kind sehr nahe der Erde in einem Korbe liegt.
II. Herr Dreher (Düsseldorf). Behandlung des Keuchhustens mit Chinin, mur.
und Aristochin. Einfluß der Impfung auf den Verlauf des Keuchhustens. Vortr. hat während
der letzten Keuchhustenepidemie die Erkrankten, soweit es angängig war, syste¬
matisch und genau nach den Binz-Ungar sehen Vorschriften mit Chinin, mur.
und später mit Aristochin in denselben Dosen behandelt. Was das erstere Prä¬
parat angeht, so glaubt er beobachtet zu haben, daß es in allen Fällen sicher
gewirkt hat, in denen die Pat. das Alter von 18 Monaten nicht überschritten
hatten. ' Die Zahl der Anfälle und ihre Heftigkeit sank in 6—8 Tagen von
20—25 innerhalb 24 Stunden auf 6—8 herab. Die Dauer der Anfälle, die Reprisen
und das Erbrechen ließen gleichzeitig nach. Chinin ist für dieses Lebensalter
gewissermaßen ein Spezifikum gegen Pertussis. Ältere Kinder wurden nicht mehr
in allen Fällen günstig beeinflußt und zwar um so weniger, als sie von der
bezeichneten Altersgrenze entfernt waren. Kindern über 4 Jahren wurde Chinin
wegen der Nebenerscheinungen, die bei den nötigen hohen Dosen zu befürchten
sind, nicht mehr gegeben, sondern durch Heroin mit leidlichem Ergebnis ersetzt. —
Es wurden nur solche Kinder zur Beobachtung verwendet, welche Chinin nicht
zurückwiesen und außer an Keuchhusten nicht erkrankt waren. Von Säuglingen
wurde Chinin, mur. nur ganz selten verweigert, auch wurde es,
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erst nach dem
e
IL Am Vereinen und Versammlungen.
175
Hustenanfalle gereicht, nicht erbrochen. — Wie das Chinin, mur., so bewährte
sich auch das Aristochin, welches er in denselben Dosen gab, wie das erstere.
Da Aristochin sich in ungenügend saurem Magensaft nicht löst, so wurde bei
Säuglingen kurz vor der Darreichung des Pulvers schwache Salzsäurelösung ge¬
geben. Die Erfolge waren recht ermutigend. In den zur Beobachtung gelangten
21 Fällen sanken die Anfälle in 6—8 Tagen bis über die Hälfte der früheren
Attacken, so daß der ganze Krankheitsverlauf ein äußerst milder war, wenn
auch nicht ganz in demselben Maße, wie bei Chinin, mur. Einen ganz wesent¬
lichen Vorzug vor demselben stellt aber die absolute Geschmacklosigkeit des
ersteren dar. Zum Zweck der Darreichung wurde es in etwas Wasser oder Milch
aufgeschwemmt oder in geeigneten Fällen in etwas Apfelbrei gemischt und dann
gern genommen. Aristochin empfiehlt er bestens zur Nachprüfung, zumal die
anderen geschmacklosen Chininpräparate anerkanntermaßen in ihrer Wirkung bei
Keuchhusten unsicher sind, ja völlig versagen. — Weiter glaubt D. beobachtet
zu haben, daß die Impfung, wenn sie während der Pertussiserkrankung oder kurz
vorher vorgenommen war, nicht nur keinen verschlimmernden, sondern sogar einen
günstigen Einfluß habe. Die kurz vor der Infektion geimpften Kinder mehrerer
an Keuchhusten erkrankten Familien litten alle weniger als ihre Geschwister unter
dieser Krankheit. In 4 Fällen, die D. impfte während des Erkranktseins, verlief
der Keuchhusten ebenfalls sehr mild. Keuchhustenkranke Kinder brauchen von
der Impfung nicht zurückgestellt zu werden.
Zur Diskussion: Herr Gernsheim (Worms) hat von Chinin, mur., Chinin,
tannic. und speziell von Euchinin, die er alle drei in relativ großen Dosen (0,2—0,8)
bei Kindern unter l 1 /« Jahren gab, sehr gute und fast gleiche Erfolge gesehen, muß
aber hinzufugen, daß die die Anfälle mildernde Wirksamkeit beim fortgesetzten
Gebrauche nachläßt und man andere Präparate, z. B. Tussol, anwenden muß. Er
sah in einer Familie das frisch geimpfte 4jährige Kind heftiger erkranken, als
die nicht geimpften Geschwister, Zwillinge von 5 Monaten. Als Beruhigungs¬
mittel empfiehlt er Dionin, er verabreicht es entweder in Lösung für sich oder
in Kombination mit einer Kreosotalschüttelmixtur, welch letztere den Schleim
gut verflüssigt und das Erbrechen mildert
Herr Bloch (Köln). Ein eigentliches Heilmittel gibt es bei Keuchhusten
nicht. Er erzielte bei den Kölner Epidemien den besten Erfolg mit Codein, das
sehr gut ertragen wurde. Chinin hat er sehr häufig und im Gegensätze zu Herrn
Dreher gerade bei größeren Kindern angewandt. Er gibt die Schokolade-Chinin-
Tabletten (Zimmer), welche genau dosiert sind und gern genommen werden. Er
erlebte dabei öfter Chininexantheme, die aber bald ohne Folgen bei Aussetzen
des Chinins schwanden, das Chinin konnte nach wenigen Tagen weiter gegeben
werden.
Herr Ungar (Bonn) bestätigt den Wert des Aristochins bei der Keuchhusten¬
behandlung, widerspricht aber der Annahme, daß man bei Kindern, die älter als
l 1 /« Jahr, keine Erfolge der Chininbehandlung sehe. Er betont sodann die große
Schwierigkeit, an ein abschließendes Urteil über den Wert der Chininbehandlung
zu gelangen.
Herr Rey (Aachen) hat von keinem Mittel, weder von den Narkoticis noch
vom Chinin in seinen verschiedenen Verbindungen, eine befriedigende Wirkung
gesehen. Allen diesen Mitteln fehlt ein Einfluß auf die Dauer der Krankheit,
es fehlt die baktericide Wirkung ganz oder fast ganz. In früheren Jahren sah
er Besseres vom Kreosot, es kann jedoch nicht in genügend großen Dosen gegeben
werden. Seit kurzer Zeit wendet er mit geradezu erstaunlichem Erfolge Thiokol
bezw. Sirolin an. Ersteres 4 mal täglich 0,3—0,6; letzteres in 24 Stunden vier
Teelöffel, die sogar von 5monatlichen Kindern nicht nur vertragen werden,
sondern ausgezeichnet auf Allgemeinbefinden und Appetit wirken. Der typische
Keuchhusten verschwand innerhalb 14 Tagen vollständig, eine Wirkung, die kein
anderes Mittel aufweisen kann. Hohe Dosen sind allerdings notwendig, werden
aber ausgezeichnet vertragen. Dem Guajakol in diesen Präparaten kommt direkt
bakterizide Wirkung zu, woher auch die enorme Abkürzung der Krankheitsdauer.
Herr Dreher (Schlußwort) sah von den vielen existierenden Keuchhusten¬
mitteln, soweit er sie versucht, viel weniger und seltener gute Erfolge wie vom
Chinin. Die Altersgrenze wurde natürlich rein empirisch genommen. Vor
Narkoticis glaubt er besonders bei älteren Kindern warnen zu sollen, das sie den
Pat. unfähig machen, gegen die Anfälle anzukämpfen. Keuchhusten der Er-
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Ceatralblatt für Kinderheilkunde. No. 4.
wachaenen ist jedenfalls recht selten, vielfach sind es Verwechslungen mit Bronchi¬
tiden, die bei der Pflege der Kinder akquiriert werden.
III. Herr Ungar (Bonn) demonstriert einen von ihm vor längerer Zeit be¬
reits konstruierten Apparat zur pneumatischen Behandlung der Rachitis, speziell des
rachitischen Thorax. Durch elektromagnetische Kontakte öffnen bezw. schließen
sich der Respirationsbewegung des Kindes entsprechend zwei Klappen, durch
welche einerseits komprimierte Luft von selbst zugeführt, andererseits die Ex¬
spirationsluft von selbst entweicht, ohne daß eine sonstige Hilfe notwendig wird.
IV. Herr Paffenholz (Düsseldorf), a) Bromoformintoxikation. In Fällen, wo
Chinin nicht genommen oder erbrochen wurde, hat P. manchmal mit eklatantem
Erfolge Bromoform gegeben und zwar bisher immer in der am meisten empfohlenen
Form 10,0 g in einem Tropffläschen mit den nötigen Anweisungen zur Vorsicht beim
Auf bewahren. Trotz letzterer erlebte er im letzten halben Jahre zwei Intoxi¬
kationsfälle, weil die Kinder von der aromatisch duftenden Medizin genascht
hatten. Die beiden Fälle unterscheiden sich in der Symptomatologie nicht von
den in der Literatur gefundenen 10—15 anderen. In beiden sehr bedrohliche
Erscheinungen: Koma, schwacher bezw. unfühlbarer Puls, kalte Extremitäten,
oberflächliche Atmung. Durch möglichst schnelle Magenausspülung und sehr
energische Exzitation mit Kampherinjektionen und Wärme gelang es, beide Kinder
am Leben zu erhalten. Menge des genossenen Bromoform ließ sich nicht fest¬
stellen. In dem einen Falle trat die Wirkung plötzlich, blitzartig ein, in den
anderen, wo die Menge geringer war, allmählich unter langsamem Einschlafen
und Erkalten. Erst der Umstand, daß das Kind nicht zu wecken war, brachte
die Eltern auf den Gedanken, daß der Schlaf kein natürlicher sei. P. wurde erst
5 Stunden nach Genuß des Bromoform gerufen. Von Interesse in diesem Falle
ist noch, daß die Mutter den andern Vergiftungsfall durch P. kannte und trotzdem
die gewöhnlichste Vorsicht außer acht ließ.
Zur Diskussion: Herr Bloch erwähnt einen Fall akuter und einen chronischer
Bromoformvergiftung.
1. 1 / 4 Jahr altes Brustkind, Pertussis ohne Komplikation, erhielt von Kollegen
8 mal täglich 2 Tropfen. Die Eltern gaben aber viel mehr und B. traf das Kind
in tiefem Koma, starke Cyanose, Kälte, Puls klein, kaum fühlbar, starkes Rascheln
über den Lungen (Ödem!), starke Speichelsekretion. Kampfer und Senfbad konnten
den Tod nicht verhindern.
2. Ein öjähriger Junge erhielt vom Arzte längere Zeit Bromoform, zeigte,
als B. zugezogen wurde, Schläfrigkeit, Mattigkeit und etwas träge Pupillenreaktion.
Naeh Aussetzen von Bromoform Besserung.
Herr Ungar macht auf die chronische Bromoformintoxikation aufmerksam,
die zu einer hochgradigen fettigen Degeneration führen könne.
Herr Selter sah auf Bromoform einen 24stündigen Schlaf folgen, einen
anderen mit Erbrechen, Durchfall, großer Leber erkranken.
Herr Paffenholz (Schlußwort). Der Fall des Herrn Bloch ist also auch
durch Mißbrauch des Mittels, nicht durch die Medikation an sich entstanden. Der
Fall von Herrn Selter ist nicht als akute Bromoformvergiftung aufzufassen, da
Diarrhöen, Leber- und Milzschwellung nicht dazu passen. Als Prophylaxe ist
angegeben worden, nur 3—5 g zu verordnen oder das Mittel mit anderen zu
mischen (Bilz), so daß die verlockenden Eigenschaften verdeckt werden, z. B.
Bromoform, Spir. rectif, Glyzerin ää 5,0 Ol. Menth, pip. gtt. I. Tinct. vanill. gutt. 111.
(Münchener med. Wochenschrift 1898 No. 38.)
b) Phosphorvergrftung. Ein Kind von 20 Monaten spielte gewohnheitsmäßig
mit Streichhölzern und einmal auch mit sogenannten Vulkanhölzern, die an jeder
Reibfläche sich entzünden und viel Phosphor enthalten. Von einigen dieser Hölzer
leckte es die Köpfe ab, genauere Angaben über die Menge waren nicht zu ge¬
winnen. Erst am dritten bis vierten Tage zeigten sich die ersten Erscheinungen
der Vergiftung: fehlender Appetit, Unruhe, schmerzhaftes Abdomen, einmal Er¬
brechen. Es entwickelte sich allmählich Ikterus der Konjunktiven und der Haut
des Gesichtes. Am siebenten Tage war das Gelbwerden des Gesichtes am deut¬
lichsten und jetzt trat Erbrechen brauner, schleimiger Massen ein, und jetzt erst
wurde P. gerufen. Es bestand noch Ikterus, aber nach Angabe der Eltern geringer
als tags zuvor, Leber geschwollen mit schmerzhaftem Rand und der ganzen Leber¬
gegend, Magenblutungen, herabgesetzte Temperatur, kleiner Puls, Anorexie, Harn
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II. Aas Vereinen and Versammlungen.
m
ohne Albamen. Als Antidot wurde 01. terebrinth. gegeben mit den bekannten
anderen Maßregeln (Verbot der Fette u. s. w.). Das Kind genas langsam wieder.
Bemerkenswert ist die zeitliche Aufeinanderfolge der Symptome.
Zur Diskussion: Herr Conrads erwähnt einen Fall aus seiner Praxis, der
dadurch bemerkenswert ist, daß keine Phosphor Vergiftung auftrat, trotzdem das
Kind in 6 Tagen infolge Verwechslung zweier Signaturen in der Apotheke
2 cg Phosphor (in Lebertran) erhalten hatte. Das einzige, was bei dem
9 Monate alten, leidlich genährten, rachitischen Kinde in den Tagen beobachtet
wurde, war eine auffallende Blässe.
V. Herr Gernsheim (Worms) demonstriert mikroskopische Präparate eines
über kindskopfgroßen glattwandigen Tumors, der schnell wachsend im linken
Hypochondrium eines 2 V,jährigen Mädchens unbedeckt von Darm bei vollständig
normalem Urin eine Geschwulst der Milz vorgetäuscht hatte, bei der Sektion sich
aber als von der linken Niere ausgehend erwies. Die mikroskopische Untersuchung
ergab dann ein kleinzelliges Bundzellensarkom, das Metastasen im Mesenterium,
in der linken Pleura und in der Gegend des rechten Jochbeines gemacht hatte.
Zur Diskussion: Herr Conrads erwähnt einen Fall von Bauchgeschwulst
bei einem 5 monatlichen Kinde, welches er wegen der enormen Größe des Tumors
laparotomierte. Dabei stellte sich heraus, daß der Tumor nichts anderes war,
als die infolge angeborener Atresie der Vagina kolossal (bis zu ca. 300 ccm Inhalt)
ausgedehnte Scheide. Der Fall ist bisher ein Unikum. J. G. Rey (Aachen).
Riunione della Sezione Napoletana della Societa italiana
di Pediatria.
(Neapel, 20. Dezember 1902.)
Cozzolin o: Laennecsche Lebercirrtiose bei einem 8)ährigen Mädchen. Das
Kind hatte vor einem Jahr die Pocken überstanden. Es bestand Leberschrumpfung,
Milztumor, Ascites.
Concetti: über einen Fall von akuter inselftfrmiger Encephalo-Myelrtis, die zum
Bild der multiplen Sklerose führte bei einem 3 jährigen Knaben. Heilung.
Redner setzt ausführlich seinen öfters vertretenen Standpunkt auseinander,
wonach die meisten das Nervensystetn betreffenden Erkrankungen des Kindesaltcrs
unter einem und demselben ätiologischen Gesichtspunkt betrachtet werden müssen
und daß am häufigsten. das toxische Agens in dem Verdauungskanal seinen Ur>
Sprung hat. Im vorliegenden Fall waren Gehirn und Rückenmark herdweise be¬
fallen, dagegen nicht die Meningen. Der Knabe war einen Monat lang in der
Klinik, wurde zuerst mit mehrmals täglich wiederholten heißen Bädern, mit
Kalomel und Eisblase auf Kopf und längs des Rückens, Einreibungen mit Mer-
kurialsalbe an den Schläfen und längs der Wirbelsäule, sowie mit Lumbalpunk¬
tionen behandelt.
Dur ante: Der Tremor der Kinder. Redner glaubt, daß in seinem Fall es sich
um eine vorübergehende Einwirkung toxischen, aus dem Intestinaltraktus stammender
Agentien auf die Nervenelemente handelte.
Fede: über das toxämische ödem der Kinder. Demonstration zweier Kinder
von 8 und 1 /, Jahr, Geschwister, mit allgemeiner Anasarka. Die wiederholte
Untersuchung des Urins hat nicht das geringste Anzeichen dafür gegeben, daß
eine Nierenerkrankung vorliegt. Es ist keine Infektionskrankheit vorausgegangen.
Dagegen litten sie stets infolge unzweckmäßiger Ernährung an Darmstörungen.
Redner nimmt einen ätiologischen Zusammenhang zwischen letzterem und dem
Ödem an, indem er an eine Toxämie intestinalen Ursprungs glaubt.
Valagussa: über die Wirkung einiger Antidiphtheriesera. Redner hat bei einer
Prüfung des Serums aus dem Institut Pasteur nach der neuen Methode Ehrliche
gefunden, daß der wirkliche antitoxische Wert fast nie übereinstimmte mit dem
angegebenen Wert.
Fede und Finizio: Untersuchungen Uber den Wert der Salzsäure und Milchsäure
für die Verdauung der verschiedenen Kaseine. Das Optimum der Wirkung beider
Säuren ist nach den verschiedenen KaBeinsorten verschieden und zwar eo, daß
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178
Centralblatt für Kinderheilkunde. Ko. 4.
Eselin- und Frauenmilch sich annährend gleich verhalten, dann folgt Ziegen-, so¬
dann Kuhmilch.
Recchi: Beitrag zur Behandlung der Infantilen Anaemia splenica. R. hat in
3 Fällen mit zufriedenstellendem Erfolg subkutane Injektionen im Natr. methyl-
arsen. gemacht.
Cozzolino: Lobäre Pneumonie bei einem Kinde mit ektopischem Schmerz am Ap¬
pendix.
Gallo: Die Kindersterblichkeit in Neapel. Sie ist größer, als in allen anderen
italienischen Städten und bedingt vor allem durch die zahlreichen Erkrankungen
des Verdauungsapparats.
Dur ante: Der Einfluß der Injektionen von'"normalem Serum auf die experimentellen
Infektionen mit Bact. coli. Während die Kontrolltiere, die mit tödlichen Dosen einer
Bouillonkultur von Bact. coli infiziert wurden, zu Grunde gingen, blieben die
nachher mit normalem Kaninchenserum behandelten am Leben.
Valagussa: Modifikationen am Intubationsinstrumentarium.
Giordani: Untersuchungen Über Tuberkulose der Lymphdrüsen. Knabe, mit
Tumoren am Halse, die den Eindruck von Lymphomen machen; die histologische
Untersuchung einer exstirpierten Geschwulst ergab, daß es sich um Tuberkulose
handelte.
Filia: über Fermente in der Milch von Frauen, deren Säuglinge dyspeptisch sind.
Verf. hat zwischen der Milch solcher Frauen, deren Säuglinge gesund sind, und
der solcher, deren Säuglinge dyspeptisch sind, keinen Unterschied gefunden und
folgert daraus, daß die Dyspepsie bei letzteren nicht die Folge des Fehlens von
Fermenten sein kann. Er schreibt sie vielmehr einer verminderten Aktivität des
eiweißlösenden Enzyms zu, welches vom Pankreas der Säuglinge selbst geliefert
wird; denn, wenn er den Müttern Pankreatin gab, wurde die Dyspepsie gebessert.
Finder (Berlin).
Chirurgische Sektion des königlich ungarischen Vereines
der Ärzte.
Sitzung vom 11. XII. 1902.
(Originalbericht.)
H. Alapi demonstriert einen nach May dl operierten Fall von Ektopie der
Harnblase. Der 18jährige Knabe entleert alle 5—6 Stunden den Harn, der eiwei߬
frei in normaler Quantität abgesondert wird. Keine Spur von Proctitis. Die
Implantation der Harnleiter in der Flexura sigmoidea ist nach A. die einzig
empfehlenswerte Art des operativen Eingriffes, da hierdurch Continenz des Harns
gesichert und die Operation in einer Sitzung durchführbar ist. Die früher geübten
plastischen Eingriffe sind veraltet und haben heute nur mehr historischen Wert.
E. Deutsch (Budapest).
III. Neu© Bücher.
Friedrich Luithlen. Die Zellgewebsverhärtungen der Neugeborenen. Verlag von
A. H öl der in Wien. Preis Mk. 3,20.
In der Literatur herrschte bisher große Verwirrung betreffs der Begriffe
Sclerema ödematosum, adiposum, Sklerodermie; diese Affektionen wurden sehr oft
miteinander verwechselt und zusammengeworfen. L. hat sich der schwierigen
Aufgabe unterzogen, die gesamte vorliegende Literatur durchzuarbeiten, um zur
richtigen Auffassung und Deutung der betreffenden Fragen zu gelangen. Eigene
Erfahrungen, gemacht in der niederösterreichischen Landes-Findelanstalt, wurden
zur Unterstützung herangezogen und die Resultate in obengenannter mono¬
graphischen Studie niedergelegt. Dieselbe bietet viel des Interessanten und Lehr¬
reichen, zumal es der Autor versteht, seinen Stoff in fesselnder Darstellung dem
Leser zu unterbreiten und stets die nötige Präzision hervortreten zu lassen.
Grätzer.
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HI. Neue Bücher. — IV. Monats-Chronik.
179
Neue Dissertationen.
Banzhaf, Richard. 3 Fälle von familiärer und hereditärer zerebraler Lähmung im
Kindesalter. (Tübingen, Januar 1903.)
Sehr, Sally. Beitrag zur Kasuistik der aus angeborenen Melanosen des Auges hervor-
gehenden Tumoren. (Heidelberg, Januar 1903.)
Dentler, Wilhelm. Über kongenitale Tumoren der Schilddrüse nebst einem neuen
Fall (Cysto-Adeno-Chondro-Sarkom). (München, Januar 1908.)
Engel. Hans. Über kongenitale Ankylosen an den Gelenken der Hände und Füße.
(Berlin 1902.)
Gruber, Hans. Über paralytische Skoliosen im Anschluß an spinale Kinderlähmung.
(Würzburg, Januar 1903.)
Herzberger, Wilhelm. Über kongenitale cystische Entartung des Pankreas.
(Giessen, Januar 1903.)
Laengner, Hans. Die angeborenen Geschwülste der Steißbeingegend und des Becken¬
bindegewebes, unter Verwendung von Fällen des k. klinischen Instituts für
Chirurgie. (Berlin 1902.)
Lehmann, Ottmar. Über akute Osteomyelitis im Säuglingsalter.
(Heidelberg, Januar 1908.)
Meyer, Erich. Der Eiweißgehalt der Frauenmilch. (Berlin 1902.)
Michelmann, Reinhold. Fötale Harnblasendilatation als Geburtshindernis.
(Berlin 1902.)
Hosenthal, Max. 4 Brüder mit Thomsenscher Krankheit (Myotonia congenita).
(Berlin 1902.)
Simonsohn, Alfred. Pylorusstenose bei Neugeborenen.
(Greifswald, Januar 1903.)
Todt, Karl. Akute gelbe Leberatrophie in kindlichen Lebensalter.
(Berlin, Januar 1903.)
Wichura, Max. 2 Fälle von Anencephalie. (Berlin 1902.)
IV. Monats-Chronik.
Der 2. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für orthopädische Chirurgie wird ebenso
wie der Chirurgenkongreß in der Pfingst woche, am Dienstag den 2. Juni im Hör¬
saal der k. chirurgischen Klinik (Ziegelstraße 7—9) zu Berlin abgehalten werden.
Die Eröffnung des Kongresses wird vormittags 9 Uhr stattfinden.
Als Themata, die zur Besprechung kommen sollen, sind die Sehnenplastik
(Referent Herr Vulpius - Heidelberg) und die Coxa vara (Referent Herr
Joachimsthal-Berlin) ausersehen. Willkommen werden für die Diskussion
namentlich Beiträge sein, welche sich auf die Technik der Sehnenplastik und
die Ätiologie der Coxa vara beziehen.
Vorträge und Mitteilungen sind möglichst bald bei Herrn Prof. Dr.
Joachimsthal, Berlin W., Magdeburgerstraße 36 anzumelden. Vorzustellende,
von auswärts kommende Kranke finden Aufnahme in der k. chirurgischen Klinik
Sr. Exzellenz des Herrn Geh. Rat Prof. Dr. v. Bergmann (Ziegelstr. 5—7).
Zur Schulbankfrage hat die Königliche Regierung zu Magdeburg (nach dem
Preuß. Volksschularchiv 1902, S. 184) folgende Verfügung vom 5. Februar d. J.
an die Lokalschulbehörden erlassen:
„Von den Kreisärzten werden an Stelle der vielfach üblichen Bänke mit
Plusdistanz ans gesundheitlichen Rücksichten Bänke mit Minusdistanz, d, h. solche,
bei denen die Pultplatte die Sitzbank überdeckt — gefordert. Die vielsitzigeu
festen Bänke dieser Art haben den Mangel, daß der aufgerufene Schüler inner¬
halb der Bank nicht aufstehen kann. Durch den Ministerialerlaß vom 11. April 1888
sind deshalb bereits neben Bänken mit beweglicher Sitzplatte die festen zwei¬
sitzigen Bänke für solche Fälle empfohlen, in denen die vorhandenen Mittel und
der verfügbare Raum ihre Anwendung gestatten.“
„Seitdem durch die Anordnung der zweisitzigen „Landschulbank“ nach
Rettig’s System nicht mehr Schulzimmerfläche erfordert wird, als durch die
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180
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 4;
mehrsitzige Bank, und auch der Preis nicht erheblich höher ist als bei älteren
Banksystemen, wird für Neubeschaffungen in erster Linie die „Rettigbank“ in
Frage kommen. Die Bank hat keinerlei bewegliche Teile und zeigt eine feste
Minusdistanz. Der Schüler kann in der Bank nicht aufstehen, kann aber ohne
Störung des Nachbars und ohne Geräusch aus ihr heraustreten. Der Lehrer
kann an jeden einzelnen Schüler herantreten.“
„Die gesundheitlichen Forderungen werden erfüllt durch die eine 3 gute
Körperhaltung veranlassende Ausbildung von Bank und Lehne, durch das Vor¬
handensein eines gerillten Fußbrettes, wodurch die Abkühlung der Füße und die
Bildung und Aufwirbelung von Staub verhütet wird, und endlich dadurch, daß
nach dem Aufklappen der drehbar am Fußboden befestigten Bänke auch unter
denselben leicht und gründlich gereinigt werden kann. Als wirtschaftlicher Vor¬
teil der Rettigbank kommt neben den geringen Unterhaltungskosten in Betracht,
daß sie von jedem einheimischen Tischler gefertigt werden kann, da die das
Patent ausnutzende Firma P. Joh. Müller & Co, Berlin SW. 46 sich nur die
Lieferung der Eisenteile vorbehält und bereit ist, nach Einsendung der Grund¬
rißskizzen der Schulzimmer Platzverteilungspläne, Werkzeichnungen in natür¬
licher Größe und Verdingungsbedingungen kostenfrei zu liefern.“
„Die Schulaufsichtsbeamten und Schulvorstände machen wir auf die Be¬
nutzung dieses Angebotes und auf die Einführung der „Rettig’schen Land-Schul¬
bank“ ihrer gesundheitlichen Vorzüge wegen aufmerksam. Wo die örtlichen Ver¬
hältnisse es fordern, daß auch ferner die wenigen guten mehrsitzigen festen Bänke
mit Plusdistanz angeschafft werden, ist dahin zu wirken, daß Musterzeichnungen
von der Königlichen Regierung erbeten werden.“
SchiilbUcherdesinfektion. Die nordamerikanischen Freistaaten marschieren zur
Zeit an der Spitze der Hygiene. Die Gesundheitsbehörde des amerikanischen
Staates New Jersey hat zu Desinfektionszwecken von Büchern, Kindergarten-
f eräten und anderen Gegenständen ein Versuchskabinet eingerichtet, das für die
öglinge der öffentlichen Schulen bestimmt ist. Das Kabinet besteht aus Holz,
hat einen Raumgehalt von 24 Kubikfuß und läßt sich dicht verschließen. Zur
Desinfektion dient Formaldehyd. Damit das Gas genügend in die Gegenstände
eindringen kann, werden die Bücher aufrecht und weit geöffnet aufgestellt. Jeden
Tag werden nach Schulschluß die von den Bändern benutzten Gegenstände in
das Kabinet gebracht und dort der Desinfektion unterworfen; am nächsten Morgen
finden die Schüler ihre Gegenstände desinfiziert vor. Vom Geruch ist nichts zu
merken, weder an den Büchern noch Federn, nur am Zeug haftet er länger. Das
Verfahren erwies sich nach sorgfältiger Prüfung als wirksam, so daß”die Bücher
vollkommen keimfrei werden. („Allgem. Wiener med. Ztg.“)
Gratismilchinstitution Budapest. Seit Bestand dieser Institution (1901 16. XI.)
wurden bis zum 1. März laufenden Jahres 565230 Portionen (141308 Liter)
3,5% Fett enthaltende pasteurisierte und 120280 Flaschen (24056 Liter) Szökely-
Milch und 234000 Semmeln verteilt. Seit dem 1. VII. des Jahres 1902 besteht
in Verbindung mit dieser Anstalt, eine unter der Leitung unseres Mitarbeiters
Dr. Ernö Deutsch stehendes Säuglingsordinationsinstitut, das zugleich als Zentral¬
stelle für Erprobung verschiedener Nähr- und Heilpräparate dient. Vom 1. VH. 1901
bis 1. IH. 1903 besuchten 1450 Säuglinge das Institut. Außer den Säuglingen
erhalten auf Anordnung des Institutsarztes oder auf Anweisung anderer Ärzte
kranke Kinder täglich einen Liter Milch ins Haus gestellt. Für hungernde Schul¬
kinder wird Frühstück und Jause an Ort und Stelle verteilt. Solche Mütter, die
ihre Kinder zu stillen fähig sind, bekommen täglich einen Liter Milch zum Selbst¬
gebrauch, außerdem Anweisungen zur Volksküche. Die Säuglinge werden wöchent¬
lich gewogen und den Müttern Anleitung in der Kinderhygiene erteilt. Auf
1450 Säuglinge verzeichnet das Institut 46 Sterbefrille.
Personalien : Zu Professoren ernannt: Privatdoz. Dr. A. Tobeitz in Graz,
Dr. H. R. Pinilla in Salamanca. Dr. C. Garica del Real y Alvarez in Santagio.
Habilitiert: Dr. A. Villa in Rom für Kinderheilkunde.
Gestorben: Dr. D. Cervesato, Professor der pädiatrischen Klinik zu Bologna.
Verantwortlicher Bedakteur: Dr. Engen Gxaetzer in Spxottau. Verlag tob. Johann
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metsger A Wittig in Leipzig.
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Centralblatt für Kinderheilkunde.
Eine*Monatsschrift für praktische Ärzte.
Unter Mitwirkung von
Db. C. BERLINER (Aachen), De. ERNST DEUTSCH (Budapest),
De. ALBR. DWORETZKY (Moskau), Db. E. ENSLIN (Eblanö-en), Dibbktob De.
ESCHLE (Sinsheim), Pbof. Db. EVERSBUSCH (München), Db. G. FINDER (Chab-
lottenbubq-), Db. E. FLATAU (Wab8CHau), Pbiy.-Doz. Db. R. HECKER (München),
De. LEO JACOBI (New Yobk), Pbof. Db. JOACHIMSTHAL (Beblin), Db. MAX
JOSEPH (Beblin), Db. G. KREBS (Hildesheim), Db. P. MAAS (Aachen), Db. K.
MENDEL (Beblin), Db. ADOLPH H. MEYER (Kopenhagen), Db. PLANTENGA
(Haag), Db. CARL SCH ADE (Göttingen), Pbiy.-Doz. Db.E. SCHREIB ER (Göttingen),
Db. SCHRIDDE (Eblangen), Pbiy.-Doz. Db. H. STARCK (Heidelbebg), Db. SZYMA-
NOWSKI (Wabschau), Db. E.TOFF (Bbaila, Rumänien), Prop. Db. VULPIUS (Heidel-
bebg), Db. H. WALBAUM (Kiel), Pbiy.-Doz. Db. ZIEGENSPECK (München) u. A.
herausgegeben von
Dr. med. Eugen Graetzer,
prakt. Arzt in Sprottau.
VIII. Jahrgang. Mai 1903.
Nr. 5.
Inhalt.
I. Beferate.
Seite
0. Vulpius, Die deutsche Orthopädie im Jahre 1902 ........ 181
Oskar Yulpius, Über die Arthrodese des paralytischen Schlottergelenkes
der Schulter.181
E. Scheffler, Beitrag zur Behandlung des Pes calcaneus paralyticus . . 182
H. Tillmanns, Über die Entstehung und Behandlung der spondylitischen
Lähmungen. 182
Gessner, Über Entbindungslähmung.183
Y. P. Gibney, The Value of prolonged and uninterrupted immobilization
in Pott’s disease of the Spinae.184
0. Bender, Zur Ätiologie des Schulterblatthochstandes. 184
M. Klippel, Multiple kongenitale Dystrophie des elastischen Gewebes . 185
L. Heusner, Über die angeborene Hüftluxation.185
L. Heusner, Über einen neuen Apparat für die Nachbehandlung der an¬
geborenen Hüftluxation ..186
Georg Müller, Über die obere Altersgrenze für die Behandlung der an¬
geborenen Hüftverrenkung ..186
Bertelsmann, Über einen eigenartig verlaufenen Fall von Schenkelhals¬
fraktur bei einem 15jährigen Jungen mit Ausgang in Coxayarastellung 187
M. Savariaud, Die nervösen Komplikationen der Frakturen am unteren
Ende des Humerus bei Kindern..188
Anerkannt vorzüglichstes^
| ^ f/an acJjfe auf den Mamcn.
Reines G et r e i E i w ,
Digitized by Google
Fortsetzung des In ln altes.
W. Pipping, Ein Fall von polyarthritie deformans bei einem Kinde . .
J. Merkel, Fall von geheilter chron. Epiphyseuostitis der rechten Tibia .
Hofmeister, Über Verkrümmungen des Beines nach Knieresektion im
Kindesalter.
Hans Lorenz, Zur Frage der Wachstumsstörungen und Gelenksdeformi¬
täten infolge von traumatischen Epiphysentrennungen.
M. Reiner, Uber ein Operationsverfahren zur Beseitigung hochgradiger
Unterschenkelverkrümmungen..
Th. Kölliker, Osteotomie und Osteoklase bei rachitischen Deformitäten
der unteren Extremität.
Dante Pacchioni, Beschreibung und Pathogenese der Veränderungen
der chondralen Verknöcherung bei der Rachitis.
A. Epstein, Ein Schaukelsessel für kleine Rachitiker und Schwächlinge .
C. Es eher, Zur Frage der angeborenen Rachitis.
Maurice Ostheimer, A case of congenital rhachitis ..
Luigi Concetti, Die Phosphorbehandlung bei der Rachitis ..
G. Edlefsen, Das Ammoniak in der Atmungsluft und die Ätiologie der
Rachitis.*.
Ad. Czerny, Über die Bedeutung des Turgordruckes der Gewebe für das
Kind im ersten Lebensjahre.
Charles Herrman, A case of Achondroplasia (Micromelia).
Vargas, Die Achondroplasie.
Fr. Pineies, Über Thyreoaplasie (congenitales Myxödem) und infantiles
Myxödem.
Rocaz und Cruchet, Kongenitales Myxödem Stomatitis pseudomembranacea
mit Colibazillen, Bronchopneumonie, Tod, Autopsie.
L. Fürst, Klinisches und Therapeutisches über die anämische Form der
Rachitis.
S. Middelton, Two infants with great Enlargement of the Spleen and
Anämia.
Cima, Beitrag zum Studium der histologischen Veränderungen der Milz
bei der infektiösen Anämia splenica der Kinder.
Seite
189
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202
chemische Fabrik — Darmstadt.
Bromipin
Ind.: Neurasthenie, Hysterie, Epilepsie,
Chorea, epileptische Dämmerzustände.
Ep.: Bromipin 10% 100 g.
D. S. 2—3 mal täglich 1 Theelöffel voll in ober¬
gähr. Bier oder heißer Milch.
Stypticin
Ind.: Blutungen im Klimakterium,
menstruale Blutungen, Menorrhagien etc.
Ep.: Tablettar.' Stypticin No. 40 ä 0,06 g.
D. S. Täglich 8—5—8 Tabletten zu nehmen.
Dionin @ Vw
Ind.: Asthma, Emphysem, Bronchitis, Phthisis pulmon., TracheYtis, Pertussis,
Schmerzzustände (Gastralgie, Ischias, Ovaralgie, Oophoritis, Ulcus ventriculi), Asomnie,
Abstinenzkur, Keratitis, Chorioiditis, Bulbusoperationen.
Ep.: Dionin 0,3,
Atj. amygd. amar. 16,0.
M. D. S. 3mal täglich 10;
Abends 20 Tropfen.
Ep.: Dionin 0,04,
01. Caoao 2,00.
M. f. lege art. supp. d. t. dos. 10.
S. Täglich 1 bis mehrere
Zäpfchen zu gebrauchen.
Ep.: Dionin 0,5,
Aq. dest 20,0.
M. f. sol. steril.
S. Zu subkutanen Injektionen.
Dionin wird für die Kinderpraxis aufs Wärmste empfohlen.
Litteratur gratis und franko.
Digitizeä by L^ooQie
Fortsetzung des Inhaltes. 8eit e
Isaac A. Abt. Spontaneous Hämorrhages in Ncw-born Children .... 202
Eugene Füller, A New Use for Physoid Extract u. s. ..202
Zuppinger, Ober subkutane Gelatineinjektionen im Kindesalter «... 203
E. Oswald, Zur Gelatinebehandlung bei Melaena neonatorum.203
C. Bolle, Zur Therapie der Barlowsehen Krankheit.203
C. Nicolai, Een zeldzame vorm van Morbus Barlowii.204
E. Hagenbach-Burckhardt, Die Barlowsehe Krankheit in der Schweiz 204
L. Wrede, Über Pseudotuberkulosebazitlen beim Menschen. ] 205
R. Oehler, Über Tuberkulose-Infektion.206
K. Pr eisich und A. Schütz, Die Infektion mit Tuberkulose im Kindes-
alter und deren Bekämpfung.206
J. Frank, Primany Tuberculosos of the Parotid Glaud.208
W. M. Smith, Two cases of Tuberculosis of the heart and pericardium . 209
C. Emanuel, Über intrabulbäre Tuberkulose bei Kindern und Bemerkungen
über die Differentialdiagnose zwischen Tuberkulose und Netzhauttumoren 209
Neumann, Klinische Bemerkungen über die Tuberkulose der Haut . . 210
G. Ciechansky, Über die Lichttherapie der tuberkulösen Gelenkaffektionen
bei Kindern.211
T. M. Rotch, Tuberculous Peritonitis in Early Life: With special Refe¬
rence to its Treatment by Laparotomy.212
G. A. Sutherland, The Prognosis of tuberculous Peritonitis in Children 213
n. Aus Vereinen und Versammlungen.
Vereinigung niederrheinisch'westfälischer Kinderärzte. 214
Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins.216
Medizin. Sektion der Schles. Gesellschaft f. vaterländische Kultur . . . 219
Medizin. Gesellschaft der Stadt Basel.221
K. K. Gesellschaft der Ärzte in Wien. 222
m. Kleine Mitteilungen. — IV. Monats-Chronik.
enthält 0,4 % Eisen
und 0,9 % Lecithin in
organischer Verbindung
mit circa 90% Eiweiss.
Es hat somit die Zu¬
sammensetzung der
roten Blutkörperchen,
wird leicht vertragen,
völlig assimiliert und ist in Tablettenform bequem zu nehmen.
Haematin-Eiweiss-Chocolade Haematin-Eiweiß. Feinste Choco-
“"TäSwünMS^TörzüglichTi^Je^hmäc^mdnäequem zu nehmen.
Dp. R. PLÖNNIS’
Dp. R. PLÖNNIS’
ist nach d. Untersuch,
des Herrn Dr. med. et
phil. R.O. Neumann, Pri-
vatdoz. u. 1. Assist, im
iiygien. Inst, zu Kiel, das
am günstigsten vom
Organismus verwer¬
tete aller bisher bekann¬
ter Eiweifspräparate. Leicht verdaulich, kann ohne Beschwerden in groß. Mengen
genommen werden u. ist das beste Kräftigungsmittel f. Kranke u. Rekonvaleszenten.
Munnnn-flakAC enthaltend 25% Dr. R. Plönnis’ Myogen sind n. d. Unter-
siichungen d. Herrn Dr. med. et phil. R. 0. Neumann, Priv.-Doz.
u. 1. Assist, im hygien. Inst, zu Kiel, ein Nahrungsmittel in konzentriertester Form, das
im Eiweissgehalt dem Fleisch, im Kohlehydratgehalt dem Brot und im Fettgehalt dem
besten Gebäck gleichsteht und in größeren Mengen genommen werden kann.
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Central blatt für
Kinderheilkunde.
Eine Monatsschrift für praktische Arzte-
VIII. Jahrgang. 1 . Mai 1908. No. 5.
I. Referate.
0. VlllpillS. Die deutsche Orthopädie im Jahre 1902.
(Münchener med. Wochenschrift 1908 No. 5.)
Ganz kurzer, übersichtlicher Bericht mit Literaturangabe.
Grätzer.
Oskar Vulpius. Über die Arthrodese des paralytischen
Schlottergelenkes der Schulter.
(Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. 69 Heft 1 u. 2 S. 117.)
V. hatte in 6 Fällen Gelegenheit, wegen paralytischen Schlotter¬
gelenkes die Schulterarthrodese auszuführen und vier von den Pat
Jahre hindurch zu beobachten. Er zieht den Längsschnitt der queren
Inzision vor, schon weil er die in Betracht kommenden Knochenflächen
besser zu Gesicht bringt und ihre Vereinigung durch die Naht er¬
leichtert. Zur Verödung trägt die Exstirpation der Gelenkkapsel in
ihren leicht zugänglichen Teilen, im übrigen ihre Wundmachung mit
dem scharfen Löffel sicherlich bei. Den nächsten Akt bildet die An¬
frischung der Gelenkknorpel. Der luxierte Kopf wird mit dem Messer
leicht allseitig abgeschält; zweckmäßig wird durch Einkerbungen oder
Rinnen an einzelnen Stellen der Knochen entblößt. Aus der Pfanne
läßt sich der gesamte Knorpelüberzug mit dem Löffel herausholen,
ebenso wird die Unterfläche des Akromions und eventuell auch die
Spitze des Coracoid abgeschabt. Zwei im Kopf sich kreuzende Silber¬
drähte werden dann durch das Akromion bezw. die Cavitas glenoi-
dalis oder das Coracoid gelegt und festgedreht, während der Arm
vom Assistenten in mäßiger Abduktion, leichter Innenrotation und
deutlicher Hebung nach vorn gehalten wird. Durch die Fixierung
des Armes in dieser Stellung wird selbstverständlich die Elevation
desselben begünstigt, speziell die Innenrotation erleichtert, später die
Führung der Hand zum Munde. Die Ruhigstellung des Armes während
der Heilung geschieht am zweckmäßigsten im Gipsverband, der Arm
und Schulter der operierten Seite sowie den Brustkorb umgreift,
den Ellbogen in rechtwinkliger Stellung stützt. —
Die Fixationsperiode soll keinesfalls unter 10 Wochen, besser
3 Monate betragen und dann noch verlängert werden durch die An¬
legung eines Hülsenapperates von ähnlichem Umfang, wie ihn der
Gipsverband besaß. Dieser Apparat wird auf einem Gipsabguß aus
Leder gewalkt, in der gesundseitigen Achselhöhle und an der Innen-
Centnübl. f. Kinderhlkde. VLLL p Ift
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182
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
Seite des Armes geschnürt. Er wird nur zur Vornahme von Massage
und Gymnastik abgenommen, im übrigen noch 2—8 Monate getragen,
bis die solide Ankylosierung als definitiv zu erachten ist. —
Nach V.s Ausführungen und Erfahrungen stellt sich die Arthro¬
dese als das Normalverfahren bei einer Monoplegie der Schulter dar.
Mit ihren Erfolgen kann sich die Leistung eines orthopädischen
Apparates keinesfalls messen. Joachimsthal (Berlin).
E. Scheffler. Beitrag zur Behandlung des Pes calcaneus
paralyticuß.
(Aus der Schanzschen orthop. Heilanstalt in Dresden.)
(Klinisch-therap. Wochenschrift 1908 No. 12.)
Der Fall illustriert besonders die Überlegenheit der Sehnentrans¬
plantation gegenüber der Arthrodese. Das 13jährige Kind hat an¬
geblich im ersten Lebensjahre die Lähmung beider Unterschenkel
akquiriert. Eine im fünften Lebensjahre ausgeführte beiderseitige
Arthrodesenoperation hatte gar keinen Erfolg, namentlich der linke
Fuß bildete einen hochgradig veränderten Hackenfuß. Die jetzt aus¬
geführte Sehnentransplantation brachte vollen Erfolg, was um so be¬
merkenswerter ist, als zum Ersätze des Gastrocnemius und Soleus
nur ein brauchbarer Muskel zur Verfügung stand: der Flex. halluc.
Die Befürchtung, daß dieser sich als nicht ausreichend zum Ersatz
der starken Wadenmuskulatur erweisen oder gedehnt werden würde,
war unnütz: der Muskel korrigiert sehr gut die Deformität. Zum
Teil ist dies Resultat wohl dem Umstande zuzuschreiben, daß der
überpflanzte Muskel mehrmals in die Sehne des zu verstärkenden
Muskels durchflochten und mit Draht vernäht wurde, und daß bei der
Nachbehandlung der Fuß nur ganz allmählich aus der anfänglichen
extremen Spitzfußstellung herausgebracht wurde. Grätzer.
H. Tillmanns. Über die Entstehung und Behandlung der
spondylitischen Lähmungen.
(Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. 69 Heft 1 u. 2 S. 134.)
T. hat in den Jahren 1895—1902 11 Laminektomien wegen
spondylitischer Lähmung bei Kindern im Alter von l s / 4 —14 Jahren
ausgeführt. Sämtliche Kranke überstanden den operativen Eingriff
ohne Schaden, die Operationswunde heilte stets reaktionslos. Die
tuberkulöse Spondylitis bestand zur Zeit der Aufnahme der
Kranken in die Klinik in 3 Fällen seit 4—6 Monaten, in einem Fall
seit 1*/ 4 Jahr, in 6 Fällen seit 2—3 Jahren und in einem Fall seit
8 Jahren. Die Lähmung bestand am Tage der Aufnahme der Pat.
in die Klinik in 3 Fällen seit etwa 4 Wochen, in einem Fall seit
6 Wochen, in 2 Fällen seit 2 1 / 2 —3 Monaten, in 2 Fällen seit
4 Monaten, in einem Fall seit 9 Monaten und in 2 Fällen seit
1—l s / 4 Jahren. In allen Fällen war die spondylitische Lähmung
schon ohne Erfolg unblutig behandelt worden.
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I. Referate.
183
Erfolgreich war die Laminektomie in den 11 Fällen^bei
10 Pat., erfolglos nur in einem Fall. Die Dauererfolge sind
aber ungünstig. Von den 10 1895—1902 operierten teils ge¬
besserten, teils geheilten Pat. leben zur Zeit der Publikation nur
noch drei. Die anderen sind gestorben, meist an ihrer tuberkulösen
Spondylitis. tVon den drei'noch lebenden Operierten sind zwei dauernd
geheilt seitjfl899, der dritte Heilungsfall wurde im Januar 1902
operiert.
In dem ersten Heilungsfall hatte sich nur eine abnorme Enge
des Wirbelkanals gefunden; die Spondylitis tuberculosa, vor 8 Jahren
begonnen, war so gut wie abgelaufen; die Lähmung bestand zur Zeit
der Operation etwa 4 Monate. In dem zweiten Heilungsfall war die
seit 2 Jahren bestehende Spondylitis im wesentlichen in der Heilung
begriffen, die seit 4 Wochen bestehende Lähmung aber hochgradig
(motorische und sensible Paraplegie mit Blasen- und Mastdarmlähmung).
Die Blasen- und Mastdarmlähmung wurde durch unblutiges Redres¬
sement nach Calot beseitigt und die Paraplegie 3% Monate später
durch Laminektomie.
Im dritten Heilungsfallendlich handelte es sich um eine seit
etwa 1 j 2 Jahr bestehende Spondylitis mit seit 2*/ a Monaten vor¬
handener Lähmung (spastische Paraplegie mit Lähmung der Sensi¬
bilität und Störung der Blase). Es ergab sich bei der Operation
eine ausgesprochene tuberkulöse Wirbelkaries; aus dem Wirbelkanal
wurde etwa 6—8 ccm Eiter mit krümeligen Käsestückchen entfernt.
T. hält mit Rücksicht auf die kurze Zeit, die seit der Operation ver¬
flossen ist, ein Rezidiv nicht für ausgeschlossen.
T. legtjauf eine fachkundige orthopädische Nachbehandlung unter
entsprechender Fixation und Entlastung der Wirbelsäule ein besonderes
großes Gewicht. Joachimsthal (Berlin).
GeSSner. [über Entbindungslähmung.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 4.)
Demonstration in "der Nürnberger med Gesellschaft und Poli¬
klinik (4. XII. 1902).
11 jähriger Junge; akquirierte bei 'Extraktion nach Wendung aus Querlage
durch beiderseitigen Druck auf den Erbschen Punkt und benachbarte Nerven*
Stämme eine doppelseitige, besonders rechts stark ausgeprägte Lähmung des
Plexus cervico-brachialis. Befallen sind vorwiegend Kukullaris, Sternokleido,
Platysma, Deltoides, Brachialis internus, Bizeps, Brachio radiales, Latissimus dorsi
und Rhomboidei. Rechts hochgradige Atrophie der Muskeln, links mäßige Atrophie
und^Schwäche, offenbar dadurch bedingt, daß bei der Extraktion der Mittelfinger
auf die rechts gelegenen Nervenstämme intensiver drückte als der Zeigefinger
auf die links ^gelegenen. Bemerkenswert ist ferner die hochgradige Hypoplasie
der zu den betroffenen Nervengebieten gehörenden Knochen, also der Skapula,
der Rippen, der Klavikula, die ihre Krümmung verloren hat, und des Oberarms,
der unterhalb des Collum chirurgicum frakturiert ist Bemerkenswert sind ferner
die hochgradigen Schlottergelenke im Schulter- und Ellbogengelenk, welch letzteres
sehr leicht hyperextendiert werden kann. Von seiten der Gehirnnerven und des
Sympathikus^sind keinerlei Störungen nachweisbar. Gr.
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184
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
V. P. Gibney. The Value of prolonged and uninterrupted
immobilization in Pott’s disease of the Spine.
(Archives of Pediatrics, Dezember 1902.)
In unseren orthopäthischen Kreisen herrscht große Meinungs¬
verschiedenheit in Bezug auf die Behandlung Pottscher Wirbel¬
krankheit. Während einige Autoritäten die Stahlprothesen über alles
preisen, neigen sich andere zum Gipskorsett. Stahlapparate benötigen
einen häufigen Verbandwechsel; dagegen kann ein Gipskorsett monate¬
lang liegen bleiben. Nun fragt es sich, ob eine derartige kontinuier¬
liche Immobilisation der unterbrochenen vorzuziehen sei.
G. bejaht die Frage und hofft, daß die gegenwärtigen ameri¬
kanischen Erfolge des Dr. Lorenz dazu beitragen werden, im Publikum
etwaige Vorurteile gegen Gipsverbände zu verscheuchen.
Leo Jacobi (New York).
0. Bender. Zur Ätiologie des Schulterblatthochstandes.
(Aus der Univ.-Poliklinik für orthopäd. Chirurgie in Leipzig.)
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 7.)
Der Hochstand der Scapula ist eigentlich nur ein Symptom,
welches im Gefolge vieler pathologischer Vorgänge hervortreten kann.
Beim angeborenen Hochstand können intrauterine Belastungs¬
deformitäten , fötale Hemmungsvorgänge, angeborene Muskeldefekte
die Unterlage bilden. Die erworbene Form beruht in der Mehr¬
zahl der bisherigen Beobachtungen auf rachitischen Veränderungen
der Skapula, Eulenburg fand die Ursache in einer entzündlichen
Retraktion des Levator scapulae. Von einer neuen Ätiologie weiß
jetzt B. zu berichten, indem in einem von ihm beobachteten Falle
Ankylose des Schultergelenks der maßgebende Faktor war.
Der 10jährige Knabe bekam vor einigen Jahren eine Entzündung
des linken Schultergelenks, welche mit Versteifung des Gelenks endigte.
Seit 2 Jahren besteht totale Ankylose, seit einiger Zeit auch Hoch¬
stand der Schulter. Man trifft hier eine Parallele zu den Verhältnissen
bei einer ankylosierenden Koxitis. Wie die Hüftankylose, wenn sie
in Abduktionsstellung erfolgt ist, bei Adduktion ein Tiefersinken der
gleichnamigen Beckenseite und eine scheinbare Verlängerung des
Beines zur Folge hat, während die gesunde Seite in die Höhe steigt,
ebenso zeigte sich bei B.s Pat. bei Adduktion eine geringe scheinbare
Verlängerung des Oberarms, Herabsinken des akromialen Endes und
Aufsteigen des oberen inneren und des unteren Winkels der Skapula.
Dieselbe drehte sich demnach um ihre sagittale Achse; der Dreh¬
punkt lag aber dicht an der Pfanne, so daß die Hauptmasse des
Schulterblattes bei geradem Herabhängen des Armes beträchtlich
höher stand, wie normal.
Also auch der erworbene Schulterblatthochstand kann eine Folge
sehr verschiedener pathologischer Prozesse sein! Grätzer.
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I. Referate.
185
M. Klippel. Multiple kongenitale Dystrophie des elastischen
Gewebes.
(Arch. g6n. de m6d. 1908 No. 2.)
Der Pat. K.s bot folgende Anomalien: Subluxation der beiden
Sternoklavikulargelenke, Difformitäten der Wirbel, eine Thoraxdiffor-
mität in Gestalt einer ringförmigen Einziehung oberhalb der unteren
Apertur, eine Hernia lineae albae und inguinaiis, Hepatoptose,
Lungenemphysem und Varicen an den unteren Extremitäten. Alle
diese Veränderungen führt K. auf eine einheitliche Ursache zurück,
auf eine kongenitale Dystrophie des elastischen Gewebes, die einen
Teil der erwähnten Anomalien schon während des intrauterinen Lebens,
einen anderen, wie das Lungenemphysem und die Varicen, erst später
zur Ausbildung hat kommen lassen. Schade (Göttingen).
L. Heusner. Über die angeborene Hüftluxation.
(Zeitschrift f. orthop. Chirurgie, Bd. X Heft 4 S. 571.)
H. hat die angeborene Hüftluxation früher operativ nach Hoffa
eingerenkt, ist aber nach einigen Mißerfolgen und nach Bekanntwerden
des Lorenz sehen unblutigen Verfahrens zu letzterem übergegangen. H.
hat in der ersten Zeit die Reposition in ähnlicher Weise wie Schede
ausgeführt; seit mehreren Jahren hat er aber ausschließlich manuell
eingerenkt und seinen früher beschriebenen Extensionstisch nur noch
zur Anlegung der Verbände benutzt. Zu den Verbänden nach der
Einrenkung verwendet er statt Gips in der Regel Stärkebinden mit
Einlagen von Flechtwerk und biegsamen Eisenschienen, wodurch die¬
selben leichter, schmiegsamer und haltbarer werden. Aus Rücksicht
auf die Anteversion des Schenkelhalses wendet er schon bei der
Primärstellung, wie auch bei allen noch folgenden Verbänden, starke
Einwärtsrotation an, muß daher den Verband über das gebeugte Knie
bis gegen den Fuß hinführen und auf das frühzeitige Umhergehen
der Pat. verzichten. Wo Wiederverrenkung zu befürchten ist, läßt
H. nach Entfernung der Gipsverbände noch längere Zeit einen ent¬
lastenden Schienhülsenapparat tragen mit einer Vorrichtung, welche
die Abduktionsstellung und die Einwärtsrotation des Beines sichert.
Bei starker Anteversionsstellung des Schenkelhalses hält H. das
Schedesche Verfahren für angezeigt (Fixation des Beines für 2 bis
3 Monate in starker Einwärtsrotation, dann Osteotomie des Femur
im unteren Drittel und Drehung des unteren Schenkelendes so weit
nach außen, daß der Fuß und die Knieachse wieder in ihre natürliche
Richtung kommen); um aber eine Abkürzung der Heilungsdauer zu
ermöglichen und einer späteren Wiederkehr der Rtickwärtsstellung
vorzubeugen, hat Jä. eine Sehnentransplantation in Aussicht genommen,
durch die das Übergewicht der Auswärtsdreher abgeschwächt, die
Einwärtsdreher dagegen gestärkt werden sollen. Zu diesem Zwecke
wird mit Hilfe eines 10—15 cm langen Schnittes an der Rückseite
des oberen Schenkelendes die untere Partie der Sehne des Glutaeus
maximus vom Knochen und der Fascia lata abgetrennt und unter
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186
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
starker Einwärtsdrehung des Beines der kleine Trochanter» von der
Rückseite her freigemacht. Dann wird mit einem stumpfen Haken
die Sehne des Ileopsoas, welche an der Vorderseite dieses Knochen¬
vorsprunges inseriert, hervorgezogen, abgeschnitten, und nunmehr
der losgelöste Zipfel der Sehne des Glutaeus maximus an das Periost
des kleinen Rollhügels, der eventuell durchbohrt werden muß, an¬
genäht.
Durch die Tenotomie des Ileopsoas wird die auswärtsdrehende
Komponente dieses Muskels gemindert oder zunächst ganz ausgeschaltet;
durch die Verpflanzung der Sehne des Glutaeus maximus von der
Außenseite an die Innenseite des Oberschenkels wird weiterhin
die untere Hälfte des Muskels aus einem Auswärtsdreher in einen
Einwärtsdreher verwandelt. Es muß zu einem späteren Termin die
operative Auswärtsdrehung des unteren Schenkelendes hinzugefügt
werden. JoachimsthaL
L. Heusner (Barmen). Über einen neuen Apparat für die
Nachbehandlung der angeborenen Hüftluxation.
(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 8.)
Ein solcher Apparat soll dem bis dahin im Gipsverbande fest¬
gestellten Gelenk möglichste Freiheit gestatten, dagegen alle nach¬
teiligen , die Reluxation begünstigenden Bewegungen, namentlich
stärkere Adduktion, Flexion und Auswärtsrotatiön verhindern. Es
soll das Bein in beständiger Einwärtsstellung halten; denn der Kopf
ist durch die fast immer vorhandene Ante Versionsstellung des Halses
meist in der Richtung nach vorn von der Pfanne abgewandt. Dazu
kommt, daß durch die Einrenkung die verkürzten Auswärtsdreher
angespannt werden und den Schenkel nach außen zu drehen, den
Kopf also noch mehr von der Pfanne abzukehren streben, worauf
auch die nach der Lorenz sehen Einrenkungsmethode zurückbleibende
Auswärtsstellung des Fußes beruht. Durch dauernde Einwärtsdrehung
des Beines kann man nicht nur die verkürzten Auswärtsroller dehnen,
sondern auch mit Hilfe ihres Widerstandes den Kopf mit Hebelgewalt
in die Pfanne pressen.
Die Herstellung eines so vielseitigen Apparates ist keine leichte
Aufgabe, weshalb die meisten Chirurgen sich auf Gipsverbände be¬
schränken, damit aber ein wesentliches Hilfsmittel für die dauernde
Retention des Kopfes aus der Hand geben. H.s Apparat ist einfach
und zweckmäßig, er hat sich dem Erfinder bereits wiederholt be¬
währt. Gr ätz er.
Georg Müller (Berlin). Über die obere Altersgrenze für die
Behandlung der angeborenen Hüftverrenkung.
(Die Therapie der Gegenwart 1903 No. 2.)
Vor etwa Jahresfrist hat M. die ersten Mitteilungen über Erfolge
mit seiner mechanischen Behandlungsweise gemacht. Inzwischen hat
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1. Referate.
187
er die Methode in manchen Punkten modifiziert, sowohl was den
Streckapparat, als auch den portativen Apparat betrifft, und seitdem
sind die Resultate noch günstiger geworden. In dem Material figu¬
rieren auch manche Fälle, die vorher anderweitig ohne dauernden
Erfolg unblutig eingerenkt waren. In diesen Fällen wird man zu
M.s Methode greifen müssen, da sie zweifellos überall da, wo die
Flachheit oder völliger Mangel der Pfannenanlage den Erfolg der
unblutigen Einrenkung vereitelt, als alleinige Erfolg versprechende
Methode in Betracht kommt.
Man kann mit dieser Methode auch weit über die bisher übliche
äußerste Grenze von 10 Jahren hinausgehen, und M. führt als Bei¬
spiel ein 15 l L jähriges Mädchen an. Bei doppelseitiger Verrenkung
konnte M. allerdings bisher nicht über das zehnte Jahr hinaus voll¬
kommene Heilung erzielen. Bei einem 14jährigen doppelseitig luxierten
Mädchen erreichte er nach V/ 2 Jahren eine Fixation des Kopfes 3 cm
über der Roser-N61atonschen Linie, nachdem er bei Beginn der
Behandlung 6 cm oberhalb derselben gestanden hatte, ferner bedeutende
Verminderung der Lordose und wesentliche Besserung des Ganges.
Auch bei einem 28jährigen Mädchen und einer 49jährigen Frau
konnten wenigstens die heftigen Schmerzen beseitigt werden.
Jedenfalls steht nach den Erfahrungen M.s fest, daß auch in
einem Alter, in welchem die unblutige Einrenkung keinen Erfolg
mehr verspricht, die Apparatbehandlung heranzuziehen sein wird,
da man durch dieselbe bei einseitiger Verrenkung zuweilen noch
Heilung, in sehr vielen Fällen, und zwar einschließlich der doppelten
Luxation Besserung des objektiven und subjektiven Zustandes er¬
reichen wird. Grätzer.
Bertelsmann. Über einen eigenartig verlaufenen Fall von
Schenkelhalsfraktur bei einem 15jährigen Jungen mit Ausgang
in Coxavarastellung.
(Ärztl. Verein in Hamburg, 24. II. 1903.)
Der bis dahin gesunde Schiffbauerlehrling hat im Juli 1902 einen
Balken, zusammen mit einem Kameraden, auf der Schulter getragen.
Sein Kamerad, welcher das vordere Ende des Balkens trug, ließ dieses
fallen, so daß der vorgestellte Pat. durch das hintere Balkenende
einen heftigen Stoß auf die rechte Schulter erhielt. Der Verletzte
fühlte hierbei einen Schmerz in der rechten Hüfte; er arbeitete aber
noch 8 Tage weiter und suchte sodann, als die Schmerzen nicht
besser geworden waren, einen Arzt auf, der Rheumatismus konstatierte.
Im November 1902 kam der Pat., der bisher nicht wieder gearbeitet
hatte, in B.s Behandlung. Der damalige Befund entspricht dem
heutigen.
Das rechte Bein ist um 3 2 / 2 cm verkürzt und im Hüftgelenk
fast völlig fixiert, Trochanterstand. Unter dem Poupartschen Band
ist der vorgebogene Teil des Schenkelhalses zu fühlen. Röntgenbild
ergibt: Abbiegung des Schenkelhalses nach unten, Abbiegung des
Schenkelhalses in stark nach vorn konvexem Bogen. An der Stelle
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188
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
der Abbiegung ist ein kleiner Kallus, keine Einkeilung, sichtbar;
unterhalb desselben eine alte Bruchlinie, Hüftgelenk intakt. Der
Fall schließt sich an die Beobachtungen von Sprengel, Sudeck,
Alsberg u. s. w. an. Gr.
IM. Savariatld (Paris). Die nervösen Komplikationen der
Frakturen am unteren Ende des Humerus bei Kindern.
(Arch. g6n. de m6d. 1903 No. 2 u. 3.)
S. bespricht die Lähmungen im Gefolge der im Kindesalter so
häufigen Frakturen des unteren Humerusendes. Er unterscheidet
frühe und späte Lähmungen; die ersteren, an Häufigkeit überwiegend,
schließen sich entweder unmittelbar an das Trauma an (unmittelbare
Lähmungen) oder treten einige Tage bis mehrere Wochen später auf
(sekundäre Lähmungen), und zwar vorwiegend bei der Fractura humeri
supracondylica. Auch von den sogenannten Spätlähmungen sind die
meisten gleich im Anschluß an die Verletzung entstanden, anfangs
aber unbeachtet geblieben. Die frühen Lähmungen haben ihre Ur¬
sache gewöhnlich in einer einfachen Kontusion des Nerven, seltener
handelt es sich um Zerreißung desselben, Verletzung durch einen
Knochensplitter oder Einklemmung zwischen Knochenfragmenten. Die
prähumeralen Nerven, die Radialis und Medianus, erleiden diese Kon¬
tusion, indem sie durch das meist nach vorn und unten dislozierte
obere Fragment nach vorn gedrängt werden; der N. ulnaris wird beim
Fall auf den Ellbogen direkt gegen den Knochen komprimiert.
Während die früheren Lähmungen meist die prähumeralen Nerven-
stämme betreffen, scheinen sich die eigentlichen Spätlähmungen auf
den N. ulnaris zu beschränken; meist ist ihnen im jugendlichen Alter
eine Fraktur des Condylus externus vorangegangen. Nach Mouchet
ist die Ursache dieser Spätlähmungen in einer Neuritis n. ulnaris
zu suchen, die auf Obliteration des Sulcus ulnaris infolge allmählicher
Ausbildung eines Cubitus valgus und dadurch bedingter Kompression
des Nervenstammes zurückzuführen ist.
Die Therapie richtet sich nach der jeweiligen Ursache. Zer¬
reißungen sowie Verletzungen des Nerven durch Knochensplitter ver¬
langen unmittelbares operatives Eingreifen, ebenso Einklemmung
zwischen den Knochenfragmenten, wenn es nicht durch unblutige
Manipulationen gelingt, den Nerven zu befreien. Sind die Nerven-
stämme durch das dislozierte obere Fragment in die Höhe gehoben,
so versucht man bei frischen Frakturen die Dislokation in Narkose
auszugleichen, in veralteten Fällen kommt die Resektion in Frage.
Bei den eigentlichen Spätlähmungen genügt es, für den N. ulnaris
eine neue Knochenrinne, die ihn gegen Druck schützt, zu schaffen.
Die Prognose der frühen Lähmungen ist verschieden.
Manche Fälle heilen ohne Behandlung, andere, besonders die
mit Kontrakturen und Retraktion der Muskeln und Sehnen komplizierten,
trotzen jeder Therapie, wie z. B. die Spätlähmungen, bei denen man
durch das erwähnte Operationsverfahren meist nur eine geringe
Besserung erzielt.
In den vier von S. mitgeteilten Beobachtungen handelte es sich
um Kinder, welche eine Transversalfraktur des unteren Humerusendes
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I. Referate.
189
erlitten hatten; die Lähmungen wurden in sämtlichen Fällen erst
kürzere oder längere Zeit nach dem Trauma entdeckt. Der eine
Fall heilte spontan nach einem Jahr, der zweite und dritte wurde
durch Operation nicht beeinflußt, der vierte durch Operation (Resektion
des oberen Fragments) geheilt. Schade (Göttingen).
W. Pipping (Finländer). Ein Fall von polyarthritis deformans
bei einem Kinde.
(Finska Läkaresällskapets Handlingar Bd. 44 Supplementsheft pag. 496.)
Es handelte sich um ein 6jähriges Mädchen. Der allmählich
fortschreitende Prozeß mit symmetrischer Lokalisation hatte bedeu¬
tende Veränderungen in den meisten Gelenken hervorgerufen. Die
Handgelenke und sämtliche Fingergelenke, die Hüft-, Knie-, Fuß- und
Zehengelenke waren angegriffen, die Füße in geringerem Grade als
die Hände. Die Gelenke der Wirbelsäule waren frei. Die Krank¬
heit hatte im zweiten Lebensjahre der Patientin in dem einen Knie¬
gelenk begonnen, sie war nicht mit größerem Schmerz, auch nicht,
so viel bekannt, mit Fieber verbunden gewesen; Geschwulst, Steifig¬
keit und Schwierigkeit bei Bewegungen hatten aber ununterbrochen
zugenommen. Bedeutende Atrophie der Muskulatur, sowohl der
Ober- als Unterextremitäten. Die Sensibilität normal. Die Patellar-
reflexe und elektrische Irritabilität normal; die Herzaktion etwas
unregelmäßig; Hautfarbe blaß. Alle die Lymphdrüsen etwas ge¬
schwollen, sonst nichts Abnormes bei der Organuntersuchung.
Das Kind hatte unter schlechten hygienischen Verhältnissen
gelebt und war in hohem Grade vernachlässigt gewesen. Irgend
welche andere Ursache der Krankheit hatte nicht ermittelt werden
können. Adolf H. Meyer (Kopenhagen).
J. Merkel. Fall von geheilter chron. Epiphysenostitis der
rechten Tibia.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 8.)
Demonstration in der Nürnberger med. Gesellschaft u. Poliklinik
(18. XII. 02).
Ein 7jähriges Mädchen erkrankte nach Masern an akuter Gelenkschwellung
des rechten Tibio-Tarsalgelenks. Aufbruch und 4 monatliche fistulöse Eiterung,
von dem zweimarkstückgroßen Malleolusgeschwür ausgehend. Fraglich: ob intra-
oder extraartikulärer Prozeß. Durch Bloßlegung des Malleolus durch 8 cm lange
Inzision, durch Abpräparieren der verdickten und losgelösten Knochenhaut und
Aufmeißelung und Evidement der Markhöhle wurde konstatiert, daß das Gelenk
nur noch durch den Epiphysenknorpel der Tibia der Perforation entging. Dann
glatte Heilung. Gehakt tadellos. Obwohl der Sitz für Tuberkulose sprach,
zeigte sich doch bei der Untersuchung der Markhöhle, daß es sich nur um Staphylo-
raykose handelte. Es fanden sich aus den erweiterten Markräumen teils einzeln
hervorsprießende, teils in Herden angeordnete graue Granulationen ohne Eiter,
ohne käsige Pünktchen, ohne kleine griesförmige Spongiosasequester. Gr.
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190
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
Hofmei8ter (Tübingen). Über Verkrümmungen des Beines
nach Knieresektion im Kindesalter.
(Bruns Beiträge z. klin. Chirurgie Bd. 37.)
Die Untersuchungen beziehen sich auf Kinder, bei denen die
Kniegelenkresektion im 3. bis 13. Lebensjahr ausgeführt worden
ist, und bei welchen seit der Operation bis zur Nachuntersuchung
1—17 Jahre verflossen waren. Von im ganzen 123 Fällen konnte
bei 107 ein Befund meistens auf Grund persönlicher Nachuntersuchung
erhoben werden. Es fand sich in 16,8 °/ 0 der Fälle ein gerades
Bein. Unter Zurechnung der ganz leichten Verkrümmungen (bis 165°)
steigt der Prozentsatz der guten Stellungsresultate auf 27,1 1 / 2 . Mittel¬
schwere Krümmungen (140—160°) zeigten 28°/ 0 , schwere Krümmungen
(130° und darunter) 44°/ 0 * Bezüglich des Lebensalters ergibt sich,
daß speziell schwere Verkrümmungen um so häufiger sind, je jünger
die Kinder zur Zeit der Operation waren. H. teilt die ihm zur Ver¬
fügung stehenden Fälle in zwei Gruppen: 1. vom dritten bis achten,
2. vom neunten bis 13. Lebensjahr. Bei der ersten Gruppe kommen
auf 48 Fälle 31 schwere Krümmungen = 64,6°/ 0 , bei der zweiten
Gruppe auf 59 Fälle 16 = 27,2°/ 0 . Geradgebliebene Beine gibt es
in Gruppe 1 nur 14,6 °/ 0 , in Gruppe 2 37,3 °/ 0 . Die Verkrümmung
beginnt entweder alsbald nach der Operation oder entwickelt sich
später und ganz allmählich. Zuweilen wirkt ein Trauma verschlim¬
mernd, wohl infolge Epiphysenlösung, wie in einem Falle sicher fest¬
gestellt wurde. Entweder entsteht die Knickung an der Stelle der
früheren Gelenkspalte oder es entwickelt sich eine bogenförmige Ver¬
krümmung am unteren Femurende. Die Tibia erwies sich im allge¬
meinen als unverändert (Röntgenbilder). Erstere Krümmung findet
sich bei frühzeitig auftretender Deformität, letztere in älteren Fällen,
wobei eine pathologische Plastizität des Knochens die Verbiegung
erleichtert, die indes wesentlich durch den Zug der Oberschenkel¬
flexoren verschuldet wird.
In therapeutischer Beziehung wendet H. die Osteotomie resp.
ein Verfahren ähnlich dem Helferich’schen bogenförmigen Resektions¬
schnitt an, und schlägt für geeignete Fälle die Epiphysiolyse vor,
um dann das Bein zu strecken. Prophylaktisch empfiehlt er außer
längerer Fixation des resezierten Gelenkes, die Wirkung der Beuge¬
muskulatur auszuschalten durch Tenotomie der Flexorensehnen und
Verlagerung ihrer Insertion an den Oberschenkel, um ihr Wiederver¬
wachsen mit der früheren Insertionsstelle zu verhindern. Eine
Transplantation der Beuger auf den Streckapparat sei für den Rese¬
zierten zwecklos. H. empfiehlt ein Verfahren bei Resezierten bis zum
achten Lebensjahr prinzipiell anzuwenden, bei älteren Kindern aber
abzuwarten, ob eine Verkrümmung eintritt. Vulpius (Heidelberg).
Hans Lorenz. Zur Frage der Wachstumsstörungen und Gelenks¬
deformitäten infolge von traumatischen Epiphysentrennungen.
(Wien. klin. Wochenschr. 1902 No. 51.)
L. berichtet aus der v. Eiselsberg’schen Klinik über zwei Fälle
von Wachstumsstörungen nach Epiphysenverletzungen.
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I. Referate.
191
Bei dem ersten 19jährigen Patienten, der als 6jähriges Kind
gefallen war und danach längere Zeit Schmerzen in der Gegend des
rechten Handgelenks gehabt hatte, ergab das Röntgenbild, daß es
sich seinerzeit um eine Epiphysenverletzung am unteren Radiusende
gehandelt hatte, ja man konnte noch nachweisen, daß der Sturz eine
Einkeilung des Diaphysenschaftes in die Epiphyse, eine ausgedehnte
Zermalmung des Schaltknorpels zur Folge gehabt haben mußte; denn
die Kontur der Corticalis des Diaphysenschaftes ließ sich deutlich
in die Epiphyse hinein verfolgen. Distal von dem Köpfchen der Ulna,
etwas palmar- und radialwärts verschoben, lag noch ein Knochenstück,
eine Scheibe, die nichts anderes sein konnte, als die abgebrochene,
im Wachstum zurückgebliebene und mit dem Ulnaschatt nur in syn-
desmotischer Verbindung stehende Epiphyse. Es war das Längen¬
wachstum der beiden Vorderarmknoehen und zwar namentlich dasjenige
des Radius in hohem Grade behindert worden, dasjenige der Ulna
wohl deshalb weniger, weil ihr Schaltknorpel durch das Trauma nicht
ebenso schwer geschädigt worden war wie jener des Radius. Bei dem
Kranken maß der rechte Radius 15 1 / 2 , fast 11 cm weniger als der
der anderen Seite, die rechte Ulna maß 22, die linke 28 cm. Die
Dicke der beiden Knochen war — abgesehen von den etwas verdickten
distalen Enden — an beiden Armen gleich, die Muskulatur beiderseits
ziemlich gleich gut entwickelt. Das distale Ende der Ulna hatte
sich auf den Handrücken vorgeschoben, während die Handwurzel¬
knochen mit dem verkürzten Radius in der normalen gelenkigen Ver¬
bindung geblieben waren.
In dem zweiten Fall bestand bei einem 34jährigen Tischler, der
in seinem 10. Lebensjahre eine Verletzung des linken Ellbogens
durch Sturz von einem Baum erlitten hatte, ein hochgradiger Cubitus
valgus. Bei gestrecktem Arm schloß die Oberarmachse mit der
Vorderarmachse einen nach außen offenen Winkel von 150° ein.
Der laterale Condylus stand bedeutend höher als der mediale, er er¬
schien im ganzen etwas klein und dabei plump und setzte sich, wenn
man die Außenseite des Oberarmes abtastete, gegen den Humerus¬
schaft mit einer auffallenden Stufe ab. Deutlich ließ er sich, wenn
auch nur in geringem Maße, von vorn nach hinten gegen den übrigen
Humerus verschieben. Die Furche zwischen Epicondylus internus
und Olecranon war verstrichen, der mediale Rand des Olecranon
berührte fast den freien Rand des medialen Epicondylus, der Nervus
ulnaris war dadurch aus seinem Bett herausgehoben und ganz ober¬
flächlich zu tasten. Die linke Hand ergab die typischen Befunde
einer Ulnarislähmung. Das Röntgenbild zeigte den abgebrochenen
Condylus externus und eine Pseudarthrose zwischen ihm und dem
Humerus. Dabei erwies sich der laterale Condylus um vieles kleiner,
er schien im Wachstum gehemmt oder ganz behindert gewesen zu
sein, was auch mit der Angabe des Patienten übereinstimmte, daß
der Cubitus valgus im Laufe der Jahre immer mehr zugenommen
habe. Die Ulnarislähmung hatte sich erst 10 Jahre nach der Ver¬
letzung eingestellt, das Röntgenbild zeigte noch eine sehr bemerkenswerte
Tatsache, Ulna und Radius sind verbogen, sie besitzen eine medial-
wärts gerichtete Konkavität, so daß dadurch der Cubitus valgus bis
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192
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
zu einem gewissen Grade kompensiert wird. Bestände diese Ver¬
biegung nicht, so wäre der Winkel, den Vorderarm- und Oberarmachse
einschließen, noch spitzer. Joachimsthal (Berlin).
M. Reiner. Über ein Operationsverfahren zur Beseitigung
hochgradiger Unterschenkelverkrümmungen.
(Aus Prof. Lorenz’ Ambulatorium in Wien.)
(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 49.)
R. hat bei 3 Kindern (6, 7 l / 2 , 10 Jahre alt), welche mit hoch¬
gradigen rachitischen Unterschenkelverkrümmungen behaftet waren,
mit bestem Erfolge ein neues kombiniertes, einzeitiges Verfahren zur
Anwendung gebracht, welches die eventuelle mehrfache lineare Osteo¬
tomie, die sich unmittelbar anschließende instrumentelle Extension
und endlich den Kontentivverband in Anwendung bringt und daher
folgende Vorteile bietet:
1. Die den Knochen verkürzende Keilresektion wird entbehrlich.
2. Die nachträgliche Gewichtsextension entfällt, da durch die
Überwindung der Widerstände die sofortige Stellungskorrektur mög¬
lich ist.
3. Der Pat. wurde durch den sofort angelegten Kontentivverband
aller Vorteile der mobilisierenden Behandlung teilhaftig. Grätzer.
Th. KÖlliker. Osteotomie und Osteoklase bei rachitischen
Deformitäten der unteren Extremität.
(Archiv f. klin. Chirurgie Bd. 69 Heft 1 u. 2 [Festschrift von Esmarch
gewidmet] S. 48.)
Wegen rachitischer Deformitäten der unteren Extremität wurde
in K.’s Klinik seit 1886 60mal operiert, und zwar wurde 47 mal die
Osteotomie und 13 mal die Osteoklase ausgeführt. Wegen Genu
valgum sind 32 Osteotomien und 4 Osteoklasen, wegen Kurvaturen
der Tibia im unteren Drittel 15 Osteotomien und 9 Osteoklasen vor¬
genommen. Bei Genu valgum wurde die Tibia 26 mal osteotomiert
bei 22 Kindern und 4 Erwachsenen. Von diesen Operationen waren
18 Keilosteotomien, acht lineare Osteotomien. Am Oberschenkel
führte K. die Osteotomie 6 mal aus bei 3 Erwachsenen und 3 Kindern.
3 mal handelte es sich um Keil-, 3 mal um lineäre Osteotomien. Bei
den rachitischen Kurvaturen der Tibia im unteren Drittel mit
vorderer äußerer oder vorderer Konvexität wurde stets die Keil¬
osteotomie gewählt. Sowohl bei der Behandlung des Genu valgum
als der Kurvaturen im unteren Drittel des Unterschenkels ist die
Operation die Ausnahme. Sie kommt nur in Frage bei den schweren
Deformitäten Erwachsener, bei Kindern, wenn die Erfolglosigkeit ein¬
facherer Behandlungsmethoden erwiesen und auch auf einen spontanen
Ausgleich der Deformität nicht mehr zu rechnen ist. Bei der Häufig¬
keit, mit der auch schwere rachitische Deformitäten sich in den
ersten Lebensjahren ausgleichen, wird vor dem fünften Lebensjahre
nur ganz ausnahmsweise zur operativen Behandlung geschritten.
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I. Referate.
193
Unter den 47 Osteotomien werden nur 2mal Störungen der
Wundheilung verzeichnet. In einem dieser Fälle wurde die proximale
Knochenfläche der Tibia nekrotisch, nach Art der sog. Nekrose der
Sägefläche.
Bei Kindern wird vor Ausführung der Osteotomie die Osteoklase
versucht, die entweder manuell oder mittels des Lorenz sehen
Redresseur-Osteoklasten geschieht. Joachimsthal (Berlin).
Dante Pacchioni. Beschreibung und Pathogenese der Ver¬
änderungen der chondralen Verknöcherung bei der Rachitis.
(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 57 Heft 1.)
Nachdem P. schon früher Untersuchungen über die wichtige
Rolle der Phosphorsäure bei der Knochenbildung angestellt hatte,
konnte er neuerdings mit der Reaktion von Monti und Lilienfeld
bei der Rachitis eine augenfällige Verminderung des Phosphorsäure¬
inhaltes des Knorpels beobachten. Die größere Intensität der Fär¬
bung in der Nähe der Gefäßgebiete beweist, daß die Phosphorsäure
des Knorpels direkt vom Blute herrührt. Die Zellen des rachitischen
Knorpels sind immer kleiner als jene des normalen, in Entwickelung
begriffenen Knorpels; ebenso sind auch die Zellkerne kleiner und
unregelmäßiger als im normalen Zustande. Er findet ferner eine
namhafte Abnahme des Gehaltes an Kalksalzen; und es beschränkt
sich bei der Rachitis der Kalkinhalt ausschließlich auf die Knochen.
Es fehlt jene dichte verkalkte Knorpelschichte, die im normalen Zu¬
stande den aktiven Knorpel vom Knochen trennt. An keinem Punkte
oder nur sehr selten sieht man — wie im normalen Zustande —
verkalkte Zellen; nur die Zellen, welche sich unmittelbar in der
Peripherie der Gefäßknoten befinden, weisen in ihrem Innern sicht¬
bare Kalkkörner auf.
P. nimmt an, daß die Veränderungen der chemischen Zusammen¬
setzung des Knorpels bei der Rachitis von einer Veränderung der
Zellfunktion abhängig sind, und es ist sehr wahrscheinlich, daß diese
Veränderung auf einer Abnahme ihrer metabolischen Aktivität beruht.
Diese Annahme wird von der Tatsache erhärtet, daß im rachitischen
Zustande die Knorpelzellen kleiner und mit einem kleineren, unregel¬
mäßigeren Kerne versehen sind, als im normalen Zustande. Durch
diese gestörte Aktivität kommt es, daß der rachitische Knorpel in
mehr oder weniger passiver Weise, wie ein untätiges Gewebe, das
Eindringen des Knochengewebes erleidet
Die pathologisch-anatomischen Veränderungen der Rachitis ver¬
danken ihre Entstehung nicht, wie mehrfach geglaubt wird, einem
Entzündungsprozesse des Knochens; der fundamentale Krankheits¬
prozeß sitzt vielmehr nicht im Knochen, sondern im Knorpel, eigent¬
lich im Protoplasma und im Kerne der Knorpelzellen.
Hecker (München).
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194
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
A. Epstein. Ein Schaukelsessel fiir kleine Rachitiker und
Schwächlinge.
(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 56 Heft 6.)
Der Sessel ist für rachitische und schwächliche Kinder im Alter
von ungefähr 1—3 Jahren geeignet, und hat zunächst den Zweck,
der Verschlimmerung oder Entstehung gewisser rachitischer Defor¬
mitäten, namentlich der Wirbelsäule, entgegenzuwirken; ferner die
Körperhaltung muskelschwacher Kinder zu bessern und überhaupt
die Muskeltätigkeit kleinerer Kinder anzuregen. Die Behandlung
rachitischer Verkrümmungen bei ganz kleinen Kindern ist ja eine
sehr mangelhafte. Die komplizierten Apparate, Korsetts, Gerade¬
halter, auch die Rauch fuß sehe Schwebe, ebenso die gymnastischen
Übungen sind nur für ältere Kinder. Bei den kleinen beschränken
wir uns damit, das Kind von Zeit zu Zeit auf den Schoß hinzulegen
und je nach der Art der Verkrümmung in der Bauch- oder Seiten¬
lage desselben durch ein entsprechendes Handauflegen ein Redresse¬
ment anzustreben; oder wir lassen das Kind abwechselnd auf beiden
Armen der Wärterin herumtragen, halten es möglichst viel in hori¬
zontaler Lage u. s. w. Letzteres, die permanente Rückenlage, hat
bei rachitischen Kindern auch Nachteile: Hemmung der geistigen
Entwicklung, Hemmung der Atmungsexcursionen und dadurch Be¬
förderung der Thoraxdeformität u. s. w., wobei nicht zu übersehen
ist, daß man sowohl gegen die Zunahme der Verkrümmung ankämpft,
aber für die aktive Aufrichtung der Wirbelsäule nichts leistet.
Dagegen wird gegen die Sitzlage nichts einzuwenden sein, wenn
nur dabei das Zusammensinken des Körpers vermieden wird und sie
wird umsomehr bevorzugt werden können, wenn durch ein mit dieser
Sitzlage verbundener Mechanismus eine Streckung der Wirbelsäule
und eine zweckentsprechende Tätigkeit des Muskelapparates bewirkt
wird.
Der Sessel ist ein auf einem Schlitten aufgeschraubter Stuhl,
ein Schaukelstuhl, dessen Dimensionen der Körpergröße kleiner Kinder
angepaßt sind. Das Wesentliche ist die verkehrte Sitzweise.
Das Kleine wird so hineingesetzt, daß das Gesicht der Lehne zu¬
gekehrt ist, die unteren Extremitäten werden durch die Zwischen¬
räume, welche sich zwischen Lehne und Sitzbrett befinden, hinaus¬
geleitet, so daß die Unterschenkel entweder frei herabhängen oder
die Füße sich an der hinteren Verbindungsstange, oder auch vom
Fußboden abstoßen können. Mit den vorgestreckten oberen Extremi¬
täten hält sich das Kind an den Seitenpfeilern der Lehne. Die
Kinder lernen bald zu schaukeln .und huldigen allmählich diesem
Sport mit großem Eifer. Vorne Überfallen wird durch die Lehne
selbst verhindert. Fallen nach rückwärts ist nicht möglich, weil der
Körper vermöge der Sitzlage auf der reklinierten Sitzplatte nach
vorne gravitiert und das Kind sich auch beim Schaukeln an der
Lehne mit den Händen hält.
Die Beobachtung des schaukelnden Kindes lehrt, daß schon das
Sitzen allein mit freiem Rücken, vorgestreckten Armen und auf einer
unnachgiebigen Unterlage das Kind zu einer strammeren Haltung
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I. Referate.
195
nötigt. Viel wesentlicher sind jedoch die Schaukelbewegungen des
Kindes, welche durch das Zusammenspiel der betreffenden Rücken-
und Extremitätenmuskulatur angeregt und unterhalten werden und
und bei welchen der Oberkörper auf der queren Hüftgelenksachse
sich gleichmäßig nach vorne und hinten bewegt. Ist das Schaukeln
recht im Gange, so wird die Haltung des Körpers noch militärischer.
Kopf hoch, Brust heraus, Rücken möglichst gestreckt, insoweit näm¬
lich die Verkrümmung nachgibt. So befolgt das Kind selbst unwill¬
kürlich den orthopädischen Grundsatz, daß der Kranke die normale
Form der Wirbelsäule zunächst durch die eigene Tätigkeit und
Muskelarbeit herzustellen habe. Einige angeführte Fälle demon¬
strieren die Besserung oder Heilung von Verkrümmungen.
Da diese gymnastische Tätigkeit auch einen sichtlich günstigen
Einfluß nicht nur auf den Appetit, das Allgemeinbefinden und das
Aussehen des Kindes, sondern auch auf das ganze Wesen und die
Laune des Kindes hat, so empfiehlt sich der Schaukelsessel überhaupt
bei kleinen Rachitikern zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr
(auch solchen ohne Verkrümmungen) ferner für nichtrachitische und
muskelschwache, für herabgekommene und rekonvaleszente Kinder und
schließlich auch für manche Kinder, die aus irgend einem anderen
Grunde nicht gehen können oder dürfen (gelähmte Kinder oder Kinder
mit Klumpfußverbänden). Zu beziehen von Gebrüder Thonet, Wien.
Hecker (München).
C. Escher. Zur Frage der angeborenen Rachitis.
(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 56 Heft 4.)
Die Frage, ob es eine intrauterin erworbene, bei der Geburt
noch floride echte Rachitis gibt, wird von verschiedenen Autoren
entschieden bejaht. Kassowitz fand z. B. unter 29 totgeborenen
oder bald nach der Geburt gestorbenen Kindern 26, d. h. 89,7 °/ 0
mit Rachitis behaftet. E. untersuchte 105 lebende Neugeborene und
25 Leichen (Früchte aus den letzten Schwangerschaftsmonaten, Neu¬
geborene und Kinder bis zum Alter von 4 Monaten) und kommt zu
einem vollständig negativen Resultat. Es konnte bei den ersten zwei
Gruppen weder makroskopisch, noch mikroskopisch und zwar am
Schädel, wie an den Rippen, an den Femurepiphysen ein Befund er¬
hoben werden, der erlaubt hätte, auch nur ein einziges Mal die be¬
stimmte Diagnose auf Rachitis zu stellen.
Die Verschiedenheit seiner Resultate gegenüber anderen Autoren
führt E. auf falsche Deutung der erhobenen Befunde seitens dieser
zurück. Hecker (München).
Maurice Ostheimer. A case of congenital rhachitis.
(Arcbives of Pediatrics, November 1902.)
Verf. berichtet über einen Fall von sogenannter „angeborener
Rachitis“ (Chondrodystrophia foetalis, Kaufmann).
Das 7 Monate alte, stark heruntergekommene Kind zeigte einen großen
viereckigen Schädel, mit ganz flachem Hinterkopf, tiefliegenden Augen und weit-
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
klaffender Fontanelle. Der Brustkorb war seitlich eingedrückt und bot einen
ausgeprägten Rosenkranz dar. Eine leichte Lordose des unteren Rückens trieb
den ohnehin großen Leib noch stärker hervor. Milz und Leber nicht vergrößert;
am Herzen keine Geräusche.
Sämtliche Extremitäten waren hochgradig verkrümmt; namentlich die Ober¬
schenkel beschrieben fast vollständige Halbkreise. An den oberen Extremitäten
waren sämtliche Epiphysen aufgetrieben. Diese Deformitäten traten schon früh¬
zeitig auf. Im Alter von 4 Monaten fiel das Mädchen etwa 5 cm tief, und brach
Oberschenkel, Oberarm und Unterarm der linken Seite. — Das Kind wurde im
Alter von 11 Monaten durch eine Pneumonie hingerafft.
Diese „foetale 44 Rachitis, von Parrot als Achondroplasia, von
Kaufmann als Chondrodystrophia bezeichnet, ist in den Vereinigten
Staaten nicht häufig. Merkwürdigerweise betrafen die bisherigen Be¬
richte meist Kinder von schottischen Eltern.
Leo Jacobi (New York).
Llligi Concetti. Die Phosphorbehandlung bei der Rachitis.
(Rivista di Clinica Pediatrica 1903 No. 1.)
Verf. bedient sich einer Lösung^ die er folgendermaßen herstellt:
0,1g Phosphor werden in 10—15 g Äther aufgelöst und diese Lösung
dann mit 25—30 g Mandelöl gemischt unter langsamer Erwärmung
im Wasserbad. Diese konzentrierte Lösung wird dann einem Liter
Lebertran zugesetzt und das Ganze in 100 g-Flaschen abgefüllt.
Verf. berichtet über zwölf Fälle, in denen er mit Anwendung der
Phosphortherapie günstige Erfolge erzielt hat. Finder (Berlin).
G. Edlefsen (Hamburg). Das Ammoniak in der Atmungsluft
und die Ätiologie der Rachitis.
(Deutsche Ärzte-Ztg. 1903 No. 1 u. 2).
E. geht noch einmal genauer auf die Frage ein, ob man zu
der Annahme berechtigt ist, daß der Verunreinigung der Luft mit
Ammoniakdämpfen wirklich die ihr von Kassowitz zugeschriebene
Bedeutung einer Rachitis erzeugenden Schädlichkeit zukommt. Nach
seiner Ansicht kommen da folgende Unterfragen in Betracht:
1. Kommt die ammoniakalische Zersetzung des Harns in den
Windeln oder Kindertüchern der noch nicht kontinenten Kinder
überhaupt so häufig vor, daß man ihr eine so wichtige Rolle in
der Rachitis beimessen darf?
2. Ist es wahrscheinlich, daß das Ammoniak in gröfserer Menge
aus der Atmungsluft in den Kreislauf gelangt?
3. Wenn diese Frage bejaht werden muß, ist es wahrscheinlich,
daß das in das Blut übergetretene Ammoniak den von Kassowitz
angenommenen schädigenden Einflufs auf die Gewebe übt, namentlich
„besonders reizend und entzündungserregend auf die Appositions¬
stellen der Knochen ein wirkt? 44
E. sucht nachzuweisen, daß diese Fragen verneint werden müssen
und damit Kassowitz’ Theorie fällt. Vielmehr spricht für seine
eigene „Infektionstheorie 44 , wenn auch sie nur als Notbehelf zu gelten
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I. Referate.
197
hat und einer sicheren Basis entbehrt. Die Ätiologie der Rachitis
bleibt vorläufig noch in Dunkel gehüllt, das erst durch weitere
Forschungen gelüftet werden dürfte. Grstzer.
Ad. Czerny. Über die Bedeutung des Turgordruckes der
Gewebe für das Kind im ersten Lebensjahre.
(Monatsschrift f. Kinderheilkunde, Oktober 1902.)
Die häufigste Ursache, weshalb Kinder mit florider Rachitis
dem Arzte zugefilhrt werden, ist die, daß sie in einem Alter nicht
sitzen, stehen oder gehen können, in welchem normalerweise diese
Fälligkeiten entwickelt sein müßten.
Was ist die Ursache? Schmerzen nur in den wenigen Fällen,
wo frische Frakturen oder Infraktionen bestehen, oder wo daneben
Barlowsche Krankheit vorliegt. Rachitische Veränderungen der
Knochen sind ebenfalls nicht als Ursache dieser Motilitätsstörungen
zu betrachten, ebenso nicht Veränderungen an Muskeln oder
Nerven. C. weist aber auf einen neuen Gesichtspunkt hin, der hier
in Betracht käme.
Beobachten wir eine Pflanze, welche kein festes Stützgerüst hat,
so sehen wir, daß dieselbe ihre natürliche Haltung und Stellung nur
solange bewahrt, als der Turgordruck ihrer Gewebszellen eine ganz
bestimmte Höhe hat. Sinkt der Turgordruck z. B. durch Wasser¬
mangel, so verliert die Pflanze das Vermögen, ihre äußere Con-
figuration aufrecht zu halten, und nach dem Gesetze der Schwere
sinken Blüten und Blätter herab. Nur wenn eine Pflanze ein festes
Stützgerüst erworben hat, bewahrt sie auch ihre Form und Stellung,
wenn der Turgordruck ihrer Gewebe sehr stark herabgesetzt wird.
Letztere ersetzt somit bei vielen Pflanzen vollständig das Stützgerüst.
Daß sich ein gleiches Verhältnis im Körper des Tieres nach weisen
läßt, hat zunächst Schaper durch Untersuchungen feststellen können.
Daß auch für das Kind in den ersten 2 Lebensjahren, ehe das
Skelett eine gewisse Stabilität erlangt hat, der Turgordruck der
Gewebe für die Haltung des Körpers und die motorischen
Funktionen von ausschlaggebender Bedeutung ist, zeigt schon
die klinische Beobachtung. Der gesunde und sich normal entwickelnde
Säugling weist eine hohe Resistenz des Körpergewebes auf. Letztere
kann jedoch sehr rasch verloren gehen oder auch von Anfang an
fehlen. Nicht selten wird der bis dahin derbe, pralle Körper rasch
welk und schlaff. Manchmal fühlt sich das Körpergewebe des Kindes
trotz anscheinend guter Gewichtszunahmen zu weich an. Gerade
diejenigen Kinder aber, die einen sehr hohen Gewebsturgor haben,
lernen sehr bald sitzen, stehen, gehen. Im Gegensatz hierzu findet
man kaum ein Kind, bei welchem im entsprechenden Alter diese
Fähigkeiten noch fehlen, oder, wenn sie bereits vorhanden waren,
wieder verloren gegangen sind, bei denen man nicht gleichzeitig den
Gewebsturgor als stark herabgesetzt konstatieren kann. Diese Herab¬
setzung hat aber, wie die Beobachtung lehrt, nur bis zum dritten
Cfntralbl. f. Kind.rtUkde. VIII. Digitized by G©Og[e
198
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
Lebensjahre Bedeutung; sobald die Verknöcherung des Skeletts eine
gewisse Vollendung erreicht hat, verliert sie an Bedeutung.
Die Auffassung, daß der Gewebsturgor für die motorischen
Funktionen des Kindes ausschlaggebend ist, ist im stände, die Be¬
ziehungen der Motilitätsstörungen der Kinder zur Rachitis, zu den
Ernährungsstörungen und anderen Erkrankungen zu klären. Das
Verhalten des Turgors hängt in der ersten Lebenszeit wesentlich
davon ab, in welchem Zustand ein Kind geboren wurde. Dann spielt
die Ernährung eine große Rolle; wenn bei ihr der Turgor ein zu
geringer bleibt, ist sie für den bestimmten Fall als unzweckmäßig
anzusehen, selbst wenn es sich um Frauenmilch handelt.
Die Erkenntnis, daß eine Änderung des Gewebsturgors un¬
abhängig von den Vorgängen an den Knochen die motorischen
Funktionen beeinflußt, muß uns bestimmen, die Motilitätsstörungen
rachitischer Kinder von der Rachitis selbst abzusondern, unter
letzteren Bezeichnungen eben bloß die Knochenveränderungen zu¬
sammenzufassen. Das ist auch für die Beurteilung therapeutischer
Erfolge wichtig. Wenn ein rachitisches Kind nicht stehen und gehen
kann und dies nach Durchführung irgend eines therapeutischen
Regimes erlernt, so ist dies keineswegs als günstige Beeinflussung
des rachitischen Prozesses anzusehen, indem dabei die Erscheinungen
am Knochensystem oft gänzlich unbeeinflußt bleiben. Man wird
künftig vielmehr beiMotilitätsstörungen rachitischer Kinder
auf die Beobachtung des Gewebsturgors das Hauptgewicht
zu legen haben. Grfttzer.
Charles Herrman. A case of Achondroplasia (Micromelia).
(Archives of Pediatrics, Januar 1903.)
Diese Affektion trägt verschiedene Bezeichnungen: Achondroplasia,
Chondrodystrophia foetalis und Mikromelie. Letztere scheint dem
Zustand am besten zu entsprechen, da es sich in erster Linie um
ein gehemmtes Wachstum der Extremitäten handelt
Herrman beschreibt einen 15jährigen Knaben, der von ge¬
sunden Eltern abstammt. Er wurde ohne Schwierigkeit geboren und
nach den ersten 2 Wochen künstlich genährt. Im Alter von 10 Mo¬
naten fielen der Mutter sein großer Kopf und die kurzen Extremi¬
täten auf. Mit 9 Monaten erschien der erste Zahn. Sitzen konnte
das Kind nicht vor 5 Jahren, und mit 7 Jahren fing es an zu gehen
und gut zu sprechen.
Gegenwärtig zeigt der Knabe einen relativ großen Kopf und auf¬
fallend kurze Extremitäten, bei nahezu normalem Körper. Er wiegt
60 Pfand, und seine Höhe entspricht dem Alter von 7 Jahren; der
Körper allein ist so groß wie normalerweise im Alter von 13 Jahren;
die Extremitäten haben die Länge eines 5 jährigen Alters.
Geistig ist der Junge im allgemeinen ziemlich zurückgeblieben,
obwohl sein Gedächtnis für einige Einzelheiten große Schärfe zeigt.
Zeichen von Rachitis, mit welcher diese Affektion recht häufig
verwechselt wird, fehlen vollständig.
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I. Referate.
199
Am Körper ist der Tiefstand beider Schultern und die ausgeprägte
Lordose in der Lumbalregion zu bemerken. Die oberen Extremitäten
sind sehr kurz; während normalerweise die Finger bis zur Mitte des
Oberschenkels reichen, gehen sie hier nur bis zum Trochanter major.
Fernerhin ist der Oberarm kürzer als der Unterarm, wieder zum
Unterschied von der Norm. Die Hände sind groß im Verhältnis zum
ganzen Arm, obschon etwas kleiner als normalerweise; die Finger
sind von nahezu gleicher Länge und divergieren in der Art eines
Dreizacks.
Die kurzen und muskulösen Beine sind stark gebogen, infolge
einer eigentümlichen Artikulation im Knie, die merkwürdigerweise
den Bau eines Dachshundbeines wiederholt.
Bis jetzt sind wir über die genauere Pathologie der Mikromelie
wenig unterrichtet. Die Schilddrüse wurde stets normal befunden,
was auch den therapeutischen Mißerfolg der Thyreoid. extracts ä
priori wahrscheinlich macht.
Ein Versuch, die Säbelbeine durch operatives Eingreifen zu
beseitigen, führte ebenfalls zu keinem günstigen Resultat.
Leo Jacobi (New York).
Vargas (Barcelona). Die Achondroplasie.
(Monatsschrift f. Kinderheilkunde, November 1902 .)
V. bringt zunächst zur Kenntnis einen Fall von Achondroplasie
oder Chondrodistrophia hypoplastica, der alle deutlichen Cha¬
raktere dieser Affektion, aber auch nur diese in sich vereinigt und
dadurch ganz besonders dazu dienen kann, diese Krankheitsspezies
zu begründen und sie von den anderen derselben Gruppe abzutrennen.
Pat. war sicher nicht behaftet mit Rachitis congenita (weder am
Schädel, noch am Gesichte rachitische Knochenveränderungen!), auch
nicht mit Kretinismus (die Zunge erschien normal klein, das Gesicht
intelligent), nicht mit Osteopsatyrosis (trotz kräftiger Manipulationen
an den Knochen keine Frakturen). Die radioskopische Untersuchung
der Knochen zeigte die Kürze und Dicke derselben und das Fehlen
der Epiphyse wegen unterbliebener enchondrischer Ossifikation. Das
ist Achondroplasie, unterdrücktes Längenwachstum der langen Knochen
wegen mangelnder Ossifikation in den Epiphysenwurzeln während des
Fötallebens, bei normaler Beschaffenheit von Kopf, Brust und Bauch,
samt den darin eingeschlossenen Eingeweiden.
Verf. bringt die genaue Krankengeschichte und den Untersuchungs¬
befund des Falles (mit acht vortrefflichen Illustrationen), läßt sich
dann aus über die Geschichte und Häufigkeit der Affektion (Angabe
aller bisherigen Beobachtungen!), über deren Ätiologie (noch nicht
bekannt!), Symptomatologie, Pathogenese (der genaue Mechanismus
ist noch dunkel!), Diagnose (auch Verhältnis zum Myxödem), Verlauf
und Prognose (der Prozeß erlaubt, ein höheres Lebensalter zu er¬
reichen und alle Funktionen von Schwangerschaft und Mutterpflichten
zu erfüllen), endlich über die Therapie (die in Bezug auf das eigent¬
liche Leiden völlig negativ ist und höchstens orthopädische Ma߬
nahmen erheischt). Gr ätz er.
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200
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
Fr. Pineles. Über Thyreoaplasie (congenitales Myxödem)
und infantiles Myxödem.
(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 48.)
Es herrschte in der Bezeichnung und Scheidung der verschiedenen
Krankheitstypen des Myxödems bisher große Verwirrung. In einem
gelegentlich der Karlsbader Naturforscherversammlung gehaltenen
Vortrage bemühte sich P. die Beziehungen der einzelnen Krankheits¬
bilder zueinander zu sichten. Er kam zu dem Resultat, daß
3 Affektionen auseinanderzuhalten sind: Das auf einem an¬
geborenen Defekt der Schilddrüse beruhende, also eine Entwicklungs¬
anomalie darstellende kongenitale Myxödem, das er „Thyreoa¬
plasie“ nennt, dann das infantile Myxödem und der endemische
Kretinismus. Eine Zusammenstellung der wichtigsten Unter¬
scheidungsmerkmale dieser drei Erkankungen zeigt folgendes Bild:
Thyreoaplasie (kongenitales
Myxödem).
( Chronischer Alkoholismus, Tuber¬
kulose u. neuropath. Belastung
in der Aszendenz. Manchmal
Konsanguinität
Infantiles
Myxödem.
Die dem idiopath.
Myxödem der
Erwachsenen zu¬
kommenden
fttioL Faktoren. (?)
Pathol.
Ver¬
halten
der
Schild¬
drüse:
Klin.
Krank¬
heits¬
bild:
Mißbildung im Sinne einer Schild-
drüsenagenesie.
Schweres Myxödem und hoch¬
gradige Wachstumsstörung.
Atrophie der
Schilddrüse.
Meist leichtere
Formen.
Krank¬
heits¬
verlauf:
Deutliches Auftreten der ersten
klinischen Erscheinungen in der
zweiten Hälfte der ersten Lebens¬
jahres oder später.
Ge¬
schlecht:
Verbrei¬
tung:
{
{
Starkes Überwiegen des weiblichen
Geschlechtes.
In allen Ländern.
Auftreten der
ersten Erschei¬
nungen vom
sechsten Lebens¬
jahre an.
Deutliches Über¬
wiegen des weibL
Geschlechtes.
Hauptsächlich in
Großbritannien
und Belgien.
Endemischer
Kretinismus.
Eine unbekannte
infektiöse Schäd¬
lichkeit.
Strumöse Ent¬
artung der Schild¬
drüse, manchmal
Atrophie.
Schwerere und
leichtere Formen.
Auftreten der
ersten Erschei¬
nungen in den
ersten Lebens¬
jahren.
Leichtes Über¬
wiegen des männL
Geschlechtes.
In Kropf- u. Kre¬
tinengegenden.
Grätzer.
Rocaz und Cruchet. Kongenitales Myxödem; Stomatitis pseudo-
membranacea mit Colibazillen; Bronchopneumonie; Tod;
Autopsie.
(Archives de m6d. des enfants 1903 No. 2.)
Es handelte sich um ein 2 J / 2 jähriges Mädchen, welches alle
klassischen Zeichen des Myxödems darbot: der Kopf groß, auf kurzem
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L Referate.
201
Halse aufsitzend, sehr großer Bauch, kurze Extremitäten, gedunsenes
Gesicht, kleine Augen mit dicken, gleichsam ödematösen Lidern;
flache Nase, dicke Lippen, stark hypertrophische Zunge, die es aus vdem
immer geöffneten Munde heraussteckte; die Haare dick, brüchige die
Zähne klein, die Fontanelle nicht geschlossen. Vollständiges Fehlen
der Intelligenz. Temperatur immer subnormal, zwischen 35,2° und
35,8° abends, doch wurden auch Temperaturen von 34° und 84,5°
beobachtet.
Während des Aufenthaltes im Krankenhause bekam die Kranke
eine schwere Gastroenteritis und kurz darauf eine Stomatitis, be¬
stehend in gelblichen Pseudomembranen an den Lippen und dem
vorderen Teil der Zunge; bakteriologisch wurde die colibazilläre Natur
derselben erwiesen und sind die Verff. der Ansicht, daß es sich um
eine Infektion der Mundschleimhaut durch die Exkremente handele,
da das Kind die damit beschmutzten Tücher oft zum Munde führte.
Endlich trat eine Bronchopneumonie auf, welcher Pat. erlag.
Die vorgenommene Nekropsie ergab das vollständige Fehlen der
Glandula thyreoldea, an deren Stelle vier kleine lymphatische Knoten
gefunden wurden. Die Haut zeigte eine bedeutende Verdickung des
Malpighischen Stratums, des Dermas und des Bindegewebes. Ähn¬
liche epitheliale Hypertrophien bot die Zunge, an welcher namentlich
die Papillae fungiformes stark verdickt waren. Das Skelett zeigte
eine erhebliche Verspätung der Ossifikation, während die mikro¬
skopische Untersuchung der Muskeln, dieselben als ganz normal erwies.
E. Toff (Braila).
L. Fürst (Berlin). Klinisches und Therapeutisches über die
anämische Form der Rachitis.
(Der Kinderarzt 1902 No. 11.)
F. gab solchen Kindern mit bestem Erfolg Syrup. Calcii Ferro-
phospholactici (Freund), welches sehr bekömmlich und resorptions¬
fähig ist, eine Vermehrung des Hämoglobingehaltes und schnellere
Umwandelung der Knorpel- bezw. Osteoiden in Knochenzellen bewirkt.
Grätzer.
S. Middelton. Two infants with great Enlargement of the
Spleen and Anämia.
(The Glasgow med. Journ., Oktober S. 289.)
Der erste Fall betrifft einen 15 Monate alten Knaben mit mäßiger
Rachitis und ausgesprochener Anämie. Die Milz ragte bis zum Nabel
abwärts, die Leber war nur eben fühlbar. 60°/ o Hämoglobin, Zahl
der roten Blutkörperchen 76°/. des Normalen, Temperatur normal.
In dem zweiten Fall waren bei dem 21 Monate alten Mädchen stärkere
Zeichen von Rachitis vorhanden. Die Milz reichte bis zur Spina
iliaca nach abwärts; die Leber war fühlbar. Die Blutuntersuchung
ergab keine Vermehrung der Leukocyten, dagegen eine Poikilocytose
und kernhaltige rote Blutkörperchen. Während der Behandlung mit
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202
Centralblatt flir Kinderheilkunde. No. 5.
Arsen stellt sich in diesem Fall Fieber ein. M. glaubt nicht, daß die
Vergrößerung der Milz, sowie die Anämie mit der Rachitis zusammen¬
hinge, sondern daß es sich in beiden Fälle um eine Anämia splenica
handelte. Schreiber (Göttingen).
Cima. Beitrag zum Studium der histologischen Veränderungen
der Milz bei der infektiösen Anämia splenica der Kinder.
(La Pediatria Nr. 10 1902.)
Die Untersuchungen betreffen zwei Fälle. In dem einen über¬
wiegt die Hyperplasie des Bindegewebes; in dem anderen ist dieselbe
zwar auch vorhanden, jedoch tritt besonders hervor eine Infiltration
der lymphatischen Elemente der Malpighisehen Follikel. Finder.
Isaac A. Abt Spontaneous Hämorrhages in New-bom Children.
(Journal of the American Medical Association, den 31. Januar 1903.)
A. teilt 13 Originalfälle von spontanen Blutungen bei Neu¬
geborenen mit. Am häufigsten blutete in seiner Casuistik der Mund
7mal; 5mal kam das Blut aus dem Darm; die Nase blutete 4mal,
der Nabel 3mal; in den übrigen Fällen kam das Blut vom Magen,
vom Ohre ; aus der Vagina, oder es fand ein subkutaner Erguß statt.
In der Ätiologie spielt die Sepsis eine bedeutende Rolle. Thera¬
peutisch erwiesen sich sämtliche landläufige innerliche Mittel, wie
Sekale, Eisenchlorid, Nebennierenextrakt u. s. w., als völlig nutzlos.
Auch von der lokalen Anwendung dieser blutstillenden Mittel ist
nicht viel Gutes zu erwarten. Dagegen empfiehlt sich der örtliche
und innerliche Gebrauch von Gelatine. Eine lOprocentige Lösung
in physiologischer Kochsalzflüssigkeit kann lokal appliziert werden.
Auf sorgfältige Sterilisierung der Gelatine ist peinlichst zu achten.
Die subkutane Einverleibung von Gelatine bringt leider so zahlreiche
Gefahren mit sich, daß man sie mit großem Mißtrauen ansehen muß.
Leo Jacobi (New York).
Eugene Füller. A New Use for Thyroid Extract u. s. w.
(Medical News, den 28. Februar 1903.)
F. hat einen 15jährigen Bluter mit Schilddrüsenextrakt behandelt
und einen eklatanten Erfolg damit erzielt. Der Junge gehörte zu
einer typischen Bluterfamilie; vier seiner Onkel und zwei Brüder
bluteten zu Tode bei der Beschneidung. Der Knabe selbst litt an
hartnäckiger Hämaturie und zeigte geschwollene Gelenke; daneben
Anämie und starke Abmagerung. Versuchsweise wurde ihm Schild¬
drüsenextrakt inDosen von 0,3 3 mal täglich verordnet, mit schlagender
Wirkung. Schon nach einigen Gaben hörte die Blutung auf und
kehrte seit der Zeit (9 Monate sind bereits verflossen) nicht wieder.
Ein zweiter Fall betraf einen 55jährigen Nephritiker, der eben¬
falls Hämaturie bekam. Die Blutung stammte aus der Prostata und
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L Referate.
208
wurde durch Cystotomie nebst Drainage vergebens behandelt, um
auf die Verordnung von Schilddrüsenextrakt, 3 mal täglich 0,8, rasch
und völlig aufzuhören. Leo Jacobi (New York).
Zuppinger. Über subkutane Gelatineinjektionen im Kindesalter.
(Wiener klin. Wochenschrift 1902 No. 52.)
8jähriger Knabe mit Skorbut und schweren Blutungen aus Mund
und Nase. Trotz aller Therapie enorme Blutverluste. Injektion von
40 ccm einer 2 °/ 0 igen selbstbereiteten Gelatinelösung. Nach kurzer Zeit
kein Tropfen Blut mehr, Pat. erholte sich vollständig. — lOjähriges
Mädchen mit gleichem Krankheitsbilde; Versagen jeglicher Therapie.
Injektion von 20 ccm einer 1 °/ 0 igen Gelatinelösung. Promptes
Sistieren der Blutungen, die sich allerdings nach einigen Stunden in
schwächerem Grade wieder zeigten (zu schwache Gelatinelösung!), um
dann endgültig auszubleiben. — lOjähriges Mädchen mit schwerer
Purpura haemorrhagica. Heftige Blutung aus einer Zahnextraktions¬
wunde, die trotz wiederholter sorgfältigster Tamponade mit den besten
Stypticis nicht sistiert. Nach Injektion von 10 ccm einer 5 °/ 0 igen
Gelatinelösung prompter Effekt
In verschiedenen leichteren Fällen wurde die Gelatine in 5- bis
10 °/ 0 igen Lösungen intern mit bestem Erfolge angewandt.
Grfitzer.
E. Oswald. Zur Gelatinebehandlung bei Melaena neonatorum.
(Aus dem Frauenspital Basel-Stadt.)
(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 47.)
Beschreibung von 5 Fällen, von denen nur einer (frühreifes Kind
von 1750 g, das auch ohne Melaena hätte zu Grunde gehen können)
letal verlief, die anderen vier gerettet wurden. Von diesen vier
wurden aber nur zwei mit Gelatine behandelt; die anderen zwei im
wesentlichen exspektativ behandelten heilten aber ebenso glatt ab.
Das beweist wieder, wie vorsichtig man in der Kritik therapeutischer
Maßnahmen sein muß. Allerdings hatte man bei dem einen Falle
den „Eindruck“, daß Gelatine lebensrettend wirkte, und sollte man
in schweren Fällen gewiß stets diese Behandlung einschlagen, von
der freilich erst weitere Beobachtungen lehren müssen, ob sie wirklich
von Nutzen ist. Grfitzer.
C. Bolle. Zur Therapie der Barlowsehen Krankheit
(Zeitschrift für diätetische und physikalische Therapie Bd. 6 Heft 6.)
Im Anschluß an einen von ihm ## beobachteten und innerhalb
17 Tagen durch zweckentsprechende Änderung der Diät geheilten
Fälle von Barlowscher Krankheit, äußert sich Verf. über Ätiologie
und Therapie dieser seit etwas länger als einem Jahrzehnt häufiger
zur Beobachtung kommenden Krankheit ganz in dem Sinne, wie es
von seiten anderer Autoren und auch von dem Kef. (von letzterem
unter dem ersten Eindruck der ihm im Jahre 1892 aufstoßenden
Fälle) geschah.
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&\J*± VUUIlAOlUAObt 1U& AJLiUU\>l UUUA.UUUV« XIV* V.
B. glaubt für die Entstehung der Barlow sehen Krankheit aus¬
schließlich eine zu lange Sterilisation der Milch (daneben käme wohl
auch übertriebene Künstelei in der Ernährung überhaupt, namentlich
im ersten Lebensjahre in Betracht! Ref.) verantwortlich machen zu
müssen und sieht in einer Ernährungsweise, in der rohe Milch die
Hauptrolle spielt, das beste Mittel zu schneller und sicherer Heilung.
Auch in dem von ihm beschriebenen Falle trat bei dem
2 1 / 2 jährigen Kinde einer gut situierten Familie, das mit 15 Minuten
jeweils sterilisierter Milch und dazwischen mit den verschiedensten
Nährpräparaten ständig weiter aufgefüttert wurde, und das neben
rachitischen Erscheinungen die charakteristischen Symptome von
schmerzhaften Knochenauftreibungen an den Gelenkepiphysen, Schmerz¬
haftigkeit der Rippenbögen bei der leisesten Berührung und blutige
Suggillationen der Mundschleimhaut zeigte, in der erwähnten Frist
nach Verabreichung von roher Milch und der Gewöhnung an reich¬
lichen Gemüsegenuß eine derartige Besserung ein, daß das Kind bei
ausgezeichnetem Appetit und vollem Wohlbefinden umherlief.
Verf. schlägt in durchaus zweckmäßiger Weise vor, die Kinder¬
milch nur zu pasteurisieren, statt zu sterilisieren, bei Erkrankungen
an Barlowscher Krankheit im Säuglingsalter mit der bisherigen
Ernährung zu brechen und rohe Milch zu verabfolgen.
Schon früher von B. angestellte Fütterungsversuche hatten zur
Evidenz ergeben, daß auch mit sterilisierter Milch ernährte Meer¬
schweinchen unweigerlich an Barlo wscher Krankheit zu Grunde gehen,
während die Kontrolliere gesund blieben. Eschle (Sinsheim).
C. Nicolai. Een zeldzame vorm van Morbus Barlowii.
(Nederlandsch Tijdschrift voor Geneeskunde 1902 II No. 14.)
9 Monate altes Kind mit plötzlich aufgetretener Protusion des
linken Auges, wegen Blutung hinter dem Bulbus. Ekchymosen der
Augenlider. Lähmung des Ramus ophthalmicus Nervi trigemini.
Auflockerung und dunkelblaurote Färbung des Zahnfleisches, besonders
an den Stellen, wo die oberen und unteren Schneidezähne durch¬
gebrochen sind.
Verf. teilt den Fall mit, weil der Exophthalmus nur sehr selten
als erstes Symptom eines Morbus Barlowii beobachtet ist. Thera¬
peutisch hatte Diätwechselung die glänzendsten Resultate zur Folge.
Diese therapeutischen Erfolge bestätigen die Diagnose.
Plantenga (Haag).
E. Hagenbach-Burckhardt. Die Barlowsche Krankheit in
der Schweiz.
(Correspondenz-Blatt f. Schweizer Ärzte 1902 No. 24).
Mitteilungen über Barlowsche Krankheit in der Schweiz fand
H. im ganzen nur 4, die zusammen über 7 Fälle berichten. Wenn
auch die Zahl der Beobachtungen in Wirklichkeit etwas größer sein
wird, so steht doch fest, daß die Krankheit in der Schweiz selten
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I. Referate.
205
ist. Das ist eigentlich zu verwundern, da gerade in der Schweiz
die Verabreichung von sterilisierter und sogar vielfach zu stark, zu
lange und zu häufig gekochter Milch allgemein gebräuchlich ist.
Man sieht daraus, daß die ätiologische Seite noch sehr der Auf¬
klärung bedarf.
Im Kinderspital Basel hat H. jetzt den ersten Fall von Barlow-
8cher Krankheit beobachtet. Es handelte sich um ein 11 Monate
altes, 3 Wochen mit Muttermilch, dann mit sterilisierter Milch und
Hafermehl ernährtes Kind, das die charakteristischen Symptome des
Leidens darbot. Bemerkenswert wäre das anhaltende, in der ersten
Zeit recht hohe Fieber, welches die Affektion unter dem Bilde einer
schweren Infektion oder Intoxikation erscheinen ließ. Grätzer.
L. Wrede (Pathol. Institut Güttingen). Über Pseudo¬
tuberkulosebazillen beim Menschen.
(Beitr. zur pathol. Anatomie und zur allgemeinen Pathologie, Bd. XXXII Heft 8.)
Ein Achtmonatskind einer gesunden Erstgebärenden, die nur am
dritten und vierten Wochenbettstage Abendtemperaturen von 38,1°
und 76 bezw. 72 Pulse bei übelriechendem Ausflusse hatte, sonst
aber ein normales Wochenbett durchmachte, starb 36 Stunden nach
der Geburt. Die Autopsie ergab neben einigen anderen Befunden:
am weichen Gaumen, an Mandeln, Vorder- und Hinterfläche des
Kehldeckels und im Verlauf der ganzen Speiseröhre eine ätißerst
reiche, an submiliare Tuberkel erinnernde Knötchenbildung. Ganz
gleiche Knötchen in beiden Nebennieren und im unteren Ileum und
im Colon, besonders im Coecum. Ferner war die Leber durchsetzt
von äußerst zahlreichen, kleinsten, hellen Knötchen. Die Knötchen
erwiesen sich mikroskopisch nicht so scharf abgegrenzt wie der
Tuberkel, auch fehlten typische epitheloide und Riesenzellen. Die
Knötchen der Leber lagen nicht wie bei der akuten Miliartuberkulose
in der Glissonschen Kapsel, sondern ganz unregelmäßig bald im
zentralen, bald im intermediären, bald im peripheren Abschnitt der
Leberläppchen. In sämtlichen Knötchen nun fanden sich statt der
erwarteten säurefesten, Koch sehen Tuberkelbazillen kurze, plumpe
Stäbchen mit abgerundeten Ecken von 0,5—1,5 fi Länge, die nicht
säurefest waren. Meist waren die Stäbchen zu zweit gelagert, oft
waren dichte Haufen zu sehen, nicht selten auch Ketten. — Aus
den Knötchen der Leber wurde eine Aussaat auf verschiedene Nähr¬
böden gemacht. Mit den gezüchteten Reinkulturen wurden Tier¬
versuche angestellt, und zwar an Mäusen, Meerschweinchen und
Kaninchen. Sehr auffällig war nun, daß man bei den größtenteils
schon nach 2 — 5 Tagen zugrunde gegangenen Tieren auch haupt¬
sächlich nur in Leber und Nebennieren kleine Knötchen fand, die
vollkommen den oben beschriebenen glichen und die gleichen Bazillen
enthielten. Den Darmtraktus wie beim Kind zu affizieren, gelang
nicht durch die darauf gerichteten Fütterungsversuche. Der von
Wrede gefundene Pseudotuberkulosebazillus ist nach Verf. Ansicht
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
mit keinem der bisher beschriebenen vollständig zu identifizieren. — Die
Infektion des Kindes ist wahrscheinlich durch bazillenhaltiges Sekret
der Geburtswege erfolgt. Schridde (Erlangen).
R. Oehler (Frankfurt a. M.). Über Tuberkulose-Infektion.
(Allgem. med, Central-Ztg. 1903 No. 5.)
Verf. hat durch Nachforschungen an zahlreichem Krankenmaterial
die gefestigte Überzeugung bekommen, daß das Zusammenleben mit
Schwindsüchtigen besonders für Kinder eine schwere Gefahr bedeutet,
und daß es namentlich die schleichend verlaufenden Tuberkulosen
älterer Erwachsener, leichte, ambulante Fälle sind, welche die
Infektionsquelle für Kinder abgeben. Grätzer.
K. Preisich und A. Schütz. Die Infektion mit Tuberkulose
im Kindesalter und deren Bekämpfung.
(Aus dem Stefanie-Kinderhospital zu Budapest.)
(Zeitschrift f. Tuberkulose und Heilstätten wesen Bd. 3 Heft 6.)
Die Verff. stehen unbedingt auf dem Boden einer Anschauung,
deren Hochflut sich heute doch wohl schon etwas zu verlaufen beginnt,
wenn sie gegenüber der bakteriellen Übertragbarkeit der Tuberkulose
die Disposition als eine quantitö nögligeable betrachten. So vollständig
ihnen zuzustimmen ist, daß bei der Bekämpfung der Tuberkulose
der Schwerpunkt auf die Beschützung der Kinder zu legen ist, so
dürften doch andererseits die Mittel und Wege, die sie für die Er¬
reichung dieses Zieles im Auge haben, ebenso wenig uneingeschränkten
Beifall finden, wie sogar diejenigen Gesichtspunkte, unter denen sie
selbst Maßnahmen von unzweifelhaftem Wert verlangen. Bedauerlich
erscheint es eben, daß den Grundsätzen der wahren Hygiene gegen¬
über, die auf Verbesserungen der Existenzbedingungen durch Sorge
für Licht, Luft, reichliche und kräftige Nahrung, vernunftgemäße
Abwechslung zwischen Tätigkeit und Ruhe dringt, die Forderung
weitgehender Desinfektions-, Isolierungs- und die Volksseele bevor¬
mundender, ja vergewaltigender Polizeimaßregeln in den Vorder¬
grund gerückt werden, auf deren inhumane und antisoziale Konse¬
quenzen Rosenbach 1 ) neuerdings ebenso mutig, wie drastisch hin¬
gewiesen hat.
Den Grund der Häufigkeit der Tuberkulose im Kindesalter auf
eine erhöhte Empfänglichkeit des Kindes zurückzuführen, ist nach
der Ansicht der Autoren nicht statthaft, wenn sie auch zugeben,
daß nach dem 5.—6. Lebensjahre, zu Beginn des Schulganges, die
Gefahr einer tuberkulösen Infektion abnimmt. Der Zimmerschmutz
mit seinem Gehalt an Tuberkelbazillen ist ihrer Auffassung nach
nämlich die hauptsächlichste Quelle der Ansteckung, gegen die andere
Schädlichkeiten, ja auch andere Arten von Schmutz wenig in Betracht
zu kommen scheinen: Die bakteriellen Verunreinigungen des Zimmer¬
bodens werden bei Bewegung und beim Spielen. der Kinder als Staub
*) 0. Boseubach, Arzt contra Bakteriologe. Urban & Schwarzenberg.
Berlin 1903 278 S.
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I. Referate.
207
aufgewirbelt und inhaliert; mit ihnen verunreinigt das Kind seine
Nahrung, sein Spielzeug, seine Hände und namentlich auch die Finger¬
nägel, die so zu äußerst gefährlichen Impfinstrumenten werden.
Fanden dieVerff. doch bei 21,2 °/ 0 der untersuchten Kinder Tuberkel¬
bazillen im Nagelschmutz. Die Schulzeit scheint denselben allem
Anscheine nach darum eine neue gesundheitliche Epoche ein¬
zuleiten, weil der Aufenthalt in der Bazillenatmosphäre der elter¬
lichen Wohnung und die Kinderspiele auf dem gefährlichen Boden
derselben nun eine Einschränkung erlitten haben. Wie herrlich
müssen da die hygienischen Verhältnisse der Schulen Ungarns sein,
wenn man dort solche Gegensätze konstruieren darf!
Dadurch daß man, wie heute so häufig, der bloßen Infektions¬
möglichkeit die Rolle einer Infektionsnotwendigkeit zuschiebt,
glaubt man natürlich der definitiven Lösung des schwierigen Problems
keinen Abbruch zu tun. Eine selbständige Auffassungsweise gegen¬
über der Autorität Kochs bekunden P. und Sch. dadurch — wenn
hierzu auch heute nicht mehr ein seltener Mut gehört — daß sie
jenem in der Frage der Unübertragbarkeit der Rindertuberkulose
auf den Menschen die Gefolgschaft verweigern. Im Gegenteil bildet
in ihren Augen die Rindertuberkulose ein weiteres (wenn auch in
Anbetracht der ausgiebigen Schlachthauskontrolle und der Einbürgerung
der Gewohnheit, die Milch gründlich zu kochen praktisch wenig in
Betracht kommendes) Infektionsmoment. Ein solches ersten Ranges
demgegenüber und für den Säugling im ersten Lebensjahr (der noch
nicht auf dem schmutzigen Zimmerboden spielen kann!) fast aus¬
schließlich in Betracht kommendes Moment sind natürlich die Personen
zu schaffen berufen, die sich mit dem Kinde und seiner Pflege be¬
schäftigen. Einer Mutter, die an offener Tuberkulose der Drüsen
oder Knochen leidet, soll deshalb nicht nur das Säugen, sondern jede
Berührung mit ihrem Kinde untersagt werden müssen: dieses ist bei
gesunden Verwandten, Freunden oder speziellen Instituten (Findel¬
häusern u. 8. w.) unterzubringen. Wenn der Verkehr mit dem tuber¬
kulösen Vater oder anderen Angehörigen als leichter vermeidbar nach
P. und Sch. keine strengeren Maßnahmen erfordern dürfte, so
wäre doch für die Dienstboten eine obligatorische Kontrolle bezüglich
aller akuten und chronischen Krankheiten durchaus in ihrem Sinne,
während betreffend der Ammen und Wärterinnen selbstredend die
gleichen, wie die den Müttern gegenüber zu treffenden Kautelen zu
fordern wären.
Wo Tuberkulöse die Wohnungen wechseln, sind diese zu des¬
infizieren: das setzt natürlich eine obligatorische Anzeigepflicht durch
die Ärzte und Allwissenheit der Polizei voraus. Baupolizeilich zu
verbieten wären die langen Korredore, wie sie in dem Vaterlande
der Verff. häufig zu finden sind, da sie nach den' Erfahrungen der
letzteren die Bewohner zum Ausklopfen möglicherweise infizierter
Teppiche und Kleider gerade an diesem Orte verleiten!
Trotzdem die Autoren schließlich zugeben, daß Armut und Un¬
wissenheit viel zur Übertragung der Tuberkulose beitragen, fordern
sie ein polizeiliches Verbot für beide nicht, sondern begnügen sich
vorderhand damit, auf den Beginn des Unterrichtes in der Hygiene
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
schon in den Elementarklassen der Schulen und auf wiederholte
Aushändigung von Vorschriften zur Verhütung der Tuberkulose nach
bewährtem Schema an Eltern, Pfleger und Lehrer, mindestens bei
der Geburt des Kindes, sowie beim Beginne des Schulunterrichtes
zu dringen.
Die an „offener“ Tuberkulose leidenden Kinder sind natürlich
von Kinderbewahranstalten und Spielplätzen auszuschließen. Wohl
um die Jugend von dem gefährlichen Herumspielen auf dem durch
Tuberkelbazillen verpesteten Stubenboden der elterlichen Wohnung
abzuhalten, soll sie, falls dort nicht hinlängliche Aufsicht garantiert
ist, über die Mittagspause in der Schule behalten und dort beköstigt
werden: „Mit letztgenannten Verfügungen wäre bei uns mehr geholfen,
als mit Volksküchen für Kinder, wie sie im Auslande angetroffen
werden.“
Jeder arbeitsunfähige Phthisiker, der daheim nicht isoliert werden
kann, muß ebenso wie jedes größere lungenkranke Kind, unbedingt
ins Spital verbracht werden; das Gleiche gilt für die Fälle von offener
Knochen- und Drüsentuberkulose. Für die Fälle chirurgischer Tuber¬
kulose wünschen die Autoren die Errichtung besonderer Spitäler, wie
auch besonderer Ordinationsanstalten. Den Ärzten sollen Laboratorien
zur — vermutlich für die ersteren — unentgeltichen Untersuchung
der Sekrete zur Verfügung gestellt werden, damit die Feststellung
der Diagnose kein Säumnis erleide. — Die anderen, weniger originellen,
aber auch weniger in das soziale Leben eingreifenden Forderungen
der Verff. — Landaufenthalt in den Ferien für die Schulkinder, Er¬
richtung von Seehospizen und „suburbainer“ Sanatorien, womöglich
in mildem Klima und am Meeresufer, Belehrungen über die Unsitte
des Spuckens auf den Boden, des Vorkostens und Anblasens der Kindes¬
nahrung u. s. w. — verlieren durch den Mangel an Eigenartigkeit
nichts an ihrem Wert.
Ob es uns Ärzten wohl geglaubt werden wird, daß wir gerade
aus Menschenliebe für alle derartigen Maßregeln, wie die zuerst
charakterisierten plaidieren, wenn wir methodisch im Hause und in
der Öffentlichkeit die Liebe zum Kranken in Furcht vor ihm und
vor der Ansteckung verwandeln? Eschle (Sinsheim).
J. Frank. Primary Tuberculosis of the Parotid Gland.
(Annales of Surgery, Dezember 1902.)
Bericht über einen Fall von Primärtuberkulose der Parotis bei
einem 22 Monate alten Kinde. Heilung nach Operation war voll¬
ständig.
Solche Fälle sind selten. Verf. glaubt den ersten diesbezüglichen
amerikanischen Bericht geliefert zu haben.
Der tuberkulöse Prozeß ist meist diffus, sehr selten umschrieben,
und der Verlauf, wie auch bei sonstigen chronischen Infektionen,
langsam. Die Erkennung stößt auf erhebliche Schwierigkeiten. Häufig
sind zuerst Lues, Parotitis, bösartige Neubildung und dgl. vermutet.
Die Affektion ist eine rein lokale und gibt dementsprechend eine
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L Referate.
209
gute Prognose. Operatives Eingreifen führt fast immer zur Dauer-
heilung. Es ist nicht einmal in jedem Falle notwendig, die ganze
Drüse zu exstirpieren. Leo Jacobi (New York).
W. M. Smith. Two cases of Tuberculosis of the heart and
pericardium.
(The Edinburgh medical journal, Oktober 1902 S. S56.)
Der erste Fall betrifft einen 3jährigen Knaben, bei dem während
des Lebens eine ausgebreitete Tuberkulose der Lungen konstatiert
wurde. Geräusche seitens des Herzens fehlten. Bei der Autopsie
fand sich eine ausgebreitete Tuberkulose der Lungen und des Herzens.
Betroffen war sowohl das Perikard wie Myokard und Endokard. Der
zweite Fall betrifft einen 42 jährigen Pat., bei dessen Autopsie eine
allerdings geringere Tuberkulose des Herzens gefunden wurde. S.
glaubt, daß die gute Versorgung des Herzens mit Blut sowie seine
ständige Bewegung das seltene Auftreten von Tuberkulose im Herzen
erkläre. Die ausgedehntere Tuberkulose, welche in dem ersten Fall
gefunden wurde, erkläre sich durch die Verwachsungen der Perikardial¬
blätter, wodurch das Herz ebenso in seiner Tätigkeit beschränkt sei,
wie durch die tuberkulösen Veränderungen in seiner Umgebung.
Schreiber (Göttingen).
C. Emanuel. Über intrabulbäre Tuberkulose bei Kindern und
Bemerkungen über die Differentialdiagnose zwischen Tuber¬
kulose und Netzhauttumoren.
(Rlin. Monatsbl&tter für Augenheilkunde XL. II.)
Die diagnostischen Irrtümer, die bei Unterscheidung von Gliom
der Netzhaut und klinisch ähnlich verlaufenden intrabulbären Er¬
krankungen noch häufig Vorkommen, fuhrt E. darauf zurück, daß
man bisher an sich sehr verschiedenartige Prozesse unter dem Namen
Pseudogliom zusammengefaßt hat. Er verwirft diesen Ausdruck und
betont die Notwendigkeit einer Gruppierung dieses Prozesses vom
pathologisch-anatomischen Gesichtspunkt aus. Sodann berichtet er
über 3 Fälle intrabulbärer Tuberkulose bei Kindern, von denen zwei
als Glioma retinae diagnostiziert wurden, während in dem dritten
die Diagnose in suspenso blieb. Beim ersten handelte es sich um
einen 5 1 / a jährigen Knaben, bei dem rechts eine Ablatio retinae be¬
stand, und bei welchem man im hinteren Teil des Glaskörpers eine
gelbliche Geschwulst sah, die fast bis an die Linse zu reichen schien.
Die mikroskopische Untersuchung des enukleierten Bulbus ergab,
daß dieser Tumor ein kirschkerngroßer Solitärtuberkel der Chorioidea
war. Fall II war ein 10 jähriger Knabe, bei welchem man im linken
Auge ophthalmoskopisch in der Gegend des hinteren Pols eine Ge¬
schwulst bemerkte, die von den Netzhautgefäßen überzogen war. Sie
wurde innerhalb 4 Wochen deutlich größer und der Bulbus deshalb
entfernt. Die Neubildung entpuppte sich als eine circumscripte, von
der Sklera ausgehende tuberkulöse Wucherung. Bei dem dritten
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210
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
Kind, im Alter von 6 Jahren, zeigte die Sklera an mehreren Stellen,
besonders am Äquator buckelförmige Hervortreibungen. Die Iris
war atrophisch, im Glaskörper sah man eine gelbliche Masse, die
der Hinterfläche der Linse direkt anzuliegen schien. Das Gliom
wurde hier vorgetäuscht durch eine diffuse tuberkulöse Entzündung
der Ghorioidea und Retina.
E. bespricht sodann die Differentialdiagnose zwischen tuberkulösen
Pseudotumoren und echten intraokulären Neubildungen. An der Hand
der vorerwähnten Krankengeschichten weist er nach, daß namentlich
die von Lagrange angegebenen Merkzeichen, wie das multiple Auf¬
treten, das Vorhandensein entzündlicher Symptome und die Hypotonie
nicht unbedingt verläßlich sind. Freilich vermag er andererseits
keine wesentlich neuen Punkte zur Erleichterung der Diagnose zu
bringen. Die Differentialdiagnose zwischen den in Frage kommenden
intraokulären Erkrankungen bleibt vorläufig noch schwierig und un¬
sicher. E. Enslin (Erlangen).
Neumann (Wien). Klinische Bemerkungen über die Tuber¬
kulose der Haut.
(Wiener klin. Rundschau 1903 No. 1.)
N. läßt sich über die verschiedenen Arten des Infektionsmodus
an, wie z. B. über den durch aktive und passive Oskulation. Be¬
sonders eingehend behandelt er die Übertragung der Tuberkulose auf
die Kinder durch tuberkulöse Beschneider, die Blutungen durch Saugen
mit dem Munde zu stillen suchen.
Es kann mit voller Sicherheit angenommen werden, daß die
Tuberkulose den Kindern viel häufiger inokuliert wird, als man all¬
gemein annimmt, und in der Literatur verzeichnet ist. Diesbezüglich
ist sehr zu beachten, daß die Eiterungs- und Geschwürsprozesse nach
der Zirkumzision gewöhnlichen Ursachen, nämlich der Invasion von
Eiterkokken zugeschrieben werden. In anderen Fällen, in denen die
Geschwüre einen ungewöhnlichen Charakter aufweisen, werden sie
entweder für venerisch gehalten, zumal wenn die Leistendrüsen ver¬
eitern, oder wenn sie intumesziert bleiben, für Syphilis und als solche
behandelt Aber die durch Zirkumzision inokulierte Tuberkulose
bleibt nicht auf dem Penis und den regionären Lymphdrüsen lokali¬
siert, sondern schreitet auf den Lymphbahnen zu den Lymphdrüsen
des Beckens vor. Nach kürzerer oder längerer Zeit kommt es in
diesen zur Verkäsung und zum Zerfall, mit Perforation in die Bauch¬
höhle und mit tödlicher Peritonitis. Oder es entwickelt sich Tuber¬
kulose der anderen Organe der Bauchhöhle, wahrscheinlich auch in
entlegenen Organen, an der die Kinder auch nach der Heilung der
Zirkumzisionswunde zugrunde gehen. Die tuberkulösen Zirkumzisions-
geschwüre gleichwie die zerfallenen Lymphdrüsen bilden ebensoviele
Infektionsquellen, durch deren direkten und indirekten physischen
Kontakt die Tuberkulose sowohl auf andere Körperstellen der Träger
selbst, insbesondere auf ekzematöse, als auch auf andere Individuen
übertragen werden kann. In letzterer Beziehung dürfte es genügen,
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I. Referate.
211
auf die von Demme konstatierte Invasion von Tuberkelbazillen in
ekzematöse Hautflächen zu verweisen. Gleich wie diese, vermögen
die Tuberkelbazillen in jede andere der Schutzdecke entblößte zu¬
gängliche Stelle der Haut und Schleimhaut einzudringen. Diese
tuberkulösen Geschwüre bilden daher eine bedrohliche Infektions¬
quelle für diejenigen Personen, die der Pflege dieser Kinder obliegen,
Mutter, Amme, Kindsmädchen, zumal der direkte Kontakt mit den
Pfleglingen nicht bloß sehr häufig, sondern auch von längerer Dauer
ist. Aaf diese Weise kann, erleichtert durch die durch Unkenntnis
des Charakters des Leidens bedingte Sorglosigkeit, kutane Tuberkulose
der Pflegepersonen, wie die an den Fingern, den Interdigitalfalten
vorkommende Tuberculosis verrucosa cutis, der an den Vorderarmen
lokalisierte Lupus pernio, aber auch andere Lupusformen am Gesichte
infolge von direktem physischem Kontakt entstehen. Aber es ist
auch der indirekte körperliche Kontakt zu beachten, und die Über¬
tragung durch gebrauchte Verbandstücke, Benützung von zur Rei¬
nigung dienenden Wäschestücken und anderen Utensilien, durch
Beisammenliegen mit dem tuberkulösen Kinde. Angesichts der Wider¬
standsfähigkeit des Tuberkelbazillus und der angenommenen Ent¬
stehung der Lungentuberkulose per inhalationem können die in Rede
stehenden Tuberkulosenherde auch die Infektionsquellen für die Lunge
abgeben. Gr&tzer.
G. Ciechansky. Über die Lichttherapie der tuberkulösen
Gelenkaffektionen bei Kindern.
(Praktitechesky Wratsch 1902 No. 35.)
Bereits seit 3 Jahren beschäftigt sich der Moskauer ArzrCie¬
chansky mit der Lichtbehandlung der Gelenktuberkulose. Während
dieser Zeit wurden in seinem Lichtheilinstitute acht derartige Fälle
der Phototherapie unterworfen, und zwar 3 Erwachsene und 5 Kinder.
Bei dem einen Kinde waren 5 Gelenke gleichzeitig ergriffen, bei den
vier übrigen bestand tuberkulöse Gonitis. Das Verfahren war folgendes.
Täglich wurde das befallene Gelenk in entblößtem Zustande der Ein¬
wirkung des warmen Lichtes eines Voltabogens ausgesetzt. Das Licht
wurde durch einen hinter dem Flammenbogen aufgestellten para¬
bolischen Spiegel aus Neusilber konzentriert und ungekühlt auf die
Haut des kranken Gelenkes projiziert. Die Stromstärke betrug
80—120 Amp&re, die Spannung 35—40 Volt, die Lichtstärke etwa
12000 Normalkerzen, die Temperatur des Strahlenbündels ca. 37—40°R.
Der Kranke wurde je nach seiner Empfindlichkeit 3—5 m weit vom
Lichtbogen gelagert. Die Mehrzahl der Kinder ertrug die sich ent¬
wickelnde Wärme, ohne irgendwelche Beschwerden zu äußern. Ein
etwa auftretendes Gefühl von Brennen wurde durch ein sanftes
Streicheln beseitigt. Während der Söance rötet sich die Haut, und
die subkutanen Venen zeigen gesteigerte Blutfülle; eine Reihe von
Stunden hindurch (manchmal bis zum Abend) dauerte das Wärme-
gefiihl im Gelenke fort. Im Verlaufe der Lichtbehandlung wurden
sämtliche Medikamente und sonstige Heilmethoden ausgesetzt.
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212
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
Die behandelten Kinder standen in einem Alter von 2—5 Jahren.
Bei zweien von ihnen konnten aus äußeren Gründen die Beobach¬
tungen nicht zu Ende geführt werden. Aus den mitgeteilten
3 Krankengeschichten glaubt der Verf. folgende Schlüsse ziehen zu
dürfen. Die Anwendung von warmen Lichtstrahlen bei Gelenk¬
tuberkulose verdient ernste Beachtung und ist imstande erfreuliche
Resultate zu zeitigen. Am ehesten tritt bei dieser Methode eine
Linderung der Schmerzen, sodann völlige Schmerzlosigkeit ein. Gleich¬
zeitig bessert sich Schlaf und Appetit, der allgemeine Ernährungs¬
zustand wird dementsprechend gehoben. Am spätesten verliert sich
die Geschwulst und wird die Beweglichkeit im Gelenke wieder¬
hergestellt. Absolute Ruhe und Extension sind bei dem in Rede
stehenden Verfahren nicht notwendig. Eine Beseitigung der Ver¬
kürzung des kranken Beines und der Abmagerung desselben kann
durch die Lichttherapie nicht erzielt werden. Bei Neigung der Tu¬
berkel zum Zerfall ist die Behandlung mit kaltem Licht vorzuziehen.
A. Dworetzky (Moskau).
T. M. Rotch. Tuberculous Peritonitis in Early Life: With
special Reference to its Treatment by Laparotomy.
(Journal of the American Medical Association, den 10. Januar 1903.)
Eine energische Befürwortung der frühzeitigen Laparotomie in
der Behandlung tuberkulöser Peritonitiden im Kindesalter. Heutzutage
bringt eine derartige Operation minimale Gefahren mit sich; anderer¬
seits aber ist die Gefahr einer allgemeinen Tuberkulose bei lokali-
sirten Peritonitiden sehr bedeutend: daher operiere man frühzeitig
in allen Fällen von chronisch verlaufender umschriebener Bauchfell¬
entzündung, ohne erst mit Einreibungen und innerlichen Mitteln Zeit
zu vergeuden. Kontraindiziert ist die Operation, wo bereits Lunge,
Gehirn oder Drüsen und Knochen in ausgedehntem Maße tuberkulös
mit erkrankt sind. Ein bestehender Aszites verbessert wesentlich
die Prognose; dagegen sind die Aussichten bei der fibrösen Form
ungünstig. Tuberkulöse Mesenterialdrüsen sowohl als Geschwüre der
Darm wand sind naturgemäß ernste Komplikationen, jedoch wird durch
sie ein günstiger Ausgang keineswegs unwahrscheinlich gemacht.
Allerdings bleibt die Laparotomie im ersten Lebensjahre meist
erfolglos, da es sich hier am häufigsten um allgemeine Tuberkulose
mit Beteiligung des Bauchfells handelt.
Folgt Bericht über 13 operierte Fälle, die zu einer Serie von
20 Operationen gehören. Zwei starben einige Monate nach dem
Eingriff, ein Kind erkrankte aufs neue nach einem Jahre und zehn
blieben gesund nach einem Zeitraum von 3 Monaten bis zu 9 Jahren.
Leo Jacobi (New York).
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I. Befer*te.
218
G. A. Sutherland. The Prognosis of tuberculous Peritonitis
in Children.
(Archives of Pediatrics, Februar 1903.)
Die Prognose der tuberkulösen Peritonitis im Kindesalter ist
ein viel umstrittener Gegenstand. Vor 25 Jahren betrachtete man
die Aussichten als so ziemlich hoffnungslos. Später gab die operative
Behandlung Anlaß zu optimistischen Erwartungen. Heutzutage suchen
wir noch immer nach festeren Gesichtspunkten.
Verf. hat seine Studien an 41 Krankenhausfällen gemacht. Da¬
von starben elf, ein Fall blieb ungebessert, 39 wurden „geheilt“,
d. h. sind zur Zeit noch gesund. Die Mortalität betrug somit 26,8 °/ 0 .
Chirurgisch wurden 14 Fälle behandelt, mit 7 Heilungen (50 °/ 0 ); aie
übrigen genossen klinische Behandlung, und darunter kamen 22 zur
Heilung (81,3 0 / 0 ).
Unkomplizierte tuberkulöse Peritonitis dauert in der Regel 6 bis
12 Monate oder länger, und zeigt beim sonst gesunden Kinde eine
unverkennbare Heilungstendenz. Diese wird durch schlechte hygie¬
nische Verhältnisse, hereditäre Disposition, allgemeine Schwäche,
interkurrente Krankheiten u. dgl. ungünstig beeinflußt. Somit hängt
unsere Prognose häufig von indirekt wirkenden Momenten ab. Anderer¬
seits richtet sie sich nach der klinischen Krankheitsform. Es gibt
eine akut einsetzende Varietät, auf die ein chronischer Verlauf folgt,
mit Aszites, hohem Fieber und Auftreibung des Leibes. Solche
Fälle heilen oft vollständig ab. Eine andere und häufigere Form
setzt langsam und schleichend ein. Aszites scheint dabei für den
günstigen Ausgang zu sprechen, ebenso Knotenbildungen, Darm¬
verklebungen und die Verbindung mit tuberkulöser Pleuritis. Da¬
gegen sind andauerndes Fieber, eine hohe Pulsfrequenz (über 110)
hartnäckige Durchfälle, starke Auftreibung des Leibes, rasche Ab¬
magerung und Rückfälle der Krankheit lauter ungünstige Momente.
Noch schwerer fallen Komplikationen in die prognostische Wag¬
schale. Darmgeschwüre, Verkäsung der mesenterialen Lymphdrüsen,
Eiterherde, ausgesprochene Obstruktionserscheinungen; Lungentuber¬
kulose, Meningitis, und allgemeine Miliartuberkulose sind die gewöhn¬
lichen Todesursachen.
Die Prognose erfährt durch unsere Therapie eingreifende Ände¬
rungen. Medikamentös und hygienisch-diätetisch können wir den
Prozeß zwar nicht direkt, wohl aber auf Umwegen durch Hebung
der Widerstandsfähigkeit unserer Kranken einigermaßen in Schranken
halten. Wo uns die klinische Behandlung im Stich läßt, da bietet
auch die vielfach empfohlene einfache Laparotomie keine besseren
Aussichten. Von zwölf operierten Fällen starben sechs, und wenn¬
gleich der Tod erst 1—6 Monate später eintrat und somit keine un¬
mittelbare Folge der Laparotomie war, konnte man aus sämtlichen
12 Fällen keine bestimmten Fingerzeige zu gunsten der operativen
Therapie ersehen, und letztere sollte demnach lediglich für geeignete
Komplikationen, wie Darmverschluß und andere, reserviert werden.
Leo Jacobi (New York).
Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII.
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214
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
II. Aus Vereinen und Versammlungen.
Vereinigung niederrheinisch-westfälischer Kinderärzte.
(Sitzung vom 1. Februar 1903.)
I. Herr Rensburg (Solingen) demonstriert die makroskopischen und mikro¬
skopischen Präparate zweier Fälle von Haultuberkel als Symptom von akuter Miliar¬
tuberkulose. Die Hautstücke kommen von zwei Brüdern, die in kurzer Zeit an
Miliartuberkulose zugrunde gingen. Sie stellen vereinzelte über die ganze Haut
verbreitete, derbe, mohnkorngroBe bis höchstens hanfkorngroße rote, sich von der
gesunden Umgebung scharf absetzende Knötchen dar, die stellenweise mit
einem kleinen Schüppchen bedeckt sind, stellenweise aber auch wie sie unter den
Augen des Arztes entstanden auch unter dessen Augen wieder sich zurückbildeten,
Übergang und Ulceration konnte nicht bemerkt werden. Mikroskopische Befund:
Junges Granulationsgewebe, scharf von der Umgebung abgesetzt ohne besondere
Gefäßneubildung, an einer Stelle deutlich nekrotisierte Gewebsmassen; das Stratum
corneum über den Knötchen erhalten (nicht durchbrochen von ihnen) und ver¬
dickt; keine Riesen- oder epitheloiaen Zellen; am Grunde des Knötchens reichlich
Tuberkelbazillen; in den Gefäßen sind Bazillen nicht nachweisbar.
Die Miliartuberkel der Haut scheinen sehr selten zu sein, sie sind in keinem
Lehr- oder Handbuch erwähnt, obschon sie ja auch differentialdiagnostisch ver¬
wertbar sind. Auch in der Literatur findet sich nur eine analoge Publikation
von Leichtenstern. Im Anschluß an die Präparatdemonstration zeigt R. ein
Kind, das neben anderen Zeichen einer Tuberkulose (Pleuritis, Fungus des Hand¬
gelenks, Spitzenaffektion der rechten Spitze) auch diese Hauttuberkulide in gleicher
klinischer Form zeigt, sie sind zum Teil in kleine Skrofuloderme umgewandelt,
zum Teil zeigen sie noch die ursprüngliche derbe, mit den oben demonstrierten
identische Form. Die klinisch gestellte Diagnose soll noch histologisch und bak¬
teriologisch an einem exzidierten Knötchen erhärtet werden.
II. Herr Castenholz (Köln). In seinem Vortrage „über die Ätiologie der
Rachitis“ erläutert C. zunächst die im Jahrbuch für Kinderheilkunde 1895 ver¬
öffentlichte Arbeit von Wachsmuth „Zur Theorie der Rachitis“; in welcher die
Rachitis als eine C0 2 -Intoxikation des kindlichen Körpers oder eine Asphyxie des
wachsenden Knochens bezeichnet wird. Diese C0 2 -Theorie der Rachitis hält C. für
diejenige, welche sich am meisten mit den klinisch beobachteten Tatsachen deckt.
Im allgemeinen wird die Rachitis nicht so beobachtet, daß man zu richtigen
Schlüssen kommen kann. Es ist vielmehr erforderlich, neugeborene Kinder von
Müttern, deren frühere Kinder schon rachitisch waren, so zu beobachten, daß man
im stände ist, die Rachitis entstehen zu sehen. Zu dem Zwecke müssen schon
während der Schwangerschaft nicht durch bloße Aufnahme einer Anamnese,
sondern durch eigne persönliche Untersuchung die sozialen und hygienischen Ver¬
hältnisse sowie die Lebensgewohnheiten und die Gesundheit der Eltern möglichst
genau festgestellt werden. Das in diese Verhältnisse eintretende, neugeborene
Kind muß alsdann genau beobachtet werden. Diese Art der Beobachtung ist
nicht leicht. Die Ergebnisse bestätigen aber durchaus die Wachsmu thsche Theorie;
man sieht die Rachitis stets infolge hygienischer Fehler in der Wartung und
Pflege der Kinder entstehen. Diese Fehler sind alle geeignet, den C0 2 -Gehalt im
kindlichen Körper zu erhöhen. (Die Arbeit soll im Jahrbuch für Kinderheilkunde
veröffentlicht werden.)
Zur Diskussion: Herr Paffenholz kann sich der Annahme des Vortr., mit
der Hygiene des Kindes im engeren Sinne, besonders mit dem Sauerstoffmangel
bezw. der Kohlensäureüberladung des Blutes, die Ätiologie der Rachitis erklären zu
können, nicht anschließen, hält vielmehr die Ätiologie der Rachitis augenblicklich
noch für unbekannt. Das vom Vortr. in den Vordergrund gestellte Moment möge
mitwirken, aber nicht anders als auch andere Schädlichkeiten (Verdauungs¬
störungen u. dergl.). Er bespricht 4 Kinder einer gutsituierten Familie, von denen
das erste ganz gesund blieb, von den andern drei aber zwei erkrankten an zwar
leichter aber unzweifelhafter Rachitis. Nach der Geburt des ersten Kindes machte
die Mutter Gelenkrheumatismus leichten Grades durch und später auch der Vater;
dies erinnert ihn an eine Publikation von Edlefsen, der die sonderbaren Koin¬
zidenzen von Gelenkrheumatismus, krupöser Pneumonie und Rachitis in Hamburg
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II. Aus Vereinen und Versammlungen.
215
und Altona studiert hat. Die möglichst frühe Beobachtung rachitischer Prozesse
sei sehr wertvoll, aber vielleicht doch nur mit dem Röntgenapparat zu erreichen.
Herr Selter. Wie erklärt uns Herr Castenh|olz die GO t -Anhäufung
des Blutes im Knochen? Wie erklärt er die Wirkung der Phosphortherapie?
Die Erklärung ist nicht befriedigend. Meine Überzeugung ist, daß wir unter
Rachitis eine Summe verschiedener Erkrankungen oder Krankheitserscheinungen
verstehen müssen, die wir noch nich völlig richtig zu verstehen und zu gruppieren
in der Lage sind. Gehen wir einmal den einzelnen Krankheitserscheinungen nach,
vielleicht werden wir dann das Wesen der Rachitis eher klären. Klinisch ist
Rachitis ein Sammelname.
Herr Conrads kann in der chronischen C0 2 -Überladung nur eine der Ur¬
sachen nicht aber das Wesen der Rachitis erkennen. Sonst wäre die sehr große
Verschiedenheit in der Mortalität der Brust- und der Flaschenkinder nicht zu
erklären; sonst würden auch die nervösen Erscheinungen (Kopfschweiße, Kon¬
vulsionen) bei Zufuhr frischer Luft doch in höchstens einigen Tagen verschwinden
müssen (was man natürlich von den anatomischen Veränderungen am Knochen
nicht erwarten darf). Auch spricht gegen diese Theorie das zweifellose Vor¬
kommen der Rachitis bei hygienisch einwandfrei aufgezogenen Kindern, namentlich
in den besser situierten Kreisen.
Herr Rensburg fragt an, inwiefern durch die Theorie Castenholz er¬
klärt wird der Umstand, daß Brustkinder viel weniger häufig Rachitis haben
als Flaschenkinder, er glaube, daß da doch, wie noch in ganz neuester Zeit im
Zuntzschen Laboratorium nachgewiesen wurde, die Kalkresorption eine Rolle spielt.
Herr Mayer. Eine Stütze der C asten holz sehen Theorie ist das häufige
Vorkommen von adenoiden Wucherungen im Nasenrachenraum bei rachitischer
Skoliose. Die dadurch behinderte Atmung ist bei der Therapie der frischen Rachitis
zunächst zu regeln. Ich beobachte die adenoiden Wucherungen allerdings nur bei
den Kindern, die zu mir wegen ihrer Verkrümmungen kommen als Nebenbefund,
glaube aber nach meinen Beobachtungen, daß die adenoiden Wucherungen in
einem Zusammenhänge mit der frischen Rachitis stehen.
Herr Dreher steht der Theorie des Herrn Castenholz sympathisch gegen¬
über gerade mit Rücksicht auf die Therapie der Rachitis und ihren Erfolg. Er
glaubt, daß Rachitis kein einheitliches Krankeitsbild ist, daß insbesondere die
rein nervösen Symptome von ihm getrennt werden müssen. Die Knochen¬
erkrankungen werden seiner Meinung nach durch Phosphoröl nicht beeinflußt,
wohl aber die sehr häufig daneben bestehenden Nervenerscheinungen, wie Laryngo-
spasmns u. s. w. Diese letzteren aber auch durch andere therapeutische Ma߬
nahmen, wie Darreichung von Brom, die ihrerseits sicher keinen Einfluß auf
die Knochenerkrankung haben.
Herr Paffen holz ist nicht der Meinung, daß mit dem Wort Rachitis mehrere
Krankheiten bezeichnet werden, sondern, daß die Rachitis eine ätiologisch und
pathologisch einheitliche aber in ihrem Wesen noch ganz unbekannte Krankheit
sei, die aber in verschiedener Heftigkeit bezüglich der Anzahl der Symptome
(Knochenveränderungen, Laryngospasmus, verminderte Turgeszenz der Haut u. s. w.)
auftrete. Aus dem Einfluß irgendwelcher Therapie auf die Knochenveränderungen
bezw. der Wirkungslosigkeit Schlüsse auf die Ätiologie der Rachitis zu ziehen,
hält er bei dem monate- oder selbst jahrelangen Prozeß nicht für berechtigt.
Herr Castenholz (Schlußwort). Auf die Ausführungen von Herrn Selter
bemerkt C., daß die konstitutionelle Natur der Rachitis nicht wohl mehr an-
gezweifelt werden kann. Die CO t -Überladung glaubt C. ausreichend begründet
zu haben und muß zugleich auf die Wachsmuthsche Arbeit verweisen. Die
C0 2 -Theorie ist zunächst die einzige, welche es ermöglicht, alle konstitutionellen
Symptome der Rachitis mit einer einzigen Ursache zwanglos zu erklären. Das
spricht für ihre Richtigkeit. Was die Phosphortherapie anlangt, so ist sie bei
leichten Fällen durchaus unangebracht, bei schwereren Fällen hat C. persönlich
wenig Erfolg gesehen. Die Wirkung würde sich durch die Affinität des P zu C0 2
erklären. Wenn der P C0 2 bindet, schwindet die Zusammenziehung der kleinen
Arterien, die Stauungshyperämie geht zurück und die Verkalkung schreitet
schneller fort Der Phosphor soll auch auf das Zellprotoplasma von günstiger
Einwirkung sein.
Herrn Conrads und Rendsburg erwidert er, daß Brustkinder schon
deshalb weniger leicht an Rachitis erkranken, weil sie von der Mutter viel mehr
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
an die frische Luft genommen werden. Im übrigen ist der Unterschied nicht so
groß zwischen der Erkrankung von Brust- und Flaschenkindern an Rachitis, wie
inan im allgemeinen annimmt, wenigstens nicht in den niederen Kreisen der Be¬
völkerung. Wo in besseren Kreisen die Kinder genährt werden, da ist auch im
allgemeinen die hygienische Behandlung eine sorgfältigere. Außerdem ist eine
geeignete Nahrung doch auch an und für sich dem Zellenwachstum günstig, bei
schlechter hygienischer Behandlung ist sie aber auch nicht im stände, die Rachitis
zu verhüten. Dagegen ist eine verkehrte Ernährung für sich allein nicht fähig,
Rachitis zu erzeugen, wie übrigens jetzt allseitig anerkannt wird. Die mangel¬
hafte Kalkresorption im Darm rachitischer Kinder ist ebenfalls abgetan, da von
Rüdel und Rey nachgewiesen ist, daß bei Darreichung von essigsaurem Kalk
der Kalkgehalt im Urin rachitischer Kinder anstieg.
UI. Herr Selter (Solingen). Vorläufige Mitteilung Uber Buttermilchkonserven. Aus¬
gehend von der Erfahrung, daß die Buttermilch in der Therapie der Verdauungs¬
störungen der Säuglinge als leichtverdauliche Eiweißmilch (kaseinarme Milch) ein
schwer entbehrliches Nährpräparat sei, hat S. bei Anwendung derselben sehr unr
angenehm empfunden, daß verwendbare Buttermilch nicht tagtäglich und überall
zu beschaffen ist, und daß selbst an Orten, wo einwandfreie Molkereien bestehen,
die Buttermilch, weil Nebenprodukt der Butterfabrikation, nicht immer für den
Säuglingsdarm unschädlicherweise gewonnen wird, sondern krankmachenden
Gärungen — schleimige, fettsaure, essigsaure Gärung — unterworfen ist. Aus
diesem Grunde hat S. eine rein milchsaure Buttermilch in Konservenform durch
die deutschen Nährmittel werke hersteilen lassen. Nach diversen Nährversuchen
wurde als zweckmäßigste Form der Herstellung diejenige mit nur Zucker gefunden.
Die Konserve mit 3 Teilen Wasser gemischt ergibt eine Nahrung von
2,59 °/ 0 Eiweißstoffe (0,44 °/ 0 Albumin, 2,15 Kasein),
0,5 „ Fett,
8 „ Zucker,
0,5 „ Milchsäure, entsprechend ca. 600—650 Kalorien pro 1000g.
Bezüglich des Eiweißgehaltes sowie des Verhältnisses des Kaseins zum Albumin
würde also die Nahrung die Mitte zwischen Kuhmilch und Frauenmilch halten.
Die Ausführungen wurden mit einer Anzahl Auszügen aus Krankengeschichten
und Versuchsprotokollen belegt.
Diskussion: Herr Paffenholz hält die Sonntagsstörungen im Buttermilch¬
betrieb für vermeidlich, wenn Samstags das doppelte Tagesquantum frisch geliefert
und sofort gekocht wird. Er macht einige Mitteilungen über Erfolge mit Butter¬
milchernährung. Störungen von allzu hohem Säuregrad (über 23 Soxhlet) waren
geringfügig, wenn es sich nur um Milchsäure handelte; es ist wichtig, daß keine
Buttersäuregärung stattfindet. Rey (Aachen).
Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins.
Sitzung am 12. Januar 1903.
(Centralblatt f. Chirurgie 1903 No. 9.)
Herr Hoffa: Beiträge zur Sehnenplastik. H.gibt einen Überblick über ca. 100 Fälle
die er durch Sehnenplastik behandelt hat. Die Resultate waren im allgemeinen
gute. Um dieselben zu erzielen, ist die erste Bedingung eine exakte Aseptik.
H. benutzt zur Naht Seide, die in l°/ 00 iger Sublimatlösung gekocht ist. Primäre
Eiterung bedingt einen Mißerfolg; H. erlebte sie 4mal unter 120 Fällen. Von
der nachträglichen Ausstoßung von Seidenfäden wurde das Resultat in der Regel
nicht beeinträchtigt. Zum zweiten ist für gute Blutstillung zu sorgen; durch
Nachblutungen wird die Bildung festen Sehnengewebes verhindert. Drittens ist
eine genügend lange Fixation erforderlich. Auch Tierexperimente ergaben die
Bedeutung dieser drei Momente für die Entwicklung eines festen sehnigen Gewebes
an der Nahtstelle. Fixierende Verbände wurden gewöhnlich 6 Wochen hindurch
angewandt. Endlich muß man bei der Operation darauf bedacht sein, eine ge¬
nügende Spannung der Sehnen herzustellen. H. ist der Überzeugung, daß in
manchen Fällen von Lähmung eines Muskels nur eine Funktionsunfähigkeit be¬
steht, weil die Muskeln zu lang und zu gedehnt sind; man vermag dann durch
Sehnen Verkürzung den Tonus wieder herzustellen. Er fuhrt darauf einen funk¬
tioneilen Erfolg zurück, den er bei einer Facialislähmung hatte, wo er aus kos-
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II. Aus Vereioen und Versammlungen.
217
metischen Gründen eine Keilexzision aus der Wange gemacht und den unteren
Teil der Wange an den Jochbogen angenftht hatte. Im übrigen erreicht man
durch die Sehnenplastiken nicht immer eine Funktion, wie man beabsichtigt hatte,
sondern oft nur eine tendinöse Fixation; in diesen Fällen dient die Sehnenplastik
als Ersatz der Arthrodese. H. hat verschiedentlich auch periostale Sehnenplastiken
gemacht und durch Einfügung von Seidensehnen eine Neubildung von Sehnen¬
defekten zu erzielen versucht. Er demonstriert an einer Reihe von Pat. die
Erfolge, die er durch seine Sehnenplastiken erzielt hat bei paralytischem Schlotter¬
gelenk der Schulter, bei einer Radialislähmung, bei paralytischen Klump- und
Plattfüßen.
Herr Joachimsthal, a) Geheilte angeborene HUft- und Kniegelenksluxation.
J. sah das jetzt 3jährige Mädchen bald nach der Geburt, wo es ihm wegen eines
Genu recurvatum congenitum zugeführt wurde; das Bein ließ sich hyperextendieren
bis zu einem Winkel von 130°. Dieses Leiden heilte spontan wie gewöhnlich;
nach 2 Jahren, als J. die Hüftgelenksluxation in Behandlung nahm, die an dem¬
selben Beine bestand, wurde das Knie normal gestreckt. Die Hüftverrenkung
heilte nach der Reposition und Fixation in Abduktionsstellung innerhalb eines
Vierteljahres. Demonstration.
b) Ober den Pes valgus congenitus. Geringgradige Plattfüße sind nach Küstners
Erhebungen bei Neugeborenen nicht selten; hochgradige sind selten. J. demon¬
striert ein Kind, das er im Alter von 4 Wochen mit einem doppelseitigen, hoch¬
gradigen Pes valgus in Behandlung bekam, nachdem er es 10 Monate hindurch
mit redressierenden Verbänden behandelt hat Die Deformität, die so hochgradig
war und mit so starker Abduktion des Vorfußes einherging, daß bei nach vom
gerichteter Patella die kleine Zehe rechtwinklig zum Unterschenkel stand, ist
jetzt ausgeglichen. Interressant ist dabei, daß auch die Längenverhältnisse der
Zehen sich geändert haben; ursprünglich erschien die große Zehe erheblich kürzer.
Die Änderung dieses Verhältnisses durch die Korrektion der Stellung zeigt, daß
es sich nicht um eine reelle Verkürzung handelte, sondern daß eine scheinbare,
durch Gelenkverschiebung bedingte Verkürzung vorlag.
c) Angeborener Oberschenkeldefekt und Coxa vara. J. zeigt ein Kind mit hoch¬
gradiger Verkürzung des Oberschenkels, bei dem zuerst auf Grund des Röntgen¬
bildes ein angeborener Defekt des Oberschenkels angenommen wurde; es fehlte
der Oberschenkelkopf und der proximale Teil der Diaphyse. Spätere Aufnahmen
des Beines zeigten, daß der Defekt des Oberschenkels nicht so hochgradig war,
als es zuerst auf Grund des Röntgenbildes schien; ein Teil der zuerst nicht sicht¬
baren Diaphyse erschien nach verspätet eingetretener Ossifikation auf den späteren
Bildern und zeigte sich im Sinne der Coxa vara verkrümmt. Die weitere Kon¬
trolle mit Hilfe des Röntgenbildes dürfte bei fortschreitender Ossifikation wahr¬
scheinlich auch ein Vorhandensein des Kopfes ergeben, so daß die Mißbildung
also nicht als angeborener Oberschenkeldefekt, sondern als hochgradige Coxa
vara congenita mit Fortsetzung der Verkrümmung auf den proximalen Teil des
Oberschenkels zu deuten ist.
Herr Hoffa: Ober Schenkelhalsbruche im kindlichen und jugendlichen Alter.
Nach Besprechung der in der Literatur niedergelegten Beobachtungen teilt H.
11 eigene Fälle ihrem Verlaufe und der bei ihnen eingeschlagenen Therapie nach
mit unter Demonstration der von ihnen aufgenommen Röntgenbilder.
In den 7 älteren Fällen mußte wegen schlechter Stellung des Beines, an¬
haltender Schmerzen eine operative Behandlung (Resektion mit nachheriger Ein¬
stellung des Trochanters in die Pfanne, Osteotomia subtrochanterica) eingeschlagen
werden, die immer gute definitive Resultate ergab. H. faßt zum Schlüsse das
Ergebnis seiner Erfahrungen und Studien über die Schenkelhalsbrüche im kind¬
lichen Alter zusammen: Es handelt sich meist um traumatische Lösungen der
Schenkelkopfepiphyse, selten um Brüche im Schenkelhälse selbst. Es kommen
vollständige und unvollständige Schenkelhalsbrüche und ebenso vollständige Zer¬
reißungen der Epiphyse und anfänglich nur in einer Lockerung bestehende Epi¬
physenlösungen mit mehr oder minder ausgedehnter Zerreißung des Periosts vor;
im ersteren Falle wird der stumpfe Schenkelhalswinkel in einen mehr -rechten
verwandelt, im letzteren stellt sich die Epiphysenebene oft nahezu vertikal.
Es waren außer schweren Gewalten oft nur geringfügige Traumen voran¬
gegangen. In manchen Fällen lag hier bereits eine krankhafte Veränderung vor,
nämlich eine typische Coxa vara; die Pat. hatten schon vorher über Hüftschmerzen
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
« oder hatten schon vor der Verletzung gehinkt. Da bei der Coxa vara
. physenlinie nahezu vertikal verläuft, so ist es begreiflich, daß sie sich
bei Beanspruchung auf Biegung leicht löst. Die Erscheinungen sind zunächst
geringgradig, stärkere Beschwerden stellten sich erst nach einer Reihe von Wochen
und Monaten ein.
Die richtige Diagnose ist selten gleich gestellt worden. Die erste Diagnose
wurde gewöhnlich auf Kontusion der Hüfte gestellt, später wurde gewöhnlich eine
Coxitis angenommen; die in falscher Stellung des Beines ausgeheilten Fälle wur¬
den als statische Schenkelhalsverbiegung aufgefaßt. Als Symptome, die bald nach
der Verletzung bestehen, sind zu nennen: Stellung des Beines in leichter Flexion,
Außenrotation und Adduktion, Hochstand des Trochanters u. s. w., später finden
wir die typische Coxa vara. Gegenüber der tuberkulösen Coxitis ist bemerkens¬
wert das Fehlen der reflektorischen Muskelspasmen. Den genaueren Sitz der Fraktur
weist das Röntgenbild nach.
Die Prognose ist ungünstig, einmal weil oft eine knöcherne oder binde¬
gewebige Heilung vollständig ausbleibt, oder weil die Heilung unter stärkerer
Dislokation der Fragmente erfolgt, oder weil sich noch sekundär durch die Be¬
lastung eine Coxa vara ausbildet
Die Behandlung wird in der ersten Zeit in Extension resp. Gipsverband nach
Korrektur der Stellung bestehen; nach der Konsolidation soll man noch 1 Jahr
einen Schienenhülsenapparat mit Beckengürtel und Abduktionsvorrichtung tragen
lassen. Hat sich eine Deformität ausgebüdet, so kommt man in leichteren Fällen
mit orthopädischer Behandlung aus, schwerere erfordern die Resektion oder die
subtrochantere schiefe Osteotomie.
Herr Pfeifer: Multiple chronische Gelenkentzündungen im Kindesalter. Nach
Mitteilung der Krankengeschichte eines typischen, zu Ankylosen und Kontrak¬
turen der verschiedensten Gelenke führenden Falles skizziert P. diese von vorn¬
herein chronisch verlaufenden Gelenkrheumatismen, die Arthritis chronica villosa
und die Arthritis ankylopoötiea. Während bei ersterer hauptsächlich die Kapsel
verdickt und gewuchert ist, ist bei letzterer außer der Kapsel, die frühzeitige
Neigung zur Schrumpfung zeigt, der Knorpel stärker beteiligt Diese primären
chronischen Gelenkrheumatismen beginnen neberlos und allmählich in den kleinen
Gelenken der Extremitäten und fuhren zur Ankylose oft sämtlicher Körpergelenke.
Der chronische Gelenkrheumatismus kann auch aus einem akuten entstehen;
häufig konstatiert man dabei Klappenläsionen; mit der Zeit treten hier Stillstände
und Heilungen ein. Am seltensten wurde im Kindesalter die Arthritis deformans
beobachtet; dieselben waren meist aus polyartikulären Gelenkentzündungen nach
akuten Infektionskrankheiten hervorgegangen. Auch die Strepto- und Staphylo-
mykose und die Osteomyelitis kann zu multiplen chronischen, deformierenden
Gelenkentzündungen führen.
Therapeutisch kommen hauptsächlich die physikalischen Heilmethoden
und die Apparatbehandlung in Betracht Bei Ankylosen größerer Gelenke hat
Hoffa mehrfach mit Erfolg das Einlegen von resorbierbaren Magnesiumplatten
angewandt.
Herr Engelm'ann: Zur Kasuistik der Spontanluxatfonen des Hüftgelenkes. Das
10jährige Mädchen erkrankte im September vorigen Jahres an Typhus^ in der
6. Woche stellten sich Schmerzen in der linken Hüftgegend ein, das Bein wurde
in Beuge- und Adduktionsstellung ruhig gelagert. Anfang November wurde eine
typische Luxatio iliaca festgestellt, die spontan im Gefolge der typhösen Coxitis
aufgetreten war. Der Eintritt der Verrenkung war von der Pat nicht bemerkt
worden. Es wurde die unblutige Einrenkung wie bei einer kongenitalen Luxation
vorgenommen. Der Trochanter stand 4 1 /, cm über der Roser-Nölatonschen Linie;
der Einrenkung wurde eine manuelle Extension des Beines vorhergeschickt; schon
bei den ersten pumpenschwengelartigen Bewegungen trat der Kopf mit lautem
Geräusch in die Pfanne. 3 Wochen Gipsverband. Heilung. (Demonstration.)
Herr König bemerkt, daß in seinen Fällen von Spontanluxation nach
Typhus die Reposition nach dem Modus deijenigen bei traumatischer Luxation
auögefÜhrt wurde.
Herr Becher: Ober den Zusammenhang zwischen Thoraxdeformitäten, Skoliosen
und den adenoiden Vegetationen des Nasen-Rachenraumes. B. hat diesen von Redard
aufgestellten Symptomenkoniplex in ca. 6°/ 0 der Fälle gefunden, der bei Kindern
von 6—12 Jahren aufzutreten pflegt Es handelt sich um leichte habituelle
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II. Aas Vereinen und Versammlungen.
219
Skoliosen in den verschiedensten Formen, die sich entwickelten, nachdem schon
seit längerer Zeit Thoraxdeformitäten bemerkt worden waren, nämlich mulden¬
förmige Einziehung über dem unteren Drittel des Sternum, flache Einziehungen
der seitlichen unteren Thoraxpartien, ohne daß Zeichen von Rachitis bestehen.
Daneben erkennt man bereits durch den Aspekt (Gesichtsausdruck u. s. w.) und
aus sonstigen Symptomen das Vorhandensein adenoider Vegetationen, die eben¬
falls bereits seit Jahren Erscheinungen machten. Daß die adenoiden Vegetationen
diese Knochenveränderungen zur Folge haben, erklärt sich aus dem Einflüsse,
den sie auf den allgemeinen Ernährungszustand (Anämie, schlaffe Muskulatur)
haben. Nach ihrer Entfernung geht die Skoliose unter Anwendung von Mas¬
sage und Turnübungen zurück. Auch anderen nasalen Erkrankungen, die die
Respiration behindern, erkennt B. eine Rollo in der Ätiologie der geschilderten
Deformierungen zu.
Herr König ist der Meinung, daß der Einfluß der Rachitis nicht genügend
gewürdigt ist Er glaubt, daß die Behinderung der Atmung, wie sie die adenoiden
Vegetationen verursachen, nur dann zu den genannten Deformierungen fuhren
werde, wenn die Knochen abnorm weich sind.
Herr Hoffa bemerkt, daß in den Fällen, die als Grundlage der Becher¬
sehen Ausführungen dienten, Zeichen von Rachitis gerade mit Bestimmtheit aus¬
geschlossen werden konnten.
Medizin. Sektion der Schles. Gesellschaft f. vaterländische
Kultur.
Sitzung vom 14. November 1902.
A. Most demonstriert das Becken eines 15 Tage post partum an einer
akuten Osteomyelitis der Beckenpfanqe gestorbenen Kindes, welche einige Tage nach
der Geburt begonnen hatte. Im Eiter Streptokokken. Infektionsmodus ganz
dunkel, denn Mutter vollkommen gesund, auch Wochenbett ohne jede Störung,
Kind frei von Verletzungen, Haut- und Nabelaffektionen u. s. w.
Sitzung vom 21. November 1902.
Tietze demonstriert zwei exstirpierte Wurmfortsätze. Der erste stammte von
einem 3 Wöchentlichen Kinde, das mit einer seit 18 Stunden eingeklemmten rechts¬
seitigen Leistenhernie operiert wurde. Es lagen Coecum und der ziemlich lange
Proc. vermiformis vor, letzterer durch Taxisversuche so arg gequetscht, daß seine
Resektion notwendig erschien. Naht der Bruchpforte und des gesamten Bruch¬
bettes; Bruchsack wird nicht exstirpiert; Kollodium verband. Das sehr elende
Kind wird geheilt Fall 2 betraf eine Perityphlitisoperation bei drohender Per¬
foration.
Sitzung vom 12. Dezember 1902.
Lu dl off stellt 8 Glieder einer Familie vor, die an angeborenen Deformitäten
des Skeletts leiden, und demonstriert die Röntgenbilder. Der Vater hat einen
Defekt der Fibula, 2 Kinder (Knabe von 12 und Mädchen von 5 Jahren) an¬
geborene Luxation der linken Hüfte.
Schlittenheim stellt einen Fall von Hydrocephalus vor. 17jähriger Junge.
Lernte mit 11 Monaten gehen, kam mit 7 Jahren in die Schule, wo er gut lernte.
Seit dem zwölften Jahre ist er kränklich, indem er etwa alle Monate einmal
einen ca. 2 Tage dauernden Anfall von Kopfschmerzen und Erbrechen hatte.
Damals schon fiel der Mutter auf, daß sein Kopf auffallend groß wurde. Hin
und wieder krampfähnliche Zustände mit folgendem Schweißausbruch. Seit einem
Jahr langsame Abnahme der Sehkraft, welche vor */* Jahren zur totalen Er¬
blindung führte. Seither läßt Pat. zeitweise unter sich gehen. Untersuchung
ergibt abnorm große Schädelbildung; Nähte breit, klaffend, Fontanellen weit.
Überall Verknöcherung, nirgends Pulsation. Auffallende Schlafsucht; verminderte
Intelligenz, aber freies Sensorium. Beiderseits totale Optikusatrophie, Nystagmus
in Ruhe und bei Endstellungen, reflektorische Pupillenstarre. Beiderseits fehlender
Geruchssinn. Paresen von wechselnder Stärke und wechselndem Sitz einen Tag
im rechten, den anderen im linken Peroneusgebiet; gleichzeitig wechselt auch das
Auftreten des Babinsky sehen Reflexes. Im übrigen weder sensible, noch
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
motorische Störungen. Normale Reflexe. Incontinentia urinae et alvi. — Die
Annahme eines Tumors ist unwahrscheinlich wegen der langen Dauer der Affektion
und den intensiven Veränderungen am Schädel. S. nimmt chronischen Hydro-
cephalus an, verursacht durch ehr onischemeningi tische Veränderungen
mit Beteiligung der Plexus choroidei. Wechsel der motorischen Störungen
und Reflexe ist Ausdruck der Druckschwankungen. Die Lumbalpunktion ergab
sehr vermehrten Druck (330 mm), die Flüssigkeit war klar, 1007 spezifisches Ge¬
wicht, steril, enthielt eine Spur Albumen und einzelne rote Blutkörperchen. Die
Lumbalpunktion erzielte so wenig therapeutischen Effekt, wie eine antiluetische Kur.
Sitzung vom 30. Januar 1903.
A. Most demonstriert ein 9wöchentliches Kind mit offenbar intrauterinen
Belastungsdeformitäten der unteren Extremitäten. Links besteht Klumpfuß, das Knie¬
gelenk befindet sich in ausgesprochener Beugekontraktur, die Patella fehlt. Rechtß
steht der Fuß in Calcaneo-Valgus-Stellung, der Unterschenkel ist um 90° nach
außen rotiert, durch Rotationsbewegungen läßt sich die Tibia sogar etwas nach
vorn hin subluxieren; ebenso weist die abnorme, ausgiebige, seitliche Beweglichkeit
auf eine Lockerung der Kapselbänder des Kniegelenkes hin; auch hier Knie in
ausgesprochener Beugekontraktur, totales Fehlen der Patella. Eine weitere Anomalie
wiesen die Nägel der Hände auf: es handelte sich um angeborene Anonynchie
und Onychatrophie. Bemerkenswert war hierbei die Erblichkeit: von fünf
Geschwistern des Kindes sind vier mit gleichem Defekt der Fingernägel zur Welt
gekommen, der Vater leidet ebenfalls an angeborener Onychatrophie, und ebenso
dessen fünf Brüder und dessen Mutter. Anderweitige Mißbildungen sind in der
Familie unsterblich.
Sitzung vom 6. Februar 1903.
Bröer stellt 1. einen 7 jährigen Jungen vor, welcher durch die nach Beck -
Hacker ausgefuhrte Operation von seiner Eichelhypospadie geheilt wurde. Durch
einen, auf die hinter der Eichel liegende, punktförmige Harnröhrenmündung ge¬
setzten Schnitt wurde die Harnröhre am unteren Teile des Penis samt Schwell¬
körper freipräpariert, durch die vorher mit einem Trokart durchbohrte Eichel
hindurchgezogen und mit Seidenfäden fixiert. Primärer Verschluß der Hautwunde.
Verweilkatheter. Darreichung von Urotropin 1,0 2 mal täglich. Entfernung des
Katheters am 16. Tage. Urin wird in genügend starkem Strahl spontan gelassen.
Prophylaktisches Bougieren der neuen Harnröhrenmündung. Geheilt entlassen am
26. Tage nach der Operation.
2. Einen 13jährigen Knaben, welcher sich durch Aufspringen auf den Rand
einer Tonne eine Ruptur der Harnröhre zugezogen hatte. Pat. wurde 24 Stunden
nach der Verletzung aufgenommen, klagte über heftige Schmerzen in der Damm¬
gegend und Unmöglichkeit, den heftig drängenden Urin lassen zu können. Die
betroffene Stelle am Perineum wies nebst Blauverfärbung der Haut leichte
Schwellung und bei Druck lebhafte Schmerzempfindlichkeit auf. Bei starkem
Pressen entleert Pat. nur wenige Tropfen blutig gefärbten Urins. Vom Kathe¬
terismus wird abgesehen und sofort zur Operation geschritten. In Äthernarkose
Schnitt in der Raphe über die größte Vor Wölbung der perinealen Anschwellung.
Nach Freilegung der Verletzungsstelle zeigt sich die Harnröhre dicht unterhalb
des Bulbus total quer durchrissen. Einführung eines N61aton in den leicht auf¬
findbaren zentralen Stumpf. Nach Entleerung der Blase, welche perkutorisch
fast bis zum Nabel reichte, wird der Katheter durch den peripheren Stumpf heraus¬
geleitet und hier nach Dittel befestigt. Zirkuläre Naht der Harnröhrenstümpfe
über dem Katheter mit Seide. Tamponade der Wunde. Einige fixierende Haut¬
nähte. Verlauf fieberfrei. Blasenspülungen wegen leichter Cystitis mit 3%iger
Borsäure. Urotropin 1,0 3 mal täglich. Am 13. Tage ist der Katheter verstopft
und wird entfernt. Unmöglichkeit bei starkem Harndrang spontan Urin zu
lassen. Neueinführung des Katheters. Nach weiteren sechs Tagen endgültige
Entfernung desselben. Am 28. Tage post operationem mit gut geschlossener
Narbe und normal funktionierender Harnröhre entlassen.
Hepner spricht über Behandlung der Spina ventosa durch freie Autoplastik nach
Müller, ein Verfahren, das angängig ist bei Tuberkulose der Diaphysen, der
Metacarpen und Phalangen ohne Beteiligung der Gelenke und darin besteht, daß,
nach Exzision der erkrankten Knochen- und Weichteile, ein Stück der Ulna inklusive
des zugehörigen Periosts an Stelle des Defektes implantiert wird. H. stellt ein
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II. Aus Vereinen und Versammlungen.
221
11 monatliches nach dieser Methode operiertes (es wurden die Grundpbalanx des
fünften Fingers der linken Hand und der Metacarpus des fünften Fingers der
rechten Hand ersetzt) Kind vor, bei dem die Heilung trotz ausgedehnter tuber¬
kulöser Weichteilsabszesse primär erfolgte und die Funktion eine gute ist; Röntgen¬
bilder zeigen, daß die eingeheilten Knochen sich in guter Stellung befinden.
Lilienfeld stellt einen Fall von cavemösem Angiom der Finger bei einem
10jährigen, sonst gesunden Mädchen vor; die angeborene, in letzter Zeit stark
gewachsene Geschwulst wurde durch systematisch ausgeführte Injektionen von
Alkohol in das perivaskuläre Gewebe zum Schwinden gebracht. Der Sitz der
Geschwulst betraf den Mittel- und Ringfinger der rechten Hand.
Medizin. Gesellschaft der Stadt Basel.
Sitzung vom 16. Oktober 1902.
(Correspondenz - Blatt f. Schweizer Ärzte 1903 No. 8.)
Prof. E. Hagenbach-Burckhardt macht einige klinische Mitteilungen
über Kinder, die im Laufe des Jahres im Kinderspital verpflegt worden sind.
Er berichtet zunächst über einen Fall von paroxysmaler Hämoglobinurie. Es betraf
einen 7jährigen Knaben mit hereditärer Lues, welcher auf Kälteeinwirkung —
kalte Waschungen, Aufenthalt im Freien bei niedriger Temperatur — prompt und
regelmäßig von einem Anfall von Hämoglobinurie befallen wurde. Zu gleicher
Zeit mit diesem Blutbefund stellte sich Fieber, Brechen und Cyanose ein. Dem
blutigen Urin ging unmittelbar voraus Hämoglobinämie, d. h. Austreten des
Hämoglobins aus den roten Blutkörperchen und Rotfärbung des Serums. Dieselben
Anfälle konnten durch Abschnürung eines Fingers oder eines Armes hervor-
gerufen werden, wenn der abgeschnürte Körperteil in kaltes Wasser getaucht
und dann der Schlauch wieder entfernt wurde (Versuche von Ehrlich). Statt
der Hämoglobinurie trat in einem Fall Hämoglobinocholie auf. Die Zahl der
Blutkörperchen stieg im Laufe des Winters von l 1 /* Million auf über 6 Millionen,
der Hämoglobingehalt von 26 auf 70%. Die Behandlung bestand in einer Schmier¬
kur, Bettruhe, Ausschluß von Kälteeinwirkung und roborierender Kost; der
Pat. konnte geheilt vorgestellt werden.
Ferner stellte Hagenbachein 1%jähriges Mädchen mit Barlowscher Krankheit
vor. Dieselbe äußerte sich neben Zeichen von hämorrhagischer Diathese haupt¬
sächlich in periostalen und subperiostalen Blutungen im linken Oberschenkel;
durch eine größere Inzision wurde eine Menge von Blutgerinnseln entleert. Später
trat noch eine Fraktur am kranken Oberschenkel hinzu. Das Kind genaß bei
Änderung der Kost, wie sie vorgeschlagen wird für diese in der Schweiz bis jetzt
nur selten beobachtete Krankheit.
Dann besprach derselbe eine frische Spondylitis, die unter Erstickungsanfällen
rasch letal endete. Aus den keuchhustenartigen Anfällen und aus den Atmungs¬
beschwerden mußte ein Druck auf den Vagus und den Recurrens angenommen
und damit Bronchialdrüsentuberkulose und mit Wahrscheinlichkeit ein Abszeß
im hinteren Mediastinum diagnostiziert werden. Das bei der Autopsie erhaltene
und demonstrierte Präparat zeigte den Vagus und Recurrens eingebettet in
Bronchialdrüsentumoren; ein direkt vor der Wirbelsäule gelegener länglicher
Abszeß trug zur Vermehrung des intrathorakischen Druckes bei.
Schließlich wurde von H. noch referiert über eine sich über sieben Fälle
erstreckende Pemphigusepidemie im Kinderspital. Dieselbe ergab nach verschiedenen
Richtungen Abweichungen vom gewöhnlichen Verhalten dieser als Pemphigus
contagiosus neonatorum bezeichneten Krankheit. Sie dehnte sich, ausgehend von
einem 12 Tage alten Kinde auf sechs weitere Kinder aus, im gleichen Saale, die
im Alter standen von 8—15 Monaten, also müßte die Krankheit eher als Pemphigus
infantum bezeichnet werden. Solche Epidemien bei ältern Kindern sind noch
wenige beschrieben worden, wo wie in unserem Fall unzweifelhaft Pemphigus
vorlag. Dann bot die Epidemie'noch ein weiteres Interesse, daß auch Erwachsene
vom Kinde infiziert wurden. Ferner ist hervorzuheben, daß bei dem ersten
Kinde, wo die Blaseneruption eine sehr große war, die Efflorescenzen sich aus¬
dehnten auf Handteller und Fußsohlen. Deshalb wurde ganz im Anfang der
Fall als syphilitisch angesehen und erst der weitere Verlauf und die Übertragung
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
der harmlos sich zeigenden Krankheit auf sechs andere Kinder veranlagte, von
dieser Annahme mit Bestimmtheit abzugehen. Sämtliche Fälle verliefen unter
wenig Fieber, die einen rasch, die andern bis zur Dauer eines Monats günstig.
K. K. Gesellschaft der Ärzte in Wien.
Sitzung vom 19. Dez. 1902.
Dr. R. Neurath demonstriert ein 8 Wochen altes Kind mit heredo-syphilitischen
Knochenaffektionen von seltener Intensität und Multiplizität. Seit der Geburt
besteht Coryza syphilitica, seit 6 Wochen Schwellungen der Extremitätengelenke,
seit 3 Wochen ein typisches blasses, schmutziggraues Kolorit und andere Lues¬
symptome.
Die oberen Extremitäten zeigen eine starke Einschränkung ihrer aktiven
Beweglichkeit, die Schultergelenke zeigen geringe, das linke Ellbogengelenk eine
strarke spindelige, das rechte eine kaum angedeutete Schwellung; im linken
Ellbogengelenk besteht abnorme Beweglichkeit (Epiphysenlösung). Über dem
Handgelenk besteht beiderseits eine leichte Anschwellung. Die mittleren drei
Grundphalangen beider Hände zeigen syphilitische Phalangitis. An den unteren
Extremitäten besteht Schwellung beider Kniegelenke und ganz besonders eine
starke Verunstaltung beider Unterschenkel, indem dieselben in ihrer unteren
Hälfte sehr verdickt und bogenförmig (nach hinten konvex) gekrümmt erscheinen.
Hier über dem Sprunggelenk besteht ausgesprochene abnorme Beweglichkeit.
Röntgenbilder des Falles zeigen an den beteiligten Röhrenknochen starke
Aufhellung im Schatten der Diaphysenenden, Verwischtsein der Struktur und
ganz besonders das Fehlen der dunklen Markierung der Verknöcherungszone;
weiters starke periostale Auflagerungen, stärker ausgeprägt an den Diaphysen¬
enden als am Schafte. An manchen Knochen, wie an den unteren Enden der
Unterschenkel und am linken Humerus haben die Veränderungen zu einer be¬
sonders starken Einschmelzung des Diaphysenendes geführt.
Am Handskelett zeigen sich die charakteristischen Zeichen der Phalangitis
syphilitica, daneben aber auch starke Mitbeteiligung der Metakarpalknochen (teils
Ostitis, teils akute Atrophie). Vortr. weist noch auf das Fehlen der Krepitation
trotz sicherer Epiphysiolysis hin und erklärt dasselbe durch starke Erweichung
der Knochenenden.
Dr. J. Schwoner demonstriert einen Fall von Urticaria chron. pigmentosa bei
einem 2jährigen Kinde, das bis auf die Hauterkrankung bisher stets gesund war;
in den beiderseitigen Familien kam eine derartige Hautaffektion nicht vor. Bald
nach der Geburt zeigten sich die ersten Efflorescenzen, und trotz aller Therapie
kamen immer neue Schübe, bis sie seit etwa 9 Monaten immer seltener werden.
Das Kind zeigt an der behaarten Kopfhaut, an der Stirn und am Halse blasse,
gelbliche, wenig infiltrierte, xauthelasmaähnliche Efflorescenzen, an Stamm und
Extremitäten teils einzelnstehende, stecknadelkopfgroße, teils confluierende Plaques
von schmutzigbraunroter Farbe, über das Hautniveau ziemlich stark erhaben.
Hände, Füße und Gesteht beinahe vollständig frei.
Sitzung vom 16. Januar 1903.
Dr. R. Grünfeld stellt einen Fali von multiplen cartaliginären Exostosen vor bei
einem 10jährigen Knaben, in dessen Familie von einer ähnlichen Erkrankung
nichts bekannt ist Als das Kind 4 Jahre alt war, erschien der erste Tumor,
und zwar an einer Rippe, worauf auch an anderen Körperstellen sich schmerzlos
Auswüchse entwickelten. Seit dem 4. Lebensjahre blieb der Knabe auch im
Wachstum zurück, und jetzt ist an dem auch rachitische Zeichen aufweisenden
Kinde ein erhebliches Zurückbleiben in der Größe und im Körpergewicht zu
konstatieren. Man palpiert bei demselben eine große Anzahl von knochen¬
harten, unverschieblichen, Rippen, Sternum, Ellbogen, Fingern u. s. w. auf¬
sitzenden, von normalen Weich teilen bedeckten Tumoren. Außerdem entdeckt
man auf dem Radiogramme noch viele nicht palpable Exostosen, wie z. B. an
den Diaphysenenden der Röhrenknochen, wo auch hochgrad ige Deformitäten
der Epiphysenfugen und Epiphysen sichtbar sind. Schädel und Wirbelsäule sind
frei geblieben. Endlich ergibt die Messung, daß der linke Arm um 1 cm, das
rechte Bein um 2cm gegenüber der anderen Seite verkürzt sind, also eine
„gekreuzte“ Wachstumsstörung; die Verkürzung betrifft sämtliche beteiligten
Knochen.
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in. Kleine Mitteilungen.
223
III. Kleine Mitteilungen.
Ober Myegen, ein nmes Eiweißpräparat berichtet Privatdoz. Dr. R. 0. Neumann
(Kiel). Myogen wird aus Blutserum frisch geschlachteter Rinder in einfachster
Weise bereitet, und zwar so, daß sich das Eiweißmolekül nicht dabei verändert.
Myogen ist ein brännlichgraues, sehr feines, geruchloses Pulver, dessen Geschmack
an Leim erinnert. Es ist unlöslich in Wasser, quillt aber schon nach kurzer Zeit
beim Stehen mit Wasser auf. Mit Pepsin und Salzsäure zusammengebracht wird
es in der gleichen Zeit gelöst, wie Fleisch. Es läßt sich in Kaffee und Kakao,
in Suppen oder Bouillon verrührt nehmen, mit Fett oder Butter vermengt ver¬
liert es seinen Eigengeschmack. Angenehmer nehmen sich die von der Fabrik
hergestellten Kakes, die auch von Kindern ohne Widerwillen genommen wurden.
N. hat mit dem Puiver und den Kakes an sich selbst einen Stickstoff-Stoffwechsel-
versuch ausgeführt und zieht daraus folgende Schlüsse: Myogen und die Kakes
werden auch in größeren Mengen vom Organismus gut vertragen. Die Assimilation
ist ebenso günstig, wie beim Fleisch. Auch die Resorption ist ausgiebig. Die
Myogenkakes stellen ein höchst konzentriertes Nahrungsmittel aus ca. 20% Eiweiß,
50% Kohlehydraten und 10 % Fett dar.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 3.)
Unguent Credl bei Sepsis wandte vanZandt mit promptem Erfolg an; auch
bei schweren Fällen übte es hier rasch seine günstige Wirkung aus. Interessant
ist die Mitteilung, daß die Silberkur auch bei einem 8jährigen Knaben, der an
einer postdiphtheritischen Paralyse litt, sich bewährte; innerhalb 48 Stunden
nach der ersten Einreibung setzte die Besserung ein.
(The Hot Springs Medical Journal 1902 No. 8.)
Zur Behandlung der Stuhlverstopfung bei Kindern empfiehlt Dr. Goliner (Erfurt)
die in Natterers Fabrik pharmazeutischer Konfitüren in München hergestellten
„Abführtabletten für Kinder“, welche allen Anforderungen entsprechen,
die wir an eine rationelle Therapie der kindlichen Obstructio alvi stellen. Die
Tabletten bestehen im wesentlichen aus Fol. Sennae, Tartar, depur. und einigen
Geschmackskorrigentien. Die pharmakodynamischen Wirkungen beider Abführ¬
mittel setzen sich zu einem zuverlässigen Gesamteffekt zusammen, welcher die
Verstopfung prompt beseitigt. Man gibt kleinen Kindern vom zweiten Lebens¬
jahre ab morgens und abends 1 Tablette und wartet die Wirkung ab, welche
spätestens nach 2—3 Stunden eintritt; ältere Kinder vom zehnten Lebensjahre ab
nehmen 2 Tabletten. Der Erfolg zeigt sich in schmerzlosen leichten Entleerungen,
denen nach einigen Tagen normaler Stuhlgang folgt. Sollte letzterer nicht ein-
treten, so kann man die Tabletten noch einige Zeit lang geben, die sehr gut ver¬
tragen werden. (Medico 1902 No. 49.)
Ichthalbln wandte Dr. J. Marcuse (Mannheim) bei skrofulösen, anämischen
Kindern an. Die heruntergekommenen, ärmlichen Verhältnissen entstammenden
Kinder bekamen bald besseres Aussehen, ihr Allgemeinzustand hob sich zusehends,
das Körpergewicht stieg (innerhalb 4 Wochen von 1000—1500 g), hauptsächlich
infolge der appetitsteigernden Wirkung des Präparats. Man gibt Säuglingen
3 mal täglich 0,1—0,3 in Schleimsuppe. Zweckmäßig ist es bei Kindern, % Ffund
Tafelschokolade zn verreiben, 15 g Ichthalbin beizumischen und von dem Gemisch
3mal täglich einen abgestrichenen Teelöffel voll zu geben, so daß die Gesamt¬
menge in 8—10 Tagen aufgebraucht ist. Die Kinder verlangen von selbst danach.
(Die Therapie der Gegenwart, März 1903.)
Über Salocreol macht Dr. J. Gnezda (Berlin, v. Leydensche Klinik) Mit¬
teilung. Salocreol ist ein Präparat, in welchem die verschiedenen Phenole des
Buchenholzteers bezw. Kreosots insgesamt mit Sazliylsäure zu einem Ester ver¬
einigt sind. Es ist eine ölige, braune, fast geruchlose Flüssigkeit, fast unlöslich
in Wasser, leichtlöslich in Alkohol, Äther, Chloroform. Auf die Haut gebracht,
bringt es ein angenehm kühlendes Gefühl hervor und es wird resorbiert, ohne an
der Applikationsstelle dauernd zu färben oder Reizungen zu bewirken. Be-
pinselung bezw. Einreibung des Mittels wurde bei Rheumatismen, Erysipel
gemacht und hatte gute Erfolge. Besonders beeinflußt wurden aber akute und
chronische Lymphadenitiden, und G. kann über einen Fall berichten, in dem
skrofulöse Drüsen, die zwei Dezennien anhielten, in einer Woche fast voll-
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 5.
ständig zurückgingen. Bei Angina und Drüsenschwellungen nach Morbilli oder
Skarlatina verhütete die lokale Behandlung erst Abszeßbildung und endete mit
Volum Verringerung bis zur Norm. Salocreol wurde täglich in Dosen von 5—10 g
appliziert, bei Kindern in entsprechend geringeren.
(Deutsche Ärzte-Ztg. 1903 No. 4.)
IV. Monats-Chronik.
Hygiene scolaire en France. Un pas en avant dans la lütte contre la tuberculose.
Unter diesem Titel wird in der Zeitschrift „Tuberculosis“ März 1903 eine In¬
struktion betreffs in Frankreich erlassener schulhygienischer Vorschriften mit¬
geteilt.
Das Unterrichtsministerium in Frankreich hatte eine Kommission mit dem
Studium von Maßnahmen betraut, welche zur Verhütung der Weiter Verbreitung
der Tuberkulose in den öffentlichen Lehranstalten zu ergreifen wären.
Auf Grund des von dieser Kommission erstatteten Gutachtens hat der Unter¬
richtsminister verfügt:
1. In allen öffentlichen und privaten Alumnaten und Pensionsanstalten sind
Gesundheitslisten zu führen, in welche Gewicht, Größe und Brustumfang ein¬
zutragen sind. Diese Angaben sind 3 monatlich aufzunehmen und die Listen
durch den Anstaltsarzt aufzubewahren. Auch alle Krankheiten sind zu ver¬
zeichnen.
2. In allen Räumen sämtlicher Unterrichtsanstalten sind belehrende Plakate
über hygienische Vorschriften, namentlich über die zur Verhütung der Tuberkulose
nötigen Maßnahmen auszuhängen.
Gleichzeitig hat der Unterrichtsminister allen Schulvorständen eine Instruktion
zugehen lassen, welche Maßnahmen zur Tuberkulosebekämpfung vorschreibt, die
sich 1. auf die Unterrichtsräume, 2. auf die Schüler selbst beziehen.
Die auf die Räume bezüglichen Vorschriften erstrecken sich bis in die
Details auf die Gebäude, das Mauerwerk, die Fußböden, das Mobiliar, auf
infektionsverdächtige Bücher, auf Lüftung, Reinigung und Desinfektion, außerdem
in den Internaten auf Speisesäle, Schlafräume, Toiletten, Bäder und Aborte.
Die Vorschriften für das Personal verlangen Untersuchung und Femhaltung
von tuberkulösen Lehrern, Dienstboten und Schülern.
Sobald die oben bezeichneten Gesundheitslisten die mangelhafte Entwicklung
eines Schülers ergeben, ist derselbe genau zu untersuchen und die Familie zu
benachrichtigen.
Diese Vorschriften sind in Paris bereits in Kraft, und ist damit ihre Durch¬
führbarkeit erwiesen.
Die Schularztfrage beschäftigte am 24. Februar den mit dieser Angelegenheit
von der Berliner Stadtverordnetenversammlung betrauten Ausschuß. Vom Magistrat
war die Anstellung von 30 Ärzten gefordert worden, demgegenüber die Sozial¬
demokraten in einem Anträge Augustin und Genossen einen Mediziner für jede
der 260 Berliner Gemeindeschulen verlangten. Der Ausschuß wies den letzteren
Antrag schon wegen der finanziellen Schwierigkeiten, die seiner Durchführung
entgegenstehen, zurück und beschloß die Anstellung von 36 Schulärzten, denen
je ein Jahreseinkommen von 2000 Mk. gewährt werden soll. Ein Antrag, dieses
Einkommen auf 1600 Mk. zu bemessen und so die Vermehrung um sechs Stellen
ohne eine weitere Belastung des Schuletats zu ermöglichen, wurde abgelehnt, und
man beließ es bei dem in der Magistrats Vorlage geforderten Gehalt von 2000 Mk.
(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 10.)
Personalien: Zum Professor ernannt: Dr. L. Bruns in Hannover. — Die Venia
legendi für Kinderheilkunde erteilt Dr. E. Wieland in Basel. — Unser bisheriger
geschätzter Mitarbeiter, Privatdoz. Dr. med. et phil. R. O. Neumann, bis jetzt
1. Assistent am hygien. Institut in Kiel ernannt zum Abteilungsvorsteher
am staatl. Hygien. Institut in Hamburg.
Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzerin Sprottau. Verlag von Johann
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metzger & Wittigin Leipzig.
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Centralblatt für Kinderheilkunde.
Eine Monatsschrift für praktische Ärzte.
Unter Mitwirkung von
Db. C. BERLINER (Aachen), Db. ERN8T DEUTSCH (Budapest),
De. ALBR. DWORETZKY (Moskau), De. E. ENSLIN (Eblangen), Dibektob Db.
ESCHLE (Sinsheim), Pbop. Db. EVERSBUSCH (München), Db. G. FINDER (Chab-
lotthnbubg), Db. E. FLATAU (Wabschau), Pbiv.-Doz. Db. R. HECKER (München),
Db. LEO JACOBI (New Yob*), Pbop. Db. JOACHIMSTHAL (Beblin), Db. MAX
JOSEPH (Beblin), Db. G. KREBS (Hildesheim), Db. P. MAAS (Aachen), Db. K.
MENDEL (Beblin), Db. ADOLPH H. MEYER (Kopenhagen), Db. PLANTENGA
(Haag), Db.CARL SCHADE (Göttingen), Pbiv.-Doz. Db.E.SCHREIBER(Göttingbn),
De. SCHRIDDE (Eblangbn), Pbiv.-Doz. Db, H. STARCK (Heidblbebg), Db. SZYMA-
NOWSKI (Wabschau), Db. E.TOFF (Bbaila, Rumänien), Pbop. Db. VULPIUS (Heidel¬
berg), Db. H. WALBAUM (Kiel), Pbiv.-Doz. Db. ZIEGENSPECK (München) u. A.
herausgegeben von
Dr. med. Eugen Graetzer,
prakt. Arzt in Sprottau.
Vni Jahrgang. Juni 1903.
Nr. 6.
Inhalt.
I. Beferate.
Seite
Hecker, Die sogenannte Abhärtung der Kinder.225
Walter Krebs, Zur Frage der Abhärtung. . . ..226
0. Rommel, Zur Behandlung frühgeborener Kinder.227
H. Weil, Über die Bedeutung des Mekoniumpfropfes beim Neugeborenen 227
Francis Harbitz, Die „Lungenprobe“ und ihre Bedeutung bei legalen
Obduktionen von neugeborenen Kindern.228
Albin Haberda, Zur Frage des Beweiswertes der Lungenprobe . . . 228
F. Hitschmann und 0. Th. Lindenthal, Zur Frage der Verwertbarkeit
der Lungenschwimmprobe bei Keimgehalt der Uterushöhle .... 229
Krönig, Zur Frage der Verwertbarkeit der Lungenschwimmprobe bei
Keimgehalt der Uterushöhle. 229
Camerer, Zur Physiologie des Säuglingsalters.229
A. Adsersen, Gewichts- u. Längenkurven neugeborener Kinder 1891—1894 230
H. Neumann, Körpergewicht der Säuglinge nach sozialer Gruppierung . 230
Cataneo und Marinio, Über einige Hautsinnesfunktionen und den Raum¬
sinn im Kindesalter.231
Konrad Gregor, Untersuchungen über die Atembewegungen des Kindes 231
Enrico Mensi, Über Ursprung und Funktion der Hassalschen Körperchen 232
Theodor Panzer, Notiz über den Harn des menschlichen Fötus . . . 233
Anerkannt vorzüglichstes
Man acJjte auf den Mb men.
y IjifTerafun ..«jttMfa»
Mbrnn tttwrta H.HtfMQUll,4utinloh(Wurw«ti|j
Digitize
Fortsetzung des Inhaltes.
S. Jakobi, Über das Erscheinen von Typhusbazillen im Urin.23S
Richard Berner dt, Über Acetonurie bei Typhus abdominalis .... 233
Leo Schaps, Beiträge zur Lehre von der cyklischen Albuminurie . . . 234
Charles Herrman, A case of Paroxysmal Hemoglobinuria in a boy your
years old..234
Cornelia de Lange, Zur Kasuistik der Phosphaturie im Kindesalter . 235
Guida, Behandlung der Diabetes mellitus bei Kindern.235
Myron E. Fischer, Infantile Diabetes mellitus.236
Seelheim, Zwei Fälle von Diabetes mellitus im kindlichen Alter . . . 236
Lang, Über Glykosurie als Initialsymptom einer Schrumpfhiere .... 236
A. Caill6, Chronic parenchymatous nephritis in a child treated by renal
decapsulation (Edebohls’ Operation) . . *.. 237
Valvasori, Die Albumosurie bei einigen Kinderkrankheiten.237
F. Siegert, Albumosurie im Verlauf der Nephritis bei Diphtherie und
Scharlach und ihre prognostische Bedeutung ..238
O. Heubner, Bemerkungen zur Scharlach- und Diphtherieniere .... 238
P. N. K. Schwenk, Postdiphtherie Ocular Paralysis.239
L. C. Peter, Postdiphtherie Paralysis affecting the General Nervous System 239
C. L. Feit, Postdiphtherie Paralysis affecting the Ear and Throat . . . 239
W. M. Beaumont, Paralysis of the Accomodation an a posteriori view of
Diphtheria.240
R. Glatard, Die Nasendiphtherie.240
Erik E. Fab er, Die Todesursachen bei der Diphtherie.241
H. Eppinger, Die toxische Myolyse des Herzens bei Diphtheritis . . . 242
W. Gerl ach, Tod nach einer Antidiphtherieseruminjektion.242
v. Niessen, Diphtheriebazillen im Blute und im B eh rin g sehen Heilserum 243
P. Ehrlich, Bemerkungen zu dem Aufsatze von Dr. v. Niessen: Diph¬
theriebazillen im Blute und im Behringschen Heilserum.244
Pool Heiberg, Einige Bemerkungen zum Artikel Kassowitz’ über die
Resultate der Serumbehandlung bei Diphtherie.244
Kassowitz, Bemerkung zu den Bemerkungen von Heiberg.244
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Fortsetzung des Inhaltes.
Felix v. Szontagh, Die Mischinfektionen ............ 257
E. A. Dent, Konkurrierendes Scharlach- und Masernexanthem .... 257
Paul Moser, Über die Behandlung des Scharlachs mit einem Scharlach¬
streptokokkenserum .258
D. Pospischill, Mosers Scharlachstreptokokkenserum.259
P. Moser, Über Antistreptokokkenserum bei Scharlach.260
A. Baginsky, Bemerkungen zu dem vorstehenden Artikel P. Mosers . 260
H. Aronson, Bemerkungen zu dem Artikel des Herrn Dr. P. Moser . . 260
xx. Lj ogiuo »j , n.uuour|mrivviviwcuociuui uci uvuatiouu ...
Louis Fischer, Clinical Results with Antistreptococcus Serum in Scarlet
Fever.260
Rumpel, Die Behandlung des Scharlachs mit Rekonvaleszentenserum . . 261
Schoull, Die Phototherapie des Scharlachs.261
E. W. Saunders, Pilocarpine in the treatment of Scarlet fever .... 261
Everard, Fünfmal Scharlachfieber.262
Bertelsmann, Spontanluxation des linken Hüftgelenks im Verlaufe eines
Scharlachs.262
Karl Leiner, Über Wundscharlach bei Verbrennungen.268
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Kinderheilkunde.
Eine Monatsschrift für praktische Ärzte.
VIIL Jahrgang. 1. Juni 1903. No. 6.
I. Referate.
Hecker (München). Die sogenannte Abhärtung der Kinder.
(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 46.)
Auf Grund seiner Erfahrungen kommt H. zu folgenden Schlüssen:
Die heute in vielen, besonders gebildeten Kreisen übliche und
verbreitete Methode, kleine Kinder mittels Kaltwasserprozeduren
„systematisch“ abzuhärten, ist nicht nur unzweckmäßig, sondern häufig
geradezu gesundheitsschädlich.
Diese „systematische“ (d. h. schematische und kritiklose) Kalt¬
wasserabhärtung gewährt den Kindern nachweislich nicht nur keinen
Schutz vor den sogenannten Erkältungskrankheiten, sondern sie er¬
höht im Gegenteil geradezu die Empfänglichkeit für dieselben.
Sie führt daher häufig zu Schnupfen, Halsentzündungen, Bronchitis,
Lungenentzündung.
Sie kann außerdem zu folgenden Schädigungen führen:
Zu ausgesprochener, ja schwerster Anämie.
Zu Erkrankungen des Gesamtnervensystems, wie allgemeine Nervo¬
sität, Neurasthenie, Appetitlosigkeit; unruhiger Schlaf, nächtliches Auf¬
schreien; psychische Reizbarkeit mit auffallender Unruhe und Auf¬
regungszuständen; Veränderung des Charakters, Launenhaftigkeit,
Jähzorn, stilles Wesen u. s. w.
Zu akuten und chronisch rezidivierenden Darm- bezw. Dickdarm¬
katarrhen.
Sie erschwert den Ablauf aller der genannten, sowie auch anderer
zufälliger Erkrankungen, besonders des Keuchhustens.
Eine gewisse körperliche Abhärtung ist beim Kinde notwendig,
sie geschehe aber nach folgenden Grundsätzen:
1. Die Abhärtung sei nicht Selbstzweck, sondern sie habe immer
ihr eigentliches Ziel im Auge, die Wehrhaftmachung des Körpers
gegenüber den Angriffen aus der Natur. Also nicht lautloses Ertragen
von kalten Güssen werde erstrebt, sondern das Überwinden von Kälte,
Wärme, Nässe, Trockenheit, Zugluft, Wind u. s. w.
2. Dieses Ziel kann nur durch die Anwendung adäquater, i. e.
natürlicher Mittel erreicht werden. Solche Mittel sind:
a) Gewöhnung an die Luft des Zimmers. Zeitweilig Blo߬
legen, Gewährung des Bloßstrampelns im Schlaf unter Vermeidung
von sogenannten Schlafsäcken, Barfußlaufen. Nacktlaufen vor dem
Schlafengehen. Schlafen bei offenem Fenster nur im Hochsommer
und nur in Orten mit mildem Klima!
( Centralbl. f. Kinderhlkde. VIIL
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226
Centralblatt fitir Kinderheilkunde. No. 6.
b) Gewöhnung an die Luft im Freien. Vom zweiten Halb¬
jahr ab Ausfahren oder Ausgehen bei jeder Witterung, außer bei
Nordostwinden, großer Kälte, Schneestürmen u. s. w. Bei größeren
Kindern Luft- und Sonnenbäder im Sommer, Barfußlaufen.
c) Richtige Anpassung der Kleidung an Klima und Jahres¬
zeit. Kein bestimmtes „Regime“. Vorsicht in den Übergangszeiten
des Jahres. Keine Pelzverweichlichung im Winter. Womöglich freier
Hals. Nackte Beine nur im Sommer, bei mageren Kindern Vorsicht!
d) Gewöhnung an kühles Wasser. Dasselbe werde nicht
kälter, nicht häufiger und nicht früher angewandt, als sich mit dem
allgemeinen Wohlbefinden des Kindes verträgt, wobei zu beachten
ist, daß eventuelle Schädigungen zuweilen erst nach einiger Zeit sich
bemerkbar machen. Unangenehmes Empfinden mahnt zu sorgsamer
Beobachtung, wogegen scheinbar angenehmes Empfinden kein sicherer
Beweis für die Unschädlichkeit der Prozedur ist. Waschungen sind
den Übergießungen vorzuziehen und sollen, wenn sie den ganzen
Körper betreffen, nicht mehr als einmal täglich vorgenommen werden.
3. Jede Abhärtung geschehe allmählich und unmerklich, etwa so,
wie man sich in einen starken elektrischen Strom „hineinschleicht“.
4. Jede Abhärtung sei absolut individuell und berücksichtige
stets den jeweiligen Körperzustand, die Bedürfnisse und die Empfind¬
samkeit des Kindes. Es gibt kein bestimmtes Abhärtungs¬
schema.
5. Keinerlei Abhärtung (auch nicht die Luftabhärtung) beginne
zu früh. Säuglinge sind überhaupt nicht abzuhärten, sondern unter
allen Umständen warm zu halten.
6. Ohne vorangegangene ärztliche Untersuchung sollen bei Kindern,
speziell bei anämischen und nervösen, keinerlei Kaltwasserprozeduren
vorgenommen werden. Gr&tzer.
Walter Krebs. Zur Frage der Abhärtung.
(Aus der hydrotherap. Anstalt der kgl. Univers. in Berlin.)
(Berliner klin. Wochenschrift 1903 No. 7.)
K. wendet sich gegen Hecker, dem er allerdings bezüglich der
Nichtabhärtung der Säuglinge beistimmt, während er gegen dessen
Ablehnung der „systematischen“ Abhärtung der Kinder im all¬
gemeinen Bedenken geltend macht. K. möchte eine systematische
(natürlich verständig gehandhabte!) Abhärtung keineswegs eo ipso
schematisch und kritiklos nennen, denn ein System muß doch in jeder
Kur liegen, und es kommt nur darauf an, den Angehörigen das
Rationelle und Nichtrationelle bei der Durchführung einer solchen
Kur in zweckmäßiger Form auseinanderzusetzen. Aber selbst wenn
man die Schlußfolgerungen Heckers, die dieser aus seinen praktischen
Erfahrungen zieht, zugeben wollte, daß nämlich mild und streng ab¬
gehärtete Kinder wesentlich empfänglicher gegen Erkältungskrankheiten
sind, als nicht systematisch Abgehärtete, a. h. Nichtabgehärtete, so
sind doch zum mindesten zwei Einwürfe zu machen. Zunächst wird
doch in sehr vielen Fällen erst dann die Abhärtung begonnen, wenn
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I. Referate.
227
mehrfach überstandene Erkältungskrankheiten dazu auffordern, eine
methodische Wasserabhärtung an Stelle der bisherigen Verweichlichung
als Schutz gegen fernere Erkältungen treten zu lassen. Es ist dann
gar nicht zu sagen, ob diese mild oder streng abgehärteten Kinder
wegen oder trotz der Abhärtung anfällige waren; Angaben über
das Befinden vor der Abhärtungskur fehlen ja bei Hecker. Zweitens
werden jedenfalls die Eltern abgehärteter Kinder eher letztere jedem
Wetter, manchmal in mangelhafter Bekleidung, aussetzen, während
die Nichtabgehärteten bei schlechtem Wetter im Zimmer gehalten,
warm angezogen u. s. w. werden. Es sind also die Bedingungen für
einen Vergleich nicht anwendbar.
Das durch unzählige Beobachtungen bewiesene Faktum, daß
unter gleichen Voraussetzungen sich abgehärtete Kinder den
klimatischen Verhältnissen gegenüber widerstandsfähiger erweisen, als
Nichtabgehärtete, bleibt bestehen und rechtfertigt nach wie vor das
Vertrauen auf den Vorteil einer verständigen Abhärtungskur, zumal
nach K.s Ansicht auch die theoretischen Bedenken Heckers betreffs
des kalten Wassers nicht überzeugende Kraft besitzen. Gr ätz er.
0. Rommel (München). Zur Behandlung frühgeborener Kinder.
(Die medizin. Woche 1902 No. 48.)
Verf. empfiehlt seine Couveuse, deren Vorteil vor der Lionschen,
mit der sie äußerlich Ähnlichkeit hat, liegt: 1. in dem Fortfall eines
komplizierten Thermoregulators, 2. in der besseren Ventilation, 3. dem
bedeutend geringeren Verbrauch an Heizmaterial, 4. im Preise (175 Mk.
gegenüber 450 Mk.). Grätzer.
H. Weil. Über die Bedeutung des Mekoniumpfropfes beim
Neugeborenen.
(Aus der k. k. deutschen geburtshilfl. Univ.-Klinik in Prag.)
(Deutsche med- Wochenschrift 1902 No. 43.)
Cr am er hat dem Befunde eines Mekoniumpfropfes eine gewisse
Bedeutung auf forensischem Gebiete beimessen wollen. W. bestreitet
diese Bedeutung. Erstens ist dieser Befund viel zu selten — W.
fand ihn unter 500 Geburten einmal —, als daß der Gerichtsarzt in
die Läge kommen dürfte, ihn zu erheben. Aber selbst bei größerer
Häufigkeit wäre seine Bedeutung eine recht geringe; höchstens könnte
die Konstatierung des Pfropfes als ein unterstützendes Moment heran¬
gezogen werden, wenn andere, sicherere Befunde für die Annahme
vorliegen, daß das Kind bei der Geburt gelebt habe und erst post
partum zu Grunde gegangen sei. Mit der Feststellung der Tatsache,
daß ein Mekoniumpfropf fehlt, läßt sich überhaupt nichts anfangen.
Grätzer.
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228
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
Francis Harbitz (Norwege). Die „Lungenprobe“ und ihre
Bedeutung bei legalen Obduktionen von neugeborenen Kindern.
(Norsk Magazin for Lägevidenskab. 1902 November.)
1893 haben Bordas und Descoust, auf experimentelle Unter¬
suchungen gestützt, behauptet, daß Fäulnisgase sich nie in atelek-
tatischen Lungen, sondern nur in faulen Lungen von Kindern,
die geatmet haben, entwickeln können. Nach einer Darstellung der
Diskussionen über diesen Gegenstand referiert Verf. 11 legale Ob¬
duktionen von faulen Leichen neugeborener Kinder, um zu zeigen,
wie sich die Lungen verhalten einerseits in den Fällen, in welchen die
Kinder geatmet haben, andererseits in solchen, wo man annehmen
muß, daß die Lungen atelektatisch gewesen waren und das Kind tot¬
geboren. Unter den letzten Fällen waren mehrere, in welchen Fäulnis¬
gase konstatiert wurden.
Verf. hat 6 mal versucht, die Leichen von totgeborenen Kindern
eine verschiedene lange Zeit liegen zu lassen, um zu erfahren, wie
die Fäulnisprozesse sich verhalten; nur in einem Falle blieb
die eine Lunge schwimmfähig, in den übrigen trat keine Fäulnis
mit Gasebildung ein, sondern eine Liquefactio (Hinschmelzen) der
Lungen. Obgleich diese Experimente die Erfahrungen von Bordas
und Descoust bestätigen, meint Verf. doch, auf seine Obduktions¬
erfahrungen gestützt, daß man, wenn die Fäulnis sehr stark ist, nicht
mit Bestimmtheit entscheiden darf, ob die Lungen ursprünglich mit
Luft gefüllt waren oder nicht. Eine Fäulnis mit Gasebildung bedeutet
doch gewöhnlich, daß Atmung stattgefunden hat.
Verf. erwähnt demnächst die Möglichkeit, daß die Lungen luftleer
sind, trotzdem daß sie ursprünglich mit Atmungsluft gefüllt gewesen
sind. Er referiert vier Sektionsbefunde bei neugeborenen, gewöhnlich
zu früh geborenen Kindern, die geatmet haben, aber bei welchen die
Lungen atelektatisch gefunden wurden. Gewöhnlich findet man in
solchen Fällen, so auch in denen des Verfis, Luft (NB. nicht Fäulnis¬
gase!) im Magen und Dünndarm. Um solche Fälle zu erklären, verweist
Verf. hauptsächlich auf die Hypothese von Thomas (schwache Respi¬
ration bei zu früh geborenen Kindern mit gradueller Verminderung der
Respirationsbewegungen und sukzessiver Ausleerung der Luft durch
die Bronchien bei jeder Respiration) oder auf die von Ungar (Resorption
der Luft durch die Kapillaren, wenn die Respiration aufhört, während
die Zirkulation noch eine kurze Zeit dauert); eventuelle Flüssigkeit
in der Pleurahöhle kann doch vielleicht auch die Luft resorbieren
oder durch Kompression die Lungen luftleer machen.
Adolph H. Meyer (Kopenhagen).
Albin Haberda (Wien). Zur Frage des Beweiswertes der
Lungenprobe.
(Archiv f. Gynäkologie Bd. 67 Heft 1.)
Die Lungenschwimmprobe allein beweist nichts. Die sonstigen
Veränderungen der Lungen durch die Atmung, namentlich das Bild
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I. Referate.
229
der Luftflillung der Alveolen ist entscheidend. Die Ausdehnung der
Alveolen ist nach Luftatmung eine charakteristisch gleichmäßige, bei
faulen gasbildenden Lungen eine ungleichmäßige. Die Ausführungen
von Hitschmann und Lindenthal haben daher keine Bedeutung
für die praktische gerichtliche Medizin; auch deshalb nicht, weil die
Geburten, um die es sich hier handelt, in der Regel sehr in die
Länge gezogen werden und durch Kunsthilfe beendet werden müssen.
Marx (München).
F. Hitschmann und 0. Th. Lindenthal (Wien). Zur Frage der
Verwertbarkeit der Lungenschwimmprobe bei Keimgehalt der
Uterushöhle.
(Archiv f. Gynäkologie Bd. 66 Heft 2.)
Nach den Untersuchungen der Verff. kann ohne Luftatmung und
ohne Fäulnis die Lungenschwimmprobe, eventuell auch die Magen-
Darmschwimmprobe positiv ausfallen und zwar durch die Wirkung
anaerober Bazillen, welche Gas bilden. Marx (München).
Krönig (Leipzig). Zur Frage der Verwertbarkeit der Lungen¬
schwimmprobe bei Keimgehalt der Uterüshöhle.
(Monatschrift f. Geburtshilfe u. Gynäkologie Bd. 16 Heft 3.)
Verf., der im übrigen auf seine früheren Arbeiten über diesen
Gegenstand verweist, stimmt den Ausführungen von Hitschmann
und Lindenthal bei und ist gleichfalls der Ansicht, daß der positive
Ausfall der Lungenschwimmprobe allein weder bei frischen noch bei
faulen Früchten dafür beweisend ist, daß das Kind geatmet hat.
Nach früheren Untersuchungen K.s findet sich das gasbildendeanaerobe
Stäbchenbakterium, das auch Hitschmann und Lindenthal bei
ihren Fällen gefunden haben, normalerweise nicht im Scheidensekret
der Schwangeren; vielmehr geht es, in Reinkultur in die Scheide
Schwangerer gebracht, innerhalb kurzer Zeit dort zu Grunde.
Marx (München).
Camerer. Zur Physiologie des Säuglingsalters.
(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 56 Heft 4.)
Physiologisch-chemische Untersuchungen, deren zahlreiche Er¬
gebnisse nicht in Kürze wiedergegeben werden können. Sie betreffen
die Wachstumsyorgänge beim Säugling und beim Erwachsenen, die
Bedeutung der einzelnen Nahrungsstoffe für den Stoffwechsel, die
Zusammensetzung, speziell den Eiweißgehalt der Frauenmilch und
die Bildung, Prüfung und Verwendung physiologischer Mittelwerte.
Hecker (München).
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Google
230
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
A. Adsersen (Däne). Gewichts- und Längenkuryen
neugeborener Kinder 1891—1894.
(Nordiskt medicinskt Arkiv 1902 Abt. II Heft 4 No. 19.)
Verf. hat früher (Nordiskt medic. Arkiv 1896—1900) nach¬
gewiesen, daß die Schwankungen in den Gewichts- und Längenkurven
von neugeborenen Kindern Übereinstimmungen zeigen, sei es, daß die
Kinder am einen oder anderen Orte geboren sind, daß aber die
Schwankungen nicht immer gleichzeitig auftreten, sondern in der
kältesten Jahreszeit früher bei den Kindern, welche am weitesten
nach Westen, später bei denen, welche am weitesten nach Osten ge¬
boren sind, ein treten.
Verf. veröffentlicht jetzt Untersuchungen aus dem Entbindungs¬
hause zu Helsingfors und aus der Mariae-Gebäranstalt zu St. Peters¬
burg. Die Zahlen betreffen nur reife, in Helsingfors 1891—1894, in
St. Petersburg vom 20. Dezember 1890 bis zum 19. Dezember 1894
geborene Kinder. Das Resultat entspricht ganz besonders gut
den früheren Untersuchungen des Verf.s. Die Verschiebung der
Schwankungen geht — wie es aus den Tabellen hervorgeht — mit
einer so großen Regelmäßigkeit vor sich, daß man — ceteris paribus —
aus der Anzahl der geographischen Längengrade ziemlich genau den
Grad der Verschiebung vorauszuberechnen im stände ist. Verf. glaubt,
daß die Erforschung dieser Verhältnisse dazu beitragen kann, über
die jährliche Periodizität der menschlichen Stoffwechselprozesse und
die Verschiedenheiten derselben als eine Folge der Lage des Geburts¬
ortes aufzuklären. Adolph H. Meyer (Kopenhagen).
H. Neumann. Körpergewicht der Säuglinge nach sozialer
Gruppierung.
(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 56 Heft 5.)
Diagrammatische Darstellung der Resultate von 1002 Wägungen
an 665 Kindern aus dem Berliner Kinderschutzverein. Es soll das
durchschnittliche Körpergewicht von Säuglingen zur Anschauung ge¬
bracht werden, welche unter den Verhältnissen der Berliner Arbeiter¬
bevölkerung künstlich ernährt werden. Bis zum vierten Monat
stimmen die erhaltenen Zahlen mit den Durchschnittszahlen Garn erers
(für Flaschenkinder) überein, von da ab vermindert sich die Zahl
der Kinder, welche die Gewichte Camerers erreichen, erheblich in
zunehmendem Maße. Die Normalverhältnisse wurden durch folgende
Zahlen ausgedrückt: zweite Hälfte des 1. Monats 2000—4000 g,
2. Mon. 2500—5000 g, 3. Mon. 3000—55U0g, 4. Mon. 3500—6000 g,
5. Mon. 4000—7000 g, 6. Mon. 4500—7000 g, 7. Mon. 5000—7500 g,
8. Mon. 5000—8000 g, 9. Mon. 6000—8500 g, 10.—12. Mon. 6000 bis
8500g, 13.-15. Mon. 7000—10000g. Hecker (München)
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I. Referate.
2»1
Cataneo und Marinio. Über einige Hautsinnesfunktionen
und den Kaumsinn im Kindesalter.
(La Pediatria, 1902 No. 12.)
Die Untersuchungen wurden an 50 Kindern im Alter bis zu 7 Jahren
vorgenommen. Es ergab sich, daß der Berührungssinn auch bei
Kindern in den ersten Lebensjahren bereits sehr ausgesprochen war,
die Lokalisation genau und die Empfindungskreise scharf umschrieben.
Ebenso siud Drucksinn und Temperatursinn ausgebildet, desgleichen
Raumsinn und Muskelsinn. Es wurde ferner mittels Anwendung der
Elektrizität (Du Bois-Reymond scher Schlittenapperat) die Schmerz¬
empfindlichkeit geprüft und es ergab sich, daß dieselbe im Vergleich
zum Erwachsenen ungemein viel weniger ausgeprägt war. Verf. folgert
daraus, daß die Schmerzempfindung nichts Ursprüngliches ist, sondern
sich erst später herausdifferenziert und durch Erziehung und Erfahrung
weitergebildet wird. p.
Konrad Gregor (Breslau). Untersuchungen über die Atem¬
bewegungen des Kindes.
(Archiv f. Kinderheilkunde Bd. 35 Heft 3 u. 4.)
Wie bei der Entwicklung der Atmung in der Säugetierreihe
jener Moment, wo der Stützpunkt der Körperlast nach den hinteren
Extremitäten verlegt und die Schwererichtung eine cepbalocaudale
wird, von Bedeutung ist, so beobachten wir auch in der Atmungs¬
entwicklung im frühen Kindesalter einen Wendepunkt zu der Zeit,
wenn der Mensch seine Atmung der der veränderten Einwirkung der
Schwere auf die Bewegungen der Brusteingeweide entsprechend um¬
zugestalten beginnt. In beiden Fällen erfolgt eine Verlegung der
Schwererichtung in die cephalocaudale Linie; die ursprünglich vor¬
wiegende Zwerchfellsatmung wandelt sich allmählich in die thorakale
Atmung um. Die thorakale Atmung des Säuglings ist anfangs da¬
durch eingeschränkt, daß infolge der nahezu horizontalen Stellung
der oberen Brustapertur eine Thoraxerweiterung durch Hebung des
Schultergürtels und der oberen Rippen nicht möglich ist. Eine Zu¬
hilfenahme der Schultermuskulatur zu tieferen Inspirationen ist mecha¬
nisch wohl durchführbar (forcierte Atmung bei Pneumonie); da aber
die oberen Lungenlappen des Säuglings sich schon bei ruhig gestelltem
Thorax nahezu in Inspirationsstellung befinden und durch den inspi¬
ratorischen Zwerchfellszug bereits voll entfaltet werden, so kann eine
gemeinsame Aktion von abdomineller Atmung mit denjenigen Muskeln,
die wir beim Erwachsenen als die Auxillarmuskulatur der Atmung
bezeichnen, normalerweise nur in dem Sinne stattfinden, daß die eine
Atembewegung die andere vertritt. Ein unvermitteltes Hinzutreten
der Tätigkeit der sogenannten Auxiliarmuskeln zur Zwerchfellsatmung
muß zur Lungenblähung führen.
Die thorakale Atmung, d. h. die Möglichkeit der Rippenhebung,
wird vorbereitet durch Rippensenkung und Descensus der vorderen
Brustwand. Durch die Aufrichtung des Körpers gestaltet sich auch
die abdominelle Atmung günstiger: in der Rückenlage nämlich wirkt
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232 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
der Druck, den Leber, Magen und Darm gegen jede Abplattung des
Zwerchfells ausüben, im Sinne einer Abflachung der Atmung.
Die Arbeitsleistung der Atemmechanik, gemessen durch das
Volumen der in der Zeiteinheit pro 1 kg Körpergewicht eingeatmeten
Luftmenge, ist im Säuglingsalter fast doppelt so groß wie im späteren
Kindesalter. Der große Verbrauch an Atmungsarbeit ist zum Teil
bedingt durch die in der liegenden Stellung des Säuglings bei Steige¬
rung seines Luftverbrauches nur die Möglichkeit zu Gebote steht,
durch häufige flache Inspirationen ein Plus an Atemluft in die Lungen
einzuführen. Das ältere Kind dagegen, welches bereits gelernt hat,
die durch den cephalocaudalen Zug der Baucheingeweide unterstützte
Zwerchfellsatmung in zweckentsprechender Weise mit der thorakalen
Atmung zu kombinieren, hat dadurch in weitem Umfange die Mög¬
lichkeit, seine Atemtiefe zu variieren. Die Erwerbung einer größeren
Aktionsfreiheit durch Vertiefung der Atmung geht in der Zeit
vom 3.—7. Jahre vor sich.
G. photographierte Kinder verschiedener Altersklassen in den
einzelnen Atemstellungen (nach dem Vorgänge von C. Hasse) und
zwar auf eine Platte jedesmal tiefste Inspiration und tiefste Exspiration.
Es ergab sich, daß bei den meisten Mädchen die inspiratorische
Hebung der oberen Brustapertur merklich größer war als diejenige
des unteren Rippenrandes; bei 4 Kindern fand sogar eine Einziehung
dieser Region statt bei der tiefen Einatmung. Dies erklärt sich' da¬
durch, daß auch bei forcierter tiefer Atmung nicht die maximale
Entfaltung des Thorax mit Hilfe der Rippenheber äusgeführt wird,
wie es späterhin geschieht. Ferner ließ sich die für die reine
thorakale Atmung charakteristische Einziehung der Unterbauchgegend
nur ganz ausnahmsweise konstatieren. Bei Knaben ist die Brust¬
atmung im allgemeinen viel besser ausgebildet und die Inspirations¬
linie verläuft in allen Fällen vor der Exspirationslinie. Der Typus
der Atmung verändert sich zwischen dem 7. und 14. Lebensjahr nicht
mehr in charakteristischer Weise.
Eine Reihe von beigegebenen Photogrammen veranschaulicht die
Arbeit. Hecker (München).
EnriCO Mensi. Über Ursprung und Funktion der Hassal-
schen Körperchen.
(La Pediatria 1903 No. 2.)
Verf, hat die Thymusdrüse von Föten verschiedener Entwicklungs¬
stadien untersucht, um einen Beitrag zur Lösung der Frage von der
Bedeutung jener zuerst von Hassal beschriebenen, in der Mark¬
substanz und zwar vornehmlich um die Gefäße herum gelegenen
charakteristischen Körperchen zu haben. Vor dem vierten Monat
hat Verf. diese Gebilde nie gefunden; ihre größte Entwicklung er¬
reichen sie zur Zeit der Geburt. Verf. sieht in ihnen einen für die
Funktion des Organs wesentlichen Bestandteil. F.
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L Referate.
283
Theodor Panzer. Notiz über den Harn des menschlichen Fötus.
(Zeitschrift f. Heilkunde 1902 Heft 2.)
P. hatte Gelegenheit, bei einem Fötus mit fehlender Urethra den
Inhalt der stark gedehnten 210 ccm haltenden Harnblase zu unter¬
suchen. Der Harn hatte spezifisches Gewicht von 1008, reagierte
neutral. Das spärliche Sediment bestand aus zahlreichen Platten-
epithelien, Lymphkörperchen und Körnchen von kohlensaurem Calcium.
Zucker, Aceton, Indican fehlten, dagegen fanden sich Spuren coagulier-
baren Eiweißes. Neben reichlicher Menge von AUantoin, war das
Fehlen von Kreatinin am auffallendsten.
Der Gesamtstickstoff betrug 0,98 g, der Harnstoff 0,36 g, die
Harnsäure 0,21 g pro Liter Harn.
Die Untersuchungen dürften wohl die ersten in dieser Hinsicht
angestellten sein. Hugo Starck (Heidelberg).
S. Jakobi. Über das Erscheinen von Typhusbazillen im Urin.
(Deutsches Archiv f. kliu. Medizin, Bd. 72 Heft 5 u. 6.)
Unter 35 Typhuskranken wurden bei 7 Kranken Typhusbazillen
im Urin nachgewiesen (= 20°/ 0 )- Bei vier derselben fanden sich
Zylinder im Urin, unter diesen in 3 Fällen auch Blut.
In einem Falle enthielt der Urin auch nach Aufhören der
Nephritis noch Typhusbazillen.
Beim Auftreten der Bakteriurie waren stets auch schon Roseolen
vorhanden; eine schwere Komplikation scheint die Bakteriurie nicht
zu bedeuten, da alle Fälle geheilt wurden. Immerhin ist auch aus
diesen Untersuchungen zu entnehmen, daß dem Urin Typhuskranker
eine größere Aufmerksamkeit besonders hinsichtlich der Desinfektion
geschenkt werden muß, zumal da häufig auch noch in der Rekon¬
valeszenz virulente Typhusbazillen abgeschieden werden.
Hugo Starck (Heidelberg).
Richard Bernert. Über Acetonurie bei Typhus abdominalis.
(Zeitschrift f. Heilkunde 1902 Heft 2.)
B. suchte festzustellen, ob Acetonurie eine regelmäßige Begleit¬
erscheinung des Typhus abdominalis ist und solche die Diagnose er¬
leichtern kann. Auf Grund von 94 Typhusfällen, unter denen nur
in 11 (= ll,7°/o) Fällen Acetonurie nachzuweisen war, kommt B. zu
dem Schluß, daß dieselbe für Typhus nicht diagnostisch ver¬
wertet werden kann, sondern eher für Autointoxikation spricht:
Tritt im Verlauf eines Typhus Acetonurie auf, so dauert dieselbe in
der Regel auch in der Deferveszenzperiode nach, wahrscheinlich als
Folge der Unterernährung. Allerdings kann die Unterernährung nicht
als einzig auslösende Ursache für die Bildung von Aceton gelten, da
sonst dessen Auftreten häufiger beobachtet werden müßte.
Hugo Starck (Heidelberg)
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234
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
Leo Schöps. Beiträge zur Lehre von der cyklischen
Albuminurie.
(Archiv f. Kinderheilkunde Bd. 35 Heft 1 u. 2.)
Bei der cyklischen Albuminurie hält die Eiweißausscheidung eine
gewisse Regel inne, z. B. so, daß der Nachtharn kein Albumen ent¬
hält, im Tagharn aber sich solches in wechselnder Menge nachweisen
läßt, während gegen Abend das Albumen im Harn wieder verschwindet.
Fast alle Fälle dieser Erkrankung finden sich bei Individuen im
Alter von 5—15 Jahren, und zwar werden Mädchen 4mal so häufig
davon betroffen wie Knaben (Ursache davon vielleicht die bei jenen
so häufige Cystitis, die sich zuweilen vielleicht zu aufsteigender Nephritis
entwickelt).
Nach ihrem Allgemeinzustand sind die betreffenden Pat. fast durch¬
wegs blasse, grazil gebaute Kinder mit dürftiger Muskulatur und
ebensolchem Unterhautfettgewebe. Ein großer Teil leidet an Ob¬
stipation, sowie an häufigen Entzündungen der Rachenmandel und
Rachen wand. Die subjektiven Klagen bestehen in Kopfschmerzen,
Appetitlosigkeit, Müdigkeit, öfter Übelkeit, welche sich bis zum Er¬
brechen steigern kann, Herzklopfen und allerhand Schmerzen, be¬
sonders Seitenstechen.
Sehr häufig sind pathologische Erscheinungen von Seite des
Herzens wie Dikrotie des Pulses, hebender Spitzenstoß, frequente
Herztätigkeit, wechselnde Arythmie des Pulses, Verbreiterung der
Herzdämpfung nach rechts und links und zumeist Geräusche zugleich
mit akzentuiertem zweiten Pulmonalton. Alle diese Erscheinungen
wechseln sehr an Intensität und auch an Qualität, was gegen einen
organischen Herzfehler spricht. Dilative Herzschwäche wurde nicht
beobachtet.
Die Prognose ist quoad vitam gut, quoad sanitatem aber schlecht;
die betreffenden Kinder zeigen noch nach vielen Jahren dieselben
Erscheinungen wie früher.
Auffallend ist das familiäre Auftreten der cyklischen Albuminurie.
S. konstatiert dasselbe 5 mal.
Über die Ätiologie ergibt sich wenig Positives. In. der Mehrzahl
der Fälle sind Infektionskrankheiten vorausgegangen. Sehr wahr¬
scheinlich ist ein Zusammenhang zwischen der cyklischen Albuminurie
und pathologischen Zuständen am Herzen, wobei diese als die primäre
Störung aufzufassen sind. Hecker (Müncheu).
Charles Herrman. A case of Paroxysmal Hemoglobinuria
in a boy your years old.
(Archives of Pediatrics, Februar 1903.)
Im Kindesalter kommt die paroxysmale Hämoglobinurie selten
vor. Es sind nur einige 20 Fälle in der Literatur beschrieben
worden. H. schildert seinen Pat., einen 4jährigen Knaben, der als
Säugling an kongenitaler Syphilis gelitten hatte. Die Anfälle werden
in der Regel des Morgens gegen 10 Uhr beobachtet. Das Kind wird
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I. Referate.
285
reizbar, gähnt, klagt über Kopfweh und bekommt einen Schüttelfrost.
Bleich, mit blauen Lippen und mormorierter Haut an den Beinen,
klagt er über Müdigkeit, legt sich hin und verfällt in einen Schlaf, wobei
die Körperwärme ansteigt. Eine halbe Stunde später wacht er auf,
und nun geht der braunrot gefärbte Ham ab. Danach stellt sich
Wohlbefinden ein. Die nachfolgende Entleerung liefert einen leicht
gefärbten, an Uraten reichen Urin. Der ganze Anfall dauert 1 bis
U/j Stunden, und wird durch Kälte angeblich nicht hervorgerufen.
Der Knabe wurde antiluetisch mit Jodkalium und Quecksilber
behandelt, und die Anfälle kehrten erst seltener wieder, um dann
einige Zeit lang gänzlich auszubleiben. Die früher vergrößerte Milz
ging auf ihre normalen Maße zurück. Da man in der Hälfte aller
Fälle Lues in der Anamnese findet, empfiehlt sich stets ein Versuch
mit antisyphilitischen Mitteln. Verf. gibt mit Vorliebe Protojoduretum
Hydrargyri in Dosen von 3—6 Milligramm, 3mal täglich während
5 Tagen, um dann auszusetzen und Ferrum peptonatum 5 Tage lang
zu geben. Die Anfälle werden dadurch gemildert und kehren seltener
wieder. Bei Verdacht auf Malaria ist natürlich Chinin indiziert.
Sonst verordne man Ruhe und Wärme, eine blande Diät, namentlich
reichlich Milch und Wasser, bei stark saurem Harn Alkalien, bei
schwächlichen Kindern Lebertran. Warme Bäder mit nachfolgender
Abreibung scheinen günstig zu wirken. Der beginnende Anfall ließe
sich vielleicht durch eine heißes Senfbad coupieren.
Auf Schutz vor Erkältung ist großes Gewicht zu legen. An
kalten Wintertagen bleibt das Kind am besten im Zimmer. Kalte
Bäder sind ebenfalls zu vermeiden. Die Prognose ist gut quoad
vitam; immerhin denke man an die Möglichkeit einer hinzutretenden
wirklichen Nephritis. Leo Jacobi (New York).
Cornelia de Lange. Zur Kasuistik der Phosphaturie im
Kindesalter.
(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 57 Heft 1.)
Phosphaturie bei einem 7 Monate alten Kinde. Die Erscheinung,
die nach Soetbeer auf vermehrter Kalkausscheidung mit dem Urin und
verminderter Kalkausscheidung mit den Fäces beruht, war hier wahr¬
scheinlich veranlaßt durch eine Störung einer Darmfunktion infolge
von Oxiuren. Letztere können Darmkatarrh erzeugen und unter Um¬
ständen die ganze Dickdarmschleimhaut pelzartig besetzen.
Hecker (München).
Gllida. Behandlung der Diabetes mellitus bei Kindern.
(Arch. di patologia e clinica infantile 1902 No. 4.)
Verf. rät, Säuglingen, bei denen Diabetes festgestellt ist (? Ref.)
mehrere Male täglich 100 g alkalisches Mineralwasser, z. B. Vichy
mit Zusatz von 0,1 Natronbikarbonat zu geben. Älteren Kindern
wird man hauptsächlich Milch geben; dazu geringe Mengen Kartoffeln,
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286 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
Brot und hin und wieder ein Ei. Daneben geringe Dosen Marsala¬
wein mit alkalischem Wasser vermischt; im Winter Lebertran.
P.
Myron E. Fischer. Infantile Diabetes mellitus.
(American Medicine 1902 13. Dezember.)
Diabetes mellitus im Kindesalter ist selten genug, um kasuistische
Mitteilungen zu rechtfertigen. Dieser Fall betrifft ein 3 l j 2 j \ähriges
Mädchen. Großes Durst, unstillbarer Hunger, Polyurie und reizbare
Schwäche des Nervensystems waren die Symptome. Der Urin enthielt
sehr viel Zucker. Trotz der angemessenen Diätverodnung verfiel das
Kind #> rasch und ging innerhalb 3 Wochen im Koma zu Grunde.
Ätiologische Anhaltspunkte bietet möglicherweise der Umstand,
daß 2 Jahre vorher das Kind an heftigen Krämpfen gelitten hatte,
welche eine rechtsseitige Hemiplegie hinterließen. Diese Lähmung
ging nur teilweise zurück; auch wiederholten sich mehrmals später
die Konvulsionen. Leo Jacobi (New York).
Seelheim (Brünen). Zwei Fälle von Diabetes mellitus im
kindlichen Alter.
(Der Kinderarzt 1903 No. 4.)
14jähriger und 3 ^jähriger Knabe. Gesamtdauer ad exitum im
ersten Falle 7—8 Monate, im zweiten Falle ca. 8 Wochen. Beiden
Fällen gemeinsam das Fehlen übergroßer Eßbegier, die auffallende
Veränderung des Gesichtsausdruckes (unbeweglich, ergeben), die all¬
mähliche Abnahme des Durstes und der Urinmenge bei fast un¬
verändertem Prozentgehalt an Zucker. Beide Eltern streng solide;
in beiden Familien keine erblichen organischen Krankheiten, i. sp.
Diabetes, wohl aber nervöse Störungen bei verschiedenen Gliedern.
Grötzer.
Lang (Karlsbad). Über Glykosurie als Initialsymptom einer
Schrumpfniere.
(Die Medizin. Woche 1902 No. 46.)
L. beschreibt einige Fälle, welche zeigen, daß Glykosurie als
diagnostisch wertvolles Symptom einer beginnenden Schrumpfniere
auftreten kann zu einer Zeit, wo alle anderen Symptome fehlen; ein©
geringfügige Glykosurie, die durch Kohlehydratzufuhr nicht oder nur
unwesentlich beeinflußt wird, verschwindet nach relativ kurzem Be¬
stände, um den klinischen Symptomen einer echten Schrumpfniere
Platz zu machen.
Die Beobachtungen betrafen eine 63jährige und eine 53jährige
Person, sowie ein 11 jähriges Kind.
11 jähriger Knabe. Mach Angabe der Mutter klagte der Knabe seit mehreren
Wochen über langdauernde Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit. Anamnese ohne
Belang bis auf einen vor 3 Jahren durchgemachten Scharlach. Seither soll der
Knabe stets gesund gewesen sein. Die Untersuchung ergab durchaus normale
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I. Referate.
$37
Verhältnisse, namentlich am Herzen weder perkutorisch noch auskultatorisch nach¬
weisbare Veränderungen. Die Untersuchung des in 24 Stunden entleerten Harnes
ergab folgendes Resultat: Harnmenge 1660 cm 8 , spezifisches Gewicht 1016, Eiweiß
negativ, deutliche Spuren Zucker, mikroskopisch keine Abnormität. Trotz ein¬
dringlicher Mahnung, sich von Zeit zu Zeit vorzustellen, sah L. den Knaben erst
nach 8 Monaten wieder, als sich neue Beschwerden eingestellt hatten. Er klagte
über Kurzatmigkeit beim Treppen- und Bergsteigen, sowie beim Laufen. Objektiv
ließ sich nur eine Vergrößerung der Herzdämpfung und akzentuierter zweiter
Aortenton feststellen. Die Harnuntersuchung ergab geringe Spuren von Albumen
(deutliche Opaleszenz), kein Zucker (bei frei gewählter gemischter Kost), mikro¬
skopisch einzelne hyaline und mit einzelnen Leukocyten besetzte Zylinder. Im
Laufe der weiteren Untersuchung war niemals Zucker aufzufinden, hingegen stets
Albumen und Zylinder. Gr ätz er.
A. Caille. Chronic parenchymatous nephritis in a child
treated by renal decapsulation (Edebohls’ Operation).
(Archives of Pediatrics, Oktober 1902.)
Die operative Behandlung chronischer Nephritiden rührt von
Edebohls (New York) her, dessen Methode in der Entfernung der
bindegewebigen Nierenkapsel besteht. Dadurch kommt das Nieren¬
gewebe mit der sehr gefäßreichen Fettkapsel in unmittelbare Be¬
rührung, und es bilden sich alsbald zahlreiche Anastomosen zwischen
den beiden Gefäßbezirken. Das Blut wird nun aus der überfüllten
Niere in die neuen Bahnen geleitet und das kranke Organ einiger¬
maßen entlastet. Edebohls hat mit seiner Methode gute und perma¬
nente Erfolge erzielt
Der von C. mitgeteilte Fall betrifft ein 5jähriges Mädchen mit
chronischer parenchymatöser Nephritis nach Masern. Die Operation
wurde yon Dr. Edebohls ausgeführt: beide fibröse Nierenkapseln
wurden entfernt. Die Heilung ist zur Zeit noch keine vollständige,
doch geht es dem Kinde ganz gut, und ein dauernder Erfolg ist wohl
in Aussicht zu stellen. Leo Jacobi (New York).
Valvasori. Die Albumosurie bei einigen Kinderkrankheiten.
(La Pediatria 1902 No. 8.)
Verf. kommt auf Grund seiner Beobachtungen zu folgenden Er¬
gebnissen:
Bei Erkrankungen entzündlichen Charakters (Darmkatarrh, Bron¬
chialkatarrh, Bronchitis, Bronchopneumonie) zeigt die Zunahme der
Albumo8urie eine Ausbreitung und Fortschreiten, die Abnahme der
Albumosurie einen Rückgang des Krankheitsprozesses an. Bis zu
einem gewissen Punkt kann man auch aus dem Grade der Albumosurie
einen Rückschluß machen auf Gutartigkeit bezw. Schwere der Er¬
krankung. Einen noch höheren Wert hat die Untersuchung auf
Albumosurie bei eitrigen Prozessen (Pleuritis, Leberabszeß, Gehirn¬
abszeß); denn je größer die Virulenz der Eiterungen ist, je mehr der
Eitererguß unter Zerstörung der umgebenden Gewebe sich ausdehnt,
desto stärker ist die Reaktion des Urins auf Albumose. Mit dem
Verschwinden des Eiters schwindet auch die Albumosurie.
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236 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
Bei den spezifischen Entzündungen (Tuberkulose) ist Albumose
im Harn ein häufiges Vorkommnis; die Albumosurie ist geringer bei
den lokalisierten Formen, stärker bei der allgemeinen Form der
Tuberkulose und überall da, wo Eiter gebildet wird. Sie steht in
keinem Verhältnis zur Höhe der Körpertemperatur. Bei Ileotyphus
und Varicellen findet sich Albumosurie fast stets; bei Chorea ist sie
bisweilen für kurze Zeit vorhanden.
Bei all den angeführten Krankheiten findet sich niemals im Urin
die sogenannte Hemialbumose oder Propepton. F.
F. Siegert (Straßburg). Albumosurie im Verlauf der Nephritis
bei Diphtherie und Scharlach und ihre prognostische Bedeutung.
(Monatsschrift f. Kinderheilkunde, Dezember 1902.)
Seit 8 Jahren hat S. im Verlaufe der akuten parenchymatösen
Nephritis gar nicht selten die hochgradige Albuminurie plötzlich von
starker Albumosurie kompliziert gesehen, und fast stets war damit
der Beginn rascher Heilung der Nephritis eingeleitet.
An Stelle des aus dem Essbachschen (Pikrinsäure), wieSpiegler-
schen (Gerbsäure) Reagens ausfallenden dichten Niederschlages tritt
ein schmieriger, der Wand oft zäh anhaftender Niederschlag in der
gänzlich getrübten Reagensflüssigkeit. Immer ist der Niederschlag
dabei erheblich vermindert. Beim Erhitzen des mit Essigsäure schwach
angesäuerten Harns tritt schon bei ca. 60° eine intensive Trübung
ein, um so intensiver, ja vorsichtiger erwärmt wird, in der Kälte noch
zunehmend. Beim Erhitzen auf 100° fällt das Albumin aus der
wieder klaren Flüssigkeit aus, die beim Erkalten aufs neue sich
trübt. Filtriert man den kochenden Harn auf heißem Filter, so trübt
sich das Filtrat stark beim Erkalten und wird bei erneutem Kochen
fast klar. Auf Pikrinsäure (Essbachs Reagens), wie] Gerbsäure
(Spieglers Reagens) erfolgt intensive Trübung in der Kälte, welche
dauert, beim Erhitzen aber fast verschwindet, beim Erkalten sofort
wiederkehrt. Auf Übersättigung des essigsauren Harns mit kon¬
zentrierter Kochsalzlösung, wie auf Zusatz von Ferrocyankali er¬
folgt Trübung. Millon, Molisch, Xanthoproteinreaktion positiv, bei
Biuretreaktion violettrote Färbung.
Die dauernde Trübung des Essbachschen, wie Spieglerschen
Reagens, das Auftreten derselben beim Erhitzen, das Schwinden beim
Kochen und verstärkte Wiederauftreten in der Kälte lassen die
Albumosurie trotz gleichzeitiger starker Albuminurie nicht übersehen.
Dieselbe gibt, und das ist für den Praktiker das Wichtigste, meist
eine gute Prognose; Ablauf der Nephritis in kurzer Zeit.
Grätzer.
0. Heilbner. Bemerkungen zur Scharlach- und Diphtherieniere.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 4.)
Mit einem neuen, etwas umständlichen Verfahren untersuchte H.
vorläufig 2 Fälle, je einen Scharlach- und einen Diphtheriefall, und
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L Referate.
239
verglich mit den so gewonnenen Erfahrungen Präparate von je einem
früher untersuchten Falle. Die Zahl der Fälle ist so gering, weil
H. nur ganz reine untersuchen wollte, von denen man voraussetzen
durfte, daß eben nur das Scharlachvirus oder das Diphtheriegift die
Erkrankung der Niere bedingt hatte.
Die Resultate der Untersuchungen waren nun folgende: Bei den
zwei Scharlachfällen handelte es sich um eine ganz exquisit hämor¬
rhagische Erkrankung mit ganz vorwiegender Beteiligung der Glomeruli,
und erst sekundärer Erkrankung der Nierenepithelien, und zwar in
der Hauptsache einer Degeneration und klumpigen Zusammensinterung
mit dem ergossenen Blute in den ersten, direkt an die Glomeruli
anstoßenden Abschnitten der gewundenen Kanäle erster Ordnung.
Es steht also diese Erkrankung der Nieren, die ganz vorwiegend und
primär den Gefäßanteil der Nierensubstanz betrifft, in ganz gutem
Einklang mit den klinischen Erscheinungen der Scharlachnephritis,
die sich ja durch ihren regelmäßig hämorrhagischen Charakter sehr
deutlich zu erkennen gibt.
Ganz anders die Diphtherieniere: Blutungen fehlen zwar auch
hier nicht ganz, sie waren aber nirgends an den Glomerulis und in
den gewundenen Kanülen anzutreffen, vielmehr nur in vereinzelten
geraden Kanälen. Dagegen ist der Diphtherieniere in den von H.
untersuchten Fällen die primäre Degeneration der Nierenepthelien
eigen. Diese trifft aber in keinem der beiden Fälle das Gesamt¬
kanalsystem, sondern immer nur einzelne seiner Abschnitte. Die Be¬
funde stimmen insofern mit den Resultaten der klinischen Untersuchung
überein, als auch während des Lebens die hämorrhagische Beschaffen¬
heit des Urins gänzlich fehlte und dafür nur abgestoßene Epithelien-
zylinder und Leukocyten nachweisbar waren. Die beiden Diphtherie-
fälle waren Erkrankungen an reiner Diphtheria gravissima, ohne
Komplikationen seitens der Bronchien und Lungen. Gr&tzer*
P, N. K. Schwenk. Postdiphtheric Ocular Paralysis.
L. C. Peter. Postdiphtheric Paralysis affeeting the general
Nervous System.
C. L. Feit. Postdiphtheric Paralysis affeeting the Ear and
Throat.
(Medical News, den 14. Februar 1903.)
Unter allen akuten Infektionskrankheiten führt die Diphtherie
am häufigsten zu Augenmuskellähmungen, und unter diesen ist Lähmung
der Ciliarmuskeln die gewöhnlichste. In der Regel sind beide Augen
affiziert. Die Lähmung tritt 2—6 Wochen nach der Grundkrankheit
auf und schwindet innerhalb des gleichen Zeitraums. Kinder erholen
sich rascher als Erwachsene. Der Schaden wird durch gestörtes
Sehen in der Nähe angezeigt. Von den äußeren Augenmuskeln sind
die Recti extern! besonders häufig gelähmt, doch dauert in diesem
Falle die Paralyse eine kurze Zeit. Öfters findet man nur eine Parese.
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240 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
Sehr wahrscheinlich ist die Affektion eine periphere, wofür die sym¬
metrische Verteilung und die freibleibenden Pupillen deutlich sprechen.
Nach P. steht die Häufigkeit der diphtheritischen Paralysen in
einem mehr oder weniger direkten Verhältnis zur Schwere der all¬
gemeinen Infektion. Nasendiphtherie prädisponiert im hohen Grade
zu lokalen und allgemeinen Lähmungen. Mit Ausnahme der Herz-
und Respirationslähmungen, geben die übrigen eine gute Prognose
ab. Frühzeitige Einspritzung von Antitoxin bietet einen großen
Schutz gegen Paralysen. Höchst wichtig in prophylaktischer Hinsicht
ist demnächst absolute Rühe während des gesamten Verlaufes der
Diphtherie, Bei eingetretener Lähmung sind Ruhe, Massage, der
galvanische Strom, Eisen und Strychnin unsere Hauptstützen.
Der weiche Gaumen liefert den klassischen Sitz der diphtheri¬
tischen Lähmung. Die Kaumuskeln werden sehr selten befallen, und
dasselbe gilt vom Ohre. F. hat lediglich zwei Berichte von Taubheit
nach Diphtherie auffinden können. Meist kommt es zur Heilung,
namentlich unter zweckmäßiger Therapie. Strychnin ist sehr wertvoll;
daneben durch Elektrizität Massage, Bäder und Bettruhe die geeigneten
Mittel. Leo Jacobi (New York).
W. NI. Beaumönt. Paralysis of the Accomodation an a
posteriori view of Diphtheria.
(The Bristol medico-chirurgical Journal, September 1902 S. 213.)
B. geht von dem Standpunkt aus, daß alle Halsaffektionen, denen
Akkommodation8störungen folgen, diphtherische sind. Diese Störungen
treten nach schweren und leichten Fällen auf. Die Diagnose der
Diphtherie ist in den Fällen, wo Membranen fehlen, ohne Nachweis
der Bazillen nicht zu führen. Es hatte somit Interesse, auf Grund
einer Statistik von Akkommodationsstörungen zu untersuchen, wie oft
die Diphtherie übersehen wird. Von 33 Fällen von Akkommodations¬
störungen war in 14 Fällen (58°/ 0 ) die Diphtherie vorher diagnostiziert.
Von diesen 14 waren allerdings nur fünf Fälle von Ärzten untersucht
worden. Schreiber (Göttingen)
R. Glatard. Die Nasendiphtherie.
(Inaugural-Disaert Paris 1902.)
Die zahlreichen Untersuchungen, welche G. mit Bezug auf diese
Erkrankungsform angestellt hat, haben erwiesen, daß dieselbe sehr
häufig vorkommt und oft verkannt wird. Die reinen Diphtherieformen
geben eine gute Prognose, während die Streptokokkendiphtherien als
bösartig anzusehen sind.
Die nasale Lokalisation des Löfflerschen Bazillus kann allein
für sich Vorkommen oder als Folge bezw. Anfang einer diphtheritischen
Angina. Mitunter ist eine Tendenz zu chronischem Verlaufe bemerk¬
bar und es entwickelt sich eine sogenannte Rhinitis fibrinosa, welche
aber wegen ihrer Ansteckungsfähigkeit von besonderer Wichtigkeit ist
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I. Referate.
241
Bezüglich der Behandlung ist die Anwendung des Diphtherie¬
serums in erster Reihe zu nennen, doch darf die lokale antiseptische
und allgemeine tonisierende Behandlung nicht vernachlässigt werden.
E. To ff (Braila).
Erik E. Faber (Däne). Die Todesursachen bei der Diphtherie.
(Dissertation, Kopenhagen 1903 105 S.)
Der Verf. nahm mit dem Gärtnerschen Tonometer zahlreiche
Blutuntersuchungen bei Kindern, welche an Diphtherie, litten, vor.
In den leichten und einigen schweren Fällen trat keine Änderung des
Blutdruckes ein. In mehreren schweren und in den schwersten Fällen
.fiel der Blutdruck im Anfang der Krankheit, um das Minimum im
Schluß der zweiten oder im Anfang dritten Woche zu erreichen, und
nahm dann wieder langsam zu, bis der normale Blutdruck sich in
der vierten oder fünften Woche wieder nachweisen ließ. Nicht immer
wurden gleichzeitig andere hervortretende klinische Symptome gefunden,
aber wenn die für diese Krankheitsperiode charakteristischen Kollaps¬
symptome eintraten, trafen diese mit dem niedrigen Blutdrucke zu¬
sammen. Der Fall des Blutdruckes kann also als ein wichtiger,
nie fehlender Teil dieses Symptomenkomplexes angesehen
werden.
Rücksichtlich der Todesursachen teilt der Verf. die Pat. in fünf
Gruppen. Gruppe I umfaßt die schwersten Diphtheriefälle, in welchen
die Pat. im Verlaufe der ersten 8 Tage sterben, während der lokale
Prozeß auf seinem Höhepunkt ist, ohne daß Komplikationen noch
das Krankheitsbild beherrschen, Gruppe II die Patienten, welche in
der zweiten oder dritten Woche nach dem Ende des Fiebers und
dem Schwinden der Belege, oft nach scheinbarem Wohlbefinden, viel¬
leicht mit anfangenden leichteren Paresen sterben. Dem Tode voraus
geht ein eigentümlicher apathischer mit Jaktation wechselnder Zustand,
Gruppe III die Pat., welche an Respirationsleiden sterben, Gruppe IV
die Pat., welche im Stadium der Paresen sterben, nachdem die Di¬
phtherie schon lange überstanden ist, Gruppe V die Pat., welche im
Stadium der Rekonvaleszenz an zufälligen Komplikationen oder an
anderen von der Diphtherie nicht direkt folgenden Krankheiten sterben
(z. B. Granulom nach Tracheotomie, croupöse Pneumonie, Scharlach,
Tuberkulose).
Im Widerstreit mit den meisten anderen Forschern vertritt der
Verf., auf sowohl pathologisch-anatomische als klinische Untersuchungen
gestützt, daß die Todesursache bei den Pat. der ersten und zweiten
Gruppe nicht eine Herzlähmung ist, sondern der lähmende
Einfluß des Diphtheriegifts auf das vasomotorische Zentrum,
die davon folgende abnorme Blutverteilung und deren Einwirkungen
auf den Organismus. In der dritten Gruppe tritt der Tod gewöhnlich
durch allmähliche Erstickung und Kohlensäureintoxikation, in selteneren
Fällen durch plötzliches Verstopfen des Luftweges ein, wodurch eine
Stockung des Kreislaufes entsteht. In der vierten Gruppe ist Respi¬
rationslähmung die häufigste Todesursache, entweder direkt durch
Unterbrechung der Respiration, oder indirekt durch die wegen der
Centralbl. f. Eioderhlkdo. VUL
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Gdögle
242
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
Parese hervorgerufenen Entzündungsprozesse in den Lungen. Indirekt
können die Paresen auch durch Schluckpneumonien oder durch Er¬
stickung wegen des Eindringens der Nahrung in den Luftweg den
Tod hervorrufen.
Endlich kann vielleicht Herzparalyse die einzige oder mitwirkende
Todesursache sein. In der fünften Gruppe ist natürlich in jedem
verschiedenen Falle die Todesursache verschieden. Der Verf. hebt
nur hervor, daß der Tod bei Pat. mit Granulom in einzelnen Fällen
ganz plötzlich, ohne eigentliche Erstickungserscheinungen, eintreten
kann, indem Kollaps gleich im Anfang der Respirationsbeschwerde
auftritt. Wenn ein solcher Fall eintritt, in welchem man kein deut¬
liches Zeichen von Granulom bemerkt hat, insbesondere wenn keine
Autopsie stattfindet, ist der kausale Zusammenhang mit der Granulom¬
bildung nicht leicht ersichtlich, und solche Fälle werden oft fehlerhaft
als eine von der Diphtherie verursachte Herzparalyse, „plötzlicher
Herztod“, aufgefaßt. Adolf H. Meyer (Kopenhagen).
H. Eppinger. Die toxische Myolyse des Herzens bei Diphtheritis.
(Aus dem pathoi.-anatom. Institut Graz.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 15 u. 16.)
E. ist nach genauen Untersuchungen zur Überzeugung gelangt,
daß es sich bei der postdiphtheritischen Herzlähmung um Auflösung
der Herzmuskelfasern handelt, die durch die Diphtherieintoxikation
herbeigeführt wird. Er begründet diese Ansicht eingehend.
Grätzer.
W. Gerlach. Tod nach einer Antidiphtherieseruminjektion.
(Aus dem Gouvemementslandschaftshospital in Poltawa.)
(Therap. Monatshefte 1903 No. 4.)
Das Serum wirkte bei dem Kinde deutlich auf den Verlauf der
Diphtherie ein, aber es entwickelte sich dann an der Haut ein Ery¬
thema exsud. multiforme, im Anschluß daran wurde Pat. von Hirn¬
erscheinungen befallen und starb im Laufe der aufgetretenen Krampf¬
anfälle an Herzparalyse. Bei der Sektion fand man zwischen der
harten Hirnhaut und der Schädeldecke serös durchtränkte, hyperämische
und zugleich leicht hämorrhagische Flecken, also pathologisch-anato¬
misch dasselbe, was die Haut beim Erythema exsud. bietet. Allerdings
erschien der Herzmuskel auch affiziert, und möglicherweise wäre bei
unverändertem Herzen der Tod nicht eingetreten, andererseits aber
waren es wiederum die Anstrengungen der schweren Krämpfe, denen
das Herz nicht Stand hielt, und so schreibt G. den letalen Ausgang
dem Serum in die Schuhe, als dessen Nachwirkung das Erythema
exsud. der Haut und des Hirns offenbar doch anzusehen ist.
Grätzer.
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I. Referate.
243
V. Niessen (Wiesbaden). Diphtheriebazillen im Blute und im
Behringschen Heilserum.
(Wiener uaed. Wochenschrift 1902 No. 47 n. 48.)
Verf. konnte sowohl im Blute tuberkulöser Menschen und Tiere,
wie auch in den verschiedenen Tuberkulinpräparaten Kochs lebende
und fortpflanzungsfähige Tuberkelbazillen kulturell nach weisen und
stellte deshalb bei der Diphtherie und ihrem Serum in gleicher
Richtung Nachforschungen an. Dieselben fielen positiv aus. Im Blute
Diphtheriekranker, sowie im Höchster Serum fanden sich echte Di¬
phtheriebazillen. Auch konnte er bei Pat. eine Art Diathese nach
Serumbehandlung entdecken. Verf. fragt nun: „Liegt nicht eine Gefahr
darin, und ist es nicht ein überaus gewagtes Experiment, jene Präparate
regenerationsfähiger plasmatischer Derivate pathogener und virulenter
Bakterien zu therapeutischen Zwecken dem Menschen einzuverleiben?
Die Erfolge des Diphtherieheilserums sprechen zwar dagegen, immerhin
gibt meine Beobachtung zu denken, mahnt sogar bezüglich des
Tuberkulingebrauches entschieden zu größter Vorsicht. Zwar hat der
erste Teil der analogen Experimente, der Nachweis von Tuberkel-
bezw. von Diphtheriebazillen im Blute bei den entsprechenden genuinen
Krankheiten erwiesen, daß wir es auch hier weit öfter und wahr¬
scheinlicher mit Allgemeininfektionen, mit generalisierten und nicht
nur lokalisierten Prozessen zu tun haben, als insgemein angenommen
wird, immerhin hat das Prinzip der künstlichen Schaffung einer
Diathese mit dem lebendigen Bakterienplasma, einer Art überkompen¬
satorischen Stimulation der reaktiven Körperfunktionen, mit einem
Wort hat diese Methode der Imtnunisierungstherapie, die, wie gesagt,
stets auf biologischen Prinzipien beruht, ihre schwerwiegenden Be¬
denken, da das Schicksal der kurativ einverleibten Bakterienplasma¬
elemente, wie uns das Beispiel der Syphilis lehrt, nicht die völlige
Elimination oder Assimilation, sondern eben das ist, was wir Diathese,
oder chronischen, mehr weniger timiden, zu Paroxysmen und Rezidiven
neigenden Infektionszustand bezeichnen. Die relative Immunität, die
wir also erzielen, ist in vielen Fällen, so paradox das erscheint, Infektion,
Diathese, und nichts garantiert eine derzeitige Anabiose zu akuten
Krankheitserscheinungen an diesem oder jenem Organ, nichts ver¬
hindert die Schaffung der sogenannten Disposition mit ihrer Schwester,
der erblichen Belastung.“ Im ganzen wird man ja allerdings lieber
eine nicht unmittelbar lebensgefährliche Diathese in den Kauf nehmen,
wenn periculum in mora war und die Seruminjektion direkt lebens¬
rettend wirkt, trotzdem ist es wohl dem Arzte nicht zu verdenken,
wenn er dem Serum fortan etwas skeptischer gegenüber steht und
nicht gleich zur Spritze greift, solange er den Diphtherieprozeß sicher
mit seinen anderen Mitteln zu beherrschen im stände ist (? Ref.). Auf
alle Fälle möchte Verf. entschieden vor den prophylaktischen
Schutzimpfungen warnen. Grätzer.
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244
Centralblatt fttr Kinderheilkunde. No. 6.
P. Ehrlich. Bemerkungen zu dem Aufsatze von Dr. v. Niessen:
Diphtheriebazillen im Blute und im Behringschen Heilserum.
(Wiener med. Wochenschrift 1903 No. 3.)
Sämtliche deutschen Diphtherieheilsera werden einer staatlichen
Kontrolle unterworfen, zunächst durch das kgl. Institut für experi¬
mentelle Therapie, sodann durch vier vom kgl. preuß. Kultusministerium
bestimmte Krankenhäuser, die nochmals die Sera auf Sterilität prüfen.
Diese Prüfungen, die sich jetzt auf 8 Jahre erstrecken, haben noch
kein einziges Mal das Vorhandensein von Diphtheriebazillen oder
diphtheriebazillenähnlicher Mikroben ergeben. Die von v. Niessen
bezeichneten sechs Nummern des Höchster Serums wurden jetzt noch
einmal untersucht und absolut keimfrei befunden.
Die Annahme, daß Diphtheriebazillen darin sein konnten, war
überhaupt von vornherein als irrige zu bezeichnen. Die Immunisierung
der Pferde erfolgt ausschließlich mit Toxinen, in der lebende Bazillen
nicht vorhanden sind. Werden lebende Diphtheriebazillen einem im¬
munisierten Tiere zugeführt, so werden dieselben sehr bald abgetötet
Außerdem genügt der Zusatz von 0,5 °/ 0 Karbol zum Serum, um solche
Bazillen sehr bald abzutöten.
Also es ist trotz v. Niessen daran festzuhalten, daßdiedeutschen
Diphtheriesera frei von Diphtheriebazillen sind und nach
Art der Gewinnung, Konservierung und Kontrolle davon
auch frei sein müssen. Grätzer.
Pool Heiberg (Kopenhagen). Einige Bemerkungen zum Artikel
Kassowitz’ über die Resultate der Serumbehandlung bei
Diphtherie.
KasSOWitZ. Bemerkung zu den Bemerkungen von Heiberg.
(Therap. Monatshefte 1903 No. 1.)
Der Gedankengang, der dem Angriffe Kassowitz’ zu gründe
lag, skizziert H. folgendermaßen: „In einer Reihe Städte ist die
Diphtheriemortalität (das Verhältnis zwischen der Anzahl der Diphtherie¬
todesfälle und der Anzahl der Einwohner) gestiegen und gesunken,
ohne von der Einführung der Serumbehandlung beeinflußt zu werden •—
also hat diese Behandlung keine Bedeutung gehabt/ 4 Die Unrichtig¬
keit dieser Beweisführung sucht H. an einem hypothetisch ersonnenen
Beispiele nachzuweisen.
K. läßt dieses Beispiel nicht gelten; es ändert nichts an den für
das Diphtherieserum in hohem Maße gravierenden Tatsachen, daß
erstens einmal die Kurven der absoluten Diphtheriemortalität durch
die überall um dieselbe Zeit vollzogene Einführung und Durchführung
der Serumtherapie keine simultane Abknickung nach unten, sondern
überhaupt keine sichtbare Alteration erfahren haben, und daß zweitens
an manchen Orten trotz allgemeiner Anwendung des Serums in und
außer den Spitälern eine so enorme Mortalität Platz gegriffen und sich
Jahre hindurch behauptet hat, wie sie auch in der serumfreien Zeit
zu den Seltenheiten gehört hat.
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I. Referate.
245
K. hebt dann noch eine Kundgebung Marfans aus dem Spital
des Enfants-Malades in Paris hervor, wo alle Diphtheriefalle injiziert
werden, aber im Laufe des letzten Jahres 271 Kinder an Diphtherie
starben. Nach Marfan kamen in dem Spital zwei Formen von
Diphtherie zur Beobachtung, die gewöhnliche und maligne. Beiersterer
wirkte das Serum präzis, bei letzterer — die Bösartigkeit äußerte
sich entweder durch den Übergang auf die Atmungsorgane, oder durch
Hämorrhagien, Ekchymosen, Nasenbluten, oder durch sehr spätes Ab¬
fallen der Membranen und durch am 8.—10. Tage erfolgendes Er¬
brechen — nur langsam und unsicher. Mit anderen Worten heißt
dies, daß alle jene Gefahren und Komplikationen, welche das Leber*
der Diphtheriekranken vor der Einführung der Serumtheräpie be¬
drohten, auch jetzt noch massenhaft Todesfälle herbeiführen, und daß
nur jene gutartigeren Fälle günstig verlaufen, welche auch früher
bei jeder beliebigen Therapie zum größten Teil geheilt wurden.
Grfitzer.
Charles G. Kerley. Diphtheria, with and without antitoxin;
159 Cases.
(Arcbives of Pediatrics, Oktober 1902.)
Ein wertvoller statistischer Beitrag zur Serumbehandlung der
Diphtherie. Die gesamte Kasuistik umfaßt 159 Fälle, darunter
42 operativ durch Intubation behandelte Kinder. Ein Teil aller
Fälle (103) wurde ohne Serum behandelt: es waren dies Insassen
eines großen Säuglingsasyls, die in recht günstigen hygienischen
Verhältnissen erkrankten und bessere Pflege genossen als mancher
arme „Privatpatient“. Dessenungeachtet starben 60 Fälle dieser
Gruppe!
Die zweite Serie besteht aus 56 Fällen, die sämtlich Serum
eingespritzt bekamen. Gestorben in der zweiten Serie 4 Fälle!
Solche Zahlen sagen mehr als Worte.
Verfasser stellt folgende Regeln auf:
Ist eine Membran zu sehen, so warte man nicht auf bakterio¬
logische Bestätigung, sondern spritze sofort Serum ein. Findet man
nach 12 Stunden keine deutliche Besserung, so wiederhole man das
Verfahren alle 12 Stunden bis die Membran schwindet.
Bei Croup ist die Einspritzung angezeigt, sobald die Dyspnoe
eine inspiratorische und exspiratorische wird.
Die Einzeldosis soll 2000 Antitoxineinheiten betragen, für Kinder
unter einem Jahre; für ältere Kinder 3000 Einheiten. Um die
besten Erfolge zu erzielen, muß das Serum frühzeitig, womöglich
schon am ersten Krankheitstage angewandt werden. Doch ist es
nie zu spät, damit vorzugehen.
Mit Ausnahme von Urticariaausschlägen wurden keine lästige
oder schädliche Nebenwirkungen beobachtet.
Leo Jacobi (New York.)
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246
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
Sigismund Gerlöny. Die Diphtherieheilserumtherapie im
St. Ladislaushospital im Jahre 1901.
(Orvosok lapja 1908 1. Januar. 1 )
Im Jahre 1901 wurden im Hospital für infektiöse Krankheiten
181 Fälle diphtheritischer Erkrankung mit Heilserum behandelt.
Von den 181 kranken Kindern hatten 119 Rachen-, 11 Kehlkopf-,
51 Rachen- und Kehlkopfdiphtherie. Bei 43 Fällen war die Kehl¬
kopfstenose eine so hochgradige, daß man einen operativen Eingriff
machen mußte. 42 Intubationen, eine primäre und vier sekundäre
Tracheotomieen wurden vollbracht. Unter den 39 verstorbenen
Kindern sind 20 in den ersten 48 Stunden des Spitalaufenthaltes
verschieden. Die meisten Erkrankungen fielen auf Oktober, die
wenigsten auf den Monat Januar. Die kleinste Lethalität zeigt
Monat März (6,25°/ 0 )> die größte August (71,66 °/ 0 ). Albuminurie
wurde bei 42, Gaumenlähmung bei 14, Komplikationen von Seiten
der Ohren bei 5, Serumexantheme bei 45 Fällen beobachtet. Zur
Anwendung kam ausschließlich das Preisssche Heilserum.
E. Deutsch (Budapest).
Albert Wettstein. Weitere Mitteilungen über die Resultate
der Diphtheriebehandlung mit besonderer Berücksichtigung
der Serumtherapie.
(Mitteilungen aus den Grenzgebieten, Bd. 10 S. 603.)
Eine statistische Bearbeitung der vom August 1897 bis Januar
1902 auf der chirurgischen Klinik zu Zürich beobachteten Fälle
von Diphtherie. Alle 549 Fälle bakteoriologisch nachgewiesener
Diphtherie wurden mit Serum behandelt, 75 Fälle endeten tätlich.
In der Serumperiode war die Mortalität um zwei Drittel geringer
als vor 1894.
Aus den Resultaten der Untersuchungen, in welchen das Serum
als ein Spezificum gegen Diphtherie bezeichnet wird, sei hervor¬
gehoben, daß die Zahl der Diphtheriekomplikationen seit dessen An¬
wendung bedeutend gesunken. Nennenswerte schädigende Neben¬
wirkungen wurden nicht beobachtet.
Wettstein bezeichnet es direkt als einen Kunstfehler, wenn
ein Arzt nicht, sobald er klinisch die Diagnose Diphtherie stellt,
sofort eine Injektion von Diphtherieheilserum macht.
Hugo Starck (Heidelberg).
Geissler (Kollinghorst). Beitrag zur Serumbehandlung der
Diphtherie.
(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 17.)
120 Diphtheriefälle mit nur 9°/ 0 Mortalität. Darunter 14 Kehl¬
kopfdiphtherien mit sieben Todesfällen, darunter drei Tracheotomierte,
die sämtlich starben (kamen mit schwersten Stenoseerscheinungen erst
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I. Referate.
247
am 5. und 6. Tage zur Injektion); in den übrigen Fällen verschwand
die Stenose prompt auf die Injektion, und von allen Fällen, die frei
von Kehlkopfsymptomen injiziert wurden, bekam keiner nach der
Injektion solche.
Zwei Fälle illustrierten besonders die Wirksamkeit des Serums:
der eine, der alle Indikationen der Tracheotomie aufwies und ohne
letztere zur Heilung kam, und ein Fall mit allen Zeichen schwerer
Diphtheriesepsis, der ebenfalls gut endete. Grätzer.
N. Berestneff. Über die Gewinnung eines hochwertigen
Diphtherieheilserums.
(Djetskaja Medizina 1902 No. 2.)
B. teilt das Verfahren mit, durch welches es in dem Moskauer
bakteriologischen Institut gelungen ist, ein hochwertiges Serum zu
erzielen. Das Wesen des neuen erfolgreichen Methode besteht darin,
daß man die Pferde mit geringen Toxinmengen, die aber um so
häufiger injiziert werden, immunisiert. Die Grundlage für ein der¬
artiges Vorgehen gaben die wiederholten Beobachtungen ab, daß eine
und dieselbe Toxinmenge je nach dem Injektionsverfahren ein ver¬
schiedenartiges Antitoxin erzeugen kann: so liefert ein mit geringen,
aber häufigen Dosen immunisiertes Tier ein höherwertiges Serum als
ein mit großen, aber seltenen Dosen Toxin behandeltes. Die durch
Applikation von großen Toxinquantitäten beim Pferde hervorgerufene
heftige Allgemeinreaktion wird in dem genannten Institute schon des¬
wegen zu vermeiden gesucht, weil die hohe Temperatur durch ihren
schädigenden Einfluß auf den Organismus zweifelsohne die Bildung
des Antitoxins beeinträchtigt. Es wurde nachgewiesen, daß während
der Fieberperiode bei den im Immunisierungsprozess befindlichen Pferden
der Gehalt des Blutes an Antitoxin in der Regel sinkt. Das an die
Serumglobuline gebundene Antitoxin nimmt unstreitig an dem durch
das Fieber bedeutend gesteigerten Stoffwechsel teil, wodurch es natür¬
lich leidet. Die Immunisierung mit kleinen, aber häufigen Dosen hat
nun den Vorzug, daß die Pferde dabei nicht fiebern, nicht erkranken,
ja nicht selten auch kein lokales Ödem aufweisen und das gewonnene
Serum einen beträchtlich höheren Heil wert besitzt, als es bei der
früheren Methode der Fall ist. A. Dworetzky (Moskau).
Jvo Bandi (San Paulo, Brasilien). Über die Bereitung eines
antibakteriellen Diphtherieserums. Sein prophylaktischer und
Heilwert.
(Zentralblatt f. Bakteriologie u. s. w. I. Abteilung, Bd. XXXIII No. 7 pag. 535.)
Auf die recht interessanten theoretischen Erörterungen desVerf.
kann hier nicht eingegangen werden. Im Gegensatz zu den bisher
bekannten Diphtheriesera, deren Wirkung auf antitoxischen Eigen¬
schaften beruht, verfügt das von B. hergestellte Serum nur über sehr
geringe Mengen von Antitoxinen (ca. 15 Immunitätseinheiten pro
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248
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
Kubikzentimeter), dagegen wohnen ihm sehr lebhafte antibakterielle
Kräfte inne, die nach Untersuchungen des Verf. den vorgenannten
Sera absolut fehlen. Die bakteriziden Eigenschaften des neuen
Serums wurden sowohl im Reagenzglase (Agglutination u. 8. w.) als
auch an Tieren nachgewiesen.
Die Gewinnung des Serums geschieht in der Weise, daß dem
serumerzeugenden Tiere allmählich steigende Dosen von sensibilisierten
— d. h. kurze Zeit hindurch mit spezifischem Serum behandelten —
Diphtheriekulturen eingespritzt werden und alsdann das Serum des
Tieres in der üblichen Weise gewonnen wird.
Der prophylaktische Wert dieses Serums liegt auf der Hand:
Es tötet die eindringenden Bakterien, ehe es zur Entwickelung von
Toxinen kommen kann. Durch vergleichende Tierversuche zeigt Verf.
aber auch, daß es bei bereits erfolgter Infektion in seiner Wirkung
die antitoxischen Sera übertrifft. Auch am Menschen hat Verf. die
Wirkung seines Serums erprobt. In 7 Fällen von an Diphtherie
erkrankten Kindern war der Erfolg ein stets guter. Zwei besonders
schwere Fälle werden ausführlich besprochen. In beiden handelt
es sich um ganz ausgedehnte Pseudomembranbildungen, die eine
Tracheotomie erforderlich machten. Nach der Einspritzung von
antibakteriellem Serum wurden die Pseudomembranen sehr bald in
großen Stücken ausgestoßen, und es trat schnelle Genesung ein.
Einmal wurden in drei Dosen 14 ccm, das andere Mal in zwei Dosen
9 ccm des Serums eingespritzt. Nach Ansicht des Verf. sind gerade
solche Fälle mit ausgedehnter Pseudomembranbildung zur Behand¬
lung mit seinem Serum geeignet, da es hier in erster Linie darauf
ankommt die enormen Mengen von Bakterien möglichst rasch
abzutöten. H. Wal bäum (Kiel).
M. L. Babonneix. Monoplegies dipht&iques experimentales.
(Gazette hebdomadaire, No. 87 S. 1021.)
B. ist es gelungen durch Injektionen kleiner Mengen von Diph¬
therietoxinen isolierte Nervenlähmungen zu erzeugen, wie das auch
Roux und Yersin in ihren Versuchen gelang. Bei der Autopsie
der Tiere konnten sie auch Veränderungen an den Nerven feststellen.
Schreiber (Göttingen).
Joseph 0. Malley. Diphtheria Antitoxin in the infectious or
bacterial Bronchopneumonia of Childhood.
(American Medizine, den 17. Januar 1903.)
Das Diphtherie-Heilserum ist auf dem Wege, neue Gebiete zu
erobern. Es hat sich nämlich bei schwerem Scharlach, bei Sepsis
und bei Bronchopneumonien infektiösen Ursprungs bewährt.
Verf. hat das Serum in mehreren Fällen von Bronchopneumonie
nach akuten Infektionskrankheiten der Kinder angewendet und sehr
befriedigende Erfolge damit erzielt. Auch bei Scharlach mit aus¬
gesprochenen anginösen Beschwerden brachte das Mittel rasche Er*
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I. Referate.
249
leichterung. Andere Autoren loben das Serum als nahezu spezifisch
gegen Sepsis. Die genauere Wirkungsweise bleibt einstweilen un¬
bekannt. Leo Jacobi (New York).
J. Konarshewsky. Das Diphtherieheilserum als therapeutisches
und prophylaktisches Mittel bei Keuchhusten.
(Russky Medizinsky Westnik 1902 No. 4.)
Nachdem K. während einer Epidemie von Tussis convulsiva
sämtliche empfohlene Mittel ohne Erfolg in Anwendung gezogen hatte,
versuchte er es in 20 Fällen mit dem Diphtherie-Heilserum, da in
der Literatur einige Hinweise auf den Nutzen dieses Serums bei
Keuchhusten existieren. Und in der Tat konnte er sich davon über¬
zeugen, daß 2 — 3 Injektionen von 1000 Antitoxineinheiten genügen,
um den ganzen Verlauf des Keuchhustens auf die Dauer von bloß
zwei Wochen zu beschränken und das Eintreten des Stadium con-
vulsivum zu verhüten; sollten sich konvulsivische Hustenanfälle auch
einstellen, so verschwinden sie in der Regel nach einer dritten In¬
jektion vollkommen, und zwar bereits in der auf die morgendliche
Einspritzung folgenden Nacht. Im allgemeinen hatte der Autor
keine Veranlassung, zu einer dritten Injektion seine Zuflucht zu
nehmen, da sämtliche Krankheitsyptome, die typischen sowohl wie
die atypischen, nach Ablauf von 24 Stunden eine ganz beträchtliche
Besserung aufweisen und zu Beginn der dritten, nicht selten jedoch
schon zu Ende der zweiten Woche sich vollständig verlieren. Die
Diphtherie-Heilseruminjektionen, gesunden Kindern appliziert, leisteten
vortreffliche Dienste, um diese trotz ihres Beisammenseins mit den
erkrankten Kindern vor der Ansteckung mit Keuchhusten zu be¬
wahren. A. Dworetzky (Moskau).
John H. MC Collom. Some remarks on intubation in diphtheria.
(Archives of Pediatrics, Oktober 1902.)
Die Behandlung der diphtheritischen Larynxstenose mit In¬
halationen und innerlicher Medikation ist wirkungslos und zeitraubend.
Je frühzeitiger man operativ eingreift, um so besser die Prognose.
In der Wahl zwischen Tracheotomie und Intubation neigt Verf.
entschieden zur letzteren Methode, welche in der Tat zahlreiche
Vorteile bietet, und eine im Verhältnis zur Tracheotomie weit geringere
Mortalität aufweist (25— 30%)- Man hat bisher die Intubation haupt¬
sächlich im Kindesalter ausgeführt und die Tracheotomie bei Er¬
wachsenen vorgezogen. Verf. ist nach einigen diesbezüglichen Er¬
fahrungen zu der Überzeugung gelangt, daß die unblutige Operation
in jedem Alter bessere Resultate liefert.
Vorbedingung des Erfolges ist frühzeitiges Eingreifen. Man
warte daher nicht auf bakteriologische Ergebnisse der Untersuchung,
sondern intubiere sofort.
Etwas schwierig kann die Ernährung intubierter Kinder werden.
Am besten ernährt man mittelst einer Schlundsonde aus weichem
Gummi. Leo Jacobi (New York).
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250
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
Trumpp. Zur operativen Behandlung akuter Larynxstenosen.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 13.)
T. bemüht sich seit Jahren, die Mängel, die den bisher gebräuch¬
lichen Tuben anhaften, zu beseitigen und eine Tube zu konstruieren,
die allen Anforderungen genügt. Obwohl er in diesem Streben schon
seinem Ziele bedeutend näher gerückt ist, steht die Konstruktion
eines wirklichen Idealinstrumentes noch aus, doch hofft T. auch die
Mängel, die sich bei seinen eigenen Tuben herausgestellt haben, be¬
seitigen zu können. Es sind dies elastische Tuben, welche große
Vorzüge besitzen und denen jedenfalls die Zukunft gehört.
Grätzer.
Kander (Karlsruhe). Resektion und Naht der Trachea bei
Tracheal- und diaphragmatischer Larynxstenose.
(Bruns Beiträge z. klin. Chirurgie Bd. 38.)
K. bespricht anläßlich eines von v. Beck operierten Falls die
verschiedenen Verfahren zur Beseitigung von Tracheal- und Larynx¬
stenosen, die nach Tracheotomie oder Intubation bezw. Verletzungen
(spez. Selbstmordversuchen) auftreten können. Er empfiehlt an Stelle
der Bougierung die Resektion der erkrankten Stelle und dann, anstatt
den Defekt durch plastische Operationen zu decken (wonach leicht
wieder Stenose infolge Narbenschrumpfung eintritt), die Luftröhre zu
mobilisieren und die gesunden Teile ringförmig miteinander zu ver¬
nähen. Angabe der bisher in der Literatur berichteten Fälle, genaue
Schilderung des vorliegenden Falles und nähere Angaben über Technik
der Operation und Nachbehandlung. Vulpius.
MaSSei. Wann darf man beim Croup extubieren?
(La Clinica moderna 1902 No. 50.)
Verf. betont, daß sich auf obige Frage eine allgemein gültige
Antwort nicht erteilen läßt, sondern daß der Zeitpunkt der Extubation
variiert je nach dem besonderen Verhalten des einzelnen Falles.
Folgende Gesichtspunkte empfiehlt er zur Berücksichtigung: Erst¬
lich muß die Temperatur zur Norm zurückgekehrt sein, ferner ist
auf Quantität und Qualität des Auswurfs und auf die Häufigkeit und
Art des Hustens acht zu geben. Solange das Sekret noch sehr dick¬
flüssig ist und starker Husten auf Anwesenheit reichlicher Mengen
desselben in der Luftröhre hin weist, ist es empfehlenswert, zu
warten. Drittens empfiehlt es sicht, die Extubation nicht eher vor¬
zunehmen, als bis die Beläge im Pharynx und auf dem Gaumen,
Mandeln u. s. w. verschwunden sind. Weiterhin sind zu berücksichtigen
der Kräftezustand und Appetit, sowie Puls und Atmung. Sind Tachy¬
kardie und Dyspnoe vorhanden als Zeichen einer Vergiftung des
Nervensystems, so ist größte Vorsicht anzuraten und die Extubation
lieber hinauszuschieben. In jedem Fall ist es nötig, die Umgebung
»ach der Extubation darauf vorzubereiten, daß plötzlich wieder ein
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I. Referate.
251
Erstickungsanfall eintreten und eine Reintubation nötig werden kann.
Denn nach Herausnahme des Tubus kaun sowohl unmittelbar ein
heftiger Erstickungsanfall eintreten, als auch kann die zuerst normale
Atmung allmählich wieder schlechter werden.
Da wo es möglich ist, nach der Extubation zu laryngoscopieren,
wird diese Untersuchung eventuell Aufschluß darüber geben, ob man
mit der Möglichkeit einer notwendig werdenden Reintubation wird
rechnen müssen. F.
E. Monnier. Larynxdiphtherie oder Larynxfremdkörper?
(Aus der chirurg. Klinik in Zürich.)
(Korrespondenzblatt f. Schweizer Ärzte 1903 No. 7.)
Wieder ein Fall, welcher zeigt, wie wichtig es ist, daß man bei
jeder akuten Stenose der Luftwege, auch bei vorhandener Diphtherie¬
epidemie, an die Eventualität eines aspirierten Fremdkörpers denkt
und durch genaueste Anamnese sich über die Sachlage zu orientieren
sucht. Hier kam das Kind mit der Diagnose „Diphtherie“ ins Spital,
wo es sofort operiert und auf die Diphtheriestation verlegt wurde, wo es
wahrscheinlich nachträglich Diphtherie akquirierte, welche letal endigte.
Der Fremdkörper war noch vorher entdeckt und extrahiert worden,
worauf das Kind sofort aus dem Diphtheriegebäude entfernt wurde.
Leider zu spät, denn bald darauf entwickelte sich Munddiphtherie —
trotzdem gleich bei Beginn der Behandlung Serum injiziert worden
war —, die auf Larynx und Trachea überging und von einem tötlichen
Herzkollaps gefolgt war. Grätzer.
R, Linsbauer (Budapest). Die Laryngitis pseudo-membranacca
als Komplikation der Masern.
(Archives de mädicine des enfants 1903 No. 1.)
Im allgemeinen können zweierlei Kehlkopfentzündungen im Ver¬
laufe der Masern unterschieden werden: die Laryngitis subglottica
oder catarrhalis und die Laryngitis pseudo-membranacea.
Die erstere ist nichts als eine Exacerbation des gewöhnlichen Larynx-
katarrhs, der fast immer die Morbillen begleitet, kann aber eine solche
Intensität erreichen, daß man an Croup denken möchte. Doch ist
die Prognose im allgemeinen eine gute. Nicht so bei der zweiten Er¬
krankungsform, die als sehr ernst zu betrachten ist. Durch die
bakteriologischen Untersuchungen wurde erwiesen, daß bei diesen mit
Stenose einhergehenden Larynxaffektionen es sich um eine Infektion
mit Klebs-Löfflerschen Bazillen handle. L. konnte unter t7 Fällen
eigener Beobachtung 16 mal den Diphtheriebazillus kultivieren. Wahr¬
scheinlich ist eine Prädisposition für die Diphtherieinfektion durch
das noch unbekannte pathogene Agens der Masern geschaffen. Es ist
nicht unmöglich, daß die Virulenz der Diphtheriebazillen durch diese
Symbiose erheblich verstärkt wird, wie dies von Roux und Martin
für die Symbiose derselben mit Streptokokken nachgewiesen wurde t
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252
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
Die Mortalität ist demnach eine größere; so war in der Kranken¬
hausabteilung L.s für 1261 mit Intubation behandelte reine Croup¬
fälle die Mortalität 57,76 °/ 0 , während in demselben Zeitabschnitte für
34 Fälle von Masern-Croup dieselbe auf 67,65 °/ 0 gestiegen war.
Betreffend der Frequenz der postmorbillösen Kehlkopfdiphtherie,
gibt sie L. mit 9,14 °/ 0 an und wird dieselbe gewöhnlich bei Kindern
unter 5 Jahren beobachtet. Die krankhaften Veränderungen sind
nicht immer nur auf den Kehlkopf beschränkt, sondern können auch
den Pharynx und die Nase ergreifen. Meist erscheinen die stenotischen
Symptome am 6.—8. Tage nach Beginn der Masern, doch wurden
dieselben auch später, bis zum 20. Tage beobachtet.
Bezüglich der Behandlung werden Inhalationen, Expektorantien
und auch Narcotica, um den Stimmbänderkrampf zu vermindern,
empfohlen. Für schwerere Fälle ist L. Anhänger der Intubation an
Stelle der Tracheotomie. Die Serumeinspritzungen von 1500—3000
Antitoxineinheiten, die, wenn notwendig, zu wiederholen sind, haben
die Sterblichkeit um ein Erhebliches vermindert. L. schlägt für die
in Krankenhäusern behandelte Masernkranke Präventivinjektionen
von Antidiphtherieserum vor. E. To ff (Braila).
Carlo Comba. Die Behandlung der akuten Larynxstenosen
bei Masern.
(Rivista di Clinica Pediatrica 1903 No. 3.)
Verf. teilt die akuten Larynxstenosen bei Masern ein in solche,
die nicht diphtherischer Natur und solche, die als sekundär di¬
phtherische zu bezeichnen sind. Jene, die meist in der ersten Krankheits¬
periode Vorkommen und mit dem Auftreten des Exanthems gewöhnlich
verschwinden, sind wahrscheinlich nicht nur auf die Schleimhaut¬
affektion zurückzuführen, sondern auch auf einen durch dieselbe be¬
dingten Spasmus. In diesen Fällen kommt man nicht ohne operatives
Eingreifen aus. Gute Dienste leisten — außer Inhalationen von
warmem Wasserdampf — die Brompräparate, besonders in Klystier¬
form. In 18 dieser einfachen — d. h. nicht diphtherischen — Larynx¬
stenosen hat Verf. in den Jahren 1894—1902 operativ ergreifen müssen
und zwar hat er 6 mal intubiert — wobei drei Todesfälle —, zwei
intubiert und sekundär tracheotomiert — beide geheilt — und 10 mal
nur tracheotomiert — davon sechs Todesfälle. Unter diesen 18 Fällen
trat die Laryngostenose 13 mal in der Eruptionsperiode der Masern auf.
Wegen diphtherischer Larynxstenose, die sekundär bei masern¬
kranken Kindern auftrat, wurde in den Jahren 1895—1902 auf der
Klinik des Verf.s 41 mal operiert. Intubiert wurden 20 Kinder mit
dem Resultat einer Heilung bei 14; intubiert und später tracheo¬
tomiert wurden fünf; davon starben vier; und tracheotomiert wurden 16,
davon starben neun. F.
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I. Referate.
253
M. Sugär (Budapest). Über Masernotitis und deren pro¬
phylaktische Behandlung.
(Klinisch-therap. Wochenschrift 1903 No. 1.)
Ein großer Prozentsatz von Masernotitis entsteht per tubam,
man muß also theoretisch die Möglichkeit einer prophylaktischen Be¬
handlung zugeben. S. Weiss ging nun von der bekannten Erfahrung
aus, daß bei erkrankter Nasenschleimhaut die Nasenatmung verlegt
ist und das abgesonderte Sekret durch die Tuben gelegentlich des
Hustens, Niesens, Schneuzens ins Mittelohr gelangt und dort zur Quelle
der Infektion wird. Wenn man daher für starken Abfluß der Sekrete
aus der Nase und für Freihaltung derselben zur Luftatmung sorgt,
so müßte es wohl gelingen, der Retention von Nasenschleim im
Inneren der Nase und Nasenrachenraum vorzubeugen und so zu ver¬
hüten, daß der Nasenschleim ins Mittelohr gelange. Hajek wendet
seit langem gegen chronische Rhinitis der Kinder x / 2 °/o^ e Lapis-
einträufelungen in die Nase an, das Gleiche tat Weiss als
Prophylakticum gegen Masernotitis. Er führte bei horizontaler Rücken¬
lage des Kindes in jedes Nasenloch eine mit einigen Tropfen der
Lösung befeuchtete Wattewicke ein und drückte die Nasenflügel
darüber gegen das Septum wie beim Schneuzen an. Die so behandelten
Masernfälle zeigten nur in 6,6 °/ 0 der Fälle Otitis media.
Die einfache prophylaktische Maßregel wandte nun S. im St. Ladis¬
laus-Infektionsspital an, nur hielt er es für zweckmäßiger, die Lösung
mittels Tropfgläschens bezw. Augentropfers einzuträufeln. Als im
Februar und März eine große Masernepidemie herrschte, bekamen
unter 111 Masernkindern 18 Ohrenkomplikationen. Als Verf. dann
die Lapisbehandlung einführte, wurde die Morbilitätszahl an Ohr¬
komplikationen auf 7°/ 0 herabgedrückt, indem von 60 Pat. nur vier
Otitis bekamen. Grätzer.
Cnopf. Thrombophlebitis des Sinus longitudinalis bei Morbillen.
(Vereinsbeilage No. 3 zur Deutschen med. Wochenschrift 1903.)
C. berichtete im Ärztl. Verein in Nürnberg (6. XII. 1902) über
ein l 3 / 4 jähriges Mädchen, das am siebenten Tage nach Eruption des
Exantnems klonische Krämpfe der linken Gesichtshälfte und linken
oberen Extremität bekam, die sich schlaff paretisch zeigte. Der linke
Arm erwies sich bald bleibend gelähmt, die klonischen Krämpfe
dauerten fort. Am vierten Tage nach Eintritt der Lähmung Exitus.
Sektionsbefund: Sinus longitud. prall wie mit dunkelblauem Wachs
thrombotisch infiltriert, auf der Höhe der Schädelwölbung einen eitrig
zerfallenen Thrombus enthaltend. Zwischen Dura und Arachnoidea
rechts vielfache Abscesse. Zahlreiche Erweichungsherde rechts, der
rechte Seitenventrikel stark erweitert. Stammganglien total zerstört,
links gleichfalls zahlreiche, doch weniger intensive Veränderungen.
Jedenfalls starker Kontrast zwischen Obduktionsbefund und klinischen
Erscheinungen.
Die gewöhnbchen ätiologischen Momente für Thrombose des
Sinus bei Kindern (Otitis med. purul. und Caries ossis petrosi, Erysipel,
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254
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
Furunkulose, Endokarditis) waren liier auszuschließen, man konnte
nur den exanthematiscben Prozeß an sich verantwortlich machen,
zumal ja Masernerkrankungen septische Folgeerscheinungen (Noma u.s. w.)
nicht fremd sind. Grätzer.
Jul. A. Grober. Zwei seltenere Masernfölle.
(Aus der medic. Univers.-Klinik in Jena.)
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 5.)
Im ersten Falle war das Exanthem und das ganze Krankheits¬
bild so, daß man in der Diagnose zwischen Morbilli haemorrhagici
und Sepsis mit multiplen Hautembolien schwanken konnte. Tat¬
sächlich handelte es sich, wie die Autopsie zeigte, nicht um Sepsis,
sondern um ganz akute Miliartuberkulose; das Exanthem konnte
nur Masern gewesen sein. In den letzten Tagen ante exitum stellte
sich noch als Sekundärinfektion Diphtherie ein, sodaß also Kom¬
bination dieser drei Leiden vorlag.
Der zweite Fall war ein leichter. Bemerkenswert war, daß
ein Initialstadium vollständig fehlte; die gewöhnlichen Prodrome,
erster Fieberanstieg, Schnupfen, Kopfweh, Conjunctivitis, Exanthem,
blieben völlig aus. Grätzer.
P. Machold (Sondershausen). Ein seltener Masernfall.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 15.)
In einer Familie erkrankten 3 Kinder während einer Masernepidemie an
Masern. Nach 7 Tagen trat bei allen kleienförmige Abschuppung ein, auch
bei dem 8jährigen, bisher ganz gesunden Mädchen, zu dem M. nachträglich ge¬
holt wurde, weil es plötzlich „blau verfärbt“ sei. Das Kind hatte von dem Be¬
ginn der Masern am 18. Januar bis zum 28. Januar im Bette zugebracht, war dann
völlig gesund aufgestanden, wurde aber 2 Tage später wieder matt und zeigte
abends bereits an den Füßen eine blaue Verfärbung, die sich dann rasch weiter
ausbreitete.
M. fand über den ganzen Körper zerstreut, diffus und nicht symmetrisch,
nur teilweise sich über das Hautniveau erhebende blaurote Efflorescenzen von
Markstückgröße, die beiden Füße aber in toto bis an die Knöchel blau ver¬
färbt. Kinn, Hals, Schleimhäute frei. An den Weichen einige kleinere, fünf¬
pfennigstückgroße hellrote Stellen, wie frische Blutaustritte aussehend. Bronchitis
und fühlbare Milz, sonst an den Organen nichts Besonderes, Urin normal, Tempe¬
ratur rectal 37,5°. In den nächsten Tagen blaßte das Ekanthem immer mehr
ab, bis am fünften Tage kleienförmige Abschuppung eintrat, „wie das erste Mal“
nach Aussage der Mutter. Das Kind blieb seitdem gesund.
Da das Kind nichts, auch kein Hausmittel bekommen hatte,
also ein Arzneiexanthem nicht im Spiele sein konnte, auch jede
andere Affektion auszuschließen war, konnte es sich nur um ein
Masernrezidiv handeln. Grätzer.
Plantenga. Die Leukocytose der Masern und Köteln.
(Archives de m6d. des enf., März 1903.)
Auf Grund der von Combe bei Masern gemachten Unter¬
suchungen, hat P. weitere Nachforschungen über die Zahl und die
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I. Referate.
255
verschiedenen Formen der Leukocyten bei Morbilli und Rubeola
angestellt. Diesbezüglich wurden zwei Zellgruppen in Betracht ge¬
zogen: polynukleäre neutrophile Leukocyten (inklusive die eosinophilen
Leukocyten) und Lymphocyten, unter welchen sowohl die wenigen
großen einkernigen Leukocyten, als auch diejenigen mit polymorphem
Kerne gerechnet wurden. Behufs Fixierung und Färbung wurde die
Prussche Lösung (Solut. acidi osmici 0,1 °/ 0 gr. 10, Solut. acidi
chromici 0,1 °/ 0 gr. 10, Acidi acet. glacial. gr. 1), zur Zählung der
Zeißsche Apparat benutzt. Die Resultate dieser Untersuchungen sind
folgende.
Man findet während der Inkubationszeit, bei Abwesenheit
jedweden krankhaften Symptomes, eine erhebliche Hyperleuko-
cytose, welche in wenigen Tagen ihr Maximum erreicht und durch
eine starke Vermehrung der mehrkernigen neutrophilen Leukocyten
bewirkt ist. Hingegen erleidet die Zahl der anderen Leukocyten-
formen und namentlich diejenige der Lymphocyten, fast keine Ver¬
mehrung. In den letzten zwei Tagen der Inkubation ist ein be¬
trächtlicher Abfall der Hyperleukocytose zu bemerken, welche dann
durch eine bedeutende Hypoleukocytose ersetzt wird. Auch diese
kommt hauptsächlich auf Rechnung der neutrophilen polynukleären
Leukocyten, deren Zahl nur wenige Hunderte per Kubikmillimeter
beträgt. In der letzten Periode der Krankheit gelangt die Zahl der
Leukocyten allmählich wieder auf die normale Höhe, ausgenommen
jene Fälle, wo Komplikationen sich entwickeln.
Von allen diesbezüglich untersuchten infektiösen oder exanthe-
matischen Krankheiten werden obige Veränderungen der Blutbe¬
schaffenheit, außer bei Masern, nur noch bei Rubeola gefunden. Es
würde dies vielleicht auf eine Identität beider Krankheiten hindeuten;
möglicherweise ist nur die Virulenz und der Invasionsmodus der
Krankheitserreger ein verschiedener. Diese Untersuchungen sind von
großer Bedeutung, namentlich wenn es sich darum handelt, die er¬
wähnten zwei Krankheiten von Sklarlatina zu differenzieren, da
bei letzterer die Zahl der neutrophilen polynukleären Zellen fast
keine Veränderung erleidet. E. Toff (Braila).
DomeniCO Colmayer. Klinischer Beitrag zum Studium der
Röteln.
(Arch. d. Pat. e Chir. infantile, V. 1902.)
Mitteilung eines Falles und kurze, nichts neues enthaltende
Zusammenfassung der die Roseala von den Morbilli unterscheidenden
Merkmale. p.
C. Liebscher. Über Influenzabazillenbefunde bei Masern- und
Scharlacherkrankungen.
(Aus Prof. Granghofners Klinik in Prag.)
(Prager med. Wochenschrift 1903 No. 8 u. 9.)
Untersucht wurden 57 Fälle von 79, d. i. 72 °/ 0 der in einem
Halbjahr (16. XII. 1901 bis 1. VII. 1902) aufgenommenen Masernkinder.
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256
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
Von diesen 57. hatten 11 (= 19,3 °/ 0 ) im Nasensekret Influenzabazillen.
Mortalität unter diesen 57 Fällen 24,5 °/ 0 aller Masernfalle. Gesamt¬
mortalität in dem Halbjahr 30°/ 0 * Von den 11 Influenzafällen starben
4 (=36 °/ 0 ), von den 46 übrigen Fällen 10 (=22°/o)* Unter den
11 Fällen konnte 4mal Pneumonie nachgewiesen werden (= 36°/ 0 ),
auf die 46 negativen Fälle kamen 9 Pneumonien (l9,5°/ 0 )* Von uen
4 Pneumoniefällen starben 3, bei deren Sektion auch im Lungen¬
sekrete der Influenzabazillus gefunden wurde. 2 Fälle verliefen ohne
jegliche Affektion der Respirationsorgane, ja ihr Verlauf war ein
recht milder. 2mal war ganz geringe, 2mal etwas stärkere Bron¬
chitis vorhanden. Erwähnenswert ist ein Fall, wo das Kind wohl
Zeichen großer Herzschwäche, aber keinerlei Lungenerscheinungen
darbot; im Nasensekrete reichlich Influenzabazillen. Letztere fanden
sich nun bei der Sektion auch im Lungensafte, ohne daß die Lungen
pathologische Erscheinungen dargeboten hätten.
In der gleichen Zeitperiode wurden 60 Skarlatinafälle unter¬
sucht, aber nur 3 mal (5 °/ 0 ) Influenzabazillen nachgewiesen. Von diesen
3 Fällen unterschieden sich 2 in nichts von dem gewöhnlichen Ver¬
laufe des Scharlachs, ja einer war sogar besonders mild. Im dritten
Falle handelte es sich um ein 13monatliches Kind, das am fünften
Tage seiner Erkrankung in halbmoribundem Zustande mit den Zeichen
schwerer Pneumonie eingebracht wurde und Tags darauf starb; im
Nasensekret, sowie nachträglich bei der Sektion im Pneumoniesafte
reichlich Influenzabazillen.
Auch an anderen im Spital liegenden Kindern wurden dies¬
bezügliche Untersuchungen vorgenommen und es wurden von 30
Kindern bei drei Influenzabazillen im Nasensekret entdeckt; zwei
davon hatten mehrere Monate vorher Masern durchgemacht. Es wurde
auch eine Anzahl von Kindern mit Rubeolen, Varicellen, Pertussis
untersucht, stets mit negativem Ergebnis.
Irgendwelche Schlüsse gestatten nur die Masernfälle, bei denen
ziemlich oft Influenzabazillen angetroffen wurden. Die scheinbar
höhere Mortalitätsziffer bei letzteren Fällen, sowie das häufigere
Vorkommen von Pneumonie scheinen hier zu der Annahme zu be¬
rechtigen, daß das Vorkommen des Bacillus influenzae das Krankheits¬
bild verändern und den Verlauf erheblich beeinflussen kann. Aber
es sind ja nur erst kleine Zahlen, mit den L. rechnet, auch wurden
von 79 Masernfällen nur 5? untersucht, sodaß eine unbedingte Ver¬
wertung der Beobachtungen nicht gerechtfertigt erscheint. Wohl
aber verdienen einige Punkte Beachtung: So unterschieden sich 4
von den Influenzafällen durchaus nicht von dem gewöhnlichen, nicht
komplizierten Verlaufe der Morbillen, so daß hier das Vorhandensein
der Bazillen nur als zufälliger Nebenbefund zur Geltung kam. Um¬
gekehrt verliefen manche Masernfälle mit schweren Erscheinungen
von Seiten des Respirationstraktus und gingen vielfach letal aus,
ohne daß der Befund von Influenza zu erheben war. Jene 4 Fälle
deuten also wohl darauf hin, daß der Influenzabazillus, ohne katar¬
rhalische Erscheinungen hervorzurufen, wie ein Saprophyt vegetieren
kann. Jedenfalls scheinen derartige Befunde keine gar so schwer¬
wiegende Bedeutung zu haben, ferner können doch die so gefürchteten
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I. Referate.
25T
Masernpneumonien vorwiegend durch andere Bakterien hervorgerufen
werden. Wenn Süßwein jene Influenzafälle streng isoliert wissen
will, so hält es L. für rationeller, diese Maßregel auf alle schweren
Lungenkomplikationen mit Masern auszudehnen, wenn dies die Ver¬
hältnisse gestatten. Grätzer.
Felix V. Szontagh. Die Mischinfektionen.
(Orvosi hetilap, Gyermekgyögyäszat 1908 III. 1.)
I. Masern und Tuberkulose treten sehr oft in innigen Konnex
miteinander. Meistens kommt die schlummernde Tuberkulose durch
das Maserngift zum Auflodern, in anderen Fällen wird das In¬
dividuum zugleich durch Masern und Tuberkulose infiziert, oder es
wird durch die Morbillen das Terrain für die Tuberkulose quasi
geebnet II. Masern mit Diphtherie bilden eine überaus gefürchtete
Mischinfektion, deren Prognose trotz Serumtherapie eine recht dubiöse
ist Verfasser schließt sich ganz den Ansichten Linsbauers an,
außer denen, die die Intubation betreffen; Szontagh intubiert die
morbillÖ8en Croupfälle ebenso, wie die, die nicht mit Masern kom¬
biniert sind. III. Masern mit Skarlatina tritt oft vereint auf; ent¬
weder beobachten wir beide Exantheme zu gleicher Zeit, oder sie
zeigen sich nacheinander. Die Prognose betreffend glaubt Verfasser,
daß dieselbe günstiger ist, wenn die Morbillen früher als die Skar¬
latina auftreten. IV. Rubeolen mit Masern. V. Masern mit Vari¬
cellen. VI. Vaccine mit Masern sind seltenere Kombinationen.
VII. Öfters beobachtet man das Auftreten von Morbillen und
Pertussis, in welchem Falle die Prognose eine schlechtere ist, wenn
sich zur Pertussis die Masern gesellen. VIII. Verfasser beobachtete
einen Fall von Masern und Osteomyelitis. IX. Heubner teilt einen
Fall mit, bei dem er Erythema exsudativum multiforme mit Morbillen
vereint auftreten sah. X. Leo und Häubler beschrieben Morbillen
mit Pemphigus acutus kombiniert. XI. Skarlatina kombiniert mit
Pertussis, Osteomyelitis, Erysipelas, Typhus abdominalis, Influenza,
Rubeola, Malaria wurden wiederholt beschrieben. XII. Die Kombi¬
nation von Diphtherie mit Scharlach, besonders wenn letztere später
auftritt, ist ein signum malae ominis. Ernö Deutsch (Budapest).
E. A. Dent. Konkurrierendes Scharlach- und Masernexanthem.
(The Brit. med. Journ., 15. November 1902.)
Von sieben Geschwistern erkrankt am 8. Februar ein zehnjähriges
Mädchen an Scharlach, wird ins Hospital gebracht, wo sie bis zu
ihrer völligen Wiederherstellung verbleibt. Daheim sind Räume und
Kleider einer energischen Desinfektion unterworfen worden. Etwa
14 Tage, nachdem die Patientin ihrer Familie zurückgegeben war,
bekommt am 1. April ein Kind einen Scharlachausschlag, der am
4. verschwunden war, um am 6. einen typischen, von den bekannten
Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII. ,, (^Y l8irfL>
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258
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
katarrhalischen Erscheinungen, Rhinitis, Conjunktivitis u. s. w. be¬
gleiteten Masernexanthem Platz zu machen. Um dieselbe Zeit erkrankt
ein drittes Kind derselben Familie mit einem Ausschlage, den man
weder für typischen Scharlach noch für typische Masern ansehen
konnte. Nach 5 Tagen begann dieses Kind sich zu schälen. Wenige
Tage darauf erkrankten noch drei Kinder an einem masernähnlichen,
durchaus atypischen Ausschlage, der ohne nachfolgende Desquamation
verschwand.
Man kann hier von einer Mischinfektion sprechen, durch welche
das charakteristische Bild des Scharlachs wie der Masern eine
Alteration erfahren hat. C. Berliner (Aachen).
Paul Moser. Über die Behandlung des Scharlachs mit einem
Scharlachstreptokokkenserum.
(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 57 Heft 1).
Seit dem Jahre 1897 war es M. gelungen, aus dem Herzblute
von Scharlachleichen in 99 Fällen 63mal Streptokokken zu züchten,
2 mal in vivo aus der wasserklaren Cerebrospinalflüssigkeit. Ein Fall,
bei dem sich aus der klaren Punktionsflüssigkeit reichlich Strepto¬
kokken züchten ließen, bei dem sich aber nach dem Tode das Herz¬
blut als steril erwies, lehrt, daß der negative Befund im Herzblut
allein nicht beweisend ist für das Fehlen von Streptokokken im Blut.
Diese Untersuchungen ließen einen ätiologischen Zusammenhang der
Streptokokken mit der Skarlatina als wahrscheinlich annehmen. M.
ging nun daran, Pferde mit den Kokken systematisch zu immunisieren.
Die Tiere wurden mit einem Gemische von nicht abgetöteten, aus
Skarlatinablut stammenden Streptokokkenkulturen behandelt. Diese
Kulturen wurden ohne Tierpassage nur von Bouillon zu Bouillon
weiter gezüchtet, um die Mikroorganismen nicht irgendwie zu ver¬
ändern. Ein im Paltaufschen Institute zur Verfügung gestelltes
Pferd wurde seit dem 13. Februar 1900 in steigenden Dosen mit
solchen Kulturen injiziert. Die Kulturen, oft bis zehn verschiedene
Stämme, waren 3—6 Tage alt und wurden wöchentlich anfangs intra¬
venös, später subkutan in wechselnder Menge von 2 bis zu 200 ccm
steigend dem Pferde einverleibt. Die hierauf eintretende Reaktion
war meist mäßig, kurz dauernd; bis zu 3 Tagen anhaltende Tempe¬
ratursteigerungen, einmal bis 39,7, nur seltene leichte Eiterungen
aus dem Stichkanal und eine einmalige Absceßbildung waren die
unangenehmen Zufälle für das Tier bei diesem Injektionsverfahren.
Ein weiteres Pferd wurde seit Januar 1902 in gleicher Weise injiziert.
Das Blut von diesen zwei Pferden wurde nach monatelanger Be¬
handlung entnommen und das Serum davon ohne Karbolzusatz
Scharlachkranken injiziert. Zur Injektion wurde eine 100 ccm fassende
Asbeststempelspritze verwendet und das Serum subkutan der Bauch¬
haut einverleibt. Auf diese Weise wurden 81 Pat. im Spital be¬
handelt.
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I. Referate.
25»
Bei der Behandlung war vor allem die Schwere der Erkrankung
maßgebend. Von leichten und mittelschweren Fällen wurden 5 bezw..
16 injiziert, von schweren Fällen mit zweifelhafter und solchen mit
letaler Prognose 29 bezw. 34. Bezüglich der Prognose wurden die
Fälle in leichte, mittelschwere, schwere und letale Fälle geordnet;
dabei wurde auf eine bestimmte Zahl von Punkten Rücksicht ge¬
nommen, wie Alter, Familiendisposition, Temperatur, Puls u. 8. w.
Die Injektion wurde möglichst frühzeitig gemacht, die einmalige Dosis
schwankte zwischen 30 und 180 ccm. Bevorzugt wurden schwere und
letal verlaufende Formen.
Die Durchschnittsmortalität an Scharlach betrug im St. Anna-
Kinderspitale in den Jahren 1895—1900 zwischen 12,45 und 20,12;
im Jahre 1901 fiel sie auf 8,99. Zu gleicher Zeit betrug die
Durchschnittsmortalität für 1901 in den fünf anderen Spitälern
Wiens 13,09.
Der Erfolg der Injektion macht sich vor allem in einer günstigen
Beeinflussung des Allgemeinbefindens geltend; die Hinfälligkeit schwindet
sehr rasch. Augenfällig ist die Besserung in den nervösen Erschei¬
nungen: Somnolenz, Delirien, Unruhe u. s/w. verlieren sich sehr rasch.
Am auffälligsten aber ist in Fällen, die nicht durch schwere Rachen¬
affektion kompliziert sind, das Verhalten der Temperatur, die in den
ersten 24 Stunden nach der Injektion einen kritischen Abfall zur
Norm zeigt; die Pulszahl sinkt manchmal um 40 und mehr Schläge;
eventuelle Symptome von Herzschwäche schwinden; die Störungen der
Respiration gehen zurück. Von den starken Schwellungen des Nasen¬
rachenraumes und der Coryza sind die Pat. früher als sonst befreit;
die schweren ausgedehnten Zerstörungen im Rachen wurden nach
rechtzeitiger Injektion nicht mehr beobachtet. So kommt es im ganzen
zu einer abgekürzten Krankheitsdauer der Skarlatina.
Daß das Serum ein spezifisches ist, geht daraus hervor, daß
weder normales Pferdeblutserum noch auch das Serum von Marmorek
ähnlichen Einfluß auf die Krankheit zeigten.
Die Nachteile des Serums sind die gleichen wie beim Diphtherie¬
serum: auch hier kommt es zuweilen zu Serumexanthemen, vorüber¬
gehenden leichten Drüsenschwellungen, Gelenksaffektionen.
Das ganze Material an Krankengeschichten und Tabellen ist der
Arbeit beigegeben. Hecker (München).
D. Pospischill. Mosers Scharlachstreptokokkenserum.
(Aus dem k. k. Kaiser Franz Joseph-Regierungs-Jubiläums-Kinderspital
in Wien.)
(Wien. klin. Wochenschr. 1903 No. 15.)
P. wandte das Serum in 26 Fällen an und gibt von denselben
genaue Krankheitsgeschichten. Es waren mit einer Ausnahme alles
Fälle von sehr dubiöser bezw. direkt trister Prognose. Erstere boten
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260
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
12 Kinder, von denen neun geheilt wurden, letztere 13, von denen
doch noch fünf geheilt wurden. So hat also P. die besten Erfahrungen
mit dieser Behandlung gemacht. Temperaturabfall, Abnahme der
Puls- und Respirationfrequenz, Voller- und Härterwerden des Pulses,
Freiwerden des Sensoriums, ruhiger Schlaf, Warmwerden der Peripherien,
Schwinden der Cyanose, vermehrte Nahrungsaufnahme waren die un¬
mittelbaren Folgen der Injektion. Gr Ätzer.
P. Moser. Über Antistreptokokkenserum bei Scharlach.
A, Baginsky, Bemerkungen zu dem vorstehenden Artikel
P. Mosers.
H. Aronson. Bemerkungen zu dem Artikel dea Herrn
Dr. P. Moser.
(Berliner klin, Wochenschrift 1903 No. 1.)
Polemische Artikel, deren erster gegen Baginsky und Aronson
gerichtet ist, worauf diese antworten. Grätzer.
A. Baginsky. Antistreptokokkenserum bei Scharlach.
(Berliner med. Gesellschaft, 5. XI. 1902.)
B. hat in 695 Fällen von Scharlach stets Streptokokken gefunden
und ebenso auch bei Sektionen von Scharlachleichen in den Organen,
wodurch er zur Überzeugung gelangt ist, daß die Streptokokken bei
Skarlatina einen bedeutungsvollen Faktor ausmachen und eine Be¬
handlung mit Antistreptokokkeuserum des Versuches wert sei. Er
benutzte ein von Aronson hergestelltes Serum und erzielte bemerkens¬
werte Resultate, namentlich mit einem hochwertigen Serum, die
Temperatur fiel eher ab und der Abfall erhielt sich gleichmäßig
sinkend bis zur Norm. Komplikationen traten selten auf, die Mortalität
war eine geringe. Er zweifelt nicht an der Wirksamkeit des Serums,
wenngleich dasselbe nicht so prompten Effekt offenbart, wie das
Diphtherieserum. Grätzer.
Louis Fischer. Clinical Results with Antistreptococcus Serum
in Scarlet Fever.
(Medical Record, den 7. März 1908.)
In zwei Fällen von schwerem Scharlach wurde Aronsons Heil¬
serum versuchsweise angewandt. Der klinische Erfolg war ein
frappanter. Das Fieber ging lytisch herunter, die nekrotischen Mem¬
branen schmolzen förmlich hinweg, die Drüsenschwellungen schwanden,
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I. Referate.
261
und alles ohne nachteilige Nebenwirkungen. Verf. schließt sich voll¬
ständig den Ansichten Baginskys über das neue Serum an und
empfiehlt zuversichtlich weitere Versuche mit demselben.
Leo Jacobi (New York).
Rumpel. Die Behandlung des Scharlachs mit Rekonvaleszenten-
serum.
(Ärztl. Verein in Hamburg, 26. XII. 1902.)
Bei der zur Zeit herrschenden schweren Scharlachepidemie wurden
ausschließlich sehr schwere Fälle, und zwar 39, mit Rekonvaleszenten¬
serum behandelt; es starben 23 (= 59°/ 0 ). Das Blut zur Serum¬
bereitung wurde erwachsenen Rekonvaleszenten (Mädchen von 17 bis
25 Jahren) nach mittelschwerem Scharlach entnommen (am 25. und
35. Scharlachtage), wobei streng darauf gesehen wurde, daß es keine
Streptokokken enthielt. Die Injektion des Serums hatte keinen Einfluß
auf Fieber, Zahl der Krankheitstage, Auftreten von Komplikationen;
recht früh angewandt schien es allerdings in gewissen Fällen den
Verlauf der Krankheit zu beeinflussen. R. resümiert:
1. Gegen die durch den Streptococcus bedingten und andere
Nachkrankheiten war das Serum ohne Einfluß.
2. Bei den unkomplizierten Fällen des 1.—3. Krankheitstages
scheint es von günstiger Wirkung zu sein; doch ist ein zwingender
Beweis hinsichtlich der Temperaturherabsetzung und Abkürzung des
Scharlachprozesses nicht zu erbringen. Grätzer.
SchOUll (Tunis). Die Phototherapie des Scharlachs.
(Soci6t6 de Th6rap., Sitzung vom 26. XII. 1902.)
Mehrere Fälle, bei denen die Einwirkung der chemischen Strahlen
des Sonnenspektrums die Abschuppung verhinderte; die Kinder wurden
gleich nach der Eruption auf einige Tage ins rote Zimmer gebracht,
es trat dann keine Abschuppung ein und wurde so die Ansteckungs¬
gefahr wesentlich verkürzt. Grätzer.
E. W. Saunders. Pilocarpine in the treatment of Scarlet fever.
(Archives of Pediatrics, Februar 1903.)
Pilokarpin ist kein indifferentes Mittel und in zahlreichen
Zuständen ist seine Anwendung zu perhorreszieren. Allein als
Waffe im Kampfe mit dem Scharlach besitzen wir einstweilen kein
besseres Medikament. Pilokarpin regt die Schleim- und Speichel¬
absonderung energisch an, wodurch die spezifischen Toxine direkt
angegriffen und eliminiert oder unschädlich gemacht werden. Man
fange vorsichtig mit kleinen Dosen an. Im Notfall läßt sich eine
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262
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
übergroße Dosis durch eine Atropininjektion leicht neutralisieren, denn
Atropin ist das physiologische Gegengift.
Neben dem Pilokarpin sind natürlich viele andere Mittel an¬
wendbar, namentlich die Serumtherapie, sowie Nukleindarreichung,
Bäder u. s. w.
Kontraindiziert ist Pilokarpin bei Gegenwart von Herzdegeneration
oder Komplikationen seitens der Lunge. Leo J&cobi (New York).
Everard. Fünfmal Scharlachfieber.
(The Brit med. Journ., 25. Oktober 1902.)
Ein kleines Mädchen, daß sich zu Besuch bei einer Tante auf¬
hielt, bekam Scharlach und wurde sofort isoliert. Vier Tage später
erkrankte die Tante und deren zehnjährige Tochter an Scharlach,
und zwar die Tante zum fünften, die Tochter zum zweiten Male.
Die erste Scharlachattacke, welche die Tante im Alter von 2’/ 2 Jahren
durchmachte, soll mit Schafpocken und Masern zusammen auf¬
getreten sein. c. Berliner (Aachen).
Bertelsmann. Spontanluxation des linken Hüftgelenks im
Verlaufe eines Scharlachs.
(Biolog. Abteilung des Ärztl. Vereins Hamburg, 11. XL 1902.)
8jähriges Mädchen mit schwerem Scharlach und Streptokokken-
Allgemeininfektion, die mit mehrfachen Gelenkschwellungen einher-
giug. Als das linke Hüftgelenk eine sonderbare Form annahm,
untersuchte man es genauer und fand (auf dem Röntgenbilde) die
Luxation. Ein Trauma war nicht vorausgegangen, grob-anatomische
Veränderungen an den Knochen waren absolut nicht zu entdecken.
Was der Luxation zu Grunde lag, bleibt dunkel, B. vermutet folgendes:
Man sieht häufig bei solchen pygenen Gelenksaffektionen, daß das
Bein der betroffenen Seite sich sofort in Kontrakturstellung begibt,
und zwar in Adduktion, Flexion und Innenrotation. Der Kopf drängt
also gegen die hinteren Kapselpartien. Nimmt man hinzu die Er¬
weiterung der Kapsel durch den Erguß, ferner den Umstand, daß
das Ligament, teres manchmal zerstört, manchmal stark gedehnt
ist, so hat man prädisponierende Momente. Liegt nun das kranke
Bein nicht auf dem anderen, so wird es nach dem Gesetz der
Schwere die Bettunterlage zu erreichen suchen, wobei gewöhnlich
eine Neigung des Beckens nach vorn eintritt. Zur Herstellung dieser
Lordose gehört aber eine Muskelaktion, welche die schwachen Patienten
vielleicht nicht mehr fertigbringen. Die Bewegung geschieht dann
nicht in der Lendenwirbelsäule, sondern zwischen Femur und Becken,
indem der Kopf nach hinten aus der Pfanne herausgleitet.
Gr&tzer.
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II. Aus Vereinen und Versammlungen.
263
Karl Leiner. Über Wundscharlach bei Verbrennungen.
(Aus dem Karolinen-Kinderspital in Wien.)
(Jahrbuch f. Kinderheilkunde, Bd. 56 Heft 6.)
Ver£ sucht die Existenz des immer noch vielfach bestrittenen
echten Wundscharlachs durch 3 Fälle von Scharlach nach Ver¬
brennungen zu beweisen. Daß es sich um echten Scharlach handelte,
konnte, abgesehen von dem typischen Exanthem durch das charakte¬
ristische Verhalten der Zunge, die typische, auch die Hände und
Füße ergreifende lamellöse Schuppung, in je einem Fall durch die
Stomatitis, die Angina mit Belag und die Übertragung der Erkrankung
auf die Mutter erhärtet werden. Die differentielle Diagnose zwischen
echtem Wundscharlach und Scharlach bei Verwundeten ist schwer.
Für ersteren sprach der durchgehends milde Verlauf, die geringe
Beteiligung der Rachenschleimhaut, der Beginn und die stärkste
Intensität des Exanthems rings um die Verbrennung, das vollständige
Wohlbefinden vor der Verletzung (kein Prodromalsymptom bis zur
Verletzung).
L. meint, daß zwischen Verbrennung und Scharlachinfektion
tatsächlich ein Zusammenhang bestehe, sei es, daß die Verbrennung
eine direkte Eingangspforte für das Scharlachgift bildet, sei es, daß
dieselbe die Disposition zur Scharlachinfektion erhöht.
Hecker (München).
II. Aus Vereinen und Versammlungen.
Berliner medicinische Gesellschaft.
Sitzung vom 3. Dezember 1902.
Treitel: über die Ergebnisse der Untersuchungen in der Taubstummenanstalt in
Weißensee und Uber den Wert der Htfrübungen. Die Zöglinge der Anstalt sind israe¬
litischer Abkunft, wodurch sich die Untersuchungsergebnisse erklären lassen. Unter
43 Zöglingen hatten 75% angeborene Taubheit (unter den Juden ist die an¬
geborene Form die häufigere), und auch die Zahl der idiotischen Taubstummen
war eine auffallend hohe (Häufigkeit der Verwandtenehen bei Juden!). Unter
86 untersuchten Gehörorganen waren 44 als total taub zu bezeichnen, 45%
hatten Vokalgehör. Durch Hörprüfung findet man noch Kinder heraus, welche
die ganze Tonreihe haben, so daß man sie noch zum Unterricht verwenden kann.
Über den Nutzen der Hörühungen sind die Ansichten noch verschieden. T. glaubt,
daß die meisten Kinder nicht hören, sondern nur kombinieren lernen, ferner, daß,
wenn sie auch gewisse Töne wahrnehmen, sie doch zu wenig intensiv hören, als
daß ein praktischer Nutzen resultierte. Immerhin läßt sich bei Kindern mit
noch einigermaßen vorhandener Hörfähigkeit und Intelligenz durch Hör üb ungen
wohl noch manches erreichen. Schlechter stehen die Aussichten hei bloßem
Vokalgehör. Ob man bei ganz Tauben noch Versuche machen soll oder ob
dadurch eher die Aufmerksamkeit vom Ablesen abgelenkt wird, bleibt zu berück¬
sichtigen. Man sollte mindestens verschiedene Klassen einrichten, in denen die
ganz Tauben von den anderen gesondert unterrichtet werden, wie es im Aus¬
lande schon zum Teil geschieht.
Sitzung vom 21. Januar 1903.
H. Röder: Oie Darstellung des Säuglingsstuhles in Moulagenform als Lehrmittel
in der Pädiatrie. R. demonstriert verschiedene der von ihm im Kaiser und Kaiserin
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
Friedrich-Kinderkrankenhause von Säuglingsstühlen hergestellte Moulagen, welche
sehr deutlich Säuglingsstüble bei verschiedener Ernährungsform, sowie bei diversen
Verdauungsstörungen vor Augen führen. — A. Baginsky. hebt die Bedeutung
der schönen Moulagen für den Unterricht von Studenten, Ärzten, Kranken- und
Kinderpflegerinnen hervor. Auch ist man so auf den ersten Blick imstande,
aus den Faeces wichtige diagnostische Rückschlüsse auf pathologische Dann¬
prozesse zu machen und auch zu therapeutischen Indikationen am Krankenbette
zu. gelangen.
Sitzung vom 28, Januar 1903# T *}
Senator; Demonstration von Blutpräparaten. Dieselben stammen von einem
10 Monate alten Mädchen, das rachitische Knocbenveränderungfen, eine mäßige
Milzschwellung, wie sie sich bei Rachitis häufig findet, und vor allem auffällige
Anämie darbot, sonst aber keinerlei pathologische Zeichen entdecken ließ. Blut-,
befand: Abnahme der roten Blutkörperchen und dementsprechend des Hämoglobin¬
gehaltes., Neben normalgroßen auch Makrocyten, Mikrocyten; Poikkilocytose. Kern¬
haltige rote Blutkörperchen: Nörmoblasten, Megaloblasten, Gigantobiasten. In
vielen roten Blutkörperchen Mitosen. Verhältnis der weißen Blutkörperchen zu
den roten etwa 1:400, i. sp. einkernige Blutkörperchen 737*%, darunter
große Lymphocyten 24,2%, kleine 38,8%, uninukleäre Leukocyten 1,6%, Über¬
gangsformen 8,2%, Myelocyten 0,7%; multinukleäre, neutrophile nur 21,5 °/o,
eosinophile 4,95%, zusammen multinukleäre 26,5%. Das Überwiegen von Lympho¬
cyten ist ja bei kleinen Kindern nichts Besonderes, hier aber war es doch ein
ganz enormes zu nennen. Es fanden sich außerdem Mitosen in den Leuko¬
cyten, ein äußerst seltener Befund. Das Kind starb bald darauf; Sektion nicht,
gestattet. Was die Diagnose anbelangt, so sprachen gegen Leukämie, Pseudo¬
leukämie und Anaemia infantum pseudoleucaemcia gewichtige Gründe; es konnte
sich nur um Anaemia perniciosa handeln, wofür auch das Vorkommen der
Megaloblasten und das Überwiegen der Lymphocyten sprach. — Heubner
macht darauf aufmerksam, daß das Verhältnis der Lymphocyten sich beim gesunden
Säugling auf 66% und darüber belaufen kann und bis zum dritten Lebens¬
jahre noch über 50% beträgt. Erst vom dritten oder vierten Lebensjahre an
fängt das Verhältnis an, zu Gunsten der polyeukleären Zellen sich zu ändern,
und allmählich in den nächsten Jahren wandelt es sich zu dem bei Erwachsenen
üblichen um. Demgegenüber entgegnet Senator, daß ein Verhältnis von 73,5 °/ 0
bei Kindern im ersten Lebensjahre jedenfalls als auffallend hoch und abnorm
anzusehen ist.
Sitzung vom 18. Februar 1903.
Helbing: Ein Fall von symmetrischer Verbildung des Daumens. Es handelte sich
bei dem dreijährigen, sonst wohlgebildeten Mädchen um die äußerst seltene
Kombination von Hyperphalangie des Daumens mit seitlicher Ab¬
biegung der Nagelphalanx. Die seitliche Deviation des Nagelgliedes mit
ulnarwärts offenem Winkel, die links 90°. rechts 130° betrug, war, wie die
Röntgenaufnahme zeigte, hervorgerufen durch Einfügung einer keilförmigen
mittleren Phalanx und bewirkte hochgradige Entstellung, so daß operativ vor¬
gegangen wurde. Links, wo die Deformität hochgradiger war, exstirpierte H.
einfach die Phalanx und vereinigte die beiden ursprünglich vollkommen inkon¬
gruenten Gelenkflächen miteinander, so daß also die distale Gelenkfläche der ersten
Phalanx mit der proximalen der Nagelphalanx zusammentraf. Am anderen Daumen
resezierte H. ohne Gelenköffnung einen Keil, derart, daß das distale Ende der
ersten Phalanx und das proximale Ende der Keilphalanx in Wegfall kam. Sehr
schönes Resultat, auch funktionell. Von solcher Mißbildung existiert nur noch
ein Fall, den vor 3 Jahren Joachimsthal vorstellte. Auch hier war zwischen
erstem und drittem Glied ein Keil eingeschaltet, aber es resultierte nur eine so
geringe seitliche Deviation der Nagelphalanx, daß von der Operation Abstand
genommen wurde.
Martens zeigt ein 12jähriges Mädchen mit einer eigenartigen Handgeschwulst,
die bei dem bis dahin durchaus gesunden Kinde sich vor 6 Wochen zuerst in
der Weise bemerkbar zu machen begann, daß im Handteller eine kleine rote
Stelle mit einigen gelben Pickeln entstand. Es entwickelte sich sodann unter
der Haut ein Tumor, der vor etwa 2 Wochen die Haut auf hob, dann durch-
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II. Aus Vereinen und Versammlungen.
265
brach und sehr rasch wuchs. Epidermis wallartig an den Rändern erhoben,
Umgebung etwas entzündet; Tumor selbst blumenkohl- oder maulbeerartig, klein¬
walnußgroß, mit kaum bleifederdickem Stiel, von Epidermis nicht bedeckt,
sezerniert stark und hat mehrfach stark geblutet. Er erinnert lebhaft an die
französischeroeits einige Male beobachtete „Botryomykose“, eine durch den sogen.
Mikrococcus botryogenes hervorgerufene, aus Binde- und Granulationsgewebe be¬
stehende Geschwulst, die im allgemeinen nur bei Pferden, ausnahmsweise aber
auch bei Menschen vorkommt. Die nachträgliche Exzision ergab, daß hiervon
nicht die Rede war sondern daß der Tumor ein Angiosarkom der Haut war,
dessen oberflächliche Partien nekrotisch waren und massenhaft Staphylokokken
enthielten.
Verein für innere Medizin in Berlin.
Sitzung vom 15. Dezember 1902.
H. Neumann stellt einen 4jährigen Knaben mit intrathoracischem Tumor
vor, der seit etwa 7 Monaten hervortritt bei dem schlecht entwickelten Kinde,
bei dem sich zunächst ein wechselnd lautes stertoröses Atmen bemerkbar macht.
Brustkorb wird wenig gehoben, die linke Seite steht bei der Einatmung
fast still. Die oberflächlichen, seitlich vom Manubrium in die Tiefe gehenden
Venen vom Oberarm an deutlich erweitert. Oberer Teil des Rumpfes nach
rechts skoliotisch. Perkussion der Brust ergibt einen Widerstand und absolute
Dämpfung von der Spitze der linken Lunge an, nach unten hin links innen
sich in die scheinbare Herzdämpfung fortsetzend, mehr außen ihre untere Grenze
auf der vierten Rippe erreichend. Nach außen wird die Dämpfung durch die
Achsellinie, nach innen etwa auf der Mitte des Manubrium, weiter unten durch
den linken Sternalrand begrenzt. Herzstoß im fünften und sechsten Interkostal¬
raum außerhalb der Mamillarlinie. Auch in der linken oberen Schulterblatt¬
grube Dämpfung. Im Bereiche der Dämpfung oben zeitweise lautes bronchiales
Atmen, zeitweise abgeschwächtes Atmen; Pektoralfremitus deutlich. Im Gebiet
des Lungenschalls links meist tympanitischer Beiklang. Am Halse zahlreiche
große Drüsen. Interskapular lautes bronchiales Atmen, nach rechts oben fort¬
geleitet; interskapular rechts etwas Dämpfung. Leber vergrößert. Seit Monaten
hektisches Fieber, abwechselnd mit stärkerem, unregelmäßigem Fieber, das abends
bis auf 40° steigt, Kehlkopf normal; hohler Husten, im Auswurf keine Tuberkel¬
bazillen. Schwester der Mutter an Tuberkulose verstorben. N. glaubt, daß es
sich um ein großes Paket verkäster Drüsen handelt, die vom Mediastinum
ausgehen und einen soliden Tumor im vorderen oberen Teil des linken Brust¬
kastens bilden. Derselbe war anfangs wesentlich unter dem Manubrium, in der
linken oberen Schlüsselbeingrube und in den oberen zwei Zwischenräumen nach¬
zuweisen und nach außen durch eine die Mitte der Clavicula schneidende Senk¬
rechte begrenzt, allmählich rückte er um einen Intercostalraum tiefer, so daß er
nunmehr links außen bis zur vierten Rippe reicht. Er hat das Herz wesentlich
beeinflußt, das nach dem Untersuchungsbefunde nach unten gedrückt und quer
gelagert sein mußte. Röntgenaufnahmen bestätigen dies; die obere Herzgrenze
(von vorn gedacht) befindet sich anstatt im zweiten Interkostalraum im vierten.
Sitzung vom 2. März 1903.
B. Bend ix stellt einen 13 Monate alten Knaben vor, um einen Beitrag
zur Ätiologie der Urticaria im frühen Kindesalter zu liefern. Das sonst gesunde Kind,
dessen Darmtätigkeit ebenfalls normal ist, besitzt eine Idiosynkrasie gegen
Eier, die sich regelmäßig nach außen in Form einer typischen Urticaria geltend
macht. Ob er Ei roh oder gekocht, nur oder in Milch, Bouillon u. s. w. erhält,
ist gleich; selbst kleinste Mengen haben den gleichen Effekt seit dem vierten
Lebensmonat des Kindes, wo die Mutter denselben zum erstenmal wahrnahm.
Auch experimentell hat B. die Anomalie schon zweimal zum Vorschein gebracht:
Das eine Mal verstrichen 5, das andere Mal 7 Minuten bis zum Ausbruch der
Eruption, die nach ca. 20 Minuten wieder verschwand. B. wiederholt jetzt den
Versuch, indem er ein Ganzei in */ 4 Liter eingequirlt hat, wovon das Kind wenige
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
Schluck erhält. Nach 8 Minuten tritt der Ausschlag deutlich hervor: das ganze
Gesicht erscheint mit Urticariaquaddeln wie besät, wobei besonders das rechte
Augenlid geschwollen, die Augenschleimhaut injiziert ist Starker Juckreiz.
Das Kind hat offenbar nur eine besondere Empfindlichkeit dem Eiereiweiß gegen¬
über (falls überhaupt das Eiweiß der schuldige Faktor ist), da es auf Milch¬
oder Fleischeiweiß nicht abnorm reagiert Vielleicht bietet der Fall für jene
chronischen, sich Monate hinziehenden Fälle von Urticaria einen therapeutischen
Hinweis dafür, daß wir hier versuchsweise Eiernahrung für einige Zeit absolut
ausschließen. — Albu hat vor mehreren Jahren einen ähnlichen Fall gesehen,
nur daß hier ein Erythema exsudatium bullosum nach Eigenuß entstand.
Jedesmal nach solchem bekam das sonst gesunde Kind sehr bald eine massen¬
hafte Eruption von hellen Blasen verschiedenster Größe über den ganzen Körper
und fühlte sich krank. Nach Stu n de n , oder auch Tagen erst trockneten die
Bläschen allmählich ein. So geschah es ungezählte Male vom ersten bis zum
fünften Lebensjahre. Da das Kind sehr hartnäckig obstipiert war, behandelte
A. diese Obstipation energisch, worauf geringe Besserung eintrat, aber nicht
Heilung. Die Ätiologie solcher Fälle ist noch ganz rätselhaft.
Ärztlicher Verein in Nürnberg.
Sitzung vom 4. Dezember 1902.
F. Giulini demonstriert eine Mißbildung beider Augen, offenbar durch amnio¬
tische Verwachsungen entstanden. An den oberen Augenlidern des 18 Tage
alten Kindes findet sich je ein */* cm bezw. 1 cm langes 1 , federkieldickes, zapfen¬
förmiges Hautgebilde, etwa der Mitte des Lidrandes aufsitzend. Lider ektro-
pioniert, die evertierte Bindehaut verdickt, mit kleinen warzenförmigen Gebilden
besetzt. Lidspalten enge, werden von selbst nicht geöffnet. Bulbi von Binde¬
haut überkleidet, links so vollständig, daß der Bulbus zu fehlen scheint; rechts
liegt ein schmaler Streif der getrübten Hornhaut frei.
Kronacher: über frühzeitige Gaumennaht. K., der die Erfolge der frühzeitigen
Gaumennaht bei J. Wolff, der stets zweizeitig, bei ganz kleinen Kindern drei¬
zeitig operierte, gesehen hat, ist entschiedener Befürworter der frühen Operation,
die nicht nur nicht gefährlich, sondern sogar lebensrettend ist, da gerade junge
Kinder mit angeborener Gaumenspalte sehr oft infolge von Schluckpneumonie,
Bronchitis, Ohraffektionen u. s. w. zu Grunde gehen. Auch die funktionellen Resultate
sind bei den früh Operierten sehr gut, und lernen dieselben ohne besonderen
Unterricht normal sprechen. K. hat selbst in letzter Zeit 4 Kinder mit bestem
Erfolg operiert.
C. Koch demonstriert eine Dermoidcyste des Schädels, durch Operation bei
einem 1V 2 jährigen Kinde gewonnen. Der nußgroße Tumor saß genau über der
großen Fontanelle, unter der Galea aponeurotica, dem Periost ziemlich fest auf.
Sie ließ sich aber gut ausschälen.
Sitzung vom 18. Dezember 1902.
Krämer und Kronacher zeigen die schwere Mißbildung des linken Armee
bei dem betreffenden Knaben bezw. an Röntgenbildern. Der Vorderarm rudi¬
mentär entwickelt, Hand und Finger fehlen völlig. Totaler Defekt des Radius,
partieller der Ulna, an der Proc. coronoid. und Olecranon fehlen. Der Unter¬
armknochen, spitzwinklig zum Oberarm stehend, liegt in einer geringen, der
Fossa coronoidea entsprechenden Vertiefung des ebenfalls sehr atrophischen Ober¬
armknochens. An den Vorderarmknochen schließen sich zwei Metakarpalknochen,
sowie die Phalangen eines Fingers an.
Sitzung vom 8. und 22. Januar 1908.
C. Port sah bei einem neugeborenen Mädchen ein präsacrales Cystenfibrom,
das in Form eines 8 cm langen, etwa zwei Daumen an der Basis dicken Schwanzes
zwischen Steißbein und After herabhing; an der Spitze eine, etwas Sekret ent¬
leerende Öffnung. Die Operation förderte ein Konglomerat von fünf Cysten mit
serösem Inhalt zutage: 10 Tage lang Wohlbefinden, dann Unruhe und rascher
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III. Neue Bücher.
267
Verfall; Zeichen von Harnverhaltung (trotz steter Entleerung von Harn), plötz¬
licher Abgang einer großen Menge blutiger Flüssigkeit, bald darauf Exitus. Es
fand sich noch eine große, leere, den ganzen Beckenausgang verlegende Cyste vor,
die einen fast vollkommenen Verschluß der Harnröhre durch Abknickung bewirkt
hatte und kurz ante exitum durchgebrochen war.
Neuburger beobachtete Polyarthritis gonorrhoica bei einem fünftägigen, mit
schwerer Blennorrhoea neonatorum behafteten Kinde (Gonokokken). Es
wurden nach und nach affiziert beide Schulter- und das linke Handgelenk, das
linke Kniegelenk, die rechte Groß- und linke Mittelzehe, die Augenblennorrhoe
hatte sich auffallend rasch nach Beginn der Gelenkerkrankungen gebessert. Auch
letztere gingen allmählich zurück, und es erfolgte völlige Wiederherstellung.
Zwei Tage ante partum war auch die Mutter an heftiger Polyarthritis erkrankt,
doch nimmt N. an, daß die Allgemeininfektion des Kindes erst nach der Geburt
vom Auge aus erfolgte.
Sitzung vom 5. Februar 1908.
J. Cnopf: über die angeborenen Funktionsstörungen des Verdauungsapparates.
Erschöpfendes Referat über die verschiedenen Ansichten über die angeborene
Pylorushypertrophie, Operation derselben u. s. w.
in. Neue Bücher.
B. Hecker. Abhärtung? Verlag von Gebauer-Schwetschke, Halle 1903.
Das Büchlein, als Mahnwort und Wegweiser an die Mütter gerichtet, zeigt
ihnen, wie eine rationelle Abhärtung beschaffen sein muß, wohin aber eine
schematische, barbarische, unhygienische Abhärtung, wie sie leider vielfach geübt
wird, hinfuhrt. Besonders eine systematische Aohärtung von Säuglingen und
kleinen Kindern ist eine gefährliche Maßnahme, die sich bitter rächt. Auch
späterhin muß die Abhärtung, soll sie ihren Zweck wirklich erfüllen, durchaus
individuell eingerichtet sein, der jeweilige Körperzustand, die Empfindsamkeit
des Kindes, das Klima des Wohnortes u. s. w., alle derartigen Faktoren bedürfen
besonderer Berücksichtigung. Die Lektüre des kleinen Buches, dessen Inhalt
den Erfahrungen des bekannten erfahrenen Münchener Kinderarztes entspringt,
dürfte vielen Nutzen stiften. Gr ätz er.
J. Orschansky. Die Vererbung im gesunden und krankhaften Zustande und die Ent¬
stehung des Geschlechts beim Menschen. Verlag von F. Enke, Stuttgart.
Preis Mk. 9.
Der Verf. hat sich die Aufgabe gestellt, das Resumd seiner eigenen
Studien mit den Ergebnissen der modernen Untersuchungen auf dem oben
bezeichneten Gebiete in Einklang zu bringen, und er hat sich dieser Aufgabe
mit großem Fleiße und vollem Verständnis gewidmet, so daß das hochinteressante
Werk vollen Anspruch darauf hat, gelesen zu werden. Es zerfällt in 10 Kapitel,
betitelt: „Das Gebiet der Erblichkeit“, „Die Vererbung von im Leben erworbenen
Veränderungen“, „Die erbliche Übertragung von Krankheiten“, „Entstehung
der Geschlechter“, „Die Ähnlichkeit“, „Körperbau der Neugeborenen und deren
Mütter“, „Die Grenzen der Erblichkeit, Entwickelung des Skeletts“, „Die Erblich¬
keit in kranken Familien“, „Die Elemente der Vererbung, Befruchtungstypen“,
„Die Vererbung und die individuelle Evolution“. In allen diesen Abschnitten
tritt das Talent des Autors, auch schwierigere Stoffgebiete dem Leser durch
klare und präzise Darstellungsweise nahe zu bringen und ihn dauernd zu fesseln,
in wohltuender Weise zu Tage, der Verf. versteht es fesselnd zu belehren und
das Interesse dauernd wach zu halten. Wir können daher die Lektüre des
Werkes warm empfehlen. Gr ätz er.
A. He ermann. Vorschriften aus dem Gebiete der Krankenpflege. Verlag von
H. Hartung & Sohn. Leipzig 1903. Preis Mk. 2.
Abreißbare Zettel, auf denen die Ärzte den Pflegern oder Patienten ge¬
druckte Vorschriften übergeben, damit diese besser verstanden und behalten
werden. Der Kinderpflege sind zwei solcher Blätter gewidmet, die übrigen be¬
ziehen sich auf die verschiedenen Bäder, Ausspülungen des Darmes, der Nase,
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 6.
der Ohren und Augen, auf Packungen, Abreibungen, Umschläge, Pflege der
Wöchnerinnen, Pflege ansteckender Krankheiten u. s. w. Den meisten der 20
Pflegevorschriften (man kann von jeder einzelnen je 6 Stück für 20 Pf. haben),
sind einige Zeichnungen heigegehen. Ein ganz zweckmäßiges Unternehmen, das
manchem Praktiker recht willkommen sein dürfte. Gr ätz er.
Neue Dissertationen.
(Januar bis März 1903.)
G. Boxberger. Über die Beziehungen der hyperplasierten Thymusdrüse zum plötz¬
lichen Tode bei Kindern. (Kiel.)
K. Dreger. Vaccina generalisata. (Göttingen.)
Fr. Dieterlen. Über kongenitale Ektopien und Erosionen am Muttermund.
(München.)
W. Frien. Ein Fall von einseitiger kongenitaler Cystenniere bei einem 2V* jährigen
Mädchen; Heilung durch Operation. (Erlangen.)
Fr. Großmann. Über die angeborenen Blutcysten des Halses. (Leipzig.)
Bernh. Hoffmann. Epityphlitis im frühen Kindesalter und ihre Beziehungen zu der
gleichen Erkrankung Erwachsener. (Marburg.)
W. Holzer. Über Albuminurie im Kindesalter. (Heidelberg.)
W. Hoppe. Beitrag zur Lehre von den angeborenen Kreuzsteißbeingeschwülsten.
(Breslau.)
R. Kästel. Die angeborene Verlagerung der Niere in ihrer praktischen Bedeutung.
(Heidelberg.)
P. Kaiserling. Über Ectopia vesicae. (Halle.)
P. Lindemann. Über Osteogenesis imperfecta. (Berlin.)
Alfr. Loewy. Die an der kgl. Chirurg. Klinik Breslau in den Jahren 1891 bis
April 1901 behandelten Fälle von Hasenscharte. (Breslau.)
K. Luer. Über einen Fall von kongenitaler Scheidenatresie mit Cystokolposbildung
bei völligem Mangel der Urethra und Blase, sowie der Portio, Cervix und
des Corpus uteri. (München.)
Herrn. Marcus. Vom Tetanus neonatorum und seiner Behandlung mit Serum¬
einspritzungen. (Kiel.)
L. Müller. Über 3 Fälle von Chorea chron. progressiva s. hereditaria.
(Heidelberg.)
R. Noehte. Resultate der Sehnentransplantationen bei peripheren Lähmungen.
(Berlin.)
H. Otto. Ein Fall von Atresia hymenalis congenita. (Berlin.)
A. Pfreimter. Ein Fall von Nierenmischgeschwulst im Kindesalter. (München.)
J. Ritscher. Über Scharlachabszesse an der Hand eines Falles von Aneurysma
' * afeariovenosum spurium carotidis communis et jugularis internae infolge
eines’*solchen. (Kiel.)
Sato. Vergleichende Untersuchungen über die Bogengänge des Labyrinthes beim
Neugeborenen und beim erwachsenen Menschen. (Rostock.)
W. Schillingen. Ein weiterer Fall von Lidgangrän mit Diphtheriebazillenbefund.
.• T (Tübingen.)
*W 4 Schltepe* Kephalhaematoma neonatorum. (Greifswald.)
0. Schönfbld. Ein Fall von Aplasie der rechten Niere bei einem an Retro¬
pharyngealabszeß gestorbenen Kinde. (Kiel.)
A. Weinberg. Über einen Fall von Hydrocephalus congenitus intern, mit Phoco-
- melie. (Bonn.)
-Jfl. Wiek. Ein Beitrag zur Kenntnis der angeborenen Geschwülste der Kreux-
und Steißbeingegend. (Kiel.)
Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzer in Sprottau. Verlag von Johann
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metzger & Wittig in Leipzig.
Digitizea by Vj
Centralblatt für Kinderheilkunde.
Eine Monatsschrift für praktische Ärzte.
Unter Mitwirkung von
Db. C. BERLINER (Aachen), Db. ERNST DEUTSCH (Budapest),
Db. ALBR. DWORETZKY (Moskau), Db. E. ENSLIN (Erlangen), Dibektob Db.
ESCHLE (Sinsheim), Pbop. Db. EVERSBUSCH (München), Db. G. FINDER (Chab-
lottbnBubo), Db. E. FLATAU (W abschau), Pbiv.-Doz. Db. R. HECKER (München),
Db. LEO JACOBI (New Yobk), Pbop. Db. JOACHIMSTHAL (Beblin), Db. MAX
JOSEPH (Beblin), Db. G. KREBS (Hildesheim), Db. P, MAAS (Aachen), Db. K.
MENDEL (Berlin), Db. ADOLPH H. MEYER (Kopenhagen), Db. PLANTENGA
(Haag), Dr.CARL SCHADE (Güttingen), Pbiv.-Doz. Db. E. SCHREIBER (Güttingen),
Db. SCHRIDDE (Eblangen), Pbiv.-Doz. Db. H. STARCK (Heedelbebg), Db. SZYMA-
NOWSKI (Wabschau), Db. E.TOFF (Bbatla, Rumänien), Pbop. Db. YULPIUS (Heidel¬
berg), Db. H. WALBAUM (Kiel), Pbiv.-Doz. Db. ZIEGENSPECK (München) u. A.
herausgegeben von
Dr. med. Eug-en Graetzer,
prakt. Arzt in Sprottau.
VIII. Jahrgang. Juli 1903.
Nr. 7.
I ntia.lt.
I. Originalbeiträge.
Seit©
Ernst Deutsch, Gratismilch- und Ordinationsanstalten für Säuglinge . . 269
n. Referate.
H. de Rothschild, Contribution a l’dtude de l’industrie laiti^re .... 277
W. Cronheim und Erich Müller, Untersuchungen über den Einfluß der
Sterilisation der Milch auf den Stoffwechsel des Säuglings unter be¬
sonderer Berücksichtigung der Knochenbildung.277
E. Kobrak, Erwiderung auf den Aufsatz von Dr. L. Natanson: Über
den Milchpasteurisierapparat von Dr. E. Kobrak.279
Betzy Meyer, Zur Kenntnis der bakteriziden Fähigkeit der Milch . . . 279
A. Schlossmann und E. Moro, Zur Kenntnis der Arteigenheit der ver¬
schiedenen Eiweißkörper der Milch.279
Jemma, Über die löslichen Fermente der Milch und ihre Bedeutung für
die künstliche Ernährung.281
G. Wallbach, Praktische Erfahrungen mit Kufekes Kindermehl . . . 281
Fr. Dorn, Beitrag zur Ernährungstherapie.281
F. Weigert, Erfahrungen über die Kindermehle im allgemeinen und speziell
das Kufekesche.282
(Anerkannt vorzüglichstes
fi^ bS |Sr^,
Man acJjfe auf den Mamen.
...
KNlf MÖLLER Gulcilftlgwiitftiw i
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Fortsetzung des Inhaltes,
II. Fischer, Beitrag zum Kapitel der rationellen Säuglingsernährung . . 282
Ernst Moro, Ernährungsversuche mit Soxhlets „Nährzucker“ . , . . 2.92
0. Bommel, Der Soxhletsche Nährzucker in der Ernährungstkerapie
kranker Säuglinge. 282
C. Maccarone, Die Dyspepsie der Neugeborenen und Säuglinge und die
Funktion der mütterlichen Brustdrüse.283
Fr. Steinitz, Alkalistoffwechsel.284
Walther Freund, Säuren und Basen im Urin kranker Säuglinge . . . 284
A. Keller, Fettumsatz und Acidose.284
C am er er, Die stickstoffhaltigen Bestandteile im menschlichen Urin und
die sogen. Acidose.284
H. Brüning, Über die Ernährung kranker Säuglinge mit Buttermilch . . 284
Gr. Jacobson, Über die Ernährung gesunder und dyspeptischer Säuglinge
mit Buttermilch.285
Jan Baczynski, Dyspepsia intestinalis acida lactatorum. 286
F. L. Wachenheim, Chronic gastritis and gastric motor Insufficiency in
Children. .286
Halsey Dewolf, A Beport of thirteen cases of Edema, apparently epi-
demie in character.287
JapichinoPaternö, Experimentelle klinischeStudiezuParrots„Athrepsie a 288
Japichino Paternö, Untersuchungen über die pathologische Anatomie
der Parrotschen Athrepsie.288
Dante Pacchioni, Ein Fall von schwerer Hepatitis mit schwerem Ikterus
bei einem von einer nephritischen Mutter ernährten Säugling . . . 289
Crisafi, La funzionelitä del fageto nie bambini proveta ove levulosio . . 289
Antonio Jovane, Die Verteilung der Glykogenmenge auf die beiden
Leberlappen.290
E. Salvia, Singuli&re anomalie de d6veloppement du foie ayant l’aspect
d’un neoplasme.290
A. Sotoff, Ein Fäll von bösartiger Neubildung der Leber und der Bauch¬
speicheldrüse bei einem Kinde von l 1 /* Jahren.290
chemische Fabrik — Darmstadt.
Bromipin
Ind.: Neurasthenie, Hysterie, Epilepsie,
Chorea, epileptische Dämmerzustände.
Rp.: Bromipin 10°/ 0 100 g.
D. S. 2—3 mal täglich 1 Theolöffel voll in ober¬
gähr. Bier oder heißer Milch.
Stypticin
Ind.: Blutungen im Klimakterium,
menstruale Blutungen, Menorrhagien etc.
Rp.: Tablettar. Stypticin No. 40 ä 0,06 g.
D. 8. Täglich 3—6—8 Tabletten an nehmen.
Dionin
Ind.: Asthma, Emphysem, Bronchitis, Phthisis pulmon., TracheVtis, Pertussis,
Schmerzzustände (Gastralgie, Ischias, Ovaralgie, Oophoritis, Ulcus ventriculi), Asomnle,
Abstinenzkur, Keratitis, Chorioiditis, Bulbusoperationen.
Rp.: Dionin 0,3,
Aq. amygd. amar. 16,0.
M. D. S. 3 mal täglich 10;
Abends 20 Tropfen.
II Rp.: Dionin 0,04,
01. Cacao 2,00.
M. f. lege art. supp. d. t. dos. 10.
S. Täglich 1 bis mehrere
Zäpfchen zu gebrauchen. |
Rp.: Dionin 0,6,
Aq. dest. 20,0.
M. f. sol. steril.
S. Zu subkutanen Injektionen.
Dionin wird für die Kinderpraxis aufs Wärmste empfohlen.
Litteratur gratis und franko.
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Fortsetzung des Inhaltes,
A. Wolkowsky, Ein Fall von Lebercirrhose im Kindesalter.291
Guiseppe Mya, Drei Fälle von Lebercirrhose im Kindesalter .... 292.
L. Bartenstein, Die Lebercirrhose im Kindesalter.292
S. Middelton, Infant with great Enlargement of the liver and ascites . 292
Th. Fischer, A case of Ascites due to Thrombosis of the hepatic veins 293
Paul Erdmann, Beiträge zur Kenntnis der kongenitalen Syphilia der Leber 293
Pr. Mra£ek, Die Syphilis der Mütter und der Neugeborenen.294
R. Matzenauer, Die Vererbung der Syphilis. Ist eine paterne Vererbung
erwiesen?..295
J. Wisniewski, Beitrag zur Syphilis der Kinder.297
D. D. Niculescu, Die Hutchinsonschen Zähne.297
E. Fournier, Des dystrophies veineuses de l’h6r6do-Syphilis.297
Lannelongue, Note sur la Syphilis osseuse h£r4ditaire chez les nouveau-
n4s (maladie de Parrot), chez les enfants et les adolescents, chez les
adultes et les vieillards (maladie de Paget).298
J. Fick, Beobachtungen über tertiäre Lues in Prof. Ehrmanns Ambu¬
latorium in Wien.298
George Lupescu (Gustav Weinberg), Die intramuskulären Injektionen
von Sublimat in seltenen und massiven Dosen zur Behandlung der
Lues bei Kindern.299
Torretta, Über die subkutane Jodtherapie in der Kinderpraxis .... 299
Ed. Hönigschmied, Weitere Mitteilungen über die Anwendung u. Wirkung
des Jodipins.300
Edm. Saalfeld, Über Thigenol.300
J. Silberstein, Thigenol als Ersatzmittel des Ichthyols.300
M. Fasching, Über Jodoform - Kalomel - Behandlung.301
H. Schramm, Beitrag zur Kenntnis der Tuberkulose der Knochen und Ge¬
lenke am kindlichen Fuße.301
R. Lücke, Peritonitis tuberculosa traumatica mit Ileus.302
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Kinderheilkunde.
Eine Monatsschrift ftir praktische Ärzte.
VIIL Jahrgang. 1. Juli 1908. No. 7.
I. Origlnalbeiträge.
Gratismilch- und Ordinationsanstalten für Säuglinge.
Vortrag, gehalten am 27. IV. 1903 am internationalen medizinischen
Kongreß zu Madrid.
Von
Dr. Ernst Deutsch (Budapest).
„Ün enfant qui nait a moins de chances de
vivre une semaine qu’un homme de quatre-
vingt-dix ans et moins de chances qu’un
octog&naire de vivre un an.“ (Bergeron.)
Die staatliche Beeinflussung der Steigerung der Geburtszahl ist
eine Frage, deren praktische Durchführung eine problematische ist;
anders stehen wir der Mortalität der Kinder gegenüber, die zu be¬
kämpfen ist und diesen Kampf durchzuführen ist von größter nationaler
Wichtigkeit. Diese anerkannte Tatsache brachte die großen Be¬
strebungen auf dem Gebiete des Kinderschutzes hervor, die jetzt in
der ganzen gebildeten Welt auf dem Tapete sind. Findel wesen,
Säuglingsspitäler, Kinderheilanstalten, Institute für Verwaiste, Krüppel¬
heime, Vereinigung zum Schutze für Epileptiker und Idioten u. s. w.
sind alle Blüten dieser Richtung. In meinem heutigen Vortrag will
ich einer Institution gedenken, die auf Grund meiner bescheidenen
Ansicht und meiner Erfahrungen eine kolossale Tragweite besitzt, doch
bisher außer von der französischen Republik und Amerika von anderen
Ländern kaum gewürdigt wurde —, ich meine die Gratismilchanstalten.
Um ein übersichtliches Bild über diese Institution und über all
die Fragen, die mit ihr verbunden sind, geben zu können, habe ich
an alle Kinderkliniken der Welt Fragebogen ausgesandt; deren Be¬
antwortung die Daten, die ich aus der Weltliteratur gesammelt und
meine eigenen Erfahrungen dieser bescheidenen Arbeit bilden.
In erster Reihe möchte ich ein übersichtliches Bild über die
Mortalität der Säuglinge und aller Faktoren, die sie beeinflussen,
geben.
Vor allem führe ich die mir auf privatem Wege gütigst zur
Verfügung gestellten Daten vor.
Österreich:
Wien (Escherich) 1865 24,1%, in* Jahre 1898 19,0%.
Prag (Epstein, Fischl) 19—25%.
Krakau (Jakubowsky) 1898 starben im Säuglingsalter in Galizien
64134.
Centralbl. f. Kinderhlkde. VIIL
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270
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7.
Deutschland:
Berlin (Heubner) 16—19°/ 0 der Neugeborenen sterben im ersten
Lebensjahr.
Leipzig (Soltmann) Mortalitätsperzent der Säuglinge 28,3%.
München (Ranke) auf 100 Säuglinge sterben 27,8.
Frankreich:
Toulouse (B6ry) auf 150000 Einwohner sterben jährlich im Durch¬
schnitt 200 Säuglinge.
Nach Cayrol-Blums Mitteilung hat
.Einwohner
Kinder
Säuglinge
Paris
2660559
von 1892—1901
wurden 565650 geboren, 70718 starben,
Lyon
453 145
yy
yy
84 713
yy
11373 „
Bordeaux
257471
yy
yy
52225
yy
6 764 „
Limoges
83569
yy
yy
17445
yy
2619 „
Nimes
80355
yy
yy
20 553
yy
4546 „
Montpellier
76364
yy
yy
15 742
yy
2294 „
England:
Newcastle on Syre (Rauken Lyle) 150°/ oo .J
Edinburgh (Simpson) 154% 0 .
Italien:
Genua (Jemma) 26%.
Rom (Concetti) 26,11%.
Schweiz:
Basel (Hagenbach-Burckhardt) 12—14%.
Genf (Champendal) 15%.
Rumänien:
Jassy (Jmerwol) 22,72%.
Norwegen:
Christiania (Johannessen) 14,6%, in Budalen 1,49%.
Spanien:
Zaragoza (Borobio) 20%.
Amerika:
Toronto (Machell) 20—25%.
Quebec (Fortier) 26,8—49,9%.
New York im Jahre 1901 starben auf 6095685 Einwohner 43307,
unter diesen 9348 Säuglinge.
Boulder (Cattermoll) 1900 starben auf 539700 Einwohner 6987,
unter denen 1228 Säuglinge waren.
Zu diesen Daten will ich noch die vergleichende Sterblichkeits¬
tabelle einiger großer europäischer Städte anreihen:
Auf 1000 Geburten starben von 1895—1898 in
Budapest
Wien
Prag. .
Triest .
Breslau .
Dresden .
München
Bukarest
Dublin .
Petersburg
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183
208
176
219
262
208
279
220
169
310 Säuglinge.
Google
I. Originalbeiträge.
271
In meinem Vaterlande ist das Mortalitätsperzentverhältnis der
unter einem Jahre Verstorbenen zur Gesamtmortalität verglichen
32,05 %, dieser Perzentsatz entspricht auch ungefähr dem durchschnitt¬
lichen europäischen Säuglingsmortalitätsperzent.
Wenn wir die Gründe der großen Säuglingsmortalität suchen, so
liegt diese meistens in der Armut und Unwissenheit der Eltern; mit
einem Worte, den größten Teil der kleinen Särge bevölkern die Säug¬
linge des Proletariats. Mit einigen Details will ich die Richtigkeit
dieser Behauptung zu beweisen suchen. In den ersten drei Lebens¬
monaten sterben 15mal mehr illegitime, als legitime Kinder (Firck).
8,9 °/p sterben unter den Säuglingen der reichen Bevölkerung in
Erfurt, 30,5 °/ 0 unter den Armen. Ähnliche Daten liefert für Ungarn
Körössy.
Im Hungexjahre 1868 starben in Finnland doppelt soviel Säug¬
linge, wie in einem andern Jahre.
In Preußen starben unter 100 Säuglingen von hohen Staats¬
beamten 15—17, während 30—36,4 unter jenen der Dienstboten und
durch den Armenfond Erhaltenen zu Grunde gehen.
Die Armut bewegt die Mütter, sich als Ammen zu verdingen,
und ihre eigenen Kinder der irrationell durchgeführten künstlichen
Ernährung zu opfern; welchen Einfluß diese Tatsache ausübt, zeigt
am besten, daß im Zeitraum 1858—1869, während welcher Zeit der
größte Teil der Chateau-Chinoner- Frauen in Paris säugten, 63 °L der
Sänglinge starben, während in der Zeit der Belagerung von Paris
das Mortalitätsperzent auf 27 fiel, da die Mütter ihre Kinder selber
stillten. Zur Illustration derselben Tatsache diene Bayern mit einem
Säuglingsmortalitätsperzent von 27,4 und Norwegen mit der Zahl 10,1
(Budalen sogar mit dem beneidenswerten Perzentsatz 1,49), im ersten
Lande wird nahezu ausschließlich künstlich genährt, während in
Norwegen die meisten Mütter ihrer schönsten Pflicht, ihre Kinder
selbst zu stillen, nachkommen.
Daß die irrationell durchgeführte künstliche Ernährung der Säug¬
linge eine große Morbidität und Mortalität in Magendarmkrankheiten
hervorbringt, zeigen auch meine Daten, die sich auf 1100 Säuglinge
unserer Anstalt beziehen: es waren 390 Erkrankungen des Digestionsappa¬
rates zu verzeichnen, und auf 46 Sterbefälle 28 infolge dieser Krankheiten.
Nach den sorgfältigen statistischen Zusammenstellungen des
Kaiserlichen Reichsgesundheitsamtes starben im deutschen Reiche
unter einem Jahre:
1894 im ganzen 386000, an Magen- und Darmkrankheiten 124000
1895 „ „ 424000, „ „ „ „ 155000
1896 „ „ 378000, „ „ „ „ 118000
1897 „ „ 417000, „ „ „ „ ' 145000
In Chemnitz starben im Jahre 1901 2744 Säuglinge, unter diesen
2456 an Magendarmkrankheiten. Auf die 80°/ 0 der Diepper Säuglings¬
mortalität fallen 68 °/ 0 solcher, die magenkrank sind.
Die vorgeführten Daten wollen — ohne einen Anspruch auf
Vollständigkeit zu haben — nur die absolute Notwendigkeit einer
Institution, die dies Elend ankämptt, zeigen.
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272
Centralbl&ti ftir Kinderheilkunde. No. 7.
Man wirft den Gratismilchanstalten von vielen Seite vor, daß sie
der künstlichen Ernährung Vorschub leisten, den „la mellieure goutte
de lait est encore celle que l’enfant trouve dans le sain de sa mere“
(Budin), abgesehen davon, daß alle meine Gewährsmänner sich in
wärmsten Worten über die Nützlichkeit und Notwendigkeit dieser In¬
stitution aussprechen und bei richtiger Handhabung dieser Vorwurf un¬
bedingt nicht stichhaltig ist, ist bei dem Proletariate die künstliche Er¬
nährung — wie ich es auch auf Grund der mir zugesandten Fragebögen
bestätigen kann (nur für Prag, Krakau, Marburg, Edinburgh, Genf,
Jassy, Christiania wird ihre Seltenheit hervorgehoben) — in der ganzen
Welt riesig verbreitet und ihre Ausdehnung wächst leider von Tag
zu Tag, so daß Institute, die diese in rationelle Bahnen lenken,
ein kaum diskutables Postulat bilden.
Daß die Erfolge ohne Ausnahme brillante sind, will ich mit
einigen Beispielen illustrieren.
Quintrie berichtet aus Bordeaux, daß im Jahre 1899 seit Be¬
stehen des „goutte de lait“ auf 473 nur 4,4 °/ 0 im Jahre 1900 auf
495 Säuglinge 2,2 °L an Magendarmerkrankungen erlagen, während
im Jahre 1898 in Rouen im Monate August auf 100 Geburten 91
starben, unter denen 76,6 an Enteritis, in Bolbec auf 78,66 durch
Magendarmerkrankungen, in Havre 51,20 auf 68, in F&caüip 16
auf 30,2.
Im Jahre 1898 starben in Paris während vier Wochen 833 Säug¬
linge an Cholera infantum, im Gegensätze zu der mit Milchverteilung
verbundenen Säuglingsordinationsanstalt, in der von 1898—1900 kein
einziger Todesfall vorgekommen ist.
Herrlich sind die Erfolge von Dufour (Feeamp); im Jahre
1898—1900 starben auf 156 Frequentanten des „goutte de lait“ zwei,
auf 434 Geburten der Stadt 42. Der „Bericht über das Ergebnis
des Versuches, die Säuglingssterblichkeit in den Sommermonaten durch
die Abgabe sterilisierter Milch einzuschränken“ (Halle 1903) schreibt:
„ . . . daß die von der Verwendung sterilisierter Milch erhoffte
Wirkung eingetreten und tatsächlich in den Versuchsbezirken eine
Verminderung der Kindersterblichkeit erreicht worden ist.“
Im folgenden will ich die mir bekannten Gratismilchanstalten
nach Ländern geordnet aufzählen:
Österreich:
Wien: Verein „Charitas“ unter Führung des Dr. Hercka.
Prag: Zeitweilige Verteilung in der Fischlschen Poliklinik.
Deutschland:
Berlin: „Verein für häusliche Gesundheitspflege“.
„Berliner Kinderschutzverein.“
„Poliklinik des Prof. Neumann.“
(Alle drei Vereine bringen Milch zur Verteilung.)
Leipzig: Mehrere wohltätige Vereine verteilen Milch.
Marburg: Die Rumpfsche Poliklinik ist mit einer Milchverteilungs¬
anstalt verbunden.
Frankreich:
Paris: „Consultation pour les nourrissons ä la charitö“ (Budin).
„Dispensaire de Belleville“ (Variot).
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I. Originalbeitrftge.
273
„Dispensaire de la rue Picpus“ (Rothschild).
Im „Hopital Tenon“ unter Boissards Leitung.
Dubrisay pöre führt eine solche Anstalt in der rue Jean
Lautier.
In den Straßen Ordener, Chemin-Vert, La Rochefoucauld, Saint-
Benoit (Napias) sind ähnliche Institute im Betriebe.
„L’oeuvre philantropique du lait“ durch Rothschild gegründet,
unter der Führung desselben eine Verteilung in der polyclinique
rue Marcadet.
Toulouse: In den „maison de Charitö“ jedes Bezirkes wird Milch
verteilt.
Rouen: Brunon leitet ein „goutte de lait“.
Havre: Caron führt eine Gratismilchanstalt.
Amiens: Unter Aufsicht Peaucelliers wird Milch verteilt.
Montpellier: In den Sommermonaten verteilt das Municipium der
Stadt Milch.
Dieppe: Die Stadtbehörde beschäftigt sich mit Milchverteilung
(Coche).
Grenoble: Unter Berlioz’ Leitung.
Fecamp: Dufours „goutte de lait“.
In England sind neuerdings in einzelnen Vororten Londons und in
Battersea, St. Helens und Liverpool kleine Milchbetriebe.
Italien:
Neapel: In der „Annunciata“ ist eine Gratismilchanstalt in Tätigkeit.
Rom: Nach Concettis Bericht verteilen mehrere Wohltätigkeits¬
anstalten Milch.
Schweiz:
Basel: Mehrere Wohltätigkeitsanstalten bringen Milch zur Ver¬
teilung.
Lausanne: „Sociötö de goutte de lait“.
Genf: „Association maternelle du lait störilisö“.
Griechenland:
Athen: Unter Aufsicht des Dr. Papanagioton.
Nach den mir zugesandten Berichten gibts in Holland, Spanien,
Rumänien, Norwegen keine ähnlichen Anstalten.
Amerika:
Montreal: Das Journal „La patrie“ erhält ein „goutte de lait“ und
das „Montreal hospital milk dispensary“.
New York: „Diet Kitchen.“
„The good samaritan dispensary“.
Gründung von Nathan Strauss.
Boston: Verteilung zur Sommerszeit.
Pittsburg: „Pittsburg and Allegheny sterilised, pasteurised and
modified milk ice and coal society.“
Philadelphia: „Philadelphia sterilised milk and ice institution.“
In meinem Vaterlande sind drei ähnliche Institutionen, eine in
Budapest, Izabella u. 42 „Ingyentej“ (unter meiner Leitung), eine in
Temesvar (Szana) und eine in Neitra (Turoczy).
Diese Liste ist gewiß mangelhaft, doch gibt sie ein genug
klares Bild über den jetzigen Stand dieser Institution.
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274
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7.
Das wichtigste Moment bei der Verteilung ist die Möglichkeit
der Kontrolle. Wir haben uns wiederholt in der ersten Zeit unserer
Tätigkeit von Unfugen verschiedenster Sorte überzeugt. Die dem
Säugling zugedachte Milch wurde unter allen Kindern der Familie
verteilt oder andern wirtschaftlichen Zwecken zugeführt. Seit Kon¬
stituierung eines ständigen Aufsichtskomitees, das in gewissen Zeit¬
räumen die Familien aufsucht, um sich über die Vermögensverhält-
nisse und über die Verwendung der gespendeten Milch Aufklärung
zu verschaffen, sind die Mißbräuche seltener geworden.
Großes Gewicht legen wir darauf, daß die Milch größtenteils an
Ort und Stelle verzehrt wird. Die Schulkinder trinken ihre Ration
stets im Lokal, teilweise auch die gesunden Säuglinge, nur die kranken
und in der Peripherie der Stadt wohnenden nehmen ihre Tagesportion
mit nach Hause.
Natürlicherweise wird die Milch nur gegen Anweisungen ausgeliefert,
die stets durch die Mutter vorgezeigt werden müssen. Kindern wird
die Milch zum Nachhausetragen nicht übergeben. Überaus em¬
pfehlenswert zur Durchführung ist die Idee Weils (Paris), der den
Bezirks- und Armenärzten das Recht zur Ausgabe von Anweisungen
für Milch auf Stadt- oder Staatskosten vorschlägt („Gest le lait en
nature, aliment de premier ordre, qu’il faut pouvoir prescrire aux
enfants indigents qui se meurent devant le sein tari de la mfcre“.)
Bei kleinem Betrieb, wie in den französischen Provinzstädten und
neuerdings in Halle ist die Zustellung der Milch zu Haus und Hof
durchführbar (z. B. in Lyon durch die Pferde der Feuerwehr). Meines-
teiis bin ich für dies System bei unserem Großbetrieb nicht ein¬
genommen und glaube, daß der Unfug, durch diese Erleichterung
noch erklecklich gefördert wird.
Wir verteilen die Milch ganz unentgeltlich ; doch ist die Ansicht
von Heubner, Rotch, Camerer und Johanessen, daß man einen
Entgelt für die Milch verlangen soll, auch nicht zu verwerfen, denn
das arme Volk achtet das ganz unentgeltlich Gebotene weniger, als
einen Artikel, den sie bezahlen müssen. Das zahlende System ist
auch in Fecamp durchgeführt, wo für die verschiedenen Gesellschafts¬
klassen verschiedene Preise aufgestellt sind.
Von eminenter Wichtigkeit ist, in welcher Form man die Milch
verteilt. Ich würde als Axiom aufstellen, daß die Form, in der die
minimalste Manipulierung mit der Milch notwendig ist, unbedingt die
beste sei; als solche würde ich die auch bei uns durchgeftihrte Ver¬
teilung einer entsprechend zubereiteten Milch (bei uns nach dem
System Dr. Szekelys) in den Einzelportionen entsprechenden
kleinen, mit Patentverschluß versehenen Flaschen, auf die vor dem
Trinken nach Entfernung des Verschlusses das Saughütchen auf¬
gesetzt wird.
Vieler Orten wird rohe oder sterilisierte unverdünnte Milch, in
andern Instituten verdünnte oder präparierte Milch auf dieser Weise
ausgeteilt. Bei Kindern, die älter wie sechs Monate sind, verteilen
wir ebenso wie in vielen französischen Anstalten die Milch in der
Tagesportion entsprechenden großen Flaschen.
Was die verschiedenen Milchsorten, die in den verschiedenen
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I. Originalbeitrftge.
275
Anstalten zur Verteilung kommen, anbelangt, will ich vor allem die
mir zur Verfügung stehenden Daten aufzählen. Fischl verteilte in
Prag eine Zeit hindurch Biederts Rahmgemenge und Kellers Malz¬
suppe. In Berlin erhalten Säuglinge in der Neumannschen Poli¬
klinik Buttermilch und Biederts Ramogen.
In Leipzig wird auf Anweisungen des Armenamtes rohe Milch
zur Verteilung gebracht. Die Rumfsche Poliklinik in Marburg ver¬
sieht Säuglinge mit roher Milch. Die „Polyclinique Henri de Roth¬
schild“ in Paris, die „maison de charitö“ in Toulouse, die Stadt¬
behörde in Montpellier verteilen sterilisierte und rohe Milch. In der
Schweiz wird in den Städten Basel, Lausanne (sociötö de goutte de
lait“), Genf („association matemelle du lait störilisö“) pasteurisierte
und sterilisierte Milch unter den armen Säuglingen der Stadt veraus¬
gabt. In Amerika erhalten die Säuglinge meistens die sogenannte
„modified milk“ (Philadelphia, Pittsburg, Boston, Montreal) in Quebec
und New York verteilt man sterilisierte Milch.
Was meinen eigenen Standpunkt, die Gewinnungsweise und Qualität
der Milch betreffend anbelangt, bin ich im großen ganzen Cernys
Meinung.
1. Der Gesundheitszustand der Kühe soll von behördlich an-
gestellten Tierärzten ständig kontrolliert werden.
2. Die Nahrung der Kühe muß so beschaffen sein, daß sie nicht
dünnflüssige Fäces zur Folge hat.
3. Die Bakterien, welche in die Ausführungsgänge der Milch¬
drüse eindringen, werden erfahrungsgemäß in die Hauptmasse bei
den ersten Melkstrichen ausgespült. Die erste Melkportion sollte
deshalb nicht in dasselbe Gefäß aufgefangen werden, in welches die
übrige Milch gesammelt wird. Um die Verunreinigung der Milch
durch Schmutz, welcher den Tieren anhaftet, zu vermeiden, ist es
erforderlich, die Tiere sauber zu halten und vor dem Melken be¬
sonders das Euter sorgfältig von sichtbarem Schmutz zu befreien.
Als zweckmäßig wurde allenthalben das Festbinden des Schwanzes
während des Melkens befunden.
4. Die Milch muß sofort nach dem Melken auf eine Temperatur
unter 10° C. abgekühlt, bei gleicher Temperatur transportiert und bis
zur Verwendung aufbewahrt werden.
5. Der Fettgehalt soll nicht weniger als 3°/ 0 betragen.
6. Die Acidität der Milch darf nicht gesteigert sein und nicht
rasch zunehmen.
Gegen langdauerndes Erhitzen der Milch bin ich unbedingt, da
meine Erfahrung sich mit dieser deckt, daß mit übersterilisierter
Milch ernährte Säuglinge mit solchen Symptomen erkranken, die nach
Darreichung von roher oder pasteurisierter Milch schwinden. Dies
ist das Prinzip, das ich bei der Verabreichung der in unserem Lokal
verteilten Milch befolge, sie wird pasteurisiert und ich habe noch
keinen Fall von Barlowscher Krankheit beobachtet.
In Betracht gezogen, daß die Fütterungstuberkulose beim Menschen
außergewöhnlich selten ist, habe ich bei einzelnen atrophischen Säug¬
lingen, besonders in der kühlen Jahreszeit, rohe Milch mit gutem
Erfolge verabreicht. Das Generalisieren dieses Vorganges würde ich.
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276
Centr&lblatt für Kinderheilkunde. No. 7.
nicht anempfehlen, da man bei der mangelhaften Intelligenz der armen
Klassen für die richtige Handhabung der rohen Milch gar keiue
Sicherheit besitzt.
Die Erfahrungen von Teixeira de Mattos, Salge, Brüning und
andrer Autoren machen die Versuche mit Buttermilch, besonders vom
Standpunkte der Billigkeit, überaus erwünscht. Nach den Erfahrungen,
die bisher in der Literatur niedergelegt sind, ist die Buttermilch auch
bei ganz jungen Säuglingen, bei Erkrankungen des Verdauungstraktes,
bei Atrophikern und zur Durchführung von „allaitement mixte“ gut
anzuwenden. Diese Ernährungsweise ist für diesen Sommer in
unserer Anstalt ins Programm genommen. Ein großes Bedenken
bildet der Umstand, daß die Beschaffung reiner Buttermilch mit viel
Schwierigkeit verbunden ist.
Vom Standpunkt der billigen Massenversorgung muß ich der
Ziegenmilch gedenken. Die Ziege zeigt wenig Neigung zu Enteritiden
und Tuberkulose, ist ein reinliches, billiges und milchergiebiges Tier.
Barbellien empfiehlt Schweizer- und Alpenziegen für Neugeborene,
Tiere aus Nubien und Malta für Kinder nach dem Abstillen und
Ziegen von Murcia und den Pyrenäen für gesunde Säuglinge. Bei
uns ist die Ziegenmilch wegen ihres Geschmackes und Geruches
perhorresziert.
Der Vollständigkeit halber gedenke ich noch der Milch der
Eselin, die durch den schwachen Milchertrag überaus teuer und daher
vom Standpunkt unserer Institution nicht in Betracht käme.
Von größtem Vorteil wäre, wenn jede Gratismilchanstalt ihre
eigene Milchwirtschaft hätte (Noel Rouches), der Kostenpunkt macht
die Durchführung dieses Postulates illusorisch. Meines Wissens ist
die einzige Anstalt, die in dieser günstigen Lage ist, die von Professor
Schlossmann (Dresden). Ich gedenke in Zukunft das landwirtschaft¬
liche Ministerium anzugehen, um von ihren Musterwirtschaften die
nötige Milchquantität zu erhalten; bis dorthin beziehen wir die
Milch aus der mustergültig geführten Zentralmilchhalle der Stadt
Budapest.
Im allgemeinen wird die Verfolgung der schlechten Milch viel
zu nachlässig betrieben, zumal die Versorgung mit guter Milch dieselbe
Wichtigkeit besitzt wie die mit gutem Trinkwasser, Die Worte
Strauss’ „Le lait infanticide fait courir les plus graves dangers k la
santö publique, k la prospöritö nationale; il doit etre poursuivi sans
treve ni merci, avec un zöle infatigable et toujours en 6veil“.
Was die Arbeitszeit der Gratismilchanstalten anbelangt, sind
zweierlei Standpunkte vertreten. Die eine Partei glaubt nur für die
Sommerszeit das Institut offen halten zu müssen und bringt als Beleg
für diese Meinung die große Säuglingsmortalität in den Sommer¬
monaten vor, der andere Teil — zu diesem gehöre ich auch —,
meint, daß es einerseits eine halbe Wohltat sei, die Säuglinge 2 bis
3 Monate mit Nahrung zu versehen und sie dann wieder ihrem
Schicksal zu überlassen, andererseits hat die irrationell durchgeführte
künstliche Ernährung nicht nur in den warmen Monaten, sondern
auch zur Winterszeit ihre Gefahren. Es ist ja unstreitig, daß 1433
(Zahl der in dem ersten Lebensjahr im Monate August von 1895 bis
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II. Referate.
277
1901 in Halle verstorbenen) eine riesengroße zu 344 (Februar 1895 bis
.1901) ist, doch ist die letztere auch nicht zu verwerfen.
Henrie de Rothschild hat bei Gelegenheit der Eröffnung
seines neuen Hospitales hervorgehoben, daß er, noch als Student der
Midizin, vom Drange geführt, in erster Reihe Wohltat zu üben, in
seinem „dispensaire de la Rue Picpus“ Milch ohne ärztliche Kontrolle
verteilte. Später war er sich dessen bewußt, daß die Wohltat ohne
eine Ordinationsanstalt nur eine halbe sei, und daß durch deren
Einführung Variots Ideal „H faut danc laisser les enfants a leur
mere, je ne crains pas de le röpöter, et remplacer, toutes les fois
qu’on le pourra l’hospitalisation par les secours qui permetteut ä la
mere de soigner son enfant ä domicile“ — ins Leben trete. Diesen
Entwickelungsgang machten nahezu alle — auch unsere — Anstalten
durch. Im Anfänge wurde in den meisten Instituten Milch ohne Wahl
an sämtliche sich Meldenden verteilt, nur später sah man ein, daß man
hierdurch einesteils der künstlichen Ernährung Vorschub leistet,
anderenteils viele Kranke (Cholera infantum!) nicht der Heilung,
sondern dem Verderben zuführt.
Budin war derjenige, der in der Pariser Geburtsklinik als Erster
diese Idee mit Erfolg verfocht, ihm folgten seine Jünger in Paris
und am Lande (Dufour, Mocquot), so daß die ganze Republik
mit solchen hygienischen Kulturzentren — denn als solche muß
man sie betrachten — besät, ein Bollwerk gegen das „steeple-chase
de crötinisme“ (Strauss) errichtet und einen erfolgreichen Kampf
gegen Vorurteil und Dummheit, die sich in der Hygiene der Säuglinge
eingefleischt haben, aufnehmen kann. (Schluß folgt.)
II. Referate.
H. de Rothschild. Contribution a l’etude de Tindustrie laitiere.
(Revue d’Hygtene et de m^dicine infantiles, Tome I N. 1 S. 50 1902.)
Die interessante Arbeit gibt eine Übersicht über die Milch¬
industrie der verschiedenen Länder, sowie über die Unterrichtsinstitute
für Milchwirtschaft und der Zeitschriften über Molkerei wesen. Zu
einem Referat ist die Arbeit nicht geeignet, ihre Lektüre sei aber
jedem, der sich für dies Gebiet interessiert, empfohlen.
Schreiber (Göttingen).
W. Cronheim und Erich Müller. Untersuchungen über den
Einfluß der Sterilisation der Milch auf den Stoffwechsel des
Säuglings unter besonderer Berücksichtigung der Knochen¬
bildung.
(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 57 Heft 1.)
Um die noch nicht entschiedene Frage zu prüfen, ob der Ca-
Stoffwechsel des Säuglings Unterschiede aufweist bei Darreichung von
sterilisierter und roher Milch, stellen die Verff. folgenden Versuch
an: Aus der Molkerei wurde täglich das Doppelte des für das Ver-
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278
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7.
suchskind notwendigen Tagesquantums Kuhmilch bestellt Die eine
Hälfte wurde den — vollkommen gesunden und nicht im Kranken¬
haus liegenden — Kindern täglich frisch und roh verfüttert, die
andere Hälfte wurde an demselben Tage 20—30 Minuten lang bei
110—103° C. im Kochsalzbad sterilisiert und für den Kontroll-
versuch auf Eis aufbewahrt. So erhielten die Kinder in beiden Ver¬
suchen sicher die gleiche Milch. Zur Verdünnung wurde destilliertes
Wasser verwandt, um den Kalkgehalt des Leitungswassers auszu¬
schalten. Die Kinder bekamen eine im Verhältnis von 1 Teil Wasser
zu 3 Teilen Milch verdünnte Kuhmilch mit einem Zusatz von 50 g
Milchzucker, an den beiden letzten Versuchstagen wurden 25 g Milch¬
zucker durch eine entsprechende Menge reiner Reisstärke ersetzt,
um die abführende Wirkung des Milchzuckers abzuschwächen.
Die Kinder wurden vor Beginn des Versuches mit Liebigsuppe
ernährt. Nur die drei letzten Tage vor dem Versuche erhielten sie
bereits die Versuchsnahrung, einerseits, um sie an dieselbe zu ge¬
wöhnen, andererseits, um die Beeinflussung des Stoffwechsels durch
die frühere Ernährung nach Möglichkeit auszuschalten. Die Dauer
jedes Versuches betrug 4 mal 24 Stunden. Die Analysenmilch wurde
erhalten, indem täglich von der rohen Milch je 100 ccm in ver¬
schließbaren Kolben mit 1 ccm Chloroform versetzt und dann ein den
getrunkenen Tagesmengen proportionales Quantum abgewogen wurde.
Die Milch- und Kotanalysen geschahen nach den üblichen Methoden.
Die Verff. kommen zu folgenden Resultaten:
Fett sowie Eiweiß der sterilisierten Milch sind in den Versuchen
besser verdaut bezw. assimiliert worden als in der rohen Milch, wenn
auch die Verschiedenheiten in Versuch 2 nur sehr geringfügige sind.
Dagegen wurde gefunden, daß von drei Versuchen ein früherer eine
stark negative Kalkbilanz ergab; No. 1 der jetzigen Versuche gab
sowohl bei Darreichung von roher als auch sterilisierter Milch eine
positive Kalkbilanz, jedoch sprechen die Zahlen deutlich zu gunsten
der rohen Milch insofern, als bei dieser mehr als das Doppelte von
Kalk angesetzt worden ist. Versuch 2 schließlich gibt vollständig
identische Werte. Der Phosphor der rohen Milch wurde in beiden
Versuchen besser verdaut, als derjenige der sterilisierten Milch; da¬
gegen lassen sich über die Retention des Phosphors keine bindenden
Schlüsse ziehen. Die Ausnützung der Kohlehydrate war die gewöhn¬
liche vollkommene.
Die Verff. sind der Ansicht, daß Versuch 1 und der frühere
Versuch entschieden gegen die Sterilisation der Milch sprechen und
sie sehen darin eine Bestätigung der praktischen Erfahrung, daß für
die Ernährung von Säuglingen sterilisierte Milch wenigstens für längere
Zeitperioden möglichst nicht zu verwenden sei.
Ref., der sich über die Unzweckmäßigkeit zu lange fortgesetzter
Sterilisation schon wiederholt ausgesprochen hat, hält diese zwei Ver¬
suche doch noch nicht für beweiskräftig genug, um eine derartig
wichtige Frage zu entscheiden. Die Zahlenergebnisse zeigen so kleine
Differenzen und sind vor allem so wenig einheitlich, daß nicht noch
eine andere Deutung der Versuche möglich wäre.
Hecker (Mönchen).
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II. Referate.
279
E. Kobrak. Erwiderung auf den Aufsatz 1 ) von Dr. L. Natan-
son: Über den Milchpasteurisierapparat von Dr. E. Kobrak.
(Berliner klin. Wochenschrift 1908 No. 7.)
Natanson hatte in erster Linie die Inkonstanz der in E.s
Apparat zur Verwendung gelangenden Pasteurisiertemperaturen be¬
mängelt, vor allem die erheblichen Differenzen, die sich bei der Be¬
nutzung des Apparates im Sommer einerseits und im Winter anderer¬
seits geltend machen. K. seinerseits betrachtet nun diese parallel
mit dem Einsetzen höherer Lufttemperaturen im Sommer rein auto¬
matisch in seinem Apparat zur Geltung kommenden höheren, energischer
wirkenden Sterilisiertemperaturen gerade als Vorteil. Wenn der
Apparat bei Natanson im Winter seine Pflicht nicht tat, so lag das
daran, daß dieser bei seinen Versuchen mit sibirischen Verhältnissen
rechnete, nicht mit solchen unseres gemäßigten Klimas, wo der
Apparat durchaus gut funktioniert, selbst wenn einzelne saprophytische
Keime Zurückbleiben; vor diesen hat man heutzutage keinen Horror
nißhr. Grrfttzer.
Betzy Meyer (Däne). Zur Kenntnis der bakteriziden Fähigkeit
der Milch.
(Hospitalstidende 1903 No. 4.)
Aus den im Versuchslaboratorium der kgl. Hochschule für Land¬
wirtschaft ausgeftihrten Versuchen, welche für die Pädiatrie von be¬
deutendem Interesse sind, geht hervor: 1. Daß es keinen Einfluß auf
das Wachstum der Bakterien in der Milch hat, ob die Milch gleich
zu einer niedrigen Temperatur herabgektihlt wird oder ob sie zuerst
einige Stunden bei ca. 30° steht. Das Wachstum der Bakterien
wird nicht vermehrt, selbst wenn die Milch 1—2 Stunden steht, ehe
sie abgekühlt wird. Es scheint nicht nötig, daß die Abkühlungs-
temperatur niedriger als 10—12° ist. Dagegen muß die Milch
permanent bei der niedrigen Temperatur stehen, bis sie genossen
wird. 2. Daß die „lebende“ Milch (d. h. frisch gemolkene Milch im
Verlaufe den ersten 5—6 Stunden) bakterizide Eigenschaften gegen¬
über der in der Milch gewöhnlich vorkommenden Bakterien hat.
3. Daß die Milch auch gegenüber dem Diphtheriebazillus diese Eigen¬
schaft besitzt. Adolph H. Meyer (Kopenhagen).
A. $Chl 088 mann U. E. Moro. Zur Kenntnis der Arteigenheit
der verschiedenen Eiweißkörper der Milch.
(Aus dem Dresdner Säuglingsheim.)
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 14.)
Die Verff. suchten auf biologischem Wege die für die Säuglings¬
ernährung wichtige Frage klarzustellen, ob mir das vorherrschende
Milcheiweiß, das Kasein, der Träger der Arteigenheit ist, oder ob
*) S. unser Centralbl. S. 105 (Bef.).
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280
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7.
auch das lösliche oder besser gesagt gelöste Eiweiß der Milch, das
Laktalbumin, für jede Gattung verschieden ist. Wäre dies nicht der
Fall, also der Albuminkörper der Kuhmilch dem der Frauenmilch
biologisch gleichwertig, dann wäre ja ein Hinweis gegeben, bei der
künstlichen Säuglingsnahrung sich vorwiegend dieses Albuminkörpers
zu bedienen. Aber die Versuche ergaben unzweideutig, daß Kuh¬
milchalbumin und Frauenmilchalbumin biologisch ganz verschiedene
Körper sind, daß weiter nicht nur das Kasein, sondern auch das ge-
lößte Eiweiß der Milch Träger der Arteigenheit ist. Auch dafiir,
daß der gelöste Eiweißkörper der Milch identisch ist mit den oder
nur einem der Eiweißkörper des Blutes, konnten die Verff. die Be¬
weise erbringen. Sie folgern:
„Aus dem Gesagten ergibt sich abermals einer der immer klarer
zu Tage tretenden Gründe für die Überlegenheit der natürlichen Er¬
nährung über die künstliche. Ein namhafter Teil des Eiweißes, dieser
für den Aufbau des kindlichen Organismus so wichtigen Verbindung,
ist in der Frauenmilch in gelöstem Zustande vorzugsweise als Lakt¬
albumin enthalten. Dieses Laktalbumin ist aber arteigenes Eiweiß;
wie es aus dem Blute der Mutter stammt, so kann es direkt in das
Blut des Kindes aufgenommen werden* Kein umfänglicher chemischer
Prozeß ist von nöten, keine Umsetzung der Komplexe, keinerlei
Gruppenverschiebung im Molekül ist erforderlich; so wie es ist, so
wie es dem Digestionsapparate des Kindes aus der Brustdrüse der
Mutter zufließt, so kann es sofort in das* Körpereigentum des Kindes
aufgenommen werden. Im Gegensatz hierzu enthält die Kuhmilch
nur wenig Laktalbumin, dieses wenige Albumin wird durch Ver¬
dünnen der Milch noch weiter vermindert, durch das Kochen chemisch
weiter alteriert. Aber auch wenn man dazu käme, dem Säugling
große Mengen Kuhlaktalbumin oder aber Ovalbumin an dessen Stelle
zuzuführen, wie dies ja bei Modifikationen der kindlichen Ernährung
vorgeschlagen worden ist, stets hätte der Organismus des Kindes die
Arbeit zu überwältigen, dieses artfremde Eiweiß in arteigenes umzu¬
setzen und die Entgiftung des Körpers einzuleiten. Denn genau wie
ein Gift wirkt nach unserer Anschauung ein Eiweiß der einen
Gattung auf den Organismus der anderen. Daß eine Gewöhnung an
die Giftwirkung, besonders auch dann, wenn ein langsames Ein¬
schleichen in den Reiz statt hat, in den meisten Fällen gelingt, das
kann ja niemand wundernehmen. Ebenso ergeht es uns mit anderen
Giften, mit Alkohol und Nikotin. Aber wie es Individuen gibt, die
ihrer Naturanlage nach sich niemals an diese Gifte gewöhnen können,
ebenso wie es Idiosynkrasien gegen alles mögliche andere gibt, ebenso
gibt es solche Säuglinge, die auf das artfremde Eiweiß immer mit
den schwersten Abwehrerscheinungen reagieren werden. Aber auch
für diejenigen Kinder, die wir dazu bekommen, gegen das Gift der
artfremden Eiweißkörper tolerant zu werden — und das ist ja glück¬
licherweise die große Mehrzahl von denen, die uns durch äußere
Umstände zu diesem Versuche zwingen —, ist die verlangte Leistung
des Körpers eine unverhältnismäßig gesteigerte/ 4 Grätzer.
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II. Referate.
281
iemma. Über die löslichen Fermente der Milch und ihre
Bedeutung für die künstliche Ernährung.
(La Pediatria 1903 No. 3.)
Verf. gibt eine detallierte Übersicht über die verschiedenen bisher
über diesen Gegenstand erschienenen Arbeiten. Er kommt zu dem
Schluß, daß, wie geistvoll und bestechend auch Escherichs Hypothese
sein mag, daß die sterilisierte Milch zur Ernährung sich nicht eigne,
weil in ihr die Enzyme zu gründe gehen, in der Praxis die künstliche
Ernährung im wesentlichen davon nicht berührt wird. F.
G. Wallbach (Berlin). Praktische Erfalirungen mit Kufekes
Kindermehl.
(Die ärztliche Praxis 1903 No. 3.)
Aus einem reicheren Material werden fünf Fälle herausgesucht und
beschrieben als Typen von Affektionen, bei denen Kufeke sich bestens
zu bewähren pflegt. Zweimal handelte es sich um mehr chronische
Erkrankungen, um Atrophie, welche den Ausgang einer auf Er¬
nährungsstörungen beruhenden Dystrophie bildete. In beiden Fällen
kam es darauf an, zunächst die Ernährungsstörung zu beseitigen, um
dann durch Zuführung geeigneter Nahrung der Macies Herr zu werden;
in beider Hinsicht leistete Kufeke gute Dienste, auch zeigte sich bei
dem einen Fall, daß Milch mit Kufeke trotz bestehenden Durch¬
falls gut vertragen wurde und die Häufigkeit der Stühle bald nach¬
ließ. Bei den akuten Magendarmstörungen wird man natürlich meist
gut tun, die Milch ganz wegzulassen. Hier genügt längere Zeit die
wässrige Kufekesuppe zur Ernährung, und es ist manchmal frappant,
wie schnell dann die störendsten Erscheinungen, das Aufgetriebensein,
die Kolik u. s. w. verschwinden. Lehrreich war auch Fall 3, wo
bei einem hochfiebernden, mit Magendarmkatarrh behafteten Kinde
die Kufekesuppe zur Ernährung und Erhaltung des Kräftezustandes
vollkommen ausreichte. Bei Fall 4 bestand chronische Verstopfung,
wie man sie bei ausschließlicher Milchernährung oft sieht. Unter
Kufekesuppe regelte sich der Stuhlgang, wie Verf. das Gleiche schon
mehrfach beobachtete.
Kufeke wird von Kindern jeden Alters gern genommen und er¬
weist sich nützlich in allen Fällen von Ernährungsstörungen, Ver¬
dauungsstörungen akuten und chronischen Charakters. Grätzer.
Fr. Dorn (Berlin). Beitrag zur Ernährungstlierapie.
(Deutsche Ärzte-Ztg. 1903 No. 7).
Warme Empfehlung des Kufekemehles, das D. oft als rettende
Nahrung bei Brechdurchlällen der Säuglinge kennen gelernt und auch
wiederholt bei geschwächten Magendarmfunktionen älterer Kinder
mit bestem Erfolge in Anwendung gezogen hat. Grätzer.
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282
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7.
F. Weigert (Stettin). Erfahrungen über die Kindermehle im
allgemeinen und speziell das Kufekesche.
(Der Kinderarzt 1903 No. 4.)
W. hat mit Kufekemehl sehr gute Erfahrungen gemacht,
namentlich bei den akuten Magendarmstörungen der Säuglinge, bei
denen er folgendermaßen vorzugehen pflegt:
Er beginnt stets mit einer ausschließlichen Teediät und setzt
diese so lange fort, bis dunkelbraun gefärbter Stuhl erscheint
(24—28 Stunden). Dann läßt er einen Eßlöffel Kufekemehl in lau¬
warmem Wasser verrühren und auf 1 Liter Wasser auf füllen und
diese Mischung ca. 10 Minuten unter Umrühren kochen. Davon läßt
er alle 4 Stunden ca. 4 Strich (= Eßlöffel) — eventuell in der
Zwischenzeit Tee zu Durststillung — reichen. Zu jeder Flasche wird
1 Teelöffel Milchzucker hinzugesetzt, da durch dessen Anwesenheit
die Fäulnisprozesse bekanntlich gehemmt werden.
Wird dieses Quantum einen Tag lang ohne Vermehrung der
Stühle oder des Erbrechens vertragen, so gibt er 6 Strich der gleichen
Konzentration in denselben Pausen. Erfolgt nach ca. 2 Tagen nicht
faulig riechender, wenig Schleim einschließender Kot und zwar nicht
mehr wie 3—4mal täglich, so ersetzt er von den 6 Strich Kufekesuppe
1 Strich durch saubere, abgekochte Kuhmilch; bleibt, der Stuhl
homogen — ohne unverdaute Reste — so gibt er 3 stündlich 4 Teile
Kufeke, 2 Teile Milch; bei Kindern von 5 Monaten — oder deren
Gewicht — aufwärts steigt er mit der Konzentration nach etwa wieder
3 Tagen auf 3:3 und so fort, erst allmählich wird das Einzel-
quantum, etwa auf 9 Strich, vergrößert. Grätzer.
H, Fischer (München). Beitrag zum Kapitel der rationellen
Säuglingsernährung.
(Ärztliche Rundschau 1903 No. 19.)
Leibniz-Kindermehl als Ersatz für Milch hat F. nicht nur
in seiner eigenen Familie, sondern auch bei zahlreichen anderen
Säuglingen mit so gutem Erfolge angewandt, daß er nicht ansteht,
dasselbe bei akuten Magendarmkatarrhen, Brechdurchfall sowohl als
auch da, wo die Kinder bei vorher unzweckmäßiger Ernährung durch
fortdauernde Diarrhoen heruntergekommen sind, warm zu empfehlen.
Grätzer.
Ernst Moro. Ernährungsversuche mit Soxhlets „Nährzucker“.
(Aus dem St. Anna-Kinderspital in Wien.)
(Klinisch-therap. Wochenschrift 1903 No. 5.)
0, Rommel. Der Soxhletsche Nährzucker in der Ernährungs¬
therapie kranker Säuglinge.
(Aus der pädiatr. Univers.-Poliklinik in München.)
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 6.)
M. berichtet von 24 Säuglingen (23 davon jünger als l / 2 Jahr),
meist echte Atrophiker, zum Teil kombiniert mit akuten Verdauungs-
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II. Referate.
288
Störungen; 6mal handelte es sich um schwächliche Rekonvaleszenten
von akuten Magendarmkatarrhen. Alle wurden ambulatorisch be¬
handelt. Außer von einem Kinde (gerade von der Mutter abgesetzt)
wurde der Nährzucker ausnahmslos gern genommen. Sämtliche
Kinder gediehen bei dieser Ernährung vorzüglich, oft wurden geradezu
exorbitante Zunahmen erzielt. Bei interkurrenten Krankheiten war
es erstaunlich, wie rasch die Kinder wieder heraufkamen. Ab¬
gesehen von der vortrefflichen Beeinflussung des Allgemeinbefindens
hat der Nährzucker auch obstipierende Wirkung, die stets rasch
und prompt eintrat und manchmal so stark war, daß dagegen ein¬
geschritten werden mußte. Die Stühle glichen gut verdauten Kuh¬
milchstühlen. Jedenfalls verdient das Präparat in der Säuglings¬
nahrung vollste Berücksichtigung und fördert gerade bei atrophischen
Kindern sehr befriedigende Ernährungserfolge zu Tage.
Auch R. war mit dem Nährzucker sehr zufrieden. Er verfügt
über 36 Fälle, magendarmkranke Säuglinge akuter oder chronischer
Natur. 75°/ 0 davon wurden geheilt bezw. gebessert, ein Resultat,
das sehr befriedigend ist, wenn man bedenkt, daß es sich um poli¬
klinisches Maierial handelt, daß die Behandlung in der heißesten
Jahreszeit stattfand, und daß sie sehr oft durch schwere interkurrente
Krankheiten unterbrochen wurde. Nach den gemachten Erfahrungen
resümiert R. folgendermaßen.
Der Soxhletsche Nährzucker, für gesunde Säuglinge ein ratio¬
nelles Zusatzmittel zur Verbesserung der verdünnten Kuhmilch, ist
in der Behandlung kranker Säuglinge indiziert:
1. Bei akuten Fällen, als erste Nahrung nach Wasserdiät.
2. In den meisten Fällen, wo Kellers Malzsuppe angezeigt ist,
d. h. bei chronischen Ernährungsstörungen, zumal solchen, welche bei
milch- und fettreicher Nahrung aufgetreten sind.
3. Im Preise der Keil ersehen Malzsuppe gleich (ca. 45 Pfg. pro
Liter — bei etwa 700 Kaloriengehalt) ist die Technik der Nahrungs¬
bereitung mit dem Soxhl et sehen Nährzucker soviel einfacher, daß
derselbe, zumal für die Privatpraxis, den Vorzug verdient.
4. Das Fehlen von unverändertem Mehl läßt den Nährzucker
auch für Kinder im ersten Lebensquartal geeignet erscheinen.
5. Für ältere Säuglinge, zumal bei stinkenden alkalischen Stühlen,
ist die Ke 11ersehe Malzsuppe der Ernährung mit Nährzucker über¬
legen. Gr ätze r.
C. Maccarone. Die Dyspepsie der Neugeborenen und Säuglinge
und die Funktion der mütterlichen Brustdrüse.
(Archivio di Patologie e Clinica infantile, No. 6 1903.)
Die primäre Dyspepsie der ausschließlich mit Muttermilch er¬
nährten Säuglinge beruht fast stets darauf, daß in der Darreichung
der Nahrung keine Regelmäßigkeit beobachtet wird. Die Mütter
bieten dem Säugling ja häufig die Brust, teils aus schlechter An¬
gewohnheit, indem sie es als ein Mittel betrachten, das unruhige
Kind zur Ruhe zu bringen, teils aber ist die Milchportion keine hin-
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284
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. T.
reichende. Auch die normal funktionierende Milchdrüse büßt, wenn
ihr nicht eine genügende Ruhepause gegönnt wird, ihre Funktions¬
fähigkeit allmählich ein. Zwischen Quantität und Qualität der Milch
besteht ein gewisses Verhältnis, insofern bei spärlicher Sekretion der
Brustdrüse das Sekret — wenige Ausnahmen abgerechnet — arm an
nährenden Bestandteilen ist und umgekehrt. F,
Fr. Steinitz. Alkalistoffwechsel.
Walther Freund. Säuren und Basen im Urin kranker Säuglinge.
A. Keller. Fettumsatz und Acidose.
(Monatsschrift f. Kinderheilkunde, Januar 1903.)
In den drei Arbeiten (Gesamttitel: „Zur Kenntnis der chro¬
nischen Ernährungsstörungen der Säuglinge“) werden die
Resultate von Versuchen mitgeteilt, welche an der Breslauer Kinder¬
klinik angestellt wurden und welche zur Klärung und Erweiterung
der Kenntnisse der betreffenden Fragen wesentlich beitragen.
Grätzer.
Camerer (Urach). Die stickstoffhaltigen Bestandteile im
menschlichen Urin und die sogen. Acidose.
(Monatsschrift f. Kinderheilkunde April 1903.)
Eignet sich nicht zum kurzen Referat. Grätzer.
H. Brüning. Über die Ernährung kranker Säuglinge mit
Buttermilch.
(Aus der Univers.-Kinderklinik zu Leipzig.)
(Deutsche Ärzte-Ztg. 1903 Heft 4.)
Die Buttermilch wurde im Krankenhause selbst zubereitet. Die
morgens frisch gelieferte Milch wurde in flachen, irdenen Gefäßen
24^-36 Stunden in einen Schrank gestellt, dann der Rahm ab¬
geschöpft, in Buttermaschinen aus Glas aufgenommen, und nach Be¬
endigung des Butterungsprozesses die Butter sorgfältig abgehoben.
Von der Testierenden Buttermilch wurde 1 Liter nach folgendem
Rezept weiter behandelt: 40 g feinstes Weizenmehl wurden zunächst
mit wenig kalter Buttermilch angerührt, dann die übrige Buttermilch
zugesetzt und unter langsamem Zufügen von 60 g Zucker und unter
stetigem Umrühren bis zum Sieden erhitzt; nachdem die Mischung
20 Minuten lang gekocht, wurde sie in den Eisschrank gestellt und
nach Bedarf, nochmals aufgewärmt, an die Kinder verabreicht, und
zwar an 28, meist in der Ernährung heruntergekommene Ziehkinder,
von denen speziell 20 infolge chronischer Darmstörungen mehr oder
weniger hohe Atrophie aufwiesen und auch mit anderen Affektionen
(Ekzeme, Nephritis, Pneumonie, Furunkulosis u. s. w.) behaftet, also
schwer krank waren. Bei solchem Material war natürlich die Mor¬
talität eine hohe; immerhin besserten sich bei der Buttermilchnahrung
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II. Referate.
285
vielfach schon nach wenigen Tagen die Stühle, wurden auch vorüber¬
gehende Gewichtszunahmen erzielt. Es wurde den Säuglingen die
Buttermilch möglichst rein oder abwechselnd mit etwas Eichelkakao,
Tee oder Graupenschleim gegeben. Interessant war die Tatsache,
daß einzelne der mit reiner Buttermilch Ernährten anfangs recht gut
au Gewicht Zunahmen, daß dann aber nach 9—10—12 Tagen bei
sonst unverändertem Allgemeinbefinden ein Stillstand der Körper¬
gewichtszunahme eintrat, welche trotz genügender Nahrungsmenge
sich nicht änderte; erst nachdem durch allmählichen Zusatz süßer,
also nicht entfetteter Milch der Fettgehalt der Nahrung gesteigert
wurde, begann auch die Körpergewichtskurve wieder anzusteigen.
Über das spätere Schicksal der Kinder war nicht viel zu eruieren.
Und doch ist das sehr wichtig, weil es gelegentlich sich gezeigt hat,
daß derartige Kinder unter anderen Ernährungsbedingungen nicht
gedeihen, sondern, falls nicht rechtzeitig ärztliche Hilfe zur Hand ist,
rapide zu Grunde gehen. Namentlich mit Rücksicht auf diese Frage
ist es deshalb angebracht, die mit der Buttermilchtherapie bei kranken
Säuglingen erzielten günstigen Erfolge mit Vorsicht zu erwarten. In^
folge der Schwierigkeiten, einwandfreie Buttermilch einem größeren
Abnehmerkreise zugängig zu machen, dürfte diese Art der Ernährung
wohl überhaupt kaum breiteren Boden gewinnen; sie wird sich viel¬
mehr darauf beschränken, in geeigneten Fällen versuchsweise an¬
gewandt zu werden. Grätzer.
Gr. Jacobson (Bukarest). Über die Ernährung gesunder und
dyspeptischer Säuglinge mit Buttermilch.
(Archives de mödiciue des enfants 1903 No. 2.)
J. ist Anhänger dieser Ernährungsmethode geworden, nachdem
er in einem Falle eigener Beobachtung, ein schwer dyspeptisches
Kind, welches weder die Mutterbrust, noch die Milch dreier Ammen
vertragen konnte und nach monatelanger Behandlung bereits auf¬
gegeben war, auf Buttermilchernährung sich erholen und zum voll¬
kommenen Gesundheitszustände zurückkehren sah.
Es ist vorteilhaft, die Buttermilch im Hause selbst bereiten zu
lassen, da diejenige aus den Milchmeiereien oft verschiedenartig ver¬
unreinigt ist. Die gute Wirkung derselben wird auf dreierlei Ur¬
sachen zurückgeführt: 1. der Säuregehalt; 2. das Fehlen von Fett;
3. die feine Verteilung des Kaseins.
Die Buttermilch ist für gesunde Säuglinge durch ihre sehr leichte
Verdaulichkeit und Assimilierbarkeit ein Nahrungsmittel erster Ord¬
nung. Dieselbe wird von an chronischer Gastroenteritis, an kon¬
genitaler oder erworbener Dyspepsie leidenden Säuglingen und im
allgemeinen von allen kachektischen Kindern, ausgezeichnet vertragen
und nehmen dieselben rasch an Gewicht zu. Außerdem ist auch der
geringe Preis dieses Nahrungsmittels von Wichtigkeit, so daß auch
die Armen sich dasselbe leicht verschaffen können. Es soll niemals
vergessen werden, durch entsprechende Anweisung der Milchmeier,
bei der Darstellung die größte Reinlichkeit walten zu lassen.
_ E. Toff (Braila).
CentralbL f. Kinderhlkde. VI1L DigitizedbyG 20
286
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7.
Jan Raczynski. Dyspepsia intestinalis acida lactatorum.
(Aas dem St. Ludwig-Spitale in Krakaa.)
(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 12.)
Unter Benutzung des gesamten Ammenmaterials der Anstalt
(12 stillende Frauen) untersuchte B. die Milch von Frauen, deren
Kinder ganz gesund waren, und von solchen, deren Kinder deutliche
Dyspepsie aufwiesen. Durch Vergleich der Resultate der Milch¬
analysen konnte B. aber keinen Zusammenhang herausfinden zwischen
dem Krankheitszustand und der größeren oder geringeren Quantität
.eines der bestimmten Bestandteile. Er suchte daher die Ursachen
dieses Krankheitszustandes auf anderem Wege, indem er die Faeces
untersuchte. Es ergab sich, daß die Azidität der Stühle bei Kindern
mit dyspeptischen Erscheinungen auffallend hoch ist. Man kann also
behaupten, daß bei Brustkindern Krankheitszustände Vorkommen, in
welchen die Faeces größere Fettsäuremengen enthalten, und ihre An¬
wesenheit eine Reihe von Symptomen verursacht, wie häufige Stuhl¬
entleerung, Schlafmangel, Auftreibung des Bauches u. 8. w. Die
Bildung dieser größeren Säuremengen wird nicht verursacht durch
die chemische Zusammensetzung der Nahrung. Da wir nun wissen,
daß die Azidität der Stühle bei Brustkindern eine Folge der Wirkung
von Bakterien ist, d. i. der normalen Vegetation, so müssen wir ver¬
muten, daß auch in diesen Fällen dasselbe Agens im Spiele ist, daß
aber die günstigen Verhältnisse in diesem Falle eine stärkere Ent¬
wickelung dieser Flora zulassen und demgemäß auch die Entwickelung
einer größeren Menge ihrer Produkte verursacht. Diesen Zustand
können wir also Dyspepsie mit Uberschuß von Säuren im Darm be¬
nennen, Dyspepsia acida intestinalis. Eine diesbezügliche weitere
Untersuchung ergab ferner, daß der Prozentgehalt des Fettes im
Stuhl bei Dyspepsie besonders hoch ist, woraus man schließen kann,
daß die erhöhte Azidität des Inhalts des Verdauungstraktus die
Ausnützung der Fette erschwert. Die üppige Entwickelung der Bak¬
terien im Verdauungstraktus aber kann beruhen auf Darreichung
ungeeigneter Nahrung gleich nach der Geburt, auf Überfütterung oder
auf ungenügender Entwickelung der Verdauungsdrüsen, bei ungenügen¬
der Entwickelung des gesamten Organismus (daher kommt es, daß
meist schwach entwickelte, nicht ausgetragene Kinder dyspeptisch
werden). Grätzer.
F, L. Wachenheim. Chronic gastritis and gastric motor In-
sufficiency in Children.
(New York, Medical Journal, den 24. Januar 1903.)
Nach W. ist der chronische Magenkatarrh eine überaus häufige
Affektion im Kindesalter, namentlich dem zweiten und 12. Lebens¬
jahre. Daneben besteht meist motorische Insuffizienz des Magens.
Die Erkennung basiert sich auf den klinischen Erscheinungen
im Verein mit den Ergebnissen einer eingehenden Untersuchung des
Mageninhalts. Die Magensonde ist durchaus unentbehrlich. Man
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II. Referate.
287
hebert den Inhalt heraus und vergleicht ihn mit normalen Ver¬
dauungsprodukten. Ein dargereichtes Brausepulver erleichtert die
perkutorische Feststellung der Magengrenzen, speziell des oberen
Randes, um allen Täuschungen durch Verdrängung aus dem Wege
zu gehen. Über die motorische Tätigkeit des Organs gibt uns eben¬
falls sein Inhalt genügenden Aufschluß, indem die Anwesenheit von
Speiseresten des vergangenen Tages deutlich für mangelhafte
Nahrungsbeförderung spricht.
Was nun die Symptomatologie anbelangt, so offenbart sich der un¬
komplizierte Magenkatarrh durch Blässe, Unterernährung, Abmagerung,
belegte Zunge, Kopfweh, Verstopfung, gestörten Schlaf, und epi¬
gastrische Empfindlichkeit, namentlich nach dem Essen. Freie Salz¬
säure fehlt oft im Mageninhalt, Therapie: Magenausspülung, und
Salzsäure sowohl wie Amara innerlich, nebst vorsichtiger Diät.
Der mit motorischer Insuffizienz einhergehende Magenkatarrh
liefert folgendes Bild: Hartnäckige Obstipation, besonders bei rhachi-
tischen Kindern; ausgiebiges Aufstoßen von Gasen; starke Abmagerung;
selten ausgesprochene Anorexie. Hier besteht die Behandlung weniger
in der Spülung als in einer Regelung der Diät. Man gebe kleine,
aber häufige Mahlzeiten. Von Medikamenten empfehlen sich Nux
vomica, Natrium bicarbonicum, Wismut und Magnesia. Gegen die
Verstopfung leistet Cascara Sagrada wirksame Dienste. Massage ist
ebenfalls sehr zu loben. Wo die Nahrung länger als 12 Stunden im
Magen verweilt, ist die Spülung auch hier angezeigt, und wird am
besten vor dem Frühstück vorgenommen. Leo Jacobi (New York.)
Halsey Dewolf. A Report of thirteen cases of Edema,
apparently epidemie in character.
(Arcbives of Pediatrics, Dezember 1902.)
Bericht über 18 Fälle einer eigentümlichen Affektion, welche
Verf. faute de mieux „epidemisches Odem“ nennt.
Auf einer Gebäranstalt erkrankten innerhalb 11 Tagen rasch
nacheinander 13 Säuglinge. Meist im Anschluß an eine heftige
Gastroenteritis setzte die eigentliche Krankheit mit Ödemen ein.
Entweder gleichzeitig oder in schneller Reihenfolge traten Ödeme im
Gesicht, an Händen und Füßen auf. Einige Male kam es zu
Hydrops anasarca. Die Ödeme waren sehr hochgradig, wechselten
aber trotzdem mit überraschender Leichtigkeit ihren Sitz und ihre
Beschaffenheit — also „fliegende Ödeme“. Die Kinder zeigten sub-
normale Temperaturen, sahen blaß und apathisch aus, boten aber im
übrigen kein nachweisbares organisches Leiden. Das Herz wurde
stets geprüft, mit ziemlich negativem Befund. Die Blutuntersuchung
lieferte ebenfalls keine wichtigen Anhaltspunkte. Dagegen war der
Urin 9 mal eiweißhaltig.
Von den 13 Kindern starben neun im Hospital, die anderen vier,
darunter drei mit persistierenden Ödemen mußten entlassen werden.
Der Exitus trat meist nach einigen Stunden im Kollaps ein. Zuerst
versagte die Atmung, dann blieb das Herz stehen.
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288
Centralblafct für Kinderheilkunde. No. 7.
Das nahezu gleichzeitige Auftreten der Fälle, die frappante
Ähnlichkeit der klinischen Erscheinungen und des Verlaufes be¬
rechtigen zur Annahme einer gemeinschaftlichen Ursache. Angesichts
des Umstandes, daß sämtliche 13 Kinder künstlich ernährt wurden,
liegt die Vermutung unfern, daß die Milch eine Infektionsquelle
abgab. Nun läßt es sich wohl denken, wie eine primäre Enteritis die
Ansteckung begünstigen kann; wie letztere, im Verdauungstraktus be¬
ginnend, nach und nach Blutgefäße und Nieren pathologisch affiziert,
wodurch dann zuletzt Ödeme entstehen.
Dem Verf. scheint eine derartige Hypothese plausibel zu sein.
Leo Jakobi (New York).
Japichino Paternö. Experimentelle klinische Studie zu Parrots
„Athrepsie“.
(La Pediatria, 1902 No. 11.)
Verf. unterscheidet nach Analogie seines Lehrers Fe de eine
primäre und sekundäre Atrophie der Säuglinge. Die erstere —
identisch mit der von Parrot so bezeichneten Athrepsie — ist nicht
durch Erkrankungen des Magendarmkanals verursacht, noch der Aus¬
druck einer chronischen Infektionskrankheit, wie Tuberkulose oder
Syphilis, sondern hängt ab von einer durch mangelhafte, falsche oder
unregelmäßige Ernährung bedingten Autointoxikation.
Zum Studium der Atrophie hat Verf. bei säugenden Hunden
durch unangemessene Ernährung einen der Atrophie der Kinder ver¬
gleichbaren Zustand herbeigeführt. Außer einer Verkleinerung der
Zellen (?Ref.) hat Verf. bei den untersuchten Tieren niemals irgend
welche makroskopische oder mikroskopische Veränderung auffinden
können. Ebenso war der Sektionsbefund bei einem unter dem Bilde
der „Athrepsie“ gestorbenen Kinde ein völlig negativer.
Verf. hält es für sicher, daß die Pathogenese der in Rede
stehenden Erkrankung beherrscht wird von einer Intoxikation des
Organismus, die zurückzuführen ist auf eine gestörte Funktion des
Verdauungskanals. Die Nahrung wird, weil sie unangemessen ist oder
weil die Verdauungssäfte nicht wirksam sind, nicht resorbiert, geht in
Fäulnis über, es bilden sich organische Gifte, die in den Organismus
durch das Blut übergehen. Verf. hat die verschiedenen Gewebe und
Organe der an Atrophie gestorbenen Tiere mit einer überaus großen
Giftigkeit behaftet gefunden. Der Organismus besitzt gegen diese
Gifte, die ihn anderenfalls in wenigen Stunden töten würden, Schutz¬
vorrichtungen, die jedoch nur schwach funktionieren; eine solche wahr¬
nehmbare, jedoch geschwächte Schutzfunktion fand Verf. in den Leber¬
zellen. F.
Japichino Paternö. Untersuchungen über die pathologische
Anatomie der Parrotschen Athrepsie.
(La Pediatria Nr. 2 1903.)
Verf. hat ebenso wie Fe de und seine Schüler an jungen Hunden
experimentiert, nur mit dem Unterschiede, daß er seine Versuchstiere
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II. Referate.
289
erst später tötete, als jene es getan hatten. . Er gibt die Resultate
der Untersuchungen, die er an den Eingeweiden der Tiere angestellt
hat, wieder und kommt ebenso, wie die früheren Untersucher, zu dem
Ergebnis, daß nirgends nennenswerte histologische Veränderungen zu
finden waren ausser der allgemeinen Atrophie. F.
Dante Pacchioni. Ein Fall von schwerer Hepatitis mit
schwerem Ikterus bei einem von einer nephritischen Mutter
ernährten Säugling.
(Rivista di Clinica Pediatria, Fase. III März 1903.)
Es handelte sich um ein 4 monatliches Kind, das nach 10 tägiger
Krankheit zu Grunde ging. Unter den klinischen Symptomen sind
vor allem ein starker Ikterus und die bei der Blutuntersuchung ge¬
fundene Herabsetzung in der Zahl der roten Blutkörperchen zu er¬
wähnen; bei der Sektion fanden sich ausgesprochene entzündliche und
degenerative Veränderungen an der Leber; das Organ war — wohl
infolge der geringen in ihm enthaltenen Blutquantität — klein, der
Ikterus erklärte sich durch den Leberbefund nicht, denn es war keine
Stauung in den Gail wegen vorhanden; dagegen war das massenhafte
Zugrundegehen der roten Blutkörperchen zu der Erklärung seines Zu¬
standekommens ausreichend.
Den Grund für die Erkrankung sucht Verf. in einer Intoxikation
mit spezieller elektiver Wirkung auf die roten Blutkörperchen, und
zwar glaubt er, daß die Intoxikation hervorgerufen wurde durch
toxische Stoffe, die in der Milch der nephritisch erkrankten Mutter
enthalten waren. F.
Crisafi. La funzionelita del fegato nie bambini proveta ove
levulosio.
Vorläufige Mitteilung.
(Rivista di Clinica Pediatria No. 2 1903.)
Verf. hat bei Kindern, die an den verschiedensten Erkrankungen
litten, nach dem Vorschlag von Strauss die Lävulose angewandt
zur Funktionsprüfung der Leber. Er hat Kindern bis 5 Jahren
25—40 g, solchen über 5 Jahren 40—60 g gegeben. Er hat auf
diesem Wege gefunden, daß die Leberfunktion bei akuten Infektions¬
krankheiten im allgemeinen eine gute ist. Am meisten beeinträchtigt
scheint sie noch zu sein bei nephritischen und schleichenden tuber¬
kulösen Prozessen. Die Phenylhydrazinprobe erwies sich als die
empfindlichste, um auch die kleinsten Spuren von Lävulose zu ent¬
decken. F.
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290
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7.
Antonio Jovane. Die Verteilung der Glykogenmenge auf
die beiden Leberlappen.
(La Pediatria No. 3 1903.)
Verf. hat sich die Aufgabe gestellt, zu prüfen, inwiefern die Be¬
hauptung Sörögö’s, daß die beiden Leberlappen nicht nur anatomisch,
sondern auch physiologisch voneinander völlig unabhängig sind, für
ganz junge Individuen zutrifft; er hat zu diesem Grunde an jungen
Kaninchen Untersuchungen angestellt und die erhaltenen Resultate
mit denen bei erwachsenen Tieren erzielten verglichen. Er fand, daß
bei Kaninchen in den ersten Lebenstagen ebenso wie bei ausgewach¬
senen Tieren, daß, wenn sie auch unter genau demselben Regime ge¬
halten und in derselben Periode der Yerdauungstätigkeit untersucht
wurden, die Quantität des Glykogens im linken und rechten Leber¬
lappen durchaus verschieden war, und zwar liegen die Verhältnisse
so, daß nicht konstant die größere Menge in dem einen oder anderen
Lappen angetroffen wird, sondern vielmehr findet sie sich bald im
rechten, bald im linken Lappen. Die verschiedene glykogenbildende
Tätigkeit der beiden Lappen wird auf die verschiedene Blutverteilung
zurückgeführt. F.
E. Salvia. Singuliöre anomalie de döveloppement du foie
ayant l’aspect d’un nöoplasme.
(Revue de Chirurgie No. 10 S. 498.)
Der 3jährige Knabe litt seit seinem zweiten Lebensjahr an einer
Anschwellung der Leber. S. exstirpierte den Tumor, welchen er für
ein Fibrosarkom hielt. Der Knabe erlag aber einer Infektion. Die
mikroskopische Untersuchung des Tumors, die ausführlich mitgeteilt
wird, ergab, daß es sich um eine Störung in der Entwickelung der
Leber handelte, da derselbe die Struktur der embryonalen Leber
zeigt mit Hyperplasie des Schleimgewebes. Schreiber (Göttingeu).
A, Sotoff. Ein Fall von bösartiger Neubildung der Leber und
der Bauchspeicheldrüse bei einem Kinde von l x / 2 Jahren.
(Zeitschrift der Russischen Gesellschaft für Volkshygiene 1902 No. 5. u. 6.)
In der pädiatrischen Klinik des Prof. N. Gundobin (St. Peters¬
burg) wurde jüngt ein seltener Fall beobachtet: Karzinom der Leber
und des Pankreaskopfes bei einem Mädchen von \ l j 2 Jahren. Bei
der Aufnahme in die Klinik war das Kind kachektisch, es bestanden
deutliche Anzeichen von Rhachitis, die Lymphdrtisen am Halse und in
der linken Inguinalgegend waren geschwellt; die Leber war beträcht¬
lich vergrößert, reichte bis an die Nabelgegend und wies eine höckerige
Oberfläche auf; Ikterus fehlte. Puls 140—150, Atmungsfrequenz
40—50. Tod am 5. Tage. Bei der Sektion wurden auf der Pleura
und im Lungenparenchym Knoten gefunden, die Bauchhöhle enthielt
etwa 500 ccm einer hämorrhagischen Flüssigkeit. Das Lebergewebe
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II. Referate.
291
war mit Ausnahme eines kleinen Restes vom linken Lappen durch
eine Neubildung substituiert, die sich in Gestalt von solitären oder
confluierenden Knoten repräsentierte; ihre Konsistenz war derb bis
knorpelhart. Der Pankreaskopf war von dem Neoplasma vollständig
zerstört, das Colon transversum mit dem Tumor verwachsen; an der
hinteren Fläche des Magens wurden zwei kleine Knoten konstatiert.
Bei der histologischen Untersuchung erwies sich die Geschwulst als
karzinomatös. Bemerkenswert ist der Umstand, daß, trotzdem nur
ein verhältnismäßig kleiner Abschnitt der Leber von dem Tumor ver¬
schont geblieben war, die Gallensekretion dennoch fortbestand, wie
durch die mikroskopische Analyse der Darmentleerungen nachgewiesen
werden konnte. Von Interesse ist auch die Anamnese des Kindes:
vom ersten Lebensmonate an bekam es gemischte Nahrung und litt
lange Zeit hindurch an Durchfällen; seit einem Alter von 9 Monaten
begann man ihm erst wöchentlich, dann aber bedeutend öfter je
J / 4 Gläschen Schnaps darzureichen; Appetitlosigkeit, Auftreibung des
Leibes und die Anwesenheit einer Geschwulst wurden in seinem
17. Lebensmonate bemerkt. A. Dworetzky (Moskau).
A. Wolkowsky. Ein Fall von Lebercirrhose im Kindesalter.
(Djetskaja Medizina 1902 No. 3.)
Die Lebercirrhose ist im Kindesalter eine äußerst seltene Er¬
krankung. Ein derartiger Fall wurde in der pädiatrischen Klinik
der Universität Tomsk beobachtet. Die bei dem 9jährigen Mädchen
in den Vordergrund tretenden Erscheinungen setzten sich aus einer
beträchtlichen Leberhypertrophie, einem bedeutenden Ascites, Ver¬
größerung der Milz, Entwickelung von Venenanastomosen in der Bauch¬
haut, Knöchelödem und Verminderung der Harnmenge zusammen.
Aus der Anamnese ist hervorzuheben, daß das Mädchen sehr lange
Zeit hindurch an wiederholten und hartnäckigen Anfällen von Malaria
litt, so daß Chinin nicht mehr half und zu Arsen gegriffen werden
mußte. Außerdem ist noch hinzuzufügen, daß die Kranke seit 4 Jahren
tagtäglich 2—3 Gläschen Portwein oder auch Schnaps zu trinken
pflegt. Der anfänglich zu therapeutischen Zwecken verordnete Wein
wurde der Kleinen so sehr zum Bedürfnis, daß ihre Eltern sich ge¬
nötigt sahen, ihn ihr regelmäßig zu beschaffen. Die erste Frage,
welche die Patientin bei ihrem Eintritt in die Klinik tat, war die, ob
sie hier auch Wein bekommen werde. Man muß also annehmen, daß
auf das Auftreten der Lebercirrhose zwei ätiologische Momente ein¬
gewirkt haben: der Alkoholismus und die Malaria. Die Behandlung
bestand in der Darreichung von Kalomel, 2 mal täglich k 0,03. Nach
ötägigem Gebrauch wurde eine Pause von 2 Tagen gemacht und dann
mit denselben Gaben fortgesetzt. Der Effekt der Kalomeltherapie
war ein schneller und in die Augen fallender. Trotzdem Leber und
Milz in statu quo blieben, verließ doch die Patientin nach 20 Tagen
die Klinik in bedeutend gebessertem Zustande.
A. Dworetzky (Moskau).
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292
Contralblatt für Kinderheilkunde. No. 7.
Guiseppe Mya. Drei Fälle von Lebercirrhose im Kindesalter.
(Rivista di Clinica Pediatria No. 1 1903)
Verf. gibt zunächst einen Überblick über die verschiedenen Arten
von Lebercirrhose, die im Kindesalter Vorkommen können. Es sind
dies die Alkoholcirrhose, die syphilitische, die durch Malaria verursachte
Cirrhose, diejenige Form der Cirrhose, die infolge chronischer ent¬
zündlicher Vorgänge in den Gallengängen entsteht, ferner eine
Cirrhose, die sich als Folge diffuser akuter Entzündungen der Leber
darstellt, die Cirrhose, die durch Zirkulationsstörungen (Herzfehler)
bedingt wird, sodann die Cirrhose im Verlaufe der Tuberkulose und
schließlich die dyspeptische Cirrhose und diejenige, die sich als zweites
Stadium der Bantischen Krankheit (Splenomegalie) präsentiert.
Verf. führt drei Fälle eigener Beobachtung an. In dem einen Fall
fand sich die Cirrhose bei einem an subakut verlaufender eitriger
Cerebrospinalmeningitis gestorbenen Kinde und zwar ergab die histo¬
logische Untersuchung, daß die cirrhotischen Veränderungen frischen
Datums waren, Verf. glaubt, dass die Cirrhose in diesem Falle be¬
dingt war 1. durch einen die Meningitis begleitenden entzündlichen
Prozeß in der Leber, 2. durch eine Stase infolge der Behinderung
von Atmung und Blutlauf, 3. zum größten Teil durch tiefgehende
Zirkulationsstörungen in der Leber, durch die Struktur und Ernährung
des Leberparenchyms geschädigt wurden.
Die zweite Cirrhose fand sich bei einem an Tuberkulose des
Kleinhirns und frischer Tuberkulose der Lunge verstorbenen Kinde.
Da sich weder an Peri-Endo- oder Myocard irgend welche Ver¬
änderungen fanden, so benutzt der Verf. diesen Fall als Beweis gegen
diejenigen, die nur die kardiale Form der Cirrhose bei Tuberkulose
anerkennen.
Im letzten Falle wurde die Cirrhose gefunden bei einem Kinde
mit einer Darmperforation. Verf. glaubt, daß es sich hier in letzter
Linie um eine Cirrhose dyspeptischen Ursprungs handelte. F.
L. Bartenstein. Die Lebercirrhose im Rindesalter.
(Klinisch-therap. Wochenschrift 1903 No. 6 u. 7.)
Der Aufsatz gibt unter Zugrundelegung der betreffenden Literatur
ein übersichliches Bild über Wesen, Ätiologie, Symptomatologie, Therapie
der kindlichen Lebercirrhose. Grätzer.
S. Middelton. Infant with great Enlargement of the liver
and ascites.
(Glasgow medical journal, Oktober 1902, S. 209.)
Die kleine Patientin erkrankte im Alter von 15 Monaten mit
Anschwellung des Leibes. Bei der Aufnahme in das Krankenhaus
war das Kind gut genährt aber blaß, es bestand starker Ascites, die
Leber war stark vergrößert, die Bauchdeckenvenen waren stark aus¬
gedehnt, besondere Klagen bestanden nicht; die Temperatur war
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II. Referate.
293
normal. Unter Zunahme des Ascites und der Leberschwellung ver¬
fiel das Kind immer mehr. Der Ascites mußte 22 mal punktiert
werden, die Punktionen ertrug das Kind sehr gut, dieselben ergaben
ca. 22,8 Liter Flüssigkeit. Die Leber erschien darnach vergrößert,
ihre Oberfläche rauh, und ihr Rand hart und dick. Die Milz war
nicht fühlbar. Mäßige Ödeme schwanden nach den Punktionen.
Geringe pleuritische Ergüsse. Die Temperatur war leicht febril, nur
vorübergehend betrug sie 39°. In den letzten 6 Wochen stellte sich
eine Besserung des Allgemeinbefindens ein. Therapeutisch war die
Anwendung von grauer Salbe ohne Erfolg; im wesentlichen bestand
die Therapie in zweckmäßiger Ernährung und Punktion. Der Appetit
war größtenteils gut. Der Stuhl war nur vorübergehend diarrhoeisch.
Abgesehen von Alkoholismus des Vaters ließ sich ein ätiologisches
Moment nicht finden. Das Herz war frei. Der Mißerfolg der grauen
Salbe spricht nach M.s Ansicht gegen kongenitale Syphilis. Es be¬
stehen keinerlei Anhaltspunkte für Lebercirrhose, das Fehlen von
Gelbsucht spricht gegen die hypotrophische Form der Cirrhose. Der
Fall gleicht einem von Muss er beschriebenen.
Schreiber (Göttingeil).
Th. Fischer. A case of Ascites due fo Thrombosis of the
hepatic veins.
(The Bristol medico-chirurgical Journal, September 1902, S. 209.)
Das 3jährige Mädchen war vor 5 Monaten an Keuchhusten er¬
krankt, seit einem Monat wurde die Anschwellung des Bauches be¬
merkt. Der stark ausgedehnte Bauch gab überall Dämpfung. Er¬
weiterte Bauchdeckenvenen. Leberdämplüng begann im fünften Inter¬
kostalraum. Die Leber reichte 4 Finger breit über dem Rippenbogen
nach abwärts. Milz nicht fühlbar. Lunge und Herz frei. Mäßige
Ödeme an den Unterextremitäten. Wenig normal gefärbter Urin.
Nach einer Punktion füllte sich der Bauch sehr schnell wieder; in
den letzten 14 Tagen des Lebens bestand mäßiges Fieber. Die
Autopsie ergab: Ikterus der Haut, Ascites, Muskatnußleber. Die
teilweise granulierte Leber hatte eine Gewicht von 650,9 g. Throm¬
bose der Lebervenen. Verschluß der beiden Lebervenen an der
Eintrittsstelle in die Vena cava. Milz nicht vergrößert. Kulturen
aus den Thromben ergaben Streptokokken (wohl terminale Infektion).
Die Wände der zum Teil dilatierten Venen waren verdickt, an einzelnen
Stellen fanden sich cirrhotische Veränderungen. F. erwähnt kurz
noch zwei weitere Fälle und geht dann auf die Literatur ein. Als
Ätiologie für die Thrombose kommen in Betracht Syphilis und In¬
fektion. Schreiber (Göttingen).
Paul Erdmann. Beiträge zur Kenntnis der kongenitalen
Syphilis der Leber.
(Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 74, S. 458.)
Auf Grund eingehender anatomischer Studien an normalen und
elf syphilitischen Lebern stellt E. drei Haupttypen von kongenitaler
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294
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7.
Lebersyphilis auf. Die erste Gruppe betrifft abnorm große und
schwere Lebern mit diffuser Zellinfiltration. Die Konsistenz ist normal
oder weich.
Die Zellen sollen mit der blutbildenden Funktion der Leber in
Beziehung stehen, werden als „Blutzellen“, d. h. Mutterzellen von
Blutelementen angesehen; die Zellinfiltration des Parenchyms in
Lebern syphilitischer Kinder soll eine weit stärkere sein, als die¬
jenige gleichaltriger normaler Kinder.
Der zweiten Gruppe gehören an: Abnorm große und schwere
Lebern mit glatter Oberfläche und von derber Konsistenz. Allgemeine,
diffuse, von Fall zu Fall an Stärke zunehmende Bindegewebswucherung
mit oder ohne Bildung miliarer Gummen, teils mit, teils ohne Zell¬
infiltration. Endlich wird eine dritte Gruppe beschrieben, die folgende
Merkmale aufweist: Etwas vergrößerte oder normal große Lebern mit
glatter Oberfläche oder leichthöckeriger Oberfläche und von derber
Konsistenz. Streifenförmige Bindegewebswucherung. Keine Infiltration
mit blutbildenden Elementen.
Das Aussehen der Lebern der zweiten Gruppe war „feuerstein-
ähnlich“, die charakteristischste Veränderung lag in der diffusen
Wucherung des interlobulären Stützgewebes.
In der letzten Gruppe betraf die Bindegewebswucherung mehr
das Stützgewebe der großen Gefäße und der Leberkapsel.
Hugo Stark (Heidelberg).
Fr. Mracek. Die Syphilis der Mütter und der Neugeborenen.
(Wiener klm. Wochenschrift 1903 No. 18.)
Sich auf die an einem reichhaltigen Material gemachten Er¬
fahrungen stützend, das er in eingehenden Erörterungen verwertet,
kommt M. zu folgenden Schlüssen:
1. Je früher die Frucht infiziert wird, desto größere Gefahr be¬
steht für dieselbe.
2. Weder das Alter noch die Form der mütterlichen Syphilis
läßt einen sicheren Schluß auf den Ausgang der Gravidität zu.
3. Bei nicht erwiesener Syphilis der Mutter (also möglicherweise
paterner Infektion) fand sich von 11 Fällen 9 mal Plazentarerkrankung,
eine Erscheinung, die in der Frage der Art der paternen Übertragung
sich zwar auch nicht entscheidend verwerten läßt, gewiß aber sehr
bemerkenswert ist.
4. Die lange Jahre währende Übertragbarkeit der Syphilis der
Mütter und die deletäre Wirkung derselben auf die Deszendenten
fordern zur energischen Behandlung jeder, auch der latent syphilitischen
Mutter auf.
5. Um eine generelle Übersicht zu gewinnen, ist es notwendig,
dasselbe durch Fälle von syphilitischen Müttern, welche gesunde
Kinder zur Welt gebracht haben und durch Fälle von frühzeitigem
Abortus zu ergänzen. Grätzer.
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II. Referate.
295
R. Matzenauer (Wien). Die Vererbung der Syphilis. Ist
eine pateme Vererbung erwiesen?
(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 7.)
Aus der ungemein interessanten Arbeit heben wir folgende Stellen
als besonders bemerkenswert hervor:
„Auf Grund meiner Recherchen kann ich die überraschende Be¬
hauptung aussprechen, daß bisher keine Beobachtung vorliegt, bei
welcher alle die Bedingungen erfüllt wären, die man von einer Aus¬
nahme gegen das Collessche Gesetz verlangen muß: Es gibt keine
Ausnahmen vom Collesschen Gesetz. Alle als solche in der
Literatur bisher beschriebenen Fälle beruhen auf leicht
nachweisbaren Irrtümern: 1. Entweder hat das von gesunden
Eltern stammende gesunde Kind erst extrauterin Syphilis acquiriert
und die eigene Mutter infiziert, oder 2. es war die Mutter selbst
bereits vor der Geburt des Kindes syphilitisch und konnte daher
ihre Krankheit auf das Kind vererbt haben (die vermeintlichen
rezenten Syphiliserscheinungen der Mutter waren dann bereits
Syphilisrezidive), oder 3. endlich sind die angeblichen Ausnahme¬
fälle so mangelhaft skizziert, daß sie überhaupt keinerlei Garantie
für die Richtigkeit der Beobachtung bieten: in fast der Hälfte aller
Fälle geben die betreffenden Autoren nur an, daß sie gelegentlich
einmal ein derartiges Vorkommnis beobachtet hätten, ohne aber über¬
haupt eine eingehende Schilderung zu bringen; und zwar sind das
nicht etwa Autoren, deren Namen allein uns schon eine gewisse
Garantie für die Richtigkeit der Beobachtung bieten würden; gerade
von den großen, vielerfahrensten Syphilidologen von Weltruf, denen
ein so wichtiges Vorkommen von prinzipieller Bedeutung schwerlich
entgangen wäre, hat kein einziger einen Ausnahmsfall vom Colles¬
schen Gesetz gesehen!
Es gibt also keine Ausnahmen vom Collesschen Gesetz: jede
Mutter eines hereditär-luetischen Kindes ist ausnahmslos
immun. Die Bedeutung dieser Erfahrungstatsache wurde seit jeher
richtig gewürdigt und auch von den Anhängern der paternen Ver¬
erbung als der „schwerwiegendste Einwurf“ (Kassowitz) gegen die
Annahme einer solchen betrachtet und vollauf erkannt“.
„Wir haben also zu gunsten des Profetaschen Gesetzes weder
eine Analogie bei anderen Infektionskrankheiten, noch Beweise bei
Syphilis speziell gefunden. Im Gegenteil spricht Theorie und Er¬
fahrung gegen die Geltung desselben. Das Profetasche Gesetz ist
heute nicht mehr aufrecht zu erhalten und muß fallen gelassen werden.
Die Erfahrungstatsache, daß syphilitische Mütter ihre gesunden
Kinder in der Regel nicht infizieren, findet schon darin eine un¬
gezwungene Erklärung, daß rezent syphilitische Mütter in der Regel
syphilitische Kinder gebären, und daß gesunde Kinder in der Regel
von Müttern stammen, welche selbst schon eine alte, latente oder in
nicht infektiösen Erscheinungen sich äußernde Syphilis haben.
Daraus folgt aber weiter, daß auch die ganze, heute
fast allgemein akzeptierte Theorie von Finger, wonach
„Immunität (id est dauernde (!) Immunität) gegen Syphilis akquiriert
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7.
werden kann, ohne Syphilis selbst durchzumachen (1. wenn man
Mutter wird eines vom Vater syphilitischen Kindes und der Infektion
vom Vater und vom Kind entgeht, 2. als Kind syphilitischer Eltern,
wenn man der Vererbung der Syphilis entgeht“), heute nicht mehr
aufrecht erhalten werden kann und fallen gelassen werden
muß.
Gegen die Annahme, daß die nach dem Collesschen Gesetz
immunen Frauen bloß immun, aber doch wirklich gesund und nicht
etwa latent syphilitisch seien, spricht:
1. daß in der gesamten Pathologie der Infektionskrank¬
heiten und auch bei Syphilis speziell eine spermatische Ver¬
erbung der Krankheit selbst nicht zu erweisen ist, sondern
eine Vererbung derselben immer nur von Mutter aufs Kind
stattfindet.
2. daß bei Syphilis überhaupt keine nachweisliche Vererbung
der Immunität statttindet.
3. daß bei anderen Infektionskrankheiten die Vererbung einer
dauernden Immunität überhaupt niemals vorkommt, sondern daß
eine vererbte Immunität höchstens eine passive, rasch vorübergehende
sein könnte.
Um die Bedeutung der dauernd bestehenden Immunität jener
Mütter voll zu würdigen, müssen wir konstatieren, daß eine einmal
überstandene Syphilis (mit wenigen Ausnahmen) Immunität für die
Dauer des ganzen Lebens hinterläßt, und wir müssen andererseits
zugestehen, daß eine dauernde Immunität immer nur dann zu finden
ist, wenn das betreffende Individuum schon früher Syphilis über¬
standen hat.
Da es einerseits eine Vererbung einer dauernden
Immunität nicht gibt, und da andererseits jede auch an¬
scheinend gesunde Mutter eines hereditär luetischen Kindes
ausnahmslos dauernd immun ist, muß folglich auch jede
anscheinend gesunde, aber immune Mutter selbst (latent)
syphilitsch sein.
Da es also schließlich keine hereditäre Syphilis ohne
Syphilis der Mutter gibt, und da andererseits von einer syphi¬
litischen Mutter die Krankheit zweifellos vererbt werden kann, so
folgt daraus, daß wir eine Vererbung der Syphilis in jedem Fall von
einer syphilitischen Mutter ableiten können und die Hypothese einer
patemen Vererbung nicht anzunehmen brauchen.
Die Konsequenzen für die Praxis ergeben sich von selbst:
1. Die Mutter eines syphilitischen Kindes muß, auch wenn sie
keine Symptome bietet, mit Quecksilber behandelt werden.
2. Die Mutter eines syphilitischen Knaben kann entsprechend
dem Collesschen Gesetz ungescheut ihr Kind selbst stillen.
8. Die syphilitischen Eltern eines gesunden Kindes können
möglicherweise ihr Kind infizieren.
4. Ein syphilitischer Mann soll, um die Infektion seiner Frau
zu vermeiden, nicht vor Ablauf mehrerer Jahre seit seiner Infektion
und nicht ohne mehrfach wiederholte Quecksilberbehandlung in die
Ehe treten. Grätzer.
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IT. Referate.
297
J. WiSIliewski (Warschau). Beitrag zur Syphilis der Kinder.
(Nowiny lekarski 1903 No. 3.)
Verf. bespricht die Syphilis des Kindesalters unter besonderer
Berücksichtigung der Symptomatologie, ohne wesentlich Neues zu
sagen.
Zum Schluß finden wir die bezügliche Statistik aus dem all¬
gemeinen Ambulatorium^des evangelischen Krankenhauses in Warschau.
Verf. hat vom Dezember 1898 bis zum Oktober 1902 3360 Kranke
aufgenommen. Darunter fand er 33 Fälle hereditärer Syphilis, was
l°/ 0 ausmacht. Es waren 19 Knaben und 14 Mädchen. Das jüngste
Kind hatte 2 Wochen, der älteste Patient war 26 Jahre alt. Es
waren darunter: 3 Fälle von Pemphigus neonatorum: im 1., 10. und
22. Monat; 1 Fall Hutchinsonscher Zähne bei einem 1jährigen
Kinde; eine gleichzeitige Affektion der Gehör- und Gesichtsorgane
bei einem 3monatlichen Kinde; 1 Fall von Gumma palati ulcerosum
bei einem Kinde von 37 2 Monaten. In der überwiegenden Mehrzahl
der Fälle handelte es sich um Ernährungsstörungen und Nasenkatarrh.
Szymanowski (Warschau).
D. D. Niculescu. Die Hutchinsonschen Zähne.
(Spitalul [rumänisch] 1902 No. 23—24.)
Nach eingehendem Studium betreffend diese Zahnveränderungen
und Darlegung der verschiedenen Meinungen über das Zustande¬
kommen derselben, gelangt N. zum Schlüsse, daß dieselben in Ver¬
bindung mit anderen Zeichen von hereditärer Lues wohl dazu bei¬
tragen, diese Diagnose zu festigen, daß aber Hutchinsonsche Zähne
allein noch keinen Beweis für die in Rede stehende Affektion abgeben,
da auch andere krankhafte Einflüsse eine Störung in der Zahnernährung
und in weiterer Folge diese Veränderungen der Zähne bewirken können.
E. Toff (Braila).
E. Fournier, Des dystrophies veineuses de rh6r6do-syphilis.
(Revue d’hygißne et de mädicine infantiles, Tome I No. 1, S. 26.)
F. bringt hier verschiedene Beobachtungen von hereditär-syphi¬
litischen Kindern, bei denen sich eigentümliche Erweiterungen der
Venen des Kopfes finden (zum Teil mit Abbildungen). Er glaubt,
daß diese Veränderungen auf einer Dystrophie der Venen auf syphi¬
litischer Basis beruht, und führt als Beweis dafür eine Beobachtung
eines syphilitischen Kindes an, bei dem sich eine allgemeine Er¬
weiterung der Venen der rechten Körperhälfte fand. Diese venösen
Veränderungen am Kopfe verschwinden, statt dessen werden bei Er¬
wachsenen schon frühzeitig auftretende Venenerweiterungen an den
Unterextremitäten auf syphilitischer Basis gefunden, wofür F. eben¬
falls Beobachtungen anführt. Zum Schlüsse folgt noch eine Polemik
gegen verschiedene Angriffe, die seine Studien über heriditär-syphi¬
litische Veränderungen erfahren haben. Er hält diese Veränderungen
an den Venen für ein wichtiges Zeichen von hereditärer Syphilis.
Schreiber (Göttingen),
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298
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7.
Lannelongue. Note sur la Syphilis osseuse h£r£ditaire chez
les nouveau-nes (maladie de Parrot), chez les enfants et les
adolescents, chez les adultes et les vieillards (maladie de Paget).
(Bull, de l’acad. de m6d. 1903 No. 9.)
L. bespricht die Veränderungen, welche die heriditäre Syphilis
am Knochensystem in den verschiedenen Lebensaltern bewirkt. Am
bekanntesten sind die heriditär-syphilitischen Knochenaffektionen der
Neugeborenen, weniger die des späteren Kindes- und des Jünglings¬
alters. Die hereditäre Knochensyphilis tritt hier in zwei verschiedenen
Formen auf, einmal als Osteoperiostitis gummosa, die in der Regel
auf einen Knochen lokalisiert bleibt, und sodann unter dem Bilde
einer kontinuierlich fortschreitenden diffusen, fast immer ohne Eiterung
verlaufenden Periostitis. Die letztere ist die typische Form des
Knaben- und Jünglingsalters; sie beginnt nach dem 4. bis 5. Lebens¬
jahr. Die Veränderungen können schließlich alle Teile des Skeletts
betreffen und führen dann zu ganz denselben Deformitäten, wie sie
der von Paget beschriebenen Ostitis deformans (Pagetsehe Krank¬
heit) der Erwachsenen eigentümlich sind. Auch die Pag et sehe
Krankheit stellt nach L. nichts anderes dar als eine heriditär-syphi-
litische Knochenerkrankung des späteren Lebensalters.
Schade (Göttingen).
J. Fick. Beobachtungen über tertiäre Lues in Prof. Ehrmanns
Ambulatorium in Wien.
(Arch. f. Dermat. u. Syph., Bd. 64 1903.)
Da die beste Verhütung der hereditären Lues eine gründliche
Behandlung der erworbenen Krankheit ist, so werden die nachfolgenden
Zahlen gewiß auch den Pädiater interessieren. F. widerlegt energisch
die Gegner der Ne iss ersehen intermittierenden Behandlungs weise.
Von den vielen Schädigungen, welche diese Methode nach der Meinung
der Symptomatiker hervorrufen solle, sei noch kein einziger Fall tat¬
sächlich berichtet. Ebenso unbewiesen bleibe der Satz, daß die
intermittierenden Kuren wegen der geringen Anzahl tertiärer Fälle
überflüssig seien. In seiner nun folgenden Statistik des Luesmaterials
des Ehrmannsehen Ambulatoriums rechnet Verf. zu den tertiären
Fällen nur typisch gummöse Prozesse. Ausgeschlossen bleiben maligne
pustulöse, papulös ulceröse Lues, sowie Tabes, progressive Paralyse
und Patienten mit Tubercula cutanea. Unter 1484 Syphilitikern fand
Verf. 96 Tertiäre. Von diesen erfuhren 46 gar keine, sieben nachweisbar
ungenügende Behandlung. Sechs hatten nur intern Pillen oder K. J. ge¬
nommen. 15 Pat. waren in geringem Maße symptomatisch behandelt,
22 hatten eine einmalige gründliche Hg-Kur durchgemacht. Keiner
von diesen Patienten hatte die intermittierende Methode angewandt.
Hingegen waren alle im Sekundärstadium im Ambulatorium inter¬
mittierend behandelte Patienten bisher gesund geblieben. 511 .von
diesen befinden sich bereits 5—10 Jahre nach der Infektion. Über
die Zeitdauer, welche zwischen Infektion und tertiären Symptomen
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II. Referate.
299
verlief, berichtet Verf. von 58 Fällen: 16 im ersten Lustrum, 19 im
zweiten, 7 im dritten, 3 im vierten, je 6 im fünften und sechsten
Lustrum, ein Patient bereits 30 Jahre nach Beginn der Erkrankung.
Unter den tertiären Erscheinungen betrafen 47 Hautgummen, 14
Knochen und Periost, 18 Schleimhaut der Nase und des Rachens,
11 Sarcocele, 7 Nervensystem, 3 Muskeln, 2 Drüsen, 2 Leber und
Milz. Auffällig war das frühe Erscheinen der Sarcocele in den ersten
5 Jahren, 7mal sogar in den ersten 14 Monaten der Erkrankung.
Die Hg.-Behandlung im Ehr mann sehen Ambulatorium wurde aus¬
schließlich in Form von Einreibungen oder als Injektion löslicher
Salze (Sublimat in 2 %iger Lösung) ausgeführt. Max Joseph (Berlin).
George Lupescu (Gustav Weinberg). Die intramuskulären
Injektionen von Sublimat in seltenen und massiven Dosen zur
Behandlung der Lues bei Kindern.
(Inaugural-Disseration, Jassy, März 1903.)
Verf. hebt hervor, daß das Sublimat ein ausgezeichnetes Mittel
für die Behandlung der Lues durch intramuskuläre Einspritzungen
darstellt; dasselbe ist den unlöslichen Quecksilberpräparaten, welche
in massiven Dosen schwere Zufälle bewirken können, vorzuziehen.
Der durch die Injektion hervorgerufene Schmerz ist unbedeutend und
verschwindet rascher als bei Erwachsenen, andererseits kann das
Präparat mathematisch genau dosiert werden, die Wirkung ist eine
schnell einsetzende, was namentlich bei schweren syphilitischen
Affektionen von Wichtigkeit ist. Gewöhnlich genügen 3 bis 5 Ein¬
spritzungen, um die syphilitischen Symptome zum Schwinden zu bringen.
Um Rezidiven vorzubeugen, sollen die Injektionsserien im Laufe der
ersten 2 Jahre von Zeit zu Zeit wiederholt werden. Man macht die
Einspritzungen alle 6—8 Tage und dosiert im Verhältnis zum Alter
des Kindes.
Außer der spezifischen Behandlung soll auch eine nicht spezifische
durchgeführt werden: hygienische Lebensweise, Luftwechsel, Bäder
u. 8. w. Die Nieren sollen überwacht und gleichzeitig auch eventuell
parasyphilitische Affektionen behandelt werden. E. Toff (Braila).
Torretta. Über die subkutane Jodtherapie in der Kinderpraxis.
(11 Progresso Medico No. 18 1902.)
Verf. bediente sich zur subkutanen Anwendung des Jodipins und
zwar gebrauchte er sowohl die 10°/ 0 ige wie die 25%ige Lösung. Die
Injektion wurde in die Glutaeen gemacht. Wie Verf. an der Hand
einiger mitgeteilter Fälle zu zeigen sucht, hat er sich dieser Be¬
handlungsmethode mit Vorteil bedient bei den verschiedenen Er¬
scheinungen der Skrophulose, ferner in einem Fall von Periostitis der
rechten Schulter, ferner in zwei Fällen kongenitaler Lues, wo Jodipin
per os und subkutan zur Unterstützung einer Merkurialkur gegeben
wurde. Ferner glaubt Verf., daß die Anwendung des Jodipins ihren
Platz hat bei Broncho-Pneumonien mit verzögerter Lösung, bei
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300
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7.
chronischen Bronchitiden, überhaupt bei allen Erkrankungen des
Kindesalters, in denen Jod indiziert ist.
Man beginnt mit Injektionen von 1 ccm der 25°/ 0 igen Lösung
und kann bis auf 2—3 ccm steigen. F.
Ed. HÖnigSChmied. Weitere Mitteilungen über die Anwendung
und Wirkung des Jodipins.
(Ärztl. Kundschau 1903 No. 19.)
H. hat schon mehrfach über seine mit Jodipin erzielten Erfolge
referiert. Auch jetzt zeigt er, was er damit bei Erwachsenen und
Kindern erreicht hat. Was letztere anbelangt, so beziehen sich die
Erfolge zum Teil auf Fälle von Impetigo faciei, die durch Jodipin
in kurzer Zeit geheilt wurden. So wurde das Leiden bei einem
4 Monate alten Kinde, das täglich einen Kinderlöffel voll 10°/oig en
Jodipins erhielt (extern nur Zinksalbe) schon nach 8 Tagen gebessert,
nach 14 Tagen geheilt. Nie zeigten sich Rezidive, nachdem die
Affektion zur Heilung gebracht war, wozu meist 100 g Jodipin (10°/ 0 )
ausreichten. Auch bei Lues hereditaria bewährte sich das Präparat
bestens, desgleichen bei skrophulösen Erkrankungen der Drüsen,
Augen u. s. w., wo auch mitunter Jodipin subkutan injiziert wurde
(257 0 ). Sehr selten kommen Rezidive zur Beobachtung. So bei einem
13jährigen Mädchen mit skrophulöser Augen- und Nasenerkrankung.
Auf 30 Injektionen k 15 g (25°/ 0 ) Jodipins war Pät. hergestellt; als
sich später ein Rezidiv einstellte, bekam es intern 250 g (10°/ 0 ) Jodipin
und wurde hergestellt. Auch bei Ekzemen leistete Jodipin die
besten Dienste. _ Grätzer.
Edm, Saalfeld (Berlin). Über Thigenol.
(Therap. Monatshefte 1903 No. 4.)
Thigenol ist eine konzentrierte Lösung der Natriumverbindung
der Sulfosäure eines synthetisch dargestellten Sulfoöls, in welchem
10°/ o Schwefel organisch gebunden sind, eine dunkelbraune, dick
syrupöse, geruchlose, in Wasser, verdünntem Alkohol und Glycerin
völlig lösliche Flüssigkeit, die auf der Haut sehr rasch zu einer nicht
klebenden, mit Wasser leicht abwaschbaren Decke eintrocknet. Thigenol
wirkt bei äußerer Anwendung gefäßverengernd, daher anämisierend,
entzündungsmildernd, resorptionsbefördernd und austrocknend. Es
bewährte sich speziell außerordentlich beim Ekzem, auch bei kleineren
Kindern. Fälle, die monatelang jeder anderen Therapie getrotzt,
heilten auf 1 / 2 —l°/ 0 igeThigenolsalbe bezw. Thigenolzinkpasta rasch ab.
Auch bei anderen Hautaffektionen wurden recht günstige Erfolge
erzielt, so namentlich bei Seborrhoe des Kopfes und Gesichtes, wo
sich neben der Salbe auch Thigenol in Lösung (Wasser 1: Spiritus 2)
bestens bewährte, bei Lichen chron. simpl., Scabies, Congelatio.
-- Grätzer.
J. Silberstein (Wien). Thigenol als Ersatzmittel des Ichthyols.
(Ärztliche Central-Ztg. 1903 No. 3.)
Auch S. hat Thigenol als wirksames Mittel bei Ekzem (nament¬
lich dem chronischen, schuppenden), Scabies, Akne vulgaris, als
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II. Referate.
301
vorzügliches Wundheilmittel schätzen gelernt. Intern bewährte es
sich bei einem Falle von Bronchiektasie, bei chronischen Magendarm¬
störungen und in 2 Fällen von Chlorose; bei beiden chlorotischen
Mädchen hatten die üblichen Eisenmittel fehlgeschlagen, während
folgende Mixtur rasch half:
Rp. Thigenol 10,0
Alj. Menth, pip. 20,0
S. Smal tägl. 30 Tropfen. Grätzer.
M. Fa8Ctling (Krems a. D.). Über Jodoform-Kalomel-Behandlung.
(Wiener med. Presse 1903 No. 1.)
F. hat bei über 250 Fällen die glänzende antiseptische Wirkung
dieses Gemisches kennen gelernt, 4 das aber nicht gleich gemischt,
sondern getrennt appliziert wird. Erst streut man mit einem Haar¬
pinsel das Kalomel (via humida oder vapore paratum) ein, sodann
zu etwa gleichen Teilen Jodoform; in Höhlen wunden reibt man die
Pulver mittels einer mit steriler Watte oder Gaze umwickelten Korn¬
zange oder Pinzette ein.
Bei frischen einfachen und Quetschwunden, bei Pararitien, Phleg¬
monen, Abszessen, Furunkeln, Bubonen, Karies u. s. w. hat sich diese
Behandlung bestens bewährt. Bei vereiternder Lymphadenitis,
sowie bei skrophulösen Lymphdrüsenabszessen wirkte das Mittel
geradezu spezifisch. Besonders letztere gingen staunenswert zurück,
die Menge des Sekretes nahm ab, die Wundhöhle füllte sich rasch
mit Granulationen. Es schien sich aber auch durch Resorption eine
günstige Einwirkung auf die Skrophulose überhaupt zu ergeben; die
Patienten wurden blühender, nahmen an Gewicht zu u. s. w., die ver¬
größerten Drüsen gingen zurück. Die Narben erhielten eine schöne,
glatte Beschaffenheit.
Gleiche Resultate bei Karies und tuberkulösen Knochen¬
affektionen. ___ Grätzer.
H. Schramm. Beitrag zur Kenntnis der Tuberkulose der
Knochen und Gelenke am kindlichen Fuße.
(Wien. med. Wochenschr. 1903 No. 16—19.)
Unter 384 Kindern, die im Laufe von 16 Jahren wegen Fu߬
erkrankungen in das St. Sophien-Kinderspital in Lemberg aufgenommen
wurden, litten 200 an verschiedenen Formen der Tuberkulose. Je
nach dem Sitze der Erkrankung teilt S. die Fälle in vier Gruppen ein.
In die erste rechnet er die Tuberkulose der Zehen- und Mittelfu߬
knochen, in die zweite die der vorderen Tarsalknochen (Kahnbein,
Würfelbein, Keilbeine), in die dritte die des Fersenbeins ohne Mit¬
leidenschaft des Sprunggelenkes, in die vierte die des Sprunggelenkes.
Das Material betrug 62 Fälle der ersten Gruppe, 23 Fälle der zweiten,
17 Fälle der dritten und 98 Fälle der vierten Gruppe.
S. geht nun genau auf diese Fälle ein, charakterisiert sie, be¬
richtet über die Resultate der Behandlung, die er auch durch Tabellen
übersichtlich illustriert, und berichtet über einzelne besonders inter¬
essante Krankengeschichten. Grätzer.
Centralbl. f. Kinderhikde. VIII.
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302
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7.
R. Lucke. Peritonitis tuberculosa traumatica mit Ileus.
(Aus der Chirurg. Abteilung des Krankenhauses Moabit in Berlin.)
(Berliner klin. Wochenschrift 1903 No. 18.)
Die Literatur bringt sehr wenig über durch Trauma veranlaßte
Tuberkulose der serösen Häute: 3 Fälle, wo die Pleura primär affiziert
erschien, nur einen Fall von Tuberkulose des Perikards, keinen von
traumatischer Peritonaltuberkulose. Der von L. beobachtete Fall ist
durch Inspektion in vivo und post mortem klargestellt.
Der 12jährige Knabe fiel beim Schlittschuhlaufen auf den Rücken,
sein Genosse ihm, stolpernd, quer über den Leib, also — heftiger
Stoß gegen den Leib. Sofort empfand der Verunglückte starke Leib¬
schmerzen und erkrankte ganz akut unter den Zeichen eines schweren
Unterleibsleidens, unter denen Ileuserscheinungen besonders hervor¬
traten. Die 15 Tage nach dem Unfall an dem schon stark herunter¬
gekommenen Pat. vorgenommene Laparotomie enthüllte eine diffuse
tuberkulöse Peritonitis, die Sektion daneben eine Skrofulöse mit
käsiger Entartung besonders der mesenterialen und mediastialen
Lymphdrüsen.
Sicher hatte hier das Trauma die Ursache der Infektion der
Bauchhöhle mit den in den verkästen Mesenterialdrüsen lagernden
virulenten Tuberkelbazillen abgegeben. Der Zustand des Peritoneums
bei der Operation stimmte ziemlich genau mit den Angaben Baum¬
gartens überein, welcher experimentell feststellte, daß die Entwicke¬
lung des Tuberkelknötchens bereits 3—4 Tage nach der Invasion
beginnt, daß am 10.—11. Tage schon deutliche Entzündungserschei¬
nungen vorhanden sind, und am zwölften bereits völlig ausgebildete
Tuberkel. Die Operation war am 15. Tage nach dem Unfall, man
könnte also hier mit ziemlicher Genauigkeit allein aus dem Befunde
bei der Operation den Zusammenhang der Erkrankung mit dem
Trauma nachweisen. Im Beginn der Erkrankung mußte man nach
allen Erscheinungen zuerst an einen traumatischen Ileus denken, der
ja nicht so selten ist. Weiter wurde an pathologische Veränderungen
des Appendix gedacht, welche durch das Trauma angefacht, Ursache
der dargebotenen Erscheinungen sein konnten. An komplizierende
Tuberkulose des Bauchfells ließ die völlig fehlende Peristaltik denken,
welche gerade bei Bauchfelltuberkulose oft angetroffen wird, ferner
der rapide Kräfteverfall und die starke Abmagerung, welche den ver¬
hältnismäßig nicht sehr hochgradigen Ileussymptomen in ihrer Intensität
nicht entsprachen, endlich die geringe Druckempfindlichkeit des Leibes.
Letztere war auch differentialdiagnostisch gegen einfache nicht tuber¬
kulöse Peritonitis zu verwerten, wie sie nach Trauma von Henoch
(tritt gegen die Lende) und Kleist (12jähriger Knabe nach Sturz
auf dem Eise) beschrieben sind. Gegen Tuberkulose hatten die
Anamnese und der negative Befund der übrigen Organe gesprochen,
nicht aber die Fieberlosigkeit, die bei Bauchfelltuberkulose mehrfach
beobachtet worden ist. Gr&tzer.
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in. Ans Vereinen und Versammlungen.
303
III. Aus Vereinen und Versammlungen.
Vereinigung niederrheinisch-westfälischer Kinderärzte.
13. Versammlung (zu Solingen) am 3. Mai 1903.
Zunächst fuhrt Herr Selter (Solingen) die Vereinigung in sein „Säug¬
lingsheim ein: Nach kurzem Überblick über die Geschichte der Säuglingsheil¬
stätten und der Erwähnung der Entstehung des Hauses, das ohne sachverständigen
Rat, lediglich in dem Drange, wohlzutun, von der Stifterin erbaut sei und erst
nachher von S. übernommen wurde, schildert derselbe kurz die Zwecke des
Hauses, die sich meist mit denen der bisher bestehenden Säuglingsheilstätten
decken (sittlichere Form der Ammenvermittlung, Ermöglichung der Brusternährung
für Kinder unbemittelter Kreise; Ausbildung von Kinderpflegerinnen, Kontrolle
des Ziehmutterwesens u. s. w.), dagegen durch Aufnahme von unehelichen Müttern
mit ihren Kindern für wenigstens 3 Monate, durch Erziehung derselben in der
Gesundheitspflege sowohl ihres eigenen Körpers als auch ihres Kindes über deren
Ziele hinausgehen. Zum Schluß gibt S. einen Überblick über die im ersten
Vierteljahr des Betriebes verpflegten Kinder und Mütter (im ganzen 42:23).
Die weitere Sitzung der Vereinigung fand darauf im Bethesdakrankenhause
statt Dort gibt S. zuerst eine kurze Schilderung der Schaffung von kleinen
Spezialkrankenanstalten. Sodann demonstriert derselbe einen Fall von voll¬
ständigem, einseitigem, angeborenem Fehlen der Bauchmuskulatur.
Darauf demonstriert Herr Rensburg (Solingen) aus dem Material des
letzten Jahres einige Erkrankungsfälle des Nervensystems:
1. drei Hirnverletzungen.
a) Verletzung mit einer Phiule, Verlust an Gehimsubstanz in Kleinäpfel-
größe in der Gegend des hinteren Stirnhirnes bis auf die Centralwindungen,
fünf Tage Bewußtlosigkeit, dann glatte Heilung, anfänglich totale halbseitige
Lähmung, die sich zum Teil wieder zurückbildete, so daä der Junge den Fuß
unter Hinken benutzen, ebenso gröbere Bewegungen mit der Hand ausführen kann.
b) Ein Gehirnabszeß nach einer perforierenden Verletzung in der Gegend
der Bewegungszentren, mit vollständiger, halbseitiger Lähmung, Trepanation,
Eröffnung und Drainage des Abszesses, vollständige Rückkehr der Bewegungs¬
möglichkeit.
c) Eine symptomlos in das Stirnhirn eingeheilte Flobertkugel.
2. Drei Fälle angeborener, spastischer Lähmungen.
a) 2 Kinder eines Potator strenuus; beide zeigen das typische Bild der
von Little beschriebenen Lähmung (Steigerung der Reflexe, Fußklonus, Strabismus,
Intelligenzdefekte, Hautreflexe normal): ein dritter Bruder mit gleicher Krankheit
gestorben, sonst in der Familie keine Geistes- oder Nervenkrankheiten.
b) Ein 6jähriger Junge, der unfähig zu gehen, zu stehen und zu sitzen,
einen bei Ablenkung der Aufmerksamkeit verschwindenden Spasmus sämtlicher
Glieder zeigt. Bei Bewegungsversuchen ataktische Bewegungen; der Spasmus
steigert sich bei diesen wesentlich; Sehnenreflexe eher abgeschwächt als lebhaft,
kein Fußklonus, dagegen Hautreflexe stark gesteigert; eine einfache Berührung
löst eine spastische Kontraitur des ganzen Körpers aus. Intelligenz ziemlich
normal, Sprache unbeholfen, jedoch kann der Junge alles sagen. Die Diagnose
bleibt zweifelhaft.
3. Eine Athyreosis im 18. Lebensjahre; durch 5 monatliche Thyreoidinbehand-
lung in der gewöhnlichen Weise beeinflußt. Wachstum in dieser Zeit 10 cm.
Herr Heimann (Solingen) demonstriert alsdann einen Tumor des Mediastinum
anticum, der Leiche eines 3jährigen Mädchens entnommen, der klinische Er¬
scheinungen von seiten des Respirations- und Zirkulationsapparates geboten hatte.
Die ersterwähnten auch zuerst beobachteten Respirationsstörungen bestanden in
Atemnot bei körperlichen Anstrengungen, sowie im Auftreten von Stridor beim
lauten Schreien. Daneben hatten sich Ödeme der Brust- und Gesichtshaut sowie
Erweiterung der Brusthautvenen eingestellt. Außerdem waren beträchtliche An¬
schwellungen der dicht oberhalb der Clavicula gelegenen Halslymphdrüsen zu
bemerken. Anatomisch handelte es sich um einen zur Gruppe der Lymphosarkome
gehörigen sehr weichen Tumor, der zur Kompression der Trachea und des
rechten Bronchus geführt hatte und einmal in die Lunge am Hilus hinein¬
gewachsen war und weiter zu lymphomatöser Umwandlung des dem Herzbeutel
aufliegenden Fettgewebes geführt hatte.
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304
Centr&iblatt für Kinderheilkunde. No. 7.
Im Anschlüsse an diesen Fall berichtet H. über die im Mediastinum anticum
vorkommenden Geschwülste und deren Ausgangspunkt, sowie über die sich in
der Literatur findenden Anhaltspunkte zu Bestimmung des Ausgangspunktes der
Lymphosarkome. Zum Schlüsse macht er auf die Unhaltbarkeit aer Annahme
einer mechanischen Einwirkung der Thymus auf die Trachea und dadurch herbei¬
geführten Tod aufmerksam, wenn in solchen Fällen eine Verengerung der Trachea
nicht erwähnt wird.
Herr Paffenholz (Düsseldorf, trug hierauf ein Sammelreferat: Über
Ätiologie und Pathologie der Magendarmkrankheiten des Säuglings vor. Da es sich zu
kurzem Referate nicht eignet, kann hier darüber nicht berichtet werden; es wird
in extenso erscheinen. J. G. Rey (Aachen).
K. K. Gesellschaft der Ärzte in Wien.
(Wiener klin. Rundschau No. 8—13 1903.)
Sitzung vom 6. Februar 1903.
Franz Mraöek stellt einen 14V*jährigen Knaben mit schwerer Lues
hereditaria vor. Er weist neben der typischen Symptomentrias (Keratitis parenchy-
matosa, Hutchinsonsche Zähne, Schwerhörigkeit) noch eine schwere gummöse
Syphilis des Rachens mit Perforation des harten Gaumens auf. Ferner sind noch
Reste von Phalangeal- und Interphalangeal-GelenksafFektionen in Form spindel¬
förmiger Auftreibungen mehrerer Finger nachzuweisen. Die Mutter hat drei Abortus
überstanden, sodann acht lebende, aber schwächliche und lebensunfähige Kinder ge¬
boren. Pat. ist das 12. Kind. Die Mortalität der Deszendenten beträgt daher 84®/ 0 .
Die Mutter selbst gibt an, immer gesund gewesen zu sein; auch der Mann soll
nach ihrer Angabe keinerlei Erkrankungen gezeigt haben. Erst nach 20jähriger
Ehe, 2 Jahre nach der letzten Gravidität, traten gummöse Geschwüre an beiden
Unterschenkeln auf. Sonst sind keinerlei Zeichen von Lues an der Frau zu kon¬
statieren. Die Mutter wäre also, falls die Gummen nicht die latente Erkrankung
bewiesen hätten, als gesund angesehen worden. Sie hat durch 20 Jahre ihre
Syphilis latent an sieh getragen.
Sitzung vom 13. Februar 1903.
Theodor Escherich demonstriert ein 14tägiges Kind, das neben anderen
Mißbildungen (Defekt des Radius und des Kreuzbeines, Caput obstipum, ange¬
borene Hüftgelenksluxation, Klumpfuß u. s. w.) noch einen haselnußgroßen, roten
Tumor des Nabels aufweist. Derselbe ist von Schleimhaut überkleidet und an
der Basis leicht eingeschnürt; in seiner Mitte findet sich eine Öffnung, durch
welche die Sonde 2 cm tief eindringen kann. Es handelt sich um Prolaps und
Geschwulstbildung eines Meckelschen Divertikels.
Vortr. demonstriert ferner 2 Kinder (6 und 8 Jahre alt) mit Bleilähmung.
Der Vater ist Drechsler und glättet die Stöcke mit Kremserweiß. Beide Kinder
weisen die für das Kindesalter charakteristische Form der Vergiftung auf:
Beginn mit Peroneuslähmung, erst viel später die Radialislähmung, Bleisaum nicht
an den Schneiden, sondern an den Backenzähnen. Erst spät Koliken, Obstipation
und psychische Störungen.
Sitzung vom 20. Februar 1903.
Norbert Swoboda stellt 2 Fälle von Spasmus nutans vor, welche auf der
von Raudnitz angegebenen Ätiologie beruhen: sehr dunkle, nur von einer
Lampe erhellte Wohnung, so daß die Kinder gezwungen waren, stets nach dem
einen Punkt hinzustarren. Beide Kinder (7 und 13 Monate) zeigen keinerlei
Symptome von Rhachitis, auch besserte sich die Affektion auffallend durch Über¬
siedeln in eine helle Wohnung.
Max Kassowitz bemerkt, daß beide Kinder nach seiner Ansicht an
Kraniotabes, also Rhachitis, leiden. Auch weist das 13 Monate alte Kind noch
eine guldenstückgroße Fontanelle auf. Bezüglich des Zusammenhanges der
Rhachitis mit Spasmus nutans erwähnt Kassowitz die Tatsache, daß Spasmus
nutans genau dieselben Freqnenzschwankungen aufweise wie die Rhachitis.
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III. Aus Vereinen und Versammlungen.
305
Sitzung vom 27. Februar 1908.
Katholicki (Graz) demonstriert einen Burschen mit einem Lymphangioma
cavemosum des linken Armes bis zum Ellbogen und der Hand. Die Neubildung
ist so maligen, daß sie die Weicbteile und die Knochen der Hand bis auf wenige
Reste zum Schwund brachte. Man kann durch Druck die Lymphe aus den
Hohlräumen entfernen, so daß ein leerer Hautsack mit den Formen des Armes
und der Hand zurückbleibt. Die Geschwulst hat sich angeblich im Anschluß an
einen Schlag mit einem spanischen Rohr auf den Arm entwickelt.
Richard Pal tauf betont die Seltenheit des Vorkommnisses, daß eine
Lymphgefäßgeschwulst sogar den Knochen usurieren kann; wahrscheinlich findet
im Knochen derselbe Prozeß der Neubildung und Vergrößerung vorhandener
Lymphgefäße statt.
Auch Anton Freih. v. Eiseisberg betont die Seltenheit des Falles.
Therapeutisch komme nur die Ablatio der Hand in Betracht.
Max Kasse witz stellt 2 Kinder mit Spasmus nutans vor; beide Kinder
leiden an Kraniotabes, wohnen aber beide in hellen Zimmern. Das zweite Kind
hat auch früher an Laryngospasmus gelitten. Kassowitz konnte öfters das ab¬
wechselnde Auftreten von Laryngospasmus und Spasmus nutans beobachten.
Julius Zappert: Spasmus nutans ist sicherlich sehr häufig bei rhachitischen
Kindern; doch folgt daraus noch nicht, daß Rhachitis die Ursache ist. Da die
Kinder an Spasmus nutans erkranken, zu einer Zeit, wo sie beginnen, den Kopf
dauernd aufrecht zu halten, so könnte dies vielleicht die Gelegenheitsursache
abgeben.
Wilhelm Knöpfelmacher gibt zwar zu, daß alle an Spasmus nutans
leidenden Kinder Rhachitis haben, doch tritt der Spasmus meist im 2. Lebenshalb¬
jahre auf, wo die Kraniotabes im Abnehmen begriffen ist; die Schädelrhachitis
kann demnach nicht die alleinige Ursache des Spasmus sein; auch die Theorie
von Raudnitz (dunkle Zimmer) stimmt nur selten; ebensowenig die Ansicht
von Zappert, da die Kinder mit 10 Monaten den Kopf schon ohne jede Er¬
müdung aufrecht halten können.
Max Kassowitz betont noch einmal den in der letzten Sitzung hervor¬
gehobenen Zusammenhang von Spasmus nutans und Rhachitis, der sich in dem
gleichen Verlauf der Frequenzkurven beider Krankheiten ausdrückt. Allerdings
ist auch Kassowitz der Ansicht, daß neben Rhachitis noch eine andere Gelegen¬
heitsursache bei der Entstehung des Spasmus beteiligt sein muß.
Sitzung vom 6. März 1903.
Josef Friedjung: Demonstration dreier Fälle der von ihm be¬
schriebenen typischen Form der Kinderhysterie. Dieselbe besteht in kurzen
Schmerzanfällen in der Magengegend, welche an Inkarzeration erinnern. Regel¬
mäßig besteht bei solchen Kindern eine Diastase des Rectus abdominis, sowie
hochgradige Überempfindlichkeit der Bauchdecken in der Mittellinie. Wahr¬
scheinlich beruhen die Anfälle darauf, daß der Darm sich in die Rektusspalte
einschiebt und daß hierbei bei der Überempfindlichkeit ein schmerzhaftes Gefühl
ausgelöst wird. Anlegen von Heftpflasterstreifen und Tinct. Valerianae intern
ist die wirksame Suggestivtherapie.
Sitzung vom 13. März 1903.
Norbert Swoboda stellt ein 11 monatliches Kind mit sogenannter
Elephantiasis congenita und partiellem Riesenwuchs vor. Beide Glutealgegenden von
der Crista ilei abwärts, das ganze rechte Bein und der linke Fuß sind enorm
vergrößert durch eine diffuse, elastische, stellenweise derbe Geschwulst. Der
Umfang des Beckens beträgt 54 cm, des rechten Beines 34 cm gegen 14 cm
links. Die Mißbildung war schon bei der Geburt in verhältnismäßig gleicher
Größe entwickelt und hat seither mit dem übrigen körperlichen Wachstum gleichen
Schritt gehalten. Es handelt sich in diesem Falle um eine Kombination von
partiellem Riesenwuchs mit einer großen Anzahl von papillären Hautgeschwülsten
vom Charakter des Fibroma molluscum.
Ernst Finger stellt ein löjähriges Mädchen mit einer Follicutitis exulcerans
serpiginosa nasi (Kaposi) vor. An beiden Nasenflügeln finden sich tiefe Ulcera-
tionen mit grobzackigem Rand, gekörntem Grunde. Auf der entzündlich ge-
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306
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7.
sch wollenen Umgebung mehrere stecknadelkopfgroße, rosenrote, weiche Knötchen.
Die Affektion ist sehr schmerzhaft, jedoch gutartig; Applikation einer 2°/ 0 igen
Borsalbe führt wesentliche Besserung herbei.
Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Dresden.
Sitzung vom 25. Oktober 1902.
(Münchener med. Wochenschrift No. 51 1902.)
Herr Fritz Förster: Ober eine Epidemie von Streptokokkenerkrankungen.
Die Epidemie spielte sich ab bei sieben von neun einen Haushalt teilenden Per¬
sonen (Mutter, Kindermädchen und 5 Töchter im Alter von 5—11 Jahren,während
Vater und Köchin verschont blieben). Sie dauerte */ 4 Jahr, doch folgten nach
3 und 6 Monaten je ein einzelner Fall. Im ganzen waren es 18 Erkrankungen,
und zwar zehn Anginen, eine schwere Koryza, drei Lymphangitiden und vier sonstige
Hautaffektionen. Die einzelnen erkrankten verschieden'oft, zeigten’demnach eine
ungleiche Disposition. Stets fanden sich Streptokokken, die aber für weiße
Mäuse nie sich als virulent erwiesen. Die Epidemie verlief in 8 durch kurze
Intervalle getrennten Absätzen, eingeleitet stets durch eine Hautaffektion, der
Schleimhauterkrankungen in regelmäßigen Zwischenräumen folgten.
F. zieht aus seinen Beobachtungen folgende Schlüsse:
1. Streptokokkenaffektionen können beim Menschen epidemisch gehäuft
auftreten.
2. Die häufigste Erkrankungsform dabei ist die Angina.
3. Unter gewissen Bedingungen erlangt der Streptococcus die Fähigkeit,
direkt von Person zu Person anzustecken.
4. Die „spezifische Virulenz“ erlangt er vermutlich durch gewisse Passagen
durch den Menschen, vor allem rasch verlaufende Prozesse in der Haut und den
Lymphbahnen.
5. Mit der Disposition lassen sich diese Epidemien allein A 'nicht erklären.
Die Virulenz für weiße Mäuse gibt keinen Maßstab für dieses spezifische Ver¬
mögen des Streptococcus.
6. Die Inkubationszeit bei derartigen Infektionen beträgt 3—3 1 /* Tage.
7. Der hohen Infektiosität entspricht durchaus nicht immer eine besondere
Schwere der hervorgerufenen Erkrankungen.
Sitzung vom 15. November 1902.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 2.)
Herr Baron: Ober endemisches Auftreten von exsudativen ulzerösen Anginen.
In dem städtischen Findelhause zu Dresden sind Halsentzündungen, die in
ihrem Aussehen der Diphtherie sehr ähneln, mit ihr aber nichts zu tun haben, häufige
Erscheinungen. So waren von 132 Fällen von Anginen, die in den letzten Jahren
beobachtet wurden, 24 katarrhalische, 31 lakunäre, 22 diphtherische und 44 ulzeröse.
Die Zahl der letzteren scheint im Zunehmen begriffen zu sein, denn während 1900
nur sechs derartige Fälle vorkamen, sind 1901 deren 19 und auch in diesem Jahre his
Mitte November schon die gleiche Zahl beobachtet worden. In den beiden letzten
Jahren ist ein deutliches gruppen weises Auftreten nachweisbar gewesen, obwohl
die Krankheit an sich nicht so leicht von Person zu Person übertragbar zu sein
scheint, sondern einerseits sehr innige Berührungen, wie z. B. bei Geschwistern,
in Anstalten u. s. w., andererseits auch eine gewisse Disposition dazu erforderlich
ist. Trotz einer nur unvollkommen durchführbaren Absonderung blieb die Mehr¬
zahl der im gleichen Tage- und Schlafraum untergebrachten Kinder verschont
und von den Erkrankten hatten ca. 30 °/ 0 bereits in der Anstalt Halsentzündungen,
meist lakunärer Natur, überstanden, und bei 9 Kindern war ein wiederholtes Er¬
kranken an nekrotischer Angina zu beobachten. Ebenso glaubt B., daß als ein
Beweis für eine gewisse familiäre Dispositon zu Anginen das gleichzeitige oder
kurz vorher oder nachher beobachtete Erkranken von 11 Geschwistern an Anginen,
meist lakunären oder nekrotischen Charakters, anzusehen sein dürfte.
Die Erkrankung selbst trat bei völligem oder fast völligem Wohlbefinden
der Kinder auf. Selten war Fieber und dann auch nur bis höchstens 88,5° vor-
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m. Aus Vereinen und Versammlungen.
307
handen. Mäßige oder fehlende Drüsenschwellung, kleine Schluckbeschwerden,
negativer Harnbefund. In einer Anzahl von Fällen bestand Foetor ex ore,
Salivation und bei 2 Kindern initialer Herpes labialis. Die weißgelben bis grau¬
bräunlichen, schmierigen Beläge hafteten ziemlich fest; bei gewaltsamer Entfernung
blutete es leicht und stark, und ein höckeriger, mit ausgefressenen Bändern um¬
grenzter Geschwürsgrund trat zu Tage. Der Verlauf der Krankheit war meist
ziemlich langwierig (bis 30 und 45 Tage) und Rekrudeszenzen und Rezidive nicht
selten. Durch therapeutische Maßnahmen schien weder der Verlauf noch die
Dauer in bemerkenswerter Weise beeinflußt zu werden, obwohl alle irgendwie
angegebenen Mittel erprobt wurden. Ausgedehnte Defekte können nach Abheilen
der Ulzerationen gelegentlich Zurückbleiben (in einem Falle gänzlicher Verlust
der Uvula bei _ einem 3jährigen Kinde). Was die Ätiologie betrifft, so waren die
sonst angeführten Momente (RachitiB, Skrofuiose, Syphilis, Unsauberkeit, schlechte
hygienische Verhältnisse) sämtlich nicht vorhanden. Dagegen fanden sich in
jedem Ausstrichpräparat bei der mikroskopischen Untersuchung der besonders
durch die Arbeiten von Vincent, Bernheim, Abel u. a. bekannter gewordene
Bac. fusiformis nebst seiner Begleiterin, der Spirochaetis denticola. Bezüglich ihres
morphologischen Verhaltens entsprachen die Bakterien den Beschreibungen der
übrigen Autoren; nur möchte B. hervorheben, daß der Bac. fusiformis stets deut¬
liche wackelnde oder schaukelnde Bewegungen im hängenden Tropfen zeigte
(entgegen den Angaben von Vincent, Niclot und Marotte und de Stöcklin).
Das Gelingen der Geiselfärbung scheint weniger von der Methode als von ge¬
wissen noch unbekannten und daher jetzt noch dem Zufall überlassenen Momenten
abhängig zu sein. Der Bac. fus. nimmt zwar die Gram sehe Färbung an, ent¬
färbt sich aber bei längerer Alkoholeinwirkung auch wieder, und aus diesem
Verhalten sind daher jedenfalls die einander widersprechenden Angaben Vincents
und Abels u. a. zu erklären.
Die Versuche, die betreffenden Bakterien zu kultivieren, fielen negativ aus,
und erst in neuerer Zeit sind zwei Arbeiten erschienen, in denen über gelungene
Züchtungen von Bac. fusiformis und Spirochäten berichtet wird. Dieselben wider¬
sprechen sich jedoch vollständig. Denn Niclot und Marotte haben dieselben
aerob auf einem aus menschlichem Serum, Bouillon und Marmorekschein Strepto¬
kokkenserum bestehenden Nährboden gezüchtet und durch Einimpfung solcher
Kulturen bei Meerschweinchen Abszesse erzeugt, welche die in den Kulturen
vorhandenen Bakterien aufwiesen. Rist dagegen gibt an, daß Veillon und
Zuber einen streng anaeroben Bac. fusiformis isoliert hätten. Derselbe unter¬
scheidet sich jedoch von dem ersteren außer durch die Anaerobiose noch durch
seine Unbeweglichkeit, sein Verhalten zu den Anilinfarben u. s. w. Es entsteht
daher die Frage, ob es nicht zwei oder mehrere Stäbchen von der beschriebenen
Form gibt, die morphologisch sich zwar sehr ähneln, biologisch aber große Unter-
, schiede aufweisen.
Bezüglich des ätiologischen Zusammenhanges zwischen dem Auftreten des
Bac. fusiformis und der Spirochaete mit der Angina exsudativa ulcerosa kann man
nur Vermutungen aufstellen. Wenn diese Bakterien auch in anscheinend gesunder
Mundhöhle hin und wieder gefunden werden, so wird die Annahme einer be¬
stimmten ätiologischen Beziehung doch sehr gestützt durch die Beobachtung, daß
bei dieser Art von Angina die betreffenden Bakterien in so auffällig überwiegender
Zahl, oft sogar fast in Reinkultur auftreten und bei Anginen anderen Charakters
ebenso regelmäßig vermißt werden. Auch das von Vincent geschilderte Ver¬
halten in der Membran spricht für diese Auffassung. Die durch den Bac. fusi-
formis allein erzeugten Anginen sind nur exsudativ; erst durch das zahlreichere
Hinzukommen der Spirachaete werden sie ulzerös.
Differentialdiagnostisch kann man sagen, daß bei einem mikroskopischen Bild
von Spindelbazillen und Schräubenbakterien mit sehr großer Wahrscheinlichkeit
die Mundhöhle Sitz der Erkrankung sein wird. Dagegen läßt sich nicht sagen,
daß gerade die Tonsillen der Locus morbi sein werden, da man dieselben ulzerösen
Prozesse auch auf der Wange, der Zunge u. s. w. vorfinden kann. Doch ist
andererseits auch die Anschauung, daß die Vincentsche Angina nur eine auf
den Tonsillen lokalisierte Stomacace sei, nicht haltbar, weil erstens das klinische
Bild nicht übereinstimmt und zweitens bei sehr vielen ulzerösen Stomatitiden das
charakteristische mikroskopische Bild fehlt. B. behauptet vielmehr, daß ebenso
wie die mit Belägen einhergehende Angina auch die Stomatitis ulcerosa kein
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308
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7.
einheitliches Krankheitsbild darstellt, sondern durch verschiedene Bakterienarten
erzeugt werden kann, und daß eine dieser Arten der Rac. fusiformis mit oder
ohne Spirachaeten ist.
Bei der Frage, ob bei Anwesenheit dieser Bakterien andere Krankheiten
mit einiger Berechtigung ausgeschlossen werden können, kommen besonders
Diphtherie und Lues in Betracht. Hinsichtlich der ersten kann man wohl sagen,
daß es sich bei solchem Befunde mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht um
Diphtherie handeln wird, obwohl in einzelnen Fällen auch Diphtherie- bezw.
Pseudodiphtheriebazillen gefunden worden sind. Es ist dies jedoch nur eine
Mahnung, der vorläufigen mikroskopischen Untersuchung stets noch die bakterio¬
logische folgen zu lassen. Auch bei zweifellos Syphilitischen hat man exsudative
Anginen mit Bac. fusiformis gefunden. Doch glaubt B. nicht, daß man hieraus
eine direkte Beziehung des Bac. fusiformis zu einer „Angina luetica“ schließen
kann, sondern erklärt die Fälle dahin, daß sich auf dem durch die Syphilis
bezw. die eventuelle Inunktionskur vorbereiteten Boden eine Vincent sehe Angina
etabliert hat und zufällig auch gefunden worden ist.
Aus alledem ist ersichtlich, ein wie großes Interesse die durch diesen
Bakterienbefund charakterisierten Anginen für den praktischen Arzt besitzen,
wie nötig aber andererseits auch bei jeder mit Belägen einhergehenden Angina
die mikroskopische und noch mehr kulturelle Untersuchung des Exsudats ist.
Diskussion: Herr Richard Graupner stimmt betreffs der Therapie mit
dem Herrn Vortragenden überein, daß dieselbe meist überflüssig; mitunter nur
nötigten subjektive Beschwerden und Fortschreiten des geschwürigen Zerfalls
zum Eingreifen: Touchieren mit dem Höllensteinstift habe sich ihm dann bewährt.
Beziehungen zur Syphilis habe er, gleich Herrn Baron, in den von ihm beob¬
achteten Fällen nicht nachweisen können, und bei syphilitischen Ulzerationen
der Tonsillen die betreffenden Mikroorganismen stets vermißt; wenn sie sich viel¬
leicht bei Mandelaffektionen, wie sie syphilitischen geschwürigen Prozessen folgen
können, mitunter nachweisen lassen, so fehle ihnen doch hier jede ätiologische
Bedeutung.
Herr E. Schmorl hat bei Ulzerationen der Tonsillen vielfach mit gutem
Erfolg Betupfen mit Perubalsam vorgenommen und empfiehlt, denselben in den
angezogenen Fällen therapeutisch zu versuchen.
Herr Werth er hat bei diphtheroiden Anginen bei Syphilitikern zwar meist
den Bacillus fusiformis und Spirillen gefunden, mißt diesen Befunden aber nur
eine sekundäre Bedeutung bei.
Herr Wolf kann die bakteriologischen Befunde des Herrn Baron in allem
bestätigen, teilt aber nicht dessen Ansicht über den ätiologischen Zusammenhang,
sondern hält sie für zufällige Ansiedelungen. Zu dieser Reserve bestimme ihn
einmal und vor allem die geforderte Symbiose, die allein die Krankheit erzeugen
könne; er kenne dazu in der Pathologie kein Analogon. Weiter aber sei der
gleiche bakteriologische Befund auch sonst recht häufig auf normalen wie er¬
krankten Tonsillen erhoben worden, namentlich bei Syphilitischen; bei solchen
habe er diese Tatsache auch bei eigenen Untersuchungen bestätigt gefunden. Ein
ätiologischer Zusammenhang sei nach allen bisher vorliegenden Befunden noch
nicht als erwiesen anzusehen.
Herr Graupner widerspricht dieser Ansicht und weist daraufhin, daß ver¬
schiedene Beobachter, vor allem Vincent selbst, Fälle anfuhren, in denen sich
nur der Bac. fusiformis fand. Er selbst habe gleiches gesehen; derartige Fälle
scheinen sich auch klinisch durch Ausbleiben der Ulzerationen auszuzeichnen.
Herr Baron hat auch von der Anwendung des Höllensteinstiftes keinen
Erfolg gesehen, Perubalsam hat er bisher noch nicht erprobt. Die positiven Be¬
funde bei Syphilis sind auch seiner Meinung nach nur von sekundärer Bedeutung
Vielleicht schaffe die Syphilis in ähnlicher Weise einen günstigen Boden zur
Ansiedelung, wie einfache Anginen, die bei seinen Kranken recht oft voraus¬
gegangen waren. Den Einwänden des Herrn Graupner schließt er sich gegen¬
über den Ausführungen des Herrn Wolf an; er hebt weiter hervor, daß der
Befund meist in Reinkultur gemacht werde, daß das anatomische Bild fast stets
das gleiche, man treffe in einer mittleren Schicht meist beide Mikroorganismen,
in einer dritten nur noch den Bac/fusiformis. Auch ZüchtungB- und Impfversuche,
soweit dieselben bisher überhaupt gelungen wären, sprächen nir einen ätiologischen
Zusammenhang.
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IV“. Neue Bücher. — V. Kleine Mitteilungen.
8ÖÖ
Sitzung yom 21. März 1903.
Herr Friedrich Hänel stellt ein 8jähriges Mädchen vor, bei dein er den
durch Unfall verloren gegangenen Zeigefinger der linken Hand durch Oberpflanzung der
zweiten Zehe ersetzt hat.
Es hatte sich um Verlust des Nageigliedes und des größten Teiles des Mittel*
gliedes des Zeigefingers gehandelt. Die Operation wurde vor einem Jahre nach
dem Vorbild des v. Eiselsbergschen Falles ausgeführt.
6. HI. 1902. Anfrischung des Zeigefingerstumpfes, Durchtrennung der Zehe
bis auf eine plantare Hautbrücke Naht der Beugesehnen, der Knochen, der
Strecksehnen, der Dorsalhaut; Fixation durch Gipsverband, der gut vertragen
wurde.
18. HI. Einkerbung der Hautbrücke. 1
22. in. Durchtrennung des letzten Restes.
Die Zehe war vollkommen angeheilt und zeigte auch in der Folgezeit keinerlei
Zirkulationsstörungen. Später machte sich noch eine kleine plastische Nach¬
operation nötig.
Inzwischen ist die Gebrauchsfähigkeit des Fingers eine gute geworden. Die
aktive Beweglichkeit des Endgelenkes ist allerdings gering. Die Innervation hat
sich eingestellt, Berührung, Druck, Stich, Temperaturunterschiede werden deut¬
lich empfunden.
IV. Neue Bücher.
Klinische Mitteilungen aus dem Kinderspital in Basel. Berlin 1903 Verlag von S. Karger,
Ein stattlicher Band, enthaltend vier interessante, im Jahrbuch für Kinderheil*
künde erschienene Aufsätze, die hier als Separatabdrücke zu einem Ganzen ver¬
einigt sind. Es sind dies: E. Hagenbach-Burckhardt, Über Pemphigus con-
tagiosus, E. Wieland, Das Diphtherieserum, seine Wirkungsweise und seine
Leistungsgrenzen bei'operativen Larynxstenosen, E. Burckhardt, Über paroxvs-
male Hämoglobinurie, Armann, Die Behandlung des .kongenitalen Klumpfußes
an der Poliklinik des Baseler Kinderspitales. Wir kommen auf alle diese
Arbeiten im referierenden Teile zurück. Grätzer.
A. Jacobi: Therapeutics of Infancy and Childhood. 3. Auflage. J. B. Lippincott
Company. 1903. 560 Seiten. Philadelphia und London.
Das Buch -des bekannten amerikanischen Pädiaters, dessen dritte Auflage
vor uns liegt, zählt entschieden zu den besten Werken, die wir auf diesem Ge¬
biete besitzen; ich möchte es bezeichnen als die Frucht einer sehr reichen Er¬
fahrung, gepaart mit einer gewissenhaften Kritik. Dabei ist die gesamte Literatur
bis aut die Neuzeit sorgfältig berücksichtigt. J. behandelt sowohl die inneren
als die chirurgischen Erkrankungen des Kindesalters, einschließlich der
Erkrankungen des Auges, der Ohren und der Haut. Die Diagnostik, Ätiologie
sowie pathologische Anatomie ist nur soweit berücksichtigt, als es zum Ver¬
ständnis der Behandlung nötig ist. Dem Ganzen voraufgeschickt ist ein Kapitel
über Ernährung der kranken Kinder, der allgemeinen Therapie und der Krank¬
heiten der Neugeborenen. Was mich besonders bei der Lektüre des Buches in¬
teressierte, ist der Umstand, daß sich unsere klinischen sowie poliklinischen Er¬
fahrungen mit denen J.s decken. In einzelnen Punkten bestehen allerdings Ab¬
weichungen, so machen wir z. B. bei der Behandlung der Pneumonie, um nur
eins anzuführen, ausgiebigen Gebrauch von Alkohol, den J. nicht empfiehlt Ich
bedaure, daß das Buch, soweit mir bekannt, nicht durch eine deutsche Über¬
setzung einem weiteren Leserkreise zugängig gemacht ist. Ich kann die Lektüre
dee Buches nur auf das Dringendste empfehlen. Schreiber (Göttingen).*
V. Kleine Mitteilungen.
Soxhlets Nährzucker. In der Publikation A. Klautschs „Über Soxhlets
N äh r,z ucker“, d. Zeitschr. 1902 Heft 7 findet sich die Angabe, daß dieses
Präparat eine Dextrin-Maltose-Milchzuckermischung sei. *
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 7.
Nach der sonst vorliegenden Literatur und meinen eigenen Untersuchungen
ist das Präparat vollständig frei von Milchzucker und besteht nur aus Dextrin¬
maltose und Kochsalz. - Dr. Söldner (Grünbach).
Der XI. Jahresbericht Uber die Tätigkeit des Neuen Kinderkrankenhauses zu Leipzig
für das Jahr 1902 ist erschienen und enthält außer dem Verwaltungsbericht, er¬
stattet von Mediz.-Bat Prof. Dr. Soltmann, die ärztlichen Berichte der
Medizinalabteilung (Soltmann) und der Chirurg. Abteilung (Tillmanns).
Eine Kinderabteilung hat in seiner prachtvoll gelegenen, zu einem Kinderheim
wie geschaffenen Heilanstalt Waldhof-Elgershausen Dr. Liebe eingerichtet Es
sollen Aufnahme finden schwächliche, „disponierte“ Kinder, die in die besten
hygienischen Verhältnisse versetzt werden müssen, um nicht der Tuberkulose zum
Opfer zu fallen, sowie leichtkranke, schon tuberkulöse Kinder. Durch hygienisch¬
diätetische Verfahren, Wasserbehandlung, Luftbäder u. s. w. soll ärztlicherseits
auf die Kinder eingewirkt werden, während gleichzeitig dieselben einen Schul¬
unterricht genießen, der sich von jedem Buraukratismus und Schematismus fern¬
hält und dem Kräftezustand des einzelnen Kindes angepaßt wird. Knaben und
Mädchen jeden Alters können Aufnahme finden.
Wissenschaftliche Berichte Ober „Puro“ ist eine elegant ausgestattete Broschüre
betitelt, herausgegeben von dem Chem. Institut „Puro“, eine Vereinigung ander¬
wärts publizierter wissenschaftlicher Aufsätze über diesen bekannten Fleischsaft,
aus denen hervorgeht, daß letzterer auch von seiten medizinischer Autoritäten
Anerkennung gefunden hat und verdient, in der Praxis reichlich verwendet zu
werden.
Die Verabreichung von Chinin bei Kindern stößt meist auf Schwierigkeiten. Diese
lassen sich nach Dr. Borde (Bordeaux) leicht überwinden, wenn man in folgender
Weise vorgeht. Man mischt in einem Mörser Chinin, sulfur. 1 g mit Ol.ölivar.
8 g. 20 Tropfen enthalten 0,05 g von dem Chininsalz. Bringt man nun in einen
zur Hälfte mit kalter (womöglich versüßter) Milch gefüllten Eßlöffel eine bestimmte
Anzahl Tropfen dieser öligen Mixtur, so bildet sich in der Mitte der Milch und
an ihrer Oberfläche eine Linse. Da jedes Chininteilchen nun in Öl gehüllt ist
und wie eine kleine Pille über die feuchte Mundschleimhaut gleitet, schluckt das
Kind den Inhalt des Eßlöffels ohne Widerstreben hinunter. Erst einige Sekunden
später empfindet es einen leicht bitteren Geschmack, der jedoch rasch ver¬
schwindet und auch vermieden wird, wenn unmittelbar nach Verabreichung der
Mixtur ein Schluck irgend einer Flüssigkeit getrunken wird.
(La Semaine m6d. 1903 No. 9 — Therap. Monatshefte 1908 No. 5.)
Ein portativer, elektrisch beleuchteter Mundspatel, von Arthur Löwy (Berlin)
konstruiert, verdient nach Dr. J. Buhemann (Berlin) ein getreuer Begleiter des
Praktikers zu werden, der gerade unter schwierigen Verhältnissen, z. B. bei un¬
ruhigen Put., bei Kindern, bei Bettlägerigen, die Untersuchungen sehr vereinfacht
und die Genauigkeit derselben erhöht Der Spatel hat die Form des gewöhn¬
lichen Glasspekulums. Im Inneren des aus sehr festem Glase gefertigten
Spekulums, und zwar an der Spitze, befindet sich eine kleine, recht widerstands¬
fähige, elektrische Glühlampe, welche außer dem Hause durch ein in der Westen¬
tasche bequem unterzubringendes, in der Sprechstunde dureh ein sehr großes,
dauerhaftes Trockenelement gespeist wird. Bei Kindern ist es zweckmäßig, den
Leitungsdraht, welcher einstöpselig ist, dann erst einzuschalten, wenn das Spekulum
eingeführt ist, weil jene beim Erblicken des Lichtes den Mund gewaltsam schließen.
Braucht man länger dauernde Beleuchtung, z. B. bei operativen Eingreifen, In¬
zisionen u. dgl., so tut man gut, die Stöpselöfinung des Trockenelements nach
innen zu dirigieren, damit das Andrücken des letzteren an die Brustwand des
Arztes das Herausspringen des Leitungsdrahtes verhindert. Die Lichtquelle ist
so intensiv, daß es möglich ist, in völlig dunklem Baume bei geschlossenem
Munde die Kieferhöhlen zu durchleuchten. Bei noch so langer Einschaltung der
Lichtquelle tritt keinerlei Hitzewirkung ein. Das Spekulum, das sehr gründlich
desinfiziert werden kann und nur 85 g wiegt, kann in einem Taschenmesseretui
bequem in der Tasche getragen werden. Es dient bei Nachtbesuchen zugleich
als Beleuchtungsmittel. (Deutsche Medicinal-Ztg. 1903 No. 27).
Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzer in Sprottau. Verlag von Johann
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metzger & Wittig in Leipzig.
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Central blatt für
Kinderheilkunde.
Eine Monatsschrift für praktische Ärzte.
VIII. Jahrgang. 1. August 1908. No. 8.
I. Origlnalbeiträge.
Gratismilch- und Ordinationsanstalten für Säuglinge.
Vortrag, gehalten am 27. IV. 1903 am internationalen medizinischen
Kongreß zu Madrid.
Von
Dr. Ernst Deutsch (Budapest).
(Schluß.)
Die wichtigste Aufgabe der Säuglingsordinationsanstalt ist es, der
natürlichen Ernährung Propaganda zu machen, denn die Worte
Variots sind sehr zu beherzigen: „Fallaitement maternel est ideal
pour l’enfant en meme temps qu’il est la satisfaction de l’un des
instincts humains les plus respectables“; um dies zu erreichen, muß
der Institutsarzt jede einzelne Mutter auf die Möglichkeit des Selbst¬
stillens strenge untersuchen, sie aulklären, daß die Muttermilch die
zuträglichste Nahrung für den Säugling und die künstliche Ernährung
nur ein gewagtes Experiment sei.
Ist die Milchsekretion eine nicht entsprechende, so möge der
Arzt durch Aufbesserung der Nahrungs Verhältnisse der Mutter (in
unserem Institute durch Verabreichung einer größeren Tagesration
von Milch, Verteilung von Anweisungen an die Volksküchen, Ordination
der die Milchabsonderung befördernden (?) Mittel, wie Somatose,
Plasmon, Tropon u. s. w.) zu fördern suchen, gelingt dies nicht, —
was die wöchentliche Wägung zeigt — so ist „allaitement mixte u
am Platze, eine Methode, die der ausschließlich künstlichen Er¬
nährung unbedingt vorzuziehen ist. Dieselbe Methode ist bei Arbeite¬
rinnen durchzuführen, die, wenn sie dazu gehörig angehalten werden,
stets Muße haben, 3—4mal täglich die Brust zu reichen; für die
Zwischenzeit erhalten sie dem Alter des Säuglings entsprechende
Milchmenge.
Endlich ist es Aufgabe des Arztes, bei Anwesenheit von Agalaktie
(exceptioneller Zustand!) oder bei Kontraindikation des Säugens (als
solche erkenne ich: Anomalien und Krankheiten der Mammae, Herz¬
klappenfehler, Hysterie, Epilepsie, Psychosen, Tuberkulose, Gravidität
an) die ausschließliche künstliche Ernährung anzuordnen.
In unserem Institute erhielten 144 Frauen Milch zur Hebung
der Milchsekretion, bei 249 Kindern wurde „allaitement mixte“, bei
464 ausschließlich künstliche Ernährung durchgeführt.
Mütter, deren Milchsekretion in jeder Beziehung eine entsprechende
ist, sollen Anweisungen für den Zeitpunkt der Ablaktation (9 bis
Centralbl. t KJnderhlkde. VHL 22 n\r>
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814
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8.
11 Monate) bekommen. Die Ablaktation fuhren wir bei den uns zu
diesem Behufe zugeführten und bei den Kindern unserer Anstalt,
durch Darreichung gewöhnlicher Milch, Malzkakes, Beigabe von Fleisch¬
saft Puro zur Milch u. s. w. durch. Entwöhnt wurden seit Bestand
unserer Anstalt 356 Säuglinge.
Zum Wirkungskreis der Säuglingsordinationsanstalt gehört die
regelmäßige Wägung der Kleinen; wodurch das Gedeihen der Kinder
kontrolliert, die Ambition der Mütter geweckt wird. Um den Zwang
der pünktlichen Abwägung, auf die Strauss sehr richtig bemerkt:
„cette pröcaution n’est pas moins nöcessaire que celle de la prise
de tempörature des nouvelles accouchöes“, der Säuglinge durchzuführen,
entziehen wir die Milch im Moment, wo die Mutter diese ihre Pflicht
versäumt Meiner Ansicht nach ist die wöchentliche Vorstellung (bei
welcher außer dem Kind auch Saugflasche und -hütchen vorzuzeigen
sind; in Föcamp besorgt die Anstalt selbst die Reinigung der Saug¬
hütchen) das richtigste Prinzip und nicht das zwei- und vierwöchent¬
liche, wie dies andererorts durchgeführt ist. Schön und dem idealsten
demokratischen Prinzip entsprechen die Verhältnisse in Föcamp, von
denen Dufour in folgenden Worten gedenkt „Tous les enfants sont
deshabillös complötement et en commun, riches et pauvres, il n’y a
pas de distinction, il n’y a plus lä que des freres de lait“; in dieser
Stadt besuchen nämlich die Mütter nahezu sämtlicher Gesellschafts¬
klassen mit ihren Sprößlingen das Institut.
Eine Kulturmission besorgt das Institut durch Gründung der
Schule für Mütter. Nicht mit hochtrabenden Phrasen, sondern mit
einfachen, leicht faßbaren Worten möge der ärztliche Leiter der
Anstalt den Frauen die Grundideen der Kinderhygiene beibringen.
G. Mocquot verzeichnet wunderschöne Erfolge auf diesem Gebiete;
nicht nur Frauen, sondern auch Mädchen lauschten mit ungeteiltem
Interesse seinen Lehren, und dieser sind nicht nur die sogenannten
kleinen Leute bedürftig, auch die Töchter der besten Stände sollten
sich diesem Studium mit Eifer hingeben — „on pourrait sans diffi-
cultö röduire la part faite ä l’histoire d’Assyrie ou ä la trigonomötrie
pour faire une place ä l’ötude de la puöriculture“ (Cayrol-Blum),
von welcher „puericulture“ Variot mit Recht behauptet, daß sie
weniger betrieben wird als die Kunst der Tierzucht.
Diese Vorträge sollen in Druck gelegt in den weitesten Kreisen
verbreitet werden. Diese Programme betreibt die „ligue contre la
mortalitö infantile“ in Paris und im neuen Säuglingshospital des
Baron Rothschild sind Vortragsräume zu diesem Behufe eingerichtet.
In der nächsten Wintersaison will ich diese Schule der Mütter auch
in unserer Anstalt einführen und zugleich eine populär gehaltene
Kinderhygiene unter allen Frauen verteilen.
Den Abriß, den ich mir für die Vorträge und für die populäre
Hygiene gemacht, ist der folgende:
I. Natürliche Ernährung des Säuglings.
1. Jede Mutter, die zum SelbststiHen ihres Kindes fähig ist
und dies versäumt, begeht ein Unrecht gegen die Gesundheit ihres
Kindes und gegen ihr eigenes Gedeihen.
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I. Originalbeiträge.
315
2. Die künstlich ernährten Kinder haben weniger Widerstands¬
kraft, wie die, die Muttermilch erhalten.
3. Das Stillen macht weniger Ungelegenheit, wie die Ernährung
mit der Flasche.
. 4. Nur der Arzt ist berechtigt, der Mutter das Stillen zu untersagen.
5. Einen halben Tag nach der Geburt soll das Kind das erste
Mal an die Brust gelegt werden. Wenn das Säugen in den ersten
Tagen Schwierigkeiten macht, soll dies die Mutter nicht entmutigen —
Übung macht den Meister!
7. In den ersten Lebenswochen wird der Säugling zwei-, später
dreistündlich genährt, im zweiten Halbjahr erhält das Kind sechs
Mahlzeiten täglich. Von 10 Uhr nachts bis 4—6 Uhr früh sollen
Mutter und Kind ruhen.
7. Wenn der Säugling unruhig, ist das nicht immer Zeichen des
Hungers; nasse Windeln, eine Falte in der Wäsche, Bauchgrimmen
oder ein Schmarotzer können die Ursache bilden.
8. Wenn noch so wenig Muttermilch vorhanden ist, die ersten
Lebenswochen soll dem Säugling dieser Genuß nicht entzogen werden.
9. Zur Entfernung des Kindspeches soll man keine Abführmittel
gebrauchen.
10. Die Entwöhnung soll langsam, womöglich in kühler Jahres¬
zeit im 9.—10. Monat mit verdünnter Kuhmilch und Suppe vor¬
genommen werden.
II. Künstliche Ernährung:
1. Das Hauptprinzip ist Reinlichkeit des Gefäßes und der Saug¬
hütchen auf dem die rein gewonnene Milch entweder in der, durch
den Arzt vorgeschriebene Verdünnung, oder bei dem präparierten
Milchsorten meistens nur in Quantitätsunterschied dem Alter gemäß
verabreicht wird.
2. Die Überernährung bringt zwar einen starken Fettansatz
hervor, doch ist die Widerstandskraft solcher Säuglinge gewöhnlich
eine geschwächte.
3. Im ersten Lebenshalbjahr sind Kindermehle zu verwerfen.
4. Bei Erkrankung des Säuglings hole man schleunigst den ärzt¬
lichen Rat ein.
5. Der Mund der künstlich genährten Säuglings soll mittels ab¬
gekochtem Wasser und reinem Lappen gereinigt werden.
6. Der sogenannte Zummel ist schädlich.
7. Das richtige Gedeihen des Säuglings zeigt die Wage. Das
normale neugeborene Kind hat ein Gewicht von 3300 g, die tägliche
Zunnahme ist in den
Monaten 1— 2 25—30 g.
3— 4 10—22,,
5— 6 16—18,,
7— 9 12—15,,
10—12 6—12 „
III. Kinderzimmer.
1. Das Kinderzimmer soll groß, luftig, gut ventilierbar sein.
2. Temperatur 15° R.
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816
Centr&lblatt für Kinderheilkunde. No. 8.
3. Öfters und gründlich lüften.
4. Nachtgeschirr, nasse Windeln sollen nicht im Kinderzimmer
stehen.
IV. Kleidung.
1. Reinlichkeit, Sicherung der Wärme, Freiheit der Bewegung.
2. Windeln sollen in entsprechender Menge vorhanden sein.
3. Im Zimmer soll der Säugling keine Haube tragen.
4. Nur im Falle des Säugens kommt das Kind ins Bett der
Mutter.
V. Hautpflege;
1. Bad nie ohne Thermometer verabfolgen, 28° R. bei dem Neu¬
geborenen, 26° R. am Ende des ersten Lebensjahres. Die Reinigung
geschehe mit einem reinen Schwamm. Der Kopf wird durch Öl oder
Vaseline von Borken befreit.
2. Wunde Flächen werden mit lauem Wasser gereingt und dann
mit einem Streupulver versehen.
VI. Das auf die Luft bringen.
1. Der Neugeborene kann im Sommer gleich, im Winter zu
6—8 Wochen ins Freie geführt werden. Die Dauer des Spazierganges
überschreite nicht im Anfang */ 4 Stunde.
2. Das Kind soll in den ersten Monaten horizontal getragen,
dann abwechselnd auf einem und dem anderen Arme gehalten werden.
Mit 9—10 Monaten soll das Kind herumkriechen, „Das-auf-die-Bein-
chen-stellen soll nicht forciert werden.
VII. Das Impfen.
1. Das Impfen ist unbedingt notwendig bei epidemiefreien Zeiten
innerhalb des ersten Jahres, im Falle einer Epidemie auch in der
ersten Lebenswoche.
Eine weitere überaus wichtige wissenschaftliche Aufgabe der
Säuglingsordinationsanstalten ist eine praktische Versuchsstation für
die verschiedenen Arten der künstlichen Ernährung. Wenn auch
Stoffwechselversuche, die als das eigentliche Kriterium zur Beurteilung
des Wertes eines Nährstoffes angesehen sind, bei diesen Anstalten
nicht durchzuführen sind, so ist andemteils der Erfolg der zeitlich
langen Durchführung des Fütterungsversuches von schlagendem Beweis.
Auf diesem Wege kann man die Lieblingsidee von Biedert die
Durchführung einer praktischen Versuchsstation für künstliche Er¬
nährung realisieren. Meines Wissens sind in den bisherigen Anstalten
überall einheitliche Ernährungsmethoden eingeführt, in der Budapester
Anstalt waren wir die ersten, die mit verschiedenen Arten der künst¬
lichen Ernährung Versuche anstellten, nämlich:
1. Ernährung mit unverdünnter roher Milch
2. Ernährung mit unverdünnter abgekochter Milch
B.
4.
5.
6 .
„ verdünnter „
„ pegninisierter Milch
„ Szökelyscher Milch
„ Odda und Milch
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I. Originalbeitrftge.
317
7. Ernährung mit Ramogen
8.
11
„ Theinhardts Kindernährmittel
9.
11
„ Löfflunds Nährzwieback
10.
11
„ Tropon-Kindermehl
11.
11
„ Soxhlets Nährzucker.
Die Erfolge dieser Fütterungsversuche sind mit Gewichtstabellen
und Krankengeschichten versehen, teilweise schon in der ungarischen
Fachliteratur erschienen, teilweise warten sie noch der Aufarbeitung.
In der heurigen Sommersaison will ich mit Buttermilch und
Kellerscher Suppe Versuche anstellen, so daß wir mit der Zeit mit
Cerny Keller sagen werden können, „daß es möglich wird, objektiv
zu beurteilen, was von den bisher angegebenen Ernährungsmethoden
genügend geprüft ist oder nicht, und was sie leisten.“ —
In der unter meiner Leitung stehenden Anstalt habe ich auch
eine praktische Versuchsstation für neue Arzneimittel eingerichtet. Ich
halte es für ein grosses Unrecht, wenn man auf Grund der Versuche an
2—3 Pat. eine ermutigende Parere über ein Präparat abgibt, daher auch
die berechtigte Skepsis der meisten Praktiker gegen neue Arzneimittel.
Spitäler und Ordinationsanstalten sollten es sich zur ernsten Aufgabe
machen, rigoros durchgef&hrte Versuche mit neuen Präparaten den
ärztlichen Lesepublikum vorzufuhren. So weit es mein Material er¬
laubt, habe ich die mir zur Verfügung gestellten Arzneimittel geprüft
und die Erfolge in der Fachpresse mitgeteilt. Bis heute machte ich
mit 120 Präparaten Versuche. —
Die Notwendigkeit der Einrichtung von Säuglingsordinations¬
anstalten, unterstützt auch das Moment, daß nach dem ungarischen
Regierungsbericht im Jahre 1901 57,34°/ 0 der Kinder ohne ärztliche
Hilfe gestorben sind, ähnliche Daten liefern die Statistiken anderer
Länder. —
Unsere Anstalt versieht nicht nur Säuglinge, sondern alle kranken
Kinder bis zum zehnten Lebensjahr, die der Milchdiät bedürftig sind,
mit Milch.
Cor net sagt sehr richtig mit Bezug auf die Tuberkulosendiät:
„Die Milch nimmt durch glückliche Vereinigung aller Nährstoffe
(Eiweiß, Fett, Kohlenhydrate, Salz und Wasser) und ihre leichte Ver¬
daulichkeit eine wichtige Stelle in der Diät ein.“ Im Deutschen
Reiche starben während des Jahres 1894 an Tuberkulose 123904
Menschen. Der Betrag der Todesfälle an Lungenschwindsucht stellt
sich pro mille der Bevölkerung bezw. in Prozenten sämtlicher Todes¬
fälle im Kanton Genf auf 2,4 bezw. 11,7, in England auf 2,5 bezw.
11,5, in Bayern auf 2,2, in Frankfurt a. M. auf 0,4. In Ungarn
starben im Jahre 1900 72467 an Tuberkulose. Zahlen, die die Auf¬
nahme eines Kampfes auf allen Linien berechtigt.
Seit 1. August 1902 haben wir 16 tuberkulöse Kinder mit Milch
versehen, außerdem erhielten sie Kreosot- und Lebertranpräparate,
die Erfolge waren brillant. Die Ausdehnung dieser Gratismilch¬
anstalten in dieser Richtung hätte eine riesige Bedeutung. In der
Zukunft wollen wir eine direkte Kefirabteilung für Tuberkulöse
einrichten. 178 Rachitiker und 11 mit skrofulösen Leiden Behaftete
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318
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8.
erhielten von unserer Anstalt Milchrationen, außerdem Kinder mit
solchen Krankheiten, bei denen absolute Milchdiät indiziert ist
(Nephritiker, Kinder mit Ösophagusstrikturen — bei uns leider nicht
selten) u. s. w.
Endlich erhalten in den Wintermonaten Schulkinder bis zu dem
zehnten Lebensjahre früh und nachmittag je 1 / i Liter Milch und eine
Semmel. Die segensreiche Wirkung wird von den Schulmännern
überall hervorgehoben — denn nicht nur „plenus venter non studet
libenter!“
Ich glaube, man wird uns nicht mit Unbescheidenheit zeihen, wenn
wir behaupten, daß unsere Anstalt ihre Vielseitigkeit betreffend als
einzig bezeichnet werden kann. Wir versehen das Kind von der
Geburt bis zum zehnten Lebensjahre mit Milch, deren Masse vom
16. November 1901 bis 1. März 1903 165364 Liter ausmachte, wir
geben jedem Hospitale und jedem Arzt das Recht, uns Anweisungen
für Milch zu senden und streben für die Zukunft Aufstellung von
Filialen in sämtlichen Bezirken der Hauptstadt an, Versendung ins
Haus durch Automobile für die Peripherie der Stadt.
Und es eröffnet sich noch ein weites Arbeitsfeld für unsere
Institution. Neben dem Kinderschutz möchte ich ins Programm der
Anstalt den Schutz der Mutter für eine Zeit vor und nach der Ent¬
bindung aufnehmen. Der Schutz der Schwangeren ist ein Kinder¬
schutz „in utero“ und die Unterstützung der Wöchnerin ist natürlicher¬
weise auch von eminenter Wichtigkeit für den Säugling. Das Institut
soll für die Nahrung der Frau in der letzten Periode ihrer Schwanger¬
schaft und während der Zeit des Wochenbettes sorgen. Der Instituts¬
arzt möge die Schwangere und die Wöchnerin mit gehörigen Rat¬
schlägen die Kinderhygiene betreffend versehen und manchem folge¬
schwerem Mißgriff wird so aus dem Wege gegangen werden können.
Endlich möchte ich noch geräumige Trinkhallen (für den Sommer
in Kolonadenform) für solche Säuglinge stiften, deren Mütter den Tag
hindurch fern vom häuslichen Herd die armen kleinen Würmer un¬
mündigen Kindern oder Greisen anvertrauen müssen. Dieser Zweig
des Institutes könnte sich dann auch mit Wärterinausbildung be¬
schäftigen.
Um all diesen Anforderungen nachzukommen, wäre es erwünscht,
diese Institutionen zu verstaatlichen (wie ich es bei der Kinderschutz¬
enquete im Ministerium des Innern im März 1903 vorgeschlagen habe),
denn nur auf diesem Wege könnte man all den Aufgaben gerecht
werden, denen die Anstalt vom idealem Standpunkte nachkommen
sollte.
Literaturverzeichnis findet sich in H. de Rothschilds Werk
„Bibliographia lactaria“ vor. An dieser Stelle will ich denjenigen
Autoren mit Dankbarkeit gedenken, die mir durch Rücksendung der
Fragebogen meine Arbeit erleichterten.
Wien: T. Escherisch, A. Monti. Prag: R. Fisch 1, A.Epstein. Krakau:
L. Jakubowsky. Berlin: 0. Heubner, A. Baginski, H. Neumann,
H. Finkeistein. Leipzig: 0. Soltmann. Breslau: A. Czerny. Würzburg:
M. Hofmeister. München: H. v. Banke. Marburg: Schwarzkopf. Jena:
Schultze. Paris: Josias, H. de Bothschild. Toulouse: B6zy. Montpellier:
Baumei. Sheffield: J. W. Martin. Newcastle on Syre: R. Ranken Lyle.
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II. Referate.
319
Edinburgh: A. B. Simpson. Geneva: R. Jemma. Torino: A. Muggia. Rom.
C. Concetti. Basel: E. Hagenbach - Burchardt. Lausanne: A. Oombe.
Genf: E. Martin. Leiden: J. F. 0. S. Veit. Jassy: Imerwol. Christiania:
A. Johanessen. Madrid: F. Criadoy Aguilad. Zaragossa: P. Borobio y
Diaz. Toronto: H. J. Machell. Quebec: R. Forti er. New York: P. A. Morrow:
Minneapolis: T. S. Roberts. Baltimore: W. D. Book er. Boulder: G. Cattermole.
Montreal: Cameren. Boston: T. M. Rotch. Philadelphia: J. P. G. Griffith.
Pittsburg: A. Dranga.
II. Referate.
FranC68C0 Franzi. Klinischer Beitrag zum Studium der
Rigaschen Krankheit.
(Archiv, di Patologia e Clinica infantile 1902 No. 5.)
Verf. schließt sich auf Grund zweier von ihm beobachteter und
hier mitgeteilter Fälle der Ansicht seines Lehrers Guida an, daß die
sogenannte Ri gasche Krankheit — man kann sie wohl am besten
bezeichnen als Bildung einer von tumorartigen Granulationen um¬
gebene Ulceration am Frenulum linguae — keine Krankheit sui
generis ist, sondern nur die Folge des beständigen Saugens an einer
milchleeren Brust. Sie heilt — ohne jede lokale Behandlung —,
sobald das Kind mühelos und genügend trinken kann. F.
FranceSCO Orta. Über Rigasche Krankheit.
(Archiv, di Patologia e Clinica infantile 1903 No. 1.)
Verf. berichtet über 3 Fälle. In allen fehlen die unteren Schneide¬
zähne, die Milchsekretion bei den Müttern nur ungenügend, es bestand
ein Magendarmkatarrh, er konnte während der Periode, in der die
sublinguale Geschwulst geschwürig zerfiel, Bacillus coli nachgewiesen
werden. Zwei von den mitgeteilten drei Fällen verliefen tödlich.
Verf. ist der Ansicht, daß die Entstehung des sublingualen Tumors
gleichzeitig auf eine Darminfektion und auf die ungenügende Milch¬
sekretion zurückzuführen sei, infolgedessen der Säugling gezwungen
ist, mit großer Anstrengung zu saugen. F.
Emanuel Grande. Über einen Fall von Rigascher Krankheit.
(Produzione sottolinguale.)
(Archivio di Patologia e Clinica infantile 1903 No. 6.)
Mitteilung eines Falles, in welchem Verf. als Grund für die Ent¬
stehung der Krankheit ansieht, daß das Kind fortwährend an der
Brust lag und seine Zunge infolgedessen eine übermäßige Anstrengung
leisten mußte. Der Ernährungzustand des Säuglings war von Anfang
an ein guter: der sublinguale Tumor verschwand ohne therapeutische
Eingriffe. F.
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320
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8.
Houssay. Aphtöses Fieber.
(Arch. de mäd. des enfants, März 1903.)
Fieberhafte Aphten sind bei Kindern ein häufiges Vorkommnis
und weist H. darauf hin, daß dieselben ansteckend und wahrschein¬
lich von an aphtösem Fieber leidenden Tieren übertragen werden.
Man soll also in Fällen von Epizotien die nötigen prophylaktischen
Maßnahmen ergreifen. Auch wäre durch sukzessive Einimpfungen
bei Tieren die Gewinnung eines Immunisierungsserums anzustreben.
E. Toff (Braila).
CappiICCiO. Über das Pfeiffersche Drüsenfieber.
(La Pediatria 1902 No. 9.)
Verf. gehört zu den Autoren, die der von Pfeiffer als Drüsen¬
fieber beschriebenen Krankheit die Berechtigung abstreiten, als morbus
sui generis zu gelten. Sie gehört vielmehr nach ihm zu der großen
Reihe von Infektionen, die von der Schleimhaut der Mundrachenhöhle
ihren Ursprung nehmen; daß sie sich konstant durch eine Anschwellung
derselben Lymphdrüsenpartien manifestiert, hat seine Erklärung in
anatomischen Gründen, indem in der Mehrzahl der Fälle es die
Luschkasche Tonsille ist, in der sich die Infektionsträger zuerst
ansiedeln. Letztere stellen nicht einen konstanten und wohl definierten
Mikroorganismus der, sondern jeder Parasit der Mundhöhle kann
diese Rolle übernehmen. F.
Walter 8. Mills. Tonsillitis Classifild as an Infectious disease.
(Medical News, den 24. Januar 1903.)
Aus klinischen Gründen muß man die Mandelentzündung als
eine akute Infektionskrankheit mit örtlichen Erscheinungen auffassen.
Ein spezifischer Erreger ist bis jetzt nicht gefunden worden. Ein¬
maliges Überstehen disponiert zu neuen Attacken. Häufig geht das
Leiden mit anderen Infektionskrankheiten einher, denen es darin
ähnlich ist, daß es ein Inkubationsstadium besitzt und in derselben
Weise wie jene einsetzt. Angina catarrhalis, Angina follicularis und
Angina phlegmonosa sind sukzessive Phasen der nämlichen Affektion.
Die Angina ist für Schulkinder eine Plage und richtet mehr
Schaden an als parasitäre Hautaffektionen. .
Therapeutisch sind Bettruhe, flüssige Nahrung und milde Anti-
pyretica anzuwenden. Lokal empfiehlt sich Gurgeln mit billigem
Rotwein. Gegen Angina follicularis ist Phytolacca das wirksamste
Mittel: man verordne eine 1 °Lige Lösung tropfenweise 1—2stündlich
zu nehmen. Bei beginnender Vereiterung leistet schwefeligsaurer Kalk
in Dosen von 1 / 2 Milligramm gute Dienste.
_ Leo Jakobi (New York).
Elena Manicatide. Ein neuer Fall von Angina mit Tetragenen.
(Spitalul [rumänisch] 1902 No. 22.)
Durch bakteriologische Untersuchungen wurden in den letzten
Jahren von der großen Gruppe der mit Pseudomembranen einher-
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II. Referate.
321
gehenden Anginen, zahlreiche Abarten unterschieden, welche äußerlich
zwar das klassische Bild der Diphtherie darbieten, in Wirklichkeit
aber nicht der Einwirkung der Löfflerschen Bazillen, sondern der¬
jenigen anderer Mikroorganismen zuzuschreiben sind. Dahin gehören
die durch verschiedene Strepto- oder Staphylokokken, durch Pneumonie¬
kokken, durch Bacterium coli, durch Bacillus fusiformis und Spirillen
hervorgerufene Anginen.
Verfasserin hatte Gelegenheit einen Fall zu beobachten, welcher
auf den ersten Anblick alle Anzeichen einer wahren Diphtherie
darbot: Fieber, Schwellung der Hals- und Submaxillardriisen, der
Tonsillen, des weichen Gaumens, mit einem schmutziggrauen, ad-
härenten, pseudomembranösen Belag dieser Teile. Wischte man den¬
selben weg, so erschien eine tiefe ülzeration mit ziemlich regelmäßigen
Bändern und zerklüftetem Grunde. Der Löffler sehe Bazillus wurde
aber weder mikroskopisch, noch in Kulturen gefunden. Hingegen
zeigten die Pseudomembranen eine große Anzahl von tetragenen
Kokken, und ist M. der Ansicht, daß dieselben als Krankheitsursache
anzusehen wären. E. Toff (Braila).
C. Baron (Dresden). Zur Kenntnis der Angina exsudativa
ulcerosa (Angina Vincentii s. Angina diphtheroides).
(Archiv f. Kinderheilkunde Bd. 35, Heft 3 u. 4.)
Die Beobachtungen wurden gemacht an 38 Fällen von exsudativen
Halsentzündungen nicht diphtherischer Natur, die als ulzeröse oder
nekrotische charakterisiert waren. Die Kinder zeigten keine Temperatur¬
steigerung, klagten weder über Halsschmerzen und Schlingbeschwerden,
noch auch waren die Drüsen empfindlich oder geschwollen. Dagegen
erblickte man auf den Mandeln mehr oder weniger ausgedehnte, un¬
regelmäßig begrenzte Beläge von weißgelber bis graubräunlicher Farbe,
schmieriger Beschaffenheit und rundlicher bis ovaler Form. Ver¬
schiedentlich konnte man auch auf dem Zäpfchen, zuweilen auch auf
den Gaumenbögen derartige Flecken und Punkte sehen. Die Um¬
gebung der Stellen war nicht auffallend gerötet oder geschwollen.
Gewaltsame Entfernung der Beläge verursachte Blutung, der Geschwürs¬
grund war höckerig mit ausgefressenen Rändern. Sehr geringe Heilungs¬
tendenz. Durch therapeutische Maßnahmen scheint weder die Dauer
noch der sonstige Verlauf der Krankheit in bemerkenswerter Weise
beeinflußt zu werden. Nach dem Schwinden des Belages heilt die
ülzeration unter Hinterlassung einer weißlichen Narbe. Die Er¬
krankung ist zweifellos ansteckend.
Während bei Kulturversuchen nur Strepto- und Staphylokokken
wuchsen, war das Ausstrichpräparat charakteristisch. Man findet ge¬
wöhnlich in Reinkultur zwei Mikroorganismen: eine Stäbchen- und eine
Schraubenform. Das Stäbchen ist in der Mitte verdickt und nach
beiden Enden hin zugespitzt (Wetzstein- oder Spindelform): Bacillus
fusiformis. Er zeigt manchmal Diploformen, Winkelstellung und
Vakuolen, nimmt die Gram sehe Färbung an, entfärbt sich aber
wieder hei längerer Alkohölwirkung; zeigt langsame, schaukelnde
Eigenbewegung. Das zweite Bakterium, die Spirochäte, hat schlangen-
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322
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8.
artige oder wellige Form; man findet auch Sechser-, Schleifenformen
u. dergl. Es färbt sich nicht so intensiv als der Bazillus, verhält
sich gegen Gram refraktär und zeigt auffallend rasche Bewegungen.
Ob zwischen dem Auftreten der exsudativ ulzerösen Halsentzündung
und dem Vorkommen des Bacillus fusiformis und der Spirochäte ein
ursächlicher Zusammenhang besteht, ist zur Zeit noch nicht zu ent¬
scheiden. In diagnostischer Beziehung kann man wohl aus einem
mikroskopischen Befunde von Spindelbazillen und Schraubenbakterien
mit großer Wahrscheinlichkeit schließen, daß es sich um einen ulzero-
membranösen Prozeß im Munde handelt und daß Diphtherie wohl
nicht vorliegt. Sicherheit in letzterer Beziehung kann aber nur das
Kulturverfahren bringen. Hecker (München).
C. Morero. Akute diphtheroide Angina.
(Rivista di Clinica Pediatria 1903 No. 3.)
Verf. teilt 3 Fälle mit, die ihrem klinischen Verlauf nach wohl für
Diphtherie hätten gehalten werden können, bei denen aber die bakterio¬
logische Untersuchung die Haltlosigkeit dieser Diagnose ergab, f.
E. Oberwarth. Primäre Angina gangraenosa bei einem Knaben.
(Deutsche med. Wochenschrift 1903 N. 17 u. 18.)
Es handelte sich bei dem 12jährigen Pat. um einen reinen Fall
idiopathischer primärer Angina gangraenosa, einer Affektion, von der
bisher nur etwa 22 Fälle, meist aus dem Auslande, bekannt ge¬
worden sind. Der Knabe wurde zuerst 8 Wochen in der Poliklinik
von H. Neumann, während der folgenden 6 1 /, Wochen bis zum
Tode im Berliner städtischen Krankenhaus am Friedrichshain be¬
handelt.
Der Fall war ein Beispiel für die Chronicität und das schubweise
Auftreten der Krankheit, die hier in fünf verschiedenen, durch Pausen
getrennten Etappen auftrat. Zuerst Schmerzen im rechten Ohr und
rechter Halsseite, die von selbst schnell Vorgehen. 2 Wochen darauf
Hals- und Ohrenschmerzen links, die 8 Tage später so stark sind,
daß sie den Pat. in die Poliklinik führen, wo Ulzerationen der linken
Tonsille, des Gaumensegels und der Uvula festgestellt werden. Nach
10 Tagen haben sich diese Geschwüre gereinigt, die Beschwerden
verloren, und es folgen 10 Tage des Wohlbefindens. Plötzlich wieder
Halsschmerzen, diesmal rechts; zugleich auf der rechten Mandel eine
weißliche Auflagerung. Nach 10 Tagen hat sich ein gangränöses
Geschwür am oberen Pol der rechten Mandel entwickelt, fürchterlicher
Fötor entsteht, stinkende Fetzen stoßen sich ab. Dieser Zustand
dauerte 10 Tage, als sich auf der anderen Mandel eine neue gangränöse
Stelle zeigt. Bald darauf entwickeln sich Petechien, die Milz schwillt an.
Wieder 10 Tage später ist die Halsaffektion zurückgegangen, nur im
Nasenrachenraum noch ein gelblichweißer Belag auf der rechten Seite.
Wenige Tage darauf (vierter Anfall) entwickelt sich ein schwerer Zu¬
stand mit hohem Fieber, neuen Hautblutungen und Halsschmerzen
links; Überführung ins Krankenhaus. Hier erholt sich Pat. bald, und
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IL Referate.
323
in den nächsten 4 Wochen geht es ihm bis auf vorübergehende Herz¬
schwäche leidlich gut. Dann aber setzt die letzte, tödliche Attacke
ein. An Unterlippe und Wange bildet sich ein schwarzer Knoten,
es kommt zu einer großen Netzhautblutung, alsbald entsteht Gangrän
der linken Mandel mit stinkendem Fötor, die Gangrän breitet sich
aus, der Knoten in der Unterlippe zerfallt, und 10 Tage nach Beginn
dieser letzten Etappe tritt der Tod ein. Jeder Anfall übertraf also
den vorhergehenden an Intensität und Schwere der Beteiligung des
ganzen Organismus.
Eine zweite für die Krankheit charakteristische Erscheinung
bilden die Blutungen, die zahlreichen Petechien während der drei
letzten Anfälle und die Netzhautblutung kurz vor dem Tode. Ferner
wurden in der letzten Periode erhebliche Mengen geronnenen Blutes
beim Käuspem aus dem Munde entleert, die offenbar den gangränösen
Rachenpartien entstammten und als parenchymatöse Hämorrhagien
aus den zerfressenen Tonsillen zu deuten sind. Schließlich wurden*
bei der Obduktion zahlreiche Hämorrhagien im Endokard, Perikard,
Nierenbecken und in der Magenschleimhaut konstatiert.
Eine Eigentümlichkeit, die allerdings auch in der Literatur $ mal
erwähnt wird, bildete der auskultatorische Befund am Herzen. Wochen¬
lang war während der drei letzten schweren Anfälle fast bei jeder
Untersuchung ein lautes systolisches Geräusch zu hören, bald an der
Basis, bald an der Spitze, am lautesten und konstantesten links neben
dem Sternum. Die Sektion ergab Fettmetamorphose des Myokards
und Hypertrophie des rechten Ventrikels, jedoch intakte Klappen.
Die Herzgeräusche waren wohl Folge der Anämie oder der Schlaffheit
des Herzmuskels. Grätzer.
Hetlbner. Eine Allgemeininfektion mit Soor.
(Verein f. innere Medizin in Berlin, 25. Mai 1903.)
H. berichtet über einen in mancher Beziehung dunkel gebliebenen
Fall.
Ein 5 / 4 jähriges Kind erkrankte 4 Wochen vor dem Tode mit Blässe, Appetit¬
losigkeit, nach 14 Tagen stellte sich heftiger Schnupfen ein, wenige Tage vor
dem Tode bot sich ein schweres Krankheitsbild dar, Pat. kam wegen eines
Mandelbelages in die Diphtheriestation. Aber es fanden sich keine Diphtherie¬
bazillen, keine Drüsenschwellung, keine Membranen, der Belag war auch nicht
diphtherieartig, sondern trocken, bröckelig, nicht abstreif bar; nur mit dem scharfen
Löffel ließ sich etwas entfernen, und da fanden sich Soorpilze. Die übrige
Mundschleimhaut war frei davon. Es bestand hohes Fieber und schwere
Allgemeinerscheinungen, und unter diesen, sowie schwerer Dyspnoe erfolgte der
Exitus. Die Sektion ergab nur Pharyngitis gangraenosa und parenchymatöse
Degeneration innerer Organe. Mikroskopisch fand sich an den Tonsillen
hämorrhagische Nekrose, massenhaft Stäbchen, große Zellen und Verbände, ebenso
in den Lymphgefäßen und in den Nieren wimmelte es ebenfalls von diesen kleinen
Sproß verbänden. Von den Tonsillen wurden diese Zellen gezüchtet, es ergaben
sich alle Charakteristica für Soor, und solchen anerkannte auch ein namhafter
Botaniker. Tierversuche mit diesen Kulturen zeigten eine hochgradige Pathogenität.
Manches ist, wie gesagt, dunkel, doch erscheint die Annahme
einer Allgemeinininfektion mit Soor wohl gerechtfertigt, die von den
Tonsillen ihren Weg in die Blutbahn nahm. In den Nieren fand
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8.
sich ja nichts anderes wie Soor. Wodurch die Nekrose der Tonsillen
eintrat, bleibt dunkel; denn weder mit den Soorkulturen, noch mit
den in den Tonsillen gefundenen Stäbchen konnte man Nekrose oder
Gangrän erzeugen. Grätzer.
W. Mayer (Mannheim). Ein Fall von Pharyngitis gangraenosa,
kombiniert mit Appendicitis gangraenosa.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 5.)
Die Tonsillarmembranen enthielten vorwiegend Streptokokken,
der Bauchhöhleneiter nur Kolibazillen. Trotzdem ist M. der Über¬
zeugung, daß zwischen beiden Krankheitsherden, die das 7jährige
Kind aufwies, ein ursächlicher Zusammenhang bestand, und daß die
Streptokokken zur Entzündung des Processus geführt haben, wo sie
allerdings von den in unendlicher Menge vorhandenen Kolibazillen
überwuchert wurden. Grätzer.
E. W, Mitchell. Amygdalitis followed by Appendicitis, Nephritis
and Endocarditis.
(Arehives of Pediatrics, März 1903.)
Pat., ein 11 jähriges graziles Mädchen, wurde nach einer Angina
tonsillaris von Appendicitis befallen. Sie wurde operiert, und es fand
sich Eiter im Wurmfortsatz. Drei Tage später traten Erscheinungen
von Nephritis auf. Es folgte daraufhin eine Endokarditis und endlich
noch eine Pyelitis. Das Kind genas vollständig trotz alledem.
Es fragt sich nun, ob diese offenbar septischen Komplikationen
ihre Infektionsquelle im Appendix oder im Rachen hatten. Verf.
neigt sich zur letzteren Ansicht hin. Leo Jacobi (New York.)
M.Turnowsky (Marosväsarhely). Paralyse, Aphasie, Erblindung
im Verlaufe des Keuchhustens.
(Wiener med. Wochenschrift 1903 No. 7.)
2 V,jähriges Kind mit mittelstarkem Keuchhusten bekommt anfangs der
fünften Woche täglich einige Minuten lang dauernde Schüttelfröste mit nachfolgenden
Temperaturerhöhungen (bis 38,9 °). In großen Intervallen anfangs leises, später an
Intensität und Dauer zunehmendes Zucken um die Mundwinkel und in der linken
Gesichtshälfte. Am dritten Tage der fünften Woche plötzlich, aber nicht während
eines Hustenanfalles oder unmittelbar nach einem solchen, allgemeine Konvul¬
sionen, kolossaler Fraisenanfall von 8 ständiger Dauer. Komatöser Zustand darauf
3 Tage lang, dann vollständige rechtsseitige Lähmung und Anästhesie, linksseitige
Oculomotorius- und Facialislähmung, Aphasie. Dieser Zustand bleibt einige
Wochen, darauf Exitus. Vorher war noch Trübung der Hornhäute, zentrale
Perforation an der einen Seite mit Entleerung von Glaskörper und Linse ein¬
getreten.
T. hat in der Literatur nur einen ähnlichen Fall finden können,
den Leroux beschrieben. Auch hier halbseitige Lähmung der Ex¬
tremitäten und Oculomotorius- und Facialislähmung der anderen Seite,
auch hier meist während oder unmittelbar nach einem Anfall auf¬
tretend; auch hier zog sich der Zustand unter Somnolenz und Apathie
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II. Referate.
825
sehr in die Länge und endete nach Monaten tödlich. Doch fehlte
hier die Aphasie und die Teilnahme der Augen an der Erkrankung.
Was letzte Komplikation anbelangt, so mag wohl der Zusammenhang
folgender gewesen sein: Infolge der allgemeinen Infektionskrankheit
Choroiditis, im Anschluß daran Imbibition der Hornhäute mit septischen
Stoffen und Erweichung. Aphasie nach Konvulsionen wurde schon
mehrmals bei Keuchhusten beobachtet, immer traten aber die Kon¬
vulsionen plötzlich auf, unmittelbar nach einem heftigen Hustenanfalle,
so daß man Hämorrhagien annehmen durfte. Im obigen Falle ist
wohl schwerlich davon die Rede, da die Erscheinungen nicht so
apoplektiform auftreten, sondern unter Fiebererscheinungen sich in
die Länge zogen. Da bei dem Kinde auch von tuberkulöser oder
luetischer Belastung keine Rede war, so muß man wohl an einen
infolge direkter Einwirkung des Keuchhustentoxins entstandenen in¬
fektiösen Entzündungs- bezw. EhweichungsVorgang in der Gehirn¬
substanz denken. Der Symptomenkomplex (Lähmung der rechten
Extremitäten, des linken N. ofculomotorius und facialis, Aphasie) zwingt
zur Annahme einer multilokulären Herderkrankung. Grätzer.
George S. Brown. Operation in a case of entradural hämorraghe
the result of Whooping cough.
(New York Medical Journal, den 25. April 1903.)
Ein 7jähriger Knabe, der seit 4 Wochen an Keuchhusten litt,
fing an über heftigen Kopfschmerz in der Gegend der rechten Schläfe
zu klagen. Es traten alsbald Somnolenz, Delirium, langsamer Puls,
Fieber und Lähmung des linken Armes hinzu. Später linksseitige
heftige Konvulsionen. Eine Blutung in der Gegend des rechtsseitigen
motorischen Rindenbezirks wurde angenommen. Nun schritt man
zur Operation. Der erste Versuch, das Blutgerinnsel zu finden,
scheiterte. Eine zweite Probe führte zur Aufdeckung des vermuteten
Gerinnsels. Es hatte die Größe einer Bohne und nach dessen Ent¬
fernung trat rasche Besserung sämtlicher krankhaften Erscheinungen
ein. Die Wunden heilten per primam intentionem, und 10 Tage nach
der Operation verließ der Junge das Hospital.
Leo Jakobi (New York).
M. Roques. Die Behandlungsmethoden des Keuchhustens.
(Inaug.-Dissert., Paris, November 1902.)
R. gibt eine historische Übersicht aller gegen Keuchhusten
empfohlenen Medikamente und Prozeduren und gelangt zum Schlüsse,
daß derzeit ein spezifisches Medikament gegen diese Krankheit nicht
existiert. Am vorteilhaftesten scheint noch folgendes Vorgehen zu
sein: im ersten Stadium wende man eine einfache antikatarrhalische
Behandlung an, im zweiten Stadium Belladonnasirup und Zimmer¬
aufenthalt, später Bromkali; gegen Ende dieser Periode Luftwechsel
und Ol. jecoris aselli. E. Toff (Braila).
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8.
Norbert Swoboda. Über die Behandlung des Keuchhustens
mit Aristochin, einem neuen geschmacklosen Chininpräparat.
(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 10.)
68 behandelte Fälle, nicht kompliziert durch fieberhafte Erkran¬
kungen. Säuglinge erhielten als Tagesdosis 8 mal soviel Dezigramm
als sie Monate zählten, größere Kinder 3 mal soviel als Dezigramm, als
sie Jahre zählten, doch wurde bei solchen im elften und zwölften
Monat nie über 0,3 pro die, bei Kindern über 4 Jahren nur ausnahms¬
weise über 1,2 g hinausgegangen. Die Dauer der Behandlung betrug
in der Regel 9 Tage. Durch 3 Tage wurde die volle Tagesdosis ge¬
geben, dann durch 6 Tage die Hälfte. Ein 12jähriges Kind erhielt
z. B. als volle Tagesdosis 2x0,3 = 0,6 g durch 3 Tage, dünn 6 Tage
nur noch 0,3 pro die, und zwar gewöhnlich auf 3 Portionen verteilt. So
wurde das Präparat stets gut vertragen und machte keinerlei Neben¬
erscheinungen. Bei 50 °/ 0 der Fälle beeinflußte es den Verlauf der Krank¬
heit günstig, brachte rasche Besserung und Heilung in einem Stadium, in
welchem dies spontan oder bei anderer Therapie nicht einzutreten pflegt ;
in einzelnen Fällen wurde sogar ein Idealerfolg erzielt, indem da, wo
der Keuchhusten schon im Stadium catarrhale erkannt wurde, es gar
nicht zum Stadium convulsivum kam. Jedenfalls ging aus den Be¬
obachtungen hervor, daß die bei der Chininbehandlung des Keuch¬
hustens erzielten Erfolge mindestens ebenso gut mit dem geschmack¬
losen und anscheinend von toxischen Nebenwirkungen freien Aristochin
zu erzielen sind. Die Wirkung des Mittels zeigt sich aber in der
Regel nur bei den zu Chininbehandlung geeigneten Fällen und läßt
in vorgeschrittenen Stadien und bei den durch fieberhafte Erkrankungen
komplizierten Fällen häufig im Stich. Grätzer.
W. Steokel (Wien). Zur Diagnose uud Therapie des Keuchhustens.
(Klinisch-therap. Wochenschrift 1903 No. 23.)
St. hat mit Euchinin glänzende Erfolge erzielt. Es gelang ihm
damit den Verlauf des Keuchhustens wesentlich abzukürzen, ja das
Leiden zu koupieren, wenn er das Mittel rechtzeitig anwenden konnte.
Auf möglichst frühzeitigen Beginn dieser Behandlung kommt es sehr
an; beginnt man aber damit rechtzeitig, dann wirkt Euchinin fast
sicher; denn von 23 Fällen versagte es nur einziges Mal in einem
nicht ganz klaren Falle bei einem Säugling. Man muß mit der
Ordination möglichst in der ersten sogenannten katarrhali¬
schen Periode einsetzen, da es dann meist gelingt, die Affektion
auf 1—2 Wochen zu beschränken. Daß es sich in dieser Periode
aber um Pertussis handelt, für diese Diagnose stehen uns einige Er¬
kennungszeichen zur Verfügung: die merkwürdige Beschaffenheit des
Harnes — derselbe erscheint auffallend blaß und hat hohes spezifisches
Gewicht (1020—1035), eine Folge des großen Reichtums an Harn¬
säure — und der Umstand, daß die Kinder am Tage ruhig sind und
in der Nacht zu husten beginnen; ein Husten, der sich nachts ein¬
stellt und bei dem sich objektiv nichts nach weisen läßt, ist immer.
Keuchhustens verdächtig. Beginnt die Behandlung mit Euchinin
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II. Referate.
327
in diesem Stadium, dann gelingt es häufig, das Leiden in
einer Woche zu koupieren. Auch später wirkt ja Euchinin noch
günstig ein, aber je früher die Behandlung, desto rascher und
energischer der Erfolg! Man muß freilich auch genügende Dosen
verabfolgen. St. gibt Säuglingen 0,2 in Suppositorien 2mal täglich;
und so steigt er von Jahr zu Jahr, immer 1 Dezigr. mehr (innerlich!),
2mal täglich, als das Kind Jahre hat (aber nicht über 0,7 g per os).
Wollen die Kinder das Mittel so nicht nehmen, so appliziert man
es in Suppositorien in etwas höherer Dosierung, 2 Dezigr. mehr, als
das Kind Jahre hat (aber Einzeldosis nicht höher als 1 g). Kommt
Pat. erst auf der Höhe der Krankheit in Behandlung, so ist es zweck¬
mäßig, den ersten Dosen Codein in kleinen Mengen zuzufügen. Neben
Euchinin leisten heiße Bäder (10—;15 Minuten abends vor dem
Schlafengehen) mit flüchtiger, kühler Übergießung des Nackens gute
Dienste, namentlich bezüglich der Nachtruhe. Grätzer.
C. V. Noorden. Über Chinaphenin.
(Therapie der Gegenwart 1903 No. 1.)
Neues Chininpräparat der Vereinigten Chininfabriken Zimmer&Co.,
eine chemische Verbindung von Chinin und Phenetidin, weißes, ge¬
schmackloses Pulver, sehr schwer in Wasser, leicht in Alkohol, Äther,
Chloroform, Säuren löslich und mit letzteren, z. B. Schwefelsäure, in
Wasser leicht lösliche Salze bildend. Hat sich bei Keuchhusten
recht gut bewährt. Dosis: bei Säuglingen 3mal täglich 0,15—0,2
(in Milch oder Suppe), bei älteren Kindern 3mal täglich 0,2—0,3
(am besten in Schokoladenplätzchen). Erfolg entschieden günstig,
insofern sich alsbald nach Beginn der Behandlung die Anfälle nach
Zahl und Heftigkeit verminderten. Bei keinem der 14 so behandelten
Kindern überstieg während der Darreichung des Mittels die Zahl der
Anfälle 8—9täglich. Schon nach 8—10 Tagen jedesmal weitere Ver¬
minderung der Anfalle, immer Heilung. Das Medikament wurde aus¬
gezeichnet vertragen, störende Nebenwirkungen traten nie ein.
Ein anderes Chininpräparat der gleichen Firma, das Aristochin
(Chininkarbonsäurechininäther), das geschmacklose Krystalle bildet
und genau denselben Effekt hat, wie salzsaures Chinin in gleicher
Dosis, eignet sich ebenfalls besonders für die Kinderpraxis (Schokolade¬
plätzchen ä 0,1 oder 0,05). Grätzer.
Schalenkamp (Crombach). Die Behandlung des Keuchhustens
mit einem Zinksalz.
(Der Kinderarzt 1903 No. 1.)
S. behandelt seit 5 Jahren Keuchhusten mit Zink, ferro-hydro-
cyanicum (Merck), mit dem er sehr zufrieden ist. Er gibt das
geruch- und geschmacklose, in Wasser und Alkohol nicht lösliche
Pulver trocken, mit Sacch. lact. gemischt ein, und zwar Kindern bis zu
1 Jahr pro Tag 1,2 = pro dosi 0,3 g
1 Vs v n n = ,, „ 0,4 „
2 „ v n 2,0 = „ „ 0,5 „
2 Vs ii ii v ü,0 = ii ii 0,6»
Darüber „ „ 3,6 = „ „ 0,9 g
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328
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8.
Das Mittel erwies sich als unschädlich, bewirkte in allen Fällen
nach 10 Tagen schon auffallende Besserung, nach 3 Wochen Heilung
(freilich gab S. daneben noch Pertussin! Ref.). Grätzer.
Staedtler (Bern). Zur Therapie des Keuchhustens.
(Deutsche Medizinal-Ztg. 1903 No. 45.)
S. empfiehlt ein von ihm zusammengesetztes (Naphthen-Camphora)
und von Krewel & Co (Köln) dargestelltes Präparat „Vaporin“, mit
dem er sehr günstige Erfahrungen gemacht hat. Vaporin wird, mit
Wasser verdampft, eingeatmet, und genügt 1 malige Verdampfung von
1 Eßlöffel Vaporin mit Wasser täglich und l / 2 — 3 /. stündlicher Aufent¬
halt der Kinder im Verdampfungsraum. Vaporin hat sich als gänzlich
unschädlich erwiesen. Es bessert sehr bald die Erscheinungen des
Keuchhustens und bringt ihn in 10—14 Tagen zur Heilung; im
Stadium incubationis verabreicht, wirkt es koupierend. Grätzer.
Stepp (Nürnberg). Zur Behandlung des Keuchhustens.
(Prager med. Wochenschrift 1903 No. 11—14.)
St. schildert 15 Fälle, bei denen ihm Fluoroform die besten
Dienste geleistet hat; es waren zum Teil Kinder von ein und wenigen
Monaten, eine Anzahl hatte schwere Komplikationen. St. empfiehlt
die Darreichung des Fluoroforms bei Kindern in zartem Lebensalter
Und solchen, die durch andere Krankheiten (Rachitis u. s. w.) in
ihrer Konstitution herabgekommen sind, ferner bei älteren Kindern,
wo Bromoform versagt oder aus anderen Gründen nicht angewendet
werden kann. Fluoroform ist geschmack- und geruchlos und absolut
ungiftig, so daß es selbst ganz jungen Kindern längere Zeit hindurch
gegeben werden kann. Grätzer.
H. Lupus. Über Chinosol.
(Spitalul 1902 No. 23—24 )
Die Vorzüge des Chinosols werden gemäß der erschienenen
Literatur dargelegt und will Verf. außerdem bei drei an Tussis con¬
vulsiva erkrankten Kindern durch Nasenspülungen mit sehr warmer
Chinosollösung 1:1000, die Krankheit abgekürzt, bezw. geheilt
haben. Diese Waschungen sollen mit dem Web ersehen Syphon alle
2 Stunden ausgeführt und noch etwa 5—7 Tage nach Aufhören des
Hustens fortgesetzt werden, um Rezidiven vorzubeugen.
E. Toff (Braila)
A. Rahn (Krippen). Über Bromipinklystiere, besonders in der
Kinderpraxis.
(Die Therapie der Gegenwart 1903 No. 1.)
R. wandte Mercks 10°/ 0 iges Bromipin in Klystierform bei
Kindern an, und zwar in folgenden Dosen: bei Säuglingen soviel Gramm,
wieviel Monate sie zählen, bei Kindern über 1 Jahr 10—12—15 g,
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II. Referate.
329
bei solchen über 4 Jahren 15—20 g, bei älteren 25—30 g. Diese
Dosen rührt man mit 1 L —1 1 / 2 Tasse lauen Tees (am besten Lein¬
samen- oder Moostee) oder Milch und Tee ein, taucht in diese ölige
Flüssigkeit eine Gummikanüle von grauem Patentgummi und 12 cm
Länge und höchstens l / 2 cm Durchmesser ein, läßt die Kinder sich
auf die linke Seite bei angezogenen Beinen legen und spritzt dann
die Lösung ein oder läßt sie einlaufen.
Bei jeder Form von Eklampsie bewährten sich diese Klystiere
sehr, indem die Wirkung schon nach 10 Minuten eintrat. Die Kinder
schliefen ruhig und lange ein, und erholten sich seelisch und körper¬
lich rasch. Bei Keuchhusten bewirkten Klystiere (früh und abends)
bedeutenden Nachlaß der Anfälle an Zahl und Intensität. Bei
Atrophie der Säuglinge, wo diese fortdauernd wimmern und schreien,
bewies sich Bromipin als zuverlässiges Sedativum, als Tonicum und,
infolge seines Gehaltes an Sesamöl, auch als Nutriens. In 3 Fällen
von Brechdurchfall mit Erscheinungen von akutem Hydrocephaloid
schienen das Schlucken, die Unruhe, das jähe Aufschreien u. s. w.
sich zu bessern. Endlich bewährten sich die Klystiere außerordentlich
bei rachitischen Kindern, um das echauffierte Atmen, Geifern und
Röcheln zu beruhigen. Grfitzer.
N. G. PriCG. A Contribution to the Therapeutics of Children.
(Philadelphia Medical Journal, den 14. Februar 1903.)
Heroin wird warm empfohlen als Antispasmodicum bei Kindern.
Das Mittel wirkt stärker als Brom und Belladonna, und ist ein vor¬
zügliches Sedativum namentlich bei Reizzuständen der respiratorischen
Schleimhaut.
Kumulative und sonstige unerwünschte Nebenwirkungen sind nicht
zu fürchten. Das Heroinum hydrochloricum verdient wegen seiner
leichten Löslichkeit den Vorzug; es ist mit den gebräuchlichen Ex-
pektorantien gut verträglich. Die Dosis für ein 1 jähriges Kind sei
ungefähr x / 4 Milligramm. Leo Jakobi (New York).
C. S. Engel (Berlin). Über die Anwendung der Schultzeschen
Schwingungen bei Bronchiolitis und katarrhalischer Pneumonie
junger Kinder.
(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 9.)
In Fällen, wo die obere Bauch- und die untere Rippengegend
statt bei der Inspiration hervorgewölbt zu werden, stark einsinken,
wenn Krämpfe und Cyanose eintreten, wenn das Sensorium benommen
ist und der vorher stark gespannte, wenn auch fliegende Puls klein
wird, dann versagen häufig auch die als letztes Mittel neben Kampfer
empfohlenen Applikationen kalten Wassers. Zufällig bekam E. in
letzter Zeit häufiger derartig schwere Fälle von Kapillarbronchitis
und Bronchopneumonie kleiner Kinder zu Gesicht, und da bewährten
sich ihm wiederholt noch die Schultzeschen Schwingungen als lebens¬
rettend. Er nahm etwa 3 mal hintereinander zehn ausgiebige
CentralbL f. Kinderhlkde. V11L 23
330
Ccntralblatt für Kinderheilkunde. No. 8.
Schwingungen mit Pausen von je 5 Minuten vor; die Schwingungen
wurden im Laufe weniger Stunden häufiger wiederholt, bis die
dringendste Gefahr vorüber war. Grätzer.
B. Friedemann (Kaukehmen). Kreosotal bei Pneumonie.
(Die Therapie der Gegenwart, Februar 1903.)
F. hat Kreosotal mit recht gutem Erfolg in 14 Fällen von
kruppöser Pneumonie, bei Kindern und Erwachsenen, angewendet,
und zwar in großen Dosen: bei Erwachsenen in 24 Stunden 6—8 g,
bei Kindern von 8—14 Jahren die Hälfte, bei kleineren entsprechend
weniger. Sicherlich wirkt das Mittel bakterizid und entwicklungs¬
hemmend auf die Erreger der Pneumonie; das beweist nach F. am
besten dies öfters beobachtete Wiederaufflammen der Krankheit bei
zu frühzeitiger Aussetzung des Mittels. Andererseits aber muß es
auch den Stoffwechselprodukten der Pneumokokken, die doch jeden¬
falls die Ursache der schweren Allgemeinerscheinungen sind, direkt
entgegenwirken. Sonst könnte man sich den schnellen Abfall der
Temperatur und die so rasche Besserung des Allgemeinzustandes
kaum erklären; beides tritt gewöhnlich schon nach 12—24 Stunden ein.
Grätzer.
A. Jacobi. Peribronchitis and Interstitial Pneumonia.
(Archives of Pediatrics, Januar 1903.)
Es gibt drei Arten von Pneumonie im Kindesalter: kruppöse,
lobuläre und interstitielle. Selten findet man die Formen rein aus¬
geprägt; meist fließen die Grenzen ineinander.
Die interstitielle Pneumonie verläuft unter hohem und anhaltendem
Fieber und dauert wochen- oder monatelang. Ausgang in Heilung
ist keineswegs ungewöhnlich, und die resultirende Lungencirrhose
führt oft später zu keinen erheblichen Beschwerden.
Am häufigsten werden die Oberlappen befallen. Physikalisch
findet man Dämpfung und sehr verschärftes, aber vesikuläres Atmen,
nebst gelegentlichen Rasselgeräuschen. In späteren Stadien, ent¬
sprechend der fortschreitenden Hyperplasie des Bindegewebes, wird
das vesikuläre Atmen immer schwächer und geht schließlich in
Bronchialatmen über, welches denn auch in der Regel niemals ver¬
schwindet. Sakkadiertes Atmen kommt häufig vor. Husten ist kein
zuverlässiges Zeichen. Nach längerem Bestehen wird der Brustkorb
deformiert: die kranke Seite fallt etwas zusammen, die Spitzen ziehen
sich zurück, der obere Thorax ist abgeplattet; Schulterblatt und
Wirbelsäule weichen von ihren Normalstellungen ab.
Therapeutisch ist vor allem der Prophylaxe Rechnung zu tragen.
Frische Luft, gute Ernährung, tägliche kühle Waschungen und Ab¬
reibungen sind alle wirksam und sehr ans Herz zu legen. Auch
Medikamente sind nicht zu verachten, Arsenik ist ein ausgezeichnetes
Mittel; ebenso Phosphor. In Dosen von 1 mg täglich kann das
Acidum arsenicosum Kindern monatelang gegeben werden. Ältere
Kinder, die sich allen Maßnahmen zum Trotz schlecht entwickeln,
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II. Referate.
381
sind auf hereditäre Syphilis verdächtig und reagieren oft sehr prompt
auf Jod und Quecksilber. Bei schwachen Herzen ist Digitalis an¬
gebracht, in Dosen von etwa 5 cg täglich für ein Kind im Alter von
1 Jahr.
Im akuten Stadium der Krankheit leistet eine vorsichtige Hydro¬
therapie befriedigende Dienste. Später gebe man Jod als Resorbens
bezw. Jodeisen als Blutmittel.
Gymnastische Übungen (ohne Übertreibung!) können in chronisch
verlaufenden Fällen von Nutzen sein. Leo Jakobi (New York).
J. P. Barbar. Pneumonia in Children.
(Archives of Pediatrics, November 1902.)
Während die Mortalität der kruppösen Pneumonie einstimmig
als sehr niedrig (etwa 4°/ 0 ) anerkannt wird, geben unsere Lehrbücher
der Bronchopneumonie eine Sterblichkeit, die zwischen 40 und 50 °/ 0
schwankt und von manchen noch höher verlegt wird. Dies ist ent¬
schieden zu hoch gegriffen. Solche Zahlen mögen für Hospitäler und
Waisenhäuser gelten, nicht aber für die allgemeine Privatpraxis. Verf.
verfügt über eine Reihe von 165 Pneumonien bei Kindern, darunter
148 Bronchopneumonien mit 12 Todesfällen, somit 8,1 °/ 0 * Auch nahm
die Krankheit einen kürzeren Verlauf als die Textbücher angeben.
Statistische Untersuchungen sollten die Erfahrungen praktischer
Ärzte berücksichtigen, anstatt der üblichen Basierung auf Hospital-
und Asylbeobachtungen. Leo Jakobi (New York).
Pietro Porcelli. Splenopneumonie oder Granchersehe
Krankheit
(Rivista di Clinica Pediatrica, Fase. III, März 1903.)
Mitteilung eines einen 6jährigen Knaben betreffenden Falles, der
nach 20 Tagen geheilt war. Die Krankheit betraf, wie das bei dieser
Form der Pneumonie meist der Fall ist, die linke Lunge. F.
Simorimi. Beitrag zum Studium der Diplokokkenarthritis im
Kindesalter.
(La Pediatria, 1903 No. 4.)
Verf. bringt drei Krankengeschichten: 2mal war die Arthritis
eine Komplikation einer Pneumonie, in dem dritten Falle war mit
aller Wahrscheinlichkeit die Eingangspforte für den Diplokokkus der
Pharynx oder die Tonsillen. In allen drei Fällen war der einzige
Infektionsträger der Friedländersche Diplococcus; der Mikrococcus
wurde im Blut und bisweilen auch im Harn gefunden. Besonders in
dem ersten Fall, der nicht im Anschluß an eine Pneumonie auftrat,
glich die Polyarthritis klinisch völlig einer rheumatischen; nur zeigte
sich die Erkrankung völlig von Salicylgaben unbeeinflußt,, auch war
332
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8.
der Verlauf ein schnellerer, als beim Rheumatismus, und das Exsudat
zeigte häufiger die Tendenz, eitrig zu werden.
Die drei Fälle kamen während einer Diplokokkenepidemie inner¬
halb von 3 Monaten zur Beobachtung. F.
G.Treupel. OperativeBehandlunggewisserLungenerkrankungen.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 5.)
Nachdem Verf. vor kurzem einen Fall mitgeteilt, in dem die
operative Inangriffnahme einer bronchiektatischen Kaverne guten
Erfolg gehabt, gibt er jetzt die Krankengeschichte einer 4 ^jährigen
Knaben wieder, dessen Krankheit vor etwa 3 Jahren begann, und
bei dem sich — ob auf Basis einer Tuberkulose oder im Anschluß
an Aspiration erbrochener Speiseteile, bleibe dahingestellt — Lungen¬
gangrän entwickelte.
Bei dem erblich nicht belasteten, vorher gesunden Knaben ent¬
wickelte sich allmählich ein Lungenleiden. Öfteres Erbrechen nach
dem Frühstück ist dem vorausgegangen. Sichere Lungenerscheinungen
bestanden vor 2 Jahren (Ende 1900). Seit Anfang 1902 deuteten
die Symptome auf Lungenabszeß bezw. -gangrän hin. Es wurde
die Aufnahme in die Klinik bewirkt (3. VI. 1902) und es wurde hier
das Vorhandensein eines mit Luft und Flüssigkeit gefüllten
Hohlraumes im Bereich des rechten Ober- und Mittellappens
festgestellt. Eine Probepunktion (10. VI. 1902) ergibt aber statt
des erwarteten Eiters eine seröse und sterile Flüssigkeit.
Zwischen dem 18. und 20. VI. 1902 änderte sich das Krankheitsbild
und die Untersuchung ließ denn auch bald keinen Zweifel mehr über
das Vorhandensein eines Pneumothorax bestehen, bei dessen Punktion
ein äußerst übelriechendes, jauchiges, mit Gas vermischtes Exsudat
zu Tage gefördert wurde. Operation.
Es handelte sich also um einen Lungenabszeß bezw. eine
zirkumskripte Gangrän des rechten Ober- und Mittellappens, von
der aus sich ein Durchbruch nach der Pleurahöhle vorbereitete.
Daneben reaktive rein seröse Entzündung der Pleura (Punktion
eines serösen und sterilen Exsudates). Dann Durchbruch und Pyo-
pneumothorax R. Daß man, nachdem der Durchbruch des Abszesses
in die Pleurahöhle erfolgt war, also ein jauchiger Pyopneumothorax
bestand, zu baldigen Operation schritt, war selbstverständlich, und den
Nutzen dieser Operation wird wohl niemand bezweifeln. Wohl aber
darf angesichts des Verlaufs die Frage erhoben werden, ob die Operation
nicht auch bereits vorher hätte ausgeführt werden können. Darauf
möchte T. für seine Person mit ja antworten. Selbst wenn Tuberkulose
mit im Spiel sein sollte, was aber keineswegs bis jetzt erwiesen ist,
konnte der sicher und genügend genau lokalisierte Abszeß operativ
in Angriff genommen werden. Der Durchbruch in die Pleurahöhle
wäre dann wohl unterblieben. Das Resultat der ersten Probe¬
punktion — rein seröses steriles Exsudat — darf dem nicht entgegen¬
gehalten werden. Denn,dieses Exsudat erklärt sich wohl zwanglos
als die Reaktion von Seite der Pleura in der Nähe eines Eiterherdes.
Solches beobachtet man wohl auch bei Eiterungen m Nähe der
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Gelenke, indem hier ebenfalls zunächst ein seröser Erguß auftritt.
Der rasche Verlauf hat die diagnostischen Erwägungen überholt.
Das Befinden des Knaben hat sich nach der Operation subjektiv und
objektiv sehr rasch gebessert. Der jugendliche Körper überwindet
ja schwere Lungenerkrankungen erstaunlich rasch. So ist auch hier
jedenfalls zum mindesten eine Verlängerung des Lebens zu er¬
warten. Die Prognose bleibt aber deshalb ernst und zweifelhaft, weil
die Annahme einer bereits bestehenden amyloiden Degeneration
(Leber-, Milzvergrößerung, Eiweiß im Harn) vorläufig wenigstens nicht
ganz zurückgewiesen werden kann. Grätzer.
S. Kashiwamura, Drei Fälle von primärer Lungenaktino-
mykose.
(Virchows Archiv, Bd. 171, Heft 2 1903.)
Von den vier Beobachtungen betrifft die letzte eine 13jährige
Schülerin. Die Krankheit wurde 5 Monate vor der Aufnahme der
Pat. ins Krankenhaus als Luftröhrenkatarrh angesprochen. Es bestand
Husten mit Auswurf, dem öfters Blut beigemischt war. Der Lungen¬
befund zeigte R.H.U.-Dämpfung bis zum Angulus scapulae, darüber
lautes, bronchoamphorisches Atmen, verstärkten Stimmfremitus. Auch
hier, wie bei den anderen drei Fällen, war das erste klinische
Symptom eine Pleuritis. Daß wirklich eine primäre Erkrankung
der Lunge vorlag, bewies der Sektionsbefund, der außer im Respi-
rationstraktus keine weiteren Veränderungen aktinomykotischer Natur
ergab.
Die Zähne des Mädchens zeigten übrigens nicht den geringsten
Defekt. Es sind deshalb wohl die Aktinomycespilze direkt in die
Lunge gelangt wie auch in dem Balackschen 1 ) Falle, bei dem in
einer Lungenhöhle eine Aktinomycesdrusen tragende, 1 cm lange Ge¬
treidegranne gefunden wurde. Schridde (Erlangen).
Peano Michail. Un case di enfisema polmonere ed asma
infantile de vegetazioni adenoidi della rinofaringe cureto colla
Jodipina.
(La Pediatria Nr. 1 1903.)
Ein 4 1 / 2 jähriger Knabe, dessen Emphysem Verf. als eine Folge
häufiger asthmatischer Anfälle betrachtet, als deren Quelle wiederum
adenoide Vegetationen des Nasenrachenraumes angesehen werden.
Statt, wie man erwarten sollte, letztere zu operieren und so die
Quelle der Anfälle zu beseitigen,* hat Verf. innerlich Jodipin gegeben.
Nach 3 monatlicher Anwendung desselben sind die Anfälle nach An¬
gabe der Eltern ausgeblieben, die adenoiden Vegetationen sind „fast“
verschwunden. F.
*) Balack, Über Lungenaktinomykose. Dies. Leipzig 1893.
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Southworth. Inversion in the treatment of acute Pulmonary
Edema in young Children.
(Archives of Pediatries, Mai 1903.)
Mechanische Maßnahmen sind oft wertvolle Hilfsmittel, und
speziell die Inversion hat sich bereits bei Fremdkörpern im Larynx
und bei Chloroformasphyxie bewährt. Auch bei Bronchopneumonie
und akuter Bronchitis leistet die Lagerung des Kindes mit dem Ge¬
sicht nach unten bei tieferstehendem Kopf manchmal gute Dienste.
Dagegen ist bisher kein Fall bekannt, in dem Inversion beim
Lungenödem versucht worden wäre. Verf. berichtet über diese neue
Anwendung der mechanischen Therapie. Ein Mädchen von 13 Monaten
bekam Lungenödem ohne nachweisbare Ursache. Der herbeigeeilte
Arzt kam auf den originellen Einfall, das Kind an den Beinen auf¬
zuhängen. Daneben wurde die Brust nach abwärts (in hängender
Lage) gestrichen. Diese Maßnahmen förderten eine ziemliche Quantität
von blutigschaumiger Flüssigkeit zutage, und es trat augenfällige
Erleichterung ein. Nun folgten Excitantien und Abführmittel, und
am nächsten Tage war das Kind außer Gefahr.
Leo Jakobi (New York).
Frisctlitta. Der Morbus Basedow im Kindesalter.
(La Pediatria No. 2 1903.)
Verf. führt drei Beobachtungen an; zwei davon betreffen 13jährige,
eine einen 14jährigen Knaben. Strenges hygienisches und diätetisches
Regime brachte bei gleichzeitiger Anwendung von Thyreoidin Besse¬
rung herbei. F.
K. Gregor. Über die Unschädlichkeit der Verfutterung großer
Mengen von Thyreoidea an Kinder.
(Aus der Universitäts-Kinderklinik zu Breslau.)
(Monatsschrift f. Kinderheilkunde, Februar 1903.)
In der Literatur sind vielfach Fälle von artifiziellem Thyreoidis-
mus verzeichnet; meist handelte es sich hierbei um die Verwendung
von Thyreoideatabletten. G. war nun während der kalten Jahres¬
zeit in der Lage, größere Mengen von Hammelschilddrüsen wenige
Stunden nach dem Schlachten der Tiere verfüttern zu können, ohne
Gefahr zu laufen, die Pat. durch die Folgen einer bakteriellen Zer¬
setzung der Drüsensubstanz zu schädigen. In keinem dieser Fälle,
wo frische Drüsensubstanz in großen Quantitäten den Kindern
gereicht wurde, kam es zu einer üblen Nebenwirkung. G. führt drei
Beispiele an: Ein 5jähriges Mädchen erhielt innerhalb 36 Tagen
286 g (Einzeldosen von 20—40 g, einmal sogar 125 g), ein 3 ^jähriger
Knabe innerhalb 12 Tagen 545 g, ein 11 jähriges Kind vom 12. Mai
bis 9. Juni 60 g, am 12. Juni auf einmal 82 g, d. h. soviel wie in
55 Tabletten wirksame Substanz enthalten ist; allen 3 Kindern bekam
diese Kur sehr gut. Hält man dies den Angaben aus der Literatur
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II. ßcforate.
335
gegenüber, wie z. B. der Mitteilung Heubners, der den plötzlichen
Tod eines Kindes auf Thyreoidismus schob, obwohl dasselbe nur 4 mal
täglich Y 4 Tablette erhielt, so bleiben zwei Erklärungen übrig: Ent¬
weder hatten jene Intoxikationssymptome überhaupt nichts zu tun
mit der Einnahme der Schilddrüsenpräparate, sondern waren nichts
als Verschlimmerungen oder Komplikationen der bestehenden Krank¬
heit, oder man hatte in Verwesung übergegangene Präparate gereicht.
Denn abgesehen von obigen 3 Fällen hat G. zahlreichen anderen
Kindern mit Idiotie, schwerer Rachitis und Myxödem durch Monate
große Dosen frischer Schilddrüse gegeben, ohne Thyreoidismus
zu erleben. Er kann daher die Berechtigung eines umschriebenen
Krankheitsbegriffes „Thyreoidismus“ überhaupt nicht anerkennen.
Grätzer.
Olimpio Cozzolino. Über die Wirkung der Thymusexstirpation
bei jungen Kaninchen.
(La Pediatria No. 3 1903.)
Verf. hat die Exstirpation der Thymusdrüse bei jungen Kaninchen
als eine leichte uud vollkommen unschädliche Operation befunden;
irgendwelche Bedeutung für die Gewichtszunahme des Tieres kommt
der Thymus nach seinen Untersuchungen nicht zu, ebensowenig traten
nach ihrer Fortnahme irgendwelche trophischen Störungen an der Haut
oder ihren Anhängen auf, auch kommt ihr keine Bedeutung für die
Blutbildung zu.
Um nun die Behauptung Briegers, Kitesatos und Wasser¬
manns, daß die Thymus eine wichtige Rolle im Kampf des Organis¬
mus gegen die Infektionsträger spiele, auf ihre Richtigkeit zu prüfen,
hat Verf. eine Reihe von Versuchen angestellt, er hat z. B. Tiere,
denen die Thymus exstirpiert war, mit Diphtherie infiziert, jedoch
haben diese Versuche keine Resultate gegeben, aus denen sich un¬
antastbare Schlußfolgerungen ziehen ließen. p.
A. Schambacher. Über die Persistenz von Drüsenkanälen
in der Thymus und ihre Beziehungen zur Entstehung der
Hassallschen Körperchen.
(Virchows Archiv, Bd. 172, Heft 3 1903.)
Bei einem 4jährigen Knaben, der während langer Zeit schon
eigenartige Entwicklungsstörungen gezeigt hatte, und bei dem in
letzter Zeit derartige Erstickungsanfälle aufgetreten waren, daß eine
Tracheotomie indiziert war, fand Verf. bei der Sektion eine sehr große
Thymus vor, deren Maße 10:5:2 cm waren. In ihr und in 30 weiteren
Drüsen von Kindern bis zu 5 Jahren, ebenso in acht Thymusdrüsen
von menschlichen Föten konnte der Verf. nachweisen, daß die
Hassallschen Körperchen aus kleinen, mit kubischem Epithel aus¬
gekleideten Kanälen hervorgehen. Es sind dies die Reste des von
vielen Anatomen geleugneten Thymuskanals. Schridde (Erlangen).
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Theodore Le Bontillier. A case of Aneurysm of the trans-
yerse portion of the aortic arch in a girl of 9 years.
(American Journal of the Medical Science, Mai 1903.)
Aneurysma der Brustaorta bei einem 9jährigen Mädchen, welches
2mal Keuchhusten überstanden hatte, das erste Mal bereits 9 Tage
nach der Geburt. Ferner hatte das Kind mit 4 Jahren einen leichten
Rheumatismus durchgemacht. Es wurde damals ein Herzfehler ver¬
mutet.
Sie kam nach der Poliklinik wegen Husten und Schmerzen im
linken Handgelenk. Bei der Untersuchung entdeckte man folgendes:
die oberflächlichen Venen am Brustkorb, am Hals, im Gesicht und
an den Armen stark erweitert; sichtbare Pulsation zwischen zweitem
und viertem Interkostalraum, sowie im Jugulum und am Halse; systo¬
lisches Schwirren; fühlbarer pulsierender Tumor im Jugulum; un¬
gleiche Radialpulse; Olivers Trachealzug ausgesprochen; Fehlen von
fühlbarer Pulsation der Bauchaorta (ein neues Zeichen!); Dämpfung
über dem oberen Sternum; lautes systolisches Geräusch in der Herz¬
gegend, nach den Karotiden fortgeleitet, namentlich rechts.
Die Ätiologie ist dunkel. Es ist möglich, daß die Aorten wand
bei den heftigen Hustenstößen in dem so zarten Alter eine Dehnung
bis zum Einreißen erfahren hatte; andererseits wäre der Rheumatis¬
mus zu berücksichtigen.
Es folgt eine Literaturübersicht von Aneurysma bei Personen
unter 20 Jahren. 60 Berichte sind zusammengetragen (intrakraniales
Aneurysma nicht mitgerechnet). 18 mal saß das Aneurysma an der
Brustaorta; 5mal an der Bauchaorta; die übrigen Fälle betrafen die
Aortenklappen, den Ductus -arteriosus, die Herz wand, die Arteria
pulmonalis und die Arterien der Extremitäten. Die Ätiologie blieb
meist unklar. Trauma, Rheumatismus, Anstrengung, Abszesse in der
Nachbarschaft waren die vermuteten ursächlichen Momente.
Die meisten Fälle nahmen ein jähes Ende. Herzruptur, akute
Perikarditis, ulzeröse Endokarditis, Embolie und einmal Aphasie (?)
gaben den Gnadenstoß.
Von subjektiven Erscheinungen klagten die meisten über Dyspnoe
nach geringen Anstrengungen und über Schmerzen. Dagegen war
in dem oben beschriebenen Fall keine nennenswerte Kurzatmigkeit
vorhanden. Leo Jakobi (New York).
P. Krautwig (Köln). Über plötzliche Todesfälle im Kindesalter.
(Archiv f. Kinderheilkunde, Bd. 35, Heft 3. u. 4.)
Zusammenfassendes Referat über die Ätiologie der Fälle, in
denen Kinder scheinbar mitten aus voller Gesundheit heraus oder
doch aus einem Zustande nur leichten Krankseins unerwartet plötzlich
dahinsterben. Der Tod kann durch Synkope (Herzstillstand) oder
durch Asphyxie (Atemstillstand) erfolgen. Ersteres tritt bei der
Diphtherie ein, wobei man dann myokarditische und interstitielle Ver¬
änderungen findet. Mechanische Momente (Kompression des Herzens)
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1/1/ t
kommen zuweilen bei rachitischen Kindern in Betracht, die mit vollem
Magen plötzlich sterben. Wichtiger sind die Herztodesfälle durch
direkte Reizung der nervösen Elemente des Herzens, wie sie als Gift¬
wirkung im Gefolge von Magendarmkrankheiten und Infektionskrank¬
heiten, besonders der Diphtherie Vorkommen können; auch die Todes¬
fälle bei ausgebreiteten Ekzemen gehören hierher.
Der Tod durch Asphyxie kann eintreten bei Krupp und Diphtherie,
durch Aspiration vod Fremdkörpern, Würmern u. s. w., am häufigsten
durch Laryngospasmus und, wie oft übersehen wird, durch aus¬
gebreitete Bronchitis. Bezüglich des Thymustodes lehnt K. die
mechanische Ätiologie ab, indem er ganz richtig bemerkt, daß nicht
die weiche Thymus die Luftröhre und die Gefäße komprimieren,
sondern umgekehrt selbst gegen das Brustbein angedrückt werden
wird. Er hält die Thymusvergrößerung wie auch die Todesfälle bei
solchen Kindern für eine Erscheinung der Rachitis. Der Tod im
laryngospastischen Anfall ist als Herztod aufzufassen. Welche Todesart
Vorgelegen hat, Asphyxie oder Synkope, ist bei der Sektion häufig
nicht mehr zu entscheiden. Hecker (München).
Augustus Caille, Sudden Death of an Infant six months old
due to Compression of large Bloodvessels by an enlayed
Thymus Gland.
(Archives of Pediatrics, März 1903.)
Das 6 monatliche Kind war bei Lebzeiten etwas cyanotisch und
dyspnoetisch. Zweimal kam es zu Konvulsionen. Am Herzen war
ein lautes systolisches Geräusch an der Basis zu hören, neben reinen
Klappentönen. Das Geräusch wurde nach keiner Richtung hin fort¬
geleitet. Das Kind starb plötzlich, und bei der Sektion fand man
eine vergrößerte Thymusdrüse, welche mit ihrem unteren Pol die
großen Blutgefäße komprimierte und dadurch die Zirkulation völlig
unterbrach.
Der Zustand wurde intra vitam diagnostiziert.
Leo Jakobi (New York).
Arthur B. Duel. The operative Treatment of Stenosis of the
Larynx following Intubation and Tracheotomy.
(New York Medical Journal, den 2. Mai 1902.)
Es gibt eine sehr lästige Art von Larynxstenosen, die nach In¬
tubation oder nach Tracheotomie fortdauern. Das Vorkommnis ist
allerdings ziemlich selten — etwa ein Fall von hundert muß dauernd
intubiert oder tracheotomiert werden. In der Regel kommt es bei
derartig intubierten Kindern zu wiederholter Autoextubation, wodurch
dann häufige Reintubation nötig wird. Um dieses unliebsame Er¬
eignis zu vermeiden, greift man lieber zur Tracheotomie. Diese
chronischen Stenosen nach Intubation sind auf chronische entzündliche
Vorgänge und Hypertrophien der Scheimhaut zu beziehen, nicht etwa
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auf ungeschicktes Operieren oder Geschwüre und Narben, wie man
früher geglaubt hat.
Verf. empfiehlt anstatt der Tracheotomie in solchen chronischen
Zuständen eine etwas modifizierte Intubation. Er spaltet nämlich
den Kehlkopf und legt eine Klemme an den Tubus in situ an. Da¬
durch wird spontane Extubation unmöglich gemacht und man um¬
geht die Tracheotomie. Leo Jakobi (New York).
J03. K. Friedjung. Beiträge zur Diagnostik und Therapie der
Stenosen der oberen Luftwege.
(Archiv f. Kinderheilkunde, Bd. 35, Heft 5 u. 6.)
Sorgfältig geführte Einzelbeobachtungen, die für jeden Praktiker
lesenswert sind. Sie bestätigen im ganzen schon Bekanntes, bringen
aber auch manches Neue. Für diphtheritische Erkrankung der oberen
Luftwege charakteristisch ist allmählich zunehmende Heiserkeit und
Atemnot. Es kommen aber auch Ausnahmen vor, besonders bei sehr
jungen Kindern, was dann leicht zu unrichtiger Deutung des Bildes
führt. Umgekehrt setzen die nicht diphtheritisehen, wohl meist
katarrhalischen Erkrankungen fast immer plötzlich, meist zur Nachtzeit
ein (Pseudokrupp). Dabei kann die Anamnese aber auch zuweilen der
bei Diphtherie gewohnten recht ähnlich lauten. Zur Erläuterung
dient das Beispiel eines 2 3 / 4 jährigen Knaben mit Heiserkeit, bellendem
Husten und Luftmangel, dessen Symptome sich allmählich ver¬
schlimmerten. Keine Beläge, keine Diphtheriebazillen. Laryngo-
skopisch nur Schwellung und Rötung der Kehlkopfschleimhaut.
Also Vorsicht bei Verwertung der Anamnese zur Unterscheidung
diphtherischer und nichtdiphtherischer Larynxstenosen! Auch die
klinischen Erscheinungen beider Formen lassen wenig charakteristische
Unterschiede erkennen. Schärfer ist. die Charakteristik sowohl der
Anamnese als auch der Erscheinungen von Larynx- und Tracheal¬
stenosen aus anderen Ursachen. F. lenkt die Aufmerksamkeit vor
allem auf die akustischen Phänomene, die sich bei den Stenosen der
oberen Luftwege verschiedenen Ursprungs beobachten lassen, z. B. bei
Retropharyngealabszeß: inspiratorische Dyspnoe, Stimme rein,
aber eigentümlich gequetscht, quäckend, auffallend hoch und schwach,
etwas nasal. Bei Trachealstenose durch Schwellung mediastinaler
Drüsen: lauter inspiratorischer Stridor. Der Husten ist keuchend,
pfeifend, von auffallend großer Tonhöhe. Bei diphtheritischen Er¬
krankungen des Larynx war eine solche Konstanz der Erscheinungen
nicht festzustellen. Bald war das Inspirium von einem sägenden
Geräusche von wechselnder Tonhöhe begleitet, bald war es laut
schreiend, ähnlich wie beim Glottiskrampfe, bald auch schnarchend.
Das Exspirium war oft weniger laut, zumeist von höherer Tonlage
als das Inspirium.
Diagnostisch recht ergiebig ist die Inspektion des stenotischen
Kindes. Charakteristisch u. a. ist die Kopfhaltung der Kinder bei
Retropharyngealabszessen: der Kopf wird sichtlich gezwungen steif,
ein wenig nach hinten und seitlich geneigt gehalten; die Neigung
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II. Referate.
339
erfolgt nach der kranken Seite. Recht häufig fand F. bei steno-
sierenden Sehwellungen der Bronchialdrüsen mäßigen Exophthalmus.
Dagegen konnte er die von Hoffmann genannte Pupillendifferenz, Er¬
weiterung auf der erkrankten Seite, niemals feststellen. Folgen noch
Beobachtungen über einen Fremdkörper in der Trachea, über eigen¬
tümliche respiratorische Störungen bei chronischer Urämie, sowie bei
einem schweren Status epilepticus u. s. w. Hecker (München).
Fritz Kuno. Fixierte Tuben und Bolzenkanülen bei erschwertem
Dekanulement.
(Aus dem Christschen Kinderhospital in Frankfurt a. M.)
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 18.)
Bei chronischen Stenosen wurden seit 2 Jahren, um das Heraus¬
husten der Tuben zu vermeiden, diese im Kehlkopf fixiert, was in
folgender Weise zu geschehen hat.
Zuerst intubiert man das Kind mit der seinem Alter entsprechenden
Tube und markiert durch Überfahren der Tube von der Trachealfistel
aus mit einem scharfen Messerchen die Stelle, welche der Höhe der
Fistel entspricht. Dabei kontrolliert man mit dem Finger die richtige
Lage des Tubenknopfes im Kehlkopfeingang. In der Höhe der ein¬
gekratzten Striche läßt man zwei feine, dicht nebeneinander liegende
Löcher durch die vordere Tubenwand bohren und zieht durch sie
einen Seidenfaden („Fixierfaden“). Seine Einführung gelingt auch bei
ganz hochliegenden Löchern leicht dadurch, daß man durch jedes
Loch eine feine Drahtschlinge zum unteren Tubenende herausschiebt,
in die etwas geöffnete Schlinge den Faden einlegt und zurückzieht.
Nach Armierung der Tube wird der Mandrin eines gewöhnlichen
Belloque, nachdem an sein Ende ein Faden geknüpft ist, von der
Trachealfistel aus durch den Kehlkopf zum Mund herausgeschoben.
Mit dem dann zum Mund heraushängenden Faden wird der Fixier¬
faden der Tube verknüpft und in gewöhnlicher Weise intubiert, während
die assistierende Schwester den aus der Trachealfistel heraushängenden
Fixierfaden herunterzieht. Dann wird, um die Trachealfistel weit
offen zu halten und auch eventuell einen leichten Zug nach vorn aus¬
üben zu können, ein Drainrohrstück über den Fixierfaden geschoben
und derselbe über einem Gazebausch geknüpft. Den Haltefaden der
Tube kann man dann noch, um allzu schnelles Durchbeißen bei
langem Liegenlassen der Tube zu verhüten, mittels Belloque durch
die Nase führen.
Die fixierte Tube kann ruhig ohne Schädigung der Gewebe (die
längste Zeit waren 14 Tage) liegen blieben.
Die Kinder lernen leicht auch Flüssigkeiten schlucken und kommen
dabei in der Ernährung nicht zurück.
Trotz der großen Vorzüge des Intubationsverfahrens kommt man
mit ihm auch manchmal nicht zum Ziel. Man wendet dann mit
Vorteil rechtwinklig gebogene Bolzen an, welche von der Tracheal-
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340
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8.
fistel aus nach oben in die Luftröhre bezw. den Kehlkopf geschoben
werden. Sie haben, soweit sie sich in der Luftröhre befinden, ab¬
gesehen von ihrer soliden Spitze, einen durch ihre ganze Dicke
gehenden breiten Spalt, durch welchen die Kinder bequem atmen
und Schleim aushusten können. Ihr aus der Trachealfistel heraus¬
ragender Teil ist mit verschiedenen Bohrlöchern versehen, dann zur
Seite abgebogen und dient als Griff beim Einfuhren des Instrumentes.
Über ihn läßt sich leicht ein Kanülenschild schieben und befestigen, so
daß die Bolzenkanüle wie eine gewöhnliche Kanüle mit zwei Bändern
um den Hals getragen werden kann. Nach der Einführung der
Bolzenkanüle tritt gewöhnlich zuerst starker Speichelfluß ein, bald
aber gewöhnen sich die Kinder und können sie ruhig 24 Stunden
tragen, wenn nur die Öffnung der Kanüle von eingetrocknetem Schleim
reingehalten wird. Gr&tzer.
W. Pipping (Finne). Über das Vorkommen der Spätstörungen
nach Tracheotomie bei Krupp.
(Finska Läkaresällskapets Handlingar, April 1903.)
Der Verf. hat Aufklärungen von 67 Pat. gesammelt, die nach
Tracheotomie als gesund vom Krankenhause entlassen wurden, um
zu erfahren, inwiefern die Verff. recht haben, die behaupten, daß
die Tracheotomie ernsthafte Spätstörungen hervorruft.
Sieben waren gestorben (sechs an akuten Krankheiten, hereditär
belastet, einer an Tuberkulose). 60 lebten noch. Seit der Operation
waren:
für 2 20 Jahre
8
15—20
10
10—15
20
7—10
7
4— 7
13
2— 4
verlaufen. Unter diesen befand sich nur ein (hereditär belasteter)
Tuberkulöser, so daß die Tracheotomie nicht zur Tuberkulose prä¬
disponiert. Bei 32,8 °/ 0 wurden leichte Respirationsbeschwerden ge¬
troffen (Heiserkeit, Stridor, Dyspnoe, Neigung zu Katarrhen), so daß
man annehmen muß, daß die Tracheotomie zu solchen leichteren
Spätstörungen disponiert, selbst wenn die Tracheotomie natürlich nicht
in allen diesen Fällen schuld daran ist.
Adolph H. Meyer (Kopenhagen).
Carlo Comba. Ein großer Fremdkörper in den Luftwegen.
(Rivista di Clinica Pediatria No. 4 1903.)
Ein 3 ^Jähriges Kind hat eine große getrocknete Bohne aspiriert.
Es wurde die Tracheotomie gemacht und mittels einer Pinzette der
Fremdkörper, der sehr weit unten saß, stückweise entfernt. F.
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1L Referate.
341
F. IC Lämmerhirt. Multiple Larynxpapillome im Kindesalter.
(Aus der Universitäts-Kinderklinik in Leipzig.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 12.)
Beschreibung von drei Beobachtungen. Die ersten zwei zeigen,
daß die Gefahr einer radikalen Operation mit Eröffnung des Larynx
bei exakter Ausführung nicht eine große und der Erfolg, wenn
auch mitunter erst nach vieler Mühe erreichbar, doch ein recht zu¬
friedenstellender ist. Fall 3 demonstriert das Risiko, das man bei
symptomatischer und exspektativer Therapie eingeht, indem bei akuten
Infektionskrankheiten mit einem solchen Leiden behaftete Kinder
einer größeren Gefahr ausgesetzt sind, als andere. Das Kind starb
im Verlaufe eines Scharlachs. Grätzer.
Hunter Mackenzie. Über die Behandlung von Larynx-
geschwülsten bei Kindern.
(Internationales Zentralblatt für Laryngologie, Rhinologie und verwandte
Wissenschaften, Januar 1903.)
M. hält die Thyreotomie zur Entfernung von Papillomen und
ähnlichen Larynxtumoren bei Kindern für gefährlich und wenig er¬
folgreich. Die Geschwulstmassen rezidivieren immer von neuem.
Ebenso ist es bei endolaryngealen Eingriffen. Er ist der Meinung, daß
die Tracheotomie bessere Resultate zieht als irgendwelche andere
Behandlungsmethode und verhältnismäßig am besten vor Rezidiven
schützt. Wo komplette und dauernde Aphonie besteht, soll die Trachea
eröffnet werden. Krebs (Hildesheim).
Victor Veau. Die angeborenen serösen Zysten des Halses.
(Arcbives de mädicine des enfants, April 1903.)
V. hat einen Fall von angeborener Zyste des Halses beobachtet
und macht im Anschluß an denselben eine längere Studie über die
Natur und Entwicklung dieser Zysten. Das betreffende 21 Monate
alte Kind bot seit der Geburt eine Schwellung der rechten Halsseite,
welche in der Folge langsam zunahm. Als V. dieselbe sah, hatte sie die
Größe einer Faust, erstreckte sich zwischen Unterkiefer, Sternokleido-
mastoideus und Clavicula, war außerordentlich weich, so daß man den
Eindruck einer Pseudoreduktibilität gewann. Die Entfernung wurde
ohne Schwierigkeit gemacht; am oberen Ende der mehrkämmerigen
Zyste wurden einige kleine Lymphdrüsen gefunden. Die Geschwulst
hatte mit der Umgebung keine besonderen Verwachsungen, doch fand
man in dieselbe eindringend die dritte und vierte Wurzel des Brachial¬
plexus, die durchschnitten wurden, letztere unterhalb der Abgangs¬
stelle des Phrenicus. V. hält diese Zysten für in der Entwicklung
zurückgebliebene Teile des lymphatischen Systems. Es existieren
normalerweise am Halse der 2—3monatlichen Embryonen lymphatische
Hohlräume, welche in ihrer Struktur an die in Rede stehenden Zysten
erinnern. Im weiteren Verlaufe des embryonalen Lebens bilden sich
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Centr&lblatt für Kinderheilkunde. No. 8.
diese Hohlräume zurück, doch ist es möglich, daß auf irgend eine
Weise eine Störung in dieser Rückbildung eintritt und es zur Zysten¬
bildung kommt. In manchen Fällen beobachtet man eine Verbindung
zwischen diesen Zysten und der Vena jugularis interna, was auch bei
den erwähnten lymphatischen Hohlräumen gefunden wird. .Später
schließt sich dieser Verbindungskanal, doch kann eine kleine Öffnung
fortbestehen und man findet dann Zysten mit blutigem, statt mit
serösem Inhalte. E. Toff (Braila).
Max Schüller (Berlin). Ein inoperables Sarkom, behandelt
mit Röntgenbestrahlung.
(Deutsche Medizinal -Ztg. 1903 No. 4.)
Der 3 */ 2 jährige Knabe wies ein rezidivierendes Rundzellensarkom
auf, das mäunerhandgroß war und sich vom linken Hinterhaupt bis
herab zur Clavicula erstreckte. Es wurden jeden zweiten Tag Be¬
strahlungen vorgenommen, und die ersten derselben hatten über¬
raschenden Effekt, indem sehr auffällige Rückbildung der Geschwulst¬
masse erfolgte. Später zeigte die Einwirkung große Schwankungen
und eine Heilung war nicht zu erzielen, das sehr elende Kind unterlag
seinem Leiden. Jedenfalls wurde durch die Röntgentherapie das
Wachstum des Tumors, der bekanntlich sonst sehr rasch zu wachsen
pflegt, verzögert und auch ein Teil des Sarkomgewebes direkt zum
Schwinden gebracht. Mehr Erfolg wird man wahrscheinlich haben,
wenn man früher diese Behandlung einleitet, womit nicht gesagt
werden soll, daß die chirurgischen Eingriffe in den Hintergrund ge¬
schoben werden sollen. Aber wo sie nicht ausführbar, da sollte die
Röntgenbestrahlung sofort eintreten, sie sollte auch unmittelbar nach
der Operation Platz greifen, zur Verhütung von Rezidiven.
Grätzer.
L. Levy. Zur Kasuistik der Prostatageschwülste im Kindesalter.
(Aus der Chirurg. Universitäts-Kinderklinik zu München.)
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 10.)
L. bereichert die spärliche Kasuistik um einen interessanten Fall.
Bei dem 4jährigen Knaben ergab die Sektion ein Myxosarcoma
pros tatae. Blase und Mastdarm waren frei geblieben, dagegen die Pars
prostatica urethrae vollständig destruiert und die Prostata ganz in dem
Tumor aufgegangen. Die Geschwulst hatte sich hauptsächlich nach
oben und unten entwickelt. Das ganze kleine Becken war mit Tumor¬
massen ausgefüllt, und bei längerem Bestand der Krankheit wäre ein
Durchbruch in die Peritonealhöhle erfolgt und hätte eine sarkomatöse
Peritonitis erzeugt, wie schon mehrfach beobachtet wurde. Störungen
bei der Harnentleerung traten hier relativ spät ein, 14 Tage vor der
Aufnahme, wo der Tumor über gänseeigroß war; in diesen 14 Tagen
könnte derselbe wohl kaum diese Größe erlangt haben. Pat. klagte
nur über Schmerzen, solange komplette Harnverhaltung bestand.
Schon bei der Aufnahme war es unmöglich, mittels Haarsonde in
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II. Referate.
343
die Blase zu gelangen. Es wurde daher die Sectio alta und nach
14 Tagen der tiefe Blasenschnitt gemacht, wobei sich die Unmöglich¬
keit herausstellte, die Geschwulst zu exstirpieren. Grätzer.
M. G. Aräoz et M. Manuel A. Santas. Les sarcomes visc&aux
chez les enfants.
(Communication faite au XIV. Congr. internat. de M^decine.)
Die Verff. berichten über 10 Fälle von Sarkomen der Eingeweide
bei Kindern im Alter von 2—11 Jahren (7 Knaben und 3 Mädchen).
Nach ihrer Statistik bilden die Sarkome, abgesehen von den Hydatiden-
cysten, welche die Verff. noch häufiger beobachteten, die häufigsten
Neubildungen im Kindesalter, und zwar besonders zwischen dem
dritten und sechsten Lebensjahr, seltener bei Kindern unter 2 Jahren.
Der Sitz des primären Sarkoms fand sich 4mal im Mesenterium, und
2mal in der Niere, 2mal im Kleinhirn, 2mal im Darm und einmal
in der Lunge. Histologisch handelt es sich mit Ausnahme von einem
Gliosarkom des Kleinhirns um Rundzellensarkome. Was die Sympto¬
matologie anbetrifft, so fehlen charakteristische Erscheinungen, es
besteht nur im Endstadium der Erkrankung eine ausgesprochene
Kachexie. Drüsenschwellungen fehlen, im übrigen richten sich die
Symptome nach dem Sitz der Neubildung (Druckschmerzen, Dyspnoe
und Dextrokardie bei Lungensarkom; Verstopfung, Schmerzen und
Dyspnoe bei Mesenterialsarkomen; Durchfälle und Koliken bei den
Darmsarkomen; Kopfschmerzen, anfallsweise auftretendes Erbrechen,
Herdsymptome oder schwankender Gang, Neuritis optica bei den
Hirnsarkomen). Die Nierensarkome verlaufen allgemein symptomlos,
nur sehr große machen Schmerzen, Hämaturie fehlt oft. In dem
einen Fall von Mesenterialsarkom wurde Ikterus und Entfärbung der
Stühle beobachtet, bedingt durch Kompression des Ductus choledochus.
Die Diagnose der Sarkome ist schwierig, das häufigere Vorkommen
bei Kindern und das schnelle Wachstum der Tumoren spricht für
Sarkom. Dieselben sind fest, häufig höckerig und von unregelmäßiger
Gestalt, nicht schmerzhaft. Bei dem Fall von Lungensarkom wurde
Fieber beobachtet, für das eine andere Ursache nicht gefunden wurde
(Karzinomfälle mit Fieber). Der Verlauf war ein sehr schneller,
meistens in wenigen Monaten, nur in zwei Fällen dauerte die Er¬
krankung etwas über ein Jahr. Die Therapie kann bei den Nieren¬
sarkomen nur eine operative sein; der eine Fall wurde operiert, aber
mit negativem Erfolg. Schreiber (Göttingen).
Carl Hiort af OrnäS (Schwede). Zur Kasuistik des Sarkoms
des Dünndarms.
(Upsala Läkareförenings Förhandlingar, N. F. Bd. 8 Heft 2.)
Verf. beschreibt 3 Fälle dieser seltenen Krankheit. Der eine
betraf einen 7jährigen Knaben, der 3 Monate vor dem Tode plötzlich
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344
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8.
mit Erbrechen und heftigen Bauchschmerzen erkrankte. Nach 3 Tagen
wieder subjektives Wohlbefinden. 4 Wochen vor dem Tode traten
wieder und ganz plötzlich Erbrechen, heftige Leibschmerzen und
Druckempfindlichkeit des Leibes auf. Abwechselnd Stuhlverhaltung
und Durchfälle. Im Krankenhause wurde ein faustgroßer Tumor
palpiert, der sich von der Gegend der Harnblase aus bis zum Nabel
streckte; Bauch aufgetrieben und empfindlich. Starke Abmagerung.
Bei der Sektion fand sich ein faustgroßer Tumor im unteren Teile
der Bauchhöhle, der an der Harnblase, der vorderen Bauchwand und
einigen Darmschlingen fest adhärent war. Die Geschwulst erwies sich
als im Dünndarm ca. 2 cm oberhalb der Ileokoekalklappe belegen,
und zwar war das Darmrohr hier stark verdickt, während das Lumen
zugleich erweitert war; der Tumor stellte also gewissermaßen eine
aneurysmenartige Erweiterung des Darms dar. Die Dicke der ver¬
änderten Darm wand war wechselnd, im allgemeinen 2—2,5 cm, an
einzelnen Stellen nur 0,5—lern; die Innenfläche des Tumors war
zum großen Teile nekrotisch, das Mesenterium und das Omentum
majus stark verdickt, die retroperitonealen Lymphdrüsen vergrößert
bis zur Größe einer Walnuß. In den Nieren und der rechten Lunge
zahlreiche Metastasen, das Zwerchfell von Geschwulstmassen durch¬
wachsen. Die mikroskopische Untersuchung ergab, daß es sich um
ein zellenreiches Rundzellensarkom handelte.
Adolph H. Meyer (Kopenhagen).
J. N. Hall. Congenital Dilatation of the small Intestine.
(Archives of Pediatrics, Januar 1903.)
Dilatation des Kolon ist häufig genug, aber angeborene Erweite¬
rung des Dünndarmes gehört zu den Seltenheiten.
Ein Mädchen von 11 Monaten wurde zum Verf. wegen hoch¬
gradiger Verstopfung gebracht. Das Kind hatte seit der Geburt
kein einziges Mal spontan Stuhlgang gehabt. Auf Eingießungen und
Abführmittel folgten in der Regel normale Entleerungen alle 1 bis
2 Tage.
Allmählich verschlimmerte sich der Zustand, bis der Leib eine
kolossale Ausdehnung annahm. Bei guter Beleuchtung konnte man
drei Querfurchen über den Leib verlaufen sehen. Peristaltische Be¬
wegungen wurden nicht wahrgenommen.
Im übrigen, außer einigen Verdrängungserscheinungen von seiten
der Brustorgane, war nichts Abnormes nachzuweisen. Der Tod er¬
folgte alsbald, und bei der Sektion fand sich eine enorme Erweiterung
des gesamten Dünndarmes (bis zu 2 Zoll im Durchmesser). Der Dick¬
darm maß etwa 1 Zoll im Durchmesser und enthielt normale Fäces.
Stellenweise zeigte das ganze Darmrohr unregelmäßige Erweiterungen
und Einziehungen.
Wahrscheinlich starb das Kind an der Autointoxikation vom
Darme aus. Leo Jakobi (New York).
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II. Referate.
345
Paul Kuliga. Zur Genese der kongenitalen Dünndarmstenosen
und Atresien.
(Beitr. z. pathol. Anatomie und z. allg. Pathologie, Bd. 33 Heft 3 1903.)
In der Arbeit sind die in der Literatur niedergelegten 185 Fälle
von kongenitalen Dünndarmstenosen und Atresien und die ver¬
schiedenen Theorien zur Erklärung dieser Mißbildungen ausführlich
besprochen. Anspruch auf Wahrscheinlichkeit haben nur zwei Möglich¬
keiten, nämlich Enteritis oder Entwicklungsanomalie. Jedoch läßt
sich in der Mehrzahl der Fälle weder für das eine, noch für
das andere ein direkter Beweis erbringen. — Der in der Arbeit be¬
handelte Fall betrifft ein Kind, das 10 Tage alt geworden ist, und
welches von Anfang an alles Genossene erbrach und nie Stuhl gehabt
hat. 7 Tage nach einer vorgenommenen Operation starb der Knabe.
Die Leichendiagnose berichtet uns von multiplen Stenosen des Dünn¬
darmes. Im Rektum oder Dickdarm war keine Stenose nachweisbar.
Schridde (Erlangen).
Schnizlein. Ein Fall von kongenitaler Atresie des Duodenums.
(Beitr. z. klin. Chirurgie, Bd. 36 Heft 3.)
Das interessante Präparat entstammt einem kurz nach der Ge¬
burt verstorbenen Kinde, bei dem als letzte Todesursache eine frische
diffuse Peritonitis angetroffen wurde.
Es bestand eine komplette Atresie des Duodenums und weite
Dislokation der beiden Dünndarmteile. Der ganze periphere Darm¬
abschnitt erwies sich als hochgradig atrophisch, ebenso das Mesen¬
terium.
Der zentrale Darmstumpf enthielt in seinem Innern eine ob¬
turierende Membran, die wohl durch Verwachsung von Schleimhaut¬
falten zustande gekommen war. Vielleicht ist die ganz Mißbildung
durch einen ähnlichen Vorgang entstanden. Vulpius (Heidelberg).
H. Chiari. Zur Entstehung der kongenitalen Darmatresie aus
Intussuszeption.
(Prager med. Wochenschrift 1903 No. 22.)
Im Jahre 1888 hat Ch. über einen Fall von Atresie des Ileums
bei einem 7 Tage alten, reifgeborenen Knaben berichtet, bei welchem
die Atresie des Ileums 15 cm über der Valvula ileo-coecalis durch
die Ausheilung einer intrauterin entstandenen Intussuszeption sich
entwickelt hatte; das Intussuszeptum war in dem unter der Atresie
gelegenen, gleich dem Dickdarm ganz zusammengezogenen Abschnitte
des Ileums enthalten, maß im ganzen 4 cm in der Länge, bestand
jedoch nur im untersten Viertel aus der äußeren und der inneren
Intussu8zeptumlamelle, in den oberen drei Vierteln nur aus der äußeren
Lamelle.
CentralbL f. Kinderhlkde. VIII. Digitjzed by G(M)gk
346
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8.
Seit dieser Zeit bekam Ch. von Fällen von kongenitaler Atresie
des Darmes, in denen a priori überhaupt an die Entstehung der
Atresie aus einer abgeheilten Intussuszeption gedacht werden konnte,
also abgesehen von Atresie im Duodenum und abgesehen von Atresia
recti, nur noch drei zu Gesicht. Aber alle drei schienen Ch.s Ver¬
mutung, daß eine intrauterin abgeheilte Intussuszeption des Darmes
eine der häufiger vorkommenden Ursachen für eine kongenitale Atresie
des Darmes abgeben dürfte, nicht zu bestätigen.
Nun hat H. Braun kürzlich eine Beobachtung publiziert, wo
von einem Intussuszeptum zunächst "nichts wahrzunehmen war, und
wo sich erst bei der späteren mikroskopischen Untersuchung in
dem obersten Abschnitte des distalen Darmendes, der makroskopisch
nur weißlich-bröcklige Massen zu enthalten geschienen hatte, ein etwa
1 cm langer, nekrotischer Darmteil ergab, der an keiner Stelle eine
Verbindung mit dem umgebenden Darme zeigte und danach zweifels¬
ohne ein nekrotisch gewordenes Intussuszeptum gewesen war.
Diese Mitteilung regte Ch. an, auch seine Fälle nachträglich
mikroskopisch zu untersuchen. Und es gelang ihm in der Tat, bei
einem der drei Fälle auf diesem Wege den Nachweis zn erbringen,
daß es sich hier um eine mit Atresie abgeheilte fötale Intussuszeption
im Ileum gehandelt habe. Bei den beiden anderen Fällen fiel die
Prüfung negativ aus, so daß Ch. bei dem einen bei der früheren
Auffassung bleiben muß, daß die doppelte Atresie des Jejunums
hier durch fötale Peritonitis bedingt gewesen war; der dritte Fall
blieb nach wie vor unklar. Es können eben sehr verschiedene
Momente zu einer solchen Atresie führen: fötale Peritonitis, Axen-
drehung des Darmes, Verschließung von Mesenterialarterien, Anomalien
des D. omplialo-me8entericus u. s. w. Aber man darf sich auch nicht,
will man fötale Intussuszeption ausschließen, mit der makroskopischen
Untersuchung begnügen, da das Intussuszeptum oft so verändert
ist, daß man es nur noch mikroskopisch feststellen kann.
Grätzer.
Louis Fischer. A case of Intussusception in a Baby fire
months old.
(New York medical Journal, den 21. Februar 1903.)
Ein Fall von Darminvagination bei einem 5 monatlichen Säugling.
Das klinische Bild setzte sich aus folgenden Symptomen zusammen:
Erbrechen und Stuhlverstopfung, große Auftreibung des Leibes,
Schmerzen, Abgang von Blut und Schleim per anum, und gegen das
Ende entzündliche Erscheinungen, die aber erst später auftraten.
Die Kotstauung war eine absolute und dauerte länger als 10 Tage
an. Winde gingen gelegentlich ab.
Obschon der Fall durch die Frühdiagnose, den guten Ernährungs¬
zustand, das kräftige Herz und die Abwesenheit eines Grundleidens
eminent operationsgerecht war, verweigerten die Angehörigen einen
chirurgischen Eingriff und das Kind starb.
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II. Referate.
347
Der invaginierte Darm konnte per rectum etwa 2 1 / 2 Zoll über
dem After 'gefühlt werden. Nach innen sowie nach außen von 4 der
Intussuszeption ließ sich ein 14 Zoll langes Katheterstück einführen,
ohne das Ende derselben zu erreichen. Leo Jakobi (New York).
Floren. Zur Kasuistik der chirurgischen Therapie der Dann¬
in vagination.
(Aus dem Elisabeth-Krankenhause zu Kassel.)
(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 11.)
Es handelt sich um ein 7 Monate altes Kind, bei dem sich
ein besonderer Handgriff bestens bewährte. Die Operation
(24. VII. 1902) wird folgendermaßen geschildert:
ca. 10 cm langer Schnitt lateral vom linken Rectus zwischen diesem und
dem Poupartschen Bande. Eröffnung des Peritoneums; dasselbe zeigt eine
leichte sero-fibrinöse Ausschwitzung. Es zeigt sich, daß es sich um eine totale
ileocoecale Intussuszeption bis zur Flexura lienalis handelt. Unter
vollkommener Yerzichtleistung auf jeglichen Zug an dem intussuszipierten Darm¬
teile ging der Operateur direkt mit der Hand ins kleine Becken an den Kopf
des Intussuszeptum und suchte dasselbe innerhalb des Intussuszipiens nach oben
zu bringen. Unter streichenden Bewegungen wurden dann immer mehr Teile
der Flexura über das mehr und mehr nach oben gedrängte Intussuszeptum ge¬
schoben, bis die Flexur frei wurde. Der intussuszipierte Darm füllte als dicke
Masse das Kolon descendens aus, begann aber schon langsam an der Eintritts¬
stelle der Invagination sich zu lösen und herauszugleiten. Unter weiter streichenden
Bewegungen löste sich der Rest der Invagination ganz von selbst. Der intus¬
suszipierte Darm hatte an verschiedenen Stellen, namentlich auch an der Eintritts¬
pforte, blauschwarz sugillierte Stellen und zeigte Adhäsionen und Verklebungen.
Auch über der Flexur und dem Colon descendens war eine seröse fibrinöse Aus¬
schwitzung zu finden. Nach 14 Tagen gesund entlassen.
Dies Verfahren ist bei der Behandlung eines doch immerhin
ziemlich stark in Mitleidenschaft gezogenen Darmes als relativ mildes
anzusehen, die Möglichkeit, daß die Serosa an irgend einer Stelle
einreißt, durfte hier nicht groß sein. Denn die Gewaltwirkung erfolgt
in Form eines Schubes mit Hinaufbringen gerade der Teile, die am
tiefsten in pathologischer Lage sind. Die lädierteste Stelle am Darm,
der sugillierte Einklemmungsring, bleibt vollständig ohne Berührung,
ohne Gewalteinwirkung. Die Desinvagination errolgt relativ rasch;
auch die Tatsache, daß der Darm in der letzten Phase der Ein¬
stülpung sich von selbst desinvaginiert, scheint dafür zu sprechen, daß
das Verfahren den physiologischen Verhältnissen am meisten Rechnung
trägt. Grätzer.
N. Delektorsky, Über die Atropinbehandlung des Ileus bei
Erwachsenen und Kindern.
(Djetskaja Medizina 1902 No. 4.)
Nach Besprechung der einschlägigen Literatur teilt D. zwei Fälle
von Darmverschluß bei Kindern mit, der durch Atropininjektionen
verhältnismäßig ^schnell behoben wurde. Im ersten der beschriebenen
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8.
Fälle handelte es sich um ein öjähriges Mädchen mit Obturations-
ileus, wobei, wie der Autor annimmt, die normalen Verhältnisse
zwischen dem motorischen und dem Hemmungsapparate des Darmes
zweifellos gestört waren. Im Laufe vom 25 Stunden wurden dem
kleinen Mädchen 0,003 Atropin, auf drei Gaben verteilt, eingespritzt;
irgendwelche unangenehme Nebenerscheinungen kamen nicht zur Be¬
obachtung; ausgiebige Abführung erfolgte eine Stunde nach der letzten
Injektion. Während der Rekonvaleszenzperiode machte sich bei der
kleinen Pat. eine Parese des Darmes geltend, welche vielleicht der
Atropinnachwirkung zur Last zu legen ist.
Im zweiten Falle handelte es sich ebenfalls anscheinend um
eine Störung der normalen Beziehungen zwischen den Funktionen
des motorischen und Hemmungsapparates des Darmes, hervorgerufen
durch einen entzündlichen Prozeß in der Ileocoecalgegend (bei einem
12jährigen Knaben). Im Laufe von 19 Stunden wurden 0,003 Atropin,
in drei Gaben, injiziert. Die schmerzstillende Wirkung trat in diesem
Falle deutlicher hervor als im ersten. Abführung erfolgte erst
37 Stunden nach der letzten Einspritzung — unmittelbar nach einem
Klysma. Auch hier wurde im weiteren Verlaufe der Krankheit eine
vorübergehende Darmparese beobachtet. Interessant ist es, daß die
Ursache der Blinddarmentzündung offenbar eine Askaride war, mit
deren Abgang die Erscheinungen gelindert wurden. Dieser Fall ist
also, nach des Verf.s Ansicht, in eine Reihe mit den von Metschni-
koff beschriebenen, durch Darmschmarotzer bedingten Appendizitiden
zu setzen.
Zum Schluß hält sich der Autor für berechtigt dem Atropin in
der Kinderpraxis eine ebensolche Rolle zu vindizieren wie in der
Therapie der Erwachsenen. A. Dworetzky (Moskau).
F. KlauSSfier (München). Zwei Fälle von Herniotomie wegen
Inkarzeration von Coecum und Processus vermiformis bei
kleinen Kindern.
• (Wiener klin. Rundschau 1902 No. 49.)
K. bereichert die spärliche Kasuistik um zwei Fälle. Beide
Kinder — das eine war 6 Wochen, das andere 4 Monate alt —
wurden in Narkose ohne Zwischenfall operiert. Bei dem zweiten
Kinde zeigte sich schon nach ca. 1 Woche ein Rezidiv, das erste ist
jetzt über 1 Jahr alt und hat sich prächtig entwickelt. Grätzer.
Karewski. Zur Radikaloperation des angeborenen Leisten¬
bruches kleiner Kinder.
(Centralbl. f. Chirurgie 1902 No. 51.)
Die Mitteilung Klemms veranlaßt K., wieder auf seine früheren
Publikationen hinzuweisen, in denen er zeigte, daß die Schwierigkeiten
der Isolierung der dem späteren Samenstrang zugehörigen Gebilde äußerst
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II. Referate.
349
leicht umgangen werden können, wenn man die Bruchhüllen nur bis
auf die Serosa inzidiert und dann den die innerste Schicht des Sackes
bildenden Processus vaginalis peritonei stumpf auslöst. Es gelingt
das fast ausnahmslos ohne Eröffnung der Serosa, nämlich immer
dann, wenn nicht Verwachsungen zwischen Bruchinhalt und Bruch¬
sack vorliegen. Im übrigen hat ja eine Durchlöcherung derselben
keinen Nachteil. Niemals ist K. in seinen zahlreichen Fällen eine
wesentliche parenchymatöse Hämorrhagie oder eine Verletzung der
Gefäße oder des Vas deferens vorgekommen. Die Isolierung läßt
sich unschwer bis über die innere Öffnung des Leistenkanals hinauf
vornehmen, man kann dort das Peritoneum zusammenschnüren und
erhält damit einen genügend sicheren Verschluß, der weder bei sehr
großen Bruchpforten noch selbst bei heftigem Husten der Kinder
versagt. Pfeilernaht, Bassinische Verlagerung und andere Methoden
der Radikalbehandlung haben sich K. bis zum vierten Lebensjahre
der Kinder als völlig überflüssig erwiesen, trotzdem er ausschließlich
bei großen Skrotalbrüchen den Eingriff für indiziert hält, also stets
unter ungünstigen Verhältnissen operiert.
Da sich unter K.s Fällen einige befinden, die jetzt mehr als
zwölf, andere die mehr als zehn, viele die mehr als 6 Jahre rezidivfrei
sind, scheint ihm diese einfache Methode sich vollauf bewährt zu
haben und allen anderen Arten der Operation vorzuziehen zu sein.
Sie ist in wenigen Minuten ausführbar, gibt die besten Wundverhält¬
nisse, welche selbst bei Beschmutzen mit Urin und Kot keine Ge¬
fahren in sich bergen, und führt meist in 8—10 Tagen zur Ver¬
narbung. Die überwiegende Mehrzahl der Kinder wird von K. unter
sehr ungünstigen häuslichen Verhältnissen poliklinisch operiert, ohne
daß jemals daraus der geringste Nachteil erwachsen ist, obgleich eine
nicht geringe Zahl der kleinen Pat. sich in den ersten Lebensmonaten
befindet, also von irgend einer Sorgfalt für Reinhaltung gar keine
Rede sein kann. In den ersten Tagen wird die Wunde mit einem
täglich zu wechselnden Jodoform- (in letzter Zeit Vioform-)Verband
bedeckt, alsdann nur mit einem von der Mutter bei jedesmaliger Be¬
schmutzung zu wechselnden Airolsalbenläppchen. Grätzer.
E. Mailiefert. Akute Hydrocele und Leistenbruch.
(Wiener klin. Rundschau 1903 No. 24.)
Fall von Hydrocele acuta funiculi spermatici bezw. Perispermatitis
serosa bei einem 5jährigen Knaben, der seit 2 Jahren wiederholt
in der einen Leistengegend eine schmerzhafte Geschwulst bekommen
hatte, die nach einigen Stunden immer wieder spontan verschwand.
Diesmal war dies nicht der Fall, vielmehr traten nach einigen Stunden
schwere Allgemeinerscheinungen, Erbrechen, Druckempfindlichkeit des
Unterleibes, Kollaps u. s. w. ein, so daß M. an der Diagnose zu
zweifeln begann und in der Meinung, es könnte, obwohl objektiv kein
Grund zu dieser Vermutung vorlag, sich doch um eine inkarzerierte
Hernie handeln, eine sofortige Operation vorschlug. Dieselbe wurde
nicht genehmigt, und tags darauf war die Geschwulst verschwunden
zugleich mit den übrigen Krankheitssymptomen. Grätzer.
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350
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8.
Frederic Griffith, Ein Instrument, um eine Hydrocele zu
diagnostizieren.
(Journ. of cut. and genit.-urin. dis. Bd. 20, September 1902.)
Die sicherste Methode, eine Hydrocele zu diagnostizieren, ist die,
daß man Licht durchfallen läßt. Die Transparenz ist pathognomonisch,
wenn nicht der Inhalt durch Beimengung von Blutfarbstoff dunkel
geworden oder die Tunica stark verdickt ist. Um in solch zweifel¬
haften Fällen die Diagnose zu ermöglichen, bedient man sich einer
zylinderförmigen, an beiden Enden offenen Röhre, z. B. einer solchen
für Heftpflaster, die man auf 2 Zoll Durchmesser und 6—8 Zoll
Länge sich zurecht schneidet. Die Innenfläche wird schwarz an¬
gestrichen oder mit schwarzem Papier beklebt. Bringt man nun den
Hydroceletumor zwischen Kerzenlicht und das eine Ende der Röhre
und sieht durch das andere Ende hindurch, so tritt dem Beschauer
die Transparenz von flüssigem Inhalt deutlich ins Auge.
C. Berliner (Aachen).
L. Strominger. Rechtsseitige inguinale Kotfistel; doppelte
Kryptorchie; Darmresektion; Heilung.
(Spitalul 1903 No. 4—5.)
Ein 13jähriger, sonst immer gesund gewesener Knabe hatte
vor 1V 2 Jahren einen Abszeß der rechten Leistenbeuge gehabt,
welcher eröffnet wurde, wodurch sich viel Eiter entleerte. Die
Suppuration dauerte 1 1 / a Monate und wurde dann das Auftreten
einer Kotfistel bemerkt. Nach vorgenommener Resektion des fistulösen
Darmstückes und Entfernung der degenerierten, in der Bauchhöhle
zurückgebliebenen Hoden erfolgte Heilung per primam. Es scheint
sich in diesem Falle um eine eingeklemmte Darmschlinge gehandelt
zu haben, welche mit dem Leistenkanal Adhärenzen einging und
dann perforierte. E. To ff (Braila).
C. Longard. Zur Operation der Retentio testis inguinalis.
(Aus dem Krankenhause Forst-Aachen.)
(Centralblatt f. Chirurgie 1903 No. 8.)
L. empfiehlt folgendes von ihm erprobtes Verfahren: Nach
der Durchschneidung der Haut wird die Fascie des Obliquus
ext. in der ganzen Länge des Leistenkanals gespalten, der Hoden
vorgezogen und der Samenstrang bis hoch hinauf in den Leisten¬
kanal isoliert, die Tunica communis oberhalb des Hodens quer
durchtrennt und der Hoden so mobilisiert, daß er sich bequem an
den Grund des stumpf erweiterten leeren Hodensackes bringen läßt.
Nun wird in den tiefsten Punkt des Hodensackes ein alle Schichten
bis auf den Hoden durchtrennender Schnitt von etwa 2—3 cm Länge
gemacht, ein etwa zehnpfennigstückgroßes Segment des Hodens in
diesen Schlitz gedrängt und hier durch sechs bis sieben Fäden, welche
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II. Referate.
351
die Skrotalhaut und Tuuica albuginea des Hodens fassen, ringsum
fixiert. Diese Fäden werden lang lassen und an der Innenseite des
Oberschenkels durch einige HeltpHasterstreifen befestigt. Hieraul
wird die Fascie des Obliquus ext. und der Hautschnitt vernäht und
eventuell noch nach dem Vorschläge Kochers die Tunica communis
des Samenstranges mitgefaßt.
Durch die auf diese Weise mit Hoden und Skrotum vereinigten
Fäden gelingt es leicht, eine Extension an beiden Gebilden und am
Samenstrang auszuüben, die nach Belieben geschwächt oder gesteigert
werden kann und so ein Hinaufgleiten des Hodens verhütet.
Grätzer.
Steinhauer (Naumburg a. S.). Eine seltene Ursache von Darm¬
stenose.
(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 23.)
Ein 9jähriger Knabe erkrankte unter Erscheinungen, die auf
eine partielle Intussuceptio schließen ließen. Die Eiteren gaben
das Heben einer schweren Last als Ursache der Erkrankung an.
Schon wollte Prof. v. Bramann operativ eingreifen, als mehrere große
Knäuel von Taenien gliedern abgingen, worauf die unter dem linken
Rippenbogen vorhanden gewesene Resistenz schwand, das Fieber fiel,
Stuhlentleerung wieder in normaler Weise erfolgte. Grätzer.
W. Asartl (Mumau). Taenia cucumerina bei einem Kinde.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 8.)
Ein 19 Monate altes Kind brachte Gurkenkernen ähnliche Körper¬
chen im Stuhl zutage, die frisch rosarot tingiert erschienen, in
älterem Zustande weiß bis weißgrau. Die Familie hatte einen Hund
besessen. Auf Extr. filic. mar. 2,0: Syr. Menth. 30,0 gingen einige
Exemplare von Taenia cucumerina ab, als welche ein Kenner auf
diesem Gebiete, Huber (Memmingen) jene Individuen erkannte.
In einem „Zusatz 44 fügt Huber einiges über diese Taenie, die
ja beim Menschen recht selten ist, bei. Die Taenia cucumerina, mit
welcher die T. elliptica der Katze identisch ist, kommt bei etwa
40 °/ 0 aller Hunde im Dünndarm vor. Des Cysticercoides häufigster
Träger ist nach Grassi der Hundefloh. Bei dem intimen Umgänge
der Kinder mit den Vierfüßern ist es nicht zu vermeiden, daß Flöhe
in die Milchschüsseln oder das Butterbrot der Kleinen gelangen;
auch Übertragung durch Katzen ist leicht möglich. Es ist wiederholt
beobachtet, daß die Anwesenheit vieler Taeniae cucumerinae bei
Canis schwere Darmstörung, teils nervöse Symptome (Epilepsie, Wut¬
anfälle, Pseudo-Lyssa) erzeugt hat; auch sind bei Hunden tunnelartige
Unterminierungen der Darmschleimhaut beschrieben. Was aber bei
Hunden geschehen kann, ist auch bei den Kindern möglich, so daß
jedenfalls Vorsicht geboten erscheint. Grätzer.
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352
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8.
G. V. HailliSS. Das massenhafte Auftreten von Askariden bei
einem 6 Jahre alten Knaben.
(Budapesti orvosi ujsäg, 14. Mai, 1903.)
Der 6 Jahre alte Knabe R. H. wurde am 16. XI1902 im St. Rochus-
Hospitale mit Konstipation, Übelkeiten, Kopf- und Bauchschmerzen
vorgestellt. Am 18. XI. wurden einige Askariden entleert, welche
auf Darreichung von Santonin bis zum 3. I. 1903 die Zahl von 279
erreichten. Nach Abtreibung der Würmer besserte sich der Zustand
rapid. Ernst Deutsch (Budapest).
III. Aus Vereinen und Versammlungen.
Piemontesische Sektion der Italienischen Gesellschaft für
Pädiatrie.
Sitzung vom 12. Februar 1903.
Motta: über die Indikation zur unblutigen Behandlung der angeborenen Schulter¬
luxation. Redner beschreibt ein Verfahren, mit dem zu beginnen ist, sobald die
Deformität entdeckt ist, und das in Massage, besonders Abduktion und Außen¬
rotation, Extension an den Füßen u. s. w. besteht und das ihm in 20 Fällen,
worunter 7 doppelseitige waren, gute Dienste geleistet hat.
Meusi berichtet über einen Fall von Anaemia splenica im Kindesalter. Die
histologische Untersuchung der Milz ergab Sklerose der Pulpa und der Malpighi-
schen Körperchen. Organtherapie ergab in diesem Falle eine deutliche Besse¬
rung, die vielleicht zur Heilung geführt hätte, wenn nicht eine Bronchopneumonie
den Exitus verursacht hätte.
Meusi berichtet über Nierenerkrankungen bei Säuglingen. Er verfügt über
12 Fälle; in einigen bestand Sklerem, in einigen Skierödem, bei anderen waren
keine Erscheinungen seitens der Haut vorhanden; anämische Konvulsionen waren
nur einmal aufgetreten. Redner verbreitet sich über die Differentialdiagnose
zwischen Sklerem und Skierödem. Was die Pathogenese des letzteren anbetrifft,
so ist M. auf Grund klinischer und pathologisch-anatomischer Erfahrungen nicht
geneigt, die Theorie der Niereninfektion in allen Fällen anzuerkennen, vielmehr
glaubt er, daß es sich oft nur um individuelle Insuffizienz und Inmaturität der
Niere handelt.
Vallana spricht über den Einfluß von Milchgenuß auf die Milchsekretion. Im
Gegensatz zu anderen Beobachtern hat V. von einem täglichen Milchgenuß von
1 V 2 Liter bei gesunden, gut genährten Säugenden keinen Einfluß auf die Milch¬
sekretion wahrnehmen können.
Muggia berichtet Uber einen Fall von angeborener kompletter Paralyse aller vier
Extremitäten. Es handelte sich um ein von gesunden Eltern stammendes Kind,
das bei der Geburt 2,900 kg wog. Nach 2 Tagen bemerkte man, daß das Kind
weder die oberen noch die unteren Glieder bewegen konnte. Alle sonstigen
Körperfunktionen waren normal. Im Alter von 4 Monaten starb das Kind an
Bronchitis. Autopsie konnte nicht gemacht werden. Nach Ausschluß aller sonst
in Frage kommenden Möglichkeiten äußert M. die Vermutung, daß es sich um
eine Aplasie des Rückenmarks gehandelt haben könne. F.
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III. Aua Vereinen und Versammlungen.
353
Nürnberger med. Gesellschaft und Poliklinik.
(Nach der Münchener med. Wochenschrift.)
Sitzung vom 15. Januar 1903.
Hein lein legt das Präparat eines mit dem Erfolg guter Beinfunktion wegen
Tuberkulose resezierten Kniegelenkes eines 5jährigen Knaben vor, dessen Leiden
auf 3 Jahre zurückdatiert, bei welchem sich eine rechtwinklige Beugekontraktur
des Gelenkes entwickelt hatte und der Gang völlig unmöglich geworden war.
Das Präparat hat insofern ein gewisses Interesse, als kleine käsige Zerfallsherde
sich lediglich in den Mm. subcrurales genu und in und um den Schleimbeutel
des M. semimembranosus in der Kniekehle fanden, während die Gelenkkapsel
stark atrophiert, der Gelenkraum teilweise verödet sich darstellte und die resezierten
knöchernen Gelenkenden vollends das Bild einer geheilten Tuberkulose darboten:
die knorpelige Oberfläche der letzteren dunkler gefärbt und minder glänzend als
normal, die Oberfläche ist uneben, zeigt dort, wo früher erweichtes Knochen-
ge webe dem Druck des gegenüberliegenden gesunden Knochens nachgegeben hat.
Einsenkungen, Vertiefungen, dazwischen auch wieder plane Flächen, an die
Schliffflächen der deformierenden Gelenkentzündung erinnernd.
Weigel demonstriert ein von ihm durch die Operation gewonnenes Präparat
von akuter Darminvagination.
Dasselbe stammt von einem Kind von 8 Monaten, das von der Mutter gestillt
worden und angeblich stets gesund gewesen war; insbesondere soll es nicht an
Darmkatarrhen gelitten haben. Die Erkrankung begann 4—5 Tage vor der
Operation mit Erbrechen, blutigen Stühlen, Leibschmerzen und Meteorismus. Am
Tage vor der Operation ging eine fetzige Membran ab. Auf Grund dieser
Symptome und der in der linken Bauchseite fühlbaren wurstförmigen prallen
Geschwulst wurde die Diagnose gestellt und durch die Operation bestätigt. Auch
der ins Rektum eingeführte Finger fühlte hoch oben eine rundliche, pralle
Resistenz, welche sich bei der Operation als das untere Ende des Invaginatums
herausstellte.
Die Operation ergab, daß das ganze Kolon und ein Teil des Ileums an
der Invagination beteiligt war, welche bis ans untere Ende der Flexur reichte.
Die Desinvagination gelang nur zum kleinen Teil, weil der Darm an
mehreren Stellen gangränös und die sich berührenden Flächen mehrfach verklebt
waren. Die Gangrän machte die Resektion des demonstrierten Stückes nötig,
welches einen Teil des unteren Ileums, das ganze Kolon und einen Teil der Flexur
umfaßte. Beim Aufschneiden des Präparates ergab sich, daß der vorausgehende
unterste Teil des Invaginatums das Coecum und daß die Invagination zum Teil
eine doppelte war.
Sitzung vom 5. Februar 1903.
Fla tau zeigt einen ringförmigen Prolaps der Harnröhrenschleimhaut eines
7jährigen Mädchens. Der halbpflaumengroße Tumor drängte sich zwischen den
Labien vor, blutete auf Berührung leicht, verursachte stetes Drängen zum
Urinieren und Brennen während desselben. Die Diagnose war durch die in der
Mitte des Tumors gelegene Harnröhrenmündung sofort klargestellt. Die Ätiologie
wird in diesem Falle wohl in den schlechten Ernährungsverhältnissen des schwachen
und muskelarmen Kindes gelegen haben, ferner in der gleichzeitig bestehenden
hartnäckigen Verstopfung. F. steht ferner auf dem Standpunkte, daß für das
Entstehen des Hamröhrenschleimhautprolapses die Situation und der Verlauf des
Blasenhalses und seine Verhältnisse zur Harnröhre einen wichtigen Anteil hat.
Auch in dem beobachteten Fall war die Symphyse besonders steil und die Harn¬
röhre lief fast senkrecht in die Höhe. Die einzige rationelle Therapie bei den
Formen des großen und ringförmigen Prolapses ist die blutige Abtragung mit
sorgfältiger Annähung des zentralen Mukosastumpfes an die vaginale Um¬
säumung der Mündung. Da es meist sehr stark blutet, so ist es rätlich, den
Prolaps nicht mit einem Mal zu resezieren, sondern partienweise vorzugehen und
bei jeder abgetrennten Stelle sofort mit Katgut zu vernähen. Nach der kleinen
Operation zeigt sich nicht selten eine Inkontinenz, die indes nach kurzer Zeit
spontan verschwindet.
Sitzung vom 2. April 1903.
Steinhardt spricht über Barlowsche Krankheit, besonders über die Sympto¬
matologie und Ätiologie derselben und teilt folgenden Fall mit:
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354
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 8.
Kind M., 8 Monate alt, war im Alter von 3 Monaten an Magendarmkatarrh
erkrankt gewesen und seitdem ausschließlich mit Allenbury s Milchnahrung er¬
nährt worden. Seit 4—5 Wochen bemerkt der behandelnde Arzt Schwellung des
Zahnfleisches, seit 14 Tagen Schwellung beider Beine; Kind nimmt zusehends
ab, ist blässer geworden, schreit viel, besonders beim Anfassen. Die Untersuchung
der Brust- und Bauchorgane ergibt normale Verhältnisse. Am Skelett keine
Zeichen von Rachitis. Stuhl immer in Ordnung; Urin stets frei von Blut. Die
beiden oberen mittleren Sehneidezähne bereits durchgebrochen, das Zahnfleisch in
der Umgebung derselben dick geschwollen, tief dunkelblau verfärbt, leicht blutend;
in der Gegend der noch nicht sichtbaren unteren mittleren Schneidezähne ähnliche,
aber weniger stark ausgeprägte Veränderungen wie oben. Intensive Schwellung
des linken Oberschenkels, sowohl der Weichteile als auch des deutlich fühlbaren
Knochens; keine Hautrötung; starke Druckempfindlichkeit Rechter Oberschenkel
weniger geschwollen. Blasses Aussehen. Temperatur 39,5 °. Günstige hygienische
Verhältnisse. — Auf sofortige Abschaffung der bisherigen Ernährung und Ver¬
abreichung roher, ungekochter Kuhmilch eklatante Besserung in wenigen Tagen
und nach einigen Wochen vollständige Heilung.
Steinhardt berichtet ferner über einen typischen Fall der sogenannten
Winekelschon Krankheit (Cyanosis afebriäs icterica perniciosa cum haemoglolNituria) bei
einem 10tägigen Kinde. Medikamente waren nie verabreicht worden; dagegen
gibt die Mutter an, daß sie bereits 2 Kinder unter den nämlichen Erscheinungen
verloren habe. Tod innerhalb 36 Stunden.
Voit hat 2 Fälle von Möller-BaHowscher Krankheit gesehen:
1. 1882 ca. 1 Jahr altes rachitisches Kind, seit der Geburt ausschließlich
mit Wa f f 1 e r s Kinderzwieback ernährt. Schmerzhafte blutunterlaufene Schwellungen
an den Epiphysen der unteren Extremitäten, vereinzelte Hautblutungen, Stomatitis
ulcerosa mit Blutungen der Schleimhaut Heilung.
2. 1896 13 Monate altes rachitisches Kind, seit der Geburt ausschließlich
mit Gärtners Fettmilch genährt; hochgradige Anämie, Fieber, blutige Stuhl¬
gänge, Blut im Urin, starke Schwellung der Diaphyse der rechten Tibia, wahr¬
scheinlich durch periostale Blutung bedingt. Das Zahnfleisch leicht blutend;
am Rücken vereinzelte Petechien. Vollständige Heilung nach 10 Wochen durch
Anwendung gekochter Milch, Kindermehl, Spinat und Fleischbrühe.
Hintner legt ein seltenes Präparat einer Herzmißbildung vor.
Vollständiger Defekt des Septum ventricul. Aorta entspringt in der Mitte
des Ventrikels und vorne, Arter. pulmonalis entspringt rückwärts und ist im
Anfangsteil kaum für eine dünne Sonde durchgängig. Valvul. bicuspidalis normal
entwickelt, ValvuL tricuspidalis fehlt. Beide Atrien entwickelt, miteinander durch
eine dünne häutige Klappe verbunden; Septum atriorum als solches ebenfalls
fehlend. Es würde sich wohl um ein Cor triloculare biatriatum handeln.
IV. Personalien.
Leipzig. Prof. Dr. Tillmanns, Direktor der Chirurg. Abteilung des Kinder¬
krankenhauses, zum Ehrenmitglied der American therapeutic Society ernannt.
Wien. Prof. Dr. Eschetich zum Ehrenmitglied der American pediatric
Society ernannt.
Budapest. Dozent für Kinderheilkunde Dr. M. Szalardy zum Direktor des
dortigen staatlichen Kinderasyls ernannt.
— Chefarzt der Abteilung für Augenkranke des Ad öle Brody-Kinderspitals,
Dr. M. Mohr, habilitiert als Dozent für Kinderheilkunde.
Prag. Dr. 1 . Langer habilitiert für Kinderheilkunde an der deutschen Uni¬
versität.
Lemberg. Dr. Fr. X. Lewkowicz habilitiert als Dozent für Kinderheilkunde.
Toulouse. Dr. B6zy ernannt zum Professor für Kinderheilkunde.
Neapel. Dr. A. Curcio habilitiert für orthopädische Chirurgie.
Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetser in Sprottau. — Verlag von Johann
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metsger & Wittig in Leipzig.
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Central blatt für
Kinderheilkunde.
Eine Monatsschrift für praktische Ärzte.
VIII. Jahrgang. 1. September 1903. No. 9.
I. Originalbeiträge.
(Aus dem Kinderspital München-Nord.)
(Privatdozent Dr. Hecker und Privatdozent Dr. Trumpp.)
Ein Fall von Henochscher Purpura.
(Zugleich ein Beitrag zur Wirkung des Atropins.)
Von
Privatdozent Dr. Hecker.
Der im folgenden wiedergegebene Fall erscheint mir in zweifacher
Hinsicht mitteilenswert. Einmal wegen der relativen Seltenheit der¬
artiger Krankheitsbilder, zum andern wegen des Erfolges der dabei
eingeschlagenen Therapie. Unter Henochscher Purpura versteht
man heute eine von Henoch im Jahre 1868 zuerst beobachtete
Affektion, bei welcher sich zu den schon vorhandenen Symptomen
der Peliosis rheumatica — Blutflecken und Gelenkschwellungen —
noch gewisse abdominale Erscheinungen, nämlich Erbrechen, Darm¬
blutungen und Kolik hinzugesellen. Charakteristisch in den
Henoch sehen Fällen war das Auftreten der genannten Erscheinungen
in Schüben mit mehrtägigen, wöchentlichen, ja selbst einjährigen
Intervallen. Fieber war nicht konstant und hielt sich meist auf
einer mäßigen Stufe. Erscheinungen am Herzen wurden nicht be¬
obachtet. Die Prognose möchte Henoch trotz des günstigen Aus¬
ganges fast aller seiner Fälle wegen der Möglichkeit einer Nephritis
nicht absolut günstig stellen.
Die Darmerscheinungen treten gewöhnlich mit größerer Heftig¬
keit auf und beherrschen dadurch eine Zeitlang das Krankheitsbild,
insbesondere sind die Kolikanfälle äußerst schmerzhaft und schlaf¬
raubend. Die Stühle erscheinen entweder deutlich bluthaltig, schwarz
oder nur orangenfarbig. Der Verlauf ist ein zwar sehr protrahierter,
aber meist günstiger. Die Therapie ist eine recht unsichere.
Henoch schien die Applikation eines Eisbeutels auf den Unterleib,
Eismilch zur Nahrung und eine Mandel- und Öl-Emulsion, bei heftigen
Schmerzen mit Zusatz von Extr. Opii (0,05:120,0) am besten zu
wirken; von Ergotin und Eisen sah er keinen Erfolg. Seitz be¬
zeichnet es als charakteristisch für die Krankheit, daß die Therapie
gegenüber dem eigenartigen Symptomenkomplex, sowohl den Schmerzen
als auch den Rezidiven nicht viel zu leisten vermag. Er schließt
sich den Henoch sehen Empfehlungen an und verweist bezüglich der
medikamentösen Therapie auf die Purpura haemorrhagica: säuerliche
Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII
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356
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9.
Mittel (Zitronensäure, Phosphor säure), China Dekokt 5°/*, Ergotin.
dialys. 1 °/ 0 , Plumb. acet. mit Pulv. Opii aa 0,001 pro Dosi, Liqu.
ferri sesquichl. l°/ 0 , gegen Magendarmblutungen speziell Irrigationen
mit l l 2 °/ 0 iger Plumb. acet.-Lösung. Bendix empfiehlt bei Magen¬
darmblutungen Injektionen von 5°/ 0 Gelatine; Fischei eine 2—5°/oige
Lösung innerlich.
Derartige Fälle von Purpura rheumatica, bei denen es zu
Blutungen auf die Magendarmschleimhaut kommt, sind wie gesagt
selten. Sie als eine eigene Krankheitsform abzutrennen, rechtfertigt
sich nur durch die in der Regel beobachtete Schwere des Allgemein¬
zustandes, die bei rheumatischer Purpura sonst wohl nicht beobachtet
wird und ferner durch das in den Vordergrundtreten der Darm¬
erscheinungen, die dann, ähnlich wie die Basilarmeningitis vielen
Fälle akuter Miliartuberkulose, der Erkrankung ihren Stempel auf¬
drücken.
Die Krankengeschichte meines Falles ist auszugsweise folgende:
Anamnese: 9jähriger bis dahin gesunder Knabe. Der Vater gibt mit
Genugtuung an, daß sein Sohn sehr gern und auch ziemlich viel Bier (bis zu
einem Liter pro Tag) trinke. Nach mehreren Diätfehlern erkrankte der Knabe
am 29. VIII. 1902 mit Fieber, Appetitlosigkeit und einer schmerzhaften
Schwellung am rechten Fußgelenk.
Status praesens. 30. VIII. Kräftig gebauter und gutgenährter Knabe.
Temperatur 39°. Die Gegend des rechten Fußgelenkes stark geschwollen und
gerötet. Auf Druck sehr empfindlich. In der Mitte des rechten Oberarmes findet
sich eine pflaumengroße Schwellung, über welcher die Haut gerötet, schmerzhaft
und wenig verschieblich ist. In der Haut beider Unterschenkel zahlreiche
bis linsengroße, dunkelrote Flecken, die auf Fingerdruck nicht ver¬
schwinden. Mundhöhle und Bachen ohne Blutungen, Zahnfleisch intakt. Innere
Organe ohne pathologischen Befund. Diagnose: Purpura rheumatica. Ordination:
Milch- und Suppendiät, Natr. salycil. 0,5 3 mal täglich, äußerlich Ichthyolvasogen.
81. VIII. Neue Schwellungen am linken Oberarm und Unterschenkel. Tem¬
peratur 38,3°.
1. IX. Frische Blutungen an den Nates und am Penis. Große Schmerz¬
haftigkeit der oberen Lendenwirbel. Temperatur 38,6°.
3. IX. Seit gestern fieberfrei. Keine neuen Blutungen oder Schwellungen;
Fußgelenk schwillt ab. Seit heute absolute Appetitlosigkeit und häufiges
Erbrechen. Ordination: Salyzil ausgesetzt, halbstündlich etwas Eismilch.
5. IX. Immer noch anhaltendes Erbrechen grünlicher Massen, Eiswasser und
Eiweisswasser-Diät
7. IX. Erbrechen hat seit heute aufgehört.
8. IX. Ausgesprochene Appetitlosigkeit, Ekel vor jeder Nahrungsauf¬
nahme. Seit dem Morgen heftige Kolikschmerzen, besonders in der Gegend
über dem Nabel; daselbst auch Druckempfindlichkeit. Abends plötzlich dunkel¬
rotes, zum Teil geronnenes Blut im Stuhle; dieser unter heftigen Schmerzen
entleert Pat. macht den Eindruck eines Schwerkranken. Ordination: Eisblase,
Eiswasser, Tr. Opii. gtt. VI.
9. IX. Morgens. Leibschmerzen unvermindert. Neuerliche Darmblutung.
Temperatur 37,4°; Puls 134. Eine d arge reichte Lösung von Ergotin 2,0 c. Tr.
cinnamomi. 50,0; wird erbrochen, ebenso eine 10°/ 0 ige Gelatinelösung. Tr. Opii
gtt. 8. Abends. Blutiger, unter heftigen Schmerzen entleerter Stuhl. Große
Leibschmerzen. Kein Fieber.
10. IX. Morgens 5 Uhr zum Pat. gerufen. Derselbe windet sich vor Leib¬
schmerzen laut stöhnend im Bett; sieht merklich verfallen aus. Enge Pupillen.
(Opium!) Puls 164! Temperatur 37,6. Injektion von 0,0003, Atropin, sulfur.
(3 Striche einer Lösung von Atropin. 0,01; aqu. dest. 10,0.) Die Wirkung der
Injektion ist eklatant Im Verlaufe einer Viertelstunde, während welcher
sich die Pupillen allmählich erweitern, beruhigt sich Pat. vollständig, die Leib¬
schmerzen lassen nach.
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I. Originalbeitrfige.
357
Vormittags 10 Uhr: Pat. ist vollkommen schmerzfrei; kurz vorher wurde
ohne Schmerzen hellbrauner, anscheinend blutfreier Stuhl entleert. Puls 134.
Abends wiederum Leibschmerzen, aber von viel geringerer Intensität als am
Morgen. Im Stuhl etwas Blut. Zweite Injektion von 0,0003 Atropin. Gleich¬
zeitig Injektion von 30cbcm 10°/ 0 Gelatinelösung.
11. IX. Ausgezeichnete Nacht. Pat. schlief ohne alle Schmerzen ganz durch.
Puls 112. Temperatur 37,2. Abends Wohlbefinden.
12. IX. Nach einer guten Nacht und einem ebenso verlaufenen Tag ist
das Allgemeinbefinden abends wieder weniger gut. Frische Petechien an der
Bauchhaut, am linken Ellbogen und rechten Fuß. Keine Darmblutung. Etwas
Leibschmerzen, die durch eine dritte Atropininjektion sofort beseitigt werden.
Ziemlich heftige Schmerzen an der geschwollenen, nicht geröteten Einstichstelle
der Gelatineinjektion. Appetitlosigkeit hält an. Innerlich Gelatinelösung 1 E߬
löffel. Diese wird jetzt nicht mehr erbrochen und einige Tage noch weiter gegeben.
13. IX. Vorzügliche Nacht. Keinerlei Schmerzen mehr. Puls 92. Tempe¬
ratur 37,2. Zwei dünne, braune, anscheinend blutfreie Stühle.
Von diesem Tage ab besserte sich das Allgemeinbefinden ganz langsam, aber
stetig. Koliken oder Darmblutungen wurden nicht mehr beobachtet. Am hart¬
näckigsten blieb die Appetitlosigkeit bestehen. Dagegen traten im Verlaufe der
nächsten 3 Wochen 2 mal frische Petechien an den früher befallenen Stellen ohne
jede Nebenerscheinung auf. Am 12. X. konnte Pat. geheilt entlassen werden.
Während der ganzen Zeit zeigte das Herz keinerlei besondere Erscheinungen;
auch die Mundhöhle blieb vollkommen unbeteiligt. Im Urin niemals Eiweiß,
Zucker- oder Blutbestandteile.
Aus der Krankengeschichte geht zunächst deutlich hervor, daß
wir es wirklich mit einem Analogon jener von Henoch beschriebenen
Fälle von Purpura mit abdominalen Symptomen zu tun haben. Eine
akute Purpura rheumatica wird durch Hinzutreten von schweren ab¬
dominalen Symptomen, Anorexie, Erbrechen, Koliken und Darm¬
blutungen zu einer eigenartigen Erkrankung umgewandelt. Das nur
anfangs bestehende und mäßige Fieber, die Nichtbeteiligung des Herzens,
der negative Urinbefund lassen eine Sepsis ausschließen. Die in¬
testinalen Erscheinungen setzen am fünften Krankheitstage mit Appetit¬
losigkeit und Erbrechen ein. Letzteres hält hartnäckig 3 Tage an.
Am neunten Krankheitstage erst erscheinen heftige Kolik- und Darm¬
blutungen. Die Schmerzen erreichen ihren Höhepunkt am 14. Krank¬
heitstage, 7 Tage nach dem ersten Erbrechen. Während der Zeit
der Darmblutungen sistiert das Aufschließen von Hämorrhagien in
der Haut. Das von Henoch als charakteristisch bezeichnete Auf¬
treten der Symptome in Schüben zeigt sich deutlich nur bei den
Petechien in der Haut, von denen im ganzen vier größere Eruptionen
beobachtet werden, während der abdominale Symptomenkomplex fast
wie mit einem Schlage zum Stillstand kommt. Ich glaube dies als
Wirkung der Therapie auffassen zu dürfen.
Diese war anfänglich ebenso unsicher als erfolglos. Die Salizyl¬
säure blieb gegen die Gelenkschwellungen und Blutungen ohne Wirkung;
weder Koliken- noch Darmblutungen erfuhren durch Opium, Eisblase,
Eiswasser u. s. w. auch nur die geringste Besserung. Ergotin und
Gelatine per os werden erbrochen. Erst durch Atropin wird das
Bild wie mit einem Zauberschlage verändert. Die qualvollen
Schmerzen hören innerhalb weniger Minuten auf. Der Kranke, der
sich vorher mit schmerz verzogenem Gesicht im Bette wälzte, liegt
ruhig und zufrieden da; kurze Zeit darauf entleert er im Gegensatz
zu den schmerzhaften und blutigen Defäkationen der letzten Tage
ohne alle Beschwerden blutfreien Stuhl. Zwar folgen noch zwei
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358
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9.
schwache Attacken von Blutstuhl und Kolik, diese werden aber durch
je eine Atropininjektion wieder prompt beseitigt. Auf die Haut¬
blutungen hatte das Atropin scheinbar keinen Einfluß.
Die Wirkung des Atropins richtet sich in erster Linie auf die
Bewegungen des Darmes. Die unregelmäßige und krampfhafte Peri¬
staltik wird vermindert; sie wird nicht gelähmt, sondern wie der bald
darauf entleerte und gut geformte Stuhl zeigt, zu gleicher Zeit nach
der Richtung normaler Kontraktionen hin angeregt, reguliert.
Neben dieser krampfstillenden und regulierenden Wirkung offenbart
sich aber auch meines Erachtens in diesem Falle das von Hagen
angeführte Symptom der Atropindarreichung: die Verengerung der
Mesenterialgefäße, wodurch es zum Stillstand der Darmblutung kommt.
Die Blutungen in die Darmschleimhaut sind wohl das Primäre; durch
sie wird reflektorisch der Krampf der Darmmuskulatur erzeugt.
Würde das Atropin nur krampfstillend wirken, dann müßte nach wie
vor Blut im Stuhl zum Vorschein kommen. In dieser ischämisierenden
Wirkung auf die Mesenterialgefäße liegt das Spezifische in der An¬
wendung des Atropins bei He noch scher abdominaler Purpura. Ein
strenges Diätregime ist dabei selbstverständlich trotzdem notwendig.
Das Atropin erschien mir in diesem Falle nahezu lebensrettend,
denn hätten die Blutverluste noch eine Weile fortbestanden, so wäre
der schon sehr entkräftete Körper vermutlich unterlegen. Der voraus¬
gegangene gewohnheitsmäßige Alkoholgenuß des Knaben mag wohl
das seine zu dem raschen Verfall beigetragen haben.
Von der Wirkungsweise der Gelatine bekam ich in diesem Falle
kein recht klares Bild. Innerlich gegeben, wurde sie auf den Höhe¬
punkt der Krankheit sofort erbrochen und die Einspritzung machte
ich erst, nachdem das Atropin schon seine Wirkung getan. 1 ) Bemerkens¬
wert war die große und mehrere Tage anhaltende Schmerzhaftigkeit
der Injektionsstelle, obwohl dieselbe keinerlei Rötung oder Infiltration
zeigte.
II. Referate.
Ernst Burckhardt. Über paroxysmale Hämoglobinurie.
(Jahrbuch für Kinderheilkunde Bd. 57, Heft 5.)
B. hatte Gelegenheit, einen exquisiten Fall von paroxysmaler
Hämoglobinurie bei einem 6 Jahre alten Knaben zu beobachten. Die
dabei angestellte Untersuchung ergab, daß während des Anfalles
primäre Hämoglobinämie vorhanden war. Bei drei Anfällen wurden
J / 2 —2 Stunden nach Beginn der ersten Erscheinungen durch Einstich
mit einer Glasspritze in die Vena cubiti ca. 2—3 cbcm gewonnen,
sofort zentrifugiert, bis das Serum vollkommen klar abgeschieden war.
Alle drei Versuche ergaben deutliche Rotfärbung des Serums. Spektros¬
kopisch war Oxyhämoglobin nachzuweisen. 4malige Untersuchung
des Blutes in der anfallsfreien Zeit auf gleiche Weise zeigte jedesmal
klares, gelbes, hämoglobinfreies Serum. Eine an beiden Ohren während
eines Falles symmetrisch auftretende oberflächliche Gangrän lehrte, daß
*) Jedenfalls wird sie neben dem Atropin zu versuchen sein.
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II. Referate»
359
die Attacke mit einer Störung der Vasomotoren verknüpft war. Ausgelöst
wurden die Anfälle jedesmal nur durch Kälte, nicht aber durch Muskel¬
tätigkeit. B. versuchte des weitern an dem Pat. den Anteil, den die
Kälte und Stauung in ihrer Einwirkung auf das zirkulierende Blut hat,
und fand, daß Kälteeinwirkung auf die Hautoberfläche Hämoglobinämie
mit darauffolgender Hämoglobinurie hervorruft. Stauung bewirkt eben¬
falls schwache Hämoglobinämie, ohne daß Hämoglobin im Harn auftritt.
Wirksam ist dabei die mit der Stauung verbundene Temperaturherab¬
setzung, denn wird diese dadurch ausgeschaltet, daß die normale Körper¬
wärme künstlich erhalten wird, so zeigt sich keine Hämoglobinämie.
Stauung mit Kälte kompliziert wirkt demgemäß intensiver, als jedes
allein. Zum Auftreten der Krankheit gehört noch eine verminderte
Widerstandsfähigkeit des Blutes durch akute oder chronische Infektions¬
krankheiten. Zusammenfassend gibt B. folgende allgemeine Definition
zur Erklärung der Hämoglobinurie: die Kälte (in anderen Fällen
abnorme Muskeltätigkeit) ruft auf Grund einer abnormen Erregbarkeit
des vasomotorischen Systems bei dazu disponierten Individuen (Lues,
Malaria) solche Veränderungen im Blut hervor, daß es anfallsweise
zur Auslösung des Hämoglobins aus den roten Blutkörperchen und
zur Eliminierung desselben durch die Nieren kommt.
Hecker (München).
J. Comby. Neue Fälle von infantilem Skorbut
(Archives de med. des enfants, April 1903.)
Der Kinderskorbut oder die Barlowsehe Krankheit gehört zu
den oft verkannten Erkrankungen, was um so bedauerlicher ist, als
in den beizeiten erkannten Fällen eine richtige Therapie wahre
Wunder wirkt, während sonst die Kinder dem Tode entgegengehen
können. Als ätiologisches Hauptmoment findet man in diesen Fällen
die Tatsache, daß die Kinder ausschließlich mit verschiedenen Milch-
und Mehlkonserven genährt werden. Gärtnersehe Milch, sterilisierte,
maternisierte Milch können Skorbut bewirken und dürfte der Grund
in den Veränderungen, welchen die Milch bei allen diesen Präparationen
unterworfen ist, zu suchen sein. Als Hauptsymptome der Krankheit
sind harte Schwellungen der Glieder, verbunden mit großer Schmerz¬
haftigkeit derselben (schmerzhafte Pseudoparaplegie) zu erwähnen,
subperiostale Hämatome an den Tibien, Purpuraflecken und die
klassischen Skorbutveränderungen des Zahnfleisches, bestehend in
starker Schwellung, Ecchymosierung, Ulzerierung desselben mit Neigung
zu Blutungen, doch treten diese Veränderungen an der Mundschleim¬
haut oft später hervor und die kleinen Pat. werden erfolglos auf
Rheumatismus, Arthritis, Koxalgie, infantile Paralyse usw. behandelt.
Die erfolgreiche Therapie des Zustandes besteht in Weglassen der
Konservennahrung, Verabreichung von frischer gekochter Milch, von
etwas Erdäpfelpuröe, Trauben- oder Orangensaft, Saft von rohem Fleische
usw. Gleichzeitig harte Matratze und fleißiges Lüften des Zimmers.
C. rät, bei allen mit sterilisierter Milch oder sonstigen industriellen
Konserven ernährten Kindern auf der Hut zu sein, um gleich bei
Auftreten der ersten Skorbutsymptome zweckentsprechend einschreiten
zu können.
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E. To ff (Braila).
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360
Centralblatt ftlr Kinderheilkunde. No. 9.
E. Fuchsig. Zur Frage der diffusen septischen Magenblutungen.
(Aus dem k. k. Kaiser Franz Joseph-Spital in Wien.)
(Wiener klm. Wochenschrift 1903 No. 25.)
Es gibt eine septische diffuse Magenblutung, die am häufigsten
bisher bei Epityphlitis beobachtet worden ist. Aber auch im Ver¬
laufe anderer septischer Prozesse sah man schwere Magenblutungen
auftreten, während die Sektion nur vereinzelte, manchmal gar keine
Ulzerationen aufdeckte. F. erlebte bei einem an phlegmonöser
Epityphlitis erkrankten 13jährigen Knaben eine solche tödliche
Magenblutung. Es wurde die Schleimhaut mikroskopisch und histologisch
genau untersucht. Die makroskopische Untersuchung ergab neben in
der Schleimhaut liegenden, fast diffusen punktförmigen Hämorrhagien
auch die als hämorrhagische Erosionen bekannten Epitheldefekte;
wirkliche Ulzerationen fehlten. Dieser Befund wurde auch
histologisch bestätigt. Es fehlten also Befunde, die als Folgen der
fortschreitenden Selbstverdauung anzusehen wären, die Magen¬
blutungen mußten Folgen der septischen Intoxikation ge¬
wesen sein. Es ist also hier nicht etwa die Schleimhautnekrose
das Primäre, sondern es greifen auch in der Magenschleimhaut, wie
anderwärts bei septischen Blutungen, die Toxine die Gesäßwand an.
Die Blutung ist also die primäre und oft auch einzige Sequenz der
Toxinewirkung. Daß es in der Folge auch zur Geschwürsbildung durch
die Wirkung des Magensaftes kommen kann, ist natürlich, da ja nur
die intakte Zirkulation in der Magenwand die Selbstverdauung aufhält.
Die Wirkung der Toxine auf die Kapillaren ist wohl so zu denken,
daß die Alteration eine Durchlässigkeit der Kapillarschlingen für die
roten Blutzellen bewirkt, die Blutung also als hochgradige Diapedese
aufzufassen ist; unaufgeklärt bleibt noch, wie die ausgetretenen Blut¬
zellen auch durch die normale Schleimhaut an die Oberfläche gelangen,
ebenso wie noch die Frage offen steht, warum es überhaupt zu dieser
Art von Toxinewirkung kommt, da doch bei der Unzahl der septischen
Erkrankungen diese diffusen Magenblutungen zu den Seltenheiten
gehören. Grätzer.
Samuel S. Adams. Septic Endocarditis.
(Archives of Pediatrics, Dezember 1902.)
Ulzeröse Endokarditis im Kindesalter gehört zu den Raritäten
und verläuft fast ausnahmslos letal. Daß sie aber kein unwider¬
rufliches Todesurteil abgibt, beweisen die allerdings höchst spärlichen
Heilungsberichte. Eine sorgfältige Durchsicht der einschlägigen
Literatur hat unserem Autor 47 Fälle abgeworfen, sämtlich bei
Kindern unter 14 Jahren, mit lediglich drei Heilungen.
Sein eigener Fall betrifft ein ßjähriges, etwas schwächliches
Mädchen, ohne hereditäre Belastung, mit negativer Anamnese bis
ungefähr 4 Monate vor ihrer Aufnahme ins Hospital, als sie einen
Malariaanfall überstanden hatte. Aufgenommen am 1. Dezember 1899,
wieder wegen Malaria. Plasmodien im Blut nachgewiesen. Am
15. Dezember hohes Fieber, Dyspnoe, vorübergehende Bewußtlosig-
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II. Referate*
861
keit, Präkordialschmerz. Herzstoß diffus, wahrnehmbares Schwirren,
wenig vergrößerte Dämpfung. Lautes präsystolisches Geräusch an
der Spitze. Dasselbe besteht bis zum 18. Dezember und verschwindet
alsdann. Ein blasendes systolisches Geräusch tritt auf. Der zweite
Pulmonalton stark akzentuiert. Am 30. Dezember neuer Anstieg der
inzwischen normal gewordenen Temperatur und gleichzeitiges Auf¬
treten eines deutlichen Doppelgeräusches an der Spitze. Stark ver¬
größerte Herzdämpfung. Mitunter stürmische Herzaktion. Häufiges
Erbrechen, Schweiße, rote Flecken auf der Mundschleimhaut. Eine
Blutprobe, mit dem Kulturverfahren behandelt, zeitigt zahlreiche
Streptokokkenkolonien, nebst einem unbekannten Bazillus.
Status am 10. Februar: Stark vergrößerte Herzdämpfung, hebender
diffuser Stoß, lautes Geräusch an der Spitze, leichtes Reiben an
der Basis. Nun erkrankte das Kind an Keuchhusten, gefolgt von
Masern und kruppöser Pneumonie. Nachdem es diese überwunden
hatte, wurde es von schweren Windpocken heimgesucht. Es genas
auch diesmal und ist zur Zeit, wie Briefe in den Händen des Bericht¬
erstatters es schildern, ein gesundes, kräftiges Mädchen, tätig und
lustig, dem keiner seine lange Leidensgeschichte ansieht.
Leo Jakobi (New York).
C. E. S. Flemming, Notes on three pathological specimens.
(The Bristol medico-chirurgical Journal, September 1902, S. 222.)
Bei der Autopsie des 6jährigen plötzlich verstorbenen Knaben
fand sich eine abgebrochene Nähnadel, welche das Perikardium durch¬
drang und einen Einriß in die Pulmonalarterie gemacht hatte. Auf¬
fällig ist, daß das Kind die Nadel ohne Störung 2 Monate bei sich
getragen hatte. Schreiber (Göttingen).
Zuppinger. Zur Kenntnis der diffusen chronischen Myokarditis
bei Kindern.
(Archiv f. Kinderheilkunde Bd. 35, Heft 5 u. 6.)
Zwei Fälle chronischer Myokarditis bei Kindern, von denen der
eine im Gefolge einer schweren Rachendiphtherie 50 Tage dauerte,
sich lange Zeit nur durch verlangsamten unregelmäßigen Puls und
durch schlechte Füllung der Radialis kund gab und schließlich durch
eine fieberhafte Bronchitis zu Ende ging, während der zweite Fall
ein schweres und vielfach kompliziertes Leiden darrteilte, das sich
im Anschluß an eine — wahrscheinlich kruppöse — Pneumonie ent¬
wickelte und über ein Jahr andauerte. Im Vordergrund der sub¬
jektiven und objektiven Krankheitserscheinungen standen Stauungs¬
symptome, und zwar von seiten der Leber, der Lungen und des
Darmkanals; beiderseitige zeitweilig wechselnde Herzvergrößerung,
Ödeme, ununterbrochener, quälender Hustenreiz, psychische Unruhe
waren die hauptsächlichsten Symptome *im übrigen.
Bezüglich der Therapie der prognostisch stets ungünstigen chro¬
nischen Myokarditis hält Z. für das wichtigste, im akuten Stadium
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362
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9.
lange und strenge Femhaltung aller erhöhten Anforderungen an das
Herz zu beobachten; wochenlange absolute Bettruhe, entsprechend
geregelte Diät und Vermeidung psychischer Aufregung. Sauerstoff¬
inhalationen können manchen Kindern vorübergehend rechte Erleichte¬
rung bringen. Hecker (München).
A. Hecht. Über Sauerstoff inhalationen bei Kinderkrankheiten.
(Archiv f. Kinderheilkunde, Bd. 57, Heft 1.)
Neun diphtheritische Larynxstenosen wurden mit Sauerstoff be¬
handelt; davon zeigt sich nur bei zweien ein deutlicher Einfluß auf
die Atmung, insofern die stockende Respiration wieder in Gang kam.
Dagegen fiel die Pulsfrequenz ziemlich konstant ab, am ausgiebigsten
im Schlaf. Die pulsverlangsamende Wirkung tritt nicht ein, wenn
ein asphyktischer Anfall sich entwickelt. Meist schwindet auch die
Cyanose, oder wird viel geringer, doch vollzieht sich das erheblich
langsamer, als wenn durch irgend einen Zufall, z. B. durch einen
Hustenstoß, die Luftwege frei werden. In schwerster Asphyxie mit
maximal weiten Pupillen trat die günstige Wirkung der Inhalation
auch durch rasche Verengerung der Pupillen zu Tage. Unverkennbar
war bei vier Fällen von Bronchopneumonie die günstige Wirkung der
Inhalation auf das Herz.
Aus den Beobachtungen geht hervor, daß Tachykardie und ver¬
minderte Pulsspannung, wenn auch nur vorübergehend, durch Sauer¬
stoffinhalationen meist eine Besserung erfahren, ob nun Dyspnoe oder
eine sonstige toxische Ursache diesem Zustand zu Grunde liegt.
Merkwürdigerweise schwinden dabei die Zeichen der Dys¬
pnoe nicht, nur die Cyanose bessert sich. Der zugeführte Sauer¬
stoff kommt also zunächst dem Herzen zugute. Sauerstoffinhalationen
sind daher bei Krupp, Pneumonie usw. stets dann angezeigt, wenn
sich der Nachlaß der Herzkraft durch Tachykardie kund gibt.
Hecker (München).
J. Cassel. Statistische und ätiologische Beiträge zur Kenntnis
der Herzfehler bei Kindern.
(Zeitschr. f. klin. Medizin, Bd. 48, Heft 5 u. 6, 1903.)
Die ebenso umfangreichen wie gewissenhaften Studien des Verf.s
werden dem Praktiker nicht weniger wie dem Kliniker willkommen sein.
Das von C. zusammengestellte und eingehend beleuchtete Material
betrifft 107 von ihm beobachtete Fälle von Herzfehlern, die unter
rund 20000 kranken Kindern gesehen wurden (also 0,5 °/ 0 der Fälle).
Die Geschlechter schienen gleichmäßig beteiligt zu sein, da es sich
um 57 Knaben und 50 Mädchen handelte. 25 Fälle entfielen auf
das erste, 45, die höchste Zahl, auf das zweite und 35 auf das dritte
Quinquennium. Von den 107 Fällen waren 26 angeboren, 77 er¬
worben, zweifelhaft für die Beurteilung 4.
Die angeborenen Herrfehler (26 unter 107) bildeten mehr als
ein Viertel aller Fälle. Die Feststellung, ob angeborener oder er¬
worbener Herzfehler, hat nicht etwa bloß ein wissenschaftliches, sondern
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II. Referate.
363
wegen der beträchtlich ungünstigeren Prognose des Vitium cordis
congenitum auch ein erhebliches praktisches Interesse. Nur ein
kleinerer Teil der Träger des letzteren erlebt die Pubertätsjahre,
ein verschwindend geringer das Mannesalter.
Der alten Erfahrung entsprechend, daß von den in den ersten
4 Lebensjahren beobachteten Herzfehlern die angeborenen die über¬
wiegende Mehrzahl bilden, findet sich auch durch das Material des
Verf.s bestätigt, 19, also 2 / s der Fälle, gehörten dieser Altersklasse
an, während von 77 erworbenen Herzfehlern nur sechs dieser Alters¬
klasse angehörten. Von den 26 Fällen betrafen 13 Fälle Knaben und
13 Fälle Mädchen. Das am meisten charakteristische, weil ganz un¬
trügliche Symptom, das selbst beim Fehlen aller anderen Kennzeichen
die Diagnose mit Sicherheit stellen läßt, ist die Blausucht, wenn es
auch in manchen Fällen von angeborenen Herzfehlern fehlt. Unter
26 Fällen fand sie sich 17 mal. Die Cyanose stellt sich häufig erst
im späteren Kindes- oder Jünglingsalter ein. Weniger beweiskräftig
ist der Trommelschlägelfinger, den man auch bei chronischen
Lungenkrankheiten und bei der hypertrophischen Lebercirrhose bis¬
weilen vorfindet. Das Phänomen wurde in neun Fällen beobachtet,
bei denen sämtlich zugleich Cyanose bestand. Abnorm laute systolische
Herzgeräusche bei Säuglingen und kleinen Kindern sind ein nahezu
untrügliches Zeichen für die kongenitale Natur eines bestehenden
Herzaffektes. Der Timbre schwankt zwischen weichem Blasegeräusch
und raschem, sägenden, zischenden, ja dröhnenden Klangcharakter.
Alle diese Arten rauher Geräusche, so wie. die oftmals vernehmbaren
musikalischen Geräuschphänomene sind, wenn sie bei Säuglingen und
Kindern der ersten 2—3 Jahre Vorkommen, in diagnostischer Hinsicht
von größter Bedeutung. Derartige systolische Geräusche wurden
unter 26 Fällen bei 20 gehört, bei den übrigen sechs, von denen
fünf an typischer Blausucht litten (der sechste betraf eine Dextro-
kardie), wurden ganz reine Herzgeräusche wahrgenommen. Es be¬
stätigte sich also auch hier die öfters aufgestellte Behauptung, daß
ein vitium cordis congenitum nicht ganz selten ohne Geräuschbildung
am Herzen besteht. Systolisches Geräusch und Cyanose gemeinschaft¬
lich zeigten 12 Fälle. — Die Geräusche waren in acht Fällen über
dem ganzen Herzen gleichmäßig stark, 6mal am lautesten über der
Spitze, 5mal am ostium arteriosum dextrum, 1 mal am lautesten
über dem Ost. arteriös, sinitr. Die Vergrößerung des Herzens gehört
im Gegensatz zu den Befunden bei den erworbenen Herzklappenfehlern
der Kinder nicht zu den konstanten Erscheinungen der angeborenen
Anomalien, sie fand sich nur in 11 Fällen und betraf 8 mal — was
charakteristisch für die angeborenen Herzfehler ist — die rechte
Herzhälfte, die anderen 3 Male beide Hälften. Bei 14 Kindern konnte
keine Vergrößerung nachgewiesen werden.
Von den 77 Fällen mit erworbenen Herzfehlern betrafen 44 Knaben
und 33 Mädchen. Es fallen hier im Gegensatz zu den angeborenen
Herzfehlern nur sechs auf die jüngste Altersstufe, die andern auf die
späteren Lebensjahre.
Der akute Gelenkrheumatismus bildete die allerhäufigste Ursache
der das Vitium veranlassenden Endokarditis (62 °/ 0 ). Es handelte
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364
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9.
sich im ganzen um 68 Fälle von Polyarthritis rheumatica acuta und
sieben Fälle von akutem monartikulärem Rheumatismus, bei denen die
Diagnose per exclusionem et ex juvantibus gesichert wurde, zusammen
um 75 Fälle (42 Knaben, 35 Mädchen). Der Umstand, daß in den
ersten 4 Lebensjahren der Gelenkrheumatismus eine äußerst seltene
Beobachtung ist, erklärt wohl auch zum Teil die Seltenheit erworbener
Herzfehler auf dieser Altersstufe, denn von 75 Fällen von akutem
Gelenkrheumatismus blieben nur 24 von dieser Folgekrankheit frei.
Ferner erörtert C. die Beziehungen zwischen Rheumatismus,
Endokarditis und Chorea. Unter seinen Kranken waren im ganzen
38 Fälle von Chorea, und zwar 11 Knaben und 27 Mädchen, nie
konnte er Chorea bei Kindern unter 5 Jahren sehen. Von seinen
38 Pat. hatten nur 15 nachweisbar an Rheumatismus gelitten;
unter diesen wurde die Trias: Rheumatismus, Endokarditis, Chorea
bei im ganzen 9 Kindern festgestellt. Von den 77 Kindern mit
Herzklappenfehlern wurde bei zwölfen Chorea beobachtet. Nach
anderen Infektionskrankheiten wurde Chorea 7mal, nach Trauma
einmal beobachtet, dabei mit Klappenfehlern kombiniert nur 2mal,
Chorea und Klappenfehler ohne andere Ätiologie fand sich noch
einmal, Chorea ohne Klappenfehler und ohne sonstige Ätiologie
14mal. Jedenfalls verdankt, wenn nicht die Mehrzahl, so doch ein
großer Teil der Choreakranken das Übel anderen Ursachen als dem
zumeist angeschuldigten Rheumatismus. Verf. macht übrigens darauf
aufmerksam, daß in ‘manchen Familien eine gewisse Disposition zu
rheumatischen Krankheiten und Chorea derart besteht, daß einzelne
Familienmitglieder von der einen, andere von der anderen Affektion
befallen werden. Während die Chorea minor in der Regel den bei
Kindern üblichen milden Verlauf von 6—8—12 wöchentlicher Dauer
nimmt, hatte C. auch Gelegenheit, in zwei Fällen die in Deutschland
so seltene Form der Chorea paralytica zu beobachten.
Von anderen Affektionen, die nun den rheumatischen zu¬
zuzählen geneigt sind, beobachtete Verf. 15 Fälle von Purpura simplex
(einer mit Endokarditis, ein anderer mit Chorea einhergehend, während
bei 12 Fällen von Peliosis rheumatica, 11 von Morbus maculosus
Werlhofii und 19 von Erythema nodosum kein einziges Mal eine
Komplikation mit Endokarditis oder Chorea gesehen wurde.
Da die Gonorrhoe Erwachsener nicht so ganz selten zu Endo¬
karditis schwachen Grades führt, so wurden alle gonorrhoischen
Kinder (71 Mädchen und 11 Knaben) nach dieser Richtung sorgfältig
untersucht, aber stets mit negativem Resultat. Die anderen Infektions¬
krankheiten spielen für die Ätiologie der Endokarditis bei weitem
nicht die Rolle, wie der Rheumatismus, relativ die hervorragendste
noch der Scharlach (bei C. aber auch nur 4mal); Masern und Ab¬
dominaltyphus sind äußerst selten mit Endokarditis kompliziert.
Bei den kindlichen Klappenfehlern ist die Mitralis am häufigsten
betroffen (unter 77 Fällen 7 3 mal). 58 mal fand sich Insuffizienz,
12 mal Stenose und 3 mal Insuffizienz und Stenose gemeinschaftlich.
Präsystolische Geräusche wurden nicht vor dem siebenten Lebens¬
jahre an der Herzspitze gehört. Fehler am Ostium der Aorta wurden
nur 4 mal konstatiert (3 mal Insuffizienz, lmal Stenose).
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II. Referate.
365
Einiges Interesse verdient die Tatsache, daß neben frischer und
rekurrierender Endokarditis im ganzen 7 mal exsudative Pleuritis (5 mal
links, 2 mal rechts gesehen wurde. In drei Fällen wurde neben dem
Klappenfehler eine cerebrale Hemiplegie, wohl sicher embolischen
Ursprungs, festgestellt.
Von den 77 Kindern mit erworbenen Klappenfehlern sind 20
noch am Leben und erfreuen sich ungestörter Gesundheit, 13 sind
gestorben, das Schicksal der übrigen ist unbekannt. Jedenfalls geht
daraus eine Bestätigung der alten Annahme hervor, daß bei jugend¬
lichen Individuen Heilungen von Klappenfehlern nicht allzu selten
Vorkommen. Eschle (Sinsheim).
S. Middelton. Child with cardiac affection, the nature and
causation of which are in doubt
(The Glasgow medical jouraal, Oktober 1902, S. 292.)
Bei dem 8jährigen Knaben, der früher Masern und Keuchhusten
überstanden hatte, wurde zufällig ein Herzfehler entdeckt. Subjektive
Erscheinungen seitens des Herzens bestanden nicht, nur zuweilen soll
etwas Cyanose des Gesichts vorhanden gewesen sein. Über dem
Herzen bestand ausgedehnte Pulsation, aber kein Schnurren. Der
Spitzenstoß war im vierten Interkostalraum neben der Warze zu
f ühlen. Die Herzdämpfung reichte links bis zur Mammillarlinie, nach
oben bis zum zweiten Interkostalraum, nach rechts 2,5 cm über die
Mittellinie. Über dem Herzen hörte man, am lautesten an der Trikuspidalis,
ein systolisches Geräusch, das an der Spitze nur schwach hörbar, an
der Aorta und der Pulmonalis deutlicher, aber an der letzteren eben¬
falls schwächer hörbar ist. Das Geräusch pflanzt sich nach oben nicht
fort. Das Lungen waren frei. Urin normal. Das Geräusch spricht
für einen Trikuspidalinsuffizienz, doch fehlen die anderen Erscheinungen
und besonders ein ätiologisches Moment, M. denkt an eine kongenitale
Mißbildung des Ventrikelseptum, wenn auch die Cyanose nicht so aus¬
gesprochen ist und das Geräusch nach oben nicht fortgeleitet wird.
Schreiber (Göttingen.)
W. Carr. Contrasts between certain common diseases in
children and adults.
(The Edinburgh medical jouraal, Oktober 1902, S. 305.)
Nach einer allgemeinen Übersicht über die Symptomatologie ver- •
schiedener Erkrankungen bei Erwachsenen und Kindern, geht C. auf
einzelne Krankheiten genauer ein und bespricht zunächst die Unter¬
schiede zwischen dem Auftreten des akuten Rheumatismus in beiden
Lebensaltern und betont besonders, daß bei Kindern weit häufiger
Gelenkaffektionen fehlen und statt dessen Herzaffektionen auftreten.
Auch soll bei Rheumatismus im Kindesalter das Salyzil nicht so gut
wirken. Bei der Besprechung der Tuberkulose hebt er hervor, daß
der Ausgangspunkt derselben variiere, und daß die Ausbildung der¬
selben im kindlichen Alter schneller vor sich gehe. Damit hängt
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866
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9.
wohl zusammen, daß Kavernenbildung im kindlichen Alter seltener
ist, und daß die objektiven wie subjektiven Symptome der Tuberkulose
verschieden sind. Von den Erkrankungen des Herzens sind die an¬
geborenen dem kindlichen Lebensalter eigen, und von akquirierten
Herzfehlern ist der häufigste der Mitralfehler. Bei den Erkrankungen
des Magendarmkanals betont er mit Recht die oft im Gegensatz zu
der geringen Lokalerkrankung auffällig schweren Allgemeinerschei¬
nungen, während bei Typhus ein umgekehrtes Verhältnis herrscht.
Schreiber (Göttingen).
C. Hochsinger. Diagnostische Betrachtungen über drei seltene
Formen infantiler Kardiopathien.
(Jahrbuch für Kinderheilkunde, Bd. 57, Heft 1.)
Im ersten Falle handelt es sich um einen 9 Jahre alten Knaben
mit Cor bovinum acquisitum. Der Kranke zeigte Abflachung der
rechten und Vorwölbung der linken Thoraxhälfte, rhytmische herz¬
systolische Einziehungen an der linken vorderen und seitlichen Brust¬
wand, bei denen auch der Schwertfortsatz mit beteiligt ist; ferner fühl¬
bares systolischdiastolisches Schwirren, enorme Vergrößerung des
Herzens in beiden Anteilen, Dislokation nach links und Querlagerung
(Röntgenaufnahme). Die Diagnose lautete: Schwielige, tuberkulöse
Mediastinoperikarditis mit Obsoleszens des Herzbeutels und Ver¬
wachsung desselben mit der Brustwand. Enorme Herzhypertrophie
mit Insuffizienz der Mitral- und Aortenklappen, Verschiebung des
hypertrophischen Herzens nach links und Fixiertbleiben desselben in
der abnormen Lage durch tuberkulöse Schwarten. Obsolete tuber¬
kulöse Pleuritis.
Der zweite Fall betraf einen 13 Jahre alten Knaben: exzessive
dilatatorische Hypertrophie beider Herzventrikel (Cor bovinum); systo¬
lisches Schwirren im zweiten Interkostalraume mit stark abklappendem
zweiten Pulmonalton; weit nach links vom Sternum reichende Dämpfung,
die der Herzdämpfung kappenförmig aufgesetzt scheint. Diese Symp-
tomenkette entspricht einem offen gebliebenen Ductus arteriosus
Botalli. Aus der linksseitigen Herzhypertrophie und dem kleinen
Kruralpuls schließt H. auf eine angeborene Stenose des Isthmus
der Aorta. Das Vorhandensein eines Kollateralkreislaufes wird durch
das Röntgenbild wahrscheinlich gemacht, in welchem scharf begrenzte,
seitlich vom Schlüsselbeinrande verlaufende, nach abwärts ziehende
Streifen auf eine erweiterte Arteria mammaria interna deuten.
Der dritte Fall zeigt ein sehr kompliziertes Symptomenbild, be¬
züglich dessen ich auf das Original verweise; es führte zur Annahme
einer fehlerhaften Septierung des Truncus arteriosus com¬
munis: Transposition der Arterienursprünge mit rudimentärer Ent¬
wicklung des Aortenanfanges und vikariierender Erweiterung der
Pulmonalis bei gleichzeitig offenem Ductus Botalli.
Hecker (München).
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II. Referate.
367
Paul Geipel. Weitere Beiträge zum Situs transversus und zur
Lehre von den Transpositionen der großen Gefäße des Herzens.
(Archiv für Kinderheilkunde Bd. 35, Heft 3 u. 4.)
Ein Fall von partiellem Situs solitus (einkammeriger Bau
des Herzens) bei Anlage des Gesamtorganismus im Sinne des Situs
transversus. Auffallend war dabei die stark poröse Herzmuskulatur.
Ein Fall von partiellem Situs transversus: Lagerung von Magen
und Milz im rechten Hypochondrium, partieller Situs transversus der
Leber, Dickdarm in linker Leibeshälfte, multiple Obliterationen des
Dünndarms, Achsendrehung. Eine eigentliche fötale Peritonitis war
dabei nicht vorhanden. Weiterhin das Herz eines 25jährigen Mäd¬
chens mit einer sogenannten korrigierten Transposition der
großen Gefäße (Aorta links vorn, Pulmonalis rechts hinten). Die
interessanten anatomischen und entwickelungsgeschichtlichen Aus¬
führungen des Verf. über diese Fälle sind nicht zu kurzem Referat
geeignet. Hecker (München).
De la Camp. Familiäres Vorkommen angeborener Herzfehler,
zugleich ein Beitrag zur Diagnose der Persistenz des Ductus
arteriosus Botalli.
(Aus der II. med. Universitätsklinik in Berlin.)
(Berliner klin. Wochenschrift 1903 No. 3.)
Bei 6 Geschwistern ein übereinstimmendes, wenn auch nicht gleich
stark und völlig gleichartig entwickeltes Krankheitsbild, dessen Symp¬
tome aber sämtlich auf das Vorhandensein eines offenen Duktus allein
hinwiesen. Dafür sprach die links neben dem Sternum der Herz-
dämpfung aufgesetzte unregelmäßige, schmale Dämpfung, über der
ein (schräg verlaufendes) systolisches Schwirren und der verstärkte
Pulmonalklappenschluß fühlbar, ein systolisches Geräusch, das sich
in die Aortenbahn ebenso wie in die Lungengefäße fortpflanzt, und
ein verstärkter zweiter Pulmonalton hörbar ist, ferner die Hyper¬
trophie des rechten Herzens, die fehlende Cyanose, die nur während
der jeweiligen eigentümlichen Anfälle auftritt (auch Trommelschlägel¬
finger fehlen) und nicht am wenigsten das eigentümliche Röntgenbild,
das sich zeigte.
Jedes hereditär wichtige Moment in der Aszendenz fehlte. Eltern
und Großeltern waren nicht blutsverwandt, keinerlei Anomalien, auch
keine erworbenen oder angeborenen Herzfehler lagen vor, auch Lues
war nicht nachweisbar. Gr ätz er.
E. Dokuszajewa, Über die Bedeutung der Ungleichheit des Pulses
für die Diagnose der Persistenz des Ductus arteriosus Botalli.
(BolnitschDaja Gaseta Botkina 1903 No. 1.)
Bereits im Jahre 1891 machte Dr. D. Sokoloff auf ein Symptom
aufmerksam, welches die Diagnose des Offenbleibens des Ductus arte¬
riosus Botalli schon intra vitam bedeutend zu erleichtern vermag
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368
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9.
und sogar die Richtung erkennen läßt, in welcher sich das Blut bei
persistierender Kommunikation zwischen Aorta und Art. pulmonalis
hinbewegt. Es handelt sich nämlich um Ungleichheiten des Pulses
an den symmetrischen peripheren Arterien der oberen Körperhälfte.
Das bezeichnete Symptom ist bisher völlig unbeachtet geblieben, und erst
die Verfasserin der in der Überschrift genannten Arbeit lenkt wiederum
die Aufmerksamkeit auf diese Erscheinung. In ihren beiden Fällen
bestand das Grundleiden in einem Offenbleiben des Ductus arteriosus
Botalli infolge von angeborener Stenose des Pulmonalostiums. Das
klinische Bild setzte sich zusammen: 1. aus einer bedeutenden Hyper¬
trophie des rechten und einer geringem des linken Ventrikels; 2. aus
einem lauten, die Systole und Diastole umfassenden Geräusch, das
besonders deutlich über dem Sternum, über der Ansatzstelle des
vierten Rippenknorpels, zu hören war, und 3. aus einer Ungleichheit
in der Stärke des Pulses an den peripheren Arterien des Kopfes
und der oberen Extremitäten rechts und links. Der Umstand, daß
die Pulswelle in den symmetrischen Arterien der obern Körperhälfte
von ungleicher. Stärke war, findet seine Erklärung darin, daß infolge
der vorhandenen Kommunikation ein Teil des Blutes aus der Aorta
in die Arteria pulmonalis übertrat; demgemäß sank auch, der im
Aortensystem herrschende Blutdruck, und in die linke Karotis und
Subklavia gelangte eine geringere Blutmenge als in den Truncus
anonymus, was eine geringere Spannung und einen schwächern Puls
in den peripheren Arterien links bedingte. Entsprechend der ver¬
minderten Blutmenge war auch die linke Körperseite im Vergleich mit
der rechten ungenügend ernährt und in der Entwickelung weit zurück¬
geblieben. A. Dworetzky (Moskau).
A. Jacquier. Vorübergehende Verlangsamung und Arythmie
des Pulses beim Kinde.
(Inaugural-Dissertation, Paris, April 1902.)
Langsamkeit und Arythmie des Pulses ist bei Kindern kein
seltenes Vorkommnis und man darf aus diesen Symptomen keine
allzu pessimistischen Schlüsse ziehen. In der Rekonvaleszenz nach
fieberhaften Krankheiten ist sehr oft ein verlangsamter und unregel¬
mäßiger Puls zu beobachten und sogar als ein gutes Zeichen an¬
zusehen; fehlt er, so sind Rezidive zu befürchten. In anderen
Fällen findet man als Ursachen der in Rede stehenden Pulsverände¬
rungen: verschiedene Vergiftungen, Erkrankungen des Magendarm¬
traktes, Würmer, Anämie, rasches Wachstum, Neurosen (Chorea,
Hysterie, Urininkontinenz) usw. In allen diesen Fällen handelt es
sich um vorübergehende Störungen der Herzinnervation auf direktem
oder reflektorischem Wege. E. To ff (Braila).
W. v. Starck. Zur Kenntnis des Vorko mm ens des Stokes-
Adam sehen Symptomenkomplexes im Kindesalter.
(Monatsschrift für Kinderheilkunde, 1903, April).
Ein bis dahin ziemlich gesunder öjähriger Knabe wird plötzlich
von Ohnmacht, dann allgemeinen Krämpfen und Bewußtlosigkeit be-
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IL Referate.
369
fallen. Pat. behält intensive Kopfschmerzen zurück, es findet sich
hochgradige Pulsverlangsamung und leichte Benommenheit. Man
mußte an den Beginn einer Meningitis denken. Lumbalpunktion fällt
völlig negativ aus. Der Puls bleibt dauernd zwischen 28—44 (meist
36), es ist zunehmende Vergrößerung der Herzdämpfung zu konstatieren.
Die Anfälle, wie im Beginn des Leidens, wiederholen sich noch 2 mal,
bei einem vierten Anfall, der 5 Monate nach dem ersten auftritt,
erfolgt Exitus letalis. Bei der Sektion ergeben sich als wesentliche
Befunde: Erhebliche Hypertrophie des Herzens, hochgradige Schwellung
der Bronchialdrüsen, allgemeine Hyperplasie des lymphatischen Appa¬
rates; nichts, was die Erscheinungen in vivo, nichts, was den plötz¬
lichen Tod erklären konnte.
Der Fall entsprach ganz dem Krankheitsbilde, welches C har cot
mit dem Namen „Pouls lent permanent avec attaques syncopales et
öpileptiformes“, Huchard später als Stokes- Ad am sehe Krankheit
bezeichnete. Ätiologisch macht Verf. die doppelseitige Bronchial¬
drüsentumoren verantwortlich, welche eine Vaguskompression ver-
anlaßten. Daß letztere Langsamkeit des Pulses, Ohnmachts- und
epileptiforme Anfälle hervorrufen kann, lehren andere Beobachtungen.
* Grätzer.
Arthur Bär. Schwellung der peripheren Lymphdrüsen im
Säuglingsalter.
(Aus dem Karolinen-Kinderspital in Wien.)
(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 56, Heft 6.)
Es handelt sich hier nur um die einfache chronische Lymphdrüsen¬
entzündung, welche nach der Anschauung Vieler nur durch irgend
eine vorausgegangene Erkrankung entstanden sein könne. Aus dem
mitgeteilten Befunde ist ersichtlich, daß bei Kindern, die zweifellos
nie einen Darmkatarrh durchgemacht hatten, an verschiedenen
Körperstellen erbsen- bis bohnengroße Drüsen nachgewiesen werden
konnten. Im allgemeinen besteht wohl ein Zusammenhang zwischen
Inguinaldrüsenschwellung und Darmkatarrh; universelle Drüsen¬
schwellung kommt dagegen nur bei allerschwersten, mit Atrophie
einhergehenden Enteritiden vor. Die Frage, ob Rachitis Drüsen¬
schwellung erzeugen kann, darf als noch nicht gelöst betrachtet
werden. Exzessive Drüsenschwellung kommt jedenfalls nicht vor.
Bei hereditärer Syphilis sind die Drüsen auffallend weniger be¬
teiligt als bei der akquirierten Syphilis der Erwachsenen. Zwischen
ausgedehnten Hautaffektionen und den entsprechenden regionären
Drüsen besteht selbstverständlich ein Zusammenhang, doch ist er
nicht immer leicht zu erkennen, da die Drüsenschwellung sehr mini¬
mal sein kann. Im ganzen fand B. unter 350 Kindern des Kinder¬
spitals, wie auch unter 25 Neugeborenen keines ohne fühlbare Drüsen.
Die Tastbarkeit der peripheren Drüsen bedeutet im Säug¬
lingsalter an sich nichts Pathologisches und setzt eine vorher¬
gegangene Erkrankung nicht notwendigerweise voraus.
Hecker (München).
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370
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9.
J. V. Drozda. Ein aparter Fall von akuter Leukämie (Sarko-
matosis leukaemica).
(Aus dem k. k. Kaiser Franz Joseph-Spital in Wien.)
(Wiener med. Wochenschrift 1903 No. 9.)
Bei dem 12jährigen Pat. ergab die Sektion bemerkenswerte Ver¬
hältnisse. Es fand sich eine geradezu enorme Hyperplasie
nahezu des gesamten adenoiden Gewebes, besonders am
Digestionstrakte, zu der noch, abweichend von dem sonst ge¬
wohnten Verhalten, eine analoge Wucherung an der Außenfläche
der Dura mater sich hinzugesellte, welche sogar zu einer partiellen
Usur des Schädeldaches geführt hatte.
Im auffälligen Gegensätze zu dieser mächtigen Hyperplasie nahezu
des gesamten Lymphapparates erschien dagegen die Milz nur in
verhältnismäßig geringer Weise in Mitleidenschaft gezogen.
Die adenoiden Wucherungen waren im Magen, dem Duodenum und
dem oberen Jejunum ganz besonders dicht geordnet, in der nach ab¬
wärts laufenden Partie des Digestionstraktus nahmen dieselben grada-
tim in mäßig abnehmender Weise allmählich ab und waren sohin
z. B. an der Flexur nur mehr spärliche Follikelschwellungen erweis¬
bar. Die Leber selbst wurde allerdings sehr stark vergrößert
vorgefunden. Das Knochenmark zeigte keine besonders hochgradigen
Veränderungen.
Aus dem Blutbefunde wäre hier die ganz auffällige überwiegende
Mehrzahl von ausnehmend großen Leukocyten hervorzuheben. .
Auf Grund dieser Verhältnisse sieht Verf. den Fall als Über¬
gangsstufe zwischen echter „akuterLeukämie“und„Lympho-
sarkom“ an und spricht von „Sarkomatosis leukaemica“.
Grätzer.
L. K. Glinski. Zur pathologischen Anatomie der akuten
Lymphämie.
(Aus dem pathol. anatom. Institut in Krakau.)
(Virchows Archiv, Bd. 171, Heft 1, Januar 1903.)
Bei einem einjährigen Knaben wurde Tränenfluß und Verklebung
der Augenlider bemerkt. Nach einigen Wochen gesellte sich zu diesen
Beschwerden ein stetig zunehmender Exophthalmus. Gleichzeitig
wurde das Kind blasser, es magerte erheblich ab, Erbrechen und
Durchfälle traten auf. Der damals erhobene Befund ergab: allgemeine
Abmagerung. Die Hautdecken blaß, trocken und gefaltet. Die Nacken-
und Unterkieferdrüsen stark vergrößert, etwas weniger die axillaren
und inguinalen Drüsen. Die Herztöne rein, aber sehr schwach. Die
Leber nicht palpabel, dagegen die Milz unter dem Rippenbogen deut¬
lich fühlbar, vergrößert und hart. Der Bauch aufgetrieben, Bauch¬
decken gespannt. Körpertemperatur 38,2° C. Das Verhältnis der
weißen zu den roten Blutkörperchen wie 1:5 (180416 weiße, 918750
rote Blutkörperchen). Der Hämoglobingehalt auf 21 °/ 0 gesunken.
Kurze Zeit nach der Untersuchung starb das Kind unter Symptomen
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II. Referate.
371
von Lungenentzündung und Herzschwäche. Die Sektion zeigte alle
Lymphdrüsen vergrößert, insbesondere die Halsdrüsen, welch letztere
große Pakete bildeten. Das Knochenmark der Röhrenknochen deut¬
lich rot. In den peripherischen Gefäßen, ebenso wie in den Venen¬
sinus und im Herzen findet sich teils blaßrotes, flüssiges Blut, teils
blasse gallertartige, lockere Blutgerinnsel An den Rippen fielen an
der Stelle der Verbindung der Rippenknorpel mit dem Knochen Ver¬
dickungen auf, die fast das Bild eines rachitischen Rosenkranzes
vortäuschten, sich jedoch von den rachitischen Verdickungen durch
ihre mehr spindelförmige Gestalt unterschieden. Die mikroskopische
Untersuchung ergab die leukämische Natur dieser Gebilde und zeigte
weiter, daß sich am Herzen ausgebreitete zirkumvaskuläre leukämische
Infiltrate befanden, die stellenweise tief in den Muskel eindrangen.
Neben den anderen, gewöhnlich bei Leukämie auftretenden Ver¬
änderungen zeigten sich noch kleinere Infiltrate an den weichen Hirn¬
häuten. — Die Entstehung der sogenannten heteroplastischen Lymphome
ist auf zweierlei Weise denkbar: die eine Art verdankt ihr Entstehen
den sich vermehrenden, aus dem Blute stammenden Lymphozyten, die
anderen dagegen bilden sich aus an dieser Stelle präexistierenden
Gewebselementen. S c h r i d d e (Erlangen).
Giovanni Racchi. Beitrag zur Behandlung der infantilen
linealen Anämie.
(La Pediatria, No. 2, 1903.)
Verf. ist der Ansicht, daß die lineale Anämie des Kindesalters
eine von der Leukämie durchaus verschiedene Affektion ist und einen
morbus sui generis infektiösen Charakter darstellt. Er hat die drei
Fälle, die er hier mitteilt, mit dem von Gautier empfohlenen Methyl¬
arsenpräparat (Metharsol Bonty) behandelt, und zwar hat er es teils
in Form von subkutanen Injektionen — täglich 1 / 2 Pravatzspritze —
angewandt, teils per os gegeben in steigenden Dosen von täglich
10—30 Tropfen. In allen drei Fällen war der Erfolg ein aus¬
gezeichneter; die Blutuntersuchung ergab in dem einen ein Steigen
der Zahl der roten Blutkörperchen von 2 Millionen auf 5 Millionen,
eine Abnahme der weißen von 21650 auf 10600. f.
J. Steinhaus. Uber eine eigenartige Form von Tuberkulose
des lymphatischen Apparates.
(Aus dem jüd. Krankenhause in Warschau.)
(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 12.)
S.’ Fall zeigt wieder, daß unter dem Bilde von Pseudoleukämie
oder Lymphosarkomatose Prozesse verborgen sein können, die wir
mit großer Wahrscheinlichkeit auf Tuberkulose zurückführen können,
und die mit Pseudoleukämie und Lymphosarkomatose nichts zu tun
haben.
Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII. Digitized by QoPgle
372
Ccntralblatt für Kinderheilkunde. No. 9.
Ein 14jäbriger Junge kam mit Zeichen beginnender Lungen¬
tuberkulose, sowie mit vergrößerten Hals- und Achsellymphdrüsen
ins Spital. Die Dämpfung über den Lungen verbreitete sich all¬
mählich, gleichzeitig fiel eine allmählich zunehmende Vorwölbung des
oberen Abschnittes des Brustkorbes links vom Brustbein, eine un-
gewöhnliche Füllung der subkutanen Venen in derselben Region und
eine immer fortschreitende Vergrößerung der Lymphdrüsen auf. Pat.
starb bald. Bei der Sektion fand sich ein Mediastinaltumor, welcher
die Thymus eingenommen und kolossal vergrößert hatte, in der Leber
und Milz metastatische Knoten, bedeutende Vergrößerung aller Lymph¬
drüsen der oberen Körperhälfte. Die mikroskopische Untersuchung
des Tumors, wie der Knoten der Leber und Milz ergab dasselbe Bild:
Tuberkulose, kombiniert mit einem eigenartigen Prozeß, der nicht
anders als ein entzündlicher gedeutet werden konnte. Für diesen
Prozeß ist die ausschließliche Ausbreitung im lymphatischen Apparat
und in Organen, die an lymphatischem Gewebe reich sind, bei gleich¬
zeitigem Vorhandensein von typisch tuberkulösen Veränderungen in
den Produkten der entzündlichen Wucherung, wie auch außerhalb
derselben, charakteristisch. Sternberg hat früher Beobachtungen
veröffentlicht, in denen klinisch die Diagnose auf Pseudoleukämie
(oder Lymphosarkomatose) gestellt war, während das Mikroskop dann
die gleichen Veränderungen aufdeckte, wie in S.s’ Fall. Diese Fälle
machen es sehr wahrscheinlich, daß eine eigenartige Tuberkulose
des lymphatischen Apparates existiert, welche durch immense Wuche¬
rung von Bindegewebe charakterisiert wird, in welchem es zur Bildung
auffällig großer, manchmal mehrkemiger Zellen kommt. Die meisten
Fälle von Pseudoleukämie sind gewiß solche „eigenartige Tuberkulose“
gewesen. Wodurch der eigentümliche Verlauf und das eigenartige
mikroskopische Bild bedingt wird, das ist allerdings bis jetzt noch
dunkel. Gr&tzer.
J. Petruschky (Danzig). Spinalgie als Frühsymptom tuber¬
kulöser Infektion.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 9.)
Nach P.s Ansicht geht der tuberkulösen Lungenerkrankung eine
Infektion der Lymphdrüsen in der Regel voraus; die Drüsenerkrankung
ist also das Primäre, die Lungengewebsinvasion das Sekundäre. Auch
Ribbert fand, daß in den meisten Fällen tuberkulöser Lungen¬
erkrankung eine vorgeschrittenere, also sicher ältere Erkrankung der
Bronchialdrüsen vorlag. Dies stimmt durchaus überein mit den Be¬
obachtungen, die P. selbst zu machen Gelegenheit hatte (zum Teil
im Kochschen Institut); er hat bei junger Lungentuberkulose immer
den Eindruck gehabt, daß die Erkrankungen der Bronchial drüsen
älter waren. Das geeignetste Beobachtungsmaterial bilden wohl
Kinderobduktionen. Denn auch das glaubt P. aus allen bisherigen
Beobachtungen schließen zu können, daß die große Mehrzahl der
Tuberkulösen den Keim der Krankheit bereits im Kindesalter erwirbt
und ihn jahrelang in Lymphdrüsen herumträgt, bevor die Lunge er¬
griffen wird.
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II. Referate.
373
Aber wie diagnostizieren wird die primäre tuberkulöse Erkrankung
der Bronchialdrüsen? Als Merkmale werden angegeben: gesteigerte
Pulsfrequenz, pertussisähnlicher Husten (selbst Erbrechen), heisere
Stimme (Stimmbandlähmung), Dyspnoe, Venenstauungen, Pupillen¬
differenz. Diese dürfte man aber wohl meist erst bei hochgradiger,
durch vorgeschrittene Lungentuberkulose gesteigerter Bronchialdrüsen¬
erkrankung antreffen, kaum aber bei primärer Tuberkulose der Bronchial¬
drüsen, auf deren früher Erkennung es hier ankommt. Als subjektive
Verdachtssymptome werden da häufig Schmerzempfindungen zwischen
den Schulterblättern angegeben. Husten kann vorhanden sein, aber
auch fehlen. An den Lungen ist objektiv nicht das mindeste nach¬
zuweisen. Ist der Lungenbefund aber völlig negativ, so gewinnt jedes
Symptom, das auf Bronchialdrüsentuberkulose hinweist, Bedeutung.
Daher möchte P. nochmals auf die Spinalgie hinweisen, die typische
Druckempfindlichkeit bestimmter Rückenwirbel.
Bei Abtastung der Processus spinosi zeigt sich mehr oder weniger
große Empfindlichkeit einiger Dornfortsätze gegen Druck, während
die übrigen nicht empfindlich sind. Die schmerzhaften Wirbel —
sie liegen meist zwischen 2.—7. Rückenwirbel — stehen häufig ein
wenig hinter dem Niveau der übrigen zurück. Bei der Abtastung
hat der untersuchende Finger oft den Eindruck, als seien die empfind¬
lichen Dornfortsätze etwas breiter, weicher und elastischer, als die
übrigen. Das Symptom hat freilich nur diagnostischen Wert, wenn
der Empfindlichkeitsunterschied ganz deutlich ist und bei jeder
Betastung in gleicher Weise angegeben wird. In einer Reihe von
Fällen wurde der durch Spinalgie bei negativem Lungenbefund
erweckte Verdacht auf Bronchialdrüsentuberkulose durch typische
Tuberkulinreaktion gestützt, während in keinem der Fälle eine wirk¬
liche Wirbelkaries zum Ausbruch kam. Bis jetzt hat P. 79 Fälle
von Spinalgie gesammelt mit gleichzeitiger Prüfung mit Tuberkulin.
Von diesen reagierten nur zwei nicht, während 77 (32 bei Kindern
unter 16 Jahren, 45 bei Erwachsenen) typisch reagierten. Nur in
14 dieser Fälle war auch eine Lungenerkrankung durch spärlichen
Bazillenbefund nachweisbar. Bei vorgeschrittener Tuberkulose der
Lungen fand P. fast nie Spinalgie. Andererseits hat er 26 Fälle
gesammelt, in denen die Prüfung auf Spinalgie negativ ausfiel, die
Tuberkulinprobe dagegen positiv bei negativem Lungenbefunde, aber
anamnestischem Tuberkulose verdacht. Ein unfehlbares Mittel zur
Diagnose der Bronchialdrüsentuberkulose ist also die Spinalgie nicht,
wohl aber ein wichtiges Glied in einer Kette anderer Verdachts¬
symptome.
Über das Vorkommen der Spinalgie im Kindesalter konnte P.
gelegentlich von Schüleruntersuchungen folgendes konstatieren: Spinalgie
fand sich bei sieben von 164 Knaben (5 °/ 0 ), bei 28 von 121 Mädchen
(23°/ 0 ), im ganzen also bei 37 von 285 Kindern (13°/ 0 ). Daß Bronchial¬
drüsentuberkulose bei der Mehrzahl dieser 37 Kinder vorlag, erschien
auch aus anderen Gründen wahrscheinlich. Immerhin ist der Prozent¬
satz der positiven Befunde ein wesentlich geringerer als bei der
Tuberkulose der Halslymphdrüsen, die sich bei etwa 85°/ 0 fand. Die
Tuberkulose der Bronchialdrüsen im Kindesalter dürfte daher die
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374
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9.
wesentlich seltenere, allerdings auch, wegen Gefährdung der Lungen,
die bedenklichere der beiden Drüsenerkrankungsformen sein. P. ver¬
mutet, daß häufig erst im Pubertätsalter eine Infektion der Bronchial¬
drüsen von anderen Lymphdrüsen aus erfolgt. Gr ätz er.
F. M. Pottenger. A study of tuberculous Infection etc.
(New York medical Journal, den 21. März 1903.)
Es ist sehr wahrscheinlich, meint P., daß zahlreiche Fälle von
Tuberkulose bei Erwachsenen ihren Ursprung in einer Infektion
während der Kinderjahre haben. Daher verdient die Schwindsucht
im Kindesalter ein eingehenderes Studium, als ihr bisher zuteil ge¬
worden ist. Schon heutzutage gestattet das vorhandene statistische
Material folgende Behauptungen:
1. Tuberkulose kommt häufig im Kindesalter vor. Von Kindern,
die während der letzten 3 Monate ihres ersten Lebensjahres sterben,
gehen 25 °/ 0 an dieser Seuche zugrunde. Auch im zweiten und dritten
Lebensjahr fordert die Schwindsucht zahlreiche kindliche Opfer.
2. In nahezu allen Fällen von Tuberkulose sind die Lymphdrüsen
affiziert, und zwar findet man Beweise dafür, daß oft hier die Primär¬
infektion stattgefunden hat.
3. Nahzu alle Kinder zeigen in den ersten Jahren vergrößerte
Drüsen, von denen etwa 60—70°/ o tuberkulös sind.
4. Ein großer Prozentsatz solcher Kinder erkranken später an
Tuberkulose, die ihren Ursprung wahrscheinlich in diesen Drüsen
nimmt.
Der kindliche Organismus bietet den Tuberkelbazillen viele be¬
queme Eintrittspforten. Die jungen Gewebe sind saftig und besitzen
eine geringe Widerstandsfähigkeit; Bazillen werden eingeatmet, ver¬
schluckt, vielleicht durch offene Wunden aufgenommen; sie dringen
in die Lymphdrüsen ein und werden in den Lymphdrüsen abgelagert.
Nebenbei sei bemerkt, daß die Mandeln und das adenoide Gewebe
des Nasenrachenraumes bewiesenermaßen als Eintrittspforte für die
Bazillen dienen können. Die Gewohnheiten der Kinder erleichtern
die Infektion. Auf den Boden spielend, führen sie ihre schmutzigen
Händchen beständig in den Mund und infizieren sich mit Bazillen.
(Bei 66 daraufhin untersuchten kleinen Kindern fanden sich bei 14
Tuberkelbazillen im Unternagelraum.)
Ein weiterer Punkt verdient Beachtung. Die Infektion mit
Tuberkelbazillen findet am häufigsten zu einer Zeit statt, in welcher
die Kinder am meisten katarrhalischen Magen- und Darmerkrankungen
ausgesetzt sind, d. h. während der ersten 2 Lebensjahre.
Aus diesen Betrachtungen geht die enorme Wichtigkeit der
Prophylaxe im Kindesalter klar hervor. Die Pflege und Ernährung
der Kinder lassen noch vieles zu wünschen übrig. Man sollte mehr
auf Hebung der Widerstandsfähigkeit der Kleinen achten. Ist aber
einmal die Krankheit in Drüsen, Knochen, Lungen oder anderswo
zum Vorschein gekommen, so gehe man an eine energische Therapie
heran. _ Leo Jakobi (New York).
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II. Referate.
875
Dp. Bezy. Contribution ä la Tuberkulose infantile.
(Annales de M6d4cine et Chirurgie, No. 18, 15. September 1902.)
Nach einigen einleitenden Bemerkungen über Heredität und Be¬
deutung der Prophylaxe der kindlichen Tuberkulose sowie über die
Häufigkeit und die verschiedenen Formen derselben, geht B. zu
seinem eigentlichen Thema über und sucht zu beweisen: 1., daß die
Diagnose der kindlichen Tuberkulose zeitweise sehr schwierig sei und
oft erst durch die Autopsie gestellt würde, daß dieselbe somit in
Frankreich weit häufiger sei, als man annähme, und 2., daß man
mehr gegen diese kindliche Tuberkulose tun müsse.
Die Schwierigkeiten der Diagnose haben bereits bei einigen
Autoren Beachtung gefunden. B. führt als weiteren Beweis für die¬
selben fünf Beobachtungen an, von denen vier bereits von Philippe
und Auxion mitgeteilt worden sind. Bei drei von den zunächst im
Auszuge mitgeteilten vier Krankheitsfällen war überhaupt nicht an
eine Tuberkulose gedacht worden. Es standen vielmehr im Vorder¬
grund der klinischen Erscheinungen die Zeichen der Pädatrophie und
Magendarmstörungen. Bei der Autopsie fanden sich dagegen aus¬
gedehnte tuberkulöse Veränderungen der Drüsen, besonders des
Mesenteriums und geringere Pulmonalveränderungen. Nur in dem
vierten Fall war eine Erkrankung der tracheo-bronchialen Lymph-
drüsen angenommen worden. Die Sektion ergab dagegen eine Kom¬
pression des rechten Bronchus durch Drüsen und eine ausgedehnte
Tuberkulose der Mesenterialdrüsen. Die fünfte Beobachtung betrifft
ein hereditär tuberkulös belastetes Kind. Das Vorhandensein von
Dämpfung und Bronchialatmen in Verbindung mit stark schwankendem
Fieber, sowie die Röntgenuntersuchung führten anfangs zu der Diagnose
eines eitrigen Ergusses, eventuell mit Kompression der Lungen. Der
weitere Verlauf ergab indessen, daß es sich um einen kavernösen
Prozeß handelte. Als Gründe für diesen diagnostischen Irrtum führt
B. an, daß die Kinder nicht aus werfen, daß die Kavernen kleiner
und zerstreuter sind, als bei Erwachsenen, und daß die kindliche
Tuberkulose häufig unter dem Bilde einer Bronchopneumonie beginnt.
Die letztere habe bei seinem Kinde wohl die oben angegebenen
klinischen Symptome, besonders auch den klinischen Befund bei der
Röntgenuntersuchung hervorgerufen. In dem zweiten kurzen Abschnitt
hebt B. drei Hauptpunkte für die Abwehr der Tuberkulose hervor,
die sich nach seiner Ansicht unter Mitwirkung der Arzte leicht durch¬
führen ließe: 1. Verhinderung der Ehe von Tuberkulösen, 2. Verbot
des Stillens und 3. Fürsorge für hygienische Wohnungen.
Schreiber (Göttingen).
A. Josias. Traitement de la tuberculose pulmonaire chez les
enfänts par le suc musculaire et la viande crue.
(Revue d’hygiene et de m£decine infantiles, Bd. 1 , No. 1 , S. 3.)
J. empfiehlt auf Grund von 24 Beobachtungen, deren ausführliche
Krankengeschichten er beifügt, die Anwendung des rohen Fleischsaftes
für die Behandlung der Lungentuberkulose, worüber in neuerer Zeit
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376
Contralblatt fttr Kinderheilkunde. No. 9.
mehrfach französische Autoren berichtet haben. J. gewann den Saft
so, daß er das Fleisch mit wenig (einem Viertel seines Gewichtes)
destilliertem Wasser 3 / 4 Stunden stehen ließ und dann in einer ge¬
wöhnlichen Presse auspreßte. 100 g Fleisch liefern auf diese Weise
etwa 15—20 ccm eines rötlichen Saftes. Der Saft von 500 g Fleisch
(165 ccm) enthielt 11,86 Eiweiß und 5,18 Salze, diese Menge erhielten
die Kinder täglich, indem J. 15 g Fleisch auf ein Kilo Körpergewicht
der Kranken rechnete, außerdem erhielten sie noch 100—200 g rohen
Fleisches (aber kein gekochtes). Die Kinder nahmen den Saft, welcher
immer frisch bereitet sein muß, da er sonst leicht fault, in Form von
warmer oder kalter Bouillon sehr gern. Die mit dem Fleischsaft
erzielten Resultate kann man wohl als gute betrachten, allerdings ist
die Beobachtungsdauer nicht genügend lang. Die Wirkung erklärt
J. dadurch, daß die Ernährung gehoben würde.
Schreiber (Göttingen).
ErnÖ Deutsch. Über Lecithinpräparate.
(Magyar orvosok lapja 1903, 12. März.)
Verf. beruft sich auf die Worte Munks „und es scheint, als ob
keine pflanzliche oder tierische Zelle und keine tierische Flüssigkeit
des Lecithins entbehrt“ und empfiehlt zur Behandlung der Rachitis
und Skrofulöse die deutschen Riedelschen und die ungarischen
Richterschen Fabrikate. Die Darreichung ist per os und subkutan
durchführbar. D. zieht diese der Phosphormedikation vor.
Autoreferat Ernö Deutsch (Budapest).
H. Fischer. Über Sirolinbehandlung.
(Reichs-Mediz. Anzeiger 1903 No. 3.)
30 Fälle von Lungentuberkulose, mit Sirolin behandelt, zeigten
rasche Zunahme des Appetits und Körpergewichts; auch sonst war
die Wirkung denjenigen der Kreosotpräparate mindestens gleich,
wobei jede unangenehme Nebenwirkung fehlte. Nach F. bedeutet
Sirolin einen entschiedenen Fortschritt der medikamentösen Tuber¬
kulosetherapie. Grätzer.
L. Friedmann. Thiocol bei Lungenbazillose.
(Inaug.-Dissert., Bukarest.)
F. berichtet von den Resultaten, die auf der Klinik von Professor
Maldarescu mit Thiocol bei Lungentuberkulose erzielt wurden. Das
Präparat erwies sich zunächst als völlig unschädlich und konnte selbst
in großen Dosen längere Zeit hindurch gereicht werden. Diese Un¬
schädlichkeit neben der Wasserlöslichkeit und Geruchlosigkeit läßt
den Schluß berechtigt erscheinen, daß Thiocol vor allen Kreosot-
bezw. Guajacolpräparaten den Vorzug verdient. Außerdem wohnt ihm
eine spezifisch antituberkulöse Wirkung zweifellos inne; fast in allen
Fällen war erhebliche Besserung des Appetites, Zunahme des Körper-
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II. Referate.
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gewichts, Abnahme des Hustens und Auswurfs, Schwinden des Fiebers
und der Schweiße, sowie Besserung der physikalischen Erscheinungen
nachweisbar. Auch bei tuberkulösen Affektionen der Pleura, des
Larynx usw. ist Thiocol angezeigt. Grätzer.
0. Borchgre vink. Fall von anatomisch nachgewiesener Spontan¬
heilung der tuberkulösen Peritonitis.
(Aus dem Reichshospital in Christiania.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 3.)
Ein 16 jähriges Mädchen wurde am 20. Oktober 1897 mit Aszites aufgenommen
und am 9. November ungeheilt entlassen. Pat. war September 1896 an Peri¬
karditis erkrankt, die mehrere Wochen andauerte. Bis Dezember 1896 dann wohl,
bekam sie da Ödeme an den Füßen, zu denen sich im März 1897 Aszites hinzu¬
gesellte. Juni 1897 wurden durch Punktion 11 Liter entleert, der Leib schwoll
aber bald wieder an. Pat. kam dann ins Spital, wo sonst nichts von Tuberkulose
entdeckt wurde. Aber Tierversuche mit der durch abermalige Punktion entleerten
Flüssigkeit zeigten unzweideutig, daß es sich um tuberkulöse Peritonitis handelte.
Pat. wurde entlassen, doch begann nach ärztlichem Berichte Juni 1898 sich er¬
staunliche Besserung zu zeigen, Pat. wurde wieder gesund und blieb es bis An¬
fang 1901, wo sie nach nur mehrtägiger Krankheit unter Erscheinungen der
Herzschwäche und Lungenödem starb.
Bei der Sektion ergab sich zunächst, daß damals die Perikarditis bereits
tuberkulöser Natur gewesen war (es fanden sich noch einige Riesenzellentuberkel),
und daß die Infektion von einer Bronchialdrüse ausging. In der Bauchhöhle
fand sich das typische Bild einer chronischen Peritonitis, Tuberkel, käsige oder
verkalkte Ablagerungen kamen aber weder auf dem Bauchfell, noch im Netz
vor, ebensowenig, wie in den verdickten Kapseln der Leber und Milz (auch
mikroskopischer Befund negativ!); die einzigen Zeichen der früher vorhandenen
Tuberkulose der Bauchhöhle bildeten bindegewebige Verwachsungen und Ver¬
dickung des Bauchfells. Auch die Genitalien erschienen chronisch entzündet.
In mikroskopischen Schnitten von beiden Tuben fanden sich Riesentuberkel, ebenso
in der Schleimhaut des Uterus spärliche fibröse Tuberkel.
Man hatte es hier zu tun mit einem typischen Beispiel einer
tuberkulösen Peritonitis, die von einer Infektion des Herzbeutels ihren
Ursprung nimmt. Eine erweichte Bronchialdrüse bildet die Quelle
der Infektion, worauf diese sich zunächst über das Perikardium,
Mediastinum anterior und das rechte Brustfell breitet, dann die Leber¬
kapsel und das oberflächliche Leberstroma in Mitleidenschaft nimmt,
um im weiteren Verlauf auch das Bauchfell zu erreichen. Wahrschein¬
lich von der Bauchhöhle aus sind in obigem Falle die Geschlechts¬
organe als das letzte Glied in der Reihe infiziert worden.
Herzbeutel und Geschlechtsorgane waren die einzigen Stellen,
wo die Tuberkulose als solche sich bei der Sektion immer noch nach-
weisen ließ; sonst waren fibröse Verdickungen, Adhäsionen und Pseudo¬
membranen die Reste des entzündlichen Prozesses, dessen tuberkulöse
Natur, was die Bauchhöhle betrifft, durch die Infektiosität des serösen
Exsudates dargelegt wurde.
Bedeutendes Interesse gewinnt der Fall dadurch, das der Sektions¬
befund mehr oder weniger genau mit den Beobachtungen zusammen¬
fallt, die als Beweis für die Existenz einer chronisch idiopatischen
Peritonitis referiert worden sind (Henoch, Vierordt u. a.), Beob¬
achtungen, bei denen die Untersuchung auf Tuberkulose zum Teil
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9.
fehlt, zum Teil als mangelhaft bezeichnet werden muß. Es geht aus
dem vorliegenden Befunde hervor, daß der Umstand, daß die Ad¬
häsionen und das schwielig verdickte Gewebe bei der Sektion eines
Falles von chronischer Peritonitis tuberkelfrei sind, als Beweis der
idiopathischen Natur der Peritonitis durchaus nicht angeführt werden
darf. Der Fall lehrt vielmehr, daß die Tuberkel, welche die Pseudo¬
membranen und Adhäsionen einst erzeugten, auf den serösen Häuten
ganz und gar verschwinden können, während die Reste der Tuber¬
kulose sich noch im ursprünglichen Infektionsherde, oder, wie in
obigem Falle, auch in den weniger regenerationsfähigen Genitalschleim¬
häuten vorfinden lassen.
Das größte Interesse des Falles liegt jedoch in der anatomisch
nachgewiesenen Spontanheilung der tuberkulösen Peritonitis und in
dem Beweise, welchen er nochmals dafür erbringt, daß die Heilung
dieser Krankheit sich recht wohl vollziehen kann, ohne Laparotomie
und andere operative Eingriffe. GrÄtzer.
Leonard Guthrie. The Medical Treatment of tuberculous
Peritonitis.
(Archives of Pediatrics, April 1908.)
Yerf. tritt dem operativen Enthusiasmus* in der Behandlung
chronischer Peritonitiden bei Kindern entschieden entgegen. Seinen
persönlichen Erfahrungen gemäß gibt diese Affektion keine so ernste
Prognose wie es die Chirurgen haben wollen. Oft genügt eine rein
klinische Therapie, um Heilung zu sichern.
Von Medikamenten, die anscheinend pünktlich auf den tuber¬
kulösen Prozeß einwirken, sind Quecksilber und Jodkalium zu nennen.
Auch Arsen mag in demselben Sinne (als Resorbens oder Alterativum)
nützlich sein. Mit diesen drei Mitteln ist aber auch die Liste ab¬
geschlossen, denn alle sonstigen „Specifica“ sind machtlos der Krank¬
heit gegenüber. Weder Jodoform noch Guajacol noch Ferrum jodatum
sind imstande, in den Prozeß einzugreifen. Die Therapie gestaltet
sich demnach hauptsächlich symptomatisch.
Symptome, die unsere Hilfe erheischen, sind: Schmerzen, Meteoris¬
mus, Dyspepsie, Diarrhöe oder Verstopfung, Erbrechen und Aszites.
Gegen die Schmerzen verordnet man warme Umschläge (heiße
Wolle u. dergl.), Einreibungen mit Belladonna oder Pinselungen mit
Tinct. Jodi. Opiate lassen sich umgehen. Gegen Meteorismus und
andere Verdauungsstörungen hilft eine geregelte Diät und Wismut.
Übrigens ist es nicht nötig, jede Diarrhöe k tout prix zu coupieren.
Mäßige Durchfälle scheinen sogar wünschenswert zu sein, indem sie
den Aszites verkleinern und toxische Stoffe herausbefördern. Nötigen¬
falls greift man zu den Opiaten, zu Wismut und Kreide. Viele ge¬
priesene Adstringentia nützen nichts. Ist hartnäckiges Erbrechen
vorhanden, so sind Wismut und Acidum hydrocyanicum am Platze.
Von entschiedener Wichtigkeit ist kräftige Ernährung und der
Genuß frischer Luft. Man meide nicht ängstlich jede festere Kost,
sondern gebe zuversichtlich Fleisch, Fisch, Geflügel, Eier, Milch und
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II. Referate.
379
Butter. In manchen Fällen von Diarrhöe leistet rohes oder teilweise
gekochtes Fleisch gute Dienste. Mehlspeisen sind mit Vorsicht zu
gestatten. Alles Unverdauliche ist natürlich zu verbieten.
Bettruhe, womöglich im Freien und auf dem Lande, ist ein
mächtiger Heilfaktor.
Was endlich unser Verhalten dem Aszites gegenüber anbelangt,
so empfiehlt Verf. die akuten Fälle in Ruhe zu lassen. In chronischen
Fällen tut man besser, die Flüssigkeit durch einen kleinen Einschnitt
mittelst des Troicars zu entleeren. Den Troicar ohne Einschnitt
einzustoßen ist ein gefährliches Verfahren.
Leo Jakobi (New York).
H. Schramm. Über den Wert der Laparotomie bei tuberkulöser
Peritonitis der Kinder.
(Wiener med. Wochenschrift 1903 No. 8 u. 9.)
S. verfügt über 45 Fälle von tuberkulöser Peritonitis, die im
Sophien-Kinderspital in Lemberg behandelt wurden 25 Knaben und
20 Mädchen, meist im Alter von 4—7 Jahren. Von diesen wurden
25 ohne Operation behandelt (Einreibungen mit Jod, Jodvasogen,
Ichthyol; feuchte Umschläge, gute Ernährung, Kreosot, Arsen u. dergl),
20 (11 Knaben und 9 Mädchen) wurden laparotomiert.
Von der ersten Gruppe starben im Hospitale 2 Mädchen und
7 Knaben, zusammen 9 Kinder oder 36°/ 0 , der Aufenthalt im Spitale
war bei 2 Kindern 8 Tage, bei 5 Kindern 26—48 Tage, bei zweien
sogar 164 und 174 Tage. Die Todesursache war fast immer fort¬
schreitende Tuberkulose und allgemeine Abzehrung.
Von den 20 Operierten starben im Spitale 2 oder 10 °/ 0 , und
zwar ein Mädchen, bei welchem ein tuberkulös entartetes Darmstück
reseziert wurde und bei welchem nach 8 Tagen eine Kotfistel ent¬
stand. Das Kind starb 3 Wochen nach der Operation an Abzehrung,
und ein Knabe 4 Tage nach der Operation wegen Lungenentzündung.
Dieser Unterschied in den Erfolgen beider Behandlungsmethoden
tritt vielleicht noch schärfer auf, wenn man die einzelnen Formen
der Bauchfelltuberkulose betrachtet. Die beste Prognose und die
größten Chancen zur Selbstheilung gibt ja die sogenannte exsudative
Form der Bauchfelltuberkulose, bei welcher das ganze viscerale und
parietale Peritoneum mit zahlreichen bis erbsengroßen, teilweise grauen,
teilweise halb verkästen Tuberkeln besät ist, die Darmschlingen sind
wenig oder gar nicht miteinander verlötet, dafür befindet sich in der
Bauchhöhle mehr oder weniger reichliches seröses, mit wenigen fibri¬
nösen Flocken gemischtes Exsudat. Von dieser Form wurden im
St. Sophien-Kinderspitale 28 Fälle beobachtet. Von diesen wurden
17 mit internen Mitteln behandelt, bei 11 Kindern die Laparotomie
gemacht; von der ersten Gruppe starben trotz sorgfältigster Behand¬
lung sechs oder fast die Hälfte; von den elf operierten starb nur ein
Kind an Lungenentzündung.
Bei der zweiten Form befindet sich in der Bauchhöhle sehr
wenig oder kein flüssiges Exsudat, das Bauchfell ist aber stark ver-
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9.
dickt, die Darmschlingen vielfach verwachsen, beim Betasten fühlt
man in der Bauchhöhle mehr oder weniger ausgedehnte tuberkulöse
Infiltrate in Form von harten, wenig oder gar nicht beweglichen
diffusen Tumoren, die sogar kindskopfgroß werden können. Von dieser
Form waren 13 Fälle in Behandlung; von sieben intern behandelten
starben zwei im Spitale, fünf verließen die Heilanstalt mit geringer
Besserung; von den sechs operierten starb keines im Spitale. Zu
der dritten Gruppe, der sogenannten Peritonitis tuberc. ulcerosa zählt
man Fälle mit ausgedehnter Verkäsung und Vereiterung der tuber¬
kulösen Infiltrate. Von dieser Form wurden 4 Fälle behandelt; ein
nicht operiertes Kind starb im Spitale; von den drei operierten starb
eines wegen der nach der Darmresektion entstandenen Kotfistel;
eines verließ die Anstalt mit eiternder Fistel, eines vollständig
gesund.
Schon aus dieser Zusammenstellung der unmittelbaren Erfolge
wird man schließen, daß man die Laparotomie bei tuberkulöser Bauch¬
fellentzündung nicht als ein indifferentes Mittel betrachten kann, auch
nicht für ein Mittel, das die spontane Heilung nur beschleunigt, man
wird im Gegenteile die Operation als ein direkt heilendes und sehr
wirksames Mittel anerkennen, welches seine Wirkung in allen Formen
der Erkrankung, wenn auch nicht immer im gleichen Grade, ent¬
wickelt.
Aber auch die Dauererfolge suchte S. zu eruieren, konnte dies
aber nur bei 23 Kindern erreichen. Von diesen wurden zehn intern
behandelt, 13 verließen die Anstalt nach überstandener Laparotomie.
Von den zehn nicht operierten starben im Laufe des ersten Jahres
acht, das ist 80 °/ 0 , nur zwei blieben am Leben, und von einem der
beiden schreibt die Mutter, daß es immer schwächlich ist. Von der
zweiten Gruppe starben drei, das heißt 24,6°/ 0 , am Leben blieben
zehn, das heißt 75,4 °/ 0 , alle sind vollständig gesund.
Im ganzen ergaben sich also folgende Resultate:
Exsudative Form: nicht operierte 5, gestorben 3, leben 2;
operierte 6, gestorben —, leben 6.
Adhäsive Form: nicht operierte 5, gestorben alle 5.
operierte 4, gestorben 1, leben 3.
Ulzeröse Form: operierte 3, gestorben 2, lebt 1.
Die Erfolge bestätigen nur die bisherige Erfahrung, daß die
Prognose bei exsudativer Form der tuberkulösen Bauchfellentzündung
relativ am besten ist, beweisen aber, daß eine Selbstheilung auch bei
dieser Form zwar möglich, aber auch bei Kindern sehr selten ist.
Die zwei anderen Arten dieser Erkrankung geben eine schlechtere,
die ulzeröse Form sogar eine ganz schlechte Prognose; die Erfolge
zeigen, daß man jedoch mittels Laparotomie auch bei dieser Form
eine vollständige und dauerhafte Heilung erzielen kann.
Grätzer.
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II. Referate.
381
A. Seibert. Typhoidal Appendicitis in Children.
(Archives of Pediatrics, September 1902).
Appendizitis als Komplikation des Abdominaltyphus ist bei Er¬
wachsenen bekanntlich nicht sehr selten. Dagegen im Kindesalter
gilt diese Kombination als eine so große Rarität, daß die meisten
pädiatrischen Lehrbücher ihrer gar nicht erwähnen. Demgegenüber
darf man wohl vermuten, daß die Appendizitis bei typhuskranken
Kindern häufig übersehen worden ist; denn wir haben keine stich¬
haltigen Gründe für die Annahme einer besonderen Immunität gegen
diese Komplikation.
S. teilt zwei diesbezügliche Krankengeschichten mit.
Der erste Fall betraf einen 11 jährigen Knaben. In der zweiten
Woche eines typischen Typhusverlaufs traten plötzlich heftige Leib¬
schmerzen auf, mit Druckempfindlichkeit in der rechten Regio iliaca.
Es wurde eine Perforation oder Appendizitis vermutet. Die vor¬
genommene Laparotomie förderte einen geschwürigen Wurmfortsatz zu
Tage. Der kleine Pat. genas.
Im zweiten Falle war die Appendizitis anscheinend das primäre
Leiden. Nach Entfernung des entzündeten Wurmfortsatzes entwickelte
sich allmählich der Typhus. Die Vermutung liegt aber nahe, daß
hier die Appendizitis lediglich als die ursprüngliche Lokalisation der
Typhusbazillen anzusehen ist. Demnach hätten beide Krankheiten
die nämliche Ursache. Leo Jacobi (New York).
Henry Koplik. The Occurrence and Mortality of Typhoid
Fever in Infants and Children.
(Archives of Pediatrics, Mai 1903.)
Über die Häufigkeit des Typhus abdominalis im Säuglings-
bezw. Kindesalter herrscht eine große Meinungsverschiedenheit. Manche
gehen weit genug, um den Typhus bei Kindern unter 2 Jahren zu
leugnen. Dies ist entschieden zu kategorisch. Schon das Neugeborene
kann die Krankheit mit auf die Welt bringen, und es unterliegt gar
keinem Zweifel, daß der Säugling an Typhus erkranken kann. Beim
Neugeborenen verläuft die Affektion meist letal. Später sinkt die
Mortalität bedeutend und schwankt in der Regel zwischen 6—13°/ 0 .
Von Komplikationen des kindlichen Typhus sind hauptsächlich
Perforation, Blutungen und Pneumonie zu nennen. Herzaffektionen
sind seltener als bei Erwachsenen. Leo Jakobi (New York).
Moizard und H. Grenet. Die cerebro-spinale Form des typhösen
Fiebers.
(Archives de Medecine des Enfants 1903 No. 1.)
Die cerebrospinalen Symptome erscheinen mitunter gleich am
Anfang des typhösen Fiebers und treten oft so sehr hervor, daß sie
die anderen Symptome verdecken und irgend eine Form der cerebro¬
spinalen Meningitis Vortäuschen.
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9.
Ein 5 jähriger Pat., der seit lange hustete und an beiden Lungen¬
spitzen Zeichen von Infiltration darbot, trat ins Krankenhaus mit
Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, beschleunigter Respiration und er¬
weiterten Pupillen, doch reagierten dieselben gut auf Licht und Kon¬
vergenz. Den zweiten Tag trat mehrfach Erbrechen auf, auch eine
Andeutung des Kernigschen Zeichens, etwas Schmerz und Steifigkeit
in den Beinen, wenn man bei sitzender Stellung des Kranken die¬
selben zu strecken versuchte, war vorhanden. Die Lumbalpunktion
ergab eine klare, sterile Flüssigkeit, ohne zeitige Elemente, und die
Serodiagnose gab, aber erst nach 12 Tagen, ein positives Resultat
Spinale Symptome im Laufe des typhösen Fiebers sind im all¬
gemeinen selten, dieselben können bestehen, ohne daß sichtbare Ver¬
änderungen der nervösen Zentren nach dem Tode zu konstatieren
wären, in anderen Fällen handelt es sich um wirkliche typhöse
Meningitis. Mitunter sind die Pupillen ungleich, erweitert oder
verengert, ohne daß gleichzeitig eine Meningitis bestünde. Unregel¬
mäßigkeit des Pulses, der Respiration, meningitischer Schrei, wurden
von mehreren bei reinem Typhus, ohne meningitische Komplikation,
beobachtet. Für die Differentialdiagnose ist die Lumbalpunktion, die
Ehrlichsche Diazoreaktion, die Fibrinreaktion (Fehlen des fibrinösen
Retikulums bei Typhus) und die Seroreaktion von hervorragender
Wichtigkeit. Selbstverständlich geben diese für die Diagnose wichtigen
Methoden keine sichere und absolute Aufklärung über den Zustand
der Meningen, da doch eine Infektion derselben durch den Ebert-
schen Bazillus vorhanden sein kann. Wichtig ist hierfür die bakte¬
riologische Untersuchung, doch gibt es gewisse Formen von seröser
Meningitis im Verlaufe des Typhus, wo die bakteriologische Unter¬
suchung der Cerebrospinalflüssigkeit negativ ausfällt und trotzdem
eine bakterielle Infektion der Meningen besteht. E. To ff (Braila).
I. A. Abt. Report of ninety cases of typhoid fever in infants
and Children.
(The medical. News, November 1902.)
2. Typhoid fever in infancy and Childhood.
(The Chicago medical Recorder, Oktober 1902.)
A. berichtet über 200 Fälle von kindlichem Typhus, die er
während einer Typhusepidemie zu beobachten Gelegenheit hatte. Das
Alter des jüngsten Pat. betrug 8 Monate; die Diagnose wurde wie
in allen Fällen, durch die Wi dal sehe Reaktion sichergestellt. Wenn
auch in den meisten Fällen der Typhus leicht verlief, so wurden
doch schwere Fälle beobachtet. Während bei den älteren Kinderen
die Prodromalsymptome kaum fehlten, setzte der Typhus bei kleineren
Kindern nicht selten plötzlich mit Fieber und Beschleunigung des
Pulses ein. In 9 Fällen wurden Rezidive beobachtet, in einem Falle
sogar 2 mal. Von nervösen Störungen waren am häufigsten Kopf¬
schmerzen, bei älteren Kindern waren auch Delirien vorhanden. In
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II. Referate.
383
2 Fällen zeigten sich meningitische Erscheinungen und in einem
Fall solche von Dementia. Die Zunge zeigte in 36 Fällen die
charakteristische Typhusform. Infolge sorgfältiger Mundflege waren
Komplikationen seitens des Mundes selten. Nur in 4 Fällen trat
Herpes labialis auf, 16 mal kam Nasenbluten zur Beobachtung. Zu
Beginn der Erkrankung war häufig Verstopfung vorhanden, dieselbe
hielt in 36 Fällen an, während in 28 Fällen Durchfall eintrat. Bei
5 Kindern wurden Darmblutungen beobachtet, bei zweien Darm¬
perforation. Die Milz war in 84 Fällen fühlbar; blieb die Milz länger
vergrößert, so war ein Rezidiv wahrscheinlich. Von seiten der Lunge
wurde in 40 Fällen Bronchitis notiert; am Herzen waren in 13 Fällen
akzidentelle Geräusche hörbar, in 2 Fällen wurde eine Myokarditis
angenommen. Roseolen traten meist in den ersten Tagen auf und
blieben in verschiedener Ausdehnung verschieden lange bestehen,
seltener wurden andere Hautkomplikationen wie Furunkulose, Ery¬
them u. s. w. beobachtet. Ziemlich häufig war das Mittelohr be¬
troffen. Der Urin gab mit Ausnahme von 9 Fällen die Diazoreaktion.
In 5 von 15 untersuchten Fällen wurden Typhusbazillen im Urin
gefunden; nur selten war Albuminurie und Cylindrurie vorhanden.
Die Wi dal sehe Reaktion war in allen mit Ausnahme von 2 Fällen
positiv. Im übrigen zeigte das Blut eine Abnahme von Leukozyten
und Hämoglobin. Die Mortalität betrug 3°/ 0 * Die Behandlung war
die übliche, jedoch empfiehlt A. die Bäder nicht zu niedrig zu
temperieren. Schreiber (Göttingen).
E. Haim. Beitrag zur Pathogenität des Bacillus proteus
vulgaris (Hauser).
(Aus dem Kaiser Franz Joseph-Spital in Wien.)
(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 20.)
13jähriges Mädchen mit Typhus abdominalis, der jedoch
infolge von Proteusinfektion ein atypisches Bild darbot. Schon in
der Anamnese mußte die Angabe des häufigen Erbrechens, sowie der
starken Diarrhöen in der ersten Woche der Krankheit auffallen,
ebenso die gleich anfangs vorhandenen starken Remissionen in der
Fieberkurve. Auch der Verlauf war dann ein bei Kindern ungewöhn¬
lich schwerer. Das am meisten auffallende Bild aber, das gleich zur
Annahme irgend einer Mischinfektion drängte, bot der Stuhl, der in
den ersten Tagen bis 8mal täglich erfolgte und dünnflüssig, stark
übelriechend, schaumig, mit viel Schleim vermengt war. Die normale
Darmflora war vollständig verdrängt, das Bild beherrschten kurze,
dicke Stäbchen, welche später als Proteusbazillen erkannt wurden.
Es ist dies der erste publizierte Fall von Misch in fektion von
Typhus und Proteus vulgaris.
Einige Tage später erkrankte der 10jährige Bruder der Pat. und
bot das typische Bild eines Typhus abdomin. levis; im Stuhl kein
Proteus. Grätzer.
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384
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9.
Flamini. Contributo allo Studio della bacteriuria nel tifo.
(Rivista di Clinica Pediatrica No. 2 1903.)
Verf. hat bei acht an Typhus erkrankten Kindern den Urin unter
allen — detailliert angeführten — Kautelen untersucht und ist zu
dem Resultat gelangt, daß Bakteriurie ein häufiges Vorkommnis ist;
denn in^den acht Fällen hat er sie 7 mal gefunden. Sie kann ohne
Albuminurie einhergehen; in den Fällen jedoch, in denen gleichzeitig
eine solche besteht, ist die Zahl der Typhusbazillen größer. Fehlt
Albuminurie, so ergibt die mikroskopische Untersuchung des Harn¬
sediments Anzeichen für das Bestehen von Nierenveränderungen in
Gestalt von Nierenepithelien und Zylindern. Niemals fanden sich
Bazillen in den ersten 8 Tagen der Erkrankung, sondern stets erst
später, zur Zeit, wenn die Roseola erscheint. Auch zur Zeit der
Rekonvaleszenz fanden sich die Bazillen im Harn, und zwar in nicht
merklich geringerer Zahl, als vorher. Das ist von besonderer Wichtig¬
keit für die Frage von den Infektionsquellen des Typhus und für die
zur Verhütung der Infektion einzuschlagender Maßnahmen. F.
Josef Bernard. Über ein sicheres Frühsymptom des Typhus
abdominalis im Kindesalter.
(Ungarische medizinische Presse 30. 12. 1902.)
Nach vollkommener Entleerung des Darmes am Ende der ersten
Krankheitswoche fühlt B. in der Gegend der Valvula coli zwei bis
drei haselnuß- oder taubeneigroße und ebenso geformte Tumoren, die
in einer zur Längsachse des Körpers parallelen Linie gelagert, un¬
gefähr in 1—2 cm Entfernung voneinander sich befinden. Verf. meint,
daß diese Schwellungen den hypertrophierten Lymphfollikeln des
Dünndarmes entsprechen und glaubt mit diesem Symptom die Diagnose
des Typhus abdominalis im Kindesalter zu erleichtern.
E. Deutsch (Budapest).
L. Byk (Berlin). Über die Anwendung des Pyramidons bei
Typhus abdominalis.
(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 3.)
Bei einem 12jährigen Knaben setzten Dosen von 0,3 prompt die
Temperatur herab (einmal sogar um 4°, ohne daß unangenehme Er¬
scheinungen zu Tage traten), und zwar allmählich, wie auch das An¬
steigen wieder ein allmähliches war. Das Mittel wirkte ebenso prompt
bei hohen, wie bei mittleren Temperaturen, ebenso wenn es galt, das
Ansteigen des Fiebers im Laufe des Tages zu verhüten, wie das Ab¬
fallen desselben während der Nacht zu verstärken. Während der
langen Dauer der Krankheit machten sich nie Intoxikations- oder
Kollapserscheinungen u. dergl. geltend. Grätzer.
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II. Referate.
385
Valentini. Über die systematische antifebrile Behandlung des
Unterleibstyphus mit Pyramidon.
(Aus dem Diakonissenhause in Danzig.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1902 No. 16.)
V. konnte durch fortgesetzte Tag und Nacht in 2 stündlichen
Zwischenräumen gereichte Dosen von Pyramidon (bei Kindern 0,1—0,2)
bei allen Fällen von Typhus die Temperatur dauernd auf die Norm
oder fast auf die Norm herabdrücken, das Allgemeinbefinden, Sensorium,
Puls günstig beeinflussen. Die Krankheitsdauer wird nicht abgekürzt,
aber man kann das Pyramidon 3—4 Wochen lang geben, ohne daß
eine Schädigung eintritt. Gr&tzer.
IN, Schreiner. Über den heutigen Stand der Keuchhusten¬
behandlung und über neuere Erfahrungen mit Oxykampher
und Citrophen.
(Aus der kgl. pädiatr. Universitätspoliklinik in München.)
(Therap. Monatshefte 1903 No. 5—7.)
Auf Grund seiner Erfahrungen, die S. an einem großen Material
mit der Behandlung des Keuchhustens mit Citrophen und Oxy¬
kampher gesammelt hat, gelangt er betreffs des erstem zu folgenden
Schlüssen:
Citrophen wird von allen Kindern, besonders in etwas Zucker¬
wasser, wegen seines limonadeähnlichen Geschmackes sehr gern ge¬
nommen und gut vertragen. Eine ungünstige Einwirkung auf den
Verdauungstraktus wurde in keinem Falle bemerkt; wohl aber wurde
das Erbrechen günstig beeinflußt, und nahm bei einzelnen Pat.
während der Darreichung des Mittels der Appetit zu. Schädliche
Einwirkungen auf irgend welche inneren Organe konnten niemals,
auch bei den höchsten angewandten Dosen, nicht konstatiert werden.
In manchen Fällen trat eine reichlichere Schweißsekretion auf; Hautaus¬
schläge kamen nicht vor. Die Wirkung auf den Keuchhusten ist eine
ausgezeichnete. Mit Ausnahme eines verschwindend kleinen Prozent¬
satzes, der sich gewiß noch vermindern läßt, bewirkt das Citrophen
nicht nur eine erhebliche Verkürzung der Krankheitsdauer, sondern
es gestaltet auch den ganzen Verlauf (bei 93 °/ 0 der behandelten
Fälle) zu einem viel milderen. Die Anfälle werden innerhalb kurzer
Zeit, manchmal schon in 1—3 Tagen, erheblich seltener, kürzer und
leichter. Das Erbrechen von Nahrung pflegt rasch aufzuhören, auch
das Schleimbrechen verliert sich bald. Es empfiehlt sich, je nach
der Intensität der Erkrankung, mit Dosen von 3 mal täglich 1,5 bis
2,0 deg pro anno zu beginnen, und, wenn diese Dosis unwirksam
bleibt, in kurzen Zwischenräumen auf 2,5—3,0 deg pro anno, 3mal
täglich zu steigern. Die meistens auch wirksame Einzeldosis von
0,7 g sollte jedoch vorläufig bei Kindern unter 8—10 Jahren nicht
überschritten werden; hier ist es besser, die kleinere Dosis lieber
öfter, etwa 4 mal täglich, zu verabreichen.
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386
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9.
Oxaphor ist als 50°/ 0 ige alkoholische Lösung käuflich, und
zwar in drei verschiedenen Formen. Alle drei Arzneiformen, in
welchen der pfefferartige Geschmack nicht bedeutend korrigiert ist,
wurden in heißer Milch gegeben, welche noch das beste Corrigens ist.
Die einfachste Art, Oxaphor zu geben, ist jedoch, das Mittel tropfen¬
weise (19 Tropfen = 1 g) in Zuckerwasser nehmen zu lassen. Sein
Urteil über die Verwendbarkeit des Mittels bei Keuchhusten faßt S.
folgendermaßen zusammen: Zahl und Intensität der einzelnen Anfälle
werden bei den meisten Pat. prompt herabgedrückt Der Verlauf
der Krankheit erfährt eine bemerkenswerte Abkürzung, wenn auch
nicht immer in dem Grade, wie das bei Citrophen der Fall ist. Das
Mittel wird nicht gern, aber nicht mit großem Widerwillen genommen
und meist gut vertragen; es verursacht nicht nur keine Magensymp¬
tome, sondern bessert sogar öfters den darniederliegenden Appetit
Wegen seiner Unschädlichkeit für das Herz ist Oxykampher besonders
bei schweren Komplikationen (Pneumonie!) zu empfehlen. Eine Kom¬
bination mit anderen Mitteln, auch mit Citrophen, ist zwecklos.
Einzelgabe, je nach Schwere des Falles, 3 mal täglich bis 3 stündlich
1—3dcg pro anno; eine weitere Steigerung der Einzeldosen, die ohne
Bedenken erfolgen könnte, würde wahrscheinlich noch viel günstigere
Resultate zeitigen. Grätzer.
Cesarini. Febriler Keuchhusten; Typus intermittens
quotidianus.
(Riforma medica No. 9 1908.)
Es handelt sich um einen 1 x / a jährigen Knaben mit typischem
Keuchhusten, bei dem jedoch gleichzeitig ein irreguläres intermittierendes
Fieber mit einem oder mehreren Anfällen am Tage vorhanden war;
dieses Fieber verschwand unter dem Bild einer Krise am elften Krank¬
heitstage. Verf. schließt aus diesem Fall, daß der Keuchhusten nicht
immer afebril auftritt, daß durch das Fieber sich die Prognose nicht
verschlechtert, und daß die Temperatursteigerung durch keins der
gegen Keuchhusten gegebenen Mittel beeinflußt wird. F.
Edwin E. Graham, Pertussis with unusual cerebral Symptoms.
(New York medical Journal, den 20. Juni 1908.)
Bericht über einen Fall von Keuchhusten bei einem 19 Monate
alten Kinde mit ungewöhnlichen zerebralen Erscheinungen: Stupor,
Parese der Beine, später ausgeprägter spastischer Zustand der oberen
und unteren Extremitäten. Die ophthalmoskopische Untersuchung
lieferte negative Befunde. Ebensowenig Aufklärung erhielt man von
einer Lumbalpunktion.
Lähmungen im Verlauf des Keuchhustens kommen bekanntlich
nicht all zu selten vor. Leo Jakobi (New York).
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II. Referate.
387
Charles J. Aldrick. Neuritis from Whooping-Cough.
(New York Medical Journal, den 6. Juni 1903.)
Neuritiden können im Verlauf einer jeden Infektion auftreten.
Speziell nach Keuchhusten sieht man Neuritis verhältnismäßig selten.
Verf. berichtet über einen Fall bei einem 4jährigen Knaben,
welcher in der vierten Woche eines Keuchhustens schwach auf den
Beinen wurde. Sehr bald gesellten sich ähnliche Störungen von
seiten der Arme hinzu. Auch Gaumenlähmung trat auf. Innerhalb
von zwölf weiteren Wochen genas der Knabe vollständig.
Folgt Übersicht ähnlicher Fälle aus der Literatur.
Leo Jakobi (New York).
T. W. Kilmer. Whooping-Cough. A new Method of Treatment.
(New York Medical Journal, den 20. Juni 1903.)
Nach der Meinung des Verf.s ist der Keuchhusten an einen be¬
stimmten Verlauf ebenso gebunden wie die Pneumonie.
Therapeutisch empfiehlt sich die innere Darreichung von Brom
und Antipyrin abwechselnd mit Chinin. So erhält z. B. ein 2jähriges
Kind 0,05 Antipyrin mit 0,2 Natrium bromatum 2 stündlich 3—4 Tage
lang; alsdann setzt man aus und reicht 0,2 Chininum sulphuricum,
3stündlich 3—4 Tage lang, um nun wieder zur ersten Medikation
zurückzukehren.
Daneben preist K. eine neue mechanische Behandlungsmethode,
welche in der Anlegung einer gutsitzenden elastischen Leibbinde be¬
steht. Diese Binde kann den Thorax mit einhüllen. Ihre Wirkung
soll eine ausgezeichnete sein, namentlich soll das Erbrechen dadurch
in Schranken gehalten werden. Das Prinzip dieser Maßnahme hat
Verf. der bekannten Leibbinde gegen Seekrankheit entlehnt.
Leo Jakobi (New York).
W. E. Foggie. A case of cerebral diplegia after whooping-
cough.
(The Scottish Medical and Surgical Journal, S. 39, Januar 1903.)
Das 2 1 / 3 jährige Mädchen hekam im Anschluß an einen heftigen
Keuchhustenanfall im sechsten Lebensmonat allgemeine Krämpfe mit
Bewußtlosigkeit, die ca. 2 Wochen dauerten. Die Folge war eine
mangelhafte geistige Entwicklung, Muskelschwäche und Steifheit der
Glieder. Das Kind bietet zur Zeit etwa folgendes Bild:
Es ist schwächlich und für sein Alter klein, es kann sitzen aber
nicht stehen, die Fontanelle ist noch nicht geschlossen. Die geistige
Entwicklung ist unter Durchschnitt, es spricht nur wenige Worte;
Gesicht und Gehör gut. Das auffälligste Symptom ist die Steifheit
der Glieder, besonders der oberen Extremitäten, die gestreckt gehalten
werden. Die unteren Extremitäten sind weniger steif; die Muskel¬
spasmen treten bei Bewegungen noch stärker auf, die Reflexe sind
Centralbl. f. Kinderhlkdr. VIII. by GOdß
388
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9.
teils erhöht, teils normal. Keine atethotischen Bewegungen, keine
Sensibilitätsstörungen. F. nimmt als Ursache dieser nervösen Störungen
eine Meningealblutung an. Schreiber (Göttingen).
A. Hecht. Grippe und eitrige Meningitis mit dem Befund
der Influenzabazillen.
(Jahrbuch f. Kinderheilkunde, Bd. 57, Heft 3.)
Bei einem Falle von Meningitis im Verlaufe einer Influenza-
pneumonie fanden sich in der punktierten Lumbalflüssigkeit Influenza¬
bazillen und außerdem kleine Gram negative diplokokkenartige Gebilde,
die nach ihrem kulturellen Verhalten ebenfalls als Influenzabazillen
anzusprechen waren. Es handelt sich also um eine reine Influenza¬
meningitis. In den gehärteten Organen ließen sich Influenzabazillen
mit Sicherheit nur in der Exsudatlage zwischen den Meningen nach-
weisen. Die klinische Diagnose der Influenzameningitis ist nur durch
Lumbalpunktion und gelungene Kultur zu stellen. Für die Differenzial-
Diagnose zwischen Diplokokken- und reiner Influenzameningitis wäre
vielleicht auf eventuelle Leukozytose zu achten, die nach Rieder bei
reiner Influenzapneumonie vermißt wird. Dem Influenzabazillus
scheint, wo er allein herrscht, die Fähigkeit zu mangeln, größere
Fibrin-Exsudationen zu bewirken. Hecker (München).
H. B. L. Vos. Over de Kindergriep (Coryza febriculosa infan¬
tum, s. aeroditis superior infectiosa infantum).
(Ned. Tijdschrift v. Genesk. 1903 No. 1.)
Verf. überlegt sich aus Anlaß einer kleinen Reihe von Krankheits¬
fällen die Frage, ob ein Grund vorliege zur Annahme eines selbst¬
ständigen Krankheitsbildes der „Kindergrippe“, die von Filatow wie
folgt beschrieben wird: Katarrh der oberen Luftwege, mehr speziell
Coryza und namentlich am Anfänge kurzer, trockener Husten, Kon¬
junktivitis, Fieber, Ohrenschmerzen.
Diese Frage wird vom Verf. bejahend beantwortet.
Verf. ergeht sich in einer ausführlichen Besprechung der ver¬
schiedenen Symptome und Komplikationen.
Als bedeutendste Komplikation nennt Verf. die Pneumonie.
Indem beide Erscheinungsweisen, sowohl die kruppöse als die
katarrhalische Pneumonie auftreten können, weist der Verf. daraufhin,
daß diese bei der Grippe wie überhaupt bei sehr jungen Kindern
klinisch nicht scharf zu trennen sind.
Außer durch starken Temperatur Wechsel wird die Grippepneumonie
oft durch einen äußerst unregelmäßigen und langgedehnten Verlauf
gekennzeichnet, der meistens dein Verlaufe einer Pneumonia migrans
entspricht.
Bei der Differentialdiagnose soll an Diphtherie und Lues congenita
gedacht werden.
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II. Referate.
389
Schwierigkeiten bieten sich mitunter dar, wenn Erscheinungen
seitens des Respirationsapparates bei skrofulösen Kindern sich mit
einer Coryza und Konjunktivitis komplizieren, welche gleichfalls Symp¬
tome der Skrofulöse sind.
Auch Pertussis kann im Anfangsstadium Schwierigkeiten darbieten,
aber nicht lange.
Bei Malaria entscheidet die Blutuntersuchung.
Indem auch bei der Kindergrippe bisweilen eine stufenweise
Steigerung der Temperatur vorkommt, soll bei der Differentialdiagnose
auch an Typhus abdominalis gedacht werden; auch miliare und
chronische verlaufende Tuberkulose können Schwierigkeiten für die
Differentialdiagnose bieten. Von Bedeutung ist unbedingt auch die
Differentialdiagnose bei der Influenza. Diese fängt gewöhnlich an
mit Fieber, allgemeiner Schwäche, Kopfschmerzen, oft mit Erbrechen;
Coryza und Husten fanden meistens am ersten Tage noch nicht statt;
die Coryza tritt nicht in den Vordergrund.
Auch greift die Grippe besonders junge Kinder (von 2—5 Jahren
an, die Influenza insonderheit ältere.
Inbezug auf die Ätiologie befinden wir uns noch im Dunkeln.
Verfl zeigt uns, daß auch Luzzatos Untersuchungen hier kein Licht
entzündet haben.
Die Prognose ist im allgemeinen faust.
Die Therapie ist eine rein symptomatische. Plantenga (Haag).
J. Guttmann. A case of epidural Absceß of Otitic origin-
Operation-Recovery.
(New York Medical Journal, den 9. Mai 1903.)
Bis vor kurzem hat man Eiterungen innerhalb der Schädelhöhle
mit Recht als höchst ernste Zustände angesehen. Heutzutage trägt
die Chirurgie immer mehr dazu bei, die trübe Prognose abzuändern.
Einen hierher gehörenden Fall schildert Verf. Bei seiner Pat.,
einem 15jährigen* Mädchen, kam es nach Influenza zur akuten Otitis
media, an die sich zerebrale Erscheinungen anschlossen (Kopfschmerz,
Erbrechen, Stupor, Nackenstarre).
Eine Mastoidoperation nach Schwarze wurde nun ausgeführt
und das Antrum vom Eiter befreit. Dabei entdeckte man eine tief¬
gehende Fistel, die schließlich zu einem epiduralen Abszeß führte.
Diese wurde entleert und seine Wände ausgeschabt.
Das Kind erholte sich rasch und verließ 8 Tage später das
Krankenhaus. LeoJacobi (New York).
Caccia. Un caso di meningite cerebro-spinale da batterio
emofilo di Pfeiffer.
(Rivista di Clinica Pediatrica 1903 No. 2.)
Es handelte sich um ein 9monatliches Kind mit Meningitis
cerebro-spinalis; die mittels der Punktion des Wirbelkanals gewonnene
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9.
Zerebrospinalflüssigkeit wurde bakteriologisch untersucht und es ergab
sich, daß der Krankheitserreger ein Mikroorganismus war, der sich
seinen morphologischen und kulturellen Eigenschaften nach, sowie in
bezug auf seine Einwirkung auf Tiere in nichts von dem Bazillus
unterschied, den Pfeiffer bei Influenza beschrieben hat. Verf. glaubt,
daß der Bazillus wahrscheinlich den Nasenrachenraum als Eingangs¬
pforte benutzt habe und von dort zum Gehirn gelangt sei. Eine
20 Tage nach Auftreten der ersten nervösen Symptome (Facialis-
lähmung) entstandene Otitis media purulenta erklärt Verf. durch Aus¬
breitung des Prozesses durch den inneren Gehörgang auf das Mittel¬
ohr. Der Fall ging übrigens in Genesung über, was Verf. zum Teil
zurückfiihrt auf wiederholte Lumbalpunktionen. F.
D’Orlandi. Contributo allo Studio della cito diagnosi in aliune
maletti infantili.
(La Pediatria Nr. 1 1903.)
Verf. hat bei den verschiedensten Erkrankungen die Zerebro¬
spinalflüssigkeit, die durch Lumbalpunktion genommen war, unter¬
sucht und ist zu folgenden Resultaten gelangt:
In der Zerebrospinalflüssigkeit, die in physikalischer und chemi¬
scher Beziehung normal war und von Kindern, die an verschiedenen
Krankheiten litten, stammte, fanden sich fast konstant kleine und große
Lymphozyten oder polynukleäre oder mononukleäre Leukozyten oder
die einen mit den andern zusammen. Bei tuberkulöser Meningitis
mit typischem Verlauf überwogen die einzelligen Formen (Lympho¬
zyten und mononukleäre Leukozyten). Bei akuter Zerebrospinal-
meningitis mit Befund von Pneumokokken hatte der Befund keinen
speziellen Charakter; bei diffuser Lungentuberkulose mit meningealen
Reizungserscheinungen und beim Ileotyphus mit ebensolchen Er¬
scheinungen überwogen die polynukleären Elemente. Bei Chorea,
Tetanie, chronischem Hydrocephalus, Rachitis, Pleuritis, Lungenphthise,
Bronchopneumonie war der Befund negativ. F.
Ludwig Goldreich. Meningitis bei Neugeborenen.
(Aus dem Karolinen-Kinderspital in Wien.)
(Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 56 Heft 6.)
Ein Fall, bei dem sich schon 24 Stunden post partum Meningitis¬
symptome feststellen Hessen: Vorwölbung der großen Fontanelle,
klonische Krämpfe der Gesichts-, Nacken- und Armmuskulatur, Nacken¬
steifheit. Tod. nach 54ständiger Lebensdauer. Obduktions-Befund:
akute, fibrinös eitrige Meningitis, frische fibrinöse Pleuritis, diffuse
eitrige Bronchitis. Im Eiter Bacterium coli commune. L. glaubt,
daß die Infektion während der Geburt durch Aspiration von Frucht¬
wasser erfolgt sei und daß die Meningen erst sekundär von den
Bronchien aus auf dem Wege der Blutbahn infiziert worden seien.
Hecker (München).
—
III. Aus Vereinen und Vursainmlungen.
391
H. Pfister. Die Kapazität des Schädels (der Kopfhöhle) beim
Säugling und älteren Kinde.
(Monatsschrift f. Psych. u. Neur., Bd. 13 Heft 6.)
Pf. fand bei seinen Messungen, daß die Kapazität der Kopfhöhle
-auf sämtlichen Altersstufen bei den Knaben größer ist als bei den
Mädchen. Dieser Kapazitätsunterschied der Geschlechter ist bei bezw.
kurz nach der Geburt ein relativ geringer (ungefähr 20 ccm), wächst
mit dem Heranwachsen der Kinder anfangs rasch, später immer lang¬
samer. Von den Anfangswerten der Kapazität wächst der durch¬
schnittliche Bauminhalt der Kopfhöhle so, daß schon vor dem neunten
Monate das erste Drittel der Gesamtzunahme, mit ca. 2 l / 2 Jahren
das zweite Drittel gewonnen wird, von welchem Zeitpunkte ab
in immer langsamerem Tempo das Weiterwachsen um das letzte
Drittel der Gesamtzunahme erfolgt. Wann diese abgeschlossen ist,
kann nicht bestimmt angegeben werden.
Bei Knaben wie bei Mädchen zeigt die Kapazität auf derselben
Altersstufe eine oft sehr erhebliche Variationsbreite. Diese Unter¬
schiede sind als Ausdruck einer individuellen Anlage aufzufassen.
Kurt Mendel.
III. Aus Vereinen und Versammlungen,
Verein für innere Medizin in Berlin.
Sitzung vom 6. April 1903.
Einen Fall von geheilter spondylitischer Lähmung demonstriert Joachimsthal.
Es handelt sich um einen jetzt 9 Jahre alten Knaben, bei dem sich im vierten
Lebensjahre die ersten Erscheinungen einer spondylitischen Erkrankung geltend
machten, worauf sich in der oberen Region der Brustwirbelsäule ein Gibbus aus¬
bildete. Extensionsmaßnahmen, später Korsettbehandlung. 1 Jahr nach Erscheinen
der ersten spondylitischen Symptome traten Lähmungserscheinungen an den unteren
Gliedmaßen und Blase auf, und diese Symptome machten solche Fortschritte, daß,
-als J. das Kind Januar 1899 zum ersten mal sah, komplette spastische Paralyse
an beiden Beinen, sowie vollkommene Incontinentia urinae bestanden. Im Bereiche
des vierten und fünften Dorsalwirbels fand sich eine Prominenz der auf Druck
empfindlichen Dornfortsätze. Da Pat. an beiden Beinen gelähmt war, mußte er
in horizontaler Lage behandelt werden; er wurde in ein nach Lorenz gefertigtes
Gipsbett gelegt, an dem vermittelst eines Jury-mastes und einer Glisson sehen
Schwebe eine Extension und damit eine Entlastung der oberen Partien der
Wirbelsäule versucht wurde. In diesem trostlosen Zustande blieb Pat. etwa
fi Monate lang. Um die Mitte des Jahres 1899 zeigte sich eine Anschwellung
der rechten Halsseite, die sich dann als unterhalb der Sternokleidomastoideus
gelegener Kongestionsabszeß entpuppte, jedenfalls ausgehend von dem tiefer
gelegenen spondylitischen Herd. Am 4. November 1899 wurde der Abszeß durch
■einen Schnitt an der Innenseite des Sternokleidomastoideus breit eröffnet und
Vs Liter Eiter entleert; man gelangte mit dem Finger bis an die Vorderfläche
•der Wirbelsäule, konnte aber den tiefer gelegenen Herd nicht abtasten. Unmittel¬
bar an diesen Eingriff schloß sich nun eine überraschende Rückbildung der
Paralysen an. Schon am Nachmittage des Operationstages waren die Spasmen
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Gentralblatt für Kinderheilkunde. No. 9.
vollständig verschwunden, Tags darauf konnte Pat. den Urin halten und die
Beine bewegen, 3 Wochen später ging er schon ohne jede Stütze frei umher, und
ist seitdem (3 1 /, Jahre) auch vollkommen gehfähig und gesund geblieben. Wie
ist nun diese sofortige Rückbildung der */* Jahr vorhanden gewesenen Lähmungen
zu erklären? Offenbar durch Aufhebung der bestehenden Druckwirkung. J. hält
es für das wahrscheinlichste, die Paralysen auf ein Ödem zu beziehen, wie solches
bei Behinderung des venösen Abflusses aus den Duralvenen entstehen kann und
sicherlich geeignet ist, die schwersten Symptome hervorzurufen, indem es die
betreffenden Fasern funktionsunfähig macht. Bei Aufhebung des Kompressions¬
druckes kann es zurückgehen; die noch nicht abgestorbenen Fasern können dann
ihre Funktionsfähigkeit wieder erlangen. Daß jener Abszeß hier, entgegengesetzt
wie sonst, von dem Herde aus nach oben wandert, erklärt sich aus der dauernden
horizontalen Lage, die Pat. 1 / 2 Jahr hindurch einnehmen mußte.
Sitzung vom 4. Mai 1903.
Über Entfernung eines Fremdkörpers aus dem linken Bronchus eines 5jährigen
Knaben spricht F. Karewski. Das Kind war, als es spielte, plötzlich blau ge¬
worden und wie tot umgefallen. Nachdem vergebens Ärzte gesucht waren, kam
es nach etwa 30 Minuten ins Krankenhaus, wo sofort tracheotomiert und künst¬
liche Atmung eingeleitet wurde, worauf Pat. wieder zum Leben kam. Tags
darauf befand sich das Kind ganz wohl, und, wenn man die Kanüle zuhielt,
bekam es genug Luft, konnte auch ganz gut sprechen, so daß man annehmen
mußte, ein Fremdkörper sein nicht mehr vorhanden. Äls man aber versuchte,
die Kanüle zu entfernen und die Wunde zuhielt, wurde das Kind wieder blau
und dyspnoisch, so daß Wiedereinführung der Kanüle nötig war. Laryngoskopische
Untersuchung erfolglos. Am dritten Tage begann Pat. zu fiebern. Am vierten
Tage konstatierte man auf der linken Lungenhälfte eine Dämpfung, und diese
nahm so rapid zu, daß schon nach einigen Stunden vollkommener Schenkelschall
auf der ganzen linken Lunge bestand; diese Hälfte blieb beim Atmen zurück.
Respirationsgeräusch fast ganz aufgehoben. Abends 39,3° Temperatur. Zweifellos
war der Fremdkörper beim Kanülenwechsei aus dem Larynx in die Bronchien
gerutscht, obturierte den linken Hauptbronchus total und bewirkte Lungenatelektase.
Eine Röntgenaufnahme brachte den Fremdkörper auch prachtvoll zur Ansicht;
cs zeigte sich ein metallner Knopf im linken Hauptbronchus, einige Zentimeter
unterhalb der Teilung. Es wurde nun jetzt (am fünften Tage) Extraktion mittels
eines starken Elektromagneten versucht, der Fremdkörper rührte sich aber nicht von
der Stelle. Nach vielen vergeblichen Versuchen mit allerlei Hilfsmitteln gelang
endlich die Extraktion mittels einer schlanken Kornzange, und der Fremdkörper
entpuppte sich als 3 1 / i g schwerer Messingknopf aus einer Ofentür. Am nächsten
Tage Entfieberung, bald auch Verschwinden der übrigen Erscheinungen, Pat. blieb
seitdem gesund. Es hatte sich also wirklich nur um Lungenatelektase gehandelt,
durch die Entfernung des Fremdkörpers war schlimmeres verhütet worden. Denn
nicht immer wird, wie manche hoffen, solch ein Fremdkörper früher oder später
spontan ausgehustet und richtet unterdessen kein Unglück an. Es besteht stets
eine recht große Gefahr, und man sollte deshalb nicht die Hände in den Schoß
legen, sondern den in den Bronchien nachgewiesenen Fremdkörper auch unter
allen Umständen herauszuholen suchen. Freilich ist das Herumtappen im Dunkeln,
das Manipulieren in der Lunge mit Instrumenten ein gewagtes Unternehmen,
weshalb die Killiansche Bronchoskopie noch freudig zu begrüßen ist. Wer
diese beherrscht, hat ein leichtes Spiel.
Berliner medizinische Gesellschaft
Sitzungen vom 11.—25. März 1903.
über die Barlowsche Krankheit hielt Heubner einen Vortrag. Derselbe ver¬
fügt über 65 eigene Beobachtungen. Früher nur vereinzelt auftretend, häuften
sich die Fälle seit dem Jahre 1901. Die B. (wir werden der Kürze halber das
Leiden so abkürzen) ist eine Säuglingskrankheit. 8 / 4 der Fälle entwickelten sich
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III. Aus Vereinen und Versammlungen.
393
in den letzten 4 Monaten des ersten Lebensjahres, V 4 zu ziemlich gleichen Teilen
in den beiden Vierteljahren vor und nach der genannten Periode; am häufigsten
war der Krankheitsbeginn im achten Monat. Es waren die Pat. (39 Knaben und
26 Mädchen) sämtlich Kinder besser situierter Leute. Dieser Umstand und die
Ähnlichkeit der B. mit Skorbut führt zur Betrachtung der Ernährung als eventuell
ätiologischen Momentes. Fast durchweg waren die Kinder unter ärztlicher Über¬
wachung nach den jetzt allgemein gütigen Regeln genährt worden und dabei bis
zu dem Zeitpunkt, wo die B. begann, gut gediehen. Es handelte sich allerdings
ausnahmslos um künstlich genährte Kinder. Von 55 Kindern, über die Notizen
bestehen, waren 13 mit verschiedenerlei Milchsorten, zum Teil aus den besten
Kuhställen Berlins, unter Zusatz von Graupenschleim oder L ah mann scher
Pflanzenmilch oder Zuckerwasser ernährt worden, ohne Soxhlet, also ohne zu langes
Kochen. Einmal war Pat. eine Zeitlang zu reichlich ernährt worden (1V 2 Liter
Milch pro Tag). In einem Falle von Erkrankung im 13. Monat hatte das Kind
schon vom neunten Monat an gemischte Diät erhalten (Fleischbrühe. Ei) aber
allerdings keine „frische“ Nahrung. 12 mal war Kuhmilch aus zum Teil besten
Musterställen, im Soxhlet */* Stunde und darüber gekocht, dargereicht worden.
19mal, etwa in der Hälfte der während der letzten 1 */* Jahre beobachteten Fälle
war die Milch aus der größten Berliner Meierei, die pasteurisierte Milch liefert,
bezogen und zum Teil im Soxhlet, zum Teil auch ohne diesen gewöhnlich noch¬
mals gekocht worden. Nur 7 mal waren monatelang Milchpräparate (kondensierte
Milch, Albumosen-, Somatose-, Fettmilch) gegeben worden, nur 4 mal überwiegend
mehlreiche Nahrung. Aus dieser Zusammenstellung fließt kaum ein helleres Licht
auf die Entstehung von B.; daß in einer großen Anzahl der Fälle der beiden
letzten Jahre der Bezugsort immer derselbe war, erweckte den Argwohn, daß
diese Milch irgend eine Schädlichkeit enthielte. Dieser Verdacht erwies sich bei
näherer Betrachtung als inhaltslos. Eines war allen Beobachtungen gemeinsam:
daß die Nahrung bis zum Sieden erhitzt worden ist. Dabei war es nicht nötig,
daß die Erhitzung längere Zeit fortgesetzt wurde, sondern bei einer Reihe von
Kindern hat sogar die einfache Abkochung der Milch hingereicht, B. hervorzurufen.
In der Majorität der Fälle durfte die Milch allerdings wohl 10 Minuten lang gekocht
worden sein. Daß aber allein im Momente der Erhitzung die Schädlichkeit ge¬
legen sein mußte, durfte schon daraus gefolgert werden, daß in allen Fällen der
Ersatz der gekochten Nahrung durch ungekochte eine überraschend schnelle
Besserung der Krankheit hervorrief. Also ein bedeutungsvolles ätiologisches
Hilfsmoment muß das Abkochen der Nahrung darstellen; die Milch muß durch das
Kochen eine Einbuße erleiden, die ein Teil der Säuglinge auszugleichen außer
stände ist. Daß die Zahl der Erkrankungen jetzt erheblich zunimmt, das möchte
wohl im Anwachsen der künstlichen Ernährung begründet sein. Was die Patho¬
logie nun anbelangt, so waren unter den 65 Fällen bei 44 sowohl Zahnfleisch¬
veränderungen wie Knochenschwellungen und -Schmerzhaftigkeit, kachektisches Aus¬
sehen usw. vorhanden. 6mal fehlten die Blutungen am Zahnfleisch, obwohl die
Zähne schon vorhanden waren, 10mal fehlten die Zähne, dementsprechend auch die
ZahnfleischafFektion. Schwellung und Schmerz der Knochen waren am häufigsten
und stärksten ausgebildet an den unteren Epiphysen der Oherschenkel. Unter
54 Fällen, wo deutliche Schwellung nachweisbar war, waren 33 mal nur die Ober¬
schenkel, 14mal Ober- und Unterschenkel, 7mal nur die Unterschenkel ergriffen;
wesentlich seltener waren die schmerzhaften Anschwellungen der Vorderarme
und der Rippen. Nicht immer war die Epiphyse die am stärksten geschwollene
Partie des Oberschenkels, sondern mehrmals fand sich der größte Umfang der
Geschwulst in der Mitte der Diaphyse. Auch Epiphysenlösungen kommen vor.
Auch am Schädel sah H. hämorrhagische Anschwellungen; einmal am Schädel¬
dach, 4 mal in der Orbita. Es handelt sich pathologisch anatomisch in der
Hauptsache
1. um eine eigenartige Ernährungsstörung mit Wachstumsbehinderung und
Baufälligwerden im Knochensystem;
2. um eine Neigung zu Blutaustritten aus den Gefäßen, die wieder vor¬
wiegend das Gebiet des Knochenmarkes und Periostes betrifft, aber doch auch
auf nicht knöcherne Körperorgane (Haut, Schleimhäute, Nieren) übergreifen kann.
Die Knochenerkrankung erstreckt sich sowohl auf das Mark wie auf den wachsen¬
den Knochen selbst. Das Mark geht eine ganz eigentümliche Degeneration aus
dem lymphzellenreichen saftigen Gewebe in eine lockere, verödete, gefäßarme^
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 9.
dem embryonalen Bindegewebe ähnliche, ganz zellcuarme Substanz ein. Die Mark¬
zellen verlieren die Fähigkeit, sich in Osteoplasten umzuwandeln, und so hört der
Knochen auf zu wachsen. An Stelle der Spongiosa tritt ein mürbes, leicht zerbrech¬
liches und verschiebliches Gewebe, und da auch das periostale Wachstum mangelhaft
ist, so wird auch die Corticalis dann atrophisch, osteoporotisch. Dadurch entstehen
besonders an den Ossifikationsgrenzen der Epiphysen allerhand Infraktionen,
Frakturen, Verschiebungen, die aus der Spongiosa ein unregelmäßiges Trümmer¬
feld machen können. Hier entstehen nun die Hämorrhagien, die sowohl das
Mark imprägnieren, wie namentlich in großer Mächtigkeit zwischen Periost und Cor¬
ticalis der Diaphyse sich ergießen und so zur Geschwulstbildung fuhren. Es handelt
sich um etwas ganz anderes, als um Rachitis, mit der die Erkrankung in gar keinem
Zusammenhang steht. An Skorbut erinnert B. in mancherlei Hinsicht, aber es
sind auch starke Unterschiede vorhanden: vor allem führt B. am Zahnfleisch nicht
zur Nekrose, es tritt keine Geschwürsbildung und faulige Abstoßung auf. Außer
am Knochen sah H. auch an anderen Organen Blutungen auftreten: 7 mal an
der Haut (in Form von purpuraartigen Flecken, blutigen Suffosionen, Blutblasen),
6 mal an Schleimhäuten (Zunge, Auge, Nase, Darm), 6 mal in der Niere (Nephritis
haemorrhagica). In weitaus den meisten Fällen wurde das Leiden durch den
Habitus und das kachektische Aussehen erkannt. Der Verlauf der Krankheit
ist immer ein sehr chronischer, so lange nicht die geeignete Behandlung ein¬
setzt Letztere ist bei M. eine äußerst dankbare. 28 mal hat H. über die Er¬
folge Nachrichten erhalten. In 25 Fällen war die Besserung der bis dahin
wochen- und monatelang bestandenen Erkrankung eine überraschend schnelle,
und endgültige; binnen wenigen Tagen schwand der Schmerz, in 14 Tagen
war das Zahnfleisch normal, die Schwellungen in vollem Rückgänge. Um
dies zu erreichen, genügen diätetische Vorschriften. Es ist weiter nichts nötig,
als daß die bis dahin gewöhnlich ganz monoton gehaltene Ernährung mit
länger gekochter Milch oder mit Milchpräparaten aufgegeben wird und an deren
Stelle die Ernährung mit ungekochter Milch tritt, die allerdings aus sehr zu-
verläßiger Quelle bezogen und ununterbrochen auf Eis stehen muß. Da es sich
meist um Kinder im zweiten Halbjahr handelt, wird sie nicht verdünnt und in
fünf Mahlzeiten s / 4 —1 Liter verabreicht. Wo reine Milch nicht gut vertragen
wird, mag man sie mit einer 5—7%ig en Lösung von Soxhlcts Nährzucker oder
Soxhlets Liebigsuppenpulver oder Mellins food zu einem Drittel oder zur Hälfte
verdünnen. Man erwärmt Milch und Lösung auf Körpertemperatur und mischt
nachher. Außer der Milch erhält das Kind 3 mal täglich 2—3 Teelöffel frisch
ausgepreßten Fleischsaftes, ebenso oft einen Teelöffel frischen Fruchtsaftes, Kinder
über 9 Monaten einmal noch eventuell einige Teelöffel Kartoffelmus, Spinat u. dergl.
Diese Diät wird in der Regel sehr gut vertragen und führt in kurzer Zeit zur
toxalen Umänderung des Befindens. Bleibt freilich B. längere Zeit unerkannt
und unbehandelt, so nimmt das Leiden an Intensität zu und manchmal sogar ein
letales Ende.
Diskussion (Bericht darüber bringen wir in der nächsten Nummer).
IV. Neue Bücher.
R. Kayser. Anleitung zur Diagnose und Therapie der Kehlkopf-, Nasen- und Ohren-
krankheiten. Zweite vermehrte und verbesserte Auflage. Berlin 1903. Verlag
von S. Karger.
Nach 2 Jahren ist ein Neudruck dieses Buches notwendig geworden. Zeigt
dieses Faktum schon, daß das Werk einem Bedürfnisse entgegen kam und seinen
Zweck in besterWeise erfüllte, so gelangt man auch durch die Lektüre desselben
zu dem gleich günstigen kritischen Resultat. Der Autor versteht es vortrefflich,
kurz und bündig das zu sagen, was er will, und zwar so zu sagen, daß es dem
Leser auch ohne Abbildungen — das Buch enthält deren 130 — sofort klar wird,
er ist ein Meister in der Beschränkung, d. h. darin, das Wichtigste herauszuholen
aus dem Lehrstoffe und einen Überblick über letzteren zu geben, wie das ja bei
einer solchen „Anleitung“ vollständig genügt. Der Praktiker wird daher auch
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IV. Neue Bücher. — V. Monats-Chronik.
395
<lie 2. Auflage, in welcher der Verf. vieles verbessert und hinzugefiigt hat, be
friedigt aus der Hand legen und sich immer wieder darin gern Rat holen.
Grätzer.
Neue Dissertationen»
J. Arnheim. Ein Beitrag zur Lehre von den Nahrungsmengen des Brust¬
kindes (Jena).. — F. Bergner. Über Sarkomatose im Kindesalter (München). —
Fr. BrDning. Über das Auftreten des Fettes im Knochenmark in den ersten Lebens¬
jahren (Freiburg). — W. Cartsburg. Über die präventive Behandlung der Augen¬
eiterung der Neugeborenen (Greifswald). — J. Fuchsberger. Über einen Fall von
angeborener Mißbildung sämtlicher Extremitäten (München). —•, J. Herzog. Ein
Beitrag zur Lehre von den intrakraniellen Blutungen Neugeborener (München). —
E. Hinz. Über profuse Hämoptoe im frühen Kindesalter bei der Lungentuber¬
kulose (Leipzig). — R. Holzhäuer. Zur Kasuistik der Gehirntumoren im Kindes
alter (Berlin). — L Kaplan. Bemerkungen zur normalen und topographischen
Anatomie der Thymus mit besonderer Berücksichtigung der plötzlichen Todesfälle
bei Thymushypertrophic (Berlin). — P. Kuliga. Zur Genese der kongenitalen
Dünndarmstenosen und Atresien (Heidelberg). — R. Kutz. Beitrag zur Kasuistik
der Enchondrome am Halse. Beschreibung eines seltenen Falles von kongentialem
Encbondrom neben dem Proc. spinosus des sechsten Halswirbels (Königsberg). —
0. Lütgens. Zur Kasuistik der Riesenkinder (Greifswald). — H. Much. Über Todes¬
ursachen bei Neugeborenen, mit besonderer Berücksichtigung ihrer forensischen
Bedeutung (Würzburg). — A. Nolte. Ein Fall von kongenitalem, totalem Tibia¬
defekt (Leipzig). — P. Ott6. Ein Fall von Thymustod (Königsberg). — 0. Pieper.
Ein Fall von Septumdefekt mit angeborener Stenose des Ostium arteriös, dextrum.
Tod durch Lungentuberkulose (München). — T. Sato. Über einen Fall von
Rückenmarksdegeneration mit seltenen und eigenartigen Veränderungen der Gang¬
lienzellen bei einem 4jährigen Kinde (Würzburg). — W. Schiffer. Kasuistischer
Beitrag zur klinischen Diagnostik der Persistenz des Ductus arteriös. Botaili
{Gießen). — A. Seibold. Zur Kasuistik der angeborenen Cystengeschwülste des
Halses unter besonderer Berücksichtigung eines Falles von kongenitalem kaver¬
nösem Lymphangiom (Würzhurg). — W. Stübinger. Kasuistische Beiträge zur
Kenntnis der angeborenen bösartigen Geschwülste (Leipzig). — J. Trepinski. Ein
Beitrag zur Statistik und Anatomie der Tuberkulose im Kindesalter (München). —
H. Viereck. Beiträge zur Hämatologie des Neugeborenen (Rostock). — H. Wolffheim.
Über einen umfangreichen porenkephalischen Defekt des Gehirns eines Kindes
mit frischer Poliomyelitis anterior (Königsberg). — J. Zillikens. Über Karzinome
im jugendlichen Alter (Gießen).
V. Monats-Chronik.
Eine neue Kindererholungsstätte vom Roten Kreuz ist dieser Tage in Sadowa
eröffnet worden, nachdem die bisherige einzige in Schönholz dem Andrange
schon lange nicht mehr genügte; dieselbe untersteht der ärztlichen Leitung von
Dr. R. Lennhoff. Im ganzen sind jetzt in Berlin sechs Erholungsstätten er¬
richtet. (Berliner klin. Wochenschrift 1903 No. 30.)
Für den Transport von Kindern mit ansteckenden Krankheiten ins Krankenhaus
schlug im vorigen Jahre Dr. med. C. S. Engel die Verwendung von Kinder¬
wagen, die leicht zu desinfizieren sind, vor. Später demonstrierte er in der
Deutschen Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege das Muster eines solchen
Kinderwagens. Dr. Engels Vorschlag ist jetzt verwirklicht worden. Es ist hier
«in Transportinstitut für kranke Kinder von der Eisenmöbelfabrik För¬
ster & Schulze, die sich auch mit der Herstellung von Kinderbetten beschäftigt,
ins Leben gerufen worden. Das Institut stellt in verschiedenen Stadtgegenden
eigens für den Kindertransport hergerichtete Kinderwagen bereit. Auf den Anruf
der Hauptstelle desTransportinstituts, Berlin, Dresdner Str.80, wird ein Kinderwagen
in die Wohnung des Bestellers geschickt. Der Überbringer übernimmt es auch, in
Begleitung eines Angehörigen des Kindes oder allein das erkrankte Kind in dem
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Ccntralblatt für Kinderheilkunde. No. 9.
Kinderwagen nach dem Krankenhause zu schaffen. Nach Beendigung des Trans¬
portes wird der Wagen desinfiziert. Für die Herleihung des Wagens und die
Gestellung des Fahrers werden 3 Mk. berechnet. Mit der Einrichtung wird be¬
zweckt, den Transport kranker Kinder von der Wohnung der Eltern oder Pfleger
in das Hospital zu verbilligen. Die Benutzung öffentlichen Fuhrwerkes bei dem
Transport von Personen mit ansteckenden Krankheiten ist nämlich polizeilich unter¬
sagt und die Kosten der Benutzung der üblichen Krankentransportwagen sind
für die vorwiegend in Betracht kommenden ärmere Bevölkerung meist schwer
erschwinglich. — Die Erfahrung muß lehren, ob sich die Idee Dr. Engels be¬
währen wird. (Allgem. med. Zentral-Ztg. 1903 No. 27.)
Die Schulärztin, so betitelt sich ein interessanter Artikel von J. Waldschmidt-
Charlotten bürg (Deutsche med. Wochenschrift 1903, No. 30), worin dieser die
Schularztfrage als in ein neues Stadium tretend begrüßt. Eine neuere Verfügung
des preuß. Kultusministers stellt die Volksschule als Mitkämpferin gegen die
Trunksucht hin; „wenn dem Religionsunterrichte hauptsächlich die ethische Seite,
die Bekämpfung des Lasters, zufällt, so hat der Unterricht in der Naturkunde uud
Gesundheitslehre vielfach Gelegenheit, die verheerenden Wirkungen des über¬
mäßigen Alkoholgenusses auf Gesundheit und Leben den Kindern zur Kenntnis
zu bringen.“ Im preuß. Abgeordnetenhause wurde bereits die Forderung aufge¬
stellt: „Darauf zu halten, daß die Jugend in der Schule über die schädlichen
Folgen des übertriebenen Alkoholgenusses aufgeklärt wird, und zwar in den
oberen Klassen der höheren Lehranstalten durch Ärzte.“ Hier wird also direkt
der Wunsch ausgesprochen, daß Ärzte als Lehrende in den Schulen auf-
treten möchten. Das wäre in der Tat ärztlicherseits mit Genugtuung zu be¬
grüßen. Von pädagogischer Seite ist dieser Sache schon näher getreten worden.
Harry Schmitt behandelt in seinem soeben erschienenen Werke „Frauenbewegung
und Mädchenschulreform“ auch die Schularztfrage und spricht sich für die Ver¬
wendung von Schulärztinnen für die Mädchenschulen aus. Die Untersuchung der
Mädchen unter Assistenz der Klassenlehrerin sollte von Ärztinnen ausgeführt
werden, die aber als aktive Mitglieder des Lehrerkollegiums einrangiert werden
sollten, uud die Mädchen nicht nur in den Fächern zu unterrichten hätten, welche
die Gesundheitsregeln betreffen, sondern auch in manch anderem. Die „Chemie
der Küche“, W 7 ert und Zubereitung der Nahrungsmittel der normalen und Kranken¬
kost, die eigene Körperpflege, sowie Kinder* und Krankenpflege u. s. w. wären
nicht minder wichtige Unterrichtsgegenstände. „Ohne die verständnisvolle und
bereitwillige Ausführung ärztlicher Anordnungen seitens der pflegenden Mütter
und Mädchen ist oft alle ärztliche Kunst umsonst. Nichts könnte dem schaden¬
stiftenden Kurpfuschertum so den Boden abgraben, nichts der physischen Völksge-
sundheit, auf der doch die physische ruht, förderlicher sein, als fachkundige
Überwachung. Belehrung und Aufklärung der Mädchen im Laufe der Schulzeit,
während welcher sie außerdem die Befähigung erlangen müssen, gegebenen Falls
aus eigener Initiative heraus, wenn ärztliche Hilfe nicht gleich bei der Hand ist, über¬
all, wo es not tut, sachkundig hilfreich zu sein.“ So würde den Schulärztinnen —
und ein Gleiches gilt natürlich auch von den Schulärzten — ein neues und sehr
ergiebiges Feld der Tätigkeit zufallen.
An der Universität Greifswald finden vom 15.—28. Oktober Fortbildungs¬
kurse für praktische Ärzte statt, an denen sich beteiligen werden die Herren:
Professoren Moritz, Friedrich, Striibing, Loefflcr, Schirmer, Martin,
Tilmann, die Dozenten DrDr. Ritter, Müller, Jung. Anmeldungen werden
erbeten an Prof. A. Martin.
VI. Personalien.
Berlin. Dr. W. Stoeltzner, habilitiert für Kinderheilkunde.
Prag. Dr. J. Langer, habilitiert für Kinderheilkunde.
Erlangen. Prof. Dr. Fr. Voit aus München, als ordentlicher Professor be¬
rufen, um u. a- Kinderheilkunde zu lehren.
Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzer in Sprottau. — Verlag von Johann
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metzger & W/ftl tg in Leipzig.
Centralblatt für
Kinderheilkunde.
Eine Monatsschrift für prälctische Ärzte.
VIII. Jahrgang. 1. Oktober 1903. No. 10.
I. Origrinalbeiträg*©.
(Aus der Universitäts-Kinderklinik zu Leipzig.)
(Direktor Med.-Kat Prof. Dr. 0. Soltmann.)
Beitrag zur Lehre der Vergiftungen im Kindesalter.
Von
Dr. med. H. Brüning,
Assistenzarzt
Im neuen Kinderkrankenhause in Leipzig gelangten im ersten
Dezennium seines Bestehens 14 Fälle von Vergiftungen bei Kindern
im Alter von 3 Wochen bis 13 Jahren zur Aufnahme. Mit Ausnahme
eines einzigen Falles im ersten und zwei weiteren im 13. Lebensjahre
beobachteten Fällen standen die übrigen Kinder im Alter von 2 bis
5 Jahren.
Die weitaus größere Anzahl von Vergiftungen in einem^Lebens-
alter, in welchem die Kinder der Obhut der Mütter entwöhnt zu werden
pflegen, und in welchem sie selbständig zu handeln beginnen, ohne den
Dingen der Außenwelt gegenüber bei der ihrem Alter entsprechenden
geistigen Entwicklung das nötige Verständnis entgegenzubringen, läßt es
naturgemäß begreiflich erscheinen, daß die meisten Unglücksfälle durch
Vergiftungen im Kindesalter im Gegensatz zu Erwachsenen versehent¬
lich durch eigenes Verschulden der Betroffenen herbeigeführt wurden.
Ohne hierbei eine gewisse Fahrlässigkeit der Eltern in jedem Falle
leugnen zu wollen, waren in zehn Fällen wohl die Verunglückten
allein an ihrem Unfälle schuld, und nur in drei Fällen war der
letztere durch direkte Lässigkeit und Unvorsichtigkeit einer dritten
Person, ohne daß der Betroffene es hindern konnte (bei einem 3 monat¬
lichen Säugling durch Fahrlässigkeit der Hebamme), bei zwei Mädchen
durch Unvorsichtigkeit der Mutter hervorgerufen. Nur in einem
einzigen der vorhin erwähnten, durch eigene Schuld bedingten In¬
toxikationen war mit Überlegung gehandelt worden; auf diesen
Fall, der ein 13jähriges Mädchen betraf, welches suicidii causa
Karbolsäure getrunken hatte, komme ich später nochmals zurück.
Die Art der Vergiftung und der Weg, den die Gifte
nehmen mußten, um in den Körper zu gelangen, entsprach den
anfangs geschilderten Tatsachen; die Vergiftungen betrafen in erster
Linie (neun Fälle) die Aufnahme von Säuren und Laugen u. a., wie
sie im Haushalte zum Putzen usw. Verwendung finden; je einmal
handelte es sich um Aufnahme von Morphium und Verschlucken von
Centralbl. t Kinderhlkdo. VIII.
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398
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
Tinte, 3mal um Einatmung von Kohlendunst. Mit Ausnahme der
letzten Fälle, die durch Affektion zunächst der Respirationsorgane
charakterisiert waren, und mit Ausnahme des 3wöchentlichen Säug¬
lings, bei welchem das Gift von der Nabelwunde, d. h. von der Haut
aus in den Organismus gelangte, erfolgte also die Vergiftung stets
auf dem Wege des Digestionstraktus, d. h. also durch Verschlucken
der giftigen Substanzen. Die Vergiftung wurde verursacht durch:
I. Säuren in 6 Fällen; davon
2 mal Karbolsäure,
lmal Salpetersäure,
3 mal Schwefelsäure,
H. durch kaustische bezw. laugenartige Substanzen in vier Fällen,
je lmal Kalilauge und Tinte
2mal Ammoniak bezw. Salmiakgeist
HI. durch Morphium einmal,
IV. durch Kohlen dunst 3 mal.
Den günstigsten Verlauf nahm die Vergiftung mit Tinte, so
daß eigentlich kaum noch von einer Vergiftung als solcher die Rede
sein kann.
1. Fall (Vergiftung mit Tinte).
Ein Mädchen im Alter von 1*/* Jahren (No. 489, 1899) wurde gleich nach¬
dem es in einem unbewachten Augenblick ein Fläschchen mit Kaisertinte aus¬
getrunken hatte, dem Krankenhause zugeführt. Mund- und Rachenschleimhaut
war intensiv blau-schwarz verfärbt; die Temperatur betrug 38,2. Keine merk¬
lichen Beschwerden. Magenspülung. Nach 2 Tagen geheilt entlassen; auchspäter
keine Nachwirkungen.
Im Gegensatz zu dieser harmlosen Intoxikation, die, wie so
manche dieser Art, von Schulkindern usw. aus Übermut unter¬
nommen — es dürften derartige Beobachtungen wohl jedem Leser
zur Genüge aus seiner eigenen Schulzeit bekannt sein — für das
Kind ohne jeden Schaden ablief, kam es zu weit schwereren Er¬
scheinungen in den Fällen von Vergiftung mit Kalilauge und Ammoniak.
Es seien auch diese Fälle in extenso mitgeteilt:
2. Fall (Vergiftung durch Linimentum ammoniatum).
G., Frieda (1378, 1899), 1*/* Jahre alt, trank versehentlich flüchtiges Liniment
(eine aus Olivenöl, Mohnöl und Liquor Ammonii caustici bestehende weißliche
Masse) das zu Einreibungen usw. verwendet zu werden pflegt; ein Teil wurde
alsbald wieder erbrochen. Als das Kind sogleich nach dem Unfälle ins Kranken¬
haus gebracht wurde, war schon auf größere Entfernung ein stechender Ammoniak-
geruch aus dem Munde bemerkbar; die Zunge war trocken, grauweißlich; Ton¬
sillen und Gaumenbögen, sowie die Schleimhaut des Rachens waren intensiv
gerötet und geschwollen. Bei der Ausspülung des Magens mit Zitronensäure¬
lösung entleerten sich große Mengen noch stark nach Ammoniak riechenden
Mageninhaltes. Am nächsten Tage einmal Erbrechen; auf der linken Tonsille grau¬
weiße, oberflächliche Nekrosen; Rötung der Schleimhaut des Rachens noch stärker.
Die Beläge stoßen sich jedoch nach kurzer Zeit ab, und das Kind konnte, 8 Tage
nach der Aufnahme, mit gutem Allgemeinzustand entlassen werden. Auch später
haben sich bei dem Kinde keine üblen Folgen bemerkbar gemacht.
3. Fall (Vergiftung mit Salmiakgeist).
K., Günther (1013, 1898), 2 Jahre alt; trank versehentlich einige Schluck
reinen Salmiakgeist; darnach heftig geschrieen; erbrochen; Husten. Vom Arzt
sofort ins Krankenhaus geschickt; fleckige, weiße Beläge auf Zahnfleisch, Zunge
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I. Originalbeiträge.
399
und hartem Gaumen; Tonsillen, vordere Gaumenbögen ähnlich; Schleimhaut überall
gerötet und geschwollen. Schlucken erschwert; Stimme frei. Große Unruhe.
Eismilch; Limonade mit Acid. sulfur. dil. Morphium; Eisschlauch um den Hals.
Nach einigen Tagen haben sich die Ätzschorfe abgestoßen. Kind gebessert
entlassen.
Das Band lebt und ist völlig gesund. Es bestehen keine Beschwerden
irgend welcher Art, die mit der Vergiftung in Zusammenhang sich bringen
ließen.
4. Fall (Vergiftung mit Lauge).
von B., Gertrud (999, 1898), 4 Jahre alt; trinkt ami 4. Juni Lauge vom
Seifensieder; Zunge stark angeschwollen; durch Milch mit Magnes. ust. anscheinend
völlig geheilt 3 Wochen später nach jeder Mahlzeit Erbrechen; auch flüssige
Speisen werden wieder erbrochen; Stärkerwerden der Schluckbeschwerden; zu¬
nehmende Abmagerung; einmal nur das Erbrochene mit Blut vermischt; Leib¬
schmerzen; angehaltener, zeitweise blutiger Stuhl. Bei der Aufnahme ins Kranken¬
haus: abgemagertes Kind; foetor ex ore; Rötung des Racheneinganges; Passage
der ungeiähr 17 cm von der Zahnreihe entfernten Stenose nicht möglich; sehr
heftiges Würgen mit Herausbringen von massenhaft schaumig-blutigem Schleim.
Milch aus der Flasche passiert ohne Beschwerden; bei der Auskultation am
Rücken läßt sich das Auftreten der Milch und darauf das langsame Durch¬
fließen derselben durch die verengte Partie deutlich verfolgen. Tägliche Son¬
dierung mit vorübergehender erheblicher Besserung und Zunahme des Körper¬
gewichtes. Später wieder langsame Verschlechterung: zeitweise Erbrechen,
schlechtes Trinken; Schmerzgefühl unter dem Brustbein. In leidlichem Er¬
nährungszustand auf Wunsch der Eltern „gebessert“ entlassen.
Nach persönlicher Erkundigung bei der Mutter des Kindes ist dasselbe am
30. September desselben Jahres, kaum 4 Wochen, nachdem es aus dem Kranken¬
hause entlassen worden war, an Entkräftung gestorben. Die Bougierung der
stenosierten Speiseröhre wurde vom Hausarzte bis kurz vor dem exitus täglich
vorgenommen, doch war die Nahrungsaufnahme, die gegen Ende ganz unmöglich
wurde, durch Erbrechen und Schmerzhaftigkeit so sehr erschwert, daß das Kind
zum Skelett abmagerte, bis der Tod es von seinen Qualen erlöste.
Über Vergiftung mit Laugen und ätzenden Substanzen bei
Kindern finden sich in der Literatur relativ zahlreiche Beispiele.
Manicus beobachtete eine Ammoniakvergiftung bei einem 5jährigen
Kinde, welches nach 4 Wochen völlig wieder hergestellt war, und
Kramsztyk berichtet aus dem jüdischen Kinderhospital in
Warschau über 32 Fälle von Vergiftung mit Natronlauge, welche
dort in den Jahren 1889—1899 behandelt worden waren; von diesen
Kindern standen 30 im 1.—5., und nur zwei im 9. bezw. 10. Lebens¬
jahre. Fast alle kamen bald nach der Intoxikation zur Aufnahme,
aber gleichwohl endigte eine große Anzahl der Fälle mit dem Tode.
Daß gelegentlich tötliche Giftmengen auch im Kindesalter ohne
Schaden vertragen werden, beweist der Fall 5, welcher eine Ver¬
giftung mit Morphium betraf.
M., Else, 2 Jahre alt (176, 1893), hat um 4 Uhr nachmittags nach Angabe
der Mutter ungefähr die Hälfte einer für sie (die Mutter) bestimmten Arznei aus¬
getrunken. Trotzdem die Mutter dem Kinde bald nachher Kaffee und Milch zu
trinken gab, fiel das Kind in immer tieferen Schlaf. Hierdurch ängstlich ge¬
worden, bringt die Mutter das Kind ins Krankenhaus. Sofortige Magenausspülung
entleert reichlich Mageninhalt, ohne mit Bestimmtheit auf die toxische Schädlich¬
keit hinzuweisen. Pupillen sehr enge, auf Belichtung noch enger werdend, durch
Beschattung jedoch sich nicht erweiternd. Puls und Atmung regelmäßig; Puls
ziemlich kräftig. Schlaf ununterbrochen, nur ab und zu leichte Reaktion auf
sensible Reize; später ist die Reaktion vollkommen erloschen und der Puls
irregulär. Um 8 Uhr abends (da die Intoxikationserscheinungen zunehmen) mittels
Sonde 0,5 Kampher in Emulsion, ferner subkutan Atropin, sulfur. 0,001. Eine
Stunde später werden die Pupillen weiter, der schwache Puls wird voller, und
400
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
schon am andern Tage kann das Kind geheilt entlassen werden. Immerhin ist
dieser glückliche Ausgang, der wohl im wesentlichen durch die alsbaldige Ent¬
leerung des gefüllten Magens durch die Sonde und durch die alsbaldige Verab¬
reichung von Kampher und Atropin, sulfur. bedingt worden ist, sehr zu ver¬
wundern mit Rücksicht auf die Menge des für das Kindesalter bekanntlich
außerordentlich differenten Giftstoffes. Die Arznei hatte nämlich folgende Zu¬
sammensetzung gehabt:
Morphin, mur. 0,12
Aqu. Lauroceras. 20,0
und das Kind sollte die Hälfte davon getrunken, also doch zum mindesten
0,05 Morphium und 7—8 g Aqu. Laurocerasi, d. h. also fast die doppelte Maximal¬
einzeldosis an Morphium für den Erwachsenen und mehr als die für Erwachsene
bestimmte Tagesmenge an Kirschlorbeerwasser, das außerdem noch Spuren von
Blausäure enthält, zu sich genommen.
Das Kind hat sich nach persönlicher Erkundigung bei den Eltern sehr gut
entwickelt; irgend weiche Schädlichkeiten sind nachträglich nicht aufgetreten.
Vergiftungsfälle bei Kindern durch Morphium bezw. Opium mit
glücklichem Ausgang beobachteten auch Cruse, Semtschenko und
Eschle; in zwei von Trautner und Biedert beschriebenen Fällen
trat dagegen der Tod ein. Cruses Fall betraf seinen eigenen 2monat-
lichen Säugling, bei welchem versehentlich statt mit Borsäurelösung
die Mundhöhle mit einer Lösung von Morphin, mur. 0,6—30,0 aus¬
gewischt worden war, trotz einer Morphiummenge von etwa 0,003 g
trat nach 36 Stunden nach Verabreichung der doppelten Maximal¬
dosis an Atropin für Erwachsene (2 mg) völlige restitutio ad integrum
ein; ähnlich erging es in den Fällen von Eschle und Semtschenko,
von denen der erstere, durch Verabreichung von 12 Tropf. Tinct. Opii
simpl. an ein 4jähriges Mädchen, der zweite durch Eingeben von
Pulv. Doweri in zu großer Dosis an ein 8monatliches Kind bedingt
war. Während in Semtschenkos Fall schon nach 24 Stunden
Besserung eintrat, hielten die Vergiftungserscheinungen in dem Falle
Eschles, der außerdem, wie ein von Katzenstein beschriebener
Fall bei einem 20 tägigen Kinde, im Gegensatz zu den übrigen Beob¬
achtungen durch Fehlen der Pupillenverengerung' bezw. durch. Dila¬
tation der Pupillen ad maximum und enorme Steigerung der Sehnen¬
reflexe mit klonisch-tonischen Krämpfen charakterisiert war, lange
Zeit an; in diesem Falle wirkte ein Belladonnainfus ebenfalls günstig.
Der Säugling Katzensteins wurde in erster,.Linie durch künstliche
Atmung zum Leben zurückgerufen; ferner wurden Kochsalzinfusionen
und Exzitantien angewandt; nach 26 Stunden war jegliches Symptom
der Morphiumvergiftung verschwunden. Daß aber trotz Magenspülung
und Verabreichung von Atropin gerade im Säuglingsalter der Tod
nicht verhütet werden kann, beweisen die von Biedert und Trautner
näher beschriebenen Fälle bei mehrwöchentlichen bezw. mehrmonat¬
lichen Kindern; bei der Sektion des Trautnerschen Falles fanden
sich an den Organen keine nachweisbaren Veränderungen.
Was die Therapie der Morphium- bezw. Opiumvergiftung anlangt,
so sind neben rechtzeitiger Anwendung von Magenpumpe und Brech¬
mitteln in erster Linie Exzitantien (Kampher, Äther) und die vor¬
sichtige Darreichung von Atropin sulfur. in nicht zu geringer Dosis
zu empfehlen, da gerade auch das Atropin vom kindlichen Organis¬
mus, wie die Beobachtung Cruses zeigt, ohne Schaden vertragen
wird; ebenfalls verdienen Kochsalzinfusionen und eventuell künstliche
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I. Originalbeiträge.
401
Atmung versucht zu werden. Ebenfalls um Intoxikationen im akuten
Stadium der Vergiftungserscheinungen handelte es sich bei den
Kohlenoxydvergiftungen, deren Opfer ein sonst gesundes 4jähriges
Mädchen durch eigenes Verschulden und durch Fahrlässigkeit der
Pflegemutter und zwei Geschwister von 2 und 5 Jahren durch-
Unachtsamkeit der Mutter geworden sind.
Fall 6.
J., Else, 4 Jahre alt, (161, 1896), wird von der Pflegemutter auf V* Stunde
allein im Zimmer gelassen; während dieser Zeit macht sich das Kind am
Ofen zu schaffen und soll frische Briketts nachgelegt haben. Durch Herausfallen
brennender Kohle aus dem Ofen in die Kohlenschale gelangen die in derselben
befindlichen Kohlen allmählich ins Glimmen. Die Pflegemutter findet das Kind
bei ihrer Rückkehr bewußtlos im Zimmer vor dem Ofen liegen, der Raum ist
dicht voller Qualm. Nachdem auf der Sanitätswache künstliche Atmungsversuche
gemacht und das Kind tüchtig abgerieben und gebürstet worden war, tritt Er¬
brechen ein, und das Bewußtsein schien langsam wiederzukehren. Nach der
Überführung ins Krankenhaus ergab sich: kühle, cyanotische Haut; angestrengte,
oberflächliche Atmung, mit Ringen nach Luft, zeitweise aussetzend; Puls nicht
fühlbar, Pupillen starr, mittel weit; Kornealreflex erloschen; häufiges, schleimiges
Erbrechen; große Unruhe, Jaktation. Trotz Bäder und Abklatschungen, Injektion
von Äther und Kampher und Sauerstoffmhalation nur vorübergehende leichte Besse¬
rung. Nachdem die Respiration von 56 auf 28 Atemzüge in der Minute und die
Temperatur von 38,4 auf 34,8 gesunken war, erfolgte der exitus wenige Stunden
nach der Aufnahme. Die Obduktion konnte leider nicht gemacht werden.
Fall 7 und 8.
Die beiden anderen Fälle betrafen zwei Geschwister im Alter von 2 und
5 Jahren, welche von der Mutter ebenfalls allein im Zimmer zurückgelassen
worden waren und bei der Rückkehr bewußtlos in dem mit Rauch dicht erfüllten
Zimmer aufgefunden wurden. Das ältere der beiden Mädchen erholte sich im
Laufe des Tages soweit, daß jede Gefahr vorüber zu sein schien, doch trat am
Tage nach dem Unfall eine plötzliche Verschlimmerung des Zustandes mit großer
Blässe, röchelnder.''Atmung und heftiger Atemnot ein, daß die Überführung in
das Krankenhaus notwendig wurde. Hier ging das Kind am Spätnachmittage
unter den Erscheinungen des Lungenödems zugrunde, indem es, beim Aufrichten
im Bette völlig* cyanotisch geworden, tot niedersank. Trotz sofortiger Intubation
und nachfolgender Tracheotomie, bei welcher größere Mengen eingedickten
Sekretes aus den Bronchien und der Trachea entfernt wurden, gelang es nicht,
das Kind wieder ins Leben zurückzurufen.
Bei der jüngeren Schwester, die wegen hochgradigster Stenoseerscheinungen
mit großer Unruhe und tiefen Einziehungen ebenfalls intubiert und, da keine
Besserung eintrat, kurz darauf tracheotomiert werden mußte, war der Verlauf ein
günstigerer; nach Ablauf der bronchitischen LungenalFektion und allmählichem
Verschwinden des Lungenödems konnte das Kind, 4 Wochen nach der Aufnahme,
geheilt entlassen werden. Bei dem Kinde sind irgendwelche üblen Nachwirkungen
der Vergiftung nicht aufgetreten; es lebt und ist gesund.
Sämtliche 3 Fälle von CO Vergiftung sind also durch Fahr¬
lässigkeit dritter Personen (Pflegemutter bezw. Mutter) herbeigeführt
worden; zu bemerken ist nur, daß im zweiten Falle bei dem älteren
Kinde durch Intubation und Tracheotomie mit nachfolgender künst¬
licher Atmung das Kind nicht wieder ins Leben zurückgerufen werden
konnte, während bei dem 2jährigen Schwesterchen die bei Lebzeiten
wegen hochgradigster Stenoseerscheinungen vorgenommene Intubation
mit sekundärer Tracheotomie und Entfernung der vorliegenden Schleim¬
massen offenbar einen außerordentlich günstigen Effekt erzielte, indem zwar
eine langsame, aber doch stetige Besserung und später völlige Heilung
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402
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
eintrat. Daß die Intubation bezw. die Tracheotomie in Fällen von
Kohlenoxydvergiftung, die gewöhnlich mit heftiger Atemnot und Cyanose
einhergehen, nicht ohne weiteres angewandt werden sollen, braucht
nicht hervorgehoben zu werden; erst in solchen Fällen, wo wirklich
Stenoseerscheinungen mit Einziehungen im Jugulum und Epigastrium
den Verdacht nahe legen, daß neben der Intoxikation mit Kohlen¬
dunst auch noch ein Hindernis in den luftzuführenden Wegen —
bei beiden Kindern war der Kehlkopf und der obere Abschnitt der
Trachea mit dicken, zähen Schleimmassen verstopft — die Situation
erschwert, treten die vorhin genannten operativen Eingriffe in ihr
Recht; in den übrigen Fällen dürfte man mit den üblichen thera¬
peutischen Maßnahmen (Sorge für frische Luft, künstliche Atmung,
Kochsalzinfusion, Transfusion, Faradisation des n. phrenicus, Aderlaß),
falls überhaupt noch die Möglichkeit vorliegt, die Kinder am Leben
zu erhalten, völlig auskommen.
Die schwersten Vergiftungssymptome und namentlich die bös¬
artigsten Folgeerscheinungen werden nach den nunmehr kurz mit¬
zuteilenden Vergiftungen durch Säuren hervorgerufen; unter den
letzteren kommen Schwefel-, Karbol- und Salpetersäure in erster
Linie in Frage. (Schluß folgt.)
II. Referate.
Alph. Kramer (Dorpat). Über eine seltene Intoxikation.
(St. Petersburger med. Wochenschrift 1903 No. 18.)
Intoxikation mit dem allgemein als harmlos angesehenen Wäsche¬
blau.
l 1 /«jähriges Kind ißt am Abend eine Kugel Wäscheblau, am nächsten
Vormittag noch eine, und erkrankt mittags plötzlich mit heftigem Erbrechen und
Durchfall, dann Krämpfen und Somnolenz. Nachmittags 4 Uhr: Leichte Cyanose,
starke Konvulsionen, unregelmäßige, oberflächliche, intermittierende Atmung,
unregelmäßiger, fadenförmiger Puls, absolute Somnolenz, Mydriasis, reaktionslose
Pupillen. Sehr bald vollständiger Atemstillstand, moribunder Zustand. Therapie:
Energische künstliche Atmung, Vin. stibiat., Thoraxerschütterungen, reichlich
Kognak mit Milch (per os und per klysma). Erst nach 8 ständiger Tätigkeit
stellten sich Atmung und Herztätigkeit wieder spontan ein, der Zustand besserte
sich allmählich, und tags darauf war Pat. wieder hergestellt.
Bei der Analyse erwies sich der Farbstoff als Ultramarin. Dies
wird dargestellt aus Tonerde, Kieselsäure, Natron, Kalk und Schwefel,
oder aus Kaolin, Natr. sulfat und Kohle, oder aus Kaolin, Soda,
Schwefel und Kohle, und ist ein an sich unlösliches Pigment, welches
indessen durch Säure oder saure Salze unter Entwicklung von
Schwefelwasserstoff zerstört wird. Es handelte sich hier um
eine Vergiftung mit H 2 S. Dasselbe gelangt aus dem Magen ins Blut,
wo es dank dessen Alkaleszenz nicht zur Wirkung kommt, dann auf
dem Wege der Blutbahn in die Lungen, wo es frei wird und in
Aktion tritt. Dies geschah hier auffallend spät; es sind aber auch
andere Fälle von Spätwirkung von HgS schon bekannt. Grätzer.
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II. Referate.
40S
Knaut (Klaushagen). Zwei Fälle von Strammoniumvergiftung.
(Berliner klin. Wochenschrift 1902 No. 51 .)
Zwei Kinder hatten Stechapfelkraut und Samen der einheimischen
Datura Strammonium in unbekannter Menge vor über 2 Stunden zu
sich genommen. Das jüngere Kind sah K. nicht persönlich und ließ
ihm nur eine Ipecacuanha-Tartarus stibiat.-Emulsion zukommen, auf
die es sich tüchtig erbrach. Das ältere, 5jährige Kind schien größere
Mengen genossen zu haben und bot ein sehr schweres Krankheits¬
bild dar. Absolute Bewußtlosigkeit wechselte alle paar Minuten mit
intensiven klonischen Krämpfen ab. Aber auch dieses Kind wurde
durch subkutane Injektionen einer l°/ 0 igen Apomorphinlösung in
gehörigen Dosen, sowie hohe Essigeingießungen gerettet, ja beide
Kinder waren tags darauf wieder vollkommen hergestellt. Grätser.
Weissmann (Glatz). Über „Kornkaffee“.
(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 1.)
Eine Vergiftungsreihe durch „Kornkaffee“ sah W. in einer
Familie. In Schlesien verkaufen Mehl- und Kolonialgeschäfte, auch
Drogerien, geröstetes Korn als „Kornkaffee“, der vielfach wegen
seiner Billigkeit und zur Vermeidung des „aufregenden“ Bohnenkaffees
konsumiert wird. Auch in der betreffenden Familie wurde er seit
einiger Zeit viel getrunken. Seitdem klagten die Kinder, manchmal
mehrere zugleich, über Kopfweh, Leibschmerz, Durchfall, und sahen
schlecht aus. Anfangs September erkrankte das 9 Monate alte, etwas
atrophische Kind, nachdem es 2 Tage hindurch statt der üblichen
Kufekesuppe Kornkaffee mit Milch erhalten, plötzlich an Fieber,
Krämpfen, Durchfall, und starb noch am gleichen Tage. Kurz darauf
legte sich der 6jährige Bruder, um zwar mit Kopfschmerz, Fieber, Leib¬
weh, Durchfall, und zwar nach 2—3 Tagen wieder aufzustehen, aber
von Zeit zu Zeit immer wieder über Hitze im Kopfe, Schwindel, Stuhl¬
drang zu klagen. Kaum war dieser aufgestanden, so erkrankten
unter gleichen Erscheinungen das 11 und 8jährige Mädchen, etwas
später ein 4jähriges Kind und endlich auch die Mutter. Eine ge¬
meinsame Schädlichkeit als Ursache dieser akuten und subakuten
Magendarmkatarrhe mußte vorliegen, man zog alles in Erwägung
und kam endlich auf den „Kornkaffee“. Es stellte sich heraus, daß
dieser eine beträchtliche Menge Kornradesamen enthielt Die
Kornrade (Agrostemma Githago) wächst als Unkraut auf Roggenfeldern
und wird mit dem Korn zusammen ausgedroschen, aber durch „Rad¬
siebe“ wieder entfernt. Sind diese zu grob, oder bei mangelhafter
Reinigung, verbleibt im Getreide der Kornradesamen (etwa hanfkorn¬
große, mattschwärzliche, ovale, in einen spitzen Schnabel auslaufende,
höckerige, unter der Lupe spiralig geriefte Gebilde von harter Kon¬
sistenz und bitterlichem Nachgeschmack). Dieser enthält das Alka¬
loid Agrostemmin, welches entschieden gesundheitsschädliche
Wirkungen ausübt und in obigen Fällen ausgeübt hat. Nachdem
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404
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
jetzt seit 6 Wochen kein Kornkaffee in der Familie mehr benutzt
wird, sind sämtliche 6 Kinder gesund, ihre Verdauung normal.
Gr&tzer.
Giovanni Berti. Ein Fall von Saturnismus im Kindesalter.
(Rivista di Clinica Pediatrica No. 5 190S.)
Ein 26 Monate altes, schlecht genährtes Kind wurde wegen
eines Kopfgrinds von der Mutter monatelang mit Hebrascher Salbe
eingerieben, die vom Arzte verordnet worden war. Als wegen der
allmählich eintretenden Allgemeinerscheinungen Verf. das Kind zu
Gesicht bekam, fand sich folgendes Bild: Anämia, Torticollis infolge
von Athralgia cervicalis, Paralyse der oberen und der unteren Ex¬
tremitäten, und zwar war sie in diesen stärker, als in jenen. An
den gelähmten Gliedern fand sich die schon von Duchenne be¬
schriebene Eigentümlichkeit, daß die elektrische Kontraktilität der
Muskeln ganz oder fast aufgehoben war, während gleichzeitig einige
dieser Muskeln noch auf energischen Willensimpuls reagierten; be¬
sonders zeigten dies Verhalten die Extensoren der Hand. Es bestand
ferner Ptosis und Aphonie mit asphyktischen Anfällen; ferner eine
Mydriasis der rechten Pupille. Es fehlten die von Bur ton und
Gübler beschriebenen Erscheinungen auf der Mundschleimhaut und
vor allem die Koliken. Nach Aussetzen der Hebraschen Salbe trat
Heilung ein. F.
G. MaSSanek. Ein Fall von Polyneuritis durch CO-Vergiftung
verursacht
(Budapesti orvosi ujsäg, 7. Mai 1903.)
Der 8 Jahre alte Knabe G. F. wurde am 22. Februar 1903 im
St. Johannes-Hospitale mit einer rechtsseitigen Hemiplegie und ge¬
störtem Sensorium vorgestellt. Da sich der Zustand verschlechterte,
wurde das Kind am 25. Februar aufgenommen. Große Unruhe,
rechtsseitige Hemiplegie, erloschene Reflexe. Als Sedativum wurde
Chloral verabreicht In drei Tagen ist das Sensorium freier, doch
ist eine linksseitige Parese und Schmerzhaftigkeit der Nervenstämme
zu konstatieren. Am 12. März Sensorium normal, Gang ataktisch;
16. April geheilt entlassen. Nachträglich wurde in Erfahrung ge¬
bracht, daß ein Bruder in Rauch erstickt und der besprochene Knabe
noch zur rechten Zeit gerettet worden ist. Die Folge der CO-Ver-
giftung war die Polyneuritis. Ernst Deutsch (Budapest).
Katzenstein (München). Ein Fall von Morphiumvergiftung
im frühesten Kindesalter.
(Münchener med. Wochenschrift 1902 No. 44.)
Schwerer Fall, durch die erfolgreiche Therapie und besondere
Symptomatologie bemerkenswert.
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II. Referate.
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K. wird nachts zu einem bis dahin gesunden 24 Tage alten Kinde wegen
eines Krampfanfalles gerufen. Er findet das Kind in einem eklamptischen Anfalle;
Atmung sehr erschwert, hochgradige Cyanose, Pupillen klein, Augenreflexe er¬
loschen. K. kannte die Familie, die sehr sorgfältig in der Kinderpflege ist, seit
langem, unterdrückt die Vermutung an eine Vergiftung, zumal die Wärterin auch
jede^Möglichkeit dazu abstreitet. Er behandelt den Fall als bloßen eklamptischen
Anfall. Der Zustand verschlimmert sich, der Verdacht an eine Opium Vergiftung
tritt klarer hervor, und nun gesteht die Wärterin, ein Morphiumpulver (0,007g
für einen Erwachsenen bestimmt) verabfolgt zu haben, und zwar 10 Uhr abends.
Seitdem waren jetzt 8 Stunden verflossen. K. spült daher den Magen nicht mehr
aus, sondern gibt Kalomel und Klystiere. Die Krampfanfälle wiederholten sich
l L —1 stündlich; Pupillen jetzt stecknadelkopfgroß, in den Pausen zwischen den
Anfällen Bewußtlosigkeit und überhaupt recht schweres Krankheitsbild. In den
Intervallen ist das Aussehen des Pat. beruhigender, erschrecklich aber gestalten
sich die Anfälle, welche nach wenigen Momenten in vollständige Asphyxie über¬
gehen. Während anfangs die Unfälle den Eindruck einer infantilen Eklampsie
machten, gestalteten sich dieselben später folgendermaßen: Bei dem ruhig liegenden
Kinde sieht man zuerst eine allmählich stärker werdende Blaufärbung der Finger¬
nägel und Lippen; gleichzeitig wird die Atmung seltener und noch flacher als
vordem; hierauf tritt Tetanus des ganzen Körpers ein und gleichzeitig hört die
Atmung gänzlich auf; dabei schlägt das Herz zunächst ruhig und gleichmäßig
fort; der Tetanus löst sich nach 15—30 Sekunden, es tritt vollständige Erschlaffung
der Muskeln ein, und der Zustand ist genau, wie man ihn bei neugeborenen
asphyktischen Kindern sieht. K. behandelt diese Anfälle mit künstlicher Atmung
unter besonderer Beachtung der Herzmassage. Denn wenn die Massage des
Brustkorbes nicht konstant fortgesetzt wird, so läßt sofort die Herztätigkeit erheb¬
lich nach. Während in diesem asphyktischen Zustande alle Hautreize wirkungslos
bleiben, ruft Eintauchen in heißes Wasser stets einen Reflex hervor. Pat. macht
einen tiefen Atemzug und bewegt die Extremitäten. Die Wirkung war ja bloß
eine momentane, immerhin aber war ein erfolgreicher Hautreiz gesetzt, eine ge¬
wisse Wärmemenge zugeführt, und die Lungen- und Herzmassage konnte auf
dem Tische weiter fortgesetzt werden. Die Dauer dieser Anfälle, während welcher
das Kind selbständig nur 3—4 Atemzüge, d. h. je einen Atemzug beim Eintauchen
ins Wasser machte, betrug 15—35, aber auch bis 40 Minuten. Es bedurfte also
großer Anstrengung und Energie, um durch Herz- und Lungenmassage das Leben
zu erhalten. Es wurden im Zeitraum von 14 Stunden wohl im ganzen 6 bis
7 Stunden lang die künstlichen Atembewegungen gemacht. Um auf die Elimi¬
nierung des Giftes hinzuwirken, machte K. in Intervallen warme Kochsalzeinläufe
in den Darm und eben solche subkutane Einspritzungen (von ersteren 10 k 100 ccm,
von letzteren 12 k 10 ccm, im ganzen also 6 / 4 Liter); vermittels der Einläufe
erhielt Pat. auch 4 Löffelchen Kognak und 50 ccm schwarzen Kaffee. Der letzte
Anfall erfolgte 17 Stunden nach der Vergiftung, 9 Stunden darauf trank das
Kind die erste Flasche Milch, es erfolgte dann Urin und Stuhlentleerung und das
Kind erholte sich nunmehr ziemlich rasch.
Von besonderem Interesse sind die Krampfzustände in diesem
Krankheitsbilde. Infolge narkotischer Vergiftung treten derartige
Krämpfe ein bei niederen Tieren, z. B. den kaltblütigen Fröschen.
Beim Menschen sind sie nur dem allerfrühesten Lebensalter eigen¬
tümlich, wofür Soltmann folgende Erklärung gibt: Es besitzt das
Gehirn des Neugeborenen, schon gegenüber dem des älteren Säuglings
auf Grund seiner rückständigen anatomischen Beschaffenheit (Fehlen
der strengen Trennung zwischen weißer und grauer Substanz, viel¬
faches Fehlen der Markscheiden um die Achsenzylinder, mangelhafte
Entwickelung der Pyramidenbündel usw.) an und für sich eine erhöhte
Reflexdisposition. Der Neugeborene reagiert also auf Opium wie
ein niederes Rückenmarks wesen, und so konnte K. die deletäre
Wirkung des Morphiums auf die Zellen der Großhirnrinde und der
Medulla oblongata hier nebeneinander beobachten. Bei älteren Säug-
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
lingen fällt, wie bei Erwachsenen, die bis zu Krämpfen führende
Wirkung des Morphiums infolge der zahlreichen Reflexhemmungs¬
vorrichtungen gewöhnlich fort.
Das Gewicht des Kindes betrug 3500 g, also berechnete sich für
das Kilo Körpergewicht 2 mg Morphin. Für einen Erwachsenen von
50 kg Gewicht würde das eine Dosis von 1 dcg Morphin bedeuten,
d. i. das dreifache der Maximaleinzeldosis. Bei Kindern ist zudem
die Intoleranz gegen Morphin noch eine sehr große! Der selten
schwere Verlauf der Vergiftung, infolge deren das Kind einmal
40 Minuten, mehrfach 30 Minuten vollständig ohne eigene Atmung
war, und das Herz öfter seine Tätigkeit einzustellen drohte, beweist,
daß 2 mg Morphin pro Kilo Körpergewicht das kindlichen Körpers
als im allgemeinen letale gelten muß. Der glückliche Ausgang ist
wohl vor allem der künstlichen Atmung zuzuschreiben. Die Behandlung
mit Atropin oder Kal. permang. steht noch auf zu unsicheren Füßen.
Eine Magenspülung 3 Stunden nach der Intoxikation erschien nicht
mehr opportun. Um sie zu ersetzen, gab K. als das Kind noch
schluckte und später, als es wieder schluckte, Kalomel, das auch
reichliche Stühle hervorrief. Die eingebrachten 1*/ 4 Liter Kochsalz¬
lösung sollten das Gift verdünnen und die Ausscheidung beschleunigen,
was auch gelang; das Kind hätte nach 26 Stunden die ersten Stuhl-
und Harnentleerungen und war da bereits so gut wie frei von allen
Intoxikationserscheinungen. G r ä t z e r.
E. Kiwull (Wenden). Bromoformvergiftung bei einem 3jährigen
Kinde mit tötlichem Ausgang.
(Centralbl. f. innere Medizin 1902 No. 50.)
Das Kind wurde in bewußtlosem Zustande (ca. 6 km per Achse) in die Stadt
gebracht. Die Anamnese ergab folgendes: der 11jährige Bruder hatte Keuch¬
husten gehabt und mit Erfolg erhalten:
Bromoform.
12,0
Ol. thym. gtt.
30,0
Ol. amygd. dulc.
20,0
Gumm. arab.
10,0
Aq. amygd. amar.
19,0
Aq. dest.
100,0
S. 3 mal täglich 1
Teelöffel.
Als er genesen, erkrankte das 3jährige Kind ebenfalls an Pertussis, die
Eltern ließen die Arznei wieder anfertigen und gaben unbeschadet mehrere Tee¬
löffel täglich 6 Tage hindurch. Am 7. Tage morgens ganz früh wurde der letzte
Rest aus der Flasche gegeben. Wenige Minuten später bekam das Kind Zuckungen
und wurde bewußtlos. Status: Blässe des Gesichtes, Lippen leicht cyanotisch,
Puls kam fühlbar, Füße kalt, Reflexe aufgehoben, Muskeln völlig erschlafft,
Atmung oberflächlich, zuweilen aussetzend, Pupillen eng, weit hörbares tracheales
Rasseln, Bromoformgeruch ex ore; von Zeit zu Zeit schwache Anfälle von Pertussis.
Atherinjektionen, künstliche Atmung (1 Stunde). Unter Erscheinungen von Lungen¬
ödem Exitus. Sektion erst 16 Tage post mortem, an der exhumierten Leiche.
Starke Hyperämie der Piagefäße; bei Schnitten durch die Gehimsubstanz reich¬
liches Auftreten von Blutpunkten, atso starke Kongestionserscheinungen; außer¬
dem dunkles flüssiges Blut in den großen Gefäßen und im Herzen; Lungen und
Leber blutreich; in Trachea und Kehlkopf Schleim, im Munde schaumige Flüssigkeit
Die chemische Analyse des Magen- und Darminhalts fiel negativ aus.
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IL Referate.
407
Trotz dieses letzteren Moments kann es sich doch wohl nur um
Bromoformvergiftung handeln. Das Sektionsergebnis war ziemlich das
gleiche, wie es schon nach dieser Intoxikation konstatiert worden ist;
auch die klinischen Symptome und Anamnese wiesen direkt darauf
hin. Daß das Gift hier so stürmisch wirkte, daran sind wohl, ab¬
gesehen von der Stärke der für ein viel älteres Kind bestimmten
Arznei, noch andere Umstände schuld. Bei der nach obigem Rezept
bereiteten Emulsion bildet sich sehr bald ein Bodensatz, das Bromo-
form sinkt nach unten. Das Kind erhielt also zunächst gewiß nur
sehr wenig Bromoform, zuletzt aber in dem Reste der Flüssigkeit
die größte Menge davon, dazu noch früh auf leerem Magen, kein
Wunder, daß die Wirkung eine so deletäre war. Grätzer.
W. Jessen. Schwere Bromoformvergiftung bei einem 3jährigen
Kinde mit Ausgang in Genesung.
(Aus dem Krankenhause Bethanien in Berlin.)
(Therap. Monatshefte, August 1903.)
Das Kind, das etwa 2 ccm Bromoform getrunken, kam erst
1 l L Stunden später in Behandlung, tief schlafend, mit vollständig
reaxtionslosen Corneae, reaktionslosen und maximal verengerten
Pupillen, sehr flacher, rascher, unregelmäßiger Atmung, sehr kleinem
Pulse (96). Die Behandlung mußte sich jetzt darauf beschränken,
die Atmung zu heben. Das Kind wurde im Bade über Brust und
Rücken immer wieder kalt übergossen, was etwa 4 Stunden fort¬
gesetzt wurde und stets momentan vorzüglich wirkte, indem sich
Atmung und Puls hoben. Noch 6 Stunden nach der Vergiftung aber
bestand das Bild der tiefen Narkose, nach 9 Stunden schlug Pat.
zum ersten Male die Augen auf, schlief aber immer wieder ein, um
erst 20 Stunden nach der Vergiftung munter zu werden. Bemerkens¬
wert war außer der Schwere der Vergiftung noch die lange Aus¬
scheidung des Bromoforms durch die Atmungsluft; noch 24 Stunden
post intoxikat. war deutlicher Bromoformgeruch nachweisbar.
Grätzer.
P. S. Abraham. Ein Fall von Bromausschlag.
(The Brit. Journ. of Denn., Bd. 44, Dezember 1902.)
Ein Säugling bekam einen charakteristischen Bromausschlag, als
die das Kind stillende Mutter gegen ihre epileptischen Anfälle für
längere Zeit Brom eingenommen hatte. C. Berliner (Aachen).
R. P. White. Akute, symmetrische, erythematöse Keratodermie
nach Arsengebrauch.
(The Brit. Journ. of Denn., Bd. 15, Januar 1903.)
Einem 13jährigen Knaben, der einen heftigen Choreaanfall
bekam, wurde am 8. Juni 1901 Liquor arsenicosi Fowleri in steigenden
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Centralblatt ftlr Kinderheilkunde. No. 10.
Dosen, beginnend mit 4 Tropfen alle 4 Stunden, verordnet Am
17. Juni war der Pat. auf 10 Tropfen 4 stündlich angelangt, als sich
bei ihm belegte Zunge, leichte Konjunktivitis und Rhinitis als erste
Anzeichen einer Arsenvergiftung einstellten. Man setzte sofort mit
dem Mittel aus. Am Abend bekam das Gesicht ein gedunsenes Aus¬
sehen; über allen Phalangeal- und Metacarpal gelenken zeigten sich
symmetrisch verteilte, erythematöse, hellrosarote Flecke, ebensolche
später an den Hand- und Ellenbogengelenken, an den Trochanteren,
Knöcheln und Fußsohlen. Die Haut an den befallenen Stellen war
gespannt und stark verdickt. Außerdem bedeckte die ganze Körper¬
oberfläche ein diffuses Scharlacherythem, das nach 2 Tagen wieder
völlig verschwunden war, während die erythematösen Flecke per-
sistierten, anfangs im Zentrum, dann auch peripherisch sich in großen
weißen Lamellen schälten. Ohne Hinterlassung irgend einer Arsen-
pigmentation waren alle Erscheinungen definitiv verschwunden. Auch
von der Chorea war der Pat. befreit. C. Berliner (Aachen).
Graham Little. Ein Fall von Sklerodermie in Streifenform.
(The Brith. Journ. of Derm., Bd. 14, Dezember 1902.)
Die Affektion begann bei dem 11jährigen Knaben vor 5 Jahren
mit einem dünnen, roten Streifen. In der letzten Zeit ist derselbe ab¬
geblaßt und zeigt eine leichte atrophische Vertiefung. Irgendwelche sub¬
jektive Empfindungen verursachte das Leiden nie. Gegenwärtig sieht
man etwa 1 / 2 Zoll von der Stirnhaargrenze entfernt einen ca. 3 / 8 Zoll
breiten, atrophischen Streifen von der Stirn abwärts über die Orbita,
das obere Augenlid zur rechten Seite der Nase sich hinziehen. Die
Haare der Augenbrauen fehlen an der Stelle, wo der Streifen darüber
weggeht. Als eine Fortsetzung der Linie nach oben hin erscheint
eine in derselben vertikalen Richtung verlaufende kahle Stelle der
Kopfhaut. Die ganze Affektion scheint ziemlich genau der Verteilung
des supraorbitalen Zweiges des fünften Nerven zu verlaufen.
C. Berliner (Aachen).
Sklerodermie und Myo-
H. Gllth u. R. Rosenfeld (Karlsbad).
sklerose.
(Prager med. Wochenschrift 1903 No. 31.)
Die Verff. beschreiben einen Fall von Sklerodermie bei einem
8jährigen Mädchen, der durch die Beteiligung des Muskelapparats
manches Interessante darbot. So fand sich hochgradige Atrophie der
Gesichtsmuskulatur der rechten Seite genau übereinstimmend mit der
Ausdehnung der Sklerodermie im Gesicht, auffallende Volumenvermin-
derung des Schultergürtels und erhebliche Schwäche der rechten oberen
Extremität, welch letztere in ihrer Ausbreitung ebenfalls ziemlich
genau mit der Ausbreitung der Sklerodermie übereinstimmte, endlich
hochgradige Atrophie der ganzen linken unteren Extremität, an deren
Außenseite nur ein schmaler sklerodermatischer Streifen etabliert
war, während die Muskelerkrankung die gesamte Muskulatur in
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II. Referate.
409
ihrer ganzen Zirkumferenz betraf, vorzüglich allerdings die Waden¬
muskulatur, die — obzwar unter normaler Haut gelegen — derb,
straff und verkürzt war. Man muß die Muskelerkrankung wohl patho¬
genetisch in vollkommene Analogie stellen zur gleichzeitigen Erkrankung
der Haut. Beide sind am besten zu erklären durch die Annahme von
Störungen in vasomotorischen Zentren verschiedener Höhe, unter deren
Einfluß es zur Gefäßerkrankung und gleichartigen Nutritionsstörung
in Haut und Muskeln kommt. Meist erkranken letztere gerade unter
den erkrankten Hautpartien, aber es kommen auch „dissoziierte Myo-
sklerosen“ vor, und obiger Fall gehörte zu diesen seltenen Fällen.
Grätser.
Fr. Volhard. Über chronische Dystrophien und Trophoneurosen
der Haut im Anschluß an kasuistische Mitteilungen.
(Aus der med. Poliklinik in Gießen.)
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 26 u. 27.)
Beschreibung von 4 Fällen, welche das Gemeinsame haben, daß
scheinbar eine Erkrankung der Haut im Vordergrund steht, während
es sich um Wachstums- bezw. Stoffwechselstörungen dabei handelt.
1. Ausgedehnte multiple Lymphangiektasien an der Innenseite
des Oberschenkels bei einem 14jährigen Jungen, die seit 3 Jahren
bestehen. Die leicht pigmentierte Haut des rechten Oberschenkels
ist besonders auf der Innenseite gleichmäßig wie durch ein flaches
Kissen gehoben. Hautgeschwulst tief eindrückbar, aber nach dem
Knie zu nicht mehr diffus, sondern hier treten zahllose zirkumskripte,
kleinhöckerige, glasig durchscheinende, weiche Höcker wie Varikositäten
unter der Epidermis zu Tage, die sich leicht wegdrücken lassen und
mit wässriger Flüssigkeit gefüllt sind. Es handelt sich um ein
Lymphangiom, das in seinem oberen Teile kavernös erscheint, in
seinem unteren aus Lymphvarizen besteht. Lymphstauung und an¬
geborene Schwäche der Lymphgefäß Wandungen scheinen ätiologisch
maßgebend zu sein.
2. Fall von Hemiatrophia facialis progressiva mit halb¬
seitig gekreuzter Pigmentation, bei einem 17jährigen Jungen
seit einigen Jahren bestehend. Die Gesichtsatrophie sitzt links. Der
Rumpf erscheint wappenartig gefeldert: linke Brnstseite intensiv braun,
rechte weiß, rechte Bauchseite braunschwarz, linke weiß, linker Arm
und rechtes Bein braun. Gegen eine Kombination mit Morbus
Addisonii spricht schon die eigenartige Anordnung und gekreuzte
Halbseitigkeit.
3. Fall von infantilem Myxödem bei 7jährigem Kinde, durch
Schilddrüsentabletten geheilt.
4. Fall von diffuser Sklerodermie mit Sklerodaktylie.
Grätzer.
G. W. Wende. Epidermolysis bullosa hereditaria.
(Journ. of cutan. and genit.-urin. dis., Bd. 20, Dezember 1902.)
Ein 7jähriger, erblich weder für Haut- noch für Nervenkrank¬
heiten belasteter Knabe erkrankte 3 Wochen nach der Geburt mit
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
starker Diarrhöe. Gleichzeitig fing die Haut am Anus und am Munde
an rot, dann feucht zu werden und löste sich schließlich blasenförmig
ab. Mit kurzen Unterbrechungen dauerte das Leiden fort, bis der
Knabe 3 Jahre alt war. Da zeigte sich eines Tages an den Innen¬
flächen der Finger Blasen, im weiteren Verlaufe ebensolche an den
Handrücken, Handtellern, Fußsohlen. Um die heiße Jahreszeit besserte
sich der Zustand, während die kalten Monate eine Verschlimmerung
herbeiführten. Das Leiden hatte totalen Haarausfall und gänzliche
Zerstörung der Fingernägel zur Folge.
Zurzeit sind von Bläschen, Blasen, Schuppen außer den erwähnten
Teil auch Stirn, Wangen, Kniegelenke befallen. Die Behandlung mit
Streupulver erweist sich am wohltuendsten. c. Berliner (Aachen).
J. Meneau. De lTchthyose foetale dans ses rapports avec
lTchthyose vulgaire.
(Ann. de Denn, et de Syph., Tome IV, No. 1, Februar 1903.)
Verf. sucht aus den anatomischen und klinischen Merkmalen
der fötalen und der vulgären Ichthyosis nachzuweisen, daß die Ver¬
schiedenheit dieser beiden Affektionen nur eine scheinbare sei, tat¬
sächlich handle es sich hier um einen einheitlichen Prozeß in ver¬
schiedenen Formen. Die meisten in der Literatur beschriebenen
Fälle von fötaler Ichthyosis beträfen nur die schweren Mißbildungen,
welche den frühen Tod herbeiführen müßten, leichtere Formen mit
längerer Lebensdauer seien mit der Ichthyosis vulgaris verwechselt
worden. Verf. betont, daß zahlreiche Ubergangsformen zwischen der
schweren fötalen und der vulgären Ichthyosis beobachtet wurden, und
hält daher beide Erkrankungen für verschiedene Grade der gleichen
Hyperkeratose. Max Joseph (Berlin).
E. Hagenbach-Burckhardt. Über Pemphigus contagiosus.
(Jahrbuch für Kinderheilkunde Bd. 57, Heft 5.)
Ausgehend von einem 12 Tage alten, mit Pemphigus behafteten
Kinde, bildete sich im Baseler Kinderspital eine kleine Pemphigus¬
epidemie von im ganzen sieben Fällen aus. Diese Epidemie zeigte,
daß die Inkubation sich wahrscheinlich zwischen 8 und 16 Tagen
bewegt. Der Pemphigus neonatorum non syphiliticus kann sich auch
auf Handteller und Fußsohlen erstrecken, aber nur da, wo das
Exanthem ein sehr verbreitetes ist. Die Lokalisation an diesen
Stellen erlaubt also nicht, ohne weiteres die Diagnose auf Syphilis
zu stellen. Sowohl Erwachsene als auch Kinder bis zu 15 Monaten
wurden von der Krankheit befallen; dagegen keine Kinder über dieses
Alter hinaus. Ja die Empfänglichkeit für Pemphigus ist nicht nur
bei Neugeborenen, sondern bis über das erste Lebensjahr hinaus eine
große. Aus diesem Grund möchte H. den von Escherich vor¬
geschlagenen Namen „Pemphigus infantum“ als den richtigeren ge¬
braucht wissen. Hecker (München).
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II. Referate.
411
E. Fuhrmann. Ein seltener Fall von Erythema nodosum.
(Jahrbuch für Kinderheilkunde, Bd. 57, Heft 1.)
Der Fall betrifft ein neugeborenes Kind. Als Ursache wird
eine Gefäßneurose, wahrscheinlich toxischer Natur, vermutet.
Hecker (München).
Olimpio Cozzolino. Intorno eil’ eritema searlattiniforme
desquamativo recidivante.
Verf. führt zwei Fälle der fraglichen Hauterkrankung an; er hält
sie für eine von Infektionskrankheiten, sowie von Arzneiintoxikationen
unabhängige Erkrankung sui generis, die sich von dem wirklichen
Scharlachexanthem nur dadurch unterscheidet, daß sie, wenn das
Gesicht überhaupt befallen ist, keinen Teil desselben verschont läßt,
ferner durch ihre lange Dauer und durch das frühzeitige Auftreten
und die Reichlichkeit der Abschuppung. Bei dem ersten Anfall kann
der erfahrenste Arzt über die Natur der Krankheit im Zweifel sein,
bei den folgenden Anfällen ist ein solcher Zweifel kaum mehr mög¬
lich. Verf. hält die Erkrankung für eine Toxidermie, hervorgerufen
durch im Blute zirkulierende toxische Agentien chemischer und bak¬
terieller Natur; in manchen Fällen ist auch die Annahme einer
Autointoxikation gastrointestinalen Ursprungs gerechtfertigt. Die
Prognose ist fast immer günstig; doch berichten Hallopeau und
Tuffier von Komplikationen (Perikarditis).
Wohl die meisten von den Autoren unter der Bezeichnung „Rezi¬
divierende Skarlatina“ beschriebenen Fälle gehören hierher. F.
C. Beck. Lichen simplex chronicus bei einem 9 Jahre alten
Knaben.
(Budapesti orvosi ujsdg mell&klete, 23. Mai, 1903.)
B. beschreibt einen Fall von Lichen spl. chron. sec. Vidal,
welches Krankheitsbild auch unter den Namen Lichenifikation primi¬
tive circenscrite (Jaquet) und Nevrodermite circenscrite (Brocq)
bekannt ist. Verf. beobachtete einen solchen Krankheitsfall bei einem
9 Jahre alten Kinde. Die Hauptsymptome dieses Übels sind die
folgenden: das alle objektiven Zeichen vorgehende Jucken, die dicht
stehenden flachen Papeln, die zur Lichenifikation der Haut führen,
Trockenheit der Haut, allgemeine nervöse Störungen, chronischer
Verlauf, Hang zu Rezidiven. Verf. glaubt den Grund dieser Er¬
krankung in einer pathologischen Veränderung des Nervensystems
suchen zu können. Ernst Deutsch (Budapest).
Bramwell. Urticaria ab ingestis.
(The Brit. med. Journ., 22. November 1902.)
Ein 7jähriges Mädchen erkrankte nach reichlichem Rhabarber-
genusse mit Schlaflosigkeit, Fieber, Jucken am ganzen Körper. Am
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
nächsten Tage war das Gesicht gerötet und geschwollen, und der
Körper von Urticariaquaddeln bedeckt, von denen einige in den darauf¬
folgenden Tagen einen vesikulösen, stellenweise bullösen Charakter
annahmen. C. Berliner (Aachen).
Ad. Czerny (Breslau). Über die Beziehungen zwischen Mästung
und skrofulösen Hautaffektionen.
(Monatsschrift für Kinderheilkunde, Mai 1903).
An den vielen Kindern mit skrofulösen Hautaffektionen fiel es
C. auf, daß sich die schwersten Formen dieser Hautaffektionen gerade
bei Kindern mit sehr starkem Panniculus adiposus fanden. Versuche,
durch Verhinderung eines starken Fettansatzes das Zustandekommen
und den Verlauf solcher Hautaffektionen zu beeinflussen, gelangen,
und teilt C. deshalb seine diesbezüglichen Erfahrungen mit.
C. hat drei Typen von skrofulösen Hautleiden kennen gelernt,
für welche eine Beziehung zur Entwicklung des Panniculus adiposus
zu bestehen scheint. Den sogenannten Milchschorf der Säuglinge,
der bei mageren Kindern selten und minimal, bei fetten recht intensiv
und hartnäckig ist, dann Prurigo (-Lichen urticatus, Lichen strophulus,
Strophulus, Urticaria papulosa, Varicella pruriginosa) und die meist
erst bei Kindern nach dem zweiten Lebensjahre vorkommenden
Ekzeme, die hauptsächlich in der Ellenbogenbeuge, den Kniekehlen
und Genitokruralfalten lokalisiert sind. Der größte Teil der mit
diesen Affektionen behafteten Kinder ist fett, entweder offenbar durch
die Qualität und Quantität der Nahrung fett geworden oder trotz
geringer Nahrungsaufnahme, so daß man in letzterem Falle eine
pathologische Disposition zur Fortentwicklung annehmen muß. Man
kann sehr oft bei diesen Kindern, welche in den ersten 2 Jahren
an Milchschorf und Prurigo zu leiden hatten, diese Affektionen spontan
verschwinden sehen, wenn die Kinder abnehmen, rapid verschwinden
sehen, wenn sie durch interkurrente Krankheiten, z. B. Magendarm¬
affektionen, rasch und viel an Körpergewicht verlieren.
Diese Erfahrungen kann man therapeutisch sich zu nutze machen.
Man ist imstande, durch Einleitung einer Ernährung, welche weiteren
Fettansatz möglichst verhindert, beim wachsenden Organismus eine
langsame Abmagerung zu erzielen. Die günstigsten Erfolge sind zu
erzielen, wenn mit der Ernährungstherapie begonnen wird, sobald sich
die ersten Symptome einer skrofulösen Hautkrankheit zeigen. Be¬
kommen wir die Künder in Behandlung bereits nach monate- oder
jahrelangem Bestände der Hautkrankheiten und ungeeigneter Er¬
nährung, so können wir nur mehr durch eine lange durchgeführte
Ernährungstherapie das erreichen, was beim Säugling in kurzer Zeit
zu erzielen ist.
In welcher Weise können wir nun beim Säugling die in Rede
stehende Disposition herabsetzen? Die Erfahrung lehrt, daß die Er¬
nährung mit Frauenmilch oft ein die Skrofulöse der Säuglinge effektiv
ungünstig beeinflussender Umstand ist, daß oft die schwersten Formen
von Milchschorf und Prurigo gerade bei üppig gedeihenden Brust-
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II. Referate.
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kindem Vorkommen. Frauenmilch ist tatsächlich die fettreichste
Nahrung, diejenige, bei der die Säuglinge die höchsten Grade von
Adipositas erreichen können. Da wir den Fettgehalt derselben nicht
herabsetzen können, müssen wir die Milchquantitäten in den ersten
Lebensmonaten auf das notwendigste Minimum herabsetzen, und wenn
dies nicht ausreicht, bereits im zweiten Quartal des ersten Jahres
zum AUaitement mixte oder sogar zur künstlichen Ernährung über¬
gehen. Das Einschränken der Nahrung soll sofort eingeleitet werden,
sobald sich die ersten Zeichen der Hautleiden zeigen, und wird er¬
reicht durch Herabsetzung der Zahl der Mahlzeiten auf fünf oder
vier in 24 Stunden und, falls das Kind sehr lange trinkt, auch durch
Verkürzung der Trinkzeit. Oft erweist es sich als nützlich, schon
im zweiten Vierteljahr Allaitemenf mixte derart einzuleiten, daß das
Kind täglich lmal statt Frauenmilch Fleischbrühe mit Schleim oder
Gries erhält.
Die Einschränkung der Milch ist auch beim älteren Kinde eine
der wichtigsten Forderungen bei der Ernährungstherapie der Skrofulöse.
Auch Eier unterstützen sehr den Fettansatz, auch sie sind daher,
will man skrofulöse Hautaffektionen zum Verschwinden bringen, zu
vermeiden. Bei solchen Kindern muß man den Übergang zur ge¬
mischten Kost schon im Alter von 1 1 / 2 Jahren oder bei sonst kräftigen
Kindern noch früher einleiten. C. verordnet da folgendes: zum ersten
Frühstück Milch, verdünnt mit Kaffee oder Tee, dazu Gebäck, soviel
das Kind will, aber ohne Butter; zum zweiten Frühstück rohes Obst
(ohne Zucker); mittags eine konsistente Suppe mit besonderer Be¬
vorzugung der Leguminosensuppen (Erbsen, Linsen, Bohnen, puröe-
artig gekocht), fein zerteiltes Fleisch und frisches Gemüse (Spinat,
Mohrrüben, Kohlrabi, Blumenkohl, Kopfsalat, Schnittbohnen), kein
Kompott, keine süßen Speisen; zum Vesper Milch mit Kaffee oder
Tee und etwas Gebäck; abends fein zerteiltes Fleisch mit Brot und
Butter (sehr wenig) oder dafür Kartoffeln oder Reis. Durst ist mit
Wasser zu stillen. Grätzer.
PietPO Benassi. Psoriasis infantum.
(Giorn. ital. d. malat. ven. e d. pelle, Vol. XLIV 1903 Fase. 1.)
Nach vielfachen aus der Literatur berichteten Fällen, sowie auf
Grund von 14 eigenen Beobachtungen von Psoriasis bei Kindern in
den ersten fünf Lebensjahren kommt Verf. zu folgenden Schlüssen:
Die Psoriasis tritt bei jungen Kindern sehr selten auf, da die Haut
des Kindes weder in ihrer anatomischen und physiologischen Eigenart
für diese Erkrankung disponiert, noch so vielen äußeren Reizen aus¬
gesetzt ist wie die Haut der Erwachsenen. Häufig ist die Psoriasis
eine Folgeerscheinung vorhergehender entzündlicher Dermatosen, doch
können auch schlechte Hygiene und ungeeignete Kleidung auslösend
für die Erkrankung wirken. Meist findet sich im frühen Kindesalter
die feuchte Form, aber in geringerer Heftigkeit und Ausdehnung wie
in späterem Alter. Auch eine hereditäre Prädisposition könne gerade
bei Säuglingen in Betracht kommen. Max Joseph (Berlin).
CentralbL t Kinderhlkde. VIII.
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414
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
Dreuw. Zur Behandlung der Psoriasis.
(Mon. f. prakt. Dermat., 1. Mai 1903.)
Als schnell heilende Salbe erprobte Verf. folgende: Acid. salicyl.
10,0 Chrysarobin, Ol. rusci nov. ana 20,0 Sapon virid., Vaselin,
ana 25,0. Diese Zusammensetzung erwies sich besonders zweckmäßig
sowohl bei vereinzelten, stark verdickten Psoriasisherden, als zur Be¬
seitigung der letzten schon lange bestehenden Spuren der Krankheit.
Reiz oder Schmerzhaftigkeit lindere man durch Zinkleim oder Zink¬
schwefelpaste. Max Joseph (Berlin).
Moritz Cohn. Einige Bemerkungen zur Behandlung der
Furunculosis.
(Mon. f. prakt Dermat., Bd. 36, Heft 4, 15. Februar 1903.)
Verf. erzielte bei sich selbst anläßlich einer Furunculosis, welche
jeder anderen Behandlung trotzte, guten Erfolg mit Ichthyolbädern
und 10°/ 0 iger Ichthargansalbe. Besonders wirkte die Ichthargansalbe
vorbeugend an Stellen, wo ein neuer Furunkel zu entstehen schien.
Auch eine Kur Nenndorfer Schwefelbäder erwies sich nur unter gleich¬
zeitiger Anwendung von Ichthargansalbe als günstig. Verf. rät bei
Furunculosis von allen innerlichen Mitteln, ausgenommen etwa die
Nenndorfer Schwefelquelle, abzusehen. Man wende hingegen die
Ichthargansalbe an, sobald Rötung, Schwellung, Jucken oder Schmerz
einen neuen Furunkel ankündigen, und zwar reibe man zur Ver¬
meidung von Nachschüben zuerst die umgebende Haut, zuletzt den
Furunkel selbst ein. Verf. gebrauchte folgende Salbe: Ich thar gan 10,0
(bei sehr empfindlicher Haut 5,0), Aq. dest. 5,0, Glyzerin 10,0, Lanolin
85,0, Vaselin fl. 40,0. Wo zu große Reizempfindlichkeit die Ichthargan-
behandlung ausschließt, sei der Platinbrenner am Platze. Zur Nach¬
behandlung eignet sich Ichthyolpaste, welche auch die durch andere
Mittel erzeugten Ekzeme leicht beseitigt. Verf. will chirurgische
Eingriffe nur da zugeben, wo bereits Karbunkel bestehen. In den
ersten Stadien empfehlen sich tägliche Bäder mit Ichthyol oder
Schwefel, wo diese zu kostspielig sind, Kreolinbäder.
Max Joseph (Berlin).
Werther. Über eine Epidemie von Trichophytie des Kopfes
bei Schulkindern.
(Mon. f. prakt. Dermat., Bd. 36, No. 3, Februar 1903.)
Nach einem Überblick der Ätiologie und klinischen Merkmale
der Dermatomykosen schildert Verf. eine in einem Internat aus-
gebrochene Trichophytieepidemie, welche von 30 Kindern 17 ergriff,
und zwar 14 Knaben und 3 Mädchen im Alter von 6—10 Jahren.
Wahrscheinlich hatte der zuerst erkrankte Knabe die Trichophytie
^ er i enau f en thalt auf einem Bauerngute von Tieren akquiriert
und den anderen Kindern mitgebracht. Verf. berichtet im Anschluß
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II. Referate.
415
hieran einen andern Fall, wo ein Wärter der tierärztlichen Hochschule
von trichophytiekrankem Rindvieh eine schwere Trichophytie des
Bartes erwarb, und seine beiden Kinder bald darauf an schuppenden
Scheiben und runden geröteten Herden am Kopfe und im Gesichte
erkrankten. Obgleich bei der geschilderten Kinderepidemie der gleiche
Ansteckungsherd nachweisbar war, auch einheitlich bei der Kultur
der gleiche Trichophyton gefunden wurde, waren die klinischen
Formen doch verschieden. Zuerst erschienen leicht gerötete Flecke,
seröse Krusten, später graue Färbung, Schuppung, vereinzelte eitrige
Follikel. Der behaarte Kopf war am häufigsten ergriffen, ein Pat.
zeigte dort bis zehn runde erbsen- bis talergroße Herde. Die Haare fielen
aus oder brachen kurz ab und konnten so eine Alopecia areata Vor¬
täuschen. Die Therapie bestand in Jodtinktur, Chrysarobinsalbenstift,
Nachbehandlung'“ mit Schwefel- oder Salizylsalbe, Erweichung oder
Öffnung der Abszesse. Nach 8 Wochen etwa waren in den nach¬
wachsenden Haaren keine Pilze mehr zu finden. Verf. legte nach
dem Plautschen „Anreicherungsverfahren“ ein Haar oder eine Schuppe
von Trichophytiekranken zwischen Objektträger und Deckglas und
konservierte dies in einer Petrischale mit angefeuchtetem Fließpapier.
Die Pilze wuchsen bei Zimmertemperatur saprophytisch weiter. Die
verschiedenen Wachstumsstadien sind ausführlich beschrieben und
durch Photographien veranschaulicht. Impfung dieser Kulturen auf
Meerschweinchen erzeugte Schwellung, Rötung, Schuppung und Haar¬
ausfall, beim Menschen Ekzem an der Impfstelle (Arm), Schuppung,
entzündliche Infiltrate, Krusten. Schuppen und Haare der geimpften
Tiere und Menschen wiesen unter dem Mikroskop den gleichen, bei
der Kinderepidemie gefundenen Trichophyton auf, so daß dieser Pilz
als Krankheitserreger festgestellt ist. Max Joseph (Berlin).
Whitfield. Ein Fall von Pityriasis rubra pilaris.
(The Brit. Journ. of Denn., Bd. 14, Dezember 1902, S. 470.)
Der 4 Jahre 3 Monate alte Knabe bekam im September 1902
Husten und wurde im Kinderhospital mit Lebertran, Malz und Eisen
behandelt. 4 Tage nach der Aufnahme des Kindes bekam dasselbe
auf der Brust eine Anzahl roter Flecke, die sich rasch über das
Gesicht, den Stamm und Extremitäten verbreiteten. Bei der ersten
Besichtigung durch den Verf. zeigte der Knabe folgenden Status:
Kopfhaut und Gesicht diffus gerötet und schuppend; die Gesichtshaut
dünn, rissig, gespannt, wodurch Ektropion entstand. Der Hals war
bedeckt mit hirsekorngroßen, hellroten Papeln, welche von kleinen
Silberschüppchen umgeben waren. Ähnliche Papeln zeigten auch die
anderen Körperstellen. Handteller und Fußsohlen wiesen diffuse Ab¬
schuppung auf. Die Nägel, die Schleimhäute waren frei. Die Streck¬
seiten der Knie- und Ellenbogengelenke waren bedeckt mit Papeln
und dicken Schuppen. Für die Pityriasis rubra pilaris fehlt aller¬
dings ein wesentliches Symptom, nämlich die follikulären Hornpfröpfe
im Zentrum der Papeln. C. Berliner (Aachen).
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416
Centralblatt für Kinderheilkunde. No« 10.
Ferencz V. Torday. Xanthoma tuberosum.
(Orvosi hetilap. Gyermekgyogyascat 190S III. 1.)
Verf. beobachtete bei einem einjährigen Kinde das Auftreten von
gelben Flecken und Knötchen, die sich seit 7 Monaten entwickelten.
Diese kleinen Tumoren bestehen aus Endothelien und den Langer-
hansschen Zellen ähnelnden Gebilden, deren Protoplasma mit Fett¬
tropfen und Pigmenthaufen erfüllt sind. Interessant ist, das sich
dieser Zustand nach Überstehen einer kruppösen Pneumonie ge¬
bessert, hat. E. Deutsch (Budapest).
Michael Cohn (Berlin). Zur Frage der inneren Erkrankungen
und plötzlichen Todesfälle im Anschluß an die Heilung
eines Säuglingsekzems.
(Die Therapie der Gegenwart, Juni 1902.)
C. sah bei einem 1 ^Jährigen Kinde, das mit einem chronischen
Ekzem des Kopfes und Drüsenschwellung behaftet war, nachdem er
dagegen eine erfolgreiche Behandlung mit, Zinköl eingeleitet, 3 Tage
später Zeichen einer leichten Nephritis (Ödeme, Albuminurie, Zylin-
drurie) eintreten, die innerhalb der nächsten Woche wieder ver¬
schwanden, während auch gleichzeitig das Ekzem gänzlich abheilte.
C. glaubt, daß manche Todesfälle, wie sie nach rascher Heilung
von Ekzemen bei Kindern vorkamen, auf eine (nicht beachtete!)
Nephritis zurückzuführen seien, daß die beobachteten Konvulsionen
gewiß urämischer Natur gewesen sind. Das Auftreten der Nephritis
ist wohl so zu erklären, daß Staphylokokkentoxine von den Ekzemen
aus in die Drüsen gewandert waren, deren Schwellung dadurch zu¬
stande kam. Bei Heilung des Ekzems schwinden auch die Drüsen, die
dort deponierten Toxine dringen in die Blutbahn und werden von den
Nieren wieder aus dem Organismus eliminiert, wobei sie die Nieren
in einen entzündlichen Zustand versetzen. Je rascher die Heilung
des Ekzems und die Abschwellung der Drüsen, desto rapider die
Resorption jener Toxine, desto größere Gefahren drohen den Nieren
und dem Gesamtorganismus.
Diese Gefahren dürfen aber nicht davon abhalten, jedes Kinder¬
ekzem energisch zu behandeln, denn die genannten Zustände sind
relativ selten, viel häufiger die vom Ekzem drohenden Gefahren.
Auch C. hat einen Todesfall durch Erysipel und einen an akuter
Sepsis zu beklagen; bei beiden Kindern waren dieser letalen Affek¬
tionen ausgegangen von einem Ekzem. Grätzer.
C. Hochsinger. Über eine akute kongelative Zellgewebsver¬
härtung in der Submentalregion bei Kindern.
(Monatsschrift f. Kinderheilkunde, Februar 1903.)
Seit mehreren Jahren beobachtet H. zur Winterszeit Kinder
zwischen 4 und 10 Jahren, bei denen zurzeit strenger Fröste, während
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EL Referate,
417
oder unmittelbar nach längerem Aufenthalte im Freien, eine um¬
schriebene, schmerzhafte Anschwellung der Haut in der Submental¬
region entsteht. Diese umschriebene, mediale, daumennagelgroße Partie
unterhalb des Kinnes erscheint sukkulent infiltriert, hart, vorgewölbt,
blaß, mitunter rosenrot, aber stets heller als die Umgebung. Bei der
Palpation ergibt sich eine Verhärtung des subkutanen Zellgewebes, Epi¬
dermis und Cutis weisen keine palpablen Veränderungen auf. Die Haut
ist in toto von ihrer Unterlage abhebbar. Die Affektion tritt ganz plötz¬
lich auf und schwindet allmählich spontan in 2—3 Wochen. Sie beruht
wahrscheinlich auf einer durch die Kälte herbeigeführten Zirkulations¬
störung im subkutanen Zellgewebe, welche mit ödematöser Durch¬
tränkung desselben einhergeht. Die Lokalisation ist wohl gegeben
durch die eigentümliche Bekleidung der Kinder zur Winterszeit, wo¬
durch die Submentalregion stark hervorgedrängt, oft geradezu ab¬
geschnürt wird; diese durch jene hoch zugeschlossenen, um den
Hals sich eng schmiegenden Mäntelkrägen hervorgerufene Stauung
bewirkt offenbar in Kombination mit der Kältewirkung, welche diese
so vorgedrängten Partien besonders intensiv tangiert, die pathologische
Veränderung des Zellgewebes. H. sah letztere auch nach lokaler
artifizieller Kälteapplikation sich entwickeln, z. B. nach längerer Be¬
nutzung eines Eisbeutels. Besonders gefährdet sind schwächliche,
anämische Kinder, was wohl auf besonderer Vulnerabilität, vielleicht
auch auf erhöhter Erstarrungsfähigkeit des subkutanen Fettgewebes
beruht. Wiederholt waren mehrere Kinder derselben Familie be¬
troffen, nachdem sie der gleichen kongelativen Schädlichkeit (Aufent¬
halt auf dem Eisplatze!) ausgesetzt gewesen. Grätzer.
P. S. Abraham. Ein Fall von Impetigo im Anschluß an die
Vakzination.
(The Brit. Journ. of Denn., Bd. 14, Dezember 1902, S. 471.)
Ein 5 Monate altes Kind leidet, seitdem es vor 2 Monaten ge¬
impft worden ist, an einem Ausschlage, charakterisiert durch erhabene,
pustulöse Effloreszenzen, welche im Beginn als Vaccinia generalisata
angesehen worden sind. C. Berliner (Aachen).
Alfred Groth, Beiträge zur Kenntnis der Nebenpocken im
Verlaufe der Vakzination, sowie der postvakzinalen Exantheme.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 3.)
Verf., Assistent der k. b. Centralimpfanstalt in München, bespricht
zuerst die Entstehung der kleinen, zumeist in der unmittelbaren
Umgebung des Impffeldes entstehenden Nebenpocken, der sogenannten
Vaccinolae, und kommt hierbei im Anschluß an einen von ihm be¬
schriebenen Fall, bei welchem dieselben zu einer eigentümlichen Schorf¬
bildung am Impffelde geführt hatten, zu dem Schluß, daß die Vaccinolae
nicht nur oberflächlichen Kontinuitätstrennungen der Haut und von
außen erfolgender Infektion — die gewöhnliche Anschauung — herrühren,
sondern fast ausschließlich einer Verschleppung von Keimen auf dem
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418
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
Lymphwege ihre Entstehung verdanken. Die zweite Art von Neben¬
pocken, die generalisierte Vakzine entsteht auf dem Wege der Blut¬
bahn, und Verf. stellt sich bei der Frage, welche Allgemeinexantheme
post vaccinationem man unter generalisierter Vakzine zu verstehen
hat, auf den Standpunkt, daß dies mehr oder weniger der persön¬
lichen Anschauung überlassen bleiben muß, solange der exakte
Nachweis durch Auffindung des spezifischen Virus nicht zu erbringen
ist. Dagegen ist es unstatthaft, auch die Fälle mit noch so aus¬
gebreiteter Vakzeineeruption auf der Haut als generalisierte Vakzine
zu bezeichnen, wie es häufig geschieht, wenn die Pusteln sich nicht
auf dem Wege der Blutbahn gebildet haben. Bei Besprechung der
dritten Art, auf welche Nebenpusteln zustande kommen, nämlich durch
direkte Übertragung des Impfstoffes, warnt Verf. vor der Impfung
ekzematös oder sonstwie an Hautaffektionen erkrankter Kinder, da
der hieraus entstehenden Kombination von Vakzine mit Ekzemjdie
befallenen Impflinge unter septischen Symptomen nicht allzu selten
erliegen. Autorreferat
Haug. Entwicklung von Impfpusteln an beiden Ohren bei
einem Kinde infolge Badens in infiziertem Badewasser.
(Aus der kgl. Univers.-Ohrenklinik zu München.)
(Ärztl. Sachverständigen-Ztg. 1903 No. 16.)
Das mit Intertrigo hinter den Ohren behaftete 7 monatliche
Kind wurde in ein Bad gesetzt, das vorher ein Kind mit vollständig
entwickelten und zum Teil geplatzten Impfblattern benutzt hatte.
Nach der typischen Inkubationszeit entwickelten sich an und hinter
den Ohren unter intensiven Entzündungserscheinungen Impfpusteln.
Grätzer.
Norbert Swoboda. Über Vaccinia generalisata.
(Wiener med. Wochenschrift 1903 No. 17—19.)
S. berichtet über einen Fall, wo das mit Ekzem behaftete und
trotzdem geimpfte Kind eine schwere Vaccinia generalisata davon¬
trug, welche zum Verlust beider Ohrmuscheln führte; letztere waren
besonders schwer affiziert und fielen ab. Auffallend war die rasche,
dauernde Heilung des Ekzems nach Ablauf der Erkrankung; das
Ekzem hatte vor der Impfung durch viele Monate keine Neigung zur
Heilung gezeigt. Der Fall zeigte auch, daß die Angabe Henoch’s,
daß nach Vaccinia generalisata nie Narben Zurückbleiben, unrichtig ist.
Als wichtigste Maßnahmen zur Verhütung der Vaccinia gene¬
ralisata führt S. an:
1. Ausschluß kranker Kinder von der Impfung;
2. Impfschutz verband;
3. Verimpfung möglichst kleiner Lymphmengen und baldiges
Entfernen des Überschusses;
4. Einschränkung der Massenimpfung. Grfitzer.
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XI. Referate.
419
J. F. Palmer. Die Wirkung der Revakzination der schwangeren
Mutter auf die Leibesfrucht.
(The Brit. med. Journ., 2. Dezember 1902.)
Zwölf zum ersten Male geimpfte Kinder, deren Mütter während
der Schwangerschaft revakziniert worden waren, zeigten an den Impf¬
stellen gar keine oder ungewöhnlich kleine Bläschen. Bei 300 anderen
um dieselbe Zeit und mit derselben Lymphe geimpften Kindern traten
die Erscheinungen der Impfung in ganz normaler Weise auf.
C. Berliner (Aachen).
W. S. Cooke. A case of Tetanus following Yaccination.
(New York medical Journal, den 10. Januar 1903.)
Ein 4jähriges Mädchen erkrankte vier Wochen nach seiner
Impfung (am Bein) in der für Tetanus charakteristischen Weise. Die
Krampfanfälle dauerten etwa acht Tage lang und ließen alsdann all¬
mählich nach. Die Behandlung bestand in Serumeinspritzungen und
Darreichung von Bromkali und Chloralhydrat in mäßigen Dosen.
Eine ältere Schwester der Patientin, welche gleichzeitig mit dieser
geimpft worden war, blieb gesund. Ätiologisch ist zu bemerken, daß
die erkrankte Schwester bald nach ihrer Impfung aufs Land kam,
wo sie sich wahrscheinlich mit bazillenhaltiger Erde infizierte.
Leo Jakobi (New York).
Herrmann (Nauen). Ein schwerer Fall von Tetanus traumaticus.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 10.)
Ein lOjähriger Knabe fiel von einem Baume und trat sich dabei
ein Stück Holz in einen Fuß. Nach einigen Tagen entwickelte sich
hier eine ausgebreitete Phlegmone, am 7. Tage traten die ersten Er¬
scheinungen des Tetanus hervor. Interessant bei dem Falle waren:
1. Die außerordentlich schweren Symptome: Vom Gesicht
und Kopf an war jeder Skelettmuskel starr, Pat. lag steif wie ein
Stock da. Alle 4 Extremitäten waren abduziert, jede in einem
Winkel von 60° zum Rumpf; die Plantarflexion der Füße zum Unter¬
schenkel war so stark, daß der Metatarsus zum Crus eine gerade
Linie bildete. In Narkose hörte die Starrheit auf, mit Ausnahme
der verletzten Extremität. Der Leib war bretthart, der Brustkorb
total starr, alle Atmungsmuskeln verharrten in absoluter Starre, so
daß Atmung nur^mit^Hilfe des Diaphragma möglich sein konnte.
2. Die Toleranz gegen Narcotica. Pat. erhielt 3mal täglich
je 1 g Chloralhydrat per Klysma (im ganzen 70 g), außerdem die
ersten Tage pro die auf einmal 0,005 Morphium subkutan und Brom
intern. Auch wurde er in den ersten 8 Tagen behufs Verbandwechsels
4 mal narkotisiert. Trotzdem war er nach Ablauf des Tetanus voll¬
kommen munter, das Herz funktionierte vorzüglich. Die Furcht vor
großen Dosen von Narcoticis bei Kindern in gewissen Fällen ist also
jedenfalls übertrieben. Das erfuhr H. kürzlich auch bei einem
P/jjährigen Kinde mit Atropin-KokainVergiftung, das bei sehr
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
schweren Vergiftungserscheinungen zuerst stündlich 0,005 Extr. Opii,
dann 0,01 g erhielt, bis nach Ablauf von ca. 15 Stundend),15 Opium
verbraucht war; das Kind genas ohne weitere Störungen mit Aus¬
nahme einer starken Obstipation.
3. Das Versagen des Tetanusantitoxin, das zudem noch
sehr teuer ist (10 Mk. pro injectione von 200 I.). Die beiden ge¬
machten Injektionen hatten weder auf den Verlauf, noch auf die
Schwere der Symptome irgend welchen Einfluß. Wenn Pat. später
genas, so war dies wohl zum Teil wenigstens der übrigen Therapie
zu verdanken, die bei jedem Falle daher außer dem Antitoxin wird
ins Treffen geführt werden müssen. Grätzer.
Arth. Holub. Ein Fall von Kopftetanus mit Hypoglossusparese,
geheilt nach Duralinfusionen von Behringschem Antitoxin.
(Aus dem k. k. Kaiser Franz Joseph-Spital.)
(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 17.)
Der sehr schwere Fall betraf einen 10jährigen Knaben, der
durch Steinwurf an der linken Schläfe verletzt wurde. 3 Tage später
zum 1. Male Behinderung am Kauen, 4 Tage später ausgebildetes
Krankheitsbild. Erst am achten Tage kam Pat. in ärztliche Be¬
handlung. Der Fall erschien als prognostisch sehr ungünstiger, nicht
allein wegen des späten Beginns der Behandlung, sondern auch nach
der Häufigkeit, Ausdehnung und Intensität der Krampfanfälle; ferner
war Tachycardie vorhanden, es sprachen mit die Beteiligung des
Facialis und Hypoglossus. Was letztere anbelangt, so zeigte sich
Hypoglossuslähmung auf der Seite der Verletzung, was bisher nur
lmal bei Tetanus beobachtet worden war; 1 Woche nach Aufnahme
in die Klinik wurde zuerst die Abweichung der Zunge konstatiert.
Bemerkenswert war die günstige Einwirkung des Antitoxins bei
diesem schweren Falle. Es wurden an fünf. aufeinanderfolgenden
Tagen je 100 A.-E. durch Lumbalinfusion eingeführt, dann noch
einige Male 50 A.-E. Die sonstige Therapie war eine gar nicht ins
Gewicht fallende.
4, 6 und 10 Wochen nach Auf hören der Anfälle machten sich
in drei Attaken eigenartige Erscheinungen bemerkbar: reißende
Schmerzen im Kreuz und Bein unter subfebrilen Temperaturen, Be¬
wegungsbehinderung, Druckempfindlichkeit nicht nur auf der Wirbel¬
säule an den Punktionsstellen, sondern auch am Ischiadicus u. 8. w.
Man dachte zuerst an Hysterie, dann an latente Tuberkulose, aber
es stellte sich heraus, daß es sich um eine traumatische Irritation
der Meningen handelte, hervorgerufen durch die Lumbalpunktion.
3 Wochen nach Auf hören der Krampfanfälle zeigte sich auch
eine Neigung zur Furunkelbildung. Grätzer.
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II. Referate.
421
Karl Ullrich. Neun Fälle von Tetanus. Ein Beitrag zur
Antitoxinbehandlung dieser Krankheit
(Mitteilungen aus den Grenzgebieten, Bd. 10 S. 120.)
Die Fälle sind in jeder Hinsicht ungleichwertig. U. scheidet
sie in drei Gruppen. Fälle 1—4, bei denen das Serum, den neuen
verschärften Behringschen Anforderungen entsprechend, zur Anwen¬
dung kam; Fälle 5 u. 6, die diesen Forderungen nicht genügen,
jedoch relativ früh (3. u. 4. Tag) iniziert wurden. 3. Fall 7—9 ohne
Serum resp. sehr spät damit behandelte Fälle. Die vier ersten Fälle
starben. Von den beiden Fällen der II. Gruppe wurde einer geheilt;
unter den drei letzten Kranken kam ein Todesfall vor. Die Resul¬
tate in Bezug auf die Heilwirkung des Antitoxins sind somit recht
schlechte, auch bei frühzeitiger Anwendung des Antitoxins läßt sich
aus den bisherigen Beobachtungen eine erhebliche Verbesserung der
Mortalität nicht erkennen. Trotzdem empfiehlt U., der Leyden- und
Rosenthalschen Begründung folgend, daß das Heilserum, wenn es
auch ausgesprochenen Tetanus nicht heilt, doch wenigstens das noch
in Zirkulation befindliche Gift zu binden vermöge, auch weiterhin
das Heilserum bei Tetanus anzuwenden. Hugo Starck (Heidelberg).
Th. Pfeiffer. Beitrag zur Therapie und Klinik des Tetanus.
Zeitschrift für Heilkunde 1902, Heft 2.)
Die Zahl der mit Tetanus-Antitoxin behandelten Fälle beträgt
etwa 330. Am häufigsten wurde das Behringsehe und Tizzoni-
sche Antitoxin verwendet, die Mortalität ist für beide Präparate
etwa dieselbe (B = 51,7°/ 0 , T = 46,2°/ 0 )* Für die Beurteilung der
Wirksamkeit des Heilserums ist die Inxubationsdauer, die Raschheit
der Entwickelung, die Ausbreitung und Dauer der Krankheit in Be¬
tracht zu ziehen. Die Form der Einverleibung war früher die sub¬
kutane, dann die intravenöse, die aber auf Behrings Rat wieder
verlassen ist, die intrazerebrale (Roux, Borrel) die subdurale und
subarachnoideale (Jakob, Blumenthal). P. hält die letztere für
aussichtsreich, da das Antitoxin durch die Blut- und Lymphgefäße
den Nervenzellen direkt zugeführt wird. Unter acht von P. behan¬
delten Fällen, von denen drei mit Tizzonis, fünf mit Behrings
Serum behandelt wurden, kam nur einer (Behrings S.) mit dem
Leben davon; bei 14 weiteren Fällen, die nicht mit Serum behandelt
wurden, betrug die Mortalität nur 50°/ 0 . Hugo Starck (Heidelberg).
Georg Löwenbach und Alfred Brandweiner. Die Vakzine¬
erkrankung des weiblichen Genitales.
(Mon. f. prakt. Denn., Bd. 36, 1903.)
Verf. bringt einige Belege für die seltene Erscheinung von Vak¬
zine an den weiblichen Geschlechtsorganen, welche insofern bemerkens-
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
wert sind, als diese Affektion dem ungeübten Auge eine venerische
oder andere Dermatose Vortäuschen kann. Die erste Patientin war
eine 35jährige Frau, welche mit dem gleichen Handtuche den erfolg¬
reich geimpften Arm ihres Kindes und ihre eignen Geschlechtsteile
getrocknet hatte. In einem andern Falle entstanden die charakte¬
ristischen Pusteln am Genitale einer Frau, die mit dem geimpften
Kinde im gleichen Bett schlief. Bei der dritten Pat. trat zu den
typischen Pusteln ein Impferysipel. Hier erklärte sich die Infektion
der Mutter, welche den geimpften Arm des Kindes reinigte und ver¬
band, durch einen juckenden, zum Kratzen reizenden Fluor der Genital¬
region. Im vierten Fall hatte der Arzt die Übertragung verschuldet,
indem er nacheinander die Impfstelle des Kindes und die an einem
Fluor leidende Frau untersuchte, ohne sich dazwischen die Hände
zu reinigen. Yerf. fügt den eigenen Beobachtungen noch zahlreiche
andere Berichte von verschieden lokalisierten Vakzineerkrankungen
hinzu. Immer ist der Verlauf der ähnliche: Unter Jucken und
Brennen erscheinen Rötung, Schwellung, dann runde, erbsengroße,
mit rötlichem Hofe umgebene Blasen, deren erst heller Inhalt eitrig
wird. Im Zentrum bildet sich eine Delle. Ist die Hautstelle wie
am Genitale einer Reibung ausgesetzt, so entsteht durch vorzeitiges
Brechen der Blase ein Impfgeschwür. Bei dem oberflächlichen In¬
fektionsmodus erfolgt keine Narbenbildung. Therapeutisch sind nur
Reinlichkeitsvorschriften und Antiseptica nötig. Zur Prophylaxe mache
man Mütter und Pflegerinnen auf die Ansteckungsgefahr durch Impf¬
linge aufmerksam. Max Joseph (Berlin).
Richard F. Woods. Gonorrhoeal Vulvovaginitis in Children.
(American Journal of the Medical Sciences. Februar 1903.)
Aus seinem Studium der Literatur schließt W. auf den gonor¬
rhoischen Charakter der allermeisten Fälle von Vulvovaginitis im
Kindesalter. Man wird stets sicher gehen, wenn man jeden zweifel¬
haften Fall als gonorrhoisch betrachtet.
Zahlreiche Gefahren drohen dem erkrankten Kinde. Am häufig¬
sten kommt es zur Ophthalmie. Akute Peritonitis kann auftreten.
Oder, falls die Infektion nicht so weit vorgeht, werden Uterus und
Adnexa befallen. Vielleicht lassen sich einige unerklärte Genital¬
affektionen bei Virgines auf diese im Säuglingsalter überstandene
Gonorrhöe zurückführen. N
Die Behandlung besteht in Reinlichkeit und sonstig geregelter
Hygiene; daneben werden Lokalspülungen vorgenommen. In Verf.
Händen hat sich das Kalium hypermanganicum sehr bewährt. Zwei¬
mal täglich spült man die Scheide mit einer Lösung aus, die anfangs
stark diluiert sein soll, später jedoch bis zu 1:2000 allmählich
steigen darf. Eine gründliche Abseifung der äußeren Genitalien geht
der Ausspülung voran. Nach derselben streut man zweckmäßig Bor¬
säurepulver in die Geschlechtsfalten ein und insouffliert dasselbe in
die Scheide. Leo Jakobi (New York).
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II. Referate.
428
G. Berkenhein). Über die gonorrhoische Vulvovaginitis bei
Kindern nach den Erfahrungen im Kinderkrankenhause der
Heil. Olga zu Moskau.
(Djetskaja Medizina 1902, No. 3.)
Im Kinderkrankenhause der Heil. Olga zu Moskau wurden in
der zehnjährigen Zeitperiode von 1891 bis 1901 an die 400 Fälle
von Vulvovaginitis beobachtet Auf Grund der hierbei gemachten
Erfahrungen kommt B. zu folgenden Schlüssen. Die Vulvovaginitis
der kleinen Mädchen ist hinsichtlich der Pathogenese vollkommen
identisch mit der analogen Erkrankung bei erwachsenen Frauen und
in 75°/o der Fälle gonorrhoischen Ursprungs. Ihr verhältnismäßig
milder Verlauf bei kleinen Mädchen findet seine Erklärung in den
anatomischen und physiologischen Eigentümlichkeiten des kindlichen
Organismus. Am häufigsten wird die in Rede stehende Krankheit
bei Kindern der jüngeren Altersstufen angetroffen und am zahlreich¬
sten in den Wintermonaten beobachtet. Ihre mittlere Dauer beträgt
7V 2 Wochen, wobei sie in einem Drittel der Fälle in die chronische
Form übergeht. Die gonorrhoische Vulvovaginitis kommt hauptsäch¬
lich bei sonst gesunden Mädchen zur Beobachtung, wobei die all¬
gemeinen sowie die örtlichen Erscheinungen nur schwach ausgeprägt
zu sein pflegen. Von den lokalen Symptomen stehen im Vorder¬
gründe: Schmerzen beim Harnlassen, Röte der äußeren Geschlechts¬
teile, hartnäckiger Eiterausfluß aus der Scheide, mitunter Blutungen
und Vaginismus. Die Komplikationen der Affektion sind meistenteils
von verhältnismäßig leichter Natur; im Kinderspitale der Heil. Olga
wurden vermerkt: Urethritis, Cystitis, Conjunctivitis, Peritonitis und
Arthritis gonorrhoica. Die Komplikationen von seiten des Perito¬
neums manifestieren sich am allerhäufigsten durch Reizerscheinungen
— Peritonismus — und beschränken sich auf die Dauer von 1 bis
8 Tagen. Die Arthritis gonorrhoica befällt bei Kindern sehr oft
mehrere Gelenke auf einmal und zeichnet sich durch milden Verlauf
sowie eine günstige Prognose aus. An erster Stelle steht in der
Therapie der gonorrhoischen Vulvovaginitis die Allgemeinbehandlung,
vorzüglich die Bettruhe. Von den lokal anzuwendenden Mitteln ver¬
mag keines die Krankheit merklich abzukürzen.
A. Dworetzky (Moskau).
Hirschl. Über die Behandlung der gonorrhoischen Vulvo¬
vaginitis.
(Klinisch-therap. Wochenschrift 1903 No. 13.)
H. hat im Allgem. Krankenhause in Prag mit Protargol
namentlich in akuten Fällen ausgezeichnete Resultate erzielt, so daß
er Protargol geradezu ein Spezifikum gegen Vulvovaginitis gonorrhoica
nennt. Bei Kindern wurde täglich eine Ausspülung (mittels in die
Hymenalöffnung eingeführten weiblichen Glaskatheters) mit */ 2 Liter
einer 1—2 1 / a °/ 0 igen Protargollösung (frisch und auf kaltem Wege
hergestellt und kühl belassen) gemacht. Nach 8—12 Tagen waren
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
alle Erscheinungen verschwunden, worauf noch jeden zweiten Tag
mit Chlorzink ( l / 2 Kaffeelöffel 50 °/ 0 ige r Lösung auf 1 Liter lauen
Wassers), in den Zwischentagen mit Soda gespült wurde. Das ge¬
nügte in allen Fällen. Grätzer.
Alois Epstein. Über die Indikationen Franzensbads für das
Kindesalter.
(Prager med. Wochenschrift 1903 No. 27 u. 28.)
E. hat Franzensbad als „Kinderbad“ schätzen gelernt, da nach
seinen Erfahrungen daselbst verschiedene Krankheitszustände bei
Kindern auf das günstigste beeinflußt werden. So die verschiedenen
Formen von Anämie, zumal solche mit „dyspeptiscber Komplikation“.
Bei Kindern vom 5. Lebensjahre ab ist hier eine Franzensbader
Trink- und Badekur warm zu empfehlen. Je älter die Kinder, desto
begründeter ist diese Empfehlung, und namentlich bei Mädchen
zwischen 8. und 12. Jahre, bei herannahender Pubertätszeit, sollte
man, wenn sich Zeichen von Anämie, von nervösen Zuständen ein¬
stellen, die auf den Beginn dysmenorrhoischer Zustände hinweisen,
sofort an Franzensbad denken, das in solchen Fällen ausgezeichnet
wirkt. Auch hysterische und neurasthenische Beschwerden der
Kinder bilden eine Indikation von Franzensbad, ebenso Enuresis.
Mit Rhachitis oder Skrofulöse behaftete Kinder gehören ebenfalls
nach Franzensbad. Eine Kur daselbst ist ferner zu empfehlen bei
Vulvovaginitis kleiner und junger Mädchen; dies Leiden, das oft recht
hartnäckig ist und sich lange Zeit als pathologischer Faktor doku¬
mentieren kann, wird meist in Franzensbad recht günstig beeinflußt.
Grätzer.
Samuel W. Bäudler. Some Observations on Vulvovaginitis
in Children (with special Reference to the gonorrhoeal form);
its Treatment and possible Sequelae.
(Medical Record, den 14. März 1903.)
Eitrige Vulvovaginitis bei Kindern ist in der großen Mehrzahl
aller Fälle gonorrhoischen Ursprungs. Hin und wieder verdankt die
Affektion ihre Entstehung einem anderen, ebenfalls intrazellulären
Kokkus. Beide Formen der Entzündung zeigen eine bedeutende
Ähnlichkeit, allein die spezifische scheint intensiver zu verlaufen, wäh¬
rend die nichtgonorrhoische weniger Eiter liefert und rascher abheilt.
Man hat behauptet, daß die spezifische Form stets eine reine
Vulvitis darstellt, indem die Scheide verschont bleibt. Dies ist durch¬
aus falsch, wie. man sich mit Hilfe des Speculum oft genug über¬
zeugen kann:* es kommen dabei nämlich die entzündete Vaginal-
schleimheit sowie der erodierte winzige Cervix zum Vorschein.
Wie bei Erwachsenen, sieht man auch im Kindesalter gelegent¬
lich Condylomata lata auf dem Perineum, um den After etc., zuweilen
von Fissuren begleitet.
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Dt. Referate*
425
t)ie gonorrhoische Vulvitis wird am besten mit eine? lOprozen-
tigen Silbernitratlösung behandelt. Die entzündete Gegend bis zum
Hymen hinauf wird damit eingepinselt. Ein warmes Sitzbad 1 bis
2 Mal täglich ist daneben zu verordnen. In der Zwischenzeit appli¬
ziert man eine 2prozentige Protargolsalbe, am besten unmittelbar
nach jedem* Bade.
Die Scheide spült man zweckmäßig mit einer Borsäurelösung
aus, und injiziert alsdann eine 2prozentige Protargollösung mit Hilfe
des Speculum. Argentum nitricum kann in späteren Stadien not¬
wendig werden. Bei Mitbeteiligung des Cervix ist absolute Bettruhe
unbedingt nötig, und daher führt gewöhnlich die ambulatorische Be¬
handlung zu nichts. Solche Fälle gehören ins Krankenhaus.
Was die Komplikationen anbelangt, so sind sie hier die näm¬
lichen wie beim erwachsenen Weibe. Besonders zu furchten sind
Atresien des Hymen oder der Vagina mit ihren Folgezuständen, wie
Hämatokolpos, Hämatosalpinx etc. Dieser Gefahr wird zum Teil
durch eine radikale Therapie mittelst Irriagation und namentlich
durch die Anwendung des Speculum entgegengearbeitet.
Leo Jakobi (New York).
L. PinCUS (Danzig). Zur Prophylaxe der Gynatresie.
(Vortrag in der Sitzung der ost- und westpreußischen Gesellschaft
für Gynäkologie am 21. II. 1903.)
(Monatsschr. f Geburtsh. u. Gyn., Bd. 17, Heft 5.)
Ein erheblicher Prozentsatz der Gynatresien ist nicht ange¬
boren, sondern im extrauterinen Leben erworben. Bei der Prophy¬
laxe handelt es sich natürlich nur um die letzteren; von diesen
kommen hauptsächlich die Gynatresien in Betracht, welche durch
gonorrhoische Infektionen der Vaginalschleimhaut im Kindesalter ent¬
stehen, dann diejenigen, welche durch ähnliche entzündliche Prozesse
bei Konstitutionsanomalien oder im Verlauf schwerer Infektions¬
krankheiten sich bilden. Ein Teil der sogenannten „angeborenen“
Gynatresien ist durch die intra oder post partum stattgehabte
gonorrhoische Infektion der Vulva und Vagina zu erklären. Nach
Verfasser wird dieser Punkt noch zu wenig beachtet. Bei bestehen¬
der Gonorrhöe der Mutter sollte deshalb nicht nur der Konjunktival-
sack, sondern auch die Vulva des neugeborenen Mädchens credeisiert
werden (danach Abspülung mit schwacher Kochsalzlösung oder
Brunnenwasser). Da wo bereits Infektion stattgefunden hat, ist
wiederholte Kontrolle nötig, um eine Atresie zu verhüten. Von
sonstigen Infektionskrankheiten kommen namentlich Typhus, Schar¬
lach, Diphtherie, Variola (Variolois), Pneumonie, Cholera, Dysenterie
und Erysipel, zuweilen auch Phthisis und Lues in Frage. Hier ist
peinliche Reinhaltung der Vulva nötig. Abgang von Eiter oder Blut
aus der Vulva muß sorgfältig beachtet werden. In den Kinderkranken¬
häusern sollte die Vagina von solchen Krankheiten genesener Kinder
vor der Entlassung mit einer 0,5—1 cm dicken Kupfersonde unter¬
sucht werden.
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426
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
Ist es zur Gynatresie gekommen, so müssen schwere Folgezu¬
stände (wie Hämatosalpinx) verhütet werden; vor allem aber muß
verhütet werden, daß die Kinder durch die Schmerzen oder durch
die öfters in Form eines Blutsturzes eintretende erste Menstruation
erschreckt werden. Verfasser hat schon auf diese Weise entstandene
traumatische Neurosen beobachtet. Es sollten deshalb die im Puber¬
tätsalter stehenden Mädchen von den Müttern auf das Erscheinen
der Menstruation vorbereitet werden. Bei Amenorrhöe im geschlechts-
reifen Alter stehender Mädchen, welche schwere Infektionskrankheiten
früher durchgemacht haben, ist lokal zu untersuchen.
Otto Marx (München).
Milton A. Gershel. Subcutaneous Abscesses due to the Gono-
coccus, in a child two years of age.
(Medical Record, den 7. Februar 1903.)
Bei einem 2jährigen typhuskranken männlichen Kinde entwickelte
sich eine akute Urethritis anterior. Im Ausfluß wurden typische
Gonokokken nachgewiesen.
Eine Woche später erschien ein kleiner Abszeß in der Anal¬
gegend; derselbe wurde aspiriert, und im gewonnenen Eiter fanden
sich wieder Gonokokken. Drei Tage hinterher kam ein zweiter ähn¬
licher Abszeß in der nämlichen Region zum Vorschein, wurde ge¬
öffnet, und zeigte in seiner Flüssigkeit wiederum Gonokokken.
Solche Abszesse nach Gonorrhöe sind selten genug. Verf hat
im ganzen 11 Berichte aus der Literatur zusammengetragen.
Leo Jakobi (New York).
H. Löwenburg. Gonorrhoea in Children.
(American Medicine, den 21. Februar 1903.)
Extragenitale Infektion mit dem Neissersehen Gonococcus ist
im Kindesalter keineswegs selten. Am häufigsten werden die Kon¬
junktiven und die Mund- sowohl als Analschleimhaut befallen. Spe¬
zifische Vulvovaginitis kommt oft in der poliklinischen Praxis zur
Beobachtung; dagegen scheint die eigentliche Urethralgonorrhöe bei
Knaben weniger bekannt zu sein. Verf. schildert einen Fall bei
einem 4jährigen Jungen, der sich allem Anscheine nach mit seinen
eigenen beschmutzten Händen infizierte. Die Symptome bestanden
in Schmerzen und Ausfluß, zu denen alsbald erschwerte Urinent¬
leerung und Phimose hinzutraten.
Trotz der heftigen entzündlichen Erscheinungen wurde die Cir-
cumcision ausgeführt, wonach der Junge reichlich Harn entleerte und
sich rasch besserte. Die Schnittwunde heilte in 10 Tagen, während
der Ausfluß durch antiseptische Umschläge und innerliche Darreichung
von Alkalien und Baisamum Copaivae binnen 2 Monaten aufhörte.
Irrigation der Urethra wurde anfänglich versucht, mußte aber wegen
der großen Schmerzhaftigkeit und Angst des kleinen Gonorrhoikers
aufgegeben werden.
L. erteilt den Ratschlag, jeden Urethralausfluß bei Einaben
mikroskopisch zu untersuchen und auf Gonokokken zu fahnden. Im
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II. Referate«
427
Notfälle nehme man ohne Bedenken die Circumcision vor; im übrigen
besteht die Therapie in lokaler Reinlichkeit und Darreichung von
antiseptischen oder alkalischen Diureticis. Leo Jakobi (New York).
P. Galvagno. Über Gonokokkenperitonitis der Kinder.
(Arch. di Patologia e Clinica infantile, No. 3—4 1903.)
Verf. gibt in Form einer klinischen Vorlesung eine zusammen¬
fassende Studie über die Peritonitis bei kleinen Mädchen, die infolge
gonorrhoischer Infektion der Geschlechtsteile entsteht. Seiner An¬
sicht nach sind solche Fälle bei weitem häufiger, als man gewöhn¬
lich glaubt; er nimmt unter anderen eine aszitische Form dieser
Peritonitis an und glaubt, daß manche Fälle von sogenannten „essen¬
tiellem Ascites“ bei Kindern auf Gonokokkenperitonitis zurückzu-
fiihren sind. p.
F. Griffith. Gonorrhoische Ophthalmie.
(Journ. of cut. and genit. urin. dis., Bd. 20, Dezember 1902.)
Ein 8jähriger Knabe fand einen Damenhandschuh auf der Straße,
zog sich denselben an und spielte damit den ganzen Vormittag, wobei
er sich hin und wieder mit der behandschuhten Hand das Gesicht
abrieb und ins Auge fuhr. Am nächsten Tage schwoll die Gegend
des linken Auges an. Erst nachdem verschiedene Hausmittel ohne
Erfolg angewendet worden waren, wurde der Patient, leider zu spät,
ins Hospital gebracht. Die Cornea war durch Eiterung bereits
zerstört.
Die Behandlung erstreckte sich nach Erblindung des einen Auges
auf die Erhaltung des anderen. C. Berliner (Aachen).
C. W. Bischoff. Zur Frage des Argentumkatarrhs bei Neu¬
geborenen.
(Aus der kgl. Univers.-Frauenklinik zu Bonn.)
(Centralblatt f. Gynäk. 1903 No. 10.)
Bericht über 100 Neugeborene, bei denen die Einträufelung mit
2%iger Argent. nitr.-Lösung genau nach den alten Credöschen
Vorschriften gemacht wurde. Über die danach eingetretene Re¬
aktion belehrt folgende Tabelle:
Tag
stark
mäßig
1 gering
minimal
keine
1 .
o
20
22
38
20
2.
0
0
6
22
72
3.
0
0
1
1
10
89
4.
! o
1 0
0
0
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100
GooqIi
428 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
Also in 80°/ 0 der Fälle wohl Reaktion, aber eine so mäßige
und kurzdauernde, daß eine Behandlung unnötig war (B. hält eine
solche sogar bei dieser geringen Reaktion eher für schädlich). Bei
dieser so harmlosen Reaktion und bei dem überwältigenden Material,
durch das die Leistungsfähigkeit der 2°/ 0 igen Argentum nitr.-Lösung
bewiesen ist, hält B. das ursprüngliche Crödesche Verfahren zur
Zeit noch für das empfehlenswerteste. Wenn manche stärkere Re¬
aktionen danach sahen, so lag das jedenfalls daran, daß sie sich
nicht streng an die Credöschen Vorschriften hielten. Grätzer.
Sidler-Huguenin (Zürich). Beitrag zur Kenntnis der Geburts¬
verletzungen des Auges.
(KorrespondeDzblatt für Schweizer Ärzte 1903 No. 6 u. 7.)
Verf. bespricht eingehend die Literatur und bringt dann genaue
Krankengeschichten von sechs eigenen interessanten Beobachtungen;
ein Fall betrifft eine rechtsseitige Facialisparalyse bei normalen
Beckenverhältnissen und nach einem durchaus normalen Geburts¬
verlauf, die übrigen fünf verschieden, schwere Verletzungen nach
Zangengeburten. Grätzer.
Niels Muus. (Klavikularfrakturen Neugeborener bei Geburt
in Schädellage.
(Aus der kgl. Entbindungsanstalt zu Kopenhagen.)
(Centralblatt für Gynäkologie 1903 No. 23.)
Es wurden 1700 Neugeborene untersucht und 22 Klavikular¬
frakturen (= 1,3°/ 0 ) gefunden, darunter keine doppelseitige. Die
Frakturen waren 2 mal so häufig bei Multiparen, als bei Primipareu.
Sie geschahen 5mal nach Zangenentbindung, 17mal nach spontaner
Geburt. Sie saßen immer im mittleren Drittel des Schlüsselbeins
und waren gewöhnlich vollständige.
Die Frakturen machten gar keine Erssheinungen; die Kinder
bewegten den betreffenden Arm, wurden durch den Bruch nicht be¬
lästigt, reagierten selbst auf direkten Druck nicht, zeigten keine
Defiguration der Schulter, kein Hämatom an der Frakturstelle. Das
einzige Symptom war Krepitation, und auch diese war oft sehr
schwierig zu erkennen. Sie heilten sehr typisch: in 1—2 Wochen
bildete sich ein fester Kallus. Eine Therapie ist nicht nötig.
Was nun das Zustandekommen dieser Frakturen bei der Geburt
in Schädellage betrifft, so neigt M. zu der Annahme, daß die Fraktur
schon während der Passage der Schultern durch das Becken entsteht,
und daß sie allein durch die Wehentätigkeit verursacht werden kann.
Man könnte sich die Sache so vorstellen, daß die Wehen die vordere
Schulter gegen die Hinterfläche der Symphyse pressen, und daß da¬
durch häufig die Fraktur der vorderen Klavicula entsteht; die sel¬
tenere Fraktur des hinteren Schlüsselbeins könnte dann durch die
Passage am Promontorium vorüber hervorgerufen werden. Auch die
häufigen Frakturen bei Zangenentbindung könnten sehr wohl während
der Passage durch das Becken entstehen. Grätzer.
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II. Referate. 429
P. Baumm (Breslau). Behandlung der Schädelimpression bei
Neugeborenen.
(Zentralblatt f. Gynäkologie 1903 No. 19.)
B. gibt ein einfaches und ungefährliches Mittel an, das er bisher
in 4 Fällen angewendet hat, und zwar mit sehr befriedigenden Er¬
folgen. Er bohrte einen ganz kleinen, eng gedrehten Korkzieher
direkt durch die Kopfschwarte (event. nachdem er einen kleinen Ein¬
schnitt gemacht) ganz wenig, nur so weit, daß er eben faßte, in die
eingedrückte Partie und suchte diese durch Zug auszugleichen. Dies
gelang auch stets leicht, doch starben 2 Kinder, wie die Sektion
zeigte, infolge großer intrakranieller Blutungen, die aber mit der
Bohrung absolut nicht zusammenhingen. Wenn auch die zwei ge¬
heilten Kinder vielleicht auch ohne den Eingriff am Leben geblieben
wären, so bleibt doch zu bedenken, daß später noch von derartigen
Schädeldeformitäten Gehirnaffektionen ausgehen können, und daß schon
der nicht zu unterschätzende Schönheitsfehler an sich dahin führen
sollte, jede Schädelimpression durch jenes einfache Mittel zu be¬
seitigen. Grätzer.
H. Weil. Drei Fälle von Schädelimpressionen bei Neugeborenen.
(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 27.)
Zwei Fälle von Impressionen des Scheitelbeins infolge forzierter
manueller Extraktion bei plattem Becken. Im ersten machte die
löffelförmige, ca. guldengroße Impression absolut keine Störungen
und verschwand wieder. Im zweiten zeigte das asphyktisch geborene
Kind eine tiefe, löffelförmige Impression von 5 cm Länge und l^cm
Breite. Nachdem man (erfolgreich) Wiederbelebungsversuche ange¬
stellt, fand man bei der Inspektion keine Spur mehr von der Im¬
pression, und erst bei Abtastung konnte man eine leicht imprimierte
Stelle entdecken; man mußte annehmen, es habe sich um einen
Knocheneindruck gehandelt, der wieder aufgeklappt war. Nun starb
das Kind 4 l / 2 Stunden post partum. Bei der Sektion fand man die
weichen Schädeldecken an jener Stelle blutig suffundiert, das Os parietale
in seiner Mitte in horizontaler Richtung frakturiert; eine zweite
kleinere Fraktur fand sich am hinteren unteren Winkel des Scheitel¬
beins als 1^2 cm lange, radiäre Fissur. Die inneren Meningen wiesen
blutige Suffusionen auf. Weder bei der klinischen Untersuchung,
noch bei der äußeren Besichtigung gelegentlich der Autopsie durch
Abtastung des Schädeldaches hatten die Frakturen festgestellt werden
können. Die Impression hatte sich intra vitam dadurch ausgeglichen,
daß die durch die Blutextravasation zwischen Hirnoberfläche und
Schädelkapsel einem hohen partiellen Innendrucke ausgesetzte Knochen¬
delle allmählich verschwand. Derartige Blutextravasate kommen selbst
bei einfachen Unterschiebungen der Scheitelbeine durch Zerreißung
der von der Pia zum Sinus falciformis major hinziehenden Gefäße
oder auch durch Ruptur dieses Blutleiters selbst zu stände. Im vor¬
liegenden Falle war die Fraktur die Entstehungsursache der Hämor-
CentralbL f. Kinderhlkde. VIIL Digitized by VjO(gH5lC
430
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
rhagie, diese selbst aber angesichts des räumlichen Mißverhältnisses
zwischen der relativen Größe des Kindskopfes im Vergleiche zur Ver¬
engerung des Beckens unvermeidlich.
Dieses Moment in der Entstehung der Knocheneindrücke besitzt
große forensische Bedeutung. Bei der Entscheidung der Frage, ob
eine Impression intrauterin, besonders intra partum entstanden, oder
die Folge eines Gewaltaktes nach der Geburt sei, muß man auch
das Größenverhältnis zwischen dem Kopfe des Kindes und dem Becken
der Mutter, sowie etwaige Anomalien während der Schwangerschaft
resp. der Geburt berücksichtigen. Meist aber genügt die Konstatie¬
rung der Tatsache, daß bei der intrauterin entstandenen Impression
jede Spur äußerer Gewalteinwirkung fehlt.
Der dritte Fall betraf eine tiefe Impression im Anschlüsse an
die Durchleitung des Kopfes einer reifen Frucht durch ein mäßig
allgemein verengtes, plattes Becken mittels hoher Zange. Auch hier
(wie bei Fall 2) spürte und hörte man bei Überwindung des Wider¬
standes im Beckeneingange ein eigenartiges Knacken, worauf der
Schädel dem Zuge mit einem Male folgte. Er wies eine tiefe Im¬
pression am hinteren Anteile des rechten Stirnbeines auf.
Grätzer.
G. Vogel (Aachen). Facialislähmung bei einem Kaiserschnittkinde.
(Kasuistische Mitteilungen aus der Würzburger Universitätsfrauenklinik;
Zeitschrift f. Geburtsh. u. Gyn., Bd. 48, Heft 8.)
Mitteilung eines Falles von linksseitiger Facialislähmung bei
einem mittels Kaiserschnitt geborenen Kinde. Die Lähmung begann
schon nach 12 Stunden sich zu bessern, der Lagophthalmus blieb
noch 24 Stunden; dann schwand die Lähmung völlig. Verursacht
war die Lähmung durch Druck des osteomalacischen Beckens auf die
Austrittstelle des linken Facialis. Otto Marx (München).
Th. Schilling (Erlangen). Zur Frage der rezidivierenden
Okulomotoriuslähmung.
(Aus Prof. Oppenheims Poliklinik für Nervenkranke zu Berlin.)
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 18.)
C har cot sah bekanntlich das Leiden nur als Form der Migräne
an (Migraine ophthalmoplögique). Kar plus teilte die bisher bekannt
gewordenen Fälle in zwei Gruppen, eine solche, wo ätiologische Be¬
ziehungen zur Migäne beständen, und eine andere, in der eine grob¬
anatomische basale Veränderung primärer Natur und unabhängig von
den Migräneanfällen, als Krankheitsursache anzusprechen sei.
S. hat nun einen Fall beobachtet, der in keine dieser Gruppen
hineinpaßt. Der Pat., ein löjähriger Lehrling, erkrankte als 8jähriger
Knabe an linksseitiger totaler Okulomotoriuslähmung, die seit
7 1 / a Jahren wiederkehrt, wobei die Zwischenräume bei den einzelnen
Anfällen kürzer werden, diese selbst jedoch an Heftigkeit einbüßen.
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II. Referate«
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Die Anfalle sind durch heftige Schmerzen in der linken Stirn- und
Schläfengegend, Erbrechen und große Hinfälligkeit eingeleitet. Migräne¬
attacken zwischen den Lähmungsanfällen fehlen völlig, in der Familie
des Pat. keine Migräne.
Also hier erinnert nichts an einen Zusammenhang mit Mygräne«
Es liegt aber die Frage nahe, ob nicht der ersten Lähmung ein ent¬
zündlicher intrakranieller Prozeß vorangegangen sei, der sekundär
durch Verwachsungen auch die späteren Lähmungen verursacht hätte.
Eine derartige Annahme erscheint, abgesehen von der Unsicherheit
der anamnestischen Angaben, schon dadurch unbegründet, daß die
Mutter des Pat. bestimmt erklärt, die Anfälle hätten sich im 9. und
10. Lebensjahr in gleicher Heftigkeit und Dauer wie im achten ein¬
gestellt, und sie hätten sich nicht im geringsten voneinander unter¬
schieden, wären erst im Laufe der Jahre kürzer und milder geworden.
Manche Autoren beschuldigen Tumoren. Um einen intrauterin oder
einen in den ersten Lebensjahren entstandenen kongenitalen Tumor
kann es sich hier, wo die Anfälle erst im achten Lebensjahre auftreten,
nicht handeln. Nimmt man aber einen Tumor an, der erst im achten
Lebensjahre imstande war, durch Druck auf den Nerven Lähmung
zu erzeugen, so wäre kein Grund vorhanden, warum er nicht von
da ab viel konstantere Druckwirkung zeigen sollte; es ist ferner
nicht erklärlich, daß ein Tumor in so großen zeitlichen Abständen
so heftige Druckerscheinungen hervorrufen sollte; schließlich müßte
ein solcher im Laufe der Zeit doch stets stürmischere Erscheinungen
auslösen, während hier gerade das Gegenteil geschah. Verschiedent¬
lich wurde nun auch einer kongenitalen Schwäche des Nervus
oculomotorius oder seines Kernes die Schuld an der Erkrankung ge¬
geben. Daran könnte man hier wohl denken, wo ein Feld mark¬
haltiger Fasern im linken Augenhintergrunde zu konstatieren war, und
Pat. stotterte. Welches weitere Moment aber dazu gekommen sein
mag, bei einem derartig minderwertigen Nerven die rezidivierenden
Lähmungsanfälle zu erzeugen, das ist eine offene Frage. Vielleicht
könnte man ein im Körper als Stoffwechselprodukt stets sich bildendes
Gift annehmen, das durch Alexine in seiner Wirkung aufgehoben
wird, bis einmal der Organismus durch irgendwelche Umstände an
der Erzeugung der Alexine gehindert wird; nun könnte das Gift auf
einen kongenital schwachen Nerven lähmend wirken. G-rätzer.
L. Mandonnet. Paralysie de raccommodation et du voile du
palais, consecutive aux oreillons.
(Annales d’oculistique, Februar 1903.)
Ein 9jähriges Kind wurde zu M. gebracht, mit der Angabe, daß
es seit einigen Wochen schlechter sehe. Besonders sei ihm das
Lesen fast ganz unmöglich. Die Annahme ergab, daß die Pat. vor
4 Wochen an Mumps erkrankt war und 8 Tage lang mit hohem
Fieber zu Bette lag. Während der Kekonvaleszenz entwickelte sich
dann die benannte Sehstörung. Das Mädchen klagte damals auch
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432
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
über Doppeltsehen, doch war dieses Symptom nicht von langer Dauer.
Außerdem fiel den Eltern die näselnde Sprache auf und es zeigte
sich auch, daß das Kind nur schwer schlucken konnte und daß
namentlich flüssige Speisen leicht wieder zur Nase herauskamen.
Diese Gaumenlähmung war zur Zeit der Augenuntersuchung ebenfalls
noch vorhanden. Letztere ergab äußerlich am Auge nichts auffallendes.
Eine Erweiterung der Pupillen bestand nicht. Mit dem Augenspiegel
wurde rechts eine Hypermetropie von 1,5 D, links von 0,5 D bestimmt.
Bei Aufnahme der Sehschärfe stellte sich für die Ferne eine Herab¬
setzung derselben auf rechts 1 / 3 , links 2 / 3 der normalen heraus. Mit
den der Hypermetropie entsprechenden Konvexgläsern ließ sich dieselbe
jedoch auf 1 korrigieren. In der Nähe konnte nur sehr großer Druck
gelesen werden. Aber mit Konvexgläsern von 4,5 D las das Kind
leicht die feinste Schrift. Die Diagnose Akkommodationslähmung
war also zweifellos. Nach Diphtherie ist eine solche ja häufig. Nach
Mumps ist sie bisher nur in sehr vereinzelten Fällen beobachtet worden.
Wie meist bei Diphtherie so bestand auch hier keine Lähmung des
Sphincter pupillae, also keine Mydriasis. Daß anfänglich auch andere
Augenmuskeln mit betroffen waren, dafür spricht die Angabe der
Doppelbilder. Zur Zeit der Untersuchung waren aber die Augen¬
bewegungen wieder völlig normal. Über den weiteren Verlauf berichtet
M. leider nichts. E. Enslin (Erlangen).
N. D. StaiCOVici (Bukarest). Zwei Fälle von vollständiger
Regeneration der Hornhaut nach vollständiger Zerstörung
derselben durch Prozesse konjunktivaler Eiterung.
(Revista de Chirurgie, Januar 1903 [rumänisch].)
Es ist bekannt, daß nach tiefen Eiterungsprozessen der Hornhaut,
dieselbe nie ihre Durchsichtigkeit wieder erlangt, sondern an Stelle
des Ulcus ein weißer, undurchsichtiger Fleck zurückbleibt. So lange
aber die membrana Descemeti intakt ist, kann eine vollständige
restitutio ad integrum stattfinden und kommt, wenn auch nur in sehr
seltenen Fällen zur Beobachtung. So hat S. einen Pat. mit eitriger
Ophthalmie und eitriger Ulzeration der ganzen Hornhaut in Behand¬
lung gehabt, bei dem zuerst Vaskularisierung und dann vollständige
Aufhellung der ganzen Cornea beobachtet wurde. Einen ähnlichen
Fall bot ein 8tägigesKind dar, bei dem infolge von blenorrhagischer
Ophthalmie eine doppelseitige Infiltration und später eine eitrige
Exfoliation der ganzen Hornhautfiäche zu beobachten war. Auch
hier war nach zwei Monaten vollständige Aufhellung der Hornhaut
beiderseits zu verzeichnen, nachdem vorher eine reichliche perikeratische
Vaskularisierung aufgetreten war, welche sich bis über die Hornhaut
erstreckte. Die vorgenommene Behandlung bestand in reichlichen
Waschungen mit Sublimat 1: 3000 und in Kauterisationen mit Argen¬
tum nitricum 2 °/ 0 und später 3°/ 0 ; außerdem Jodoformsalbe, Atropin
und Okklusivverband. E. Toff (Braila).
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II. Referate.
433
M. KOS (Przemysl). Erworbenes Ankyloblepharon infolge
akuten Trachoms.
(Wiener med. Wochenschrift 1903 No. 34.)
Bei einem sonst gesunden, normal entwickelten und einer augen¬
gesunden Familie angehörenden, 10jährigen Mädchen kommt es in
dem verhältnismäßig kurzen Zeitraum von 4 Monaten zur Infektion
mit Trachom, zur Vernarbung der Bindehaut und zu einer so weit
fortgeschrittenen Verwachsung der temporalen Lidrandteile, daß 2 / 5 der
Lidränder derselben anheimfallen. Grätzer.
Edmund iensen (Däne). Über Xerophthalmie bei Säuglingen.
(Hospitalstidende 1903 No. 29.)
Nach den Erfahrungen des Verf.s ist die Prognose dieses Leidens
gar nicht schlecht, wenn es zurzeit diagnostiziert wird. Das wichtigste
ätiologische Moment ist Hunger; gewöhnlich handelt es sich um
Säuglinge im Alter von 3—9 Monaten, welche zu lange mit Kinder¬
mehl oder anderen Surrogaten genährt sind. Die Patogenese ist noch
nicht klar; den sogenannten Xerosenbazillus findet man nämlich auch
unter normalen Verhältnissen. Eine Unterernährung des Zentral¬
nervensystems findet statt, warum diese insbesondere die Vitalität
der vorderen Abschnitte des Auges angreift, weiß man nicht. Die
Krankheit beginnt in der Bindehaut, später kann die Hornhaut
affiziert werden (Keratomalacia); es handelt sich um eine Nekrose,
die das ganze Auge angreifen kann. Die Prognose hängt von der
rechtzeitigen Diagnose und Behandlung ab. Die Behandlung besteht
darin, dem Säugling reichliche Nahrung zu geben, d. h. man muß
augenblicklich Milch, wenn das Kind über 6 Monate ist, ungemischte
Milch verabreichen.
Der Verf. veröffentlicht 9 Fälle; zwei, die sehr spät unter Be¬
handlung kamen, starben, die anderen erholten sich bald. Mehrere
der Kinder haben 1—l 1 /, auch 2 Liter Milch in 24 Stunden ge¬
trunken und vertragen und dabei schnell an Gewicht zugenommen
und sich erholt. Gleichzeitig hört die Progression des Augenleidens
auf, und Heilung tritt verhältnismäßig schnell auf. Die Lokalbehand¬
lung ist von untergeordneter Rolle. Man muß die Augen zubinden,
nachdem man eine indifferente Salbe in den Bindehautsack geschmiert
hat. Der Verband wird einmal täglich gewechselt. Die Xerose ver¬
schwindet im Verlaufe von ca. 10 Tagen. Die Differentialdiagnose
gegenüber Konjunktivitis bietet keine Schwierigkeit dar. Man darf
die Augen nicht spülen oder tröpfeln. Erst wenn die Wunden geheilt
sind, eventuell mit Bildung eines adhärenten Leukoms, kann man eine
Lokalbehandlung nach den gewöhnlichen Regeln einleiten.
.Besser als die beste Behandlung ist die Prophylaxis, die in einer
rationellen Ernährung besteht. Der rechte Name der Krankheit wäre
Ophthalmia ex inanitione. Adolph H. Meyer (Kopenhagen).
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434
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
K. Rössler (Przemysl). Über Kollargol.
(Wiener med. Wochenschrift 1903 No. 19.)
R. hat Kollargol in der Augenpraxis als sehr brauchbares
Ersatzmittel des Argent. nitr. schätzen gelernt; es hat vor letzterem
den Vorzug der rascheren Adstringierung, der vollständigen Gefahr¬
losigkeit und totalen Schmerzlosigkeit. R. benutzt es außer in
wässrigen Lösungen und in Form des Ung. Credö noch als Kollargol-
stift, dessen Applikation weder Schmerzen noch Reizerscheinungen
bedingt:
Rp. Collargol. 3,0
Sacch. lact.
Tragacanth.
Oss. sep. ää 1,0
Mucil. Gumm. Acaciae gtt. IIL
Aq. dest., Glycerin, ää a. s. ut f. bacillus.
S. In braunem Glase autzubewabren!
Bei Trachom und Follikularkatarrh läßt R. 2mal täglich
je 1 g Ung. Credö in die Schläfegrube und über dem Arcus super-
ciliaris bis zum Ablauf der Reizerscheinungen verreiben, hierauf einmal
täglich die Conjunctiva mit 2—5 0 / 0 iger Kollargollösung bepinseln;
bei vollständiger Reizlosigkeit Abreiben der Follikel mit dem Kollargol-
stift und sofortige Instillation von 5°/ 0 iger Kollargollösung. Bei
einfacher Konjunktivitis genügt 1—2°/ 0 ige Kollargollösung, um
nach 8 — 10 Tagen Heilung herbeizuführen. Grfitzer.
V. Leitner. Colobom der oberen Augenlider.
(Orvosi hetilap 1908 No. 21.)
L. operierte den seit seiner Geburt mit zweiseitigem Colobom
behaftetem 7jährigen Knaben. Dieser Fall stützt die Theorie von
van Duyse, nach der die pathologische Straffheit des Amnion Ent¬
wickelungsstörungen hervorbringen kann. Ernö Deutsch (Budapest).
M. Bondi. Megalophthalmus und Hydrophthalmus in einer
Familie.
(Klinisch-therap. Wochenschrift 1903 No. 14.)
Beim Hydrophthalmus handelt es sich bekanntlich um einen
glaukomatösen Zustand, so daß Zeichen einer inneren Desorganisation,
totale Exkavation und fast immer aufgehobenes Sehvermögen vor¬
handen ist, während bei Megalophthalmus keine inneren Veränderungen
anzutreffen sind und das Sehvermögen ein vollkommen brauchbares ist.
B. fand nun in einer Familie ein Kind mit Hydrophthalmus,
die Mutter und das andere Kind mit Megalophthalmus behaftet. Die
Möglichkeit eines zufälligen Zusammentreffens dieser zwei klinisch
so verschiedenen Bilder war natürlich nicht auszuschließen, immerhin
dürfte man wohl eher an einen ätiologischen Zusammenhang denken.
Es ist auch dafür schon plädiert, ein Beweis aber noch nicht geliefert
worden, so daß die Frage in suspenso bleibt. Grätzer.
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II. Referate.
435
Edward Stieren. Congenital Absence of both inferior recti
muscles.
(American Medicine, den 11. April 1903.)
Ein ßjähriger Knabe wurde auf sein Sehvermögen untersucht
und es fand sich völliger Mangel der beiden unteren Recti. Die
Bewegungen des Augapfels nach innen, außen und oben sind ungestört,
dagegen nach unten kann der Augapfel nicht bewegt werden und der
ganze Kopf muß mitgehen. Mit stillstehenden Augen senkt das Kind
den Kopf, um nach unten zu blicken. Leo Jakobi (New York).
H. M. Sherman. Congenital Absence of the Clavicles.
(American Medizine, den 11. April 1903.)
Berichte nebst Röntgenbildern von zwei Fällen angeborenen
Schlüsselbeinmangels. Die Kinder sind 3 und 7 Jahre alt. Die Ab¬
normität wurde zufällig bei der Untersuchung entdeckt. Die Schultern
sind sehr frei beweglich und lassen sich nach vorn unter das Kinn bis zur
Berührung miteinander bringen, um beim Loslassen in ihre ursprüng¬
liche Lage zurückzuschnellen. Die Funktion des Schultergelenkes
ist sonst völlig normal. Es ist vielleicht bemerkenswert, daß der
Vater des älteren Kindes an beiden Seiten Klavikularbrüche erlitten
hatte, die schlecht geheilt waren. Das linke Schlüsselbein hatte er
bereits im Alter von 2 Jahren gebrochen.
Aber der interessanteste Befund in beiden Fällen ist die späte
Verknöcherung des Schädels. Der 3jährige Knabe zeigt noch weit
offene Fontanellen und eine klaffende Frontalnaht, während beim
7jährigen Mädchen die Fontanellen und Nähte zwar geschlossen sind,
aber tiefe Furchen die früheren Spalten markieren. Dieser Zustand
wurde bereits von P. Marie unter dem Namen „La Dyostose Cleido-
cranienne“ beschrieben. Leo Jakobi (New York).
K. Preleitner. Zwei Fälle von angeborenem partiellen
Klavikulardefekt.
(Aus dem St. Anna Kinderspital in Wien.)
(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 3.)
Bei einem 12jährigen, wegen Lungenkatarrhs in Behandlung
kommenden Knaben ergab die Untersuchung folgendes:
Ein für sein Alter entsprechend großer Knabe mit spärlich entwickeltem
Panniculus adiposus, von blasser Hautfarbe und ausgesprochen» phthisischen
.Thoraxbau. Die Schultern hängen nach vorne und unten, und dementsprechend
stehen die Schulterblätter engelflügelförmig noch hinten vom Thorax ab.
Die Supraklavikulargruben sind auf Kosten der Infraklavikulargruben be¬
deutend vergrößert und ihre untere Begrenzung wird nicht wie normalerweise durch
einen im medialen Teile nach vorne, im lateralen Teile nach hinten konvexen
Bogen gebildet, 71 sondern die untere Grenzlinie verläuft in einer frontalen Ebene
und ist ungefähr in ihrer Mitte 2 mal rechtwinklig geknickt. Entsprechend der
Knickungsstelle sieht man auf jeder Seite je zwei rundliche Prominenzen, welche
knapp untereinander liegen.
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436
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
Der palpierende Finger gelangt, vom akromialen Klavikularende beginnend,
glatt bis in die Mitte der Klavikula, fühlt hier die untere rundliche Prominenz,
muß aber, um die Kontur der Klavikula weiter verfolgen zu können, über eine
kleine Stufe hinauf gleiten, deren oberster Teil durch die obere rundliche Pro¬
minenz gebildet wird. Von der einen Prominenz zur anderen fühlt man straffe
Bandmassen ziehen. Die Palpation ergab also, daß die beiden Clavikulae aus
je zwei Teilen bestehen, welche, den zwei Knickungswinkeln entsprechend, durch
straffe Bandmassen gewissermaßen pseudarthrotisch untereinander verbunden sind.
Dabei sind die Claviculae in ihrem ganzen Verlauf von normaler Dicke, die
pseudoarthrotisch miteinander verbundenen Fragmentenden erscheinen sogar etwas
kolbig verdickt.
Wie die vorliegende Trennungsbildung schon vermuten ließ, ist auch ab¬
normale Beweglichkeit vorhanden.
Bei passiven Bewegungen gelingt es, das eine Fragmentende um das andere,
fixiert gehaltene, herumzuführen. Dabei besteht nicht etwa Krepitation, sondern
man fühlt ganz deutlich, daß zwei glatte Flächen einander berühren.
Faßt man die beiden Schultern an und versucht dieselben einander nach
vorne zu nähern, so gelingt dies bis zu deren Berührung, ohne daß der Knabe
dabei den geringsten Schmerz empfindet.
Hält man die Schultern in dieser Stellung und beobachtet nun das Ver¬
halten der Fragmente, so sieht man, daß dieselben beiderseits je einen nach oben
spitzen Winkel einschließen, dessen Scheitel bdeutend über der geraden Ver¬
bindungslinie der beiden Gelenksflächen je einer Klavikula liegt, daß also die
Annäherung der Schultern dadurch ermöglicht wurde, daß die beiden Fragmente
nach oben ausgewichen sind. Bei dieser Stellung stehen die beiden Scapulae
so weit nach hinten und außen ab, daß zwischen je einer Skapula und dem
Thorax ein tiefe Mulde besteht.
Der vorliegende Fall wurde als pseudarthrotisch ausgeheilte,
frühzeitig erworbene Fraktur beider Claviculae gedeutet, obschon die
Symmetrie der beiden Trennungslinien einige Bedenken wachrief.
Als jedoch nach einigen Tagen die 8jährige Schwester des Pat. an
ihren Schlüsselbeinen untersucht werden konnte und es sich ergab,
daß dieselbe genau denselben beiderseitigen Defekt aufweist, ja sogar
eine noch größere Bewegungsfreiheit besitzt, indem sie; die Schultern
ohne jede Nachhilfe, bloß durch Kreuzung der Arme zur Berührung
bringen kann, da mußte man, da alle Traumen auszuschließen sind,
an eine angeborene Mißbildung denken. Auch ein Trauma intra
partum kann nicht angenommen werden, da die Geburten leicht ver¬
laufen sind. Es intervenierten bei den Geburten keine Ärzte, sondern
Hebammen. Diese geben an, daß beide Geburten in normaler Zeit
vor sich gegangen seien. Bei dem Knaben habe es sich um erste
Position, erste Lage gehandelt, bei dem Mädchen zwar um Gesichts¬
lage, doch sei die Geburt auch in diesem Falle leicht von statten
gegangen. Von einem Trauma wissen weder die beiden in Betracht
kommenden Hebammen, noch der Vater etwas anzugeben.
Grätzer.
Afred Groß. Über angeborenen Mangel der Schlüsselbeine.
(Aus der med. Klinik in Kiel.)
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 27.)
Die Anomalie wurde bei dem 12jährigen Mädchen zufällig ent¬
deckt. Die Schlüsselbeine fehlten im lateralen Teile völlig, während
medial sich an das Manubrium sterni beiderseits 2 cm lange, frei
endigende Stümpfe ansetzten. Man konnte die losen Oberarmköpfe
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II. Referate.
437
fast vollkommen einander nähern, so daß sie sich oberhalb des Brust¬
beinschaftes berührten. Es bestanden nicht die geringsten Bewegungs¬
störungen, das Kind gebrauchte seine Arme völlig frei und sicher.
Der Defekt hat bloß insofern Bedeutung, als er einer ordentlichen
Entfaltung des Brustkorbes hinderlich ist, das Schultergelenk Zer¬
rungen ausgesetzt ist und leicht Subluxationen eintreten. Die not¬
wendige Verschiebung der Muskelinsertionen bewirkt keine Funktions¬
störung.
Das Mädchen bot deutliche Zeichen gestörter Entwicklung,
mangelhaftes Längenwachstum, Störungen der Zahnentwicklung, Ano¬
malien am Gaumen und Schädel. Mit Rücksicht darauf glaubt G.
den Schlüsselbemdefekt als wahre Hemmungsbildung auffassen zu
müssen. Grätzer.
Hans Haberer. Ein Fall von Polydaktylie des Fußes.
(Aus der I. chirurg. Univers.-Klinik in Wien.)
(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 20.)
17jähriger Junge hat einen Fuß mit 8 Zehen; die überzähligen
Endglieder des Fußes finden sich alle an dessen tibialer Seite, sind
also überzählige Großzehen. Besonders interessant und selten war
hier das Vorkommen einer überzähligen Großzehe mit drei Phalangen,
an welche sich ein überzähliger Metatarsus und ein überzähliges Keil¬
bein anschloß. Grätzer.
M. KllliSCher u. D. Epstein (Kiew). Zur Kasuistik der kon¬
genitalen Syndaktylie.
(Wiener klin. Rundschau 1903 No. 5.)
Fall, interessant durch die familiären Verhältnisse, sowie durch
die recht seltene Beteiligung des Daumens an der Syndaktylie, der
mit seinen zwei Nachbarn durch Hautbrücken fast seiner ganzen
Ausdehnung nach verschmolzen war. Die Füße boten vollständige
Analogie bezüglich der Mißbildung dar, wie die oberen Extremitäten.
Grätzer.
K. Kompe (Friedrichroda). Kasuistische Beiträge zur Lehre
von den Mißbildungen.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 4.)
Es handelt sich um drei Kinder aus einer nachweislich gesunden
Familie, bei welcher auch bei den Voreltern nie Mißbildungen bemerkt
worden sind. Die zwei zuerst geborenen Kinder der Gatten, 8 und
6 Jahre alt, sind körperlich ganz normal entwickelt. Das dritte, ein
Knabe, wurde im Mai 1889 mit einfacher Hasenscharte geboren.
2 Jahre später kam ein Mädchen zur Welt mit einem Wolfsrachen,
bei dem das ganze Os intermaxillare und auch das ganze Mittelstück
der Lippe fehlte, so daß die Mittellinie eine große und breite Spalte
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
bildete. 1 Jahr später wurde ein Mädchen geboren mit doppelter
Hasenscharte und Gaumenspalte (mit vorspringendem Zwischenkiefer)
und einem symmetrischen Defekt an beiden Händen und Füßen: es
fehlten rechts und links an den Händen der 8. Finger mit samt dem
Metakarpus und ebenso an den Füßen die 8. Zehe mit ihrem Meta¬
tarsus. Die tiefe Einziehung zwischen 2. und 3. Finger bezw. Zehe
schloß aus, daß eine Verwachsung vom 2. und 3. oder 3. und 4. Meta¬
karpus bezw. Metatarsus vorlag und so eine spurlos vollzogene Synd-
aktylie Vortäuschen konnte. Es handelte sich also nicht um das
Fehlen eines Strahles bei der Entwicklung der Endglieder der Extre¬
mitäten im eigentlichen Sinne, sondern darum, daß die ursprüngliche
Anlage zweier Strahlen sich nicht voneinander gegliedert, d. h. diffe¬
renziert hatte.
Die Ätiologie blieb unklar; warum speziell bei drei aufeinander¬
folgenden Kindern die Spaltbildung im Gesicht auftrat, blieb dem
Verf. ein Rätsel. Grfitzer.
M. Baudouin. Nouveaux cas de T^ratöpages ayant v6cu:
Xiphopages. Un cas d’Hypogastro page viable. Un nouveau
Stemopage.
(Gazette Medicale de Paris, N. 41, S. 321.)
Die Arbeit bringt nur # eine kurze Zusammenstellung älterer und
neuerer Fälle der in der Überschrift genannten Mißbildungen.
Schreiber (Göttingen).
P. E. Nordgren (Schwede). Ein Fall von kongenitaler
spastischer Pylorushypertrophie.
(Nordiskt medicinskt Arkiv, 1902, Abt. II, [Innere Medizin] Heft 3, No. 16.)
Verf. beschreibt einen solchen in der siebenten Lebenswoche
letal endenden Fall bei einem Mädchen, welches mit Brustmilch ge¬
nährt wurde. Der Sektionsbefund zeigte Hypertrophie des Pylorus.
Verf. gibt eine monographische Darstellung des Leidens und resümiert
seine Schlüsse folgendermaßen: 1. Im Säuglingsalter kommt eine auf
einer anatomisch nachweisbaren Hypertrophie des Pylorus beruhende
Krankheit vor. 2. Diese Hypertrophie ist aller Wahrscheinlichkeit
nach angeboren. 3. Die sie begleitende Stenose ist wenigstens in
manchen Fällen spastischer Art. In einem Nachtrag referiert Verf.
noch einen Fall, in welchem durch die bei der Sektion ausgefiihrten
Versuche nach Pfaundlers Anforderung völlig bewiesen wurde, daß
eine wirkliche anatomische Hypertrophie im Pylorus existiert.
Adolph H. Meyer (Kopenhagen).
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III. Aus Vereinen und Versammlungen.
439
K. Buday. Über einige seltenere Entwicklungsanomalien.
(Pester medizinisch-chirurgische Presse, 1. II. 1903.)
B. beschreibt einen Fall mit angeborenem Verschluß des Duo¬
denums, der mit Mangel der Herzsepten verbunden war. Der obere
Abschnitt des Duodenums bildet einen regelmäßig runden, prallen
Schlauch, der mit dem gleichfalls erweiterten Magen durch den Pylorus
hindurch breit kommuniziert. Den Scheitel des Schlauches kreuzt
vorne der quere Teil des Dickdarms; der obere Teil des Duodenums
endigt vollständig blind und die Kontinuität des Darmes ist ganz
aufgehoben. In den unteren, gleichfalls blind beginnenden und ganz
kollabierten Teil des Duodenums mündet der Choledochus derart, daß
er-gleichsam die Fortsetzung des ersteren zu sein scheint. Das Herz
ist stark erweitert, das Kammerseptum fehlt nahezu vollkommen und
das Vorhofseptum zum größten Teil, an der Grenze der Kammer
und des Vorhofes ist nur eine venöse Öffnung mit drei Klappensegeln
vorhanden. Die Aorta ist von der Arteria pulraonalis vollkommen
getrennt.
Verf. meint, daß diese Abnormitäten durch mangelhafte oder
abnorme Entwicklungsenergie des Mesenchyms entstehen.
Das Kind — das 1800 g Gewicht und 46 cm Länge hatte —
starb unter häufigem Erbrechen am vierten Tage.
E. Deutsch (Budapest).
III. Aus Vereinen und Versammlungen.
Berliner med. Gesellschaft.
Sitzungen vom 11. bis 25. März 1903.
Diskussion über HeubnersV ortrag: über die Barlowsche Krankheit. Litten
hält B. ebenfalls für etwas anderes als Skorbut. Letzterer kann ebensowenig
wie B. allein hervorgerufen werden durch Einförmigkeit der Diät, wenn diese
sonst nicht gerade ungeeignet ist; zugegeben sei, daß diese Einförmigkeit unter
Umständen ein schwerwiegendes Moment bei diesen Krankheiten ist, nicht um
sie hervorzurufen, aber sie zu unterhalten und schwerer zu gestalten. Bei B.
kommen bei Kindern, die schon Zähne haben, manchmal ganz erhebliche Zahn¬
fleischerkrankungen vor, die allerdings nie die schwere Fäulnis und schwere
Nekrose und tiefgreifende Geschwürsbildung mit dem aashaften Geruch annehmen,
der bei Erwachsenen mit Skorbut so häufig ist. G. Kl em per er kann nur rein
Theoretisches Vorbringen; aber zur Zeit damit beschäftigt, den Unterschied der
Verdaulichkeit gekochter und ungekochter Milch zu untersuchen, hat er dabei
einige Resultate erhalten, die vielleicht auch zur Erklärung der B. wichtig sein
könnten. Er fand vor allem, daß die resorbierbare Stickstoffmenge bei der rohen
Milch größer ist, als bei der gekochten, während andererseits der resorbierbare
Ammoniak, die schädliche Substanz, in der gekochten Milch bedeutend größer ist,
als in der rohen. Wenn also ein Kind nur mit gekochter Milch ernährt wird,
so muß Eiweiß-Unterernährung eintreten, nicht allgemeine Unterernährung, denn
der Kalorienwert kann ausreichend sein, nur am N. fehlt es; außerdem aber
müssen sich Giftwirkungen geltend machen, die auf die größeren Mengen resor¬
bierten Ammoniaks zu beziehen wären. H. Neumann hat wie H. in Berlin bis
1900 sehr wenige Fälle von B. gesehen, seitdem gehäuftes Auftreten, für das er
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
die Pasteurisierung einer Milch (ans jener Molkerei) mit häuslicher Erhitzung
verantwortlich macht; er hält den Übelstand, daß diese Milch erst pasteurisiert
und nachher noch einmal im Hause mehr oder weniger lange gekocht wird, für
die Ursache dieser Epidemie. Ferner betont er die Bedeutung der Nierenaffek¬
tionen, weil immer wieder Fälle Vorkommen, wo entweder bei genauester Unter¬
suchung nur sehr wenig andere Symptome B.scher Krankheit sich finden, oder
es sich sogar ganz ausschließlich um eine Hämaturie handelt, bei der auch spär¬
liche Zylinder vorhanden sein können: nur die Kenntnis der Ursache dieser
Hämaturie führt zur Heilung. Cassel bat 22 Fälle von B. bisher gesehen. Er
sah wiederholt auch die platten und kurzen Knochen befallen. Tn einem Falle
sah er eine große teigige Schwellung über dem Stirnbein, deren Haut blau ver¬
färbt war; an den Rändern der Schwellung fühlte man einen harten, krater¬
förmigen Knochenrand. Das Kind hatte etwa 8 Tage pklamptische Anfälle, für
die keine Ursache gefunden wurde; weder Fieber, noch Rhachitis, noch sonst
irgendwelche ätiologische Momente. Mit Darreichung von roher Milch ver¬
schwanden die Krämpfe sofort, das Kind genas. Möller hat ja einen ähnlichen
Fall beobachtet und fand bei der Autopsie an der Innenfläche der Ossa parietalia
und frontalia kollossale Blutextravasate; daß solche Blutungen durch Druck auf
das Gehirn Konvulsionen machen können, erscheint begreiflich. Autor sah 3mal
Hämaturie und einmal Albuminurie ohne Blut; 2mal war die Hämaturi* (nebst
Blässe) das einzige Symptom der B. Die Pat. hatten Zähne, aber keine Blutung
am Zahnfleisch. Auch in diesen Fällen brachte rohe Milch Heilung. Daß der
besser situierte Mittelstand die Mehrzahl der Pat. stellt, beobachtete auch er;
namentlich sind es Kinder von Frauen, die besonders gründlich die Ernährung
betreiben und in der Sterilisierung die Hauptsache der Ernährung suchen.
Hauser sah einige 20 Fälle von B., und zwar nur bei künstlich ernährten Säug¬
lingen und speziell bei solchen, die eine lange gekochte, meist sterilisierte Milch
erhalten hatten. Auch er hat gleich Neu mann in letzter Zeit Häufung der Er¬
krankungen bei Kindern beobachtet, die mit pasteurisierter und dann noch ge¬
kochter oder sterilisierter Milch ernährt waren. Nicht nur Bolle, die Milchzentrale,
sondern auch kleinere Molkereien schicken, was nicht allgemein bekannt ist,
nicht rohe, sondern pasteurisierte Milch nach Berlin. Die einfache Einförmigkeit
der Nahrung ist wohl schwerlich die Ursache der B., denn einmal ist einförmige
Milchnahrung für die ersten 8—10 Monate das Physiologische, sodann sah Autor
vielfach, daß es nicht der Beifütterung von Gemüse und Obstsäften bedarf, um
B. rasch zu heilen. Es muß also der Koch- und Sterilisierungsprozeß die Milch
ungeeignet, schädlich machen, wobei die Ansicht Klemperers, daß Ammoniak
hier eine Rolle spielt, daß Gift Wirkung statthat, recht plausibel erscheint. Man
hat es bei B. nicht mit einer Knochenaffektion zu tun, sondern mit schweren
Störungen der ganzen konstitutionellen Beschaffenheit des gesamten Stoffwechsels,
vor allem der Blutbildung. Die Kinder sind auffallend anämisch, hinfällig,
schwitzen profus, leiden an absoluter Anorexie, sie zeigen bei längerem Krank¬
sein neben Blutungen am Knochensystem und Zahnfleisch auch solche der Nieren,
Haut u. s. w., und alle diese schweren Symptome verschwinden binnen längstens
8 Tagen, sobald rohe Milch gereicht wird. Das macht doch entschieden den
Eindruck, als ob der Organismus unter der Wirkung eines Giftes stände, nach
dessen Aussetzen rasch Blutbildung und Stoffwechsel sich erholen. Entschieden
gehört B. als besondere Gruppe den Krankheiten an, die man als „hämorrhagische
Diathese“ bezeichnet, und hat die größte Ähnlichkeit mit Skorbut. Wenn
Heubner manche Erscheinungen des letzteren, z. B. ulceröse Prozesse am Zahn¬
fleisch, nie sah, so liegt das daran, daß er das Leiden früh erkannte; wer chro¬
nischere Fälle sieht, erlebt auch für Skorbut typische Erscheinungen. Orth
demonstriert einige mikroskopische Präparate. Dieselben zeigen, daß man bei B.
sehr verschiedene Bilder finden kann, die teilweise sehr an Rhachitis erinnern,
wobei nicht gesagt ist, daß solche vorliegt. Denn Schmorl z. B. hat experi¬
mentell gezeigt, daß man ähnliche Veränderungen auch durch Erkrankungen im
Mark erzeugen kann. Das Einzige, was in allen Fällen ira wesentlichen gleich
gefunden wird, ist eine eigentümliche Beschaffenheit des Knochenmarkes. Also
ist anzunehmen, daß das Wesentliche der Knochen Veränderungen bei der B. eine
Veränderung des Knochenmarkes ist. Ritter, der 32 Fälle von B. gesehen, be¬
stätigt die schon gemachten Beobachtungen, aus denen hervorgebt das Anwachsen
dieser Fälle in jüngster Zeit, das Betroffenwerden der Säuglinge wohlhabender
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III. Aus Vereinen und Versammlungen.
441
Eltern u. s. w. Es spricht die 6. entschieden als Sterilisationskrankheit an; alle
seine Pat, waren mit sterilisierter Milch ernährt worden. Finkelstcin verfügt
über 13 Fälle der letzten 1 1 / 2 Jahre. Er beschäftigt sich mit der Prophylaxe
und fragt: Ist man etwa imstande, prophylaktisch durch eine besonders gestaltete
Ernährung die durch das Kochen entfallenden Stoffe zu ersetzen, mit anderen
Worten: Gewährt die frühzeitige Darreichung von Gemüse, von Fruchtsäften,
von frischem Fleischsaft eine Aussicht, den Ausbruch der Krankheit zu verhüten,
trotzdem man die Milch kocht? Das wäre sehr wichtig, denn im allgemeinen ist
doch immer ein gewisses Beklemmungsgefühl vorhanden, wenn man im heißen
Sommer die Kinder mit roher Milch ernähren soll. Man kann sich da schon von
vornherein sagen: Da wir annehmen müssen, daß die Krankheit durch Zerstörung
bestimmter Stoffe in der Hitze hervorgerufen wird, so ist der Nutzen gekochter
Gemüse zweifelhaft. Es verbleiben nur die paar Löiielchen Frucht- und Fleisch¬
saft, und diese dürften, selbst wenn sie die notwendigen Stoffe wirklich enthalten,
nicht hinreichen, um die gewünschte Wirkung auszuüben. Autor hat auch in
einem sehr eklatanten Falle dieses Scheitern der prophylaktischen Ernährung er¬
fahren. Ein Kind, dessen älterer Bruder 1 Jahr vorher eine schwere B. durch¬
gemacht, wurde vom ersten Tage an unter dem Gesichtspunkt ernährt: wie ver¬
meiden wir die B. hier? Es erhielt von Anfang an ganz kurz aufgekochte Milch,
so bald wie angängig Gemüse und Fruchtsaft, und trotzdem traten im 8. oder
9. Monat die ersten Symptome der B. ein, in Gestalt von Schmerzen und Schwel¬
lung in den Unterschenkeln und von beginnender Pseudoparalyse, die bei ge¬
eignetem Verhalten schnell verschwanden. Es lehrt dieser Fall auch, daß bei
manchen Kindern eine große individuelle Disposition bestehen muß. Autor möchte
auch etwas über die Schnelligkeit der Heilung sprechen. Die Fälle, bei denen
zunächst nichts weiter besteht, als Schmerzen und Bewegungsstörungen, gehen
geradezu frappant innerhalb weniger Tage zurück. Wesentlich langsamer geht
es, wenn es bereits zu Blutungen gekommen ist, obgleich auch da innerhalb
8 Tagen deutliche Fortschritte eintreten. Große Hämatome bedürfen natürlich
zur Resorption längere Zeit. Sehr verschieden verhält sich die Nierenblutung.
Das eine Mal schwindet sie sehr schnell; öfter hat Autor beobachtet, daß zwar
anfänglich eine erhebliche Herabminderung der Blutungen stattfindet, daß aber
dann Wochen und selbst monatelang in geringer Intensität die Hämaturie fort¬
besteht. Trotzdem ist die Befürchtung einer chronischen Nephritis nur ausnahms¬
weise gerechtfertigt. Auch Max Schultze hat in den letzten 2 Jahren eine
erhebliche Zunahme der B. beobachtet. 1902 behandelte er ö typische Fälle,
alles Kinder wohlhabender Eltern, zufällig sämtlich mit Milch aus der schon
öfters erwähnten Meierei ernährt. Den Müttern war nichts von dem Pasteu¬
risieren bekannt, sie kochten die Milch noch tüchtig oder ließen sie mit Soxhlet
10—20 Minuten im kochenden Wasser. Daß diese doppelt sterilisierte Milch zum
Schuld träger an der B. geworden ist, geht aus der Tatsache hervor, daß die
5 Kinder keiner anderen gemeinsamen Schädlichkeit ausgesetzt waren und sofort
zu genesen begannen, als eine andere Milch gegeben wurde. Autor behandelt
B. so wieHeubner; die hämorrhagische Sehv ellung in der Mundhöhle bepinselt
er mit Zitronensaft; Sanatogen trägt viel dazu bei, die Kinder wieder in die Höhe
zu bringen, zumal wenn sie am Anfang wenig Appetit haben. Michael Cohn
weist auf die Bedeutung hin, welche gewissen Hyperämien, physiologischen wie
pathologischen, insbesondere traumatischen, für die Lokalisation der Schwellungen
am Knochen resp. der subperiostalen Blutungen bei der B. zukommt. Am klar¬
sten liegt das bei der Zahnffeischaffektion; die Kinder befinden sich meist in
Dentition, die Blutzufuhr zum Kiefer ist eine erhöhte. Bei der 2. Prädilektions¬
stelle am Skelett, den unteren Extremitäten, denke man daran, daß die Kinder
sich meist gerade in jenem Alter befinden, wo sie ihre ersten Steh- und Gehver¬
suche machen, wobei ja stets leichte Traumen Vorkommen. Diese haben für ein
gesundes Kind keinerlei Folgen, Kindern mit B. werden sie bereits verhängnis¬
voll. Ein 3. Lieblingssitz für die subperiostalen Blutungen ist die Orbita, wo
die Blutung das sehr markante Symptom der B., den Exophthalmus, hervorruft.
Hier muß man wohl an den Schreiakt denken bei dieser schmerzhaften Krank¬
heit Wenn Kinder schreien, so kommt es zur venösen Hyperämie am Schädel,
und manchmal prominieren dabei schon normalerweise infolge praller Füllung
der Orbitalvenen die Bulbi leicht. Bei einem an dieser hämorrhagischen Diathese
leidenden Kinde genügt wahrscheinlich schon gar nicht so heftiges Schreien, um
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Centralblatt für Rinderbeilkunde. Mo. 10.
die Gefäße zur Ruptur zu bringen. Das geht auch aus einem Erlebnis hervor:
Ein Kind mit B. wird in die Sprechstunde gebracht Es wird entkleidet und
untersucht, wobei das Kind zu schreien beginnt; in diesem Augenblick entsteht
ganz plötzlich eine starke Protrusion des rechten Bulbus! Beuthner hatte Ge*
legenheit, B. bei einem 2jähr. Kinde plötzlich entstehen zu sehen, das aus einer
mit Hämophilie belasteten Familie stammte. Brat erkannte bei einem auch mit
Phimose behafteten Kinde die ebenfalls bestehende B. nicht und operierte. Es
entstand eine erhebliche Blutung, es kam später zu einer derben Infiltration des
Präputiums, und das Kind erholte sich trotz der späteren Behandlung der B. nie
mehr recht und starb kurze Zeit darauf an Pneumonie. Man sollte daher wohl,
wenn möglich, bei Kindern mit B. mit Operationen solange warten, bis die B.
geheilt ist. Erich Müller erinnert an seine zusammen mit Cronheim ge¬
machten Stoffwechselversuche über den Einfluß der Ernährung mit roher gegen¬
über sterilisierter Milch bei Säuglingen. Aus diesen Versuchen scheint eine ge¬
wisse Klärung der Frage nach der Entstehung der B. insofern hervorzugehen,
als sie einerseits gezeigt haben, daß die Verdaulichkeit und die Assimilation der
Eiweißkörper, der Fette, des Phosphors und der Kohlehydrate durch die Steri¬
lisation nicht leidet, daß andererseits aber der Kalk der sterilisierten Milch zwar
ebenso gut verdaut, aber schlechter angesetzt wird, als derjenige der rohen Milch.
Im Gegensatz zu der vorzüglichen Ausnutzung der übrigen Bestandteile der Milch
wurde nur ein erhöhter Kalkgehalt des Kotes bei Ernährung mit sterilisierter
Milch gefunden. Wenn aber ein Stoff, der bereits im Körper aufgenommen ist,
diesem wieder in erhöhtem Maße entzogen wird — und wir wissen vom Kalk,
daß er im Dünndarm aufgenommen und zum größten Teil wieder im Dickdarm
ausgeschieden wird, — so ist das ein scharfer Beweis für eine Störung des Stoff¬
wechsels, welche vielleicht ätiologisch für die Entstehung der B. von Wichtigkeit
sein kann, um so mehr, als wir die hohe Bedeutung der geringen, im Blute
zirkulierenden Kalkmengen für die Arbeit des Herzens und Blutgerinnung kennen.
Mit der Störung letzterer hängt vielleicht die bei der B. bekannte Neigung zu
Blutungen zusammen. Es ist vielfach in den letzten Jahren zur Verminderung
der Tuberkulosenverbreitung unter dem Rindvieh bei der Aufzucht von Kälbern
diesen an Stelle der rohen, gekochte Milch gegeben worden. Leider mußte dies
aufgegeben werden, da es sich herausstellte, daß die Entwickelung dieser Tiere
erheblich Schaden litt, speziell eine große Knochenbrüchigkeit sich einstellte.
Senator wundert sich, daß bei einer Krankheit, deren wichtigste Symptome die
progressive schwere Anämie und die Neigung zu Blutungen sind, bisher keine
Blutuntersuchungen angestellt worden sind. Er veranlaßte zu solchen Ritter,
und dessen Präparat erinnerte ihn sofort an den berühmten Ehr lieh sehen Fall,
in dem dieser aus dem Blutbefund eine Aufhebung oder Herabsetzung der
Funktion, eine Aplasie des Knochenmarks diagnostizierte, was die Sektion be¬
stätigte. Der Fall betraf ein 21jähr. Mädchen mit schwerer Anämie; das Leiden
hatte mit Uterinblutungen begonnen, dann kamen Netzhautblutungen, am Zahn¬
fleisch Blutung und nekrotische Verschorfung hinzu. Also Ähnlichkeit mit B.
zweifellos. Im Blut fanden sich außer den gewöhnlichen Zeichen der Anämie
Degenerationsformen der Erythrocyten, ferner die multinukleären neutrophilen
Leukocyten sehr stark reduziert (bis 14°/ 0 ), keine eosinophilen Zellen, keine
kernhaltigen Blutkörperchen, weder Normo-, noch Megalo-, noch Gigantobiasten,
wie man sie sonst bei so schwerer Anämie findet. Das Blutpräparat von B.
zeigt einen ganz ähnlichen Befund, nur daß die Veränderungen nicht so weit vor¬
geschritten sind wie in jenem tödlichen Fall, vor allem ein auffallendes Sinken
der multinukleären neutrophilen Zellen. Nimmt man dazu noch Knochenbefunde
(Orth), bei denen es sich um eine plastische Beschaffenheit mit herabgesetzter
Funktionsfähigkeit handelt, d. h. mit ungenügender Blutkörperchenbildung, nimmt
man ferner dazu, daß das hauptsächlichste ätiologische Moment für B. die Er- '
nährung mit übersterilisierter Milch ist, bei deren Ernährung, wie Müller zeigte,
die Assimilation des Kalkes schlecht ist, also der Knochenstoifwechsel leidet,
nimmt man alles dies zusammen: den Blutbefund, der auf mangelhafte Funktion
des Knochenmarks hinweist, die Beschaffenheit des Knochenmarks selbst und den
schädlichen Einfluß der Ernährung auf den Knochenstoffwechsel % so liegt wohl
der Gedanke nahe, daß ein Zusammenhang zwischen der gestörten Knochenmarks¬
funktion und B. besteht. Wir wissen zudem, welch wichtige Rolle das Knochen¬
mark für die Blutbildung spielt. Es hat also gewiß der Gedanke, daß es sich
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III. Aus Vereinen und Versammlungen.
443
bei B. um eine primäre Erkrankung des Knochenmarks handelt, zu der vielleicht
rhacbiti&che Kinder besonders disponiert sind, eine gewisse Berechtigung. Jacusiel
befürchtet, die hier zu Tage getretenen Äußerungen könnten zu einem „Rohen-
Milch-Rummel“ führen, der sehr verderblich werden könnte. „Es war hauptsäch¬
lich der Zweck meiner Ausführungen, hier gerade den Vortragenden dringend zu
ersuchen, unzweideutig festzustellen, daß er selbst der Ansicht ist, daß die Er¬
nährung mit gekochter Milch, wie wir sie jetzt haben, wie die Dinge liegen, die
allerbeste für unsere Pfleglinge ist, und daß eine Ernährung mit roher Milch
solange nicht Platz greifen kann, wie wir kein Verfahren kennen und besitzen,
durch welches wir rohe Milch von der Kuh in die Stadt, von der Stadt ins Haus
und vom Haus in die Flasche und in den Körper des Kindes bringen können,
ohne daß das liebe, unschuldige Ding von Milch in unserem verderbten Berlin
ein mordsschlechtes wird, das die Kinder mordet.“ Heubner (Schlußwort) be¬
tont, daß kein einziger Fall zur Mitteilung gekommen, der ein Kind betraf, das
an der Brust gelegen hatte. Er gebe zu, daß, wie die Dinge jetzt liegen, wir
besser tun, im allgemeinen erhitzte Milch zu geben, als rohe. Wenn er aber eine
Milch, wie sie einzelne Molkereien wirklich liefern, für jeden Säugling haben
könnte, so würde er unbedingt die rohe Milch vorziehen. Hervorzuheben ist die
Tatsache, die auch Finkeistein bestätigte, daß bei anhaltendem Genuß nicht
nur stark erhitzter Milch, sondern der Milch, wie sie im Haushalt aufgekocht
wird, B. entstehen kann. Dies beweist, daß die Erklärung, abnorm starke und
lange Erhitzung rufe B. hervor, nicht stichhaltig sein kann. Zugegeben sei, daß
das lange Kochen vielleicht die Schädlichkeiten in gesteigertem Maße bewirkt,
die B. hervorruft, aber der zureichende Grund für den Nachteil gekochter Milch
ist das Kochen an sich. Heubner hat von einem Kollegen gehört, daß derselbe
mittels pasteurisierter Milch fast ebenso rasche Heilung der B. erzielt habe, als
er mit roher. Auch Heubner ist ja anfangs nur zögernd an die Verabreichung
ungekochter Milch herangegangen, aber er ist nun durch lange Erfahrung über¬
zeugt, daß man sie ruhig benutzen kann, wenn sie in jeder Beziehung rein ist.
Wer sich davor fürchtet, der mag bei der Behandlung der B. ruhig gut pasteu¬
risierte Milch benutzen.
Naturhistorisch-Medizinischer Verein Heidelberg.
(Medizinische Sektion.)
(Münchner med. Wochenschrift No. 20, 21 u. 31.)
Sitzung vom 3. Februar 1903.
L. Tobler demonstriert einen Patienten mit disseminierter Tuberkulose der Haut
im Anschluß an Scharlach.
Der 5 Jahre alte Junge stammt aus tuberkulös belasteter Familie; er war
früher gesund, erkrankte im April 1902 an Skarlatina. Im Anschluß daran
stellten sich eitriger Ausfluß aus den Ohren und rote Flecke an der Haut ein,
aus denen sich die jetzt bestehende Hautaffektion entwickelte.
Patient ist zart, schwach, in dürftigem Ernährungszustand; es besteht Fieber
und mäßige Dyspnoe. Die Untersuchung der inneren Organe ergibt eine floride
Phthise des rechten Oberlappens, eitrigen Ausfluß aus beiden Ohren, Eiter und
Tuberkelbazillen im Urin.
Auf der Haut der Extremitäten und vereinzelt an anderen Stellen findet
sich das seit 4—5 Monaten unverändert bestehende Exanthem in ungefähr 90
einzelnen, rundlichen, verschieden großen Herden. Auf blaurotem, schmalem
Hof erhebt sich eine schmutzig grau-braune, zerklüftete Hornmasse; unter der¬
selben ist die Haut torpide gerötet, uneben, trocken. Keine makroskopisch sicht¬
baren Knötchen.
Die mikroskopische Untersuchung eines exzidierten Stückes zeigt- gewaltige,
papilläre Hyperkeratose, unregelmäßige Verdickung und Wucherung des Epithel¬
lagers, Vergrößerung der Papillen. Das Stratum papillare und subpapillare ist
von einer dichten, herdweisen oder konfluierenden zelligen Infiltration einge¬
nommen, die nach Art eines Riesenzellentuberkels zusammengesetzt ist.
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444
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
Das Krankheitsbild entspricht anatomisch am meisten der Riehl-Paltauf-
schen Tuberculosis verrucosa cutis. Klinisch reiht es sich einer Anzahl von
Fällen von disseminierter Hauttuberkulose bei Kindern an, die von Doutrele-
pont, Du Castel, Hall u. a. beschrieben worden sind und bei denen die Der¬
matose akut während der Rekonvaleszenz von Masern oder Scharlach auftrat.
(Sitzung vom 10. Februar 1903.)
Herr v. Hippel demonstriert als Nebenbefund bei einem Augenkranken
ein ausgedehntes kavernöses Angiom am rechten Unterarm. Hierzu zeigt Herr
Engelken das Röntgenbild.
Diskussion: Herren Jordan, Gierke.
E. Schwalbe: Demonstration angeborener Darmstenosen und retroperitonealer
Hernien.
1. 3 Tages altes weibliches Kind. Niemals wurde Mekoniumabgang be¬
merkt. Ein äußerer After war nicht nachweisbar. Bei der klinischen Unter¬
suchung fiel auf, daß der untere Teil des Abdomens eingezogen, nicht aufgetrieben
war. Es wurde die Möglichkeit erwogen, daß außer der Atresia ani eine höher¬
sitzende Darmstenose vorhanden sei. Die Sektion ergab Einmündung des Mast¬
darms an der hinteren Wand der Vagina, Uterus bicornis, sowie Stenose des
Duodenums an der Einmündung der Gallengänge. Das Duodenum war ballon¬
artig aufgetrieben, ebenso der Magen. Der Teil des Duodenums distal von der
Stenose, sowie der Anfangsteil des Dünndarms war stark gallenhaltig, in dem
aufgetriebenen Duodenalteil scheint keine Galle vorhanden zu sein. Die Stenose
war keine absolute, sondern eine relative, sie läßt sich mit dünner geknöpfter
Sonde passieren. Eine kurze Besprechung dieser Duodenalstenose, die an einer
typischen Stelle sich befindet, erfolgte in Verbindung mit der Besprechung des
zweiten Falls.
2. Multiple Dünndarmstenosen. 12 Tage altes Kind, wohlgebildeter After.
Erscheinungen des Darm Verschlusses. Es wurde hochsitzende Mastdarmstenose
angenommen. Operation. Anlegung eines künstlichen Afters. Bald nach der
Operation Exitus. Bei der Sektion wurden multiple Dünndarmstenosen konsta¬
tiert. Der Fall ist eingehend beschrieben von Dr. Kuliga und wird in Zieglers
Beitr. veröffentlicht.
3. Eine Hernia retroperitonealis sin.;
4. und 5. zwei Fälle von Hernia parajejunalis (Broesike).
Der zweite Fall kompliziert mit einem Mesenterium commune für Dünn¬
darm und Anfangsteil des Kolons. In Kürze werden die Verhältnisse des retro-
peritonealen Rezessus, sowie im besonderen des Recessus parajejunalis nebst den
entsprechenden Hernien erläutert. Die drei Fälle, von denen die beiden ersten
aus dem pathologischen Institut Heidelberg, der dritte aus dem anatomischen
Institut in Straß bürg stammen, werden in der Zeitschr. f. Morphol. u. Anthropol.
veröffentlicht.
(Sitzung vom 12. Mai 1903.)
Ibrahim stellt, ein 3 Monate altes Kind mit kongenitaler Pylorusstenose vor.
Es bestand unstillbares Erbrechen seit der 1. Lebenswoche, das durch die ver¬
schiedensten diätetischen Maßnahmen nicht beseitigt werden konnte; auch Mutter¬
milch wurde erbrochen. Der Stuhlgang war obstipiert. Das Kind wog beim
Eintritt in die Kinderklinik 2600 g, wiegt jetzt nach 5 wöchentlicher Behandlung
(Darreichung kleiner eisgekühlter Mengen Muttermilch in angemessenen Pausen,
Magenspülungen, Kataplasmen) 3120 g. Die außerordentlich intensive Magen¬
peristaltik ist jetzt noch zu beobachten, scheint jedoch für das Kind im Gegen-
satz zu früher nicht mehr schmerzhaft zu sein. Der Magen ist nur wenig er¬
weitert, seine Entleerung erheblich verzögert; freie Salzsäure 2 Stunden nach
Aufnahme von 60 g Muttermilch regelmäßig nachweisbar. Operative Behandlung
ist noch in Aussicht genommen.
Vortragender bespricht noch zwei weitere Fälle von kongenitaler Pylorus¬
stenose, die beide von Herrn Prof. Jordan operiert wurden (Gastroenterostomia
posterior) und zum Exitus kamen. Im einen Falle handelte es sich um den
Bruder des heute vorgestellten Kindes. Die Autopsie ergab muskuläre Hyper¬
trophie hauptsächlich der Ringmuskulatur.
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Hl. Aus Vereineu Und Versammlungen*
446
Alle drei beobachteten Fälle betrachtet Vortragender als organisch bedingte
Stenpsen, ohne für andere Fälle die Möglichkeit des Bestehens eines reinen
Pylorospasmus in Abrede zu stellen.
Diskussion: v. Bosthorn erlaubt sich, an die anwesenden Vertreter der
Chirurgie die Anfrage zu stellen, ob analoge Arten von Strikteren bei Erwachsenen
vorkämen und auch da bereits Anlässe zu operativen Eingriffen abgegeben hätten.
Anläßlich einer Diskussion über einen derartig gedeuteten, in einem ärztlichen
Verein vorgestellten Fall, bei welchem allerdings die ergänzende anatomische
Untersuchung des Präparates versäumt worden war, seien Andeutungen über
das Vorkommen idiopathischer Strikturen des Pylorus, welche nicht auf eine patho¬
logische Veränderung, wie bei Ulcus, Entzündungsprozessen u. dergl., zurückzu¬
führen waren, auch bei Erwachsenen gefallen.
Jordan: Auf die Frage des Herrn Prof. v. von Bosthorn erwidere ich
zunächst, daß beim Erwachsenen Fälle von Pylorusstenose ohne eigentliche ana¬
tomische Veränderung der Wand des Pylorus Vorkommen, die Anlaß zu chirur¬
gischem Eingreifen geben können. Bei der Gastroptose kann z. B. infolge des
Tiefstandes des Magens eine Abknickung des Pylorus resp. des Duodenums ver¬
ursacht werden und dadurch eine relative Stenose entstehen, die zu schweren
Folgezuständen führt. In einem derartigen Falle, der eine 74jährige Dame be¬
traf, war ich veranlaßt wegen zunehmenden Kräfteverfalls, den sorgfältigst durch¬
geführte interne Behandlung nicht aufzuhalten vermochte, die Gastroenterostomie
zu. machen, die vorzüglichen Erfolg hatte und der Patientin die volle Gesundheit
wieder verschaffte. Verengerung oder Undurchgängigkeit des Pförtners kann
ferner durch Verlötung mit der Gallenblase und Verziehung desselben verursacht
werden. Auch Spasmen des Pylorus bei Hyperazidität des Magens gaben die
Anzeige für Gastroenterostomie.
Was die Fälle von kongenitaler Pylorusstenose anlangt, so wäre eine Auf¬
klärung über die Natur des Leidens von größtem Wert für die Therapie: handelte
es sich uha einen Spasmus des Pylorusringes, so könnte man von der Divulsion,
einem einfachen und relativ leichten Eingriff, Heilung erwarten. Liegt dagegen
eine muskuläre Hypertrophie, eine organische Stenose vor, so ist die Gastro¬
enterostomie das richtige Verfahren. Bei dem minimalen Kräftezustand der
Patienten, die meist nicht mehr als 5 Pfund wiegen, ist dieselbe ein sehr schwerer
Eingriff und es muß immer als Glücksfall betrachtet werden, wenn ein solches
Kind die Operation übersteht und geheilt wird. Bei den beiden, von mir ope¬
rierten Fällen hatte ich den Eindruck, daß die an sich vorzuziehende hintere
Anastomose infolge der Auspackung des Magens und Kolons den Schock erhöht,
und würde daher im nächsten Fall die vordere Gastroenterostomie am tiefsten
Punkte, der vorderen Magenwand, ausführen, zumal die Anastomose doch nur mit
Nähten bewerkstelligt werden kann. Die Jejunostomie kann bei den anatomi¬
schen Verhältnissen Neugeborener kaum in Frage kommen.
Brauer frägt, ob es nicht zweckmäßig wäre, bei Kindern mit der in Dis¬
kussion stehenden Erkrankung zunächst eine Jejunostomie auszuführen und erst
späterhin — nach Aufbesserung des Ernährungszustandes — zur Gastroenteros¬
tomie zu schreiten.
Fl ein er: Die von Herrn Prof. Jordan angeführten mechanischen Mißver¬
hältnisse, welche bei Tiefstand und Vertikalstellung des Magens die
Fortschiebung des Mageninhaltes nach dem Darme behindern können, sollte man
nicht eigentlich den Pylorusstenosen zurechnen. Kussmaul hat diese Zustände
zuerst beschrieben und auf Abknickung des Duodenums bezogen. Diese
Abknickung findet am horizontalen Aste des Zwölffingerdarmes statt, da wo dieser
an der Wirbelsäule befestigt ist. Da nun durch interne Mittel, d. h. durch Er-
nährungs- und Liegekuren, Magenspülungen, Herauf binden oder Stützung des
gesenkten Magens durch geeignete Verbände oder durch Bandagen jene Ab¬
knickung am Duodenum verhindert oder beseitigt werden kann, so besteht eine
Indikation zu operativem Vorgehen bei diesen Fällen in der Kegel nicht.
Zu den Stenosen des Pylorus, nach welchen der Herr Vorsitzende gefragt
hat und welche ohne Narbenbildung, Verwachsung oder Neubildung zu stände
kommen, wäre wohl jene gutartige Form zu rechnen, welche als hypertro¬
phische Pylorusstenose bezeichnet wird und im Gefolge von chronisch¬
gastrischen Zuständen sich allmählich entwickelt. Man begegnet ihr nicht gerade
Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII. Digitized by VjOQgLC
446
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 10.
häufig, kann sie aber klinisch gut von anderen Formen der Pylorusstenosen unter¬
scheiden: zu den Zeichen des meist langjährigen chronischen Magenkatarrhs ge¬
sellen sich allmählich und in wachsendem Maße die Erscheinungen der motori¬
schen Insuffizienz und der Magenerweiterung. Auch ein Tumor wird schließlich
fühlbar: der gleichmäßig verdickte Pylorus bildet eine etwa nußgroße Geschwulst
von glatter Oberfläche. Differentialdiagnostisch (mit Magenkarzinom) ist für die
hypertrophische Pylorusstenose die auf Jahre sich erstreckende Vorgeschichte des
Magenleidens von Wichtigkeit.
Ibrahim: Die ersten Beobachtungen über kongenitale Pylorusstenosen
stammen von Länderer und Maier aus den Jahren 1879 und 1885. Diese
Forscher beschrieben Leichenbefunde an Mägen der verschiedensten Lebensalter,
die sie nur auf eine kongenitale Stenose des Pylorus zurückführen konnten.
Erst im Anschluß an diese Beobachtungen wurde das anatomische und später
auch das klinische Bild der kongenitalen Pylorusstenose am Säugling festgestellt
Unter den von Länderer und Maier beschriebenen Fällen finden sich mehrere,
die neben einer Ektasie des Magens und einer abnormen Enge des Pylorus
keinerlei anatomische Veränderungen weder an der Schleimhaut, noch an der
Muskulatur des Magens oder Pylorus erkennen ließen.
IV. Monats-Chronik.
Dr. E. Deutsch (Budapest) sendet uns zu seiner jüngst in unserem Blatte
veröffentlichten Arbeit: „Gratismilch- und Ordinationsanstalten für Säuglinge“ folgenden
„Nachtrag“:
Von allergrößter Wichtigkeit ist, bei Magendarmkrankheiten der Säuglinge
statt der Milch ein diätetisches Getränk zu verabreichen. In der unter meiner
ärztlichen Leitung stehenden Gratismilchanstalt wird ausschließlich eine aus
Kufekes Mehl bestehende Suppe (1 Eßlöffel Mehl auf 1 Liter Wasser) ver¬
wendet. Die Bereitung der Suppe ist einfach und der Erfolg ein überaus zu¬
friedenstellender. Seitdem die Frauen wissen, daß sie bei MUchentziehung ein
anderes Nährmittel erhalten, versäumen sie ausnehmend selten die Meldung des
Auftretens eines unverdauten Stuhles.
Nürnberg. Ein erster internationaler Kongreß ffUr Schulhygiene wird für Ostern
1904 in Nürnberg geplant. Ein internationales Komitee, welchem neben be¬
kannten deutschen Forschern, wie Baginsky, Hoffa, Eulenburg, Cohn
(Breslau), Hueppe (Prag) auch Gelehrte anderer Nationen angehören, hat sich
bereits zum Zwecke der Vorarbeiten gebildet.
Die Stadt Nürnberg hat die Zahl ihrer Schulärzte, die anfänglich (im
Jahre 1898) 6 betrug, auf 15 vermehrt. Nach der neu ausgearbeiteten Dienst¬
ordnung für die Schulärzte erstreckt sich deren Wirkungskreis nicht nur auf die
städtischen Schulen, sondern auch auf die Privatschulen. Sämtliche Kinder
werden beim Eintritte in die Schule untersucht und dann noch 2 mal im Laufe
des Jahres. Bei Mädchen unterbleibt die Untersuchung vom 4. Schuljahre an,
wenn die Eltern nicht besonders es wünschen. Beim Austritte aus der Schule
erfolgt auf Wunsch der Eltern die Untersuchung der Knaben, um Ratschläge
bezüglich der Wahl des Berufes zu geben.
V. Personalien.
Breslau. Gestorben der langjährige Assistent an der Kinderklinik Dr.
K. Gregor.
Rom. Habilitiert für Pädiatrie Dr. L. M. Spolverinl.
Chicago. Dr. F. B. Earle zum Professor der Kinderheilkunde am College
of Physicians and Surgeons ernannt.
Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzer in Sprott&u. — Verlag von Johann
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metzger & Wittig in Leipzig.
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Eine Monatsschrift für praktische Ärzte.
Unter Mitwirkung von
De. C. BERLINER (Aachen), De. ERNST DEUTSCH (Budapest),
De. ALBR. DWORETZKY (Moskau), De. E. ENSLIN (Eelangen), Dieektob De.
ESCHLE (Sinsheim), Peop. De. EVERSBUSCH (München), De. G. FINDER (Char¬
lotten bueg), Db. E. FLATAU (Waeschau), Peiv.-Doz. De. R. HECKER (München),
De. LEO JACOBI (New Yoek), Peop. De. JOACHIMSTHAL (Beblin), De. MAX
JOSEPH (Beelin), De. G. KREBS (Hildesheim), De. P. MAAS (Aachen), De. K.
MENDEL (Beelin), De. ADOLPH H. MEYER (Kopenhagen), De. PLANTENGA
(Haag), De. CARL SCHADE (Göttingen), Peiv.-Doz. De. E. SCHREIBER (Göttingbn),
De. SCHRIDDE (Eelangen), Peiv.-Doz. De. H. STARCK (Hetdblbebg), De. SZYMA-
NOWSKI (Waeschau), De.E.TOFF (Bbaila, Rumänien), Peop. De. VULPIUS (Heidej,-
beeg), De. H. WALBAUM (Kiel), Peiv.-Doz. De. ZIEGENSJPECK (München) u. A-
herausgegeben von
Dy. med. Eugen Graetzer,
prakt. Arzt in Sprottau.
VIIL Jahrgang. November 1903. Nr, 11.
Inhalt.
I. Originalbeiträge. seit.
H. Brpning, Beitrag zur Lehre der Vergiftungen im Kindesalter .. . . 447
n. Referate.
CoBsmann, Azeton Vergiftung nach Anlegung eipes Zellul oid-Mullverbandes 45ß
H. Schulthess, Hämaturie durch Oxalsäure uach Rhabarbergenuß . . . 454
GuidoBerghinz, Chronische nicht syphilitische Nephritis parenehymatosa,
beginnend von den ersten 3 Monaten des Lebens.. . 454
Jdensi, Über Nephritis des Neugeborenen und Säuglings ...... 455
'Cr. Schmidt, Zwei Fälle subkutaner Nierepquetschung m. günstigem Ausgang 455
B. v. Schumacher, Ein Fall von gekreuzter Dystopie der Niere mit Lage¬
veränderungen an den Geschlechts Werkzeugen.. 455
Lawrence W. Strong, Congenital Tumors of the Kidpey.456
E. Joseph, Über pngeborepe bösartige Neubildungen ........ 456
Erich Meyer, Über Entwicklungsstörungen der Niere.457
E. v. Hibler, Vorfall eines zystisch erweiterten Ureters durch Harpblase
und Urethra in die Vulva bei einem 6 Wochen plten Mädchep . . . 457
W. Roshansky, Zur Behandlung der angeborenen Phimose.458
jL. Bartenstein, Ein Fall von Ketentio urm^e bei einem 10 Monate alten,
weiblichen, imbecillen Säuglinge mit periproetitischem Abszeß . . . 458
Jos. Preindlsberger, Urologische Mitteilungen.459
J. Leopold and V. Levi, A case of selz-induced Cystitis due to the
Colon Bacillus. 459
■Olimpio Cozzölino und Pesquale Pezzulo, Über den Hirndruck beim
Säugling während des Erbrechens . ,..460
Fortsetzung des Inhaltes.
Seite
David L. Edsall, Recurrent Vomiting in Children . ........
Valagussa, Beitrag zum Studium des zyklischen Erbrechens bei den Kindern
J. Jarcho, Über harnsaure Diathese bei Kindern.
R. Thierfeld, Über Lithiasis bei Kindern.
Karl Walko, Über die Behandlung der Enuresis ..
G. Kapsammer, Über Enuresis und ihre Behandlung mittels epiduraler
Injektionen.
John Zahorsky, A (Kontribution to the therapy of Enuresis.
A. Kantorowicz, Zur Kasuistik der Heilung der Enuresis nocturna durch
Entfernung adenoider Vegetationen.
W. F. Chapell, A case of Adenoids with Malaria.
Jörgen Möller, Bemerkungen über die seitlichen adenoiden Vegetationen
im Nasenrachen nebst Beschreibung eines neuen Instrumentes für deren
Entfernung.
J. F. Dickson, Adenoids and their Treatment.
L. Katz, Ein modifiziertes Ringmesser („knieformiges Adenotom“) mit
einigen Bemerkungen..
Adolph H. Urban, Hemmorrhage following Tonsillotomy.
A. Fischer, Stillung größerer nach Tonsillotomie auftretenden Blutungen
E. Bloch, Der hohe Gaumen ..
Lieb mann, Stotternde Kinder.
S&ndorSzana, Die Hygiene der schulpflichtigen Kinder in Internaten .
Eugenin Felix, Die Wichtigkeit der Untersuchung des Gehörapparates']
bei Kindern der Normalschulen.
Otto Laubi, Methode u. Resultate d. Ohrenuntersuchungen v. 22894 Schülern
der ersten Primarklassen der Stadt Zürich.
R. Imhofer, Ein Fall von Spontanluxation des Amboß mit .fistulösem
Durchbruch in den knöchernem Gehörgang.i . . .
G. Herrmann, Über akute Nekrose des Warzenfortsatzes und Felsenbeines
nach Scharlach.
George H. Meaver, Bacteriologie Studies of the Skin and Throat in cases
of Scarlatina.
460
461
461
462
463
463
464
465
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472
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Bromipin
Ind.: Neurasthenie, Hysterie, Epilepsie,
Chorea, epileptische Dämmerzustände.
Rp.: Bromipin 10% 100 g.
D. S. 2—3 mal täglich 1 Theelöffel voll in ober¬
gähr. Bier oder heißer Milch.
Stypticin
Ind.: Blutungen im Klimakterium,
menstruale Blutungen, Menorrhagien etc.
Rp.: Tablettar. Stypticin No. 40 ä 0,06 g.
D. S. Täglich 3—6—8 Tabletten zu nehmen,
Dionin
Ind.: Asthma, Emphysem, Bronchitis, Phthisis pulmon., TracheVtis, Pertussis,
Schmerzzustände (Gastralgie, Ischias, Ovaralgie, Oophoritis, Ulcus ventriculi), Asomnie,
Abstinenzkur, Keratitis, Chorioiditis, Bulbusoperationen.
Rp.: Dionin 0,3,
Aq. amygd. amar. 15,0.
M.D. S. 3mal täglich 10;
Abends 20 Tropfen.
Rp.: Dionin 0,04,
Ol. Cacao 2,00.
M. f. lege art. supp. d. t. dos. 10.
S. Täglich 1 bis mehrere
Zäpfchen zu gebrauchen.
Rp.: Dionin 0,6,
Aq. dest 20,0.
M. f. 8ol. steril.
S. Zu subkutanen Injektionen.
Dionin wird für die Kinderpraxis aufs Wärmste empfohlen.
Litteratur gratis und franko.
\
Fortsetzung des Inhaltes,
Karl Eckholm, Zur Scharlachübertragung durch Milch.478
Th. Escherich, Die Erfolge der Serumbehandlung des Scharlachs an der
Unjversitäts-Kinderklinik in Wien.474
Günther, Eine bösartige Scharlachepidemie.474
RaoulLabb6, fipreuve de la chlorurie alimentaire dans la scarlatine et la
diphthärie Fenfance.475
N. Mansurow, Über die sogenannte Rubeola scarlatinosa.476
A. Doebert, Eine Scharlachepidemie auf der Masernstation.477
M. Ch. Aubertin, Das Einschlafen der Hände bei Scarlatina.477
S. Sufrin, Zwei seltene Fälle von infektiöser Hemiplegie bei Kindern . . 478
H. Pfister, Über das Gewicht des Gehirns und einzelner Hirnteile beim
Säugling und älteren Kinde.478
E. von Lange, Die Gesetzmäßigkeit im Längenwachstum des Menschen . 479
Lu dl off, Über Wachstum und Architektur der unteren Femurepiphyse
und oberen Tibiaepiphyse..48 L
Linser, Über die Beziehungen zwischen Nebennieren und Körper Wachstum,
besonders Riesenwuchs.48 t
N. Swoboda, Ein Fall von chondrodystrophischem Zwergwuchs (Achondro-
plasie).482
F. Michel, Osteogenesis imperfecta.482
Widal et Ravaut, Ict&re chronique acholurique congenital chez un homme
de 29 ans. Augmentation passag^re et legere du volume du foie et de
la rate. Parfait 6 tat de la sante generale ..482
Hl. Aus Vereinen und Versammlungen.
Toskanische Sektion der Italienischen Gesellschaft für Pädiatrie .... 488
Gesellschaft schweizerischer Pädiater.485
Berliner medizinische Gesellschaft.486
IV. Neue Bücher. — Neue Dissertationen.
KNOLL & Co., Ludwigshafen a. Rh.
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Tonicum und Darmantisepticum.
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zur inneren Ichthyolanwendung.
Ind.: Tuberkulose , Typhus abdomHautkrankheiten.
Dos.: 0,3 — 1)0, 3mal täglich.
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Kinderheilkunde.
Eine Monatsschrift für praktische Ärzte.
VIII. Jahrgang. 1. November 1903. No. 11.
I. Originalbeiträge.
(Aus der Universitäts-Kinderklinik zu Leipzig.)
(Direktor Med.-Rat Prof. Dr. 0. Soltmann.)
Beitrag zur Lehre der Vergiftungen im Kindesaiter.
Von
Dr. med. H. Brüning,
Assistenzarzt.
(Schluß.)
9. Fall (Schwefelsäureintoxikation).
4jähriger Knabe, F., C. (685, 1899) aufg. 14. VI. 1899; trank Ostern 1898
versehentlich einige Kubikzentimeter rauchender Schwefelsäure; die Verschorfungen
in der Mundhöhle heilten glatt ab, doch kann der Kleine seitdem nur noch flüssige
Nahrung schlucken, ohne zu erbrechen; seit einem Jahre ist der Knabe täglich
vom Hausarzte sondiert worden. Im Krankenhause Allgemeinbefinden befriedigend;
feste Speisen können jedoch nicht geschluckt werden. 21 cm hinter der Zahnreihe
stößt man auf ein Hindernis, welches nur für dünne Sonden (No. 9—11) passier¬
bar ist. Später geht No. 12 glatt durch und Pat. vermag auch konsistentere
Speisen, ohne zu erbrechen, zu schlucken. Mit einer Zunahme des Körpergewichtes
von 500 g nach 6 Wochen geheilt entlassen.
Nach einer brieflichen Mitteilung des Vaters geht es dem Kinde relativ
gut; es kann alle Speisen genießen, jedoch soll es ganz selten Vorkommen, daß
„etwas sitzen bleibt, so daß es stärker drücken muß“.
10. Fall (Schwefelsäurevergiftung).
M., Karl, 13 Jahre^alt (1086, 1898), trank, in der Meinung, Himbeersaft
vor sich zu haben, versehentlich Schwefelsäure; sofort Erbrechen. Wegen
Erstickungsanfällen 4 Stunden nach dem Unfall ins Krankenhaus gebracht:
schwerer Krankheitszustand, Röcheln, Klagen über Hals* und Magenschmerzen;
leichte Somnolenz. Zahnfleisch und Zunge mit weißem Belag bedeckt. PÄs sehr
frequent. Magengegend schmerzhaft, Patellarreflexe erloschen. Trotz Eisblase,
Ei8milcb und Magn. ust. nebst etwas Morphium Zunahme der Cyanose und Be¬
nommenheit; Nasenflügelatmcn; feuchtes Rasseln auf der Lunge; Herz nach rechts
bis zur Mitte des Brustbeines; Galloprythmus, dumpfe Herztöne; Urin hell,
enthält 2 1 /a°/o Zucker; Stimme aphonisch. Stuhl dickbreiig, o. B., Kremaster¬
reflex nicht mehr auszulösen. Puls wird unfühlbar, Exitus 21 Stunden nach der
Aufnahme; Temperatur kurz vorher 40,2.
Obduktionsbefund: Verätzung des Zungengrundes, der Tonsillen, Gaumen¬
bögen, des Kehldeckels und der Pharynxwand; membranöse Abstoßung des
Pharynxepitheles. Verätzung der Cardia und streifenförmig von der Cardia nach
dem Magenfundus zu verlaufende, weißgelbe Verätzungen der Magenschleimhaut.
Zarte verrucöse Auflagerungen an der Mitralis; .Dilatation der Ventrikel; Hyper¬
trophie des linken Ventrikels. Hyperämie und Ödem der Lungen; venöse Hyper¬
ämie der Milz und der Nieren mit trüber Schwellung des Nierenparenchyms.
Hämorrhagische Enteritis des Dünndarmes, Follikelschwellung im Dickdarm.
Verkalkte tuberkulöse Herde in den Bronchialdrüsen.
Centralbl. f. Kinderlilkde. VIII. ,, r\C%&\o
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448
Ceutralblatt für Kinderheilkunde. No. 11.
11. Fall (Schwefelsäurevergiftung).
K., Marie (1580, 1898), 3 Jahre alt; einige Tage vor der Katastrophe
durchfälliger Stuhl, sonst nie krank. Allein in der Wohnung zurückgeblieben;
bei der Rückkehr der Mutter von dieser am Boden liegend aufgefunden, leere
Flasche mit Putzwasser (30 g waren darin!) daneben stehend. Schaum vor dem
Mund, Aphonie; 3 Stunden später im Kollaps ins Krankenhaus gebracht: Cyanose,
große Unruhe, Unvermögen zu sprechen und zu schlucken; Temperatur 35°;
Puls unfühlbar: Respiration verlangsamt, unregelmäßig. Lippen geschwollen;
auf dem Kinn zwei rote Ätzstreifen; Schleimhaut des Mundes grau-weißlich ver¬
färbt, trocken. Magengegend aufgetrieben und druckempfindlich. Reflexe fohlen.
Trotz aller Mühe Tod 6 Stunden nach dem Unfall, nachdem völlige Bewußt¬
losigkeit eingetreten.
Bei der Sektion ergab sich außer typischen Befund an Rachen und Speise¬
röhre eine Perforation der Mageuwand mit Peritonitis perforativa; im Bauch¬
böhleninhalt noch Schwefelsäure nachweisbar.
12. Fall (Karbolsäurevergiftung).
E., Meta (350, 1894), 1 Bjährig, wird aus der Zwangsarbeitsanstalt als
diphtherieverdächtig dem Krankenhause zugeführt (Schluckbeschwerden, Hals¬
schmerzen, Heiserkeit seit tags vorher). Bei der Aufnahme fällt sofort eine vom
linken Mundwinkel über das Kinn nach abwärts verlaufende braun-rote Ver¬
färbung der Haut auf, als sei vom Munde heraus etwas über das Kinn herab¬
geflossen; Klagen über Brennen und Kratzen im Halse; oberflächliche, weißliche,
sich abstoßende Verschorfung des Zahnfleisches und der Wangenschleimhaut;
intensive Rötuug und Schwellung der Tonsillen und der Gaumenbögen. Auf
beiden Tonsillen einige lakunäre Pfropfe; daneben jedoch, sich deutlich durch
die schmutzig-gelbliche Farbe abhebend, anscheinend durch oberflächliche Nekrose
bedingte Schorfe, ebensolche auf der Uvula. Pat. gibt an, aus Furcht Vorstrafe
suicidii causa Karbolsäure getrunken zu haben, die sie sich aus der Apotheke
geholt habe, sie habe nur wenig getrunken, aber beim Husten einen Teil davon
in den Kehlkopf bekommen. Im Harn keine Karbolsäure mehr nachweisbar.
'Nahrungsaufnahme durch die Schwellung der Rachenorgaifb erschwert. Lang¬
sames Abstoßen der Schorfe; Tonsillen hypertrophisch. Therapeutisch: Eisstück¬
chen schlucken; Gurgeln mit Kal. hyp. Keine weiteren Beschwerden. Auch
späterhin keine Beschwerden.
13. Fall (Karbolsäurevergiftung).
Einem 3wöchentlichen Säugling brachte die Hebamme, „weil der Nabel
nicht in Ordnung sei“, Karbolwasser auf die Nabelgegend, so daß die Haut sofort
ganz weiß wurde und sich das Kind vor Schmerze* krümmte. Als die Eltern
das Kind ins Krankenhaus brachten, war die Hautfarbe ikterisch, der Nabel
leicht gerötet und vorgewölbt, die ganze Unterbauchgegend und zum Teil auch
der Rücken eingenommen von einer scharf begrenzten, unregelmäßig gezackten
crysipelatösen Rötung, deren oberste Schichten leicht weißlich erschienen; einzelne
Spritzer auch an den Beinen. Kind sehr schläfrig. Erbrechen, Durchfall; Tem¬
peratur 37,8. Bleiumschläge auf den Nabel. Urin gibt Phcnolreaktion, enthält
aber kein Eiweiß. Langsame Besserung aller Erscheinungen; 6 Wochen später
vollkommen geheilt entlassen. Der Vater des Kindes teilte mir auf meine An¬
frage brieflich mit, daß der Junge noch am Leben und gesund sei; die Narben
von der Verätzung seien noch deutlich sichtbar, der Knabe habe Masern und Schar¬
lach überstanden und nach seiner Ansicht, da er zu dieser Zeit noch etwas
schwächlich gewesen sei, hierbei außerordentlich zu leiden gehabt. Direkte Nach¬
teile habe die Vergiftung nicht hervorgerufen.
14. Fall (Salpetersäurevergiftung).
2jährige8 Mädchen F. M. (423, 1894) trinkt aus Versehen einige Kubik¬
zentimeter reine Salpetersäure; Milch und doppeltkohlensaures Natron sofort
hinterher gegeben. 8 Tage später wird das Kind unruhiger und klagt über un¬
bestimmte Beschwerden; nach weiteren 8 Tagen Erbrechen, Schluckbeschwerden,
röchelnde Atmung, undeutliche Sprache. Bei der Aufnahme ins Krankenhaus in
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I. Originalbeiträge.
449
der Nacht (4 Wochen nach dem Unfall) ist das Kind sehr matt und hinfällig,
Haut kühl, Puls frequent, Respiration sehr beschleunigt; Rachen gerötet, viel
Schleim im Munde; Temperatur 38,5; Prießnitz. Tee mit Kognak. Am anderen
Morgen bemerkt man u. a. noch eine mäßige, wulstige, schmerzhafte Schwellung
in der Gegend des Schildknorpels; lobuläre Herde der Lungen; Erbrechen;
näselnde Stimme. Puls öfters ungleich und unregelmäßig, später verlangsamt
und kaum noch zu fühlen. Zunahme der Cyanose; Kühle der Extremitäten.
Exitus.
Sektionsbefund: Perioesophagitis et Mediastinitis gangraenosa, „zwischen
der Wirbelsäule und dem Ösophagus in der Höhe der obersten Brustwirbel eine
von einem schmierigen, zerfallenden Gewebe ausgekleidete Abszeßhöhle; von hier
aus taschenförmige Ausbuchtung nach oben hin bis zu einer grau-gelben Stelle
auf der hinteren Rachen wand (Perforation!); daneben mehrere grau-gelbliche
Stellen auf der Schleimhaut des Rachens. Schleimhaut des Schlundes und des
oberen Teiles der Speiseröhre in eine weißlich glänzende, narbig aussehende
Fläche verwandelt; im Ösophagus von der Bifurkation abwärts wieder dasselbe
narbige Aussehen der Schleimhaut, bis dicht oberhalb der Cardia reichend; dieser
Teil trübe, von fleckigen Blutaustritten durchsetzt; an den weißlich erscheinenden
Partien läßt sich die Mukosa als ein dünnes feines Häutchen von der Submukosa
abziehen. Zwischen diesen beiden weißlichen Partien eine sanduhrförmige Ver¬
engerung der Speiseröhre, der oben beschriebenen Abszeßhöhle entsprechend“;
von letzterer aus in der Höhe des 3. bis 4. Trachealringes ovaler Defekt in der
Trachealwand; Bronchitis purulenta; Magenschleimhaut an. der Cardia auffallend
injiziert, trübe; an der hinteren Wand nahe der großen Kurvatur eine kleinhand¬
tellergroße, sehnig glänzende, weißliche narbige Stelle mit einzelne Inselchen
erhaltener Schleimhaut. Dünndarmschleimhaut cyanotisch. Aus dem Abszeßeiter
Streptococcus longus gezüchtet.
Unter den 6 Fällen von Säurevergiftung waren also 3 Todes¬
fälle zu verzeichnen; jedesmal handelt es sich um Aufnahme des
Giftes per os. Um ähnliche Fälle handelt es sich in den von To-
beitz, Salomon, Heimann, Model, Holsti und Reimer mit¬
geteilten Beobachtungen. Der 3 jährige diphtheriekranke Patient
Reimers nahm versehentlich 1 Kaffeelöffel 50°/ 0 Karbolsäure und
fiel sofort bewußtlos um, doch trat nach 10 Tagen völlige Heilung
ein. Salomons Patient, ein 14tägiger Säugling, erhielt aus Ver¬
sehen einen Kaffeelöffel voll Acid. carbol. liquefact. und Spir. Vini ää;
nach anscheinend völliger Wiederherstellung mit 6 Monaten traten
nun allmählich die Erscheinungen der Ösophagusstenose auf, so daß
das Kind regelmäßig bougiert und im Alter von 2 1 / 2 Jahren ösopha-
gotomiert werden mußte. Das Kind überstand die Operation gut und
kam mit dem Leben davon. Die Fälle Heimanns und Models be¬
trafen 2 Kinder im Alter von 3 und 9 Jahren; letzteres verschluckte,
in der Rekonvaleszenz nach Diphtherie einen Eßlöffel 90°/ o igeir Karbol¬
säure und fiel sogleich wie tot um; doch trat auch hier, wie in dem
ersteren Falle, durch schleunigste Ausspülung des Magens mit Glauber¬
salzlösung sowie durch Anwendung von Alkohol und Äther Besserung
und völlige Genesung ein.
U - Tödlich verliefen die Vergiftungen, welche Reimer und Holsti
beschreiben. Das eine der beiden Kinder Reimers hatte Schwefel¬
säure, und der 6jährige Knabe Holstis Salpetersäure aus Unvor¬
sichtigkeit getrunken; bei dem zweiten Falle Reimers hatte die dem
Trünke ergebene Mutter das Kind gewaltsam durch Eingießen von
conc. Schwefelsäure vergiftet. Alle 3 Kinder starben nach kurzer
Zeit an den Folgen einer durch die Gifte bedingten Magenperforation
mit eitriger Bauchfellentzündung; die Perforationsöffnung befand
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450
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11.
sich stets in der Gegend der großen Kurvatur, wie dies auch schon
bei früheren Fällen angedeutet wurde. Hierher sind auch die von
Medin und Josefoicz näher beschriebene Fälle zu rechneu, in
denen durch Applikation eines Klysmas die Vergiftung bei 2 Kindern
im Alter von 5 Jahren und 10 Monaten verursacht wurde. Nach
Med ins Mitteilungen hatte eine Hebamme ihrem anOxyuren leidenden
Töchterchen einen Einlauf gemacht, der etwa 2 — 3 gr Karbol¬
säure enthielt, während in dem zweiten Falle dem Säugling ver¬
sehentlich ein Klystier mit 1 / a °/ 0 Karbolsäurelösung verabreicht worden
war. In beiden Fällen kam es zwar zu typischen, schweren
lntoxikationserscheinungen — im ersten Falle sofortige Bewußtlosig¬
keit, völlige Anästhesie, schleimig-blutige Entleerungen, im Harn über
30 Stunden lang Karbolfärbung, Urticaria in der Rekonvaleszenz —,
doch verliefen beide Fälle so günstig, daß die Kinder als geheilt be¬
trachtet werden konnten.
Im Gegensatz zu diesen Fällen, wo die Intoxikation auf dem
Wege des Verdauungstraktus erfolgte, sind auch eine Anzahl von
Fällen mit per kutaner und auf dem Wege des Lymphstromes be¬
wirkter Vergiftung, d. h. durch äußere Verwendung der giftigen
Substanzen beschrieben. Außer der eigenen, oben mitgeteilten Ver¬
giftung durch Karbolsäure (Fall 13) werden derartige Beobachtungen,
in denen es sich auffallenderweise wiederum stets um Karbol¬
intoxikation handelte, von Pöraire, Simon und Meitzer mitgeteilt.
Pöraire beschreibt 5 Fälle von allgemeiner Intoxikation und Gang¬
rän der Finger nach Umschlägen mit l°/ 0 Karbolsäurelösung;
Simon schildert die durch Karbolwatte bei einem 22monatlichen
Kinde mit einer Ulzeration am Kiefer bewirkte Allgemein-Intoxikation
mit Erbrechen, schlechtem Puls, Fieber und vollkommener Anurie;
nachdem die Karbolwatte weggelassen, trat schnelle Besserung ein
und der grün-schwarze Urin nahm seine normale Beschaffenheit
wieder an. Bemerkenswert ist auch noch der von Meitzer bei einem
9 tägigen jüdischen Knaben im Anschluß an die rituelle Zirkum-
zision, die mit Umschlägen von 4°/ 0 iger Karbolsäurelösung behandelt
wurde, hervorgerufene Intoxikation, welche nach 3 Tagen den Tod
des Kindes herbeiführte.
Bezüglich der eigenen Beobachtungen seien noch einige kurze
Bemerkungen angefügt. 13 der Verunglückten kamen durch inner¬
liche Aufnahme der Giftstoffe (Einatmen, Verschlucken) zu der Ver¬
giftung, nur in einem Falle handelt es sich um äußere Anwendung
der giftigen Flüssigkeit.
Die Zeit der Aufnahme der Erkrankten ins Krankenhaus nach
stattgehabter Indoxikation war wesentlich verschieden. Die meisten
(10) kamen noch im Stadium der akuten Giftwirkung zur Auf¬
nahme, und zwar frühestens 1 / a Stunde und spätestens am Tage nach
dem Unfälle. Infolgedessen kamen bei diesen Kindern auch in
erster Linie die Erscheinungen der akuten Vergiftung zur Beob¬
achtung, wie dieselben in den oben angeführten Krankengeschichten
mitgeteilt worden sind; 6 von diesen Kindern konnten geheilt bez.
gebessert entlassen werden, während 4 den Vergiftungen erlagen.
Die Besserungen bez. Heilungen betrafen im wesentlichen die weniger
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1. Original bei träge.
451
schweren Fälle, doch liefen auch einzelne sehr schwere Intoxikationen
(Kohlenoxydvergiftung, Laugen- und Säure Verätzung) wider Erwarten
günstig ab. Für den Ausgang der Vergiftung war natürlich die
Menge der vergiftenden Substanzen mit in Betracht zu ziehen, über
deren Größe die anamnestischen Daten meist nur sehr unbestimmte
Angaben machten („einige ccm“, „wenige Schluck“, „etwas“ usw.); in
einigen der Fälle (s. die Morphiumvergiftung) konnte aber durch Unter¬
suchung der betreffenden Gefäße und durch Nachfragen in der Apo¬
theke ziemlich genau die Giftmenge nachträglich ermittelt werden.
Die 4 Todesfälle im akuten Stadium der Vergiftung erfolgten bald
nach der Überführung der Vergifteten ins Krankenhaus, trotzdem
die verschiedensten Versuche gemacht worden waren, die Kinder am
Leben zu erhalten.
Zu beachten ist fernerhin die Tatsache, daß bei einzelnen der
Kinder nicht sogleich nach der Intoxikation die Vergiftungser¬
scheinungen auftraten, sondern daß dieselben erst eine Zeit nachher
bemerkt wurden. So hatte z. B. das 13jährige Mädchen (Fall 12),
um sich das Leben zu nehmen, Karbolsäure getrunken; die Ver¬
giftung war aber trotz der schon äußerlich sichtbaren Verätzungen
und trotz der Klagen über Kratzen und Brennen im Halse nicht er¬
kannt, und das Kind wegen Diphtherieverdacht dem Krankenhause
zugeführt worden; hier konnten die Vergiftungssymptome zugleich mit
einer lakunären Angina nachgewiesen werden, und durch Nachfrage
bestätigte sich der Verdacht, daß das Kind Gift genommen hatte.
Im Gegensatz zu dieser Gruppe der Vergifteten kamen 3 Fälle
erst mit den Folgeerscheinungen der Intoxikationen, und zwar
Fall 4 (Laugenverätzung) nach 3 Wochen, Fall 14 (Salpetersäurever¬
giftung nach 4 Wochen und Fall 9 (Schwefelsäureintoxikation) nach
14 Monaten in Krankenhaus behandlung, Die Klagen der Kinder er¬
streckten sich in allen 3 Fällen auf Schluckbeschwerden. Würgen
und Erbrechen nach der Nahrungsaufnahme und Abnahme des Körper¬
gewichtes. Daß derartige Erscheinung der Nahrungsaufnahme bei
einer vorhergegangenen Vergiftung durch Lauge oder Säuren nur
durch Stenosenbildung innerhalb der Speiseröhre bedingt sein konnte,
unterlag keinem Zweifel. In 2 Fällen konnte denn auch eine narbige
Striktur des Ösophagus durch Sondenuntersuchung nachgewiesen
werden; dieselbe saß bei den 4jährigen Kindern 17 bez. 21 cm
hinter der Zahnreihe und war derart, daß im ersteren Falle die
Sonden überhaupt nicht mehr durchgingen, während bei den kleinen
Knaben durch dünne Sonden das Hindernis passiert werden konnte.
In dem dritten Falle, der zur Obduktion kam, wurde die Stenose,
die höher oben saß, durch eine Periösophagitis und Peritrachitis,
die sich durch eine wulstige Schwellung an der Vorderseite des
Halses zu Lebzeiten des Kindes manifestierte, bedingt.
Über den Sitz der durch die Gifte bedingten Verätzungen
geben einige Sektionen Aufschluß. Außer den Mund- und Rachen¬
organen waren stets der obere und der untere Teil der Ösophagus¬
schleimhaut, die Gegend der Cardia, sowie der Fundusteil des Magens
beteiligt. Es ist zweifellos, daß die Lokalisation der Verschorfungen
mit der Art und Weise der Aufnahme der Gifte insofern in Zu-
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452 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11.
sammenhang gebracht werden muß, als durch hastiges Trinken der
in Frage kommenden Flüssigkeiten die letzteren, von dem oberen
Teil des Ösophagus direkt in den unteren Abschnitt gespritzt werden
und hier namentlich die verengte Stelle an der Cardia in Mitleiden¬
schaft gezogen wird ; wie dies deutlich aus Fall 10 und 14 ersicht¬
lich ist. Je nach dem Füllungs- und Kontraktionszustand des
Magens kommt es dann entweder zu streifigen, von der Cardia nach
dem Fundus ausstrahlenden und der Höhe der Falten entsprechenden
Verätzungen (Fall 10) oder zu schweren Veränderungen in der Gegend
der großen Kurvatur (Fall 14 und 11) in Gestalt großer, perforierender
Substanzverluste mit sekundärer Perforationsperitonitis, oder — bei
längerer Dauer der Eirankheit —, wie in Fall 14, zu Narbenbildungen
der verschorften Schleimhaut in Form weißlicher, schwarzglänzender
Plaques; daß gelegentlich auch die Dünndarmschleimhaut an den
Verschorfungsprozessen teilnehmen kann, scheint nach dem im akuten
Stadium der Vergiftung verstorbenen Kinde in Fall 10 zweifellos,
in welchem eine hämorrhagische Enteritis des Dünndarms gefunden
wurde.
Ob die in letzterem Falle intra vitam diagnostizierte Zucker¬
ausscheidung im Urin, welche 2 1 / a °/ 0 betrug, allein der Giftwirkung
zuzuschreiben ist oder mit dem Darmkatarrh bezw. mit einer durch
Fortsetzung des entzündlichen Prozesses auf den Pankreasausführungs¬
gang hervorgerufenen Pankreasaffektion in Zusammenhang sich bringen
läßt, ist wohl nicht mit Sicherheit zu bejahen, jedenfalls aber auch
nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Die Literaturangaben
bei jüngeren Individuen berichten nichts über diese sicherlich sehr
seltene Affektion.
Was nun schließlich den endgültigen Ausgang der 14 Fälle von
Vergiftungen anbelangt, so endeten 6 Fälle tötlich, und zwar am
Tage der Vergiftung 3 Fälle (2 Schwefelsäure 1 Kohlenoxyd) am
Tage nach der Vergiftung 1 Fall von Kohlenoxydintoxikation
4 Wochen nach dem Unfall 1 Fall (Salpetersäure) 3*/ 2 Monat nach
der Intoxikation 1 Fall (Lauge); die übrigen 8 Kinder kamen mit
dem Leben davon. Bei 7 von denselben ist die Vergiftung, ohne
dauernde Schädlichkeiten zu hinterlassen, vorübergegangen. Eins
hat jedoch nach Ansicht des Vaters in der ersten Zeit nach der
Intoxikation noch sehr zu leiden gehabt und sich nur langsam er¬
holen können (Fall 13), so daß es durch Masern und Scharlach, von
denen es kurz nacheinander befallen wurde, sehr mitgenommen
wurde. Nur der Knabe, der versehentlich Schwefelsäure getrunken
hatte (Fall 9) leidet auch jetzt — nach 4 Jahren, — noch zeitweise
an geringgradigen Stenoseerscheinungen, die ihn zwingen, beim
Hinunterschlucken fester Speisen hin und wieder etwas stärker zu
pressen. Es ist aber wohl anzunehmen, daß auch diese Beschwerden
in kurzer Zeit vollkommen nachlassen werden, so daß auch dieser
Knabe als völlig geheilt betrachtet werden kann.
Literatur:
Biedert, P. Lehrbuch der Kinderkrankheiten 1902.
Cruse, W. Zur Behandlung der Morphiumvergiftung mit Atropin. Arch.
für Kinderh. 16.
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II. Referate.
45»
Eschle. Ein Beitrag zur Kasuistik der Opium Vergiftung. Therap. Monats*
hefte 1896.
Hei mann, E. Eine Karbolsäure Vergiftung bei einem 3 jährigen Kinde»
Allg. med. Zentralzeitung 1890.
Holsti. Salpetersäure Vergiftung. Ref. im Jabrb. f. Kinderb. 29, 140.
Josefoicz, J. Ein Fall von akuter Karbolsäurevergiftung. Gaz. lek. 1895»
Katzenstein. Ein Fall von Morphiumvergiftung im frühesten Kindesalter.
Münch, med. W. 1902.
Kramstyk. Über Vergiftungen mit Natronlauge bei Kindern. Jahrb. f.
Kinderb. 55, 5.
Manicus, H. T. Ammoniakvergiftuug. Hosp. Tid. 1888.
Med in, 0. Karbolsäurevergiftung durch ein Klystier. Hygiea 1883, 125.
Meitzer, J. Kar boisäure Vergiftung bei einem Kinde. New York med.
W. 1889.
Model, A. Vergiftung mit konz. Karbolsäure bei einem diphtheriekranken
Kinde. Ther. Monatsh. 1889.
P4raire, M. Gangräne du m4duis caus4e par l’aeide ph6nique. Bull, de
la soc. anat. de Paris 1896.
Reimer. Kasuistische und pathol.-anatomische Mitteilungen usw. Jahrb.
f. Kinderb. 11.
Salomon, J. Vergiftung mit Karbolsäure und Alkohol bei einem 14 Tage
alten Kinde. D. Arch. f. kl. Med. 56.
Semtschenko. Opiumvergiftung eines Säuglings. Anwendung von Atropin
als Gegengift. Wratsch 1886.
Simon, J. Akute Intoxikation durch karbolisierte Watte. Rev. mens, des
mal. de Venfance 1887.
Trautner, T. M. Opiumvergiftung bei einem Kinde. Ref. Jahrb. f.
Kinderh. 20.
Tobeitz, A. Eine akute Vergiftung mit Karbolsäure. Arch. f. Kinderh. 11.
II. Referate.
CoSSmann. Azetonvergiftung nach Anlegung eines Zelluloid-
Mullverbandes.
(Aus dem Diakonenkrankenhause in Duisburg a. R.)
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 36.)
Bei einem 12jährigen, schon seit längerer Zeit wegen einer tuberkulösen
Hüftgelenksentzündung im Streckverband Hegenden Knaben sollte ein Gehverband
angelegt werden, und wurde der seit 1896 häufig dazu benutzte Zelluloid-Mull-
verband angelegt. Schon kurze Zeit nachher wurde der Knabe unruhig,, klagte
über starkes Brennen an den Beinen, bekam Erbrechen, dann wurde er komatös.
C. fand ihn in tiefem Koma, mit weiten, nicht reagierenden Pupillen, kaum fühl¬
barem Pulse, kalten Händen und Füßen und ab und zu eintretenden tiefen, ge¬
räuschvollen Atemzügen vor. Unter fortgesetzter Anwendung künstlicher Atmung,
Einwicklungen in heiße Prießnitzumschläge, Infusionen von Kochsalzlösung usw.
verloren sich allmählich die Erscheinungen, die Benommenheit hielt aber über
36 Stunden an. Ebenso lange roch die Exspirationsluft nach Aceton. Die Unter¬
suchung des Harns ergab Aceton, ebenso war solches im Erbrochenen enthalten.
Wie kam diese Vergiftung zustande? Das Verbandmaterial war
tadellos. Acetonvergiftungen durch Einatmung sind in den betreffenden
Fabriken sogar unbekannt. Dagegen sind zur Resorption durch die
Haut alle Verbedingungen gegeben, vor allem wäre die Eigenschaft
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454
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11.
des Acetons, leicht Fette zu lösen, zu betonen. Nun war bei dem
Knaben allerdings, entgegen der sonstigen Gewohnheit, der Zelluloid-
Mullverband nicht auf einem Gipsmodell hergestellt, sondern unmittel¬
bar auf dem Körper, wobei aber Trikotstoff untergelegt worden war.
Reizerscheinungen auf der Haut zeigten sich andererseits nicht bei
Abnahme des Verbandes, auch ergaben Tierversuche, welche die
Resorbierbarkeit des Acetons durch die Haut beweisen sollten, ein
negatives Resultat. Die Sache bleibt also ziemlich dunkel. Bemerkens¬
wert ist allerdings in hohem Grade, daß hier beim Anlegen jenes
Verbandes auf dem bloßen Körper eine Acetonvergiftung zustande
kam, und daß diese durchaus dem Bilde des Coma diabeticum ent¬
sprach, das Kussmaul ja als „Acetonämie“ bezeichnete. Grätzer.
H. Schulthess (Hottingen). Hämaturie durch Oxalsäure nach
Rhabarbergenuß.
(Korrespondenzblatt f. Schweizer Ärzte 1903 No. 18.)
Ein 7jähriger Knabe aß eines Mittags etwa 100 g Rhabarbermus.
Am Abend schied er blutigen Harn aus, der reichlich Oxalat enthielt.
Sonst war er vollständig munter und blieb es auch, Zeichen von
Oxalsäurevergiftung stellten sich nicht ein, nur der nächste Morgen¬
harn hatte noch starken Oxalatgehalt, so daß im ganzen in den beiden
Harnen ca. 0,217 g Oxalsäure ausgeschieden wurde. Der Junge war
stark obstipiert, sonst aber durchaus gesund.
Zweifellos war die Hämaturie die Folge der Nierenreizung durch
Oxalsäure gewesen. Rhabarbermus besteht zu 2 L aus großen Rha¬
barberstielen, und diese enthalten ca. 1 °/ 0 Oxalsäure; also betrug
die Einnahme 0,6 g, wovon 1 / 3 sich im untersuchten Harn vorfand.
Als sehr starke Einzeldosis für Oxalsäure wurde von Hager 0,5 g
bezeichnet, 2 g als toxische, 4 g als tötliche. Die Einnahme stand
hier also unterhalb des toxischen Schwellenwertes, woraus sich erklärt,
daß keine weiteren Intoxikationserscheinungen auftraten. Nur das
Ausscheidungsorgan wurde alteriert. Der Junge hatte früher das
Gemüse stets vertragen; man könnte da jetzt höchstens eine momentane
Idiosynkrasie annehmen, begünstigt vielleicht durch die Obstipation
mit Gelegenheit zu reichlicherer Resorption, begründet vielleicht durch
einen abnormen Zustand des Harnapparates zur kritischen Zeit, dessen
anderweitiger Ausdruck eine 2 Tage vor dem Ereignis einsetzende
und noch einige Tage anhaltende Neigung zu Enuresis nocturna war.
Jedenfalls mahnt ein solcher Fall zur Vorsicht auch gegenüber „ge¬
sunden“ Gemüsen. Grätzer.
Guido Berghinz. Chronische nicht syphilitische Nephritis
parenchymatosa, beginnend von den ersten 3 Monaten des Lebens.
(La Pediatria Juni 1903.)
Die urämischen Anfälle begannen, als das Kind 3 Monate alt
war; im Alter von einem Jahre kam es in Spitalbehandlung, und es
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II. Referate.
455
wurden im Urin Eiweiß in Menge, hyaline Zylinder, spärliche Zylinder-
epithelien, aber kein Blut gefunden.
Das Befinden wechselte, .doch wiederholten sich die eklamptischen
Anfälle von Zeit zu Zeit. Ein Jahr darauf trat Exitus ein. Die Sektion
ergab: Lungentuberkulose und verkäste Bronchialdrüsen; beiderseitige
Nephritis parenchymatosa chronica mit zahlreichen Blutinfarcten und
Blutextravasaten in der linken Niere. F.
MeilSi. Über Nephritis des Neugeborenen und Säuglings.
(Rivista di Ciinica Pediatrica, August 1903.)
In 17 Krankengeschichten, die Verf. mitteilt, trat die Nephritis
14mal im Verlauf einer Bronchopneumonie auf, so daß daraus die
Folgerung gezogen wird, daß diese eine sehr häufige Ursache der
Nierenentzündung abgebe. Die anatomischen Veränderungen, die
gefunden wurden, betrafen besonders das Epithel der Rindensubstanz,
seltener die Gefäße und die Glomeruli.
Zwischen dem funktionellen Verhalten der Nieren und dem
klinischen Symptomenkomplex besteht, besonders in Bezug auf die
zirkulatorischen und nervösen Störungen, kein bestimmter konstanter
Zusammenhang. Die Prognose der Nephritis hängt von derjenigen
der Grundkrankheit ab. Als ein wertvolles therapeutisches Mittel
bezeichnet Verf. das Renaden. F.
G. Schmidt. Zwei Fälle subkutaner Nierenquetschung mit
günstigem Ausgang.
(Aus der Breslauer Chirurg. Klinik.)
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 17.)
Der eine Fall betraf ein Kind, einen 8jährigen Knaben, der sich
die Verletzung durch Fall auf der Straße beim Spielen zuzog. Er
wies die charakteristischen Symptome auf: große Schmerzhaftigkeit
bei allen Bewegungen in Verbindung mit Shockerscheinungen nach
dem Unfall, daher Unfähigkeit, allein aufzustehen, örtliche Druck¬
empfindlichkeit in der Nierengegend, anfänglich Urinverhaltung, dann
mehrere Tage anhaltende Ausscheidung von Blut und Blutgerinnseln.
Therapie: nur Ruhe und Milchdiät. Pat. stand 15 Tage nach
dem Trauma auf und wurde 2 Tage darauf geheilt entlassen.
Grätzer.
S. V. Schumacher. Ein Fall von gekreuzter Dystopie der
Niere mit Lageveränderungen an den Geschlechtswerkzeugen.
(Aus der II. anatom. Anstalt in Wien.)
(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 29.)
Bei dem 2 monatlichen weiblichen Kinde fand sich neben inter¬
essanten Lageveränderungen am Geschlechtsapparate eine gekreuzte
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456
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11.
Dystopie der Niere ohne Verwachsung der beiden Nieren, eine
Veränderung, die bisher nur 4mal in der Literatur verzeichnet ist.
Grätzer.
Lawrence W. Strong. Congenital Tumors of the Kidney.
(Archives of Pediatrics, May 1903.)
Bericht über zwei Originalfälle von angeborenen Nierengeschwülsten
nebst Bemerkungen über diese Tumoren im allgemeinen. Verf. ge¬
langt zu folgenden Schlüssen: 1. Histologisch sind diese Tumoren
dem Wolffschen Körper analog. 2. Ein Röhrensystem durchzieht
das gesamte Gewebe dieser Geschwülste. 3. Daneben finden sich
Zellmassen, offenbar durch Metamorphose der Röhren entstanden.
Letztere sind mesothelialen Ursprungs. 4. Bilaterale Tumoren sind
auf eine doppelseitige Anlage, nicht auf Metastase zu beziehen.
5. Metastasen können sowohl durch den Lymphstrom, wie durch den
Blutstrom entstehen. 6. Die histologischen Charaktere wechseln je
nach dem Alter des betreffenden Teiles. Der Beckenteil des Tumors
ist der älteste und zeigt eine vollständige Differenzierung von Mesen-
chym und Mesothel; dagegen sind die metastatischen Teile jünger
und bestehen aus undifferenzierten, durchweg gleichartigen Zellen.
Leo Jacobi (New York).
E. Joseph. Über angeborene bösartige Neubildungen.
(Aus der Heidelberger Chirurg. Klinik.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 35.)
Beschreibung zweier interessanter Fälle.
1 1 / 2 jähriges Kind mit mannsfaustgroßem Tumor der einen Niere,
der sich als Mischgeschwulst charakterisiert. Die epithelialen, drüsigen
Elemente sind durch den ganzen Tumor verstreut, es finden sich
quergestreifte und glatte Muskulatur, Schleim- und Knorpelgewebe,
rein sarkomatöse Granulationen; aus diesen letzteren besteht im
wesentlichen ein Geschwulstthrombus der Vena renalis. Trotz dieses
Thrombus, trotz der sonstigen Bösartigkeit solcher Geschwülste wurde
durch die Operation radikale Heilung erzielt; es sind seitdem 1 1 / 2 Jahre
verflossen, das Kind ist ein kräftiger Knabe, der nirgends eine Spur
von einem Rezidiv zeigt. Czerny glaubt, daß Geschwulstzellen unter
Umständen zugrunde gehen und so eine gewisse Spontanheilung
•maligner Tumoren zustande kommen kann.
5 Monate altes Kind mit einem haselnußgroßen, speckig glänzenden
Bauchdeckentumor. Es handelte sich vermutlich um einen embryo¬
nalen, bösartig degenerierten Tumor. Da er bereits im Alter von
4 Wochen für das Auge der Mutter bemerkbar wurde, wohl un¬
bestritten eine fötale Bösartigkeit. Das Kind überstand die Operation
gut und hat bisher kein Rezidiv bekommen. Grätzer.
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II, Referate.
457
Erich Meyer. Über Entwicklungsstörungen der Niere.
(Virchows Archiv, Bd. 173, Heft 2, 1903.)
Bei der Sektion eines 9 Wochen alten Mädchens, welches mehr¬
fache Mißbildungen, Gaumenspalte, Uterus bicornis, abnorme Peri¬
tonealfaltung, Atresia ani aufwies, fanden sich eigentümlich gefleckt
erscheinende Nieren. Die Renculizeichnung, welche man sonst in
diesem Alter immer findet, fehlte vollkommen. Mikroskopisch zeigten
die Nieren streckenweise vollständig normalen Bau und nirgends Er¬
scheinungen von Degeneration oder Entzündung. An einzelnen Stellen
jedoch war ein Gewebe eingestreut, welches gut entwickelte Mal-
pighische Körperchen mit ihrem Gefäßknäuel und Tubuli recti auf¬
wies, in dem aber das Bindeglied zwischen diesen beiden, die Tubuli
contorti fehlten. Diesen Befund verwertet Verf. als Stütze für die
Ansicht, daß sich das Kanalsystem der Niere aus zwei verschiedenen
Anlagen entwickele, eine Ansicht, welche aber bis jetzt die Zustimmung
der meisten Anatomen nicht erfahren hat.
M. beschreibt weiter Zystennieren-von Kindern (9jähriges Mäd¬
chen, 6jähriger Knabe, 11 Monate und 2 Jahre alten Brüdern) und
führt ihre Genese auf Entwicklungsstörungen zurück. Zugleich spricht
er die. Vermutung aus, daß sich aus den in der Entwicklung ge¬
hemmten Partien bei Fortbestehen des Lebens echte Tumoren ent¬
wickeln können. Schridde (Erlangen).
E. v. Hibler. Vorfall eines zystisch erweiterten Ureters durch
Harnblase und Urethra in die Vulva bei einem 6 Wochen
alten Mädchen.
(Aus dem patholog.-anatom. Institut Innsbruck.)
(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 17.)
Das Kind war wegen plötzlichen Auftretens eines geschwulstartigen
Gebildes in der Vulva in die Kinderklinik gebracht worden. Bis
dahin hatte die Mutter nur bemerkt, daß das Kind häufiger Urin
lassen mußte, als normal erschien. Es wurde die Diagnose auf
zystische Geschwulstbildung, ausgehend von einem vielleicht abnormen
Urogenitalgange gestellt. Nach mehrstündigem Bestehen platzte die
Zyste unter Entleerung der Flüssigkeit. Da der Zystensack sich
nicht in die Urethra und Blase zurückzog, wurde der aus der Urethra
heraushängende, nekrotisch gewordene Teil desselben später mittels
Schere abgetragen. Das Kind befand sich in den nächsten Tagen
wohl, dann aber starb es unter anscheinend urämischen Zuständen.
Die Obduktion ergab, daß es sich bei dem Zystensack um das
unterste vorgestülpte Ende eines in seinem .Harnblasengebiete atro¬
phisch abgeschlossenen Ureters der linken Niere handelte, und daß
diese Niere außerdem noch mit einem zweiten, offen in die Harnblase
mündenden Urether ausgestattet war. Mehr noch wie dieser erschien
der Ureter der rechten Niere hydronephrotisch erweitert. In der
Harnblase Erscheinungen hämorrhagisch-eitriger Cystitis, die sich in
die hydronephrotischen Ureteren hinauf fortsetzten. Grätzer.
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458
(Jentralblatt Mir Kinderheilkunde. No. 11.
W. Roshansky. Zur Behandlung der angeborenen Phimose.
(Medizinakoje Obosrenije 1903, No. 7.)
R. empfiehlt eine unblutige, einfache und schmerzlose Behand¬
lungsmethode der kongenitalen Phimose, welche ebensolche günstige
Dauerresultate erzielen soll, wie das operative Verfahren. Seine
Methode besteht darin, daß der Vorhautsack täglich mit irgend
einem schwachen Desinfiziens, am häufigsten mit einer 2°/ 0 igen Bor¬
säurelösung von Zimmertemperatur, ausgespritzt wird. Treten an
der Vorhaut oder an der Harnröhrenmündung Reizerscheinungen —
Schwellung und Rötung — auf, so ersetzt man die Borsäure durch
Bleiwasser. Gewöhnlich macht diese Spülung die Mutter des Kindes
selbst, und zwar 2—3 mal täglich, mit Hilfe einer einfachen, kugel¬
förmigen, etwa 15 g haltenden Gummispritze. Die Vorhaut wird
hierbei ein wenig über den Ansatz der Spritze geschoben, und die
Spülung ist als gelungen zu betrachten, wenn beim Entleeren der
Spritze die Vorhaut sich kolbenförmig aufbläht. Die Erscheinungen
der Harnverhaltung verschwinden bereits im Laufe der ersten Be¬
handlungswoche, und nach 2—3 Wochen ist die Vorhaut dermaßen
gedehnt, daß sie mühelos fast über die ganze Eichel zurückgezogen
werden kann. Dann werden die epithelialen Verklebungen zwischen
Vorhaut und Eichel vermittels einer stumpfen Sonde gelöst und der
Sulcus retroglandularis von dem angesammelten Smegma gesäubert.
Die im Laufe von 1— 1 1 / 2 Wochen anzuschließende Nachbehand¬
lung besteht bloß darin, daß täglich die Vorhaut zurückgeschoben
und daß die Eichel und der Sulcus retroglandularis abgespült und
mit in Borsäurelösung getränkter Watte abgetupft wird, wodurch
das Wiederauftreten der epithelialen Verklebungen verhindert und
gleichzeitig die mechanische Dehnung der Vorhaut fortgesetzt wird.
A. Dworetzky (Moskau).
L. Bartenstein. Ein Fall von Retentio urinae bei einem
10 Monate alten, weiblichen, imbecillen Säuglinge mit
periproktitischem Abszeß.
(Aus der Univers.-Kinderklinik zu Breslau.)
(Monatsschrift für Kinderheilkunde, November 1902).
Die Retentio urinae konnte hier nicht auf rein mechanischem
Wege erklärt werden. Denn man kann sich nicht vorstellen, daß
ein Abszeß, der im Cavum ischio-rectale, zwischen Rektum und den
Beckenknochen liegt, eine Abknickung oder Einstülpung der Blase
bewirken kann, so daß es zum vollkommenen Verschluß der inneren
Harnröhrenmündung kommt, zumal dazwischen Rektum und Uterus
liegt. Bei der ersten Palpation per rectum wurde ein Abszeß oder
größere Infiltration nicht vorgefunden. Selbst bei starker Füllung
des Rektums mit harten Kotmassen dürfte die mechanische Erklärung
eine gezwungene bleiben; denn mit Entleerung des Rektums hätte
dann die den Druck auf die Blase vermittelnde Ursache wegfallen
und die spontane Urinentleerung auftreten müssen. Aber sogar nach
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II. Referate.
459
Eröffnung des Abszesses trat 16 Stunden lang noch keine willkürliche
Miktion ein. Die Ursachen müssen vielmehr in den topographisch¬
anatomischen Verhältnissen Hegen, indem es nahe liegt anzunehmen,
daß entzündliche Prozesse (wie hier die Periproktitis) im Cavum ischio-
rectale eine Reizung der sensiblen Fasern des den Sphincter vesicae
versorgenden Ramus hämorrhoidal. infer. setzen und so reflektorisch
einen Spasmus des Muskels bewirken, der noch eine Zeitlang nach
Entleerung des Abszesses bestehen bleibt, weil die Reizung nicht
durch den mechanischen Druck, sondern durch entzündliche Prozesse
in der Umgebung der Nerven bedingt ist. Als förderndes Moment
mag noch die Obstipation mit Ansammlung von festen Kotmassen
im Rektum in Betracht zu ziehen sein, indem bei beträchtlicher
Füllung der Blase durch den Druck des gefüllten Rektums eine Ein¬
stülpung oder Abknickung am Blasenhalse dazutreten und noch ein
mechanisches Hindernis für das AbfHeßen des Urins setzen kann.
Doch gehört dazu wahrscheinlich schon eine so erhebliche Füllung
der Blase, wie sie normalerweise gar nicht vorkommt, sondern nur
unter einem von Nerven aus bedingten Spasmus des Sphinkters oder
einer anderen mechanischen Ursache.
Ätiologisch verantwortlich für den periproktitischen Abszeß selbst
macht B. eine Verletzung der Rektalschleimhaut, hervorgerufen durch
den häufigen Gebrauch einer Klystierspritze mit hartem Ansatzrohr.
Eine Verletzung war hier, bei dem imbezillen Kinde mit herabge¬
setzter Schmerzempfindung, besonders leicht möglich. Grätzer.
JOS. Preindlsberger. Urologische Mitteilungen.
(Aus dem bosnisch-herzegovin. Landesspital in Sarajevo.)
(Wiener klin. Rundschau 1903 No. 3.)
I. Ruptura urethrae; infiltratio urinosa. Sectio alta.
Katheterismus posterior. Betraf einen 12jährigen Knaben, der
in einen offenen Kanal auf ein querstehendes Wasserleitungsrohr
rittlings mit der Dammgegend gefallen war.
II. Cystitis tuberculosa vesicae. Sectio alta. Bei dem
14jährigen Mädchen wurde durch die Operation wenigstens wesentliche
Besserung erzielt.
III. Ein Fall von Schrumpfblase. Sectio alta. Hoch¬
gradige Schrumpfblase bei einem 16jährigen Knaben, wahrscheinlich
auch durch Lithiasis bedingter Pericystitis beruhend. Der als ultimo
ratio ausgeführte operative Eingriff, die Sectio alta mit Anlegung
einer Blasenfistel, hatte wesentliche Erleichterung des qualvollen Zu¬
standes zur Folge. Grätzer.
J. Leopold and V. Levi. A case of selz-induced Cystitis due
to the Colon Bacillus.
(Archives of Pediatrics, Mai 1903.)
In einem Fall von akuter Cystitis bei einem 14jährigen Knaben
fand man im Urin nahezu Reinkulturen des Bacillus coli, neben
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460 Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11.
saprophytischen Kokken und dem Bacillus subtilis. Nach Genesung
verschwanden diese Mikroorganismen aus dem Harn.
Später gab der Knabe zu, daß er onaniert, und erzählte, wie er
sich 2 Tage vor seiner Erkrankung mit einer langen Klystierspritze
etwas Badewasser direkt in die Blase eingespritzt hatte!
Zwei weitere Fälle von Colicystitis bei Erwachsenen finden
Erwähnung. Die Infektion kann von außen durch die Urethra statt¬
finden, was öfters bei Frauen Vorkommen mag; es kann aber der
betreffende Erreger durch die Niere in die Blase geraten, oder auch
per continuitatem aus dem Darm einwandern.
Leo Jakobi (New York).
Olimpio Cozzolino u. Pasquale Pezzulo. Über den Hirndruck
beim Säugling während des Erbrechens.
(La Pediatria, No. 4, 1903.)
Bei zwei an Gastroenteritis leidenden Säuglingen haben Verff.
mittels eines von ihnen konstruierten Apparates, der eine Modifikation
des MarrayschenSphygmographen darstellt und auf die Stirnfontanelle
aufgesetzt wird, der Hirndruck während des Erbrechens geprüft. Die
Resultate sind in Gestalt graphischer Kurven der Arbeit beigefügt.
Es geht aus ihnen als Hauptsache, hervor, daß während des ganzen
Brechaktes eine erhebliche Vermehrung des Hirndruckes vorhanden ist.
F.
David L. Edsall. Recurrent Vomiting in Children.
(American Journal of the Medical Sciences, April 1903.)
Verf. polemisiert mit Marfan, welcher das zyklische Erbrechen
bei Kindern auf eine bestehende Acetonämie beziehen möchte. Da¬
gegen betont E., daß Aceton allein die toxischen Erscheinungen
keineswegs verursachen kann, vielmehr beruht der eigentümliche Zu¬
stand auf einer Säureintoxikation. Daraus ergibt sich eine rationelle
Therapie, nämlich Alkalien in großen Dosen. Man gebe Natrium
bicarbonicum oder citricum, wenigstens 6,0 in abgeteilten Dosen,
beim ersten Zeichen des drohenden Anfalls. Es soll genug Alkali
verabreicht werden, um den Harn alkalisch zu machen; das Mittel
wird dann fortgesetzt bis zum Verschwinden aller Symptome. Sehr
große Dosen (4,0 3 mal täglich) haben sich ebenfalls bewährt, jedoch
sind geringere Mengen bei häufiger Darreichung wohl sicherer.
Allerdings gibt Verf. zu, daß neben der Säurevergiftung auch
anderweitige Momente gelegentlich das zyklische Erbrechen bedingen
können, immerhin empfiehlt sich stets ein Versuch mit den Alkalien.
Leo Jakobi (New York).
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II. Referate.
461
Valagussa. Beitrag zum Studium des zyklischen Erbrechens
bei den Kindern.
(Policlinico No. 12 1902.)
Zyklisches Erbrechen kommt bei Kindern vor, die durch Here¬
dität zur harnsauren Diathese veranlagt sind. Es handelt sich um
ein Symptom einer Stoffwechselerkrankung, das an und für sich
mit einer Erkrankung des Verdauungstraktus nichts zu tun hat, und
das auf einer Intoxikation des Nervensystems beruht. Das Erbrechen
läßt sich beseitigen durch vegetarianische Diät, besonders durch
reichliche Zufuhr von frischen Gemüsen; ferner ist der Stuhlgang zu
regeln, alkalische Wässer, Piperazin usw. zu verordnen. Während
des Anfalls Ruhe, kalte Einpackungen, Klystiere mit Natr. bicarbon.
F.
J. iarcho. Über harnsaure Diathese bei Kindern.
(Djetskaja Medizina 1902 No. 2.)
Verf. teilt zehn ausführliche Krankengeschichten mit, welche die
ätiologischen Momente für das Auftreten der viskeralen und Gelenk¬
gicht bei Kindern, die verschiedenen Erscheinungsformen der harn¬
sauren Diathese im Kindesalter, ihren Verlauf und die Mittel zu
ihrer Bekämpfung darlegen. J. ist der Ansicht, daß bei Kindern die
Bedingungen für die Entwicklung dieser Diathese bei weitem zahl¬
reicher sind, als bei Erwachsenen. Die Stoffwechselvorgänge spielen
sich im kindlichen Organismus viel schneller ab, während auf 1kg
Körpergewicht beim Erwachsenen 0,5 Harnstoff kommt, wird bei
Kindern 0,8 g gefunden. Folglich ist für die Umsetzung der Eiwei߬
körper in Harnstoff mehr Sauerstoff erforderlich. Nichtsdestoweniger
kann man es häufig genug in den wohlhabenderen Familien beob¬
achten, wie die Kinder mit eiweißreicher Nahrung unter Vernach¬
lässigung der Amylaceen geradezu überfüttert werden, während ihnen
der ausreichende Genuß von frischer Luft versagt bleibt. Ungeachtet
dessen, daß bei überwiegender Eiweißkost mehr Sauerstoff vom
Organismus verbraucht wird, der Aufenthalt im Freien ein aus¬
gedehnterer sein müßte, werden nicht selten die kleineren Kinder
aus Furcht vor Erkältung oder vor Ansteckung mit Infektionskrank¬
heiten nur sehr wenig spazieren geführt; die im schulpflichtigen Alter
befindlichen Kinder verbringen etwa 6 Stunden in den dumpfen
Klassenzimmern, die übrige Zeit beim Bereiten der Schulaufgaben
und nachts in dem ungenügend ventilierten Schlafzimmer. Dazu
kommt noch, daß die Kinder sehr häufig an adenoiden Vegetationen
und an chronischer Rhinitis leiden, welche ebenfalls den Sauerstoff¬
zutritt zu den Lungen erschweren. Unter solchen Bedingungen kann
der Überschuß der aus den aufgenommenen Eiweißkörpern sich
bildenden Harnsäure sich nicht bis zum Endstadium, d. h. zu Harn¬
stoff oxydieren. Als ein weiteres ursächliches Moment für das Auf¬
treten der Gicht im Kindesalter kommt die Erblichkeit in Betracht.
Was die Behandlung des in Rede stehenden Leidens betrifft, so
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462
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11.
empfiehlt Autor vor allem folgendes Regime. Bis zu einem Alter
von 3 Jahren dürfen Fleischspeisen überhaupt dicht gereicht werden;
im spätem Alter ist gemischte Nahrung zu verabfolgen: etwas Fleisch
(einmal täglich), Eier, Milch, Amylaceen, Früchte und Gemüse. Aufent¬
halt im Freien, genügender Zutritt von frischer Luft und Bewegungs¬
spiele sind unbedingt erforderlich. Als fernere therapeutische Ma߬
nahmen sind anzuraten: Entfernung der adenoiden Vegetationen,
Hydrotherapie (Abreibungen und Bäder), Mineralwasserkuren und von
Arzneimitteln Lithium carbonicum, Piperazin und Sidonal.
A. Dworetzky (Moskau).
R. Thierfeld. Über Lithiasis bei Kindern.
(Aus Prof. C. Bayers Abteilung am Kaiser Franz Joseph-Kinderspital
in Prag.)
(Prager med. Wochenschrift 1903 No. 35.)
Von 1888—1902 gelangten 30 Fälle von Urolithiasis zur Auf¬
nahme. Davon wurden 18 durch Sectio alta operiert, in 6 Fällen
gelang es, den Stein mit einer Pinzette oder anderen Instrumenten
zu extrahieren, 2 mal war Sectio alta und Sectio mediana notwendig,
2 mal wurde die Lithotripsie angewendet, 2 Fälle wurden durch interne
Medikation, verbunden mit Kathetrisement, geheilt bezw. ging der
Stein spontan ab. Einmal hatte sich der Stein bei einem Mädchen
um eine Haarnadel gebildet, die übrigen Fälle betrafen Knaben.
Ausgeführt wurde der hohe Blasenschnitt folgendermaßen:
Es wurde die Haut mit einem Schnitte, der oberhalb der Sym¬
physe begann und ca. 6 cm lang war, in der Mittellinie durchtrennt
Hierauf praeparando Fascie und Muse. rect. gespalten, das prävesikale
Fettgewebe im Cav. Retzii soweit als nötig hinaufgeschoben. Sodann
wurde die durch zwei Nähte fixierte Blase zwischen denselben durch¬
trennt. Nach Entfernung des Steines wurde die Blase in der Regel
nach Art der Lambertschen Darmnaht geschlossen und außerdem
noch wenige Versicherungsnähte angebracht. Die Dichtigkeit der
Naht wurde durch Borwasserinjektion geprüft. Hierauf folgte nach
Einlegung oines Jodoformdochtes und Herausleitung zum unteren
Wundwinkel (mit oder ohne Drain, je nach der Tiefe der prävesikalen
Wundhöhle) regelmäßig auch die Naht der M. recti und der Haut.
Dieses Operationsverfahren erwies sich als vollständig zulänglich,
denn von allen Fällen, die zur Sectio alta kamen, ging keiner ver¬
loren. Wohl kann es einigemal zur Lockerung der Blasennaht,
Ausfließen des Urins aus der Wunde und Fistelbildung, doch hatten
diese Umstände, von der längeren Heilungsdauer abgesehen, sonst
keine üblen Folgen. In diesen Fällen wurde dann erst ein Verweil¬
katheter eingelegt, wenn durch die Fistel der meiste Urin abging.
Als Verband bewährten sich dann stets fleißig gewechselte Kompressen
mit essigsaurer Tonerde.
Neben den oben genannten nicht ganz tadellos verlaufenden
Fällen (3mal Fistelbildung, 6mal Ausfließen des Harnes zur Bauch-
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II. Referate.
463
wunde) wurden erzielt acht glatte Heilungen, in welchen Fällen die
Kinder wenige Tage post operationem das Spital verließen.
G r ätz er.
Karl Walko. Über die Behandlung der Enuresis.
(Aus der med. Klinik des Prof. ß. v. Jaksch in Prag.)
(Zeitschrift für diätetische und physikalische Therapie, Bd. 6, Heft 6, 1902.)
Verf. sieht in dem Umstande, daß selbst eine von frühester
Jugend und bis weit über die Pubertätszeit hinausreichende Enuresis
geheilt, und zwar durch Maßnahmen geheilt werden kann, deren Effekt
wohl ausschließlich auf eine suggestive Beeinflussung zurückzuführen
ist, einen Beweis dafür, daß es sich bei dieser Krankheit nur um
eine Hemmungserscheinung psychischer Natur eines an sich normal
entwickelten Organs und nicht um Entwicklungsstörung oder Muskel¬
schwäche handelt.
Die Auffassung von Thiemich, daß die Enuresis als eine Er¬
scheinungsform der Hysterie anzusehen sei, ist nach W. sicher nur
für einen Teil der Fälle — für die Individuen neuropathischer Ab¬
stammung berechtigt.
Von diesen Gesichtspunkten und auch von praktischen thera¬
peutischen Erfahrungen ausgehend, verwirft Verf. jede medikamentöse
Therapie, sieht aber die anderen Behandlungsmethoden (Faradisation,
Massage, Hydrotherapie) als gleichwertig an, die alle geeignet sind,
die Enuresis, dieses durch verschiedene akzidentelle Ursachen ein¬
getretene Hemmungsphänomen eines an sich früher normal funktio¬
nierenden Organs durch Beseitigung einer Ausfallserscheinung auf
dem Wege der Suggestion zu beheben. Auch die Erfolge der Ent¬
fernung von adenoiden Vegetationen aus der Nase werden von W.
nur als Suggestionswirkungen betrachtet. Bezüglich der Wirksamkeit
des faradischen Stromes hat sich schon vor Jahrzehnten Henoch
in ähnlichem Sinne geäußert. Bei der Massage spricht der Umstand
für eine Wirkung auf suggestivem Wege, daß der Erfolg sich nicht
nur verhältnismäßig rasch einstellt, sondern daß auch im Verlaufe
vemachlässigterer Fälle zuerst der Harndurchbruch bei Tage sistiert
und erst später während der Nacht.
Durch die Suggestion muß die Beseitigung einer Ausfallerschei¬
nung um so leichter gelingen, als nach Bernheim die Hypnose
sowohl eine Steigerung der ideomotorischen als der ideosensitiven
und ideosensoriellen Reflexerregbarkeit im Gefolge hat.
Eschle (Sinsheim).
G. Kapsammer. Über Enuresis und ihre Behandlung mittelst
epiduraler Injektionen.
(Aus der Abteilung für Krankheiten der Harnorgane der Wiener
Allgem. Poliklinik.)
(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 29 u. 30.)
Cathelin gab 1901 eine neue Methode zur Heilung der Enuresis
an: die epiduralen Injektionen. Die Cornua coccygea des Kreuzbeins
Contralbl. f. Kinderhlk.lo, VIII. Digitjzed by GoC^k
464
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11.
bezeichnen die Linie, in deren Mitte die membrana obturatoria durch¬
stochen wird; dringt man hier mit der Nadel in den Kreuzbeinkanal
vor, so findet die Injektion auf die Wurzeln der cauda equina statt,
ohne daß der Duralsack eröffnet wird.
K. hat diese Methode bei 37 Fällen rein neuropatiacher Enuresis
nachgeprüft, bei 25 davon zu Ende geführt Sämtliche 25 Fälle sind
geheilt. Es wurden je nach dem Alter der Kinder 3—6 ccm Va°/o“
iger Kokainlösung (manchmal nur l l 4 0 Ligev) injiziert, später nur
physiol. Kochsalzlösung (3—8 ccm). 8 Pat. waren schon nach der
ersten Injektion geheilt, vier nach der zweiten Injektion, die übrigen
nach mehreren. Etwa die Hälfte war mit Kokain-, die andere mit
physiol. Kochsalzlösung behandelt worden; ein Unterschied zeigte
sich nicht. Es handelt sich jedenfalls um eine Chocwirkung auf die
cauda equina. Durch das Trauma auf die Bahnen der Sakralnerven,
welche den Nervus erigens enthalten, wird reflektorisch der zentrale
Tonus des Sphincter internus wieder hergestellt oder verstärkt.
Sämtliche Injektionen (über 300) wurden ambulatorisch gemacht;
außer in zwei Fällen ganz vorübergehendes Erbrechen nach den In¬
jektionen zeigten sich keinerlei Nebenwirkungen. Es handelt sich
also um eine ganz ungefährliche Methode, die in Fällen, denen wir
bisher ziemlich machtlos gegenüber standen, Heilung brachte. Sie
verdient also recht wohl Interesse. Grfitzer.
Johfl Zahorsky. A Contribution to the therapy of Enuresis.
(Interstate medical Journal, X, No. 7, 1903.)
Verf. betont den zerebralen, ursächlichen Faktor bei der Enuresis
nocturna. Es handelt sich nämlich sehr häufig um eine ungenügende
zentrale Hemmung. Von diesem Gesichtspunkt ausgehend, verfolgt
eine rationelle Therapie die Anregung der mangelhaften Hemmungs¬
funktion, neben den hergebrachten mehr lokalen Maßnahmen.
Verf. skizziert seine eigene Methode wie folgt:
1. Zweimal täglich, um 9 Uhr morgens und um 2 Uhr nach¬
mittags, wird ein Diureticum verabreicht Als solches verschreibt er
die alkalischen Citrate mit Spiritus aetheris nitrosi, oder auch Koffein,
Diuretin, sowie Natrium benzoicum.
2. Vor dem Schlafengehen wird eine Dosis Atropin verordnet.
Statt Atropin kann auch Rhus aromaticum oder Antipyrin angewandt
werden.
3. Kalte Rückendouchen nach Pendergast. Dabei steht das
entblößte Kind in der leeren Badewanne, während man ihm kaltes
Wasser über die Schultern auf den Rücken gießt. Dies wird am
Besten vor dem Schlafengehen vorgenommen, das Kind hernach ab¬
gerieben und ins Bett gebracht.
Mit diesen Maßnahmen hat Verf. gute Erfolge gehabt.
Leo Jakobi (New York).
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II. Referate.
465
A. KantorowiCZ. Zur Kasuistik der Heilung der Enuresis
nocturna durch Entfernung adenoider Vegetationen.
(Prakitschewßky Wratsch 1902 No. 40.)
Wegen der Hartnäckigkeit des Leidens, wie auch wegen des
durch die Behandlung erzielten glänzenden Resultates verdient der
vom Verf. mitgeteilte Fall einige Beachtung. Der 12jährige Knabe
litt seit 6 Jahren an Bettnässen, welches sich im Laufe dieser ganzen
Zeit Nacht für Nacht zu mehreren Malen wiederholte. Weder päda¬
gogische Maßnahmen noch irgendwelche ärztliche Anordnungen konnten
Abhilfe schaffen. Der Knabe ist für seine Jahre gut entwickelt,
hereditär nicht belastet; von seiten der inneren Organe sind keine
pathologischen Veränderungen zu konstatieren. Der Sexualapparat
ist völlig normal. Keine Helminthiasis. Bei der Untersuchung des
Nasenrachenraumes wurden sehr bedeutende adenoide Vegetationen
gefunden. Da das Kind jedoch durch die Nase auch bei geschlosse¬
nem Munde recht frei atmete, so beschränkte sich der Autor vorläufig
auf die Verordnung von Extr. fl. Pischi, welches indessen erfolglos
blieb, da der Kranke nach wie vor jede Nacht 2—3 Male das Bett
näßte. Da entschloß sich K. zur Entfernung der adenoiden Vege¬
tationen, was er auch in vier Sitzungen ausführte; die Wucherungen
waren in beträchtlicher Menge vorhanden, von derber, fast knorpel¬
harter Konsistenz. Gleich nach der ersten Sitzung erklärte die
Mutter, daß der Knabe im Laufe von drei Tagen bloß ein einziges
Mal das Bett genäßt habe, was früher nie vorgekommen sei; nach
der zweiten Sitzung verschwand die Enuresis vollständig. Gegen¬
wärtig sind bereits drei Monate nach der Entfernung der Vegetationen
verschwunden, der Knabe befindet sich die ganze Zeit in ärztlicher
Kontrolle, und das nächtliche Bettnässen ist niemals wieder aufgetreten.
A. Dworetzky (Moskau).
W. F. Chapell. A case of Adenoids with Malaria.
(Medical Record, den 21. März 1903.)
Ein 5 monatliches Mädchen wurde wegen adenoiden Vegetationen
operiert und zehn kleine Gewebsmassen ohne Narkose entfernt. Zwei
Wochen hinterher trat Fieber auf, dessen Ursache unaufgeklärt blieb
und welches zu Verdacht auf post-operative Infektion führte, bis eine
genauere Anamnese Malaria wahrscheinlich machte. Tatsächlich
fanden sich Plasmodien des Tertiantyphus im Blut, und nun wurde
zu Chinindarreichungen geschritten. Erst bekam das Kind etwa 0,3 Chi-
ninum bisulphuricum täglich; alsbald ging man zu größeren Dosen
über, bis 1,2 täglich; die Gesamtmenge innerhalb 21 Tagen betrug
endlich 15 g. Das Kind genas vollständig. Die enormen Chinin¬
dosen wurden gut vertragen. Leo Jakobi (New York).
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466
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11.
Jörgen Möller. Bemerkungen über die seitlichen adenoiden
Vegetationen im Nasenrachen nebst Beschreibung eines
neuen Instrumentes für deren Entfernung.
(Aus der oto-laryngol. Klinik des Kommune-Hospitals zu Kopenhagen.)
(Archiv für Ohrenheilkunde, Bd. 57, No. 3 u. 4.)
Es ist eine alte Streitfrage, ob die adenoiden Vegetationen auf
die eigentliche Rachentonsille begrenzt sind oder ob sie auch an
anderen Stellen, namentlich in den Rosenmüllerschen Gruben und
an den Tubenwülsten auftreten können. Hauptvertreter der ersteren
Anschaung war der verstorbene Trautmann; die Mehrheit der
Autoren hat sich ihm aber nicht angeschlossen. In der Mygindsschen
Klinik wurden während des letzten Jahres neun Fälle von seitlichen
Vegetationen (unter 200) beobachtet, von denen acht Fälle zur Operation
kamen. Doch sind sicherlich hierbei noch manche Fälle übersehen
worden; denn in der Privatklientel von Myginds waren unter 120
adenoiden Vegetationen elf Fälle seitliche Wucherungen. Dieselben
machen meist erhebliche Beschwerden, Nasenverstopfung und Schwer¬
hörigkeit, zeigen auch wenig Tendenz zur Schrumpfung. Sie entgehen
leicht einer flüchtigen Untersuchung; erst durch genaues Abtasten
mit dem Finger gelingt es oft, die Diagnose zu stellen.
Die Behandlung besteht in der Abtragung der seitlichen Vege¬
tationen. Zu diesem Zwecke hat M. besondere Adenotome konstruiert,
eins für die rechte und eins für die linke Seite. Dieselben ähneln
dem bekannten Beckmannschen Messer, sind aber schmäler und im
stumpfen Winkel seitwärts abgebogen.
Referent macht darauf aufmerksam, daß sich die seitlichen
Wucherungen verhältnismäßig leicht durch den Rhinoscopia anterior
auffinden lassen, nachdem man die unteren Nasenmuscheln durch
Kokain oder Adrenalin zum Abschwellen gebracht hat, und daß sie
alsdann mit der vorn eingeführten Schlinge unter Leitung des Auges
gut ZU entfernen sind. Krebs (Hildesheim).
J. F. DickSOn. Adenoids and their Treatment.
(Pediatrics, June 1903.)
Unter den zahlreichen üblen Folgen der adenoiden Wucherungen
hebt Verf. besonders die Gehörstörungen hervor. Man darf bestimmt
behaupten, daß etwa 70°/ 0 aller Ohrenleiden im Kindesalter davon
herrühren. Viele Taubstummen sind es infolge von adenoiden Vege¬
tationen geworden.
Die Erscheinungen, welche auf solche Wucherungen hindeuten,
sind: verstopfte Nase, erschwertes, schnarchendes Atmen, Offenhalten
des Mundes, Kopfschmerzen, Nasenstimme, und ein eigentümlicher
Gesichtsausdruck.
Ätiologisch spielen häufige Erkältungen, Keuchhusten, Skrofulöse,
Masern u. a. m. eine Rolle. Auch die Heredität scheint nicht ohne
Einfluß zu sein.
Die Behandlung soll meist eine operative sein, doch kommt man
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II. Referate.
467
in leichten Fällen mit Spülungen, lokaler Anwendung von Tannin¬
glyzerin und innerem Gebrauch von Syrupus Ferri Jodati zum Ziel.
Unter den zahlreichen empfohlenen Instrumenten findet die Löwen-
bergsche Zange beim Verf. noch die größte Nachsicht. Nahezu alle
Operateure gebrauchen den Finger, einige armieren ihn sogar mit
einem Stahlnagel, was sehr zu bedauern sei. Gottsteins Kürette
hat sich in den Händen des Verf. nicht bewährt.
Die Narkose ist unentbehrlich und Äther dem Chloroform vor¬
zuziehen.
In der Regel bleiben Rezidive aus und das Endresultat gestaltet
sich höchst befriedigend. Leo Jakobi (New York).
L. Ratz (Berlin). Ein modifiziertes Ringmesser („knieförmiges
Adenotom“) mit einigen Bemerkungen.
(Therap. Monatshefte 1903 No. 7.)
Bei kleineren Kindern (1—ßjährig) ist das Gottstein-Beckmann-
sche Ringmesser mit Recht beliebt. Bei älteren Kindern (und Er¬
wachsenen) aber gelingt es oft nicht, das Instrument bis an die Basis
der Rachentonsille ohne erhebliche Verletzungen heraufzubringen.
Das liegt an der gestreckten Form des Stieles und des Griffes des
Instrumentes. K. hat — durch eine entsprechende Krümmung und
Verlängerung des Instrumentes und eine etwas modifizierte Stellung
des schneidenden Teiles des Ringes — in solchen Fällen leicht das
Instrument (H. Windler, Berlin) an Ort und Stelle bringen und den
Tumor an der Basis durchschneiden können.
K. operiert mit ganz scharfen Instrumenten. Zurückgebliebene
Reste entfernt er mit einer langen Cooperschen Schere, wie sie die
Gynäkologen gebrauchen. Die Narkose wendet er nur sehr selten an,
nur bei sehr widerspenstigen Kindern, wenn genügende Assistenz fehlt.
f Grätzer.
Adolph H. Urban. Hemmorrhage following Tonsillotomy.
(American Medicine, den 4. Juli 1903.)
Gefährliche Blutungen nach Entfernung der Mandeln kommen
meist bei Erwachsenen vor. Im Kindesalter sieht man selten bedenk¬
liche Blutungen nach lege artis vollzogener Operation. Immerhin sei
man auf alles gefaßt, wie der von U. berichtete Fall lehrt. Die
Nachblutung trat hier bei dem 7 Jahre alten Knaben erst am nächsten
Tage nach der Operation auf, war aber so profus, daß der Pat. eben
am Verblutungstode vorbeikam, indem die blutende Tonsille mittels
des Paquelin berührt wurde; die Blutung hörte sofort auf.
Leo Jakobi (New York).
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468
Ccntralblatt für Kinderheilkunde. No. 11.
A. Fischer. Stillung größerer nach Tonsillotomie auftretender
Blutungen.
(Budapesti orvoai ujadg 1903 No. 11.)
Die Anwendung des Glüheisens, lokale Kompression, Styptiea,
Unterbindung der Carotis externa oder communis sind oft erfolglos
oder bilden überaus komplizierte Eingriffe. F. versuchte die Um¬
stechung der blutenden Fläche mit beiden Gaumenbögen und ist mit
dem Erfolge zufrieden. Der Versuch wurde bei einem 8jährigen
Knaben gemacht. En& Deutsch (Budapest).
E. Bloch. Der hohe Gaumen.
(Aus der Universitäts-Ohrenklinik in Freiburg L Br.)
(Zeitschrift für Ohrenheilkunde, XL, IV. 1.)
Prof. B., der die Frage nach den Beziehungen der ungewöhnlich
hohen Form des harten Gaumens bei habitueller Mundatmung schon
lange bearbeitet, faßt die Ergebnisse seiner neuesten Studien in
folgende Schlußsätze zusammen:
1. Der hohe Gaumen der Autoren ist ein durch Schätzung nach
dem Augenmaß entstandener Begriff.
2. Mit dem Sieben mann sehen Instrumente gemessen, hat er
bei Erwachsenen einen Höhenbreitenindex von > 58,0, bei Kindern
von > 50,0.
8. Bei habitueller Mundatmung von Jugend auf zeigt der Gaumen
Erwachsener einen durchschnittlichen Index von 64,2, während der
durchschnittliche Gaumenindex erwachsener Nasenatmer nur 53,0 be¬
trägt. Der Gaumen besitzt also bei der habituellen Mundatmung
eine beträchtlich größere Höhe, als bei normal Atmenden.
4. Kinder mit Mundatmung haben ebenfalls einen höheren Gaumen
als solche mit normaler Atmung, doch ist der Unterschied noch nicht
so ausgesprochen wie bei Erwachsenen.
5. Im Zahnwechsel Stehende zeigen diesen Unterschied deutlicher
als Kinder (mit den Milchzähnen), aber noch nicht so stark ausgeprägt
als Erwachsene.
6. Ein Zusammenhang zwischen Gesichtsschädelform und der
Gaumenhöhe ist aus der Vergleichung eines größeren statistischen
Materials zu ermitteln. Schmalgesichter haben durchschnittlich einen
höheren Gaumenindex als Breitgesichter.
7. Der hohe Gaumen bei Mundatmung ist aber nicht durch sein
Zusammentreffen mit Leptoprosopie zu erklären.
8. Die chamäprosopen Mundatmer haben einen höheren Gaumen
als die leptoprosopen Nasenatmer.
9. Mit zunehmendem Wachstum von der Kindheit bis zur völligen
Reife wird der Mensch mehr leptoprosop.
10. Die Beobachtungen bei doppelseitigem, angeborenem Choanal-
verschluß und bei einseitigem mit Mundatmung sprechen ebenfalls
zugunsten des Einflusses der letzteren auf die Entwicklung des
hohen Gaumens.
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II. Referate.
469*
11. Es ist möglich, daß in adenoiden Familien bei einzelnen
Gliedern die Leptoprosopie allein forterbt ohne stärkere Wucherung
des lymphatischen ßachenringes. Krebs (Hildesheim>
Liebmann. Stotternde Kinder.
(Sammlung von Abhandlungen aus dem Gebiete der pfidagog. Psychologie und
Physiologie, Bd. VT, Heft 2.)
Nach der Ansicht L.s bildet den primären Kern des Stotterns
die Übertreibung des konsonantischen Elementes der Sprache, zu
dem nicht nur die eigentlichen Konsonanten gehören, sondern auch
der Verschlußlaut der Stimmbänder (der Spiritus lenis der Griechen),
der die in der Schrift mit einem Vokal anlaufenden Worte beginnt.
Diese Übertreibung der Konsonanten i. w. S. kann in einer zu langen
Dauer (z. B. b—ade sog. tonisches Stottern) oder in einer mehrmaligen
Wiederholung (z. B. bbbade sog. klonisches Stottern) bestehen. Die
Übertreibung der Konsonanten wird auf Grund einer ererbten oder
erworbenen nervösen Disposition durch verschiedene Schädlichkeiten
(besonders durch Infektionskrankheiten, Kopfverletzungen r schwerer
Fall, ^Schreck, psychische Ansteckung) hervorgerufen. Im Anfänge
des Übels finden pur unwillkürliche inkoordinierte Sprachstörungen
statt, die durch Übertreibung der Konsonanten eine leichte Unter¬
brechung der Kontinuität der Bede herbeiführen.
Diese leichten Häsitationen fallen der Umgebung auf. Man
macht die Kinder darauf aufmerksam, man tadelt und verspottet sie,
man schilt, droht und schlägt, man eröffnet ihnen die traurigsten
Perspektiven ihrer Zukunft. Meist werden Übungen veranstaltet,
gestotterte Worte müssen wiederholt werden. Man findet schwierige
Laute heraus, weist den Stotterer auf diese hin und übt sie immer
wieder. Durch dieses Verhalten der Umgebung bekommt der Stotterer
vor dem Sprechen die größte Furcht. Er verfolgt die Aussprache
jedes Wortes, besonders der schwierigen Laute mit peinlicher Angst.
Die anfänglich schwachen, unwillkürlichen, inkoordinierten Sprach-
bewegumgen werden durch die Angst bedeutend verstärkt. Auch die
Atmung wird durch die Angst frequent und unregelmäßig.
Bis hierher sind alle die falschen Atmungs- und Sprech¬
bewegungen des Stotterers durchaus unwillkürlich. Nunmehr treten
auch willkürliche hinzu. „Man weist nämlich den Stotterer an, tief
Atem zu holen, den Atem herauszustoßen oder zurückzuhalten.“
Die Umgebung behauptet, der Stotterer müsse sich „mehr Mühe geben“
namentlich bei den „schwierigen“ Lauten; dann werde es schon gehen.
Durch diese unsachgemäßen Verordnungen werden zu den anfänglich
nur unwillkürlichen, inkoordinierten Atmungs- und Sprachbewegungen
auch noch willkürliche hinzugefügt. Durch das Hinzutreten der will¬
kürlichen falschen Atmungs- und Sprechbewegungen wird die Sprache
des armen Pat. immer schlechter. Seine Angst vor dem Sprechen,
seine Furcht vor bestimmten Lauten wird immer größer. Es ist nun
für das Stottern außerordentlich charakteristisch, daß das Übel in
seiner Intensität außerordentlich wechselt. Ein Stotterer spricht bei
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470
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11.
gewissen Gelegenheiten völlig fließend, bei anderen leicht stotternd,
dann wieder kann er überhaupt kein Wort herausbringen. Um diese
eigentümliche Erscheinung zu verstehen, muß man sich vergegen¬
wärtigen, daß der Stotterer nervös ist, d. h. sein Nervensystem in
abnormer Weise auf Reize reagiert, die für gesunde Menschen von
geringem Belang sind. Selbst leichtes körperliches Unwohlsein kann
auf die Sprache des Stotterers stark verschlimmernd wirken.
Vor allem aber sind es psychische Momente — Gemüts¬
depression, Aufregung, Angst vor fremden Personen, Lehrern —
welche die Sprache des Stotterers beeinflussen. Beachtenswert ist,
daß selbst hochgradige Stotterer, wenn sie allein sind, fließend
sprechen können.
Die Prophylaxe hat alle diejenigen Momente, welche die Sprech¬
angst befördern, auszuschalten. Die Therapie muß die Sprechangst be¬
seitigen und das Selbstbewußtsein haben. L. verwirft alle Atmungs-,
Stimm- und Artikulationsübungen. Er läßt nur den Pat., um die
Übertreibung des konsonantischen Elementes zu mäßigen, zunächst
mit gedehnten Vokalen sprechen. Nachdem die Pat. in dieser Weise
ohne zu stottern sprechen, geht er allmählich zur natürlichen Sprache
über. Durch reichliches Lob, welches dem Pat. für sein gutes
Sprechen gespendet wird, bekommt der Pat. wieder Vertrauen zu
seiner Sprache. Gleichzeitig muß die Umgebung darauf aufmerksam
gemacht werden, daß sie alles, was die Sprechangst des Pat. eventuell
wieder hervorrufen könnte, von demselben fern hält.
Durch 15 sehr instruktive Krankengeschichten werden die ge¬
schilderten Verhältnisse illustriert. p. Maas (Aachen).
Sändor Szana. Die Hygiene der schulpflichtigen Kinder in
Internaten.
(Orvosok lapja, 1903, 24 6s 25 nr.)
Die Erziehung in Internaten ist keine äquivalente für die Er¬
ziehung im Schoße der Familie. Das System der Zieheltern (bei
gehöriger Kontrolle) ist den Internaten vorzuziehen. Im Internat
kann weder die physische, noch die psychische Erziehung individuali¬
sierend sein. Taubstumme und Blinde bilden eine Ausnahme, für
diese ist die ärztlich überwachte Unterbringung in Internaten
empfehlenswert. E. Deutsch (Budapest).
Eugenill Felix. Die Wichtigkeit der Untersuchung des
Gehörapparates bei Kindern der Normalschulen.
(Presa medicala romana, 15. Februar 1903.)
Es ist von besonderer Wichtigkeit, die Hörfahigkeit der Kinder
bei Beginn des Elementarunterrichtes zu untersuchen, um festzustellen,
ob dieselben imstande sind, dem Unterrichte mit Vorteil zu folgen.
F. hat 1038 Kinder der Elementarschulen Bukarests daraufhin unter¬
sucht und gefunden, daß bei 327 (31,50°/ 0 ) die Hörfähigkeit mehr
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1h Referate.
471
oder weniger geschwächt war. Unter den Ursachen, welche Störungen
des Gehörs bei Kindern bewirken, sind adenoide Vegetationen in
erster Reihe zu nennen, und zwar Hypertrophien der Luschkaschen
Tonsille. So boten z. B. 342 Schüler (177 Knaben und 165 Mädchen)
adenoide Vegetationen des nasalen Pharynx dar, welche direkt durch
digitale Untersuchung festgestellt wurden. Es fanden sich ferner
Cerumenanhäufungen, verschiedene Trommelfellaffektionen und Per¬
forationen dieser Membran vor.
Außerdem wurde untersucht, ob ein Verhältnis zwischen der
Klassifikation des Schülers und dem Grade seiner Gehörstörung be¬
stehe, und gefunden, daß der Prozentsatz der an Gehöraffektionen
leidenden guten und ausgezeichneten Schüler ein erheblich geringerer
sei, als derjenige der mittleren und schlechten. Ebenso war dies
auch bezüglich der adenoiden Vegetationen nachzuweisen. F. ist der
Ansicht, daß die Lehrer über diese verschiedenen Erkrankungsformen
genügend aufgeklärt werden sollen, um den betreffenden Pat. bei¬
zeiten entsprechende Ratschläge zu geben, bezw. dieselben an einen
Arzt zu weisen. E. Toff (Braila).
Otto Laubi. Methode und Resultate der Ohrenuntersuchungen
von 22894 Schülern der ersten Primarklassen der Stadt
Zürich.
(Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte 1903 No. 13.)
Die interessanten Resultate werden in Tabellen niedergelegt.
Als praktische Resultate der Untersuchungen werden folgende Forde¬
rungen aufgestellt:
1. Alle neu eintretenden Schüler der öffentlichen Schulen sind
im Verlauf der ersten Monate auf den Zustand ihres Gehörs zu unter¬
suchen.
2. Die Untersuchung soll — wie bei den Augenuntersuchungen —
bestehen:
a) aus einer Voruntersuchung aller Schüler, wenn möglich durch
einen Arzt, auf die Hörschärfe;
b) einer Spezialuntersuchung durch einen Ohrenarzt für alle
Kinder, die bei der Voruntersuchung als abnormal gefunden wurden.
3. Die Voruntersuchung und, wenn nötig, ärztliche Untersuchung
soll wiederholt werden bei allen Repetenten und Schülern, welche
einer Spezialklasse überwiesen werden, ferner bei den Schülern,
welche im Laufe des Jahres Infektionskrankheiten überstanden haben.
4. Um die gefundenen Resultate praktisch auszunutzen, erhalten
die Lehrer Mitteilungen über die Ergebnisse der ärztlichen Unter¬
suchung und haben sie dieselben in die Schülerlisten einzutragen.
Stark schwerhörige, unheilbare Kinder (untere Hörgrenze 1 / 2 Meter
beiderseits für laute Sprache, wenn dieselben schwerhörig geworden,
2 Meter beiderseits, wenn sie schwerhörig geboren) sind von der
Schule auszuschließen und werden am besten einzeln unterrichtet,
oder so lange in Taubstummenschulen untergebracht, bis sie gelernt
haben, vom Munde abzulesen; leichter schwerhörige Kinder sollen in
den vordem Bänken plaziert werden.
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472
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11.
5. Kinder, bei welchen Ohrfettpfröpfe nachgewiesen werden, sind
dem Arzte oder der Poliklinik zuzuführen, um dieselben entfernen
zu lassen und haben die Eltern hierüber ein Zeugnis einznliefern;
wird der Verordnung nicht innerhalb einiger Wochen Folge geleistet,
so hat der Stadtarzt die betreffenden Pat. einem geeigneten Arzte
zur Behandlung zu übergeben.
6. Kinder mit Ohreneiterungen, besonders übelriechenden, sollen
bis zur Heilung ihrer Leidens von der Schule ferngehalten werden,
da dieselben eine Infektionsquelle für die übrigen Schüler bilden.
Zieht sich die Heilung in die Länge, oder handelt es sich um Eite¬
rungen, die nur operativ geheilt werden können, so kann der Schul¬
besuch gestattet werden, wenn die Kinder zweckmäßige Verbände
tragen, welche das nach außen Fließen des Eiters verhindern.
7. Kinder, welche durch nasale Sprache und beständiges Offen¬
halten des Mundes vermuten lassen, daß sie an Vergrößerung der
Bachenmandel leiden, sind von den Lehrern und Stadtarzt besonders
zu überwachen und bei denselben zeitweilig die Hörprüfung zu wieder¬
holen und die Eltern zu veranlassen, bei allfälligen Hörstörungen
rechtzeitig ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Grätzer.
R. Imhofer. Ein Fall von Spontanluxation des Amboß mit
fistulösem Durchbruch in den knöchernen Gehörgang.
Aus Prof. A. Epsteins Kinderklinik an der kgl. böhm. Landesfindel¬
anstalt zu Prag.)
(Prager med. Wochenschrift 1803 No. 36.)
Der Fall betraf ein 2 1 / i jähriges Kind, und der Prozeß war offen¬
bar ein tuberkulöser.
So groß die Neigung zur Sequesterbildung im kindlichen Schläfen¬
beine, so gern wird auch der nekrotische Knochen spontan eliminiert.
I. hat wiederholt sehr große Sequester bei Kindern spontan abgehen
sehen und ist der Ansicht, daß man bei jugendlichen Individuen die
Indikation zur Radikaloperation sehr einschränken kann. Man darf
hier der Natur viel zumuten und soll lieber längere Zeit sich ex-
spektativ verhalten, als eine Operation vornehmen, deren Nachbehand¬
lung bei Kindern so schwer ist, daß dadurch der ganze Erfolg sehr
oft in Frage gestellt wird. Grätzer.
G. Heermann (Kiel). Über akute Nekrose des Warzenfortsatzes
und Felsenbeines nach Scharlach.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 22.)
H. hat in den letzten Jahren 13 Fälle dieser äußerst schweren
Scharlachkomplikation gesehen, welche dadurch besonders gefährlich
wird, daß, obwohl sich in kürzester Zeit die schwersten ^Zerstörungen
der Knochen etablieren, dies nach außen so wenig in die Erscheinung
tritt, daß ein Übersehen bezw. Vernachlässigen des Leidens fast ent-
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IL Referate.
473
schuldbar ist, sich aber schwer rächt. Nach H.s Ansicht handelt es
sich um einen bakteriellen Prozeß, der im Warzenfortsatz selbst be¬
ginnt, erst sekundär auf die Paukenhöhle übergreift und schon aus
diesem Grunde anders bewertet werden muß, wie die gewöhnlichn
Scharlachotitis. Bei dieser kann man die Anzeichen der Eiterretention
ab warten, d. h. die Schwellung und Senkung der hinteren oberen
Gehörgangs wand und die starke Anschwellung über dem Warzenfort¬
satze. Bei der Warzenfortsatznekrose aber zwingen schon plötzliche
Temperatursteigerungen, Druckempfindlichkeit über dem Warzenfortsatz
und ein leichtes entzündliches Infiltrat über demselben zu operativem
Eingreifen. Da die Erscheinungen nicht ohne weiteres in die Augen
fallende sind, verpflichtet schon eine bloße, während des Verlaufes
des Scharlachs eintretende Temperatursteigerung zur genauen Unter¬
suchung des Ohres und seiner Umgebung. Die Nekrose kann sich
schon sehr früh, am 2. oder 3. Krankheitstage einstellen, aber auch
viel später. Grätzer.
George H. Meaver. Bacteriologie Studies of the Skin and
Throat in cases of Scarlatina.
(American Medicine, den 18. April 1903.)
Bakteriologische Untersuchungen der Haut und des Rachens
beim Scharlach. Verf resümiert seine Studien wie folgt:
1. Auf den Mandeln scharlachkranker Personen finden sich
massenhaft Streptokokken.
2. Anderweitige Bakterien, die mittels des Kulturverfahrens von
Hautschüppchen und Mandelschleim gezüchtet wurden, boten nichts
Charakteristisches für Scharlach, da sie auch bei Gesunden auf der
Haut und im Rachen vegetieren. Leo Jakobi (New York).
Karl Eckholm (Wasa, Finland). Zur Scharlachübertragung
durch Milch.
(Zeitschr. f. klin. Medizin, Bd. 29, Heft 1—4, 1903.)
Etwa 2 Wochen vor dem Ausbruch einer umfangreicheren
Scharlachepidemie (121 Erkrankungen in 76 Familien) wurde von E.
ein junges Mädchen an phlegmonöser Angina behandelt, welches in
einer Milchwirtschaft beschäftigt war, aus der sechs der von der
Epidemie heimgesuchten Familien ihre Milch bezogen. Der Verdacht,
daß es sich hier möglicherweise, doch um eine verkappte Scharlach¬
epidemie gehandelt haben könne, ist der Anlaß einer eingehenderen
Schilderung der in Betracht kommenden Verhältnisse.
Verf. gibt allerdings das Fehlen eines Exanthems, welches aber
möglicherweise ihm, als behandelndem Arzte, entgangen sein könne,
sowie auch die erweisliche Seltenheit eines Tiefergreifens der skarla-
tinösen Mundaffektion und das Auftreten konsekutiver Abszedierungen
im submukösen Gewebe zu. Ferner wird erwähnt, daß in den Ställen
und bei Behandlung der Milch große Sauberkeit herrschte, sowie
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Ccntralblatt für Kinderheilkunde. No. 11.
daß es Dicht herauszubringen war, daß das Mädchen mit Scharlach¬
kranken in Verkehr gewesen wäre, wenn auch die Möglichkeit nicht
von der Hand zu weisen sei. —
Bef. würde sich nicht mit einem Bericht über die Veröffent¬
lichung, aus der positive Anhaltspunkte für oder gegen die Möglich¬
keit einer Seuchenübertragung durch Milch sich nicht ergeben, auf¬
gehalten haben, wenn nicht eine Art Methode darin läge, wie heute
auch seitens solcher Kollegen, die sonst logisch zu urteilen und Für
und Wider abzuwägen gewohnt scheinen, sobald die große Suggestion
unserer Ära in Frage kommt, durch Voraussetzung dessen, was
bewiesen werden soll, der Circulus vitiosus geschlossen wird.
Eschle (Sinsheim).
Th. Escherich. Die Erfolge der Serumbehandlung des Schar¬
lachs an der Universitäts-Kinderklinik in Wien.
(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 23.)
112 Fälle injiziert mit dem Moserschen Serum, und zwar mit
sehr günstigem Heilerfolge. Exantheme, Ödeme und mehr weniger
lang dauernde Fieberzustände als Folge der Injektion wurden in etwa
75°/ 0 beobachtet; doch nie entstand ein bleibender Nachteil, und
steht zu hoffen, daß man diese unangenehmen Begleiterscheinungen
mit der Vervollkommnung der Herstellung wird vermeiden lernen*
Das Serum wurde in Dosen von 100—200 ccm an einer Stelle der
seitlichen Bauchwand subkutan injiziert, die Injektionsöffnung durch
Jodoformkollodium sorgfältig verschlossen.
Zur Beurteilung des Effekts zieht E. jene sogenannten verlorenen
Scharlachfälle heran; wo schwere toxische Symptome im Vordergrund
stehen. Hier ist die Wirkung des Serums, die volle Dosis und die
frühzeitige Injektion vorausgesetzt, eine zauberhafte. Nach einigen
Stunden Abfall der Temperatur, Sinken der Puls- und Atemfrequenz,
Schwinden von Somnolenz und Delirien, es zeigt sich Euphorie,
Neigung zur Nahrungsaufnahme — kurz, ein total verändertes Bild.
Man ist nach E.s Ansicht mit Entdeckung dieses Serums an
einen Wendepunkt in der Behandlung des Scharlachs angelangt Frei¬
lich, man steht erst in den ersten Anfängen der Methode, noch ist
der Preis ein hoher, es muß eine große Quantität injiziert werden,
es zeigen sich unangenehme Nebenerscheinungen, welche es recht-
fertigen, daß man vorläufig nur die schwereren Fälle injizieren wird.
Es ist aber zu hoffen, daß, wie bei dem Diphtherieserum, nach und
nach eine Vervollkommnung eintreten wird — zum Segen der Schar-
lachpatienten. G r ä t z c r.
Günther. Eine bösartige Scharlachepidemie.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 24.)
G. beobachtet jetzt in Höchstadt a. A. und Umgegend eine sehr
bösartige Scharlachepidemie, die hauptsächlich Erwachsene betrifft
und mit solch rapider Heftigkeit einsetzt, daß in den schweren Fällen
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II. Referate.
475
der Tod oft schon innerhalb 24 Stunden unter den Zeichen schwerster
Sepsis eintritt. Das Leiden beginnt plötzlich mit Erbrechen und.
zuweilen profusen Diarrhöen, die Temperatur erreicht rasch die Höhe
von 40—41° und darüber, der Puls 150—160 wird rasch klein,
manchmal unregelmäßig, die Konjunktiven sind stark injiziert, die
Respiration beschleunigt und oberflächlich, das Sensorium benommen,
manchmal Delirien oder Konvulsionen vorhanden, die Tonsillen ge^
schwollen und manchmal mit schmutziggrauen Belegen versehen,
Lippen und Zunge trocken, starker Fötor, Submaxillardrüsen früh¬
zeitig erheblich geschwollen und schmerzhaft.
Die Epidemie begann gleich mit solch einem schweren Falle,
der wie eine schwere Vergiftung verlief und ohne Exanthem, so daß
die Deutung schwer gewesen wäre, wären nicht unmittelbar darauf
zwei Geschwister an typischer Skarlatina erkrankt. Bei dem völlig
gesunden Kinde stellten sich plötzlich heftige Diarrhöe und starkes
Erbrechen ein, die Temperatur betrug 42,4 0 (!), der Puls kaum fühl¬
bar; bald starke Benommenheit, Delirien und allgemeine Konvulsionen;
Tonsillen nur leicht gerötet und geschwollen. 12 Stunden nach Be¬
ginn der Erkrankung Exitus.
Ähnlich verliefen andere Fälle. Die Therapie war ihnen gegenüber
völlig machtlos; Wein, Äther- und Kampferinjektionen, heiße Bäder
und Ein Wickelungen, Koffein, natr.-benz. usw. hatten nicht den ge¬
ringsten Effekt. Die Beobachtung zeigt, daß diejenigen Fälle, die
gleich zu Beginn mit starkem Benommensein des Sensoriums einher¬
gehen, alle tödlich enden, während Klarbleiben desselben selbst bei
sonst gleichen Symptomen als günstiges Zeichen anzusehen ist.
Die mittelschweren Fälle sind durchgehends mit Nachkrankheiten
kompliziert. Grätzer.
Raoul Labbe. Äpreuve de la chlorurie alimentaire dans la
scarlatine et la diphth^rie l’enfance.
(Archives de mödecine des enfants, September 1903.)
L. hat die Versuche von Achard und seinen Schülern nach¬
gemacht, denzufolge bei zahlreichen akuten Krankheiten eine förm¬
liche Retention von Chlornatrium im Organismus stattfindet, derart,
daß nicht nur das Kochsalz der gewöhnlichen Nahrung zurückgehalten
wird, sondern auch ein bedeutender Teil des zu experimentellen Zwecken
eingeführten. Dasselbe soll in den Geweben bleiben und gleichzeitig
auch einen gewissen Teil der zur selben Zeit eingeführten Flüssigkeits¬
menge dortselbst gebunden halten.
Die Versuche, welche L. bei Kindern anstellte, denen er 5 g Koch¬
salz in Milch verabreichte, haben die Richtigkeit obiger Annahmen für
Scharlach und Diphtherie nicht ergeben und gelangt Verf. zu folgenden
Schlüssen. Bei Scharlach, im Anfangs- oder Endstadium, zeigen
die Versuche für die alimentäre Chlorurie immer fast normale Ver¬
hältnisse; nach Einnahme von 5 g Kochsalz während eines oder
mehrerer Tage, zeigte sich eine Vermehrung dieses Körpers im Harne,
fast unmittelbar nach der Einverleibung, so daß die ausgeschiedenen
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11.
Mengen den eingenommenen beinahe gleichkamen. Andererseits war
auch die ausgeschiedene Urinmenge vermehrt, wenn auch weniger
deutlich als die Kochsalzmenge. Bei Diphtherie waren die Resultate
weniger klar, indem man eine Verspätung der Urinreaktion, oder in
schweren Fällen eine Verminderung beobachten konnte. Eine ab¬
solute Retention wurde nur in zwei tödlich endigenden Diphtherie¬
fällen beobachtet. E. To ff (Braila).
N. Mansurow. Über die sogenannte Rubeola scarlatinosa.
(Praktitschesky Wratsch 1902 No. 43.)
Die Rubeola scarlatinosa als besondere selbständige Krankheits¬
form mit charakteristischen Symptomen und eigentümlichem Verlauf
ist nur von wenigen Autoren beschrieben worden und kommt nur
selten zur Beobachtung. Von einigen wird ihre Existenz als sicher
erwiesen betrachtet, während andere wieder sie leugnen oder den
anormalen, jedoch echten Scharlachformen zuzählen. Angesichts dessen
ist der vom Verf. mitgeteilte Fall, welcher seinen eigenen Sohn be¬
trifft, von nicht geringem Interesse.
Um den 20. Februar 1902 erkrankte der 6jährige Knabe unter
unbestimmten Symptomen (Apathie, Appetitlosigkeit, Verstopfung).
Am 25. Februar abends stellte sich ein heftiges Jucken in Händen
und Füßen ein und gleich darauf trat ein kleinpapulöses, punktförmiges,
rosenrotes Exanthem auf; die einzelnen Effloreszenzen waren von
Stecknadelkopfgröße und sahen dem Ausschlag bei miliarem Scharlach
außerordentlich ähnlich. Im Laufe der Nacht verbreitete sich das
Exanthem über die Extremitäten, ging auf den Rumpf über und
zeigte sich des Morgens auch auf dem Gesichte, während Lippen und
Kinn frei blieben; am Gaumen waren ebenfalls vereinzelte Efflores¬
zenzen zu bemerken, im Rachen die Erscheinungen eines ganz leichten
Katarrhs. Das Jucken bestand in unverminderter Heftigkeit fort.
Am folgenden Tage nahm der Ausschlag eine mehr dunkle, rote
Farbe an, und die submaxillaren Drüsen schwollen ziemlich bedeutend
an. Die Körpertemperatur blieb mit Ausnahme einer geringfügigen
Steigerung (bis auf 38,0°), welche mit der stärksten Eruption koin-
zidierte, die ganze Zeit über normal. Der Kranke klagte über Schluck¬
beschwerden, geringe Lichtscheu mit Tränenträufeln und über einen
leichten Schnupfen mit Husten. Im übrigen boten die inneren Organe
nicht die mindesten Abweichungen von der Norm dar, und das Kind
war sogar meist außer Bett. Am fünften Tage nach Beginn der
Eruption blaßte das Exanthem völlig ab und verschwand, worauf eine
kleienförmige Abschuppung eintrat, welche 10—12 Tage andauerte.
Von Besonderheiten dieses Falles ist hervorzuheben, daß erstens
die Eruption an den unteren Extremitäten begann und von dort aus
sich nach oben ausbreitete, daß zweitens die Vergrößerung der Hals¬
drüsen nach dem Verschwinden des Ausschlages länger anhielt, als
in den bisher beschriebenen Fällen, daß drittens von den Geschwistern
des kleinen Pat. trotz Beisammenseins sich niemand ansteckte und
daß viertens nach der Abschuppung lange Zeit hindurch gelb-bräun-
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II. Beferate.
477
liehe Fleckchen, ganz besonders an den Stellen der stärksten Ent¬
wicklung des Exanthems, zu sehen waren.
Was die Diagnose in diesem Falle betrifft, so gemahnte das
klinische Bild bezüglich der äußeren Erscheinungen an einen leichten
Scharlach, bezüglich der übrigen Symptome gewissermaßen an Masern.
Gerade derartige Fälle wurden auch von Prof. N. Filatoff unter
der Bezeichnung „Rubeola scarlatinosa“ beschrieben.
A. Dworetzky (Moskau).
A. Doebert. Eine Scharlachepidemie auf der Masernstation.
(Jahrbuch f. Kinderheilkunde, Bd. 57, Heft 2.)
An zehn Fällen von Scharlach bei masernkranken- bezw. rekon¬
valeszenten Kindern beobachtete D. folgendes: In der Hälfte aller
Fälle war das Exanthem durchaus kein typisches, sondern undeutlich
und meist sehr flüchtig. Den Grund dafür sieht D. darin, daß die
Körperdecke, die noch vor kurzem durch die Maserneruption in so
intensiver Weise in Anspruch genommen war, auf die Hautphänomene
der neuen Affektion nicht immer in so heftiger Weise reagiert. Fast
sämtliche Kinder litten an Durchfall vor Ausbruch des Scharlach¬
exanthems. Die Anzahl der Komplikationen war auffallend groß.
Es traten bei 9 Fällen auf: 5mal Otitis, 4mal Nephritis, 2mal nekro¬
tisierende Angina, 1 mal Septicopyämie, 1 mal Enteritis, 1 mal schwere
Lymphadenitis mit tötlichem Ausgange. Hecker (München).
M. Ch. Aubertin. Das Einschlafen der Hände bei Scarlatina.
(Archives de m6d. desjenfants, April 1903.)
Paul Mayer hatte letzthin die Aufmerksamkeit auf ein un¬
bekanntes Symptom des Scharlachs gelenkt, bestehend in einem Ge¬
fühl von Ameisenlaufen, von Eingeschlafensein der Hände, welches
gleichzeitig mit der Eruption auftritt und 1—1*/ 2 Tage dauert.
Mitunter besteht auch eine gewisse Schwäche der betreffenden Ex¬
tremitäten, so daß die Bewegung oder das Ergreifen Schwierigkeiten
macht. A. konnte sich an eigener Person von der Richtigkeit der
erwähnten Symptome gelegentlich einer Scharlacherkrankung über¬
zeugen. Er verlegt dasselbe hauptsächlich in die palmare Fläche
der Finger, in den Thenar und Hypothenar. Die Bettwärme und
die Bewegung der Finger verstärken dasselbe. Mayer hat dieses
Symptom nur bei Scharlach gefunden und bei keinem der anderen
skarlatiniformen toxischen oder infektiösen Erytheme; er hält das¬
selbe für pathognomisch und führt es auf eine Einwirkung des
Scharlachgiftes auf das Rückenmark oder die peripheren Nerven
zurück E. Toff (Braila).
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478
Centralblatt für Kinderheilkunde. Mo. 11.
S. Sufrin. Zwei seltene Fälle von infektiöser Hemiplegie bei
Kindern.
(Spitalul 1903 No. 3.)
In einem dieser Fälle bandelte es sich um ein 4jähriges Kind,
welches eine mit Angina pnltacea komplizierte Skarlatina durchgemacht
hatte. Dasselbe war bereits fieberfrei, als zwei Wochen nach Krank¬
heitsbeginn plötzlich Erbrechen, Oligurie und Temperatur über 40° C.
auftraten. Der Harn war eiweißhaltig, Puls und Respiration 'sehr
beschleunigt. Nach 2 Tagen traten Konvulsionen auf, dann ent¬
wickelte sich eine rechtsseitige Hemiplegie mit Aphasie. Der
Zustand dauerte 8 Tage, wo dann unter Anurie, Dyspnoe und Koma,
Exitus letalis eintrat.
Im zweiten Falle trat eine ähnliche Lähmung bei einem
jährigen Knaben auf, welcher vor 12 Wochen eine anscheinend leichte
Skarlatina durchgemacht hatte. Wenige Tage vor Beginn der Lähmung
hatte derselbe Diphtherie, welche auf Serumeinspritzung rasch ver*
schwand, doch wurde gleichzeitig Oligurie und Eiweiß im Harne
beobachtet. In den folgenden Tagen mehrfache urämische Anfalle,
Trismus, Epistaxis und plötzlich, unter Bewußtseinsverlust, Auftreten
einer totalen, rechtsseitigen Hemiplegie mit Aphasie. Als S. das
Kind zum letzten Male sah, war der Zustand erheblich gebessert.
S. glaubt, daß die Ursache dieser Lähmungen in kapillaren
Blutungen der linken Hirnhemisphäre zu suchen sei und nimmt an, daß
durch die Mikroorganismen — oder durch ihre Toxine — eine deletäre
Wirkung auf die Blutgefäße, oder eine Veränderung der Blutbeschaffen¬
heit bewirkt wurde, welche Blutergüsse durch Diapedesis oder durch
Rupturen der kleinen Blutgefäße zur Folge hatte, e. Toff (Braila).
H. Pfister.
Über das Gewicht des Gehirns und einzelner
Hirnteile beim Säugling und älteren Kinde.
(Neurol. Centralbl. 1903 No. 12.)
P. gibt die Gesamtresultate seiner an 302 Gehirnen vorgenom¬
menen Wägungen. Und zwar handelte es sich um 161 Knaben- und
141 Mädchengehirne, von denen 228 auch zu Teilwägungen benutzt
wurden.
Die betreffenden Kinder starben im Alter von einer Woche bis
zu 14 Jahren. Die Gehirne wurden unmittelbar nach der Heraus¬
nahme mit den weichen Häuten gewogen. Es ergab sich folgendes:
Das mittlere Gesamthirngewicht ist auf allen Alterstufen bei Knaben
größer als bei Mädchen. Die Differenz wächst mit dem Alter. Bei
beiden Geschlechtern wächst im Laufe der Entwicklung das Hirn¬
gewicht so, daß das erste Drittel des Gesamtzunahme schon mit
Ende des achten Monats, das zweite Drittel in der ersten Hälfte des
dritten Lebensjahres erreicht ist. Von da ab findet eine immer
langsamer werdende Zunahme statt, die jedenfalls erst lange nach dem
14. Lebensjahre abgeschlossen ist. Auf allen Altersstufen zeigt das
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II. Referate,
47»
individuelle Gesamthirngewicht eine ungemeine Variabilität. Bei
Knabenhirnen aus der 2. und 3. Woche beträgt z. B. der maximale
Gewichtsunterschied bereits über 160 g. Das absolute Gewicht des
Kleinhirns ist auf allen Altersstufen bei den Mädchen geringer als bei
den Knaben. Bei Kindern desselben Alters und Geschlechts kommen
merkbare Schwankungen der absoluten Kleinhirngröße vor. Das
durchschnittliche Kleinhirngewicht normaler Neugeborener beträgt un¬
gefähr 20 g, dasjenige Erwachsener 135—150 g. Von dieser Zunahme
wird das erste Drittel mit dem sechsten Monat, das zweite vor Ende
des zweiten Lebensjahres erreicht. Es wächst demnach das Klein¬
hirn verhältnismäßig schneller heran als das Gesamthirn, auch als
das Großhirn und nimmt relativ viel bedeutender an Gewicht zu als
die übrigen Hirnteile. Das mittlere Großhirngewicht der Knaben
übertrifft zu allen Zeiten das der Mädchen. Das erste Drittel der
Gewichtszunahme des Großhirns wird im 9.—10. Monat, das zweite
ungefähr in der Mitte des dritten Jahres erreicht. Auch das Gro߬
hirngewicht zeigt eine große Variabilität (bei Knaben von 6 Wochen
bereits Differenzen um fast 150 g!). Ein konstanter Größenunter¬
schied zugunsten einer bestimmten Hirnhälfte existiert nicht. In
wenig mehr als der Hälfte aller Fälle (in 54,5°/ 0 ) war die linke
Hemisphäre schwerer als die rechte. In 3,6 °/ 0 wogen beide Hälften
gleichviel.
Medulla oblongata, Pons und Vierhügelpartie nehmen von etwa
5,5 g beim Neugeborenen bis zu ca. 27—28 g zu.
Im extrauterinen Leben findet durch das ungleichmäßige Wachs¬
tum der einzelnen Hirn teile eine Verschiebung ihres relativen Gewichts
der Art statt, daß, während das Kleinhirngewicht von etwa 5,5°/ 0
beim Neugeborenen auf nahezu 11 °/ 0 beim Erwachsenen, der Hirnrest
(Medulla oblongata + Pons + Vierhügel) von etwa 1,6 auf 2°/ 0 des
Totalhirngewichtes ansteigen, gleichzeitig das relative Großhirngewicht
von fast 93°/ 0 auf mittlere 87,5°/ 0 herabsinkt. Kurt Mendel.
E. YOIl Lange. Die Gesetzmäßigkeit im Längenwachstum des
Menschen.
(Jahrbuch für Kinderheilkunde, Bd. 57, Heft 3.)
Die außerordentlich interessante Arbeit muß im Original nach¬
gelesen werden. Zur Orientierung und Empfehlung greife ich folgendes
heraus. Die Körperlänge hat als Maß dadurch besonderen Wert,
daß sie die Fähigkeit besitzt, als Gradmesser des gesamten körper¬
lichen Wachstums zu dienen. Vermöge ihrer Zusammensetzung aus
den Längenmaßen von Kopf, Hals, Rumpf und Bein summiert sich in
ihr das Einzel Wachstum dieser Körperteile stets zu einem Werte, der
jede andere Maßzunahme am Körper weit übertrifft und selbst geringe
Fortschritte noch erkennen und verfolgen läßt. Sie behält bei auf¬
gerichtetem, wie bei ausgestreckt liegendem Körper ihr jeweiliges
Maß fest bei, abgesehen von minimalen Bewegungen in den Gelenken,
Centralbl. f. Kinderhlkde. VIII. 34
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480
Contralblatt für Kinderheilkunde. No. 11.
die uns indes nach ihrer Größe bekannt und daher kontrollierbar
sind. Ihre Veränderung vollzieht sich unter normalen Verhältnissen
nur nach einer Richtung, nach der einen stetigen, mehr oder weniger
raschen Maßzunahme nicht so wie z. B. das Körpergewicht, das
vielfachen Schwankungen unterworfen ist, sie weist während der
Wachstumsperiode nur Fortschritte und höchstens zeitweisen Stillstand,
nie aber Rückschritte im strengen Sinne des Wortes auf.
Die normale Körpergröße bei Neugeborenen bewegt sich bei
allen Rassen und Völkerschaften in einem stets wiederkehrenden
Wertverhältnis zur mittleren Körpergröße der Erwachsenen, und
zwar in dem Verhältnis 1 zu 3 bis 3 2 / a ; für die germanischen Völker¬
schaften gilt als Mittelwert der Geburtsgröße von Knaben wie Mäd¬
chen eine Größe von 49—50 cm. Das Körper Wachstum des Neu¬
geborenen steht noch unter dem unmittelbaren Einfluß der Energie,
welche sich gegen Ende der fötalen Vorperiode ausgebildet hat.
Diese sehr hochgradige Energie zeigt jedoch durch die veränderte
Ernährung sehr bald eine beträchtliche Abnahme; so zwar, daß bei
normalem Wachstum die Größenzunahme des ersten Lebensjahres
nicht mehr die Hälfte, jene des zweiten Lebensjahres nur mehr das
Fünftel des intrauterinen Wachstums erreicht. Das wuchtige Auftreten
und die rapide Abnahme der Wachstumsenergie innerhalb der zwei
ersten Lebensjahre tritt am anschaulichsten vor Augen, wenn wir
den Zeitraum berechnen, welcher bei eventueller Fortdauer dieser
Energiegrade erforderlich wäre, um eine Manneshöhe von 170 cm zu
erreichen. Ein Neugeborener würde dazu statt 19—20 Jahre nur
1 Jahr 4 Monate brauchen, falls die Wachstumsenergie die gleiche
wie am Anfänge bliebe.
Die Verbindungslinie zwischen den von Jahr zu Jahr erreichten
ordinaten Höhen ist keine ansteigende Gerade, sondern eine Kurve,
die an der Geburtsordinate sich jäh erhebt und nach Beschreibung
eines mehr oder weniger bewegten Bogens am Ende ihres Höhen¬
laufes ganz allmählich in die Horizontale übergeht. Das Fötalwachs¬
tum charakterisiert sich dadurch, daß das stärkste Wachstum in den
5. Monat fällt und daß während des 7. und 8. Monats eine auffallende
Minderung des Wachstums auftritt, während erst vom 9. Monat an
von neuem ein rapides Wachstum folgt.
Das gesteigerte Wachstum während der ersten Lebensjahre ist
kein gleichmäßiges, sondern ein in seiner Stärke stetig abnehmendes.
Vom dritten Lebensjahre an hält das Längenwachstum ein ziemlich
konstantes Tempo ein. Das Wachstumsbild von 4.—20. Lebensjahre
läßt sich in drei Teile zerlegen: 1. Fortsetzung des gegen das dritte
Lebensjahr eingetretenen ruhigen Wachstums mit stetig sich ver¬
ringernder Energie und Längenzunahme. 2. Impulsive Steigerung
der Wachstumsenergie und Längenzunahme im zeitlichen Zusammen¬
hänge mit der Pubertätsperiode; im Wachstumsbilde gekennzeichnet
durch impulsiven Anstieg der Wachstumskurve. 3. Abnahme der
Wachstumsenergie und des Längenzuwachses bis zu ihrem vollen
Erlöschen; im Wachstumsbilde Übergang der Wachstumskurve in die
konstante horizontale Lage der nunmehr erreichten vollen Körper¬
länge. Der Kurvenanstieg zur Pubertätszeit stimmt mit der volks-
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II. Referate.
481
tümlichen Beobachtung vom „Aufschießen des Körpers“ iiberein. Die
Erreichung höherer Stufen der Körperlänge ist hauptsächlich der
längeren Dauer eines intensiven Wachstums, weniger dagegen dem
Zunahmegrad dieses Wachstums zuzuschreiben. Hecker (München).
Ludloff (Breslau). Über Wachstum und Architektur der unteren
Femurepiphyse und oberen Tibiaepiphyse.
(Bruns Beiträge zur klin. Chir., Bd. 38.)
Systematische Untersuchungen an Röntgenphotogrammen von
Knien fast ausschließlich weiblicher Individuen von 3 / 4 —80 Jahren.
Als praktisch wichtige Ergebnisse sind hervorzuheben 1., daß mehrere
scheinbar pathologische Befunde im Röntgennegativ, wie Pro tuberanzen
an den Condylen vom 2.—4. Lebensjahre und der dunkle Fleck in
der Femurepiphyse im Alter von 4—15 Jahren, als normale Befunde
anzusehen sind, da sie mit den Wachstums Vorgängen Zusammenhängen;
2. konnten mit Hilfe dieser Bilderreihen bestimmte anatomische Tatsachen
festgelegt werden, wovon besonders zu erwähnen ist, daß die Epiphysen¬
fuge an Femur und Tibia bis zum 15. Jahr persistiert, ferner, daß ge¬
mäß der Beanspruchung auf Druck im Condylus lateralis Längsknochen-
bälkchen und der Beanspruchung auf Zug (durch Bänder, welche
die Bildung von Genu valgum, wozu die Anlage in jedem Knie ge¬
geben ist, verhüten) im Condylus medialis Querknochenbälkchen auf-
treten, schließlich, daß vom 25. Jahre ab bereits Merkmale von
Knochenatrophie auftreten. Wegen weiterer Einzelheiten muß auf
das Original verwiesen werden. V ulpius.
Unser (Tübingen). Über die Beziehungen zwischen Neben¬
nieren und Körperwachstum, besonders Riesenwuchs.
(Bruns Beiträge zur klin. Chirurgie, Bd. 37.)
Schilderung eines Falles von Riesenwuchs bei einem 5 1 / 2 jährigen
Knaben, der das Aussehen eines 16 —18jährigen bot. Auch die Ent¬
wicklung der Zähne und der äußeren Genitalien, sowie das Verhalten
der Epiphysenlinien im Radiogramm entsprach diesem Alter. Pat.
ging an einem Tumor des Abdomens zugrunde, der sich bei mikro¬
skopischer Untersuchung als ein Hypernephrom malignen Charakters
erwies. Verf. nimmt an, daß die Vergrößerung der Niere in Zu¬
sammenhang stehe mit dem Riesenwuchs und führt als Beispiel
mehrere Fälle aus der Literatur an, wo bei Tumoren der Neben¬
nieren abnormes Größenwachstum bezw. bei Degeneration derselben
Zwergwuchs beobachtet wurde. L. empfiehlt bei Fällen von Zwerg¬
wuchs bezw. verlangsamtem Körperwachstum Nebennierenextrakt zu
versuchen. Fütterung von Hunden mit Nebennierenpräparaten ergab
zunächst rascheres Wachstum der Versuchstiere, doch wurde von den
Kontrollieren der Vorsprung später wieder eingeholt.
Vulpius (Heidelberg).
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482
Centraibl&tt für Kinderheilkunde. No. 11.
N. Swoboda. Ein Fall von chondrodystrophischem Zwerg¬
wuchs (Achondroplasie).
(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 23.)
10jähriges Mädchen, das die charakteristischen Zeichen dieses Zu¬
standes aufwies und doch selbst von kompetenten Beobachtern für
rachitisch erklärt und demgemäß, natürlich ohne jeden Erfolg, be¬
handelt wurde (bekam z. B. 21 Flaschen Phosphorlebertran!).
Gr&tzer.
F. Michel. Osteogenesis imperfecta.
(Virchows Archiv, Bd. 173, Heft 1 1903.)
In dem in der Arbeit beschriebenen Falle handelt es sich um
ein ausgetragenes, totgeborenes Kind mit äußerst plumpen, abnorm
kurzen Extremitäten und einem noch häutigen Schädeldach. Die
Skelettknochen bestanden aus einem äußerst dünnen Mantel von
größtenteils verkalkten Knochenbälkchen. Durch diese abnorme Be¬
schaffenheit waren intrauterin zahlreiche Knickungen und Frakturen
entstanden, die sich vorzugsweise in den abnorm dünnen Rippen,
den Diaphysen der langen Röhrenknochen, den dünnwandigen Ver-
knöcherungskernen der Wirbelbögen und merkwürdigerweise im
Unterkiefer lokalisierten. An jenen Frakturstellen wurde das Periost
zu einer oft bedeutenden Wucherung angeregt, die zu reichlicher
Bildung von allerdings meist kümmerlichen, grobfaserigen Knochen¬
bälkchen führte. — Diese Knickungen und Frakturen sind nach
Ansicht von M. entweder durch äußeren Druck, durch Anstemmen
gegen die Wand des Fruchthalters, Anpressen der Beine gegen den
Rumpf, oder durch Muskelzug entstanden. — Die Osteogenesis im-
pprfekta ist ein anatomisch wie klinisch gut abgegrenztes Bild einer
fötalen Erkrankung, welche sich darin charakterisiert, daß eine über
das ganze Skelettsystem ausgedehnte mangelhafte Bildung von Knochen
statthat bei annähernd normalem Verhalten der vorbereitenden Prozesse
im Knorpel. Über die Ätiologie ist man sich noch im unklaren.
Im vorliegenden Falle war Syphilis bestimmt auszuschließen. In der
Literatur sind nur noch 12 genauere Beobachtungen bekannt.
Schrtdde-Erlangen.
Widal et RdYHUti Ictfere cliro]}i(^u6 acRolurn^ue congenital
chez un homme de 29 ans. Augmentation passagfere et
legfere du volume du foie et de la rate. Parfait £tat de la
sante generale.
(Gazette bebdomadaire, No. 92, 1902.)
Der Pat. war von Kindheit an ikterisch ohne nachweisbares
ätiologisches Moment. Abgesehen von einer vorübergehenden Obsti¬
pation bestanden keinerlei Krankheitserscheinungen, insonderheit
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III. Aua Vereinen und Versammlungen.
483
keine dyspeptischen StöruDgen. Die Intensität des Ikterus schwankte,
nahm aber selbst bei reiner Milchdiät nicht wesentlich ab. Der rot¬
braune Harn enthielt niemals Gallenfarbstoff, dagegen reichlich Uro¬
bilin. Der Stuhl war immer dunkel gefärbt, zuweilen sogar sehr stark.
Das Blutserum war ebenfalls dunkler gefärbt und enthielt Gallenfarb¬
stoff. Die Zahl der roten und weißen Blutkörperchen war normal,
die Widerstandfähigkeit der ersteren vermehrt, die Größe derselben
überschritt etwas das normale Maß. Leber und Milz waren ver¬
größert, indessen schwankte ihr Volumen. Ascites bestand niemals. Ali¬
mentäre Glykosurie ließ sich nicht erzeugen. Methylenblau wurde
in normaler Weise ausgeschieden. Es bestand Hyperazitität. Die
Pulsfrequenz schwankte zwischen 40—60. Der Pat. zeigte keinerlei
nervöse Erscheinungen, die Temperatur war normal. Der Vater des
Pat. litt an Leberkoliken mit Ikterus infolge von Alkoholismus.
W. u. R. führen diesen Ikterus zurück auf eine angeborene Entartung
der Leberzellen, infolgedessen es zu einer stärkeren Sekretion von
Galle käme, die ihrerseits die Gallenwege für Infektion empfänglicher
mache. Schreiber (Göttingen.)
III. Aus Vereinen und Versammlungen.
Toskanische Sektion der Italienischen Gesellschaft für
Pädiatrie.
Sitzung vom 23. Juni 1903.
Concetti (Rom): Ein Fall von bösartigem Lymphosarkom des Mesenteriums und
DUnndarmes bei einem 5 jährigen Knaben.
Der Tumor war bei Inspektion und Palpation des Abdomens konstatierbar.
Der Verlauf war schnell und führte innerhalb von 3 Monaten nach dem Auftreten
der ersten Symptome (Schmerzen) zum Tode. Bei der Autopsie fand man den
apfelsinengroßen Tumor in den Drüsenmassen des Mesenteriums; ein 30 cm langes
Stück des Dünndarms war in den Tumor aufgegangen. Eine Metastase fand sich
in der Leber; desgleichen waren die Nieren erkrankt. Die histologische Unter¬
suchung ergab, daß es sich um ein Rundzellensarkom mit zahlreichen karyokine-
tischen Figuren handelte. Kulturversuche ergaben zahlreiche Blastomycetenformen
in Reinkultur: dieselben fanden sich auch bei mikroskopischen Untersuchung mit
der Sanfeliceschen Färbung, am zahlreichsten in den ältesten Teilen des Tumors.
Impfversuche verliefen ergebnislos.
Comba (Bologna): Demonstrationen.
C. zeigt die Photographie eines Knaben, der eine Adenopathia tracheo-
bronchialis mit starker Kompression des rechten Kopf-Arm-Venenstamms und
daraus folgender sehr markanter Entwicklung des entsprechenden Hautvenennetzes
aufweist.
Außerdem ein mikroskopisches Präparat von Liquor cerebrospinalis von einem
Fall von tuberkulöser Meningitis mit zahlreichen Tuberkelbazillen und polymorph-
nukleierten Leukozyten.
Fede (Neapel): über die Ursachen der sublingualen Geschwulst (Rigasehe
Krankheit).
F. hat in vielen Publikationen auf die traumatische Entstehung der kleinen
Tumörcben am Frenulum linguae hingewiesen, und zwar sollen sie infolge der
Reizung durch die beiden unteren mittleren Sehneidezähne entstehen. Es bestehen
jedoch Fälle, er selbst verfügt über solche, in denen vor der Dentition bereits
Rigasche Krankheit vorlag; in diesen Fällen entsteht sie durch Reibung des
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484
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11.
Frenulum an dem außergewöhnlich scharfen Alveolarrand oder durch anhaltendes
und schwieriges Saugen, wenn wenig oder keine Milch in der mütterlichen Mamma
vorhanden ist. Diese Fälle bilden aber die Ausnahme; die Regel bildet die Ent¬
stehung infolge der Reizung durch die Schneidezähne, ln einem sehr aus¬
gesprochenen Fall war auf keine andre Weise Heilung zu erzielen, als durch Ex¬
traktion dieser Zähne.
C. demonstriert einen Fall von „maligner“ Rigascher Krankheit, in dom
das Kind sehr schlechten Allgemeinzustand, Anämie, Milzvergrößerung zeigt.
Mya schließt sich der Erklärung für das Zustandekommen der Krankheit
durch Irritation seitens der Schneidezähne au; er führt jedoch die merkwürdige
Tatsache ihrer verschiedenen geographischen Verbreitung an; So kommt sie in
den südlichen Provinzen Italiens, in Toscana z. B. sehr selten vor. Es müssen
demnach also noch andere Faktoren, wie Klima usw. mitsprechen.
Gaetano (Neapel): Einfluß der Infektion mit B. coli auf das Stickstoffgleich-
gewicht und die Oxydationsvorgänge im Organismus.
Aus G.8 Versuchen ergibt sich, daß bei nicht intensiver Infektion mit B.
coli Stickstoffersparnis und bei intensiver Infektion Stickstoffdefizit vorhanden ist.
Dagegen besteht immer Vermehrung der Oxydatio ns Vorgänge.
Crisati (Florenz): Jodophile Reaktion und Glykosurie bei Kindern mit Keuchhusten.
Die Jodophilreaktion bei 20 keuchhustenkranken Kindern gab 16 positive
Resultate. Dagegen hat C. nur einmal bei diesen 20 Fällen Glykosurie gefunden.
Das steht im Gegensatz zu der von einigen Autoren z. B. beim Diabetes ge¬
fundenen konstanten Beziehung zwischen Jodophilreaktion und Glykosurie. C.
erklärt dies dadurch, daß das von der Leber ausgeschiedene Glykogen zum
größten Teil in der Lunge umgewandelt wird, so daß das arterielle Blut,
das durch die Nierenarterie zur Niere gelangt, nicht mehr genügend davon erhält,
daß es zur Ausscheidung kommt. Dagegen fand sich bei 13 Kindern 12 mal
Lävulosurie.
Frontini (Bologna): Fall von Lungenhemie.
Ein 3jähriger Knabe, bei dem ein taubeneigroßer Tumor im zweiten rechten
Interkostalraum bestand, dessen Volumen mit den Respirationsbewegungen
schwankte, am größten bei tiefen Respirationen und Hustenstößen war, bei der
Exspiration fast verschwand. Diagnose: Lungenhernie infolge Aufbruch eines
abgesackten Empyems nach innen; Pneumothorax fehlt wegen der Adhärenz der
beiden Pleurablätter.
Mya (Florenz): Nochmals Uber Larynxstenosen nach Serotherapie.
M. hat schon früher auf das Auftreten einer akuten Larynxstenose als mög¬
liche, jedoch seltene Folge der Serotherapie aufmerksam gemacht. Er erklärte
das Zustandekommen der Stenose durch ein subglottisches Ödem infolge eines
toxischen Moments, wie es z. B. auch die Urticaria, Anasarka nach Serum¬
einspritzungen hervorrufe. Diese Stenosen erschienen gewöhnlich gleichzeitig mit
den andern durch Seruminjektionen bedingten Symptomen. M. berichtet über
einen neuen Fall, in dem die stenotischen Erscheinungen gleichzeitig mit einer
sehr intensiven Urticaria auftraten und verschwanden. Man muß sich hüten,
solche Fälle für diphtherische Reinfektion zu halten und demgemäß mit neuen
Serumeinspritzungen vorzugehen.
Pacchioni (Florenz): • Assoziation des Diphtheriebazillus mit dem Vincentschen
Bazillus.
Drei Fälle, in denen die Assoziation des Diphtheriebazillus mit dem B.
Viucentii sich fand, haben P. zu der Ansicht gebracht, daß hier eine wohlcharak¬
terisierte klinische Varietät vorliegt, die durch ein grau-schwarzes, wenig kon¬
sistentes und fötid riechendes Exsudat gekennzeichnet ist.
Rossi (Bologna): Eitrige Streptokokkenperitonitis bei einem Mädchen.
Möglicherweise war die Eingangspforte für den Eiterreger in diesem Fall
die Tonsille; es fand sich nämlich gleichzeitig^eine leichte Tonsillitis. Nach
Operation trat Heilung ein.
Caccia (Florenz): Ein ungewöhnlicher Fall von doppeltem Retro-Pharyngealabszeß.
Nach Inzision und Entleerung eines auf der rechten Seite der hinteren
Pharynxwand bestehenden Abszesses blieb ’nocli eine harte Geschwulst in der
Mittellinie bestehen, durch die der Laryuxeingang so verlegt wurde, daß zur
Tracheotomie geschritten werden mußte. Nach einigen Tagen erweichte sich die
Geschwulst, wurde iuzidiert und es entleerte sich reichlich Eiter.
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III. Aus Vereinen und Versammlungen.
485
Caccia (Florenz): Die Drainage der Luftwege bei Tracheotomierten.
C. macht darauf aufmerksam, daß tracheotomierte Kinder auf den Versuch
des Decanulements mit Temperatursteigerungen und bronchitischen Erscheinungen
reagieren.
Giarrä: Anormale Formen kindlicher Influenza. F.
Gesellschaft schweizerischer Pädiater.
(Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte 1903 No. 18.)
Die diesjährige Versammlung fand anläßlich des schweizerischen Ärztetages
in Lausanne statt. Die Gesellschaft, welche nun 42 Mitglieder zählt, vereinigte
sich am 13. Juni morgens 8 Uhr unter dem Präsidium von Prof. Hagenbach-
Burckhardt in der Kapelle des Kantousspitales. Für die nächste dreijährige
Periode wurde als Vorstand gewählt: Prof. Combc als Präsident, Prof. Stooss als
Vizepräsident, Dr. Campart als Aktuar.
Hierauf nahm Prof. Combe das Wort zu eiaer Reibe klinischer Demon¬
strationen:
1. ln erster Linie wurde ein Kind mit akuter Tetanie vorgeführt. Diese
Krankheit ist in Lausanne im Frühjahr häufig und zeigt sich unter drei Formen,
als Tetanismus, akute und chronische Tetanie. Der Tetanismus (latente
Tetanie) charakterisiert sich durch fünf Symptome, von denen aber nur zwei
pathognomonisch sind, das Erb sehe Zeichen: die anormale Reaktion der Nerven
auf den elektr. Strom und das Trousseausche Zeichen: die anormale Reaktion
der vasomotorischen Nerven. Die übrigen drei Zeichen, das von Chvostek Sohn
(abnormale Erregbarkeit der Muskeln), das von Chvostek Vater (abnormale Er¬
regbarkeit der motorischen Nerven), und das Zeichen von Schultze (abnormale
Erregbarkeit der sensiblen Nerven) finden sich auch bei Nervosität, Hysterie,
Meningismus usw. Die latente Tetanie kann mit Spasmus glottidis und Konvul¬
sionen kompliziert sein. Die akute Tetanie äußert sich in Anfällen titanischer
Steifigkeit, abwechselnd mit freien Intervallen, in denen das Kind die fünf ge¬
nannten Zeichen aufweist, mit Kontrakturen der Hände und Füase. Die chronische
Tetanie zeigt eine allgemeine Steifigkeit ohne die Zeichen des Tetanismus, aber
mit den charakteristischen Kontrakturen der Hände und Füsse. Es ist auffallend,
daß die Tetanie in Lausanne häufig auftritt, in der übrigen Schweiz dagegen
selten.
2. Ein Fall von Benediktscher Krankheit.
Das betreffende Kind wurde im Alter von 6 Jahren 8 Tage nach einer Influenza
(gastrointestinale Form) von Ptosis, divergierendem Strabismus mit Dilatation der
Pupille des linken Auges befallen. 15 Tage später entwickelte sich eine langsam
progressive Parese von Arm und Bein rechterseits. ein Monat nachher ein Spasmus
von Abducens und Facialis linkerseits; endlich 3 Monate später traten zu der rechts¬
seitigen, spastischen Hemiparese ausgeprägte choreatische Bewegungen hinzu,
ebenso im unteren Facialis-Gebiet und im Äbducens linkerseits. Es handelt sich
also in diesem merkwürdigen Fall um eine alternierende Lähmung des 3., 6. und
7. Kopfnerven linkerseits und der rechten Körperhälfte, entsprechend einer Kom¬
bination der Kraukheitsformen von Weber und Milliard Gubler, aber hier
ist diese alternierende Lähmung spastischer Natur und von choreatischen Lähmungen
begleitet.
Zuerst durch Benedikt in Wien 1889 beschrieben, wurde diese Krankheits¬
form durch Charcot (1893) und Gilles de la Tourette (1900) näher studiert.
Diese Autoren haben 6 Fälle davon in der Literatur gefunden. Alle diese Fälle
zeigen eine spastische Hemiplegie mit Hemi-Tremor und Lähmung des Oculo-
motorius der anderen Seite, herrührend von einer Erkrankung des Großhirn¬
schenkels. In unserem Falle kombiniert sich die spastische Hemiplegie, verbunden
mit rechtsseitigem Hemi-Tremor außerdem mit eiuem Hemispasmus des 6. und
7* Kopfnerven; es handelt sich also um eine Affektion des Gehirnschenkels und
der Brücke.
Aus verschiedenen Gründen, welche der Vortragende auseinandersetzt, muß
die vorliegende Erkrankung verursacht sein durch eine Poliomesencephalitis
(Typus Wernicke).
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486
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11.
3. Zwei Fälle von Hydrocephalus acquisitus bei zwei Kindern von 4 und 6 Jahren.
I Im ersten Fall handelt es sich um einen idiopathischen Hydrocephalus
auf Grund einer Meningitis serosa, entstanden im Verlauf einer Lungenentzündung»
Im zweiten Fall ist der Hydrocephalus sekundär entstanden infolge eines Solitär¬
tuberkels des Cerebellums.
4. Prof. Combe zeigt Fälle von Myxoedem, seit 6 Jahren mit Schilddrüsen¬
präparaten behandelt. Seine Erfahrung, beruhend auf ca. 30 Fällen, erlaubt
folgende Schlüsse: Bei allen verschwindet der myxoedematöse Zustand; das Ge¬
sicht, die Zunge, die Haut werden normal. Das Wachstum wird normal bei de»
Kindern, wo die Behandlung vor dem zweiten Jahr begann, fast normal, wo sie
vor dem zehnten Jahr begann, es bleibt aber sehr zurück, wenn die Behandlung
erst später einsetzt. Die Intelligenz wird normal bei den Kindern, wo die Be¬
handlung vor dem sechsten Lebensmonat beginnt, sie bleibt zurück wenn die Be¬
handlung erst im zweiten Jahr beginnt, sie entwickelt sich sehr wenig, wenn die
Behandlung erst nach dem zehnten Jahr einsetzt.
5. In letzter Linie spricht der Vortragende über Infantilismus. Wie Hertoghe
und Ausset, nimmt er einen myxoedematösen Infantilismus an, aber entgegen
diesen Autoren glaubt er wie Hutinel, daß der Infantilismus nur ein Symptom
ist, welches durch zahlreiche Krankheiten der Eltern verursacht werden kann (Lues,
Tuberkulose, Alkoholismus, Malaria), und auch durch angeborene oder erworbene
Krankheiten der Kinder selbst: angeborene Herzfehler und chronische Darmleiden.
Zur Illustration dieser Auffassung zeigt Prof. Combe ein Mädchen von 5 Jahren
mit Infantilismus, verursacht durch einen Mangel des Ventrikelseptums des Herzenq
Roger sehe Krankheit). Er zeigt sodann eine Reihe anatomischer Präparate von
Kindern mit angeborenen Herzfehlern, welche im Spitale gestorben waren.
Berliner med. Gesellschaft.
(Sitzungen vom 11 . bis 25. März 1903.)
(Schluß).
Ledermann demonstriert 3 Fälle von Aplasia pilorum moniliformis, darunter
einen 10 jährigen Knaben, der äußerst spärlichen Haarwuchs aufweist. Haare
dünn, glanzlos, meist nur einige cm lang, viele dicht über der Kopfhaut abge¬
brochen und wie feine Stoppeln die Kopfhaut bedeckend, die teilweise atrophisch
verändert ist, teilweise kleine, an die Haarfollikel gebundene, schuppenbedeckte
Knötchen zeigt (Lichen pilaris oder Keratosis follicularis). Die Affektion bestand
seit den ersten Lebensmonaten, nachdem das ursprünglich reichlich vorhandene
Haarkleid ausgefallen war. Die mikroskopische Untersuchung ergab das typische
Bild der Spindelhaare. Die 42jährige Mutter des Pat. leidet seit ihrer Jugend
an der gleichen Affektion und trägt eine Perücke. Die Affektion — sie besteht
darin, daß die Haare abwechselnd spindelförmige Anschwellungen mit mehr oder
weniger starker zentraler Luftfüllung und Einschnürungen zeigen, an denen das
Mark häufig ganz verloren gegangen ist, so daß sich die beiden Kutikularsäume
fast berühren — tritt meist hereditär auf und ist im Sinne einer Hemmungs¬
bildung aufzufassen; die Therapie ist machtlos.
Mosse stellt 3 Kinder mit angeborenen Herzfehlern vor. Zunächst eine»;
10 jährigen Jungen, bei dem erstens ein systolisches Geräusch über der ganzen!
Herzgegend auffällt, das sein Punctum maximum nicht über einem Ostium, sondern
in der Mitte der Herzdämpfung, im 4. Interkostalraum hat. Zweitens fühlt man
ein sehr intensives transversales Schwirren ebenfalls am deutlichsten im 4. Intern
kostalraum, und zwar in der Richtung von links nach rechts hinübergehend.
handelt sich höchstwahrscheinlich um einen angeborenen Defect im Septum
ventriculorum. Um die Verschiedenheit der Intensität des systolischen Ge¬
räusches beim Septumdefekt und bei Pulmonalstenose zu demonstrieren, zeigt M.
einen 6 und einen 272 jährigen Jungen mit kongenitaler Pulmonalstenose. Bei dem
älteren, durch intensive Cyanose auffallenden Knaben hat M. eine Blutunter¬
suchung gemacht, die, wie in den meisten Fällen der Literatur, Hyperglobulie,
Vermehrung der roten Blutkörperchen ergab.
A. Baginsky führt einen Krankheitsfall mit einer eigenartigen Veränderung^
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IIL Aus Vereinen und Versammlungen.
487
der Haut vor, vielleicht ein Unicum. Zunächst aber demonstriert er, um zu
illustrieren, daß jenes Kind nicht an Sklerodermie leidet, ein anderes mit wirklicher
Sklerodermie behaftetes Kind, das am 15. Oktober 1902 geboren, im Sommer v. J.
erkrankte, indem sich ohne besondere Ursache am rechten Oberschenkel, der
Trochanterengegend entsprechend, eine kaum groschengroße, bläulich-weiße Steile
zeigte, die allmählich größer wurde und sich schließlich in eine strahlige, wei߬
glänzende, narbenähnliche, flache Stelle um wandelte. Nacheinander entstanden
mehrere solche Flecken am rechten Hinterbacken, am Rücken, am Fußrücken, in
der Gegend des rechten äußeren Knöchels. Seither ist nun bei dem bis dahin ger
sunden, einzigen Kinde gesunder Eltern keine therapeutische Maßnahme imstande
gewesen, das Leiden aufzuhalten, das vielmehr stetig fortschritt. Man konstatiert,
aaß die ganze Trochanterengegend bis über den rechten Hinterbacken hinauf in
eine Art von tiefgehender, von einer strahlig glänzenden, härtlich sich anfühlenden,
Von dicker Haut bekleideten Narbe verwandelt ist, so zwar, daß die Haut wie
an den Knochen angepreßt und festgeheftet erscheint. Ebenso am rechten
Unterschenkel, fast in der ganzen Ausdehnung des unteren Drittels, und in der
Umgebung des äußeren Knöchels, wo die Haut so fest und derb dem Knochen
aufliegt, daß sie nicht abhebbar, sondern an dem Knochen festgeheftet erscheint.
Ähnlich am rechten Fußrücken. Aber auch sonst an den verschiedensten Körper¬
stellen kleine, sonderbare Figuren bildende, bläulich-weißglänzende Stellen, offen¬
bar Anfänge der gleichen Veränderungen, die sich als echte progressive Sklero¬
dermie (en plaques) charakterisieren, eine bei Kindern recht seltene Affektion.
Warme Seifenbäder mit Massage und Fetteinreibungen haben bisher ebensowenig
Erfolg dagegen gehabt, wie Soolbäder und Salol intern. Das andere, 5 8 / 4 Jahre
alte Kind bekam anfangs Februar d. J., nachdem es einige Tage appetitlos und
unwohl gewesen, eine Verhärtung der Haut am Halse, die nach der Beobachtung
der Mutter alsbald sich weiter ausdehnte, so daß letztere die Aufnahme ins Kranken¬
haus veranlaßte. Hier ergab die Untersuchung folgendes: Die ganze Gesichts¬
haut, bis auf eine kleine Partie um den Mund herum, auch Wangen, Augenlider,
Stirnhaut fühlen sich bretthart und fest an; die Haut am Kinn und unterhalb
desselben am ganzen Halse und Nacken ist derb, fest, steif, an der Oberfläche
f latt und zart, nicht rauh, aber so derb und fest, daß man ein festweiches Stück
Kautschuk anzufassen glaubt. Ebenso die gesamte übrige Körperhaut: überall die
glatte Oberfläche ohne Abschuppung oder besonders auffallende Farbe, die fest¬
weiche kautschukähnliche Konsistenz, die aber nicht allein die Haut betrifft,
sondern auch Unterhautzellgewebe und Muskeln — Sensibilität normal, ebenso
Motilität, das Kind springt lustig herum, Sprache und Schlingen unbehindert,
Haut- und Muskelreflexe normal. Neben der Glätte, Faltenlosigkeit und Ver-
strichenheit der Haut fällt auch die Steifheit des Haupthaares sofort auf. Mit
Sklerodermie hat der Zustand sicher nichts zu tun, auch um Skierödem, Sklerema
adiposum handelt es sich nicht, mit Myxödem ist das liebliche, gescheite Kind
sicher auch nicht behaftet. B. möchte die sonderbare Erkrankung als „Staitino-
dermie“ (teigige Haut) bezeichnen.
A. Baginsky zeigt ferner ein anatomisches Präparat, das von einem plötz¬
lich in einem Anfalle von Laryngospasmus verstorbenen Rinde stammt. Dasselbe,
fl 1 /» Monate alt, wurde wegen Stimmritzenkrampf, Zuckungen und Krämpfen in
den Extremitäten und heftigen allgemeinen Krämpfen aufgenommen. Schlecht
ernährt, mit rachitischen Veränderungen behaftet, zeigte es krampfartige Zu-
stände in der Extremitäten- und Rumpfmuskulatur. Muskeln der Extremitäten
brettbart; Chvosteksche, Trousseausohe Phänomene. In einem Anfall von
heftigem Laryngospasmus trotz aller Hilfe Exitus. Oberhalb der sehr kleinen
Thymusdrüse, noch innerhalb des vorderen Mediastinum, aber ins Jugulum hin¬
einreichend, fand sich ein großes, hartes, käsig degeneriertes Konvolut von
Lymphdrüsen vor, in welches der N. vagus der linken Seite vollständig einge¬
packt erschien; desgleichen war der linke N. phrenicus von dem Drüsenpaket an
einer Stelle eingehüllt, während er etwas weiter abwärts über die Drüse gelagert
nach dem Zwerchfell hinabzog. Zweifellos haben sich beide Nerven so in einem
dauernden Reizzustand befunden. Es war kaum möglich, bei dem kleinen Kinde
aus etwaigen Begleiterscheinungen, der Herzaktion usw., auf eine Vagusaffektion
zu fahnden; indes können wohl auch ohne solche die laryngospastischen Phänomene
auf die Vagusreizung, der Atemstillstand vielleicht auch auf die Phrenicusalteration
bezogen werden. Es wäre also der Vorgang so zu denken, daß der Tod auf dem
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488
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 11.
Boden der allgemeinen tuberkulösen und rachitischen Kachexie durch die Läsion
peripherer Nerven bedingt gewesen ist, ein Seitenstiick zu den durch große Thy¬
mus bedingten plötzlichen Todesfällen.
IV. Neue Bücher.
Rudolf Fisch 1. Die Ernährung des Säuglings in gesunden und kranken Tagen. Stutt¬
gart 1903, Verlag von F. Enke. Preis: Mk. 2.
Der Verf. hat sechs populäre Vorträge, die er gehalten hat, zu einem Ganzen
vereinigt. Leider liegen bereits so viele zum Teil ja auch recht beachtenswerte
Scbriftchen gleichen Inhaltes vor, daß es Fischl wohl ziemlich schwer werden
dürfte, einen großen Leserkreis zu finden. Und doch verdient das Büchlein
weiteste Verbreitung und ragt hoch hinaus über viele Schriften ähnlichen Titels,
mit denen der Büchermarkt überschwemmt ist. Der Verf. hat es ausgezeichnet
verstanden, mit wenig Worten viel zu sagen, und so zu sagen, daß es auch allgemein
verstanden wird. Er hielt sich streng an die Wissenschaft und schildert doch
überall fein pointiert und interessant selbst spröde Stoffe. Er überschreitet
nirgends die Grenzen, die ein populär-medizinischer Autor strikte beachten muß,
will er nicht Halbwissenschaft und Kurpfuscherei großziehen. So bezitzt das
kleine Buch große Vorzüge, und der Arzt wird vielen Nutzen stiften, der es den
Müttern warm zur Anschaffung empfiehlt. Gr ätz er.
Neue Dissertationen.
D. Bantlin. Über einen Fall von Lebercirrhose im Kindesalter (Tübingen). —
Fr. Butzon. Über Nasenpolypen im Kindesalter (Straßburg). — Er. Conrad. Über den
heutigen Stand der Kenntnis der Vincent sehen Angina (München). — W.Dugge. 2 Fälle
fortgeschrittener Friedreich scher Krankheit bei zwei Geschwistern (Rostock). —
Ed. Frank. Naevi pigmentosi disseminati bei hochgradigem, stetig zunehmendem
Hydrocephalus eines neugeborenen Kindes (München). — H. E. Geinitz. Beiträge
zu Lebererkrankungen im Kindesalter (Halle). — W. Hammer. Über Thymus¬
erkrankungen und Thymustod (Freiburg). — A. Th. Haymann. Amniogene und erbliche
Hasenscharten (Leipzig). — Alfr. Hellmann. Die Bedeutung der Schilddrüse in der
Nosologie, nebst einem Fall von infantilem Myxödem (Gienen). — v. Janta-Pölczynski.
Ein Beitrag zur Behandlung der Rachendiphtherie (Berlin). — W. Kloninger. Zur Ätio¬
logie und Prognose des Nystagmus bei jungen Kindern (Leipzig). — H. Klose. Über den
Scharlach der Kinder, mit besonderer Berücksichtigung des Fiebers (Straßburg). —
Arth. Koblenzer. Über postdiphtheritische Lähmungen mit spezieller Berücksichtigung
zweier Fälle von doppelseitiger Rekurrenzlähmung (München). — A. Kreutzkamp.
Ergebnis der Cred^schen Prophylaxe in der Frauenklinik zu Halle 1899—1903
(Halle). — J. Wahr. Über Verkrümmung des Beines nach Resektion des Knie¬
gelenkes im Kindesalter (Kiel). — P. Watthieu. Die rachitischen Deformitäten des
Vorderarmes im Röntgenbilde (Leipzig). — E. Prätorius. Zur patholog. Anatomie
der Poliomyelitis anterior acuta infantum (München). — W. Riedel. Über das Auf¬
treten von Geschwüren im Gesicht nach Masern (Leipzig). — F. W. Schön. Maligne
Hodengeschwülste in den beiden ersten Lebensdezennien (Leipzig). — Arth. Schubart
Über psychische Störungen bei Chorea minor (Kiel). — F. Schulz. Über die Ge¬
wichtsverhältnisse der Säuglinge am 10. Lebenstage gegenüber dem Gewicht bei
der Geburt (Greifswald). Alfr. Tienes. Über das Verhalten des Milz bei Rachitis
(Leipzig). — P. Walter. Beitrag zur operativen Behandlung der kongenitalen Hüft¬
gelenksluxation (Freiburg). — A. Zabel. Über Blennorrhoea neonatorum ohne
Gonokokken (Halle). — Arth. Zeidler. Zur Ätiologie und Symptomatologie der
zerebralen Kinderlähmung (Leipzig). — W. Zimdars. Über kongenitale Zystennieren
(Greifswald).
Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzerin Sprott&u. — Verlag von Johann
Ambrosius Barth ln Leipzig. — Druck you Metzger A Wittigin Leipzig.
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Central blatt für
Kinderheilkunde.
Ein© NIonatsSchrift für praktisch© Är zXe*
VIII. Jahrgang. 1. Dezember 1903. No. 12.
I. Referate.
J. K. Friedjung u. A. F. Hecht. Kasuistisches aus dem Jahres¬
berichte.
(Aus der Kaderabteilung Prof. Monti und Prof. Frühwald der
Allgem. Poliklinik in Wien.)
(Wiener med. Wochenschrift 1903 No. 36.)
Ein 6jähriges, kräftiges Mädchen, vorher gesund, wird ohne sicht¬
bare Ursache mitten in der Gesundheit von einem apoplektiformen
Insult überrascht, mit halbseitigen Krämpfen (links) nach Hause ge¬
bracht. In den nächsten Tagen wiederholen sich die Anfälle weniger
heftig, es kommt zu einer spastischen Hemiparese der linken Seite,
Sprache und Intelligenz werden geschädigt, am siebenten Krankkeits-
tage sistieren die wieder heftig gewordenen Konvulsionen nur noch
für kurze Intervalle, und unter terminaler Temperatursteigerung stirbt
das Kind nach einem halben Tage.
Was lag vor? Es konnte sich nur um eine scharf lokalisierte
Herderkrankung handeln; ein Tumor war zu vermuten. Nun ergab
die Obduktion nichts anderes, als hochgradige Hyperämie der
Meningen und der Gehirnrinde neben Ödem des Gehirns. Die
Hyperämie des Gehirns mußte jene Erscheinungen veranlaßt haben.
Und in der Tat liegen Literaturangaben vor, nach denen Gehirn¬
hyperämie solche Symptome hervorzurufen imstande ist. Die Ur¬
sache dieser Hyperämie blieb hier aber dunkel, ebenso ist der lang¬
wierige Verlauf schwer zu deuten. Grätzer.
ConcettL Ein Fall von Pseudobulbärparalyse infolge von
Gehirnläsion bei einem 5jährigen Knaben.
(Policlinica 1903 No. 1.)
Der Symptomenkomplex, der sich sehr rapid in der Kekonvales-
zenz nach mittel schwerer Diphtherie entwickelte, war folgender: Er¬
brechen, apoplektiformer Insult bei ungetrübtem Bewußtsein, mit
schlaffer halbseitiger Lähmung, Aufhebung der Sehnen- und Haut¬
reflexe, Facialisparese, Babinskischem Symptom nur auf der linken
Seite; Hyperästhesie der Glieder mit ataktischen Bewegungen rechts;
Lähmung der Zunge, des”Gaumensegels besonders links; Schlucken
und Sprechen unmöglich, Atmung beschleunigt mit Cheyne-Stoke-
Centralbl. f. Kiuderhlkde. VIII. Digitized by GoOgle
490
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
schem Typus, Puls schnell, fadenförmig. Schließlich trat Bewußtseins¬
störung und Koma und nach 3 Stunden der Exitus ein. Bei der
Autopsie fand man einen Embolus, der die rechte A. Sylviae ver¬
stopfte, und beginnende Erweichung der Rindensubstanz in der ent¬
sprechenden Region; außerdem einen Thrombus im linken Herzohr,
Nephritis und frische Myokarditis.
Der Fall erweist die Möglichkeit des Bestehens eines bulbären
Symptomenkomplexes bei völliger anatomischer Intaktheit des Bulbus.
F.
Edoardo Orefice. Multiple Embolien und Thrombosen der
Zerebralgefaße.
(La Clinica Pediatrica, Juni 1908.)
Verf. gibt ausführliche Krankengeschichte nebst Sektionsbefund
zweier Fälle. Im ersten führten die epikritischen Überlegungen zu
der Diagnose: Multiple zerebrale Erweichungsherde, verursacht durch
Embolien infolge Endokarditis wahrscheinlich fötalen Ursprungs. Im
zweiten Falle handelte es sich um multiple Thrombosen der Hirn¬
gefäße; Verf. führt sie zurück auf den marantischen Zustand des
Kindes und die durch häufige Diarrhöen und Erbrechen bewirkte
Eindickung des Blutes. F.
G. W. Boot A case of Blindness and Deafhess following
Eclampsia in a child.
(American Medicine, den 1. August 1903.)
Das 6jährige Mädchen bekam im Verlaufe einer Enterocolitis
einen kurzen Krampfanfall, aus welchem sie blind und taub erwachte.
Beide Störungen dauerten nur 15 Stunden und schwanden vollständig.
Lähmungen oder Aphasie waren nicht vorhanden.
Leo Jakobi (New York).
Carlo Francioni. Ein eigentümlicher Fall von Zerebralsklerose.
(Rivista di Clinica Pediatrica 1903 No. 4.)
Verf. gibt eine sehr ausführliche Krankheitsgeschichte des einen
10 ^jährigen Knaben betreffenden Falles, sowie einen genauen Sektions¬
bericht nebst den Resultaten der histologischen Untersuchung vom
Zentralnervensystem. Es fanden sich hauptsächlich Veränderungen
in der Rindensubstanz der beiden Hinterhauptslappen. Veränderungen,
die vom Verf. als Residuen eines entzündlichen oder degenerativen
Prozesses gedeutet werden. Im Rückenmark fand sich ein großer
Teil der Seiten- und Vorderstränge des oberen Zervikalmarks dege¬
neriert besonders in der Gegend der Pyramidenbündel.
Die Anfangssymptome der Erkrankung waren Erbrechen, Kopf¬
schmerz, es folgten epileptiforme Anfälle und langsamer progressiver
Verlust des Sehvermögens auf beiden Augen. Der Irisreflex auf
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I. Referate.
491
Lichteinfall war dabei vollkommen erhalten; die Erklärung für diese
Tatsache ist dadurch gegeben, daß bei der Sektion die Nervi optici
bis zu ihrem Eintritt in die primären Sehzentren völlig intakt ge¬
funden wurden.
Die Krankheit, als deren Residuen Verf. die im Zentralnerven¬
system gefundenen Veränderungen ansieht, hält er für eine tuber¬
kulöse Encephalitis, die wahrscheinlich in Begleitung einer tuber¬
kulösen Meningitis aufgetreten war. F.
JOS« K. Friedjung. Zwei Fälle von Glioma cerebri.
(Archiv f. Kinderheilkunde, Bd. 35, Heft 5 u. 6.)
Der erste Fall ergab bfci der Sektion ein kleinapfelgroßes Gliom
des Pons und der Vierhügel mit fast vollständiger Infiltration der¬
selben und Kompression der linksseitigen Hirnnerven IV-XII; im
Vordergrund der Erscheinung stand die zerebellare Ataxie, die sich
als Herdsymptom bei Erkrankungen des Kleinhirns, namentlich seines
Mittellappens, wohl auch als indirektes Symptom bei Herden in un¬
mittelbarer Nachbarschaft, so auch der Vierhügel findet Auf die
Corpora quadrigemina weist aber ganz besonders die mehrfache Augen¬
muskellähmung hin (linker Abducens und beide Okulomotorii, nament¬
lich der rechte), dazu kamen Schwerhörigkeit, links stärker als rechts,
vermindertes Sehen, und Protrusio bulbi links, um das Bild der Herd¬
erkrankung der Vierhügel zu vervollständigen. Damit vereinigten
sich aber noch charakteristische Erscheinungen einer Läsion der
Brücke. Vor allem das bekannte Symptom der Hemiplegia alternans
inferior: der linke Facialis, die rechten Extremitäten gelähmt, das
weist fast unfehlbar auf einen Herd der linken Brückenhällte. Auch
die Störung der Sprache und des Sehlingens durfte wohl mit der
Brückenerkrankung in Zusammenhang gebracht werden. Wie gewöhn¬
lich waren die Sehnenreflexe gesteigert.
Der zweite Fall bot bei der Obduktion ein fast mannesfaust¬
großes, zum großen Teil hämorrhagisches Gliom der rechten Gro߬
hirnhemisphäre mit Verdrängung der Stammganglien nach rechts.
Hochgradige Abplattung der Hirngyri und chronischer Hydrocephalus
internus. Seit dem 15. Lebensmonate traten durch lange Zeit jeden
Morgen „Ohnmachtsanfälle“ ohne Krämpfe mit leichter Cyanose von
kurzer Dauer auf, denen mehrstündiger Schlaf folgte. In den letzten
8 Monaten blitzartige Zuckungen aller vier Gliedmaßen, sowie rasche
Drehungen des Kopfes nach rechts. Pat., der bereits gehen konnte,
hat seit 4 Monaten zu laufen aufgehört und konnte nicht einmal
mehr sitzen. Die Diagnose wurde angesichts des auffallend ver¬
größerten Kopfes, der offenen und gespannten großen Fontanelle und
Nähte, der Stauungspapille, der charakteristischen Augenstellung
(„abwärts geschoben“ mit leichtem Strabismus convergens) und der
Abwesenheit von Herdsymptomen auf Hydrocephalus chronicus ge¬
stellt. Bemerkenswert war das überraschend schnelle Ende des
Kranken: nach einer unter den üblichen Kautelen gemachten Lumbal-
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492
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
punktion treten plötzlich Konvulsionen auf und im Verlaufe von
21 Stunden stirbt das Kind. Die Vermutung liegt nahe, daß der
rasche Exitus mit der Punktion in ursächlichem Zusammenhänge steht.
Hecker (München).
Bela Schick. Zur Kenntnis der „Hypertrophia cerebri“ als
Krankheitsbild im Kindesalter.
(Jahrbuch f. Kinderheilkunde, Bd. 57, Heft 4.)
Zwei klinisch beobachtete und sezierte Fälle geben dem Verf.
Gelegenheit, die pathologische Anatomie, die Symptomatologie und
Differential diagnose dieser seltenen Erkrankung zu studieren. Aus
den Beobachtungen sei hervorgehoben: in beiden Fällen Vorhanden¬
sein hereditärer psychopathischer Belastung. Persistenz der Thymus;
klinisch in dem einen Fall epileptiforme Anfälle, die kurz vor dem
Tode in rasch aufeinanderfolgende, hauptsächlich klonische Krämpfe
diffuser Natur ohne bestimmte Lokalisation übergingen; dabei tiefer
Sopor; terminal ansteigendes Fieber. Die Lumbalpunktion ergab
auffällig niedrigen Druck (7—8 mm Hg gegen 3,25 mm normal). Beim
zweiten Fall hauptsächlich klonische Krämpfe diffuser Art mit Aus¬
schaltung des Bewußtseins. Die Krämpfe waren zum größten Teil
reflektorisch durch äußere Heize bedingt. Krampfhafter Kieferschluß
mit furchtbaren allgemeinen Konvulsionen, sobald nur der Löffel in
die Nähe des Mundes kam. Durch Lumbalpunktion überhaupt keine
Flüssigkeit zu erhalten, der Druck gleich Null. In beiden Fällen in
den letzten Tagen fast unzählbarer Puls und exzessive hohe, zerebral
bedingte Temperaturgrade. Diagnostisch möchte B. als eine Er¬
scheinungsform der Hypertrophia cerebri hinstellen: bald nach der Ge¬
burt beginnende, hauptsächlich klonische Krämpfezustände diffuser Art
ohne bestimmte Lokalisation mit Aufhebung des Bewußtseins und
mit Herabsetzung des zerebrospinalen Druckes, eventuell gänzlid^
negativer Ausfall der Lumbalpunktion. Hecker (MitaiWerip
H. Schloss. Über einen Fall von infantiler Paranoia.
(Aus der niederösterreich. Landes-Irrenanstalt in Kierling-Gugging.)
(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 23.)
S. bezeichnet als Paranoia eine Psychose, die sich darin äußert,
daß bei erhaltenem Bewußtsein primär entstandene Wahnvorstellungen
dadurch, daß sie sich nach logischen Gesetzen verbinden, ein zu¬
sammenhängendes System bilden. Die Armut der kindlichen Begriffe
bedingt bei Kindern natürlich eine gewisse Dürftigkeit jener Wahn¬
vorstellungen.
S.s Pat., ein 12jähriger Schulknabe, der schon in den ersten
Lebensjahren an schweren Stimmritzenkrämpfen litt, frühzeitig Alkohol
genoß und masturbierte, dazu psyckopatisch belastet war, zeigte sehr
bald einen ethischen Defekt. Er stahl, log, schimpfte in gemeinen
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I. Referate.
493
Ausdrücken usw. Dann bildeten sich rasch Wahnideen aus, die
hauptsächlich darin bestanden, daß er, der über ein ziemliches Ver¬
mögen verfügte, fürchtete, von den Ärzten, seinem Onkel, von
Anarchisten usw. vergiftet zu werden um seines Reichtums wegen,
den er dazu bedeutend überschätzte. Er war daher sehr vorsichtig
im Genuß von Speisen, nahm überall eigentümliche Gerüche wahr;
aus Rache bespuckte er alle, war oft deprimiert, dann zu Bosheiten
geneigt. Es kam hier also schon in einer Lebensperiode, in welcher
die Systematisierung von Wahnvorstellungen eine Seltenheit ist, zu
einer solchen. Daß das System ein dürftiges war, lag eben am Mangel
voller psychischer Entwicklung und des vollen Ausdrucksvermögens.
Grätzer.
NI. Probst (Wien). Zur Klinik und Anatomie fortschreitender
Verblödungsprozesse im Kindesalter.
(Wiener med. Wochenschrift 1903 No. 25 u. 26.)
Rindenprozeß mit Schwund der Ganglienzellen und markhaltigen
Fasern, Erweiterung der Gefäße, Kernvermehrung der Gefäßwand,
ausgebreitet über Stirn-, Schläfen-, Scheitel- und Hinterhauptshirn.
Lues war bei dem 17jährigen Mädchen, das im zwölften Lebensjahre
erkrankt war und bei zunehmender Verblödung unter dem Bilde der
progressiven Paralyse 5 Jahre später starb, nicht nachweisbar.
Grätzer.
B. Sachs (New York), Ein weiterer Beitrag zur amaurotischen
familiären Idiotie, einer Erkrankung hauptsächlich der grauen
Substanz des Zentralnervensystems.
(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 28.)
S. hatte Gelegenheit, bei einem 2^jährigen mit amaurotischer
familiärer Idiotie behafteten Kinde die Autopsie zu machen. Es
fanden sich u. a. kleine Hirnwindungen, fissurale Abnormitäten (Kon¬
fluenz der Fissura Rolando mit der Fissura Sylvii usw.), mangelhafte
Entwicklung der meisten Fasern im Gehirn, Degeneration der Pyra¬
midenfasern in den Seiten- und Vordersträngen des Rückenmarks.
Diese Degeneration war auch deutlich in der Capsula interna, in den
Hirnschenkeln, in der Brücke und in der Medulla oblongata. Weit
auffallender waren die Störungen in der grauen Substanz; sie waren
ziemlich gleich in der Hirnrinde, in den Kernen der Hirnnerven, in
der vorderen und hinteren grauen Substanz des Rückenmarks vom
zervikalen bis zum sakralen Teile hinab. Die Veränderungen stimmten
genau überein mit denen, die Hirsch bei einem Falle gefunden hat,
und mit denen, die S. selbst bei zwei Fällen 1887 und 1892 ent¬
deckte. Nirgends Anzeichen eines entzündlichen Prozesses, dagegen
geringe Vermehrung der Neurogliazellen im ganzen Zentralnerven¬
system. Die auffallendste Veränderung aber betraf die großen Ganglien¬
zellen der grauen Substanz. In der Rinde und in der vorderen
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494
Ceutralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
grauen Substanz des Rückenmarks fand sich kaum eine normale
Ganglienzelle; der Zellkörper zeigte sich total verändert, erschien wie
eine homogene Substanz, der Kern meist an die Peripherie des Zell¬
körpers verschoben.
Daraus ließe sich der Schluß ziehen, daß es sich bei der amau¬
rotischen familiären Idiotie um eine Affektion hauptsächlich der
zentralen grauen Substanz im Gehirn und Rückenmark handelt; die
Entartung der weißen Fasern in den vorderen und Seitensträngen
ist wahrscheinlich eine sekundäre. Das Wesentliche des Prozesses
bleibt noch in Dunkel gehüllt, jedoch denkt sich S. die Sache so, daß
die graue Nervensubstanz solcher Kinder, welche die Fähigkeit be¬
sessen hat, sich bis zum Alter von 4—6 Monaten normal auszubilden,
nach dieser Zeit eine Störung der normalen Entwicklung erleidet: erst
Entwicklungshemmung, dann Degeneration. Bei manchen anderen
Krankheitsbildern sind bereits ähnliche anatomische Veränderungen
gefunden worden. So von Spiller bei einem Falle von kongenitaler
spastischer Starre, von Rolly bei Littlescher Krankheit. Also bei
verwandten Krankheitszuständen ließen sich ähnliche Zellenbilder
nachweisen. S. hat auch nie die amaurotische familiäre Idiotie als
vollständig eigenartige Erkrankung aufgefaßt, nur als besonderes Krank¬
heitsbild, und ein solches liegt zweifellos vor. Klinisch ist die Gruppe
sicherlich von der gewöhnlichen Idiotie und den verschiedenen spasti¬
schen Hirnlähmungen der Kinder zu differenzieren, es liegt aber eine
Verwandtschaft mit den sonstigen kongenitalen Lähmungen zweifellos
vor. Jetzt ist auch erwiesen, daß die amaurotische familiäre Idiotie
enge anatomische Beziehungen aufweist zu anderen Krankheitsbildern,
die ebenfalls auf Störungen in der normalen Entwicklung des Zentral¬
nervensystems beruhen. Was die Affektion besonders auszeichnet, ist
die Tatsache, daß die Störungen hauptsächlich und jedenfalls primär
die graue Substanz des Hirns und des Rückenmarks betreffen. Vieles
bleibt noch dunkel, so der Umstand, daß gerade diese Krankheitsform
sich fast ausschließlich bei Kindern jüdischer Abstammung ausbildet
(auch der neue Fall S.s betraf ein solches). Grätzer.
Georg Heimann. Ein Beitrag zur Idiotenstatistik.
(Allg. Zeitschr. f. Psych.. Bd. 60, Heft 3.)
Unter 1935 Idioten der Irren- und Idiotenanstalten im Jahre
1900 waren 646 in der Land-, Forstwirtschaft und Gärtnerei tätig,
146 im Handel, 24 im Verkehrsgewerbe, 578 in der Industrie, 31 im
Bergbau, 441 in häuslichen Diensten, 69 in Militär-, bürgerlichem,
kirchlichem Dienste und freien Berufsarten. Verf. stellt in seiner
Arbeit fernerhin die Angaben über die Kriminalität der Idioten zu¬
sammen. Als stumm bezw. taubstumm werden 147, als taub oder
schwerhörig 22 bezeichnet, blind waren 79. Epilepsie fand sich 35,
Chorea 27, Athetose 5 mal. Bei 231 ist Mikrocephalie, bei 153 Hydro-
cephalus notiert. Ätiologisch kann 80 mal englische Krankheit, 15 mal
angeborene Syphilis, 55 mal Gehirnentzündung im ersten Jahre, 114mal
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I. Referate.
495
eine im ersten Jahr erlittene Kopfverletzung in Betracht. Ferner
spielt Erblichkeit, Trunksucht der Eltern, Blutverwandtschaft der
Eltern eine Rolle. Sehr hoch ist die Zahl der unehelich Geborenen.
Kurt Mendel.
H. Stakemann (Rotenburg i. Hann.). Welche besonderen Ein¬
richtungen sind bei der Anstaltsbehandlung der Epileptischen
erforderlich?
(Allg. Zeitschr. f. Psych., Bd. 60, Heft 5.)
Verf. faßt die Hauptergebnisse seiner Arbeit in folgenden Sätzen
zusammen:
1. Für die große Mehrzahl der Epileptischen ist die Anstalts¬
pflege nötig.
2. Die Unterbringung derselben in Irrenanstalten, gemeinsam mit
frischen Fällen von Geisteskranken, führt zu großen Unannehmlich¬
keiten und entspricht nicht den heutigen Anschauungen der Irren¬
pflege.
3. Es liegt daher sowohl im Interesse der Irrenanstalten, als
auch der Epileptischen, insbesondere der großen Menge der sogenannten
geistesgesunden Epileptischen, daß Sonderanstalten für letztere erbaut
werden, wie solche sowohl als staatliche, wie als private bereits be¬
stehen und sich bewährt haben.
4. Dieselben sollen jedoch ausnahmsweise auch anderen „Krampf¬
kranken“ zur Aufnahme dienen können; auch ist die Aufnahme unter¬
richtsfähiger Idioten erwünscht, wenn dieselben gleichzeitig epilep¬
tisch sind.
5. Die Einrichtungen in diesen Sonderanstalten müssen sich
streng an die erprobten Einrichtungen der staatlichen Irrenanstalten
anlehnen. Die Zumischung eines geringeren Prozentsatzes von Geistes¬
kranken empfiehlt sich sowohl im Interesse der Ärzte und des Pflege¬
personals, als auch der praktischen Behandlung der Kranken selbst.
6. Den staatlichen Sonderanstalten gebührt wegen der Einheit¬
lichkeit der ärztlichen und administrativen Maßnahmen und wegen
der meist größeren Vollkommenheit der baulichen, technischen und
inneren Einrichtungen vor den Privatanstalten im ganzen der
Vorzug, doch sind auch Privatsonderanstalten für Epileptische, in
welchen die ganze Fürsorge für die Kranken in der Hand eines
psychiatrisch gebildeten Arztes liegt und deren Gesamteinrichtungen
den modernen Anforderungen an eine Irrenanstalt entsprechen, als
zur Bewahrung, Kur und Pflege geeignet anzusehen.
7. Die besonders zu fordernden Einrichtungen an diese Sonder¬
anstalten beschränken sich im wesentlichen auf den besonderen Schutz
der Kranken vor Verletzungen und Unglücksfällen jeder Art Im
übrigen sollen sich dieselben von den eigentlichen Irrenanstalten mög¬
lichst wenig unterscheiden.
8. An die Pflichttreue, Aufmerksamkeit und Selbständigkeit des
Pflegepersonals an Sonderanstalten für Epileptische müssen besonders
hohe Anforderungen gestellt werden. Weibliche Pflege ist auf der
Männerabteilung nicht angebracht.
Digitized by
Kurt Mendel.
Google
496
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
Sala und R0S8i. Zur Frage über einige angebliche toxische
und therapeutische Eigenschaften des Blutserums von
Epileptikern.
(Neurol. Zentralbl. 1903 No. 18.)
Im Gegensatz zu Ceni fanden Verff. in fünf Fällen von Epi¬
lepsie, daß
1. die Injektionen mit Blutserum von Epileptikern keinen wohl¬
tätigen Einfluß auf den Verlauf des Krankheitsbildes ausübten und
2., daß niemals eine toxische Erscheinung — weder vorüber¬
gehend noch dauernd — sich zeigte; vielmehr bleiben die Organismen
den Seruminjektionen gegenüber völlig neutral. Kurt Mendel.
Biro. Über Epilepsie,
(Deutsche Zeitschr. f. Nervenh., Bd. 23, Heft 1 u. 2.)
Verf. stützt seine Ausführungen auf die Beobachtung von 306 Fällen
von Epilepsie. Es waren hiervon 55°/ 0 männlichen, 45°/ 0 weib¬
lichen Geschlechts, darunter 37 °/ 0 Knaben und 63 *y o Mädchen unter
13 Jahren. Ein einzelnes Trauma reicht aus, um die Anfälle hervor¬
zurufen. In 10 °/ 0 konnte ein psychisches Trauma nachgewiesen
werden. In l°/ 0 stellte sich das Leiden im Anschluß an adenoide
Wucherungen ein, in 10°/n nach Infektionskrankheiten (Masern, Typhus,
Meningitis), in 14 °/ 0 als Folge des Alkoholismus der Eltern. Direkte
Heredität fand sich in 6°/ 0 , das Leiden vererbt sich 3 mal so häufig
von dem Vater auf die Kinder als von der Mutter, und zwar haben
die Söhne die Krankheit vom Vater, die Töchter von der Mutter.
In 28°/ 0 Aura, die bei demselben Kranken fast immer in gleicher
Form auftrat. Erbrechen in 2°/ 0 . Der Zungenbiß ist vom Alter,
von der Dauer und Stärke des Anfalls unabhängig. Unwillkürlicher
Ilarnabgang ist häufiger bei Frauen als bei Männern, seltener ist In¬
continentia alvi. In 2 °/ 0 Epilepsia procursiva, in 4°/ 0 Albuminurie.
In 58°/ 0 der Fälle traten die Anfälle am Tage und in der Nacht,
in 29°/ 0 nur nachts, in 8°/ 0 häufiger am Tage und in weniger als
5°/ 0 nur am Tage auf. 14°/ 0 waren geistesschwach. In 98 °/ 0 blieb
der Typus der Anfälle konstant, in 60°/ 0 Abnahme der freien Inter¬
valle mehr oder weniger beständig, in 26 °/ 0 waren die Intervalle fast
gleichmäßig und in 12 °/ 0 verlängerten sie sich stets und stufenweise.
Die Behandlung hat stets mit Brom zu beginnen; falls es nichts
nützt, wende man eine kombinierte Methode (Bechterew, Flechsig,
Ziehen) an. Ist auch diese erfolglos, so versuche man die Toulouse-
Richetsche Behandlung, eventuell Bromipin, Bromalin, Atropin usw.
Kurt Mendel.
Digitized by v^ooQie
I. Referate.
497
Carlo Coni. Spezifische Autocytotoxine und Antiautocytotoxine
im Blute der Epileptiker.
(Neurol. Zentralbl. 1903 No. 8.)
Im Epileptikerblut kreist nachC. zusammen mit einem spezifischen
Autocytotoxin auch ein Antiautocytotoxin. Dieses antitoxische Prinzip
ist jedoch nicht im lebenden Plasma löslich; aber es findet sich im
Blute in einem latenten Zustande, an die zeitigen Elemente des Blutes
gebunden, von denen es durch einen phagolytischen Prozeß losgelöst
wird. Kurt Mendel.
Rudolf Bälint. Weitere Beiträge zur diätetischen Behandlung
der Epilepsie.
(Neurol. Zentralbl. 1903 No. 8.)
B. kommt zu dem Schlüsse, daß die chlorarme Diät (Riehet-
Toulouse), bestehend aus Milch, Butter, Eiern, Obst und aus mit
Bromnatrium gesalzenem Brot, die Zahl und Intensität der Anfälle
vermindert, daß aber dieselbe längere Zeit nur dann fortgesetzt
werden kann, wenn der Kranke ihrer nicht überdrüssig wird. In
diesem Falle sind in die Diät Gemüse, Mehlspeisen und Fleisch,
doch ohne Kochsalz zubereitet und mit Bromnatrium gesalzen, auf¬
zunehmen. Das Körpergewicht der Kranken ist zu kontrollieren, auf
Bromismus zu achten, eventuell ist die Bromdosis abzuändern, bezw,
zeitweilig auszulassen oder die Diät zu variieren. Kurt Mendel.
Halmi und Bajaruß. Über Behandlung der Epilepsie nach
der Methode von Toulouse-Richet.
(Psycb.-neur. Wochenschrift 1902 No. 48.)
Die Toulouse-Richetsche Methode —so führen Verff. aus —
heilt weder die Epilepsie, noch bessert sie sie. „Wohl gelangt die
Wirkung des Brom bei künstlicher Entziehung des Chlor besser zur
Entfaltung, doch ist die stärkere Wirkung mit der Gefahr einer ver¬
schieden schweren Bromvergiftung verbunden.“ Eine längere Zeit
hindurch währende Anwendung scheitert auch an der Weigerung der
Pat. Die oligochlorische Bromtherapie machte die Kranken in
psychischer Beziehung ruhiger und unempfindlicher, bei einzelnen
Pat. traten Stupor und Delirien auf, bei zweien erfolgte der Exitus
durch Bromintoxikation (Herzschwäche). Kurt Mendel.
VOR V088. Bemerkungen zur Genese der Tetanie.
(Psycb.-neur. Wochenschrift 1902 No. 50.)
Verf. betont den nahen Zusammenhang der Tetanie mit der
Epilepsie und nimmt eine spasmophile Diathese der Vorderhörner
des Rückenmarks sowie der Kerne der motorischen Hirnnerven als
Eutstehungsursache der Tetanie an. Kurt Mendel,
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498
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
Stanislas Kopczyn8ki. Contribution ä l’dtnde de ranatomie
pathologique et de la pathog^nie de la chorde.
(Revue neurol. 1903 No. 15.)
In einem Fall von Sydenhamscher Chorea, welcher zur Sektion
kam, war der Obduktionsbefund — bis auf eine leichte Chromatolyse
in einzelnen Zellen der Hirnrinde — ein durchaus negativer. Ins¬
besondere konnten weder sonstige Strukturveränderungen der Zellen,
speziell der Pyramidenzellen, noch Degeneration der Nervenfasern noch
NeurogliaWucherung nachgewiesen werden. Die motorischen Bahnen
der Hirnrinde, die Stammganglien und die Hirngefäße wurden als
normal befunden.
Im Anschluß hieran geht Verf. die Theorien durch, welche zur¬
zeit betreffs der pathologischen Anatomie und Pathogenese der Chorea
existieren. Kurt Mendel.
Karl Hudovernig. Beitrag zur pathologischen Anatomie der
Chorea minor.
(Arcb. f. Psych. und Nervenkr., Bd. 37, Heft 1.)
Aus einem klinisch und anatomisch untersuchten Falle von Chorea
minor kommt Verf. zu folgenden Schlüssen:
1. Die Chorea minor ist eine infektiöse Krankheit, und das schäd¬
liche Agens derselben wirkt auf hämatogenem Wege.
2. In leichteren Fällen verursacht dasselbe eine nutritive Störung;
im schwereren äußert sich dasselbe in Veränderungen der Blutgefäße
und in Ablagerungen von Kolloidkörperchen; letztere ist ein Ausdruck
des ad maximum gesteigerten Krankheitsprozesses.
3. Die Anwesenheit von Kolloidkörperchen ist für Chorea minor
charakteristisch, ohne daß dieselben in allen Fällen von Chorea minor
vorhanden sein müssen.
4. Die choreatischen Bewegungen sind stets der Ausdruck einer
direkten oder indirekten Reizung der Pyramidenbahnen an einer be¬
liebigen Stelle ihres Verlaufes. Kurt Mendel.
Ewald Stier. Zur pathologischen Anatomie der Huntington-
schen Chorea.
(Arch. f. Psych. und Nervenkr., Bd. 37, Heft 1.)
Verf. kommt zu folgenden Schlüssen auf Grund eines eigenen
klinisch und anatomisch untersuchten Falles:
„Die Huntingtonsche Chorea beruht immer auf einer ererbten
anomalen Anlage der motorischen Rindenzentren, welche oftmals schon
makroskopisch als Asymmetrie dieser Rindenteile oder größerer Him-
abschnitte sichtbar wird. Die eigentliche Erkrankung beginnt im späteren
Leben damit, daß die Neuroglia in den motorischen Zentren anfängt
m wuchern. Diese Wucherung erfolgt entweder herdweise oder diffus
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I. Referate.
499
und befällt im letzeren Falle vorwiegend die zweite und dritte Rinden-
Schicht, das sind die Schichten der kleinen und mittleren Pyramiden¬
zellen, Hand in Hand mit dieser diffusen Wucherung geht fast stets
eine Erkrankung der Gefäße. Fast immer erkranken gleichzeitig die
kleineren und mittleren Ganglienzellen bis zu ihrem völligen Unter¬
gänge, während die großen Ganglienzellen in den innersten Schichten,
speziell die großen Betzschen Zellen so gut wie völlig unversehrt
bleiben. Bei längerem Bestand führt die diffuse Form der Erkrankung
anatomisch freist zu einer Afiektion der Hirnhäute und zum Schwund
der Tangentialfasern, zu nachweisbarer Nervenfaserdegeneration im
Gehirn und Rückenmark, sowie zu allgemeiner Atrophie des Gehirns;
klinisch zum Untergang aller höheren geistigen Funktionen, zur
Demenz.“ Kurt Mendel.
De Marchio. L’urina nella corea del Sydenham,
(Arch. di farmacologia sperimentale 1903 No. 6.)
Der untersuchte Urin stammte von zwei an Chorea erkrankten
Pat. Die Untersuchung wurde in zwei Serien ausgeführt, die je 6 Tage
umfaßten, so daß die erste Serie während der Akme der Erkrankung
vorgenommen wurde, die zweite Serie nach der Genesung. Quantität
und Qualität der Nahrung blieb während der ganzen Zeit der Unter¬
suchung unverändert.
Es ergab sich, daß bei der Chorea die Tagesmenge des Urins
vermindert, das spezifische Gewicht relativ erhöht und die totale
Azidität vermehrt ist. Die Menge des Gesamtstickstoffs ist un¬
verändert, der prozentuale Stickstoffgehalt jedoch, der während der
Krankheit nicht als Harnstoff erscheint, ist größer als der nach der
Genesung ausgeschiedene; es besteht nämlich während der Krankheit
eine Verminderung der Hamstoffausscheidung und eine Zunahme des
nicht an Harnstoff gebundenen Stickstoffs. Ferner ist die Harnsäure¬
ausscheidung, sowie die Ausscheidung der Phosphate vermehrt, f.
W. Rindfleisch. Über Chorea mollis sive paralytica mit
Muskelveränderungen.
(Deutsche Zeitschr. f. Nervenh.)
Verf. berichtet über zwei Fälle von Chorea mollis, von denen
der eine letal endigte und anatomisch untersucht werden konnte. Es
fanden sich am Zentralnervensystem nur ganz geringe Veränderungen
im Muskelsystem, aber ungleichmäßiges Volumen der Fasern, teil weiser
Verlust der Querstreifung und Vermehrung der Muskelkeme, die sich
manchmal zu Kernklumpen zusammenballten. Verf. hält diese Muskel¬
veränderungen für das Primäre. Sie, sowie die Hirnänderungen seien
Folgen einer infektiös-toxischen Schädlichkeit. Kurt Mendel.
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500
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
Franzis Huber. Brachial monoplegia in ,the cottrse of
Chorea minor.
(Archive» of Pediatrics, April 1903.)
Mehr oder minder ausgesprochene Muskelschwäche ist im Ver¬
lauf der Chorea minor nicht so selten und es kann gelegentlich zu
vollständigen Lähmungen kommen.
H. beschreibt eine derartige Lähmung der linken oberen Ex¬
tremität bei einem 8jährigen an Chorea leidenden Mädchen. So
ausgesprochen war die Paralyse, daß ein Verdacht auf Poliomyelitis
wach wurde. Doch ging der Zustand unter roborierender Behandlung
langsam zurück bis zur völligen Widerherstellung der Kraft.
Offenbar sind derartige Störungen als rein funktionelle änzusehen,
vielleicht auf Erschöpfung der motorischen Rindenzellen beruhend,
was auch bei Epilepsie hin und wieder eintritt.
In Bezug auf Therapie glaubt H. von Opiaten bessere Resultate
gesehen zu haben, als vom Arsen, gerade in schweren Fällen von
Chorea.
Zum Schluß erinnert er an den Fall vonPreobrajensay, welcher
im Blute eines choreatischen Pat. Streptokokken gefunden hatte. Der
betreffende Kranke litt unter anderen an Muskelschwäche und
Lähmungen, und wurde mit Antistreptokokkenserum erfolgreich
behandelt, nachdem Brom, Chloral und Arsenik versagt hatten.
Leo Jakobi (New York).
J. Dejerine. Sur la rigidit^ ßpasmodique congenitale d’origine
medullaire. Syndröme de Little par 16sion m&lullaire en
foyer d£velopp6e pendant la vie intra-uterine.
(Revue neurol. 1903 No. 12.)
Es handelt sich um einen 63jährigen Mann, der wahrscheinlich
durch normalen Geburtsakt zur Welt kam und eine angeborene Starre
sämtlicher vier Extremitäten, besonders der Beine darbot. Hirnnerven
frei. Intelligenz und Sensibilität und Sphinkterfunktion ohne Sonder¬
heit Die Sektion ergab nichts Krankhaftes im Gehirn, hingegen
einen schon makroskopisch wahrnehmbaren sklerotischen Herd im
Rückenmark in der Höhe des dritten Zervikalsegmentes. Dieser Herd
befiel — wie die mikroskopische Untersuchung ergab — die beiden
vorderen Dritteile der Hinterstränge und die beiden Hinterhörner,
von da erstreckten sich Ausläufer in die hinteren Regionen beider
Seitenstränge. Sekundäre Degenerationen, aufsteigend im Gollschen
und Burdachschen Strang bis hinauf zu den Hinterstrangkernen und
absteigend in beiden Seitensträngen (Pyramidenseitenstrangbahn bis
ins unterste Brustmark, Tractus anterolateralis bis ins oberste Brust¬
mark). Im Bereiche des sklerotischen Herdes schwere hyaline Ent¬
artung der Gefäße und starke Gliaverdichtung.
Verf. berichtet über einen zweiten sehr ähnlichen Fall und
spricht die Vermutung aus, daß es sich in beiden um eine im intra-
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L Referate.
501
uterinen Leben durchgemachte Lues handle. Hierfür sprechen auch
die schweren Gefäßveränderungen.
Somit gibt es auch Fälle, in denen der Littlesche Symptomkomplex
nicht zerebralen, sondern medullären Ursprungs ist. Charakteristisch
für dieselben ist das Freibleiben der Psyche und der Hirnnerven
sowie das Fehlen von epileptischen Anfällen. Kurt Mendel.
Guido Berghinz. Anatomische Studie über einen Fall von
Littlescher Krankheit.
(Rivista di Clinica Pediatrica, Juni 1903.)
Die genaue mikroskopische Untersuchung des Nervensystems
ergab das Fehlen aller pathologischen Veränderungen; obwohl Verf.
sich genau an der von Mya und Levi bei der Untersuchung ihres
Falles befolgten Methode hielt, konnte er keine der von jenen be¬
schriebenen Veränderungen in seinem Fall auffinden. F.
Alfred Gordon. Amyotrophie lateral Sclerosis in a boy of
15 with a history of acute anterior poliomyelitis in infancy.
(American Medicine, den 4. April 1903.)
Wir sind gewöhnt, den Schäden nach Ablauf der Poliomyelitis
anterior acuta einen stationären Charakter zuzuschreiben. Dies ist
jedoch häufig unrichtig. Es scheint vielmehr, als ob die vernarbten
Stellen im Rückenmark einen locus minoris resistentiae darstellen.
Wenigstens sehen wie oft, daß Kinder, welche an spinaler Lähmung
gelitten hatten, später von anderen Nervenkrankheiten befallen werden,
namentlich von progressiver Muskelatrophie. Seltener entwickelt sich
die amyotrophische Lateralsklerose auf dem Boden einer abgelaufenen
akuten Poliomyelitis. Verf. berichtet über einen derartigen Fall
Der 15 Jahre alte Pat. hatte im ersten Lebensjahre eine spinale
Kinderlähmung überstanden. Es blieben linkes Bein und rechter Arm
dauernd gelähmt.
Gegenwärtig zeigt er ausgebreitete Muskelatrophien des scapulo-
humeralen Typus, daneben erhöhte Reflexe und stellenweise deutliche
Entartungsreaktion. Leo Jakobi (New York).
GillliO Ale$$andrini. Sehnenteansplantationen bei
Fußverkrüppelungen infolge von spinaler Kinderlähmung.
(La Pediatria Juni 1903)
Verf, hat bei elf Fällen von spinaler Kinderlähmung interosseale
Sehnentransplantationen ausgeführt, und zwar hat er den Tibialis
posticus in toto auf den Extensor longus der Zehen in acht Fällen
transplantiert, in zweien den Extensor hallucis auf den Tibialis posticus,
während er in einem Fall eine doppelte interosseale Transplantation
ausführte. F.
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502
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
0. VulpiuS. Die Sehnenüberpflanzung ^am Oberschenkel.
(Wiener klin. Rundschau 1908 No. 15.)
Die Lähmung des Quadrizeps macht nicht immer eine Über¬
pflanzung erforderlich. Letztere ist aber nach V. indiziert, wo das
extensionslahme Bein wegen Neigung zu Beugekontraktur, zum Ein¬
sinken in Flexion funktionsunfähig wird. Zur Überpflanzung steht
in erster Reihe der Sartorius zur Verfügung, des weiteren kann die
mediale Flexorengruppe der Semimuskeln und der Bizeps auf den
Quadrizeps gepfropft werden, gelegentlich auch ein Adduktor. V.
trägt kein Bedenken, alle diese Muskeln bez. Sehnen zu transplantieren,
um einen kräftigen Extensor zu gewinnen. Der Ausfall der Beuge
hat wenig zu bedeuten, die Flexion geschieht teils passiv, teils durch
die Gastrocnemii; die nachträgliche Entwickelung eines Genu recur-
vatum nach Opferung der Beuger hat V. nie beobachtet.
Zur Operation bedarf man gewöhnlich dreier ausgiebiger Längs¬
schnitte: eine vordere Incision legt die Patella nebst ihrem Ligament
und die Quadrizepssehne in ihrer Scheide frei, der zweite Schnitt
legt hinter dem medialen Condylus femoris das breite rote Band des
Sartorius frei, der dritte endlich zieht lateral vom Köpfchen der Fibula
aufwärts. V. schildert die Technik genauer und zeigt an einigen
Beispielen, was erreicht werden kann. Das Kniegelenk erhält allmählich
seine Streckfähigkeit wieder in dem Maße, als der neugebildete Quadri¬
zeps gekräftigt und geübt wird. In einzelnen Fällen wurde sogar die
Leistungsfähigkeit geradezu normal. Jedenfalls verschwindet die
Flexionsstellung und dadurch wird selbst im ungünstigsten Falle, daß
eine aktive Extension nicht erreicht wird, der Gang des Pat. außer¬
ordentlich gebessert. Bei „Handgängern“, wo die Pat. sich nur mit
Hilfe der Arme fortbewegen können, ist natürlich die Behandlung
recht kompliziert und zeitraubend, aber auch hier kann, wie V. an
dem Beispiele eines 5 x / 2 jährigen Knaben schildert, ein recht schönes
Resultat erzielt werden. Grätzer.
L. Wullstein. Eine neue Operationsmethode des Caput
obstipum.
(Zentralblatt f. Chirurgie, No. 33, S. 881.)
W. empfiehlt für schwere und veraltete Fälle von Caput obstipum
außer der Durchschneidung bez. partiellen Exstirpation des kontrakten
Musculus stemocleidomastoideus die Verkürzung des gedehnten ander¬
seitigen Kopfnickers. Der Grad der Verkürzung des Muskels muß
sich nach der vorhandenen Längendifferenz richten und ungefähr
4—8 cm betragen. Für die Verkürzung kann nur der Teil des
Muskels in Betracht kommen, der oberhalb seines geteilten Verlaufes
und unterhalb der Eintrittsstelle des Nervus accessorius gelegen ist.
Die trotz der Verkürzung für die Erhaltung der Innervation not¬
wendige Kontinuität wird dadurch gewahrt, daß der isolierte Muskel
an der Stelle der Verkürzung in eine Schlinge gelegt und durch
Nähte an den vier Rändern und in dem mittleren Teile der Schlinge
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L Referate.
503
in seiner dreifachen Lage vereinigt wird. Wenn die Pat. aus dem
Verbände, in dem sie sich zur Entspannung und damit zur besseren
Heilung des verkürzten Muskels in stark überkorrigierter Stellung
befinden, herausgenommen werden, so scheuen sie selbstverständlich
zuerst jede Bewegung und Zerrung an dem verkürzten Muskel; aber
bald schon gehen sie zu leichten Bewegungen über, die von Tag zu
Tag und von Woche zu Woche bald vollständig frei werden. So ist
die Behandlung nach Abnahme des Verbandes, der durchschnittlich
20 Tage liegen bleibt, völlig beendet. Joachimsthal (Berlin).
Hugo Neumann. Zur Frage einer ätiologischen Bedeutung des
Cucullarisdefektes für den Schulterblatthochstand.
(Aus der III. medizin. Universitätsklinik in Wien.)
(Wiener klin. Wochenschrift 1903 No. 86.)
Kausch hat bekanntlich einen Zusammenhang zwischenSkapular-
hochstand und angeborenem Cucullarisdefekt angenommen. N. be¬
richtet nun über einen Fall, der geeignet ist, diese Ansicht umzustoßen,
ja fast den Wert eines Experimentes besitzt. Es fehlte hier gerade
die von Kausch ätiologisch angeschuldigte unterste Partie des einen
Cucullaris — und zwar scheint alles für einen angeborenen Defekt
zu sprechen —, und doch stand die Skapula völlig normal. Aber
auch eine Durchsicht der Literatur spricht deutlich gegen Kausch.
Fälle, wo beide Anomalien vereint angetroffen wurden, sind recht
selten. Es sind Fälle bekannt, wo hochgradiger Defekt des ganzen
Muskels oder einzelner Teile bestand bei normalem Skapularstand.
In den Fällen, wo beide Anomalien zusammen zu finden waren, zeigte
sich durchaus nicht ein Verhältnis gegenseitiger Abhängigkeit dieser
zwei Symptome.
Es spricht dagegen alles dafür, daß es sich um zufälliges
Nebeneinandervorkommen zweier Mißbildungen handelt. Kommt
doch die Sprengel sehe Difformität vielfach auch mit anderen mit
dem Schulterblatthochstand in keiner Beziehung stehenden Mi߬
bildungen kombiniert vor! Es liegen eben auch dort zwei gleich¬
wertige Mißbildungen vor, und kann ebensogut wie Cucullarisdefekt
ein anderer Muskeldefekt oder eine ganz andere Mißbildung bei
Schulterblatthochstand sich finden, wie letzterer nicht selten auch
ohne jede andere Mißbildung anzutreffen ist. Grätzer.
Robert W. Lovett The mechanics of lateral curvature as
applied to the treatment of severe cases.
(Zeitschr. f. orthopäd. Chir., Bd. 11, Heft 4, S. 827.)
Bei Fällen von fixierten knöchernen Krümmungen kann nach L.
nicht die gleiche Behandlungweise angewandt werden, wie bei Fällen
von Skoliose mit biegsamen Krümmungen. Die Tatsache, daß zwischen
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
zwei ^beweglichen Teilen in der Wirbelsäule sich ein fixierter Teil
befindet, macht es leichter, den ganzen Thorax zu drehen oder zu
verschieben, als in der Krümmung selbst die kleinste Veränderung
zu verursachen. Eine Folge davon ist, daß gewaltsame Versuche,
die knöcherne Rotation in fixierten Krümmungen zu korigieren, eine
Vermehrung der lateralen Krümmung herbeiführen werden, wenn der
Thorax nicht an der Rotation verhindert wird; ebenso werden gewalt¬
same Versuche, die laterale Krümmung zu korrigieren, wahrscheinlich
die Rotation vermehren.
Für die Applikation von Gipskorsetts hat L. aus zwei Gründen
die wagerechte Stellung, wobei die Beine senkrecht herunterhängen
für die beste, einmal, weil die wagerechte Stellung bei Manipulationen
größere seitliche Verschiebung zwischen den Wirbeln gestattet als die
suspendierte Stellung, und zweitens, weil es in der wagerechten Lage
mit senkrecht herunterhängenden Beinen möglich ist, ein Gipskorsett
anzulegen, welches in gewissem Grade die Lumbalkrümmung der
Wirbelsäule abflachen soll, wogegen bei der aufrechten Stellung die
Abflachung der Lumbalwirbelsäule einen gewissen Grad von Hyper¬
extension in der Dorsalregion benötigt
Das forcierte Redressement erscheint L. nur ratsam als Einleitung
und zeitweilige Unterstützung der gymnastischen Behandlung der
Skoliose. Joachimsthal (Berlin).
Ottendorf. Ein Beitrag zur Tierskoliose.
(Zeitschr. f. orthop&d. Chir., Bd. 11, Heft 4, S. 80S.)
0. beschreibt eine Anzahl Präparate von Skoliose bei Tieren aus
der Sammlung der Tierarzneischule zu Hannover. Überraschend ist die
große Ähnlichkeit der Tierskoliose mit der menschlichen. Da beim Tier
keine Belastungsmomente wie beim Menschen zur Erklärung der Ent¬
stehung der Wirbelsäulenbiegung heranzuziehen sind, sondern andere Ur¬
sachen der Verkrümmung angenommen werden müssen, erscheint es
keineswegs ausgeschlossen, daß bei der menschlichen Skoliose derartige
Ursachen, seitlicher Zug und Druck des Brustbein-Rippenwirbelringes,
wenigstens mitspielen und vielleicht die Skoliose einleiten können,
während statische Momente die weitere Ausbildung der Deformität
bewirken, da sie an einem bereits aus der Reihe gewichenen Wirbel¬
körper einen leichteren Angriffspunkt finden. Joachimsthal (Berlin).
Wobrizek. „Korrektor“, Apparat für korsettfreie Behandlung
der Rückgratsdeformitäten.
(Arch. f. Orthop., Mechanotherapie und Unfallheilkunde, Bd. 1, Heft 2.)
Der von W. konstruierte Redressionsapparat wirkt auf die Wirbel¬
säule der sitzenden Pat. Mehrere Pelotten können durch Schraubenkraft
eine Stellungskorrektur erzeugen in ähnlicher Weise, wie dies auch von
anderen Konstrukteuren schon unternommen worden ist. DerPelotten-
druck kann mit der Suspension kombiniert verwendet werden. Die
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I. Referate.
505
Pat. sollen den Apparat möglichst lange (1—1 1 / 2 Stunde täglich) be¬
nützen. Daß die Vorrichtung sowohl mobilisierend als korrigierend auf
die skoliotische und kyphotische Wirbelsäule einwirken kann, ist
nicht zu bezweifeln. Daß der „Korrektor“ das Stützkorsett ersetzen
könne, diese Behauptung dürfte auf Widerspruch stoßen.
Vu 1 p i u s - Heidelberg.
Victor Blum. Die Coxa vara als Belastungsdeformität.
(Arcb. f. klin. Chir., Bd. 69, Heft 4, S. 1065.)
Bei einem 9jäbrigen Knaben konnte Blum die Entwickelung
einer rechtsseitigen Coxa vara unter der Einwirkung der Rumpf¬
last während der Heilung einer tuberkulösen Entzündung
des Hüftgelenks der linken Seite beobachten. Zur Zeit der
Publikation war das linke Bein abduziert und auswärts rotiert (in
der Hüfte ankylotisch). Der Trochanter der linken Seite stand an
normaler Stelle in der Roser-Nölatonschen Linie, während der rechte
Trochanter dieselbe um 2 l j 2 cm überragte. Der rechte Trochanter
stand höher, mehr nach außen und vorne prominent. In der rechten
Hüfte war die Abduktion nur um ein Winkel von 25° von der Mittel¬
linie möglich, Beugung und Streckung geschahen in normalen Grenzen.
Die genaue Messung ergab die gleichen Maße beiderseits für die
absolute Länge der Extremität, hingegen eine Differenz der relativen
Länge zu Ungunsten der rechten Extremität. Der Fall rangiert in
die dritte, von Hofmeister angegebene Gruppe der Coxa vara —
Trochauterhochstand mit vorwiegender Innenrotation. Blum sucht
in der In aktivitätsatroph ie des coxitischen Beines und der Über-
beanspruchung der gesunden Extremität das veranlassende
Moment für die Ausbildung der Schenkelhalsverbiegung. Als be¬
günstigendes Moment wird eine in der frühesten Jugend überstandene
schwere Rachitis angeführt.
An einer Reihe von Skeletten des Wiener pathologisch anatomischen
Museums, bei dem aus verschiedenen Gründen Atrophien der einen
unteren Extremität bestanden, fand Blum eine mehr oder weniger
hochgradige Coxa vara der anderen Seite, (so in sechs Fällen von an¬
geborener einseitiger Luxation der Hüfte, in zwei Fällen von einseitiger
Coxitis, in zwei Fällen von einseitiger Hypoplasie mit Ausbildung einer
Coxa valga im Sinne Alberts). Da sich in den meisten dieser Fälle
keine Zeichen einer überstandenen Knochenerkrankung an dem defor¬
mierten Femur vorfanden, ist Blum geneigt, die Entstehung der Ver¬
krümmung einzig und allein auf dieEinwirkung der Überbelastung
zurückzuführen. Joachimsthal (Berlin).
V. Lieblein, Zur Kasuistik der Coxa vara infantum.
(Aus der Chirurg. Klinik des Prof. Wölfl er in Prag.)
(Prager med. Wochenschrift 1903 No. 43.)
Vier Fälle von Coxa vara, deren Untersuchung, speziell die
röntgenphotographische, interessante Einzelheiten ergab.
CentralbL f. Kinderhlkde. VIII. Digitized by CjDOglC
506
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
Die beiden ersten Fälle, die ein 9jähriges bezw. 7jähriges Kind
betrafen, beruhten zweifellos auf rachitischer Grundlage. Im ersten
Falle erschien der Schenkelhalswinkel ersetzt durch einen Schenkel¬
halsbogen, der seine Konvexität nach außen und oben kehrte und
direkt überging in die rachitische bogenförmige Verkrümmung der
Oberschenkeldiaphyse. Die Epiphysenlinie des Kopfes erschien vertikal
gestellt, die des großen Trochanters horizontal, der Trochanter selbst
bedeutend in die flöhe gerückt, der Schenkelkopf hatte seinen Platz
in der Pfanne nicht verlassen. Ähnlich bei Fall 2. Auch hier ein
Schenkelhals winkel, auch hier jene Anomalie in der Stellung der
Epiphysenfugen, auch hier der Kopf in seiner Totalität in der Pfanne
geblieben. Außerdem fiel auf die außerordentliche Verstärkung des
Schenkelhalses in seinen inneren und unteren Partien. Beide Kinder
boten die Erscheinungen schwerster Rachitis am ganzen Skelett dar.
Viel schwieriger gestaltete sich die Beantwortung der Frage nach der
Ätiologie bei den beiden anderen Pat., Kindern von 7 und 9 Jahren,
die beide gleiche Veränderungen darboten, der eine doppelseitig, der
andere nur einseitig. Die Röntgenuntersuchung zeigte, wie der Schenkel¬
kopf mit seinen unteren Partien aus der Pfanne herausgetreten und
dem Trochanter minor bedeutend näher gerückt ist; sie zeigte die
Verkürzung der unteren Halspartien, die pilzhutförmige Gestalt der
Kopfepiphyse, den Trochanterhochstand, die Adduktion des Ober¬
schenkels. Das Bild war sehr ähnlich demjenigen, das Joachims¬
thal, Kredel, Hoffa usw. bei der sogen, traumatischen Coxa
vara gefunden haben. Aber die Annamnese ergab in beiden Fällen
in bezug auf vorhergegangene Traumen ein völlig negatives Resultat.
Es bleibt daher nichts anderes übrig, als auch hier eine Erkrankung
der Kopfepiphysenfuge — ob rachitische Natur, ist nicht festzustellen
— anzunehmen, welche zu pathologischer Nachgiebigkeit, vielleicht zur
Lockerung derselben geführt hat, so daß schon das Laufen, Gehen,
Springen ein genügendes Trauma dargestellt hat, um ein Herabrutschen
der Kopfepiphyse am Hals zu veranlassen. Grätzer.
H. C. Slomann (Däne). Die Behandlung der angeborenen
Hüftverrenkung.
(Nordisk Tidskrift for Terapi.)
Verf. gibt eine detaillierte Beschreibung der Lorenzschen un¬
blutigen Repositionsmethode und referiert fünf Fälle, in welchen er
mit gutem Erfolg die Methode benutzt hat. Es handelte sich um neun
luxierte Hüftgelenke; in sieben Fällen gelang anatomische Reposition,
in zwei Fällen eine Transposition des Femurkopfes nach vorn, ln
funktioneller Beziehung war das Resultat bei einem Pat. ideal (ein¬
seitige Luxation), bei den anderen sehr gut. Verf. rät in Fällen von
suprakotyloider Luxation das erste Stadium der Behandlung (Rotation
auswärts) von einem Stadium der Einwärtsrotation folgen zu lassen.
Die Abhandlung ist mit guten Photographien und Röntgenbildern
ausgestattet. Adolph H. Meyer (Kopenhagen).
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I. Referate.
507
G. G. Davis. The forcible Reposition of congenital Luxation
of the Hip.
(American Medicine, den 30. Mai 1903.)
Verf. polemisiert mit der „blutlosen“ Methode von Lorenz bei
kongenitaler Hüftgelenkluxation und empfiehlt, einen Mittelweg zwischen
den Extremen der blutigen und der konservativen Operation ein¬
zuschlagen. Eine subkutane Tenototomie, z. B. würde jede gewaltsame
Zerreißung der Adduktoren unnötig machen; ferner hüte man sich
vor Kraftleistungen, die a tout prix reüssieren wollen. Viel ratsamer
ist es, zu inzidieren und dem ausgerenkten Kopf erst den Weg zu ebnen,
als völlig im Dunkeln zu manipulieren. Leo Jakobi (New York).
Virgil P. Gibney. Present Status of congenital Dislocation
of the Hip and the bloodless Reduction.
(American Medicine, den 30. Mai 1903.)
Seit dem Besuche von Lorenz in Amerika ist die Streitfrage
der blutlosen Einrenkung bei angeborener Hüftgelenkluxation stets
auf der Tagesordnung. Die Parteien für und wider sind beide wohl
gerüstet, und zählen die besten Namen auf beiden Seiten.
Nun weiß aber der passive Beobachter sehr wohl, wie der leb¬
hafte Streit endigen wird: nachdem nämlich der Pendel einige Zeit
hin und her gegangen, kehrt er nach der Mitte zurück. Die öffent¬
liche Meinung ist eben dem Gesetz des Rhythmus wie jede andere
Bewegung untertan.
Gegenwärtig stehen wir hier im Zeichen der Reaktion. Man er¬
örtert con amore die Gefahren der blutlosen Methode und man macht
sich Vorwürfe über den blinden Enthusiasmus für Lorenz und
seine Leistungen.
Verf. erinnert an die Gefahren der blutlosen Operation, wie
Lähmungen, Lazerationen, Frakturen, Gefäßzerreißungen u. dergl. mehr.
Man operiere womöglich von dem 6. und 7. Lebensjahre. Bei älteren
Kindern mache man keine längeren Einrenkungsversuche, und ziehe
bei ihnen stets die Röntgographie zu Hilfe.
Leo Jacobi (New York).
A. Broca (Paris). Allgemeine Indikationen für die Behand¬
lung des angeborenen pes varus-equinus.
(Revue pratique d’obst^tr. et de paediatrie, April 1903.)
Verf. ist der Ansicht, daß die Behandlung des angeborenen
Klumpfußes gleich in den ersten Tagen nach der Geburt unter¬
nommen werden soll. Man beginnt die orthopädische Redressie-
rung indem man sich anfangs nur mit der Korrektion der Varus-
stellung beschäftigt; die Einwärtsbeugung und Supination wird
korrigiert und man legt eine Flanellbinde an, um den Fuß in der
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Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
guten Stellung zu erhallen. Nach etwa 15 Tagen beginnt man auf
gleiche Weise die Redressierung der Equinusstellung. Gelangt man
nach 5—6 Wochen zu keinem bleibenden Resultate, so ist die Sektion
der Achillessehne angezeigt und ist ß. für die offene Durchtrennung,
um auch die sich spannenden Ligamenta tibio-calcanea vollständig
durchschneiden zu können. In den meisten Fällen gelingt es auf
diese Weise, ein ästhetisch und funktionell gleich ausgezeichnetes
Resultat zu erzielen. Nur in schweren Fällen, wo dies auf dem
erwähnten Wege nicht gelingt oder es sich um vernachlässigte Klump¬
füße handelt, ist B. für eingreifendere blutige Operationen, obwohl
auch die Redressierung nach Lorenz oft gute Resultate ergibt. Unter
den blutigen Operationen ist die Methode von Phelps nicht immer
imstande, die Deformität zu korrigieren, während die Tarsektomie
einen verkürzten, breiten, wenn auch funktionell guten Fuß ergibt.
B. ist daher der Ansicht, daß die Entfernung großer Knochenteile
vermieden werden soll. Man beginne bei Kindern und Halberwachsenen
mit der Resektion des Astragalus- und Calcaneuskopfes, worauf ein
Gipsverband angelegt wird, ln weiterer Folge ist eine orthopädische
und Massagebehandlung von Wichtigkeit, da die Resultate alle Ein¬
griffe zum großen Teile auch von der Funktionierung der in Betracht
kommenden Muskeln abhängt. E. To ff (Braila).
Willy F. Armann. Die Behandlung des kongenitalen Klump¬
fußes an der Poliklinik des Baseler Kinderspitals.
(Jahrbuch für Kinderheilkunde, Bd. 57, Heft 5.)
Die Arbeit enthält nicht viel Neues. Die Behandlungsweise faßt
A. folgendermaßen zusammen:
Die Behandlungsweise zerfällt in zwei Abschnitte, die eigentliche
oder Hauptbehandlung und in die Nachbehandlung. Für erstere
wenden wir mit Vorliebe Kontentivverbände an, während wir bei der
letzteren den Barwellschen den Vorzug geben. Mit dieser Methode
ist es uns in allen Fällen gelungen, in kürzerer oder längerer Zeit
eine gute Stellung des Fußes zu erreichen. Die guten Resultate sind
im wesentlichen von der Nachbehandlung abhängig, die sich manch¬
mal sogar auf Jahre erstrecken muß, da der Fuß wegen seiner fatalen
Neigung, zu rezidivieren, nicht außer Kontrolle gelassen werden darf.
Da, wo diese Nachbehandlung mit Energie durchgeführt wurde, sind
auch ideale Heilungen erzielt worden; in anderen, weniger gewissen¬
haft nachbehandelten Fällen ist noch ein Rest von Abnormität
zurückgeblieben, während in dem Falle mit mangelhafter oder fehlender
Nachbehandlung doch das erreicht worden ist, daß das Kind einen
mehr oder weniger guten Gang bekommen hat, daß der Fuß plantigrad
aufgesetzt wird, wenn auch noch geringere oder stärkere Adduktion
zurückgeblieben ist. Hecker (München).
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I. Referate.
509
Fr. V. Friedländer. Beitrag zur operativen Behandlung des
Klumpfußes und des Plattfußes.
(Aus dem k. k. Wilhelminen-Spital in Wien.)
(Wiener klm. Wochenschrift 1903 No. 40.)
Die Exstirpation des Talus, sowie die Keilresektion aus dem Tarsus,
diese beiden typischen Klumpfußoperationen, haben ihre großen Mängel.
Anläßlich eines Falles von angeborenem beiderseitigen Klumpfuß bei
einem 5 1 / 2 jährigen Mädchen, der allen Versuchen der unblutigen Behand¬
lung getrotzt, hatF. ein neues Verfahren, das einen minimalen Knochen¬
defekt setzt, mit Erfolg angewandt. Er beschreibt dies Verfahren
genau und zeigt, daß sich ein ähnliches auch für hartnäckig rezidi¬
vierende, schwere Plattfüße bestens eignen würde. Grätzer.
Karl Lauenstein. Zu Ogstons Operation des rebellischen
Klumpfußes (Entfernung der Knochenkerne der Fußwurzel
und nachherige Umformung des Fußes).
(Zentralbl. f. Chir., 1903 No. 39, S. 1058.)
L. hat in drei Fällen 4 mal die von Ogston zur Behandlung
des rebellischen Klumpfußes bei Kindern empfohlene Entfernung der
Knochenkerne aus den einzelnen Fußwurzelknochen mit nachheriger
Stellungsverbesserung des Fußes ausgeführt. Er bestätigt die leichte
Ausführbarkeit der Operation. Eine voraufgehende Untersuchung
durch Röntgenstrahlen ist für die Operation unerläßlich. Welche
Knochenkeme zu entfernen sind, muß dem Ermessen des Operateurs
im Einzelfalle überlassen bleiben. Ob nach der Operation die Weich¬
teilwunde genäht wird oder nicht, ist ohne prinzipielle Bedeutung.
Wenn genügend Knochenkerne entfernt worden sind, so läßt sich die
Klumpfußstellung überraschend leicht und vollständiger als nach den
bisher bekannten Methoden ausgleichen. Außer der Equinus- und
Varusstellung ist es besonders die Einwärts Wendung der Fußspitze,
die sich leicht beseitigen läßt. Die Retention in guter Stellung mit
Rücksicht auf die Einwärts Wendung der Fußspitze wird wesentlich
dadurch erleichtert, daß man die Hacke des operierten Fußes gegen
die des gesunden Fußes stellt und durch ein Kissen oder Polster die
Innenränder beider Füße auseinanderhält. Schon nach 8 Wochen
kann man die Kinder mit festem Schuhwerk gehen lassen, da sie
mit voller Sohle auftreten. Nach dem Röntgenbilde tritt eine sehr
schnelle Reproduktion der entfernten Knochenkerne ein (6—8 Wochen).
Somit erscheint die Gefahr einer Störung des Wachstums des Fußes
durch die Operation nicht zu bestehen.
Bis zu welchem Alter die Operation geeignet ist, läßt sich zur Zeit
noch nicht entscheiden. Joachimsthal (Berlin).
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510
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
Keller (Berlin). Zur Ätiologie angeborener Klumpfüße und
Gelenkkontrakturen.
(Archiv f. Gyn., Bd. 67, Heft 2.)
Bei dem totgeborenen Kinde fanden sich Klumpfuß, Gelenk¬
kontrakturen, ferner je eine Druckmarke über den beiden äußeren
Epicondylen des Oberarmknochens. All dies bei gleichzeitig bestehendem
Hydramnion (ca. 6 1). Diese auffallende Tatsache sucht Verf. nun
so zu erklären, daß das Fruchtwasser in den früheren Monaten der
Schwangerschaft wohl nur ganz spärlich vorhanden gewesen sei und
daß sich jene Anomalien schon zu dieser Zeit vollkommen ausgebildet
hätten. Das Hydramnion hat sich dann erst in den letzten Monaten
der Schwangerschaft als zufällige Komplikation eingestellt.
Otto Marz (München).
Max Reiner. Über die unblutige operative Epiphyseolyse zur
Behandlung des Genu valgum adolescentium.
(Zeitschrift für orthopädische Chir. 1903 Bd. 11.)
R. weist darauf hin, daß die Epiphyseolyse prinzipiell der rich¬
tigste von allen Eingriffen beim Genu valgum adolescentium ist, weil
sie erstens die Deformität am Kulminationspunkt an greift und zweitens
die Kontinuitätstrennung an dem Locus minoris resistentiae der Ex¬
tremität etabliert. Er zeigt ferner, daß die Operation mit einfachen
Hilfsmitteln ausführbar ist, daß sie ein nur geringes Operationstrauma
im Gefolge hat, und daß sie daher, in richtiger Indikationsbreite
ausgeführt, allen übrigen blutigen und unblutigen Behandlungsmethoden
überlegen ist. Endlich sucht er aus dem literarischen Tatbestände
den Nachweis zu erbringen, daß die Epiphyseolyse an sich, als un¬
komplizierte Verletzung betrachtet, fast ausnahmslos glatt ausheilt,
daß überaus zahlreiche an traumatischen, experimentellen und opera¬
tiven Epiphysenlösungen gesammelte Erfahrungen zu dem Schlüße
zwingen, daß die Epiphyseolyse eine in ihren Folgen durchaus berechen¬
bare, keinen dauernden Schaden verursachende Verletzung darstellt,
und daß die gefürchtete Spätkomplikation der Wachstums Verkürzung
nur bei grober nicht reduzierter Dislokation eintritt Als geeignete
Fälle werden solche angesehen, welche Pat. zwischen dem 8. und
17. Lebensjahre betreffen. Pat., welche die obere Altersgrenze über¬
schritten haben, werden der Cirkumferenz-Osteotomie unterzogen. Bei
jüngeren Kindern sind es die Periostverbindungen, welche das Zustande¬
kommen der am unteren Fermurende intendierten Epiphyseolyse er¬
schweren oder gar verhindern. R. schickt daher bei dem Genu valgum
infantum der Epiphyseolyse eine subkutane bezw. subfasciale Perioste¬
otomie voraus. Das Periosteotom, das er benutzt, unterscheidet sich
von einem gewöhnlichen Tenotom dadurch, daß es stärker gebaut,
mit einer kürzeren, stark konvexen Schneide versehen ist und dem¬
nach keine eigentliche Spitze besitzt.
Auch ist der Stiel, welcher
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I. Referate.
511
Klinge und Handgriff verbindet, möglichst wenig dick und der ganzen
Länge nach von ziemlich gleichem Querschnitte. Man führt das In¬
strument derart, daß man dasselbe unmittelbar vor dem lateralen
Fasciendissepiment in der Höhe der Epiphysenfuge einsticht und es
nun subfascial hart am Knochen mit umgelegter Schneide nach vorn
schiebt bis zur vorderen äußeren Kante des Femurkolbens. Nun stellt
man das Messer auf die Schneide und führt, indem man es zurück¬
zieht, den Schnitt aus. Hierauf dreht man das Instrument mit flachgelegter
Klinge in der Wunde um. und vervollständigt den Schnitt in gleicher
Weise nach rückwärts, so daß die ganze laterale Portion des Periostes
durchtrennt wird. Das Redressement, das man nach der Periosteotomie
vornimmt, vollfuhrt man entweder aus freier Hand oder mit Hilfe
eines besonderen zu diesem Zweck von R. konstruierten Apparates.
Es folgt für 6 Wochen ein zirkulärer Gipsverband, späterhin Massage
und Gymnastik.
Wie zahlreiche an jugendlichen Individuen ausgeführte Versuche
ergeben haben, sind die auf die geschilderte Weise herbeigeführten
Kontinuitätstrennungen in der Regel tatsächlich reine Epiphyseolysen-
lösungen. Joachimsthal (Berlin).
M. Reiner. Epiphyseolyse mit subkutaner Periosteotomie zur
Behandlung des Genu valgum infantum.
(Aus dem Univers.-Ambulatorium f. orthopäd. Chirurgie in Wien.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1903 No. 27.)
R. hat 1901 einen Bericht über die von ihm vorgenommenen
unblutigen Epiphyseolysen zur Korrektur des Genu valgum adolescentium
abgestattet und dargetan, daß diese Operation der richtigste von allen
Eingriffen beim Genu valgum adolescentium ist, einfach ausführbar
und keinen dauernden Schaden verursachend, speziell eine Wachs¬
tumshemmung nicht im Gefolge habend. Im Wiener Institut f.
orthopäd. Chirurgie ist seitdem die unblutige Epiphyseolyse das
Normal verfahren geworden bei Pat. zwischem 8. und 17. Lebensjahr.
Pat., welche die obere Altersgrenze überschritten, werden der Circum-
ferenz-Osteotomie unterzogen, Pat., welche die untere Altersgrenze
noch nicht erreicht haben, sind bis vor kurzem mittels anderen
Operationsmethoden behandelt worden. Die Epiphyseolyse ist bei
Kindern bis zum 8. Lebensjahre sehr schwer ausführbar, sie bedarf
größerer Kraftentfaltung, als bei älteren Individuen, man ist nicht
sicher, die Kontinuitätstrennung wirklich am Ort der Epiphysenfuge
etablieren zu können; der Erfolg ist also weniger sicher, Neben¬
verletzungen nichts seltenes. R. fand, daß die Periostverbindungen
hierbei maßgebend sind. Bei Adoleszenten haftet das Periost dem
unteren Diaphysenende des Femur nur leicht an und ist ganz dünn,
bei Kindern (rachitischen) ist es sehr häufig an dieser Stelle stark
verdickt und immer in innigem Zusammenhänge mit dem unterliegenden
Diaphysenende. Versuche an Leichen haben folgendes ergeben:
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514
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
Georg Koch. Über Knochenzysten in den langen "Röhren¬
knochen.
(Arch. f. klin. Chir., Bd. 68, Heft 4, S. 977.)
K. berichtet über eine durch zentrale Erweichung eines Enchondroms
am oberen Femurende entstandene Zyste bei einem 15jährigen Pat.
Derselbe hatte bereits 5 Jahre zuvor bei einem verhältnismäßig ge¬
ringen Trauma — er war auf einer ungepflasterten Straße zu Fall
gekommen — einen Bruch des rechten Oberschenkels erlitten, der
nach fünfwöchentlicher Behandlung glatt geheilt war. Im Dezember 1901
erlitt er ohne jeden äußeren Anlaß eine Spontanfraktur dicht unter
dem rechten Trochanter. Krepitation und abnorme Beweglichkeit
waren an der Bruchstelle deutlich nachweisbar. Die Gegend der¬
selben war viel stärker als bei einer gewöhnlichen Fraktur auf¬
getrieben. Das Röntgenbild ergab, daß eine Strukturveränderung
des Knochengewebes stattgefunden hatte. Unter einem Extensions-
verbande war nach 3 Wochen eine mäßige Konsolidation der Bruch¬
enden eingetreten, der Tumor an der Bruchstelle war gewachsen. Es
wurde infolgedessen zur Operation geschritten (Prof. Körte). Von
einem Längsschnitt an der Außenseite des Oberschenkels wurde die
Muskulatur scharf durchtrennt, bis man auf den Tumor gelangte.
Beim Abschieben des Periostes traf man auf weiche Knochenmassen,
die mit dem Periost fest verwachsen waren, sich mit diesem zum
Teil stumpf bei Seite schieben ließen. Durch diese weichen Knochen¬
massen hindurch gelangte man in eine größere Höhle, welche sanguino¬
lente Flüssigkeit enthielt. Die Höhle lag in der Markhöhle des
Knochens, sie war glattwandig und mit einer Bindegewebsschicht
ausgekleidet. Man konnte in der Wand der Zyste genau die Bruch¬
linie verfolgen. Die Höhle, von der Größe einer Mandarine, reichte
nach oben bis zum Ansätze des Collum femoris, nach unten bis
unterhalb des Trochanter. Sie wurde austamponiert, worauf man
einen Streckverband anlegte. Die Heilung nahm einen glatten Ver¬
lauf, so daß Pat. nach 3 Monaten geheilt ohne Verkürzung des Beines
entlassen werden konnte.
Nach der mikroskopischen Untersuchung erwies sich die Knochen¬
zyste, hervorgegangen aus einem Enchondrom, das in Verknöcherung
begriffen und zum Teil in Erweichung übergegangen war.
Joachiinsthal (Berlin).
E. Vollmer. Über Elephantiasis lymphangiectatica congenita,
ein Beitrag zur Lehre von der Erkrankung der Lymphgefäße.
(Arch. f. Derm. u. Syph., Bd. 65, Heft 3.)
Der Fall V.s ist eine Mischung der angeborenen subkutanen
Elephantiasis und der von Langhans beschriebenen Erkrankung
der größeren subkutanen Lymphgefäße. Bei öinem fünfjährigen,
gesund geborenen Knaben aus gesunder Familie entstanden anscheinend
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I. Referate.
515
nach der Impfung schwammige Schwellungen an der rechten Gesichts¬
hälfte, hinter dem Ohre und am rechten Arme mit bräunlich-schwärz¬
lichem Kolorit; ähnliche Pigmentflecke erschienen am übrigen Körper.
Es handelte sich um eine ausgedehnte elephantiastische Veränderung
des Kopfes, Halses und Armes, dessen auffälligste Teilerscheinung die
starke Lymphangiektasie der Backe, eine äußerst verunstaltende „Hänge¬
backe“ war. Die Haut war im allgemeinen empfindlich und von
schwammiger Konsistenz. Da eine von den Eltern gewünschte Sool-
bäderkur natürlich erfolglos blieb, wurden die Aufschwemmungen
auf chirurgischem Wege entfernt. Dabei fiel die außergewöhnliche
Größe der hinter den Ohren verlaufenden Lymphbahnen auf. Das
kosmetische Resultat befriedigte. Bei dem genesenden Knaben war
der ausgesprochene Salzhunger merkwürdig. Verf. erwägt zwei Möglich¬
keiten der Ätiologie. Entweder lag ein durch die Impfung veranlaßter
krankhafter Prozeß der Lymphbahnen vor, welcher die Schwellungen
der Lymphbahnen der Epidermis und subkutanen Lymphgefäße hervor¬
rief. Wahrscheinlicher aber sei die durch eine merkwürdige Form
des Brustkorbes gestützte Annahme, daß rachitische Veränderungen
oder ein intrauterines oder Geburtstrauma zu den Lymphstauungen
disponierte. Aus dem ausführlich beschriebenen mikroskopischen
Befund ist folgendes hervorzuheben: Starke Bindegewebsneubildung;
in den Saftspalten Zellen mit oft bläschenförmigem Kern von zwei-
bis dreifacher Größe gewöhnlicher Leukocyten, welche Verf. als
Plasmazellen anspricht. Hand in Hand mit der Vermehrung des
Bindegewebes der Haut ging eine starke Ablagerung von Pigment
im Rete Malpighii und dem angrenzenden Corium. Der ursächliche
Zusammenhang der Lymphstauung mit Pigmentablagerung erhellte
auch aus der Veränderung der Pigmentierung, sobald die Operation
die Lymphwege durch Narben verlegt hatte. Max Joseph (Berlin).
Konrad Sick, Über Lymphangiome.
(Virchows Archiv, Bd. 172, Heft 3, 1903.)
Außer zwei Fällen, die Frauen betreffen, noch vier Beobachtungen
an Kindern.
1. Macroglossa, lljähr. Mädchen. Kongenitaler Tumor der
linken vorderen Zungenhälfte.
2. Lymphangiom des Nackens, lljähr. Mädchen. Wahrschein¬
lich kongenitale Neubildung.
3. Lymphangioma cysticum colli congenitum. 2jähr. Knabe.
4. Lymphangiom der Wangen- und Schläfengegend, subkutan
sitzend. 3jähr. Mädchen. Angeblich in den letzten 3 Monaten ent¬
standen. Schridde-Erlangen.
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516
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
ir. Aus Vereinen und Versammlungen.
Vereinigung niederrheinisch-westfälischer Kinderärzte.
14. Sitzung zu Köln am 2. August 1903.
Dr. Bloch (Köln) über Prophylaxe und Therapie der Magendarmkrankheiten des
Säuglingsalters (Referat). I. Prophylaxe, öffentliche Wohltätigkeitsanstalten
und Vereine ließen in einzelnen Gemeinden zur Bekämpfung der hohen Morta¬
litätsziffern der Säuglinge namentlich im Arbeiterstande Maßregeln ergreifen. So
entstanden die Krippen, Säuglingshospitäler und Säuglingsheime, deren gute Be¬
richte zur Nacheiferung anspornen Der Staat selbst richtet sein Hauptaugenmerk
auf die allgemeine Hygiene und Besserung der sozialen Stellung des Arbeiterstandes,
um die Sterblichkeit der Säuglinge einzuschränken. — Die Hauptrolle bei den Ur¬
sachen der Magendarmkrankheiten spielt natürlich die Art der Ernährung. Die
beste Nahrung für das Säuglingsalter ist und bleibt die Muttermilch; die
Mütter sollten unbedingt den Versuch des Selbststillens machen, und die Ärzte
müßten in dieser Hinsicht noch viel mehr als es geschieht belehrend in ihren
Kreisen auftreten. — Da der größte Teil der Kinder auf künstliche Ernährung
angewiesen ist und dabei die Kuhmilch hauptsächlich in Betracht kommt, so
drohen die Hauptgefahren aus der schlechten Beschaffenheit der letzteren.
Es wird deshalb in den letzten Jahren ärztlicherseits überall für eine bessere
staatliche sanitäre Kontrolle der Kindermilch hingearbeitet (cf. Vorträge Paffen-
holz, Krautwig in unserer Vereinigung). Auch im Hause muß eine sachver¬
ständige Behandlung der Milch verlangt werden (sofortiges Kochen in sauberen
Gefäßen, Kühlhalten derselben, Benutzung leicht zu reinigender Flaschen und
hygienische Saugpfropfen). Erstrebenswert wäre die Abgabe sterilisierter Einzel-
portionenen guter Milch von Seiten der Gemeinden entweder unentgeltlich wenig¬
stens für Arme oder für eine entsprechend mäßige Entschädigung bezw. zum
Selbstkostenpreise, zugleich im Sommer Abgabe von Eis zum unbedingt erforder¬
lichen Kühlhalten der Flaschen. — Von seiten der Mütter ist natürlich penibelste
Sauberkeit in der Behandlung des Kindes überhaupt, ganz besonders aber bei
der Ernährung erforderlich (genügende Wäsche, Bäder, Desinfektion und Lüftung
der Wohnräume, Flaschen- und Propfenreinigung, Haut- und Mundpflege u. s.w.)
Beinahrung soll womöglich vor dem 7. Monat vermieden werden, namentlich aber
in den Sommermonaten. Versuche mit allen möglichen durch Reklame empfohlenen
Ersatzmitteln für Muttermilch sollen nicht ohne ärztlichen Rat gemacht werden. —
Nach Einführung der bakteriologischen Untersuchungsmethoden sah man die
Hauptgefahr in dem Bakteriengehalt der Milch. Dies führte zur Sterilisation
oder Pasteurisation. Diese Methoden werden eingehend erörtert, ihre Vorzüge
und Nachteile erwähnt. In den besseren Kreisen hat sich das Soxhietsche Ver¬
fahren wohl am meisten eingebürgert und auch am besten erprobt; nur wurde
die anfänglich gewünschte Erhitzungsdauer von 45 Minuten in den letzten Jahren
für schädlich anerkannt und eine solche von 5—10 Minuten für genügend erachtet.
— Hierauf wird die Streitfrage über Anwendung von Vollmilch oder der Ver¬
dünnungen zur Ernährung der S. des Näheren dargelegt und zu ihr kritisch Stellung
genommen.
II. Therapie. 1. Diätetische Behandlung; Vermeidung der Überfütte¬
rung (zu häufiges Anlegen oder zu langes Trinkenlassen) wo möglich, Brustnahrung!
eventuell Amme! Das Hauptverdienst für die neueren Prinzipien der Diätbe¬
handlung kommt Prof, Biedert zu, der uns in der Beurteilung der verschiedenen
Krankheitsarten auf die Wichtigkeit der chemischen makro- und mikroskopischen
Untersuchungen der Stuhlentleerungen aufmerksam gemacht hat. Auch bei den
geringsten Dyspepsieen ist zunächst die Nahrungsmenge herabzusetzen, was am
besten durch die Verdünnung geschieht; außerdem sind die Pausen zwischen den
einzelnen Mahlzeiten zu verlängern. Vor allem ist die Ursache der Verdauungs¬
störungen zu ergründen und eventuell zu beseitigen. Da nun die Kuhmilch fast
allerorts sehr große Mängel aufweist, so wurde der Fabrikation und Empfehlung
für Ersatzmittel derselben Tür und Tor geöffnet. Diese Ersatzmittel zerfallen
in drei Gruppen: a) Besonders präparierte Kuhmilch, die in der neuen Zusammen¬
setzung der Muttermilch ähnlicher sein soll (Voltmers Muttermilch, Gärtner sehe
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II. Aus Vereinen und Versammlungen.
517
Fettmilch, Montische Molkenmilch, Backhausmilch, von Dungernsche Peg-
ninmilch, keimfreie sog. Forst ersehe Milch, Buttermilch u. a.). Alle diese
Sorten werden ausführlich geschildert und die Erfahrungen, soweit sie literarisch
niedergelegt sind, mitgeteilt, b) Rahmgemenge und Konserven (Biederts künst¬
liches und natürliches Rahmgemenge, Löfflund, Drenkhan u. a.) c) Surrogate
der frischen Milch (kondensierte Milch, Nestles Kindermehl, Hafer- und Gersten¬
schleim, Kellers Malzsuppe) und amy lumhaltige Präparate (ferner Theinhardts-,
Rademann-, Muffler-, Kufecke-, Frerich-u. a. Mehle, Mellins food. Odda.
Kein einziges aller dieser Präparate kann auch nur annähernd die Mutterbrust er¬
setzen, wie schon die außerordentlich große Zahl bezeugt. Außerdem ist ihr hoher
Preis und der Mangel an frischer Herstellung von großem Nachteil für sie. Aller¬
dings wird man häufig bei Magendarm Störungen von dem einen oder dem andern
von ihnen Gebrauch machen müssen als Ersatz für die Kuhmilch. Eine staatliche
Versuchsanstalt für die Ernährung der Säuglinge, wie sie Biedert verlangt,
würde gewiß manchen Nutzen bringen.
Bei jeder Magendarmstörung ist tunlichst die Milchnahrung einzuschräoken
und zunächst entweder eine schleimige Abkochung oder Ersatzpräparate zu reichen
oder zur Wasserdiät zu schreiten. Ein Schema aufzustellen, nach dem die ein¬
zelnen Erkrankungsformen behandelt werden, hat seine großen Schwierigkeiten.
Man hat 1. zu individualisieren, 2. zu experimentieren. In dem einen
Falle wird man mit Biederts Rahmgemenge, in dem anderen mit Backhaus
oder von Dungernsche Milch oder Kellers Malzsuppe oder Buttermilch u. s. w.
zu einem guten Resultate gelangen. Hunger erträgt der Säugling ziemlich gut
und längere Zeit, nicht aber den Durst. Also wird man anfänglich ruhig zu
einer völligen Nahrungsentziehung schreiten und damit am besten fahren, da der
Magendarmkanal ruhig gestellt wird. Zur Durststillung wird man am besten nur
abgekochtes Wasser oder leichte Teeaufgüsse mit geringem Kognakzusatz geben.
Die Wasserdiät (diäte hydrique) ist namentlich bei den Franzosen beliebt und
wird bei Brechdurchfällen selbst 4—5 Tage lang durchgeführt. Die früher be¬
liebten Zusätze von Eiweiß werden jetzt seltener angewandt wegen der Fäulnis¬
zersetzung im Darm. Manchmal bleibt nichts anderes übrig, als zur Brustnahrung
überzugehen, wenn jede künstliche Nahrung versagt.
2. Mechanische Behandlung, a) Magen- und Darmspülungen. Trotz der
leichten Technik haben die größere Zahl der Ärzte noch eine gewisse Scheu vor
ihrer Anwendung in der Privatpraxis. Nur Kontraindikation bei drohendem
Kollapsus, bei Erkrankungen des Kolons sind ausgiebige hohe Darmspülungeu
(Irrigator mit Nelatonmagensondej mit physiologischen Kochsalzlösungen mit
eventueller Nachspülung von V 2 °/o’g er essigsaurer Tonerde oder 1% Tannin, sodann
1 °/ <M) Arg. nit.-lösungen von großem Vorteil. Magendarmspülungen bewirken die
Entfernung des schädlichen Nahrungsrestes und tragen zur Ruhigstellung des
Magendarmkanals bei. b) Heiße Lcibuinschläge und Kataplasmen. c) Senf bäder
oder aromatische Bäder, d) Subkutane Kochsalzinfusionen, eventuell bei den
schweren Wasser Verlusten der Cholera infantum.
3. Rein medikamentöse Behandlung, a) Purgantia (Kalomel in kleinen
Dosen mehrmals täglich die ersten 2 Tage. Ol. Ricini bei etwas älteren Säuglingen,
wenn keine Herzschwäche droht; Salzsäure, Salol, Naphtalin, Resorzin, b) Ad-
stringentien: Magister. Bism. und neuere Wismutpräparate (Dermatol, Xeroform,
Bismutose); Tannin und seine Salze (Tannalbin, Tannigen, Tannopin, Tannoform).
Argentum nitr. c) Opiate: Pulv. Doweri, Tinct. op. nur in minimalen Mengen und
unter großer Vorsicht anzuwenden wegen Neigung zur Säure Vergiftung.
Zur Diskussion: Herr Rey betont, daß trotz Anwendung der besten Milch,
der besten Präparate die Säuglingssterblichkeit nicht geringer werden, so kann
lange die Mütter und Pflegerinnen nicht zur peinlichsten Sauberkeit, zu einer
gewissen Asepsis und zur Einhaltung der wenigstens dreistündigen Nahrüngs-
pausen erzogen werden, so lange nicht vor allem lange Schläuche und Glas¬
röhre aus der Säuglingsstube verbannt werden. Dies ist nur zu erreichen
durch fortwährendes Belehren durch den Arzt und die Hebammen. So lange
aber die Kinderheilkunde an den Universitäten wie bisher ein Stiefkind bleibt,
so lange ist von dem Gros der Ärzte kein genügendes Interesse und Ver¬
ständnis und daher auch keine richtige Belehrung zu erwarten. Die Säugliugs-
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Centr&lbl&tt für Kinderheilkunde. No. 12.
Sterblichkeit wird trotz aller Mühen, die auf gute Milch und deren Ersatz ver¬
wandt wird, nicht merklich gebessert werden, so lange die Belehrung über deren
Gebrauch nicht Allgemeingut geworden ist.
Herr Selter vermißt die strenge Kritik in dem Blochschen Vorträge. Was
haben z. B. wir für Erfahrungen über die Zufuhr von Fermenten (Pegnin usw.) in
den Verdauungskanal. Denn hier ist Kritik nötig. Vor allem vermisse ich die
genügende Betonung der Brusternährung. Wasserdiät haben wir oft bis zu
8 Tagen gegeben. Die meisten Arbeiten über Säuglingsdiätetik lassen allerdings
eine Indikationsstellung vermissen. Hier ist die Stuhluntersuchung nach Biedert,
mit der ich allerdings nicht überall übereinstimme, der richtige Weg, wie ich dem¬
nächst in einer großen Anzahl Stuhluntersuchungen nachweisen werde. Natürlich
darf man nicht allein die mikroskopische oder chemische Untersuchung berück¬
sichtigen, sondern alle anderen Umstände auch. Dann ist die Stuhl Untersuchung
ein Leitfaden zur Indikationsstellung, wie er gegenüber den früheren Tappen im
Dunkeln nicht genug hervorgehoben werden kann.
Herr Paffen holz (Düsseldorf). Bei der Prophylaxe muß unterschieden
werden zwischen den Störungen, die durch unpassende Diätetik hervorgerufen
werden (chemische Verschiedenheiten der künstlichen Nährmittel von der Frauen¬
milch, Überfütterung, Unsauberkeit bei der Handhabung u. dergl.) und denen,
die im Sommer zustande kommen durch die der Jahreszeit eigentümlichen Acci-
denzien (NahrungsVeränderungen durch die Hitze). Dies ist nicht nur zu einer
Klärung der Sterblichkeitsstatistik, sondern auch für die praktische Prophylaxe
wichtig. — In der Therapie ist durch Biedert durch die chemische und mikro¬
skopische Untersuchung der Fäces ein Weg angebahnt worden zur strengen
Indikationsstellung der zu verordnenden Nahrungsmittel; so ist zu bedauern, daß
bisher noch von keiner größeren Kinderklinik eine Kritik über den Wert dieser
Angaben erfolgt ist; eine Bestätigung bezw. ein weiterer Ausbau dieser Versuche
würde für die Praxis von großem Werte sein. Vor einiger Zeit ist aber (Naturf.-
Vers. Hamburg) gerade von hervorragender Seite eine gegenteilige Ansicht ge¬
äußert worden. — Bei Beurteilung der unzähligen Nährpräparate ist große Skepsis
am Platze und die Forderung muß gestellt werden, daß einer öffentlichen Em¬
pfehlung eine Prüfung in einer größeren Kinderklinik (nicht bloß Poliklinik) vor¬
ausgehen muß. Immerhin haben sich zwei Präparate erhalten und werden zum
wertvollen Bestände der Säuglingsdiätetik gehören, das sind die Keil ersehe Malz¬
suppe und die Buttermilch.
HerrCramer. Wenn in dem späteren Säuglingsalter vielleicht medikamen¬
töse Therapie und Nahrungswechsel erfolgreich sind, so möchte ich für die Magen-
darmstörungen des Neugeborenen und in den ersten Lebens wochen darauf hin weisen,
wie wichtig und ausschlaggebend da die genaueste Durchführung der richtigen diä¬
tetischen Vorschriften ist. Ich meine große Nahrungspausen und kleine Nahrungs¬
mengen. Wir Gynäkologen sind z. B. bei den nicht seltenen Störungen bei
Brustnahrung nicht in der Lage mit der Ernährung wechseln zn dürfen. Wir
müssen ä tout prix die Brustnahrung erhalten. Gegen die medikamentöse Behand¬
lung in diesem Alter bin ich sehr zurückhaltend. Oft leistet hier die Einführung
einer Flasche sehr gute Dienste, in der wir Korrigentien, wie Schleim, Milchzucker,
Rahm u. s. w. einführen können.
Die Biedert sehe Stuhluntersuchung ist zum Zwecke der Sprechstunden¬
diagnostik ausgebildet. In diesem Sinne wird sie vorzügliche Dienste leisten.
Eine genaue Beurteilung des Stoffwechsels kann man von ihr nicht verlangen.
Herr Keller. Die Milchthermophore, mögen sie auch bakteriologisch den
Anforderungen entsprechen, sind für die Praxis vorläufig nicht zu empfehlen,
da die Apparate nicht tadellos funktionieren. Auswahl der Tiermilch im wesent¬
lichen davon abhängig, welche Milch in tadellosem Zustand zur Verfügung steht.
Fragt an, von wem 5 tägige Wasserdiät empfohlen wird; weist hin auf die Lecithin¬
therapie (Combe) die vorgeschlagen, aber bisher nur sehr unvollkommen erprobt
ist. Die Stuhluntersuchungen haben für die Praxis fast keinen Wert, denn auch
bei unzweckmäßiger Ernährung erhält man tadellosen Stuhl, der sich von Brust¬
milchstuhl äußerlich nicht unterscheidet. Die mikroskopische Untersuchung ge¬
stattet kein Urteil über die chemische Zusammensetzung, und die letztere ist viel
zu kompliziert.
Herr Gernsheim. Im Anschluß an die Worte des Herrn Rey möchte ich
Ihre Aufmerksamkeit wiederholt auf die Flaschenbürste lenken, die fast stets die
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II. Aus Vereinen und Versammlungen.
519
Trägerin einer Unmenge von Keimen ist, die die Flaschen von neuem unreparier¬
bar infizieren. Ich halte es für unbedingt notwendig, die Flaschenbürste täglich
einmal auszukochen. Bezüglich der Darmspülung darf ich einwenden, daß dazu
ein besonderer Schlauch wie Nelatonkatheder, Ewaldsche Sonde und ähnliche
durchaus nicht notwendig ist; wird die Spülung richtig ausgeführt, d. h. wird der
Säugling in die richtige Rückenlage mit erhobenem Steiß gebracht und der Trichter
oder Irrigator nicht höher als höchstens */» m über die Kanalöflhung gehalten,
damit das Spülwasser glatt ohne Widerstand des Säuglings einfließen kann, so
kommt man mit einer gewöhnlichen Olive oder einem gewöhnlichen Irrigator¬
ansatz sehr gut aus. In den Referate des Kollegen Bloch vermisse ich die Er¬
wähnung des Allaitement mixte, das ja zuerst von Biedert, dann von Marfan,
der Breslauer Schule u. s. w. empfohlen wurde. Wenn wir nicht eine Muttermilch¬
ernährung durchführen können, so müssen wir unbedingt bestrebt sein, das All. m.
anzuwenden, selbst wenn pro Nahrungsportion auch nur 30—40 gr Milch dem
Kinde gewonnen werden. Selbst bei solch kleinen Mengen werden die anderen
Nahrungssorten, die man je nach dem Alter des Kindes gibt, vorzüglich ausgenutzt.
Ausheberungen ergaben in verschiedenen Fällen, das Kuhmilch dabei viel feiner
gerinnt als bei reiner Kuhmilchernährung. — Herrn Keller gegenüber möchte
ich darauf hinweisen, daß die Stuhluntersuchungen nach Biedert für den Paediater
von unermeßlichem Wert für Diagnose und Therapie sind, zumal nicht nur be¬
stehende Zustände damit erkannt, sondern auch kommende Veränderungen (Fett¬
diarrhöe) vorauszusehen sind. Aus dem Verhalten des im Stuhl vorhandenen
Fettes, der vorhandenen Stärkepartikel ist mit Leichtigkeit auf den Charakter der
Krankheit zu schließen. Schleimpartikel sind mit dem Mikroskop frühzeitig zu
erkennen. Unerläßlich ist die Reaktionsprüfung, das Aussehen und der Geruch
von großer Wichtigkeit. Ganz einfach aber ist die Untersuchung nicht, es gehört
Übung dazu.
Herr Freiberger erwähnt auf die Anfrage des Herrn Selter, daß er an
der Breslauer Kinderklinik Kinder mit Vollmilch mit Pegninzusetz durch das ganze
erste Lebensjahr ernährt hat. Als Unterschied gegenüber Vollmilchernährung trat
hervor, daß die Kinder gute Farben erhielten und muskelkräftig wurden. Ferner
ließ sich das habituelle Erbrechen in einer Reihe von Fällen beseitigen. Die Ver¬
suche einer Ernährung mit Pankreonmilch haben zu schlechten Resultaten geführt,
die Kinder waren nur mit Frauenmilch zu erhalten. Ferner hebt er als eine der
wesentlichsten Verstöße von seiten der Mütter gegen die Reinlichkeit die Unsitte
hervor, den Gummipfropfen erst selbst in den Mund zu nehmen, bevor sie ihn
dem Kinde reichen.
HerrDr. Rensburg (Elberfeld) berichtet über die im Mai dieses Jahres in Ham¬
burg stattgefuudene Ausstellung für hygienische Milch Versorgung. Unter
den zahllosen Gebrauchsgegenständen, die bei der hygienischen Milchversorgung ge¬
braucht werden, wurden, weil von praktischem Interesse, besonders erwähnt, 1. ein
von Dr. S eif f er t (Leipzig) erdachter neuer Sterilisationsapparat für Milch, der unter
Benutzung der ultravioletten Lichtstrahlen als Sterilisatoren und Vermeidung des
Kochens die Milch unter Erhaltung ihrer biologischen Eigenschaften konservierbar
machen soll 2. ein kleiner für zwei Milchproben dienender billiger Apparat zur Ga ber¬
schen Fettbestimmung. Unter den Milchpräparaten interessierte alsdann 1. schüttel¬
raumfreie eingeschlossene Dauermilch zur Vermeidung des Aufrahmens und Aus¬
buttems bei längerem Transport; 2. die zu demselben Zwecke sogen, lait bomog6nis6,
eine Milch, die zwischen zwei unter hohem Druck aneinandergepreßte Metallscheiben
zermalmt wurde. Hierdurch soll die Fettemulsion, wie mikroskopisch nachweisbar,
derart weit getrieben sein zu feinstem Fettstaub, daß eine Vereinigung zu Butter
ausgeschlossen sein soll; 3. dauerhaft konservierte Milch ohne Zuckerzusatz in
reichlicher Anzahl; 4. Milchfleischextrakt, welches das Feischextrakt ersetzen soll;
5. Galaktit, eine aus Casein gepreßte hornartige Masse, die industriell als dessen
Ersatz verarbeitbar ist. Von den gestellten Preisaufgaben interessieren den Par-
diater besonders:
1. populäre Anleitung zur richtigen Behandlung der Milch im Haushalt ein¬
schließlich Säuglings- und Kindermilch: nicht verteilt.
2. einfache praktische Methode zur Bestimmung des Scbmutzgehaltes in der
Milch: nicht verteilt.
3. hervorragende Leistung auf dem Gebiete der Kindermilchversorgung: zu¬
erkannt der Firma Vollmer.
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520
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
4. dasselbe speziell für die ärmere Bevölkerung; nicht vergeben.
5. zweckmäßigstes und billigstes Verfahren zur Bereitung der Säuglingsmilch
im Haushalte, erteilt dem Dr. Lookschen Milchsterilisationsapparat.
R. referiert weiter über die Vorträge Rubners (Wert der Milch als Nahrungs¬
mittel und über Gewinnung gesunder Milch) und H e u b n e r s(Kuhmilch als Säuglings¬
nahrung); über eine Versammlung, in der eine Öffentliche Besprechung einer muster¬
gültigen Polizei Verordnung betr. Verkehr mit Milch ohne praktisches Ergebnis
stattfand; über eine wissenschaftliche Versammlung des ärztlichen Vereins in Ham¬
burg, in der Dunbar (Hamburg) über Anforderungen der Hygiene an die städti¬
sche Milch Versorgung, Soxhlet (München) über Milch Versorgung und Säuglings¬
nahrung, und Ed leisen (Hamburg) über die durch die Schwerverdaulichkeit der
Kuhmilch veranlaßten Gesundheitsstörungen des Säuglings und die Wege zu ihrer
Verhütung und Beseitigung sprachen.
Zur Diskussion. Herr Selter: Milchfleischextrakt schmeckt sehr schlecht. Ich
beschäftige mich augenblicklich mit der Frage, ob nicht die sog. homogenisierte
Milch für den Säugling bezüglich des Fettes leichter verdaulich ist. Auch die Ham¬
burger Versammlung hat mir wieder bewiesen, daß die Produzenten und zum
Teil auch die Behörden noch nicht das nötige Verständnis für die Milchhygiene
haben.
Herr Keller (Bonn) spricht überSeehospize. Er schickt einige allgemeine
Bemerkungen über die Organisation der deutschen Seehospize voraus und bespricht
dann die klinischen Beobachtungen, welche er im Sommer 1902 als Leiter der
Wyker Kinderheilstätte zu machen Gelegenheit hatte. Bemerkenswert sind die
Erfolge der Hospizbehandlung bei Respirationserkrankungen, sowie der günstige
Einfluß auf die nervösen Beschwerden neuropathisch belasteter Kinder. Ausführ¬
lich werden die Gewichtszunahmen der Kinder besprochen und in Vergleich ge¬
setzt zu den Zunahmen, welche in Ferienkolonien u. s. w. erzielt werden. Am
wenigsten konnte sich K. von den vielgerühmten Erfolgen der Seehospize bei
Skrophulotuberkulose überzeugen. Um diese zu erreichen, wäre eine Verlänge¬
rung der Kurdauer, oder falls dies nicht möglich ist, eine Ergänzung der Kur
durch anschließenden Aufenthalt auf dem Lande notwendig. Außerdem erscheint
eine strengere ärztliche Auslese des für die Kinderheilstätten geeigneten Kinder¬
materials erforderlich.
Herr Selter. Die Auswahl der Kinder untersteht bei uns den Frauen¬
vereinen, deren Auswahl ein Vertrauensarzt bestätigt, ohne daß ein hausärzt¬
liches Attest vorliegt. Dagegen sollten wir in unsern Städten Front machen und
so die Auswahl einschränken (stellt einen diesbezüglichen Antrag). Aber auch
die ärztliche Leitung und Verpflegung an den Seehospizen läßt nach meinen
Erfahrungen oft zu wünschen übrig.
Herr Dreher (Düsseldorf) demonstriert einen Pulverbläser, der mit einem
Mundspatel so in Verbindung gebracht ist, daß ein pulverförmiges Medikament
nach Einführung des Spatels auf jede beliebige Stelle der Mundhöhle eingeblasen
werden kann. Der Vorteil des Instrumentes von den gewöhnlichen Pulverbläsern
besteht darin, daß nur eine Manipulation in der Mundhöhle nötig ist, daß der
Arzt die eine Hand frei behält und daß endlich die Applikation auch bei einem
sich sträubenden Kinde leicht möglich ist, während durch den gewöhnlichen Pulver¬
bläser leicht Verletzungen hervorgerufen werden können. Das Instrument ist von
Metall und leicht sterilisierbar. J G. Rey (Aachen).
Naturforscherversammlung in Kassel.
Abteilung für Kinderheilkunde.
(Münch, med. Wochenschrift 1903 Nr. 40.)
L Sitzung am 21. September 1903, Nachm. 3 Uhr.
Vorsitzender: Herr Koller (Kassel).
1. Schilling (Leipzig): Die Sekretion der Speicheldrüsen bei Kindern.
Bisher galt die Ansicht, daß nur die Parotis und das Pankreas in geringem
Maße saccharifizierendes Ferment liefern, und daß die Glandula submaxilaris nicht
vor Ende des zweiten Lebensmonates Speichel produziere. Der Verfasser konnte
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II. Aus Vereinen und Versammlungen.
521
bei Säuglingen von 9 Tagen bis 6 Wochen (Einlegen eines Stärkekleister ent¬
haltenden Zulpes in die Mundhöhle des Kindes), und zwar sowohl bei Brust¬
kindern als auch bei künstlich genährten, nachweisen, daß auch bereits die Sub-
maxillardrüse wirksames Ferment enthält. Das Pankreas liefert gleichfalls zu
dieser Zeit Ferment. Dadurch soll die Verdauung von Kohlehydraten schon in
diesem frühen Lebensalter verbürgt sein.
2. Cahen-Brach (Frankfurt a. M. : über einen Fall von Kolonektasie.
Der Verfasser berichtet über einen Fall von hochgradiger, chronischer Stuhl¬
verstopfung eines jetzt 3jährigen Knaben, bei welchem die methodische Anwendung
„hoher“ Öleinläufe bedeutende Besserung erzielte. Die Eingießungen wurden in
der bekannten Weise vorgenommen, daß ein mit dem Irrigator verbundener,
elastischer Schlauch in den After eingeführt und dann unter gleichzeitigem Ein¬
fließen des erwärmten Öles die Sonde vorgeschoben wurde. Ein Röntgenbild
zeigt den mit einer Kette armierten Schlauch in mehrfachen Schlingen im Dick¬
darm liegend. Der Verf. berechnet daraus eine mindestens 17 cm im Umfang
betragende Erweiterung des Enddarmes.
Die Schlingenbildung war etwa bis 23 cm oberhalb des Anus verfolgbar.
Bei diesem Kinde war somit zur Erzielung einer ausgiebigen Klysmawirkung die
Sonde bis zu der angegebenen Höhe hinaufzuführen.
Diskussion: Ganghofner (Prag) ist nicht überzeugt, daß in dem be¬
richteten Falle tatsächlich eine erhebliche Ektasie des Darmes vorlag, da bei den
entstehenden Biegungen des eingeführten Darmrohres, welches in der Regel nicht
weit über die Flexur hinauskommt, die gelungene Einführung eines längeren
Rohres nichts beweist. Die Ölklysmen wirken ja häufig gut bei hartnäckiger
Obstipation, auch in der gewöhnlichen Weise mit dem Irrigator appliziert. Besser
wirkt jedoch bei chronischer Obstipation die systematische Massage, welche gerade
bei jungen Kindern Dauererfolge auf weist.
Biedert (Hagenau) meint, daß es für gewöhnlich unnötig sei, mit einer
Sonde hoch hinaufzugehen; bei Hochlagerung des Steißes fließt unter mäßigem
Drucke die Flüssigkeit bis in das Coekum, wovon er sich selbst zu überzeugen
Gelegenheit hatte. Nur bei einer eventuellen Abknickung des Kolon ist es nötig,
ein Darmrohr anzuwenden, um den Rückfluß der Flüssigkeit herbeizuführen.
Cahen-Brach (Frankfurt a. M.) hält auf Grund der Röntgenaufnahme an
seiner Ansicht einer Erweiterung des Enddarmes fest. Die hohe Einführung der
Darmsonde geschah zum Zwecke der Feststellung einmal der Weite des Darmes
wegen und dann, um nachzuweisen, wie hoch das Darmrohr eingedrungen sei.
D’Espine (Genf) bespricht kurz einen selbst beobachteten Fall von Hirsch¬
sprungscher Krankheit bei einem 14 jährigen Knaben. Leichtere Fälle dieser
Krankheit sind nicht so selten.
Möser (Wien) hält eine Ausdehnung des Darmes durqh die Kettensonde
selbst für möglich und damit auch eine Täuschung über die tatsächlichen Ver¬
hältnisse. In der Wiener Universitäts-Kinderklinik wird in solchen Fällen eine
explorative Eingießung einer Wismutlösung (5—10 g auf 50 g Wasser) mit Erfolg
angewendet.
Uffenheimer (München) hebt die Vorzüge der gleichzeitigen Wasserein¬
gießung mit der Einführung der Sonde hervor und berichtet eine eigene günstige
Beobachtung.
Gernsheim (Worms) meint, daß das Öl bei diesen Eingießungen doch
recht weit in den Darm hinauffließe und noch 2—3 Tage lang im Darm zurück¬
bleibe. Wenigstens finden sich nach dieser Zeit noch Reste des Öles dem Stuhl¬
gang beigemischt.
3. Rein ach (München): Beitrag zur Behandlung von Ernährungsstörungen im
Säuglingsalter mit gelabter Kuhmilch.
Eine rationelle Fermenttherapie setzt voraus die Möglichkeit, aus für die
tägliche Praxis brauchbaren Fäzesuntersuchungen die herabgesetzte Tätigkeit der
Verdauungsdrüsen für Eiweiß-, Fett- und Kohlehydratverdauung erschließen zu
können. Für Fett oder Kohlehydrate ist dies möglich — mikrochemisch —, nicht
sicher für Eiweiß. Die Labung der Milch nach Professor v. Düngern bedingt
feinflockiges Gerinnen der Milch im Magen. Durch diesen Labprozeß wird jedoch
die chemische Verschiedenheit und die sog. Eigenart der Kuhmilcheiweißkörper
gegenüber denen der Frauenmilch, der Idealnahrung, nicht ausgeglichen. Den
Versuchen Dr. Siegerts stehen ungünstige Dr. Brünings gegenüber. R. hat
Centralbl. £ Kinderhlkde. VIII. Digitized byVjUX^giC:
522
Ccntralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
an 51 Kindern Versuche mit Pegninmilch angestellt und berichtet über 44 Genaues.
Es waren nur kranke Kinder, und zwar 26 chronisch und 18 akut erkrankte.
Von den chronischen Fällen sind ausgeheilt 8, 6 gebessert mit akuten Rückfällen,
12 dauernd nicht geheilt. Von 4 Atrophikern sind 3 nicht geheilt. Von den
18 akuten Fällen waren 11 leichter und 7 schwer krank. Von den Schwerkranken
sind 1 5 und von den leichten 4 geheilt; aus der Behandlung geblieben sind 4.
Die Beobachtungszeit der chronischen Fälle erstreckte sich auf Wochen bis zu
5—6 Monaten, ebenso der akuten, worunter allerdings kürzer beobachtete. Zu¬
nahmen teilweise 30—40 g, teilweise nur 10—15 g bei der ersten und zweiten
Gruppe der chronischen Fälle. Die Gewichtsverhältnisse im allgemeinen standen
oft im Kontrast zu dem Befunde der Verdauungsorgane. — Günstig wurden durch¬
weg die Magenbeseh werden beeinflußt. Rachitis wurde nicht sinnfällig ge¬
bessert. Gefährlich in der Fermenttherapie scheint die Zersetzungsmöglichkeit.
Pegninvollmilch wurde meist nicht vertragen, wenigstens im ersten Halbjahr.
Schlußthesen: i. In den von mir mit gelabter verdünnter Kuhmilch be¬
handelten Fällen chronischer Ernährungsstörung hat sich bezüglich Ausheilung
der Darmstörung und Hebung des Ernährungszustandes des Gesamtorganismus
ein Vorzug vor anderen Methoden nicht ergeben; wesentlich günstiger gestaltete
sich die Ausheilung akuter Verdauungsstörungen. 2. Die unverdünnte Pegnin¬
milch hat sich nur in einer kleinen Zahl von Fällen für längere Zeit anwenden
lassen. 3. Da aus den auch von anderer Seite publizierten Erfolgen, einerseits
mit kohlehydratreichen, andererseits mit fettreichen Nährmitteln, sowie auf Grund
mikrochemischer Stuhluntersuchungen hervorgeht, daß neben der oft nötigen Milch¬
verdünnung bei einer Zahl von Kindern Zusatz von Kohlehydraten, bei anderen
Fett mit eventueller Herabsetzung des Eiweißgehaltes nötig ist, um dauernd gutes
Gedeihen zu gewährleisten, so ist zwar zur Erhöhung der Ei weiß Verdaulichkeit
auch die Labung prinzipiell in Erwägung zu ziehen, aber für die Bedürfnisse
und Handhabung in der Praxis dürften solche Mischungen zu kompliziert und
für das Gros der Bevölkerung zu umständlich werden. 4. Die Pegninmilch wird
durchwegs gern genommen. 5. In einer größeren Reihe von chronischen und
akuten Störungen mit vorwiegendem Erbrechen und Unruhe nach dem Trinken
wurden letztere Symptome in der günstigsten Weise durchweg beeinflußt. 6. Fälle
von Reizerscheinungen von Seiten des Zentralnervensystems, die mit den Ver¬
dauungsorganen in Zusammenhang gebracht werden können, zeigten sofortiges
Verschwinden dieser Zustände.
Demonstration von Gewichts- und Ernährungskurven.
Diskussion: Siegert (Straßburg) spricht sein Erstaunen darüber aus, daß
der Vortragende gelabte Kuhmilch bei akuten Magendarmerkrankungen für ein
Heilmittel hält. Bei diesen sei der erste und wichtigste Schritt, die Milch ganz
fortzulassen. S. hat mit der Labung der Milch bei gesunden Kindern ausge¬
zeichnete Erfolge zu verzeichnen und spricht sich dagegen aus, gelabte Milch als
Heilmittel zu verwe nden. Die Labung ist nur die Herbeiführung eines physio¬
logischen Vorganges. Verwand darf nur gekochte Milch werden, da die Labung
roher Milch sehr feste Gerinnsel gibt.
Schloßmann (Dresden) stimmt dem Vorredner nicht bei. Er hat mit
Pegnin keine besseren Resultate gesehen und hält die Bestrebungen, die Milch
durch verdauende Zusätze leichter verdaulich zu machen, heutzutage nicht für
angebracht. Wir sollten vielmehr dahin streben, möglichst gute und reine Milch
zu bekommen. Die alte Lehre, bei akuten Magendarmstörungen anfangs die
Milch ganz fortzulassen, sei eine Irrlehre.
Selter (Solingen) vermißt für die Anwendung der gelabten Milch bei
Säuglingen eine genaue Indikationsstellung von seiten des Vortragenden. Nach
seinen Untersuchungen ist die Gerinnung der gelabten Milch im Magen des
Kindes die gleiche wie diejenige nicht gelabter Milch. Gegenüber Schloß mann
(Dresden) möchte er vorläufig bei akuten Magendarmstörungen keine Milch geben.
Rommel (München) befürwortet die Anwendung gelabter Milch bei Krank¬
heitsfällen, in denen die Symptome von seiten des Magens im Vordergründe des
Krankheitsbildes stehen.
Rein ach (München) setzt auseinander, daß es nur seine Absicht war, die
tatsächlichen Erfolge bei Ernährung mit gelabter Milch bei einer Reihe von
Magendarmstörungen hier zu erörtern.
4. Salge (Berlin): Enterokatarrh im Säuglingsalter.
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II. Aus Vereinen und Versammlungen.
523
Verfasser hatte Gelegenheit, eine Reihe von Kindern in der Säuglingsstation
der Kinderklinik der Charite zu beobachten, die an akutem Enterokatarrh mit
schweren Vergiftungserscheinungen litten. In diesen Fällen wurden die von
Escherich und Finkeistein im Jahre 1900 beschriebenen blauen Bazillen in
großer Menge gefunden. Es wurden Versuche gemacht, an den Bakterien oder
ihrem Kultursubstrat pathogene Eigenschaften nachzuweisen. Als Versuchstiere
dienten Kaninchen und Meerschweinchen. Diese Versuche, in deren Verlauf auch
die Autolyse der Bakterien nach dem Vorgänge Conradis ausgeführt wurde
führten nicht zu einem positiven Ergebnis. Es wurde dann, angeregt durch die
klinische Beobachtung, untersucht, ob Fettsubstanzen für die Biologie des Mikro¬
organismus von Bedeutung wären. Es wurden dem 1 1 / 2 proz. Traubenzucker
•enthaltenden Nährboden 0,1 % bleisaures Natron zugesetzt. In diesen Nährböden
trat eine erhebliche Wachstumsforderung ein, pathogene Eigenschaften konnten
aber auch so nicht nachgewiesen werden.
Dagegen ergab sich das interessante Resultat, daß nicht nur der Zucker zer¬
setzt wurde, sondern auch die hohe Fettsäure verschwand und in niedere Fett¬
säuren zerlegt wurde. Dieser Befund würde es leicht verständlich erscheinen
lassen, daß in diesen Fällen die Darreichung von Fett eine starke Azidität der
Stühle zur Folge hat.
Die großen Mengen von Säuren, die im Darme gebildet werden, lassen
daran denken, sie mit den toxischen Erscheinungen, die nach Fettdarreichung
eintreten, in Beziehung zu setzen, und Verfasser stellt die Möglichkeit auf, daB
os sich um eine Alkalientziehung durch die gebildeten abnormen Säuren handle.
Untersuchungen hierüber stellt der Verfasser in Aussicht.
5. Siegert (Straßburg i. E.): Die Fermenttherapie der Atrophie im Säuglingsalter.
Unter Bezugnahme auf einen einleitenden Vortrag in der letztjährigen Ver¬
sammlung präzisiert Vortragender jetzt die Indikationen der Fermenttherapie:
mangelnde Sekretion des Magens, Darmes und Pankreas.
Die Diagnose erfolgt aus dem Nachweis unverdauter Nahrungsbestandteile:
Stärke, große konfluierte Fettlachen, viele Parakaseinflocken im Stuhl unter Ver¬
hältnissen, wo diese sonst fehlen. Außerdem aus ungenügender oder fehlender
Gewichtszunahme bei zweckmäßiger Nahrung in entsprechender Menge. Der
Erfolg der Fermenttherapie bei gleicher Ernährung bestätigt die Diagnose.
Die Leistungen der mit Pegnin gelabten Milch, der Pankreaspräparate und
des kräftigsten Sekretionserregers, der Buttermilch, werden zum Teil auf Grund
kurzer Krankengeschichten besprochen.
Dank der systematischen Anwendung der Fermente (Labferment, Pankreas¬
extrakte) und der Erreger der Fermentsekretion (Salzsäure, Fleischbrühe und
-extrakt) und vor allem der Buttermilchkonserve Biederts vermögen wir heute
oft die Atrophie des Säuglings in blühendes Gedeihen zu verwandeln.
Diskussion: Rommel (München) hat sich bemüht, eine gute Buttermilch
darzustellen, und hat gefunden, daß diese doch nichts anderes ist als eine ge¬
säuerte Magermilch. Er verwendet jetzt auch in der Praxis Zentrifugenmager¬
milch, welche er 24 Stunden lang durch Zusatz von Milchsäurebakterien gesäuert
hat. Seine Erfolge sind günstige. Nach seinen Untersuchungen ist der Albumin¬
gehalt der Buttermilch nicht erhöht
Thiemich (Breslau) hat Kinder mit Vollmilch gefüttert und direkt im
Anschlüsse daran eine Portion Pegnin herunterschlucken lassen. Eine Störung
ist dabei nicht eingetreten. Die mechanische Bedeutung der Pegningerinnung
ist mindestens sehr gering.
Salge (Berlin) sieht doch zwischen gesäuerter Magermilch und Buttermilch
Unterschiede. Der Fettgehalt ist für die Feinheit der Kaseingerinnung wichtig.
Seine Erfolge mit gesäuerter Magermilch waren nicht so günstig wie diejenigen
mit Buttermilch.
Lugenbühl (Wiesbaden) hat gute Erfolge mit einem trinkfertig hergestellten
Buttermilchpräparat aus Holland zu verzeichnen.
Biedert (Hagenau) spricht sich für Buttermilch aus, nur warnt er vor der
gewöhnlichen Buttermilch, welche oft gefährliche Beimischungen enthält. Er
plädiert für künstliche Herstellung von Buttermilch — eventuell durch künstliche
Säuerung (Säurebazillen).
Rommel (München) betont, daß bei der Säuerung der Magermilch ein an¬
dauerndes Schütteln für die Feinheit der Kaseingerinnung bedeutungsvoll sei.
87*
524
Centralblatt för Kinderheilkunde. No. 12.
Beim Zusatz von Mehl und Zucker zur Magermilch vor der künstlichen Säuerung'
entsteht zum Schlüsse eine fast homogene Mischung.
6. Selter (Solingen) berichtet über ein von ihm in der Literatur nicht ge¬
fundenes Krankheitsbild: Trophodormatoneurosf, eine Erkrankung, die er bei Kindern
weiblichen Geschlechtes zwischen 1 1 / t und 3 1 / 1 Jahren beobachtete. Die Symptome
waren: Verdrießlichkeit, Ängstlichkeit, bei einzelnen Kindern mit psychischen
Störungen (Delirien, Halluzinationen), ja bis zur ausgeprägten Psychose. Dabei
profuse Schweiße und deren Folgen (Sudamina, Exkoriationen, Kratzeffekte), rote,
kühle Schwellung der Hände und Füße. An inneren Organen keine Störungen.
Der Verlauf der Erkrankung war langwierig (bis zu 3—4 Monaten), aber stete
günstig.
7. Schloß mann (Dresden): Eine verbesserte Methode der ErnähnmgsstatistHc
der Säuglinge.
Die bisherige Art, wie die Ernährungsfrage bei der Statistik der Säuglings¬
todesfälle berücksichtigt wird, ist ungenügend. In Dresden wird jetzt nur eine.
Frage zur Beantwortung vorgelegt. „Wie lange wurde das verstorbene Kind ge¬
stillt ?“ Damit ist die Grundlage für eine brauchbare, allgemeine Statistik gegeben.
Weiter muß bei der Volkszählung für alle Kinder unter einem Jahr festgestellt
werden, ob die Kinder gestillt werden oder nicht. ,
8. Sperk (Wien): Die Prinzipien der städtischen Kindermilchversorgung.
Der Verf. bespricht die Notwendigkeit der städtischen Kindermilch Versorgung^
besonders im Interesse der armen Bevölkerung. Die Kommunen sind dafür die
berufenen Körperschaften. Durch Zentralisierung des gesamten Kindermilch Ver¬
kehrs in besonderen städtischen Molkereianlagen würden die Stadtgemeinden in
der Lage sein, die Frage einheitlich zu regeln. Redner wünscht im Anschlüsse
an diese Anstalten die Errichtung sogenannter Milchlaboratorien nach amerika¬
nischem Muster. Redner weist weiter darauf hin, daß es notwendig sei, alle
Maßnahmen des öffentlichen Kinderschutzes auch auf das Land zu übertragen;
denn gerade dort ist die Kinder- und besonders die Säuglingssterblichkeit eine
größere als in den Städten. Das Land aber ist die eigentliche Produktionsstätte
des Nachwuchses. Durch die Sanierung der kindlichen Ernährungsverhältnisse
auf dem Lande ist es aber erst möglich, alle hygienischen Faktoren des Land¬
lebens für die öffentliche Gesundheit zu verwerten.
II. Sitzung vom 22. September 1903, Vorm. Uhr.
Vorsitzender: Herr C o m b y (Paris).
1. Hochsinger (Wien): Stridor congenitus und Thymushypertrophie (mit Rönt-
genbildern).
H., welcher sich schon seit zwei Jahren mit radioskopischen Untersuchungen
über die Thymusdrüse im Säuglings- und frühen Kindesalter befaßt, hat 58 Kinder
der ersten drei Lebenssemester im Röntgeninstitute Kienböcks in Wien rück-
sichtlich der Thymusgröße untersucht. Zunächst stellt H. fest, das radioskopische
Untersuchungen über die Thymusdrüse überhaupt noch nicht vorgenommen worden
sind, daß dieselben aber immer zn einem positiven Resultate in den frühen Lebens¬
perioden führen. Es gibt ein typisches Röntgenbild der Thymus, welches sich
als ein vom Herzschatten parallel mit dem Wirbelsäulenschatten zum oberen
Brustbeinrand emporsteigendes, die Wirbelsäule seitlich überragendes und konkav
begrenztes Band darstellt. Unter normalen Verhältnissen ist die Breite dieses
Bandes der Höhe der Insertion der zweiten Rippe an dem Dorsalwirbel nur um
ein geringeres breiter als der Wirbelschatten selbst. Unter pathologischen Ver¬
hältnissen wird nun der dem Wirbelsäulenschatten folgende Änteil des Thymus¬
schattens breiter, so daß er beiderseits mehr weniger den ersteren überragt und
auch den Herzschatten scheinbar seitlich vergrößert.
Seine besondere Aufmerksamkeit hat H. jenen Säuglingen zugewendet,
welche das bisher in seiner Wesenheit noch nicht enträtselte Bild des „Stridor
congenitus“ darboten. Hierunter wird eine angeborene oder in den ersten Lebens-
monaten auftretende geräuschvolle Atmung verstanden, deren Intensität am Ende
des Inspiriums am bedeutendsten ist, welche Tag und Nacht persistiert und
röchelndes, mäckerndes oder klucksendes Tönen bei jedem Atemzuge erkennen
läßt. Immer finden sich auch inspiratorische supra- und substernale Einziehungen,
welche beweisen, daß es sich um eine Stenose der oberen Luftwege handelt.
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II. Aas Vereinen und Versammlungen.
525
Über die Entstehung dieser Geräusche sind viele Theorien ersonnen worden,
unter anderen auch eine, welche das Geräusch von einer Kompression durch
hypertrophierte Thymus herleitet Der Vortragende, welcher immer diese von
Avellis verteidigte Anschauung geteilt hatte, konnte nun durch die radiologische
Untersuchung von 20 Säuglingen mit Stridor congenitus das Vorliegen einer
hypertrophierten Thymus im Röntgenbilde feststellen. 4 von diesen Fällen hatten
«norm hypertrophierte Thymen, 20 wesentlich vergrößerte und nur 1 Fall eine
geringfügig vergrößerte Thymus. Aus diesen Untersuchungsergebnissen glaubt
H. mit Sicherheit annehmen zu dürfen, daß die als Stridor congenitus bezeichnete
geräuschvolle Atmung der Säuglinge auf Thymushypertrophie beruht, und schlägt
vor, diese pathologische Atmungsform richtiger mit dem Namen Stridor thymicus
za bezeichnen und von dem Epitheton „congenitus“ ganz abzusehen, weil das¬
selbe viel häufiger nicht gleich bei der Geburt, sondern erst innerhalb der ersten
Lebensmonate des Kindes in Erscheinung tritt.
Sonst konnte noch ein gewisser Zusammenhang zwischen Rachitis und
Tbymushypertrophie festgestellt werden, da von 32 untersuchtöl rachitisdien
Kindern 23 eine Vergrößerung der Thymusdrüse aufwiesen. Die Beziehung der
Thymushyperplasie zur Rachitis wird in ähnlicher Weise beurteilt, wie das Ver¬
hältnis der Milzhyperplasie zu der genannten Erkrankungsform.
2. Zuppinger (Wien): über Laryngitis aphthosa.
Der Vortragende erwähnt, das die Stomatitis aphthosa zwar in der über¬
wiegenden Mehrzahl der Fälle eine wirklich gutartige, nur auf die Mundschleim¬
haut lokalisierte Krankheit sei, nicht selten aber progredienten Charakter zeige,
insofern sie dann auf den Gaumen, Uvula, Tonsillen und hintere Rachen wand
übergreife. In sehr seltenen Fällen ist auch der tiefere Verdauungstrakt be¬
troffen. Andererseits kann die aphthöse Entzündung auch auf den Larynx über¬
gehen und dann besonders bei kleinen Kindern ausgesprochene Larynxstenose er¬
zeugen, die die Kinder in direkte Erstickungsgefahr bringt. Verfasser beobachtete
unter 900 Kindern mit Stomato-pharyngitis aphthosa 6 solche Fälle und bringt
ein ausführlicheres Beispiel. Die Therapie besteht in einer energischen Behand¬
lung der Grundkrankheit, hierzu benutzt er Auswaschungen des Mundes und
Rachens mit Solutio Kali hypermang. und vermeidet interne Verabreichung von
Kali chloricum. Geht die Grundkrankheit zurück, lassen auch bald die Symptome
von seiten des Kehlkopfes nach. Zur Unterstützung werden mit bestem Erfolge
Wasserdampfinhalationen und warme Umschläge am Halse angewendet. Bei
gefahrdrohender Larynxstenose ist die Intubation auch im Säuglingsalter der
Tracheotomie schon wegen der voraussichtlich kurzen Intubationsdauer vorzuziehen.
3. Brüning (Leipzig) berichtet unter gleichzeitiger Demonstration von Photo-
f rammen und farbigen Abbildungen, welche das Verhalten der Seiffertschen
[omafäden zu den Gefäßen und den im nomatösen Gewebe verlaufenden Muskel¬
fasern illustrieren sollen, über 4 Nomafätie aus dem Leipziger Kinderkrankenhause.
Die Erkrankung betraf 2 Knaben und 2 Mädchen im Alter von 3 bis 5 1 / i Jahren
und endete bei den beiden Knaben tödlich, während die beiden Mädchen mit
dem Leben davon kamen. In drei Fällen entwickelte sich der Wangenbrand
nach Masern, der vierte Fall betraf einen hereditärluetischen, rachitischen Knaben
mit langwieriger Pneumonie und Empyem. Die Therapie war eine exspektative.
4. Keller (Bonn): Erfolge und Organisation der Seehospize.
Die wesentlichen Erfolge der deutschen Seehospize bestehen in dem Ver¬
schwinden der nervösen Beschwerden bei neuropathisch belasteten Kindern (in
Zusammenhang mit der Anstaltsbehandlung), in der günstigen Beeinflussung der
Respirationserkrankungen durch die relative Keim- und Staubfreiheit der Luft,
eowie die Gleichmäßigkeit der Temperatur und vor allem in der Erzielung er¬
heblicher Körpergewichtszunahmen bei Kindern aus armen und wohlhabenden
Familien. Bei erholungsbedürftigen und rekonvaleszenten Kindern werden infolge¬
dessen gute Erfolge erzielt, aber diese sind von kurzer Dauer. Bei Tuberkulose
und Skrofulöse kommt es zu einer Besserung des Allgemeinbefindens, zu einem
vorübergehenden Verschwinden einzelner Symptome, aber von einer Heilung kann
keine Rede sein. Ein Vergleich mit den ausländischen Hospizen fällt zu Un¬
gunsten der deutschen aus. Bleibt die Kurdauer in den letzteren auf sechs Wochen
beschränkt, dann sind die Seehospize nicht besser als die Ferienkolonien, nur
viel kostspieliger. Stellen die Hospize sich größere Aufgaben, und zwar eine
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526
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 1&.
ernsthafte Bekämpfung der Skrofoluse-Tuberkulose, dann ist es notwendig: 1. eine
sorgfältige Auslese des Materials, vor allem der unentgeltlich aufgenommenen
Kinder, 2. eine erheblich längere Kurdauer, 3. Durchführung des Winterbetriebes-
in größerem Maßstabe, 4. dauernde ärztliche Beobachtung der Kinder auch nach
der Entlassung aus der Heilstätte.
Die letztere, sowie die Auslese des Materials ist in den Großstädten den
Kinderpolikliniken oder einzelnen Ärzten zu übergeben, welche ständig in Fühlung
mit der Vereinsleitung und den Seehospizärzten stehen.
Die Bedingungen für guten Erfolg sind gegeben, nur müssen sie voll aus¬
genützt werden, wenn die deutschen Heilstätten nicht weit hinter den ausländischen-
zurückstehen sollen.
5. Thiemich (Breslau) erstattet das diesjährige Referat: über die Hysterie
im Kindesalter.
Referent stellt die Tatsache des häufig monosymptomatischen Auftretens
der Kinderhysterie in den Vordergrund und versteht darunter das Fehlen der
sogenannten Charcotschen Stigmata. Um ein Verständnis für dieses Verhalten
anzubahnen, geht Th. den Frühformen der Kinderhysterie nach und schildert
besonders einige deijenigen Krankheitsbilder, welche nijht Nervenkrankheiten,
sondern Erkrankungen der vegativen Systeme imitieren. Es handelt sich dabei
öfter um sehr junge Kinder (2.—4. Lebensjahr) und meist um die psychogene
Fortsetzung bezw. Wiederholung eines früheren organischen Leidens, dessen Haupt¬
symptom durch Autoimitation fortgeführt wird. Neben der Autoimitation spielt
die Imitation fremder Leiden — beides natürlich mehr oder minder unbewußt —
eine wichtige ätiologische Rolle. Auch dies wird an Beispielen erläutert. Aus
diesen Beobachtungen ergibt sich die Wichtigkeit des Milieus für den Ausbrucb
hysterischer Erkrankungen. Dafür spricht auch die ärztliche Erfahrung, daß eine
Heilung oft nur durch Entfernung des Patienten aus seiner bisherigen Umgebung
Ö t. Es ist wahrscheinlich, daß das ungeeignete Verhalten nervöser Eltern,
er usw. die hysterische Manifestation nicht direkt produziert, sondern nur da¬
durch schädlich wirkt, daß die wohl bei jedem Kinde gelegentlich zu beobachten¬
den, kleinen Ansätze zur Hysterie nicht unterdrückt und ausgerottet, sonder»
großgezogen werden. (Autoreferat)
6. Im Anschluß daran erfolgt das Korreferat von Bruns (Hanover).
Der Korreferent gibt zunächst einige kurze Daten nach seinem eigene»
Materiale. Er hat unter 700 Fällen von Hysterie 144 bei Kindern beobachtet;
also auf etwa 5 Hysterische 1 Kind. Die obere Grenze des Kindesalters setzt
er ins 16. Jahr. Die meisten Fälle fielen zwischen das 7. und 12. Jahr; ziemlich
viele darüber bis zum 16. Jahre; im 6., 5. und 4. Jahre hat er nur noch 6 Fälle
beobachtet; die jüngsten waren zwei Knaben von 3 Jahren. Er hält die Hysterie
unter diesem Jahr jedenfalls für äußerst selten und die Hysterie der Neugeborenen,
von der besonders französische Autoren berichten, für unbewiesen. Alles in allem
kamen ihm etwa doppelt so viel hysterische Mädchen als Knaben zur Beobachtung;
unter 9 Jahren war aber die Zahl der Knaben fast so groß wie die der Mädchen.
Mit dem höheren Kindesalter nimmt also die Hysterie bei Knaben relativ ab,
bei Mädchen zu. 40% seiner hysterischen Kinder waren Landkinder; bei diese»
kommen ganz besonders schwere und hartnäckige Formen vor. — Die Formen
der Hysterie sind sehr verschiedenartige; relativ sehr häufig ist die Astasie-Abasie;
hysterische Krämpfe sind häufiger, als B. früher annahm, besonders bei älteren
Kindern. Meist fehlen die Stigmata, besonders die Hautanästhesien. B. sucht
das Fehlen derselben aus Eigentümlichkeiten des kindlichen Vorstellungslebens
zu erklären; ihr Fehlen bilde deshalb keinen unerklärlichen Gegensatz zu der
Hysterie der Erwachsenen, es zeuge vielmehr deutlich, daß auch die Stigmata der
Hysterie psychisch bedingt sind.
Trotz des Fehlens der Stigmata sei die Diagnose wenigstens in Fällen
mit neurologischen Symptomen bei der Kinderhysterie auch vor der Heilung
oder bei Nichtgelingen derselben meist sicher. Vor allem gelte es, auch bei
Kindern immer an die Möglichkeit der Hysterie zu denken, vor ihr auf der Hut
zu sein. Dann halte man sich an die charakteristischen Eigentümlichkeiten der
Symptome der Hysterie und ihrer Gruppierung, die B. näher ausführt, an die
große psychische Beeinflußbarkeit, an das Mißverhältnis zwischen Ursache und
scheinbarer Schwere der Symptome. — Erschwerend für die Diagnose kann e»
manchmal wirken, wenn hysterische Erscheinungen als Imitationen oder Prolon-
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II. Aus Vereinen und Versammlungen.
527
gationen organischer Leiden auf treten, z. B. hysterische Ankylosen nach Gelenk¬
rheumatismus, oder hysterische Chorea nach rheumatischer, oder überhaupt nach
organischen Krankheiten, wie z. B. Astasie-Abasie nach Infektionskrankheiten. —
Die Prognose der Kinderhysterie ist sowohl für die Heilung der Symptome, als
für die Gesamtkrankheit eine viel bessere, als die der Hysterie der Erwachsenen;
ersteres liege an der größeren Suggestibilität der Kinder, letzteres daran, daß
bei ihnen der hysterische Charakter noch nicht festgewurzelt ist. — Für die Be¬
handlung ist in allen hartnäckigen Fällen Aufnahme ins Krankenhaus geboten. —
Im Speziellen empfiehlt B. für den betretfenden Einzelfall wieder die Methoden,
die er früher als Überrumpelungsmethode und als Methode der zielbewußten
Vernachlässigung bezeichnet hat, und weist die Behauptung, daß die erstere
Methode den Kindern schädlich sei, kurz zurück. Nötig sei es jedenfalls, das
die hysterischen Manifestationen möglichst rasch und möglichst gründlich ausge¬
rottet würden; dann sei eine Dauerheilung zu hoffen. (Autoreferat.)
Die Schlußsätze zu den Referaten sind die folgenden:
1. Das häufig „monosymptomatische“ Auftreten der Hysterie im Kindes¬
alter darf als gesichert gelten und steht nicht im Widerspruche mit dem Wesen
der Hysterie.
2. Zu den gewöhnlichen — oft verkannten — Frühformen der Kinder¬
hysterie gehören die durch Autoimitation entstandenen.
3. Die Manifestation hysterischer Erkrankungen wird oft, die Fixierung der¬
selben fast immer durch ungeeignetes Verhalten der Umgebung des Kranken
hervorgerufen; andere Ursachen für die Fixierung sind im Kindesalter selten.
4. Die Prognose der Kinderhysterie ist eine wesentlich günstigere, wie die
der Erwachsenen; und zwar sowohl die Prognose des Einzelsymptoms, wie des
Gesamtleidens.
5. Therapeutisch kommt bei nicht ganz rasch in Heilung ausgehenden
Fällen stets die Entfernung aus den gewohnten Verhältnissen, besonders die Auf¬
nahme in ein Krankenhaus in Betracht. Die Behandlung des Einzelsymptomes
wird je nach der Art desselben verschieden sein, wichtig aber ist, daß seine
Ausrottung möglichst rasch erfolgt.
Diskussion: Binswanger (Jena) wendet sich gegen die Auffassung des
Referenten, daß die kindliche Hysterie den Charakter einer monosymptomatischen
habe, es gibt nur eine Hysterie mit monosomatischen Symptomen. Der psychische
Zustand ist nicht monosymptomatisch. Der Schmerz ist seiner Meinung nach zu
wenig betont, eine große Anzahl der Lähmungen kommt über den Schmerz
als auslösendes Moment. Er erwähnt eine diesbezügliche eigene Beobachtung.
Schließlich warnt er vor der Anwendung der Hypnotherapie bei der Hysterie.
D’Espine (Gent) warnt gleichfalls vor der Anwendung der Hypnose und
steht auch auf dem Standpunkt, daß die Eklampsie kleiner Kinder streng von
der Hysterie zu trennen sei.
Ganghofner (Prag) hat bei hysterischen Kindern eine Reihe von Prüfungen
auf eine eventuelle Gesichtsfeldeinschränkung gemacht und V 4 —Vs seiner Fälle
zeigte eine solche. Den Angaben über die Säuglingshysterie steht auch er skep¬
tisch gegenüber, die Mehrzahl seiner Kinder befand sich im 7. bis 11. Lebensjahre.
Die von dem Referenten betonte Störung der viszeralen Funktionen hält er für
wichtig und beachtenswert. Eine häufige Erscheinung sei auch das hysterische
Erbrechen. Die Enuresis kann pur zum Teil auf hysterischer Grundlage beruhen,
in seinem Material war wenigstens die hysterische Enuresis sehr selten. Die Ent¬
stehungsweise der nervösen Enuresis bei Kindern ist eine andere als die hyste¬
rischer Erkrankungen.
Thiemich (Breslau) verteidigt seinen Standpunkt und hebt nochmals hervor,
daß die somatischen Stigmata (im Sinne Charcots) bei der kindlichen Hysterie
meist fehlen. Die Enuresis der Kinder an dem Material der Breslauer Klinik ist
überwiegend hysterischer Natur.
Bruns (Hannover) hebt hervor, daß die Grundlage der Hysterie psychischer
Natur sei, doch sei es naturgemäß bei Kindern sehr schwierig, auf diesem Ge¬
biete Untersuchungen anzustellen. Den Versuch, eine Definition der Hysterie zu
geben, hat Korreferent, weil bisher erfolglos, unterlassen.
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528
Central bl att für Kinderheilkunde. No. 12.
II. internationaler Kongreß für Hygiene und Demographie
in Brüssel. *
(Münchener med. Wochenschrift 1903 No. 40.)
Die IV. Sektion (administrative, Kinderhygiene) behandelte in ausführlicher
Diskussion die Frage der Säuglingsernährung und des administrativen und legislativen
Schutzes der Neugeborenen.
Zu diesem Thema hatten Budin (Paris), Heubner (Berlin), Knöpfel-
m ach er (Wien) umfassende Referate erstattet. Von allen Seiten wurde die über¬
aus große, durch Magendarmkrankheiten verursachte Sterblichkeit der Kinder im
ersten Lebensjahr konstatiert und die Brustnahrung als die einzige rationelle Er¬
nährung der Säuglinge anerkannt, während ebenso die zu diesem Zweck auf den
Markt gebrachten Milchpräparate, die durch chemische Manipulationen der Mutter¬
milch gleichwertig gemacht werden sollen, verworfen wurden. Budin berichtete,
daß er da, wo die Sekretion der Brustdrüse anfänglich nicht für die ausschließliche
Brustnahrung ausreicht, durch eine gemischte Ernährung sehr gute Resultate er¬
zielt habe, und zivar in der Weise, daß er jede Brustmahlzeit durch eine kleine
Menge sterilisierter, unverdünnter Kuhmilch komplettiert. Die beidenMilchsorten
gleichzeitig gereicht, würden sehr gut vertragen und durch den häufigeren Reiz
würde die Brustdrüse so zur Sekretion angeregt, daß die Zusatzmahlzeiten bald
ganz wegfallen könnten. Für die künstliche Ernährung empfiehlt er die pure,
sterilisierte Kuhmilch mit einem Buttergehalt von 37—38 g pro 100 ccm Milch,
und zwar müßte diese den Kindern im Verhältnis zu ihrem Gewicht und nicht
im Verhältnis zu ihrem Alter gereicht werden. Für ein Kilo Gewicht wird die
Menge von 100g empfohlen; die entsprechende Gewichtszunahme solle im ersten
Drittel des Säuglingsjahres 5 g pro Kilo Gewicht und pro die betragen, im zweiten
2,5 und im letzten 1,25 g. Budin warnt eindringlich vor einer Übernährung und
betrachtet das Verhalten der Temperatur für einen Indikator zur Vermehrung oder
Verminderung der Nahrungszufuhr. Redner bespricht dann die guten Resultate, die
durch die von ihm eingefuhrten „Consultations des nourissons u in bezug auf Be¬
lehrung der Mütter als auch in der Überwachung der Gesundheit der Säuglinge
erzielt werden, sowie die Einrichtungen der „Gouttes de lait“, die es sich zur
Aufgabe gemacht, die ärmeren Volksschichten mit guter, reiner Milch zu versorgen.
Er bringt statistisches Material, wie sich die Sterblichkeit durch diese Anstalten
verringert. Durch ausgesetzte Prämien, durch Gewährung von Nahrungsmitteln
würden die Mütter zum Stillen angefeuert und so die Wichtigkeit dieses Aktes
propagiert; dazu kämen hygienische Belehrungen im weitesten Sinne. Clerfait
(Mons) tritt für eine Belehrung der jungen Mädchen in den Haushaltungsschulen
in bezug auf Säuglingsernährung ein und verlangt, daß die Hebammen mehr als
bisher als Erzieherinnen der Frauen nach dieser Richtung hin tätig sein müßten,
während Heubner wohl die Bedeutung solcher Maßregeln anerkennt, das Haupt¬
mittel aber in der Beschaffung einer billigen, einwandfreien Milch für die ärmeren
Klassen erblickt. Das Soxhletsche Verfahren stelle noch nicht das Ideal dar;
die Milchsurrogate seien zu verwerfen. Die Hamburger Milchausstellung habe
aber gezeigt, daß die Milchproduzenten auf dem richtigen Wege seien. Heubner
erwähnt in dieser Beziehung das von dem Ingenieur Helm angegebene Verfahren
der Tiefenkühlung, bei welchem durch Abkühlung der Milch auf wenig über 0 Grad
eine Vernichtung der Bakterien zustande kommt, ohne daß der Geschmack leidet,
was bei der Sterilisierung der Fall ist. Die Milch wird in besonders konstruierte
Gefäße abgefüllt und aus diesen in den Niederlagen direkt an die Konsumenten
verabfolgt. Sache der Kommunen wäre es nun, die Etablierung möglichst zahl¬
reicher Niederlagen zu begünstigen. Der Konsument hat nur die Aufgabe, die
Milch kühl aufzubewahren. Seiffert hat durch die Einwirkung der ultravio¬
letten Strahlen des elektrischen Funkens die Keimfreimachung der Milch zu er¬
reichen gesucht, ohne die biologischen Eigenschaften zu schädigen. Dieses Ver¬
fahren hat den Vorteil der Soxhletschen Abfüllung in Einzelportionen ohne
dessen Nachteil der Sterilisierung, es ist aber bis jetzt nur im Laboratorium und
noch nicht im Großbetrieb erprobt. Heubner spricht die Hoffnung aus, daß in
nicht allzu ferner Zeit auch den Minderbemittelten eine zweckentsprechende billige
Säuglingsnahrung geboten wird, und bespricht dann noch zum Schluß die Institu-
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II. Aus Vereinen und Versammlungen.
529
tion, die die Stadt Leipzig zum Schutze der unehelichen Neugeborenen geschaffen
hat, indem sie einen Magistratsbeamten mit der GerneralVormundschaft über sämt¬
liche uneheliche Kinder beauftragt hat. Ihm zur Seite stehen ein Ziehkinderarzt
und besoldete Aufsichtsdamen, die im Verein mit diesem die Wohnung, Nahrung
und sonstige Haltung jedes einzelnen Kindes zu überwachen haben.
Knöpfelmacher betont, daß die Lehre von der Säuglingsernährung einer
gründlichen Revision bedarf, und stützt sich dabei auf neuere Untersuchungen,
die zeigten, daß der Unterschied zwischen Frauen- und Kuhmilch nicht in den
Kasein zu suchen ist, sondern in gewissen Fermenten, die der Frauenmilch eigen
sind, während sie in der Kuhmilch zum Teil fehlen, z. B. die Diastase, wofür
diese wieder Oxydasen enthält, die in der Frauenmilch nicht vorhanden sind.
Durch Kochen werden aber diese Fermente zerstört und so vielleicht ein Faktor
der Assimilation ausgeschaltet. Redner kommt dann auch auf die Bord et sehen
Versuche zurück, welche die Spezifität der Milchsorten zeigen, so daß bei Zufuhr
von artfremder Milch der kindliche Organismus eine größere Leistung zu voll¬
bringen habe wie bei Zufuhr von artgleicher Milch, wie dies Wassermann an¬
nehme, was aber noch nicht bewiesen sei. Interessant und von Bedeutung sei
auch die Beoachtung Moros, daß Frauenmilchkinder auf die erstmalige Zufuhr
von Kuhmilch mit Leukocytose reagieren. Redner bespricht dann noch die Ver¬
suche Heubners und Rubners über den Energiequotienten und schließt mit
der Ansicht, daß die Nahrung am zuträglichsten für den Säugling ist, die der
Frauenmilch in bezug auf Fett, Zucker, Salze u. s. w. am nächsten käme.
Über die Nahrungsmilch, die Anforderungen an ihre chemische Zusammen¬
setzung, über die Bedingungen, durch die die Schwankungen in derselben ent¬
stehen, und über die Prüfungsmethoden verhandelte die Sektion für Nahrungs-
mittclhygiene. Zu diesen Fragen hatten Bor das (Paris), Schaffer (Bern)
van Engelen (Brüssel) die Referate erstattet. Schaffer beleuchtete alle Fak¬
toren, die für die Variationen in der Milch in Betracht kommen. Als mittleren
Gehalt der in der Schweiz produzierten Milch betrachtet man einen Gehalt von
87,5 °/ 0 Wasser, 3,6 °/ 0 Fett, 4,8 °/ 0 Milchzucker, 3,4 °/ 0 Eiweiß und 0,7 °/ 0 Mineral¬
stoffe. Diese Zusammensetzung ist nun in weiten Grenzen schwankend, ohne daß
die Milch verfälscht zu sein braucht. Schon die Viehrasse, ob Braunvieh oder
Fleckvieh, die Fütterung, die Art des Melkens (Schwankungen des Fettgehaltes
von 0,8 % 9,6 % zwischen der zuerst und der zuletzt gemolkenen Milchportion),
die Melkzeit (ob Morgen- oder Abendmilch), der Melker, die Arbeitsleistung und
Bewegung der Tiere, Temperatur und Witterung sind von großer Bedeutung für
die Komposition der Milch. Die Sektion nahm denn die von Bor das vorgeschlagene
Definition der Vollmilch mit folgendem Wortlaut an: Man darf nur als Vollmilch
betrachten und als solche verkaufen die Produkte, die von einem vollständigen
Ausmelken der Kühe, und zwar nur gesunder Kühe stammen. Die Sektion vo¬
tierte ferner, daß die Unterprodukte der Milch, wie abgerahmte, zentrifugierte,
Magermilch nicht für Neugeborene, Kranke und Greise benutzt werden dürfen und
daß jeder Zusatz antiseptischcr Mittel zur Konservierung zu verbieten sei. Eine
ausgedehnte Stallkontrolle durch Veterinäre wurde ebenfalls warm befürwortet
Bezüglich der Sterilisation der Nahrungsmittelkonserven, hauptsächlich der Armee¬
konserven, über welche Frage Sforza (Bologna) und Vaillard (Paris) eingehende
Berichte gaben, wurde das Verfahren der Sterilisierung mittels des gespannten
Wasserdampfes bei 125 Grad während einer Stunde als die beste empfohlen; wo
es die Natur der Konserven nicht erlaube, hat die fraktionierte Sterilisierung bei
niederen Temperaturen zu geschehen. Der Zusatz von Antisepticis ist ebenfalls
auf das strengste zu untersagen. Die Prüfung auf Keimfreiheit geschieht durch
Aufbewahren von Probebüchsen im Brutschrank während 8 Tagen. Die Pasteu¬
risierung der Milch bildete einen weiteren Verhandlungsgegenstand dieser Sektion.
Es handelt sich darum, welche Methode vorzuziehen sei, ob die momentane, d. h.
die Erhitzung auf 85 Grad während 1—2 Minuten, oder die langsame, d. h. die
Erwärmung auf 63—65 Grad während einer Stunde. Das letztere Verfahren hat
den Vorteil, daß es die biologischen Verhältnisse der Milch nicht verändert,
während dies beim Schnellverfahren der Fall ist, das auch für die Fabrikation von
Hartkäsen nicht anwendbar ist. Es entspann sich eine lebhafte Diskussion über
die Höhe der zur Vernichtung der Tuberkelbazillen nötigen Temperatur und Zeit
und schließlich wurden folgende Konklusionen angenommen: Die Pasteurisation
in den Molkereien, die Milch verarbeiten, ist notwendig und unerläßlich. Mehrere
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530
Centralbi&tt für Kinderheilkunde« No« 12.
Apparate ermöglichen es, ohne große Unzugänglichkeiten, die pathogenen Keime
in der Vollmilch und im Rahm bei einer Temperatur von 85 Grad zu zerstören.
Doch ist es wünschenswert, bezüglich des letzteren weitere Versuche hinsichtlich
der Temperatur und eines geeigneten Arbeitsmodus anzustellen, ebenso wie Ver¬
suche bezüglich der Verwendung von Temperaturen um 65 Grad herum fortge¬
setzt werden sollen.
Naturwissenschaftlich-medizinische Gesellschaft zu Jena.
(Sitzung vom 16. Juli 1903.)
(Münchener med. Wochenschrift.)
Lommel: über die Pubertätsalbuminurie.
Die im Pubertätsalter auftretende, beim Heranwachsen meistens wieder ver¬
schwindende Albuminurie hat Leube neuerdings als Entwickelungskrankheit
prinzipiell von der physiologischen Albuminurie, die als Konstitutionsanomalie
aufzufassen ist, abgetrennt. Die Pubertätsalbuminurien stellen das Gros der so¬
genannten zyklischen Albuminurie dar; sie ist in der hierhergehörigen Literatur
mit einer reichen Kasuistik vertreten. Vortr. hatte Gelegenheit, über Häufigkeit
und Verlauf der Pubertätsalbuminurie fortdauernde Beobachtungen anzustellen
an einem besonders günstigen Material, den Lehrlingen und jugendlichen Arbeitern
zweier großer Firmen, der optischen Werkstätten Carl Zeiss und der Glas¬
werke von Schott und Genossen in Jena. Die jungen Leute werden vom 14. bi&
18. Lebensjahr jährlich 2 mal einer ärztlichen Untersuchung zugeführt und be¬
finden sich somit dauernd unter ärztlicher Kontrolle. Es wurde bei 587 jungen
Leuten in 111 Fällen, also 19 °/ 0 , Albuminurie gefunden. Hierbei sind Fälle, bei
denen die Albuminurie auf organische Nierenerkrankungen bezogen werden mußte^
natürlich ausgeschieden. Das Eiweiß bestand bei 20 willkürlich herausgegriffenen,
mit fraktionierter Aussalzung behandelten Harnen stets aus Globulin und Albumin.
Sediment fehlte entweder völlig oder es wurden nach Zentrifugierung einzelne
verfettete Epithelien, hier und da auch einige hyaline Zylinder gefunden. Die
Albuminurie zeigte in einigen daraufhin genau untersuchten Fällen den bekannten
orthostatischen Typus und war stets sehr wechselnd (zyklisch). Ein deutlicher
Unterschied in der Häufigkeit der Albuminurie vor und nach der Tagesarbeit
oder bei Vergleichung der Morgenharne von Tag- und Nachtarbeitern war nicht
festzuBtellen. Die Albuminurie war auffallend oft mit abnormen Herzerscheinungen
verbunden. Bei Ve ^ er jungen Leute fand sich die jugendliche Wachstums¬
hypertrophie des Herzens, die Krehl an demselben Material studiert und be¬
schrieben hat; in einem anderen, noch größeren Teil fanden sich weniger aus¬
geprägte, aber deutliche abnorme Befunde. So fand sich häufig ein weiches
systolisches Blasen, das als Zeichen einer muskulären Mitralinsuffizienz gedeutet
werden mußte; in anderen Fällen war lediglich ein hebender Spitzenstoß oder
ein akzentuierter zweiter Aortenton vorhanden, so daß die Herzhypertrophie
wenigstens angedeutet erschien. Wiederholt wurde auffallende Tachykardie be¬
obachtet. Von 90 Fällen von Pubertätsalbuminurie fanden sich in 4 b Fällen ab¬
norme Herzerscheinungen. Dies spricht für Leub es Annahme, daß eine mangelhafte
Adaption des Herzens an die Verhältnisse des wachsenden Organismus und eine
relative Herzinsuffizienz für die Entstehung der Pubertätsalbuminurie bedeutungs¬
voll sei. Das Vorhandensein einer Herzhypertrophie und gespannter Gefäße darf
nach dem Gesagten keine diagnostischen Anhaltspunkte zu gunsten einer orga¬
nischen Nierenerkrankung liefern. Die oft schwierige Differentialdiagnose zwischen
Pubertätsalbuminurie und chronischer Nephritis wird vielmehr sich auf sorgfältige
längere Beobachtung, besonders auf das Vorhandensein eines regelmäßigen Zyklus
in der Eiweißausscheidung, auf den Befund von granulierten und epithelialen
Zylindern und das ophthalmoskopische Ergebnis stützen müssen.
III. Neue Bücher.
E. Hagenbach-Burckhardt. über die häusliche Pflege des kranken Kindes. Basel,
Verlag von B. Schwabe.
Das 39 Seiten starke Heftchen enthält einen Vortrag, den der geschätzte
Autor im Baseler Samariterinnenkurs gehalten. Nachdem der Redner kurz auf
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IV. Kleine Mitteilungen und Monats-Chronik. 531
die Pflege des gesunden Kindes, speziell auf dessen Ernährung eingegangen, wobei
er speziell den hohen Wert der natürlichen Ernährung betont, bespricht er die
häusliche Pflege bei verschiedenen Affektionen, namentlich bei Erkrankungen des
Magendarmtraktus, bei den hauptsächlichsten Infektionskrankheiten, bei chronischen
Leiden usw. Darauf gibt er Belehrungen über Abhärtung, über Konvulsionen,
über den falschen Krupp, über die Dentition, Würmer und noch verschiedene
andere Dinge, deren Kenntnis für den Laien von Wichtigkeit ist.
Das kleine Büchlein hat also einen reichen Inhalt, einen Inhalt, dessen
Kenntnisnahme für jede Mutter, jede Kinderpfiegerin von großem Nutzen sein
wird. Daß derselbe durchaus auf dem Boden der modernen Wissenschaft steht,
daß er sich auf das beschränkt, was der Laie zu wissen braucht, und nicht
Dinge bringt ( die nur dazu angetan wären, Halbwissen großzuziehen und Ver¬
wirrung in den Köpfen anzurichten, daß er, auf reichen persönlichen Erfahrungen
fußend, nur rationelle Ratschläge erteilt und beherzigenswerte Winke gibt, das
brauchen wir bei einem Autor, wie Hagenbach-Burckhardt kaum besonders
zu betonen. Daß aber der Verf. es vorzüglich versteht, mit wenig Worten viel
und dabei klar und deutlich zu sagen, das wollen wir hervorheben zur Empfeh¬
lung des Schriftchens, das von seiten der Ärzte den Frauen warm empfohlen
zu werden verdient. Grätzer.
Monti. Kinderheilkunde in Einzeldarstellungen. Verleg von Urban & Schwarzen¬
berg, Wien u. Berlin.
Nachdem jetzt von diesem hochbedeutenden Werke Heft 20, enthaltend
,,Krankheiten der Neugeborenen“ (Preis Mk. 3) und Heft 21 „Die wich¬
tigsten Hautkrankheiten im Kindesalter“ (Preis Mk. 4) erschienen ist,
liegt dasselbe komplett vor. Wir haben schon oft genug betont, wie gerade diese
Montischen „Vorträge“ dem Praktiker das bieten, was er in einem derartigen
Buche sucht und zu finden hofft, wie es der Autor ausgezeichnet versteht, bei jedem
Kapitel seine und anderer Erfahrungen kurz und klar zum Ausdruck zu bringen,
dabei nur das praktisch Wichtige berücksichtigend und bis in alle Details ver¬
folgend, wie es ihm dadurch gelungen ist, ein wirklich brauchbares pädiatrisches
Nachschlagebuch zu schaffen. Wenn wir heute das komplette Werk noch einmal
betrachten, so können wir nur sagen, daß wir dieses Urteil in allem aufrecht
erhalten und hoffen, daß das Werk in den weitesten Kreisen der Praktiker Ein¬
gang finden möchte. Grätzer.
Joh. Müller u. 0. Seifert. Würzburger Abhandlungen aus dem Gesamtgebiet der
praktischen Medizin. Würzburg, A. Stübers Verlag. Preis jedes Heftes Mk.—.75.
Die von Müller und Seifert herausgegebenen „Würzburger Abhandlungen“
bringen wieder zwei bemerkenswerte Arbeiten aus dem Gebiete der Pädiatrie:
„Die Behandlung der Gelenktuberkulose im kindlichen Lebensalter“
von Alb. Hoffa und „Die Magendarmkrankheiten im Säuglingsalter“
von Tr um pp. Also zwei höchst wichtige Kapitel der Kinderheilkunde, bearbeitet
von Autoren, die auf den betreffenden Gebieten zu Hause sind und zur Ent¬
wicklung derselben persönlich ganz wesentlich beigetragen haben. Da bedarf es
wohl kaum der Erwähnung, daß beide Aufsätze in mustergültiger Weise be¬
arbeitet sind. Freilich mußten sich die Verff. in Rücksicht auf den geringen
ihnen zur Verfügung stehenden Raum manche Beschränkungen auferlegen. Wenn
sie trotzdem alles Wissenswerte präzis und klar zum Ausdruck bringen, und uns
einen kurzen aber lückenlosen Bericht geben über den heutigen Standpunkt der
zwei genannten Gebiete, so war das eben nur dadurch möglich, daß sie diese
Gegenstände vollständig beherrschen. Nicht nur der Pädiater, sondern jeder
prakt. Arzt dürfte durch die Lektüre der beiden Heftchen voll befriedigt werden.
Grätzer.
IV. Kleine Mitteilungen und Monats-Chronik.
Sirosol, ein neues Kreosotpräparat, hat Dr. J. Winterberg im k. k.
all gern. Krankenhaus in Wien, teils in der Privatpraxis bei Kindern und Er¬
wachsenen, hauptsächlich bei Tuberkulose angewandt und war mit den Erfolgen
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532
Centralblatt für Kinderheilkunde. No, 12.
recht zufrieden. Das Medikament, leichtflüssig und ziemlich geruch- und ge¬
schmacklos wie es ist, wurde gern genommen und bewährte sich besonders bei
Spitzenkatarrhen, hatte aber auch bei schwereren Fällen deutlichen symptomatischen
Effekt, so daß es verdient, in die allgemeine Praxis eingeführt zu werden.
(Mediz.-chirurg. Zentralblatt 1903 No. 4.)
Bromokoll ist schon öfters für die dermatologische Praxis empfohlen worden,
wo es speziell gegen das Jucken vorzügliche Dienste leistete. Neuerdings wies
in einem Ferienkurse wieder Dr. Max Joseph (Berlin) auf dies Präparat hin,
besonders auf das jetzt von der Fabrik (Aktien-Gesellschaft für Anilinfabrikation
in Berlin) in den Handel gebrachte Bromocoll. solub. und die 10%ige Lösung.
Ersteres bewährte sich bestens bei schweren Formen des Pruritus, des Lichen
ruber planus und Lichen simpl. chronicus, bei Prurigo mitis und Urti¬
caria. Noch zweckmäßiger ist folgende Schüttelmixtur:
Rp. Bromocoll. solub. 5,0 — 10,0—20,0
Zink. oxyd.
Amyl. ää 20,0
Glycerin. 30,0
Aq. dest ad 100,0.
Der Vorteil dieser Medikation besteht darin, daß ohne jeden Verband diese
aufgepinselte Mixtur eintrocknet und haftet (nach 10—15 Minuten). Diese Mixtur
eignet sich noch besonders für subakute und chronische Ekzeme, wo die Epidermis-
regeneration noch nicht*vollzogen ist und starkes Jucken diePat. quält; bei noch stark
entzündetem Ekzem ist sie kontraindiziert. Bromocoll solub. hat nun die Firma
Beiersdorf & Co. zu sehr zweckmäßigen Fabrikaten verarbeitet, z. B. zu Ung.
Caseini c. Bromocoll solubile (10°/o), die Autor speziell bei Pruritus vulvae
et ani mit großem Erfolg angewandt hat; die Salbe wird mit dem vorher mit
Wasser angefeuchteten Fingern dünn verrieben, so lange sie feucht ist. Diese
Salbe, sowie jene Schüttelmixtur wirkte auch sehr gut bei Strophulus infantum
und bei Urticaria autotoxischen Ursprungs, wo man allerdings außerdem stets
noch als Darmantisepticum Methol zu verordnen hat, dann aber oft überraschend
schnelle Erfolge erlebt. Bromocollpflastermull und Bromocoll-Trikoplast
(10°/ 0 ) leisten vortreffliche Dienste bei zirkumskriptem Lichen ruber verru¬
cosus, bei zirkumskriptem Lichen simpl. chronic, und beim stark juckenden,
infiltrierten chron. Ekzem.
— Zur Vorbereitung des 4.—9. April 1904 in Nürnberg tagenden inter¬
nationalen Kongresses für Schulhygiene hat sich ein Komitee gebildet,
an dessen Spitze die Herren Prof. Griesbach (Straßburg), Hofrat Schubert
Nürnberg, Geheimer Hofrat Dr. v. Schuh, I. Bürgermeister von Nürnberg und
Kaufmann E. Hopf (Nürnberg) stehen. Der Ortsausschuß wird gebildet von den
Herren Medizinalrat G. Merkel und Hofrat Stich in Nürnberg. Se. Kgl. Hoheit
Dr. med. Prinz Ludwig Ferdinand von Bayern hat das Protektorat über¬
nommen. Meldungen zur Teilnahme am Kongreß, Ankündigungen von Vorträgen,
sowie Ansage von Ausstellungsgegenständen sind bis spätestens 15. Dezember d. J.
an den Generalsekretär Hofrat Dr. med. Paul Schubert in Nürnberg einzusenden
Ausführliche Programme mit Tagesordnung werden Ende Dezember d. J. zur
Versendung gelangen. Zur Vermittlung von Wohnungen erbietet sich jetzt schon
der Vorsitzende des Wohnungsausschusses Hofrat Dr. med. E. Stich; den Mit¬
gliedsbeitrag von 20 M. nimmt der Schatzmeister des Kongresses Kaufmann
Emil Hopf, Nürnberg, Blumenstr. 17, entgegen.
(Münchener med. Wochenschrift 1903 Nr. 36.)
Berlin. Die neue Kinderklinik der Charite ist jetzt fertiggestellt und in
Benutzung genommen worden.
V. Personalien.
Zum Professor ernannt Doc. Dr. F. Frühwald in Wien. — Habilitiert:
Dr. H. Thimmer in Amsterdam für Orthopädie, Dr. G. Wladimiroff in Moskau für
Pädiatrie. — Gestorben Prof. Ott in Halle.
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Namenverzeichnis des Vlll. Jahrganges.
AbU 37.
Abel 307.
Abraham 407, 417.
Abt 202, 382.
Acland 58.
Adams 360.
Adam 47.
Adsersen 230.
Alapy 133, 178.
Albert 77, 505.
Albu 266.
Aldrick 387.
Aleösandrini 501.
Ardoz 343.
Arbogast 135.
Arlt v. 140.
Armann 309, 508.
Arnheim 395.
Aronsohn 260.
Asam 351.
Aubertin 477.
Ausset 486.
Auxion 375.
Avellis 525.
Babinski 45, 166, 167.
Babonneix 248.
Bär 369.
Baccelli 9, 10.
Baginsky 50, 86, 90, 260,
264, 487.
Bahr 90.
Bajarus 497.
Balack 333.
Bdlint 497.
Bandi 247.
Bantin 488.
Banzhat 179.
Baravalle 126.
Barb 53.
Barber 331.
Barbieri 71.
Bardenheuer 129.
Barlow 197, 203, 204, 221,
353, 354, 392ff.
Baron 306, 308, 321.
Bartenstein 292, 458.
Barwell 508.
Basset 125.
Bäudler 424.
Baudouin 438.
Baumgarten 302.
Bäumm 429.
Bayer 7.
Beaumont 240.
Becher 218.
Bechterew v. 157.
Bechterew 496.
Beck 411.
Begbie 71.
Behr 179.
Behring 28, 29.
Benassi 413.
Bender 184.
Bendix 265.
Benedikt 485.
Berestneff 247.
Bergeron 159.
Berghinz 172, 454, 501.
Bergner 395.
Berkenheim 423.
Bernard 384.
Bernert 233.
Bernhardt 63.
Bernheim 307, 463.
Bertelsmann 187, 262.
Berti 404.
Beuthner 114.
Beyer 95.
Bdzy 46, 354, 375.
Bibent 46.
Biedert 91, 133, 400, 516
bis 519. 521.
Binswanger 527.
Bircher 1.
Biro 496.
Bischoff 163, 427.
Bloch 121, 131, 175,
468, 516—518.
Blum 505.
Blumenthal 33, 63.
Bock 155.
Böttger 166, 168.
Bokay v. 9, 10.
Bolle 203.
Bondi 434.
Bonhöffer 170.
Bontillier 336.
Boobbyer 33.
Boot 490.
Borchgrevink 377.
Bordas 228, 529.
Borde 310.
Boxberger 268.
Bra 153.
Bram well 411.
Brandweiner 421.
Brat 442.
Brauer 445.
Braun 346.
Broca 171. 507, 512.
Brocq 411.
Broör 220.
Brösicke 444.
Brown 325.
Brückner 35.
Brühl 146.
Brüning 16, 284, 395, 397,
448, 521, 525.
Bruns 159, 224, 526, 527.
Buday 439.
Budin 115, 528.
Burekhardt 309, 358.
Burg v. d. 43.
Burke 71.
Burton 404.
Butzon 488.
Byk 384.
176,
Cacchiole 22.
Caccia 389, 484, 485.
Cahen* Brach 521.
Cailld 237, 337.
Calabrese 169.
Camerer 229, 230, 284.
Camp De la 367.
Campart 485.
Campbell 43.
Cappuccio 320.
Caro 107.
Carr 365.
Cartsburg 395.
Cassel 362, 440.
Castenholz 130, 131, 214,
215.
Cataneo 231.
Cathelin 468.
Digitized by ‘
,oogl
534
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
Ceni 496, 497.
Cervesato 180.
Cesarini 386.
Chapell 145, 465.
Charcot 369, 430, 485.
Chiari 41, 143, 345.
Ciechansky 211.
Cima 10, 202.
Clairmont 17.
Glerfait 528.
Cnopf 253, 267.
Cohn, Moritz 414.
— Michael 416, 441.
Cohnstein 68.
Collom 249.
Colmayer 255.
Comba 252, 340, 483.
Combe 254, 485, 486.
Comby 359.
Concetti 45, 177, 196,483,
489.
Conrad 488.
Conradi 523.
Conrads 173, 177. 215.
Cooke 419.
Cornet 317.
Cossmann 453.
Cozzolino 177, 178, 335,
411, 460.
Cramer 114, 115, 174,
227, 518.
Cred6 427.
Crisafi 289, 484.
Crocker 419.
Cronheim 115, 277, 442
Cruchet 200.
Cruse 400.
Cumston 98.
Curcio 354.
Czerny 197, 412, 456.
Czyzewicz 79.
Davis 507.
Day 63.
Degny 89.
Delßler 47.
Dejerine 500.
Delafosse 70.
Deiektorsky 347.
Dent 257.
Dentler 179.
Descoust 228.
Deutsch 100, 150, 180,
269, 313, 376, 446.
Deutschländer 87.
Dewolf 287.
Deycke 125.
Dickson 466.
Dieterlen 268.
Doebert 477.
Dokuszajewa .367.
Dollinger 85.
Dore 57.
Dorn 281.
Dreger.107, 268.
Dreher 131, 174, 175,
215, 520.
Dresler 70.
Dreuw 414.
Drobnick 77.
Drozda 370.
Duchenne 404.
Duel 337.
Dufour 314.
Dugge 488.
Dunbar 520.
Düngern v. 92, 516, 517,
521.
Durante 125, 162, 177,
178.
Duval 125.
Earle 446.
Eckholm 473.
Edebohl 237.
Edlefsen 196, 214, 520.
Edsall 460.
Ehrenhaus 92.
Ehrlich 29, 244.
Ehrmann 97, 298.
Eiseisberg v. 190, 305,
309.
Emanuel 209.
Engel 87, 179, 329, 395.
Engelen v. 529.
Engelken 444.
Engelmann 42, 218.
Eppinger 242.
Epstein 194, 424, 437.
Eras 91.
Erdmann 293.
Escher 195.
Escherich 106, 123, 162,
304, 354, 474, 523.
Eschle 400.
Espine 521, 527.
Eulenburg 77, 155, 184.
Everard 262.
Ewald 1, 120.
Faber 120, 241.
Fasano 95.
Fasching 301.
Fede 177, 288, 483.
Feer 113.
Fein 19.
Felix 470.
Feit 239.
F6r6 168.
Fick 298.
Filatoff 90, 388, 477.
Filia 178.
Finger 305.
Finizio 177.
Fink 98.
Finkeistein 108, 115, 441,
523.
Fischer 36, 48, 157, 236,
260, 282, 293, 346, 376,
468.
Fischl, 91, 488.
Flamini 384.
Flatau 101, 353.
Flechsig 496.
Fleiner 445.
Flemming 361.
Flexner 125.
Floren 347.
Förster 306.
Foggie 387.
Fournier 297.
Francioni 490.
Franke 208, 488.
Franzi 319.
Freiberger 519.
Freund 128, 284.
Friedemann 330.
Friedjung 305, 838, 489,
491.
Friedländer v. 509.
Friedmann 376.
Frien 268.
Frischitta 334.
Fromm 93.
Frontini 484.
Frühwald 101, 489, 532.
Fuchs 14.
Fuchsberger 395.
Fuchsig 360.
Fürst 23, 201.
Füth 72.
Fuhrmann 411.
Füller 202.
Gaetano 484.
Gallo 178.
Gallois 163.
Galvagno 126, 427.
Ganghofner 161, 521, 527.
Gauch er 45.
Gautier 871.
Gee 66.
Geinitz 488.
Geipel 367.
Geissler 246.
Gerhardt 70.
Gerlach 242.
Gerlöny 246.
Gernsheim 132, 178, 174,
177, 518, 521.
Gershel 426.
Gessner 144, 183.
Giarre 34, 485.
Gibnöy 184, 507.
Gilles de la Tourette 485.
Gillet 106.
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Namenverzeichnis.
535
Giordani 178.
Glatard 240.
Glinski 370.
Glöckner 90.
Gnezda 223.
Görges 184.
Goldmann 166.
Goldreich 390.
Goldscheider 168.
Goldstein 168.
Goliner 100, 223.
Golowin 143.
Goltz 112, 113.
Gordon 501.
Gottstein 19.
Grätzer 46.
Graham 386.
Grancher 331.
Grande 319.
Grassi 351.
Graupner 308.
Greeff 138.
Gregor 231, 334, 446.
Grenet 381.
Griffitte 850, 427.
Grober 254.
Groß 436.
Großmann 42, 268.
Groth 417.
Gruber 179.
Grünfeld 222.
Gubler 404.
Günther 474.
Guida 235, 319.
Guilini 266.
Guinard 89.
Gundobin 290.
Guth 408.
Guthrie 378.
Guttmann 389.
Gutzmann 148.
Haberda 228.
Haberer 437.
Habermann 147.
Hänel 309.
Häubler 257.
Hagen 358.
Hagenbach - Burckhardt
204, 221, 309, 310, 485,
530.
Haim 383.
Hainiss v. 352.
Hajek 253.
Haläsz 41.
Halban 112, 113.
Hall 344.
Hallopeau 411.
Halmi 497.
Hammer 488.
Hammerschlag 147.
Hanszel 65.
Harbitz 228.
Hassal 232, 335.
Haudek 82.
Haug 418.
Hauser 383, 440.
Haven v. 43.
Haymann 488.
Hebra 50.
Hecht 362, 388, 489.
Hecker 38, 225, 267, 854.
Hecker v. 120.
Heermann 267, 419, 472.
Heiberg 244.
Heilbronn 135.
Heimann 303, 449, 494.
Heinlein 353.
Helbing 264.
Helferich 190.
Hel lesen 117.
Hellmann 488.
Henoch 130, 159, 303,
355 ff, 377, 418.
Hepner 220.
Hering 175,
Herrman 198, 234.
Hertle 78.
Ilertoghe 486.
Herzberg 87, 122.
Herzberger 179.
Herzog 395.
Heubner 113, 114, 132,
238, 257, 264, 323, 335,
392 ff., 443, 520, 528.
Heusner 185, 186.
Heuß 95.
Hibler v. 457.
Hintner 354.
Hinz 395.
Hippel v. 444.
Hippius 104, 105.
Hirsch 57, 142, 493.
Hirschl 423.
Hitschmann 229.
HochsiDger 62, 134, 366,
416, 524.
Hödlmoser 80.
Hönigschmied 300.
Hoffa 76, 87, 185, 216 bis
219, 506, 531.
Hoffmann 91, 132, 268,
339.
Hofmeister 85, 190, 505.
Hohlfeld 15.
Holsti 449.
Holub 420.
Holzer 268.
Holzhäuer 395.
Hoppe 268.
Horsley 1.
Houssay 320.
Huber 33, 351, 500.
Huhard 369.
Hudovernig 498.
Hügel 135.
Hüppe 95.
Hutinel 16, 486.
Ibrahim 444, 446.
Idelsohn 40.
Imhofer 472.
Jacob 100.
Jacobi 151, 223, 309, 330,
Jacobson 285.
Jacquier 368.
Jacusiel 443.
Jäger 28.
Jakobi 233.
Jamfirescu 171.
Jamieson 55.
Janta-Polczynski v. 488.
Jaquet 411.
Jarcho 461.
Jatho 91.
Jemma 281.
Jensen 433.
Jessen 406.
Jessner 90.
Joachimsthal 92, 179, 217,
264, 391, 506.
Jonescu 16.
Jordan 444, 445.
Josefciz 450.
Joseph 49, 456, 532.
Josias 44, 375.
Jovare 290.
Jundell 24.
Kästel 268.
Kahnert 26.
Kaiserling 268.
Kalischer 437.
Ränder 250.
Kantorowicz 465.
Kaplan 395
Kaposi 50, 305.
Kapsammer 463.
Karewski 87, 348, 392.
Karplus 430.
Karsch 47.
Kashiwamura 333.
Kassowitz 195, 196, 244,
295, 304, 305.
Katholicki 305.
Katz 467.
Katzenstein 400, 404.
Kaufmann 195, 196.
Kaupe 130, 131.
Kausch 80, 503.
Kayser 394,
Kehr 132.
Kehrer 69.
Keiler 284, 510, 518, 520,
525.
Digitized by
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536
Ccntralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
Kerley 245.
Kilmer 387.
Kiwull 406.
Klaußner 348.
Klautsch 309.
Klein 123.
Kleist 303.
Klemm 348.
Klemperer 439.
Klippei 185.
Kloninger 488.
Klose 488.
Knauer 112, 113.
Knaut 403.
Knöpfelmacher 41, 112,
305, 528, 529.
Koblenzer 488.
Kobrak 105, 279.
Koch 266, 514.
Köbner 58.
Kölliker 192.
König 218, 219.
Koppen 135.
Köstlin 48.
Kompe 437.
Konarshewsky 249.
Kopezynski 498.
Koplik 381.
Koppen 143.
Kos 433.
Koslowsky 141.
Krabler 92.
Krämer 266.
Kramer 402.
Kramsztyk 399.
Kraus 101.
Krause 13.
Krautwig 131, 174, 336.
Krebs 226.
Kredel 506.
Krehl 530.
Kremm 129.
Kreß 91.
Kreutzkamp 488.
Krönig 229.
Krösing 53.
Kronacher 266.
Kruse 125.
Küstner 217.
Kufeke 101, 281, 282.
Kuliga 345, 395, 444.
Kuno 27, 339.
Kußmaul 445.
Kutz 395.
Labb6 475.
Lämmerhirt 341.
Längner 179.
Lagrange 210.
Lamm 132.
Länderer 13.
Lang 236.
Lange 77.
Lange v. 479.
Lange de 235.
Langer 354, 396.
Langhans 514.
Lannelongue 298.
Lanz 90.
Laubi 471.
Lauenstein 509.
Lazansky 26.
Lebon 135.
Ledermann 486.
Lehmann 179.
Leichtenstern 214.
Leroer 31, 263.
Leipoldt 47.
Leitner v. 434.
Lennhoff 395.
Lentz 124, 125.
Leo 257.
Leopold 459.
Leroux 324.
Leube 530.
Levi 459, 501.
Levy 342.
Levy-Dorn 3.
Lewkowicz 354.
Leyden y. 32.
Lexer 512.
Lichtwitz 154.
Liebe 310.
Lieblein 88, 505.
Liebmann 148, 149, 469.
Liebscher 255.
Lilienfeld 221.
Lindemann 268.
Lindenthal 229.
Linsbauer 251, 257.
Linser 481.
Lion 155.
Litten 439.
Little 17, 30, 38, 54, 56,
57, 163, 305, 408, 494,
501.
Löbel 84.
Löffler 92.
Löwenbach 53, 421.
Lommel 530.
Lowenberg 19.
Löwy 268, 310.
Longard 350.
Lorand 9.
Lorenz 184, 185, 190, 192.
391, 506. 507, 508.
Lovett 503.
Lowenburg 426.
Ludloff 48, 219, 481.
Lücke 302.
Lütgens 395.
Luer 268.
Lugenbühl 523.
Luithlen 178.
Lupescu 299.
Lupus 328.
Luzzato 389.
, Maccarore 283.
Machold 254.
Mackenzie 341.
Magnus 78.
Mahr 488.
Maillefert 349.
Maldarescu 376.
Mandornet 431.
Mauicatide 23, 320.
Manicus 399.
Mann 75, 170.
Mansurow 476.
Marchio De 499.
Marcus 268.
Marcuse 223.
Marfan 106, 245, 519.
Marie 435.
Marinescu 169.
Marinio 231.
Marmorek 259.
Marotte 307.
Martens 264.
Martin 251.
Martini 125.
Martinson 90.
Marx 61.
Maß 40.
Massanek 404.
Massei 250.
Matthews 43.
' Matthieu 488.
Matzenauer 295.
Maydl 9, 178.
i Mayer 130, 215, 324, 477.
: Meaver 473.
, Medin 450.
I Meißner 54.
I Meitzer 450.
Mendel 1.
Meneau 410.
Mensi 232, 352, 435.
Merkel 189.
Metall 98.
Met8cbnikoff 29, 348.
Meyer 118, 179, 279, 457.
Michel 482.
Michell 333.
Michelmann 179.
Middeton 159, 201 292,
365.
Millard 33.
Mills 320.
Mirinescu 29.
Mitschell 824.
Mocquot 314.
Model 449.
Möller 440, 466.
Möser 521.
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Google
Namenverzeichni s.
537
Mohr 354.
Moizard 881.
Mondicoe 43.
Monnier 251.
Monti 531.
Moos 12.
Morax 38.
Morero 822.
Moro 106, 279, 282, 529.
Morris 53.
Moser 258, 260, 474.
Mosler 6, 8.
Mosa? 486.
Most 219, 220.
Motta 352.
Mouchet 188.
Mraäek 294, 304.
Much 395.
Müller 92, 115, 125, 186,
220, 268, 277, 442, 531.
Muggia 352.
Munk 376.
Murphy 64.
Murray 1.
Musser 293.
Muus 428.
Mya 22, 172, 292, 484,
501.
Myginds 466.
Natanson 105, 279.
Neisser 26, 298.
Neuburger 267.
Neumann H. 46, 112, 230,
265, 323, 439, 503.
— J. 210.
— L. 21.
— R. O. 223, 224.
Neurath 222.
Newsholme 58.
Niclot 307.
Nicol 155.
Nicolai 204.
Niculescu 297.
Niessen v. 243, 244.
Niven 83.
Nöthe 268.
Nolte 395.
Noorden v. 327.
Nordgren 438.
Oberwarth 44, 322.
Oehler 206.
Ogston 509.
Opdyke 144.
Orence 490.
Orescu 19.
Orlandi 390.
Ornäs 343.
Orschansky 267.
Orta 319.
Orth 87, 440.
GentralbL f. Kinderlilkde. VIII
Ostheimer 195.
Oswald 203.
Ott 532.
OM 395.
Ottendorf 504.
Otto 268.
Pacchioni 193, 289, 484.
Paget 298.
Painter 165.
Palm 64.
Palmer 419.
Paltauf 305.
P&ndy 155.
Panzer 283.
Parhon 168.
Parker 155.
Parrot 196, 288.
Paschkis 98.
Paternö 288.
Pawlow 119.
Peiper 6. 8.
Pendergast 464.
Penkert 20, 66.
Pentzold 120.
P6raire 450.
Peter 239.
Petruschky 372.
Pezzulo 460.
Pfaffenholz 132, 173, 176,
214—216, 304, 518.
Pfaundler 48, 113, 438.
Pfeifer 218.
Pfeiffer 29, 35, 320, 389,
421.
Pfister 150, 391, 478.
Pfreinter 268.
Pfuhl 125.
Phelps 508.
Philippe 375.
Picchi 34.
Pick 46.
Pieper 395.
Pincus 425.
Pineies 200.
Pinilla 180.
Pipping 189, 340.
Placzek 151.
Plantenga 109, 254.
Poehl 155, 156.
Porcelli 331.
Port 266.
Pospischill 259.
Pottenger 374.
Prätorius 488.
Preindlsberger 459.
Preisich 206.
Preleitner 435.
Preyer 68.
Price 329.
Probst 493.
Profeta 295.
Quinquaud 53.
ftacchi 371.
Raczynski 48, 286.
Rad v. 39.
Rager 48.
Rahn 328.
Ranke v. 35.
Raudnitz 304, 305.
Ravaut 482.
Recchi 178.
Reckzeh 34.
Reichard 134.
Reichardt 158.
Reichelt 100.
Reimer 449.
Reiner 192, 510, 511.
Reinach 521, 522.
Reinhold 47.
Rendsburg 132, 133, 214,
' 215, 303, 519.
Renkauf 149.
Rey 130, 175, 517
Reynders 96.
Ribbert 112, 113, 372.
Richardtere 89.
Richet 155, 496, 497.
Richter 41.
Riedel 488.
Rieder 388.
Riether 134.
Riga 319, 483, 484.
Rindfleisch 142, 499.
Rist 307.
Ritscher 286.
Ritter 41, 440.
Roberton 43.
Rocaz 200.
Rochmann 116.
Rodella 123.
Röder 67 ff., 263.
Rößler 434.
Rolly 74, 494.
Rommel 227, 282, 522,
523.
Roques 325.
Rosenbach 53, 206.
Rosenberger 91.
Rosenfeld 408.
Rosenthal 179.
Roshansky 458.
Rossi 484, 496.
Rosthorn v. 445.
Rotch 212.
Rothschild de 277, 318.
Roux 29, 251.
Rubeska 141.
Rubner 520, 529.
Ruhemann 310.
Rumpel 261.
Ruzicka 117.
:ed by VjOOwIC
538
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
Saalfeld 300.
Sabouraud 50 ff.
Sachs 135) 493.
Sala 496.
Salge 102,' 522, 528.
Salomon 449.
Salusbury 70.
Salvia 290.
Santas 343.
Sato 268, 395.
Saunders 261.
Savariaud 188.
Savill 56.
Schaffer 529.
Schalenkamp 327.
Schambacher 835.
Schanz 37, 78, 82, 83,
182.
Schaper 87, 197.
Schaps 234.
Scharfe 67 ff.
Schede 185.
Scheffler 182.
Schenk 59.
Schick 492.
Schicke 91.
Schiff 1.
Schiffer 395.
Schilling 430, 520.
Schillinger 268.
Schiödte 126.
Schlesinger 15.
Schlieper 268.
Schlittenheim 219.
Schloß 492.
Schloßmann 93, 279, 522,
524.
Schlüter 135.
Schmidt 455.
Schmitt 396.
Schmort 308, 440.
Schnitzler 69.
Schnizlein 345.
Schön 488.
Schönfeld 268.
Schötz 44.
Schoull 261.
Schramm 301, 379.
Schreiber 107.
Schreiner 385.
Schrenk- Notzing v. 135.
Schröder 128.
Schubart 488.
Schüller 342.
Schürmayer 100.
Schütz 206.
Schultheß 83, 454.
Schnitze 67 ff, 166, 329,
441.
Schulz 135, 488.
Schumacher v< 455.
Schupfer 164.
I Schwalbe 165, 444.
| Schwenk 239.
Schwoner 28, 222.
Seibert 881.
Seibold 395.
Seifert 531.
1 Seiffert 519, 528.
Seitz 355.
Selter 131 — 133, 178 bis
176, 215, 216, 303, 518,
520, 522, 524.
Semtschenko 400.
Senator 264, 442.
Sequeira 55.
S4r6g6 290.
Sforza 529.
Sherman 435.
Shiga 125.
Shong 125.
Sick 515.
Sidlauer 70.
Sidler-Huguenin 428.
Siegert 238, 522, 523.
Sievers 120.
Silberstein 301.
Simmonds 23.
Simon 450.
Simonsohn 179.
Simorini 331.
Simpson 33.
Sklifossovsky 72.
Slomann 506.
Smith 35, 209.
Söldner 810.
Sokoloff 867.
Soltmann 75, 310, 405.
Sonnenschein 128.
Sotoff 290.
Southworth 334.
Soxhlet 282, 309, 516,
520, 528.
Speck 524,
Spiller 494.
Spolverini 70, 446.
Sprengel 80, 503.
Sprenker 135.
Springer 5, 88, 163.
Stadelmann 154, 160.
St&dtler 328.
Staicovici 432.
Stakemann 495.
Stamm 22.
Starck 99.
Starck v. 368.
Steckei 326.
Steinhardt 353, 354.
Steinhauer 351.
Steinhaus 371.
Steinitz 284.
Stekel 25.
Stepp 328.
Stemberg 372.
Digitized
Stewart 170.
Sticker 61.
Stier 498.
Stieren 435.
Stöltzner 396.
Stoß 12.
Straßmann 67.
Strauß 289, 314.
Strominger 350.
Strong 456.
Strümpell v. 168, 167.
Stübinger 895.
Stumpf 60.
Stursberg 23.
Stzelbicky 110.
Sufrin 478.
Sug&r 253.
Sutherland 213.
Swoboda 62, 304, 305,
326, 418, 482.
Szal&rdi 854.
Szana 470.
Sz6keli 33, 103.
Szontagh 257.
Tanaka 60.
Tarchetti 18.
Tavel 172.
Teieky 14.
Theinhardt 100.
Thiemich 75, 160, 161,
463, 523, 526, 527.
Thierfeld 462.
Thimmer 532.
Thomas 228.
Thomson 60.
Tienes 488.
Tietze 219.
Tillmanns 182, 310, 354.
Timann 79.
Tobeitz 180, 449.
Tobler 443.
Todt 179.
Toff 95.
Torday v. 127, 416.
Toretta 299.
Toulouse 155, 496, 497.
Trautmann 466.
Trautner 400.
Treitel 263.
Trepinski 395.
Treupel 11, 332.
Trumpp 250, 531.
Türk 90.
Tuffier 411.
Turnowsky 324.
Uffenheimer 521.
Ulassin 72.
Ullrich 421.
Ungar 174—176, 228.
Urbahn 38.
Urban 467.
Google
Vaillard 529.
Valagussa 177, 178, 461.
Vaientini 885.
Vallana 852.
Valvasori 237.
Valvassori-Perori 105.
Vargas 199.
Veilion 307.
Veverka 140.
Vidai 411.
Viereck 395.
Vierordt 377.
Villa 180.
Villemin 90.
Vincent 307.
Vogel 430.
Vogt 43.
Voit 354, 396.
Volhard 409.
Volkmann 8.
Vollmer 514.
Vos 388.
Voß v. 497.
Vulpius 48, 76, 179, 181,
502.
Wachenheim 286.
Wachsmuth 214.
Namenverzeichnis. ' 539
Wagner 127.
Waldschmidt 896.
Walko 463.
Walbach 281.
Walter 488.
Wassermann 29, 529.
Wegener 149.
Weichardt 59.
Weigel 353.
Weigert 282.
Weil 89, 227, 429.
Weinberg 268, 299.
Weiß 41, 253.
Weißmann 403.
Wende 409.
Werther 308, 414.
Westphal 168.
Wettstein 246.
White 407.
Whitfield 415.
Wichura 179.
Wiek 268.
Wieland 224, 309.
Wiggins 58.
Wilbert 145.
Wildholz 38.
Winterberg 531.
Winternitz 133.
Wisniewski 297.
Wladimiroff 532.
Wolf 308.
Wolff 266.
Wolffheim 395.
Wolkowsky 291.
Woods 422.
Wobrizek 504.
Wrede 205.
Wullstein 502.
Zabel 488.
Zahorsky 464.
Zanconi 18.
Zand van 223.
Zappert 305.
Zeidler 488.
Zia 137.
Ziehen 496.
Zillikens 395.
Zimdars 488.
Zimmer 112.
Zimmermann 47.
Zuber 307.
Zuntz 67, 68.
Zuppinger 203, 361, 525.
Zweifel 69.
Digitized by
Sachverzeichnis des VIII. Jahrganges.
Abführtabletten von Natterer 223.
Abhärtung, die sogenannte, der Kinder
225, 226.
Abmagerungskuren, Stickstoffwech¬
sel bei 117.
Abnorme Kinder und ihre Pflege 149.
Abszesse, subkutane bei Gonorrhoe
426.
Acetonurie bei Typhus abdominalis
233.
Achondroplasie 198, 199, 482.
Acidose und Fettumsatz 284, A. und
die stickstoffhaltigen Bestandteile im
Urin 284.
Acidum carbolic., nitr., oxalic., sulfur.,
Intoxikationen mit 447, 448, 454.
Acne scrofulosorum 17, Thigenol bei
A. vulgaris 301.
Adenotome, neue 466, 467.
Adipositas, Stickstoffwechsel bei 117,
A. und skrofulöse Hautaffektionen 412.
Aeroditis superior infectiosa infantum
388.
Agglutination zur Differenzierung:
von Diphtherie- und Pseudodiphtherie¬
bazillen 28, von Ruhrbazillen 125.
Agraphie, nach epileptischen Anfallen
154.
Akkomodationslähmung nach
Mumps 431.
Aktinomykose der Lunge 333.
Albuminurie, zyklische 234, Puber-
tÄts- 530.
Albumosurie bei einigen Kinderkrank¬
heiten 237, im Verlauf der Nephritis
bei Diphtherie und Scharlach 238.
Alkalistoffwechsel und chron. Er¬
nährungsstörungen der Säuglinge 284.
Ammoniak in der Atmungsluft, und
Rachitis 196.
Anaemia splenica 178, 201, 202, 352,
perniciosa 264, durch Anchylostoma
126, Behandlung der lienalen 371,
Ichthalbin bei A. 223, Franzensbad
424.
Anchylostoma — Anämie 126.
Aneurysma aortae bei 9jähr. Kinde
336.
Angina gangraenosa 44, 322, strepto-
coccica 306, exsudativa ulcerosa 306,
321, akute diphtheroide 322, mit
Tetragenen 320, als Infektionskrank¬
heit 320.
Angiom, kavernöses der Finger 221,
am Unterarm 444.
Angiosarkom an der Hand 265.
Ankyloblepharon nach Trachom 433.
Antitussin bei Keuchhusten 23.
Aphasie nach epileptischen Anfallen
154.
Aphthen fieberhafte320, desLarynx525.
Apiasia pilorum moniliformis 486.
Appendicitis u. pleuritische Meta¬
stasen 89, Fall von A. granulosa 134,
A. und Pharyngitis gangraenosa 324,
A. bei Typhus abdominalis 381.
Argent. nitr. — Katarrh bei Neu¬
geborenen 425, bei Vulvovaginitis 425.
Aristochin bei Keuchhusten 326, 327.
Arsen, Keratodermie nach 407.
Arteigenheit der verschiedenen Ei¬
weißkörper der Milch 279.
Arthritis chronica multiplex 218,
gonorrhoica 267, pneumococcica 331,
urica 461.
Arthrodese des paralytischen Schlotter¬
gelenkes der Schulter 181, bei Pes
calcaneus paralyticus 182.
Ascaris, Verlegung des Kehlkopfein¬
gangs durch 127, massenhaftes Auf¬
treten von A. 352.
Atembewegungen, Untersuchungen
über 231.
Athrepsie, klinische Studie über 288,
pathologische Anatomie 288.
Atresie des Darms 344, des Genitales
425.
Atrophia nervi optici nach Läsion
des Sehnerven 143.
Atropin bei Heus 347, Henochscher
Purpura 355.
Augenentzündungen, Kollargol bei
434, Augenblennorrhöe 140, 427, Kon-
junktivitisschulepidemie 137, Horn¬
hauttrübungen ex conjunct. lymph.
140, Regeneration der Hornhaut nach
Digitized by
Google
Sachverzeichnis.
541
schweren Ophthalmien 432, Trachom
144, Ankylohlepharon nach Trachom
433, Dacryocystitis 142.
Autoplastik, freie, bei Spina ventosa
79, 220.
Azeton, Vergiftung nach Anlegung
eines Zelluloid-Mullverbandes 453.
Baktericide Fähigkeit, der Milch
279.
Bakterien und Bazillen im Darm
123, im Säuglingsstuhl 123, ruhrähn¬
liche 124, bei Ruhr 124, 125, in der
Mundhöhle 122, im Ham 233, im
Ham bei Typhus abdominalis 884;
Bacterium coli commune, hämoly¬
tische Eigenschaft des 125, Einfluß
auf Stickstoffgleichgewicht und Oxy¬
dationsvorgänge 484.
Bakteriurie s. Bakterien.
Barlowsche Krankheit, Fälle von
221, 353, 354, 359, in der Schweiz
204, seltsame Form von 204, Er¬
fahrungen über 392, 439, Therapie 203.
Basedowsche Krankheit im Kindes¬
alter 334.
Bauchmuskulatur, angeborenes Feh¬
len der 303.
Belastungsdeformitäten , intraute¬
rine der unteren Extremitäten 220.
Benediktsche Krankheit, Fall 485.
Bismutose, Erfolge mit 99, 100.
Bleilähmung, 2 Kinder mit 304.
Blennorrhoea neonatorum s. Oph¬
thalmoblennorrhoe.
Blutungen in der Schädelhöhle intra
partum 170, Gehirnblutung Meningitis
vortäuschend 171, nach Tonsillotomie
467, 468, septische Magenblutungen
360, der Nebennieren 23, Hämaturie
bei Oxalsäurevergiftung 454, spontane
B. bei Neugeborenen 202, B. bei
Barlowscher Krankheit, s. d.; Schild¬
drüsenextrakt gegen B. 202, Gelatine¬
injektionen 203.
Bromausschlag, Fall von 407.
Bromipinklystiere bei Kinderkrank¬
heiten 328.
Bromocoll Anwendung 532, bei Pru¬
ritus 90.
Bromoform, Intoxikation mit 176,
406, 407.
Bronchitis, Bronchiolitis, Jodipin
299, Schultzesche Schwingungen 329.
Bronchopneumonie s. Pneumonie.
Bulbäraffektion, ungewöhnlich gut¬
artige 162.
Buttermilch als Säuglingsnahrung
*107. 109, 132, 216, 284, 285, 523.
Caput obstipum, neue Operation 502.
Carcinom von Leber u. Pankreas 290.
Cerebrin bei Epilepsie 155.
Chinaphenin bei Keuchhusten 327.
Chinin bei Influenza 25, Verabreichung
i Ivon Ch. bei Kindern 310.
Chinosol bei Keuchhusten 328.
Chlorose, Thigenol bei 801.
Chlorurie bei Scharlach und Diph¬
therie 475.
Cholera infantum, Bismutose bei
99, 100, Buttermilch 109, Kufekemehl
281, 282, Leibnizmehl 282.
Chondrodystrophia foetalis 195, 198,
199.
Chorea, pathologische Anatomie der
158, 498, der Urin bei 499, Lähmung
bei 500, Ch. electrica 159, Ch. mollis
mit Muskelveränderungen 499.
Circumcisio, Xeroform naöh der 97.
Cirrhosis cardio-tuberculosa 16, hepatis
bei 8jähr. Mädchen 177, bei Kindern
291, 292.
Citrophen bei Keuchhusten 385.
Codein bei Keuchhusten 175.
Collargol s. Kollargol.
Colobom der Augenlider 434.
Combustio Xeroform bei 98, Wund¬
scharlach bei 263.
Conjunctivitis bei Influenza 24,
Schulepidemie von 187, C. tracho-
matosa und adenoide Wucherungen
144, Hornhauttrübungen nach C. lym-
phatica 140.
Cor bovinum, Fälle von 866.
Coryza febriculosa infantum 388.
Couveuse, neue 227.
Coxa vara u. angeborener Ober¬
schenkeldefekt 217, als Belastungs¬
deformität 505, Fälle von 505.
Cucullaris, Fehlen des 80, 503.
Cystenfibrom, präsakrales 266.
Cystitis tuberculosa 459, durch Coli-
bazillen 459.
Dacryocystitis congenita 142.
Defekt von Sehnen 78, der Bauch¬
muskulatur 305, des M. cucullaris 80,
503, M. gastrocnemius 173, des Ober¬
schenkels 217, der Armknochen 266,
einer Niere 64.
Dermatitis exfoliativa u. Pemphigus
neonatorum 41, herpetiformis 54, vege¬
tans 55.
Dermoid, retrosakrales 79, des Schädels
266.
Diabetes insipidus, angeborener 154.
— mellitus Fälle 236, Behandlung
bei Kindern 235.
Diathese, harnsaure bei Kindern 461.
Dilatation, angeborene des Dünn¬
darms 344, des Kolons 521.
Dion in zur Aufhellung von Hornhaut¬
trübungen 140, bei Keuchhusten 175.
Digitized by
Google
542
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
Diphtherie Herzthrombose bei 89,
Myolyse des Herzens 242, Nephritis
288, Chlorurie 475, Paralysen 239,
240, 248, Todesursachen 241; chron.
Rachendiphtheroid 26, 27, Nasen-
diphtherie 240, Larynxdiphtherie oder
Larynxfremdkörper 251; Intubation
u. Tracheotomie 249, 250; Diphtherie-
Exanthem 31.
Diphtherie-Serum bei Diphtherie 28,
29, 31, 44, 92, 244, 247, 484, bei
Scharlach u. Bronchopneumonie 248,
bei Keuchhusten 249, Beeinflussung
von Krankheiten durch 57, Tod nach
Seruminjektion 242, Wert der Sera
177, antibakterielles Serum 247, hoch¬
wertiges D. 247, Preis des D. 92, un¬
entgeltliche Abgabe bei Epidemien 92,
unentgeltliche Schutzimpfungen in
Berlin 48, amtliche Umfrage über den
vorbeugenden Wert 92.
Diphtheriebazillen) u. Pseudodiph¬
theriebazillen 28, im Blute u. im
Behringschen Serum 243, 244, [asso¬
ziiert mit Vinzentschen 484.
Divertikel, Meckelsches, Prolaps-
und Geschwulstbildung 304.
Drüsenfieber, Pfeiffersches 320.
Ductus arteriosus Botalli, Ver¬
schluß 67, Persistenz 70, 866, 867.
Dysenterie, Xeroform bei 97, Ruhr¬
bazillen 124, 125.
Dyspepsie s. Magendarmkatarrhe.
Dystopie, gekreuzte der Niere 455.
Dystrophie multiple kongenitale des
elastischen Gewebes 185, syphilitische
der Venen 297.
Echinokokkus der Pleura 5, 9.
Einschlafen der Hände bei Skarlatina
477.
Eklampsie, Bromipin bei 329, Blind¬
heit und Taubheit nach 490.
Ektasie s. Dilatation.
Ektopie der Harnblase 178.
Ekzem, Xeroform bei 97, Jodipin 300,
Thigenol 300, 801, Bromokoll 532,
Heilung von E. und plötzliche Todes¬
fälle 416.
Elephantiasis, kongenitale 63, 305,
514.
Embolien der Zerebralgefaße 490.
Emphysema pulmonum u. adenoide
Vegetationen 333.
Encephalo-Myelitis, akute insel-
förmige 177.
Endocarditis ulcerosa 360, E. und
Herzfehler 862.
Energiequotient bei Säuglingen 113,
114.
Entbindungslähmung, Fall 183.
Enteritis s. Magendarmkatarrhe.
Enuresis, Behandlung 463, 464, mit
epiduralen Injektionen 468, Ent¬
fernung adenoider Vegetationen 465,
Franzensbad bei 424.
j Epidermolysisbullosahereditaria409.
Epilepsie. Über E. 496, Ursachen
der E. 151, parasitäre Erreger 153,
E. nach Insolation 154, E. u. Tetanie
497, das Blutserum bei 496, 497, die
chirurgischen Ereignisse bei den An¬
fällen 157, multiple hypertrophische
Talgdrüsen bei 155, Aphasie und
Agraphie nach Anfällen 154, Be¬
handlung mit Cerebrin 155, nach
Toulouse-Richet 155, 497, in An¬
stalten 495, E. choreica 157.
Epiphyseolyse bei Genu valgum 510,
511.
Ep iphysentrennungen, traumatische
190.
Epiphyseostitis chronica tibiae 189.
Epithelioma contagiosum des Ge¬
flügels 61.
Epityphlitis, Magenblutungen bei
360.
Erbrechen, Hirndruck des Säuglings
beim 460, zyklisches 460, 461.
Ergrauen der Wimpern 142.
Erysipel, Salocreol 223.
Erythema exsudativum multiforme
nach Eigenuß 266, nodosum 411,
scarlatiniforme desauamativum 411.
Euchinin bei Keucnhusten 175, 326.
Exostosen, multiple cartaliginäre 222.
Facialisphänomen bei älteren
Kindern 160.
Facialislähmung bei einem Kaiser¬
schnittkinde 430.
Fermente in der Milch 106, 178, 281,
518.
Fermenttherapie der Atrophie im
Säuglingsalter 523.
Fleischsaft bei Lungentuberkulose 87 5.
Fluoroform bei Keuchhusten 328.
Folliculitis exulcerans serpiginosa
nasi 805.
Fracturae ossium. Behandlung bei
Neugeborenen 85, Klavikularfrakturen
bei Geburt in Schädellage, Schenkel¬
halsbrüche im kindlichen Alter 217,
eigenartiger Fall von Schenkelhals¬
fraktur, nervöse Komplikationen der
F. am unteren Ende des Humerus 188,
durch Naht geheilter supracondylärer
Oberarmbruch 138.
Franzensbad, Indikationen für 424.
Fremdkörper in den Luftwegen 41,
127, 251, 340, 892, im Herzen 361.
Frühgeborene Kinder, Behandlung
227.
Furunculosis, Behandlung 414.
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Sachverzeichnis.
543
Galactit 519.
Gangraena pulmonum, Operation
bei 332.
Gastritis s. Magendarmkatarrhe.
Gastrocnemius, Fehlen des 173.
Gaumen, der hohe 468, frühzeitige
Naht 266.
Geburtsverletzungen des Auges 428,
der Klavikula 428.
Geflügelpocken s. Epithelioma.
Gehirn, Verletzungen 803, Hyperämie
489, Sklerose 490, Hypertrophie 492,
Gliom 491, Gewicht des 478, Druck
im G. während des Erbrechens 460.
Gehör, Pflege in der Schule 147, Unter¬
suchung bei Schulkindern 470, 471.
Gelatine bei Blutungen 202, 203,
Melaena 203.
Genu valgum, Epiphyseolyse bei 510,
511.
Gewicht des Gehirns und seiner Teile
478, Kurven des G. neugeborener
Kinder 230, G. der Säuglinge nach
sozialer Grimpierung 280.
Glioma des Gehirns 491, Kombination
mit Sarkom 90.
Glykogen, Verteilung auf beide Leber-
1 lappen 290.
Glykosurie als Initialsymptom einer
Schrumpiniere 236, bei Kindern mit
Keuchhusten 484.
Gonorrhöe bei Knaben 86, G. und
Ophthalmoblennorrhoe 87, Ophthal¬
mie 427, Vulvovaginitis 422—426,
subkutane Abszesse 426, Synovitis 85,
Polyarthritis 267, Peritonitis 427.
Gratismilchlnstitute in Budapest
180, überhaupt 269, 313, 446.
Gynatresie, Prophylaxe 425.
Hämaturie durch Oxalsäure 454.
Hämoglobinurie, paroxysmale 221,
234, 358.
Hämorrhagie s. Blutung.
Harn des menschlichen Fötus 233,
bei Chorea 499, Typhusbazillen im 233.
Iiassalsche Körperchen, Ursprung
und Funktion der 232, 335.
Hautsinnesfunktionen im Kindes¬
alter 231.
Helminthiasis. Pathogene Wirkung
der häufigsten Eingeweidewürmer 126,
Bandwürmer bei Kindern 126, Tänien
als Ursache von Darmstenose 351,
Taenia cucumerina bei einem Kinde
851, Verlegung des Kehlkopfeingangs
durch Spulwürmer 127, massenhaftes
Auftreten von Askariden 351, Anchy-
ostoma-Anaemie 126.
Hemiatrophia facialis mit halb¬
seitig gekreuzter Pigmentation 409.
Hemiplegie u. Urticaria 168, nach.
Scharlach 478, zerebellare H. und
Hemiataxie 170, histologische Unter¬
suchung bei infantiler 169.
Hepatitis bei einem von einer nephri-
tischen Mutter ernährten Kinde 289.
Herdsklerose, infantile 164.
Hernien cerebrale u. angeborene Neu¬
bildungen ,des Schädels 72, Lungen¬
hernie 484, akute Hydrocele u. Leisten¬
bruch 349, Radikaloperation des an¬
geborenen Leistenbruchs 129, 348,
Herniotomie wegen Inkarceration von
Coekum u. Proc. vermiformis 348,
retroperitoneale 444.
Heroin als Sedativum 829.
Herpes tonsurans im Kindesalter 49.
He toi bei Lungen- und Kehlkopftuber¬
kulose 18.
Hörübungen bei Taubstummheit 263.
Hochstand der Skapula und Ku-
kullarisdefekt 80, 508, und Wander¬
niere 80, Fall von 87, Ätiologie des
184.
Hornhaut, Regeneration der, nach
schweren Ophthalmien 432.
Hydrarg. bichlorat, Injektionen bei
Syphilis 299.
Hydrocele u. Leistenbruch 349, In¬
strument zur Diagnose der 850.
Hydrocephaloid, Bromipin bei 329.
Hydrocephalus chronic, infolge chron.
Meningitis 220, Fälle von H. acquisitus
486.
Hydrophthalmus u. Megalophthalmus
434.
Hygiama als Nährmittel 101.
Hyperphalangie des Daumens 264.
Hypertrophie kongenitale spastische
des Pylorus 438, des Gehirns 492.
Hypospadie, Fall von 90, operierte
Eichel-H. 220.
Hysterie oder disseminierte Herz¬
sklerose 159, im Kindesalter 305, 526,
Beseitigung schwerer Krampferschei¬
nungen durch Wach Suggestion 160.
Ichthalbin bei Anämie u. Skrofulöse
223.
Ichthargan bei Furunkulosis 414.
Ichthyosis foetalis u. vulgaris 410.
Icterus chron.-congenitus 482, nach
Scharlach 131, bei einem von feiner
nephritischen Mutter ernährten Kinde
289.
Idiotie familiäre amaurotische 144, 493,
Statistik über 494.
Ileus, Atropin bei 347.
Impetigo contagiosa u. Pemphigus
neonatorum 41, im Anschluß an die
Vakzination 417, Jodipin bei I. faciei
300.
Impfung s. Vakzination.
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544
Centralblatt fftr Kinderheilkunde. No. 12.
Impressionen des Schädels bei Neu-
? eborenen 429.
antilismus, Wesen des 486, Pro¬
lapsus ani bei 128.
Influenza — Konjunktivitis 24,Kinder¬
grippe 388, Pathologie u. Therapie der
25, Meningitis u. Influenzabazillen 888,
Influenzabazillen bei Masern u. Schar¬
lach 255.
Insufficienz, motorische des Magens
286.
Intoxikationen mit Azeton 453, Blei
304, 404, Bromoform 176, 406, 407,
Karbolsäure 448, Kohlenoxyd 173, 401,
404, Kornkaffee 403, Lauge 399, Lini¬
ment. ammoniat. 398, Morphium 399,
404, Oxalsäure 454, Phosphor 176,
Salmiakgeist 398, Salpetersäure 448,
Schwefelsäure 447, 448, Strammonium
403, Tinte 398, Wäscheblau 402.
Intubation bei Diphtherie 249, neue
Tuben 250, fixierte Tuben und Bolzen¬
kanülen 339, wann extubiert man bei
Krupp? 250, Larynxstenose nach 337.
Intussusception, Invagination u.
kongenitale Darmatresie 345, bei 5-
monatl. Kind 346, Präparat einer 353,
chirurgische Therapie 347.
Inversion bei Lungenödem 334.
Jahresbericht aus dem Kinderspital
in Basel 90, des Neuen Kinder¬
krankenhauses zu Leipzig 310.
Jo dipin, Anwendung und Wirkung
299, 300.
Jodoform-Kalomel als Antiseptikum
301.
Kal. permang. bei Vulvovaginitis 422.
Kapazität des Schädels bei Kindern
391.
Keloide auf Vakzinationsnarben 58.
Keratodermie, akute symmetrische
nach Arsengebrauch 407.
Kinderasyl, Ernährung der Säuglinge
im Berliner 108.
— erholungsstätte, neue 395.
— heilstätte für tuberkulöse Kinder
136.
— klinik, neue Berliner 532.
— lähmung s. Paralysen.
— mehle 101, 281, 282.
— nahrung, Theinhardtsche 100.
— pflegerinnenschule im Kaiser u.
Kaiserin Friedrich - Kinderkranken-
hause in Berlin 90.
— wagen, desinfizierbare 87.
Klavikulardefekt, angeborener 435,
436.
— frakturen Neugeborener 428.
Kohlenoxydvergiftung u. plötzliche
Todesfälle 173, u. Polyneuritis 404,
Fälle von 401.
K o 11 a rg o 1 bei Augenentzündungen 434.
Kongreß, II. der deutschen Gesell¬
schaft f. orthopäd. Chirurgie 179, I.
internst, für Schulhygiene 446, 532.
Kornkaffee, Vergiftung durch 403.
Korrektor, neuer Apparat 504.
Kotfistel, inguinale 350.
Kreosotal bei Krupp 26, Keuchhusten
175, Pneumonie 330.
Kretinismus, endemischer u.Myxödem
200 .
Krupp, Kreosotal
inhalationen 362.
bei 26, Sauerstoff-
Kryptophthalmus congenitus 143.
Kryptorchismus, Operation bei 350.
Kufekemehl 101, 281, 282, 446.
Kyphose, Redressement der 83.
Länge neugeborener Kinder 230.
Lävulose zur Funktionsprüfung der
Leber 289.
Laminektomie bei spondylitischen
Lähmungen 182.
Laryngitis pseudo-membranacea bei
Masern 251, aphthosa 525.
Laryngofissur bei Fremdkörpern 41.
Laryngospasmus, Präparat von einem
Kinde mit 487.
Larynxstenose s. Stenose.
Lauge, Vergiftung mit 399.
Leber. Funktionsprüfung der 289, Ver¬
teilung der Glykogenmengen in der
290, Entwickelungsstörungen der 291,
Thrombose der Venen 293, Syphilis
293, Tumoren 290, Cirrhose 291, 292.
Lecithin bei Skrofulöse u. Rachitis 376»
Leukämie, Fälle von akuter 370.
Leukocytose bei Masern u. Röteln 254.
Lichen simplex chronic. 411, 582
Bromokoll bei 532.
Lichtbehandlung bei Gelenkstuber¬
kulose 211.
Liniment, ammoniat., Vergiftung
mit 398.
Lipase in der Milch 106.
Lithiasis bei Kindern 462.
Littlesche Krankheit s. Spinalpara¬
lyse.
Lumbalpunktion zur Diagnostik der
verschiedensten Krankheiten 390.
Lungenerkrankungen, Operation bei
11 .
Lungenprobe, Bedeutung u. Beweis¬
wert 228, 229.
Luxatio coxae congenita, unblutige
Operation 88, 185, 186, 217, 352, 506,
507, Apparat zur Nachbehandlung 186.
Luxation der Hüfte bei Typhus 218,
bei Scharlach 262, L. des Amboß 472.
Lymphadenitis, Salocreol bei 223.
^Lymphangiektasien, multiple 409.
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Sachverzeichnis.
545
Lymphangioma cavernosum am Arm
305, Fälle von 515.
Lymphdrü8en, Schwellung der peri¬
pheren, im Säuglingsalter 369.
Lymphosarkom des Mesenteriums u.
Dünndarms 483.
Lymphosarkomatose oder Tuber¬
kulose? 371.
Mästung u. skrofulöse Hautaffektionen
412.
Magen, Funktionen des kindlichen, u.
Verdauungskrankheiten 120, septische
Blutungen~360.
Magendarmkatarrhe u. Schwellung
der peripheren Lymphdrüsen 369,
Magensaftsekretion bei 119, Funk¬
tionen des Magens bei 120, chron.
Magenkatarrh u. Insuffizienz des
Magens 286, Dyspespie der Säuglinge
u. die Fermente in der Milch 178,
Dyspepsie der Neugeborenen und
Säuglinge u. die Funktion der mütter¬
lichen Brustdrüse 283, Dyspepsia acida
lactatorum 286, Studien über Darm¬
entzündung 121, Enterokatarrhe im
Säuglingsalter 522, Prophylaxe u.
Therapie der M. 516, Buttermilch bei
107, 109, 132, 284, 285, 517, 523, ge¬
labte Kuhmilch '521, Soxhlets Nähr¬
zucker 282, Odda 100, Theinhardts
Kindernahrung ^100, j Hygiama 101,
Kufekemehl 101, 281, 282, Leibniz-
mehl 282, Xeroform 95, 96, Bismutose
99, 100.
Magensaftsekretion r der Säuglinge
118.
Massage, neues Verfahren 85.
Masturbation, über M. 150, foren¬
sische Beurteilung *T51.
Mediastinum, Tumor des 303.
Megalophthalmus u. [ Hydrophthal-
mus 434.
Mekoniumpfropf, Bedeutung beim
Neugeborenen 227.
Melaena neonatorum, Gelatine
bei 203.
Meningitis tuberkulöse 15, M. bei
Neugeborenen 390, M. mit Influenza¬
bazillen 388, 389, M. cerebrospinalis
mit Meningococcus intracellularis 172,
mit Pfeifferschen Bazillen 172.
Meningococcus intracellularis bei
Zerebrospinalmeningitis 172.
Menstruation, erste, am Pol und
Äquator 42.
Metharsol bei linealer Anämie 371.
Micromelia s. Achondroplasia.
Mikrophthalmus im Anschluß an
eine Läsion des Sehnerven 143.
Milch. Ernährung mit Muttermilch 110,
112, Nahrungsmengen bei Brustkindern
113,114, Auslösung der Milchsekretion
bei Mutter u. Kind 112, Milchgenuß
u. ihr Einfluß auf die Milchsekretion
352, Buttermilch als Säuglingsnahrung
107, 109, 132, 216, pasteurisierte M.
104, 105, 279, gelabte 521, homo¬
genisierte 519, M. nach Sz^kely 103,
Dauermilch 519, Galactit 519, Milch¬
fleischextrakt 519, Chemie der Frauen*
u. Kuhmilch 107, Fermente in der
Milch 106, 178, 281, 518, Arteigenheit
der verschiedenen Eiweißkörper 279,
Wert der Salz- und Milchsäure für
die Verdauung derKaseine 177, bakteri¬
zide Fähigkeit der M. 279, Über¬
tragung von Scharlach durch M. 473,
Einfluß der Sterilisation auf den Stoff¬
wechsel des Säuglings 277, neuer
Ster ilisation sapparat 519, Thermophore
518, Milchpumpe mit Glasballon 90,
Milchindustrie der verschiedenen
Länder 277, Anforderungen an eine
Nahrungsmilch 529, Prinzipien der
städtischen Milch Versorgung 524, Aus¬
stellung für hygienische Milchver-
8orgung 519.
Mischinfektionen 257.
Missbildungen, angeborene des
Skeletts 219, des Armes 266, des
Daumens 264, beider Augen 266, 435,
Spaltbildung im Gesicht 437, Kom¬
bination von M. u. Defekten 41,
seltenere Entwickelungsanomalien 439.
Morbilli, Verhalten des Blutes bei 34,
Leukocytose bei 254, Myelitis bei 35,
Otitis bei 253, Thrombophlebitis des
Sinus longitudinalis bei 253, Laryn¬
gitis bei 251, Larynxstenosen bei 252,
Bazillen bei Komplikationen 34, In¬
fluenzabazillen bei 255, Mischinfek¬
tionen 257, konkurrierende M. und
Skarlatina 257, Skarlatina auf der
Masernstation 477, seltene Fälle von
M. 254, Kreosotal bei 26.
Morphium, Vergiftung mit 399, 404.
Moulagen von Säuglingsstühlen 263.
Mundhöhle, Streptokokken in der —
von Brustkindern 122.
Mundspatel, elektrisch beleuchteter
310.
Myelitis bei Masern 35.
Myocarditis, diffuse chronische 361.
Myogen 233.
Myosklerose u. Sklerodermie 408.
Myxödem bei einem Kinde 89, Fälle
von 486, kongenitales M. u. infantiles
200, Thyreoidin bei infantilem 1, 409,
Autopsie bei einem Falle von kongeni¬
talem 200.
Myxosarkom der Prostata 342.
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546
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
Nährmittel, künstliche 100—102.
Nährzucker, Soxhlets 282, 809.
Nahrungsmengen bei Brustkindern
113, 114.
Natr. methylarsenic. bei Anaemia
splenica 178.
Nebennieren u. Körper Wachstum 481,
Blutungen in den 23.
Nekrose, akute des Warzenfortsatzes
u. Felsenbeins 472.
Nenndorfer Bäder bei Furunculosis
414.
Nephritis der Neugeborenen u. Säug¬
linge 455, N. der Nährmutter und
schwere Hepatitis des Kindes 289,
N. nach Heilung des Säuglingsekzems
416, hei Sklerem u. Skierödem 352,
bei Scharlach und Diphtherie 238,
chronische nieht syphilitische 454,
Operation bei chronischer 237,
Glykosurie als Initialsymptom von
Schrumpfhiere 236.
Neuritis bei Keuchhusten 387.
Niere, Vergrößerung u. Defekt 64,
Entwickelungsstörungen 457, ge¬
kreuzte Dystopie 455, angeborene
Geschwülste 456, Quetschungen 455.
Noma Excision bei 35, Fälle von 525.
Obstipatio, Abführtabletten 223.
Odda bei Dyspepsie 100.
Oedem, toxämisches 177, epidemisches
287.
Oedema pulmonum, Inversion bei334.
Okulomotoriuslähmung, rezidivie¬
rende 430.
Onanie s. Masturbation.
Operationen gewisser Lungenerkran¬
kungen 11, der modernen Orthopädie
82.
Ophthalmoblennorrhoe u. Gono¬
kokken 37, Protargol zur Prophylaxis
140.
Orthopädie, Operationen der moder¬
nen 82, die deutsche im Jahre 1902
181.
Osteogenesis imperfekta 482.
Osteomyelitis, akute der Beckenpfann e
219, Entstehung der 512.
Osteotomie u. Osteoklase bei rachi¬
tischen Deformitäten der unteren Ex¬
tremität 192.
Otitis bei Masern 253, nach Influenza
389, O. media suppurativa durch
Schneeberger 128, Xeroform bei 0.
media supperativa 98, Taubstumm¬
heit infolge 0. 147.
Oxaphor bei Keuchhusten 385.
Oxydase in der Milch 106.
Oxydationsvorgänge u. Bacterium
coli 484
Pagetsche Krankheit u. Syphilis 298.
Papillome, multiple des Larynx 341.
Paralysen bei Keuchhusten 386, 887,
Diphtherie 239, 240, 248, Scharlach
478, Ohorea 500, spondylitische 182,
391, EDtbindung8lähmung 183, Facia-
lislähmung bei einem Kaiserschnitt¬
kinde 430, angeborene aller vier Ex¬
tremitäten 352, Fälle angeborener
spastischer 303, spastische Spinalpara¬
lyse 163, Akkomodationslähmung nach
Mumps 431, rezidivierende Okulomoto¬
riuslähmung 480, Hemiplegie 169, 170,
Poliomyelitis acuta im Stadium der
Reparation 165, Epidemie von Polio¬
myelitis anterior 165, Fall von cere¬
braler Kinderlähmung 166, Urticaria
nach cerebraler Kinderlähmung 168,
zwei wichtige Fälle spinaler Kinder¬
lähmung 169, Nervenleiden nach spi¬
naler Kinderlähmung 501, orthopä¬
dische Behandlung bei spinaler Kinder¬
lähmung 76, Sehnenüberpflanzung
dabei 76, 501, operativer Ersatz des
Quadriceps femoris 78, Pes calcaneus
paralyticus 182, paraly tisches Schlotter¬
gelenk der Schulter 182, P. im Ge¬
folge der Frakturen des unteren Hu¬
merusendes 188.
Paronoia, Fall von infantiler 492.
Parotitis epidemica, Akkomodations¬
lähmung nach 431.
Pasteurisieren der Milch 104, 105,
279.
Pemphigus acutus bei Lobärpneumonie
12, Epidemie von P. bei älteren Kin¬
dern 221, P. eontagio8us 410, P.
neonatorum, Dermatitis exfoliativa u.
Impetigo contagiosa 41.
Periproctitis, Ketentio urinae bei Ab¬
szeß durch 458.
Peritonitis tuberculosa 212, 213, 302,
377—380, P. durch Pneumokokken 12,
Gonokokken 427, Streptokokken 484.
Pertussis u. Viskosität des Sputums
21, febriler 386, mit cerebralen Er¬
scheinungen 386, 387, Jodophile Reak¬
tion u. Glykosurie bei 484, Paralyse,
Aphasie u. Erblindung bei 324, intra¬
durale Blutung bei 325, Einfluß der
Vakzination auf 175, Prophylaxe 22,
Behandlungsmethoden 325, Pyridin
bei 22, Kreosotal 26, 175, Diphtherie¬
serum 249, Antitussin 23, Aristochin
23, 174, 326, 327, Chinin mur. 174,
Euchinin 175, 826. Chinaphenin 327,
Chinosol 328, Bromipin 329, Heroin
329, Citropben 885, Vaporin 328,
Fluoroform 328, Oxykampher 385, Ci¬
trophen 385, Zink, ferro-hydrocyanic.
327, Serotherapie 28, elastische Leib¬
binde 387.
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Sachverzeichnis.
547
Pes calcaneus, Behandlung des 182.
— valgus congenitus 217, operative
Behandlung 509, allgemeine Indika¬
tionen für die Behandlung 507.
— varus, Behandlung 508, 509, Ätio¬
logie des angeborenen 510.
Pharyngitis gangraenosa u. Appendi-
citis^324.
Phimose, Behandlung der angeborenen
458.
Phosphaturie, Kasuistik der 235.
Phosphor bei Rachitis 196, Gehalt an
P. in der Nahrung 115, Intoxikation
mit 176.
Phototherapie des Scharlach 261.
Physi ologie. zur — des Säuglingsalters
229.
Pilocarpin bei Scharlach 261.
Pityriasis rubra pilaris im Anschluß
an die Vakzination 57, Fall von 415.
Plastik von Sehnendefekten 78, bei
Spina ventosa 79.
Plattfuß s. Pes valgus.
Pleuritis u. Appendicitis 89, eitrige bei
einem 2 jähr/Kinde 10.
Pneumokokken-Arthritis 331, Perito¬
nitis 12.
Pneumonie mit konsekutivem Pemphi¬
gus ,12, mit Schmerz am Appendix 178,
interstitielle 330, Splenopneumonie 331,
Mortalität bei 331, Sauerstoffinhala¬
tionen bei 362, Diphtherieserum 248,
Schultzesche Schwingungen 329,
Jodipin 299, Kreosotal 330.
Poliomyelitis 8. Paralysen.
Po ly arthritis deformans 189, gonor¬
rhoica 267.
Polydaktylie des Fußes 437.
Polyneuritis durch CO-Vergiftung 404.
Polyp des Rachens 65.
Prolapsus ani bei Infantilismus 128,
eines Me ekel sehen Divertikels 304,
urethrae 353, eines zystisch erweiterten
Ureters 457.
Pronation, die schmerzhafte 512.
Protargol zur Prophylaxe der Augen-
blennorrhöe 140, bei Vulvovaginitis
423.
Proteus vulgaris u. Typhus abdomi¬
nalis 383.
Prurigo idiopathischer 56, Broinokoll
bei 532.
Pruritus,' BromokolUbei 90, 532.
Pseudobulbärparalyse infolge von
Gehirnläsion 489.
Pseudodiphtlierie und .Influenza 25.
Pseudodiphtheriebazillen, Differen¬
zierung von Diphtheriebazillen 28.
Pseudokrupp, Kreosotal bei 26.
Pseudoleukämie oder Tuberkulose?
371.
Pseudotuberkulosebazillen 205.
Psoriasis infantum 413, Behandlung
414, P. nach Vakzination 57, 58.
Pulmonalklappen, Mißbildung der
70, 71.
Puls, Ungleichheit des — und Persi¬
stenz des Ductus arteriosusBotalli 367,
vorübergehende Verlangsamung u.
Arythmie 368, Puls lent permanent
avec attaques syncopales et 6pil£pti-
formes 369.
Pulverbläser am Mundspatel 520.
Puro als Nährmittel 101, Berichte über
310.
Purpura, Fall von Henochscher 355.
P y 1 o r u s, kongenitale spastische Hyper¬
trophie des 438, zwei Fälle von Stenose
des 131.
Pyramidon bei Typhus abdominalis
384, 385.
Pyridin bei Keuchhusten 22.
Quecksilberbad zur Massage 85.
Quetschung der Niere 455.
Rachitis angeborene 195, Ätiologie der
214, Unterschenkel Verkrümmungen
bei 192, Veränderungen der chondralen
Verknöcherung bei 193, R. u. Achon-
droplasie 198, 199, R. u. Coxa vara
505, 506, R. u. Spasmus nutans 306,
307, R. u. Turgordruck der Gewebe
197, Ammoniak in der Atmungsluft
bei 196, R. u. Thymusliypertrophie 525,
Phosphorbehandlung 196, Syr. Calcii-
Ferro-phospholactic. 201, Lecithin 376,
Bromipin 329, Franzensbad 424, Appa¬
rat zur pneumatischen Behandlung
176, Schaukelsessel 194.
Raumsinu im Kindesalter 231.
Redressement von Skoliosen 82, 83,
130.
Resektion des Knies, Verkrümmungen
des Beins nach 190.
Retentio urinae bei periproktitischem
Abszeß 458.
Retropharyngealabszeß, doppelter
484.
Rhabarber, Oxalsäure Vergiftung durch
454.
Rheumatismen, chron. multiple 218,
im Kindesalter u. bei Erwachsenen
365, Rh. u. Herzfehler 363, Salocreol
bei 223.
Riesenwuchs, partieller u. Elephan¬
tiasis congenita 305, R. u. Nebennieren
481.
Rigasche Krankheit, Fälle von 319,
Ursachen 483.
Rindenfelder, Funktionsunfähigkeit
der motorischen — beim Säugling 75.
Röntgenstrahlen bei inoperablem
Carcinom 342.
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548
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
ßubeolae scarlatinosae 476, Fall I
von 255, Leukozytose bei 254.
Rückenmark, Kanalbildungu.abnorme
Entwickelung 74.
Ruptura urethrae 220, 459.
Säuglingsheim in Solingen 303.
— kiiniken in den Niederlanden 109.
Salmiakgeist, Vergiftung mit 398.
Salocreol 223.
Sanatogen, Erfahrungen mit 93.
Sarkom, inoperables, behandelt mit
Röntgcnstrahlen 342, S. der Einge¬
weide 343, [des Dünndarms 343, der
Prostata 342.
Sarkomatosis leucaemica 370.
Saturnismus Fall von 404.
Sauerstoffinhalationen bei Kinder
krankheiten 362.
Scabies, Thigenol bei 301.
Scarlatina u. Serumexantheme 31,
Behandlung mit Diphtherieserum 248.
Streptokokkenserum 258—260, 474,
Rekonvaleszentenserum 32, 261, Photo¬
therapie 261, Pilokarpin 261; Ätiolo¬
gie der Infektion ^ u. Rückfälle 33,
fünfmal iS. 262, Übertragung durch
Milch 473, Verhalten des Blutes bei
34, bakteriologische Untersuchungen
bei 473, Influenzabazillen bei 255,
Mischinfektionen 257, konkurrierende
S. mit Morbillen 257, Epidemie von
S. auf der Masernstation 477, bösartige
Epidemie von 474, Nephritis bei S.
238, Chlorurie 475, Einschlafen der
Hände 477, Spontanluxation des Hüft¬
gelenks 262, Icterus nach S. 131, disse-
minierte Hauttuberkulose 443, Nekrose
des Warzenfortsatzes 472, Hemiplegie
478, Rubeolae scarlatinosae476, Wund¬
scharlach bei Verbrennung 263.
Schaukelsessel für rachitische u.
schwache Kinder 194.
Schilddrüsenpräparate bei infan¬
tilem Myxöden 1, Blutungen 202, Ver-
fütterung großer Mengen 334.
Schnee berger, Otitis media durch
128.
Schnürfurchen durch Simonartsche
Bänder 88.
Schrumpf blase, Fall von 459.
Schuh über einen Gehgipsverband 130.
Schule. Epidemie von Konjunktivitis
in der S. 137, Pflege des Gehörs in
der S. 146, Untersuchung des Gehör¬
organs 470, 471, zahnärztliche Poli¬
klinik für Volkschulen 92, Hygiene der
schulpflichtigen Kinder in Internaten
470, I. internat. Kongreß für Schul¬
hygiene 446, schulhygienische Vor¬
schriften gegen Tuberkulose 224,
Schulbücherdesinfektion 180, Schul- j
bank 179, Schularztfragen in Berlin
47, 224, Schulärzte in Nürnberg 446,
Schulärztinnen 396, Unterauellungser-
gebnisse in der Schweiz 136, Eingabe
betreffs Einführung von Schulärzten
in Städten u. auf dem Lande 135,
Ursache der Minderbegabung von
Schulkindernl49,Füraorgefür schwach¬
befähigte Schulkinder 91, Erziehung
seelisch Belasteter in Haus u. S. 150.
Schwingungen, Schultzesche bei
Bronchiolitis u. Pneumonie 329.
Seborrhöe, Thigenol bei 300.
Seehospize für skrofulöse u. tuber¬
kulöse Kinder 86, 520, Erfolge u.
Organisation 520, 525.
Sehnentransplantation bei spinaler
Kinderlähmung 76, 501, Pes calcaneus
paralyticus 182, am Oberschenkel 502,
100 Fälle von 216.
Sepsis, Ung. Cred6 bei 223, Diphtherie¬
serum 248, Magenblutungen bei 360,
Endokarditis 360.
Serotherapie bei Diphtherie 28, 29,
31, 44, 48, 92, 244, 247, 484, Keuch¬
husten 23, Skarlatina 32, 474.
Serum-Exantheme bei Diphtherie 31.
Simonartsche Bänder, Schnurfurchen
88 .
Sirolin bei Tuberkulose 14, 376, Keuch¬
husten 175.
Sirosol bei Tuberkulose 531.
Situs transversus, Fälle von 367.
Sklerodermie in Streifenform 408,
S. u. Myosklerose 408, mit Sklero-
daktylie 409.
Sklerose des Gehirns 490.
Skoliose u. Plattfuß 84, u. adenoide
Vegetationen 218, Prädilektionsstellen
83, bei Tieren 504, Redressement 82,
83, Redressionsgipsbett 130, Apparat
Korrektor 504, Behandlung fixierter
503.
Skorbut, infantiler s. Barlowsche
Krankheit.
Skrofulöse, Hautaffektionen bei S. u.
Mästung 412, Xeroform bei Geschwüren
99, Jodoform-Kaiomel 301, Salokreol
bei Drüsen 223, Ichthalbin bei S. 223,
Jodipin 300, Lecithin 376, Seehospize
86, Franzensbad 424.
Soor, Allgemeininfektion mit 323.
Spasmus nutans, Ätiologie 304, 305.
Speicheldrüsen, Sekretion der 520.
Spina ventosa, Autoplastik bei 79,
220 .
Spinalgie als Frühsymptom der Tuber¬
kulose 372.
Spinalparalyse medullären Ursprungs
500, Befund bei familiärer infantiler
163, 501, Besserung durch Quecksilber
163.
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Sachveneichnis.
549
Splenopneumonie, Fall von 331.
Spondylitis mit tödlichem Erstickungs¬
anfall 221, Lähmungen bei 194, kon¬
tinuierliche Fixation bei 184.
Sprache, Störungen der — geistig zu¬
rückgebliebener Kinder 148, Entwicke¬
lung der S. u. ihre Hemmungen 148,
stotternde Kinder 469.
Sprengelsche Difformität s. Hoch¬
stand der Skapula.
Sputum, Viskosität des 21.
Staphylome, Behandlung partieller
141.
Statistik, verbesserte Methode der S.
der Ernährung 524.
Status lymphaticus u. plötzliche
Todesfälle 174.
Stauung'sleber, idiopathische 66.
Stenosen des Pylorus 131, 444, Darms
345, 357, 444, Larynx 249—252, 337
bis 339, 362, 484.
Stickstoffwechsel der an Adipositas
nimia leidenden Kinder 117, Einfluß
der Infektion mit Bacterium coli 484.
Stomatitis pseudomembranacea mit
Kolibazillen 200.
Stottern, Behandlung 469.
Strammonium, Vergiftung mit 403.
Streptokokken in der Mundhöhle 122,
— Erkrankungen 306, — peritonitis
484.
Strictura urethrae, kongenitale 64.
Stridor congenitus u. Thymushypertro¬
phie 525.
Struma tuberculosa 17.
Syndaktylie, kongenitale 437.
Synovitis, gonorrhoische 35.
Syphilis, kongenitale mit seltenen Mani¬
festationen 38, Erkennung der fötalen
38, S. der Mutter u. der Neugeborenen
294, die paterne Vererbung 295, Fall
von schwerer hereditärer 304, heredo-
syphil. Knochenaffektionen 222, 298,
Venen Vereiterungen 297, kongenitale
der Leber 293, Hutchinsonsche
Zähne 297, S. des Kindesalters 297,
tertiäre S. 298, S. u. Tabes 39, 40,
45, Sublimatinjektionen bei 299, Jodi-
pin 299, 300.
Syr. Calcii-Ferro-phospholactici j
bei Rachitis 201. I
Tabes bei jugendlichen Individuen 39,
40, hereditär syphilitische 45. !
Tachykardie, Sauerstoffinhalationen i
bei 362.
ohreiterung 147, durch Schädelfraktur
171, Hörübungen bei 263.
Tetanie u. Fazialisphänomen 160, u.
Epilepsie 497, Fall von akuter 485,
klinische Formen 162, Diagnose im
ersten Lebensalter 161.
Tetanus nach Vakzination 419, träum a-
ticus4l9, Kopftetanus miiHypoglossus-
parese 420, Antitoxinbehandlung 420,
421.
Tetragene bei Angina 321.
Thigenol als Ersatz für Ichthyol 300,
301.
Thiokol bei Tuberkulose 14, 376, Per¬
tussis 175.
Thrombophlebitis des Sinus longi-
tudinalis bei Morbillen 253, der Leber¬
venen 293.
Thrombosen der Zerebralgefäße 490.
Thymus, Vergrößerung der — u. plötz¬
licher Tod 20, 131, 173 ff., 337, u.
Kompression der großen Blutgefäße
337, u. Stridor congenitus 524, Ex¬
stirpation der — bei Kaninchen 335,
Persistenz von Drüsenkanälen in der
355.
Thyreoidin s. Schilddrüsenpräparate.
Thyreoaplasie u. infantiles Myxödem
200 .
Tinte, Vergiftung mit 398.
Todesfälle, plötzliche 131, 173, 336,
416.
Tonsillitis s. Angina.
Tonsillotomie, Blutungen nach 467,
468.
Tracheotomie, Larynxstenosen nach
337, Spätstörungen nach 340, Drainage
bei 485.
Trachom s. Conjunctivitis.
Transport von Kindern mit anstecken¬
den Krankheiten 395.
Transposition der großen Gefäße des
Herzens 867.
Tremor bei Kindern 159, 162, 177.
Trichophytie, Epidemie bei Schul¬
kindern 414.
Trophodermatoneurose bei Kindern
524.
Truncus arteriosus communic.,
fehlerhafte Septierung des 366.
Tuberkulosis bei Kindern und Er¬
wachsenen 365, Diagnose der kindlichen
375, Spinalgie als Frühsymptom 372,
Phthise im Kindesalter 15, Infektion
mit 206, 374, Bekämpfung der 15,
206, schulhygienische Vorschriften 224,
Kinderheilstätten für tuberkulöse Kin-
Taenien bei Kindern 126, als Ursache
von Darmstenose 351, T. cucumerinae
351.
Taubstummheit, neues Einteilungs¬
prinzip 147, Entstehung infolge Mi'ttel-
der 136, Seehospize 86, T. der Haut
210, T. verrucosa cutis 17, Hauttuber-
kel als Symptom akuter Miliartuber¬
kulose 214, disseminierte T. der Haut
nach Scharlach 443, der Lvmphdrüsen
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/
550
Centralblatt für Kinderheilkunde. No. 12.
178, 372, eigenartige des lymphatischen 1
Apparates 371, der Schilddrüse 17, |
der Parotis 208, des Ohrs 472, des [
Pharynx 44, intrabulbäre 209, Menin¬
gitis 15, der Knochen u. Gelenke 301,
des Knies 353, Spondylitis 182, des
Herzens 209, Cirrhosis cardio-tuber-
culosa 10, Peritonitis 212, 213, 302,
377—380, der Blase 459, der weib¬
lichen Geschlechtsorgane 16, Hetol bei
T. 13, Thiokol u. Sirolin 14, 376,
Sirosol 431, Fleischsaft 375, Licht¬
therapie bei T. der Gelenke 211.
Tumoren, angeborene am Oberkiefer¬
zahnfleisch 72, des Schädels 72, der
Netzhaut 209, der Bronchialdrüsen
369, intrathorazische 265, der Niere
456.
Turgordruck der Gewebe u. Rachitis
1.97.
Typhus abdominal., Häufigkeit u.
Mortalität bei Kindern 381, 200 Fälle
von kindlichem T. 382, zerebro-spinale
Form 381, sicheres Frühsymptom 384,
zur Epidemiologie 172, Mischinfektion
mit Proteus vulgaris 383, Typhus¬
bazillen im Ham 233, Bakteriurie bei
384, Azetonurie bei 233, Luxation der
Hüfte bei 216, T. u. Appendizitis 381,
Xeroform bei 97, Pyramidon 384, 385.
Ulcus ventriculi, Bismutose bei 99.
Ung.-Cred6 bei Sepsis 233.
Urticaria pigmentosa 56, 222, ab in-
gestis 411, durch Eigenuß 265, bei
einem Hemiplegiker 168, Xeroform
bei 96, Bromokoll 532.
Vakzination u. Kindersterblichkeit an
Pocken 58, 60, Immunität durch 60,
Impfergebnisse 59, Impftechnik 59,
Impfgesetze 60, Einfluß der V. auf
Keuchhusten 174, Re Vakzination der
schwangeren Mutter 419, Vakzine¬
erkrankung des weiblichen Genitales
421, Impfpusteln infolge Badens 418,
V accinia generalisata 418,Nebenpocken
u. postvakzinale Exantheme 417, Pi¬
tyriasis rubra pilaris im Anschluß an
die 57, Psoriasis 57, 58, Impetigo 417,
Keloide auf den Narben 58, Tetanus
nach 419.
Vaporin bei Keuchhusten.
Varizellen u. Variola 62, Inkubations¬
stadium 63, maligne 130.
Variola u. Varizellen 62, u. Vakzination
58, Pockenerreger 60.
] Vegetationen, adenoide 19, seitliche
I 466, Einfluß auf körperliche u. geistige
I Entwickelung 145, latente Tuberkulose
18, V. u. Lungenemphysem 333, u.
Enuresis 465, u. Trachom 144, u. Sko¬
liosen 218, Malaria bei 465, Behand¬
lung der 466, Verletzungen bei Ent¬
fernung der 145, neue Küretten 19,
467.
Venae hepaticae, Verschluß der 66.
Verblödungsprozesse, fortschreiten¬
de im Kindesalter 493.
Verkrümmungen des Beins nach
Knieresektion 190, Beseitigung von —
des Unterschenkels 192.
Viskosität des Sputums 21.
Vitia cordis, angeborene 70, 71, 366,
367, 486, statistische u. ätiologische
Beiträge 362, unbestimmter Herzfehler
365.
Vulvovaginitis bei Kindern 422 bis
426.
Wachstumsstörungen nach trauma¬
tischen Epiphysentrennungen 190, u.
Nebennieren 481, u. Architektur der
unteren Femurepiphyse u. oberen Ti¬
biaepiphyse 481, Gesetzmäßigkeit im
Längenwachstum 479.
Wäscheblau, Vergiftung durch 402.
Wanderniere u. Sprengelsche Dif-
formität 80.
Wasser, mit der Mahlzeit eingeführt
117.
Winckelsche Krankheit, Fall von
354.
Wunden, Xeroform bei 97, Jodoform-
Kalomel 301.
Wundscharlach bei Verbrennungen
263.
Xanthoma tuberosum, Fall von 416.
Xeroderma pigmentosum, Fall von
55.
Xeroform, Erfahrungen mit 95.
Xerophthalmie bei Säuglingen 433.
Zellgewebsentzündung, koDgelative
in der Submentalregion 416.
Zelluloid-Mull verband, Azetonver-
vergiftung nach Anlegung 453.
Zink, ferro-hydrocyanic. bei Keuch¬
husten 327.
Zwergwuchs, chondrodystrophischer
482.
Zysten, seröse des Halses 341, der
langen Röhrenknochen 514.
Verantwortlicher Redakteur: Dr. Eugen Graetzer in Sprottau. — Verlag von Johann
Ambrosius Barth in Leipzig. — Druck von Metzger & Wittig in Leipzig.
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