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Full text of "Zoologische Jahrbücher"

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ZOOLOGISCHE  JAHRBÜCHER 


ABTEILUNG 

FÜR 

SYSTEMATIK,  GEOGRAPHIE  UND  BIOLOGIE 
DER  TIERE 


HERAUSGEGEBEN 

VON 

PROF.  DR.  J.  W.  SPENGEL 

IN    GIESSEN 


FÜNFUNDDREISSIGSTER  BAND 

MIT  20  TAFELN  UND   109  ABBILDUNGEN  UND   2  KARTEN  IM   TEXT 


JENA 

VERLAG  VON  GUSTAV  FISCHER 

1913 


Alle  Rechte,  namentlich  das  der  Übeisetzuug,  vorbehalten. 


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Inhalt. 


Erstes  Heft. 

(Ausgegeben  am  4.  Juli  1913.) 

Seite 
Blunck,  Hans,  Beiti'äge  zur  Naturgeschichte  des  Dytiscus  mai'ginalis  L. 

Mit  8  Abbildungen  und  2  Karten  im  Text 1 

Hendel,  Feiedeich.  Die  Gattung  Platystoma  Meigen  (Dipt.).     Mit 

Tafel   1—2 55 


Zweites  Heft. 

(Ausgegeben  am  22.  September  1913.) 

Gebbig  ,  Feitz  ,  Über  Tipuliden-Larven  mit  besonderer  Berück- 
sichtigung der  ßespirationsorgane.  Mit  Tafel  3 — 4  und  19  Ab- 
bildungen im  Text 127 

Reiciiexspergee,  A.,  Zur  Kenntnis   von  Myrmecophilen  aus  Abes- 

sinien.     I.      Mit  Tafel  5 — 6  und   15   Abbildungen  im  Text  .      .      185 

KÜKENTHAL,  W.,  Über  die  Alcyonarienfauna  Californiens  und  ihre 
tiergeographischen  Beziehungen.  Mit  Tafel  7  —  8  und  36  Ab- 
bildungen im  Text 219 

Drittes  Heft. 

(Ausgegeben  am  31.  Oktober  1913.) 

TOLDT,  K.,  jun.,  Über  Hautzeichnung  bei  dichtbehaarten  Säugetieren. 

insbesondere  bei  Primaten.     Mit  Tafel  9  —  12  und  3  Abbildungen 

im  Text 271 

Skejabin,    K.    I.,    Vogeltrematoden    aus    Russisch    Turkestan.     Mit 

Tafel  13—14 , 351 

MacCallum,  G.  A.,  Further  notes  on  the  genus  Microcotyle.    With 

4  figures  in  the  text 389 


IV  Inhalt. 

Viertes  Heft. 

fAuserefireben  am  14.  November  1913.) 

^  ^  Seite 

Skrjabin,  K.  I.,  Zur  Acanthocepbalen-Fauna  Russisch  Turkestans. 

Mit  Tafel   15—16  und    1    Abbildung  im  Text 403 

Gerhardt,  Ulrich,  Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden 
und  Locustiden.  Mit  Tafel  17 — 18  und  22  Abbildungen  im 
Text 415 

Fünftes  und  sechstes  Heft. 

(Ausgegeben  am  4.  Dezember  1913.) 

AuGüSTiN ,    "Willy  ,    Die    Formvariabilität    der   Beckenknochen  bei 

nord-atlantischeu  Bartenwalen.     Mit  Tafel   19 — 20 533 

Friese,  H.,  II.  Nachtrag  zu  „Bienen  Afrikas" 581 

Strand  ,    Embrik  ,    Über    einige  australische  Spinnen  des  Sencken- 

bergischen  Museums 599 

Painter,  Theophil  S.,  On  the  dimorphism  of  the  males  of  Maevia 

vittata,  a  Juraping  Spider.  With  1  Figure  in  the  text  .  .  .  625 
Wester,  D.  H.,  Chemischer  Beitrag  zur  Limulus-Frage  ....  637 
Wester,    D.    H.,    Schließt    sich    Peripatus    capensis    chemisch    den 

Anneliden  oder  den  Arthropoden  an  ? 640 


Nachdruck  verboten. 
Übersetzinigsrecht   vorbehalten. 


Beiträge 
zur  Naturgeschichte  des  Dytiscus  marginalis  L. 

(Historisches, 
Paläontologie,  Systematik  und  Fannistik.l 

Von 

Haus  Bluuck, 

Assistent  am  Zoologischen  Institut  in  Marburg-. 

Mit  8  Abblldnngen  and  2  Karten  im  Text. 


Inhaltsverzeichnis. 

Seite 

Einleitung 1 

Historischer    Überblick    über    die    Behandlung    des    Dijti.scus    in    der 

zoologischen  Literatur 2 

Literaturverzeichnis  dazu    .      . 20 

Paläontologische  Funde 31 

Systeraatisches 1)3 

I.   Die  systematische   Stellung  der  Dytisciden 33 

II.  Die  Stellung  des  D/jUsrus  unter  den  Dytisciden  und  die  geo- 
graphische  Verbi'eitung  der  Gattung 36 

III.  Allgemeine  Charaktere  der  Gattung  Di/ti-scus 36 

IV.  Die    eurojDäischen    Vertreter    der    Gattung    D>j(is'-u.<:   L.,    ihre 

Synonyma,  Speciescharaktere  und  Faunistik 37 

V.  Literaturverzeichnis  zu   den  systematischen  Abschnitten     .      .  51 

Einleitung. 

Schon  seit  einig-er  Zeit  mit  Studien  über  die  Morphologie,  Ent- 
wicklung und  Biologie  von  Dijt/sri(>i  beschäftigt,  war  ich  genötigt, 
auch  die  Literatur  eingehend  zu  berücksichtigen.  Dabei  interessierten 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Syst.  t 


A 


2  Hans  Blunck, 

iiiicli  besonders  die  auf  öcologische  Verhältnisse  bezüglichen  An- 
gaben, da  sich  meine  Untersuchungen  mehr  nach  dieser  Richtung 
bewegen  sollten.  Derartige  Notizen  finden  sich  aber  in  Schriften 
verschiedenen  Inhalts  niedergelegt,  so  daß  sich  ein  immer  weiter- 
gehendes Literaturstudium  als  notwendig  erwies.  So  wurde  ich 
sehließlicli  wohl  so  ziemlich  mit  allen  einigermaßen  bemerkenswerten 
Artikeln  über  die  hiei'  interessierende  Käfergattung  bekannt.  Ab- 
gesehen davon,  daß  ein  genaues,  auf  diese  bezügliches  Literatur- 
studium wegen  der  im  Maibui-ger  Institut  zu  bearbeitenden  Mono- 
graphien einzelner  Organsysteme  wünschenswert  erschien,  dürfte 
es  für  weitere  Kreise  auch  insofern  nicht  ohne  Interesse  sein,  als 
sich  mancherlei  neue  Gesichtspunkte  dabei  ergaben. 

Dem  rein  historischen  Abschnitt  sind  einige  Kapitel  syste- 
matischen Inhalts  angeschlossen,  die  ebenfalls  ein  Niederschlag  des 
Literaturstudiums  sind,  aber  in  verschiedener  Hinsicht  über  die  rein 
referierende  Darstellung  hinausgreifen.  Eine  Zusammenstellung 
dieser  Sj^stematik  des  Bytiscus  im  weiteren  Sinne  (d.  h.  inkl.  Faunistik 
und  Paläontologie)  fehlte  bislang  und  schien  erwünscht.  Neu  sind 
in  diesem  Teil  einige  Kennzeichnungen  zur  Bestimmung  der  Species, 
die  kartographischen  Skizzen  und  mehrere  Gesichtspunkte  zum 
Studium  der  Verwandtschaftsverhältnisse  der  Dytisciden. 

Historischer  Überblick  über  die  Behaudluug  des  Dtjtiscus 
in  der  zoologischen  Literatur. 

Wasserkäfer  scheinen  den  Alten  fremd  geblieben  zu  sein  und 
finden  auch  bei  Aristoteles  keine  Erwähnung.  Ihr  Bekanntwerden 
fällt  erst  in  den  Ausgang  des  Mittelalters,  als  mit  den  übrigen 
Zweigen  der  Naturwissenschaft  auch  die  Insectenkunde  einen  Auf- 
schwung nimmt.  1602  erscheint  in  Bologna  das  erste  große  Werk,  das 
ausschließlich  der  Entomologie  gewidmet  ist.  Der  Verfasser,  Ulysses 
Aldrovandi,  verarbeitet  darin  ein  reichhaltiges,  zum  großen  Teil 
auf  eigenen  Beobachtungen  beruhendes  Material  und  beschreibt 
neben  den  damals  bereits  bekannten  etwa  100  neue  Insecten-Arten. 
Unter  diesen  befinden  sich  auch  die  ersten  Wasserkäfer.  Zufällig 
ist  je  ein  Vertreter  der  drei  heute  unterschiedenen  Hauptfamilien 
herausgegi'ifi"en.  Unverkennbar  abgebildet  vertritt  der  plumpe 
Hydrous  die  Hydrophiliden  (p.  449—450),  ein  kleiner  Taumelkäfer 
die  Gyriniden,  und  die  Dytisciden  kommen  in  ihrem  größten  und 
bekanntesten  Vertreter,   dem   Dytiscus,  zur  Darstellung.     Sein  Ver- 


Dytiscns  mar^inalis  L.  3 

liältnis  zur  Literatur  soll  den  Gegenstand  dieses  Abschnitts 
bilden. 

Ich  lasse  die  originelle  Beschreibung  Alurovandi's  als  die  älteste 
A  b  h  a  n  d  1  u  n  g  ü  b  e  r  d  e n  G e  1  bra n d  oder  den  „Scarahaeus  arjiMticus 
(d/KS".  wie  er  hier  getauft  wird  (p.  707),  im  Urtext  folgen:  ,.Tnueni 
et  aliud  in  horti  publici  ^)  vasis  aqueis,  in  quibus  plantae  aquaticae 
consernantur,  Insectum  e  Scarabaeorum  genere,  superiori  ^)  in  eo 
j)lui'iuiiun  ditferens,  quöd  anteriores  pedes  haberet  duplicis  usus, 
iiiniirum  ad  natandum,  et  gradiendum.  Sagacissima  enim  natura 
latissimos  eos  fecit  in  niedio,  haud  aliter,  ac  auium  aquaticarum 
pedes  sunt,  et  ne  latitudo  (rotunda  ac  caua)  ad  ingressum  non  esset 
inutilis.  eosdem  in  extremo  rursus  fecit  exiles,  robustos  tarnen  et 
hamatos,  et  eis  unä  cum  duobus  subsequentibus,  qui  contigui  sunt 
ac  aeqiie  longi,  ea  carentes  latitudine,  ad  progrediendum  uti  posset. 
Postremi  pedes  duplo  sunt  longiores,  in  extremo  velut  in  pinnam 
molliusculam  desinunt.  in  medio  ventris  siti,  longe  ä  primis,  qui  sunt 
in  pectore.  Horum  quoq;  duplex  usus  est,  ad  natandum  seu  potiüs 
ad  natatum  regendum  tanquam  pinna  aliqua,  aut  cauda,  et  cum 
inibat  in  dorsum  (apricatur  enim  libenter,  et  apricantem  ego  cepi} 
ad  insiliendum.  Salit  enim  cum  in  dorsum  cubat,  ijs  sese  ad  saltum 
a  terra  eleuans.  Cum  cubat  in  ventrem  vel  omnibus  pedibus  insistit, 
hosce  posteriores  tanquam  ad  incessum  inutiles  per  terram  trahit. 
Coleopteron  est  hoc  Insectum  vagina  tectum  durissima,  ventre  quoq; 
durissimo,  ac  prope  osseo.  color  eins  ex  atro  ad  castaneum  nonnihil 
vergit.  Antennas  ä  lateribus  capitis  erigit  adeo  exiles,  ut  visum 
pene  fugiant.  castanei  coloris.  In  summa  elegans  animal  est."  ^) 
Wer  den  Gelbrand  kennt,  wird  ihn  trotz  der  leider  gerade  bei 
diesem  Käfer  fehlenden  Abbildung  in  der  Beschreibung  wieder  er- 
kannt haben. 

Seiner  Grundlegung  nach  viel  älter  als  ALDROvANüfs  Schrift, 
aber  erst  1634  durch  Thomas  Moufet  nach  mehrfacher  Umarbeitung 
in  einem  unmöglichen  Latein  herausgegeben  ist  das  von  dem  be- 
kannten Zoologen  Gesner  begonnene  ..Theatrum  Insectorum".  Auch 
dieses  befaßt  sich  wie  das  vorige  Werk,  dem  es  nach  Aufbau  und 
wissenschaftlichem    Wert    ähnelt,    mit   den    Wassei'käfern    als    den 


1)  Nämlich    in  dem    von   AldrOVAXDI  in  Bologna  angelegten  botani- 
schen Garten. 

2)  D.  i.  Hydrops. 

3)  Die    zitierten  Sätze    finden  sich   auch   unverändert  in   den   späteren 
Auflagen:    Frankfurt   1618,   Frankfurt    1<)23.   Bologna    1638. 

1* 


Hans  Blunck, 


„Scarabei  aquatici''  (p.  164).  Der  Verfasser  berichtet,  daß  die  Tiere 
im  deutschen  Volksmund  „Wasser  kafers",  in  England  „Waterclocks" 
hießen.  Unter  den  reichen  Illustrationen  der  Arbeit  finden  sich  auch 
die  ersten  Zeichnungen  vom  „Gelbrand"  (Anhang),  die  unserem 
Aufsatz  in  der  Kopie  als  Fig.  A  beigegeben  sind.  In  Text  und  Figur 
wird  beim  „Hydrocantharus  major  Anglicus"  besonders  die  Eigen- 
schaft hervorgehoben,  welche  dem  Käfer  später  seinen  deutschen 
Namen  „Gelbrand"  gab:  „  .  .  .  si  limbum  scapulis  totoque  corpore 
ovali  circumcurrentem  leviter  infuscaveris,  .  .  .  non  est  quod  ampliüs 

expetas    ad    illius 
descriptione."     Die 
nächtlichen     Luft- 
reisen müssen  schon 
damals  nicht  unbe- 
kannt gewesen  sein, 
denn  es  heißt:  „Sub 
elytris     nigerrimis, 
membranae    latent 
alae  argentotinctae, 
quibus  noctu  aquis 
egressi ,      celeriter 
con  Volant  per  aerem, 
quem  interdiu  per- 
rarö     (forte     num- 
quam)  diverberant." 
Über  das  Regi- 
strieren solcher  Zu- 
fallsbeobachtungen 
kommt  das  17.  Jahrhundert  noch  nicht  hinaus.    Schwierige  Probleme, 
wie  die  Metamorphose,   bleiben  in  Dunkel  gehüllt  und  werden  erst 
100  Jahre  später  gelöst. 

Die  Larve  des  Gelbrands  war  allerdings  schon  vor  Aldeovandi 
und  MouFET  lange  bekannt,  ohne  daß  man  aber  ihren  Zusammen- 
hang mit  dem  „Scarabaeus  aquaticus"  ahnte.  Dytiscns  dürfte  nächst 
Tenehrio  der  einzige  Käfer  sein,  bei  dem  das  Jugendstadium  früher 
beschrieben  wurde  als  die  Imago.^)    Ich  fand  die   älteste  Larven- 


Fig.  A. 

Alteste   Abbildung  eines  Dytiscns.    Kopie  nach 
MouFET,  1634. 


1)  Die  zuweilen  zu  lesende  Angabe,  die  älteste  Larvenabbildung  fände 
sich  bei  MouFET,  ist  irrig. 


Dytiscns  marginalis  L. 


abbildnng-^)  fs.  Fig.  B)  in  einer  schon  1555  in  Lyon  erschienenen 
Schrift,  in  der  ein  Wiliiklm  Rüxdelet  nnter  dem  vielversprechenden 
Titel:  ,.Universae  acinatiliuni  Historia  cnm  veris  ipsorum  Imaginibus*' 
Fische,  Würmer,  Krnster  n.  a.  behandelt. 

Die  Gelbrandlarve  wird  den  Krebsen  naheg-estellt  nnd  SfjuUla 
fluriatilis  getauft,  „cum  squillis  marinis  magna  est  fignrae  affinitas" 
(Buch  II,  p.  212).  „Ea  pedes  ternos  vtrunque  habet.  Cauda  in  duo 
longa  et  tenuia  veluti  fila  desinit:  digitali  est  longitudine.  Capite 
est  rotundo  et  compresso  instar  lentis  leguminis.  Cornicula  quatuor 
habet. . .  tenni  crusta  integuntur."     Die  unvollständige  Beschreibung 


Fig.  i'. 

Fig.  B.  Älteste  AljbiUluug  einer  Dytiscus-L&YYe.  Kopie  uach  Eondelktiüs,  155;>. 

Fig.  C.  Die  durch  Moufet  von  Roxdelet  als  „Forficula^^  übernommene  und 
verschlechterte  Abbildung  einer  Dytiscus-LnYxe. 

Fig.  Dan  b.  Kopien  zweier  sich  bei  Moüfet  (1634)  findender  Bilder  von 
DytiscHn-Lai-yen. 

wird  durch  eine  schlechte  Figur  immerhin  soweit  ergänzt,  daß  man 
erkennt,  welches  Tier  gemeint  ist.  Rondelet's  Angaben  sind  von 
Aldrovandi  u.  A.  übernommen  worden.  So  ist  Foeer's  Bericht 
über  die  „Wassenniiheyme''''   in  seiner  Bearbeitung  des  GESNEß'schen 

1)  CüBA  gibt  1536  in  seinem  „Hortus  sanitatis"  im  Buch  der  Fische 
Cap.  XXXIX  p.  85  die  Beschreibung  und  Abbildung  eines  6beinigen 
Fischschädlings,  den  er  Nastaros  oder  Hastarios  nennt.  Die  undeutliche 
Darstellung  und  die  phantastische  Figur  lassen  die  Deutung  auf  eine 
Jj/jUscHs-Liarve  zu.  Ich  konnte  jedoch  feststellen,  daß  Cuba's  Angaben 
auf  eine  falsch  verstandene  Notiz  in  Plinius  sec.  Historia  naturalis 
über  IX  15.,j  zurückgeht,  wo  dieser  von  einem  parasitären  Kruster,  viel- 
leicht einem  Copepoden,  spricht.  Die  Figur  des  bbeiuigen  Fisches  ist 
Cuba's  Phantasie  entsprungen. 


Q  Hans  Bi.unck, 

Fischbuchs  (15*J8  i).  197)  nur  ein  Auszug-  aus  dem  genannten  Werk 
(s  a.  JoxsToN  1653  u.  1657).  Mit  jedem  Neudruck  entfernt  sich 
aber  das  Bild  der  „Squilla  fluviatilis''  mehr  von  dem  Oiiginal,  so 
daß  man  schließlich  in  dem  Ungeheuer  mit  den  keulenförmigen 
Fühlern  und  dem  kühn  geschwungenen  Scliwanzfaden  eher  einen 
Skorpion  als  eine  Dytiscus-ha,rve  vermuten  würde  (s.  Aldeovandi 
1618  u.  1623).  Da  obendrein  Text  und  Figur  bei  Aldeovandi  ge- 
trennt stehen  (1602,  p.  709  u.  764),  kann  es  nicht  wundernehmen, 
daß  MoLFET  das  Bild  falsch  deutet  und  zu  den  Libellenlarven  als 
„Wassereidechse"  stellt  (s.  d.  Kopie  Fig.  C),  von  denen  er  schreibt 
(1634,  p.  321)  „Lacerta  varij  coloris  est,  et  piscatorum  gaudet  intuitu: 
circa  rupes  Britannicas  non  infrequens,  ubi  piscibus  insidias  parat."' 
An  anderer  Stelle  des  „Insectentheaters"  (p.  319—320)  gibt  Moufet 
bessere,  selbst  entworfene  Zeichnungen  von  Wasserkäferlarven  oder 
„Sqtiillac'^,  aus  denen  die  des  Hydrous  (p.  320,  flg.  5a  u.  b),  Cyldster 
(fig.  1)  und  Byiiscm  (flg.  2  u.  6)  unschwer  herauszuerkennen  sind. 
Die  beiden  I)ytiscus-B\\6.tv  sind  als  Fig.  Da  u.  b  hier  umstehend 
in  der  Kopie  wiederholt  worden.  So  ergibt  sich  der  kuriose  Fall, 
daß  in  demselben  Buch  ein  Tier  zweimal  unter  verschiedenem  Namen 
einander  ganz  unähnliche  Bilder  erhält!  Von  den  Lebensgewohn- 
heiten seiner  ,.SquiUae^'  entwirft  Moufet  ein  sehr  abenteuerliches 
Bild.  „Assultant  illi  protinus,  ut  Squillae  pisces,  in  coitu,  et  ubi 
licentia  audacia  crevit,  implent  faemellam.  Hoc  tempus  speculatus 
index  morsu  levi  significat:  illa  ore  compresso  quidquid  includit 
exanimat,  partemque  socio  tribuit:  coeunt^)  enim  ore,  cancrorum 
more  et  locustarum."  Für  die  Betrachtungsweise  seiner  Zeit  ist  die 
Bemerkung  charakteristisch :  „Quem  vero  in  medicina  usum  sortiuntur, 
nequeo  ex  scriptoribus  vel  Empyricis  ullis,  quibus  vel  ignoti  Squillae 
vel  despecti  videntur,  recensere.'' 

Die  erste  wissenschaftlich  ernste  Untersuchung  der  Dytiscus- 
Larve  führt  Swammeedam  aus  (1669,  1752  deutsche  Übersetzung  von 
Boeehave).  Gute  Kupferstiche  begleiten  den  Text  und  ergänzen 
glücklich  eine  bereits  1630  von  Hoefnagel  unter  seinen  Insectarum 
volatilium  icones  gegebene,  recht  hübsche  Abbildung  der  Larve. 
Swammeedam  entdeckt  den  Saugkanal  der  Mandibeln,  schildert  an- 
schaulich die  Nahrungsaufnahme  und  stellt  fest  (p.  326  in  der  Aus- 
gabe von  1737):   „Deese  Wurm  eet  niet  anders,   als  andere  Water- 

1)  coire  ist  hier  wohl  in  der  ursprünglichen  Bedeutung:  zusammen- 
gehen,  sich  zusammenlegen,  zu  nehmen. 


Dytiscus  marginalis  L.  7 

dieieii  .  .  ."  „Waarom  het  seer  aardig-  om  te  sieii  is,  als  men  hem 
eeu  Pierwurm  ^)  komt  te  geeven,  die  liy,  hoe  seer  deselve  sig  00k 
krimpt,  buygt,  ende  roert,  dan  00k  niet  en  verlaat,  maar  by  suygt 
die  gerustelyk  siyii  bloet  iiyt."  üer  Prozeß  des  Luftscliüpfens  Avird 
beschrieben,  seiner  Natur  nach  aber  nocli  nicht  erkannt.  A'on  den 
,.FIoßrienien''.  d.  h.  den  Styli,  heißt  es  nämlich  (p.  325):  „Met  deese 
Start  kan  liy,  als  hy  wil,  aan  de  vlakte  van  het  water  hangen  bly  ven : 
want  als  hy  die  buyten  het  water  steekt,  soo  loopt  het  selve  daar 
runtsom  af,  (en  soo  blyft  hy  dan  hangen  aan  de  superficie  van  het 
water)."  Gelegentlich  seiner  Untersuchungen  über  die  Metamorphose 
der  Insecten  befaßt  sich  Swammerdam  auch  bereits  mit  der  onto- 
genetischen  Stellung  seines  „Pfriem-  of  Moort-wurms"'  (p.  68) 
und  vermutet  in  ihm  treffend  die  Larve  eines  Wasserkäfers,  ohne 
daß  ihm  indessen  die  Aufzucht  gelingt.  „Uyt  deese  Wurm  is  het 
te  gelooven  (p.  327),  dat  eyndelyk  de  Hydrocantharus  vergroeyt, 
wanneer  hy  namentlyk  genoeg  in  het  water  gegeeten  heeft,  en  dat 
hy  dan  sijne  verandering  op  het  laut  en  in  de  aarde  volvoert:  dan 
dit  syn  speculatien"  (cf.  1752  p.  120,  136  und  1682,  p.  154).  Glück- 
licher war  1721  Frisch,^)  dem  es  gelang,  die  ////r/roHS-Larve  zur 
Verwandlung  zu  bringen.  Er  begeht,  durch  den  eigentümlichen  Bau 
des  Tieres  entschuldigt,  den  Irrtum  anzunehmen,  „daß  es  seine  6  Füße 
auf  dem  Rücken  hat"  (p.  26  ff.).  Diese  Angabe  ist  später  von  Lessek 
(1738  p.  287),  Sulzer  (1761  p.  75)  und  Börner  (1774  p.  476)  auf  die 
Dytiscus-liSLYYe  übernommen  und  spukt  noch  in  einigen  Arbeiten  aus 
dem  Ausgang  des  18.  Jahrhunderts,  obgleich  sie  schon  1742  von 
Lyonet  (Vol.  2,  p.  54 — 57  Aum.  —  s.  a.  1776  p.  145—150)  widerlegt  wurde. 
Die  Metamorphose  des  Dytiscus  konnte^  auch  Frisch  (p.  33) 
nicht  verfolgen.  Die  Lösung  dieses  Problems  blieb  dem  unermüd- 
lichen RösEL  (1749)  vorbehalten.  Nach  jahrelangen  vergeblichen 
Bemühungen,  „um  nur  gewis  zu  erfahren,  ob  der  Wasser-Wurm  mit 
dem  grosen  linsen-förmigen  Kopf  unter  diejenigen  Insekten  gehört, 
die  sich  verwandeln",  gelingt  es  ihm,  aus  den  Eiei-n  eines  Gelbrands 
eben  diese  „^^'ürmer"  zu  erziehen  und  in  einem  halb  mit  Wassei-, 
halb  mit  Erde  gefüllten  Gefäß  unter  einem  Grassoden  zur  Verwand- 
lung zu   bringen.     In    der  ihm   eigenen   ansprechenden   Form    gibt 

1)  Regenwurm. 

2)  Es  handelt  sich  um  den  bekannten  Berliner  Sprachforscher,  der 
sich  auch  in  der  Insectenkunde  betätigte  und  auf  dem  Gebiete  ihrer  Biu- 
logie  so  Bedeutendes  leistete,  daß  man  ihn  getrost  als  einen  Vorläufer 
Rüsel's  bezeichnen  kann. 


^  Hans  Blunck, 

RösEL  eine  ziemlich  fehlerfreie  Darstellung  der  gesamten  Metamor- 
phose der  Larve  und  ihrer  auffallendsten  Eigenschaften.  Ihre  Raub- 
tiernatur wird  gebührend  beleuchtet,  der  Atemvorgang  richtig  er- 
kannt. „Es  holet  dieser  Wurm  durch  das  Ende  des  letzten  Gliedes 
seines  Leibes  Luft."  Li  der  beigegebenen  farbigen  Kupfertafel  sind 
Larve,  Puppe  und  Käfer  nach  dem  Leben  in  einer  seither  auch  nicht 
annähernd  erreichten  Naturtreue  wiedergegeben.  So  biologisch  vor- 
züglich, ist  die  Darstellung  in  morphologischen  Details  nicht  ganz 
fehlerfrei.  In  Text  und  Figur  schreibt  der  Autor  z.  ß.  der  Larve 
13  Körpersegmente  zu,  während  am  Objekt  nur  12  sichtbar  sind. 
Rüsel's  Abbildungen  sind  in  der  Folgezeit  oft  und  schlecht,  mit 
alten  und  neuen  Fehlern  kopiert  w^orden.  Nur  so  ist  es  zu  erklären, 
daß  die  Larve  mit  den  13  Körperringen  in  die  Arbeiten  gewissen- 
hafter Forscher  wie  Stuem  (1834,  tab.  186)  übergehen  und  selbst  in 
Reittek's  ganz  moderner  Fauna  Germanica  (1908,  tab.  39  flg.  6  a) 
noch  Aufnahme  finden  konnte.^) 

Gegen  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  tritt  die  Zoologie  in  das 
Stadium  der  systematischen  Forschung,  und  diese  Periode  hat  auch 
den  hier  in  Betracht  kommenden  Schriften  ihren  Stempel  aufgedrückt. 
Die  Einführung  des  Namens  Bijtiscus  erfolgte  1 735  durch 
LiNNE  in  dem  Entwurf  zu  seinem  für  unsere  moderne  Systematik 
grundlegenden  Systema  naturae. 

Die  erste  Ausgabe  beschränkt  sich  auf  die  Festlegung  von 
Familien  und  Gattungen.  Der  hier  zuerst  gebrauchte  und  die  Wasser- 
käfer bezeichnende  Gattungsname  „Bijtiscus'-''  scheint  aus  dem 
Griechischen  entlehnt  zu  sein,  in  dem  das  Wort  „öWtxo'g"  alle  zeit- 
weilig oder  dauernd  das  Wasser  bewohnenden  Tiere  umfaßt."^)  Die 
Form  Bijtiscus  ist  eine  sprachlich  nicht  ganz  korrekte  Neubildung 
Linne's.  1762  greift  Geoffkoy  (Vol.  1,  p.  185)  den  alten  Stamm 
durch  die  Schreibweise  „Byticus"  (franz.  „Dytique")  wieder  auf,  und 
seitdem  laufen  beide  Bezeichnungen  als  scheinbar  gleichberechtigt 
in  der  Literatur  nebeneinander  her.  Gelegentlich  stellte  ich  die 
Namen  von  50  Autoren  zusammen,  die  Bijticus  statt  Bijtiscus 
schreiben.     Rendschmidt  (1837,  p.  100)  bildet  gar   ,.Biticus''   und 

1)  Es  sei  darauf  hingewiesen,  daß  durch  ßöSEL  auch  die  Metamor- 
phose zahlreicher  anderer  Insecten  und  unter  den  Wasserkäfern  von 
Cybisler,  AciUus  und  Hydrophilus  caraboideü  aufgedeckt  ist. 

2)  Vgl.  Oliviee  Vol.  3  No,  40  1795  p.  1  dvTr/.6g  =  gern  unter- 
tauchend, zum  Tauchen  geschickt.  Bei  Aeistoteles  werden  erwähnt 
^ioa  övTiY.d  =  Tiere,   die  geschickt  untertauchen. 


Dytiscus  raargiualis  L.  g 

einige  Franzosen  entsprechend  „Ditique"'  und  ..Ditis([ne" !  Bkck- 
MANN,  1780,  p.  26()  will  das  „s"  als  einen  „Druckfehler-*  verworfen 
wissen.  Sciimiedlf.ix  (1786.  p.  2891  möchte  Ihjthcm  von  den  Haft- 
scheiben oder, ,disci"der  Männchen  ableiten.  Leskk(1779,  p.423),  Ekicii- 
soN  (1832,  p.  16—17),  Glaskr  (1857,  p.  19)  und  Porta  (1899,  p.  59) 
erklären  die  Bildung  Dytiscus  für  etymologisch  falsch  und  deshalb  un- 
haltbar. Ekichson  ist  später  (1837)  trotzdem  zur  Schreibweise  y|////.sv7<.s- 
übergegangen.  Diese  Unsicherheit  hat  naturgemäß  zu  Unzuträglich- 
keiten  geführt,  die  erfordern,  Klarheit  zu  Schäften.  ]\[aßgebend  für 
die  Entscheidung  nomenklatorischer  Fragen  sind  die  internationalen 
Kegeln  von  1905.  Artikel  19  u.  25  bestimmen,  daß  sprachliche 
^lißbildungen  dann  und  nur  dann  Grund  zur  Änderung  eines  Namens 
geben,  wenn  sie  als  Druckfehler  aufzufassen  sind.  Das  Prioritäts- 
gesetz behält  rückwirkende  Kraft  bis  1758,  ausgehend  von  der 
10.  Ausgabe  des  Sj^stema  naturae.  In  dieser  Auflage  und  in  allen 
seinen  anderen  Schriften  kennt  Linne  nur  die  Bezeichnung  Dytiscus, 
wie  V.  Harold  (1880,  p.  359)  bereits  einmal  hei-vorhob.  An  einen 
Druckfehler  ist  nicht  zu  denken.  Der  Käfer  heißt  mithin 
Dytiscus.  Die  Schreibweise  Dyticus  ist  als  unrichtig 
zu  verw^erfen. 

Bei  LiNNE  umfaßt  die  Gattung  Dytiscus  alle  Wasserkäfer  mit 
Ausnahme  der  Taumler,  für  die  1735  der  Name  Gyrinus  eingeführt 
wird.  1762  trennte  Geoffroy  (Vol.  1,  p.  180 — 181)  die  Palpicornier 
als  Genus  Hydrophilus  auf  Grund  ihrer  schon  von  Linke  erkannten 
abweichenden  Fühlerbildung  ab.  Übrigens  hatte  bereits  Frisch 
(1721,  2.  Th.,  p.  33)  darauf  aufmerksam  gemacht,  daß  ,.Gelbrand"  und 
,.Kolbenwasserkäfer"  „ganz  widerwärtiger  Art"  sind.  Dj^tisciden 
und  Hydrophiliden  haben  aber  noch  auf  Jahrzehnte  hinaus  eine  ge- 
meinsame Geschichte  gehabt,  sind  bei  biologischen  Notizen  durch- 
einandergeworfen (s.  z.  B.  Sülzer  1776,  p.  58—60)  und  in  der  Syste- 
matik einander  nahegestellt  worden  (vgl.  Baebut,  1780,  24.  Gttg. 
„Hydrophilus^^).  Noch  heute  gilt  Hydrous  für  vorwiegend  carnivor 
(s.  Rengel's  Literaturzusammenstellung  und  eigene  ü  ntersuchung  1901, 
p.  173—182  u.  209—220),  und  die  neueste  Auflage  von  Schmeil's 
Leiirbuch  der  Zoologie  (1910,  p.  374)  bezeichnet  die  Hydrophiliden 
als  die  „Verwandten"'  der  Dytisciden.  Megu.sar  (1902,  p.  910)  spricht 
von  den  Hydrophiliden  als  der  „nächst  verwandten  Gruppe 
der  Dytisciden".  Ob  diese  Ausdrucksweise  berechtigt  ist,  werden 
wir  im  folgenden  Kapitel  zu  untersuchen  haben. 

Länger  noch  als  die  Käfer  sind  ihre  Larven  für  formverwandt 


10  Hans  Blunck,  \ 

gehalten  und  untereinander  verwechselt  worden.  Geoffroy  (1764, 
\).  181)  beschreibt  richtig  die  Eierkokons  hei  Hijdrophüus,'^)  läßt  aber 
aus  ihnen  Di/tiscits-hsLYven  hervorgehen,  von  denen  er  sagt  „elles 
approcheut  infiniment  de  celle  des  hydrophiles"  (p.  185).  Degeer 
(1774,  IV,  p.  369  u.  383)  erklärt  mehrfach:  ,,Les  larves  des  hydro- 
philes et  des  dytiques  sont  ä-peu-pres  de  meme  figure."  Mit  diesen 
damals  allgemein  verbreiteten  Anschauungen  brechen  1804  Lancret 
u.  3I1GER  in  einer  bedeutsamen,  uns  leider  nur  im  Auszug  erhaltenen 
Schrift. 2)  Es  wurden  9  Dytisciden-  und  5  Hydrophilidenlarven  ver- 
gleichend morphologisch  und  physiologisch  untersucht.  Der  Zweck 
der  Arbeit,  die  tiefgreifenden  Ihiterschiede  zwischen  beiden  Formen- 
gruppen hervorzukehren,  wird  erreicht. 

Das  ursprüngliche  Genus  Dytisciis  ist  nach  und  nach  in  eine 
große  Zahl  von  Gattungen  aufgeteilt  worden,  die  man  als  Familie 
„Dytiscidae-''  wieder  zusammenfaßte.  Von  diesen  wurden  später  die 
Gyriniden  und  in  neuerer  Zeit  auch  die  Halipliden  als  selbständige 
Familien  wieder  abgetrennt.  „Dytiscus'''  ist  als  Gattungsname  er- 
halten geblieben  und  umfaßt  eine  Reihe  einander  sehr  nahe  stehen- 
der großer  Dytisciden.  Thomson  (1859,  Vol.  1,  p.  12)  hat  diese 
Formengruppe  noch  weiter  in  die  Gattungen  Dytisciis  und  Macrodytes 
spalten  wollen  auf  Grund  der  Ausbildung  der  Oberlippe  und  der 
Flügeldecken.  Zum  Genus  Dytiscus  zählt  dann  nur  der  „Breitrand", 
I).  latissimus  L.,    während   Macrodytes   alle    anderen   Arten   umfaßt. 


1)  Die  eigentümliche  Art  der  Eiablage  des  Kolbenwasserkäfers  ist 
durch  Lyonet  (1832)  bekannt  geworden.  Es  dürfte  aber  nicht  bekannt  sein, 
daß  die  gesponnenen  Kokons  und  das  Ausschlüpfen  der  Larven  schon  fast 
100  Jahre  vorher  beschrieben  worden  sind.  Vgl.  dazu  de  Muralto 
Observatio  LXXXI  p.  198 — 199  16  84,  wo  man  nach  einer  knappen 
und  korrekten  Beschreibung  dar  Hi/divpliilu,s-Ijarve  liest:  „Squillae  hae 
molles  ex  ovulis  s.  termitibus  oblongis  proveniunt:  postquam  enim  foemella 
in  aquas  eos  deposuit,  in  globum  eosdem  coacervat,  et  folliculo  albido 
rotundo  (ad  magnitudinem  folliculi  bombycini)  circumdat,  atque  includit, 
in  quo  tanquam  Nyinphae  in  Vespeto,  delitescunt:  nullis  tarnen  cellulis 
distinctae  sunt,  sed  sibi  contiguae  adhaerescunt,  donec  mense  Majo  vermi- 
culi  cuticulam  ovi  tenuissimam,  atque  folliculum  perfodientes,  in  aquas  pro- 
gi'ediantur.  Ex  qua  verö  materia  folliculi  hi  constent,  singularem  cou- 
siderationem  meretur."  Auch  diese  Stelle  wird  übrigens  zuweilen  als  Be- 
schreibung einer   „larva  Dytisci"   zitiert! 

2)  Die  „memoire"  ist  wahrscheinlich  in  Briefform  der  Societe  zuge- 
gangen und  als  solche  nicht  gedruckt  worden.  Jedenfalls  finden  sich  in 
der  Literatur  nirgends  Hinweise  auf  das  Original,  sondern  immer  nur  auf 
den  Auszug. 


Dytiscus  margiualiä  L.  \  \ 

KiESENWETTEK  (1868,  \).  117  Aiiiii.)  uiul  Kkaatz  (1874,  1».  -294  Aiim.) 
haben  gegen  diese  AnlTassnng  Einspruch  erhoben.  Die  neueren 
Systematiker  sind  Thomson  insofern  gefolgt,  als  sie  Macrodijtes  als 
Untergattung  bestehen  lassen. 

Von  den  LixxK'sclien  Dytiscns-kvi^w  (p.  411 — 412)  entfallen  nur 
3  auf  die  heutige  Gattung,  der  als  No.  4  aufgeführte  B.  laiissimus, 
No.  5 :  B.  niarginalis  und  No.  9 :  B.  semistriatus.  Bi/fiscus  latissimus  L. 
ist  der  durch  das  Beiwort  genügend  gekennzeichnete  und  heute  noch 
gleiclibenannte  ,.Breitrand",  den  schon  Fkisch  (1721,  2.  Th.,  p.  33) 
in  Händen  gehabt  haben  muß.  Unter  dem  Namen  Bytisciis  niarfji- 
nalis  laufen  bei  Linxe  mehrere  erst  später  als  solche  erkannte 
Arten,  wie  die  mehrdeutige  Diagnose:  „B.  niger ,  thorace  elijtro- 
rumque  margine  flavis,"  und  die  zitierten  Synonyma  erkennen  lassen. 
Unter  anderem  wiid  auf  Rösel  verwiesen,  dem,  nach  seinen  schönen 
Bildern  zu  urteilen,  die  verbreitetste  und  gemeinste  Form  zur 
Untersuchung  gedient  hat.  Dieser  Art,  unserem  heutigen  „Gelb- 
rand", der  gleichzeitig  zum  Typus  der  Untergattung  Macrodijtes 
wurde,  ist  der  Name  Bijtiscus  marginalis  Linne  erhalten  geblieben. 
Bi/tiscus  semisiriatns  ist  als  Artbezeichnung  fallen  gelassen.  Linxe 
belegte  mit  diesem  Namen  die  gefurchten  Formen  der  $,  die  er  als 
selbständige  Arten  ansprach. 

In  der  Folgezeit  sind  neben  marginalis  und  latissimus  noch  5 
deutsche  Arten  der  Gattung  Bijtiscus  bekannt  geworden.  Fkisch 
(p.  35,  tab.  7,  fig.  4)  unterscheidet  neben  dem  „ßreitrand"  einen 
Bijtiscus,  von  dem  er  angibt,  „Männlein  und  Weiblein  sind  am  Bauch 
gantz  schwartz"  (s.  a.  Leydig,  1891,  p.  46).  Göze  (1777,  p.  608 
2.  Anm.  u.  621)  zitiert  diesen  „halbgestreiften  Frisch wasserkäfer". 
LiXNE  (1758,  p.  412)  und  Fabricius  (1775,  p.  231,  No.  5)  stellen  das 
Tier  zu  ihrem  semistriatus.  Müllek  (1776,  p.  70,  No.  666)  trennt  ihn 
als  selbständige  Art  B.  semisiilcatus  wieder  ab,  und  ihm  folgt  Beeg- 
STRÄssER  (1778,  p.  42 — 43),  durch  den  neben  dem  bis  dahin  allein 
beschriebenen  Weibchen  das  Männchen  als  B.  frischii  bekannt  wird. 
Fabricius  hat  endlich  1781  (p.  292)  den  bis  heute  gebräuchlichen 
Namen  des  „Schwarzbauch"  Bijtiscus  imnctidatus  eingeführt. ')  — 
Bergstkässer  entdeckt  und  tauft  1778  (p.  33)  das  Weibchen  des 
Bijtiscus  dimidiatus  oder  des  „Halbstrich",  so  genannt  wegen  der  rela- 
tiven   Kürze    der  Elytrenfurchen.      Die    Männchen   blieben   Berg- 

1)  Vgl,  aber  den  systeiuatischen  Teil  dieses  Aufsatzes  bei  DijUsciis 
nentiftiilcaliifil 


12  Hans  Blunck, 

STRÄSSER  noch  fremd.  Fabeicius  (1801,  p.  258)  kennzeichnet  und 
benennt  die  nur  in  den  Mittelmeeiländern  häufige  Form  D.  circum- 
fle.ius.  Gyllenhal,  der  schwedische  Entomologe,  beschreibt  den  ge- 
legentlich auch  in  Deutschland  angetroffenen  DyUscus  lapponicus 
(1808,  Vol.  1.  p.  468,  No.  3).  Zuletzt  lehrt  Aheens  (1810,  Vol.  1,  6. 
55.  7)  als  7.  und  letzte  deutsche  Species  den  DyUscus  drcumcindus 
von  dem  ihm  sehr  ähnlichen  marginalis  untersclieiden. 

Getrennt  von  der  Auffindung  und  Unterscheidung  der  Arten 
verlief  die  Erkennung  der  zusammengehörigen  Geschlechter.  Der 
stark  ausgeprägte  Sexualdimorphismus  und  mehr  noch  der  Dimorphis- 
mus der  Weibchen  untereinander  hat  den  Beobachtern  viel  Schwierig- 
keiten gemacht  und  zu  argen  Irrtümern  Veranlassung  gegeben. 

Es  Avar  für  die  älteren  Systematiker  ja  sehr  naheliegend,  die 
Furchen  auf  den  Flügeldecken  und  die  Haftscheiben  an  den  Beinen 
als  Artcharaktere  zu  verwenden.  So  kennzeichnet  Raius,  der  erste 
und  einzige,  der  vor  Linne  den  Namen  eines  systematischen  Ento- 
mologen verdient,  den  einen  seiner  ..HydrocantJmrus  nostras'^  durch 
den  Zusatz:  „In  anterioribus  pedibus  appendix  quasi  cochlearis,  tan- 
quam  in  annulis  constans"  (1710,  p.  93).^)  Bei  dem  zweiten  „Hydro- 
cantlmrus'-''  heißt  es  „elytris  striatis  seu  canaliculatis".  Dem  Ver- 
fasser ist  bereits  aufgefallen:  „in  omnibus  cum  praecedente  con- 
venit  .  .  .  praeter  strias  seu  caniculas  in  dorso"  (p.  94).  Nicht  viel 
später  stellt  Frisch  an  Dytiscus  Icdissimus  fest,  daß  die  „Kniescheiben" 
tragenden  Individuen  männlichen  Geschlechts  waren  (p.  33),  und  be- 
merkt bei  punäulaUis,  daß  die  „zehen  Falten"  auf  den  Elytren  nur 
Weibchen  zukommen  (p.  35).  Rösel  (1749,  p.  7)  beobachtet  die 
Copula  zwischen  glatten  und  gefurchten  Käfern  und  entdeckt  in  den 
„breiten  Ballen"  an  den  Vorderfüßen  Hilfsmittel  der  Männchen  bei 
der  Begattung.  Diese  biologischen  Argumente  finden  bei  den  Syste- 
matikern nicht  die  verdiente  Beachtung.  Ijinne  behält  die  von  ihm 
in  der  1.  Auflage  seiner  Fauna  Suecica  (1746,  No.  567)  aufgestellte 
Art  DyUscus  elytris  striis  viginU  dimidiaUs  in  ihrer  zweiten  Ausgabe 
(1761,  p.  215)  und  in  der  10.  ed.  seines  Systema  Naturae  (p.  412) 
als  DyUscus  semistriatus  bei.  Auch  Fabeicius,  der  zweite  große 
Systematiker  und  ein  Schüler  Linne's,  führt  in   seinem   Erstlings- 

1)  In  diesem  Abschnitt  ist  im  Interesse  der  Übersichtlichkeit  —  der 
Polymorphismus  der  Dytiscinen  hat  über  100  Autoren  beschcäftigt !  — 
niargiwdis  in  erster  Linie  berücksichtigt  und  auf  die  Verhältnisse  bei  seinen 
Verwandten  nur  da  eingegangen,  wo  sie  in  die  Entwickhing  des  Problems 
eingreifen. 


Dytiscus  marg-iualis  L.  1^3 

werk  noch  eine  Art  unter  demselben  Namen. ^)  Inzwischen  werden 
abei-  die  Angaben  der  Biologen  nachgeprüft  und  bestätigt.  Geoffkoy 
(1764,  Vol.  1,  p.  187)  und  Degeer  (1774,  p.  391—392}  stellen  über- 
einstimmend fest,  daß  alle  gefurchten  Individuen  Weibchen  sind  und 
daß  die  Definition  des  D.  margiualis  nur  auf  das  Männchen  paßt. 
FuESSLiN  (1775,  p.  IS,  No.  351b)  kommt  zu  dem  Ergebnis,  ,.D.  semi- 
striatm  (ist)  unstreitig  das  Weibchen  von  dem  vorhergehenden  (d.  i. 
marginalis),  indem  ich  sie  fast  immer  miteinander  gepaaret  gefunden". 
Bergsträsser  stellt  in  richtiger  Weise  die  Geschlechter  von  latissi- 
mus,  marginal is,  punctidains  und  Acilius  snlcatus  zusammen.  In  seinen 
späteren  Werken  läßt  daraufhin  auch  Fabricius  (1781,  Vol.  1,  p.  292; 
1787,  Vol.  1,  p.  189;  1792)  Dytiscus  semistriatus  als  Art  fallen  und 
kommt  zu  der  Erkenntnis,  daß  bei  allen  Species  „Dytiscorum  scu- 
teUatorum  mares  saepe  tibiis  anticis  clypeatis,  feminae  elj'tris  semi- 
sulcatis  aut  totis  striatis"  (1801,  Vol.  1,  p.  257).  Der  Name  senii- 
striatiis  ist  bis  in  die  neuere  Zeit  zur  Unterscheidung  der  gefurchten 
von  der  glatten  juarghialis-^-Form.  in  Gebrauch  geblieben,  von  ge- 
legentlichen Rückfällen  und  Verwechselungen  —  Sulzer  (1776,  p.  60) 
spricht  die  gefurchte  Form  des  D.  Icäissimus  als  c^,  die  glatte  als 
$  an  —  abgesehen,  gewöhnte  man  sich  aber  seit  Fabricius  daran, 
in  den  Elj'trenfurchen  keine  Art-,  sondern  Sexualcharaktere  zu 
sehen. 

Die  eben  gewonnene  Erkenntnis  sollte  noch  einmal  gefährdet 
werden,  als  man  Käfer  auffand,  die  mit  den  (^(^  die  glatten  Flügel- 
decken, mit  den  $$  das  Fehlen  der  Haftscheiben  gemeinsam  hatten 
und  so  zwischen  beiden  zu  stehen  schienen.  Seltsamerweise  hielt 
man  längere  Zeit  allgemein  diese  Zwischenformen  für  ^^.  Damit 
waren  die  ,.Kniescheiben"  als  sexuelle  Privilegien  gefallen  (s.  Rossius, 
1790,  p.  198—199)  und  wieder  zu  Artkennzeichen  erhoben.-)  Einzelne 
Autoren  (Doxxdorff,  1799,  p.  726—727}  hielten  die  patellenlosen 
Exemplare  auch  für  ,.selten  vorkommende  Spielarten"  der  (^^  oder 
meinten,  daß  sie  ihre  Haftorgane  ..defectu  quodam  natural!"  ver- 
loren hätten  [Paylkull  (1798,  Vol.  1,  p.  193)J.  Müller,  der  Ent- 
decker (s.  Güze,  1775,  p.  99  u.  1778,  Vol.  2,  p.  23  Anm.j  dieser  Rätsel- 
formen ohne  Haftscheiben,   versichert   dem   bekannten  Hamburger 


1)  1775,  p.  231,  Zusatz:  „An  foeniina  D.  mnrginaUs?'-,  s.  aucli 
Berkenhout,  1769,  p.  109  D.  seinistriatuü:  „Is  not  this  the  feniale  of 
the  last?"   d.  h,  von  l).  marginalis. 

2)  A^gl.  Brahm,  1791,  i,  p.  213  (u.  Schwarz,  1793.  p.  30-31).  — 
GÖZE,   17  75,  p.  !)9;   1781,  p.  224  Anm.  und  1777,  p.  600. 


14  Hans  Blunck, 

vStreittlieologen  Göze,  „dass  selbige  ihnen  zur  Zierde,  und  etwa  zur 
Bequemlichkeit,  nicht  aber,  als  unentbehrlich  gegeben  werden.  .  . 
Daher  ist  es  unstreitig,  dass  (da  man  keine  Erfahrung  hat,  es  auch 
nicht  zu  vermuthen  ist,  dass  sich  die  Tellerchen  durch  Zufälle  ver- 
löhren)  Dytiscus  marginales  und  semistriatus  wahre  Arten  und  nicht 
nur  verschiedenes  Sexus  sind"  (s.  a.  1776,  p.  70).  Forscher  wie 
Kossius  (1790,  p.  198—199),  Brahm  (1.  c),  Duftschmied  (1804,  Vol.  1, 
p.  250),  V.  Paula  Schränk  (1798,  p.  709)  und  Hummel  (1822)  ver- 
breiten ähnliche  Märchen.  Licht  kommt  in  die  allgemeine  Unklar- 
heit (Schwarz,  1793,  p.  30:  „Ich  finde  mich  ausser  Stande,  hierin  zu 
entscheiden")  erst  mit  den  Arbeiten  Gyllenhal's.  Der  in  allen 
seinen  Beobachtungen  sehr  zuverlässige  nordische  Naturforscher  er- 
kennt, daß  die  glatten  Flügeldecken  kein  durchgreifender  Sexual- 
charakter der  c^c^  sind,  daß  die  „patellenlosen  (J(^"  der 
Autoren  vielmehr  weibliches  Geschlecht  haben  und  daß 
es  Dijtiscus-  kvien  gibt,  bei  denen  diese  $$  neben  den 
furchentragenden  vorkommen.  Gyllenhal  macht  seine  Ent- 
deckung an  Dytiscus  lapponicus  und  D.  marginalis.  Er  faßt  die  beiden 
Weibchenformen  als  Varietäten  auf  und  bezeichnet  die  glatten  als 
die  seltneren  mit  „var.  b"  (1808,  Vol.  I,  p.  467—468).  Gleichzeitig 
beschreibt  Ahrens  die  glatten  ?$  von  D.  circumcinctus  (1810,  p.  63), 
Er  bringt  aber  dadurch  neue  Verwirrung,  daß  er  die  ihm  auch  zu 
Gesicht  kommenden  seltnen  gefurchten  $$  dieser  Art  als  „zweifel- 
hafte $$"  zu  D.  marginalis  stellt,  von  der  landläufigen  Ansicht  ge- 
leitet, daß  einer  Species  nicht  2  Weibchenarten  zukommen  können. 
Analoge  Erwägungen  mögen  Kunze  dann  verleitet  haben,  Gyllenhal's 
var.  „b"  von  D.  marginalis  als  selbständige  Art  D.  conformis  ab- 
zutrennen und  eine  ganze  Reihe  von  Charakteren  zu  konstruieren, 
durch  die  sich  ^,^  der  Art  von  B.  marginalis  unterscheiden  sollen 
(1818,  p.  58—60).  Kunze's  Vorgehen  wairde  das  Zeichen,  nun  auch 
die  Varietäten  der  übrigen  Arten  als  Species  aufzufassen  und  mit 
Namen  zu  belegen.  Ahrens'  zweifelhafte  B.  circumcinctus-^^  wurden 
von  Dejean  zum  B.  circumscriptus  (1821,  1.  Ausg.,  p.  18),  von  Esch- 
SCHOLTZ  zum  D.  flavocinctus  (s.  Hummel,  1823,  p.  17,  No.  3)  und  von 
Gyllenhal  zum  B.  clubius  (1827,  Vol.  4,  p.  372—373)  erklärt.  Die 
var.  „b"  seines  B.  lapponicus  taufte  Gyllenhal  B.  septentrionalis 
(p.  373).  Zuletzt  wurden  die  bei  B.  circumflexus  neben  den  glatten 
sehr  selten  vorkommenden  gefurchten  ?$  bekannt  und  von  Serville 
und  BoisDuvAL  u.  Lacordaire  unter  den  vielsagenden  Namen  B. 
duhius  (s.  Dejean,  1.  Ausg.,   p.  90,   Aub^:,  1838,  p.  111)  und  B.  per- 


Dytiscus  niarginalis  L.  ||^ 

ple.nis  flSBö,  p.  3021  in  den  Rang:  von  Arten  erhoben.  Eine  in  Frank- 
reich unter  dem  Namen  Dyf/sms  (■}n'in)idiirfus{Boi'?,i)\]VAh  u.Lacohdairk 
1835,  \).  301)  bekannte  Art  ist  mit  D.  conformis  Kunze  identisch. 
Die  Autoritäten  dieser  Periode.  Avie  Sturm  (1833.  p.  1 — 26)  und 
AuBE  (1836,  p.  52—66  u.  1838,  p.  106),  können  sich  von  der  all- 
gemeinen Verkennung  des  Sexualpolj^morphismus  nicht  frei  machen. 
Beide  suchen  und  tinden  für  ihre  problematischen  D.  conformif^-^^ 
Ai'tcharaktere,  die  sich  indessen  Aveder  untereinander  noch  mit  den 
von  Kunze  aufgestellten  in  Einklang  bringen  lassen.  Aube  meint, 
seine  Auffassung  über  den  Speciescharakter  der  von  ihm  unter- 
schiedenen \2[\)  Bijiiscus-Xr{%\{  nicht  eher  ändern  zu  können,  als  bis 
auch  für  B.  dimidiatus,  D.  latissimus  und  D.  pundidahis  glatte  $9 
gefunden  sind  (1836,  p.  66).  Kiebt  ging  so  weit,  die  Dytiscinen 
in  die  Gattungen  Bijiiscus  und  Leiomtus  zu  spalten.  Dißiscus  sollte 
die  Arten  mit  gefurchten,  Leionoius  die  mit  glatten  Weibchen  um- 
fassen (nach  Schaum  in:  Zoologist,  Vol.  5—6,  1847—1848,  p.  1896). 
Erst  im  Laufe  der  Jahre  (s.  Stephens,  1839.  p.  77  und  Zetter- 
STEDT,  1837,  p,  127),  aber  immerhin  lange  bevor  Aube's  Voraus- 
setzung in  Erfüllung  ging  (vgl.  Vion,  p.  74—76,  1882  Auffindung  des 
Dytiscus  midinensis  Fiori  als  der  glatten  Weibchenform  des  dimidiatus, 
Kegimbart,  1905,  p.  254—255),  brach  sich  die  von  Gyllenhal  ver- 
tretene Anschauung  Bahn.  Gyllenhal  hatte  auch  in  seinen  späteren 
Werken  an  dem  Charakter  seines  D.  septentrionalis  als  Varietät  des 
D.  lapponicus  festgehalten  (1827,  Vol.  4,  p.  373)  und  war  dafür  ein- 
getreten, den  D.  duhius  Gyllh.  als  gefurchte  Varietät  von  D.  cirmm- 
cinctus  Ahr.  aufzufassen  (1.  c,  p.  372—373).  Das  wesentliche  Beweis- 
moment Gyllenhal's,  die  ??  der  neuen  Arten  würden  von  den  ^(^ 
der  Stammformen  begattet  (p.  373),  wurde  durch  Erich son  bestätigt 
(1832,  p.  30— 31j.  Der  um  die  Kenntnis  der  deutschen  Fauna  so 
verdienstvolle  Forscher  berichtet  auch  von  einer  zwischen  D.  circum- 
cinctus  Ahr.  $  und  $  var.  duhius  Gyllh.  durch  Gyot  aufgefundenen 
Mittelform,  ,.sulcis  elytrorum  punctisque  obsolescentibus".  Aur 
Grund  dieser  Befunde  schreibt  er  bereits  in  seiner  Dissertation 
„Genera  Dj^ticorum*':  „Equidem  non  possum,  quin  duas  feminarum 
formas  eidem  speciei  esse  censeam."  Die  Berechtigung  der  Auf- 
fassung gewann  bald  an  Wahrscheinlichkeit,  weil  man  in  anderen 
Gattungen  der  Dytisciden,  z.B.  bei  Jlydroporus  us.  Schaum,  1.  c, 
p.  1896j  und  Cyhister,  auf  ganz  analoge  Doppelformen  der  $$  stieß. 
Als  Darwin  dann  diese  Verhältnisse  zur  Stütze  der  Lehre  von  der 
sexuellen  Zuchtwahl  benutzte  (s.  a.  1871,  p.  307)  und  die  Aufmerk- 


\{)  Hans  Bll'nck, 

samkeit  weiterer  Kreise  auf  den  Dytiscus  lenkte,^)  hatte  sich  die 
seither  nicht  bestrittene  Ansicht  durchgesetzt,  die  Zwiegestalt  der 
weiblichen  Flügeldecken  des  Dytiscus  als  einen  Fall  von  sexuellem 
Polymorphismus  aufzufassen.  Die  Varietäten  der  $$  haben  ihre 
ehemaligen  Artnamen  zur  Unterscheidung  von  den  sogenannten 
Stammformen  beibehalten. 

Bedeutende  anatomische  und  physiologische  Arbeiten  sind  aus 
dem  Zeitalter  der  systematischen  Zoologie,  w^o  die  anderen  Diszi- 
plinen unserer  Wissenschaft  selir  stark  in  den  Hintergrund  traten, 
auch  in  dem  Gebiete  der  Entomologie  fast  gar  nicht  zu  verzeichnen. 
Erst  als  dank  den  Anregungen  Cüviee's  sich  die  Forschung  von 
der  unfruchtbaren  Specieszoologie  abwandte,  begann  das  Interesse 
für  vergleichende  Insectenanatomie ,  Entwicklungsgeschichte  und 
Biologie  stetig  bis  in  die  Neuzeit  zu  wachsen.  In  den  coleopterologi- 
schen  Schriften  hat  Dytiscus  aus  naheliegenden  Gründen  immer  eine 
gewisse  Eolle  gespielt.  Bei  der  Zusammenstellung  des  vorhandenen 
Materials  zeigt  sich  indessen,  daß  die  Behandlung  des  Stoffes  eine 
höchst  ungleichmäßige  gewesen  ist.  Während  das  Studium  der 
Morphologie  und  der  Geschlechtsorgane  [vergl.  die  modernen  fauni- 
stisch-systematischen  Werke,  ferner  die  Arbeiten  von  Regimbaet, 
ScHiÖDTE,  DuEOUß  (1825,  Vol.  6,  p.  150-206  u.  427—468),  Stein 
(1847),  Verhoeff  (1893,  p.  113—170  u.  209— 260),  Eschekich  (1892, 
p.  225—239  u.  1894,  p.  620—641),  Peytoueeau  (1895),  Bordas  (1900)] 
von  verschiedenen  Seiten  in  Angriff  genommen  wurde,  während  die 
Kenntnis  der  Spermatogenese  [Auerbach  (1893,  p.  185 — 203),  Ballo- 
wiTz  (1895,  p.  458—499),  Schäfer  (1907,  p.  535—586),  Henderson 
(1907,  p.  644-684)]  und  Oogenese  [Korschelt  (1886,  p.  256—263 
u.  1891,  p.  1—154),  Saint-Hilaire  (1898),  BruyxNe  (1898,  p.  181—300), 
GiAEDiNA  (1904,  p.  114—173),  Günthert  (1910,  p.  301—372)]  zu 
einem  gewissen  Abschluß  gebracht  wurde,  lagen  bis  vor  kurzem 
über  Muskulatur,  Nervensystem  [Imago:  Brandt  (1835),  Cüviee 
(1799—1805,  Vol.  2,  p.  337);  Larve:  Cüvier  (1.  c,  p.  322);  Histologie: 
Pflücke  (1896,  p.  500—542),  Tiraboschi  (1899,  p.  53—65  u.  143  bis 
150)],  Sinnesorgane  [Geenacher  (1879,  Die  Stemmata  der  Larve)], 
Atmungsapparat  [Dufoüe  (1826,  Vol.  8,  p.  20 — 27),  Krancher  (1881) 
und  Poetiee  (1909   u.  1911)],  Corpus  adiposum   [Dufoue  (p.  32)], 


1)  Vgl.  BoiSDUVAL  u.  Lacordaiee,  1  8  35,  p.  299.  —  Hebe,  18  38, 
p.  143.  —  Schaum,  1.  c.  1847.  —  Kiesenwettee,  1868,  p.  118.  ^ — 
Peeudhomme,  1868  — 186  9.  —  Joseph,  18  7  0. 


Dytiscus  niarginalis  L.  j^y 

Circulationssystem  [Carus  (1829)  j,  Darmkanal  [Kamdohr  (1809), 
DuFOUR  (1824.  Vul.  8.  p.  216),  Bizzozero  (1893),  Boruas  (1901,  2  pp.^ 
1906.  2  pp.\  Deegexer  [Cijh/ste)',  1903)]:  Larve  (:\Iundbau)  [.AIeinekt 
(1779—1880),  BuRGESs  (1883,  p.  223-228)]  und  Embryonalentwickluiig 
[Deegener  (1900,  p.  113—168)]  nur  recht  dürftige  Angaben  vor. 
Diesem  Mangel  ist  letzthin  durch  eine  Anregung  von  Korschelt 
Abhilfe  geschatfen,  der  in  IVIarburg  eine  Anzahl  seiner  Schüler  mit 
der  Abfassung  monographischer  Arbeiten  über  die  betreffenden 
Organsj'steme  betraut  hat.  Erschienen  sind  zurzeit:  Euscher 
(1910).  Das  Chitinskelet.  A.  Bauer  (1910),  Die  Muskulatur,  G.  Hülste 
(1910),  Das  Nervensystem,  Rukgius  (1911),  Der  Darmkanal,  W.  Alt 
(1912),  Das  Respirationssystem,  Demandt  (1912),  Die  Geschlechts- 
organe und  Hochreuter  (1912).  Die  Hautsinnesorgane,  Günther 
(19121,  Die  Augen,  Oberle  (1912),  Das  Blutgefäßsystem.  Weitere 
Arbeiten  befinden  sich  zurzeit  im  Druck,  so  daß  binnen  kurzem 
eine  vollständige  Monographiensammlung  über  den  Dtjtiscus-Kör\)er 
vorliegen  dürfte.  Das  Studium  der  Embryonalentwicklung  ist  von 
Korschelt  selbst  in  Angriff  genommen  (vorläufige  Ergebnisse  publi- 
ziert 1912). 

Zum  Gegenstand  eingehenderer  Studien  sind  früher  bereits  ver- 
einzelte Gebiete  der  Physiologie  geworden.  Faivre  (s.  d.  Arbeiten 
1857—1875  u.  vgl.  auch  Pompilian,  1900,  p.  141—144)  hat  das  Nerven- 
system des  Dytiscus  monographisch,  aber  unvollständig  bearbeitet.  Ob 
die  Aufsätze  auf  genügende  anatomische  Vorkenntnisse  gegründet 
sind,  lasse  ich  dahingestellt.  Nagel  (1894)  lieferte  in  seiner  glänzend 
geschriebenen  Preisschrift  wichtige  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Phy- 
siologie des  chemischen  Sinnes.  Portier  (1909  u.  1911)  stellte 
physiko-chemische  Experimente  über  den  Respirations-  und  Ver- 
dauungsvorgang bei  Imago  und  Larve  an.  Rungius  (1911j  schrieb 
über  die  physiologische  Bedeutung  des  Kaumagens  und  wies  auf 
eigentümliche  Beziehungen  zwischen  der  Rectalampulle  und  dem 
Häutungsprozeß  der  Larve  hin  (1910).  Plateau  (1872)  arbeitete 
vergleichend  physiologisch  über  den  Einfluß  schädigender  Reagenzien 
auf  Wasserkäfer,  vor  allem  über  ihre  \\'iderstandskralt  gegen  Salz- 
lösungen, Kohlensäure  und  Sauerstoffmangel.  Dierckx  (1898,  p.  15—19 
u.  1899,  p.  61—176)  gab  uns  eine  Monographie  über  die  Pygidialdrüsen 
und  ihre  Funktion  bei  Carabiden  und  Dytisciden.  PlatexVU  (1874)  und 
Blunck  (1912)  beschäftigten  sich  mit  der  Untersuchung  des  Prothoracal- 
drüsensecrets.     Lowke  (1871,  p.  267—271),     Simmermacher    (1884, 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Syst.  2 


18  Hans  Blunck, 

p.  482—497,  Dahl  ^)  (1885),  Törne  (1910)  und  Blunck  (1912)  er- 
forscliten  Bau  und  Wirkungsweise  der  Haftscheiben.  Nagel  (1896) 
und  Reeker  (1897,  p.  68—73)  kamen  zu  interessanten,  durch  Portier 
später  (1909  u.  1911)  weiter  ausgebauten  Entdeckungen  beim  Studium 
des  Speichels  der  Dytisciis-LhYYe. 

Eine  außerordentlich  große  Autorenzahl  hat  sich  mit  der  Öcologie 
des  Dytiscus  beschäftigt.  Es  liegt  indessen  im  Wesen  dieser  Wissen- 
schaft, die  mehr  als  jede  andere  von  Zufallsbeobachtungen  abhängig 
ist,  daß  die  gelieferten  Beiträge  sich  nur  selten  über  den  Wert  von 
Aphorismen  erheben  und  in  ihrer  Zuverlässigkeit  schwer  zu  prüfen 
sind.  Dazu  kommt,  daß  in  der  Blütezeit  der  vergleichenden  Anatomie 
die  Biologie  lange  ein  Stiefkind  unserer  Wissenschaft  gewesen  ist. 
Man  mußte  ihre  Förderer  in  den  Laienkreisen  suchen.  Da  die 
Hilfsmittel  zum  Studium  der  Geologie  im  Vergleich  zur  Anatomie 
und  Entwicklungsgeschichte  im  Laufe  der  Jahre  sich  nicht  wesent- 
lich geändert  haben,  besitzen  die  weiter  zurückliegenden  Beobachtungen 
den  gleichen  absoluten  Wert  wie  die  neueren.  Der  Biologe  hat  die 
ältere  und  moderne  Literatur  gleichmäßig  zu  berücksichtigen. 

Die  wertvollen  Angaben  über  die  Lebensgewohnheiten,  die 
geographische  Verbreitung  usw.  des  Gelbrands  sind  so  zerstreut  und 
schwer  zugänglich,  daß  sie  zum  großen  Teil  für  uns  verloren  sind. 
Viel  brauchbares  Material  ist  in  Kirby  u.  Spence's  Introduction  to 
Entomology  (5.  ed.  1828)  niedergelegt  und  in  den  vorzüglichen  Hand- 
büchern Burmeister's  (1832)  und  Lacordaiee's  (1834 — 1838)  wieder- 
zufinden. Sharp  (1880—1882,  p.  179—1003)  gab  eine  umfassende 
monographische  Bearbeitung  der  Dytisciden  vom  sj^stematisch- 
geographischen  Standpunkt  aus  und  stellte  vergleichend-statistische 
Untersuchungen  (1876)  über  die  Atmung  des  Gelbrands  an.  Du 
Bois-Retmond  (1898,  p.  378—381)  analysierte  die  Atembewegungen. 

1)  Diese  unter  dem  Titel  „Die  Fußdrüsen  der  Insekten"  publizierte 
Bearbeitung  der  Haftscheiben  des  Dytiscus-  war  mir  leider  zur  Zeit  der 
Abfassung  meines  Aufsatzes  „Beitrag  zur  Kenntnis  der  Morphologie  und 
Physiologie  der  Haftscheiben  von  Dijtiscus  tnarginalis  L."  noch  unbekannt. 
Die  Arbeit  ist,  wahrscheinlich  wegen  ihres  ungewohnten  Titels,  auch  allen 
übrigen  Bearbeitern  des  einschlägigen  Gebietes  fremd  geblieben,  obwohl 
sie  wegen  ihrer  recht  guten  Figuren  alle  Beachtung  verdient.  In  der 
Deutung  der  histologischen  Verhältnisse  steht  Dahl  allerdings  allein  da. 
Er  faßt  die  von  mir  als  Palissadenepithel  bezeichneten  Zellen  als  Haft- 
drüsen auf,  die  ihr  Secret  durch  die  Palissadenschicht  in  den  Stiel  des 
Saugnapfes  ergießen  sollen.  Wir  halten  demgegenüber  daran  fest,  daß 
der  Saugnapf  inkl.   Stiel  beim  erwachsenen  Käfer  duchaus  massiv  ist. 


Dytiscus  marginalis  L.  jq 

Wesenberg- Li  NU  (1910—1911)  studierte  die  Respiratioiisveiliältnisse 
des  Käfers  während  des  Aufenthalts  unter  dem  Eise.  Reeker  (1890, 
p.  105—112)  maclite  die  Tonapparate  der  Dytisciden  zum  Gegenstand 
einer  größeren  Abhandlung.  Die  mit  dem  Fluge  des  Käfers  zu- 
sammenhängenden Phänomene  fanden  in  Isexschmid  (1876,  p,  121) 
und  Griffini  (1896,  p.  326—331)  ihre  Bearbeiter.  Walter  (1899) 
und  Wanke  (1902,  p.  340—343  und  1906,  p.  310-311)  beleuchteten 
die  Tätigkeit  des  Gelbrands  als  Brutschädling.  Regimbart,  unser 
vorzüglichster  Dytiscidenkenner,  schilderte  exakt  und  anschaulich 
Begattung  und  Eiablage  (1877,  p.  263—274  und  1874,  p.  201—206), 
während  Leydig  (1891,  p.  37—55)  dem  von  Reiche  entdeckten  (1867, 
1).  III,  IX  u.  X)  Begattungszeichen  eine  besondere  Abhandlung 
widmete.  Meinert  (1901,  p.  341 — 440)  lieferte  eine  Monographie 
der  Dytisciden-Larven.  Megusar  (1907)  hemitzte  Dytiscus  zu  aus- 
gedehnten Regenerationsarbeiten  (s.  a.  Blunck,  1909).  Darwin  (1871), 
Heer  (1847  u.  1862,  p.  1—90),  Preudhomme  (1868—1869,  p.  107—111 
und  1869—1870,  p.  13—16),  Joseph  (1870),  Kiesenwetter  (1873, 
p.  227—235),  Camerano  (1880,  p.  531—539),  Sahlberg  (1880, 
p.  166 — 167)  und  Simmermacher  (1884,  p.  497 — 504),  Wesenberg- 
LuND  (1912,  p.  74—80)  versuchten  sich  an  der  biologischen  und  de- 
szendenztheoretischen Deutung  der  Flügeldeckenfurchen,  nicht  ohne 
sich  teilweise  in  phantastische  Spekulationen  zu  verlieren.  Herr- 
mann (1902,  p.  11—13),  Bade  (1900,  p.  428-430  und  1902,  p.  3—6), 
ülmer  (1903,  p.  71—73,  89—91  u.  105—106),  Haupt  (1905,  p.  357—359 
u.  1907),  Reuss  (1906,  p.  261—267),  Kuhnt  (1908),  Burgess  Sopp 
(1905  etc.)  und  Miall  (1912)  verööentlichten  in  den  letzten  Jahren 
eine  Anzahl  zusammenfassender  Aufsätze,  die,  auf  Liebhaber-  und 
wirtschaftliche  Interessen  zugeschnitten,  in  erster  Linie  die  Meta- 
morphose behandeln.  Letzthin  gab  A\'esenberg-Lunu  (1912)  die  Er- 
gebnisse seiner  „biologischen  Studien  über  Dytisciden"  heraus.  Diese 
Arbeit  muß  als  die  vollständigste  und  umfassendste  aller  zur  Zeit 
vorliegenden  Aufsätze  über  das  einschlägige  Gebiet  bezeichnet 
werden.  Paarung,  Eiablage,  Lai'venleben,  Verpuppung,  Überwinterung, 
Alter,  Hydrostatik,  Flug,  Sprungbewegungen  und  Respiration  bilden 
die  Hauptgegenstände  der  Darstellung.  Eine  Bearbeitung  der  ge- 
samten Geologie  des  Dytiscus  ist  vom  Verfasser  dieses  Aufsatzes  in 
Angritf  genommen  und  erscheint  in  einer  Reihe  von  Aufsätzen,  z.  T. 
mit  dem  Untertitel:  Beiträge  zur  Biologie  von  Dytiscus  marginalis  L. 
Zurzeit  liegen  im  Druck  vor:  Die  Begattung  (1912,  p.  169—248).  Die 
Eiablage  (1912,  p.  157—179),  Bau  und  Funktion  der  Haftscheiben  (1912, 


20  Hans  Bi.unck, 

p.  459—492).  die  Schreckdrüsen  (1.  Teil  1912,  p.  493—508)  und  ein 
kleinerer  Aufsatz  über  das  Eegenerationsvermögen  der  Larve  (1909). 
Weitere  Kapitel  befinden  sich  in  Vorbereitung;  das  ganze  Werk  dürfte 
Anfang  1914  abgeschlossen  sein. 


Literaturverzeichuis. 


1536.     CuBA,  J.,  Hortus  sanitatis.  Straßburg. 

1555.     RoNDELETiUS,  G.,  Universae  aquatilium  Historiae  pars  altera  cum. 

veris  ipsorum  Imaginibus,  Lugduni. 
1598.     FOKEE,  C,  Fischbuch,  durch   .  .  .   CoNEAD  GeSNEEUS  erstmals  be- 
schrieben,  von  FOEEE  ins  Teutsch  gebracht  .  .  .,   Frankfurt. 
1602.     Aldeovandi,  TJ.,  De  animalibus  insectis  libri  septem,  cum  singu- 

lorum  iconibus  ad  vinum  expressis,  Bononia. 

1618.     Idem,  Frankfurt. 

1623.     Idem,  Frankfurt. 

1638.     Idem,  Bologna. 
1630.     HOEFNAGEL,    D.    J.,    Diversae    Insectarum    volatilium    icones    ad 

vivum  accuratissime  depictae. 
1634.     MOFETUS,    T.,  losectoi-um  sive  minimorum   Animalium   Theatrum : 

olim  ab  E.  Wottono,  C.  Gesneeo,  Th.  Pennio  inchoatum,  Londini. 
1653.     JONSTONüS,  J.,  Historiae  naturalis  de  Insectis  Libri  III,  Frankofurti. 
1657.     Idem,  Amstelodami. 
1669.     Swammeedam,  J.,    Historia  Insectorum  generalis,    ofte  algemeene 

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1682.     — ,   Histoire  generale  des  Insectes,   Utrecht. 
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l>ytiscns  inara^iualis  L.  3| 


Paläontologische  Fuude. 

Die  ältesten  Käferfunde  der  Paläontolog-ie  entstammen  der  Trias- 
formatiou,  während  blattoidenähnliche  Formen,  die  wir  nach  Hand- 
LiRSCH  (1908,  p,  1274)  als  die  Vorfahren  der  Coleopteren  betrachten 
dürfen,  bis  ins  Paläozoikum  und  zu  den  ursprüngliclisten  uns  be- 
kannten Insectenresten,  den  libellenähnlichen  Paläodictyopteren 
zurückreichen.  Eine  Einreihung  der  triasischen  Käfer  in  rezente 
Familien  gelingt  nicht.  Es  handelt  sich,  soweit  erkennbar,  durch- 
weg um  sehr  primitive  Formen,  in  die  man  mit  gleichem  Recht 
einen  Carabiden  wie  einen  Schwimmkäfer,  Tenebrioniden  oder  Chryso- 
meliden  hineindeuten  kann.  Die  Sonderung  in  die  beiden  durch  den 
Bau  der  Hoden  und  Ovarien  usw.  heut  so  scharf  geschiedenen  Familien- 
reihen der  Adephagen  und  Polj'phageu  scheint  damals  sich  gerade 
anzubahnen.  Ausgeprägtere  Typen,  die  auch  der  Lias  noch  fehlen, 
finden  sich  erst  im  Malm,  wo  sich  Carabiden,  Hydrophiliden,  Elateriden 
und  Buprestiden  mit  ziemlicher  Sicherheit  nachweisen  lassen.  Ob 
einige  als  Dytisciden  beschriebene  Formen,  wie  Colymhetopsis  arcuatus 
Heer,  wirklich  in  diese  Familie  zu  rechnen  sind,  ist  nach  Hand- 
LiRscH  (1.  c,  p.  445)  höchst  zweifelhaft.  Die  3,5  mm  lange  Flügel- 
decke des  „Dijtiscus'-'  Westwood's  (1854  in :  Quart.  Journ.  geol.  Soc. 
London,  Vol.  10,  p.  382,  394,  tab.  15,  fig.  13)  aus  dem  mittleren  Purbeck 
zu  Dorset  in  England  kann  weder  einem  Dytiscus  noch  einem  Hydro- 
■pliüm  zugeschrieben  werden.  Von  einem  dritten  jurassischen  Käfer- 
rest, dem  Dytiscus  lentissimus  Weyexbergh's  (1874  in :  Period.  Zool., 
Vol.  1,  p.  101),  existiert  weder  eine  Figur  noch  eine  Beschreibung. 

Auch  aus  der  an  Insectenresten  armen  Kreide  paßt  kein  Fund- 
stück auf  einen  Dytisciden,  und  erst  das  Tertiär  bringt  unter  den 
2000  bislang  bekannt  gewordenen  Käferarten,  die  sich  durch  ihren 
vorzüglichen  Erhaltungszustand  auszeichnen,  30  unverkennbare  Ver- 
treter der  Familie,  von  denen  sich  die  meisten  zwanglos  rezenten 
Gattungen  einreihen.    Außer  einem  Pelobius,  2   Stück  Hydroporus, 


32 


Hans  Blunck, 


2  Stück  Laccopliilus,  2  Stück  Cohjmhetes,  einem  Ihjhius,  3  Stück  Agahus 
und  3  Stück  Cyhister  finden  sich  6  Exemplare  des  Genus  Dytismis, 
die  sich  auf  Oligocän  und  Miocän  verteilen.  Es  handelt  sich  zumeist 
um  Funde  von  Flügeldecken,  unter  denen  sich  neben  einer  größeren 
Anzahl  gefurchter  (s.  Fig.  Eb,  c  u.  d)  ein  glattes  Stück  (s.  Fig.  Ea) 
befindet  (Heer,  1862,  p.  36).  Durch  stattliche  Größe  —  die  Elytren 
messen  80  mm  und  mehr  —  und  abweichende  Verteilung  der  Furchen 
unterscheiden  sich  die  tertiären  Species  von  den  rezenten.  Die  von 
Hebe  (1847)  und  Heyden  (1862)  vorgenommene  Aufstellung  besonderer 
Arten  erscheint  daher  berechtigt.  Geographisch  entfallen  die  Funde 
auf  Deutschland,  England  und  Frankreich  und  zwar  auf  Oeningen  in 


I 


Fig.  E.    Glatte  und  gefurchte  Flügeldecken  von  tertiären  Dytiscinen  aus  dem 

oberen  Miocän  Oeningens  in  Baden.     Nach  Hebe.  1847,  tab.  1,  fig.  6  und 

1862,  tab.  2,  fig.  12—14. 


Baden  [Heee,  1847  1).  oeningensis  (Vol.  1,  p.  26,  tab.  1,  fig.  7)  und 
B.  lavateri  (Vol.  1,  p.  24,  tab.  1,  fig.  6)],  Höhngau  (D.  avunculm 
Heyden,  1862,  Vol.  10,  p.  81,  tab.  10,  fig.  39),  Rheinlande  (Goldfuss, 
in:  Verh.  Leop.  Carol.  Akad.,  Vol.  7,  p.  118,  1831),  Wight  (Woodwakd, 
1877,  p.  89)  und  Aix  in  der  Provence  (Seeres,  Geognos.  terr.  tert,, 
p.  221,  1829). 

Aus  dem  Tertiär  scheint  uns  außerdem  ein  ontogenetisches  Ent- 
wicklungsstadium der  Dytisciden  erhalten  zu  sein.  Geemar  (1837, 
Fase.  19,  tab.  1)  gibt  die  Abbildung  einer  im  oberen  Olygocän  des 
Siebengebirges  gefundenen  „i)?//isci<s" -Larve.  Das  nur  etwa  2  cm 
messende  Tier  (s.  Fig.  F)  ist  gut  konserviert  und  in  allen  Teilen  einer 
jungen  Gelbrandlarve  recht  ähnlich.  Vor  allem  deutet  das  lange  Hinter- 
bein auf  eine  schwimmende  Lebensweise  hin.    Am  Kopf  treten  die 


Dytiscus  niargiuiiliü  L.  ;^3 

für  Dijtiscits  so  cliaiakteiistiseheii  zaiigenfürniioen  Maiidibelii  lieivor. 
Abweichend  von  den  i-ezenten  Formen  ist  der  Kopf  Gestaltet,  der 
durch  seine  wenig  abgeplattete  Gestalt  an  den  Carabidentypus  er- 
innert. 

Das  Quarttär  liefert  40  Dytisciden.  vornehmlich  Vertreter  der 
Gattungen  Hydroporus  (13),  Coelamhus  (10)  und  Äfjahns  (8),  daneben 
Bhautus,  Cohjmhetes,  AciliHS  und  4  Stück 
Dißfiscufi.  von  denen  eine  dem  unteren  Plei- 
stocäu  entstammende  Form  mit  der  rezenten 
Species  D.  Idpimnicus  Gyllenh.  identisch 
sein  soll  (Lommcki.  1894,  Mus.  Dziedusz., 
^'ol.  4.  p.  57.  tab.  5,  fig-.  45).  Interessant 
ist.  daß  diese  Art  heute  nur  die  skandi- 
navischen Länder  und  die  Westalpen  be- 
\\ohnt,  während  das  Fossil  zu  Boryslaw  in 
(ializien  freigelegt  wurde.  Der  Vollständig-  pj^,  j^.  Tertiäie  Dyd^cideu- 
keit  halber  sei  hinzugefügt,  daß  die  3  rest-  Larve  ans  dem  Oligocäu  des 
,.   ,  ,        ..  r^   ^-     •    •       nr     1       1     •     Sieben fifebirofes.     Nach    Ger- 

lichen   quarternaren   Dytisci   in   Moria   bei    jj^^    i837,  Fase.  19   tab  1. 

Bergamo,  Italien  (D.  zersii  Sordelli,  1882, 

p.  233—235),    im   diluvialen   Klinger   Torf,    Brandenburg  (Schaff, 

1892.  p.  9)  und  in  Crofthead  in  Schottland  (Bell,  1888,  p.  2)  gefunden 

wurden. 

Systematisches. 

I.   Die  systematische  Stellung  der  Dytisciden. 

\\'iederholt  ist  von  selten  der  Autoren  die  Frage  nach  den  Ver- 
wandtschaftsbeziehungen der  Dytisciden  zu  anderen 
Familien  in  Angriff  genommen.  Die  an  den  Aufenthalt  im  Wasser 
gebundenen  Coleopteren  gliedern  sich  nach  ihrer  Zugehörigkeit  zu 
den  Adephagen  oder  Polyphagen  von  vornherein  in  zwei  streng  von- 
einander geschiedene  Gruppen,  von  denen  die  eine  die  Dytisciden, 
(TjTiniden.  Halipliden.  Pelobiiden  und  Amphizoiden  umfaßt,  während 
die  andere  auf  die  Hydrophiliden  beschränkt  ist.  Die  Ähnlichkeit 
im  Habitus  mancher  Dytisciden  mit  Hydrophiliden  ist  eine  durch 
das  beiden  gerneinsame  Wasserleben  bedingte  Konvergenzerscheinung. 
Den  Gelbrand  als  ,.nahen  Verwandten*'  des  Kolbenwasserkäfers  zu 
bezeichnen,  wie  in  populären  Schriften  und  Schullehrbüchern  zu  lesen 
ist,  erscheint  daher  ebensowenig  berechtigt  wie  ein  Versuch,  Carahna 
und  Blaps  zusammenzustellen,  denen  auch  die  Ähnlichkeit  der  Lebens- 

Zoül.  .Jahrb.  XX.W.    Abt.  f.  Syst.  3 


34  Hans  Blunck. 

weise  manchen  g-emeinsamen  Charakterzug-  aufgeprägt  hat.  Dytis- 
ciden  und  Hydrophiliden  stehen  stammesgeschichtlich 
so  fern  wie  kaum  zwei  andere  Käferfamilien.  Dagegen 
scheinen  alle  Adephagen  des  Wassers  mit  den  D^^tisciden  ziemlicli 
eng  zusammenzugehören  und  ohne  große  Spränge  zu  den  land- 
bewohnenden Familien  derselben  Gruppe  überzuleiten.  Wahrschein- 
lich stammen  die  Dytisciden  von  niedrig  stehenden  Caraboiden  des 
Landes  ab.  Kolbe  (1880,  p.  258—280)  meint,  mit  der  umgekehrten 
Entwicklung  rechnen  zu  müssen.  Die  vergleichend  anatomischen 
Untersuchungen  von  Schaum  (1868,  p.  259),  Mayee  (1876,  p.  147), 
Shakp  (1881,  p.  967—972)  und  Verhoeff  (1893,  p.  156)  weisen  in- 
dessen übereinstimmend  die  mehr  ursprüngliche  Organisation  der 
Landkäfer  gegenüber  den  Schwimmkäfern  nach  und  zwingen  zu  der 
Annahme,  daß  bereits  die  Vorfahren  der  rezenten  Käfer  rein  terricol 
waren.  Handlirsch  (1908,  p.  1273)  legt,  wie  mir  scheint  mit  Recht, 
besonderes  Gewicht  darauf,  daß  alle  wasserlebenden  Imagines  der 
Coleopteren  ausnahmslos  die  für  die  Landbewohner  charakteristischen 
oifenen  Stigmen  besitzen  und  sich  ihre  Atemluft  stets  an  der  Ober- 
tläche  des  Wassers  holen.  Das  gleiche  gilt  auch  für  die  Mehrzahl 
ihrer  Larven,  und  die  wenigen  durch  Kiemen  atmenden  Ausnahmen, 
wie  Gyrinus,  PeloMus  und  Cnemidotus,  haben  diese  zweifellos  erst 
sekundär  und  unabhängig  voneinander  erworben.  Das  Gegenargument, 
daß  zur  Zeit  des  Auftretens  der  ersten  Käfer  die  Bedingungen  für 
ein  Landleben  nicht  erfüllt  gewesen  wären,  findet  in  den  geologischen 
Forschungsergebnissen  und  in  den  paläontologischen  Funden  keine 
Stütze.  Zwar  scheinen  die  Urinsecten  des  Paläozoikums  eine  amphi- 
biotische  Lebensweise  geführt  zu  haben,  ein  Teil  ihrer  Nachkommen 
ist  indessen  bereits  im  Perm  dauernd  aufs  Land  übergesiedelt,  und 
die  blattoidenähnlichen  Vorfahren  der  Käfer  waren  zweifellos  echte 
terricole  Tiere.  Wir  dürften  daher  nicht  fehlgehen,  wenn  wir  mit 
Schaum,  Mayer,  Needham  u.  von  Williamson  (1907,  p.  482),  Kuhnt 
(1908,  p.  134)  und  Handlirsch  die  W  a  s  s  e  r  k  ä  f  e  r  für  sekundäre 
Amphibiotica  erklären  und  annehmen,  daß  die  Dytisciden 
mit  den  kleinen  Familien  der  Halipliden,  Pelobiiden 
und  A m p h i z 0 i d e n  aus  einer  gemeinsamen  Wurzel  im 
Stamm  der  Caraboidea  entspringen.  Da  die  Amphizoiden 
noch  normale  Gangbeine  und  ursprüngliche  (blattoide)  Larven  be- 
sitzen, dürfte  diese  Gruppe  als  das  Bindeglied  zAvischen  der  Dytis- 
cidenreihe  und  niedrig  stehenden  Carabiden  anzusprechen  sein.  Ob 
die  Gyriniden,   wie  Handlirsch  meint,   den  eigentlichen  Dytisciden 


Dytiscus  niarginalis  L. 


85 


fcß 


4} 
> 


er 

o 


3* 


3(3  Hans  Bll-nck, 

näher  stehen  als  die  übrigen  genannten  Familien  und  sich  von  ihnen 
erst  später  abgetrennt  haben,  muß  vor  der  Hand  wohl  zweifelhaft 
bleiben.  Die  äußerst  aberrante  Form  der  Augen,  Fühler  und  Beine 
und  mit  letzteren  im  Zusammenhang  die  auffallende  Gestaltung  der 
sternalen  Thoraxpartien  entfernt  die  Taumelkäfer  doch  recht  weit 
von  den  echten  Schwimmern. 

IL  Die  Stellung  des  J)t/tiscus  unter  den  Dytlscideu  und  die 
geographische  Verbreitung  der  Gattung. 

Die  Stellung  der  Gattung  in  der  Familie  sei  hier  kurz  dahin 
präzisiert,  daß  die  Dytisciden  in  5  Gattungsgruppen  zerfallen, 
unter  denen  Dytiscus  den  Haupttypus  des  Tribus  Dytiscini  darstellt. 
Als  seine  nächsten  Verwandten  gelten  Hydaticus,  Graphoderes,  Acilins 
und  Ctßister.  Die  22  bekannt  gewordenen  Dytiscus- Aitei\  sind  auf 
die  paläarktische  und  nearktische  Region  beschränkt  (ßEiTTER,  1909, 
p.  45),  zeigen  also  eine  weniger  ausgedehnte  Verbreitung  als  die 
zweite  große  Dytiscinengattung  Cybister.  Die  Gebiete,  in  denen 
Dytiscus  bislang  nachgewiesen  wurde,  sind  in  der  Karte  A  dunkel 
gehalten  und  durch  eine  punktierte  Linie  begrenzt.  Die  amerikani- 
schen Formen  sind  zum  großen  Teil  mit  denen  der  alten  Welt  nicht 
identisch,  aber  mit  ihnen  sehr  nahe  verwandt  (Crotch,  1873,  p.  406 
bis  408).  Aus  Ost-Amerika  wurden  6  Arten  bekannt,  zu  denen  sich 
noch  5  aus  den  übrigen  Teilen  des  Kontinents  gesellen  (Robeets, 
1905,  p.  103—107).  Die  8  europäischen  Species,  die  zum  Teil  nach 
Asien,  Nord-Afrika  und  Amerika  übergreifen  sollen,  kommen  mit 
einer  Ausnahme  (D.  pisanus  Lap.  Gast.,  nach  Ganglbauer  [1892, 
p.  515]  im  westlichen  Mittelmeergebiet)  sämtlich  in  Deutschland 
vor.  Sie  seien  an  der  Hand  der  ßestimmungstabellen  Regimbaet's 
(1877j,  Ganglbauer's  (I.e.,  p.  512-516)  und  Reitter's  (1908,  p.  232 
bis  233)  und  auf  Grund  eigener  Befunde  näher  charakterisiert. 

III.  Allgemeine  Charaktere  der  Gattung  Dt/tiscus, 

Körper  groß  (24—44  mm\  langoval,  flachgewölbt.  Verhältnis 
der  Länge  zur  Breite  und  Höhe  wie  6:3:2  (latissimus  6:4:2). 
Oberseite  bis  auf  den  gelben  Clypeus,  einen  rötlichen  Stirnfleck  und 
den  gelben  Seitenrand  des  Halsschildes  und  der  Flügeldecken  grün, 
braun  oder  schwarz.  Unterseite  nebst  Extremitäten  gelb  bis  braun, 
nur  bei  puncttdatus  zum  großen  Teil  schwarz.  2.  Fühlerglied  kurz. 
Halsschild  ungerandet.     Der   von  den  Epipleuren  überdeckte,  doisal 


Dytiscus  margiiialis  L.  37 

umgeschlagene  Seitenrand  des  1.  Sternits  grob  quergeriltelt.  Stigmen 
des  7.  und  8.  Tergits  sehr  groß,  breit,  querelliptisch.  Thoracal- 
extremitäten  beim  ^Männchen  länger  als  beim  Weibchen  und  kräftiger; 
Fühler  beim  Männchen  schlanker.  Schienen  und  Tarsen  aller  drei 
Beinpaare  in  beiden  Geschlechtern  am  Außenrande  mit  langen 
Sclnvinimhaaren.  Hinterschienen  und  Tarsen  beim  Männchen  auch 
am  Innenrande  bewimpert.  Hinterschenkel  mit  langen,  klüftigen, 
ungleich  langen  Endspornen.  Hinterklauen  klein,  gleichlang.  Aus 
den  drei  ei'sten  Tarsalgliedern  der  Vorderbeine  gebildete  Saug- 
scheibe des  ]\Iännchens  kreisrund,  am  Kande  dicht  bewimpert,  Unter- 
seite mit  zahlreichen,  langgestielten  kleinen  Haftnäpfen  besetzt. 
Zwei  größere  Näpfe  auf  dem  1.  Glied.  Die  B  verbreiterten  Tarsal- 
glieder  der  Mittelbeine  ebenfalls  mit  vielen,  dichtgedrängt  stehen- 
den Näpfen  auf  der  Unterseite  besetzt.  Flügeldecken  beim  Männchen 
stets  glatt,  nur  3  feine  weitpunktierte  Längslinien  auf  der  Fläche, 
beim  Weibchen  außerdem  mit  10  über  die  Mitte  reichenden,  tiefen, 
parallelen  Längsfurchen.  Daneben  bei  den  meisten  Arten  nnge- 
furchte  Weibchen.  Männchen  im  Diii-clisclmitt  etwas  größer  als  die 
\\'eibchen. 

IV.  Die  europäischen  Vertreter  der  Gattung  Z>t/tfs<-Ks  L.,  ihre 
Synonyma,  Speciescharaktere  und  Faunistik. 

Subgen.  Di/tiscus  in  spe. 

Species  JDf/tiscus  latissiinus  Linxe. 

Di/tisi:i(s  latis.sinnis  Lixne,  1858,  p.  411,  O  aiiipllssiDnis  MtJLLEE,  1776, 
p.  69,  annslomo'X''ins  Well.  Jacquins,  Miscell. ,  Vol.  2.  p.  386, 
tab.   23,  fig.  3. 

Sehr  breit  eiförmig.  Scharfkantiger  Seitenrand  der  Flügeldecken 
stark  verbreitert  und  flach  abgesetzt.  Oberseite  schwarzgrün,  Clypeus, 
Mund.  Fühler,  Ränder  des  Halsschildes  gelb.  \\'inkliger  Stirnfleck, 
Vorderecken  der  Stirn  und  Fleck  auf  dem  Schildchen  rötlich.  Flügel- 
decken innerhalb  des  abgesetzten,  dunklen,  nur  am  Außenrand  gelb 
durchscheinenden  Seitenrandes  mit  einem  gelben  Seitenstreifen  und 
vor  der  Spitze  mit  einer  gelben  Querbinde.  Unterseite  samt  Beinen 
rotgelb.  Oberlippe  kaum  ausgerandet.  Fortsätze  der  Hinterhüften 
(s.  Fig.  H  a)  zugespitzt.  Oberseite  des  Männchens  glänzend,  des  ^^'eib- 
chens  matt  und  fein  punktiert,  am  dichtesten  in  den  Zwischenräumen 
der  Elytrenfurchen.     Diese  fast  bis   zum   Hinterrand   der  p]lytren 


38  Hans  Blunck, 

reicliend  und  im  Grund  gelb,  der  8.  Zwischenraum  nach  hinten  ver- 
kürzt oder  unterbrochen  (Fig-.  Ga).  Formel  der  Saugnäpfe  an  den 
Haftscheiben  der  Männchen: 

nach   SiMMERMACHER  (1884) ') 

Vordertarsus  1.  Glied  200  Stck. 


2. 

» 

600 

3. 

» 

700 

Mittel  tarsus    1. 

?? 

750 

2. 

ji 

750 

3. 

r 

750 

1500  X  2  =  3000 


7500  Stück.-) 


2250  X  2  =  4500 
Länge  36—44  mm,  Breite  25 — 26  mm. 

Nord-  und  Mitteleuropa  in  großen  Fischteichen,  nach  Sturm 
(1834,  p.  7)  vorzüglich  in  Waldteichen.  Im  allgemeinen  selten,  da- 
gegen bei  Rosenberg  in  Westpreußen  (Reitter,  1908,  p.  232)  ziem- 
lich häufig  (s.  Karte  B: ).  ^) 

Subgen.  3Iacroclytes  Thoms. 

Species  Dfjtisctis  lapponic^is  Gyllh. 

Di/tiseiis  lapponkus  Gyllh.   1827,  Vol.   1,  p.  468. 
—  ah  disjiindus  Cammerano   1880,  p.   120. 

Langoval.  Oben  dunkelbraun  bis  tiefolivgrün.  Clypeus  und 
Mund  gelb.  Umkreis  der  Augen  und  winkliger  Stirnfleck  gelbrot. 
Halsschild  sehr  breit  gelb  gesäumt,  bei  ah.  disjunäus  gelb  mit  3 
schwarzen  Flecken  auf  der  Scheibe.  Schildchen,  Rand  der  Elytren, 
eine  undeutliche  Querbinde  an  der  Spitze  und  etwa  20  feine,  punk- 
tierte, ziemlich  deutliche  Längslinien ,  die  in  Beziehung  zu  den 
Furchen  der  Weibchen  zu  stehen  scheinen,  gelb.  Unterseite  und 
Extremitäten  gelb  bis  gelbbraun.    Ein  dreieckiger  Fleck  am  Vorder- 


1)  Die  Zabl  der  Haftnäpfe  schwankt  individuell  nur  wenig,  differiert 
aber  bei  den  verschiedenen  Species  so  stark,  daß  sie  bei  Bestimmung  der 
Art  Dienste  leisten  kann. 

2)  Chatanay  (1910,  p.  451)  gibt  die  Zahl  auf  etwa  5000  an,  in 
diesem  Falle  bestätigte  aber  meine  Nachprüfung  Simmermacher's  Befund. 

'6)  Die  Karte  B  gibt  die  Verbreitung  der  D/jtiscus- Arten  in  Europa 
und  Nachbargebieten  an  und  ist  an  der  Hand  dei-  mir  zugänglichen  fauni- 
ßtischen  Angaben  aufgestellt  worden.  Die  westlichen  Verbreitungsgrenzen 
sind  noch  ziemlich  unsicher.  Das  gleiche  gilt  für  das  wenig  durchforschte 
Spanien. 


Dytiscus  niaiginalis  L. 


H9 


raiid  lies  '2.  und  H.  Sternits  schwarz.  Die  anderen  Seg'niente  und 
das  .Metasternuni  mehr  oder  minder  schwarz  gefleckt.  Obei-lippe  in 
der  Mitte  ausgebuchtet.  Coxalapophysen  der  Hinterbeine  in  nadel- 
scharfe, innen  konkave,  nach  hinten  divergierende  Spitzen  ausgezogen. 


a  1)  c  (l 

lafisxitutis  L.  hiiipotiicns  GYj.r.n.       cu-cu)»flexnsFABR.     drcuMcinrfiis  \hB. 


e  f  C  h 

marginaUs  L.     ;;isn;n(S  Delapoutk-Uast.  dimidiaUis  Bvmg^xix.  puiictnUitusFxv.n. 


Fig.  G.     Elytreu  gefurchter  Weibchen  der  europäisclieu  Dyiiscus-S\)ede^. 
Die  Furcheu  sind  schwarz  gehalten.    2 :  1. 


Hass  Bi.tiNCK.  Dytisciis  inar^iualis  L. 

Karte  B:  Die   geographische  Verbreitung  der  europäischen  Species  von  Dytiscus. 


42 


Hans  Blunck. 


Von  der  P^.inkerbuiio-  bis  zur  Spitze  so  lang-  wie  an  der  Einkerbung 
breit  (s.  Fig.  Hb).  Prothorax  beim  Männchen  glatt,  g-länzend,  beim 
Weibchen  matt,  dicht  punktiert.  Flügeldecken  beim  Männchen,  ab- 
gesehen von  den  Punkten  der  gelben  Längslinien,  glatt  und  nur  im 
hintersten  Drittel  grob  weitläufig  punktiert,  beim  Weibchen  mit  10 
bis  ins  letzte  Diittel  reichenden,  gelbgrundigen,  grobpunktierten 
Furchen  (Fig.  Gb)  und  zahlreichen,  sehr  feinen,  über  die  ganze 
Fläche  verteilten  Punkten.  Formel  der  Haftnäpfe  an  den  Saug- 
scheiben der  Männchen  fnacli  eigener  Zählung): 

Vt.  1.  Gl. 

"  265  (220—250)  i)  X  2  -=  530  1 


Mt. 


00 

90 
120 

300  (350) 
250  (225) 
230  (200) 


780  (750—800)  X  2  =  1560 


2090 


Länge  22—30  mm,  Breite  12 — 16  mm. 


latissinms  L. 


b  c  d 

l(t])poiiicm  Ctyllh.      circnmpextis  Fabb.     cit-cnmcinctHsAnR. 


.    e  f  g  h 

marginalis  L.    ^^J.sajnisDELAFORTE-CAST.  dimidiatns  B-ergsir.    ^;imcfK?a^ns  Fabr. 

Fig.  H.     Gestalt  der  Metacoxalapopbysen  bei  den  europäischen  Di/tisciis- krteii. 

3:1. 


1)  Die  in  Klammern  beigefügten  Zahlen  Itezeichnen  die  von  Chatanay 
(1910)  gemachten   Angaben. 


Dytiscus  niaisiiialis  L.  43 

$  vav,  septentvionalis  Gyllh.  (1827,  Vol.  4.  \).  873). 

Mit  un^efurchten,  aber  matter  als  beim  Männchen  glänzenden 
Flüg-eldecken.  Halsscliild  fein,  weitläutig-  luinktiert.  Elytren  gegen 
die  ^Spitze  dichter  punktiert  als  beim  jAIännchen. 

Nord-Europa,  Nord-Deutschland  (nach  Bach.  1851,  p.  99,  im  Len- 
sahner  Teich   bei   Eutin   in  großer  Menge),  Sibirien,  W'estalpen  |s. 

Regimbart   (1898,   p.  318— 319)]   (s.   Karte   B: -), 

nach  Deville  (1904,  p.  181—208)  auch  in  Frankreich. 

Species  Df/tlscus  circtnnflexas  Fabr. 

Dytiscus  circumflexus  Fabr.  (1801,  Vol.  1,  p.  258);  flavo- 
scutellatus  Latr.  (1806,  Vol.  1.  p.  331);  flammacAdatus  Curtis  (1825, 
Vol.  1,  p.  99);  excrucians  Steph.  in:  Zool.  Journ..  Vol.  3. 

Langoval,  schmäler  als  die  übrigen  Arten.  Oben  braun  bis 
schön  oÜA'grün.  Clypeus  und  Mund  gelb,  die  Vorderecken  der  Stirn 
und  ein  winkliger  Stirnfleck  rötlich.  Das  relativ  kleine  Halsschild 
allseitig  mäßig  breit  gelb  gerandet.  Die  Seiten  der  Flügeldecken 
und  ein  verwaschener  Querstreif  an  der  Basis,  sowie  ein  Fleck  auf 
dem  Schildchen  gelb.  Unterseite  und  Extremitäten  bleichgelb  bis 
gelbbraun.  Die  Mitte  des  Sternums  schwarzbraun.  Alle  sternalen 
Segmente  schwarz  gerandet,  die  vorderen  Abdominalsternite  zuweilen 
jederseits  an  der  Basis  mit  einer  mehr  oder  minder  ausgedehnten 
schwarzen  Querbinde.  Oberlippe  ausgebuchtet.  Hintercoxalfortsätze 
in  sehr  lange,  nadelscharfe,  am  Innenrande  konkave  Spitzen  aus- 
gezogen. Diese  von  der  Einkerbung  bis  zur  Spitze  länger  als  der 
Fortsatz  an  der  Einkerbung  breit  (Fig.  Hc).  6  oben  glänzend,  Flügel- 
decken gegen  die  Spitze  zu  weitläufig  punktiert.  ?  ebenfalls  glatt 
aber  weniger  glänzend.  Halsschild  sehr  fein  und  weitläufig  punktiert. 

Formel  der  Saugnäpfe  an  den  Haftscheiben  des  Männchens 
(nach  eigenen  Befunden;  die  von  Simmermacher  für  die  Vorder- 
beine gegebenen  Zahlen  sind  zu  niedrig  gegriffen): 

Vt.  1.  Gl.     70  (47)  j 

2.  ,.    180  (120-130      480  (310—320)  X  2  =  960 

3.  ,,    230  (ca.  140)     )  (  3.^.^0 
Mt.  1.     ,.   400                     j 

2.  „   ca  350  1130  X  2  =  2260 

3.  „  ca.  380  J 
Länge  26— 34  mm.  Breite  15—17  mm. 


44  Hans  Blunck, 

$  i-dr.dtiOins  Serville  (1830,  1.  ed.,  p.  90j ');  perjjlexus  Lac. 
BoisDuvAL  et  Lacordaire  (1835,  p.  302). 

Matter  als  die  glatte  Form.  Mit  ziemlich  kräftig  und  dicht 
punktiertem  Halsschild.  Flüg-eldecken  (Fig.  Gc)  in  den  beiden  ersten 
Dritteln  gefurcht,  zwischen  den  Furchen  fein,  hinten  kräftig  und 
dicht  punktiert.  Die  Furchen  nehmen  von  der  Mitte  nach  den  Seiten 
des  Körpers  zu  an  Länge  ab,  so  daß  die  dem  Rande  zunächst 
liegenden  nur  eben  die  .Alitte  der  Elytren  erreichen.  Suturalfurche 
fast  so  lang  wie  die  folgende. 

Mitteleuropa,  vorzüglich  aber  Mittelmeergebiet  inkl.  Nord-Afrika. 
Nach  Sopp  im  Norden  breiter  und  dunkler  als  in  Spanien,  Algier  etc. 
Die  gefurchte  Form  sehr  selten,  (nach  Sopp  im  Norden  häufiger  (?) 
(s.  Karte  B ). 


1)  Die  als  gültig  geltenden  Namen  der  gefurchten  Weibchenvatietäten 
von  (■ircumchictus  und  circiunflcxus  müßten  bei  strenger  Befolgung  unserer 
modernen  Nomenklaturregeln  (1904  und  1905)  eine  Korrektur  erfahren. 
Die  gefurchte  Abart  von  (■ireimichidus  geht  beute  unter  dem  von  Gyllenhal 
1827  in  der  Fauna  Suecica,  Vol.  4,  p.  372—  373  aufgestellten  Namen 
D.  (luhins.  Der  Käfer  wurde  indessen  vor  1827  bereits  zweimal  benannt, 
1821  von  Dejean  im  Catalogue  des  coleoptere?,  1.  Ausg.,  p.  18:  D. 
circxu/.scripins  und  1823  bei  HuMMEL  in  seinen  Essais  Entomologiques, 
3.  Teil,  p.  17:  D.  flavorinctKs.  Während  der  erste  Name  von  keiner 
Kennzeichnung  begleitet  ist  —  eine  solche  wurde  erst  1835  von  BoiS- 
DUVAL  u.  Lacordaire  (Faun,  entomol.  Paris,  p.  300)  nachgeliefert  —  und 
daher  gemäß  Art.  25  der  internationalen  Regeln  verworfen  werden  muß, 
genügt  die  von  EsCHHOLTZ  aufgestellte  und  von  Hummel  in  Begleitung 
einer  Kennzeichnung  veröffentlichte  Bezeichnung  flavocinctus  unseren 
Nomenklaturgesetzen.  Die  gefurchte  Varietät  der  Weibchen 
von  D  y  t  i  s  c  u  s  cir  cum  ei  actus  A  H  R.  hätte  also  dem  P  r  i  o  r  i  t  ä  t  s  - 
gesetz  entsprechend  den  Namen  Dytiscus  (Macrodt/tßs) 
(■  ircuvi  ciuclifs  $  var.  flavocinctus  HuMMEL  zu  führen. 

Für  die  entsprechende  Varietät  von  D.  circninßexiis  sind  die  beiden 
Benennungen  dvhnis  Serville  (Faun.,  p.  90,  1830)  und  'perplcxus  Bois- 
DUVAL  et  LaCOBDAIEE  (Faun.  Ent.  Paris  p.  305?,  p.  1835)  aufgestellt, 
von  denen  der  Name  perplexus  bislang  vorgev!,^5en  wurde,  weil  die  Be- 
zeichnung duhius  für  die  gefurchte  Varietät  von  circuDicinctus  vergeben 
war.  Da  der  letzte  Namen  nach  dem  oben  Gesagten  zugunsten  von 
flarocinctus  bei  circunicbidus  zu  verwerfen  wäre,  würde  die  Benennung 
dubins  wieder  frei  und  wäre  als  die  ältere  auf  Grund  des  Artikels  25  der 
internationalen  Regeln  bei  D.  cireuviflexus  der  Bezeichnung  jierjdexus  vor- 
zuziehen. Die  gefurchte  Varietät  der  Weibchen  von  Dijtiscns 
eircnmflcxu.s  ¥  KBR.  hätte  also  den  N  am  e  n  Z>// / /\r;  ?<.s' (.liocro- 
d  Utes)  cir  cum  f  lex  US  5  vor.  du  h  ins  Seeville  zu  führen. 


Dyti.-<cu.s  uiargiiialis  L.  45 

Species  Diftisctis  clrvuntchH'tns  Am;. 

Dyt'iacus  c i rc u  ui cinri  x s  Ahrens  (1810,  Vol.  6.  \).  67 1. 

Stellt  riirii))ifh\ri(s  und  nmrfjhmVis  gleicli  nahe.  Sclilaiikei-  als 
marfjii/alis.  i>liniii)er  als  circumflexus.  Breiteste  Stelle  des  Küri»eis 
weiter  nach  liiuten  gerückt  als  bei  marginalis.  Oben  braun  bis 
olivsiriin.  Auofen  ringsum  gelbrot  wie  auch  ein  winkelförmiger  Stirn- 
tieck.  Halsschild  schmal  gelb  gerandet.  Öchildchen  schwarz.  Flügel- 
decken mit  gelbem  Seitenrand  und  verwaschener  Schrägbinde  an 
der  Spitze.  Unterseite  fahlgelb.  Die  Suturen  der  Brust  und  der 
ersten  beiden  Sternite  schwarz.  Extremitäten  gelbbraun.  Tergite 
schwarz,  nur  im  Bereich  der  Stigmen  gelb.  Oberlippe  am  Vorder- 
rande ausgebuchtet.  Fortsätze  der  Hinterhüften  an  der  Innenseite 
konkav,  scharfspitzig,  aber  kürzer  ausgezogen  als  bei  circumflexus 
(Fig.  Hd).  S  glatt  und  glänzend.  Elytren  gegen  die  Spitze  sehr 
weitläufig  punktiert.  $  ebenfalls  glatt,  aber  weniger  glänzend. 
Halsschild  weitläufig  ganz  fein  punktiert,  ebenso,  aber  etwas  gröber 
und  dichter  die  Flügeldecken  nach  der  Spitze  zu.  Zuweilen  ziem- 
lich deutliche  Furchenandeutungen.  Formel  der  Saugnäpfe  an  den 
Haftscheiben  des  Männchens  (nach  eigenen  Befunden): 

Vt.  1.  Gl.  70    (47) 

350  (ca.  305)  X  2  =  700 


2. 

,.    120  (112) 

3. 

,.    160  (ca.  140) 

Mt. 

1. 

,.    375  (ca.  300) 

2. 

„    315  (ca.  300) 

3. 

,.   335  (ca.  240) 

2750 


1025  (ca.  840)  X  2  =  2050 


Länge   29 — 35^)  — 37  mm.   Breite   15  —  17  mm. 

?  v<n\ßnrochict'iis{¥.^QUiioijrz)  Hummel  (1823,  Vol.  3.  p.  17); 
duhius  Gyllekhal  (1827,  Vol.  4,  p.  372 — 373);  cirrumscriptus  (Dejeax. 
1821,    p.  18) ;  BoisDuvAL  et  Lacordaike  (1835,  p.  300). 

Matter  als  die  glatte  Form.  Halsschild  ziemlich  dicht  fein 
punktiert.  Die  ganze  Elytre  mit  Ausnahme  der  weniger  weit  als 
bei  marginalis  über  die  Mitte  hinausreichenden  Furchen  dicht  und 
deutlich  gepunktet.  Die  Suturalfurche  kürzer  als  die  folgenden; 
die  8.  und  9.  Furche  vereinigen  sich  nach  ihrem  Ende  zu  niclit 
(Fig.  Gd). 


1)  Die    durch    den    Druck    hervorgehobene    Zalil    liezeichuet    das    am 
meisten  auftretende  Maß. 


4ß  Hans  Bluxck, 

Nord-  und  Mittel-Europa,  Nordamerika.  Nach  Stierlein  (1900, 
I».  208)  aucli  in  der  Schweiz,  nach  Recümbart  (1898,  p.  318)  in 
.Mittelfranken.  Die  gefurchte  Weibchenform  viel  seltner  als  die 
oiatte  (s.  Karte  B ). 

Species  Djjtl.sciis  niarffinalis  L. 

Dtjtiscus  marginalis  Linke  (1858,  p.  411),  Fabricius  (1801, 
Vol.  1,  p.  258,  Gyllenhal  (1808,  p.  466),  Schönherr  (1808,  Vol.  2, 
11.  3),  Sturm  (1834,  Vol.  8,  p.  9,  tab.  185  und  186),  Aube  (1836—1838, 
Vol.  5,  p.  57  tab.  5,  fig-.  3,  4.  1838,  Vol.  6,  p.  105,  Schiödte  (1840,  p.  511), 
Thomson  (1860,  Vol.  2,  p.  41,  Schaum  u.  Kiesenwetter  (1868,  Vol.  1, 
p.  116),  Sharp  (1881,  p.  641),  Seidlitz  (1886,  p.  109);  totomarginalis 
Degeer  (1774,  Vol.  4,  p.  391,  tab.  16,  fig.  1,  2);  curtulus  Motschulskt 
(1859—1867,  p.  101).     ?  semistriatus  Linne  (1758,  p.  412). 

Oval.  Nach  latissimus  die  plumpste  Form.  Oben  schokoladen- 
braun bis  leuchtend  olivgrün,  sehr  selten  blaugrün  (Blunck,  1909, 
p.  337 — 345).  Clypeus  und  Mund  gelb.  Vorderecken  der  Stirn  und 
ein  winkliger  Stirnfleck  sowie  oft  die  Längssutur  des  breit  gelb 
gerandeten  Halsschildes  rotgelb.  Seitenrand  der  Flügeldecken  und 
ein  verwaschener  Schrägstreif  an  der  Spitze  gelb.  Scheitelnaht  und 
Schildchen  schwarz.  Unterseite  und  Extremitäten  gelbbraun,  letztere 
in  ihren  distalen  Partien  dunkler.  Suturen  der  Brust  und  aller 
Sternite,  Hintercoxalfortsätze  sowie  ein  medianer  Fleck  des  Meta- 
sternums  braunschwarz.  Tergite  tiefbraun,  nur  im  Bereich  der  Stigmen 
gelb.  Oberlippe  vorn  ausgebuchtet.  Fortsätze  der  Hinterhüften  kurz 
zugespitzt,  mit  konvexem  Innenrand  (Fig.  He).  (^  glatt  und  glänzend. 
Stirn,  Scheitel  und  Halsschild  äußerst  fein  und  weitläufig  punktiert, 
die  Elytren  etwas  gröber  und  stärker  gepunktet,  besonders  an  der 
Spitze.  Das  $  mit  vorn  stärker  eingezogenem  Prothorax.  Oben  matt. 
Stirn  und  Scheitel  mäßig,  Halsschild  dicht  und  ziemlich  kräftig 
punktiert.  Flügeldecken  bis  in  das  hintere  Drittel  gefurcht.  Grund 
der  Furchen  gelb,  sehr  grob  punktiert.  Die  Rippen  zwischen  den 
Furchen  und  das  furchenfreie  Drittel  dicht  und  kräftig  gepunktet 
wie  der  Prothorax.  Suturalfurche  mindestens  so  lang  wie  die  folgenden. 
8.  Zwischenraum  zuweilen  verkürzt,  so  daß  die  8.  und  9.  Furche  an 
der  Spitze  anastomosieren.  Alle  Furchen  verlaufen  seichter  in  den 
furchenfreien  Abschnitt  aus  als  bei  den  anderen  Formen  (Fig.  G  e)  mit 
Ausnahme  von  latissimus.  Formel  der  Saugnäpfe  an  den  Haftscheiben 
des  Männchens  (nach  eigenen  Befunden): 


Vt.  1.  G 
2. 
8. 

rl.        85 

.      40 

,,      65 

Mt.  1. 
2. 
3. 

.    800   (800) 
,    250   (250) 
,    250   (250) 

Dytiseus  iiiarginalis  L.  47 

140  (144)  X2=    280 


800  (880)  X  2  -  1000 


1880 


Länge  25—34 — 36  mm.  (^o  im  Durchschnitt  2  mm  länger  als 
die  $$.  Breite  15 — 18  mm.  Nach  Boisduval  u.  Lacordaire  (1835, 
p.  801)  und  Cameeano  (1880,  p.  118)  sind  die  $$  verhältnismäßig 
breiter  als  die  c^c^. 

Lebendgewicht  1,4— •>— 2,6  g.  [Pieron  (1908—1909,  p.  237 1 
gibt  1,27  g  als  Mittelgewicht  der  c^c^  an.] 

$  i'ftr.  coHf'orniis  Kunze  1818,  p.  58—60,  Gyllenhal  1827, 
Vol.  4,  p.  370,  Stükm  1834,  p.  23,  tab.  188e,  Aube  1836—1838,  Vol.  5, 
p.  59,  tab.  7,  fig.  3  {pcrplexus-^),  1838,  Vol.  6,  p.  106;  circumductus 
Serville  1880,  p,  90,  Boisduval  et  Lacordaire  1835,  Vol.  1,  p.  301. 

Glänzender  als  die  Stammform.  Kopf,  Halsschild  und  Flügel- 
decken viel  feiner  und  weitläufiger  gepunktet  als  bei  semistriatus, 
aber  kräftiger  und  dichter  als  beim  3^,  Oberseite  daher  weniger 
leuchtend  als  bei  diesem.  Flügeldecken  glatt  oder  doch  nur  mit 
ganz  schwachen  Furchenandeutungen. 

Über   den   größten   Teil   der  paläarktischen  Region  verbreitet 

(s.   die  beigegebene  Karte  B: ;   Süd-Italien   ist  in  der 

Karte  als  Verbreitungsgebiet  mit  einbegrifi'en,  obgleich  mir  von  dort 
keine  Fundbestätigung  vorliegt,  da  der  Käfer  in  Ober-Italien  sehr 
häufig  und  auch  über  Dalmatien  verbreitet  ist)  und  die  häufigste 
Form.  Der  gemeine  „Gelbrand".  Nach  Sharp  (1881,  Vol.  2,  p.  641) 
auch  in  Nordamerika  und  Japan  (1884,  in:  Trans,  entomol.  Soc, 
London  1884,  p.  439;  s.  auch  Regimbart,  1899,  p.  311).  Die  gefurchte 
Form  in  England  fast  ausschließlich  vorkommend,  in  Frankreich, 
Belgien,  West-Deutschland  und  Schweiz  viel  häutiger  als  die  var. 
conformis.  In  Nordost-Deutschland,  Österreich  und  Italien  halten 
beide  Weibchenformen  einander  die  Wage;  in  Rußland,  vorzüglich 
im  Süden,  treten  die  gefurchten  Exemplare  gegenüber  den  glatten 
ganz  zurück.  Also  gradweise  von  Westen  nach  Osten  fortschreitende 
Evolutionssteigerung  der  glatten  Form  über  die  gefurchte  und.  in 
umgekehrter  Richtung  rechnend,  der  gefurchten  über  die  glatte. 


48  Hans  Bianck, 

Species  JJt/tisrHs  jn'sdnns  Delapüete-Castelnau. 

Bytiscus  pisanus  Delaporte-Castelxau  1834 — 1835.  p.  98, 
AuBE  1836—1838,  Vol.  5,  p.  58,  tab.  7.  fig.  1.  2  (clnhius).  1838.  Vol.  6^ 
p.  107,  Shakp  1881.  p.  640.  Seidlitz  1886.  p.  109;  var.  ibericus  Rosen- 
hauer 1856,  p.  47. 

Dem  marginalis  sehr  ähnlich,  ein  wenig  schlanker.  Dieselbe 
Färbung,  aber  am  Vorderrand  der  ersten  Sternite  eine  schwarz- 
braune, seitlich  verbreiterte,  mehr  oder  weniger  ausgeprägte  Binde. 
Spitze  der  Metacoxalapophysen  stumpfer  als  bei  marginalis.  fast  ge- 
rundet (Fig.  Hf).  Prostern alfortsatz  etwas  länger  und  schlanker. 
$  nicht  ganz  bis  zum  letzten  Drittel  gefurcht,  die  Suturalfurche 
etwas  kürzer  als  die  folgende.  Keine  Furche  mit  der  anschließenden 
anastomosierend  (Fig.  Gfj.  D.  ibericus  Rosenh.  nach  Regimbakt 
(1877)  nur  eine  Varietät  des  pisanus  und  sich  von  diesem  nur  durch 
das  fast  vollständige  Fehlen  des  gelben  Vorder-  und  Hinterrandes 
am  Halsschild  unterscheidend  (Spanien  und  Portugal). 

Formel  der  Saugnäpfe  an  den  Haftscheiben  des  Männchens  (nach 
Chatanat,  1910,  p.  452)  die  gleiche  wie  bei  marginalis. 

Länge  30 — 35  mm,  Breite  15 — 16  mm. 

$  var.  Ungefurcht.  Nach  Regimbakt  (1877)  nur  ein-  oder  zwei- 
mal gefunden. 

Westliches  Mittelmeergebiet  (s.  Kaite  B: ). 

Species  Di/tiseiis  dintidiatus  Bergste. 

Dytiscus  dimidiatus  Bergsträsser  1778.  p.  33,  tab.  7,  fig.  1. 

Langoval  und  ziemlich  schlank,  größte  Breite  weit  hinter  der 
Mitte,  Flügeldecken  an  der  Si)itze  stark  gerundet.  Oben  dunkel 
olivgrün  bis  grünschwarz.  Mund  und  Clypeus  gelb.  Vorderecken 
der  Stii-n  und  winkliger  Stirnfleck  rötlich,  Seitenrand  des  Hals- 
schildes und  der  Flügeldecken  breit  gelb  gesäumt,  Vorderrand  des 
Halsschildes  und  zuweilen  auch  undeutlich  der  Hinterrand  sehr 
schmal  gelbrot  eingefaßt.  Verwaschene  gelbe  Querbinde  an  der  Spitze 
der  Elytren.  Schildchen  schwarz.  Tergite  braun,  hellbraune  Be- 
haarung. Unterseite  und  Extremitäten  braungelb,  dunkler  als  bei 
den  bisher  besprochenen  Formen.  Die  letzten  Sternite  und  die  Spitze 
des  Metasternums  braunrot,  Oberlippe  vorn  ausgebuchtet.  Fortsätze 
der  Hinterhüften  (Fig.  Hg)  an  der  Spitze  stumpf  und  etwas  mein- 
gerundet  als  bei  pisanus  (s.  Fig.  Hf).  ^  oben  glänzend.  Stirn. 
Scheitel,  Halsschild   und  Flügeldecken   äußerst  fein   und  weitläufig 


Dytiscns  luargiimlis  L 


49 


punktiert,  letztere  gegen  die  Spitze  zu  dicliter  und  kräftiger.  $ 
oben  matter,  stärker  und  dichter  als  das  c^,  aber  bedeutend  feiner 
als  semisfriatnfi  punktiert.  Flügeldecken  bis  kaum  über  die  Mitte 
gefurcht  (Fig.  Gg).  Furchen  sehr  klar  und  scharf  eingerissen,  tief, 
nicht  anastomosierend,  alle  fast  auf  gleicher  Höhe  endigend,  nur  die 
Suturalfurche  stets  um  mehrere  Millimeter  kürzer.  Halsschild  voin 
ein  wenig  stärker  eingezogen  als  beim  ^.  Formel  der  Saugnäi)fe 
an  den  Haftscheibeu  des  Männchens  (nach  eigenen  Befunden): 


Vt.  1. 

Gl.  60 

2. 

„   45 

3. 

,.  100 

Mt.  1. 

,.  260 

2. 

,.  230 

8. 

„  260 

205  X  2  =   410 


750  X  2  =  1500 


1910 


Länge  32—37 — 39  mm.  Breite  17 — 18  mm. 
Lebendgewicht  2,3 — 2,5 — 3  g. 
;  rar.  inutineiisis  Fioei  1881,  p.  276. 
Eine   ungefurchte  Form  des   Weibchens,  die  bei   Modena  auf- 
gefunden wurde. 

Europa  und  Kleinasien  (s.  Karte  B: ). 


Species  Dytiscus  seiuisufcatus  Müller. 

Dytiscus  semisulcatus  Müller^)  (1776,    p.  70);  lyundiilatus 
Fabricius  (1781,  p.  292);   Bergsträsser  (1778,   p.  42—43);   frischii 


1)  Diese  Species  wird  in  allen  neueren  Literaturwerken  als  I)t/(isnis 
jninctulatns  Fabe.  bezeichnet.  F.VBRICIUS  beschrieb  und  benannte  den 
Käfer  1781  (Spec.  Ins.,  Teil  1,  p.  292).  Die  Benennung  semisulralns 
durch  Müller  (Zool.  Dan.  Prod.,  p.  70)  wurde  indessen  bereits  1776  ge- 
geben und  genügt  den  Anforderungen  unserer  internationalen  Nomenklatur- 
regeln für  die  Priorität.  Die  Notiz  bei  MÜLLER  lautet  nämlich :  „No.  666. 
D.  seiinsulcatvs  fuscus;  supra  niger  —  nicht  infra  niger ,  wie  Berg- 
STRÄSSER  1778  zitiert  — ,  margine  thoracis  elytroruraque  extimo  flavo ; 
sulcis  viginti  dimidiatis.  FRISCH  ins.  2.  t.  7.  f.  4.  Praecedenti  —  d.  i. 
I).  sonistriatus  d.  Verf.  —  nimis  affinis  est,  ac  in  utroque  tarnen  pedes 
primores  absque  patellis  reperi."  Die  Charakterisierung  „margine  thoracis 
.  .  .  flavo"  unterscheidet  diese  Species  von  marfiinalis  und  semisfriatxs, 
bei  denen  es  lautet:  „marginibus  thoracis  omnibus  ...  flavis"'.  Tat- 
sächlich ist  bei  der  in  Rede  stehenden  Art  ja  nur  der  Außenra//(/  des 
Pronotums  gelb,  während  bei  marginali.s  das  Halsschild  allseitig  einen 
gelben    Saum    trägt.      Läßt    indessen    dieser  Charakterzug    noch    eine  Ver- 

Z.)ol.  .Tahrl).  XXXV.    Abt.  f.  .Syst.  * 


50  Hans  Blunck, 

Schneider  (1791—1794,  p.  365);  porcatiis  Thunberg,  Ins.  Snec,  Vol.  6, 
p.  74  ($);  punäaius  Olivier  (1795,  Vol.  3,  40,  p.  12,  tab.  1,  fig.  6); 
stagnalis    Geoffroy,  Foürcroy  (1785,  Vol.  1.  p.  66). 

Verhältnismäßig  sehr  schlanker,  hinter  der  Mitte  kaum  ver- 
breiterter Käfer.  Oben  schwarzgrün,  zuweilen  auf  den  Elytren  pech- 
farben,  besonders  die  Weibchen.  Clypeus  und  Mund  gelb.  Ein  un- 
deutlicher winkliger  Stirnfleck  rötlich.  Halsschild  und  Flügeldecken 
breit  gelb  gesäumt,  der  erstere  am  Vorderrande,  zuweilen  auch  am 
Hinterrande  sehr  schmal  rötlich.  An  der  Spitze  der  Flügeldecken 
eine  verwaschene  gelbe  Querbinde.  Schildchen  schwarz,  Unter- 
seite pechbraun  bis  schwarz,  die  Extremitäten  etwas  heller, 
mehr  rotbraun,  die  Vorderbeine  von  der  Tibia  ab  und  die  Fühler 
braungelb.  Hinterbeine  verhältnismäßig  schlank.  Oberlippe  vorn 
ausgebuchtet.  Fortsätze  der  Hinterhüften  sehr  stumpf,  breit  ab- 
gerundet (Fig.  Hh).  S  oben  matt  glänzend.  Kopf  und  Halsschild 
fein  und  zerstreut  punktiert.  Flügeldecken  im  vorderen  Drittel 
weitläufig  und  fein,  nach  der  Spitze  zu  viel  dichter  und  kräftiger 
als  bei  allen  anderen  Arten  gepunktet.  Außer  den  normalen  und 
tiefer  als  bei  den  übrigen  Species  eingerissenen  3  Punktreihen  oft 
noch  Andeutungen  von  Furchen,  die  denen  der  Weibchen  zu  ent- 
sprechen scheinen.  $  oben  ziemlich  matt,  in  allen  Teilen  viel  dichter 
punktiert  als  jede  andere  Art  der  Gattung.  Punkte  sehr  fein. 
Flügeldecken  mit  10  durchweg  ziemlich  schmalen  Furchen  (Fig.  G  h), 
die  mehr  oder  weniger  weit  nach  hinten  im  letzten  Körperdrittel 
auslaufen.  Der  8.  Zwischenraum  verkürzt,  von  der  Mitte  ab  sich 
in  Punkte  auflösend,  so  daß  die  7.  und  8.  Furche  ineinanderfließen. 
Die  Suturalfurche  kürzer  als  die  folgenden,  die  10.  und  letzte  Furche 
außen  durch  einen  nur  unscharfen  Wall  begrenzt.  Formel  der  Saug- 
näpfe an  den  Haftscheiben  des  Männchens  (nach  eigenen  Befunden; 


wecbslung  des  ^,pi(nctulatn,s^'  mit  (IhnhUatus  Bergstr.  zu,  so  wird  die  Be- 
schreibung eindeutig  durch  den  Hinweis  auf  Frisch.  Frisch  sagt  (1721, 
p.  35)  von  seinem  tab.  7  fig.  4  abgebildeten  Dijtiscus :  „Männlein  und  Weib- 
lein am  Bauch  gantz  schwartz,  da  sonst  die  grösseren  etwas  gelb-braun 
sind"  und  weiter;  „zum  andern  geht  der  gelbe  Saum  nicht  gantz  um  den 
Rücken-Schild  herum".  Mit  dieser  Kennzeichnung  kann  tatsächlich  nur 
der  kleinste  unserer  Dytiscinen  gemeint  sein.  Müller's  Angaben  erfüllen 
also  die  Bedingungen  unserer  Nomenklaturregeln  (vgl.  Art.  25  a  und  b), 
und  wenn  wir  an  diesen  festhalten  wollen,  sind  wir  gezwungen,  die  bis- 
herige Species  D.  pundnktlns  Fabr.  nach  ihm  Dijliscus  .sennsfilcnfiis  Mltller 
zu  benennen. 


3530 


Dytiscus  margiualis  L.  5J 

8immermachek"s  für  den  Vordertarsus  gegebene  Zalilen  sind  um  ein 

Vielfaches  zu  niedrig  gegriffen): 

Vt.  1.  Gl.  100  (115—150)  mäßig  große  N.j 

2.  „  325  (180)  )  685(ca.500)X2=1370 

3.  ,  260(200)  j  '"^'^   ^'^"'"^  ^^-      I 
Mt.l.    .,  380  (ca.  270)  | 

2.  „  335  (ca.  240j  1080  (ca.  750)X2=2160J 

3.  „  365  (ca.  240)  I 
ah.   maurm  Schaufuss   (1882,  p.  173).      Eine    in    Sachsen    voi-- 

konimende  Varietät  mit  ganz  schwarzer  Oberseite. 

Länge  24—30,5—32  mm.  Breite  12—14  mm.  Lebend- 
gewicht 1,2-1,35—1,6  g. 

Europa  und  Kleinasien,  nach  Deville  (1906,  p.  62—63)  sehr 
selten  auch  in  Algier,  nach  Balfour-Beowke,  1909  auch  in  England, 
p.  220  (s.  Karte  B: ). 


V.  LiteratiirYerzeichnis  zu  den  systematischen  Abschnitten.^) 


Bach,  M.,  Käferfauna  für  Nord-  und  Mitteldeutschland  mit  besonderer 
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Setzers  wiederholt  statt  Preudhomme  irrtümlich  Peendhomme  ge- 
druckt.)    1909. 

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1)  Hier    vermißte  AVerke    suche    man  vorn  im   allgemeinen  Literatur- 
verzeichnis. 

4* 


52  Hans  Blcnck, 

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Dytisc\;s  marjijiualis  L.  53 

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— ,  Vergleichende  Untersuchungen  über  die  Abdominalsegmente ,  ins- 
besondere die  Legeapparate  der  weiblichen  Coleoptera ,  ein  Beitrag 
zur  Phylogenie  derselben,  ibid.,  Jg.   1893,  p.   209—260,    1893. 

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=  latissimus). 

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Nachdruck  verboten. 
Vbersetzungsreclit  vorbe/talfoi . 


Die  Gattung  Platystoma  Meigen  (Dipt.). 

Eine   monograpliische   Übersicht   über  die  Arten. 

Von 
Friedrich  Heudel  (^Vien). 

Mit  Tafel  1-2. 


Sämtliche  Platijsto7na- Arien  in  unserem  Sinne  gehören  nur  der 
paläarktischen  Region  an.  Meigen  gründete  diese  Gattung  auf  die 
allbekannte  Mnsca  seminationis  Fabricius  und  diagnostizierte  sie  in 
Illigers  Magazin,  Vol.  2,  p.  277  (1803).  Da  die  IvLEix'sche  Mol- 
luskengattung Platystoma  vom  Jahre  1753  stammt,  also  vor  dem 
Beginne  unserer  Nomenklaturgeltung,  das  ist  vor  dem  Jahre  1758, 
beschrieben  wurde,  ist  die  RoNDANi'sche  Umtaufe  in  Megaghssa  über- 
flüssig. Im  übrigen  hätten  wir  sogar  in  HesyquiUia  Rob.-Desv.  noch 
einen  älteren  Namen,  der  vor  Megaglossa  zu  Recht  bestünde.  Zum 
Glück  ist  dies  nicht  nötig! 

Seit  Meigen  wurden  in  der  Gattung  82  Artnamen  aufgestellt, 
deren  Aufzälilung  und  Deutung  icli  in  den  „Genera  Insectorum" 
1913  geben  werde.  Scheidet  man  davon  die  zu  fremden  Familien 
gehörigen  Arten  und  diejenigen  Arten,  die  bis  jetzt  bereits  zu 
andeien  Platystominen-Gattungen  gestellt  wurden,  aus,  wie  z.  B.  die 
Euprosopia-,  Pterogenia-,  Engistoneura-,  Scholastes-  und  Feltaranfhimi- 
Arten,  so  bleibt  immer  noch  ein  Stock  von  äthiopischen,  orientali- 
schen und  paläarktischen  Species  übrig,  der  nicht  homogen  ist.    Ich 


56  Fkikdrich  Hendel, 

habe  deshalb  die  afrikanischen  Arten  in  die  2  Gattungen  Lophoplaty- 
stoma  (Typus:  acarüjerum  Speisee)  und  Palpomyiella  (Typus:  asphaltina 
Wieuemann),  die  orientalischen  in  die  2  Gattungen  Valonia  Walker 
(Typus:  cowz^??cato Walk.)  \\w^ Euilnjplatystoma  (Typus:  n^ic^wm  Walker) 
gebracht,  so  daß  das  Genus  Platystoma  ganz  im  Sinne  Meigen's  nur 
die  gesamten  paläarktischen  Arten  enthält.  Es  sind  dies  Arten  m  i  t 
nackter  oder  höchstens  pubescenter  Arista,  sechs- 
borstigem, nicht  aufgeblasenem  Schildchen,  nicht 
vorgequollenen  Augen  und  mit  einer  Frontorbital- 
borste. 

Schiner  zählt  (1864)  7,  Rondani  (1869)  9,  Pandelle  (1902)  16, 
Becker  (1905)  28  Arten  auf,  wobei  aber  einige  Synonj^nie  mitgezählt 
sind.  Diese  Arbeit  gibt  schon  von  39  Arten  Kenntnis.  Mit  der 
Großzahl  davon  machte  uns  Loew  bekannt  und  unterschied  die  Aa-ten 
nach  der  Farbe  der  Tarsen,  der  relativen  Länge  der  Schüppchen 
und  Abdominaltergite,  der  Farbe  der  Schwinger,  der  allgemeinen 
Färbung  und  Tomentierung  des  Leibes  und  der  Gliedmaßen  und 
nach  der  Flügelzeichnung,  soweit  dies  Worte  vermögen.  Rondani 
hatte  weniger  Glück,  da  er  ohne  Zweifel  die  $$  zweier  bekannten 
Arten  neben  den  ^^  als  neu  beschrieb.  So  ist  P.  gemmationis  das 
$  des  P.  tegularium  Lw.  und  P.  vegetationis  das  $  von  P.  seminationis 
Fab.  Eine  detaillierte  und  deshalb  wertvolle  Analysis  von  4  Arten 
gibt  uns  Pandelle,  dessen  Arbeit  wohl  zum  Studium  der  Arten  der 
Acalyptraten  von  Bedeutung,  in  bezug  auf  systematische  Verwandt- 
schaft und  Gattungsauffassung  aber  total  verfehlt  ist. 

Als  sehr  brauchbar  und  konstant  fand  ich  zur  Unterscheidung 
nahestehender  Arten  die  Form,  in  welcher  die  graue  Bestäubung 
des  Gesichtsrückens  zum  Mundrand  herabzieht,  das  Verhältnis  der 
Breite  der  Stirne  zur  Länge  und  zur  Breite  eines  Auges,  die  Inser- 
tion der  Fühlerwurzeln  im  Verhältnisse  zum  Auge,  die  Gestalt  des 
5.  Sternits  beim  <^,  die  Farbe  der  Körperbehaarung,  die  Zahl  der 
Supraalarborsten  und  die  Bedeckung  des  Schildchens;  ferner  die 
Lage  der  Mündung  und  die  Form  der  Radialis,  die  Form  der  ersten 
Hinterrandzelle  und  deren  Mündung,  ob  die  weißen  Flügelpunkte 
einen  Zentralfleck  einschließen  oder  nicht  und  ob  der  Flügelhinter- 
rand punktiert  ist  oder  nicht. 

•So  werden  P.  luguh-e  R,-Desv.  und  P.  pleuronüeus  m.  sofort  durch 
den  Besitz  von  4  Supraalarborsten  erkannt.  Ein  behaartes  Schild- 
chen kommt  nur  bei  P.  luguhre,  pleuronäens,  insularum,  oculatum  und 
pavonis  vor.    Die   letzten   2  haben   „Pfauen- Augen"   oben   auf  dem 


Die  Gattuug  Platystnuia  Mkiok.n  (Dipt.).  57 

Abdomen.  Qnergebänderte  Flügel  ohne,  jedwede  weiße  l^nnktierung 
besitzt  das  scliöne  P.  chnßoioxum. 

Eine  ganz  besondere  Gestaltung  zeigt  das  5.  Sieiiiit  der  ,S^  der 
te(jularhnn-GY\\\)\)e  mit  2  kegelförmigen  A\'arzen.  Der  l'enis  ist  in 
der  Euhe  spiralig  aufgerollt  und  verborgen.  Sein  Ende  besitzt  eine 
doppelte  knopfartige  Erweiterung,  an  deren  Spitze  zwei  Spiialfäden 
von  bei  den  Arten  wechselnder  Länge  entspringen  (Fig.  37).  Der 
Ovipositor  ist  wie  bei  den  Ortalididen  im  allgemeinen  gebildet.  Das 
glänzende  erste  Glied  ist  dreieckig  oder  trapezförmig  und  von  oben 
her  kompreß. 

Die  Flügelzeichnung  ist  eine  so  komplizierte,  daß  sie  mit  Worten 
gar  nicht  und  durch  Zeichnung  auch  nur  unvollkommen  dargestellt 
werden  kann.  Ich  zog  deshalb  die  Photographie  vor  und  nahm  die 
Flügel  im  durchfallenden  Lichte  einer  Grätzin- Gaslichtlampe  mit 
der  Horizontal -Vertikal -Kamera  von  Zeiss  auf.  Im  auffallenden 
Liclite.  namentlich  bei  dunklem  Hintergrunde,  geben  die  Flügel  ein 
anderes  Bild.  Die  hyalinen  Punkte  erscheinen  dann  leuchtend 
milchweiß, 

Man  findet  die  Fliegen  sowohl  auf  Blättern  niederer  Pflanzen 
und  von  Sträuchern,  „Laushonig"  leckend,  wie  auch  auf  Blüten,  in 
der  Sonne,  wie  im  Schatten.  Sie  sind  in  ihren  Bewegungen  sehr 
langsam,  scheinbar  träge,  bewegen  langsam  die  Vorderbeine  und  die 
ausgebreiteten  Flügel  und  flüchten  lieber  auf  die  Unterseite  der 
Blätter,  bevor  sie  abfliegen.  Ihr  Bauch  ist  blasig  aufgetrieben, 
namentlich,  wie  auch  Pandelle  erwähnt,  beim  (^  und  fällt  durch 
weißliche  oder  gelbe  Farbe  auf.  Sie  lassen  sich  selbst  mit  der 
Hand  greifen  und  entleeren  dann  einen  dicken  brauneu  Saft  aus 
dem  Rüssel,  der  die  toten  Stücke  häufig  am  Kopfe  verschmiert. 
Schiner  beschreibt  ihr  Treiben  um  das  Fortpflanzungsgeschäft  sehr 
drollig  und  hält  sie  für  „die  geilsten  aller  Dipteren''. 

PI.  luguhre  fand  Loew  einmal  „im  Juni  in  Schaaren,  den  aus- 
sickernden Saft  von  Sesia  asüifonnis  durchwühlter  Pappelstämme 
saugend;  dass  sich  diese  Art  aucli  von  Koth  nährt,  lässt  dei-  Gestank, 
welcher  sich  bei  dem  zufälligen  Zerdrücken  derselben  verbreitet, 
nicht  wohl  bezweifeln;  auch  Fl.  seminationis  soll  derselben  Nahrung 
nachgehen''. 

.Jedenfalls  hängt  die  Trägheit  der  Platijstoma- Xn^^w  mit  ihrem 
geringeren  Flugvermögen  zusammen,  und  dies  scheint  mir  die  Bildung 
geographischer  Kassen  begünstigt  zu  haben. 

Über  die  Metamorphose   ist  uns  seit  der  mir  unzugänglich  ge- 


58  Frikdrich  Hendel. 

bliebenen  Arbeit  von  Peeris  (in :  Mem.  Soc.  Sc.  Liege,  Vol.  10,  p.  274, 
1885)  nichts  bekannt  geworden.  Die  Larven  wurden  in  der  Erde 
unter  faulem  Holze  gefunden. 

Was  die  geographische  Verteilung  der  Arten  anbelangt,  fällt 
auf,  daß  der  weitaus  größte  Teil  derselben,  22  von  38  Arten  „öst- 
liche*' Formen  sind.  Östlich  des  Kaspischen  Sees:  P.  oculatiim, 
pavonis,'  murinum,  snave,  gilvipes,  curvinerve.  —  Aus  Süd-Rußland, 
den  Kaukasusländern  und  Kleinasien:  P.  gilvipes,  obtusum,  dathratmn, 
elegans,  chrysotoxum,  strix,  angustipenne,  rufimanum,  canum,  lativentre, 
aenescens,  bispüosum,  pundivenire,  ruficeps,  subfasciatum,  nitidiventre.  — 
P.  Useta  und  valachium  sind  östliche  Formen,  die  schon  aus  der 
walachischen  in  die  ungarische  Ebene  eindringen.  —  Mediterrane 
Formen  sind:  P.  provinciale,  arcuatum,  bifasciatum,  insularnm,  var. 
coiiicariim,  subtile,  bessii,  dimidiatum,  meridionale.  —  Mitteleuropäische 
Formen,  die  aber  auch  alle  mediterran  sind,  sind  folgende:  P.  lugubre, 
seminationis,  plantationis,  pubescens,  tegularium,  gemmationis.  —  Am 
weitesten  nördlich  und  westlich  dringt  P.  seminationis  vor,  die  einzige 
Art  Englands.  Als  nördlichste  Grenze  der  Verbreitung  von  P.  semi- 
nationis und  lugubre  möchte  ich  nach  den  Fundortangaben  der  Kollegen 
Oldenberg  und  Lichtwakdt  den  53°  n.  Br.  betrachten.  Für  die 
erstere  Art  scheinen  die  Karpathen  die  Ostgrenze  zu  bilden.  Merk- 
würdigerweise wurde  sie  in  Spanien  noch  nicht  gefunden,  während 
sie  in  Italien  häufig  ist.  Auffällig  ist  das  nur  auf  Sardinien  be- 
schränkte Verbreitungsgebiet  des  P.  insularum  Rondani.  Nord- Afrika 
hat  auch  seine  Platystoma- Art  und  kennzeichnet  sich  auch  dadurch 
wieder  als  zur  paläarktischen  Region  gehörig. 

Mein  Studienmaterial  stammte  aus  den  öffentlichen  Museen  in 
Berlin,  Budapest  uud  Wien  und  aus  den  Sammlungen  der  hilfsbereiten 
Kollegen  Becker,  Bezzi,  Lichtwardt,  Schnabl  und  Villeneuve 
sowie  aus  meinen  eigenen  Funden, 

Allen  Gönnern  und  Helfern  sei  hiermit  aufs  Wärmste  gedankt! 

Sjniopsis  der  Arten. 

Hinterleib    am    Hinterrande   des   4.    Tergites   mit   großen, 
metallisch-blauen,  pfauenaugenartigen  Flecken.    Schild  be- 
haart 27 
—  Hinterleib  ohne  Augenflecke,  Schild  meist  nackt  1 
1.    Schild   mindestens  seitlich  auf  der  Oberfläche  behaart  und 
an   der  Spitze  lot.    Sind  diese  Merkmale  weniger  deutlich 


Die  Gattung:  Platystonia  Mkiokn  (Dipt.).  59 

erkennbar,  so  sind  zugleich  die  Backen  gut  ^ .(  eines  Auges 
hocli ')  2 

—  Scliild  oben  außer  den  6  Borsten  nackt  und  ganz  scliwarz. 
Backen  liöchstens  '4  eines  Auges  hoch  4 

)  Pleuren   ganz   und  gar  untonientiert  und  unpunktiert,   nur 
glänzend  schwarz  19.  P.  pJeuronüens  n.  sp.  (Fig.  16) 

—  Wenigstens  die  Mesopleuren  liell  tomentiert  und  schwarz 
punktiert  3 
Der  ganze  Schildhinterrand  ist  rot.    Pteropleuren  glänzend 
schwarz,  ohne  Punktierung.    4  Supraalare 

18.  P.  lugnhre  Rob.-Desv.  (Fig.  15) 

—  Höchstens    die    Schildspitze    rot.      Pteropleuren    grau 
tomentiert  und  schwarz  punktiert.    3  Supraalare 

20.  P.  insularum  ßoNDANi  (Fig.  17) 
Schenkel  oder  Schienen  ganz  oder  teilweise  gelb  bis  gelbrot     28 

—  Schenkel  und  auch  die  Schienen  ganz  schwarz  5 
Hinterleib  oben  glänzend  schwarz  und  unpunktiert.    Arista 
kui'z,  aber  deutlich  pubesziert      7.  P.  mtidiventre  n.  sp.  (Fig.  7) 

—  Hinterleib   mehr  oder  weniger  dicht  mit  einem  grauen 
Tomentnetzwerke   bedeckt.     Arista  nackt  oder  fast  nackt      6 
Füße  ganz  schwarz,  höchstens  die  Fersen  an  den  äußersten 
Gelenken  schmal  rotbraun  oder  die  Füße  sind  ventral  bloß 
rotschimmernd  behaart;  Schwingerkopf  schwarzbraun  7 

—  Füße  teilweise  bis  vorherrschend  von  gelbroter  Grund- 
farbe; Schwiugerkopf  gelb  oder  dunkelbraun  14 
Die  Mündung  der  ersten  Hinterrandzelle  sehr  stark  ver- 
schmälert, weit  oberhalb  der  Flügelspitze  gelegen.  Gesicht 
und  Prälabrum  gelb.  Ebenso  sind  die  hellen  Flecke  in  der 
Wurzelhälfte  des  Flügels  lebhaft  rotgelb 

38.  P.  elegans  n.  sp.  (Fig.  3f)) 

—  Erste  Hinterrandzelle   jenseits   der  hinteren  Querader 
parallel  oder  nur  mäßig  verengt.     Die  Discoidalis  mündet 

an  der  Flügelspitze.    Gesicht  und  Prälabrum  .schwarz  8**) 


1)  Letzteres  bezieht  sich  nur  auf  /'.   /nsuiannii  RONDANI. 

2)  Einen  schwärzlichen,  ziemlich  glänzenden  Hinterleib  mit  lebhaft 
gelben .  unregelmäßigen  Linien  und  Flecken ,  rote  Schultern  und  ein 
Schildchen  mit  gelber  ^Mittellinie  und  solchem  Hinterrande,  nebst  schwarzen 
Tastern  besitzt  40.   /'.  strix  PORTSCHIXSKY. 

3)  Durch  verlängerte  Tboraxschüppchen  bei  ganz  schwarzen  P'üßen 
würde  sich  kennzeichnen   das  problematische       17.   P.   iltjioiotse  BisCHOF. 


(5Q  Friedrich  Hbndel, 

8.  c?:  5-  Tergit  erheblich  kürzer  als  die  3  vorhergehenden  zu- 
sammengenommen. —  ?:  3.  Tergit  sehr  kurz,  4,  lang  und 
länger  als  das  5.  —  Flügel  stark  vorherrschend  und  gleich- 
mäßig dunkelbraun,  mit  kleinen  weißen  Punkten  besetzt 

8.  P.  lativenire  Loew  (Fig.  33) 

—  (J :  5.  Tergit  länger  als  die  3  vorhergehenden  zusammen- 
genommen. —  $:  3.  Tergit  länger  als  das  4.  9 

9.  Die  4  hinteren  Schenkel,  besonders  die  mittleren,  sind 
posteroventral  länger  gelblich  behaart.  Subkostal- 
zelle  gelb,  höchstens  basal  mit  1—2  kleinen  braunen  Flecken. 
Die  Tomentierung  des  Rückens  und  Abdomens  ist  sehr  dicht 
und  ockergelb,  nur  von  kleinen  isolierten  schwarzen  Punkten 
durchbrochen  10 

—  Schenkel  kurz  und  schwarz  behaart.  Subkostalzelle 
schwarzbraun,  nur  an  der  Spitze  gelbrot.  Tomentierung 
grau  bis  gelbgrau,  die  schwarzen  Punkte  stehen  dichter  und 
sind  zu  Längsstreifen  zusammengeflossen  12 

10.  An  den  Füßen  ist  nur  die  Wurzel  der  Ferse  rot.  Marginal- 
zelle  hyalin  mit  einer  Reihe  zahlreicher  kleiner  dunkel- 
brauner Punkte.  S'-  Letztes  Glied  der  Vorderfüße  außen 
und  innen  ohne  verlängerte  Endborste.  —  $:  3.  Tergit  so 
lang  wie  das  4.  und  5.  zusammengenommen 

6.  P.  angustipenne  Loew  (Fig.  84) 

—  Die  Ferse  und  auch  noch  das  folgende  oder  die  2  folgenden 
Fußglieder  an  der  Wurzel  breit  rot,  oft  vorherrschend.  — 
^:  Letztes  Glied  der  Vorderfüße  außen  und  innen  mit  je 
einer   verlängerten   und  verbreiterten  Endborste  versehen. 

—  $:  3.  Tergit  nur  etwas  länger  als  das  4.  11 

11.  Große  Art,  9—10  mm  lang.  Flügel  Fig.  6.  Die  weißen  Punkt- 
flecke fließen  nicht  ineinander  und  herrschen  unterhalb  der 
Posticalis  auch  nicht  vor  4.  P.  valacMae  n.  sp.  (Fig.  6) 

—  Kleinere  Art,  5,5—7  mm  lang.  Flügel  Fig.  35.  Die 
weißen  Punktflecke  fließen  vielfach  ineinander  und  herrschen 
unterhalb  der  Posticalis  stark  vor 

5.  P.  rufimanum  Loew  (Fig.  35) 

12.  Flügel  beiderseits  einer  weißen  Querbinde  über  die  hintere 
Querader,  welch  erstere  an  dieser  nicht  in  Flecke  aufgelöst, 
also  ununterbrochen  ist  und  erst  oberhalb  derselben  aus 
2—3  nebeneinander  liegenden  weißen  Punkten  gebildet  wird, 


l>ie  Ciiittuiii,'  l'hitystuina  Mkiges  (Dipt.).  61 

—  einfarbig  dunkelbraun,  niclit  von  weißen  Punkten  durch- 
brochen 

2.  P.  se»ünatifl)iis  Fab.  var.  frauenfeldi  Xüwicki  (Fig.  4) 

—  Die  weiße  Querbinde  über  die  hintere  Querader  wie 
auch  das  unpunktierte  Braüin  beiderseits  derselben  sind 
nicht  oder  nur  unvollkommen  ausgebildet  13 

13.  Das  Fndglied  der  Vorderfüße  des  c^  (Fig.  37)  hat  innen 
und  außen  je  eine  verlängerte  und  flachgedrückte  Apical- 
borste.  Beim  $  sind  die  Abdominaltergite  3 — 5  fast  gleich- 
mäßig dicht  mit  grauen  Tomentpunkten  bedeckt 

3.  P.  seminationis  Fab.  var.  biseta  Loew  (Fig.  5) 

—  Das  Endglied  der  Vorderfüße  des  (^  hat  höchstens  außen 
an  der  Spitze  eine  verlängerte  und  verbreiterte  Borste. 
Beim  $  treten  die  grauen  Tomentflecke  am  3.  und  4.  Ab- 
dominaltergite mehr  nach  Art  von  Schillerflecken  auf  und 
sind  am  3.  vielfach  kaum  mehr  sichtbar,  so  daß  der  Hinter- 
leib dort  wie  glänzend  schwarz  erscheint 

1.  P.  seminationis  Fab.  (Fig.  1—3) 

14.  Thoraxschüppchen  nur  wenig  länger  als  das  Flügelschüpp- 
chen  und  höchstens  doppelt  so  lang  wie  dieses;  Schwinger- 
kopf schwarzbraun  15 

—  Thoraxschüppchen  die  Flügelschüppchen  mindestens  um 
die  doppelte  Länge  derselben  überragend,  also  mindestens 

3 mal  so  lang  wie  diese;  Schwingerkopf  gelb  24 

15.  Epistom,  das  ist  das  untere,  vorstehende  Gesicht,  ganz  un- 
bestäubt  und  glänzend  schwarz,  in  der  Längsmitte  ohne 
graue  Spitze  oder  Linie  16 

—  Epistom  am  ganzen  Mundrande  grau  bestäubt  oder 
wenigstens  mit  einem  grauen  Medianfleck  oder  einer  solchen 
Linie,  die  sich  vom  bestäubten  Gesichtsrücken  herabzieht       18 

16.  Backen  nur  '/jo— Vs  ^i^^s  Auges  hoch.  Thoraxrückeu  und 
Schild  oben  flach.  Die  dunkle  Punktierung  des  erstereu 
zeigt  mehr  oder  weniger  deutlich  metallischen  Glanz. 
Flügelhinterrand  nicht  punktiert  17 

—  Backen  ^^  eines  Auges  hoch.  Thoraxrücken  und  Schild 
gewölbt;  ersterer  mattschwarz  punktiert  und  glanzlos. 
Flügelhinterrand  mit  weißen  Punkten 

9.  P.  siibfasciatum  Loew  (Fig.  8) 


ß2  Friedrich  Hendel, 

17.  Epistom  körnig-  rauh,  Prälabrum  in  der  Mitte  matt  ziseliert. 
Größere  Art,  6—6,5  mm,  blauschwarz.  Rückentomentierung 
und  Punktierung  deutlich  erkennbar 

24.  P.  plantationis  Rond.  (Fig.  21) 

—  Epistom  und  Prälabrum  völlig  glatt  und  glänzend. 
Kleinere  Art,  4  mm,  erzgrün  glänzend.  Rückentomentierung 
und  -Punktierung  verschwommen 

25.  P.  aenescens  Loew  (Fig.  22} 

18.  Die  Endabschnitte  der  3.  und  4.  Längsader  fast  gerade 
und  parallel.  Die  Radialis  mündet  der  hinteren  Querader 
gegenüber  19 

—  Die  Endabschnitte  der  3.  und  4.  Längsader  sind  ge- 
bogen, namentlich  die  Cubitalis  oberhalb  der  hinteren  Quer- 
ader.   Radialis  erheblich  jenseits  dieser  Querader  mündend     20 

19.  Die  Discoidalis  mündet  oberhalb  der  Flügelspitze.  LTnterster 
Mundrand  glänzend  schwarz.  Thoraxrücken  vorherrschend 
schwarz  22.  P.  arcuatum  Loew  (Fig.  19) 

—  Die  Discoidalis  mündet  an  der  Flügelspitze.  Unterster 
Mundrand  grau  bestäubt     21,  P.  piibescens  Loew  (Fig.  18) 

20.  Fühler  unterhalb  der  Augenmitte  inseriert.  Die  graue  Be- 
stäubung des  Gesichtsrückens  reicht  bis  zum  Mundrande 
oder  tritt  mit  einer  stumpfdreieckigen  Spitze  auf  das  Epistom 
herab  23 

—  Fühler  der  Augenmitte  gegenüber.  Die  graue  Bestäubung 
des  Gesichts  setzt  sich  nur  als  Linie  zum  Mundrande  fort    21 

21.  Randmal  schwarz  mit  2  gelben  Punkten.  5.  Abdominal- 
tergit  beim  cJ  l'/gmal,  beim  $  so  lang  wie  das  4. 

10.  P.  hezsii  n.  sp.  (Fig.  9) 

—  Randmal  ganz  gelb  oder  nur  an  der  Wurzel  braun  oder 
mit  2  kleinen  braunen  Punkten.  5.  Abdominaltergit  beim 
(^  viel  länger  als  der  halbe  Hinterleib,  beim  $  gleich  dem 
halben  vierten  22 

22.  <^:  Letztes  Glied  der  Vorderfüße  innen  und  außen  mit  je 
einer  verlängerten  und  verbreiterten  Endborste  versehen.  — 
$:  3.  Abdominaltergit  kürzer  als  das  4.  und  5.  zusammen- 
genommen 11 

—  (J:  Letztes  Glied  der  Vorderfüße  ohne  solche  Borsten.  — 
$:  3.  Abdominaltergit  so  lang  wie  das  4.  und  5.  zusammen- 
genommen P.  angustipenne  Loew  (Fig.  34) 

23.  Backen   niedriger   als  ^/^  der  Augenhöhe,     Hinterkopf  viel 


Die  Gattung-  Platystcina  Mkigkn  «Dipt.).  63 

wenio;er  als  die  wageiechte  Länge  eines  Auges  hinter 
demselben  vortretend.  Das  Grau  des  Gesichtskieles  erreicht 
nur  als  stumpfe  Spitze  den  Mundrand.  Flügel  blaßbrann 
mit  weißen  Trojjfen  und  noch  dunkler  braunen  Flecken. 
Flügel  6.5 — 7,5  nun  lang  11.  F.  suhtüe  Loew  (Fig.  10) 

—  Backen  höher  als  ^/^  einer  Augenhöhe;  Hinterkojjf 
mindestens  um  den  wagerechten  Durchmesser  eines  Auges 
hinter  demselben  vortretend.  Das  Grau  des  Gesiclitsrückens 
erreicht  in  voller  Breite  den  Mundrand  und  trennt  so  die 
glänzend  schwarzen  GesichtsHecken  weit  voneinander. 
Flügel  ohne  dunkler  braune  Flecke 

12.  P.  obtusum  n.  sp.  (Fig.  11) 

24.  Backen  über  ^/g  eines  Auges  hoch.  Schildchenspitze  meist 
mit  einem  mattroten  Fleck 

20.  P.  insularum  Rond.  var.  corticarum  Rond.  (Fig.  17) 

—  Backen  nur  V'^  eines  Auges  hoch.  Schild  ganz  von 
schwarzer  Grundfarbe  25  ^) 

25.  Tasterspitzen  hell  rotbraun.  Körper  8 — 11  mm  lang.  Das 
matte  Grau  des  Gesiclitsrückens  zieht  sich  in  breiter 
stumpfei'  Spitze  zum  Mundraud  herab.  Körpertoment  gelb- 
grau 13.  P.  tegularium  Loew  (Fig.  12j 

—  Tasterspitzen  von  schwärzlicher,  höchstens  dunkel  rot- 
brauner Grundfarbe,  also  abgesehen  vom  weißen  Schimmer. 
Körper  5 — 7,5  mm  lang  26 

26.  Die  mattgraue  Bestäubung  des  Gesichtsrückens  tritt  nur 
als  Strich  von  gleicher  Breite  auf  den  glänzenden  Mund- 
rand herab.  Rücken  gelbgrau  tomentiert.  Die  schwarzen 
Punkte  desselben  fließen  zu  4  breiten  Längsstriemen  zu- 
sammen 14.  P.  gemmationis  Rond.  (Fig.  13) 

—  Die  Bestäubung  des  Gesichtsrückens  tritt  mit  breiter, 
stumpfer  Spitze  auf  das  Epistom  herab.  Rücken  rein  asch- 
grau bis  bläulich-grau  tomentiert.  Die  schwarzen  Punkte 
desselben  isoliert  15.  P.  Ufasciatum  Brülle  (Fig.  14) 

27.  Fühlergruben  unten  ohne  schwarze  Flecke 

33.  P.  oculatum  Becker 

—  Fühlergruben  unten  mit  je  einem  glänzend  schwarzen 
Fleck  32.  P.  pavonis  n.  sp.  (Fig.  29) 

1)  Man    vergleiche    hier    auch    die  Beschreibung    des    mir    unbekaimt 
gebliebenen   /'.  ]/rovincialc  LoEW,  No.   16. 


(}4  Friedrich  Hkndel, 

28.  Alle  Schenkel  rotgelb,  höchstens  mit  braunen  Längsstriemen 
versehen ;  Thoraxschüppchen  nur  wenig  länger  als  die  Flügel- 
schüppchen  31 

—  Schenkel  schwarz  oder  mindestens  die  4  hinteren  zum 
größten  Teile  verdunkelt.  Thoraxschüppchen  (mit  Ausnahme 
von  P.  dimidiatum)  stark  verlängert  29 

29.  Gesicht  und  Prälabrum  glänzend  rotgelb.  Abdomen  mit 
gelben  Hinterrandsäumen  der  Tergite 

39.  P.  clirysotoxum  n.  sp.  (Fig.  32) 

—  Gesicht  und  Prälabrum  vorherrschend  schwarz,  höchstens 
teilweise  rotbraun.     Abdominaltergite  nicht  gelb  gesäumt       30 

30.  Backen  mindestens  V3  eines  Auges  hoch.  Prälabrum  und 
Gesicht  mit  Ausnahme  zweier  glänzend  schwarzer  Flecke 
matt  weißlich  bestäubt       20.  P  insularum  Rokd.  (Fig.  17) 

—  Backen  nur  V?  eines  Auges  hoch.  Prälabrum  und  das 
ganze  Epistom  glänzend  schwarz 

23.  P.  dimidiatum  n.  sp.  (Fig.  20) 

31.  Körper  so  dicht  hellgrau  tomentiert  oder  bestäubt,  daß  er 
vollkommen  matt  ist.     Sehr  hell  gefärbte  Arten  32 

—  Körper  nie  so  dicht  bestäubt,  daß  nicht  die  glänzende 
dunkle  Grundfarbe  des  Hinterleibes  deutlich  oder  sogar 
vorherrschend  sichtbar  würde  35 

32.  „Une  bände  transversale  d'un  noir  luisant  sons  les  antennes" 

37.  P.  canum  Portsch. 

—  Untergesicht  nur  mit  2  glänzend  schwarzen  Flecken 
unten  an  den  Fühlergruben  33 

33.  Stirn  länger  als  breit.  Vorderfüße  schwarz,  letztes  Glied 
gelb.  Die  2  glänzend  schwarzen  Gesichtsflecke  berühren 
unten  den  Mundrand      36.  P.  Uspilosmn  Poetsch.  (Fig.  31) 

—  Stirn  breiter  als  lang.  Letztes  Glied  der  Vorderfüße 
nicht  heller,  sondern  dunkler  als  der  übrige  Fuß.  Die 
2  sclnvarzen  Gesichtsflecke  erreichen  unten  den  Mundrand 
nicht  34 

34.  Backen  V?  eines  Auges  hoch;  Körperbehaarung  gelb 
schimmernd  34.  P.  murinmn  n.  sp. 

—  Backen  gut  V4  eines  Auges  hoch;  Körperbehaarung 
schwarz  35.  P.  suave  Loew  (Fig.  30) 

35.  Thorax  mit  einer  glänzend  schwarzen  Seitenstrieme  von  der 
Schulter    bis    zur    Flügelwurzel.     Pleuren    dicht    bestäubt, 


Die  Gattung  Platystoma  Meigen  (Dipt.).  65 

aber  nicht  schwarz  punktiert,  Stirn  l'/oHial  so  lang  wie 
breit.     Hinterleib  dicht  und  fast  zottig-  beiiaart 

31.  P.  pxnctiventre  Poutsch.  (Fig.  28) 

—  Thorax  ohne  solche  Seitenstrienie,  Pleuren  schwarz 
punktiert.     Hinterleib  nie  zottig.     Stirn  so  lang  wie  breit      3H 

36.  Gesicht  ganz  gelb,  ohne  schwarze  Flecke  unten  an  den 
Fühlergruben  30.  P.  (jilvipes  Loew  (Fig.  27) 

—  Gesicht   ganz   glänzend    schwarz   oder   wenigstens    mit 

2  solchen  Flecken  unten  an  den  Fühlergruben  37 

37.  Hinterleib  glänzend  schwarzgrün,  ohne  weiße  Toment- 
punkte. Erste  Hinterrandzelle  völlig  parallelrandig.  Flügel 
mit  einer  braunen  Vorderrandstrieme,  die  dann  über  die 
2  Queradern  nach  hinten  biegt 

26.  P.  rufi'pes  Meigen  (Fig.  23) 

—  Hinterleib  weißgrau  punktiert.  Flügel  ohne  braune 
Strieme.  Erste  Hinterrandzelle  meist  an  der  Mündung 
verengt  38 

38.  Gesichtsrücken  und  Pleuren  längs  der  Mesopleuralnaht 
rotgelb.  Erste  Hinterrandzelle  an  der  Mündung  auffällig 
aufwärts  gebogen  29.  P.  curvinerve  n.  sp.  (Fig.  26) 

—  Gesicht  schwarz.  Pleuren  ohne  Rotgelb.  Erste  Hinter- 
randzelle gerade  39 

39.  Letztes  Glied  der  dunklen  Vorderfüße  rotgelb.  Die  Flügel- 
spitze ist  der  dunkelste  Teil  des  Flügels 

27.  P  meridiondle  n.  sp.  (Fig.  24) 

—  Vorderfüße  in  der  Endhälfte  ganz  dunkelbraun.  Die 
Flügelspitze  ist  der  hellste  Teil  des  ganzen  Flügels 

28.  P.  clathratum  n.  sp.  (Fig.  25) 


1.  Platystoma  seminatioriis  Fabr.  {^.  $). 

Fabricius,  System.  Entomol..  p.  786,  70  {Musra)  (1775).  —  Spec.  Ins., 
Vol.  2,  p.  452,  90  {Miisca)  (1781).  —  Mant.  Ins.,  Vol.  2,  p.  352, 
109  (1787).  —  Entomol.  Syst.,  Vol.  4,  p.  355,  174  {Musca)  (1794). 
—  System.  Antliat.,  p.   329,   16  {Didija)  (1805). 

Gmelin,  System.  Nat.,  Edit.  13,  P.  1,  Vol.  5,  p.  2857,  246  {Musca) 
(1788). 

Schrank,  Fauna  Boica,  Vol.  3,  p.   146,  2516  (Truproiea)  (1803). 

Latreille,  Gen.  Crust.  et  Ins.,  Vol.  4,  p.  354  (Platystoma)  (1809). 

Meigen,  Syst.  Beschr.,  Vol.  5,  p.  392,  2  (1826)  (Plati/stoma). 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Syst.  5 


66  Friedrich  Hendel, 

Robixeau-Desvoidy,    Essay    sur    les    Myodaires,    p.   709,    2  {HesyquiUia) 

(1830). 
CuRTis,  Brit.  Entomo].,  Vol.   11,  PI.  et  p.  505  (1834)  {Platystoma). 
Macquart,  Suit.  ä  Buffon,  Vol.  2,  p.  444,  3  (1835)  {Plalijdoma). 
LoEW,  Dipterol.  Beitr.   1,  p.  35,  3  (1845)  {Platystoma). 
Walker,  Ius.  Brit.,  Vol.  2,  p.   193,   1  (1853)  {Platystoma). 
SCHIXKR,  Fauna  Austriaca,   Vol.   2,  p.   83  (1864)  {Platystoma). 
EONDAKI,  Dipt.  Ital.  Prodr.,  Vol.  7,  Fase.  3,  p.  36,  8  (1869)  {Megaglosm). 
Pandelle,   Etud.  sur  les  Museid.,   P.  3,  p.  446,   Caen  (1902)  {Platystoma). 

Syn.  fulriventre  Schrank,  Enumerat.  Ins.  Austr.  Indig.,  p.  469,  953 
{Musca)  (1781).  —  Gmelin,  Syst.  Nat.,  Edit.  13,  P.  1,  Vol.  5, 
p.  2862,  298  {Musca)  (1788). 

Syn.  vegetationis  Bondani,  Dipt.  Ital.  Prodr.,  Vol.  7,  Fase.  3,  p.  36,  8 
{Megaglossa),  $  (1869). 

Anm, :  Platystoma  transversa  Meigen,  in:  Fabricius,  Syst.  Antl., 
p.  329,  16  (1805)  und  daraus  in:  Latreille,  Gen.  Crust.  et  Ins..  Vol.  4, 
p.   355  (1809)  ist  nur  ein   Schreibfehler  für  P.  senimationis  F. 

Die  Grundfarbe  des  g-anzen  Körpers  samt  seinen  Anhängen 
ist  durchaus  schwarz.  Ein  dunkles  Eotbraun,  das  nie  auffällt, 
zeigen  höchstens  folgende  Stellen:  der  Rand  der  Lunula  über  den 
Fühlerwurzehi,  das  2.  Fühlerglied  geg^en  die  Spitze  hin  und  das 
3.  an  der  Basis,  die  Epistomseiten  in  der  Auslaufrinne  der  Fühler- 
gruben und  noch  seltner  die  Backengruben.  Stets  rotbraun  sind 
die  äußersten  Wurzeln  aller  4  Fersen.  Glänzend  schwarz, 
unb  es  täubt  sind:  das  Prälabrum,  das  Epistom,  die  Schenkel 
und  Schienen,  die  Seitenränder  der  Abdominaltergite  und  der  Hinter- 
rand des  5.,  die  Genitalien;  die  Punkte  und  schwarzen  Stellen  der 
Hinterleibsterg-ite ,  während  diejenige  des  Thoraxrückens  und  des 
Schildchens  mattschwarz  sind.  Die  schwarzen  Stellen  und  Punkte 
der  Pleuren  sind  oben  matt,  nach  unten  hin  allmählich  etwas 
glänzend. 

Die  Farbe  des  Körpertom entes  hat  stets  einen  gelb- 
lichen Ton,  wechselt  aber  zwischen  gelblich-grau  bis  stumpf  ocker- 
gelb. Das  Toment  des  Kopfes  ist  gewöhnlich  heller,  mehr  weißlich 
und  oft  fast  silbrig. 

Die  Behaarung  des  ganzen  Körpers,  auch  der  Stirn  und  der 
Beine  ist  schwarz,  nur  wenige  Haare  an  den  Pteropleuren  und  an 
der  Unterseite  der  Hinterhüften  sind  gelblich. 

Stirn  so  breit  wie  vom  Scheitel  bis  zur  Fühlerwurzel  lang,  un- 


Die  Gattung  Platystoma  Meigkn  (Dipt.).  (37 

gefälir  doppelt  so  breit  wie  ein  Auge,  zart  bereift,  ai»  den  Wujzeln 
der  Haare  mit  diclit  stehenden  mattschwarzen  Punkten.  Eine 
Mittellängslinie,  die  sich  oben  am  Ocellendreieck  sj)altet.  unpunktiert 
bereift,  weniger  deutlich.  Augenrand  der  Stirn  und  Wangen  dichter, 
weißschimmernd  tonientiert,  neben  den  Fühlerwurzeln  am  Auge  ein 
dunkel  schilleiiider  Doppelfleck.  Die  Fühler  sind  der  Augenmitte 
gegenüber  inseriert. 

Im  Gesicht  sind  die  Fühlergruben,  mit  Ausnahme  des  untersten 
Teiles,  sowie  der  ganze  dazwischen  liegende  Längs  rücken 
matt  bestäubt.  Auf  letzterem  zieht  sich  die  Bestäubung  in  einer 
schlanken  Spitze  bis  zum  Mundrande  herab. 

Oberer  Hinterkopf  sclnvarz,  schwach  glänzend;  auf  der  Halsstufe 
des  Hinterkopfes  liegt  eine  breite,  nach  oben  scharf  abgegrenzte, 
nach  unten  hin  allmählich  verwischte  helle  Keifbinde,  die  sich  am 
hinteren  Augenrande  auf  die  Backen  herab  fortsetzt  und  dort  durch 
seidenartigen  Schimmer,  sowie  durch  die  Helligkeit  besonders  auf- 
fällt.    Die  darunter  liegende  Grundfarbe  ist  hier  rotgelb. 

Fühler  •' r,  des  Gesichtes  lang.    Arista  wie  nackt. 

Prälabi'um  am  Ober-  und  Unterrande  mit  hell  schimmernden 
Tomentflecken  versehen ;  Taster  am  Spitzenrande  weißlich  schimmernd. 

Die  feine  schwarze  Punktierung  des  Thoraxrückens  ist  nicht 
vollkommen  gleichmäßig  verteilt,  sondern  bildet  durch  größere  Dichte 
fast  2 — 4  breite  Längsstriemen,  die  in  der  Mitte  durch  eine  schmale, 
deutlich  hervortretende,  wenig  punktierte  Linie  getrennt  werden. 
Humeral-  und  Supraalargegend  si)ärlicher  punktiert. 

Die  Brustseiten  sind  auf  den  Meso-  und  den  oberen  Sterno- 
pleuren  dicht  und  gleichmäßig  punktiert,  so  daß  nur  ein  dünneres 
Netzwerk  des  Toraentes  dort  übrig  bleibt.  Auf  dem  Schildchen  ist 
eine  Mittelstrieme  und  der  Hinterrand  tonientiert,  letzterer  mit  6 
schwarzen  Punkten  an  den  Borstenwurzeln  versehen,  der  Eest  der 
Oberseite  ist  mattschwarz,  undeutlich  aus  schwarzen  Punkten  zu- 
sammengesetzt. 

Stirn e,  Rücken  und  Hinterleib  sind  kurz  behaart,  das  Schild- 
chen nackt. 

Am  Hinterleibe  des  c^  ist  das  5.  Tergit  viel  länger  als  das 
halbe  Abdomen  und  durchschnittlich  4  mal  so  lang  wie  die  kui-zen 
und  gleichlangen  Tergite  3  und  4  zusammengenommen. 

Beim  $  sind  die  Tergite  3  bis  5  beinahe  gleichlang  oder  das 
letzte  etwas  kürzer.  Die  Tomentierung  des  Hinterleibes  ist  beim 
cJ  dichter  als  beim  $.    Bei  beiden  ist  das  5.  Tergit  am  dichtesten 

5* 


ßj^  Friedrich  Hendel, 

toiiientiert  und  wie  die  Pleuren  gleichmäßig  schwarz  punktiert, 
gröber  als  die  sehr  fein  punktierten  vorderen  Tergite.  Beim  $ 
herrscht  mit  Ausnahme  des  letztsichtbaren  5.  Tergits  die 
glänzend  schwarze  Grundfarbe  vor  und  tritt  das  zarte, 
am  4.  Tergit  stark  unterbrochene  Tomentnetzwerk  mehr  nach  Art 
von  Schillerflecken  auf,  während  das  3.  Tergit  fast  ganz  glänzend 
schwarz  ist.  Die  breite  Bauchhaut  ist  im  Leben  gelbweiß  oder 
wenigstens  hellgelb,  im  Tode  dunkler  gelb.  Das  große  präanale 
Sternit  des  <^  ist  gewölbt,  am  Hinterrande  in  der  Mitte  seicht  aus- 
geschweift und  eingedrückt,  überall  unbestäubt.  Parameren  dunkel 
rotbraun. 

Von  den  tief  mattschwarzen,  in  gewisser  Richtung  oben  durch 
zarten  Reif  bräunlich-gelb  schimmernden  Füßen  sind  die  hintersten 
auf  der  Unterseite  goldigrot  pubesziert.  Beim  (J  zeigt  das  End- 
glied der  Vorderfüße  außen  an  der  Spitze  meist  eine  verlängerte 
und  etwas  verbreiterte  Endborste. 

Die  Flügeladerung  und  -Zeichnung  wird  durch  die  Figg.  1 — 3, 
Taf.  3  dargestellt.  Die  Grundfarbe  ist  ein  ziemlich  gleichmäßig 
dunkles  Sepiabraun,  ohne  intensiver  braune  Fleckung.  Die  Adern 
sind  schwarz,  nur  teilweise  am  Stigma  und  in  der  Umgebung  der 
Schulterquerader  rotbraun.  Die  helle  Punktierung  ist  weiß,  nur  an 
der  äußersten  Wurzel  etwas  gelblich-braun.  Die  einzelnen  Punkte 
enthalten  keinen  dunkleren  Zentralfleck.  Die  Zahl  der  Punkte 
variiert  nach  der  Größe,  ist  bei  kleineren  Tieren  geringer,  variiert 
aber  auch  etwas  bei  gleichgroßen  Stücken.  —  Fig.  1:  Flügel  7  mm 
lang,  mit  zahlreichen  Punkten.  Weder  die  aus  weißen  Punkten  ge- 
bildete Querbinde  über  die  hintere  Querader,  noch  die  beiderseits 
derselben  gelegenen,  braunen,  wenig  oder  fast  nicht  weiß  gefleckten 
Flügelteile  sind  unterscheidbar.  —  Fig.  2 :  Flügel  6  mm  lang,  weniger 
zahlreich  und  relativ  größer  punktiert;  er  erscheint  in  der  Spitzen- 
hälfte schon  mit  2  braunen,  wenig  gefleckten  Querbinden  versehen, 
welche  die  aus  weißen  Punkten  gebildete,  über  die  hintere  Quer- 
ader laufende,  beiderseits  flankieren,  —  Fig.  3:  Flügel  4,5  mm  lang. 
Quei'bandierung  in  der  Spitzenhälfte  noch  mehr  fortgeschritten, 
namentlich  ist  die  weiße  Querbinde  besser  isoliert  und  sind  die 
weißen  Flecke  beiderseits  der  hinteren  Querader  schon  zusammen- 
geflossen.    Diese   Form   bildet    den   Übergang    zur   var.  frauenfeldi 

NOWICKI. 

Die  Discoidalis  mündet  etwas  unterhalb  der  Flügelspitze,  welche 
in   die  Mündung  der  ersten  Hinterrandzelle  hineinfällt.    Der  letzte 


Die  Gattung  Platystoma  Meigen  (Dipt.)-  69 

Absclinitt  der  Cubitalis  ist  jenseits  der  kleinen  Querader  erheblich 
aut'g-ebosen. 

Die  Tlioraxschiippchen  überragen  die  Fliigelschü})i)chen  meist 
um  ^  o  bis  höchstens  '^l^  derselben.  Der  Schwingerstiel  ist  rostfarbig, 
der  Kopf  schwarzbraun. 

Körper  und  Flügel  4,5 — 7  mm  lang. 

Anm.  Th.  Becker's  Zitat  dieser  Art  im  4.  Bande  des  Katal. 
d.  paläarkt.  Dipt.  p.  103  —  Linne,  Faun.  Suec.  1H74  (1766)  —  ist 
ein  ganz  irrtümliches,  da  ja  die  Art  in  Schweden  gar  nicht  vor- 
kommt. Es  dürfte  eine  Verwechslung  mit  der  Tetanocerine  „Musca''- 
nmhrarum  Linke  1,  c.  p.  1864  (1761)  stattgefunden  haben.  Der  Autor 
unserer  Art  ist  Fabeicius. 

Desgleichen  entspricht  es  nicht  der  Wahrheit,  wenn  Scheank's 
Musca  fnlviventris  (1781)  als  Synonym  zu  Meigen's  Platystoma  um- 
hmnnn  gestellt  wird,  denn  unser  Baier  sagt  ausdrücklich  ,,pedes 
atri"  und  erwähnt  auch  besonders  vom  Flügel  die  „fasciae  duae 
obscuriores  in  utrague  aM^.  Dadurch  ist  jeder  Zweifel  ausgeschlossen ! 
Die  „gelbbauchige  Fliege"  stammt  aus  Wien,  wo  P.  seminationis  F. 
häutig  ist,  P.  luguhre  R.  D.  aber  nicht  vorkommt  und  nur  gegen  die 
ungarische  Grenze  hin  angetroffen  wird. 

Daraus,  daß  Rondani  sein  Fiat,  vegetationis  von  seminationis  F. 
nur  durch  die  verschiedene  Länge  des  5.  Abdominaltergits  unter- 
scheidet, geht  mit  Bestimmtheit  hervor,  daß  ersteres  nichts  weiter 
als  das  $  von  letzterem  ist. 

Heimat.  Im  Westen  ist  unsere  Art  als  einzige  der  Gattung 
noch  in  England  verbreitet.  Sie  kommt  dann  am  Kontinente  in 
Holland,  Frankreich,  im  ganzen  festländischen  Italien,  Österreich- 
Ungarn  und  Deutschland  bis  zum  53  **  n.  Br.  vor.  Im  Osten  scheinen 
die  Karpathen  die  Grenze  zu  bilden,  da  ich  keine  typische  Form 
von  jenseits  derselben  erhielt.  In  Podolien  tritt  P.  frauenfeldi,  in 
der  Walachei  P.  hiseta  und  valachiae,  in  Rußland  P.  angustipenne 
und  ntfimanum  an  ihre  Stelle.  In  Spanien  fehlt  P.  seminationis. 
Wie  weit  sie  in  der  Balkan-Halbinsel  vorkommt,  ist  mir  nicht  be- 
kannt. Ich  kenne  nur  Stücke  aus  Belgrad  und  Semlin,  also  von  der 
Donau. 

2.   Platystoma  sein  hiat Ion  is  Fabr. 
cai',  frauenfeldi  Noavicki  {^,  $). 

NowiCKi,    in:    Verh.    zool.-bot.    Ges.    "Wien,    Vol.    17,    p.    '602^    tab.    11, 
fig.  2  (1872). 


70  Friedrich  HENDEr., 

Gleicht  bis  auf  folgende  Unterschiede  ganz  dem  typischen  PL 
seminaiionis  L.  und  gilt  auch  sonst  die  dortige  Beschreibung.  Fl. 
frauenfeldi  Nov.  ist  durchschnittlich  kleiner  und  vor  allem  durch 
die  Flügelzeichnung  (Fig.  4)  charakterisiert.  Die  hintere  Querader 
ist  schmal  braun  gesäumt,  und  dieser  Saum  wird  beiderseits 
von  einer  ununterbrochenen,  nicht  aus  Flecken  zu- 
sammengesetzten, gleich  breiten  Strieme  von  weißer 
Farbe  b  e  g  1  e  i  t  e  t ,  die  von  der  Discoidalis  bis  zum  Flügelhinterrand 
reicht.  In  der  Fortsetzung  dieser  2  Striemen  nach  oben  finden  sich 
in  jeder  Zelle  2-3  weiße  Flecke  eng  nebeneinander,  wodurch  eine 
einzige  deutliche  Querbinde  von  weißer  Farbe  den  ganzen  Flügel 
durchzieht ;  oben  gleich  hinter  der  Mündung  der  Subcosta  beginnend, 
in  Flecke  aufgelöst  und  schwach  gebogen,  unten  über  die  gesäumte 
hintere  Querader  ziehend  und  unaufgelöst,  vollkommen.  Diese  weiße 
durchlaufende  Querbinde  hebt  sich  um  so  deutlicher  ab,  als  das 
Braun  des  Flügels  vor  und  hinter  derselben  in  einem  breiten  Streifen 
der  weißen  Punkte  vollkommen  entbehrt,  also  nicht  durch- 
brochen ist,  so  daß  man  auch  sagen  könnte:  Spitzenhälfte  des  Flügels 
mit  2  breiten,  schwach  gebogenen  braunen  Querbinden,  die  eine 
schmälere  weiße,  über  die  hintere  Querader  laufende  einschließen. 
Fig.  4  stellt  den  Flügel  vor.  Der  unterhalb  der  Radialismündung 
fehlende  weiße  Querfleck  kann  auch  vorhanden  sein. 

Weitere,  geringe  Unterschiede  der  galizischen  Stücke  scheinen 
mir  zu  sein :  Die  Lunula,  Facialien,  das  seitliche  Epistom  und  die 
Backengruben  sind  rotbraun.  An  den  Füßen  ist  nicht  nur  die 
Wurzel  der  Fersen,  sondern  auch  noch  die  des  folgenden 
Fußgliedes  rot.  Die  ganzen  Beine  zeigen  nicht  das  tiefe  Schwarz 
des  Fl.  seminationis,  sondern  sind  mehr  pechschwarz,  haben  also 
einen  Stich  ins  Braune.    Die  Fühler  kommen  mir  etwas  länger  vor. 

Wie  beim  $  von  Fl.  se^ninationis  ist  auch  hier  der  Hinterleib 
des  $  vorherrschend  glänzend  schwarz.  Die  bei  dieser  Art  erwähnte 
Spitze  der  Bestäubung  des  Gesichtsrückens,  die  sich  auf  das  Epistom 
herabzieht,  ist  hier  noch  schmäler  und  nur  bei  genauer  Untersuchung 
zu  sehen.  Auch  hier  sind  die  Schenkel  ganz  schwarz  und  die 
4  hinteren  posterior  nicht  länger  behaart. 

Ich  habe  obige  Beschreibung  nach  den  von  Prof.  Nowicki  dem 
Wiener  Hofmuseum  übermittelten,  also  typischen  Exemplaren  gemacht, 
muß  aber  hierzu  bemerken,  daß  ich  sehr  ähnliche  Exemplare  nebst 
Übergängen  in  der  Flügelzeichnung  und  Größe  neben  vollständig 
typischen  Stücken   der  Fl.   seminationis  L.   aus   der  Wiener  Gegend, 


Die  Gattimg  Platystoma  Meigen  (Dipt.)-  71 

aus  Unoani  und  Oberitalien  vor  mir  hatte  und  kh  deshalb  P. 
fmnevfddi  Now.  nicht  als  selbständige  Art  ansehen  kann. 

Körper  und  Flüg-el  4,5 — 5  nini  lang. 

Heimat.  Südost-Galizien,  die  angrenzende  Bukowina  und  Podolien 
(Ukrain). 


3.   Platijstoina   seniinatioiu's  Fabr.  var,  biseta  Loew  ((^,  $). 

LOEW,    in:    Ztscbr.    Naturw.,   Vol.  32,    p.    10,    9    (1868)    und    Beschreib 

Europ.  Dipt.,  Vol.  3,  p.  283,   187  (1873). 
Pandelle,  Etud.  sur  les  Museid.,  P.  3,  p.  446,   Caen  (1902). 

Noch  geringere  Unterschiede  als  die  folgende,  P.  valachiae, 
trennen  diese  Form  von  P.  seminationis  L,  Sie  macht  einen  noch 
schwärzeren  Totaleindruck,  ist  aber  durchschnittlich  größer 
und  stärke  r.  Die  Schenkel  wie  überhaupt  der  ganze  Körper  sind 
nur  schwarz  behaart.  Das  Endglied  der  V  o  r  d  e  r  f  ü  ß  e 
des  S  hat  außer  den  Klauen  außen  und  innen,  gleich  der 
folgenden  Art  eine  lange  und  verbreiterte  Borste.  An  den  schwarzen 
Füßen  ist  meist  nur  die  äußerste  Wurzel  der  Fersen,  selten  auch 
die  des  folgenden  Gliedes  rot.  Der  Hinterleib  des  $  erscheint  nicht 
wie  bei  P.  seminationis  L.  am  3.  Tergit  fast  einfarbig  schwarz, 
während  die  Tomentpunkte  erst  nach  hinten  sich  allmählich  ver- 
dichten und  ein  Netzwerk  bilden,  sondern  ist  auf  allen  den  Tergiten 
3 — 5  fast  gleichmäßig  verteilt  und  dichter  als  bei  P.  seminationis  L. 
mit  grauen  Tomentpunkten  und  -querbalken  besetzt. 

Das  Braun  des  Flügels  (Fig.  5)  ist  sehr  dunkel  und  gesättigt. 
Die  aus  3 — 4  weißen,  nebeneinanderliegenden  Tropfen  gebildete, 
nicht  immer  gleich  gut  erkennbare  Querstrieme  über  die  hintere 
Querader,  wird  hier  meist  von  schwach  punktierten  bis  ganz  un- 
punktierten braunen  Flügelbinden  vor  und  hinter  derselben  begrenzt. 
Bei  P.  seminationis  F.  s.  str.  tritt  diese  Querstriemung  bei  den  größten 
Stücken  nie  so  deutlich  hervor. 

Die  Füße  sind  entweder  wie  bei  P.  seminationis  F.  nur  an  der 
äußersten  Wurzel  der  Fersen  rot  oder  auch  noch  an  jenen  des 
folgenden  oder  mehreren  der  folgenden  Glieder,  nie  aber  in  solcher 
Ausdehnung  wie  bei  P.  valachiae. 

Aus  dem  Gesagten  geht  hervor,  daß  das  ^  von  P.  hiseta  Loew 
durch  die  2  verlängerten  und  verbreiterten  Borsten  des  Tarsen- 
endgliedes  der  Vorderbeine,  das  ?  durch  die  dichtere  und  weniger 
schillernde  Tomentfleckung  des  Hinterleibes  sowie  durch  die  gleicii- 


72  Friedrich  Hendel, 

mäßigere  Verteilung  derselben,  namentlich  auch  am  3.  Tergit,  beide 
Geschlechter  durch  etwas  bedeutendere  durchschnittliche  Körper- 
größe von  P.  seminationis  L.  verschieden  sind. 

Zahlreiches  Material  aus  Ungarn,  Krain  und  Nieder-Österreich 
läßt  sich  aber  nicht  in  diese  Alternative  zwängen.  Entweder  ist 
beim  ^  auch  die  innere  Endborste  des  letzten  Fußgliedes  der  Vorder- 
beine verlängert  und  mehr  oder  weniger  verdickt,  wenn  auch  nicht 
in  gleichem  Grade  wie  die  äußere  oder  die  Tomentierung  des  Hinter- 
leibsrückens der  großen  $  ist  am  3.  Tergit  auch  nicht  so  dicht,  daß 
man  ins  Eeine  kommen  könnte.  Es  sind  also  Übergänge  da,  die 
Zweifel  können  nicht  überwunden  werden ;  P.  Useta  Loew  ist  derzeit 
noch  keine  fertige  Art. 

Rein  wird  sie  derzeit  am  besten  durch  die  rumänischen  Exemplare 
repräsentiert.    Nach  Westen  hin  verwischen  sich  die  Unterschiede. 

Pandelle's  Angabe  über  den  Unterschied  von  P.  seminationis  F., 
daß  bei  diesem  die  Backen  nur  Ve?  ^^i  P-  ^seta  Lw.  jedoch  V4  der 
Augenachse  hoch  sind,  stimmt  mit  meinen  Messungen  nicht  überein. 

Körper  7 — 8  mm,  Flügel  6 — 7  mm  lang. 

Heimat.  Rumänien  (leg.  Montandon)  ;  Ungarn,  Orsova.  Stücke 
aus  dem  westlichen  Ungarn,  aus  dem  östlichen  Niederösterreich  und 
Krain  sind  nicht  mehr  typisch  zu  nennen,  sondern  bilden  den  Über- 
gang zu  seminationis  Fabr. 

4.  Platystoma  valachiae  n,  «/>.  {^). 

Ebenfalls  dem  P.  seminationis  F.,  noch  mehr  aber  der  vorher- 
gehenden Art  ähnlich,  aber  durch  Folgendes  unterscheidbar.  Die 
Art  ist  erheblich  größer  und  robuster  als  erstere,  aber  auch  noch 
größer  als  die  letztere  und  viel  dichter  bestäubt  als  beide. 
Diese  machen  einen  schwarzen  Gesamteindruck,  P.  valachiae  einen 
mattgelbgrauen.  Letzteres  hat  auch  deutlich  gelbrote  Stellen: 
die  Lunula,  die  Facialien,  den  Mundrand  und  die  Backen  gruben. 
Besonders  letztere  fallen  sehr  auf.  Meist  sind  auch  die  Fühler  rot, 
immer  wenigstens  heller  als  bei  P.  seminationis  F.  und  nur  die 
Hälfte  des  Gesichtes  lang.  Außer  der  Ferse  ist  auch  das  folgende 
Fußglied  mehr  oder  weniger  breit,  oft  vorherrschend  rot;  ebenso 
die  Spitzen  der  Schenkelringe  und  vielfach  auch  die  Wurzeln  der 
anderen  Fußglieder. 

Die  Seitenränder  der  Tergite  sind  weniger  breit  glänzend 
schwarz.  Wie  schon  gesagt,  herrscht  das  gelbgraue  Toment  ent- 
schieden über  die  schwarze  Grundfarbe  vor.    Die  schwarzen  Punkte 


Die  Gattung  Platystoma  Meigen  (Dipt.).  73 

sind  kleiner,  mehr  isolieit  und  fließen  meist  nicht  zusammen.  Die 
Grundfarbe  der  Stirne  und  des  Scheitels  ist  niclit  schwarz,  sondern 
rot  bis  braun.  Der  in  gleicher  \\'eise  wie  bei  P.  seminationis  F. 
bestäubte  (4esichtsrücken  ist  breiter.  Die  4  hinteren  Schenkel  und 
Hüften  sind  bei  P.  seminationis  und  hiseta  posteroventral  einfach  und 
kürzei-  schAvarz  behaart,  hier  aber  mit  deutlich  längeren,  hell- 
gelben oder  rötlichen  Haaren  bedeckt.  Das  Endglied  der 
Vorderfüße  des  ^  hat  innen  und  außen  an  der  Spitze  wie  bei 
P.  hiseta  Loew  eine  lange  und  etwas  verbreiterte  Borste,  deren 
Si)itze  rot  ist. 

Auch  die  Flügelzeichnung  (Fig.  6)  ist  von  P.  seminationis  und 
hiseta  verschieden  und  gleicht  der  von  P.  tegidarium  Loew.  Die 
Grundfarbe  ist  ein  helles  Braun,  das  hinten  noch  mehr  verwaschen 
ist;  in  demselben  liegen  die  weißen  Tropfen  und  Punkte,  die  zahl- 
reicher als  bei  den  verglichenen  Arten  sind  und  außerdem  noch 
größere,  unpunktierte  dunkler  braune  Flecke.  Letztere  fehlen 
seminationis  und  hiseta  ganz ;  der  dunkle  Grund  ist  bei  diesen  gleich- 
mäßig tief  braun  und  zeigt  nur  die  weißen  Tropfen  in  geringerer 
Anzahl  und  relativ  größer. 

Körper  9 — 10  mm,  Flügel  8 — 9  mm  lang. 

Heimat.  Kleinasien,  Brussa;  Rumänien,  Tultscha,  Ungarn, 
Stäjerlak. 

5.  P.  rufimanuni  Loew  {^,  $). 
Loew,  Beschreib.  Europ.  Dipt.,  Vol.  3,  p.  284,   188  (1873). 

Eine  sehr  charakteristische  Art. 

Die  Unterschiede  dieser  Form  von  den  typischen  P  seminationis 
können  folgendermaßen  dargestellt  werden:  Die  Bestäubung  des 
Rückens  ist  dichter  und  ausgesprochener  ockergelb;  die 
schwarzen  Punkte  sind  kleiner,  stehen  weniger  dicht  und  fließen 
daher  nicht  zu  Linien  zusammen.  Am  Hinterleibe  des  $  ist  das 
3.  Tergit  nur  die  Hälfte  des  4.  lang  und  sind  auch  die  Tergite  3 
und  4  mit  Ausnahme  der  glänzend  schwarzen  Seitenränder  mit  einem 
gelblichen  Tomentnetzwerke  versehen,  das  nur  wenig  schütterer  als 
am  5.  ist.  Das  3.  Tergit  ist  etwas  länger  als  das  4.,  aber  kürzer 
als  das  4.  und  5.  zusammen. 

Die  Vorderfüße  des  ^  haben  dieselben  starken  und  verbreiterten 
Endborsten  wie  bei  P  hiseta  Loew.  An  den  Füßen  ist  nicht  nur 
die  Ferse  sondern  auch  das  nächste  und  manchmal  auch  das  3.  Glied 


74  Fhiedkich  Hendel, 

an  der  Wurzel  rot.  Die  Behaarung'  der  4  hinteren  Schenkel  ist 
etwas  verlängert  und  nicht  schwarz,  sondern  schimmert  gelblich-rot. 

Flügel  nach  Fig.  35.  Die  W  u  rz  e  1  h  ä  1  f t  e  der  Costa!-  und 
Basalzelle  sowie  die  ganze  Subcostalzelle  ist  fast 
un gefleckt  gelb.  Die  Costa,  die  Mediastina  und  Subcosta  sind 
lebhaft  gelbrot.  Die  Spitzenhälfte  des  Flügels  ist  wie  bei  P.  fraiien- 
feJdi  Now.  gebändert;  die  Wurzel  hälft  e  jedoch  ist  durch 
das  Zusammenfließen  der  großen  weißen  Punktflecke 
ganz  vorherrschend  hyalin  und  zeigt  die  braune  Farbe 
nur  als  zerrissenes  Netzwerk. 

Alles  übrige  wie  bei  P.  seminationis  F. 

Körper  und  Flügel  5,5—6  mm. 

Heimat.  Süd -Rußland  (Nachitschevar) ,  leg.  Dr.  Schnabl. 
Kaukasus  (Loew).  Ich  sah  ein  typisches  Exemplar  Loew's,  Elton- 
See,  leg.  Beckee.    Mann  sammelte  die  Art  in  Syrien. 

6.  Platijstotna  angustipenne  Loew  {(^,  $). 

Loew,  Neue  Beitr.  zur  Kenntn.   d.  Dipt.,   2.   Beitr.  p.   21,   48  (1854). 

„Plat.  seminationis  sehr  ähnlich,  aber  durch  verhältnismäßig 
längere  und  schmälere  Flügel  sehr  ausgezeichnet.  Das  Flügelgitter 
ist  feiner  und  nicht  so  dunkel;  die  Flügelwurzel  und  das 
Rand  mal  gelblich,  doch  liegen  auf  demselben  2  dunkle  Punkte; 
in  dem  Zwischenräume  hinter  dem  Randmale  steht  eine  ziem- 
lich zahlreiche  Reihe  kleiner  dunkler  Flecke;  nur  auf 
der  Flügelspitze  selbst  fließt  das  Schwarze  zu  größeren  Flecken  zu- 
sammen; vor  der  hintersten  Querader  ist  dies  nirgends  der  Fall. 
Die  kleine  Querader  ist  bis  vollständig  auf  das  2.  Drittel  der 
Discoidalzelle  fortgerückt.  Der  letzte  Abschnitt  des  Hinterleibes 
ist  ebenso  wie  bei  P.  seminationis  verlängert.  Die  Bestäubung  des 
Körpers  ist  überall  von  einer  braungraueren  Farbe  als  bei  jener. 
Größe  3  lin. 

Vaterland.    Moskau." 

Gleicht  dem  vorher  beschriebenen  P.  rufimanum  Loew  außer- 
ordentlich und  ist  durch  Folgendes  unterscheidbar.  Dem  (^  fehlen 
die  verlängerten  und  erweiterten  Borsten  am  letzten  Gliede  der 
Vorderfüße  vollständig,  wodurch  es  dem  typischen  P.  seminationis 
näher  kommt.  Beim  $  ist  das  3.  Abdominaltergit  so  lang  wie  die 
2  folgenden  zusammengenommen,  das  5.  wieder  kürzer  als  das  4. 
Beide  sind  in  ihrer  Gänze  dicht  seidenartig  gelbgrau  bestäubt  und 


d 


Die  Gattung  Platystoma  Meigen  (Dipt.).  75 

sehr  fein  schwarz  punktiert.  Das  3.  Tergit  ist  an  den  Seiten  glän- 
zend schwarz  und  in  der  Mitte  schütterer  tomentiert  und  gröber 
punktiert,  aber  immer  noch  derart,  daß  die  schwarzen  Punkte  alle 
isoliert  bleiben. 

Der  Flügel  nach  Fig.  84  ähnelt  dem  von  F.  seminationis  in 
Fig.  1  oder  2  dargestellten,  nur  sind  die  Costal-  und  Basalzellen- 
wurzel  sowie  die  Subcostalzelle  gelb  und  die  begrenzenden  Adern 
lebhaft  gelbrot,  ferner  die  hintere  Flügelhälfte  durch  Vermehrung 
und  teilweises  Ineinanderfließen  der  weißen  Punkte  vorherrschend 
hyalin  und  nicht  braun.  An  den  Füßen  ist  nur  die  Wurzel  der 
Fersen  rot.  —  Bei  einem  c^  fällt  nur  die  besondere  Stärke  der 
Vorderschenkelborsten  auf.     Alles  übrige  wie  bei  P.  nifimanum. 

Körper  5,5 — 7  mm  lang. 

Heimat.  Süd-Bußland  (Nachitschevar) ,  leg.  Dr.  Schnabl. 
Moskau  (LoEw).    Da  die  Type  ein  Unicum  ist,  lag  sie  mir  nicht  vor. 

7,  Plalijstonia  nitidiventre  n,  sp.  {^,  ?). 

Auch  diese  Art  gehört  wie  Fl.  seminationis  F.  zu  den  schwarz- 
fäßigen  und  ist  genannter  sehr  ähnlich,  weshalb  sie  am  besten  ver- 
gleichsweise mit  dieser  gemeinen  Species  beschrieben  wird.  Größe 
wie  bei  PI  fmuenfeldi  Now.,  auch  die  Kopffärbung  und  -bestäubung, 
namentlich  die  des  Gesichtes.  Die  Arista  ist  deutlich,  wenn 
auch  sehr  kurz  und  zart  behaart.  Die  Fühler  sind  nur 
etwas  kürzer  als  das  Gesicht.  Die  Behaarung  der  Stirn,  des  Rückens 
und  namentlich  des  Hinterleibes  ist  auffällig  länger  als  bei  den 
genannten  Arten,  besonders  beim  $. 

Das  wichtigste  Merkmal  liefert  der  Hinterleib.  Er  ist  in  beiden 
Geschlechtern  vollkommen  un bestäubt  und  ganz  glänzend 
schwarz.  Das  verlängerte  5.  Tergit  des  ^  ist  nur  IV^mal  so 
lang  wie  das  3.  und  4.  zusammen,  letzteres  etwas  länger  als  das  3. 

Füße  wie  bei  PI.  seminationis  F.,  nur  sind  die  Hinterfersen  an 
der  Wurzel  etwas  breiter  rot. 

Das  gleichmäßige  dunkle  Braun  des  Flügels  (Fig.  7)  wii'd  nur 
von  kleinen  weißen  Punkten  und  in  geringerer  Zahl  als  bei 
den  verwandten  Arten  durchbrochen.  Tropfen  von  der  Größe  wie 
bei  PJ.  seminationis  F.  fehlen  ganz.  Ähnlich  wie  bei  PL  fmuenfeMi 
No^v..  aber  nicht  auffällig,  geht  von  vorn  bis  nach  hinten  über  die 
hintere  Querader  eine  Querbinde,  die  aber  hier  durchwegs  nur  aus 
weißen  Punkten  besteht,  auch  neben  der  hin teren  Querader. 
Auch  die  unpunktierten,  einfach  braunen  Grenzräume  vor  und  hinter 


76  Friedrich  Hendel, 

dieser  Piinktquerbinde  sind  hier  vorhanden.  Die  erste  Hinterrand- 
zelle ist  jenseits  der  hinteren  Querader  weit  weniger  zusammen- 
gezogen als  bei  Fl.  seminationis  F.  Alles  Übrige  wie  bei  dieser  Art 
beschrieben. 

Körper  und  Flügel  5—5^3  mm  lang. 

Heimat.    Kaukasus,  Kusari,  Mai. 

8.  Flatystoma  Uvtiventre  Loew  {^,  $). 
LOEW,  in:  Berlin,  entomol.  Ztschr.,  Vol.  9,  p.  241,  21   (1865). 

Pedibus  totis  nigris,  tegulis  minutis,  alis  nigris,  guttulis  pellucidis 
subaequaliter  aspersis,  abdomine  latiusculo,  ultimo  segmento  maris 
praecedentibus  tribus  simul  sumptis  breviore,  quarto  foemine  reliquis 
singulis  longiore.  —  Long.  corp.  2^/4—8712  lin.,  Long.  al.  3  bis 
3^/12  lin. 

„Diese  leicht  kenntliche  Art  hat  in  der  Flügelzeichnung  noch 
die  meiste  Ähnlichkeit  mit  Fiat,  seminationis,  doch  ist  das  Flügel- 
gitter dichter  und  gleichmäßiger  als  bei  dieser,  so  daß  keine  deut- 
lichen Querbinden  erscheinen  und  die  ganzen  Flügel  viel  schwärzer 
aussehen.  Die  Ocellen  haben  ungefähr  dieselbe  Stellung  wie  bei 
Fiat,  tegularia,  d.  h.  sie  sind  einander  weniger  genähert  als  bei  den 
meisten  anderen  Arten,  Die  Deckschüppchen  sind  erheblich  kleiner 
als  bei  Fiat,  umhrarum.  Der  Bau  des  verhältnismäßig  breiten 
Hinterleibes  ist  für  diese  Art  sehr  charakteristisch;  bei  dem  (J 
ist  der  letzte  Abschnitt  desselben  erheblich  kürzer  als  die  3  vorher- 
gehenden zusammen;  die  beiden  ersten  miteinander  verwachsenen 
Abschnitte  des  weiblichen  Hinterleibes  sind  ziemlich  kurz,  der  3.  Ab- 
schnitt sehr  kurz;  der  4.  zeichnet  sich  durch  seine 
Länge  aus  und  übertrifft  hierin  den  ebenfalls  ziemlich 
langen  5.  Abschnitt." 

„Vaterland.    Kutais."' 

Ich  habe  ein  typisches  (^  aus  dem  Berliner  Museum  vor  mir, 
es  stammt  aus  Amaria  in  Kleinasien.  Die  2  glänzend  schwarzen 
Flecke  unten  in  den  Fühlergruben  sind  in  der  Mitte  miteinander 
verbunden  und  bilden  also  ein  glänzend  schwarzes  Querband,  während 
der  Mundrand  seitlich  darunter  gelbrot  ist.  Die  graue  Bestäubung 
des  oberen  Gesichtes  zieht  in  der  Mitte  nur  als  feine  gerade 
Linie  zum  Mundrande  hinab.  Arista  sehr  zart  pubeszent.  Lunula, 
Wangen  und  Backengruben  rotbraun. 

Körpertomen t  gelbgrau.  Der  Thoraxrücken  zeigt  4  sehr  deutliche 


Die  Gattung  Platystonia  Meigen  (Dipt.).  77 

Läiigsstriemeii.  aus  s^lnvarzen  Punkten  zusammengeflossen,  die  seit- 
lichen sind  an  der  Queinaht  unterbrochen. 

Das  5.  Teroit  des  (^  ist  nur  wenig'  länger  als  die  Tergite 
3  und  4  zusammengenommen.  5.  Sternit  wie  bei  P.  seminationis  F. 
Nur  die  Behaarung  an  der  Unterseite  der  Schenkelringe  ist  gelblich. 
Bauchliaut  gelb.  Füße  schwarz,  kaum  an  der  äußersten  Fersen wurzel 
rotbraun,  üas  letzte  Fußgiied  der  breiten  Vorderbeine  zeigt  außen 
und  innen  ähnliche  Borsten   wie  P.  rufimanum,   hiseta  und  valachiae. 

Flügel  nach  Fig.  88.  also  dem  von  P.  seminationis  Fabr.  wirklich 
sehr  ähnlich.  Als  Unterschied  möchte  ich  anführen,  daß  die  Anal- 
zelle bei  P.  seminationis  hyalin  ist  und  nur  einen  braunen  Punkt  in 
der  Mitte  enthält,  während  sie  bei  lativentre  3  solcher  brauner 
Punkte  zeigt. 

Schwingerkopf  dunkelbraun.  Thoraxschüppchen  doppelt  so 
lang  wie  das  des  Flügels. 

Körper  und  Flügel  8  mm  lang. 

9.   PJaty Stoma  sHbf'asciattnit  Loew  ((^.  $). 
LoEW,  in:  "Wien,  entomol.  Monatsschr.,  Vol,   6,  p.   173,   68  (1862). 

Ebenfalls  dem  P.  seminationis  F.  bis  auf  die  im  Folgenden  an- 
gegebenen Unterschiede  gleichend  und  dem  P.  bessii  sehr  nahe 
stehend.  Am  leichtesten  kenntlich  ist  diese  Art  durch 
das  in  der  ganzen  unteren  Hälfte  unbestäubte,  daher 
glänzend  schwarze  Gesicht.  Nur  der  obere  Gesichtsteil  unter 
den  Fühlergruben  und  oberhalb  der  Querfurche  ist  grau  bereift; 
aber  selbst  hier  ist  die  Medianlinie  des  Gesichtslängsrückens  viel- 
fach glänzend  schwarz.  —  Die  Fühler  stehen  wie  bei  P.  subtile 
Loew  beträchtlich  unterhalb  der  Augenmitte,  bei  P.  seminationis  F., 
rufimanum  Loew  und  hez^ii  n.  sp.  der  Augenmitte  gegenüber. 

Wangen,  Backengruben,  der  seitliche  Mundrand  und  das  2.  Fühler- 
glied sind  rot.  Stirne,  Lunula  und  die  übrigen  Fühlerglieder  sind 
schwärzlich-rotbraun.  Die  Arista  ist  sehr  zart  und  fein,  aber  doch 
sichtbar  pubesziert.  Der  untere  Hinterkopf  und  die  posteroventrale 
Seite  der  4  Hinterschenkel  ist  mit  längeren  gelblichen  Haaren  be- 
setzt. Der  Kopf  ist  stärker  von  vorne  her  zusammengedrückt,  hinten 
aber  weniger  gepolstert  als  bei  P.  seminationis  F. 

An  den  Füßen  sind  die  Wurzeln  der  Vorderfersen,  die  ^Mittel- 
ferse  mit  Ausnahme  der  Spitze  und  die  ersten  2  Glieder  der  Hinter- 


78  Friedrich  Hendel, 

füße  rotgelb.  Die  Voiderfüße  haben  außen  keine  verlängerte  End- 
borste. 

Das  5.  Tergit  des  (^  ist  nur  IV^nial  so  lang  wie  das  4. 
oder  das  gleichlange  3.  Der  Hinterleib  ist  dichter  als  bei  P.  semi- 
nationis  F.  tonientiert.  Der  umgeschlagene  Seitenrand,  der  bei  dieser 
Art  glänzend  schwarz  ist,  ist  hier  dicht  grau  tomentiert  und  schwarz 
punktiert.  Die  Behaarung  des  Hinterleibsrückens  schimmert  stellen- 
weise rot.  Beim  $  ist  das  3.  Tergit  etwas  länger  als  das  4.  und 
dieses  unbedeutend  länger  als  das  5.  Die  Tomentflecke  des  4.  und 
auch  des  3.  Tergites  sind  weitaus  intensiver  und  dichter  als  bei  P. 
seminationis. 

P.  subtile  LoEw  ist  im  (^-Geschlechte  sehr  leicht  von  unserer  Art 
zu  unterscheiden.  Das  $  wird  sich  aber  außer  durch  die  Gesichts- 
bestäubung durch  die  dunkleren  Flecke  auf  dem  hellbraunen  Grund 
des  Flügels,  die  P.  subfasciatum  Loew  fehlen,  charakterisieren,  sowie 
durch  die  helleren  Schwingerköpfe. 

Die  Flügelzeichnung  und  -aderung  wird  durch  die  Fig.  8  dar- 
gestellt. Die  weißen  Tropfen  des  Gitters  sind  sehr  klein, 
stehen  viel  dichter  als  bei  den  verwandten,  vorhergehenden  Arten 
und  enthalten  außerdem  je  ein  kleines,  dunkleres 
Zentralpünktchen,  was  namentlich  bei  dem  sehr  ähnlichen 
Flügel  des  P.  bessü  nicht  der  Fall  ist.  Die  „2  fast  ungegitterten 
Querbinden"  beiderseits  der  hinteren  Querader  sind  ähnlich  wie  bei 
den  anderen  Arten  erkennbar.  Die  Grundfarbe  des  Flügels  ist  kein 
sehr  intensives,  ziemlich  gleichmäßiges  Braun,  ohne  dunklere  Flecke. 

Schwinger  und  Schüppchen  wie  bei  P.  seminationis  Fab. 

Körper  und  Flügel  5—6  mm  lang. 

Heimat:  Türkei  (Loew);  Kleinasien  (Brussa).  Typische  Stücke 
LoEw's,  die  mir  vorlagen,  stammten  aus  Varna  am  Schwarzen  Meere, 
das  seinerzeit  wohl  türkisch  war, 

10.   JPlatystonia  he^^^ii  n.  sp,  {<^,  $). 

Eine  schwarze  Art  mit  „kurzen"  Schüppchen  vom  Habitus  der 
typischen  P.  seminationis  F.,  aber  mit  roten  Fersen,  länger  und  gelb- 
lich behaarten  Hinterschenkeln  und  einem  5.  Tergit  des  männlichen 
Hinterleibes,  das  nur  172nial  so  lang  ist  wie  das  3.  und  4.  zusammen- 
genommen. 

Die  von  P.  seminationis  F.  gegebene  Beschreibung  gilt  auch  für 
diese  Art  mit  folgenden  Einschränkungen.  Lunula,  Wangen  und 
Backengruben  sind  rot;  die  Stirne  ist  von  rotbrauner  Grundfarbe. 


Die  Gattung  Platystoma  Meigen  (Dipt).  79 

Au  den  Füßen  sind  die  Wnrzelhälfte  der  Vorderfersen  und  die 
hinteren  Fersen  mit  Ausnahme  der  Spitze  gelbrot.  —  Der  graue 
Keif  des  Gesichtsrückens  zielit  sich  nocli  sclimäler  als  bei  P.  semi- 
nationis  und  nur  als  Linie  bis  zum  Mundrand  herab. 

Das  4.  Abdominaltergit  des  $  ist  etwas  länger  als  das  3.  oder  5. 
Auch  hier  tritt  die  grauliche  Tomentpunktierung  am  3.  Tergit  $ 
schon  sehr  stark  zurück  und  sind  namentlich  die  Seiten  der  Tergite 
3  und  4  ganz  glänzend  schwarz,  wie  beim  $  von  P.  seminationis  F. 

Die  Vorderfüße  des  ^  besitzen  außen  am  Endglied  keine 
verlängerte  Borste. 

Flügel  nach  Fig.  9  gegittert  und  geädert,  also  der  Fig.  1  von 
P.  scminuiionis  F.  außerordentlich  ähnlich.  Die  weißen  Punkte  sind 
klein,  stehen  dicht  und  enthalten  keinen  dunkleren  Kern.  Bemerkens- 
wert erscheint  mir,  daß  von  den  2  weniger  gegitterten  braunen 
Querbinden  der  hintere  Teil  der  basalen,  der  durch  die  Discal-  und 
3,  Hinterrandzelle  läuft,  am  besten  konserviert  bleibt. 

Schüppchen  und  Schwinger  wie  bei  P.  seminationis  F. 

Körper  und  Flügel  5—6  mm  lang. 

Anm.  P.  suhfasciatum  Loew  hat  ein  ganz  glänzend  schAvarzes 
Untergesicht,  Zentralkerne  in  den  weißen  Flügelpunkten  und  unter- 
halb der  Augenmitte  inserierte  Fühler. 

P.  subtile  Loew  hat  hellbraunen  Flügelgrund,  der  mit  weißen 
Punkten  und  größeren,  dunkler  braunen  Flecken  besetzt  ist.  Auch 
bei  ihm  stehen  die  Fühler  unterhalb  der  Augenmitte.  Sein  Schwinger- 
kopf ist  hellbraun. 

P.  valachiae  ist  größer  und  hat  im  allein  bekannten  männlichen 
Geschlechte  lange  verbreiterte  Endborsten  am  letzten  Glied  der 
Vorderfüße,  sowie  ein  sehr  langes  5.  Abdominaltergit.  Seine  Flügel- 
zeichnung ist  auch  verschieden. 

Das  kleine  P.  ohtusiim  n.  sp.  zeichnet  sich  durch  den  in  der 
Übersichtstabelle  angegebenen  Kopfbau  aus. 

P.  latkentre  Loew  ist  schon  durch  „pedibus  totis  nigris" 
verschieden ;  auch  ist  es  größer  und  breiter  und  hat  an  der  Mündung 
der  1.  Hinterrandzelle  keinen  weißen  Punkt.  Die  weiße  Punktierung 
seiner  Flügel  ist  kleiner  und  auch  schütterer,  seine  Schüppchen  sind 
länger. 

Heimat.  Mittel-Italien,  Macerata,  Mai,  Juni;  Süd-Italien,  Cala- 
brien;  entdeckt  von  Prof.  Dr.  M.  Bezzi  und  deshalb  ihm  zu  Einen 
benannt. 


gQ  Friedrich  Hendel, 

11.  Platy Stoma  subtile  Loew  {^,  $). 

LoEW,    in:    Ztschr.  ges.  Naturw.,  Vol.  32,    p.   10,   7  (1868)    und  Beschr. 

Europ.  Dipt.,  Vol.  3,  p.  281,   185  (1873). 
RONDANi,  Dipt.  Ital.  Prodi-.,  Vol.  7,  Fase.  3,  p.  36,  9  {Megaglossa)  (1869). 

Diese  Art  gleicht  im  ganzen  Aussehen  und  in  der  Größe  dem 
P.  tegularium  Loew,  var.  gemmationis  Rond.  so  sehr,  daß  sie  leicht 
mit  ihm  verwechselt  werden  kann,  wenn  man  nicht  die  viel 
kürzeren  Thoraxschüppchen  in  Betracht  zi^it. 

Die  Unterschiede  sind  außerdem  folgende.  Die  Bestäubung  des 
Gesichtsrückens  zieht  sich  in  stumpfer,  dreieckiger  Spitze  zum 
Mundrand  herab.    Arista  wie  nackt. 

Das  5.  Tergit  des  S  ist  so  lang  wie  der  halbe  Hinterleib 
und  2mal  so  lang  wie  die  Tergite  3  und  4  zusammen- 
genommen. Das  präanale  Sternit  des  ^  ist  glatt  und  konvex, 
hinten  ausgebuchtet,  ohne  keglige  Zapfen.  Beim  $  ist  das 
4.  Tergit  etwas  länger  als  das  5.  oder  das  3.  —  Der  Schwingerkopf 
ist  dunkelbraun. 

Alles  übrige  wie  bei  P.  tegularium  {var.  gemmationis  Rond.),  so 
insbesondere  die  Taster,  die  Färbung  der  Füße,  die  Behaarung,  die 
Tomentierung  des  Hinterleibes,  der  Flügel. 

Die  Thoraxschüppchen  sind  nicht  ganz  doppelt  so  lang  wie  die 
Flügelschüppchen,  sondern  deutlich  kürzer. 

Unter  den  schwarzen  Arten  mit  „kurzen"  Thoraxschüppchen 
haben  teilweise  rote  Füße:  P.  valachiae,  suhfasciatum  Loew  und 
iezMi  n.  sp.  P.  valachiae-^  hat  aber  2  verlängerte  Borsten 
am  Endglied  der  Vorderfüße  und  ein  viel  längeres  5.  Tergit.  Das 
$  kenne  ich  nicht.  Es  wird  sich  aber  durch  die  verschiedene  Be- 
stäubung des  Gesichtsrückens  und  durch  das  Fehlen  der  dunkleren 
braunen  Flügelflecke  unterscheiden  lassen.  P.  suhfasciatum  Loew 
hat  die  ganze  untere  Gesichtshälfte  unbestäubt  und  glänzend  schwarz. 
P.  heszii  zeigt  am  glänzend  schwarzen  Epistom  nur  einen  grauen 
Mittelstrich  und  gleichmäßig  tief  dunkelbraune  Grundfarbe  des 
Flügels;  die  dunkler  braunen  Flecke  außer  den  weißen  Punkten 
fehlen  ihr  vollständig.  Ihr  Hinterleib  ist  weitaus  weniger  dicht 
tomentiert,  namentlich  beim  $,  während  bei  P.  subtile  Loew  die 
Tomentierung  in  beiden  Geschlechtern  gleich  dicht  ist.  Das  5.  Tergit 
des  ^  von  hessii  ist  kürzer. 

P.  oUusiim  n.  sp.,   die  dem  P  subtile  am  nächsten  steht,  unter- 


Die  Gattung  Plat3'stonia  Meigen  (Dipt.)  Qi 

scheidet  vor  allem  schon  die  viel  g-eringere  Größe.  Man  vergleiche 
das  über  diese  Art  Gesagte  zum  besseren  Verstcändnis. 

P.  (icmmationis  Rond.  hat  auch  zum  Unterschiede  einen  gleich- 
mäßig braunen,  nicht  dunkler  gefleckten  Flügelgrund. 

Den  Flügel  von  P.  snhtiJe  Loew  stellt  die  Fig.  10  dar.  Der 
Grund  ist  hellbraun,  im  Stigma  und  an  der  Flügelwurzel  gelbbraun. 
Er  wird  von  sehr  zahlreichen,  dicht  stehenden  weißen  Punkten 
durchbrochen,  die  Zentralkerne  besitzen  und  zeigt  außerdem  größere, 
dunkler  braune  Flecke  —  so  2  unter  dem  Stigma,  einen  um  die 
kleine  Querader  herum  und  einen  darunter  an  der  Posticalis.  alles 
Reste  jener  „weniger  punktierten"  braunen  Querbinde  vor  der 
hinteren  Querader.  Avährend  die  gleiche  solche  Querbinde  jenseits 
derselben  auch  durch  3—4  solcher  isolierter  dunkler  Flecke,  unter 
der  Mündung  der  Radialis  gelegen,  der  ehemaligen  Lage  nach  an- 
gedeutet wird.  —  Flügeladern  dunkelbraun,  basal  selbst  rotgelb. 

Die  Thoraxschüppchen  sind  etwas  länger  und  breiter  als  l)ei 
P.  seminationis  F.  und  ca.  2  mal  so  lang  wie  die  Flügelschüppchen. 
Der  Seh wingerkopf  ist  hellbraun. 

Körper  und  Flügel  6 — 7  mm  lang. 

Heimat.  Sicilien.  Ich  sah  tj^pische  Stücke  aus  dem  Berliner 
Museum,  von  Mann  in  Sicilien  gesammelt. 

A  n  m.  LoEw's  Beschreibung  ließe  eher  auf  P.  hisularum  Rond. 
schließen  und  ist  irreführend.  In  der  Beinfärbung  ist  P.  lugnhre 
und  P.  subtile  absolut  nicht  gleich.  * 

12.  JPlatystotna  ohtusmn  n.  sxp,  ((^,  $). 

Dem  P.  suhtile  Loew  sehr  ähnlich,  aber  viel  kleiner  und  noch 
durch  Folgendes  verschieden. 

Die  Stirne,  die  Lunula,  die  Fühler  und  das  ganze  Gesicht  sind 
schwarzbraun  oder  ganz  schwarz.  Bei  P.  subtile  Loew  ist  die  Stirne 
rotbraun,  die  Lunula,  die  Fühler  und  der  Mundrand  rot. 

Arista  nackt.  Das  Epistom  ist  kürzer,  tritt  weniger  vor  und 
ist  in  der  ganzen  Mitte,  in  der  Breite  des  Gesichtsrückens,  bis  zum 
Mundrande  grau  bestäubt.  Die  wichtigsten  Unterschiede  liegen  in 
den  Kopfdimensionen,  wie  sie  in  der  analytischen  Tabelle  angegeben 
werden. 

Eine  Eigentümlichkeit  von  P.  subtile  ist  bei  den  mir  vorliegenden 
Stücken  die  stärkere  Wölbung  der  Vorderstirne  oberhalb  der  Stirn- 
spalte und  die  schon  von  Loew  erwähnte  längere  und  raschere  Be- 
haarung.   Bei  obtusum  ist  die  Stirne  ganz  eben. 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    .\bt.  f.  Syst.  ^ 


^2  Friedrich  Hendel, 

Die  Taster  sind  schwarz.  Backengruben  rotbraun.  Körper- 
toment  gelbgrau.  AVährend  bei  P.  subtile  Lw.  die  Thoraxpunktierung 
zu  deutlichen  Längsstriemen  zusammenfließt,  bleiben  die  Punkte 
hier  isoliert.  Dennoch  zeigt  der  Rücken  aber  dunklere,  oliven- 
l)raune  Längsstriemen,  die  durch  einen  heller  grauen  Medianzwischen- 
raum getrennt  werden. 

Das  5.  Tergit  des  (^  ist  mehr  als  3mal  so  lang  wie 
die  sehr  kurzen  Tergite  3  und  4  zusammengenommen.  Beim  $  sind 
die  Tergite  3—5  ungefähr  gleich  lang.  Die  Tomentierung  ist  beim 
cT  dieselbe  wie  bei  P.  subtile  Lw.  Das  2.  Tergit  ist  einfarbig  grau, 
die  dahinter  liegenden  sind  dicht  und  heller  grau  als  der  Thorax 
tomentiert.  Die  durch  die  glänzend  schwarze  Farbe  gebildete 
Punktierung  ist  in  der  Mitte  der  Tergite  dichter  und  fließt  vielfach 
zusammen.  Am  dichtesten  ist  der  Seiten-  und  Hinterrand  des 
5.  Tergites  tomentiert.  —  Beim  $  sind  die  Tergite  3  und  4  ganz 
vorherrschend  glänzend  schwarz  und  nur  undeutlich  weißgrau  punk- 
tiert; das  5.  Tergit  dagegen  ist  dicht  tomentiert  und  schwarz  punk- 
tiert. Die  Behaarung  des  Abdomens  schimmert  gelblich-weiß,  die 
längeren  Haare  aller  Schenkel  rötlich-gelb. 

Beine  und  Füße  wie  bei  P  subtile  gefärbt. 

Flügel  nach  Fig.  11  gezeichnet  und  geädert.  Die  Flügel wurzel 
und  die  Subcostalzelle  sind  etwas  gelblich  fingiert.  Das  Braun  des 
Flügels  ist  wenig  intensiv.  Die  weißen  Punkte  sind  kernlos;  sie 
stehen  wohl  ziemlich  dicht  beisammen,  sind  aber  nicht  so  klein  wie 
bei  tegularium  Loew.  Die  braune  Querbinde  vor  der  hinteren  Quer- 
ader ist  bis  zum  Hinterrande  des  Flügels  entwickelt  und  nur  ganz 
vorn  etwas  weiß  punktiert.  An  der  Spitze  der  1.  Hinterrandzelle 
liegt  ein  weißer  Punkt. 

Schüppchen  und  Schwinger  wie  bei  P.  seminationis  Fab. 

Körper  und  Flügel  4,5  mm  lang. 

Heimat.    Kaukasus,  Araxestal  (Reittee). 

13.  Platystoftia  tegularium  Loew  {^,  $). 

Loew,    in:    Wien,    entomol.    Monatsschr.,  Vol.  3,    p.    157,  2  (1859)    und 

in:   Berlin,  entomol.   Ztschr.,   Vol.   6,  p.   87,   81   (1862)  pro  parte. 
Schinee,  Fauna  Austriaca,  Vol.  2,  p.  83  (1864). 
Steobl,  Dipt.  von  Steierm.,   2.  Nachtr.,  p.    189   (1909). 

Von  schwarzer  Grundfarbe  sind  der  Thorax,  Schild,  Hinter- 
leib, Hüften,  Schenkel  und  Schienen  und  der  Hinterkopf. 


Die  Gattung  Platystoma  Meigkn  (Dipt.).  ^ij 

Gelbiot  sind  die  Lumila,  die  Facialieii.  das  Epistoni;  hell 
lotbraim  oder  rot  die  Wangen  und  Backengruben,  die  Fühler  und 
die  Tasterspitzen.  Glänzend  schwarz,  un  bestäubt  sind:  je 
ein  Fleck  unten  an  den  Pli  hl  ergruben,  teilweise  das  Prälabrum, 
Schenkel  und  Schienen  —  nur  die  Vorderschenkel  sind  hinten  zart 
überreift  und  i)unktiert  — ,  die  Genitalien  und  die  Punkte  und 
schwarzen  Stellen  des  Hinterleibes,  während  die  des  Thorax  und 
des  Schildes  matt  sind. 

Die  Farbe  des  Körper tomentes  ist  gelbgrau,  am  Kopfe 
heller;  es  ist  etwas  dichter  als  bei  P.  seminationis  F.  Letzteres  er- 
scheint aus  der  Ferne  schwarz,  tegidarium  schon  mehr  mäusefarben. 

Die  Behaarung  ist  gelblich  und  länger:  am  unteren 
Hinterkopf,  an  den  Pteropl euren,  an  der  Brust,  den  4  hinteren 
Hüften  und  an  der  Unter-  und  Hinterseite  der  4  breiteren  Schenkel. 
Die  übrige  Grundbehaarung  des  Körpers  und  der  Stirne  ist 
kurz  und  schwarz;  ebenso  sind  alle  Borsten  schwarz.  Die 
l'nterseite  der  Vorder-  und  Hinterschienen  und  -fuße  ist  goldigrot 
pubesziert. 

Stirne  so  breit  und  in  gleicher  Weise  wie  bei  P.  seminatmies  F. 
bestäubt  und  punktiert,  aber  von  roter  bis  rotbrauer  Grund- 
farbe, die  auf  der  Vorderstirne  noch  heller  sein  kann. 

Gesichtsrücken  und  Fühlergruben  rötlich  bis  schwarz,  aber 
dicht  weißgrau  bestäubt;  die  unteren  Enden  der  letzteren  glänzend 
schwarz.  M u n d r a n d  rotgelb,  in  der  Mitte  mit  einer  breiten 
und  oft  stumpfen  Spitze  der  Bestäubung,  die  sich  von 
oben  herabzieht. 

Ocellen-  und  Scheitelplatten  und  oberer  Rand  des  Cerebrales 
rot  bis  rotbraun,  erstere  dicht  bestäubt.  Oberer  und  jmterer  Hinter- 
kopf sonst  wie  bei  P.  seminationis  F.  gefärbt  und  bereift. 

Fühler  '^/ß  des  Gesichtes  lang,  rot  bis  rotbraun,  seltener  stärker 
verdunkelt.  Arista  sehr  kurz  und  zart,  aber  doch  sichtbar  pubes- 
ziert. —  Prälabrum  in  der  Mitte  oft  rot;  oben  und  unten  mit  Toment- 
rändern.   Die  roten  Taster  spitzen  schimmern  weiß. 

Die  Tomentierung  und  schwarze  Punktierung  des  Thorax  und 
Schildes  ist  dieselbe  wie  bei  P.  seminationis  F.,  doch  kann  man  hier 
auf  dem  Rücken  vier  breite  Striemen  erkennen,  die  durch  dichtere 
Punktierung  gebildet  werden.  —  Schild  unbehaart. 

Am  Hinterleibe  des  ^  ist  das  5.  Tergit  unbedeutend  verlängert, 
nur  P  ., — l^'oiii^l  ^^  laui?  '^'iG  eines  der  beiden  gleichlangen  Tergite 
8  oder  4.    J5eim  $  sind  die  Tergite  3  und  4   fast  gleich   lang,  das 

6* 


g4  Friedrich  Hendel, 

5.  etwas  kürzer.  Zum  Unterschiede  von  P.  seminationis  F.  sind  hier 
^  und  $  am  Hinterleibe  ziemlich  gleich  dicht  tomentiert  und  punk- 
tiert, in  der  Art  wie  beim  ^  der  genannten  Species.  Die  Seiten- 
ränder der  Tergite  und  der  Hinterrand  des  5.  sind  nur  schmal 
glänzend  schwarz:  die  vorderen  Tergite  seitlich  weniger  tomentiert 
als  in  der  Mitte.  Am  Vorderrande  der  Tergite  3  und  4  zeigt  sich 
häufig  ein  kleines,  nach  hinten  gerichtetes  Tomentspitzchen.  In 
der  Medianlinie  des  ganzen  Abdomens  schimmern  die  Härchen  viel- 
fach gelblich. 

Das  5.  Tergit  des  ^  ist  hinten  in  der  Mitte  seicht  aus- 
gerandet  und  mit  2  kegelförmigen,  nach  vorne  gerichteten 
Zapfen  versehen.    Die  Parameren  sind  hellrot. 

Die  roten  Partien  der  Füße  variieren  etwas  in  der  Ausdehnung. 
Bei  den  dunkelsten  Stücken  sind  an  den  4  vorderen  Füßen  das  1. 
und  2.  Glied  fast  bis  zur  Mitte  rot,  der  Rest  schwarz.  An  den 
hinteren  Füßen  ist  nur  die  Spitze  dieser  lebhaft  roten  Glieder 
schwarz.  Bei  den  hellsten  Exemplaren  sind  fast  die  ganzen  Füße 
hellrot  —  die  hintersten  immer  am  lichtesten,  die  mittleren  dunkler 
— ,  gegen  das  Ende  zu  allmählich  mehr  oder  weniger  verdunkelt. 

Flügel  nach  Fig.  12.  Der  Grund  ist  hellbraun,  dicht  mit 
kleinen  weißen,  kernlosen  Punkten  besät,  und  mit  größeren,  inten- 
siver braunen  Flecken  in  derselben  Anordnung  wie  bei  P.  subtile 
beschrieben,  versehen.  Die  weißen  Punkte  bei  subtile  zeigen  einen 
kleinen,  etwas  dunkleren  Zentralkern.  Die  äußerste  Spitze  der 
1.  Hinterrandzelle  ist  dunkelbraun  und  enthält  keinen  weißen  Punkt; 
bei  subtile  ist  dies  der  Fall. 

Das  Thoraxschüppchen  ist  sehr  lang  und  breit,  gut  dreimal  so 
lang  wie  das  Flügelschüppchen.  Schwinger  ockergelb,  nur  die  Basis 
des  Kopfes  braun. 

Körper  8—11  mm,  Flügel  7 — 10  mm  lang. 
Heimat,     Krain,   Görz,  Triest,  Pola.  Juni;   Ungarn.  Mehadia, 
Juni;  Steiermark,  Lichten wald  (Steobl). 

14.  P.  geinniatioiiis  Roxdani  ((^,  $j. 

P.  gemmaiionis  EOKDANI,  Dipt.  Ital.  Prodr.,  Vol.  7,  Fase.  3,  p.  35,  5;  $ 
{Megaglossa)  (1869). 

Syn. :  P.  tegularmm  EoxDAXi,  Dipt.  Ital.  Prodr,,  Vol.  7,  Fase.  3,  p.  34, 
3;  J  {Megaglossa)  (1869).  —  Pandelle,  Etud.  sur  les  Museid., 
P.  3,  p.  445,  Caen  (1902), 


Die  Gattiiug  Platystoma  Meigen  (Dipt.).  g5 

Diese  Form  unterscheidet  sich  von  P.  tegularium  Loew  durch 
die  geringere  Größe,  nur  5 — 7,5  mm  Körperlänge,  gegen 
8 — 11  mm  und  durch  die  schwarzen  Taster,  deren  Spitzen 
nicht  hellrot,  sondern  auch  ganz  dunkelbraun  bis  schwarz  sind.  Der 
silberige  Keif  der  Tasterspitzen  ist  allen  Arten  gemein. 

Während  sich  die  matte  Bestäubung  des  Gesichtsriickens  bei 
P.  ieyidarium  Loew,  in  einer  breiten  und  stumpfen,  meist  dreieckigen 
Spitze  auf  den  Mundrand  herabzieht,  bildet  sie  hier  auf  letzterem 
nur  einen  weißgrauen  Strich  von  gleicher  Breite. 

Bei  den  kleinen  Stücken  ist  auch  die  Anzahl  der  weißen  Flügel- 
l)unkte  (Fig.  13)  eine  geringere  als  bei  P  tegularium  Loew,  so  zählt 
man  im  Durchschnitt  in  der  ersten  Hinterrandzelle  15.  in  der  zweiten 
S)  Punkte,  gegen  20  und  16  bei  P.  tegularium.  Doch  gibt  es  mit 
geringerer  Körpergrößendifferenz  auch  Übergänge.  Wichtiger  ist 
der  Umstand,  daß  der  Flügelgrund  stets  gleichmäßiger  braun  ge- 
färbt ist  und  deshalb  die  dunkelbraunen  Flecke,  die  bei  P.  tegu- 
lorium  Lw.  beiderseits  der  hinteren  Querader  so  stark  hervortreten, 
nicht  sichtbar  werden  oder  kaum  auffallen. 

Alles  übrige  wie  bei  der  LoEw'schen  Art  beschrieben. 

Vorkommen.  Kärnten,  Tarvis.  Eaibl  (Juli);  Krain,  Loitsch; 
Istrien.  Ossero  (Juni);  Triest  (Mai);  Ungarn.  Agram,  Budapest, 
Kalocza:  Rumänien.  Ganz  Italien:  Pavia,  Parma.  Macerata;  Ca- 
labrien  (Antonimina),  Sicilien.  Süd-P'rankreich,  Hj-eres  (März) ;  Tarbes 
(Hautes  Pyrenees  —  Paxdelle);  Marseüle. 

Anm.  P  gemmationis  Eoxd.  ist  nur  das  $  von  P  tegularium 
KoND..  was  aus  der  relativen  Längeuangabe  der  Abdominaltergite 
hervorgeht.  Von  P  gemmationis  heißt  es:  „Abdominis  segmento 
ultimo  non  aut  vix  lougiore  praecedente*',  was  nur  für  ein?  stimmt; 
von  P.  tegularium:  „Abdominis  segmentum  ultimum  sat 
longius  praecedente",  was  nur  beim  ^  zutrifft.  Die  an- 
gegebenen Färbungsunterschiede  der  Füße  sind  beim  S  und  $ 
gleichmäßig  anzutreffen.  Weitere  wesentliche  Unterschiede  werden 
nicht  angegeben. 

Die  „palpi  fusei"  des  P.  tegularium  Rond.  weisen  darauf 
hin,  daß  die  vorige  Art  nicht  gemeint  ist.  Auch  ist  mir  unter  dem 
ganzen  italienischen  Materiale  Prof.  Bezzi's  kein  Stück  der  P  tegu- 
larium s.  Str.  vorgekommen.  Die  LoEw'sche  Art  ist  wahrscheinlich 
eine  Mischart  aus  beiden,  da  der  Autor  in  seiner  Originalbeschreibung 
italienische  und  französische  Stücke  erwähnt,  von  Schineh  aber 
auch  die  Form  mit  roten  Tasterspitzen  kannte,  wofür  ja  auch  seine 


36  Friedrich  Hrndel, 

Größenangabe  spricht.  Obwohl  nun  der  Name  P.  gemmationis  Rond. 
einem  Irrtum  das  Entstehen  verdankt,  so  kann  er  dennoch  für  unsere 
Art  angenommen  werden. 

15.  Pfatystonia  hifaseiatuin  Beulle  {^.  $). 

Beulle,  Exped.  de  Moree,  Vol.  3  (Insect.),  p.  323,  713,  tab.  47,  fig.  12 

(1832). 
SCHINEE,  Fauna  Austr.,  Vol.  2,  p.  84  (1864). 
LOEW,  in:  Berlin,  entomol.  Ztschr.,  Vol.  6,  p.  87,  81   (1832)  sds  P/ali/st. 

tegularia?  ^. 

Diese  Form  ist  von  der  vorigen  nur  durch  geringe  Unterschiede 
getrennt.  Die  Größe  ist  dieselbe  (Körper-  und  Flügellänge  5 — 7,5  mm). 
Das  Kolorit  der  Bestäubung  ist  aber  nicht  gelbgrau,  sondern 
rein  aschgrau  bis  bläulich- grau.  Die  matt  schwarzen 
Punkte  des  Thoraxrückens  stehen  dichter,  sind  aber 
vollkommen  isoliert  voneinander,  nie  zu  Längsstriemen 
geordnet,  sondern  gleichmäßig  verteilt.  Die  Gesichtsbestäubung 
tritt  mit  einer  dreieckigen  Spitze  auf  den  Mundrand  über. 

Die  von  Brülle  erwähnten  2  braunen,  ungefleckten  Flügel- 
partien beiderseits  der  hinteren  Querader  (Fig.  14)  nach  Art  von 
Querbinden  treten  nicht  immer  gleich  deutlich  hervor,  wenigstens 
nicht  schärfer  als  bei  der  vorigen  Form,  und  sind  vielfach  undeut- 
lich oder  nicht  erkennbar.  Auch  die  Schwingerkeule  ist  wie  bei 
P.  tegularium  nur  an  der  Basis  braun,  sonst  rostgelb. 

Vorkommen.  Griechenland.  Athen,  Parnassos,  Ta3'getos 
(1100  m,  Juni),  Morea. 

Bbulle's  Originalbeschreibung  lautet:  „Nigra,  cinereo  dense 
punctate  aut  variegata;  capite  supra  antennisque  obscure  rufis; 
halteribus  fuscis,  basi  pallidis;  pedibus  nigris;  tarsis  basi  plus 
minusve  fulvis;  alis  fuscis,  albo  dense  maculatis,  apice  fusco-bifas- 
ciatis.    $.    7  mm." 

„Noir,  entierement  piquete  de  gris;  tete  d'un  roux  tres  fonce; 
epistome  noir,  avec  2  traits  blanchätres  pres  des  yeux;  antennes 
rousses.  Ecusson  paraissant  d'un  gris-brun  assez  uniforme,  sans 
mouchetures.  Alles  d'un  brun  fonce,  ornees  de  petites  taches 
blanches  tres-nombreuses,  plus  rares  sur  le  bout  oü  elles  laissent 
voir  deux  bandes  transversales  entieres  de  la  couleur  du  fond. 
Cuillerons  transparens.  Balaciers  bruns,  d'un  jaune  pAle  ä  la 
base.    Pattes  d'un  brun  noir  luissant;  le  premier  article  de  tarses  plus 


Die  Gattung  Platystoina  Meigkn  (Dipt.).  87 

Oll  moins  loux  et  iiieme  le  deuxieme  aux  i)attes  de  deniere,  le  reste 
des  tarses  bnin,  —  Siir  les  tieurs  au  Mai.     Morea." 

Hierher  gehört  auch  ohne  Zweifel  jenes  (J,  das  Loew,  1.  c, 
in  seinen  ..Griechisclien  Dipteren"  als  fraglich  zu  Plaf.  tegularium 
stellte.  ..Es  ist  kleiner,  als  ich  PL  tcf/ularia  sonst  je  gesehen  habe 
und  die  Flügelzeichnung  ist  merklich  zusammenhängender  auf  der 
Spitzeuhälfte  mehr  in  Querbinden  zusammentließend  als  bei  dieser, 
so  daß  sie  sich  derjenigen  von  Fl.  seminationis  Fabr.  und  noch  mehr 
der  von  Plai.  snhfasciata  Loew  nähert,  jedoch  ohne  daß  die  Quer- 
binden auf  dem  letzten  Teil  des  Flügels  so  deutlich  hervortreten 
wie  bei  dieser  letzteren.  Von  PI.  seminationis  wie  subfasciata  unter- 
scheidet sie  sich  durch  die  viel  gi-ößeren  Deckschüppchen  auf  das 
Bestimmteste,  von  ersterer  außerdem  duich  die  viel  geringere  Länge 
des  letzten  Abschnittes  des  männlichen  Hinterleibes.  Ich  vermute 
in  ihr  eine  eigene,  der  PI.  tegularia  nahestehende  Art,  wage  aber 
auf  nur  ein  Exemplar  nicht  dieselbe  aufzustellen.  —  Die  von  Brülle 
beschriebene  Plat.  Ufasciata  scheint  eine  andere  Art  zu  sein,  worüber 
die.  welche  seine  Beschreibung  vergleichen  können,  urteilen  mögen."  ^) 

Heimat.    Morea;  Athen;  Parnassos. 

16.  I*fatf/stonia  provineiale  Loew  (i^). 

Loew,    in:    Ztschr.  ges.    Naturw.,    Vol.    32,    10    (1868)    und    Beschreib. 
Europ.   Dipt.,  Vol.  3,  p.  282,   186  (1873). 

„Der  Platystoma  tegularia  Lw.  am  nächsten  stehend,  von  welcher 
sie  sich  durch  die  unerheblich  längeren,  aber  viel  schmäleren  Deck- 
schüppchen und  durch  die  fast  doppelt  so  grosse  Länge  des  vorletzten 
Hinterleibsabschnittes  unterscheidet,  c^.  Long.  corp.  S'Ve  lin-  —  long, 
al.  SV',  lin. 

Der  Plat.  tegularia  Lw.  ausserordentlich  ähnlich  und  schon  wegen 
der  Grösse  der  Deckschüppchen  nur  mit  dieser  Art  zu  vergleichen. 
Die  Unterschiede  sind  folgende.  Die  Stirne  ist  schwärzer,  im  Ver- 
hältnisse zu  ihrer  Länge  etwas  breiter,  auch  gröber  punktiert.  Die 
untere  Lamelle  der  Deckschüppchen  ist  vielleicht  ebenso  lang  wie 
bei  Plat.  tegularia,  aber  w^enig  über  halb  so  breit,  mithin  von  einer 
höchst  ungewöhnlichen,  fast  zungenförmigen  Gestalt.  Der  erste 
Hinterleibsabschnitt  ist  massig  lang,  der  zweite  sehr  kurz,  der  dritte 


1)  Die  Schwingerfärbung  der  BRULLE'schen  Art  macht  meine  Inter- 
pretation etwas  gewagt,  die  sich  vor  allem  auf  die  geographische  Ver- 
breitung der  Art  gründet. 


^8  Friedrich  Hendel, 

mehr  als  doppelt  so  lang  als  der  zweite  und  dem  vierten  an  Länge 
mindestens  gleich.  Die  Zeichnung  der  Flügel  zeigt  keinen  be- 
stimmten Unterschied  von  derjenigen  der  Plat  tegularia,  nur  ist  der 
Flügelanhang  ungefleckt  und  etwas  weisslich,  während  ich  ihn  bei 
Plat.  tegularia  nie  anders  als  grau  gefleckt  gesehen  habe. 

Vaterland.    Die  Provence. 

Anm.  Ich  besitze  leider  nur  ein  einziges  (^.  Der  vorletzte 
Hinterleibsabschnitt  desselben  ist  in  der  Mitte  seines  Hinterrandes 
stark  ausgebuchtet.  Es  ist  dies  ein  so  ungewöhnliches  Merkmal, 
dass  ich  geneigt  bin,  eine  zufällige  Missbildiing  vorauszusetzen." 

Ich  habe  die  Type  nicht  gesehen,   da  nur  ein  Unikum   da  ist. 

Heimat.    Süd-Frankreich. 

17.  Phitt/stomci  ilgünense  Bischof  ($). 
Bischof,  in:  Ann.  naturh.  Hofraus.  Wien,  Vol.   20,  p.   177  (1905), 

,,9.  Mai  bei  Ilgün  (Kleinasien)  —  Länge  8  mm. 

Diese  der  Fl  tegulariae  Lw.  sehr  nahe  stehende  Art  unterscheidet 
sich  von  derselben  nur  durch  die  ganz  schwarzen  Fühler  und  Beine, 
hellere  Bestäubung  des  Körpers,  lichtere  und  weniger  deutliche 
Zeichnung  der  Flügel  und  durch  die  parallel  gestellten  apikalen 
Schildchenborsten.  —  Obwohl  mir  nur  1  $  von  dieser  Art  vorliegt, 
sind  die  angegebenen  Merkmale  doch  solche,  die  in  diesen  Gruppen 
als  konstante  anzusehen  sind.  Ich  glaube  daher  berechtigt  zu  sein, 
diese  Form  als  neue  Art  anzusprechen. 

Alles  übrige  wie  bei  P.  tegulariae  Lw.,  weshalb  ich  auf  die 
genauere  Beschreibung  verzichten  kann." 

Mir  ist  keine  Platystoma- Art  mit  verlängerten  Thoraxschüppchen 
und  zugleich  ganz  schwarzen  Füßen  bekannt  geworden.  Die  Angabe 
über  die  Stellung  der  Schildchenborsten  ist  nichtssagend,  da  die- 
selben bei  allen  Arten  für  sich  eine  Krümmung  nach  innen  zeigen, 
dabei  aber  bei  einer  und  derselben  Art  bald  mehr  parallel  zueinander 
liegen,  bald  konvergieren  und  bei  einzelnen  Stücken  auch  mit  den 
Spitzen  gekreuzt  sein  können.  Nach  einem  einzigen  Stück  läßt  sich 
also  darüber  schon  gar  nichts  sagen. 

18.  Platystoma  luf/ubre  Kob.-Desv.  ((^,  $). 

Eobineau-Desvoidy,  Essai  sur  les  Myod.,  p.  709,   1  {Hesijquillia)  (1830). 

Syn. :  F.  umhraniin  Meigen,  Syst.  Beschreib.,  Vol.  5,  p.  391,  1  (Plat/j- 
stoma)  (1826).  —  Macquaet,  Suit.  ä  Buffon,  Vol.  2,  p.  444,  '  1 
{Platystoma)  (1835),  —  Loew,   Dipterol.  Beitr.   1,   p.  34,   1   (1845). 


Die  Gattiuig  Platystoiiia  Meigen  (Dipt.).  y9 

—  SCHINEE,    Fauna  Austr.,    Vol.   2,    p.  84    {l'lali/sloiini)   (18fi4).  

RoXDANi,  Dipt.  Ital.  Prodr.,  Vol.   7,  Fase.   3,  p.  3.5,  4  (Mri/fn/lossa) 
(1869).    —   Panüellk,    Etudes    sur    les  Muse,  P.  3,  p,  445  (1902). 

—  CZERNY,  in:   Verh.   zool.-bot.   Ges.  Wien,   Vol.  59,  p.  251    (1909). 

Von  gel  blicli-i-ot  braun  er  (t  rund  färbe  .sind  fast  der 
ganze  Kopf,  das  Piälabruni,  der  Sclmlter-  und  Xotopleuralcallus,  ein 
breiter  Hinterrand  am  Scliildchen,  manchmal  auch  „die  Partie  vor  der 
Mesopleuralnalit  und  der  obere  Teil  der  Sternopleura,  zuweilen  alle 
Tarsen,  auch  die  Schienen,  besonders  die  Mittelschienen  und  Partien 
der  Schenkel,  sowie  die  Hüften  (Czeeny,  Span.  Dipt.  Vol  3  p.  251)." 
Normalerweise  sind  an  den  Beinen  die  Mittelschienen  mit  Ausnahme 
einer  breiten  Spitze  rotbraun,  die  Hinterschienen  sehr  dunkel  rot- 
braun und  die  Schenkel  und  Hüften  pechschwarz,  hier  und  da  etwas 
rotbraun  durchschimmernd.  An  den  Füßen  sind  die  ersten  2  Glieder 
rot.  an  der  Spitze,  wie  auch  die  übrigen  Glieder  schwarz.  An  den 
hintersten  Füßen  ist  das  Kot  immer  ausgedehnter  als  vorn.  Die 
Mitte  des  Metanotums  ist  rotbraun. 

Es  gibt  aber  auch  wieder  dunkle  Stücke,  bei  denen  der  Kopf 
stark  verdunkelt,  das  Prälabrum  seitlich  schwarz  ist  und  die  Schultern 
und  das  Schildchen  kaum  mehr  eine  Spur  von  Rotbraun  zeigen. 

Die  Grundfarbe  des  übrigen  Körpers  ist  pechschwarz;  das 
Körpertoment  ist  stets  gelbgrau. 

Die  Haare  am  unteren  Hinterkopf,  an  den  Pteropleuren  und 
die  längere  und  dichtere  Behaarung  posteroventral  an  den  4  hinteren 
Schenkeln  ist  gelblich. 

Die  Stirne  ist  bis  zu  den  Plihleru  gemessen  etwas  länger  als 
breit,  am  Scheitel  merklich  verengt,  Vj^msil  so  breit  wie  ein  Auge, 
rot  bis  rotbraun,  matt  weißlich  überreift  und  ziemlich  dicht  und  fein 
punktiert.  Der  Augenrand  an  Stirne  und  Wangen  ist  schmal  silber- 
weiß eingefaßt  und  neben  den  Fühlerwurzeln  durch  einen  samt- 
schwärzlichen Fleck  unterbrochen;  darunter  an  den  Wangen  ein 
längerer,  aber  w^eniger  intensiv  gefärbter.  Oberhalb  der  Stirnmitte 
und  an  den  Scheitelplatten  zieht  sich  der  weißliche  Reif  der  Quere 
nach  zur  weißlichen  Medianlinie  hin  einwärts,  eine  in  der  Mitte 
unterbrochene  Querstrieme  bildend. 

Das  Gesicht  ist  in  den  Gruben  dicht,  auf  dem  Rücken  bis  zum 
Mundrande  hinab  zarter  weißlich  bereift.  Am  unteren  Ende  der 
Fühlergruben  liegt  je  ein  runder,  glänzend  schwarzer  Fleck;  beide 
sind  breit  voneinander  getrennt.  Das  Prälabrum  zeigt  oben  und 
unten  weiße  Tomentpunkte.    Oberhalb  der  2  oberen  weißen  Punkte 


90  Friedrich  Hendei-, 

in  der  Mitte  liegt  ein  scliwarzer  Fleck  in  der  Verbindungsliaut. 
Fühler  rotbraun,  oft  schwarzbraun,  der  Augenmitte  gegenüber  in- 
seriert, etwas  länger  als  das  halbe  Gesicht;  das  2.  Glied  ist  noch 
am  hellsten  gefärbt.  Arista  fast  nackt.  Taster  schwarzbraun,  Spitze 
derselben  rotbraun,  lebhaft  weißschimmernd.  Rüssel  braun,  Kinn  rot. 
Backen  Ve  eines  Auges  hoch.  Wangen  schmäler  als  das  3.  Fühlerglied. 

Oberer  Hinterkopf  mit  Ausnahme  des  Cerebrales  schwarz.  Von 
der  Halsstufe  an  ist  der  Hinterkopf  vorgequollen,  rot  bis  rotbraun 
und  wie  gewöhnlich  auch  beiderseits  zum  Augenrand  hinab  breit 
weiß  eingefaßt. 

Der  Thoraxrücken  ist  überall  dicht  tomentiert  und  fein  matt- 
schwarz  punktiert.  Außerdem  bilden  diese  Punkte  4  breite  matt- 
schwarze Längsstriemen.  Die  2  mittleren  sind  der  ganzen  Länge 
nach  breit  voneinander  getrennt,  hinten  erweitert,  hinter  der  Quer- 
naht, seltener  an  derselben  unterbrochen  und  enden  zweizipfelig 
vor  dem  Schildchen.  Die  2  seitlichen  sind  ganz  vorn,  dann  vor  und 
hinter  der  Naht  mit  den  mittleren  verbunden  und  hinter  der  Naht 
in  2  Striemen  geteilt.  In  der  Notopleuralnaht  ist  die  Tomentierung 
von  den  Schultern  (inkl.  derselben)  bis  zum  Schildchen  dichter  als  oben. 

An  den  Seiten  sind  die  Mesopleuren,  der  obere  Teil  der  Sterno- 
pleuren  und  Partien  an  den  Grenznähten  der  übrigen  Pleurenteile 
tomentiert,  die  letzteren  ohne  Punkte.  Die  Mesopleuren  und  teil- 
weise auch  die  Sternopleuren  sind  dicht  schwarz  punktiert.  Sonst 
sind  die  Thoraxseiten  glänzend  schwarz,  so  namentlich  auch  die 
Scheibe  der  Pteropleura. 

Das  Schildchen  ist  an  der  Wurzel,  am  Hinterrande  und  in  einer 
Medianlinie  tomentiert  und  oben  auch  etwas  punktiert.  Die  Ober- 
seite ist  schwarz  und  gewöhnlich  ein  breiter  Hinterrand  rot. 

Zu  den  wichtigsten  Merkmalen  dieser  Art  gehört, 
daß  sie  4  Supraalar borsten  besitzt  —  also  auch  noch  eine  un- 
mittelbar hinter  der  Quernaht  und  noch  vor  den  Flügelwurzeln  — 
und  die  Oberseite  des  Schildchens  deutlich  behaart  ist.  Letzteres 
Kennzeichen  teilt  unsere  Art  nur  noch  mit  P.  insularum  Rond., 
ersteres  kommt  ihr  und  PI.  pleuronitens  n.  sp.  zu. 

Am  Hinterleibe  sind  das  1.  Tergit  und  nur  die  schon  um- 
gebogenen Seiten  der  Tergite  2 — 4,  nicht  auch  des  5.  glänzend 
schwarz.  Das  2.  Tergit  ist  sonst  ganz  gelbgrau.  Die  übrigen 
Tergite  zeigen  am  Vorderrande  je  2  große,  in  der  Mitte  breit  ge- 
trennte Tomentflecke  von  unregelmäßiger  Begrenzung,  die  den  glänzend 
schwarz  bleibenden  Hinterrand  nicht  eri-eichen,  sich  aber  nach  hinten 


Die  Gattung  Platystoiua  Meioen  (Dipt.).  91 

zu  in  Tonientpunkte  auflösen.  Die  schwarze  Punktierung  dieser  er- 
wähnten großen  Tomentflecke  ist  änßerst  fein  und  fehlt  stellenweise. 
Außerdem  sieht  man  im  dazwischenliegenden  .Medianstreifen  des 
ganzen  Hinterleibsrückens  eine  aus  Tomentpunkten  und  -fleckchen 
gebildete  Zeichnung,  die  im  Gegensatze  zu  den  Lateralflecken  am 
Hintei-rande  der  einzelnen  Ringe  am  dichtesten  ist  und  nach  vorn 
hin  verschAvindet  Der  Eindruck,  den  die  ganze  Abdominal- 
tomentierung  macht,  ist  aber  kein  bleibender,  sondern  wechselt 
schillerartig  bei  der  Betrachtung  von  verschiedenen  Seiten.  Beim 
(^  ist  das  5.  Tergit  nur  kurz,  IVgnial  so  lang  wie  das  4.  oder  das 
gleichlange  H.  Sein  präanales  Sternit  ist  flach  konvex,  schwarz  und 
glatt,  hinten  schwach  eingedrückt  und  ausgerandet. 

Beim  $  nehmen  die  Tergite  3—5  nach  hinten  zu  ein  wenig  an 
Länge  ab  und  ist  die  Medianlinie  derselben  vertieft,  eingedrückt. 
Bauchliaut  lebhaft  orangefarbig. 

Den  Flügel  veranschaulicht  die  Fig.  15.  An  der  A\'urzel  und 
in  der  Subkostalzelle  ist  der  Grund  gelblich  fingiert,  sonst  von  hell 
braungrauer  Farbe,  aus  der  sich  die  großen,  dunkel  sepiabraunen 
Flecke  deutlich  abheben.  Verglichen  mit  dem  ähnlichen  Flügel  von 
P.  tegularium  Lw.  sind  diese  Flecke  größer  und  zahlreicher. 
So  ist  der  die  kleine  Quei-ader  einschließende  Fleck  auffallend  größer 
und  reicht  ununterbrochen  bis  zur  Kosta  hinauf  Andererseits 
zeigen  auch  die  2.  und  3.  Hinterrandzelle,  sowie  die  Spitze  der 
Discalzelle  braune  Flecke,  die  bei  P.  tegularium  fehlen.  An  der 
Mündung  der  1.  Hinterrandzelle  liegt  ein  weißer  Fleck.  Die  dichte, 
weiße  Punktierung  ist  kernlos. 

Die  Schüppchen  sind  weiß,  breit,  das  thorakale  ist  doppelt  so 
lang  wie  das  Flügelschüppchen.    Schwinger  ganz  rotgelb. 

Körper  6  —  10  mm,  Flügel  5—10  mm  lang. 

Anm.  Die  Musca  umbrarum  Linke,  System.  Nat.  Edit.  X, 
p.  599  (1758)  wird  heute  allgemein  als  die  bekannte  Tetanocerine 
gedeutet;  ich  habe  auf  sie  seinerzeit  das  (yeims  3Ionochaetophora  er- 
richtet. Fabricius  beschreibt  im  System.  EutomoL,  p.  784,  61  (1775) 
eine  gleichnamige  Art  und  zitiert  dabei  auch  Likne  als  Autor. 
Diese  Art  dürfte  aber  dennoch  nicht  mit  der  LiNXE'schen  überein- 
stimmen, sondern  wahrscheinlich  eine  andere  Tetanocerine,  nämlich 
Trypdoptera  imnctulata  Scopoli  (1763),  sein.  Doch  nennt  Loew  diese 
Interpretation  durchaus  unstatthaft.  Die  Merkmale  „pedes  pal- 
lidi"  und  ,.abdomine  nigro-,  fasciato",  die  Fabricius  (1775) 
erwähnt,  passen  absolut   nicht  auf  unsere   vorstehende   Platystoma- 


92  Frikdrich  Hendel, 

Art.  Es  müssen  daher  die  Zitate  von  Linjje  und  Fabricius 
wegbleiben.  Zum  ersten  Male  beschreibt  unsere  Species  Meigen 
und  nennt  sie  umbrarum  Fabricius,  was  aus  dem  angeführten  Grunde 
nicht  angeht.  Aber  auch  PJcdijstoma  umbrarum  Meigen  dürfen  wir 
die  Fliege  nun  nicht  nennen,  da  Meigen  sie  ja  irrtümlich  für  die 
FABEicius'sche  Art  hielt.  Da  nun  Musca  fuMventre  Schrank,  wie 
ich  in  der  Anmerkung  bei  PI.  seminationis  Fab.  nachwies,  eins  ist 
mit  letztgenannter  Art,  so  bleibt  nur  der  Name  Plat.  lugubre  Rob.- 
Desv.  (1830)  übrig  und  zu  Recht  bestehen.  Aus  seiner  Beschreibung 
ist  die  Art  zweifellos  zu  erkennen. 

Heimat.  Loew  sagt  von  dieser  Art:  „Ganz  Mitteleuropa,  an 
vielen  Orten  häufig."  —  Als  Fundorte  möchte  ich  nach  meinen  Er- 
fahrungen angeben:  Im  Westen  Frankreichs  bis  Paris  im  Norden; 
Spanien;  ganz  Italien,  nebst  den  Inseln  Sizilien,  Korsika;  Österreich- 
rngarn  bis  Dalmatien  im  Süden,  auch  in  Galizien;  Deutschland 
ebenfalls  bis  zum  53  ^  n.  Br.,  Podolien  und  Polen  (Warschau).  Klein- 
asien, Brussa.  Wie  weit  die  Art  nach  Osten  reicht,  kann  ich  nicht 
genauer  sagen.  Diese  angegebene  Verbreitung  ist  aber  keineswegs 
eine  kontinuierliche,  da  sie  innerhalb  dieses  Gebietes  an  vielen  Orten 
nicht  beobachtet  wurde.  Aus  den  Alpen  kenne  ich  sie  aus  Graz, 
Bozen  und  Riva,  Süd-Tirol.  Aus  England  und  Holland  ist  sie  nicht 
zitiert  worden. 

19.   Platystonia  i^leuronitens  n,  sp.  ($). 

Diese  schöne  Art  ist  die  nächste  Verwandte  des  PL  lugubre 
Rob.-Desv.  Sie  hat  wie  sie  4  Supraalarborsten  —  was  sonst  bei 
keiner  anderen  Art  vorkommt  —  und  ein  deutlich  behaartes  Schild- 
chen, das  auch  an  der  Spitze  einen  roten  Fleck  hat.  Sie  unter- 
scheidet sich  aber  sehr  leicht  durch  die  völlig  un bestäubten 
und  lebhaft  glänzend  schwarzen  Pleuren  sowohl  von 
P.  lugubre  wie  auch  von  P.  insularum  Rond. 

Mit  folgenden  ergänzenden  Bemerkungen  gilt  im  übrigen  die 
von  P.  lugubre  gegebene  Beschreibung.  Schulterbeule  nur  an  der 
Unterseite  etwas  rotbraun.  Das  Schildchen  ist  nicht  am  ganzen 
Hinterrande  rot,  sondern  nur  in  der  Form  eines  Apikaifleckes.  Die 
Pleuren  sind  ganz  glänzend,  ohne  jede  Spur  von  Tomentresten.  Das 
Metanotum  ist  in  der  Mitte  rotbraun.  Die  Beine  sind  wie  bei  den 
normalen  /w^ttir^-Stücken  gefärbt.  Die  Mittelschienen  sind  nur  in 
der  Wurzelhälfte  rotbraun,  die  hinteren  dort  sehr  dunkelbraun  ge- 
färbt.   Das  Prälabrum  ist  ganz  rotgelb. 


Die  Gattuiiii:  Platystoiua  Mkiokn  (üi|ir.).  93 

Die  Schenkelbehaarung-  ist  rot. 

In  der  Vorderansicht  ist  der  Kui)f  und  die  Stirne  etwas  schmäler 
als  bei  !i(i/ii/»r.  Die  2  glänzend  schwarzen  Flecke  des  Gesichtes 
lie^ien  einander  näher.  —  Die  Fühler  sind  gemz  hellrot  ge- 
färbt: desgleichen  die  Taster.  Der  obere  Hinterkopf  ist  auch 
neben  dem  Cerebrale  rotbraun. 

Flügel  nach  Fig.  IG  und.  wie  man  sieht,  nur  dadurch  von  F. 
luguhre  verschieden,  daß  die  Grundfarbe  dunkler  ist  und  mit  den 
intensivei-en  Flecken,  die  bei  luguhre  hervortreten,  mehr  oder  ganz 
zusammentließt.  Auch  sind  die  weißen  Punkte  weniger  zahlreich 
Der  weiße  Fleck  an  der  Mündung  der  ersten  Hinterrandzelle  fehlt 
dem  einzigen  Exemplare.  Wichtiger  scheint  mir  zu  sein,  daß 
der  Flügelgrund  oben  fast  bis  zur  kleinen  Querader  hin  gelblich 
tingiert  ist. 

Körper  und  Flügel  8  mm  lang. 

Heimat.    Kleinasien,  ohne  nähere  Angabe,  1  $. 

20.   I*latystoma  insHlannu  Roxdani  ((^,  $j. 

RoxDAX'i,  Dipterol.  Ital.  Prodr.,  Vol.  7,  Fase.  3,  p.  33,   1 ;   ,^  {Megagloasa) 

(1869). 
rar.  corticaru)»   ßONDANi,    ibid.,  p.   34,   2,  ^  {Megaglossn)  (1869). 

Von  s  c  h  w  a  r  z  e  r  G  r  u  n  d  f  a  r  b  e  sind  der  Thorax  samt  Schild, 
der  Hinterleib,  die  Hüften   und  Schenkel  und  der  obere  Hinterkopf. 

Gelbrot  ist  ein  großer  Teil  des  Kopfes:  die  Lunula,  die 
AN'angen.  Backengruben  und  der  untere  Hinterkopf;  die  ganzen  Füße 
oder  es  sind  die  Spitzen  der  Fußglieder  gebräunt,  jene  an  der  Spitze 
überhaupt  und  die  der  vorderen  Füße  mehr  als  die  anderen.  Etwas 
gesättigter  rot  gefärbt  ist  die  Wurzelhälfte  der  Schienen.  Manchmal 
delint  sich  dieses  Rot  weiter  gegen  die  braune  bis  schwarzbraune 
Spitze  hin  aus.  Auch  die  Schenkelringe  sind  rotbraun.  Häufig, 
doch  nicht  immer,  ist  an  der  Schildchenspitze  ein  roter  Fleck 
oder  Punkt  zu  sehen.  —  Einen  roten  Schildchenrand  zeigt  P. 
lugubre  R.  D.  Dieses  hat  aber  auch  rote  Schultern,  4  Supraalare 
und  glänzend  schwarze,  nicht  punktierte  Pteropleuren.  —  Glänzend 
schwarz  sind  nur  die  Flecke  unten  an  den  Flügelgruben,  die  Mitte 
des  Metanotums  und  die  untomentierten  Stellen  des  Hinterleibes 
und  der  Schenkel. 

Körpertoment  gelb  grau  und  dicht. 

Die  Behaarung  ist  gelblich   oder  rötlich  und  länger  am 


94  Friedrich  Hendel, 

unteren  Hinterkopf  und  den  Backen,  auf  den  Pleuren,  der  Brust, 
den  Hüften  und  posteroventral  an  den  4  hinteren  Schenkeln.  Schienen 
und  Füße  sind  ventral  rotschimmernd  pubesziert.  Auch  die  kürzere 
Behaarung-  des  Hinterleibsrückens  schimmert  größtenteils  rot  bis 
gelblich.  Die  kurze  Behaarung  der  Stirn,  des  Rückens  und  der 
Seiten  des  Schilde henrückens  ist  schwarz.  —  Sonst  zeigt 
nur  noch  P.  higtibre  R.  D.  ein  behaartes  Scutellum. 

Der  Kopf  bau  ist  von  den  anderen  Arten  durch  Folgendes 
verschieden  und  daher  sehr  charakteristisch.  Von  vorn  ge- 
sehen erscheint  er  sehr  breit,  er  ist  Vj^mdil  so  breit  wie  hoch  — 
sonst  nur  IV^mal  so  breit  —  und  abgerundet  rechteckig,  weil  die 
roten  Backen,  die  mindestens  Va  eines  Auges  hoch, 
vielfach  aber  höhersind,  auch  n  ach  denSeiten  wulstig 
vorgequollen  sind.  Die  Stirn  ist  fast  so  lang  wie  breit,  nicht 
ganz  ^/gUial  so  breit  wie  ein  Auge  und  wie  bei  seminationis  F.  be- 
stäubt und  punktiert.  Sie  ist  bald  heller,  bald  dunkler  rotbraun. 
Das  Gesicht  ist  unter  den  Fühlern  rot  bis  dunkelbraun  oder  schwärz- 
lich und  dicht  bestäubt.  Diese  Bestäubung  zieht  sich  auf  dem 
Rücken  des  Gesichtes  in  ivoller  Breite  desselben  oder  in  einer  sehr 
stumpfen  Spitze  bis  zum  Mundrande  herab.  Auch  d  a  s  P  r  ä  1  a  b  r  u  m 
ist  ganz  oder  fast  ganz  tomentiert;  es  ist  schwarz  oder  in 
der  Mitte  mehr  oder  weniger  rot.  Fühler  ^!^  des  Gesichtes  lang, 
Arista  nackt.  Taster  rot,  an  der  Spitze  braun,  unten  weißlich 
behaart. 

Die  dichten  mattschwarzen  Punkte  des  Thoraxrückens  fließen 
in  4  breite,  durch  3  linienartige  gelbgrau  tomentierte  Zwischenräume 
getrennte  Längsstriemen  zusammen.  Die  seitlichen  sind  an  der 
Quernaht  unterbrochen ;  alle  übrigens  teilweise  fleckig  unterbrochen. 
Das  Schildchen  ist  in  der  Längsmitte  und  am  Hinterrand  gelbgrau, 
seitlich  auf  der  Oberseite  schwarz  und  deutlich,  w^enn  auch  spärlich 
behaart. 

Hier  und  da  ist  die  Schildspitze  unter  dem  Tomente  rot.  Die 
ganzen  Pleuren  sind  gelbgrau  tomentiert  und  ziemlich  gleichmäßig 
punktiert;  die  Pteropleuren  fein,  die  Meso-  und  Sternopleuren  gröber. 

Die  Tomentierung  des  Hinterleibes  ist  bei  ^  und  $  gegenüber 
den  schwarzen,  gleichmäßig  verteilten  Punkten  vorherrschend,  auch 
auf  dem  3.  Tergit;  sie  nimmt  aber  dennoch  nach  hinten  an  Dichte 
zu.  Die  Punkte  sind  an  den  Seiten  kleiner  als  in  der  Mitte.  Beim 
cJ  ist  das  5.  Tergit  nicht  ganz  so  lang  wie  die  Tergite  3  und  4 
zusammen  genommen.    Beim  $  ist  das  4.  Tergit  ganz  unbedeutend 


Die  Gattung  Platystoiiia  Meigkn  (Diiit.).  95 

länger  als  das  5.  oder  4.  allein  betrachtet.  Das  Präanalsternit  des 
c^  kann  ich  nicht  sehen. 

Die  Schenkel  sind  sehr  zart  graulich  übeneift  und  schwarz 
l>iniktiert. 

Bloß  durch  das  Fehlen  des  Kot  auf  den  Schienen  zeichnen  sich 
jene  Exemplare  aus.  die  Eondani  als  eigene  Art,  als  P.  coHkanim 
beschrieb.  Die  Taster  sind  rot  und  vor  der  Spitze  gebräunt.  Alles 
übrige  stimmt  mit  den  Merkmalen  des  P.  insularum.  Die  Angabe 
RoNDANi's :  a b d 0 mi n i s  s e g m e n t u m  ultimum  p r a e c e d e n t i 
subaeque  longum,  non  sat  longius  bezieht  sich  auf  das  $ 
und  nicht,  wie  der  Autor  meint,  auf  das  ^.  Sie  kann  daher  nicht 
als  Unterschied  gelten.  Ich  möchte  über  die  Artrechte  dieser  Species 
noch  keine  abschließende  Meinung  aussprachen.  Wichtig  bleibt 
immerhin,  daß  nur  die  Sardinischen  Stücke  rote  Schienen  aufweisen. 

Wie  RoNDANi  erwähnt,  sind  die  Flügel  (Fig.  17)  von  hellerer 
Grundfai'be  als  bei  den  anderen  Arten.  Der  Grund  ist  hell  bräun- 
lich-grau, dicht  mit  weißen,  kernlosen  Punkten  besät  und  zeigt 
außerdem  intensiver  braune  und  größere  Flecke  wie  P.  tegularium, 
suhiile  und  luguhre.  Obwohl  diese  Flecke  viel  kleiner  sind  als  bei 
der  letzten  Art  und  der  Flügel  daher  mehr  dem  von  P.  tegularium 
und  suhiile  gleicht,  ist  die  Lagerung  derselben  doch  der  von  P. 
luguhre  am  ähnlichsten ,  was  besonders  in  der  3.  Hinterrandzelle 
auffällt.  In  dieser  Zelle  haben  die  2  LoEw'schen  Arten  keine  braunen 
Flecke. 

Schwinger  und  Schüppchen  wie  bei  P.  lugubre.  Das  Thorax- 
schüppchen  ist  gut  doppelt  so  lang  wie  das  Flügelschüppchen. 

Körper  und  Flügel  6—7  mm  lang. 

Heimat.    Sardinien. 

Die  var.  corticarum  aus  Italien:  Parma  (Roxdani),  Cercleis 
d'Amon;   Tivoli,  Rom;   Frankreich,  Montpellier,  Kleinasien,  Amasia. 

21.  FUitystoma  ptibesceas  Loew  {^,  $). 

LOEAV,   Dipterol.   Beitr.    1,   p.   36,   4  (1845). 

MiK,  in:  Wien,  entomol.  Ztschr.,  Vol.   3,  p.   204,   3  (1885). 

Die  kleinste  der  Arten. 

Grundfarbe  des  ganzen  Körpers  und  der  Beine  schwarz. 
Rotbraun,  meist  sehr  dunkel,  sind  die  Stirnstrieme,  Wangen. 
Backengruben  und  die  Seiten  des  Mundrandes.  Lunula  und  Fühler 
rötlich    schwarzbraun.      Gelbrot    ist    mindestens    die    Ferse    der 


96  Friedrich  Hendel, 

hintersten  Füße,  vielfach  auch  noch  die  Basis  des  folgenden  Gliedes; 
die  anderen  Füße  schwarz.  Glänzend  schwarz  und  unbestäubt 
sind  das  Prälabrum,  die  Schenkel  und  Schienen,  der  Hinterleib; 
nicht  aber  das  Epistom.  Die  Oberseite  des  Thorax-Rückens  und 
des  Schildes  zeigt  trotz  der  Tomentierung  einen  sehr  schwachen 
Glanz  in  gewisser  Beleuchtung  und  ist  nicht  völlig  matt  wie  bei 
Fl.  seminaiionis. 

Körpertoment  grau,  mit  schwach  gelblichem  Tone,  wenig 
dicht,  durch  die  Punktierung  des  Rückens  stark  zurückgedrängt. 
Die  Art  macht  daher  einen  schwärzlichen  Gesamteindruck. 

Die  kurze  Behaarung  der  Stirne  und  des  Rückens  sowie 
alle  Borsten  sind  schwarz.  Gelblich  oder  rötlich-gelb  sind 
die  Haare  am  unteren  Hinterkopf,  den  Pteropleuren,  der  Brust  und 
den  Hüften  sowie  die  längere  Behaarung  an  der  Hinterseite  der 
4  hinteren  Schenkel  bei  S  und  $,  insbesondere  aber  auf  der 
Oberseite  des  Hinterleibes,  was  für  die  Art  sehr  charakte- 
ristisch ist. 

Die  Kopfform  ist  von  P.  seminaUonis  verschieden.  Der  Kopf 
ist  stärker  von  vorn  her  zusammengedrückt,  das  Gesicht  ist 
kurz,  und  die  Fühler  stehen  daher  unterhalb  der 
,Augenmitte,  bei  P  seminatioms  und  frcmenfeJdi  jedoch  derselben 
gegenüber.  Die  Stirnbreite  sowie  die  Bestäubung  und  Punktierung 
des  Kopfes  ist  dieselbe  wie  bei  P.  seminatmnis,  nicht  so  die  des 
Gesichts.  Dasselbe  ist  nämlich  samt  dem  Mund  ran  de  ganz 
matt  bestäubt,  und  nur  die  Flecke  am  unteren  Ende  der  Fühler- 
gruben sind  glänzend  schwarz.  Dieselben  in  der  Medianlinie  nur 
durch  eine  schmale  graue  Linie  getrennt,  weshalb  es  aussieht,  als 
ob  oberhalb  der  mattgrauen  Linie  am  Mundrand  eine  glänzend 
schwarze  Querbinde  liegt. 

Fühler  ^/^  des  Gesichts  lang.  Arista  wie  nackt.  Prälabrum 
am  Ober-  und  Unterrand,  die  schwarzen  Taster  an  der  Spitze  weiß 
tomentiert. 

Die  dichte  und  feine  schwarze  Punktierung  des  Thoraxrückens 
ist  so  gruppiert,  daß  4  dunklere  Längsstriemen  erkannt  werden 
können.  Der  Mittelzwischenraum  derselben  ist  der  breiteste.  Pleuren 
wie  bei  P.  seminaUonis  punktiert.  Das  nackte  Schildchen  ist  an 
der  Basis  und  am  Hinterrande  grau  tomentiert,  in  der  Mitte  der 
Oberseite  schwärzlich. 

Hinterleib  glänzend  schwarz,  an  den  Seiten  und  der  breite 
Hinterrand  des  5.   Tergits  lebhaft   glänzend.    2.  Tergit  tomentiert 


Die  Gattiiug:  Platystonia  Meigen  (Dipt.)-  <)7 

und  punktiert.  Ein  zartes  Netzwerk  von  gelbgrauem  Tomenti.*  ist 
sonst  Ulli-  in  geringer  Ausdehnung  beim  <^  auf  der  Mitte  des  5.  Ter- 
gits  sichtbar,  oft  sehr  unscheinbar,  beim  $  meist  ofanz  felilend,  so 
daß  bei  diesem  der  mit  gelblichen  Häichen  besetzte  Hinterleib  ganz 
unbestäubt  erscheint.  Manche  Stücke  (^,  $)  zeigen  an  den  am 
stärksten  glänzenden  Stellen  einen  bläulichen  oder  violetten  Metall- 
schimmer. Das  präanale  Sternit  des  ^  hat  am  Hinterende  einen 
tiefen  linienartigen  Medianeindruck,  der  fast  bis  zur  Längsmitte 
nach  vorn  reicht.  Das  5.  Tergit  des  c^  ist  nur  etwas  länger  (V.mal 
so  lang)  als  die  gleichlangen  Tergite  3  und  4  zusammengenommen. 
Beim  $  nehmen  die  Tergite  3,  4  und  5  nach  hinten  zu  etwas  an 
Länge  ab. 

Flügel  nach  Fig.  18.  Von  allen  vorhergehenden  Arten  unter- 
scheidet sich  die  Aderung.  Der  letzte  Abschnitt  der  Cubitalis  ist 
jenseits  der  kleinen  Querader  nicht  aufgebogen,  sondern  fast  gerade. 
Die  erste  Hinterrandzelle  ist  daher  fast  parallelraudig.  Die  Dis- 
coidalis  mündet  an  der  Flügelspitze.  Die  kleine  Querader  steht 
jenseits  der  Discalzellenmitte,  aber  nicht  im  letzten  Drittel  derselben. 
Der  Flügelgrund  ist  ziemlich  gleichmäßig  braun,  nach  hinten  all- 
mählich etwas  heller.  Die  runden  weißen  Punkte  sind  klein,  stehen 
dicht  und  enthalten  einen  dunkleren  Kern.  Sie  sind  auch 
auf  dem  Hinterrande  des  Flügels  zu  sehen.  Über  die  hintere  Quer- 
ader läuft  eine  aus  solchen  weißen  Punkten  gebildete  zweireihige 
Querbinde,  die  beiderseits  von  einem  wenig  punktierten  braunen 
Räume  begrenzt  wird. 

Schüppchen  klein  und  kurz.  Die  Thoraxschüppchen  überragen 
die  braungerandeten  Flügelschüppchen  nur  wenig.  Schwingerkopf 
braunschwarz. 

Körper  3 — 5  mm,  Flügel  2.5—4  mm  lang. 

Heimat.  In  Ungarn  häufig.  Nieder-Österreich,  Wiener  Gegend. 
Türkei  (Schiner);  Rumänien  (Tultscha) ;  Ober- Italien,  Livorno.  Insel 
Rhodus  (LoEw). 

22.    Platystonia  arcuatnm  Loew.    {(^,  $). 

LoEW,  Neue  dipterol.  Beitr.  4,  p.  50,  48  (1856). 

Wenig  größer  als  P.  puhescens  Loew,  deren  Beschi'eibung  mit 
folgenden  Unterschieden  auch  für  diese  Art  gilt.  Stirne  und  Fühler 
schwarzbraun.  Gelbrot  sind  die  ersten  2  Glieder  der  Hinterfüße, 
die  an  der  Spitze  auch  gebräunt  sein  können,  und  die  Wurzeln  der 

Zool.  Jahrl).  XXXV.    Abt   f.  Syst.  7 


98  Friedrich  Hendel, 

4  vorderen  Fersen,  die  mittleren  in  ansgedehnterer  Weise  und 
oft  vorherrschend,  die  vordersten  sclimäler.  Das  Epistom  ist 
glänzend  schwarz  und  zeigt  in  der  Mitte  eine  graue  dreieckige 
Spitze,  mit  welcher  sich  die  Bestäubung  des  Gesichtsrückens  zum 
unbestäiibten  Mundrande  herabzieht. 

Auch  hier  schimmert  die  Behaarung  der  Oberseite  des  Hinter- 
leibes gelblich  oder  rötlich-gelb  und  stehen  die  Fühler  unterhalb 
der   Augenmitte,  wenn   auch   nicht   so   auffallend   wie  bei  pubescens 

LOEW. 

Thoraxrücken  noch  dunkler  als  bei  P.  pubescens,  die  Punkte 
sind  mehr  zu  Längsstriemen  zusammengeflossen.  Auf  den  Sterno- 
pleuren  sehe  ich  bei  den  mir  vorliegenden  Stücken  keine  Punk- 
tierung mehr. 

Die  Oberseite  des  Hinterleibes  ist  bei  (^  und  $  deutlich  und 
ziemlich  gleichmäßig,  wenn  auch  schütter  mit  gelbgrauen  Toment- 
pünktchen und  kurzen  Querstrichelchen  besetzt,  die  nach  vorn  hin 
allmählich  spärlicher  stehen  und  beim  $  wenig  kleiner  sind  als  beim 
c^.  Metallschimmer  am  Hinterrande  des  Abdomens  nicht  sichtbar. 
Das  5.  Tergit  des  (^  ist  2V2nial  so  lang  wie  die  Tergite  3  und  4 
zusammengenommen.  Das  präanale  Sternit  des  (^  scheint  die  gleiche 
Bildung  wie  bei  P.  pubescens  Loew  zu  besitzen. 

Die  hellschimmernde  Behaarung  an  der  Hinterseite  der  4  hinteren 
Schenkel  ist  kürzer,  namentlich  beim  $  nicht  verlängert. 

Flügel  nach  Fig.  19,  kurz  und  breit.  Erste  Hinterrandzelle 
parallel  und  geradrandig.  Die  Discoidalis  mündet  oberhalb  der 
Flügelspitze,  die  etwas  aufgebogene  Radialis  in  der  Verlänge- 
rung der  hinteren  Querader.  Die  kleine  Querader  steht  über  dem 
letzten  Drittel  der  Discalzelle.  Die  Gitterung  des  Flügels  ist  der 
von  P.  pubescens  Loew  sehr  ähnlich,  doch  sind  die  weißen  Punkte, 
die  auch  einen  kleinen  Kernpunkt  enthalten,  relativ  etwas  kleiner. 
An  der  Außenseite  der  hinteren  Quer  ad  er  entsteht  durch 
Zusammenfließen  der  weißen  Flecke  eine  stets  zusammen- 
hängende weiße  Qu  er  bin  de  bis  zum  Hinterrande  des  Flügels. 

Schwinger,  Schüppchen  und  Größe  wie  bei  P.  pubescens  Loew 
angegeben. 

Heimat.    Küstenland  von  Syrien  und  Palästina. 


Die  Gattung  Platvstonia  Meigen  (Dipt.).  t|ij 

23.   Phtti/stoituf  (UmUJiattDH  >/.  sp.    ($.) 

Von  ^M'ünlich  metallisch  schwarzer  Farbe  sind  und 
zwar  gflänzend:  die  ganze  untere  Hälfte  des  Gesichtes,  das  Prä- 
labrum.  der  untere  Hinterkopf,  die  Schulterbeulen,  die  Pleuren 
unterhalb  der  Sternopleuralnaht,  das  Metanotum  und  der  Hinterleib. 
Von  gleicher  Farbe,  aber  fein  chagriniert  und  zart  tomentiert  sind 
die  Oberseite  des  Thoraxrückens  und  Schildchens  und  die  oberen 
Pleuren. 

Das  Tonient  des  Körpers  ist  weißlich-grau,  auf  dem  Kopfe 
heller. 

Die  kurze  Behaarung  des  Hinterleibes  ist  durchaus  weiß, 
die  längere  unten  an  den  Backen,  an  den  Pteropleuren  und  i)ostero- 
ventral  an  den  4  hinteren  Schenkeln  gelblich  oder  rötlich.  Die 
übrige  Behaarung  auf  Stirne  und  Thorax  ist  kurz  und  schwarz. 

Die  Backen  sind  ^ '-  eines  Auges  hoch,  der  Hinterkopf  tritt  aber 
hinten  fast  um  Augenlänge  vor.  Wangen  linieuartig  schmal.  Fühler 
unterhalb  der  Augenmitte  inseriert.  Stirne  VsDial  so  lang  wie  breit 
und  *  .5mal  so  breit  wie  ein  Auge,  wie  die  Fühler,  Backengruben 
und  der  seitliche  Mundrand  rotbraun.  Stirne  zart  weißlich  bereift, 
am  Augenrande  lebhafter,  grob  dunkel  punktiert.  Vom  Gesicht  ist 
nur  die  obere  Hälfte  graulich  bereift,  die  ganze  untere  ist 
glänzend  schwarz, 

Fühler  nur  etwas  kürzer  als  das  Gesicht.  Arista  wie  nackt. 
Oberer  Hinterkopf  graulich  bereift;  Halsstufe  und  hinterer  Augen- 
rand breit  weiß  eingefaßt.  Prälabrum  oben  und  unten  mit  weißen 
Punkten. 

Die  Form  des  Eückens  und  des  Schildchens  ist  dieselbe  wie  bei 
P.  aenescens  Loew,  Die  Tomen tierung  desselben  ist  gleichmäßig 
schütter  und  läßt  daher  die  metallisch  grünschwarze  Grundfarbe 
dem  Tone  und  Glänze  nach  noch  hervortreten.  Bei  ersterem  ge- 
schieht dies  namentlich  durch  die  dicht  und  gleichmäßig  verteilte 
Punktierung.  Letzteres  ist  am  Hinterrande  dichter,  weißlich  tomen- 
tiert. Am  dichtesten  bestäubt  sind  die  Pleuren  oberhalb  der  Sterno- 
pleuralnaht.  Davon  sind  die  Meso-  und  Pteropleuren  gröber  schwarz 
punktiert. 

Auf  dem  glänzend  metallisch  blau-  oder  grünschwarzen  Hinter- 
leibe stehen  intensiv  weißgefärbte  Tomentpunkte  in  ziemlich  gleicher 
Verteilung;  am  ganzen  5.  Tergit  etwas  dichter,  am  3.  und  4.  fehlen 
sie  an  den  Seiten;   das  4.  Tergit  ist  dort  unbestäubt  und  glänzend. 


200  Friedrich  Hendel, 

das  3.  dicht  weiß  bestäubt  und  fein  schwarz  punktiert.  Der  Größe 
nach  ist  das  4.  Tergit  etwas  länger  als  die  Nachbartergite. 

Hüften  und  Beine  rotbraun  (nicht  gelb).  Dunkelrotbraun  (nicht 
schwarzbraun)  sind  die  goldig  pubescierten  Vorderschienen  und 
-fiiße,  die  4  Hinterschenkel  mit  Ausnahme  der  Spitze  und  die  End- 
hälften der  4  Hinterfüße.  Die  4  hinteren  Schienen  sind  auch 
größtenteils  dunkelbraun.  An  den  hintersten  ist  die  Basis,  an  den 
mittleren  auch  die  Spitze  heller. 

Flügel  nach  Fig.  20.  Sein  Grund  ist  hellgraulich  hyalin,  am 
g a n z e n  Hi n t e r r a n  d e  b r  e i t  u n  p  u n k  t i  e  r t.  Die  weißen  Punkte 
sind  von  mittlerer  Größe  und  enthalten  Kernflecke.  Etwas  inten- 
siver braun  sind  die  hinten  abgekürzte  Querbinde  über  die  kleine 
Querader  und  die  8  Flecken  an  der  Flügelspitze,  von  denen  die  2 
inneren  Reste  einer  Querbinde  darstellen,  Stigma  gelblich.  Aderung: 
Radialis  nicht  wellig,  sondern  sanft  aufgebogen,  der  gebrochenen 
hinteren  Querader  ungefähr  gegenüber  mündend.  Cubitalis  gerade. 
Discoidalis  im  letzten  Abschnitt  mit  einer  Neigung  zum  Aufwärts- 
biegen, oberhalb  der  Flügelspitze  mündend.  Kleine  Querader  nur 
jenseits  der  Flügelmitte  situiert. 

Thoraxschüppchen  ca.  lV2inal  so  lang  wie  das  Flügelschüppchen, 
beide  weiß  und  ziemlich  breit.    Schwingerkopf  braun. 

Körper  4,5  mm,  Flügel  4  mm  lang. 

Heimat.    Insel  Kreta,  Antr.  Jovis,  Mt.  Ida,  leg.  Bieö. 

24.  Flatystonia  plantationis  Rondani  {^,  $). 

RONDANI,    Dipterol.    Ital.  Prodr.,  Vol.   7,  Pasc.  3,  p.  35,    6  (Megaglossa) 
(1869). 

Eine  sehr  distinguierte,  leicht  kenntliche  Art. 

Die  Grundfarbe  des  Leibes  ist  blau  schwarz.  Pech- 
schwarz sind  nur  die  Beine.  Die  dunklen  Punkte  und 
Stellen  des  Thorax  und  Schildchens  sind  nicht  ganz  matt, 
sondern  zeigen  einigen  bläulichen  Glanz.  Der  Hinterleib 
glänzt  deutlich  und  stellenweise  sogar  leicht  metallisch.  Rotbraun 
sind :  Lunula,  Fühler,  Wangen  und  Backengruben ;  auch  die  Epistom-  | 
Seiten. 

Die  Farbe  des  Körpertom ents  ist  aschgrau.  Der  bläu- 
liche Ton  der  ganzen  Fliege  wird  dadurch  nicht  alteriert,  da  das 
Toment  sehr  zart  und  schütter  ist. 

Die  Behaarung  ist  überall  kurz  und  schwarz.    Gelblich  bis 


Die  Gattuug  Platystoma  Meigen  (Dipt.).  101 

rötlich  und  länger  behaart  sind:  der  untere  Hinterkopf,  die  Ptero- 
plt-urt'ii.  die  Brust  und  Hüften  und  die  4  hinteren  Schenkel  postero- 
ventral.  Die  untere  Seite  der  Schienen  und  namentlich  der  Füße 
ist  güldigrot,  dicht  anliegend  behaart. 

Stirne  schwärzlich-rotbraun,  wie  bei  P.  seminationis  F.  bestäubt, 
aber  deutlich  länger  als  breit  und  nur  1  ^ ,,  mal  so  breit  wie 
ein  Auge.  Die  Backen  sind  nur  '/^g  eines  Auges  hoch, 
also  außerordentlich  niedrig.  Wangen  linear.  Das  ganze  Epistom 
samt  den  glänzend  schwarzen  unteren  Enden  der  Fühlergruben  sind 
unbestäiibt.  Der  Reif  des  oberen  Gesichtes  zieht  sich  also  am 
Gesichtskiel  nicht  nach  abwärts,  sondern  ist  unten  gerade 
abgeschnitten.  Der  Mundrand  ist  dort  fein  gerunzelt.  Arista  nackt. 
Prälabrum  und  Taster  schwarz,  normal  weiß  tomentiert  d.  h.  ersteres 
am  Ober-  und  Unterrande,  letztere  an  der  Spitze.  Der  untere  Hinter- 
kopf ist  nur  sehr  schwach  gepolstert,  erheblich  geringer  als 
bei  P.  seminationis  F.  und  am  hinteren  Augenrande  nur  schmal  weiß- 
schimmernd eingefaßt.    Fühler  unterhalb  der  Augenmitte  inseriert. 

Thoraxrücken  und  Schildchen  abgeflacht,  beide  ohne 
tiefere  Furche  ineinander  übergehend,  in  einer  Ebene  gelegen. 
Die  deutlich  blauglänzende,  nicht  mattschwarze  Punktierung  des 
ersteren  ist  sehr  dicht  und  fein,  ganz  gleichmäßig  verteilt  und  in 
Längsreihen  geordnet,  aber  nicht  zu  Längsstriemen  zusammengeflossen. 
Schild  oben  dunkel,  ebenfalls  bläulich  glänzend,  ziseliert,  aber  un- 
punktiert; am  Hinterrande  tomentiert  und  mit  größeren  Punkten  an 
den  6  Borsten  wurzeln.  Die  Pleuren  glänzen  durchaus,  und  nur  die 
Mesopleuren  sind  tomentiert  und  so  stark  punktiert,  daß  das 
Tomentnetzwerk  zerrissen  ist  und  feine  Längswellenlinien  bildet. 

Der  vorherrschend  glänzend  blauschwarze  Hinterleib  ist  bei  S 
und  $  in  der  hinteren  Hälfte  gleichmäßig  mit  weißlichen  Punkten 
in  mäßiger  Dichte  besetzt,  die  nach  vornhin  dann  schütterer  stehen. 
Die  Seiten  der  vorderen  Tergite  schimmern  w^eiß  und  sind  fein 
dunkel  punktiert.  Dort  ist  auch  die  etwas  längere  Behaarung  gelb- 
lich und  hell.  Das  5.  Tergit  des  ($  ist  nicht  ganz  doppelt  so  lang 
wie  das  3.  und  4.  zusammengenommen.  Das  Präanalsternit  des  ^ 
ist  schwach  konvex,  hinten  sanft  ausgerandet,  oben  chagriniert. 
Beim  $  ist  das  4.  Tergit  nur  sehr  wenig  länger  als  das  3.  oder  5. 
Die  Bauch  haut  ist  schwärzlich-braun. 

Vorderfüße  schwarz.  ^Mittel-  und  Hinterferse,  sowie  das  2.  Glied 
der  Hinterfüße  gelbrot  und  höchstens  nur  an  der  äußersten  Spitze 
braun. 


102  Friedrich  Hrndel, 

Flügel  nach  Fig.  21,  also  in  der  Anlage  der  Zeichnung  und 
Gitterung  wie  bei  der  vorigen  Art,  nur  weitaus  dunkler  und  schärfer 
ausgeprägt.  Die  über  die  kleine  Querader  laufende  braune  Quer- 
binde berührt  die  hintere  Querader  nicht  und  beginnt  eigentlich 
schon  arn  der  Flügelwurzel  zwischen  Costa  und  Discoidalis,  wo  das 
Grundbraun  viel  intensiver  als  im  übrigen  Flügel  ist  und  nur  durch 
weiße  Punkte  durchbrochen  wird.  Der  Flügelhinterrand  ist  breit 
graulich  hyalin  und  ungefleckt.  Die  weißen  Punktflecke  enthalten 
einen  Kernpunkt.  Die  erste  Hinterrandzelle  ist  nicht  parallelrandig, 
da  der  letzte  Abschnitt  der  Cubitalis  gleich  jenseits  der  kleinen 
Querader  etwas  aufgebogen  ist.  Die  Discoidalis  mündet  wenig 
oberhalb  der  Flügelspitze. 

Schüppchen  weiß,  breit.  Das  Thoraxschüppchen  ist  nur  l^/.^mal 
so  lang  wie  das  bräunlich  gesäumte  Flügelschüppchen.  Schwiuger- 
kopf  schwarzbraun. 

Körper  6 — 6,5  mm,  Flügel  5 — 5,5  mm  lang. 

Heimat.  Tirol,  Bozen;  Ungarn,  Budapest  (Eggee,  Kertesz); 
Mittel-Italien,  Macerata  (Bezzi);  Ober-Italien,  Parma  (Rondani). 

25.  Platystonia  aenescens  Loew  {^,  $). 

LOEW,  in:  Ztschr.  ges.  Naturw.,  Vol.  32,  p.  10,  10  (1868)  und  Beschreib, 
europ.  Dipt.,  Vol.  3,  p.  285,   189  (1873). 

Von  grünlich  metallisch  schwarzer  Farbe  sind  und 
zwar  glänzend:  das  Gesicht,  der  untere  Hinterkopf,  das  Prälabrum, 
die  Schult  er  beulen,  ein  Teil  der  Pleuren,  das  Metanotum  und 
der  Hinterleib ;  gleichfarbig,  aber  auf  der  Oberfläche  fein  chagriniert 
und  zart  tomentiert  sind  die  Oberseite  des  Thoraxrückens  und  des 
Schildes,  sowie  die  Mesopleuren. 

Die  Tom  entfärbe  ist  weißlich-grau,  auf  dem  Kopfe 
heller. 

Die  Behaarung  ist  überall  sehr  kurz  und  meist  schwarz. 
Gelblich  erscheinen  die  Haare  der  Pteropleuren ;  jene  am  Hinterleibe 
schimmern  an  der  Spitze  desselben  dunkelrot. 

Kopf  von  vorn  her  mehr  zusammengedrückt.  Backen  hinten 
wenig  vorstehend,  nicht  gepolstert,  niedrig,  ungefähr  Vs  eines  Auges 
hoch.  Wangen  linear.  Fühler  unterhalb  der  Augenmitte  inseriert. 
Stirn  länger  als  breit,  Vj.^m&X  so  breit  wie  ein  Auge,  rotbraun, 
dunkel,  grob  punktiert,  zart  weißlich  bereift,  am  Augenrande  wenig 
dichter.     Dagegen  schimmern   die   Wangen,  die   Tasterspitzen   und 


Die  Gattiiiii»'  Platystoma  Mkkjkn  (Diiit.).  \Q}\ 

die  Fühlergruben  unterhalb  der  Fühler  weiß.  Das  übrige 
Gesicht  samt  Länosrücken  ist  g-länzend  und  unbestäubt. 

Fühler  und  Backeng-ruben  dunkel  rotbraun;  2.  Fülilerglied  oft 
heller  gefärbt.  Die  Fühler  sind  nur  etwas  kürzer  als  das  Gesicht. 
Arista  nackt.  Oberer  Hinterkopf  schwarz,  zart  graulich  bereift. 
Hinterer  Augenrand  und  Halsstufe  schmal  weiß  gesäumt.  Prälabrum 
am  oberen  und  unteren  Rande  mit  weißen  Punkten.  Rüssel  und 
Taster  schwarz. 

Der  Tiioraxrücken  und  das  oben  abgeflachte,  hinten  fast 
scharfrandige  Schildchen  sind  durch  keine  tiefe  Furche  getrennt, 
sondern  gehen  ineinander  über.  Die  Tomentierung  des  Rückens 
ist  nur  ganz  vorn  dichter  und  dunkel  punktiert,  sonst  in  ein  stark 
zerrissenes  und  sehr  schütteres  feines  Netzwerk  aufgelöst,  das  wenig 
hervortritt  und  den  halben  Metallglanz  des  Grundes  nicht  verhindert. 
Das  Schild  zeigt  nur  am  Hinterrande  Tomentflecke.  Am  deutlich- 
sten ist  noch  das  Tomentnetzwerk  auf  den  Mesopleuren  zu  sehen, 
aber  auch  schon  in  Längswellen  zerrissen. 

Der  Hinterleib  ist  völlig  glatt  und  glänzt  stark.  Die  weißen 
Tomentpunkte  stehen  sehr  zerstreut,  aber  ziemlich  gleichmäßig  ver- 
teilt und  sind  so  klein  und  von  so  geringer  Intensität,  daß  sie  leicht 
ganz  übersehen  werden  können,  was  ja  auch  Loew  getan  hat.  Beim 
(J  ist  das  5.  Tergit  4mal  so  lang  wie  die  kurzen  und  ziemlich  gleich- 
langen Tergite  3  und  4  zusammengenommen.  Beim  $  ist  das 
4.  Tergit   P.jmal   so  lang  w^ie   das  5.  und  wenig  länger  als  das  3. 

Beine  pechschwarz,  die  vordersten  am  dunkelsten.  Die  4  hinteren 
Füße  sind  rotgelb  nnd  nur  an  der  Spitze  gebräunt.  Die  4  hinteren 
Knie  sind  deutlich  rotbraun. 

Flügel  wie  Fig.  22  genetzt  und  geädert.  Die  ganz  parallel 
und  geradrandige  erste  Hinterrandzelle  mündet  erheblich  oberhalb 
der  Flügelspitze,  die  sanft  aufgebogene  Radialis  der  gebrochenen 
und  meist  mit  einem  kurzen  Aderrudimente  versehenen  hinteren 
Querader  gegenüber.  Die  braune  Querbinde  über  die  kleine  Quer- 
ader ist  stark  reduziert  und  durchbrochen.  Die  weißen,  mit  Kernen 
versehenen  Punktflecke  sind  relativ  groß  und  herrschen  ganz  auf- 
fällig vor.     Der  Flügelhinterrand  ist  unpunktiert. 

Schüppchen  klein,  nicht  rein  weiß.  Thoraxschüppchen  nur 
wenig  länger  als  die  der  Flügel.    Schwingerkopf  dunkelbraun. 

Körper  4  mm,  Flügel  etwas  mehr  als  3  mm  lang. 

Heimat.    Süd-Rußland,  Sarepta,  Walachei,  Braila.  24.  Mai 


]^04  Friedrich  Hendel, 


26.  Fliitystoma  ritfipe,^  Meigen  {^,  $). 

Meigen,  System.  Beschr.,  Vol.  5,  p.  393,  3  (1826). 
LoEW,  Dipt.  Beitr.   1,  p.  35,  2  (1845). 
SCHINEE,  Fauna  Austr.,  Vol.  2,  p.  84  (1864). 

Syn.:    P.   i>rnthrri  BiSCHOF,    in:    Ann.    naturh.    Hofmus.   Wien,  Vol.   20, 
p.   177  (1905). 

Glänzend  metallisch  blau  schwarz,  teilweise  gTünlich 
schimmernd  sind  dieselben  Teile  wie  bei  P.  aenescens  Loew  an- 
gegeben.   Auch  die  Behaarung  ist  die  gleiche. 

Das  Toment  ist  weißlich. 

Die  Unterschiede  von  P.  aenescens  sind  folgende.  Die  Fühler 
sind  der  Augenmitte  gegenüber  inseriert.  Die  Stirne  ist  bei  P, 
aenescens  Lw.  deutlich  matt  weißlich  bereift  und  grob  punktiert, 
hier  ohne  deutlich  unterscheidbare  Bereifung  und  Punktierung,  von 
seidenartigem  Glänze;  nur  eine  Medianlinie  und  noch  lebhafter 
schimmernder  Augenrand  weiß. 

Die  Tomentierung  des  Thoraxrückens  ist  noch  viel  schütterer 
als  bei  P.  aenescens  Lw.,  indem  nur  stellenweise  Spuren  derselben 
wahrnehmbar  sind.  So  ganz  vorn  4  angedeutete  Längsstriemen  mit 
dunkleren  Punkten,  die  seitlichen  derselben  oberhalb  der  glänzenden 
Schulterbeulen.  Einzig  die  Mesopleuren  zeigen  sehr  deutliche,  aber 
unterbrochene  gelblich-weiße  Tomentwellenlinien.  Auch  in  der 
Furche  zwischen  Rücken  und  Schild  liegen  einige  solcher  leuchtender 
Tomentpunkte. 

Der  Hinterleib  ist  vollständig  unbestäubt  und  unpunktiert, 
mit  lebhafterem  grünlichen  Metallschimmer  als  der  Thorax.  Das 
5.  Tergit  des  ^  ist  IV^mal  so  lang  wie  die  unter  sich  gleichlangen 
Tergite  3  und  4  zusammengenommen.  Beim  $  ist  das  4.  Tergit 
auffällig  länger  als  das  3.  oder  das  5. 

Beine  gelbrot.  Pechschwarz  können  sein  die  Vorderschienen 
und  Füße,  die  Wurzelhälfte  der  4  hinteren  Schenkel  und  zwar 
ventral  ausgedehnter  als  dorsal,  dann  die  Hinterschienen  dorsal, 
mit  Ausnahme  der  Wurzel  und  die  Vorderschenkel  vor  der  Spitze. 
Es  gibt  jedoch  auch  Exemplare,  bei  welchen  das  Braun,  das  nie 
scharfe  Grenzen  zeigt,  stark  zurücktritt  und  namentlich  die  Schenkel 
ganz  gelb  sind. 

Flügel  nach  Fig.  23,  also  dem  von  P.  plantaUonis  Rond.  ähnlich. 
Die    braune,     uudurchbrochene    Quer  bin  de     überzieht 


Die  Gattung  Platystoraa  Meiükn  (Dipt.).  105 

jed(tcli  beide  Qu  er  ad  ein  und  ei-fiillt  den  ganzen  Vorderrand 
zwischen  Costa  und  Discoidalis  bis  zur  Flügelwurzel  hin.  Die 
Spitze  der  ersten  Hinterrandzelle  ist  weiß,  bei  F.  pküitationis  jedocli 
braun.  Wie  bei  den  3  vorliergehenden  Arten  ist  die  Radialis  deut- 
lich aufgebogen.  Die  Discoidalis  mündet  meiklich  oberhalb  der 
Flügelspitze  und  zeigt  dort  ebenso  wie  die  Cubitalis  eine  Neigung 
zum  Aufwärtsbiegen.  Die  erste  Hinterrandzelle  ist  an  der  Spitze 
nicht  verengt,  bei  P.  plantaUonis  jedoch  ein  wenig.  Die  Queradern 
sind  einander  mehr  genähert,  wodurch  die  genannte  Zelle  verkürzt 
erscheint.  Auch  fällt  auf.  daß  alle  Längsadern  dem  Vorderrande 
des  Flügels  genähert  sind.  Flügelhinterrand  unpunktiert;  die  weißen 
Punkte  mit  Kerntlecken. 

Scliüiipchen  und  Schwinger  wie  bei  P.  aenescens  Loew. 

Körper  5,5 — 6,5  mm,  Flügel  4 — 5  mm  lang. 

Heimat.  Kleinasien.  Bos-Tepe,  1600  m;  Taurus;  Rußland 
(Pallas);  Süd-Rußland,  Charkow,  Odessa  (Fontan).  Meigen  erwähnt 
kein  Vaterland! 

A  n  m.     Platijstoma  pentheri  Bischof, 
Bischof,  in:  Ann.  naturh.  Hofmus,  Wien,  Vol.  20,  p.   177  (1905). 

„17.  Juli,  Bos-Tepe,  ca.  1600  m  (Klein-Asien)  —  Länge  5  mm. 
Schwarze  Art.  Kopf,  Fühler,  Rüssel  und  Taster  schwarz.  Thorax 
und  Schild  blauschwarz,  nicht  glänzend.  Apikale  Schildchenborsteu 
liarallel,  nicht  gekreuzt  wie  bei  der  nächstverwandten  PI.  pubescens 
Lw.  Hinterleib  glänzend  schwarz,  Bauch  am  Grunde  gelb.  Beine 
rostgelb,  Vorderschienen  und  Tarsen,  Mittelschenkel  an  der  Basis, 
Hinterschenkel  mit  Ausnahme  der  Spitze  und  Hinterschienen  braun- 
schwarz. Schüppchen  klein,  schmutzig  weiß.  Flügelzeichnung  wie 
bei  P.  puhescens  Lw. 

Diese  Art,  von  der  mir  leider  nur  1  $  vorliegt,  unterscheidet 
sich  von  P.  puhescens  Lw,  durch  die  Färbung  der  Beine  und  des 
Thorax,  die  Grösse,  die  Stellung  der  apikalen  Schildchenborsten  etc." 

Eine  Type  findet  sich  ebensowenig  wie  von  dem  P.  ilgünense 
Bischof  im  Wiener  Hofmuseum  mehr  vor,  doch  kann  aus  vor- 
stehender Beschreibung  P.  rufipes  Meigen  unschwer  erkannt  werden, 

27,  PUttffstoma  nierUJionale  n.  sjj.  {(S)- 

l'L  .sfniinniionis  BECKER,  in:   Ztschr.   Hymenopt.,   1907,  p.   385. 

Von  schwarzer  Grundfarbe  sind:  der  Hinterkopf,  der 
Thorax   samt   Schild   und   der  Hinterleib.     Glänzend   schwarz:   das 


JQg  Friedrich  Hendel, 

Epistora,  das  Prälabrum,  der  untere  Hinterkopf,  die  S cliult er- 
beul en,  die  unteren  Sternopleuren  und  der  olivenfarbig  und  schwach 
metallisch  schimmernde  Hinterleib. 

Das  Körpertoment  ist  weißgrau,  mit  einem  schwachen  Stich 
ins  Gelbliche. 

Die  sehr  kurz  geschorene  Behaarung  ist  auf  der  Stirne  und 
dem  Thoraxrücken  schwarz,  am  Hinterleibe  gelblich.  Die  längeren 
Haare  der  Backen,  der  Pteropleuren  und  posteroventral  an  den 
Hinterschenkeln  sind  gelblich.  Sonst  sind  aber  auch  die  Beine  kurz 
und  dunkel  behaart. 

Die  Backen  treten  weniger  nach  hinten  vor  als  bei  P.  seminationis, 
sind  aber  auch  fast  V4  ^i'^^s  Auges  hoch.  Stirne  so  lang  wie  breit 
(bis  zu  den  Fühlerwurzeln  gerechnet)  und  doppelt  so  breit  wie  ein 
Auge;  rotbraun,  in  der  Mitte  meist  heller,  lebhaft  weißlich  bereift, 
gegen  den  Augenrand  zu  dichter,  überall  verhältnismäßig  grob  punk- 
tiert. Fühler,  Lunula,  Cerebrale,  Backengruben  und  Backen,  sowie 
die  obere,  weißbereifte  Hälfte  des  Gesichtes  und  der  seitliche  Mund- 
rand gelbrot.  Die  untere  Gesicht shälfte,  das  ist  das  Epistom 
und  die  untere  Hälfte  der  Fühlergruben,  sind  glänzend  schwarz 
und  unbestäubt.  Oberer  Hinterkopf  zart  graulich  überreift.  Hinterer 
Augenrand  und  Halsstufe  breit  weißschimmernd  eingefaßt.  Prä- 
labrum oben  und  unten  weiß  punktiert.  Taster  schwarz,  mit  w^iß- 
schimmernder  Spitze.  Rüssel  teilweise  rot.  Fühler  %  des  Gesichtes 
lang,  der  Augenmitte  gegenüber.    Arista  wie  nackt. 

Thorax  und  Schild  wie  bei  P.  aenescens  Loew  geformt.  Beide 
sind  oben  aber  matt  und  glanzlos  und  ersterer  dicht  tomentiert 
und  mit  schwarzen,  gleichmäßig  verteilten  Punkten  dicht  überstreut. 
Außerdem  sieht  man  aber  unter  der  Punktierung  deutlich  4  heller 
graue  und  gei-ade  Längsstreifen,  die  2  mittleren  eng  beisammen,  die 
seitlichen  an  der  Quernaht  unterbrochen.  Schild  am  Hinterrande 
dichter  und  heller  tomentiert,  mit  schwarzen  Punkten  an  den  Wurzeln 
der  Borsten.  Meso-,  Ptero-  und  der  obere  Rand  der  Sternopleuren 
tomentiert  und  dicht  schwarz  punktiert,  die  ersteren  gröber  als  die 
anderen.    Brust  glänzend  schwarz. 

Der  Hinterleib  ist  mit  gleichmäßig  verteilten  und  scharf  sich 
abhebenden  weißlichen  Tomentfleckchen  ziemlich  dicht  besetzt.  Die 
Seitenränder  der  Tergite  sind  dichter  tomentiert  und  erscheinen  fein 
schwarz  punktiert.  Das  5.  Tergit  des  (^  ist  doppelt  so  lang  wie  die 
gleichlangen  Tergite  3  und  4  zusammengenommen  oder  noch  etwas 
länger.     Das  präanale  Sternit  ist  flach   konvex,  am   Hinter- 


Die  Gattung  I'latystuina  Meigkn  (Dipt.).  107 

taiide  deutlich  ausgebuchtet,  glänzend  gelb  rot.  Hj'popyg  schwarz. 
Baue  h  haut  dunkel  g-  r  a  u. 

Hüften  und  Beine  rotgelb.  Schenkel  und  Schienen  ventral  mit 
nnieg'elmäßig  verteilten  braunen  Längsstriemen,  die  teilweise  unter- 
brochen sind.  Vorderfüße  mit  Ausnahme  des  roten  End- 
gliedes dunkelbraun. 

Flügel  nacii  Fig.  24.  Der  ganze  Flügelhinterrand  ist  nicht 
punktiert;  die  weißen  Punkte  enthalten  deutliche  Kerne.  Über  die 
hintere  Querader  zieht  eine  aus  weißen  Punkten  gebildete  Quer- 
hinde.  beiderseits  dunkelbraun  flankiert.  Der  Flügel  unterhalb  der 
Posticalis  ist  wie  bei  den  4  vorhergehenden  Arten  auffällig  heller. 
Charakteristisch  für  diese  Art  ist  die  sehr  dunkle  Flügelspitze. 
Erste  Hinterrandzelle  parallel-  und  geradrandig,  mit  einem  weißen 
Fleck  an  der  Spitze.  Discoidalis  sehr  wenig  oberhalb  der  Flügel- 
spitze mündend,  bei  P.  climidiatum  und  fjßvipes  erheblich  oberhalb 
derselben.  Bei  letzterem  liegen  die  Aveißen  Punkte  auch  dem  Flügel- 
hinterrande an.  Radialis,  wie  bei  P.  rußpes  angegeben,  am  Ende 
sanft  aufgebogen. 

Schüppchen  weiß,  mittelgroß.  Die  Thoraxschüppchen  sind  IVs 
bis  1  \  2  mal  so  lang  wie  die  des  Flügels.    Schwinger  gelb. 

Körper  6,5  mm,  Flügel  5  mm  lang. 

Heimat.     Nord- Afrika,  Marokko,  Mogador;  Tunis,  Gafsa. 

28.  PUity Stoma  clathratuni  n,  sp,  ($j. 

Dem  F.   meridionale  n.  sp.  mit   folgenden  Unterschieden   gleich. 

Auf  dem  Cerebrale  liegt  zwischen  dem  breiten  roten  Scheitel- 
rand und  der  weißbestänbten  Halsstufe  ein  elliptischer,  samt- 
schwarzer Fleck.  —  Die  Schulterbeulen  sind  nicht  glänzend 
schwarz,  auch  nicht  unten,  sondern  grau  bereift. 

Die  Beliaarung  des  Hinterleibsrückens  ist  heller;  das  5.  Tergit 
ist  sogar  weißlich  pubesziert. 

Die  Stirn  ist  etwas  länger  als  breit,  gut  Pomal  so  breit  wie 
ein  Auge.  Backen  ^:^  eines  Auges  hoch.  Das  ganze  Gesicht  ist 
schwarz,  auch  der  obere,  weiß  bereifte  Teil.  Fühler  wenig  kürzer 
als  das  Gesicht  und  wenig  unterhalb  der  Augenmitte  sitzend. 
3.  Glied  am  Oberrande  etwas  verdunkelt. 

Die  Punktierung  des  Thorax  ist  etwas  gröber.  Während  bei 
P.  meridionale  die  Sternopleuren  nur  oben  graulich  bereift  und 
punktiert,   an   der   Brust   selbst   aber  glänzend   schwarz    sind. 


108  Fbiedrich  Hendel, 

sind  sie  hier  vollständig  matt  bereift  und  ausgedehnter 
punktiert. 

Der  Hinterleib  ist  nur  wenig  dichter  mit  weißen  Tomentpunkten 
besetzt.  Das  4.  Tergit  des  $  ist  ca.  1^2111^1  so  lang  wie  das  5.  und 
auch  länger  als  das  3.  1.  Glied  des  Ovipositors  glänzend  schwarz. 
B  a  u  c  h  h  a  u  t  gelb. 

Hüften  und  Beine  rotgelb.  Vorderschenkel  mit  einigen  braunen, 
unregelmäßigen  Flecken.  Vorderschienen  innen  und  außen  mit 
braunen  Längsstriemen.  Alle  Füße,  besonders  aber  die  vordersten, 
gegen  das  Ende  hin  gebräunt.  Endglied  der  Vorderfüße 
nicht  heller  gefärbt. 

Flügel  nach  Fig.  25.  Die  weißen  Punktflecke  sind  sehr  groß 
und  haben  den  grauen  Grund  zu  einem  zarten  Netzwerk  zerrissen, 
das  namentlich  in  der  Marginal-  und  Submarginalzelle  stark  zurück- 
tritt. Dort  ist  der  hellste  Teil  des  Flügels.  Sonst  treten  auch 
einige  intensiver  braune,  kleine  Flecke  hervor,  so  in  der  Marginal- 
zelle,  an  der  kleinen  Querader  und  beiderseits  der  hinteren  Quer- 
ader. Erste  Hinterrandzelle  geradrandig,  gegen  die  Mündung  hin 
merklich  verengt.  Die  Discoidalis  mündet  deutlich  oberhalb  der 
Flügelspitze,  die  gerade  Radialis  ziemlich  weit  jenseits  der  hinteren 
Querader.  Flügelhinterrand  unpunktiert.  Die  weißen  Punkte  mit 
teilweise  schwachen  Kernflecken. 

Schüppchen  und  Schwinger  wie  bei  der  vorhergehenden  Art. 

Körper  5  mm,  Flügel  4,5  mm  lang. 

Heimat.    Süd-Rußland,  Uralsk. 

29.  Platystonia  eurvinerve  n,  sp,  {^). 

Gleich  dem  P.  dathratum  dem  P.  meridionale  sehr  ähnlich  und 
wie  folgt  unterschieden. 

Die  Thoraxseiten  sind  beiderseits  der  Mesopieuralnaht  und 
unten  auf  den  Sternopleuren  orangerot  gefärbt,  nicht  von  einfarbig 
glänzend  schwarzer  Grundfarbe.  Die  Stirn  ist  viel  heller,  mehr 
orangerot  gefärbt,  weniger  dicht  weißlich  bereift  und  daher  auch 
minder  deutlich  punktiert.  Das  Gesicht  ist  ganz  rotgelb  und  zeigt 
nur  unten  an  den  Fühlergruben  je  einen  großen,  glänzend  schwarzen 
Fleck.  Diese  Flecke  erreichen  unten  den  Mundrand  nicht  vollkommen 
und  sind  in  der  Mitte  schmäler  voneinander  getrennt,  als  ihre  eigene 
Breite  beträgt. 

Die  Stirn  ist  %mal  so  lang  wie  breit  und  ca.  l^j^mal  so  breit 
wie  ein  Auge.    Die  Fühler  sitzen  deutlich  unterhalb  der  Augenmitte. 


Die  Ciattuny  l'latystonia  Meigen  (Dipt.).  l()i| 

Das  3.  (-Jlied  derselben  ist  oben  etwas  gebräunt.  Die  Backen  sind 
etwas  liölier  als  \^  eines  Auges.  Der  untere  Hinterkopf  tritt  nur 
wenig  vor,  bedeutend  Aveniger  als  bei  ]\  chüln-ainm.  Nicht  nui'  das 
Cerebrale,  sondern  der  ganze  obere  Hinterkopf  bis  zur  Halsstufe  ist 
rot  gefärbt.  Taster  an  der  Basis  rot,  sonst  samtschwarz;  Spitzen- 
rand weiß  schimmernd,  auch  etwas  rötlich  durchscheinend. 

Auf  dem  Thorax  sind  die  Schulterbeulen  —  die  auch  teilweise 
rot  sein  können  —  unbestäubt  und  glänzend;  desgleichen  eine  schmale 
Linie  von  denselben  bis  zur  Flügel wurzel,  längs  der  Notopleuralnaht. 
Die  weißliche  Bereifung  des  Thoraxrückens  und  Schildchens  ist  im 
Vergleiche  mit  P.  meridionale  und  dathraium  dünn  und  schütter,  so 
daß  der  grünlich-schwarze,  erzfarbige  Grund  sowohl  durch  den 
Reif,  als  auch  durch  die  Punktierung  hindurch  glänzt.     Bei  den 

2  verglichenen  Arten  ist  der  Rücken  samt  den  Punkten  ganz  matt 
und  glanzlos.  —  2  Längsstriemen  in  der  Mitte  und  die  Längsseiten 
des  Thoraxrückens  sind  dichter  weiß  bereift  und  auch  deutlicher 
punktiert.  In  der  Form  gleicht  der  Thorax  und  das  unpunktierte, 
nackte  Schildchen  dem  von  P.  aenescens  Lw. 

An  den  Brustseiten  sind  nur  die  Mesopleuren  dicht  weiß  bereift 
und  gröber  punktiert.     Der  Rest  glänzt. 

Die  weißen  Tomentpunkte  des  glänzenden  Hinterleibes  sind 
kleiner  und  stehen  meist  weniger  dicht  als  bei  P.  meridionale.  Sie 
sind  isoliert  und  fließen  nie  zu  Schnürchen  zusammen.  Auch  sind 
die  Seiten  des  5.  Tergites  in  keiner  Weise  dichter  tomen- 
tiert;  bei  meridionale  ist  dies  auffällig  der  Fall.  Das  5.  Tergit 
des  ^  ist  nur  IVoOial  so  lang  wie  eines  der  gleichlangen  Tergite 

3  oder  4  allein. 

Die  Behaarung  ist  überall  sehr  kurz  geschoren.  Sie  ist  auf 
dem  Rücken  schwarz,  auf  dem  Hinterleibe  aber  hellgefärbt,  wenigstens 
von  hellerem  Schimmer. 

Hüften  und  Beine  rotgelb.  Vorderschienen  innen  und  außen 
mit  braunem  Längsstriemen.  Vorderfüße  dunkelbraun,  letztes 
Glied  rot.  Die  Hinterschenkel,  weniger  ausgedehnt  die  mittleren 
an  der  Wurzel  ventral  gebräunt. 

Flügel  nach  Fig.  26,  sehr  vorherrschend  hj-alin.  Die  weißen 
Punkte  sind  so  zahlreich  und  ausgedehnt,  daß  sie  das  lichte  Gelb- 
braun in  ein  zartes  Gitter  zerreißen,  welches  nur  einige  intensivere 
Stellen  zeigt.  Adern  meist  gelb.  Flügelhinterrand  ungefleckt.  Punkte 
mit  Zentralkernen.  Sehr  charakteristisch  für  diese  Art  ist  das  Auf- 
biegen der  Mündungen  der  3.  und  4.  Längsader,  weit  oberhalb  der 


{\Q  Friedrich  Hendel, 

Fliigelspitze.  —   Schüppchen   weiß.     Thoraxschüppchen    IVoUial   so 
lang  wie  das  des  Flügels.     Schwinger  ockergelb. 

Körper  5,5—6  mm,  Flügel  4,5—5  mm  lang. 

Heimat.    Turkmenien,  Ober-Murgab.     E.  Reittek. 


30.   PUitystoimt  gilvipes  Loew  {^,  $). 

LoEW,    in:    Ztschr.  ges.  Naturw.,  Vol.   32,  p.   10  (1868)    und  Beschreib. 

Europ.  Dipt.,  Vol.  3,  p.  286,   190  (1873). 
Syn. :  Plaiijsi.  sororeidum  Portschinsky,  in:    Hör.  Soc.   entomol.  Eoss., 

Vol.   il,    p.  32,    tab.  2,    fig.   1   (1875).  —  Becker,    in:    Ann.  Mus. 

zool.  Acad.  St.  Petersbourg,  Vol.   12,  p.  31,  44  (1907). 

Kopf  gelbrot.  Stirne,  weißlich  bereift,  am  Aiigenrande  lebhafter 
und  hier  auch  dunkler  und  gröber  als  in  der  Mitte  punktiert.  Eine 
Medianlinie  zart  weiß.  Das  Gesicht  ist  nur  in  der  oberen  Hälfte 
weiß  bereift,  unten  glänzend,  aber  ohne  glänzend  schwarze 
Flecke  am  unteren  Ende  der  Fühlergruben.  Stirne  etwas  länger 
als  breit,  lV2nial  so  breit  wie  ein  Auge. 

Fühler  %  des  Gesichtes  lang,  etwas  unterhalb  der  Augenmitte 
sitzend,  rotgelb;  Arista  wie  nackt.  Wangen  sehr  schmal.  Backen 
Vö  eines  Auges  hoch.  Hinterkopf  oben  und  unten  gelbrot,  an  der 
Halsstufe  schwärzlich.  Auf  dieser  mit  einem  breiten,  am  hinteren 
Augenrande  mit  einem  schmalen  weißen  Bande  gesäumt.  Unterer 
Hinterkopf  wenig  vortretend.  Prälabrum  glänzend  gelb,  oben  und 
unten  mit  weißen  Punkten,  seitlich  braun.  Taster  an  der  Spitze 
rotgelb,  weiß  schimmernd,  vor  derselben  breit  schwarz.    Rüssel  rot. 

Grundfarbe  von  Thorax,  Schild  und  Hinterleib  metallisch  oliven- 
grünschwarz.  Ersterer  ist  oben  schwächer,  auf  den  Pleuren  jedoch 
dichter  weißgrau  tomentiert.  Auf  dem  Rücken  tritt  die  Grundfarbe 
in  zahlreichen  und  dichtstehenden  Punkten  so  hervor,  daß  einiger 
Glanz  sichtbar  wird.  Dasselbe  gilt  vom  Üachen  Schildchen,  nur 
fehlt  die  Punktierung  mit  Ausnahme  des  heller  tomentierten  Hinter- 
randes. Mesopleuren  dicht  weißlich  tomentiert  und  scharf  punktiert. 
Auf  den  Ptero-  und  Sternopleuren  ist  das  Toment  schütterer  und 
die  Punktierung  spärlich. 

Der  Hinterleib  glänzt  ziemlich  stark.  Oben  auf  demselben  bildet 
das  weißliche  Toment  beim  $  zahlreiche  und  dichtstehende  Punkte, 
die  nach  vorn  hin  etwas  schütterer  stehen.  Dasselbe  gilt  vom  ^, 
nur  bilden  die  Punkte  hier  am  5.  Tergit  auch  kurze,  wurmförmig 
gebogene  Linien.    In  beiden  Geschlechtern  sind  die  umgeschlagenen 


Die  (iattiiiig  riatystoiiiii  Meigen  (Dipt.).  \\l 

8eiteiirändei-  dichter  als  die  Mitte  der  Tergite  tomentiert,  so  daLi 
liier  umgekehrt  die  dunkle  Grundfarbe  die  Punktierung  bildet,  l^eim 
(^  ist  das  5.  Tei-git  mehr  als  4mal  so  lang  wie  die  kurzen  Tergite 
3  und  4  zusammengenommen.  Beim  $  ist  das  4.  Tergit  längei'  als 
das  o.  und  l^.mal  so  lang  wie  das  5.  Präanales  Sternit  des  <^  rot, 
glatt,  hinten  herzförmig  eingeschnitten.  Bauchhaut  und  1,  Glied  des 
Ovii>ositors  rotgelb. 

Die  Behaarung  ist  überall  sehr  kurz  und  schütter.  Die  Härchen 
des  Hinterleibes  schimmern  größtenteils  gelblich.  Die  längeren 
Haare  an  den  4  hinteren  Schenkeln  sind  rötlich-gelb.  Stirn  und 
Kücken  sind  schwarz  behaart.  Auf  der  Oberseite  des  Schildes  sehe 
ich  außer  den  Borsten  keine  Haare. 

Hüften  und  Beine  rotgelb.  Außenseite  der  Vorderschienen  rot- 
biaun.  Die  4  hinteren  Schenkel  zeigen  anteroventral  einen  braunen 
Längsstreifen;  doch  fehlt  derselbe  oft  gänzlich.  Vorderfüße  mit  Aus- 
nahme des  gelben  Endgliedes  schwarzbraun. 

Plügel  nach  Fig.  27,  also  einem  blassen  von  P.  seminationis 
nach  Fig.  2  ähnlich.  Wie  dort  eine  aus  weißen  Punkten  gebildete 
Querbinde  über  die  hintere  Querader,  welche  besonders  wurzelwärts 
durch  eine  ungefleckte  braune  Bogenbinde  bis  zum  Hinterrande  des 
Flügels  begrenzt  wird.  Der  unter  der  Posticalis  liegende  Flügelteil 
ist  nicht  so  auffällig  heller  wie  bei  P.  mericlionale.  Die  weißen 
Punktflecke  sind  weniger  stark  genähert,  haben  aber  Kernflecke 
und  sind  bis  an  den  Flügelhinterrand  gerückt.  Das  Finde 
der  1.  Hinterrandzelle  ist  braun,  kaum  merklich  verjüngt  und  zeigt 
eine  geringe  Spui'  einer  Aufwärtsbiegung.  Die  Discoidalis  mündet 
erheblich  oberhalb  der  Flügelspitze.    Radialis  gerade. 

Schüppchen  weiß.  Die  Thoraxschüppchen  überragen  die  Flügel- 
schüppchen  etwas.    Schwinger  rostgelb. 

Körper  4 — 5  mm,  Flügel  etwas  kürzer. 

Heimat.  Chinesisch  Turkestan,  Gaschun-Gobi,  Satschou,  Juni- 
Sei)tember.  —  Süd-Rußland,  Sarepta.  Ich  konnte  2  typische  Stücke 
aus  dem  Berliner  Museum  vergleichen.  —  Armenien,  Ararat  (Pokt- 
schinsky). 

31.    l*laty Stoma  xmncUventre  Portschinsky  ($). 

PoRTSCHiNSKY,    in:    Horae  Soc.    entomol.  Ross.,  Vol.   11,    p.  33,  tab.  2, 
fig.  5  (1875). 

Eine  sehr  leicht  kenntliche,  auffällige  Art. 

Stirn  fast  1^  o^ial  so  lang  wie  breit,  parallelrandig,  nur  l\'ymal 


112  Friedrich  Hendel, 

SO  breit  wie  ein  Aug-e,  matt  rotbraun,  am  Augenrande  breit  weißlich 
bereift  und  nur  dort  deutlich  fein  punktiert.  Eine  hellere  Median- 
linie ist  auch  noch  zu  erkennen.  Ocellenhöcker  schw^arz;  seitlich 
davon  ist  die  Scheitelkante  rot.  Lunnla,  Fühler  und  Backengruben 
leuchtend  rot.  Fühler  ^^  des  Gesichtes  lang,  unterhalb  der  Augen- 
mitte sitzend.  Arista  sehr  kurz  und  zart  pubesziert.  Gesicht  bis 
zum  Mundrande  glatt  und  glänzend  schwarz,  nur  der  obere  Teil 
der  Fühlergruben  ist  weißlich  bereift.  Epistom  wenig  vorstehend. 
Wangen  linear.  Backen  Ve  eines  Auges  hoch.  Unterer  Hinterkopf 
mittelmäßig  vortretend,  glänzend  schw^arz,  mit  der  gewöhnlichen 
weißen  Binde  über  die  Halsstufe  an  die  Augenränder  herab. 
2  Backenborsten  übereinander. 

Prälabrum  glänzend  schwarz,  mit  kleinen  weißen  Tomentpunkten 
versehen.  Taster  an  der  Wurzel  und  dem  weiß  schimmernden  Spitzen- 
rand rot,  sonst  schwarz. 

Die  Grundfarbe  des  Thorax  und  Hinterleibes  ist  ein  glänzendes 
Schwarz  mit  schw^achem,  olivengrünlichem  Metallschimmer.  Das 
Toment  des  Thorax  ist  weißlich  gelbgrau.  Es  ist  auf  dem  Rücken, 
an  den  Seiten  und  auf  den  Pleuren  oberhalb  der  Naht  am  dichtesten 
und  hellsten.  Dazwischen  zieht  eine  sich  scharf  ab- 
hebende glänzend  schwarze  Längsbinde  über  die 
Schultern  und  die  Notople uralnaht  zur  Flügelwurzel. 
Auf  dem  Mittelteile  des  Rückens  sieht  man  2  streifenförmige  Längs- 
binden aus  graulichem  Reife,  die  3  dunkle  Zwischenräume  der  Grund- 
farbe freilassen.  Diese  sowie  die  feine  und  dichte,  aber  nicht  sehr 
aufdringliche  Punktierung  zeigen  deutlich  den  metallisch  grünlichen 
Schimmer  des  Grundes.  Dasselbe  gilt  vom  Schilde,  das  oben  nackt 
und  flach  ist.  Die  Meso-  und  Pteropleuren  sowie  der  obere  Rand 
der  Sternopleuren  sind  außergewöhnlich  dicht,  seidenartig  weißlich 
graugelb  tomentiert  und  fast  unpunktiert,  da  nur  die  Haarwurzeln 
als  feinste  Pünktchen  sichtbar  sind. 

Der  Hinterleib  ist  vollkommen  glänzend  glatt  und  unpunktiert. 
Seine  schwarze  Behaarung  ist  auffällig  dicht  und  lang  und  wird  am 
5.  Tergit  rotbraun  und  fast  zottig.  Bauchhaut  rotgelb.  Bei  dem 
mir  vorliegenden  $  ist  das  4.  Tergit  gut  lV2nial  so  lang  wie  das  5*1 
oder  das  3.  allein  betrachtet.  Ovipositor  mit  dem  Rücken  gleich- 
farbig. 

Hüften  und  Beine  orangerot.     Vorderschienen  innen  und  außen! 
mit  einem  braunen  Längs  wisch.    Vorderfüße  ganz  schwarzbraun.    Die 


Die  Gattung  Platystoina  Meigkn  (Dipt.).  ]  y^ 

4  hinteren  Füße  haben  die  äußersten  ISpitzen  der  einzelnen  Glieder 
etwas  verdunkelt. 

Flügel  nach  Fig-.  28.  Seine  Zeichnung-  erinnert  durch  den 
dunklen  Vorderrand,,  dessen  Braun  sich  dann  über  beide  Queradern 
zugleich  herabsenkt.  an  den  von  P.  mfipes  Meigex.  ^^'ährend  aber 
bei  dieser  die  Flügelspitze  wieder  heller  ist,  bleibt  sie  hier  auch 
dunkelbraun.  Der  zusammenliäng:end  braune  Teil  des  Flügels  wird 
durch  viel  zahlreichere  und  kleinere  weiße  Punkte  durchbrochen, 
die  auch  zwischen  den  beiden  Queradern  den  Flügel  durchqueren. 
Flügel  im  übrigen  wie  bei  P.  rufipes  Meigen. 

Schüi)pchen  Aveiß,  Thoraxschüppchen  nur  etwas  länger  als  die 
des  Flügels. 

Körper  7  mm.  Flügel  6,5  mm. 

Heimat.    Kaukasus  (Portschinsky);  Sarepta,  Süd-Rußland. 

82.    I*hitf/stoma  j^fft'onis  ii,  sp.  ($). 

Gesamteindruck:  graulich  lederfarben,  matt. 

Kopf  ockergelb.  Stirne  etwas  intensiver,  mehr  bräunlich-gelb 
gefärbt,  matt  bereift,  am  Augenrande  breit  w^eißlich  und  nur  dort 
deutlich  punktiert.  Eine  Medianlinie  ist  auch  w^eißlich  tomentiert. 
Gesicht  in  der  oberen  Hälfte  weiß  bereift,  matt,  am  Epistom  glänzend 
und  mit  je  einem  großen,  runden,  glänzend  schwarzbraunen  Pleck 
am  unteren  Ende  der  Fühlergruben.  Stirne  so  lang  wie  breit,  l^.^mal 
so  breit  wie  ein  Auge. 

Fühler  %  des  Gesichtes  lang,  der  Augenmitte  gegenüber  in- 
seriert, rötlich-gelb,  am  oberen  Rande  des  3.  Gliedes  gebräunt.  Arista 
fein  und  zart,  aber  deutlich  pubesziert.  Wangen  sehr  schmal,  Backen 
I  ^Iß—^^b  eines  Auges  hoch.  Hinterkopf  matt  weißlich  bereift,  am 
hinteren  Augenrande  und  auf  der  Halsstufe  am  dichtesten.  Cere- 
brale von  hellerer  Grundfarbe.  Unterer  Hinterkopf  stark  gepolstert, 
am  Augenrande  mit  3  —  4  starken,  schwarzen  Borsten,  nach  unten 
und  vorn  gebogen. 

Prälabrum  glänzend  gelb,  oben  und  an  den  Seiten  mit  einem 
braunen  Fleck.  Taster  rotgelb,  an  der  Spitze  weiß  schimmernd,  vor 
derselben  samtschwarz.    Rüssel  rot. 

Der  Thorax  ist  auf  der  Brust,  dem  Rücken,  dem  Schilde  und 
dem  Metanotum  von  schwarzer,  sonst  von  rötlich-ockergelber  Grund- 
farbe, überall  aber  sehr  dicht  und  matt  weißlich-grau  tomentiert; 
nur  die  ]\[itte  des  Metanotunis  ist  glänzend  schwarz.  Humeralcallus 
und  ( 'allus  der  Xotopleuralnaht  ebenfalls  von  roter  Grundfarbe.    Der 

Zool.  .rahrb.  XXXV.    Abt.  f.  S.y.st.  8 


W^  Frikdhich  Hendel, 

Rücken  und  das  Schildclien  sind  hell  asciigrau  tomentiert  und  sehr 
dicht  und  fein  braun  punktiert.    Außerdem  sieht  man  auf  dem  Rücken 

3  weniger  deutliche  Querreihen  von  je  4  olivenbraunen  Flecken, 
eine  Reihe  vor  der  Naht,  2  vor  dem  Schildchen.  Auch  dieses  zeigt 
oben  in  der  Spitzenhälfte  einen  großen  olivenbraunen  Fleck  und  an 
den  Borstenwurzeln  schwärzliche  Flecke.  Die  Pleuren  sind  dicht 
weißlich  tomentiert  und  nur  die  Mesopleura  dicht  mit  Punkten  der 
roten  Grundfarbe  besetzt. 

Die  kurzen  Stirnhaare  sind  schwarz.  Thoraxrücken  und  die 
Oberseite  des  Schildchens  sind  dicht  und  kurz  schwärzlich 
behaart,  doch  schimmern  die  Haarspitzen  deutlich  gelb.  Die  längeren 
Haare    am    Hinterkopfe,    die    der   Pleuren,   postero ventral   an    den 

4  hinteren  Schenkeln  und  größtenteils  auch  die  des  Hinterleibes 
sind  gelbweiß.  Die  übrigen  kurzen  Haare  am  Abdomen  und  an  den 
Beinen  schimmern  wenigstens  gelb  oder  rötlich. 

Am  Hinterleibe  sind  die  Seiten-  und  Hinterränder  der  Tergite 
2  und  3,  sowie  das  5.  Tergit  ockergelb;  der  Rest  hat  eine  schwärz- 
liche Grundfarbe.  Überall  wird  dieselbe  jedoch  von  dichtem  Tomente 
überdeckt.    So  erscheinen  die  ersten  3  Tergite  sonst  weißgrau,  das 

3.  mit  sepiabraunen  Punkten  bedeckt,  die  in  der  Mitte  auch  zu 
2  unregelmäßigen  Fleckchen  zusammenfließen.  Das  4.  Tergit  zeigt 
am  Hinterrande  2  runde,  glänzende,  konvexe  Augen  von  metallisch 
schwarzblauer  Farbe,  die  zunächst  von  einem  samtschwarzen  und 
dann  von  einem  ockergelben  Ring  eingefaßt  w^erden.    Sonst  ist  das 

4.  Tergit  mit  matt  schwarzbraunen  Flecken  verziert,  die  durch  ein 
ockergelbes  Tomentnetz  werk  getrennt  werden  und  glänzen  nur  die 
untersten  Randecken  noch  metallisch  schwarzblau.  Das  5.  Tergit 
ist  gelblich  tomentiert  und  spärlich  braun  punktiert.  Der  Länge 
nach  ist  das  3.  Tergit  etwas  kürzer  als  eines  der  ziemlich  gleich- 
langen 4.  und  5. 

1.  Glied  des  Ovipositors  schwarzbraun. 

Hüften  und  Beine  blaß  ockergelb.  Die  Füße,  namentlich  die 
vordersten,  sind  gegen  die  Spitze  hin  schwach  gebräunt. 

Flügel  nach  Fig.  29,  also  in  der  Zeichnung  und  Aderung  dem 
von  P  bispüosum,  suave  und  ?nurinum  ähnlich.  Der  Grund  ist  aber 
etwas  intensiver  gefärbt  als  bei  ersterer  Art,  die  weißen  Punkte 
sind  größer  und  weniger  dicht  und  die  braune,  dunklere  Fleckung 
ist  ausgedehnter  und  auffälliger.  Die  Zentralkerne  der  weißen 
Punkte  sind  nur  unvollkommen  ausgebildet.  Die  Längsadern  sind 
etwas  mehr  gegen  den  P^lügelvorderrand   zusammengedrängt.    Die 


Die  Gattung  Platysloiiia  Meigkn  (Dipt.).  115 

sehr  enge  ^liindung-  der  1.  Hinterrandzelle  liegt  hoch  oberhalb  der 
Fliigelspitze. 

Schüppchen  weiß:  Thoraxscliüppchen  gut  ^'o^i^l  länger  als  die 
des  Flügels. 

Schwinger  hellgelb. 

Körper  5.5 — 6  mm  lang.  Flügel  5—5.5  mm. 

Heimat.     Transkaspien,  Groß-Balchan. 

33.  Platijstotna  oculutnin  Becker  ((^,  $). 

Beckek,    iu :    Ann.  ^Fus.  zool.  Acad.  St.   Petersburg,  Vol.   12,  p.   30,  43 
(1907). 

Die  Unterschiede  von  P.  pavonis  n.  sp.  sind  folgende: 

Der  Kopf  ist  viel  heller,  weißlich-gelb,  die  Stirn  nicht  ledergelb, 
sondern  goldgelb,  nicht  punktiert,  am  Augenrande  schmäler  weiß 
schimmernd.  Das  ganze  Gesicht  und  das  Prälabrum  sind  weiß 
bereift,  glanzlos.  Die  glänzend  schwarzen  Flecke  unten  an  den 
Fühlergruben  fehlen.  Den  ganz  gelben  Tastern  fehlt  der  schwarze 
Fleck  vor  der  Spitze. 

Die  Behaarung  des  Hinterleibes  ist  viel  heller,  mehr  weißlich- 
gelb, namentlich  am  5.  Tergit,  das  hier  P/aiiial  so  lang  wie  das  4. 
ist.    Letzteres  wiedei-  ist  fast  doppelt  so  lang  wie  das  kurze  3. 

Der  Flügel  des  mir  vorliegenden  Originalstückes  ist  leider  so 
defekt,  daß  ich  ihn  nicht  photographieren  kann.  Er  gleicht  in  der 
Anlage  der  braunen  Flecke  und  der  weißen  Punktierung  dem  von 
P.  bispiJosum,  in  der  Nervatur  aber  dem  von  P  pavonis.  Die  weißen 
Punkte  lassen  in  der  vorderen  Flügelhälfte  nur  dunkelbraune 
(^uerpunkte  und  Querstriche  frei  und  fließen  sonst  zusammen.  Die 
Mündung  der  ersten  Hinterrandzelle  ist  wie  bei  P.  pavonis  dunkel- 
braun. Die  erste  Basalzelle,  der  darüberliegende  Teil  der  Sub- 
marginalzelle  und  die  Umgebung  der  beiden  Queradern  zeigen  nicht 
weißen,  sondern  gelben  Flügelgrund.  Schüppchen  und  Schwinger 
wie  bei  P.  pavonis  angegeben. 

„Durch  hellgraue  Bestäubung,  hellrote  Beine  und  2  kreisrunde 
glänzend  schwarze  Beulen  auf  dem  4.  Hinterleibsringe  ausgezeichnet; 
hiedurch  ist  die  Art  sehr  kenntlich;  eine  ähnliche,  nahe  verwandte 
.Art  besitze  ich  aus  Transkaspien. 

c^:  Kopf  blassgelb,  Stirn  hellrotgelb,  matt,  an  den  Orbiten  sehr 
schmal  weiss  bereift.  Untergesicht  ebenfalls  weiss  bereift,  nicht 
glänzend   und  ohne  dunkle  Flecken.    Die  breiten  Taster  sind  hell- 

8* 


WQ  Friedrich  Hendel, 

gelb,  am  Rande  mit  einigen  kurzen  schwarzen  Börstchen.  Rüssel 
glänzend  rot,  ohne  Flecken  auf  der  Oberlippe.  Fühler  rotgelb,  mit 
brauner  nackter  oder  mikroskopisch  pubescenter  Borste.  Hinterkopf 
hellgrau,  matt;  an  den  Backen  steht  eine  Reihe  von  3  starken 
Borsten.  Thorax  von  heller  Grundfarbe,  mit  hellgrauer  und  brauner, 
etwas  unbestimmt  gefleckter  Bestäubung  und  fein  punktiert;  die 
kurze  Behaarung  ist  überwiegend  schwarz,  desgleichen  die  6  Rand- 
borsten am  Schildchen,  deren  Wurzelpunkte  sich  als  kreisförmige 
grössere  braune  Flecken  hervortun.  Die  Brustseiten  sind  ebenfalls 
punktiert,  die  Behaarung  ist  hier  jedoch  ausnahmslos  weiss.  Hinter- 
leib von  schwarzer  Grundfarbe  aber  außerordentlich  hellgrau,  fast 
weiss  bestäubt;  die  ersten  3  Ringe ^)  sind  sehr  schmal;  sie  sind  mit 
kleineren  braunen  Flecken  von  verschiedener  Grösse  gezeichnet;  der 
4.  Ring  ist  sehr  lang,  so  lang  wie  die  vorhergehenden  3  zusammen, 
etwas  konisch  nach  hinten  verschmälert  und  mit  2  grossen  glänzend 
schwarzen  Beulen  oder  Augen  am  Vorderrande  und  auf  der  Glitte 
des  Ringes,  die  auch  noch  auf  den  3.  Ring  als  matt  schwarzbraune 
Flecken  hinübergreifen  und  noch  auf  dem  4.  Ringe  zu  beiden  Seiten 
von  grösseren  dunklen  Flecken  umgeben  sind;  die  ganze  Fläche  des 
4.  Ringes  ist  überdies  noch  mit  wurmartig  gekrümmten  kleineren 
braunen  Flecken  mehr  oder  weniger  durchsetzt;  die  kurze  Be- 
haarung ist  überwiegend  hell.  Bauchseite  citronengelb,  die  ersten 
3  Bauchringe  mit  schwarzen  Mittelflecken,  Die  kräftigen  Beine 
sind  blassgelb,  Schenkel  mit  schwarzen  und  weissen,  Schienen  und 
Tarsen  mit  ausschliesslich  schwarzen  feinen  Haaren  bedeckt;  Tarsen- 
endglieder  schwach  bräunlich.  Die  Flügel  haben  eine  braune  Grund- 
farbe, die  durch  weissliche  kreisförmige  Flecken  gitterartig  durch- 
brochen ist;  auf  der  Vorderhälfte  der  Flügel  ist  das  Gitter  zu 
einzelnen  isoliert  stehenden  braunen  Flecken  zusammengeschmolzen; 
immerhin  macht  sich  an  einzelnen  Stellen  bei  geringerer  Durch- 
brechung der  braunen  Fläche  eine  fleckenartige  Bräunung  bemerk- 
bar; so  sieht  man  6  solcher  grösserer  Flecken:  über  der  Gabel  der 

2.  und  3,  Längsader,  auf  der  kleinen  und  hinteren  Querader,  unter 
dem  Ende  der  2.  L.-Ader,   an  der  Flügelspitze  zwischen  der  2.  und 

3,  L,-Ader  sowie  auf  der  Mitte  der  6,  —  5  mm  lang, 

$.    Im  Ganzen  dem   ^  gleich;  der  4.  Hinterleibsring  ist  nicht 
ganz  so  lang   wie  beim  c^;   auf  dem  3.  Ringe  sieht  man  jedei'seits 


1)  Becker  zählt  das  basale  Doppelsegment  als  einen  einzigen  Ring, 
was  beim  Vergleich  mit  meinen  Beschreibungen  zu  berücksichtigen  ist. 


Die  Gattung  Platystoiua  Meigen  (Dipt.).  117 

je  8  o;i-össei'e  schwarze  Flecken,  von  denen  das  1.  Paar  über  und 
in  Verbindung-  mit  der  glänzenden  Beule  des  4.  Ringes,  die  beiden 
anderen  mehr  seitwärts  oben  und  unten  liegen.  Die  Legeröhre  ist 
in  ihrem  ersten  Teil  glänzend  schwarz.  Mit  der  Legerühre  7  mm 
lang." 

Heimat.    Gaschun-Gobi  im  Chinesisch.  Turkestan. 


84.  PI((tf/stoinn  niiirinnin  n.  sp,  {^,  $). 

Gleich  den  2  ..Pfauenaugen-tragenden-'  Arten  sehr  dicht,  hell- 
grau tumentiert,  vielleicht  die  lichteste  der  Arten.  Auch  „Gemsleder- 
gelblich'', 

Kopf  blaß  ockergelb.  Stirn  etwas  breiter  als  lang  und  auch 
deutlich  breiter  als  die  doppelte  Augenbreite,  matt  weißlich  bereift, 
am  Augenrande  lebhafter  und  dort  auch  dichter  mit  sehr  kleinen 
hellbraunen  Pünktchen  besetzt.  Die  Stirnaugen  räuder  biegen 
auffällig  weit  unten  am  Gesicht  und  unter  fast  rech- 
tem Winkel  nach  außen  um.  Das  Gesicht  ist  ganz  weiß  be- 
reift; nur  ein  sclnvarzer,  dreieckiger  Fleck  jederseits  unten  an  der 
Fühlergrnbe  und  der  seitliche  Mundrand  sind  glänzend.  Der  Ge- 
sichtsrücken ist  besonders  breit.  Fühler  rötlich-gelb,  w^eit  unterhalb 
der  Augenmitte  sitzend.  3.  Glied  an  der  Wurzel  der  sehr  kurz  und 
fein  pubeszierten  Arista  manchmal  etwas  gebräunt. 

Prälabrum  ebenfalls  ockergelb,  weiß  tomentiert,  an  den 
Seiten  schwarzbraun.  Taster  gelb,  in  der  Mitte  mit  einem  großen, 
samtschwarzen,  eiförmigen  Fleck,  der  einen  breiten  weiß  schimmern- 
den Spitzenrandsaum  freiläßt.  Rüssel  rotgelb.  Wangen  schmal. 
Backen  ^Z,  eines  Auges  hoch.  Unterer  Hinterkopf  deutlich 
gepolstert,  an  den  Backen  mit  2 — 3  schwarzen  Borsten  übereinander. 

Die  Grundfarbe  des  Thorax  ist  rötlich-ockergelb,  auch  ein  breiter 
Schildrand  und  die  Schulter-  und  Notopleuralbeulen.  Die  Zentral- 
gegend des  Schildes  und  die  Oberseite  des  Rückens,  sowie  die  Brust 
und  das  Metanotum  haben  schwärzliche  Grundfarbe.  Überall  ist 
der  Thorax  aber  von  dichter,  sehr  hell  gelbgrauer  Bestäubung  ganz 
matt.  Nur  an  der  Unterseite  der  Schulterbeule  sieht  man  einen 
glänzend  schwarzbraunen  Längsfleck.  Auf  den  Seiten  und  auf  dem 
Rücken  wird  das  lichte  Toment  von  dicht  gestellten,  aber  von- 
einander isolierten  Punkten  der  Grundfarbe  durchbrochen.  Auf  dem 
Rücken  sind  sie  matt  olivenbraun  und  in  Längsreihen  geordnet,  die 
4  heller  erscheinende,  linienartige  Zwischenräume  in  der  Mitte  frei- 


llii,  Friedrich  Hendel, 

lassen.  Doch  sind  diese  lichteren  Striemen  nicht  immer  gleich  gut 
erkennbar.    Die  Oberseite  des  Schildes  ist  nicht  punktiert. 

Der  Hinterleib  ist  wie  der  Rücken  von  schwärzlicher  Grund- 
farbe. Die  Hinter-  und  Seitenränder  der  Tergite  2—5  sind  in  nach 
hinten  zunehmender  Breite  rötlich-ockergelb  gefärbt.  Das  5.  Tergit 
ist  vorherrschend  oder  beim  $  ganz  rotgelb.  Die  Tomentierung 
ist  dieselbe  wie  beim  Thorax,  also  so  dicht  und  vorherrschend,  daß 
nicht  einmal  hier  die  in  den  überall  gleichmäßig  dicht  verteilten 
und  vielfach  zu  gekrümmten  kurzen  Linien  zusammenfließenden 
Punkten  hervortretende  Grundfarbe  merklichen  Glanz  zeigt.  Beim 
^  ist  das  5.  Tergit  länger  als  das  3.  und  4.  zusammengenommen. 
Beim  $  ist  das  5.  Tergit  kürzer  als  das  3.  oder  4.  allein,  die  gleich- 
lang  sind. 

Die  Behaarung  ist  sehr  kurz  und  fein;  auf  der  Stirn  und  den 
Mesopleuren  schwarz,  auf  dem  Rücken  und  dem  Hinterleibe  gelb 
schimmernd. 

Hüften  und  Beine  blaßgelb.  Alle  Schenkel  zeigen  anterior,  die 
Vorderschienen  vorn  und  hinten  (innen  und  außen)  schmale  braune 
Längsstriemen.  Die  Vorderfüße  sind  fast  ganz,  die  übrigen  gegen 
das  Ende  hin  braun. 

Der  Flügel,  die  Schüppchen  und  Schwinger  wie  bei  P.  suave 
LoEw,  Fig.  30.  Die  braunen  Flecke  sind  aber  auf  ein  Minimum 
reduziert. 

Körper  6,5 — 7  mm,  Flügel  5,5 — 6  mm  lang. 

Heimat.    Kaschgar,  Ost-Turkestan. 

35.  FJaty Stoma  suave  Loew  {^). 
LoEW,  Beschreib.  Europ.  Dipt.,  Vol.  3,  p.   281,   184  (1873). 

Ich  hatte  zuerst  die  vorhergehende  Art  für  die  LoEw'sche  ge- 
halten, bis  mich  die  Type  aus  dem  Berliner  Museum  folgende 
Unterschiede  lehrte.  Das  Gesicht  ist  hier  nicht  so  kurz,  die  Fühler 
stehen  etwas  höher,  der  Augenrandwinkel  des  Gesichtes 
ist  nicht  90^,  sondern  ca.  120"  groß;  die  Backen  sind 
viel  höher,  gut  ^4  eines  Auges  hoch.  Der  Mundrand  unter- 
halb der  Fühlergruben  ist  breiter  und  zeigt  unter  den  glänzend 
schwarzen  Flecken  der  letzteren  braune,  die  den  äußersten  Mund- 
rand jedoch  auch  nicht  erreichen.  Die  Tasterspitzen  sind  schmäler 
gelb  gesäumt. 

Der  glänzend  schwarzbraune  Längsfleck  auf  der  Unterseite  der 


Die  Gattuncr  Platystoina  Meigen  (Dipt.).  119 

Schulterbeulen  felilt.  Die  Behaarung  des  Tlioraxrückens  und  Hinter- 
leibes ist  etwas  gröber  und  schwarz,  nur  die  äußersten  Haar- 
si)itzen  schinnnern  gelb.  Aus  dem  matt  hellgrauen  Thoraxrücken 
treten  4  dunkelgraue  Längsstriemen  hervor;  die  seitliciien  sind  an 
der  Quernaht  unterbrochen,  die  mittleren  vorn  verjüngt  und  hinten 
abgekürzt. 

Die  Seitenränder  der  ersten  4  Tergite  sind  breit  rötlich  ocker- 
farbig. Das  5.  Tergit  des  ^  ist  länger  als  bei  der  vorigen  Art, 
gut  P.,nial  so  lang  wie  die  Tergite  3  und  4  zusammen  betrachtet. 

Die  dunklen  Striemen  der  Schienen  und  Schenkel  sind  hier  nur 
angedeutet,  die  Füße  auch  heller. 

Flügel  nach  Fig.  30,  dem  von  P.  bispilosnm  Poetsch.  äußerst 
ähnlich.  Der  Grund  ist  aber  etwas  dunkler  und  die  weiße  Punktierung 
zarter.  Die  Mündungen  der  3.  und  4.  Längsader  sind  etwas 
aufgebogen. 

Schüppchen  weiß.  Thoraxschüppchen  um  die  Hälfte  länger  als 
die  Flügelschüppchen.    Schwinger  ockergelb, 

Körper  7,5  mm.  Flügel  6.5  mm  lang. 

Heimat.  Turkestan,  Sarawschan-Tal  (Fedschenko,  Loew); 
Derbent,  Transkaspien. 

36.   Flatt/stoma  Mspilosunt  Portschinsky  ($). 

PORTSCHIXSKY,    in:    Horae  Soc.    entoniol.  Ross.,  Vol.    11,   p.   32,  tab.   2, 
fig.  2  (1875). 

Dem  Fl.  suave  Loew  nahestehend  und  wie  folgt  unterschieden. 
Kopf  dunkler,  bräunlich-gelb.  Stirne  nicht  ganz  2mal  so  breit  wie 
ein  Auge  und  länger  als  breit,  gröber  und  dunkler  punktiert. 
Der  Augenrandwinkel  im  Gesicht  ist  stumpfer.  Die  glänzend 
schwarzen  Flecke  unten  an  den  Fühlergruben  liegen  enger  beisammen 
und  sind  nur  ihre  eigene  Breite  voneinander  entfernt;  auch  be- 
rühren sie  unten  ganz  den  Älundrand.  Bei  P.  suave  Lw. 
sind  sie  breiter  voneinander  getrennt  und  berühren  unten  den  gelben 
Mundrand  nicht.  Prälabrum  glänzend  schwarz,  mit  weißen 
Tomentstreifen  versehen.  Backen  nur  wenig  höher  als  V?  einer 
Augenhr)lie.  Unterer  Hinterkopf  stärker  als  bei  P.  suave  Lw.  vor- 
tretend und  mit  4 — 5  stärkeren,  übereinander  stehenden  Borsten 
versehen. 

Die  Grundfarbe  des  ganzen  Thorax  und  Schildchens  ist  schwarz ; 
nur   ein    schmaler   Streiten   an   der  IMesopleuralnaht  ist  rot.     Die 


120  Frikdrich  Hendel, 

Tomentiermig  ist  aber  auch  hier  überall  sehr  dicht  und  verleiht  der 
Fliege  ein  hell  gelbgraues  Aussehen;  die  Farbe  des  Tomentes  neigt 
aber  mehr  zum  Grauen  als  zum  Gelb,  während  bei  P.  sitave  der 
isabellfarbige  Ton  vorherrscht.  Der  glänzende  Längsfleck  an  der 
Unterseite  des  Humeralcallus  fehlt.  Die  Punktierung  des  Rückens 
ist  dicht  und  fein,  isoliert,  dunkel  olivengrau.  4  gleichfarbige  Längs- 
striemen sind  nur  angedeutet.  Schild  nackt,  oben  dunkler,  un- 
punktiert, am  Rande  heller  bereift,  mit  dunklen  Punkten  an  den 
Wurzeln  der  Borsten. 

Hinterleib  mit  Ausnahme  der  roten  Spitze  von  schwarzer  Grund- 
farbe, wie  der  Thorax  tomentiert  und  punktiert.  Die  Punktierung 
ist  am  4.  und  5.  Tergit  aber  gröber  und  fließt  zu  kurzen,  ge- 
krümmten Perlschnüren  zusammen,  die  überall  gleichmäßig  verteilt 
sind.  Die  Tergite  2  und  3  dagegen  sind  noch  feiner  als  der  Thorax- 
rücken punktiert.  Beim  mir  vorliegenden  ^  ist  das  4.  Tergit  lV2nial 
so  lang  wie  das  5.  und  auch  länger  als  das  3.  1.  Glied  des  Ovi- 
positors  schwarzbraun.    Bauchhaut  gelb. 

Die  kurze  Behaarung  der  Stirne,  des  Rückens  und  Hinterleibes 
ist  schwarz. 

Hüften  und  Beine  hell  rotgelb.  Vorderschenkel  etwas  weißlich 
bereift.  Die  4  hinteren  Schenkel  sind  posteroventral  mit  gelben, 
längeren  Haaren  gewimpert,  Vorderschienen  vorn  und  hinten  (außen 
und  innen)  mit  braunen  Längsstriemen.  Vorderfüße  schwarzbraun, 
Mittelfüße  am  Ende  braun,  doch  ist  bei  beiden  das  letzte  Fußglied 
hell  rotgelb. 

Flügel  nach  Fig.  31,  sehr  blaßbraun  mit  sehr  zahlreichen  weißen 
Punkten,  die  sehr  dicht  nebeneinander  stehen  und  Zentralkerne  auf- 
weisen und  mit  einigen  gesättigten  braunen  Flecken  in  ähnlicher 
Gruppierung  wie  bei  P.  subtile,  tegularitim  und  insularum.  Adern 
braun,  gegen  die  Wurzel  hin  gelblich.  Radialis  gerade.  Erste 
Hinterrandzelle  gegen  die  Mündung  hin  stark  verengt.  Dis- 
coidalis  ziemlich  weit  oberhalb  der  Flügelspitze  mündend.  Die 
weißen  Punkte  sind  dem  Hinterrande  des  Flügels  stark  genähert, 
wenn  sie  denselben  auch  nicht  unmittelbar  berühren. 

Schüppchen  weiß.  Thoraxschüppchen  ca,  ^3  länger  als  die 
oberen.    Schwinger  ganz  ockergelb. 

Körper  etwas  über  5  mm,  Flügel  5  mm  lang. 

Heimat.    Armenien,  Ararat  (Poktschinsky), 


Die  Gattung  Platystonia  Meigkn  (Dipt.).  121 

37.  Pldtt/stoma  ciftutm  Portschinsky  {^). 

PoHTSCHlNSKY,    in:     Hör.    Soc.    entoiuol.    Rose.,    Vol.    11,    p.  31,    tab.    2 
fig.   4  (1875). 

„Cana,  fusco-pundata ,  pedibus  totis  flavis,  alis  cinereis,  albo- 
pumiaiis.     ^  2^3'"  (5  cm).  —  Caucasus." 

„D'un  cendre  assez  clair.  La  tete  cendree,  le  front  d'uii  fauve, 
im  peu  brunätre,  a  cotes  cendres  et  pointille  de  brun.  Une  bände 
transversale  d'un  noir  luisant  se  trouve  sous  les  antennes.  Les 
aiitennes  d'un  jaune  fauve  avec  la  partie  superieure  du  3.  article 
avec  une  fache  brune;  le  Vertex  est  orne  de  6  soies  par  3  de  chaque 
cöte.  La  tronipe  fauve;  les  palpes  d'un  noir  luisant  ä  reflet  blanc 
sur  leurs  extremites  et  jaunes  ä  leur  base.  Le  tliorax  est  cendre 
et  parseme  de  nonibreux  petits  points  un  peu  plus  fonces.  L'ecusson 
cendre,  avec  les  traces  de  4  lignes  longitud.  et  avec  4  points  noirätres 
sur  son  extremite.  L'abdomen  est  cendre,  parseme  de  points  plus 
fonces ;  son  3.  segment  est  tres  court,  le  4.  de  la  longeur  des  3  pre- 
cedents;  le  ventre  cendre.  Les  pieds  sont  eutierement  d'un  jaune 
un  peu  fauve;  les  balanciers  d'un  blanc  jaunätre,  les  alles  enfumees, 
parsemees  de  nombreuses  taclies  hyalines ;  4  ou  5  ou  6  autres  rondes 
de  la  meme  couleur,  le  long  du  bord  exterieur  pres  de  la  base  de 
laile.  Une  petite  bände  irreguliere  le  long  du  cöte  gauche  de  la 
2.  nervure  transversale;   cette  derniere  eile  meme  un  peu  arquee." 

Vielleicht  identisch  mit  PI.  suave  Loew,  auf  das  die  Bein- 
färbung und  Flügelzeichnung  passen  würde. 

38.  Plattjstonia  elegans  n,  S2J.  ($j. 

1  $  aus  dem  Kaukasus,  Araxes-Tal,  19.  Mai  (Reitter). 

Große  prächtige,  nicht  zu  verwechselnde  Art. 

Grundfarbe  des  Kopfes  gelbrot,  des  Thorax,  Abdomens  und 
der  Beine  schwarz;  Schild  rot,  nur  ein  Mittelfleck  oben  an  der  Basis 
schwarz. 

Kopf  breit.  Stirne  2^i^m2L\  so  breit  wie  ein  Auge.  Vorder- 
stirne  etwas  stärker  gewölbt.  Wangen  eingedrückt.  Der  Längs - 
rücken  des  Gesichtes  tritt  etwas  weiter  als  gewöhnlich  vor 
und  ist  scharf  randig,  bei  den  anderen  Arten  sonst  abgerundet. 
Die  Fühlergruben  sind  dadurch  tiefer  und  schärfer  differenziert. 
Das  kurze  Epistom  springt  plötzlich  vor. 

Stirnstrieme  mattrot,  mit  einer  Mittellängslinie  und  undeutlich 


122  Friedrich  Hendel, 

umgrenzten  großen  Seitenflecken  von  weißlich  schimmerndem  Toment; 
letztere  dunkel  punktiert.  Wangen  mit  2  weißen  Schillerflecken. 
Gesicht,  Prälabrum  und  oberer  Hinterkopf  glänzend  gelbrot.  Ge- 
sichtsrücken, Fühlergruben  und  unterer  Hinterkopf  heller  gelb  ge- 
färbt, alle  weißschimmernd  bestäubt,  besonders  dicht  der  letztere. 
Die  obere,  wagrechte  Grenzlinie  desselben  auf  der  Halsstufe  gegen 
den  roten  oberen  Hinterkopf  zu  ist  schwarz.  Backengruben  seiden- 
artig rotbraun.  An  den  unteren  Enden  der  Fühlergruben  liegen 
längliche,  glänzend  schwarze  Flecke,  die  nach  vorn  gegen  den  Mund- 
rand, den  sie  erreichen,  konvergieren.  Fühler  %  des  Gesichtes  lang, 
wie  die  Taster  hellrot.    Arista  nackt.    Rüssel  dunkelrot. 

Thoraxrücken  matt  schwarz,  mit  wenigen  gelbgrauen  Toment- 
flecken. 5  solcher,  teilweise  durch  schwarze  Punkte  zerschnitten, 
liegen  zwischen  den  Schultern,  3  in  der  Quernaht  nebeneinander, 
3 — 4  kleinere  in  der  Mitte  dahinter.  Schulterbeulen,  Notopleural- 
callus,  die  Mesopleuralnaht  und  der  hinterste,  weiß  bestäubte  Supra- 
alarteil  des  Rückens  sind  rot,  ebenso  ein  breiter  Rand  des  Schild- 
chens, das  an  der  Spitze  einen  gelbgrauen  Tomentpunkt  trägt. 

Pleuren,  Metanotum,  Hinterleib  und  Beine  glänzend  schwarz. 
Mesopleura  und  die  Füße  in  ihrer  Gänze  matt  schwarz.  Das  5.  Tergit 
($)  trägt  seitlich  am  Vorderrande  einen  großen,  eiförmigen,  weißen 
Schillerfleck.  5.  und  4.  Tergit  gleichlang,  3.  kürzer  als  die  Hälfte 
eines  derselben.  Behaarung  des  ganzen  Rumpfes  und  Kopfes  kurz 
und  schwarz.     Auch  die  Beine  sind  durchaus  scliwarz  behaart. 

Der  F'lügel  (Fig.  36)  ist  gleichmäßig  dunkelbraun,  spärlich  von 
hellen  Tropfenflecken  durchsetzt,  die  in  der  Basalhälfte  des  Flügels 
bis  zur  Posticalis  herab  leuchtend  rötlich -gelb,  sonst  weiß  sind. 
Radialis  sanft  wellig.  Erste  Hinterrandzelle  jenseits  der  hinteren 
Querader  stark  zusammengezogen,  die  beträchtlich  oberhalb  der 
Flügelspitze  liegende  Mündung  derselben  daher  auffällig  verengt. 

Thoraxschüppchen  sehr  groß  und  breit,  mehr  als  3 mal  so 
lang  wie  das  Flügelschüppchen;  beide  weiß,  letzteres  gelblich  ge- 
randet.    Schwingerstiel  gelb,  Kopf  braun. 

Körper  ohne  Ovipositor  und  Flügel  11  mm. 

39.  Platystonia  chrysotoxtini  n,  sj).  (c^,  ?). 

Kopf  samt  Fühlern,  Prälabrum  und  Tastern  ganz  hell  rotgelb, 
nur  das  untere  Ende  der  Fühlergruben  mit  einer  kurzen  Strieme 
daran  als  Fortsetzung  nach  unten  hin  zum  Mundrande,  sowie  die 
Halsstufe   am  oberen  Hinterkopf  schwarzbraun.    Stirn  breit,  in  der 


Die  Gattung  Platystoma  Meiokn  (Dii)t.\  12H 

Mitte  fast  l'^nial  so  breit  wie  lan.u-  und  doppelt  so  breit  wie  ein 
Auge.  Sie  ist  samtartig  gelbrot  und  um  den  schwarzen  Ocellen- 
liücker  in  verscliiedener  Ausdelmung  rot  gefärbt.  Lebhaft  gelblicli- 
weiß  tomentiert  sind  eine  Medianlinie,  die  sich  an  den  Ocellen  er- 
weitert, dann  der  breite  Augenrand  bis  auf  die  Wangen  herab,  der 
in  der  Stirnmitte  Querfortsätze  nach  innen  zeigt  und  zarter  die 
Scheitelkante.     Eine  Punktierung  fehlt. 

Das  ganze  Gesicht  und  Prälabrum  glänzen  stark,  ersteres  ist 
am  liclitesten  gefärbt,  letzteres  ohne  weiße  Tomentflecke.  Der  Ge- 
sichtsrücken  ist  außen  ziemlich  kantig,  nicht  so  abgerundet  wie  bei 
den  anderen  Arten.  Deshalb  erscheinen  auch  die  Fühlergruben 
tiefer  und  schärfer  abgesetzt.  Die  mehr  roten  P'ühler  sind  ca.  die 
Hälfte  des  Gesichts  lang  und  an  den  Wurzeln  etwas  weiter  als  ge- 
wöhnlich entfernt.  Arista  wie  nackt.  Backengruben  mit  matt  bräun- 
lichem Schimmer.  Backen  ^4  eines  Auges  hoch.  Unterer  Hinter- 
kopf stark  gepolstert,  am  Augenrande,  wie  auch  auf  der  Halsstufe 
der  Quere  nach  ein  breites,  weiß  schimmerndes  Band.  Oberhalb 
der  Halsstufe  ist  der  Hinterkopf  unbestäubt,  rot.  —  Rüssel  rot, 
Taster  heller,  an  der  Spitze  mit  weißem  Schimmer. 

Thorax  von  glänzend  pechschwarzer  Grundfarbe,  die  längs  der 
Notopleuralnaht  und  auf  den  Pleuren  und  der  Brust  sichtbar  wird. 
Die  ]\reso-,  Pteropleuren  und  der  obere  Rand  der  Sternopleuren  sind 
dicht  mit  leuchtend  goldig  schimmerndem  Toment  bedeckt  und 
un punktiert.  Schulterbeulen  und  Notopleuralcallus  von  roter 
Grundfarbe.  Der  ganze  Rücken  ist  mit  dichtem,  goldockerigem 
Toment  bedeckt,  das  nur  oberhalb  der  Schultern  weißlich  erscheint. 
Dasselbe  wird  von  4  tief  schwarzen,  matt  ziselierten,  aus  lauter 
zusammengeflossenen  Punkten  gebildeten  Längsstriemen  durchzogen, 
wobei  aber  auch  noch  die  bleibenden  Zwischenräume  zerstreut 
schwarz  punktiert  sind,  wie  bei  P.  lugubre  R.-D.  Die  2  mittleren 
Striemen  bleiben  in  der  Längsmitte  vollständig  voneinander  getrennt, 
verbreitern  sich  nach  hinten  zu  aber  fast  auf  das  Doppelte,  sind 
hinter  der  Naht  1 — 2mal  schmal  unterbrochen  und  erreichen  das 
Schildchen  mit  den  2  Endspitzen  nicht  mehr.  Die  seitlichen  Binden 
sind  hinter  der  Quernaht  doppelt  und  sind  vor  und  hinter  der  Naht 
mit  den  inneren  verbunden.  Schildchen  gelbrot  und  glänzend.  Die 
Wurzel  und  eine  Längsstrieme,  beiderseits  welcher  je  ein  dunkel- 
brauner Fleck  liegt,  sind  gelblich  tomentiert. 

Metanotum  und  Hinterleib  glänzend  blauschwarz.  Die  Hinter- 
ränder der  Tergite  2—4  sind  ziemlich   breit   und   auffällig  rotgelb 


X24  Fkiedrich  Hendel, 

o-esäumt.  \\'ährend  diese  Säume  sich  streifenförmig-  scharf  abheben, 
geht  jener  des  5.  Tergits  allmählich  nach  vorn  in  das  Dunkel  über. 
In  der  Mitte  der  Tergite  2—5  befinden  sich  gelbe,  fein  schwarz 
punktierte  Tomentflecke  von  etwas  wechselnder  Größe.  Jener  des 
5.  ist  am  größten  und  hinten  herzförmig  eingebuchtet  bis  gespalten. 
Bauchhaut  und  das  konvexe,  hinten  in  der  Mitte  ausgerandete 
präanale  Sternit  des  (^  orangefarbig.  1.  Glied  des  Ovipositors  und 
Hypopyg  glänzend  schwai'z.     Parameren  des  letzteren  rot. 

Die  kurze  Behaarung  der  Stirn,  des  Eückens  und  die  außer- 
ordentlich kurze  und  zarte  des  Hinterleibes  ist  schwarz;  höchstens 
schimmert  die  des  letzteren  rot.  Die  längeren  Haare  posteroventral 
an  den  hinteren,  namentlich  aber  mittleren  Schenkeln  sind  rötlich- 
gelb.   Ebenso  die  zottige  Behaarung  der  Pteropleuren. 

Alle  Hüften,  die  4  hinteren  Schenkel  mit  Ausnahme  der  Spitze 
und  die  Hinterschienen  mit  Ausnahme  beider  Enden  pechschwarz. 
Der  Rest  der  Beine  orangefarbig.  Die  Fußglieder  sind  außen  schwarz 
behaart  und  beborstet. 

Flügel  nach  Fig.  32  und  von  dem  aller  anderen  Arten  dadurch 
verschieden,  daß  er  nicht  gegittert,  sondern  querbandiert  ist.  Diese 
Querbänder  sind  rötlich-sepiabraun.  In  der  oberen  Wurzelhälfte 
des  Flügels  ist  der  Grund  lebhaft  rotgelb,  sonst  glashell.  Der 
Hinterrand  des  Flügels  zeigt  zahlreiche  feine  Querrunzeln.  Die 
stark  verengte  erste  Hinterraudzelle  mündet  oberhalb  der  Flügel- 
spitze. Der  letzte  Abschnitt  der  Cubitalis  ist  jenseits  der  kleinen 
Querader  stark  aufgebogen. 

Die  Schüppchen  sind  weiß  und  sehr  groß.  Das  Thoraxschüppchen 
ist  fast  Bmal  so  lang  wie   das  Flügelschüppchen.    Schwinger  gelb. 

Körper  und  Flügel  7  —  10  mm  lang. 

Heimat.    Armenischer  Kaukasus  und  armenischer  Taurus. 


40.    JPlatystonia  strix  Poetschinsky  ($). 

PORTSCHINSKY,    in:    Horae    Soc.    entomol.  Ross.,    Vol.   11,  p.  30,  tab.   2 
fig.  3  (1875). 

,,Nigra  punctis  lineisgue  flavis  variegata;  tarsis  posticis  ventreque 
flavis;  alis  fuscis,  albo  flavoque  guttatis.    $  Jong.  4^1.^"'  (10  mm).^' 

„Fort  semblable  ä  la  P.  umbrarum.  La  face  est  d'un  brun 
rougeätre,  le  bord  anterieur  des  yeux  avec  une  fache  de  reflect 
blanc  et  une  autre  semicirculaire  noire,  ä  la  hauteur  du  point  de 
rinsertion  des  antennes;  une  grande  fache  noire  luisante  se  trouve 


Die  Gattung  Platystonia  Mhigen  (Dipt.).  125 

encore  de  chaque  cöte  sous  les  antennes.  La  partie  posterieure  de 
la  tete  est  d'un  fauve  rougeätre  inferieurement  et  d'un  blaue 
soyeux  sui)erieurement;  ces  deux  couleurs  sont  divisees  par  uiie 
ligiie  de  reflect  noir.  Le  front  est  gris  avec  des  taches  et  des  points 
noirätres  et  des  lig'iies  ceiidrees.  Les  antennes  sont  noiiätres  avec 
le  deuxierae  article  brun.  La  trompe  est  grande  et  d'un  noir 
brunatre  luisant.  Les  palpes  noirs  luisants  avec  des  lefitHs  blancs 
ä  leurs  extremites.  Le  tliorax  est  noir  avec  plusiers  lignes  jaunes, 
disposees  irregulierement  et  pointillees  de  noir.  Les  epaules  ferru- 
gineuses  obscures.  L'ecusson  est  noir,  ä  ligne  longitudinale  et  ä 
boi-d  posterieiir  jaunes.  L'abdomen  est  d'un  noir  assez  luisant.  ä 
lignes  et  ä  taches  irregulieres  d'un  jaune  vif;  les  2.  et  3.  segments 
presque  d'egale  longuenr.  le  4.  plus  court.^)  Le  ventre  jaune  avec 
une  taclie  presciue  triangnlaire  noire  au  milieu  du  2.  (3.)  segment. 
Les  pieds  sont  noirs,  avec  les  premier  et  deuxieme  article  des  tarses 
posterieures  ainsi  que  la  base  du  premier  article  des  anterieures 
d'un  jaune  fauve.  Les  balanciers  jaunes.  Les  alles  d'un  brun  noir- 
ätre.  avec  le  bord  posterieur  presque  cendre,  et  avec  des  taches  d'un 
jaune  fauve  qui  s'etendent  jusqu'ä  la  premiere  nervure  transversale ; 
le  reste  avec  des  taches  hyalines." 

,,Du  Caucase;  trouvee  par  Mr.  J.  Faust." 


Erklärung  der  Abbilduns^en. 


Tafel   1. 


Fig.   L     PL  seminationis  Fab. 
Fig.  2.     PL  seminationis  Fab. 


Fig. 

3. 

PL 

seminationis  Fab. 

Fig. 

4. 

P. 

franenfeldi  Now. 

Fig. 

5. 

P. 

bisefa  LoEW. 

Fig. 

6. 

P. 

ralachiae  n.  sp. 

Fig. 

7. 

P. 

nitidiventre  n.  sp. 

Fig. 

8. 

P. 

subfasciatum  LoEW 

Fig. 

9. 

P. 

bexzii  n.  sp. 

Fig. 

10. 

P. 

subtile  LoEW. 

1)  In  meinem  Sinne  das  3. — 5.  Tergit. 


126  Friedrich  Hendel,  Die  Gattung  Platystoma  Meigen  (Dipt,). 

Fig.    11.  P.  ohtusum  n.  i^p. 

Fig.   12.  P.  tegularium  LoEW. 

Fig.   13.  P.  gemmaüoyiis  Rond. 

Fig.   14.  P.  hifasciatum  Brülle. 

Fig.   15.  P.  lugubre  ß.-D. 

Fig.   16.  P.  pleuronitens  n.  sp. 

Fig.   17.  P.  insularum  RoND. 

Fig.   18.  P.  jnibescens  Loew. 

Fig.   19.  P.  arcuaium  Loew. 

Fig.  20.  P.  dhnidiatuvi  n.  sp. 

Fig.  21.  P.  plantationis  Rond. 

Fig.  22.  P.  aenescens  Loew. 

Fig.  23.  P.  rußpes  Meig. 

Fig.  24.  P.  meridionale  n.  sp. 

Fig.   25.  P.  clathratum  n.  s/j. 

Fig.  26.  P.  eurvinerve  n.  sp. 

Fig.  27.  P.  gilvipes  LOEW. 

Fig.  28.  P.  punctiventre  Poetsch. 

Tafel  2. 

Fig.  29,  P.  pavonis  n.  sp. 

Fig.  30.  P.  sitat'e  Loew. 

Fig.  31.  P.  bispüosiini  PoRTSCH. 

Fig.   32.  P.  clirysotoxiini  n.  sp. 

Fig.  33.  R  lativentre  Loew. 

Fig.  34.  P.  angustipennc  LoEW. 

Fig.  35.  P.  rußmanum  Loew. 

Fig.   36.  P.  elegavs  n.  sp. 

Fig.  37.  Vorderfuß.    (^  von  P.  valaehiae  n.  sp. 

Fig.  38.  Pennisende  von   P.   seminationis  F. 

Fig.  39.  Habitusbild  des  Gattungstypus  ((^). 

Fig.  40.  Kopfprofil  desselben. 


G.  Pätz'sche  Buchdr.  Lippert  &  Co.  G.  m.  b.  H.,  Naumburg  a.  d.  S. 


Zoolog.  Jahrbücher,  Bd.  36.  Abt.  f.  Syst. 


laf.  1. 


J.  B.  Oberaetier,  Jtünchen,  repr. 


Verlag  von  Chistav  Fischer  in  Jena, 


Zoolog.  Jahrbücher.  Bd.  36.  Abt.  f.  Syst. 


Taf.  2. 


3^. 


3ä. 

SÄ 

^(R^  * '  *  **^?+YTni 

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Hendel. 


J.  B.  Obernetter,  München,  repr. 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena, 


Nachdrtick  verboten. 
Übersetzungsrecht  vorbehalten. 


Über  Tipuliden-Larven  mit 
besonderer  Berücksichtigung  der  Respirationsorgane. 

Von 
Fritz  Oerbig. 

(Aus  dem  Zoologischen  Institut  der  Universität  Greifswald.) 

Mit  Tafel  3-4  and  19  Abbildungen  im  Text. 


Inhaltsverzeichnis. 
Einleitung 

Literarischer  Überblick. 
Spezieller  Teil. 

A.  Sammeln,  Zucht,  Technik. 

B.  Beschreibung    einiger    Tipulidenlarven     mit     besonderer    Berück- 
sichtigung der  Atmungsorgane. 

I.   Tipula  varipeunis  Meig. 
II.   Ttjnila  pahidosa  Meig. 

1.  Larve  im   L  Entwicklungsstadium. 

2.  Larve  in  späteren  Stadien. 

III.  Tqnda  (jifjantea  Schenk. 

IV.  Tijjula  lateralis  Meig. 
V.   Tipula  kortensis  Meig. 

VI.   Cioiophora  flavicornis  Meig. 
VII.  Poerilnstola  punHala  Meig. 
VIII.    (htopliomjia  pilipes  Fabk. 
IX.   Li))ino))hila  discicollis  Meig. 
X.  Lininoplnla  fuscipenni.'i  Meig. 
JCool.  .Talirl..  XXXV.    Alit.  f.  Syst.  9 


128  Fkitz  Gerbig, 

C.  Rückblick  und  Vergleich. 

Stigma,   Filzkammer,  Tracheenlunge,  Kiemen,  Tracheenmuskel  und 
Funktion  der  Lunge. 

D.  Physiologische  Versuche,  Zusammenfassung. 

Einleitung. 

Die  ersten  Angaben  über  Tipulidenlarven  fand  ich  bei  Reaümur 
(1750),  der  neben  einer  Beschreibung-  der  äußeren  Form  derselben 
auch  die  Atemverhältnisse  schildert.  Er  sagt  hierüber:  On  trouve 
deux  trachees  tres  remarquables,  une  de  chaque  cote,  qui  tend  en 
ligne  droite  vers  la  tache  ou  le  stigmate  qui  est  du  meme  cote :  eile 
semble  pourtant  se  terminer  un  peu  avant  que  de  l'avoir  atteint; 
mais  oü  eile  paroit  se  terminer  eile  se  divise  en  un  tres  grand 
nombre  de  branches :  qui  toutes  se  dirigent  vers  la  plaque  circulaire 
du  stigmate,  cette  plaque  est  la  base  du  cone  forme  par  toutes  ces 
branches.  Elles  sont  destinees  ä  recevoir  l'air,  et  ä  le  porter  ä  la 
grande  trachee  d'oü  elles  partent:  je  dis  ä  le  porter,  car  j'ai  con- 
jecture,  11  y  a  longtemps,  que  c'etait  leur  seul  usage,  que  Fair  avoit 
d'autres  ouvertures,  ou  partie  de  ces  ouvertures,  etaient  meme  placees 
ä  son  bout  posterieur.  La  sont  quatre  taches  circulaires,  brunes 
comme  les  stigmates,  mais  beaucoup  plus  petites.  Ayant  tenu  sous 
l'eau  la  partie  posterieure  du  ver,  j'ai  vü  sortir  des  bulles  d'air  de 
ces  quatre  petites  taches,  et  je  n'en  ai  vü  sortir  aucune  des  grandes 
taches  ou  stigmates. 

Diese  Ansicht  Reaumdr's  wurde  schon  damals  bekämpft  von 
BoKNET  (1771),  v^elcher  behauptet,  daß  die  Insecten  "inspirent  et 
expirent  par  les  stigmates",  und  daß  die  Luftblasen,  welche  Reaumur 
an  den  braunen  Flecken  austreten  sah,  beim  Untertauchen  der  Larve 
unter  Wasser  von  außen  haften  geblieben  waren. 

DE  Geee  (1771)  läßt  die  Frage,  wie  die  Insecten  atmen,  offen. 
Er  kommt  nur  zu  dem  Schluß,  daß,  wenn  die  Insecten  im  allge- 
meinen nicht  die  Luft  so  ein-  und  ausatmen  wie  die  übrigen  Tiere^ 
sie  alle  doch  Luft  zum  Leben  brauchen. 

BoucHE  (1835)  und  später  Beling  (1880)  geben  nur  Beschrei- 
bungen der  äußeren  Form  von  Tipulidenlarven,  sie  erwähnen  nichts 
von  den  Atemverhältnissen. 

ViALLANEs  (1880)  hat  die  Herzverhältnisse  einer  Ctenophora- 
Larve  näher  untersucht,  und  Mik  (1882)  hat  die  Larve  von  Tipula 
rufina  näher  beschrieben,  vor  allem  hat  sich  der  letztere  mit  dem 
Stigma  befaßt.    Er  deutet  die  Pünktchen,  die  man  auf  der  Oberfläche 


Tipnlideii-Liuven.  129 

des  8tij?nias  sieht,  als  Tracheenniiindung-en.  Ferner  fand  ich  eine 
Besclireibung  des  Tipiilidenstigmas  bei  de  Meuerk  (1895),  der  mit 
Weijenbergh  behauptet,  daß  das  Stigma  geschlossen  sei  und  daß 
die  Luft  durch  die  sogenannte  Siebplatte  in  die  Trachee  gelange. 
Diese  Ansicht  wird  auch  von  MüciGENBUEG  (1901),  von  Brown  (1910) 
und  von  M.  Keilin  (1912),  dessen  Arbeit  erst  kürzlich  erschienen 
ist.  vertreten.  Da  über  den  Bau  dieser  Stigmen  noch  große  Un- 
klarheit herrscht,  so  habe  ich  mir  die  Untersuchung  derselben  zur 
besonderen  Aufgabe  gemacht  und  bin  zu  wesentlich  anderen  Resul- 
taten gelangt.  Ferner  habe  ich  die  Anhäufung  der  Tracheen- 
capillaren  im  letzten  Segment  der  Larve,  die  Reaumur  schon  ge- 
sehen hat,  die  aber  später  nur  von  Viallanes  und  Brown  nochmals  er- 
wähnt sind,  einer  näheren  Untersuchung  unterzogen.  Dogs  nennt 
bei  yepa  die  Anhäufung  der  Tracheen  im  Thorax  Tracheenlunge. 
Ich  werde  mich  im  folgenden  desselben  Namens  bedienen,  da  die 
feinen  Luftkanälchen  auch  hier  die  Funktion  einer  Lunge  haben, 
während  die  anatomischen  Verhältnisse  ganz   anders   sind    als  bei 

Spezieller  Teil. 

Samnielu,  Zucht,  Teclmik. 

Da  die  Tipulidenlarven  zum  großen  Teil  an  den  Rändern  von 
Gewässern  im  Schlamm,  ferner  zAvischen  Algen,  Moos  usw.  leben, 
war  es  mit  einigen  Schwierigkeiten  verknüpft,  sie  aufzufinden.  Die 
ersteren  Larven,  die  im  Schlamm  vorkommen,  erhielt  ich,  indem  ich 
mit  Hilfe  eines  Netzes  an  der  Stelle,  an  der  ich  die  Larven  ver- 
mutete, eine  größere  Portion  Schlamm  entnahm  und  dann  im  Wasser 
durchsiebte.  Die  feinen  Schmutzteilchen  wurden  durch  das  Wasser 
Aveggespült,  während  die  größeren  Larven  zurückblieben.  Durch 
dieses  Verfahren  war  es  jedoch  nicht  möglich,  die  jüngeren  Ent- 
wicklungsstadien zu  erhalten.  Die  Larven,  die  zwischen  Algen  und 
-Miius  vorkommen,-  sind  besonders  deshalb  schwer  zu  finden,  weil  sie 
sich  wenig  von  der  Umgebung  abheben.  Die  Schwierigkeiten  des 
Sanimelns  von  Material  wurden  durch  eine  Methode  überwunden, 
die  mir  Herr  Geheimrat  G.  W.  Müller  empfahl.  Die  Algenmassen 
und  Moospolster  wurden  nicht  mehr  draußen  abgesucht,  sondern 
mittels  kleiner  Beutel  mit  ins  Institut  genommen.  Hier  wurden 
die  Massen  auf  weitmaschigen  Sieben,  die  über  Glasgefäße  gespannt 
waren,  ausgebreitet.    Das  Eintrocknen  der  obersten  Pfianzenschicht 

9* 


1^0  Fritz  Gerbig, 

bedingte,  daß  die  Larven  nach  unten  wanderten,  bis  sie  durch  das 
Drahtsieb  in  das  Glasgefäß  fielen,  dessen  Boden  mit  Wasser  bedeckt 
war.  Oft  dauerte  es  einige  Tage,  bis  die  ersten  Larven  durchfielen. 
Mit  Hilfe  dieser  Eintrocknungsmethode  gelingt  es  zunächst,  I^arveu 
in  großer  Menge  zu  bekommen,  auch  dort,  wo  bei  oberflächlicher 
Betrachtung  keine  Larven  vorhanden  sind.  Ferner  erhielt  ich  auf 
diese  Weise  auch  jüngere  Entwicklungsstadien,  von  Tipula  lateralis 
sogar  das  erste  Stadium. 

Um  die  Larven  bestimmen  zu  können,  habe  ich  sie  alle  züchten 
müssen,  da  die  bisherigen  Bestimmungstabellen  sehr  unzuverlässig 
sind.^)  Beling  gibt  zwar  eine  größere  Bestimmungstabelle  für  Tipu- 
lidenlarven,  bei  der  er  auch  die  charakteristische  Bewaffnung  des 
Hinterendes  berücksichtigt;  jedoch  ist  es  nicht  möglich,  nach  jener 
Tabelle  die  Larven  mit  Sicherheit  zu  bestimmen.  Am  einfachsten 
war  die  Zucht  von  Poecilostola  punctata,  Limnophila  fuscipennis  und 
Tipula  lateralis.  Diese  Larven  hielt  ich  in  Blechkästen,  die  ich  zur 
Hälfte  mit  Erde  angefüllt  hatte.  Außerdem  befand  sich  immer  so 
viel  Wasser  in  dem  Gefäß,  daß  die  Erde  zum  größeren  Teil  daraus 
hervorragte.  Sehr  einfach  ließen  sich  auch  die  Larven  von  Tipula 
gigantea  monatelang  hindurch  halten.  Ich  züchtete  dieselben  in 
einem  Glasgefäß,  dessen  Boden  mit  Kieselsteinen  und  Wasser  be- 
deckt war.  Zur  Fütterung  benutzte  ich  totes  Kastanienlaub.  Das 
Wasser,  daß  die  Steine  nicht  überragen  darf,  mußte  von  Zeit  zu 
Zeit  erneuert  werden. 

Die  Larven  von  Tipula  varipennis  hielt  ich  in  einem  hohen  Glas- 
zylinder, der  zur  Hälfte  mit  Moos  angefüllt  war  und  dessen  oberes 
Ende  durch  ein  Drahtsieb  verdeckt  war.  Die  Larven,  die  in  der 
Natur  in  schnell  fließenden  Gebirgsbächen  vorkommen,  konnte  ich 
nur  dadurch  bis  zur  Verpuppung  bringen,  daß  ich  jeden  Tag  den 
Glaszylinder  mit  frischem  Leitungswasser  ausspülte. 

Die  Larven  von  Limnopliila  discicollis  und  Gnophomya  pilipes  ließen 
sich  in  flachen  Glasschalen,  in  denen  das  Wasser  öfter  erneuert  werden 
mußte,  leicht  züchten.  Schwieriger  war  die  Zucht  von  Tipula  hortensis. 
Von  diesen  habe  ich  die  Imagines  nur  dadurch  erhalten  können,  daß 

1)  So  findet  Bich  z.  B.  in  Brauer's  „Süsswasserfauna",  daß  die 
Larve  von  Tr'nnicra  eine  Länge  bis  zu  11  mm  erreichen  soll,  während 
bekanntlich  die  Imagines  von  Triniicra  die  Größe  von  Tipula  gignidca 
besitzen.  Schon  die  Größenunterschiede  der  dort  nebeneinander  be- 
schriebenen Larve  und  Imago  machen  es  höchst  unwahrscheinlich,  daß 
beide  demselben  Individuum  angehören. 


Tipuliden-Larven.  i;}l 

icli  Larven  erst  zur  Zeit  der  Verpiippuiig  sammelte.  Die  Ctow- 
p/iom-h'Aixen  lassen  sich  in  der  Gefangenschaft  leicht  halten.  Ich 
habe  sie  monatelang  in  einem  hohen  Glaszylinder  mit  vermodertem 
Birkenholz  aufbewahrt.  Im  Frühjahr  1912  krochen  einige  weibliche 
Iniagines  aus,  während  im  Herbst  scheinbar  keine  Generation  fliegt, 
was  bei  den  übi-igen  untersuchten  Tipulidenlarven  allgemein  der 
Fall  war. 

Meine  Untersuchungen  stellte  ich  zunächst  an  lebenden  Larven 
an.  die  ich  zu  diesem  Zwecke  zwischen  zwei  Objektträger  preßte. 
Zum  Herstellen  von  Schuittpräparaten  wandte  ich  die  allgemein  be- 
kannten Methoden  an.  Um  die  Lageverhältnisse  der  Tracheenlunge 
genau  zu  studieren,  fertigte  ich  mit  dem  Rasiermesser  Handschnitte 
an,  die  ich  nach  Auflösung  des  Paraffins  wie  Totalpräparate  weiter 
behandelte.  Ich  färbte  diese  mit  ßoraxkarmin,  und  an  diesen  Präpa- 
raten habe  ich  den  Verlauf  der  Capillarenbündel  von  der  Ausgangs- 
stelle an  der  Inlzkammer  bis  zur  Endigung  der  einzelnen  Capillaren 
am  Integument  genau  verfolgen  können.  Sehr  gute  Tracheenlungen- 
präparate  erhielt  ich  auch  dadurch,  daß  ich  die  unter  physiologischer 
Kochsalzlösung  herauspräparierten  Tracheenlungen  24  Stunden  in 
einer  Lösung  von  Osmium  säure  in  destilliertem  Wasser  3 :  100  auf- 
bewahrte. Sodann  wässerte  ich  stark  und  färbte  mit  Alaunhäma- 
toxylin.  Die  auf  diese  Weise  vorbereiteten  Objekte  wurden  in 
Glycerin  eingeschlossen.  An  diesen  Totalpräparaten  ließen  sich  die 
Endigungen  der  feinen  Capillaren  noch  feststellen,  da  sie  mit  Luft 
gefüllt  bleiben.  Viele  Schwierigkeiten  bereitete  mir  die  Untersuchung 
der  Stigmen,  deren  sprödes  Mittelstück  bei  der  Herstellung  von 
Schnittpräparaten  oft  riß.  Ich  präparierte  das  Stigma  hauptsächlich 
unter  dem  ]\[ikroskop  mit  aufgesetztem  Umkehrprisma  mit  Hilfe  der 
Nadel,  und  gerade  hierdurch  ist  es  mir  gelungen,  über  die  Be- 
schatfenheit  des  Stigmas,  vor  allem  des  Stigmenmittelstückes,  einen 
bestimmten  und  klaren  Aufsciiluß  zu  geben. 


Beschreibung  einiger  Tipulidenlarven. 

I.   Tipula  varipennifi  Meig. 

Die  von  mir  untersuchten  Larven  von  Tipula  varipennis  stammten 
aus  Thüringen,  wo  sie  zwischen  Moos  und  unter  Steinen  in  kleinen 
schnell  fließenden  Gebirgsbächen  vorkommen.  Sie  besitzen  eine  fast 
zylindrische  Form,  sind  dunkel  gefärbt,  undurchsichtig  und  erreichen 


132  Fritz  Gerbig, 

eine  Länge  von  15  mm  und  eine  Breite  von  2  mm.  Der  Körper  ist 
deutlich  segmentiert,  und  an  jedem  Segment  befindet  sich  eine  Reilie 
einzelner  Borsten,  die  zur  Fortbewegung  und  zum  Festhalten  in 
Moos  dienen.  Ferner  ist  die  Oberfläche  der  Larvenhaut  mit  ver- 
dickten chitinösen  Fortsätzen  besetzt,  welche  sichelförmig  nach  hinten 
gebogen  sind  (vgl.  Fig.  A).  Sie  stehen  in  Reihen  angeordnet  und 
bedingen  die  dunkle  Farbe  der  Larve.  Die  Lücken  zwischen  den 
Fortsätzen  erscheinen  als  hellere  Streifen  oder  Punkte.  Zwischen 
den  Ansatzstellen  der  chitinösen  Fortsätze  finden  wir  direkt  unter 
der  Oberfläche   der  Cuticula  Gebilde,   welche   zunächst  wie   Röhren 


S  ch 


Fig.  A.     Tiptila  varipennis.  Fig.  B.     Tipula  varipennis. 

Schnitt  durch  das  Integument  der  Larve.  Hiutereude  der  Larve  unter  Wasser. 
1150:1.    s.  ch  sichelförm.  Chitinfortsätze.  (Lupenvergrötierung.) 

aussehen.  Es  handelt  sich  um  Stelleu  mit  weniger  dichtem  Chitin. 
Die  sichelförmigen  Fortsätze  dürften  eine  ähnliche  Rolle  bei  der  Be- 
wegung spielen  wie  die  großen  Borsten,  nämlich,  die  Reibung  der 
Körperhaut  an  der  Umgebung  beim  Fortkriechen  zu  erhöhen.  Die 
scheinbaren  Lücken  dürften  die  Beweglichkeit  erhöhen,  im  be- 
sonderen ein  Niederlegen  der  sichelförmigen  Fortsätze  beim  Yor- 
wärtskriechen  ermöglichen. 

Sehr  auffällig  ist  die  für  alle  Tipulidenlarven  charakteristische 
Bewaffnung  des  Hinterendes.  Das  Abdomen  ist  abgestuzt  und  trägt 
einen  Stern  6  gleich  langer  Strahlen,  von  denen  4  dorsal  und  2 
ventral  gelegen  sind.  Nebenstehende  Fig.  B  stellt  das  Hinterende 
einer  Larve   dar,  die  sich  unter  Wasser  befindet,   und  Fig.  C  das- 


Tipuliden-Larveu. 


138 


jenig^e  einer  an  der  Wasserober  Hache  hängenden  Larve.  Die  beiden 
ventralen  Strahlen  haben  an  der  Innenseite  dunkles,  starkes  Chitin, 
während  die  Außenseite  mit  blasserem,  biegsamerem  Chitin  bedeckt 
ist.  Jeder  dieser  Fortsätze  trägt  an  seinem  Rande  je  eine  Reihe 
Borsten,  die  eine  eigentümliche  Form  besitzen.  Die  Fig.  D  stellt 
eine  solche  Borste  bei  starker  Vergrößerung  dar,  Sie  ist  tief  in  die 
Kürpercuticula  eingesenkt  (Fig.  De)  und  an  ihrer  Basis  außerdem 
noch  wallartig  von  einem  Fortsatz  der  Cuticula  umgeben.    Der  ein- 


Fig.  C.     Tipida  varipennis. 

Hiuterende  au  der  Oberfläche  des 

Wassers  hängend.     25  : 1. 

sb  typ.  Sinuesborste. 


Fig.  D.  Tipula  varipennis. 
a  Obere  Hälfte  einer  Borste 
an  einem  Strahl  des  stern- 
förmigen Abdomen.  380 : 1. 
b  im  Querschnitt.  1150:1. 
c  Inserierung  der  Borsten. 
1150:1. 


gesenkte  Teil  ist  braun  und  hebt  sich  ziemlich  scharf  von  dem  viel 
bhissseren  äußeren  Teil  ab.  Die  Borsten  nehmen  von  der  Basis  nach 
der  Spitze  der  Strahlen  hin  an  Länge  zu.  Zugleich  ändern  sie  ihre 
Form.  Die  an  der  Basis  sind  einfach,  dann  folgen  zweiteilige,  an 
deren  Stelle  nahe  der  Spitze  drei-  oder  vierteilige  treten  können 
(Fig.  Da).  Alle  Borsten  zeigen  eine  tiügelartige  Verbreiterung,  die 
nahe  der  Basis  als  kaum  nachweisbarer  Saum  beginnt,  nahe  der 
Spitze  aber,  wie  Fig.  D  b  im  Querschnitt  zeigt,  eine  ziemliche  Größe 
erreicht.  Die  dünnen  Membranen  lassen  sich  schwer  feststellen ;  im 
vorliegenden   Falle   gelang   es   mir   durch  Färben    der  Schnitte   in 


134  Fbitz  Gerbig, 

Eisenhämatoxylin  nach  Heiuenhain.  Auch  Totalpräparate,  die  mit 
Eisenhämatoxylin  gefärbt  waren,  ließen,  nachdem  sie  in  Glj^cerin 
übergeführt  waren,  die  flügelartige  Membran  deutlich  erkennen.  Auf 
die  Bedeutung  dieser  eigentümlichen  Borsten  komme  ich  weiter 
unten  zurück. 

Zwischen  den  eben  erwähnten  Borsten  sitzen  an  den  ventralen 
Strahlen  nahe  der  Spitze  drei,  die  sich  durch  ihre  Form  und  In- 
serierung von  den  anderen  abheben.  Sie  sind  unverzweigt,  liegen 
nicht  in  der  gleichen  Ebene  wie  die  anderen,  sondern  sind  etwas 
nach  der  Mitte  der  Oberfläche  des  Strahles  gerückt.  Sie  gehen  je 
von  der  Mitte  eines  kreisrunden  Feldes  aus,  das  im  Gegensatz  zu 
dem  übrigen  Chitin  durchsichtig  ist  und  das  als  eine  Fortsetzung 
des  blasseren,  biegsamen  Chitins  der  Außenseite  des  Strahles  in  die 
starrere  Körperbedeckung  der  Innenfläche  erscheint.  Eine  dieser 
Borsten  fällt  schon  bei  oberflächlicher  Betrachtung  auf.  Sie  sitzt 
an  der  Spitze  der  beiden  ventralen  Fortsätze  und  steht  deutlich 
außerhalb  der  Reihe  der  übrigen  Borsten  (vgl.  P'ig.  1,  Taf.  3).  Im 
Gegensatz  zu  den  Borsten  der  Reihe  ist  sie  sehr  oberflächlich  in- 
seriert. Zu  ihr  führt  ein  umfangreicher  und  stark  chitinisierter 
Porenkanal,  der  frei  in  das  Innere  hineinragt.  (Bei  den  Borsten 
der  Reihe  gelingt  es  nicht  oder  nur  unvollkommen,  den  Porenkanal 
zu  erkennen.)  An  die  Borste  tritt  ein  Nerv  heran,  so  daß  wir  es 
mit  einer  Sinnesborste  zu  tun  haben,  wie  sie  auch  Brown  schon 
beschrieben  hat. 

Unter  Wasser  nehmen  die  Strahlen  des  abgestutzten  Abdomens 
die  in  Fig.  B.  angegebene  Stellung  ein.  Wenn  die  Larve  mit  dem 
Hinterende  an  die  Oberfläche  des  Wassers  kommt,  so  breiten  sich 
die  Fortsätze  aus.  Die  oben  beschriebenen  Borsten  bilden  eine  fast 
zusammenhängende  Membran,  welche  fest  an  der  Oberfläche  haftet. 
Form  und  Insertion  der  Borsten  erklärt  sich  aus  dieser  Funktion. 
Die  außerhalb  der  Reihe  stehenden,  im  besonderen  die  als  Sinnes- 
borste angesprochenen,  unterrichten  augenscheinlich  des  Tier  darüber, 
daß  es  sich  der  Oberfläche  nähert.  Vermöge  ihrer  abweichenden 
Lage  müssen  sie  früher  mit  der  Oberfläche  in  Berührung  kommen  als 
die  Borsten  der  Reihe.  Das  Vorhandensein  der  Sinnesborste  macht 
es  wahrscheinlich,  daß  das  Tier  aktiv  bei  der  Ausbreitung  des 
Sternes  beteiligt  ist.  Aber  andrerseits  erfolgt  die  Ausbreitung  des 
Sternes  auch  ohne  jede  Mitwirkung  des  Tieres  lediglich  durch  die 
besonderen  Adhäsionsverhältnisse  der  Borsten,  wie  wir  leicht  fest- 
stellen können,  wenn  wir  ein  totes  Tier  mit  dem  Stern  an  die  Ober- 


Tipuliden-Larven.  135 

tläclie  bringen.  Es  erfolgt  dann  ein  Ausbreiten  des  Sternes  und 
ein  Haften  an  der  Oberfläclie  genau  wie  bei  den  lebenden  Tieren. 
Wfenn  die  Larven  unter  A\'asser  gehen,  so  nehmen  die  Fortsätze  die 
in  Fig.  ]^  abgebildete  Stellung  wieder  ein  und  umschließen  mit 
Hilfe  der  behaarten  Fortsätze  eine  große  Luftblase.  Diese  hat  wohl 
aber  weiter  keine  physiologische  Bedeutung,  da  sie  nach  einiger 
Zeit  schon  wieder  abgegeben  wird.  Auch  erfolgt  die  Mitnahme 
einer  Luftblase  nicht  regelmäßig. 

Li  der  Mitte  des  sternförmigen  Abdomens  befinden  sich  vier 
auffällige  dunkle  Punkte,  die  durch  Verdickung  und  Färbung  des 
Chitins  entstanden  sind.  Eeaumur  betrachtete,  wie  oben  schon  er- 
wähnt wurde,  diese  Punkte  als  Öffnungen,  durch  die  die  Luft  aus 
den  Tracheen  austritt.  Bei  näherer  Untersuchung  ergab  sich,  daß 
diese  dunklen  Stellen  Muskelansätze  sind. 

Die  Kiemen.  Auf  der  ventralen  Seite  der  Larve  sitzen  links 
und  rechts  vom  After  in  dessen  nächster  Nachbarschaft  je  zwei 
fleischige  Anhänge.  Ich  betrachte  diese  Gebilde  als  Ausstülpungen 
des  Enddarmes,  weshalb  ich  sie  als  Analschläuche  bezeichne.  Sie 
sind  tief  gespalten,  wodurch  wir  zweimal  vier  Schläuche  erhalten, 
was  für  diese  Larve  als  besonderes  L^nterscheidungsmerkmal  dienen 
mag,  da  alle  anderen  von  mir  untersuchten  Larven  nur  vier  oder 
sechs  solcher  Schläuche  besaßen.  Die  Schläuche  sind  von  einer 
Haupttrachee  durchzogen,  die  zahlreiche  sich  wieder  verzweigende 
feine  Äste  aussendet.  Die  äußere  Wand  ist  sehr  dünn,  wie  auf 
Schnitten  leicht  zu  sehen  ist.  Die  Schläuche  können  eingezogen 
werden,  wobei  die  dünne  Wandung  sich  in  vielen  Falten  ineinander 
schiebt.  Beling  deutet  diese  Analschläuche  als  Nachschieber,  wäh- 
rend Hart  (1892)  behauptet:  „the  flesliy  appendages  assist  the 
aeration*'.  Brown  nennt  sie  „blood-gills"  und  beschreibt  ausführlich 
die  Funktion  derselben.  Wir  sehen  das  Blut  in  der  Kieme  auf  der 
einen  Seite  der  Trachee  eintreten,  während  es  auf  der  anderen  Seite 
derselben  in  umgekehrter  Richtung  fließt.  Es  muß  also  eine  Mem- 
bran vorhanden  sein,  wie  sie  Brown  beschrieben  hat.  Der  starke 
Blutstrom  in  den  Schläuchen  beweist,  daß  wir  es  mit  Blutkiemen 
zu  tun  haben.  Andrerseits  aber  müssen  wir  auch  einen  direkten 
Gasaustausch  an  der  Oberfläche  der  Analschläuche  zwischen  der 
Luft  der  hier  befindlichen  Tracheen  und  der  im  Wasser  gelösten 
Luft  annehmen,  weshalb  die  Schläuche  auch  Tracheenkiemen  ge- 
nannt werden  können.  Da  also  die  Schläuche  sowohl  die  Funktion 
einer  Blut-  als  auch  die  einer  Tracheenkierae  besitzen,  so  schlage  ich 


13()  Fritz  Gerbio, 

die  kurze  Bezeichnung'  „Kieme"  vor.  Sobald  die  Larven  unter 
Wasser  gebracht  wurden,  streckten  sie  die  Kiemen  weit  aus.  Unter 
dem  Mikroskop  ließ  sich  bei  Larven,  die  zwischen  zwei  Objektträger 
gepreßt  waren,  bei  der  Durchsichtigkeit  der  Kiemen  die  Bahn  des 
Blutstroms  gut  beobachten. 

Das  Stigma  und  die  T  räch  een  hinge  bespreche  ich  beider 
Larve  von  Tipiüa  pcäudosa,  da  ich  von  dieser  die  einzelnen  Ent- 
wicklungsstadien bekommen  habe. 

IL  Tipula  2)altulosa  Meig. 

Bei  Tipula  paludosa  war  es  mir  möglich,  Larven  aus  Eiern  zu 
züchten,  Mitte  August  legte  ein  Weibchen,  das  ich  bei  einer  Ex- 
kursion auf  einer  Wiese  gefangen  hatte,  in  einem  Glase  Eier  ab. 
Diese  brachte  ich  dann  in  eine  Glasschale,  die  mit  einfacher  Garten- 
erde angefüllt  war.  Die  Erde  wurde  des  öfteren  angefeuchtet,  und 
nach  14  Tagen  krochen  die  ersten  Larven  aus.  Ich  brachte  nun 
in  die  Glasschale  Graswurzeln  und  einiges  Laub,  und  auf  diese 
Weise  gelang  es  mir,  auch  die  nächstfolgenden  Stadien  zu  züchten. 
Die  ausgewachsene  Larve  erreicht  eine  Länge  von  ca.  30  mm  und 
eine  Breite  von  2^2  »nifi-  Sie  ist  dunkel  gefärbt,  undurchsichtig, 
und  hat  wie  die  vorige  Larve  zylindrische  Form.  Die  Körper- 
bedeckung ist  ähnlich  beschaffen  wie  bei  Tipula  varipennis.  Auch 
hier  finden  wir  wieder  chitinöse,  sichelförmig  nach  hinten  gebogene 
Fortsätze,  die  auch  in  Reihen  angeoi'dnet  sind,  aber  nicht  so  dick 
und  groß  ausgebildet  sind  wie  dort.  Auch  sie  dienen  dazu,  um  bei 
der  Fortbewegung  die  Reibung  gegen  die  umgebenden  Erdmassen 
zu  erhöhen.  Ferner  dürften  bei  der  Fortbewegung  der  Larve  ein- 
zelne längere  Borsten  eine  Rolle  spielen.  Diese  zeichnen  sich  durch 
ihre  Stärke  aus,  gehen  je  von  einem  runden  und  helleren  Feld  aus 
und  stehen  oft  in  größerer  Zahl  zusammen,  wodurch  sogenannte 
Kriechbüschel  entstehen,  die  in  jedem  Segment  regelmäßig  wieder- 
kehren. 

Das  abgestutzte  hintere  Körperende  wird  von  sechs  ziemlich 
gleich  langen  Fortsätzen  gebildet,  die  mit  einer  Reihe  mäßig  langer 
Borsten  besetzt  sind.  Die  Borsten  sind  nicht  so  auffällig  wie  bei 
Tipula  varipennis  und  sitzen  auch  nicht  auf  dem  äußeren  Rande  der 
Fortsätze,  sondern  sind  ein  wenig  nach  innen  gerückt  (vgl,  Fig.  E). 
An  der  Spitze  der  ventralen  Fortsätze  finden  wir  die  bei  der  vorigen 
Larve  schon  beschriebene  Sinnesborste  wieder.  Auch  an  der  Spitze 
der  beiden  dorsalen  Strahlen  hebt  sich  eine  Borste  durch  ihre  Stärke 


Tipuliden-Larven. 


137 


und  liiserierung'  hervor.  Die  Borsten  sind  unverzweigt  und  besitzen 
aucii  nicht  den  membranösen  Saum,  den  wir  bei  Tipida  varipemm 
fanden,  was  wohl  auf  die  Lebensweise  dieser  Laiven  zurückzuführen 
ist.  Die  Larven  von  Tipula  paludosa  leben  in  wenig  feuchter  Erde, 
brauchen  daher  nicht  die  Borsten  zum  Ausbreiten  des  sternförmigen 
Hinterendes  an  der  Wassei'obertläche. 

Mit  der  veränderten  Lebensweise  hängt  auch  zusammen,  daß 
wir  bei  dieser  Larve  die  Kiemen  durch  zwei  wulstförmige  Fortsätze 
ersetzt  finden,  die  sich  auf  der  ventralen  Seite  der  Larve  befinden 
und  als  Nachschieber  dienen.    In  der  Mitte  des  sternfürniiofen  Hinter- 


Fig.  E. 
Tipiilapahidosa  (nach  d.  1.  Häutung). 
Hiuderende.     75 : 1. 


Fig.  F.     Tipula  paludosa. 
I.  Entwicklungsstadium.    Hiuterende. 
^   75:1. 


endes  befinden  sich  die  verhältnismäßig  großen  kreisrunden  Stigmen, 
in  deren  Nähe  sich  ähnlich  wie  bei  der  Larve  von  Tipula  varipennis 
viel"  dunkle  Punkte  befinden,  die  denselben  Zweck  wie  bei  jener 
Larve  haben. 

Larve  im  1.  Entwicklungsstadium.  Die  frisch  ausge- 
schlüpften Larven  haben  im  ausgestreckten  Zustande  eine  Länge 
von  3  mm  und  eine  Breite  von  1  mm.  Sehr  charakteristisch  ist  das 
abgestutzte  hintere  Körperende  (Fig.  F).  Auf  der  ventralen  Seite 
befinden  sich  zwei  kleine,  stark  gefärbte  Fortsätze,  die  an  ihrem 
Außenrande  einige  Borsten  tragen.  Etwas  oberhalb  dieser  beiden 
Fortsätze  sitzen  zwei  etwas  größere,  die  ebenfalls  stark  dunkel 
pigmentiert  sind  und  auch  an  ihrem  Rande  mehrere  lange,  dunkle 
Bürsten  tragen.  Dorsale  Fortsätze  sind  nicht  vorhanden,  an  ihrer 
Stelle  befinden  sich  8  Borsten,   die  zu  je   zweien  zusammen  stehen 


138 


Fritz  Gebbig, 


und  an  der  Basis  sich  in  zwei  resp.  drei  Zweige  teilen  (vgl.  neben- 
stehende Fig.). 

Auf  der  Fläche  des  abgestutzten  Abdomens  befinden  sich  die 
beiden  Stigmen,  welche  nicht  wie  im  späteren  Stadium  kreisrunde, 
sondern  ovale  Form  besitzen.  Sie  bestehen  aus  einem  dunkleren 
mittleren  Teil  und  einem  helleren,  radiär  gestreiften,  äußeren  Teil, 
dem  Stigmenring.  Der  mittlere  Teil  des  Stigmas  birgt  den  Stigmen- 
spalt, der  als  einfacher  Schlitz  sich  auf  Totalpräparaten  ohne 
Schwierigkeit  nachweisen  ließ  (vgl.  Fig.  2  s^j.,  Taf.  3).  Die  dunkle 
Farbe  des  Stigmenmittelstücks  (vgl.  Taf.  3  Fig.  2  sm)  wird  dadurch 
bedingt,  daß  das  Chitin  hier  dicker  ist  als  in  dem  helleren  Stigmen- 
ring, Die  radiären  Streifen  (Fig.  2  rf,  Taf.  3)  des  letzteren  sind 
radiäre  Falten,  die  dem  Stigmenring  eine  größere  Festigkeit  ver- 
leihen (vgl.  Hagemann,  p.  393  u.  396).  Auf  Längsschnitten  durch 
das  Stigma  erhalten  wir  das  in  Fig.  3,  Taf.  3  wiedergegebene  Bild. 


am 


Fig.  G.    Tipula  paludosa.  a  Stigmen  iu  gewöhnlicher  Stellung, 
b  Stigmen  gegeneinander  geneigt.     (Figurenerklärung  vgl.  S.  182.) 

Das  Stigma  ragt  dabei  über  die  Umgebung  hinaus  und  ist  auch 
peripher  vom  Stigmenring  verdickt,  so  daß  wir  zwei  verdickte 
Streifen  haben,  eine  periphere  und  eine  innere.  Zwischen  beiden 
liegt  die  radiär  gestreifte  Stigmenmembran.  Die  äußere  Körper- 
cuticula  setzt  sich  in  die  Stigmenmembran  fort,  so  daß  diese  als 
Hautduplikatur  aufzufassen  ist,  wie  es  in  Fig.  G  dargestellt  ist. 
Die  innere  Stigmenmembran  ragt  ein  Stück  in  das  Körperinnere  vor 
und  setzt  sich  scharf  gegen  die  eigentliche  Trachee  ab.  Als  Grenze 
der  eingestülpten  Körperhaut  und  der  wahren  Trachee  betrachte  ich 
den  in  Fig,  3,  Taf.  3  und  Textflg.  G  bei  x  angegebenen  Ring  und 
bezeichne  den  vor  diesem  liegenden  Teil  als  Stigmenvorraum  (vgl. 
Mammen),     Die  innere  Stigmenmembran  bildet  nach   dem  Stigmen- 


Tipuliden-Larveu.  139 

räum  zu  chitinöse.  wie  Borsten  aussehende  Fortsätze  (Fig-.  3  ch. 
Tat'.  3),  die  untereinander  anastomosieren.  Die  Verbindungen  dei- 
zum  Teil  sehr  stark  ausgebildeten  Chitingebilde  sind  nicht  so  stark 
dunkel  gefärbt  wie  diese,  wodurch  sie  leicht  übersehen  werden  können. 
Kine  genauere  Beschreibung  ähnlicher  Chitingebilde  gebe  ich  si)äter 
bei  Besprechung  der  Filzkanimei'.  Auf  das  Stigma  folgt  jederseits 
ein  Tracheenlängsstamm.  der  ein  mäßig  reich  vei'zweigtes  Tracheen- 
system versendet.  Weitere  olfene  Stigmen  sind  nicht  vorhanden. 
l>a  sich  das  Tracheensystem,  abgesehen  von  Stigma,  Filzkammer  und 
Lunge,  im  weiteren  Verlauf  der  Entwicklung  der  Larven  nicht 
wesentlich  ändert,  komme  ich  auf  dasselbe  nicht  noch  einmal  zurück. 

Tracheenlunge.  Wie  oben  schon  erwähnt  setzt  sich  die 
Trachee  gegen  den  Stigmenvorraum  scharf  ab.  Von  der  Haupt- 
trachee  gehen  eine  große  Zahl  feiner,  sich  verzweigender  Capillaren 
(ohne  Spiralfaden)  aus.  Diese  entspringen  einzeln  oder  zu  mehreren 
vereint  von  der  Trachee  und  umschließen,  nachdem  sie  sich  wieder- 
holt verzweigt  haben,  einen  Kern  (Fig.  22,  Taf.  4).  Es  war  sehr 
schwierig,  den  Kern  auf  Totalpräparaten  nachzuweisen,  da  die  feinen 
Capillaren  an  dem  sehr  kleinen  Objekt  bei  Alkoholbenutzung 
ischrumpften.  Mit  Hilfe  der  früher  beschriebenen  Osmiumsäuremethode 
fertigte  ich  zunächst  ein  Präparat  der  prall  gefüllten  Capillaren  in 
jlycerin  an.  Sodann  ersetzte  ich  das  Glycerin  allmählich  durch 
iAlkohol,  den  ich  auf  den  Objektträger  links  vom  Deckgläschen 
tropfen  ließ,  während  ich  das  Glycerin  durch  Fließpapier  auf  der 
anderen  Seite  des  Deckglases  wegsaugte.  Auf  diese  Weise  gelang 
es  mir,  die  Capillaren  in  ihrer  Lage  zu  halten  und  sie  dann  zu 
färben.  Der  Kern  stellte  sich  jetzt  als  ein  ovales  Gebilde  dar,  das 
i-lt'ichmäßig  mit  feinen  Chromatinkörnern  angefüllt  war.  Für  ge- 
\A-ühnlich  lassen  sich  an  den  Capillaren  auf  Schnitten  wie  auch  au 
Totalpräparaten  keine  Kerne  und  kein  Plasmaüberzug  entdecken. 
Kurz  vor  der  ersten  Häutung  zeigen  sie  aber  ein  anderes  Aussehen. 
Die  Capillaren,  die,  wie  Fig.  3,  Taf.  3  angibt,  von  der  Haupttrachee 
uisgehen  und  der  Innern  Körperwand  angeheftet  sind,  sind  ihrer 
ranzen  Länge  nach  von  Plasma  überzogen.  Der  oben  schon  er- 
Aiihnte  Kern,  der  immer  an  der  Auflösungsstelle  des  Capillaren- 
Dündels  liegt,  zeigt  nur  ein  deutliches  Kernkörperchen.  Auf  die 
ri'unktion  dieses  Gebildes  komme  ich  bei  Besprechung  älterer  Stadien 
zurück. 

Verschluß  der  Stigmen  im  1.  Stadium.  Um  den  Ver- 
•ililuß  der  Stigmen  zu  beobachten,    brachte  ich  die  kleinen  Larven 


140  Fkitz  Geuuig, 

unter  das  Deckglas  und  setzte  Wasser  hinzu.  Mit  Hilfe  des  Mikro- 
skops konnte  ich  feststellen,  daß,  sobald  das  Wasser  die  Larven  er- 
reichte, diese  die  beiden  Stigmen  einzogen.  Bei  der  anatomischen 
Untersuchung  fand  ich,  daß  an  der  Körperhaut  zwischen  den  beiden 
Stigmen  ein  paar  starke  Muskeln  angreifen,  die  durch  ihre  Kontrak- 
tion das  Einziehen  der  Stigmen  bedingen  dürften.  In  diesem  Zustande 
sind  die  beiden  Stigmen  gegeneinander  geneigt  (vgl.  nebenst.  Fig.  Gb), 
und  die  äußere  Körperhaut  legt  sich  wie  ein  schützendes  Dach 
über  sie. 

Für  das  Einziehen  der  Stigmen  kommt  noch  ein  Muskel  in  Frage, 
der,  wie  Fig.  3,  Taf.  3  zeigt,  einerseits  an  dem  Integument  und 
andrerseits  an  der  Trachee  ansetzt,  weshalb  ich  ihn  Tracheen- 
muskel  nenne.  Ich  habe  die  Ansatzstelle  des  Muskels  an  die 
Trachee  näher  untersucht,  konnte  aber  keine  besondere  Aus- 
bildung der  Trachee  an  dieser  Stelle  feststellen.  Ich  fand  auf 
den  verschiedenen  Schnittserien  immer  den  Tracheenmuskel  an  der- 
selben Stelle,  und  zwar  setzt  sich  die  der  Trachee  aufliegende  Hypo- 
dermis  ein  Stück  an  dem  Muskel  fort.  Dieser  Muskel  hat  mit  dem 
Elinziehen  der  Stigmen  nichts  zu  tun.  Meine  oben  erwähnte  An- 
sicht, daß  die  Körpermuskulatur  den  Verschluß  der  Stigmen  bedingt, 
fand  ich  bestätigt  an  Frontalschnitten  durch  das  Hinterende  der 
Larve.  Ich  erhielt  dabei  die  schon  erwähnte  gegeneinandergeneigte 
Stellung  der  Stigmen.  Bei  dem  Zurückbringen  dieser  in  die  ge- 
wöhnliche Lage   dürfte   der  Blutdruck  wohl   die  Hauptrolle  spielen. 

Die  älteren  Larven.  Sechs  Wochen  nach  der  Eiablage 
(4  Wochen  nach  der  Geburt)  häuteten  sich  die  Laren  zum  ersten- 
mal und  nahmen  dann  schon  die  für  ältere  Larven  charakteristi- 
schen Merkmale  an.  An  Stelle  der  anfänglich  4  vorhandenen  dunkel 
pigmentierten  Fortsätze  treten  die  typischen  6  Strahlen,  die  das 
Körperende  gleichmäßig  einfassen.  Vor  allem  erscheint  die  für  die 
ventralen  Fortsätze  so  auffällige  Sinnesborste. 

Stigma.  Die  Stigmen  sind  nach  der  ersten  Häutung  im  Ver- 
gleich zu  denen  im  1.  Stadium  stark  verändert.  Sie  haben  kreis- 
runde Form  angenommen,  und  der  dort  so  deutliche  schlitzartige 
Stigmenspalt  ist  scheinbar  verschwunden.  Sie  bestehen  aus  einem 
verdickten,  undurchsichtigen  mittleren  Teil,  der  von  einem  helleren 
Ring,  dem  sogenannten  Stigmenring,  umgeben  ist,  welcher  eine 
eigentümliche  gittei-artige  Zeichnung  besitzt  (Fig.  4,  Taf.  3).  Während 
die  Stigmen  im  ersten  Entwicklungsstadium  aus  der  Umgebung  her- 
vorragen, liegen   sie  jetzt  in  gleicher  Ebene  mit  der  umgebenden 


Tipulideu-Larven.  141 

Köipercuticula.  Wenn  die  Larve  mit  dem  Hinterende  an  der  Ober- 
Hache  des  "Wassers  hängt,  so  ist  das  Stigma  mit  der  atmosphäri- 
schen Luft  in  direkter  Berührung.  Es  entsteht  also  die  Frage:  wie 
funktioniert  das  Stigma,  besitzt  es  eine  Öffnung,  oder  ist  es  ver- 
schlossen y 

Dp:  Meijere  sagt  über  das  Stigma  (1901,  p.  24,  27):  „Das  Haar- 
oder Balkensystem  wird  sehr  kompliziert,  so  daß  über  der  Öffnung 
eine  Siebplatte  liegt.  In  deren  Mitte  lindet  sich  nun  meist  als  Rest 
des  nächst  vorigen  Tracheensj'stems  eine  Stigmennarbe  (Tipuliden; 
Bilno,  alle  Stigmen  mit  Ausnahme  des  vorderen  Paares)."  Ebenda 
\).  24:  „In  der  Mitte  des  Stigmas  kommt  eine  undurchbohrte  Stelle 
vor,  welche  hart,  schwarz  und  brüchig  ist."  In  einer  späteren  Arbeit 
(1902.  p.  624),  wo  er  das  Tüpfelstigma  der  Puppe  mit  dem  I)ii)teren- 
stigma  vergleicht,  schreibt  er:  „Auch  bei  diesen  finden  sich  nicht 
die  gewöhnlichen  offenen  Stigmen  der  meisten  Insecten,  sondern  eine 
tüpfeltragende  Stigmenplatte,  ^^'enn  wirkliche  Öffnungen  nachweis- 
bar sein  sollten,  so  sind  es  dann  nur  ganz  sekundäre  Lücken  in  der 
("iiitinschiclit,  welche  das  Tüpfelstigma  überzieht."  (de  Meijere  führt 
den  Namen  „Tüpfelstigma''  bei  dem  Stigma  der  Puppe  von  Boli- 
stophila  cinerea  ein.  ..Alle  Stigmen  haben  die  Form  kreisrunder 
Scheibchen,  welche  einige  in  Kreisen  angeordnete  ovale  Stellen  auf- 
weisen, durch  welche  der  Gasaustausch  von  statten  geht.  Ob  diese 
Stellen  wirkliche  Öffnungen  sind,  oder  ob  sie  noch  mit  einer  wenn 
auch  äußerst  dünnen  Membran  verschlossen  sind,  läßt  sich  wie  in 
vielen  Fällen  schwer  mit  Sicherheit  sagen,  ich  möchte  deshalb  den 
Namen  Stigmentüpfel  anwenden,  wie  ja  von  den  Botanikern  die 
dünnen,  bisweilen  auch  durchbohrten  Stellen  der  Pflanzenmembranen 
Tüpfel  genannt  wird.") 

MiK  (1882)  beschreibt  das  Tipulidenstigma  in  folgender  Weise: 
..Die  beiden  Stigmenplatten  sind  kreisrund,  ringförmig,  etwas  ge- 
faltet, ockergelb  und  sind  mit  radiär  gestellten,  feinen  schwarzen 
Pünktchen  (Tracheenmündungen)  besetzt." 

MÜGGENBURG  (1901)  Sagt  Über  das  Stigma  der  Cißindrotoma- 
Larve:  „Die  Stigmenplatte  stellt  eine  nahezu  kreisrunde  chitinöse 
Scheibe  dar.  Sie  besteht  aus  einem  dunkelbraunen,  massiven  Mittel- 
stück und  einer  ockerfarbenen,  siebartig  durchlöcherten  ring- 
förmigen Partie,  dem  Siebteil.  Durch  die  Luftlöcher  des  Siebteils 
findet  der  Gasaustausch  bei  der  Respiration  statt." 

Browx  gibt  eine  ausführliche  Beschreibung  des  Stigmas,  die 
ich   im   folgenden    wörtlich    wiedergebe:    „Externally  the  spiracles 


142  Fkitz  Gerbig, 

appear  as  broadlj-   oval   dark   spots   showing   in  surface  view  two 
distinct  regioiis : 

1.  A  central  area  consisting  of  an  iraperforate  disc  of  cliitin 
occupying  about  one  half  of  the  total  diameter. 

2.  A  surrounding  margin  formed  of  numerous  rods  of  chitin 
radiating  from  the  central  disc  to  the  circumference  of  the  spiracle, 
and  lying  side  by  side  so  closely  as  to  leave  but  very  narrow  slits 
between  them.  These  slits  appear  further  to  be  crossed  by  nnmerous 
transverse  connections,  giving  the  whole  a  lattice-like  appearance. 
Air  enters  between  the  radial  bars.  Seen  in  sections  this  marginal 
lattice-work  is  formed  of  three  sets  of  parts: 

1.  Passing  in  a  radial  direction  from  the  margin  of  the  spiracle 
to  the  central  disc,  but  at  a  lower  level  than  the  outer  surface 
(and  hence  not  seen  at  all  in  surface  view),  is  a  series  of  hollow 
chitinous  radial  bars,  irregularly  oval  in  section,  some  bifurcating 
towards  the  centre,  while  others  are  joined  with  their  neighbours 
by  connecting  branches. 

2.  Arising  from  these  are  the  series  of  Y-shapes  upstanding 
chitinous  pillars,   each  of  the  radial  bars  bearing  a  complete  series. 

3.  Supported  by  the  upper  ends  of  contignuous  Y-pillars  is  a 
second  series  of  radial  bars,  slightly  flat-topped  but  wedge-shaped 
below.  These  being  supported  by  branches  of  neighbouring  Y-pillars 
will  necessarily  alternate  with  the  lower  radial  bars.  Further, 
these  are  the  bars  seen  in  surface  view,  the  transverse  connections 
being  the  Y-pillars  seen  from  above. 

To  complete  the  structure  the  Y-pillars  are  connected  together 
by  very  numerous  and  excessively  fine  chitinous  threads,  which 
brauch  and  intercommunicate,   the  whole   forming   a  close  network. 

This  spiracle  cover  appears  quite  incapable  of  closing,  and  the 
arrangement  seems  to  be  a  complicated  form  of  flltering  apparatus, 
piobably  also  preventing  the  entrance  of  water  to  the  spiracles 
when  submerged." 

M.  Keilin  (1912)  hat  die  Arbeiten  von  de  Meijeke  und  Brown 
berücksichtigt  und  findet  am  Stigma  der  Larve  von  Trichocera 
Memalis  ähnliche  Verhältnisse,  wie  sie  von  jenen  Autoren  auch  ge- 
schildert sind.  Das  Stigma,  das  dem  von  mir  in  Fig.  24,  Taf  4 
abgebildeten  sehr  ähnlich  ist,  besteht  nach  ihm  aus  einem  verdickten 
Stigmenmittelstück  (=  un  bouchon  cicatriciel),  das  durch  Chitin- 
streben (=  des  batonnets  chitineux)  mit  der  Tracheenwand  ver- 
bunden ist.     Keilin  nennt  den  von  den  Streben  durchkreuzten  Raum 


Tipulidcii-Larven.  ]43 

..wahre  Filzkanimer",  während  er  das  Stigmen  mittelstück  als  un- 
durc.hI)olirt  betrachtet,  was  aus  folgendem  hervorgeht:  „Le  bouchon 
cicatriciel  est  rhomulogue  du  tilament  cicatriciel  (Narbenstrang)  de 
i)E  Meliere."  Er  gibt  zwar  eine  Stigmenabbildung,  in  der  ein  Spalt 
zu  sehen  ist.  glaubt  diesen  aber  auf  technische  Mängel  zurück- 
fnliren  zu  müssen.  (Le  bouchon  paraitsouvent  perfore  suivant  son  axe; 
je  tends  ä  croire  qu'il  s'agit  d'un  accident  de  preparation.) 

Die  Autoren  stimmen  darin  überein,  daß  der  mittlere  Teil  des 
Stigmas  aus  massivem,  undurchbohrten  Chitin  besteht.  Über  den 
Bau  des  Stigmenrings  sind  sie  verschiedener  Meinung, 

Das  Stigmen  mittelstück.  Meine  Untersuchung  über  das 
Stigma  stellte  ich  zunächst  an  lebendem  Material  an.  Ich  brachte 
die  Larve  zwischen  zwei  Objektträger  und  füllte  den  dazwischen 
befindlichen  Raum  mit  Wasser  aus.  Beim  Zusammenpressen  der 
beiden  Objektträger  sah  ich,  wie  aus  dem  Stigma  Luftblasen  aus- 
traten, was  mich  zu  der  Annahme  führte,  daß  hier  eine  wirkliche 
Öffnung  vorhanden  ist.  Dei'  mittlere  Teil  des  Stigmas  erscheint  auf 
Totalpräparaten  von  außen  betrachtet  als  eine  schwarze,  undurch- 
sichtige Platte  (Fig.  4  sm,  Taf.  3).  Auch  mir  war  es  zunächst  nicht 
möglich,  an  Totalpräparaten  und  auf  Schnitten  einen  Stigmenspalt 
nachzuweisen,  da  einmal,  wie  gesagt,  das  Chitin  ganz  undurchsichtig 
ist  und  es  ferner  wegen  der  Sprödigkeit  immer  riß.  Um  das  letztere 
zu  vermeiden,  mußte  das  Chitin  weicher  gemacht  werden.  Ich 
mazerierte  zu  diesem  Zweck  die  Stigmen  einige  Tage  mit  Kalilauge, 
und  von  den  so  behandelten  Objekten  ließen  sich  Schnitte  herstellen, 
auf  denen  die  Chitinteile  größtenteils  im  Zusammenhang  geblieben 
Avaren.  Nach  diesen  Schnitten  ist  ein  Stigmenspalt  vorhanden, 
dessen  Ränder  sich  übereinanderlegen,  wie  es  schematische  Fig.  T 
S.  16()  angibt.  Ich  habe  dann  auch  auf  Totalpräparaten  die  Ränder 
der  beiden  Membranen  feststellen  können,  nachdem  ich  die  Stigmen 
erst  stark  gebleicht  und  dann  mit  Bleu  de  Lyon  gefärbt  hatte. 
Danach  haben  wir  es  mit  einem  das  schwarze  Mittelfeld  des  Stigmas 
fast  im  ganzen  Umfang  durchziehenden  schwach  S-förmig  gestalteten 
Si)alt  zu  tun,  dessen  Ränder  sich  so  übereinanderlegen,  wie  es 
in  Fig.  4,  Taf.  3  angegeben  wird.  Meine  Auffassung  von  dieser 
Stigmeuöffnung  fand  eine  unzweifelhafte  Bestätigung,  als  es  mir  ge- 
lang, durch  den  Stigmenspalt  eine  feine  Glascapillare  einzuschieben. 
Hierdurch  war  es  mir  möglich,  bei  hoher  Einstellung  des  Mikro- 
skops erst  die  Kontur  des  oberen  und  dann  bei  tiefer  Einstellung  die 
des  untern  Randes  der  Membran  genau  zu  verfolgen.    Nachdem  ich 

Zool.  .laliili.  XXXV.    Al>t.  f.  S\st.  10 


144  Fkitz  Gerbig, 

mir  auf  diese  Weise  von  dem  Verlauf  des  Stig-menspaltes  eine 
genaue  Vorstellung  hatte  bilden  können,  durchtrennte  ich  den 
Stigmenring-  in  der  Kichtung  des  Stigmenspaltes.  Sodann  zog  ich 
die  beiden  Teile  auseinander,  wobei  ich  ein  Bild  erhielt,  wie  es  in 
Fig.  5,  Taf.  3  dargestellt  ist.  Die  beiden  erst  übereinanderliegenden 
Membranen  liegen  nebeneinander,  und  es  ließ  sich  leiclit  feststellen, 
daß  die  untere  Membran  (Fig.  5  um)  die  schwächere  der  beiden 
Membranen  ist,  was  für  den  Verschluß  des  Stigmas  von  gewisser 
Bedeutung  ist. 

Die  beiden  sich  übereinanderlegenden  Membranen,  die  „eigent- 
liche Stigmenmembran",  bestehen  wie  beim  1.  Stadium  aus  einer 
Hautfalte  oder  aus  zwei  Membranen,  die  miteinander  verschmolzen  sind, 
was  sich  leicht  nachweisen  ließ  bei  Larven,  die  sich  frisch  gehäutet 
hatten.  Es  war  hier  zwischen  den  beiden  Membranen  noch  Plasma 
vorhanden,  wodurch  die  Kontur  der  beiden  Membranen  sehr  deutlich 
war.  Durch  Verschwinden  des  Plasmas  und  durch  Verdickung  der 
Membranen  entsteht  die  Undurchsichtigkeit  der  schwarzen  Platte  des 
Stigmenmittelstücks. 

Der  Stigmen  ring.  Wie  oben  schon  erwähnt,  sind  die  An- 
sichten der  Autoren  über  den  Bau  des  Stigmenringes  oder  der  „Sieb- 
platte" geteilt.  MÜGGENBUKG,  Beown  und  Keilin  halten  sie  für 
siebartig  durchlöchert,  während  sie  von  anderen  (de  Meijeee,  Mik) 
für  geschlossen  gehalten  wird,  indem  die  scheinbaren  Löcher  in 
Wirklichkeit  nur  sehr  dünne,  durchsichtige  Stellen  einer  Membran 
sind  (Tüpfelstigma  de  Meijeee).  Ich  schließe  mich  der  Ansicht  an, 
daß  eine  dünne  Membran  vorhanden  ist.  Der  Bau  des  Stigmenringes 
ist  so  kompliziert,  daß  ein  genaueres  Eingehen  auf  seinen  Aufbau 
nötig  erscheint,  de  Meijeee  beschreibt  ein  Balkenwerk,  welches 
sich  unterhalb  der  „Siebplatte"  befindet  und  welches  diese  mit  einer 
zweiten  unteren,  inneren  Membran  verbindet.  Nach  Beown  sind 
die  Stigmen  so  kompliziert  gebaut,  um  bei  der  Atmung  unter  Wasser 
keine  Fremdkörper  in  das  Stigma  gelangen  zu  lassen.  In  dieser  Be- 
ziehung bin  ich  zu  wesentlich  anderen  Resultaten  gelangt. 

Bei  Betrachtung  des  Stigmenringes  auf  Totalpräparaten  von 
außen  erhalten  wir  verschiedene  Bilder,  je  nachdem  das  Mikroskop 
hoch  oder  tief  eingestellt  ist.  Bei  hoher  Einstellung  erhalten  wir 
bei  starker  Vergrößerung  das  in  Fig.  6,  Taf.  3  wiedergegebene  Bild, 
Wir  sehen  paarweise  angeordnete  dunkle  Punkte,  die  durch  schwache, 
aber  deutliche  Linien  miteinander  verbunden  sind.  Bei  etwas  tieferer 
Einstellung  des  Mikroskops  sehen  wir  (Fig.  7,  Taf.  3),  wie  je  zwei 


Tipnliden-Larveii.  145 

J 'unkte  verschmelzen,  wobei  eine  radiäre  Anordnung  deutlicher  wird. 
I}ei  noch  tieferer  Einstellung-  treten  an  Stelle  der  radiär  ange- 
ordneten Punkte  breite  radiäre  Strahlen  (Fig.  8,  Tat".  3),  die  vorher 
erwähnten  (lunklen  Punkte  sind  nur  noch  als  wenig  dunkler  ge- 
färbte Stellen  sichtbar.  Bei  der  Ansicht  des  Stigmas  von  innen  er- 
halten wir  das  Bild  einer  zusammenhängenden  Membran  mit  undeut- 
lichen, radiären,  zum  Teil  miteinander  verschmelzenden  Strahlen. 
Auf  Schnitten,  die  radiär  durch  das  Stigma  geführt  sind,  erhielt  ich 
ein  ähnliches  Bild,  wie  es  de  Meijere  p.  24  und  Brown  tab.  24 
darstellen,  d.  h.  schräg  zur  äußeren  (=  eigentlichen)  Membran  auf- 
steigende Balken  (=  Stützrippen)  (Fig.  10,  Taf.  3).  An  der  Zeich- 
nung von  DE  Meijere  fehlen  jedoch  die  feinen  chitinösen  Ver- 
bindungen zwischen  den  einzelnen  Stützbalken,  die  „ültering  hairs" 
von  Brown.  Die  Fig.  9,  Taf.  3  stellt  uns  einen  Schnitt  senkrecht 
zu  den  radiären  Strahlen  dar.  Wir  sehen  daraus,  daß  die  Stütz- 
rippen sich  am  oberen  Ende  gabeln  (wodurch  die  Anordnung  zu 
zwt^i  Punkten  auf  Totalpräparaten  entsteht)  und  von  einer  oberen 
zusammenhängenden  Membran  überdeckt  sind.  An  ihrem  unteren 
Ende  bilden  die  Stützrippen  Erweiterungen  (die  radiären  Strahlen), 
die  durch  chitinöse  feine  Rippen  miteinander  verbunden  sind. 
Zwischen  den  einzelneu  Stützbalken  sind  auch  auf  diesen  Schnitten 
feine  Chitinverbindungen  als  Linien  zu  erkennen.  Kurz  nach  der 
Häutung,  nach  der  Neubildung  dieser  Chitinteile  sind  sie  deutlicher 
sichtbar.  Es  ist  zwischen  den  Chitinw^andungen  das  Plasma  noch 
vorhanden,  das  die  Farbe  gut  annimmt.  Auch  eine  trennende  Linie 
zwischen  den  Stützrippen  und  der  eigentlichen  Stigmenmembran  ließ 
sich  während  der  Häutung  noch  deutlich  feststellen.  Auf  den  ana- 
tomischen Aufbau  des  Stigmenringes  komme  ich  später  nach  Be- 
sprechung der  Filzkammer  zurück. 

Die  Filzkammer.  Auf  das  Stigma  folgt  direkt  ein  sehr 
umfangreiches  Gebilde,  dessen  Wände  scheinbar  mit  dichten,  großen, 
verzweigten  Borsten  besetzt  sind,  die  Filzkammer  (so  genannt  von 
DE  Meijere  —  Enderlein  nennt  sie  Luftkammer).  Ein  Stigmen- 
vorhof  ist  nicht  mehr  vorhanden,  de  Meijere  sagt  darüber  p.  24: 
..Die  geräumige  Filzkammer  ist  hier  an  der  Wand  mit  in  Gruppen 
zusammenstehenden,  längeren  und  baumförmig  verzweigten  Chitin- 
fäden bekleidet.  Auf  Schnitten  zeigt  sich  dieser  Filz  öfters  als  eine 
durchlöcherte  Platte,  welches  Bild  wohl  Weijenbergh  veranlaßte 
zu  schreiben,  daß  an  der  inneren  Fläche  der  Stigmata  eine  fein 
fibrilläre    Bindegewebsplatte    vorkommt,     welche    durchlöchert    ist. 

10* 


146  Fritz  Gerbiu, 

Offenbar  haben  wir  es  hier  durchaus  nicht  mit  ,Bindegewebe' 
zu  tun." 

Enderlein  schreibt  über  die  Chitingebilde  der  Filzkammer  bei 
der  Larve  von  Gastrus  eqiii:  „Die  Luftkammer  ist  durchzogen  von 
dünnen,  parallelen  Chitinleisten,  die  aus  einer  Verdickung  der  Chitin- 
spiralen der  Tracheen  hervorgegangen  sind,  die  Luftkammer  ist  eine 
erweiterte  Trachee.  Die  meist  gelben  bis  bräunlich-gelben  Chitin- 
fäden gehen  allmählich  in  die  farblosen  Chitinspiralen  über  und  be- 
sitzen dieselbe  Lagerung  und  Form." 

Brown  schreibt  darüber  p.  128:  „The  laminated  cuticle,  mode- 
rately  thick,  having  the  same  characters  as  the  extern al  cuticle  of 
the  body-wall.  Frora  this  cuticle  there  arise  large  numbers  of 
chitinous  hair-like  outgrowths,  projecting  into  the  stigmatic  Chamber 
and  forming  a  very  dense  lining  to  it.  Each  hair  gives  rise  to  side 
branches  which  unite  with  those  of  neighbouring  hairs,  in  rauch  the 
same  way  as  was  noticed  in  the  hairs  of  the  Y-pieces  of  the  spiracle 
Cover.  This  lining  Covers  the  whole  internal  surface  of  the  Chamber, 
except  where  the  bunches  of  tracheae  arise,  and  seems  to  take  the 
place  of  the  taenidia  common  to  tracheae." 

Bei  den  Larven  im  ersten  Entwicklungsstadium  ist  noch  keine 
Filzkammer  vorhanden.  Die  dort  vorhandenen  Chitingebilde  des 
Stigmenvorraums  haben  mit  dem  später  auftretenden  Filz  nichts  zu 
tun,  was  aus  dem  Lageverhältnis  der  TracheenJunge  hervorgeht. 
Wie  früher  schon  erwähnt,  gehen  bei  den  Larven  im  ersten  Stadium, 
die  Tracheencapillaren  von  der  Trachee  aus,  ohne  daß  Filz  vor- 
handen ist.  In  den  älteren  Entwicklungsstadien  der  Larven  setzt 
die  Tracheenlunge  an  der  Filzkammer  an.  Da  die  Tracheencapillaren 
immer  an  derselben  Stelle  entstehen,  im  ersten  Stadium  an  der 
Ansatzstelle  derselben  aber  kein  Filz  vorhanden  ist,  während  in  den 
späteren  Stadien  an  derselben  Stelle  solcher  auftritt,  so  muß  der 
auftretende  Filz  als  vollständige  Neubildung  betrachtet  werden. 

Die  Chitingebilde  der  ausgewachsenen  Larven  stellen  Chitin- 
bäumchen  dar,  deren  Äste  jedoch  nicht  frei  enden,  sondern  sich  mit 
denjenigen  der  benachbarten  Bäumchen  vereinigen  (Fig.  11,  Taf.  3). 
Die  große  Zahl  dieser  Anastomosen  sprechen  gegen  die  Auffassung 
Brown's,  daß  hier  einzelne  „hairs"  vorhanden  sind,  die  miteinander 
verwachsen.  Meiner  Ansicht  nach  ist  eine  nachträgliche  Ver- 
wachsung dieser  „hairs"  (=  Chitinleisten  Enderlein)  höchst  un- 
wahrscheinlich. Mir  ist  kein  Fall  bekannt,  daß  Borsten  oder  borsten- 
artige Gebilde  distal  miteinander  verschmelzen.    Doppelt  unwahr- 


'I'ipulideu-Laiveii.  147 

scheinlicli  wird  die  Annahme  einer  hiolchen  Verschmelzung,  wenn  es 
sich  niclit  um  einfache  Fortsätze,  sondern  um  reich  verzAveig-te  Ge- 
bilde handelt,  deren  zahlreiche  Äste  immer  miteinander  verschmelzen. 
Viel  verständlicher  erscheint  es  mir,  wenn  wir  zwischen  den  Chitin- 
bäumchen  und  den  Anastomosen  eine  zusammenhängende  Membran 
annehmen,  die  nicht  sichtbar  ist,  wie  sie  de  Meijeke  bei  den  Stigmen 
von  BoliMophUa  cinerea  auch  annimmt. 

Die  sichtbaren  Chitinteile,  die  Bäumchen  und  die  Verzweigungen, 
wären  dann  als  Falten  in  dieser  Membran  aufzufassen.  Ich  konnte 
jedoch  auf  Total-  wie  auch  auf  Schnittpräparaten  nirgends  eine 
deutliche  Membran  zwischen  den  Chitinrippen  entdecken,  obwohl  ich 
die  stärksten  Chitinfärbmittel  anwendete.  Dagegen  sprach  folgende 
Untersuchung  dafür,  daß  wir  es  mit  einfachen  Chitinanastomosen 
und  nicht  mit  Teilen  einer  Membran  zu  tun  haben.  Ich  fertigte 
mir  ein  in  Bleu  de  Lyon  gefärbtes  Präparat  solcher  Filzgebilde  in 
Glycerin  an.  Durch  geringen  Druck  auf  das  Deckglas  verschoben 
sich  die  Chitingebilde,  und  abgerissene  Chitinrippen  schwammen  fi-ei 
in  der  Flüssigkeit  einher.  Ein  Zusammenhang  zwischen  benach- 
barten Rippen,  Avie  war  ihn  bei  Existenz  einer  sehr  feinen  Membran 
voraussetzen  dürften,  existierte  nicht  oder  ließ  sich  nicht  nachweisen. 
Vielmehr  legten  sich  die  Rippen  oft  derart  nebeneinander,  wie  es 
nur  Chitinstäbchen  tun  können,  die  keinerlei  membranösen  Saum  be- 
sitzen. Querschnitte  durch  die  Chitinbäumchen  stellten  sich  als 
kreisrunde  Ringe  dar,  die  deutlich  scharf  konturiert  sind  und  die 
keinen  Membranfortsatz  erkennen  lassen. 

Wie  oben  erwähnt,  erfolgt  erst  während  des  ersten  Entwicklungs- 
stadiums der  Larve  die  Anlage  und  die  Ausbildung  des  Filzes.  Es 
entstellt  zunächst  an  der  Stelle,  an  der  später  die  Filzgebilde  auf- 
treten, anfangs  eine  kontinuierliche  Plasmamasse,  die  sich,  wie  auf 
Schnitten  zu  sehen  ist,  bergförmig  von  den  Hypodermiszellen  der 
Filzkammer  erheben.  Die  Fig.  16,  Taf.  3  stellt  uns  einen  Schnitt 
durch  die  Plasmaanhäufung  dar.  Es  hat  hier  schon  eine  Diiferen- 
zierung  des  Plasmas  stattgefunden,  indem  sich  innerhalb  der  Plasma- 
membran Löcher  gebildet  haben.  Auf  diese  Weise  entstehen  Plasma- 
schlingen, die  nun  Chitin  ausscheiden.  Das  Plasma  tritt  dann  zurück, 
und  die  nun  gelblich  aussehenden  Chitinteile  sind  die  oben  be- 
sprochenen Filzgebilde.  Die  Fig.  13,  Taf.  8  zeigt  uns  zwei  einfache 
Chitinbäumchen,  im  oberen  Teil  ist  das  Plasma  nicht  mehr  vor- 
handen, während  es  in  der  zweiten  Anastomose  und  dem  basalen 
Teil  noch  nicht  zurückgewichen  ist. 


148  Fritz  Gekbig, 

Ich  fasse  also  den  Filz  auf  als  eine  in  verschiedenen  Ebenen 
kompliziert  g-efaltete  Membran,  in  denen  die  borstenähnlichen  Gebilde 
sich  als  Falten  (=  Stützrippen)  darstellen.  Die  Membranen,  welche 
den  Raum  zwischen  den  Ästen  ausfüllten,  sind  bereits  kurz  nach 
dei'  Anlage  geschwunden. 

Wie  bei  den  Larven  im  ersten  Entwicklungsstadium  der 
Tracheenmuskel  im  Bereich  der  Tracheenlunge  an  der  Trachee  an- 
setzt, so  findet  sich  ein  solcher  auch  bei  den  älteren  Larven  an  der- 
selben Stelle  (Fig.  30,  Taf.  4).  Der  sehr  stark  ausgebildete  Muskel, 
den  ich  ebenfalls  Tracheenmuskel  nennen  will,  setzt  an  der  Filz- 
kammer an  nnd  endigt  an  der  lateralen  Körperwand.  Die  Ansatz- 
stelle des  Tracheenmuskels  an  der  Filzkammer  entbehrt  der  Filz- 
gebilde. Ich  habe  in  der  Literatur  keine  Angaben  über  das  Vor- 
kommen von  Muskeln  bei  Insecten,  die  direkt  an  Tracheen  angreifen, 
gefunden.  Die  Verschlußmuskeln  der  Stigmen  sind  nicht  mit  dem 
Tracheenmuskel  zu  homologisieren,  sondern  jene  gehören  dem  Stigma, 
resp.  ursprünglich  der  Körperoberfläche  an  (vgl.  Mammen).  Ich 
komme  auf  die  Funktion  des  Tracheenmuskels  an  späterer  Stelle 
noch  zurück. 

Nachdem  wir  den  Bau  der  Filzkammer  kennen  gelernt  haben, 
wenden  wir  uns  noch  einmal  zur  Besprechung  des  Stigmas,  im  be- 
sonderen zu  der  Frage,  wie  die  Stützrippen  zustande  kommen.  Wie 
früher  schon  erwähnt,  befinden  sich  auch  hier  zwischen  den  dicken 
Stützbalken  (Rippen)  feine  Chitinrippen  ähnlich  denjenigen,  die  die 
einzelnen  Chitinbäumchen  untereinander  verbinden,  die  aber  hier  viel 
feiner  und  undeutlicher  sind.  Wie  bei  der  Filzkammer  haben  wir 
es  auch  hier  mit  Membranfaltungen  zu  tun.  Ich  habe  die  Neubildung 
des  Stigmas  verfolgen  können  und  fand,  daß  die  Stützrippen  ganz 
homolog  den  Filzkammergebilden  angelegt  werden.  Auch  hier  ent- 
stehen an  der  Stelle,  an  der  später  die  Stützrippen  entstehen,  eine 
starke  Anhäufung  von  Hypodermiszellen ,  die  eine  kontinuierliche 
Plasmamembran  bilden.  Die  Fig.  12,  Taf.  3  stellt  uns  einen  Schnitt 
durch  die  Neubildung  des  Stigmas  kurz  vor  der  ersten  Häutung  der 
Larve  dar.  Wir  sehen,  daß  in  der  Membran  schon  einige  Falten 
sich  stärker  hervorheben,  daß  aber  das  ganze  Gebilde  noch  ein  zu- 
sammenhängendes Ganzes  darstellt.  Die  deutlich  sichtbaren  Falten 
entsprechen  den  Stützrippen  des  Stigmas. 

Das  scheinbare  Balken  System  ist  nichts  anderes  als  Rippen, 
homolog  denen  der  Filzkammer;  während  aber  bei  den  letzteren 
keine  zusammenhängende  Membran  mehr  vorhanden  ist,  glaube  ich 


Tipuliden-Larven.  149 

sie  bei  dem  Stigma  zwischen  den  einzelnen  Stützbalken  noch  fest- 
gestellt zu  haben.  Auch  die  B  esc  half enlieit  der  feinen  Chitinrippen 
zwischen  ihnen  spricht  sehr  dafür,  daß  noch  eine  Membran  vor- 
handen ist.  ^^'äl^rend  die  Anastomosen  der  Filzkammer  scharf  kon- 
turiert  und  sehr  deutlich  sind,  sind  die  der  Stützbalken  erst  bei 
starker  Vergrößeruno;  nachweisbar,  wobei  sie  sich  als  sehr  feine 
nicht  scharf  umränderte  Linien  darstellen. 

Nach  i>E  Heuere  besteht  das  Stigma  aus  zwei  Membranen, 
die  durch  die  Stützbalken  miteinander  verbunden  sind.  Nach  Brown 
ist  überhaupt  keine  zusammenhängende  Membran  vorhanden,  sondern 
nur  ein  System  von  radienartig  nach  der  Mitte  des  Stigmas  zu  ver- 
laufenden Köhren,  die  durch  die  „Y-pillars"  miteinander  verbunden  sind. 

Ich  bin  bei  meinen  Untersuchungen  zu  folgender  Auffassung 
gelangt.  Ich  unterscheide  die  eigentliche  Stigmenmembran  von 
den  darunter  befindlichen  Stützgebilden.  Die  eigentliche  Stigmen- 
niembran  besteht  (vgl.  S.  138  Fig.  G)  aus  einer  äußeren  und 
t'iner  inneren  Lamelle,  von  denen  die  letztere  im  Bereich  des 
Stigmenringes  radiär  gefaltet  ist.  Bei  den  Larven  im  1.  Enwick- 
lungsstadium  ist  nur  die  eigentliche  Stigmenmembran  vorhanden. 
Bei  den  Larven  im  späteren  Entwicklungsstadium  verbinden  sich 
mit  der  eigentlichen  Stigmenmembran,  und  zwar  in  der  Ebene  der 
radiären  Falten  radiär  angeordnete  Membranen  (=  Filzkammer- 
membranen), die  durch  senkrechte  Stützrippen  verdickt  werden.  Die 
senkrechten  Rippen  legen  sich  in  Y-förmiger  Gestalt  den  radiären 
Falten  der  inneren  Wand  der  eigentlichen  Membran  an.  Am  basalen 
Teil  sind  die  Stützrippen  derart  verbreitert,  daß  sie  sich  berühren 
und  eine  zusammenhängende  radiär  gestreifte  Membran  bilden 
(=  untere  Membran  von  de  Meijere).  Innerhalb  dieser  Mem- 
branen finden  sich  feine  Rippen  (Brown  „filtering  hairs"),  die 
als  Querfalten  entstanden  sind. 

Die  Tracheenlunge.  Bei  Betrachtung  der  lebenden  Larve 
fällt  ein  weißer  Hof  auf,  der  die  Stigmen  umgibt.  Schon  bei  Lupen- 
vergrüßerung  sieht  man,  daß  der  Hof  aus  weißen  Strahlen  besteht, 
die  augenscheinlich  lufthaltige  Röhren  sind.  Bei  näherer  Unter- 
suchung sieht  mau,  daß  diese  Schläuche  von  der  Filzkammer  aus- 
gehen, die  von  ihnen  wie  ein  dichter  Pelz  umgeben  wird.  Die 
Schläuche  sind  zu  Bündeln  angeordnet,  die  in  besonderen  Löchern 
der  Filzkammer  entspringen.  In  jedem  dieser  Löcher  setzt  je  ein 
Bündel  an.  Bei  Tipula  paludosa  sind  ca.  50  Bündel  von  je  20  Röhrchen, 
also  ca.  1000  solcher  Luftkanälchen  vorhanden,  die  alle  im  Bereich 


;[50  Fritz  Gerbig, 

des  letzten  Segments  von  der  Filzkammer  ausgehen.  Diese  Lungen 
sind  bereits  wiederholt  erwähnt:  Viallanes  schreibt  bei  der  Unter- 
suchung des  Herzschlauches  einer  Tipulidenlarve:  „Im  letzten  Leibes- 
ring ist  das  Herz  durch  feine  Tracheenäste  wie  mit  einer  Art  Gitter 
geschlossen,  welche  das  ganze  Segment  erfüllen  und  von  einem 
Längsstamme  ausgehen,  der  dem  letzten  Segmente  entspringt." 

Beown  schreibt  hierüber:  „At  frequent  intervals  along  the 
length  of  the  stigmatic  Chambers  bunches  of  clearwalled  tubes, 
without  jspiral  thread',  and  enclosed  in  a  nucleated  sheath,  take 
origin.  These  bundles  radiate  on  all  sides  from  the  Chamber, 
passing  outwards  and  somewhat  forwards,  divide  into  smaller  and 
smaller  bundles  by  the  Separation  of  groups  of  tubes.  A  short 
distance  from  the  stigmatic  cavity  the  nucleated  sheath  ceases. 
after  which  large  nuclei  occur  at  rather  rare  intervals  amongst  the 
tubes,  and  most  frequently  at  points  where  the  groups  of  tubes 
separate  from  the  main  bündle.  Nearing  the  bodywall  of  the 
posterior  segment  the  groups  become  separated  entirely  into  in- 
dividual  tubes  (without  sheath),  which  in  their  turn  brauch  until, 
becoming  excessively  fine  threads,  they  become  attached  to  the  inner 
surface  of  the  body-wall,  where  they  form  an  apparently  web-like 
covering.  Entangled  amongst  these  fine  tubules,  corpuscles  of  the 
body-cavity  fluid  (,blood')  occur  in  large  numbers." 

Den  Aufbau  der  Capillaren  habe  ich  bereits  an  früherer  Stelle, 
S.  139,  erwähnt.  Bei  den  Larven,  die  eine  Häutung  schon  durch- 
gemacht haben,  gehen  die  Tracheencapillaren  von  der  Filzkammer  aus. 
wo  sie  zu  Bündeln  vereint  entspringen.  In  einer  Entfernung  von 
ca.  0,66  mm  von  der  Filzkammer  löst  sich  das  Hauptbündel  in  zwei 
bis  vier  Einzelbündel  auf.  Diese  zerlegen  sich  nach  ihrem  Ende 
hin  in  die  einzelnen  Capillaren,  die  sich  der  Körperhaut  anheften. 
Die  dem  Herzen  zugewandten  Capillaren  sind  mit  den  Pericardial- 
zellen  eng  verbunden  und  machen  die  rhythmischen  Bewegungen 
des  Herzens  mit,  was  sich  an  lebenden  Larven  leicht  nachweisen 
läßt.  Durch  die  Anordnung  der  Capillaren  zu  Bündeln  wird  den- 
selben eine  größere  Festigkeit  und  Widerstandsfähigkeit  gegen  den 
Blutstrom  geboten.  Sie  werden  in  ihrer  Lage  dadurch  festgehalten, 
daß,  wie  ich  oben  schon  ausgeführt  habe,  die  Enden  der  Capillaren 
der  Körperhaut  angeheftet  sind.  Es  entsteht  hierdurch  ein  Gitter- 
werk, durch  das  der  Blutstrom  hindurch  muß  (vgl.  Fig.  30  Taf.  4). 
Die  Capillaren  besitzen,  wie  Brown  schon  ausgeführt  hat,  keinen 
Spiralfaden   und  lassen  für  gewöhnlich  keinerlei  protoplasmatischen 


Tijtulideu- Larven.  151 

Überzug  erkennen.  Das  letztere  ist  für  den  Gasaustauscli  von  großer 
Bedeutung.  An  der  Ansatzstelle  der  Capillaren  an  die  Filzkammer 
ist  das  Capillarenbiindel  von  kleinen  Hypodermiszellen  umgeben. 
Ich  erhielt  auf  Querschnitten  durch  diese  Gegend  ein  Bild,  wie  es 
auch  Brown  tab.  25  dargestellt  hat.  nämlich  den  Capillai'enkomplex 
eingehüllt  in  einen  Eing  von  Hypodermiszellen  (Fig.  14  Taf.  3). 
Die  Capillaren  sind  für  gewöhnlich,  wie  auf  diesen  Querschnitten 
zu  sehen  ist,  fest  aneinander  gepreßt,  wobei  sie  eckige  Form  an- 
nehmen. Kurz  vor  der  Häutung  aber  sind  die  Capillaren  rund,  und 
jede  einzelne  ist  von  einer  dicken  Plasmaschicht  umgeben  (vgl.  Fig.  15 
Taf.  3).  Kurz  vor  der  Teilung  des  Hauptbündels  in  die  Einzel- 
bündel liegt  ein  besonders  nach  Alaunkarminfärbung  sehr  auffälliges 
Gebilde,  welches  auf  Total-  und  Schnitt präparaten  ovale  Gestalt 
zeigt  und  von  den  einzelnen  Capillaren  umschlossen  wird  (vgl.  Fig.  19 
Taf.  4j.  Auf  Querschnitten  durch  das  Gebilde  zeigt  es  Zickzack- 
form, indem  es  sich  zum  Teil  zwischen  die  Capillaren  drängt. 

Bkown  hat  dieses  Kerngebilde  ebenfalls  abgebildet.  Er  läßt 
jedoch  den  einzelnen  Capillarenbündeln  mehrere  solcher  Kerne  zu- 
kommen. Ich  habe  bei  meinen  Präparaten  feststellen  können,  daß 
jedem  Bündel  nur  ein  solches  Gebilde  zukommt,  und  zwar  liegt  das- 
selbe immer  an  der  Stelle  der  ersten  Auflösung  der  Capillaren.  Auf 
die  Frage  seiner  Bedeutung  komme  ich  weiter  unten  zurück. 

Das  Herz.  Das  Herz  ist  wie  bei  allen  Insecten  dorsal  ge- 
legen. Es  bildet  einen  langen  Schlauch,  der  von  einem  Pericard 
umgeben  ist  und  typische  Flügelmuskeln  zeigt.  Viallanes  schreibt 
über  das  Tii)ulidenherz:  ..Das  Herz  der  Limnobidenlarven  ist  ein 
langer  kontraktiler,  vorn  und  hinten  offener  Schlauch  mit  Kernen. 
Die  seitlichen  Herzöffnungen  fehlen  der  Larve  noch  vollständig." 
Auch  Brown  gibt  eine  ausführliche  Beschreibung  des  Herzschlauches,, 
auch  nach  ihm  sind  die  seitlichen  Öffnungen  des  Herzschlauches  ge- 
schlossen. Auf  Totalpräparaten  sehen  wir  deutlich  Einschnürungen, 
wie  sie  sich  bei  anderen  Insecten  anstelle  der  Ostien  finden.  Ob 
aber  hier  wirkliche  Ostien  vorhanden  sind,  durch  die  das  Blut  ein- 
tritt, vermochte  ich  nicht  mit  Sicherheit  zu  entscheiden.  Eine  be- 
stimmte Antwort  gestattet  nur  die  Untersuchung  des  Blutstromes 
am  lebenden  Tier.  Für  diese  Untersuchung  sind  aber  die  meisten 
Tipulidenlarven  wenig  geeignet,  weil  sie  ziemlich  undurchsichtig 
sind.  Wir  können  aber  immerhin  feststellen,  daß  sich  vom  vorderen 
zum  hinteren  Körperende  auf  beiden  Seiten  des  Köipers  ein  starker 
Blutstrom  bewegt,  der  am  hinteren  Körperende  in  das  Herz  eintritt. 


152 


Fritz  Gerbig, 


Anscheinend  treten  von  dem  Blutstrom  keine  Teile  in  die  Ostien 
ein.  Günstiger  für  die  Untersuchung  des  Blutstromes  als  die  Larven 
von  Tipula-Arten  ist  die  von  Poecüostola,  die  ähnliche  anatomische 
Verhältnisse,  vor  allem  Tracheenlungen,  an  gleicher  Stelle  aufweist. 
Hier  können  wir  mit  Bestimmtheit  erkennen,  daß  das  Blut  nur  am 
hinteren  Körperende  in  das  Herz  eintritt.  Danach  halte  ich  es  für 
berechtigt,  ähnliche  Verhältnisse  auch  für  die  Ti^mla-h'dYYe  anzu- 
nehmen. Am  hinteren  Ende  ist  der  Herzschlauch  deutlich  erweitert 
und  augenscheinlich  offen,  wie  der  eintretende  Blutstrom  beweist. 
In  der  Umgebung  des  hinteren  Endes  findet  sich  eine  Anhäufung 
von  Pericardialzellen,  Muskelfasern  und  Tracheencapillaren,  so  daß 
es  nicht  gelingt,  sich  eine  klare  Vorstellung  von  der  Öffnung  des 
Herzens  zu  machen. 

III.    Tipiila  ffiffantea  Schenk. 

Die   Larven   von    Tipula  gigantea  sind  in   der  Umgegend   von 
Greifswald  selten.  Ich  fand  sie  in  einem  Mühlenbach,  wo  sie  auf  Stein- 


Fi^.  J.     Tip.  gigantea.    Abgestutztes 
Hiüterende.     (LupenvergröUerung.) 


Fig.  H.     Tip.  gigantea. 
Borsten  an  einem  lateralen  Strahle  des  Hinterendes.    380 : 1. 


{gh  verzweigte  Borste.) 


blocken  unter  dichtem  Moos  vorkamen.  Den  größten  Teil  der  Larven 
sandte  mir  Herr  Geheimrat  G.  W.  Müller  aus  Locarno,  wo  sie  in 
kleinen  Bächen  unter  Steinen  und  unter  abgestorbenem  Laub  der 
Edelkastanie  häufig  vorkommen.     Unter  anderem  Laub  scheinen  sie 


Tipuliileu-riarven.  153 

dort  zu  fehlen.  Die  dunkel  gefärbten  Larven  erreichen  eine  Länge  von 
50  nini  und  eine  Breite  von  6  mm.  Die  Oberfläche  der  Larvenhaut 
ist  mit  ähnlichen  chitinösen  Fortsätzen  bedeckt  wie  bei  Tipula  vari- 
pemiis,  doch  sind  sie  hier  länger  und  dünner,  wodurch  sie  mehr 
borstenähnliche  Gestalt  annehmen.  Sie  sind  in  einfachen  Querreihen 
angeordnet,  wir  vermissen  aber  hier  die  scheinbaren  Röhren,  welche 
wir  bei  TipnJa  varipennis  auf  Schnitten  in  den  Lücken  zwischen 
den  einzelnen  ßeihen  fanden.  Einen  besonderen  Umfang  erreichen 
diese  Gebilde  am  hinteren  Körperende,  wo  sie    auch  dichter  stehen. 

Das  hintere  Körperende  ist  abgestutzt  und  von  ähnlicher 
Beschaifenheit  wie  bei  Tipula  varipennis.  Unterschiede  finden  sich 
in  folgenden  Punkten.  Die  Borsten  an  den  sternförmigen  Strahlen  sind 
hier  bedeutend  kürzer,  aber  breiter.  Sie  sind  unverzweigt  und  sind 
von  einem  schmalen  Membransaum  umgeben.  Die  Borsten  sind  an 
ihrer  Basis  stark  verbreitert  und  verjüngen  sich  nach  ihrer  Spitze 
allmählich  (Fig.  H).  An  der  Spitze  der  ventralen  Strahlen  be- 
finden sich  wieder  die  Sinnesborsten,  an  deren  Stelle  wir  an  den 
Enden  der  übrigen  Strahlen  eine  kürzere  Borste  finden,  die  von 
einem  kreisrunden  helleren  Felde  ausgeht  und  in  zwei  Teile  ge- 
spalten ist  (vgl.  Fig.  H  gh).  Die  charakteristischen  Merkmale 
des  Sternes  sind  in  nebenstehender  Fig.  J  eingezeichnet.  Am  auf- 
fallendsten sind  danach  außer  den  beiden  großen  Stigmen  die  unter- 
halb derselben  liegenden  schwarz  pigmentierten  Muskelansatzstellen. 

Auf  der  ventralen  Seite  der  Larve  befinden  sich  sechs  Kiemen, 
die  sich  durch  ihre  Größe  und  hellere  Farbe  von  der  Umgebung 
abheben.  Sie  sind  bei  dieser  Larve  etwas  dickwandiger,  da  sie 
auch  als  Xachschieber  benutzt  werden.  Ihre  Funktion  als  Kieme 
ließ  sich  auch  hier  an  dem  in  ihnen  zirkulierenden  Blutstrome  er- 
kennen. Die  Stigmen  sind  ähnlich  gebaut  wie  diejenigen  der  vorigen 
Larve.  Jedoch  ist  hier  der  massive  mittlere  Teil  des  Stigmas  nach 
innen  gewölbt.  Der  Aufbau  der  Tracheenlunge  und  der  Filzkammer 
stimmt  im  wesentlichen  mit  dem  der  Larve  von  Tipula  paludosa 
überein. 

IV.    TipiUfi  lateralis  Meig. 

Die  Larven  von  Tipula  latet-alis  kommen  vor  an  den  Rändern 
von  Gräben  mit  fließendem  Wasser.  Sie  beflnden  sich  hauptsäch- 
lich an  der  Grenze  zwischen  Wasser  und  Land,  indem  sie  mit  dem 
Hinterende  an  der  Wasseroberfläche  hängen,  während  sie  mit  dem 
vorderen  Ende  des  Körpers  im  Schlamm  wühlen.    Außerdem  kamen 


154 


Fritz  Gerbig, 


die  Larven  hm^g  zwischen  Pflanzen  an  der  Oberfläche  von  Gewässern 
vor.  Ich  erhielt  die  Larven  hieraus  in  großer  Zahl  nach  der  früher 
schon  beschriebenen  Eintrocknungsmethode.  Die  ausgewachsene 
Larve  erreicht  eine  Länge  von  24  mm  und  eine  Breite  von  3  mm. 
Auf  der  dorsalen  Seite  finden  wir  einen  stark  dunkel  gefärbten 
schmalen  mittleren  Streifen  und  zwei  weniger  dunkel  gefärbte  breitere 
seitliche  Längsstreifen,  in  welchen  sich  hellere  Flecke  befinden  (Fig.  20, 
31,  Taf.  4).  Außerdem  sind  diese  drei  Längsstreifen  durch  hellere 
Querstreifen  unterbrochen.  Die  ventrale  Seite  der  Larve  ist  heller 
gefärbt.  Die  Larve  ist  an  ihrer  Oberfläche  mit  den  bei  der  vorigen 
Larve  besprochenen  chitinösen  Fortsätzen  besetzt.  Die  Farbe  dieser 
Fortsätze  bedingt  in  erster  Linie  die  Färbung  des  Tieres,  indem  sie 
in  den  helleren  Partien  hell,  in  den  dunkleren  Partien  dunkel  ge- 
färbt sind.  Hell  erscheinen  ferner  kleine  Flecke,  in  denen  sie  ganz 
fehlen.  Die  chitinösen  Fortsätze  sind  in  Form  und  Anordung  in  der 
Mehrzahl  wie  bei  Tipula  gigantea  vorhanden.  Stellenweise  sind  sie 
außerordentlich  verlängert,  wodurch  sie  borstenähnliche  Gestalt  an- 
nehmen. In  jedem  Segment  finden  wir  auf  der  dorsalen  Seite  je 
zwei  Gruppen  solcher  verlängerten,  dunkel  gefärbten,  chitinösen 
Fortsätze,  welche  besen förmig  zusammenstehen.  Sie  befinden  sich 
neben  helleren  Feldern,  von  deren  Mitte  drei  starke  Borsten  aus 
gehen  (vgl.  Fig.  20,  Taf.  4).  Unterhalb  des  dorsalen  Büschels  steht 
eine  kleinere  büschelförmige  Anhäufung  solcher  Fortsätze,  in  deren  I 
Nähe  sich  regelmäßig  außer  einer  starken  Borste  eine  kleinere  zwei  bis  ! 
vierteilige  befindet.  Auch  auf  der  ventialen  Seite  finden  wir  diese  | 
eigentümlichen  zuletzt  beschriebenen  Gruppen  von  einfachen  und  ver-       | 


Fig.  K.     Tipula  lateralis.    Hinterende  der 

Larve.   (Lupenvergrößerung )   sm  Stignien- 

raittelstück  mit  dunkel  ovalem  Fleck. 


Fig.  L.     Tipula  hortensis. 

Hinterende  der  Larve. 

25:1. 


Tipuliden-Laiveii.  ]^55 

-/weio-ten  Borsten  neben  einem  Biiscliel  chitinöser  Fortsätze.  Alle 
erwähnten  Borsten,  zu  denen  noch  einige  andere  kommen,  stehen  in 
einer  nicht  iranz  regelmäßig-en  Qnerreihe  in  der  vorderen  Hälfte  je- 
des Seo-ments.  Außer  dieser  Querreihe  finden  sich  vereinzelte 
Hoi'sten  an  den  Seiten  des  Tieres. 

Das  abpfestutzte  hintere  Körperende  ist  ähnlich  demjenig-en  der 
vorigen  Larve  (nel)enst.  Fig.  K).  Die  Borsten  an  den  sternfürmig'en 
Fortsätzen  sind  schlanker,  länger,  unverzweigt  und  weisen  einen 
schmalen  Saum   auf. 

Sehr  auffällig  sind  fiir  diese  Larve  die  verhältnismäßig  großen 
Kiemen,  die  hier  aus  vier  gleich  großen  und  zwei  kleineren  Schläuchen 
bestehen.  Die  größere  Kieme  erreicht  eine  Länge  von  2  mm.  Sobald 
sich  die  Larve  unter  Wasser  befindet,  spreizt  sie  die  Kiemen  auf- 
fällig weit  aus.  Die  sonstigen  anatomischen  Verhältnisse  sind  im 
wesentlichen  wie  die  der  vorigen  Larve.  Nur  das  Stigma  unter- 
scheidet sich  äußerlich  von  dem  jener  Larven  dadurch,  daß  der 
mittlere  Teil  nicht  als  eine  einheitliche  schwarze  Platte  erscheint, 
sondern  als  helles  Feld  mit  weniger  umfangreichem  mittleren 
dunkleren  Fleck  von  ovaler  Form  (vgl.  Fig.  K  sm). 

V.  Tipiila  Jiortensis  Meig. 

Ich  fand  die  Larven  von  Tipida  hortensis  unter  Moos  an  den 
Holzauskleidungen  eines  Mühlenbachs.  Sie  erreichen  eine  Länge 
von  18  mm  und  einen  Durchmesser  von  272  ii^ni-  Die  Körperfärbung 
ist  gelblich  braun.  An  der  Oberfläche  der  Larvenhaut  finden  wir 
<lie  frülier  schon  besprochenen  chitinösen  Fortsätze,  die  hier  sehr 
klein  sind  und  durch  ihre  dichte,  gleichmäßige  Besetzung  die  ün- 
durchsichtigkeit  der  Larve  bedingen.  Außerdem  besitzt  die  Larve 
segmental  angeordnete,  einzeln  stehende  Borsten,  die  weit  voneinander 
gerückt  wie  ein  Kranz  die  Larve  umgeben. 

Das  hintere  Körperende  ist  abgestutzt  und  bildet  einen  Stern 
von  6  gleichlangen  Strahlen,  von  denen  die  beiden  ventralen  ganz 
und  die  beiden  lateralen  zur  Hälfte  an  ihrer  Innenfläche  dunkler 
gefärbt  sind  (Fig.  L).  Von  den  beiden  dorsalen  Fortsätzen  ist  nur 
die  Basis  etwas  dunkler  pigmentiert.  Alle  6  Strahlen  sind  gleich- 
mäßig von  kurzen,  unverzweigten  Borsten  eingerahmt,  welche  nicht 
am  Außenrande,  sondern  weit  von  diesem  entfernt,  auf  der  Innen- 
fläche der  Strahlen,  stehen.  An  der  Spitze  der  ventralen  Fortsätze 
befindet  sich  die  bei  Tipida  paludosa  besprochene  Sinnesborste.  Eine 
ähnliche  Borste   befindet  sich  bei  dieser  Larve  auch  an  den  beiden 


156  Fkitz  Gerbig, 

dorsalen  Fortsätzen,  Die  hier  stehende  Borste  ist  ebenfalls  an  ihrer 
Basis  von  verdicktem  Chitin  eingefaßt.  Die  Spitze  der  lateralen 
Fortsätze  ist  ebenfalls  mit  einigen  Borsten  versehen,  die  sich  durch 
ihre  Inserierung  von  den  anderen  unterscheiden.  Innerhalb  des  ab- 
gestutzten Hinterendes  befinden  sich  die  beiden  kreisrunden  Stigmen, 
die  hier  durch  ihre  bedeutende  Größe  besonders  auffallen.  Sie  be- 
stehen, wie  bei  Tipula  paludosa,  aus  einem  schwarzen  Mittelfeld,  das 
von  einem  punktierten  Stigmenring  umgeben  ist.  Unterhalb  der 
Stigmen  befindet  sich  ein  stark  dunkel  gefärbter  Pigmentfleck, 

Die  Larve  besitzt  keine  Kiemen.  An  ihrer  Stelle  befindet  sich 
eine  wulstartige  Verdickung,  die  auf  ihrer  Unterseite  in  vier  kleine 
Spitzen  endigt.  Der  Bau  der  Stigmen,  der  Filzkammer  und  der 
Tracheenlunge  ist  im  wesentlichen  wie  bei  Tipula  paludosa.  Jedoch 
fiel  mir  bei  dieser  Larve  die  starke  Ausbildung  des  Tracheen- 
muskels auf. 

VI.  Ctenophora  ßavicornis  Meig. 

Fundorte  für  Ctenophorenlarven  sind  in  der  Literatur  ver- 
schiedentlich genannt.  Bouche  (1834)  fand  die  Larven  von  Cteno- 
phora pecUnicornis  und  von  Ct.  Umamüata  in  Weidenholz,  und  Beling 
(1884)  gibt  als  Vorkommen  dieser  Larven  ebenfalls  alte  Weiden- 
bäume an.  Ich  habe  des  öfteren  Weidenbaumstümpfe  und  solche 
der  Buche,  Kiefer  usw,  abgesucht,  aber  ohne  Erfolg.  Ich  fand  die 
ersten  CtenopJiora-LsirYen  auf  einer  Exkursion,  die  ich  mit  Herrn 
Geheimrat  Müllek  unternahm.  Wir  fanden  dieselben  in  altem, 
etwas  morschem  Birkenholz  und  glaubten  anfangs  nach  dem  Habitus 
es  mit  Cerambycidenlarven  zu  tun  zu  haben.  Aber  bei  näherer  Be- 
trachtung erwiesen  sie  sich  zu  unserer  nicht  geringen  Überraschung 
als  Tipulidenlarven.  Ich  fand  die  ersten  Larven  im  Monat  No- 
vember, und  Anfang  März  verpuppten  sicli  einige  Larven,  während 
andere  weiter  lebten.  Da  im  Herbst  keine  Generation  fliegt,  so 
scheinen  die  Ctenophora-'LQ.YYen  eine  mehrjährige  Entwicklung  zu 
haben.  Ich  fand,  wie  oben  erwähnt,  die  Larven  von  Ct.  flavicornis 
hauptsächlich  im  morschen  Birkenholz  (nur  einmal  fand  ich  einige 
Exemplare  in  einem  Kirschbaum),  und  zwar  kamen  die  jüngeren 
Larven  dicht  unter  der  Rinde  vor,  während  die  älteren  Larven  sich 
meist  mitten  in  den  Stamm  eingefressen  hatten.  Die  ausgewachsenen, 
walzenförmigen  Larven  erreichen  eine  Länge  von  40  mm  und  im 
Durchmesser  6  mm.  Sie  unterscheiden  sich  von  den  bisher  be- 
schriebenen Larven  schon  durch  ihre  milchweiße  Farbe,  welche  durch 


Tipulideii-Larveu. 


157 


den  die  einzelnen  Organe  einbettenden  Fettkörper  bedingt  wird.  Die 
Larvenhaut  ist  nicht  mit  den  bei  den  früheren  Larven  bescliriebenen 
sii'lielförinigen  eliitinüsen  Fortsätzen  verseilen,  sondern  ist  glatt,  sehr 
dünn ,  durchsichtig  und  nur  mit  einzelnen  schwarzen  längeren 
Borsten  besetzt. 

Das  hintere  Körperende  hat  nicht  die  typische  Form  der  bisher 
beschriebenen  Larven.  Es  ist  abgeschrägt,  und  wir  finden  nur  zwei 
kleine  Fortsätze,  die  auf  der  ventralen  Seite  sitzen.  Die  dorsalen 
und  lateralen  Strahlen  fehlen.  An  der  Spitze  der  ventralen  Fort- 
sätze befindet  sich  je  eine  Sinnesborste  (Fig.  M),  die  sich  durch  ihre 
schwarze  Inserierung  von  dem  hellen  Untergrunde  deutlich  abhebt. 
Außer  dieser  Sinnesborste  befinden  sich  hier  noch  drei  kleinere  helle 
und  eine  große  schwarze  Borste.  Die  beiden  ventralen  Fortsätze 
dienen  wohl  dazu,  die  beiden  Stigmen  zu  schützen.  Bei  Berührung 
der  Larve  legte  sich  die  ventrale  Seite  des  abgestutzten  Hinter- 
endes mit  ihren  Spitzen  über  die  Stigmenplatte,  so  daß  von  dieser 
nichts  zu  sehen  war.  Auch  auf  Schnitten  ließ  sich  feststellen,  daß 
der  ventrale  Rand  die  Stigmen  überdeckte.  Das  Stigma  hat  eine 
biaungelbe  Farbe  und  ist  nicht  wie  die  bisher  erwähnten  Stigmen 
kreisrund,  sondern  hat  eine  mehr  ovale  Gestalt.  Der  Stigmenring 
ist  ähnlich  punktiert  wie  bei  Tipula  paludosa,  das  Stigmenmittelstück 
erscheint  bei  äußerer  Betrachtung  als  eine  gleichmäßig  dunkel  ge- 
färbte Platte.    Wurde  jedoch  das  Stigma  von  der  dichten,  undurch- 


Fig.  M.     Ctcnophora  flacicorais.  Fig.  N.     Ctejiophora  fiavicornis. 

Abgeschrägtes  hinteres  Kürperende.        Abdoraen  in  seitl.  Ansicht  (ausgestülpter 
(Lupen Vergrößerung.)  sbtyp.Sinnesborste.      Enddarm  punktiert).  (Lupenvergröß.) 


sichtigen  Filzkammer  abpräpariert,  so  erschien  das  Stigmenmittel- 
stück als  ein  helles  Feld,  in  dessen  Mitte  sich  ein  ovaler  dunkler 
Fleck  befindet,  der  durch  dunkler  gefärbte  Linien  mit  dem  Stigmen- 


258  Fritz  Gerbig, 

ring  verbunden  ist  (vgl.  Fig.  M).  Der  Aufbau  des  Stigmas  und  der 
hier  sehr  umfangreichen  Filzkammer  ist  in  der  Hauptsache  wie  bei 
Tipula  pahidosa. 

Die  Tracheenlunge  ist  ebenfalls  stark  ausgebildet  und  schon 
mit  bloßem  Auge  als  heller  Hof,  der  die  Stigmen  umgibt,  zu'  er- 
kennen. Die  Capillaren  wiesen  eine  deutliche  Verzweigung  auf  und 
-haben  einen  größeren  Durchmesser  als  die  früher  schon  beschriebenen 
Tracheencapillaren.  Ich  konnte  trotz  der  starken  Ausbildung  der 
einzelnen  Capillaren  keinen  Spiralfaden  an  denselben  feststellen. 
Der  große  von  den  Capillaren  umgebene  Kern  hat  eine  lang  ge- 
streckte ovale  Form  und  ist  oft  weit  von  der  Basis  der  Capillaren 
weggerückt. 

Die  CtenopJiora-lj-dYyen  besitzen  keine  Kiemen.  Zur  Fortbewe- 
gung benutzen  sie  den  Enddarm,  was  ich  leicht  feststellen  konnte, 
wenn  sich  die  Larve  zwischen  zwei  übeieinanderliegenden  Hölzern 
bewegte.  Sie  stülpt  dabei  den  Enddarm  in  ähnlicher  Weise  aus, 
wie  es  von  Käferlarven  schon  bekannt  ist  (vgl.  G.  W.  Müllek,  1912). 
Die  Fig.  N  zeigt  uns  eine  Larve  in  seitlicher  Ansicht  einmal  mit 
eingezogenem  Enddarm  und  zweitens  (punktiert)  mit  ausgestülptem 
Enddarm. 

Von  Herrn  Geheimrat  Müller  erhielt  ich  aus  Thüringen  den 
von  mir  untersuchten  äußerlich  sehr  ähnelnde  Larven,  welche  dort 
in  einem  Eschenstumpf  vorkamen  und  die  scheinbar  einer  anderen 
Art  angehören.  Bei  diesen  Larven  bestand  das  abgestutzte  Hinter- 
ende aus  sechs  Strahlen,  von  denen  die  beiden  lateralen  und  dor- 
salen sehr  kurz  waren.  Leider  konnte  ich  die  Art  nicht  bestimmen, 
"da  die  erhaltenen  Larven  in  der  Gefangenschaft  zugrunde  gingen. 

VII.  Poecilostola  purittata  Meig. 

Die  Larven  von  Poecilostola  punctata  kommen  vor  an  den  Ufern  von 
fließenden  und  stehenden  Gewässern  mit  sandigem  Grund,  Sie  be- 
finden sich  nicht  wie  die  Larven  von  Tipula  lateralis  und  Tipula 
gigantea  stets  an  der  Grenze  zwischen  Land  und  Wasser,  sondern 
ich  fand  sie  des  öfteren  weit  über  oder  unter  der  Wassergrenze. 
Die  sehr  lebhaften  Larven  unterscheiden  sich  schon  äußerlich  von 
den  bisher  beschriebenen  durch  die  glänzend  rostbraune  Farbe.  Die 
zylindrischen  Larven  erreichen  eine  Länge  von  15  mm  und  einen 
Durchmesser  von  ca.  1^2  '^"^^-  Sie  sind  an  ihrer  Oberfläche  mit 
langen  chitinösen  Fortsätzen  besetzt,  die  hier  haarähnliche  Form 
annehmen  und  die  ganze  Oberfläche  der  Larve  pelzartig  erscheinen 


Tipuliden-Larveu. 


159 


lassen.  Außer  diesem  dichten  Besatz  finden  sich  in  jedem  Segment, 
vor  allem  an  der  lateralen  Seite,  einzelne  längere  Borsten,  die  von 
einem  kreisrunden  helleren  Felde  ausgehen  und  sich  büschelförmig 
verzweigen  (Fig.  17,  Taf.  3).  Außerdem  findet  sich  in  jedem  Seg- 
ment auf  der  dorsalen  und  ventralen  Seite  eine  große  Drüse  (Fig.  33, 
Taf.  4),  die  schon  bei  Lupenvergrößerung  sichtbar  ist  und  die  eine 
sehr  charakteristische  Form  besitzt. 

Das  abgestutzte  hintere  Körpei'ende  (Fig.  0)  wird  hier  gebildet 
von  vier  ziemlich  gleichgroßen  (zwei  ventralen,  zwei  lateralen)  und 
einem   breiten   kurzen   dorsalen  Fortsatz.    Alle  fünf  sind  hier  auf- 


Fig.  0.     Poecilostola  imnctata.     Abgestutztes  Hmterende.    40:1. 

fällig  lang  behaart,  und  zwar  sitzen  hier  die  dünnen,  einfachen  und 
unverzweigten  Borsten  an  dem  Außenrande  jedes  Fortsatzes.  Die 
stark  dunkel  gefärbte  Insertion  der  Borsten  setzt  sich  in  eine  nach 
der  Mitte  des  Sternes  verlaufende  dunkle  Linie  fort,  von  der  ich 
anfangs  glaubte,  sie  sei  der  Porenkanal.  Es  ergab  sich  aber,  daß 
die  dunklen  Linien,  die  sich  an  der  Spitze  der  Fortsätze  ziemlich  weit 
verfolgen  lassen,  am  deutlichsten  an  der  Basis  des  dorsal  gelegenen 
Fortsatzes  hervortreten,  nur  Verdickungen  in  der  Cuticula  sind.  Die 
vier  gleichgroßen  Fortsätze  sind  an  ihrer  Innenfläche  dunkel  ge- 
färbt, und  an  der  Spitze  derselben  finden  wir  je  eine  Sinnesborste, 
jedoch  sind  hier  diejenigen  der  ventralen  Fortsätze  nicht  so  auf- 
fällig durch  Form   und  Stellung  unterschieden  wie  bei  den  vorigen 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Sv.st.  H 


160  Fritz  Gerbig, 

Larven.  In  der  Mitte  des  sternförmii^en  Fortsatzes  befinden  sich 
außer  den  beiden  Stigmen  unterhalb  derselben  auch  hier  zwei  braun 
gefärbte  Punkte.  Auf  der  ventralen  Seite  der  Larve  sitzen  vier 
Kiemen,  die  hier  nicht  so  stark  hervortreten  wie  bei  der  Larve  von 
Tipiila  lateralis. 

Das  Stigma  ist  von  außen  betrachtet  ähnlich  dem  der  Larve 
von  Tipula  paludosa:  man  sieht  ebenfalls  ein  schwarzes  Mittelfeld, 
das  von  einem  helleren  Ring  umgeben  ist.  Das  Stigmenmittelstück 
ist  verhältnismäßig  groß,  und  der  kleinere  Stigmenring  weist  hier 
einfache  radiäre  Streifen  auf,  die  nicht  wie  bei  Tipula  paludosa  von 
Punkten  durchsetzt  sind.  Im  Bau  unterscheidet  sich  das  Stigma 
wesentlich  von  dem  jener  Larve.  Das  schwarze  Stigmenmittelfeld 
besteht  aus  einem  keilförmig  nach  dem  Stigmenraum  vorspringenden 
Chitinblock,  der  Stigmenspalt  durchsetzt  diesen  als  schwach  S-förmig 
geschwungener  Spalt  (Fig.  24,  Taf.  4).  Auf  Totalpräparaten  konnte 
ich  einen  Stigmenspalt  nur  bei  jüngeren  Larven  feststellen,  da  bei 
diesen  die  Verdickung  des  Stigmenraittelstücks  noch  nicht  so  stark 
ist.  Er  zeigt  hier  ovale  Gestalt,  und  die  Ränder  des  Stigmenspalts 
legen  sich  nicht  übereinander.  Bei  älteren  Larven  ließ  sich  der 
Stigmenspalt  trotz  des  spröden  Chitins  auf  Schnitten  mit  ziemlicher 
Sicherheit  feststellen  ;  er  zeigt  die  in  Fig.  24,  Taf.  4  angegebene 
gewundene  Form.  Soweit  ich  den  Stigmenspalt  auf  den  Präparaten 
verfolgen  konnte,  hat  derselbe  in  ganzer  Länge  gleiche  Beschaffen- 
heit. Die  bei  Tipula  paludosa  beschriebenen  Stützrippen  des  Stigmen- 
ringes (=  Rippen  der  Filzkammergebilde)  legen  sich  hier  zum  größten 
Teil  nicht  wie  dort  gegen  die  eigentliche  Stigmenmembran,  sondern 
gegen  das  verdickte  Stigmenmittelstück,  welches  sie,  auf  Schnitten 
gesehen,  wie  Pfeiler  stützen  (Fig.  24s^r,  Taf.  4).  Gegen  die  eigent- 
liche Stigmenmembran  legt  sich  nur  eine  einzige  Stützrippe,  ent- 
sprechend vermissen  wir  auch  die  Auflösung  der  radiären  Falten 
in  der  eigentlichen  Stigmenmembran  in  Punktreihen,  wie  wir  sie 
bei  Tipula  paludosa  fanden.  Alle  diese  ei'wähnten  Stützgebilde  sind 
untereinander  durch  feine  Chitinrippen  verbunden,  wie  wir  es  ähn- 
lich schon  früher  bei  Besprechung  des  Stigmenringes  obiger  Larve 
gefunden  haben.  Der  Aufbau  dieses  Stigmas  läßt  sich  von  dem  der 
Larve  von  Tipida  paludosa  ableiten.  Auch  hier  sind  die  Stützrii)pen 
Faltungen  einer  zusammenhängenden  Membran,  welche  durch  Quer- 
faltung die  oben  erwähnten  feinen  Chitinrippen  liefert.  Ob  die 
Membran  im  späteren  Stadium  erhalten  bleibt,  ließ  sich  nicht  mit 
Sicherheit  feststellen,   da,  wie  früher  bereits  ausgeführt,  sich  solche 


Tipnliden-Larven.  161 

dünnen  Membranen  nur  äußerst  scliwer  oder  gar  niclit  färben  lassen. 
Die  Bildung-  des  Stigmas  kommt  so  zustande,  wie  es  die  schematische 
Fig.  T  S.  166  veranschaulicht. 

Die  Gebilde  der  Filzkammer  sind  hier  nicht  so  kom})liziert  wie 
bei  Tipula  pahidosa.  Sie  entspringen  in  großer  Zahl  von  der  cuti- 
cularen  Wand  und  zwar  vom  Spii-alfaden,  der  sich  trotz  des  Auf- 
tretens des  Filzes  bis  zum  Stigma  genau  verfolgen  ließ.  Ich  konnte 
das  letztere  sowohl  auf  Total-  wie  auch  auf  Schnittpräparaten 
(Fig.  29,  Taf.  4)  feststellen.  Der  Tracheenmuskel  ist  an  ähnlicher 
Stelle  wie  bei  Tipula  paludosa  vorhanden,  auch  die  Tracheenlunge 
zeigt  keine  nennenswerten  Unterschiede  gegen  jene  Form. 

VIII.    Gnophomya  pilipes  Fabr.  {Limnobia  ßmhriota  Meig,). 

Die  Larven  von  Gnophomya  pilipes  (Fig.  18,  Taf.  3)  kommen  an 
Rändern  von  fließenden  und  stehenden  Gewässern  mit  schlammigem 
Untergrund  vor.  Die  dunkel  gefärbten  Larven  erreichen  eine  Länge 
von  ca.  15  mm  und  eine  Breite  von  2  mm.  Die  Haut  der  Larve  ist 
von  ähnlicher  Beschaffenheit  wie  diejenige  der  Larven  von  Poecilostola 
punctata.  Auch  hier  finden  wir  die  chitinösen  Fortsätze  von  haar- 
ähnlicher Beschaff'enheit,  die  jedoch  hier  auf  der  dorsalen  Seite  der 
Larve  länger  sind  als  auf  der  ventralen.  In  jedem  Segment  finden 
wir  einzelne  längere  Borsten  und  ferner  dorsal  und  ventral  je  eine 
Drüse,  die  in  Form  im  wesentlichen  mit  der  der  Larve  von  Poecilostola 
punctata  übereinstimmt. 

Das  abgestutzte  hintere  Körperende  (Fig.  P)  ist  hier  dadurch 
besonders  charakterisiert,  daß  es  fünf  gleiciilange  Strahlen  trägt 
(zwei  ventrale,  zwei  laterale,  ein  dorsaler),  die  an  ihrer  Innenfläche 
alle  gleichmäßig  dunkel  gefärbt  sind.  Die  Stiahlen  tragen  an  ihrem 
äußersten  Rande  je  eine  Reihe  mäßig  langer  Borsten.  Die  Borsten- 
reihe ist  aber  hier  nicht  fortlaufend  von  einem  Strahl  zum  anderen, 
sondern  der  Rand  der  Strahlen  ist  nur  in  der  oberen  Hälfte  mit 
Borsten  besetzt.  An  der  Spitze  der  ventralen  Fortsätze  befinden 
sich  je  zwei  Borsten  und  an  der  Spitze  der  lateralen  Fortsätze  je 
eine  Borste,  die  außerhalb  der  Reihe  der  übrigen  Borsten  stehen 
und  von  einem  hellen  kreisrunden  Feld  ausgehen.  Wir  vermissen 
aber  die  bei  Tipula  vanpennis  besprochene  Sinnesborste  an  den 
ventralen  Strahlen. 

An  der  Basis  der  beiden  lateralen  Strahlen  befinden  sich  die 
beiden  Stigmen,  welche  sowohl  dem  Aussehen  wie  auch  dem  Aufbau 

11* 


162 


Fritz  Gerbig, 


nacli  dem  der  Larve  von  Poecilostola  punctata  ähnlich  sind.  Auch  hier 
besteht  der  Stigmenring  hauptsächlich  nur  aus  radiären  Stützrippen, 
die  zum  größten  Teil  das  verdickte  Stigmenmittelstück  stützen, 
während  einzelne  schwächer  ausgebildete  Rippen  sich  im  Bereich 
des  Stigmenringes  an  die  eigentliche  Stigmenmembran  legen.  Das 
Stigmenmittelstück  ist  hier  aber  nicht  so  dick  wie  das  der  Larve 
von  Poecilostola  punctata.  Der  Stigmenspalt  kommt  gerade  so  zustande, 
wie  ich  es  bei  der  vorigen  Larve  beschrieben  habe  (p.  160),  jedoch 
ist  der  Stigmenspalt  hier  nicht  so  stark  gewunden  (Fig.  28,  Taf.  4). 
Während  die  Filzkammer  der  Hauptsache  nach  mit  der  der 
Larve  von  Tipiila  paludosa  übereinstimmt,  zeigt  die  Tracheenlunge 
interessante  Unterschiede.  Wir  finden  zwar  hier  auch  viele  Capil- 
laren,  die  einen  großen  Kern  umgeben,  aber  die  Capillaren  gehen 
bei  dieser  Larve  nicht  zu  Bündeln  vereinigt  von  der  Filzkammer 
aus.  Von  dieser  entspringen  nur  typische  Tracheen,  die  sich  nach 
einer  Länge  von  ca.  0,06  mm  in  die  einzelnen  Capillaren  auflösen. 


Fig.  P.    Gnophomya  pilipes.    Abgestutztes 
Hinterende  der  Larve.    40  : 1. 


Fig.  Q.    Linmophila  discicoUis.   Ein 
Stück  Körpercuticula.    ch  Chitinfort- 
sätze,   b  Borsten. 


Der  oben  erwähnte  große  Kern  befindet  sich  stets  an  der  Basis  der 
Capillaren  (vgl.  Fig.  21,  Taf.  4).  Außer  den  dünnen  und  langen 
Tracheen,  wie  sie  in  Fig.  28,  Taf.  4  wiedergegeben  sind,  gehen  von 
der  Filzkammer  auch  umfangreichere  Tracheen  aus.  Diese  ver- 
zweigen sich  kurz  nach  der  Ausgangsstelle  in  einzelne  dünnere 
Tracheen,  die  sich  dann  erst  in  die  Capillaren  auflösen.  Der  Kern 
befindet  sich  an  der  Verzweigung  der  Tracheen  und  wird  zum  Teil 
von  diesen,  zum  Teil  von  den  Capillaren  umgeben.  Die  Enden  der 
feinen  Capillaren  sind  an  der  Körperwand  befestigt,  wie  sich  durch 
Betrachtung  des  lebenden  Tieres  leicht  feststellen  läßt. 


Tipuliden-Larven. 


163 


Die  Tracheenmuskeln  sind  gut  ausgebildet  und  setzen  näher 
am  Stigma  an,  als  es  bei  den  früher  beschriebenen  Larven  der  Fall 
war.  Die  Larve  besitzt  keine  Kiemen.  An  ihrer  Stelle  befindet  sich 
auf  der  ventralen  Seite  des  Tieres  eine  wulstartige  Verdickung,  die 
durch  ihre  helle  Farbe  auffällt.  Bei  Betrachtung  der  Larve  sieht 
man  schon  mit  bloßem  Auge  an  den  Seiten  unter  der  dunklen  Larven- 
haut je  ein  weiß  aussehendes  wurmartiges  Gebilde,  das  sich  aber 
bei  näherer  Untersuchung  nur  als  Fettkörper  erwies. 


IX.  LinmophUd  (Jiscicollis  Meig. 

Die  Larven  von  Limnophüa  discicollis  (Fig.  34,  Taf.  4)  erhielt  ich 
aus  Locarno,  wo  sie  Herr  Geheimrat  Müller  zwischen  Pflanzen  an  der 
Oberfläche  von  flie- 
ßenden Gewässern 
fand.  Die  hell  ge- 
färbten, ziemlich 
durchsichtigen  Lar- 
ven erreichen  eine 
Länge  von  16  mm 
und  einen  Durch- 
messer von  2  mm. 
Sie  sind  walzen- 
förmig, und  die 
Larvenhaut  ist  mit 
auffällig  langen 
Borsten  besetzt, 
zwischen  denen  sich 
wenig  kürzere  chi- 
tinöse  Fortsätze  be- 
finden (Fig.  Q).  Die 

letzteren  stehen 
hier  nicht  so  dicht 

wie  bei  den  bisher  besprochenen  Larven  und  unterscheiden  sich  auch 
ilirem  Aussehen  nach  von  denen  jener  Larven.  Sie  setzen  sich  an 
ihrer  Basis  als  kurze,  dunkle  Linie  iu  die  hellere  Körpercuticula  fort, 
stehen  zum  Teil  einzeln  oder  sind  zu  2—4  miteinander  auf  einer 
dunklen  Basislinie  vereinigt. 

Das  hintere  Körperende  (Fig.  R)  endigt  in  vier  ungleichlangen 
Fortsätzen,  die  auf  ihrer  Innenfläche  schwarz  pigmentiert  sind.   Die 


Fig.  ß.     Limnophüa  discicollis. 
Abgestutztes  Hinterende  der  Larve.    40:1. 


104  Fritz  Gerbig, 

beiden  ventralen  Fortsätze  sind  lang  und  tragen  an  ihrer  Spitze  je 
eine  stärkere  Borste,  die  sich  von  den  anderen  sehr  langen,  am 
Eande  der  Fortsätze  stehenden  Borsten  durch  ihre  Form  und  Stellung 
abhebt.  Die  früher  erwähnte  tj^pische  Sinnesborste  an  der  Spitze 
der  ventralen  Fortsätze  fehlt.  Die  beiden  lateralen  Fortsätze  sind 
bedeutend  kürzer  und  sind  an  ihrem  Eande  ebenfalls  mit  sehr  langen, 
unverzweigten  Borsten  besetzt.  Die  dorsalen  Fortsätze  fehlen.  An 
ihrer  Stelle  grenzt  sich  das  Hinterende  etwa  halbkreisförmig  ab. 
Der  Rand  dieses  Halbkreises  trägt  in  ähnlicher  Weise  lange  Borsten 
wie  die  ventralen  und  lateralen  Strahlen.  Die  Inserierung  dieser. 
Borsten  erinnert  an  die  entsprechend  stehenden  Borsten  der  Larve 
von  Poecilostola  punctata.  Auch  hier  setzen  sich  die  Borsten  an 
ihrer  Basis  in  eine  dunkle  Linie  fort. 

Innerhalb  des  abgestutzten  Abdomens  liegen  die  beiden  kreis- 
runden Stigmen,  zwischen  denen  sich  ein  auffällig  großer,  dunkel 
pigmentierter  Fleck  befindet.  Die  Stigmen  bestehen  wie  bei  der  Larve 
von  Poecilostola  punctata  aus  einem  stark  verdickten  Stigmeumittel- 
stück  und  einem  schmalen  Stigmenring.  Der  letztere  unterscheidet 
sich  aber  von  dem  jener  Larve  dadurch,  daß  sich  hier  mehrere  Stütz- 
rippen gegen  die  eigentliche  Membran  legen,  wodurch  der  Stigmen- 
riug  punktiert  erscheint.  Der  Stigmenspalt  ließ  sich  auf  Schnitten 
gut  nachweisen,  er  hat  die  in  Fig.  27,  Taf.  4  angegebene  Form. 

Die  Gebilde  der  Filzkammer  zeigen  einen  ähnlichen  einfachen 
Bau  wie  bei  den  Poea7ostoZa-Larven  und  erstrecken  sich  weit  in  die 
Trachee.  Die  Tracheenlunge  ist  stark  ausgebildet,  sie  setzt  direkt 
an  der  Filzkammer  an  und  unterscheidet  sich  im  anatomischen 
Aufbau  nicht  wesentlich  von  den  bisher  beschriebenen.  Auch  der 
Tracheenmuskel  ist  an  ähnlicher  Stelle  wie  bei  Tipula  paludosa  vor- 
handen. 

Auf  der  ventralen  Seite  des  Abdomens  der  Larve  befinden  sich 
vier  lange  Kiemen,  die  durch  ihre  zarte  Beschaffenheit  ausgezeichnet 
sind.  Wenn  ich  die  Larve  zur  Beobachtung  des  Blutstroms  unter 
das  Deckglas  brachte,  so  rissen  die  Kiemen  schon  bei  geringem 
Druck  auf  das  Deckglas  ab.  Die  Kiemen  erreichen  trotz  der  Klein- 
heit der  Larve  ungefähr  dieselbe  Länge  wie  die  der  Larve  von 
Tipula  lateralis,  nämlich  auch  ca.  2  mm. 

X.  Lnunophüa  fuscipennls  Meig. 

Die  Larven  von  Limnophila  fuscipennis  kommen  vor  an  den 
Eändern  von   stehenden   Gewässern  mit  schlammigem   Untergrund, 


Tipulidea-Larveu. 


165 


und  zwar  befanden  sie  sich  oft  weit  über  oder  unter  der  Wasser- 
grenze. Sie  erreichen  eine  Länge  von  17  mm,  und  ihr  Durchmesser 
beträgt  2  mm.  Sie  älineln  in  Farbe  und  Kürperbedeckung  der 
Larve  von  Poecilostola  lyundata.  Sie  besitzen  ebenfalls  eine  rostbraune 
Falbe,  und  an  der  Körperoberfläche  finden  wir  die  chitiuösen  Fort- 
sätze, die  auch  hier  borstenähnliche  Gestalt  angenommen  haben,  wieder. 
Ferner  betinden  sich,  ebenso  wie  bei  Poecilostola  imndata,  in  jedem 
Segment  einzelne  Borsten,  welche  stark  verzweigt  von  einem  gemein- 
samen kreisrunden  Felde  ausgehen  (Fig.  17,Taf.3).  Die  Borsten  stehen 
in  einer  Reihe  angeordnet  in  dem  vorderen  Teil  eines  jeden  Segments, 
in  denen  sich  außerdem  dorsal  und  ventral  je  eine  Drüse  befindet, 
die  derjenigen  der  Larve  von  Poecilostola  punctata  ähnelt. 

Das  schmale  hintere  ivörperende 
endigt  abgestutzt  in  einen  lang  be- 
haai'ten ,  in  nebenstehender  Fig.  S 
wiedergegebenen  Stern.  Die  beiden 
ventralen  Strahlen  sind  sehr  lang  und 
an  ihrer  Innenseite  stark  dunkel 
pigmentiert.  In  der  unteren  Hälfte 
der  Fortsätze  ist  die  dunkle  Pigmeu- 
tierung  durch  helle  Querstreifen  unter- 
brochen. An  der  Spitze  der  Strahlen 
tritt  das  dunkle  Pigment  vom  Rande 
zurück,  Avodurch  hier  ein  helles  Feld 
entsteht.  Am  Außenrande  der  Strahlen 
befindet  sich  eine  Reihe  sehr  langer 
Borsten.  Die  früher  erwähnte  Sinnes- 
borste feht.  Die  lateralen  Strahlen 
des  Sternes  sind  rückgebildet.  Wir 
finden  an  ihrer  Stelle  ebenso  wie  an  Stelle  des  dorsalen  Fortsatzes 
je  eine  Reihe  langer  Borsten,  Die  Inserierung  der  dorsal  stehenden 
Borsten  setzt  sich  in  eine  deutlich  sichtbare  dunkle  Linie  fort,  wie 
wir  sie  schon  bei  Poecilostola  punctata  und  Limnophila  discicoUis  ge- 
funden haben. 

Die  Stigmen  stimmen  im  Bau  und  dem  Aussehen  nach  im  wesent- 
lichen mit  denen  der  Larve  von  Poecilostola  punctata  überein.  Die 
Tracheenlunge  zeigt  jedoch  wesentliche  Unterschiede.  Von  der  lang- 
gestreckten Filzkammer  gehen  zum  Teil  Tracheen,  zum  Teil  Capil- 
larenbündel  aus,  die  hier  aber  in  so  geringer  Zahl  vorhanden  sind, 
daß  sie  leicht  übersehen  werden  können.    Das  Bündel  löst  sich  un- 


Fig'.  S.     Limnophila  fiiscipennis. 
Abgestutztes  biut.  Körpereude  der 
Larve.    40:1. 


166 


Fritz  Gerbig, 


mittelbar  hinter  der  Aiisatzstelle  der  Capillaren  an  die  Filzkammer 
in  eine  große  Zahl  von  sehr  feinen  Capillaren  auf.  Kurz  vor  der 
Auflösung  der  letzteren  liegt  der  bei  den  früheren  Tracheenlungen 
schon  besprochene  Kern,  der  zwar  durch  seine  Größe  ausgezeichnet 
ist,  aber  besonders  dadurch  schwierig  nachzuweisen  ist,  daß  er  sich 
dicht  an  der  Ansatzstelle  der  Capillaren  an  die  Filzkammer  befindet. 
Auch  scheint  er  hier  nur  locker  mit  den  Capillaren  verbunden  zu 
sein,  denn  oft  löste  er  sich  schon  durch  den  Druck  des  Deckglases 
ab.    Auf  der  Unterseite  der  Larve  befinden  sich  vier  Kiemen. 

Die  Larve  von  Linmopküa  fuscipennis  zeichnet  sich  dadurch  aus, 
daß  sie,  wenn  man  sie  berührt,  das  verletzte  Körpersegment  kugel- 
förmig anschwellen  läßt. 

Rückblick  und  Yergleich. 

Stigma.  Die  Larvenstigmen  der  Tipuliden,  soweit  mir  diese 
bekannt  sind,  zeigen  bei  Betrachtung  von  außen  ungefähr  gleiche 
Form.  Alle  bestehen  aus  einem  dunkleren  Stigmenmittelstück,  das 
von  einem  helleren  Stigmenring  umgeben  ist.    Wie  ich  S.  149  schon 


dm     em 


em    am 


Fig.  T.  Scheraatische  Darstellung  des  Stigmas. 

a  von   Tipula  j)aludosa.    b  von  Poecilostola 

punctata.    (Figurenerklärung  vgl.  S.  182.) 


ausführte,  müssen  wir  an  dem  Stigma  die  eigentliche  Stigmenmem- 
bran, die  wieder  aus  einer  äußeren  und  einer  inneren  Membran  be- 
steht, von  den  unter  ihr  liegenden  Stützgebilden  unterscheiden.  Das 
Stigmenmittelstück  wird  bei  allen  Larven  allein  von  der  eigentlichen 
Stigmenmembran  gebildet,  und  je  nach   der  Ausbildung  desselben 


Tipuliden-Larven.  167 

zerfallen  die  Stigmen  scheinbar  in  zwei  ganz  verschiedene  Grund- 
typen. 

Bei  dem  Stigma  der  L  Form,  das  die  T^arven  der  Gattung 
Tipula  und  Ctenophora  besitzen,  besteht  das  Stigmenmittelstück  aus 
zwei  nur  wenig  verdickten  Membranen,  die  sich  lippenartig  über- 
einander legen,  so  daß  der  Stigmenspalt  unter  einem  sehr  spitzen 
A\'inkel  zur  Oberlläche  des  Stigmas  verläuft  (vgl.  Fig.  T  a). 

Bei  dem  Stigmenring  der  1.  Form  legen  sich  die  Stützrippen  in  der 
Weise  gegen  die  obere  Membran,  wie  es  nebenstehende  schematische 
Fig.  T  zeigt.  Die  Oberfläche  des  Stigmenringes  erscheint  dadurch 
punktiert. 

Das  Stigma  der  2.  Form,  das  der  Larven  von  Poecüostola 
punctata,  Gnophomya  pilipes,  LimnopMla  discicollis  und  Ldmnophila  fusci- 
pennis  besitzt  ein  mehr  oder  weniger  stark  verdicktes  Stigmenmittel- 
stück. was  zur  Folge  hat,  daß  der  Stigmenspalt  fast  senkrecht, 
schwach  S-förmig  zur  Oberfläche  des  Stigmas  verläuft  (Fig.  Tb). 

Der  Stigmenring  der  2.  Form  unterscheidet  sich  von  dem  der 
1.  dadurch,  daß  die  Stützrippen  sich  zum  größten  Teil  gegen  das 
Stigmenmittelstück  legen.  Die  Rippen  des  Stigmenrings  sind,  wie 
ich  früher  schon  ausführte,  als  homolog  den  Filzkammergebilden 
aufzufassen.  Die  Unterschiede  in  der  Gestaltung  des  Stigmenrings 
entsprechen  annähernd  den  Unterschieden  in  der  Beschaftenheit  in 
dem  Filzgebilde.  Wir  können  annehmen,  daß  die  Stützgebilde 
der  Stigmen  der  1.  Form  reich  verzw^eigten  und  die  der  2.  Form 
einfachen  Filzgebilden  entsprechen. 

Ich  halte  das  Stigma  der  1.  Form  für  den  ursprünglichei'en 
Typus  trotz  des  komplizierteren  Stigmenrings.  Dafür  würde  sprechen, 
daß  wir  bei  jüngeren  Stadien  bei  Poecüostola  punctata  noch  Zustände 
finden,  die  an  die  Stigmen  der  1.  Form  erinnern. 

Beim  Stigma  der  1.  Form  legen  sich,  wie  oben  schon  ausgeführt, 
die  Stützfalten  alle  gegen  die  obere  Stigmenmembran.  Innerhalb 
der  Reihe  der  Larven  mit  dem  Stigma  der  2.  Form  läßt  sich  aber 
schon  ein  Übergang  zur  1.  feststellen.  Während  sich  bei  LimnopMla 
fuscipennis,  bei  der  das  Stigmenmittelstück  am  stärksten  ausgebildet 
ist.  alle  Stützrippen  gegen  das  letztere  legen,  finden  wir  bei  den 
Larven  von  Gnophomya  pilipes  und  Limn.  discicollis  insofern  Unter- 
schiede, als  bei  diesen  sich  einige  Stützrippen  gegen  die  eigentliche 
Stigmenmembran  legen ,  während  noch  die  Mehrzahl  derselben  das 
Stigmenmittelstück  stützen. 

Die  Verschiedenartiükeit  der  Stigmen  scheint  mit  den  verschie- 


168  Fritz  Gerbig, 

denen  Atnuinofsbedingungen  in  engster  Bezieliimg  zu  stehen.  Je 
naclidem  das  Stigma  der  2.  Form  mehr  oder  weniger  nach  dem 
planen  Stigma  (1.  Form)  hinneigt,  scheinen  die  Larven  mehr  oder 
weniger  auf  Luftatmung  angewiesen  zu  sein  (vgl.  weiter  unten). 
Mit  dieser  Ansicht  stehen  die  biologischen  Beobachtungen  im  Ein- 
klang, die  ich  beim  Sammeln  der  Larven  machte.  Während  ich 
die  Larven  von  Limnophila  fuscipennis  und  Foecilostola  2ninctata,  deren 
Stigmenmittelstück  stark  verdickt  ist,  oft  tief  im  Schlamm  oder  Sand 
weit  von  der  Oberfläche  entfernt  fand,  kamen  die  Larven  von  Limn. 
discicolUs,  deren  Stigmenmittelstück  schwächer  ausgebildet  ist,  zwischen 
Pflanzen  an  der  Oberfläche  des  Wassers  und  die  Larven  von  Gnophomya 
pilipes.  die  in  bezug  auf  das  Stigma  der  letzteren  Larve  sehr  nahe 
steht,  in  flachen  Gewässern  vor,  wo  sie  in  ständiger  Verbindung 
mit  der  Luft  sein  konnten. 

Die  Filzgebilde.  Die  Gebilde  der  Filzkammer  sind  nicht 
einzelne  Borsten,  wie  ich  auf  S.146  schon  ausführte,  sondern  zusammen- 
hängende Chitinrippen,  die  als  Falten  einer  geschwundenen  Membran 
aufzufassen  sind.  Die  Filzkammergebilde  zeigen  insofern  bei  den 
einzelnen  von  mir  beschriebenen  Larven  Unterschiede,  als  sie  bei 
denen  mit  planem  Stigma  komplizierter  sind  als  bei  jenen  mit  stark 
verdicktem  Stigmenmittelstück,  was  auch  in  der  verschiedenen  Be- 
schaff'enheit  des  Stigmenringes  zum  Ausdruck  kommt  (vgl.  oben). 
Am  einfachsten  sind  die  Gebilde  bei  der  Larve  Limnophila  fuscipennis, 
wo  sie  als  spangenartige  Bögen  einen  gleichartigen  Besatz  tief  in  die 
Trachee  hinein  bilden. 

Ich  betrachte  die  Filzkammer  als  erweiterte  Trachee.  Während 
sich  bei  den  Larven  der  Gattung  Tipula  und  Ctenophora  der  Spiral- 
faden nicht  mehr  nachweisen  ließ,  wobei  ich  die  Frage  ofl:en  lasse, 
ob  er  noch  vorhanden  ist  oder  fehlt,  konnte  ich  bei  der  Larve  von 
Foecilostola  punctata  denselben  sowohl  auf  Schnitten  wie  auch  auf 
Totalpräparaten  deutlich  bis  zum  Stigma  feststellen.  Die  Trachee 
reicht  also  bis  zum  eigentlichen  Stigma. 

Enderlein  (1899)  hat  ähnliche  Filzgebilde  (auch  miteinander 
anastomosierende  Chitinbäumchen)  bei  den  Gastridenlarven  näher 
beschrieben.  Er  führt  aus,  daß  man  den  Filz  nicht  als  Filter  der 
Luft  auffassen  dürfe,  da,  wenn  Fremdkörper  in  die  feinen  Gerüst- 
komplikationen der  Stigmen  gelangen  würden,  die  Wirkungsfähig- 
keit des  ganzen  Apparats  vernichtet  wäre.  Ferner  weist  Enderlein 
die  Deutung  der  Filzgebilde  als  Filter  deshalb  zurück,  weil  er  nie 
Fremdkörper    zwischen    den    Chitinteilen     hat    feststellen    können. 


Tipuliden-Larven.  169 

En'derleix  sieht  die  Bedeutung  der  P'ilzgebilde  d.arin,  daß  sie  an 
ilu-er  Oberfläche  Gase  verdicliten,  was  er  einer  besonderen  Eigen- 
schaft des  Chitins  zusclireibt.  Der  Autor  schreibt  liierüber  (p.  293): 
,.Daß  dies  wirklich  der  Fall  ist,  erkennt  man  sehr  leicht  daran, 
daß  ein  im  Wasser  untergetauchtes  Insect.  z.  B,  eine  glatte  Raupe, 
ein  Käfer,  von  einer  ziemlich  dicken  Luftschicht  umgeben  ist.  In 
größerem  Maßstabe  ist  dies  bei  behaarten  Tieren  der  Fall,  da  sich 
hier  die  Oberflächenvergrößerung  durch  die  Haare  mit  geltend  macht." 
Die  hier  aufgestellte  Regel  gilt  aber  nicht  für  alle  lusecten,  bei- 
spielsweise nicht  für  alle  Wasserkäfer,  sondern  sie  gilt  hier  nur  für 
solche  Formen  und  für  diejenigen  Körperteile,  die  mit  einem  dichten 
Hiiarfllz  bekleidet  sind.  (Man  vergleiche  Rücken-  und  Bauchseite 
vom  Hydrophil  US.)  Das  Anhaften  der  Luft  hat  mit  der  Eigenschaft 
des  Chitins  nichts  zu  tun,  sondern  sie  wird  lediglich  durch  den 
Haarbesatz  (resp.  Chitinfortsätze)  festgehalten.  Wenn  Endeelein 
die  Deutung  dei-  P'ilzkammer  als  Filter  von  der  Hand  weist,  weil 
er  nie  Fremdkörper  zwischen  den  Chitinteilen  gefunden  hat,  so  ist 
damit  immer  noch  nicht  bewiesen,  daß  nie  solche  in  die  Filzkammer 
hineingelangen,  vor  allem,  wenn  man  die  Schwierigkeiten  bedenkt, 
bei  dem  doch  immerhin  kleinen  Objekt  solche  nachzuweisen,  zumal 
doch  bei  der  Pi-äparation  die  zwischen  den  Chitinrippen  locker 
haftenden  Fremdkörperchen  meistens  verloren  gehen  dürften.  Meiner 
Ansicht  nach  hat  die  Filzkammer  erstens  die  Aufgabe,  durch  die 
vielen  spangenartigen  chitinösen  Verbindungen  die  Elastizität  der 
cuticularen  Wand  zu  erhöhen.  Dieses  spielt  insofern  bei  der  weiter 
unten  zu  besprechenden  Atmung  eine  Rolle,  als  lediglich  durch  die 
Elastizität  der  Filzkammer  diese  nach  dem  Erschlaifen  des  Tracheen- 
nuiskels  ihre  ursprüngliche  Form  wieder  einnehmen  kann.  Zweitens 
dient  die  Filzkammer  vermutlich  dazu,  Fremdkörper,  die  eventuell 
durch  den  Stigmenspalt  gelangen  sollten,  zurückzuhalten,  um  bei 
der  nächsten  Häutung  wieder  samt  der  Filzkammer  entfernt  zu 
werden.  Meine  letztere  Ansicht  über  die  Bedeutung  des  Filzes 
findet  eine  Bestätigung  darin,  daß  der  Filz  verschwindet,  wenn 
keine  otfeuen  Stigmen  mehr  vorhanden  sind.  Bei  der  Tipuliden- 
puppe  ist  die  Tracheenlunge  im  Abdomen  anfänglich  noch  in  starker 
Ausbildung  vorhanden,  der  Pilz  fehlt  aber,  was  scheinbar  dadurch 
bedingt  ist,  daß  die  abdominalen  Puppenstigmen  funktionslos  ge- 
worden sind  und  der  Gasaustausch  im  vorderen  Segment  durch  die 
Pnppenhörnchen  stattfindet. 

Die  Tracheenlungre.    Li   bezug  auf  den  Bau  und  die  Aus- 


]^70  Fkitz  Gerbig, 

bildung  der  Tracheenlunge  zeigen  die  Larven  mit  Ausnahme  der 
von  Gnophomya  pilipes  und  Limnophüa  fuscipennis  wenig  bemerkens- 
werte Unterschiede.     Wir  können    dreierlei  Formen  unterscheiden: 

1.  Bei  den  meisten  Larven  gehen  von  der  Filzkammer,  abge- 
sehen von  den  Tracheen,  die  benachbarte  Organe,  wie  z.  B.  die 
Kiemen,  versorgen,  nur  Capillarenbündel  (feine  Eöhren  ohne  Spiral- 
faden) aus. 

2.  Die  Filzkammer  der  Larve  von  Gnophomya  püipes  entsendet 
nur  typische  Tracheen,  die  sich  in  kurzer  Entfernung  von  ihrem 
Ursprung  in  einzelne  Capillarenbündel  auflösen. 

3.  Bei  Limnophüa  fuscipennis  gehen  von  der  Filzkammer  in  der 
Hauptsache  Tracheen  aus,  die,  ohne  sich  in  Capillarenbündel  aufzulösen, 
im  Bereich  des  Abdomens  endigen.  Die  Tracheenlunge  ist  rudi- 
mentär, es  sind  nur  wenige  Capillarenbündel  vorhanden,  die  direkt 
von  der  Filzkammer  ausgehen  und  die,  wie  ich  S.  166  schon  aus- 
führte, nur  äußerst  schwer  nachzuweisen  sind. 

Als  die  ursprünglichere  Form  der  Tracheenlunge  betrachte  ich 
diejenige,  bei  der  von  der  Filzkammer  nur  typische  Tracheen  aus- 
gingen, aus  denen  durch  Auflösung  die  Capillarenbündel  entstanden 
sind.  Allen  Capillarenbündeln  ist  gemeinsam,  daß  an  der  Stelle  der 
Auflösung  derselben  in  die  einzelnen  Capillaren  ein  besonders  bei 
Karminfärbung  deutlicher  Kern  liegt.  Brown  hat  die  Capillaren- 
bündel nebst  Kern  erwähnt,  gibt  aber  keine  Deutung  dafür.  Ich 
habe  bei  anderen  Insecten  nach  ähnlichen  Organen  gesucht  und 
fand  bei  Enderlein  (p.  287)  ein  solches  (ebenfalls  einen  von  vielen 
Capillaren  umgebenen  Kern)  beschrieben  und  abgebildet  (=  Tracheen- 
zellen, Enderlein).  Da  die  Funktion  dieser  Tracheenzellen  mit  der 
der  Capillarenbündel  bei  den  Tipulidenlarven  übereinzustimmen  schien, 
versuchte  ich  Larven  von  Gastrus  equi  zu  erhalten,  um  eventuell  auch 
anatomisch  nach  solchen  Übereinstimmungen  zu  suchen.  Leider  war  es 
mir  nicht  möglich,  diese  Verhältnisse  an  Gastridenlarven  zu  studieren. 

Ich  fand  dagegen  den  von  Enderlein  beschriebenen  Tracheen- 
zellen sehr  ähnliche  bei  den  Larven  von  Bibio  sp.,  die  in  der  Um- 
gebung von  Greifswald  unter  Laub  oder  zwischen  Moospolstern  öfter 
vorkommen.  Die  Tracheenzellen  (Fig.  23,  Taf.  4)  befinden  sich  bei 
den  Bibionidenlarven  im  Abdomen,  wo  sie  in  großer  Zahl  an  die 
Tracheenlängsstämme  ansetzen.  Zum  Herstellen  von  Totalpräparaten 
wandte  ich  die  früher  schon  beschriebene  Osmiumsäuremethode  an. 
Von  der  Haupttrachee  gehen  zusammengedrängt  einzelne  stärkere 
Capillaren  aus,  die  in  einiger  Entfernung  sich  in  zahlreiche  feinere 


Tipuliden-Larven.  171 

Capillareii  zerteilen.  Diese  sind  wirr  ineinander  verflocliten  und 
umgeben  dicht  verpackt  einen  Kern,  so  daß  ein  eiförmiges  Gebilde 
entsteht,  in  dessen  Mitte  der  Kern  liegt. 

Ich  fasse  diese  Tracheenzellen  auf  als  homologe  Gebilde  der 
Capillarenbündel  nebst  Kern,  wie  wir  sie  bei  den  Tipiilidenlarven 
finden.  Einen  Übergang  von  den  erstereu  zu  den  letzteren  scheinen 
die  Tracheenzellen  von  Cohboldia  eJephantis  zu  bilden  (Endeiilein, 
p.  287.  fig.  24.  25),  die  langgestreckt  sind  und  im  Querschnitt  ähn- 
liche Figuren  (Fig.  14,  Taf.  3)  liefern,  wie  wir  sie  von  den  Capillaren- 
bündeln  her  kenneu.  ^^'ir  können  uns  die  Gebilde  der  Tipuliden- 
larven  aus  denen  der  Larven  von  Bihio.  Gastrus  oder  (Jobboldia 
in  der  \\'eise  herleiten,  daß  die  Capillaren  nicht  in  ganzer  Länge 
miteinander  vereint  bleiben,  sondern  sich  hinter  dem  Kern  in  die 
einzelnen  Capillaren  auflösen. 

Der  mehrfach  schon  erwähnte  Kern  ist  der  Kern  der  Zelle, 
die  die  Capillaren  aufbaut.  Daß  der  Kern  diese  Bedeutung  hat, 
habe  ich  bei  Beobachtung  der  Häutungsstadien  mit  ziemlicher  Sicher- 
heit feststellen  können.  Ich  fand  dabei,  daß  der  Kern  kurz  vor  der 
Häutung  stark  an  Umfang  zugenommen  hatte  und  daß  er  außerdem 
von  reichlichem  Plasma  umgeben  w^ar.  Die  Fig.  32,  Taf.  4  zeigt 
uns  von  Tipida  hortensis  einmal  den  Kern  (schraffiert)  in  gewöhn- 
licher Größe  und  dann  (punktiert)  kurz  vor  der  Häutung. 

Endeeleix  schreibt  den  Tracheenzellen  folgende  Funktion  zu: 
„Sie  schwimmen  in  der  umgebenden  Blutflüssigkeit  und  bieten  der 
Luft  eine  große  Berührungsfläche  mit  derselben  dar  und  damit  dem 
Tiere  die  Möglichkeit,  den  Sauerstoff"  der  Luft  in  ausgiebigster  Art 
und  Weise  aufzunehmen  und  zu  verwerten." 

Bei  den  Bibionidenlarven  dürfte  die  Funktion  der  Tracheen- 
zellen ähnlicher  Art  sein.  Hier  werden  die  im  Abdomen  befindlichen 
Tracheenzellen  von  einem  starken  Blutstrom  umspült,  und  das  auf 
diese  Weise  arteriell  geW'ordene  Blut  wird  durch  das  Herz  den 
vorderen  Segmenten  der  Larve  zugeführt.  Ganz  ähnliche  Verhält- 
nisse sind  bei  den  Tipulidenlarven  vorhanden.  Auch  hier  befinden 
sich  die  Capillarenbündel  in  einem  starken  Blutstrom,  der  ebenfalls, 
nachdem  er  die  Capillaren  passiert  hat,  im  Abdomen  in  das  Herz 
eintritt,  um  es  im  vorderen  Segment  zu  verlassen. 

Es  leuchtet  ohne  weiteres  ein,  daß  durch  eine  Auflösung  der 
bei  Gastrus  und  IVihio  dicht  verpackten  Capillaren  die  Verhältnisse 
für  die  Atmung  günstiger  werden. 

Erwähnen   möchte    ich    noch,   daß   die  Tracheenlunge  auch  im 


2^72  Fritz  Gerbig, 

Puppenstadium  der  Tipuliden  noch  vorhanden  ist.  Sie  befindet  sich 
im  Abdomen  der  Puppe,  bleibt  aber  nur  einige  Zeit  erhalten.  Die 
Rückbildung-  der  Capillaren  tritt  schon  nach  einigen  Tagen  ein. 
Die  ganze  Puppenruhe  dauert  meist  ca.  12  Tage;  aber  nach  5  Tagen 
waren  die  Capillaren  schon  zum  größten  Teil  geschwunden,  und 
nach  9  Tagen  waren  von  der  Tracheenlunge  nur  noch  die  Ansatz- 
stellen an  der  Trachee  zu  sehen. 

Über  ßlutcirculation  vgl.  S.  151. 

Die  Kiemen.  Die  Kiemen  sind  bei  den  einzelnen  Larven- 
formen in  Zahl  und  Ausbildung  stark  verschieden.  Keine  Kiemen 
besitzen  die  Larven  von  Tipula  paludosa,  Tipula  hortensis,  Ctenophora 
flavicornis  und  Gnophomya  püipes.  Bei  den  anderen  Larven  sind  die 
Kiemen  in  der  Zahl  4,  6  oder  8  vorhanden.  Die  Larven  von  Poecilostola 
punctata,  Limnophila  fuscipennis  und  Limn.  discicollis  besitzen  je 
4  solcher  Analschläuche.  Während  aber  die  der  beiden  ersteren 
wenig  ausgebildet  sind,  erreichen  sie  bei  Limn.  discicollis  eine  be- 
trächtliche Länge.  Die  Larve  von  Tipula  lateralis  besitzt  im 
1.  Entwicklungsstadium  4  Kiemen,  und  zwar  sitzen  links  und  rechts 
vom  After  je  zwei  einzelne  Schläuche.  Im  späteren  Stadium  sind 
6  Kiemen  vorhanden,  die  dadurch  entstanden  sind,  daß  von  den  an- 
fänglichen 4  Kiemen  zwei  tief  gespalten  sind,  und  zwar  je  eine  links 
und  rechts  vom  After.  Eine  solche  sechszählige  Kieme  finden  wir 
auch  bei  der  Larve  von  Tipula  gigantea.  Wenn  alle  4  Kiemen  tief 
gespalten  sind,  so  entsteht  die  achtzählige  Kieme,  die  bei  Tipula 
varipennis  vorhanden  ist.  Am  auffälligsten  erschienen  mir  die  Ver- 
hältnisse bei  Gnophotnya  pilipes.  die,  obwohl  sie  im  Wasser  zu  atmen 
vermag,  keine  solchen  Organe  besitzt.  Wir  finden  auf  der  ventralen 
Seite  anstelle  der  Blutkiemen  nur  eine  wulstartige  Verdickung,  die 
an  ähnlicher  Stelle  auch  noch  bei  den  Larven  von  Tipula  paludosa, 
Tipida  hortensis  und  Ctenophora  flavicornis  vorhanden  sind  und  die 
meiner  xlnsicht  nach   als  Rudimente   der  Kiemen   aufzufassen  sind. 

Tracheen muskeln  und  Funktion  der  Tracheenlunge. 
Nachdem  wir  den  anatomischen  Bau  der  für  die  Respiration  in  Be- 
tracht kommenden  Organe  kennen  gelernt  haben,  wenden  wir  uns 
zu  der  Frage,  wie  die  Funktion  der  Tracheenlunge  zu  denken  ist. 
Die  Fig.  30,  Taf,  4  stellt  uns  einen  Schnitt  durch  die  linke  Hälfte 
des  Abdomens  der  Larve  von  Tipula  lateralis  dar;  links  von  der 
Filzkammer  setzen  die  paarigen  Tracheenmuskeln  an,  während  am 
Integument   rechts   vom  Stigma  die  Körpermuskulatur  zu  sehen  ist. 

Wie  ich  schon  S.  140  ausführte,  ist   der  Traclieenmuskel  schon 


TipiiliiU'ii-Laiveii.  173 

im  1.  Entwicklungsstadiuni  der  Larve  vorhanden  und  bleibt  in  starker 
Ausbildung  auch  während  der  älteren  Kntwicklungsstadien  erhalten. 

Wir  haben  also  hier  die  interessante  Tatsache,  daß  Muskeln 
direkt  auf  Tracheen  einwirken.  Schon  Gkaheu  (1873)  beschreibt  am 
Femur  der  Grille  eine  Einrichtung,  bei  der  neben  den  sogenannten 
Respirationsmuskeln,  deren  Kontraktion  nur  mittelbar  nämlich  duicli 
Volumenverringerung  der  gesamten  Leibeshöhle  auf  die  Tracheen 
einwirkt,  es  einen  Muskel  gibt,  der  auf  die  Trachea  besonders  ein- 
wirken soll.  Dieser  Muskel,  den  Gkaber  Tracheenmuskel  nennt, 
seV/A  aber  nicht  direkt  an  die  Trachee  an,  sondern  an  einer  Susjjen- 
soriummembran,  in  der  sich  die  Trachee  befindet.  Meiner  Ansicht 
nach  kann  die  Einwirkung  dieses  Muskels  auf  die  Trachee  nur  von 
untergeoi'dneter  Bedeutung  sein,  denn  durch  Kontraktion  des  Muskels 
würde  die  Trachee  nur  zur  Seite  gezogen  und  nicht  in  ihrei'  Form 
verändert. 

Daß  wir  Tracheenmuskeln  bei  den  Tipulidenlarven  haben, 
scheint  durch  das  Voihandensein  der  Tracheenlunge  bedingt.  Wie 
aus  der  Fig.  30.  Tat.  4  leicht  ersichtlich  ist,  wird  bei  Kontraktion 
des  oder  der  Tracheenmuskeln  eine  Volumenveränderung  der  Filz- 
kamnier  hervorgerufen,  wobei  ich  die  Frage  offen  lassen  muß,  ob 
mit  der  Kontraktion  eine  Volumenvergrößerung  oder  -Verkleinerung 
der  Filzkammer  erfolgt.  Die  durch  die  Tracheenmuskeln  bedingte 
Volumenveränderung  wirkt  auch  auf  das  Stigma  ein,  das  infolge 
der  verschiedenen  Druckverhältnisse  entweder  geöffnet  oder  ge- 
schlossen wird.  Bei  einer  Volumen  Verkleinerung  der  Filzkammer 
legen  sich  die  Ränder  des  Stigmenspalts  fest  aneinander,  das  Stigma 
ist  geschlossen,  die  in  der  Filzkammer  befindliche  Luft  wird  in  die 
Capillaren  und  das  übrige  Tracheensystem  gepreßt.  Tritt  nun  eine 
Volumenveiiirößerung  ein,  so  übt  die  Filzkammer  eine  saugende 
A\'iikung  auf  die  Umgebung  aus.  Die  Luft  wird  aus  den  Capillaren 
zurückströmen,  und  durch  den  Überdruck  von  außen  wird  das  Stigma 
geöffnet,  so  daß  der  Gasaustausch  stattfinden  kann.  Wenn  nun 
wieder  eine  Volumen  Verkleinerung  eintritt,  so  wird  das  Stigma  ge- 
sclilossen.  und  die  sauerstotfreiche  Luft  wird  in  das  Capillarensystem 
gepreßt  usw.  Wir  sehen  also,  daß  durch  die  Tätigkeit  des  Tracheen- 
muskels der  Gasau;>tauscli  geregelt  werden  kann,  was  für  die 
Tracheenlunge  von  großer  Bedeutung  ist.  Leider  ist  es  nicht  mög- 
lich, den  Vorgang  in  allen  Einzelheiten  zu  übersehen.  Form  und 
Elastizität  der  Filzkammer  und  des  Tracheensystems  sind  Faktoren, 
die  sich  nicht  genügend  feststellen  lassen. 


174  Fritz  Gerbig, 

Physiologische  Versuche. 

Wir  haben  oben  gesehen,  daß  alle  Tipuliden- Larven  offene 
Stigmen  besitzen,  also  alle  Luftatmer  sind  oder  sein  können.  Ferner 
linden  wir  bei  ilmen  zum  Teil  Kiemen,  die  auf  eine  Atmung  im 
Wasser  schließen  lassen.  In  bezug  auf  Tracheenlunge  und  Kieme 
zeigen  sie  zum  Teil  große  Unterschiede,  und  ich  will  nun  an  der 
Hand  von  einigen  Experimenten  untersuchen,  in  welchem  Verhältnis 
die  verschiedene  Ausbildung  dieser  Organe  zur  Atmung  und  Lebens- 
weise der  Larven  steht.    Ich  teile  die  Larven  in  drei  Gruppen  ein: 

I.  Larven  nur  mit  Tracheenlungen  {Tip.  paliidosa,  Tip.  hortensis, 
Ctenophora  flavicornis,  Gnophomya  pilipes). 

IL  Larven  mit  Tracheenlungen  und  mit  Kiemen  {Tip.  varipennis, 
Tip.  gigantea,  Tip.  lateralis,  Poecilostola  punctata,  Limn.  discicoUis). 

III.  Larven  mit  rudimentären  Tracheenlungen,  aber  mit  aus- 
gebildeten Kiemen  {Limnophila  fuscipennis). 

1.  Versuch:  2  ältere  Larven  von  Ctenophora  flavicornis,  2  Tip.  hortensis 
(älteres  Stadium),  2  Tip.  paluclosa  (älteres  Stadium),  2  Tip.  paludosa 
(I.  Entwicklungsstadium)  und  4  Larven  von  Gnophomya  pilipes  (älteres 
Stadium)  wurden  in  ein  Gefäß  mit  Wasser  gebracht  und  durch  über- 
gestülpte Drahtgaze  daran  verhindert,  an  die  Oberfläche  zu  kommen. 
Das  Wasser  wurde  stark  durchlüftet.  Nach  24  Stunden  lebten  sämt- 
liche Larven  noch.  Nach  48  Stunden  waren  die  von  Ctenophora  flav., 
Tip.  hortensis  und  Tip.  paludosa  (älteres  Stadium)  tot,  während  die  anderen 
Larven  noch  lebten.  Genauer  ließ  sich  der  Zeitpunkt  des  Absterbens 
der  ersteren  Larven  nicht  feststellen,  da  die  Bewegungen  bereits 
längere  Zeit  vor  dem  Tode  aufhören,  bewegungslose  und  scheinbar 
tote  Larven  aber  event.  wieder  erwachen,  wenn  sie  an  die  Luft  ge- 
bracht werden.  In  diesem  Falle  trat  eine  Rückkehr  zum  Leben 
nicht  ein.  Die  Larven  von  Gnophomya  pilipes  und  Tip.  paludosa 
(I.  Stadium)  lebten  noch  nach  8  Tagen,  als  ich  den  Versuch  abbrach. 

2.  Versuch :  7  Larven  von  Tip.  gigantea,  6  von  Tip.  lateralis,  4  von 
Poecilostola  punctata,  4  von  Limn.  fusc.  und  2  von  Limn.  discic.  brachte 
ich  ebenfalls  in  ein  Gefäß  mit  stark  durchlüftetem  Wasser.  Sämtliche 
Larven,  die  auch  hier  nicht  an  die  Oberfläche  gelangen  konnten, 
lebten  nach  3  Wochen  noch,  worauf  ich  den  Versuch  abbrach. 

3.  Versuch:  4  Larven  von  Tip.  gigantea,  je  3  von  Tip.  varipennis 
und  Tip.  lateralis,  5  Limn.  /"wsc.-Larven  und  4  Poecilostola  punct.-'h2iVN%n 
wurden  in  ein  Gefäß  mit  gewöhnlicliem  Leitungswasser  gebracht. 
Nach  24  Stunden  lebten   alle  Larven  noch,  nach  36  Stunden  waren 


Tipuliden-Larven.  175 

die  Larven  Tip.  vanpennis  und  1  Tip.  lateralis  tot,  während  die 
beiden  anderen  Larven  der  letzteren  Art  erst  innerhalb  der  nächsten 
12  Stunden  starben.  Die  übrigen  Larven  lebten  noch  sämtlich. 
Nach  3  Tagen  befanden  sich  die  Larven  von  Tip.  giyaniea  tot  auf 
dem  Boden  des  Gefäßes.  Die  Limn.  fi(scipennis-LsiY\en  starben  nach 
4  Tagen,  während  die  Foecilostola-'La.YYen  noch  nach  10  Tagen  lebten, 
worauf  ich  den  Versuch  abbrach.  " 

Die  Versuche  beweisen  eine  auffällige  Verschiedenheit  in  der 
Fähigkeit,  den  Sauerstoff  dem  umgebenden  Wasser  zu  entnehmen. 
Die  mit  Kiemen  versehenen  Larven  vermögen  alle  dauernd  in  durch- 
lüftetem  "Wasser  zu  leben,  die  ohne  Kiemen  gehen  nach  längerer 
oder  kürzerer  Zeit  zugrunde.  Eine  Ausnahme  von  der  letzteren; 
Regel  macht  das  I.  Stadium  von  Tip.  paludosa,  die,  obwohl  sie  keine 
Kiemen  besitzt,  es  dauernd  in  durchlüftetem  Wasser  aushält.  Die 
Tatsache  dürfte  kaum  überraschen,  da  wir  auch  sonst  bei  jugend- 
lichen Larven,  auch  wenn  diese  keine  spezifischen  Kiemen  besitzen, 
die  Fähigkeit  finden,   in  Wasser  zu  leben   (vgl.  Hagemann,  p.  381), 

Li  abgekochtem  Wasser,  das  ich  nach  dem  Verfahren  von 
Deibel  (p.  135)  sauerstoffrei  machte,  starben  die  Larven  aller 
3  Gruppen  innerhalb  eines  Tages.  In  Schwefelwasserstoff  vermochten 
Larven  von  Ctenophora  3  Stunden  zu  leben,  sie  waren  hernach  scheinbar , 
tot,  bewegten  sich  trotz  Antastens  nicht,  erholten  sich  aber  trotz- 
dem, nachdem  sie  einige  Zeit  an  der  Luft  gelegen  hatten,  wieder, 
während  einige  Cerambj'cidenlarven,  die  ich  zum  Vergleich  gleich- 
zeitig mit  eingesetzt  hatte,  schon  nach  einigen  Minuten  tot  waren. 
Beim  nächsten  Versuch  benutzte  ich  Wasserstoff,  den  ich  von  unten 
in  einen  Glasballon  leitete.  Dieser  hatte  einen  doppelt  durchbolirten 
Korken,  so  daß  das  Gas  durch  das  eine  Loch  eingeleitet  wurde  und 
durch  das  andere  mittels  einer  Glaskapillare  ausströmen  konnte. 
Das  ausströmende  Gas  zündete  ich  an  und  stellte  so  lest,  daß  in: 
dem  Glasballon  fortwährend  reiner  Wasserstoff  vorhanden  war.  Die 
Larven  von  Tip.  fjiffantea  waren  in  dem  Wasserstoff  nach  3  Stunden 
scheinbar  tot,  erholten  sich  aber  wieder,  nachdem  sie  an  die  Luft 
gebracht  wurden. 

Die  Ausbildung  der  Tracheenlunge  ist  ohne  Einfluß  auf  die 
Aufnahme  von  gelöstem  Sauerstoff,  wie  auch  kaum  anders  zu  er- 
warten war.  Sicher  spielt  neben  der  Kiemenatmung  die  Stigmen- 
atmung die  Hauptrolle,  was  ich  einmal  durch  die  biologischen  Be- 
obachtungen in  der  Natur  und  ferner  durch  die  unten  beschriebenen  Ver- 
suche feststellen  konnte.  Auch  bei  den  Larven  von  Limn.  fuscipennis, 

Zool.  .lahrl..  XXXV.    Abt.  f.  Syst.  12 


176  Fhitz  Gerbig, 

bei  der  wir  mit  Rücksicht  auf  die  Lebensweise  vielleicht  annehmen 
könnten,  daß  die  Stigmenatmung  keine  oder  nur  eine  untergeordnete 
Rolle  spielt,  sehen  wir,  daß  sie  in  der  Gefangenschaft  häufig  in 
typischer  Weise  mit  dem  Hinterende  an  der  Oberfläche  des  Wassers 
hängen. 

Ca.  100  Larven  von  Tip.  gigantea  wurden  in  ein  großes  zur 
Hälfte  mit  AVasser  angefülltes  Aquarium  gebracht.  In  dem  Gefäß 
befand  sich  ferner  eine  Sandschicht,  die  in  Form  einer  schiefen 
Ebene  vom  Boden  des  Aquariums  bis  zur  Wasseroberfläche  reichte. 
Nach  einigen  Minuten  bewegten  sich  die  Larven  auf  dem  Grunde 
des  Gefäßes  nach  dem  einfallenden  Lichte  zu,  um  dann  erst  die 
schiefe  Ebene  emporzukriechen.  Nach  einer  halben  Stunde  hatten 
die  ersten  Larven  ihre  Wanderung  beendet,  und  nach  2  Stunden 
hingen  alle  Larven  mit  dem  Abdomen  an  der  Wasseroberfläche. 
Der  Versuch  macht  es  wahrscheinlich,  daß  die  Larven  bei  ihren 
Wanderungen  sowohl  vom  Licht  wie  auch  von  der  Schwerkraft  beein- 
flußt werden. 

Nach  der  Lebensweise  könnte  man  annehmen,  daß  einzelne  Formen, 
wie  z.  B.  Tip.  gigantea  und  Tip.  varipetmis,  die  unter  Laub  und  Moos 
leben,  sich  nur  nachdem  Licht  orientieren,  daß  aber  bei  andern  Formen, 
die  im  Schlamm  leben,  wie  z.  B.  bei  den  Larven  von  Tip.  lateralis, 
von  Poecilostola  punctata  etc.,  ein  solches  Lichtempfinden  nicht  genügt. 
Um  mir  über  diesen  Punkt  Klarheit  zu  verschaifen,  habe  ich  folgende 
Versuche  angestellt.  Einige  Larven  von  Tip.  gigantea  und  Tip.  lateralis 
wurden  in  einen  hohen  Glaszylinder,  der  mit  Moos  angefüllt  war 
und  außerdem  abgestandenes  Wasser  enthielt,  gebracht.  Durch  ein 
übergestülptes  Blechgefäß  wurde  der  Glaszylinder  bis  auf  einen 
unteren  schmalen  Ring  vollständig  verdunkelt.  Die  Larven  sammelten 
sich  anfangs  an  der  Lichtgrenze,  wanderten  dann  aber  nach  der 
Oberfläche  des  Glaszylinders.  Auch  in  vollständig  verdunkelten 
Gefäßen  sammelten  sich  die  Larven  unter  ähnlichen  Verhältnissen 
stets  an  der  Oberfläche  des  Wassers  an.  Aus  diesen  Versuchen 
geht  hervor,  daß  die  Larven  bei  Atemnot  sich  zunächst  dem  Lichte 
zuwenden.  Daß  sie  aber  immer  der  Wasseroberfläche  zustreben, 
wenn  die  Lichtwirkung  ausgeschaltet  ist,  läßt  darauf  schließen,  daß 
die  Larven  irgendwelche  Organe  (statische  Organe)  besitzen,  die  es 
ihnen  ermöglichen,  den  Weg  nach  oben  zu  finden.  Ich  habe  die 
Larven  auf  solche  Organe  hin  untersucht,  es  war  mir  aber  bisher 
nicht  möglich,  solche  nachzuweisen. 


Tipuliden-Larven.  177 


Zusammenfassung. 

So  gering  aucli  die  Zahl  der  untersuchten  Formen  verglichen 
mit  der  ungeheuren  Artenzalil  der  Tipuliden  ist,  so  will  ich  doch 
versuchen,  sie  der  Übersicht  halber  in  eine  Tabelle  einzureihen,  die 
ich  auf  Grund  der  verschiedenen  Ausbildung  der  abdominalen  stern- 
förmigen Strahlen  und  der  Zahl  der  Kiemen  aufstelle. 

1.  Das  Hinterende  besteht  aus  6  ziemlich  gleich  langen  Strahlen, 

von   denen  die  beiden   ventralen  je  eine  typische  Sinnes- 
borste tragen  2 
Es  besteht  aus  5  Strahlen  3 
Es  besteht  aus  4  Strahlen  4 
Es  besteht  aus  2  Strahlen  5 

2.  Larven  mit  6  Kiemen  Tipula  gigantea 

Tipula  lateralis 
Larven  mit  8  Kiemen  Tipula  varipennis 

Larven  ohne  Kiemen  Tipula  paludosa 

Tipula  hortensis 

3.  Alle   5  Strahlen   gleich  lang,  Larve   ohne  Kiemen  und  ohne 
typische  Sinnesborste  Gnophomya  pilipes 

4.  a)  alle  4  Strahlen   gl  eich  lang,   die  ventralen  besitzen  je 

eine  typische  Sinnesborste,  auf  der  dorsalen  Seite  befindet 
sich  als  Rudiment  eines  5.  Fortsatzes  ein  Haarbüschel, 
Larve  mit  4  Kiemen  Poecilostola  punctata 

b)  2    Strahlen   lang,   2   kurz   (keine   typische   Sinnesborste), 
Larve  mit  4  Kiemen  Limnophila  discicollis 

5.  Die  2  Strahlen  wenig  hervortretend   (mit  typischer  Sinnes- 

borste) Ctenophora  flavicornis 

Die  2  Strahlen  stark  verlängert  (ohne  typische  Sinnesborste) 

Limnophila  fuscipennis 

Das  Stigma  der  Tipuliden-Larven,  dessen  Mittelstück  bisher  von 
allen  Autoren  als  eine  undurchlässige  Platte  beschrieben  ist,  zeigt 
einen  wohl  ausgebildeten  Stigmenspalt,  der  im  I.  Entwicklungs- 
stadium als  einfacher  Schlitz  vorhanden  ist  und  der  auch  in  den 
späteren  Stadien  mehr  oder  weniger  modifiziert  noch  in  Funktion 
bleibt.  Der  Stigmenring  ist  nicht,  wie  bisher  meist  behauptet 
wurde,  durchlöchert,  sondern  er  wird  von  einer  zusammenhängenden 
Membran  gebildet,  an  die  sich  von  unten  Rippen  legen,  die  Gebilden 

12* 


178  Fritz  Gebbig, 

der  Filzkamraer  entsprechen.  Die  letzteren  sind  nicht  Borsten, 
sondern  Chitinrippen,  die  durch  Faltung  von  Membranen  entstanden 
sind.  Die  Membranen  zwischen  den  Rippen  sind  (stets?)  ge- 
schwunden. Die  Filzkammer  ist  eine  erweiterte  Trachee ;  die  Trachee 
reicht  also  bis  zum  Stigma.  Ein  Stigmenvorraum  ist  nur  im  I.  Ent- 
wicklungsstadium vorhanden.  An  die  Trachee  resp.  Filzkammer 
setzen  Tracheenmuskeln  an,  die  für  die  Funktion  der  Tracheenlunge 
eine  Rolle  spielen.  Die  Capillarenbündel  der  Tracheenlunge  sind 
als  homologe  Gebilde  der  Tracheenzellen,  wie  wir  sie  bei  Gastriden 
und  Bibioniden-Larven  gefunden  haben,  aufzufassen.  Bei  sehr  vielen 
Tipuliden-Larven  finden  sich  Kiemen,  die  es  ihnen  ermöglichen,  in 
sauerstoffreichem  Wasser  zu  leben. 

Zum  Schlüsse  sei  es  mir  vergönnt,  meinem  hochverehrten  Lehrer 
Herrn  Geheimen  Regierungsrat  Prof.  Dr.  G.  W.  MtJLLER  meinen 
herzlichsten  Dank  für  die  vielen  Ratschläge  und  Unterstützung  bei 
Abfassung  der  Arbeit  auszusprechen.  Dank  schulde  ich  ferner  dem 
Assistenten  Herrn  Dr.  W.  Baunacke  für  die  mannigfach  gegebenen 
Anregungen. 


Tipuliden-Larven.  j7y 


Literaturverzeichnis. 


la.     Beling,    Th.,    Beleuchtung    einiger    Arten    aus    der    Familie    der 
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4.  Brown,  James,  Some  points  in  the  anatomy  of  the  larva  of  Tipula 

maxima.  A  contribution  to  our  knowledge  of  the  respiration  and 
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5.  Deibel,    J.,    Beiträge    zur   Kenntnis    von    Donacia    und    Macroplea 

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Tipuliden-Larven.  181 

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J|;82  Fhitz  Gerbig, 


Erklärung  der  Abbildungen. 


a.  m  äußere  Lamelle  der  eigentlichen   o.  r  oberer  Rand  des  Stigraenspalts 

Stigmenmembran  pm  Plasmamembran 

c  Körpercuticula  r.  f  radiäre  Falten 

cap  Capillare  sh  typische  Sinnesborste 

ch  Capillarenbündel  sm  Stigmenmittelstück 

ch  Filzkammergebilde  sp  Stigmenspalt 

etn  eigentliche  Stigraenmembran  sr  Stigmenring 

f,  r  feine  Chitinrippen  zwischen  den   st  Stigma 

Stützrippen  str  Stützrippen 

fw  Filzkammerwand  stv  Stigmenvorraum 

hy  Hypodermiszelle  ir  Trachee 

i.  m  innere  Lamelle   der  eigentlichen   trm  Tracheenmuskel 

Stigmenmembran  um  untere  Stigraenmembran 

k  Kieme  u.  r  unterer  Rand  des  Stigmenspalts 

km  Körpermuskulatur  x  Grenze    zwischen    Stigmenvorraum 

n  Kern  und  Trachee 

Alle  Figuren   sind    mit    dem  AsBE'schen  Zeichenapparat    gezeichnet. 


Tafel  3, 

Fig.  1.  Tipula  varipennis.  Ventraler  Fortsatz  des  hinteren  Körper- 
endes der  Larve.     25  :  1. 

Fig.  2.  Tipula  paludosa  (L  Entwicklungsstadium).  Stigma  (total). 
575:1. 

Fig.  3.  T.  paludosa  (I.  Entwicklungsstadium).  Schnitt  durch  das 
Stigma  und  die  Tracheenlunge.     575  :  1. 

Fig.  4.  Tipula  lateralis  (ältere  Larve).  Stigma  (total).  Der  Rand 
des  Stigmenspalts  der  oberen  Membran  ist  ausgezogen,  der  der  unteren 
Membran  ist  punktiert.     115:1. 


Tipuliden-Larven.  183 

Fig.  5.  T.  lateralis.  Stigma  durchtrennt,  so  daß  die  Ränder  des 
Stigraeuepalts  voneinander  entfernt  sind.      115:  1. 

Fig.   6.      T.  lafcralis.      Stigmenring  bei  hoher  Einstellung.      700  :  1, 

Fig.  7.  Tipula  lateralis.  Stigmenring  bei  mittlerer  Einstellung. 
.700:  1. 

Fig.  8.      7.  lateralis.     Stigmenring  bei  tiefer  Einstellung.     700  :  1. 

Fig.  9.  Ctenophora  flarkornis.  Schnitt  durch  den  Stigmenring  senk* 
recht  zu  den  radiären  Falten.     700  :  1. 

Fig.  10.  C.  flavicarnis.  Schnitt  durch  den  Stigmenring  in  der 
Richtung  der  radiären  Falten.     700:1. 

Fig.  11.  Gnophomya  pilipes.  Schnitt  durch  die  Pilzkammergebilde. 
1150:1. 

Fig.  12.  Tipula  paludosa.  I.  Stadium  kurz  vor  der  Häutung. 
Schnitt  durch  die  Anlage  des  Stigmas,  st^  altes  Stigma,  tr^  alte  Trachee. 
1150:1. 

Fig.  13.  T.  paludosa.  I.  Stadium  kurz  vor  der  Häutung.  Schnitt 
durch  neu  angelegte  Filzgebilde.     1150:  1. 

Fig.  14.  T.  paludosa.  Querschnitt  durch  ein  Capillarenbündel  in 
der  Nähe  der  Ansatzstelle  an  der  Filzkammer.      1150:1. 

Fig.  15.  T.  paludosa.  Querschnitt  durch  ein  Capillarenbündel  in 
der  Nähe  der  Auflösung  in  die  einzelnen  Capillaren.      1150:1. 

Fig.  16.  T.  paludosa.  I.  Stadium  kurz  vor  der  Häutung.  Schnitt 
durch  neu  angelegte  Filzgebilde.  /  Höcker  in  der  Plasmamembran. 
ps  Plasmaschlingen.      1150:1. 

Fig.  17.  Poecilostola  piindata.  Eine  reichverzweigte  Borste  der 
Körperbedeckung.     400:1. 

Fig.  18.  Gnophomya  pilipes.  Die  3  letzten  Segmente  in  seitlicher 
Aneicht  (Lupenvergrößerung). 

Tafel  4. 

Fig.  19.  Tipula  paludosa.  Längsschnitt  durch  ein  Capillarenbündel. 
780:  1. 

Fig.  20.     Tipula  lateralis.     Dorsalansicht   eines  Segments  der  Larve. 

Fig.  21.  Gnophomya  pilipes.  Capillarenbündel  (nach  einem  mit 
Osmiumsäure  konservierten  Präparat).     400  :  1. 

Fig.  22.  Tipula  paludosa.  I.  Stadium.  Tracheenlungencapillare  mit 
Kern  (nach  einem  Osmiumsäurepräparat).      1150:  1. 

Fig.  23.  Bibio  sp.  Tracheenzelle  (nach  einem  mit  Osmiumsäure  be- 
handelten Präparat).     400:  1. 

Fig.  24.  Poecilostoia  punctata.  Längsschnitt  durch  das  Stigma. 
210:  1. 


Fig. 
400  :  1. 

25. 

Fig. 
Fig. 
Fig. 

26. 
27. 
28. 

Fig. 

29. 

184  Fhitz  Gebbig,  Tipuliden-Larven. 

Liynnophila  fuscipennis.    Stigma  (total)  in  seitlicher  Ansicht. 

L.  fuscipennis.  Querschnitt  durch  das  Stigma.  400 :  1. 
L.  disdcollis.  Längsschnitt  durch  das  Stigma.  400 :  1. 
Gnophomya  pilijjes.  Längsschnitt  durch  das  Stigma,  115  :  1. 
Poecilostola  punctata.  Längsschnitt  durch  die  Filzkammer. 
Die  Chitinspiralen  {sp)  der  Trachee  sind  ausgezogen,  während  die  Filzgehilde 
sbhwächer  gezeichnet  sind.      575  :  1. 

Fig.  30.  Tipiila  lateralis.  Längsschnitt  durch  die  linke  Hälfte  des 
Abdomens  der  Larve.     75  :  1. 

Fig.  3  L  T.  lateralis.  Die  3  letzten  Segmente  der  Larve  in  dorsaler 
Ansicht  (Lupenvergrößerung). 

Fig.  32.  T.  horlensis.  Längsschnitt  durch  den  Kern  der  Capillaren 
in  gewöhnlichem  Zustand  (Wj  schraffiert)  und  kurz  vor  der  Häutung 
(Wg  punktiert). 

Fig.  33.     Poecilostola  punctata.     Drüse  (total).     210  :  1. 
Fig.    34.      L.    disdcollis.      Larve    (total)    in    Dorsalansicht    (Lupen- 
vergrößerung). 


Zooloff.Jahrbii,-}in-Bd,.35AU.f  Sifs(. 


Taf.3. 


von  GustavFisclienn  Jena 


IrthAiL'^TlAPmfo  leifi:w 


Zoolotj.  Jahrbüchn-  Bd.  35  Abi. f  Sysl. 


Taf.lh, 


Verlag  von  GuslafBscWmJesa 


Ijöi  AnstvIj^Tmke  leifj^ig 


Nachdruck  verboten. 
Übersetzungsrecht  vorbehalten. 


Zur  Kenntnis  von  Myrmecophilen  aus  Abessinien. 

I. 

Von 
Dr.  A.  ßeichensperger. 

(Aus  dem  Zoolog,  u.  vergl.-anatom.  Institut  der  Universität  Bonn.) 

Mit  Tafel  5-6  nnd  15  Abbildangen  im  Text. 


Im  Laufe  des  verflossenen  Jahres  (1912)  erhielt  ich  von  meinem 
eifrigen  Korrespondenten  Herrn  Keistensen,  Kopenhagen,  sehr  reich- 
haltiges Material  an  Ameisen  und  Ameisengästen  aus  Abessinien. 
Der  gi'ößte  Teil  desselben  wurde  während  seines  damaligen  Aufent- 
haltes bei  der  Stadt  Harrar  und  in  deren  weiterer  Umgebung  ge- 
sammelt. Es  ist  besonders  dankenswert,  daß  bei  der  überwiegenden 
Mehrzahl  der  Myrmecophilen  außer  genauen  Daten  auch  stets  die 
Wirte  beigegeben  waren,  deren  Bestimmung  Herr  Dr.  Santschi 
(Kairouan)  in  liebenswürdiger  Weise  kontrollierte  und  übernahm. 
Beiden  genannten  Herren  sei  auch  an  dieser  Stelle  nochmals  für 
ihre  Bemühungen  Dank  gesagt. 

Die  Ausbeute  Kristensen's  zeigt  wiederum  klar,  welche  viel- 
seitige biologische  und  systematische  Ernte  noch  des  Myrmecophilen- 
Forschers  harrt.  Wenngleich  Abessinien  wie  besonders  das  benach- 
barte Eritrea  bereits  durch  Raffeay's,  Andreini's  und  Escheeich's 
Reisen  bezüglich  der  Ameisengäste  verhältnismäßig  gut  durchforscht 
ist,  so  befanden  sich  doch  unter  dem  mir  vorliegenden  Material  eine 
ganze  Anzahl  neuer  Formen,  die  im  Folgenden  beschrieben  werden 
sollen.  —  Abgesehen  von  biologisch  interessanten  gehäusetragenden 


136  -^-  Reichenspergeb, 

Lepidopteren-Larven,  einer  unbekannten  Ameisengrille  u.  a.  erwiesen 
sich  allein  unter  den  9  mir  zugesandten  Arten  der  Paussiden-Familie 
nicht  weniger  denn  6  als  neu.  Dadurch  steigt  die  Zahl  der  An- 
gehörigen der  Gattung  Patissus  in  engerem  Sinne  auf  185;  aus 
Abessinien  und  Eritrea  sind  nunmehr  27  Paussiden  bekannt,  von 
denen  22  sich  auf  dieses  Gebiet  beschränken  dürften.  Leider  weist 
unsere  Kenntnis  der  Paussidenwirte  noch  sehr  große  Lücken  auf. 
Dieselbe  ist  unentbehrlich,  wenn  wir  das  Verhältnis  der  Abhängig- 
keit von  Gast  zu  Wirt  und  seine  interessanten  Folgeerscheinungen 
näher  ergründen  wollen.  Insbesondere  wäre  es  unter  Umständen 
entwicklungsgeschichtlich  von  Bedeutung  zu  erfahren,  welche  Wirte 
eine  weitverbreitete  Paussus-Art  an  den  Gegenpolen  ihrer  Verbreitung 
besitzt  oder  welche  Wirte  nächstverwandten  Paussus  -  Arten  zu- 
kommen. Vielleicht  ergäbe  sich  dann  eine  nähere  Erklärung  für 
die  fast  unbegrenzte  Mannigfaltigkeit  der  Gestalt  des  Paussiden- 
fühlers  sowie  eine  befriedigende  Auskunft  über  die  ßoUe,  welche 
den  Wirten  etwa  bei  dessen  Ausbildung  zustand  und  wohl  noch 
zusteht.  Bei  weitem  die  Mehrzahl  der  bisher  bekannt  gewordenen 
Wirte  gehört  der  Myrmicinen-Gattung  Pheidole  an;  auch  die  abes- 
sinischen  Arten  von  Pheidole  beherbergen  nach  Kkistensen's  Funden 
vielfach  Paussiden,  ferner  finden  sich  solche  aber  nicht  selten  bei 
einer  kleinen  Camponotine,  Acantholepis,  die  auch  zahlreiche  Gäste 
aus  anderen  Gruppen  besitzt.  — 

Herrn  P,  E.  Wasmann  bin  ich  für  die  photographische  Auf- 
nahme der  Typen  neuer  Arten  (Taf.  5)  sowie  für  bereitwilligst  zur 
Verfügung  gestelltes  Vergleichsmaterial  seiner  Sammlung,  Herrn 
Prof.  R.  Gestkö  für  den  Vergleich  zweier  eingesandter  Arten  mit 
Stücken  des  Museo  Civico  in  Genua  sowie  für  sonstige  Auskunft  zu 
lebhaftem  Dank  verpflichtet. 

L  Paiissidae. 

1.  Arthropterus  pallidus  Raffe ay. 

Die  Gattung  Arthropterus,  deren  Mitglieder  einerseits  in  Australien 
(über  50  Arten),  andrerseits  in  Afrika  (4  Arten)  sich  finden,  gehört 
größtenteils  dem  extremen  Trutztypus  an.  Da  sie  sich  seltener  in 
den  Ameisennestern  selbst  als  vielmehr  in  deren  näherer  Umgebung 
auflialten  dürften ,  ist  es  nicht  erstaunlich,  daß  bisher  nur  von 
2  australischen  Arten  bestimmte  Angaben  über  den  Wirt  vorliegen. 


Zur  Kenntnis  von  Myrmecophilen  aus  Abessinien.  187 

Von  den  afrikanischen  Arten,  die  übrigens  im  allgemeinen  Habitus 
derart  von  den  australischen  abweichen,  daß  die  Aufstellung-  zum 
wenigsten  einer  neuen  Untergattung  berechtigt  wäre,  fehlten  Wirts- 
angaben ganz.  —  Meine  Exemplare  von  A.  1)01110.118  wurden  in 
Nestern  von  Mefisor  harharns  L.,  imnctatna  Foe.  (2  Stück)  und  von 
AcantJiohpis  capensis  Mayr,  canescens  Em.  gefunden.  Dire  Daoua 
und  Abuker,  März  und  Mai.  —  Ob  beide,  verschiedenen 
Unterfaniilien  angehörende  Ameisen  gesetzmäßige  Wirte 
sind,  erscheint  mir  zweifelhaft,  wenngleich  Gäste  des  allgemeinen 
Trutztyps  aus  naheliegenden  Ursachen  weit  häufiger  mehr-  oder 
vielwirtig  sind  als  Gäste  mit  Symphilen-Charakter. 

2.  Paussiis  2^>'0€erus  Gerst. 

Von  dieser,  gleichfalls  dem  Trutztypus  angehörenden  großen 
Art  sammelte  Herr  Kristensen  2  Exemplare  ohne  Wirtsameise  in 
der  Umgegend  von  Harrar;  Gebel  Hakim  (2000  m),  unter  Steinen,  Mai. 

3.  PaKssus  Ixvistenseni  n.  sp. 

(Fig.  4,  Taf.  5;  Fig.  4,  Taf.  6.) 

Castanens,  subnitidus,  pundatus,  piliferus.  Antennae  validae, 
(üiictdo  primo  suhquadrato,  disperse  punctato.  Clava  oblonga,  latitudine 
duplo  longior ,  lenticularis,  lateribns  anticis  posUcisque  fere  paraUelis, 
perspicue  marginatis;  supra  regidariter  perparum  convexa,  infra  in 
medio  inflata,  ubique  regidariter  dense  punctata,  pilis  minutissimis 
vestita;  dente  hasali  hrevi  valido. 

Frons  antice  truncata,  margine  paidlo  elevato,  fere  plana,  parte 
anteriore  polita,  posteriore  grosse  punctata,  pilifera.  Ocidis  valde  pro- 
minentihus.  Prothorax  irregulariter  punctcdus,  simplex  (non  hipartitus), 
antice  rottindatus,  postice  rectus,  in  medio  paullo  coartatus  et  linea 
transversim  impressa,  linea  longitudinali  tnedia  brevissima.  Elijtra 
elongata,  thorace  duplo  latiora,  sicid  pygidium  dense  punctata,  punctis 
breve  piliferis.     Pedes  validi  non  dilatati  aut  compressi. 

Long.  9,5 — 10,  lat.  3,5.  mm. 

P.  Jiristenseni,  zu  der  großen  Gruppe  mit  linsenförmiger  Fühler- 
keule ohne  Stirnhorn  oder  Stirnpore  gehörend,  nähert  sich  in  der 
Form  der  Fühler  und  allgemeinem  Habitus  dem  P.  abessinicus  Raffe. 
Er  unterscheidet  sich  deutlich  von  ihm  dadurch,  daß  auf  der  Fühler- 
keule keine  Furchen  wahrnehmbar  sind,  ferner  ist  der  Kopf  flacher, 
nach  vorn  sehr  wenig  abfallend,  gerade  abgeschnitten   mit  etwas 


Jgg  A.  Reichensperger, 

aufgebogenem  Rande  und  Ecken.  Der  vordere  Teil  des  Thorax  ist 
flacher,  oben  kaum  gerundet  und  ohne  vollständigen  seichten  Längs- 
eindruck, vielmehr  nur  mit  einer  unmittelbar  vor  dem  Hinterende 
beginnenden,  ganz  kurzen,  scharf  eingerissenen  Längslinie,  welche 
die  Querfurche  schneidet  und  sich  auf  dem  hinteren  Prothöraxteil 
kurz  fortsetzt.  Dieser  ist  fast  ebenso  breit  wie  der  vordere  Teil 
und  nur  sehr  wenig  kürzer.  In  der  Thoraxmitte  ist  die  Punktierung 
und  Behaarung  spärlich,  diese  Stelle  ist  glänzender  als  die  Um- 
gebung. Flügeldecken  parallel,  wenig  gewölbt,  rauh  punktiert  und 
am  Seitenrande  deutlicher  behaart.  Der  Hinterrand  der  Decken  ist 
stumpfkantig  abgestutzt  und  läßt  einen  Teil  des  Pygidiums  unbe- 
deckt. —  Von  dem  plumperen  P,  laevifrons  Westw.  ist  die  Art 
durch  Form  und  Skulptur  von  Fühlerkeule,  Thorax  u.  a.  leicht  zu 
unterscheiden. 

Abessinien:  Harrar.  Gebel  Hakim  (2000  m),  Dire  Daoua,  eine 
Anzahl  von  Exemplaren ;  unter  Steinen,  ohne  Wirtsameise,  März— Mai. 

Ich  widme  die  Art  ihrem  Entdecker. 


4.  Paiissus  glohieeps  n,  sp. 

(Fig.  5a,  b,  Taf  5;  Fig.  5,  Taf.  6.) 

Fuscocastaneus ,  subnitidus.  Antennae  compadae,  articuJo  primo 
lato  glohoso,  antice  paullo  marginato;  clava  vix  longior  quam  lata, 
antice  et  apice  marginata,  postice  haut  marginata,  basi  dente  brevi  valido, 
paullo  recurvato;  supra  convexa,  infra  in  medio  valde  inflata;  supra 
nitida,  punctis  nonnullis  piliferis,  apice  semilunariter  opaco,  densissime 
subtiliter  punctato.  Caput  valde  globosum,  inflatum,  antice  rectum,  fronte 
concava  nitida;  Vertex  valde  inflatus  densissime  pilosus  (Textfig.  A).  — 
Prothorax  subinteger,  capitis  latitudine  simplex,  antice  lateribus  rotundatis 
dense  pilosis,  postice  rectis;  in  medio  transversim  impressus,  minus 
pilosus,  subnitidus.  Elytra  arcuata,  parallela,  thorace  vix  latiora,  dense 
punctata,  pilifera.  $$;  Pygidium  valde  prominens,  dense  punctatum, 
piliferum;  ^^:  pygidium  elytris  obtectum.  —  Pedes  perbreves,  validi, 
incrassati. 

$;  Long.  8,5 — 9,  lat.  3  mm.     cJ;  long.  5,5,  tat.  2  mm. 

P.  globiceps  gehört  gleichfalls  zu  der  Gruppe  mit  linsenförmiger 
Fühlerkeule  ohne  Stirnhorn,  nimmt  in  ihr  jedoch  durch  die  fast 
ganz  parallele  Gestalt  und  die  auffallende  Form  des  Kopfes  eine 
besondere  Stellung  ein.  —  Die  Fühlerkeule  ist  kurz  gedrungen 
(Fig.  5,  Taf.  6),  außen  nicht  gerandet  und  ohne  merkliche  Furchen ; 


Zur  Kenntnis  von  Myrmecophilen  aus  Abessiuien.  139 

sie  glänzt  ziemlich  stark  mit  Ausnahme  der  Spitze,  die  halbmond- 
förmig sehr  dicht  und  fein  punktiert  und  dadurch  matt  ist.  —  Der 
Kopf  ist  hochgewölbt,  wie  aufgetrieben,  oben  und  seitlich  sehr  dicht 
und  fein  abstehend  goldgelb  behaart;  die  Stirn  fällt  nach  vorn  steil 
konkav  ab,  der  abfallende  Teil  ist  hochglänzend,  mit  geradem,  etwas 
gekieltem  Vorderrand  und  schwach  aufgebogenen  Ecken.  Der 
Thorax  ist  breit,  der  hintere  Teil  wenig  gegen  den  vorderen  ab- 
gehoben und  verengt,  der  seinerseits  dem  Kopf  an  Breite  ungefähr 
gleichkommt ;  die  obere  Fläche  ziemlich  eben,  sehr  spärlich  zerstreut 
])anktiert,  glänzend;  die  Seiten  nebst  der  vorderen  Rundung  sind 
dicht  kurz  goldgelb  behaart. 

Die  Flügeldecken  sind  von  den  Schulterecken  seitlich  nach 
unten  einwärts  gebogen,  und  ihr  Rand  ist  nach  hinten  geschweift; 
überall  eingestochen  punktiert,  mit  oben  ganz  kurzer,  seitlich  zum 
Rande  zu  jedoch  länger  werdender  Behaarung.  Das  Pygidium  tritt 
beim  $  vor,  ist  gleichmäßig  punktiert  und  in  der  Mitte  kurz,  seit- 
lich und  am  Rande  etwas  länger  behaart. 

Harrar,  Gebel  Hakim,  März  und  Juni ;  mehrere  Exemplare,  teils 
ohne  Ameisen  unter  Steinen,  teils  bei  AcantJiolepis  capensis  Matr, 
canescens  Em.  im  Nest. 

Während  P.  h-istenseni  gleich  den  anderen  Angehörigen  seiner 
Gruppe  einen  reinen  Trutztypus  aufweist,  ist  bei  gloUceps  ein  ent- 
schiedener Fortschritt  auf  den  Symphilen- 
Charakter   hin   gegeben,    der    sich    be- 
sonders  durch    die    dichte,    wenn   auch 
noch  kurze  Behaarung  zeigt;   eine  ähn- 
lich  stark  ausgebildete  kommt  bei  den 
übrigen  bekannten  Mitgliedern  der  Gruppe 
nicht  vor.    Auch  die  parallele  gewölbte 
Gestalt    nähert     sich     derjenigen     der      ^.     .      „    ,  , .        ,.    . 
noiier    dmerenzierten    Paussiden.      Die         von  der  Seite  gesehen. 
Bildung  der  Beine  deutet  noch  auf  den 

Trutztypus  hin,  da  ihnen  eine  weitgehende  Verbreiterung  eigen 
ist,  im  Verhältnis  stärker  als  beispielsweise  bei  P.  procerus.  Aller- 
dings treffen  wir  eine  solche  Verbreiterung  ja  auch  häufig  als  Schutz- 
anpassung bei  den  höchststehenden  Symphilen  der  Gruppe  mit  ge- 
teiltem Halsschild. 

Bemerkenswert  ist  bei  gloUceps  der  auffallende  Größenunterschied 
der  Geschlechter,  da  im  allgemeinen  (^  und  $  bei  den  Paussiden 
kaum  verschieden  erscheinen. 


J90  ^-  Reichensperger, 

5.  Paussus  laetiis  Gerst. 

Diese  Art,  welche  bereits  von  Raffray  in  Höhe  von  etwa  2000  m 
häufig  gefunden  wurde,  ist  u.  a.  von  Dr.  Andreini  ebenfalls  mehrfach 
und  zwar  bei  Acaniholepis  capensis  canescens  unter  Steinen  gesammelt 
worden.  Auch  meine  zahlreichen  Exemplare  stammen  nur  von  dieser 
Wirtsameise  her,  so  daß  die  Art  zweifellos  gesetzmäßig  bei  Acaniho- 
lepis lebt.  In  der  Färbung  der  Flügeldecken  zeigen  sich  sehr  geringe 
Variationen,  insofern  die  rötlich-braunen  Randpartien  bald  etwas 
schmäler,  bald  breiter  sein  können.  Bei  PaussomorpJius  schwankt 
nach  Gesteo  (1909)  die  Ausdehnung  der  dunklen  Flügeldecken- 
zeichnung viel  erheblicher. 

Harrar,  Gebel  Hakim,  Bisa  Timo  (ca.  1300  m).    März  bis  Juni. 

6.  Paussus  eapreoJus  n.  sj). 

(Fig.  3,  Taf.  5;  Fig.  7,  Taf.  6.) 

Bufopiceus,  elytris  nigris;  subopacus,  tkorace  nitido.     Antennae  dense 
pimctatae  et  granulosae,  articulo  primo  cylindrico;  clava  perlonga,  septies 
longior   articulo   primo,   paullo  recurva,   angtista,   apicem  versus  paiülo 
angustata;  dente  hasali  hrevi,   acuto;   extus  tuhercidis  sex  versus  apicem 
minorihus.  —    Caput  antice  paullo  depressum,   antice  bilobatum,  vertice) 
utrinque  supra  oculos  foveola  parva  cicatricosa.    Thorace  hipartito,  capiU; 
duplo  longiore;  parte  antica  hrevi,  paullo  latiore  capite,  acute  angulata,) 
trisinuata;  sulca  inter  partem   anteriorem    late    aureopenicillata ;  parte-, 
posteriore  patdlo  angustiore,   profunde   nitidissime   impressa;    laterihm: 
excavationis  acute  elevatis;  hasi  rede  truncata.   Elytra  levissime  coriacea 
pilis   subalbidis    dispersis.      Margines   laterales   elytrorum   sicut   margo 
pygidii   setis    longis   rufescentibus   ornati.     Pedes    stibnitidi,    vix  pilosi, 
solorum  posteriorum  femora  tibiaeque   valde  compressa  et  dilatata,  pilis 
subalbidis  marginata. 

Long.  5,  lat.  2  mm. 

P.  capreolus  steht  dem  P.  latreillei  Westw.  und  P.  tigrinus  Gestro 
einerseits  nahe,  andrerseits  leitet  es  von  diesen  über  zu  P.  cerambyx 
Wasm.  Mit  den  ersteren  zeigt  er  einige  Übereinstimmung  in  Färbung 
und  allgemeinem  Habitus,  unterscheidet  sich  aber  durch  die  stärker 
gebogene,  viel  dünnere  und  im  Verhältnis  etwas  weniger  lange 
Fühlerkeule  von  ihnen.  Deren  Ober-  und  Unterseite  ist  wie  das 
1.  Fühlerglied  lederartig  rauh  punktiert,  fast  geperlt.  Die  Keule 
hat  etwa  ^/g  der  Gesamtlänge  von  Kopf  nebst  Thorax,  sie  ist  messer- 


Zur  Kenntnis  von  Mynnecuiiliilen  uns  Abessinieu.  191 

aitij?  flach  zusanimeiioedrückt  —  viel  flacher  als  bei  laircillei  — 
und  iiiniint  zur  Si)itze  g^anz  allmählich  an  Breite  ab.  Am  Hiiiter- 
rauile  nur  äußerst  geringe  Spuren  einer  Furchenbil-dung  mit  6  un- 
merklichen Giübchen  oben  und  (>  kleinen  Wärzchen  unten,  die  zur 
Spitze  hin  an  (-irüße  abnehmen  und  wenige,  aber  deutliche  Bürstchen 
tragen.  An  der  Keulen basis  ein  kräftiger  Zahn.  —  Der  Kopf  ist 
vorn  kurz  eingeschnitten  und  bildet  zwei  nach  innen  abgerundete, 
nach  außen  mehr  stumpfwinkelige,  vorn  glänzende  Lappen.  Zum 
Scheitel  sanft  ansteigend,  sehr  dicht  fein  punktiert,  matt.  Jeder- 
seits  beflndet  sich  dicht  oberhalb  der  Augen  eine  seichte  Furche 
und  an  deren  Hinterende  eine  schwärzliche  kleine  Pore.  Thorax 
sehr  wenig  länger  als  breit;  der  vordere  Teil  ist  quer  kiellörmig, 
nach  hinten  stark,  nach  vorn  schwächer  abfallend,  zerstreut  be- 
borstet, mit  einer  mittleren  und  jederseits  einer  seitlichen  Furche. 
Die  Basis  des  Vorderteils  reicht  weniger  weit  nach  hinten  als  bei 
r.  cemmhjx  und  ist  stumpfer.  Die  sehr  breite  Querfurche  zwischen 
beiden  Thoraxteilen  zeigt  dichtes,  goldgelbes  Haartoment.  Der  ab- 
schüssige Teil  zur  Thoraxgrube  hin  ist  hochglänzend,  oben  nahe  dem 
Hinterrande  sind  2  rundliche  Erhebungen.  Die  Seitenränder  der  Aus- 
buchtung des  hinteren  Thoraxteiles  sind  schmal  erhaben  mit  gerundet 
vorgezogenen  Vorderecken.  —  Farbe  der  Flügeldecken  schwarz  mit 
zerstreut  regelmäßiger  weißer  Beborstung.  Der  Seitenrand  trägt 
sehr  starke  lange,  nach  hinten  gekrümmte  goldgelbe  Borsten  (fehlen 
bei  P.  ceramhyx).  Das  Pj'gidium  besitzt  lange,  dichte  Trichom- 
büschel  an  seinem  Hinterrande  (fehlen  bei  P.  JaireilJei).  Schenkel 
und  Tibien  der  Hinterbeine  stark  verbreitert  und  zusammengedrückt. — 
Ein  näherer  Vergleich  mit  P  tigrinus,  Gestro  1901,  der,  ebenfalls 
aus  Abessinien  stammend,  von  Raffray  seinerzeit  als  Jatreülei 
(Senegal),  bestimmt  worden  war,  ließ  sich  leidei-  wegen  der  knappen 
Diagnose  Gestro's  nicht  durchführen.  P  capreolus  weicht  insofern 
noch  weiter  von  tif/rinus  ab,  als  bei  letzterem  bereits  „clava  anten- 
narnm  minus  incurva,  excavatione  exteriori  paidlo  Jatiore^^  ist  als  bei 
lafmllfi. 

Diese  Art  steht  zweifellos  auf  einer  sehr  hohen  Stufe  echten 
'  Gastverhältnisses  zu  ihren  Wirten,  da  außer  den  Beinen  kein  Körper- 
;teil  ohne  Exsudatorgan  oder  Trichome  ist. 

1         Harrai',  Dire  Daoua,  März,  bei  Pheidole  rotimdata  For.  ilgi  Für. 
U  Stück. 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    Al.t.  f.  Svst.  13 


j^92  ■^-  Reiciiknsi'ekgek, 

7.  JPaussits  anxius  n.  sjt. 

(Fig.  1,  Taf.  5;  Fig.  ß,  Taf.  ö.j 

Fnscopiceus,  clytris  ohscurioribiis,  opactis,  totus  hrcve  et  disperse 
albido  setosus.  Antennarum  articulo  primo  qjlindrico,  suhrohindato  ; 
clava  lata  naviculari;  margine  antico  rotimdato  paullo  ohtuse  serrato, 
quattnor  fovris  impressis:  margine  posfiro  supra  quitique  sulcis  trans- 
versis,  obsoletis  et  ohscuris;  infra  sexcostata,  margine  costarum  penidllato; 
antennarum  clava  basi  tridentata.  Caput  thoracis  fere  latitudine,  antice 
hilobatum,  carinatum,  haud  depresswn;  in  vertice  foveis  duabus  fere 
triangularibus.  Thorax  bipartitus,  partibus  inter  se  longitudine  et  lati- 
tudine fere  aequalibus;  parte  anteriore  lateribus  angulatis  subdentatis, 
in  medio  sulco  brevi ;  parte  postica  antice  profunde  excavata  et  trisulcata. 
Elytra  lata,  subquadrata,  margine  posteriore  serie  setarum  aurearum 
longarum.  Pedes  breves,  posteriores  magis,  medii  et  anteriores  minus 
dilatati  et  compressi. 

Long.  4,7—5  mm,  lat.  2  mm. 

P.  anxius  weist  sich  durcli  den  borstenbesetzten  Hinterrand  der 
tiefgefurchten,  kahnförmigen  Fülilerkeule  als  zur  denticulatus-Gn\])[)e 
geliörend  aus.  Im  gesamten  Habitus  sowie  in  Kopf-  und  Thorax- 
bildung ver-niittelt  die  Art  einen  Übergang  zu  P.  aureof/mbriatiis 
Wasm.;  jedoch  ist  die  Gestalt  etwas  weniger  vierschrötig,  die  Fühler- 
keule im  Verhältnis  um  ein  Geringes  kleinei'.  Die  am  oberen  wie 
am  unteren  Hinterrande  ganzrandige  Keule  ähnelt  am  meisten 
der  des  P.  excavatus  Westw.;  sie  trägt  jedoch  unten  6  zur  Spitze 
hin  an  Größe  abneiimende  Borstenpinsel;  in  der  Höhlung  sind  6  deut- 
liche Furchen  vorhanden,  5  sehr  schwach  angedeutete  etwas  schwärz- 
liche befinden  sich  auf  der  Oberfläche  nahe  dem  Hinterrande.  Vorder- 
rand zusammengedrückt,  mit  4  deutlichen  Grübchen.  Die  Scheitel- 
bildung ist  der  von  aureofhnbriatus  ähnlich,  aber  weniger  erhaben, 
mit  2  deutliclien  Poren.  Krstes  Füblerglied.  Kopf  und  Thorax  sind 
fein  lederartig  gerunzelt,  punktiert,  matt.  Der  vordere  Thoraxteil 
ist  kielförmig  mit  3  seichten  Furchen,  von  oben  gesehen  an  den 
Seiten  zahnförmig  vorsi)ringend,  wenig  breiter  und  küi'zer  als  der 
Kopf.  Seiten  des  hinteren  Thoraxteils  kräftig,  ziemlich  weit  nach 
vorn  reichend,  so  daß  die  Grube  fast  rechteckig  scharf  hervortritt; 
Trichome  nur  an  deren  Hand  schwach  entwickelt.  —  Die  Flügel- 
decken sind  schwarz,  dicht  fein  punktiert,  matt,  mit  weißen  kurzen 
Borsten  belegt;  die  Decken  fallen  über  das  nicht  vorstehende  Pygidium 
ziemlich  steil  nach  hinten  ab  und   tragen  auf  den  abfallenden  Par- 


Znr  Kenntnis  von  Myrmecophilen  aus  Abessinien.  193 

tieii  sowie  am  llinteiTande  spärliche,  lange,  goldgelbe  Bürsten,  welche 
zu  3—5  zu  einem  Pinsel  vereinigt  sind. 

Harrar.  Bisa  Timo.  Mai.  2  mal  in  Nestern  von  Pheidole  caffra 
Em.  abyssinica  For,  je  1  Exemi)lai'. 

8,  Patisstfs  niodestffs  n.  sp. 

(Fig.  2,  Tat".  5:  Fig.  8,  Taf.  6.) 

Castaneus,  paullo  nitidus,  suUiliter  pundatus,  parvus  et  angustns. 
Auiennarum  articulo  primo  sid)quadrato,  clava  capite  vix  maior,  orhi- 
adaris,  ridde  compressa,  foUiformis,  prope  basin  paidlo  incisa,  rotundata, 
deme  et  subtiliter  punctata;  postice  usque  ad  teHiam  latitudinis  partem 
heiter  excavata,  margine  inferiore  vulde  porrecto,  sulcis  sex  obsoletis 
transversis,  setulis  minimis  albidis  ornato;  margine  superiore  perpaidlo 
crenulato,  puncfis  qninque  nigris.  —  Capid  thoracis  latitudine,  antice 
paidlo  carinatinn  et  incisuni,  vetiice  supra  oados  idrimque  breviter  cornuto, 
cornibus  inter  se  carina  tdrimque  incisa  connexis.  Thorax  bipartitus, 
latitudine  paullo  longior,  lateribus  parallelis;  pars  anterior  posteriore 
paidlo  brevior:  pars  anterior  lateribus  subrotundatis,  in  medio  obsolete 
impressa,  posterior  lateribus  rectis,  angidis  anticis  obtusis,  paidlo  elevatis 
breviter  aureo-penicilJatis ;  pars  anterior  magis,  posterior  minus  dense 
subtditer  punctatae.  —  Elytra  oblonga  lateribus  impressis,  margine 
laterali  praeter  basin  setis  aiireis  longis  reflexis  ornato;  prope  apicem 
ehjtrorum  Serie  hrevi  setarum  depressarum.  In  pijgidio  series  setarum 
perlongarum  alhidarmn ,  qiiarum  basis  aurea.  Pedes  valde  dilatati  et 
compressi. 

Long,  vix  4  mm,  lat.  1\^  mm. 

P.  modestus,  der  Gruppe  mit  blattförmiger  Fühlerkeule  angehörend, 
steht  dem  P.  kohli  Wasm.  einerseits,  dem  P.  bicornis  Was.m.  anderer- 
seits nahe.  Von  bitubercidatus  Kolbe  unterscheidet  er  sich  ohne 
weiteres  durch  die  gänzlich  plattgedrückte  Fühlerkeule,  deren  seichte 
Eint'urchung  außerdem  nicht  winklig,  sondern  ganz  gerundet  vor- 
gezogen ist.  In  der  Art  der  Furchenbildung  ist  eine  große  Ähnlich- 
keit mit  kohli  gegeben,  jedoch  sind  keine  Basalecken  oder  Spitzen 
an  der  Keule  vorhanden,  wie  bei  jenem,  vielmehr  ist  dieselbe  überall 
gerundet,  im  ganzen  fast  kreisförmig.  Von  bicornis  endlich  unter- 
scheidet sich  modestus  in  der  Form  der  Fühlerkeule,  Skulptur  des 
Kopfes,  Verhältnis  der  Thoraxteile  zueinander,  Art  der  Behaarung 
und  allgemeiner  Färbung. 

Auf  dem  Kopf  erhebt   sich   oberhalb  der  Augen  jederseits  ein 

13* 


2^94  A..  Eeichensperger, 

kleines  Hörnclien.  das  mit  einer  deutlichen  ländlichen  Grube  ver- 
sehen ist.  Die  Hörnchen  sind  quer  über  den  Scheitel  in  doppelter 
Weise  miteinander  verbunden:  nach  vorn  zu  durch  eine  stumpf- 
winklig in  der  Scheitelmitte  gebrochene  schwache  Leiste ;  nach  hinten 
durch  einen  sanft  gerundeten  glänzenden  dunkelbraunen  Kiel  (Fig.  8 
Taf.  6).  So  entsteht  zwischen  den  Hörnchen  ein  an  der  Spitze  stumpf- 
winkliges Dreieck  mit  etwas  konkaver  Basis.  Der  Kopf  ist  kürzer 
als  breit.  Die  Thoraxteile  sind  unter  sich  ungefähr  gleich  an  Länge 
wie  an  Breite,  zusammen  1^/4  mal  so  lang  wie  der  Kopf.  —  Elytren 
etwas  gewölbt,  zugerundet,  das  Pygidium  zum  Teil  freilassend,  fein 
punktiert.  Die  hinteren  -/g  des  Seitenrandes  sind  mit  kurzen  starken, 
fast  anliegenden  goldgelben  Borsten  versehen,  eine  halbkreisförmige 
Reihe  ebensolcher  Borsten  befindet  sich  jederseits  oben  auf  den 
Elytren  nahe  dem  Hinterrande.  Am  Rande  des  Pygidiums  sehr 
lange  stark  entwickelte  Trichome. 
Harrar,  Juli.    Wirtsameise  fehlt. 

9.  Hylotoi'us  caroJi  n.  sp. 

(Fig.  6,  Taf.  5.) 

Ferrugineus,  pedibus  flavis,  parallelus,  cylindncus,  subopants.  Caput 
magnuni ,  semiglobosum ,  dense  et  regulariter  imndatnm :  from  sulco 
unico  in  medio  frontis  furcato  duobus  ramis  furcae  divergentihus,  apice 
cicatricosis.  Ocidi  parvi,  anguste  reniformes.  Antennarmn  artirido 
primo  perparvo,  subquadrato ;  clava  multo  majori,  ovali,  acuminato,  apice 
penicillato,  intus  prope  marginem  inferioreyn  carinata.  Frans  idrimque 
ad  recipiendas  antennas  vdlde  excavatus.  Thorax  pundatus,  antice 
capitis  latitudine,  postice  constrictus;  parte  anteriori  maiori,  sulco  tenui 
transverso;  parte  posteriori  antice  forte  bisimtata,  in  medio-  siüco  trans- 
versa forti,  basi  recta.  —  Elijtra  basi  constricta,  dorso  medio  plana,  tota 
levissime  coriacea.  Pedes  breves,  femoribus  tibiisque  ynaxime  dilatatis  et 
compressis. 

Long.  5 — 5,5  mm,  lat.  2  mm. 

H.  caroli  schließt  sich  eng  an  den  H.  blanchardi  Raffe,  an,  mit 
dem  er  im  allgemeinen  Aussehen  und  in  der  Färbung  ziemlich  über- 
einstimmt. Er  unterscheidet  sich  von  ihm  jedoch  entschieden  durch 
ganz  andere  Skulptur,  schwächeren  Glanz,  Form  von  Kopf  und 
Thorax  und  Verlauf  der  Porenrinnen  auf  dem  Vorderkopf.  Gleich 
P.  blanchardi  besitzt  caroli  zwei  Stirnporen ;  während  die  von  diesen 
auf  den  Vorderrand  des   Kopfes  zu  führenden  Rinnen  jedoch   bei 


Zur  Kenntnis  von  Myrniecophilen  ans  Abessinien.  195 

hlanchardi  nur  selir  wenig  konvergieren  und  kurz  darauf  endigen, 
oline  zusammenzulaufen  (Raffr,  1887,  tab.  16,  fig.  27),  treffen  sie 
bei  varoli  bald  zusammen  und  gehen  in  eine  gemeinsame  schwärz- 
liche, deutliehe  Rinne  über,  welche  sich  bis  an  den  Vorderrand  des 
("lypeus  erstreckt.  —  Der  Kopf  ist  von  oben  gesehen  vorn  ge- 
rundeter, glänzend,  schwach  punktiert  und  zerstreut  kurz  behaart; 
seine  hintere  Hälfte  ist  dicht  grob  punktiert,  wie  der  vordere  kragen- 
förmige  Teil  des  Prothorax.  Quer  über  diesen  verläuft  eine  breite 
seichte  Furche  und  von  ihrer  Mitte  aus  eine  flache  Einsenkung 
zum  hinteren  Teil  des  Thorax.  —  Dieser  ist  feiner  punktiert,  mit 
V(irn  zwei  bogigen  Einsenkungen  und  einer  engeren,  etwas  tieferen 
rundlaufenden  Quereinschnürung  hinter  der  Mitte;  seine  Basis  ver- 
läuft geradlinig.  Der  vordere  Thoraxteil  ist  weder  viel 
länger  noch  viel  breiter  als  der  hintere.  Flügeldecken 
sehr  fein  lederartig  gerunzelt  und  punktiert,  nur  scheinbar  schwarz 
gefärbt;  in  der  Tat  sind  sie  heller  oder  dunkler  braungelblich;  die 
schwarze  Farbe  wird  dadurch  verursacht,  daß  der  dunkle  Körper 
und  die  zusammengelegten  stark  schwärzlichen  Flügel  durchscheinen. 
—  Die  Beine  sind  sehr  stark  verbreitert,  flach  und  kurz  und  können 
in  seichte  Ausbuchtungen  von  Kopf  und  Körper  angelegt  werden. 

Harrar.  Gebel  Hakim,  Bisa  Timo,  März  bis  Juli.  Eine  Reihe 
von  Stücken  aus  Nestern  der  Pheidole  megacephala  Fab.,  hin  und 
wieder  auch  bei  Pheidole  rotimdata  Mayr,  ilgi  Foe.  —  Ich  widme 
die  Art  meinem  Vater,  der  an  meinen  Bestrebungen  stets  regsten 
Anteil  nahm,  zum  70.  Geburtstage. 

Die  Kopfdrüsen   von   Hylotorus. 

H.  caroh  ist  die  fünfte  Art  dieser  interessanten  Gattung,  die 
man  wohl  als  eine  parasitische  Degeneration  des  Paussus-Typus  an- 
sehen muß.  Ihre  Mitglieder  sind  bisher  auf  Afrika  beschränkt: 
Süd-Afrika  2  Arten,  .Sierra  Leone  1  Art,  Abessinien  2  Arten.  Der 
Schutztyp  ist  aufs  höchste  entwickelt,  da  sämtliche  Extremitäten 
nebst  den  Mundteilen  durch  Lage  und  Bau  geborgen  sind.  Mit  an- 
gezogenen Gliedmaßen  ähnelt  unser  Tier  einer  kleinen,  für  Ameisen- 
kiefer unangreifbaren  Walze.  —  Gleichwohl  ist  der  Symphilen- 
charakter  noch  durch  die  Stirnporen  gekennzeichnet.  Die  Fühler 
haben  gar  keine  secretorische  Funktion  mehr,  sind  aber  ebenso  wie 
die  Schenkel  und  Tibien  der  Beine  überreich  mit  großen  und 
kleineren  Sinnesorganen   ausgestattet.     Auch   der  feine  Haarpinsel 


196  ^-  Reichensperger, 

an  der  Fühlerspitze  besteht  aus  Sinnesborsten,  welche  mit  einem 
mehrfach  verzweigten  Fühlerläng-snerven  in  Zusammenhang-  stehen. 
Die  Struktur  der  Stirnporen  habe  ich  auf  Frontal-  und  Tan- 
gentialschnitten  durch  den  Kopf  näher  untersucht,  um  Klarheit  über 
ihre  Funktion  zu  erhalten.  Nach  den  Befunden  ist  es  gewiß,  daß 
sie  der  Secretion  dienen,  und  gemäß  ihrer  kräftigen  Entwicklung 
dürfte  ihnen  eine  bedeutsame  Rolle  für  das  Tier  zufallen. 

Die  äußere  Porenöffnung  ist  von  einer  verdickten  Chitinschicht 
wallförmig  umgeben,  etwas  verengt  und  von  länglich-ovaler  Form. 
Sie  bildet  den  Ausgang  einer  tiefen  becherförmigen  Einsenkung; 
dieselbe  verbreitert  sich  zunächst  etwas,  wird  dann  schmäler  und 
geht,  wieder  breiter  w^erdend,  in  ein  Bodenstück  über.  Die  Wände 
des  Bechers  werden  bis  unmittelbar  hinter  der  Verengung  von 
soliden  Chitinlamellen  gebildet;  dann  aber  wird  das  Chitin  etwas 
dünner  und  ist  von  zahlreichen  größeren  und  kleineren,  selten  regel- 
mäßig stehenden  Poren  durchbrochen.  Dieselben  liegen  meist  ziem- 
lich dicht  beieinander  und  sind  schwach  wallförmig  umrandet.  Auf 
diese  Art  kommt  ein  umfangreiches  Sieb,  ein  Cribellum,  zustande.  — 
In  dichten  Lagen  befinden  sich  rings  um  die  Außenwände  des 
Bechers  große  Drüsenzellen,  von  w^elchen  jede  einzelne  einen  sich 
langsamer  oder  schneller  verengenden  Ausführgang  zu  dem  Cribellum 
hinsendet,  wo  er  sich  an  eine  Pore  anschließt.  Der  Eindruck  eines 
Pseudacinus  tritt  bei  Hylotorus  viel  weniger  deutlich  zutage,  als  das 
bei  den  Stirndrüsen  von  Paussus  ciicullatus  nach  Wasmann  1903  der 
Fall  ist. 

Die  Drüsenzellen  sind  von  oval-birnförmiger  Gestalt;  ihr  Plasma- 
inhalt ist  feinkörnig,  wenig  vacuolisiert ;  die  fast  stets  rundlichen 
Kerne  sind  mittelgroß  und  liegen  dem  inneren 
Ende  der  Zellen  genähert;  sie  zeigen  mehrere 
deutliche  Kernkörperchen.  In  den  meisten  Zellen 
ließen  sich  trotz  einfacher  Alkoholkonservieruug 
des  Materials  die  Drüsenbläschen  sehr  gut  wahr- 
Fig.  B.  Etwas  schräger  nehmen ;  sie  sind  im  allgemeinen  länglich  ge- 
von^HyMorns]  ^Schra^  Streckt,  mit  deutlichem  Kanal  in  der  Mitte,  wie 
fiert: Gehirn: punktiert:  er  an  dem  Querschnitt  Fig.  3,  Taf.  6  zutage 
Zellen  mn  die  beclfer-  tritt.  —  Die  Länge  der  Zellen  nebst  Ausführ- 
förmigeuEinsenkungen.  gang  kann  bis  0,26  mm  betragen,  bei  einer 
größten  Breite  von  0,04  mm.  Nach  außen  zu 
wird  der  ganze  umfangreiche  Drüsenkomplex  von  einer  einfachen 
bis    doppelten    Lage    der    chitinbildenden    Epithelzellen    begrenzt, 


Zur  Kenntnis  von  Myrmecopliilen  aus  Abessinien.  197 

welclie  am  Cribellum  sehr  reduziert  erscheinen;  nach  innen  reichen 
die  Drüsen  bis  an  das  Gehirn,  um  das  sie  sich  vorn  und  oben 
schwach  kapselfürmig  gewölbt  legen.  Die  gesamte  Tiefe  der  becher- 
förmi<reii  Gruben  beträgt  etwa  bis  0,32  mm,  ihre  größte  Breite 
0.11  mm.  Sie  sind,  wie  oben  erwähnt,  paarig  vorhanden  und 
konvergieren  etwas  in  ihrem  Verlauf  nach  innen  zu.  Auf  den 
Schnitten  zeigten  sich  meist  im  Lumen  der  Becher  noch  Secret- 
ansammlungen  in  ziemlicher  Menge  von  fadiger,  feinkörniger  Struktur 
(Fig.  5  Taf.  6). 

Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  daß  wir  in  den  Elementen  des 
Drüsenkoniplexes  modifizierte  einzellige  Hautdrüsen  vor  uns  haben, 
welche  ins  Innere  des  Kopfes  verlagert  sind.  Andere  vereinzelte 
Diüsen.  wie  sie  bei  P.  cucidlatns  vorkommen,  waren  im  Kopf  von 
Hi/lotonts  nicht  zu  finden.  Auch  fehlt  hier  ein  bei  jenem  vorhandener 
Kranz  von  Sinnesborsten  um  den  Poi-enausgang;  nur  ganz  zerstreute 
Sinneshaare  wurden  angetroffen.  Hieraus  scheint  mir  ebenfalls 
hervorzugehen,  daß  der  Trutzcharakter  den  Sj-mphilencharakter 
zurückdrängt,  wenngleich  die  Entwicklung  der  Stirnporendrüsen 
selbst  keinerlei  regressive  Merkmale  erkennen  läßt.  Leider  ist  noch 
unbekannt,  wie  sich  die  Wirte  dem  Hylotorus  gegenüber  verhalten 
und  ob  dessen  Nahrung  im  wesentlichen  aus  Ameisenbrut  besteht, 
was  ich  nach  Untersuchung  eines  Mageninhalts  faßt  vermuten  möchte. 

IL  Clavigeridae. 

1.  Clarif/erocles  (tbesslniciis  Raffe.  (1877). 

In  mehreren  Stücken  aus  Nestern  von  Acmitholepis  capensis 
Mayk,  cauescens  Em.  Bisa  Timo  bei  Harrar,  April  und  Mai.  Von 
Escherich  1906  bei  Acantholepis  simplex  Foe.  gesammelt. 

2.  Clat'if/erodes  raffrayi  Wasm.  (1912). 

In  einem  Exemplar  mit  den  vorigen  zusammen  bei  der  gleichen 
Wirtsameise.    Bisa  Timo.  Mai. 

3.  Articeroffe.s  sjjriacHS  (Saulc.  1865). 

Mehrere  Stücke  dieses  sehr  kleinen  Clavigeriden  stammen  eben- 
falls aus  einem  Nest  von  Acantholepis  cap.  can.  Harrar,  Juni.  Die 
Art  hat  einen  verhältnismäßig  weiten  Verbreitungsbezirk:  Syrien, 
Mesopotamien,  Bukhara.  Karatak  und  Abessinien.  wo  sie  bereits  von 


198  ^-  Reichenspergeh, 

Raffeay  aufgefunden  wurde.  Saulcy  gibt  sie  (1874)  für  Syrien  an 
als:  „Parasite  d"une  petite  fourmi,  qui  vit  sous  les  pierres";  wahr- 
scheinlich handelte  es  sich  um  eine  Lasius- Art.  Dagegen  dürften 
Raffkay's  abessinische  Exemplare  bei  AcantJwlepis  gefunden  sein, 
wenngleich  ihre  Etikette  den  Vermerk  „Lasius''  trägt  (Wasmann, 
Krit.  Verz.,  1894),  da  Acantholepis  cap.  und  Lasius  niger  gewisse 
Ähnlichkeit  besitzen  und  erstere  in  einem  Teil  von  Abessinien  in 
etwa  die  Stelle  zu  vertreten  scheint,  die  bei  uns  L.  niger  einnimmt. 


III.  Cossj  phodidae. 

1.  CossiJX>ho(}€S  raffrcuji  (Gestro  1874). 

Die  zahlreichen  Exemplare  dieses  durch  die  Größe  der  Augen 
und  durch  die  Deutlichkeit  der  Flügeldeckenrippen  ausgezeichneten 
Cossyphodes  stammen  alle  aus  Nestern  von  Acantholepis  capensis 
canescens.  Es  scheint  demnach,  daß  die  Art  an  diesen  einen  Wirt 
gebunden  ist,  sehr  im  Gegensatz  zu  der  folgenden.  Gestro  gibt  in 
seiner  Diagnose  an:  ,.2jrothorace  in  medio  haud  carinato^^.  Manche 
meiner  Stücke  zeigen  ganz  schwache  Spuren  einer  Kielung  vorn 
und  hinten  am  Prothorax,  stimmen  im  übrigen  jedoch  vollkommen 
mit  Gestro's  Beschreibung  überein.  Ein  Wirt  wird  bei  Gestro 
nicht  genannt. 

Bisa  Timo,  Dire  Daoua,  März  bis  Juni. 

1,9  —  2,5  mm. 

2.  Cossypliodinus  beccaril  (Gestro). 

Diese  Art  wurde  von  Gestro  als  Cossyphodes  beccarii  beschrieben, 
ist  aber  nach  Bildung  der  Fühler  und  Mundteile  fraglos  ein  echter 
Cossyphodinus  (Wasm.,  No.  99).  Das  Tier  repräsentiert  den  reinsten 
Schutz-  und  Trutztyp  und  dürfte  für  weitaus  die  Mehrzahl  der 
Ameisen-Arten  absolut  unangreifbar  sein.  Es  ist  daher  Avenig  er- 
staunlich, daß  es  mir  mit  mehreren  Wirten  zuging,  die  sogar  zu 
verschiedenen  Unterfamilien  gehören. 

Harrar  und  Dire  Daoua,  März  bis  Juni.  Bei  Camponotus  macu- 
latiis  Fabr.  i,  sp.  mehrfach;  bei  Acantholepis  cap.  can.  in  einigen 
Stücken;  bei  Monotnoriimi  afrum  Andr.  einmal;  bei  Messor  barharus 
punctatus  am  häufigsten. 

Die  Größe  der  Art  schwankt  bedeutend,  eine  Eigentümlichkeit, 
die  sie  mit  der  indischen  C.  indicus  Wasm.  teilt:  2.5 — 3,7  mm. 


Zur  Keuutiiis  vuu   Mvrniecophilen  aus  Abessinieu.  199 

IV.  Mtidulidae. 

yitidoxH'cten  n,  (/.     Nitidulinorum. 

Sulci  antenmu'ii  recti,  panllo  convergeutes,  lati.  Lahr  um  pro- 
funde incisum.  Mandihulae  apice  bifido.  Palpi  labiales  füiformes. 
Tarsi  anteriores  maxime,  medii  mediocriter,  posteriores  haud  dilatati. 
Tihiae  anteriores  marfiine  exteriore  suhtiliier  serrata.  Ihorads  hasis 
haud  >nar(jinata.  ()asi)i  eli/trorum  scntellique  obtegens.  Prosterntim 
in  medio   carinatum.     Ebjtra   ahdomen  pygidio   excepto   ohtegentia. 

Xitidopecten  besitzt  viele  Ähnlichkeit  mit  äer  Gattuno-  Nitidida, 
vornehmlich  in  der  allgemeinen  Körperform  und  Behaarung,  in  der 
Bildung  des  Kopfes,  der  Mundteile  und  der  Fühler.  Wie  bei  dieser 
ist  das  1.  Fühlerglied  nach  außen  verdickt,  und  das  letzte  Glied  der 
rundlichen  dreigliedrigen  Keule  zeigt  etwa  in  der  Mitte  eine  plötzliche 
deutliche  Verengung.  —  Ganz  abweichend  ist  jedoch  die  Bildung 
der  Oberlippe,  welche  tief  und  ziemlich  eng  eingeschnitten  etwa  an 
die  von  Epuraea  erinnert.  P'erner  ist  das  Prosternum  in  der  Mitte 
rundlich  längsgekielt  und  setzt  sich  zwischen  den  Coxen  der  Vorder- 
beine in  einen  sehr  kurzen,  wenig  verbreiterten,  gerade  abgeschnittenen 
flachen  Fortsatz  fort,  der  bis  vorn  auf  das  Mesosternum  reicht.  — 
Sämtliche  Tibien  sind  etwas  von  oben  nach  unten  zusammengepießt, 
zum  Ende  hin  verbreitert;  die  vorderen  sind  zweikantig,  die  mitt- 
leren und  hinteren  dreikantig,  mit  zwei  nach  außen  gerichteten 
Kanten.  Der  Außenrand  der  Vordertibien  ist  sehr  fein  regelmäßig 
gezähnelt;  die  Außenkanten  der  Mittel-  und  Hintertibien  sind  stark 
beboistet.  der  Schlußrand  ist  mit  zahlreichen  kleineren  Dornen  und 
nach  innen  mit  einem  langen  Enddorn  bewehrt.  Der  Thorax  ist 
am  hinteren  Ende  ganz  ungerandet  und  überdeckt  die  Basis  der 
Elytien  und  des  Schildchens,  das  nur  schmal,  stumpfwinklig  zuge- 
rundet sichtbar  wird.  Das  Pygidium  wird  von  den  Flügeldecken 
nicht  überdeckt.  Der  Rand  des  Thorax  und  der  Elytren  ist  eng 
lind  lang  beborstet. 

Nitidopeeten  comes  n*  sp. 

(Fig.  7,  Taf.  5.) 
Tot  US  piceus,  opacus,  pedihus  antennisque  luteohrunneis.  Corpus 
ohlongum  suhdepressum,  Labrum  profunde  incisum  utrimque  peniciUatum. 
Caput  magnum,  grosse  punctatmn,  oculis  prominentibus.  Thorax  trans- 
vrrsus,  lateribus  rotundatus,  vix  marginatus,  angidis  anterioribus  et 
posterioribus    obtuse    rotundatis.      Thorax     ehßraque     grosse    punctata, 


200  A.    ReICHENSP  ERGER. 

piibescentia  cmrea  vestita,  latenhus  dense  anreosetosa.  Elytra  anguste 
marginata,  postice  rotundata.  Abdoniinis  segmenta  idtima  margine  per- 
longe  anreosetosa.  Apex  libiarum  anteriorum  inarmatus,  mediarum 
jwsteriorumque  spinis  minoribus  16 — 20  et  spina  singula  forti  armatus 
(Textfig.  C).  Tarsonini  anteriorum  articuli  1 — 3  valde  düatati,  dense 
pilosi,  hreves,  articidus  4  minimus. 

$;  Long.  (i,5,  lat.  3,2  mm.     ^:  Long.  5,2,  lat.  2,0  mm. 

Fig.  C.  Fig-.  D. 

Linkes  Hinterbein  von  Nitidopeden  comes.  Labrnm  von  N.  comes. 

Die  auffällige,  goldrote,  ziemlich  lange  Pubescenz,  welche  nicht 
nur  auf  der  ganzen  Oberseite  vorhanden  ist,  sondern  auch  unterseits 
sowie  an  den  Extremitäten  bald  kürzer,  bald  länger  sich  vorfindet, 
sowie  die  überaus  starke,  gleichfalls  goldrote  Beborstung  der  Ränder 
von  Thorax,  Elytren,  Pj^gidium  und  der  Außenkanten  der  Mittel- 
und  Hintertibien  geben  der  Art  ein  besonderes  Gepräge.  Es  scheint 
mir  keinem  Zweifel  zu  unterliegen,  daß  die  Behaarung  im  Dienste 
der  Symphilie  steht,  zumal  sich  an  einzelnen  Stellen  Randtrichome 
mit  genau  ebensolchen  Verletzungen  vorfanden,  wie  sie  an  den 
Tiichombüscheln  der  Lomechusen  und  Atemeies  durch  allzu  stürmi- 
sches Belecken  und  Zerren  seitens  der  Wirtsameisen  verursacht 
werden.  Die  Ähnlichkeit  der  Rand-  und  Pygidialtrichome  mit  den- 
jenigen mancher  Paussiden  ist  geradezu  verblüffend.  —  Der  Auf- 
enthalt und  die  Lebensweise  einer  ganzen  Anzahl  von  Nitidulineu 
bringt  diese  in  vielfache  Berührung  mit  Ameisen,  und  die  bei  uns 
heimische  Amphotis  marginata  ist  als  gesetzmäßig  myrmecophil  zu 
betrachten.  Bei  ihr  ist  die  Behaarung  des  Körpers  jedoch  recht 
spärlich,  und  sie  steht  auch  durch  Fühlerbildung,  Ausbildung  der 
Flügeldecken,  welche  das  gesamte  Abdomen  bedecken,  u.  a.  m.  unserer 
Gattung  ferner.  Dagegen  weisen  die  meisten  Vertreter  der  Gattung 
Nitidtda  außer  sonstigen  oben  erwähnten  Übereinstimmungen  mit 
JSiiditopecten  eine  Beborstung  auf,  welche,  wenn  auch  im  allgemeinen 
weit  schwächer  ausgebildet,  doch  in  den  Grundzügen  derjenigen 
unseres  Tieres  entspricht.  Wir  können  uns  letzteres  unschwer  als 
myrmecophile  Anpassungsforra  aus  ersterer  hervorgegangen  denken, 
zumal  die  Nitudulinen   zumeist   bereits  in  ihrer  Gestalt  und  in  den 


Zur  Keuntuis  von  Myrniecoiibileu  aus  Abe.ssiuien.  201 

"neckuiie-seiniiclituuo^en  für  Fühler  und  Beine  einen  allg-enieinen 
Scliurztypus  aufweisen,  der  ihnen  den  Ameisen  gegenüber  nur  vor- 
teilhaft sein  kann. 

Abessinien.  Dire  Daoua.  März.  Beide  Gesclilechter  im  Nest  von 
ÄciDit/iolt'pis  capensis  canescens. 

Myriiiecopliile  (iehüuseraupeii. 

Es  ist  bereits  seit  längerem  bekannt,  daß  eine  ziemliche  Anzahl 
von  Raupen,  meist  den  Lj'caeniden  und  Tineiden  zugehörig,  mit 
Ameisen  oder  Termiten  in  ein  näheres  Lebensverhältnis  treten 
können.  Jedoch  handelte  es  sich  bisher,  soweit  Beobachtungen  oder 
Schlüsse  ein  Urteil  zulassen,  stets  um  Raupen,  die  durch  Abgabe 
von  Secreten  sich  ihren  Wirten  angenehm  erweisen,  die  also  be- 
stimmte Exsudatorgane  besitzen  und  auf  Grund  dessen  von  Ameisen 
oder  Termiten  außerhalb  der  Bauten  aufgesucht,  beleckt  und  ge- 
schützt oder  gar  in  den  Bauten  selbst  gehalten  werden.  Solche 
Raupen  stehen  also  mit  ihren  Wirten  im  Verhältnis  der  Symphilie 
oder  der  Trophobiose;  sie  bedürfen  beim  Verkehr  mit  den  Wirten 
keines  besonderen  Schutzes  für  ihren  Körper,  da  diese  ihnen  freund- 
lich gesinnt  etwa  als  Leibwache  dienen.  —  Im  Laufe  des  ver- 
gangenen Jahres  erhielt  ich  nun  einerseits  aus  Abessinien  von 
G.  Kristensen,  andererseits  aus  Süd- Afrika  von  Dr.  Brauns  ge- 
sammelte, höchst  eigenartige  Gehäuse  aus  verschiedenen  Baustoffen 
und  von  verschiedener  Form,  welche  alle  in  Ameisennestern  gefunden 
worden  waren.  Beim  Öffnen  der  Gehäuse  stellte  sich  heraus,  daß 
die  Insassen  Larven  waren,  und  zwar,  wie  sich  bei  näherer  Unter- 
suchung ergab,  Schmetterliugsraupen.  Daß  diese  Larven  weder 
Symphilen  noch  Trophobionten  sein  konnten,  ergab  sich  aus  dem 
Vorhandensein  eines  festen  Gehäuses  von  selbst;  dieselben  zeigten 
sich  nach  Baustoff  und  Form  wohl  geeignet,  ihren  Insassen  vollen 
Schutz  gegen  die  Ameisen  zu  gewähren.  Es  blieben  nur  zwei  Mög- 
lichkeiten für  das  Verhältnis  von  Raupe  zu  Wirt  offen:  dasselbe 
war  entweder  ein  direkt  feindliches  oder  ein  mehr  indifferentes. 
Aus  dem  Folgenden  wird  sich  ergeben,  daß  wir  eine  Raupenart  als 
Synechtren  im  wahrsten  Sinne  bezeichnen  dürfen,  während  für  die 
anderen  sich  das  Verhältnis  nicht  so  einwandfrei  feststellen  läßt. 

a)    Die   Gehäuse. 

Sowohl  aus  Abessinien  wie  aus  Südafrika  (Pt.  Elizabeth)  lagen 
je    zwei   ganz   verschiedene   Arten    von   Gehäusen   vor.      Die   einen 


202  "^-  Rkichensperge«, 

waren  kleiner,  aus  einer  äußeren  Lage  ganz  regelmäßig  kreisförmiger 
sciiwarzer  oder  mehr  bräunlicher  Plättchen  bestehend,  welche  durch 
eine  innere  Schicht  feiner  Gespinstfäden  zusammengehalten  wurden. 
Bei  dieser  Art  zeigte  sich  in  der  Form  und  Bauweise  zwischen  den 
abessinischen  und  südafrikanischen  Stücken  kaum  ein  Unterschied, 
und  wir  können  sie  gemeinsam  beschreiben;  letztere  waren  im  allge- 
meinen etwas  kleiner. 

Die  Form  ist  die  eines  mehr  oder  weniger  gestreckten  Recht- 
ecks mit  starker  Abrundung  der  kurzen  Seiten  (Fig.  9,  Taf.  5  und 
Fig.  11,  Taf.  6).  Ober-  und  Unterfläche  sind  ganz  gleich,  nach  der 
Mitte  zu  schwach  gewölbt,  nach  dem  Rande  zu  platter,  so  daß  das 
ganze  Gehäuse  fast  flach  und  sehr  dünn  ist.  Die  Plättchen  liegen 
in  geordneten  Reihen,  sich  gegenseitig  regelmäßig  schuppeniörmig 
deckend.  In  der  Mitte  von  Ober-  und  Unterfläche  sehr  klein,  meist 
heller  gefärbt,  nehmen  sie  nach  dem  Rande  zu  stetig  an  Größe  zu 
und  sind  an  den  abgerundeten  Seiten  bei  weiten  am  umfangreichsten. 
Hier  befindet  sich  vorne  und  hinten  je  eine  Öffnung,  welche  die 
ganze  Rundung  einnimmt,  normalerweise  aber  hermetisch  verschlossen 
ist.  Durch  die  Führung  der  inneren  Gespinstfäden,  welche  teils 
parallel  der  Rundung,  teils  schärfer  angezogen  von  den  höchsten 
Punkten  der  Rundung  ins  Innere  und  zu  den  Langseiten  verlaufen, 
wird  nämlich  eine  Federung  bewirkt,  welche  die  sehr  dünnen  Ränder 
der  Oberfläche  und  Unterfläche  gegeneinander  gepreßt  hält.  Schneidet 
man  eine  Langseite  auf,  so  rollen  sich  die  gerundeten  Ränder  ein. 
—  Die  eingehendere  Untersuchung  der  Deckplättchen  ergab  die 
merkwürdige  Tatsache,  daß  dieselben  aus  Chitin  bestehen 
und  daß  die  Raupe  das  Baumaterial  vom  Körper  ihrer 
Wirte  nimmt!  Vorzugsweise  entstammt  das  Material  den  Hinter- 
leibsringen der  Ameisen,  und  die  Plättchen  werden  mittels  der  Kiefer 
ausgeschnitten  und  durch  Gespinst  befestigt.  Zuweilen  erkennt 
man  an  denselben  die  Stelle,  an  welcher  der  Ausschnitt  begonnen 
wurde,  als  etwas  weniger  regulär  gerundet  oder  als  minimalen  Vor- 
sprung. Die  Struktur  des  Chitins,  die  Verteilung  der  Poren  und 
Börstchen,  die  man  in  gleicher  Anordnung  und  Ausbildung  wie  am 
Hinterleib  der  Ameise  noch  an  den  Gehäuseplatten  mikroskopisch 
sichtbar  machen  kann,  beseitigen  jeden  Zweifel  über  die  Identität 
des  Materials.  —  Daß  die  Hauptnahrung  —  wahrscheinlich  gar  die 
einzige  —  der  Raupen  aus  Ameisen  besteht,  kann  uns  nach  dem 
Gesagten  nicht  wundern.  Der  in  stark  verdünnter  Kalilauge  be- 
handelte Raupenkörper  zeigt  den  Darmtractus  von  Anfang  bis  zu 


Zur  Kemituis  von  Myrmeropliileu  ans  Abessinien.  203 

Ende  vollj^eitfropft  mit  Cliitinteilen  von  Ameisen:  ganze  ]\randibeln 
und  vollständise  Kühlergeißeln,  welche  ihre  Zug-ehörigkeit  zur  Wirts- 
ameise noch  erkennen  lassen,  Beinstücke,  Fragmente  von  Thorax 
und  Abdomen  werden  sichtbar.  —  Die  Wirtsanieise  ist  in  Abessinien 
fast  stets  Acautholepis  capensis  ca)wsrens;  nur  in  einem  Falle  war 
Flirldolc  megacephala  als  Wirt  mitgesandt.  Umgekehrt  kommt  für 
Süd- Afrika  in  erster  Linie  PheUJole  capensis  Mayk  in  Betracht, 
während  die  Gehäuse  dort  nur  vereinzelt  bei  Acantholepis  capensis 
i.  sp.  Mayr  gefunden  werden  (briefl.  Mitteilung  Nr.  17  von  Dr.  Brauns 
an  Wasmann  25.  4.  1898).  Die  Färbung  der  Gehäuse  läßt  meist  ohne 
weiteres  die  Bestimmung  der  ^^'irtsameise  zu;  die  bei  den  schwärz- 
lichen Acantholepis  gefundenen  sind  schwarz,  abgesehen  von  einer  in 
der  Regel  vorhandenen  helleren  Mittelpartie;  die  bei  den  braunen 
PJieidole  vorkommenden  sind  entsprechend  heller  oder  dunkler  braun. 
Die  helle  Mittelpartie,  welche  die  kleinsten  Plättchen  umfaßt,  ist 
der  zuerst  gebaute  Teil  des  Gehäuses.  Die  jungen  Räupchen  werden 
noch  nicht  imstande  sein,  das  zähe  bereits  festgewordene  Ameisen- 
chitin zu  bearbeiten,  und  benutzen  daher  Teile  von  Puppen  oder  von 
noch  nicht  ausgefärbten  weichen  Tieren  zu  ihrem  Bau. 

Das  kleinste  abessinische  Gehäuse  maß  4,8  mm  in  der  Länge 
zu  1,6  mm  Breite;  das  grfißte  hatte  10  mm  X  3  mm  bei  1,2  mm 
Dicke:  die  zu  letzterem  Gehäuse  gehörige  Raupe  war  etwa  7  mm 
lang.  Die  süd-afrikanischen  Gehäuse  maßen  von  5,4  X  1;5  bis 
7    ■:  2,2  mm. 

Ob  diese  mj-rmecophagen  Raupen  sich  an  gesunde  Ameisen 
wagen,  läßt  sich  schwer  beurteilen;  jedoch  halte  ich  es  für  möglich. 
Dafür  spricht  der  unverletzte  Zustand  ganzer  Fühlergeißeln,  die 
bald  nach  dem  Tode  der  Ameisen  spröde  und  brüchig  werden,  im 
Vorderdarm  der  Raupen.  Vorzugsvveise  werden  sich  dieselben  aller- 
dings von  Puppen  und  Brut  sowie  von  kranken  Ameisen  nähren; 
im  Abfallnest  sind  sie,  wie  die  folgenden,  nach  Dr.  Brauns'  und 
Kristensen's  Mitteilungen,  gleichfalls  zu  finden.  Soweit  sich  aus 
der  Untersuchung  der  Chitingehäuse  und  ihrer  Insassen  sagen  läßt 
—  die  süd-afrikanischen  Stücke  wai'en  trocken  präpariert  und  daher 
die  Untersuchung  der  Raupen  sehr  erschwert  —  dürfte  es  sich, 
trotz  der  weiten  Entfernung  zwischen  den  Fundorten,  um  dieselbe 
Raupen-Art  handeln.  Sollte  sich  später  eine  Verschiedenheit  er- 
geben, so  wäre  den  markanten  Beispielen  für  Konvergenz-Erschei- 
nungen, wie  sie  die  Myrmecophilen  häufig  bieten,  ein  weiteres  hinzu- 
zufügen. 


204  ^-  Reichensperger, 

Aus  Port  Elizabeth  lagen  mir  von  Dr.  Brauns  ferner  drei  Sand- 
gehäuse  von  erheblicher  Größe  vor,  welche  Raupen  bzw.  eine  Puppe 
bargen.  Ihre  Gestalt  erinnert  an  die  eben  beschriebenen,  ist  aber 
im  ganzen  mehr  elliptisch  und  unregelmäßiger,  nach  einer  Seite 
etwas  schmaler.  Der  Baustoff  besteht  aus  Quarzkörnchen,  die  längeren 
Seiten  sind  geschlossen,  vorn  und  hinten  wird  die  Rundung  wieder 
von  je  einer  breiten  Spaltöffnung  eingenommen,  welche  in  gleicher 
Art  selbstschließend  ist.  Das  kleinste  Gehäuse  maß  2,4  cm  >  1  cm, 
das  größte  (Puppe)  3,1  X  lj2  cm  bei  3  mm  Dicke.  Die  leere  Puppen- 
hülle aus  letzterem  hatte  1,5  cm  Länge.  Die  Wirtsameise  ist  Phei- 
clole  capensis  Mayr.^) 

Endlich  gingen  mir  in  großer  Zahl  eigenartige  Sandgehäuse  aus 
Abessinien  zu,  deren  kleinstes  0,5  >(  0?^  cm,  deren  größtes  1,7X0,9  cm 
maß.  Die  Form  derselben  ist  besonders  in  jüngeren  Stadien  breit- 
gerundet oval;  später  nehmen  sie  meist  an  Länge  mehr  zu  als  an 
Breite.  Dagegen  bleibt  ihre  Dicke  fast  bis  zur  Verpuppung  der 
bewohnenden  Raupen  annähernd  gleich  gering,  nämlich  nur  ^/g— ^/4  mm. 
Dieses  ganz  flache  Gehäuse  (Fig.  8,  Taf.  5;  Fig.  9,  Taf.  6)  wird  aus 
zwei  gleichen  dünnen  Teilen  gebildet,  welche  nur  in  der  Mitte  der 
etwas  längeren  Seiten  an  gegenüberliegenden  Stellen  eingeschnitten 
und  nur  hier  miteinander  fest  verbunden,  im  übrigen 
aber  ganz  frei  sind.  Gleichwohl  liegen  die  freien  Ränder  der 
Blätter  durch  bestimmte  Anordnung  der  inneren  Gespinstfäden,  die 
sich  zum  großen  Teil  in  Bögen  zu  den  Einschnitten  hinziehen, 
einander  so  fest  federnd  an,  daß  es  schwer  ist,  mit  einem  feinen 
Skalpell  das  obere  Blatt  vom  unteren  zu  heben.  Läßt  man  los,  so 
tritt  selbsttätiges  Schließen  ein.  Für  die  recht  flache  Raupe  hat 
die  Behausung  große  Vorteile,  vor  allem  ist  die  schwerere  Beweg- 
lichkeit, die  den  meisten  Gehäuseträgern  anhaftet,  vermieden. 
Überall  am  Rande,  nach  vorn  wie  nach  hinten,  kann  der  Kopf  vor- 
gestreckt werden,  da  das  Tier  sich  innerhalb  des  Gehäuses  voll- 
ständig umdrehen  kann.  Die  Oberfläche  der  Wohnung  besteht  aus 
feinsten  Erd-  und  Sandpartikelchen,  die  der  Umgebung  entnommen 
sind,  das  Gehäuse  also  unscheinbar  machen.  Dazu  ist  das  Ganze 
sehr  leicht  und  kann  ziemlich  rasch  fortgezogen  werden,  wovon  ich 
mich  ebenso  überzeugte  wie  von  der  großen  Lebenszähigkeit  der 
Tiere.  —  Herr  G.  Kristensen   sandte   mir   auf  Bitte  gegen   Mitte 

1)  Nach  einer  mir  während  des  Druckes  dieser  Arbeit  zugegangenen 
Mitteilung  von  Dr.  Brauns  kommen  diese  südafrikanischen  Quarzgehäuse- 
ßaupen  häufiger  in  Abfallhaufen  fern  von  Ameisen  vor. 


Zur  Kenntnis  von  Mviniecophilen  aus  Abessinien.  205 

Juni  1912  einige  '20  lebende  Exemplare  vun  Harrai'  und  zwar  in 
einer  Streicliliolzscliachtel ;  18  überstanden  den  3wöchig:en  Transport 
gut.  und  diese  lioffte  ich  teils  zur  Verpuppung  und  zum  Aussclilüi)fen 
zu  bringen.  Da  mir  die  eigentliche  \\'irtsameise,  Acantholepis  capensis 
(■(üiesceus,  unzugänglich  war,  brachte  ich  die  Tiere  zu  Lasius  nigery 
Lasius  flavus  und  Myrmka  laevinodis  in  Lübbock-  und  JANET-Nester, 
hielt  auch  mehrere  isoliert  im  Gipsnest.  Letzteren  gelang  es  zu 
entweichen,  obwohl  das  Nest  keine  Lücke  aufwies,  welche  einer 
Mijrmica  oder  einem  LasiMS-Arbeiter  gestattet  hätte  zu  entkommen. 
Einen  der  Flüchtlinge  fand  ich  am  16.  August  im  Innern  eines 
lange  nicht  geütfneten,  dicht  schließenden  Bücherschrankes  an  einem 
Buchrücken  aufwärts  kletternd  wieder,  ein  Beweis,  wie  vorzüglich 
die  dünnen  geschmeidigen  Gehäuse  sich  zur  Bewegung  durch  sehr 
enge  Spalten  und  Gänge  eignen.  —  Die  kleinen  Kolonien  von  L. 
flavus  und  Myrmica  besaßen  keine  Brut;  die  eingesetzten  Raupen 
wurden  gänzlich  ignoriert  und  bewegten  sich  noch  mehrere  Wochen 
herum,  dann  gingen  sie  vielleicht  aus  Nahrungsmangel  zugrunde. 
Die  Bewegungen  gehen  ziemlich  rasch  vor  sich;  sichtbar  werden 
außer  dem  Kopf  meist  2  Brustringe  und  die  Vorderhälfte  des  3. 
Bei  plötzlicher  Berührung  oder  Belichtung  erfolgt  ein  blitzschnelles 
Zurückziehen,  ähnlich  wie  bei  unseren  C/?//>-«-Larven.  Von  6  Raupen, 
die  ich  am  18.  Juli  zu  Lasius  niger  (ca.  50  Arbeiter,  zahlreiche 
Larven  und  Puppen)  setzte,  leben  2  noch  heute,  26./1.  1913;  die 
Raupen  liegen  ruhig,  anscheinend  ausgewachsen,  im  Gehäuse  jedoch 
ohne  sich  zu  verpuppen,  obwohl  sie  im  warmen  Zimmer  gehalten 
wurden.  Das  stetige  allmähliche  Verschwinden  von  Las^^s-Larven 
ließ  keinen  Zweifel,  daß  dieselben  von  den  Raupen  verzehrt  wurden; 
der  Darminhalt  in  Abessinien  konservierter  Tiere  zeigte  ebenfalls 
Reste  von  Larvenhäuten,  mehr  aber  kleine  Bruchstücke  der  Cliitin- 
bekleidung  ausgewachsener  Ameisen  oder  Puppen,  ferner  oftmals  die 
fast  unversehrten  Hartteile  von  Milben,  Erd-  und  Sandpartikel  u.  dgl. 
—  Diese  Raupen  dürften  sich  meist  im  Abfallnest  aufhalten  und  wohl 
eher  den  nur  gelegentlich  schädlichen,  im  allgemeinen  indifferenten 
Einmietern  zuzuzählen  sein  als  den  eigentlichen  Synechthren.  Nach 
zahlreichen  Funden  sind  sie  fraglos  gesetzmäßig  myrmecophil. 

b)  Die  Raupen. 

Da  die  Aufzucht  der  Raupen  mir  bisher  nicht  gelungen  ist,  war 
es  bei  der  geringen  Kenntnis  vornehmlich  der  exotischen  Micro- 
lepidopteren-Larven   und  deren  Systematik  nicht  leicht,   zu   einem 


206 


A.  Reichenspbrger, 


Urteil  über  die  Zugehörigkeit  der  Raupen  zu  kommen.  Der  Ver- 
gleich mit  bekannten  Formen  ließ  lediglich  den  Schluß  zu,  daß  die 
abessinischen  und  süd-afrikanischen  Chitingehäuseträger  wahrschein- 
lich den  Psychiden,  die  abessinischen  Sandgehäuseraupen  wohl  den 
Tineiden  zuzurechnen  seien  und  letztere  vielleicht  den  Adelinen 
nahestehen  dürften,  obwohl  sie  sich  in  manchen  Punkten  höher 
organisiert  zeigen.  Bezüglich  der  süd-afrikanischen  Sandgehäuse- 
raupen gewährte  das  geringe  trockene  Material  keine  genaue  Unter- 
suchung. Ich  gehe  auf  den  Bau  der  Raupen  etwas  näher  ein,  da 
er  manche  Eigentümlichkeiten  zeigt,  welche  teils  aus  der  Lebens- 
weise ihre  Erklärung  finden, 

1.  Chitin  gehäuseraupen.  Ihre  Länge  beträgt  bis  reichlich 
7  mm  bei  einer  größten  Breite  von  1,7  mm.  Der  Körper  ist  im 
allgemeinen  drehrundlich,  in  der  Mitte  von  oben  nach  unten  etwas 


Fig.  E. 


Fig.  F. 


Fig.  E.     Kopfkapsel  der  Chitingehäuseraupe   (Abessinieu).     Beschreibung   im 
Text.    Vergr. 

Fig.  F.    Kopfkapsel  der  Saudgehäuseraupe  (Abessinien\     Vergr. 

zusammengepreßt.  Der  Kopf  und  die  beiden  ersten  Thoraxsegmente 
sind  stark  chitinisiert,  schwarz  gefärbt,  das  3.  Segment  ist  in  der 
vorderen  größeren  Hälfte  weißlich,  weichhäutig  und  ermöglicht  ein 
rascheres  Einziehen  der  ersten  Segmente;  die  hintere  Hälfte  ist 
chitinisiert,  schwärzlich.  Der  ganze  übrige  Körper  ist  weiß.  —  Die 
Kopfkapsel  (Textfig.  E)  zeigt  in  ihrem  vorderen  Teile  sehr  starke 
und  kräftige,  nach  hinten  zu  gar  keine  ausgebildete  Beborstung, 
jedoch  einige  Rudimente  von  solcher  nebst  Hautsinnesorganen.  Das 
Epistom  ist  gradseitig,  ein  gleichschenkliges  Dreieck  bildend  und 
weit  nach  hinten  reichend.  Der  Postclypeus  trägt  die  4  Clypeal- 
borsten;   das  Labrum  ist  vorn  tief  eingeschnitten,  herzförmig  und 


Zur  Keuutuis  vou  Myrmecophilen  aus  Abessinien, 


207 


trägt  10  starre  fast  gerade  Dolchborsten  auf  der  Oberseite.  4  kräftige 
rhitiiizähne  und  zahlreiclie  feinere  zerstreute  Zälinchen  auf  der 
Unterseite.  Die  Kopf  kapsei  besitzt  lateral  vorn  6  Ocellen,  zwischen 
denen  3  Ocellarborsten  stehen.  Die  Antennen  sind  4gliedrig  (3gliedrig), 
höchst  aufiällig  kurz  und  gedrungen;  die  Entwicklung  ihrer  Dolch- 
borsten ist  sehr  stark  und  vor  allem  die  Ausbildung  der  Borste  des 
vorletzten  Gliedes  sehr  kräftig  (Textfig.  Ha). 

Den  Antennen  unmittelbar  benachbart  liegen  die  ausgesprochen 
liandförmigen,  özähnigen  Mandibeln.  Sie  erinnern  unwillkürlich  an 
die  Kiefer  gewisser  Ameisen.    Nahe  der  Basis  besitzen  sie  2  kräftige 


Fiar.  G. 


Fig.  H. 


Fig.  G.  a  ^^landibel  der  Chitingfehänseraupe,  b  der  Saudgehäuseraupe  (Abes- 
sinieu).     Winkel  Obj.  5a,  Ok.  2. 

Fig.  H.  a  Auteune  der  Chitin-,  b  der  Sandgehäuseraupe  (Abessiuien);  eben- 
falls gleiche  Vergr.     Winkel  Obj.  5a,  Ok.  2. 

Borsten  iTextlig.  G).  Die  Mandibelform  zeigt  eine  hohe  Speziali- 
sierung und  feinere  Ausarbeitung  des  ursprünglichen  Psj'chiden- 
Charakters,  die  eine  Erklärung  der  Kunstfertigkeit  des  Tieres  auf 
der  einen  Seite,  der  räuberischen  Lebensweise  auf  der  anderen  Seite 
nahelegt.  Das  Mentum  nebst  Spinnkegel  und  gut  ausgebildeten 
Labialpalpen  zeigt  keine  Besonderheiten.  Die  Maxillarpalpen  haben 
in  der  Ausbildung  des  3.  und  4.  Gliedes  mehr  Ähnlichkeit  mit  den 
Tineiden  als  mit  den  Ps3'chiden.  Die  verwachsenen  Lobi  interni  + 
externi  tragen  3  größere  und  1  kleinere  Dolchborste,  das  4.  Taster- 

Zool.  .lahrli.  XXXV.    Abt.  f.  Syst.  14 


208  ■^-  Eeichenspergbr, 

glied  ist  sehr  klein,  trägt  auf  der  Spitze  ein  feines  Haar:  das 
3.  Glied  besitzt  5  kleine  Dolchborsten;  sämtliche  Glieder  sowie  die 
verwachsenen  Lobi  zeigen  je  1  großes  Hautsinnesorgan.  Stipes  und 
1.  Glied  besitzen  nach  der  Innenseite  je  1  lange  Borste. 

Der  Kopf  ist  zum  größten  Teil  in  das  1.  Thoracalsegment  zu- 
rückziehbar, eine  Eigenschaft,  die  den  Psj^chiden  allgemein  zukommt 
und  die  eine  Erklärung  für  die  mangelnde  Beborstung  des  hinteren 
Teils  der  Kopfkapsel  gibt.  Das  Beinpaar  des  3.  Segments  ist  das 
längste,  das  des  2.  etwas,  das  des  1.  viel  kürzer  und  gedrungener. 
Die  Beborstung  zeigt  keine  Besonderheiten,  ist  aber  sehr  kräftig; 
außerdem  trägt  das  Femur  innen  eine  große  Zahl  stachelartiger  Chitin- 
zähnchen  (Textfig.  Ja).   Die  Krallen  sind  scharf,  glatt,  etwas  gebogen. 

Bei  der  Untersuchung  der  systematisch  wichtigen  Sclerit- 
anordnung  auf  den  Abdominalsegmenten  ergab  sich  eine  Schwierig- 
keit daraus,  daß  die  charakteristische  Beborstung,  selbst  die  primäre, 
zum  größten  Teil  bei  sämtlichen  Gehäuseraupen  höchst  rudimentär 
war  oder  ganz  fehlte.  Nur  seitlich  finden  sich  unterhalb  der  Stigmen 
oder  zwischen  diesen  und  den  Suprastigmalia  längere  Härchen. 
Dieser  Wegfall  läßt  sich  wohl  daraus  erklären,  daß  jede,  w^enn  auch 
schwache  Beborstung  der  Ober-  und  Unterseite  eine  Hemmung  für 
Bewegungen  des  Tieres  im  Gehäuse  bilden  würde;  vor  allem  wäre 
ein  vollständiges  Umdrehen  im  Innern,  wie  es  die  abessinischen 
Sandgehäuseraupen  nach  meinen  Beobachtungen  ausführen  können,  mit 
großer  Schwierigkeit  verbunden,  zumal  die  Gehäuse  sehr  flach  sind. 

Daß  den  Chitingehäuseträgern  ebenfalls  die  Möglichkeit  des 
Sich  Wendens  innerhalb  der  Wohnung  gegeben  ist,  läßt  sich  aus 
dem  Vorhandensein  der  beiden  Öffnungen  und  daraus  schließen,  daß 
an  beiden  Seiten  gleichmäßig  weitergebaut  wird.  In  den  engen 
Gängen  eines  Ameisenbaues  ist  diese  Fähigkeit,  sich  innerhalb  des 
Gehäuses  drehen  und  den  Rückweg  antreten  zu  können ,  ohne  das 
ganze  Gehäuse  umkehren  zu  müssen,  von  großer  Bedeutung.  — 

Die  Anordnung  der  Sclerite  ist  am  klarsten  bei  Tieren  zu  er- 
kennen, welche  nach  vorhergegangener  langsamer  Härtung  in  steigen- 
dem Alkohol  längere  Zeit  in  einer  flüssigen  Mischung  von  Xylol- 
Paraffin  belassen,  dann  kurz  mit  Xylol  abgewaschen  und  getrocknet 
wurden. 

Das  1.  Abdominalsegment  zeigt  ein  großes  Dorsalsclerit  und 
jederseits  ein  Suprastigmale;  beim  2.  Segment  zerfällt  das  Dorsal- 
sclerit in  einen  vorderen  und  hinteren  Transversalteil;  vom  3.  Seg- 


Zur  Kenntuis  von  Myrmecophilen  aus  Abessinien. 


209 


ment  an  zerfällt  das  hintere  Sclerit  in  zwei  seitliche  Teile,  eine  An- 
ordnung, die  bis  zum  7.  Segment  einschließlieh  bleibt.  Das  8.  Segment 
besitzt  gleich  dem  2.  ein  vorderes  und  ein  einheitliches  hinteres 
Sclerit,  das  9.  und  10.  Analsegment  nur  je  ein  einheitliches  größeres 
Sclerit.  —  Die  Ventralseite  zeigt  auf  dem  1.  Segment  vier,  dann 
weiterhin  fünf  an  Umfang  wechselnde  Ventralsclerite  sowie  jeder- 
seits  ein  Infrastigmale.  Das  3.-6.  Segment  sowie  das  letzte  be- 
sitzen deutliche,  wenn  auch  wenig  vorspringende  Hakenkranzfüße 
(Textfig.  Ka).    Die  Zahl   der  Haken   ist  zwischen  16  und  22  wech- 


Fig.  J. 

Fig.  J.  Linkes  Vorderbein:  a  der  Chitingehäuse-,  b  der  Sandgehäuseraupe 
(Abessinien).     Winkel,  Obj.  ;-ia,  Ok.  2. 

Fig.  K.  Hakenkranzfüße :  a  der  Chitingehäuse-,  b  der  Sandgehäuseraupe  von 
Port  Elizabeth.     Winkel,  Obj.  3a,  Ok.  2. 

selnd,  Füße  des  gleichen  Segments  können  einerseits  17,  andrerseits 
19  oder  20  Haken  besitzen.  Die  Kränze  sind  meist  rundlich  kreis- 
förmig. 

2.  Sandgehäuseraupen  (Abessinien).  Die  größeren 
Exemplare  hatten  eine  Länge  von  etwa  1  cm  bei  1,3 — 1,5  mm  Breite. 
Im  äußeren  Aussehen  erinnern  sie  an  ^f/e?rt-Raupen ,  da  die  Seg- 
mente des  Hinterleibes  seitlich  vorspringen  und  voneinander  durch 
deutliche  Furchen  getrennt  sind.  Die  Farbe  ist  bräunlich-weiß, 
jedoch  kommen  auch  ganz  weiße  Stück  vor.  Die  Thoracalsegmente 
sind  dorsal  schwärzlich,  stark  chitinisiert,  jedoch  bleibt  an  jedem 
Segment  ein  vorderer  schmaler  etwas  halbmondförmiger  Teil  weiß- 
lich und  weicher;  er  ist  auf  dem  1.  Segment  klein,  auf  dem  3.  reicht 

er  zuweilen  über  die  Hälfte. 

14* 


210  -^-  Reichensperger, 

Die  Kopfkapsel  (Textfig.  F)  ist  wie  bei  der  vorher  beschriebenen 
Form  hinten  ganz  otfen.  Das  Epistom  ist  hier  kürzer,  seine  Seiten 
sind  geschwungen,  und  seine  Borsten  stehen  anders  zueinander;  die 
sonstige  Beborstung  des  Kopfes  ist  ähnlich  wie  bei  der  Chitingehäuse- 
raupe geschildert  wurde;  die  einzelnen  Borsten  sind  verhältnismäßig 
schwächer,  jedoch  greift  die  Beborstung  weiter  auf  den  Hinterkopf 
über.  Mit  Sicherheit  waren  nur  3  Ocellen  mit  ihren  3  Ocellarborsten 
aufzufinden;  diese  geringe  Ocellenzahl  hängt  wohl  mit  der  Lebens- 
weise im  Dunkeln  zusammen,  wie  ja  auch  bei  Tineola  sogar  ein 
vollständiger  Schwund  der  Ocellen  festgestellt  werden  konnte.  Das 
Labrum  ist  vorn  sanft  ausgeschweift,  viel  weicher  als  bei  der 
vorigen  Form  und  zeigt  die  gewöhnlich  vorkommenden  Borsten  in 
typischer  Zahl  und  Stellung,  Die  4  vordersten  Mittelborsten  scheinen 
ganz  besonders  als  Sinneswerkzeuge  ausgebildet,  da  sie  feine  Doppel- 
spitzen haben.  Die  Antennen  (Textfig.  Hb)  sind  langgliedrig,  mit 
2  sehr  kräftigen  Dolchborsten  und  langen  gewöhnlichen  Borsten  auf 
dem  2.  Gliede,  das  seitlich  ein  großes  Sinnesorgan  trägt.  Die  Man- 
dibeln  sind  breit  und  kräftig,  etwa  löifelförmig,  mit  einer  stark 
chitinisierten  scharfen  Spitze  und  schwächerem  Seitenzahn  (Textfig.  Gb). 
Die  Maxillarpalpen  stimmen  in  ihren  Teilen  fast  vollständig  mit 
denen  der  Chitingehäuseraupen  überein,  sind  aber  weniger  ge- 
drungen. An  den  Beinen,  welche  im  Verhältnis  zur  Größe  des  Tieres 
schwächer  sind,  ist  die  Beborstung  gleichgestellt,  aber  schwächer 
entwickelt,  die  Stacheln  des  Femurs  fehlen,  die  Krallen  sind  weniger 
kräftig. 

Von  den  Scleriten  des  Abdomens  tragen  nur  einige  der  Stig- 
malia  sowie  die  ersten  Dorsalia  deutliche  primäre  Börstchen.  Alle 
Abdominalsegmente  besitzen  bis  zum  vorletzten  dorsal  4  ganze, 
ziemlich  gleichartige  Sclerite,  d.  h.  ein  Supradorsale  anterius,  ein 
Supradorsale  posterius  sowie  rechts  und  links  je  ein  rundlich  ovales 
Suprastigmale.  Vorletztes  und  letztes  Segment  besitzen  nur  je  ein 
Supradorsale.  —  Auf  der  Unterseite  tragen  die  ersten  beiden  Seg- 
mente je  ein  Mittelsclerit;  3.-6.  Segment  besitzen  breitgezogene, 
sehr  wenig  vortretende  Hakenkranzfüße  und  nur  geringe  Sclerit- 
spuren.  Das  7.  Segment  trägt  zwei  kleinere,  die  folgenden  je  ein 
großes  Mittelsclerit.  Die  Kranzfüße  besitzen  41—45  Haken,  die 
kaum  kenntlichen  Nachschieber  tragen  eine  einfache  Reihe  von  22 
bis  28  Haken. 

Die  Süd-afrikanischen  Sandgehäuseraupen  zeigen,  so- 
weit sich  erkennen  ließ,  große  Ähnlichkeiten  mit  den  vorgenannten, 


Znr  Keimtuis  von  Myrraecophilen  ans  Abessinieu.  211 

vornehnilicli  in  Bildiiiiy  der  Miindteile.  Die  Mandibeln  sind  von 
gleicher  Fürni,  jedoch  stumpfer  und  ohne  deutlichen  Seitenzahn; 
ebenso  sind  Epistom  und  Labrum  ähnlich  gestaltet,  jedoch  sind 
beiderseits  je  6  große  Ocellen  vorhanden.  Die  primäre  Beborstung 
ist  stärker  und  deutlich,  die  Scleritanordnung  war  nicht  mehr  kennt- 
lich. Die  Gestalt  der  Kranzfüße  und  Nachschieber  sowie  die  Zahl 
der  Haken  erwies  sich  als  übereinstimmend.  Auf  alle  Fälle  ist  eine 
sehr  nahe  Verwandtschaft  zwischen  der  abessinischen  und  der  süd- 
afrikanischen Form  vorhanden. 

Sämtliche  Raupen  verpuppen  sich,  soweit  ein  Urteil  möglich, 
ohne  weitere  Gespinstbildung  nach  einer  letzten  Häutung  innerhalb 
ihres  Gehäuses. 


Eine  neue  niyrmecopliile  Eiichariuide. 

(Farn.  Chdlddidae.) 

Psiloffaster  fraiidulentus  u.  sp, 

Totus  cyaneus,  antennis  nigris,  articulo  secundo  fulgido ;  femora  in 
medio  lote  cyaneoviridea,  apice  eorum,  Uhiarum  tarsarumque  art.  1 — 3 
fulvis.  art.  4  et  5  ohscurioribus.  Caput,  pro-  et  mesothorax  grosse 
punctata:  axillae,  scutellum  dorsellumque  maxime  coriacea;  metathorax 
et  pediceUium  densnis  sichtiUter  punctata.  Alae  translucidae,  vitreae, 
breviter  pilosae. 

<^,  ?:  2,7—3  mm. 

Dem  P.  cupreus  Blanch.  nach  Fühlerbildung  und  Körperbau 
anscheinend  nahe  verwandt,  unterscheidet  sich  fraudiüentus  von 
ersterem  durch  die  gei-ingere  Größe  und  andere  Färbung  des  Körpers 
der  Flügel  und  Beine. 

Die  Fühler  sind  llgliedrig,  scheinbar  lOgliedrig,  da  das  2.  Geißel- 
glied sehr  klein  und  mit  dem  3.  eng  verbunden  ist.  Beim  $  bilden 
die  beiden  letzten  Fühlerglieder  eine  Art  von  Keule.  Das  3.  Geißel- 
glied ist  ziemlich  lang  und  gestreckt,  die  folgenden  werden  ganz 
allmählich  etwas  kürzer,  sind  jedoch  alle  unter  sich  fast  gleich.  Das 
letzte  Glied  des  ^  fast  keulenförmig,  an  der  Spitze  gerundet.  Die 
ganze  Geißel  ist  seitlich  etwas  zusammengedrückt.  Fühlerfarbe 
schwarz,  dicht  weißlich  behaart,  das  2.  Glied  (Pedicellus)  etwas 
grünblau  schimmernd.  Schenkel  in  der  Mitte  breit  blaugrün,  Beine 
sonst  gelbbraun,  letzte  Tarsenglieder  dunkler.  Alle  Beine  schlank, 
Schenkel  kaum  verdickt.    Je   5  Tarsenglieder,  deren  1.  das  längste, 


212  A.  Reichenspergeh, 

das  2.  etwa  ^/^  von  1..  3.  und  4.  noch  kleiner  werdend,  das  5.  wenig 
kürzer  wie  das  1.  —  Augen  halbkuglig  vorspringend ;  Kopf  von  vorn 
dreieckig  mit  einer  sehr  flachen  Einsenkung  vom  Clypeus  zur  Mittei- 
ocelle. —  Clypeus  und  Einsenkung  fast  glatt,  kaum  punktiert,  der 
übrige  Kopf  tief  eingestochen  rauh  punktiert.  Über  dem  Scheitel 
von  den  Seitenocellen  zum  Augenrand  verläuft  eine  deutliche  feine 
Furche.  Oberlippe  4spitzig,  jede  Spitze  mit  starrer  Sinnesborste. 
Mandibeln  sichelförmig,  unsymmetrisch  (Textfig.  L).  Fühler  etwa  in 
der  Mitte  der  Einsenkung  erhöht  eingelenkt. 


Fig.  M. 

Fig.  L.     Kopf  vou  P.  fraudulentus  vou  vorn.     o^. 

Fig.  M.  Mäunchen  uud  Hinterleib  des  Weibchens  vou  P.  fraudulentus,  bei 
gleicher  Vergr.    Winkel,  G.,  Ok.  2. 

Prothorax  wenig  gewölbt,  etwas  zusammengedrückt,  Mesothoi-ax 
hochgewölbt,  jederseits  eine  Kuppe  bildend,  nach  hinten  steil  ab- 
fallend und  auf  dem  abfallenden  Teil  stark  längsrunzlig.  Scutellum 
aufgetrieben,  sehr  tief  und  grob  eingestochen  punktiert.  Hinterleibs- 
stiel feiner  punktiert,  lang  und  dünn,  beim  $  etwas  länger  als  beim  (^. 
Abdomen  seitlich  stark  zusammengedrückt,  hochgewölbt,  glatt  und 
glänzend,  mit  sehr  zerstreuter  spärlicher  Punktierung. 

Harrar,  Mai,  $,  (^;  Puppen  beider  Geschlechter;  eine  ältere 
Larve. 

Mit  seinem  Wirt,  Pheidole  megacepliala  Fab.,  steht  unser  Tier 
in  ebenso  engem  Zusammenhang  wie  in  Nordamerika  die  Gattung 
Orasema  Ashmead  mit  Pheidole  hingi  Andee  suhsp.  instabüis  Em. 
und   anderen  Pheidole- Arten.     Auch   die   Entwicklung   scheint  nach 


Zur  Kenntnis  vou  Myruiecophileu  aus  Abessiuien.  213 

dem  mir  vorliegenden  ^laterial  in  ganz  ähnlicher  Weise  zu  verlaufen. 
P.  fraHdxloitHs  ist  ein  Brutparasit  von  PJiciilole,  aber  seine  Larven 
sind  nicht,  wie  man  erwarten  sollte,  Ento-  sondern  Ectoparasiten. 
Das  einzige  mittlere  Larvenstadium,  das  ich  erhielt,  saß  an  einer 
vor  der  Verpui)pung  stehenden  P/ieidole -hRwe  in  der  Prosternal- 
region  fest.  Die  Larve  hatte  einen  eingeschrumpften  Körper.  Die 
Fsllof/i(ster-ha.rye  wies  übereinstimmend  mit  den  Orasema-hRYven 
jederseits'  auf  den  Segmenten  je  2  Knötchen  auf,  die  den  Eindruck 
von  Exsudatknospen  machen.  Für  solche  möchte  ich  nämlich  die 
Knoten  in  Anspruch  nehmen,  obwohl  mir  eine  Schnittserie  wegen 
schlechter  Konservierung  keine  Sicherheit  über  ihren  Bau  gewähren 
konnte  (vgl.  ^^'HEELER,  1907,  fig.  19,  tab.  2).  Derartige  eigentüm- 
liche Knotenbildungen  zeigen  sich  auch  an  den  Puppen  von  Psüo- 
gaster  und  zwar  am  stärksten  bei  den  jüngeren  Stadien  (Taf.  6 
Fig.  12).  Der  Hinterleib  ist  mit  einer  Anzahl  wallförmiger  Er- 
hebungen umgürtet,  die  seitlich  und  oben  in  der  Mittellinie  Ver- 
dickungen aufweisen.  Ferner  liegen  drei  kuglige  stark  vortretende 
KiK'itchen  zwischen  Metathorax  und  Abdomen  über  dem  Pedicellus; 
endlich  besitzt  die  Vorderseite  des  Kopfes  oben  mehrere  kuglige 
Voisprünge.  An  älteren  Puppen  treten  alle  Gebilde  mit  Ausnahme 
der  drei  mittleren  weniger  scharf  hervor.  Mag  man  diese  Knoten 
nun  vorläufig  als  eine  Art  von  Exsudatknospen  ansprechen  oder 
nicht,  sicher  ist.  daß  die  Psi?o^as/er-Larven  wie  die  Puppen  ihren 
Wirten  höchst  angenehm  sind;  sie  werden  von  ihnen  gepflegt  und 
beleckt  und  wie  mir  Herr  Kristensen  ferner  schrieb,  stürzen  sich 
bei  Eiöffnung  eines  Nestes  die  Pheidole  zunächst  auf  die  Puppen  und 
Larven  von  Psilogaster  und  suchen  sie  in  die  untei-eu  sicheren  Nest- 
gänge zu  transportieren;  erst  dann  bekümmern  sie  sich  um  ihre 
eigene  Brut  und  suchen  diese  zu  retten.  —  Der  Einfluß  des  Para- 
siten auf  die  Ameisen  ist  natürlich  ein  höchst  verderblicher.  Die 
von  den  Psilogasier-lj?iY\^\\  befallenen  Entwicklungsstadien  werden 
durch  Entziehung  der  Körpersäfte  gehemmt  und  geschwächt,  ohne 
jedoch  getötet  zu  werden.  Sie  sind  befähigt,  sich  zwar  noch  zu 
verpuppen,  bleiben  dann  aber  in  der  Entwicklung  stehen.  Ein 
Exemplar  einer  so  verkrüppelten  Puppe  eines  P/?e/rfo/e-Arbeiters  lag 
mir  vor.  Dieselbe  ist  ganz  zusammengeschrumpft,  die  Extremitäten, 
besonders  die  Fühler,  haben  ein  runzeliges  Aussehen,  der  Thorax- 
teil ist  dünn  und  schmal,  Kopf  und  Mundteile  sind  verkümmert. 
\\'heeler  belegte  derartige  Wesen  mit  dem  bezeichnenden  Namen 
Plitisergates   (bzw.   Phtisogyne   und   Phtisaner).     Sie   haben   keine 


214  A.  Reichensperger, 

Kraft  mehr  zur  vollen  Entwicklung-,  kommen  also  nicht  über  den 
Puppenstand  liinaus;  sie  liegen  unverändert  einige  Zeit  im  Nest 
und  werden  dann  von  den  Arbeitern  zum  Abfall  gebracht  oder  auf- 
gezehrt. 

Die  Übereinstimmung  der  Lebensweise  räumlich  so  weit  von- 
einander getrennter  verschiedener  Gattungen  wie  Orasema  und  Fsüo- 
(jaster  zeigt  wiederum  deutlich  das  Bestehen  ganz  bestimmter  Ent- 
wicklungsrichtungen. Leider  genügen  unsere  bisherigen  Kenntnisse 
der  biologischen  Eigentümlichkeiten  der  interessanten  Gruppe  der 
Euchariniden  noch  in  keiner  Weise  zu  einer  Schlußfolgerung  über 
die  bestimmenden  Ursachen  dieser  Entwicklung;  ebenso  bedarf  es 
weiterer  Beobachtungen  und  vor  allem  der  Feststellung  histologischer 
Einzelheiten,  um  zu  einer  sicheren  Erklärung  des  merkwürdigen  ein- 
seitigen Freundschaftsverhältnisses  der  Ameisen  zu  ihren  Parasiten 
zu  gelangen. 

3If/i'mecophila  meneliki  n.  .y/>.     {Gryllodea.) 

Tota  brunnea  vel  fuscohrunnea ,  pedibus  et  cercis  ochraceis,  caput 
dorsumque  setis  aureis  hrevissimis  vestitum.  Antennae  65 — 80  articulis 
compositae,  corporis  longitudinem  aequantes  vel  paidlo  superantes.  Oculi 
parvi.  Mandihula  4dentata ;  maxillarum  primarum  lobus  internus  deute 
longo  perspieue  arcuato  biacuminato  armatus.  Tibiae  anteriores  et  mediae 
apice  infra  spina  unica,  supra  seta  crassiore  instrudae ;  tibiae  posteriores 
spinis  septenis  magnis,  quarum  primae  inter  se  aequales. 

Während  M.  meneliU  sich  in  allen  anderen  Kennzeichen  als  der 
Gattung  Myrmecophila  s.  st.  zugehörig  erweist,  zeigt  sie  eines,  welches 
SiLVESTRi's  Gattung  MyrmecopMlina  (1912)  zukommt,  nämlich  den 
Besitz  nur  eines  Dornes  am  unteren  Ende  der  Vorder-  und  Mittel- 
schienen, während  die  übrigen  Myrmecophila- Arten  dort  stets  2  Dornen 
aufweisen.  Die  Mitte  des  Dornes  trägt  ein  Haar.  Ein  Metasternal- 
anhang,  wie  er  sich  bei  Myrmecophilina  ochracea  vorfindet,  fehlt  bei 
unseren  Tieren,  ebenso  die  auffallend  starke  Beborstung  des  c^. 

Die  Farbe  ist  bei  kleineren  Exemplaren  dunkler,  bei  größeren 
meist  heller  braun.  Über  die  ganze  Eückenlänge  zieht  sich  in  der 
Mitte,  am  Vorderrande  des  Thorax  beginnend,  eine  feine  helle  Linie. 
Das  Pronotum  ist  so  lang  wie  Meso-  und  Metanotum  zusammen; 
letztere  beiden  und  das  1.  Abdominalsegment  sind  unter  sich  gleich- 
lang. Der  Legestachel  ragt  beim  Weibchen  weit  vor;  die  unteren 
Lamina  sind  am  Ende  krallenförmig,  mit  schwachgebogener  Spitze: 
die  oberen  Lamina  sind  seitlich  fein  ^ezähnelt. 


Zur  Kenntnis  von  Myiniecophilen  ans  Abessinien. 


215 


Die  Alleen  sind  klein,  ab^^erundet  quadratisch,  mit  20.  in  Reihen 
ziemlich  dicht  aneinanderliegenden  großen  Facetten  (Textfig.  P).  In 
der  unteren  Außenecke  zeigen  sich  bei  stärkerer  Vergrößerung  durch 
sehr  feine  Umrisse  leicht  angedeutet  die  Rudimente  einer  größeren 
Anzahl  von  Facetten.    Die  Hinterbeine  (Textfig.  N)  sind  Verhältnis- 


^m^ 


Fig.  0. 


Fig.  N.     Linkes  Hinterbein  von  Myrniecoph.  mene- 
liki.     Winkel,  Obj.  G.,  Ok.  4.     36  :  1. 

Fig.  0.     Maxillen  und  Taster  von  M.  menellki. 
Fig.  P.    Auge  von  M.  meneliki. 

mäßig  schlank,  die  Schenkel  knapp  halb  so  lang 
wie  der  Körper,  die  Tibien  fast  gleichbreit,  mit 
7  Dornen  hinter  der  ersten  Hälfte.  Von  diesen 
sind  die  3  ersten  unter  sich  gleichlang,  ein 
Fig.  N.  gutes  Kennzeichen  der  Art,  da  bei  allen  bisher 

bekannten  Formen  stets  der  1.  Dorn  kleiner 
als  der  2.  ist  oder  nur  in  einem  Falle  den  2.  an  Länge  übertrifft.  Der 
4.  Dorn  (an  der  Außenseite  stehend)  ist  weitaus  der  längste,  der 
folgende  erreicht  ^!^  von  dessen  Länge,  während  die  letzten  etwa 
den  ersten  gleichkommen.  Das  L  Tarsalglied  besitzt  einen  kleinen 
Dorn  in  der  Mitte  der  ersten  Hälfte  und  einen  zweiten  solchen  ein 
wenig  vor  der  Mitte  der  zweiten  Hälfte;  am  unteren  Ende  folgen 
ein  längerer  und  ein  wenig  kürzerer  Dorn. 

Die  Länge  des  $  beträgt  2,5 — 4,2  mm  ohne  Legescheide,  letztere 
kann  bis  1  mm  lang  werden;  die  Breite  kann  1 — 1,6  mm  erreichen. 
0*:  8 — 3,5  mm  lang. 

Abessinien:  Harrar,  Dire  Daoua,  Bisa  Timo.  In  zwei  Kolonien 
von  AcAintholepis  capensis  canescens  7  $$,  1  c^,  2  ältere  Larven.  Bei 
Camponoius  mactdatus  F.  i.  sp.  5  große  $$.  Bei  Hieidole  megace- 
phala  i.  sp.  3  (^^.  1  $,  mehrere  Larven.    Bei  Camponotus  riifoglaucus 


216  A-  Reichensperger, 

Jeed.,  st.  flavomarginatus  Maye  2  $$.  —  Die  bei  AcantJwlepis  ge- 
fundenen Exemplare  sind  sämtlich,  obwohl  meist  vollständig  aus- 
gebildet, kleiner  als  die  aus  den  Cam^Mnotus-N estein;  die  Pheidole- 
Stücke  halten  etwa  die  Mitte  zwischen  beiden,  nur  ein  (^  war  be- 
sonders groß. 

Bonn,  12.  März  1913. 


Literaturverzeichnis. 


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Singular    abnormalities  due    to  parasitism     in:    Bull.   Amer.  Mus.  nat. 

Hist.,  Vol.   23. 


Zur  Kenutuis  von  Myrmecophilen  aus  Abessinieu.  217 


Erklärunar  der  AbMlduusren. 


Tafel  5. 

Fig.   1.  Panssiis  anxius  n.  sp.     9:1. 

Fig.  2.  P.  modestus  n.  sp.     9:1. 

Fig.  3.  P.  capreolus  n.  sp.     9:1. 

Fig.  4.  P.  kristenseni  n.  sp.     5:1. 

Fig.   5.  P.  glohiceps  n.  sp.     5:1.     a  Männchen,  b  Weibchen. 

Fig.  6.  Hylolonis  caroli  n.  sp.     9:1. 

Fig.  7.  Nitidopecten   comes   n.  (j.    n.  sp.      6:1.      $    (Thorax    etwas 
verschoben). 

Fig.  8.  Sandgehäuse  mit  "Wirtsameise  (Abessinien).     4.5:1. 

Fig.  9,  Chitingehäuse  nebst  zugehöriger  Raupe  (Abessinien).     4,5  :  1. 

Tafel  6. 

Fig.  1.     Exsudatorgan  des  Kopfes  von  II//lotoriis  caroli.     a.  0  äußere 

Öffnung.  C/-  Cribellum."  !)/•  Drüsenzellen.  G  Gehirn.  WiNKEL  Obj.  5a, 
Ok.   2.     Zeichenapparat  nach  Abbe,  Objekttischhöhe. 

Fig.  2.      Alündungsporen    des  Cribellum    von  oben,    mit  Secretresten. 

P  Pore.  Winkel  Obj.  7a,  Ok.  4. 

Fig.  3.     Einzelne    Drüsenzelle    aus    dem  Kopf  von    HjjJotorns ,    quer. 

A'  Kern.  Daneben  Drüsenbläschen  und  -kanälchen.  WiNKEL  Obj.  7a, 
Ok.  4. 

Fig.  4.     Fühlerkeule  von  Paussus  kristenseni  in  der  Aufsicht. 

Fig.  5.     Dsgl.  von  P.  globiceps. 

Fig.  6.     Dsgl.  von  P.  anxius. 

Fig.  7.     Dsgl.  von  P.  capreolus. 


218      A.  REiCHENsrERGEB,  Zur  Kenntnis  von  Myrmecophileu  aus  Abessinien. 

Fig.  8.  Dsgl.  von  P.  modcstus  nebst  Kopf.  Fig.  4—8  bei  gleicher 
Vergrößerung. 

Fig.  9.  Sandgehäuse  aus  Abessinien  in  natürlicher  Größe;  a  u.  b  mit 
Raupen,   c  Puppe. 

Fig.    10.     Sandgebäuse  von  Port  Elizabeth.      1:1. 

Fig.  11.  Chitingehäuse  aus  Abessinien  mit  hervorkommender  Raupe. 
1:1.     Daneben  Wirtsameise. 

Fig.   12.      Jüngere    Puppe    von    Psilogaster   fraudulentus.     ca.    17:1. 


Zoolog.  Jahrbücher  Bd.  35  Abt.  f.  Sijst. 


Taf.  5. 


E.  Wasmann  phot. 
Reichensperger. 


6h 


J.  B.  Obernetter,  München,  reprod. 
Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena. 


Zoobq.  Jahrbücher  Hii.  35.Aht.  f.Sifst. 


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Nachdruck  verboten. 
Ubersetzungsrecht  vorbehalten. 


Über  die  Aloyonarienfaiina  Californiens  und  ihre 
tiergeographischen  Beziehungen. 

Von 
Prof.  \V.  Kükeutlial,  Breslau. 

Mit  Tafel  7—8  and  36  Abbildnngen  im  Text. 


Eine  der  interessantesten  Fragen  mariner  Tiergeographie  ist 
die  nach  dem  Grade  der  Verwandtschaft  zwischen  der  Litoralfaima 
Ost-  und  West-Amerikas.  Bei  der  Lektüre  einer  vor  wenigen  Jahren 
erschienenen  Arbeit  von  Nütting  ^)  über  californische  Alcj'onarien 
erschien  es  mir  sehr  auffällig,  daß  diese  Alc3'onarienfauna  ebenso  eng 
verwandt  sein  soll  mit  der  ost-amerikanischen  wie  der  südlichen  und 
der  westlichen  pazifischen  Region.  Nicht  weniger  als  8  Arten 
werden  von  Nutting  aufgeführt,  die  gleichzeitig  bei  Californien  wie 
an  den  atlantischen  Küsten  Amerikas  vorkommen  sollen.  Ein  glück- 
licher Zufall  fügte  es,  daß  ich  in  den  Stand  gesetzt  wurde,  Nuttixg's 
Arbeit  wenigstens  zum  Teil  nachzuprüfen,  wobei  ich  zu  einem  ganz 
anderen  Resultate  gekommen  bin  wie  dieser  Autor. 

Nach  Beendigung  meiner  Tätigkeit  als  Austauschprofessor  an 
der  Harvard-Universität  reiste  ich  im  Februar  1912  nach  Californien 
und  hielt  mich  an  der  Biologischen  Station  von  La  Jolla  bei  San 
Diego  ein  paar  Wochen  auf.  Zwar  erwies  sich  meine  Hott'nuug,  von 
hier  aus   Bootfahrten   unternehmen   zu  können,   um   in  den  Besitz 


1)  Cll.   C.   NuTTlNG,    Alcyonaria  of  the   Californian   coast,    iu :    Proc. 
U.  S.  nation.  Mus.,  Vol.  35,    1909. 


220  ^^'  Kükenthal, 

frischen  Alcj'oiiarienmaterials  zu  gelangen,  als  trügerisch,  da  die 
Station  noch  nicht  ganz  fertig  ist  und  vor  allem  Landungsbrücke 
und  Boote  noch  fehlen.  Dem  Entgegenkommen  des  Direktors  der 
Station,  Herrn  Prof.  W.  Ritter,  habe  ich  es  aber  doch  zu  verdanken, 
daß  ich  an  der  viertägigen  Fahrt  eines  für  zoologische  Zwecke  ein- 
gerichteten Motorbootes  teilnehmen  konnte.  Die  Fahrt  ging  von 
San  Diego  aus  und  erstreckte  sich  südwestwärts  in  die  Umgebung 
der  Coronado-Inseln.  Der  Zweck  dieser  Fahrt  war  zwar  das  Sammeln 
von  Plankton,  doch  konnten  am  letzten  Tage  auch  in  meinem  Inter- 
esse einige  Schleppnetzzüge  gemacht  werden,  die,  w^nn  sie  auch 
nur  teilweise  gelangen,  doch  von  überraschendem  Erfolge  begleitet 
waren.  Im  Süden  von  der  südlichsten  Coronado-Insel  erbeuteten  wir 
in  einer  Tiefe  von  15  —  17  Faden  zusammen  mit  zahlreichen  Spatan- 
giden  eine  ganze  Anzahl  Exemplare  von  Stylatula  elongata  Veee,, 
die  im  Leben  eine  schokoladenbraune  Färbung  aufwiesen.  Ein 
zweites  ergiebiges  Feld  war  eine  flache  Bank  in  ca.  40  Faden  Tiefe, 
die  zwischen  Point  Loma,  einem  vorspringenden  Punkte  des  Fest- 
landes, und  der  nördlichen  Coronado-Insel  liegt.  Hier  wuchs  massen- 
haft ein  Telesto,  der  sich  als  zu  einer  neuen,  recht  interessanten  Art 
zugehörig  erwies.  Sehr  lohnend  war  ein  dritter  Fangplatz,  den  ich 
mir  selbst  auf  Grund  des  Studiums  der  Seekarte  ausgewählt  hatte. 
Es  zieht  sich  nämlich  von  den  Tiefen  des  oiFenen  Ozeans  her  eine 
schmale  tiefe  Rinne  gegen  das  Festland  zu.  Hier  erbeuteten  wir 
in  180  Faden  Tiefe  große  Massen  einer  herrlichen  Priranoide,  die 
für  die  californische  Küste  neu  war.  Sie  erwies  sich  bei  genauerer 
Untersuchung  als  identisch  mit  der  bei  Japan  gefundenen  Stenella 
döderleini  Stud. 

Wenn  sich  auch  beim  Konservieren  dieser  Formen  neue  Schwierig- 
keiten erhoben,  da  kein  Alkohol  an  Bord  war,  so  glückte  es-  mir 
doch  durch  Formolverwendung  einige  Proben  der  erbeuteten  Stücke 
mit  nach  der  Station  zu  bringen.  Nach  diesen  unvollkommenen 
Stichproben  zu  urteilen,  muß  eine  sj^stematische  Durchforschung 
dieses  Küstenstriches  eine  ungemein  lohnende  Aufgabe  sein.  Meine 
Kenntnisse  der  californischen  Alcyonarien  konnte  ich  glücklicher- 
weise recht  ergiebig  ergänzen  durch  das  Studium  einer  in  der  bio- 
logischen Station  aufbewahrten,  von  Prof.  Nutting  bestimmten 
Sammlung,  und  ich  möchte  nicht  unterlassen,  Herrn  Prof.  Ritter 
meinen  verbindlichsten  Dank  abzustatten  für  die  Erlaubnis,  diese 
Stücke  einer  kritischen  Durchsicht  unterziehen  zu  dürfen. 

Die  einzige  zusammenfassende   Arbeit   über   die  californischen 


Alcyonarienfauna  Californiens. 


221 


Alcyonarieii  ist,  wie  scliun  erwähnt,  die  von  Cli.  C.  Nutting  (1909). 
Er  stellt  eine  Liste  von  38  Alcyonaiien  auf,  darunter  4  Alcj'onaceen, 
21  Pennatulaceen  und  13  (-Jorgonaceen.  In  der  mir  zugänglichen 
Sammlung-  der  Biologischen  Station  fand  sich  ein  Teil  der  von 
Nutting  bestimmten  Formen  vor  und  diente  mir  zur  Grundlage 
einer  Revision.  Bei  aller  Anerkennung  des  Verdienstes  Nutting's, 
zum  ersten  Male  eine  solche  Zusammenstellung  gegeben  zu  haben, 
kann  ich  mich  doch  mit  der  Mehrzahl  seiner  Bestimmungen  nicht 
einverstanden  erklären.  Zwar  habe  ich  nicht  für  alle  Arten  Ver- 
gleichsmaterial zur  Hand  gehabt,  aber  ich  glaube,  daß  meine  Aus- 
führungen zur  Genüge  dartun  werden,  daß  die  tiergeographischen 
Schlüsse  Nutting's  auf  einer  mehr  als  unsicheren  systematischen 
Basis  beruhen.  Zunächst  will  ich  eine  Liste  der  Formen  geben,  die 
ich  untersuchen  konnte,  und  zwar  soll  die  linke  Reihe  die  Be- 
stimmungen Nutting's,  die  rechte  Reihe  meine  eigenen  enthalten : 


Nach  Nutting: 

Teksto  rigida  We.  et  Stud. 
Sipnpodnnn  armatinn  We.  et  Stud. 
AnÜiomashis  ritteri  NuTT. 
PennnhtJn  actdeata  Dan. 

PlilosarcHs  quairaiir/idaris  Moeoff 
Halisceptriim  qjstiferum.  NuTT. 
Slylatida  elongata  (Gabb.) 
Acanthoptilutn  album  NuTT. 
AcanfltoplUiim  nnnulahim  NuTT. 
Balticina  paciftca  NuTT. 
Balticma  frnmnrchira  (Saes) 
Halipleri.s  conlorla  NuTT. 
!^tach]jptiluni  quadridpu/aliuii  NuTT. 
Fanicidina  armata  Veee. 
Slacln/piihmi  svperbin»  Stud. 
Renilla  anietlnptina  Veer. 
L'aUgorgia  fterfosa  We.   et  Stud.  ■ 
Psamutogorijia  arbiiscula  Veek. 


Nach  Kükenthal: 

Telesto  californica  n.  sp. 
Clavularia  paciflca  >i.  sp. 
Anthomastus  ritteri  NUTT. 
Pennatida  phosphorea   L.    rar.    cali- 
fornica n.  V. 
Lcioptilum  qnadrangulnre  MoBOFF 
Virgularia  hromlegi  KÖLL. 
Siylatula  elongata  Veee. 
AcaniJioptilnrn  albiini  NuTT. 
Ac-mthoptilum  annulaium  NuTT. 
Favonaria  californica  MOROFF 
Pavonaria  ivillemoeni  (Küll.) 
Pavonaria  sp.  juv. 
Pavonaria  ap.  juv. 
Funiciilina  parken  n.  sp. 
StacJiyptihim  snperbiim  Stud. 
RpiiiUa  an/efligsttiia  Vere. 
Caligorgia  kinoshitae  n.  ap. 
Euplexaura  marki  n.  sp. 
Telesto  nnttingi  n.  sp. 
Stcnella  doederleini  "\Ve.  et  Stud. 


Von  den  20  Arten,  welche  ich  untersuchen  konnte,  sind  2  für 
die  Fauna  Californiens  neu,  fehlen  also  in  Nutting's  Liste,  während 
von  den  anderen  nur  7  mit  Nutting's  Bestimmungen  übereinstimmen. 

Diese  Zusammenstellung  zeigt  also,  daß  nach  meiner  Auffassung 
die  größere   Hälfte   der  NuTTiNG'schen  Arten  falsch  bestimmt  ist. 


222  W.    KÜKENTIIAL, 

Natürlich  kann  ich  das  zunächst  nur  für  die  von  mir  nachunter- 
suchten Arten  behaupten.  Doch  eröffnet  sich  die  unerfreuliche  Per- 
spektive, daß  annähernd  der  gleiche  Prozentsatz  sich  auch  bei  dem 
von  mir  nicht  nachuntersuchten  Reste  vorfinden  wird.  Bei  einigen 
seiner  Benennungen  hat  Nutting  übrigens  selbst  die  Unsicherheit 
der  Bestimmung  erkannt  und  ein  Fragezeichen  vor  den  Namen  ge- 
setzt. Er  hätte  aber  alsdann  derartige  Formen  keinesfalls  zu  tier- 
geographischen Schlüssen  verwenden  dürfen.  Bei  kritischer  Be- 
trachtung von  Nutting's  Liste  komme  ich  also  zu  dem  Schlüsse, 
daß  der  größere  Teil  der  aufgeführten  Arten  nicht 
richtig  bestimmt  ist.  Vor  allem  hat  Nutting  einen  verhängnis- 
vollen Fehler  damit  begangen,  daß  er  eine  Anzahl  seiner  californi- 
schen  Formen  mit  schon  bekannten  Arten  aus  anderen  Meeres- 
gebieten fälschlich  identifiziert  hat. 

Unter  diesen  Umständen  ist  es  wohl  selbstverständlich,  daß 
auch  die  tiergeographischen  Schlüsse  Nutting's  unhaltbar  sind. 
Zwar  ist  er  vorsichtig  genug,  das  ihm  vorliegende  Material  als 
kaum  genügend  zu  bezeichnen,  um  Verallgemeinerungen  zu  ver- 
tragen. Es  ist  aber  doch  sehr  wahrscheinlich,  daß  über  kurz  oder 
lang  die  NuTTiNG'schen  Angaben  zu  weittragenderen  Schlüssen  be- 
nutzt werden.  Deshalb  nöchte  ich  mit  ganz  besonderem  Nachdruck 
der  behaupteten  Verwandtschaft  der  Alcyonarienfauna  des  Stillen 
und  des  Atlantischen  Ozeans  entgegentreten.  Nutting  hat  in  seiner 
Fundortsliste  drei  Rubriken  aufgestellt :  die  Ostküste  der  Vereinigten 
Staaten,  Westindien  und  den  östlichen  Atlantischen  Ozean.  Es  sollen 
nach  ihm  nicht  weniger  als  8  Arten  gleichzeitig  an  der  californi- 
schen  Küste  wie  im  Atlantischen  Ozean  vorkommen,  und  diese  8  Arten 
verteilen  sich  so,  daß  4  an  der  Ostküste  der  Vereinigten  Staaten, 
5  in  Westindien  und  2  im  östlichen  Atlantischen  Ozean  gefunden 
worden  sind.    Es  sind  das  folgende  8  Arten : 

Telesto  rigida  Wr.  et  Stud. 
Siprrpodium  armatuni  Wr.  et  Stud. 
Pennahda  aculcata  Dan. 
Acantlioptilum  pourtalcsii  Küll. 
Balticina  fmmarchica  (Sars) 
Funicidina  armata  Verr. 
Anihopühim  cjrandiflornm.  Verr. 
Leptogorgia  purpurea  (Fall.) 

Von  diesen  8  Arten  sind  sicher  falsch  bestimmt:  TeJesfo  rigida, 
Sympodium   armatum,   Fennatula  amleafa,    Balticina  fmmarchica    und 


Alcyonarienfauna  Californiens.  223 

Funkidina  armata.  Sehr  zweifelhaft  erscheint  mir  die  Bestimmung 
von  AcanthoptÜHm  poKrtalesii ,  die  von  Nutting  selbst  mit  Frage- 
zeichen versehen  worden  ist.  Auch  fehlte  dem  erwachsenen  Exem- 
plare, das  NuTTiNfv  vorlag,  die  Fundortsetikette.  Ferner  hege  ich 
großes  Mißtrauen  gegen  die  Bestimmung  von  Leptogorgia  purpurea, 
und  nur  Anihoptilum  mag  richtig  bestimmt  sein,  da  von  dieser 
Gattung  bis  jetzt  nur  eine  sichere  Art  bekannt  ist.  Diese  Art  ist 
aber  eine  nahezu  kosmopolitische  Tiefseeform,  die  nicht  nur  im 
Atlantischen,  sondern  auch  im  Pazifischen  und  ludischen  Ozean  von 
sehr  verschiedenen  Fundstellen  her  bekannt  ist.  Es  ist  daher  eine 
Verwertung  dieser  Form  zum  Nachweis  einer  Verwandtschaft  der 
californischen  Alc5'onarienfauna  mit  der  des  Atlantischen  Ozeans 
ganz  unstatthaft.  In  vollstem  Gegen satze  zu  Nutting 
komme  ich  also  zu  dem  Resultate,  daß  identische  Arten 
in  der  californischen  und  atlantischen  litoralen  Al- 
cyonarienfauna fehlen.  Somit  ist  es  mit  der  behaupteten  Ver- 
wandtschaft der  ost-  und  west-amerikanischen  Alcyonarienfauna 
nichts  I  Wenigstens  darf  dafür  die  Identität  von  Arten  nicht  ins 
Treffen  geführt  werden. 

Bevor  ich  zu  dem  Resultat  meiner  eigenen  Untersuchungen  über- 
gehe, möchte  ich  aber  doch  hier  auf  die  Notwendigkeit  exakteren 
Arbeitens  hinweisen.  In  neuerer  Zeit  sind  wir  mit  sj'stematischen 
Arbeiten  über  Alcyonarien  geradezu  überhäuft  worden,  und  die  Zahl 
der  neubeschriebenen  Arten  und  dementsprechend  auch  Gattungen 
und  Familien  ist  in  geradezu  beängstigender  Weise  gestiegen,  ohne 
daß  indessen  gleichzeitig  eine  Vertiefung  unserer  Kenntnisse  von 
dieser  interessanten  Tiergruppe  erzielt  worden  wäre.  —  Es  liegt 
darin  eine  gewisse  Gefahr,  denn  die  Mehrzahl  dieser  Arbeiten  ent- 
hält nur  oberflächliche,  unvollständige  und  daher  ungenügende  Art- 
beschreibungen. Auf  die  bereits  vorhandene  Literatur  wird  nicht 
oder  nur  in  ganz  unzureichender  ^^'eise  Rücksicht  genommen.  Wer 
eine  giündliche  Revision  irgendeiner  Gruppe  vorgenommen  hat, 
weiß,  wie  die  angeblich  neuen  F'ormen  zusammenschmelzen.  Ich  er- 
innere nur  an  die  nordische  Gattung  EunepUhija,  deren  Revision 
ergab,  daß  die  zahlreichen  neuen  Arten,  Gattungen  und  selbst  Familien, 
welche  Danielssen  u.  Koren  und  nach  ihnen  andere  Autoren  auf- 
gestellt haben,  in  einigen  wenigen  Arten  einer  einzigen  Gattung  Platz 
haben.  Erst  kürzlich  konnte  ich  nachweisen,  daß  die  28  angeblichen 
Arten  und  7  Varietäten  der  Gattung  Sanophijtum  auf  5  sichere 
Arten  und  eine  Varietät  zusammenschrumpfen,  und  so  steht  es  auch 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    Al.t.  f.  Svst.  15 


224  ^V-  Kükenthal, 

mit  vielen  anderen  Gattungen  und  Familien  der  AJcyonarien.  Schaut 
man  dagegen  die  Arbeiten  mancher  neuerer  besonders  englischer 
und  amerikanischer  Autoren  an,  so  könnte  einen  tiefe  Mutlosigkeit 
beschleichen.  Irgendwelche  Versuche,  Ordnung  in  das  immer  mehr 
zunehmende  Chaos  zu  bringen,  werden  nicht  gemacht.  Neue  Arten 
werden  aufgestellt,  die  längst  schon  beschrieben  sind.  Andere  Arten 
werden  in  unrichtige  Gattungen,  sogar  Familien  gestellt,  und  vor 
allem  sind  es  die  ganz  verhängnisvollen  falschen  Identifizierungen 
mit  schon  beschriebenen  Arten  von  anderen  oft  weltweit  davon 
entfernten  Fundorten,  welche  spätere  Bearbeiter  zur  Verzweiflung 
treiben.  Die  eigentlich  ganz  selbstverständliche  Forderung,  von  der 
zu  beschreibenden  Form  eine  ausführlich  gehaltene  Darstellung  mit 
ein  paar  zuverlässigen  Abbildungen  zu  geben,  wird  völlig  übersehen, 
und  spätere  Forscher  sind  nicht  in  der  Lage  auf  Grund  dieser  Be- 
schreibungen allein  die  Art  mit  Sicherheit  festzustellen.  Dem  Be- 
arbeiter der  Alcyonarien  im  „Tierreich"  wird  nichts  anderes  übrig 
bleiben,  als  diese  nach  Hunderten  zählenden  unvollständig  be- 
schriebenen, meist  nicht  abgebildeten  Arten  in  den  Rubriken  Spec 
ine.  sedis  aufzuzählen,  ohne  sie  weiter  zu  berücksichtigen.  Man 
könnte  hier  einwenden,  daß  bei  der  späteren  Revision  einer  solchen 
Gruppe  die  Originalstücke  einer  erneuten  Untersuchung  unterzogen 
werden  könnten.  Das  ist  aber  in  vielen  Fällen  gar  nicht  möglich. 
Mir  war  es  z.  B.  nicht  möglich,  die  Originalstücke  der  Alcyonarien- 
ausbeute  des  „Investigator",  deren  Bestimmung  mir  in  zahlreichen 
Fällen  ernste  Bedenken  einflößt,  zur  Nachuntersuchung  zu  erhalten. 
Wenn  ich  in  vorliegendem  Falle  glücklicher  war,  so  ist  das  nur 
einem  zufälligen  Zusammentreifen  günstiger  Umstände  zu  verdanken. 
Bereits  in  der  älteren  Literatur  wimmelt  es  von  ungenügenden 
Beschreibungen;  man  denke  z.  B.  nur  an  die  zahlreichen  Arten, 
welche  Verrill  aufgestellt  und  ohne  Abbildungen  zu  geben,  mit 
Diagnosen  von  ein  paar  Zeilen  versehen  hat,  oder  an  die  teilweise 
ganz  unheilvolle  klassiflkatorische  Tätigkeit  J.  E.  Grat's.  Diese 
Beispiele  sollten  den  neueren  Alcyonarienforschern  als  Warnung 
dienen.  Aber  immer  wieder  tauchen  neue  Bearbeitungen  von  Reise- 
ausbeuten auf,  deren  Hauptziel  die  Aufstellung  einer  möglichst 
großen  Zahl  oberflächlich  beschriebener  neuer  Arten  und  Gat- 
tungen zu  sein  scheint,  anstatt  daß  man  versucht,  in  einzelnen 
Gruppen  etwas  Ordnung  zu  schafien.  Wissenschaftlicher  Wert 
kommt  derartigen  Arbeiten  überhaupt  kaum  zu,  im  Gegenteil  bilden 
sie  einen   entmutigenden  Ballast   für   spätere  Bearbeiter,   und   für 


Alcyonarienfauna  Californiens. 


225 


tiergeographische  Forschungen  sind  sie  überliaupt  nicht  zu  ge- 
brauchen. 

.Mir  sind  diese  Arbeiten  um  so  unbegreiflicher,  als  aus  älterer 
wie  neuerer  Zeit  glänzende  Beispiele  sorgfältiger  und  tiefgrabender 
Alcyonariensysteniatik  vorliegen,  wie  z.  B.  die  Arbeit  E.  v.  Maren- 
zellee's  über  SarcopJnjtxm  und  verwandte  Gattungen  oder  die  Be- 
arbeitung eines  Teiles  der  Siboga-Alcyonarien  durch  Veesluys. 

Ich  will  nun  versuchen,  eine  neue  Liste  der  californischen 
Alcyonaiien  aufzustellen,  in  die  ich  vorläufig  die  nicht  allzu  un- 
sicheren Arten  Nutting's  mit  aufnehmen  will.  Diese  Liste  ist  von 
der  Xuttixg's  in  mehrfacher  Hinsicht  verschieden.  Erstens  haben 
eine  ganze  Anzahl  Arten  aus  Nutting's  Liste  andere  Bestimmungen 
erhalten,  zweitens  sind  einige  von  ihm  ausgelassene  Arten  aus  der 
fiüheren  Literatur  hinzugefügt  worden,  drittens  habe  ich  ein  paar 
für  Californien  neue  Arten  selbst  gefunden  {Telesto  nuttingi  n.  sp. 
und  Stcnella  doederleim  We,  et  StuD.),  und  endlich  habe  ich  die 
ganz  zweifelhaften  Arten  aus  Nutting's  Liste  weggelassen. 
Dieser  Liste  habe  ich  die  Tiefenangaben  beigefügt,  sowie  etwaige 
andere  Fundorte.  In  der  Reihenfolge  der  Gattungen  bin  ich  des 
bequemeren  Vergleiches  wegen  Nutting  gefolgt. 


Telesto  californiea  n.  sp. 
Telesto  amlngna  NuTT. 
Telesto  nuttingi  n.  sp. 
Clavidaria  pacißca  n.  sp. 
Atithomastus  ritteri  NuTT. 
Peiinatula  phosphorca  L.    var.   caii- 

foruica  n.  v. 
Leioptiliim  gurneyl  (Gray) 
Leioptihim  quadrangulare  (Moeofe) 
Leioptilum  simiosiim  (Geay) 
Leioptihim  verrilli  Pfeffee 
Virgularia  reinwardti  Herkl. 
Virgidaria  graciUs  (Gabb) 
Virgidaria  hroinleyi  Küll. 
Stylntula  elongata  Verr. 
?  Stylatula  äff.  darivini  KÖLL. 
Stghttida  gracilis  Verr. 

(ob  identisch  mit  V.  gracdis  Gabb  ?) 
Acanthopliluni  alhuin  NuTT.  40 — 71 

Aranthoptilion  scalpellifolium 

MOROEF  30—140 


Tiefe  in 
Faden 

Andere  Fundorte 

31  —  50 

524 

48 

110—495 

216—680 

29—594 

? 

Puget  Sund,  Vancouver-Ins. 

31—120 

? 

Panama,  Magalhaens-Straße 

? 

Mazatlan 

? 

Indischer  Ozean,  Japan? 

36 

394—609 

Japan 

10—54 

Panama 

? 

Brasilien 

? 

15* 


226 


W.  Kükenthal, 


Andere  Fundorte 


Acanthoptihwi  annulatum  Nutt. 
Pavonaria  califonnca  MoROFF 
Pavonaria  icillemoesi  (Köll.) 
Pavonaria  sp.  juv. 
Ftoiicnlina  j)arkeri  n.  sp. 
SlarhyptilnDi  stiperhnm  Stud. 
AntlioptiJmn  grandiflonwi  Verk. 

Umhellula  3  sp. 
Distichopiiluvi  gracüe  Verr. 

Renilla  amethystina  Verr. 
SteneUa  doederlcini  "Wr.  et  Stud. 
CaUgorgia  kinoshitae  n.  sp. 
Plumarella  longispina  Kinosh. 
Muricella  complanata  Wr.  et  Stud 
Eumuricea  pusilla  Nutt. 
Psammogorgia  3  sp.  NuTT. 
Enplexaura  markt  n.  sp. 
Leptogorgia  3  sp.  Nutt. 
Stenogorgia  kofoidi  Nutt. 


Tiefe  in 
Faden 

243—1083 
31— ?291 

Japan 

334—769 
26 — 524     Panama 

500  Atlantischer,     Stiller,    In- 

discher Ozean 

995—1573  Nord- Atlantischer ,    Stiller, 

Indischer  Ozean 
flachesLitor. 

180         Japan,  Timor,  Panama 
120—1350 

191  Japan 

285  Japan 

97 

Tiefsee 

35—339 

Litoral 

60—74 


Auf  Grund  dieser  neuen  Liste  läßt  sich  feststellen,  daß  die 
Mehrzahl  der  californischen  Arten  bis  jetzt  nur  in  dieser  Kegion 
gefunden  worden  ist;  5  Arten  kommen  auch  südlich  von  Californien 
bis  Panama  vor,  eine  an  der  nördlichen  Küste  West-Amerikas  und 
5  Arten  bei  Japan. 

Im  westlichen  Stillen  Ozean  kommen,  wenn  wii-  die  5  japani- 
schen Arten  dazu  rechnen,  im  ganzen  7  Arten  vor,  von  denen  2 
annähernd  kosmopolitische  Tiefseeformen  sind  und  auch  im 
Atlantischen  Ozean  gefunden  wurden.  Von  einer  Form  (Sttjlatula  äff', 
darwini)  sind  als  Fundorte  brasilische  Küste  und  Californien  an- 
gegeben, doch  ist  die  Fundortsangabe  „Californien"  nicht  ganz 
sicher  und  daher  die  Art  mit  einem  Fragezeichen  versehen.  Jeden- 
falls erhellt  aus  dieser  Zusammenstellung  eines  mit  voller  Sicherheit, 
daß  die  Verwandtschaft  der  californischen  Alcyonarien,  nach  der  An- 
zahl der  identischen  Arten  zu  urteilen,  am  größten  ist  mit  denen 
des  Stillen  Ozeans,  insbesondei'e  Japans  und  der  Küste  südlich  von 
Californien.  Dagegen  ist  keine  Art  identisch  mit  atlantischen 
Formen,  ausgenommen  zwei  kosmopolitische  Tiefseeformen,  während 
eine  dritte  wegen  sehr  zweifelhafter  Fundortsangabe  nicht  in  Be- 


AlcYonarieufauiia  Californieus.  227 

tracht  kommen  kann.  Ganz  ant'fälli^  erscheint  es  mir,  daß  keine 
einzige  Art  auch  in  W'estindien  vorkommt. 

Nun  würde  aber  eine  solche  tiergeographische  Untersuchung 
selir  unvollkommen  sein,  wenn  nur  die  Zahl  der  identischen  Arten 
zugrunde  gelegt  würde.  Es  können  zwei  Faunen  einander  äußerst 
ähnlich  sein,  ohne  daß  auch  nur  eine  einzige  Art  beiden  zugleich 
eigen  ist.  Das  ist  dann  der  Fall,  wenn  die  Gattungen  in  großer 
Zahl  übereinstimmen. 

Sehen  wir  uns  daraufhin  die  Fauna  Kaliforniens  an,  so  müssen 
wir  zunächst  die  kosmopolitischen  oder  doch  nahezu  kosmopoliti- 
schen Tief seegattun gen  aus  unserer  Betrachtung  ausscheiden.  Es 
sind  dies  die  Gattungen  CJavularia,  Antkomastus,  Funiculina,  Antho- 
ptihim,  Unibellida,  Distichoptüum,  Stenella  und  Caligorgia. 

Die  übrigen  Gattungen  wollen  wir  auf  ihre  Verwertbarkeit  für 
Aufstellung  verwandtschaftlicher  Beziehungen  von  Einzelfaunen 
pi'üfen. 

Da  ist  zuerst  die  Gattung  TeJesto,  die  Verwertung  finden  könnte. 
Nun  ist  TeJesto  aber  eine  in  fast  allen  tropischen  und  subtropi- 
schen Meeresgebieten  heimische  Gattung  des  Litorals,  kann  also  für 
unsere  Aufgabe  nicht  in  Betracht  kommen. 

Die  Gattung  Fennatida  ist  sehr  weit  verbreitet,  und  auch  die 
Art  Pennatula  pJiospJwrea  L.  ist  eine  nahezu  kosmopolitische  Form 
mit  mehreren  Varietäten. 

Leioptihtm  ist  mit  seinen  5  Arten  anscheinend  auf  die  West- 
küste Amerikas  beschränkt. 

Kosmopolitisch  ist  die  Gattung  Virgularia,  wenn  auch  die  ein- 
zelnen Arten  beschränktere  Verbreitungsgebiete  haben.  Anders  ver- 
liält  sich  das  mit  Stylatula,  die  auf  den  Atlantischen  Ozean  und  die 
Küste  Californiens  beschränkt  ist.  Von  Stylatula  antiUarum  Köll. 
wird,  allerdings  mit  einem  Fragezeichen  versehen,  Westindien  als 
Fundort  angegeben. 

Ebenso  hat  die  Gattung  Acanthoptüum  eine  begrenzte  Ver- 
breitung, indem  3  Arten  in  Californien,  2  auf  den  Floridarifl'en  vor- 
kommen. 

Die  Gattung  Pavonaria  ist  nahezu  kosmopolitisch.  Die  Verbrei- 
tung von  lienilla  ist  längs  der  amerikanischen  Küsten  erfolgt,  auf 
welche  die  Gattung  beschränkt  ist.  Da  Californien  nur  eine  Art 
besitzt,  ist  die  Wanderung  w^ohl  von  der  amerikanischen  Westküste 
her  erfolgt,  welche  mehrere  Arten  aufzuweisen  hat.  Eine  Besiede- 
lung    der    pacifischen    Küste    Amerikas    durch    einen    ehemaligen, 


228  W.  Kükenthal, 

Zentralaraerika  durchschneidenden  Wasserweg  ist  für  Renilla  nicht 
notwendig-  anzunehmen,  da  die  Gattung  auch  an  den  südamerikani- 
schen Ost-  und  Westküsten  bis  zur  Magalhaens-Straße  vorkommt  und 
um  die  Südspitze  Südamerikas  herumgewandert  sein  kann. 

Von  den  Gorgoniden  ist  die  Gattung  Psanimogorgia,  deren 
Stellung  und  Wert  mir  allerdings  noch  sehr  zweifelhaft  erscheint, 
vorwiegend  west-amerikanisch,  und  einige  Arten  sind  auch  im  west- 
lichen Pacifischen  Ozean  gefunden  worden.  Eine  fälschlich  zu  dieser 
Gattung  gerechnete  Art,  die  ich  als  Euplexaura  marli  n.  sp.  auf- 
geführt habe,  ist  der  erste  west-amerikanische  Vertreter  dieser  rein 
indopacifischen  Gattung.  Die  Gattungen  Leptogorgia  und  Stenogorgia 
sind  sowohl  indopacifisch  wie  atlantisch. 

Das  Resultat  dieser  Zusammenstellung  ist  recht  mager.  Es 
gibt  zwei  Litoralgattungen,  die  auf  die  ost-  und  die  west-amerikani- 
sche Küste  beschränkt  sind,  Renilla  und  Acmitlwptüum.  Californisch 
und  atlantisch  ist  auch  die  Gattung  Stylatula,  während  Leioptüum 
anscheinend  ganz  auf  die  west-amerikanische  Küste  beschränkt  ist. 
Die  überwiegende  Mehrzahl  der  californischen  Gattungen  ist 
pacifisch  oder  indopacifisch;  so  kommen,  um  ein  Beispiel  heraus- 
zugreifen, von  den  californischen  Gattungen  die  meisten  auch  in 
Japan  vor^).  Die  Beziehungen  der  californischen  Gattungen  sind 
also  am  engsten  mit  Japan,  dann  mit  dem  west-pacifischen  Gebiete 
und  schließlich  sind  auch  Beziehungen  zu  der  ost-amerikanischen 
Fauna  nachweisbar.  Diese  dokumentieren  sich  aber  nur  in  deren 
gleichzeitigem  Vorhandensein  von  Vertretern  zweier  Gattungen, 
während  die  Arten  selbst  verschieden  sind.  Daraus  kann  man 
schließen,  daß,  wenn  eine  direkte  Verbindung  des  tropischen  Atlanti- 
schen und  des  Stillen  Ozeans  bestanden  hat,  diese  Verbindung  jeden- 
falls bereits  zu  einer  Zeit  verschwunden  ist,  die  genügt  hat,  um 
neue  Arten  herauszubilden. 

Diese  tiergeographischen  Schlüsse,  die  zum  Teil  auf  dem 
gleichen  Materiale  basiert  sind,  das  auch  Nutting  vorlag,  sind  von 


1)  Während  der  Fertigstellung  dieser  Studie  erschien  eine  neue  Be- 
arbeitung einer  Reiseausbeute  von  NUTTING,  in  welcher  nach  einer  in 
Japan  gemachten  Kollektion  102  Arten  Alcyonarien,  darunter  40  neue, 
beschrieben  werden.  Unter  den  aufgezählten  Arten  befanden  sich  eine 
ganze  Anzahl  californische ,  so  daß  die  Verwandtschaftsbeziehungen  der 
beiden  Faunen  noch  engere  werden  würden.  Ich  ziehe  es  indessen  vor, 
die  neue  NüTTiNG'sche  Arbeit  nicht  für  tiergeographische  Schlüsse  zu 
verwenden,  bevor  nicht  die  Bestimmungen  noch  einmal  revidiert  sind. 


Alcyonarienfauna  Californiens.  229 

denen  dieses  Autors  sehr  verschieden  und  geeignet,  meine  ein- 
gangs geäußerten  Bedenken  über  die  Verwertung  oberflächlicher 
systematisclier  Arbeiten  zu  tiergeographischen  Studien  zu  bekräftigen. 
Ich  gehe  nun  zu  dem  zweiten  Teile  meiner  Arbeit  über,  in  welchem 
ich  die  einzelnen  Arten  einer  eingehenderen  Besprechung  unterziehen 
will.  In  diesem  systematischen  Teile  habe  ich  des  Vergleiches  wegen 
dieselbe  Reihenfolge  innegehalten  wie  Nuttixg.  Ferner  erschien 
es  mir  notwendig,  eine  Anzahl  von  Abbildungen  mitzugeben.  Zwar 
sind  auch  der  Arbeit  Nutting's  eine  Anzahl  von  Lichtdrucktafeln 
beigegeben,  die  Abbildungen  sind  indessen  in  so  kleinem  Maßstabe 
gehalten  und  so  undeutlich,  daß  ihr  Wert  ein  sehr  problemati- 
scher ist. 

Gattung  Telesto  Lam, 

Nutting's  Liste  beginnt  mit  der  Gattung  Telesto,  von  der  er  zwei 
Arten,  Telesto  rigida  Wr.  et  Stüd.  und  Telesto  amhigna  n.  sp.,  aufführt. 

Es  ist  mir  nicht  klar  geworden,  auf  Grund  welcher  Merkmale 
NuTTiNG  die  ihm  vorliegenden  Formen  mit  Telesto  rigida  Wk. 
et  Stud.  identifiziert.  Nur  der  äußere  Aufbau  zeigt  einige  Ähn- 
lichkeit. 

"Wie  schon  eingangs  erwähnt,  glückte  es  mir,  zwischen  dem 
Festland  und  der  nördlichen  Coronado-Insel  zahlreiche  Exemplare 
einer  Telesto  zu  erbeuten,  die  sich  als  identisch  erwiesen  mit  Stücken 
der  Biolugischen  Station  in  la  Jolla,  die  von  Nutting  als  Telesto 
rigida  bestimmt  waren. 

Es  liegt  zweifellos  eine  neue  Art  Telesto  vor,  die  ich  Telesto 
californira  n.  sp.  nenne  und  in  folgendem  beschreiben  will. 

Telesto  ealifornica  n.  sp. 

(Taf.  7  Fig.  1  u.  2.) 

nee    Telfslo    rigida  "\Vr.    et    StüD.,    NüTTING,    1909,    Alcyonaria    of    tbe 
Californian  coast,  p.   685. 

Fundort.    Süd-Californien,  40  Faden. 

Beschreibung.  Die  zahlreichen  mir  vorliegenden  Stücke  sind 
fast  sämtlich  zerbrochen,  doch  läßt  sich  über  den  Aufbau  folgendes 
feststellen. 

Von  sich  wenig  verzweigenden  wurzeiförmigen  Stolonen  erhebt 
sich  senkrecht  ein  Hauptpolyp,  der  bis  55  mm  Höhe  erreichen  kann 
und  durchweg   den  gleichen  Durchmesser  von  2  mm  besitzt.    Von 


230 


W.  Kükenthal, 


diesem  Hauptpolypen  entspringen  in  ziemlich  gleichmäßigen  Ab- 
ständen Seitenpolypen,  und  zwar  entweder  nur  auf  einer  Seite  oder 
auf  beiden.  Meist  stehen  die  Seitenpolypen  beiden  Seiten  alter- 
nierend zueinander,  doch  kommt  es  auch  vor,  daß  sie  in  gleicher 
Höhe  entspringen.  Die  Seitenpolypen  gehen  in  rechtem  Winkel  oder 
doch  wenigstens  einem  rechten  angenäherten  Winkel  vom  Haupt- 
polypen ab  und  können  die  Länge  des  Hauptpolypen  erreichen.  Sie 
geben  wieder  kürzeren  Polypen  dritter  Ordnung  den  Ursprung,  die 
ebenfalls  meist  alternierend  zu  beiden  Seiten  des  Polypen  zweiter 
Ordnung  stehen.  Die  gesamte  Verzweigung  liegt  ausgesprochen  in 
einer  Ebene. 

Sehr  charakteristisch  sind  die  scharf  ausgeprägten  Längsfurchen, 
die  bei  sämtlichen  Exemplaren  vorkommen.  Diese  Längsfurchen 
sind  schmal  und  tief  und  gehen  bis  zur  Basis  hinab. 


Fig.  A.     Telesto  californica  n.  sp. 
Tentakel-  und  Polypenkelchspicula.     71  : 1. 


Fig.  B.     Telesto  californica  n.  sp. 
Untere  Rinde.    71:1. 


Die  Anthocodien  sind  sehr  dicht  mit  Spicula  besetzt,  die  in  un- 
deutlichen spitz  nach  oben  konvergierenden  Doppelreihen  stehen 
und  teilweise  miteinander  verschmolzen  sind.  Diese  Spicula  sind 
breite  Spindeln  von  0,2  mm  Länge  und  0,05  mm  Breite,  die  mit 
flachen,  oft  abgerundeten  weitstehenden  Dornen  besetzt  sind.  Ver- 
einzelt kommen  auch  Vierlinge  vor.  Die  Tentakel  enthalten  schlanke 
und  kleine  Spindeln,  die  mit  sehr  breit  aufsitzenden  kräftigen  Dornen 
versehen  sind.  Tiefer  am  Stamm  werden  die  Spicula  plumper  und 
verlieren  etwas  die  Spindelform,  auch  ihre  Warzen  sind  plump 
und  unregelmäßig.  Vielfach  sind  die  Spicula  miteinander  ver- 
schmolzen. 

Die  Farbe  ist  gelblich-weiß. 

Ein  Vergleich  mit  der  Beschreibung,  welche  Wright  u.  Studer 


Alcyonarienfauna  Californiens.  231 

von  iliier  Tdcsio  rigida  ^eben.  zeigt  ohne  weiteres,  daß  vorliegende 
Art  unmöglich  zu  ihr  gehören  kann.  Gemeinsam  ist  beiden  nur  die 
Art  der  Verzweigung,  dagegen  ist  schon  darin  ein  tiefgreifender 
Unterschied  vorhanden,  als  Telesto  rigida  völlig  glatte  Wände  be- 
sitzt, vorliegende  Ait  dagegen  äußerst  scharf  ausgeprägt  durch  die 
ganze  Länge  verlaufende  Längsfurchen.  Total  verschieden  ist  auch 
die  Gestalt  der  Spicula.  total  verschieden  auch  die  Färbung,  die  bei 
rigida  mit  „Orangerot"  angegeben  wird. 


Die  von  Xutting  aufgestellte  Art  Telesto  amhigua  habe  ich  nicht 
nachuntersuchen  können.  Es  scheint  sich  in  der  Tat  um  eine  neue 
Art  zu  handeln. 

In  dem  Material  der  Biologischen  Station  in  la  Jolla  fand  ich 
nach  eine  dritte  Telesto-Xri,  die  von  Nutting  nicht  erwähnt  wird. 
Sie  stellt  ebenfalls  eine  neue  Art  dar,  die  ich  Telesto  mitiingi 
nennen  will. 

Telesto  nuttingl  n,  s}}» 

(Taf.  7  Fig.  3.) 

Fundort.  Süd-Californien.  China  point,  48  Faden,  7./L  1908. 
8  Exemplare. 

Beschreibung.  Die  Länge  des  größten  Exemplars  beträgt 
75  mm.  Die  Basalanheftung  fehlt  allen  3  Stücken.  Der  Axial- 
polyp ist  in  seinem  unteren  Teile  leicht  gekrümmt,  weiter  oben  ge- 
streckt und  trägt  kurze  seitliche  Polypen  ohne  jede  weitere  Ver- 
zweigung. Li  seinem  oberen  Teile  hat  der  Axialpolyp  einen  Durch- 
messer von  2,2  mm,  unten  ist  er  etwas  schmäler  und  mißt  etwa 
1,8  mm.  Die  seitlichen  Polypen  gehen  etwa  im  Winkel  von  45  Grad 
vom  Hauptpolypen  ab,  werden  bis  6  mm  lang  und  entspringen  in 
annähernd  gleichweiten  Abständen  von  allen  Seiten  des  Haupt- 
polypen, mitunter  in  ungefähr  der  gleichen  Höhe.  Unter  dem  Apex 
sind  sie  beträchtlich  kleiner.  Längsfurchen  sind  deutlich  ausgebildet 
und  ziehen  als  schmale  Rinnen  sowohl  die  Anthocodien  wie  den 
Stamm  herab. 

Die  Spicula  der  Anthocodien  stehen  sehr  dicht  in  spitz  nach 
oben  konvergierender  nahezu  longitudinaler  Anordnung.  Sie  stellen 
sehr  breite  abgeplattete  Spindeln  dar  von  durchschnittlich  0,18  mm 
Länge  und  0,06  mm  Breite,  die  mit  sehr  großen  krenelierten  Warzen 
dicht  besetzt  sind.  In  den  Tentakeln  werden  diese  Spindeln  kleiner, 
schlanker,  und  die  Dornen  werden   spitzer  und   stehen   weiter  aus- 


232  •         "  W.  Kükenthal, 

einander.  In  der  unteren  Rinde  liegen  teilweise  miteinander  ver- 
schmolzene Platten  von  0,13  mm  Länge  und  0,03  mm  Breite  mit  großen 
Warzen,  die  oft  eine  besondere  Größe  erlangen  und  die  Form  der 
Spicula  ganz  unregelmäßig  gestalten  können. 


Fig.  C.     Telesto  nuttingi  n.  sp.  ,  Fig.  D.     Telesto  nuttingi  n.  sp. 

Polypenspicula.     71  : 1.  Rindenspiciila.     71 : 1. 

Die  Wandung  der  Axialpolypen  ist  relativ  dünn,  weit  ins  Innere 
springen  acht  Leisten  hinein,  die  allem  Anschein  nach  Hornsubstanz 
enthalten. 

Die  Farbe  der  Kolonie  ist  orangegelb  bis  hellgelb;  zum  Teil 
ist  die  Kolonie  von  Spongien,  Hydroiden  und  Bryozoen  über- 
wachsen. 

Am  nächsten  dürfte  diese  Art  den  kürzlich  beschriebenen  japa- 
nischen Formen  T.  tubulosa  Kinoshita  und  T.  sagaminea  Kinoshita 
stehen,  wenigstens  was  den  Aufbau  der  Kolonie,  insbesondere  das 
Fehlen  von  Polypen  dritter  und  weiterer  Ordnungen  anbetrifft.  Da- 
gegen ist  die  Gestalt  der  Spicula  insbesondere  der  Anthocodien  eine 
so  eigenartige,  daß  eine  weitere  Anknüpfung  nicht  gefunden  werden 
kann  und  diese  Form  einer  neuen  x4.rt  zugerechnet  werden  muß. 

Bei  dieser  Gelegenheit  möchte  ich  einen  kurzen  Überblick  über 
die  bis  jetzt  beschriebenen  Arten  der  Gattung  Telesto  und  ihrer 
Fundorte  geben.  Laackmann  führt  in  seiner  dankenswerten  Eevision 
10  sichere  Arten  von  Telesto  an,  hat  aber  dabei  übersehen,  daß 
Verrill  (1870,  p.  372)  in  ungewohnter  Ausführlichkeit  eine  11.  Art, 
Telesto  africana,  beschrieben  hat,  die  ebenfalls  als  gute  Art  anzu- 
sehen ist.  Dazu  kommen  3  von  Kinoshita  (1909)  aufgestellte  neue 
Arten  sowie  Nütting's  Telesto  amUgua  und  die  beiden  hier  be- 
schriebenen neuen  Arten,  so  daß  die  Artenzahl  der  Gattung  auf  17 
steigt. 

Es  soll  nun  in  Folgendem  der  Versuch  gemacht  werden,  diese 
Arten  zu  gruppieren  und  zu  ihrer  leichteren  Bestimmung  einen 
Schlüssel  zu  geben.    Bereits  Laackmann  hat  diesen  Versuch  unter- 


Alcyoiiarieiifauua  Californieus.  233 

nommen  (1908.  p.  72),  docli  kann  ich  mich  damit  nicht  in  allen 
Punkten  befreunden.  Bei  der  Aufstellung  meines  Schlüssels  ging 
ich  von  dem  Grundsatze  aus,  solche  Merkmale  in  den  Vordergrund 
zu  stellen,  welche  auch  ohne  mikroskopische  Untersuchung  wahr- 
genommen werden  können.  Niciit  in  den  Schlüssel  aufgenommen 
wurde  1.  ambigua  Nutt.,  weil  in  der  Beschreibung  einiger  wich- 
tiger Merkmale,  z.  B.  des  Vorkommens  oder  Fehlens  von  Längs- 
furclien,  nicht  gedaciit  wird  und  mir  zur  Nachuntersuchung  kein 
Material  vorlag.  Auch  T.  rosea  Kinoshita  mußte  vorläufig  aus- 
gelassen werden,  da  die  Beschreibung  keine  Angabe  enthält,  ob  die 
Längsfurchen  schmal  oder  breit  sind,  und  eine  Abbildung  der 
Kolonie  fehlt. 

I.  Axialpolyp  mit  Lateralpolypen,  die  keine  weiteren  Polypen  ab- 
gehen lassen. 

A.  Längsfurchen  des  Stammes  breit  und  flach 

1.  nur  im  oberen  Teile  vorhanden  T.  tubulosa 

2.  bis  zur  Basis  ziehend  T.  sar/amina 

B.  Längsfurchen  schmal  und  tief  T.  nuitingi. 
IL  Axialpolyp  mit  Lateralpolypen,  die  weitere  Polypen   abgehen 

lassen 

A.  Lateralpolypen  die  Länge  des  Axialpolypen  erreichend 

1.  Längsfurchen  fehlend  T.  rigida 

2.  Längsfurchen  bis  zur  Basis  ziehend  T.  californica 

B.  Lateralpolypen  viel  kleiner  als  der  Axialpolyp 

1.  Längsfurchen    schmal    und    tief,    bis    zur    Basis    herab- 
reichend 

a)  Vei'zweigung  allseitig  T.  arhorea 

b)  Die  Polypen  zweiter  Ordnung  sind  in  einer  Ebene  ge- 

legen 
a)  mit  dicken  kurzen  verästelten  Spicula  T.  fniticulosa 
ß)  mit  schlanken,  spindelförmigen  Spicula 

T.  africana  Verb. 

2.  Längsfurchen    breit   und    seicht,    bis    zur   Basis    herab- 

reichend 

a)  Die  dazwischen  liegenden   Längsrippen    mit    scharfen 

Kämmen 
a)  Pinnulae  mit  je  1  Spiculum  T.  rubra 

ß)  Pinnulae  ohne  Spicula  T.  trichostemma 

b)  keine  scharf  hervortretende  Längsrippen 

a)  Stammwand  dick  mit  starken  Hornleisten 


234 


W.  Kükenthal, 


aa)  Spiculaskelet  im  oberen  Stammteil  verschmolzen 

T.  riisei 
bb)  Spiculaskelet    im    oberen  Stammteil  nicht  ver- 
schmolzen, locker  angeordnet  T.  rupkola 
ß)  Stammwand,  dünn,  mit  schwachen  Hornleisten 

T.  proUfera 
3.  Län^sfurchen  nur  an  den  äußersten  Spitzen  vorhanden 
Lateralpolypen  locker  gestellt  T.  smithii 

Lateralpolypen  sehr  dicht  angeordnet  T.  muUiflora  Laackm. 


Auch  die  geographische    Verbreitung   der  Gattung  Telesio  ist 
einer  Revision  bedürftig. 

Zunächst  will   ich   die  Fundorte  der  einzelnen  Arten  angeben. 


1.  T,  iubulosa  Kinoshita 

2.  T.  sagamina  Kinoshita 

3.  T.  rosea  Kinoshita 

4.  T.  nuttmgi  Kükth. 

5.  T.  rigida  Wr.  et  Stud. 

6.  T.  fial/iformca  Kükth. 

7.  T.  arborea  We.  et  Stud. 


8.   T.  fruticnlosa  Dana 


9.  T.  africana  Verrill 
10.   T.  rubra  Hickson 


11.   T.  irichostemma  (Dana) 


Japan  70  Faden 

Japan  60  Faden 

Japan 

Süd-Californien  48  Faden 

Azoren  (Wr.  u.  Studer)        1675  Faden 
Azoren  (Studer)  1000—3075  m 

Süd-Californien  40  Faden 

Arafurasee  (Wr.  u.  Stud.)     49  Faden 
Maldiven  (Hickson)  23 — 25   Faden 

Zanzibar  (Thoms.  u.  Hender- 

SON)  5 — 10  Faden 

Andamanen  (Thoms.  u.  Hen- 

derson)  45 — 270Faden 

Amboina  (Laackmann) 
Sydney  (Laackmann) 
Australien       (Thomson       u. 

Mackinnon)  Station  42. 
Südcarolina  (Dana) 
Stone  Inlet  (Verrill) 
Südcarolina  (Laackmann) 
Sherbro  Insel,  West- Afrika 
Maldiven  (Hickson)  23—25  Faden 

Ceylon    (Thomson    u.    Hen- 

derson) 
Andamanen      (Thomson      u. 

Hendekson)  45 — 270Faden 

Rutland     Ins.     (ThOMSON  u. 

Henderson)  35  Faden 

Fidschi-Inseln  (Dana) 
Torres-Straße  (Wr.  u.  Stud.)  5—20  m 

Siam(THOMSONU.HENDERSON) 


Alcyonarienfauna  Califoruiens. 


235 


13.   7.  rupicohi  (F.  MÜLL.) 


Maldiven  (HiCKSON)  45  m 

Aru-Inseln  (Kükf:nthal)         Flaches  Wasser 
Australien      (TnOMSON      u. 

MacKinnon) 
12.  T.  r//.s^f t  (DuCH.  et  Mich.)  St.  Thomas  (Dum.  u.  Mich.) 

Portorico(HAKGiTT  U.Rogers) 
Antillen  (LaacKMANN) 
Tortugas  (Laackmann) 

St.  Thomas  (Laackmann)        Flaches    Litor. 
St.  Jan  (Laackmann)  Flaches    Litor. 

Rio   de  Janeiro  (F.   MÜLL.) 
Bahia  (Wr.  u.  Stud.) 
Küsten    Brasiliens    (LaaCK- 

manx) 
Kingston  (Laackmanx)  Flaches    Litor. 

?  Blanche  Bay,  Xeul)ritannien 

(HlCKSOX    u.    HiLES) 
?  Zanzibar  (Thomson  u.  Hen- 

dekson) 
?  Singapore  (Shann)  5  —  10  Faden 

Golf  von  Siam  (v.  Koch) 
Sumatra  (Laackmann) 
Singapore  (Laackmann) 
Manila  (Laackmann) 
Sydney  (Gray) 
Port  Molle,  Arafurasee  (RiD- 

ley) 
Formosakanal  (Laackmann) 
Port  Jackson  (Laackmann) 
T,  »dilti flora  Laackmann  Bass-Straße  (Laackmann) 

Sharksbai,  Südwest- Australien  3 — 124   m 

(Kükenthal) 
T.  aitthigua  Nutting        Californien  (NüTTING)  524  Faden 


14.   T.  pwlifern  v.  KoCH 


15.   T.  smiihi  Gray 


16. 


r 


Aus  vorstehender  Fundortszusammenstellung  ergibt  sich,  daß 
die  Gattung  Telcsto  eine  viel  weitere  Verbreitung-  hat,  als  man  ihr 
früher  zusclirieb.  Sie  findet  sicli  in  fast  allen  den  tropischen  und 
subtropischen  Meeresgebieten, 

Im  Atlantischen  Ozean  kommen  folgende  Arten  vor : 
an  der  amerikanischen  Ostküste 
T.  fruticulosa  (Dana) 
T.  rüsei  (DüCh.  et  Mich.) 
T.  rupkola  (F.  Müll.) 
an  der  afrikanischen  Westküste 
T.  üfrimna  Verr. 


236 


W.    KÜKENTHAL, 


in  der  Tiefsee  bei  den  Azoren 

T.  rigida  Wr.  et  Stud. 

Im   Stillen  Ozean  finden  sich  folgende  Arten  : 
bei  Japan 

T.  iubulosa  Kinosh. 

T.  sagamina  KiNOSH. 

T.  rosea  Kinosh. 
in  hinterindiscben  Gewässern 

T.  prolifera  v.  Koch 

in  indischen  und  australischen   Gewässern 
T.  arborea  Wr,  et  Stüd. 
T.  smithi  Grat 
T.  multiflora  Laackm, 
T.  trichosteiumn  (Dann) 
T.  rubra  HiCKS. 

an  der  Küste   Californiens 

T.  ambigiia  NuTT. 
T.  californica  Kükth. 
T.  nuttingi  Kükth. 


Die  geographische  Verbreitung  der  Gattung  Telesto. 


Alcyoliarienfauna  Californieus.  237 

Von  den  einzelnen  Arten  liat  die  weiteste  Verbreitung  T.  arborea, 
von  der  afrikanischen  Ostküste  bis  nach  Australien. 

T.  rupicola  soll  außer  an  der  Ostküste  Zenti-al-  und  Südamerikas, 
auch  bei  Ost- Afrika,  Singapure  und  Neubritannien  vorkommen,  doch 
hege  ich  nach  den  gegebenen  Beschreibungen  ernste  Zweifel  an  der 
Richtigkeit  der  Bestimmungen.  Vielmehr  glaube  ich,  daß  das  Ver- 
breitungsgebiet jeder  Art  ein  relativ  eng  begrenztes  ist. 

Fast  sämtliche  Arten  gehören  dem  Litoral  an,  manche  sogar, 
wie  T.  riisei  und  T.  rupicola^  dem  Flachwasser.  In  der  Tiefsee  sind 
nur  folgende  Arten  gefunden  worden:  T.  amhigna  von  Californien 
in  524  Faden  Tiefe  und  T.  rigida  von  den  Azoren  in  1000—3075  m 
Tiefe. 

Nebenstehende  Karte  (S.  236)  soll  die  Verteilung  der  Arten 
erläutern.  Die  Zahlen  beziehen  sich  auf  die  Nummer  der  Arten  in 
der  Fundortsliste. 

Gatt.  Clavularla  Q.  et  G.  em.  KtJKENTHAL. 

Unter  dem  Namen  Sympodium  armaium  Wk.  et  Stud.  führt  Nütting 
eine  Form  auf,  deren  Nachuntersuchung  mir  ergab,  daß  es  sich  nicht 
um  ein  Sympodium,  sondern  um  eine  Clavularia  handelt.  Nach  meiner 
Auffassung  sind  die  beiden  Gattungen  Sympodium  und  Clavidaria 
dadurch  scharf  voneinander  unterschieden,  daß  die  erstere  völlig  in 
eine  Basalmembran  zurückziehbare  Polypen  besitzt,  während  Clavu- 
laria sich  dadurch  auszeichnet,  daß  der  obere  Teil  der  Polypen  sich 
in  den  unteren,  nicht  retractilen,  kelchartigen  zurückziehen  kann. 
Das  ist  nun  auch  bei  vorliegender  Form  der  Fall,  und  auch  die 
übrigen  Merkmale  der  Gattung  treffen  bei  ihr  zu.  Als  Gattungs- 
diagnose für  Clavularia  hatte  ich  (1906,  p.  15)  folgende  gegeben: 
„Cornulariiden,  deren  Polypen  durch  Stolonen  oder  Stolonenplatten, 
die  membranös  verbreitert  sein  können,  verbunden  sind.  Die  Sto- 
lonen enthalten  mehrere  netzförmig  verbundene  Kanäle.  Spicula 
vorhanden,  von  Spindelform.  Der  Polypenkörper  ist  in  einen  oberen, 
retractilen,  dünnwandigen  Teil  und  einen  iinteien,  nicht  retractilen, 
dickwandigen  Teil  („Kelch")  gesondert,  Polypen  und  Basis  ohne 
Hornscheide." 

Clavularia  pacifica  n,  sp, 

1909.     nee  Sy»)]/odiu7u  armaium  Wr.  et  Stud.,  Nutting,  Alcyon.  Calif. 
coast.,  p.  6b6. 


238 


W.  Kükenthal, 


Fundort.  China  Point,  50  Faden.  Drei  Bruchstücke.  Nutting 
führt  weitere  Fundorte  an:  Süd  -  Californien  mit  110—495  Faden 
Tiefe. 

Beschreibung-.  Es  liegen  mir  3  Bruchstücke  vor,  die  fast 
völlig  von  einem  Kieselschwamm  überwachsen  sind.  Wie  die  Text- 
fig.  E  zeigt,  sind  die  Polypen  durch  Stolonen  miteinander  verbunden. 
Die  Länge  eines  solchen  Polypen  beträgt  etwa  5  mm,  wovon  auf 
den  retractilen  Teil  2,5  mm,  auf  den  Kelch  2,5  mm  kommen.  Doch 
gibt  es  auch  kleinere  Polypen.  Der  retractile  Polypenteil  ist  mit 
8  tiefen  Längsfurchen  versehen,  zwischen  denen  8  Wülste  mit 
scharfen  Kanten  vorspringen.  In  der  Kelchpartie  sind  die  Wülste 
viel  weniger  deutlich.  Die  Tentakel  sind  stark  eingekrümmt  und 
in  die  Mundöffnung  eingeschlagen. 


Fig.  E. 


Fiff.  F. 


Fis:.  G. 


Fig.  E.     Clavularia  imcifica  n.  sp.    1^1^ :  1. 

Fig.  F.     Clavularia  pacifica  n.  sj).    Spicula  des  oberen  Polypenteiles. 

Fig.  G.     Clavularia  imcifica  n.  sp.     Kelchspicula.     152  : 1. 


Die  Bewehrung  der  Polypenköpfchen  ist  eine  sehr  kräftige  und 
regelmäßig  angeordnete.  Es  sind  8  Doppelreihen  von  Spicula  vor- 
handen, welche  an  der  Basis  nahezu  horizontal  angeordnet  sind, 
höher  hinauf  sich  immer  steiler  erheben.  Diese  Spicula  sind  Spindeln 
von  0,25 — 0,3  mm,  die  meist  etwas  gebogen  und  an  einem  Ende 
keulenförmig  verdickt  sind.  Sie  sind  mit  starken  spitzzulaufenden 
Dornen  versehen,  die  an  dem  keulenförmigen  Ende  schräg  nach  oben 


Alcyonarieufauna  Califoruieus.  231) 

verlaufen.  In  den  Tentakeln  liegen  ebenfalls  zahlreiche  Spicula, 
flache,  bedornte  Spindeln  von  ca.  0,18  mm  Länge.  Die  Spicula  des 
Kelches  sind  0,22  mm  lange  Spindeln  mit  sehr  hohen,  aber  abge- 
rundeten Dornen.  Keulen  fanden  sich  hier  nicht  vor.  Auch  die 
Basis  enthält  ganz  ähnliche  Spiculaformen  wie  die  Kelche,  nur  ein 
wenig  kleiner. 

Farbe  hellgelblich. 

Diese  Form  erinnert  etwas  an  die  Clavidaria  ehurnea  Kükth. 
von  Ja])an,  wenn  deren  Polypen  auch  sehr  viel  größer  sind.  Ins- 
besondere sind  die  Spicula  des  retractilen  Polypenteiles  einander 
sehr  ähnlich,  von  gleicher  Größe  und  auch  in  der  Umbildung  zu 
Keulen  einander  gleich.  Diese  Umbildung  der  Polypenspicula  zu 
Keulen  ist  übrigens  auch  bereits  angedeutet  bei  Clavidaria  cliuni 
KÜKTH.  '  Sowohl  bei  Cl.  ehurnea  als  auch  bei  Cl.  chuni  sind  aber 
Kelch-  und  Basisspicula  durchaus  verschieden,  sowohl  untereinander 
als  auch  mit  denen  vorliegender  Form,  so  daß  schon  dieses  Merkmal 
allein  genügt,  die  neue  Art  zu  präzisieren. 

Mit  Sympodnim  armatum  We.  et  Stud.  hat  vorliegende  Art  nur 
eine  äußerliche  Ähnlichkeit  gemein.  Zwar  scheint  mir  kein  ZAveifel 
obzuwalten,  daß  Sympodium  armatum  zur  Gattung  Clavidaria  in  dem 
von  mir  umgrenzten  Umfange  zu  ziehen  ist,  eine  Identität  beider 
Arten  kann  aber  schon  deshalb  nicht  in  Frage  kommen,  weil  die 
Spicula  von  S.  armatum  doppelt  bis  dreimal  so  groß  wie  die  von 
Cl.  pacifica  sind. 

Aiiihoniastiis  rltteri  Nutting. 

Unter  diesem  Namen  beschreibt  Nutting  einen  Antliomastus,  der 
in  seinem  Aufbau  den  japanischen  Formen  A.  muscarioides  Kükth., 
A.  granulosus  Kükth.  und  der  indischen  Art  A.  agaricoides  Thoms. 
et  Henderson  sehr  ähnlich  ist.  Jedenfalls  gehört  die  californische 
Art  zu  der  gleichen  Gruppe  mit  den  oben  genannten,  die  sich  durch 
ein  stark  gewölbtes  Polypodium  auszeichnen. 

Ich  habe  mich  aus  Mangel  an  Material  darauf  beschränken 
müssen,  einige  mikroskopische  Präparate  von  Spicula  aus  ver- 
schiedenen Regionen  anzufertigen,  um  die  von  Nutting  gegebene 
Beschreibung  zu  ergänzen.  Betrachten  wir  zunächst  die  Spicula 
der  Polypenwand,  so  sehen  wir  zahllose  kleine  rotgefärbte  zackige 
Kugeln  und  Doppelkugeln  von  ca.  0,05  mm  Durchmesser.  Diese 
Formen  gehen  über  in  gleichgroße  Spindeln  mit  2  regelmäßigein 
Gürteln  sehr  großer  gezackter  Warzen.    Die  gleichen  Spiculaformen 

Zool.  .Tahrli.  XXXV.     Al.t.  f.  Svst.  16 


240 


W.  Kükenthal, 


fanden  sich  in  den  Tentakeln  wieder,  hier  treten  aber  außerdem^ 
wenn  auch  vereinzelter,  längere,  fast  glatte  Stäbe  auf,  bis  0,24  mm 
messend,  die  nur  an  den  Enden  etwas  gezackt  sein  können.  Die 
Tentakel  sind  jederseits  mit  11  Pinnülae  besetzt. 


Fig.  H. 


Fig.  K. 


Fig.  J. 


Fig.  L. 


Fig.  H.  Anthomastus  ritteri.    Spicula  der  Polypenwand.     152:1. 

Fig.  J.  Anthomastus  ritteri.  Tentakelspicnla.     152:1. 

Fig.  K.  Anthomastus  7-itteri.    Spicula  der  Scheibe.    35:1. 

Fig.  L.  Anthomastus  ritteri.  Spicula  der  Stielbasis.     152  : 1. 


Die  Oberfläche  der  Scheibe  ist  mit  farblosen  Spicula  erfüllt,  die 
typische  Sternform  haben,  aber  nicht  gefärbt  sind ;  tiefer  im  Innern 
treten  zahlreiche  Nadelformen  auf,  die  meist  senkrecht  zur  Ober- 
fläche stehen  und  auch  in  die  Wand  der  sehr  dicht  stehenden  Zooide 
hineintreten  und  über  ihre  Mündung  hinausragen.  Diese  Nadel- 
formen sind  bis  0,3  mm  lang  und  fast  stets  völlig  glatt,  Ihre  Enden 
laufen  nicht  spitz  zu,  sind  quer  abgestutzt.  Meist  ist  eine  schwache 
leistenförmige  Verdickung  vorhanden,  die  in  der  ganzen  Länge  der 
Nadel,  dabei  aber  etwas  schräg  verläuft.  In  der  Stielrinde  finden 
sich  ausschließlich  jene  kleinen  sternförmigen  Gebilde  vor,  die  ziem- 
lich weit  voneinander  angeordnet  sind.  Wir  haben  hier  eine  Form 
vor  uns,  die  zweifellos  als  besondere  Art  anzusprechen  ist. 


Alcyonarienfanna  Califomiens.  241 

An  den  3  Exemplaren,  welche  ich  in  La  Jolla  betrachten 
konnte,  fiel  mir  auf,  daß  selbst  die  kleinste  Kolonie  von  nur  20  mm 
Scheibendurchmesser  einigte  Poh'pen  von  annähernd  der  gleichen 
Grüße  aufzuweisen  hatte  wie  die  beiden  größeren  Kolonien. 


PetinatuJa  p/iospJiorea  rat:  californica  n,  v, 

(Taf.  7  Fig.  4  u.  5.) 

Unter  dem  Namen  Fennaiula  acnJeata  Dan.  beschreibt  Nutting 
eine  Pennatiüa,  die  vom  Dampfer  Albatross  an  verschiedenen  Stellen 
der  californischen  Küste  in  zahlreichen  Exemplaren  erbeutet  worden 
ist.  Die  Beschreibung,  w^elche  Nutting  gibt,  ist  so  allgemein  ge- 
halten, daß  sie  auch  auf  viele  andere  Arten  der  Gattung  Pennahüa 
paßt,  insbesondere  geschieht  der  für  die  P.  aculeata  so  charakteri- 
stischen Differenzierung  der  dorsalen  Kielzooide  in  große  und  kleine 
gar  keine  Erwähnung.  Da  in  Nutting's  Verzeichnis  der  californischen 
Seefedern  nur  diese  eine  Art  der  Gattung  Fennaiula  aufgeführt  wird, 
so  sind  jedenfalls  die  10  Exemplare  dazu  zu  rechnen,  welche  ich  in 
der  Sammlung  der  Biologischen  Station  in  La  Jolla  auffand,  mit  der 
Fundortsetikette  ,,Stat.  4407.  St.  Albatross,  Californian  Coast".  Diese 
Exemplare  tragen  aber  die  von  Nutting's  Hand  herrührende  Be- 
zeichnung ,,P.  phosphorea  L."  Woher  diese  Verschiedenheit  in  der 
Bezeichnung  rührt,  vermag  ich  nicht  zu  erklären;  es  liegt  mir  hier 
nur  daran  festzustellen,  daß  die  an  der  californischen  Küste  vor- 
kommende Art  der  Gattung  Pennahüa  keinesfalls  zu  P.  aculeata 
gehört,  sondern  zum  Formenkreis  der  P.  phosphorea,  und  zwar  stellt 
sie  eine  Varietät  letzterer  Art  dar,  die  mit  der  von  Broch  und  mir 
seinerzeit  beschriebenen  P.  phosphorea  var.  antarctica  in  vielen  Punkten 
übereinstimmt.  Da  indessen  auch  einige  Abweichungen  vorhanden 
sind,  will  ich  die  Form  als  Varietät  californica  bezeichnen.  Der 
Name  P.  aculeata  muß  also  aus  dem  Verzeichnisse  californischer  See- 
federn schwinden  und  durch  P.  phosphorea  L.  var.  californica  ersetzt 
werden  —  falls  nicht  Nutting  durch  eine  erneute  und  genaue  Be- 
schreibung den  Nachweis  erbringt,  daß  in  der  Tat  auch  P.  aculeata 
in  Californien  vorkommt.  Im  letzteren,  mir  sehr  unwahrscheinlichen 
Falle  wären  alsdann  2  Arten  von  Pennatula  in  das  Verzeichnis  cali- 
fornischer Seefedern  aufzunehmen. 

Ich  wende  mich  nunmehr  der  Beschreibung  der  mir  vorliegen- 
den Varietät  californica  zu.  Leider  konnten  nur  2  Kolonien  den 
folgenden  Messungen  zugrunde  gelegt  werden. 

16* 


242  W.  Kükenthal, 

Kolonie  I    Kolonie  II 

Kolonielänge  in  mm  86  81 

(Länge  in  ^1^  der  Kolonielänge  53  50 

^^^^^*\  Breite  in  "/o  der  Kolonielänge  17  24 

( Länge  in  %  der  Kolonielänge  47  50 

\  Breite  in  7o  der  Kolonielänge  2,3  3,7 

Zahl  der  Blätter  links/rechts  16/17  16/15 

Zahl  der  Polypen  an  den  größeren  Blättern  7 — 8  8 

Dorsale  Zooidreihen  beiderseits  des  sterilen 

Kielfeldes  6—8  7—8 

Breite  des  sterilen  Kielfeldes  in  mm  0,8  1 

Verhältnis  von  Stiel  zu  Kiel  1 : 1,2  1:1 

Vergleichen  wir  diese  Zahlen  mit  den  bei  den  anderen  Varie- 
täten von  Pennatula  pJiosphorea,  wie  sie  in  der  Arbeit  von  Broch 
und  mir  (1911,  p.  375  f.)  niedergelegt  worden  sind,  so  ergibt  sich  ein 
enger  Anschluß  dieser  Form  an  die  Varietät  antardica.  Wie  bei 
dieser  sind  die  Blätter  schmal,  und  ihre  Zahl  ist  nicht  groß.  Die 
Polypen  erreichen  bei  beiden  eine  ansehnliche  Größe,  und  die  Zahl 
der  an  einem  Blatte  stehenden  ist  gering.  Auch  das  Verhältnis  von 
Stiellänge  zu  Federlänge  ist  bei  beiden  annähernd  das  gleiche, 
ebenso  die  Färbung,  ein  dunkles  Rot.  Nur  die  Zahl  der  Zooidreihen 
am  dorsalen  Kielfeld  ist  bei  antardica  mit  2 — 6  Reihen  jederseits 
kleiner  als  bei  der  vorliegenden  Form,  wo  sie  6  —  8  beträgt.  Mit 
der  von  Moeoff  beschriebenen  Varietät  longispinosa  hat  sie  nichts 
zu  tun,  vielmehr  schließt  sie  sich  eng  an  antardica  an.  Wie  letztere 
so  ist  auch  f.  caUfornica  eine  Tiefseeform.  Interessant  wäre  es  zu 
erfahren,  ob  die  Pennatula  pJiospJiorea,  welche  Studer  (1894)  von  der 
Westküste  Zentralamerikas  (0"  19'  n.  Br.,  90"^  34'  ö.  L.)  aus  331  Faden 
Tiefe  anführt,  ebenfalls  sich  an  die  Formen  antarctica  und  caUfornica 
anschließt,  was  mir  durchaus  wahrscheinlich  ist. 

Jedenfalls  ist  das  Vorkommen  der  P.  phosphorea  L.  an  der  cali- 
fornischen  Küste  von  besonderem  tiergeographischem  Interesse,  denn 
der  Verbreitungsbezirk  der  Art  wird  damit  stark  erweitert,  so  daß 
man  die  P.  phosphorea  nahezu  als  kosmopolitische  Art  ansprechen 
kann,  Folgende  Fundorte  sind  anzuführen:  Nordeuropäische  Küsten 
bis  Trondhjem  und  Schottland,  Island,  französische  Küsten,  Mittel- 
meer, Westküste  Marokkos,  Japan,  Californien,  Westküste  Zentral- 
amerikas, Antarktis  (Bouvet-Insel),  und  wenn  man  nach  dem  Vor- 
gange von  Balss  auch  die  Pennatula  indica  Thomson  et  Hendeeson 


Alcyonarienfanna  Californiens.  243 

zum  P\irmenkreis  der  Ponudnla  phosplwrea  zielit,  würde  aucli  noch 
der  Indische  Ozean  zu  dem  Verbreitungsbezirk  der  Art  treten.  So- 
wohl die  Formen  typka  wie  die  anderen  besciiriebenen  Formen: 
laricgata,  rnhclla,  Candida  und  lonrjispinosa  kommen  im  tieferen  Litoral 
vor,  die  Formen  aniarciica  sowie  die  /'.  californica  dagegen  sind 
Tiefseebewohner,  und  das  gleiche  ist  der  Fall  mit  der  nicht  genauer 
beschriebenen  Form  Studer's  von  der  Westküste  Zentralamerikas. 

Leioptüuni  quadranf/iihire  (Moroff). 

1902.     Ptilosarciis    quadraiKjnlaris    MoROFF,    in:    Zool.    Jahrb.,    Vol.    17, 
Syst.,  p.  385. 

NuTTiNG  hat  dieser  von  Moroff  aufgestellten  Art  eine  dankbar 
zu  begrüßende  eingehende  Untersuchung  auch  in  anatomischer  Hin- 
sicht angedeihen  lassen.  In  der  Bearbeitung  der  Pennatulaceen  der 
deutschen  Tiefseeexpedition  (1911,  p.  386)  haben  Broch  und  ich 
darauf  hingewiesen,  daß  die  Gattung  Ptüosarcus  in  die  GRAY'sche 
Gattung  Leioptilum  einzubeziehen  sei.  Die  californische  Art  muß 
daher  Leioptilum  quadrangidare  (Moroff)  heißen. 

Virf/ularia  hrornleyi  Köll. 
1909.     Halisceptrum  ci/stiferum  Nütting.,  Ale.  Calif.   Coast,  p.  698. 

Von  dieser  Form  gibt  Nütting  (1909,  p.  698)  selbst  an.  daß 
bei  ihr  die  Unterscheidung  zwischen  Pinnae  und  sessilen  Polypen 
schwierig  ist  und  daß  man  die  Blätter  als  Gruppen  zusammen- 
hängender sessiler  Polypen  auffassen  könnte.  In  diesem  Falle  würde 
nach  ihm  die  vorliegende  Art  zu  einer  anderen  Familie,  wahrschein- 
lich den  Virr/tdariidae,  zu  rechnen  sein.  Nun  hat  inzwischen  Balss 
(1910)  ganz  richtig  erkannt,  daß  die  Gattung  Halisceptrum  keine 
Existenzberechtigung  hat  und  mit  Virgtüaria  vereinigt  werden  muß, 
und  Bküch  und  ich  sind  diesem  Vorgehen  gefolgt.  Der  einzige 
Unterschied  zwischen  Halisceptrum  und  Virgidaria  würde  darin  be- 
stehen, daß  bei  ersterer  Gattung  dorsale  Zooide  vorkommen,  bei 
letzterer  nicht.  In  der  Tat  finden  sich  aber  alle  Übergänge,  so  daß 
die  bisher  beschriebenen  Halisceptrum- Arten  zu  Virgularia  zu  stellen 
sind  und  die  Gattung  Hcdisceptrum  endgültig  eingezogen  werden  muß. 

Was  nun  die  vorliegende  Art  anbetrifft,  so  ist  die  Beschreibung, 
welche  Nütting  von  ihr  gibt,  nicht  ganz  zutreffend.  So  schreibt 
er:  ..Zooids  do  not  seem  to  be  present  in  this  species"'.  Ein  Blick 
auf  das  mir  vorliegende  Exemplar  zeigt  mir  aber,    daß   am   Kiele 


244  ^-    KÜKENTHÄL, 

sehr  deutliche  Zooide  zwischen  den  Blättern  sitzen.  Dorsale 
Zooide  fehlen  indessen  g-änzlich,  und  selbst  wenn  die  Gattung 
Haliscepfrum  noch  zu  Recht  bestünde,  könnte  vorliegende  Form  aus 
obigem  Grunde  nicht  zu  ihr  gehören.  Nutting  legt  bei  der  Auf- 
stellung seiner  neuen  Art  viel  Gewicht  auf  das  Vorhandensein  einer 
Endblase.  Diese  kommt  aber  auch  anderen  Arten  der  Gattung 
Virgularia  zu.  Für  die  Artbestimmung  der  vorliegenden  Form 
kommen  folgende  Merkmale  in  Betracht.  Die  Zooide  sitzen  am 
Kiele  zwischen  den  Blättern,  die  Polypenkelche  sind  glatt,  die 
Polypenträger  sind  sehr  niedrig,  und  die  Polypenkelche  sind  deutlich 
voneinander  getrennt,  die  Zahl  der  Polypen  eines  Blattes  ist  niedrig 
und  beträgt  4 — 5. 

Die  Art  hat  sehr  große  Ähnlichkeit  mit  der  Virgularia  hromleyi 
KöLL.,  von  der  sie  sich  eigentlich  nur  dadurch  unterscheidet,  daß 
ihr  die  nadeiförmigen  Spicula  fehlen,  von  denen  Külliker  (1880, 
p.  9)  berichtet. 

Freilich  gibt  Külliker  selbst  an,  daß  diese  Spicula  sehr  spär- 
lich sind,  und  Bruch  und  ich  haben  (1911,  p.  342)  eine  Art  als 
F.  äff.  hromleyi  beschrieben,  der  diese  nadeiförmigen  Spicula  fehlen, 
die  sonst  aber  durchaus  der  F.  hromleyi  gleicht.  Nutting  hat  bei 
seiner  Form  keine  Spicula  gefunden,  und  auch  ich  habe  nach  nadei- 
förmigen- Spicula  vergeblich  gesucht,  während  die  kleinen  ovalen 
Spicula  im  Stielinnereu  natürlich  vorhanden  sind. 

Da  erfahrungsgemäß  solche  Spicula  in  ihrem  Auftreten  inner- 
halb einer  Art  sehr  variabel  sein  können,  kann  diese  kleine  Ditferenz 
ignoriert  und  die  Form  zu  Virgularia  hromleyi  Köll.  gezogen  werden. 

Stjßlatula  elongata  Verr. 

Gabb  (1863,  p.  167)  hatte  unter  dem  Namen  Virgularia  elongata 
eine  neue  Form  aus  Californien  beschrieben.  Im  darauffolgenden 
Jahre  stellt  Verrill  (1864,  p.  30)  seine  neue  Gattung  Stylatula  auf 
und  beschreibt  als  neue  Art  Stylatula  elongata,  führt  aber  gleichzeitig 
als  Synonym  Virgularia  elongata  Gabb  auf.  Gray  (1870,  p.  18)  folgt 
Verrill  ohne  weitere  Begründung,  und  erst  Kölliker  (1872,  p.  216) 
scheidet  Virgularia  elongata  Gabb  als  noch  weiterer  Untersuchung 
bedürftig  aus  der  Gattung  Stylatula  wieder  aus  und  trennt  sie 
damit  von  der  Art,  Stylatula  elongata  Verrill. 

In  NuTTiNG's  Verzeichnis  wird  die  Form  wieder  als  Stylatula 
elongata  (Gabb)  aufgeführt,  und  Nutting  schreibt  dazu:  „Verrill 
regards  this  species  of  Gabb's   as  identical  with  his   own   Stylatula 


Alcyonarieufauna  Californiens.  245 

elangata;  tlie  prioritj-,  liowever.  belong-s  to  tlie  species  iiamed  by 
Gabh."  Das  wäre  nur  dann  der  Fall,  wenn  Veekill  mit 
seiner  Identifizierun«;  recht  gehabt  hätte.  Nun  aber  hat  sich 
KöLLiKEK,  was  NuTTixG  überselieu  hat,  gegen  die  Identifizierung 
ausgesprochen,  besonders  weil  Gabb's  Art  ungenügend  beschrieben 
worden  ist,  und  daher  müssen  wir,  Kölliker's  Vorgange  folgend, 
die  Art  Stylatida  elongata  Vekrill  wenigstens  so  lange  nennen,  bis 
die  Identität  mit  Gabb's  Art  sichergestellt  ist. 

StyJatuJa  elouf/atci  Verrill. 

1864.  SV.  e.,  Veeeill,  in:  Bull.  Mus.  comp.  Zoo!.,  No.  3,  p.  30. 

1868.  St.  e.,  Verrill,    in:    Traus.    Connecticut  Acad.,    Vol.   1,   p.  384. 

1870.  Sf.  e.,  Gray,  in:  Catalogue  of  Sea-Pens,  p.   19. 

1872.  St.  e.,  KÖLLIKER,  Monographie,   p.   224. 

1886.  St.  ritigei.  Pfeffer,  in:    Neue  Pennatuliden  des  Hamburg.  Mus., 

p.  59. 

I!i09.  St.  e.,  NuTTiNG,  in:  Alcyon.  Calif.  coast.,  p.  699. 

1863.  '?an    Virqidaria  elongata  Gabb,  in:  Proc.  California  Acad.  nat.  Sc, 

Vol.  2,  p.   166. 

1911.  .s7.  e.,  Kükenthal  u.  Broch,  Pennatulacea,  p.  317. 

Fundort.  Südlich  der  südlichen  Coronado-Insel,  in  15 — 17  Faden 
Tiefe.    Zahlreiche  Bruchstücke. 

Beschreibung.  Die  frisch  erbeuteten  Kolonien,  die  leider 
sämtlich  zerbrochen  waren,  hatten  eine  kräftige  schokoladenbraune 
Farbe,  während  die  Poh'pen  selbst  hell  waren.  Von  Nutting  wird 
angegeben,  daß  die  Färbung  im  Leben  hell  graubraun  ist  mit  weißen 
Polypen  und  lachsroter  Stielblase.  Über  die  Farbe  der  letzteren 
kann  ich  nichts  aussagen,  da  bei  allen  meinen  Exemplaren  der  Stiel 
abgebrochen  war.  Die  Organisation  entspricht  im  wesentlichen  den 
vorhandenen  Beschreibungen,  soll  aber  in  der  Arbeit  eines  meiner 
Schüler  eingehend  studiert  werden.  Spicula  sind  natürlich  vor- 
handen, nicht  nur  die  großen  Strahlen  der  Platten,  sondern  auch 
kleinere  Nadeln  und  im  Innern  der  Endblase  ovale  Spicula,  so  daß 
die  Bemerkung  von  Nutting:  ..There  are  no  spicules  etc."  nicht 
zutrittt. 

"?  AcanthoptUinn  f/racile  (Gabb). 

Unter  diesem  Namen  beschreibt  Nqtting  eine  Form,  die  Gabb 
(1863,  p.  167)  als  Virgidaria  gmcilis  diiifgesteWt  hatte.    Verrill  (1864) 


246  W.  Kükenthal, 

hatte   diese  Art,    allerdings    unter  Vorbehalt,   zu   seiner   Gattung 
Siylatida  gestellt.    Nütting  bringt  sie  zu  AcantJwptUum. 

Da  mir  Material  zur  Nachuntersuchung  nicht  vorlag,  kann  ich 
mich  nicht  weiter  über  diese  Art  äußern,  doch  führt  sie  Nütting 
selbst  mit  einem  Fragezeichen  an,  weshalb  ich  mich  berechtigt 
glaube,  diese  Form  als  unsicher  bestimmt  anzusehen. 

?  AcantJioptilufn  j)ourtaJesii  Köll. 

Ein  Exemplar  ohne  Fundortsangabe  sowie  ein  sehr  jugendliches 
Exemplar  eines  ÄcaniJioptilum  von  San  Diego  wird  von  Nütting, 
allerdings  wiederum  mit  einem  Fragezeichen,  zu  Ä.  po^irtalesn  Köll., 
einer  Form  von  Florida,  gestellt.  Eine  Begründung  wird  nicht  ge- 
geben und  nur  erwähnt,  daß  bei  dem  größeren  Exemplare  die 
Spicula  des  Stammes  nicht  biskuitförmig,  sondern  vom  gewöhnlichen 
spindelförmigen  Typus  waren. 

Es  ist  mir  ganz  unmöglich,  diese  Bestimmung  als  nur  einiger- 
maßen gesichert  anzuerkennen.  Bei  der  großen  tiergeographischen 
Bedeutung,  welche  eine  Identität  dieser  pacifischen  Litoralform  mit 
der  atlantischen,  auf  Koralleuriften  lebenden  Art  haben  würde,  muß 
ein  exakter  Nachweis  gefordert  werden.  Der  liegt  nicht  vor,  und 
daher  ist  die  Bestimmung  zu  ignorieren. 

ActinthoptiluiH  albuni  Nutt. 

Die  Beschreibung,  welche  Nütting  von  dieser  neuen  Art  gibt, 
läßt  sich  folgendermaßen  zusammenfassen:  Die  sehr  schlanke  Kolonie 
hat  einen  Stiel,  der  etwas  mehr  als  ein  Drittel  der  Gesamtlänge 
mißt.  Die  Endblase  ist  nur  schwach  ausgebildet.  An  den  regel- 
mäßig gebogenen  Blättern  sitzen  je  4 — 5  anscheinend  nicht  retractile 
Polypen,  deren  Kelche  klein  und  weich  sind  und  am  Rande  8  schwach 
ausgebildete  Lappen  zeigen.  Der  distale  Kelch  jedes  Blattes  zieht 
sich  in  eine  unter  dem  ausgebreiteten  Polypen  befindliche  Spitze 
aus.  Es  finden  sich  Zooide  nur  zwischen  den  Blättern  in  kurzen 
Reihen  von  je  drei.  Die  Spicula  sind  farblos  und  spärlich  in  den 
Kelchwänden;  größere  spindelförmige  Spicula  finden  sich  in  einer 
Gruppe  unter  jedem  Blattansatz,  kleinere  Formen  kommen  an  der 
Oberfläche  von  Stiel  und  Kiel  vor.  Farbe  weiß,  mit  rotem  Fleck 
an  der  Anschwellung  oberhalb  der  Endblase. 

Diese  Beschreibung  möchte  ich  etwas  ergänzen  durch  die  Ab- 
bildung der  Spiculaformen,  die  eine  größere  systematische  Wichtig- 


Alcyonarienfauna  Californiens. 


247 


keit  haben,  als  Nutting  annimmt.  Ich  zweifle  im  übrigen  nicht 
daran,  daß  Nutting  recht  hat,  wenn  er  diese  Form  als  eine  neue 
Art  von  Acanthoptüum  auffaßt. 


Fig.  M. 


Fig.  N. 


Fig.  0. 

Fig.  M. 

Fig.  N. 
Fig.  0. 
Fig.  P. 
Fig.  Q. 
Fig.  R. 
Fig.  S. 


Fig.  E. 


Fig.  P. 


o 


Fig.  Q. 


^0 
Fig.  S. 


Acanthoptüum  album  Nutt.     Blattspiciüa.     71:1. 

Acanthoptilum  album.    Tentakelspiciila.     71 :  1. 

Acanthoptüum  album.     Stielspicula.     71 :  1. 

Acanthoptüum  scalpellifolium.   Polypen-  und  Tentakelspicula.   152:1. 

Acanthop)tüum  scalpellifolium.    Kielrinde.     152:  1. 

Acanthoptüum  scalpellifol'mm.    Stielrinde.     152  : 1. 

Acanthoptüum  scalpellifolium.    Spicula  der  Endblase.     152  : 1. 


248 


W.  Kükenthal, 


Accuithoi^tilum  scalpeUlfolmni  Moeoff, 

Diese  von  Nutting  irrtüralicli  unter  dem  Namen  Ä.  scälpelliforme 
MoK.  aufg-eführte  Art  habe  ich  im  Originalexemplar  vor  mir  gehabt 
und  kann  Moeoff's  Darstellung  bestätigen.  Da  Moeoff  keine  Ab- 
bildung der  Spicula  gegeben  hat,  will  ich  das  Versäumte  nachholen. 
In  der  Polypenwand  liegen  in  Gruppen  angehäuft  schlanke  drei- 
flügelige  Nadeln  von  ca.  0,36  mm  Länge,  außerdem  kommen  kürzere 
abgeplattete,  in  der  Mitte  eingeschnürte  Spicula  von  0.12 — 0,18  mm 
Länge  vor,  die  sich  auch  in  der  Tentakelachse  finden ;  die  Kielrinde 
ist  dicht  erfüllt  mit  kleinen  ovalen  Spicula  von  nur  ca.  0,03  mm 
Längsdurchmesser.  In  der  Stielrinde  werden  diese  Spicula  länger, 
stabförmiger  und  bis  0,18  mm  lang,  sie  stehen  hier  in  Büscheln 
angeordnet. 

Dicht  erfüllt  mit  sehr  kleinen  rundlichen  bis  ovalen  Kalk- 
körperchen  ist  die  Endblase.  Diese  Kalkkörperchen  sind  in  kleinen 
Gruppen  aneinandergelagert. 


Acajithoj)tUuni  annuJatiini  Nutt. 

Als  Acanthoptilum  annulatum  hat  Nutting  eine  neue  Art  auf- 
gestellt. Ich  Iiabe  selbst  ein  Exemplar  dieser  Form  in  Händen  ge- 
habt, und  Nutting's  und  meine  ergänzenden  Beobachtungen  zu- 
sammenfassend, sind  folgende 
Unterschiede  gegenüber  A.  scal- 
pellifoUum  hervorzuheben :  das 
Verhältnis  von  Stiel  zu  Kiel  ist 
bei  A.  scalpelUfolium  nach  Nut- 
ting 1 :  3,  während  Moeoff  1 : 5 
angibt,  bei  A.  annulatum  1 : 1,3 
(nach  Nutting),  1 :  3  bei  dem  mir 
vorliegenden  Exemplare.  Die 
Blätter  sind  bei  beiden  Arten 
gleichbreit  an  der  Basis,  aber 
kürzer  bei  J-.  scalpellifolium  nach 
Nutting.  An  dem  mir  vor- 
liegenden  Exemplare   erreichten 


Fig.  T. 

Acanthoptilum  anmi- 

latum.  Polypenspicula. 

152 : 1. 


Acanihoptilmn     dagegen  die  Blätter  kaum  3  mm 
annulafum.  Stiel-    Länge,  waren  also  eher  kleiner 


spicula.     152:1. 


als   bei   A.  scalpellifolium.      Auf 


jedem  Blatte  sitzen  6  Polypenkelche  gegenüber  7—8  Polypenkelchen 


Alcyouarienfanna  Califoruiens.  249 

bei  ^-1.  scalpellifolium.  Doch  ist  liier  zu  bemerken,  daß  das  p]xemplar 
von  letzterer  Art,  welches  Nutting  vorlag,  über  6mal  so  groß  war 
wie  das  von  A.  anmdatnm.  Die  Polj'penkelche  sind  mit  8  kurzen 
Zähnen  versehen  bei  .1.  mundation.  die  aber  bei  dem  mir  vorliegen- 
den Kxemplare  kaum  wahrnehmbar  waren.  Auffällig  verschieden 
sind  dagegen  die  Polypenspicula.  die  bei  Ä.  amiulatum  kürzer, 
breiter  und  weniger  zugespitzt  erscheinen  als  bei  A.  scalpellifolium. 
Danach  erscheint  es  mir  wahrscheinlich,  daß  A.  anmdatum  von  A. 
scalpellifolium  artlich  verschieden  ist. 

Pavotiarla  californica  Moroff. 
(Taf.  8  Fig.  6  u.  7.) 
==  B(dti('ina  pacifim  (Nutting). 

Diese  von  Nutting  als  Balticina  pacifica  beschriebene  Form  habe 
ich  an  dem  Bruchstücke  eines  jugendlichen  Exemplars  nach  unter- 
suchen können.  Würde  ich  auf  die  Untersuchung  dieses  Bruch- 
stückes hin  die  Art  zu  bestimmen  haben,  so  würde  ich  nicht  daran 
denken,  sie  auf  Grund  der  NuxTiNG'schen  Beschreibung  zu  dessen 
Art  zu  stellen.  Nun  habe  ich  aber  bereits  in  La  Jolla  bei  flüchtiger 
Durchmusterung  alle  Übergänge  von  meiner  Form  zu  den  typischen 
Exemplaren  Nutting's  feststellen  können  und  zweifle  nicht  daran, 
daß  auch  das  mir  vorliegende  Bruchstück  zur  gleichen  Art  gehört. 
Während  Nutting  angibt,  daß  bei  seinen  erwachsenen  Exemplaren 
die  Polypen  bis  zu  5  auf  jedem  Blatte  sitzen,  ist  bei  vorliegender 
Form  von  Blättern  überhaupt  keine  Rede,  sondern  die  Polypen  sitzen 
in  schräger  Anordnung  in  stark  gegeneinander  verschobenen  Paaren 
vollkommen  voneinander  isoliert  an  dem  Kiele.  Das  ist  aber  ein 
Hauptmerkmal  der  Gattung  Halipteris,  wodurch  diese  sich  von 
Pavonaria  unterscheidet.  Wir  haben  also  hier  den  Fall  vor  uns, 
daß  eine  im  erwachsenen  Zustande  fraglos  zu  Pavonaria  zu  zählende 
Form  in  jugendlichem  Zustande  eine  Halipteris  ist.  Das  beweist, 
daß  Broch  und  ich  recht  hatten,  als  wir  uns  (1911,  p.  306)  zu -einer 
Vereinigung  der  beiden  Gattungen  entschlossen,  für  die  wir  den 
älteren  Namen  Pavonaria  beibehielten. 

Nur  die  ventrale  Seite  des  Kieles  ist  von  den  Polypen  bedeckt 
die  dorsale  Seite  ist  dagegen  vollkommen  frei.  Eine  regelmäßige 
Anordnung  der  Polypen  in  schrägen  Linien  ist  nicht  zu  bemerken. 
Während  bei  erwachsenen  Formen  nach  Nutting  2 — 5  eng  aneinander 
gepreßte   Polypen    in   jeder   Reihe    stehen,    sind    hier    viel   weniger 


250 


W.  Kükenthal, 


Polypen  vorhanden,  die  in  einer  Weise  angeordnet  sind,  wie  sie 
Fig.  6,  Taf.  8  wiedergibt.  Nutting  gibt  als  die  Entfernung  einer 
Polypenreihe  von  der  benachbarten,  auf  der  dorsolateralen  Seite  ge- 
messen, 5—8  mm  an,  bei  vorliegendem  kleinem  Exemplare  stehen 
sie  viel  enger. 


Fig.  V.     Pavonaria  californica.  Kelch- 
uud  Kielspicula.     26:1. 


Fig.  W.    Pavonaria  californica  n.  sp. 
[Balticina  pacifica   Nutt.).     Tentakel- 
spicula.    26:1. 


Die  Form  hat  die  für  die  Gattung  Pavonaria  charakteristischen 
zweizipfeligen  Kelche.  Diese  Kelche  sind  dorsoventral  abgeflacht 
und  bis  etwa  4  mm  lang  und  oben  2  mm  breit.  Das  sind  ungefähr 
die  gleichen  Maße,  die  Nutting  für  seine  erwachsenen  Exemplare 
angibt.  Es  folgt  daraus,  daß  die  Polypen  nicht  mehr  an  Größe  wachsen, 
wenn  auch  die  Kolonie  noch  beträchtlich  zunimmt.  Damit  stimmt 
überein,  daß  sclion  bei  der  vorliegenden  jungen  Kolonie  reife  Ge- 
schlechtsprodukte und  zwar  Eier  in  dem  vom  Kelch  geschützten 
unteren  Polypenteil  enthalten  sind.  Aus  dem  Kelche  heraus  hebt 
sich  ,der  obere  Polypenteil,  der  die  auffällig  stark  entwickelten 
Tentakel  trägt.  \¥enn  der  Vergleich  gestattet  ist,  so  sieht  ein  Polyp 
dieser  Form  ungefähr  so  aus  wie  eine  Sepia,  Der  obere  Polypen- 
teil kann  so  lang  werden  wie  der  Kelch,  ist  aber  an  seiner  Basis 
bedeutend  schmäler  als  dieser.  Die  Bewehrung  ist  folgende.  Der 
Kelch  ist  mit  langen  schmalen  dreiflügeligen  Nadeln  bewehrt,  die 
sich  an  den  beiden  vorspringenden  Kelchspitzen  in  steil  nach  oben 
konvergierende  Züge  anordnen.     Die  Nadeln   sind  bis  0,7  mm  lang. 


Alcyonarieufaiuia  ("alifoniieiis.  251 

Der  obere  Polypenteil  scheint  mir  teilweise  retractil  zu  sein,  an 
seiner  Basis  fehlen  Spicula  so  gut  wie  vülliy.  nur  an  den  Seiten  der 
Polypen  vermöo'en  sich  die  Tentakelspicula  ein  Stück  weit  die 
Polypenwand  hinunter  zu  ziehen.  Nutting  berichtet  von  einigen 
wenigen  transversalen  Spiculareiiien  in  der  Polypenwand.  An 
meinem  Objekt  war  davon  nur  hier  und  da  etwas  wahrnehmbar, 
besonders  an  der  lateralen  und  der  adaxialen  Seite.  Sehr  stark  mit 
Spicula  bewehrt  sind  die  Tentakel.  Die  äußere  Tentakelachse  ist  dicht 
gepanzert  mit  schräg  nach  oben  konvergierenden  Spicula  von  breiter 
dreifliigeliger  Stabform  und  etwa  0,24—0,30  mm  Länge.  Aber  auch 
in  den  Pinnulae.  die  jederseits  zu  ca.  20  am  Tentakel  sitzen, 
sind  Spicula  in  deren  Längsrichtung  vorhanden,  kleine  dreiüügelige 
Stäbchen  von  0.06  bis  0,12  mm  Länge.  In  der  Kielrinde  liegen 
schlanke  dreitlügelige  Nadeln  von  ca.  0,24  mm  durchschnittlicher 
Länge.  Die  Angabe  Nütting's,  daß  die  Spicula  anscheinend  auf  die 
Polypen  und  Kelche  beschränkt  sind,  ist  also  nicht  zutreffend. 

Was  die  Zooide  anbetrifft,  so  gibt  Nutting  an,  daß  sie  zwischen 
den  Polypenreihen  in  Gruppen  von  15—20  stehen  und  hier  eine 
Tendenz  zur  Anordnung  in  2  oder  3  Reihen  zeigen,  daß  aber  außer- 
dem auf  der  dorsalen  Kielseite  auch  einige  zerstreute  Zooide  vor- 
kommen. Die  Zooide  sind  nicht  durch  Spicula  geschützt  und  stellen 
einfache  rundliche  Kr»rner  dar. 

Solche  Bildungen  habe  ich  an  den  bezeichneten  Stellen  auch  bei 
meinem  Exemplar  gefunden,  hier  waren  es  aber  die  angehäuften, 
durch  die  Körperwand  schimmernden  Geschlechtsprodukte.  Jedenfalls 
sind  an  dem  mir  vorliegenden  Bruchstück  eines  jugendlichen  Exemplars 
die  Zooide  noch  nicht  ausgebildet. 

Als  Farbe  gibt  Nutting  schokoladebraun  für  Polypen  und  Kelche, 
gelbbraun  für  die  Stielanschwellüng  und  dunkel  rotbraun  für  die 
End blase  an. 

Es  ist  nunmehr  die  Frage  zu  erörtern,  ob  die  vorliegende  Form 
eine  neue  Art  darstellt,  wie  Nutting  annimmt.  Der  Vergleich  mit 
dem  Originalexemplar  von  Pavonaria  californica  ]\[oroff  ergab  mir, 
daß  die  NuTTiNG'schen  Formen  zu  dieser  Art  gehören. 

Wie  Mdroff  bereits  angibt,  sind  beide  zu  einem  P^xemplai*  ge- 
hörigen Stücke  stark  maceriert ;  das  rechtfertigt  aber  nicht,  daß  Mukoff 
in  seiner  Beschi-eibung  einmal  (p.  394)  schreibt:  ,,Polypen  grau,  sehr 
schwach,  3 — 5  an  der  Zahl,  ohne  Kalknadeln"  und  w^enige  Zeilen 
darauf:  „Die  Wand  der  Polypenkelche  ist  ganz  dicht  mit  solchen 
Nadeln  besetzt."    So  konnte  es  kommen,  daß  Nutting  (p.  705)  schreibt: 


252  ^^'-  Kükenthal, 

„Paiwiaria  californica  Moeoff  is  described  as  having  polyps  without 
spicules."  MoROFF  meinte  jedenfalls  mit  seinem  Ausdruck  „Polypen" 
nur  dessen  obersten  Teil,  insbesondere  die  Tentakel.  Nuu  hat  mir 
aber  die  Nachuntersuchung  erg-eben,  daß  an  dem  Originalstück  dieser 
obere  Polypenteil  entweder  völlig  maceriert  ist  oder  überhaupt  fehlt. 
Es  läßt  sich  also  keinesfalls  daraus  der  Schluß  ziehen,  daß  die 
Tentakelspicula  fehlen. 

Vergleicht  man  diese  Form  mit  der  von  Nutting  aufgestellten 
Bdlticina  pacifica  n.  sp.,  so  schrumpfen  die  artlichen  Unterschiede 
sehr  stark  susammen.  Die  Anordnung  der  Polypen  scheint  die 
gleiche  zu  sein,  auch  die  Polypenkelche  sind  mit  ihren  beiden  ab- 
axialen Zähnen  einander  sehr  ähnlich.  Daß  die  Polypenkelche  bei 
Moroff's  Exemplaren  etwas  kleiner  sind  als  bei  Nutting's,  kann 
auf  Schrumpfung  des  schlecht  konservierten  Stückes  beruhen. 

Nun  hat  ganz  neuerdings  Nutting  (1912,  p.  40)  die  ßalticina 
californica  von  Japan  aufgeführt  und  bei  seinen  Exemplaren  eben- 
falls keine  Tentakelspicula  gefunden.  Er  schreibt  aber  selbst:  ,,this 
species  may  be  the  same  as  the  last"  (i.  e.  Balücina  pacifica  Nutt.). 

Nun  bestehen  zwei  Erklärungsmöglichkeiten  des  Fehlens  von 
Tentakelspicula  bei  einer  Art,  einmal  die  große  Variabilität  im 
Vorkommen  dieser  Spicula  und  zweitens  der  mangelhafte  Erhal- 
tungszustand. Dazu  gehört  auch  die  Konservierung  mit  Formol  oder 
Glycerin. 

Formol  vermag,  besonders  wenn  es  nicht  gewechselt  wird,  durch 
teilweise  Oxydierung  im  Körper  zu  Ameisensäure  zu  werden,  die  die 
Kalkspicula  auflöst.  Auch  Glycerin  löst  die  Spicula  auf.  Auf  ein 
so  unsicheres  Merkmal  hin  möchte  ich  also  nicht  die  Aufstellung 
zweier  verschiedener  Arten  befürworten,  sondern  ziehe  Nutting's 
Art  in  Moeoff's  Pavonaria  californica  ein. 

Favonavia  ivlllenioesi  (Köll.). 

1880.  Mieroptüum   willcmocsl  KÖllikee,    in:    Rep.    sc.  Res.  Challenger, 

p.  27. 

1902.  Pavonaria    dofleini   Moroff,    in:    Zool.    Jahrb.,    Vol.    17,    Syst., 

p.  390. 

1873.  Verrillia  blakei  Stearns,  in:    Proc.  California  Acad.  Sc,  p.  147. 

1874.  Halipteris  blakei  Verrill,  p.  68. 

1909.     BaUicina  finmarckica  Nutting,  Alcyon.  Californ.,  p.  705. 

1909.  Pavonaria  finmarckica  Balss,  in:  Zool.  Anz.,  Vol.  34,  p.  426. 

1910.  Baltciina  ivillemoesi  Balss,  Japan.  Pennatul.,  p.  51. 


Alcyonarienfauna  Californiens.  253 

Von  der  von  Californien  stainuienden  Pamnaria  dofleini  Moroff 
liegen  mir  die  beiden  Oriofinalstücke  aus  dem  Münchener  Museum 
vor.  Mellon  auf  den  ersten  Blick  war  es  unverkennbar,  daß  die 
beiden  Stücke  zu  Pavonaria,  iciUcmoesi  Küll.  gehören.  Ich  habe  von 
letzterer  P'orm  Stücke  zum  Vergleich  vorliegen,  die  Balss  seinerzeit 
als  Balikina  finmarchica  (Sars)  beschrieben  hat.  um  sie  später  (1910, 
p.  51)  als  zu  P.  iviUemoesi  Köll.  gehörig  zu  erkennen.  Die  vor- 
handenen Unterschiede  sind  ganz  ähnliche  wie  die  zwischen 
Pavonaria  californica  und  P.  pacifica  und  beruhen  auch  hier  auf 
sehr  schlechtem  Erhaltungszustände  der  MoROFF'schen  Typen.  Schon 
die  weiße  Farbe  der  noch  vorhandenen  Spicula  der  Polypenkelche 
deutet  auf  starke  Veränderungen  hin,  und  es  nimmt  daher  kein 
Wunder,  daß  die  Tentakelspicula  auch  bei  diesen  Stücken  fehlen. 
Alle  anderen  Merkmale  stimmen  mit  P.  ivülemoesi  überein,  so  daß 
P.  dofleini  als  Synonym  zu  ihr  gestellt  werden  muß. 

Es  ist  ganz  interessant  zu  sehen,  daß  Nütting  (1909,  p.  705) 
in  denselben  Irrtum  verfallen  ist  wie  nach  ihm  Balss  und  eine 
Anzahl  californischer  Exemplare  als  Balticina  finmarchica  beschrieben 
hat.  Wie  Balss  selbst  bereits  kurze  Zeit  darauf  richtig  erkannt 
hat,  handelt  es  sich  aber  um  P.  iviUemoesi,  und  wenn  man  Xutting's 
Beschreibung  liest,  so  kommt  man  zu  dem  Schlüsse,  daß  auch  dessen 
Exemplare  zu  B.  iviUemoesi  gehören.  Auch  die  von  Nütting  (1912, 
p.  38)  von  Japan  als  Bcdticina  finmarchica  beschriebenen  Formen  ge- 
hören zu  letzterer  Art. 

Ferner  ist  Nütting  (p.  706)  der  Meinung,  daß  auch  die  als 
Verrillia  blakei  von  Steaens  beschriebenen  Form,  die  Vekrill 
später  als  zu  Halipteris  gehörig  erkannte,  zu  Pavonaria  zu  stellen 
ist  und  wahrscheinlich  zu  den  von  ihm  als  Pavonaria  finmarchica  be- 
stimmten Formen. 

Balss  (1910,  p.  50)  dagegen  vermutet,  daß  Verrillia  bMei  zu 
B.  iviUemoesi  Köll.  zu  rechnen  ist.  Beide  Autoren  dürften  recht 
haben,  da  alle  diese  Arten  meiner  Ansicht  nach  identisch  sind.  Es 
ergibt  sich  also,  daß  Pavonaria  iviUemoesi  (Köll.)  identisch  ist  mit 
Verrillia  hlahei  Stearns,  Pavonaria  dofleini  Moroff,  Balticina  finmar- 
chica Balss  und  Balticina  finmarchica  Nütting. 

Ich  kann  also  bis  jetzt  nur  2  sichere  californische  Arten  von 
Pavonaria,  nämlich  P.  iviUemoesi  (Köll.)  und  P.  californica  (Moroff), 
feststellen,  außerdem  ist  die  von  Nütting  als  Acanthoptilum  qnadri- 
dentatum   beschriebene   P'orm   das  Jugendstadium   einer   noch   unbe- 


254  W.  Kükenthal, 

stimmbaren  Pavonaria- Art.  und  auch  Halipteris  contorta  dürfte   eine 
jugendliche  Form  von  Pavonaria  sein. 

Pavonaria  sp.  juv. 

=  IMipieris  contorta  Nutting. 

Die  von  Nutting  als  Halipteris  contorta  n.  sp.  beschriebene 
Form  ist  meiner  Auffassung  nach  die  Jugendform  einer  Pavonaria. 
Doch  ist  es  mir  auf  Grund  der  sehr  kurzen  Beschreibung  und  der  beiden 
mehr  als  dürftigen  Abbildungen  nicht  möglich,  die  Artzugehörigkeit 
festzustellen.  Das  zugrunde  liegende  Exemplar  w?iv  nur  7,5  cm  lang 
und  allem  Anscheine  nach  stark  lädiert,  jedenfalls  zusammenge- 
krümmt. Da  der  Kelch  vier  Zähne  aufweist,  so  gehört  die  Form, 
obwohl  ihr  Tentakelspicula  fehlen  sollen,  möglicherweise  mit 
Nütting's  Stachijptilum  quadridentaium  n.  sp.  zu  ein  und  derselben 
Art,  die  allerdings  weder  zur  Gattung  Halipteris  noch  zur  Gattung 
Stachyptilum,  sondern  zur  Gattung  Pavonaria  zu  rechnen  ist. 

JPavonaria  sp,  juv. 

(Taf.  8  Fig.  8.) 
=  Stachyptilum  quadridentaium  NuTT. 

Die  von  Nutting  als  Stachyptilum  quadridentaium  n.  sp.  auf- 
geführte Form  konnte  ich  nachuntersuchen  und  stelle  zunächst 
fest,  daß  sie  mit  Stachyptilum  nicht  das  geringste  zu  tun  hat,  sondern 
zu  Pavonaria  gehört,  von  der  sie  anscheinend  das  Jugendstadium  einer 
Art  darstellt.  Es  ist  mir  nicht  recht  klar  geworden,  wie  Nutting 
auf  den  Gedanken  kommen  konnte,  die  Form  zur  Gattung  Stachyptilum 
zu  stellen,  mit  der  sie  auch  nicht  ein  einziges  Merkmal  gemein  hat. 

Das  größere  Exemplar  ist  290  mm  lang,  wovon  72  mm  auf  den 
Stiel  kommen;  das  kleinere  hat  182  mm  Länge  bei  55  mm  Stiel- 
länge. Nutting  gibt  200  mm  Gesamtlänge  bei  68  mm  Stiellänge  an. 
Es  scheint  danach  ein  ziemlich  konstantes  Verhältnis  zwischen  der 
Länge  des  Stieles  und  des  Kieles  zu  bestehen,  das  zwischen  1 : 2  und 
1 : 3  schwankt.  Der  Stiel  ist  sehr  schlank  und  schwillt  nur  an 
seinem  unteren  Ende  zu  einer  schlanken  Keule  an,  die  im  Quer- 
schnitt abgerundet  vierkantig  erscheint.  Die  Polypen  sind  auf  der 
ventralen  Seite  des  sehr  schlanken  Kieles  angeordnet  und  lassen  die 
dorsale  völlig  frei.  Eine  regelmäßige  Anordnung  der  Polypen  ist 
schwer  wahrzunehmen.    Ein  paar  größere  Polj'pen   stehen  ungefähr 


Alcyonarienfauua  Californiens. 


255 


paarig:  zu  beiden  Seiten,  aber  selten  in  gleicher  Höhe  entspringend. 
Zwischen  ihnen  sitzen  ein  oder  zwei  kleinere  Polypen,  die  aber  stets 
etwas  höher  am  Kiele  abgehen.  So  sehe  ich  es  bei  der  kleineren 
Form,  bei  der  größeren  ist  diese  Anordnung  durch  mehrfache  Dre- 
hungen des  Polypars  um  die  Längsachse  stark  verwischt.  Die  Polypen 
sitzen  in  deutlich  ausgeprägten  Kelchen,  wie  sie  für  die  Gattung 
Pavonana  charakteristisch  sind,  nur  treten  zu  den  beiden  äußeren 
vorspringenden  Zähnen  zwei  etwas  kleinere,  nach  innen  davon  ge- 
legene. Die  Kelche  verbreitern  sich  nach  oben  zu  ziemlich  stark 
und  sind  in  dorsoventraler  Kichtung  abgeplattet.  Ihre  Länge  be- 
trägt bis  3  mm.  Der  obere  Polypenteil,  das  Köpfchen,  erhebt  sich 
aus  dem  Kelche  mit  schmaler  Basis  und  erreicht  insgesamt  eine 
Höhe  von  ca.  2  mm.  Die  Tentakel  sind  sehr  stark  entwickelt,  und 
die  Außenseite  ihrer  Achse  ist  mächtig  gepanzert.  Mitunter  ist  das 
Köpfchen  stark  zum  Kelch  geneigt,  zurückziehbar  ist  es  nur  in  ge- 
ringem Maße. 

Die  Zooide  sind  jedenfalls  sehr  schwer  auffindbar;  mir  ist  es 
nicht  geglückt,  sie  mit  Sicherheit  aufzufinden.  Nutting  beschreibt 
laterale  Zooide  zwischen  den  Polypen  und  meist  etwas  größere 
auf  der  ventralen  Kielfiäche. 

Die  Spicula  der  Polypenkelche  sind  schlanke  dreiflüglige  Nadeln 
von  0,9  mm  Länge,  die  den  Kelch  auf  der  abaxialen  Seite  vollkommen 
einpanzern  bis  auf  einen  schmalen  nackten  Medianstreifen.  Diese 
Spicula  sind  annähernd  longitudinal  angeordnet,  in  den  Kelchspitzen 
konvergieren  sie  etwas.  Seitlich  und  adaxial  fehlen  dem  Kelche 
Spicula.  Sehr  stark  mit  Spicula  bewehrt  ist  das  Polypenköpfchen. 
Es  sind  das  die  gleichen  stabförmigen  dreiflügligen  Spicula,  welche 


Fig.  X. 


Fiff.  Y. 


Fisr.  z. 


Fig.    X.     Pavonaria    sp.    {Stachyptilum   quadridentatum    Nltt.i.      Pölypen- 
^llicula.     26 :  1. 

Fig.  Y.     Pavonaria  sp.     Teutakelspicula.    26:1. 

Fig.  Z.  Pavonaria  sp.  [Stach yjitilum  quadridentafmH'S\:Tr.).  Kielspicula.  26:1. 
Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Syst  17 


256  •  ^^-  KOkenthal, 

die  Außenwand  der  Teutakelachse  umpanzern.  Diese  Spicula  stellen 
dichter  wie  bei  P.  pacifica  und  sind  0,65  mm  lang-,  0,15  mm  breit.  In 
den  Pinnulae  sind  sie  0,3  mm  lang. 

Auch  in  der  Kielliaut  kommen  kleine,  sehr  regelmäßig-  in  der 
Längsrichtung  angeordnete  dreiflüglige  Stäbchen  von  0,2  mm  Länge 
vor,  und  ähnliche  Spicula  sind  auch  in  der  Stielhaut  vorhanden. 
Auch  im  Stielinnern  dieser  Form  fanden  sich  kleine  ovale  Spicula 
von  0,04  mm  Länge  in  zerstreuter  Unordnung  vor. 

Farbe  in  Alkohol  gelblich,  doch  schimmert  das  braun  violette 
Schlundrohr  etw^as  durch  die  Polypenwand  hindurch. 

Es  entsteht  nun  die  Frage,  wozu  diese  Form  zu  zählen  ist.  Daß 
■wir  hier  eine  typische  Pavonaria  vor  uns  haben,  ist  klar  und  braucht 
nicht  weiter  nachgewiesen  zu  werden.  Auch  scheint  es  mir  sehr 
wahrscheinlich,  daß  wir  hier  Jugendformen  vor  uns  haben:  das 
schließe  ich  erstens  aus  der  für  Pavonaria  geringen  Größe  der 
Kolonien,  zweitens  aus  der  geringen  Zahl  der  Polypen  in  einer 
transversalen  Reihe,  drittens  aus  dem  Halipteri s-St?idmm,  in  welchem 
sich  die  Polypen  einer  Reihe  befinden,  indem  diese  noch  völlig 
voneinander  isoliert  -sind,  und  viertens  aus  den  noch  fast  völlig 
fehlenden  Zooiden,  die  sich  erst  später  anzulegen  scheinen,  wie  das 
auch  bei  anderen  Pennatulidenformen  der  Fall  ist.  Es  ist  mir  aber 
nicht  möglich,  zu  entscheiden,  welcher  Art  diese  Jugendformen  zu- 
gehören mögen  oder  ob  sie  vielleicht  einer  neuen  Art  zuzurechnen 
sind.  Hier  kann  nur  ein  reiches  Material  entscheiden,  wie  es  mir 
nicht  zur  Verfügung  steht.  In  der  von  mir  aufgestellten  Liste  er- 
scheint die  Art  unter  der  Bezeichnung  Pavonaria  sp.  juv. 

Funiculina  j^arkeri  n.  sp. 

=  Funiculina  armata  Veer.,  Nutt. 

Die  von  Nutting  unter  diesem  Namen  beschriebene  Form  ge- 
hört nicht  zu  dieser  von  Veeeill  aufgestellten  Art.  Ohne  das 
Original  gesehen  zu  haben,  zweifelten  Bruch  und  ich  (1911,  p.  253) 
bereits  an  der  Richtigkeit  der  Bestimmung,  und  diese  Zweifel 
wurden  vollkommen  bestätigt,  als  ich  die  Nachuntersuchung  eines 
kleinen  Stückchens  von  einem  von  Nutting  bestimmten  Exemplare 
vornehmen  konnte.  Aber  auch  unsere  Vermutung,  daß  möglicher- 
weise F.  quadrangularis  für  diese  Form  in  Betracht  kommen  könnte, 
hat  sich  nicht  bestätigt,  vielmehr  liegt  hier  eine  neue  Form  vor,  die 
ich  meinem  Freunde  G.  H.  Parker  von  der  Harvarduniversität  zu 
Ehren  Funiculina  parkeri  nennen  will. 


Alcyonaiieufauna  Califoruiens. 


257 


Sie  wild  durch  lolgeiide  Merkmale  charakterisiert.  Das  Ver- 
hältnis von  Stiel  zu  Kiel  ist  ca.  1 : 5.  Die  Achse  ist  im  Querschnitt 
austjesprochen  viereckig-.  Die  Kndblase  ist  wenig-  deutlich  und  der 
oberste  Teil  der  Kohmie  eing-eroUt  und  zugespitzt.  Die  Polj^pen 
stehen  ziemlich  unre;^elmäßig  am  Kiele,  entspringen  in  nahezu  rechtem 
Winkel  und  werden  bis  8  mm  lang.  In  ausgestrecktem  Zustande 
sind  sie  sehr  schlank,  sie  können  sich  aber  erheblich  kontrahieren 
und  schwellen  dann  dementsi)rechend  an.  Die  Tentakel  sind  bis 
3  mm  lang  und  jederseits  mit  etwa  16  fingerförmigen  Pinnulae  be- 
setzt. Neben  diesen  großen  Polypen  finden  sich  auch  noch  kleinere, 
sowie   dazwischen   eingestreute   Zooide,   von   schlanker    Walzenform 


Fig.  A^     Funiculina  parkeri  n.  .y). 
Polypeu  und  Zooide.     6  : 1. 


Fig.  B*.     Funiculina  parkeri 
n.  sp.    Polypenspicula.    26:1. 


und  ca.  1  mm  Höhe,  an  denen  die  Tentakel  nur  als  w'arzenförmige 
Fortsätze  angedeutet  sind.  Während  der  untere  Teil  des  Polypen- 
kelches nahezu  völlig  spiculafrei  ist,  treten  im  oberen,  etwas  aus- 
einanderweichenden Teile  8  Längsstreifen  von  Spicula  auf,  die  in 
8  weit  vorragenden  spitz  dreieckigen  Kelchzähnen  enden.  Ein  trans- 
versaler Ring  von  Spicula  unterhalb  der  Kelchzähne  ist  nicht  vor- 
handen. 

Die  Form  der  Kelchspicula  ist  die  sehr  schlanker  geradliniger 
Stäbe,  die  dreiflüglig  sind.  Diese  bis  0,7  mm  langen  Stäbe  sind  an 
beiden  Enden  etwas  zugespitzt,  und  ihre  Endflächen  sind  abgerundet. 
Tentakelspicula  sind  spärlich   und  kommen   als  dreiflüglige  Spicula 

17* 


258  ^^-  Kükenthal, 

von  0,12  mm  Länge  nur  im  unteren  Teile  der  Tentakel  vor.  Die 
Spicula  des  Kieles  sind  nach  Nutting  in  dichter  Längsanordnung 
verteilt,  meine  Präparate  dagegen  zeigten  nur  spärliche  Kielspicula 
von  ähnlicher  Form  wie  die  Kelchspicula. 

Über  die  Spicula  des  Stieles  gibt  Nutting  an,  daß  sie  sehr  ver- 
einzelt vorkommen  oder  fehlen. 

Farbe  der  Polj'pen  dunkelbraun,  des  Stieles  und  Kieles  heller. 
Im  unteren  Teile  der  Polj'pen  liegen  Eier,  teilweise  von  der  Größe 
des  Polypendurchmessers. 

Fundort  Süd-Californien  in  334—638  Faden. 

Vergleichen  wir  die  vorliegende  Form  mit  den  beiden  anderen 
Arten  der  Gattung,  F.  qiiadrangularis  und  F.  armata,  so  ergeben 
sich  folgende  Unterschiede.  Das  Verhältnis  der  Länge  des  Stieles 
zum  Kiel  beträgt  bei  F.  quadrangularis  1 :  12  bis  1 :  16,  bei  F.  -parheri 
1 : 5,  bei  F.  armata  1 :  2.  Dieses  Verhältnis  scheint  innerhalb  der 
einzelnen  Arten  recht  konstant  zu  sein,  wie  die  von  Broch  und  mir 
ausgeführten  Messungen  an  88  Exemplaren  von  F.  quadrangularis 
ergeben  haben.  Wir  dürfen  es  daher  als  gutes  Artmerkmal  betrachten. 
Bei  F.  armata,  ist  die  Kolonie  starr  und  oben  nicht  eingerollt,  bei  den 
beiden  anderen  Arten  weniger  starr  und  oben  eingerollt.  Ferner  ist  die 
Größe  der  Polypen  verschieden.  F.  quadrangularis  hat  Polypen  von 
2 — 3  mm  Länge,  F.  armata  solche  bis  5,5  mm  und  F.  parJceri  solche 
bis  8  mm  Länge.  Die  Bewehrung  der  Polypen  mit  dreiflügligen 
Nadeln  ist  bei  allen  drei  Arten  verschieden.  Bei  F.  quadrangularis 
verlaufen  im  unteren  Teil  des  Polj^penkelches  strahlenförmig  an- 
geordnete Bündel,  die  kreuz  und  quer  gerichtet  sind,  während  sie 
im  oberen  Teil  in  Längsreihen  zusammentreten  und  schließlich  in 
8  Zähnchen  auslaufen.  Außerdem  findet  sich  unter  den  8  Zähnchen 
ein  breiter  und  dichter  Ring  transversal  angeordneter  Spicula.  Bei 
F.  armata  findet  sich  folgende  Bewehrung.  Die  Spicula  der  unteren 
Polypenregion  sind  ebenfalls  in  strahlenförmig  auslaufende  Bündel 
angeordnet,  die  meist  transversal  verlaufen;  die  sehr  langen  Kelch- 
zäline  sind  dicht  mit  langen  schlanken  Nadeln  erfüllt;  diese  Kelch- 
zähne weichen  stark  auseinander,  so  daß  der  Kelch  oben  sehr  breit 
wird.  Ein  Gürtel  transversaler  Spicula  unter  den  Kelchzähnchen 
findet  sich  auch  bei  F.  armata  vor.  Bei  F.  parheri  fehlen  dem  unteren 
Polypenteile  Spicula  meist  völlig.  Im  oberen  Teile  ordnen  sie  sich 
zu  8  schmalen  Leisten  an,  die  in  die  8  großen  Kelchzähne  hinein 
ziehen.  Ein  Gürtel  transversaler  Spicula  fehlt.  Auch  die  Gestalt 
der  Kelchspicula  ist  verschieden,  bei  F.  quadrangidaris  sind  sie  relativ 


Alcyonarienfauna  Californieus.  259 

am  breitesten,  während  F.  'parken  die  schlanksten  Spicula  auf- 
zuweisen hat.  In  der  dorsalen  Kielhaut  liegen  bei  F.  quadnmgularis 
eigentümliche  breite  dreitliiglige  Spicula,  mit  deutlichen  Einschnü- 
rungen in  der  Mitte.  Solche  Formen  kommen  bei  F.  armata  und 
wahrscheinlich  auch  bei  F.  iKirkcn  nicht  vor.  Auch  die  breiten 
Platten  der  Stielrinde  sind  nur  F.  quadmngidans  eigentümlich. 

Diese  Merkmale  genügen  vollkommen  zur  scharfen  Trennung  der 
3  Arten. 

Stachyx)tihini  superhuni  Stud. 
(Taf.  8  Fig.  9.) 

Von  dieser  von  Nutting  als  Stachyptilum  superbum  Stud.  bestimmten 
Art  liegt  mir  eines  seiner  Exemplare  vor.  Ferner  habe  ich  vor 
mir  ein  Exemplar  von  Japan,  das  Balss  als  StachypUlum  superhum 
aufführt  (1910,  p.  36).  Aus  der  Vergleichung  der  beiden  Formen 
ergibt  sich,  daß  sie  unmöglich  zu  einer  Art  gehören  können,  sondern 
zu  zwei  ganz  verschiedenen  Arten  gerechnet  werden  müssen.  Ja 
es  erschien  mir  früher  durchaus  nicht  sicher,  ob  nicht  das  Studer- 
sche  St  sttperbum  eine  noch  andere,  dritte  Art  darstellt.  Diese  be- 
dauerliche Konfusion  ist  wohl  dadurch  zu  erklären,  daß  die  Be- 
schreibung, welche  Studer  von  der  Art  gibt  (1894,  p.  56),  recht 
unvollkommen  ist  und  daß  auch  Abbildungen  fehlen.  Die  Form, 
welche  Broch  und  ich  vor  uns  gehabt  haben  und  die  ausführlich 
von  uns  beschrieben  worden  ist  (1911,  p.  261),  stammt  aus  Japan 
und  steht  der  BALSs'schen  Form  sehr  nahe,  so  daß  wir  beide  zur 
gleichen  Art  rechnen  können.  Schon  damals  fielen  uns  Differenzen 
in  den  Beschreibungen  von  Stcder,  Nutting  und  Balss  auf,  und 
wir  haben  unsere  Form  nur  fide  Balss  zur  STUDER'schen  Art  St. 
superbum  gezogen. 

Nachdem  mir  nun  Vergleichsmaterial  zur  Verfügung  steht,  kann 
ich  diese  Frage  w^enigstens  zum  Teil  entscheiden. 

Zunächst  will  ich  eine  Beschreibung  des  Exemplares  von  Cali- 
fornien  geben,  welches  Nutting  als  Stachyptilum  superbum  be- 
stimmt hat. 

Die  nicht  ganz  vollständige  Kolonie  ist  250  mm  lang,  wovon 
92  mm  auf  den  Stiel  kommen.  Das  Verhältnis  von  Stiel  zu  Kiel  ist 
also  1:1,7.  Das  Exemplar,  welches  Nutting  seiner  Beschreibung 
zugrunde  gelegt  hat,  weist  ein  Verhältnis  des  Stieles  zum  Kiele  von 
annähernd  1 : 1,2  auf,  während  bei  Studer  das  Verhältnis  wie  1 :2.3 
angegeben  wird. 


260 


W.  Kükenthal, 


Die  Endblase  ist  klein,  aber  deutlich  entwickelt  und  steht  zum 
Stiel  in  einem  rechten  Winkel.  30 — 50  mm  oberhalb  der  Endblase 
findet  sich  eine  spindelförmige  Anschwellung-,  die  einen  Durchmesser 
von  2,2  mm  erreicht.  Der  Stiel  ist  nur  etwa  1,2  mm  dick  und  ober- 
halb der  spindelförmigen  Anschwellung  annähernd  von  der  gleichen 
Dicke.  Der  Kiel  ist  nur  w^enig  dicker  als  der  Stiel  und  trägt 
26  schräge  Polypenreihen.  Der  Vergleich  der  Kolonie  mit  einer  lang- 
gestreckten Kornähre,  den  Studer  macht,  ist  sehr  zutreffend.  Die 
Polypen  stehen  nahezu  rings  um  den  Kiel  herum.  Erst  bei  ge- 
nauerem Zusehen  entdeckt  man  ein  schmales  dorsales  Kielfeld, 
welches  im  oberen  Teil  des  Polypars  frei  sichtbar  wird.  Eine  schmale, 
^  aber  tiefe  zooidfreie  Furche 

läuft  in  der  Mitte  des  Kiel- 
feldes entlang,  während  zu 
beiden  Seiten  Zooide  in 
einer  Längsreihe  stehen,  zu 
der  sich  dann  und  wann 
noch  einige  in  einer  2.  un- 
regelmäßigen Längsreihe 
stehende  Zooide  gesellen 
können.  Die  Polypen  stehen 
in  dichter  Anordnung,  so 
daß  die  distalen  Enden  der  unteren  die  Ansatz- 
stellen der  darauf  folgenden  überdecken.  Die 
Polypenkelche  stehen  in  sehr  spitzem  Winkel 
am  Kiele  und  sind  unten  ca.  3,5  mm,  oben  5 — 6  mm 
lang  und  stehen  in  schräg  von  der  dorsalen 
Mittellinie  distalwärts  nach  der  ventralen  zu 
ziehenden  Reihen  von  meist  je  4.  Ihre  adaxiale 
Wandung  ist  größtenteils  mit  der  Kielrinde  ver- 
schmolzen. Diese  Polypenkelche  sind  schlank, 
und  ihr  Rand  setzt  sich  in  8  Zähne  fort,  die  von 
den  nahezu  longitudinal  verlaufenden  Polypenspicula  gebildet  werden. 
Meist  sind  2  oder  3  dieser  Zähne  besonders  lang  ausgebildet.  Der 
oberste  Teil  des  Polypenkelches  mit  den  Zähnen  weicht  nicht  oder 
nur  unerheblich  auseinander.  An  der  Basis  der  Polypenkelche  und 
zwischen  ihnen  sind  Gruppen  zahlreicher  Zooide  eingelagert. 

Die  Spicula  der  Polypenkelche  sind  lange  schlanke  dreiflüglige 
Nadeln  bis  1,3  mm  Länge.  Die  Tentakel  enthalten  in  ihrei-  Achse 
breite,  an  beiden  Enden  stark  verdickte  Spicula  von  0,25  mm  Länge. 


Fig-.  D^     Stachyptilum 

sM^^erfcHm.  Tentakelspicula. 

71:1. 


Fig.  C^    Stachyptilum 
superbum.     Polypen- 
spicula.   26 :  1. 


Alcyonarienfauna  Califoniiens.  261 

Auch  die  Zooide.  welche  kleine  konische  Erhebungen  darstellen,  sind 
von  einem  Kranze  kleiner  lonpfitudinaler  Spicula  umgeben.  Studer 
gibt  dies  von  seiner  Koi-ni  auch  an.  während  Ntttixc;  nichts  davon 
erwähnt.  Auch  die  Kielhaut  entliält  longitudinal  gelagerte  drei- 
fliiglige  Nadeln,  die  nur  der  dorsalen  Furche  zu  fehlen  scheinen. 

Dem  Stiele  dagegen  fehlen  Spicula  völlig  und  nur  in  der  End- 
blase treten  kleine  ovale  Köri)erchen  auf. 

Farbe  des  Polypen  blaugrau,  des  Stieles  graugelb.   ' 

Vergleichen  wir  mit  obiger  Beschreibung  die  kurzen  Angaben 
Nüttixg's  und  Stüdb;r's,  so  erhellt  ohne  weiteres  die  völlige  Identität 
der  californischen  Form  mit  Studer's  Stach yptiliou  superhum.  Nuttixg's 
Bestimmung  besteht  also  diesmal  zu  Recht.  Dagegen  ist  das  nicht 
der  Fall  mit  der  Form,  welche  Balss  in  seiner  ausfühi'lichen  Arbeit 
über  japanische  Pennatulideu  als  Stach yjAil um  superhum  aufführt. 
Diese  Form,  mit  welcher  auch  das  von  Broch  und  mir  (1911,  p.  261) 
unter  dem  gleichen  Namen  beschriebene  Exemplar  von  Japan  identisch 
ist,  gehört  zu  einer  ganz  anderen  Art.  Da  Balss  in  seiner  im 
Zoologischen  Anzeiger  (1909,  p.  427)  verölfentlichten  vorläufigen  Mit- 
teilung die  Art  unter  dem  Namen  Stachyptilum  dofleini  n.  sp.  auf- 
führt, so  brauchen  wir  um  einen  Namen  für  diese  neue  Form  nicht 
verlegen  zu  sein.  Da  sowohl  Balss  wie  Broch  und  ich  bereits  eine  aus- 
führliche Beschreibung  der  Art  gegeben  haben,  so  mag  es  hier  ge- 
nügen, die  Hauptunterschiede  gegenüber  St.  superhum  anzuführen. 

Die  Kolonie  ist  kompakter,  der  Stiel  dicker  und  der  Kiel  sogar 
sehr  viel  dicker  und  vou  schwammiger  Konsistenz.  Das  dorsale 
Kielfeld  ist  breit,  auch  ein  ventrales  schmales  Kielfeld  ist  vor- 
handen. Die  Pol3-pen  stehen  in  schrägen  Reihen  von  je  4  —  6.  Die 
Pol^'penkelche  sind  kurz  und  breit  und  nicht  so  stark  gezähnt  wie 
bei  St.  superhum.  Die  Zooide  sitzen  in  mehreren  dichten  Längs- 
reihen auf  dem  dorsalen  Kielfelde,  sind  sehr  flach  und  von  einem 
fächerföimig  ausgebreiteten  Spiculakranze  umgeben.  Die  Kelch- 
spicula  wie  die  Tentakelspicula  sind  nur  halb  so  lang  wie  bei  St. 
superhum.  Die  Stielrinde  enthält  zahlreiche  Spicula,  während  sie  bei 
St.  superhum  spiculafrei  ist. 

Es  dürfte  angebracht  sein,  die  kurzen  Diagnosen  der  beiden 
vordem  vereinigten  Arten  zu  geben. 

StachyptUuin  suijerhurn  Stud. 

]8'.»4.     St,  s.,  Studer,  in:   Bull.  Mus.  comp.  Zool.,  Vol.  25,  p.  56. 
1909.     St.  .<?.,  NUTTING,  in:    Proc.  U.  8.  natiou.  Mus.,  Vol.  85,  p.   708. 


262  W.  Kükenthal, 

1910,  nee  St.  s.,  Balss,  Japan.  P«nn.,  p.  36. 

1911.  nee  Sf.  .s.,  Kükenthal  u.  Broch,  Pennat.,  p.  261. 

Die  Kolonie  ist  sehr  schlank  und  von  der  Form  einer  lang- 
gestreckten Kornähre.  Das  Verhältnis  von  Stiel  zu  Kiel  ist  1 : 1,2 
ih  1 : 2,3.  Die  schmalen,  oben  nicht  verbreiterten  Polypen  stehen 
am  schlanken,  nicht  schwammigen  Kiel  in  schrägen  Reihen  von 
meist  je  4,  nahezu  rings  um  den  Kiel  herum  diesem  eng  angeschmiegt, 
so  daß  die  adaxiale  Kielwand  größtenteils  mit  der  Kielrinde  ver- 
schmolzen ist,  und  lassen  nur  ein  schmales  dorsales  Kielfeld  frei, 
in  dessen  Mitte  eine  tiefe  schmale  Furche  verläuft.  Die  Polypen- 
kelche sind  unten  ca.  3,5  mm,  oben  5—6  mm  lang  und  weisen  sehr 
lange  Zähne  auf,  von  denen  2  oder  3  besonders  weit  vorragen.  Die 
Zooide  stehen  in  je  einer  Längsreihe  zu  beiden  Seiten  der  dorsalen 
Kielfurche  sowie  in  Gruppen  um  die  Basis  der  Polypenkelche  herum. 
Sie  stellen  konische  Erhebungen  dar,  die  von  einem  Kranze  longi- 
tudinaler  Spicula  umgeben  sind.  Die  Kelchspicula  sind  schlanke 
dreiflüglige  Nadeln,  die  bis  1,3  mm  lang  sind.  In  der  Tentakelachse 
findet  sich  ein  Längszug  stabförmiger,  abgeflachter,  an  den  Enden 
stark  verbreiterter  Spicula  von  0,25  mm  Länge,  auch  die  Kielrinde 
enthält  dreiflüglige  Nadeln,  die  Stielrinde  ist  dagegen  spiculafrei, 
und  nur  in  der  Stielblase  kommen  kleine  ovale  bis  rundliche  Kalk- 
körperchen  vor.  Farbe  braunviolett  bis  blaugrau,  des  Kieles  und  des 
Stieles  weiß  bis  hell  gelbbraun. 

Fundort:  Westküste  Zentralamerikas  und  Californiens  in  210 
Faden  Tiefe,  sowie  in  26—524  Faden  Tiefe. 

Htachyptiluni  dofleini  Balss  em.  Kükth. 

1909.  St.  d.,  Balss,  in:  Zool.  Anz.,  Vol.  34,  p.  427. 

1910.  nee  St.  superbnm,  Balss,  Jap.  Pennat.,  p.  36. 

1910.  St.  (L,  Beoch,  in:  Zool.   Anz.,  Vol.   36,  p.  64. 

1911.  nee  St.  superbum,  Kükenthal  u.  Beoch,  Pennat.,  p.  261. 

„Die  Colonie  ist  langgestreckt,  keulenförmig  mit  schwammigem 
verbreitetem  Kiel.  Das  Verhältnis  von  Stiel  zu  Kiel  ist  1 : 1,6.  Die 
ziemlich  breiten  Polypen  stehen  in  schrägen  Eeihen  zu  4 — 6  am 
Kiel  und  lassen  ein  ventrales  und  ein  dorsales  Kielfeld  frei.  Die 
Polypenkelche  sind  am  Rande  mit  Zähnen  versehen,  von  denen  die 
beiden  lateralen  am  größten  sind.  Die  Zooide  stehen  in  mehreren 
Längsreihen  zu  beiden  Seiten  des  breiten  dorsalen  Kielfeldes,  nur 
einen  schmalen  medianen  Streifen  freilassen,  und  finden  sich  auch 


Alcyonarienfauua  Californiens.  263 

venti'iil  und  lateral  am  Kiele  in  dichter  Anordnung.  Auf  ihrer 
Unterseite  breiten  sich  fächerförmig  angeordnete  Spiculagruppen 
aus.  Die  Kelchspicula  sind  ca.  0,5  mm  lange  dreillüglige  Nadeln. 
In  der  Tentakelachse  linden  sich  flache,  an  den  Enden  nicht  ver- 
breiterte dreillüglige  Spicula  von  0,12  mm  Länge;  die  Kielrinde 
enthält  dreiflüglige  Nadeln  und  in  der  Stielrinde  kommen  abgeplattet 
stabförmige  Spicula  von  0,10  mm  Länge  vor.  Farbe  in  Alkohol 
gelblichweiß. 

Verbreitung:  Japan,  Litoral  bis  150  m  Tiefe." 

Außer  diesen  beiden  Arten  ist  bis  jetzt  nur  eine  dritte  bekannt. 
St.  madeari  Küll.,  die  vom  (Jhallenger  westlich  von  Neuguinea  in 
129  Faden  Tiefe  erbeutet  worden  ist.  Sie  steht  dem  St.  dofleini 
näher  als  dem  St.  superhum,  unterscheidet  sich  aber  besonders  durch 
den  breiten  Kiel,  Zooide  mit  tentakelähnlicher  Bildung,  eigentüm- 
liche Papillen  am  oberen  Stielende  und  sehr  kurze  und  eigenartig 
gestaltete  Tentakelspicula. 

Nicht  zu  Stachijptilum  gehören  St.  maciilatmn  Thoms.  et  Henders., 
identisch  mit  St.  fiiscum  Thoms.  et  Hendees.  sowie  St.  quadridentatum 
NuTTiNCi  (siehe  Kükenthal  u.  Beoch,  Pennatul.,  p.  261). 

Anthoptiluni  grandifloruni  (Veeeill). 

NuTTiNG  (p.  710)  macht  zwar  nur  einige  w^enige  Angaben  über 
die  ihm  vorliegenden  Exemplare,  doch  geht  daraus  mit  Sicherheit 
hervor,  daß  diese  Formen  zur  Gattung  Anthoptiliim  gehören,  und  da 
nach  Beoch's  und  meiner  Ansicht  (1911,  p.  253)  nur  eine  Art,  näm- 
lich A.  grandiflorum  (Veeeill)  Köll,  existiert,  so  dürfen  "wir  wohl 
NuTTiNG  zustimmen,  wenn  er  seine  Exemplare  dazu  rechnet.  Material 
zur  Nachuntersuchung  lag  mir  nicht  vor. 

Uinbellula  inagnf/iora  Köll.,   Umhelfnla  hujcleyl  Köll. 
und    VinbeUula  Joma  Nutt. 

Diese  drei  von  Nutting  aufgeführten  UmhelMa- Arten  habe  ich 
nicht  nachuntersuchen  können,  ich  halte  aber  die  Zweifel  an  der 
Richtigkeit  der  Bestimmung  aufrecht,  die  Beoch  und  ich  (1911, 
p.  292)  bereits  geäußert  haben. 

HetiiUa  aniethif.stind  Verb. 

Diese  sehr  häufige  Form  habe  auch  ich  in  lebendem  Zustande 
gehalten  und  untersucht. 


264  W.  Kükenthal, 

Sie  ist  identisch  mit  der  von  Pfeffer  als  Benüla  köUiJceri 
bezeichneten  Form.  In  der  Arbeit  von  Broch  und  mir  über  die 
Pennatulaceen  der  deutschen  Tiefsee-Expedition  ist  letztere  Form 
irrtümlicherweise  auch  zu  Benüla  reniformis  gestellt  worden;  es  muß 
aus  der  Diagnose  dieser  Art  daher  die  Angabe  verschwinden,  daß 
ihre  Verbreitung  sich  auch  auf  die  Westküste  Amerikas  bis  S.  Diego 
erstrecke.  

Wir  kommen  nunmehr  zur  Unterordnung  der  Gorgoniden,  von 
denen  Nutting  13  Arten  auffuhrt.  Auch  hier  will  ich  mich  auf  die 
Formen  beschränken,  die  ich  selbst  nachuntersuchen  konnte. 

CfiJif/of'f/Hf  kinoshitae  n.  «p. 

(Taf.  8,  Fig.  10.) 
=  Caligorgia  sertosa  Nutting. 

Schon  von  vornherein  erschien  mir  die  Bestimmung  Nutting's 
zweifelhaft,  weil  Wright  u.  Studer  angeben,  daß  das  Original- 
exemplar ihrer  Art  stets  4  Pol3q)en  in  einem  Wirtel  aufzuweisen 
hat,  während  Nutting  schreibt,  daß  sie  in  der  Zahl  von  3 — 6, 
meistens  4  vereinigt  sind.  Ich  halte  es  daher  für  zweckmäßig,  zu- 
nächst eine  erneute  Beschreibung  der  Form  zu  geben.  Die  Ver- 
zweigung ist  tiederförmig,  die  in  einer  Ebene  liegenden  Zweige 
gehen  von  dem  winklig  eingeknickten  Hauptstamm  alternierend  von 
den  Winkeln  aus  ab.  Bei  einigen  Zweigen  kommen  Seitenzweige 
vor.  Die  Achse  zeigt  einen  goldigen  Schimmer,  die  Eindenschicht 
ist  dünn.  Die  Polypen  stehen  in  Wirtein  zu  je  3 — 6,  wie  Nutting 
angibt.  An  dem  mir  zur  Untersuchung  vorliegenden  Zweige  sind 
es  fast  durchweg  5  oder  6,  seltner  4.  Die  Polypen  sind  in  den 
proximal  gelegenen  \^'irteln  etwas  kleiner  als  in  den  distal  gelegenen. 

Es  kommen  ca.  5  Wirtel  auf  1  cm  Astlänge.  Da  die  Polypen 
etwas  weniger  als  2  mm  lang  sind,  wird  zwisclien  je  2  Wirtein  der 
Stamm  ein  kurzes  Stück  sichtbar. 

Die  Polypen  sind  adaxial  stark  eingebogen,  so  daß  ihre  Mündung 
nach  der  Achse  zu  gerichtet  ist.  Die  Scleriten  sind  ansehnliche 
Schuppen,  die  abaxial  in  4  deutlichen  Längsreihen  zu  je  7 — 8  stehen. 
Die  unteren  Polypenschuppen  sind  von  annähernd  trapezförmiger 
Gestalt,  auf  der  Innenseite  mit  zahlreichen  kleinen  Warzen  besetzt, 
während  auf  der  Außenseite  radiäre  Leisten  verlaufen,  die  kainm- 
artig  vorspringen  können.  Besonders  ausgeprägt  ist  das  bei  den 
obersten  Polypenschuppen  der  Fall.   Der  Durchmesser  dieser  Schuppen 


Alcyonarienfauna  Californiens. 


265 


beträgt  0.30  mm  bis  0.5  mm.  Die  Decivschuppen  sind  0.65  mm  hocii 
und  von  annälieiiid  dieieckig-er  Form.  Das  obere  Ende  ist  schmal, 
mit  starken  Läno'sleisten  versehen  und  endet  abg-estumpft.  Die 
beiden  adaxialen  Deckschuppen  sind  viel  kleiner.  Die  Scleriten  der 
Astrinde  sind  dicke,  oft  spindelförmige  Körper  bis  0,42  mm  Länge, 
die  äußerst  dicht  mit  kräftigen  Dornen  besetzt  sind. 


Fig.  E^     Callijorißa  kinoshitae  n.  sp. 
Polypen-  und  Deckschuppe. 


Fig.  F*.     Caligorgia  kinoshitae 
n.  sjh    Rindenspicula. 


Farbe  im  Alkohol  gelb  weiß;  Fundort:  Californien  in  120  bis 
1350  Faden  Tiefe. 

Vergleichen  wir  nunmehr  diese  Form  mit  Weight  u.  Studer's 
C.  sertosa,  so  erhellt  ohne  weiteres  die  artliche  Verschiedenheit. 

C.  sertosa  hat  folgende  Unterschiede  aufzuweisen.  Die  Polypen 
stehen  stets  in  Wirtein  zu  4,  und  die  Wirtel  sind  durch  weite 
Zwischenräume  voneinander  getrennt.  Die  Pol3^penschuppen  sind 
sehr  viel  kleiner  und  viel  schwächer  skulpturiert.  Die  Deckschuppen 
sind  ebenfalls  kaum  halb  so  groß  und  tragen  nur  einen  kurzen,  von 
einem  medianen  Kiel  gestützten  Fortsatz.  Die  Spicula  der  Rinde 
sind  gebogene  oder  ovale  Platten  mit  gezähnten  Rändern,  die  mit 
denen  der  benachbarten  Platten  ineinandergreifen.  Fundort:  Kei- 
Inseln  in  140  Faden  Tiefe. 

Wir  haben  also  in  Xütting's  Form  eine  andere  Art  zu  sehen, 
und  es  fragt  sich,  welche  Art  dafür  in  Betracht  kommt.  Am  näch- 
sten steht  die  Form  wohl  der  Caligorgia  ramosa  Kükth.  u.  Gokg.  von 
Japan,  besonders  in  der  Gestalt  der  Scleriten,  doch  sind  einige  Unter- 
sciiiede  vorhanden,  welche  eine  Vereinigung  nicht  gestatten.  So  ist 
der  Aufbau  der  Kolonie  etwas  anders,  indem  bei  C.  ramosa  die 
Seitenäste  viel  größer  werden  als  der  Hauptstamm,  von  dem  sie 
ausgehen.  Ferner  enthalten  die  Polj'penwirtel  nur  3,  seltner  4  Po- 
lypen, und  die  Zahl  der  Polypenschuppen  in  einer  abaxialen  Reihe 
beträgt  9 — 10.     Die  Farbe  ist  rötlich-braun. 


266  W.  Kükenthal, 

Auch  mit  den  anderen,  in  japanischen  Gewässern  verbreiteten 
Arten  hat  vorliegende  Form  nichts  zu  tun  und  stellt  somit  eine 
eigne  neue  Art  dar,  die  ich  nach  dem  verdienten  japanischen  Alcyo- 
n arienforscher  Kinoshita  benennen  will. 

Stenella  doederleini  Stud. 

Von  dieser  prachtvollen  Form,  die  bis  dahin  von  der  californi- 
schen  Küste  nicht  bekannt  war,  habe  ich  eine  ganze  Anzahl  großer 
Exemplare  erbeutet.  Der  Fundort  liegt  in  einer  tiefen  Einne,  welche 
sich  zwischen  der  nördlichen  Coronado-Insel  und  Point  Loma  nach 
der  Küste  zu  erstreckt.  Die  Tiefe  betrug  180  Faden.  Die  Kolonien 
waren  dicht  besetzt  mit  Ophiuren,  Krebsen,  Anneliden  und  anderen 
Bewohnern.  Die  frischen  Exemplare  zeigten  eine  schneeweiße  Farbe 
der  Polypen. 

Ein  Vergleich  mit  japanischen  Exemplaren  der  gleichen  Art 
ergab  die  völlige  Identität  mit  anliegender  Form.  Stenella  doeder- 
leini ist  bis  jetzt  gefunden  worden  bei  Japan,  im  Malayischen 
Archipel,  der  Westküste  von  Zentralamerika  und  nunmehr  auch  an 
der  californischen  Küste.    Es  ist  eine  echte  Tiefseeform. 

Euplexauva  niarkl  ti,  sp. 

(Taf.  8  Fig.  11.) 
=  ?  Psammogorgia  arbuscnla  NuTT. 

Unter  letzterem  Namen,  den  er  allerdings  mit  einem  Frage- 
zeichen versieht,  beschreibt  Nutting  eine  Form,  die  meiner  Meinung 
nach  nicht  dazu  gehören  kann.  Zwar  ist  die  Beschreibung  Verrill's 
sehr  unvollständig,  aber  schon  die  Verzweigung  ist  so  total  ver- 
schieden von  der  von  Nuttikg's  Form,  daß  man  letztere  nicht  dazu 
stellen  kann.  Eigentlich  stimmt  nur  das  Merkmal  der  roten  Farbe 
für  beide  Formen  überein. 

Es  erscheint  mir  daher  angebracht,  zuerst  Nutting's  Beschreibung 
zu  ergänzen  und  dann  zu  versuchen,  die  Form  unterzubringen. 

Die  Verzweigung  erfolgt  etwa  fächerförmig  von  einer  ver- 
breiterten Basis  aus.  Die  Hauptäste  können  sich  noch  wiederholt 
teilen.  Alle  Zweige  haben  die  gleiche  Dicke  und  sind  im  Quer- 
schnitt rund.  Die  Polypen  stehen  in  Entfernungen  von  etwa  2  mm 
und  sind  in  ausgestrecktem  Zustande  etwa  2  mm  hoch,  1  mm  breit. 
Das  umgebende  Cönenchym  erhebt  sich  in  der  Polypenwand  in  8 
sehr  kurzen  Lappen,  die  einen  Kelch  andeuten,  der  sich  bei  der  voll- 
kommenen Einbeziehung  der  Polypen  in  die  Rinde  über  die  Öifnung 


Alcyonarienfauna  Californieus. 


267 


sclilägt.  Die  Polypenbewelirung  ist  ziemlich  schwach,  und  im 
mittleren  Teile  des  Polypen  fehlen  Spicula  gänzlich.  Über  den 
8  Kelchlai)pen  befindet  sich  ein  transversaler  Spicularing.  Die 
Spicula  sind  schlanke  Spindeln  von  ca.  0,12  mm  Länge,  die  mit  weit- 
stehenden, großen  abgerundeten  Dornen  besetzt  sind.  Diese  Spicula 
stehen  in  8  Gruppen  zusammen.  Ein  zweiter,  in  ähnlicher  Weise 
unterbrochener   King    transversaler    Spicula    von    gleicher   Gestalt, 


Fig.  G'.     EujAexaura  tuarki  n.  sp. 
Polyp.     13:1. 


Fig.  H'.     Euplexaura  marki  n.  sp. 
Polypeuspicula.     152:1. 


Fig.  J'.     Euplexaura  marki  n.  sp. 
Biadeuspicula.     152 : 1. 


Fig.  K*.     Euplexaura  marki 

n.  sp.    Spicula  der  tieferen 

Rinde.     152 : 1. 


findet  sich  etwas  unterhalb  der  Tentakelinsertionen.  Auf  ihm  er- 
heben sich  8  Doppelreihen  konvergierender  Spicula  von  gleicher 
Spindelform.  Jede  Doppelreihe  geht  in  die  Tentakelachse  hinein. 
Während  die  Spicula  des  Polj'penkörpers  rot  gefärbt  sind,  enthalten 
die  Tentakel  durchsichtige,  spindelförmige  Spicula  von  ähnlicher,  nur 
kleinerer  Gestalt.    In  der  oberen  Astrinde  liegen  bis  0,18  mm  große 


268  ^^^-  Kükenthal, 

Spicula,  deren  Grundform  eine  dicke  Spindel  ist.  Auf  dieser  mit- 
unter gebogenen  Spindel  sitzen  zwei  oder  mehr  Gürtel  sehr  großer, 
gezackter  Warzen.  Durch  die  besonders  starke  Entwicklung  dieser 
Warzengürtel  können  die  Rindenspicula  einen  ovalen  Umriß  er- 
halten. Gelegentlich  findet  man  auch  die  beiden  Hälften  der  Spindel 
durch  einen  glatten  mittleren  Schaft  getrennt,  so  daß  man  in  diesem 
Falle  von  Doppelspindeln  reden  kann.  Im  übrigen  schwankt  die 
Größe  dieser  Rindenspicula  sehr  erheblich;  es  gibt  solche  von  nur 
0,05  mm  Länge.  Die  in  der  tieferen  Rindenschicht  eingelagerten 
Spicula  haben  eine  ähnliche  Form,  nur  sind  die  Warzen  mehr  abge- 
rundet. AWe  diese  Rindenspicula  sind  rot  gefärbt,  so  daß  die  kräftig 
hellrote  Farbe   der  Kolonie   von   der  Färbung  der  Spicula  herrührt. 

Fundort:  Süd-Californien  von  35—339  Faden  Tiefe. 

Wenn  mir  auch  von  Psammogorgia  arhuscula  Veee.  kein  Ver- 
gleichsmaterial zur  Verfügung  steht,  so  ergibt  doch  ein  auch  nur 
flüchtiger  Vergleich  der  Beschreibungen  Veeeill's  und  Nutting's, 
daß  hier  zwei  ganz  verschiedene  Arten  vorliegen.  Nutting's  Art  ge- 
hört nach  meiner  Meinung  in  die  Gattung  Euplexaura  Veke.,  wie  sie 
von  mir  emendiert  worden  ist  (1909,  p.  6). 

Dieser  Gattung  habe  ich  folgende  Diagnose  gegeben:  „Kolonien 
in  einer  Ebene  verzweigt,  Polypen  fast  stets  ohne  gesonderte  Kelche 
direkt  in  das  dicke  Cönenchym  zurückziehbar.  Polypen  stets  mit 
konvergierenden  Reihen  von  Spindeln  bewehrt,  unter  denen  horizontal 
angeordnete  liegen.  Die  Rinde  enthält  an  der  Oberfläche  dicke, 
m^ist  ovale  Spindeln  und  Doppelspindeln,  die  dicht  mit  großen 
Warzen  besetzt  sind,  darunter  liegen  kleinere,  schlankere  Spindeln 
mit  regelmäßigen  Dornengürteln.  Achse  fast  stets  etwas  verkalkt 
und  wenig  biegsam.  Die  Färbung  sämtlicher  Arten  schwankt  zwischen 
weiß,  gelblich  und  hellbraun.  Verbreitungsbezirk  Ostasien,  von 
Japan  bis  Singapore  und  Westaustralien,  nur  der  Typus  stammt 
vom  Kap  der  Guten  Hoffnung." 

Sämtliche  Merkmale  vorliegender  Form  passen  ausgezeichnet  zu 
obiger  Gattungsdiagnose,  so  daß  gar  kein  Zweifel  darüber  obwalten 
kann,  daß  sie  zur  Gattung  Euplexaura  gehört.  Nur  bezüglich  der 
Färbung  und  der  Verbreitung  muß  die  Gattungsdiagnose  etwas  er- 
weitert werden,  denn  die  vorliegende  Form  ist  die  erste  rot  gefärbte 
Art  und  ferner  die  erste  Art  der  Gattung  von  der  Westküste 
Amerikas. 

Da  gar  keine  Rede  davon  sein  kann,  daß  Nutting's  Form  mit 
der  von  Veeeill,  wenn  auch  nur  sehr  kümmerlich,  als  Echinogorgia 


Alcyonarienfauiia  Californiens.  269 

(später  PsdmnuKjorijia)  arbuscula  beschriebenen  Art  etwas  zu  tun  hat, 
sondern  eine  neue  Art  der  Gattung  Euplexaura  darstellt,  so  ist  es 
nötig,  ihr  einen  besonderen  Xanien  zu  geben.  Ich  nenne  sie  Euple- 
xania  marki  n.  sp.  nach  meinem  verehrten  Kollegen  E.  L.  Maek 
von  der  Harvard-Universität. 

Eine  genauere  Untersuchung  der  mir  sehr  zweifelhaften  Gattung 
Psammogorfjia  vermag  ich  leider  nicht  selbst  anzustellen,  da  es  mir 
an  Material  fehlt.  Daher  kann  ich  mich  auch  nicht  über  die  von 
NuTTiNG  aufgestellten  neuen  Arten  Psammogorgia  simplex,  Ps.  torreyi 
und  Ps.  spauldingi  äußern,  man  wird  es  aber  wohl  verstehen,  daß 
ich  sie  mit  großem  Mißtrauen  ansehe. 

Schließlich  hat  dann  Nutting  noch  eine  Anzahl  zur  Familie 
der  Gorgoniden  gehörige  Arten  aufgeführt,  und  zwar  ? Leptogorgia 
florae  Xeür..  Leptogorgia  purpurea  (Pall.),  ? Leptogorgia  cariji  Vere. 
und  Stenogorgia  kofoidi  Nutt.  Zwei  Arten  der  Gattung  Leptogorgia 
hat  NüTTJNG  selbst  mit  Fragezeichen  versehen.  Wer  die  völlig  un- 
genügenden Beschreibungen  fast  aller  bisher  aufgestellten  Arten  der 
Gattung  Leptogorgia  kennt,  wird  es  für  richtiger  halten,  nur  dann 
eine  Identifizierung  zu  versuchen,  wenn  gleichzeitig  das  Originalstück 
vorliegt.  Das  ist  aber  bei  Nuttixg  nicht  der  Fall  gewesen,  und  es 
erscheint  mir  daher  geboten,  seine  Bestimmungen  als  gänzlich  un- 
sicher nicht  für  tiergeographische  Schlüsse  in  Betracht  zu  ziehen. 

Wenn  auch  die  Eevision  der  californischen  Alcyonarien  aus 
Mangel  an  Material  nur  eine  lückenhafte  sein  konnte,  so  hat  sich 
doch  meiner  ^leinung  nach  mit  voller  Sicherheit  ergeben,  daß  die 
auf  die  Bestimmungen  Nutting's  aufgebauten  tiergeographischen 
Schlüsse  unhaltbar  sind. 


270  W.  Kükenthal.  Alcyonarieiifauiia  Californiens. 


Erklärung  der  Abbilduugen. 


Tafel    7. 

Fig.   1  u.  2.     Telesto  californica  n.  sp.     2:1. 
Fig.  3.     Telesto  nidtingi  n.  s}).     2:1. 

Fig.  4  u.  5.  Pennatula  phosphorea  L.  rar.  californica  n.  v.,  von  der 
ventralen  und  der  dorsalen  Seite.     2:1. 

Tafel  8. 

Fig.  6  u.  7.  Pavonaria  californica  Moroff  =  Baltkina  jyacifica  Nutt., 
von  der  ventralen  und  der  dorsalen  Seite.      2:1. 

Fig.  8.  Pavonaria  sp.  juv.  =  Stachyptilum  quadridentatum  Nutt. 
2  :   1. 

Fig.  9.   Stadiypülum  superhum  Stud.     2:1. 

Fig.   10.      Caligorgia  kinoshitae  n.  sp.     2:1. 

Fig.   11.     Euplexaura  marki  n.  sp.     7:2. 


(t.  Pätz'sche  Bucbdr.  Lippert  &  Co.  G.  m.  b.  H.,  Naumburg  a.  d.  S 


Zooloy.  Jnlifhücher    Bd.  35     Aht,  f.  Syst. 


Taf.  7. 


Kükenthal. 


J.  B.  Obernetter,  München,  reprod. 

Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena, 


Zooloiß.  Jnlifhiicher    Bd.  35     Abt.  f.  Stist. 


Taf.  H. 


Küketitluil. 


J.  B.  Ubernetter,  München,  reprod. 

Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena, 


Ä'aclulruclc  verboten, 
l'bersetztoiq.irccht  vorhehalten . 


Über  Hautzeichnung  bei  dichtbehaarten  Säugetieren, 
insbesondere  bei  Primaten, 

nebst  Bemerkungen  über  die  Oberflächenprofilieriing 
der  S  ä  u  g  e  t  i  e  r  h  a  u  t. 

Von 

K.  Toldt  juu.  (Wien). 

Mit  Tafel  9-12  nnd  3  Abbildungen  im  Text. 


Die  vorliegende  Publikation  war  ursprünglich  als  Anhang  zu 
einer  in  Abschluß  befindlichen  Abhandlung  über  die  äußere  Körperform 
eines  Elefantenfötus  bestimmt,  welche  voraussichtlich  demnächst  in 
den  Dehkschriften  der  kais.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien 
erscheinen  wird.  In  dieser  Arbeit  werden  u.  a.  einzelne  Integument- 
verhältnisse  dieses  Tieres  eingehender  bzw.  vergleichend  erörtert,  wie 
besonders  die  Hautfärbung  und  das  topographisch  verschieden  zeit- 
liche Erscheinen  der  ersten  Behaarung.  Letzteres  wurde  beim  Menschen 
bei'eits  von  Escheicht  und  seither  von  verschiedenen  anderen  Autoren 
verfolgt,  bei  Säugetieren  besonders  von  mir  (b)  beim  Fuchs,  dann  von 
Chaine  beim  Kaninchen,  von  Schwalbe  (d)  bei  einzelnen  Alfen  und 
von  mir  (dj  bei  den  Hauskatzen.  Dabei  hat  es  sich  bereits  ergeben, 
daß  das  erste  Haarkleid  bei  den  Individuen  der  einzelnen  Arten,  im 
Gegensatz  zu  den  mehr  variablen  Verhältnissen  beim  Haarkleidwechsel, 
bilateral  symmetrisch  und  in  topographisch  ganz  charakteristischer, 
bei  den  verschiedenen  Species  aber  in  sehr  mannigfacher  Weise  auf- 
tritt.   Inwieweit  diese  Vorgänge  für   die  Kenntnis  vom  Säugetier- 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Syst.  18 


272  K.  ToLDT  jnn., 

iiiteg-umeiit  von  allgemeiner  Bedeutung  sind,  wird  sich  erst  nach 
der  Untersuchung  eines  größeren  Vergleichsmaterials  zeigen.  Bei 
der  Katze  im  speziellen  sind  sie  hinsichtlich  der  Fellzeichnung  und 
beim  Elefanten  für  die  Kenntnis  seiner  Behaarung  im  allgemeinen 
von  großem  Interesse.  Im  Bericht  über  den  Fötus  des  letzteren 
konnte  ich  noch  einiges  Einschlägige  über  Procavia-{Hyrax-)F'6ten 
beifügen. 

Bezüglich  der  Hautfärbung  der  behaarten  Säugetiere  eigab  sich 
aber  im  Laufe  der  Beai'beitung  eine  ganze  Eeihe  von  Beobachtungen, 
deren  Verött'entlichung  im  Rahmen  der  genannten  Abhandlung  zu  weit 
geführt  hätte;  ich  mußte  mich  daher  zu  einer  separaten  Publikation 
entschließen.  Auch  dieses  Manuskiipt  war  bereits  mehrmals  nahezu 
abgeschlossen;  durch  unerwarteten  Materialzuwachs  wurden  jedoch 
wiederholt  Einschaltungen  und  Umstellungen  erforderlich.  Dabei  ist 
hier  in  verschiedener  Hinsicht  gewi.ssermaßen  nur  die  Grundlage 
für  weitere  Untersuchungen  über  diesen  Gegenstand  gegeben,  und 
namentlich  die  hier  wohl  zum  erstenmal  genauer  behandelte 
Zeichnung  der  Affenhaut  bedarf  noch  umfassender  Studien 
an  reichhaltigem  Material.  Da  die  Beschaifung  eines  solchen  nicht 
leicht  ist  und  vielfach  vom  Zufall  abhängt,  halte  ich  die  Veröffent- 
lichung meiner  Beobachtungen  im  jetzigen  Zeitpunkt  für  angezeigt, 
besonders  auch,  um  die  Fachkollegen,  welchen  gelegentlich  frisches 
Material  zu  Gebote  steht,  auf  diese  Verhältnisse  aufmerksam  zu 
machen.^) 

Zunächst  muß  ich  die  verschiedenen  hier  in  Betracht  kommenden 
Umstände,  durch  welche  eine  Färbung  bzw.  Zeichnung  der  Säugetier- 
liaut  zustande  kommen  kann,  kurz  darlegen. 

Eine  Verfärbung  der  Haut  kann  einerseits,  wie  besonders  von 
haararmen  Säugetieren  bekannt  ist,  durch  Pigmente  in  der  Epidermis 
oder  im  Corium   bzw.   in   beiden  gleichzeitig  hervorgerufen  werden, 


1)  Man  sollte  auch  die  Präparatoren  und  besonders  die  Saraniel- 
reisenden  auf  diese  Verhältnisse  aufmerksam  machen.  So  könnte  auf  einer 
Expedition  wie  z.  B.  jener  von  E.  Geauer  in  den  belgischen  Kongostaat 
(1909 — 1911),  bei  welcher  120  Primaten  erbeutet  wurden,  eine  Reihe 
einschlägiger  wichtiger  Fragen  am  besten  und  ohne  besondere  Schwierig- 
keit gelöst  werden.  Ich  selbst  wurde  auf  die  Hautzeichnung  der  Affen 
aufmerksam,  als  im  Präparatorium  des  k.  k.  naturhist.  Hofmuseums  in 
Wien  das  frisch  abgezogene  Fell  eines  Maeaci/s  iiiuiis-,  welchen  Herr 
A.  Weidholz  von  einer  Heise  nach  Tunis  lebend  mitgebracht  und  der 
k.  k.  Menagerie  in  Schönbrunn  gespendet  hatte,  zum  Stopfen  vorbereitet 
wurde   (Mitte  Oktober   1912). 


Hautzeicliiiuni;-  bei  dicblbeliaarteu  Säugetieren.  273 

andieiseits.  bei  reieliliclier  Beliaaniiio-.  auch  durch  die  in  der  Haut 
steckenden  Teile  eng  beisaninienliegender  Haaie.  insbesondere  duich 
deren  Zwiebel.  Sind  diese  Haarteile  in  ihrer  Mehrzahl  unpigmentiert, 
so  erscheint  die  Haut  (ii)ak,  sind  sie  pigmentieit.  mehr  oder  weniger 
dunkel;  in  beiden  Fällen  kann  man  bei  genauerem  Zusehen  eine  ent- 
sprechende Punktierung  bzw.  Strichelung  wahrnehmen.  Auffallender 
ist  naturgemäß  die  pigmentierte  Verfärbung  [fleckweise  Epidermis- 
färbung.  Schwalbe  (b)J.  und  wir  werden  uns  auch  hauptsächlich  mit 
dieser  zu  befassen  haben.  Die  Haut  selbst  kann  dabei  mehr  oder  weniger 
pigmentiert  oder  ganz  pigmentlos  sein.  Das  Haarpigment  ist  im 
Grunde  genommen  Epidermis])igment  (s.  besonders  Schwalbe);  auf 
solche  Beziehungen  kommt  es  im  Nachstehenden  jedoch  weniger  an. 
Dagegen  sei  hier  die  durch  Haare  bedingte  indirekte  Färbung 
der  Haut  von  der  direkten  Pigmentierung  derselben  schärfer 
auseinandergehalten.  Die  bisher  nur  wenig  beachtete  indirekte 
Pigmentierung  kommt  bei  Häuten  vor,  Avelche  nicht  sehr  dick  sind, 
und  zwar  vornehmlich  dann,  wenn  die  Haare  noch  nicht  ausgewachsen 
sind:  denn  die  ausgebildeten  pigmentierten  Haare  sind  an  ihrer 
Basis  meist  selbst  licht  und  verursachen  daher  keine  dunkle 
Färbung  der  Haut  mehr.  Diese  Färbungsart,  welche  besonders  an 
der  Innenseite  der  Haut  deutlich  zum  Ausdrucke  gelangt,  findet  sich 
demnach  hauptsächlich  als  vorübergehende  Erscheinung  bei  älteren 
Embryonen  bzw.  Pfoten  und  jungen  Tieren  mit  noch  nicht  vollständig 
ausgebildetem  Haarkleid  und  bei  erwachsenen  zarthäutigen  Tieren, 
wenn  sie  im  Haarwechsel  begriffen  sind.  Im  ei'steren  Falle  rufen 
Komplexe  von  vornehmlich  dunklen  und  von  vorherrschend  lichten 
Haaren,  welche  durchschnittlich  auf  gleicher  Entwicklungsstufe 
stehen,  eine  Zeichnung  hervor.  Über  eine  solche  habe  ich  z.  B. 
kürzlich  von  den  Hauskatzen  berichtet  (d).  Dabei  handelt  es  sich 
um  mehr  oder  weniger  große,  mitunter  aber  auch  nur  um  ganz  ge- 
ringe quantitative  Unterschiede  in  der  Pigmentierung  der  Haare. 
In  Fig.  1  (Taf.  9)  ist  z.  B.  ein  Hautstück  vom  Hinterkopf  einer 
jungen  Hauskatze  von  der  Innenseite  dargestellt.  Man  erkennt 
deutlich  drei  verschiedene  Farbenabstufungen:  einen  dunklen  Fleck 
in  lichter  Umgebung  und  im  ersteren  drei  noch  dunklere  Längs- 
streifen; an  der  lichten  Stelle  ist  die  Haut  weiß  behaart,  am  dunklen 
Fleck  schwärzlich  und  in  den  Streifen  (Überrest  der  A\'ildzeichnung) 
noch  etwas  intensiver.  Im  zweiten  Falle  befinden  sich  an  den 
hellen  Hautstellen  ausgewachsene,  an  den  dunklen  noch  im  Wachs- 
tum  begritfene   Haare.     Solche  Verhältnisse   hat  z.  B.  Schwalbe  (a) 

18* 


274  ^-    TOLDT  JUU., 

bei  im  Haarwechsel  befindlichen  Exemplaren  des  Hermelins  vor- 
gefunden. Während  es  sich  hier  um  verschiedenfarbige, 
weiße  und  braune  Haare  handelt,  werde  ich  an  einem  Maul- 
wurf zeigen,  daß  eine  solche  indirekte  Hautzeichnung  auch  bei  an- 
nähernd gleichfarbiger  Behaarung  auftreten  kann.  —  Bei 
dickerer  Beschaffenheit  der  Haut  können  diese  Verhältnisse  sichtbar 
gemacht  werden,  indem  man  die  Haut  aufhellt. 

Zu  bemerken  ist  ferner,  daß  an  der  Innenfläche  auch  von  relativ 
dicken  Häuten  bei  gezeichnetem  Felle  eine  scheinbare,  mehr 
oder  weniger  diffuse  H  a  u  t  z  e  i  c  h  n  u  n  g  hervorgerufen  werden  kann, 
indem  die  Behaarung  das  durchfallende  Licht  an  den  dunklen  Fell- 
stellen weniger  durchläßt  als  an  den  lichten. 

Die  indirekte  Hautzeichnung  hat  sich  bereits  bei  den  Embryonen 
der  Hauskatzen  als  wichtig  erwiesen,  da  sich  durch  sie  die  Wild- 
zeichnung oft  auch  in  Fällen,  in  welchen  von  derselben  sonst  nichts 
mehr  zu  erkennen  ist,  nachweisen  läßt  (Toldt).  Die  direkte  Haut- 
zeichnung bei  dichter  Behaarung  erscheint,  wie  hier  weiter  aus- 
geführt werden  soll,  besonders  bei  den  Primaten  von  Interesse. 

Für  diese  verschiedenen  Verhältnisse  findet  sich  nachstehend 
eine  Anzahl  von  Beispielen;  gleichzeitig  wurden  gelegentlich  Be- 
merkungen über  einzelne  andere  Eigenschaften  des  Säugetier- 
integuments  eingeschaltet,  so  insbesondere  über  die  Profilier ung 
der  Hautoberfläche  und  über  die  Fellfärbung.  Da  es  bei 
derartigen  Studien  angezeigt  ist,  die  Verhältnisse  zunächst  bei  den 
wildlebenden  Säugetieren  in  unvoreingenommener  Weise  zu  unter- 
suchen (vgl.  auch  meine  Studien  über  die  Haarformen),  habe  ich 
mich  vorläufig  auf  solche  beschränkt.  Innerhalb  der  Primaten 
wurden  jedoch  die  „b  1  a  u  e  n  G  e  b  u  r  t  s  f  1  e  c  k  e"  ,  sowie  die  gelegent- 
lich vorkommende  lichte  oder  dunkle  (vermutliche)  Epidermis- 
fleckung  beim  Menschen  einer  vergleichenden  Besprechung 
unterzogen,  denn  die  Hautzeichnungen  der  Affen  sind  für  diese  in 
der  Literatur  vielfach  erörterten  Verhältnisse  naturgemäß  von  be- 
sonderer Wichtigkeit.  —  Der  Inhalt  dieser  Arbeit  gliedert  sich 
folgendermaßen : 

1.  Indirekte  Hautzeichnung  bei  Rehföten. 

2.  Indirekte  Hautzeichnung  bei  einer  im  Haar- 
wechsel begriffenen  Maulwurfshaut. 

3.  Direkte  Hautfärbung  und  durch  die  durch- 
brechenden Haare  bedingte  Profilierun g  der  Haut- 
oberfläche bei  Brüllaffenföten.     Im  Anschluß:   Allgemeine 


Hautzeicbining  bei  dichtbehaarten  Säugetieren.  275 

Benierkuiii!en   über   die  Piofilienino'  dei'  Säu^etierliaut.  —  Über  die 
ßescliuppuiig-  der  JSciiwaiizhaut  von  Beutelrattentüten. 

4.  Überblick  über  die  Färbunj^s-  bzw.  Zeichnungs- 
arten  der  embryonalen  und  jug'end liehen  Säug'eti er- 
baut. Scheinbare  Färbung-  bzw.  Zeichnung  der  Haut- 
innenfläche. 

5.  D  i  r  e  k  t  e  H  a  u  t  f  ä  r  b  u  n  g  b  z  w.  -  z  e  1  c  h  n  u  n  g  b  e  i  dichter 
Behaarung,  insbesondere  bei  Primaten.  Hautzeichnung 
bei  einem  (?  erwachsenen)  Magot  und  bei  einem  Kapuzineraffen 
(Coriumpignientierung-).  —  Literaturbesprechung.  —  Hautfärbung 
bei  einem  $  Katta  (Epidermispigmentierung).  —  Über  die  Implanta- 
tionsrichlung  der  Haare  am  Schwänze  der  Säugetiere.  —  Allgemeine 
Betrachtungen  über  die  direkten  Hautpigmentierungen,  insbesondere 
in  ihrem  Verhältnis  zur  Behaarung  (enthält  auch  Bemerkungen  über 
die  Haut  eines  zweiten  $  Katta  und  in  einer  Fußnote  über  die 
Färbung  der  medianen  ßückenlinie  am  Felle  verschiedener  Säuge- 
tiere). 

6.  Weitere  Beobachtungen  über  die  Hautfärbung 
bzw.  -Zeichnung  bei  Primaten  und  Vergleich  mit  ähn.- 
lichen  Verhältnissen  beim  Menschen.  Hautzeichnung  bei 
einem  zweiten  (?,  juv.)  Magot  sowie  bei  einem  Hulman  (Epidermis- 
pigmentierung). —  Über  die  blauen  Geburtsflecke  beim  Menschen.  — 
Über  partiellen  Albinismus  und  dunkle  Epidermisfleckung  beim 
Menschen.  —  Epidermiszeichnung  bei  drei  (iS,  2?$)  Varis  und  bei 
einem  AMes  ater  Cuv.  —  Vergleich  zwischen  Haut-  und  Fellzeich- 
nung; im  besonderen  über  die  Fellfärbung  in  der  Kreuz-Steißgegend, 
über  die  Färbung  der  Körperober-  und  -Unterseite,  über  die  Färbung 
der  Behaarung  der  Ohrmuschel,  der  Schwanzspitze,  der  Extremitäten 
und  einiger  Drüsengebiete  bei  verschiedenen  Säugetieren.  —  Allge- 
meine Betrachtungen  über  Haut-  und  Fellzeichnung. 

T.Zusammenfassung  über  die  Haut  zeich  nun  gen 
der  Primaten. 

8.  N  a  c  h  t  r  a  g  z  u  r  H  a  u  t  z  e  i  c  h  n  u  n  g  d  e  r  P  r  i  m  a  t  e  n.  Cerco- 
pithecus  callitrichus  Geoffr.  (Corium-  und  Epidermispigmentierung) 
und  ein  dritter  (S,  juv.)  Magot. 

Anhang.  Bemerkungen  über  die  Leithaare  (enthält  in  einer 
Fußnote  auch  einiges  über  das  Integument  und  über  eine  rudimentäre 
Schwanzbildung  bei  Dachsföten).  —  Nachträgliche  Bemerkung  zu 
meiner  Arbeit  „Beiträge  zur  Kenntnis  der  Behaarung  der  Säuge- 
tiere*'. 


276  K.  ToLDT  jun. 

An  dieser  Stelle  erlaube  ich  mir  allen,  die  mich  bei  diesen 
Untersuchung-en  insbesondere  durch  Überlassung  von  Material  in 
liebenswiirdig-ster  A\^eise  unterstützt  haben,  nochmals  den  verbind- 
lichsten Dank  auszusprechen  und  zwar  den  p.  t.  Herren  F.  Hoch- 
STP^TTER  (Wien),  L.  v.  Lorenz-Liburnau  (Wien),  L.  Nick  (Frank- 
furt a.M.),  J.  ScHAFFER  (Graz),  S.  V.  Schumacher  (Wien),  G.  Schwalbe 
(Straßburg),  0.  zur  Strassen  (Frankfurt  a.  M.),  J.  Tandler  (Wien) 
und  F.  Weidenreich  (Straßburg). 

1.  Indirekte  Hautzeichuung  bei  Rehföten. 

Ein  einfaches  Beispiel  einer  auf  indirekter  Pigmentie- 
rung beruhenden  Hautzeichnung  bei  in  gleichmäßiger 
Entwicklung  b  e  g  r  i  f  f  e  n  e  r  Behaarung  bietet  die  Haut  eines 
ca.  25  cm  langen  Rehfötus,  welche  ich  dank  der  Freundlichkeit  des 
Herrn  Prof.  J.  Tandler  untersuchen  konnte.  Sie  ist  noch  so  kurz 
behaart,  daß  sie  zwischen  den  Haarspitzen  deutlich  sichtbar  ist. 
An  der  Außenseite  zeigt  sie  in  taubengrauer  Grundfarbe  weißliche 
Flecke,  welche  der  bekannten  Fleckung  der  Rehkitze  entsprechen. 
Die  Zeichnung  dieser  fötalen  Haut  wird  nicht  durch  eine  direkte  Haut- 
pigmentierung  hervorgerufen ;  denn  sowohl  die  lichten  als  die  dunklen 
Stellen  enthalten  in  gleicher  Weise  ganz  locker  zerstreutes,  grob- 
fleckiges Epidermispigment  (und  zwar  vornehmlich  in  den  äußeren 
Haarwurzelscheiden),  welches  auf  die  Hautfärbung  keinen  w^esent- 
lichen  Einfluß  hat.  Die  Zeichnung  kommt  vielmehr  dadurch  zu- 
stande, daß  im  Bereich  der  Grundfärbung  vorherrschend  dunkle 
Haare,  in  jenem  der  Flecke  bis  auf  einzelne  zerstreut  liegende 
dunkle,  weiße  Haare  in  Entwicklung  begriften  sind,  und  zwar  auf 
entsprechend  gleichen  Entwicklungsstufen  (Taf.  9  Fig.  2).  Bei  dem 
zweiten  Fötus  aus  demselben  Uterus  ist  die  Haut  nicht  mehr  so 
deutlich  sichtbar,  da  die  Haarspitzen  schon  etwas  länger  sind;  in- 
folgedessen ist  auch  die  äußerliche  Färbung  etwas  anders,  mehr 
lebhaft  (weißlich-gelbe  Flecke  in  dunkler  grauem,  durch  die  Haar- 
spitzen schwärzlich  schraffiert  erscheinendem  Grundton). ^)  An  der 
Hautinnenfläche  ist  die  Zeichnung  in  diesen  Fällen  undeutlicher,  da 
die  bereits  lange  Zeit  in  Formol  liegende  Haut  relativ  stark  ist. 


1)  Über  das  Verhältnis  der  in  Entwicklung  begriffenen  Behaarung 
zur  Färbung  der  Hautoberfläche  hat  kürzlich  Schwalbe  (d)  besonders  bei 
Embryonen  von  Macaciis  cynoiiioJgns  berichtet. 


Hautzeichuuiig  bei  dichtbehaarten  Säugetiereu.  277 

•1.  Indirekt»'  Hautzeichiniiii::  hei  einer  im  Haarwechsel  hegriffeuen 

3Ianlwnrfshant. 

Als  ein  Beispiel  für  eine  auf  indirekter  Pi gm entierung 
b e r u li e n d e n  H a u t z e i c li n II 11  g  bei  einem  im  Haarwechsel 
begriffenen  Tier  sei  die  getrocknete  Haut  eines  einheimischen 
Maulwurfs  angeführt,  welche  ich  der  Liebenswürdigkeit  des  Herrn 
Prof.  J.  ScHAFFEK  veidaiike.  Sie  zeigt  an  der  Innenfläche  in  grau- 
gelber Grundfarbe  eine  Anzahl  unregelmäßiger,  zum  Teil  sehr  aus- 
gedehnter und  durchbrochener  schwärzlicher  Flecke^)  (Taf.  9  Fig.  3), 
während  das  Fell  durchwegs  eine  glänzend  schwärzlich-graue  Färbung 
l)esitzt.-)  Der  Fellgrund  ist  jedoch  an  den  an  der  Innenseite 
dunklen  Stellen  dichter  und  dunkler.  Bei  der  genauen  Untersuchung 
stellte  sich  heraus,  daß  der  Färbungsunterschied  an  der  Hautinnen- 
Häche  nicht  auf  einer  direkten  Pigmentierung  der  an  sich  lichten 
Haut  beruht,  sondern  durch  die  an  den  einzelnen  Fellstellen  ver- 
schiedengradige  Pigmentierung  der  durchschimmernden  Zwiebeln  der 
durchgehends  normal  gestalteten  Haare  verursacht  wird.  An  den 
lichthäutigen  Stellen  finden  sich  nämlich  durchweg  ausgebildete 
Haare,  deren  Basalteil  nur  spärlicii  pigmentiert  ist.  An  den  schwarz- 
häutigen  Stelleu  sind  dagegen  zwischen  ausgebildeten  Haaren  viele 
starke,  offenbar  einen  Haarkleid  Wechsel  einleitende  Haare  erst  bis 
etwa  zur  halben  Länge  des  hier  noch  dunklen  Schaftes  entwickelt; 
sie  reichen  daher  noch  nicht  an  die  Felloberfläche  und  haben  noch 
eine  stark  pigmentierte  Zwiebel.  Hier  ist  also  nur  der  verschiedene 
Entwicklungszustand  der  an  sich  gleichfarbigen  Haare  die  Ursache 
der  Zeichnung  der  Hautinnenfläche.  An  dieser  kann  man  bereits 
bei  schwacher  Lupenvergrößerung  die  lichten  bzw.  pigmentierten 
Zwiebeln  als  feine  Strichelchen  wahrnehmen.  Ferner  erkennt  man 
stellenweise  ganz  kleine  Flecke,  welche  durch  eine  kleine  Anzahl 
pigmentierter  Zwiebeln  von  noch  im  Wachstum  betindlichen  Haaren 
gebildet  werden.  An  Schnitten  durch  die  allerdings  nicht  gut  kon- 
servierte Haut  konnte  ich  in  dieser  selbst  nirgends  Pigment  nachweisen. 


1)  Herrn  Prof.  ScHArFER  waren  unter  45  Maulwürfen,  welche  zu 
verschiedenen  Jahreszeiten  getötet  wurden,  nur  zwei  an  der  Hautinneuseite 
mit  schwarzen  Flecken  versehene  Exemplare  aufgefallen.  "Wie  mir  Herr 
Prof.  S.  V.  SCHüMACHEK  mitteilte,  hat  auch  er  derartige  Maulwurfsfelle 
bereits  mehrmals   beobachtet. 

2)  Der  Farbenton  des  Felles  spricht  dafür,  daß  es  wahrscheinlich  von 
einem  jugendlichen   Individuum  stammt. 


278  K.  ToLDT  Jim., 

Wie  angedeutet,  handelt  es  sich  hier  oifenbar  um  den  Beginn 
eines  allgemeinen  Haarkleidwechsels,  welcher  in  topographisch  ziem- 
lich regelloser  Weise  erfolgt  und  hier  erst  an  einzelnen  Stellen  ein- 
gesetzt hat,  um  allmählich  die  ganze  Hautfläche  zu  ergreifen.  Näheres 
läßt  sich  hierüber  nicht  sagen,  da  die  Zeit  des  Todes  des  Maulwurfs 
unbekannt  ist.  —  Einschlägiges  bei  einer  „Reitmaus*'  wurde  bereits 
von  Heusinger  (b)  kurz  erwähnt  und  abgebildet.  Den  Gerbern  ist 
das  Vorkommen  von  offenbar  gleichartigen  dunklen  Hautverfärbungen, 
den  „Kränzchen",  bei  im  Haarwechsel  befindlichen  Tieren  (Bisam, 
Kanin,  Hasen)  bekannt  (Cubaeus,  P.,  Das  Ganze  der  Kürschnerei, 
Wien,  Pest,  Leipzig). 

3.  Direkte  Hautfärbuiig  und  durch  die  durchbrechenden  Haare 
bedingte  Profilierung  der  Hautoberfläche  bei  Brüllsiff'euföten. 

Eine  direkte  Hautfärbung  im  Zusammenhang  mit  einer  eigen- 
artigen Profiliernng  der  Hautoberfläche  findet  sich  an  der  Hautober- 
fläche von  Brüllaffenföten;  dank  dem  Entgegenkommen  des  Herrn 
Prof.  F.  HocHSTETTER  kouute  ich  zwei  verschiedenen  Alters  unter- 
suchen [Alouata  (Mycetes)  senieulus  L.  und  sp.]. 

Bereits  der  jüngere  Fötus  {A.  senimlus  L.,  Prov.  St.  Catha- 
rina,  Brasilien;  Sch.-St.-Länge  über  den  Rücken  gemessen  132  mm, 
Schwanzlänge  145  mm)  fällt  durch  seine  dunkel  blaugraue  Färbung 
auf,  welche  am  Bauche  etwas  lichter  ist.^)  Mund-  und  Nasenschleim- 
haut und  Genitale  lichtgrau.  Die  Palma  und  Planta  sowie  die 
Nägel,  die  Zunge  und  der  Nabel  heben  sich  durch  ihre  weiße  Fär- 
bung von  der  dunklen  Umgebung  auffallend  ab,  desgleichen  die 
Unterseite  des  Schwanzes  in  ihrem  apikalen  Drittel  (48  mm).  An 
letzterer  Stelle  ist  die  Haut  bei  den  Brüllaffen  und  Verwandten  be- 
kanntlich haarlos  und  weist  ein  ganz  ähnliches  Hautleistenornament 
auf  wie  an  den  Hand-  und  Fußflächen;  beim  vorliegenden  Fötus 
sind  die  Hautleisten  makroskopisch  nicht  wahrnehmbar  und  auch 
bei  stärkerer  Vergrößerung  nur  in  ganz  verschwommener  Weise. 
Außerdem  finden  sich  hier  allenthalben  ziemlich  oberflächlich  und 
locker  verteilte  intensiv  dunkle  Pigmentkörnchen. 

Am   Rumpf  und   an   den   proximalen  Teilen    der  Extremitäten 

1)  Bei  einem  von  Adachi  untersuchten  erwachsenen  Exemplar 
eines  Mycetes  senieulus  war  die  Epidermis  ziemlich  stark  pigmentiert  und 
im  allgemeinen  dunkelbraun  gefärbt.  Die  Pigmentkörnchen  (der  Epidermis) 
waren  dunkel  und  die  Bpidermisfarbe  im  Vergleich  zur  Pigraentmeuge. 
verhältnismäßig  schwarz. 


Ilautzeicliiiuiig  bei  dichtbehaarten  Säugetieren.  279 

sind  die  Haarspitzen,  soweit  solche  durch{?ebrochen,  nocli  ganz  kurz, 
und  die  Hautubertiäche  ist  im  Zusaninienliang  mit  der  Behaarung 
eigenartig:  profiliert.  Bei  schwachei-  Vergrößerung  und  genauer 
rntersuchung  zeigt  es  sich  nämlich,  daß  die  Oberfläche  von  ziem- 
lich nahe  beisammenliegenden  longitudinalen  Wülsten  ^)  verschiedener 
Stärke  bedeckt  ist  (Taf.  9  Fig.  4),  welche  sich  in  ihrem  proximalen 
Teil  allmählich  erheben,  nach  hinten  etwas  ansteigen  und  hier  mehr 
oder  weniger  geradlinig  abgestuft  enden.  Zunächst  fallen  ziemlich 
gleichmäßig  verteilte  stärkere  Wülste  auf,  von  welchen  einzelne  in 
größeren  Abständen  wiederum  etwas  kräftiger  erscheinen;  zwischen 
all  diesen  Wülsten  liegen  kleinere  von  verschiedener  Größe.  Viel- 
fach ist  ein  größerer  Wulst  jederseits  von  einem  kleineren  begleitet, 
entsprechend  einer  Anordnung  der  Haare  in  Dreiergruppen.  Wäh- 
rend die  \Milste  opak-weißlich  sind,  erscheint  die  Haut  in  den 
schmalen  Zwischenräumen  ziemlich  stark  pigmentiert.  Das  Pigment 
befindet  sich  im  Rete  Malpighi,  und  zwar  ziemlich  gleichmäßig  ver- 
teilt. Die  Wülste  werden  jedoch,  wie  wir  noch  sehen  werden,  von 
den  darüberliegenden  Epidermislagen  gebildet,  und  das  Pigment  des 
unter  ihnen  liegenden  Teiles  der  MALPiGHi'schen  Schicht  ist  durch 
die  Wülste  hindurch  von  außen  nicht  sichtbar  (Fig.  6) ;  diese  stechen 
daher  von  der  dunklen  Umgebung  deutlich  ab.  Da  die  größeren 
Wülste  mehr  oder  weniger  in  Querreihen  liegen,  erscheint  die  Haut- 
oberfläche annähernd  queireihig  abgestuft.  Da  sich  ferner  das  Pig- 
ment besonders  reichlich  hinter  den  Wülsten  bzw.  am  Beginn  der 
folgenden  Wulstreihe  zeigt  —  es  erstreckt  sich  auch  mehr  oder 
weniger  weit  an  der  Oberfläche  der  Haarbälge  in  die  Tiefe  — , 
kommt  gleichzeitig  eine  Art  Querstreifung  zustande.  Im  Detail  er- 
scheint somit  die  Färbung  der  Hautoberfläche  infolge  der  Wülste 
einerseits  licht  längsgestrichelt,  während  die  Pigmentierung  andrer- 
seits hauptsächlich  eine  unregelmäßige  Querstrichelung  hervorruft; 
zu  letzterer  tragen  übrigens  auch  die  Abstufungen  der  Wülste  bei. 
Die  Haarspitzen  sind  noch  relativ  spärlich;  sie  verlaufen  einzeln, 
oberflächlich  und  entsprechend  schräg  ansteigend  in  den  stärkeren 
Wülsten,  aus  welchen  sie  infolge  ihrer  dunklen  Pigmentierung  durch- 
schimmern, und  treten  am  Rande  der  Abstufung  des  Wnlstes  aus 
der  Haut  hervor.  Dire  Spitze  ist  meistens  noch  etwas  umgebogen. 
Vielfach   sieht  man  in  den  Wülsten  auch  Haare,  welche  noch  nicht 


l)  "Wohl    zu   unterscheiden    von    dem   Wulst    der  Haarbälge  (s.   z.    B. 
Stöhr). 


280  K.    TOLDT    JUU., 

durchg-ebroclien  sind.  Die  Haarzwiebeln  sind  mehr  oder  wenig-er 
stark  pig-mentiert,  beeinflussen  die  Hautfärbnng  im  Verhältnis  zum 
Hautpig-ment  jedoch  nur  unwesentlich. 

Beim  ä\  t  er en Älouata-Fölns  (sp., Provenienz?, Scheitel-Steißlänge 
176  mm,  Schwanzlänge  nur  144  mm)  ist  die  Hautfärbung-  im  allge- 
meinen etwas  dunkler  (mehr  schwärzlich)  und  im  Detail  einheitlicher 
als  beim  jüngeren  (Taf.  9  Fig.  5);  durch  die  starken  llaarspitzen, 
welche  nun  durchschnittlich  2—4  mm  lang  und  mehr  oder  weniger 
braunschwarz  sind,  erhält  sie  ein  leicht  schwarz  schraffiertes  Aus- 
sehen. Am  Hinterkopf  und  an  den  Schultern  sind  die  Haare  be- 
sonders lang.  Das  Epidermispigment  verhält  sich  ähnlich  wie 
beim  jüngeren  Fötus,  ist  aber  mächtiger  entwickelt.  Auch  die 
Unterseite  der  Füße  und  des  Schwanzendes  (relativ  lang,  60  mm) 
sind  etwas  dunkler,  aber  noch  immer  so  licht,  daß  sie  von  der  Um- 
gebung deutlich  kontrastieren.  Das  Hautleistenornament  ist  auch 
jetzt  mit  freiem  Auge  noch  nicht  erkennbar;  bei  stärkeier  Ver- 
größerung erscheint  es  aber  bereits  deutlich  durch  abwechselnd 
lichte  und  etwas  schmälere  dunkle  Streifen  ausgeprägt.  Die  ober- 
flächlich zerstreuten  Pigmentkörnchen  sind  hier  in  gleicher  Weise 
vorhanden  wie  beim  jüngeren  Fötus.  —  Die  Innenseite  der  abge- 
zogenen Haut  ist  bei  beiden  Föten  weißlichgrau  und  infolge  der 
durchschimmernden  Haarzwiebeln  locker  braunsclnvarz  punktiert. 

Die  Hautprofilierung  am  Rumpfe  hat  sich  ziemlich  verändert 
und  ist  im  ganzen  etwas  zurückgegangen  \)  (Taf.  9,  Fig.  5).  Die 
nun  relativ  weit  auseinander  stehenden  stärkei'en  Haarspitzen  treten 
nicht  mehr  aus  einem  eigentlichen  Wulst  hervor,  sondern  sind  nur 
mehr  in  dem  zur  Hautoberfläche  stumpfen  Winkel  auf  eine  kurze 
Strecke  von  einem  zarten  epidermalen  Überzug  begleitet;  die  Haut 
in  der  Umgebung  dieser  Haare  ist  flach  und  eher  etwas  vertieft. 
Nur  zahlreiche,  allenthalben  zerstreute  junge  Haare  kommen  noch 
aus  einem  entsprechend  zarten,  etwas  erhabenen  Wulst  hervor, 
welcher  licht  ist;  sonst  ist  die  Hautoberfläche  gleichmäßig  dunkel. 
Außer  diesen  zarten,  die  Profilierung  der  Haut  nicht  wesentlich 
beeinflussenden  Wülsten  finden  sich  stellenweise  auch  einzelne  mehr 
oder  minder  regelmäßig  gestaltete  schuppenförmige  Erhebungen  mit 
zumeist  nach  hinten  konvexem  oder  zugespitztem  Rande.  Bei  ge- 
nauem Zusehen  kann  man  häufig  bemerken,  daß  diesem  entlang,  mehr 

1)  Die  Tjnterschiede  in  der  Hautprofilierung  beider  Föten  dürften 
wohl  zweifellos  in  dem  verschiedenen  Entwicklungsgrad  derselben  gelegen 
und  nicht  etwa  spezifischer  Natur  sein. 


llinuzeirhmniy  bei  (liclirt)eliaarteii  Säni^etiiMeii.  281 

oder  wenio-er  lialhkieisförmiof  g-ebogeii  bzw.  geknickt,  oberflächlich 
in  der  Epidermis  ein  SclKiftstück  eines  zailen  Haares  verläuft.  Diese 
scluippenfürmige  Erhebung  entsi)richt  somit  gewissermaßen  einem  in 
der  Hautebene  gebogen  vollaufenden,  jedoch  relativ  langem  Wulst. 
Die  Sjiit/e  ist  meistens  noch  nicht  durchgebrochen;  mitunter  ist  sie 
jedoch  auch  hiei-  bereits  auf  eine  größere  oder  kleinere  Strecke  frei 
und  dann  ott  noch  entsprechend  gebogen.  Auch  haften  ihr  manch- 
mal noch  Gewebereste  an. 

Schnittpräparate  von  der  Haut  des  Hinterrückens  beider  Föten 
zeigen,  daß  die  Wülste  rein  epidermaler  Natur  und  speziell  eine 
DiÖ'erenzierung  der  Hornschicht  sind  (Taf.  9  Fig.  6,  vom  jüngeren 
Fötus).  In  ihnen  sieht  man  sehr  häufig  eine  mehr  oder  weniger 
große  Höhlung  von  rundlicher  bis  langovaler  Gestalt,  welche  sich 
oft  eine  Strecke  weit  in  einen  Haarbalg  hinein  verfolgen  läßt.^)  In 
diesen  Höhlungen  finden  sich  Faserzüge,  welche  ein  unregelmäßiges, 
lockeres  Netzwerk  von  mehr  oder  minder  rundlichen  Maschen  bilden ; 
in  diesen  kann  man  vielfach  dunkle  Körperchen  wahrnehmen,  welche 
offenbar  Bruchteile  eineg  Haarschaftes  darstellen,  während  das  faserige 
Gewebe  der  Umhüllung  desselben  entspricht.  Denn  mitunter  sieht  man 
deutlich  größere  Schaftstücke,  welche  mehr  oder  weniger  gebogen 
veilaufen;  auch  tritt  oft  der  Haarschaft  direkt  aus  einem  Balge  in 
eine  solche  Höhlung  ein.  Wir  haben  es  hier,  insbesondere  in  Über- 
einstimmung mit  den  eben  erwähnten  schui)penartigen  Erhebungen  an 
der  Hautoberfläche  des  älteren  Fötus,  offenbar  mit  einer  besonders 
starken  Einrollung  der  Haarspitzen  in  der  Epidermis  vor  dem  Durch- 
bräche zu  tun.  Bis  zu  einem  gewissen  Grade  wurde  ähnliches  gelegent- 
lich beim  Menschen  und  bei  manchen  Haustieren  (Ziege,  Schaf  und  ins- 
besondere beim  Schwein,  s.  z.  ß.  Eschricht,  Simon,  Reissner)  und  mit 
einiger  Regelmäßigkeit  beim  dreizehigen  Faultiei'  u.  a.  (Welcker) 
beobachtet  (s.  weiter  unten).  Bei  den  Föten  von  Alouata  —  abgesehen 
vom  Menschen  meines  Wissens  des  ersten  Primaten,  von  welchem  bis- 
her derartige  Bildungen  bekannt  sind  —  scheint  eine  solche  EiuruUung 
gleichfalls  regelmäßig  vorzukommen  -)  und  zwar  vermutlich  bei  jedem 


1)  Diese  Höhlungen  haben  mit  den  Spalt-  bzw.  Lückenbildungeu, 
welche  Mauki:r  (a  bzw.  c)  in  Haaranlagen  von  Maulwurfs-  bzw.  Igel- 
embryonen beubaciitet  hat,  abgesehen  von  ihrer  Form  und  Lage,  auch  des- 
wegen uiclits  gemein  ,  da  sie  frühzeitigere  Erscheinungen  darstellen  und, 
Wenn  sich   der   Haarschaft   bildet,   bereits   verschwunden  sind. 

2)  Bei  drei  verschieden  großen  Föten  von  Alowiln  t^eiiicuhts  L.  des 
Senckenbergischen  Museums  (Frankfurt  a.  M.),  welche  ich  dank  der  Liebeus- 


282  K.    TOLDT    jlUl., 

Haar.  Denn  jedem  kommt  während  des  Durchbriiches  ein  Wulst  zu,  und 
auch  bei  den  bereits  in  geradem  Verlaufe  durch  die  Haut  heraustretenden 
stärkeren  Haaren  sieht  man  vielfach  im  spitzen  Winkel,  welchen  sie 
zur  Hautoberfläche  bilden,  in  der  Epidermis  eine  Höhlung;  das  Haar 
hat  sich  aber  aus  dieser  bereits  befreit  und  grade  gestreckt.  Aller- 
dings kann  gelegentlich  auch  die  Höhlung  eines  anderen  Haares  an 
dieser  Stelle  angeschnitten  sein.  Daß  beim  älteren  Embryo  die  hier 
relativ  spärlichen  Haarbogen  mehr  flächenhaft  ausgebreitet  sind,  dürfte 
darin  begründet  sein,  daß  das  Durchdringen  durch  die  nun  stärkere 
Epidermis  noch  schwieriger  ist  und  ihnen,  da  die  großen  Haare 
keine  Wülste  mehr  besitzen,  an  der  Hautoberfläche  mehr  Platz  zur 
Verfügung  steht.  Beim  jüngeren  Fötus  kann  man  übrigens  auch  be- 
obachten, daß  die  hier  ziemlich  eng  beisammenliegenden  Wülste  mit- 
unter etwas  nach  einer  »Seite  geneigt  sind.  Das  mehr  oder  weniger 
vollständige  Fehlen  der  Wülste  und  der  zugehörigen  Höhlungen  in 
der  Epidermis  bei  den  kräftigen  Haaren  des  älteren  Fötus  zeigt, 
daß  der  Wulst  samt  seiner  Höhlung  eine  vorübergehende  Erscheinung 
ist,  welche  bald  nach  erfolgtem  Durchbruch  des  Haares  verschwindet. 
Da  ursprünglich  jedem  Haare  ein  Wulst  zukommt,  ist  es  wohl  wahr- 
scheinlich, daß  er  durch  das  Eindringen  des  Haares  in  die  Epidermis 
zustande  kommt  und  keine  selbständige  Bildung  darstellt.  Die  Ur- 
sache derselben  ist  wohl  in  einer  besonders  intensiven  Verhornung 
der  Epidermis  zu  suchen,  welche  das  Durchbrechen  des  Haares  er- 
schwert. Die  im  vorliegenden  Falle  gleichzeitig  vorhandene  starke 
Pigmentierung  der  infolge  davon  allenfalls  derberen  Haut  kann  es 
nicht  sein,  da  das  Pigment,  welches  nur  in  den  untersten  Lagen 
der  Epidermis  bzw.  in  der  äußeren  Wandung  des  Balges  liegt,  der 
Haarspitze  nicht  in  den  Weg  tritt. 

Bei  Embryonen  von  Hylohates  syndactjßus,  welche  allerdings  erst 
auf  vorgeschrittener  Entwicklungsstufe  eine  starke  Epidermis- 
pigmentierung  aufweisen  [s.  Schwalbe  (d)],  konnte  ich  an  noch 
lichten  Hautstücken  von  zwei  verschieden  großen,  mit  kurzen  Haar- 
spitzen versehenen  Embryonen,   welche  ich  dank  der  Freundlichkeit 


Würdigkeit  der  Herren  Prof.  0.  ZUR  Strassen  und  Dr.  L.  Nick  be- 
sichtigen konnte,  läßt  die  äußerliche  Inspektion  darauf  schließen,  daß  hier 
die  gleichen  Verhältnisse  bestehen.  Schwalbe  hatte  in  seinen  Arbeiten 
über  den  Haarstrich  der  Primaten  keine  ^/c^^a/a-Embryonen  zur  Verfügung, 
und  bei  den  zahlreichen  anderen  daselbst  besprochenen  Embryonen  wird 
von  solchen  Verhältnissen  nichts  erwähnt. 


Hautzeicbmnig  bei  dichtbehaarten  Säugetieren.  283 

der  Hen-en  Proff.  Gelieimrat  G.  ScHWAiiBE  und  F.  Weidenreich 
unteisiicheu  konnte,  keine  derartige  Profilieinng-  feststellen. 

Die  Vorgänge  bei  einem  solchen  Haardurclibrucli  Aveiden  von 
den  Autoren  folgendermaßen  geschildert ;  ich  halte  mich  dabei  be- 
sonders an  Bonnet.  Wenn  der  Durchbruch  behindert  ist  und  die 
jungen  Haare  im  Balge  nicht  mehr  Platz  finden,  treiben  sie  zunächst 
die  Epidermis  zu  einer  kleinen  Erhöhung  auf,  indem  sie  sich  unter 
derselben  schlingenförmig  oder  spiralig  abbiegen;  dabei  kann  der 
absteigende  Schenkel  des  Haares  wiederum  im  Haarbalge  zu  liegen 
kommen  und  zwar  mehrfach  um  den  aufsteigenden  Schenkel  torquiert, 
etwa  wie  die  Schnur  einer  Peitsche,  l^eim  weitei'en  Fortschreiten 
der  Haarentwicklung  werden  die  der  nachmaligen  Hornschicht  bzw. 
Epitrichialschicht  entspi'echenden  Lagen  der  Epidermis  abgehoben 
und  die  Spitze  des  Haares  allmählich  aus  dem  Balge  herausgezogen. 
(Die  von  Bonnet  selbst  beschriebenen  Ditferenzierungen  in  der  Pferde- 
haut sind  dagegen  Spiralwindungen  und  Spindelbildungen  des  Schaftes, 
welche  im  Haarbalge  unterhalb  der  Talgdrüsenregion  entstehen.) 

Bezüglich  der  Verhältnisse  bei  den  Aloiiafa-Föten  sei,  vornehm- 
lich gegenüber  jenen  beim  Faultiere,  hervorgehoben,  daß  hier  in  der 
Entwicklung  des  ersten  Haarkleides  deutliche,  durch  das  Vordringen 
der  einzelnen  Haarspitzen  bedingte  Epidermiserhebungen  auftreten, 
durch  welche  vorübergehend  eine  mehr  oder  weniger  regelmäßige 
Prolilierung  der  Hautobertläche  verursacht  wird.  Die  einzelnen  Er- 
hebungen steigen  entsprechend  der  ursprünglichen  \\'achstums- 
richtuug  des  Haares  caudal  etwas  an  und  können  mitunter  auch 
eine  schuppenartige  Form  annehmen.  Die  Haarbogen  liegen  bei  den 
von  mir  untersuchten  p]ntwicklungsstadien  mitten  im  Stratum  cor- 
neum,  welches  keine  Demarkationsgrenze  aufweist,  und  nicht  in  Ein- 
buchtungen an  der  Unterfläche  eines  eigenen,  äußerlich  glatten  Epi- 
trichiums.  Die  Haare  verdicken  sich  unterhalb  des  Spitzenteiles 
nicht  plötzlich  in  auffallender  Weise. 

Im  Anschluß  hieran  sei  einiges  über  die  Profilierung  der 
Säugetier  haut  im  allgemeinen  bemerkt.  Die  Profilierung 
der  Hautoberfläche  bei  den  Alouata-Föten  hat  mit  der,  welche  ich 
seinerzeit  beim  Fuchs  beschrieben  habe,  nichts  gemein.  Während 
nämlich  jene  eine  frühzeitige,  bald  vorübergehende  Erscheinung  in 
der  Embryonalentwicklung  ist,  tritt  diese  erst  zur  Zeit  der  Geburt 
allmählich  auf  und  ist  beim  Erwachsenen  stellenweise  sehr  kräftig 
ausgebildet.     Bei  der  Profilierung  der  Fuchshaut  ist  die  Epidermis 


284  K.  ToLDT  Jim., 

nicht  verdickt,  sondern  überzieht  das  gefaltete  Corium  stets  gleich- 
mäßig'. Weiter  unterscheidet  sie  sich  besonders  dadurch,  daß  die 
einzelnen  Erhebungen  viel  größer  (breiter,  mit  querkonvexem  Hinter- 
rand) sind  und  sich  auf  ganze  Gruppen  von  mehr  oder  weniger  aus- 
gebildeten Haaren  erstrecken,  welche  hier  aus  der  Tiefe  der  Ab- 
stufungen hervortreten.  Endlich  entstehen  die  Wülste  der  Alouata- 
Föten  sichtlich  durch  das  Hervorbrechen  der  einzelnen  Haare;  die 
Profilierung  der  ausgebildeten  Fuchshaut  steht  mit  demselben  jedoch 
nicht  in  unmittelbarem  Zusammenhang.  Ursprünglich  (aj  hatte  ich 
letzteres  angenommen,  indem  ich  die  schuppenartige  Erhebung  von 
dem  Ringwulst  ableitete,  welcher  bei  den  Fiichsföten  die  Austiitts- 
stellen  der  Leithaare  umgibt  und  vornehmlich  an  der  oberen  Seite 
der  Haarbasis  deutlich  entwickelt  ist.  Davon  bin  ich  jedoch  bereits 
abgekommen,  als  ich  erkannte  (b),  daß  beim  Erwachsenen  die  Pro- 
filierung gerade  bei  den  Leithaaren  unterbrochen  ist.  Ferner  ist 
der  Ringwulst  anfangs  eine  rein  epidermale  Erhebung,  welcher  sich 
erst  später  (beim  Neugeborenen)  auch  das  Corium  anschließt.  Weiter- 
iiin  wird  die  Epidermisverdickung  immer  unauffälliger,  und  die  ganze 
Erhebung  gleicht  sich  mit  dem  weiteren  Wachstum  der  Haut  all- 
mählich mehr  oder  weniger  aus.  Die  allgemeine  Hautprofilierung 
gelangt  dagegen  erst  zu  dieser  Zeit  zur  Ausbildung.  Auch  ist  es 
unwahrscheinlich,  daß  der  einem  einzelnen  Haar  angepaßte  Wall 
sich  späterhin  auf  mehrere  Haarbündel  erstrecken  soll.  Die  schuppen- 
förmigen  Erhebungen  der  Fuchshaut  erscheinen  vielmehr  als  Bil- 
dungen, welche  im  innigsten  Zusammenhange  mit  der  Gruppierung 
der  Haare  in  den  Strukturverhältnissen  des  Coriums  gelegen  sind. 
Bei  vielen  anderen  Säugetieren  entsprechen  sie  offenbar  „den  sich 
kreuzenden  Linien  geringster  Spannung  in  der  Säugetierhaut",  durch 
die  die  Lage  der  einzelnen  Haargruppen  anatomisch  bestimmt  ist 
und  „welche  unter  der  Lupe  das  Bild  einer  feinen  Schuppung  vor- 
täuschen können"  [Friedenthal  (a)].  Beim  Fuchs  und  anderen 
Säugetieren  (z.  B.  auch  bei  Affen)  sind  jedoch  tatsächlich  —  an  den 
einzelnen  Körperstellen  in  verschiedener  Ausbildung  —  deutliche, 
zum  Teil  mit  der  Nadel  abtastbare  Erhebungen  vorhanden ,  welche 
entsprechend  der  Inplantationsrichtung  der  aus  der  Tiefe  der  Ab- 
stufungen hervortretenden  Haargruppen  ansteigen. 

Die  Wülste  bei  den  Alouaia-Föitw  stellen  gewissermaßen  die 
nach  außen  gelegenene  Epidermiswandung  eines  durch  den  schlingen- 
förmigen  Verlauf  des  Haarschaftes  komplizierteren  Haarkanals  dar, 
wie  er  z.  B.  beim  Durchbruch  des  menschlichen  Wollhaares   in   der 


Hiiutzeicliiniiii,^  bei  (li(litl)el)!\artei)  Säiiyetiereii.  285 

Epiilermis  aultiitt  (vgl.  Stihik);  die  hierbei  eiv.eugte  Eiliebuiig-  ist 
jedoch  ganz  unbedeutend  und  baUl  veigänglich,  und  der  Kanal 
verhiuft  geradlinig  in  scliräger  Richtung  durch  die  Epidermis. 
Stärker  erscheinen  die  Längswülste  bereits  bei  jenen  Haaren  der 
Ziegen-,  Schaf-  und  besonders  der  Schweineembryonen,  welche  die 
Haut,  wie  es  scheint,  ohne  Schlingenbildung  durchbrechen  (vgl. 
namentlich  Rkissnee).  Eine  ähnliche,  aber  gedrungenere,  kürzere 
Bildung  stellen  die  vorhin  genannten  Wälle  um  die  Austrittsstellen 
der  Leithaare  des  Fuchses  in  ihren  ersten  Stadien  dar.  Solche  Er- 
hebungen scheinen  ziemlich  verbreitet  zu  sein,  so  z.  B.  in  der  Ent- 
wicklung der  stärksten  Haare  beim  Dachs  (Tat".  9  Fig.  7j,  der  Igel- 
stacheln u.  a.  Besonders  mächtig  sind  sie  nach  Keissner  bei 
Coeloi/enys  paca.  Ahnliche  Verhältnisse  kommen  bekanntlich  ins- 
besondere auch  bei  den  Spürhaaren  vieler  Säugetiere  vor  [z.  B.  beim 
^Maulwurf.  ]\Iaueer  (a)].  Die  Form  solcher  Erhebungen  hängt  zum 
Teil  auch  mit  der  Richtung  des  einzelnen  Haares  zusammen;  so 
habe  ich  z.  B.  an  den  Oberlippenspürhaaren  von  Didelphys-Yöttw 
beobachtet,  das  der  Wall  bei  steil  implantierten  Haaren  ziemlich 
gleichmäßig  rund,  bei  schräg  gerichteten  Haaren,  deren  Richtungs- 
zuge entsprechend,  an  der  Oberseite  derselben  mehr  gestreckt,  an 
der  Unterseite  gedrungen  ist.  Diese  Verhältnisse  sind  in  den  ein- 
zelnen Fällen  nicht  immer  gleichartig  und  bedürfen  jeweils  einer 
besonderen  Untersuchung.  So  ist  z.  B.  die  Epideimiserhebung  bei 
den  Leithaaren  der  Dachsföten  von  jener  beim  Fuchs  bei-eits  äußer- 
lich dadurch  verschieden,  daß  sie  vornehmlich  an  der  Hinterseite 
der  Haarbasis  entwickelt  ist:  auch  besitzt  sie  eine  andere  innere 
Beschalfenheit  (Vortreibung  der  Epitrichialschicht?).  —  Vgl.  auch 
Pjnkus  (a),  FßiEDEXTHAL  (a,  IV,  p.  22)  u.  a.  —  Alle  diese  Diife- 
renzierungen  haben  gemein,  daß  sie  beim  Durchbruch  des  Haares 
durch  die  Haut  entstehen.  Während  sich  dieser  in  den  letztgenannten 
Fällen  relativ  leicht  vollzieht,  allenfalls  unter  geringer  Abbiegung 
der  Spitze  (z.  B.  auch  beim  Igelstachel),  hat  er  bei  den  Haaren  mit 
sich  einrollender  Spitze  besondere  Schwierigkeiten  zu  überwinden; 
dabei  kommt  es  wohl  auch  auf  die  Größe  des  Wachstumsdruckes 
der  einzelnen  Haare  an.  Der  Grad  dieser  Schwierigkeit  kommt 
dann  bei  der  embryonalen,  noch  leicht  formbaren  Epidermis  in  ent- 
sprechender Weise  zum  Ausdruck. 

Eine  mit  diesen  Bildungen  nicht  direkt  vergleichbare,  ganz 
minimale  Profilierung  der  Hautoberdäche  stellen  die  Epidermis- 
verdickungen   dar,   welche   das  erste  Entwicklungsstadium  der  ein- 


286  K.  Tor>DT  Jim., 

zelnen  Haare  (z.  ß.  von  verschiedener  Größe  beim  Maulwurf,  Maueee) 
oder  ganzer  Haarkomplexe  bilden  [vgl.  besonders  die  Katzenembryonen, 
ToLDT  (d)].  Bei  den  Anlagen  der  Einzelhaare  entsprechen  die 
obersten  Schichten  der  Epidermis  topographisch  allerdings  in  einem 
gewissen  Sinne  jenen   der   oberflächlichen  Schichten  der  Haarwälle. 

Wie  es  sich  immer  mehr  zeigt,  ist  die  allgemeine  Oberflächen- 
beschaffenheit der  Haut  sowohl  bei  den  verschiedenen  Säugetieren 
als  auch  in  einzelnen  Fällen  im  Verlaufe  der  Ontogenie  eine  sehr 
verschiedenartige.  Diese  vielfach  mit  der  Behaarung  in  Beziehung 
stehenden  und  zum  Teil  sehr  komplizierten  Verhältnisse  sind  jedoch 
insbesondere  hinsichtlich  der  dichtbehaarten  Haut  noch  relativ 
wenig  bekannt.  Dabei  erscheinen  manche  in  Hinblick  auf  das  Ver- 
halten der  Haare  zu  den  Schuppen  bzw.  auf  die  Frage  von  der 
Abstammung  der  Säugetiere  von  beschuppten  Vorfahren  von  be- 
sonderem Interesse.  Da  es  gegenwärtig  unmöglich  ist,  einen  voll- 
kommenen Überblick  über  diese  Verhältnisse  zu  geben  und  deren 
Bedeutung  richtig  zu  beurteilen,  sehe  ich  von  den  allgemein  be- 
kannten Furchen-,  Leisten-,  Buckel-  und  Schuppenbildungen,  wie  sie 
in  größerer  oder  kleinerer  Ausdehnung  insbesondere  bei  der  haar- 
armen bzw.  -losen  Haut  vorkommen,  ferner  von  den  Haarscheiben 
[PiNKus  (a)],  den  Sinushaarpolstern  [s.  Schwalbe  (c)]  etc.  ab  und  be- 
schränke mich  zur  allgemeinen  Orientierung  auf  eine  provisorische 
Zusammenstellung  einiger  von  diesem  Gesichtspunkte  aus  bisher 
weniger  beachteter  Formen. 

Auf  früher  Entwicklungsstufe:  kleine,  scheibenförmige 
oder  zarte,  streifen  bildende  Epidermisverdickungen 
als  erstes  Stadium  in  der  Entwicklung  der  einzelnen  Haare  (bei 
den  Säugetieren  im  allgemeinen)  bzw.  ganzer  Haarkomplexe  (Katze), 
sowie  der  Milchdrüsen  [Schwein,  Eichhörnchen  (Beesslau)  etc.], 
ferner  gewisse  andere  hypertheliale  Bildungen  am  Bauche  etc. 

Auf  vorgeschrittener  Entwicklungsstufe :  Epidermis- 
e  r  h  e  b  u  n  g  e  n  von  länglicher  Form  an  dei'  Austrittsstelle 
einzelner  Haare,  welche  mit  dem  Durchbruche  der  letzteren  durch 
die  Haut  im  Zusammenhang  stehen  (Haarkanal,  Längswülste). 
Besonders  deutlich  und  mitunter  von  schuppenartiger  Form  sind  sie, 
wenn  sich  das  Haar  bei  behindertem  Durchbruch  in  der  Epidermis 
einrollt  (Schwein,  Brüllaffe  u.  a.).  Hier  schließen  sich  die  mehr 
oder  weniger  rundlichen  Erhebungen  an,  welche  anfangs 
(Fötus)  rein  epidermaler  Natur  sind,  später  aber  allmählich  vom 
Corium  eingenommen  werden:  Hautwall  um  die  Austrittsstelien  der 


Hautzeicbnuug  bei  dichtbehaarten  Säugetieren.  287 

Leitliaare  von  ]'>(lpes  vulpes  L.  und  in  melir  oder  wenio^er  ver- 
schiedener Art  bei  starken  Haaren,  so  insbesondere  bei  den  Spür- 
liaaren  vieler  anderer  Tiere. 

Schuppenförm  ig-e,  durch  das  C  o  r  i  u  m  bedingte 
Profi  Her  ung-  der  Hautobeifläclie,  welche  mit  der  Lage  und 
Iniplantierung  der  einzelnen  Haargruppen  in  Zusammenhang  steht; 
P^piderniis  nicht  verstärkt.  Bei  Embryonen  von  lihinoceros  javanicus 
Cuv.  (DE  Mkijkrk),  von  Ereihizon  dorsatus  Cuv.^j  (Lo\ve&)  und  auf 
der  Stirne  von  Embryonen  von  Macacus  cynomölgus  [Schwalbe  (d)]. 
Um  die  Zeit  der  G-eburt  sich  allmählich  entwickelnd  und  beim  Er- 
wachsenen andauernd :  bei  Vulpes  vulpes  L.  In  ähnlicher,  mehr  oder 
weniger  deutlicher  Ausbildung  anscheinend  bei  vielen  anderen 
Säugetieren,  besonders  bei  solchen  mit  dichter  Behaarung  bzw. 
kräftigen  Haargebilden  [s.  Toldt  (a)].  Nach  Eiger  ist  die  ganze  Haut 
von  Cercolahes  prehensilis  und  C.  villosus  mit  kleinen  Schuppen  bedeckt, 
welche  als  gleichmäßige  papilläre  Erhebungen  des  Integuments  zu 
betrachten  sind.-) 

Im  Anschluß  hieran  seien  die 

Färbungsverhältnisse  an  der  Schwanzhaut  von 
D  i  clelphys -Föten 

kurz  erörtert,  deren  Schwanz  in  der  basalen  Hälfte  schwarzgrau,  in 
der  apicalen  licht  ist.  Bei  den  mir  vorliegenden  Föten,  vermutlich 
von  D.  aurita  Wieb.  (Prov.  St.  Katharina  Brasilien;  Schnauzen- 
spitze— Steißlänge  122  mm,  Schwanzlänge  72  mm),  ist  die  dunkle 
Hautpartie  äußerlich  lichtgrau  mit  durch  ziemlich  locker  stehende, 
braunschwarze  Haare  bedingten  longitudinalen  Schraften.  Diese  an 
sich  und  an  den  einzelnen  Sclnvanzstellen  verschieden  langen  Haare 
sind  etwas  vor  der  Mitte  der  Schwanzlänge  ca.  1  mm  lang.  Bei 
Lupenvergrößerung  erkennt  man,  daß  die  Haut  auch  im  dunklen 
Teile  ursprünglich  (bei   jüngeren  Exemplaren)   ganz  licht  ist.     In 


1)  Nach  LoWEG  entsprechen  den  an  der  Oberseite  dieses  Embryo 
vorhandenen  „Feldern"  an  der  Unterseite  „Warzen"'.  Beim  Erwachsenen 
sind  beide  „bis  auf  eine  kleine  Hauterhöhung  am  Ursprünge  der  Stacheln 
und  Borsten"   verschwunden. 

2)  Hier  sei  noch  erwähnt,  daß  BORTOLOTTI  bei  Embryonen  von  der 
weißen  Ratte,  vom  Maulwurf  u.  a.  Hautfalten  beschrieben  hat,  die  nach 
Kc'blER  (b)  ein  8chrunipfungsprodukt  infolge  der  Konservierung  darstellen. 
Den  gleichen  Eindruck  machen  die  Hautfalten  in  der  Abbildung ,  welche 
FuRLüTTl  von   einem   beinahe  haarlosen  Maulwurf  gibt. 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Svst.  19 


288  K.    TOLDT    JUU., 

dieser  lichten  Färbung-  treten  jedoch  bald  kleine  queroblonge,  im 
Rete  Malpighi  fein  grau  pigmentierte  Felder  auf,  welche  rings  um 
die  Schwanzoberfläche  ziemlich  eng  und  alternierend  verteilt  sind. 
Diese  Felder,  welche  gegen  die  zarter  behaarte  Ventralseite  des 
Schwanzes  zu  allmählich  pigmentärmer  werden,  sind  die  in  Ent- 
wicklung begriifenen  Schwanzschuppen;  die  stärkeren  Haare  treten 
durchwegs  unter  dem  apicalen  Rand  derselben  hervor,  einzelne 
kürzere  Haarspitzen  mehr  aus  der  Mitte  der  Zwischenhaut.  Das 
ganze  Bild,  welches  in  bezug  auf  die  Pigmentverteilung  mit  jenem 
der  Haut  der  Brüllaffenföten  in  einem  gewissen  Gegensatz  steht, 
erinnert  einigermaßen  an  die  Abbildung  eines  Hautstückes  des 
Schwanzes  von  Myrmecoplmga  juhata  bei  Webee  (tab.  2  fig.  18), 
doch  sind  die  Schuppenfelder  bei  den  Didelphys-Föten  weniger  auf- 
fallend. 

An  dem  fast  weiß  erscheinenden  apicalen  Teil  der  Schwanzhaut 
sind  sowohl  die  Haare  als  auch  die  Schuppenfelder  ganz  licht.  Von 
Interesse  ist  der  ungefähr  in  der  Hälfte  der  Schwanzlänge  befind- 
liche Übergang  zwischen  beiden  Färbungen,  welcher  relativ  scharf 
umgrenzt  ist.  Bei  genauerem  Zusehen  erkennt  man  jedoch,  daß  die 
Haare  ziemlich  plötzlich  und  etwas  früher  licht  zu  werden  beginnen 
als  die  Schüppchen,  deren  Pigmentierung  allmählicher  nachläßt  und 
um  ein  paar  Schuppenringe  weiter  apical  reicht.  —  Die  Innenfläche 
der  abgezogenen  Haut  ist  an  sich  weiß;  im  basalen  Teile  des  Schwanzes 
verursachen  die  vielfach  in  Dreiergruppen  und  in  mehreren  Längs- 
streifen angeordneten  Haare  durch  ihre  stark  pigmentierten  Zwiebeln 
eine  dunkelgraue  Melier ung,  während  sie  in  der  apicalen  Hälfte  fast 
ganz  durchsichtig  sind. 

Über  die  beschuppte  Haut  am  Schwänze  verschiedener  Säuge- 
tiere siehe  außer  Weber  auch  Reh,  Römer  (a)  u.  A. 


4.   Überblick  über  die  Färbungs-  bzw.  Zeichnimgsarten 

der  embryonalen  und  jugendlichen  Säugetierhaut.    Scheinbare 

Färbung  bzw.  Zeichnung  der  Hautinnenfläche. 

In  meinen  verschiedenen  Abhandlungen  über  das  Integument 
der  Säugetiere  gelangte  eine  Reihe  von  Färbungs-  bzw.  Zeichnungs- 
arten der  embryonalen  oder  jugendlichen  Haut  zur  Sprache,  welche 
auf  verschiedene  Weise  zustande  kommen.  Soweit  sie  sich  bei  der 
äußerlichen  Betrachtung  darstellen,  lassen  sich  im  allgemeinen  etwa 
folgende  Verhältnisse  unterscheiden. 


Hantzeichuuii":  bei  tliclitbeliaarten  Säugetieren.  289 

lii  relativ  1  r  ii  li  e  n  P^  m  b  r  y  o  n  a  1  s  t  a  d  i  e  ii  kann  durcli  Haut- 
verdickungen.  welche  vielfacli  mit  der  Haarentwicklung  in  Zusammen- 
hang- stehen,  gegenüber  der  allgemeinen  Färbung  besonders  an 
der  Außenfläche  der  (konservierten)  Haut  ein  etwas  intensiver  opaker 
Farbenton  zustande  kommen:  Haaranlagen,  die  Spürhaarfelder  und 
bei  Katzen  und  Schweinen  die  spätei"  vielfach  dunkel  behaarten  Haut- 
stellen, Milchdrüsenanlagen  etc. 

Direkte  Pigmentierung.  Diese  Färbung  betriift  gleich- 
falls die  Außenfläche  der  Haut  und  wird  fast  ausschließlich  durch 
Pigment  verursacht,  welches  sich  in  verschiedenster  Weise  in  der 
Haut  selbst  vorfindet:  hierher  bekanntlich  die  älteren  Entwicklungs- 
stadien haararmer  Tiere  (Elephant,  Cetaceen,  Sirenen  u.  a.). 

Indirekte  Pigmentierung.  Die  Haut  selbst  ist  nicht 
oder  nur  unwesentlich  pigmentiert,  dagegen  die  Mehrzahl  der  Haare 
relativ  stark.  Wenn  diese  erst  im  Durchbruche  begrifl:en  bzw.  noch 
ganz  kurz  sind  und  in  größerer  Anzahl  dicht  beisammenliegen, 
erzeugen  sie  durch  das  Durchschimmern  ihrer  Zwiebeln  außen  und 
besonders  auch  innen  an  der  Haut  einen  fein  dichtpunktierten  bzw. 
tlitfusen  dunklen  Farbenton ;  wenn  an  manchen  Hautstellen  die  Haare 
unpigmentiert  sind,  erscheinen  jene  licht,  und  durch  den  Gegensatz 
zwischen  solchen  lichten  und  dunklen  Stellen  kommt  eine  Haut- 
zeichnung zustand:  Reh-  bzw.  ältere  Katzenföten.  —  Wenn  die  Be- 
haarung bereits  länger  und  dicht  ist,  die  Haare  aber  noch  nicht  aus- 
gewachsen sind,  ist  die  indirekte  Färbung  der  Haut  nur  an  ihrer 
Innenseite  zu  sehen:  reife  Föten  und  Junge  der  Katzen.  Außen 
kann  sie  auch  dann  noch  ersichtlich  gemacht  werden,  wenn  man 
die  Haare  kurz  scheert.  Diese  Färbung  ist  mitunter  sehr  schwach 
und  nur  an  durchsichtig  gemachten  Hautstücken  konstatierbar 
(Streifenzeichnung  bei  jungen  Hauskatzen).  —  An  der  Innenfläche 
dickerer  Häute  kann  in  dieser  Weise  eine  mehr  oder  weniger  lockere 
dunkle  Punktierung  zustande  kommen,  indem  hier  nur  die  Zwiebeln 
der  größeren,  am  tiefsten  implantierten  Haare  sichtbar  sind :  Älouata- 
Föten.  —  Die  Bälge  unpigmentierter  Haare  rufen  in  allen  diesen 
Fällen  einen  opakeren  Ton  hervor. 

Wenn  die  Haare  ausgewachsen  sind,  ist  von  dieser  Zeichnungsart 
meistens  nichts  mehr  zu  sehen,  da  auch  die  dunklen  Haare  im 
basalen  Teile  in  der  Regel  unpigmentiert  sind  und  die  Haut  auch 
gleichzeitig  ziemlicii  dick  ist.  —  Eine  indirekte  Färbung  der  Haut- 
innenfläche  kann  jedoch  auch  bei  erwachsenen  Tieren  vorkommen, 
wenn  sie  sich  im  Haarwechsel  befinden  (vgl.  den  Maulwurf). 


290  -K.    TOLDT   jUU,, 

Direkte  und  indirekte  Pigmen tierung  sind  mitunter 
gleichzeitig  vorhanden,  wobei  bald  die  erstere  {Alouata-Föten),  bald 
die  letztere  (Rehföten)  für  die  äußerliche  Hautfärbung  ausschlag- 
gebend ist.  Bei  mir  vorliegenden  Föten  von  Procavia  oiveni  Thos. 
trägt  sowohl  das  Pigment  der  Haut  als  auch  das  der  Haarspitzen 
zur  Färbung  merklich  bei. 

Bei  V  0  r  g  e  s  c  h  r  i  1 1  e  n  e  r  L  ä  n  g  e  n  e  n  t  w  i  c  k  1  u  n  g  d  e  r  H  a  a  r  e 
beeinflussen  auch  ihre  aus  der  Haut  hervorragenden  Teile  die 
Färbung  der  Außenseite  der  Haut,  und  zwar  in  dem  Maße,  als  sie 
die  Haut  mehr  oder  weniger  verdecken  [s.  auch  Schwalbe  (d)  über 
Embryonen  von  Macacus  cynomolgus].  Diese  Verhältnisse  gelten  zum 
Teil  bekanntlich  auch  für  die  Außenfläche  der  Haut  verschiedener 
haararmer  erwachsener  Tiere,  bzw.  für  haararme  Hautstellen,  wobei 
jeweils  auch  der  Grad  der  Durchscheinbark eit  bzw.  die  Dicke  der 
Haut  eine  gewisse  Rolle  spielt. 

Bei  dichter  Behaarung  wird  die  Außenfläche  der  Haut 
naturgemäß  von  jener  verdeckt  und  dann  tritt  ausschließlich  die 
eigentliche  Fellfärbung  in  Erscheinung. 

Bei  Fellen  mit  bereits  längerer  Behaarung  kann  eine  schein- 
bar e  d  u  n  k  1  e  F  ä  r  b  u  n  g  a  n  d  e  r  I  n  n  e  n  s  e  i  t  e  d  e  r  H  a  u  t  dadurch 
hervorgerufen  werden,  daß  die  frei  aus  der'  Haut  hervortretende 
dunkle  Behaarung  und  zwar  vornehmlich  ihr  proximaler  Teil  durch 
die  Haut  durchscheint  bzw.  das  Licht  in  stärkerem  Maße  abhält. 
Das  kann  man  besonders  erkennen,  wenn  man  bei  Betrachtung  der 
Haut  im  durchfallenden  Licht  die  Haare  einer  dunklen  Fellpartie 
an  einer  Stelle  auseinanderlegt,  so  daß  die  äußere  Hautfläche  frei- 
liegt. Dabei  wird  diese  scheinbar  dunkle  Stelle  lichter  (durch- 
scheinend). Dieser  Umstand  kann  bis  zu  einem  gewissen  Grade 
auch  zur  Hautinnenfärbung  bei  Tieren  mit  noch  in  Entwicklung 
begriffenen  dunklen  Haaren  beitragen  (z.  B.  bei  der  vorhin  erwähnten 
Maulwurfshaut).  Die  scheinbare  Zeichnung  kann  aber  auch  dann 
an  der  Innenfläche  der  frisch  abgezogenen  Haut  deutlich  sichtbar 
sein,  wenn  alle  Haare  ausgewachsen  und  auch  die  dunklen  im 
untersten  Abschnitte  licht  sind,  was,  wie  vorhin  angedeutet,  häufig 
der  Fall  ist.  Dabei  erscheint  die  Zeichnung,  z.  B.  ein  Fleck,  ent- 
sprechend der  schrägen  Stellung  der  Schäfte,  gegenüber  der  Lage 
der  Zwiebeln  mehr  oder  weniger  weit  caudal  verschoben.  Solche 
Verhältnisse  habe  ich  z.  B.  bei  einem  Panther  und  bei  einem  Serval 
beobachtet;    nach    längerem    Liegen    in    Alkohol    verschwand    die 


Hantzeichnniiü:  bei  dichtbehaarten  Säugetieren.  291 

scheinbare  Zeidmiuio-  allmälilicli,  weil  die  Haut  durch  die  Härtung, 
bzw.  Schrumpfung-,  undurchsiclitiger  wurde.  Bei  einem  Tiger  mit 
ausgewachsenen  Haaren,  dessen  dunkle  Haare  an  der  Basis  zumeist 
gleichfalls  licht  waren,  war  von  der  Hautinnenzeichnung  bereits 
beim  Abziehen  nichts  zu  sehen,  olfenbar,  da  die  Haut  an  sich  zu 
dick  war.  Überhaupt  hat  die  verschiedene  Dicke  der  Haut  natur- 
gemäß auf  den  allgemeinen  Farbenton  ihrer  Innenfläche  einen  ge- 
wissen Einfluß.  Ein  Beispiel  hierfür  bietet  der  w^eiter  unten  zu  be- 
sprechende Katta. 

5.  Direkte  H.*iutlarbuiig  bzw.  -zeiclininig  bei  dicliter  Behaarung, 
iiisbesoudere  bei  Primaten. 

Nicht  uninteressant  ist  es,  bei  dichthaarigen  Säugetieren  —  ich 
iiabe  hier  nur  die  wildlebenden  im  Auge  —  die  Fellfärbung  mit  der 
Färbung  der  Haut  zu  vergleichen,  insofern  letztere  mehr  oder 
weniger  direkt  pigmentiert  ist.  Beide  können  in  bezug  auf  ihre 
Intensität  in  einem  gewissen  Grade  übereinstimmen,  wie  z.  B.  beim 
Klippschliefer,  dessen  Fell  an  der  Unterseite  lichter  ist  als  an  der  Ober- 
seite; bei  2  Föten  von  Procavia  oiveni  Thos.  des  Wiener  Hofmuseums 
(coli.  Dr.  A.  Klaptocz)  verhält  sich  die  Hautfärbung  ebenso  (au  der 
Oberseite  reichlicheres  Corium-  und  Epidermispigment,  letzteres  be- 
sonders in  den  äußei-en  AVurzelscheiden).  Vielfach  besteht  hierin  jedoch 
keine  merkliche  Übereinstimmung,  wie  zunächst  in  den  zahlreichen 
Fällen,  in  welchen  eine  Fellzeichnung  vorhanden  ist,  die  Hautfärbung 
aber  melir  oder  weniger  einheitlich  erscheint  (z.  B.  auch  bei  manchen 
Aflen,  Adachi).  Es  kann  aber  auch  eine  deutliche  Hautzeichnung  vor- 
handen sein,  welche  mit  der  Fellzeichnung  nicht  zusammenfällt  und 
äußerlich  am  Felle  fast  nicht  zum  Ausdruck  kommt.  Ein  schönes  Bei- 
spiel hierfür  fand  ich  bei  einem  Mitte  Oktober  1912  in  der  k.  k.  Menagerie 
zu  Schönbrunn  eingegangenen,  erwachsenen  $Magot  von  53  cm 
Scheitel-Steißlänge,  Macacns  (Inuus)  inuus  L.  (coli.  A.  Weidholz, 
Tunis,  Sommer  1912j.^J  Sein  ziemlich  langhaariges  Fell  ist  an  der 
Oberseite  mehr  oder  wenige)-  gleichmäßig  gelbbraun  und  durch 
schwarze  Haarspitzen  unregelmäßig  gesprenkelt,  an  der  relativ  dünn 
behaarten  Unterseite  weißlich-grau.  Dagegen  zeigte  die  frisch  ab- 
gezogene Haut,  unabhängig  von  der  Fellfärbung,  sowohl  von  außen 


1)   Vgl.   auch  die  Besprechung  von   2  weitereu  Exemplaren  dieser  Art 
in   den  Absclinitten   6   und  8. 


292  K.   TOLDT  juu., 

als  von  innen  eine  deutliche,  ziemlich  symmetrische  Zeichnung-  (Taf.  10. 
Fig.  10).  Der  größere  Teil  der  Haut  ist  mehr  oder  weniger  gleich- 
mäßig dunkel,  scliwarzgrau.  Außer  dieser  Hauptfärbung  finden  sich 
nun  folgende  gut  wahrnehmbare  lichte  (weißliche)  Stellen.  Am 
Nacken  ein  etwas  unregelmäßiges  breites  Querband,  welches  beider- 
seits an  die  Kehle  hinabzieht.  Nach  hinten  zu  ist  es  jederseits 
submedian  in  nicht  streng  symmetrischer  Weise  durch  einen  mehr 
oder  weniger  isolierten  Fleck  mit  je  einem  longitudinalen  Streifen 
verbunden,  welcher  bis  in  die  Lendengegend  nach  hinten  reicht. 
Diese  beiderseitigen  submedianen  Längsbänder,  durch  welche  die 
Medianlinie  des  Rückens  deutlich  als  ein  dunkler  Streif  abgegrenzt 
erscheint,  ziehen  nach  annähernd  rechtwinkeliger  Abknickung  vorne 
mit  einer  kleinen  Unterbrechung  seitlich  bis  in  die  Achselfalte  ^)  und 
hinten  quer  über  die  Weichen  bis  an  den  Bauch  herab;  an  diesem 
vereinigen  sich  die  beiderseitigen  Streifen  zu  einem  relativ  großen 
Feld.  An  der  Brust  findet  sich  dagegen  nur  jederseits  knapp  neben 
der  Mittellinie  ein  rundlicher  Fleck;  links  ist  er  etwas  größer  als 
rechts,  und  beide  erscheinen  gewissermaßen  jederseits  vom  Achsel- 
weiß abgetrennt.  Zu  einer  direkten  Vereinigung  dieser  beiden  Flecke 
in  der  Mittellinie  scheint  es  nicht  gekommen  zu  sein;  das  ließ  sich 
nicht  mehr  sicher  feststellen,  da  hier  gerade  der  Schnitt  durchgeführt 
wurde.  Jedenfalls  lagen  sie  sehr  nahe  beisammen.  In  der  Kreuz- 
gegend findet  sich  noch  —  gewissermaßen  in  der  longitudinalen  Ver- 
längerung der  Streifen  —  jederseits  von  der  Mittellinie  in  nicht 
ganz  symmetrischer  Lage  ein  unregelmäßiger  Fleck  und  an  der 
Innenseite  der  Oberschenkel  ein  größeres  Gebiet,  welches  in  natura 
mit  dem  Bauchweiß  zusammenhängt.  Die  Symmetrie  dieser  Zeich- 
nung ist  besonders  am  Rücken,  an  der  Brust,  an  den  Weichen  und 
an  der  Innenseite  der  Oberarme  und  -schenke!  auffallend,  etwas 
unregelmäßiger  bzw.  zum  Teil  unterbrochen  am  Nacken,  an  der 
Schulter  und  in  der  Kreuzgegend.  Die  Konturen  der  Bänder  bzw. 
Flecke  sind  nicht  ganzrandig,  sondern  mehr  oder  weniger  ungleich- 
mäßig wellig  oder  zackig. 

Die  Haare  sind  bei  diesem  Magot  im  Gegensatze  zu  dem  vorhin 
genannten  Maulwurfsfell  zumeist  ausgewachsen,  auch  an  den  dunklen 
Hautstellen,   und   in   ihrem   Basalteile   kaum   pigmentiert.     Sowohl 


1)  Hierzu  gehört  noch  der  durch  den  Schnitt  abgetrennte  Fleck, 
welcher  auf  der  Abbildung  am  Vorder  rand  des  ausgebreiteten  Ober  arm - 
feiles  zu  sehen  ist. 


Hal^tzei^•hmul^•  liei  diclitbelmarten  Säugetieren.  293 

außen  als  innen  machen  die  dunklen  Stellen  den  Eindruck,  daß  die 
keinerlei  pathulogische  Zustände  aufweisende  Haut  hier  selbst 
pigmentiert  ist.  und  im  durchfallenden  Licht  mach  Auseinander- 
teiluuff  der  Haare)  erscheint  diese  nicht  wie  die  Maulwurfshaut  mehr 
oder  weniger  einheitlich  licht,  sondern  an  den  dunklen  Stellen  dunkel 
engmaschig  genetzt,  ganz  ähnlich  wie  die  Haut  des  jungen  Brüll- 
aftenembryos.  Ich  konnte  diese  Maguthaut  nicht  näher  untersuchen, 
jedoch  scheint  es  mir  nach  der  äußeren  Erscheinung  sicher  ^),  daß 
ihre  Färbung  wie  in  dem  gleich  zu  besprechenden  weiteren  Fall, 
auf  einer  bestimmten,  später  noch  zu  besprechenden  Pigmentierung 
des  ( 'oriums  beruht.  Die  makroskopisch  netzförmige  Anordnung  der- 
selben wird  durch  die  Implantation  der  Haarbündel  hervorgerufen. 
Die  lichten  (unpigmentierten)  Hautstellen  sind  im  durchfallenden 
Lichte  weiiilich  durchscheinend. 

Einen  anderen  hierher  gehörigen  Fall  fand  ich  bei  einem  jungen 
Kapuzineraffen  von  38  cm  Sch.-St.-Länge  {Cehus  libidinosus 
Srix,  s,  Schönbrunn).  Die  Art  der  Hautfärbung  ist  allem  Anschein 
nach  mit  der  des  Magots  ganz  übereinstimmend.  Wie  ich  mich  beim 
Kajjuzineralfen  überzeugte,  ist  die  Epidermis  an  den  dunklen  Haut- 
stellen nicht  merklich  pigmentiert,  dagegen  enthält  das  Corium  in 
seinen  tieferen  Lagen  zahlreiche  große,  verzweigte  Pigmentzellen. 
Das  Fell  ist  auch  hier  im  ganzen  ziemlich  einfarbig  (gelblich-braun), 
wogegen  die  Haut  außen  und  innen  eine  deutliche  Zeichnung  auf- 
weist (Taf.  11  Fig.  12).  Diese  ist  gleichfalls  ziemlich  symmetrisch, 
jedoch  nicht  in  dem  Maße  wie  beim  Magot,  und  das  Grauschwarz 
erscheint  im  Verhältnis  zum  Weiß  -)  etwas  weniger  umfangreich. 
Auch  die  Farbenverteilung  ist  eine  andere,  zeigt  aber  mit  jener 
beim  ]\Iagot  in  mancher  Hinsicht  gemeinsame  Grundzüge.  Im  Gegen- 
satz zu  diesem  ist  das  mediane  Rückengebiet  in  größerem  oder  ge- 
ringerem Umfange  weiß.  Am  Nacken  bildet  dieses  Weiß  ein  relativ 
breites  und  beiderseits  ziemlich  gradlinig  begrenztes  Längsband,  in 
welches  vorn  ein  vom  Kopfschwai'z  kommender,  medianer  dunkler 
Zipfel  eindringt.  Hinter  der  Schulter  wird  die  Begrenzung  des 
weißen  Bandes  unregelmäßig;  zunächst  wird  es  vom  Schwarz  bis  auf 
einen  schmalen  Streifen  eingeengt,  bald  aber  wieder  breiter;  in  der 


1)  Bei  den  2  später  zu  besprechenden  Exemplaren  dieser  Art  konnte 
ich  das  auch  histologisch   feststellen. 

2)  An  der  Hautinnenseite  schimmern  an  den  lichten  Stellen  einzelne 
pigmentierte  Haarzwiebeln  durch ,  beeinflussen  jedoch  die  Gresamtfärbung 
nicht  wesentlich. 


294  K.  ToLDT  jun., 

Lendengegend  buchtet  es  sich  beiderseits  unregelmäßig  aus,  wobei 
vom  Schwarz  jederseits  einige  annähernd  symmetrisch  gelagerte 
Flecke  abgetrennt  erscheinen.  Gegen  die  Schwanzwurzel  zu  wird 
das  weiße  Band  wieder  regelmäßiger  und  endet  an  ihr,  da  sie  bis 
auf  einen  schmalen  medianen  Ventralstreifen  schwarz  ist;  gegen  den 
Beginn  des  zweiten  Schwanzviertels  hört  das  Schwarz  wieder  allmäh- 
lich auf,  indem  es  in  unregelmäßige  Flecke  zerfällt,  welche  dorsal 
etwas  weiter  apical  reichen  als  ventral  Weiter  spitzenwärts  tritt 
dorsal  eine  nicht  sehr  reiche  Epiderraispigmentierung  auf.  An  der 
Schulter  hängt  das  weiße  Rückenband  beiderseits  durch  ein  bis  zwei 
schmale  Querverbindungen  mit  dem  Weiß  der  Unterseite  zusammen. 
Diese  ist  nämlich  sowohl  an  den  Extremitäten  als  auch  am  Rumpfe 
—  an  letzterem  als  ein  kontinuierliches,  vorn  verbreitertes  Längs- 
band —  in  wesentlich  größerem  Umfange  weiß  als  beim  Magot. 

Gemein  haben  die  Zeichnungen  beider  Affen  somit  die  dunkle 
Färbung  des  größten  Teiles  der  Flanken  und  der  Außenseite  des 
proximalen  Teiles  der  Extremitäten  sowie  die  lichte  Färbung  der 
Unterseite  der  letzteren  und  zum  Teil  auch  der  des  Rumpfes  sowie 
bis  zu  einem  gewissen  Grade  auch  das  Weiß  des  Gebietes  quer  über 
die  Schulter  zur  Achsel  herab.  Abweichend  ist,  daß  beim  Magot 
das  dorsale  Weiß,  wenn  man  beide  submediane  Streifen  als  ein 
breites  Band  zusammenfaßt,  von  einem  schwarzen  medianen  Längs- 
streifen getrennt  wird;  außerdem  endet  es  in  seiner  Längsrichtung 
bereits  in  der  Lendengegend  und  tritt  hier,  beiderseits  nach  unten 
abschwenkend,  mit  dem  Weiß  des  Hinterbauches  in  Verbindung. 
Beim  Magot  ist  weiter  der  Nacken  bis  an  die  Kehle  herab  fast 
durchaus  weiß,  wogegen  die  Unterseite  des  Rumpfes  —  abgesehen 
von  ihrer  hinteren  Partie  und  von  zwei  asymmetrischen  weißen 
Flecken  an  der  Brust  —  dunkel  ist.  Von  den  distalen  Teilen  der 
Extremitäten  habe  ich  nur  die  des  Cebus  untersucht;  diese  sind  hier 
zum  großen  Teile  mit  rötlichen  Haaren  bedeckt.  Die  Coriumpigmen- 
tation  zerfällt  an  der  Vorderseite  der  Unterarme  in  große  Flecke 
oder  hört  ganz  auf,  an  der  der  Unterschenkel  wird  sie  sehr  schmal. 
Mit  dem  Gebiet  der  roten  Haare  fällt  das  Hautweiß  nur  teilweise 
zusammen. 

Der  zumeist  unregelmäßig  wellige  Verlauf  der  Grenzlinien 
zwischen  beiden  Färbungen,  während  dessen  mitunter  gewissermaßen 
Flecke  zur  Abschnürung  gelangen,  weist  darauf  hin,  daß  diese 
durch  das  Coriumpigment  bedingte  Zeichnung  keine  streng  kon- 
stante ist.     Dazu  kommt  noch,  daß  innerhalb  der  einzelnen  Farben- 


Hantzeiilimuig;  bei  dichtbehaarten  Säugetieren.  295 

gebiete  manchmal  geringe  Verschiedenheiten  in  der  Intensität  der 
Pignientierung  auftreten;  so  finden  sicli  in  den  dunkeln  Stellen  be- 
sonders gegen  den  Rand  zu  häufig  Flecke  von  etwas  lichterem 
Tone.  Andrerseits  ist  eine  gewisse  Symmetrie  der  Zeichnung  nicht 
zu  verkennen,  und  manche  Asymmetrien  lassen  sich  gewissermaßen 
theoretisch  ausgleichen,  z.  B.  wenn  ein  auf  der  einen  Seite  kon- 
tinuierlich dunkles  Gebiet,  auf  der  anderen  durch  entsprechend  an- 
geordnete Flecke  markiert  erscheint.  Im  ganzen  gewinnt  man  den 
Eindruck,  als  hätten  die  lichten  und  dunklen  Bereiche  gewissermaßen 
miteinander  um  ihren  Bestand  gerungen.  Eine  solche  Empfindung 
hat  man  bekanntlich  oft  auch  beim  Felle,  so  z.  B.  an  den  Streck- 
seiten der  Füße  von  Viilpes  vulpes  L.,  woselbst  die  braune  Grund- 
farbe in  verschiedenstem  Grade  mit  Weiß  und  Schwarz  vermischt 
sein  kann  [Tolijt  (b)].  Als  vorherrschender  Richtungszug  der  Zeich- 
nung erscheint  an  den  einzelnen  Körperteilen  der  longitudinale.  — 
In  beiden  Fällen  war  die  Zeichnung  sowohl  an  der  frisch  ab- 
gezogenen Haut  \)  als  auch  nach  längerem  Liegen  in  Alkohol  außen 
und  innen  deutlich  sichtbar.  Bei  solchen  Betrachtungen  muß  man 
aber  auch  genau  darauf  achten,  inwieweit  die  außen  anliegende 
(feuchte)  Behaarung  die  Hautfärbung  beeinflußt  (scheinbare  Haut- 
färbung), ob  keine  Fäulniserscheinungen  vorhanden  sind  etc. 

Diese  Verhältnisse  habe  ich  unter  3  Primaten,  die  ich  darauf- 
hin untersuchen  konnte  -),  bei  zweien  vorgefunden ;  auf  den  dritten 
werde  ich  später  zu  sprechen  kommen. 

L  i  t  e  r  a  t  u  r  b  e  s  p  r  e  c  h  u  n  g.  Die  Färbung  der  Haut  von  dicht- 
behaarten, wildlebenden  Säugetieren  wurde,  wie  bereits  bemerkt, 
bisher  relativ  wenig  beachtet,  und  mehrfach  dürfte  die  allgemeine 
Färbung  nur  nach  ihrer  Beschaffenheit  an  einzelnen  Körperstellen 
beurteilt  worden  sein.  Doch  wurden  speziell  bei  den  Affen  öfters 
auch  Unterschiede  in  der  Hautfärbung  hervorgehoben,  so  z.  B.  daß 
die  Haut  an  einzelneu  Körperstellen  dunkler  ist  als  an  anderen  oder 
daß  sie  stellenweise  gefleckt  ist  [vgl.  u.  A.  Hilgendokf  u.  Paulicki, 
Hartmann  (b),  Selenka  und  besonders  Adachi].  Vielfach  wurde  die 
Haut  von  mehr  oder  weniger  zahlreichen  Körperstelleu  histologisch 

1)  Nach  einer  Mitteilung  des  Präparators  Herrn  R.  Iemler  ist  die 
Zeichnung  an  der  Innenseite  unmittelbar  nach  dem  Abziehen  nicht  deut- 
lich zu  sehen,  sondern  erst,  wenn  diese  bereits  einige  Zeit  der  Luft  aus- 
gesetzt war. 

2)  Siehe  ferner  die  Abschnitte   6   und  8. 


296  K,   TOLDT  juu., 

untersucht  und  dann  hauptsächlich  angeführt,  daß  einzahle  Stellen 
in  dieser  oder  jener  Weise  stärker  pigmentiert  sind  als  andere.  Als 
ein  spezielles  Beispiel  aus  älterer  Zeit  sei  die  Angabe  Leydig's 
erwähnt,  daß  bei  Cercopithecus  sabaeus  das  Pigment  am  Handteller 
im  Rete  Malpighi  liegt,  während  an  der  behaarten  Brust  die  Epi- 
dermis pigmentlos,  die  Lederhaut  aber  in  ihrer  oberen  Portion  mit 
einer  fortlaufenden  Zone  von  verästigten  braunen  Pigmentfiguren 
versehen  ist.  Auch  hebt  Leydig  hervor,  daß  beim  Eisbären  und 
Schimmel,  trotzdem  fast  alle  Haare  pigmentlos  sind,  die  Oberhaut 
intensiv  braun  pigmentiert  ist. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  aber  ist  die  1903  aus  dem  Institute 
des  Herrn  Geheimrat  G.  Schwalbe  hervorgegangene  eingehende  Ab- 
handlung von  Adachi  über  das  Hautpigment  beim  Menschen  und 
bei  den  Aifen.  Aus  dieser  sei  folgendes  angeführt.  Adachi  hat 
20  verschiedene  Affen-  bzw.  Halbaffenarten  in  27  Exemplaren  unter- 
sucht und  zwar  hauptsächlich  die  feinere  Beschaffenheit  und  Ver- 
teilung des  Pigments  in  der  Haut  von  den  verschiedensten  Körper- 
stellen. Bezüglich  der  Coriumpigmentierung  kommen  hier  nur  ge- 
wisse große  tiefgelegene  spindel-  bis  sternförmige  Pigmentzellen  in 
Betracht  (vgl.  die  eben  zitierte  Angabe  von  Leydig,  ferner  bezüglich 
des  Menschen  Bälz,  Grimm),  welche  von  den  kleinen,  oberflächlich 
gelagerten  Coriumpigmentzellen  wohl  zu  unterscheiden  sind.  Die 
Behaarung  hat  Adachi  nicht  eingehender  behandelt.  Die  allgemeine 
Hautiärbung  wurde  stets  auch  erwähnt;  die  Unterschiede  der 
Färbung  der  Affenhaut  im  allgemeinen  beruhen  nicht  nur  auf  der 
Pigmentmenge,  sondern  auch  auf  der  Farbe  der  Pigmentkörnchen, 
dagegen  die  Unterschiede  nach  den  Körperteilen  eines  Individuums 
hauptsächlich  nur  auf  der  Pigmentmenge.  Die  Pigmentierung  ist 
ähnlich  wie  beim  Menschen  an  der  dorsalen  Seite  des  Rumpfes  und 
an  der  Streckseite  der  Extremitäten  im  allgemeinen  reichlicher  als 
an  der  entgegengesetzten  Seite;  vielfach  ist  die  Dorsalseite  des 
Schwanzes  besonders  stark  pigmentiert.  Weiter  sind  bei  den  Affen 
im  allgemeinen  die  Extremitäten  stärker  pigmentiert  als  der  Rumpf, 
die  Außenseite  der  Extremitäten  stärker  als  die  Innenseite  und  zwar 
die  des  Unterarmes  und  Unterschenkels  reichlicher  als  die  des  Ober- 
armes bzw.  -Schenkels.  Die  Grenzen  der  verschiedenen  Färbungs- 
zonen werden  jedoch  nicht  eingehender  geschildert  und  von  einer 
eigentlichen  Zeichnung  nur  ein  heller  Ring  in  dunkler  Umgebung 
(Epidermis-  oder  Coriumpigmentierung)  am  Anus  einzelner  Arten 
[Semnopithecus,    Cercopithecus,   Macacus  rhesus  und  M.  cijnomolgus)  er- 


Hantzeicliuuiiof  l)ei  dichtbehaarten  Säugetieren.  297 

wähnt  sowie  eine  leine  mattweiße  Fleckung  an  der  im  übrigen 
blauen  Brusthaut  (Coriumi)igmentierung)  von  Chrijsothrix  sciurea  und 
an  einzehien  Stellen  beim  Oi-ang;  ähnliches  findet  sich  auch  in  der 
Gesichtshaut  von  Cipwecphalus.  Von  einem  Cehns  inonaclms  wird  z.  B. 
angeführt,  daß  die  infolge  von  Epidermispigment  dunkelbraune  Haut 
am  Rücken  und  Nacken  einen  noch  etwas  bläulichen  Ton  hat, 
welcher  von  großen  Pigmentzellen  im  Corium  herrührt.  Vermutlich 
dürfte  die  Coriumpigmentierung  aber  auch  hier  eine  Zeichnung 
zeigen,  ähnlicli  etwa  wie  bei  dem  von  mir  beschriebenen  Cehus  libi- 
dinosus.  Epidermis-  und  Ooriumpigment  können  in  verschiedenstem 
Mengenverhältnis  auftreten,  bald  fehlt  das  eine,  während  das  andere 
reichlich  ist,  oder  es  sind  beide  in  spärlicher  oder  in  reichlicher 
Menge  vorhanden.  Vielfach,  jedoch  nicht  allgemein,  besteht  die  um- 
gekehrte Proportionalität.  Hier  sei  besonders  die  Angabe  erwähnt, 
daß  am  Schwänze  mancher  Aifen  die  Menge  der  Pigmentzellen  des 
Coriums  im  Gegensatz  zum  Epithelpigment  von  der  Wurzel  nach  der 
Spitze  zu  abnimmt  und  an  der  ventralen  Seite  relativ  größer  ist 
als  an  der  dorsalen.  Das  gleiche  gilt  für  die  Finger  und  Zehen. 
Bezüglich  des  Geschlechts  und  Alters  besteht  nach  Adachi  trotz 
etwaiger  Verschiedenheit  in  der  Färbung  des  Haarkleides  kaum  ein 
nennenswerter  Unterschied  in  der  Hautpigmentierung.  Bei  den 
jungen  Affen  tritt  das  Pigment  an  den  bei  den  Erwachsenen  stärker 
pigmentierten  Stellen  zuerst  auf.  Die  Verschiedenheiten  der  Pigmen- 
tierung sind  bei  den  Individuen  einer  Art.  einer  Gattung,  häufig 
auch  einer  Familie  sehr  gering.  Bezüglich  der  systematischen 
Stellung  der  Aft'engattungen  besteht  aber  keine  Gesetzmäßigkeit. 
Vom  Haarkleid  wird  erwähnt,  daß  es  nur  geringen  Einfluß  auf  die 
unterliegende  Haut  hat  und  als  Beispiel  angeführt,  daß  Hapale 
jacchus  und  H.  rosalia  einen  beträchtlichen  Haarfärbungsunterschied 
zeigen,  während  ihre  Hautfärbung  ganz  dieselbe  ist. 

Trotz  des  relativ  großen  Materials  —  darunter  befindet  sich, 
wie  erwähnt,  auch  ein  Cebus  monachus  —  hat  Adachi  also  keine  so 
ausgesprochene  Zeichnung  der  gesamten  Haut  vorgefunden  wie  in 
den  vorhin  besprochenen  Fällen,  und  während  eine  gleiche  Färbung 
der  Haut  gegenüber  der  mannigfaltigen  Färbung  des  Felles  ge- 
legentlich hervorgehoben  wurde,  wii'd  kein  entgegengesetztes  Ver- 
halten betont.  Vermutlich  wurde  die  Haut  nicht  immer  im  ganzen 
von  innen  und  außen  genau  untersucht;  das  scheint  bisher  über- 
haujit  kaum  geschehen  zu  sein. 


298  K.  ToLDT  jun., 

Nun  sei  noch  der  dritte  Primat  besprochen,  welchen  ich  zu- 
nächst untersuchen  konnte,  ein  weiblicher  noch  im  Zahnwechsel  be- 
griffener Katta,  Leniur  catta  von  33  cm  Scheitel-Steißlänge.  Die 
frisch  abgezogene  Haut  zeigte  an  der  Innenseite  eine  bläulich  diffuse 
Färbung,  welche  an  der  Eumpfhaut  entlang  der  Rückenmitte  relativ 
dunkel  war  und  nacli  den  beiden  Seiten  hin  allmählich  lichter  wurde. 
Die  Flanken  zeichneten  sich  durch  eine  besonders  lichte,  grünlich- 
blaue Färbung  aus,  welche  sich  beiderseits,  nach  oben  und  unten 
mehr  oder  weniger  scharf  abgegrenzt,  als  ein  ziemlich  deutlicher 
Längsstreif  abhob.  Die  Bauchhaut  erschien  wieder  intensiver,  himmel- 
blau und  zeigte  unregelmäßige  dunklere  Flecke.  Auch  die  Schwanz- 
haut, deren  Haarkleid  bei  diesem  Halbaffen  bekanntlich  deutlich  ab- 
wechselnd weiß  und  schwarz  geringelt  ist,  zeigte  in  weißlicher  Grund- 
färbung in  ziemlich  gleichmäßigen  Abständen  vier  schmale  blaue 
Längsstreifen  von  etwas  verschiedener  Intensität,  welche  an  den 
den  dunklen  Fellringen  entsprechenden  Strecken  etwas  dunkler  er- 
schienen. 

Während  diese  Zeichnung  an  der  frisch  abgezogenen  Haut  eine 
ziemlich  symmetrische  war,  traten  nach  kaum  einstündigem  Liegen 
in  Alkohol  an  verschiedenen  Stellen  der  Haut  unregelmäßige  dunkle 
Flecke  von  verschiedener  Größe  und  Intensität  auf.  Bei  näherer 
Untersuchung  ergab  sich,  daß  die  Epidermis  der  ganzen  Haut  ziem- 
lich gleichmäßig  dicht  und  grob  pigmentiert  ist;  dabei  erstreckt  sich 
das  Pigment  ein  Stück  weit  in  die  Taschen  der  einzelnen  Haar- 
bündel. Das  Corium  ist  dagegen  frei  von  großen  Pigmentzellen. 
Bei  durchfallendem  Licht  und  auseinandergeteilten  Haaren  ist  die 
Haut  allenthalben  ziemlich  gleichmäßig  durchsclieinend  und  fein 
dicht  punktiert.  Die  Färbungsunterschiede  an  der  Innenfläche  der 
Haut  hängen  hauptsächlich  von  deren  verschiedener  Dicke,  speziell  der 
des  Coriums  bzw.  des  anhaftenden  Bindegewebes,  ab,  sei  es  daß  es  sich 
hierbei  um  natürliche  Dickenschwankungen  handelt  oder  um  solche, 
welche  auf  ungleichmäßigem  Abziehen  der  Haut  beruhen.  Wo  die 
ßindegewebslage  dünn  ist,  schimmert  die  Epidermispigmentierung 
ziemlich  deutlich  durch,  je  dicker  sie  ist,  desto  geringer  die  Durch- 
scheinbarkeit.  Damit  hängt  offenbar  auch  das  Erscheinen  der  un- 
regelmäßigen Fleckung  nach  der  Alkoholkonservierung  zusammen : 
das  ungleichmäßig  dicke  Bindegewebe  schrumpft  in  verschiedenem 
Grade  zusammen,  wobei  seine  Durchscheinbarkeit  entsprechend  ver- 
ändert wird.  So  bleibt  auch  die  Haut,  wenn  sie  beim  Einlegen  in 
Alkohol   der  Innenfläche  nach  zusammengefaltet  wurde,  entlang  des 


Hautzeichmniü:  bei  dichtbeliaarten  Säugetieren.  299 

Bii<2:es  i'elativ  liclit,  weil  hier  die  Konservieruiio:sflü8sig:keit  nicht  g-ut 
eindringen  kann.  Wenn  dunkle  Haarbälge  bzw.  -zwiebeln  durch- 
schininiern.  kann  dann  die  Hant  auch  dunkler  erscheinen,  da  durch 
ihre  Schrumpfung-  die  Haarbälge  bzw.  Gruppen  von  solchen  näher 
aneinander  zu  lieg-en  kommen.  Auch  die  freien  Schaftteile  der 
Haare  können  bei  diesen  Verhältnissen,  ähnlich  wie  bei  den  vorhin 
erwähnten  dunkel  gefleckten  großen  Katzenarten,  durch  Abhaltung- 
des  Lichtes  eine  Rolle  spielen.  Die  blauen  Linien  am  Schwänze 
z.  B.,  welche  den  Kanten  der  Schwanz  Wirbelsäule  entlang  gelegen 
waren  und  eine  relativ  dünne  Bindegewebslage  besitzen,  erscheinen 
an  den  dunklen  Fellringen  noch  dunkler,  weil  die  Haut  außen  mit 
schwarzen  Haaren  bedeckt  ist  (scheinbare  Hautfärbnng).  Auch  die 
verschiedene  Dichte  der  Behaarung  kann  hierbei  naturgemäß  von 
EinÜuß  sein.  Läßt  man  die  (kurzgeschorene)  Haut  eintrocknen,  so 
wird  sie  im  ganzen  dunkel,  und  die  Färbungsunterschiede  sind  kaum 
mehr  zu  erkennen.  —  An  der  getrockneten  Haut  der  Säugetiere 
bzw.  an  der  von  gestopften  Exemplaren  kann  man  außen  nnter  der 
Behaarung  auch  öfters  dunkle  Stellen  wahrnehmen,  welche  zum 
Teil  sicherlich  von  Hautpigment  herrühren.  Für  das  Studium 
der  Zeichnung  sind  sie  jedoch  infolge  der  verschiedensten  Ver- 
änderungen der  Haut  während  des  Eintrocknens,  während  der 
Präparation  (Verziehen  u.  dgl),  während  des  langen  Liegens  etc. 
nicht  geeignet. 

Hier  will  ich  noch  ein  paar  Worte  über  die  Implan tierung 
d  e  r  H  a  a  r  e  a  m  S  c  h  w  a  n  z  e  d  e  r  S  ä  u  g  e  t  i  e  r  e  einschalten,  welche 
offenbar  im  Zusammenhang  mit  der  hülsenförmigen  Form,  in  welcher 
die  Haut  der  rundlichen  bis  vierkantigen  Schwanzwirbelsäule  auf- 
liegt, vielfach  eine  eigenartige  ist  und  einer  näheren  Beachtung 
wert  wäre.  Ich  habe  bereits  in  meiner  Arbeit  über  das  Haarkleid 
des  Fuchses  (b)  ausgeführt,  daß  bei  den  Föten  und  Neugeborenen 
desselben  die  Haare  rings  um  den  Schwanz  vier  Di-  bzw.  Konvergenz- 
linien bilden  (vgl.  auch  die  Abbildung).  Schwalbe  hat  am  Schwänze  von 
Primaten-Embr3-onen  —  abgesehen  von  besonderen  Diff"erenzierungen, 
wie  den  „Schwanzkreuzen"  etc.  —  einfachere  Verhältnisse  vorgefunden, 
insofern  nur  einzelne  Di-  und  Konvergenzlinien  dorsal  bzw.  ventral 
vorhanden  sind.  Beim  erwachsenen  Katta  werden  solche  Linien  am 
(kurzgeschorenen)  Schwanz  durch  echte  Haarbündel  gebildet,  und  zwar 
wird  jeder  der  vier  vorhin  erwähnten  breiten  (lichten)  Sti-eifen, 
welche   in  natura   der  oberen,    unteren   und    den   beiden   seitlichen 


300  K.  ToLDT  jun, 

zum  Teil  etwas  vertieften  Flächen  der  Schwanzwirbelsäule  aufliegen, 
von  dicht  und  einigermaßen  regelmäßig  nebeneinanderliegenden 
Bündeln  eingenommen,  welche  in  der  Mitte  des  Feldes  longitudinal, 
an  den  Seiten  aber  nach  hinten  seitwärts  verlaufen  (Divergenzlinien). 
Die  vier  (dunklen)  Zwischenstreifen,  welche  den  (seitlichen)  Kanten 
der  Schwanzwirbelsäule  aufliegen,  sind  im  medianen  Teil  strecken- 
weise, hauptsächlich  im  Bereiche  der  schwarzen  Fellringe,  fast 
haarlos  und  nur  mit  einzelnen,  longitudinal  gerichteten  Bündeln 
versehen;  an  den  Seiten  tragen  sie  aber  in  Fortsetzung  der  Be- 
haarung der  breiten  Felder  Haarbündel,  welche  jederseits  gegen  die 
Mitte  des  dunklen  Feldes  nach  hinten  konvergieren  (Konvergenz- 
linien). Streckenweise,  im  Gebiet  der  lichten  Fellringe,  finden  sich 
auch  im  medianen  Teile  der  dunklen  Streifen  mehrere  vornehmlich 
longitudinal  verlaufende  Haarbündel.  Die  Haare  selbst  sind  gegen 
ihre  Zwiebel  zu  vielfach  unregelmäßig  gewellt  oder  umgebogen, 
insbesondere  einzelne  vorhandene  sehr  kräftige  Haare.  Der  Umstand, 
daß  im  Präparat  die  Haut  flach  ausgebreitet  wurde,  bewirkt  natur- 
gemäß, daß  die  verschiedene  schräge  Richtung  der  Bündel  an  der 
Außenseite  der  Haut  dem  natürlichen  Zustande  gegenüber  etwas 
auffälliger,  in  der  Tiefe  der  Haut  dagegen  geringer  wird.  Dem 
Wesen  nach  werden  diese  Verhältnisse  aber,  wie  ich  mich  an  einer 
Schablone  überzeugte,  nicht  geändert.  Erwähnt  sei  noch,  daß  an 
den  lichten  Fellringen  in  den  breiten  Streifen  die  meisten  Haare 
licht,  einzelne  jedoch  dunkel  sind.  An  den  dunklen  Fellringen  sind 
die  meisten  Haare  dunkel.  Die  Bündel  an  den  Seiten  der  schmalen 
Streifen  enthalten  auch  in  den  lichten  Fellringen  relativ  zahlreiche 
dunkle  Haare.  Inwieweit  diese  Verhältnisse  an  den  einzelnen 
Schwanzteilen  verschieden  sind  (Schwanzkreuze  etc.),  habe  ich  nicht 
untersucht.  Am  Schwänze  des  (erwachsenen)  Cehus  sind  die  Ver- 
hältnisse einfacher  und  ähnlich  wie  nach  Schwalbe's  Beschreibung 
bei  den  Embryonen  von  Macacus  cynomolgus.  Die  hier  wiederum 
zu  Bündeln  angeordneten  Haarstümpfe  verlaufen  dorsal  direkt  nach 
hinten,  seitlich  neigen  sie  sich  aber  etwas  schräg  nach  außen,  und 
unten  nach  innen,  so  daß  in  der  medianen  Ventrallinie  eine  Kon- 
vergenzlinie zustande  kommt.  Die  verschiedene  Zahl  von  Di-  und 
Konvergenzlinien  am  Schwänze  hängt  also  nicht  etwa  mit  der 
weiteren  Ausbildung  der  Behaarung  zusammen,  sondern  ist  spezifischer 
Natur,  wie  sich  der  Haarstrich  im  allgemeinen  im  Laufe  der  Ent- 
wicklung nicht  wesentlich  ändert  (über  die  Ringelzeichnung  an 
der  Schwanzbehaarung  der  Säugetiere  s.  Grossee). 


Hautzeicbiiniiij  bei  (lichtbehaaiten  Säugetieren.  301 

Die  Verhältnisse  an  der  Innenseite  der  Haut  von  Lenmr  raita 
stellen  also  keine  eigentliche,  auf  einer  bestimmten,  scharf  abge- 
grenzten Verteilung  von  Pigment  beruhende  Zeichnung  dar.  Natür- 
lich erscheint  sie  nur  insofern,  als  die  ziemlich  gleichmäßige  Epi- 
dermisi)igmentierung  innen  an  der  möglichst  unversehrten,  frisch 
abgezogenen  Haut  je  nach  der  verschiedenen  Dicke  derselben  und 
nach  der  Verschiedenheit  der  Behaarung  mehr  oder  weniger  durch- 
schimmert und  so  z.  B.  am  Rumpf  eine  Längsbänderung  und  am 
Schwanz  eine  Längsstreifung  verursacht.  Von  der  durch  Corium- 
pigment  bedingten  eigentlichen  Hautzeichnung  bei  Inims  und  Cebus 
unterscheidet  sie  sich  sofort  dadurch,  daß  die  Färbung  an  der 
Innenseite  mehr  ditfus  erscheint  und  vorherrschend  einen  bläulichen 
Ton  in  verschiedenen,  nicht  sehr  scharf  abgegrenzten  Nuancen  zeigt, 
ähnlich  wie  ihn  das  Coi'iumpigment  in  gewisser  Dichte  und  Intensität 
durch  die  Epidermis  hindurchschimmernd  an  der  Außenfläche  der 
Haut  erzeugen  kann  (z.  B.  haararme  Stellen  am  Gesicht  verschiedener 
Alten).  Bei  Inuus  und  Cehus  tritt  letzteres  so  dicht  und  intensiv 
auf,  daß  die  dunklen  Stellen  schwarz  erscheinen  und  sowohl  innen 
als  außen  deutlich  und  in  scharfer  Abgrenzung  zum  Ausdruck 
kommen.  Beim  Katta  erzeugt  das  Epidermispigment  außen  an  der 
Haut,  allenthalben  ziemlich  gleichmäßig,  eine  bräunliche  und  dicht 
dunkel  grobpunktierte  Färbung  (vgl.  hierzu  a.  Adachi), 

Inwieweit  diese  Verhältnisse  innerhalb  der  einzelnen  Arten 
konstant  sind,  in  welcher  Verbreitung  und  in  welchen  Formen  sie 
etwa  auch  bei  anderen  dichtbehaarten  Säugergruppen  vorkommen, 
sei  vorläufig  dahingestellt.  Hier  möchte  ich  nur  bemerken,  daß  bei 
einem  zweiten,  gleichfalls  ^Exemplar  von  Lemiir  catta, 
welches  ich  untersuchen  konnte,  die  Verhältnisse  ganz  mit  jenen 
des  beschriebenen  übereinstimmten.  Die  Untersuchungen  Adachi's 
über  die  allgemeine  Pigmentierung  der  Affenhaut  spricht  gleichfalls 
für  eine  gewisse  Konstanz  (s.  a.  die  Abschnitte  6  und  8). 

Beachtenswert  erscheinen  in  den  beiden  Fällen  mit  Corium- 
zeichnung  die  stellenweise  deutlich  ausgeprägten  longitudinalen 
Streifenbildungen  (bes.  am  Bücken).  Am  Säugetierfell  stellen  sie 
bekanntlich  eine  ursprüngliche  Zeichnungsform  dar  und  kommen  am 
Haarkleid  der  Affen  nur  selten  vor.  Der  allgemeine  longitudinale 
Rieht ungszug  der  Färbung,  z.  B.  an  den  Extremitäten  findet  sich 
auch  am  P'elle  der  Affen  weit  verbreitet  und  ist  bezüglich  der  Haut- 
pigmentierung  bereits  aus  der  Abhandlung  Adachi's  zu  entnehmen. 


302  K.    TOLDT    jUll.. 

Daß  das  Coriumpigment  gerade  bei  Affen  so  mächtig  auftreten  kann, 
ist  bemerkenswert,  da  die  dermale  Pigmentation  bei  Vögeln  und 
Säugetieren  inkl.  des  Menschen  gegenüber  den  Verhältnissen  bei 
den  niederen  Wirbeltieren  im  allgemeinen  nur  eine  sehr  geringfügige 
ist  [VVeiueneeich  bzw.  Schwalbe  (b)].  Interessant  wäre  es  ferner, 
wenn  die  direkte  Hautzeichnung,  so  wie  die  Fellzeichnung,  bei  den 
wildlebenden  Tieren  im  allgemeinen  eine  größere  Konstanz  und 
Symmetrie  zeigte  als  bei  den  domestizierten.  Sie  dürfte  dann  wohl 
auch  für  die  Systematik  verwertbar  sein.  Bei  haararmen  Säugern 
findet  sich  eine  spezifische  Hautzeichnung  bekanntlich  öfter,  z.  B.  bei 
manchen  Cetaceen. 

In  bezug  auf  das  Vorhandensein  von  Haarpigment, 
Epidermispigment  im  engeren  Sinne  und  Coriumpig- 
ment (große  Zellen)  finden  sich  bei  den  drei  von  mir  zunächst 
untersuchten  Primaten  folgende  Verhältnisse.  Epidermispigment 
allenthalben  ziemlich  gleichmäßig  verteilt,  verschiedenfarbige  Behaa- 
rung, Corium  pigmentfrei  (Katta;  s.  bes.  die  Ober-  und  Unterseite 
des  Rumpfes  und  den  weiß  und  schwarz  geringelten  Schwanz). 
Epidermis  und  Corium  pigmentfrei,  Behaarung  gelbbraun  oder:  Epi- 
dermis pigmentfrei,  Corium  dicht  mit  Pigmentzellen  durchsetzt,  Haar- 
färbung wie  an  den  Stellen  mit  pigmentlosem  Corium  (Hautzeichnung 
bei  Cebus  und  vermutlich  auch  bei  Inuus).  Ebenso  können  die  Pig- 
mentverhältnisse in  der  Haut  bei  verschiedener  Färbung  der  Be- 
haarung dieselben  sein  (z.  B.  beim  Übergang  von  der  braunen  zur 
rötlichen  Behaarung  vom  Unterarm  des  Cehus)\  ferner  kann  die 
Haut  bei  weißer  (unpigmentierter)  Behaarung  im  Corium  pigmentiert 
sein  oder  nicht  (am  ziemlich  schütter  behaarten  Bauche  des  Innus). 
Aus  diesen  Beispielen  geht  besonders  hervor,  daß  das  Vorhanden- 
sein von  Epidermis-  bzw.  Coriumpigment  von  der  Haarfärbung  ganz 
unabhängig  ist.  Im  übrigen  sei  hinsichtlich  der  Beziehungen  zwischen 
den  verschiedenen  Hautpigmentationen  speziell  beim  Menschen  und 
bei  den  Affen  namentlich  auf  die  Ausführungen  Schwalbe's  (b)  und 
im  allgemeinen  auf  die  jüngst  erschienene  Abhandlung  von  Weiuen- 
EEiCH  verwiesen.  Hier  möchte  ich  nur  folgendes  bemerken.  Adachi 
hat  die  Primaten  nach  den  verschiedenen  Arten  der  Hautpigmentie- 
rung  (exkl.  der  Haarfärbung)  in  vier  Gruppen  eingeteilt,  welche, 
wie  er  hervorhebt,  mit  der  systematischen  Einteilung  der  Affen 
nicht  übereinstimmen.  Schwalbe  hat  diese  Gruppierung  modifiziert, 
namentlich  indem  er  auch  die  Behaarung  einbezog.  Demnach  sind 
der  Hauptsache  nach  folgende  vier  Gruppen  zu  unterscheiden.   1.  Epi- 


HautzeiclinuDf?  bei  dichtbeliaarten  Säugetieren.  303 

dermis  luid  Coiium  sehr  pignieiitaini,  das  \\'esentliclie  ist  die  Haar- 
fäibuiig'.  2.  Starke  Pigiuentieriing  der  Haare  und  der  Epidermis, 
rorium  pigmentarm.  8.  Haare  und  Coiium  pigmentreicli.  Ei)idermis 
selir  piginentarm.  4.  Haare,  Ei»idermis  und  Corium  pig-mentreich. 
Da  nunmehr  Fälle  bekannt  sind,  in  welchen  eine  deutliche  Haut- 
zeichnung- vorhanden  ist,  wobei  gleichzeitig  zwei  auffallend  ver- 
schiedene Pigmentationsgrade  in  mehr  oder  weniger  gleich  großer 
Ausdehnung  bei  ein  und  demselben  Individuum  vertreten  sind,  er- 
sciieint  diese  Einteilung  nicht  mehr  ausreichend;  denn  unser  Celms 
bzw.  Liuus  wäre  den  dunklen  Hautstellen  nach  zur  Gruppe  3,  den 
lichten  Stellen  nach  dagegen  zu  Gruppe  1  zu  stellen.  Zudem 
können  auch  Verschiedenheiten  in  der  Fellfärbung  bei  ein  und  dem- 
selben Individuum  eine  zutreftende  Einreihung  unmöglich  machen. 
So  gehört  der  Katta  nach  der  Beschaffenheit  des  größeren  Teils 
seines  Integuments  zu  Gruppe  2,  während  die  lichtbehaarte  Bauch- 
haut und  die  weißen  Fellringe  des  Schwanzes  eine  neue  Gruppe: 
Epidermis  pigmentiert,  Haare  und  Corium  pigmentarm,  darstellen 
würden;  das  Gleiche  gilt  für  die  lichthäutigen  und  weißbehaarten 
Stellen  am  Bauche  von  Inuus:  Haare,  Epidermis  und  Corium  pig- 
nientarm.  In  bezug  auf  kleinere  Körperteile  hat  Adachi  selbst  ge- 
wisse Verschiedenheiten  verzeichnet,  und  bei  einzelnen  Arten  hat 
die  Einreihung  bereits  ihm  einige  Schwierigkeit  bereitet. 

]\Ian  müßte  bei  einer  solchen  Übersicht  etwa  noch  besondere 
Untergruppen  aufstellen,  je  nachdem  die  angeführten  Pigmentie- 
rungsverhältnisse  für  die  ganze  Hautfläche  gelten  oder  ob  sie  auf 
größeren  Gebieten  irgendwelche  merkliche  Verschiedenheiten  auf- 
weisen. Dabei  dürfte  es  sich  allerdings  zumeist  nur  um  verschiedene 
Quantitätsgrade  der  an  sich  gleichen  Pigmentierungsarten  handeln; 
auf  solche  haben  Breül  und  speziell  auch  Adachi  und  Schwalbe 
mehrfach  hingewiesen.  So  stellt  z.  B.  das  Fehlen  des  Coriunipig- 
ments,  soweit  es  sich  auf  die  ganze  Hautfläche  bezieht,  ein  Cha- 
rakteristikum in  der  Ai)ACHi-ScHWALBE'schen  Einteilung  dar.  Dieses 
negative  Merkmal  trifft  auch  für  die  lichten  Stellen  der  bezeichneten 
Häute  zu,  doch  ist  bei  diesen  Tieren,  wie  die  dunklen  Stellen  zeigen,  die 
Möglichkeit  des  Auftretens  von  Coriumpigmentzellen  gegeben.  Gleich- 
wohl sind  die  Verschiedenheiten  in  den  vorliegenden  Fällen  so  auf- 
fallend und  weitgehend,  daß  sie  bei  einer  derartigen  Einteilung  be- 
rücksichtigt werden  müßten.  Eine  solche  würde  sich  also,  sollte  sie 
allen  Möglichkeiten  Rechnung  tragen,  ziemlich  kompliziert  gestalten. 
Das  ist  keineswegs  überraschend.    Denn,  wie  ich  in  meinen  letzten 

Zool.  Jahrb.  X.XXV.    Abt.  f.  Syst.  20 


304  K.  ToLDT  Jim., 

Arbeiten  wiederholt  gelegentlich  betont  habe,  können  sich  einzelne 
Eigenschaften  des  Säugetierinteguments  gegeneinander  außerordent- 
lich verschieden  verhalten  [so  z.  B.  auch  hinsichtlich  der  Behaarung 
der  Mittellinie  des  Rückens,  vgl.  u.  a.  Toldt  (b),  p.  219  ^),  auf  welche 
neuerdings  Weidenreich  hingewiesen  hat],  und  häufig  ist  trotz  zahl- 
reicher Übereinstimmungen  in  den  Beziehungen  eine  Verallgemeine- 
rung derselben  undurchführbar.  Als  nahestehende  Beispiele  seien 
erwähnt,  daß  Bloch  zwischen  der  Haarquantität  und  der  Hautfarbe 
bei  den  Menschen  eine  Korrelation  und  Adachi  zwischen  der  (klein- 
zelligen) Corium-  und  der  Epidermispigmentierung  eine  Proportio- 
nalität annehmen.  Erstere  Annahme  wurde  jedoch  von  Schwalbe 
widerlegt  und  letztere  als  fraglich  hingestellt  (vgl.  a.  Joedan,  Ta- 
NAKA  u.  A.).  Daß  die  von  Schwalbe  für  die  Menschen  angenommene 
Korrelation  zwischen  Haar-  und  Haut-(Epidermis-jfaibe  für  die  Aifen 
nicht  verallgemeinert  werden  kann,  ergibt  sich  aus  vorstehendem 
(vgl.  insbes.  die  Verhältnisse  beim  Katta).  Bei  diesen  können  viel- 
mehr sowohl  das  Pigment  der  Haare  als  auch  jenes  der  Epidermis 
im  engeren  Sinn  sowie  die  großen  Coriumpigmentzellen  ganz  unab- 
hängig voneinander  auftreten.  Bezüglich  der  Hautpigmente  triift  es, 
wie  Adachi  hervorgehoben  hat,  allerdings  vielfach  zu,  daß  bei  stark 
pigmentierter  Epidermis  das  Corium  arm  an  (großen)  Pigmentzellen 
ist  und  umgekehrt. 

Diese  Betrachtungen  lassen  es  wünschenswert  erscheinen,  daß 
man  künftighin  bei  dichtbehaarten  (zunächst  wildlebenden)  Säuge- 
tieren mehr  als  bisher  die  Färbung  der  gesamten  Haut  beachten 
und  mit  der  Fellfärbung  vergleichen  sollte;  allerdings  scheint  bei 
der  ersteren,  abgesehen  von  den  Afl'en,  eine  deutliche  direkte  Zeich- 
nung nicht  häufig  vorzukommen. 

Auf  andere  Umstände,  welche  eine  Hautzeichnung  bedingen 
können,  wie  Hautgefäße  bzw.  -nerven,  Fremdkörpereinschlüsse  (vgl. 


1)  Hier  sei  nachträglich  noch  auf  einige  Säugetiere  hingewiesen,  bei 
welchen  am  Felle  in  der  mittleren  Rückenpartie  ein  deutlicher  lichter, 
schmaler  Medianstreif  beginnt,  der  —  jenem  von  Tamandua  ieiradactijla  L. 
entgegengesetzt  —  nach  hinten  zieht  und  sich  allmählich  stark  verbreiternd 
(Kreuz-Steißgegend)  mehr  oder  weniger  weit  zwischen  die  Schenkel  hinab- 
reicht: Aniidorcas  euchore  Foester  (Haare  dieses  Streifens  besonders 
lang  und  relativ  zart),  CephcdopJnis  silvicidior  Afzel,  Indris  brcvicauddiiis 
(jEGEFE.  und  Lemur  varins  GeOFFR.  (Fellgrund  größtenteils  dunkel). 
Möglicherweise,  aber  keineswegs  wahrscheinlich,  ist  bei  diesen  Tieren  die 
Haut  hier  relativ  stark  pigmentiert. 


Hantzeiclimin^  bei  dichtbehaarten  Sängetieren.  305 

Jai'ha)  u.  (liil.,  aehe  icli  hier  nicht  ein;  nur  daran  möclite  ich  speziell 
erinnern,  daß  an  der  Hautinnenseite  auch  lokale  Anhäuf ung'en  von 
relativ  stark  entwickelten  Hautdrüsen,  welche  das  Aussehen  der 
Haut  sonst  nur  unAvesentlich  verändern,  eine  deutlich  umgrenzte 
Verfärbung  hervoirufen  können  (vgl.  z,  B.  die  Violdrüse  beim  Fuchs, 
die  Rückendrüse  von  Procavia,  JSotorydes  etc.). 

().  Weitere  Booba('htiiiij?en  über  die  Hauttärbiins:  bzw.  -zeiehnung 
bei  Priiiiateii   imd  Vergleich  mit  ähnlicheu  Verhältnissen  beim 

3Ienschen. 

Nachdem  ich  das  Manuskiipt  nahezu  abgeschlossen  hatte,  konnte 
ich  noch  zwei  weitere  interessante  Affenhäute  beobachten,  die 
wiederum  eine  auffallend  SA'mmetrische.  von  der  hier  ebenfalls  ziem- 
lich einheitlichen  Fellfärbung  unabhängige  Zeichnung  aufweisen. 
Die  eine  stammt  von  einem  noch  nicht  ausgewachsenen 
$  Magot  (in  Schönbrunn  am  13.1.  1913  eingegangen,  Sch.-St.- 
Länge  40  cm)  von  derselben  Herkunft  wie  das  vorhin  besprochene, 
gleichfalls  $,  aber  erwachsene  Exemplar  und  zeigt  interessanter- 
weise in  den  Hauptzügen  die  gleiche  Zeichnung  (Taf.  10,  Fig.  11) 
wie  dieses.  Das  Schwarz  erscheint  aber  ausgebreiteter;  so  ist  ins- 
besondere der  dunkle  Streif  entlang  der  Rückenmitte  relativ  breit, 
und  die  beiderseitigen  lichten  Bänder  sind  entsprechend  schmäler. 
Ferner  ist  die  Verbindung  der  letzteren  mit  dem  Achselweiß  und 
in  geringerem  Grade  auch  mit  dem  Schenkelfaltenweiß  eine  unvoll- 
kommenere; so  erscheint  sie  besonders  an  der  Schulter  nur  durch 
entsjtrechend  angeordnete  Flecke  markiert.  Andrerseits  steht  das 
([uere  lichte  Nackenband  mit  dem  Achselweiß  in  kontinuierlichem 
Zusammenhang.  An  ersterem  fällt  noch  auf.  daß  sich  ähnlich  wie 
beim  Cehus  median  in  dasselbe  vom  dunkeln  Hinterhaupt  aus  ein 
lelativ  langer,  aber  schmaler  schwärzlicher  Streif  hineinerstreckt; 
ein  solcher  dringt  auch  von  hinten  median  in  das  Nackenband  ein, 
und  der  Abstand  zwischen  den  Enden  beider  beträgt  nur  ca.  2  cm. 
Hier  ist  also  auch  am  Nacken  der  dunkle  Medianstreif  zum  großen 
Teil  erhalten  und  dementsprechend  das  Weiß  median  beinahe  voll- 
ständig abgeteilt.  P^ndlich  ist  noch  hervorzuheben,  daß  die  Grenz- 
linien zwischen  beiden  Färbungen  noch  etwas  unregelmäßiger 
(zackiger)  sind  als  beim  erw'achsenen  Magot,  was  besonders  an  den 
hier  schmäleren  lichten  Seitenstreifen  auffällt  und  vielleicht  mit 
dem  Flächenwachstum  der  Haut  in  Verbindung  zu  bringen  ist.    Die 

20* 


306  K.   TOLDT  juu., 

Grundform  der  Zeicliiiuiig-  ist  jedoch  bei  beiden  Individuen  auffallend 
übereinstimmend.  Ich  will  auf  Grund  dieser  zwei  Fälle  noch  keine  be- 
stimmten Schlüsse  ziehen.  Da  jedoch  auch  Adachi  bezüglich  der  allge- 
meinen Pigmentierung  der  Aifenhaut  keine  besonderen  individuellen 
unterschiede  gefunden  hat  und  die  Färbung  haararmer  Hautstellen 
(Gesicht,  Scrotum)  vielfach  in  der  Sj'stematik  zur  Anwendung  gelangt. 
ist  die  Wahrscheinlichkeit,  daß  die  Hautzeichnung  bei  den  einzelnen 
Affenarten  in  den  Grundzügen  konstant  ist,  eine  ziemlich  große  (vgl. 
meine  weiteren  Ausführungen).  Inwieweit  die  bemerkten  Unter- 
schiede mit  dem  verschiedeneu  Alter  zusammenhängen,  in  welcher 
Hinsicht  sowie  auch  bezüglich  des  Geschlechtes  Adachi's  Unter- 
suchungen gleichfalls  keine  wesentlichen  Verschiedenheiten  ergaben, 
läßt  sich  auf  Grund  dieses  Materials  noch  weniger  entscheiden. 
Hervorgehoben  sei  nur,  daß  die  lichten  Hautstellen  beim  alten  Magot 
eine  relativ  größere  Ausbreitung  besitzen  als  beim  jungen ;  bei  dieser 
Art  würde  demnach  der  Umfang  des  Weiß  im  Laufe  des  Haut- 
wachstums zunehmen,  die  des  Schwarz  dagegen  nicht  (s.  auch  Ab- 
schnitt 8). 

Bei  diesem  Individuum  konnte  ich  auch  ein  Stück  Haut  genauer 
untersuchen ;  wie  ich  bereits  beim  ausgewachsenen  Magot  vermutete, 
beruht  die  dunkle  Färbung  bei  dieser  Art  tatsächlich  auf  dicht  an- 
geordnetem großzelligem  Coriumpigment. 

Der  zweite  neue  Fall  betrifft  einen  $  nahezu  erwachsenen,  aber 
noch  im  Zahnwechsel  begriffenen  Hui  man  {Semnopithecus  entellus 
DüFR.,  Schönbrunn  15./1.  1913,  Sch.-St.-Länge  43  cm),  welcher  in 
der  Epidermis  stellenweise  pigmentiert  ist.  Diese  Haut  (Taf  12, 
Fig.  14)  ist  besonders  interessant,  da  sie  außer  am  Kopf  und  damit 
im  Zusammenhang  an  der  Kehle  und  au  den  Vorderextremitäten,  dann 
an  den  Weichen  und  mit  diesen  zusammenhängend  an  den  Hinter- 
extremitäten nur  noch  in  der  Kreuz-Steißgegend  und  damit  in  Ver- 
bindung am  Schwänze  und  in  der  Schamgegend  deutlich  pigmentiert 
ist.  Diese  Gebiete  erscheinen  durchaus  dunkel,  aber  etwas  wenige]' 
intensiv  als  in  den  genannten  Fällen  mit  Coriumpigment.  Auch  ist 
die  Zeichnung  einfacher,  da  sich  die  Pigmentierung  in  gleichmäßiger 
Weise  auf  relativ  große  Gebiete  erstreckt  und  die  Grenzlinien  mehr 
ganzrandig  verlaufen.  Bis  zu  einem  gewissen  Grade  ergeben  sich 
bereits  aus  den  Mitteilungen  Adachi's  für  einzelne  Primaten  ähn- 
liche Verhältnisse. 

Beim  Hulman  ist  also  am  Eücken  nur  die  Kreuzgegend  dunkel 
gefärbt,  welche  dem  Hauptsitz  der  gelegentlich  beim  Menschen,  be- 


Hautzeichimiif,'  bei  dichtbehaarten  Säugetieren.  307 

sonders  bei  Kindern  dunkelfarbiger  Rassen,  vorkommenden,  in  der 
anthroi)ologischen  und  medizinischen  Literatur  viel  erörterten  blauen 
(4eburtsflecke  (^longolen-  oder  Kreuzflecke)  entspricht.  Dieses 
jticrmentierte  Gebiet  stellt  beim  Hulnian  ein  isoliertes  symmetrisches, 
am  vordei-en  Rande  gleichmäßig  schwach  eingesenktes  langgestrecktes 
Ov^al  (120  mm  lang,  75  mm  breit)  dar,  dessen  Längsachse  in  die  Mittel- 
linie des  Rumpfes  fällt.  Die  Länge  des  pigmentierten  Kreuz-Steiß- 
bereiches beträgt  80  mm.  Der  dahinter  folgende  Teil  ist  beinahe 
haarlos  und  umfaßt  die  Schwanzbasis,  den  Anus,  das  Genitale  und 
die  Gesäßschwielen;  unterhalb  dieser  endigt  die  dunkle  Färbung. 
Für  die  Symmetrie  dieses  pigmentierten  Gebietes  ist  es  besonders 
bezeichnend,  daß  sich  in  ihm  seitlich  vor  jeder  Gesäßschwiele  eine 
lichte  Stelle  befindet,  welche,  auf  beiden  Seiten  in  gleicher  Weise, 
nach  außen  zu  nur  durch  einen  schmalen  dunklen  Streif  abgegrenzt 
wird.  Die  dunkle  Färbung  erscheint  in  Übereinstimmung  mit  den 
pigmentierten  Hautgebieten  an  anderen  Körperteilen  außen  an  dei" 
Haut  schwärzlichgrau,  innen  diffus  bläulich  und  ist  besonders  außen 
scharf  umgrenzt. 

Diese  mit  den  übrigens  in  Form  und  Lage  sehr  variablen  Ge- 
burtsflecken des  Menschen  (Textfig.  A)  topographisch  zusammen- 
fallende Zeichnung  bei  einem  Affen  ist  um  so  bemerkenswerter,  als 
Adachi  bei  seinem  relativ  großen  Material  entgegen  seiner  anfäng- 
lich gehegten  Hoffnung  zum  Resultate  kam,  daß  die  Kreuzhaut  bei 
den  Affen  nicht  zu  den  stark  pigmentierten  Hautstellen  gehört.  Im 
vorliegenden  Falle  handelt  es  sich  allerdings  um  Epidermispigment, 
welches  beim  Menschen  bekanntlich  die  allgemeine  Hautfärbung  be- 
dingt. Das  Coriumpigment  hat  an  dieser  keinen  Anteil  [s.  ins- 
besondere Schwalbe  (bj] ;  dagegen  tritt  es  mitunter  fleckweise, 
namentlich  als  die  angedeuteten  Geburtsflecke  auf,  und  zwar  finden  sich 
hier  die  großen  relativ  tief  gelagerten  Pigmentzellen,  welche  bei 
manchen  Affen  an  den  verschiedensten  Körperstellen  vorkommen, 
beim  Menschen  aber  sonst  nicht  (Adachi).  Der  Befund  beim  Hulman 
zeigt  also  nur  im  allgemeinen,  daß  auch  bei  den  Affen  in  der  Kreuz- 
gegend ein  isolierter  pigmentierter  Fleck  vorkommen  kann.  Da  bei 
diesen  (Cehus  und  Iniiits)  aber  auch  die  großen  Coriumpigmentzellen 
an  verschiedenen  Körperstellen  Fleckenbildungen  hervorrufen  können 
und  beim  Inuus  (sowie  bei  Cercopithecus,  Adachi)  auch  die  Kreuz- 
gegend, allerdings  nicht  in  isolierter  Form,  in  dieser  Weise  stark 
pigmentiert  ist,  erscheint  es  nicht  unwahrscheinlich,  daß  sich  auch 
Affen  finden  werden,   welche  einen  durch  Coriumpigment  gebildeten 


308  K.  ToLDT  Jim., 

mehr  oder  weniger  isolierten  Kreuzfleck  aufweisen.  Übrig-ens  sind 
die  Geburtsflecke  beim  Menschen  keineswegs  auf  die  Kreuzgegend 
beschränkt,  sondern  kommen  bekanntlich  mitunter  auch  an  anderen 
Körperstellen  vor.  So  finden  sie  sich  namentlich  in  der  Gluteal- 
gegend,  und  diese  ist  bei  manchen  Affen  (z.  B.  bei  Cynocepkalus)  be- 
sonders reich  an  großen  Coriumpigmentzellen  (Adachi).  Bezüglich 
des  vorliegenden,  allerdings  auf  Epidermispigment  beruhenden  Falles 
sei  gegenüber  den  Geburtsflecken  des  Menschen  hervorgehoben,  daß 
sich  dieser  Fleck  hier  unter  dichter  (normaler)  Behaarung  vorfindet. 
Diese  zeigt  beim  Hulman  in  der  Kreuzgegend  in  bezug  auf  die 
Färbung  keine  Besonderheit.  Wie  ich  aber  später  noch  ausführen 
werde,  sticht  diese  Körperstelle  bei  einer  Anzahl  von  Säugetieren 
durch  eine  besonders  lichte  Behaarung  von  der  Umgebung  auffallend 
ab,  während  eine  scharf  umgrenzte  dunkle  Behaarung  dieser  Stelle 
bei  wildlebenden  Säugetieren  kaum  vorzukommen  scheint.  Vielleicht 
ist  im  ersteren  Falle  die  Haut  pigmentiert?  (Vgl.  den  weiter  unten 
erwähnten  Erklärungsversuch  Weidenkeich's  bezüglich  der  Bedeu- 
tung der  Geburtsflecke.)  Selbstverständlich  kann  der  Hulman  wegen 
dieses  Fleckes  mit  dem  Menschen  in  keine  nähere  verwandtschaft- 
liche Beziehung  gebracht  werden,  zumal  aus  den  Untersuchungen 
Adachi's  hervorgeht,  daß  die  verschiedenen  Formen  der  Hautpigmen- 
tierung  mit  der  systematischen  Gruppierung  der  Affen  in  keinem 
Zusammenhang  stehen  und  es  sich  hier  überdies  um  verschiedene 
Pigmentierungen  handelt. 

Im  allgemeinen  sei  über  die  blauen  Geburtsflecke 
des  Menschen  folgendes  bemerkt  (vgl.  besonders  die  Zusammen- 
stellungen von  Adachi,  Lehmann-Nitsche,  tek  Kate  und  Schohl).  Die 
Flecke  kommen  beiden  Geschlechtern  zu  und  treten  zumeist  um  die 
Geburtszeit  oder  etwas  später  auf,  werden  zunächst  noch  etwas  inten- 
siver und  verschwinden  meistens  im  Laufe  der  Kindheit  allmählich ; 
dieses  Schwinden  scheint  vom  Zentrum  eines  jeden  Fleckes  auszugehen 
(Trebitsch).  Sie  wurden  auch  bereits  bei  Föten  (z.  B.  von  4 — 5  Mon.) 
angeführt  und  in  einer  Reihe  von  Fällen  bei  Erwachseneu  kon- 
statiert. Die  Flecke  treten  einzeln  oder  zu  mehreren  in  verschie- 
denster Größe  und  Form  auf  (Textfig.  A),  verändern  das  Niveau 
der  allgemeinen  Hautoberfläche  nicht  und  erscheinen  in  den  ver- 
schiedensten Nuancen  von  blau  bis  schwarz,  wobei  die  Intensität 
innerhalb  eines  Fleckes  selbst  wechselnd  sein  kann.  Bei  einzelnen 
Kassen  scheint  im  Zusammenhang  mit  der  allgemeinen  Hautfärbung  ein 


Hautzeichuuiii!'  l)ei  dichtbehaarten  Säugetieren. 


309 


bestimmter  Ton  voiherrsclieiid  zu  sein.  Auch  die  Lage  der  Flecke  ist 
sehr  wechselnd  und  vielfach  asymmetrisch.  Ihr  Hauptsitz  sind  die 
Kreuz-  und  Steißgegend  sowie  die  Gesäßbacken.  Vielfach  kommen 
sie  auch  am  Rücken,  an  den  Schultern,  in  einzelnen  Fällen  am  Ober- 
arm bzw.  -Schenkel,  im  Gesicht,  am  Handgelenk  und  an  Brust  und 
Bauch  vor.  Nach  Auachi  finden  sie  sich  an  den  Extremitäten  meist 
an  der  Außenseite ;  bezüglich  der  ünterextremitäten  wäre  jedoch  zu 
bemerken,  daß  die  Fleckung  am  Gesäß  vornehmlich  an  der  Hinter- 
seite gelegen  ist  und  sich  von  hier  aus  mehr  oder  weniger  weit  an 
der  Beugeseite  der  Oberschenkel  nach  abwärts  erstrecken  kann. 
Am  Kumpf  ist  die  Dorsalseite  weitaus  die  bevorzugte. 


^* 


Einige  Beispiele  für  das  ver.schiedenartige  Auftreten  der  blauen  Geburtsflecke 

beim  Menschen. 

a  Japanisches  Kind  (n.  Grimm);   b  10  Monate   altes  und   c  3 jähriges  Chinesenkind 

(n.  Matignon);   d  Japanisches   Kind   (n.  Grimm):   e  12 jähriger  Knabe,   Mischrasse 

von  Grönland-Eskimos  und  Dänen  (n.  Trebitsch). 


Die  blauen  Geburtsflecke  kommen  u.  a.  besonders  bei  den  Kindern 
der  Japaner  vor  und  fehlen  hier  selten.  Sie  waren  bei  diesem 
A'olke  den  Ärzten  schon  seit  langem  (vor  mindestens  150  -Tahren) 
bekannt,  und  Balz  (a),   welcher  sich  zuerst  eingehender  mit  dieser 


310  ^-    l'OLDT   JUII., 

Erscheinung  befaßte  (1885)  und  bereits  als  Ursache  Coriumpigment- 
zellen  feststellte,  hielt  die  Fleckung  für  eine  Eigentümlichkeit  der 
Mongolen  (Mongolenfleck).  Vorher  und  zwar  schon  seit  dem  Beginn 
des  vorigen  Jahrhunderts  waren  die  Flecke  auch  bei  den  Grönland- 
Eskimos  bekannt;  im  Laufe  der  Zeit  wurden  sie  bei  verschiedenen 
anderen  dunkel-  und  mittelfarbigen  Rassen  der  alten  und  neuen 
Welt  mehr  oder  weniger  häufig,  und  zwar  vielfach  besonders  inner- 
halb einzelner  Familien,  angetroffen,  so  daß  sich  die  Kenntnis  ihres 
Vorkommens  zunächst  besonders  auf  die  Mongoloiden  und  später 
auf  fast  alle  dunkel-  und  mittelfarbigen  Kassen  erweiterte.  In- 
zwischen erklärte  Adachi  in  einer  vorläufigen  Mitteilung  (1902)  auf 
Grund  seiner  histologischen  Befunde,  daß  die  in  der  Kreuzhaut  vor- 
kommenden großen,  tiefliegenden  Pigmentzellen,  welche  von  der 
oberflächlich  gelagerten,  kleinzelligen  Coriumpigmentierung  der 
übrigen  menschlichen  Haut  auseinanderzuhalten  sind  (s.  auch  Grimm) 
und  bei  manchen  Affen  an  den  verschiedensten  Hautstellen  vor- 
kommen, keine  Eigentümlichkeit  bestimmter  Rassen  seien,  sondern 
eine  gewöhnliche  Erscheinung  des  späteren  Entwicklungsstadiums 
des  Menschen;  so  finden  sich  solche  Zellen  gelegentlich  auch  bei 
Kindern  (und  Erwachsenen)  der  hellfarbigen  Rassen,  wenn  auch  in 
geringerem  Maße  als  bei  dunkelfarbigen.  Der  Unterschied  sei  also 
nur  ein  quantitativer.  Vermutlich  hätten  die  Vorfahren  des  Menschen 
eine  solche  Haut  getragen,  wie  wir  sie  heute  bei  manchen  Affen 
treffen.  Die  Vermutung,  daß  die  Flecke  den  Überrest  einer  vormals 
weiter  über  die  Körperhaut  verbreiteten  Pigmentation  darstellen,  wurde 
übrigens  bereits  von  anderer  Seite  ausgesprochen,  so  von  Bloch  (a), 
welcher  sie  von  einer  ursprünglich  über  die  ganze  Körperhaut  aus- 
gedehnten Pigmentation  ableitet.  In  einer  Erwiderung  auf  Adachi 
betonte  Bälz  (b),  daß  nicht  das  Vorhandensein  der  genannten  Zellen 
an  sich,  sondern  die  makroskopische  Erscheinung  des  Fleckes  das 
charakteristische  sei.  Dieser  könne  allerdings  nicht  mehr  als  ein 
Merkmal  der  Mongolen  bzw.  der  Mongoloiden  betrachtet  werden, 
wohl  aber  als  „das  feinste  Reagens  für  die  Unterscheidung  der 
weißen  Rasse  von  allen  anderen  Rassen".  Wenn  bei  einem  Kind 
einer  hellfarbigen  Rasse  ein  solcher  Fleck  vorkommt,  so  sei  dies 
das  sicherste  Merkmal  einer  Beimischung  dunkleren  Blutes  (z.  B, 
in  Brasilien).  Adachi  und  Füjisawa  fanden  bald  darauf  bei  einem 
mitteleuropäischen  Kinde,  in  dessen  Aszendenz  sich  kein  dunkelfarbiger 
Einschlag  nachweisen  ließ,  deutliche  Flecke  (s.  auch  Feer  u.  A.). 
^Veiterhin   wurde   dieser   Fleck   ziemlich    allgemein    als    eine    rudi- 


Hantzeii'limiiiy  bei  dichtbeliaaiten  Säugetieren.  HU 

mentäre  bzw.  in  Rückbildune"  bep-rittene  Ersclieinuno-  im  Sinne 
Akachi's  anf«?etaßt,  weiclie  in  verschiedener  Intensität  und  Frequenz 
bei  allen  Menschenrassen  nachzuweisen  ist,  s.  z,  B.  Lehmann-Nitsche, 
TEN  Kate.  Schohl  u.  A.  Ersterer  Autor  glaubt,  daß  die  Annahme 
einer  rudimentären  Bildung  wohl  für  das  Auftreten  der  Flecke  am 
plausibelsten  ist,  jedoch  sei  ihr  Verschwinden  in  einem  bestimmten 
Lebensalter  g-anz  rätselhaft.  Aber  gerade  die  Vergänglichkeit  ist 
oft  das  Schicksal  rudinientäi-er  Gebilde.  Bezüglich  der  Geburts- 
tiecke muß  man  annehmen ,  daß  die  Pigmentbildung  meistens  in 
einer  gewissen  Lebensperiode  aufhört  (warum?);  das  Verschwinden 
der  Flecke  ist  dann  wohl  so  zu  erklären,  daß  sich  die  vorhandene 
Pigmentmenge  zunächst  im  Laufe  des  weiteren  Flächen-  und  Dicken- 
wachstums der  Haut  im  Corium  mehr  und  mehr  verteilt,  und  weiterhin, 
daß  die  nun  einzeln  zersti'euten  Pigmentteile  allmählich  zugrunde 
gehen. 

In  neuerer  Zeit  hat  sich  Trebitsch  der  Anschauung  von  Bälz 
genähert.  besondei'S  da  nach  einem  Vortrag  von  B.  Sperck  in  der 
Wiener  Anthropologischen  Gesellschaft  unter  acht  mit  diesem  Merk- 
mal versehenen  Kindern  bei  allen  ein  ungarischer  Einschlag  wahr- 
scheinlich war.  Der  Ausschluß  einer  Vermischung  lasse  sich  über- 
haupt wohl  selten  zweifellos  feststellen.  Die  Entscheidung  stellte 
Tkebitsch  der  Zukunft  anlieim.  Auch  P.  Bartels  sowie  A.  B.  Meter 
u.  A.  neigen  zur  Anschauung,  daß  es  sich  hier  doch  um  ein  rassen- 
diagnostisches Merkmal  handelt. 

Meinerseits  glaube  ich  mit  folgender  Erwägung  eine  vermittelnde 
Stellung  einnehmen  zu  können.  Der  vorhandenen  verbreitungs- 
statistischen Literatur  nach  ist  die  Möglichkeit  des  Auftretens  von 
Geburtstiecken  wohl  bei  jeder  Menschenrasse  gegeben.  Vom  ver- 
gleichend morphologischen  Standpunkte  aus  erscheint  es  daher, 
wenn  man  zunächst  einen  monophyletischen  Ursprung  des  Menschen- 
geschlechtes annimmt,  ganz  natürlich,  daß  eine  mehr  oder  weniger 
starke  Coriumpigmentierung  bzw.  eine  Färbung  der  Haut  in  der 
Kreuzgegeud  bei  jedem  Menschen,  unabhängig  von  seiner  Rassen- 
zugeiiöi'igkeit  bzw.  von  Beimischung,  als  Überrest  einer  bei  den 
Vorfahren  vorhanden  gewesenen  Hautzeichnung  auftreten  könnte. 
Aus  der  Literatur  geht  andererseits  auch  zweifellos  hervor,  daß  die 
Geburtsflecke  bei  manchen  Rassen  relativ  häufig,  bei  anderen  auf- 
fallend selten  vorkommen.  Die  Pigmentierung  hat  sich  also  im 
Laufe  der  Rassenausbildung  bei  gewissen  Rassen  relativ  gut  erhalten, 
wählend  .sie  bei  anderen   fast   ganz  geschwunden  ist.     Es  erscheint 


312  K.  ToLDT  Jim., 

weiter  der  Statistik  nach  zweifellos,  daß  durch  eine  zeitweilige  Ver- 
misclmng  einer  geburtsfleckenarmen  Kasse  mit  einer  solchen,  bei  welcher 
eine  Fleckenbildung  häufig  vorkommt,  nun  auch  bei  den  betreffenden 
Nachkommen  der  ersteren  Rasse  die  von  vornhei-ein  gegebene  Anlage 
mehr  als  vordem  zur  Ausbildung  angeregt  werden  kann.  —  Bei 
Annahme  einer  polj'phyletischen  Abstammung  könnte  man  sich  vor- 
stellen, daß  der  eine  oder  andere  Stamm  von  vornherein  gezeichnet 
war,  ein  anderer  vielleicht  nicht.  Das  erscheint  jedoch  unwahr- 
scheinlich, besonders  da  nach  Adachi  die  Hautpigmentierung  bei 
den  Affen  selbst  innerhalb  eines  Genus  sehr  übereinstimmend  ist. 
Ferner  scheint  mir  die  Variabilität  des  Vorkommens  der  Flecke 
auch  bei  den  einzelnen  dunkelfarbigen  Rassen  dagegen  zu  sprechen. 
Eine  Coriumzeichnung  dürfte  also  bei  allen  Stämmen,  wenn  auch  in 
verschiedenem  Grade,  vorhanden  gewesen  sein. 

Ich  bin  somit  der  Ansicht,  daß  die  Geburtsflecke  bei  Rassen, 
bei  welchen  sie  selten  angetroffen  werden,  einerseits  spontan  als 
eine  rudimentäre  Erscheinung  im  Sinne  Adachi's  auftreten  können, 
so  namentlich  in  Fällen,  in  welchen  eine  Beimischung  dunkleren 
Blutes  unwahrscheinlich  erscheint,  andrerseits  aber,  und  zwar  wohl 
weitaus  in  der  Mehrzahl  der  Fälle,  infolge  eines  Einschlages  von 
Seite  einer  Rasse,  bei  der  die  Flecke  häufig  vorkommen. 

Schließlich  sei  noch  die  Frage,  warum  sich  die  Geburtsflecke 
hauptsächlich  in  der  Gesäßgegend  vorfinden,  kurz  erörtert.  Darüber 
sowie  über  die  Ursache  derselben  im  allgemeinen  wurden  schon 
seit  jeher  die  verschiedensten  Vermutungen  geäußert,  und  auch  im 
Volke  sind  die  mannigfaltigsten,  zum  Teil  mj^thischen  Erklärungen 
im  Umlaufe  (vgl.  darüber  die  vorhin  genannten  Zusammenstellungen). 

Adachi  wagt  diesbezüglich  unter  dem  Hinweis  darauf,  daß  die 
Affen  in  der  Kreuz-Steiß-Glutealgegend  meist  nicht  besonders  reich- 
lich Pigmentzellen  tragen,  keine  spekulative  Erklärung.  In  seiner 
vorläufigen  Mitteilung  ließ  er  speziell  die  Fragen  offen,  ob  unsere 
Vorfahren  die  Pigmentzellen  besonders  in  dieser  Gegend  besessen 
haben  oder  ob  unsere  Kinder  diese  im  Zusammenhange  mit  dem 
entwicklungs-  oder  stammesgeschichtlichen  Zurückbleiben  der  cau- 
dalen  Gegend  und  Umgebung  hauptsächlich  hier  tragen.  Da  sich 
aus  den  vorliegenden  Untersuchungen  ergeben  hat,  daß  die  Zeichnungs- 
muster der  Haut  und  speziell  auch  die  des  Coriums  bei  den  Affen 
in  verschiedener,  aber  bei  den  einzelnen  Arten  in  ziemlich  charakte- 
ristischer Weise  auftreten,  halte  ich  die  Annahme  für  bei-echtigt, 
daß  bei  den  Vorfahren  des  Menschen  die  Kreuz-Steiß-Glutealgegend 


Ilautzeicbuuug  bei  (liehthehaarteii  Säugetieren.  313 

der  Hauptsitz  der  dunkeln  Zeichnung-  war  und  daß  sich  das  Pig- 
ment daher  iiauptsächlich  hier  eihält.  Da  nacii  unseren  heutigen 
Kenntnissen  die  Kreuzgegend  beim  Menschen  nicht  viel  häufiger 
l)igmentiert  ist  als  die  Steiß-  und  Glutealgegend.  möchte  ich  speziell 
auf  letztere  hinweisen,  da  sie  bei  manchen  Affen  {Cynocephalus)  im 
Corium  sehr  pigmenthaltig  ist;  von  Interesse  ist  es,  daß  diese  Stelle 
dann  auch  wie  beim  ^lenschen  mehr  oder  weniger  nackt  sein  kann. 
Auch  daß  die  Scliwanzgegend  in  den  Hauptsitz  der  Geburtsflecke 
fällt,  ist  beachtenswert,  da  bei  den  Affen  speziell  die  Schwanzwurzel 
sehr  häufig,  wenn  auch  oft  nur  in  der  Epidermis,  stark  pigmentiert 
ist.  In  zweiter  Linie  treten  die  Flecke  beim  Menschen  besonders 
im  übrigen  Teile  der  Rückenseite  des  Rumpfes  auf,  doch  will  ich 
mich  über  die  weitere  Ausdehnung  der  Hautzeichnung  unserer  Vor- 
fahren ebensowenig  äußern  wie  Adachi. 

Ich  glaube  also,  daß  für  die  Lage  der  Geburtsflecke  des  Menschen 
in  erster  Linie  die  spezifische  Zeichnung  der  Vorfahren  in  Betracht 
kommt  [vgl.  auch  Schwalbe  (b)  über  die  Vererbung  der  allgemeinen 
Hautfäibung  des  Menschen].  Ob  für  das  häufige  Vorkommen  der 
Hautpigmente  in  diesen  Gegenden  beim  Menschen  und  zum  Teil 
auch  bei  den  Affen  noch  eine  besondere  Ursache  mit  im  Spiele  ist, 
sei  dahingestellt.  Gegen  die  von  verschiedenen  Autoren  vorgebrachten 
Erklärungsversuche,  welche  zum  Teil  auf  abnormalen  bzw.  patho- 
logischen Zuständen  der  Kreuzgegend  fußen,  scheint  mir  besonders 
der  eben  angedeutete  Umstand  zu  sprechen,  daß  die  Flecke  nament- 
lich auch  in  der  Glutealgegend  auftreten.  Ich  beschränke  mich 
darauf,  den  neuesten  Erklärungsversuch,  welcher  sich  in  der  mehr- 
fach erwähnten  Abhandlung  Weidenreich's  vorfindet,  anzuführen. 
Nach  diesem  Autor  bietet  das  Pigment  dem  Rückenmark  einen  Licht- 
und  ^^'ärnleschutz,  dessen  es  in  der  Kreuzbeingegend,  die  bekannt- 
lich auch  eine  Prädilektionsstelle  für  Hypertrichose  ist,  besonders 
bedarf,  da  die  Bogen  der  einzelnen  Kreuzwirbel  erst  nach  der  Ge- 
burt miteinander  verschmelzen  und  der  Hiatus  canalis  sacralis 
dauernd  erhalten  bleibt  (über  die  Haarfärbung  bei  den  Säugetieren 
an  dieser  Stelle  s.  weiter  unten). 

Nun  möchte  ich  kurz  die  verschiedene  Verteilung  des 
Epidermispigmentes  bei  den  Affen  mit  dem  gelegent- 
lich bei  Individuen  der  dunkelfarbigen  Menschen- 
rassen zu  beobachtenden  partiellen  Albinismus  ver- 
gleichen,  welcher  wohl   zweifellos  mit   den   Pigmentierungsverhält- 


3U 


K.    TOLDT   JUU. 


nissen  der  Epidermis  in  Zusammenhang  steht.  Die  Epidermis- 
pig-mentierung  des  Menschen  ist  in  ihrer  makroskopischen  Ersclieinung 
bekanntlich  mehr  oder  weniger  kontinuierlich,  wenn  auch  au  ge- 
wissen Stellen  von  verschiedener  Stärke  (vgl.  etwa  die  Verhältnisse 
bei  dem  später  zu  erwähnenden  Ateles).  Mikroskopisch  erscheint  sie 
jedoch  vielfach  fleckig  (s.  besonders  Bkeul).  Beim  partiellen 
Albinismus  treten  bereits  makroskopisch  deutliche  Fleckenbildungen 
in  verschiedenster  Form  und  Lage  auf. 

Ich  will  aus  der  Litei-atur  nur  zwei  Beispiele  herausgreifen  und 
zwar  zunächst  den  von  Frasetto  (u.  a.  von  Levi)  beobachteten  Fall 


Fig.  B.    Beatrice  Anderson  im  15.  Lebensjahr       Fig.  C.    Rücken  der  weißen  Negerin 
(n.  Feasetto).  Ammanua  (u.  Frädäric). 


bei  einem  etwas  über  15  Jahre  alten  Mädchen,  Beatrice 
Anderson  (Textfig.  B),  dessen  Vater  ein  Neger,  dessen  Mutter  eine 
Mulattin  war.  Soweit  sich  das  Mädchen  untersuchen  ließ,  fanden 
sich  an  der  vorherrschend  dunklen  Haut  lichte  Gebiete  in  zum  Teil 
großer  Flächenausdehnung,  so  besonders  ein  breites  Band  quer  über 
die  Brust  und  ein  merkwürdig  symmetrisches  Gebiet  an  der  Stirne, 
welches  an  der  Glabella  schmal  beginnend  unter  birnförmiger  Ver- 
breiterung nach  aufwärts  unter  die  Kopfbehaarung  bis  zum  Obelion 
zieht.  Im  Bereiche  der  Kopfbehaarung,  welche  an  dieser  Stelle 
weiß  ist,  hatte  die  Haut  einen  rosa  Ton.  Auch  die  Oberarme  sind 
auf  größere  Strecken  licht  und  in  den  übrigen  Partien  mit  unregel- 


Hautzeicbnuiig  bei  «Hohtbehaarten  Säugetieien.  315 

mäßigen  liditeii  Flecken  verscliiedener  (jrüße  verseilen.  In  den 
lichten  Gebieten  finden  sich  stellenweise  einzelne  dunkle  Flecke, 
so  auch  zwei  im  lichten  Stirnoebiet  innerhalb  der  Behaarung,  an 
welchen  Stellen  gleichzeitig  die  Haare  dunkel  sind.  —  Die  Fleckung 
stammt  von  der  väterlichen  Seite;  von  den  Geschwistern  waren 
sechs  gleichfalls  gefleckt,  sieben  normal  dunkel. 

Der  zweite  Fall  betrifft  eine  von  Fri^deric  besprochene  an- 
geblich 24jährige  Negerin,  namens  Ammanua,  deren  Eltern 
beide  der  Negerrasse  angehörten  und  dunkelfarbig  waren.  Ammanua 
war  vorherrschend  lichthäutig  wie  ein  blonder  Europäer,  jedoch 
fanden  sich  am  Rücken  (Textfig.  C)  zahlreiche  groß  erbsen-  bis 
bohnengroße  dunkle  Flecke  mit  unregelmäßig  sternförmigen  Kon- 
turen. In  geringerer  Zahl  waren  sie  auch  an  den  Streckseiten  der 
Ober-  und  Unterarme  und  an  der  Brust  zu  sehen.  Sie  hatte  von 
einem  normal  pigmentierten  Neger  ein  Kind  mit  dunkler  Haut  wie 
andere  gleichaltrige  Negerkinder. 

Eine  Fleckung  in  der  Haut  von  Affen  wui-de,  wie  bereits  fiiiher 
angedeutet,  schon  mehrfach  beschrieben;  sie  kann  sowohl  auf  eine 
quantitativ  verschiedene  Verteilung  von  Corium-  als  auch  von  Epi- 
dermispigmentierung  zurückzufiihien  sein.  Auf  ersterer  beruhen  z.  B. 
die  hellen  Flecke  in  dunkler  Grundfarbe  an  der  Brust  von  Chrysoihrix 
sciurea  oder  im  Gesichte  von  Cynocephahis  und  an  manchen  Stellen  beim 
Orang  (Adachi).  auf  letztere  die  asymmetrisch  veileilten  dunkeln 
Flecke  im  Gesichte  eines  weiblichen  Schimpanse,  welche  Hilgexdorf 
u.  Paulicki  beobachtet  haben.  Außer  im  Gesicht  fanden  sie  sich  bei 
diesem  nur  noch  vereinzelt  an  den  Extremitäten  vor,  und  die  Autoren 
heben  ihre  asj-mmetrische  Lage  hervor.  In  anderen  Phallen  wii'd  nur 
von  Fleckung  im  allgemeinen  gesprochen  ohne  Angabe,  worauf  sie 
beruht  [z.  B.  bei  Hartmann  (b)  von  manchen  Exemplaren  des  Schim- 
panse, bei  Selenka  von  den  Orangs].  Nebenbei  sei  bemerkt,  daß 
lichte  Pünktchen  auch  durch  pigmentarme  Haarbälge  in  dunkler 
Umgebung  hervorgerufen  werden  können  (z.  B.  in  der  Glutealgegend 
des  CijnocepJmlüs,  Aijachi).')  Einen  schönen  Fall  von  Fleckung, 
welcher  sich  mit  den  Verhältnissen  bei  der  Ammanua  ganz  gut  ver- 
gleichen ließe,  fand  ich  bei  einem  später  noch  zu  erwähnenden  weib- 
lichen Lemur  varius  (Taf.  12,  Fig.  15).  Die  Rückenhaut  dieses  Halb- 
affen ist  licht,  aber  mit  ziemlich  regelmäßig  zerstreuten  erbsen-  bis 


1)   Wie    vorhin    erwähnt,    ist    auch    die   Pignientieruug    der    einzelnen 
Haarkeime  als  eine  fleckweise  Epiderniisfärbung  aufzufassen  [Schwalbe  (b)j. 


316  K.  ToLDT  jun  , 

bohneiigroßen  dunklen  Fleckchen  versehen,  welche  durcli  Epidermis- 
pigment  bedingt  werden.  Die  Epidermis  der  Bauchhaut  ist  bei 
diesem  Individuum  im  großen  und  ganzen  gleichmäßig  pigmentiert, 
doch  finden  sich  auch  hier  noch  einzelne  Flecke,  welche  sich  durch 
eine  stärkere  Pigmentierung  abheben.  Andi'erseits  kommt  in  der 
Bauchhaut  auch  noch  eine  Anzahl  erbsengroßer  lichter  Flecke  vor, 
welche  ganz  pigmentfrei  sind  und  ungefähr  der  Grundfärbung  der 
nur  schwach  pigmentierten  ßückenhaut  entsprechen.  Hervorgehoben 
sei.  daß  diese  lediglich  auf  einem  verschiedenen  Grad  bzw.  auf  dem 
Fehlen  von  Epidermispigmentierung  beruhenden  Fleckenbildungen 
sich  unter  drei  Varis  nur  bei  diesem  einen  vorfanden  und  somit  wie 
beim  Menschen  als  eine  Variation  erscheinen.  Bekanntlich  ist  bei 
diesem  Lemur  auch  die  Fellfärbung  sehr  variabel. 

Bezüglich  der  Hautfärbung  der  Anderson  findet  sich  unter 
meinem  Material  kein  Beispiel,  welches  hinsichtlich  der  lokalen  Ver- 
teilung der  pigmentierten  und  unpigmentierten  Hautstellen  direkt 
vergleichbar  wäre.  Morphologisch  ist  jedoch  auch  diese  aus  den 
Verhältnissen  bei  verschiedenen  Aifenarten  ohne  weiteres  verständ- 
lich. Kleinere  lichte  Flecke  an  Stellen  mit  pigmentierter  Epidermis 
haben  wir  besonders  in  der  Bauchhaut  des  erwähnten  Varis  vor  uns, 
während  die  Rückenhaut  desselben  ein  ausgedehntes  lichtes,  klein 
dunkelfleckiges  Gebiet  darstellt.  Größere  lichte  Bereiche  ohne 
nennenswerte  Fleckung  finden  sich  bei  verschiedenen  Affen,  so  z.  B. 
beim  Hulman  und  den  -beiden  anderen  Varis.  Diese  Gebiete  sind 
aber  mehr  abgeschlossen  und  ziemlich  symmetrisch  gelagert  und, 
was  auch  für  viele  kleine  dunkle  und  lichte  Flecke  des  genannten 
Varis  gilt,  zumeist  mehr  gleichmäßig,  d.  h.  nicht  so  zackig  begrenzt 
wie  vielfach  bei  den  angeführten  Beispielen  vom  Menschen.  Diese 
nur  teilweise  vorhandenen  Unterschiede  hängen  wohl  mit  einer 
größeren  Variabilität  dieser  Verhältnisse  bei  letzterem  zusammen. 
PJine  solche  scheint  besonders  auch  bei  den  anthropomorphen  Affen 
vorzukommen  (vgl.  z.  B.  den  oben  erwähnten  Schimpansen).  Für  die 
grundsätzliche  Übereinstimmung  der  verschiedenen  Formen  der 
Epidermispigmentverteilung  beim  Menschen  und  bei  den  einzelnen 
Affen  kommen  diese  Unterschiede  jedoch  nicht  in  Betracht. 

Das  gelegentliche  Vorkommen  von  gewissen  dunklen  Flecken 
in  der  an  sich  pigmentierten  Haut  beim  Menschen  [vgl. 
z.  B.  die  Bemerkung  Schwalbe's  (b)  über  die  Blandass-Stämme]  läßt  sich 
gleichfalls  mit   den  Verhältnissen  beim  genannten  Vari  vergleichen, 


Hrtutzeichmiii;^  bei  dichtbt'liaarten  Säugetieren.  317 

besonders  mit  den  Hautstellen,  an  welchen  in  dunklem  Grunde  noch 
dunklere  Flecke  vorhanden  sind. 

Auf  eine  Erörterung-  über  die  Ursachen  des  partiellen  Albinismus 
und  ähnlicher  Erscheinungen  beim  Menschen  kann  ich  mich  hier 
nicht  einlassen. 

Die  genaue  Beachtung  der  Hautzeichnung  der  Affen  zeigt  also 
besonders  deutlich,  daß  sich  die  verschiedenen  Hautpigmentationen 
des  Menschen  —  wenigstens  im  allgemeinen  —  ohne  Schwierigkeit 
mit  jenen   der  Affen  in  Verbindung  bringen  lassen. 

In  letzter  Zeit  konnte  ich,  wie  bereits  angedeutet,  noch  die 
Häute  von  drei  erwachsenen  Varis,  Lemur  varnis  Geoffr.  (,^,  $$, 
Sch.-St.-Länge  ca.  58  cm),  untersuchen,  welche  zu  Beginn  des  laufenden 
Jahres  aus  dei'  k.  k.  ^lenagerie  zu  Schönbrunn  einliefen.  Die  typische 
Form  dieses  Halbaffen  hat  bekanntlich  ein  schwarz  und  weiß  ge- 
zeichnetes, ziemlich  dichtes  Fell.  Wie  man  sich  nach  Auseinanderlegen 
der  Behaarung  leicht  überzeugen  kann,  sind  die  Haare  nicht  an  allen 
weißen  Fellstellen  durchaus  weiß,  sondern  im  basalen  Teil  oft 
schwärzlich.  Ganz  weiße  Fellstellen  fand  ich,  bei  allen  Exemplaren 
übereinstimmend,  nur  jederseits  unterhalb  dei-  Ohrmuschel  bis  an  die 
Kehle  hinab,  in  der  Steißgegend  und  mit  dieser  zusammenhängend 
beiderseits  eine  Strecke  weit  an  der  Hinterseite  des  proximalen 
Teils  der  Oberschenkel;  weiter  distal  wurden  die  Haare  in  ihrem 
Basalteile  dunkel.  Die  Epidermis  zeigt  stellenweise  eine  bald  mehr 
bald  weniger  starke  Pigmentierung,  welche  im  Gegensatz  zu  den 
Verhältnissen  beim  Hulman  meistens  nicht  scharf  abgegrenzt  ist. 
Auch  sind  die  licht  erscheinenden  Hautpartien,  wie  die  mikrosko- 
pische Untersuchung  zeigt,  in  der  Regel  noch  etwas  pigmentiert. 
Die  Haarfärbung  ist  an  die  Hautfärbung  nicht  gebunden,  doch 
kommen  die  dunklen  Haare  vornehmlich  an  stärker  pigmentierten 
Hautstellen  vor. 

Die  allgemeine,  makroskopisch  Avahrzunelimende  Hautpigmentie- 
rung  erschien  im  frischen  Zustande  an  der  Hautaußenfläche  rötlich- 
braun bis  schwarz  und  war  (an  der  Innenfläche)  in  bezug  auf  ihre  In- 
tensität bei  allen  drei  Individuen  wiederum  ganz  symmetrisch  und  in 
ihren  Grundzügen  gleichartig  verteilt.  Ihre  Ausdehnung  ist  jedoch  bei 
allen  eine  etwas  verschiedene,  und  zwar  nimmt  sie,  wie  es  scheint,  mit 
zunehmendem  Alter  des  Individuums  an  Umfang  zu.  Soweit  es  sich 
nach  der  Beschaffenheit  des  Dauergebisses  beurteilen  läßt,  war  das 
eine  Weibchen    mit    noch    durchaus    scharfen    Zähnen    das  jüngste. 


318  ■  K.   TOLDT  juii., 

Bei  diesem  erstreckte  sich  die  Piomentierung  nur  auf  den  Vorder- 
kopf.  auf  die  Hiiiterbauclig-egend  und  von  dieser  ausgehend  auf  die 
Vorderseite  der  hinteren  Extremitäten;  ferner  war  noch  die  ganze 
Schwanzhaut  dunkel.  Beim  Männchen  mit  etwas  abgenutzten  Zähnen 
war  die  ganze  Bauchfläche  —  besonders  in  ihrem  medianen  Abschnitt  — 
und  vorn  mit  dieser  zusammenhängend  auch  der  proximale  hintere 
Teil  der  Vorderextremitäten  und  —  in  etwas  geringerem  Maße  — 
die  ganze  Schulter-  und  Nackenpartie  deutlich  pigmentiert;  letztere 
stand  außerdem  in  ununterbrochener  Verbindung  mit  der  starken 
Pigmentierung  der  Kopfhaut.  Beim  ältesten  Individuum  mit  stark 
abgenutztem  Gebiß,  dem  zweiten  Weibchen,  waren  außerdem  noch 
alle  Extremitäten  in  ihrem  ganzen  Umfange  pigmentiert,  jedoch 
proximal  außen  relativ  schwach.  In  den  Grundzügen  war  die  Zeichnung 
somit  bei  allen  drei  Individuen  dieselbe,  jedoch  in  bezug  auf  die 
Ausdehnung  der  dunklen  Partien  ziemlich  variabel.  Aus  dem  vorläufig 
allerdings  ziemlich  geringen  Material  scheint  hervorzugehen,  daß  die 
Pigmentierung  bei  dieser  Art  mit  zunehmendem  Alter  des  Indivi- 
duums umfangreicher  wird.  Dafür  würde  auch  sprechen,  daß  das 
älteste  Exemplar,  wie  weiter  unten  noch  ausgeführt  werden  wird, 
außer  der  genannten  Zeichnung  auch  noch  eine  dunkle  Fleckung 
aufweist.  Diese  Verhältnisse  würden  dann  zu  jenen  der  Corium- 
zeichnung  bei  den  zwei  verschieden  alten  Magots  im  Gegensatz  stehen. 
Der  Vergleich  mit  der  Epidermiszeichnung  des  Hulmans  (und 
einzelner  von  Adachi  beschriebener  Arten)  deutet  darauf  hin,  daß 
die  Epidermiszeichnung  überhaupt  nicht  sehr  charakteristisch  sein 
dürfte.  Die  Hulman-Zeichnung  zeigt  nämlich  einige  Ähnlichkeit 
und  bildet  in  gewisser  Hinsicht  eine  Übergangsform  zwischen  der 
Zeichnung  des  jungen  $Varis  und  jener  der  beiden  anderen.  Denn 
einerseits  ist  die  Pigmentierung  der  Unterseite  des  Rumpfes,  wie 
beim  jüngsten  Vari,  auf  den  hinteren  Teil  des  Bauches  beschränkt, 
während  die  Pigmentierung  der  Kopfhaut  wie  bei  den  beiden 
anderen  mit  der  der  Vorderextremitäten  zusammenhängt.  Gleich- 
wohl sind  die  Unterschiede  zwischen  beiden  Arten  noch  ziemlich 
beträchtlich  und  wohl  typisch;  doch  ist  es  keineswegs  ausge- 
schlossen, daß  auch  diese  durch  weitere  Variationen  abgeschwächt 
werden  können.  Zunächst  ist  bei  unserem  Hulman-Exemplar.  bei 
dem  die  Zeichnung  an  sich 'schärfer  ausgeprägt  ist,  die  Kehle  stark 
pigmentiert,  der  Nacken  und  Rücken  dagegen  licht.  Bei  den  drei 
Varis  ist  die  Kehle  relativ  licht  und  bei  den  beiden  älteren  der  Nacken 
und  der  Vorderrücken  dunkel.    Beim  Hulman  ist  ferner  die  Bauch- 


Hautzeiclimuiü:  bei  dichtbehaarten  Säugetieren.  319 

geg-eml  in  ncx-h  gering^ereni  umfang  dunkel  als  beim  jüngeren  $VarJ, 
wogegen  bei  jenem  die  Kreuz-Inguinalgegend  pigmentiert  ist. 

Die  Haut  des  stärker  i)igmentierten  alten  9  Varis  (Taf.  12  Fig.  15) 
zeigt,  wie  bereits  angedeutet,  außer  der  typischen  Yari-Zeichnung 
auch  noch  eine  Fleckung.  und  zwar  eine  dunkle  und  eine  lichte. 
Beide  Arten  von  Flecken  sind  nur  erbsen-  bis  bohnengroß,  die  dunklen 
durchschnittlich  etwas  grüßer  als  die  lichten.  Sie  sind  zumeist  ganz- 
randig  begrenzt,  mitunter  aber  auch  unregelmäßig  zackig.  Die 
dunklen  Flecke  waren  an  der  Innenseite  der  frisch  abgezogenen 
Haut  besonders  deutlich  am  relativ  lichten  Rücken  zu  sehen;  hier 
finden  sie  sich  vom  Nacken  bis  in  die  Glutealgegend  allenthalben 
zerstreut,  jedoch  im  medianen  Teil,  und  zwar  besonders  in  der  kau- 
dalen  Rückenhälfte,  auffallend  spärlich.  Ein  relativ  großer  querge- 
streckter (aus  zweien  verschmolzener?)  Fleck  befindet  sich  an  der 
linken  Schulterpartie.  Dunkle  Flecke  sind  jedoch  auch  in  stark 
pigmentierten  Teilen,  so  namentlich  proximal  am  Oberarm  und  Ober- 
schenkel, infolge  ihrer  intensiveren  Färbung  zu  erkennen.  Die 
lichten  Flecke  sind  ganz  pigmentlos  und  fallen  hauptsächlich  in 
stark  pigmentierten  Gebieten  auf,  so  in  der  haararmen  Submental- 
region,  dann  besonders  am  Bauch  und  am  proximalen  Teil  der  Ex- 
tremitäten. Sie  kommen  auch  in  dem  schwach  pigmentierten  Teil 
der  Rückenhaut  vor,  kontrastieren  hier  aber  naturgemäß  nicht 
stark.  Mitunter  kommen  dunkle  und  lichte  Flecke  knapp  neben- 
einander vor.  Beide  Arten  von  Flecken  sowie  die  allgemeine  Pig- 
mentierung stellen,  wie  vorhin  bemerkt,  nur  einen  verschiedenen 
Quantitätsgrad  bzw.  den  Mangel  von  Epidermispigmentierung  dar, 
wobei  sich  die  ersteren  auch  infolge  ihres  lokal  eng  begrenzten  Umfangs 
von  der  Umgebung  besonders  scharf  abheben.  Die  verschiedene  Pig- 
mentierung ist  an  der  Außenseite  der  Haut  auch  noch  nach  der 
Alkoholkonservierung  zu  erkennen,  jedoch  wegen  der  Dichte  der 
Behaarung  in  ihrer  Gesamtheit  schwer  zu  überblicken.  Die  Haut- 
fleckung  steht  mit  der  Fellfärbung  gleichfalls  in  keinem  Zusammen- 
hang. 

Hier  sei  nochmals  darauf  hingewiesen,  daß  das  Individuum  mit 
der  gefleckten  Haut  älter  w^ar  als  die  beiden  anderen  einfach  pig- 
mentierten Exemplare,  von  w^elchen  das  eine  gleichfalls  ein  Weibchen 
war.  Ob  die  Fleckung  mit  dem  hohen  Alter  zusammenhängt  oder 
nur  eine  rein  individuelle  Verschiedenheit  darstellt,  muß  vorläufig 
dahingestellt  bleiben.  Da  auch  die  allgemeine  Pigmentierung  bei 
den  drei  vorliegenden  Varis  entsprechend  dem  vorgeschrittenen  Alter 

Zool.  .lahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Syst.  21 


820  K.  ToLDT  jnn., 

eine  ausoedeliutere  ist,  könnte  die  Fleckung-  immerhin  darauf  zurück- 
zuführen sein,  —  Diese  Verliältnisse  sind  wiederum  ein  Beweis 
dafür,  daß  die  verschiedenen  Hautpigmentationen  mit  der  des  Haar- 
kleides in  keinem  bestimmten  Verhältnis  stehen. 

Schließlich  konnte  ich  auch  die  Haut  eines  noch  nicht 
ausgewachsenen  ^  Ateles  ater  Cuv.  (25.  2.  1913,  Sch.-St- 
Läng-e  36  cm)  untersuchen.  Diese  Art  stand  auch  Adachi  in  einem 
(^  Exemplar  zur  Verfügung,  und  meine  Befunde  decken  sich  mit  seinen 
Angaben.  Die  Epidermis  war  allenthalben  pigmentiert,  besonders 
stark  am  Bauch  und  an  den  Extremitäten.  An  letzteren  war  die 
Außenseite  der  Haut  fast  schwarz,  am  Bauche  rötlich  schwarz  und 
am  lichtesten  am  Rücken,  besonders  in  seinem  hinteren  Teil. 

Das  untersuchte  Material  zeigt  bereits,  daß  die  Haut- 
pigmente bei  den  Primaten  vielfach  in  einer  Ver- 
teilung auftreten,  wie  sie  auch  bei  der  Fellfärbung 
dieser  Sau getieror du  ungen  im  allgemeinen  anzutreffen 
ist.  So  decken  sich  z.  B.  die  lichten  Längsstreifen  der  im  übrigen 
coriumpigmentierten  Rumpfhaut  des  Magot  ungefähr  mit  dem  Haut- 
gebiet, welches  beim  Colobus  ahyssinicus  caudatus  Thos.  beiderseits 
die  weiße  Rumpfmähne  trägt.  Das  weiße  Band  quer  über  die 
Nackenhaut  des  Magots  hat  ein  Analogon  am  Felle  der  roten  Varietät 
des  Lemur  varius.  Der  dunkle  Streifen  entlang  der  Rückenmitte 
am  Felle  von  Nijdicebiis  tardigrachis  könnte  allenfalls  mit  dem  ent- 
sprechenden, aber  breiteren  dunklen  Hautstreifen  des  Inuus  verglichen 
werden.  Bezüglich  der  Epidermispigmentierung  wäre  —  abgesehen 
davon,  daß  die  Fellfärbung  bei  vielen  Atfen  ziemlich  einfarbig  ist, 
was  der  einheitlichen  Pigmentierung  der  Kattahaut  entspricht,  und 
daß  die  Außenseite  der  Extremitäten  sehr  oft  auch  am  Felle  mehr 
oder  weniger  dunkler  ist  als  die  Innenseite  —  z.  B.  die  dunklere 
Fellfärbung  am  Bauche  bei  Propithecus  verreauxi  coguereli  Grand. 
und  Hylohates  pileatus  Gray  anzuführen,  welche  mit  der  Epidermis 
pigmentierung  der  beiden  älteren  Varis  zusammenfällt  (s.  auch 
weiter  unten). 

Vielfach  finden  sich  jedoch  auch,  so  besonders  in  bezug  auf  den 
letzteren  Fall,  die  entgegengesetzten  Verhältnisse.  Die  Extremitäten 
sind  mitunter  auch  außen  auffallend  licht  behaart,  z.  B.  bei  Indris 
brevicaudatus  Geoffr.,  Midas  oedipus  L.  und  Cercopithecus  pyrrhonotus 
Hemp.  et  Ehrenb. 

Ferner  sei  die  dem    epidermis pigmentierten  Kreuz- 


Hautzeichuung-  bei  dichtbehaarten  Säugetieren.  321 

fleck  der  H  u  1  in a ii  li  a u t  in  b e z n {2:  auf  den  F a r b  e n  1 0 n 
mitunterentg-ei^engesetzteZeiclinung  des  Felles  dieser 
Kürpergegend  hervorgehoben;  dabei  steht  diese  Zeichnung  in 
den  nachgenannten  Fällen  in  keiner  direkten  Beziehung  zu  einer 
allgemeinen  Kürpei'zeichnung  (Streifung  oder  Fleckung):  Indris 
brevicaudatus  Geoffr.,  Nasalis  larvatus  Wurmb.,  Semnopithecus  cephalo- 
pterus  ZiMJi,  und  S.  nemaeus  L.  (s.  z.  B.  auch  Allen).  Bei  diesen 
Arten  ist  die  Kreuz-Steißgegend  durch  eine  auffallend  hellere  (bei 
S.  nemaeus  gleichzeitig  auch  bedeutend  kürzere)  Behaarung  von  der 
Umgebung  mehr  oder  weniger  scharf  abgesetzt  und  geht  vielfacli 
auch  auf  den  Schwanz  über.')  —  Ähnliche  Verhältnisse  kommen 
auch  bei  manchen  Wiederkäuern  vor.  Der  sogenannte  (lichthaarige) 
..Spiegel"  beschränkt  sich  bei  unseren  Rehen  und  Hirschen  vor- 
nehmlich auf  den  Hinterrand  des  proximalen  Teiles  der  Oberschenkel 
und  reicht  nur  bis  zur  Schwanzwurzel  hinauf.  Bei  anderen  Hirschen 
{Cerviis  canadensis  Erxl.  und  C.  mardl  Ogilby)  sowie  bei  Ovis 
canadensis  Shaw  und  bei  Gasella  soemmeringi  Rüpp.  erstreckt  er  sich 
aber  noch  ein  gutes  Stück  weit  nach  vorn  (Steiß-Kreuzgegend)  und 
hat  hier  einen  bilateral-symmetrischen,  mehr  oder  weniger  kreis- 
bogenförmigen Umriß.  Beim  Cohus  ellipsiprymnus  Smith  ist  diese 
ganze  Gegend  dunkel  wie  die  Umgebung,  aber  durch  einen  weißen, 
kreisförmigen  Streifen  abgegrenzt.  Interessant  ist,  daß  sich,  wenn 
diese  Stelle  dui'chaus  licht  ist,  in  ihr  mitunter  der  mediane  dunkle 
Rückenstreif  erhalten  hat,  so  z.  B.  bei  Cervus  maral  und  Ovis  cana- 
densis (über  den  Rückenstreif  s.  S.  304).  Bei  Aepyceros  tnelampus  Licht. 
ist  wie  auch  bei  anderen  Antilopen  nur  die  Partie  unterhalb  des 
Schwanzes  licht;  bei  der  genannten  Art  reicht  die  lichte  Färbung 
aber  relativ  weit  seitlich  auf  die  Schenkel ;  dabei  zieht  durch  dieses 
lichte  Gebiet  beiderseits  ein  deutlicher  schwarzer  Streif  von  oben 
nach  unten.  —  Ein  breites  weißes  Band  quer  über  die  Kreuzgegend 
findet  sich  ferner  bei  PJioca  fasciata  (Allen). 

Ein  ausgesprochener  Fall,  in  w^elchem  die  Behaarung  der  Kreuz- 
Steißgegend  in  größerem  Umfange  durch  eine  dunkle  Färbung  von 
der  Umgebung  absticht,  ist  mir  bei  den  Affen  und  auch  bei  anderen 
wildlebenden  Säugetieren  gegen w^ärtig  nicht  bekannt.  Einen  schwarzen 
Kreuzfleck  in  Fortsetzung  der  Dorsallinie  gibt  jedoch   Allen  von 

1)  Die  von  Adachi  angeführte  schmale  ringförmige  Hautzeichnung 
lingd  um  den  Anus  bei  einzelnen  Arten  von  Senrfiojiltl/rrKs,  Ccrcopithecuft 
und   MacacHü  hängt  mit  diesen   Verhältnissen  wohl  nicht  zusammen. 

21* 


322  K.  ToLDT  jun.. 

einem  Propithecus  diadema  an,  weiter  erwähnt  er  eine  dunkle  bzw. 
lichte  Färbung  der  Schwanzwurzel  bei  Lemur  collaris  und  DidelpJnjs 
bzw.  bei  einem  Lemur  varius.  —  In  solchen  Fällen  wäre  die  Unter- 
suchung der  Haut  sehr  am  Platze,  doch  dürften  sich  nach  den  all- 
gemeinen hier  erörterten  Verhältnissen  auch  diesbezüglicli  keine 
konstanten  Beziehungen  zwischen  der  Färbung  der  Haut  und  jener 
des  Felles  ergeben. 

Eine  deutlich  ausgeprägte  (d.  h.  nicht  nur  ganz  oberflächliche 
diftuse)  Fleckung,  welche  der  Epidermisfleckung  beim  älteren  Vari 
vergleichbar  wäre,  ist  mir  bei  keinem  Aflfenfell  bekannt  (vgl.  die 
weiße  Sprenkelung  bei  manchen  GaleopitJiecus-'ExemT[)\?iYei[i). 

Adachi  führt  an,  daß  wie  beim  Menschen  so  auch 
bei  den  Affen  die  Haut  am  Rücken  im  allgemeinen 
stärker  pigmentiert  ist  als  am  Bauch.  Zu  dieser  Schluß- 
folgerung gelangte  er,  obgleich  er  selbst  bereits  bei  einzelnen  Arten 
Abweichungen  angetroffen  hatte.  So  erwähnt  Adachi  z.  B.,  daß  das 
Coriumpigment  bei  Chrysothrix  sciurea  dorsal  am  Rumpfe  beinahe 
fehlt,  ventral  aber  reichlich  vorhanden  ist,  ferner,  daß  es  bei  einem 
Cynocephalus  porcarius,  bei  Cercopithecus  caUitrichus  und  C.  mona  am 
Bauche  bedeutend  reichlicher  ist  als  am  Rücken;  das  gilt  auch  für 
den  Orang,  doch  verhält  sich  hier  das  Epidermispigment  umgekehrt. 
In  anderen  Fällen  {Mycetes  seniculus  und  Semnopithecus  maurus)  ließ 
sich  bezüglich  einer  bestimmten  Verteilung  des  Epidermispigments 
am  Rumpfe  kein  regelmäßiger  Unterschied  feststellen.  Bei  den  vor- 
liegenden Häuten,  welche  ich  durchweg  im  ganzen  untersuchte, 
finden  sich  bezüglich  der  genannten  Verallgemeinerung,  mit  Aus- 
nahme der  einheitlich  gefärbten  Katta-Haut,  bei  allen  anderen  be- 
trächtliche Abweichungen  bzw.  der  direkte  Gegensatz.  So  ist  bei 
den  drei  Varis  der  Rücken  größtenteils  licht,  der  Bauch  dagegen 
ganz  oder  wenigstens  im  hinteren  Teile  in  der  Epidermis  pigmentiert. 
Die  Hulman-Haut  zeigt  dorsal  nur  den  Kreuzfleck,  während  die 
Unterseite  am  Hals  und  an  der  Brust  sowie  an  den  Weichen  dunkel 
ist.  Beim  Ateles  ater  ist  die  Bauchhaut  deutlich  stärker  pigmentiert 
als  die  Rückenhaut.  Beim  Inuus  mit  Coriumpigment  sind  die  lichten 
Gebiete  am  Rücken  bedeutend  stärker  vertreten  als  am  Bauch.  Beim 
Cebiis  sind  sie  ziemlich  gleich  verteilt.  Daraus  ergibt  sich  wohl 
schon  hinlänglich,  daß  die  ADACHi'sche  Verallgemeinerung  nicht  zu 
hoch  veranschlagt  werden  darf. 

Bezüglich  der  Fellfärbung  sei  die.sbezüglich  bemerkt,  daß  es 
jedenfalls  auffallend  ist,  daß  eine  große  Zahl  von  Säugetieren  an  der 


Hautzeichuuug  bei  dichtbehaarten  Säugetieren.  323 

Oberseite  eine  dunklere  Fellfärbung  besitzt  als  an  der  Unterseite. 
Jedoch  gibt  es  viele  aus  den  verschiedensten  Ordnungen,  welche 
mehr  oder  weniger  einheitlich  gefärbt  sind  [vgl.  z.  B.  Schwalbe's  (b) 
Zusammenstellung  hinsichtlich  der  Affen],  und  auch  der  direkte  Gegen- 
satz lindet  sich  nicht  so  außerordentlich  selten,  wie  man  vielfach  an- 
zunehmen scheint.  Als  Beispiele  hierfür  werden  meistens  nur  ein 
paar  Arten  angeführt,  wie  besonders  der  Hamster,  der  Iltis,  der 
Dachs  und  das  Stinktier.  Eine  ganz  flüchtige  Umschau  in  der  Lite- 
ratur (s.  z.  B.  Pagenstecher)  und  in  den  Sammlungen  des  Wiener  Hof- 
museums ergab,  daß  außerdem  noch  nachgenannte  Säugetiere  an  der 
Bauchseite  dunkler  sind  als  am  Rücken.  Der  Unterschied  ist  bald 
mehr,  bald  weniger  auffallend,  doch  habe  ich  nur  deutlich  ausgeprägte 
Felle  aufgenommen.  Bei  einzelnen  wenigen  Arten  gilt  es  allerdings 
nur  für  bestimmte  Individuen  (z.  B.  für  alte  Männchen).  Bei  manchen 
anzuführenden  Tieren  ist  die  Oberseite  mehrfarbig  (gezeichnet),  dann 
überwiegt  hier  aber  die  lichte  Färbung.  In  einzelnen  Fällen  dürfte 
die  dunkle  Bauchfärbung  mehr  durch  die  Wollhaare  als  durch  die 
hier  relativ  spärlichen  Deckhaare  hervorgerufen  werden  (so  vermut- 
lich bei  Vulpes  melanofjaster).  Beispiele:  Bradijims  tridactylus  L., 
Tauroiragus  oryx  (jigas  Heugl.  und  Strepsiceros  strepsiceros  Fall.,  so- 
wie bei  manchen  anderen  Antilopen,  Cerviis  maral  Ogilby  und  bei 
anderen  Hirschen,  Camelus  bactrianus  L.,  Tapirus  indicus  Cuv.,  Sciurus 
melanogaster  Thos.,  Felis  leo  L.  (Bauchmähne),  Lycaon  pictus  Temm., 
Icticyon  venaticus  Sund.  (=  melanogaster  Gkay),  Futorius  sannaticus 
Fall.,  Vulpes  vulpes  melanogaster  Bon.,  Galera  barbara  L.,  Giilo  luscus 
L.,  Zorilla  frenata  Sund.,  Mellivora  ratel  Spakem.,  Äihiriis  fulgens 
Cuv.,  Lemur  variiis  ruber  E.  Geoffk.,  Fropithecus  verreauxi  coquereli 
Grand.,  Midas  midas  L.,  Alouata  seniculus  L.  (Behaarung  relativ  spär- 
lich), Fapio  anubis  doqiiera  Fuch.  et  Schimp.,  Hylobates  pileatus  Gray 
(dunkle  Bauchbehaarung  relativ  kurz!),  Gorilla  beringei  Matschie 
(altes,  an  der  Bauchseite  teilweise  nur  spärlich  behaartes  <^).  Hierher 
könnte  man  etwa  auch  jene  Individuen  des  Langschnabeligels 
(Zaglossus)  zählen,  bei  welchen  das  Stachelkleid  am  Rücken  die  Be- 
haarung überwiegt ;  da  die  Stacheln  im  unversehrten  Zustande  licht 
sind,  kontrastiert  die  Oberseite  mit  der  dunkelbraun  bis  schwärzlich 
behaarten  Unterseite.  Diese  Zusammenstellung  ließe  sich  zunächst 
durch  nahe  Verwandte  einzelner  genannter  Arten  ergänzen;  auch 
sonst  ist  sie  gewiß  lückenhaft.  Daher  will  ich  mich  auf  keine 
weiteren  Betraclitungen  einlassen  und  nur  hervorgehoben  haben,  daß 
man  die  ziemlich  häufige  Gleichfarbigkeit  der  Behaarung  der  Ober- 


324  K.  ToLDT  Jim., 

und  Unterseite  der  Säugetiere  bzw.  die  allerdings  seltene  dunklere 
Färbung  der  letzteren  bei  Erörterungen  über  eventuelle  besondei'e 
Ursachen  der  tatsächlich  weit  verbreiteten  Erscheinung  der  dunkleren 
Rückenfärbung  nicht  zu  sehr  in  den  Hintergrund  stellen  darf.  Nach 
allem  dürfte  es  nicht  leicht  fallen,  für  die  vielen  Abweichungen 
jeweils  eine  besondere  Erklärung  zu  finden.  Daß  die  Kreuz-Steiß- 
gegend mitunter  auffallend  lichthaarig  ist,  wurde  bereits  mehrfach 
erwähnt  (S.  304  u.  321). 

Adachi  hat  weiter  gefunden,  daß  der  beim  Menschen  zu  den 
am  stärksten  pigmentierten  Körperteilen  gehörige  Nacken  bei  den 
Affen  sehr  pigmentarm  ist.  Das  gilt  auch  für  einige  vorliegende 
Häute  und  in  einzelnen  Fällen  auch  für  die  Behaarung  (s.  oben). 
Bei  der  Haut  des  alten  Varis  fällt  er,  wie  ja  auch  bei  vielen  Affen- 
fellen, in  ein  relativ  dunkles  Gebiet.  Bei  der  Cebus-'H.a.ut,  bei  der 
die  am  Felle  vieler  Säugetiere  scharf  abgesetzt  dunkle  Mittellinie 
des  Rückens  licht  ist,  ist  es  nicht  uninteressant,  daß  sich  die  Pig- 
mentierung im  lichten  Nackenfleck  in  Form  eines  medianen  zipfel- 
förmig  von  vorn  eindringenden  Fortsatzes  mit  einer  gewissen  Zähig- 
keit zu  behaupten  trachtet;  das  Gleiche  gilt  vom  jungen  Magot,  bei 
dem  auch  von  hinten  ein  solcher  Fortsatz  in  das  lichte  Querband 
des  Nackens  eindringt;  bei  dieser  Art  ist  auch  die  übrige  mediane 
Rückenpartie  dunkel  (vgl.  auch  Abschnitt  8). 

Der  Befund  Adachi's,  daß  die  Extremitäten  und  der  Schwanz 
bei  den  Affen  im  allgemeinen  stark  pigmentiert  sind,  trifft  auch  bei 
unserem  Material  zu,  und  zwar  sind  erstere  vorzugsweise  außen 
(Cebus)  und  letzterer  dorsal  {Cebus,  Schwanzwurzel)  dunkel.  Die 
Pigmentierung  kann  sich  aber  auch  mehr  oder  weniger  auf  den 
ganzen  Umfang  der  Extremitäten  und  des  Schwanzes  (bei  einem 
Vari  und  beim  Hulman)  erstrecken,  oder  bei  den  ersteren  nur  auf 
die  Innenseite  (bei  2  Varis);  einen  letzteren  Fall  hat  Adachi  nicht 
beobachtet.  Besonders  zu  bemerken  ist,  daß  die  Flanken  in  unseren 
Fällen  mit  Coriumpigment  stets  pigmentiert  waren.  Bei  allen  vor- 
liegenden Häuten  war  der  Kopf  mehr  oder  weniger  dunkel;  nach 
Adachi  kann  er  auch  licht  sein. 

Nach  dem  von  mir  untersuchten  Material  scheint  das  Epidermis- 
pigment  an  der  Dorsalseite  des  Rumpfes  mehr  in  der  vorderen  (Vari, 
Ateles),  an  der  Ventralseite  mehr  an  der  hinteren  Rumpfhälfte 
(jüngerer  $  Vari)  aufzutreten.  Bezüglich  des  Coriumpigments  läßt 
sich  in  dieser  Hinsicht  höchstens  sagen,  daß  die  vordere  Rumpf- 
partie dorsal  relativ  pigmentarm  ist. 


Hautzeichnung  bei  dichtbehaarten  Säugetieren.  325 

Diese  Betrachtungen  zeigen  also  einei'seits,  daß  die  Hautpig- 
nientierungen  bei  einzelnen  Affenarten  vielfach  in  ähnlicher  lokaler 
Verteilung  auftreten  können  wie  die  dunkle  P'ellzeichnung  im  all- 
gemeinen, andrerseits  daß  solche  Gebiete  aber  auch  scharf  umgrenzt 
lichthäutig  bzw.  -haarig  sein  können.  Gewisse  Hautpartien 
zeigen  also  sowohl  hinsichtlich  der  Hautpi gm entierung 
als  auch  von  dieser  unabhängig  namentlich  bezüglich 
der  Fellfärbung  vielfach  die  Neigung,  von  der  Um- 
gebung zu  kontrastieren.  Dabei  muß  es  sich  nicht 
immer  ausschließlich  um  einen  lichteren  oder  nur  um 
einen  dunkleren  F  a  r  b  e  n  t  o  n  handeln,  vielmehr  können 
manche  derartige  Haut-  bzw.  Fellgebiete  bald  dunkel 
bald  licht  sein.  Ich  möchte  diesbezüglich,  ohne  mich  damit  ein- 
gehender zu  befassen,  nur  noch  auf  ein  paar  Beispiele  am  Haar- 
kleide der  Säugetiere  im  allgemeinen  hinweisen,  welche  frei  endigende 
Körperteile  betreffen.  Unter  diesen  Beispielen  finden  sich  allerdings 
einige  Fälle,  in  welchen  ein  solches  Abzeichen  dem  Charakter  der 
allgemeinen  Fellfärbung  nach  nicht  überraschend  erscheint. 

Bekanntlich  ist  die  Hinter  fläche  der  Ohrmuschel  oft 
ganz  oder  nur  an  der  Spitze  relativ  dunkel  behaart  nnd  kontrastiert 
dann  mitunter  scharf  von  der  Umgebung,  z.  B.  bei  Aüuroims  melano- 
leucus  A.  M.  Edw.,  dann  bei  Lepus  europaeus  Fall.,  Vulpes  vulpes  h., 
Lynx  lijnx  L.  (auch  schwarzes  Ohrbüschel)  und  schwarz  gesäumt  bei 
Ohipia  johnstoni  Sclat.  Sie  kann  jedoch  auch  durchaus  oder  an 
den  Rändern  weiß  kontrastieren,  z.  B.  bei  Procyon  lotor  L.,  bei 
Lenmr  caüa  L.  und  L.  varius  Geoffr.  ,  ferner  weiß  gesäumt  bei 
31eles  taxus  Bodd.  und  bei  Aüurus  fiilgens  Cuv.  Interessanterweise 
findet  sich  bei  manchen  Katzen  außen  an  der  schwarz  behaarten 
Ohrmuschel  gegen  die  Spitze  zu  ein  weißlicher  Fleck,  z.  B.  Felis 
tifjris  L.,  F.  pardalis  L.  und  F.  viverrina  Benx. 

Ein  weiteres  Beispiel  ist  die  mitunter  mit  besonders  starken 
und  langen  Haaren  besetzte  Schwanzspitze,  deren  Behaarung 
bekanntermaßen  oft  abgesetzt  dunkel  ist  (bei  Lynx  lynx  L.,  Felis 
catus  (ferus)  L.,  F.  leo  L.  und  anderen  Katzen,  bei  Urocyon  cinereo- 
argcntatus  Müll.,  Putorius  ermineus  L. ,  bei  den  Giraten  und  beim 
Okapi  etc.).  In  manchen  Fällen  ist  sie  jedoch  weiß,  z.  B.  beim 
Birkfuchs,  bei  Lycaon  pidus  Temm.,  Connochoetes  gnu  Zimm.,  Lemur 
caüa  L.  und  manchen  Colohus-Xi'iew.  Mitunter  finden  sich  au  der 
Schwanzspitze  weiße  und  schwarze  Haare  gleichzeitig  vor  (z.  B.  bei 


326  K.  ToLDT  ]un., 

vielen   Exemplaren    unseres   einheimischen   Fuchses,    bei    manchen 
Schakalen,  Gazellen  etc.). 

Besonders  auffallend  ist  mitunter  bekanntlich  auch  die  Fell- 
färbung  an  den  distalen  Teilen  der  Extremitäten;  so 
sind  diese  z.  B.  ganz  oder  teilweise  dunkel  bei  Macropus  irma  Joukd. 
(vordere  Extremität),  Putorius  nigripes  Aud.  Bachm.  (auch  schwarze 
Schwanzspitze),  Buhalis  lichtensfeini  Pet.,  Lemur  varius  Geoffe.  und 
bei  vielen  Exemplaren  unseres  Fuchses,  dagegen  licht  bei  manchen 
TragelapJms- Arten,  bei  Benntieren,  bei  Midas  midas  L.  und  Hißohates 
lar  L.  (vgl.  auch  die  anderen  Säugetiere  mit  der  Speciesbezeichnung 
nigh-  bzw.  albipes).  Beim  Okapi  befindet  sich  oberhalb  an  die  dunklen 
Klauen  anschließend  ein  weißer  Ring,  welcher  proximal  von  einem 
dunklen  begrenzt  wird;  bei  Taurotragus  oryx  gigas  Hgl.  ist  diese 
Gegend  schwarz,  und  dorsal  in  diesem  Ring  findet  sich  ein  weißer 
Halbring.  Ähnlich  sind  bei  Glis  meloni  Thos.  die  Füße  an  der 
Dorsalseite  proximal  dunkel,  distal  hell.  Annähernd  das  umgekehrte 
Verhältnis  liegt  bei  Lemur  varius  Geoffe.  und  Semnopithecus  nemaeush. 
vor.  Derartige  Abzeichen  stehen  mitunter  jedoch  sichtlich  mit  einer 
entsprechenden  Färbung  der  ganzen  Extremitäten  bzw.  des  ganzen 
Körpers  im  Einklang.  So  sind  z.  B.  bei  manchen  Steinböcken  die  Extremi- 
täten mehr  oder  weniger  longitudinal  dunkel  oder  beimanchen  Antilopen 
licht  gezeichnet;  bezüglich  der  Übereinstimmung  der  Fußzeichnung 
mit  der  allgemeinen  Körperzeichnung  vgl.  besonders  das  Okapi.  — 
Über  derartige  Verhältnisse  bei  Haussäugern  s.  z.  B.  Daewin. 

In  manchen  Fällen  hängt  eine  abweichende  Färbung  der  Be- 
haarung sichtlich  mit  besonderen  Verhältnissen  der  Haut  zusammen. 
Eine  solche  findet  sich  bekanntlich  vielfach  an  gewissen  Haut- 
drüsen. So  sind  die  Haare  an  der  Rückendrüse  der  Procaviiden 
bald  dunkel,  bald  licht,  an  den  Fußdrüsen  verschiedener  Hirscharten 
weiß,  an  der  Violdrüse  von  gewissen  Caniden  in  ihrem  apicalen 
Teile  schwarz.  An  der  Rückendrüse  von  Notorijäes  typhlops  Stelg. 
zeigt  die  hier  relativ  kurze  Behaarung  keinen  wesentlichen  Färbungs- 
unterschied. In  solchen  Fällen  ist  die  Behaarung  oft  auch  hinsicht- 
lich der  Haarmenge,  der  Haarformen  etc.  eine  besondere.  All  dies 
steht  offenbar  mit  der  eigenartigen  Beschaffenheit  der  Haut  an 
solchen  Stellen  im  Zusammenhang.  Im  Bereiche  der  Violdrüse  des 
Fuchses  sind  z.  B.  gewisse  Behaarungsverhältnisse  sogar  schon  bei 
Embryonen  und  Neugeborenen,  bei  welchen  die  Drüse  selbst  noch 
nicht  deutlich  differenziert  ist,  von  jenen  der  Umgebung  w^esentlich 
verschieden  [Toldt  (b)].     Von   einer   abweichenden  Haarfärbung   ist 


Hautzeichuung  bei  dichtbehaarteu  Säugetieren.  327 

(lag-eg-en   noch   nichts   wahrznnehmen;   sie   ist   eben   nur  von  unter- 
i>eordneter  Bedeutung. 

Abgesehen  von  besonderen  Verhältnissen,  wie  z.  B.  bei  den 
Drüsen,  muß  man  sicli  bei  solchen  Betraclitungen  stets  auch  vor 
Augen  halten,  daß  es  mehr  oder  weniger  zahlreiche  Arten  gibt, 
welche  keine  solchen  Färbungsdifferenzierungen  aufweisen.  Weiter 
kann  man  sicherlich  nicht  annehmen,  daß  den  meisten  derartigen 
Abzeichen  eine  besondere  Ursache  zugrunde  liegen  muß.  Das  könnte 
ebensogut  auch  in  solchen  Fällen  gelten,  die  relativ  weit  verbreitet 
sind,  t/berhaupt  ist  die  lokale  Verteilung  der  verschiedenen  Zeich- 
nungen des  Felles  sowie  der  Haut  bei  den  Säugetieren  so  mannig- 
fach, daß  wohl  nur  in  ganz  wenigen  Fällen  eine  konstante  Gesetz- 
mäßigkeit zu  konstatieren  sein  dürfte.  Da  auch  zwischen  den  ein- 
zelneu Zeichnungsarten  keinerlei  konstante  Beziehungen  bestehen, 
glaube  ich ,  daß  die  spezifische  Eigenart  der  Zeichnung  gegenüber 
den  zum  Teil  gewiß  berechtigten,  oft  jedoch  sicherlich  zu  weit 
gellenden  Versuchen,  diese  auf  bestimmte  innere  oder  äußere  Ein- 
flüsse zurückzuführen,  doch  zunächst  in  den  Vordergrund  zu  stellen 
ist.  Letztere  können,  besonders  bezüglich  der  allgemeinen  Färbung, 
in  manchen  Fällen  mehr  oder  weniger  wirksam  sein,  in  anderen 
aber  nicht  (vgl.  z.  B.  die  Wüsten-  und  Polarfärbung).  Eine  außer- 
ordentlich weitgehende  Gesetzmäßigkeit  findet  sich  bei  den  wild- 
lebenden Säugetieren  bekanntlich  in  bezug  auf  die  bilaterale  Sym- 
metrie der  Zeichnung,  doch  dürfte  diese  in  Zusammenhang  mit  dem 
entsprechenden  Bau  des  Säugetierkörpers  überhaupt,  vor  allem  in 
der  allgemeinen  Organisation   des  Hautsystems  selbst,  gelegen  sein. 

Die  genauere  Kenntnis  der  hier  berührten  Verhältnisse  erscheint 
für  die  allgemeine  Beurteilung  der  Färbung  bzw.  der  Zeichnung  des 
Säugetierinteguments  von  großem  Interesse.  Doch  ist  zunächst  noch 
eine  Reihe  wichtiger  Fragen  zu  entscheiden,  w'as  nur  an  der  Hand 
eines  entsprechend  großen  Materials  möglich  ist.  Hinsichtlich  der 
Hauti)igmentierung  im  besonderen  wäre  z.  B.  zu  ermitteln,  ob  be- 
züglich der  lokalen  Verteilung  der  Pigmentierung  in  den  ver- 
schiedensten Altersstufen  der  Individuen  der  einzelnen  Arten  eine  be- 
stimmte Gesetzmäßigkeit  besteht  und  wieweit  sich  darin  zwischen 
verschiedenen  Arten  Beziehungen  vorfinden. 

Bei  derartigen  Betrachtungen  scheint  es  angezeigt  zu  sein,  vor- 
läufig folgende  Punkte  auseinander  zu  halten.  Zunächst  wären,  wie 
wiederholt  erwähnt,  die  Verhältnisse  bei  den  erwachsenen  Individuen 


328  K.  ToLDT  jun., 

in  bezug-  auf  ihr  spezifisches  und  individuelles  Verhalten  sowie  hin- 
sichtlich des  Geschlechts  an  einem  großen  Material  festzustellen. 

A\'eiter  wäre  zu  untersuchen,  in  welchei'  lokaler  Verteilung- 
die  Pigmentierung  in  der  Ontog-enie  verschiedener  Arten  bzw.  Indi- 
viduen zuerst  auftritt  und  wie  sie  sich  im  weiteren  Entwicklung-s- 
verlaufe  verhält.  Bekanntlich  erscheint  das  Hautpigment  gegen- 
über dem  Haarpigment  im  allgemeinen  relativ  spät.  Beim  Menschen 
ist  es  um  die  Geburt  mehr  oder  weniger  deutlich  nachw^eisbar  (vgl. 
Adachi),  Die  Haut  mancher  Affen  ist  dagegen  bereits  viel  früher 
mehr  oder  weniger  pigmentiert,  so  z.  B.  bei  einem  Orangfötus  von 
115  mm  Sch.-St.-Länge  [Schwalbe  (d)],  bei  einem  Gorillafötus  von 
185  mm  Sch.-St.-L.  (Denikee),  bei  den  gleich  zu  erwähnenden  Föten 
von  Hylohates  syndadylus  sowie  bei  den  vorhin  besprochenen  Alouata- 
Föten.  Mit  Ausnahme  des  Gorillafötus,  handelt  es  sich  erwiesener- 
maßen um  Epidermispigment,  doch  dürfte  das  zweifellos  auch  für 
diesen  zutreffen.  Es  fragt  sich  nun,  ob  die  Hautpigmentierungen 
von  ihrem  Erscheinen  an  die  spezifische  Verteilung  erkennen  lassen 
oder  ob  sich  diese  erst  allmählich  und  in  typischer  Weise  differenziert. 
Zum  ersteren  sei  bemerkt,  daß  nach  Adachi  das  Pigment  bei  den 
jungen  Affen  zuerst  an  den  Stellen  auftritt,  welche  später  stärker 
pigmentiert  sind.  Daß  die  Pigmentierung  mit  zunehmender  Körper- 
entwicklung zunächst  stärker  wird,  ist  bekannt  [z.  B.  bei  Semno- 
pithecus,  Kohlbeugge;  im  Gesicht  des  Schimpanses,  Haetmann  (b)]. 
Der  zweite  Fall  trifft  bezüglich  der  allgemeinen  Pigmentierung  z.  B.  bei 
den  Embryonen  von  Hylohates  syndadylus  zu,  bei  welchen  die  Epi- 
dermispigmentierung  (stets  ?)  am  Kopfe  beginnt  und  sich  von  da  aus 
weiter  auf  den  Vorderkörper  und  schließlich  auf  den  ganzen  Körper 
erstreckt  [bei  3  Embryonen  von  108,  163  und  215  mm  Sch.-St.-Länge, 
Schwalbe  (d)].  Ist  die  Pigmentbildung  nur  eine  lokal  beschränkte 
(eine  Zeichnung),  könnte  sie  dann  weiterhin  entweder  während  des 
ganzen  Verlaufes  des  Hautwachstums  mit  diesem  gleichen  Schritt 
halten  oder  früher  oder  später  nachlassen  bzw.  ganz  aufhören.  In 
letzterem  Falle  würden  die  von  vornherein  pigmentfrei  gebliebenen 
(lichten)  Hautstellen  an  Umfang  zunehmen.  In  dieser  Weise  könnten 
eventuell  die  Unterschiede  in  der  Coriumzeichnung  des  jungen  und 
alten  Magotweibchens  erklärt  werden  (vgl.  auch  Abschnitt  8).  In 
dieser  Hinsicht  wäre  jedoch  auch  zu  erwägen,  ob  die  Pigmentbildung 
(mitunter)  anfangs  nicht  allenthalben  ziemlich  gleichmäßig  einsetzt, 
im  weiteren  Verlaufe  des  Hautwachstums  aber  stellenweise  gegen- 
über der  Umgebung  nachläßt,  so  daß  dann  erst  sekundär  die  lichten 


Hautzeiclnmug  bei  dicbtheliaaiteu  Säugetieren.  329 

Stellen  entstellen  würden.  Ein  ähnlicher  Vorgang-  scheint  bis  zu 
einem  gewissen  ("irade  beim  Verschwinden  der  dunklen  Gebnrtsflecke 
des  Menschen  stattzufinden.  (Vgl.  auch  die  Verhältnisse  bei  Walen; 
der  ^^'eißwal  ist  beispielsweise  im  vorgeschritteneren  P^mbryon  all  eben 
dunkel  und  wird  ei"st  in  dem  4. — 5.  Lebensjahre  licht.  Kükexthal.) 

Als  drittel-  Punkt  wäi-e  zu  beachten,  inwieweit  bei  einzelnen 
Arten  oder  im  allgemeinen  bestimmte  Alterserscheinungen  vorkommen. 
Ist  z.  ß.  die  dem  fortschreitenden  Alter  entsprechende  Größenzunahme 
der  dunklen  Stellen  bei  den  3  Varis  als  eine  direkte  Fortsetzung 
der  Pigmentausbreitung  von  Jugend  auf  zu  betrachten,  oder  gibt  es 
bei  dieser  Art  etwa  doch  von  einem  gewissen  Zeitpunkte  an  eine 
spezifisch  begrenzte  Zeichnung,  welche  sich  erst  in  vorgeschrittenem 
Alter  der  Individuen  bei  fortwährender  Erneuerung  der  Epidermis 
durch  Ausbreitung  der  dunklen  Stellen  oder  durch  das  Erscheinen 
von  dunklen  und  lichten  Flecken  verändert?  Nach  dem  Auftreten 
des  partiellen  Albinismus  beim  Menschen  wäre  die  Fleckung  schon 
von  Jugend  an  vorhanden. 

Daran  würde  sich  die  Frage  schließen,  wie  sich  derartige  Ver- 
hältnisse gegenübei'  solchen  des  Felles  verhalten,  ob  also  z.  B.  hin- 
sichtlich der  Topographie  des  ersten  Auftretens  der  Haare  und  des 
Hautpigmentes  oder  bezüglich  des  Verhaltens  der  Haut-  und  Fell- 
zeichnung im  Verlaufe  des  Hautwachstums  Ähnlichkeiten  oder  Be- 
ziehungen bestehen.  Beide  Verhältnisse  sind  beim  Säugetierfell 
ziemlich  wechselnd ;  doch  bedarf,  wie  eingangs  erwähnt,  insbesondere 
das  erste  Erscheinen  der  Haare  noch  eingehender  vergleichender 
Untersuchungen. 

Welche  von  beiden  Hautpigmentationen  die  ursprüngliche  ist. 
sei  hier  nicht  erörtert;  bei  den  Säugetieren  ist  im  allgemeinen 
das  Epidermispigment  das  vorherrschende  (s.  besonders  Weiden- 
KEicu),  zu  welchem  ja  auch  noch  das  Haarpigment  zu  zählen  ist. 
Ob  bzw.  was  für  einen  Zweck  die  Hautzeichnungen  haben,  will  ich 
vorläufig  gleichfalls  nicht  erörtern;  doch  sei  gegenüber  der  Ober- 
flächenfärbung des  Felles  besonders  darauf  hingewiesen,  daß  sie  nach 
außen  (größtenteils)  von  der  Behaarung  verdeckt,  also  nicht  sichtbar 
ist.  Das  hat  sie  bis  zu  einem  gewissen  Grade  mit  dem  Fellgrunde 
gemein,  welcher  bekanntlich  häufig  anders  gefärbt  ist  als  die  Fell- 
oberfläche. Bei  den  untersuchten  Atfen  besteht  zwischen  ihm 
und  der  Hautzeichnung  keine  Beziehung.  Im  Anschluß  daran  sei 
erinnert,  daß  die  Hautfärbungen,  namentlich  soweit  sie  im  Bereiche 
der  Behaarung   liegen,   zumeist   weniger   lebhaft  sind   als   die   des 


330  K.  ToLDT  jun.. 

Felles,  indem  sie  nur  in  den  verschiedensten  Nuancen  von  licht-  und 
dunkelgrau  bis  schwarz,  manchmal  mit  einem  rötlich-braunen  Stich 
vorkommen.  Je  nach  der  Tiefenlage  in  der  Haut  erscheinen  sie  bei 
schütterer  Behaarung,  wie  mehrfach  bemerkt,  nach  außen  hin  in  den 
vei'schiedensten  Abstufungen  von  blau  und  grün.  Daran  würden 
sich  die  größtenteils  nackten  Hautpartien  des  Gesichts,  des  Scrotums 
und  der  Gesäßgegend  reihen,  welche  mitunter  bekanntermaßen  sehr 
lebhaft,  z.  B.  auch  gi-ellrot  erscheinen  können. 

Hier  will  ich  ntu*  noch  folgendes  bemerken.  Schavalbe  (bi  ver- 
mutet, daß  die  Menschen  von  dunkelhäutigen  bzw.  dunkelbehaarten 
Vorfahren  abzuleiten  wären.  Bezüglich  des  Haai'kleides  der  Säuge- 
tiere neige  ich  auf  Grund  meiner  verschiedenen  Haarstudien  der  An- 
sicht zu.  daß  —  wenigstens  in  vielen  Fällen  —  das  dunkle  bzw. 
niitteldunkle  das  typische  ist  und  daß  aus  diesem  durch  das  Auf- 
treten lichter  Haarbereiche  die  Zeichnung  hervorgeht;  das  kann  so 
weit  führen,  daß  die  lichte  Färbung  vielfach  als  die  Grundfärbung 
erscheint  oder  die  ausschließliche  ist.  Dafür  scheint  zu  sprechen, 
daß  die  stärkeren  Haarformen,  welche  ich  als  die  ursprünglichen 
betrachte,  im  Verhältnis  zu  den  übrigen  Körperhaaren  vielfach  relativ 
stark  pigmentiert  sind  und  zuerst  auftreten.  Auch  sind  bereits 
Fälle  bekannt,  in  welchen  sich  die  embiyonale  Epidermis  an  den 
später  dunklen  Fellstellen  als  Einleitung  zur  Entwickltmg  der  Be- 
haarung früher  differenziert  als  an  den  nachher  lichten  Fellstellen 
z.  B.  bei  der  Katze .  Toldt  ( d)].  Weiter  spricht  dafür  die  Eück- 
bildung  der  Pigmentierung.  wie  sie  in  den  verschiedenen  Graden 
des  Albinismus.  insbesondere  infolge  der  Domestikation,  zum  Ausdrucke 
kommt  und  welche  eine  Degenerationserscheinung  darstellt ;  bekannt- 
lich sind  pigmentierte  Gewebe  und  Individuen  äußeren  bzw.  patho- 
logischen Einflüssen  gegenüber  widerstandsfähiger  als  die  unpigmen- 
tierten.  Auch  gibt  es  Tiere,  deren  erstes  Haarkleid  dunkler  ist  als 
die  späteren  \L.  B.  Vidpes  vidpes  L..  Monachus  cdbiventer  Bodd.).  Jedoch 
trifft  in  dieser  Hinsicht  häufig  gerade  das  Gegenteil  zu.  z.  B.  bei  anderen 
Seehunden,  bei  Colohus  caudcdus.  Jlyrmecophafja  tetmdadyla  L..  beim  TTild- 
schwein.  Tapir  u.  v.  a.  Vergleiche  auch  das  Auftreten  der  Flecke,  z.  B. 
nur  in  der  Jugend  bei  verschiedenen  Hirschen,  beim  Löwen  und  Puma  und 
ihr  Fehlen  im  ersten  Haarkleid  bei  dem  im  erwachsenen  Zustand 
gefleckten  Gepard  und  Jaguar  iPagz^stechee  I  ;  beim  Cervus  barbarus 
kehrt  die  Fleckung  alljährlich  im  Sommerkleid  wieder  i Sokoloavsky). 
Desgleichen  stellt  die  (dunkle)  Einfarbigkeit  des  Haarkleides  bei 
domestizierten  Tieren  sregenüber  ihren  Stammformen  bekanntlich  einen 


Hautzeichnting  bei  dichtbehaarten  Säugetieren.  33 

vorgeschritteneren  Zustand  dar  (sekundäre,  mitunter  gleichzeitig  in 
bezug  auf  die  Färbungsintensität  gesteigerte  Einfarbigkeit?'),  und 
unter  den  wildlebenden  Säugetieren  sind  gerade  die  höchststehen- 
den (Z.B.  verschiedene  Anthropoide)  vielfach  einheitlich  dunkel:  das 
trittt  aber  auch  bis  zu  einem  gewissen  Grade  bei  tiefstehenden  zu. 
Ferner  gibt  es  Fälle,  in  welchen  gerade  die  kräftigsten  Haare, 
welche  sicherlich  frühzeitig  entstehen.  lichter  sind  als  die  anderen. 
Es  können  somit  auch  diese  Verhältnisse  nicht  ohne  weiteres  ver- 
allgemeinert werden. 

7.   Zusammenfassung   über   die  Hautzeicliuuugeu  der  Primaten. 

Kurz  zusammengefaßt  stellen  sich  die  hier  besprochenen  Ver- 
hältnisse des  Primateninteguments  folgendermaßen  dar.  Hierbei 
wurden  nur  makroskopische  Erscheinungen  beachtet,  welche  durch 
stärkere  Pigmentationen  (im  Corium  speziell  dm-ch  die  besonderen, 
von  Grimm  und  Adachi  beschriebeneu  großen  Pigmentzelleu  i  hervor- 
gerufen werden.  Locker  verteiltes  Pigment,  welches  die  Hautfärbung 
nicht  merklich  beeinflußt,  wurde  nicht  berücksichtigt,  ebensowenig 
gewisse  kleinere,  oft  stark  pigmentierte  Körperstellen,  wie  der 
Warzenhof.  Teile  des  äußeren  Genitales  usw.  Über  solche  Verhält- 
nisse vgl.  insbes.  Adachi. 

Da  das  Material  noch  relativ  gering  ist.  können  bezüglich 
mancher  Fragen  vorläufig  nur  Vermutungen  geäußert  werden;  es 
ist  daher  noch  eine  Eeihe  weiterer  Beobachtungen  erforderlich. 

Untersucht  wurden  10  Häute  von  4  Affen-  und  2  Halbaffen- 
arten.\)  Alle  zeigten  eine  makroskopisch  sichtbare  Pigmentation 
bzw.  Hautzeichnung,  und  zwar  eine  Coriumzeichnung:  Jlacaais  imius 
($  ad.  und  $  juv.i  und  Cebus  Jibidinosus  (q  juv.i.  eine  annähernd 
einheitliche  Epidermispigmentation:  Ateles  ater  (^i  und  Lemur  catia 
($,  $)  und  eine  Epidermiszeichnung:  Semnopithecus  entellus  ($)  und 
Lemur  varius  (<^,  o  $t.  Bis  auf  Ateles  ater  sind  es  alles  Arten,  welche 
unter   den   von  Adachi  untersuchten  Primaten  nicht  vertreten  sind. 

Nach  den  Angaben  Adachi's  zu  schließen,  dürfte,  soweit  sein 
Material  reicht,  eine  Coriumzeichnung  auch  noch  bei  verschiedenen 
Arten  folgender  Genera  vorhanden  sein:  CynocephaJus.  Cercopithecu.s. 


1)  S.  auch  noch  den  Nachtrag  (Abschnitt  8i  bezüghch  der  neu  hio- 
zukommenden  Art  Cercojiitlicats  C'il/itricluis  GeOPFK.  (q,  ad.)  und  eines 
dritten  (q  .  juv.)  Magot  und  im  Anschluß  die  3  Orangs  und  einen  H«jloltates 
agilis. 


832  ^-   TOLDT   Jim., 

Chnjsothrix  und  in  geringerer  Ausdehnung-  bei  Anthropopühecus  und 
Simia  (nur  wenige  lichte  Stellen).  Bei  den  letzten  zwei  sowie  bei 
einem  ^Cehus  monachus  ist  gleichzeitig  fast  die  ganze  Epidermis 
pigmeutreich.  Eine  vorherrschende  Epidermispigmentierung  fand 
Adachi  außer  bei  den  von  mir  erwähnten  Gattungen  besonders  auch 
bei  Vertretern  der  Genera  Hylobates  und  Mycetes.  Bei  den  von 
Adachi  untersuchten  Hapale  rosalia  und  H.  jacchtts  und  bei  Lemur 
mongos  und  L.  ruhriventer  war  die  Epidermis  und  das  Corium  sehr 
pigmentarm  (vgl.  dagegen  die  von  mir  angeführten  Lemuren  mit 
zum  Teil  reichlichem  Epidermispigment). 

1.  Bei  den  Primaten  kommt  außer  der  Fellzeichnung  oft  auch 
eine  mehr  oder  weniger  ausgedehnte  deutliche  Hautzeichnung  vor, 
welche  äußerlich  zumeist  nur  in  ganz  geringem  Ausmaße  sichtbar 
ist,  da  sie  größtenteils  von  der  Behaarung  verdeckt  wird.  Bisher 
wurde  sie  in  der  Regel  nicht  in  ihrem  vollen  Umfang  erkannt;  so 
kann  man  auch  aus  den  eingehenden  Untersuchungen  von  Adachi 
darüber  oft  keine  richtige  Vorstellung  erlangen.  Die  Hautzeichnung 
wird  durch  stellenweise  besonders  starkes  Auftreten  von  Epidermis- 
oder  von  Coriumpigment  hervorgerufen.  Alle  drei  Zeichnungsarten 
können  ganz  unabhängig  voneinander  vorkommen,  d.  h.  Haar-,  Epi- 
dermis- und  Coriumpigmentierung  stehen  bezüglich  ihres  Auftretens 
bzw.  ihrer  Intensität  zueinander  in  keinem  konstanten  Verhältnis; 
desgleichen  ist  die  Haarmenge  von  diesen  unabhängig.  Ein  Fall, 
in  welchem  an  einer  Haut  Epidermis-  und  Coriumpigment  gleich- 
zeitig deutliche  Zeichnungen  hervorrufen  würden,  findet  sich  unter 
dem  vorliegenden  Material  nicht,  doch  dürfte  dies  nach  den  Aus- 
führungen Adachi's  z.  B.  beim  Orang  zutreffen  (s.  den  Nachtrag), 

2.  Wie  die  Zeichnung  des  Felles  so  ist  auch  die  der  Haut  bald 
mehr  bald  weniger  scharf  ausgeprägt.  Das  richtet  sich  naturgemäß 
nach  dem  Pigmentierungsgrad  (Quantität  und  Hitensität)  der  ein- 
zelnen Hautgebiete;  wenn  unpigmentierte  Hautstellen  mehr  oder 
weniger  unmittelbar  an  solche  mit  starker  Pigmentierung  grenzen, 
ist  die  Zeichnung  besonders  deutlich.  Am  besten  ist  sie  in  der 
Regel  an  der  Innenfläche  der  frisch  abgezogenen  Haut  zu  über- 
blicken. Die  pigmentierten  Stellen  erscheinen  sowohl  an  der  äußeren 
als  auch  an  der  Innenfläche,  je  nachdem  das  Pigment  mehr  oder 
weniger  reichlich  ist  und  je  nach  der  Tiefe  seiner  Lage  in  der  Haut 
in  allen  Nuancen  von  schwarz,  grau,  blau  bzw.  grün.  Die  Epidermis- 
pigmentierung ruft  an  der  Hautaußenfläche  mitunter  einen  rötlich- 
braunschwarzen  Ton   hervor.     Die   Coriumzeichnung   bleibt   an  der 


Hantzeichmuig:  bei  dicblbehaarteu  Säugetieren.  333 

Huutiiiiieiiliäclu'    luuli    luicli    längerem   Liegen   in  Alkohol   sichtbar, 
während  die  Epidermiszeiehnung  dabei  bald  undeutlich'  wird. 

3.  In  den  drei  vorliegenden  Fällen  von  Coriumpigmentierung 
ist  die  Zeichnung  sowohl  an  der  Außen-  als  auch  an  der  Innenseite 
der  Haut  deutlich  wahrzunehmen.  Diese,  durch  die  besonders  von 
Adachi  genauer  präzisierten  dichtniaschig  angeordneten  großen  Pig- 
nientzellen  hervorgerufene  Pignientation  zeigt  unregelmäßige  Grenz- 
linien und  neigt  besonders  zu  Fleckenbildungen.  Eine  solche  Zeich- 
nung habe  ich  bisher  nur  bei  je  einer  alt-  und  neuweltlichen  Affen- 
art angetroffen,  und  zwar  sind  das,  wie  vorläufig  hervorgehoben  sei, 
Tiere  mit  relativ  einfarbigem  Haarkleid.  Eine  einheitliche,  sich 
über  die  ganze  Haut  erstreckende  Coriumpigmentierung  findet  sich 
unter  dem  vorliegenden  Material  nicht. 

4.  Die  bald  scharf  bald  weniger  deutlich  ausgeprägte,  dicht 
grobpunktiert  erscheinende  Epidermispigmentation  ist  naturgemäß 
an  der  äußeren  Hautfläche  deutlicher  sichtbar  als  an  der  inneren 
und  tritt  in  der  Regel  mehr  gleichmäßig  und  nicht  so  mannigfaltig 
gemustert  wie  die  Coriumzeichnung  auf.  So  kommt  auch  eine  an- 
nähernd einheitliche  Epidermispigmentierung  der  ganzen  Hautfläche 
vor,  Avobei  das  Fell  einfarbig  oder  gezeichnet  sein  kann.  Wenn 
eine  Epidermiszeichnung  vorhanden  ist  —  eine  solche  wurde 
bereits  bei  Primaten  mit  einfarbigem  und  mit  gezeichnetem  Haar- 
kleid, und  zwar  von  diesem  unabhängig,  angetroffen  —  sind  die 
Grenzlinien  ziemlich  gleichmäßig  (nicht  stark  wellig  oder  zackig). 
In  einem  Fall  wurde  neben  dieser  allgemeinen  Zeichnung  auch  eine 
dunkle  und  helle  Epidermisfleckung  konstatiert.  Die  Epidermis- 
pigmentation bzw.  -Zeichnung  kommt  bei  Affen  und  Halbaffen  vor  und 
scheint  besonders  bei  den  letzteren  die  vorherrschende  (ausschließ- 
liche?) zu  sein;  eine  Coriumzeichnung  habe  ich  bei  diesen  bis  jetzt 
nicht  angetroffen,  jedoch  fehlen  die  Pigmentzellen  nicht  ganz  (Adachi). 

5.  Die  Hautzeichuungen  treten  wie  die  Fellzeichnung  meistens 
in  auffallend  symmetrischer  Form  auf  und  scheinen  gleichfalls  für 
die  einzelnen  Gattungen  (Arten?)  im  großen  und  ganzen  charak- 
teristisch zu  sein;  ob  das  so  weit  zutrifft,  daß  sie  auch  für  syste- 
matische Zwecke  verwendbar  sind,  kann  erst  durch  weitere  Unter- 
suchungen festgestellt  werden.  (Bei  den  Walen  z.  B.  variiert  die 
Hautfarbe  innerhalb  einiger  Species  stark,  Kükenthal.)  Im  Detail 
wurden  besonders  bei  einer  im  allgemeinen  nicht  scharf  ausge- 
sprochenen Epidermiszeichnung  einer  Halbaffenart  bereits  ziemlich 
weitgehende  individuelle  Unterschiede  konstatiert;  ob  dieselben  rein 


384  K.    TOLDT    jUll.. 

individueller  Natur  sind  oder  mit  dem  Geschlecht  oder  Alter  in  Zu- 
sammenhanjf  stehen,  ist  noch  fraglich. 

Vorläufig-  muß  man  sich  mit  der  Zusammenstellung  der  einzelnen 
Befunde  begnügen.  Der  genannte  Fall  von  Variabilität  bezieht  sich 
auf  den  auch  der  Fellfärbung  nach  sehr  veränderlichen  Lemur  varms; 
bei  drei  untersuchten  Exemplaren  mit  gleichfarbiger  Behaarung 
war  die  Ausdehnung  der  dunklen  Epidermisstellen  verschieden  groß, 
und  bei  dem  am  meisten  pigmentierten  (ältesten)  Individuum  kamen 
auch  noch  die  allenthalben  zerstreuten  kleinen  Flecke  hinzu.  Das 
Geschlecht  steht  damit  nicht  in  Zusammenhang,  wohl  aber  könnten 
es  Altersunterschiede  sein  (Fortschreiten  der  Pigmentierung  mit  zu- 
nehmendem Alter).  Bei  zwei  $Kattas  war  die  ganze  Haut  in  gleicher 
Weise  durch  Epidermispigment  mehr  oder  weniger  einheitlich  ge- 
färbt. Bei  einem  jungen  und  bei  einem  ausgewachsenen  Magot- 
weibchen  war  die  auf  Coriumpigment  beruhende  Zeichnung  in  ihren 
Hauptzügen  übereinstimmend,  doch  war  —  in  einem  gewissen  Gegen- 
satz zu  den  epidermispigmentierten  Varis  —  die  Ausdehnung  der 
lichten  Partien  beim  Jungen  verhältnismäßig  geringer  als  beim  Er- 
wachsenen. Belativ  variabel  scheinen  die  Hautzeichnungen  bei 
manchen  Anthropoiden  und  zum  Teil  auch  beim  Menschen  zu  sein, 
indem  sie  hier  als  mehr  oder  weniger  unregelmäßige  Flecken  auf- 
treten können  (Coriumpigmentflecke  beim  Orang,  Adachi,  Epidermis- 
pigmentflecke  beim  Schimpanse,  Hilgendorf  u.  Paulicki,  Geburts- 
flecke und  partieller  Albinismus  beim  Menschen).  Nach  Adachi's 
Untersuchungen  sind  in  der  feineren  Pigmentverteilung  innerhalb 
der  einzelnen  Arten  keine  besonderen  Unterschiede  zu  beobachten. 

6.  Die  Hautzeichnungen  treten  im  allgemeinen  in  Mustern  auf, 
wie  sie  in  ähnlicher  Weise  auch  an  Affenfellen  vorzufinden  sind. 
Vielfach  fallen  jedoch  auch  (vgl.  besonders  die  Coriumzeichnung) 
longitudinale  Streifenbildungen  auf;  das  ist  insofern  von  Interesse, 
als  diese  für  das  Säugetierfell  ziemlich  ursprüngliche  Zeichnungs- 
form am  Haarkleide  der  Affen  verhältnismäßig  selten  anzutreffen  ist. 
Eine  ausgesprochene  Fleckung,  welche  mit  der  Haut  des  alten  ?  Varis 
zu  vergleichen  wäre,  ist  mir  von  keinem  Primatenfelle  bekannt. 

7.  Wie  die  Fellfärbung  bzw.  -Zeichnung  beim  Vergleiche  der 
verschiedenen  Säugetierarten  im  allgemeinen  keine  absolut  kon- 
stanten Verhältnisse  erkennen  läßt  und  gewisse  Körperstellen  durch 
ihre  bald  extrem  dunkle,  bald  lichte  Färbung  von  der  übrigen  Be- 
haarung kontrastieren  können,  zeigt  auch  die  Epidermis-  und  Corium- 
zeichnung bereits   bei  den   wenigen  bisher  untersuchten  Affenarten 


Hautzeiclinuiig-  bei  iliditbehaarten  Säugetieren.  335 

in  ihrer  Verteiluns:  in  beziig  auf  die  einzelnen  Körperstellen  keine 
strenge  Gesetzniiißiukeit.  80  stellt  auch  die  stärkere  Pigmentation 
gewisser  Kürperstellen,  besonders  die  der  Dorsalfläche  des  Rumpfes,  bei 
den  Aifen  nur  ein  mehr  oder  weniger  weit  verbreitetes  Vorkommnis  fdie 
„Hegel  des  Vurkonniiens"  1  dar.  welches  keineswegs  kurzweg  veiall- 
geineinert  werden  kann,  da  vielfach  auffallende  Abweichungen  bzw. 
Gegensätze  vorkommen.  Man  darf  daher  in  solchen  Fällen  die  allge- 
meinen ( )rganisationsverhältnisse  und  den  speziflschen  Charakter  des 
Integuments  gegenüber  äußeren  Einflüssen  etc.  nicht  zu  sehr  in  den 
Hintergrund  stellen  [vgl.  auch  Schwalbe  (b)  bezüglich  des  Menschen]. 
In  manchen  Fällen,  z.  B.  bei  den  Brustwarzen,  Geschlechtsteilen, 
Gesäßschwielen.  Hautdrüsen  etc.,  werden  jedoch  jedenfalls  auch  ver- 
schiedene andere  Faktoren  für  die  besondere  Färbung  mitbestimmend 
sein.  Relativ  konstant  erscheint  die  dunkle  Färbung  —  bei  Epi- 
dermispigmentierung  zumeist  im  ganzen  Umfange,  bei  Corium- 
pigmentierung  oft  nur  teilweise  —  am  Gesicht  und  Kopf,  an  den 
Extremitäten  (besonders  an  der  Außenseite)  und  (dorsal)  am  Schwänze. 
Heivorzuheben  ist.  daß  bei  allen  im  Corium  pigmentierten  Exem- 
plaren, welche  ich  untersuchen  konnte,  die  Flanken  größtenteils  stark 
gefärbt  sind. 

8,  Die  blauen  Geburtsflecke  des  Menschen  erscheinen  als  eine 
rudimentäre  Coriumzeichnung  (Adachi,  Lehmann-Nitsche  u.  A.).  Hir 
vornehmlich  auf  die  Gesäßgegend,  aber  in  verschiedenster  Form  und 
Lage  beschränktes  Vorkommen  kann  nun  zunächst  wohl  so  gedeutet 
werden,  daß  die  dunkle  Hautfärbung  der  für  den  Menschen  anzu- 
nehmenden ursprünglichen  charakteristischen  Hautzeichnung  haupt- 
sächlich hier  ihren  Sitz  hatte.  So  sind  auch  verschiedene  Aöen  in 
dieser  Gegend  (Gesäßschwielen,  SchwanzAvurzel)  besonders  stark 
pigmentiert.  Allerdings  handelt  es  sich  hier  oft  um  Epidermis- 
pigment.  wie  z.  B.  beim  Hulman.  Bezüglich  des  Vorkommens  des 
Kreuzrieckens  bei  den  verschiedenen  Menschenrassen  erscheint  es 
morphologisch  ganz  natürlich,  daß  eine  mehr  oder  weniger  starke 
Coriumi)igmentierung  in  dieser  Gegend  bei  einzelnen  Individuen  einer 
jeden  Rasse  als  Überrest  der  ursprüglich  vorhanden  gewesenen  Haut- 
zeichnung auftreten  kann.  Diese  hat  sich  der  Verbreitungsstatistik 
zufolge  jedoch  bei  gewissen  Rassen  in  Gestalt  der  Flecke  relativ 
zäher  erhalten  als  bei  anderen,  und  die  gelegentlich  auch  bei  diesen 
vorkommenden  Fälle  sind  sicherlich  vielfach  auf  eine  Vermischung  mit 
einer  Rasse  zurückzuführen,  bei  welcher  der  Fleck  häufig  vorkommt. 

Die  selten  zu  beobachtenden  Fälle  von  partiellem  Hautalbinis- 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  .Syst.  22 


336  K.    TOLDT   JUB., 

mus  oder  von  dunkler  Fleckung  der  Haut  beim  Menschen  können 
im  allgemeinen  wohl  ohne  weiteres  mit  der  bei  den  Affen  in  ver- 
schiedener Weise  vorkommenden  Epidermiszeichnung  in  Verbindung 
gebracht  werden.  Im  speziellen  stehen  aber  die  Hautpigraentierungen 
mit  der  systematischen  Gruppierung  der  Primaten  in  keinem  Zu- 
sammenhang (Adachi). 

9.  Wie  bereits  hinsichtlich  einer  ganzen  Reihe  von  Eigenschaften 
des  Säugetierinteguments  festgestellt  ist  [Haarformen,  Haarfärbung 
etc.,  vgl.  ToLDT  (d)],  so  muß  auch  hier  neuerdings  hervorgehoben 
werden,  daß  vielfach  gewisse  Zustände  sehr  weit  verbreitet  sein 
können,  dabei  aber  infolge  von  vorkommenden  beachtenswerten 
Abweichungen  bzw.  Gegensätzen  nicht  kurzweg  verallgemeinert 
werden  dürfen.  Das  gilt  hier  besonders  in  bezug  auf  die  Haut- 
pigmentationen  im  Verhältnis  zur  Färbung  des  Haarkleides  und  hin- 
sichtlich des  häufigen  Vorkommens  von  Pigmenten  an  bestimmten 
Körperstellen.  Das  Säugetierintegument  hat  sich  eben  trotz  seiner 
großen  Anpassungsfähigkeit  an  die  Umgebung  etc.  in  seinen  ein- 
zelnen Bestandteilen  die  spezifische  Eigenart  vielfach  in  hohem 
Grade  erhalten:  dabei  kommt  sein  bilateral-symmetrischer  Bau  sehr 
oft  und  in  verschiedenster  Weise  deutlich  zum  Ausdruck.  Zur  Be- 
urteilung verschiedener  allgemeiner  Fragen,  so  hinsichtlich  des  Ver- 
gleiches der  ontogenetischen  Entwicklung  der  Haut-  und  Fell- 
zeichnungen, bezüglich  phylogenetischer  Betrachtungen  etc.,  bedarf 
HS  noch  der  Feststellung  zahlreicher  tatsächlicher  Verhältnisse. 

8.  Nachtrag  zur  Hautzeichiiung  der  Primaten. 

Nach  Abschluß  des  Manuskripts  hatte  ich  noch  Gelegenheit,  die 
Haut  eines  CercopitJwcus  callitricJms  Geoffr.  {^,  ad.,  12,/3.  1913, 
Sch.-St.-Länge  46  cm)  zu  untersuchen,  einer  Art,  die  auch  Adachi 
zur  Verfügung  stand.  Das  Haarkleid  dieses  Affen  ist  bekanntlich 
verhältnismäßig  lebhaft  gefärbt  (s.  bes.  die  weiße  Körperunterseite). 
Auch  die  Haut  weist  eine  deutliche,  relativ  einfache  Coriumzeichnung 
auf,  bezüglich  deren  Details  auf  die  Abbildung  verwiesen  sei  (Taf.  11 
Fig.  13).  Sie  ist  wiederum  auffallend  symmetrisch  und  gegenüber  jener 
sowohl  des  Inuus  als  auch  des  Cehus  wesentlich  verschieden  und  wohl 
charakteristisch.  Besonders  auffallend  ist  das  im  Bereiche  des  vor- 
deren und  hinteren  Rückenabschnitts  breite  lichte  Gebiet,  welches 
in  der  Rückenmitte  von  der  beiderseits  vom  Bauch  an  den  Flanken 
heraufziehenden  Pigmentation  eingeengt  wird;  diese  reicht  hier  be- 
deutend weiter  nach  oben  als  die  lichte  Fellfärbung  der  Unterseite. 


Hautzeichmiiig  bei  dichtbehaarten  Sängetiereu.  337 

Der  lichte  Streif  an  den  Hintei'extreniitäten  veijüngt  sich  distal 
alhnählich  und  hört  ungefähr  in  der  Kniegeg-end  auf.  Die  vor- 
stehende Zusammenfassung-  wäre  nun  dahin  zu  ergänzen,  daß  die  Kopf- 
haut bei  diesem  Exemplar  licht  und  die  Bauchhaut  stark  pigmen- 
tiert ist  (vgl.  a.  Adachi).  Abgesehen  davon,  daß  die  Hautpigmen- 
tierung  in  der  Mitte  der  Flanken  weit  dorsal  greift,  wäre  die  Zeich- 
nung ungefähr  mit  der  Fellfärbung  von  MeUivoni  raiel  Sparrm. 
vergleichbar.  Da  das  B'ell  bei  diesem  Affen  relativ  lebhaft  gefärbt 
ist.  kann  man  nicht  sagen,  daß  die  Hautzeichnung  bei  den  Primaten 
gewissermaßen  eine  lebhaftere  Fellfärbung  ersetzt.  Besonders  hervor- 
zuheben ist,  daß  die  Epidermis  des  Schwanzes  im  ganzen  Umfange 
desselben  stark  pigmenthaltig  ist  (s.  a.  Adachi)^);  das  kommt  auch 
an  der  Innen-  und  Außenfläche  der  Haut  deutlich  zum  Ausdruck. 
Wir  haben  hier  also  einen  Fall  vor  uns.  in  welchem  bei  einem  In- 
dividuum sowohl  die  Corium-  als  auch  die  Epidermispigmentierung 
stellenweise  so  reichlich  ist,  daß  sich  beide  an  der  makroskopischen 
Hautzeichnung  beteiligen.  Der  Hauptsache  nach  sind  sie  jedoch  so 
verteilt,  daß  sie  die  Haut  an  gesonderten  Stellen  dunkel  färben.  Dabei 
erscheint  die  Coriumzeichnung  sowohl  bezüglich  der  Flächenausdehnung 
als  auch  ihrer  Verteilung  am  Körper  nach  als  die  wesentlichere. 
Die  Ablösung  beider  Pigmentationen  an  der  Schwanzwurzel  erfolgt 
nicht  ganz  unvermittelt,  da  das  Epidermispigment  bereits  in  der 
Steißgegend  allmählich  auftritt,  wo  sich  noch  ziemlich  viele  Corium- 
pigmentzellen  vorfinden;  andrerseits  traf  ich  solche  vereinzelt  noch 
an  der  Dorsalseite  des  zweiten  Schwanzviertels;  ventral  habe  ich 
hier  keine  gesehen.  Nach  Adachi  sind  sie  bei  dieser  Art  an  der  ven- 
tralen Schwanzseite  reichlicher  als  an  der  dorsalen.  Diese  Verhältnisse 
sind  jedoch  im  Hinblick  auf  die  starke  Epidermispigmentierung  der 
Schwanzhaut  für  die  makroskopische  Zeichnung  nicht  von  Belang. 
Da  Adachi  ein  Exemplar  (?)  dieser  Species  untersucht  hat,  er- 
gibt sich  die  Möglichkeit,  einen  Vergleich  zwischen  seinen  Be- 
funden und  der  Zeichnung  der  Haut  im  ganzen  vorzunehmen.  Ob- 
wohl es  sich  hier  nur  um  eine  einfache  Zeichnung  handelt  (vgl,  da- 
gegen die  viel  kompliziertere  bei  Inuus  und  Cebusl),  zeigt  es  sich 
dabei  doch  deutlich,  daß  man  nach  den  im  übrigen  sehr  eingehenden 
Ausführungen  Adachi's  über  die  Affenhaut  von  der  Hautzeichnung 
selbst  keine  rechte  Vorstellung  erlangen  kann.  So  erfährt  man  bei 
dieser  Art   wohl   über  die  Pigmentierung  zahlreicher  Körperstellen 


1)  In  ganz  geringem  Maße  war  dies  auch  bei  unserem  Cfhus  der  Fall. 

22* 


338  K.  ToLDT  jmi., 

eingehende  Details,  wie  z.  B.  auch,  daß  die  Nackenhaut  äußerst 
wenig-,  die  Rückenhaut  ziemlich  viele  und  die  Kreuzhaut  noch  viel 
reichlicher  Coriumpigmentzellen  enthält,  sowie  daß  die  Haut  der 
ventralen  Rumpfseite  die  der  dorsalen  an  Pig-mentzellen  bedeutend 
übertrifft.  Einen  Überblick  über  die  Pigmentverteilung-  im  ganzen, 
wie  sie  an  unserer  Abbildung  zu  sehen  ist,  erhält  man  aber  nicht 
(vgl.  bes.  die  Verhältnisse  entlang  des  Rückens  sowie  die  Ausläufer 
der  lichten  Partie  gegen  die  Extremitäten  zu).  Dabei  dürfte  die 
Möglichkeit  nicht  ausgeschlossen  sein,  daß  in  dem  einen  oder  anderen 
Falle  etwa  von  einem  eigentlich  lichten  Gebiet  gerade  ein  Haut- 
stttckchen  aus  einem  nebensächlichen,  pigmentierten  Teil  untersucht 
wurde  oder  umgekehrt  (vgl.  bes.  den  Inuus  und  Cebusl).  Ferner  hat 
Adachi  hauptsächlich  die  mikroskopischen  Verhältnisse  verglichen, 
deren  feinere  Verschiedenheiten  in  bezug  auf  die  Pigmentmenge 
makroskopisch  oft  nicht  deutlich  zum  Ausdruck  kommen,  wie  dies 
ja  bis  zu  einem  gewissen  Grad  auch  hinsichtlich  des  Haarkleides 
gilt.^)  Im  großen  und  ganzen  scheinen  die  Verhältnisse  beim 
AüACHi'schen  Exemplar  mit  denen  des  vorliegenden  übereinzu- 
stimmen. Direkt  abweichend  ist,  daß  beim  ersteren  die  Kopfhaut 
massenhaft  Pigmentzellen  enthält.  Ferner  fehlt  bei  unserem  In- 
dividuum die  starke  Pigmentierung  in  dem  eigentlichen  Kreuz- 
bereich; sie  setzt  aber  weiter  caudal,  allerdings  nicht  sehr  reich- 
lich, ein.  Die  Umgebung  des  Afters,  in  welcher  Adachi  speziell 
bei  einem  ^  Cercopithecus  mona  eine  ringförmige  Zeichnung  („Dieses... 
eigentümliche  Bild  lokalisierter  Färbung")  beschreibt,  ist  bei  unserem 
Individuum  an  der  in  Alkohol  konservierten  Haut  licht. 

Außer  am  Schwänze  hat  Adachi  Epidermispigment  auch  an  ver- 
schiedenen anderen  Stellen,  an  der  Stirn,  der  Ohrmuschel  usw.  sowie 
an  den  Extremitäten  konstatiert  und  zwar  in  mehr  oder  weniger 
spärlicher  Weise.  Bei  meinem  Exemplar  fand  ich  es  in  einem 
Probestück  vom  Oberarm  in  geringem  Maße,  und  zwar  hauptsäch- 
lich in  den  Taschen  der  Haarfollikel;  an  einem  Hautstück  vom 
Oberschenkel  konnte  ich  keines  nachweisen.  Für  die  makrosko- 
pischen Verhältnisse  kommen  diese  relativ  geringen  Pigmentmengen 
nicht  in  Betracht. 

Endlich  langte  aus   der  kais.  Menagerie  in   Schönbrunn   noch 

1)  Beim  Vergleich  der  Beobachtungen  von  zwei  verschiedenen  Autoren 
kann  noch  hinzukommen,  daß  die  Bestimmung,  die  bei  den  oft  aus  Tier- 
gärten ohne  genaue  Angabe  der  Herkunft  einlaufenden ,  vielfach  jungen 
Affen  sehr  schwierig  ist,   nicht  immer  konform  sein  mag. 


Hautzeiohiiani,^  bei  dichtbehaartcu  Säugetieren.  339 

ein  dritter  (S,  juv.)  Magot  ein  (3.  April  1913),  welcher  wie  die 
beiden  anderen  von  Herrn  A.  Weidholz  auf  einer  Reise  in  Tunis 
erbeutet  wurde  und  ungefähr  gleich  groß  war  (43  cm  Sch.-St.-Länge) 
wie  das  junge  \\'eibchen.  Die  Hautzeichnung  war  in  ihren  Grund- 
zügen wieder  ganz  ähnlich  wie  bei  den  zwei  anderen,  so  daß  es 
nun  sehr  wahrscheinlich  erscheint,  daß  das  Charakteristische  dieser 
Zeiclinung  —  die  lichten  Submedianstreifen  am  Rücken  mit  ihren 
Ausläufern  gegen  die  Extremitäten  zu  —  mit  geringfügigen  Unter- 
schieden in  der  Breitenausdehnung  der  Streifen  bei  dieser  Art  stets 
voihanden  sein  dürfte.  Diese  sind  hier  relativ  gleich  breit  wie 
beim  erwachsenen  Weibchen,  mit  welchem  das  vorliegende  Exemplar 
überhaupt  die  geringere  Ausdeimung  der  Pigmentierung  gegenüber 
dem  jungen  Weibchen  gemein  hat.  Die  Ausbreitung  der  Pigmen- 
tierung dürfte  daher  (bei  dieser  Art)  mit  dem  Körperwachstum  in 
keinem  konstanten  Verhältnis  stehen.  Auch  das  Geschlecht  scheint 
mit  dieser  Verschiedenheit  nicht  in  Verbindung  zu  sein.  Gemein 
haben  die  beiden  jungen  Exemplare  die  mediane  Durchbrechung  der 
lichten  Nackenpartie,  welche  beim  Männchen  noch  ausgedehnter  ist, 
indem  der  Hückenstreif  hier  ziemlich  kontinuierlich  und  relativ  breit 
ist.  Die  Kontinuität  ist  jedoch  auch  hier  keine  vollständige,  da  der 
ganze  Streif  eigentlich  aus  relativ  kleinen  dunklen  Flecken  besteht 
und  im  Innern  von  einem  ziemlich  symmetrischen  Reihenpaar  kleiner 
lichter  Stelleu  durchsetzt  ist.  Diese  Reihen  setzen  sich  auch  eine 
Strecke  weit  caudal  in  das  Schulterschwarz  fort  und  endigen  hier 
entsprechend  den  gleichen  Fortsätzen  beim  jungen  Weibchen  mit  je 
einem  größeren  longitudinalen  lichten  Fleck.  Als  eine  Abweichung 
gegenüber  beiden  anderen  Exemplaren  ist  hervorzuheben,  daß  der 
dunkle  mediane  Rückeustreif  in  der  hinteren  Lendenpartie  auf  eine 
ziemlich  breite  Strecke  durchbrochen  ist,  indem  die  beiden  lichten, 
jederseits  zu  den  Weichen  hinabziehenden  Transversalstreifen  dorsal 
miteinander  vereinigt  sind.  Die  Kontinuität  des  dunklen  Median- 
streifens ist  jedoch  noch  durch  einen  medianen  rundlichen  dunklen  Fleck 
in  diesem  Bereich  sowie  durch  eine  mediane  Ausladung  der  caudal 
anschließenden  dunklen  Partie  markiert.  Wie  nicht  anders  zu  er- 
warten, ergab  der  mikroskopische  Befund  auch  hier,  daß  die  Pig- 
mentierung auf  großzelligem  Coriumpigment  beruht. 

Durch  diesen  neuen  Fall  hat  die  Möglichkeit,  daß  speziell  die 
Coriumzeichnung  bei  einzelnen  Aßengruppen  im  großen  und  ganzen 
eine  charakteristische  ist,  an  Wahrscheinlichkeit  sehr  gewonnen. 
Wie   sich    das    bei    nahe  verwandten  Arten  verhält,   muß  sich  erst 


340  K.    TOLDT   jl\U., 

zeigen.  Nach  den  bereits  konstatierten  allerdings  nur  geringfügigen 
Abweichungen  innerhalb  einer  Art  erscheint  jedoch  eine  weitgehende 
Spezifizierung  dieser  Zeichnungen  nicht  wahrscheinlich  (vgl.  andrer- 
seits die  systematischen  Merkmale  bezüglich  der  Färbung  der  haar- 
armen Gesichts-  und  Scrotalhaut  bei  manchen  Affen). 


Während  des  Druckes  dieser  Abhandlung  konnte  ich  noch  die 
frischen  Häute  von  3  jungen,  verschieden  großen  Orang-Utans 
von  gleicher  Herkunft  (in  der  kais.  Menagerie  zu  Schönbrunn  aus 
Singapur  eingelangt)  untersuchen.  Hier  sei  nur  erwähnt,  daß  wiederum 
alle  3  Individuen  in  gleicher  Weise  eine  spezifische  Coriumzeichnung 
aufwiesen:  das  Corium  war  bis  auf  je  einen  longitudinalen  lichten 
Streifen  seitlich  von  der  medianen  Partie  des  Bauches,  ferner  bis 
auf  ein  lichtes  Gebiet  an  Kehle  und  Brust,  welches  sich  streifen- 
förmig auf  die  Innenseite  der  Oberarme  fortsetzt,  sowie  bis  auf  zwei 
nebeneinander  gelagerte  lichte  Flecke  an  den  Weichen,  von  welchen 
sich  jeder  an  die  Innenseite  des  entsprechenden  Oberschenkels  er- 
streckt, stark  pigmentiert  (schwärzlich).  Das  Charakteristische  an 
dieser  Zeichnung  ist  besonders  die  stark  ventrale  Lage  der  lichten 
ßumpfstreifen  (vgl.  den  Magot).  Daß  die  Achsel-  und  Weichengegend 
hell  ist,  scheint  besonders  in  bezug  auf  die  Coriumzeichnung  häufig 
vorzukommen.  Die  individuellen  Unterschiede  in  der  Ausdehnung  der 
lichten  Gebiete  waren  nur  gering.  Wie  bereits  Adachi  vom  Orang 
hervorgehoben  hat,  so  war  auch  bei  unseren  Exemplaren  die  Epidermis 
trotz  der  starken  Coriumpigmentation  allenthalben  mehr  oder  weniger 
pigmentiert.     Vgl.  ferner  Selenka's  Diagnose  der  Orang- Rassen. 

Die  frisch  abgezogene  Haut  eines  kürzlich  eingetroffenen  Hylo- 
bates  agilis  E.  Geoffr.  et  Fr.  Cuv.  zeigte  keine  deutlichen  Zeich- 
nungen; sie  war  licht  und  in  der  Epidermis  mehr  oder  weniger 
schwach  pigmentiert. 

Anhang:. 

Zum  Schlüsse  möchte  ich  ganz  kurz  auf  eine  Bemerkung  über 
die  Leithaare  eingehen,  welche  sich  in  einer  kürzlich  erschienenen 
Besprechung  über  die  Technik  der  Untersuchung  des  Haarkleides 
und  der  Haare  der  Säugetiere  von  Friedenthal  (d)  findet  (p.  446  Fuß- 
note) und  folgendermaßen  lautet:  „Eine  ausführliche  Ablehnung  der 
ToLDT'schen  Leithaartheorie  dürfte  sich  erübrigen,  da  Tüldt  unter 
dem  Namen  Leithaar  ganz  heterogene  Haarelemente  zusammenfaßt 


Hautzeicbunns-  bei  (lichtl)ehaarten  Säugetieren.  341 

und   selbst  Tieren   mit    einheitlichem  Fellhaar,   wie   den  Hapaliden, 
den  Besitz  von   Leithaaren    zuschreibt.    Eine   Haarkategorie   Leit- 
haare gibt   es  nicht,   wohl  abei-  Reste   eines  Borstenhaarkleides  bei 
vielen   Säugerordnungen,  besonders   deutlich   bei   Embryonen   sicht- 
bar {Galacjo,    Fledermaus)."'      Da   hierdurch   die   Annahme   erweckt 
werden  könnte,  daß  meine   gesamten  diesbezüglichen  Ausführungen 
in  Frage  zu  stellen  wären,  sei  zunächst  hervorgehoben,   daß   meine 
Untersuchungsergebnisse    nur    zum    geringsten    Teil    eine    Theorie, 
sondern   in   erster  Linie  tatsächliche  Befunde  darstellen.    So  ist  es, 
wie    man    sich   leicht   überzeugen   kann,    eine   Tatsache,    daß    bei 
einer   Reihe    von   Säugetierfellen    gleichzeitig   neben   den   Grannen- 
uiid  ^^'ollhaaren  eine  relativ   spärliche  Haarsorte  vorkommt,  welche 
sich    von    diesen    in    verschiedener   Hinsicht,    so    namentlich    durch 
eine    besondere    Stärke,    deutlich    unterscheidet.      Letztere    Eigen- 
schaft äußert  sich  oft  bereits  in  der  frühen  Entwicklung  des  Haar- 
kleides,  indem    die  Anlagen   dieser  Haare   frühzeitig   entstehen  und 
sich    weiterhin    durch   besondere    Mächtigkeit    (s.   auch    die   S.   285 
ei'wähnten    Hauterhebungen)    auszeichnen.      Solche    besonders    auf- 
fallende  Haaranlagen   wurden   in   der  Literatur  schon  mehrfach  er- 
wähnt, so  z.  ß.  von  Maueer  (a)  bei   dem  mit  deutlichen  Leithaaren 
vei'sehenen  Maulwurf.     Fkiedenthal  hat  derartige  Anlagen  in  einem 
Werke,   welches  einige  Monate  früher  als  meine   der  Hauptsache 
nach   bereits  vorher   abgeschlossene  Fuchshaararbeit   erschienen  ist, 
bei  einem  Galago-  und  einem  Fledermausembr3'o  abgebildet  und  als 
Reste    eines  Borstenhaarkleides    bezeichnet.     Das   kommt   auf   das 
gleiche  hinaus;  so  habe  auch  ich  diese  Haare  ursprünglich  „Borsten- 
haare"   genannt,    aber   später   aus    praktischen    Gründen   die   Be- 
zeichnung „Leithaare"  vorgezogen.    Weiter  ging  Friedenthal  darauf 
nicht  ein,  so  insbesondere  auch  nicht  auf  die  Endform  dieser  Haare 
und  deren  Beziehung  zu  den  anderen  Haarformen  diesei-  Tiere.    Eine 
weitere   Tatsache  ist,   daß  man   bei  Beachtung  dieser  Verhältnisse 
auch   bei  zahlreichen  anderen  Säugetieren   eine   derartige  Differen- 
zierung der  Haarformen  in  weniger  deutlicher  Weise  erkennen  kann. 
Da  ferner  bei  den  meisten  übrigen  Arten  Andeutungen  einer  solchen 
vorhanden  sind  ^),  habe  ich  aus  diesen  konkreten  Befunden  den  sehr 


1)  Ich  habe  es  seinerzeit  als  wahrscheinlich  hingestellt,  daß  die  Leit- 
haare in  Fällen,  in  welchen  sie  bei  erwachsenen  Tieren  nicht  deutlich 
ditferenziert  sind,  mitunter  vielleicht  während  der  Entwicklung  mehr 
hervortreten.  Hierfür  habe  ich  inzwischen  ein  schönes  Beispiel  bei  drei 
Föten  von   Males  taxus  BODD.  gefunden    (Scheitel- Steißlänge  87  bis 


342  K.  TOLDT  juii., 

naheliegenden  Schluß  gezogen,  daß  das  Dreihaarformensj^stem  als  der 
Griindtypus  für  die  Zusammensetzung  der  haarformenreichen  Haar- 
kleider der  Säugetiere  betrachtet  werden  kann  (p.  223).  Diese  Er- 
wägung, sowie  einige  andere  an  die  beobachteten  Tatsachen  an- 
knüpfende Ausführungen  sind  allerdings  theoretischer  Natur  und 
stellen  persönliche  Ansichten  dar,  wie  sie  sich  naturgemäß  in  den 
meisten  wissenschaftlichen  Abhandlungen  vorfinden  und  deren  An- 
nahme bzw.  Ablehnung  jedermann  nach  seinem  Gutdünken  freisteht. 

Bezüglich  der  Hapaliden  sei  bemerkt,  daß  sie  allerdings  ein 
ziemlich  gleichförmiges  Haarkleid  besitzen;  doch  kann  man,  wie  ich 
mich  neuerdings  überzeugte,  bei  einiger  Übung  in  diesen  Unter- 
suchungen unter  den  im  allgemeinen  gewellten  Haaren  dieser  Tiere 
auch  einzelne  etwas  stärkere,  längei'e  und  beinahe  gerade  Haare  er- 
kennen. Wenn  diese  Unterschiede  auch  nicht  auffallend  sind,  so  ist 
dieser  Befund  in  bezug  auf  die  vergleichende  Betrachtung  immerhin 
bemerkenswert.  Daß  ich  diesen  Fall  keineswegs  als  einen  tj^pischen 
betrachtet  habe,  geht  aus  meinen  einleitenden  Worten  über  die  Affen- 
haare wohl  genügend  hervor. 

Daß  ich  unter  den  Leithaaren  nicht  eine  bestimmte  Haarsorte 
verstehe,  welche  allen  bei  den  Säugetieren  vorkommenden  Haarformen 


108  mm),  deren  Mutter  am  12.  Februar  1912  getötet  wux-de.  Obwohl 
sich  das  Vorhandensein  von  Leithaaren  am  ausgebildeten  Fell  dieses 
Tieres  nur  durch  geringe  Anzeichen  dokumentiert,  finden  sich  bei  den 
Föten,  ähnlich  wie  bei  jenen  des  Fuchses,  in  relativ  großen  Abstünden 
zwischen  mittelstarken  und  zarten  Haaranlagen  solche  mit  stärker  ent- 
wickelter Spitze  und  deutlich  hervortretender  Epidermiserhebung  verteilt 
(Taf.  9  Fig.  7).  Letztere  liegt  im  spitzen  Winkel,  welchen  das  Haar  zur 
Hautoberfläche  bildet,  und  bedarf  noch  einer  genaueren  "Untersuchung  (s. 
auch  S.  285),  —  Nebenbei  sei  bezüglich  der  3  Dachsföten  bemerkt,  daß 
2  normal  entwickelt  sind  (absolute  Scheitel-Steißlänge  ca.  108  mm), 
während  der  3.  bedeutend  kleiner  ist  (87  mm).  Gleichzeitig  hat  letzterer 
einen  nur  6  mm  langen  stumpf-kegelförmigen  Schwanzstummel,  während 
die  beiden  anderen  einen  normal  ausgebildeten  25  mm  langen  Schwanz 
besitzen.  Wenngleich  es  sich  hier  offenbar  nur  um  einen  mißbildeten 
Fötus  handelt  —  die  Körper-  und  Schwanzlänge  steht  zu  jenen  der  beiden 
anderen  in  zu  großem  Mißverhältnis  — ,  so  ist  der  rudimentäre  Schwanz 
doch  wegen  einer  gewissen  Ähnlichkeit  mit  dem  eines  Bärenembryos  nicht 
uninteressant,  da  beide  Tiere  verwandtschaftlich  einander  nicht  fern  stehen. 
Daß  bei  multiparen  Säugetieren  die  Embryonen  aus  einem  und  demselben 
Uterus  eine  verschiedene  Größe  haben  können,  ist  bekannt;  über  die  Ur- 
sache hiervon  sind  kürzlich  zwei  Abhandlungen  erschienen  (CaradONNA 
und  Kreidl-A.  u.  Neumann). 


HantzeicbuuuE;:  bei  dichtbebaarteu  Säugetieieu.  343 

geg-enüberzustellen  ist,  sondern  Haare,  die  siel»  von  den  übrig'en 
Haarformen  eines  bestimmten  Felles  unterscheiden,  ist  aus  meinen 
Ausführungen  wohl  ebenso  hinlänglich  ersichtlich  wie  der  Umstand, 
daß  es  dem  Begritt"  ,.Leithaar''  keineswegs  widerspricht,  daß  diese 
Haarsorte,  ähnlich  wie  die  „ytammhaare*',  „Seitenhaare"'  u.  dgl.,  in 
den  diversen  Fellen  je  nach  der  allgemeinen  Beschaifenheit  derselben 
spezifisch  verschieden  geformt  sein  kann.  Die  Haarformenkonstella- 
tion bei  den  einzelnen  Fellen  erfordert  eben  gegenüber  den  ver- 
schiedenen, bei  den  Säugetieren  überhaupt  vorkommenden  Haar- 
formen eine  gesonderte  Betrachtung  und  hätte  auch  in  der  von 
Fkiedenthal  gegebenen  Übersicht  über  die  Säugetierhaare  besser 
hervorgehoben  werden  sollen.  Allerdings  wurde  sie  bisher  über- 
haupt wenig  beachtet  und  nur  in  einzelnen  Fällen,  vornehmlich  bei 
Haussäugetieren,  mehr  oder  weniger  eingehend  behandelt.  Wenn 
diesen  Verhältnissen  außer  ihrem  tatsächlichen  Bestände  auch  keine 
weitere  allgemeine  Bedeutung  zukommen  sollte,  w'as  jedoch  keines- 
wegs der  Fall  zu  sein  scheint  [vgl.  Pinkus  (b)],  so  war  es  im  Inter- 
esse der  Vervollständigung  unserer  Kenntnis  von  der  Säugetier- 
behaarung sicherlich  an  der  Zeit,  einmal  auch  einen  umfassenderen 
P^inblick  in  die  Mannigfaltigkeit  der  äußeren  Form  der  Haare  im 
allgemeinen  sowie  über  die  Haarformenkonstellation  in  den  Fellen 
verschiedener  wildlebender  Säugetiere  zu  erlangen.  Daß  diese  Ver- 
hältnisse nicht  unwichtig  sind,  beweist  übrigens  auch  eine  ungefähr 
gleichzeitig  erschienene  Publikation  Feiedenthal's  über  die  Be- 
haarung der  Menschenrassen  und  Menschenaffen ;  auch  waren  sie  mir 
bereits  für  diagnostische  Zwecke  sehr  wertvoll. 

Bei  dieser  Gelegenheit  sei  zu  p.  74  meiner  Abhandlung  „Bei- 
träge zur  Kenntnis  der  Behaarung  der  Säugetiere"  nachgetragen, 
daß,  wie  ich  inzwischen  gesehen  habe,  die  im  Haaratlas  von  Lambert 
u.  Balthazard  (Paris  1910)  erwähnten  eigenartigen  Haken- 
bildungen des  Oberhäutchens  an  gewissen  Stellen 
von  Lemuren haaren  bereits  de  Meijere  in  seiner  bekannten 
Arbeit  über  die  Anordnung  der  Haare  (p.  403)  kurz  besprochen  hat. 

Wien.  Ende  April  1913. 


344  TOLDT    JUII. 


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1)  Auf  diese  erst  kürzlich  erschienene  Arbeit,  welche  ich  hier  nicht 
mehr  benutzen  konnte,  sei  speziell  verwiesen,  da  sie  eine  ausführliche 
Übersicht  über  die  neueste  Literatur  der  blauen  Geburtsflecke  enthält,  in 
welcher  namentlich  auch  die  Publikationen  von  praktisch-medizinischer  Seite 
berücksichtigt  sind  (vgl.  besonders  die  daselbst  zitierten  Arbeiten  von 
Apekt,  KatO,  Pükak,  t\^ATErE  etc.).  Für  die  Beschaffung  eines  Exem- 
plars der  SCHOHL'schen  Arbeit  bin  ich  Herrn  Prof.  F.  BiRKNER  (München) 
zu  bestem  Dank  verpflichtet. 


348 


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Tanaka,  J.,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  menschlichen  Hautpigmentierung, 
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—  ,  b)  Studien  über  das  Haarkleid  von  Vulpes  vulpes  L.,  nebst  Be- 
merkungen über  die  Violdrüse  und  den  HÄCKEL-MAUEER'schen  Bären- 
embryo mit  Stachelanlagen ,  in :  Ann.  uaturhist.  Hofmus.  Wien, 
Vol.   22,  p.    197—269,   1907—1908. 

— ,  c)  Über  eine  beachtenswerte  Haarsorte  und  über  das  Haarformensystem 
der  Säugetiere,   ibid.,   Vol.   24,   p.    195—268,    1910. 

— ,  d)  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Behaarung  der  Säugetiere ,  in :  Zool. 
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Sonderheft  2,  p.  59—140,   1912. 

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bis  72,    1866. 


Erklärung  der  Abbilduugen. 


Sämtliche    Zeichnungen    wurden    vom    akademischen    Zeichner    Herrn 
B.  Keilitz  angefertigt. 


Tafel  9. 

Fig.  1.  Indirekte  Hautpigmeutierung  bei  Ausbildung  des  ersten 
Haarkleides.  Innenseite  eines  in  Alkohol  konservierten  Hautstückes  vom 
Hinterkopf  einer  ca.  5  Tage  alten  Hauskatze.  Behaarung  noch  im  Wachs- 
tum begriffen ,  weiß,  mit  schwärzlichem  Fleck  medial  von  der  rechten 
Ohrmuschelbasis  (diese  am  Bilde  links  angedeutet).  An  der  Innenseite 
der  Haut  ist  in  lichtem  Grunde  der  hier  hauptsächlich  durch  pigmentierte 
Haarzwiebeln  bedingte  dunkle  Fleck  sichtbar  und  in  ihm  drei  noch  dunklere 
longitudinale  Streifen,     ad  S.   273.      1:1. 


HautzeicbuuLg  bei  dichtbehaarteu  Säugetieren.  349 

Fig.  2.  Imlirekte  Hautpigmeiitiening  bei  der  Entwicklung  des  ersten 
Haarkleides.  Aufgehelltes  Hautstück  seitlich  vom  Hinterrückeu  eines  Fötus 
von  Ctijireoliis  rii/iirohis  L.  (8ch. -St. -Länge  ca.  2ö  cm).  Das  kreisrunde 
Gebiet  und  darunter  die  Hälfte  eines  solchen ,  welches  verhältnismäßig 
wenig  dunkle,  aber  reichlich  unpigmentierte  Haarzwiebeln  enthält,  entspricht 
einem  bzw.  der  Hälfte  eines  au  der  (undurchsichtigen)  Hautaußenseite 
weißlich  erscheinenden  Flecks  (lichte  fötale  Haut-  bzw.  jugendliche  Fell- 
fleckung).  Das  in  (lieser  Haut  sehr  spärliche,  in  ziemlich  großen  Ab- 
ständen zerstreute  grobfleckige  Epiderraispigment  ist  bei  dieser  Vergröße- 
rung nicht  erkennbar,     ad  S.   276.      6:1. 

Fig.  3.  Indirekte  Hautpigmentierung  bei  einer  im  Haarwechsel  be- 
griffenen ,  dünnen  Haut.  Innenseite  der  getrockneten  Haut  von  einer 
Taljiii  ciirojHirii  L.  An  den  lichten  Stellen  sind  hauptsächlich  ausgebildete 
Haare  des  alten  Haarkleides  vorhanden,  an  den  dunklen  im  Wachstum  be- 
findliche neue,     ad  S,   277.      1:1. 

Fig.  4.  Außenseite  eines  Hautstückes  vom  Hinterrücken  eines  Fötus 
von  Aloii'ita  {M;/relfs)  .seiiiailiis  L.  (132  mm  Seh. St. -Länge).  Epidermis 
pigmentiert  und  profiliert.  Die  Profilierung  wird  durch  ziemlich  regel- 
mäßig verteilte  größere  und  kleinere ,  von  vorn  nach  hinten  ansteigende 
Läugswülste  hervorgerufen,  welche  ein  noch  eingerolltes  oder  bereits  durch- 
gebrochenes Haar  enthalten,      ad  S.   279.      ca.   40  :  1. 

Fig.  5.  Außenseite  eines  Hautstückes  aus  derselben  Gegend  von 
einem  größeren  Alouata  .s/;. -Fötus  (176  mm  Seh. -St. -Länge).  Die  stärkeren 
Haare  bereits  relativ  lang,  ohne  AVulst ;  die  zarteren  zum  Teil  eben  durch- 
gebrochen mit  geradem  AVulst,  zum  Teil  noch  in  der  hier  mehr  oder  weniger 
echuppenförmig    vorgetriebenen  Epidermis    eingerollt,     ad   S.   280.      18:1. 

Fig.  6.  Senkrechter  Schnitt  durch  die  ßückenhaut  des  Fötus  von 
Fig.  4  in  der  Richtung  der  (epidermalen)  Wülste.  Drei  solche  getroffen. 
In  den  Anschnitten  der  Höhlungen,  in  welchen  die  Haare  eingerollt  waren, 
vielfach  noch  größere  oder  kleinere  Haarbruchstücke,    ad  S.  281.    ca.  200:  1. 

Fig.  7.  Fötus  von  Meles  taxtis  BoDi).  (Sch.-St.-Länge  108  mm). 
Trotzdem  die  Leithaare  beim  erwachsenen  Dachs  nicht  auffallend  deutlich 
differenziert  sind ,  sind  sie  fast  an  der  ganzen  Hautoberfläche  des  Fötus 
gegenüber  den  anderen  jungen  Haaren  besonders  an  der  deutlichen,  halb- 
kreisförmigen Epidermiserhebung  am  Hiuterrande  ihrer  Austrittsstelle  er- 
kenni)ar  (in  der  Abbildung  als  stärkerer  Punkt  dargestellt),    ad  S.  341.     1:1. 

Fig.  8.  Aufgehelltes  Hautstück  von  der  Flanke  des  Cchiis  Ubidinosus 
Spix.  Dichtes  netzförmig  angeordnetes  Coriumpigment.  5  gestutzte  Haare, 
ad  S.  296  u.  a.  0.     ca.  30:  1. 

Fig.  9.  Aufgehelltes  Hautstück  seitlich  vom  Rücken  des  Atelcs  alcr 
CüV.  Ziemlich  dichte  grobpunktiert  erscheinende  Epidermispigmentierung. 
P)älge  der  Haare   durchschimmernd,     ad  S.   296   u.   a.   0.      ca.   30:  1. 

ad  Figg.  8  u.  9.  Nach  derartigen  Präparaten  kann  man  sich  rasch 
orientieren ,  ob  bei  einem  Affen  die  dunkle  Hautfärbung  im  wesentlichen 
durch  Corium-  oder  Epidermispigment  hervorgerufen  wird.  Abbildungen 
von   entsprechenden   Schnittpräparaten  siehe  besonders  bei  AdaCHI. 


350  K.  ToLDT  juu.,  HaiUzeichnuiig  bei  dichtbehaarten  Säiigetiereu. 


Tafel   10—12. 

Ausgebreitete  Affenhäute  in  frischem  oder  noch  nicht  lange  in  Alkohol 
gelegenem  Zustand  zur  Demonstration  der  durch  direkte  Pigmentierung 
bedingten  makroskopischen  Hautzeichnung.  Fig.  14  wurde  hauptsächlich 
nach  den  Verhältnissen  an  der  Außenseite  der  Haut  (nach  Auseinander- 
legung der  nicht  sehr  dichten  Behaarung)  aufgenommen,  die  Figg.  10 — 13 
und  15  nach  denen  an  der  Innenseite.  Fig.  10  stellt  eine  Skizze  nach 
dem  Original  in  ^/g  der  natürlichen  Größe  dar ;  die  übrigen  Abbildungen 
wurden  möglichst  genau  nach  der  Natur  gezeichnet  und  erscheinen  durch- 
wegs in  ^/^  der  natürlichen  Größe.  Zur  rascheren  Orientierung  wurde 
die  durch  Coriumpigment  verursachte  dunkle  Färbung  fein  netzförmig,  die 
auf  Epidermispigment  beruhende  punktiert  angedeutet. 

Fig.  10.  Magot,  Macacus  {luuus)  imms  Lt.,  $,  ad.  Coriumpigment 
(s.  S.  291). 

Fig.  11.  Dieselbe  Art,  §,  juv.  Coriumpigment.  Am  Kopf  ist 
beiderseits  die  Ohrmuschelbasis  durch  einen  kleinen  Ring  angedeutet.  In 
der  Regio  perinealis  von  oben  nach  unten :  Basis  des  Schwanzstummels 
(kleiner  Ring),   Anus,   Genitale,   Gesäßschwielen   (s.   S.   305). 

Fig.    12.      Cebvs  lihidinosKs  Spix.   c5,  juv.   Coriumpigment  (s.   S.   23). 

Fig.  13.  Cercopiihcrns  calUirichus  Geoffe.  S  >  ^-d.  Coriumpigment, 
jedoch  am  Schwänze  von  der  Wurzel  an  Epidermispigment.  Am  Kopf 
vorn  die  Spalten  für  die  Augen  und  hinten  jederseits  die  Ohrmuschelbasis 
(s.   S.   336). 

Fig.  14.  Hui  man,  Se)Jinopitliecus  e)itellus  DvFB..,  $,  ad.  Von  der 
Außenseite  aufgenommen.  Epidermispigment.  In  der  Perinealgegend  von 
oben  nach  unten:  Schwanzbasis,  Anus,  Genitale,  Gesäßschwielen  (s.  S.  306). 

Fig.  15.  Vari,  Levno-  rariKs  Geoffe.,  $>  ^^'  Epidermispigment. 
Am  Kopf  vorn  die  Spalten  für  die  Augen ,  hinten  jederseits  die  Ohr- 
muschelbasis (s.   S.   317 — 319). 


Zoohg.  Jahrhüclitr  Bd.  35  Abt.  f.  Si/si. 


Taf.  .9. 


Toldt, 


Zoohg.  Jcüfrbüelier  Bd.  3'i  Abt.  f.  Syst. 


Taf.  10 


Fig.  10.    Macacus.(Inuus)  inuus  L.,  J,  ad.     1:6. 


Fig.  11.    Maeacus  (Inuus)  inuus,  L.,  +,  juT.    1 : 4, 


GBsto'BMWVj^ 


Zoolog.  Jahrbiicher  Bd.  35  Abt.  f.  Syst. 


Taf.  11. 


Fig.  12.    Cebns  libiUinosus  Spix,  J,  jiiv.    1 


Fig.  13.     Cereopithecus  callitrichus,  Ueoffr.,  (/,  ad.     1 : 4. 


Verlag  von  GnstaT  Fischer  ü,j^„ 


Zoolog.  Jahrbücher  Bd.  .55  Abt.   f   Syst. 


Taf.  12 


^■^^ 


'*^. 


Fig.  14.    Semnopithecus  entellus  Dufr.,  .J,  ad.    1 : 4. 


^^     V 


Fig.  15.     T  emui  \  uiii'.   (Ttoffr.,  '+,  ad.    1:4. 


Verla,' von  Gustaf  Jüä;;^;^^^^ 


Nachdruck  verboten. 
Vbersetzwujsrecht  vorbehalten. 


Vogeltrematoden  ans  Russisch  Turkestan. 

Von 
K.  I.  Skrjabin,  Veteiinärarzt. 

(Aus  dem  Zoologischen  Museum  der  Universität  Königsberg  i.  Pr.) 

Hit  Tafel  13-14. 


Inhalt. 
Einleitung. 
Systematische   Bearbeitung. 

A.  Fam.  Lepodermatidae  Odhxer. 
Subfam.  Prosthogoniminae  LUHE. 

I.  Gen.  Prosthogonimus  Luhe. 

1.  Prosthogonimus  putschkowskii  Skejabin. 

2.  Pr.  cuneaius  RuD. 

3.  Pr.  ovaius  Ruu. 

B.  Fam.  Psilosiomidae  Odhner. 

a)  Subfam.   Oi'chipedinae  n.  subfam. 

II.  Gen.   Orchipedum  M.  Ben. 

4.  Orchipedum  iurkestaniciini   n.  sj/. 

b)  Subfam.  Psilostominae  Luhe. 

III.  Gen.  Psilochasmus  Luhe. 

5.  Psilochasmus  longidrratus  n.  .'<p. 

C.  Fam.  Echinosiomidae  Dietz. 

IV.  Gen.  Echinostoma  RuD. 

6.  Echinostoma  revoluhnn  Froel. 

7.  E.  chloropodis  Zed. 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Syst.  23 


352  K.  I.  Skrjabin, 

8.  E.  anceps  MoL. 

9.  E.  exechmatuni  Solowiow. 

10.  E.  mesoiestms  Solowiow. 
V.  Gren.  Hypoderaetwi  Dietz. 

11.  Hijpoderaeum  conoideu»/  Bloch. 
VI.  Gen.  Paryphosiomimi  Dietz. 

12.  Paryphostomiim  radkduiii  Duj. 
VII.  Gen.   Patagifer  DiETZ. 

13.  Patagifer  hibolus  RuD. 

D.  Fam.  Harmostomidae  Odhnee. 
VIII.  Gen.    Urogonimus  Mont. 

14.  Urogonimus  turanicus  Solowiow. 

15.  U.  macrostomus  Rud. 

E.  Fam.  Dicrocoeliidae  Odhnee. 

IX.  Gen.  Dicrocoelium  DüJ. 

16.  Dicrocoeliwn  skrjahini  Solowiow. 
X.  Gen.  Lyperosomum  Looss. 

17.  Lyperosormim  corrigia  M.  Ben. 

18.  L.  filiforme  n.  sp. 

F.  Fam.    Opisthorchiidae  LUHE. 

XL  Gen.    Opisihorchis  Blanch. 

19.  Ojnsfhorchis  geminus  Looss  var.  kirgfmcnsis  n.  var, 

20.  0.  longissimus  v.  Linstow. 
XII.  Gen.  Notaulus  n.  g. 

21.  Notatdus  asiaticus  n.  sp. 

G.  Fam.   Cyclocoelidae  Kossack. 

XIII.  Gen.   Cyclocoelum  Beandes. 

22.  Cyclocoelum  mutabile  Zed. 

23.  C.  microstomtim  Ceepl. 

24.  C.  prohlematicwn  Stossich. 

25.  C.  tringae  Stossich. 

26.  C.  ovopunctatum  Stossich. 

27.  C.  Orientale  n.  sp. 

XIV.  Gen.  Tracheophilus  Skejabin. 

28.  Tracheophilus  sisowi  Skejabin. 

H.  Fam.  Notocotylidae  Luhe. 

XV.  Gen.   Catatropis  Odhnee. 

29.  Catatropis  verrucosa  Feoel. 
J.  Fam.  Ilolostomidae  Beandes. 

XVI.  Gen.  Holostomum  Eudolphi. 

30.  Holostomum  sphaerida  Lies. 


Vogeltreniatoden  ans  I\n«isisoh  Turkestaii.  353 

Kiiileitiins;. 

Seit  den  Reisen  des  bekannten  rnssischen  Natniforscliers 
Fedschenko  in  Tnrkestan  (18()S— IMTl)  ist  die  Helniintlienfanna 
des  Gebietes  von  niemandem  nntersucht  worden.  Die  gesamte  Lite- 
ratur über  dieses  Thema  beschränkte  sich  bis  vor  kurzem  auf  die 
Arbeiten  v.  Linstoav's  (12) '),  der  die  Trematoden,  Nematoden  und 
Acanthocephalen  der  FEDscHENKo'schen  Sammlung  untersuchte,  und 
Krabbe's,  dem  die  Cestoden  zur  Bearbeitung  übergeben  worden 
waren.  Dazu  kommen  noch  die  Einzelarbeiten  von  Fedschenko 
über  Filaria  medinensis,  GnatJiostoma  hispidum  Fedsch.  u.  a.  m. 

Während  meiner  Tätigkeit  als  Veterinärarzt  in  Russisch  Tnr- 
kestan (Aulie-Ata  im  Syr-Darja-Gebiet)  habe  ich  mich  nebenbei  mit 
dem  Sammeln  von  Helminthen  beschäftigt  und  in  größerer  Menge 
Vogelparasiten  zusammengebracht.  Da  ich  mich  unter  Verhältnissen 
befand,  die  einer  wissenschaftlichen  Bearbeitung  des  Materials 
äußerst  ungünstig  waren,  sandte  ich  in  der  ersten  Zeit  die  Hel- 
minthen meiner  Sammlung  an  Herrn  Prof.  Cholodkowsky  (St.  Peters- 
burg) und  Herrn  Dr.  Solowjow  (Warschau)  zur  Bestimmung.  Beide 
fanden  in  dem  übersandten  Material  eine  Reihe  neuer  Arten,  und 
in  der  kürzlich  erschienenen  Arbeit  Solowiow's  (26)  werden  daraus 
7  neue  Arten  und  eine  neue  Gattung  beschrieben.  Mit  dieser  Arbeit 
nimmt  die  wissenschaftliche  Verwertung  des  von  mir  gesammelten 
^Materials  ihren  Anfang,  wobei  die  SoLowiow'sche  Veröffentlichung 
die  2.5jährige  Pause  seit  den  letzten  Arbeiten  über  Turkestaner 
Helminthen  unterbricht. 

Dank  dem  Interesse,  das  der  Chef  der  Veterinärverwaltung  des 
Ministeriums  des  Innern.  Mag.  J.  A.  Katschixski,  sowie  die  Glieder 
des  Veterinär-Bacteriologischen  Laboratoriums  mit  S.  N.  Pawluschkow 
an  der  Spitze  der  wissenschaftlichen  Verwertung  meiner  Sammlungen 
entgegenbrachten,  erhielt  ich  die  Möglichkeit,  das  von  mir  zusammen- 
gebrachte Material  unter  Anleitung  bekannter  westeuropäischer 
lielminthologischer  Autoritäten  selbst  zu  bearbeiten.  Die  Unter- 
suchungen begann  ich  im  Zoologischen  Museum  der  Königsberger 
Universität.  Unter  der  liebenswürdigen  Leitung  und  Mitwirkung 
von  Herrn  Geheimrat  Prof.  Dr.  M.  Bkaun  und  Herrn  Prof.  Dr.  M.  Luhe 
nahm  ich  zuerst  die  Trematoden  der  turkestaner  Vögel  vor  und 
übergebe  hiermit  die  Resultate  der  Öffentlichkeit. 


1)  Die  Zahlen    beziehen    sich    auf  das   Literaturverzeichnis  am  Ende. 

23* 


354  ^-  I-  Skrjabin, 

Allen  denen,  die  mir  das  Zustandekommen  meiner  Studienreise 
ermöglichten  und  mich  bei  der  wissenschaftlichen  Bearbeitun;^  des 
Materials  unterstützten,  möchte  ich  hier  meinen  aufrichtigsten  Dank 
entgegenbringen. 


Systematische  Bearbeitung. 

A.   Fam.  Lepodennatidae  Odhner. 

Subfam.  Frosthogoniminae  Luhe. 

Vertreter  dieser  Unterfamilie  waren  bisher  aus  Turkestan  nicht 
bekannt.  Die  von  mir  gefundenen  3  Arten  gehören  alle  der  Gattung 
Prosthogonimus  Luhe  an  und  sind  von  mir  schon  in  russischer 
Sprache  (31)  behandelt  worden. 

].   Prostliogonimus  jtut^chUou'sUii  Skejabin. 

In  der  Bursa  Fabricii  einer  am  3.  (16.)  Juli  1911  in  der  Um- 
gebung von  Aulie-Ata  erlegten  Platalea  leucorodia  fand  ich  8  Exem- 
plare einer  Trematodenart,  die  sich  als  neue  Angehörige  der  Gattung 
Prostliogonimus  Luhe  (=  Prymnoprion  Looss)  erwiesen.  Die  Gattung 
enthielt  bisher  5  Arten,  von  denen  4  in  Europa  und  1  in  Asien  (Pr. 
japonicus  M.  Ben.)  vorkommen.  Vorliegende  neue  Art,  die  6.  der 
Gattung,  erlaube  ich  mir  zu  Ehren  des  Herrn  Prof.  S.  E.  Pütsch- 
KowsKi  (Jurjew-Dorpat),  dem  ich  die  erste  Einführung  in  die  Methoden 
der  Färbetechnik  bei  Parasiten  verdanke,  Prosthogonimus  piitsch- 
koivsMi  zu  nennen. 

Die  Art  zeigt  folgende  charakteristische  Eigentümlichkeiten. 
Der  Körper  ist  flach,  im  Umriß  birnförmig,  von  grauer  Färbung, 
mit  dunkler  Zeichnung  im  verbreiterten  hinteren  Teil  des  Körpers. 
Länge  bis  7,3  mm,  Breite  4,85  mm.  Sie  gehört  demgemäß  zu  den 
größten  der  Gattung  und  steht  nur  hinter  Pr.  pellucidus  Likst, 
zurück.  Bei  einigen  Stücken  ist  der  vordere  Körperteil  vom  hinteren 
durch  eine  unbedeutende  Einschnürung  getrennt.  Der  ganze  Körper 
ist  mit  Stacheln  besetzt,  die  nach  hinten  gerichtet  sind  und  leicht 
abfallen;  am  dichtesten  sind  sie  in  der  vorderen  Körperhälfte.  Die 
Länge  der  einzelnen  abgefallenen  Stacheln  beträgt  0,0203 — 0,0332  mm. 
während  nach  Braun  die  Stachellänge  bei  Pr.  ovatus  (R.)  0,015  mm 
und  bei  Pr.  cuneatus  (K.)  aus  der  Bursa  Fabricii  der  Saatkrähe 
{Corvus  frugilegus  L.)  nach  meinen  Messungen  0,0145  mm  beträgt. 


Vogeltrematoden  aus  Russisch  Turkestan.  355 

Die  Saupnäpfe  sind  selir  stark  entwickelt.  Der  Bauclisaugnapf, 
der  eine  tonneiiförmige  Gestalt  aufweist  mit  etwas  eingeboo^enem 
Hinterrand,  erreicht  eine  Länge  von  0,765 — 0,8  mm  und  eine  Breite 
von  0.680  mm.  Im  Lumen  des  Mundsaugnapfes  fanden  sich  bei 
einigen  Exemplaren  verschluckte  Eier.  Der  Bauchsaugnapf,  dessen 
Zentrum  gerade  an  der  Grenze  zwischen  erstem  und  zweitem  Körper- 
drittel liegt,  hat  eine  Größe  von  1,105  —  1,241  mm;  die  Art  wird 
also  auch  in  der  Größe  der  Saugnäpfc  nur  von  Pr.  pellucidus  Linst. 
übertroffen. 

Der  Pharynx  liegt  dem  Mundsaugnapfe  unmittelbar  an  und  ist 
mit  seinem  konvexen  Vorderrand  in  den  eingebuchteten  Hinterrand 
des  Mundsaugnapfes  eingefügt.     Die  Länge  beträgt  0,272  mm. 

Auf  den  Pharynx  folgt  der  0,374  mm  lange  Ösophagus,  der  sich 
unter  einem  ungefähren  Winkel  von  70"  in  die  beiden  Darmschenkel 
gabelt.  Diese,  bei  einigen  Exemplaren  mit  einer  bräunlichen  Masse 
gefüllt,  umschließen  einen  dreieckigen  Raum,  in  dem  der  Bauchsaug- 
napf, der  Keimstock,  die  beiden  Hoden  und  die  Schlingen  des  Uterus 
liegen.  Die  blinden  Enden  der  Darmschenkel  reichen  über  die  Hinter- 
ränder der  Hoden  hinaus,  erreichen  jedoch  das  Hinterende  des 
Körpers  nicht. 

Die  Hoden  sind  von  rundlich  -  ovaler  Gestalt  und  liegen  im 
mittleren  Drittel  des  Körpers,  wobei  die  Linien,  die  ihre  Zentra  mit 
dem  Zentrum  des  Bauchsaugnapfes  verbinden,  die  Seiten  eines  gleich- 
seitigen Dreiecks  bilden  (die  entsprechenden  Linien  bilden  bei  Pr. 
cuneatus  R.  nicht  die  Seiten  eines  gleichseitigen,  sondern  eines 
gleichschenkligen  Dreiecks).  Die  Ränder  der  Hoden  sind  vollständig 
glatt,  ohne  Andeutung  einer  Ausnagung;  die  Länge  der  Hoden  mißt 
nach  der  großen  Achse  1,071 — 1,360  mm.  Die  äußeren  Seitenränder 
der  Hoden  werden  ein  wenig  von  den  Innenrändern  der  Darm- 
schenkel  bedeckt. 

Die  Vasa  deferentia  ziehen  von  den  Hoden  nach  vorn,  ver- 
laufen dorsal  vom  Bauchsaugnapf  und  münden  nicht  weit  vom  Vorder- 
rande des  Bauchsaugnapfes  in  die  Bursa  cirri,  welche  außerordent- 
lich lang  und  schmal  ist  und  mit  ihrem  Grunde  fast  den  Vorder- 
rand des  Bauchsaugnapfes  erreicht;  die  Länge  beträgt  2,125  mm. 
Im  Gegensatz  zu  den  verwandten  Arten  besitzt  sie  keine  starken 
Windungen,  nur  an  der  Grenze  mit  dem  Pharjmx  macht  sie  eine 
starke  Biegung. 

Die  Genitalöfltnung  liegt  unmittelbar  am  Mundsaugnapfe  auf  der 
linken  Seite  des  Körpers. 


356  K.  I.  Skrjabin, 

Der  median  geleg-ene  Keimstock  ist  traubenförmig-,  besteht  aus 
10 — 13  Lappen  und  liegt  unmittelbar  hinter  dem  Bauchsaugnapf, 
mit  seinem  Vorderrande  dessen  Hinterrand  berührend. 

Die  Dotterstöcke  beginnen  im  Niveau  oder  etwas  über  dem 
Vorderrand  des  Bauchsaugnapfes  und  enden  etwas  hinter  dem  Hinter- 
rande der  Hoden.  Ihre  Länge  beträgt  2,55  mm.  Charakteristisch 
ist,  daß  die  Dotterstöcke  in  einzelne  Trauben  gesondert  sind,  4 — 7 
an  jeder  Seite,  wobei  die  einzelnen  Trauben  jederseits  miteinander 
durch  Ausführungsgänge  vereinigt  sind.  Diese  Gänge  sammeln  sich 
endlich  in  zwei  Hauptkanäle,  die  sich  am  Hinterrande  des  Keim- 
stockes in  der  Mittellinie  des  Körpers  vereinigen  und  hier  enden. 
Durch  die  traubige  Anordnung  der  Dotterstöcke  nähert  sich  die  Art 
Pr.  pellucidus  (Linst.),  die  allein  von  den  Gattungsangehörigen  diese 
Eigentümlichkeit  besitzt. 

Das  Receptaculum  seminis  ist  von  regelmäßiger  rundlicher  Form 
und  liegt  unmittelbar  hinter  dem  Keimstock. 

Der  Uterus  füllt  mit  seinen  Windungen  den  ganzen  hinteren 
Körperteil  aus,  wobei  die  Schlingen  jedoch  die  Hoden  fast  gar  nicht 
bedecken.  Sein  Anfangsteil  besteht  aus  einem  Gewirr  sich  kreuzen- 
der und  verflechtender  Schlingen.  Im  weiteren  Verlauf  konzentrieren 
sich  die  Schlingen  im  Körpermittelteile  (zwischen  den  Hoden),  und 
indem  sie  sich  allmählich  entwii'ren,  gehen  sie  zur  linken  Körper- 
seite auf  den  Cirrus  zu.  Nach  Umgehung  des  Cirrus  von  links 
mündet  der  Uterus  neben  der  männlichen  Genitalötfnung. 

Charakteristisch  ist,  daß  die  Uterusschlingen  nicht  über  den 
Keimstock  und  den  Bauchsaugnapf  nach  vorn  hinausgehen,  wie 
dies  bei  Pr.  ovatus  der  Fall  ist;  andererseits  ist  das  Gewinde  der 
Uterusschliugen  niemals  so  dicht  wie  bei  Pr.  cimeatus,  bei  der  sie 
den  Körper  so  stark  erfüllen,  daß  von  den  Verhältnissen  im  hinteren 
Körperteile  nichts  zu  erkennen  ist. 

Die  bräunlich-gelben  Eier  sind  0.0261  mm  lang,  0,0145  mm  breit. 

Bevor  ich  zu  einem  Vergleich  meiner  neuen  Art  mit  den  übrigen 
Vertretern  der  Gattung  Prosthogonimus  Luhe  übergehe,  muß  ich  be- 
merken, daß  von  mir  die  Art  Pr.  ranis  M.  Brn.  absichtlich  über- 
gangen wird,  da  sie  in  neuerer  Zeit  in  einer  besonderen  Gattung 
derselben  Unterfamilie  —  Schistogonimus  Luhe  —  untergebracht 
worden  ist.  Außerdem  erwähne  ich  nicht  die  von  Looss  unter  dem 
Namen  Prymnoprion  anceps  (aus  Machetes  ptignax)  und  PrijmnoprioN 
ovatus  (aus  Passer  domestims)  beschriebenen  Arten,  die  nach  den 
Untersuchungen  von  M.  Braun  mit  Prosthogonimus  cuneatus  E.  iden- 


Vogeltreinatoden  aus  Russisch  Turkestaii.  357 

tisch  sind.  Es  bleibt  mir  also  nur  übri»-,  meine  Art  mit  den  iin- 
zweifelliaften  Vertretern  der  Gattung,  mit  Prostho<jonimus  ovatus  (R.), 
Pr.  cimeatus  (R.),  Pr.  anaiimis  äIarkow,  Pr.  pellucidus  (Linst.)  und 
Pr.  japonicus  M.  Brn.  zu  vergleichen. 

Von  Prosthogonimus  ovatus  (R.)  unterscheidet  sich  unsere  Art 
durch  die  Lage  des  Keimstockes,  der  bei  Pr.  ovatus  dorsal  vom 
Bauchsaugnapf  liegt,  und  dadurch,  daß  die  Utenisschlingen  vor  dem 
Bauchsauunapf  und  dem  Keimstock  keine  Windungen  bilden. 

Von  Pr.  anatinus  Maekow  unterscheidet  sich  die  Art  durch  die 
Lage  der  Dotterstöcke,  die  bei  Pr.  anatinus  hinter  dem  Hinterrande 
des  Bauchsaugnapfes,  bei  Pr.  imtschlcovsUi  dagegen  im  Niveau  oder 
sogar  etwas  über  dem  Vorderrand  des  Bauchsaugnapfes  beginnen. 

Von  Pr.  pellucidus  Linst,  und  Pr.  japonicus  31.  Ben.  unterscheidet 
sich  die  neue  Art  durch  die  gegenseitigen  Größenverhältnisse  des 
Mund-  und  Bauchsaugnapfes:  bei  den  ersten  beiden  Arten  sind  die 
Saugnäpfe  entweder  von  gleicher  Größe  (Pr.  japonicus),  oder  der 
Bauchsaugnapf  ist  nur  etwas  größer  als  der  Mundsaugnapf,  während 
der  Gegensatz  zwischen  beiden  bei  Pr.  putschJcovsJcii  sehr  stark  aus- 
geprägt ist.  Außerdem  unterscheidet  sich  unsere  Art  von  den  beiden 
genannten  durch  die  Lage  der  Dotterstöcke,  die  Art  der  Uterus- 
windungen u.  a.  m. 

Am  nächsten  steht  unsere  Art  Pr.  cimeatus  (R.):  bei  beiden 
liegt  der  Keimstock  hinter  dem  Bauchsaugnapf,  füllen  die  Uterus- 
windungen den  hinteren  Körperteil  aus  und  befindet  sich  das  Vorder- 
ende der  Dotterstöcke  am  Vorderrande  des  Bauchsaugnapfes.  Trotz 
alledem  unterscheidet  sich  die  neue  Art  durch  eine  Reihe  wesent- 
licher i\Ierkmale  von  Pr.  cimeatus  R.  und  zwar  durch  folgende: 

1.  Die  Körperlänge  und  -breite  ist  bei  Pr.  putschJcovsMi  bedeutend 
größer  als  bei  Pr.  cuneatus  R. 

2.  Die  Cuticulastacheln  sind  bei  der  beschriebenen  Art  größer 
als  bei  Pr.  cuneatus  R. 

3.  Der  Durchmesser  der  beiden  Saugnäpfe  ist  bei  unserer  Art 
gleichfalls  bedeutend  größer  als  bei  Pr.  cuneatus  R. 

4.  Pr.  putschliOvsläi  unterscheidet  sich  scharf  durch  die  gerade 
und  lange  Bursa  cirri,  die  mit  ihrem  Ende  den  Bauchsaugnapf  er- 
reicht, während  bei  P-,  cimeatus  die  Bursa  viel  kürzer  und  stark 
gewunden  ist. 

5.  Die  traubenförmige ,  für  Pr.  putschkovskü  charakteristische 
Anordnung  der  Dotterstöcke  untersclieidet  die  Art  gleichfalls  von 
Pr.  cuneatus,  bei  dem  die  Trauben  nicht  deutlich  gesondert  sind. 


358  K.  I.  Skrjabin, 

6.  Pr.  putschl-ovshn  besitzt  kein  so  dichtes  Gewirr  von  üterns- 
schlingen  wie  Pr.  cuneatus  R. 

Alle  diese  Merkmale  genügen  vollständig  zur  Begründung  der 
neuen  Art. 

Anschließend  gebe  ich  eine  Bestimmungstabelle  aller  6  Arten 
der  Gattung  Prosthogonimus  Luhe,  indem  ich  die  von  Luhe  in  seiner 
Bearbeitung  der  Trematoden  in  Beauer's  „Süßwasserfauna  Deutsch- 
lands" (p.  112)  gegebene  Tabelle  etwas  umändere. 

A.  Bauchsaugnapf  bedeutend  größer  als  der  Mundsaugnapf. 

I.  Die  Dotterstöcke  beginnen  vor  oder  im  Niveau  des  Bauch- 
saugnapfes. 

a)  Die  Uterusschlingen  bilden  im  hinteren  Teil  des  Körpers 
eine  rosettenförmige  Figur,  Keimstock  dorsal  vom  Bauch- 
saugnapf. Pr.  ovatus  (Rud.). 

b)  Die  Uterusschlingen  füllen  den  hinteren  Körperteil 
ganz  aus,  der  Keimstock  hinter  dem  Bauchsaugnapf. 

1.  Dotterstöcke  in  einzelnen  Trauben  angeordnet.  Bursa 
cirri   gerade   und  erreicht  fast  den  Bauchsaugnapf. 

Pr.  putschkovsJcii  Skejabin. 

2.  Dotterstöcke  nicht  traubenförmig  angeordnet.  Bursa 
cirri  stark  gekrümmt  und  erreicht  nur  die  Darm- 
gabelung. Pr.  cuneatus  (Rud.). 

II.  Die  Dotterstöcke   beginnen   hinter  dem  Hinterrande  des 
Bauchsaugnapfes.  Pr.  anatinus  Markow. 

B.  Bauchsaugnapf  nur  etwas  größer  als  der  Mundsaugnapf  oder 
von  gleicher  Größe. 

I.  Dotterstöcke  beginnen   am  Hinterrande   des  Bauchsaug- 
napfes, Körper  bestachelt.  Pr.  pellucidus  (Linst.). 
IL  Dotterstöcke  beginnen  in  der  Mitte  zwischen  Bauchsaug- 
napf und  Hoden,  Körper  unbestachelt. 

Pr.  japonicus  M.  Ben. 
Eine   eingehendere   Übersicht   der  Merkmale   bei  den  Prostho- 
gonimus-Arten  gebe   ich  in  nachfolgender  tabellarischer  Zusammen- 
stellung, s.  S.  360—361. 

2.  JProsthof/oniinus  cuneatus  Rudolphi. 

Diese  Art  findet  sich  in  meiner  Sammlung  von  folgenden  Wirten: 

a)  In   der  Bursa  Fabricii  einer  am  3.11.  (a.  St.)  1911   erlegten 

Arclea  cinerea  fand  ich  ein  einziges  Exemplar  einer  anscheinend  zu 

Pr.  cuneatus  gehörenden  Art,  die  sich  von  der  typischen  Form  durch 


Vugeltreniatoilen  aus  Russisch  Turkestau.  359 

die  Grüßenverhältnisse  der  Saug:näpfe  unterscliied  (der  Mundsaug-- 
napf  meines  Exemplars  maß  0,714  mm,  der  Bauclisaugnapf  1  mm 
in  der  Länge,  während  die  Masse  bei  Pr.  cuneatus  0,3 — 0,4  resp. 
0,6 — 0,8  mm  betragen).  In  den  übrigen  Merkmalen  stimmte  das 
Exemplar  dagegen  völlig  mit  dem  Typus  von  cuneatus  überein.  Der 
Wirt  ist  für  die  Art  neu. 

b)  In  der  Bursa  Fabricii  von  Corvus  frngilegus,  erlegt  am  27./6. 
(a.  St.)  1908,  4  Exemplare  des  typischen  Pr.  cuneatus  R. 

c)  In  der  Bui'sa  Fabricii  des  Haushuhns  (GaUus  domesticus)  fand 
ich  10  Trematoden,  von  denen  6  Exemplare  zur  obengenannten  Art, 
die  übrigen  zu  Pr.  ovatus  gehörten. 

3.  Prosthoffonitmis  ovatiis  Rud. 

In  meiner  Sammlung  von  folgenden  Funden  vertreten: 

a)  In  der  Bursa  Fabricii  des  Haushuhns  (s.  o.). 

b)  In  einem  Hühnerei  fand  ich  einmal  5  lebende  Exemplare, 
die  sich  durch  äußerst  energische  Bewegungen  auszeichneten.  Ich 
habe  seinerzeit  darüber  berichtet  (in:  Nachrichtsblatt  des  öffent- 
lichen Veterinärwesens  [Westnik  obschtschestwennoi  Weterinarii] 
1911,  Nr.  5)  (28). 

B.  Fam.  Psilostomidae  Odhner. 

a)  Subfam.  Orchipedinae  n.  subfam. 

Im  Jahre  1901  untersuchte  Braun  einen  Parasiten  aus  den 
Tracheen  von  Oidemia  fusca  {Anas  fusca),  der  schon  44  Jahre  unter 
dem  Namen  „Monostomum  flavum^^  im  Wiener  Museum  gelegen  hatte, 
und  begründete  darauf  eine  neue  Art  und  Gattung  Orchipednm 
M.  Ben.  Seitdem  ist  in  der  Literatur  nichts  mehr  über  die  inter- 
essante Art  veröffentlicht  worden.  Bei  der  Sektion  einer  erlegten 
Platalea  leucorodia,  desselben  Exemplars,  in  dem  ich  den  Prostho- 
gonimus  putschliovskü  gefunden  habe,  fiel  mir  beim  Durchmustern  der 
Trachea  eine  Trematode  in  die  Hände,  die  sich  als  typischer  Ver- 
treter der  Gattung  Orchipedum  M.  Brn.  erwies.  Eine  nähere  Unter- 
suchung zeigte,  daß  nicht  Orchipednm  tracheicola  M.  Brx.  vorlag, 
sondern  eine  neue  Art,  die  ich  Orchipednm  tnrJcestanictim  nennen 
möchte. 

Als  Braun  die  Gattung  Orchipednm  aufstellte,  wies  er  auf  die 
Ähnlichkeit  der  weiblichen  Genitalorgane  mit  den  Verhältnissen  bei 


360 


K.  I.  Skrjabin, 


Tabellarische  A  r  t  e  n  ü  b  e  r  s  i  c  li  t  der 

Die  Maße  sind  in 


Name 

Pr.  ovatus 

Pr.  pellucidus 

Pr.  anntinus 

Untersuche!' 

EUPOLPHI 

V.    LiNSTOW 

Markow 

Jahr 

1803 

1873 

1902 

Körperlänge 

3—6 

9 

2,4—2,8 

Körperbreite 

1-2 

4-5 

1,1-2 

Bestachelung 

vorhanden 

nur  im  Mittelteil 

vorhanden 

Stachellänge 

0,015 

9 

y 

Länge  d.Mundsaugn . 

0,167-0,208 

0,766-0,833 

Bauchsaugnapf 

2V2inal  grötier  als 
der  Muudsaugnapf 

Breite  „         „ 

0,146-0,167 

0.666—0,733 

— 

Länge  d.  Bauchsgn. 

0,396 

]      0,833—1,3 

— 

Breite  „          „ 

0,3.'^4— 0,447 

— 

Pharynxlänge 

*         0  1—0  16 

0,2—0,23 

■? 

Pharynxbreite 

0,26-0,3 

2 

Ösophaguslänge 

0,25—0,4 

0,4-0.5 

? 

Form  und  Grötie  des 

schmal,  reicht  bis  zur 

schmal,  reicht  über 

gewunden,  reicht 

Cirrusbeutels 

Darmgabelung 

die  Darmgabelung 

über  die  Darmgabe- 
lung 

Form  und  Lage  des 

viel-  und  tiefgelappt, 

vielgelappt,  hinter 

3 — 41appig,  hinter 

Keimstockes 

dorsal  vom  Banch- 
saugnapf 

dem  Bauchsaugnapf 

dem  Bauchsaugnapf 

Vordergrenze    der 

vor  dem  Bauchsaug- 

am Hinterrande  des 

im  Niveau  des 

Dotterstöcke 

napf 

Bauchsaugnapfes 

Keimstockes 

Hintergreuze    der 

in  der  Höhe  der 

etwas  hinter  den 

reicht  über  den 

Dotterstöcke 

Hodenmitte 

Hoden 

Hinterrand  der 
Hoden  hinaus 

Eilänge 

0,0221-0,0224 

0,0273-0,029 

V 

Eibreite 

0,013 

0,011—0,013 

h 

Wirt  und  befallenes 

Corvus  cornix,  C.  fru- 

Gallus     domesticus 

Anas    bosdias     do- 

Organ 

gilegus,  Pica  caudata, 

im    Ösophagus    und 

rn  estica     im     Bursa 

Anas  dypeata,  A.  gla- 

Eileiter 

Fabricii 

cialis,    Fiilica    atra, 

Larus  canus,  Sturnus 

vulgaris,  Galt,  doniets. 

in  Bursa  Fabricii 

Verbreitung 

Europa,  Asien,  Afrika 

Europa  (Deutsch- 

Europäisches    Ruß- 

land) 

land 

Psilostomum  Looss  1899  imd  den  Echinostomiden  hin,  ohne  jedoch 
etwas  Näheres  über  die  Familienzugehörigkeit  der  Gattung  auszu- 
sagen. Unterdessen  sind  die  Echinostomiden  von  Dietz  zum  Eange 
einer  besonderen  Familie  erhoben  und  auf  Psilostomum  Looss  von 
Luhe  die  Unterfamilie  Psüostominae  begründet  worden.  Obwohl  die 
Gattung  Orchipedum  eine  gewisse  Verwandtschaft  mit  Psilostomum 
zeigt,  so  sprechen  doch  eine  Reihe  Merkmale  gegen  die  Überführung 


Vosreltrematodeu  aus  Russisch  Turkestaii. 


361 


Gattung  FrosthogoiiisniK s  Luhe. 
Millimetein  aiiß-eg-eben 




Fr.  jciponicua 

7')-.  cHticntus 

Pr.  j)utschkowskii 

31.  Braun 

IvLllOLl'lU 

K.  Skrjabin 

1911 

1809 

1913 

5 

Ö.2 

7,3 

1,6 

1,7 

4,85 

fehlt 

vorhanden 

vorhanden 

'? 

0.014;') 

0.0203—0,0332 

o> 

0,3—0,4 

0.765—0,8 

0,6—0,7 

0,680 

0,666—0,733 
0.666- 0,H33 

1 
( 

0.6-0,8 

1,105—1,241 

1        0,177-0.2 
kurz 

0,2 

0,272 

0,2—0,4 

0,37 

laus:  und  stark  ge- 

lang, gekrümmt 

lang,  fast  gerade,  erreicht 

krümmt 

beinahe  denBauchsaugnapf 

schwach  gelappt,  hinter 

viel- 

und  tiefgelappt,  hinter  dem 

10— 131appig,  hinter  dem 

dem  Bauchsauguapf 

Bauchsaugnapf 

Bäuchsaugnapf 

etwas  hinter  dem 

auf 

der  Höhe  des  Vorderrandes 

wie  bei  Pr.  cuneaius 

Bauchsaugnapf 

des  Bauchsaugnapfes 

hinter  dem  Hinterrande 

in 

der  Höhe  des  Hodenhinter- 

etwas hinter  dem  Hinter- 

der Hoden 

randes 

rande  des  Hodens 

0,024 

0,0228-0,0273 

0,0261 

0,012 

0,013-0,016 

0,0145 

Gallns  domesiicus 

Corvus  frugilegxis,  corone,  cornix, 

Platalea  leucorodia  in  der 

im  Ei 

Grus    cinerea.    Cygmis    musicus, 
Ardea  cinerea,  Fulica  atra,  Anas 
clangula,  Fringilla  coclebs,  Mache- 

Bursa Fabricii 

ten 

puqnax,   Passer    domesticus. 

Garritlns  glandarins,   Pavo   cri- 

stat 

US,  Gallns  dornest,  im  Ei  und 

Bursa  Fabricii   und   im  Darm  v 

Otis  tarda 

Japan  (Jeddo) 

Europa,  Asien,  Afrika 

Russisch  Turkestan 
(AuUe-Ata) 

in  die  Unterfamilie  der  Psilostominae,  und  ich  halte  es  daher  für 
das  beste,  für  OrcMpedum  eine  neue  TJnterfamilie,  OrcMpedinae,  zu  be- 
gründen, die  dann  zusammen  mit  den  Fsüostominae  in  die  ÜDHNER'sche 
Familie  der  Psilostomidac  gehören  würde.  Zwar  hat  Odhnek  die 
Familie  bisher  nur  dem  Namen  nach  erwähnt,  ohne  eine  Diagnose 
zu  geben,  aber  jedenfalls  ist  in  Bälde  eine  Begründung  derselben 
von  dem  Verfasser  zu  erwarten. 


362  ^-  I-  Skrjabin, 

Die  beiden  Vertreter  der  Gattung  Orchipedum  unterscheiden 
sich  von  den  nächststehenden  Trematodenarten  durch  folgende  Merk- 
male : 

1.  durch  den  Besitz  einer  großen  Hodenzahl;  2.  durch  die  Ab- 
wesenheit einer  Bursa  cirri ;  3.  durch  eine  akzessorische  Dotterstocks- 
reihe jederseits;  4.  durch  die  biologische  Eigentümlichkeit,  in  den 
Tracheen  der  Vögel  zu  parasitieren. 

Diese  Merkmale  scheinen  mir  weit  über  den  Rang  von  Gattungs- 
merkmalen hinauszugehen  und  darauf  hinzuweisen,  daß  Orchipedum 
in  eine  besondere  ünterfamilie  —  Orchipedinae  —  gehört,  die  fol- 
gendermaßen zu  diagnostizieren  wäre. 

Distomiden  von  mittlerer  Größe  und  platter  Gestalt,  mit  stark 
entwickeltem  Bauchsaugnapf  und  etwas  schwächerem  Mundsaugnapf. 
Haut  unbestachelt.  Vorderteil  des  Körpers  vom  hinteren  durch  eine 
geringe  Einschnürung  getrennt.  Genitalorgane  im  hinteren  Körper- 
teil. Dotterstöcke  nach  dem  Echinostomidentj^pus  gebaut,  es  finden 
sich  jedoch  neben  der  Hauptreihe  jederseits  eine  Längsreihe  von 
einzelnen  traubenförmigen  Dotterstocksfollikeln,  die  medial  und  dorsal 
von  der  Hauptreihe  verlaufen.  Die  Hoden  sind  in  sehr  großer  Zahl 
vorhanden  und  liegen  im  Mittelfeld  des  hinteren  Körperteils.  Keim- 
stock einzählig,  hinter  dem  Bauchsaugnapf  gelegen.  Bui'sa  cirri 
fehlt.  Genitalöifnung  unmittelbar  hinter  dem  Pharynx.  Uterus 
schwach  entwickelt,  nur  im  Vorderteil  des  Körpers.  Eier  wenig 
zahlreich,  von  bedeutender  Größe.  Parasitieren  in  den  Tracheen 
von  Wasservögeln. 

4.  Oi'cJiipeduin  tur/iestanicuin  n.  sp. 

Der  Parasit  ist  flach,  der  Körper  vorn  verbreitert,  nach  hinten 
allmählich  verjüngt  und  am  Hinterende  abgestumpft.  In  der  Höhe 
des  Hinterrandes  des  Baiichsaugnapfes  findet  sich  eine  seichte  Ein- 
schnürung, die  den  Körper  in  einen  kleineren  vorderen  und  größeren 
hinteren  Abschnitt  teilt.  Im  vorderen  liegen  die  beiden  Saugnäpfe 
und  fast  der  ganze  Uterus  sowie  ein  Teil  der  Dotterstöcke,  im 
hinteren  die  übrigen  Genitalorgane.  Das  Längenverhältnis  des 
vorderen  Teils  zum  hinteren  ist  gleich  1 : 3.  Die  Gesamtlänge  des 
Körpers  beträgt  12  mm,  die  größte  Breite  in  der  ßegion  des  Hinter- 
randes des  Bauchsaugnapfes  3  mm.  Die  Haut  ist  glatt,  unbestachelt. 
Wegen  der  Kürze  des  vorderen  Körperabschnittes  sind  die  Saug- 
näpfe einander  sehr  genähert  und  werden  voneinander  nur  durch 
den  Pharynx  getrennt.    Der  querovale  Mundsaugnapf  ist  ein  wenig 


Vogeltreuiatoden  aus  Russisch  Turkestan.  363 

ventrahväits  verlagert  und  1.02  mm  lang,  1,4-15  mm  breit ;  der  Baucli- 
saiignapf  ist  außeroi-dentlicli  stark  entwickelt,  von  fast  regelmäßig 
runder  Gestalt,  mit  einem  Durchmesser  von  2,125  mm. 

An  den  Mundsaugnapf  schließt  sich  unmittelbar  der  längliche 
Pharynx  an,  der  0.598  mm  lang  und  0,51  mm  breit  ist. 

Die  Darmschenkel  beginnen  am  Pharynx  (ein  Ösophagus  fehlt) 
und  ziehen  sich  wellenförmig  zu  beiden  Seiten  des  Körpers  hin,  um 
kurz  vor  dem  Körperende  blind  zu  endigen.  Der  Außenrand  der 
Darmschenkel  liegt  unmittelbar  dem  Inneniande  der  Hauptdotter- 
stockreihe an. 

Die  Genitalorgane  liegen  im  hinteren  Körperteil  und  bestehen 
aus  einem  Keimstock  von  querovaler  Form,  der  0,5  mm  mißt  und 
unmittelbar  hinter  dem  Bauchsaugnapf  in  der  linken  Körperseite 
liegt,  sowie  aus  zahlreichen  kleinen  Hoden  von  runder  oder  viel- 
eckiger Gestalt,  die  das  Mittelfeld  des  Körperhinterteiles  einnehmen. 
Seitlich  wird  das  Hodenkonglomerat  von  den  Darmschenkeln  be- 
grenzt, nach  vorn  durch  den  Hinterrand  des  Bauchsaugnapfes,  nach 
hinten  erreicht  es  die  blinden  Darmschenkelenden.  Die  Hoden  liegen 
außerordentlich  dicht,  so  daß  einige  durch  den  seitlichen  Druck  eine 
vieleckige  Gestalt  angenommen  haben  und  mosaikartig  angeordnet 
sind.  Sie  sind  fast  alle  von  gleicher  Größe  und  zwar  bedeutend 
kleiner  als  der  Keimstock.  Der  ganze  Körper  des  Parasiten  ist  von 
den  Follikelmassen  der  Dotterstöcke  eingesäumt,  die  zwischen  dem 
Körperrande  und  dem  Außenrande  der  Darmschenkel  liegen,  und  nur 
seitlich  vom  Mundsaugnapf  fehlen  die  Dotterstöcke,  da  sie  erst  in 
der  Höhe  des  Pharynx  beginnen.  Am  Körperhinterende  fließen  die 
Dotterstöcke  der  beiden  Seiten  miteinander  zusammen.  Außer  dieser 
Hauptreihe  finden  sich  noch  zerstreute  Gruppen  von  Dotterstock- 
follikeln,  die  sich  dorsal  von  den  Hoden  im  Körpermittelfelde  be- 
finden. Mit  ihrem  Außenrande  berühren  diese  akzessorischen  Dotter- 
stöcke den  Innenrand  der  Darmschenkel,  die  hinteren  verschmelzen 
mit  der  Hauptdotterstockreihe.  Der  IJtei-us  befindet  sich  dorsal  vom 
Bauchsaugnapf,  besteht  nur  aus  wenigen  Windungen,  die  wenige 
reife  Eier   enthalten   und   mündet  unmittelbar  hinter  dem  Pharynx. 

Die  dunkelbraunen  Eier  messen  0,087  mm  in  der  Länge  und 
0,0493  mm  in  der  Breite.    Ein  Girrusbeutel  fehlt. 

Die  übrigen  Bauverhältnisse  konnte  ich  leider  an  dem  einzigen 
Exemplare  nicht  erkennen,  die  angegebenen  Merkmale  genügen  je- 
doch,  um    die    vorliegende    Ait   als   neuen  Vertreter   der   Gattung 


364  K.  I.  Skrjabin, 

Orchipedum  M.  Brn.  zu  begründen.   Die  Hauptiintersclieidungspiinkte 
von  0.  tracheicola  M.  Brn.  bestehen  im  Folgenden: 

1.  Unsere  Art  ist  bedeutend  größer  und  übertrifft  0.  tracheicola 
sowohl  an  Länge  wie  Breite. 

2.  Die  Saugnäpfe   sind   doppelt   so   groß   wie   bei  0.  tracJieicola. 

3.  Der  durch  eine  Einschnürung  abgetrennte  Vorderteil  des 
Körpers  ist  bei  0.  turkesianiciim  bedeutend  kürzer  als  bei  0.  tracheicola. 

4.  Durch  die  vorstehende  Eigentümlichkeit  werden  bei  unserer 
Art  die  Saugnäpfe  einander  sehr  genähert. 

5.  Die  Hoden  sind  bei  unserer  Art  mosaikartig  angeordnet  und 
durch  die  gegenseitige  Abplattung  vieleckig,  während  sie  bei  0. 
tracheicola  zerstreut  liegen  und  stets  von  runder  Form  sind. 

6.  Während  bei  0.  tracheicola  im  vorderen  Körperteile  Dotter- 
stöcke fehlen,  gehen  sie  bei  unserer  Art  bis  zum  Pharynx. 

7.  Während  bei  0.  tracheicola  der  Uterus  sich  auch  vor  dem 
Bauchsaugnapf,  im  Zwischenraum  zwischen  den  beiden  Saugnäpfeu, 
findet,  ist  bei  unserer  Art  der  Uterus  auf  den  Baum  dorsal  vom 
Bauchsaugnapf  beschränkt,  was  mit  der  starken  Näherung  der  Saug- 
näpfe zusammenhängt. 

8.  Die  Körpereinschnürung  ist  bei  0.  tracheicola  deutlicher  aus- 
geprägt als  bei  unserer  Art. 

9.  Die  Eier  sind  bei  unserer  Art  bei  gleicher  Breite  länger. 
In  Form  einer  Bestimmungstabelle  lassen  sich  die  Unterschiede 

zwischen  den  beiden  Arten  folgendermaßen  zusammenfassen: 

I.  Dotterstöcke  beginnen  hinter  dem  Bauchsaugnapf  und  liegen 
nur  im  hinteren  Körperteil.  Bauch-  und  Mundsaugnapf  ein- 
ander nicht  stark  genähert  0.  tracheicola  M.  Brn, 
IL  Dotterstöcke  beginnen  neben  dem  Pharynx  und  sind  nicht 
nur  im  hinteren,  sondern  auch  im  vorderen  Körperteil  ge- 
legen.   Bauch-  und  Mundsaugnapf  stark  genähert 

0.  ttirJcestanicum  u.  sp. 

Auf  S.  365  sind  die  Artmerkmale  der  beiden  Species  tabellarisch 
einander  gegenübergestellt. 

b)  Unterfam.  Psilostominae  Luhe. 

Bisher  waren  Vertreter  dieser  Unterfamilie  aus  Russisch  Tur- 
kestan  nicht  bekannt.  In  meiner  helminthologischen  Sammlung  be- 
findet sich  eine  hierher  gehörige  Art,  die  ich  in  einigen  Dutzenden 
im  Darm  einer  am  1,  März  (a.  St.)  1910  in  der  Umgebung  von  Aulie* 


Voyeltrematoden  ans  Russisch  Turkestaii.  365 

L)ie  MaBe  sind  in  ]\rillinietein  angegeben. 


Name 

OrcliipcdKnt  traclicicold 

OrcMpeduin  furkcstaNiciini 

Unters  lieber 

M.  Bk.un  1!)01 

K.  I.  Skrjabin  1913 

Wirt 

Oidet)tia  fuHra 

riatalea  lencorodia 

<  iriran 

Traoheen 

Tracheen 

Lokalität 

Wien 

ßuss.  Turkestan  (Aulie-Ata) 

Liiiifi^e 

7 

12 

Breite 

1.6 

8 

Mnndsaiisiii^pi^läiiüe 
Mnii(lsan<,niapfbreite 

Ü.4-0,48 

1.02 
1,445 

Bauchsausjuaiif 

ü,73 

2,125 

r'liaryiixliine;e 

0,24 

0,598 

Pharynxbreite 

0,28 

0,.öl 

Beide  Sauguäpfe 

weit  getrennt 

stark  genähert 

Hodeu 

ruud  und  zerstreut 

einander  anliegend,  vieleckig 

Dotterstücke 

nur  im  hinteren 

sowohl  im  hinteren  wie  im  vorderen 

Körperteil 

Körperteil 

Uterus 

dorsal  und  vor  dem 
Bauchsaugnapf 

nur  dorsal  vom  Bauchsaugnapf 

KürpereinschnüruLg 

deutlich  ausgeprägt 

undeutlich  ausgeprägt 

Eilänge 

0,062 

0,087 

Eibreite 

0,05 

0,0493 

A  n  m.  Die  Ma 
grüCer  angegeben  al 
arbeitetes  Exemplar 


sse  der  Saugnäpfe  sind  bei  Orclilpedum  tiirkefitanicum  etwas 
s  in  Wirklichkeit,  da  mein  einziges,  zu  einem  Präparat  ver- 
durch  den  Druck  des  Deckglases  flachgedrückt  ist. 


Ata  (Syr-Darja-Gebiet)  erlegten  Fuligida  nijroJi  L.  sammelte.  Die 
Art  steht  dem  von  Braun  näher  untersuchten  Psilostomtan  oxyurum 
(Crepl.)  (jetzt  Psüochasmus  oxyurus)  sehr  nahe,  unterscheidet  sich 
jedoch  durch  mehrere  Merkmale,  die  sie  zu  einer  neuen,  nachstehend 
beschriebenen  Species  stempeln,  die  ich  wegen  der  auffallend  langen 
Bui'sa  cirri  Psüochasmus  longicirratiis  nennen  möchte, 

5.   JPsilochasintis  lonfficivratus  n.  sp. 

Der  Körperform  nach  unterscheidet  sich  die  neue  Art  sehr 
wenig  von  Ps.  oxyurus;  zu  bemerken  wäre  höchstens,  daß  die  Ein- 
schnürung zwischen  vorderem  und  hinterem  Körperteil  nicht  so  stark 
ausgeprägt  ist.  Die  Körperlänge  (3,74—5  mm)  ist  etwas  geringer 
als  bei  der  CREPLiN'schen  Art  (6,5 — 7,3  mm).  Die  Körperbreite  er- 
reicht an  der  breitesten  Stelle,  in  der  Höhe  des  vorderen  Hodens, 
1,0—1,5  mm,  nahe  am  Vorderende  jedoch  nur  0,68  mm.  Der  Baucli- 
saugnapf  ist  etwas  mehr  nach  hinten  gerückt  als  bei  Ps.  oxyurus. 

Der  kuglige  Mundsaugnapf  mißt  im  Quer-  und  Längsdurch- 
messer 0.34  mm.  Ein  Präpharynx  ist  deutlich  sichtbar,  die  Länge 
beträgt   0,068  mm.     Auf  ihn   folgt    der    birnförmige   Pharynx    von 


366  K.  I.  Skrjabin, 

0,255  mm  Länge  und  0,204  mm  Breite.  Besonders  interessant  ist  das 
Verhalten  des  Ösophag'us :  er  beg-innt  wie  gewöhnlich  am  Pharynx  und 
reicht  bis  zum  Vorderrand  des  Bauchsaugnapfes,  wobei  er  deutlich 
in  zwei  Abschnitte  zerfällt:  in  den  oberen,  außerordentlich  muskulösen 
Vorderteil,  der  eine  Art  zweiten  hinteren  Pharynx  bildet  hinter  dem 
erst  der  eigentliche  Ösophagus  beginnt,  der  sich  wie  gewöhnlich  in  die 
Darmschenkel  gabelt.  Der  Darmkanal  trennt  durch  seine  Schenkel 
das  von  den  Genitaldrüsen  eingenommene  Mittelfeld  von  den  Dotter- 
stöcken und  endet  in  der  Höhe  der  letzten  Dotterstocksfollikel,  ohne 
in  den  zugespitzten  hinteren  Körperteil  überzutreten. 

Der  Bauchsaugnapf  ist  dorsoventral  sehr  vertieft,  mit  einem 
starken  Sphincter  versehen,  Durchmesser  0,64  mm,  und  unterscheidet 
sich  nicht  wesentlich  von  den  Verhältnissen  bei  Psüochasmus  oxyurus 
(Crepl.).  Gewöhnlich  legt  er  sich  bei  der  Anfertigung  eines  Prä- 
parats seitlich  über  und  ist  dann  nur  im  Profil  zu  sehen ;  es  gelang 
jedoch,  einige  Exemplare  so  zu  präparieren,  daß  sie  den  Saugnapf 
en  face  zeigen.  Von  solch  einem  Exemplar  rührt  auch  die  Zeichnung 
her  (vgl.  Fig.  4). 

Die  hintereinander  angeordneten  Hoden  liegen  hinter  dem  Keim- 
stock; sie  sind  von  unregelmäßiger  Form,  mit  lappigen  Rändern  und 
ungefähr  so  breit  wie  lang.  Bei  einigen  Exemplaren  sind  die  Hoden 
fast  ganzrandig,  wir  haben  hier  also  eine  bei  dem  Polymorphismus 
der  männlichen  Genitaldrüsen  untei-  den  Trematoden  nicht  seltene 
Erscheinung  vor  uns.  Bei  Ps.  oxyurus  (Crepl.)  sind  die  Hoden  be- 
deutend mehr  in  die  Länge  gestreckt  und  nach  Angaben  in  der 
Literatur  immer  tief  gelappt. 

Die  Bursa  cirri  ist  außerordentlich  lang  und  erreicht  den  Hinter- 
rand des  Keimstockes.  Die  Gesamtlänge  beträgt  1,292—1,302  mm, 
die  Breite  im  hinteren  Teile  0,288  mm,  während  für  Ps.  oxyurus  die 
entsprechenden  Maße  0,48  und  0,11  mm  sind.  Die  Bursa  ist  also 
bei  der  turkestaner  Art  272^31  so  lang  wie  bei  der  europäischen. 

Der  kuglige  Keimstock  mißt  im  Durchmesser  0,17  mm.  Neben 
ihm  liegt  die  Schalendrüse.  Der  Uterus  enthält  nur  eine  beschränkte 
Zahl  von  Eiern  (5 — 26).  Die  männliche  und  weibliche  Genital- 
öffnung liegen  etwas  vor  dem  Bauchsaugnapf,  in  der  Höhe  der  Darm- 
gabelung. Die  Dotterstöcke  haben  die  für  die  Gattung  typische 
Gestalt.  Die  Eier  sind  außerordentlich  groß  und  haben  eine  Länge 
von  0,116—0,1238  mm  und  eine  Breite  von  0,0725—0,087  mm.  Nach 
den  Messungen  Braun's  sind  die  Maße  bei  der  europäischen  Art 
folgende:  Länge  0,082—0,1  mm,  Breite  0,06—0,069  mm. 


Vo2:eltremato(leu  aus  Russisch  Turkestan. 


367 


Bei  einigen  Exemplaren  unserer  Art  lenkt  das  außerordentlich 
deutlich  ausgeprägte  Netz  des  Wassergefäßsystems  im  vorderen 
Körperabschnitt  die  Aufmerksamkeit  auf  sich:  außer  den  kleinen, 
miteinander  anastomosierenden  Nebenästen  sind  zwei  laterale  Haupt- 
stämme zu  bemerken,  die  der  Dorsalseite  genähert  verlaufen  (vgl. 
Fig.  6). 

Zur  Veranschaulichung  der  Unterschiede  gebe  ich  nachstehend 
eine  tabellarische  Gegenüberstellung  der  Merkmale  beider  Arten. 


I 


Die  Maße  sind  in  Millimetern  angegeben. 

Naine 

Psilochasmiis  oxyurus 

Ps.  longicirratus 

Uutersucher 

Crepi.in 

K.  Skrjabin 

Jahr 

1825 

1913 

Wirt 

Tadorna  tadorna  L.,   Ny- 
roka  marila   L.,    N.    f'nli- 
(jula   L.,    N.    clangida    L., 
N.   hyemalis  L.,    Oidemia 
niyra  L. 

Fuligula  nyroka 

Organ 

Darm 

Darm 

Verbreitung 

Europa 

Russisch  Turkestan 

Länge 

6.5—7,8 

3,74—5,0 

Breite 

1,0-1.8 

1,0-1,5 

Muudsaugiiapf    - 

0,44 

0,34 

Bauchsauguapf 

0,64 

0,64 

Pharynx 

0,135 

0,255 : 0.204 

Prapharynx 

9 

0,068 

Bursa  cirri,  Länge 

0,48 

1,292-1,302 

Bursa  cirri.  Breite 

0,11 

0.238 

Keimstock 

0,16 

0,17 

Hoden 

länglich,  stark  gelappt 

so  lang  wie  breit,  schwach 
gelappt 

Ei  länge 

0,082—0,11 

0,116-0,1238 

Eibreite 

0,06-0,069 

0,0725-0,087 

Durch  das  Auffinden  dieser  neuen  Art  kommt  ein  neues  Unter- 
scheidungsmerkmal zwischen  den  Gattungen  Psilostomum  und  Psilo- 
chasmiis hinzu.  Während  bei  Psilostomum  ein  Ösophagus  fehlt,  ist 
dieses  Organ  bei  Psilochasmiis  longicirratus  nicht  nur  anwesend, 
sondern  von  komplizierterem  Bau  als  bei  den  meisten  Trematoden, 
da  es  mit  einem  stark  muskulösen,  verbreiterten  Vorderteil  versehen 
ist.  Ks  ist  anzunehmen,  daß  auch  die  zweite  Art  der  Gattung, 
Psilochasmiis  oxyurus  (Creplin),  einen  Ösophagus  besitzt,  da  Braun 
angibt,  daß  die  Darmgabelung  dicht  vor  dem  Bauchsaugnapf  liegt. 
Die  betreffenden  Verhältnisse  sind  in  seiner  Figur  nicht  eingezeichnet. 
Durch   diese  Feststellung  wird   auch  die  von  Luhe  (18,  p.  -ol)  für 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Syst.  24 


368  K.  I.  Skrjabin, 

die  Psilostominae  gegebene  Diagnose  in  einem  Pnnkte  korrektur- 
bedürftig, denn  es  kann  nicht  mehr  heißen:  „Ösophagus  kurz  oder 
fehlend",  da,  Psilochasmus  longicirratus  einen  ziemlich  langen  Öso- 
phagus besitzt. 

C.    Fam.  Echinostomidae  Dietz. 

In  meiner  Sammlung  fanden  sich  aus  dieser  Familie  8  Arten, 
die  zu  den  Gattungen  Echinostoma  Rud.,  Hypoderaeum  Dietz,  Parij- 
phostomtim  Dietz,  Patagifer  Dietz  gehören.  2  von  ihnen  würden  von 
SoLOwiow  als  neue  Arten  beschrieben,  die  übrigen  sind  mit  schon 
beschriebenen  identisch,  wenn  auch  neu  für  die  Helminthenfauna 
Russisch  Turkestans. 

6.  Echinostoma  revoluturn  (Feoel.). 

Von  mir  je  einmal  im  Darm  der  Hausente  {Anas  hoschas  dorne- 
stica)  und  des  Haushuhnes  {ßallus  domesticus)  gefunden. 

7.  Echinostonia  chloropodls  (Zed.). 

Von  mir  einmal  am  20.  April  (a.  St.)  1911  im  Darm  von  Galli- 
nula  cMoroptis  am  Kul-Kainar-See  in  5  Exemplaren  gefunden. 

8.    EcJiinostoma  anceps  (Molin). 

Einmal  in  2  Exemplaren  im  Darm  einer  am  20.  April  (a.  St.) 
1911  an  demselben  See  erlegten  FuUca  atra  gefunden. 

9.  Echinostoma  eocechinatum  Solowiow. 
Gefunden   im  Darm   von  Phdlacrocorax  carho  L.  (s.  Solowiow). 

10.  Ecliinostonia  mesotestitns  Solowiow. 
Im  Darm  von  Corviis  frugilegus  L.  (Solowiow). 

11.  Hffpoderaeum  conoideuni  (Bloch). 

Einmal  im  Jahre  1909  im  Darm  von  Anas  hoschas  L. 

12.  Pavjjphostominn  radiatuni  (Duj.). 

Einmal  zahlreich  im  Darm  eines  im  April  1911  am  Oberlauf 
des  Talaß-Flusses  erlegten  Kormorans  {Phalacrocorax  carho  L.)  ge- 
funden. 


I 


Vogeltreniatudeu  aus  Russisch  Turkestau.  369 

13.    P(ttiUfif'('i'  hilohus  (Rud.). 

Diesen  Vertreter  der  außeieuropäischen  Helminthenfaima  fand 
ich  im  Darm  einer  am  3.  .liili  1911  (a.  St.)  am  Kul-Kainar-See  er- 
legten Flaialea  leucorodia  L. 

D.    Farn.  Harmostomidae  Odhner. 

In  meiner  Sammlung-  fanden  sich  2  Vertreter  dieser  Familie,  zur 
Gattung  Urogonimus  Moxx.  gehörig. 

14.    Vro(fonmlHS  tui'anicus  Soloaviow. 
In   der   Bursa  Fabricii  von  Totanus  glareola  L.  (Solowiow,  26). 

15.    TJrotjoniiHus  macrostomiis  Rüd. 

Ebenfalls  in  der  Bursa  Fabricii  von  Totanus  glareola  L.  gefunden. 
Der  Fund  ist  dadurch  bemerkenswert,  daß  damit  ein  neuer  Wirt 
hinzukommt  und  daß  auch  das  befallene  Organ  neu  ist,  da  man  die 
Art  bisher  nur  im  Enddarm  und  der  Cloake  gefunden  hatte. 

E.    Farn.  Dicrocoeliidae  Odhner, 

Aus  dieser  Familie  besitze  ich  in  meiner  Sammlung  3  Arten, 
von  denen  2  zur  Gattung  Lyperosonium  Looss  und  1  zur  Gattung 
Dicrocoelium  Duj.  gehören. 

16.    Dici'ocoellufn  skrjahitn  Solowiow. 

Ich  gebe  in  dieser  Arbeit  eine  Total abbil düng  dieser  von 
SoLowiow  (27)  nach  Exemplaren  meiner  Sammlung  aus  den  Gallen- 
gängen von  Corvus  corone  beschriebenen  Art.  Ich  fand  sie  späterhin 
nucli  in  den  Gallengängen  von  Corvus  friigüegus. 

17.  Lypet'osonuim  corrlf/la  M.  Brn. 

Diese  Art  ist  schon  von  Solowiow  als  von  mir  im  Darm  von 
Caccabis  chukar  gefunden  erwähnt. 

18.  Lijperosotnuni  filiforme  )i.  sp. 

Diese  neue  Art  fand  ich  in  den  Gallengängen  eines  am  20.  April 
(a.  St.)  1911  bei  Aulie-Ata  erlegten  Circus  cinereus. 

Der  Parasit  ist  von  zarter,  fadenförmiger  Gestalt,  4,25 — 4,5  mm 
lang  und  0,17—0,221  mm  breit.    Einzelne  Exemplare  erreichten  eine 

24* 


370  K.  I.  Skrjabin, 

Läng-e  von  6.8  mm.  Die  größte  Breite  befindet  sich  etwas  hinter 
dem  Keimstock,  ungefähr  in  der  Körpermitte. 

Der  kuglige  Mundsaugnapf  mißt  im  Durchmesser  0,221  mm. 
Hinter  ihm  verengt  sich  der  Körper  des  Parasiten  etwas  und  bildet 
eine  Art  Hals.  0,731  mm  vom  Körpervorderende  entfernt  befindet 
sich  der  Bauchsaugnapf,  der  etwas  größer  als  der  Mundsaugnapf  ist 
(0,255  mm  im  Durchmesser);  da  der  Durchmesser  die  Körperbreite 
übersteigt,  reicht  der  Bauchsaugnapf  seitlich  etwas  über  den  Körper 
hinaus.  Hinter  dem  Mundsaugnapf  folgt  der  sehr  kleine  Pharynx, 
dessen  Länge  0,051 — 0,084  mm  beträgt,  und  der  Ösophagus  von 
0.17  mm  Länge.  Der  Darm  reicht  bis  aus  Körperhinterende;  seine 
Gabelung  befindet  sich  zwischen  den  beiden  Saugnäpfen. 

Die  Hoden  liegen  zwischen  dem  Bauchsaugnapf  und  dem  Keim- 
stock und  zwar  der  eine  hinter  dem  anderen,  wobei  sie  voneinander 
nur  durch  eine  einzelne  schmale  Uterusschlinge  getrennt  werden. 
Sie  sind  ganzrandig,  von  länglich  ovaler  Form,  und  die  0,1  mm 
messende  Längsachse  fällt  mit  der  Längsachse  des  Körpers  zu- 
sammen. Der  hintere  Hoden  ist  etwas  größer  als  der  vordere  und 
vom  Keimstock  ebenfalls  durch  eine  Uteruswindung  getrennt.  Der 
Keimstock  ist  größer  als  die  Hoden,  fast  rund  und  im  Durchmesser 
0,17  mm  messend.  Die  Genitalöffnungen  befinden  sich  unmittelbar 
hinter  der  Darmgabelung,  die  männliche  etwas  hinter  der  weib- 
lichen. Die  Bursa  cirri  ist  0,34  mm  lang,  birnenförmig,  ihr  Hinter- 
ende dorsal  vom  Bauchsaugnapf  gelegen.  Die  Dotterstöcke  beginnen 
unmittelbar  hinter  dem  Keimstock,  wobei  eine  gewisse  Asymmetrie 
zu  vermerken  ist:  der  rechte  liegt  etwas  tiefer  als  der  linke.  Sie 
bestehen  aus  einer  beschränkten  Zahl  großer  rundlicher  und  viel- 
eckiger Follikel.  Stellenweise  berühren  sich  die  Follikel  der  beiden 
Seiten  in  der  Mittellinie  des  Körpers  und  verdrängen  an  dieser 
Stelle  die  Uterusschlingen  ventral.  Die  Länge  der  Dotterstöcke  be- 
trägt 0,5945  mm.  Der  ganze  hintere  Teil  des  Körpers  ist  von  den 
Uteruswindungen  eingenommen,  besonders  dicht  im  hinteren  Drittel 
des  Körpers  hinter  den  Dotterstöcken,  wo  sie  in  mehreren  Schichten 
übereinander  liegen.  Im  Gebiete  der  Dotterstöcke  werden  die  Win- 
dungen weniger  dicht,  und  nach  vorn  von  den  Genitaldrüsen  bildet 
der  Uterus  einen  leicht  gekrümmten,  mit  einer  Eeihe  Eier  gefüllten 
Gang.  Die  Eier  besitzen  eine  sehr  dicke  Schale;  Länge  0,0493  bis 
0,05  mm.  Breite  0,0232  mm. 

In  der  Literatur  finden  wir  9  Lyperosomum- Arten  aufgezählt; 
meine  Art  würde  somit  die  10.  sein.    Außerdem  hat  v.  Linstow  ein 


Vogeltrematudeii  ans  Russisch  Turkestaii.  371 

Lyperosomum  squamafum  1906  aus  dem  Ösophagus  von  Dissum  epi- 
scopus  (Ceylon)  besclii-ieben,  das  sowolil  nach  Beschreibung  und 
Zeiclinung  nicht  in  die  Gattung  Lyperosomum  gehört.  Im  nachfolgen- 
den vergleielie  ich  meine  Art  mit  den  9  beschriebenen  Arten. 

Durch  seine  ganzrandigen  Hoden  und  ebensolchen  Keimstock 
unterscheidet  sich  L.  filiforme  von  L.  rudectum  M.  Brn.,  bei  welchem 
die  Genitaldrüsen  gelappt  sind,  sowie  von  L.  plesiostoimim  Lixstow, 
welches  zwar  ganzrandige  Hoden,  aber  einen  gelappten  Keimstock 
besitzt. 

Von  einer  ganzen  Eeihe  von  Arten  [L.  longicauda  Rud.,  L.  lohatum 
Raiell..  L.  porrectiim  M.  Brn.,  L.  corrijgia  M.  Brn.,  L.  salebrosum 
M,  Ben.  und  L.  olssoni  Raill.)  unterscheidet  sich  die  neue  Art  außer 
durch  eine  Reihe  einzelner  Merkmale  dadurch,  daß  bei  ihr  der  Keim- 
stock größer  ist  als  die  Hoden,  während  bei  den  vorstehend  genannten 
Arten  das  umgekehrte  der  Fall  ist. 

Nur  mit  L.  strigosum  Looss  ist  unsere  Art  näher  verwandt; 
bei  beiden  ist  der  Keimstock  größer  als  die  Hoden,  beide  sind  sie 
von  fadenförmiger  Gestalt,  bei  beiden  sind  die  Dotterstöcke  fast 
gleich  angeordnet  usw.  Die  Unterscheidungsmerkmale  bestehen  in 
folgendem : 

1.  L.  strigosum  ist  etwas  kürzer  und  doppelt  so  breit  wie 
unsere  Art. 

2.  Der  Bauchsaugnapf  liegt  bei  L.  strigosum  an  der  Grenze  des 
ersten  und  zweiten  Körperviertels,  bei  L.  ßiforme  des  ersten  und 
zweiten  Fünftels. 

3.  Die  Ränder  des  Bauchsaugnapfes  treten  bei  L.  strigosum  im 
Gegensatz  zu  L.  ßiforme  nicht  über  die  Körperseiten  vor. 

4.  Der  Pharj'nx  ist  bei  L.  filiforme  doppelt  so  groß  wie  bei 
L.  strigosum. 

5.  Die  Dotterstöcke  können  bei  L.  strigosum  anscheinend  nicht 
in  der  Mittellinie  des  Körpers  zusammentreten,  wie  es  bei  L.  fdi- 
forme  der  Fall  ist. 

6.  Die  Hoden  sind  bei  L.  strigosum  queroval  und  sind  mehr 
den  Seiten  des  Körpers  genähert,  worin  die  Art  an  Dicrocoelium  er- 
innert, während  bei  L.  ßiforme  die  Hoden  längsoval  sind  und  hinter- 
einander in  der  Mittellinie  des  Körpers  liegen. 

7.  Die  Bursa  cirri  zieht  sich  bei  L.  ßiforme  im  Verhältnis  zum 
Bauchsaugnapf  weiter  nach  hinten  als  bei  L.  strigosum. 

8.  Die  Eier  sind  bei  L.  ßiforme  größer  (0,0493—0,0522 : 0,0232) 
als  bei  L.  strigosum  (0,042:0.025). 


372 


K.  I.  Skrjabin, 


Tabellarische  Übe isicb#' 
Die  Mali«'  sind  \ 


Name 

L.  longicaiida 

L.  lobatnm 

L.  porrectit)» 

L.  corrigia 

L.  oUsofii 

rnttTsucher 

EiDoi,rni 

Raitj.et 

M.  Bhaux 

M.  Braun 

Raili.kt 

Jahr 

1HÜ9 

1900 

1899 

1901 

11K)(J 

Lüiiü:!' 

8—11 

7.5-9.5 

17 

10-13 

2.25 

Hr.-it.- 

V 

0,38-0,4 

0.2-0.6 

1 

ü.:)2ö 

Muutlsautfnapf 

0,396—0,417 

0,156 

0,114 

0,260-0,312 

0  l().s_o,i;^ 

Bauchsauguapf 

0,75-0.8 

0,135:0.156 

0.155 

0,312 

0,315-0.39 

Pharynx 

0.177-0,187:0,23 

0,07 

0,07 

0.125 

0.075 

Hoden 

Keimstock  klein. 

0.24 

0,312:0,18 

0,42  :  0,31 

0,255~0,2«5 

Keimstock 

als  die  Hoden 

0,1 

kleiner  als  die 
Hoden 

0.312 

0.145 

Iloilenform 

ellipt 

iscli  und  ganzrandig 

Keinistockform 

rni 

d  und  ganzraudig 

Dotterstöcke 

am    Hinterrande 

etwas  hinter  dem 

hinter  der 

asymmetrisch   in 

am  Ilinterrainid 

beginnen 

des  vorderen 
Hodens 

Keim  stock 

Schalendrüse 

der  Höhe  des 
Keimstocks 

des  Keiiustutkri 

Länee  d.  Dotter- 

4 

? 

2—2,5 

5 

reichen  bis  zur 

stücke 

Kürpermitte 

Eilänge 

0,0228 

0,041—0,045 

0,037-0,041 

0.032 

U.036 

Eibreite 

0,019 

0,0228—0,0273 

0,028 

0,0228 

0.0198-0,021« 

Wirt 

Corvus  corone, 

Accipiter  nisus 

Sanrophaga 

Tetrao  tetrix, 

Cypselns  apug 

Co}-vus  cornix 

saurojjJiaga 

Caccabis   chukar 

Organ 

Leber 

Leber 

Darm 

Darm 

Leber 

Verbreitung 

Europa, 
Turkestan 

Europa 

Neuguinea 

Europa, 
Turkestan 

Europa 

9.  Ein  biolog'ischer  Unterschied  liegt  darin,  daß  L.  filiforme  ein 
Raubvogelparasit  ist,  während  L.  strigosum  beim  Bienenfresser  {Merops 
apiaster)  schmarotzt. 

B e s t i m  m u n  g s t a b e  11  e  der  Lyperosom  u ««-Arte n. 

A.  Genitaldrüsen  ganzrandig 

I.   Keim  stock  kleiner  als  die  Hoden 

a)  Beide  Hoden  hinter  dem  Bauchsaugnapf 

1.  Dotterstöcke  beginnen  am  Hinterrande  des  vorderen 
Hodens  L.  longicauda  Run. 

2.  Dotterstöcke  beginnen  etwas  hinter  dem  Keimstock 
a)  Hoden   im   vorderen   Körperdrittel,  unweit  des 

Bauchsaugnapfes  L.  lobatum  Raill. 

ß)  Hoden   in   die  Körpermitte  gerückt,    weit   vom 

Bauchsaugnapf  L.  porrecUim  M.  Bkn. 


Voifeltrenmtütli'ii  iiu.s  Hussi«,  li  Tiirkotaii 


der  [ji/pcrosom  it  m  •  A  r  t  ••  n. 
Millimetern  Hiijjresrelitii. 


L    ttilfl»t>su>n 

/,,    noltilmii 

M.  Bkain 

.M.     I5K.V1  s 

19Ü1 

l'.tOl 

1.5-1.7 

1 

y 

()..■) 

a052-O.(Hi 

0.24:  0.21 

0.20H 

0,20S:0.i;»8 

0.042 

0,Ü7— Ü.US 

wi«  Bauchsaiigu. 

•j 

teil  kleiuer  aU 

kleiner  als  (lic 

die  Hodeu 

HodtMi 

rund 

mit  ausireschtiit- 

rund 

ti'iion  KiindtMU 

'  "  '"fdeill  Kt*!!!!- 

iu  der  Hübe  des 

lud  irelieii 

(Xtophairus 

V  riierhiilftf 

hören  l,7nini  vom 

Kilrperende  auf 

ü.u;^2— Ü.Ü37 

0.028 

Ü.ÜU-O.OU> 

0.014-  0.018 

CV/^'m  melba 

Ibis  cotruUsceiis 

y 

Darm 

V 

Brasilien 

/.    i'lfiioHliimuin 

I.lNSTuW 

12 
0.,S4 

o.st; 

/,.  Httti/oMuin 
18i>;t 

H.i) 

O.f) 

so  breit   wie 

/..  /ili/ornir 
K.  Skkjabin 

lUlH 

l.2.'>— 4,5-«J.8 

0.17-0.221 

0.221 

/v    Hiiuiimittum 

LlNSToW 

l'.tüT) 

o.ii; 

das  Kiirper- 

vorderende 

••twas  ifröUer 

0.250 

als  der  .Miind- 

sainrnii|)f 

0.04 

11.051-0.084 

E«  sind  hier 
keine  Zahb-u  an- 

«rtiUer als  die 
Hoden 

0.1 
0.17 

geführt,    da    die 
Art  nicht  iu  die 

iriuizrandii,' 

in   der  llühe  de.-< 
Keinistocke.s 

«lueroval 
fast  rund 
hinter  dem 
Keinistock 

Iäni,'!ieli-oval 
fast  rnml 

unmittelbar 

hinter  dem 

Keinistock 

0,5945 

(iattuufif  A(//*no- 
si'umtn   gehört. 

0.U34 

0,02 

J'erdix  (fraeca 

0.042 

0,02ö 

Merops  apiastn- 

0.O5-0.W93 

0,02.-12 

('ircus  linrrnts 

Ifimiura 

V 

Turkestan 

Leber 
AiU'Vpteu 

Leber 
Turkestau 

rpinropHS 

()s..idia;rus 

(  eylun 

3.  Dotterstöcke   beginnen   unmittelbar   am  Keimstock 

a)  Hoden    voneinander  durch   einen  Zwischenraum 

getrennt  L.  rnrrit/ia  M.  Hhn, 

ß)  Hoden    liegen    eiiiainltr  ;in.  überdecken  sich  zu- 
weilen L.  olssoni  Raill. 
b)  Vorderer  Hoden  dorsal  vcun  Hauchsaugnapt 

L.   SdlrlirnSKDI    M.    HhX. 

11.    Keimstock  größer  als  die  Httdcn 

a)  Hoden  längsoval 

b)  Hoden  queroval 

B.  Genitaldriisen  gtdappt 

C.  Hoden  ganzrandifr,  KeimstO(;k  gdai'i't 


L.  fdi formt   u.  sp. 

L.  siriijoaum   L«)i)ss. 

/,.  ruihrtnm  M.  Hhn. 


/,.  pUsiostomum  Linst. 


374 


K.  I.  Skrjabin, 


F.   Fani.  Opisthorchiidae  Luhe. 

In  meiner  Sammlung-  befinden  sich  3  Vertreter  dieser  Familie, 
von  denen  2  zur  Gattung  Opisthorchis  Blanch.  gehören,  während 
]   Art  Vertreter  einer  neuen  Gattung  —  Notaulus  —  ist. 

19.  Ojyisthorchis  longisshmis  Linst. 

Typische  Exemplare  dieser  Art  fand  ich  in  den  Gallengängen 
zweier  in  der  Umgebung  von  Aulie-Ata  erlegten  Ardea  stellaris. 


20.    Opisthorchis  geminus  Looss  var,  Uvrghisensis  ^i.  imi\ 

Von  mir  in  den  Gallengängen  von  Oircus  aeruginosus  gefunden. 
Trotz  der  großen  Übereinstimmung  mit  der  Beschreibung  von  Looss, 
der  seine  Art  in  derselben  Wirtsart  fand,  halte  ich  es  doch  für  not- 
wendig, eine  neue  geographische  Easse  auf  meinen  Fund  zu  be- 
gründen, da  1.  meine  Exemplare  kleiner  als  die  ägyptischen  sind, 
die  Saugnäpfe  dagegen  ein  höheres  Ausmaß  aufweisen,  2.  der  Öso- 
phagus bei  meiner  Form  länger  ist  und,  worauf  ich  besonderes  Ge- 
wicht lege,  die  Eigröße  die  von  Looss  gegebenen  Maße  beträchtlich 
übertrifft.  Aus  nachfolgender  Tabelle  gehen  die  Unterschiede  deut- 
lich hervor: 

Die  Maße  sind  in  Millimetern  angegeben. 


Name 

Opisthorchis  geminus 

0.  geminus 
var.  kirghisensis 

Untersucher 

Looss 

K.  Skrjabin 

Jahr 

1899 

1913 

Körperlänge 

7—12,5 

6,29-6,63 

Körperbreite 

1,3-2 

1,8 

Mnndsangnapfläuge 

0,17 

0,238-0,255 

Mundsaugnapf  breite 

0,17 

0,806-0,34 

Ösophaguslänge 

0,25 

0,323 

Baucbsauguapf 

wie  Mundsaugnapf 

wie  Mundsaugnapf 

Eilänge 

0,021—0,027 

0,0319 

Eibreite 

0,01— ,0013 

0,0174 

Wirt 

Circus  aeruginosus,  Milvus 
parasiticus,  Anas  boschas 

Circus  aeruginosus 

Organ 

„  Leber 

Leber 

Verbreitung 

Ägypten 

Russisch  Turkestan 

Anm.  Es  ist  möglich,  daß  die  von  v.  Linstow  beschriebene 
turkestaner  Art  Distoma  choledochum,  aus  den  Gallengängen  von 
Anas  sp.,  mit  meiner  Varietät  identisch  ist,  da  Lyperosonmni  geminus 


Vogeltrematoden  aus  Russisch  Turkestan.  375 

von  Looss  ebenfalls  bei  Anas  {boschas)  gefunden  worden  ist.  Sicherheit 
läßt  sicli  hier  leider  nicht  mehr  gewinnen,  da  die  v.  LiNSTOw'sche 
Beschreibung-  völlig  ungenügend  ist  und  die  Type  verloren  scheint. 

JVotauItis  n.  r/. 

In  den  Gallengängen  von  Aquila  imperialis  und  Circiis  cinereus, 
erlegt  in  der  Umgebung  von  Anlie-Ata  im  Sommer  1911,  fand  ich 
eine  Anzahl  zur  Familie  der  Opisthorchiidae  gehöriger  Trematoden, 
die  sich  nicht  nur  als  zu  einer  neuen  Art,  sondern  auch  zu  einer 
neuen  Gattung  —  Notaulus  —  gehörig  erwiesen,  die  ich  im  Folgenden 
charakterisieren  will. 

Außerordentlich  lange,  flache  Distomiden,  mit  stark  verschmäler- 
tem Yorderende  und  in  der  Mitte  verbreitertem  Körper,  der  sich 
nach  hinten  schwach  verjüngt.  Im  hinteren  Teil  des  Körpers  die 
nach  dem  Opisthorchis-Typws  gebauten  Genitalorgane.  Der  lappige 
Keimstock  liegt  vor  den  Hoden  und  wird  vom  vorderen  Hoden  durch 
das  massige  Receptacnlum  seminis  getrennt.  Die  Hoden  liegen  un- 
mittelbar hintereinander,  sind  lappig,  mit  tief  eingeschnittenen 
Rändern  und  nehmen  fast  die  ganze  Breite  des  Körpers  ein,  indem 
sie  die  Darmschenkel  an  den  Körperrand  drängen.  Der  Excretions- 
kanal  ist  vom  Hoden  dorsal  verdrängt  und  endet  am  Körperhinterende. 
Die  Dotterstöcke  sind  nach  dem  OvistJiorchis-Ty ^us  gebaut  und  nicht 
nach  dem  Amphimenis-Ty])us.  Der  Uterus  ist  sehr  stark  entwickelt,  mit 
den  kleinen  Eiern  gefüllt.  Der  Porus  genitalis  liegt  unmittelbar 
vor  dem  Bauchsaugnapf.  Eine  Bursa  cirri  fehlt.  Haut  unbestachelt. 
Sangnäpfe  sehr  schwach  entwickelt,  Pharjnix  und  Ösophagus  vor- 
handen. Der  Darm  reicht  bis  zum  Körperhinterende.  Parasiten  der 
Gallengänge  von  Raubvögeln. 

Typus:  Notaidus  asiaticus  n.  sp. 

Wie  aus  der  obenstehenden  Diagnose  zu  entnehmen  ist,  gehört 
die  neue  Gattung  in  die  nächste  Verwandtschaft  von  Opisthorchis 
Blanch.  1895.  Es  wäre  vielleicht  früher  möglich  gewesen,  durch 
Erweiterung  des  Gattungsbegriffes  unsere  neue  Art  bei  Opisthorchis 
unterzubringen,  nachdem  aber  Bakker  durch  Abtrennung  eines  Teiles 
der  Arten  in  die  Gattung  Amphimerus  mit  der  Einengung  des 
Gattungsbegriffes  begonnen  hat,  halte  ich  es  für  unzweckmäßig, 
wieder  mit  einer  Erweiterung  vorzutreten,  umsomehr,  als  meine  Art 
sich  durch  zwei  Merkmale  scharf  von  den  typischen  Opisthordns- 
Arten  unterscheidet.  Während  bei  der  BLANCiiARD'schen  Gattung 
die  Hoden   nicht  die  ganze  Körperbreite  einnehmen,  schräg  hinter- 


376  K.  I.  Skrjabin, 

einander  ]iej?en  und  Raum  für  den  S-förmig  gekrümmten,  zwischen         j 
ihnen  hinziehenden  Excretionskanal  lassen,   liegen   bei  der  Gattung         j 
Notaiüiis  die  Hoden  unmittelbar  hintereinander,  füllen  fast  die  ganze         i 
Körperbreite   aus   und   verdrängen   den  Excretionskanal  dorsal,  der 
nicht  gekrümmt,  sondern  gerade  nach  hinten  zieht.    Bei  der  ver- 
wandten Gattung  Clonorchis  Looss,  bei  der  ebenfalls  der  Excretions- 
kanal durch   die   hier  stark  verästelten  Hoden  verdrängt  ist,  liegt 
dieser  ventral. 

Die  Gattung  Noiaulus  verhält  sich  der  systematischen  Spann- 
weite nach  zur  Gattung  OpistJiorcMs  wie  die  Gattung  Lyperosomum 
zur  Gattung  Dicrocoelium,  und  wenn  man  die  Existenz  dieser  beiden 
Gattungen  als  begründet  ansieht,  so  muß  man  dasselbe  auch  für 
unsere  Gattung  gelten  lassen,  bei  der  als  Trennungsmerkmal  außer 
der  Lage  der  Hoden  noch  der  andere  Verlauf  des  Excretionskanals 
hinzukommt. 

Bevor  ich  im  Nachstehenden  eine  Bestimmungstabelle  aller  bis- 
her bekannten  Gattungen  der  Opisthorchiidae  gebe,  bin  ich  genötigt, 
noch  eine  weitere  neue  Gattung  auf  eine  schon  bekannte  Art  auf- 
zustellen. Im  Jahre  1908  wies  Luhe  (17)  bei  der  Aufteilung  der 
Gattung  Metorchis  darauf  hin,  daß  MetorcMs  coinplexus  St.  et  Hass. 
zusammen  mit  M.  conjunctus  Cobb.  wahrscheinlich  eine  neue  Gattung 
bilde,  ohne  auf  die  Frage  näher  einzugehen.  Als  ich  bei  der  Klar- 
stellung der  verwandtschaftlichen  Verhältnisse  des  von  mir  be- 
schriebenen Metorchis  pingumicola  (1913,  29)  ^)  alle  bisher  bekannten 
Arten  der  Gattung  durcharbeitete,  erkannte  ich  ebenfalls,  daß  M. 
complezus  aus  der  Gattung  entfernt  werden  muß,  was  ich  in  Nach-  i 
folgendem  durch  Aufstellung  der  Gattung  Parametorchis  n.  g.  tue. 

Parainetorchis  n,  g. 

Distomiden   von   mittlerer  Größe    und  flacher  Gestalt,  mit  zu- 
gespitztem Vorder-  und  abgerundetem  Hinterende.    Haut  bestachelt. 
Saugnäpfe  von  gleicher  Größe  und  schwach  entwickelt,  Bauchsaug- 
napf an  der  Grenze   zwischen   erstem   und  zweitem  Körperviertel.         j 
Pharynx  und  ein  kleiner  Ösophagus  vorhanden,     Darm  erreicht  das         j 
Körperhinterende.   Hoden  liegen  im  dritten  Körperviertel,  sind  lappig         | 
und  liegen  hintereinander.     Zwischen   ihnen   zieht  der  S-förmig  ge-         } 


1)  Diese  Art  ist,  wie  ich  nachträglich  bemerken  möchte,  von  Prof. 
Dr.  KNUTH-Berlin  gefunden  und  dem  hiesigen  Zoologischen  Museum  über- 
sandt  worden. 


Vogeltrematodeu  aus  Russisch  Turkestau.  377 

krümmte  Excretionskanal  nacli  liinten  und  öffnet  sich  am  Hinter- 
ende. Der  Uterus  ist  rosettenförmig'  um  den  Bauclisaugiiapf  ge- 
lagert und  findet  sich  nur  in  der  vorderen  Körperhälfte.  Nach  vorn, 
wo  sie  zusammentreten,  und  lateral  vom  Uterus  befinden  sich  die 
DutterstöL'ke,  die  aus  der  vorderen  Körperliälfte  nicht  herausgehen. 
Keimstock  lappig,  vor  den  Hoden  gelegen.  Lateral  von  ihm  das 
ziemlich  große  Receptaculum  seminis.  Parasiten  der  Gallengänge 
von  Säugetieren. 

Typus  und  einzige  Art:  Parametorchis  complexus  St,  et  Hass, 
aus  der  Leber  der  Hauskatze,  Nordamerika. 

Ob  Meiorchis  conjunctus  Cobb.  auch  in  eine  neue  Gattung  zu 
stellen  ist,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden.  Jedenfalls  ist  die  Art 
nicht  zu  Parametorchis  zu  stellen. 

\^on  allen  übrigen  Gattungen  der  Familie  unterscheidet  sich 
die  neue  Gattung  durch  folgende  Merkmale: 

1.  durch  die  stark  nach  vorn  verlagerten  Hoden,  von  denen  der 
vordere  sich  in  der  Mitte  der  Körperlänge  befindet; 

2.  die  Dotterstöcke  liegen  nur  in  der  vorderen  Körperhälfte, 
ähnlich  wie  bei  Holornetra,  nur  sind  sie  hier  auch  lateral  vom  Uterus 
vorhanden,  während  sie  bei  Holometra  nur  vor  dem  Uterus  liegen; 

3.  durch  Gestalt  und  Lage  des  Uterus,  der  rosettenförmig  um 
den  Bauchsaugnapf  gelagert  ist  und  sich  nur  in  der  vorderen  Körper- 
hälfte findet. 

Gattungstabelle  der  Opisthorchiidae. 
(Verändert  nach  Bakker  1911.) 

1.  Dotterstöcke  nur  in  der  vorderen  Körperhälfte 

A.  Uterus  in  der  vorderen  Körperhälfte,  zwischen  den  Dotter- 

stöcken Parametorchis  n.  g. 

B,  Uterus  vorwiegend  in   der  hinteren  Körperhälfte,   hinter 

den  Dotterstöcken  Holometra  Looss 

IL  Dotterstöcke  im  Mittelteil  des  Körpers 

A.  Dotterstöcke  erreichen   mit   dem  Vorderende  den  Bauch- 
saugnapf 

1.  Excretionskanal  mündet  auf  der  Bauchseite 

a)  ventral  von  den  Hoden  Meiorchis  Looss 

b)  hinter  den  Hoden  Pseudamphistomum  Luhe 

2.  Excretionskanal  verläuft  S-förmig  zwischen  den  Hoden 

und  mündet  am  Körperhinterende      Cyclorchis  Luhe 


378  ^-  ^-  Skrjabin, 

B.  Dotterstöcke   erreiclien   mit   dem   Vorderende  nicht   den 
Bauchsaugnapf 

1.  Dotterstöcke  durch  einen  Zwischenraum  in  der  Höhe  des 

Keimstockes  jederseits  in  zwei  Abschnitte  mit  eigenen 
Ausführungsgängen  geteilt  Ämphimerus  Barker 

2.  Dotterstücke  nicht  in  zwei  Abschnitte  geteilt 

a)  Hoden  stark  verästelt  Clonorchis  Looss 

b)  Hoden  gelappt 

a)  Excretionskanal  verläuft  zwischen  den  schräg  ge- 
stellten Hoden  Opisthorchis  Blanch 

ß)  Excretionskanal  verläuft  dorsal  von  den  unmittel- 
bar hintereinander  gelegenen  Hoden 

Notaulus  n.  y. 

21.  Notuuhts  asiaticHS  iu  sx>, 

(Taf.  U  Fig.  8—13.) 

Die  Art  ist  langgestreckt,  abgeflacht,  lebend  von  graugrüner 
Färbung  mit  dunkler  Zeichnung  im  Mittelfelde.  Die  Gesamtlänge 
beträgt  13,6—14  mm,  der  Körper  ist  im  vorderen  Teile  bis  zum 
Bauchsaugnapf  sehr  schmal  (0,21—0,34  mm  breit),  verbreitert  sich 
nach  hinten  allmählich,  um  in  der  Körpermitte  die  größte  Breite 
(1,09  mm)  zu  erreichen,  und  wird  nach  hinten  wieder  schmäler 
(1,04—1,06  mm).  Haut  unbestachelt.  Saugnäpfe  sehr  schwach  ent- 
wickelt: Mundsaugnapf  0,085  mm  lang  und  0,136—0,165  mm  breit, 
Bauchsaugnapf  im  Durchmesser  0,17  mm,  vom  Vorderende  1,955— 2,7  mm 
entfernt.  Der  runde  Pharynx  folgt  dem  Mundsaugnapf  unmittelbar, 
er  ist  0,119—0,136  mm  lang  und  0,102-0,127  mm  breit.  Die 
Länge  des  Ösophagus  schwankt  von  0,119—0,217  mm,  am  häufigsten 
ist  er  0,17  mm  lang.  Die  Darmschenkel  ziehen  längs  den  Körper- 
rändern und  lassen  seitlich  nur  ein  schmales  Feld  frei,  in  dem  die 
Dotterstöcke  liegen.    Sie  erreichen  das  Körperende. 

Die  Hoden  zeichnen  sich  durch  einen  außerordentlichen  Poly- 
morphismus aus,  wie  aus  Fig.  9,  10,  11  zu  ersehen  ist,  wo  die 
Extreme  und  die  Mittelform  abgebildet  sind.  Bei  einigen  Exemplaren 
ist  die  für  Opisthorchis  im  weiteren  Sinne  charakteristische  Vier- 
teilung des  vorderen  Hodens  und  Fünfteilung  des  hinteren  Hodens 
erhalten.  Diese  Form  (Fig.  11)  wird  durch  Übergänge  (Fig.  10,  9) 
mit  Formen  verbunden,  bei  denen  der  vordere  Hoden  8-  und  der 
hintere  lOlappig  ist,  bei  denen  also  die  höhere  Zahl  durch  Teilung 


t 


Vogeltreniatoden  aus  Russisch  Turkestan.  379 

der  Lappen  entstanden  ist.  Die  Tieflappigkeit  bildet  einen  Unter- 
schied gegenüber  Opisthorchis.  Die  Hoden  liegen  hintereinander, 
nehmen  die  ganze  Körperbreite  ein  und  befinden  sich  im  hinteren 
Körperabschnitt.  Der  Keimstock  ist  stets  gelappt,  meistens  älappig 
und  liegt  vor  den  Hoden,  vom  vorderen  durch  das  ReceptHculum 
seminis  getrennt.  Letzteres  ist  sehr  groß,  von  birn-  oder  kolben- 
förmiger Gestalt  und  drängt  sich  mit  seinem  zugespitzten  Ende 
zwischen  die  Lappen  des  Keimstocks.  Der  Uterus  ist  stark  ent- 
wickelt, erstreckt  sich  vom  Keimstock  bis  zum  Bauchnapf  auf  einer 
Strecke  von  8,25—11  mm  und  wird  seitlich  von  dem  Darm  begrenzt. 
Nach  hinten  sind  die  Uterusschlingen  sehr  verwickelt,  an  der  vorderen 
Grenze  der  Dotterstöcke  nimmt  der  Uterus  die  Gestalt  eines  in 
einzelnen  Windungen  nach  vorn  ziehenden  Kanals  an  und  mündet 
nahe  am  Vorderrande  des  Bauchsaugnapfes  neben  der  männlichen 
Genitalöifnung.  Die  Dotterstöcke  beginnen  2,465—2,89  mm  hinter 
dem  Bauchsaugnapf,  ziehen  wie  gewöhnlich  zwischen  Darm  und 
Körperrand  dahin  und  enden  in  der  Höhe  des  Keimstockes.  Sie 
bestehen  aus  ca.  7 — 9  einzelnen  Trauben  jederseits,  die  durch  den 
gemeinsamen  Sammelgang  miteinander  verbunden  sind.  Die  End- 
stämme der  Ausführungskanäle  gehen  nicht  vom  Hinterende  der 
letzten  Dotterstockstraube  ab,  sondern  seitlich  aus  der  Mitte.  Die 
kleinen  Eier  messen  0,0261—0,029  : 0.0145  mm. 

Der  Excretionskanal  liegt  in  der  Mittellinie  des  Körpers,  dorsal 
von  den  Hoden  und  öffnet  sich  am  äußersten  Hinterende  des  Köi-pers. 

Wirt:  Circus  cinereus,  Aquila  imperialis.  Ich  fand  die  Parasiten 
nicht  allein  in  den  Endteilen  der  Gallengänge,  sondern  sie  kamen 
in  allen  Teilen  der  Leber  vor.  Eine  Anzahl  der  Parasiten  schimmerte 
als  dunkle  Punkte  durch  die  äußere  Hülle  der  Leber  durch  (Fig.  8). 


G.  Fam.  Cyclocoeliidae  Kossack. 

In  meiner  Sammlung  fanden  sich  7  Arten  dieser  Familie,  von 
denen  6  zur  Gattung  Cydocoelmn  Brandes  und  eine  zur  Gattung 
Tracheophilus  Skrjabin  gehörten. 

22.    Qjclocoelum  niutabile  (Zeder). 

Ich  fand  nur  1  Exemplar  in  der  Leibeshöhle  einer  am  20.  April 
(a.  St.)  1911  beim  Kul-Kainar-See  erlegten  Gallinula  chloropus  L. 


380  K.  I.  Skrjabin. 

23.    Cyclocoeliini  niicfostoumm  (Ceepl.), 

Ebenfalls  nur  1  Exemplar  aus  der  Bauchhöhle  von  Fulica  atra  L.. 
von  demselben  Fundort  und  gleichem  Datum. 

24.    Cyclocoeliini  probleniaticuni  Stossich. 

6  Exemplare  wurden  von  mir  im  Sommer  1911  am  Kul-Kainar- 
See  in  der  Bauchhöhle  von  Totemus  glareola  gefunden.  Bisher  war 
die  Art  nur  von  Totanus  glottis  Bechst.  und  T.  calidris  Bechst,  be- 
kannt. 

25.    Cj/clocoeliini  trlnf/ae  Stossich. 

2  Exemplare  aus  der  Bauchhöhle  von  Totamis  ochropus  L.  in  der 
Umg-ebung-  von  Aulie-Ata. 

26.    Cyclocoeliini  ovopunctcituni  Stossich. 

1  Exemplar  aus  der  Bauchhöhle  von  Totanus  fuscus  L.,  Aulie- 
Ata,  1911. 

27.   Cyclocoeluni  Orientale  n,  S2). 

3  Exemplare  aus  der  Bauchhöhle  von  Totanus  glareolus  aus  der 
Umgebung  von  Aulie-Ata,  Sommer  1911,  erwiesen  sich  als  neue  Art, 
die  ich  unter  dem  Namen  Cyclocoelum  Orientale  im  nachfolgenden  be- 
schreiben möchte. 

Der  Körper  ist  von  Hacher,  zungenförmiger  Gestalt,  mit  fast 
parallelen  Bändern,  nach  vorn  zugespitzt  und  nach  hinten  ohne 
weitere  Verschmälerung  abgerundet.  Die  Farbe  der  lebenden 
Exemplare  ist  hellbraun.  Die  Länge  beträgt  14  mm ,  die  Breite 
3,5 — 4  mm.  An  den  in  TO^/^igen  Alkohol  konservierten  Exemplaren 
lassen  sich  mit  unbewaffnetem  Auge  im  hinteren  Teile  des  Körpers 
3  rundliche  Vorwölbungen  erkennen,  die  die  Lage  der  Genitaldrüsen 
anzeigen. 

Die  Mundöffnung  liegt  subterrainal,  der  Pharynx  ist  von  ovaler 
Form ,  0,442  mm  lang ,  0,34  mm  breit,  der  Ösophagus  ist  sehr  kurz 
und  durch  das  Vordrängen  des  gefüllten  Darmes  S-förmig  gekrümmt. 
Der  Darm  ist  sehr  massig  und  bildet  einen  geschlossenen  Darm- 
bogen, dessen  Außenränder  glatt,  dessen  Innenränder  dagegen  außer- 
ordentlich unregelmäßig  gewellt  sind  und  mit  ihren  Vorsprüngen 
etwas  an  die  Blindsäcke  bei  Typhlocoelum  St.  und  Trackeophilus 
Skrjabin  erinnern. 


Vogeltrematodoii  uns  Russisch  Tnrkestau.  381 

Die  Dotterstücke  bestellen  aus  ziemlich  «roßeii  Follikeln,  die  im 
Niveau  der  Darmgabelung-  beginnen ,  den  Raum  zwischen  Körper- 
außenrand und  Darmaußenrand  ausfüllen,  ohne  unter  und  über  den 
Darm  hinüberzutreten,  und  enden  am  Hinterende  des  Körpers  seit- 
lich von  der  Excretionsblase ,  ohne  sich  miteinander  zu  vereinigen. 
Die  Ausführungsgänge  gehen  im  hinteren  Teile  des  Körpers  in  der 
Höhe  des  hinteren  Hodens  ab  und  vereinigen  sich  zwischen  diesem 
und  dem  Keimstock.  Die  Hoden  sind  voneinander  durch  einen  be- 
trächtlichen Zwischenraum  getrennt,  der  durch  die  üteruswindungen 
ausgefüllt  ist.  Der  hintere  Hoden  liegt  unmittelbar  dem  Darm- 
bogen an,  ist  von  unregelmäßig  dreieckiger  Gestalt.  0,6  mm  lang  und 
1,19  mm  breit.  Der  vordere  Hoden  liegt  dem  Innenrande  des  Darmes 
an,  ist  von  ([uerovaler  Form,  0,935  mm  breit  und  0.85  mm  lang. 

Der  Keimstock  ist  kleiner  als  die  Hoden,  rund,  0,5  mm  im  Durch- 
messer, vom  hinteren  Hoden  durch  den  Dottergang,  vom  vorderen 
durch  Uterusschlingen  getrennt.  Der  Uterus  ist  sehr  tj^pisch  und 
besteht  aus  regelmäßig  abw^echselnden,  zur  Längsachse  des  Körpers 
senkrecht  stehenden  Schlingen,  die  mit  ihren  Endteilen  teils  nach 
vorn,  häufiger  dagegen  nach  hinten  gekrümmt  sind.  Er  liegt  ganz 
in  dem  Räume  innerhalb  des  Darmbogens  und  tritt  nirgends  über 
den  Innenrand  des  Darmes  hinaus.  Die  Uterusölfnung  liegt  am 
Hiuterrande  des  Pharynx,  neben  der  männlichen.  Die  Eier  sind  sehr 
groß,  0,1479—0,1508  mm  lang  und  0,0783—0,0812  mm  breit.  Die 
Bursa  cirri  ist  klein,  gekrümmt  und  tritt  nicht  über  den  Darm 
hinaus. 

Die  Excretionsblase  ist  länglich-oval  und  liegt  hinter  dem 
Darmbogen. 

Von  Cijclocoelum  mutahüe  Zed.  und  C.  microstomum  Crepl.  unter- 
scheidet sich  unsere  Art  durch  die  schwächer  entwickelten  Dotter- 
stöcke, die  bei  den  genannten  Arten  über  den  Außenrand  des  Darmes 
nach  innen  treten,  weiter  durch  den  kleineren  und  schwächeren 
Pharj'nx,  durch  die  Eigröße  usw. 

Von  Cydocoelum  proUematkum  Stossich  unterscheidet  sich  die 
Art  durch  den  stärker  entwickelten  Uterus,  abgesehen  von  der  ganz 
anderen  Körpergestalt,  den  Eimaßen  u.  a. 

Von  Cijclocoelum  tringae  Stossich  unterscheidet  sie  sich  durch 
bedeutendere  Körpergröße  und  durch  den  Uterus,  der  bei  C.  iringae 
ziemlich  schwach  entwickelt  ist  und  bei  der  die  Enden  der  Uterus- 
schlingen alle  deutlich  nach  hinten  gerichtet  sind. 

Von  Cijclocoelum   Onisilianum  Stoss.   trennt  unsere  Art  der  auf- 


382  K.  I.  Skrjabin, 

fallend  kurze  Ösophagus  und  die  Lage  der  Hoden,  die  bei  C.  brasi- 
lianum  unmittelbar  einander  anliegen. 

Von  Cyclocoelum  ovopimctatum  Stossich  unterscheidet  sich  unsere 
Art  durch  den  schwächeren,  nicht  so  muskulösen  Körper,  der  bei 
C.  ovopunctatum  fast  gar  nicht  nach  vorn  verschmälert  ist,  außerdem 
durch  die  Eimaße  u.  a. 

Von  Cyclocoelum  exile  Stossich  unterscheidet  sich  unsere  Art 
durch  die  bedeutendere  Körpergröße,  durch  die  Form  des  Uterus 
und  die  größeren  Eimaße. 

Von  dem  einzigen,  bisher  aus  Turkestan  beschriebenen  Ver- 
treter der  Gattung  Cyclocoelum.  C.  nigropunctatum  Linst.,  den 
Stossich  wegen  der  ungenügenden  Beschreibung  und  weil  die  Type 
verloren  gegangen  ist,  als  Species  inquirenda  ansieht,  unterscheidet 
sich  unsere  Art  durch  die  Größe,  durch  die  größere  Eilänge  bei 
gleicher  Breite  und  durch  die  Lage  der  Hoden,  die  bei  C.  nigro- 
punctatum einander  unmittelbar  anliegen. 

Von  Cyclocoelum  fasciatum  Stossich,  bei  dem  die  Hoden  einander 
gleichfalls  anliegen,  unterscheidet  sich  unsere  Art  durch  deren 
Getrenntsein. 

Von  Cyclocoelum  vicarium  Aensdorff  unterscheidet  sich  unsere 
Art  durch  den  kürzeren  Ösophagus,  die  größeren  Hoden,  die  sich 
weiter  nach  vorn  erstreckenden  Dotterstöcke  und  die  bedeutend 
größeren  Eier. 

Endlich  wäre  noch  zu  bemerken,  daß  unsere  Art  durch  die 
Vorsprünge  am  Innenrande  des  Darmbogens  sich  von  allen  bisher 
bekannten  Arten  der  Gattung  unterscheidet. 

28.   Tracheoiihiliis  sisoiri  Skejabin. 
Von  mir  einmal  in  Anas  hoschas  L.  gefunden  (Skejabin,  1913,  30). 


H.   Fani.  Notocotylidae  Luhe. 

In  meiner  Sammlung  findet  sich  aus  dieser  Familie  nur  eine 
zur  Gattung  Catatropis  Odhnee  gehörige  Art. 


29.  Catatropis  verrucosa  Feoel. 

Ich   fand  die  Art  im  Blinddarm  einer  am  2.  März  (a.  St.)  1910 
Kul-Kainar-See  erlegten  Wildgans  {Anser  anser  L.)  in  4  Exemplaren. 


Vogeltrematoden  aus  Kussisch  Turkestan. 


383 


.7.  FaiTi.  Holostomidae  Brandes. 

30.  JIofostoiHKni  sp/iaerrda  Diesing. 

Im  April  1910  von  mir  im  Darm  von  Corvus  corone  und  Corviis 
fnigilegns  gefunden. 

Unter  Hinzuziehung  weiterer  11  von  v.  Linstow  aus  Turkestan 
angeführten  Arten,  von  denen  ein  Teil  wegen  der  ungenügenden 
Besclireibung  wohl  für  immer  undeutbar  bleiben  wird,  sind  somit 
aus  Russisch  Turkestan  41  Arten  von  Vogeltrematoden  bekannt, 
zweifellos  nur  ein  geringer  Bruchteil  der  dortigen  Trematodenfauna. 

Den  Beschluß  mag  folgende  Tabelle  der  bisher  aus  Turkestan 
bekannten  Vogeltrematoden,  nach  Wirten  geordnet,  bilden. 


Wirt 


Parasit 


Organ 


Steganopodes 

Phalacrocorax  carbo  L. 

Ciconiiformes 

Platalea  leucorodia  L. 


Ardea  cinerea  L. 
Botaurus  stellar is  L. 

NycHcorax  nycticorax  L 


Auseriformes 

Anser  anser  L. 
Anas  boschas  L. 

Anas  boschas  domestica  L, 
Anas  sp. 

Fuligtda  nyroca  L. 
Mergiis  sp. 


Ralliformes 

Gallinnla  chloropus  L. 

Fulica  atra  L. 


Paryphostomum  radiatum  Düj. 
Echinostoma  exechinatnm  Solowiow 


Prosfliogonimus  putschkowskii  Skrjabin 
Orchipedum  turkcstanicum  n.  sp. 
Patayifer  bilobus  Rüd. 
ProHthoyonimus  c^ineatus  Rud. 
Opisthorchis  lonißssimxis  Linst. 
Disiom.  capsulare  Dies.  (?) 
Clinostomum  heterostomum  Rud. 


Catatropis  verrucosa  Froel. 
Hypoderaeum  conoidemn  Bloch. 
Tracheophilus  sisowi  Skrjabin 
Echinostoma  rcvolutum  Froel. 
Distoma  choledochion  Linst.  (=  Opisthorchis 

geminus  Looss?) 
Psilochasnms  longicirratus  n.  sp. 
Tetracotyle  sp. 


Echinostoma  chloropodis  Zed. 
Cyclocoebim  mutabile  Zed, 
Echinostoma  anceps  Molin 
Cyclocoelum  microsiomum  Crepl. 


Zool.  Jahrb.  XXXV.    .\bt.  f.  Syst. 


Darm 
Darm 


Bursa  Fabricii 
»Trachea 
Darm 

Bursa  Fabricii 
Leber 

Unterhautgewebe 
Darm 


Blinddarm 

Darm 

Trachea 

Darm 

Leber 

Darm 
Unterhautgewebe 


Darm 

Bauchhöhle 

Darm 

Bauchhöhle 

25 


384 

K.  I.  Skrjabin, 

1 

No. 

Wirt 

Parasit 

Organ 

Charadriiformes 

14. 

Totanus  ochropus  L. 

Cyclocoelum  tringae  Stoss. 

Bauclihöhle 

15. 

Totanns  fuscus  L. 

Cyclocoelum  ovopunctatiim  Stoss. 

Bauchhöhle 

16. 

Totmius  glareola  L. 

Urogonimus  turaniais  Solowiow 

Bursa  Fabricii 

Urogonimus  macrostomus  Rüd. 

Bursa  Fabricii 

Cyclocoelum  probleniaticum  Stoss. 

Bauchhöhle 

Cyclocoelum  Orientale  n.  sp. 

Bauchhöhle 

Galliformes 

17. 

Gallus  domesticus  L. 

Echinostoma  revolutuni  Froel. 

Darm 

Prosthogonhnus  ovatus  Rud. 

|Ei  und  Bursa 

Prosthogonimus  cuneatus  Rud. 

1      Fabricii 

18. 

Caccabis  cJmkar 

Lyperosonium  corrigia  M.  Brn. 

Darm 

19. 

Perdix  graeca 

Lyi^erosomum  plesiostomum  Linst. 

Darm 

Distomum  sulcatum  Linst. 

Darm 

Passeriforines 

20. 

Cor  VHS  corone  L. 

Dicrocoelium  skrjabini  Solowiow. 

Leber 

Holostomiim  sphaerula  Dies. 

Darm 

21. 

Corvus  frugilegus  L. 

Dicrocoelium  skrjabini  Solowiow 

Leber 

Prosthogonimus  cuneatus  Rud. 

Bursa  Fabricii 

Echinostoma  mesotestius  Solowiow 

Darm 

Holostomum  sphaerula  Dies. 

Darm 

22. 

Corvus  cornix  L. 

Distomum  macrourum  Rüd.  (=  Lyperosomum 
longicauda  Rud.?) 

Leber 

Distomum  nigrum  Linst. 

Darm 

Distomum  globocaudatiim  Crepl. 

Darm 

23. 

Pica  caudata 

Accipitres 

Distomum  macrourum  Rud.  (=  Lyperosomum 
longicauda  R.?) 

Leber 

24. 

Aquila  imperialis 

Notaulus  asiaticus  n.  g.  n.  sj}- 

Leber 

25. 

Circus  aeruginosus  L. 

Opisthorchis  gemimus  var.  kirghisensis  n.  var. 

Leber 

26. 

Circus  cinereus 

Notaulus  asiaticus  n.  g.  n.  sp. 

Leber 

27. 

Astur  palumbarius 

Holostomum  falconum  Belling 

Darm 

28. 

Ähatza,(?) 

Cyclocoelum  nigropunctatum  Linst. 

Bauchhöhle 

Vogeltrematoden  ans  Russisch  Turkestan.  385 


Literaturverzeichnis. 


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25=^ 


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June  1894. 


Vogeltrematoden  aus  Russisch  Turkestan. 


387 


Erklärimg  der  Abbildungen. 


Bs  Bauchsaugnapf 
Cb  Bursa  cirri 
D  Darm 
Dg  Dottergang 
Dst  Dotterstöcke 
Ex  Excretionskanal 
H  Hoden 


K  Keimstock 

Ms  Mundsaugnapf 

0  Ösophagus 

Ph  Pharynx 

Rs  ßeceptaculum  seminis 

LI  Uterus 


Tafel   13. 

Fig.  1.  Prosihogonimus  putschkowskii  Skrjabin  aus  der  Bursa 
Fabricii  von  Platalea  leucorodia  L.     18:  l. 

Fig.  2.  Orchipedum  turkestanicum  7i.  sp.  aus  den  Tracheen  von 
Platalea  leucorodia  L.     12:  1. 

Fig.  3.  Orchipedum  turkestanicum  n.  sp.,  ein  Teil  des  Körpers, 
stärker  vergrößert.     54  :  1. 

Fig.  4.  Psilochasmus  longicirratus  n.  sp.  aus  dem  Darm  von  Fuligula 
nyroka  L.     48  :  1. 

Fig.  5.     Bauchsaugnapf  derselben  Art.     48  :  1. 

Fig.  6.     Excretionssystem  derselben  Art  (vorderer  Abschnitt).     59:1. 

Fig.  7.  Opisthorchis  geminus  rar.  kirgliisensis  n.  var.  aus  den  Gallen- 
gängen von   Circus  aeruginosus.     23  :  1. 


Tafel   14. 

Fig.  8.  Leber  von  Aquila  imjyerialis  mit  Notaulus  asiaticus  n.  sp. 
1   :   1. 

Fig.   9.  Notaulus    asiaticus   n.   sp.    aus    der    Leber    von    Aquila    im- 

perialis.     23:  1,     Daneben  die  Art  in  natürlicher  Größe. 


388  K.  I,  Skrjabin,  Vogeltrematoden  aus  Russisch  Turkestan. 

Fig.  10  u.  11.  Hinterende  derselben  Art  zur  Veranschaulichung  des 
Hodenpolymorphismus.     20  :  1. 

Fig.    12.     Eine    einzelne    Dotterstockstraube    derselben    Art.      90  :  1. 

Fig.  13.  Querschnitt  durch  das  Hinterende  derselben  Art  mit  dem 
dorsal  gelegenen  Excretionskanal. 

Fig.  14.  Dicrocoeliiim  shrjabini  SOLOWIOW  aus  der  Leber  von 
Corvus  corone. 

Fig.  15.  Lyperosomum  filiforme  n.  sp.  aus  der  Leber  von  Circus 
dnereus. 

Fig.  16.  Oyclocoelum  Orientale  n.  sp.  aus  der  Bauchhöhle  von  Totanus 
glareolus  L. 


yachdrnck  verboten, 
übersetzungsrecht  vorbehalten. 


Further  notes  on  the  genus  Microcotyle. 

By 

G.  A.  MacCallum,  M.  D.,  New  York. 


With  4  fignres  in  the  text. 


As  stated  in  a  previous  paper  in  this  Journal  (Vol.  34,  1913, 
Syst.,  p.  223),  one  is  impressed  in  study ing-  the  Microcotylidae  with 
the  lack  of  variety  in  the  arrangement  and  form  of  the  internal 
Organs  so  that  the  differentiation  of  species  is  dependent  largely 
upon  outward  differences,  Of  these  the  number,  form  and  structure 
of  the  caudal  suckers  and  the  peculiar  armature  of  spines  which 
often  occurs  about  the  genital  opening  are  perhaps  the  most  con- 
stant  and  characteristic  features,  although  of  course  there  are  many 
other  things  which  must  be  taken  into  consideration  in  deciding  this 
point.  In  the  table  which  follows  and  which  is  a  continuation  of 
that  given  in  the  previous  paper,  it  is  attempted  to  give  these  data 
as  accurately  as  possible,  and  it  is  hoped  that  this  basis  for  Classi- 
fication will  be  adopted  by  helminthologists  in  the  case  of  this 
genus  to  avoid  confusion. 

4  new  species  are  added  to  the  genus  as  the  result  of  the  study  of 
the  parasites  of  the  gills  of  marine  fishes  obtained  partly  from  the 
New  York  Aquarium,  partly  in  the  laboratoiy  of  the  U.  S.  Fish 
Commission  at  Woods  Hole  and  partly  in  the  fish  markets  of  New 


390  G.  A.  MacUallum, 

York.  In  the  course  of  these  studies  it  has  seemed  pretty  well  ar- 
ranged  by  Nature  that  the  parasites  of  the  gills  of  fish  are  placed 
there  according  to  families  —  for  instance  the  Microcotylidae  are 
seldom  or  never  fouiid  on  the  same  fish  as  the  Octocot3'lidae  or 
Acanthocotylidae.  At  least  it  is  my  experience  that  in  such  a  fa- 
mily  of  fish  as  the  Salmonidae  the  parasites  on  the  gills  will  almost 
invariably  be  found  to  be  Octocotylidae  and  so  on. 

Microcoti/le  macrotn 'a. 

In  the  previous  paper  mentioned,  a  description  of  this  form 
was  given  which,  owing  to  insufficient  material,  was  uncertain  or 
incomplete  in  places.  Since  that  time  study  of  new  material  has 
made  it  possible  to  confirm  or  complete  some  of  these  observations. 
The  description  of  the  mouth,  its  suckers,  and  of  the  peculiar  Posi- 
tion of  the  small  pharynx-like  structure  on  the  dorsal  surface  of  the 
dig-estive  canal  is  all  correct,  There  is  a  rather  twisted  or  tortuous 
canal  penetrating  the  pharj-nx  but  it  seems  that  there  is  also  a 
freer  and  unguarded  opening  from  the  mouth  directly  into  the 
digestive  tract. 

The  intestinal  coeca  are  extraordinarily  widely  raniified  through 
the  body,  their  diverticula  opening  on  both  sides  of  the  main  line  of 
the  Channel  and  extending  outwardly  quite  to  the  skin.  Among 
these  diverticula  and  in  very  close  contact  with  them  lie  the  other  organs. 
There  is  hardly  any  lining  to  be  made  out  even  with  high  powers. 
The  epithelial  cells  must  be  extremely  thin  and  flat  for  they  can 
nowhere  be  clearly  discerned. 

The  parenchyma  throughout  except  in  the  ventral  part  of  the 
caudal  disc  is  composed  of  large  polygonal  cells  with  relatively 
minute  nuclei.  In  the  caudal  disc  the  parenchyma  is  largely  re- 
placed  by  muscle  and  what  cells  are  present  fill  elongated  Spaces 
among  these  fibres. 

The  genitalia  are  precisely  as  described  before  but  with  the 
new  material  it  was  possible  to  trace  in  serial  sections  the  con- 
tinuity  of  the  vitelline  ducts  with  the  two  vaginal  tubes  which  join 
as  they  approach  the  vaginal  orifice  and  pass  through  a  thick 
muscular  mass  to  open  on  the  dorsal  surface. 

In  two  reconstructions  of  the  genitalia  from  these  new  serial 
sections  the  duct  figured  at  K  in  fig.  D  and  designated  as  possi- 
bly  the  Canalis  genito-intestinalis  could  be  traced  out  precisely  as 


Further  notes  ou  the  geuus  Microcotyle.  391 

it  is  sliown  there  and  could  be  sl)0\vn  to  end  blindly  in  the  paren- 
chyma  and  not  in  the  intestine.  It  seenis  to  contain  spermatozoa 
and  nuist  therefore  be  put  down  definitely  at  the  Receptaculum 
seniinis.  Otheiwise  tlie  feniale  genitalia  pioved  to  have  been  correctly 
described  and  sketched  in  that  paper. 

Tlie  only  other  point  of  inteiest  is  that  the  W-sliaped  arrange- 
ment  of  cliitionus  rods  about  tlie  cirrus  opening  is  found  to  be  a 
kind  of  chitinous  skeleton  for  the  miiscular  cirrus  itself,  The  stouter 
anterior  parts  of  tliese  rods  pierce  the  muscular  sac  obliquely  and 
come  iuto  immediate  connection  with  the  inner  protrusible  tube. 
Outside  they  run  quite  far  back  and  disappear  near  the  Vas  deferens. 
They  are  not  so  clearly  outlined  as  it  seemed  from  the  previous 
material  but  give  oif  twigs  and  branches  as  various  places. 

Microcotyle  ijogoniae  n.  sp, 

The  worm  occurs  on  the  gills  of  the  common  sea  drum,  Pogonias 
cromis,  sometimes  in  such  great  nurabers  as  to  menace  the  life  of 
the  host. 

The  body  is  elongated  with  a  large  sucker  disc  which  consti- 
tutes  about  one-third  of  the  total  length  and  wiiich  at  its  upper 
end  is  sharply  marked  off  by  indentations  which  give  it  almost  the 
form  of  an  arrow  head,  There  are  about  one  hundred  and  eight 
suckers  which  reach  their  greatest  size  at  about  the  middle  of  the 
disc  starting  above  with  two  small  ones  and  again  decreasing  in 
size  toward  the  caudal  termination  (Fig.  Aa).  ^) 

The  chitinous  skeleton  is  quite  delicate  and  has  the  arrange- 
ment  shown  in  Fig.  Ae.  The  suckers  at  the  mouth  are  large  and 
armed  at  their  margins  by  a  row  of  minute  spicules.  Their  cavity 
is  crossed  by  a  partition  separating  it  into  two  loculi  the  inner 
and  larger  of  which  is  deeply  indented  at  its  median  border  (Fig.  Ac). 
Immediately  posterior  to  these  in  the  mid  line  is  the  peculiarly 
shaped  pharynx  which  has  a  narrow  anterior  part  and  a  more 
bulbous  portion  (Fig.  Ad).  A  short  way  beliind  this  the  eso- 
phagus  divides  into  the  two  lateral  coeca  which  run  far  back  into 
the  caudal  disc. 

Directly  behind  the  bifurcation  of  the  intestine  lies  the  genital 
pore  which  is  unarmed  and  small  in  proportion  to  the  size  of  the 


1)  Explanatiou   of  Abbreviations  see  pag.   402. 


392 


G.  A.  MacCallum, 


Fig.  A.    a  Microcotyle  pogoniae  n.  sp.    b  Detail  of  genital  orgaiis.     c  Mouth 
sucker.     d  Pbarynx.     e  Chitinous  skeleton  of  a  caudal  sucker. 


Further  notes  on  the  genus  Microcotyle.  393 

worm.  It  lies  about  0.4  mm  behiiid  the  oral  suckers.  Behind  it  at 
a  distance  of  about  0,65  mm  on  the  dorsal  surface  is  the  sac-like 
orilice  of  the  vagina  which  is  also  unarmed.  From  this  there  runs 
backward  a  tortuous  tube  which  alter  forming'  an  enlarj^ement 
opens  into  two  lateral  vaginal  canals  which  eventually  become  the 
lateral  vitelline  ducts.  Posteriorly  these  begin  to  be  filled  with 
j-olk  material  and  enlarge  until  they  reach  the  point  at  which 
they  unite. 

The  ovary  (Figs  Aa  and  b)  is  mach  longer  and  narrower  and  more 
convoluted  than  in  most  of  the  other  species  studied.  It  form  first 
an  irregulär  Square  across  the  middle  of  the  worm  and  crossing  to 
the  left  side  coils  irregularly  backward  toward  the  left  where  the  eggs 
are  most  fuUy  developed  and  the  oviduct  takes  its  origin.  This 
duct  proceeds  backward  to  receive  the  common  vitelline  duct  but 
gives  oif  on  the  way  a  canal  which  runs  to  the  left.  The  ter- 
mination  of  this  canal  could  not  be  made  out  and  it  is  not 
shown  in  the  drawing  but  it  doubtless  represents  the  seminal 
reservoir.  Having  received  the  vitelline  duct  the  oviduct  passes 
through  the  radiate  shell  gland  into  the  bulbous  uterus  wlüch 
then  runs  straight  forward  to  the  genital  opening.  The  vitellaria 
are  voluminous  and  extend  from  opposite  the  vaginal  opening  to 
the  sucker  disc.  occupying  both  sides  of  the  body.  The  festes,  about 
75  in  number,  extend  nearly  to  the  sucker  disc,  occupying  the  whole 
of  the  middle  of  the  body  from  the  termination  of  the  uterus  back- 
ward. The  Vas  deferens  is  large  and  tortuous  and  is  usually  filled 
with  spermatozoa.  It  passes  forward  to  open  at  the  genital  pore 
without  the  formation  of  any  definite  cirrus. 

The  eggs  are  yellow  and  fusiform  with  one  rather  rounded  end. 
This  is  the  posterior  end  and  is  not  provided  wäth  a  chitinous  fila- 
ment  while  the  anterior  end  is  pointed  and  exten ded  into  a  very 
long  tangled  lilament. 

Measurements  are  as  follows: 

Length  of  worm:  12  to  13  mm. 

Width :  1,25  mm. 

Length  and  form  of  caudal  disc:  4,5  mm  triangulär. 

Average:  108  suckers. 

Diam.  of  suckers :  0,2  X  0,15. 

Testes:  75  in  number. 

Size:  0,10  to  0,15. 


394  G.  A.  MacCallum, 

(Measurements  continued) 

Ova:  0,12  X  0,5  to  0,15  X  0,06. 
Diam.  across  head:  0,45. 
Cloacal  aperture:  0,04  X  0,10. 
Diam.  of  vaginal  opening:  0,04  X  0,01. 


Microcotyle  caranr/ls  n.  sp. 

There  were  found  on  the  gills  of  a  yellow  crevalle,  Caranx 
crysos  (Mitchill),  5  exaraples  of  a  Microcotyle  wliicli  differs  very 
markedly  from  other  species. 

The  worm  is  small,  measuring  only  4,4  mm  by  0,8.  The  ante- 
rior end  is  expauded  laterally  and  provided  with  a  sucker  at  each 
angle  of  this  expansion.  The  mouth  opens  directly  into  the  com- 
paratively  small  pharynx  from  which  the  short  esophagus  runs 
backward  to  divide  into  the  lateral  intestinal  coeca  which  riin  dor- 
sally  toward  the  posterior  extremity.  A  short  distance  behind  the  bifur- 
cation  is  the  cirrus  sac  which  is  pear  shaped  with  a  curious  arrangement 
of  spicules  as  shown  in  Fig.  Ba  and  Fig.  Bf.  Two  small  clumps  of 
hooklets  are  separate  from  the  main  group  which  lie  in  front  of  the 
muscular  bulb  of  the  cirrus.  The  Vas  deferens  can  be  plainly  seen 
entering  the  posterior  end  of  this  bulb. 

Behind  this  lies  the  female  genital  orifice  which  is  also 
armed  with  spicules.  The  posterior  end  of  the  body  forms  the 
sucker  disc  which  is  hastate  in  form,  one  side  being  continued  for- 
ward  so  as  to  make  it  asymmetrical.  At  the  point  there  are  on 
each  side  eleven  small  suckers  with  a  chitinous  skleleton  formed  as 
show  in  Fig.  Bd.  At  the  extreme  tip  there  are  two  strong  hooks 
and  between  them,  apparently  to  stiffen  them,  are  two  straight 
spines  which  extend  almost  as  far  posteriorly  as  the  hooks,  the 
whole  being  enclosed  in  a  membrane  (Fig.  Be).  On  the  right  side 
of  the  body  occupying  the  asymmetrical  forward  extension  of  the 
caudal  disc  there  is  a  row  of  twenty-six  much  larger  suckers  which 
diminish  in  size  as  they  near  the  body.  These  are  of  a  quite  different 
structure  from  any  observed  in  other  forms  of  3Iicrocotyle  as  shown 
in  Fig.  Bc.  The  chitinous  skeleton  is  so  asymmetrical  in  form  as 
to  give  the  sucker  almost  the  appearance  of  some  gamopetalous 
flower. 

The  ovary  lies  across  the  middle  of  the  body  as  an  irregulär 
U-shaped   structure  placed  with  the  convex  side  toward  the  head 


Further  uotes  ou  tlie  genus  Microcotyle. 


395 


(Fig.  Bb).    The  oviduct  arises  at  its  left  end  and  passes  backward 
tovvard  the  extremity  of  tlie  iiterus.    On   its  waj^  it  is  first  joined 


Fiff.  B.     a  Microcotyle  carangis  n.  sp.    b  Detail  of  internal  genital  ^^ß^l\ 
c  and^d   Chitinoiis  skeleton  of  acaudal  sucker.      e  Caudal  spmes.      f  Cirrus  sac. 

by  the  canal  from  a  seminal  reservoir  whidi  lies  close  to  the  end 
of  the  ovary  and  between  it  and  the  first  row  of  testes.  It  next 
received  the  duct  from  the   vitelline  glands  and  then  passes  into 


396  ^-  A.  MacCallüm, 

the  ootyp  which  is  surrounded  by  the  shell  ^land.  From  this  point 
tlie  tube  passes  forward  along  the  right  inner  margin  of  the  vitel- 
laria  to  the  genital  pore.  The  vitelline  ducts,  which  unite  as  usual 
to  enter  the  oviduct  by  the  common  tube  described,  again  unite 
anteriorly  to  form  the  vagina  which  opens  dorsally  a  short  distance 
behind  the  genital  pore.  The  vitellarium  is  very  voluminous  occupying 
the  major  part  of  the  body  on  both  sides.  The  eggs  are  yellow  and 
fusiform  with  a  chitinous  filament  at  each  end,  the  anterior  being 
much  larger  than  the  posterior  and  very  delicate  and  tangled  near 
its  end. 

There  are  60  testicles  situated  near  the  caudal  end  of  the  body 
from  which  the  large  tortuous  Vas  deferens  runs  forward  to  the 
muscular  cirrus  already  described.  The  water  vascular  system  is 
very  distinct  being  composed  of  large  ducts  wliich  proceed  to  the 
end  of  the  disc  receiving  branches  on  their  way  from  the  surroanding 
tissues. 

Measurements : 

Length :  4,4  mm. 

Width:  0,8  mm. 

Ova:  0,11  X0,03  mm. 

Length  and  width  of  disc:  0,9  X  0j5  '<^^  base. 

Suckers :  48  in  number  —  larger  ones  0,05  X  0,07 ;  smaller 
0,04  X  0,03. 

Width  of  head:  0,47  mm. 

Testes:  60  in  number  0,07  mm. 

Hooks  at  tip  of  disc:   0,029  mm  long  X  0,002  mm  wide. 

Spines  at  tip:  0,15  X  OjOl  mm. 

Oral  suckers:  0,04  mm. 

Hooklets  around  g.  p.:  0,05  mm  long. 
Habitat:  Gills  of  yellow  Crevalle  {Caranx  crysos). 
Location:  Woods  Hole,  Mass.  U.  S.  A. 

Mlcrocotyle  angelichtliys  n.  sp. 

A  worm  closely  related  to  others  to  be  described  but  differing 
in  one  or  two  important  particulars  is  found  on  the  gills  of  the 
Angel  fish,  Holacanthus  ciliaris,  in  numbers  varying  from  a  few  to 
many  thousands  or  enough  to  cause  the  death  of  its  host. 

It  is  small  measuring  4,3  X  0,3  mm  with  a  caudal  sucker  disc 
about  1  mm  long  armed  with  forty  to  sixty  suckers  (Fig.  C  a).    The 


Fiirther  notes  on  the  genus  Microcotyle. 


397 


Mi*'!- 


''.* 


-vd 


I 


terminal  inouth  is  flanked  bj'  suckers  which  liave  a  central  partition. 

The  Pharynx  is  large  but  ratlier  delicate  in  structure  opening  into 

a  sliort  esopliaf^us  whicli  divides  in  front  of  the  genital  pore.     The 

genital    pore    itself    is    situated 

verj'   near   the   anterior    end   of  ^—^-'^s 

the     body.      It     opens     into    a 

rounded  sac  thickly  armed  witli  \[!  ^^  "A^fjp 

spicules    especiallj'    closelj'    set 

round  the   aperture.    There  are  f*^  '^'  ^'Vvo 

two   smaller   «rroups  of  spicules      ^ 

placed  laterally  behind   and  the 

sac  is  surrounded  by   radiating 

muscle    fibers    (Fig.   Cb).      The 

Uterus   and    Vas   deferens   open 

into  this  sac,  the  latter  through 

a  delicate  bulbous  structure  which 

appears  to  extend  forward  beyond  sg  ■ 

the    end    of    the    Uterus.     The 

vaginal   orifice   lies   behind   and 

in  the  mid-dorsal  line. 

One  important  respect  in 
which  this  worm  differs  from 
the  other  Microcotylidae,  is  the 
fact  that  while  in  almost  all  of 
the  others  the  ovary  is  placed 
across  the  middle  of  the  body 
in  the  form  of  a  long  convoluted 
tube,  in  this  case  it  is  a  more 
or  less  globular  mass  like  that  \ '^V*-,  ^- 
of  the  distomes  placed  on  the 
riglit  side  just  anterior  to  the 
testes.  On  the  riglit  side  above 
this  may  be  plainly  seeu  the 
seminal  reservoir  and  also  its 
duct  joining  the  oviduct.  The 
Shell    gland    is    in     the    usual  a 

Position  behind  or  beside  the  tail 

of  the  Y-shaped  vitelline  reservoir.  The  oviduct  is  apparently  given 
oflF  the  ovary  toward  the  middle  of  the  worm  and  receives  the  duct 
from   the  spermatheca  and  vitelline  reservoir  before  entering  the 


5W 


Fig.  C. 

a  Microcotyle  ange- 
Uchthys  n.  sp. 

b  Genital  pore. 

c  Chitinons  skeleton 
of  a  caudal  sucker. 


398  Cr.  A.  MacCallum, 

beginniiig-  of  tlie  uterus.  The  uterus,  siirrounded  here  by  a  niaiitle 
of  Shell  giand  cells,  makes  its  way  upward  toward  the  genital  pore 
along  the  inside  of  the  right  vitellarium.  The  vitellaria  are  very 
plentiful  and  extend  from  nearly  opposite  the  orifice  of  the  vagina 
down  each  side  caudad  to  alniost  the  sucker  disc. 

The  testes  are  relatively  large  but  few  in  number,  tliere  being 
only  about  18  or  20.  The  Vas  deferens  passes  anteriorly  on  the 
left  side.  No  eggs  are  seen  in  any  of  the  specimens  mounted  so 
that  at  this  writing  no  measurements  of  them  can  be  given. 

The  suckers  have  the  usual  chitinous  reinforcement,  a  drawing 
of  which  is  given  in  Fig.  C  c. 

The  rest  of  the  measurements  etc.  are  given  at  the  end  of  this 
description. 

Measurements : 

Length:  4,4  mm.     Width:  0,3  mm. 

Width  of  head:  0,12  mm. 

Size  of  oral  suckers:  0,5  mm. 

Sucker  disc:  1  mm  long,  0,4  mm  wide. 

V.  0.:  Armed  situated   short   distance  posterior  to  g.  p. 

and  dorsal. 
Number  of  suckers:  59  —  0,03  X  0,02. 
Number  of  Testes:  20  —  0,06. 
Habitat:     Gills  of  Holacanthus  angelichthys. 
Locality:    Aquarium,  New  York. 

Microcotijle  arcJiosargi  n.  sp. 

This  form  is  to  be  found  on  the  gills  of  the  marine  Sheep's 
head,  Archosargus  probatocephalus,  and  is  so  delicate  as  to  be  almost 
invisible  when  alive  and  in  situ.  It  measures  8  by  0,8  mm  and  is 
much  elongated,  becoming  very  slender  just  in  front  of  the  asymme- 
trical  spreading  caudal  disc  (Fig.  Da). 

The  mouth  is  terminal  and  supplied  with  the  usual  lateral 
suckers  which  are  provided  with  a  marginal  membrane  and  sub- 
divided  by  a  distinct  partition.  The  delicate  pharynx  passes  into  a 
Short  esophagus  which  gives  rise  as  usual  to  two  intestinal  rami. 

The  common  genital  pore  is  surrounded  by  spicules  which  are 
arranged  as  shown  in  the  figure  (Fig.  De).  Almost  immediately 
behind  this  on  the  dorsal  surface  lies  the  opening  of  the  vagina, 
also  surrounded  by  an  armature  of  spicules. 


Further  uotes  ou  the  genus  Microcotyle. 


399 


C»(ij) 


Fig.  D. 
Ol.  Jahrb.  XWV.     Aiit-   f  c»* 


Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Syst. 


400  ^-  '^-  MacCallum, 

Th  ovary  (Fig.  D  b),  in  tlie  form  of  a  long  bent  tube  lies  across 
the  body  at  about  its  middle,  giving  off  tlie  ovidnct  at  its  left  end. 
This  passes  backward  receiving  the  duct  from  the  clubshaped  seminal 
reservoir  and  then  the  conjoined  canal  from  the  vitelline  glands 
until  it  reaches  the  shell  gland  which  in  this  case  extends  dorsally 
before  the  uteriis  changes  its  cour^e  toward  the  genital  pore, 

The  eggs,  of  which  3  were  to  be  seen  in  one  specimen  are  rela- 
tively  large,  have  a  very  long  tangled  fllament  at  each  end,  in  which 
respect  they  differ  from  those  of  some  closely  related  forms. 

The  festes  are  large  and  number  from  20  to  35.  The  Vas  de- 
ferens  is  tortuous  and  ends  in  the  cloaca  without  any  evident  mns- 
cular  cirrus,  The  caudal  disc  bears  about  one  hundred  and  six 
suckers  in  a  simple  row  along  its  margin.  These  are  all  alike  and 
there  are  no  hooklets  or  spines.  Their  chitinous  skeleton  is  not 
especially  characteristic  and  is  sbown  in  Fig.  Dd. 
Measurements : 

Length :  8  X  0,8  mm. 
,        Sucker  disc:  1,5  mm  lang. 
Suckers:  106. 
Width  of  head:  0,21  mm. 
Diam.  of  disc  suckers:  0,08X0,04  mm. 
Diam.  of  oral  suckers :  0,1  X  0,07  mm. 
Ova:  0,17X0,07  mm. 
Testes:  25  to  35  —  0,09X0,07  mm. 
Genital  pore,  armed:  0,1X0,08. 
Vaginal  opening:  0,03. 
Locality:  New  York  Fish  Market. 


Further  notes  ou  the  genns  Mircocotyle. 


401 


.Name 

M.  paijoiniic 

M.  curcuKjix 

M.  (irchosari/i 

M.  aw/eliclithys 

Authur 

G.A.MacCallum 

G.A.MacCallum 

G.A.MacCallum 

G.A.  MacCallum 

Lenii'fh 

12  to  IH  nun 

4.4  mm 

8,0  mm 

4,4  mm 

Breadtli 

1,25  mm 

O.S  mm 

0,8  mm 

0,3  mm 

Diam.  month 
Sut'ker 

0,2XÜ.13  mm 

0,04  mm 

0,1X0,07  mm 
bilocular 

0,05  mm 
hilucular 

o 

Leiigth  and 
Form 

4.5  X  2.5  mm 
Triangulär 

0,9  X  0,6 
Hastate 

1,5  mm  long 
Triangulär 

1,0X0,4  mm 
Wide 

'S 

'TS 

5 

Number  of 
Suckers 

108 

48 

106 

58 

Diameter  of 
Suckers 

0,2X0,15  mm 

0,05X0,07  mm 
0,04  X  0,03  mm 

0,08X0,04  mm 

0,03  X  0,02  mm 

Testes 

75  mm 

0,1X0,15  mm 

60  mm 
0,07  mm 

25  to  30  mm 
0,09  X  0,07  mm 

26  mm 
0,06  mm 

Vagiual  Aper- 
ture 

Median  dorsal 

0.04  X  0,0  i 

No  armatnre 

Median  dorsal 
no  armature 

0,03 
Median  dorsal 

Median  dorsal 
no  armature 

Cloacal  Aper- 
ture 

0,04  X  0,1 
No  armature 

Separate  orifices 
Armed-spicules 
Cirrus  anterior 

0,1  X  0,08 

Conical  spines 

and  hooklets 

Round  sac  with 
spicules,  two  se- 
parate smaljer 
groupsof  spicules 

Eggs 

Yellow  Fusiforni 

0.12X0,05 
to  0,15X0,06 

0.11X0,03 

Yellow  Fusiform 

Filaments  both 

ends 

0,17X0,07 
Fnsiform  and 
with  tilaments 

None  Seen 

Host 

Pogonias  cromh 

Caranx  crysos 

Ärdiosari/HS 
probatocephnlns 

Holacanthm 
angelichthys 

26* 


402 


G.  A.  MacCällum,  Further  notes  on  the  genus  Microcotyle. 


Explanation  of  Abbreviations. 


M  mouth 

M.  S  mouth  sucker 

Ph  pharynx 

Oes   esophagus 

i  intestine 

G.  P  genital  pore 

M.  G.  P  male  genital  pore 

F.  G.  P  feniale  genital  pore 

Ov  ovarium 

Ov.  d  oviduct 

Vit.  r  vitelline  reservoir 

Vit.  ä  vitelline  duct 


Oot  ootype 

S.  G  shell  gland 

Ut  Uterus 

Ova  egg 

Vit  vitellaria 

t  testes 

C.  d  caudal  disc 

S.  C  caudal  disc  sucker 

V.  d  Vas  deferens 

Va  vagina 

V.  0  vaginal  opejping 

S.  r  seminal  reservoir 


(t.  Pätz'sche  Buebdr.  Lippert  &  Co.  G.  m.  b.  H.,  Naumburg  a.  d.  S. 


Nachdruck  verboten. 
Ubersetzmigsrecht  vorbehallen. 


Zur  Acanthocephalen-Faima  Russisch  Turkestaus. 

a)  Acanthocephalen  der  Sumpf-  und  Wasservögel. 

Von 

K.  I.  Skrjabin,  Veteiinärarzt. 

(Aus   dem   Zoologischen  Museum   der  Universität  Königsberg  i.  Pr.) 

Mit  Tafel  15-16  nnd  1  Abbildung  im  Text. 


In  vorliegender  Arbeit  mache  ich  den  Versuch,  die  von  mir 
während  eines  mehrjährigen  Aufenthalts  in  Russisch  Turkestan 
(Aulie-Ata,  Syr-Darja-Gebiet)  gesammelten  Acanthocephalen  zu 
bearbeiten,  und  zwar  beginne  ich  mit  dem  aus  Sumpf-  und  Wasser- 
vögeln stammenden  Material,  um  später  die  Arten  aus  Raubvögeln 
folgen  zu  lassen. 

Unsere  Kenntnisse  der  Acanthocephalenfauna  Turkestans  sind 
bisher  sehr  dürftig,  v.  Linstow  hat  in  der  Bearbeitung  der  Fed- 
scHENKo'schen  Reiseausbeute  folgende  Arten  angegeben:  Echino- 
rhynchus  gigas  Goeze  aus  Sus  scrofa  fera,  Ech.  plicatus  Linst,  aus 
Emheriza  caniceps,  Turdus  merida,  Saxicöla  oenantkc,  Petraea  cyanea 
und  endlich  E.  acanthotrias  Linst,  aus  Ästur  palumbarius.  Diebeiden 
letzten  Arten  werden,  wie  es  leider  mit  den  v.  LiNSTow'schen  Arten 
häufig  der  Fall  ist,  wohl  für  immer  undeutbar  bleiben,  da  die  Be- 
schreibungen ungenügend  und  die  Typen  verloren  sind.  Aus  meiner 
Ausbeute  sind  bereits  von  Solowiow  (7)  zwei  neue  Acantho- 
cephalen beschrieben  worden  und  zwar  Centrorhynckus  leguminosus 
aus  Corvus  fnujilegns  und  CentrorInjncJms  hipartiius  aus  Cormis  corone. 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Syst.  27 


404  K.  I.  Skrjabin, 

Die  naclistehend  erwähnten  und  beschriebenen  Arten  stammen 
aus  folgenden  Sumpf-  und  Wasservögeln:  Attas  hoschas  domestica, 
Anas  hoschas,  Fidigida  rufina,   Vanellus  cristatus,  Ardea  cinerea. 

1.  Genus.   Polijniorphiis  Luhe. 

In  seiner  Bearbeitung  der  Acanthocephalen  in  der  „Süsswasser- 
fauna  Deutschlands"  (6)  hat  Luhe  die  Sammelgruppe  der  alten 
Autoren,  Echinorhynchus  polymorplms,  in  die  2  Gattungen  Pohjmorphus 
Luhe  und  FüicoUis  Luhe  zerlegt,  wobei  in  der  1.  Gattung  nur  Poly- 
morphus  minutus  (Goeze)  als  sichere  Art  verblieb.  Mir  ist  es  mög- 
lich, 2  weitere  Arten  bekannt  zu  geben. 

1.  Fohpnorplius  minutus  (Goeze). 

In  einigen  Exemplaren  im  Darm  von  Anas  hoschas  domestica  L. 

2.  Poltjrnof'phus  niaf/niis  )i.  sjy. 

Ich  fand  die  Art  im  Darm  einiger  Exemplare  von  Fidigida 
rufina  (L.)  und  zwar  stets  in  einer  größeren  Anzahl,  von  200  bis 
300  Stück.  Sie  hielten  sich  mit  Ausnahme  des  Duodenums  im  ganzen 
Darmtmctus  auf.  Während  Pohjmorphus  minutus  bei  seinem  Wirt 
in  der  Darmwandung  so  starke  Veränderungen  hervorruft,  daß  man 
die  Anheftungsstellen  als  Knötchen  sogar  an  der  Serosa  erkennen 
kann,  war  bei  unserer  Art,  trotz  der  bedeutenderen  Größe,  nichts 
ähnliches  zu  bemerken.  Vielleicht  hängt  das  damit  zusammen,  daß 
die  Muskelschichten  im  Darm  von  Fuligida  rufina  bedeutend  stärker 
entwickelt  sind  als  bei  Anas  hoschas. 

Die  Parasiten  waren  im  lebenden  Zustande  auffallend  orange- 
gelb gefärbt,  während  der  ßüssel  bleicher  erschien. 

Der  vordere  Abschnitt  (Rüssel  und  Hals)  des  langgestreckten, 
im  Querschnitt  runden  Körpers  ist  nach  vorn  verjüngt,  geht  ziemlich 
unvermittelt  in  den  mittleren,  breitesten  Körperabschnitt  über,  der 
seinerseits  durch  eine  scharf  ausgeprägte  Einschnürung  von  dem 
hinteren  schmalen  und  abgerundeten  Körperabschnitt  abgesetzt  ist. 
Bei  einigen  Exemplaren  ist  das  Schwanzende  durch  eine  nochmalige 
Einschnürung  ausgezeichnet. 

Das  Männchen,  obwohl,  wie  bei  den  Acanthocephalen  die  Regel, 
kleiner  als  das  Weibchen,  erreicht  trotzdem  6 — 11  mm  Länge,  das 
Weibchen  dagegen  wird  13  —  16  mm  lang.  Die  Breite  des  Männ- 
chens an  der  breitesten  Körperstelle  beträgt  1,5 — 1,8  mm,  die  des 
Weibchens  2,5 — 3  mm. 


Zur  Acantliocoplialen-Fauna  Russisch  Turkestans.  405 

Der  Rüssel  ist  wie  bei  P.  minutus  in  der  Mehrzahl  der  Fälle 
mit  16  Längsreihen  von  Haken  besetzt,  deren  Form  und  Lage  sich 
niclit  von  den  Verhältnissen  bei  P.  minutus  unterscheidet.  In  jeder 
Läng-sreihe  linden  sich  7—9  Einzelhaken.  Die  Zahl  der  Haken- 
längsreihen ist  auch  bei  dieser  Art  gewissen  Schwankungen  unter- 
worfen, wie  es  von  Luhe  zuerst  bei  AccmtJwcephalus  ranae  (Schrank) 
nachgewiesen  wurde.  So  fand  ich  bei  einigen  Exemplaren  14  Reihen, 
bei  anderen  18  (vgl.  die  Tabelle). 

Exemplar  No.  1  No.  2  No.  3  No.  4  No.  5  No.  6  No.  7  No.  8 
Längsreihen  16       16       16       18       16       16       16       14 

Zahl  der  Haken  in 
jeder  Längsreihe        87887797 

Die  Haken  sind  von  zweierlei  Gestalt  und  Größe;  die  vorderen 
4  Reihen  bestehen  aus  größeren  Haken  mit  ziemlich  langem  rück- 
laufendem Wurzelast,  der  länger  als  der  freie  Teil  ist.  Die  Maße 
schwanken:  der  Wurzelteil  ist  0,0555—0,0666  mm  lang  und  0,0128  mm 
breit,  das  freie  zurückgekrümmte  Ende  0,0518—0,0592  mm  lang  und 
0,0111  mm  an  der  Basis  breit.  Die  4  hinteren  Querreihen  bestehen 
aus  kleineren  Haken  mit  kaum  sichtbarem  Wurzelteil.  Die  kleinsten 
Häkchen  befinden  sich  in  der  letzten  Reihe,  wo  ihre  Länge  0,037  mm 
beträgt.  Durch  die  Haken  unterscheidet  sich  unsere  Art  von  Foly- 
morphus  minutus,  bei  dem  der  Wurzelteil  der  vorderen  Haken  dem 
freien  Teil  entweder  gleich  oder  sogar  kürzer  als  dieser  ist. 

Die  Gesamtlänge  des  Rüssels  beträgt  im  Mittel  0,6  mm,  die 
Breite  0,4  mm.  Die  Rüsselscheide  inseriert  an  dem  hinteren  Rande 
des  Rüssels  und  ist  1,615  mm  lang,  0,17  mm  breit. 

Der  vordere  Teil  des  Körpers  ist  fein  bestachelt. 

Die  Hoden,  die  schräg  hintereinander  unmittelbar  hinter  der 
Rüsselscheide  liegen,  sowie  der  Kittdrüsen apparat  unterscheiden  sich 
in  nichts  von  den  Verhältnissen  bei  Polijmorphus  minutus. 

Die  Eier  sind  spindelförmig,  kleiner  als  bei  P.  minutus,  mit 
3  Hüllen  versehen,  deren  mittlere  wie  dort  sich  nach  den  Polen  zu 
verschmälert.  Länge  des  Eies  0,07 — 0,077  mm ,  Breite  0,015  bis 
0,0185  mm. 

Bei  einigen  Exemplaren  ist  das  Lacunarsystem  deutlich  zu  er- 
kennen (Fig.  4),  das  aus  einem  Netzwerk  miteinander  anastomo- 
sierender  Gefäße  besteht,  die  in  die  2  latei-al  und  symmetrisch  ge- 
legenen Hauptstämme  einmünden. 

27* 


406  K.  I.  Skrjabin, 

Beim  Vergleich  unserer  Art  mit  P.  minutiis  finden  wir  folgende 
Unterschiede : 

1.  Unsere  Art  ist  bedeutend  größer  als  P.  minutus,  wobei  der 
Sexualdimorphismus  schwächer  ausgeprägt  ist. 

2.  Das  Verhältnis  des  freien  Hakenteils  zum  Basalteil  ist  bei 
unserer  Art  umgekehrt  wie  bei  P  minutus. 

3.  Die  Größe  der  Häkchen  ist  bei  P  magnus  geringer  als  bei 
P.  minutus. 

4.  Die  Eier  sind  bei  unserer  Art  bei  fast  gleicher  Breite  be- 
deutend kleiner  als  die  von  P.  minutus. 

3.  Polyniovplius  corynoides  n.  sp. 

Im  Darm  einer  am  12./4.  1911  erlegten  Anas  hoschas  L.  fand 
ich  in  der  Nähe  der  Einmündungsstelle  des  Blinddarms  dichtgedrängt 
nebeneinander  sitzend  ca.  200  Exemplare  dieser  Art,  die  in  situ 
außerordentlich  an  einen  Holostomiden  erinnert  (Fig.  3),  Mit  ihrem 
an  einem  langen  Halse  sitzenden  Rüssel  saßen  die  Parasiten  tief  in 
der  Darm  wand  fest,  so  daß  beim  Versuch,  sie  abzutrennen,  der 
Rüssel  fast  stets  abriß.  Es  ist  bemerkenswert,  daß  die  Parasiten 
nicht  allein  mit  ihrem  Rüssel  in  der  Darmwand  saßen,  sondern  es 
war  außerdem  der  ganze  vordere  aufgetriebene,  mit  Stacheln  be- 
waffnete Körperteil  in  die  Darmwandung  eingesenkt,  so  daß  bei  der 
Entfernung  des  Schmarotzers  die  Darmwand  mit  zahlreichen  Ver- 
tiefungen von  recht  beträchtlichem  Durchmesser  versehen  war. 

Ihrem  Habitus  nach  —  durch  den  ventral  gekrümmten  Körper 
und  den  unter  einem  bestimmten  Winkel  vom  Körper  abgehenden 
Rüssel  (Fig.  7j  —  erinnerten  die  Exemplare  sehr  an  Vertreter  der 
Gattung  Corynosoma  Luhe  (unser  Artname  soll  auf  die  Ähnlichkeit 
hinweisen),  durch  den  Bau  des  Rüssels  und  der  Haken,  durch  die 
Abwesenheit  von  Stacheln  auf  dem  hinteren  Körperabschnitt  (Fig.  6) 
und  in  erster  Linie  durch  den  Bau  der  Eier  zeigte  sich  jedoch  die 
Art  zur  Gattung  Polymorphus  gehörig,  in  der  sie  eine  besondere 
Stellung  einnehmen  muß.  Der  Kittdrüsenapparat,  der  bei  Corynosoma 
und  Polymorphus  verschieden  gebaut  ist,  läßt  hier  im  Stich,  da  er 
bei  unserer  Art  sehr  stark  variiert.  Vielleicht  wird  die  Art  einmal 
bei  der  weiteren  Ausgestaltung  der  Acanthocephalensystematik  in 
einer  eigenen  Gattung,  zwischen  Polymorphus  und  Corynosoma,  unter- 
gebracht werden,  augenblicklich  fehlen  hierfür  die  nötigen  Grund- 
lasfen. 


Zur  Acanthocephalen-Fauna  Russisch  Turkestans.  407 

Am  Körper  des  Parasiten  unterscheiden  wir  den  langen  Halsteil 
mit  dem  Küssel  (Fig.  6)  und  den  stark  aufgetriebenen  Vorderteil, 
der  voui  liinteren  durch  eiue  sclnvache  Einschnürung  getrennt  ist. 
Männchen  wie  Weibchen  unterscheiden  sich  nicht  durch  verschiedene 
(^niße,  wie  bei  anderen  l^oljjniorp/ms-Xrte'n.  Die  Länge  beträgt  bei 
Exemplaren  mit  eingezogenem  Rüssel  1,2 — 2,0  mm,  bei  dem  einzigen 
vorhandenen  Exemplar  mit  ausgestrecktem  Rüssel  3  mm.  Die  Breite 
schwankt  von  0,4—0,7  mm.  Die  Einstülpung  des  Rüssels  geht  häufig 
vom  Basalteil  des  Halses  aus,  so  daß  die  Rüsselspitze  aus  der  Ver- 
tiefung hervorschaut  (Fig.  7j. 

Der  Rüssel  ist  mit  10  Hakenlängsreihen  versehen,  in  denen  je 
10—12  Haken  von  zweierlei  Gestalt  sitzen,  die  vorderen  größer  mit 
rücklaufendem  Wurzelast  (Maße  des  freien  Teiles  0,052-0,055  mm, 
des  Wurzelteiles  0,058—0,06  mm),  die  hinteren  kleiner,  mit  einem 
kleinen  Wurzelteil  (Ausmaße  des  freien  Teiles  0,04  mm,  des  Wurzel- 
teiles von  0,02  —  0,03  mm).  Durch  die  Form  der  Haken  steht  also 
Folijmorpkus  corynoides  ziemlich  nahe  dem  P.  magnus.  Die  Rüssel- 
scheide inseriert  am  hinteren  Teil  des  Rüssels. 

Die  unregelmäßig  oval  gestalteten  Hoden  liegen  nicht  wie  bei 
F.  nünutus  und  magnus  hinter  der  Rüsselscheide,  sondern  lateral 
von  ihr  und  zwar  schräg  hintereinander,  wobei  der  vordere  bei  allen 
untersuchten  Exemplaren  kleiner  als  der  hintere  war. 

Der  Kittdrüsenapparat  variiert,  wie  ich  schon  oben  bemerkte, 
bei  den  einzelnen  Exemplaren  in  hohem  Maße  und  leitet  von  dem 
schlauchförmigen  Typus  der  Gattung  Polymorphus  Luhe  zu  dem 
birnförmigen  der  Gattung  Corynosoma  Luhe  über.  Bei  einigen 
Stücken  waren  die  Drüsen  der  Längsachse  des  Körpers  gleich- 
gerichtet, wie  es  für  Polymorphus  typisch  ist,  bei  anderen  dagegen 
bogenförmig  gekrümmt.  Bei  einigen  Männchen  war  die  sogenannte 
Bursa  als  muskulöses,  glockenförmiges  Gebilde  am  Hinterende  des 
Körpers  vorgestülpt  (Fig.  6). 

Die  Eilänge  beträgt  0,0888-0,0962  mm,  die  Breite  0,0148  mm. 
Die  Eier  besitzen  wie  bei  den  übrigen  Arten  3  Hüllen  (Fig.  11), 
wobei  sie  sich  von  den  Eiern  der  Arten  P.  minutus  und  P.  magnus 
durch  schwächere  Verschmälerung  der  Polfortsätze  unterschieden. 
Die  Art  steht  also  auch  nach  dem  Bau  der  Eier  zwischen  Polymorphus 
und  Corynosoma. 

Zur  größeren  Anschaulichkeit  gebe  ich  im  nachstehenden  eine 
tabellarische  Übersicht  aller  3  Arten  der  Gattung  Polymorphus. 


408 


K.  I.  Skrjabin, 

Die  Maße  sind  in  Millimetern  angegeben. 


Name 

P.  minidus 

P.  maynus 

P  corynoides 

Untersucher 

GOEZE 

Skrjabin 

Skrjabin 

Jahr 

1782 

1913 

1913 

Wirt 

Oidemia  fusca,    Gallinula 
chloropus,  Nyroca  fuHr/ula, 
N.  ferina,   Anas    boschas, 
A.  b.  dorn.,  Brenta  bernicla, 
Cytjnus  c.  domesticus,  Anas 
Nyroca     marila ,     Rallus 
aquaficus,  Squatarola  squa- 
tarola,  ?  Lariis  fuscus 

FtiUgula  rufina 

Anas  boschas 

Lauge  des  Männchen 

3 

6—11 

1      1,2—2—3 

Länge  des  Weibchen 

10 

13—16 

Hakeulängsreiheu 

16 

14—16-18 

10 

Hakenquerreihen 

7-10 

7—9 

10—12 

Endteil  der  vorderen 

0,075 

0,0518—0,059 

0,052-0,055 

Haken 

Wurzelteil  derselben 

0,065 

0,0555-0,0666 

0,058-0,06 

Haken 

Eilänge 

0,091—0,11 

0,056—0.077 

0,089—0,096 

Eibreite 

0,0182-0,019 

0,015-0,0185 

0,0148 

Verbreitung 

Europa,  Turkestan 

Russisch 

Purkestau 

Fig.  A. 


4.   Polyniorphiis  S2). 

2  Larvenformen  einer  anscheinend 
ur  Gattung-  Polymorphus  gehörigen 
Art  fand  ich  im  Dünndarm  eines 
Vanellus  cristatus  L.  Da  geschlechts- 
reife  Individuen  fehlen,  kann  ich 
über  die  Artzugehörigkeit  leider 
nichts  aussagen.  Bei  den  beiden 
Exemplaren  war  der  Rüssel  nur  un- 
vollständig aus  der  Rüsselscheide 
vorgestülpt  (s.  Fig.  A).  Er  ist  sehr 
schmal,  mit  15—16  Hakenlängs- 
reihen versehen,  von  denen  jede 
9 — 10  Haken  enthält.  In  der  Form 
und  Größe  (Endteil  der  vorderen 
Haken  0,04—0,059  mm  lang,  Wurzel- 
teil derselben  0,055—0,06  mm)  er- 
innerte die  Art  sehr  an  Polymorphus 
magnus  n.  sp. 


Zur  Acanthocephalen-Fatina  Russisch  Tnrkestans.  409 

IL  Gen.  Caitror/iijnc/ui.s  Luhe. 

Diese  Gattung  war  bislier  nur  aus  Raubvögeln  (Luhe)  und  aus 
Rabenvögeln  (Solowiow)  bekannt.  Bei  näherer  Untersuchung  erwies 
es  sich  indessen,  daß  die  von  mir  im  Darm  von  Vanellus  cristatus 
gefundenen  Exemplare  einer  Acanthocephalenart  zur  Gattung  Cen- 
trorhynclms  gehören  und  mit  der  Art  identisch  sind,  die  de  Marval 
in  seiner  Monographie  (1)  als  Echinor/iynchus  lancea  Westeumb  be- 
schreibt. Bisher  war  diese  Art  noch  nicht  in  einer  modernen  Gattung 
untergebracht  worden,  sondern  stand  in  der  Sammelgattung  Ecliino- 
rJnjnchus.  Obwohl  Westrumb  in  seiner  Originalbeschreibung  selbst 
angibt,  daß  seine  Art  mit  Echinorhynchns  vanelli  Gmelin  1791 
identisch  ist,  können  wir  diesen  letzteren  Namen  nicht  für  E.  lancea 
eintreten  lassen,  da  wir  nicht  wissen,  ob  die  von  Westrumb  ange- 
gebene Synonj'mie  auch  wirklich  richtig  ist. 

5.  Centroi'hyneliiis  lancea  (Westrumb)  1821. 

Nach  der  Literatur  kommt  die  Art  außer  in  Vanellus  cristatus 
L. ,  in  der  ich  sie  einmal  fand,  auch  in  Vanellus  capella  Schaeff., 
Charadrius  pluvialis  L.,  Pavoncella  pugnax  L.,  Himantopus  himatopus 
L.,  H.  plinii  Ger.,  Eudromias  morinelli  L.,  Aegialiies  cantianus  Lath., 
Oedicnemus  oedicnemus  Temm.,  Cuctilus  canorus  L.  vor. 

Der  Körper  ist  von  spindelförmiger,  schlanker  Gestalt,  gekrümmt, 
nach  vorn  und  hinten  verjüngt  und  an  den  Enden  abgerundet 
(Fig.  9).  Die  Länge  des  einzigen  männlichen  Exemplars  beträgt 
6,3  mm,  die  Weibchen  sind  dagegen  bedeutend  größer  und  messen 
12 — 20  mm.  Der  Rüssel  trägt  30  Hakenlängsreihen  mit  11 — 14 
Haken  in  jeder  Reihe.  De  Marval  gibt  die  Zahl  der  „crochets"  in 
der  Längsreihe  zu  7—8  an,  da  er  die  hinteren  kleineren  Haken  im 
Gegensatz  zu  den  „crochets"  als  „aiguillons"  bezeichnet,  die  nach 
ihm  auch  in  der  Zahl  von  7 — 8  vorkommen  sollen,  womit  die  für 
unsere  Ait  gültige  Zahl  gegeben  ist. 

In  ihren  Hauptmerkmalen  stimmen  meine  Exemplare  vollständig 
mit  der  Beschreibung  de  Marval's  überein,  so  daß  ich  im  nach- 
stehenden mich  auf  die  Erwähnung  dessen  beschränke,  was  von 
anderen  Autoren  noch  nicht  erwähnt  worden  ist. 

In  der  Literatur  finden  sich  nicht  Angaben  über  die  Insertion 
der  Rüsselscheide.  Die  Untersuchung  ergab,  daß  diese  nicht  am 
Rüsselende,  sondern  in  der  Mitte  des  Rüssels  inseriert,  daß  also  die 
Art  zur  Gattung  Centrorhynchus  gehört.    Ein  weiteres,  bisher  unbe- 


410  K.  I.  Skrjabin, 

kanntes  Merkmal  liegt  in  der  Form  des  Wurzelteils  der  Haken. 
In  den  vorderen  Reihen  besitzen  die  Haken  einen  kräftigen  rück- 
laufenden Wurzelast,  weiter  nach  hinten  jedoch  werden  die  Haken 
immer  kleiner,  und  der  Wurzelteil  nimmt  ebenfalls  an  Größe  ab, 
wobei  er  auch  seine  P'orm  verändert:  indem  der  Hakenteil  von  der 
Mitte  des  Wurzelteils  abgeht,  erhalten  wir  einen  unteren  rücklaufenden 
und  einen  oberen  aufsteigenden  Wurzelast,  die  letzten  Reihen  da- 
gegen besitzen  nur  einen  aufsteigenden  Wurzelast.  Diese  Eigentüm- 
lichkeit ist  bisher  nur  von  einigen  Acanthocephalenarten  bekannt 
(FomphorhyncJms  Mont.  und  Echinorhijnchus  plagicephalus  Weste.). 
De  Makval  hat  bei  seinen  Untersuchungen  diese  Verhältnisse  nicht 
bemerkt,  da  er  angibt,  daß  seine  „aiguillons"  „sans  racines"  wären 
(p.  297). 

Die  Eier  sind  nach  meinen  Messungen  0,0444—0,0518  mm  lang 
und  0,0185  —  0,0222  mm,  von  3  konzentrischen  Hüllen  umgeben  und 
entsprechen  in  ihrer  Form  und  ihrer  geringen  Größe  vollständig 
den  Verhältnissen  bei  der  Gattung  Centrorhijnchus  Luhe. 

In  folgenden  Merkmalen  weicht  die  Art  von  der  Gattungs- 
diagnose ab: 

1.  die  Hoden  liegen  fast  in  der  Mitte  der  Körperlänge; 

2.  die   Kittdrüsen  sind  dementsprechend  nicht  so  langgestreckt 
wie  bei  der  typischen  Art. 

Ich  betrachte  diese  Abweichungen  jedoch  nur  als  Arteigenheiten, 
denen  keine  generische  Bedeutung  zukommt. 

III.  Gen,  Gigantorhifnchus  Hamann  1895. 

Diese  Gattung,  ursprünglich  von  Hamann  für  die  3  Arten 
Echinorhynchus  taenioides  Diesing,  E.  spira  Dies.,  E.  echinocUscus 
Dies,  aufgestellt,  wurde  späterhin  durch  das  Einbeziehen  einer 
weiteren  Zahl  von  Formen  erweitert,  zu  denen  sogar  EcJdnorhynchus 
gigas  Goeze  gehörte  (v.  Linstow,  1897).  Bis  heute  ist  jedoch  von 
niemand  eine  Revision  der  unter  GigantorJnjnchus  aufgeführten  Formen 
versucht  worden,  ebenso  wie  es  uns  noch  an  einer  genauen  Gattungs- 
diagnose  fehlt.  Luhe  hat  in  einer  Arbeit  (5)  als  Type  der  Gattung 
EchinorJiynchus  echinocUscus  Dies,  festgesetzt  und  uns  gleichzeitig  eine 
Revision  der  Gattung  in  Aussicht  gestellt,  wobei  er  bemerkt,  daß 
die  Zugehörigkeit  von  E.  spira  Dies,  und  E.  taenioides  Dies,  zu 
Gigantorhynchus  zweifelhaft  sei.  In  seiner  neuesten  xlrbeit  (6)  stellt 
Luhe  den  Echinorhijnchus  moniliformis  Bremser  in  die  Gattung  und 


Zur  Acantbocephalen-Fauna  Russisch  Turkestaus.  411 

weist  auf  einige  ^[erkinale  liin,  die  die  Art  mit  anderen  Giganto- 
rliyncliiden  gemeinsam  liat,  und  zwar  auf  die  Anwesenheit  von 
8  Kittdrüsen,  auf  die  wurstförmigen,  im  hinteren  Körperabschnitt 
gelegenen  Hoden,  wozu  noch  die  von  Hamann  angegebenen  Merk- 
male kommen:  ventrale  Lage  des  Hirnganglions,  Bau  der  Rüssel- 
scheide und  endlich  die  deutliche  Kingelung  des  Körpers,  die  sich 
jedoch  nur  auf  die  Oberfläche  beschränkt  und  nicht  die  inneren 
Organe  berührt.  Wenn  wir  diese  Merkmale  in  ihrer  Gesamtheit  in 
Betracht  ziehen,  so  müssen  wir  zu  dem  Schluß  kommen,  daß  die 
Mehrzahl  der  zu  Gujaniorhynchus  gezogenen  Arten  aus  dieser  Gattung 
zu  entfernen  sind  und  daß  augenblicklich  nur  2  Arten  nachbleiben: 
Giga)itorJ/i/}icJii(s  echinodiscus  Dies,  und  G.  moniliformis  Brems.  Ob 
noch  andere  Arten  in  die  Gattung  gehören,  wird  die  Revision  zeigen, 
die  wir  wohl  bald  von  Luhe  erwarten  dürfen. 

6.  Gif/antorhi/HcJiiis  envpodius  n.  sp. 

Ich  besitze  von  dieser  neuen,  nach  allen  Merkmalen  zur  Gattung 
Gigantorhijnchus  gehörenden  Axt  nur  1  Exemplar,  und  zwar  1  Männchen, 
aus  dem  Darm  von  Anlea  cinerea  L. 

Die  Länge  des  Exemplars  beträgt  ca.  30  mm,  die  Breite  1,3  mm. 
Das  Vorderende  ist  etwas  verjüngt,  das  vorderste  Ende  ungeringelt 
(Fig.  14).  Der  Rüssel  ist  leider  nicht  ganz  ausgestülpt,  glücklicher- 
w^eise  sieht  aber  das  Rüsselende  hervor,  und  man  kann  erkennen, 
daß  in  der  vorderen  Hakenreihe  die  für  G.  echinodiscus  charakte- 
ristischen mächtig  entwickelten  Haken  fehlen.  Durch  den  vorderen 
durchsichtigen,  mit  feinen  Stacheln  besetzten  Körperabschnitt 
schimmert  der  tiefer  liegende  Teil  des  Rüssels  nach  außen  und 
erlaubt  die  14  Hakenlängsreihen  zu  erkennen. 

In  jeder  Reihe  sitzen  nicht  weniger  als  5 — 6  Haken,  es  ist 
jedoch  nicht  möglich,  ihre  genaue  Zahl  festzustellen,  da  die  hintersten 
durch  mächtige  Muskelmassen  verdeckt  werden.  Alle  zur  Beobachtung 
kommenden  Haken  sind  von  gleicher  Größe  und  Form,  mit  einem 
stark  entwickelten  rücklaufenden  Wurzelteil,  der  größer  ist  als  der 
freie,  schwach  entwickelte  Teil.  Die  Ausmaße  des  freien  Hakenteiles 
betragen  0.022  mm,  die  des  Wurzelteiles  0.032  mm.  Die  Lage  des 
Hirnganglions  entspricht  ganz  den  Verhältnissen  bei  Gigantorlujnclms. 

Die  Hoden  sind  von  länglich-ovalei-,  unregelmäßiger  Gestalt  und 
liegen  im  hinteren  Körperdrittel  in  der  Medianlinie  unmittelbar 
hintereinander.  Durch  die  Lage  seiner  Hoden  unterscheidet  sich 
unsere   Art   von    G.  moniliformis,   bei   dem   die   Hoden   voneinander 


412  K.  I.  Skrjabin, 

durch  einen  beträchtlichen  Zwischenraum  getrennt  sind.  Bei  G. 
eckinodiscus  dagfegen,  von  dem  ich  Dank  der  Liebenswürdigkeit  des 
Herrn  Prof.  Luhe  einige  Präparate  vergleichen  konnte,  schiebt  sich 
das  vordere  Ende  des  hinteren  Hodens  vor  das  hintere  Ende  des 
vorderen,  wie  schon  Luhe  in  seiner  Beschreibung  der  Art  bemerkt  (6). 

Die  8  Kittdrüsen  unserer  Art  haben  bohnenförmige  Gestalt  und 
unterscheiden  sich  dadurch  von  G.  echmodiscus,  bei  dem  die  Drüsen 
eine  rundlich-ovale  Form  haben. 

Leider  kann  ich  wegen  des  Fehlens  eines  Weibchens  nichts  über 
die  Eier  sagen,  auch  kann  ich  auf  Grund  des  geringen  Materials 
nichts  w^eiter  zu  der  kurzen  Beschreibung  hinzufügen,  ich  glaube 
aber,  daß  die  angeführten  Merkmale  genügen  werden,  um  die  Art- 
rechte  und   die  Gattungszugehörigkeit  meiner  Form  zu   begründen. 

Die  Aufzählung  und  Beschreibung  der  obenstehenden  6  Arten 
erschöpft  mein  Material  an  turkestanischen  Acanthocephalen  aus 
Wasser-  und  Sumpfvögeln.  Leider  sind  die  Exemplare  aus  Mergus 
merganser ,  Totanus  glareola  und  FuligtUa  nyroca  während  des 
schwierigen  Transports  meiner  Sammlung  aus  Aulie-Ata  nach 
Petersburg  zugrunde  gegangen. 


Zum  Schluß  ist  es  mir  eine  angenehme  Pflicht,  Herrn  Geheimrat 
Prof.  Dr.  Braun  für  das  fortwährende  Interesse  an  meinen  Arbeiten 
und  liebenswürdige  Unterstützung  sowie  Herrn  Prof.  Dr.  Luhe  für 
weitgehende  Mitteilungen  aus  dem  reichen  Schatze  seiner  Erfahrungen 
meinen  herzlichsten  Dank  auszusprechen.  Ganz  besonders  verbunden 
bin  ich  Herrn  Dr.  Dampf  für  die  freundlichst  besorgte  Übersetzung 
des  russischen  Manuskripts. 

Königsberg  i.  Pr.,  April  1913. 


Zur  Acanthocephalen-Fauna  Russisch  Turkestans.  413 


Literaturverzeichnis. 


1.  DE  MaevaIj  ,    Monographie    des    acanthocephales  d'oiseaux,    in:   Rev. 

Suisse  Zool.,  Vol.    13,   1905,  Geneve. 

2.  Hamann,    0.,    Die  Nemathelminthen.     Beiträge    zur  Kenntnis  ihrer 

Entwicklung,    ihres    Baues    und    ihrer    Lebensgeschichte,    Hft.    1, 
1891;  Hft.  2,   1895,  Jena. 

3.  Kaiser,  Johannes,  Die  Acanthocephalen  und  ihre  Entwicklung,  in: 

Biblioth.  zool.,  Hft.   7,   1891  —  1893. 

4.  V.    LiNSTOW,    Nematoden,    Trematoden    und    Acanthocephalen,    ge- 

sammelt von  Prof.  Fedtschenko  in  Turkestan,  in:  Arch.  Naturg., 
Jg.   1883,  Bd.   1. 

5.  LUHE,  M.,   Geschichte  und  Ergebnisse  der  Echinorhynchen-Forschung 

bis  auf  Westrumb  (1821),  in:  Zool.  Ann.,   1904. 

6.  — ,  Acanthocephalen,   in:   Die  Süßwasserfauna  Deutschlands,    hrsgeg. 

von  Bkaüer,  Hft.   16,  Jena   1911. 

7.  SOLOWIOW.    P. ,    Vers    parasitaires    des  oiseaux  du  Turkestan  (avec 

15  fig.  dans  le  texte),  in:  Ann.  Mus.  zool.  Acad.  Sc.  St.  Peters- 
bourg,  Vol.   17,   1912  (Russisch). 

8.  AVestrumb,  De  helminthis  acanthocephalis,  Hannoverae   1821. 


414         K.  I.  Skrjabin,  Zur  Acanthoceplialen-Fauna  Kussisch  Turkestans. 


Erklärung  der  Abbildungen. 


Tafel   15. 

Fig.  1.  Polymorphus  magnus  n.  sp.  im  Darm  von  FuUgula  riifma  L. 
in  situ.      1:1. 

Fig.  2.  Ccntrorhyndms  lancea  "Weste,  im  Darm  von  Vanellus 
cristaius  L,  in  situ.      1:1. 

Fig.  3.  Polymorplnis  corynoides  n.  sp.  im  Darm  von  Anas  boschas  L. 
in  situ.     1:1. 

Fig.  4.  Polymorphus  magmis  n.  sp.,  Lacunensystem  des  Weibchens. 
18  :  1. 

Fig.  5.  Polymor])Jms  magnus  ».  sp.,  Rüssel  eines  Weibchens  mit 
18  Hakenlängsreihen.      120:1. 

Fig.  6.  Polymorplms  corynoides  n.  sp.,  Habitusbild  des  Männchens. 
79  :  1. 

Tafel   16. 

Fig.  7.  Pobpnorphus  corynoides  n.  sp.,  ßüssel  eines  nicht  geschlechts- 
reifen  Exemplars  aus  Anas  boschas.      175  :  1. 

Fig.  8.  Centrorhynchus  lancea  Westr.,  Ptüssel  eines  Männchens  aus 
Vauellus  crisiatus.     175  :  1. 

Fig.  9.  Centrorhynchus  lancea  Westr.,  Habitusbild  eines  Männchens 
aus   Vanelhis  cristaius.     23  :  1. 

Fig.   10.     Polymorphus  m.agnus  n.  sp..  Ei.     995  :  1. 

Fig.   11.     Polymorphus  corynoides  n.  sp.,  Ei.     995:1. 

Fig.  12.      Coitrorhynchus  lancea  Westr.,  Ei.     995  :  1. 

Fig.  13.  Gigantorhynchus  empodius  w.  sp.  aus  Ardea  cinerea,  Yorder- 
ende  des  Männchens.      135  :  1. 

Fig.  14.  Gigantorhynchus  emjwdius  n.  sp.  aus  Ardea  cinerea,  Habitus- 
bild des  Männchens.     9:1. 


Zooloii.  JahrhüAer  Bd.  3j  AbtX  Syst 


Tat:  13. 


P  Weise  liih.,Jena 


iJahrbüAer  Bd.35  AbLf.  Syst 


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i»  Weise. Iit>i., Jena. 


Zoolog.  JaÄrbücher  Bd.3B.  Abt  f.  Syst. 


Taf.15. 


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Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena . 


J>.'Weise..Lxth.,Jenob. 


Zoolog. Jahrbücher Bd.3S  Abtf.  Syst. 


Taf.W. 


Skrjai: 


FMtise..lMh-,Jtna. 


Nachdnick  verboten. 
Z^bersetzungsrecht  vorbehalten. 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und 

Locustiden. 

I. 

Von 
Prof.  Dr.  ririch  Gerhardt,  Breslau. 

Mit  Tafel  17—18  nnd  22  Abbildungen  im  Text. 


Es  kann  wolil  kaum  zweifelhaft  sein,  daß  die  beiden  Orthopteren- 
familien der  Locustiden  nnd  Grylliden  eine  so  große  Menge 
morphologischer  Übereinstimmungen  aufweisen,  daß  man  sie  als  zwei 
sehr  nah  miteinander  verwandte  Formkreise  ansehen  muß.  Die 
Lage  des  Stridulationsorgans,  der  Hörorgane  und  endlich  die  von 
Brunner  (10)  so  eingehend  studierte  Übereinstimmung  des  Abdo- 
minalendes in  beiden  Geschlechtern  stellt  beide  Familien  sogar  so 
nah  zueinander,  daß  es  des  unterscheidenden  Merkmales,  der  3-  oder 
4-gliedrigen  Tarsen,  bedarf,  um  mit  Sicherheit  eine  Form,  be- 
sonders eine  ungeÜügelte,  als  Gryllide  oder  Locustide  zu  erkennen. 
Brunner  (13)  weist  darauf  hin,  daß  für  die  Locustidenfamilie  der 
Stenopehnatidae  eine  ganze  Anzahl  von  Autoren  eine  Zugehörigkeit 
zu  den  Grylliden  beansprucht  habe. 

Nun  zeigen,  worauf  gleichfalls  Brunner  (13)  hinweist,  Grylliden- 
und  Locustidenformen  große  Konvergenzäiinlichkeiten,  so  daß  grabende 
Formen,  wie  Grijllotalpa,  ihr  Analogon  auch  unter  den  Locustiden 
finden  können  (Stenopelmatus). 

Übereinstimmungen   sind   also  in  Menge  da,   nur  fragt  es  sich, 


416  Ulrich  Gerhardt, 

ob  wir  die  Locustiden  oder  die  Gry  lüden  als  die  primitiveren,  phylo- 
genetisch älteren  Formen  zu  betrachten  haben.  Brunner  sieht  die 
Grylliden  als  sekundär  veränderte  Locustidenabkömmlinge  an.  „Der 
erste  Gryllode  ist  unzweifelhaft  aus  einem  Locustiden  entstanden, 
aber  die  Stenopelmatiden  stammen  nicht  von  diesem  Grylloden  ab, 
sondern  sind  —  wenn  man  sich  so  ausdrücken  darf  —  ein  zweiter 
Versuch  der  Locustodeen  in  der  Richtung  der  Gryllodeen."  Neben 
dieser  Auffassung  können  noch  zwei  andere  als  möglich  geäußert 
werden.  Einmal  könnte  man  auch  umgekehrt  die  Grylliden  als  von 
den  Locustiden  abgeleitete  Formen  betrachten.  Dagegen  spricht 
aber  die  reduzierte  Tarsenzahl  der  Grylliden,  die  wohl  zweifellos 
einen  sekundär  erworbenen  Charakter  darstellt.  Außerdem  aber 
kann  eine  dritte  Auffassung  dahin  geäußert  werden,  daß  Grylliden 
wie  Locustiden  von  einer  gemeinsamen  Vorfahrenfamilie  abstammten, 
die  eine  Vereinigung  der  Charaktere  von  Grylliden  und  Locustiden 
darstellte.  Die  Grylliden  stellen  im  allgemeinen  sicher  keinen 
höheren  Entwicklungsgrad  des  Locustidenstammes  dar,  sondern,  im 
Gegenteil,  sind  die  Locustiden  in  ihren  entwickeisten  Formen  sicher- 
lich zu  einer  weit  höheren  Stufe  der  Diffeienzierung  gelangt. 

In  diesen  Zeilen  soll  nun  der  Versuch  gemacht  werden,  die  phyle- 
tische  Bedeutung  und  Entwicklung  eines  biologischen  Vor- 
ganges bei  Grylliden  und  Locustiden  zu  verfolgen,  eines  Vor- 
ganges, der  gerade  bei  diesen  beiden  Insectenfamilien  eine  große 
Einheitlichkeit  des  Verlaufes  trotz  mannigfacher  Abweichungen  im 
einzelnen  angenommen  hat,  des  ßegattungsvorganges. 

Die  erste  Anregung  zu  meinen  Studien  in  dieser  Richtung  gab 
mir  ein  Aufenthalt  in  Rovigno  im  Jahre  lyOO,  bei  dem  ich  zum 
ersten  Male  in  großer  Anzahl  Weibchen  von  Fhaneroptera  quadri- 
punctata  und  außerdem  noch  ein  Weibchen  von  Dedicus  albifrons 
mit  Spermatophoren  fand.  Im  Jahre  1906  hielt  ich  mich  zur 
Ausführung  biologischer  Orthopterenstudien  während  der  Monate 
September  und  Oktober  in  Bosnien  und  der  Herzegowina  auf,  und 
dieser  Expedition  verdanke  ich  mein  erstes  konserviertes  Mateiial 
an  Locustidensperraatophoren,  und  zwar  von  der  Phaneropteride 
Tylopsis  lüiifolia.  Die  Reise  wurde  ausgeführt  mit  Hilfe  eines  Reise- 
stipendiums aus  der  Gräfin  BosE-Stifiung  in  Höhe  von  15U0  Mark, 
das  ich  von  dem  Kuratorium  dieser  Stiftung  in  Berlin  gütigst  zu- 
erteilt bekam.  Es  ist  mir  ein  Bedürfnis,  dem  Kuratorium  der  Gräfin 
BosE-Stiftung,  insbesondere  Herrn  Geheimrat  Prof.  Dr.  Oscae 
HertwiGj   der  mein  Gesuch  in  liebenswürdigster  Weise  unterstützt 


Copulation  \ind  Spermatophoren  von  Gryllideu  und  Locustiden.  417 

hat,  an  dieser  Stelle  meinen  ehrerbietigsten,  tiefstgefühlten  Dank 
auszusprechen.  Die  mir  zur  Verfügung  gestellte  Summe  hat  mir 
nicht  nur  ermöulicht.  diese  Heise  zu  machen,  sondern  mir  auch  später 
Ferienbeobachtungen  innerhalb  des  Deutschen  Reiches  in  den  darauf- 
folgenden Jahren,  ferner  die  Anschaffung  von  Zuchtkästen  usw. 
gestattet.  • 

Vielleicht  Avird  es  nicht  unzweckmäßig  sein,  an  diesem  Ort 
Einiges  vorauszuschicken  über  die  Erfahrungen,  die  ich  über  die 
Methode  biologischer  Beobachtung  an  Insecten  gewonnen  habe.  Ich 
stand  früher  auf  dem  Standpunkt,  daß  ausschließlich  die  Beob- 
achtung des  Tieres  im  Freien  anzuwenden  sei  und  einwandfrei 
zum  Ziele  führe.  Bei  biologischen  Studien  an  Kreuzspinnen  ^)  war 
es  mir  auf  diese  Weise  gelungen,  die  Mehrzahl  der  Fi-agen,  die  ich 
mir  gestellt  hatte,  zu  beantworten.  So  habe  ich  fiiiher  mich  auch 
bemüht,  alle  Studien  an  Locustiden  im  Fielen  anzustellen,  und  die 
ersten  Beobachtungen  von  Begattungen  fanden  auch  wirklich  im 
Freien  statt.  Seit  dem  letzten  Sommer  aber  verwende  ich  fast  aus- 
schließlich gefangene  Tiere  zu  meinen  Studien,  und  zwar  vor  allem 
deshalb,  weil  einmal  die  Vorgänge  bei  der  Begattung  selbst  im 
Käfig  oder  Terrarium  sich  nicht  anders  als  im  Freien  abspielen  und 
weil  zweitens  eine  beträchtliche  Zeitverschwendung  vermieden  wird. 
Außerdem  kann  man  in  der  Gefangenschaft  die  Bedingungen  der 
Außenwelt  mannigfach  modifizieren  und  hat  so  das  Zustandekommen 
der  zu  beobachtenden  Vorgänge  wenigstens  einigermaßen  in  der  Ge- 
walt, während  man  im  Freien  von  einer  Menge  von  Zufälligkeiten 
abhängig  ist.  Wenn  so  praktisch  die  Beobachtung  gefangener  Tiere 
rascher  zum  Ziele  führt  und  häufig  auch  genaueres  Zusehen  erlaubt, 
so  gewährt  doch  das  Beobachten  im  Freien  zweifellos,  gerade  weil 
es  schwieriger  ist,  eine  größere  persönliche  Befriedigung  nach  er- 
reichtem Erfolge,  außerdem  gewährt  es  in  manchen  Dingen  doch 
einen  richtigeren  Einblick  als  die  Studien  an«  Gefangenen.  Somit 
erscheinen  als  Ergänzung  der  au  Gefangenen  gewonnenen  Befunde 
Beobachtungen  im  Freien  doch  wünschenswert. 

Die  Begattung  der  Locustiden  und  Grylliden  weist  in  zwei 
Hauptpunkten  eine  prinzipielle  Übereinstimmung  auf:  das  Männchen 
befindet  sich  bei  beiden  während  der  Copulation  unter  dem  \\'eib- 
chen,  und  bei  dieser  wird  eine  post  coitum  äußerlich  sichtbare 
Spermatophore  dem  Weibchen   in   die   ventral  von  der  Legröhren- 


1)  In:  Züol.  Jahrb.,  Vol.  31,  Syst.,   1911,  p.  643. 


4,18  Ulrich  Gerhardt, 

Wurzel  gelegene  Begattungsöffnung  eingebracht.    Dieser  Begattungs- 
modus  weicht,  wie  später  zu  erörtern  sein  wird,  nicht  nur  von  dem 
anderer  Orthopteren,   sondern   auch  von  dem   anderer  Insecten  im  i. 
allgemeinen  ab;    er  stellt  in  der  Vereinigung  der  beiden  erwähnten  \ 
Charaktere  einen  Vorgang  dar,    der   eine  biologische  Sonderstellung 
einnimmt. 

Wenn  somit  die  Begattung  beider  Familien  einen  in  sich  ab- 
geschlossenen einheitlichen  Typus  darstellt,  so  ist  sie  im  einzelnen 
doch  einer  Menge  von  Variationen  fähig,  die  wir  denn  auch  bei  den 
verhältnismäßig  wenigen  bis  jetzt  daraufhin  untersuchten  Formen 
in  reichem  Maße  verwirklicht  finden. 

Insbesondere  ist  ein  Typus  der  Gryllidencopulation  von  einem 
solchen  der  Locustidenbegattung  zu  unterscheiden,  der  mit  der  Aus- 
stattung des  männlichen  Hinterleibsendes  mit  Haftorganen  bei  den 
meisten  Locustiden  zusammenhängt.  Ferner  ist  die  Form  der 
Spermatophore  bei  Grylliden  immer  ganz  anders  als  bei  Locu- 
stiden. —  Es  war  nun  mein  Bestreben,  einerseits  verschiedene  Ab- 
wandlungen dieser  beiden  Typen  zu  untersuchen  und  ganz  besonders 
durch  das  Studium  von  „Übergangsformen"  —  es  handelte  sich  liier 
um  gryllidenähnliche  Locustiden  aus  der  Familie  der  Stenopelmatidae 
—  festzustellen,  ob  die  beiden  nach  recht  verschiedenen  Richtungen 
entwickelten  Modi  der  Begattung  der  Grylliden  und  Locustiden 
durch  Zwischenstufen  entweder  voneinander  abgeleitet  oder  doch 
auf  eine  gemeinsame  Ausgangsform   zurückgeführt   werden  könnten. 

Wenn  ich  es  wage,  das  Wenige,  was  ich  bisher  an  Resultaten 
erreicht  habe,  bereits  zu  veröffentlichen,  so  soll  das  mit  dem  Hinweis 
geschehen,  daß  ich  mir  der  Unvollkommenheit  meiner  Befunde  wohl 
bewußt  bin,  daß  ich  aber  doch  glaube,  zu  einem  gewissen  vorläufigen 
Abschluß  gekommen  zu  sein. 

Die  Pause,  die  im  Winter  in  der  Beobachtung  fast  alles  ein- 
heimischen Insectenmaterials  eintreten  muß,  hat  auch  dieses  Jahr  eine 
Unterbrechung  meiner  Studien  notwendig  gemacht,  die  ich  daher 
erst  in  den  Sommermonaten,  nach  Fertigstellung  dieser  Abhandlung, 
wieder  werde  aufnehmen  können.^)  Doch  verdanke  ich  gerade  den 
Monaten  des  letzten  Winters  Beobachtungen  an  gefangenen  exoti- 
schen Formen,  deren  Studium  zum  vorläufigen  Abschluß  dieser  Be- 
obachtungen notwendig  war. 


1)  Die  Beobachtungen  an    Grißlotalpa  und    Gnjllus  dorne slicu.s  wurden 
erst  im  Frühjahr   1913   angestellt. 


Copulation  und  Spermatophoreu  von  Grylliden  und  Locustiden.  419 

Die  Literatur  über  unseren  Gegenstand  wiid  im  einzelnen 
am  besten  bei  der  Besprechung  der  Befunde  der  einzelnen  be- 
obachteten Grylliden-  und  Locustidengruppen  (Subfamilien  und 
Gattungen)  zu  erwähnen  sein.  Hier  seien  nur  einige  allgemeine  Be- 
merkungen vorausgeschickt. 

Zunächst  muß  ich  erwähnen,  daß  ich,  als  ich  bereits  diese 
Studie  abgeschlossen  hatte  und  ans  Schreiben  ging,  durch  Herrn 
Dr.  Dampf  in  Königsberg  die  Mitteilung  bekam,  daß  Herr  Dr.  B.  Th. 
BoLDYEEv  in  Moskau  über  das  gleiche  Thema  arbeite.  Ich  habe  mich 
mit  BoLDYHEV  daraufhin  in  Verbindung  gesetzt  und  erfahren,  daß 
er  zum  Teil  die  gleichen  Objekte  untersucht  hat  wie  ich,  ins- 
besondere hat  auch  er  die  Copulation  der  Stenopelniatide  Biestram- 
mena  untersucht.  Auf  diese  von  den  meinen  unabhängigen  Studien 
werde  ich  weiter  unten  einzugehen  haben.  In  der  deutschen 
Literatur  findet  sich  wenig  über  unseren  Gegenstand,  mehr  in  der 
französischen,  w^ohl  auf  Anregung  der  FABiiE'schen  Schilderung  der 
Copulation  von  Decticus  (16).  Besser  als  die  der  Locustiden  ist  die 
Copulation  der  allerdings  sehr  viel  leichter  zu  beobachtenden  Grillen 
bekannt  geworden. 

BeobachtungsmateriaL 

Begattungen  wurden  beobachtet  von  den  Grylliden  Lio- 
gryllus  campestris  L..  Gryllus  domesticus  L.,  Nemobius  sylvestris  Fab. 
und  Gryllotalpa  vulgaris L. ;  von  folgenden  Locustiden:  Decticidae: 
Decticus  verrucivorus  L.,  Platycleis  roeseli  Hagenh.,  PI.  grisea  Fab.; 
Phancropteridae:  Phaneroptera  falcata.  Leptophyes  punctatissima 
Bosc :  Stenopelynatidae:  Diasirammena  maromata  de  Haan. 

Außerdem  wurden,  ohne  daß  die  Copulation  beobachtet  werden 
konnte.  Sperma  top  hören  vorgefunden  und  konserviert  an  Weib- 
chen von  Decticidae:  Decticus  alhifrons  Fab.,  Thamnothrison  cine- 
reus  L..  Locustidae:  Locusta  viridissima  L.,  Phancropteridae: 
Tylopsis  liliifolia  Fab. 

Spermatophoreu  wurden  konserviert  in  Forraol  ö^Iq,  Alkohol  70"/o 
und  CARNOT'scher  Flüssigkeit. 

1.   Copulation  und  Spermatophoreu  von  Oryllideu. 

a)  Echte  Grylliden. 

Die  Copulation  der  Grylliden,  und  zwar  der  beiden  der  Be- 
obachtung zugänglichsten  Arten,  der  Haus-  und  Feldgrille,  Liogryllus 


Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Syst, 


28 


420  Ulrich  Gekhardt, 

campestris  L,  und  GryUus  domestieus  L.,  ist  durch  Frisch  (19)  und 
durch  RösEL  von  Rosenhof  (80)  in  seinen  „Tnsektenbehistigungen" 
in  den  zunächst  in  die  Augen  fallenden  Punkten  bereits  vortrefflich 
geschildert  worden.  Außerdem  hat  Lespes  (26)  die  Begattung  von 
Liogryllus  campestris  so  eingehend  beobachtet  und  analj^siert,  daß 
eigentlich  für  diese  Species  nur  noch  einige  Ergänzungen  zu  geben 
sind.  Auch  bei  Fischer  (18),  Graber  (20,  21)  und  Tümpel  (33) 
sind  die  Copulationsgewohnheiten  der  Feldgrille  geschildert  worden. 

Neuerdings  hat  Baumgaetner  (2) ')  in  seiner  Arbeit  über  die 
Copulation  der  Grylliden  ander  amerikanischen  Feldgrille  ^) 
die  LESPEs'schen  Angaben  nachgeprüft  und  erweitert,  außerdem  die 
Copulation  von  Gryllus  domestieus  L.  und  Nemobius  fasciatus  be- 
obachtet. Auf  seine  Befunde  wird  noch  wiederholt  näher  einzu- 
gehen sein. 

Ich  konnte  an  einem  Feldgrillenpärchen,  das  ich  im  Sommer 
1912  im  Zoologischen  Institut  zu  Breslau  in  meinem  Arbeitszimmer 
hielt,  innerhalb  weniger  Wochen  48  Copulationen  selbst  beobachten 
und  außerdem  noch  häufig  Spermatophoren  in  der  Vulva  des  Weib- 
chens vorfinden.  Bedeutend  weniger  Begattungen  konnte  ich  bei 
Gryllus  domestieus  L.  studieren.  —  Bei  Nemobius  sylvestris  Fab., 
der  kleinen  unter  Laub  lebenden  Waldgrille,  habe  ich  nur  2  Copula- 
tionen beobachtet,  für  die  auf  Sträuchern  lebende  Gattung  Oecanthus 
und  zwar  für  eine  amerikanische  Art,  liegen  Beobachtungen  von 
Hankock  (22)  vor. 

Betrachten  wir  zunächst  den  Copulationsmodus  von  Liogryllus 
campestris.  Ein  Grillenpärchen,  das  einmal  aneinander  gewöhnt  ist, 
lebt  in  einer  Art  von  Ehe,  und  es  finden  fast  täglich  wohl  minde- 
stens 2  Copulationen  statt,  aber  auch  3 — 4.  Das  von  mir  in  Ge- 
fangenschaft gehaltene  Paar  wurde  am  10.  Juni  1912  in  ein  Ter- 
rarium gesetzt,  am  nächsten  Tage  wurde  durch  Herrn  Präparator 
Pohl  der  erste  Coitus  beobachtet,  ein  zweiter  am  12.  Juni.  Vom 
13.  ab  habe  ich  dann  fast  täglich  Begattungen  gesehen.  Außerhalb 
der  eigentlichen  Zeiten  der  Copulationstätigkeit  der  Tiere  braucht 
man  sie  nicht  zu  beobachten,  da  jede  Begattung  durch  Zirpen  des 
Männchens  eingeleitet  wird.    Sehr  häufig,  aber  durchaus  nicht  immer, 


1)  Die  BAUMGARTNER'sche  Arbeit,  die  in  vielen  Punkten  dieselben 
Ergänzungen  der  LESPES'scheu  Beobachtungen  an  Liogryllus  campestris 
bietet  wie  meine  Befunde,  kam  erst  in  meine  Hände,  als  dieser  Passus 
über  die  GrylliJen  schon  geschrieben  war. 

2)  Der  lateinische  Name  der  Art  wird  leider  nicht  angegeben. 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  421 

setzt  sicli  das  i\rännchen  vor  das  Loci),  in  dem  das  Weibchen  weilt, 
den  Kopf  ins  Innere  der  Röhre  gewandt,  und  zirpt  lebhaft.  Doch 
kann  diese  Einleitung  zur  Ikgattung  auch  vom  Bau  entfernt  vor 
sich  gehen.  Hier  sei  die  Bemerkung  eingeschaltet,  daß  auch  im 
Freien  an  einem  Loch,  vor  dem  ein  Männchen  zirpt,  regelmäßig  ein 
Weibchen  sitzt,  so  daß  Rösel's  Annahme,  die  Männchen  bewohnten 
ihre  eigenen  Löcher,  nicht  zuzutretfen  scheint.  Auf  diese  Tatsache, 
die  ihm  von  früher  her  geläufig  war,  machte  mich  Herr  Pohl  auf- 
merksam. 

^^'enn  das  Weibchen  nicht  begattungsgeneigt  ist,  zirpt  das  Männ- 
chen oft  stundenlang.  Bei  einem  aneinander  gewöhnten  Pärchen  ist 
aber  das  Zirpen  vor  der  Begattung  meist  nur  von  kurzer  Dauer. 
W^enn  das  Weibchen  sich  dem  Männchen  nähert,  stellt  sich  dieses, 
worüber  Lespes  sein  Erstaunen  beim  ersten  Anblick  äußert,  mit  dem 
Hinterleibsende  nach  dem  Kopf  des  Weibchens  und  beginnt  mit 
einem  ganz  eigenartigen,  veränderten  Modus  des  Zirpens,  den 
Fischer  (18)  bereits  gehört  und  als  „cantus  mitior"  bezeichnet 
hat.  Dies  Zirpen,  das  höchste  geschlechtliche  Erregung  und  Be- 
gattungsbereitschaft des  Männchens  ausdrückt,  ist  schwer  zu  be- 
schreiben; zwischen  scharfen,  zwitschernden  Zirptönen  hört  man  ein 
ununterbrochenes  Schnurren,  wie  das  einer  ßepetieruhr,  die  zum 
Schlagen  ausholt.  Während  diese  Geräusche  hervorgebracht  werden, 
wobei  die  El3'tren  wie  beim  gewöhnlichen  Zirpen  hochgehalten,  aber 
in  etwas  anderer  Weise  gegeneinander  gerieben  werden,  führt  das 
Männchen  ruckweise  eigentümliche  Stoßbewegungen  mit  dem  ganzen 
Körper  nach  rückwärts  aus.  Dabei  nähert  es  seine  Hinterleibsspitze 
mehr  und  mehr  dem  Kopfe  des  Weibchens.  Schließlich  geht  dieses 
einen  Schritt  vor  und  beginnt  den  Rücken  des  Männches  zu  belecken 
und  zu  benagen.  Das  Männchen  schiebt  sich  nun  weiter  nach  rück- 
wärts, streckt  dabei  seinen  Hinterleib  auffallend  in  die  Länge,  legt 
die  Elj'tren  flach  an  und  führt  mit  dem  weit  in  den  Nacken  ge- 
legten Kopf  krampfhafte  Drehbewegungen  nach  rechts  und  links  aus. 
Diese  Bewegungen  beschreibt  Rösel  bei  der  Hausgrille:  „Das  durch 
den  Gesang  herbeygelockte  Weiblein  gibt  dem  Männlein  seine 
Gegenwart  durch  seine  lange  Fühlhörner  zu  erkennen.  Dieses  tucket 
sich  hierauf  nieder  und  bewillkommt  jenes  mit  einem  gestreckten 
und  sich  von  einer  Seite  zur  anden  drehenden  Kopf.  Das  Weib- 
chen besteiget  hierauf,  wie  bei  den  Heuschrecken  zu  geschehen 
pfleget,  ihren  angenehmen  Sänger,  und  alsdann  wird  die  Paarung, 
in   etlichen  Minuten,  ohne  Gesang  und  ohne  merkliche  Bewegung 

28* 


422  Ulrich  Gerhardt, 

vollbracht."  Lespes  schildert  die  Auslösung  der  Begattuugsstellung* 
beim  Männchen  durch  das  Nagen  des  Weibchens  auf  dessen  Rücken, 
jedoch  nicht  diese  Kopfbewegungen. 

Herr  Kollege  Zimmer  und  ich  haben  häufig  an  unseren  Ge- 
fangenen festgestellt,  daß  beim  Männchen,  sowie  es  zu  der  zweiten 
Art  des  Zirpens  übergegangen  ist,  durch  eine  leichte  Berührung  der 
Dorsalfläche  seines  Abdomens  jedesmal  der  besprochene  Komplex  von 
Bewegungen  ausgelöst  werden  konnte,  der  sonst  durch  das  Weibchen 
hervorgerufen  wird,  das  auf  dem  Rücken  herumnagt.  Dieses  Beißen 
und  Lecken  der  weiblichen  Tiere  auf  dem  Rücken  des  Männchens 
spielt  nicht  nur  bei  Gr^-lliden,  sondern  auch  bei  Locustiden  eine 
große  Rolle,  es  braucht  aber  nicht  als  Einleitung  zur  Begattung 
ausgeübt  zu  werden,  obgleich  das  der  viel  häufigere  Fall  ist.  Übrigens 
genügt  auch  das  zufällige  Hinweglaufen  eines  Weibchens  über 
ein  sexuell  erregtes  Männchen,  um  alsbald  die  Begattungsbewegungen 
hervorzurufen. 

Baumgartner  (2)  betont,  daß  das  Benagen  durch  das  Weibchen 
(the  caressing  by  the  female)  nicht  notwendig  der  Begattung  voran- 
gehen muß,  sondern  daß  das  Weibchen  sich  oft  während  des  ganzen 
Aktes  kaum  beim  Fressen  stören  lasse.  Ich  sah  einmal  ein  Weib- 
chen während  der  ganzen  Copulation  eine  vertrocknete  Erbse  im 
Maul  halten.  Wenn  aber  Baumgartner  sah,  daß  in  solchen  Fällen 
das  Weibchen  dem  Männchen  nur  eben  erlaubte,  unter  seinen  Leib  zu 
kriechen,  so  muß  ich  sagen,  daß  ich  solch  große  Passivität  des 
Weibchens  bei  der  europäischen  Feldgrille  nie  beobachtet  habe. 
Vielmehr  sah  ich  immer,  daß  wenn  das  Männchen  sich  streckt  und 
nach  rückwärts  gleitet,  das  Weibchen  einen  Schritt  aktiv  vorgeht. 
Das  Männchen  schiebt  sich  nun  vollends  unter  das  Weibchen,  das 
also  nicht,  wie  Tümpel  (33)  und  auch  Graber  (20)  angibt,  eine  rein 
passive  Rolle  dabei  spielte.  Nun  streckt  sich  der  männliche  Hinter- 
leib noch  bedeutend  mehr,  und  seine  dorsal  aufgebogene  Spitze  greift 
an  die  weibliche  Geschlechtsötfnung,  die  an  der  Ventralfläche  der 
Legröhren  Wurzel  zwischen  8.  und  9.  Segment  liegt. 

Das  was  nun  zunächst  bei  der  Beobachtung  der  Begattung 
auffällt  und  von  allen  Beobachtern  auch  beschrieben  worden  ist,  ist 
das  Austreten  einer  Spermatop  höre  aus  der  männlichen  Ge- 
schlechtsölfnung. 

RösEL  (30)  schreibt  von  der  Hausgrille:  „Indem  sie  (die  Be- 
gattung) aber  vor  sich  gehet,  so  kann  man  sehen,  daß  dem  Weiblein 
an    dem   Legstachel,   gegen    dem   Leib   zu,   von   dem   Männlein   ein 


Copiilalidii  und  Sporiiiatophoren  von  Gry  lüden  uud  Locustiden.  423 

Tröpflein,  so  einem  liellen  und  kleinen  Sandkörnlein  gleichet,  an- 
gehängt werde,  welches  jenes,  nach  geraumer  Zeit,  endlich  in  den  Leib 
hineinziehet''  und  von  der  Feldgrille:  „...so  gehet  die  Paarung 
auf  eben  die  Weise  wie  bey  den  Hausgrillen  vor  sich ;  das  Tropf  lein 
aber,  so  dem  Weiblein  von  dem  Männlein  angehänget  wird,  und 
welches,  ob  es  gleich  einem  Hirschkorn  gleichet,  doch  viel  kleiner 
ist,  traget  dasselbe  einige  Stunden  mit  sich  herum,  ehe  es  solches 
in  den  Leib  ziehet." 

Man  sieht  bei  der  Beobachtung  der  Copulation  zunächst,  daß 
das  Männchen  seine  Hinterleibsspitze  mit  gewissermaßen  suchenden 
Bewegungen  heftig  nach  oben  gegen  die  des  Weibchens  drückt. 
Dabei  können  die  beiden  fadenförmigen  Cerci  nicht  die  Rolle  irgend- 
welches Greiforganes  spielen;  dieses  wird  vielmehr  dargestellt  durch 
den  in  der  Ruhe  in  der  Hinterleibsspitze  verborgenen,  hier  chitinös 
entwickelten  „Penis",  der  als  nach  oben  greifendes,  hakiges  Gebilde 
nach  außen  vorgestreckt  wird  und  der  gleichzeitig  den  Behälter  für 
die  Spermatopliore  bis  zu  deren  Abgabe  bildet. 

Dieser  „Penis"  bewerkstelligt  die  Fixierung  des  männlichen  am 
weiblichen  Hinterleib  dadurch,  daß  er  in  die  Vulva  eingreift  mit 
einem  ihm  eigentümlichen  Organe,  das  von  Brunner  (10)  für  Locu- 
stiden und  Grylliden  als  Titillator  bezeichnet  worden  ist.  Außer- 
ordentlich genau  hat  Lespes  (26)  die  Bewaffnung  des  männlichen 
Hinterleibes  und  das  Funktionieren  dieser  Chitinausstattung  während 
der  Bildung  und  Abgabe  der  Spermatophore  untersucht.  Ihm  ist 
auch  die  Abbildung  entnommen  (Fig.  B),  die  die  Ausgestaltung  des 
männlichen  Hinterleibes  und  die  Lage  der  Spermatophore  in  einem 
besonderen  Teil  des  chitinösen  Apparates  darstellt.  Fig.  A  zeigt  uns 
die  Spermatophore  (c)  in  einer  eigentümlichen  löffeiförmigen  Kavität 
des  Penis  liegen,  die  von  einem  ventralen  Stück  und  2  seitlichen 
Klappen  ((/)  begrenzt  wird.  Darüber  ist  der  Titillator  {h)  sichtbar, 
noch  weiter  dorsal  der  After  (a),  von  dem  seitlich  die  abgeschnittene 
Basis  eines  Cercus  liegt.  Alles  was  ventral  vom  Anus,  als  ausge- 
stülpte Umgebung  der  Geschlechtsöffnung,  sichtbar  ist,  wird  als 
„Penis"  bezeichnet,  obwohl  die  Anwendung  dieser  Vokabel  auf 
dieses  Organ  bei  Locustiden  sowohl  wie  bei  Grylliden  nicht  korrekt 
erscheint.  Der  ganze  ausgestülpte  Organkomplex  dient  nur  zum  alier- 
kleinsten  Teil  und  nicht  einmal  bei  allen  Formen  zum  Eindringen 
in  die  Vulva.  Der  größere  bleibt  sichtbar  und  birgt  in  seinem  Innern 
den  Teil  der  Spermatophore,  der  nach  der  Begattung  außen  am 
Weibchen  zu  sehen  bleibt. 


424 


Ulrich  Gergardt, 


Man  sieht  nun  bei  dem  weiteren  Verlauf  der  Begattung,  daß 
das  Männchen  den  Titillator,  also  den  am  meisten  dorsal  gelegenen 
Teil  des  Begattungsapparats,  mit  einer  Bewegung  von  hinten  nach 
vorn,  gleichzeitig  auch  nach  oben,  auf  die  Lespes  bereits  aufmerk- 
sam macht,  caudal  und  dorsal  von  der  dadurch  nach  unten  gezogenen 
Subgenitalplatte  des  Weibchens,  in  die  Vulva  einhakt.  Dabei  werden 
die  Drehbewegungen  mit  dem  Kopf  fortgesetzt,  das  Weibchen  ver- 
hält sich  vollkommen  ruhig,  nur  drückt  es  seinen  Hinterleib  während 
des  ganzen  Vorganges  stark  ventralwärts,  wodurch  dem  Männchen 
seine  Tätigkeit  offenbar  wesentlich  erleichtert  wird.  Wenn  der 
Titillator  eingeführt  worden  ist,  hören  die  heftigen  Bewegungen  des 


Fig-.  A. 

Fisf.  A.  Hinterleibsende   von   Liogryllus  campestris  c/' ,   etwas  komprimiert 

(nach  Lespes).  a  After,     h  Titillator.     c  Spermatopliore.    d  Seitliche  Peuisklappen. 

Fig.  B.  Penis  der  Feldgrille  mit  Spermatophore  (nach  Lesp6s).    k.  g.  g  Ductus 

ejaculatorius.  l.  m.  n  Spermatophore.     a,  b — e  Chitiuöse  Teile.     H  Titillator. 

Männchens  auf.  Aus  dem  in  der  Fig.  A  mit  c  bezeichneten  Teil 
seines  Genitalapparats  tritt  ein  etwa  birnförraig  gestalteter  Körper 
hervor,  der  mit  einem  dünnen,  feinen  Stiel  in  die  Vulva  hineinragt 
und  am  Weibchen  hängen  bleibt.  Dieser  Körper  wird  freigegeben 
durch  seitliches  Auseinanderweichen  der  chitinösen  Klappen  c.  Nach 
dem  Erscheinen  der  Spermatophore  löst  sich  alsbald  der  dorsale  Teil 
des  „Penis"  aus  der  Vulva,  und  die  Begattung  ist  beendet.  Nun 
kann  es  vorkommen,  daß  das  Weibchen  noch  eine  Zeitlang  auf  dem 
Männchen  sitzen  bleibt,  ohne  daß  beide  Tiere  sich  rühren.^)  Ge- 
wöhnlich steigt  aber  das  Weibchen  bald  vom  Männchen  herab.   Das 


1)  Auch  von  BaüMGAETNEE  bei  der  amerikanischen  Form  beobachtet. 


Copnlation  und  Sperraatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  425 

Männchen  folgt  nun  meist  nocli  eine  ganze  Zeitlang  dem  Weibchen 
auf  Schritt  und  Tritt,  und  die  in  ihm  noch  nachklingende  sexuelle 
Erregung  gibt  sich  in  erst  kurzen,  später  länger  werdenden  Pausen 
durch  ganz  eigentümliche,  schüttelnde  Fühlerbewegungen  zu  erkennen, 
die  jedesmal  nur  wenige  Sekunden  dauern.  Während  der  Zeit  dieser 
Nachwirkung  der  Copulation  habe  ich  nie  ein  Männchen  stridalieren 
hören,  dagegen  war  erneutes  Zirpen  immer  das  Zeichen  der  Bereit- 
schaft zu  einer  weiteren  Begattung. 

Bevor  wir  Gestalt  und  Schicksale  der  Spermatophore  näher 
betrachten,  soll  noch  auf  das  eingegangen  werden,  was  sich  während 
der  Begattung  dem  Auge  des  Beobachters  entzieht.  Lespes  gibt 
uns  auch  hierüber  außerordentlich  genaue  Darstellungen.  Es  lassen 
sich  nämlich  diese  Vorgänge  dadurch  erschließen,  daß  man  die  Ab- 
gabe der  Spermatophoren  auch  am  allein  gehaltenen  Männchen  be- 
obachten kann.  Auch  ohne  die  Anwesenheit  von  Weibchen  pro- 
duzieren die  männlichen  Feldgrillen  fortgesetzt  Spermatophoren,  die 
gelegentlich  nach  außen  abgesetzt  werden.  Graber  weist  auf  diesen 
Vorgang  hin  mit  den  Worten:  ,.Den  Teleologen  zum  Trotze  sei  es 
ausdrücklich  gesagt,  daß  nach  unseren  vieljährigen  Beobachtungen 
die  Grillenmännchen,  in  Abwesenheit  ihnen  zusagender  Weibchen, 
viele  dieser  kostbaren  Samenpackete  ungenutzt  zur  Erde  fallen 
lassen.  Wir  sagen  ungenutzt,  weil  hier  noch  kein  Fall  constatiert 
ist,  daß  samenbedürftige  Weibchen,  wie  bei  den  Erdasseln,  sie  auf- 
suchen und  —  horribili  dictu  —  sich  selbst  in  die  Scheide  stecken." 

Diesen  Vorgang  —  den  der  Abgabe  der  Spermatophore  nach 
außen  — ,  kann  man  nun  künstlich  dann  beschleunigen,  wenn  das 
Männchen  eine  Spermatophore  zur  Begattung  bereitgestellt  hat. 
Lespes  weist  darauf  hin,  daß  die  Grillenmännchen  oft  schon  kurze 
Zeit  (10  Minuten,  die  von  mir  beobachteten  Intervalle  währten  im 
allgemeinen  viel  länger,  bis  eine  Stunde)  in  eigentümlicher  Weise 
mit  dem  Hinterleibe  pressende  Bewegungen  ausführen,  die  er  mit 
Defäkationsbewegungen  vergleicht.  Dabei  wird  jedesmal  eine  Sperma- 
tophore in  den  lötf eiförmigen  Behälter  gelegt,  der  den  ventralen  Teil 
des  Penis  bildet  und  dicht  dorsal  von  der  männlichen  Subgenital- 
platte  hervortritt.  Baumgartner  (2)  hat  diese  Bewegungen  bei  der 
amerikanischen  Feldgrille  nicht  gesehen,  ich  kann  Lesp^^s'  Be- 
obachtung nur  bestätigen.  Wenn  man  nun  einem  Männchen,  das 
diese  Bewegungen  bereits  ausgeführt  hat,  den  Hinterleib  von  beiden 
Seiten  leicht  komprimiert,  so  kann  man  dadurch  das  Austreten  der 
Spermatophore   bewirken.     Einmal   gelang  es  mir,  bei  einem  Mann- 


426  Ulrich  Gerhardt, 

eben,  das  in  dem  oben  erwähnten  Stadium  war,  in  dem  die  leiseste 
Berülirung'  der  Dorsalfläche  des  Abdomens  die  Streckung  des  Hinter- 
leibes und  die  eigentümlichen,  sonst  bei  der  Begattung  ausgeführten 
Drehbewegungen  des  Kopfes  auslöst,  den  Austritt  der  Spermatophore 
aus  der  Hinterleibsspitze  unter  dem  SEiBERT'schen  binokularen  Mikro- 
skop zu  verfolgen. 

Es  wird  nötig  sein,  auf  die  Bildung  und  auf  das  Zurechtlegen 
der  Spermatophore  in  den  männlichen  Ausführungswegen  sowie  auf 
die  Gestalt  der  Spermatophore  etwas  genauer  einzugehen.  Lespes 
legt  die  Form  des  von  den  deutschen  x\utoren  als  „Penis"  be- 
zeichneten Organs,  also  die  unmittelbare  Umgebung  der  Geschlechts- 
öffnung, eingehend  dar.  In  der  Hauptsache  unterscheidet  er  (und 
zwar  auch  bei  Gnjllus  domesticus)  zwei  Partien  der  männlichen 
Genitalbewatfuung,  eine  dorsale  und  eine  ventrale.  In  dem  ventralen 
Anteil,  der  aus  einer  hohlen  gekrümmten  Platte  und  einem  hornigen 
„Stilet"  besteht,  mündet  der  Ductus  ejaculatorius  des  Vas  deferens, 
nachdem  er  in  einem  Bogen  diese  Platte  umzogen  hat  (Fig.  By).  Der 
dorsale  Teil  besteht  aus  6  chitinösen  Teilen,  die  sich  um  einen 
medialen,  dreiteiligen  Haken  gruppieren,  der  bei  der  Copulation  in 
die  Vulva  eingeführt  wird.  Mit  anderen  Worten:  der  dorsale  An- 
teil stellt  einen  Fixierungsapparat  für  das  männliche  Hinterleibs- 
ende, der  ventrale  den  Formungs-  und  Leitungsapparat  für  die 
Spermatophore  dar.^)  Lespes  erörtert  die  Beziehung  der  einzelnen 
Teile  der  Genitalbewaffnung  zur  Segmentierung  des  Hinterleibes 
nach  der  von  Lacaze-Duthiers  gegebenen  Terminologie.  Das  Haupt- 
ergebnis ist,  daß  der  dorsale  Bogen  des  9.  Hinterleibssegments 
(ennato-tergite)  zwei  Epimeriten  und  zwei  durch  seitliche  Bogen  dar- 
gestellte Episterniten  trägt.  Die  beiden  Hörn  haken  (crochets)  stellen 
einen  Sternorabditen  und  einen  Tergorabditen  dar;  bei  Gnjllus  cam- 
pestris  existiert,  im  Gegensatz  zu  Gr.  domesticus,  nur  der  letzt- 
genannte. Alle  diese  Teile  setzen  den  dorsalen  Teil  („la  partie 
superieure")  des  Copulationsapparats  zusammen.  Der  ventrale  Teil 
wird  aus  einem  Stilet  und  der  „Lame  productive  de  la  sperma- 
tophore" gebildet.  Beide  Teile  gehören  zusammen  und  bilden  den 
Sterniten.  In  dieser  Ventralpartie,  zwischen  8.  und  9.  Sterniten, 
mündet  der  Ductus  ejaculatorius. 

1)  Baumgartnee  kommt  zu  einem  ähnlichen  Ergebnis,  das  er  so 
ausdrückt:  The  so  called  armature  of  the  male  crickets  consists  of  a  mold 
for  forming  the  spermatophore  and  an  apparatus  to  transfer  the  same  to  the 
female. 


Copalation  nnd  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  427 

Eis  wird  zweckmäßig  sein,  die  Copulationsorgane  der  Grillen 
auch  noch  an  der  Hand  der  vun  Bkunner  v.  Wattenw^yl  (10)  ge- 
gegebenen Deutungen  und  Figuren  zu  betrachten. 

Bei  allen  Orthopteren  ist  beim  Männchen  das  8.  Segment  noch 
normal  gestaltet,  während  es  beim  Weibchen  bereits  Veränderungen 
aufweist,  und  ti-ägt  noch  Stigmen.  Wie  Lespes  richtig  angibt,  ist 
das  9.  Segment  dasjenige,  an  dem  die  charaktei'istischen  Sexual- 
merkmale angebracht  sind.  Bei  beiden  Geschlechtern  ist  die  Dorsal  platte 
normal  gebildet,  beim  Männchen  bildet  die  Sternalplatte  die  Lamina 
subgenitali.s.  die  ,,in  der  Sternalhaut  den  Penis  einschließt".  Dieser 
,,Penis  ist  nichts  als  die  weiche,  häutige  Umgebung  der  Genital- 
ölfnung.  Er  ist  in  unserem  Falle  zu  der  die  Spermatophore  formen- 
den Lamelle  mit  allem  Zubehör,  seitlichen  Klappen  usw.,  geworden, 
während  der  von  Lksp]>s  als  Tei'git  aufgefaßte  dorsale  Anteil  das 
Gebilde  darstellt,  das,  in  einfacherer  Form  auch  bei  den  meisten 
männlichen  Locustiden  vorhanden,  den  Namen  Titillator  trägt 
und  gerade  bei  Grylliden  einen  außerordentlich  komplizierten  Bau 
aufweist.  Brunner,  der  dem  Gebilde  den  Namen  gegeben  hat,  be- 
tont ausdrücklich,  daß  es  außer  allem  Zusammenhang  mit  dem  eigent- 
lichen Körperskelet  steht.  Es  ist  daher  auch  nicht  irgendwelchen 
konstanten  Teilen  eines  Segments  zu  homologisieren.  Während  bei 
den  Locustiden,  die  ihn  besitzen,  der  Titillator  relativ  einfach  ge- 
baut ist,  ist  er  bei  den  Grj^lliden  mit  besonderen,  von  Art  zu  Art 
sehr  verschiedenen  Fortsätzen  etc.  versehen,  so  daß  er  als  Artcharakter 
verwertbar  ist  (Fig.  C). 

Das  9.  Segment  trägt  keine  Stigmen.  Das  10.  umschließt  den 
After,  der  von  3  Klappen  umgeben  ist,  von  denen  die  dorsale  sich 
als  Lamina  supraanalis  verlängert;  die  beiden  ventralen  (Sternal- 
platte) tragen  die  Cerci  (Stigmata?),  die  bei  den  Grylliden,  im  Gegen- 
satz zu  der  überwiegenden  Mehrzahl  der  Locustiden,  nicht  zu  Hilfs- 
organen bei  der  Begattung  umgewandelt  sind,  sondern  ungegliederte, 
lange,  mit  Tasthaaren  besetzte  Anhänge  darstellen  und  wohl  auch 
in  erster  Linie  als  Sinnesorgane  fungieren. 

Die  für  uns  wichtigsten  Organe,  die  im  9.  Segment  gelegen 
sind,  würden  also  der  Penis  und  der  Titillator  sein,  der  in  die  dor- 
sale Haut  des  Penis,  weiter  kopfwärts  eingepflanzt  ist.  Die  Be- 
sonderheit des  „Penis"  der  Grillen  liegt  hauptsächlich  darin,  daß  er 
auf  seiner  Dorsalfläche  konkav  ist,  und  diese  Aushöhlung  ist  es, 
die  der  Spermatophore  zum  Aufbewahrungsort  dient,  bis  sie  nach 
außen  entleert  wird,  und  in  die  hinein  die  Spermatophore  durch  die 


428 


Ulrich  Gerhardt, 


bereits  erwähnten  Preßbewegungen  des  Männchens  gebracht  wird.  Wie 
die  schematischen  Darstellungen  Lespes'  (Fig.  B  u.  G)  deutlich  zeigen, 
mündet  der  Ductus  ejaculatorius  ventral  in  das  caudale  Ende  des 
Hohlraumes  ein.  Also  werden  sowohl  das  Sperma  selbst  wie  auch 
die  den  Körper  der  Spermatophoi-e  formenden  Secrete  in  der  Rich- 
tung von  hinten  nach  vorn  in  die  dorsale  Penisrinne  ergossen,  und 
hier  empfängt  die  Spermatophore  ihre  definitive  Gestalt.  Die  Penis- 
rinne ist  in  ihrem  caudalen  Teile  sehr  stark  erweitert,  und  in  ihm 
wird  der  bläschenförmige,  nach  der  Begattung  äußerlich  am  Weibchen 
sichtbare  Teil  der  Spermatophore  geformt,  während  in  dem  schmäleren 
Teil  der  Rinne,  der  schließlich  in  einer  Dorsalfurche  des  Titillators 
endet,  der  feine  Stiel,  der  in  die  Vulva  hineinreicht,  und  außerdem 
noch  Teile  der  Spermatophore  gebildet  werden,  die  ins  Innere  des 
weiblichen  Körpers  eingesenkt  werden. 


Ir 


Fig.  C. 


Fiff.  D. 


Fig.  C.  Schema  der  Genitalsegmente  a  von  Gryllus  campestris  und  b  von  Gryllus 
domesticus  (nach  Brunner),  a  Anus,  c  Cerci.  Is  Lamiua  subgenitalis.  /^  Penis. 
t  Titillator. 

Fig.  D.  Genitalorgane  des  Männchens  von  Gryllus  campestris  d^  (nach 
Fischer),  a  Hoden.  &  Vas  deferens.  c — e  3  Gruppen  akzessorischer  Drüsen. 
f  Ductus  ejaculatorius. 


Baumgaetner  (2)  weist  mit  Recht  auf  die  Schwierigkeiten  hin, 
die  sich  der  Vorstellung  entgegensetzen,  die  wir  uns  von  den  tat- 
sächlichen Vorgängen  bei  der  Bildung  der  Spermatophore  in  die 
Penisrinne  machen  können.    In  diese  Rinne  mündet  der  gemeinsame 


Copulatioii  und  Spermatophoreii  von  Grylliden  und  Locustiden.  429 

Aiisführung:sgang  der  Hoden,  paariger  tubiilöser  Drüsen  und  der 
sogenannten  Prostatadrüsen,  die  alle  auf  der  Fischer  entnommenen 
Fig.  D  sichtbar  sind.  Nun  ist  kein  Zweifel,  daß  die  Hüllen,  die 
den  eigentlichen  Kern,  der  im  Innern  der  Spermatophore  liegt,  um- 
geben, Produkte  dieser  akzessorischen  Drüsen  sein  müssen.  Die 
Frage  ist  nach  Baumgartner:  wie  kann  in  der  Penisrinne  das 
Sperma  festgehalten  werden,  während  das  Drüsensecret  es  umgibt 
und  dann  hart  wird?  Lkspes  gibt  an,  eine  halbfertige,  sehr  dünn- 
wandige Spermatophore  in  der  Rinne  gefunden  zu  haben,  Baum- 
GAKTNER  ist  dics  uicht  gelungen,  vielmehr  fand  er  immer  nur  fertige 
Spermatophoren  vor,  und  auch  ich  habe  nie  eine  auf  dem  Wege  zur 
Vervollständigung  gesehen.  Lespes  nahm  eine  getrennte  Ent- 
stehung zweier  Teile  der  Spermatophore  an ,  die  erst  in  der  Penis- 
rinne vereinigt  wurden.  Baumgartner  nimmt  dagegen  an,  daß  in 
die  zunächst  sehr  enge  Rinne,  diese  völlig  ausfüllend,  Sperma  er- 
gossen wird  und  den  Hohlraum  völlig  ausfüllt,  daß  dann  in  2  weiteren 
Phasen  die  umhüllende  und  später  erhärtende  Masse,  die  das  Sperma 
völlig  umschließt,  secerniert  wird.  Er  meint,  daß  diese  Vorgänge 
sich  verhältnismäßig  rasch  abspielten.  Jedenfalls  hat  diese  Auf- 
fassung größte  Wahrscheinlichkeit  für  sich. 

Wir  wollen  nun  das  Produkt  des  Copulationsaktes,  die  Sperma- 
tophore selbst,  etwas  genauer  betrachten.  Zum  erstenmal  ist  die 
Spermatophore  der  Feldgrille  von  Frisch  (19)  bereits  klar  be- 
schrieben worden. 

Von  der  Spermatophore  der  3  Arten  Liogryllus  campestris,  Gryllus 
domesticits  und  Nenwhius  sylvestris  gibt  Lkspes  (26,  27)  gute  Ab- 
bildungen.   Baumgartner    von    der    amerikanischen   Feldgrille   und 


Fi^.  E. 

Spermatophoren  amerikanischer  Grylliden  fnach  Baümgartner). 
1 — 3  GrylluH,  4  Xemobius. 


430  Ulrich  Gerhakdt, 

von  Nemobius  fasciatus  (Fig-.  E),  außerdem  zeigen  Fig.  1—3,  Tai".  18  noch 
Photogramme  von  Spermatophoren  der  drei  Species.  Sie  beweisen, 
daß  die  Spermatophore  verschiedener  Grylliden  im  wesentlichen 
völlig  übereinstimmend  g-ebaut  ist.  Boldyeev  (8)  fand  bei  Gr.  deser- 
tus  den  gleichen  Bau  der  Spermatophore,  die  von  GryUotalpa  wird 
später  zu  besprechen  sein. 

Lespes  unterscheidet  an  der  Grillenspermatophore  3  Teile,  die 
er  als  „vesicule",  „lamelle"  und  „fllet"  bezeichnet.  Die  Ampulle 
(a),  die  bei  den  3  Species  in  ihrer  Form  etwas  verschieden  gebildet 
ist,  stellt  den  bei  der  Feld-  und  Hausgrille  etwa  eiförmigen,  bei  der 
Waldgrille  kugligen  eigentlichen  Behälter  für  das  Sperma  dar. 

Die  Ampulle  der  Spermatophore  der  F'eld grille  zeigt  in  ihrem 
Innern  einen  engen,  gleichfalls  eiförmigen,  bei  frischen  Exemplaren 
dicht  mit  Sperma  gefüllten  Binnenrauni,  der  von  einer  3.,  halb  durch- 
sichtigen Wand  umschlossen  wird.  Das  Verhältnis  von  Lumen  und 
äußerer  Wand  der  Spermatophore  gibt  gut  die  Fig.  F  von  Lespes, 
noch  besser  die  von  Baumgartnek  wdeder,  außerdem  geht  es  aus 
Fig.  1,  Taf.  18  hervor.  Das  Ganze  ist,  was  Lespes  nicht  angibt, 
noch  von  einer  dünnen,  farblosen,  durchsichtigen  Haut  überzogen, 
die  Baumgartner  ebenfalls  bemerkt  hat,  das  freie  Ende  der  Ampulle 
trägt  eine  weißliche  Papille  (E'ig.  F).  Bei  einer  Vergleichung  der 
BAUMGARTNER'schen  Photogramme  mit  meinen  Präparaten  ergibt  sich 
eine  fast  völlige  Übei-einstimmung  zwischen  den  Spermatophoren  der 
europäischen  und  der  amerikanischen  Feldgrille. 

Von  der  Ampulle  aus  erstreckt  sich  ein  feiner  axialer  Faden  (d) 
durch  einen  zentralen  röhrenförmigen  Hohlraum  der  Lamelle^) 
hindurch,  die  eine  dorsoventral  abgeplattete,  mit  für  die  Species  kon- 
stant geformten  geschweiften  Ecken  versehene  membranöse  Bildung 
darstellt  (e,  c,  f).  Der  Endteil  des  Fadens  (d)  ist  verschieden  lang. 
So  lang  wie  auf  der  LESPEs'schen  Abbildung  habe  ich  ihn  nur  sehr 
selten  angetroifen.  Übrigens  weist  auch  Lespes  auf  die  verschiedene 
Länge  des  Fadens  hin,  er  gibt  an,  bei  leeren,  vom  Weibchen  aus- 
gestoßenen Spermatophoren  ihn  nicht  mehr  in  dem  Kohr  ge- 
funden zu  haben,  dies  kann  ich  aber  ebensowenig  wie  Baumgartner 
bestätigen. 

Mir  schien  der  Faden  selbst  gleichfalls  hohl  zu  sein.  Bei 
Spermatophoren,  die  gleich  nach  der  Begattung  dem  Weibchen  ent- 


1)  Diese  Lamelle  ist  als  „Häutchen"   schon  von  Frisch  (19)  im  Jahre 
1730  beschrieben  worden. 


Copiilation  \ind  Sperraatophoreu  von  Grylliden  und  Locustideu. 


431 


nommen  wurden  und.  in  5"„  P'ormol  gelegt,  unter  dem  SEiBERT'schen 
binokularen  Mikroskop  betrachtet  worden,  quoll  aus  der  Spitze  des 
Fadens  in  dicken  Wolken  Sperma  hervor.  Wenigstens  hatte  ich 
den  Eindruck,  daß  es  sich  um  diesen  Vor- 
gang handle;  es  ist  mir  sehr  unwalirschein- 
lich,  daß  aus  der  zentralen  Tube  der  Lamelle 
das  Sperma  nur  außen  an  dem  Faden  entlang 
geflossen  wäre,  dann  hätte  es  sich  wohl  zweifel- 
los bereits  an  der  Basis  des  Endfadens  in 
Wolken  im  Formol  verteilen  müssen. 

Zu  dem  gleichen  Resultat,  daß  der  Faden 
hohl  sei.  kommt  Baumgartner,  der  dieses  Aus- 
treten des  Spermas  in  physiologischer  Koch- 
salzlösung beobachtete. 

LESPi:s  gibt  braun  als  die  Farbe  der 
Ampulle  der  Spermatophore  an,  wähi-end  La- 
melle und  Endt'aden  farblos  und  durchsichtig 
sind.  Ich  habe  die  Erfahrung  gemacht,  daß 
zwar  die  ]Mehi-zahl  der  Spermatophoren  braune 
Ampullen  hat,  doch  waren  die  Spermatophoren, 
die  bei  Begattungen  produziert  wurden,  die 
einer  anderen  rasch  nachfolgten,  regelmäßig 
sehr  viel  heller,  gelb  bis  fast  völlig  weiß.') 
Somit  scheint  es,  daß  im  „Penis"  während  der 
Aufbewahrung  der  Spermatophore  die  Bräu- 
nung  erst   eintritt.     Die   Spermatophore.   die  Fis:.  F  Spermatophore  von 

,     .  ^   .  .    ,         m  11  LwgryllHSca))ipt-sfns[na.m 

beim    ersten    Coitus   jedes    Tages    abgegeben  LESPi:^s).     a  Ampulle,    b 

wurde,   war   regelmäßig    ganz   ausgesprochen  dereu  Spitzeukappe  e.  c-/ 

...  .       r        \  Lamelle,    d  Lndfaden. 

braun,      immer    weiß    ist,    wie    Lespes    an- 
gibt,  die  kleine  Papille  (b),  die   dem   stumpfen  Ende   der  Ampulle 
aufsitzt. 

Wenn  nun  die  Spermatophore  in  der  Rinne  des  Penis  liegt,  so 
ist  der  Faden  oralwärts.  die  Ampulle  caudalwärts  gerichtet,  und 
w^enn  der  Titillator.  der  von  den  männlichen  Teilen  am  meisten 
oral  gelegen  ist.  von  unten  in  die  Vulva  eingehakt  wird,  wobei  er 
stark  nach  vorn  umgebogen  wird,  so  bilden  Penisrinne  und  Titillator 


1)  In  einem  Falle  von  zwei  aufeinander  folgenden  Paarungen  binnen 
einer  ^/^  Stunde  hat  auch  B.\umgartxkk  eine  fast  weiße  Spermatophore 
bei  der  amerikanischen   Art  beobachtet. 


432  Ulrich  Gerhardt, 

einen  zusammenhängenden  Hohlraum.  „Le  crochet  de  l'armure 
genitale  etant  introduit  dans  la  vulve,  les  deux  insectes  sont 
solidement  unis.  C'est  ä  ce  moment  que  commence  l'emission  du 
spermatophore;  l'extremite  de  la  lamelle  d'oii  sort  le  ölet  glisse  dans 
une  Sorte  de  rainure  creusee  en  arriere  du  crochet,  par  un  mouve- 
ment  analogue  ä  celui  que  produisent  les  chirurgiens  quand  ils 
conduisent  un  bistouri  sur  une  sonde  cannelee;  puis,  par  un  mouve- 
meut  rapide  d'arriere  en  avant,  la  lamelle  est  introduite,  les  deux 
palettes  qui  maintienuent  la  vesicule  s'ecartent,  et  celle-ci  reste 
fixee  par  la  lamelle  qui  seule  a  penetre  dans  le  vagin."  Dieser 
Schilderung  Lespes'  ist  nichts  hinzuzufügen.  Somit  ist  der  feine 
Stiel,  an  dem  die  Spermatophore  in  der  Vulva  hängt,  die  Ver- 
bindung zwischen  Ampulle  und  Lamelle. 

Die  Spermatophoren  der  Feldgrille  verbleiben  nun  einige  Zeit 
in  der  Vulva  des  Weibchens,  und  währenddessen  wird  das  Sperma 
aus  der  Ampulle  durch  Lamelle  und  Faden  in  das  Receptaculum 
seminis  geleitet.  Bei  dem  außerordentlich  häufigen  Vollzug  der  Be- 
gattung ist  es  kein  Wunder,  daß  das  Receptaculum  der  Weibchen 
zu  einer  fast  erbsengroßen,  prall  gefüllten  Kugel  anschwillt.  Man 
hat  sich  wohl  den  inneren  Vorgang  bei  der  Entleerung  der  Sperma- 
tophore ähnlich  vorzustellen  wie  den  beim  Einlegen  in  Formol  be- 
obachteten, daß  das  Produkt  der  Drüsen  des  Receptaculum  ein 
Hervorquellen  des  Spermas  bewirkt,  ähnlich  wie  dies  auch  das 
Formol  tut. 

Ist  das  Sperma  annähernd  vollständig  entleert  —  einiges  davon 
bleibt  wohl  immer  in  der  Ampulle  zurück  ^)  — ,  so  hat  das  Verbleiben 
der  Spermatophore  in  der  Vulva  nicht  nur  keinen  Zweck  mehr  für 
den  Organismus,  sondern  es  ist  im  Gegenteil  für  den  Vollzug  weiterer 
Begattungen  wie  auch  für  eine  etwaige  Eiablage  geradezu  hinder- 
lich. Somit  muß  die  leere  Spermatophore  irgendwie  aus  der  Vulva 
entfernt  werden,  und  das  kann  auf  recht  verschiedene  Weise  ge- 
schehen. Betrachten  wir  zunächst  die  Angaben  in  der  Literatur 
über  diesen  Punkt.  Rösel  gibt  an,  das  „Tröpflein",  das  dem  Weib- 
chen vom  Männchen  angehängt  wird,  werde  von  jenem  „in  den  Leib 
gezogen".  Das  ist  schlechterdings  unrichtig.  Lespes,  der  ausführ- 
lichste Berichterstatter,  gibt  für  LiogryVus  campestris  nur  ein  spon- 
tanes Herausfallen  der  Spermatophore  aus  der  Vulva  an.  „La 
femelle  transporte  pendant  quelques  heures  le  petit  appareil  partie 


1)  Baumgartner  bestreitet  allerdings  diese  Annahme. 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  433 

dans  le  vagin  (la  lamelle),  partie  au  deliors  (la  vesicule);  il  m'a 
semble  qu'elle  ne  fait  aucun  effort  pour  s'en  debarrasser,  et  qu'il 
tombe  toiit  seul."  Einmal  sah  LKsrfts  ein  Weibchen,  das  mittags  1  Uhr 
mit  einer  Sperniatophore  gefangen  war,  diese  erst  ungefähr  abends 
um  7  Uhr  bei  einer  neuen  Begattung  beim  Besteigen  des  Männ- 
chens verlieren.  —  Auch  FiscnEK(18)  kennt  nur  das  Herausfallen 
der  Spermatophore  nach  der  Entleerung. 

Ganz  anders  lautet  eine  Angabe  von  Tümpel  (33),  die  ich  wegen 
ihrer  Wichtigkeit  wörtlich  wiedergebe.  Nach  kurzer  Schilderung 
der  Begattung  und  der  Spermatophore  heißt  es:  „Und  jetzt  unter- 
nimmt das  Weibchen  etwas  sehr  sonderbares.  Es  krümmt  sich  nach 
hinten,  wobei  es  häufig  auf  den  Rücken  fällt,  und  nimmt  den  Sperma- 
tophor,  . .  .  nachdem  der  Same  in  die  weibliche  Gesclilechtsöffnung 
eingedrungen  ist,  mit  den  Kiefern  oder  den  Vorderbeinen  von  der 
Hinterleibsspitze  und  frißt  ihn  auf." 

Graber  (20)  beschreibt  außer  dem  spontanen  Ausfallen  der 
Spermatophore  bei  LiogrijUus  campestris  noch  1.  Abreißen  mit  den 
Mund  teilen  und  Fallenlassen  der  Spermatophore,  2.  Abreißen  mit 
den  Tarsen  der  Vorderfüße,  3.  in  einem  Falle,  Auffressen  der 
Spei'matophore. 

Da  nun,  wie  wir  später  sehen  w^erden,  das  Fressen  der  Spermato- 
phore durch  die  Weibchen  bei  den  Locustiden  allgemein  ver- 
breitet ist,  so  wäre  das  Vorkommen  dieses  Freßinstinktes  bei  den 
Grylliden  von  besonderer  Bedeutung.  Für  Liogryllus  campestris  wird, 
also,  wie  wir  sahen,  von  der  einen  Seite  das  Herausfallen,  von  der 
anderen  das  Fiessen  der  Spermatophore  als  regelmäßiges  Vorkommnis 
angegeben.  Lespes  beobachtete  bei  Nemohius  sylvestris  ein  Heraus- 
fallen der  Spermatophore  nach  kurzer  Zeit;  ich  kann  diese  Angabe 
nur  bestätigen.  Boldyrev  fand  das  Gleiche  bei  Grijllus  desertus. 
Sehr  interessant  ist  aber,  was  dieser  Autor  über  das  Auftreten  eines 
dem  „Freßinstinkt"  mindestens  verwandten  Triebes  bei  Gr.  dotne- 
sticus  angibt:  während  hier  unter  normalen  Umständen  das  Weib- 
chen die  Spermatophore  nach  1  — P/4  Stunden  durch  Zusammen- 
drücken des  Hinterleibes  entleert,  kommt  es  vor,  daß  es  bei  plötz- 
lichem Schreck  (grelle  Belichtung  u.  dgl.)  die  noch  gefüllte  Ampulle 
der  Spermatophore  abbeißt  und  entweder  fallen  läßt  oder  aber 
auffrißt. 

Ich  hatte  nun  bei  meinem  gefangenen  Pärchen  mit  seinen  außer- 
ordentlich häufigen  Begattungen  genügend  Gelegenheit,  die  Frage, 
ob  die  weibliche  FeldgrillQ  die  Spermatophoren  einigermaßen  regel- 


434  Ulrich  Gerhardt, 

mäßig-  fresse,  genauer  naclizuprüfen,  und  icli  bin  dabei  zu  mich  über- 
rasclienden  Ergebnissen  gekommen.  In  der  ersten  Zeit  der  Ge- 
fangenschaft sah  ich  ganz  regelmäßig  das  Weibchen  die  Spermato- 
phore  auffressen.  Dabei  muß  sich  das  Tier  naturgemäß  stark  ventral 
krümmen,  bis  es  mit  den  Freßwerkzeugen  die  Vulva  erreicht.  Das 
ist  wegen  der  Dicke  des  Hinterleibes  nicht  leicht,  während  Locu- 
stidenweibchen  meist  ohne  irgendwelche  Anstrengung  die  gleiche 
Prozedur  ausführen.  Meist  fällt  das  Weibchen  dabei  auf  eine  Seite, 
nicht  aber  auf  den  Rücken.  Sehr  häufig  mißlingen  diese  Versuche, 
und  dann  tritt  eine  längere  Pause  ein.  nach  deren  Ablauf  das 
Gleiche  wieder  vorgenommen  wird,  bis  es  schließlich  gelingt,  die 
Ampulle  der  Spermatophore  mit  den  Kiefern  zu  packen.  Nun  wird 
die  ganze  Spermatophore  (inkl.  Lamelle)  hervorgezogen,  die  Ampulle 
mit  hörbarem  Knacken  zerbissen  und  aufgefressen.  Das  ist  wenig- 
stens die  Regel,  einmal  schien  mir  aber,  so  wie  es  Boldyeev  für 
die  Hausgrille  beschreibt,  das  Weibchen  nur  die  leere  Ampulle  ab- 
zubeißen und  zu  fressen.  Gerade  in  diesem  Falle  war  der  Vorgang 
wegen  ungünstiger  Stellung  des  Tieres  nicht  genau  zu  beobachten. 
Die  kürzeste  beobachtete  Zeit  zwischen  Begattung  und  Abfressen  der 
Spermatophore  waren  7,  die  längste  112  Minuten.  Als  Mittelwert 
wui'den  62  Minuten  ausgerechnet.  Auffallend  war  die  Erscheinung, 
daß  das  Männchen,  das  nach  der  Begattung  in  der  geschilderten 
Weise  als  Zeichen  nachklingender  Erregung  die  Fühler  schüttelte, 
in  dieser  Zeit  nicht  vom  Weibchen  wich .  es  überallliin  verfolgte 
und  es  an  dem  E'ressen  der  Spermatophore  deutlich  zu  hindern 
suchte,  öfters  mit  Erfolg,  so  daß  sich  das  Weibchen  schließlich  in 
einen  Winkel  des  Behälters  zurückziehen  und  einen  unbewachten 
Moment  benutzen  mußte,  um  sich  der  leeren  Spermatophore  zu  ent- 
ledigen. War  diese  gefressen,  so  kümmerte  sich  das  Männchen  nicht 
mehr  um  das  Weibchen,  bis  es  schließlich  durch  Zirpen  seine  wieder 
aufgetretene  Begattungslust  anzeigte. 

Diese  Dinge  spielten  sich  in  der  ersten  Zeit,  in  der  ich  meine 
Gefangenen  hielt,  mit  solcher  Regelmäßigkeit  ab,  daß  ich  sie  für  die 
allein  heri-schende  Regel  hielt.  Am  27,  Juni  (die  Tiere  waren  seit 
dem  10.  Juni  in  Gefangenschaft)  wurde  zum  ersten  Mal  ein  wesent- 
lich anderes  Verhalten  beobachtet.  Es  trat  das  ein,  was  Lespes  in 
einem  Falle  beobachtet  hatte:  das  Weibchen  trug  bei  der  Einleitung 
einer  Begattung  noch  die  leere  Spermatophore  vom  (nicht  be- 
obachteten) vorangegangenen  Coitus  in  der  Vulva.  Dieses  Verhalten 
wurde  später  noch  in  7  Fällen  beobachtet,  und  dabei  fiel  entweder, 


Copulatiou  und  Spermatophoieii  von  (TiyUiden  und  Locustiden.  435 

•wie  in  dem  LKsrfes'scheu  Falle,  die  Spermatophore  beim  Aufsteigen 
des  W'(  ibcliens  auf  das  Männchen  heraus,  oder  aber  sie  wurde  erst 
bei  dessen  Versuchen,  seinen  Titillator  in  die  Vulva  einzubringen, 
mechanisch  entfeint.  In  solchen  Fällen  blieb  sie  denn  gelegentlich 
am  Männchen,  einmal  auch  an  der  Legröhre  des  Weibchens  hängen, 
während  sie  gewöhnlich  auf  den  Boden  fällt.  Sie  ist  dann  völlig 
unverletzt,  der  Endfaden  nicht  immer,  wie  LESPfis  meint,  abgerissen, 
die  Ampulle  enthält  nur  noch  sehr  wenig  Sperma.  Eine  noch  ge- 
füllte und  eine  durchsichtige  leere  Spermatophore  läßt  sich  übrigens 
schon  makroskopisch  leicht  unterscheiden. 

Am  29./6.  wurde  wieder  zweimal  das  Fressen  der  Spermatophore 
beobachtet,  von  da  ab  nicht  mehr.  Möglicherweise  hängt  diese  auf- 
fallende Änderung  im  Verhalten  des  Tieres  damit  zusammen,  daß 
die  zunehmende  Fülle  des  Abdomens  das  Krümmen  des  Körpers 
mehr  und  mehr  erschwerten.  Jedenfalls  wurde  jetzt  regelmäßig  die 
Spermatophore  bis  zum  nächsten  Coitus  mit  herumgetragen  oder 
beim  Herumlaufen  verloren. 

Von  besonderem  Interesse  war  nun,  daß  Baumgartneii  ein  ähn- 
liches unregelmäßiges  Verhalten  des  Weibchens  bei  der  amerika- 
nischen Feldgrille  beobachtet  hat: 

,.The  female  carries  the  vesicle  very  frequently  until  slie  is 
about  to  mate  again.  If  this  comes  soon  after  a  previous  copulation, 
she  will  remove  the  vesicle.  She  does  this  with  her  niouth  parts, 
bending  the  abdomen  ventrallj?^,  she  may  place  herseif  partly  on  her 
back  and  holding  the  abdomen  against  the  ground  force  her  mouth 
parts  back  so  as  to  reach  the  ampulla  of  the  spermatophore.  If 
the  abdomen  is  too  much  distended  by  eggs,  she  frequently  rubs  it 
off  by  dragging  the  abdomen  on  the  ground.  The  longer  a  sper- 
matophore has  been  carried  by  a  female  the  easier  it  is  removed. 
In  only  one  instance  did  I  see  a  female  mount  upon  a  male  with  the 
sperm  bearer  still  in  place.  After  a  good  many  efforts  the  male 
succeeded  in  pushing  the  old  spermatophore  partially  out  of  the  way 
and  placing  a  new  one.  The  female  then  carried  both,  the  old  one 
apparently  hanging  on  by  one  hook." 

Nicht  gesehen  habe  ich  das  Scheuern  des  Weibchens  mit  dem 
Hinterleibe  zur  Elntfernung  der  Spermatophore.  Im  übrigen  scheinen 
sich  die  Feldgrille  Europas  und  die  Amerikas  untereinander  ähnlich 
in  der  Ausbildung  des  „Freßinstinktes"  zu  erhalten,  der  bei  ihnen 
stärker  als  bei  der  Gruppe  Gryllus  desertus-domesticus  und  zumal 
bei  Nemobius  entwickelt  ist. 

Zool.  Jalirb.  XXXV.    Al.t.  f.  Syst.  29 


436  Ulrich  Gerhardt, 

Zu  erwähnen  ist  hier,  daß  auch  männliche  Grillen  ihre 
Spermatophoren,  die  sie  ausgestoßen  haben,  wenn  kein  Weibchen 
zur  Begattung  vorhanden  ist,  gelegentlich  auffressen.  Die  Produktion 
überaus  zahlreicher  Spermatophoren  durch  ein  Männchen  während 
der  Zeit  seiner  sexuellen  Reife  bedingt  es,  daß  auch  isolierte 
Männchen  die  Spermatophoren  nach  außen  absetzen,  wie  Fischer, 
Lespes,  GßABER  und  Baum  GÄRTNER  schon  angeben.  Von  dem  Fressen 
der  Spermatophore  durch  das  Männchen  spricht  Tümpel.  Das 
Männchen  meines  Paares  kam  bei  der  großen  Begattungslust  seines 
"Weibchens  kaum  in  die  Lage,  Spermatophoren  außerhalb  des  Coitus 
auszustoßen,  dagegen  wurde  bei  anderen  gefangenen  Männchen  der- 
gleichen beobachtet;  ich  stehe  aber  nicht  an,  das  ganze  Verfahren 
bei  Liogryllus  mit  Baumgautner  für  nicht  normal  zu  halten;  für 
NemoUus  sylvestris  bin  ich  dagegen  über  diesen  Punkt  im  Zweifel. 
Insbesondere  scheint  der  Instinkt  des  Männchens,  Spermatophoren 
zu  fressen,  bei  der  Waldgrille  ausgebildeter  zu  sein  als  bei  der 
Feldgrille. 

Von  besonderem  Interesse  scheint  mir  die  bei  Liogryllus  cam- 
pestris  (und  wohl  auch  bei  anderen  Grylliden)  sich  findende  Häufig- 
keit der  Begattungen.  Es  ist  eine  früher  oft  geäußerte  Mei- 
nung, bei  lusecten  sei  durchweg  die  einmalige  Begattung  das  allein 
Normale.  Im  Jahre  1838  schrieb  Lacordaire  (25)  den  Satz:  „Les  in- 
sectes  femelies  ne  s'accouplent  qu'une  seule  fois  dans  le  cours  de  leur 
vie,  quelle  que  soit  la  duree  de  celle-ci,  du  moins  nous  ne  connais- 
sons  aucun  exemple  du  contraire.  Mais  il  est  certain  que  cela  n'est 
pas  une  regle  constante  pour  le  sexe  oppose."  Und  1912  steht 
Blunck  (5)  noch  auf  dem  gleichen  Standpunkt,  den  er  ausgehend  von 
seinen  Studien  an  Dytiscus  marginalis  gewinnt.  Nun  ist  durchaus 
nicht  zu  bestreiten,  daß  für  die  Mehrzahl  der  Insecten  einmalige 
Begattung  beider  Geschlechter  das  häufigste  ist,  und  wir  werden 
unter  den  Locustiden  typische  Beispiele  für  dieses  Verhalten  antreffen. 
Gibt  es  doch  sogar  Schmetterlinge  ^),  bei  denen  Teile  des  Penis  nach 
der  Copulation  in  derBursa  copulatrix  des  Weibchens  zurückbleiben,  so 
daß  hier  für  das  Männchen  eine  zweite  Begattung  absolut  unmög- 
lich gemacht  wird.  Aber  gerade  bei  der  Feldgrille  hat  sich,  viel- 
leicht unter  dem  Einfluß  des  mindestens  zeitweise  monogamen  Zu- 
sammenlebens  zweier  Tiere,    die   häufige  Ausübung    der  Begattung 


1)  Beobachtung    von    Petersen;    mündliche    Mitteilung    von    Herrn 
Kollegen  Dampf. 


Copulatiou  und  Spermatoplioreii  von  Grylliden  und  Locustiden.  437 

der  Individuen  eines  Paares  ausgebildet.  Ich  bin  mir  dabei  bewußt, 
daß  ich  meine  Beobachtunjjeu  an  Gefangenen  gemacht  liabe  und 
daß  vielleicht  im  Freien  Abänderungen  des  Verhaltens  vorkommen 
mögen.  Aber  schon  die  außeroi'dentlich  große  Pi-oduktivität  der 
Müiuichen  an  Spei'matophoren.  die  doch  unmöglich  nur  zum  Ent- 
leeren ins  Freie  bestimmt  sein  können,  spricht  für  die  hier  für  das 
Männchen  notwendige  sehr  häufige  Begattung.  Und  andrerseits 
sind  auch  die  Weibchen  lange  Zeit  hindurch  begattungslustig,  was 
sie  nicht  hindert,  zwischendurch  schon  Eier  zu  legen.  Bei  Feld- 
und  Waldgrille  sah  ich  Weibchen  zwischen  zwei  Copulationen  eifrig 
mit  der  Eiablage  beschäftigt. 

Die  Tatsache,  daß  ein  Grillenweibchen  sich  öfters  begatten 
läßt,  ist  schon  Rosel  bekannt;  auch  Lesp^is  ist,  wie  kaum  zu  er- 
wähnen nötig,  Zeuge  vieler  Begattungen  eines  Paares  gewesen. 
Ferner  verdanken  wir  Geaber  (20)  sehr  genaue  Angaben  über  die 
Anzahl  der  Begattungen  gefangener  Feldgrillen,  Tümpel  (33)  gibt  an, 
ein  Weibchen  begatte  sich  sogar  10 — 12  mal.  Diese  Zahl  ist  viel 
zu  niedrig  gegritfen.  Wenn  aber  Baumgahtner  meint,  Lespes  habe 
das  Intervall  zwischen  zwei  Begattungen  der  Feldgrille  mit  etwa 
einer  Stunde  zu  lang  angegeben,  so  scheint  hier  ein  Unterschied 
im  Verhalten  der  europäischen  und  der  amerikanischen  Feldgrille 
gegeben,  denn  bei  meinen  genau  protokollierten  Beobachtungen  lag 
mindestens  ungefähr  eine,  oft  mehrere  Stunden  zwischen  zwei  Be- 
gattungen. 

Mein  Feldgrillenpaar,  das  vor  meinen  Augen  48  Copulationen 
ausführte,  hat  sich  nachgewiesenermaßen  in  der  Zeit  vom  11.  Juni 
bis  zum  26.  Juli  1912  76mal  gepaart,  was  aus  der  Zahl  der  be- 
obachteten Spermatophoren  hervorging;  dabei  ist  wohl  sicher,  daß 
auch  noch  außerhalb  der  Beobachtungszeiten  Copulationen  statt- 
gefunden haben.  Der  Gegenstand  erscheint  mir  wichtig  genug,  um 
meine  Beobachtungen  in  Form  einer  Tabelle  im  einzelnen  hier  an- 
zugeben. 

Diese  Tabelle  zeigt  einmal,  daß  —  abgesehen  von  einem  Sonn- 
tage, der  für  die  Beobachtungen  nicht  in  Betracht  kommt,  weil  ich 
an  ihm  nicht  nach  meinen  Gefangenen  gesehen  habe  —  an  einigen 
Tagen  keine  Begattung  in  der  Beobachtungszeit  stattfand,  daß 
andererseits  wieder  Perioden  größerer  Geschlechtstätigkeit  mit  drei- 
bis  viermaligei'  Begattung  am  Tage  auftraten.  Ferner  scheint  von 
Interesse  die  Tatsache,  daß  die  Eiablage  sowohl  in  begattungslose 
wie  auch  in   begattungsreiche  Zeiten  fallen  kann  und  daß  die  Be- 

29" 


438 


Ulkich  Gerhardt, 


gattuii^stätigkeit  der  Eltern  noch  eine  ganze  Weile  fortgesetzt  wird, 
wenn  bereits  die  Jungen  aus  den  ersten  Gelegen  ausgeschlüpft  sind. 
Daraus  erklärt  sich,  daß  man  im  Freien  in  einer  Gegend  Grillen- 
larven sehr  verschiedener  Entwicklungsstufen  gleichzeitig  vorfindet. 


1912 

Monat 

Tag 

Coitus 

Bemerkungen 

1912 

Monat 

Tag 

Coitus 

Bemerkungen 

Juni 

11. 

1 

Juli 

4. 



keine  Begattung 

12. 

1 

5. 

— 

n 

13. 

1 

6. 

1 

14. 

1 

7. 

1 

15. 

2 

8. 

2 

16. 

1 

9. 

2 

17. 

1 

10. 

3 

18. 

keinC. 

11. 

4 

19. 

2 

12. 

2 

20. 

2 

13. 

3 

21. 

2 

14. 

2 

lunge  ausgeschl. 

22. 

keiuC. 

9  sehr  dick 

15. 

2 

23. 



keine  ßeobacht. 

16. 

2 

24. 

2 

17. 

2 

vom  15.  an 

25. 
26. 
27. 

2 
3 

3 

Eiablage 

18. 
19. 

20. 

4 
3 

zwischen  den 
>  Copulationeu 
vergebliche 

28. 

3 

21. 

1 

Versuche 

29. 

3 

Eiablage 

22. 

2 

. 

30. 

2 

77 

23. 

2 

Juli 

1. 

1 

24. 

1 

2. 

3 

25. 

— 

vergebl.  Versuch 

3. 

— 

keine  Begattung 

26. 

1 

Sa. 

36 

Sa. 

40 

Sa.  Sa. :  76  Beafattung'en. 


Die  Lebensweise  gerade  der  Feldgrille  in  tieferen  Erdlöchern 
erleichtert  das  monogame  Zusammenleben  eines  Paares  bedeutend. 
Dies  wird  außerdem  noch  dadurch  gewählleistet,  daß  das  Männchen 
alle  Nebenbuhler  zu  vertreiben  sucht,  wobei  häufig  Kämpfe  statt- 
finden, die  meist  für  einen  Partner  tödlich  enden,  zuweilen  auch  für 
beide  mit  Verletzungen  verbunden  sind. 

Bedeutend  weniger  leicht  zu  beobachten  als  die  der  Feldgrille 
ist  die  Begattung  der  Hausgrille,  weil  hier  die  Weibchen  be- 
deutend weniger  geneigt  zur  Paarung  sind  als  die  Feldgrillenweib- 
chen. Daher  zirpen  hier  die  Männchen  oft  stundenlang  vergeblich 
vor  dem  Weibchen.  Es  ist  mir  erst  spät  gelungen,  Beobachtungs- 
material  von  Grijllus  domesticus  zu  bekommen,  da  in  Breslau  diese 
Art  völlig  ausgestorben  zu  sein  scheint.  Auch  aus  Wien  und 
Berlin  konnte  ich  aus  früher   ergiebigen  Quellen  keine  Heimchen 


r()]inl;ition  und  Speiniatophoreu  von  Gryllideu  und  Locnstiden.  439 

mehr  bekoninien.  da  die  alten  Fundorte  (das  alte  Vog-elliaus  des 
Berliner  Zoologisclieu  Gartens  und  ein  altes  Wiener  Vorstadthaus) 
nach  Umbau  oder  Renovation  von  den  Heim- 
chen gemieden  wurden.  Schließlich  konnte 
ich  mir  aus  Quedlinburg  eine  Sendung 
beschalfen,  und  die  Tiere  schritten,  da  sie 
gut  untei-gebracht  werden  konnten,  schon  am 
ersten  Tage  der  Gefangenschaft  7a\y  Fort- 
pflanzung. 

RösEL  (17)  war  wohl  der  erste  Beobachter 
der  Begattung  der  Hausgrille;  Lespes  konnte 
den   Vorgang   selbst  nicht  sehen,   fand  aber  ^ig.  G.    Penis  mit  Sper- 
\\'eibchen  mit  Spermatophoren  vor  und  bildet  matophore    von    Gryllns 

,   ,        ,        ,  j.         ..      T  1         ..    o  domesficus  (nach  Lespäs). 

eine  solche  ab.  ebenso  die  mannlichen  äußeren  Erkläruus?  Avie  Fig.  B. 

Geschlechtsorgane  (Fig.  G),   von   denen   auch 

Brunner  (10)  eine  schematische  Abbildung  gibt  (Fig.  Cb). 

Baumgartner  konnte  wiederholt  die  Copulation  der  Hausgrille 
beobachten,  gibt  an,  sie  sei  viel  schwerer  zu  beobachten  als  die  der 
Feldgrille,  und  erklärt  die  Unterschiede  in  der  Begattungsweise 
beider  Arten  für  ganz  unwesentlich,  ebenso  wie  schon  Rösel  beide 
für  völlig  gleich  erklärt  hatte. 

Ich  möchte  hier  kurz  auf  die  immerhin  vorhandenen  Unter- 
schiede gegenüber  der  Copulation  von  Liognjllus  campestris  hin- 
weisen. Bei  der  Hausgrille  leben  nicht  einzelne  Paare  in  einer  Art 
von  Monogamie  zusammen.  Das  Verhalten  des  Männchens  bei  dem 
Vorspiel  zur  Begattung  ist  sehr  ähnlicii  dem  der  Feldgrille.  Nur 
ist  das  Zirpen  einer  viel  stärkeren  Modulation  fähig,  das  eigentüm- 
liche Schnurren  mit  den  Flügelzacken  findet  sich  auch  hier.  Weniger 
ausgeprägt,  aber  vorhanden  sind  die  stoßenden  Bewegungen  des 
]\lännchens  nach  hinten,  die  auch  von  leichten  seitlichen  Schwan- 
kungen begleitet  sind.  Der  männliche  Hinterleib  wird  ebenso  wie  bei 
Liognjllus  stark  in  die  Länge  gestreckt,  so  daß  er  schließlich  die 
langen  Flügelgräten  überragt.  Die  Spermatophorenspitze  und  die 
haltenden  Klappen  ragen  im  Zustand  der  Begattungsbereitschaft 
weiter  aus  der  Subgeuitalplatte  hervor. 

Das  ^^'eibchen  benagt  auch  hier  die  männliche  Hinterleibsspitze. 
Wenn  es  sich  zum  Besteigen  des  Männchens  anschickt,  schiebt  sich 
dieses  nach  hinten,  der  Titillator  hakt  hinter  und  über  der  weiblichen 
Subgeuitalplatte  ein,  und  nun  sitzen,  im  Gegensatz  zu  einem  Feld- 
grillenpärchen, beide   Partner  bis   über  eine  Minute  lang  fast  ganz 


440  Ulrich  Gerhardt, 

regung-slos.  Dabei  sind  sie  eng-  verbunden,  und  zwischen  ihren 
beiden  Hinterleibsspitzen  sieht  man  die  Spermatophore  innerhalb 
des  Halteapparats,  der  zum  männlichen  „Penis"  gehört.  Rösel's 
Schilderung,  daß  die  Paarung  bei  dieser  Art  ohne  Bewegung  —  ab- 
gesehen von  stai'ken  Atembewegungen  —  vollzogen  werde,  besteht 
also  vollkommen  zu  recht.  Insbesondere  fehlen  die  Dreh-  und  Hebe- 
bewegungeu  des  männlichen  Kopfes.  Hat  dieser  Zustand  etwa 
IV2  Minuten  gedauert,  so  drückt  das  Männchen  seine  Hinterleibs- 
spitze nach  oben  und  vorn,  der  Titillator  löst  sich  aus  der  Vulva, 
die  beiden  Penisklappen  öffnen  sich,  und  die  Spermatophore  fällt  mit 
ihrer  Ampulle  etwas  herab  und  hängt  wie  bei  der  Feldgrille  an 
ihrem  Stiel  in  der  Vulva. 

Die  Spermatophore  selbst  (Fig.  H,  Taf,  18  Fig.  2)  ist  der  der 
Feldgrille  sehr  ähnlich,  besonders  nicht  soviel  größer  als  diese, 
wie  man  es  aus  Lespes'  Abbildungen  vermuten  könnte.  Relativ 
ist  sie  bedeutend  größer  als  die  der  Feldgrille,  absolut  nur  sehr 
wenig.  Sie  ist  leuchtend  weiß  in  frischem  Zustande,  gelbbraun,  wie 
bei  Liogryllus  habe  ich  nicht  gesehen.  Charakteristisch  für  sie  ist 
außerdem  eine  undurchsichtige  weiße  Kappe,  die  der  sonst  durch- 
sichtigen Ampulle  an  deren  freiem  Ende  aufsitzt.  Der  Faden  ist 
ähnlich  wie  bei  Liogryllus  gestaltet,  die  Lamelle  besitzt  größere, 
dreieckige,  seitliche  Fortsätze. 

Ein  Auffressen  der  Spermatophore  durch  das  Weibchen  habe 
ich  nicht  gesehen.  Boldtkev's  Beobachtungen  über  diesen  Punkt 
an  Gr.  domesticus  und  desertus  wurden  bereits  (S.  433)  erwähnt.  In 
abnormen  Fällen  wird  danach  auch  bei  der  Hausgrille  zuweilen 
die  Spermatophore  durch  Abbeißen  aus  der  Vulva  entfernt.  Das 
Männchen  kümmert  sich  auch  hier  nach  der  Begattung  noch  eine 
Zeit  lang  um  das  Weibchen,  streichelt  es  mit  den  Fühlern  und  stößt 
es  mit  dem  Kopf.  Dabei  klopft  das  Männchen  oft  laut  hörbar  mit 
den  Sprungbeinen  auf. 

Von  anderen  europäischen  Grylliden  habe  ich  nur  noch  NemoUus 
sylvestris  in  mehreren  Paaren  im  Sommer  1912  in  Gamburg  a.  Tauber 
in  Gefangenschaft  gehalten,  öfters  Männchen  mit  reifen  und  frisch 
befruchtete  Weibchen  mit  anhängenden  Spermatophoren  getroffen, 
aber  nur  2mal,  und  zwar  bei  einem  Pärchen,  am  15.  und  16.  Sep- 
tember den  Copulationsvorgang  beobachten  können.  Der  Grund  für 
die  auch  von  Baumgaetnee  betonte  Schwierigkeit  der  Beobachtung 
der  Copulation  bei  dieser  Gattung  ist  der,  daß  die  Tiere  zur  Be- 
gattungszeit an  Örtlichkeiteu  leben,  an  denen  sich  viele  dürre 


Copulation  und  Spennatophoren  von  Grjiliden  und  Locustiden. 


441 


Blätter  linden,  hauptsächlich  an  Waldrändern  und  an  Berghängen,  die 
mit  Obstbäumen  beiiflanzt  .sind,  und  daß  sich  die  Begattung  unter  dem 
Laube  abspielt.  Auch  meine  Gefangenen,  von  denen  die  Männchen 
oft  stundenlang  zirpten,  verkrochen  sich  vor  der  Copulation  immer 
unter  die  in  den  Käfig  gelegten  Blätter,  Schließlich  setzte  ich  ein 
Pärchen  in  ein  Glasgefäß,  dessen  Bodeu  ich  nur  mit  einer  flaclien 
Mooslage  bedeckte,  ohne  daß  irgendwelche  Blätter  mit  hineingegeben 
wurden.    Nun  konnte  die  Copulation  beobachtet  werden.    Sie  selbst 


}<f 


Ym.  J. 


Fig.  H.  Spennatopliore  von  Grylhis  domesiicus 
(nach  Lespes).  a  Ampulle,  b  deren  Klappe,  d  End- 
faden,    c,  e,  f  Lamelle. 

Fio-.  J.  Penis  mit  Spermatophore  von  Nemohius 
sylvestris  (nach  Lespös).  a,  d,  e,  c,  h  chitiuöse  Be- 
standteile (Titillator).  g,  i  Ductus  ejaculatoris  mit 
Drüsen,     ml  Spermatophore. 


und  die  sie  begleitenden  Vorgänge  bieten  eine  ganze  Reihe  von  Ab- 
weichung von  dem,  was  bei  der  Feldgrille  zu  beobachten  ist.  Für 
die  amerikanische  Art  NemoUus  fasciahis  gibt  Baumgärtner  an,  daß 
auch  bei  ihr  die  Begattung  schwer  zu  sehen  sei,  im  übrigen  aber 
sehr  ähnlich  wie  bei  der  Feldgrille  verlaufe,  bis  auf  größere  Akti- 
vität des  Männchens  und  Passivität  des  Weibchens.  Da  die  Sperma- 
tophore dieser  Art  von  der  unserer  einheimischen  nach  einer  Photo- 
graphie, die  Baumgaetner  gibt,  kaum  abweicht,  so  muß  es  sehr 
überraschen,  daß  die  sehr  auffallenden  biologischen  Besonderheiten, 
die  N.  sylvestris  auszeichnen ,  bei  N.  fasciatus  zu  fehlen  scheinen. 
In  morphologischer  Beziehung  ist  der  Hinterleib  des  Männchens  von 
iV.  sylvestris,  wie  Lespi^^s  (26)  (der  keine  Copulation  bei  dieser  Species 


442  Ulrich  Gerhardt, 

beobachten  konnte)  ausführlich  erörtert  und  abbildet,  anders  ge- 
formt als  bei  den  bisher  besprochenen  Arten.  Der  „Penis"  ist  ver- 
hältnismäßig sehr  lang,  das  Analsegment  sehr  kurz,  so  daß  das 
Männchen  den  Penis  und  die  in  dessen  Kinne  liegende  Spermato- 
phore  (Fig.  J)  völlig  entblößen  kann.  Das  geschieht  denn  auch  bereits 
während  des  Zirpens.  Lespes  sagt:  „Quand  un  Spermatophore  a 
ete  produit,  et  qu'il  a  pris  place  entre  ces  palettes  [die  hornigen 
seitlichen  Platten,  die  die  Spermatophoren  halten],  il  ne  peut  etre 
couvert  par  la  plaque  dorsale  (ennato-tergite)  qui  est  assez  peu 
developpee,  de  sorte  qu'on  le  voit  sous  forme  d'une  papille  ronde  ä 
l'extremite  de  l'abdomen".  Fig.  1,  Taf.  17  zeigt  die  äußeren  Genitalien 
eines  konservierten  Männchens  unserer  Art  in  ein-  und  ausgestülptem 
Zustand. 

Wenn  ein  Männchen  begattungsbereit  ist,  so  ist  dies  bei  der 
Waldgrille  sehr  viel  leichter  äußerlich  zu  erkennen  als  bei  der  Feld- 
grille. Denn  die  gesamte  Ampulle  der  Spermatophore  ragt  dann 
frei  nach  hinten  über  sein  Hinterleibsende  hinweg.  Es  ist  ein 
seltsamer  Anblick,  an  dem  schwarzen  Hinterleib  des  Tieres  aus  dem 
lang  hervorgestreckten  rotbräunlichen  Penis  die  rein  weiße,  kuglige 
Ampulle  hervorleuchten  zu  sehen.  Ich  hatte,  im  Freien  und  in  Gefangen- 
schaft, bereits  öfters  Männchen  in  diesem  Zustande  gesehen,  einmal 
deckte  ich  ein  unter  Laub  verkrochenes  gefangenes  Pärchen  auf, 
als  das  Männchen  zirpte.  Dieses  trug  eine  Spermatophore  an  der 
Hinterleibsspitze.  Ich  ließ  die  Tiere  in  Ruhe  in  ihrem  Versteck 
und  sah  nach  ungefähr  ^4  Stunde  wieder  nach  ihnen.  Nun  war  die 
Spermatophore  beim  Männchen  verschwunden,  dafür  saß  sie  in  der 
Vulva  des  Weibchens. 

Am  nächsten  Tage  sah  ich  das  Männchen  eines  anderen  Paares, 
des  erwähnten,  dem  ich  kein  Laub  in  den  Behälter  gegeben  hatte, 
mit  einer  Spermatophore.  Es  zirpte  heftig,  und  es  waren,  wie  ich 
bei  dieser  Art  schon  oft  beobachtet  hatte,  die  langen  regelmäßigen 
Töne  von  Zeit  zu  Zeit  von  stoßenden  Bewegungen  des  Körpers  be- 
gleitet, ähnlich,  wie  sie  das  Männchen  von  Liogrißlus  campestris  bei 
der  Annäherung  des  Weibchens  als  Einleitung  zur  Begattung  aus- 
führt. Als  solche  sind  sie  aber  bei  NemoUus  nicht  aufzufassen,  sie 
werden  auch  ausgeführt,  wenn  das  Weibchen  noch  weit  entfernt  ist. 
Der  die  Spermatophore  tragende  Penis  ist  weit  vorgestreckt,  und 
jene  wird  hier,  im  Gegensatz  zur  Feldgrille,  zwar  auch  von  zwei 
hornigen  Platten  gehalten,  aber  nicht  an  ihrer  Ampulle,  sondern  an 
dem  darauf  folgenden  Abschnitt,  der  von   dem  Achsenfaden  durch- 


Copulatioii  und  Sperinatoi)horen  von  Grylliden  und  Locnstiilen.  445 

zogenen  L  a  m  e  1 1  e.  Dadurcli  wird  ein  anderer  Verlauf  der  Begattung' 
als  bei  Liognßlus  campestris  bedingt, 

Ist  das  Weibchen  schlietilicli  zur  Begattung  bei'eit,  so  nähert 
es  sich  von  liinten  dem  ^lännchen  bis  auf  etwa  2—8  cm.  Nun  fängt 
dieses  an,  die  Art  seines  Zirpens  zu  ändern:  es  bringt  nur  noch  ganz 
leise,  zarte  Töne  hervor  und  streckt  sich  dabei  bedeutend  in  die 
Länge,  so  daß  sein  Rücken  bei  gesenkter  Hinterleibsspitze  ganz  flach 
wird.  Die  Flügeldecken  werden  gesenkt  und  liegen  schließlich  dem 
Körper  dicht  an.  Das  Weibchen  geht  nun  vorwärts  und  besteigt 
das  regungslos  sitzende  Männchen.  Sind  die  Hinterleibsspitzen  in  der 
richtigen  Lage  übereinander,  so  hebt  das  Männchen  die  seinige, 
drückt  mit  einer  einzigen,  rapiden  Bewegung  von  unten  hinten  nach 
oben  vorn  mit  seinem  Titillator  dem  Weibchen  den  Spermatophoren- 
stiel  in  die  Vulva  und  springt  mit  einem  Satz  unter  dem  Weibchen 
weg,  etwa  2—3  cm  weit  nach  vorn.  Hier  bleibt  es  ruhig  sitzen. 
Das  Weibchen  trägt  nach  diesem  kaum  eine  Sekunde  währenden 
Vorgange  die  Spermatophore  in  ganz  der  gleiclieu  Weise  wie  das 
Weibchen  der  Feldgrille.  Nun  folgt  ein  höchst  eigentümliches  Nach- 
spiel der  Begattung,  für  das  ich  bei  keinem  anderen  Grylliden  oder 
Locustiden  ein  Änalogon  kenne:  das  \\^eibchen  steigt,  etwa  \'^  Minute 
nach  der  Copulation,  abermals  dem  Männchen  auf  den  Rücken,  bis 
es  mit  dem  Kopf  über  dessen  Flügeldecken  angekommen  ist,  die  es 
heftig  zu  benagen  und  zu  belecken  beginnt.  Dadurch  werden  beim 
Männchen  Reflexbewegungen  ausgelöst,  ähnlich  wie  sie  bei  dem 
Feldgrillenmännchen  vor  der  Begattung  im  Erregungsstadium  durch 
die  gleiche  Berührung  hervorgerufen  werden.  Doch  sind  sie  hier, 
bei  Xf'mobms.  viel  heftiger,  das  Männchen  stößt  seinen  Körper 
rhythmisch  iieftig  nach  hinten,  doch  nur  soweit,  daß  er  nicht  an 
die  Spermatophore  rührt,  die  das  Weibchen  trägt.  Dieser  Vorgang 
dauert  fast  4  Minuten,  also  ungleich  viel  länger  als  die  Begattung 
selbst.  Dann  steigt  das  Weibchen  vom  Männchen,  und  die  Ge- 
schlechter kümmern  sich  zunächst  nicht  mehr  umeinander.  Ich 
betone  besonders,  daß  die  Begattung  selbst  und  das  eben  geschilderte 
Nachspiel  in  den  beiden  von  mir  beobachteten  Fällen  völlig  gleich 
verliefen,  so  daß  es  sich  zweifellos  um  normale  Dinge  handelt.  Ich 
konnte  später  bei  meinem  Pärchen  nie  wieder  eine  Copulation  be- 
obachten. Erwähnt  sei  noch,  daß  zwischen  den  beiden  Begattungen, 
am  15./9.  nachmittags,  eine  Eiablage  in  Moos  stattfand,  mit  dem 
der  Boden  des  Behälters  bedeckt  war. 

Ich  habe   nach   der  Beobachtung  meiner  Gefangenen  Grund  zu 


444  Ulrich  Gerhardt, 

der  Annahme,  daß  bei  Nemobius  zwar  wiederholt  Begattungen  statt- 
finden, aber  bei  weitem  nicht  so  viele  wie  bei  Liogryllus.  Ich  sah 
oft  Männchen,  auch  im  Freien,  mit  weit  vorgestrecktem  Penis,  aus 
dem  keine  Spermatop  höre  hervorsah.  Mein  gefangenes  Männchen 
zirpte  in  diesem  Zustande  immer  besonders  heftig,  aber  das  Weib- 
chen kümmerte  sich  nicht  darum.  Nun  endete  die  Erregung  des 
Männchens  immer  auf  eine  sehr  seltsame  Weise  so,  daß  dieses  aus 
seiner  Genitalöifnung  unter  heftigen  Preßbewegungen  ein  durch- 
sichtiges, dünnes,  glasiges,  etwa  1  mm  langes  Gebilde  nach  außen 
entleerte,  das  dem  Stiel  einer  Spermatophore  glich,  und  daß  es  dieses 
Gebilde  dann  sofort  auffraß,  nachdem  es  sich  rasch  umgedreht  hatte. 
Dieser  Vorgang  wurde  in  der  Zeit  nach  dem 
16.  September  häufig  beobachtet,  aber  weder  ein 
Coitus  noch  das  Vorhandensein  einer  Spermato- 
phore beim  Männchen,  Erst  am  Vormittag  des 
2.  Oktobers  trug  dieses  wiederum  die  weithin  sicht- 
bare Ampulle  einer  solchen  am  Hinterleibsende 
herum,  und  ich  erwartete  bestimmt  eine  Copu- 
lation.  Aber  das  Weibchen  kümmerte  sich  nicht 
um  das  sehr  erregte  Männchen,  das  schließlich, 
kurz  vor  12  Uhr  mittags,  die  normale  Spermato- 
phore ebenso  herausdrückte  wie  sonst  die  stiel- 
Fig.  K.  artigen  Gebilde  und  sich  auch  anschickte,  sie  zu 

^NeSiuf^'lijlvestris  fressen.  Daran  wurde  es  aber  durch  mich  ge- 
(nach  Lesp4:s).  a  Am-  hindert,  da  ich  die  wohlerhaltene  Spermatophore 
P"^''d  Eudfad^r'"''  in  Formol  konservierte,  die  in  Fig.  3,  Taf.  18. 
dargestellt  ist. 
Soweit  meine  Beobachtungen  reichen,  konnte  ich  nichts  von 
einem  Instinkt  der  Weibchen,  die  Spermatophore  zu  fressen,  fest- 
stellen. In  einem  Falle  fand  ich  die  Spermatophore,  die  kurz  vorher 
ein  Weibchen  getragen  hatte,  an  der  Wand  des  (jlasbehälters  an- 
geklebt, in  mehreren  anderen  Fällen  war  sie  nach  kurzer  Zeit  (wie 
dies  auch  Lespes  angibt)  verschwunden,  ohne  daß  ich  die  Art  ihrer 
Beseitigung  hätte  beobachten  konricn. 

Die  Spermatophore  (Fig.  K)  selbst  besitzt  eine  kuglige,  in 
frischem  Zustand  leuchtend  weiße,  glasige,  wie  Lespes  angibt,  sehr 
zerbrechliche  Ampulle,  die  relativ  viel  größer  ist  als  die  der  Feld- 
grillen-Spermatophore.  Die  Lamelle  ist  außerordentlich  schmal  und  fast 
ohne  seitliche  Fortsätze,  so  daß  die  in  der  Vulva  steckende  Partie 
zum  größten  Teil  aus  dem  Achsen  faden  besteht.     Die   sehr   ähnlich 


I 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Gryllideii  und  Locustiden.  445 

gestaltete  Spermatopliore    von   NcmohiKS    fasciains    zeigt  die    Baum- 
GARTNEK  eiitiiomiiieiie  Fig.  E  4. 

In  der  Literatur  linde  ich  Angaben  über  die  Copulation  einer 
Angehörigen  der  auch  in  Europa  veitretenen  Gattung  Oecanthus,  der 
B  1  ü  t  e  n  g  r  i  1 1  e  ,  die  eine  locustidenähnliche  Lebensweise  auf 
Sträuchern  führt.  Nach  Fabre's  Mitteilungen  spielt  sich  bei  der  süd- 
europäischen Art  OccaufJiuft  pcllncens  Scop.  das  Sexualleben  in  den 
Abendstunden  nacli  Eintritt  der  Dunkelheit  ab.  Es  ist  mii-  nicht 
bekannt,  daß  von  irgendeinem  Beobachter  bisher  die  Begattung 
dieser  Species  beobachtet  worden  wäre.  Wohl  aber  ist  dies  der 
Fall  bei  der  amerikanischen  Form,  Oecanthus  fasciatus  Fisch., 
deren  Lebensweise  durch  Hankock  (22)  geschildert  worden  ist. 

Auch  bei  dieser  Grille  ist,  obwohl  die  Fundamentalvorgänge 
auch  hier  durchaus  mit  den  bei  der  Feldgrille  als  Paradigma  be- 
schriebenen übereinstimmen,  in  vielen  Einzelheiten  wiederum  ein  ganz 
besonderer  Typus  ausgebildet.  Hankock  schildert  die  hier  in  Be- 
tracht kommenden  Vorgänge  folgendermaßen:  das  Männchen  zirpt, 
und  das  herzugekommene  Weibchen  besteigt  den  Rücken  des  Männ- 
chens, das  die  Flügel  hochgestellt  hat.  Zwischen  den  Flügeln  des 
Männchens  sitzt  ein  drüsiges  Organ,  das  einen  Saft  absondert, 
den  das  Weibchen  begierig  aufleckt.  Diese  Tätigkeit  veranlaßt  das 
Männchen,  die  Flügel  noch  höher  zu  heben,  und  nachdem  sich  dieser 
Vorgang  einige  Male  wiederholt  hat,  besteigt  das  Weibchen  aber- 
mals das  Männchen,  und  es  erfolgt  die  Begattung,  bei  der  in  einem 
nur  wenige  Sekunden  dauernden  Akte  die  Spermatophore  übertragen 
wird.  Nach  der  Copulation  reinigt  das  Weibchen  mit  den  Mund- 
teilen die  Legeröhre. 

Aus  dieser  Schilderung  geht  hervor,  daß  das  Belecken  des  Meta- 
thorax  und  vielleicht  der  Basis  der  Abdomens  des  Männchens  durch 
das  Weibchen  hier  im  lebhaften  Gegensatz  zu  Nemobius  sylvestris 
vor  der  Copulation  stattfindet,  hier  offenbar  als  ein  Reizmittel, 
wohl  für  beide  Geschlechter.  Ganz  besonders  interessant  ist  die 
von  Hankock  konstatierte  Tatsache,  daß  auf  der  Rückenfläche  des 
Männchens  die  Secretion  eines  Saftes  stattfindet,  der  vom  Weibchen 
aufgeleckt  wird.  Der  eigentümliche  Vorgang  des  Beleckens  oder 
Benagens  der  Dorsalfläche  des  männlichen  Hinterleibes  und  auch 
der  Flügeldecken  wird  uns  bei  der  Besprechung  der  Locustiden- 
begattung  noch  mehrfach  zu  beschäftigen  liaben. 

Fraglich  erscheint  es,  ob  die  „Reinigung  der  Legeröhre"  mit 
den  Mundteilen   beim  Weibchen  etwas   zu  tun  hat  mit  dem  „Freß- 


446  Ulrich  Gerhardt, 

Instinkt",  von  dem  wiederholt  die  Rede  war.  Die  kurzen  Angaben 
von  Hankock  über  die  offenbar  sehr  interessanten  Begattungsg-ewohn- 
heiten  von  Oecanthus  verdienen  es,  erweitert  und  ergänzt  zu  werden, 
insbesondere  wären  Beobachtungen  an  Oecanthus  pelluceus  dringend 
erwünscht. 

b)  GrijUotalpa  vulgaris  h. 

Über  die  Begattung  von  Gryllotalpa  liegen  einige  ältere,  sehr 
allgemeine,  kurze  Angaben  vor,  nach  denen  sich  dieser  Vorgang  im 
Juni  oder  Juli  nachts  über  der  Erde  abspielen  soll.  Genaue  An- 
gaben hat  Baumgartner  (2)  im  Jahre  1911  gemacht,  die  ich  wört- 
lich wiedergebe,  weil  nach  ihnen  die  Copulation  und  die  Spermato- 
pliore  von  Gryllotalpa  von  allem  abweichen  würde,  was  bisher  von 
den  Grylliden  bekannt  ist. 

„The  courting  is  somewhat  similar  to  that  in  Gryllus.  The 
male  calls  the  $  with  loud,  long  chirps.  As  she  approaches  tlie 
chirps  become  short  and  much  softer.  He  then  frequently  turns 
the  abdomen  towards  her.  As  the  pair  get  ready  to  copulate  the 
Position  assumed  is  quite  different  from  that  of  any  other  animals  of 
which  I  know.  They  turn  posterior  end  to  posterior  end,  and  ventral 
side  to  ventral  side,  so  that  the  cloacal  openings  ai'e  just  opposite 
each  other.  The  ?  Stands  erect  with  her  abdomen  slightly  raised, 
while  the  c^  lies  on  his  back.  The  abdomens  are  tightly  held  together 
by  hooks.  .  .  .  The  sperm  were  carried  to  the  $  by  a  spermato- 
phore.  The  time  it  takes  for  the  transfer  is  not  over  a  minute; 
but  the  pair  kept  their  relative  position,  the  abdomens  simply 
touching  each  other,  for  more  then  10  minutes.  After  disturbance 
the  (^  followed  the  $  and  again  assumed  tliis  relative  position,  but 
no  further  transfer  of  a  spermatophore  occurred." 

„As  the  vesicle  was  being  transferred,  or  just  after  it  had  been 
put  in  place,  there  was  an  outflow  of  some  transparent  fluid  on 
either  side  of  the  vesicle.  This  soon  hardened.  It  is  this  part  of 
the  apparatus  that  the  $  was  chewing.  The  spermatophore  was  found 
to  consist  of  an  oval  ampulla  which  contained  the  sperm  in  the 
cavity  at  the  center.  At  one  end  of  the  ampulla  there  is  a  pro- 
jection  by  which  the  apparatus  is  held  in  the  vagina,  and  through 
which  the  sperma  are  carried  into  the  spermatotheca.  On  either 
side  of  this  projection  is  an  irregularly  shaped  mass  formed  by 
the  above-mentioned  outflowing  fluid  during  the  transfer.  The  2  sides 
are  unlike,  as   part  of  one  side  was  puUed  and  eaten  away  by  the 


Coimlatiuii  und  Speruiatophoren  von  Grylliden  und  Locustideu.  447 

$,  and  tlie  otlier  side  was  ])ressed  out  of  sliai)e  by  some  falling  sand 
before  it  liad  timc  to  harde.n." 

All  diesen  beiden  Seitenteilen  frißt  das  Weibchen  unmittelbar 
nach  der  Rejifattuiig,  wie  das  der  l^ocustide  Diesirammena.  Aber  dabei 
tritt  etwas  Ähnliciies  ein,  wie  ich  es  bei  den  Männchen  von  lAogryllus 
mmpcstris  öfters  sah,  wenn  das  Weibchen  die  Spermatophore  kurz 
nach  der  Begattung-  fressen  wollte:  es  wird  vom  Männchen  daran 
gehindert,  im  Falle  der  Feldgi'ille  durch  Stoßen  mit  dem  Kopfe, 
bei  Gryllofalpa  aber  nach  Baumgaktnek  dadurch,  daß  das  Männchen 
sich,  wie  oben  beschrieben,  wieder  in  die  Begattungsstellung  be- 
gibt. Dann  hört  jedesmal  das  Weibchen  sofort  auf  zu  fressen. 
Baltmgartxer  schließt  daraus,  „tliat  the  long  lying  in  the  position  of 
copulation  was  to  prevent  the  female  from  chewing  at  the  spermato- 
phore too  soon  and  thus  preventing  the  proper  injection  of  the 
sperm"'.  Nach  der  Trennung  der  Geschlechter  trägt  das  Weibchen 
die  Spermatophore  noch  etwa  V2  Stunde  herum,  ohne  an  ihr  zu 
fressen,  dann  verliert  es  sie. 

Danach  würde  die  Stellung  gänzlich  von  der  aller  bisher  be- 
sprochenen Grillen  abweichen,  da  kein  Besteigen  des  Männchens 
durch  das  Weibchen  stattfände.  Ferner  würde  die  Spermatophore 
außer  ihrer  Ampulle  und  dem  Stiel  noch  besondere  Secretmassen 
und  eine  Hüllsubstanz  aufweisen,  die  die  Freßlust  des  Weibchens 
besonders  anregt  und  die  uns  bei  allen  Locustiden  wieder  be- 
gegnen wird. 

Ich  war  nun  am  10./5.  1913  zum  1.,  am  31./5.  zum  2.  Male') 
Zeuge  der  Copulation  zweier  von  mir  in  Gefangenschaft  gehaltener 
Maulwurfsgrillenpärchen,  und  da  ich  Baumgaktner's  Schilderung, 
allerdings  erst  kurz  vorher,  kennen  gelernt  hatte,  mußte  ich  in 
höchstem  Maße  erstaunt  sein,  daß  sich  der  Vorgang  ganz  anders 
abspielte,  als  sich  nach  der  Schilderung  dieses  Autors  erwarten  ließ: 

Das  Männchen  zirpt,  wie  Baumgartnee  es  schildert,  laut  und, 
je  mehr  sich  seine  Erregung  steigert,  desto  länger  hintereinander, 
wenn  es  mit  dem  Weibchen  in  dessen  unterirdischem  Gang  in  Be- 
rührung kommt.  Dabei  dreht  sich  das  Männchen,  oft  mit  erstaun- 
licher Schnelligkeit,  so  herum,  daß  es  dem  Weibchen  sein  Hinter- 
ende zukehrt,  und  nun  spielen  beim  Männchen  die  Cerci  eine  Rolle 
als  Tast-  und  Vermittlungsoi-gane  zwischen  den  beiden  Tieren,   wie 


1)  Anm.  während  der  Korrektur:   Später  noch  bei   2    anderen 
Pärchen. 


448  Ulrich  Gerhardt, 

sie  sonst  bei  Insecten  und  auch  bei  der  weiblichen  Gryllotdlpa 
die  Fühler  spielen.  Das  Zirpen  des  männlichen  Tieres  g^eschieht 
ganz  wie  bei  anderen  Grillen;  das  Weibchen  zirpt  niemals  aus  ge- 
schlechtlicher Erregung-,  sondern  dann,  wenn  es  plötzlich  mit  dem 
Männchen  im  Gang  zusammentrifft.  Das  Geräusch,  das  es  dann 
hören  läßt,  ist  kurz,  rauh  und  schrill.  Auch  bei  der  männlichen 
Maulwurfsgrille  ist  das  Zirpen  von  rhythmischen  Stößen  des  ganzen 
Körpers  nach  vorn  und  hinten  begleitet,  und  zwar  erfolgen  sie  vor 
jedesmaligem  Flügelheben. 

Sehr  häufig  verlaufen  die  Anstrengungen  des  Männchens  er- 
folglos. Ist  das  Weibchen  begattungsbereit,  so  läuft  es  in  seiner 
Röhre  rasch  bis  dicht  hinter  das  Männchen,  nachdem  es  sich  längere 
Zeit  hindurch  hat  locken  lassen.  Das  Männchen  zeigt  nun  immer 
stärker  werdende  Zeichen  der  Erregung,  zirpt  lauter,  der  Hinterleib 
streckt  sich  und  wird  gegen  den  Boden  gepreßt,  und  die  langen 
Flügelgräten  werden  nach  rechts  und  links  von  der  Dorsalfläche  des 
Abdomens  weggebogen.  Nun  steigt  das  vorher  ruhig  dasitzende 
Weibchen  plötzlich  ziemlich  rasch  von  hinten  her  auf  den  Rücken  des 
Männchens,  und  es  erfolgt  die  Begattung  in  der  gleichen 
Stellung  wie  bei  den  eigentlichen  Grillen  auch.  Im 
übrigen  weist  sie  eine  Reihe  von  Besonderheiten  auf,  die  sich  be- 
sonders in  größerer  Aktivität  des  Weibchens,  dann  aber  auch  in 
der  bei  der  Körpergröße  des  Tieres  besonders  gut  zu  beobachtenden 
Abgabe  der  Spei-matophore  äußert.  Der  Bau  der  Spermatophore 
selbst  weicht  endlich  ganz  von  dem  der  eigentlichen  Grillen  ab. 

Der  Ort  der  beobachteten  Begattung  war  einmal  eine  unter- 
irdische Röhre  vor  dem  Bau  des  Weibchens,  das  2.  Mal  die  Stelle 
unmittelbar  vor  der  Mündung  einer  solchen.  Nach  allem,  was  auch 
an  frustranen  Begattnngsversuchen  beobachtet  werden  konnte,  scheint 
die  unterirdische  Begattung  die  Regel  darzustellen.  Die  Glasgefäße, 
in  denen  die  Tiere  gehalten  wurden,  standen  auf  einem  Tisch  in 
meinem  Zimmer,  das  abends  beleuchtet  war.  Diese  künstliche  Be- 
leuchtung stört  die  Tiere  nicht  im  mindesten  in  ihrem  Treiben,  und 
während  des  Coitus  kann  man  das  Paar  sogar  grell  mit  einer  elek- 
trischen Taschenlampe  beleuchten.  In  den  beiden  beobachteten 
Fällen  fand  die  Begattung  dicht  an  der  Glaswand  des  Behälters 
statt,  in  2  anderen  Fällen  entzog  sie  sich  der  Beobachtung,  da  sie 
tief  in  der  Erde  stattgefunden  hatte  und  ihr  Vollzug  nur  an  der 
dem  Weibchen  angehefteten  Spermatophore  erkannt  werden  konnte. 

Ist  das  Weibchen   auf  der  Dorsalfläche   des  Männchens  soweit 


Copulation  iiud  Spermatophoren  von  Grylliden  niid  Locustirten.  449 

nach  vorn  «•erückt,  daß  die  Hinterleibsspitzen  übereinander  liegen, 
so  streckt  das  Männchen  aus  der  seinen  den  weißlich-gelben,  mit 
einem  chitinigen.  an k erförmigen  Titillator  und  zwei  seitlichen  Dornen 
versehenen  „Penis"  hervor,  der  im  Verhältnis  zur  Große  des  Tieres 
sehr  voluminös  (ca.  4  mm  lang,  8  mm  breit)  und  fast  rechtwinklig 
nach  oben  gebogen  ist.  Der  Titillator  wird,  ganz  wie  bei  Grylhis, 
in  die  Vulva  des  Weibchens  eingehakt,  und  die  Vereinigung  der 
Geschlechter  ist  nun  während  8  Minuten  sehr  innig.  Bas  Einbringen 
des  Titillators  macht  manchmal  Schwierigkeiten,  und  an  ihm  scheitert 
dann  die  Begattung,  so  daß  die  Tiere  sich  unverrichteter  Dinge 
wieder  trennen  (2mal  beobachtet).  Während  der  Copulation  führt 
nicht  nur  das  Männchen  mit  dem  Hinterleibe  und  dem  Titillator 
heftige,  fast  rhythmische  Bewegungen  aus,  sondern  auch  das  Weib- 
chen ist  sehr  unruhig  und  stößt  wiederholt  seine  Hinterfüße  heftig 
an  den  Flanken  des  Männchens  auf  und  nieder,  so  daß  das  Bild  zu- 
stande kommt,  als  ob  ein  Reiter  sein  Pferd  spornt.  Die  Grabfüße 
des  Männchens  sind  während  des  Aktes  fest  auf  den  Boden  ge- 
stemmt, seine  Cerci  und  Fühler  in  lebhafter  Bewegung.  Das  Weib- 
chen luht  völlig  auf  dem  Männchen,  seine  PiXtremitäten  sind  sämt- 
lich vom  Boden  abgehoben,  die  Grabtüße  fest  auf  Kopf  und  Thorax 
des  jMännchens  gepreßt.  Naht  sich  die  Begattung  ihrem  Ende,  so 
schwillt  der  Penis  stärker  und  streckt  sich.  Aus  seinem  dorsalen 
Ende  tritt  die  lebhaft  weiße,  für  das  große  Tier  ziemlich  kleine, 
etwa  hanfkorngroße  ungestielte  Sperraato p höre  aus,  und  alsbald 
löst  sich  der  Titillator  aus  der  Vulva.  Die  Spermatophore  wird  nun 
völlig  frei,  das  Männchen  tritt  sofort  nach  vorn  unter  dem  Weibchen 
hinweg,  und  dieses  sinkt  schwer  auf  den  Boden.  Bei  beiden  be- 
obachteten Paaren  verlief  der  Coitus  vollkommen  gleich,  so  daß 
zweifellos  normale  Verhältnisse  vorliegen. 

Einen  Diang  des  Weibchens,  die  Spermatophore  zu  fressen, 
konnte  ich  nicht  feststellen,  obwohl  in  einem  Falle  das  Tier  bis 
20  Minuten  post  coituni  beobachtet  werden  konnte.  Dann  zog  es 
sich  in  seinen  Gang  zurück,  und  als  es,  V2  Stunde  post  coitum, 
wieder  erschien,  war  die  Spermatophore  verschwunden.  Ich  zweifle 
nicht  daran,  daß  heftige  Preßbewegungen,  die  von  den  VentriUpartien 
des  7.  und  8.  Hinterleibssegments  in  kurzen  Pausen  ausgeführt 
werden,  zur  Ausstoßung  der  Spermatophore  führen.^)   Von  der  eigen- 

1)  Anm,  während  der  Korrektur:  Diese  Vermutung  wurde 
später  durch  Beol)achtung  in  2  Fällen  bestätigt,  und  zwar  erfolgt  die 
Ausstoßung  der  Spermatophore  ca.   20  jMinuten  nach   der  Begattung. 


450  Ulrich  Gerhardt, 

tümlichen  Stellung,  die  nach  Baumgartner's  Schilderung-  die  Tiere 
während  und  nach  der  Begattung  annahmen,  konnte  ich  nichts  be- 
merken. Wohl  aber  spielte  in  der  ersten  halben  Stunde  nach  der 
Copulation  das  Männchen  mit  Fühlern  und  Palpen  lebhaft  am  Kopfe 
des  ihm  gegenüberstehenden  Weibchens  herum,  das  in  ähnlicher 
Weise  dieses  Spiel  erwiderte. 

Die  Spermatophore  von  GryJlotalpa  vulgaris  ist  äußerlich 
sehr  einfacli,  innerlich  aber  sehr  kompliziert  konstruiert  und  weicht 
in  jeder  Beziehung  von  der  der  eigentlichen  Grillen  ab.  Ich  möchte 
aber  gleich  bemerken,  daß  ich  von  den  paarigen  schleimigen  Massen, 
die  Baümgartner  an  der  Spermatophore  beschreibt,  nichts  bemerken 
konnte.  In  zwei  Fällen  wurden  Weibchen  unmittelbar  nach  der  Be- 
gattung mit  der  anhaftenden  Spermatophore  in  ÜARNOT'sche  Flüssig- 
keit gebracht.  Beide  Male  fiel  beim  sehr  rasch  erfolgenden  Ab- 
sterben des  Tieres  die  Spermatophore  aus  der  Vulva  heraus.  Bei 
dem  ersten  Weibchen  klaffte  nach  dem  Herausfallen  der  Spermato- 
phore die  Vulva,  und  in  ihr  sah  man  einige  weißliche  Schleimflocken. 
Ich  zog,  was  davon  vorhanden  war,  mit  der  Pinzette  heraus  und 
konnte  feststellen,  daß  es  sich  um  ungeformten  Schleim  handelt,  der 
entweder  ein  Secret  der  Vagina  oder  der  männlichen  akzessorischen 
Geschlechtsdrüsen  ist  und  der  zur  Befestigung  der  Spermatophore 
in  der  Vagina  dienen  könnte.  Im  zweiten  Falle  war  von  diesem 
Schleim  bedeutend  weniger  vorhanden, 

Ein  dünner,  scharf  abgesetzter  Spermatophorenstiel,  wie  ihn  die 
eigentlichen  Grillen  besitzen,  fehlt  hier  vollständig,  und  schon  in  der 
natürlichen  Lage  der  Spermatophore  in  der  Vulva  des  Weibchens 
fällt  es  besonders  auf,  daß  die  quere  Spalte  dorsal  von  der  Sub- 
genitalplatte  der  ganzen  Breite  nach  von  der  Spermatophore  aus- 
gefüllt wird.  Von  dieser  ist  von  außen  nur  ein  Teil,  etwa  die  Hälfte, 
zu  sehen,  und  dieser  nach  außen  vorragende  Abschnitt  unterscheidet 
sich  von  dem  in  der  Vulva  befestigten  durch  andere  Beschaffenheit 
seiner  Wandung.  Während  nämlich  der  sichtbare  Teil  undurch- 
sichtig weiß,  etwa  chagriniert,  aussieht,  ist  der  innen  befindliche 
bläulich  durchsichtig  und  läßt  den  das  weiße  Sperma  enthaltenden 
Binnenraum  erkennen  Dieses  Verhalten  war  besonders  an  der  einen 
Spermatophore  sehr  deutlich  ausgeprägt,  an  der  anderen  weniger. 

Betrachtet  man  die  frische  Spermatophore  unter  dem  binokularen 
Mikroskop,  so  sieht  mau  kaum  Einzelheiten,  die  erst  nach  Auf- 
hellung in  Xylol  u.  dgl.  sichtbar  werden.  Nun  zeigt  sich,  daß  zwar 
das  ganze  Gebilde  von  einer  einheitlichen,  festen,  glatten  Außenhaut 


Copulation  uud  Spermatoplioren  von  Grylliden  und  Locustiden.  451 

Überzogen  ist.  daß  es  aber  in  seinem  Innern  einen  kompliziert  ge- 
bauten Spermabehälter  mit  sehr  hoch  differenzierten  Leitungswegen 
enthält  (Fijr.  4,  Taf.  18  u.  Fig.  4  a  u.  b,  Taf.  17).  Die  dorsale  Kante 
der  Spermatophore  ist  konvex,  stai-k  gewölbt.  Die  ventrale  endet 
am  caudalen,  freien  Ende  mit  einer  stumpfen  Ecke,  oral  trägt  sie 
paarige  seitliche  Fortsätze  zur  Befestigung  in  der  Vulva.  An  der 
Außeuhülle  ist  die  im  Innern  gelegene  kuglige  Ampulle,  der 
eigentliche  Spermabehälter,  durch  ein  System  von  strahlenförmig 
angeordneten  Fasern  befestigt,  die  alle  in  einer  Einsenkung  der 
Ampullenkugel  zusammenlaufen  und  die  in  die  dorsale  gewölbte 
Wand  der  Hülle  ausstrahlen.  An  dem  entgegengesetzten  Pol  der 
Kugel  liegt  die  Mündung  des  Spermaganges,  der  die  Spermatozoen 
aus  der  Ampulle  in  das  Receptaculum  seminis  des  Weibchens  zu  leiten 
hat.  Er  durchsetzt  die  doppelte  Membran  der  Ampulle,  biegt  nach 
der  caudalen  Ecke  der  Außenhülle  um,  macht  dort  eine  spitze 
Schlinge,  dreht  um  und  zieht  mit  einem  dünnen  aufsteigenden 
Schenkel  an  dem  absteigenden  vorbei  längs  der  ventralen  Kante 
zur  oialen  Ecke  der  Außenhülle.  Der  absteigende  Schenkel 
weist  eine  Anschwellung  auf,  die  sich  am  anschaulichsten  als  eine 
magenförmige  Erweiterung  bezeichnen  läßt.  Den  genauen  Ver- 
lauf der  Schlinge  und  diese  magenartige  Erweiterung  zeigt  sehr 
deutlich  Fig.  4  a,  Taf.  17.  Der  aufsteigende  Schenkel  zieht  als  feiner 
Kanal  zur  Mündung,  die  auf  einer  Papille  der  festen  Außenhaut 
gelegen  ist.  Betrachtet  man  die  Spermatophore  von  der  Kante  aus, 
die  zwischen  den  beiden  Ecken  hinzieht  und  der  innen  der  Aus- 
führungskanal folgt,  wie  es  auf  Fig.  4b,  Taf.  17  dargestellt  ist,  so  erkennt 
man  einmal  deutlich,  wie  der  aufsteigende  Schenkel  des  Kanales  an 
dem  absteigenden  vorüberzieht;  dann  aber  sieht  man  auch  den 
Befestigungsapparat,  der  rechts  und  links  von  der  Mündungs- 
papille  des  Kanales  liegt  und  der  aus  zwei  hellen,  quer  gestellten 
Lamellen  besteht,  die  in  der  natürlichen  Lage  der  Spermatophore 
in  die  Vulva  eingesenkt  sind. 

Während  wir  bei  den  eigentlichen  Grillen  also  den  Leitungs- 
weg, der  das  Sperma  aus  der  Ampulle  der  Spermatophore  in  das 
Receptaculum  des  Weibchens  führen  soll,  als  eine  direkte  Ver- 
längerung der  Ampullen  antrelfen,  die  von  dem  Befestigungs- 
apparat in  der  Vulva,  der  Lamelle,  umgeben  ist,  haben  wir  bei 
Gryllotalpa  eine  total  verschiedene  Anordnung  des  Ganzen.  Hier  ist 
Ampulle  plus  Leitungsweg  in  die  gemeinsame  feste  Außenhaut  der 
Spermatophore  eingeschlossen,  und   dieser  Leitungsweg   mit   seiner 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Syst.  30 


452  Ulkich  Gerhardt, 

komplizierten  Schlängelung  weicht  im  einzelnen  gänzlich  von  dem 
der  Grillenspermatophore  ab. 

Ich  darf  nicht  unterlassen,  auf  die  Verschiedenheiten  hinzuweisen, 
die  sich  zwischen  Bafmgartner's  Beobachtungen  an  der  nord- 
amerikanischen Maulwurfsgrille  und  den  meinen  an  Gryllotalpa 
vidgaris  angestellten  in  so  vielen  Beziehungen  ergeben.  Erneute, 
ausgedehntere  Beobachtungen  an  der  amerikanischen  Species  scheinen 
mir  höchst  erwünscht,  besonders  wäre  auch  die  zentralamerikanische 
Gattung  Scapteriscus  in  den  Kreis  der  Beobachtung  zu  ziehen. 

Über  die  Begattung  der  Tridactyliden,  die  ja  nach  manchen 
Autoren  als  nicht  mit  Sicherheit  zu  den  Gryllotalpiden  gehöj'ig,  viel- 
mehr vielleicht  als  grabend  gewordene  Acridier  zu  betrachten  sind, 
liegen,  soweit  mir  ersichtlich,  keine  Beobachtungen  vor.  Die  Copu- 
lation  der  wohl  zweifellos  mit  den  Gryllotalpen  verwandten,  in 
Pflanzenstengeln  lebenden  Cylindrodes- Arten  wird  nur  mit  großen 
Schwierigkeiten  zu  beobachten  sein;  bisher  ist  sie  unbekannt. 

Somit  stimmt  die  Begattu.ngsstellung  der  legeröhrenlosen 
Gryllotalpa  mit  der  der  ein  solches  Organ  tragenden  Grillen  überein. 
Der  Bau  der  Spermatophore  ist  jedoch  gänzlich  von  dem  bei  Gryllus 
und  Nemohius  beschriebenen  verschieden.  Ebenso  scheint  deren 
Herstellung  von  der  bei  den  Grillen  beschriebenen  abzuweichen. 
Die  Spermatophore  scheint,  soweit  ich  aus  dem  Beobachteten  und 
aus  dem  Bau  des  Penis  zu  schließen  vermag,  erst  während  der  Be- 
gattung selbst  gebildet  zu  werden. 

Die  Begattung  erfolgt  viel  seltener  als.  bei  Gryllus:  das 
Männchen  eines  Paares,  das  bereits  4  Wochen  in  Gefangenschaft 
lebt,  hat  einem  Weibchen  an  zwei  Abenden  hintereinander  (9.  und 
10.  Mai)  Spermatophoren  angeheftet,  ein  anderes  übte  die  Begattung 
2mal  an  einem  Tage,  morgens  ^j.^lO  und  abends  lO'/i  Uhr  aus,  und 
zwar  an  2  Weibchen,  Bei  dem  ersten  Paare  wurde  nie  wieder  eine 
Begattung  beobachtet,  wohl  aber  frustrane  Bemühungen  dazu. 

c)  Zusammenfassendes  über  die  Copulation 
der  Grylliden. 

Versuchen  wir,  das,  was  wir  über  die  Copulation  der  Grylliden 
bisher  erfahren  haben,  kurz  noch  einmal  zusammenzufassen,  so 
haben  wir  zunächst  einige,  überall  gleiche,  fundamentale  Vorgänge 
festzustellen.  Überall  überträgt  das  Männchen  mit  Hilfe  seines 
Titillators  eine  bereits  vorher  vollkommen  fertiggestellte  Sperma- 
tophore in  die  Vulva  des  über  ihm  sitzenden  Weibchens.    Die  Sperma- 


I 


I 


Copnlation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  453 

topliore  bestellt  aus  eiiiei-  das  Sperma  enthaltenden  „Ampulle",  aus 
der  dieses  durch  ein  fadenförmiges,  dünnes  Rohr  in  das  Receptaculum 
des  Weibchens  geleitet  wird.  Die  Ampulle  ragt  an  einem  dünnen 
Stiel  nach  der  Begattung  aus  der  Vulva  hervor,  in  der  Vagina  ist 
sie  befestigt  durch  die  den  Endfaden  umgebende,  mit  verschieden 
entwickelten  Fortsätzen  ausgestattete  „Lamelle"  der  Spermatophore. 

Für  GnjllotaJpa  tritft  diese  Schilderung  nur  in  dem  Punkte  zu, 
daß  auch  hier  das  ^lännchen  dem  auf  ihm  sitzenden  Weibchen  eine 
Spermatophore  überträgt.  Der  Bau  dieser  Spermatophore,  die  wahr- 
scheinlich erst  während  der  Copulation  fertiggestellt  wird,  ist  voll- 
kommen abweichend. 

Bei  OecantJms,  Liognßlus  und  Gryllus  nagt  oder  leckt  das  Weibchen 
vor  der  Copulation  auf  der  Doi-saltläche  des  Männchens  herum,  bei 
Oecanthus  nach  Hankock  durch  ein  Secret  dazu  angelockt.  Bei 
Nemobius  sylvestris  findet  ein  derartiges  Belecken  des  Männchens 
als  Nachspiel  der  Begattung  statt. 

Wenn  die  in  die  Vulva  eingebrachte  Spermatophore  ihren  Inhalt 
in  das  Receptaculum  seminis  entleert  hat,  so  fällt  sie  in  den  meisten 
Fällen  aus  der  Geschlechtsöttnung  des  Weibchens  heraus;  doch  ist 
bei  dem  Weibchen  von  LiognjUus  campestris.  der  amerikanischen  Feld- 
grille und,  in  geringerem  Maße,  auch  bei  Gnjllus  domesticiis  ein  In- 
stinkt entwickelt,  sich  der  Spermatophore  durch  Auffressen  zu  ent- 
ledigen, der  sich  aber  nicht  regelmäßig  äußert. 

Variabel  ist,  je  nach  der  Species,  die  Copulationsdauer.  Die 
Stellung  des  Männchens  ist  während  der  Begattung  so,  daß  das  Ab- 
domen gestreckt  und  etwas  aufwäits  gebogen  ist.  Vorher  wird,  zum 
Unterschieben  unter  das  aufsteigende  Weibchen,  der  Hinterleib  flach 
auf  den  Boden  gepreßt.  Der  Gattung  Liogryllus  scheinen  die  während, 
der  Begattung  ausgeführten  Kopfbewegungen  des  Männchens  eigen- 
tümlich zu  sein,  während  bei  Gryllotalpa  sich  beide  Geschlechter 
intra  copulam  sehr  unruhig  verhalten.  —  Schließlich  sei  noch  darauf 
hingewiesen,  daß  die  bisherigen  Beobachtungen  nur  an  wenigen 
Arten  angestellt  sind  und  daß  bei  weiteren  Untersuchungen  viel- 
leicht noch  viele  interessante  Einzelheiten  zutage  gefördert  werden 
könnten.  Doch  ist  bei  allen  Formen  mit  Legeröhre  eine  prinzipielle 
Übereinstimmung  in  den  Hauptvoigängen  zu  erwarten. 

Nicht  ganz  einig  sind  sich  die  Autoren  in  der  Beantwortung 
der  Frage,  ob  die  hier  geschilderten  Vorgänge  als  echte  Begat- 
tung aufzufassen  seien.  Wir  wollen  die  P^rörterung  dieser  nicht 
ganz   leicht  zu   beantwortenden   Frage  an   den  Schluß    dieser  Ab- 

30* 


454  Ulrich  Gerhardt, 

haudluiig   verschieben   und   dort  im  Verein  mit  der  Bewertung  der 
Begattung  der  Locustiden  besprechen. 

2.  Copulation  und  Spermatophoreii  Yon  Locustiden. 

Historisches.  Rösel  v.  Rosenhof  (30)  hat  bei  Decticus 
verrucivorus  und  vielleicht  auch  bei  Locusta  viridissima  den  Coitus 
selbst  beobaclitet  und  geschildert.  Aber  seltsamerweise  beschränkt 
sich  der  sonst  so  vorzügliche  Beobachter  eigentlich  nur  auf  eine 
Schilderung  der  Stellung  der  Geschlechter,  des  Besteigens  des 
Männchens  durch  das  Weibchen,  während  er  den  wesentlichsten 
Vorgang  bei  der  Copulation,  die  Übertragung  einer  Sper- 
matop höre,  nicht  zu  kennen  scheint. 

Große  Verwirrung  hat  in  der  Literatur  die  Arbeit  von  v,  Siebold 
(32)  vom  Jahre  1845  „Über  die  Spermatozoiden  der  Locustinen"  an- 
gerichtet. Darin  werden  als  „Spermatophoren"  Gebilde  bezeichnet, 
die  als  Zusammenfügungen  zahlreicher  Spermatozoen  im  Recep- 
taculum  semin is  des  Weibchens  gefunden  wurden.  Diese  Bil- 
dungen sind  keine  Spermatophoren,  wie  sie  bei  der  Copulation  über- 
tragen werden  und  wie  wir  sie  noch  genugsam  kennen  lernen  werden. 
Da  sie  aber  von  Siebold,  allerdings  mit  Vorbehalt,  für  solche  erklärt 
wurden,  ist  diese  Deutung  in  der  deutschen  Literatur  bis  in  die  neueste 
Zeit  weitergeschleppt  worden.  So  finden  wir  in  dem  Abschnitt  über 
Spermatophoren  bei  Koeschelt  u.  Heider  (21)  noch  die  SiEBOLo'schen 
„Spermatophoren"  der  Locustiden  den  eigentlichen  Spermatophoren 
der  Grylliden  parallel  gestellt,  während  schon  längst  die  außerordent- 
lich voluminösen  Spermatophoren,  die  bei  der  Locustidencopulation 
produziert  werden,  beschrieben  waren.  Wohl  als  erster  hat  in 
Deutschland  Fischer  (18)  eine  Locustidenspermatophore  und  ihre 
Produktion  beim  Coitus  (bei  Ephippigera  Vitium)  beschrieben. 

In  Spanien  hat  Bolivar  (9)  1888  den  Coitus  von  Locusta  viri- 
dissima geschildert  und  abgebildet,  und  er  beschreibt  auch  die  Aus- 
stoßung der  Spermatophore,  von  der  er,  wie  auch  Fischer,  annimmt, 
daß  sie  nach  ihrer  Entleerung  aus  der  Vulva  falle. 

Eine  außerordentlich  anschauliche  Schilderung  der  Copulation 
und  der  Spermatophore  von  Decticus  alUfrons  gibt  Fabre  (16)  (1896), 
und  hier  wird  zum  erstenmal  der  ganze  Komplex  der  Vorgänge,  die 
sich  bei  diesem  sehr  eigenartigen  Begattungsakte  abspielen,  lückenlos 
geschildert.  Insbesondere  wird  das  wohl  bei  allen  Locustiden  regel- 
mäßig ausgeübte  Auffressen  der  Spermatophore,  oder  doch 
wenigstens  eines  Teiles  von  ihr,  beschrieben.  Außer  von  Decticus  wurden 


Copulation  und  Sperniatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  455 

noch  von  Fhancroptcm  und  Ephippigem  Spermatoplioi-en  beschrieben, 
in  einer  Übersetzung  des  FABRE'schen  Artikels  im  „Kosmos"  wird  auch 
über  die  Beoattung-  von  Locusta  mridissima  kurz  berichtet  (17). 

Die  FABRE'sche  Arbeit  bedeutet  einen  Wendepunkt  in  der  Ge- 
schichte unseres  Gegenstandes,  Über  Begattung-  und  Spermatophore 
von  Locusta  mridissima  bringt  Tümpel  (33)  Angaben  (in  der  zweiten 
Auflage  seines  Buches  auch  eine  ganz  kurze  Bemerkung  über  die 
Copuhition  von  LcptopJiycs  pundatissima).  Vossklek  (30)  berichtet 
über  Spermatophoren  von  Platystolus  und  Eugastcr  (Ephippigeriden). 
Dann  folgen  die  ausgezeichneten  Studien  von  Berenguier  (3,  4)  über 
die  Copulation  von  Isophya  und  einigen  anderen  ungeÜügelten 
Phaneropteriden  sowie  über  die  Ephippigera  terrestris  Yersin.  Hier 
■werden  zum  ersten  ]\rale  vergleichende  Beobachtungen  über  die 
Varianten  des  Copulationsmodus  zweier  sich  verschieden  verhaltender 
Gruppen  angestellt,  und  es  wird  nach  einer  ursächlichen  Erklärung 
dieser  Verschiedenheiten  gesucht.  Im  Jahre  1913  ist  von  Boldy- 
RKv  (7)  eine  Schilderung  von  Coitus  und  Spermatophore  von  Tachy- 
cines  asynamorus  Adel.,  ^=  Diestrammena  marniorata  de  Haan,  sowie 
eine  kurze  zusammenfassende  vorläufige  Mitteilung  über  Spermato- 
phoren von  Locustiden  und  Grylliden  erschienen.^)  Ich  möchte  hier 
noch  einmal  betonen,  daß  Boldyrev  und  ich  unabhängig  voneinander 
begonnen  haben,  das  gleiche  Thema,  zum  Teil  sogar  am  gleichen 
Material,  zu  bearbeiten,  und  da  wir  beide  unsere  Untersuchung 
weiter  ausdehnen  wollen,  ist  zu  erholten,  daß  bald  ein  vollständigerer 
Überblick  über  das  uns  beschäftigende  Thema  wird  gegeben  werden 
können,  als  ihn  zu  geben  mir  jetzt  möglich  ist. 

Ich  habe  den  vollständigen  Begattungsvorgang  (mit  Vor-  und 
Nachspiel)  beobachten  können  bei  Gliedern  der  Familien  der  Decti- 
ciden.  Phaneropteriden  und  Steno pelmatiden.  Trotz 
vieler  Übereinstimmungen  in  den  Hauptpunkten  zeigt  sich  doch, 
daß  unter  den  Locustiden  viel  größere  Differenzen  im  Verhalten  der 
einzelnen  Gruppen  bestehen  als  unter  den  Grylliden,  so  daß  es  sich 
empfehlen  wird,  die  einzelnen  Familien  in  ihrem  Verhalten  getrennt 
zu  besprechen.  Es  soll  dann  auch  bei  jeder  Familie  noch  genauer 
auf  das  in  der  Literatur  vorliegende  Beobachtungsmaterial  ein- 
gegangen werden,  über  das  oben  nur  ein  summarischer  historischer 

1)  Anm.  während  der  Korrektur:  BoLDYREv's  ausführliche 
Arbeit  über  diesen  Gegenstand,  die  \vährend  des  Druckes  dieser  Ab- 
handlung erschienen  ist,  wird  von  mir  in  einer  zweiten  Mitteilung  berück- 
sichtigt werden. 


456  Ulrich  Gerhardt, 

Überblick  gegeben  worden  ist.  Ich  beginne,  weil  sich  so  die  Dar- 
stellung am  leichtesten  an  den  ersten  Teil  dieser  Abhandlung  an- 
fügt, mit  den  gewissermaßen  „grillenähnlichsten"  aller  beobachteten 
Locustiden,  den  Stenopelmatiden. 

Fam.  Stenopelmatidae. 

Material:  Diestrammena  marmorata  de  Haan  =  Tachycines 
asynamorus  Adel. 

In  neuerer  Zeit  ist  häufig  in  europäischen  Gärtnereien  in 
Deutschland  die  japanische  flügellose  Höhlenheuschrecke  Diestram- 
mena marmorata  aufgetreten  und  auch  verschiedentlich  beschrieben 
worden.  Die  Spermatophoren  dieser  Art  beschreibt  Wünn  (36), 
deutet  sie  aber  falsch,  da  er  einen  Teil  von  ihr  für  die  ausgestülpte 
weibliche  Genitalöfifnung  hält. 

In  Chicago  wurde  die  gleiche  Species  von  Baumgaetner  (2) 
bei  der  Copulation  beobachtet,  aber  auch  von  diesem  Autoi*  sind 
die   dabei    auftretenden  Erscheinungen   nicht  ganz  richtig  gedeutet. 

Ich  erfuhr  durch  die  Güte  des  Herrn  Dr.  Ramme,  Assistenten 
am  Zoologischen  Museum  in  Berlin,  eine  Adresse  in  Naumburg, 
von  wo  ich  mir  die  exotische  interessante  Form  im  Oktober  1912 
kommen  ließ.  Bis  Weihnachten  beobachtete  ich  drei  Copulationen; 
Spermatophoren  an  den  Weibchen  nach  verpaßter  Copulation  bekam 
ich  durch  falsche  Versuchsanordnung  mehr  zu  sehen,  als  mir  lieb  war. 
Im  Januar  1913  kam  ich  durch  Vermittlung  des  Herrn  Kollegen 
Dampf  mit  Boldyeev  in  Korrespondenz  und  erhielt  sofort  nach 
deren  Erseheinen  seine  Arbeiten  über  Locustidencopulation  zugesandt. 

BoLDYREv  hatte  die  von  ihm  (7)  und  Adelung  (1)  beschriebene, 
in  Warmhäusern  in  Petersburg  und  Moskau  aufgetretene  Heu- 
schrecke Taclnjcines  asynamorus  Adel,  auf  Copulation  und  Spermato- 
phoren genau  beobachtet  und  mir  gegenüber  den  Verdacht  geäußert, 
daß  diese  Art  mit  der  oft  beschriebenen  Diestrammena  westeuropäi- 
scher Warmhäuser  identisch  sein  könnte.  Bei  einer  Vergleichung 
des  aus  Naumburg  stammenden  mit  dem  russischen  Material 
konnte  Boldtrkv  diese  Vermutung  bestätigen,  so  daß  sich  heraus- 
stellte, daß  wir  beide  unbewußt  das  gleiche  Objekt  bearbeitet  hatten. 
Es  ist  fast  selbstverständlich,  daß  unsere  Beobachtungen  sich  in 
der  Hauptsache  decken,  immerhin  glaube  ich  einiges  zu  Boldyrev's 
Schilderungen  hinzufügen  zu  können,  während  in  anderen  Punkten 
er  zweifellos  mehr  gesehen  hat  als  ich. 

Diestrammena  marmorata  ist   ein  Höhlenorganismus,  der  im  all- 


Copnlation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  457 

gemeinen  liclitsclieu  ist.  Insbesondere  spielt  sich  die  Begattung  fast 
nur  bei  Eintritt  der  Dunkelheit  ab,  so  daß  man  künstliche  Beleuch- 
tung anwenden  muß,  um  Genaueres  zu  sehen.  Um  die  Copulation 
sicher  nicht  zu  vei'passen,  halte  ich  bei  allen  in  Gefangenschaft  ge- 
haltenen Locustiden  die  Geschlechter  ständig  isoliert  bis  auf  die 
Zeiten,  in  denen  ich  sie  während  meiner  Anwesenheit  zusammensetze. 
Befolgt  man  diese  Gewohnlieit  nicht  streng,  so  hat  man  alle  Aus- 
sicht, nicht  zum  Ziele  zu  kommen.  Wenn  einmal  durch  ein  Versehen, 
gegen  meine  Absicht,  Weibchen  zu  den  Männchen  geraten  waren, 
fand  ich  sie  später  fast  immer  schon  mit  den  Rudimenten  einer 
Spermatopliore  in  der  Vulva  vor.  Allerdings  muß  man  viel  Zeit 
unnütz  opfern,  aber  wenn  man  die  Geduld  nicht  verliert  und  immer 
wieder  die  Geschlechter  trennt  und  wieder  zusammensetzt,  so  kommt 
man  schließlich  doch  zum  Ziele,  wenn  nicht  besondere  Dinge  mit- 
spielen, auf  die  noch  einzugehen  sein  wird.  Dabei  ist  natürlich  eine 
möglichst  große  Individuenzahl  beiderlei  Geschlechts  zu  verw^enden, 
obwohl  manchmal  an  einem  einzelnen  Pärchen  einer  Art  glückt,  was 
man  an  einem  großen  Material  einer  anderen  Art  vergeblich  anstrebt. 

Im  allgemeinen  verfuhr  ich  früher  bei  Diestrammena  so,  daß  ich 
bereits  bei  Tageslicht,  etw^a  mittags,  die  Geschlechter  zusammen- 
setzte. Dann  pflegte  sich  nichts  zu  ereignen  bis  zur  Dämmerung, 
mit  deren  Tieferwerden  die  Männchen  herumzulaufen  und  die  Weib- 
chen zu  suchen  beginnen.  Einmal,  nach  Htägiger  Trennung  der  Ge- 
schlechter, fanden  bei  dieser  Anordnung  aber  schon  2  Begattungen 
bei  Tage  statt,  was  ich  nur  noch  an  den  Spermatophorenresten  er- 
kennen konnte,  so  daß  ich  jetzt  die  Geschlechter  erst  abends  zu- 
sammensetze und  bei  den  Tieren  bleibe,  bis  es  dunkel  geworden  ist. 
Dann  werden  sie  für  die  Nacht  wieder  getrennt.  Größeren  Ge- 
schlechtstrieb, als  wenn  sie  täglich  mit  den  Weibchen  zusammen- 
kommen, zeigen  die  Männchen  bei  längeren  Trennungszeiten. 

Nach  monatelangen  sehr  geringen  Erfolgen  bei  Diestrammena  — 
die  Tiere  gingen  trotz  reichlicher  Aufnahme  von  Nahrung  rasch 
ein  —  habe  ich  endlich  im  März  dieses  Jahres  eine  neue  Sendung 
außerordentlich  lebenskräftiger  Geschlechtstiere  aus  Naumburg 
bekommen,  bei  denen  man  Abend  für  Abend  die  Copulation  durch 
Zusammenlassen  der  vorher  getrennten  Geschlechter  fast  mit  der 
Sicherheit  eines  Experiments  herbeiführen  kann. 

Bei  dem  Aufsuchen  der  Geschlechter  fällt  bei  der  völligen 
Flügellosigkeit  unserer  Art  jede  Verständigung  durch  Zirpen  weg. 
Die  Männchen   sind    daher,   da  sie  nicht   die   Weibchen    anlocken 


458  Ulrich  Gerhardt, 

können,  darauf  angewiesen,  diese  aktiv  aufzusuchen,  wobei  die  sehr 
langen  Fühler  eine  große  Rolle  spielen.  Deshalb  laufen  die  Männchen 
emsig  umher,  und  wenn  sie  einem  Weibchen  begegnen,  das  ihre 
Begattungslust  anregt  (^das  ist  durchaus  nicht  bei  jedem  Weibchen 
der  Fall),  so  beginnt  ein  eigentümliches  Schwingen  des  ganzen  männ- 
lichen Körpers  von  vorn  nach  hinten  in  rhythmischen  Stößen,  von 
denen  ich  aber  nicht,  wie  Boldyrev,  meine,  daß  sie  als  Stöße  auf 
das  Weibchen  hin  aufzufassen  sind.  Wenigstens  zunächst  nicht. 
Ich  habe  beobachtet,  daß  ein  Männchen  durch  ein  Weibchen  zu 
diesem  Tanz  angeregt  wurde,  das  Weibchen  war  aber  begattungs- 
unlustig  und  entfernte  sich.  Nun  tanzte  das  Männchen  ruhig  weiter 
auf  dem  Platze,  an  dem  vorher  das  Weibchen  gesessen  hatte.  — 
Wenn  das  Männchen  sich  von  der  Seite  oder  von  hinten  her  einem 
Weibchen  nähert  und  diese  Bewegungen  ausführt,  so  läuft  das 
Weibchen  meist  weg,  jedenfalls  kommt  es  zu  keiner  Begattung, 
wenn  nicht  das  Weibchen,  wie  es  bei  starkem  Begattungstriebe  der 
Fall  ist,  sich  herumdreht  und  auf  das  Männchen  zugeht.  Oft  sitzt 
das  begattungswillige  tVeibchen  ganz  ruhig,  mit  etwas  erhobenem 
Vorderleib,  und  läßt  das  Männchen  ruhig  an  sich  herankommen. 
Dieses  schwingt,  mit  seinem  Kopf  dem  des  Weibchens  gegenüber, 
heftig  nach  vor-  und  rückwärts  und  macht  nun  eine  plötzliche 
Kehrtwendung.  Das  ganze  Verhalten  erinnert  dabei  außerordentlich 
an  das  Benehmen  der  Feldgrillenmännchen,  kurz  vor  dem  Aufsteigen 
des  Weibchens.  Die  heftigen  Stöße  werden  weiter  ausgeführt,  aber 
nun  geht  das  Männchen  dabei  rückwärts  und  schiebt  sich  sehr  ge- 
schickt mit  seinem  Hinterleib  zwischen  den  Beinen  des  Weibchens 
hindurch  nach  hinten.  Das  Weibchen  erhebt  sich  und  geht  etwas 
vorwärts  und  beleckt  den  Rücken  des  Männchens,  das  sich  unter 
ihm  in  aller  Ruhe  arrangiert. 

Um  das,  was  nun  folgt,  zu  verstehen,  müssen  wir  einen  Blick 
auf  die  Gestalt  des  Hinterleibes  unseres  Tieres  werfen.  Wie  bei 
den  Grylliden  finden  wir  bei  den  Stenopelmatiden,  im  Gegensatz  zu 
anderen  Locustiden,  undifferenzierte,  weiche,  mit  Haaren  besetzte, 
fadenförmige  Cerci  (Raife)  am  10.  (Anal-)  Segment,  die,  ebenso- 
wenig wie  bei  den  Grillen,  als  Greiforgane  bei  der  Begattung  in 
Betracht  kommen  können.  Auch  die  dreieckige,  etwa  kahnförmige 
Subgenitalplatte  ist  ebenfalls,  wie  bei  Grylliden,  ohne  Fortsätze 
(Styli)  und  auch  ohne  mediane  Einkerbung.  Somit  weist,  äußerlich 
betrachtet,  die  gesamte  männliche  Hinterleibsspitze  keinerlei  Haft- 
organe auf.    Übt  man  auf  den  Hinterleib  einen  leichten  Druck  von 


I 


Copnlation  und  Spermatophoren  von  Orylliden  und  Locustiden.  459 

beiden  Seiten  ans,  so  tritt  ein  weißlicher,  weicher,  mit  mannigfachen 
Anhängen  versehener,  in  der  Hauptsache  aber  zylindrischer  Körper 
hervor,  der  auf  seinem  freien  Ende  die  männliche  Geschlechtsöffnung 
trägt  und  der  als  „Penis"'  bezeichnet  wird,  obwohl  er  nicht  die 
Funktion   eines   solchen   (Eindringen  in  die  Vagina)  auszuüben  hat. 

Betrachten  wir  den  ausgestülpten  Organkomplex,  wie  ihn  Fig.  2, 
Taf.  17  darstellt,  etwas  genauer,  so  sehen  wir  am  meisten  dorsal 
die  Afteröffnung,  die  zwischen  den  Wurzeln  der  beiden  Cerci 
gelegen  ist.  An  die  ventrale  Begrenzung  des  Anus  schließt  sich 
die  Dorsalfläche  des  Penis  an,  die  konkav  ist  und  einen  hier  nur 
sehr  gering  entwickelten  „Titillator"  trägt,  ein  Organ,  das  dem 
gleichnamigen  der  Grillen  völlig  homolog  ist.  Es  stellt  eine  in  der 
Hauptsache  gleichschenklig  dreieckige  chitinöse  Platte  dar.  die  mit 
der  Spitze  caudalwärts  gerichtet  ist  und  dort  zwei  seitliche,  gebogene 
Fortsätze  trägt.  Die  hellbräunliche  Oberfläche  dieser  Platte  ist  mit 
oralwärts  gerichteten  kurzen,  feinen  Dornen  besetzt.  Die  Geschlechts- 
öftnung  selbst  ist  von  faltiger,  bräunlicher  Haut  umgeben,  die 
dorsal  eine  Art  leicht  verhornter  Klappe  darstellt.  Seitlich  von  ihr 
liegen  zwei  Paare  von  weichen,  weißen,  hakenförmig  gekrümmten 
Fortsätzen,  ein  dorsales  und  ein  ventrales,  die  beide  einem  gemein- 
samen Basalstück  aufsitzen.  Das  dorsale  Paar  ist  zangenartig  nach 
innen  gekrümmt,  während  das  ventrale  Paar  nur  mit  der  Basis 
median  gerichtet,  mit  den  Spitzen  dagegen  nach  außen  gebogen  ist. 
Beide  sind  mit  feinen,  nur  mit  Hilfe  von  stärkerer  Vergrößerung 
wahrnehmbaren  Härchen  besetzt.  Das  ganze  Penisgebilde  wird 
zwischen  After  und  Genitalplatte  hervorgestülpt. 

Wenn  nun  ein  Männchen  unter  ein  Weibchen  gelaugt  ist,  so 
stülpt  es  diesen  Apparat  aus  und  sitzt  ganz  still.  Dabei  betastet 
das  Weibchen  immer  noch  mit  den  Tastern  und  benagt  und 
beleckt  mit  den  Mundteilen  den  Rücken  des  männlichen  Tieres, 
dessen  Hinterleib  ein  ganzes  Stück  w^eit  unterhalb  des  weiblichen 
liegt,  so  daß  sich  die  beiden  Hinterleibsspitzen  nicht  berühren.  So- 
mit haben  die  eben  beschriebenen  Anhänge  des  Penis,  wenigstens 
bei  dem  ersten  Akte  des  Begattungsvorganges,  sicher  nicht  die  Funk- 
tion von  Haftorganen.  Wir  können  annehmen,  daß  der  Titillator, 
den  wir  bei  den  Grillen  eine  so  bedeutende  Rolle  spielen  sahen,  hier 
ein  fast  rudimentäres  Organ  darstellt. 

Ohne  daß  nun  das  Männchen  irgendwie  mit  dem  Hinterleibe 
preßte  oder  die  beiden  übereinander  sitzenden  Tiere  sich  bewegten^ 
erfolgt  jetzt  der  Austritt  der  außerordentlich   voluminösen   Sper- 


460  Ulrich  Gerhardt, 

inatophore  aus  der  Geschlechtsöffnun^  des  Männchens.  Es  tritt 
in  2—3  Sekunden  (Boldyeevj  ein  glänzendes  unpaares,  etwa  kug- 
liges,  weißes  Gebilde  aus,  dem  zwei  seitlich  und  ventral  von  ihm 
gelegene,  gleichfalls  weiße,  zunächst  ziemlich  durchsichtige,  bald 
aber  erhärtende  und  dabei  undurchsichtiger  werdende  Kugeln  nach- 
folgen. Diese  Kugeln  quellen  als  Secretmassen  aus  der  Genitalöifnung 
hervor,  während  das  Mittelstück  mehr  in  toto  herausgeschoben  wird. 
Jeder  der  drei  Bestandteile  hat  etwa  2  mm  im  Durchmesser.  Der 
unpaare  Teil,  der  beim  Austritt  der  Spermatophore  vorangeht,  ist 
deren  eigentlicher  Spermabehälter,  die  Ampulle  („Flacon"  Bol- 
DYREv's),  mit  dem  in  die  Vulva  einzubringenden  Stiel.  Nun  kommt 
der  zweite  Teil  des  Begattungsvorganges,  die  Einbringung  der 
Spermatophore  in  die  Vulva.  Sie  ist  das  Werk  weniger 
Augenblicke.  Das  bisher  still  sitzende  Männchen  macht  plötzlich 
eine  heftige  Bewegung  des  Hinterleibes  nach  hinten  und  oben,  wobei 
es  rasch  mit  den  Füßen  ein  Stück  nach  hinten  kriecht.  Darauf 
folgt  eine  ebenso  rasche  Bewegung  des  Abdomens  von  hinten  und 
unten  nach  vorn  und  oben,  ein  heftiges  Andrücken  der  Spermato- 
phore gegen  die  Vulva  des  Weibchens,  und  unter  normalen  Um- 
ständen ist  jene  nun  so  zwischen  Legeröhrenwurzel  und  Subgenital- 
platte  des  Weibchens  befestigt,  daß  der  eingeführte  Stiel  mit  dem 
Spermabehälter  am  meisten  dorsal  sitzt  und  die  beiden  paarigen 
Kugeln  unter  und  etwas  vor  ihm  gelegen  sind.  Ist  diese  Bewegung 
erfolgreich  ausgeführt,  so  folgt  eine  Ruhepause,  in  der  beide  Ge- 
schlechter still  sitzen  und  in  der  die  lateralen  Kugeln  der  Spermato- 
phore deutlich  größer  werden  und  eine  Umhüllung  mit  einer  glasig- 
durchsichtigen Substanz  empfangen.  Es  müssen  also  während  dieses 
dritten  Teiles  der  Begattung  die  Drüsen  des  Männchens,  die  diese 
Secretmassen  liefern,  noch  arbeiten.  Die  Tatsache,  daß  die  Spermato- 
phore nicht  in  der  Form  den  männlichen  Körper  verläßt,  in  der  sie 
bei  der  Trennung  der  Geschlechter  am  Weibchen  hängen  bleibt, 
scheint  Boldyeev  entgangen  zu  sein.  Zweifellos  irrig  ist  es,  wenn 
Baümgartnee  (2)  angibt,  die  Ampulle  werde  zunächst  vom  Männchen 
allein  ausgestoßen  und  dem  Weibchen  in  der  Vulva  befestigt,  erst 
dann  erfolge  die  Ausscheidung  der  beiden  kugligen  Seitenkörper. 
„The  female  mounts  on  the  back  of  the  male,  when  he  hooks  an 
almost  spherical  ampulla  füll  of  sperm  into  her  vagina.  During  the 
latter  act  a  viscid  fluid  flows  out  on  either  side  and  forms  two 
somewhat  irregulär  roundish  masses  larger  than  the  original  ampulla, 
which  now  lies  between  the  two."' 


Copnlation  und  Spermatophoien  von  Grylliden  und  Locustiden. 


461 


I 


Wählend  der  Ausbildung  der  Spermatoplioie  verhalten  sich 
beide  Tiere  vollkommen  ruhi^.  Das  Weibclien  steht  hoch  auf  den 
Hinterbeinen  aufoferichtet ,  der  männliche  Hinterleib  ist  in  einem 
Winkel  von  etwa  30—40"  über  die  Horizontale  o^ehoben.  Ist  da- 
gegen die  Ausbildung  der  seitlichen  Si)ermatopliorenkugeln  vollendet, 
so  zerrt  das  Männchen  einigemale  heftig,  ruckweise,  nach  vorn.  Da 
die  Spermatophore  einerseits  bereits  fest  in  der  Vulva  eingepflanzt 
ist,  andrerseits  durch  den  ..Penis"  des  ^Männchens  mit  seinem  oben 
beschriebenen  Hakenapparat  noch  festgehalten  wird,  so  wird  durch 
diese  Bewegung^en  der  Hinter- 
leib des  Weibchens  nach  vorn 
und  gleichzeitig  nach  unten  ge- 
zogen. Dadurch  kommt  das 
Weibchen  in  eine  gekrümmte 
Stellung,  und  zugleich  wird  sein 
Kopf,  der  vorher  über  dem  Pro- 
thorax oder  dem  Kopf  des  Männ- 
chens —  je  nach  dessen  Größe  — 
sich  befand,  auf  den  Metathorax 
an  der  Grenze  des  Abdomens 
gezogen  (Fig.  (5,  Taf.  17). 

Und  nun  beginnt,  am  Schluß 
des  ganzen  Aktes,  das  Weibchen 
in  der  Gegend  des  1.  Hinterleibs- 
ringes des  Männchens  auf  dessen 
Rückenfläche  wiederum  eifrig  zu 
lecken  und  zu  nagen,  und  diese 
Tätigkeit  wird  erst  eingestellt, 
wenn  es  dem  Männchen  gelungen 
ist,  sich  von  seiner  Spermato- 
phore ganz  zu  befreien,  die  dann  als  dreiteiliges,  leuclitend  bläulich- 
weißes Gebilde  am  Weibchen  hängen  bleibt  (Fig.  L),  während  das 
Männchen  unter  dem  Weibchen  fort  ein  Stück  nach  vorn  geht. 
Manchmal,  aber  selten,  ist  es  auch  das  Weibchen,  das  die  Lösung 
der  Copula  herbeiführt. 

Nicht  immer  gelingt  unter  den  durch  die  Gefangenschaft  oder 
vielmehr  durch  die  Beobachtung  durch  den  Menschen  bedingten  Um- 
ständen das  Einbringen  der  Spermatophore.  In  2  Fällen  machte 
ich  Licht,  ehe  das  Männchen  in  richtiger  Stellung  unter  dem 
Weibchen  saß,  und  und  im   1.  Falle  mißlang  die  Einbringung  der 


Fig.  L. 

Weibchen  von  Diestrammena  marmorata 
(nach  BoLDYREv).    a  Ampulle,    b  Schleim- 
kugel (Hülle). 


462  Ulrich  Gerhardt, 

trotzdem  ausgetretenen  Spermatophore  vollständig.  Sie  wurde,  ehe 
sie  von  der  äußersten,  durclisichtig-en  Hülle  der  lateralen  Kugeln 
überzogen  war,  ausgestoßen  und  von  mir  in  CARNOT'schem  Gemisch 
konserviert.  Sie  zeigte  als  Zeichen  ihrer  Unfertigkeit  im  konser- 
vierten Zustande  einen  viel  gelblicheren  Ton  ihrer  seitlichen  Kugeln 
als  andere  ebenso  behandelte  Spermatophoren  der  gleichen  Species. 
In  dem  2.  Falle  gelang  die  Einbringung  nur  unvollständig.  Die 
Spermatophore  wurde  indessen  völlig  fertiggestellt,  aber  bei  der 
Lösung  der  Geschlechter  nach  der  Copulation  blieb  sie  am  Männchen 
haften,  das  sie  dann  verlor.  Auch  diese  Spermatophore  wurde  kon- 
serviert. Es  ist  mir  nicht  gelungen,  wie  das  bei  anderen  Locustiden 
mit  Leichtigkeit  geht,  Weibchen  mit  anhaftenden  Spermatophoren 
zu  konservieren:  bei  den  Bewegungen  des  Tieres  in  Formol  oder 
ÜAENOY'scher  Flüssigkeit  fiel  die  Spermatophore  aus  der  Vulva 
heraus. 

Ganz  besonders  hinweisen  möchte  ich  darauf,  daß  auch  bei  dieser 
Species  ein  Vorgang  sich  wiederfindet,  den  wir  bei  den  Grillen  in 
verschiedener,  aber  immer  vorhandener  Beziehung  zur  Begattung 
kennen  gelernt  haben :  das  Belecken  der  männlichen  Rückenfiäche 
durch  das  Weibchen  und  zwar  hier  vor  und  am  Ende  der  Begattung. 
Ich  habe  bei  Diestrammena  häufig  die  Beobachtung  gemacht,  daß 
Männchen,  die  auf  der  Suche  nach  Weibchen  waren,  auf  der  Rücken- 
fläche, an  der  Hinterkante  des  1.  Abdominalsegments,  eine  kleine, 
zirkumskripte,  lebhaft  glänzende  Stelle  hatten,  so  als  ob  sie  mit  einer 
zähen  Flüssigkeit  betropft  wären.  Bei  der  herrschenden  Dämme- 
rung war  das  Glänzen  dieser  Stellen  besonders  auffallend.  Bei  fort- 
geschrittenerer Dunkelheit,  wenn  ich  die  Körperumrisse  der  Tiere 
nicht  mehr  erkennen  konnte,  habe  ich  oft  aus  der  Anwesenheit 
dieser  Flecke  darauf  geschlossen,  daß  ihr  Träger  ein  Männchen  sei, 
und  wenn  ich  Licht  machte,  erwies  sich  die  Vermutung  jedesmal 
als  richtig.  Somit  produziert  oifenhar  das  Männchen,  ähnlich  wie 
bei  Oecanthus  fasciatus  unter  den  Grillen,  auf  einer  bestimmten  Stelle 
seiner  Rückenhaut  ein  Secret,  das  vom  Weibchen,  in  diesem  Falle 
erst  am  Anfang  und  dann  auch  einmal  gegen  das  Ende  der  Begattung, 
noch  während  dieser  selbst,  abgeleckt  wird.  Sehr  gut  ist  diese  Stelle 
auch  sichtbar  während  der  letzten  Häutung  männlicher  Tiere,  bei 
der  der  Hinterleib  besonders  gedehnt  wird. 

Die  Dauer  des  gesamten  Begattungsvorganges,  von  dem  Unter- 
kriechen des  Männchens  unter  das  AVeibchen  bis  zur  Trennung  der 
beiden  Tiere,  betrug  durchschnittlich  nicht  ganz  3  bis  über  4  Minuten. 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locnstiden. 


463 


BohDYKEv  gibt  die  Zeit  von  der  Einbringung  der  Spermatophore 
bis  zur  Trennung  auf  P/.,  Minuten  an,  nach  der  Mehrzahl  meiner 
Fälle  etwas  zu  kurz. 

Nach  sehr  kurzer  Zeit  (nach  Boldyrev  1  Sekunde  bis  2  Minuten, 
durchschnittlicli  wohl  etwa  nach  15—30  Sekunden)  beginnt  das 
Weibchen  sich  etwas  aufzurichten,  den  Kopf  einzukrümmen  und 
eine  der  beiden  seitlichen  Kugeln  der  Spermatophore  mit  den  Freß- 
werkzeugen  zu   ergreifen.     Die   zähe  Substanz,   die  besonders   die 


s^mwwOTwraw"'*^ 


Fig.  K. 


Fig.  K.  Weil)chen  von  Diestrnmmena  marmorata, 
die  Spermatophore  fressend  (nach  Boldyrev). 

Fig.  L.  Schema  des  Baues  der  Spermatophore 
von  IHcstrammoia  marmorata.  d  Binnenraum  der 
Ampulle,  c,  b,  a  deren  Häute,  f,  (j  ihre  Verarike- 
rungsvorrichtungen.  P  Schleimkugeln  der  Hülle. 
e  ihre  Verbindung  mit  der  Ampulle.  Ovd  Legeröhre. 
Is  Subgenitalplatte.  s,  s  Abdoniinalsegmente  (nach 
Boldyrev). 


äußerste  Partie  dieser  Kugeln  bildet,  zieht  sich  zu  einem  klaren 
glasigen,  klebrigen  Faden  oder  Bande  aus,  der  sich  über  die  Ventral- 
flache  des  Tieres  hinzieht  (s.  die  Boldyrev  entnommene  Fig.  K). 
Allmählich  werden  erst  die  beiden  seitlichen  Teile  völlig  aufgefressen 
dann  das  bis  zuletzt  aufgesparte  Mittelstück,  das  nach  Verlauf  von 
durchschnittlich  1— P/o  Stunden  (Boldyrev)  auch  vertilgt  ist,  und 
zwar  benötigt  die  Beseitigung  dieses  Stückes  nach  demselben  Autor 
6 — 15  Minuten. 

Am  ersten  Abend,  an  dem  ich  meine  mittags  zusammengelassenen 
Gefangenen  inspizierte,  fand  ich  vier  Weibchen  gleichzeitig  mit  dem 


464  Ulrich  Gerhardt, 

Fressen  ihrer  Spermatophoren  beschäftigt.  Es  dürfte  wohl  kaum 
eine  Locustidenspecies  geben,  bei  der  der  Instinkt  der  Weibehen, 
die  in  die  Vulva  eingefügte  Spermatophore  zu  fressen,  nicht  aus- 
gebildet wäre,  wenn  auch  nicht  immer,  wie  es  aber  meist  geschieht, 
das  ganze  große  Gebilde  verzehrt  wird.  Es  ist  auffallend,  daß 
erst  Fabre  auf  diesen  so  merkwürdigen  und  interessanten  Vorgang 
aufmerksam  geworden  ist.  Um  seine  Bedeutung  und  seinen  Verlauf 
zu  verstehen,  müssen  wir  uns  den  Bau  der  Spermatophore 
genauer  ansehen,  wobei  gleich  bemerkt  werden  soll,  daß  die  von 
biestrammena  in  manchen  Beziehungen  einen  Sondertypus  unter  den 
Locustiden  darstellt.  Immerhin  ist  sie  eine  ganz  ausgeprägte 
Locustidenspermatophore,  die  uns  die  Unterschiede  denen  der  Grillen 
gegenüber  deutlich  zeigt.  Gerade  die  Spermatophore  unserer  Species 
ist  durch  Boldyrev  eingehend  studiert,  beschrieben  und  abgebildet 
worden,  und  die  beigefügte,  schematische  Figur  (Fig.  L)  ist  diesem 
Autor  entnommen.  Fig.  3,  Taf.  17  zeigt  eine  in  Carnoy  konservierte, 
in  Xylol  aufgehellte  Spermatophore.  Zunächst  sei  erwähnt,  daß  das 
Verhältnis  des  mittleren,  unpaaren  Teiles  der  Spermatophore  zu  den 
beiden  seitlichen  Kugeln  nicht  immer  das  Gleiche  ist.  Diese  beiden 
Kugeln  stellen,  wie  bei  allen  Locustidenspermatophoren, 
den  größten  Volumenanteil  dar,  sind  massiv,  enthalten  kein 
Sperma  und  kommunizieren  auch  nicht,  Avie  Fabre  seiner  Zeit  bei 
DecUciis  annehmen  zu  müssen  glaubte,  mit  dem  den  Samen  ent- 
haltenden Teile,  der  in  diesem  Falle  unpaaren  medialen  und  mit 
einem  Stiele  in  die  Vulva  eingepflanzten  Partie  der  Spermatophore. 
Boldyrev  schreibt:  „Der  vordere  paarige  Teil  der  Spermatophore 
(Fig.  L)  enthält  keinen  Samen  und  besteht  aus  dickem  durchsichtigem 
Schleim,  an  den  Seiten  und  von  unten  ist  jede  Kugel  mit  matt- 
weißem, nicht  klebrigen,  lockeren  Häutchen  bedeckt,  deren  Zweck  — 
vom  Ankleben  und  vorzeitigem  Abreißen  der  zentralen,  klebrigen, 
schleimigen  Masse  dieses  Teiles  zu  schützen."  Ich  habe  bei  sehr 
genauem  Zusehen  den  Eindruck  gewinnen  müssen,  daß  die  mehr 
dorsal  gelegenen  durchsichtigen  Partien  der  Kugeln  erst  zuletzt,  nach 
der  Befestigung  der  Spermatophore  in  der  Vulva,  ausgeschieden 
werden,  als  eine  von  außen  den  festeren  weißlichen  Kern  umfließende 
Hülle.  Das  geht  besonders  aus  dem  erwähnten  Fall  hervor,  in  dem 
ein  Männchen  eine  nicht  fertiggestellte  Spermatophore  fallen  ließ. 
Hier  fehlte  die  durchsichtige  dorsale  Hülle  beiderseits  vollkommen. 
Über  die  Bedeutung  beider  Komponenten  der  Seitenkugeln  möchte 
ich   keine  bestimmte  Vermutung   äußern.     In  CARNOY'scher  Flüssig- 


Copnlivtion  und  Spermatophoren  von  Gr3lli(len  und  Locustiden.  465 

keit  konserviert  wird  die  glasige  Hülle  der  Kugeln  undurchsichtig 
weiß,  in  Formol  (4%)  quillt  sie  außerordentlich  stark,  während  die 
weißen,  undurchsichtigen  Ventralhälften  ziemlich  unverändert  bleiben. 

Der  wichtigste  Teil  der  Spermatophore  ist  der  unpaare  mittlere. 
Die  Tatsache,  daß  er  unpaar  ist,  ist  unter  den  Locustiden  für 
Diestrammena,  soweit  bis  jetzt  bekannt,  charakteristisch  und  möglicher- 
weise von  weiter  reichender  theoretischer  Bedeutung.  Boldyeev 
unterscheidet  an  ihm  drei  Teile:  „Der  unpaarige,  durchsichtige  Teil 
der  Spermatophore  besteht  aus:  1.  einem  dem  Legestachel  unter  der 
Geschlechtsöffnuiig  hinter  der  Lamina  subgenitalis  {h)  fest  angefügten 
dicken,  knorpligen  , Häutchen'  («),  2.  aus  einem  noch  mehr  kon- 
sistenten, dickhäutigen  (c)  durchsichtigen  ,Flacon'  mit  retorten- 
förmigem  Raum  (d),  den  Samen  enthaltend,  dabei  ist  der  .Hals'  des 
,Flacon*  ig)  mit  dem  Anhängsel  , Anker'  (f)  fest  in  die  Geschlechts- 
ötfnung  geschoben  (am  Ende  des  ,Ha]ses'  befindet  sich  die  Aus- 
führungsötfnung  des  ..retortenförmigen  Raumes''),  3)  aus  einer  Schicht 
durchsichtiger  Flüssigkeit  [b),  die  sich  zwischen  dem  .Flacun'  und 
dem  ,Häutchen'  befindet." 

Es  sind  nun  einige  Worte  über  die  Bedeutung  der  einzelnen 
Teile  einer  so  gebauten  Spermatophore  zu  sagen.  Es  ist  ohne 
weiteres  klar,  und  Boldyeev  betont  dies  auch,  daß  nur  der  eigent- 
lich spermahaltige  Teil,  den  er  als  „P^'lacon"  bezeichnet  [Vosseler  (35) 
gebraucht  dafür  den  im  Deutschen  jedenfalls  besseren  Ausdruck 
„Samenbehälter"' j,  mit  dem  oben  als  „Ampulle"'  bezeichneten  Teil 
der  Grillenspermatophore  verglichen  Averden  kann.  Während  der 
Zeit,  in  der  die  beiden  Lateralpartien  vom  Weibchen  gefressen 
werden,  verhält  sich  der  unpaare  Teil  genau  wie  die  Grillen- 
spermatophore, und  selbst  in  der  Anwesenheit  von  lamellenartigen 
Befestigungsvorrichtungen  am  Stiel  des  Samenbehälters  finden  sich 
Analoga  zu  dem  Verhalten  bei  Grylliden.  Das  eigentliche  Charakte- 
ristikum der  Locustidenspermatophore  ist  nun  die  „Hüllsubstanz", 
große  Secretmassen,  die  meist,  nicht  immer,  sehr  charakteristische 
äußere  Formen  aufweisen  und  die  nicht  mit  dem  oder  den  Samen- 
behältern kommunizieren. 

Boldyeev  schreibt  diesen  Lateralpartien  Schutzfunktion 
für  den  Sj)ermabehälter  während  des  Aktes  ihres  Verzehrtwerdens 
zu.  Er  hat  an  Biestrammena  eine  Erfahrung  gemacht,  die  auch  mir, 
bei  einer  Phaneropteride,  Leptophyes  pundatissima,  begegnet  ist:  Bei 
Spermatophoren  von  sehr  weicher  schleimiger  Beschafienheit,  wie  es 
bei  diesen  beiden  Arten  der  Fall  ist,  kann  die  äußere  „Freßsubstanz" 


466  Ulrich  Gerhardt, 

irgendwo  häiig-en  bleiben  und  in  toto  abreißen,  so  daß  nur  der 
Samenbeliälter  übrig  bleibt.  In  solchen  Fällen  frißt  das  Weibchen 
diesen  sofort  auf.  Das  ist  aber  meines  Erachtens  ein  als  patho- 
logisch zu  betrachtender  Fall,  der  wohl  nur  bei  gefangenen  Tieren 
vorkommen  dürfte.  Gewiß  „schützt"  die  Lateralmasse  den  Samen- 
behälter vor  dem  Gefressenwerden,  bis  das  Sperma,  wie  Boldtrev 
zweifellos  richtig  vermutet,  durch  eine  Art  von  Diffiisionsvorgang, 
nicht  durch  Einsaugen  ^),  in  das  Receptaculum  gelangt  ist.  Aber 
dieser  Schutz  ist  nur  nötig,  weil  unter  normalen  Verhältnissen 
dem  Freßbedürfnis,  dem  schon  bei  Grillen  angedeuteten  Instinkt  der 
weiblichen  Tiere,  durch  die  Ausscheidung  der  Secretmassen  der 
Männchen  entgegengekommen  wird.  Bei  Liogryllus  sehen  wir  aber, 
daß  ein  „Freßinstinkt"  sehr  wohl  ohne  „Schutzsubstanz"  bestehen 
kann,  ohne  Gefahr  für  das  Sperma.  Es  ist  eine  immer  wieder  selt- 
sam berührende  Tatsache,  die  Fabre  seinerzeit  schon  in  höchstes 
Erstaunen  versetzt  hat,  daß  die  ganze,  so  eigenartig  und  gewisser- 
maßen kunstvoll  gebaute  Spermatophore  nur  dazu  da  ist,  um  ge- 
fressen zu  werden.  Wir  werden  auf  die  Schwierigkeiten  einer 
kausalen  Erklärung  dieser  Beziehungen  zwischen  Freßinstinkt  und 
Spermatophorenbau  bei  der  Besprechung  sich  abweichend  verhaltender 
Gruppen  noch  genauer  eingehen  müssen.  Hier  sei  nur  noch  ein 
zweiter  Punkt  erwähnt,  den  Boldyeev  anführt.  Er  sagt :  „Das  sofortige 
und  immer  notwendige  Verzehren  der  Spermatophore  vom  Weibchen 
wird  durch  die  Notwendigkeit  hervorgerufen,  das  Hindernis,  welches 
die  in  den  meisten  Fällen  nach  mehreren  Stunden  eintretende  Eiab- 
lage stört,  zu  beseitigen."  Dagegen  läßt  sich  sagen,  daß  dieses  Hinder- 
nis, wie  bei  den  meisten  Grillen,  durch  Herausfallen  genau  so  gut 
beseitigt  werden  könnte  und  daß  also  die  Beseitigung  der  die  Ei- 
ablage hindernden  Spermatophore  nicht  den  Freßinstinkt  unbedingt 
voraussetzen  muß.  Erwähnen  möchte  ich  auch  noch,  daß  bei  meinen 
Dies^rammma-Weibchen  erst  nach  einer  Anzahl  von  Copulationeix 
die  Eiablage  erfolg'te,  so  daß  die  Spermatophore  praktisch  durch- 
aus kein  Hindernis  der  Eiablage  zu  sein  braucht.  Eigentümlich  ist 
es,  daß  der  bei  der  Feldgrille  gewissermaßen  nur  angedeutete  Freß- 
instinkt bei  so  primitiven  Locustiden  wie  Biestrammena  zum  ununter- 
drückbaren  Triebe  geworden  ist,  der  er  bei  allen  Laubheuschrecken, 
allerdings  mit  Modifikationen,  bleibt. 


1)  Vgl.  das  über  den  Austritt  des  Samens  aus  der  Grillenspermatophore 
Gesagte  (S.  431). 


Copulation  und  Spernmtoiilioren  von  Giylliden  uiiil  Locustideu.  467 

Gerade  voji  den  Beubachtungen  dieser  äußerlich  in  mancher 
Beziehung-  grilleniihnlichen  F'oi'm  hatte  ich  mir  am  ersten  ver- 
sprochen, biologische  ('bei-gangsmomente  zwischen  Grylliden  und 
Locustiden  zu  linden.  Prüfen  wir  iiiei\  wieweit  diese  Hoffnung 
gerechtfertigt  war. 

I.  Übereinstinnnungspunkte  mit  Grylliden  ergeben  sich 
in  folgendem.  GrilleniiliiiJich  ist  in  moi-phologischer  Beziehung 
die  Bildung  der  Cerci  und  der  Subgenitalplatte  des  Männchens,  nicht 
aber  die  des  „Penis"  und  des  Titillators.  In  biologischer  Be- 
ziehung erinnert  an  Grillen:  1.  das  Tanzen  der  Männchen  vor  den 
Weibchen,  das  dem  Begattungsvorspiel  von  Liogrijllus  campestris  sehr 
nahe  kommt:  2.  die  Stellung  des  Männchens  während  der  Begattung 
mit  gestrecktem,  dorsal  etwas  konkavem  Körper;  3.  die  rasche  Aus- 
scheidung des  Zentralteiles  (und  dann  des  Kernes  der  Lateralteile) 
der  Spei'matophore  ohne  Befestigung  des  Männchens  am  Weibchen; 
4.  die  Einbringung  der  bereits  sichtbaren  Spermatophore  in  die 
Vulva  des  Weibchens.  Alle  diese  Punkte  unterscheiden  Bicstrammena 
von  allen  anderen  bisher  beobachteten  Locustiden,  nur  der  letzte 
Punkt  findet  sich  nach  Bekexguier  auch  bei  Isophya. 

IL  Unterschiede  gegenüber  den  Grillen  sind:  1.  die  Be- 
schaffenheit der  Spermatophore.  die,  trotz  einiger  unserer 
Art  eigentümlichen  Besonderheiten,  eine  typische  Locustidensperma- 
tophore  mit  Samenbehälter  und  „Freßsubstanz"  darstellt;  2.  die 
starke  Ausprägung  des  Freßinstinktes  beim  Weibchen. 

III.  Mit  anderen  Locustiden  gemeinsam  sind  Biestrammena 
die  beiden  letztgenannten  Punkte.  Eine  Besonderheit  unserer  Art  ist 
dagegen  der  im  paare  Samenbehälter  der  Spermatophore,  der 
sich  bei  anderen  Locustiden  nicht  findet. 

BoLDYREv  gibt  wiederholte  Begattung  für  beide  Geschlechter 
an;  ich  kann  diese  Angabe  nur  bestätigen,  ohne  das  Maximum  der 
Begattung.szahl  eines  Individuums  für  die  Geschlechter  angeben  zu 
können.  Die  Frage,  ob  ein-  oder  mehrmalige  Begattung  bei  Locu- 
stiden die  Eegel  ist.  wird  uns  noch  beschäftigen  müssen. 


Alle  nun  zu  besprechenden  weiteren  Gruppen  der  Locustiden 
unterscheiden  sich  von  der  eben  beschriebenen  Art  dadurch,  daß 
bei  ihnen  paarige  Samenbehälter  in  der  Spermatophore  vor- 
kommen, die  wohl  Fabke  zuerst  an  Bedkus  festgestellt  hat.  Neben 
diesem  Moment  ist  es  in  rein  morphologisclier  Beziehung  noch 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  l^yst.  31 


468  Ulrich  Gerhardt, 

die  Beschaffenheit  der  männlichen  Hinterleibsspitze,  die  bei  allen 
Locustiden  den  Stenopelmatiden  gegenüber  Unterschiede  aufweist, 
und  zwar  liegen  diese  Unterschiede  hauptsächlich  in  der  Differen- 
zierung der  Cerci  zu  einem  Haftorgan  bei  der  Begattung  und  in 
der  Ausgestaltung  der  meist  mit  besonderen  Styli  versehenen 
männlichen  Subgenitalplatte  zu  einem  gleichfalls  bei  der  Ver- 
einigung der  Geschlechter  beteiligten  Hilfsorgane.  Dadurch  wird 
die  Aufgabe  der  Befestigung  des  Männchens  mit  seiner  Hinter- 
leibsspitze von  unten  her  an  der  Legeröhrenbasis  des  Weibchens 
auf  immer  an  der  Körperoberfläche  befindliche  chitinöse  Hart- 
gebilde übertragen.  Der  zwischen  Subgenitalplatte  und  Analsegment 
verborgene  weichhäutige  „Penis"  behält  die  Funktion  der  Ein- 
bringung des  Spermatophorenstieles  in  die  Vulva,  jedoch  geht  dieser 
Prozeß  in  anderer  Weise  vor  sich  als  bei  Diestrammena.  Ein  Titil- 
lator  ist  vorhanden,  bei  Gampsocleis  hat  Brunnee  (10)  sogar  deren 
zwei  hintereinander  gelegene  beschrieben;  ihre  Funktion  bei  der 
Begattung  läßt  sich  nicht  ganz  genau  feststellen,  da  sich  die  Tätig- 
keit dieser  Teile  im  Innern  des  weiblichen  Körpers  abspielt,  doch 
handelt  es  sich  sicher,  wie  bei  den  Grillen,  um  ein  Einhaken  dieser 
Organe  hinter  der  Subgenitalplatte  des  Weibchens.  —  Somit  finden 
wir  bei  den  uns  nun  beschäftigenden  Locustiden  wesentlich  andere 
morphologische  Vorbedingungen  für  den  Vollzug  der  Begattung  als 
bei  Diestrammena,  wenigstens  beim  Männchen,  während  die  Genital- 
partie der  Weibchen,  wie  übrigens  auch  bei  den  Grillen,  überein- 
stimmend gebaut  ist. 

Es  soll  nun  das  Verhalten  der  einzelnen  bis  jetzt  daraufhin 
beobachteten  Formen  bei  der  Copulation  besprochen  werden. 

Fam.  Phaneropteridae. 

AVenn  ich  mit  dieser  Gruppe  beginne,  so  geschieht  dies  deshalb, 
weil  zu  ihnen  eine  von  mir  genauer  beobachtete  Species  gehört,  die 
im  Bau  ihrer  Spermatophore  in  mancher  Beziehung  das  primitivste 
Verhalten  aufweist,  das  mir  bis  jetzt  unter  allen  Locustiden  vorge- 
kommen ist  und  das,  soweit  mir  bekannt,  eine  Eigenart  dieser 
Gattung  bilden  dürfte.  Andere  Gewohnheiten  teilt  Leptoplujes  mit 
anderen  ungeflügelten  Phaneropteriden,  die  sich  in  der  Biologie  ihrer 
Begattung  alle  wesentlich  unterscheiden  von  der  geflügelten  Gattung 
Fhaneroptera.  Beide  Formenkreise  sollen  daher  getrennt  besprochen 
werden. 


Copulatioii  und  Spermatophoreu  vou  Gryllideii  uiul  Locustiden.  469 

U  n  S"  e.  f  1  ü  g  e  1 1  e  F  o  r  ni  e  ii. 

1.  Lcptoplnjes  pnnctatissima  Bosc.  Beobaclitet:  14  Begattungen. 
Leptophyes  piotctatissima  ist  neben  Diestrammena  marmorata  eine  in 
der  Gefano-enschaft  sich  besonders  leicht  begattende  Locustiden- 
form.  Bei  dieser  Species  kann  man,  nac-h  meinen  Pirtahiungen,  so- 
wohl bei  Weibchen  wie  bei  Männchen,  etwa  H  Begattungen  auf  das 
Individuum  als  Durchschnitt  rechnen.  Ich  fand  die  Tiere,  und 
zwar  die  Männchen  häutiger  als  die  Weibchen,  auf  Brombeerhecken 
eines  nach  Süden  und  Osten  otfenen  Bei'ghanges  bei  Garn  bürg  an 
der  Tauber  im  nihdlichen  Baden,  was  ungefähr  der  nöidlichen 
Grenze  des  regelmäßigen  Vorkommens  der  Art  entsprechen  dürfte. 
Bei  Tage  sitzen  die  Tiere,  wie  die  ungeflügelten  Phaneropteriden 
auch  sonst,  platt  mit  ausgestreckten  Beinen  auf  den  Brombeerblättern 
und  sonnen  sich.  Sie  lassen  sich  leicht  fangen  und  in  der  Gefangen- 
schaft ebenso  leicht  mit  Salat,  Brombeeren  und  deren  Blättern  er- 
nähien.  Das  Männchen  ist  mit  seinen  schuppenförmig  verkürzten 
Elytren  nur  imstande,  einen  ganz  schwachen  klappenden  Ton  hervor- 
zubringen, der  nur  auf  etwa  25  cm  hörbar  ist.  Die  Weibchen  sitzen 
bei  Tage  meist  still,  die  Männchen,  die,  sonst  isoliert  gehalten,  nur 
zeitweise  zu  ihnen  gebracht  werden,  sind  zu  jeder  Tageszeit  be- 
gattungslustig, im  Freien  wahrscheinlich  gegen  Abend,  zu  welcher 
Zeit  sie  am  regsten  sind.  Hat  nun  ein  zirpendes  Männchen  ein 
Weibchen  gefunden,  das  seine  Begattungslust  anregt,  so  setzt  es 
sich,  in  kurzen  Intervallen  je  einen  Ziii)ton  hören  lassend,  vor 
dieses  hin  und  krümmt  den  Eücken  stark  konvex,  macht  also  eine 
Art  ,.Katzenbuckel-'.  Dabei  werden  die  Flügeldecken  zunächst  ge- 
hoben. Ist  das  ^^'eibchen  zur  Begattung  geneigt,  so  geht  es  vor, 
hebt  sich  etwas  auf  den  Füßen  und  beginnt  den  Hinterleib  des 
Männchens  zu  benagen  und  zu  belecken,  hier  also  vor  der  Be- 
gattung. Ein  derartiges  Verhalten  des  Weibchens  braucht  nicht 
unbedingt  zur  Begattung  zu  führen,  obwohl  dies  meistens  der  Fall 
ist.  Manchmal  besinnt  sich  das  Weibchen  eines  anderen  und  geht 
weiter.  Das  Männchen  aber  versucht,  sowie  das  Weibchen  über 
ihm  vorrückt  und  seinen  Rücken  benagt,  seinen  Hinterleib  nach 
hinten  unter  den  des  Weibchens  zu  schieben,  und  wenn  dieses  ruhig 
sitzen  bleibt,  drängt  das  Männchen,  immer  mit  gekrümmtem  Rücken, 
seine  Cerci  unter  die  Subgenitalplatte  des  Weibchens,  das  ruhig 
sitzen  bleibt.  Eine  kurze  Schilderung  Tümpel's  (29)  in  der  Auflage 
seines  \A'erkes  von  1908  schildert  die  Vorgänge  vor  und  nach  der 
Copulation  unserer  Art  nicht  gerade  glücklich:  „Vor  der  Begattung 

31* 


470  Ulrich  Gerhardt, 

laufen  beide  Geschlechter  auf  den  Vorderbeinen,  wobei  durch  Gerade- 
stellen der  Hinterbeine  der  Hinterleib  hoch  gerichtet  wird.  Bei  der 
Begattung  selbst  sitzt  das  Weibchen  auf  dem  Männchen,  krümmt 
seine  Hinterleibsspitze  nach  nnten,  welche  von  dem  Männchen  mit 
den  Ralfen  festgehalten  wird."  Ich  habe  ein  solches  aktives  Herab- 
biegen des  Weibchens  nie  beobachtet. 

Es  wird  zweckmäßig  sein,  hier  eine  kurze  Betrachtung  der 
männlichen  Begattungswerkzeuge  einzuschalten.  Das  Analsegment 
trägt  2  Cerci  (Fig.  M),  die  hier,  wie  das  ja  für  alle  Locustiden 
mit  Ausnahme  der  Stenopelmatiden  und  der  tropischen  Grj^llacriden 
charakteristisch  ist,  hakenförmige,  harte,  chitinöse  Haftorgane  bilden, 
die  beide  zusammen  eine  Art  von  Zange  darstellen.  In  unserem 
Falle  handelt  es  sich  um  an  der  Basis   fast   gerade   und   dicke,   an 

_78    f  ^O  Flg.    M.      Hiiiterleibsende    des 

/     7    >">-l  •  Mäiincliens  von  Leptophyes  puncta- 

TTvicy??  /    /  /  /y^L       -'''*''  fissima.     ß   Cerci.     y  Lamiaa    siib- 

I  .'^^/j(  /  /  y^^S^  genitalis  (^nach  Fischer). 

l^Cz^'-f  ,_J:rf^Z,d^S^^  F^^-     ^'-      Hinterleibsende     des 

-p,.      1^         3 "'     Frl^^^x^    ^"on  Männchens  von  Locusta  viridissima. 

^^'      '  tziL_A, /\"^'  Die  Zahlen  bezeichnen  die  Abdominal- 

8  "^     Q      w\  Segmente,    sfg  Stigma,   an  Anus,   cl 

V 2^''  Cerci.      sti    Styli.      jm    Penis     mit 

p-g.   j^  Titillator  {vi)  (nach  Tümpel). 

der  Spitze  stark  nach  innen  gekrümmte,  mit  makroskopisch  nicht 
wahrnehmbaren,  feinen  Härchen  besetzte  Haken.  Ventral  von  den 
Basen  der  Cerci  liegt  die  Afteröffnung  und  abermals  ventral  von 
dieser,  in  der  Ruhe  völlig  nach  innen  eingezogen,  die  männliche 
Geschlechtsötfnung,  deren  häutige  [Tmrandung  im  Zustande  der 
Tätigkeit  als  „Penis"  vorgestülpt  werden  kann,  den  Namen  hier 
auch  etwas  eher  verdient  als  bei  Grylliden  und  bei  Biestrammena. 
Von  unten  (der  Ventralseite)  her  wird  die  Geschlechtsöffnung  um- 
schlossen von  der  Subgenitalplatte,  die  hier  eine  dorsal  nur  wenig 
konkave,  verhältnismäßig  sehr  große,  vorn  breite,  nach  hinten  zu 
verschmälerte  Platte  darstellt,  die  mit  zwei  stumpfen  Fortsätzen 
endet,  die  aber,  wie  bei  allen  europäischen  Phaneropteriden,  keine 
Stj^li  tragen  (s.  die  Tümpel  entnommene  Fig.  N). 

Wenn  nun  das  Männchen  seinen  gekrümmten  Hinterleib  unter 
den  des  Weibchens  geschoben  hat,  so  tastet  es  sich  mit  seinem 
Cerci  an  der  Ventralfläche  des  weiblichen  Hinterleibes  entlang,  bis 
diese  in  zwei  Vertiefungen  rechts  und  links  von  der  Legeröhren- 
wurzel,  an   der  Ventralfläche   der  weiblichen  Subgenitalplatte,  mit 


Copulation  nnil  Spemiatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  471 

einem  plützliclieii  kleinen  Kuck  einen  Halt  tinden.  Es  kommt  nicht 
ganz  selten  voi-.  daß  selbst  nach  dieser  Befestig-ung  des  Männchens, 
die  schon  ziemlich  innig  ist,  das  Weibchen  sich  noch  losmacht  und 
weiter  geht.  Das  Normale  aber  ist,  daß  es  nun  zur  Ausübung  der 
Begattung  kommt,  die  immer  in  drei  wohl  unterscheidbaren  Ab- 
schnitten verläuft. 

Auch  nach  seiner  Anklammerung  an  das  Weibchen  ist  das 
Männchen  stark  gekrümmt,  so  daß  seine  ganze  DorsalHäche  stark 
konvex  ist.  Je  nach  der  Unterlage,  ob  an  einem  Zweige,  am  Draht- 
gitter des  Käfigs  oder  auf  der  Fläche  eines  Blattes,  schwankt  der 
Grad  dieser  Krümmung  indes  nicht  unwesentlich.  Das  Weibchen 
fährt,  seit  es  auf  das  iMännchen  gestiegen  ist,  fort,  mit  seinen 
]\[undteilen  erst  dessen  Rücken,  dann  die  Flügeldecken  zu  be- 
aibeiten.  Dieses  Benagen  dauert  während  der  ganzen  ersten  Phase 
der  Begattung  an,  wird  dann  aber  abgebrochen.  Dieser  erste  Ab- 
schnitt besteht  darin,  daß  das  Männchen  seinen  gelblichen,  von 
schleimhautähnlicher  Haut  überzogenen  „Penis-'  hervorstreckt,  ein 
Gebilde,  das  von  einem  Paar  seitlicher  Wärzchen  besetzt  ist  und 
ein  ziemlich  beträchtliches  Volumen  besitzt,  dem  Penis  von  Bi- 
est  ramme  na  aber  an  Ditferenzierungshöhe  nicht  gleichkommt.  Der 
Penis  legt  sich  nun  eng  an  die  Vulva  des  Weibchens  an,  und  es  ist 
kaum  zweifelhaft,  daß  sein  die  Geschlechtsöfthung  tragender  Endteil 
in  die  Vulva  hineinragt.  Ein  Titillator  ist  bei  den  Phaneropteriden 
nicht  entwickelt.  Der  Zustand,  in  dem  der  Penis  ausgestülpt  bleibt, 
dauert  durchschnittlich  etwa  eine  Minute.  Dann  wird,  ganz  plötz- 
lich, der  Penis  eingezogen,  und  die  Subgenitalplatte  des  Männchens 
legt  sich  mit  ihrem  Ausschnitt  so  dicht  an  die  ventrale  Kante  der 
Legeröhrenbasis  an,  daß  es  unmöglich  ist,  zwischen  beiden  hindurch- 
zusehen. Was  sich  während  dieser  zweiten  Phase  der  Copulation 
ereignet,  darüber  können  nur  Vermutungen  ausgesprochen  werden. 
Sie  stellt  jedenfalls  die  Zeit  der  innigsten  Vereinigung  der  beiden 
Geschlechter  dar,  und  ich  nehme  an,  daß  der  Penis  in  die  Vulva 
eingedrungen  ist  und  dort  den  Spermatophorenstiel  und  die  beiden 
Samenbehälter  austreten  läßt.  Wenn  nämlich  diese  Phase,  nach 
etwa  2  Minuten,  vorüber  ist,  so  hebt  sich  die  Subgenitalplatte  des 
Männchens  von  der  Legeröhre  des  Weibchens  wieder  ab,  und, 
während  der  Penis  eingezogen  bleibt,  tritt  nun  die  „Hüllsubstanz" 
der  Spermatophore  als  zähe,  halbdurchsichtige,  bläulich-weiße  Masse 
in  den  nun  freiwerdenden  Raum  hervor.  Während  der  ganzen  dritten 
Phase  der  Copulation  übt  das  Männchen  nun  sehr  energische,  rhyth- 


472  Ulkich  Gerhardt, 

mische  pumpende  Bewe^uiig-en  mit  dem  Hinteiieibe  aus.  und  bei 
jeder  solchen  Preßbewegung-  ki-ümnit  sich  der  Köi-per  des  Tieres 
ventral  ein.  Die  Spermatophore  wird  nun  größer  bei  jeder  der- 
artigen Bewegung  und  ragt  schließlich  seitlich  rechts  und  links  über 
die  Subgenitalplatte  des  Männchens  hervor.  Dieser  Vorgang  des 
völligen  Austritts  der  Spermatophore  dauert  2  bis  ca.  5  Minuten, 
wie  überhaupt  die  Dauer  des  Begattungsvorganges  bei  unserer 
Species  nicht  immer  gleich  ist.  Die  Durchschnittsdauer  beträgt 
6V2  Minuten,  doch  konnten  auch  normale  Begattungen  von  nur 
3 — 4  Minuten  Dauer  beobachtet  werden,  andererseits  solche  von 
8—9  Minuten  (s.  Fig.  7,  Taf.  17). 

Bei  der  Lösung  der  beiden  Partner  nach  der  Begattung  ist 
bald  das  Männchen,  bald,  und  das  ist  häufiger  der  Fall,  das  Weibchen 
mehr  aktiv  beteiligt.  Ist  sie  erfolgt,  so  hängt  die  Spermatophore 
als  trüber,  zäher,  halbkugliger  Tropfen  an  der  Vulva  des  Weibchens. 
Man  kann  nicht  sagen,  daß  die  Spermatophore  mit  einem  äußerlich 
sichtbai-en  Stiel  in  der  Vulva  befestigt  sei.  Vielmehr  legt  sich  die 
zähe  Substanz  von  der  Caudalfläche  der  nunmehr  etwas  abgehobenen 
Subgenitalplatte  ab  um  die  ganze  Umgebnng  der  Vulva,  beiderseits 
die  Basis  der  Legeröhre  umgreifend.  Taf.  18  Fig.  5  zeigt  ein 
Photogramm  eines  unmittelbar  nach  der  Copulation  in  Formol  kon- 
servierten Weibchens,  das  die  Spermatophore  trägt.  Sie  zeigt 
keinerlei  äußere  Gliederung  in  Lappen  oder  dergleichen,  Avährend 
alle  anderen  mir  bekannten  Locustidenspermatophoren  eine  paarige 
Ausbildung  der  „Freßsubstanz"  aufweisen.  Diese  ist  hier  nur  als 
ein  zäher,  klebriger,  leicht  an  irgendwelchen  Gegenständen  (Blättern, 
Sand)  hängen  bleibender  Flüssigkeitstropfen  ausgebildet,  der  be- 
strebt ist,  Kugelgestalt  anzunehmen.  Der  Durchmesser  dieses 
Teiles  der  Spermatophore  schwankt  zwischen  3  und  5  mm.  Die 
Tiere  begatten  sich  mehrfach,  und  an  einem  Tage  produzierten 
2  Männchen,  die  sich  auch  tags  vorher  begattet  hatten,  auf- 
fallend kleine  Spermatophoren,  deren  Auspressen  aber  die  Maximal- 
zeit von  ca.  5  Minuten  in  Anspruch  nahm.  Wenn  die  Spermato- 
phore nach  der  Trennung  beider  Tiere  soeben  frei  geworden  ist, 
sieht  man  manchmal  auf  ihr,  besonders  wenn  sie  sehr  groß  ist, 
während  einiger  Minuten  noch  eine  mediane  Furche,  die  durch  die 
männliche  Subgenitalplatte  eingedrückt  w^orden  ist,  aber  bald  wieder 
verstreicht.  In  Alkohol  konserviert,  schrumpft  die  Spermatophoren- 
substanz  außerordentlich  stark,  wohl  auf  Vio  ihres  früheren  Volumens, 
zusammen,   und  nun  erscheint  das  Ganze  einigermaßen  paarig,  weil 


Copulation  nud  Spenuatoplioren  von  Giyllideii  und  Locnstiden.  473 

sich  die  gesclinnnpfto.  sclileimipfo  Substanz  eng  an  die  beiden 
paarigen  Sanicnbcliiilter  als  dünne  Hülle  anlegt. 

Die  Samenanipullen  von  Lepiophyes  pnnctatissma  sind  sehr  klein 
und  in  gefülltem  Zustande  durch  die  sie  umgebende  zähe  Gallert- 
substanz als  weißliclu'  I'unktc  zu  erkennen.  Auch  sie  weisen  in 
ihrer  Art  eine  außeroideiitlich  einfache  Struktui'  auf.  Ein  gemein- 
samer Stiel .  der  die  Ausluliiuiigsgänge  beider  Behälter  umschließt, 
ragt  in  die  Vulva  hinein,  und  durch  ihn,  der  zunächst  ganz  von  der 
Schleimsubstanz  umhüllt  ist,  wird  die  Befestigung  der  Spermatophore 
hauptsächlich  bewirkt. 

Ich  sehe  in  dieser  Spermatophore  nicht  nur  den  einfachsten 
Typus  der  Spermatophore  mit  paariger  Ampulle,  sondern  die  in 
bezug  auf  die  Hüllsubstanz  primitivst  gebaute  Locustidenspermato- 
phore  überhaupt.  Eine  noch  größere  Einfachheit  des  Baues  könnte 
nur  bei  unpaarem  Samenbehälter  verwirklicht  gedacht  werden,  Avenn 
überhaupt  beide  Bestandteile  der  Locustidenspermatophore,  Samen- 
behälter und  ..Freßsubstanz",  anwesend  sein  sollen. 

Das  Auffressen  der  Spermatophore  geschieht  ähnlich  wie  bei 
Diestramniena ,  doch  zieht  das  Weibchen  den  Schleim  nie  als  Band 
dabei  aus.  Im  allgemeinen  beginnt  das  Fressen  etwa  ^/o — ^/4  Stunden 
nach  der  Begattung,  also  viel  s^mter  als  bei  Diesframmena;  nach 
einer  weiteren  ^1^ — 1  Stunde  ist  der  ganze  Schleimkörper  gefressen, 
und  nun  werden  ungefähr  in  4  Minuten  die  Samenbehälter  mit  dem 
Stiel  verzehrt.  Darauf  wird  sehr  ausführlich  die  vom  zähen  Schleim 
noch  immer  klebrige  Legeröhrenwurzel  auf  beiden  Seiten  mit  den 
Mundteilen  gereinigt,  und  dann  ist  äußerlich  dem  Weibchen  nichts 
mehr  anzusehen. 

Durchschnittlich  copulierte  jedes  Weibchen  dreimal;  ich  ver- 
mag nicht  anzugeben,  wie  weit  diese  Zahl  den  außerordentlich 
schwer  zu  beobachtenden  Vorgängen  in  der  Freiheit  entspricht. 

Als  Hauptcharakteristika  des  Begattungsmodus  von  Leptophyes 
piindatissima  möchte  ich  die  Stellung  (Männchen,  stark  ventral  ge- 
krümmt unter  dem  Weibchen  sitzend),  drei  deutlich  unterscheidbare 
Phasen  des  eigentlichen  Copulationsaktes  und  die  sehr  einfach  ge- 
staltete Spermatophore  bezeichnen. 

Andere  u  n  g  e  f  1  ü  g  e  1 1  e  P  h  a  n  e  r  o  p  t  e  r  i  d  e  n. 

"Während  ich  bisher  nur  Leptophyes  punctatissima  als  Vertreter 
der  Odenturen  beobachten  konnte,  hat  Berenguier  (3)  außerordent- 
lich wichtige  und  exakte  Studien  an  Isophya  pyrenaea  var.  nemau- 
ensis,  Ber.  angestellt,   auf  die   wir  insbesondere   deshalb   genauer 


474  Ulrich  Gerhardt, 

eingehen  müssen,  weil  sich  überraschenderweise  zwischen  den  Be- 
funden an  LeptopJiyes  und  Isophya  schwerwiegende  Unterschiede  im 
Bau  der  Spermatophore  gezeigt  haben,  ein  Ergebnis,  auf  das  man 
bei  der  nahen  Verwandtschaft  beider  Genera  nicht  gefallt  sein  konnte. 


Fig.  0.     Copulationsstellung  von  Isoj^hya  (nach  Bekenguier). 

Die  Einleitung  zur  Begattung  schildert  Beeenguier  so,  daß  das 
Männchen  sich  mit  den  Fühlern  längere  Zeit  mit  dem  Weibchen 
betastet,  sich  dann  herumdreht  und  unter  das  Weibchen  gleitet. 
Dieses  steigt  dabei  auf  seinen  Rücken,  und  das  Männchen  ergreift 
wie  bei  Lepfophyes  die  Basis  der  Legeröhre  oder  genauer  zwei  i^us- 
buchtungen  an  der  nun  klaffenden  weiblichen  Subgenitalplatte  mit 
seinen  Cerci.  Das  Weibchen  benagt  auch  hier  die  Elytren  des 
Männchens  während  des  Anfanges  der  Begattung.  Nun  aber  kommt 
es  zu  wesentlichen  Abweichungen :  ..Sitot  les  deux  insectes  ainsi  en 
contact,  une  vesicule  blanche  de  quelques  millimetres  de  diametre 
surgit  des  organes  du  (^  et  grossit  tres  rapidement;  au  bout  d'une 
ä  deux  minutes  les  insectes  se  separent,  la  $  emportant  le  spermato- 
phore que  le  (^  vient  de  lui  fixer  ä  la  base  de  l'oviscapte."  Hier 
geht  also  die  Begattung  zunächst  sehr  viel  schneller  vor  sich  als  bei 
Lepfophyes,  außerdem  weicht  aber  vor  allem  die  Spermatophore  selbst 
in  ihrem  Bau  vollständig  von  der  jener  Species  ab.  Fig.  0  und  P 
sind  der  Arbeit  von  Beeenguier  entnommen  und  zeigen  das  Weibchen 
mit  der  außerordentlich  umfangreichen  Spermatophore,  die  der  Autor 
folgendermaßen  beschreibt:  „Diese  Spermatophore,  die  die  Consistenz 
und  Farbe  gekochten  Eiweißes  hat,  wird  durch  eine  Vereinigung 
von  vier  zu  Paaren  angeordneten  Blasen  gebildet,  deren  oberes  Paar 
weiter  voneinander  entfernt  und  halb  so  groß  wie  die  unteren  ist, 
die  einen  Durchmesser  von  6  mm  haben.  Sie  ist  an  der  Basis  der  Lege- 


Copnlation  und  Spermatophoreu  von  Grylliden  und  Locustiden. 


475 


Fig'.   P.      Isopliya    pyrenaea     var.    Jiemauensis, 

Weibchen   mit  Sperniatophore  unmittelbar  nach 

der  Begattung-  (nach  BfiRENGUiER). 


i-ölire  mit  Hilfe  eines  breiten  Stieles  angeheftet,  dessen  eines  Ende  (seine 
Wurzel)  sich  in  die  ki.itfeiide  Spalte  der  Siibgenitalplatte  einsenkt"; 
es  wird  nunmehr  die  Bedeutung-  dieses  Stieles  als  Durchgangsweges 
der  Si)ernuit()zoen  erörtert  und  dann  die  besonders  bemerkens- 
werte ^[ethode  der  Einbringung  der  Spermatophore  beschrieben: 
„In  dem  Augenblick,  in  dem  die  Spermatophore  aus  den  männ- 
lichen Genitalien  austritt,  wobei  sie  zwischen  der  Legeröhre  des 
Weibchens  und  der  Sub- 
genitalplatte  des  Männchens 
eingeklemmt  ist.  hängt  sie 
sofort  fest  mit  Hilfe  ihres 
Stieles,  der  sich  in  die 
weiblichen  Organe  zwischen 
Legeröhre  und  Subgenital- 
platte  einfügt;  dann,  in  dem 
]\Iaße,  wie  sie  mehr  hervor- 
tritt, legt  sie  sich  immer 
mehr  an  die  Basis  der  Lege- 
röhre in  der  Richtung  von 
vorn  nach  hinten  an.  Die 
beiden     größeren     Lappen 

richten  sich  zuerst  auf,  es  folgen  die  beiden  kleineren  und  dann  der 
Stiel  zuletzt.  Auf  diese  Art  Avird  eine  Umdrehung  der  Spermato- 
phore bewerkstelligt  im  Vergleich  zu  ihrer  Stellung  beim  ersten 
Austritt,  so  daß  ihre  obere  Fläche  zur  unteren  wird.*' 

Daraus  folgt  zweierlei :  erstens  ist  hier  nicht  die  Rede  von  der 
Ausstülpung  des  ..Penis".  Die  Vereinigung  der  beiden  Tiere  scheint 
lockerer  zu  sein  als  bei  LeptopJujes,  wo  mindestens  ein  Einpressen 
der  männlichen  in  die  weibliche  Genitalöffnung  stattfindet:  zweitens 
ist  der  Pi-ozeß  der  Einbringung  und  Umdrehung  der  hier  deutlich 
geformten,  von  der  bei  Leptophijes  gänzlich  abweichend  gebauten 
Spermatophore  eher  mit  dem  bei  Diesimmmena  beobachteten  Vor- 
gang zu  vergleichen.  Allerdings  ist  bei  IsopJiya  wegen  der  viel 
höheren  Dilferenzierung  der  Organe  an  der  Hinterleibsspitze  der  ganze 
Vorgang  komplizierter  geworden  als  dort,  wo  er  sich  in  der  denkbar 
primitivsten  Form  abspielt. 

Noch  eines  sehr  wesentlichen  Unterschiedes  im  Verhalten  von 
Leptophys  und  Isopitija  muß  hier  gedacht  werden :  niemals  gelang  es 
Bekenüuier  bereits  einmal  copulierte  Tiere  zu  einer  zweiten  Be- 
gattung  zu    bringen,   und  zwar  galt  dies   für   beide   Geschlechter. 


476  Uleich  Gerhardt, 

,.^  ou  J  ne  s'accoiiplent  qu'uiie  seule  fois:  je  n'ai  jamais  pn  obtenir 
aucun  resultat  en  mettant  en  presence,  meme  durant  plusieurs  jours. 
soit:  ^  vierge  et  $  dejä  fecondee;  soit  ^  s'etant  deja  accouple  et 
$  vierg-e;  les  iiisectes  meines  paraissaient  se  fuir  l'un  Tautre."  Daß 
Leptophyes  gerade  wegen  der  leichten  Wiederholung-  der  Begattung 
ein  so  günstiges  Beobachtung-sobjekt  darstellt,  wurde  hervorg-ehoben, 
und  dieser  Unterschied  in  dem  Verhalten  der  beiden  Gattungen 
scheint  mir  nicht  minder  bemerkenswert  als  der  im  Bau  der  Sper- 
matophoren. 

*  Das  Fressen  der  Spermatophore  beginnt  nach  Berenguiee  wenig-e 
Minuten  nach  der  Copulation;  allmählich  werden  die  beiden  größeren 
Lappen  stückweise  aufgezehrt,  zuletzt,  3 — 4  Stunden  post  coitum, 
werden  Ampullen  und  Stiel  gefressen. 

Berenguiee  teilt  noch  mit,  daß  bei  Barhitisfes  herenguieriN kl.  May 
die  Begattung  ganz  genau  wie  bei  Isophija  verläuft,  ebenso  soll 
Orphania  denticauda  Chaei».  den  gleichen  Copulationsmodus  befolgen 
(4).  Beeengüiee  nimmt  daraufhin  an,  daß  alle  Phaueropteriden 
in  gleicher  Weise  copulieren.  Für  die  ungeflügelten  Formen  Europas 
(Odonturen)  ist  nun  die  Stellung  (der  Weibchen  auf  dem  Männ- 
chen sitzend)  wohl  überall  gleich,  aber  die  Spermatophore  von 
Leptophyes  fällt  ganz  aus  dem  Eahmen  des  Gewohnten  heraus. 

Aber  auch  die  Übereinstimmung  in  der  Begattungsstellung 
wird  sofort  durchbrochen,  wenn  wir  die  geflügelten  Formen 
berücksichtigen. 

Geflügelte  Phaueropteriden. 

Phaneroptera  falcata  Scop.  Beobachtet:  8  Copulationen  an  Ge- 
fangenen. Außerdem  Spermatophoren  von  Tylopsis  lüüfolia  Fab. 
konserviert. 

Über  die  Spermatophoren  von  Phaneroptera  faleata  finden  wir 
bei  Fabre  eine  später  zu  besprechende  Angabe,  außerdem  hat 
Boldyeev  (8)  Spermatophoren  von  Tylopsis  thymifoUa  Petagna  ge- 
sehen, aber  vorläufig  noch  nicht  näher  beschrieben.  Über  den  höchst 
eigentümlichen,  einen  Fall  für  sich  darstellenden  Begattungs- 
modus dieser  Art  finde  ich  keine  Angaben  in  der  Literatur. 

Mein  Material  von  Ph.  falcata  stammte  größtenteils  von  dem 
gleichen  Berghang  bei  Gamburg,  an  dem  ich  Leptophyes  imnctatissima 
gefangen  hatte,  und  beide  Tiere  kommen  dort  ungefähr  auf  den 
gleichen  Örtlichkeiten  vor,  wenn  auch  Phaneroptera  Brombeerhecken 
nicht   so    ausschließlich    bevorzugt    wie    Leptophyes.     Von    der    süd- 


Copiihitiou  uml  Sperinatoplioreu  von  Gnllideii  und  Locustiden.  477 

europäischen  Art  PluDicroptcra  quadripundata  Bh.  fand  ich  im  Sep- 
tember 1900  in  einer  Macchia  bei  Rovigno  wohl  50  und  mehr 
"Weibchen,  die  sämtlich  mit  dem  Fressen  von  Spermatoplioren  be- 
schäftigt waren.  Außerdem  habe  ich  im  September  und  Oktober 
1906  bei  Mostar  und  Ragfusa  Weibchen  der  nahe  verwandten 
Art  Tylopsis  liliifolia  Fab.  mit  anhaftenden  Spermatophoren  konser- 
viert. Wir  werden  später  sehen,  weshalb  man  pei-ade  bei  diesen 
Formen  häufig  mit  Spermatophoren  versehene  ^^'eibchen  im  F'reien 
antretten  kann. 

Die  Begattuno-  selbst  im  Fielen  zu  beobachten,  ist  mir,  wie  bei  den 
südlichen  Arten,  nicht  gelungen.  Bei  PA.  fulcaia  habe  ich  es  wegen 
der  nicht  sehr  großen  mir  zur  Verfügung  stehenden  Anzahl  der 
immerhin  nicht  häufigen  Tiere  gar  nicht  erst  vei'sucht,  sondern  nur 
an  Gefangenen  Beobachtungen  gemacht,  die  von  gutem  Erfolge  be- 
gleitet waren.  Dabei  machte  ich  die  Erfahrung,  daß  die  Tiere  ziem- 
lich leicht  am  Leben  zu  halten  sind  und  sich  rein  vegetabilisch 
ernähren.  Salat,  besonders  aber  unreife  Brombeeren,  fressen  sie 
mit  Vorliebe,  und  die  überaus  reichliche  Defäkation  entspricht  dieser 
reichlichen  Nahrungsaufnahme.  Dabei  kann  man  häufig  beobachten, 
was  Behenguiee  an  Isophya  sah,  daß  die  Tiere  den  am  After  hängen- 
den Kot  durch  einen  Hieb  mit  einem  Sprungbein  weit  hinweg- 
schleudern. Die  Weibchen,  die  träger  und  friedfertiger  sind  als  die 
]\rännchen,  vertragen  sich  im  allgemeinen  gut.  Die  Männchen  haben 
dagegen  die  Gewohnheit,  einander  die  P'lügelspitzen  abzufressen,  und 
die  Sterblichkeit  war  unter  ihnen  —  weshalb,  weiß  ich  nicht  — 
größer  als  bei  den  Weibchen.  Die  sehr  unruhigen  Männchen  lassen, 
wenn  zu  mehreren  beisammen,  fast  fortwährend  ihr  leises,  kratzen- 
des Zirpen  hören,  _  ^^  _  ^  w,  und  nur  selten  werden,  bei  großer  feind- 
licher Erregung,  lautere,  rhythmische,  aber  gleichfalls  klanglose  Zirp- 
töne hervorgebracht. 

Man  tut  gut  daran,  die  Imagines  früh  (etwa  Mitte  August)  zu 
fangen  oder  auch  Nymphen  im  Käfig  sich  häuten  zu  lassen  und  sie 
später  zu  copuliei-en,  da  ich  ebensowenig,  wie  dies  Bekenguier  (3) 
bei  IsopJuja  gelang,  eine  zweimalige  Begattung  bei  Fhaneroptem  fest- 
stellen konnte.  Die  Männchen,  die  nach  der  Begattung  kenntlich 
gemacht  worden  waren,  starben  nach  wenigen  Tagen,  und  die  Weib- 
chen wurden  nicht  wieder  befruchtet.  Ich  betone,  daß  ich  etwa 
20  Weibchen  gleichzeitig  im  Käfig  hielt.  Aus  der  Tatsache  der  ein- 
maligen oder  doch  nicht  häufigen  Begattung  erklärt  sich  auch  die 


478  Ulrich  Gerhardt, 

geringe    Zahl    meiner   Beobachtungen,    8,    bei    relativ    reichlichem 
Material. 

Ob  das  Zirpen  der  Männchen,  das,  wie  erwähnt,  fast  fortwährend 
ertönt,  eine  anreizende  Wirkung  auf  das  AVeibchen  ausübt,  vermag 
icli  nicht  anzugeben;  es  war  jedenfalls  nichts  davon  zu  bemerken, 
daß  die  Weibchen  hier  —  wie  dies  anderswo  deutlich  zu  beobachten 
ist  —  eine  aktive  Rolle  bei  der  Einleitung  der  Copulation  spielten. 
Vielmehr  suchen  die  Männchen  höchst  lebhaft  die  Weibchen  auf  und 
zeigen  durch  starkes  Herabsenken  des  Hinterleibes  bei  leicht- 
gehobenen Flügeln  ihre  Erregung  an.  Außer  bei  Diestmmmena 
(vielleicht  allen  Stenopelmatiden)  scheinen  alle  Locustiden  die  Krüm- 
mung des  Hinterleibes  bei  geschlechtlicher  Erregung  auszuüben; 
diese  Stellung  erklärt  sich  daraus,  daß  sie  dem  sonst  durch  die 
Flügel  des  Männchens  verhinderten  Weibchen  das  Aufsteigen  auf 
dessen  Rücken  erleichtert.  Daß  sie  bei  stummelüügligen  Formen 
{Leptophijes,  Thamnothrison  usw.)  beibehalten  worden  ist,  ist  nicht 
weiter  zu  verwundern,  obwohl  hier  das  Heben  der  zu  Zirpschuppen 
verkümmerten  Flügeldecken  keinen  rechten  Zweck  mehr  hat. 

Nach  dem  Verhalten  der  stummelflügligen  Arten,  das  mir  aus 
Beeenguiee's  Schilderung  bekannt  war,  ferner  nach  eigenen  Be- 
obachtungen an  Decticiden  hatte  ich  nun  erwartet,  daß  auch  bei 
Phaneroptera,  obwohl  mir  durch  die  Länge  der  Flügel  eine  gewisse 
Schwierigkeit  gegeben  schien,  das  Weibchen  auf  den  gekrümmten 
Rücken  des  die  Flügel  hebenden  Männchens  steigen  werde.  Zu 
meinem  Erstaunen  war  dies  niemals  der  Fall,  sondern  in  allen  be- 
obachteten Fällen  wurde  vielmehr  die  Copulation  auf  eine  ganz  andere 
Weise  eingeleitet:  das  erregte  Männchen  läuft  in  der  beschriebenen 
Stellung  mit  abwärts  gekrümmtem  Abdomen  sehr  rasch  umher  und 
versucht,  an  die  Seite  des  Weibchens,  das  seine  Paarungslust  erregt, 
zu  gelangen.  Hat  das  Weibchen  keine  Neigung  zur  Begattung,  so 
entfernt  es  sich,  wobei  es  oft  vom  Männchen  verfolgt  wird.  Ist  es 
aber  paarungslustig,  so  duldet  es  rein  passiv  die  Annäherung  des 
Männchens.  Beide  Tiere  laufen  nebeneinandei-  her,  das  Männchen 
überholt  das  Weibchen  und  beginnt  jetzt  plötzlich  mit  erhobenen 
Flügeln  und  tiefgesenktem  Hinterleibe  rückwärts  zu  gehen,  wobei 
es  von  der  Seite  her  seine  Cerci  unter  die  Vulva  des  Weibchens 
zu  schieben  sucht.  Sobald  dies  gelingt,  ergreift  das  Männchen  mit 
seinen  langen,  gekrümmten  Cerci  (Fig.  Q),  die  er  dorsalwärts  hebt, 
die  Stellen  rechts  und  links  der  Legeröhrenwurzel,  caudal  von  der 
Subgenitalplatte  des  Weibchens.    Nun  steht  also  das  Männchen  seit- 


Copulation  und  Spermatophoreu  von  Giyllideii  und  Locnstiden.  479 

wärts  neben  dem  Weibchen,  die  Köpfe  sind  nacli  derselben  Seite  ge- 
richtet, nnd  bis  auf  den  seitwärts  unter  das  Weibchen  geschobenen 
Hinterleib  des  Männchens  sind  die  beiden  Körper  parallel  gestellt. 
Sowie  aber  die  Cerci  die  weibliclie  Subgenitalplatte  erfaßt  liaben, 
krümmt  sich  das  .Alännchen  noch  viel  stärker  ventral  ein,  und 
schließlich  kriecht  es  unter  dem  Weibchen  nach  hinten  (Taf.  17 
Fig.  8a)  mit  seinem  Kopf  durch,  den  es  caudal  von  der  weiblichen 
Legeröhre  wieder  erhebt.  Dabei  geht  das  Weibchen  ganz  langsam 
vorwärts,  oder  es  sitzt,  obwohl  seltener,  wohl  auch  ganz  still.  Das 
]\rännclien  kommt,  sobald  es  vom  Boden  frei  geworden  ist,  wieder 
so  zu  liegen,  daß  die  Längsachse  seines  Körpers  in  der  Verlängerung 
der  des  weiblichen  liegt.  Die  langen  Hinterbeine  des  Männchens 
beriiliren  noch  den  Boden,  sein  Kopf  ragt  frei  nach  aufwärts  in 
die  Luft. 


Fig.  Q.     Äußere  mäiinlicbe  Genitalien  von  Phaneroptera  falcata,  a  dorsale, 
/;  ventrale  Ansicht.     «  After,  ,^  Cerci,  /  Subgenitalplatte  (nach  Fischer). 

Betrachten  wir.  was  inzwischen  an  der  Stelle  der  Vereinigung 
beider  Tiere  vor  sich  geht:  die  Cerci  des  Männchens  halten 
an  der  weiblichen  Subgenitalplatte  die  Legeröhrenwurzel  fest 
umklammert;  zwischen  ihnen  und  der  sich  hebenden  männlichen 
Subgenitalplatte  tritt  der  gelbliche,  halb  durchsichtige  Schleimhaut- 
wulst hervor,  der  als  Penis  bezeichnet  wird  und  der,  obwohl  relativ 
größer,  dem  von  Lepiophyes  ähnelt.  Auch  hier  beginnt  also  der  erste 
Teil  der  Begattung  mit  dem  Ausstülpen  und  Andrücken  (oder  Ein- 
drücken?) des  Penis.  Er  dauert  etwa  eine  Minute,  und  man  kann 
beobachten,  wie  die  ausgestülpte  Schleimhaut  des  ^Männchens  sich 
nach  \blauf  dieser  Zeit  alsbald  wieder  zurückzieht  und  aus  der 
Genitalöifnung  selbst  zwei  kreideweiße,  etwa  IV2 — 2  mm  im  Durch- 
messer haltende  Kugeln,  die  Samenbehälter,  sichtbar  w^erden. 
Wenn  dies  geschehen  ist,  zieht  sich  der  „Penis"  völlig  ein,  das 
Männchen  legt,  ähnlich  wie  das  von  Lepiophyes,  den  Ausschnitt  seiner 
Subgl;nitalplatte  an  die  Ventralkante  der  Legeröhre  des  Weibchens, 
und  nun  geschieht  etwas  sehr  I]igentümliches:  das  Weibchen  tut 
einen  kurzen  Schritt  oder  Sprung  nach  vorn,  und  das  Männchen  zieht 
seine  Cerci,  die  oral  von  den  eben  erschienenen  Samenbehältern  der 


480  Ulrich  Gerhardt, 

Spermatopliore  liegen,  während  sie  mit  ihren  Spitzen  fest  eingehakt 
bleiben,  über  die  Ampullen  weg  nach  hinten.  Bei  der  gebogenen 
Form  der  Cerci  ist  diese  Bewegung  leicht  möglich.  Die  Cerci  sind 
also  jetzt  extrem  stark  ventral  abgeknickt,  so  daß  der  weitere  Teil 
der  Spermatophore  dorsal  von  ihnen  austreten  muß.  Gleichzeitig 
mit  dem  Zurückstreifen  der  Cerci  über  die  Samenampullen  und  mit 
dem  Anlegen  der  Subgenitalplatte  führt  das  Männchen  eine  heftige, 
kurze  Bewegung  mit  seinem  ganzen  Körper  aus,  den  es  noch  stärker 
als  bisher  ventral  einkrümmt,  so  daß  es  mit  seinen  Mund- 
teilen und  Vorderbeinen  die  Leger Öhren  spitze  des 
Weibchen  ergreifen  kann  (Taf.  17  Fig.  8b).  Nun  tritt  die 
Hauptmasse  der  Spermatophore  dorsal  von  den  Cerci,  also  in  der 
gegenwärtigen  Situation  am  meisten  nach  unten,  aus  in  Gestalt 
zweier  halbdurchsichtiger,  trübglasiger,  beulenartiger  Körper.  Während 
unter  einigen  heftigen  Kontraktionen  des  Hinterleibes  das  Männchen 
die  Spermatophore  herauspreßt,  streckt  sich  sein  Abdomen  mehr  und 
mehr  gerade,  die  Mundteile  und  Füße  lassen  die  Legeröhre  des 
Weibchens  los,  und  schließlicli,  in  der  Endstellung  (Taf.  17  Fig.  8c), 
bildet  der  männliche  Hinterleib  fast  die  gerade  Verlängerung  des 
leicht  erhobenen  weiblichen.  Die  Sprungbeine  des  Männchens  sind 
auf  den  Boden  gestemmt,  sonst  schwebt  das  ganze  Tier,  nur  durch 
die  Spermatophore  und  durch  die  Cerci  am  Weibchen  festgehalten, 
frei  in  der  Luft.  Die  ganze  Begattung  dauert  durchschnittlich 
7  Minuten  (4 — 9'  beobachtet),  und  sie  wird  dadurch  beendet,  daß  das 
Männchen  nach  einer  Ruhepause,  wählend  der,  soweit  ich  sehe,  die 
Spermatophore  sich  nicht  mehr  vergrößert,  seine  Geschlechtsöffnung 
von  der  Spermatophore  herabzieht,  wobei  ein  hornartiger,  glasiger, 
spitzer  medianer  und  unpaarer  Fortsatz  der  Gallertsubstanz  der 
Spermatophore  sichtbar  wird,  der  bisher  noch  im  männlichen  Körper 
verborgen  w^ar.  Man  kann  sagen,  daß  das  Männchen,  w^enn  es  erst 
die  Cerci  über  die  Ampullen  der  Spermatophore  hinweggehebelt  hat, 
seine  weit  klaffende  Hinterleibsspitze  über  die  Spermatophore  fort- 
streift. Alles  in  allem  können  wir  bei  diesem  Begattungsmodus 
wieder  drei  Phasen  unterscheiden:  1.  Das  seitliche  Anklammern  des 
Männchens  und  seine  purzelbaumartige  Bewegung,  durch  die  es 
hinter  das  Weibchen  zu  hängen  kommt;  2.  die  Ausstülpung  des 
Penis  und  den  Austritt  der  Ampullen;  8.  das  Zurückstreifen  der 
Cerci  und  den  Austritt  des  Hauptanteiles  der  Spermatophore, 
Trennung  der  Tiere. 

Die  seltsame  Stellung  der  copulierten  Tiere  hat,  soweit  bis  jetzt 


Copiilation  niid  Siierniatopburen  von  Giylliden  uud  Lociistideii.  481 

bekannt,  mir  in  der  Copulatidii  bei  der  Gattung  Ephippigera  einen 
wenio-stciis  cinip^erniaßen  vergleiclibaren  Parallelvorg-ang-,  den 
Behencuieh  (4)  scliildert.  \\'ir  werden  bei  dieser  Gattun«-  noch  auf 
die  etwaige  Ursache  der  Umdrehung,  des  „Mouvenient  de  bascule" 
Bkkenguiek's,  beim  Männchen  zurückkommen,  vorläufig  soll  nur 
festgestellt  werden,  daß  die  seitliche  Annäherung  des  Männchens  an 
das  Weibchen  und  das  Zugreifen  mit  den  Cerci  in  dieser  Stellung 
bisher  nur  bei  Phaneroptera  bekannt  ist;  dieser  Vorgang  kann  wohl 
nur  mit  der  ganz  ungewülinlii-hen  Länge  der  Flügel  bei  unserer 
Gattung  zusammenhängen,  die  einem  Aufsteigen  des  Weibchens  auf 
den  Rücken  des  Männchens  mit  dessen  nachheriger  Umdrehung  um 
fast  270"  hinderlich  wären.  Und  diese  Notwendigkeit  eines  seitlichen 
Herankommens  des  Männchens  bedingt  wohl  zweifellos  wiederum 
eine  bedeutende  Aktivität  des  ^Männchens.  Damit  geht  Hand  in 
Hand  eine  völlige  Passivität  des  Weibchens  bei  dem  Beginn  der 
Begattung,  wie  ich  sie  bei  keinem  anderen  Locustidenw'eibchen  ge- 
sehen habe. 

Das  Produkt  dieses  Begattungsvorganges,  die  S p  e  r  m  a  t  o  p  h  o r  e, 
ist  wesentlich  fester  in  seiner  Konsistenz  als  bei  Biestrammena  und 
Lcpiophijes.  Sie  besteht  aus  zwei  kugligen  Ampullen  mit  mäßig 
dicken  Wandungen,  aus  denen  zwei  feine  Ausführungsgänge  durch 
einen  kegelförmigen,  in  der  Vulva  befestigten  Stiel  das  Sperma  in 
das  Receptaculum  seminis  passieren  lassen.  Der  Stiel  ist  außer- 
ordentlich fest  in  die  Vulva  eingelassen,  er  drängt  die  Subgenital- 
platte  ziemlich  weit  von  ihr  ab.  Außer  den  Binnenräumen  der 
Behälter  besitzt  die  Spermatophore.  soweit  ich  sehen  kann,  weiter 
keine  Hohlräume,  und  ihr  größerer  Teil  wird  von  der  massiven 
schleimigen  Substanz  gebildet,  deren  Form  und  Lage  zu  den  Be- 
hältein Taf  18  Fig.  5a  zeigt.  Fig.  5b,  Taf  18  zeigt  die  von  der 
Hüllsubstanz  entblößten  Ampullen.  Eine  aus  Mostar  stammende 
Spermatophore  von  Tylopsis  liUifolia  Fab.,  einer  nahe  verwandten 
Art.  die  Taf  17  Fig.  4  darstellt,  besitzt  eine  kompliziertere  Struktur 
des  Spermatophorenstieles,  da  hier  oral  von  den  eigentlichen  Ampullen 
noch  zwei  blasige,  dünnwandige  Hohlräume  liegen,  die  nicht  mit 
denen  der  Ampullen  zu  kommunizieren   scheinen. 

Die  großen  Hauptlappen  der  Spermatophore  von  Phaneroptera 
beistehen  aus  einem  trüberen,  sich  jederseits  der  Ampulle  an- 
schließenden zentralen  und  einer  durchsichtigeren  äußeren  Substanz, 
die  in  2  ventral  und  oral  gelegenen  stumpfen  Höckern  vorspringt.. 
Zwischen  beiden  liegt  eine  seichte  Rinne,  die  caudal  verstreicht.   Hier 


482  Ulbich  Gerhardt, 

setzt  sich  der  erwähnte  lioi-nartige  Zipfel  caudalwärts  fort,  der  sich 
unmittelbar  ventral  von  der  Legeröhre  ca.  4  mm  weit  erstreckt. 
Das  Ganze  ist  zäh,  fest,  elastisch.  Nach  der  Härtung-  in  Formol 
oder  Alkohol  bricht  leicht  die  Hauptmasse  der  Spermatophore  von  den 
Ampullen  ab,  so  daß  diese  mit  dem  Stiel  allein  in  der  Vulva  ver- 
bleiben. 

Fabre  (16)  äußert  die  Meinung,  daß  bei  Fhaneroptera  das  Weib- 
chen im  Gegensatz  zu  anderen  Heuschrecken  (nur  bei  Ephippigera 
vermutet  er  das  gleiche  Verhalten)  sich  der  Spermatophore  nicht 
durch  Fressen  entledige,  sondern  daß  der  vertrocknete  Körper  nach 
über  48  Stunden  herausfalle. 

Diese  Beobachtung  ist  richtig,  und  man  kann  manchmal 
PAaweroj^fcra-Weibchen  noch  am  3.  Tage  nach  der  Begattung  mit 
einer  vertrockneten  Spermatophore  in  der  Vulva  herumkriechen 
seilen,  deren  Ampullen  schwärzlich-braun  gefärbt  sind,  während  die 
Reste  der  Hauptmasse  eine  trübe,  formlose,  sehr  verkleinerte  Masse 
darstellen.  Trotzdem  ist  der  Freßinstinkt  entgegen  Fabre's  An- 
nahme auch  bei  Phaneroptera  stark  entwickelt,  und  die  südeuropäische 
geflügelte  Phaneropteride  Tylopsis  liUifolia  findet  man,  wie  erwähnt, 
häufig  im  Freien  mit  dem  Fressen  der  Spermatophore  beschäftigt  vor. 
Hier  spielt  sich  die  Sache  so  ab,  daß  das  Weibchen,  oft  in  laugen 
Intervallen,  während  mindestens  24  Stunden  immer  wieder  Stücke 
von  der  Spermatophore  losbeißt  und  auffrißt,  aber  die  Ampullen  bis 
zum  spontanen  Herausfallen  in  der  Vulva  läßt,  es  liegt  also  hier  eine 
starke  Modifikation  des  Verhaltens  anderer  Locustiden  vor.  Taf.  18 
Fig.  5  C  zeigt  ein  konserviertes  Weibchen  mit  einer  ca.  48  Stunden 
herumgetragenen  Spermatophore.  Das  Ausfallen  des  Spermatophoren- 
restes  selbst  habe  ich  nicht  beobachtet. 

Somit  zeigt  uns  Phaneroptera  falcata  in  dem  Verlauf  der  Be- 
gattung, insbesondere  in  den  dabei  eingenommenen  seltsamen 
Stellungen  der  Geschlechter,  in  der  Art  des  Austiittes  der  Sperma- 
tophore, in  deren  Gestaltung  und  endlich  in  dem  Verhalten  des 
Weibchens  der  eingebrachten  Spermatophore  gegenüber  in  allen 
Stücken  Gegensätze  zu  den  Odonturen,  den  stummelflügligen  F'ormen. 
Dabei  ist  das  Verhalten  von  Phaneroptera  so,  daß  man  sich  kaum 
wird  entschließen  können,  es  für  das  ursprünglichere  dem  der  anderen 
gegenüber  zu  halten,  obwohl  deren  Flugunfähigkeit  ein  sekundär 
erworbenes  Merkmal  ist.  Es  ist  nach  den  bisherigen  Beobachtungen 
an  dieser  Subfamilie  auch  schlechterdings  nicht  möglich,  sich  ein  Bild  von 
einem  gemeinsamen  Begattungstypus  zumachen,  von  dem  die  einzelnen 


Copulatiou  und  Spermatophoreu  von  Grylliden  und  Locustiden.  483 

beschriebenen  Formen  abzuleiten  wären.  Vielleicht  haben  wir  in 
der  Begattung:  von  Lepiopliyes  einen  in  relativ  unveränderter  Form 
erhaltenen  primitiven  Vorgang:  zu  erblicken.  Weitere  Beobachtungen 
an  möglichst  vielen  Species  der  artenreichen  Gruppe  der  Phanero- 
pteriden  würden  vielleicht  Aufschlüsse  geben  können  über  die  Wand- 
lungen, die  der  Copulationsvorgang  in  dieser  Subfamilie  durch- 
gemacht hat. 

Subfam.  Fjihippigendae. 

Eigene  Beobachtungen  kann  ich  nicht  anführen,  doch  liegt  eine 
vortrelfliche  Schilderung  des  Begattungsvorganges  von  Ephippigera 
terrestris  Yersin  durch  Berengüiee  (4)  vor. 

Die  bekannteste  hierhergehörige  europäische  Art,  Ephippigera 
Vitium  Serv.,  wurde  bereits  von  Fischer  (18)  bei  der  Begattung 
beobachtet,  und  er  ist  wohl  der  Erste,  der  eine  Locustidensperma- 
tophore  beschreibt:  „Equidem  .  .  .  id  adiungam,  bis  mihi  contigisse, 
ut  Ephippigeram  Vitium  in  cavea  inclusam  inter  coitum  observarem, 
in  quo  perinde  ut  in  Gr^ilodeis  femina  super  marem  sedet.  Post 
copulam  ad  orificiura  genitale  ferainae  (h.  e.  ad  basin  ovipositoris) 
materiam  lacteam,  Magnitudine  pisum  adaequantem,  subpellucidara, 
albumini  similem  animadverti  .  .  .  modo  sjinmetrico  elegantissime 
constructum,  ad  cuius  basin  utrinque  bulla  magis  hyalina  cum  nucleo 
croceo  vel  aurantiaco  .  .  .  conspicienda  erat.  Primo  intuitu  fere 
credi  potuisset,  inter  coitum  vehementem  partes  quosdam  oi'ganorum 
sexualium  feminae  esse  evulsas,  nisi  huius  dissectio  nie  docuisset, 
hoc  non  ita  se  habere  nee  adesse  Organa,  quibus  hie  humor  secerne- 
tur,  et  nisi  posta  observavissem,  haue  materiam  excerni  feminaeque, 
ut  fit  in  Gryllodeis,  affigi  quasi  tantum  involucrum  materiae  sperma- 
ticae,  quae  a  femina  sensim  introrsum  excipitur  dum  volucrura 
ex  parte  exsiccatum  et  pessum  erat."  Ferner  gibt  dieser  Autor  an, 
daß  beide  Geschlechter  in  kurzen  Zwischenräumen  häufig  koha- 
bitieren. 

Fabre  hat  die  Begattung  der  gleichen  Art  nicht  beobachten 
können,  dagegen  schildert  er  ausführlich  das  Verhalten  des  mit  der 
Spermatophore  beladenen  AVeibchens.  Er  beschreibt  zunächst  die 
Spermatophore  als  außerordentlich  groß,  den  Hinterleib  des  Tieres 
an  Breite  übertreffend,  mit  unregelmäßig  höckeriger  Obertiäche,  wie 
die  einer  großkörnigen  Maulbeere.  Er  vergleicht  das  Ganze  mit 
einem  Packet  Schneckeneier.  P^ine  seichte  Medianfurche  teilt  die 
Spermatophore  in  zwei  symmetrische   Hälften   von  je  7 — 8  Kugeln. 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Syst.  32 


484  Ulrich  Gerhardt, 

Audi  Fabre  schildert  die  von  Fischer  bereits  betonte  orangerote 
Färbung  der  eigentlichen  Samenbehälter,  einen  Befund,  der  sich 
auch  bei  der  Phaneropteride  Ttßopsis  UUifolia  findet.  Ein  breiter 
glasiger  Stiel  befestigt  das  Ganze  in  der  Vulva. 

Nun  verhält  sich  Ephippigera  Vitium  nach  unserem  Gewährsmann 
in  der  Behandlung  der  Spermatophore  so,  wie  wir  es  von  Phanero- 
ptera  falcata  kennen  gelernt  haben:  sie  frißt  von  Zeit  zu  Zeit 
Stückchen  von  der  Spermatophorenrinde  ab,  trägt  aber  die  größere 
Masse  der  Spermatophore  2  Tage  lang  mit  sich  herum,  bis  sie  von 
selbst  aus  der  Vulva  herausfällt. 

Beeenguiee  (4)  schildert  die  Begattung  von  Ephippigera  terrestris 
Yees.  folgendermaßen:  „Das  Männchen  gleitet  nach  rückwärts  unter 
das  Weibchen,  das,  möglichst  hoch  auf  seinen  Beinen  aufgerichtet, 
ihm  ein  Stück  weit  auf  den  Rücken  steigt,  wobei  der  Hinterleib  des 
Männchens  vollständig  zurückgebogen  ist,  so  daß  die  Ventralfläche 
nach  oben  sieht  (recourbe,  la  face  ventrale  en  haut).  Die  Cerci 
ergreifen  heftig  (brusquement)  die  Subgenitalplatte  des  Weibchens 
und  haken  ihre  Seitendornen  in  die  beiden  Gruben  an  deren  Basis 
ein.  Nun  klafft  die  weibliche  Subgenitalplatte,  während  die  des 
Männchens  sich  an  die  ventrale  Legeröhrenkante  anlegt,  und  der 
Penisapparat  („les  titillateurs")  in  den  Spalt  hinter  der  weiblichen 
Subgenitalplatte  eindringt.  All  dies  geht  außerordentlich  rasch 
vor  sich.  Wenn  sich  das  Männchen  so  befestigt  hat,  läßt  das  Weib- 
chen das  Pronotum  des  Männchens  los,  das  es  vorher  benagt  hatte, 
und  tut  einen  Sprung  nach  vorn.  Das  Männchen  überschlägt  sich 
infolgedessen,  und  während  seine  Genitalorgane  am  Weibchen  in  der 
bisherigen  Lage  befestigt  bleiben,  wird  es  auf  den  Rücken  geworfen, 
und  sein  Kopf  ist  nun  nach  rückwärts  gerichtet  und  befindet  sich 
unterhalb  der  Legescheide  des  Weibchens.  An  diese  klammert  es 
sich  nun  mit  den  Vorderbeinen  an,  während  die  hinteren  weist  aus- 
gestreckt werden.  Nun  contrahiert  sich  fast  unmittelbar  darauf  der 
Hinterleib  des  Männchens  gewaltsam  und  die  Spermatophore  er- 
scheint. Der  Penis  läßt  los,  um  sie  austreten  zu  lassen,  und  in 
wenigen  Sekunden  ist  sie  befestigt.  Dann  trennt  sich  durch  eine 
heftige  Bewegung  das  Weibchen  vom  Männchen,  das  auf  dem  Rücken 
liegen  bleibt,  bald  aber  wieder  zirpt." 

Beeenguiee  geht  nun  auf  den  Unterschied  zwischen  dieser 
Copulationsstellung  und  der  von  ihm  bei  Isophya  und  Barhitistes  be- 
schriebenen näher  ein.  Er  sagt,  daß  bei  Isophya  die  Verbindung 
zwischen  den  Geschlechtern  lockerer  ist,  daß  dort  die  Cerci  nur  wenig 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Gryllideii  und  Locustiden.  485 

fest  an  der  weibliclien  Snb^enitalplatte  angreifen  und  dann  die 
Spermatophoie  austritt.  Bei  Ephippifjcra  dagfegen  greifen  die  Cerci 
mit  ihren  Haken  fester  in  eine  korrespondierende  Vertiefung  der 
weibliclien  Subgenitalplatte  ein,  die  Siib<;eiiitalplatte  des  Männchens 
legt  sicli  mit  ihrem  Aussclinitt  an  die  untere  Legescheidenkante 
des  Weibchens,  und  der  Penis  wird  eingeführt. 

Diese  Unterscheidung  gilt  nicht  für  Ephippigcra  und  Leptophyes; 
bei  dieser  Phaneropteride  sahen  wir,  daß  eine  Einfühlung  des  Penis 
und  das  Anlegen  der  Subgenitalplatte  des  Männchens  statthatte, 
ohne  daß  ein  „mouvement  de  bascule"  des  Männchens  dadurch  not- 
wendig würde.  Es  ist  wohl  hauptsächlich  die  Form  der  männ- 
lichen Subgenitalplatte,  die  es  Leptophyes  eilaubt,  das  lange,  rinnen- 
förmige  Organ  an  die  ventrale  Legeröhrenkante  anzulegen,  ohne  die 
Stellung  dabei  zu  ändern.  Da  ich  die  Copulation  von  Isophya,  Bar- 
bitistes  und  Orphania  nicht  vom  Augenschein  her  kenne,  vermag  ich 
voiläufig  nach  Bekenguier's  Darstellung  nur  einen  primitiven  Be- 
ofattungsmodus  darin  zu  erkennen,  daß  hier  die  Spermatophore  ohne 
Immissio  penis  (des  „Titillateurs")  in  die  Vulva  eingebracht  wird, 
ähnlich  wie  bei  Biestrammena. 

An  einer  anderen  Stelle  (3)  sucht  Beeenguiee  den  Grund  für 
den  Unterschied  in  der  Copulationsstellung  von  Isophya  und  Ephip- 
pigera  in  der  verschiedenen  Länge  der  Legeröhre.  „La  posture 
du  (^  diirant  Taccouplement  {hki\  Isophya)  est  necessitee  par  la  forme 
recourbee  et  la  diinension  relativement  courte  de  l'oviscapte;  s'il  prenait 
Tattitude  adoptee  par  les  ^  de  ÄnonconoUis  ^)  etc.,  qui  renverses 
sur  le  dos  se  cramponnent  des  quatres  membres  anterieurs  et  des 
mandibules  ä  la  pointe  de  l'oviscapte  de  leur  $,  dont  la  longueur 
est  proportionnee  ä  celle  de  leur  corps,  et  leur  pennet  de  mettre 
en  contact,  sans  eifort,  Torifice  des  organes  genitaux,  le  c^  de  VIso- 
phya  ne  pourrait  arriver  k  faire  aboucher  son  extiemite  abdominale 
avec  Celle  de  la  ?,  la  longueur  de  Toviscapte  de  celle-ci  n'atteignant 
pas  meme  la  moitie  de  la  longueur  du  corps  du  ^.'^ 

Das  klingt  zunächst  gewiß  überzeugend,  und  auch  ich  würde 
kein  Bedenken  tragen,  mich  dieser  Auffassung  anzuschließen,  wenn 
ich  —  die  Copulation  von  Phaneroptera  nicht  gesehen  hätte. 

Wenn  auch  der  Beginn  der  Copulation  bei  Ephippigcra  und 
Fhaneroptera  verschieden   ist   (der  Grund   dürfte    die  Flügellosigkeit 


1)  Ich  finde   eine  Gattung  dieses  Namens  weder  bei  Brunner  (12)  noch 
bei  Fischer  (18). 

32* 


486  Ulrich  Gerhardt, 

bei  Epilippigera,  die  außergewöhnliche  Flügellänge  bei  Phaneroptera 
sein)  — ,  so  vollzieht  sich  doch,  wie  aus  Berenguier's  Schilderung 
klar  hervorgeht,  das  sich  Überschlagen  (mouvement  de  culbut,  de 
bascule)  in  beiden  Fällen  prinzipiell  sehr  ähnlich,  und  vor  allem 
ist  die  End Situation,  in  der  das  Männchen,  mit  Freß Werk- 
zeugen und  Beinen  an  die  Legeröhre  geklammert,  hängt,  ceteribus 
paribus  in  beiden  Fällen  sogar  gleich.  Und  doch  hat  EpMppigera, 
wie  ja  Berenguiee  betont,  eine  sehr  lange,  Plumeroptera  eine  sehr 
kurze  Legeröhre.  Die  relative  Länge  dieses  Organes  kann  also 
nicht  der  ausschlaggebende  Grund  für  die  Umdrehung  des  Männ- 
chens sein. 

Bei  Phaneroptera  läßt  es  sich  leicht  verfolgen,  daß  in  der 
Stellung  vor  dem  Anklammern  des  Männchens  an  der  Legeröhre  die 
männliche  Genitalöffnung  dem  Gau  dal  pol  des  Weibchens,  dann 
aber,  wenn  die  Ampullen  der  Spermatophore  erschienen,  die  Cerci 
über  diese  zurückgestreift  worden  sind  und  das  Männchen  sich  an 
der  Legeröhre  hält,  dem  Oral  pol  des  Weibchens  zugekehrt  ist. 
Bei  EpMppigera  scheint  dieser  Gegensatz  vor  und  nach  der  Um- 
drehung nicht  zu  bestehen,  auch  ist  ja  hier  die  Anfangsstellung  der 
männlichen  äußeren  Geschlechtsorgane  offenbar  deren  Endstellung 
bei  Phaneroptera  schon  einigermaßen  ähnlich. 

Ich  bin  auf  die  Begattungsstellung  von  Ephippigera  deshalb 
ausführlich  eingegangen,  weil,  soviel  ich  weiß,  die  Beobachtungen 
von  Berenguiee  und  mir  an  Ephippigera  und  Phaneroptera  die  ein- 
zigen sind,  die  eine  solche  plötzliche  Umdrehung  des  Männchens  er- 
geben. Es  handelt  sich  hier  um  die  extreme  Ausbildung  eines  Vor- 
ganges, der  auch  schon  bei  anderen  Familien  (Decticiden, 
Locustiden)  angebahnt  ist. 

Die  Spermatophore  von  Ephippigera  terrestris  beschrei bt 
Beeenguiee  anders  als  Fabee  die  von  E.  vitium.  „Le  spermatophore 
etait  d'une  forme  presque  spherique,  partagee  par  de  legers  sillons 
en  quatre  lobes,  les  superieurs  deux  fois  moins  volumineux  que  Jes 
inferieurs,  d'une  couleur  blanc  nacre,  qui  tourne  rapidement  en  jaune 
d'ivoire;  son  pedicule  etait  visiblement  enforce  sons  la  plaque  geni- 
tale de  la  $,  qui  au  bout  de  quelques  heures  avait  tout  devore." 

Die  Schilderung  der  Spermatophore  erinnert  mehr  an  die  von 
Fischer  für  E.  vitium  gegebene;  in  dem  Fehlen  des  Freßinstinktes 
bei  E.  Vitium  nach  Fabre  scheint  eine  wesentliche  und  inter- 
essante Abweichung  von  E.  terrestris  zu  bestehen,  die  sich  in  nichts 


Copulatioii  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  487 

von  der  Melirzahl  der  Locustidenweibchen  in  dieser  Hinsicht  unter- 
scheidet. 

VossELER  (35)  scliildert  die  Spermatophoren  zweier  nord- 
afrikanisclien  F.phippio:eriden.  Eugaster  giiyoni  Serv.  und  Platystohis 
p<ichy(jaäer  Bk.,  von  denen  er  auch  Abbildungen  gibt,  die  ich  hier 
reproduziere  (Fig.  ß).  Seine  Darstellung,  in  der  leider  über  den 
Modus  der  Regattunß-  niclits  angegeben  ist,  zitiere  ich  hier  wörtlich: 

„Obwohl  nach  Form  und  Grösse  ziemlich  verschieden,  ist  der 
Bau  der  Spermatophoren  dieser  beiden  Locustiden  doch  nach  einem 
einheitlichen  Princip  in  symmetrischer  Anlage  entstanden. 

B 

"■■| 


Ö 


Fiff.  R.  Fig.  S. 

Fig.  R.  Sperniatophore  von  Eugaster.  d  Ansführnngsgane:.  von  Schleim  (.s) 
umgeben,  y  Außenhaut,  sp  Binnenraum  der  Ampulle,  n  Hüllsiibstanz  (nach 
Vosselek). 

Fig.  S.  Spermatophore  von  Platystohis.  C  Seiteuansicht,  A,  B  von  oben 
nach  unten  gosehen.  Ag  Gallertmasse,  die  Ampullen  umschließend,  Cd  Aus- 
führungsgänge,    .s/j  Ampulle,    a  Hülle,     k  Kittmasse  (nach  Vosseler). 

Der  wesentlichste  Teil,  die  Samenkapsel,  besteht  bei  Eugaster, 
wo  die  Verhältnisse  einfach  liegen,  aus  einem  Paar  flaschenförmiger 
Körper  mit  langem  Hals,  dem  Ausführungsgang  {d).  welcher  gei-ade 
verläuft.  Eine  glashelle,  aber  sehr  consistente  gallertähnliche 
Masse  {g)  umgiebt  diese  Samenbehälter  {sp)  und  ist  von  einer  zäh- 
schleimigen, besonders  nach  den  Ausführungsgängen  zu  dichter  auf- 
gelagerten Substanz  (s)  eingeschlossen.  Hinter  diesen  mit  einander 
verkitteten  weissen  Samenbehältern  liegt  ein  ebenfalls  paariger, 
durch  seitliche  Verschmelzung  zweier  Kugeln  entstandener  Gallert- 
körper, der  ziemlich  durchsichtig  und  weich  ist  (a).  Nach  der  Be- 
gattung steckt  das  voi'dere  Stück  der  Spermatophore  fest  in  den 
weiblichen  Genitalien,  der  Körper  der  Samenbehälter  aber  und  die 
Gallertkugeln  bleiben  äusserlich  sichtbar  längere  Zeit  hängen  und 
werden  oft  erst  nach  1 — 2  Stunden  vom  Weibchen  weggebissen  und 
gefressen. 

In  der  Gefangenschaft  wurde  ein  und  dasselbe  Weibchen  3 — 4  mal, 
von  verschiedenen  Männchen,  begattet,  welche  jeden  Act  mit  einem 


488  Ulrich  Gerhardt, 

eharakteristischen  Gezirpe  einleiteten.  Mehr  als  zwei  Begattungen 
führte  ein  Männchen  in  einem  Tag  nicht  aus,  setzte  dieselben  aber 
von  Anfang  August  bis  Ende  October  fort. 

Von  Plafystolus  erhielt  ich  nur  eine  Spermatophore  (Fig.  S),  an  einem 
frisch  gefangenen  Weibchen.  Dieselbe  fällt  durch  ihren  gewaltigen 
Umfang  sofort  auf.  Obwohl  der  Producent  kleiner  als  der  männ- 
liche Eugaster  ist,  erreicht  die  Breite  und  Länge  der  Samenkapsel 
mehr  als  das  Doppelte  von  der  des  Eugaster.  Die  Samenbehälter 
bilden  kleine  Retorten,  welche  von  einer  festen,  dicken  Gallertmasse 
(flg.  3  A  ^)  umschlossen,  in  lange  feine  Ausführungskanäle  sich  fort- 
setzen (fig.  3  C  d).  Denkt  man  sich  das  ganze  Gebilde  in  situ  am 
weiblichen  Genitalapparat  befestigt,  so  haftet  es  bei  K  an  der  Wurzel 
der  Legescheide  vermittels  einer  besondern  Kittmasse,  in  der  die 
Form  der  Legescheide  eingedrückt  ist;  die  Samenbehälter  bleiben 
aussen,  an  sie  schliesst  sich  nach  hinten  wie  bei  Eugaster  wieder 
weiche  hyaline  Gallerte  an  (a),  deren  Umrisse  nicht  mehr  bestimmt 
werden  konnten,  da  die  Tiägerin  bereits  mit  dem  Verzehren  be- 
gonnen hatte.  Bis  hierher  war  morphologisch  die  Übereinstimmung 
zwischen  den  beiden  Arten  von  Spermatophoren  unverkennbar.  Der 
Ausführungsgang  allein  ändert  dieselbe,  da  er  bei  Platystolus  nicht 
gerade  verläuft,  sondern  im  Anfang  sich  medianwärts  und  bei  der 
angegebenen  Lage  gleichzeitig  nach  unten  biegt,  um  in  einem 
weiten  Spiralbogen  wieder  aufzusteigen.  Dieser  Theil  des  Aus- 
führungsganges ist  sehr  dünn,  wie  der  Samenbehälter  liegt  er  in 
einer  festen,  aber  weniger  harten  Gallerte,  die  in  der  abgebildeten 
Weise  die  vom  Ausführungskanal  ausgeführte  Figur  mitmacht  und 
ebenfalls  durch  eine  Rinne  in  der  äussern  Curvatur  und  deutliche 
Spaltung  am  Ende  die  bilaterale  Anlage  verräth.  Der  ganze  Bogen 
kommt  bei  der  Begattung  ins  Linere  der  weiblichen  Genitalien  zu 
liegen,  seine  Form  und  Grösse  hängt  mit  der  Beschaffenheit  derselben 
zusammen  und  trägt  neben  der  erwähnten  Kittmasse  zu  einem  recht 
vollständigen  Festsitzen  des  Apparats  bei.  Die  für  Eugaster  an- 
geführte schleimige,  den  Ausführungsgang  begleitende  Gallerte  fehlt." 

VossELEE  betont  dann  den  bisher  einzig  dastehenden  Bau  der 
Spermatophore  von  Platystolus,  deren  Ausführungsgänge  von  denen 
anderer  Ephippigeriden-Spermatophoren  erheblich  abweichen.  Er  dis- 
kutiert sodann  die  FABRE'sche  Meinung,  daß  jede  Spermatophore  4 
kommunizierende  Hohlräume  enthalte,  und  hält  für  möglich,  daß  das 
Sperma  durch  einen  Druck  des  hinteren  (größeren)  Kugelpaares  in 
das  Receptaculum  entleert  werden  könnte,  falls  dies  nicht  durch  die 


Copulation  und  Spennatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  489 

Ei^enbeweguiigen  der  Spermatozoen  geschähe.  Wie  es  Boldykev  für 
Biestramme  na  zuerst  annahm,  geschieht  das  Ausfließen  des  Sperraas 
aber  siclierlich  durcli  eine  Art  von  Diffusion  s Vorgang,  den  die 
ira  Receptaculum  des  Weibchens   vorhandene  Flüssigkeit  hervorruft. 

„Audi  bei  diesen  2  Allen  von  Locustiden  fällt  der  Umfang  der 
Spermatophore  im  Verhältniss  zu  den  Ausmaassen  der  Männchen  auf, 
bei  beiden  auch  wird  nach  der  Übertragung  des  Samens  die  gallert- 
artige Umhüllung,  später  die  ganze  entleerte  Samenpatrone  vom 
Weibchen  verzehrt." 

Von  Interesse  ist  die  häufige  Copulation  von  Eugaster,  der  darin 
die  übrigen  Locustiden,  soweit  bekannt,  zu  übertretfen  scheint. 

Fani.  Decticidae. 

Eigene  Beobachtungen:  Dedicus  verrucivorus  L.  2  Copula- 
tionen  im  Freien. 

Flatycleis  roeseli  Hagenb.  1  Copulation  im  Freien,  3  in  Gefangen- 
schaft. 

PL  (jrisea  Fabe.  1  Copulation  in  Gefangenschaft. 

Außerdem  Spermatophoren  von  Dedicus  alUfrons  Fabr.  und 
Thamnothrizon  cinereus  L.  beobachtet,  von  der  zweiten  Art  konserviert. 

In  der  Literatur  spielt  gerade  die  Begattung  eines  Dedicus.  des 
südeuropäischen  D.  alUfrons,  deshalb  eine  große  Rolle,  weil  Fabre 
(16,  17)  seine  Untersuchungen  an  diesem  Objekt  ausgeführt  und  den 
Copulationsvorgang  sowie  dessen  Nachspiel,  das  Verzehren  der  Sperma- 
tophore durch  das  Weibchen,  eingehend  geschildert  hat.  Schon 
RüsEL  (30)  hat  eine  allerdings  recht  unvollständige  Beschreibung  der 
Begattung  des  gemeinen  Warzen  beißers,  D.  verrucivorus,  gegeben. 
Neuerdings  hat  Boldykev  (8)  an  D.  alUfrons,  Flatycleis  roeseli  und 
Olynthoscelis  pontica  Retow.  Beobachtungen  über  Copulation  und 
Spermatophoren  angestellt,  doch  liegen  noch  keine  ausführlichen 
Mitteilungen  hierüber  vor.^)  Betrachten  wir  zunächst  das  Verhalten 
der  Gattung  Dedicus. 

Hier  ist  zuerst  zu  bemerken,  daß  bei  den  Decticiden  das  Stri- 
dulieren  der  Männchen  zweifellos,  nach  allem,  was  man  im  Freien 
beobachten  kann  (hiervon  geben  die  Beobachtungen  an  Gefangenen 
nur  ein  unvollständiges  Bild)  eine  maßgebende  Rolle  beim  Zusammen- 


1)  Anra.  während  der  Korrektur:   Während  des  Druckes  dieser 
Arbeit  erschienen. 


490  Ulrich  Gerhaedt, 

findeu  der  Geschlechter  spielt.  Das  gilt  für  Dedicus  wie  für  Platy- 
cleis.  Nun  hat  Fabre  die  Meinung  ausgesprochen,  daß  das  Zirpen 
kein  eigentliches  Zeichen  geschlechtlicher  Erregung  des  Männchens 
sein  könne,  weil  dies  auch  nach  der  (bei  Decticus,  wie  es  scheint, 
nur  einmaligen)  Begattung  bis  an  sein  Lebensende  fortzirpt.  Es 
muß  nun  das  Zirpen  des  Männchens,  das  sich  noch  nicht  begattet 
hat  („le  male  vierge"  des  Franzosen)  und  reif  zur  Begattung  ist, 
auf  die  Weibchen  anders  wirken  als  das  eines  bereits  verbrauchten 
Männchens,  auf  das  kein  Weibchen  mehr  reagiert.  Ich  schließe  das 
aus  folgender  Beobachtung.  Im  Sommer  1911  zirpte  auf  einer  von 
Dedicus  verrucivorus  reich  bevölkerten  dürren  Halde  bei  Höken- 
dorf  in  Pommern  ein  Warzenbeißermännchen,  das  nur  ein,  und  zwar 
ein  verstümmeltes  Sprungbein  hatte,  und  auf  weite  Entfernungen, 
10—20  m  weit  im  Umkreise,  strebten  verschiedene  Weibchen  auf 
dieses  Männchen  zu,  bestiegen  es,  drängten  sich  gegenseitig  von 
seinem  Rücken,  ohne  daß  eine  Begattung  gelang.  Am  nächsten 
Tage  fand  an  der  gleichen  Stelle  dasselbe  Spiel  statt.  Am  3.  Tage 
hatte  das  Männchen  gar  kein  Sprungbein  mehr,  aber  es  zirpte  noch; 
am  nächsten  Tage  war  es  verschwunden.  Ich  sah  niemals  eine  Be- 
gattung mit  diesem  Männchen  zustande  kommen.  Der  Fall  zeigt, 
daß  ein  Männchen  im  richtigen  Stadium,  das  aber  verhindert  ist, 
die  Begattung  auszuführen,  auf  die  Weibchen  eine  außerordentlich 
große  Anziehung  ausübt. 

In  einem  2.  Falle  hörte  ich  an  der  gleichen  Örtlichkeit  in  ziem- 
lich weiter  Entfernung  ein  Männchen  zirpen.  Ein  Weibchen  lief, 
mindestens  15  m  von  der  Stelle  des  Zirpens  entfernt,  auf  diesen 
Ort  zu.  Dabei  ereignet  es  sich  gewöhnlich,  daß  das  Weibchen  seit- 
wärts am  Männchen  vorbeispringt,  dann  umkehrt,  wieder  nui-  in 
der  ungefähren  Schallrichtung  zurückgeht  und  so  das  Männchen 
mehr  und  mehr  einengt.  Das  war  auch  hier  der  Fall.  Sobald  das 
Weibchen  aber  beim  Männchen  angelangt  war,  stieg  dies  von  einer 
Brombeerranke,  an  der  es  zirpte,  herab,  setzte  sich  vor  dem  Weibchen 
in  Begattungsstellung  hin,  und  die  Copulation  fand  alsbald  statt. 

Die  passive  Rolle,  die  das  Männchen  dabei  spielt,  schildert 
schon  RösEL  sehr  anschaulich: 

„Wann  nun  dieser  Gesang  eines  frechen  Heuschreckenmännleins 
ein  ebenfalls  brünstiges  Weiblein  herbeigelocket,  so  nähert  sich  dieses 
zu  jenem  nach  und  nach  von  hinten  her  und  giebet  ihm  durch  das 
Hin-  und  Herschlagen  der  Fühlhörner  seine  Gegenwart  zu  erkennen. 
So  bald  nun  das  Männchen  seiner  Ankunft  inne  wird,  hört  es  auf  zu 


Copnlation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locnstiden.  491 

singen,  schlaget  seine  harten  und  langen  Fühlhörner  zurück,  und 
untersuchet,  was  dasjenige  seye,  so  sich  ihme  genähert  und  ob  es  sich 
eines  Feindes  oder  Freundes  zu  verseilen  habe.  Im  letztern  Falle 
bewillkomnit  es  die  gewünschte  Gattin  mit  etlichen  sanft  zwitzern- 
den  Tönen,  seine  langen  und  stachligen  Springfüße  aber  weis  es  so 
geschickt  bey  Seite  zu  bringen,  daß  sie  durch  selbige  im  geringsten 
nicht  gehindert  wird,  ihm  näher  zu  kommen.  Diese  lasset  nun  das 
]\Iännlein  auch  nicht  länger  warten,  und  da  sie  sich  ebenfalls  zu 
paaren  suchet:  so  steiget  sie  auf  selbiges  hinauf  und  bleibet  sodann 
stille  sizen ;  jenes  ergreiftet  das  Weiblein  mit  seiner  Zange,  nahe  am 
Leib,  bey  dem  Legestachel,  und  halt  es  so  lange  vest,  bis  alles  das- 
jenige geschehen  ist,  was  zur  Paarung  erfordert  wird;  dieses  aber 
ist  so  wohl  bey  allen  Heuschrecken,  als  auch  bey  den  Grillen  die  Art 
ihrer  Befruchtung." 

Während  Rösel,  wie  aus  diesen  Worten  hervorgeht,  den  eigent- 
lichen Vollzug  der  Begattung  nur  sehr  kurz  abtut  und  die  ein- 
leitenden Vorgänge  genau  schildert,  scheint  Fabre  gerade  diese  nicht 
gesehen  zu  haben.  Immerhin  sind  auch  hierbei  einige  Punkte  einer 
besonderen  Besprechung  wert:  die  für  die  bisher  besprochenen  männ- 
lichen Locustiden  (außer  Biest mmnicna)  charakteristische  Begattungs- 
stellung mit  tief  abwärts  gebogenem  Hinterleib  und  gehobenen 
Flügeln  wird  auch  von  dem  Decticus-Mmnchen  eingenommen,  und 
zwar  werden  die  Flügel  fast  bis  zur  Senki-echten  gehoben,  während 
der  Hinterleib  bei  tiefgesenktem  Kopf  bis  etwas  unterhalb  der 
Horizontalen  herabgedrückt  wird.  Diese  Stellung  gestattet  es  dem 
Weibchen,  bei  einfachem  Vorwärtsgehen  seinen  Hinterleib  in  die 
zur  Begattung  nötige  Stellung  zu  dem  des  Männchens  zu  bringen, 
ohne  daß  dessen  lange  Flügel  dabei  irgendwie  hinderlich  sind.  Das 
Weibchen  nagt  auch  hier  auf  dem  Rücken  des  Männchens  herum, 
was  Fabee  einmal  auch  als  Vorspiel  der  Begattung,  ohne  daß  es 
zu  einer  solchen  kam,  beobachtet  hat. 

Dabei  kommt  das  Weibchen,  wenn  es  weiter  vorwärts  geht,  mit 
seinem  Kopf  in  den  dreieckigen  Raum  zu  stehen,  den  die  Oberflügel 
des  Männchens  zwischen  sich  fassen.  Je  mehr  das  Weibchen  vor- 
wärts rückt,  desto  mehr  krümmt  sich  das  ]\[ännchen  zusammen,  und 
so  steht  es  schließlich  mit  seinem  Kopfgipfel  und  der  Stirn  auf 
dem  Boden,  seine  Flügel  stehen  schräg  auf-  und  vorwärts.  Sein 
Hinterleib  hat  gleich  nach  dem  Aufsteigen  des  Weibchens  dessen 
Subgenitalplatte  mit  den  Cerci  zu  umfassen  gesucht,  die  bei  allen 
Decticiden   stärker,   aber  kürzer  sind   als  bei  den  Phaneropteriden 


492  Ulrich  Gerhardt, 

und  an  ihrer  Innenseite  einen  Zalin  tragen.  Sobald  die  Cerci 
gefaßt  haben,  wird  auch  hier  der  „Penis"  ausgestülpt,  aber  er 
bleibt  nicht  immer  außen  sichtbar,  sondern  wird  rhythmisch  in 
einzelnen  Stößen  langsam  hervorgedrückt  und  dann  jedesmal 
wieder  eingezogen.  Von  einem  Eindringen  in  die  Vulva  ist  noch 
nichts  zu  sehen.  So  kommt  die  Situation  zustande,  die  Fabee 
bei  der  Beobachtung  seiner  Gefangenen  angetroifen  hat:  „Le 
male  est  dans  une  position  fort  insolite.  Couche  ä  terre  sur  le 
flanc  ou  sur  le  dos,  il  releve  le  bout  du  ventre  agite  de  spasmes. 
La  femelle,  guindee  aussi  haut  que  le  permettent  ses  echasses,  etreint 
le  male,  pattes  de-ci,  pattes  de-lä,  oviscapte  redresse:  Les  extremites 
des  deux  abdomens  convulsivement  s'accointent  par  saccades  et  par 
simple  juxtaposition,  autant  que  je  peux  en  juger". 

Fabre  hat  zweifellos  recht,  daß  es  sich  auf  diesem  Stadium  nur 
um  eine  Aneinanderlagerung  der  beiden  Hinterleibsenden  handle; 
auch  später  kommt  es,  nach  mehreren  Beobachtungen  von  mir,  sicher 
zu  keiner  eigentlichen  Einführung  des  „Penis",  aber  doch  zu  einem 
Vorgang,  der  einer  solchen  sehr  nahe  kommt.  Wenn  das  Auspr'essen 
und  Einziehen  der  häutigen  Umgebung  der  Geschlechtsölfnung  (des 
„Penis")  eine  längere  Weile,  10—20  Minuten,  angedauert  hat,  so 
erfolgt  abermals  eine  solche  Ausstülpung,  der  aber  keine  Re- 
traktion folgt,  und  nun  legt  sich  der  Penis  zwischen  Subgenital- 
platte  und  Legeröhrenwurzel  fest  an.  Die  ausgestülpte  Schleim- 
hautmasse schwillt,  unter  starken  Kontraktionen  des  männlichen 
Hinterleibes,  mehr  und  mehr  an,  und  wenn  sie  sich  endlich  zurück- 
zieht, treten,  leuchtend  weiß,  die  Ampullen  der  Spermatophore  hier 
zwischen  den  Cerci  und  der  locker  an  die  ventrale  Legeröhre  an- 
gelegten, mit  ihren  Styli  sie  umgreifenden  männlichen  Subgenital- 
platte  hervor.  In  dem  einen  der  beiden  von  mir  beobachteten  Copu- 
lationsfälle  ging  das  Weibchen  schon  kurz  vor  dem  Erscheinen  der 
Ampullen  einen  Schritt  vor,  so  daß  das  Männchen  völlig  auf  den 
Rücken  geworfen  wurde.  Vorher  hatte  es  mit  seinen  Vorderbeinen 
die  Legeröhre  locker  umfaßt,  und  auch  in  der  Endstellung  hingen 
diese  noch  an  ihr.  Doch  war  von  einem  eigentlichen  Anklammern 
an  die  Legescheide,  wie  es  für  Ephippigera  beschrieben  wird,  keine 
Rede.  Im  zweiten  Falle  wurde  das  Männchen  erst  nach  dem  Aus- 
tritt der  Samenbehälter  auf  den  Rücken  geworfen.  Nach  dem  Er- 
scheinen der  Ampullen  folgt  eine  etwa  1  Minute  dauernde  Ruhepause, 
dann  tritt  unter  erneuten  Kontraktionen  des  männlichen  Hinterleibes 
die  Hauptmasse  der  großen,   weißen  Spermatophore  aus  ihm  hervor. 


Copnlation  und  Sperraatophoreu  von  Grylliden  und  Locnstiden.  493 

die  scliließlich  diucli  das  vorwärts  geliende  "W'eibclien  aktiv  dem 
Männchen  vollends  aus  der  weit  klaffenden  Hinterleibsspitze  hervor- 
gezogen wird. 

Fahre  schildert  diesen  Vorp:anj>'  der  „Geburt"  der  Spermato- 
phore  folgendermaßen:  „Un  quart  d'heure  environ  se  passe  dans  ces 
preliminaires;  puis  on  voit  sourdre  du  ventre  du  male  quelque  chose 
d'enorme.  de  monstrueux,  hors  de  proportion  avec  l'animal.  Par  sa 
couleur  d'un  blanc  d'opale,  cela  ressemble  ä  deux  baies  de  guie 
accolees.  La  femelle  immediatement  se  retire,  portant  appendue, 
sous  son  oviscapte,  l'etrange  machine." 

Auch  ich  habe,  als  ich  bei  Vecticus,  zum  erstenmal  in  meinem 
Leben,  eine  Locustidencopulation  sah,  den  Eindruck  gehabt,  daß  liier 
unter  ungewöhnlichen  Anstrengungen  von  dem  Männchen  eine 
verhältnismäßig  riesige  Leistung  vollbracht  werde.  Später  habe 
ich  mit  Erstaunen  gesehen,  daß  bei  Diestrammena  eine  relativ  min- 
destens ebenso  große  Spermatophore  ohne  Mühe  und  Preßbewegungen 
hervorgebracht  wird,  die  allerdings  nicht  von  so  fester  Konsistenz 
ist  wie  die  der  Decticiden. 

Die  Spermatophore  selbst  ist  leuchtend  weiß  und  undurch- 
sichtig. Fabre  hat  sie  beschrieben  und  abgebildet,  außerdem  hat 
€r  —  soweit  mir  bekannt,  zum  ersten  Male  füi-  eine  Locustide  — 
den  Akt  des  Verzehrens  der  Spermatophore  durch  das  Weibchen 
eingehend  geschildert. 

In  einem  Falle  sah  Fabre  (was  mir  nicht  begegnete)  eine 
Spermatophore,  die  der  von  ihm  bei  EpMppigera  vitium  beschriebenen 
glich  und  ,.wie  ein  Packet  Eier  von  Helix  aspersa'"''  aussah.  In 
3  anderen  Fällen  aber  bestand  sie  (und  ich  habe  dieses  Verhalten  bei 
JDecticus  vermcivorus  wie  auch  bei  D.  alUfrons  immer  angetroffen) 
„aus  vier  eng  miteinander  verbundenen  Blasen,  zwei  dorsalen,  un- 
mittelbar unter  der  Legeröhre,  von  einem  matten  Weiß  und  der 
Größe  eines  Pfefferkornes;  darunter  sitzen  zwei  von  einem  opale- 
scierenden  Weiß  und  der  Größe  einer  Erbse.  Diese  vier  Erhaben- 
heiten müssen  gewiß  untereinander  communicieren  und  eine  gemein- 
same Tasche  darstellen.  p]in  kurzer  Stiel  aus  hyaliner  Substanz, 
ähnlich  einer  glasigen  Gallerte,  bildet  die  Basis  des  Apparats  und 
ist  in  den  Genitalvorhof  des  Weibchens  eingesenkt". 

Die  von  Fabre  ausgesprochene  Idee,  daß  wahrscheinlich  alle 
vier  Bestandteile  der  Spermatophore  untereinander  im  Zusammen- 
hang stünden,  ist,  wie  aus  der  Präparation  von  konsei-vierten  Sper- 
matophoren  anderer  Locustiden  mit  Bestimmtheit  hervorgeht,   nicht 


494  Ulrich  Gerhardt, 

richtig.  Vielmehr  hat  Dedicus  wie  alle  anderen  bisher  bekannten 
Locustiden  in  seiner  Spermatophore  einen  den  Samen  enthaltenden 
Teil,  die  hier  wie  überall  außer  bei  Diestrammena  paarigen  Ampullen 
und  die  in  unserem  Falle  äußerst  dichte  und  feste  Hülle  oder  Schutz- 
substanz (BoLDYREv),  deren  große  Festigkeit  wohl  die  lange  Be- 
gattungsdauer bei  Decticiden  begründet. 

Zu  erwähnen  ist,  daß  die  eigentlichen  Ampullen  der  Decticiden- 
spermatophoren  nicht  völlig  identisch  sind  mit  dem  kleineren  Kugel- 
paar, das  Fabre  beschreibt.  Auf  diesen  Unterschied  wird  man  erst 
in  vollem  Maße  aufmerksam,  wenn  man  den  Akt  des  Verzehrens  der 
Spermatophore  durch  das  Weibchen  und  das,  was  dabei  allmählich 
von  der  Spermatophore  abgetragen  wird,  verfolgt. 

Fabee,  dieser  glänzende  Schilderer  der  Vorgänge  im  Insecten- 
leben,  beschreibt  mit  gewohnter  Anschaulichkeit,  wie  sich  das 
Weibchen,  das  sich  vom  Männchen  getrennt  hat,  auf  seinen  Hinter- 
beinen aufrichtet,  sich  ringförmig  zusammenkrümmt  und  mit  seinen 
Kiefern  die  Spermatophore  ergreift,  um  zuerst  ganz  vorsichtig 
Stückchen  von  deren  Rinde  abzubeißen  und  zu  fressen,  ohne  die 
tieferen  Schichten  zu  berühren.  Das  geht  etwa  20  Minuten  so  fort, 
dann  aber  ergreift  das  Tier  die  ganze  Spermatophore  und  zerrt  und 
reißt  an  ihr,  bis  nur  der  Stiel,  der  „tampon  de  gelee",  in  der  Vulva 
sitzen  bleibt.  Im  Verlaufe  von  ungefähr  3  Stunden  ist  die  ganze 
Masse  zerkaut  und  gefressen. 

Ich  kenne  mit  Sicherheit  keine  andere  Locustidenform,  die  die 
Hauptmasse  der  Spermatophore  auf  einmal  abreißt  wie  Dedicus. 
Nahe  verwandte  Arten  verhalten  sich  jedenfalls  hierin  anders,  doch 
scheint  bei  Flatydeis  grisea  etwas  Ähnliches  vorzukommen. 

Das,  was  nun  nach  diesem  Abreißen  des  größten  Teiles  der 
Spermatophore  in  der  Vulva  zurückbleibt,  beschreibt  Fabre  als  „la 
base,  le  pedicule  de  l'appareil,  base  dont  la  partie  la  plus  visible 
consiste  en  deux  mamelons  cristallins  de  la  grosseur  d'un  grain  de 
poivre." 

Diese  beiden  „mamelons  cristallins"  sind  nun  die  Ampullen, 
die  eigentlichen  Samenbehälter,  die  in  den  3  Stunden,  während  deren 
die  übrige  Masse  verzehrt  wurde,  hinreichend  Zeit  hatten,  ihren 
Inhalt  in  das  Receptaculum  des  Weibchens  zu  entleeren.  Die  selt- 
same Stellung,  die  zum  Ausfressen  dieses  letzten  Spermatophoren- 
restes  nötig  ist  (die  ich  selbst  nicht  beobachtet  habe),  schildert 
Fabre  folgendermaßen:  „Pour  se  debarasser  de  cette  espece  de 
tampon,  le  Dectique  prend  une  curieuse  attitude.    L'oviscapte  est  ä. 


Oopulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  niul  Locustiden.  495 

deini  iinplante  eu  terie,  verticalenieiit;  ce  sera  le  principal  bäton 
d'appui.  Les  echasses,  rapprochant  les  tibias  des  cuisses,  elevent  la 
bete  autant  que  possible  et  forment  trepied  avec  le  sabre.  Les 
qiiatre  pattes  anterieures  s'etablisseiit  solidement  sur  le  sol.  Alors 
l'insecte  se  recourbe  eii  dessous  en  anneau  complet  et  vient,  du  bout 
des  niandibules,  travailler  l'entree  genitale. 

11  debourre  petit  ä  petit  le  Vestibüle  obstriie.  Sont  extirpes 
d'abord  les  deux  nodales  hyalins;  puis  viennent,  d'auties,  debris 
formes  d'une  substance  semblable  ä  uue  gelee  transparente  et  demi- 
solide. Toutes  ces  ruines  sont  gravement  avalees  jusqivaux  moindres 
miettes.  Rien  ne  doit  se  peidre.  Enfin  l'oviscapte  est  lave,  nettoye, 
lisse  du  bout  des  palpes.  Tout  est  remis  en  ordre,  rien  ne  reste  de 
l'encombrant  fardeau."' 

Sehr  ähnlich  wie  bei  Deciicus  verläuft  die  Begattung  bei 
2  Arten  der  Gattung  Plaij/cleis,  bei  denen  ich  sie  beobachten  konnte. 
Am  2.  September  1911  sah  ich  auf  einer  Wiese  bei  Hökendorf  in 
Pommern,  dicht  neben  dem  erwähnten  Standort  von  Deciicus  verru- 
civorus,  ein  Weibchen  von  Platyclds  roeseli.  das  ganz  langsam  sich 
einem  in  einer  P'ntferuung  von  V2 — %  ^  zirpenden  Männchen  der 
gleichen  Art  näherte.  Das  Weibchen  saß  dann  lange  Zeit  still,  bis 
das  Männchen,  wie  dies  bei  dieser  Art  üblich,  nach  einiger  Zeit 
den  Halm,  an  dem  es  saß,  verließ,  um  einen  anderen  Ort  des 
Zirpens  aufzusuchen.  Dabei  entfernte  es  sich  vom  Weibchen.  So- 
bald das  Männchen  sich  nun  in  ]^ewegung  setzte,  folgte  ihm  das 
Weibchen  und  erreichte  es,  als  es  wieder  still  saß.  Nun  setzte  sich 
das  Männchen  sofort  in  Begattungsstellung,  senkte  also  den  Hinter- 
leib stark  gekrümmt  nach  unten  und  hob  seine  verkürzten  Flügel- 
decken. Das  Weibeben  kam  das  erstemal,  als  es  ihm  auf  den  Rücken 
stieg,  nicht  sofort  in  die  richtige  Stellung,  darauf  ging  das  ^Männchen 
einige  Schritte  weiter,  und  nun  gelang  die  Begattung  alsbald,  Sie 
spielt  sich  fast  ganz  in  der  für  Deciicus  beschriebenen  Form  ab, 
nur  sitzen  die  Tiere  meist  im  Grase  an  irgendeinem  Zweige  oder 
Halm,  seltener  auf  dem  Boden. 

Auffallend  ist  die  außerordentlich  lange  Dauer  der  Begattung 
bei  dieser  Species,  Bei  der  ersten  Beobachtung  wurde  sie  nicht  genau 
bestimmt,  doch  betrug  sie  sicher  über  ^'.,  Stunde.  In  zwei  später  in 
Breslau  an  Gefangenen  beobachteten  Fällen  dauerte  eine  Begattung 
von  10  h  22  bis  11  h  07,  also  45  Minuten,  die  andere  von  9  h  56 
bis  10  h  46,  also  50  Minuten,  während  bei  Deciicus  die  Begattungs- 
dauer höchstens  15 — 20  Minuten  beträgt.     Was  der  Grund  zu  dieser 


496  Ulkich  Gerhardt, 

langen  Aiisdehnung-  des  Copulationsvorganges  ist,  vermag  ich  nicht 
anzugeben,  zumal  die  Spermatophore  (Taf.  18  Fig.  7)  im  Verhältnis 
nicht  größer  ist  als  die  von  Decticus.  Abgesehen  von  diesem  Unter- 
schied in  der  Zeitdauer  verläuft  alles  ziemlich  genau  so  wie  bei 
Decticus  auch.  Die  Stellung  ist,  besonders  wenn  die  Begattung,  wie 
das  bei  Gefangenen  vorkam,  im  Grase  dicht  über  dem  Boden  statt- 
fand, im  wesentlichen  ebenso,  nur  geben  die  verkürzten  Flügeldecken 
bei  beiden  Geschlechtern  (doch  kommen  auch  macroptere  Exem- 
plare vor)  ein  etwas  anderes  Gesamtbild  (Taf.  17  Fig.  9).  Auch 
hier  krümmt  sich  das  Männchen  so  stark,  daß  sein  Kopf  fast  in  ent- 
gegengesetzter Richtung  steht  wie  der  des  Weibchens.  Das  Ergreifen 
der  Legeröhren Wurzel  mit  den  Cerci,  das  Aus-  und  Einstülpen  des 
„Penis"  geschieht  gerade  so  wie  bei  Decticus.  Auch  das  Anlegen  des 
Penis  an  die  Vulva  und  der  Austritt  der  Spermatophore  erfolgt  in  der 
gleichen  Weise,  so  daß  erst  die  Ampullen  dorsal  von  der  zurückgestreiften 
Penishaut  sichtbar  w^erden,  daß  dann  eine  Ruhepause  eintritt  und 
zuletzt  die  Hauptmasse  der  Spermatophore  auf  einmal  vom  Weibchen 
dem  Männchen  aus  der  Hinterleibsspitze  gezogen  wird.  In  zwei  Fällen 
begann,  sowie  der  größere  Teil  der  Spermatophore  hervorgequollen  war, 
das  Weibchen  vorwärts  zu  gehen.  Dabei  wurde  das  auf  den  Rücken 
gedrehte  Männchen  ein  Stück  weit  mitgeschleift,  bis  es  schließlich 
buchstäblich  von  der  am  Weibchen  hängenbleibenden  Spermatophore 
herunterglitt  und  mit  weit  geöffneter  Hinterleibsspitze  liegen  blieb. 
In  den  beiden  anderen  Fällen  geschah  die  Lösung  so  wäe  bei  Decticus 
beschrieben. 

Erwähnen  möchte  ich  hier  gleich,  daß  bei  der  geflügelten  Art 
Platycleis  grisea  die  Begattungsstellung  genau  wie  bei  Decticus  ist. 
In  dem  einen  von  mir  bis  zu  Ende  beobachteten  Falle  —  es  handelte 
sich  um  gefangene  Tiere;  vor  Jahren  habe  ich  in  Gamburg  2mal 
den  Beginn  der  Begattung  bis  zum  Festhalten  des  Männchens  im 
Freien  beobachtet —  erfolgte  auch  der  Austritt  der  Spermatophore, 
so  wie  in  den  beiden  ersten  Fällen  bei  Platycleis  roeseli,  d.  h.  das 
Weibchen  zog  das  auf  den  Rücken  geworfene  Männchen  bis  zur 
Lösung  der  Tiere  mit  sich  fort.  Die  Dauer  der  Begattung  betrug 
20  Minuten  (von  9  h  34  bis  9  h  54  a.  m.).  Die  Ampullen  der  Spermato- 
phore dieser  Species  nach  Ablösung  der  Hüllsubstanz  zeigt  Fig.  8, 
Taf.  18. 

Bei  beiden  Platycleis- Arten  war  bei  der  Begattung  eine  ventrale 
Abknickung  der  weiblichen  Legeröhre  zu  sehen,  die  das  Männchen 
locker   mit   seinen  Vorderextremitäten   umfaßt  und  an   die  es  seine 


Copulation  und  Spermatophoreii  von  Gryllicleii  und  Locustiden.  497 

Subo:enitali)latte  fest  anlegt,  so  daß  deren  Styli  beiderseits  die  Lege- 
scheide uiiifassen.  Soweit  mir  erinnerlich  —  ich  habe  damals  auf 
diesen  Punkt  nicht  genügend  geachtet  — ,  war  diese  Abknickung 
bei  üedkus  weniger  auffallend. 

Die  Sperm  atop hören,  die  von  Platycleis  roeseli  produziert 
werden,  sind  denen  von  Decticus  sehr  ähnlich  gebaut.  Charakteristisch 
für  sie  scheint  mir  ein  kui'zer,  unpaarer,  medianer  Zipfel,  der  zuletzt 
aus  der  Geschleclitsölfnung  des  Männchens  hervortritt  und,  wenn- 
gleich in  viel  kleinerem  Maßstabe,  etwas  an  den  hornförmigen  Fort- 
satz der  Spermatophore  von  Phaneroptera  erinnert.  Bei  der  einzigen 
mir  bekannten  Spermatophore  von  Fl.  grisea  fehlt  dieser  Fortsatz, 
und  die  Paarigkeit  der  ganzen  Spermatophore  ist  deutlicher  an  den 
die  Ampullen  bergenden  kleineren  Lappen  als  an  den  beiden  großen 
erkennbar.  Die  Spermatophore  von  PI.  roeseli  hat  etwa  4 — 5  mm 
Durchmesser.  Sehr  ähnlich  der  von  PI.  grisea  ist  die  des  gleichfalls 
zu  den  Decticiden  gehörigen  Thamnoihrizon  cinereus  L.  Bei  dieser 
in  allen  Wäldern  und  Hecken  äußerst  gemeinen  Art  habe  ich  die 
Begattung  nie  gesehen,  und  die  einzige  Spermatophore,  die  ich  er- 
halten habe,  wurde  durch  ein  Versehen  gewonnen,  irrtümlich  war 
über  Nacht  ein  Weibchen  in  den  Käfig,  der  die  Männchen  enthielt, 
gesetzt  woiden,  und  der  Irrtum  wurde  erst  bemerkt,  als  das  Weibchen 
am  anderen  Morgen  bereits  die  erst  ganz  wenig  angefressene 
Spermatophore  trug,  die  Fig.  9,  Taf.  18  darstellt. 

Der  Bau  der  Spermatophore  ist  bei  Platycleis  grisea  und  Thamno- 
tlirizon  cinereus  dadurch  etwas  verschleiert,  daß  hier  die  feste  äußere 
Substanz  die  beiden  Samenbehälter  so  dicht  und  gleichmäßig  umhüllt, 
daß  von  ihnen  an  der  unverletzten  Spermatophore  wenig  zu  sehen 
und  um  deren  Stiel  herum  zwischen  Legeröhre  und  Subgenitalplatte 
alles  verklebt  ist.  Diese  Secretmassen.  die  den  Spermatophorenstiel 
umkleiden,  können  erst  sehr  spät  ergossen  werden,  da  die  Ampullen 
bei  ihrem  Austritt  noch  sehr  gut  zu  sehen  sind. 

An  einer  in  Formol  konservierten  Spermatophore  von  Platycleis 
roeseli,  deren  Form  sehr  gut  erhalten  ist  (Taf.  18  Fig.  7),  ist  da- 
gegen die  „Schutzsubstanz,"  ähnlich  wie  bei  Phaneroptera,  ventral 
von  den  Ampullen  (an  der  dem  Weibchen  angehängten  Spermato- 
phore gerechnet)  angeordnet,  so  daß  diese  deutlich  sichtbar  sind. 
Der  Rest  der  Spermatophore  ist  nur  undeutlich  41appig,  vielmehr 
sind  eigentlich  3  Lappen,  2  orale,  paarige  und  1  caudaler,  unpaarer, 
vorhanden,  der  allerdings  in  frischem  Zustande  eine  seichte  Längs- 
furclie  aufwies  und  der  in  den  erwähnten,  auf  der  Abbildung  deutlich 


498  Ulrich  Gerhardt, 

sichtbaren  Zipfel  endet.  Im  Prinzip  ist  diese  Spermatophore  also 
der  von  Fhaneropiera  fdlcata  ziemlich  ähnlich  gebaut,  und  es  ist 
vielleicht  anzunehmen,  daß  die  Verwischung  des  paarigen  Baues  bei 
Fl.  grisea  und  bei  Thamnothrison  sekundärer  Natur  sind.  Bei  Decticus 
ist  die  Vierlappigkeit  anscheinend  als  die  Regel  zu  betrachten. 

BoLDYREv  (8)  geht  in  dem  russischen  Text  ^)  seiner  vorläufigen 
Mitteilung  über  die  Spermatophoren  von  Locustiden  und  Grylliden 
kurz  auf  die  Decticiden-Spermatophore  ein.  Er  sagt,  das  Verständnis 
des  Baues  der  Spermatophore  werde  hier  erschwert  durch  die  An- 
wesenheit zweier  ovaler  sackartiger  Anhängsel  mit  durchsichtigen 
elastischen  Wänden,  für  deren  Bedeutung  er  später  versuchen  will 
eine  Erklärung  zu  geben. 

Ich  möchte  dazu  folgendes  bemerken,  es  scheint  sich  um  ähn- 
liche ovale  Gebilde  zu  handeln,  wie  ich  sie  oben  (S.  481)  für  die 
Spermatophore  von  Tylopsis  liliifolia  beschrieben  und  abgebildet  habe. 
Bei  Flatycleis  grisea  wurde  das  Weibchen  unmittelbar  nach  der 
Copulation  mit  der  anhängenden  Spermatophore  in  4^0  Formol  ge- 
worfen, eine  Methode,  die  sich  sonst  gut  bewährt  hat.  In  diesem 
Falle  aber  löste  sich  durch  die  starken  Zappelbewegungen,  die  das 
Tier  in  der  Agonie  mit  seinen  Sprungbeinen  in  dem  etwas  zu  weiten 
Glasgefäße  ausführte,  die  äußere,  homogene  „Schutzsubstanz"  von 
den  Ampullen  der  Spermatophore  ab,  die  mit  dem  Stiel  in  der  Vulva 
verblieben.  Die  Untersuchung  des  abgebrochenen  Stückes  zeigte 
nun  eine  homogene  Beschaifenheit,  so  daß  hier  nur  Ampullen  und 
„Hüll-  oder  Schutzsubstanz"  vorhanden  sind.  Die  Hüllsubstanz  bildet 
etwa  eine  auf  der  konvexen  Oberfläche  leicht  median  gefurchte  Halb- 
kugel, die  nach  ihrem  Abreißen  innen  hohl  ist.  Sowohl  die  Reste 
von  Schleim,  die  um  die  Ampullen  herum  an  der  Legeröhrenwurzel 
sitzen  geblieben  sind,  wie  auch  der  Rand  der  Hohlkugel  an  der  Ab- 
reißstelle zeigen  deutlich,  wie  hier  die  Hüllsubstanz  noch  etwas  um 
die  Ampullen  herumgegriffen  hat.  Von  besonderen  akzessorischen 
Behältern  bemerke  ich  in  diesem  Falle  nichts. 

Bei  PI.  roeseli  ist  das,  was  von  außen  als  die  Ampullen  impo- 
niert, insofern  nicht  ganz  mit  diesen  identisch,  als  sie  eine  doppelte 
Hülle  haben,  von  der  die  äußere  Schicht  eher  vom  Weibchen  ge- 
fressen wird  als  die  innere.  Das  Weibchen  verfährt  hier  beim  Freß- 
akt  insofern  anders   als  Decticus,   als  es   die  Hüllsubstanz   nicht  auf 


1)  Die    Übersetzung    verdanke    ich    der    Güte    des    Herrn    stud.    agr. 
Gerog  V.  Ursyn  Niemcewicz. 


Copulatiou  und  Spermatophoreu  von  Grylliden  und  Locustiden.  499 

einmal  abreißt.  Es  frißt  vielmehr  ganz  allmählich  kleine  Brocken 
davon  auf,  so  wie  es  Dedirus  nur  im  Anfang  tut.  Die  ganze  Freß- 
prozedur  erstreckt  sich  über  eine  größere  Anzahl  (bis  zu  6)  Stunden. 
Wenn  die  ersten  kugligen  Körper,  die  als  „Ampullen"  bezeichnet 
waren,  an  die  Reihe  kommen ,  die  an  der  frischen  Spermatophore 
intensiv  weiß  sind,  so  wird.  Avenn  deren  Rinde  abgebissen  wird,  ein 
glasiger,  bräunlicher,  biniförmiger  Körper  im  Innern  der  Kugel  frei- 
gelegt; von  ihm  wird  die  ihn  umgebende  Hülle  zuletzt  in  einem 
größeren  Klumpen  abgerissen,  und  nun  stecken  in  der  Vulva  nur 
noch  die  beiden,  Fabre's  ,.mamelons  cristallins"  entsprechenden 
eigentlichen  Ampullen. 

Bei  Thamnothrizon  cinereus,  dessen  SphermatophorenhüUe  sich  der 
von  Plafycleis  grisea  sehr  ähnlich  verhält,  findet  man  öfters  Weibchen 
im  Freien,  denen  noch  die  hellen,  wie  es  scheint,  ganz  spröde  und 
trocken  gewordenen  kleinen  Ampullen  in  der  Vulva  sitzen.  Die 
wenigen  konservierten  Spermatophoren,  die  ich  von  Decticiden  bisher 
besitze,  sollen  in  toto  als  Demonstrationsobjekte  aufgehoben  werden ; 
Untersuchungen  an  aufgehellten  Präparaten,  die  ich  nur  in  diesem 
Sommer  zu  beschaffen  hoffe,  aber  auch  ein  genaues  Studium  des 
Fressens  der  Spermatophore,  bei  dem  diese,  wenigstens  bei  Platydeis 
roeseli,  schichtenweise  abgetragen  wird,  endlich  Schnittpräparate,  er- 
geben vielleicht  noch  weitere  Resultate.  Ich  habe  meine  konser- 
vierten Spermatophoren  unter  dem  SEiBERx'schen  binokularen  Mikro- 
skop zu  präparieren  gesucht,  und  ich  habe  außer  den  Hüllkörperu 
der  Ami)ullen  bei  den  von  mir  beobachteten  Formen  keine  akzesso- 
rischen Hohlräume,  wie  sie  bei  Tylopsis  vorkommen,  gefunden. 

Fabke  nimmt  für  Decticus  alMfrons  nur  eine  einmalige  Begattung 
an.  und  ich  sah  auch  bei  D.  verrucivorus  keine  zweimalige.  Doch 
muß  ich  von  vornherein  betonen,  daß  meine  Beobachtungen  in  dieser 
Beziehung,  da  im  Freien  angestellt,  keine  bindende  Bedeutung  haben. 
Die  Begattung  der  Tiere  fand  an  dem  von  mir  beobachteten  Fundort 
immer  etwa  um  9  Uhr  morgens  statt,  und  nach  ungefähr  11  Uhr  war 
kaum  ein  Ziri)en  der  Männchen  mehr  zu  höien.  Da  jedes  Männchen 
seinen  bestimmten  Standort  hatte,  an  dem  es  jeden  Morgen  zirpte, 
waren  die  bei  der  großen  Variabilität  der  Art  leicht  zu  unter- 
scheidenden Individuen  bequem  täglich  zu  kontrollieren.  Immerhin 
aber  muß  die  Möglichkeit  von  Begattungen  vor  Beginn  meiner  Be- 
obachtungsperiode zugegeben  und  können  einwandfreie  Beobach- 
tungen über  die  uns  beschäftigende  Frage  nur  an  Gefangenen  ge- 
macht  werden.     Wenn   aber   Fabke   meint,   das  Männchen   könne 

Zool.  Jaljrb.  XXXV.    Abt.  f.  Sy.st.  33 


500  Ulrich  Gerhardt, 

sich  wegen  der  Größe  der  von  ihm  g-elieferten  Sperniatophore  nur 
einmal  begatten,  so  ist  das  kein  zwingendes  Argument,  da  andere 
Arten,  die  ebenso  große  Spermatophoren  abscheiden,  sich  wiederholt 
begatten  (Diestrammena,  Ephippigeriden). 

Bei  Platijdeis  roeselii  erlebte  ich  an  Gefangenen,  daß  ein  Männ- 
chen sich  am  2.  Tage  nach  einer  Begattung  mit  einem  anderen 
Weibchen  paarte,  ferner  wurde  für  ein  Weibchen  festgestellt,  daß 
es  sich  an  2  ziemlich  weit  auseinanderliegenden  Terminen  (7.  Juli 
und  15.  August)  mit  verschiedenen  Männchen  paaite.  Jedenfalls 
bedürfen  die  bisherigen  Befunde  an  der  Gattung  Decticus  noch  einer 
Nachprüfung  auf  die  Begattungszahl  beider  Geschlechter  hin,  die 
an  Gefangenen  ausgeführt  werden  müßte. 

Alles  in  allem  zeichnen  sich  die  Decticiden,  soweit  bisher  be- 
kannt, durch  folgende  gemeinsame  Merkmale  aus.  Das  Männchen 
zirpt  und  wartet  auf  das  Weibchen,  das  aktiv  die  Begattung  ein- 
leitet. Das  Männchen  wird  vom  Weibchen  bestiegen,  krümmt  sich 
aber  so  stark  ventral  ein,  daß  eine  wesentlich  andere  Stellung  zu- 
stande kommt  als  bei  Diestrammena  und  den  Grillen;  der  Kopf  des 
Männchens  ist  dem  des  Weibchens  fast  diametral  entgegengesetzt 
gerichtet.  Der  Austritt  der  sehr  dichten,  mehr  oder  weniger  4  lappigen 
Sperniatophore  mit  2  Ampullen  erfolgt  nach  langer  Preßarbeit  des 
Männchens.  Das  Weibchen  braucht  lange  Zeit  zum  Fressen  der 
Spermatophore.  —  Im  einzelnen  sind  von  Art  zu  Art  verschiedene 
Besonderheiten  zu  konstatieren. 

Subfam.  Locustidae. 

Trotz  angestrengtester  Beobachtungen  (allerdings  immer  im 
Freien)  ist  es  mir  zwar  gelungen,  Begattungsversuche  von  Locusta 
viridisswia  L.  zu  sehen,  nie  aber  sah  ich  eine  Begattung  zustande 
kommen.  Auch  diesen  wesentlichen  Mangel  in  meinen  Beobachtungen 
hoffe  ich  im  kommenden  Sommer  —  diesmal  an  Gefangenen  —  zu 
beseitigen. 

Von  konservierten  Spermatophoren  dieser  Art  besitze  ich  2  Stück. 
Die  eine  ist  frisch  und  unverletzt,  ihre  Trägerin  verließ  eben  das 
Männchen  nach  der  Begattung.  Die  2.  war  bereits  bei  der  Konser- 
vierung stark  angefressen,  und  ich  habe  sie  dazu  benutzt,  die  bei 
dieser  Art  sehr  kleinen  Ampullen  frei  zu  präparieren. 

In  der  Literatur  finden  sich  etwas  widersprechende  Angaben 
über  den  Begattungsmodus  von  Locusta  viridissima.  Rösel  gibt  an, 
die  Copulation  erfolge  ebenso  wie  bei  Decticus,  also  durch  Besteigen 


Copulation  und  Spermatophoren  von  GiyUiilen  und  Locustiden. 


501 


des  3Iäniicheiis  durch  das  Weibchen.  Im  Geg:ensatz  hierzu  stehen 
Angaben  von  Bolivar  (9)  und  Tümpel  (33).  Bolivar  gibt  die 
hier  reproduzierte  Abbiklung  (F"ig.  T) 
des  Coitus  von  Locasta  viridissima, 
der  in  einer  Stelhmg  vor  sich  geht, 
wie  wir  sie  als  Endstellung  bei  DecH- 
cus,  schließlich,  in  niodirtzierter  Form, 
auch  hei  PlianeropfiTd  und  t'p/üppifjcni 
kennen  gelernt  haben.  Wie  die  Tiere 
in  diese  Stellung  gekommen  sind,  wird 
nicht  angegeben.  Das  Männchen  hält 
nach  diesem  Autor  das  Weibchen  mit 
den  Cerci  lest,  und  die  Infraanal- 
platten  beider  Tiere  berühren  einander 
Die  Schleimhaut  an  diesen  Platten 
wird  durch  das  Secret  der  akzes- 
sorischen Drüsen  fencht.  Unter  fort- 
währenden Bewegungen  des  Männ- 
chens wird  die  Spermatophore  ge- 
bildet. Sie  ist  nicht,  wie  die  der 
Grillen,  bereits  im  Abdomen  des 
Männchens  voi'gebildet,  sondern  sie 
gestaltet  sich  erst  außerhalb  seines 
Körpers.  Zuerst  tritt  eine  eiweiß- 
artige Substanz  hervor,  die  in  be- 
trächtlicher Menge  ausfließt  und  zu 
beiden  Seiten  der  Legeröhi-e  des 
Weibchens  2  voluminöse  Kugeln  bildet;  sie  werden  übertroffen  von 
2  größeren  Kugeln ,  die  sich  dann  bilden  nnd  die  erst  durch- 
sichtig sind,  dann  aber  undurchsichtig  weiß  werden,  wie  Bolivar 
meint,  weil  das  Sperma  erst  zuletzt  in  sie  hineintritt.  Darauf 
löst  sich  das  Weibchen  vom  Männchen  und  trägt  die  Spermato- 
phore fort,  wie  sie  von  mehreren  Locustiden  bekannt  sind.  Diese 
wird  so  lange  herum  getragen,  bis  der  Same  in  das  Receptaculum 
seminis  gelangt  ist,  dann  fällt  die  unnütz  gewordene  Hülle  ab.  Von 
einem  Fressen  der  Spermatophore  durch  das  Weibchen  weiß  Bolivar 
niclits  zu  berichten. 

Fabre  (17)  schi-eibt  nur  ganz  kurz,  bei  einem  isolierten  Locu- 
stidenpärchen  finde  die  Begattung  und  Bildung  der  Spermatophore 
ebenso  statt  wie  hei  Dedicus. 

33* 


Fig.  T.     Copulationsstellung'  von 
LocHsta  vir'ulissima  (nach  Bomvar) 


502  Ulkich  Gerhardt, 

Eingehender  beschreibt  Tümpkl  die  Einleitung-  zur  Begattung 
dieser  Species:  „B^i  <ier  .  .  .  Begattung-  sitzt  das  Weibchen  auf  einem 
senkrechten  Zweige  parallel  mit  dem  Männchen  mit  dem  Kopf  nach 
oben,  das  Männchen  auf  einem  anderen,  ganz  benachbarten  Zweig, 
diesem  ebenfalls  parallel,  aber  mit  dem  Kopfe  nach  unten,  und  zwar 
sitzen  beide  so,  daß  ihre  Unterseiten  einander  zugewendet,  die 
Rückenseiten  aber  abgewendet  sind;  dabei  haben  Männchen  und 
Weibchen  eine  solche  Stellung  eingenommen,  daß  die  Hinterleibs- 
spitze des  Weibchens  dicht  an  der  des  Männchens  ist.  Dieses  er- 
greift nun  unter  Krümmung  des  Hinterleibes  mit  den  Anhängseln 
am  Hinterleib  das  Weibchen  an  der  Hinterleibsspitze,  und  jetzt  tritt 
das  Sperma  aus  der  Geschlechtsöffnung  des  Männchens  aus;  die 
Samenflüssigkeit  schwillt  zu  einer  eigentümlichen  Kapsel,  dem  so- 
genannten Spermatophor,  an."  In  der  Schilderung  der  Bildung  der 
Spermatophore  und  ihres  Verhaltens  lehnt  sich  Tümpel  vollständig 
an  BoLivAE  an.  >Er  fährt  fort:  ,,Es  findet  also  bei  der  Begattung 
von  LocHsta  viricUssima  kein  Besteigen  des  anderen  Geschlechts  durch 
das  eine  statt."  Tümpel  erwähnt  dann  noch,  bei  Ephippigeriden 
„solle"  die  Begattung  abweichend  von  der  eben  beschriebenen  ver- 
laufen, nämlich  so,  daß  das  Weibchen  auf  dem  Männchen  sitze. 

Berenguier  (4)  hat  durch  einen  unglücklichen  Zufall  die  Be- 
gattung eines  ^on  ihm  eigens  zu  deren  Beobachtung  großgezogenen 
Pärchens  von  Locusta  viridissima  verpaßt  und  fand  erst  nach  ihr  das 
Weibchen  mit  Spermatophore  vor.  Diese  schildert  er  wie  folgt: 
„Die  an  der  Legeröhrenbasis  befestigte  Spermatophore  mit  sehr 
kurzem  Stiel  (racine)  ist  wie  bei  Isophya  aus  vier  Lappen  zusammen- 
gesetzt, von  denen  die  beiden  oberen  halb  so  groß  sind  wie  die 
unteren;  sie  sind  nur  wenig  voneinander  unterschieden  und  kaum 
durch  eine  sehr  seichte  Vertiefung  angedeutet.  Die  Farbe  des 
Ganzen  ist  ein  Elfenbeinweiß  mit  Perlmutterglanz  (un  blanc  d'ivoir 
nacre),  sein  Durchmesser  beträgt  etwa  10  mm." 

Die  in  Fig.  10  a,  Taf.  18  dargestellte  Spermatophore  wurde  in 
Formol  konserviert  und  zeigt  in  ihrem  jetzigen,  recht  guten  Er- 
haltungszustande die  von  Berenguier  betonte  undeutliche  Einteilung 
ihrer  Oberfläche  in  Lappen.  Betrachtet  man  die  Spermatophore  von 
hinten  und  oben,  so  sieht  man  die  Ampullen  durch  die  außen  vor- 
gelagerte Masse  hindurchschimmern.  Fig.  10  b,  Taf.  18  zeigt  eine 
zweite  Spermatophore,  die  schon  angefressen  war,  als  das  sie  tragende 
Weibchen  konserviert  wurde,  und  von  der  später  die  Außenschichten  bis 
zu  den  Ampullen  völlig   abgetragen  wurden.    Man  sieht,  daß   bei 


Topulation  unil  Spermatophoreu  von  Grylliden  und  Locustiden.  503 

dieser  selii'  ^noßeii,  auch  otfeiiljar  ans  sehr  dichter  Substanz  bestellen- 
den Spermatophore  die  ei{?entlichen  JSanienbehälter  auffallend  klein 
sind.  Beim  Fressen  der  Hüllsubstanz  hält  das  Weibchen  den  Hinter- 
leib eigentümlich  gegen  den  Thorax  rechtwinklig  ventral  abgeknickt. 
Die  Farbe  der  frischen  Spermatophure  ist  weiß  und,  wie  Bkkexguier 
es  schildert,  mit  einem  gewissen  perlmutterartigen  Glanz.  Doch 
waren  an  der  Basis  der  Spermatophore  auf  ihrer  unteren  (und 
vorderen  Seite)  intensiv  gelbe  Flecke  von  der  Farbe  des  frischen 
Eidotters.  Die  bereits  vom  Weibchen  mit  den  Mundteilen  bearbeitete 
Spermatophore  hatte  eine  etwas  andere  Farbe,  die  etwa  als  ein 
stumpfes  blaßrötliches  oder  bräunliches  Gelb  oder  eine  helle  Fleisch- 
farbe bezeichnet  werden  kann. 

Zu  den  Schilderungen  der  Begattung  von  Locusta  viridissima  ist 
noch  einiges  zu  bemerken.  Ich  habe  öfters  Versuche  der  Männchen 
gesehen,  in  der  von  Tümpel  geschilderten  Weise  von  unten  her 
aktiv  mit  den  Cerci  die  Genitalöttnung  des  Weibchens  zu  ergreifen. 
Richtig  beschreibt  auch  Tümpel  die  vom  Locusta-'SlämwAien  wie  von 
allen  männlichen  Locustiden  außer  den  Stenopelmatiden  (wenigstens 
außer  Biestrammena)  eingenommene  Stellung,  die  die  höchste  ge- 
schlechtliche Erregung  ausdrückt:  stärkste  Krümmung  der  Hinter- 
leibsspitze in  ventralei-  Kichtung. 

Es  muß  natürlich  sehr  auffallen,  wenn,  wie  es  auch  für  Pha- 
neroptem  falcata  beschrieben  wurde,  ein  Locustidenmännchen  sich 
nicht  von  seinem  A\'eibchen  besteigen  läßt,  sondern  es  aktiv  ergreift, 
von  der  Seite  her  wie  Phaneroptera  oder  von  unten  her  wie  Locusta. 
Berenguiee  schreibt,  er  sei  besonders  gespannt  gewesen  auf  die 
Begattungsweise  von  L.  viridissima  wegen  der  langen  Flügel.  Wir 
sahen,  daß  auch  bei  Phaneroptera  dieses  gleiche  Moment  wahrschein- 
lich ausschlaggebend  ist  für  das  Zustandekommen  des  abnormen 
Begattungstypus.  Vielleicht  liegen  die  Dinge  für  Locusta  ähnlich. 
Ganz  besonders  interessant  muß  es  sein,  festzustellen,  wie  sich  die 
kurzflügligen  Arten  bei  der  Begattung  verhalten.  Hierfür  ist 
L.  cantans  ein  günstiges  Objekt,  und  ich  hoffe,  im  kommenden 
Sommer  an  den  beiden  in  Schlesien  vorkommenden  Locustidenarten, 
L.  viridissima  und  L.  cantans,  weiteres  Vergleichsmaterial  zu  gewinnen. 

V.4XGEL  (30j  gibt  nur  kurz  an,  daß  bei  Onconotus  servillei  Fisch. 
das  Weibchen  bei  der  Begattung  auf  dem  ^Männchen  sitze. 

Die  von  Bolivar  gegebene  Schilderung  der  Spermato- 
phorenbildung  von  L.  viridissima  verdient  noch  eine  Be- 
sprechung.    Wenn  sie  so  vor  sich  geht,   wie  dieser  Autor  sie  schil- 


504  Ulrich  Gerhardt, 

dert,  so  würden  sich  wesentliche  Abweichungen  finden  gegenüber  dem 
Verhalten  fast  aller  bisher  beschriebenen  Locustidengruppen.  Es 
würde  die  ganze  Spermatophore  nicht  auf  einmal  aus  der  männ- 
lichen Geschlechtsötfnung  hervorgedrückt,  gewissermaßen  ,,geboren", 
sondern  sie  würde  als  flüssige,  erst  später  erhärtende  Secretmasse 
ausgeschieden,  also  ähnlich  wie  bei  Leptophyes  oder  auch  wie  die 
glasige  Hülle  der  Seitenkugelu  bei  Diestrammena.  Mir  scheint  dieser 
Punkt  noch  einiger  Aufklärung  zu  bedürfen.  Die  Ampullen 
werden  wohl  bei  allen  Locustiden  in  fertiger  Form  aus  dem  männ- 
lichen Körper  bei  der  Begattung  ausgestoßen. 

Eigentümlich  ist  es,  daß  Bolivar  und  Tümpel  (der  auf  Bolivar's 
Beobachtungen  fußt)  nichts  von  dem  Fressen  der  Spermatophore 
durch  das  Weibchen  zu  berichten  wissen,  sondern  nur  von  einem 
spontanen  Abfallen  der  entleerten  Spermatophore  reden.  Wie 
eigentlich  von  vornherein  zu  erwarten,  frißt  das  Locusta-W eihchen 
genau  so  gut  wie  die  andere  Locustidenspecies  die  Spermatophore;  die 
in  Taf.  18  Fig.  10b  dargestellte  Spermatophore,  die  nur  wenig  ange- 
fressen war,  und  ein  von  mir  auf  einem  Kleefeld  bei  Gamburg  ge- 
fundenes Weibchen,  das  nur  noch  den  letzten  Rest  der  sonst  verzehrten 
Spermatophore  in  der  Vulva  trug,  bewiesen  mir  dies  zur  Genüge. 


Es  sind  nur  wenige  Locustidenfamilien  und  aus  ihnen  nur  die 
Vertreter  weniger  Gattungen  und  Arten,  über  deren  Begattungs- 
modus und  Spermatophorenbildung  ich  berichten  konnte,  und  von 
diesen  wenigen  habe  ich  die  wenigsten  selbst  beobachten  können. 
Ganz  unbekannt  ist,  soweit  mir  ersichtlich,  aus  europäischen  Fa- 
milien bisher  das  Verhalten  der  Callimeniden,  Meconemiden,  Cono- 
cephaliden,  Heterodiden  und  Sagiden.  Von  ihnen  sind  die  Cono- 
cephaliden  und  Meconemiden  in  Deutschland  leicht  zugänglich, 
ich  selbst  hoffe,  in  diesem  Jahre  Beobachtungen  an  Meconema  varium 
anstellen  zu  können,  bei  dem  ich  wegen  des  Baues  der  Cerci  nicht 
erstaunt  sein  würde,  ein  ähnliches  Verhalten  wie  bei  Fhaneroptera 
anzutreffen.  Wünschenswert  erscheinen  mir  auch  noch,  wegen  des 
sehr  verschiedenen  Verhaltens  einzelner  Gattungen,  genauere  Unter- 
suchungen an  Phaneropteriden. 

Ergebnisse  der  Beobachtungen  an  Locustiden. 

Mit  Ausnahme  der  Stenopelmatide  Diestrammena  inarmorata,  bei 
denen  das  Männchen  nach  Grillenart  schwingende  Bewegungen  in  der 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  505 

Längsiiclitung-  des  Körpers  vor  dem  Weibchen  ausführt,  zeigen  alle 
bisher  daraufhin  beobachteten  Locustidenmännchen  ihre  Bereitschaft 
zur  Reg-attiinf*-  durch  tiefes  Abwärtski'ümnien  der  Hinterleibsspitze 
und  dui'ch  Heben  der  Flüg-el  oder  iiirer  Rudimente  an.  Wohl  alle 
zirpfähigen  Formen  stridulieren  aus  geschlechtlicher  Erregung,  und 
bei  den  Decticiden,  aucli  bei  Locusfa,  dient  dieses  Zirpen  zum  Haupt- 
mittel der  Verständigung  zwisciien  den  Geschleclitern.  W^eniger  als 
Anlockungsmittel  für  das  Weibchen  kommt  es  in  Betracht  bei 
Phaucroptem.  Die  Begattung  wird  bei  der  großen  Mehrzahl  der 
Locustiden  so  eingeleitet,  daß  das  Weibchen  dem  Männchen  auf  den 
Rücken  steigt,  das  seinerseits  mit  dem  Hinterleibsende  nach  hinten 
greift  und  dabei  gleichzeitig  nach  rückwärts  unter  das  Weibchen 
rutscht.  Oft  leckt  oder  nagt  vor  oder  bei  der  Copulation  das  Weibchen 
dem  Männchen  auf  dem  Rücken  herum,  bei  kurzflügligen  Arten  auch 
auf  den  Elytren.  bei  Diestrammena  auf  einer  bestimmten,  glänzenden, 
medialen  Stelle  am  Hinterrande  des  2.  Abdominalringes.  Bisher  ist 
nur  von  Locusta  viridissima  und  Phaneroptera  falcata  ein  abweichender 
Modus  der  Vereinigung  des  Geschlechts  bekannt.  Hier  ergreift  das 
j\rännclien  aktiv  mit  den  Cerci  die  Subgenitalplatte  des  sich  passiv 
verhaltenden  Weibchens,  bei  Locusta  nach  Tümpel  (33)  von  einem 
benachbarten  Stengel,  Zweige  etc.  aus  so,  daß  es  von  der  Ventral- 
seite des  Weibchens  her  zufaßt,  bei  Phaneroptera  von  der  Seite  her, 
während  beide  Tiere  parallel  und  gleichgerichtet  nebeneinander 
stehen.  Diese  Modi  sind  wohl  zweifellos  als  sekundäre  Modifikationen, 
wahrscheinlich  wegen  der  langen  Flügel,  aufzufassen. 

Bei  Diestrammena  sitzt  wie  bei  den  Grj^Uiden  das  Männchen 
während  der  ganzen  Begattungsdauer  unter  dem  Weibchen,  ebenso 
bei  den  ungeflügelten  Phaneropteriden,  und  die  Köpfe  beider  Tiere 
bleiben  gleichgerichtet.  Bei  Decticiden  (Decticus,  Platijdeis)  wird  die 
ventrale  Krümmung  des  Männchens  während  der  Begattung  so  stark, 
daß  es  die  Legeröhre  des  Weibchens  mit  den  Beinen  ergreifen  kann 
nnd  nach  rückwärts  sieht;  bei  Ephippigera  und  Phaneroptera  findet 
während  der  Begattung  eine  plötzliche  Umdrehung  des  Männchens 
statt,  bei  der  es,  während  das  Weibchen  einen  Sprung  nach  vorn 
macht,  nach  hinten  geworfen  wird  und  sich  mit  Kiefern  und  Vorder- 
beinen an  der  Legeröhre  fest  anklammert.  Bei  Locusta  endlich  ver- 
einigen sich,  nach  den  Literaturangaben,  beide  Partner  bereits  in  einer 
Stellung,  bei  der  die  Köpfe  beider  entgegengesetzt  gerichtet,  die 
Ventralflächen  einander  zugekehrt  sind,  also  einer  Stellung,  die  der 
Eiidstellung  der  letztbesprochenen  P'ormen  einigermaßen  ähnelt. 


506  Ulrich  Gerhardt, 

Die  AustreibuiigderSpermatophore  aus  der  männlichen 
Genitalölfnung  erfolgt  verschieden  lange^  Zeit  nach  dem  Beginn  der 
Copulation,  bei  Diestranimena  nach  wenigen  Sekunden,  bei  Isophya 
und  EpMppigera  nach  Berenguier's  Angaben  ebenfalls  sehr  rasch, 
bei  Leptophyes  und  Bmneroptera  etwa  nach  einer  Minute,  bei  Decti- 
ciden  nach  15—45  Minuten.  Dabei  ist  die  Spermatophore  von 
Biestmmmena  nicht  minder  umfangreich  und  kaum  weniger  kom- 
pliziert gebaut  als  bei  den  Decticiden.  Bei  diesen  erfordert  das 
Zustandebringen  der  Spermatophore  lange  dauernde  energische  Kon- 
traktionen des  Hinterleibes;  bei  Diestranimena  ist  äußerlich  von 
solchen  pressenden  Bewegungen  nichts  wahrzunehmen,  die  dagegen 
bei  Leptophyes  mit  großer  Intensität  ausgeführt  werden. 

Die  Spermatophore  wird  bei  Diestrammena  und  —  nach  Beren- 
GuiEE  —  auch  bei  Isophya  vom  Männchen  aus  der  Genitalöffnung 
hervorgedrückt  und  dem  Weibchen  dann  ohne  Immission  eines 
männlichen  Organ  es  in  die  Vulva  gepreßt.  D^bei  ht  Diestram- 
mena nicht  mit  den  Cerci  am  Weibchen  befestigt,  dagegen  Isophya, 
wie  auch  alle  übrigen  Locustiden,  soweit  sie  nicht  den  Stenopel- 
matiden  oder  Gryllacriden  ^)  angehören.  Bei  Leptophyes,  Phaneroptera, 
Ephippigera  und  den  beobachteten  Decticiden  findet  eine  Immissio 
penis  statt,  oder  doch  mindestens  ein  festes  Hineindrücken  des  als 
Penis  bezeichneten  Organes  in  die  Vulva  des  Weibchens.  Bei  den 
mit  Titi Ilator  versehenen  Formen  dient  er  als  Haftorgan,  nicht 
aber  hoX  Diestrammena,  wo  er  rudimentär  ist.  Wenn  nun  der  „Penis" 
aus  den  weiblichen  Organen  zurückgezogen  wird,  während  die  Cerci 
außen  befestigt  bleiben,  so  streift  er  sich  über  den  freiwerdenden, 
in  der  Vulva  verbleibenden  Stiel  der  Spermatophore  mit  den  Ampullen 
oder  Samenbehältern  hinüber. 

Jede  Locustidenspermatophore  besteht  aus  dem  eben  erwähnten 
Basalteil,  der  das  Sperma  enthält  und  in  das  weibliche  Eeceptaculum 
leitet,  und  aus  einer  diesen  umhüllenden  „Schutzsubstanz" 
(BoLDYEEv),  die  auch  als  „Fr eß Substanz"  bezeichnet  werden 
kann,  weil  sie  fast  ausnahmslos  (Fabre's  mit  denen  Berenguier's 
in  Widerspruch  stehende  Beobachtungen  m\  Ephippigera)  vom  Weibchen 
nach  der  Begattung  aufgefressen  wird. 


1)  Auch  bei  diesen  erlaubt  der  Bau  der  Cerci  kein  Ergreifen  der 
weiblichen  Subgenitalplatte.  Von  besonderem  Interesse  wären  Nachrichten 
über  die  Copulation  der  legeröhrenlosen  Gattungen  Schixodadyhis  und 
Comicus. 


Copulatioii  und  Spermatophoren  von  Gryllideu  und  Locustiden.  507 

Uli  paar  ist  der  Sanienbehälter  bei  Dicstmmmena^).  Sonst  ist 
er  paarig-,  und  der  Sperniatoi)liorenstiel  enthält  auch  zwei  getrennte 
Ausführungsgänge.  Bk^sige  hohle  Bildungen  neben  den  Ampullen 
mit  durchsichtiger  Wand  sah  Boldyhev  bei  Decticiden,  ich  bei  Tylopsis 
liliifolia. 

Die  Spermatophoren  hülle  ist  ein  formloser,  schleimiger, 
zäher  Tropfen  bei  Leptoplnjes  punctatissima,  wo  sie  den  primitivsten 
Ausbildungsgi-ad  zeigt.  Bei  Diestmmmemi  besteht  sie  aus  2  weichen 
Schleimkugeln  mit  ventral-medialem,  weißem  Kern  und  dorsal-lateraler 
glasiger  Hülle.  Bei  Phancropfcra  und  Tylopsis  stellt  sie  eine  halb- 
durchsichtige, aber  feste,  charakteristisch  geformte  Masse  dar,  die 
sich  bei  Phaneroptera  in  einen  caudalen,  langen,  spitzen  Fortsatz  aus- 
zieht. Bei  Isophya,  Ephippigera,  Dectkus,  Flaiydcis  und  Lociista  ist 
die  Spermatophore  ein  in  der  Hauptsache  vieiiappiges  Gebilde, 
dessen  kleinere  Lappen  zwar  die  Ampullen  umschließen,  aber  nicht 
identisch  mit  ihnen  sind. 

Der  Grad  der  Fertigstellung  der  Spermatophore  bei  ihrer  Be- 
festigung in  der  Vulva  des  Weibchens  ist  nicht  überall  gleich.  Bei 
Diestrammena  wird  die  Ampulle  samt  Stiel  sowie  der  Kern  der  seit- 
lichen Kugeln  vom  Männchen  ausgetrieben,  sodann,  wenn  diese  bereits 
in  der  Vulva  befestigt  sind,  die  glasige  Außenhülle  der  Seitenteile 
ausgeschieden.  Bei  Leptopliyes  wird  die  halbflüssige  Hüllsubstanz 
gleichfalls  erst  nach  dem  Einbringen  der  Ampullen  vom  Männchen 
unter  starken  Bewegungen  ausgepreßt.  Nach  Bolivar's  Angaben 
soll  bei  Lociista  viridissima  die  Spermatophore  gleichfalls  erst  außer- 
halb des  männlichen  Körpers  hergestellt  werden.  Bei  Isophya  und 
Ephippigem  (Berenguier)  tritt  sie  als  fertiges  Gebilde  aus  der 
männlichen  Genitalöffnung  aus,  ebenso  wird  sie  bei  den  Decticiden 
in  langer  Arbeit  des  Männchens  noch  in  dessen  Körper  fertiggestellt 
und  am  Ende  der  lange  dauernden  (Jopulation  in  kurzer  Zeit  „ge- 
boren". Für  Phaneropiera  falcata  möchte  ich  es  nicht  mit  Sicherheit 
entscheiden,  ob  die  Spermatophore  noch  nach  dem  Sichtbarwerden 
ihrer  Hauptmasse  etwa  noch  eine  unbedeutende  Vergrößerung  er- 
fährt. Bemerken  konnte  ich  nichts  davon,  halte  aber  bei  dem  ver- 
hältnismäßig langen  Zusammenbleiben  der  Geschlechter,  wenn  die 
Spermatophore  bereits  bis  auf  ihren  Taudalfortsatz  ausgetreten  ist, 
nach  meinen  später  gemachten  Erfahrungen  an  Diestrammena  immer- 
hin für  möglich. 

1)  An  Troglophilus  caricola,  einer  europäischen  Stenopelmatide,  ge- 
denke ich  diesen  Sommer  Beobachtungen  anzustellen. 


508 


Ulrich  Gerhardt. 


Nach  der  Begattung-  fressen  die  Locustidenvveibcheii,  mit  Aus- 
iialime  von  Fhaneropiera  falcata  und,  nach  Fabee,  von  EpUppigera 
Vitium  (nicht  aber,  nach  Bekenguiee,  von  E.  terrestris)  die  ganze 
Spermatophore  auf.  Dabei  wird  zunächst  die  kein  Sperma  ent- 
haltende Hüllsubstanz  entweder  auf  einmal  (Decticus)  oder  in  Stücken 


C      ^   ' 


Ci^: 


Fig.  U. 

Männlicher  Geuitalapparat  von  Ej^hipjngera  vitium  (nach  Fischer). 

a  Hoden,    h  Vas  deferens.    c  erste,  d  zweite  Gruppe  akzessorischer  Drüsen,    e  Daim. 

/'  Supraanalklappe.    g  Cerci.     h  Titillator.    i  Subgenitalplatte.    k  Styli. 

(Diestrammena,  ungeflügelte  Phaneropteriden,  PJatydeis  roeseli,  Ephippi- 
gera  terrestris)  abgerissen,  so  daß  schließlich  nur  der  Spermatophoren- 
stiel  mit  der  oder  den  Ampullen  in  der  Vulva  bleibt.  Es  ist  fest- 
zustellen, daß  die  Ampullen  von  der  Außensubstanz  durch  eine  prä- 
formierte,  aber   bei  den  einzelnen  Species  verschieden  scharf  aus- 


Copulatiuu  und  eSperiiiatoiiboreu  vou  Gryllideii  und  Jjocustideu.  509 

gepräg-te  Riiptiirzone  abo^egieiizt  sind,  was  sicli  leicht  bei  ihrer  Frei- 
leguiig  durch  das  fressende  Weibchen  sehen  läßt,  die  unter  normalen 
Umständen  für  jede  Art  immer  gleich  verläuft.')  Zwischen  dem 
Verzehren  der  Außensubstanz  und  der  Ani{)ullen  kann  eine  längere 
Pause  liegen  (manclie  Decticiden).  P/iamropfera  falcata  (und  wahr- 
scheinlich auch  Tylopsis)  frißt  tagelang  kleine  Brocken  von  der  Sper- 
matophorenh  ül  1  e  ab  nnd  vertilgt  diese  auch  zum  größten  Teile, 
rührt  aber  die  A  m  pullen  nicht  an,  die  dann  schließlich  von  selbst 
herausfallen. 

Die  Spermatophore  besteht  in  frischem  Zustande  aus  einem  be- 
stimmten Quantum  Sperma,  aus  einer  dieses  umschließenden,  ein- 
oder  mehrschichtigen  Hülle,  die  die,  wie  wir  sahen,  in  den  meisten 
Fällen  paarige  Ampulle  darstellt.  Dazu  kommt  noch  die  Aveißliche, 
halbflüssige  bis  recht  feste  Konsistenz  aufweisende  „  Schutz - 
Substanz",  die  keine  Hohlräume  enthält.  Fragen  wir  nun,  von 
welchen  Organen  im  männlichen  Abdomen  diese  drei  Bestandteile 
geliefert  Averden,  so  ist  ohne  weiteres  klar,  daß  das  Sperma  selbst 
den  Hoden  entstammt.  Alles  übrige  wii'd  von  den  reichlich  ent- 
wickelten akzessorischen  Drüsen  geliefert,  die  z.  B.  bei  geschlechts- 
reifen  Diesframmena-Mäiimchen  den  größten  Teil  des  Hinterleibsinnern 
einnehmen.  Fig.  U  zeigt  uns  eine  Fischer  entnommene  Abbildung 
der  männlichen  Genitalorgane  von  EpMppigera.  Außer  den  Hoden  (a) 
sehen  wir  noch  zwei  paarige  Drüsenkomplexe  (c  u.  d).  Die  großen, 
aus  dicken  Schläuchen  zusammengesetzten  oralen  Drüsen  (c)  liefern, 
wie  man  bei  einem  Anstechen  ihrer  Ausführungsgänge  leicht  sehen 
kann,  das  Secret,  das  die  Hüllsubstanz  der  Spermatophore  bildet. 
Es  ist  wahrscheinlich,  wenn  auch  noch  nicht  mit  Bestimmtheit  zu 
behaupten,  daß  die  distal  gelegenen  Drüsen  (d)  das  Secret  abgeben, 
das  die  Ampulle  selbst  liefert.  Wie  aber  im  einzelnen  die  Ausbildung 
der  oft  sehr  scharf  ausgeprägten  Form  der  Spermatophore,  ihrer 
Lappen,  Kugeln  etc.  zustande  kommt,  darüber  lassen  sich  vorläufig 
nur  Vermutungen  aufstellen,  von  denen  die  bei  weitem  wahr- 
scheinlichste die  ist,  daß  in  dem  am  weitesten  peripher  gelegenen 
Teil  des  männlichen  Geschlechtsapparats,  der  als  ,.Penis"  bezeichnet 
wird,  die  Fertigstellung  der  Spermatophore  bis  zu  der  Form  statt- 
findet, in  der  sie  den  männlichen  Körper  bei  der  Begattung  verläßt. 


1)  In  2  Fällen  rissen  AVeibchen  von  Dirslrannnrua  bei  plötzlichem 
Erschrecken  (grelle  Belichtung)  die  ganze  Spermatophore,  mit  Ampulle 
und  Stiel,   aus  der  Vulva  und  warfen  sie  fort. 


510 


Ulrich  Gerhardt, 


Daß  diese  Form  mit  der  der  definitiven  Spermatophore,  wie  sie  nach 
der  Trennung  der  Geschlechter  am  Weibchen  hängen  bleibt,  nicht 
übereinzustimmen  braucht,  daß  vielmehr  während  des  Endabschnittes 
der  Begattung  die  Spermatophore  durch  weitere  Secretion  von  Schleim 
noch  vergrößert  werden  kann,  wurde  erwähnt. 

Hier  wäre  noch  die  Frage  zu  streifen,  ob  sich  die  Locustiden 
ein  oder  mehrere  Male  im  Leben  begatten,  und  zwar  würde  diese 
Frage  für  jedes  der  beiden  Geschlechter  aufzuwerfen  sein;  dazu  ist 
zu  bemerken,  daß  in  allen  bekannten  Fällen,  in  denen  das  Männchen 
imstande  ist,  sich  öfter  zu  begatten,  auch  das  Weibchen  dazu  geneigt 
ist.    Bis  jetzt  liegen,  soweit  mir  bekannt,  folgende  Beobachtungen  vor: 


Familie 

Art 

Begattung 
wie  oft 

Gewährsmann 

Stenopelmatiden 

Diestrammena  marmorata 

oft 

BoLDYREv,     Ger- 
hardt 

Fhaneropterideu 

Isophya     pyrenaea      var. 
nemauensis 

Imal 

Bärenguier 

Lcjitojihjji's  j)i()i(i(ifl!<fiini(i 

8— 4mal 

Gerhardt 

Fluiiwropt.era  f'akdfd 

Imaiy 

Gerhardt 

Decticiden 

Decticus     albifrons,      1). 

verrucivorus 

Imal:' 

Fabke,  Gerhardt 

Flatycleis  roeseli 

iimal 

Gerhardt 

Ephippigeriden 

EKf/aster  (jnyoni 

oft 

Vosseler 

Eijhipphjeya 

öfters 

Fischer 

Locustiden 

Locusta  viridissima 

einige  Male 

Tümpel 

Man  sieht,  daß  die  Befunde  an  verschiedenen  Arten  wenig  über- 
einstimmen. Mit  der  größten  Bestimmtheit  gibt  Berenguier  für 
Isophya  die  Unmöglichkeit  an,  bereits  gepaarte  Tiere  noch  einmal 
zur  Copulation  zu  bringen.  Bei  Leptoplujes  dagegen,  die  als  nahe 
Verwandte  gilt,  paart  sich  jedes  Weibchen  3 — 4raal,  vielleicht  auch 
öfter.  Bei  PJianeroptera  falcata  wiederum  sah  ich  nie  zweimalige 
Copulation.  Für  Decticus  gibt  Fabre,  allerdings  nicht  aus  absolut 
zwingenden  Gründen,  an,  das  Männchen  könne  sich  nur  einmal  be- 
gatten. Weder  er  noch  ich  sahen  wiederholte  Copulation ,  dagegen 
copulierte  ein  Männchen  und  ein  Weibchen  von  Flatycleis  roeseli  bei 
mir  in  Gefangenschaft  mit  je  2  Partnern. 

Vosseler's  Beobachtungen  an  Gefangenen  von  Eugaster  guyoni 
und  die  Fischer's  an  EpJiippigera  Vitium  lassen  keinen  Zweifel 
daran  zu,  daß  bei  diesen  Arten  häufigere,  bei  Eugaster  sogar  ganz 
ungewöhnlich  häufige  Begattung  vorkommt,   so  daß  man  an  die  bei 


Copulation  iiiid  ^pennatophoreu  von  (irylliden  und  Lociistiileii.  511 

Grillen  lieiTschenden  Gewohnheiten  erinnert  wird.  (Täglich  2  Be- 
gattnngen  eines  Männchens  vom  Angnst  bis  Oktober!)  Für  Locusta 
viridissima  scheinen  die  bisherigen  Angaben  nicht  ausreichend  zu 
sein;  Bf:RENGuiEK  nimmt  auch  für  diese  Species  nur  eine  einmalige 
Begattung  an. 

Somit  verhalten  sich  die  Locustiden  in  der  Zahl  der  Begattungen, 
deren  sowohl  Männchen  wie  "Weibchen  fähig  sind,  recht  verschieden, 
nach  allem  aber  kann  man  nicht  sagen,  daß  die  LACORDAiEE'sche 
Regel  (25),  jedes  Insectenweibchen  und,  in  der  großen  Mehrzahl  der 
normalen  Fälle,  auch  jedes  Insectenmännchen  paare  sich  nur  einmal 
in  seinem  Leben,  für  die  Locustiden  in  größerem  Umfange  zutreffe. 
Sicher  ist  dies  wohl  nur  bei  der  von  Berenguiek  beobachteten  Iso- 
phya  pyrenaea  der  Fall,  während  sonst  alle  Übergänge  bis  zu  dem 
Verhalten  von  Eugasfer,  das  dem  der  Feldgrillen  nahe  kommt,  be- 
stehen. 

Auf  ein  die  Begattung  begleitendes  Nebenmoment,  das  ich  auch 
schon  bei  den  Gi'illen  als  interessant  betonen  zu  können  glaubte, 
möchte  ich  hier  bei  den  Locustiden  gleichfalls  hinweisen:  auf  das 
Belecken  der  Dor.<«alfläche  der  ersten  Hinterleibsringe  des  Männchens 
durch  das  ^^^eibchen  vor  oder  während  der  Begattung.  Bei  Stenopel- 
matiden,  ungeflügelten  Phaneropteriden,  Decticiden  kommt  diese 
Prozedur  vor,  nicht  aber  wird  sie  ausgeübt  bei  den  Formen,  bei 
denen  keine  Besteigung  des  Männchens  durch  das  Weibchen  statt- 
findet, also  Phaneroptera  faJcaia  und  wahrscheinlich  nicht  bei  Locusta 
viridissima.  Es  ist  auch  wohl  sicher  anzunehmen,  daß  das  Ablecken 
irgendeiner  das  Weibchen  reizenden  Substanz  vom  Rücken  des  Männ- 
chens in  engem  Zusammenhange  steht  mit  dem  aktiven  Aufsteigen 
des  Weibchens  auf  das  ^lännchen.  Braucht  dies  nicht  stattzufinden, 
so  ist  das  Belecken  und  Benagen  des  Männchens  durch  das  Weibchen 
für  das  Zustandekommen  der  nötigen  Begattungsstellung  wertlos  und 
übelflüssig.  Ein  Belecken  des  Männchens  nach  der  Begattung, 
wie  bei  Nemohius  unter  den  Grillen,  sah  ich  kein  Locustidenweibchen 
ausführen. 

3.  Tergleichende  Betrachtuiigen. 

Wenn  wir  zum  Schluß  die  Begattung  der  Grylliden  mit  der  der 
Locustiden  vergleichen,  so  ergeben  sich  zweifellos  eine  Reihe  von 
übereinstimmenden  Momenten:  die  Stellung  bei  der  Begattung  — 
das  Männchen  unter  dem  Weibchen  — ,  die  unter  den  Insecten 
ziemlich   ungewöhnlich   ist,   finden   wir  bei  beiden  Familien.     Modi- 


512  ULRICH  Gerhardt, 

fikationen  dieser  Stellung-  kommen   bei  einigen  Locustiden  (Phanero- 
ptera,  Ephippigerä)  vor. 

Bei  anderen  Orthopteren  finden  wir,  soweit  mir  bekannt, 
niemals  eine  Beo-attungsstelliing,  bei  der  das  Weibchen  mit  ihm  in 
gleicher  Eichtung  über  dem  Männchen  sitzt.  Überhaupt  kommen 
derartige  Stellungen  außer  bei  den  Flöhen  und  bei  Boreus  hiemalis^) 
wohl  nur  noch  bei  solchen  Insecten  vor,  bei  denen  flügellose  Weibchen 
von  geflügelten  Männchen  getragen  werden  (Hymenopteren,  Dipteren, 
außerdem  bei  Ephemeriden,  wo  die  Copulation  gleichfalls  im  Fluge  vor 
sich  geht).  Allerdings  ist  bei  den  Forficuliden  wenigstens  ein 
entfernter  Anklang  an  das  Verhalten  der  Grylliden  und  Locustiden 
insofern  festzustellen,  als  hier  die  ventral  von  der  Zange  gelegene 
Geschlechtsöftnung  des  Weibchens  es  notwendig  macht,  daß  das 
Männchen  auch  von  der  Ventralseite  her  seine  Geschlechtsöffnung  der 
des  Weibchens  nähert.  Die  Begattung  der  Forficuliden  geht  so 
vor  sich,  daß  das  Männchen  rückwärts  auf  das  Hinterende  des 
Weibchens  zugeht,  die  Ventralseite  seines  Abdomens  durch  eine 
Drehung  um  die  Längsachse  von  180"  Dorsalwärts  kehrt  und  nun 
seine  Zange,  die  nicht  als  eigentliches  Haftorgan  dient,  ventral 
unter  die  des  Weibchens  schiebt,  bis  die  Geschlechtsöffnungen  ein- 
ander berühren.-)  Bei  den  Blattid  en  stehen  beide  Tiere  in  normaler 
Stellung  auf  ihren  Füßen,  die  Köpfe  voneinander  abgewandt,  mit 
den  Hinterleibsspitzen  verbunden.  Über  die  Copulation  der 
Phasmiden  finde  ich  bei  de  Saussuee  (31)  die  Angabe,  daß  das 
Männchen  auf  dem  Rücken  des  Weibchens  sitze,  dabei  mit  seinem 
Kopfe  nur  bis  zu  dessen  Elytren  reiche  und  seine  Abdomen  halb- 
kreisförmig krümmen  müsse,  um  die  Vulva  des  Weibchens  mit  seinem 
Hinterleibsende  zu  erreichen.  Bei  den  Acridiern  steigt  das 
Männchen  auf  den  Kücken  des  Weibchens,  aber  nicht  in  der  Mittel- 
linie, sondern  etwas  seitlich,  so  daß  das  viel  kleinere  Männchen  auf 
einem  Sprungbeine  des  Weibchens  sitzt.  Es  senkt  die  Spitze  seines 
Abdomens  tief  nach  abwärts  und  dringt  nun  von  unten  und  seitlich 
von  außen  mit  seinem  Penis  in  die  Geschlechtsöftnung  des  Weibchens 
ein.  Die  Begattung  dauert  dann  sehr  lange,  und  man  findet  der- 
artige vereinigte  Paare  vieler  Tettix-  und  Stenohothrus-  Arten  etc.  außer- 
ordentlich häufig.  Ich  habe  das  Ende  der  Copulation  nie  gesehen 
und  vermag  nichts   darüber  zu  sagen,   ob  sie  mit  der  Abgabe  einer 


1)  Mitteilung  von  Herrn  Kollegen  Dampf. 

2)  cf.  Paehler  (28). 


Copuhuiou  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locnstiden.  513 

Sperniato])liore  durch  das  i\räiHiclien  endet,  doch  scheint  dies  nach 
den  Bemeikungen  über  diesen  Gegenstand  in  der  Literatur^)  nicht 
der  Fall  zu  sein.  Ähnlich  wie  bei  den  Acridiern,  ist  die  Stell ung- 
bei  der  Begattung;  bei  den  Mantiden,  ihr  Verlauf  aber  wesentlich 
anders.  A\'ir  verdanken  Pkziukam  (29)  eine  Schilderung  dieses  Vor- 
ganges. Ich  habe  in  Rovigno  öfter  iliawf^s- Pärchen  in  copula  gesehen, 
aber  nicht  die  Trennung  der  Geschlechter  abgewai'tet.  Nach  Pkzibham 
endet  die  Begattung  mit  dem  Anheften  einer  nachher  äußerlich  am 
Weibchen  sichtbaren  S  p  e  r  m  a  t  o  p  h  o  r  e ,  so  daß  hier  also  zum  ersten- 
mal ein  gewisser  Anknüpfungspunkt  in  dieser  Hinsicht  an  Locustiden 
und  Gi'vlliden  gegeben  wäre.  Über  diese  Speiniatophore  wird  später 
zu  reden  sein,  hier  interessiert  uns  zunächst  die  Stellung  der 
Tiere.  Das  Männchen  muß,  wie  aus  der  von  Peytoueeau  be- 
reits beschriebenen  Lage  des  Copulationsorgans  hervorgeht,  immer 
von  rechts  auf  das  Weibchen  steigen  und  von  dieser  Seite  her 
seinen  Penis  einführen.  (Bei  den  Acridiern  scheint  die  Copulation 
beliebig  von  rechts  oder  links  her  ausführbar  zu  sein.)  Auch  bei 
3Ianiis  betindet  sich,  wie  bei  den  Acridiern,  das  Männchen  über 
dem  Weibchen. 

Somit  stellt  das  Besteigen  der  Männchen  durch  die  Weibchen 
durchaus  nicht,  wie  Rüsel  meint  und  wie  es  auch  Taschenberg 
übernommen  hat,  einen  bei  allen  Heuschrecken  üblichen  Modus  der 
Begattung  dar,  vielmehr  ist  es  unter  allen  Orthopteren  nur  den 
Locustiden  und  Grylliden  eigentümlich,  und  wir  vermögen  kaum 
anzugeben,  wie  diese  Besonderheit  zuerst  erworben  werden  konnte. 
Es  wird  dabei  die  Frage  aufzuwerfen  sein,  ob  wir  annehmen  müssen, 
daß  uisprünglich  das  Männchen  aktiv  unter  das  Weibchen  kroch 
oder  das  Weibchen  aktiv  auf  das  Männchen  stieg.  Zur  Be- 
antwortung dieser  Frage  —  die  sich,  wie  ich  gleich  vorwegnehmen 
möchte,  nur  vermutungsweise  geben  läßt  —  müssen  wir  das  Ver- 
halten der  Formen  betrachten,  die  wir  für  verhältnismäßig  primitiv 
halten  können.  Nach  der  Beschaffenheit  des  Hinterleibsendes  mit 
den  nicht  modifizierten,  denen  anderer  Orthopteren  gleichenden 
Cerci  der  Männchen  werden  dies  die  Grylliden  und  unter  den 
Locustiden  die  Stenopelmat  iden  und  Gryllacriden -)  sein, 
wenn  auch  innerhalb  dieser  Gruppen  in  anderer  Beziehung  weit- 
gehende Differenzierungen   aufgetreten    sind.     Die  Erwerbung   des 

1)  cf.  TÜMPEL  (33). 

2)  Über  die  Copulation  der  Gryllacriden  existieren  keine  mir  be- 
kannten Literaturantjaben. 


514  Ulrich  Gerhardt, 

Grabvermögens  bei  Ang-eliörigen  aller  dreier  Gruppen,  die  Flügel- 
und  —  wenigstens  bei  europäischen  Arten  —  Augenlosigkeit  mancher 
Stenopelmatiden  sind  natürlich  sekundär  erworbene  Kennzeichen. 
Nun  finden  wir  in  der  Einleitung  zur  Begattung  und  der  Stellung 
bei  ihr  ungefähr  den  gleichen  Modus  bei  Liogryllus  und  Diesfram- 
mena  befolgt.  Das  Männchen  versucht  sich  durch  stoßende,  schiebende 
Bewegungen  nach  hinten  unter  das  Weibchen  zu  schieben.  Dabei 
secerniert  es  (bei  Bicstranimena  und  Oecanthus)  auf  seiner  Eücken- 
fläche  ein  Secret,  das  das  Weibchen  veranlaßt,  es  aufzulecken,  was  ein 
Vorwärtsgehen  und  ein  Aufsteigen  auf  das  Männchen  bedingt.  Dieses 
Lecken  oder  Nagen  und  Betasten  mit  den  Mundteilen  löst  nun  wieder 
beim  Männchen  eine  Reihe  von  Reflexvorgängen  aus,  deren  erster 
ein  weiteres  Nachhintenkriechen  ist  und  die  schließlich  mit  dem 
Einbringen  einer  Spermatophore  in  die  weibliche  Geschlechtsöffnung 
enden.  Gerade  die  Lage  dieser  Vulva  ventral  von  der  Legeröhre 
macht  jede  Annäherung  der  männlichen  Geschlechtsteile  von  oben 
her  unmöglich,  wenigstens  in  der  Medianlinie.  Und  wie  bei  Forficula 
die  Zange,  so  dürfte  bei  Grillen  und  Laubheuschrecken  wohl  die 
Legeröhre  die  mechanische  Ursache  sein,  weshalb  die  Begattung 
von  untenher  erfolgen  muß.  Dadurch  ist  dem  Männchen,  ganz  all- 
gemein, sein  Platz  angewiesen.  Es  gibt  nun  aber  Formen  ohne 
Legeröhre,  bei  Locustiden  (manche  Grjilacriden)  und  bei  Grylliden 
(Tridadylus,  Gryllotdlpä).  Hier  könnten  stärkere  Modifikationen  der 
normalen  Begattungsstellung  eintreten,  und  nach  Baumgartner  ist 
dies  ja  auch  bei  der  amerikanischen  Grijllotalpa  der  Fall. 

Von  besonderem  Interesse  scheint  es  mir  daher  zu  sein,  daß  bei 
der  europäischen  Maulwurfsgrille  zweifellos  die  normale  Be- 
gattungsstellung der  Grylliden  innegehalten  wird.  Bei  dieser  Art 
ist  eine  größere  Aktivität  des  Weibchens,  begleitet  von  einer  ent- 
sprechenden Passivität  des  Männchens,  vorhanden  als  bei  Liogryllus 
und  bei  Biestrmnmena.  Auf  die  mangelnden  Nachrichten  über  die 
Begattung  von  Tridactylus  und  auf  die  fragliche  phyletische  Stellung 
dieser  Gattung  wurde  bereits  oben  (S.  452)  hingewiesen. 

Von  Interesse  scheint  mir  ferner,  daß  die  Körperhaltung  des 
Männchens  bei  Grylliden  und  bei  Biestrammena  während  des  Be- 
ginnes der  Begattung  übereinstimmt,  da  bei  beiden  der  Körper  ge- 
streckt, sogar  manchmal  etwas  mit  der  Hinterleibsspitze  dorsal  auf- 
gekrümmt gehalten  wird.  Das  ist  bei  den  mit  zu  Greifhaken  modi- 
fizierten Cerci  versehenen  Locustiden  nicht  der  Fall;  sondern  sie 
nehmen  die   oben  mehrfach  erwähnte  Stellung  mit  tief  abwärts  ge- 


Copulation  und  Spermatophoreu  von  Grylliden  und  Locustiden.  515 

krümmter  Hinterleibsspitze  ein.  Dies  sclieint  zunächst  ein  unwesent- 
licher Unterschied  zu  sein,  dessen  Betonung  kaum  g-erechtfertigt 
wäre.  Aber  doch  meine  ich,  daß  er  im  Zusammenhang  steht  mit 
der  mehr  und  mehr  aktiven  Rolle,  die  das  Weibchen  bei  der 
Einleitung  der  Begattung  übernimmt.  Während  bei  den  primitiven 
Formen  das  Männclien  mit  dem  Hinterleib  sucht  und  tastet,  senkt 
es  iiin  bei  den  differenzierteren,  hebt  die  Flügel  oder  deren  Rudi- 
mente und  verhält  sich  abwartend,  bis  das  Weibchen  auf  seinen 
Rücken  zu  steigen  beginnt.  Auch  hier  finden  wir  das  Nagen  und 
Lecken  des  Weibchens  auf  dem  Rücken  des  Männchens.  Nun  können 
aber  weitere  Modifikationen  eintreten,  die  wohl  in  erster  Linie  durch 
eine  extreme  Flügellänge  bedingt  werden,  besonders  bei  einer 
Lebensweise  auf  Bäumen.  Es  können  die  Männchen  wiederum  aktiv 
mit  ihren  Cerci  die  Weibchen  ergreifen,  aber  diese  sekundär  er- 
worbene Aktivität  der  Männchen  nimmt  ganz  andere  Formen  an  als 
bei  Grillen  und  Stenopelmatiden.  Endlich  kann  zwar  die  Begattung 
auf  „normale"  Weise,  d.  h.  durch  Aufsteigen  des  Weibchens  auf  das 
Männchen,  eingeleitet  werden,  aber  eine  andere  Schlußstellung  zur 
Austreibung  der  Spermatophore  notwendig  sein.  Diese  Ursachen,  die 
zu  dem  bei  Fhaneroptera  und  Ephipingera  geschilderten  Herumwerfen 
des  Männchens  und  zu  seinem  Anklammern  an  die  Legeröhre  des 
Weibchens  führen,  sind  nicht  genau  abzuschätzen;  bei  Fhaneroptera 
spielt  zweifellos  die  Form  der  Spermatophore  im  Verhältnis  zu  der 
der  männlichen  äußeren  Genitaloi'gane  eine  bestimmende  Rolle  dabei. 
Es  wurde  darauf  hingewiesen,  daß  Anbahnungen  dieser  seltsamen 
Stellungen  sich  bereits  bei  Decticiden  finden. 

Wir  können  sagen,  daß  die  höher  differenzierten  Locustiden- 
formen  mit  umgewandelten  männlichen  Cerci  verschiedene  Modifika- 
tionen einer  Begattungsstellung  einnehmen,  die  etwa  auf  die  von 
Liognßhis  und  Diestrammena  zurückführbar  erscheint,  bei  denen  das 
Männchen  primär  eine  aktive  Rolle  bei  der  Begattung  spielt. 

Ganz  kurz  möchte  ich  hier  auch  auf  die  Beziehung  des 
Zirpens  der  Männchen  zur  Begattung  eingehen.  Die 
meisten  Stenopelmatiden  zirpen  nicht,  weil  ihnen  die  Elytren  mangeln; 
befremdender  ist  der  Mangel  an  Zirporganen  bei  der  wohlgefiügelten 
Gattung  Meconema.  Sonst  zirpen  alle  Locustiden^)  und,  mit  Aus- 
nahme der  flügellosen  Formen,  auch   fast  alle  Grylliden.    Es  wäre 


1)  Bei  den  Ephippigeriden  auch  die  AVeibchen,  aber  nicht  aus  sexueller 
Erregung. 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    AM.  f.  S.yst.  34 


516  Ulrich  Gerhardt, 

nun  niclit  richtig,  wenn  man  sagen  wollte,  daß  überall  da,  wo  das 
Männchen  besonders  befähigt  zum  Zirpen  ist,  es  eine  rein  passive 
Kelle  bei  der  Begattung  spielte.  Wohl  aber  ist  das  Stridulieren  zu- 
nächst ein  Mittel,  das  Weibchen  in  eine  gewisse  Nähe  des  Männ- 
chens zu  bringen,  in  der  dieses  die  Begattung  einleiten  kann.  So 
finden  wir  es  bei  mehreren  Grillenarten,  auch  bei  Locusta  unter  den 
Locustiden.  In  anderen  Fällen  sucht  das  Männchen  zirpend  nach 
Weibchen  umher,  und  wenn  es  eins  findet,  setzt  es  sich  vor  dessen 
Kopf,  betastet  es  mit  den  Fühlern,  dreht  ihm  dann  die  Hinterleibs- 
spitze zu  und  wartet,  weiter  zirpend,  bis  das  Weibchen  ihm  auf  den 
Rücken  steigt.  So  ist  es  z.  B.  bei  Leptophyes.  Bei  Decticiden 
schießlich  verhält  sich  das  Männchen  fast  ganz  passiv,  es  zirpt  nur 
auf  einem  Fleck  und  wartet  dabei  nicht  nur  auf  etwa  heran- 
kommende Weibchen,  sondern  läßt  sich,  ruhig  sitzend,  nachher  von 
einem  solchen  besteigen.  Bei  Phaneropfera  falcata  sucht  dagegen 
das  Männchen,  fortwährend  zirpend,  das  Weibchen  auf  und  ergreift 
es  aktiv;  also  auch  hier  finden  wir  Gegensätze,  aber  auch  ver- 
mittelnde Befunde  zwischen  ihnen.  Von  Interesse  würde  es  sein, 
etwas  über  die  Annäherungsweise  der  stummen  Meconema- kvi^w  zu 
erfahren.  Wo  die  Zirporgaue  fehlen,  sind  es  in  erster  Linie  die 
Fühler,  die  die  gegenseitige  Wahrnehmung  der  Geschlechter  ver- 
mitteln. Sie  spielen  aber  auch  bei  zirpenden  Formen,  wenn  die 
Tiere  einander  nahe  genug  gekommen  sind,  eine  bedeutende  ßolle 
bei  den  Präliminarien  zur  Begattung,  bei  Gryllotalpa  außerdem  di« 
Cerci,  die  hier  als  Abdominalfühler  bezeichnet  werden  können. 

Neben  der  eigenartigen  Begattungsstellung  stimmen  Grylliden 
und  Locustiden  darin  ganz  allgemein  überein,  daß  bei  ihnen  das 
Männchen  denn  Weibchen  eine  Spermatop  höre  in  der  Vulva  be- 
festigt. Diese  Befestigung  erfolgt  immer  durch  einen  kürzeren  oder 
längeren  Spermatophorenstiel,  der  hohl  ist  und  das  Sperma  aus 
dem  (oder  den)  Samenbehälter  der  Spermatophore  in  das  ßecep- 
taculum  seminis  des  Weibchens  leitet.  Der  Samenbehälter  ist  bei 
eigentlichen  Grillen  nie,  aber  bei  allen  Locustiden  immer  von  einer 
massiven  Hülle,  dem  Secret  akzessorischer  Drüsen,  umgeben,  nach 
Baumgartner  auch  bei  der  amerikanischen  Gryllotalpa. 

Fragen  wir  uns  zunächst  wieder,  ob  bei  anderen  Orthopteren^) 
die  Abgabe   einer  Spermatophore   durch  das  Männchen  bekannt  ist, 


1)  Über  Insectenspermatophoreu    im    allgemeinen  s.  BlunCK  (5)  und 
Cholodkowsky  (14). 


Copnlation  und  Sperniatophüreu  von  Gryllideu  und  Locustiden.  517 

SO  müssen  wir  hier  noclinials  auf  Przibkam's  (26)  Beobachtungen  an 
Ma)dis  zurückkoninien.  Die  ^Stellung  bei  der  Begattung  wurde 
bereits  besprochen.  Über  ihre  Beendigung  sagt  Pezibram:  „Die 
Begattung  selbst  dauert  2  ".^  Stunden.  Wenn  das  Männchen  das 
Weibchen  verläßt,  so  bemerkt  man  eine  dem  Körperende  des  Weib- 
chens eingefügte  Kapsel,  ähnlich  wie  die  für  Medikamente  verwen- 
deten Gelatinekapseln  aussehend.  Kurz  nachher  wird  diese  Kapsel 
unter  krampfartigen  Bewegungen  ausgestoßen,  Sie  ist  ihres  Inhaltes, 
der  Spermatozoen, . . .  entleert,  der  in  die  Begattungstasche  des  Weib- 
chens eingesaugt  worden  ist.  Die  Kapsel  ist  ursprünglich  nicht  als 
solche  im  Männchen  vorhanden,  sondern  wird  erst  beim  Ausstoßen 
des  Samens  gebildet  und  erfordert  eben  jene  2^2  Stunden,  die  die 
Begattung  währt,  zur  Bildung." 

Eine  Abbildung  der  Spermatophore.  die  Pezibram  beifügt,  ist 
durch  ungenügende  Rejjroduktion  leider  in  ihren  Kinzelheiten  nicht 
erkennbar.  —  Aus  der  angeführten  Schilderung  geht  mehreres  für 
uns  Wichtige  hervor,  vor  allem  die  Tatsache,  daß  eine  Spermato- 
phore gebildet  wird,  die,  wie  bei  Locustiden  und  Grylliden,  nach 
dem  Coitus  sichtbar  an  der  w^eiblichen  Geschlechtsöffnung  hängt. 
Nach  der  Abbildung,  die  Pezibram  gibt,  handelt  es  sich  um  einen 
gestielten,  ovalen  Körper.  Von  einer  besonderen  Hüllsubstanz 
scheint  nichts  vorhanden,  so  daß  also  wohl  der  Charakter  der  Sper- 
matophore von  Mantis  ungefähr  dem  einer  vereinfachten  Grillen- 
spermatophore,  vielleicht  einigermaßen  der  von  GnjUoialpa,  entspräche. 
Ich  selbst  verfüge  nicht  über  Material  von  iltfa«/is-Spermatophoren, 
kann  daher  nur  mit  Vorbehalt  diese  Schlüsse  aus  den  PEziBRAM'schen 
Angaben  ziehen.  —  Wichtig  ist  weiter  für  uns.  daß  das  Mantis- 
Weibchen  die  Spermatophore  aktiv  ausstößt,  wie  dies  Boldyrev  auch 
für  Gryllus  domesticus  angibt.  Von  einem  „Freßin stinkt"  des 
Weibchens  ist  also  nichts  vorhanden. 

Bei  Blattiden,  Forficuliden,  Acridiern  und  Phas- 
miden  sind  keine  Spermatophoren  beschrieben  worden. 

Somit  wüiden  nur  bei  Mantiden,  Grylliden  und  Locustiden,  so- 
weit bisher  bekannt,  Spermatophoren,  die  vom  Weibchen  äußerlich 
sichtbar  getragen  werden,  vorkommen.  Daß  in  der  deutschen  Literatur 
bis  in  die  neueste  Zeit  hinein  für  die  Grylliden  und  Locustiden  zwei 
ganz  verschiedene  Typen  von  Spermatophoren  angenommen  worden 
sind,  daran  trägt  die  allerdings  mit  größtem  Vorbehalt  gegebene 
Darstellung  v.  Siebold's  (32)  die  Schuld,  die  mit  ihren  Abbildungen 
in  andere  Werke  (Fischer,  Koeschelt  u.  Heidee)  übergegangen  ist. 

34* 


518  Ulbich  Gerhabdt, 

^^'ällrend  die  von  LespJis  beschriebenen  Grillenspermatophoren 
alsbald  in  die  Literatur  übergegangen  sind,  sind  unter  dem  Ein- 
fluß der  SiEBOLD'schen  Auffassung  die  Beobachtungen  Fischer's, 
Bolivar's,  Fabee's  und  Beeenguier's  in  Deutschland  wenig  bekannt 
geworden.  So  schreiben  Koeschelt  u.  Heider  (24)  (Allg.  Teil,  p.  435): 
„Das  bekannteste  Beispiel  hierfür  bieten  die  Heuschrecken,  bei  denen 
schon  V.  Siebold  die  Spermatophoren  als  birnförmige  oder  flaschen- 
förmige  Körper  von  ungefähr  Stecknadelkopfgröße  (1—2  mm  Durch- 
messer) beschrieb.  Etwas  complicierter  sind  die  Spermatophoren 
bei  den  Grillen  gebaut,  was  wohl  mit  ihrer  besseren  Unterbringung 
in  der  Vagina  zusammenhängt." 

Mit  der  Untersuchung  der  v.  SiEBOLü'schen  „Spermatophoren"  im 
Receptaculum  von  Locustiden  haben  sich  insbesondere  russische 
Autoren  [Cholodkowsky  (14,  15),  Büldtrev  (7,  8)]  beschäftigt,  und 
zur  Unterscheidung  von  den  eigentlichen,  uns  hier  allein  interessieren- 
den echten  Spermatophoren  hat  Cholodkowsky  ihnen  den  von  Boldyeev 
übernommenen  Namen  „Spermatodosen"  gegeben.  Boldyeev 
äußert  sich  zusammenfassend  über  sie:  „die  Spermatodosen  (Siebold's 
Spermatophoren)  bilden  sich  (bei  der  Gattung  Decticus)  schon  im 
Receptaculum  seminis  des  Weibchens,  und  die  Bildung  jeder  einzelnen 
Spermatodose  ist  als  Resultat  einer  jeden  Begattung  anzusehen". 
Mit  dieser  letzten  Deutung  würde  die  von  Fahre  behauptete,  von 
mir  für  wahrscheinlich  gehaltene  einmalige  Begattung  von  Decticus 
nicht  in  Einklang  stehen.  Solange  nicht  mehrmalige  Begattung  bei 
Decticus  beobachtet  und  der  Nachweis  einer  der  Begattungszahl  ent- 
sprechenden Anzahl  von  Spermatodosen  im  Receptaculum  erbracht 
worden  ist,  halte  ich  diese  BoLDYEEv'sche  Deutung  daher  für  be- 
stätigungsbedürftig. 

Es  kann  kein  Zweifel  sein,  daß  die  Grillen-  und  Locustiden- 
spermatophoren  vergleichbar  sind  und  daß,  wie  dies  Boldyrev 
bereits  betont  hat,  die  Locustidenspermatophoren  ein  Plus  an  Substanz 
haben  (Hüll-,  Schutz-,  Freßsubstanz) ,  das  den  Grillen  fehlt. 
Boldyrev  rubriziert  beide  Arten  von  Spermatophoren  mit  vollem 
Recht  unter  den  Begritf  der  echten  Spermatophoren  nach  der 
Definition  von  Cholodkowsky,  die  ungefähr  mit  der  von  Kor- 
schelt  u.  Heider  übereinstimmt.  Während  nun  Boldyrev  die 
Grillenspermatophoren  als  „einfache  e  c  h  t  e  S  p  e  r  m  a  t  o  p  h  o  r  e  n" 
bezeichnet,  nennt  er  die  Locustiden  „zusammengesetzte  echte 
Spermatophoren".  Dieser  klaren  und  übersichtlichen  Einteilung 
kann   man  sich  gewiß  nur  anschließen.     Die  von  Baumgartneb  be- 


Copiilation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  519 

schriebeiie  Sperniatopliore  von  Grißlotalpa  müßte  nach  dieser  Ein- 
teilung zweifellos  zu  der  der  Locustiden  gestellt  werden. 

Vielleicht  wäre  es  zweckmäßig-,  die  bisher  besprochenen  Spermato- 
phoren —  bei  voller  Aufrechterhaltung  der  Boi-DTREv'schen  Ein- 
teilung —  auch  noch  von  einem  anderen  Gesichtspunkt  aus  zu 
sondern.  Wenn  man  der  Beschaffenheit  des  eigentlich  samenent- 
haltenden Teiles,  also  dessen,  was  bei  den  Grillen  als  „einfache 
Spermatophore*'  imponiert,  den  Hauptwert  beimißt,  so  kann  man 
2  Gruppen  unterscheiden:  Spermatophoren  mit  un  paar  er  und 
mit  paariger  A  m  p  u  1 1  e. 

Eine  un  paare  Ampulle  besitzen  die  Spermatophoren  von 
Mantis  *),  der  Grillen  im  engeren  Sinne,  die  von  Gryllotalpa  und  von 
Diesirammena.  Paarig  ist  sie  in  den  Spermatophoren  aller  übrigen 
hier  angeführten  Locustiden.  Diese  paarig  angelegten  Spermato- 
phoren sind  sämtlich  mit  einer  vom  Weibchen  zu  verzehrenden  Hülle 
umgeben,  von  den  unpaar  angelegten  die  der  amerikanischen  Gryllo- 
talpa (nach  Baumgaktxer)  und  Diestrammena.  Somit  läßt  sich 
folgende  Einteilung  aufstellen: 


TJnpaare  Ampulle 


Paarige  Ampullen 


Mantis 

Liogryllus 

Gryllus 

Nemobiits 

Oecanthus 

0  rijUo  lalpa  vn  Igari.s 

Gryllotalpa    sp.  ?    (nach    Baum- 

gartnee) 
Dlestramtnena 
Phaneropteriden 
Decticiden 
Locustiden 
Epliippigeriden 


Einfache 
Spermatophore 


Zusammen- 
gesetzte 
Spermatophore 


Daraus  geht  klar  die  Mittelstellung  hervor,  die  (nach  Baum- 
GARTNER)  die  Spermatophore  der  amerikanischen  Gnjllotdlpa  und 
schließlich  auch  die  von  Diestrammena  einniiYimt. 

Hier  ist  auch  noch  auf  die  besondere  Differenzierung  hinzu- 
weisen, die  der  Stiel  der  Grillenspermatophore  erfahren  hat.  Die 
Ausbildung  des  langen,  wohl  sicher  bis  ins  Receptaculum  des 
Weibchens  reichenden  Endfadens  und  seine  Umhüllung  mit  der  sehr 
kompliziert  gebauten  Lamelle  stellt  eine  Besonderheit  gegenüber  dem 


1)  Soweit  mir  aus  Pkzibram's  Schilderung  und  Abbildung  ersichtlich. 


520  Ulrich  Gerhardt. 

bei  Locustiden  im  allgemeinen  weniger  differenzierten  Spermato- 
phorenstiel  dar,  der  mir  bei  Biestrammena  noch  am  ersten  Anklänge 
an   das  Vorhandensein   einer  Art   von  „Lamelle"   zu  bieten  scheint. 

Diese  höhere  Entwicklungsstufe  der  „Lamelle"  bei  der  Grillen- 
spermatophore  hängt  zusammen  mit  deren  eigentümlicher  Bildungs- 
weise in  der  auch  als  „Spermatophorentasche"  [Cholodkowsky  (16)] 
bezeichneten  dorsalen  Penisrinne,  während  bei  den  Locustiden  die 
Ampullen  innerhalb  des  Lumens  des  männlichen  Genitaltractus 
gebildet  werden.  Daß  bei  Gryllotalpa,  die  gleichfalls  keine  deutliche 
„Spermatophorentasche"  besitzt,  eine  besonders  geringe  Ausbildung 
des  Spermatophorenstieles  existiert,  muß  hier  gleichfalls  nochmals 
betont  werden. 

Ganz  besonders  schwierig  ist  nun  die  Frage  zu  beantworten, 
wie  wir  uns  die  primitivste  Spermatophore,  von  der  die  nach  ver- 
schiedenen Richtungen  differenzierten,  heute  existierenden  Formen  ab- 
leitbar wären,  vorzustellen  haben  und  ob  dies  eine  „einfache"  oder 
„zusammengesetzte"  Spermatophore  im  BoLDTEEv'schen  Sinne  ge- 
wesen ist.  Eine  klare  Antwort  läßt  sich  meines  Erachtens  nach 
den  heute  bekannten  Befunden  noch  nicht  geben,  ganz  abgesehen 
von  den  subjektiven  Momenten,  die  bei  einer  derartigen  Beurteilung 
mitspielen  müssen.  Ich  möchte  hier  nur  folgendes  sagen.  Die 
primitivsten  Locustiden  formen  haben,  wie  die  Grillen  s.  str.  und 
Gryllotalpa^  unpaare  Spermatophoren.  Wir  werden  kaum  irre  gehen, 
wenn  wir  die  paarige  Ampulle  von  der  unpaaren  ableiten.  Somit 
würden  die  höher  differenzierten  Locustidenformen  in  diesem 
Punkte  aus  der  Betrachtung  zunächst  ausscheiden  und  die  Frage 
dahin  zu  stellen  sein,  ob  wir  uns  diese  erste  unpaare  Spermatophore 
als  hüllenlos  vorstellen  müssen.  Zunächst  liegt  es  ja  nahe,  die 
Spermatophore,  wie  wir  sie  bei  den  Grillen  finden,  als  primitiver  zu 
betrachten.  Aber  ich  glaube,  daß  eine  Antwort  in  diesem  Sinne 
doch  verfrüht  wäre.  Denn  es  kann  ebensogut  ein  primitiverer  Zu- 
stand gegenüber  dem  eben  angeführten  sein,  wenn  eine  eigentliche 
Samenkapsel  von  einer  ungeformten,  aus  akzessorischen  männlichen 
Drüsen  stammenden  Secretmasse  bedeckt  ist.  Ein  solcher  Fall 
scheint  ja  auch  nach  Baumgartner's  Schilderung  bei  Gryllotalpa  un- 
gefähr verwirklicht  zu  sein.  Mit  anderen  Worten:  es  läßt  sich 
ebensogut  vorstellen,  daß  die  trockene,  nicht  mit  schleimigen  Secreten 
bedeckte  Ampulle  der  eigentlichen  Grillen  und  der  Gryllotalpa  vulgaris 
eine  sekundäre  Modifikation  darstellt. 

Es    könnte   z,  B.   die   Schleimabsonderung    um    die    eigentliche 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locnstiden.  521 

Speniiatoplioie  herum  urspriinglicli  zu  deren  innigerer  Befestigung- 
an  der  weiblichen  Genitalötfnung  gedient  haben,  wovon  bei  Gnjllo- 
talpa  vulgaris  Andeutungen  vorlianden  zu  sein  scheinen,  wälirend  bei 
den  eigentliclien  (irillen  ein  besonderer  Befestigungsmeclianismus  in 
der  innerlialb  der  Vagina  belegenen  Lamelle  gegeben  wäre,  die  ein 
solches  Secret  überdüssig  machen  könnte.  Die  Annahme  dei-  Mög- 
lichkeit, daß  die  Spei-matophore  aller  Locustiden  eine  Weiter- 
bildung des  bei  (irijllotalpa  voiliegenden  Stadiums  darstelle,  setzt 
nicht  voraus,  daß  auch  Grißlotalpa  eine  phylogenetische  Vorläuferin 
der  Locustiden  zu  sein  braucht. 

Untrennbar  von  dem  Vorhandensein  akzessorischer  Secretmassen 
an  der  Spermatophore  scheint  der  Instinkt  der  weiblichen  Tiere  zu 
sein,  derartige  Secrete  zu  fressen.  Nun  kommt  dieser  Freßinstinkt 
in  eingeschränkter  (oder,  wenn  man  will,  angedeuteter)  Form,  wie 
wir  sahen,  auch  bei  einigen  Grillen  arten,  bei  lAogryllus  sogar  in 
ziemlich  auffallender  Weise  vor.  Gerade  diese  Tatsache  läßt 
wiederum  zwei  Deutungsmöglichkeiten  zu,  die  mit  der  oben  für  die 
Auffassung  des  Baues  der  Grillenspermatophore  angegebenen 
parallel  gehen:  die  Grillenweibchen  können  ebensogut  den  Freß- 
instinkt fast  oder  ganz  verloren  haben,  wie  sie  ihn  niemals  be- 
sessen haben  und  nun  erst  beginnen  können,  ihn  auszubilden.  Daß 
auch  Locustidenweibchen  eine  Einschränkung  des  Freßinstinktes  er- 
fahren können,  zeigte  PAflwero^/era  und,  nacliFABRE,  Ephippigera  Vitium. 

Somit  kann  man  sich  von  dem  Zustandekommen  der  jetzt 
existierenden,  in  ihren  ausgebildeten  Typen  weit  voneinander  ent- 
fernten beiden  Spermatophorenfoi-men  zweierlei  Vorstellungen  machen  : 
entweder  war  das  Ursprüngliche  eine  der  jetzigen  Grillenspermato- 
phore entsprechende,  im  Männchen  präformierte  feste  Kapsel  ohne 
Hülle,  und  diese  Hülle  wäre  überall  da,  wo  sie  vorkommt,  erst 
sekundär  ihr  zugefügt  worden.  Dann  hätte  sich  auch  der  Instinkt, 
die  Spermatophore  zu  fressen,  im  wesentlichen  erst  sekundär  ent- 
wickelt. Oder  aber  die  ursprünglichste  P'orm  wäre  eine  halbfeste 
Spermatophore,  von  einer  unregelmäßigen  Schleimschicht  bedeckt, 
die  die  Freßlust  des  Weibchens  i-eizte  und  die,  der  Steigerung 
dieses  Instinktes  entsprechend,   mein-   und   mein-  ausgebildet  wurde. 

Von  der  Hand  zu  weisen  scheint  mir  keine  dieser  beiden  Auf- 
fassungen, und  gerade  deswegen  halte  ich  ein  definitives  Urteil  für 
verfi'üht.  Vielleicht  weisen  die  Befunde  an  3Iantis  und  Grißlotalpa 
darauf  hin,  daß  Spermatophorenhülle  und  Freßinstinkt  sekundäre 
Erwerbungfen  sind. 


522  Ulrich  Gerhardt, 

Über  diesen  Freßinstinkt  ist  hier  noch  einiges  zu  sagen. 
Es  ist  ohne  weiteres  klar,  daß  eine  Spermatophore,  die  in  der  Vulva 
des  Weibchens  steckt,  nach  der  Entleerung  ihres  Inhaltes  ins  Re- 
ceptaculum  seminis  nicht  nur  an  ihrem  Ort  keinen  Zweck  mehr 
hat,  sondern  sogar  zu  einem  regelrechten  Hindernis  entweder  für 
die  Befruchtung  oder  für  die  Ablage  der  Eier  werden  kann,  für 
die  Befruchtung,  wenn  ihr  Stiel  den  AusfühYgang  des  ßeceptaculuras 
verstopft,  für  die  Eiablage,  wenn  er  den  Zugang  zur  Legescheide 
vom  Eileiter  her  verlegt.  Wieweit  beides  der  Fall  ist,  ist  nicht 
immer  leicht  genau  anzugeben,  jedenfalls  wird  praktisch  die  Sper- 
matophore immer  von  der  Eiablage  irgendwie  entfernt.  Sehr  häufig 
erfolgt  diese  erst  lange  nach  einer  Befruchtung.  So  habe  ich  zur 
Zeit  eine  Anzahl  von  Diestrammena-W eihchen,  die  sich  schon  öfters 
begattet  haben,  auch  bei  jedem  neuen  Zusammenlassen  Männchen 
annahmen,  aber  seit  ca.  4  Wochen  noch  keine  Eier  gelegt  haben. 
Eine  andere  Zucht  legte  im  Oktober  vorigen  Jahres  kurz  nach  der 
Begattung  Eier,  und  Boldyrev  nimmt  sogar  als  die  Regel  an,  daß 
ein  Weibchen  wenige  Stunden  nach  der  Befruchtung  zu  legen  an- 
fängt. Bei  Grillen  finden  Eiablagen  zwischen  Begattungen  statt. 
In  allen  diesen  Fällen  kann  man  annehmen,  daß  die  hindernde  Sper- 
matophore deshalb  vorher  entfernt  wird.  Phmieroptera-W eihcYien 
tragen  den  Spermatophorenstiel  über  48  h  herum,  bei  Mantis,  Ne- 
mobius,  Leptopktjes,  Diestrammena  etc.  vergeht  nur  kurze  Zeit  bis  zu 
dessen  Entfernung.  Es  sind  hier  also  wieder  mancherlei  Unter- 
schiede vorhanden. 

Muß  nun  die  leere  Spermatophore  irgendwie  entfernt  werden, 
so  wäre  wohl  zweifellos  ein  Auspressen,  Abstreifen  oder  dergl.  durch 
das  Weibchen  das  einfachste,  und  wir  treifen  ja  in  der  Tat  dieses 
Verfahren  bei  Mantiden  und  manchen  Grylliden  als  einzigen  Modus 
an.  Das  Abnehmen  der  leeren  Hülse  mit  den  Mundteilen  mit  darauf- 
folgendem Fallenlassen  finden  wir  zuweilen  bei  Gryllus  domesticus 
(Boldyrev).  Von  ihm  bis  zum  Zerbeißen  und  Verschlucken  der 
leeren  Ampulle  ist  nur  ein  Schritt,  und  so  könnten  wir  uns  das  Zu- 
standekommen des  „Freßinstinktes"  vorstellen.  Nur  muß  in  dem 
zuletzt  geschilderten  Falle  dieser  Instinkt  so  reguliert  sein,  daß  er 
erst  dann  einsetzt,  wenn  die  Aufnahme  des  Spermas  ins  Receptaculum 
vollzogen  ist.  Daß  dies  bei  Liogryllus  campestris  häufig  unter  ganz 
normalen  Umständen  der  Fall  ist,  haben  wir  oben  (S.  434)  gesehen., 

Bisher  war  von  einfachen  Sperraatophoren  die  Rede.  Boldyrev 
faßt  nun   die  Bedeutung  der  Hülle  so  auf,   daß  sie  da  ist,  um  die 


Copulation  nnd  Sperraatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  523 

Ampulle  zunächst  bis  nach  erfolgter  Samenentleerung  ins  Recepta- 
culuni  vor  dem  Gefressenwerden  zu  schützen,  da,  wo  jener  Instinkt 
entwickelt  ist.  Das  ist  zweifellos  eine  plausible  und  logische  Er- 
klärung. Doch  möchte  ich  im  Anschluß  an  die  vor  kurzem  be- 
sprochene doi)pelte  Erkläruiigsmöglichkeit  der  morphologischen 
Ausbildung  der  Spermatophore  dazu  bemerken,  daß  mir  auch  die 
Annahme  möglich  erscheint,  daß  erst  die  Abscheidung  klebriger 
Secrete  durch  das  Männchen  mit  der  eigentlichen  Spermatophore 
zusammen  den  Freßinstinkt  des  Weibchens  hervorgerufen  haben 
kann.  Dann  würde  er  bei  den  Grillen  mit  der  Differenzierung  der 
Spermatophore  nach  einer  den  Locustiden  entgegengesetzten  Richtung, 
mit  der  Zunahme  der  Festigkeit  und  Trockenheit  ihrer  Wand  und 
der  Entwicklung  zu  dem  glasigen,  spröden  Körper,  als  den  wir  sie 
kennen,  der  Instinkt  der  Weibchen,  an  ihr  herumzuknabbern  und  zu 
nagen,  verloren  gegangen  sein.  Daß  bei  den  Locustiden  heut- 
zutage die  SpermatophorenhüUe  praktisch  einen  Schutz  für  die 
Ampulle  darstellt,  ist  in  keiner  WeiSe  zu  bestreiten. 

Nach  Abschluß  dieser  Arbeit  erschien  ein  Artikel  von  Cholod- 
KowsKY  (15)  über  Spermatodosen  bei  Locustiden,  in  dem 
er  seine  schon  früher  in  russischen  Zeitschriften  publizierten  Auf- 
fassungen zusammenfaßt.  Er  bezeichnet,  wie  bereits  im  Text  dieser 
Abhandlung  erwähnt,  die  von  Siebold  als  Spermatophoren  be- 
zeichneten Gebilde  in  dem  Receptaculum  seminis  mancher  Locustiden- 
weibchen  als  Spermatodosen,  und  fadenförmige  Zusammen- 
jochungen  von  Spermatozoen  am  gleichen  Ort  als  „Spermato- 
de s  m  e  n*' ;  Cholodkowsky  weist  auf  Boldykev's  Untersuchungen  über 
Locustiden  und  Grylliden  hin.  Auch  er  faßt  die  Grillenspermato- 
phore  als  echte  Spermatophore  auf. 

Nun  aber  kommt  ein  Passus,  der  zum  Widerspruch  heraus- 
fordert: ..Es  kommen  aber  bei  den  Locustiden  auch  andere  Gebilde 
vor,  die  vielfach  unberechtigterweise  „Spermatophoren"  genannt 
werden.  Zu  solchen  gehört  der  große  schleimige  Klumpen,  der  bei 
der  Begattung  an  die  Legeröhre  angehängt  seitlich  von  2  festen 
bernsteingelben  Kügelchen  scheinbar  getragen  und  nach  der  erfolgten 
Begattung  vom  Weibchen  verzehrt  wird.  Dieser  aus  dem  Secrete 
der  großen  männlichen  Anhangsdrüsen  sich  bildende  Klumpen  dient 
nicht  zum  Übeitragen  des  Samens,  wohl  aber  zur  temporären  Ver- 
stopfung der  weiblichen  Geschlechtsöffnung  (damit  der  Samen  nicht 
herausfließt,  ehe  er  die  Samentasche  erreicht  hat)  oder  zu  anderen 
Zwecken." 


524  UiiRiCH  Gerhardt, 

Dag^e^en  ist  zu  sagen:  1.  Der  „Klumpen"  (der  nur  in  seltenen 
Fällen  diesen  Namen  verdient,  vielmehr  meist  ein  sehr  ausgeprägtes, 
für  die  Species  konstantes  äußeres  Eelief  zeigt)  bildet  mit  der  eigent- 
lichen Spermatophore  (dem  „Flacon"  Boldyeev's,  unseren  „Samen- 
behältern"  oder  „Ampullen")  ein  einheitliches  Ganze.  2.  Wenn  die 
Schleimhülle  nicht  vorhanden  wäre,  so  könnte  dennoch  kein  Sperma 
aus  den  Ampullen  nach  außen  abfließen,  da  deren  Holilraum  nur 
eine  Öffnung,  nach  dem  Receptaculum  des  Weibchens  hin,  besitzt. 
3.  Nicht  der  „Schleimklumpen",  sondern  gerade  die  eigentliche 
Spermatophore  verstopft  mit  ihrem  Stiel  die  Vulva.  4.  Nicht  nur 
die  Schleimmasse,  sondern  auch  Ampullen  und  Stiel  werden  (mit 
seltener  Ausnahme)  vom  Weibchen  gefressen.  5.  In  der  Literatur 
(Fabee,  Beeenguier,  Vosselee)  wird,  soweit  ich  sehe,  von  keinem 
Autor  nur  die  umhüllende  Schleimsubstanz  als  „Spermatophore"  be- 
zeichnet, sondern  sie  plus  Ampulle  und  Stiel.  Im  gleichen  Sinne 
spricht  Boldyeev,  dessen  Auffassung  Cholodkowsky  anführt,  von 
„zusammengesetzten  Spermatophore  n"  bei  Locustiden.  Es 
wurde  (S.  518)  betont,  daß  diese  Bezeichnung  durchaus  glücklich  sei. 

Diese  BoLDYREv'sche  Auffassung  der  Locustiden-Spermatophore 
als  einer  echten,  aber  aus  2  Teilen  zusammengesetzten  Spermato- 
phore ^leibt  vollkommen  zu  recht  bestehen,  wie  ja  auch  Cholod- 
kowsky betont,  daß  er  Boldyeev's  Auffassung  von  der  „Schutzsubstanz" 
teile.  Will  man  also  Cholodkowsky's  Vorschlag  annehmen,  solche 
zum  Schutze  des  Samens  oder  zur  Verstopfung  der  weiblichen  Ge- 
schlechtsöffnung dienenden  Gebilde  Spermatop  hragmen  zu 
nennen,  so  kann  dies  nach  dem  oben  gesagten  nur  mit  der  Ein- 
schränkung geschehen,  daß  Spermatophragma  plus  „eigentlicher 
Spermatophore"  (Ampulle)  die  zusammengesetzte  Locustiden-Sperma- 
tophore bilden  und  integrierende  Teile  eines  einheitlichen  Gebildes 
darstellen. 

Wegen  der  engen  organischen  Verbindung  des  „Spermatophragmas" 
mit  der  samenführenden  Ampulle  des  gesamten  Apparats,  die  eine 
Zeitlang  vor  dem  Freßinstinkt  des  Weibchens  geschützt  werden 
muß,  scheint  mir  eine  Vergleichung  mit  dem  Scheidenpfropf  vieler 
Nager,  der  flüssiges  Sperma  vor  dem  Abfließen  aus  der  Vagina  zu 
bewahren  hat,  trotz  zweifellos  vorhandener  Analogien  im  einzelnen 
schwer  durchführbar. 

Schließlich  wird  noch  die  Frage  zu  erörtern  sein,  ob  wir 
die  in  dieser  Abhandlung  besprochenen  Vorgänge  bei  Grylliden 
und  Locustiden    als   eine   eigentliche    Begattung  aufzufassen 


Copulatiuu  luid  «perniatoplioren  von  Gryllideu  und  Locustiden.  525 

haben.  Zu  ihrer  Beantwortuno:  wird  es  zuerst  nötig:  sein,  uns 
über  den  Begriff  der  Beg'attuuo;  klar  zu  werden.  Keine  Be- 
gattung: ündet  statt  bei  allen  Tieren  mit  Befruchtung  der  Eier 
außerhalb  des  weiblichen  Körpers,  auch  wenn  dabei  eine  enge  körper- 
liche Vereinigung  der  beiden  Geschlechtstiere  außerhalb  der  Genital- 
region, wie  in  der  Umklammerung  der  Frösche,  eingegangen  wird. 
Ebensowenig  können  wir  von  einer  Begattung  reden,  wenn  das 
Männchen  Sperniatuphoren  ins  Freie  absetzt  und  diese  vom  Weibchen 
aktiv  aufgenommen  werden,  wie  es  für  die  Chilopoden  und  die  meisten 
Urodelen  bekannt  ist.  Dagegen  wird  es  schwer  sein,  sicher  zu 
definieren,  ob  wir  in  den  Fällen  von  einer  w^ahren  Begattung  reden 
dürfen,  in  denen  sich  z.  B.  Feuersalamander  auf  dem  Lande  ausnahms- 
weise so  befruchten,  daß  die  Spermatophore  direkt  aus  der  Kloake 
des  Männchens  in  die  ihr  unmittelbar  genäherte  des  Weibchens 
übertragen  wird.  Wir  haben  ähnliche  Vorgänge  bei  manchen  uns 
hier  beschäftigenden  Formen,  und  daher  ist  es  nötig,  zu  betonen, 
daß  hier  ein  Übergangstypus  vorliegt,  den  mau  aber  im  allgemeinen 
als  Begattung  bezeichnen  wird.  P'reilich.  um  eine  Begattung  mit 
Immissio  penis  handelt  es  sich  hier  nicht,  aber  dieser  Vorgang 
kann  unmöglich  das  Kriterium  der  eigentlichen  Begattung  sein. 
Sonst  wäre  der  Begattungsakt  der  großen  Mehrzahl  der  Vögel 
keine  Copulation  im  engeren  Sinne. 

Eine  eigentliche  Immissio  penis  kommt  nun  zwar  bei  Mantiden 
vor,  bei  Grylliden  und  Locustiden  aber  nur  in  einem  modifizierten 
Sinne.  In  den  einfachsten  Fällen  (Diestrammena)  wird  unter  der 
Einwirkung  der  Berührung  des  Weibchens  eine  Spermatophore  aus 
der  männlichen  Geschlechtsöffnung  ausgeschieden,  ohne  daß  eine 
unmittelbare  Berührung  mit  den  weiblichen  Genitalien  zunächst 
stattfände.  Dann  aber  preßt  das  Männchen  die  noch  in  seiner 
eigenen  Geschlechtsöffnung  steckende  Spermatophore  in  die  Vulva 
des  Weibchens  ein,  so  daß  also  hier  in  der  Tat  ein  ähnlicher  Vor- 
gang stattfindet,  wie  er  nach  Kammeker's  Beobachtungen  gelegent- 
lich bei  SaJamandra  vorkommt.  Etwas  anders  liegt  der  Fall  bei 
den  eigentlichen  Grillen.  Hier  wird  die  zu  übertragende  Spermato- 
phore außerhalb  des  Paarungsaktes  fertiggestellt  und  in  dem 
..Penis"  des  Männchens,  der  hier  so  w'enig  w'ie  bei  Dienirammena 
seinen  Namen  verdient,  bereitgehalten.  Bei  der  Paarung  wird  ein 
chitinöser  Fixierungsapparat,  der  Titillator,  in  die  Vulva  des 
Weibchens  eingehakt,  so  daß  hier  die  Vereinigung  der  Genital- 
öffnungen  beider  Tiere  inniger  wird  als  bei  Diestrammena.    Bei  höher 


526  Ulrich  Gerhardt, 

spezialisierten  Locustidenformen  endlich  wird  die  Genitalöffnung  des 
Männchens  selbst,  die  in  ausgestülptem  Zustande  auf  dem  Gipfel 
des  „Penis"  liegt,  bis  an  oder  in  die  Mündung  der  Vagina  vor- 
geschoben; der  Titillator,  wo  vorhanden,  behält  dabei  die  gleiche 
Funktion  wie  bei  den  Grillen.  Sehr  ähnlich  wie  die  meisten 
Locustiden  verhält  sich  auch  Gryllotalpa,  deren  Penis  auch  im  Bau 
beträchtliche  Ähnlichkeit  mit  dem  Locustidenpenis  aufweist.  Unter 
den  Locustiden  scheint  Isopkya  (nach  Berenguier)  ein  primitiveres 
Verhalten  zu  zeigen  als  die  übrigen  höheren  Gattungen.  Bei  diesen 
Begattungsakten  spielen  weder  bei  Biesirammena  noch  bei  Gryllus, 
Gryllotalpa  etc.,  dagegen  bei  allen  höheren  Locustiden  die  Anhangs- 
gebilde des  Hinterleibes,  Cerci  und  Styli,  eine  Rolle  als  Haftorgane. 
Somit  können  wir  dann  von  einer  echten  Begattung  bei  allen  bisher 
daraufhin  studierten  Locustiden  und  Grylliden  sprechen,  wenn  wir 
darunter  eine  direkte  Übertragung  des  Samens,  in  diesem  Fall  in 
Gestalt  der  Spermatophore,  aus  der  männlichen  in  die  weibliche 
Geschlechtsöffnung  verstehen.  Wenn  war  eine  unmittelbare  Berührung 
beider  Geschlechtsöff'nungen  postulieren,  so  müßte  bei  Biesirammena 
allerdings  eine  eigentliche  Begattung  in  Abrede  gestellt  werden. 


So  finden  wir,  wenn  wir  unsere  Ergebnisse  zum  Schluß  noch 
einmal  überblicken,  im  allgemeinen  einen  Typus  der  Copulation 
bei  Grylliden  und  Locustiden  ausgebildet,  der  sich  unter  einheit- 
lichen Gesichtspunkten  betrachten  läßt.  Das  Gemeinsame  liegt  in 
der  Einbringung  einer  Spermatophore  in  die  Vulva  des  Weibchens 
dnrch  das  unter  ihm  befindliche  Männchen.  Die  Stellung  des  Männ- 
chens läßt  sich  von  einem  bei  allen  Grillen  und  bei  den  primitivsten 
Locustiden  vorkommenden  Modus  zurückführen.  Die  Spermato- 
phore weist  drei  nach  verschiedenen  Richtungen  entwickelte  Modi- 
fikationen auf,  die  sich  aber  von  einer  gemeinsamen  Ausgangsform  ab- 
leiten lassen.  Die  heutigen  Grylliden,  Gryllotalpiden  und  Locustiden 
haben  sich  nach  so  verschiedenen  Richtungen  entwickelt,  daß  ihre  höher 
entwickelten  Formen  beider  Reihen  auch  in  ihrer  Copulationsform  und 
der  Beschaffenheit  ihrer  Spermatophoren  nicht  direkt  aufeinander 
zurückgeführt  werden  können.  Vielleicht  stehen  der  gemeinsamen 
hypothetischen  Ausgangsform  in  dieser  Beziehung  unter  den  Locusti- 
den die  Stenopelmatiden  nahe,  die  wenigstens  bei  der  einzigen  bis- 
her beobachteten  Form  einen  besonders  primitiven  Begattungsmodus 
und  Bau  der  Spermatophore  aufweisen,  die  allerdings  bereits  eine 


Copulation  und  Spermatophoreu  von  Grylliden  und  Locustiden.  527 

echte  Locustiden-Spermatophore  darstellt.  Inimerliin  scheint  der  Ver- 
such, nach  „Übergangsfornien"'  zwischen  den  wohlfixierten  Copulations- 
vorgängen  der  extrem  entwickelten  Grylliden-  und  Locustidenformen 
nicht  g-anz  aussichtslos  zu  sein.  Weitere  Untersuchungen  an  Tridac- 
Ujlus,  CyUndrodes,  an  Stenopehnatiden  und  Gryllacriden  dürften  hier 
vor  allem  angezeigt  sein.  Von  der  ausführlichen  Publikation 
BoLDYREv's  ist  viel  für  unseren  Gegenstand  förderliches  zu  erwarten; 
in  diesem  Sommer  habe  ich  Beobachtungen  an  der  Stenopelmatide 
Troc/lophilus,  an  Meconema,  Locusta  und  sonst  an  möglichst  vielen  mir 
erreichbaren  Locustiden  vor;  von  diesen  bedarf  insbesondere  die 
Gruppe  der  l'haneropteriden  genauer  Beobachtungen  möglichst  vieler 
Arten.  Ich  hoffe,  in  einer  zweiter  Abhandlung  Ergänzungen  zu 
dem  hier  niedergelegten  Material  und  vielleicht  auch  neue  Beiträge 
zu  einer  Deutung  der  Befunde  geben  zu  können. 

Breslau,  Ende  April  1913. 
Nach  Ergänzung:   7.  Juni  1913. 


528  Ulrich  Gerhahdt, 


Literaturverzeichnis. 


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lation,   in:   Kansas  Univ.   Science  Bull.,   Vol.   5,    1911,   p.   323. 

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Nimes,  Ae  35,    1907,  p.    1. 

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Russe  EntomoL,   Vol.   11,    1911,  p.   437. 

7.  — ,     Begattung    und     Spermatophoren    bei    Tachycines     asynamorus 

Adel.,  und 

8.  — ,    Über    die    Spermatophoren    einiger    Locustodea    und    Gryllodea, 

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Esp.  Hist.  nat.,   Vol.   16,    1888. 

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11.  — ,  Monographie  der  Phaneropteriden,  Wien    1878. 

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13.  — ,  Monographie    der  Stenopelmatiden    und   Gryllacriden,    in:    Verh. 

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Copulatiou  niul  Speniiatoiilioren  von  Giyllideii  und  Locustiden.  529 

14.  Cholodkowsky,   N.,  Über  Spermatophoren,  besonders  bei  Insekten, 

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bei  Orthopteren,  in:   Verb.  zool. -bot.  Ges.  Wien,  1871,   angeführte 
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21.  — ,   Die  Insekten,  München    1877. 

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1905,  p.   1. 

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spermatophores  of  crickets,  in:  Ann.  entomol.  Soc.  Amer.,  Vol.  4, 
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24.  Koeschelt,   E.   und   K.  Heidee,   Lehrbuch  der  vergleichenden   Ent- 

wicklungsgeschichte der  wirbellosen  Tiere,   Allgemeiner  Teil,  Jena 
1902   (angeführte   Stelle  p.   434). 

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1838  (p.  369). 

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ibid..  Vol.  4,   1855,  p.  244. 

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Heuschrecken),    in:    Ztschr.    wiss.    Insektenbiol.,    Vol.    3,     1907, 
p.    117,    146. 

30.  RüSEL    V.    Rosenhof,    August   Johann,    Der    monatlich    heraus- 

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33.  TÜMPEL,   R.,   Die  Gradflügler  Mitteleuropas,  Neue  Aufl.,   Gotha  1908. 


530  Ulrich  Gerhardt, 

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pest, Vol.  2,   1885,  p.   19. 

35.  VOSSELEK,  A.,   Beiträge  zur  Faunistik  und  Biologie  der  Orthopteren 

Algeriens    und    Tunesiens.    II.    Teil,    in:    Zool.    Jahrb.,    Vol.    17, 
Syst.,    1903,  p.    1. 

36.  WÜNN,  H.,    Beobachtungen  über  eine  in  Mitteleuropa  eingeschleppte 

Höhlenheuschrecke,  in:    Ztschr.   wiss.   Insektenbiol,  Vol.   5,    1909, 
p.  83. 


Copulation  und  Spermatophoren  vou  Gryllideu  uud  Locustiden.  531 


Erklärung  der  Abbildungen. 


Die  Figg.  1 — 5  wurden  mit  dem  SElBERT'schen  Präpariermikroskop 
von  Frl.  Helene  Limpeicht  gezeichnet,  Fig.  2  und  4  alsdann  auf  die 
Hälfte  verkleinert,  die  Figg.  6  —  8  nach  an  Ort  und  Stelle  entworfenen 
Skizzen  des  Verfassers  von  Herrn  L.  Pohl  gezeichnet.  Die  Photogramme 
wurden  von  Herrn  Priv.-Doz,  Dr.  Pax  und  von  Herrn  stud.  W.  Oelze 
angefertigt. 

Tafel   17. 

Fig.  1.  Hinterleibsende  von  A^etnobhis  sylvestris  L.  ^,  Dorsalansicht, 
a)   „Penis"   eingezogen,   b)   ausgestülpt. 

Fig.  2.  Ausgestülpter  „Penis"  von  Diestrammena  marmoraia  de  Haan. 
Supraanalklappe,  Titillator,  hakenförmige  Fortsätze  sichtbar. 

Fig.  3.  Spermatophore  von  Diestrammena  martnarata,  konserviert  in 
C ARNO Y 'scher  Flüssigkeit. 

Fig.  4.  Spermatophore  von  Gryllotalpa  vulgaris,  a)  Seitliche  An- 
sicht,  b)   von  der  Kante  gesehen. 

Fig.  5.  Spermatophore  von  Ti/lopsis  liliifolia,  konserviert  in  Alkohol, 
aufgehellt  in  Xylol  (bereits  vom  Weibchen  angefressen). 

Fig.  6 — 9.  Schematische  Darstellung  der  Begattungsstellung,  Weib- 
chen  schwarz,   Männchen  rot.      Spermatophore  punktiert. 

Fig.  6.      Diestrammena  niarmorata. 

Fig.   7.     Leptopliyes  punctatissima. 

Fig.  8.  Phaneroptrra  falcata.  a)  Das  ]\Iännchen  hat  sich  festgehakt 
und  hängt  am  Weibchen,  b)  es  hat  sich  an  der  Legeröhre  des  Weibchens 
angeklammert,  c)  Endstellung,  die  Spermatophore  fast  vollständig  aus- 
getreten. 

Fig.  9.     Plaiyeleis  roeseli. 


532     U.  Gerhardt,  Copulation  u.  Spermatophoren  von  Grylliden  u.  Locustiden. 

Tafel   18. 

Fig.  1 — 3.  Mikrophotogramme  von  Grillen-Spermatophoren  bei  gleicher 
Vergrößerung. 

Fig.   1.     Liogrylhis  campestris. 

Fig.   2.      Gryllus  domesiicus. 

Fig.  3.     Nemohius  sylvestris. 

Fig.  4.  Spermatophore  von  Gryllotalpa  vulgaris,  schwächer  ver- 
größert. 

Fig.  5.  Weibchen  von  Phaneroptera  falcata  mit  Spermatophoren. 
a)  Frische  Spermatophore,  b)  Sperraatophorenhülle  entfernt,  Ampullen 
sichtbar,   c)  Spermatophore   ca.  48   Stunden  nach  der  Begattung. 

Fig.  6.  AVeibchen  von  Leptophyes  punctalissima  mit  frischer  Spermato- 
phore. 

Fig.  7.  Weibchen  von  Plaiycleis  grisea ,  nur  die  Ampullen  der 
Spermatophore  in   der  Vulva. 

Fig.  8.  Caudalansicht  der  Hinterleibsspitze  mit  Spermatophore  von 
Platydeis  roeseli.  Die  Ampullen  und  die  beiden  großen  Lappen  der  Hülle 
sichtbar. 

Fig.  9.     Weibchen    von   Thamnoihrizon   cinereus    mit  Spermatophore. 

Fig.  10.  Weibchen  von  Locusta  viridissima.  a)  Mit  frischer  Spermato- 
phore, b)  nur  mit  den  Ampullen. 

(Fig.   5 — 10.      Photogramme  in  Formol  konservierter  Objekte.) 


G.  Pätz'sche  Buchdr.  Lippert  &  Co.  G.  m.  b.  H.,  Naumburg  a.  d.  S. 


ZooloqJahrbücher  Bd.35Abt  fSyst. 


TaC  17. 


Verlag  von  ßuSt.'fBcWi„j^, 


Zoolog.  Jahrbücher  Bd.  35  Abt.  f.  Syst. 


Taf.  IS. 


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Pax,  Oelze  pbot. 

Gerhardt. 


Verlag  von  «Uta»  Fischer  in  Je 


Xachdniek  rerbvUu. 
Vb^rielsunQsrfcht  vorbehalten. 


Die  Formvariabilität  der  Beckeuknochen  bei 
nord-atlantischeu  Bartenwalen. 


Von 
^Villy  Ausjustiu. 

Mit  Tafel  19—20. 


In  den  älteren  Werken  über  Cetaoeen  sind  die  Beschreibungen 
der  rudimentären  Beckenknochen  nur  spärlich,  weil  nur  wenig 
Exemplare  überhaupt  zur  l'ntei-suchung-  gelangten  und  weil  die 
Beckenknochen,  die  nur  aus  zwei  zu  beiden  Seiten  des  Anus  liegenden 
Knochenspangen  bestellen,  leicht  überselien  wurden,  da  sie  ohne 
knöcherne  Verbindung  mit  der  "Wirbelsäule  zwischen  den  Muskel- 
massen liegen.  Soweit  es  mir  möglich  war.  habe  ich  die  Werke  aus 
der  2.  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  durchgesehen,  um  festzustellen, 
wer  die  Beckenknochen  zum  erstenmal  gefunden  und  beschrieben  hat. 
In  den  Werken  von  Linxk  ilTtki»  und  Ono  Fabricius  (^1780.  der 
besonders  viel  Gelegenheit  hatte.  Wale  anatomisch  zu  untei-suchen, 
sowie  bei  dem  Grafen  Lackpede  (1804"*  war  über  das  Becken  der 
Wale  nichts  zu  linden.  Jedoch  läßt  sich  aus  der  Übersetzung  des 
Hr^TEK'schen  Buches  „Observations  on  the  structure  and  oeconomy 
of  Whales"  (^in:  Phil.  Trans.  Roy.  Soc.  London  1787  Vol.  77^  von 
Gottlob  Schneider  ersehen,  daß  einer  der  Ersten,  wenn  nicht  der 
Ei-ste,  der  die  Beckenknochen  fand,  der  Holländer  Peter  Camper 
gewesen  ist.  Schneider  zitiert  Camper  —  und  es  handelt  sich  wahr- 
scheinlich um  das  Werk  von  1777.  das  ich  leider  nicht  erhalten 
konnte  —  daß  ..bey  allen  Walltischarten  nur  die  Hinterbeine  fehlen, 

Zool.  .I.^hrl>.  XWV.     Abt.  f.  Syst.  3Ö 


534  Wir.LY  Augustin, 

die  Schambeine  seyen  aber  bey  allen  Geschlechtern  sehr  kenntbar". 
HüNTER  (1787),  der  sie  bei  der  Beschreibung-  der  weiblichen  Genitalien 
nicht  erwähnt,  schien  nicht  gewillt  gewesen  zu  sein,  sie  als  Scham- 
beine anzusehen,  sondern  betrachtete  sie  nur  als  Befestigungsmittel 
für  die  Schenkel  des  Zeugegliedes.  Beim  weiblichen  Wale  fand 
Seignette  und  beim  weiblichen  Braun  fisch  Tyson  die  rudimentären 
Beckenknochen.  Zu  der  Angabe  Merk's  (1789):  „die  Wale  haben 
alle  ein  Becken"  schreibt  Schneidee:  „Aus  den  angeführten  Zeug- 
nissen erhellt,  daß  hier  höchstens  nur  ein  Schambein  zur  Befestigung 
des  Gliedes  und  der  Mutter  vorhanden  sey.  Und  dies  alles  wollte 
H.  Meek  wahrscheinlich  auch  nur  unter  dem  Namen  Becken  ver- 
standen wissen."  Bis  zum  Anfang  des  19.  Jahrhunderts  blieb  es 
auch  nur  bei  Beschreibungen  der  Beckenknochen.  Der  erste  Forscher, 
der  das  rudimentäre  Becken  richtig  abbildete,  ist  ohne  Zweifel 
RuDOLPHi  in  der  Abhandlung:  „Einige  anatomische  Bemerkungen 
über  Balaena  rostrata  (B.  borealis  Less.)"  1822.  Wohl  hatte  Albees 
schon  1818  in  „Icones  ad  illustrandam  Anatomen  comparatam"  der 
Abbildung  des  Walskeletes  unter  der  Wirbelsäule  vor  den  Schwanz- 
wirbeln einen  unpaaren  Knochen  beigefügt,  den  er  als  Beckenknochen 
anspricht.  „Os  singulum  libere  pendens  in  parte  sceleti  inferiori  et 
posteriori  os  pubis  mihi  videtur  esse,  quod  in  Delphino  Phocaena  e 
duobus  constituitur  ossibus  discretis  semilunaribus."  Dieser  Knochen 
war  RuuoLPHi  „ein  Räthsel",  und  er  war  geneigt,  ihn  für  ein  schlecht 
abgebildetes  Zungenbein  zu  halten.  Die  Figur,  die  sich  bei 
Rudolph:  findet,  stellt  den  rechten  Beckenknochen  in  natürlicher 
Größe  dar,  in  der  Mitte  knöchern,  an  beiden  Enden  knorplig  und 
zum  Teil  von  der  Beinhaut  umschlossen.  Anders  als  Rudolphi  und 
ähnlich  wie  Albees  beschrieb  Cuviee  in  den  „Ossemens  fossiles" 
1823  das  Becken.  Wenn  er  auch  zugibt,  daß  bei  dem  Delphin  das 
Becken  aus  2  getrennten  länglichen  Knochen  besteht,  die  an 
beiden  Seiten  des  Anus  liegen  und  die  er  nach  den  Muskeln,  die 
an  ihnen  befestigt  sind,  für  die  Ischia  hält,  so  weicht  seine  Be- 
schreibung des  Beckens  von  Balaena  und  vom  „rorqual  du  Cap"  be- 
deutend ab.  Beim  Rorqual  soll  der  Beckenknochen  die  Form  eines 
Kreuzes  haben,  dessen  Enden  fast  gradlinig  sind.  Bei  der  großen 
Balaena  ist  es  aus  3  Stücken  zusammengesetzt,  von  denen  das  mittlere 
kreuzförmig  ist  und  an  den  Körper  des  Os  hyoideum  des  Menschen 
erinnert,  und  2  schloßenartigen  Anhängen,  die  mit  den  Enden  des 
vorher  beschriebenen  articulieren.  Rudolphi  ist  der  Meinung,  daß 
Delalande,  auf  den  Cuvier  sich  beruft,  durch  Suggestionsfrageu  an 


Beckenknochen  bei  uord-atlantischen  Bartenwalen.  535 

Sklaven  lierauso^efunden  zu  haben  glaubte,  daß  es  sich  um  ßecken- 
knochen  handelte.  So  falsch  wie  die  Abbildungen  bei  älbers  und 
CuviER,  so  dunkel  sind  die  Beschreibungen  bei  Rosenthal  u.  Horn- 
scHüCH  (18:^5).  nach  denen  vom  ersten  Processus  spinosus  inferior 
2  lange  Fortsätze  zum  After  divergieiend  in  die  Höhe  gehen  sollen. 
Ebentalls  fehlerhaft  ist  die  anatomische  Darstellung  des  Beckens 
durch  Paeder  u.  u'Alton  (1827),  die  einen  querlaufenden,  platten, 
unpaai'en  Knochen  gefunden  haben  wollen,  der  die  beiden  fast 
zylindrischen  Beckenknochen  miteinander  verbinden  soll.  Und 
Mayer  (1835)  beschreibt  vielleicht  nach  demselben  Skelet  eine  aus 
2  platten  Knochenstücken  bestehende  Querverbindung  der  beiden 
zylindrischen,  parallel  liegenden  Beckenknochen.  Dagegen  gaben 
DuBAR  und  VAX  DER  LiNDEN  (1828)  und  RuDOLPHi  (1829)  genaue 
Beschreibungen  und  Abbildungen  von  Walbecken.  Doch  bin  ich 
auch  der  Meinung  von  0.  Abel  (Anm.  zur  „Morphologie  der  Hüft- 
beini'udimente  der  Cetaceen"  Wien  1907),  daß  bei  Rudolphi  in  der 
Abbildung  Vorder-  und  Hinterende  vertauscht,  der  Knochen  nicht 
von  außen,  sondern  von  oben  gezeichnet  ist.  Rüdolphi's  Schluß- 
folgeiung,  daß,  wenn  bei  2  Walen,  Balaena  rostrata  =  horealis  Less. 
und  Balaena  longimana,  die  er  untersuchte,  und  vielleicht  bei  einem 
3.  von  Durah  und  van  der  Linden  beschriebenen,  das  rudimentäre 
Becken  der  W^ale  aus  2  Knochen  zu  jeder  Seite  der  Genitalregion 
bestände,  dies  bei  allen  Walen  der  Fall  sein  dürfte,  hat  sich  in  der 
Folgezeit  bestätigt.  Vervollständigt  wurden  die  Beschreibungen  des 
Beckens  durch  die  Entdeckung  weiterer  zur  Beckenregion  gehöriger 
Teile.  So  fand  nach  W.  H.  Flower  „Observations  upon  a  Finwhale 
(Physalus  antiquorum  Gray)  recently  stranded  in  Pevensey  Bay" 
(in:  Proc.  zool.  Soc.  London  (1865)  Reinhardt,  daß  neben  den  ge- 
wöhnlich(Ui  länglichen  Knochen  beim  Gröiilandwal  ein  2.  mehr  rund- 
licher Knorpel  vorhanden  ist,  der  durch  ligamentöse  Fasern  an  dem 
1.  befestigt  ist.  Etwas  später  haben  Esciikicht  u.  Reinhardt  in  ihrer 
Abhandlung  ,.0n  the  Greenland  Rhigt  Whale''  (1861)  bekannt  gegeben, 
daß  in  einigen,  wenn  auch  nicht  allen  F^xemplaren  dieser  Art  ein 
3.  Stück  an  dem  distalen  Ende  des  2.  hängt.  Diese  beiden  Teile 
wurden  als  die  Übei-reste  der  hinteren  Extremitäten,  des  Femui's,  das 
zum  Teil  verknöchert  aufgefunden  wurde,  und  der  Tibia,  die  nur 
knorplig  vorkam,  gedeutet,  obgleich  Eschricht  zunächst  dazu  ge- 
neigt hatte,  besonders  solange  nur  ein  Paar  der  Anhänge  bekannt 
war,  sie  als  den  Beutelknochen  der  Marsupialia  ähnliche  Knochen 
anzusehen.    In  dieser  Arbeit  beschreibt  Flower  das  Femurrudiment 

35* 


536  Willy  Augustin, 

des  Finwals  als  ein  deutliches  „nodule  of  cartilage"  von  leicht  ge- 
drückter, unreg-elmäßiger  ovaler  Form,  das,  in  eine  fibrinöse  Kapsel 
eingehüllt,  mit  Fibrillen  außen  am  Hauptknochen  in  der  Mitte  auf- 
gehängt ist.  Das  Femurrudiment  von  Megaptera  hoops  entdeckte 
EscHKiCHT,  bei  Balaenoptera  horealis  ist  es  bis  heute  nicht  gefunden 
w^orden.  Weiter  verglichen  die  Forscher  die  ßeckenrudimente  mit 
dem  vollentwickelten  Becken  der  Wirbeltiere  und  versuchten,  sie 
mit  dessen  Hauptknochen  zu  identifizieren.  Ich  verweise  hier  gleich 
auf  die  Abhandlung  von  0.  Abel  „Die  Morphologie  der  Hüftbein- 
rudimente der  Cetaceen"  (Wien  1907),  die  die  wesentlichsten  An- 
schauungen unserer  größten  Cetologen  enthält.  W.  Rapp  als  Erster 
sah  die  Knochen  mit  Rücksicht  auf  das  Verhalten  des  Corpus  caver- 
nosum  als  Ossa  ischii  an.  Escheicht  u.  Reinhardt  deuteten  beim 
Grönlandwal  den  hinteren  längsten  Teil  als  Ischium,  den  vorderen 
kürzeren  als  Pubis,  den  äußeren  als  Hium.  Da  sie  aber  nur  ein 
Ossifikationszentrum  vorfanden,  sprachen  sie  den  Knochen  als  Ischium 
an.  Dieser  Auffassung  waren  auch  die  hervorragendsten  Forscher, 
wie  HuxLEY,  Steuthers,  Leche,  Flowee,  Malm,  Reynolds,  Weber, 
Geevais,  van  Beneden  und  Yves  Delage.  0.  Abel  hat  nun  seinen 
Deutungsversuchen  nicht  embryologische,  sondern  paläozoologische 
Untersuchungen  zugrunde  gelegt  und  kommt  zu  folgendem  Resultat: 
beim  Finwal  ist  der  vordere  Abschnitt  als  Hium,  der  hintere  als 
Ischium,  der  seitliche  als  Pubis  aufzufassen,  dasselbe  gilt  auch  vom 
Buckel-  und  Seihwal.  Es  ist  Ansichtssache,  welcher  der  beiden 
Richtungen  man  sich  anschließen  will,  ich  stehe  auf  dem  Standpunkt, 
solange  man  nicht  ein  weiteres  Ossifikationszentrum  nachweisen 
kann,  den  Knochen  als  einheitliche  Anlage  anzusehen  und  ihn  mit 
dem  Ischium  zu  homologisieren. 

In  den  Werken  unserer  großen  Walforscher  ist  bereits  auf  die 
Variabilität  in  der  Form  der  Beckenknochen  hingewiesen  worden. 
Doch  sind  die  Maße,  die  von  ihnen  angegeben  wurden,  sehr  spär- 
lich und  beziehen  sich  gewöhnlich  nur  auf  die  Länge  und  größte 
Breite.  Von  Steuthers  liegen  nähere  Angaben  über  das  Grönwal- 
becken  vor  und  eine  Tabelle,  die  2  Finwalbecken  vergleicht.  Herr 
Geheimrat  Prof.  Dr.  Beaun  stellte  mir  liebenswürdigerweise  eine  An- 
zahl von  Walbecken,  die  er  auf  Island  und  den  Fa^röern  gesammelt 
hat,  zur  Verfügung  und  veranlaßte  auch  die  Übersendung  weiteren 
Materials  aus  Berlin  und  Hamburg.  Für  die  Anregung  zu  vor- 
liegender Arbeit  sowie  für  die  Unterstützung  bei  meinen  Unter- 
suchungen wie  für  die  Erlaubnis,  seine  reichhaltige  Privatbibliothek 


Beckeukuüchen  bei  nonl-atlantischen  Bartenwalen.  537 

heiHitzen  zu  diirfen.  spreche  ioli  Herrn  Gelieimrat  Prof.  Dr.  Braun 
nieiiieii  eioebensten  Dank  aus.  Auch  Herrn  Prof.  Dr.  Lühk  sowie 
Herrn  Dr.  Hentschei.  in  Hamburg,  der  mir  Besclireibungen  und 
l)hoto2:rai)hisclie  Abbilduns^en  der  am  Skelet  montierten  Walbecken 
des  Hambur<?er  Natui-historischen  Museums  übersandte,  möchte  ich 
an  dieser  Stelle  für  ihre  Hilfe  danken.  Die  zahlreichen  Photographien 
stellte  mein  ?'reund  Kugen  Nickel  in  Königsberg  her,  dem  ich  eben- 
falls meinen  Dank  hiermit  abstatte. 

Bevor  ich  zu  den  Beschreibungen  der  Becken  übergehe  —  ich 
untersuchte  die  4  Arten  Fin-,  Buckel-.  Blau-  und  Seihwal  —  möchte 
ich  zunächst  die  Art  der  Messungen  in  den  Tabellen  erklären.  Die 
Maße  AB,  AC,  BC,  in  den  Tabellen  als  Außenmaße  bezeichnet, 
geben  die  Länge  der  Knochen  (AB)  und  die  Lage  des  seitlichen 
Vorsprunges  an.  Die  Breitenmaße  wurden  an  folgenden  Stellen  ge- 
nommen. Von  der  Spitze  des  Vorsprunges  mißt  man  die  Breite  und 
teilt  das  proximale  Ende  in  3,  das  distale  Ende  in  2  Teile.  Diese 
Punkte  sind  in  der  Tabelle  mit  %,  Vs,  Vorsprung,  Va  bezeichnet. 
Die  Dicke  der  Knochen  wird  an  denselben  Stellen  gemessen  wie  die 
Breite.  Die  Maße  der  Konkavitäten  der  Ränder  und  Ober-  und 
Unterflächen  sind  stets  die  größten.  Wo  durch  besondere  Umstände 
andere  Meßweisen  empfehlenswerter  erschienen,  ist  dies  in  der  Be- 
schreibung vermerkt. 

Das  Becken  von  Balnenoptet'a  j^hf/salus  h. 
{B.  niusculus  auct.)  Finwal. 

An  Material  standen  mir  zur  Verfügung  3  Becken  (1  c?,  2  $$) 
aus  dem  Königsberger  Museum,  1  ganzes  und  V2  Becken  aus  dem 
Berliner  Museum,  ersteres  von  einem  jungen  Tier,  letzteres  besonders 
interessant  geformt,  ferner  l  ganzes  und  V2  Becken  aus  dem  Ham- 
burger Naturhistorischen  Museum. 

Interessante  Mitteilungen  über  das  Becken  vom  Finwal  liegen 
vor:  von  Flower  in  „Notes  of  the  skeletons  of  Whales  etc."  (in: 
Proc.  zool.  Soc.  London  1864)  und  „Upon  a  Finwhale,  recently 
stranded  in  Pevensey  Bay"  (ibid.,  1865),  von  Yves  Delage  in 
,.Histoire  du  Balaenoptera  musculus,  echoue  sur  la  plage  de  Langrune" 
(in:  Arch.  Zool.  exper.  (2),  Vol.  3,  1885),  von  Van  Benedkn  u. 
Gervais  in  „Osteographie  des  Cetaces  vivants  et  fossiles"  (Paris 
1880),  von  Strüthers  in  „On  the  rudimentary  hind-limb  of  a  Great 
Finwhale  (B.  musculus)"    (in:   Journ.   Anat.  Physiol.,   Vol.  27,   1893) 


538  Willy  Augustin, 

und  von  0.  Abel  in  „Morphologie  der  Hüftbeinrudimente  der  Ceta- 
ceen"  (Wien  1907). 

Die  Beckenknochen  liegen  ohne  feste  Verbindung  mit  der  Wirbel- 
säule zwischen  den  ]\Iiiskelmassen  in  der  Anusregiou.  Das  längere 
Ende  weist  nach  vorn,  das  kürzere  nach  hinten,  der  Vorsprung  nach 
außen.  Verbunden  sind  beide  Knochen  durch  ein  starkes  Ligament, 
das  Ligamentum  interischiadicum,  an  dem  die  männlichen  und  weib- 
lichen Genitalorgane  zum  Teil  befestigt  sind.  Für  den  Begattungs- 
akt werden  die  Knochen  mit  Hilfe  der  Körpermuskulatur,  besonders 
durch  den  hinteren  Schwanzmuskel,  der  ebenfalls  am  Becken  an- 
sitzt, dem  großen  Druckmuskel,  der  an  4  Stellen  mit  dem  Becken- 
knochen in  Verbindung  tritt,  und  durch  eine  Eeihe  von  Muskeln, 
die  am  Vorderende  oder  Femur  befestigt  sind,  in  ihrer  Lage  ge- 
halten. Über  die  Muskulatur  der  Beckenregion  liegen  genaue  Be- 
schreibungen von  VvES  Delage  und  Struthees  vor. 

Aus  dem  Werke  von  Struthees  möchte  ich  hier  anführen,  was 
der  Forscher  über  den  Unterschied  der  männlichen  und  weiblichen 
Finwalbecken  schreibt.  ..These  diiferences  are  more  marked  than 
in  the  human  subject.  In  the  female  the  pelvic  bone  ist  shorter. 
more  beut,  broader  at  the  angle,  and,  above  all,  thinner  at  and 
towards  the  hinder  end,  than  in  the  male.  The  shortness  is 
partly  owing  to  the  greater  bend.  The  greater  bend  of  the  bone 
in  the  female  is  probably  related  to  the  diiferences  in  the  external 
Organs,  or  passages.  The  reason  for  the  exceeding  breadth  of  the 
bone  at  the  angle  in  the  female  is  not  evident,  unless  it  be  the 
greather  thickness  in  the  male,  and  that  the  genital  muscular  mass 
goes  farther  forward  on  the  bone  in  the  female."  Diese  von 
Struthees  angegebenen  Unterschiede  können  nach  meinen  Unter- 
suchungen nicht  als  feststehend  angesehen  werden.  Die  3  Becken 
des  Königsberger  Museums,  deren  Geschlecht  sicher  ist,  weichen 
davon  ab.  Das  männliche  Becken  zeigt  die  von  Steuthers  be- 
schriebene Form,  auch  ist  das  eine  weibliche  Becken  bedeutend 
platter  ausgebildet  als  das  männliche.  Jedoch  ist  es  nicht  kürzer 
und  nicht  stärker  gebogen  als  dieses,  sondern  das  Vorderende  zeigt 
fast  gerade  nach  vorn.  Was  die  Länge  anbetrifft,  so  kann  es  mög- 
lich sein,  daß  das  Männchen  ein  nicht  völlig  ausgewachsenes  Tier 
gewesen  ist.  Ganz  abweichend  von  der  STEUTHEEs'schen  Angabe 
verhält  sich  das  2.  weibliche  Becken.  Der  Knochen  ist  am  Hinter- 
ende nicht   abgeplattet,   sondern  stark   entwickelt   mit   rundlichem 


Beckenknocheu  bei  nord-atlan tischen  Barten walen.  539 

Querschnitt.     Kr   übertiiÖ't   den   männlichen   Beckenknochen    in  der 
Län^e  um  ungefähr  80  mm. 


Becken  No.  1  (Fig.  1). 
(^  aus  dem  Königsberger  Museum.) 

Das  rechte  Becken  ist  um  10  mm  kürzei-  als  das  linke,  zeigt 
dagegen  in  der  Kegion  des  seitlichen  Vorsprunges  eine  um  17  mm 
größere  Breite.  Die  spiralige  Drehung  des  Vorderendes,  die  links 
stärker  auftritt,  bewirkt,  daß  die  Breitenmaße  des  rechten  Beckens 
die  des  linken  bis  um  18  mm  (//g  des  Vorderendes)  übertreöen,  während 
folglich  die  Dickenmaße  beim  linken  Becken  bis  um  18,5  mm  (Vs  des 
Vorderendes)  größer  sind. 

Das  rechte  Becken. 

Die  Oberfläche  des  Knochens  ist  in  der  Mitte  konvex,  derart 
daß  die  Fläche  nach  dem  Innenrand  und  der  Spitze  des  seitlichen 
Vorsprunges  abfällt.  Dieser  verschmälert  sich  rasch  bis  zu  einer 
Breite  von  31  mm  in  seiner  Mitte  und  26  mm  an  seinem  Ende,  das 
etwas  abgeschrägt  einige  kleine  Unebenheiten  aufweist.  Auf  der 
Unterseite  des  Vorsprungs  zeigt  sich  eine  starke  Verdickung,  die 
nach  hinten  zu  abgerundet,  nach  vorn  etwas  konkav  in  eine  spitze 
Erhebung  endigt.  Die  Dicke  beträgt  hier  33  mm.  Mit  dem  Innen- 
rande bildet  diese  Erhebung  in  der  Mitte  des  Knochens  auf  der 
Unterseite  eine  konkave  Vertiefung.  Nach  dem  vorderen  äußeren 
Rand  ist  der  Knochen  zu  einer  scharfen  Kante  abgeschrägt,  der 
hintere  äußere  Rand  zieht  in  konkavem  Bogen  bis  fast  zur  Mitte 
des  Hinterendes.  Eine  wulstartige  Erhebung,  die  den  äußeren  Rand 
begleitet,  bewirkt,  daß  er  im  Gegensatz  zu  dem  scharfen  Vorder- 
rande abgerundet  erscheint.  Weiter  nach  hinten  zu  geht  der  äußere 
Rand  etwas  nach  oben,  der  ihm  gegenüberliegende  schärfere  Innen- 
rand nach  unten,  bis  sich  beide  in  dem  unregelmäßigen  Hinterende 
treffen,  das  zahlreiche  kleine  Höcker  und  eine  auf  der  Oberfläche 
nach  dem  Innenrande  zu  liegende  Grube  aufweist.  Das  äußerste 
Ende  ist  abgestumpft,  indem  der  Innenrand  zuerst  langsam,  dann 
schneller  zum  äußeren  hinteren  umbiegt.  Das  Vorderende  zeigt,  wie 
schon  erwähnt,  die  für  den  Finwal  t^'pische  Drehung.  Vom  Vor- 
sprung geht  der  scharfe,  äußere  vordere  Rand  nach  einem  Knick, 
an  dem  sich  auf  der  Oberfläche  eine  wulstartige  Erhebung  vorfindet, 
schräg;  nach  vorn.    Etwa  90  mm  von  der  Biegung  entstellt  auf  der 


540  Willy  Augustin, 

Oberfläche  eine  dachartige  Erhebun;?,  die  man  als  eine  Fortsetzung 
des  äußeren  Vorderrandes  auffassen  kann,  während  sich  der  erste 
in  der  nach  außen  liegenden  Fläche  verliert.  (Die  Begriffe  Breite 
und  Dicke  sind  hier  schwer  auseinanderzuhalten.  Steuthers  meint, 
daß,  da  die  Dicke  nach  vorn  die  Breite  zu  übertreffen  beginnt,  man 
eigentlich  beide  Begriffe  vertauschen  müßte.  Ich  habe  aber  die  alte 
Orientierung  beibehalten.)  Der  erst  gerundete,  neu  entstandene  Rand 
wird  schnell  schärfer  und  geht  in  leicht  S-förmiger  Biegung  bis  zum 
äußersten  Ende,  wo  ihn  der  ebenso  gebogene  Innenrand  trifft.  Durch 
die  spiralige  Drehung  entsteht  eine  konvexe  Innen-  und  eine  mit 
mehreren  Gruben  versehene,  von  denen  eine  in  der  Mitte  besonders 
stark  ausgeprägt  ist,  konkave  Außenfläche.  Das  äußerste  Ende  ist 
halbkreisförmig  abgerundet  und  ist  am  dorsal  gelegenen  Rande  3  mm, 
am  ventralen  7  mm,  am  Vorderrande  9  mm  dick.  Der  Innenrand 
ist  konkav  gebogen  mit  Ausnahme  der  beiden  Enden  des  Knochens. 

Das  linke   Becken. 

Die  äußere  Form  dieser  Hälfte  ist  besonders  in  der  Vorsprungs- 
region von  der  der  anderen  verschieden.  Während  rechts  die  Be- 
grenzung nach  außen  geradlinig  ist,  ist  der  Vorsprung  hier  zuge- 
spitzt, die  äußerste  Spitze  etwas  nach  hinten  umgebogen.  Die  kon- 
kave Begrenzung  der  Verdickung  auf  der  ünterfläche  ist  hier  nicht 
so  deutlich  ausgeprägt.  Am  Vorderrande  des  Vorsprungs  ist  ein 
scharfer  Einschnitt  vorhanden,  den  ich  als  einen  Überrest  des  von 
Steuthers  (1881)  erwähnten  und  von  ihm  als  Foramen  obturatorium 
gedeuteten  anzusehen  geneigt  bin.  Die  spiralige  Drehung  des  Vorder- 
endes ist  stärker  als  rechts,  so  daß  die  Breite  bei  ^3  des  Vorder- 
endes um  18  mm  geringer  ist.  Auch  das  Hinterende  ist  schmaler, 
da  der  hintere  Außenrand  und  der  Innenrand  eine  nach  oben  bzw. 
nach  unten  laufende  Richtung  nehmen.  Auch  bei  dieser  Hälfte  geht 
der  vordere  Außenrand  in  der  konkaven  Außenfläche  des  Vorder- 
endes verloren,  und  es  entsteht  aus  einer  firstartigen  Erhebung  der 
Oberfläche  eine  neue  Kante,  die  aber  nicht  so  scharf  ausgeprägt  ist 
wie  beim  rechten  Knochen.  In  diesem  weiter  nach  vorn  zu  immer 
schärfer  werdenden  Rande  bemerkt  man  einige  Einschnitte.  Die 
konkave  Außenfäche  weist  auch  einige  Gruben  auf,  von  denen  zwei 
ganz  durchlöchert  sind,  während  bei  denen  der  rechten  Hälfte  das 
Licht  nur  durchscheint.  Das  vorderste  Ende  ist  hier  etwas  mehr 
nach  außen  umgebogen,  so  daß  der  Verlauf  des  sonst  konkaven 
Innenrandes  sich  in  diesem  Teile  von  dem  der  rechten  Hälfte  unter- 


Beckenknochen  bei  uortl-atlaiiti.schen  Barteinvaleii.  541 

scheidet.    Die  Oberfläche  des  Knochens  ist  in  der  Mitte  konvex,  fällt 
aber  nach  dem  Yürsprung-  zu  nicht  so  schnell  ab  wie  rechts, 

Becken   No.  2  (Fig.  2). 
($  aus  dem  Königsberger  Museum.) 

Es  besitzt  eine  ähnliche  Form  Avie  das  von  0.  Abel  abgebildete 
aus  dem  k.  k.  Naturhisturischen  Hofmuseum  in  Wien.  Das  Ge- 
schlecht des  Tieres  ist  dort  als  unbekannt  bezeichnet,  doch  dürfte 
man  kaum  fehlgehen,  es  als  ein  Weibchen  zu  betrachten,  da  bei 
den  Männchen  der  seitliche  Vorsprung  stets  stark  ausgebildet  etwas 
hinter  der  Mitte  des  Knochens  liegt.  Das  Vorderende,  das  auf  der 
rechten  Seite  gerade  nach  vorn  gerichtet  ist,  verbreitert  sich  auf 
der  Hälfte  nach  beiden  Seiten  bis  zu  einer  Breite  von  53  mm;  der 
Innenrand  erhält  dadurch  einen  kleinen  Vorsprung,  so  daß  von  einer 
Konkavität  des  Bandes  hier  nicht  die  Rede  sein  kann,  zumal  auch 
nach  dem  Hinterende  zu  der  Verlauf  des  Innenrandes  unregelmäßig 
wellenförmig  ist.  Die  Verbreiterung  des  Vorderendes,  ebenfalls  auf 
58  mm,  findet  auch  auf  der  linken  Seite  statt,  doch  wölbt  sich  hier 
nur  der  Außenrand  stark  aus.  So  erscheint  mit  der  spatelartigen 
Verbreiteiung  des  vordersten  Endes  der  Innenrand  schwach  konkav 
gebogen.  Von  dem  fast  ebenen  Vorsprungsgebiet  entsteht  auf  dem 
Vorderende  eine  dachartige  Erhebung,  die  kurz  vor  der  angegebenen 
breitesten  Stelle  ihre  stärkste  Ausbildung  erreicht.  Die  Dicke  der 
Knochen  beträgt  je  29  mm.  Während  an  dieser  Stelle  beim  linken 
Knochen  die  innere  Abschrägung  ganz  eben,  die  äußere  nur  ein 
wenig  eingesenkt  ist,  zeigt  sich  beim  rechten  innen  eine  schwache, 
außen  eine  stärkere,  muldenförmige  Vertiefung.  Der  bei  beiden 
Hälften  in  der  Vorsprungsregion  scharfe  Innenrand  wird  nach  vorn 
zu  rundlicher,  biegt  auf  der  rechten  Hälfte  vorn  kurz  nach  außen 
um,  während  er  auf  der  linken  nach  innen  eine  rundliche  Vor- 
wölbung besitzt,  so  daß  hier  die  Breiten  links  55  mm,  rechts  38  mm 
um  17  mm  differieren.  Der  rechte  Knochen  endigt  vorn  in  einer 
stumpfen  Spitze,  der  linke  in  einem  mehrmals  eingebuchteten  Rande. 
Das  Vorderende  ist  auf  beiden  Seiten  etwas  nach  unten  gebogen,  so 
daß  die  Unterfläche  konkav  ist.  Der  linke  Außenrand  ist  ver- 
hältnismäßig scliarf  und  zieht  gerade  bis  zur  breitesten  Stelle  des 
Vorderendes  nach  hinten,  biegt  hier  um  und  geht  dann  in  den  wellen- 
förmig gebogenen  Vorderi-and  des  seitlichen  Vorsprunges  über.  Auf 
der   rechten  Seite   nimmt   man  zunächst  vorn  einen  stumpfen,   dann 


542  Willy  Augustin, 

einen  zackigen  mit  der  Spitze  nach  hinten  gerichteten  Vorsprung 
wahr.  Von  da  ab  zieht  der  Außenrand  zuerst  konvex,  dann  konkav 
nach  der  Spitze  des  Vorsprunges  hin.  Die  seitlichen  Vorsprünge 
sind  ihrer  Form  und  Lage  nach  untereinander  verschieden.  Der 
rechte  mehr  gedrungen,  besitzt  am  Vorderrande  einen  Einschnitt  wie 
den  beim  vorigen  Becken  erwähnten.  Seine  rundliche  Spitze  ist 
nach  außen  gerichtet.  Am  Hinterrande,  der  konkav  zum  Hinterende 
verläuft,  zeigt  sich  ein  kleiner  abgerundeter  Vorsprung.  Der  Vor- 
sprung auf  der  linken  Seite  ist  schmaler,  seine  gleichmäßig  abge- 
stumpfte Spitze  überragt  nach  hinten  das  bei  diesem  Knochen  stark 
rückgebildete  Hinterende.  Dieses  ist  auf  der  i'echten  Seite  etwas 
nach  außen  umgebogen,  links  schräg  nach  innen  hinten  gerichtet. 
Die  Dicke  .variiert  um  6  mm  (rechts  3,5,  links  9,5).  Da  hier  das 
Hinterende  so  stark  reduziert  ist,  habe  ich  die  Breite  des  Vorder- 
endes an  drei  Stellen  gemessen  und  diese  in  der  Tabelle  mit  ^Z^, 
^/a,  Vi  bezeichnet. 

Becken  No.  3  (Fig.  3). 
($  aus  dem  Königsberger  Museum.) 

Die  Form  dieses  Beckens  ist  ganz  verschieden  von  dem  eben 
beschriebenen  weiblichen  Becken  und  dem  zuerst  besprochenen 
männlichen  wesentlich  ähnlicher.  Der  stark  ausgebildete  Vorsprung 
liegt  mehr  nach  der  Mitte  des  Knochens  zu,  der  nicht  wie  beim 
anderen  weiblichen  Becken  so  abgeplattet  erscheint. 

Das  rechte   Becken. 

Das  schräg  nach  innen  weisende,  rundliche  Hinterende  ist  auf 
seiner  zweiten  Hälfte  ein  wenig  nach  hinten  umgebogen.  Die  Ober- 
fläche ist  rundlich  konvex  und  zeigt  auf  der  zweiten  Hälfte  3  tiefe, 
unregelmäßige  Gruben.  Am  äußersten  Ende  ist  eine  schräg  nach 
hinten  oben  liegende  Fläche  wahrzunehmen.  Der  konkave,  rundliche 
Außenrand  verbreitert  sich  nach  hinten  zu,  so  daß  eine  Außenfläche 
am  Knochen  entsteht,  die  in  der  Struktur  ebenfalls  zahlreiche  Un- 
regelmäßigkeiten aufweist.  Dasselbe  gilt  vom  Innenrand,  der  in 
der  Vorsprungsregion  schwach  konkav  gebogen  und  sanft  gerundet, 
nach  hinten  breiter  wird  und  eine  ausgesprochene  Innenfläche  bildet, 
die  in  der  Mitte  am  breitesten  ist  und  weiter  nach  hinten,  wo  die 
vorher  erwähnten  Gruben  auf  der  Oberfläche  liegen,  schmaler  wird 
und   nach   oben   und   unten   unregelmäßig  begrenzt  ist.    Die  Unter- 


Bockenknuchen  bei  nord-atlautisclien  Barteinvaleu.  543 

fläche  des  Hinterendes  ist  um  änßeifften  Knde  nach  oben  abgeschrägt 
von  unregelmäßiger  Struktui-.  Nach  dem  Vorsprunge  zu  ist  die 
Fläche  am  Außenrande  stark  abgerundet.  Am  Innenrande  ist  der 
Knoclien  verdickt.  Es  zeigen  sich  Gruben  und  eine  unregelmäßige, 
längliche  Kinsenkung  auf  dieser  Seite  der  Unterfläche.  Allmählich 
wird  die  Fläche  ebener,  bis  sie  in  der  Vorsprungsregion  eine  hori- 
zontale Lage  einnimmt.  Der  hier  nach  unten  verdickte  Vorsprung, 
die  Wölbung  des  Hinterendes  und  das  nach  unten  gebogene  Vorder- 
ende lassen  diese  Partie  des  Knochens  konkav  erscheinen.  Die  Ver- 
dickung des  Vorsprunges  auf  der  Unterfläche  ist  nach  der  Spitze  zu 
abgerundet  und  dort  am  breitesten.  Sie  zieht  pai-allel  dem  Hinten- 
Außenrande  nach  innen  und  verschmälert  sich.  Nach  vorn  ist  sie 
abgeschrägt,  nach  hinten  fällt  sie  steil  ab  mit  einer  Einsenkung,  die 
am  Außenrande  am  tiefsten  ist.  Die  Verdickung  ist  50  mm  lang 
und  mißt  an  der  breitesten  Stelle.  20  mm  von  der  Spitze,  33  mm. 
Die  Oberfläche  der  Vorsprungsregion  ist  eben,  nach  dem  lunenrande, 
der  nur  hier  deutlich  ei'kennbar  ist,  abgerundet.  Die  Spitze  des 
Vorsprungs  ist  etwas  nach  unten  gebogen,  wobei  der  Vorderrand 
tiefer  zu  liegen  kommt  als  der  Hinterrand.  Die  äußere  Begrenzung 
ist  rundlich,  nach  dem  Hinterrande  weniger  schwach  als  nach  dem 
Vorderrande  umgebogen.  Am  Vorderrande,  kurz  bevor  die  Fläche 
nach  dem  Vorsprung  abfällt,  liegt  der  Einschnitt,  der  beim  Finwal- 
becken  bereits  erwähnt  wurde.  Die  Drehung  des  Vorderendes  tritt 
bei  diesem  Becken  gleich  hinter  der  Vorsprungsregion  ein.  Der 
Innenrand  des  soeben  genannten  Teiles  des  Knochens  verbreitert  sich 
und  geht  in  eine  leicht  konkave  Fläche  über,  die  schräg  nach  innen 
unten  sieht.  An  der  Grenze  des  Vorderendes  und  des  Vorsprunges 
bildet  sich  innen  ein  neuer,  scharfer  Innenrand  aus,  der  stark  nach 
oben  und  etwas  nach  innen  gebogen  ist.  Von  hier  fällt  die  Ober- 
fläche sehr  schräg  nach  dem  sanft  gerundeten,  fast  gerade  gestreckten 
Vorderrande  ab.  Auf  der  Hälfte  des  Vorderendes  senkt  sich  der  Innen- 
rand wieder,  biegt  etwas  nach  außen  um  und  zieht  in  gerader  Linie 
nach  der  Spitze  des  Knochens.  Kr  verliert  allmählich  an  Schärfe 
und  geht  in  kurzem  Bogen  in  die  lundliche  Fläche  über,  die  den 
Knochen  vorn  begrenzt.  Der  sich  ebenfalls  verbreiternde  Außen- 
rand verläuft  dem  Innenrande  nahezu  i)arallel,  senkt  sich  mehr  nach 
unten,  so  daß  die  Richtung  der  Oberfläche  dieselbe  bleibt,  wie  in 
der  ersten  Hälfte  des  Vorderendes.  Nach  der  Spitze  zu  wird  der 
Außenrand  wieder  schärfer  mit  unregelmäßigen  Vorsprüngen.  Die 
Oberfläche   ist   ein  wenig  eingesenkt  mit  einer  Wölbung  am  Innen- 


544  Willy  Augüstin, 

rande.  Die  Unterfläche  des  Vorderendes  zerfällt  in  2  Teile.  Der 
eine  ist  die  Fortsetzun;^  der  Fläche  der  Vorsprungsregion,  ist  rund- 
lich und  verschmälert  sich  nach  vorn  zu.  Der  andere  Teil  entsteht 
durch  die  oben  erwähnte  Verbreiterung  des  Innenrandes,  ist  schräg 
von  oben  innen  nach  unten  außen  gerichtet  und  längs  der  Mitte 
wenig  eingesenkt.  Im  letzten  Drittel  des  Vorderendes,  wo  der 
Außenrand  schärfer  wird  und  der  Innenrand  sich  verbreitert,  nimmt 
die  Unterfläche  eine  mehr  horizontale  Lage  an  und  erhält  in  der 
Mitte  eine  Vorwölbung,  die  nach  beiden  Seiten  sanft  abgerundet  ist. 
Der  Vorderrand  des  Knochens  geht  in  kurzem  Bogen  in  den  Innen-, 
in  längerem  Bogen  in  den  Außenrand  über.  Die  Struktur  des 
Knochens  am  Vorsprung  und  den  beiden  äußersten  Enden  ist  sehr 
unregelmäßig. 

Das  linke  Becken. 

Das  Hinterende  ist  in  Ober-  und  Unterseite  dem  rechten  sehr 
ähnlich,  etwas  mehr  abgeschrägt  nach  dem  Innenrande  zu.  Es  ist 
hinten  spitzer  begrenzt  und  besitzt  keine  Endfläche  wie  das  rechte. 
Die  Oberfläche  weist  ebenfalls  große,  unregelmäßige  Gruben  auf, 
zwischen  denen  gratartige,  scharfe  Erhebungen  liegen.  Auch  hier 
kann  man  von  einer  Innenfläche  reden,  deren  Begrenzung  mit  der 
Unterfläche  schärfer  als  auf  der  rechten  Seite  ist.  In  der  Vor- 
sprungsregion ist  die  Oberfläche  eben,  nach  dem  Innenrande  schräg, 
nach  dem  Hinterrande  steiler  abgerundet  als  rechts.  Die  Spitze  des 
Vorsprunges,  die  nicht  so  breit  ist  wie  die  rechte,  ist  ebenfalls  nach 
unten  gesenkt,  aber  nach  hinten  umgebogen.  An  der  Biegungslinie 
liegt  am  Vorderrande  eine  kantige  Erhebung  und  20  mm  davon  nach 
der  Mitte  des  Knochens  zu  ein  dem  Einschnitt  auf  der  rechten  Seite 
entsprechendes  Loch,  das  nach  vorn  unten  durch  den  Knochen  geht. 
In  der  Verdickung  des  Vorsprunges  auf  der  Unterseite,  die  sich 
allmählich  aus  der  Unterfläche  erhebt  und  nicht  so  unregelmäßig 
gestaltet  ist  wie  rechts,  liegt  eine  über  erbsengroße  Vertiefung.  Die 
Unterfläche  zeigt  eine  Konkavität,  in  der  sich  nach  dem  Vorderrande 
zu  eine  tiefe  Grube  befindet,  die  Mündungsstelle  der  eben  erwähnten 
Durchlöcherung  des  Knochens,  neben  der  eine  zweite  unregelmäßige 
Vertiefung  wahrzunehmen  ist.  Neben  der  Konkavität  nach  innen 
zu  liegt  eine  schwach  gewölbte  Erhebung,  die  nach  dem  Innenrande 
abgeschrägt  ist  und  nach  der  Unterfläche  des  Vorderendes  hin- 
zieht. Das  Vorderende  ist  dem  rechten  ähnlich  gestaltet.  Der  neue 
Innenrand  entsteht  mehr  vom  Eande  weg  als  rechts,  ist   unregel- 


Beckenknocheu  bei  nord-atlautischen  Barteuwalen.  545 

iiiäßi^,  aber  niclit  so  scliaif  begrenzt  wie  der  rechte.  Die  Innen- 
Unterfläche  ist  melir  ausoehölilt,  die  Oben- Außenfläche  liegt  steiler 
als  auf  der  rechten  Seite.  Die  Wölbung  der  Unterfläche  des  vordersten 
Endes,  das  ebenso  wie  rechts  etwas  gedreht  ist,  ist  hier  stärker, 
die  Abschrägung  nach  außen  unregelmäßiger,  Außen-  und  Innen- 
rand nicht  so  scharf  und  verbieitert  wie  beim  rechten  Becken.  Die 
vorderste  Begrenzung  ist  mehr  abgerundet  als  auf  der  rechten 
Seite.  Die  Dicke  beträgt  hiei*  17  mm  gegen  13  auf  der  anderen 
Hälfte. 

Becken  No.  4. 
(^Aus  dem  Naturhistorischen  Museum  zu  Hamburg.) 

Das  linke  Becken. 

Das  Vorderende  erreicht  eine  größte  Breite  von  47  mm  in  etwa 
60  mm  Entfernung  vom  Endpunkte.  Sein  Innenrand  ist  gleichmäßig 
konvex,  später  leicht  konkav.  Diese  Konkavität  setzt  sich  gleich- 
mäßig fort  bis  fast  zum  Hinterende  des  ganzen  Knochens.  Die 
Schärfe  der  Kante  dieses  Innenrandes  nimmt  kurz  vor  der  Vor- 
sprungsregion ab,  ist  aber  im  ganzen  sehr  gleichmäßig.  Dagegen 
verstreicht  der  sehr  scharfe  Außenrand  in  der  Außen-Unterfläche  des 
Vorsprungs.  Der  nach  vorn  gerichtete  schmale  Rand  des  Vorder- 
endes ist  nicht  scharf,  sondern  gerundet.  Dort  dicht  am  A^'orderende 
hat  der  Knochen  ein  Dicken maximuni,  das  sich  als  Endanschwellung 
eines  flach  gewölbten  Rückens,  der  längs  der  Oberseite  zieht,  dar- 
stellt. Die  Unterseite  zumal  des  vordersten  Endes  ist  eben.  Jener 
Rücken  der  Oberseite  liegt  vorn  mehr  am  Innenrande,  hinten  zieht 
er  mehr  nach  außen  und  geht  in  den  Vorderrand  des  Vorsprunges 
über.  Da  der  Vorsprung  fast  senkrecht,  nur  etwas  nach  außen  ge- 
neigt, zur  Ebene  des  Vorderendes  steht,  so  liegt  jener  Rücken  mit 
der  Vordei'kante  des  Vorsprungs  fast  in  einer  Ebene,  während,  wie 
gesagt,  die  Außenkante  des  Vorderendes  auf  die  stark  gewölbte 
Außen-Unterfläche  der  Vorsprungsregion  zuläuft.  Am  Vorsprung 
prägt  sich  zwischen  seine  beiden  Kanten  und  dem  Innenrande,  die 
alle  3  etwas  erhaben  sind  (nach  oben),  ein  flach  eingesenktes  drei- 
eckiges Feld  aus.  Der  Vorderrand  des  Vorsprunges  ist  stark  konkav, 
und  sein  äußerstes  Ende  erscheint  etwas  nach  vorn  überhängend. 
Es  prägt  sich  ein  ziemlich  selbständiger,  wulstartiger  Oberrand  von 
33  mm  Länge  aus.  Der  Hinterrand  ist  schwächer  konkav.  Die 
Außenfläche  des  Vorsprunges  ist  da,  wo  sie  in  die  ebene  Unterfläche 


546  Willy  Augustin, 

des  Vorder-  und  Hinterendes  übergeht,  ebenfalls  ziemlich  eben,   da- 
gegen im  oberen  Teile  des  Vorsprunges  sehr  stark  gewölbt. 

Das  rechte  Becken. 

Das  Vorderende  erreicht  seine  größte  Breite  erst  hinter  seiner 
Mitte  mit  45  mm.  Diese  Angabe  ist  aber  von  geringer  Bedeutung, 
da  die  scharfe  Außenkante  (wie  auch  links)  nicht  ganz  intakt  ist. 
Die  übrigen  Verhältnisse  des  Vorderendes  sind  ähnlich  wie  links, 
der  Verlauf  des  Rückens  ist  aber  insofern  anders,  als  er  hier  mehr 
auf  die  Außenseite  (vielleicht  besser  Unterseite)  des  Vorsprunges 
übergeht,  wo  er  in  der  stärksten  Wölbung  dieser  Seite  endet,  während 
die  eigentliche  Kante  des  Vorsprunges  etwas  innen  (oberhalb)  von 
diesem  Ende  des  Rückens,  einigermaßen  parallel  dazu  verläuft.  Dies 
scheint  damit  zusammenzuhängen,  daß  der  Vorsprung  hier  noch 
stärker  nach  oben  und  innen  gekrümmt  ist  (gegen  die  Ebene  des 
Vorderendes  gedreht  ist)  als  links.  Das  Überhängen  des  Vorsprungs 
nach  vorn  ist  geringer  als  auf  der  linken  Seite.  Der  Verlauf  der 
Außenkanten  des  Vorder-  und  Hinterendes  in  die  Fläche  des  Vor- 
sprungsgebietes ist  hier  weniger  undeutlich  als  links.  Man  kann 
hier  mehr  von  einer  Unterfläche  und  Außenfläche  der  Vorsprungs- 
region sprechen,  die  durch  einen  starken  konvexen  Streifen,  der  die 
Fortsetzung  der  genannten  Außenränder  darstellt,  getrennt  werden. 
Das  Hinterende  des  rechten  Beckens  ist  etwas  schmaler  und  dicker 
als  das  des  linken.  Das  rechte  Becken  ersciieint  etwas  stärker  als 
das  linke. 

Becken  No.  5. 
{^  junges  Tier  aus  dem  Berliner  Museum.) 

Die  beiden  Seiten  zeigen  das  Bild  junger  Knochen  mit  großen 
Knorpelkappen  an  den  Enden,  die  die  Messungen  der  Länge  und 
der  Breite  der  Vorsprungsregion  nicht  unbedingt  genau  vornehmen 
ließen.  Die  Variabilität  der  Knochen  ist  sehr  gering;  die  Länge 
differiert  nur  um  2  mm,  die  Breite  der  Vorsprungsregion  nur  um 
1,5  mm.  Die  äußere  Form  ist  die  dem  Finwal  eigentümliche.  Die 
Ränder  sind  konkav  gebogen,  die  Oberfläche  leicht  gewölbt.  Der 
Innenrand  geht  am  Vorderende  in  einen  ventralen  über,  so  daß  der 
Querschnitt  durch  das  Vorderende  ein  Dreieck  zeigt,  dessen  Grund- 
linie in  der  Oberfläche  des  Knochens,  dessen  Spitze  ventral  nach 
innen  liegt.    Die  Unterfläche   ist   in   der  Vorsprungsregion   konkav. 


Beckenknocheu  bei  iKud-atlaiitischen  Bartenwalen.  547 

Außer  diesen  5  ganzen  Becken  liatte  ich  nocli  2  luilbe  zugesandt 
erhalten,  deren  Beschreibung  ich  hier  folgen  lassen  will. 

Eine  besonders  starke  Abweichung  von  der  charakteristischen 
Form  des  Finwalbeckens  zeigt  das  halbe  Becken  aus  dem  Berliner 
Museum  (Fig.  4),  Es  ist  zu  bedauern,  daß  nur  die  eine  Hälfte  vor- 
handen ist.  denn  es  wäre  von  großem  Interesse  gewesen,  diesen  eigen- 
tümlichen Knochen  mit  seinem  Gegenstück  zu  vergleichen. 

Der  Knochen  besteht  aus  einem  breiten  Mittelstück,  von  dem 
aus  das  im  Verhältnis  zur  Länge  dünne  und  schmale  Vorderende 
stark  nach  unten  und  innen  gebogen  verläuft.  Auch  das  Hinterende 
weist  am  Schluß  eine  Biegung  und  zwar  nach  oben  auf.  Der  Vor- 
sprung hat  nicht  die  sonst  vorkommende  dreieckige  Form,  sondern 
zeigt  neben  der  äußeren  Spitze  nach  vorn  zu  gelegen  eine  weitere 
Ecke,  an  die  sich  der  konkave  äußere  Vorderrand  anschließt.  Die 
ebene  Oberfläche  des  Vorsprunges,  die  eine  ganz  flache  F^insenkung 
erkennen  läßt,  fällt  nach  innen  schräg  ab,  so  daß  ein  scharfer  Innen- 
rand gebildet  wird.  Dieser  bleibt  nach  dem  distalen  Ende  zu  er- 
halten, verliert  sich  aber  nach  dem  proximalen  Ende  zu,  das  in  seiner 
1.  Hälfte  eine  stark  konvexe  Oberfläche  und  eine  ein  wenig  rund- 
liche Unterfläche  besitzt.  In  dem  weiteren  Verlauf  nimmt  das  Vorder- 
ende eine  andere  Richtung  noch  mehr, nach  innen  zu  an.  An  der 
Übergangsstelle  ist  außen  eine  scharfe  Leiste  zu  erkennen,  die  all- 
mählich in  einen  mehr  dorsalen  Rand  übergeht.  Der  innere  Rand 
ist  mehr  lundlich.  Auf  der  Oberfläche  bildet  sich  eine  längliche 
Höhlung  aus.  Vorn  ist  der  Knochen  durch  eine  schräg  nach  unten 
abfallende,  ellipsenförmige  Fläche  begrenzt.  Auf  der  Unterseite  des 
Vorderendes  bemerkt  man  eine  leistenartige  Erhebung,  einen  ven- 
tralen Rand,  in  der  Vorsprungsregion  ist  die  Unterfläche  konkav 
und  zeigt  nach  der  Spitze  des  Vorsprunges  zu  eine  leichte  P^rhebung. 
Die  Unterseite  des  Hinterendes  ist  eben.  Das  Hinterende  weist 
einen  scharfen  inneren  Rand  auf,  der  in  der  2.  Hälfte  rundlicher 
und  etwas  konkav  gebogen  wird.  Der  äußere  Rand  geht  vom  Vor- 
sprung leicht  gebogen  nach  hinten.  Die  nach  außen  leicht  gewölbte, 
nach  innen  schi-äg  abfallende  Oberfläche  zeigt  3  tiefe  Gruben.  Ganz 
am  Ende  ist  der  Knochen  nach  oben  gebogen  und  endet  in  einen 
rundlichen  Knopf. 

Ein  zweites  halbes  Becken  erhielt  ich  aus  Hamburg.  Es  zeigt 
das  typische  Bild  des  Finwalbeckens.    Der  Innenrand  ist  konkav  und 


548  Wir.LY    AUGÜSTIN, 

verliert  sich  nach  vorn  zu  in  die  durch  eine  spiralige  Drehung  des 
Vorderendes  schräg  nach  innen  gerichtete  Oberfläche.  In  der  Region 
des  Vorsprunges  ist  die  Oberfläche  ziemlich  eben  und  zeigt  ein 
lockeres  Gewebe.  Sie  fällt  schräg  nach  dem  Innenrande  zu  ab  und 
geht  nach  hinten  allmählich  in  den  dachartigen  Rücken  des  Hinter- 
endes über.  Dieser  schrägt  sich  schnell  nach  dem  Außenrande,  lang- 
samer nach  dem  Innenrande  zu  ab.  Der  Innenrand  macht  einen 
kleinen  Bogen  nach  innen  unten,  so  daß  auch  hier  von  einer  Drehung 
des  Hinterendes  gesprochen  werden  kann.  Das  äußerste  Ende  ist 
schräg  abgerundet  und  mit  einer  Knorpel  kappe  versehen.  Die  größte 
Breite  beträgt  36  mm,  die  größte  Dicke  29  mm,  beides  auf  der  Hälfte 
gemessen.  Der  seitliche  Vorsprung  ist  verdickt  und  leicht  nach 
unten  gebogen.  Schräg  vorn  unten  ist  durch  eine  Kapsel  das  rudi- 
mentäre Femur  mit  dem  Becken  verbunden  (Glycerinpräparat).  Der 
Vorderrand  bildet  mit  der  Ansatzstelle  des  Femurs  eine  rillenförmige 
Vertiefung.  Die  Dicke  des  Vorsprunges  beträgt  49  mm,  die  Breite 
46  mm,  etwa  20  mm  vom  Endpunkte  gemessen.  Der  kurze  konkave 
Vorderrand  geht  bald  in  die  schräg  nach  unten  weisende  als  Unter- 
seite aufzufassende  Fläche  über.  Dafür  entsteht  auf  der  Oberfläche 
ein  neuer  Rand,  der  gerade  nach  vorn  zieht  und  mit  dem  nach  unten 
gedrehten  Innenrande  in  einem  abgestumpften  Vorderende  zusammen- 
triift.  Nach  innen  unten  ist  das  Vorderende  verbreitert.  Die  Unter- 
seite zeigt  eine  dachartige  Erhebung,  die  Oberfläche  eine  leichte 
Wölbung.  Die  Unterfläche  der  Vorsprungsregion  ist  konkav;  sie 
geht  allmählich  in  die  mehr  oder  minder  stark  abgerundeten  Ränder 
des  Knochens  über. 

Das  Becken  von  Balaetioptera  slbhaldi  (Blauwal). 

Über  das  Becken  dieser  Art  finden  wir  in  der  Literatur 
keinerlei  Aufzeichnungen,  weder  haben  es  van  Beneden  u.  Ger- 
vais in  ihrer  Osteographie  erwähnt,  noch  hat  es  0.  Abel  in  der 
Morphologie  der  Hüftbeinrudimente  zu  seinen  Untersuchungen  heran- 
gezogen. 

Im  Vergleich  mit  dem  Finwalbecken  ist  es  der  äußeren  Form 
nach  ebenso  gebaut.  Der  Innenrand  der  Knochen  ist  konkav  ge- 
bogen, der  seitliche  Vorsprung  liegt  ebenfalls  etwas  hinter  der  Mitte 
der  Knochen.  Doch  ist  der  seitliche  Fortsatz  im  Verhältnis  zur 
Länge  von  Vorder-  und  Hinterende  wesentlich  stärker  ausgebildet. 
"Während  beim  Finwal  Vorder-  und  .Hinterende  mehr  oder   weniger 


Beckenknocheu  bei  nord-atlantisclien  ßartenwalen.  549 

nach  unten  i^ebo<?en  sind,  sicli  also  eine  deutliche  Konkavität  der 
Untertläche  feststellen  läßt,  sind  hier  die  Knochen  ziemlich  eben  mit 
einer  Ausnahme,  wo  das  Vorderende  auf  einer  Seite  des  Beckens 
stark  nach  unten  umgebogen  ist.  Auch  sind  die  Knochen  wesent- 
lich gleichmäßiger  geformt,  sie  weisen  nicht  so  viele  Unregelmäßig- 
keiten auf  wie  die  des  Finwals. 

Über  den  Unterschied  des  männlichen  und  weiblichen  Beckens 
kann  ich  nichts  berichten,  da  mir  aus  dem  Königsberger  Museum 
nur  zwei  weibliche  Becken,  aus  dem  Hamburger  naturhistorischen 
Museum  das  Becken  eines  Tieres,  dessen  Geschlecht  unbekannt  ist, 
zur  Verfügung  stand. 

Becken  No.  1  (Fig.  5). 
($  aus  dem  Köuigsberger  Museum.) 

Die  Knochen  besitzen  ein  etwas  längeres  Vorder-  als  Hinter- 
ende, der  seitliche  Vorsprung  ist  sehr  stark  ausgebildet.  Die  Innen- 
ränder sind  gleichmäßig  konkav  gebogen.  Die  Konkavität  erreicht 
bei  der  rechten  Hälfte  101  mm  vom  Vorderende  ihr  größtes  Maß 
mit  24  mm.  bei  der  linken  95  mm  vom  Vorderende  mit  27  mm.  Die 
Hinterränder  sind  ebenfalls  konkav,  und  zwar  der  rechte  21  mm, 
der  linke  22,5  mm  tief.  Die  Vorderränder  sind  am  Vorsprung  und 
am  vorderen  Ende  konvex,  dazwischen  ein  wenig  konkav  gebogen. 
Bei  beiden  Knochen  weist  der  Vorsprung  auf  der  Unterseite  eine 
knopfartige  Verdickung  auf,  die  etwa  25  mm  vom  Ende  gemessen, 
rechts  28  mm,  links  31  mm  stark  ist.  Durch  diese  Erheb img  ge- 
winnt der  Knochen  in  seinem  Mittelteil  eine  geringe  Konkavität, 
die  aber  nach  vorn  zu  sofort  wieder  verschwindet,  da  das  Vorder- 
ende ein  wenig  nach  oben  gebogen  und  nach  beiden  Seiten  zu  ab- 
gerundet ist.  Die  Krümmung  des  Hinterendes  nach  oben  ist  kaum 
wahrzunehmen,  und  so  zeigt  der  Knochen  auf  der  Oberfläche  nur 
am  Vorderende  eine  flache  Einsenkung.  Der  Knochen  endigt  sowohl 
vorn  als  auch  hinten  in  zwei  abgerundeten,  in  der  Aufsicht  ellipsenförmig 
erscheinenden  P'lächen.  Die  Struktur  der  Knochen  ist  solide,  mit 
Ausnahme  an  den  Rändern  und  besonders  der  Mitte  des  Innenrandes, 
Avo  sie  lockerer  erscheint.  Die  Forraverschiedenheiten  sind  auf- 
fallend gering,  variieren  sie  doch  in  Länge,  Breite  und  Dicke  um 
höchstens  2  mm. 


Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Syst. 


36 


550  Willy  Augustin, 

Das  rechte  Becken. 

Die  Länge  des  rechten  Knochens  ist  um  2  mm  geringer  als  die 
des  linken.  Am  vordersten  Ende  beträgt  die  Breite  34  mm  und 
nimmt  dann  nach  hinten  allmählich  zu  und  erreicht  am  Vorsprung 
eine  Größe  von  127  mm,  1  mm  kleiner  als  auf  der  linken  Seite.  Das 
Vorderende,  etwas  nach  oben  gebogen,  ist  auf  der  Oberfläche  ein 
wenig,  auf  der  Unterseite  stärker  abgerundet.  Auf  der  Oberfläche 
erkennt  man  in  der  Mitte  eine  flache,  längliche  Einsenkung,  die 
sich  nach  der  Vorsprungsregion  allmählich  verliert.  Hier  fällt  der 
Knochen  nach  dem  Innenrande  zu  ab,  ebenso  nach  dem  Ende  des 
Vorsprunges  zu;  so  entsteht  ein  kleiner  Buckel  ungefähr  in  der 
Mitte  der  Vorsprungsregion.  Dieser  Vorsprung  ist  am  Ende  stumpf 
abgerundet  und  weist  am  Vorderrande  eine  kleine,  auf  der  Unter- 
seite, wie  schon  erwähnt,  eine  starke  Erhöhung  auf.  Das  Ende  hat 
ellipsenartige  Form  mit  unregelmäßigen  Höckern  und  Gruben  und 
ist  etwas  nach  unten  gerichtet.  Das  Hinterende  ist  oben  wie  unten 
schwach  gerundet,  hat  auf  der  Hälfte  eine  Breite  von  43  mm,  die 
genau  mit  der  der  linken  Hälfte  übereinstimmt.  Die  Endfläche 
zeigt  ebenso  wie  die  des  Vorderendes  und  des  seitlichen  Vorsprunges 
kleine  Höcker  und  Gruben.  Sonst  ist  von  Unregelmäßigkeiten  am 
Knochen  nichts  zu  bemerken,  mit  Ausnahme  einiger  Rillen  auf  der 
Unterseite. 

Das  linke  Becken. 

Wie  man  aus  der  Abbildung  ersehen  kann,  ist  die  äußere  Form 
der  des  rechten  Knochens  vollkommen  ähnlich.  Das  vorderste  Ende 
ist  um  4  mm  schmaler,  bei  -/.^  des  Vorderendes  ist  die  Breite  um 
2  mm  größer,  bei  Vs  wieder  um  1  mm  kleiner,  um  beim  Vorsprung 
die  der  rechten  Hälfte  wieder  um  1  ram  zu  übertreffen.  Der  Vor- 
sprung zeigt  dasselbe  Verhalten,  die  Dickenmaße  sind  bereits  an- 
gegeben. Breite  und  Dicke  des  Hinterendes  sind  auf  das  Milli- 
meter genau  dieselben  wie  bei  dem  rechten  Knochen.  Während 
man  aber  bei  diesem  Rillen  auf  der  Unterseite  wahrnehmen  kann, 
finden  sich  hier  solche  auf  der  Oberseite. 


( 


Beckenknocheu  bei  nord-atlantischen  Bartenwalen.  551 

Becken  No.  2  (Fig.  6  ii.  7). 
($  aus  dem  Künigsberger  Museum.) 

DasrechteBecken. 

Das  Hinterende  ist  leicht  abgerundet  und  zeigt  einen  ellipsen- 
förmigen Querschnitt.  Der  Außenrand,  der  in  kurzem  Bogen  sofort 
in  den  seitlichen  Vursprung  übergeht,  weist  ebenfalls  eine  rundliche 
Kante  auf.  Das  Hinterende  nimmt  in  seinem  Verlauf  nach  vorn  an 
Breite  zu,  ist  aber  immer  breiter  als  das  Vorderende  in  den  ent- 
sprechenden Abschnitten.  Die  Oberfläche  des  Hinterendes  ist  leicht 
gewölbt,  ebenso  die  Unterfläche,  doch  nach  dem  Vorsprung  zu  nimmt 
der  Knochen  eine  ganz  ebene  Oberfläche  an,  die  dui'ch  das  knopf- 
artig verdickte  Ende  des  Vorsprunges  nach  außen  hin  unterbrochen 
wird.  Die  Wölbung  der  Unterseite  ändert  sich  nach  vorn  zu  eben- 
falls, indem  der  Knochen  nach  dem  Innenrand  zu  stärker  abfällt 
und  so  eine  scharfe  Kante  bildet.  In  seiner  ganzen  Ausdehnung  ist 
dieser  Innenrand  von  hinten  nach  vorn  gleichmäßig  konkav  ge- 
bogen, zeigt,  wie  gesagt,  vorn  und  hinten  eine  sanfte  Rundung,  in 
der  Vorsprungsregion  aber  eine  scharfe  Kante.  Ganz  nach  dem 
Vorderende  zu  ist  er  ein  wenig  nach  unten  gebogen.  Dei"  Vorder- 
außenrand des  Knochens  ist  nicht  so  gleichmäßig  gebogen  wie  die 
andern  Ränder,  sondern  zeigt  in  seiner  Mitte  einen  Knick,  von  dem 
aus  er  fast  gerade  nach  dem  Vorderende  und  dem  seitlichen  Vor- 
sprung verläuft.  Nach  dem  Ende  des  Vorsprunges  zu  verlieren  sich 
die  Ränder  allmählich  und  verbreitern  sich  zu  einem  starken  Knopf, 
der  unregelmäßig  geformt  mit  seinem  Ende  nach  hinten  oben  und 
etwas  nach  außen  zeigt.  Auf  der  Unterseite  des  Vorsprunges  kann 
man  eine  leichte  Wölbung  wahrnehmen,  die  auch  zur  Verstärkung 
des  Endes  beiträgt.  Die  Form  des  Vorsprunges  ist  fast  dieselbe  in 
der  linken  Hälfte,  nur  weist  der  Kopf  nicht  eine  so  starke  Aus- 
bildung auf. 

Das  linke  Becken. 

Auch  bei  diesem  Knochen  sind  der  Innenrand  und  der  Hinten- 
außenrand  gleichmäßig  konkav  gebogen.  Letzterer  zeigt  eine  sanfte 
Rundung.  Beim  ersteren  ist  die  Rundung  am  Vordei'-  und  Hinter- 
ende nicht  so  deutlich  wie  beim  rechten  Knochen,  auch  die  Kante 
nicht  so  scharf  in  dem  mittleren  Teil  des  Randes.  Das  hinterste 
Ende  ist  etwas  stärker  abgerundet,  das  Vorderende  etwas  schmaler 

•66* 


552  Willy  Augustjn, 

als  rechts.  Es  ist  nach  unten  umgebogen,  hat  eine  gewölbte  Ober- 
und  eine  fast  ebene  Unterfläche.  In  der  Vorsprungsregion  ist  die 
Unterseite  ebenfalls  eben,  zeigt  nur  einen  schmalen  Rücken,  wo  sie 
dachartig  nach  dem  Innenrande  zu  abzufallen  beginnt.  Das  Ende 
des  seitlichen  Vorsprunges  ist  dem  auf  der  rechten  Seite  beschriebenen 
ähnlich  gebaut.  Was  die  Struktur  beider  Knochen  betrifft,  so  ist 
sie  mit  Ausnahme  an  dem  erwähnten  Innenrande,  wo  sie  etwas 
lockerer  ist.  solide  zu  nennen. 


Becken  No.  3. 
(Aus  dem  Naturhistorischen  Museum  zu  Hamburg.) 

Das  linke  Becken. 

Das  unregelmäßige,  in  seiner  Struktur  lockere  vorderste  Ende 
verbreitert  sich  allmählich,  bis  es  auf  45  mm  vom  Endpunkte  eine 
Breite  von  53  mm  erreicht.  An  dieser  Stelle  ist  am  Innenrande 
eine  ausgesprochene,  fast  eckige  Vorragung,  die  besonders  von  der 
Unterseite  gesehen  sehr  deutlich  wird.  Dagegen  ist  der  Außenrand 
gleichmäßig  gebogen.  An  der  Unterseite  ist  der  Knochen  in  dieser 
Breite  konkav.  Es  sind  nämlich  die  letzten  45  mm  gegen  den 
Hauptteil  des  Beckens  etwas  nach  unten  gebogen.  Zugleich  ist  das 
vorderste  Ende  gegen  den  Hauptteil  des  Vorderendes  in  dem  Sinne 
gedreht,  daß  es  mit  seiner  Unterfläche  nicht  rein  nach  unten,  sondern 
etwas  nach  innen  sieht.  Von  der  erwähnten  Stelle  verschmälert 
sich  der  Knochen  von  oben  gesehen  allmählich  bis  ungefähr  120  mm 
vom  Vorderende,  wo  er  eine  Breite  von  35  mm  besitzt.  Danach  ver- 
breitert er  sich  wieder  bis  zur  Stelle  des  Vorsprunges  und  zwar 
anfangs  langsamer,  dann  schneller,  so  daß  die  beiden  Ränder  (innen 
und  außen)  konkav  und  zwar  am  stärksten  in  kurzer  Entfernung 
vor  dem  Vorsprung  gebogen  sind.  Der  Innenrand  ist  viel  weniger 
gebogen  als  der  Außenrand,  auf  dem  größten  Teil  seiner  Länge  fast 
gerade.  Etwa  25  mm  von  dem  Fußpunkt  eines  von  dem  Gipfel  des 
Vorsprunges  auf  den  Innenrand  gefällten  Lotes  hat  dieser  eine 
schwache  Vorwölbung.  Die  Dicke  des  Knochens  nimmt  (von  45  mm 
vom  Vorderendpunkte  aus  an)  nach  hinten  allmählich  zu  bis  zur 
Stelle  der  geringsten  Breite,  wo  die  Dicke  27  mm  beträgt.  Von 
dort  nimmt  sie  zunächst  ab,  dann  aber  in  der  äußeren  Hälfte,  wo 
der  Knochen  in  den  Vorsprung  übergeht,  wieder  zu,  während  sie  an 
der  inneren  Hälfte  bis  zu  der  Stelle,  wo  der  erwähnte  kleine  Innen- 


Beckeuknochen  bei  iioid-atlantiscbeu  Barteuwalen.  553 

randvorspriinof  sitzt,  fortdauernd  abnimmt.  IVrit  der  Dickenabnahme 
geht  eine  allniälilic  lie  Zusehärfiin«;-  des  Innenrandes  Hand  in  Hand. 
Dieser  Rand  ist  ursprünglich  (45  mm  vom  Endpunkte  aus  an)  ge- 
rundet, senkt  sich  bis  zur  schmälsten  Stelle  hin  etwas  nach  unten 
und  steigt  dann  wieder  unter  allmählicher  kantenartiger  Verschär- 
fung an.  Der  Außenrand  ist  dagegen  am  schärfsten  in  der  45  mm- 
Region  und  bleibt  dann  bis  zum  Gipfel  des  Vorsprunges  hin  gleich- 
mäßig gerundet.  Dabei  scheint  er  von  außen  gesehen  etwas  nach 
oben  gewölbt,  hauptsächlich  infolge  der  Drehung  des  Vorderendes. 
In  der  Region  des  Vorsprunges  ist  die  Unterseite  eben,  die  Ober- 
seite erscheint  in  der  inneren  Hälfte  flach  ausgehöhlt.  Das  liegt 
teils  an  der  erwähnten  Verdünnung  der  inneren  Hälfte  des  Knochens, 
teils  daran,  daß  von  hier  an  das  Hinterende  sich  aufwärts  biegt. 
Die  flache  Mulde  an  dieser  Stelle  wird  am  Anfang  des  Hinterendes 
noch  auffälliger  dadurch,  daß  Innen-  und  Anßenrand  hier  etwas 
erhaben  sind.  Auf  der  unteren  Seite  tritt  gerade  das  Umgekehrte 
ein.  Die  erste  Hälfte  des  Hinterendes  ist  in  der  Mitte  etwas  vor- 
gewölbt und  an  den  Seiten  eingesenkt.  Ungefähr  bis  zur  j\Iitte  des 
Hinterendes  ist  der  Innenrand  noch  hauptsächlich  in  der  Fortsetzung 
des  Innenrandes  des  Vorderendes  gelegen  und  wie  dieser  nur  sehr 
wenig  gekrümmt.  Er  nimmt  aber  an  Schärfe  wieder  ab  und  ist  im 
Beginn  des  letzten  Drittels  des  Hinterendes,  wo  eine  gleich  zu 
erwähnende  Kante  an  der  Unterinnenseite  beginnt,  ziemlich  ver- 
laufen. Er  scheint  infolge  der  neuen  Kantenbildung  an  dieser  Stelle 
etwas  nach  der  Oberseite  hinzuziehen.  Der  Außenrand  der  vorderen 
Hälfte  des  hinteren  Teiles  ist  dagegen  stark  konkav,  zuerst  mehr, 
dann  weniger.  Er  läßt  sich  auch  bis  zum  Endpunkt  des  Knochens 
verfolgen  und  ist  gerundet.  Diese  Rundung  ist  gering  in  der  Mitte 
der  Vorderhälfte  des  Hinterendes,  nimmt  dann  zu,  weil  der  Knochen 
sich  verdickt,  und  schließlich  wieder  ab  bis  zur  Spitze.  Etwas 
hinter  der  Mitte  des  Hinterendes  hat  der  Knochen  einen  fast  kreis- 
förmigen Querschnitt  von  ca.  25  mm  Durchmesser.  Von  dieser  Stelle 
biegt  sich  das  schmale  Hinterende  stärker  nach  oben  und  innen. 
Infolgedessen  sind  hier  Ober-  und  besonders  Innenseite  konkav, 
Unter-  und  besonders  Außenseite  konvex.  Gleich  danach  beginnt  an 
der  Grenze  der  Innenseite  mit  der  Unterseite  jene  schon  erwähnte 
Kante  mit  ihrem  ziemlich  deutlichen  Vorsprung.  Diese  Kante  ver- 
streicht nach  dem  Ende  zu  allmählich  wieder.  Sie  ist  sozusagen 
das  beherrschende  Element  vom  Bau  des  letzten  Endes.    Das  aller- 


554  Willy  Aügustin, 

äußerste,  ein  paar  Millimeter  lang-e,  unreg-elmäßige  Ende  des  Knochens 
ist  etwas  hakenförmig  nach  oben  gebogen. 

Das  rechte  Becken. 

Das  vorderste  Ende  hat  einen  10  mm  breiten,  warzigen  Vor- 
sprung. Die  breiteste  Stelle  liegt  gegen  30  mm  vom  Endpunkt  ent- 
fernt. Die  Breite  am  Innenhöcker  ist  etwa  44  mm.  Der  rechten 
Hälfte  ähnlich  sind  die  Drehung  des  Vorderendes,  die  hier  schwächere 
Konkavität  der  Unterseite,  die  Verschmälerung  nach  hinten  (Minimum 
bei  150  mm  37  mm),  der  Kanten-  und  Flächenverlauf.  Die  Innen- 
kante des  Vorderendes  senkt  sich  jedoch  nicht  wie  links  zunächst 
nach  unten,  sondern  ist  von  innen  gesehen  bis  zur  Vorsprungsregion 
hin  ziemlich  gleichmäßig  konkav.  Der  Innenrandvorsprung,  hier 
mehr  ungleichmäßige  Vorwölbung,  liegt  etwa  55  mm  von  dem  Fuß- 
punkt des  Lotes  von  der  Spitze  des  Vorsprunges  auf  den  Innenrand. 
Er  hebt  sich  stärker  als  links  heraus.  Da  sich  ebenso  der  Vor- 
sprung, von  dem  die  Innenunterkante  des  hintersten  P^ndes  beginnt, 
stärker  hervorwölbt,  so  ist  der  Innenrand  zwischen  diesen  beiden 
Vorsprüngen  stärker  konkav  als  links.  Weil  auch  die  Kante  stärker 
als  links  entwickelt  ist,  so  erscheint  dies  letzte  Ende  breiter  als 
dort.  Das  Hinterende  ist  etwa  30  mm  kürzer  als  das  linke.  Die 
Dicke  des  Knochens  ist  im  allgemeinen  beim  rechten  Becken  geringer 
als  an  den  entsprechenden  Stellen  des  linken. 

Das  Becken  von  Balaenoptera  horealis  (Seihwal)  (Fig.  9 — 20). 

Die  Aufzeichnungen  über  das  Seihwalbecken  sind  sehr  spärlich. 
Außer  den  Abbildungen  bei  Rüdolphi,  die  in  der  Einleitung  erwähnt 
wurden,  und  Steijthees  (1893)  sind  weitere  mir  nicht  bekannt. 
Jedoch  ist  im  Königsberger  Museum  eine  größere  Anzahl  vorhanden, 
so  daß  ich  mit  dem  aus  dem  Berliner  Institut  die  Beschreibung  von 
13  Becken  geben  kann. 

Bei  dem  Becken  läßt  sich  sofort  der  Unterschied  von  Männchen 
und  Weibchen  erkennen.  Das  männliche  Becken  ist  im  Gegensatz 
zum  weiblichen  durchweg  rundlicher.  Während  bei  dem  weiblichen 
der  seitliche  Vorsprung  deutlich  erkennbar  ist,  da  die  Knochen 
platter  geformt  sind,  macht  er  sich  beim  Männchen  nur  durch  eine 
Verdickung  bemerkbar,  die  fast  in  der  Mitte  des  leicht  gebogenen 
Knochens  liegt.  Im  Gegensatze  zum  Fin-  und  Blauwalbecken  ist 
der  Vorsprung  hier  bedeutend  mehr  rückgebildet.    Zur  Orientierung 


\ 


Beckenknocheu  bei  nord-atlantischen  Bartenwalen.  555 

des  Vorder-  und  Hintei-eiides  dient  ein  kleiner  Einschnitt,  der  kurz 
vor  dem  Vorsprunf?  im  Vorderende  liegt  und  der  dem  Einschnitt 
beim  Finwalbecken  entspricht.  Wo  dieser  nicht  deutlich  zu  erkennen 
ist,  ist  die  richtiofe  Orientioi-uno:  äußerst  schwlerij^,  da  bei  der  großen 
Formverschiedenheit  irgendwelche  andere  Merkmale  nicht  in  Be- 
tracht kommen.  Gewöhnlich  ist  aber  das  Vorderende  ein  wenig 
abgeplattet.  Beim  Weibchen  ist  das  Hinterende  stets  breiter  als 
das  Vorderende,  das  sich  nach  vorn  zu  verjüngt. 


Becken  von  Männchen. 

Becken  No.  1. 

Der  Innenrand  der  Knochen  ist  konkav.  Durch  die  spatelfürmige 
Verbreiterung  des  vordersten  Endes  nimmt  die  Konkavität  nach  vorn 
zu.  Der  Außenrand  ist  von  hinten  bis  zum  Vorspi'unge  leicht 
konvex,  wird  dann  aber  ebenfalls  durch  die  Verbreiterung  des 
Vorderendes  konkav.  Außerdem  sind  Vorder-  und  Hinterende  nach 
unten  gebogen,  w^obei  der  Außenrand  tiefer  zu  liegen  kommt  als  der 
Innenrand.  Durch  diese  Drehung  werden  die  Begriffe  Breite  und 
Dicke  undeutlich;  ich  habe  die  Breite  von  innen  oben  nach  außen 
unten,  die  Dicke  senkrecht  dazu  gemessen.  Vor  der  Vorsprungs- 
region nach  außen  liegt  deutlich  erkennbar  der  erwähnte  Einschnitt. 
Die  Form  des  Vorsprunges  ist  stark  verschieden,  beim  rechten 
Knochen  mehr  kantig,  nach  außen  steil  abfallend,  beim  linken  mehr 
wulstfürmig,  nach  außen  hin  abgerundet.  Kurz  vor  und  hinter  dem 
Vorsprung  weisen  die  Enden  der  Knochen  die  kleinsten  Breiten  auf. 
Nach  hinten  zu  werden  sie  wieder  breiter,  erreichen  aber  nicht  die 
Breite  des  vordersten  Endes.  Der  Innenrand  biegt  hinten  allmählich 
um,  der  Außenrand  dagegen  zeigt  hinten  eine  scharfe  p]cke.  Beim 
rechten  Knochen  ist  das  Hinterende  geradlinig  begrenzt,  beim  linken 
ist  ein  zackiger  Vorsprung  vorhanden.  Die  Oberflächen  der  Knochen 
sind  hinten  weniger,  vorn  mehr  gerundet,  die  Unterflächen  mit  Aus- 
nahme der  Vorsprungsregion  abgeplattet.  Im  allgemeinen  gilt  beim 
männlichen  Becken,  daß  das  Vorderende  ein  gleichmäßig  glattes, 
das  Hinterende  dagegen  ein  unregelmäßiges,  Erhebungen  und  Ver- 
tiefungen zeigendes  Aussehen  haben. 


556  WlI.LY   ArGUSTIN, 

Becken  No.  2. 

Wie  bei  dem  zuerst  beschriebenen  Becken  ist  das  Vorderende 
abgeplattet,  das  Hinterende  mehr  rundlich  am  äußersten  Ende  nach 
innen  unten  umgebogen  mit  unregelmäßiger  Struktur.  Der  konkave 
Innenrand  biegt  am  Vorderende  nach  außen  um,  so  daß  das  vorderste 
Ende  etwas  zugespitzt  nach  außen  unten  zeigt.  Der  Einschnitt  vor 
dem  Vorsprung  ist  beim  linken  Knochen  deutlich  zu  erkennen.  Die 
Breiten  des  Vorsprunges  stimmen  mit  den  Maßen  des  ersten  Beckens 
fast  vollkommen  überein,  links  25,5  (25,5),  rechts  32  (32,5)  mm.  Der 
Vorsprung  ist  knopfartig  verdickt,  unregelmäßig  nach  außen  ab- 
fallend und  zeigt  beim  linken  Beckenknochen  vorn  eine  kleine  Ein- 
schnürung. Ober-  und  Unterseite  zeigen  dasselbe  Bild  wie  beim 
Becken  No.  1.  Besonders  stark  auffallend  ist  der  Längenunterschied 
von  28  mm  (links  245,  rechts  217  mm). 

Becken  No.  3. 

Der  Innenrand  ist  nur  am  Vorderende  schwach  konkav,  am 
Hinterende  ist  er  geradlinig,  bildet  vor  dem  äußersten  Ende  eine 
Ecke  und  geht  in  den  stumpfen,  rundlichen  Hinterrand  über.  Der 
Außenrand  ist  beim  Hinterende  ein  wenig  konkav,  beim  Vorderende 
ein  wenig  konvex.  Er  verliert  sich  hier  in  dem  platten  Vorderende, 
das  nach  innen  oben  in  eine  Spitze  ausläuft.  Aus  der  schwach  ge- 
bogenen Unterfläche  bildet  sich  ungefähr  auf  der  Hälfte  des  Vorder- 
endes ein  neuer  Außenrand  aus,  der  dann  das  verbreiterte  Vorder- 
ende begrenzt.  Der  Vorsprung  ist  beim  linken  Knochen  kaum  noch 
zu  erkennen,  beim  rechten  nur  durch  eine  kleine  Ecke,  die  vielleicht 
von  dem  oben  erwähnten  Einschnitt  gebildet  wird.  Jedenfalls  bietet 
der  Knochen  durch  den  abweichenden  Verlauf  der  Innen-  und  Außen- 
ränder, sowie  durch  den  fast  vollständigen  Wegfall  des  Vorsprunges 
ein  vollkommen  anderes  Bild. 

Becken  No.  4. 

Der  Innenrand  ist  beim  rechten  Knochen  in  der  Mitte  und  einem 
Teil  des  Vorderendes  schwach  gekrümmt,  bildet  dann  einen  Knick 
und  geht  geradlinig  nach  vorn,  wo  er  mit  dem  Vorderrande  beinahe 
einen  rechten  Winkel  bildet.  Beim  linken  Knochen  ist  das  Hinter- 
ende innen  geradlinig  begrenzt.  In  der  Vorsprungsregion  macht 
sich  eine  kleine  Konkavität  bemerkbar.  Das  Vorderende  hat  dann 
wieder  einen  geraden  Innenrand.    Dieser  geht  allmählich  in  die  fast 


Beckenknochen  bei  nord-atlantischen  Bartenwalen.  557 

kreisförmige  Beoreiizung  des  Vorderendes  über.  Der  Aiißenraud  ist 
rechts  gleiclimäßig  gebogen,  nach  dem  Hinterende  zu  mehr  gerade. 
Links  ist  der  Knochen  am  Vorder-  und  Hinterende  geradlinig  be- 
grenzt mit  einer  schwaclien  Krümmung  am  Vorsprung.  Die  Kon- 
kavität der  Unterfläche,  die  bei  den  vorher  beschriebenen  Knochen 
vorhanden  war,  ist  hier  beim  linken  Knochen  fast  vollständig  ver- 
schwunden, beim  rechten  am  Vorderende  noch  zu  erkennen.  Es  ist 
dies  dadurch  zu  erklären,  daß  das  Hinteiende  ein  wenig  nach  oben 
gebogen  ist,  die  Knochen  also,  wenn  man  bei  dem  rundlichen  Quer- 
schnitt des  Hinterendes  von  einer  Oberfläche  sprechen  darf,  eine 
konkave  obere  Fläche  besitzen.  Das  Hinterende  besitzt  viele  un- 
regelmäßige Erhebungen,  ist  am  rechten  Knochen  mehr  rundlich, 
beim  linken  spitzer  begrenzt.  Den  Vorsprung  bildet  links  eine 
flache  Kuppe  mit  der  Fläche  nach  oben,  die  mit  dem  Innenrand  eine 
rillenartige  Vertiefung  bildet,  nach  vorn  durch  den  Einschnitt  be- 
grenzt. Eechts  ist  der  Vorsprung  weniger  deutlich  ohne  ausge- 
sprochene Oberfläche.  Der  Einschnitt  ist  fast  verschwunden.  Doch 
kommt  die  äußere  Form  der  Knochen  durch  den  gebogenen  Innen- 
rand der  gewöhnlichen  Form  des  Beckens  beim  männlichen  Seihwal 
noch  ziemlich  nahe. 

Becken  No.  5. 

Die  Knochen  unterscheiden  sich  von  den  anderen  von  mir  unter- 
suchten besonders  durch  das  massige,  wesentlich  stärker  ausgebildete 
Hinterende.  Das  im  Vergleich  mit  diesem  schwache  Vorderende 
hat  eine  dem  Becken  No.  2  und  Xo.  3  sehr  ähnliche  Form.  Es  ist 
auf  dei'  Unterseite  eben,  oben  ein  wenig  gewölbt.  Der  Außenrand 
vom  Vorsprung  ab  verläuft  in  der  Oberfläche,  dafür  entsteht  ein 
neuer,  der  in  einem  Bogen  nach  dem  vordersten,  nach  innen  weisen- 
den Ende  verläuft.  Auch  sind  diese  Knochen  wie  No.  2  und  No.  3 
langgestreckt;  der  Innenrand  ist  nur  am  Vorderende  konkav.  Der 
Vorsprung  ist  nicht  sehr  deutlich  ausgebildet,  links  etwas  breiter 
als  rechts.  Das  Hinterende  zeigt  eine  von  allen  anderen  Becken 
abweichende  Form.  Vom  Vorsprung  verläuft  nach  hinten  dachfirst- 
artig eine  Erhebung,  die  beim  rechten  Knochen  ziemlich  in  der 
Mitte  liegt,  nach  beiden  Seitenrändern  gleichmäßig  abfällt  und  nach 
hinten  zu  allmählich  verschwindet.  Auf  der  linken  Seite  entsteht 
diese  Erhebung  zuerst  in  der  2.  Hälfte  des  Hinterendes  und  ist 
schärfer  ausgeprägt.  Sie  liegt  weiter  nach  außen  zu,  fällt  steil  nach 
dem  Außenrande    und    schräg   nach   dem  Innenrande   zu  ab.     Auch 


558  Willy  Aügustin, 

verschwindet  sie  dann  niclit  wie  auf  der  rectiten  Hälfte,  sondern 
bleibt  deutlich  zu  erkennen  bis  zum  hintersten  Ende,  wo  sie  all- 
mählich mehr  nach  der  Mitte  des  Knochens  hinzieht.  Die  Unter- 
fläche ist  bei  beiden  Hinterenden  eben,  so  daß  der  Querschnitt  des 
Hinterendes  rechts  die  Form  eines  gleichschenkligen,  links  die  eines 
rechtwinkligen  Dreiecks  hat.  Was  die  Länge  der  Knochen  betrifft, 
so  sind  sie  mit  rechts  289  mm,  links  270  mm  die  längsten,  die  ich 
beim  Männchen  gefunden  habe. 

Becken  No.  6. 

Das  Hinterende  ist  lang  gestreckt  von  rundlichem  Querschnitt. 
Auf  beiden  Seiten  läuft  es  in  eine  Spitze  aus  und  zeigt  eine  un- 
regelmäßige Struktur.  Auf  der  linken  Hälfte  bildet  sich  wie  bei 
der  des  Beckens  No.  5  eine  dachflrstartige  Kante,  aber  wesentlich 
schwächer  als  dort  aus.  Das  äußerste  Ende  ist  hier  nach  unten 
umgebogen,  die  Unterseite  schräg  vom  tiefer  liegenden  Außenrande 
nach  dem  Innenrande  aufsteigend.  Auf  der  Unterseite  des  rechten 
Knochens  bildet  sich  von  der  Vorsprungsregion  an  zunächst  eine 
schwach  rillenartige  Vertiefung  mit  einer  nach  außen  zu  liegen 
kommenden  kantigen  Erhebung  aus.  Diese  wird  nach  hinten  zu 
mehr  in  die  Mitte  verlagert  und  rundlicher,  so  daß  hier  im  Gegen- 
satz zur  linken  Hälfte  eine  ebene  Unterseite  nicht  besteht.  Der 
Vorsprung  ist  deutlich  ausgebildet,  der  Einschnitt  auf  der  rechten 
Seite  gut  erkennbar.  Das  außenliegende  Ende  des  Vorsprunges  ist 
etwas  nach  unten  gebogen  und  hat  auf  der  linken  Seite  nach  unten 
eine  kantige  Erhebung.  Wesentlich  verschieden  von  allen  vorher 
beschriebenen  sind  die  Vorderenden  ausgebildet.  Sie  sind  ähnlich 
wie  beim  Finwalbecken  spiralig  gedreht  und  zwar  derart,  daß  der 
Innenrand,  nach  oben  und  etwas  nach  außen,  der  Außenrand  nach 
unten  innen  zu  liegen  kommt.  Die  Knochen  endigen  in  eine  spitze 
Form  oben  und  zeigen  von  der  Seite  gesehen  dieselbe  Verbreiterung 
wie  die  anderen  Knochen.  Während  ich  bei  Knochen  mit  schräg 
liegendem  Vorderende  die  Breite  von  oben  außen  nach  unten  innen 
gemessen  habe,  bin  ich  bei  diesem  Becken  davon  abgewichen,  da 
das  Vorderende  fast  um  90*^  gedreht  ist.  Der  Knochen  hat  also 
z.  B.  (links  ^j.^  gemessen)  eine  Breite  von  nur  11  mm,  dagegen  eine 
Dicke  von  29  mm. 


Beckenkuochen  bei  nord-atlantischen  Bartenwalen,  559 


Becken   von  Weibchen. 

Becken  No.  7. 

Die  Knochen  sind  innen  konkav  gebogen.  Doch  erstreckt  sich 
die  Rundling  nur  auf  die  Vorsprungsregion  und  die  1.  Hälfte  des 
Hinterendes.  Das  Vorderende  zielit  gerade  nach  vorn  innen.  Auf 
der  Hälfte  des  Hinterendes  bildet  der  Innenrand  einen  konvexen 
Bogen  und  geht  dann  gerade  nach  hinten,  wo  er  den  Hinterrand  in  einer 
scharfen  Ecke  trifift.  Der  Außenrand  verläuft  am  Hinterende  leicht 
konkav,  bildet  dann  auf  beiden  Beckenhälften  einen  Vorsprung,  zieht 
schräg  nach  hinten  innen  und  geht  in  die  rundliche  Begrenzung  des 
Hinterendes  über.  Am  Vorderende  läuft  der  Außenrand  dem  Innen- 
rande parallel  und  biegt  auf  der  linken  Hälfte  langsam  nach  der 
Spitze  des  Knochens  um,  schweift  auf  der  rechten  Seite  aber  kurz 
vorher  noch  einmal  nach  außen  ab.  Ober-  und  Unterfläche  sind 
sehr  unregelmäßig  gestaltet.  Die  Oberfläche  ist  in  der  Vorsprungs- 
region rechts  ziemlich  eben  und  nach  außen  abgeschrägt.  Auf  der 
linken  Seite  ist  sie  leicht  gerundet.  Mehr  nach  dem  Voiderende  zu 
wird  der  Knochen  platter,  und  zwar  liegt  der  Innenrand  höher  als 
der  Außenrand.  Auf  der  rechten  Hälfte  tritt  die  Senkung  des 
Außenrandes  erst  auf  der  2.  Hälfte  des  Vorderendes  vom  Vorsprung 
aus  gerechnet  auf.  An  der  Stelle,  wo  die  oben  erwähnte  Aus- 
schweifung des  Außenrandes  liegt,  bildet  sich  eine  flache  Grube. 
Die  Oberflächen  der  Hinterenden  sind  in  der  1.  Hälfte  ziemlich  gleich 
gerundet,  dann  fällt  bei  dem  rechten  Knochen  die  Fläche  nach 
außen  ab  und  bildet  hier  mit  dem  vorspringenden  Außenrand  eine 
längliche  Einsenkung,  in  der  eine  fast  erbsengroße  Grube  liegt. 
Auf  der  Unken  Seite  bleibt  die  Richtung  der  Oberseite  horizontal 
und  zeigt  auf  der  dem  dortigen  Vorsprunge  des  Außenrandes  gegen- 
überliegenden Seite  eine  flache  Einsenkung.  Am  äußersten  Ende 
ist  der  rechte  Knochen  etwas  breiter  als  der  linke.  Auch  die  Unter- 
flächen bieten  verschiedene  Bilder.  Vom  Vorsprung  zieht  ein  rund- 
licher Rücken  auf  der  nach  außen  liegenden  Seite  nach  dem  Hinter- 
ende, auf  der  linken  Seite  stärker  entwickelt  als  auf  der  rechten. 
Ihn  begleitet  auf  der  Innenseite  eine  längliche,  flache  Rille.  Nach 
außen  schrägt  sich  der  Rücken  links  allmählich  ab,  rechts  fällt  er 
steil  ab.  Weiter  nach  hinten  ist  die  Unterseite  abgerundet,  die 
äußersten  Enden  etwas  nach  unten  umgebogen.  Die  Unterfläche 
des  linken  Vorderendes   steigt   gleichmäßig   schräg  von   außen  nach 


560  Willy  Augustik, 

innen  an  und  geht  weiter  nach  vorn  in  eine  horizontale  Lage  über. 
Auf  der  rechten  Seite  entsteht  auf  der  Hälfte  des  Vorderendes  eine 
kantige  Erhebung,  so  daß  die  Fläche  hier  schräger  als  links  zu 
liegen  kommt.  Der  Übergang  in  die  horizontale  Lage  geht  hier 
rascher  von  statten,  so  daß  eine  deutliche  Grenze  zu  erkennen  bleibt. 

Becken  No.  8. 

Auch  bei  diesem  Becken  sind  die  Innenränder  konkav  gebogen 
vom  vordersten  Ende  bis  zur  zweiten  Hälfte  des  Hinterendes.  Ähnlich 
wie  bei  dem  vorher  beschriebenen  Becken  biegt  der  Innenrand  dort 
nach  hinten  um  und  geht  allmählich  in  die  fast  halbkreisförmigen 
hinteren  Begrenzungen  der  Knochen  über.  Die  Außenränder  sind 
vorn  ein  wenig  konvex,  hinten  ein  wenig  konkav.  Die  Vorsprünge 
sind  sehr  deutlich  ausgebildet  und  endigen  rechts  gerade  abge- 
schnitten, links  in  einen  rundlichen  Knopf.  Auf  der  linken  Seite  ist 
die  von  Struthers  beim  Finwal  als  Foramen  obturatorium  gedeutete 
Öffnung  vorhanden,  während  sich  auf  der  rechten  Seite  nicht  einmal 
eine  Spur  davon  vorfindet.  Die  fast  ebene  Oberfläche  des  Vorsprunges 
wird  beim  Hinterende  gleichmäßig  gewölbt  und  liegt  horizontal.  Am 
Vorderende  ist  die  Oberfläche  zunächst  eben,  rechts  ein  wenig  ein- 
gesenkt. Dann  tritt  eine  Drehung  des  Vorderendes  ein,  so  daß  die 
Oberfläche  schräg  nach  außen  zu  liegen  kommt.  Der  Innenrand  geht 
in  eine  Innenfläche  über.  Ihre  kantige  Begrenzung  mit  der  Ober- 
fläche zieht  bis  zum  vordersten  Ende,  das  wie  das  Hinterende  halb- 
kreisförmig begrenzt  und  etwas  schmaler  als  dieses  ist.  Die  Unter- 
flächen weisen  am  Hinterende  und  in  der  Vorsprungsregion  ein  den 
Oberflächen  ähnliches  Bild  auf,  bei  den  Vorderendeu  jedoch  sind  sie 
stark  gewölbt,  auf  der  linken  Seite  nach  innen  abgeplattet. 

Becken  No.  9. 

Das  vorliegende  Becken  ist  ähnlich  wie  das  No.  7  gebaut.  Der 
Innenrand  ist  konkav  gebogen,  geht  auch  nach  hinten  zu  in  einen 
leicht  konvexen  Bogen  über.  Beim  rechten  Knochen  ist  kurz  vor 
dem  Ende  ein  kleiner  Vorsprung  bemerkbar,  dem  auf  der  linken 
Seite  eine  breitgedrückte  Fläche  entspricht.  Der  Außenrand  ist  am 
Hinterende  konkav  gebogen,  zeigt  auch  den  oben  erwähnten  Vor- 
sprung und  läuft  dann  schräg  nach  innen  in  die  rundliche  hintere 
Begrenzung  des  Knochens.  Der  Außenrand  des  Vorderendes  ist 
wellenförmig  geformt  und  geht  links  in  langem,  rechts  in  kurzem 
Bogen   zur  vordersten  Spitze.    Die   seitlichen  Vorsprünge   sind  sehr 


Beekeukuocheu  bei  iiurd-iitlantiseheu  Baitenwalen.  561 

unregelmäßig-  und  verscliiedeii  gel)ildet.  Auf  der  rechten  Seite  kann 
man  drei  Krliel)nn*;en  erkennen,  von  denen  eine  länglich  runde  oben, 
die  beiden  anderen  durch  einen  kleinen  Einschnitt  getrennten  nach 
außen  liegen.  Tiinks  zeigt  sich  eine  runde,  abgeplattete  Fläche 
schräg  außen,  darunter  ein  tiefer  Einschnitt  und  eine  scharfe  Kante. 
Bei  der  Oberfläche  wechselt  Form  und  Richtung  sehr  oft.  Am  Hinter- 
ende in  der  (legend  des  Yorsprunges  am  Außenrande  ist  sie  eben, 
nach  außen  links  allmäiilich,  rechts  steil  abfallend,  wobei  sich  hier 
eine  einen  stumpfen  Winkel  bildende  Kante  ausprägt.  Dann  er- 
scheint sie  horizontal  gelegen  links  rundlicher  als  rechts.  Am  Vor- 
sprung macht  sich  auf  beiden  Seiten  eine  kleine  Einsenkung  be- 
merkbar, darauf  senkt  sie  sich  schräg  nach  innen,  nach  außen  ist 
sie  abgerundet.  Hier  bildet  sich  rechts  ein  wulstförmiger  Rücken 
aus,  der  erst  kurz  vor  dem  vordersten  Ende  verschwindet,  wobei 
ungefähr  auf  der  Hälfte  eine  flache  Einsenkung  entsteht.  Links 
ist  dieser  Rücken  nicht  so  stark  erhaben,  auch  die  Einsenkung  ist 
nicht  so  stark  ausgeprägt.  Bevor  der  Knochen  am  vordersten  Ende 
platter  wird,  liegt  eine  schräg  nach  innen  abfallende  Fläche,  die  mit 
der  weiteren  Oberfläche  stumpfwinklige  Kanten  bildet.  Die  Unter- 
flächen sind  weit  regelmäßiger  gebaut,  beim  Hinterende,  dem  Vor- 
sprung und  dem  ersten  Drittel  des  Vorderendes  von  außen  unten 
nach  innen  oben  gelagert.  Dann  gehen  die  Flächen  durch  eine 
Drehung  in  eine  horizontale  Lage  über,  wobei  auf  beiden  Seiten  in 
der  Drehungsachse  eine  rechts  stärker  als  links  ausgebildete  Wölbung 
entsteht.  Ln  vordersten  Ende  kann  man  unregelmäßige  Gruben  auf 
beiden  Unterflächen  erkennen. 

Becken  No.  10. 

Der  Bau  dieses  Beckens  ist  von  den  anderen  weiblichen  Becken 
in  seinem  Hinterende  sehr  abweichend.  Der  konkave  Innenrand 
biegt  auf  Vs  vom  Vorsprung  gerechnet  nach  hinten  um,  um  in  fast 
gerader  Linie  weiter  zu  verlaufen.  Der  Außenrand  ist  fast  gerade 
gestreckt  und  bildet  nur  mit  dem  Voi-sprung  eine  geringe  Konkavität. 
Nach  dem  Ende  zu  biegt  der  rechts  tiefer  liegende  Rand  nach  außen 
um,  wodurch  besonders  in  der  linken  Hälfte  ein  starker  Vorsprung 
entsteht,  den  man  hier  als  das  nach  außen  umgebogene  Ende  des 
Knochens  auffassen  kann.  Der  Innenrand  biegt  links  allmählich  in 
den  Hinterrand  um,  der  seinerseits  in  flachem  Bogen  den  oben  er- 
wähnten V^orsprung  erreicht.  Auf  der  rechten  Seite  bildet  der  Innen- 
rand mit  der  hintersten  geradlinigen  Begrenzung  fast  einen  rechten 


562  Willy  Augüstin, 

Winkel;  der  Verlauf  des  Außeurandes  von  hier  bis  zum  Vorsprung 
ist  ebenfalls  gerade.  Beide  Enden  sind  nach  außen  umgebogen,  wo- 
bei die  Biegungsstelle  rechts  deutlicher  als  links  markiert  ist.  Die 
Struktur  des  Hinterendes  ist  besonders  beim  rechten  Knochen  im 
Gegensatz  zu  den  anderen  untersuchten  sehr  locker,  so  daß  die  Ober- 
fläche zahlreiche  Vertiefungen  und  Erhebungen  aufweist.  Die  linke 
Hälfte  ist  verhältnismäßig  eben  mit  einem  kleinen  Rücken  in  der 
Nähe  des  Vorsprunges,  die  rechte  durchweg  etwas  konkav  sanft  nach 
dem  Außenrand  umgebogen.  Auf  beiden  Seiten  sind  die  Flächen 
etwas  schräg  nach  innen  gerichtet.  Die  seitlichen  Vorsprünge  sind 
sehr  stark  ausgebildet  mit  großen,  in  der  Form  verschiedenen  Er- 
hebungen auf  der  Oberfläche.  Links  steigt  die  Oberfläche  vom 
Hinterende  her  allmählich  an,  bildet  einen  kreisförmigen  Hügel  mit 
einer  pfannenartigen  Einsenkung,  die  vielleicht  der  Überrest  einer 
Acetabularregion  ist.  Nach  außen  geht  die  Erhöhung  in  die  knopf- 
artig abgerundete  Begrenzung  des  Vorsprunges  über,  nach  vorn  fällt 
sie  steil  ab.  Auf  der  rechten  Seite  kann  man  zwei  Erhebungen  er- 
kennen, eine  nach  oben  gerichtete  flach  eingesenkte,  die  stärker  als 
die  links  hervortritt,  und  eine  nach  außen  gerichtete  abgerundete, 
die  beide  durch  eine  Mulde  getrennt  sind.  Die  Innenränder  der 
Vorderenden  sind  konkav,  die  Außenränder  konvex  gebogen,  wobei 
die  letzteren  kurz  vor  dem  äußersten  Ende  noch  eine  kleine  Kon- 
kavität aufweisen.  Die  Spitzen  sind  nach  innen  umgebogen  und 
stumpf  begrenzt.  Die  Oberflächen,  von  denen  die  rechte  zum  Teil 
noch  die  lockere  Struktur  des  Hinterendes  besitzt,  zeigen  auf  der 
ersten  Hälfte  eine  flache  Einsenkung  und  gehen  nach  innen  und 
außen  in  sanfter  Rundung  in  die  Ränder  über.  Sie  sind  weiter  nach 
vorn,  wo  der  Außenrand  konkav  ist,  etwas  eingesenkt,  was  durch 
die  Höherlagerung  des  vordersten  Randes  hervorgerufen  wird.  Die 
Unterflächen  sind  beim  Vorderende  nur  an  der  Spitze  eben,  dann 
bis  fast  zum  Ende  des  Knochens  auf  beiden  Hälften  leicht  gewölbt 
mit  Ausnahme  der  Vorsprungsregion,  wo  rechts  eine  flache  Grube 
mit  einer  nach  außen  sich  anschließenden  kleinen  Erhebung  vorhanden 
ist,  während  links  die  Fläche  gleichmäßig  bis  zur  Spitze  des  Vor- 
sprunges ansteigt.  Am  hintersten  Ende,  wo  die  Knochen  nach  unten 
umgebogen  sind,  liegen  zwei  Gruben.  Auf  der  linken  Seite  liegt  die 
Einsenkung  mehr  nach  dem  Innenrande  zu,  ist  tiefer  ausgehöhlt  als 
rechts  und  durch  einen  kleinen  Wulst  in  zwei  ungleiche  Teile  ge- 
trennt. Rechts  zeigt  sich  eine  flache  Einsenkung  mehr  nach  außen 
hinten,  die  daneben  liegende  Fläche  steigt  schräg  zum  lunenrande  an. 


Beckenknocben  bei  iiord-atlantischen  Bartenwalen.  563 

Becken  No,  11. 

Die  Innenränder  sind  konivav  gebogen,  von  einem  Ende  bis 
zum  anderen,  so  daß  im  Gegensatz  zu  allen  anderen  Becken  die 
Riclitungsänderung  am  Hinterende  nicht  eintritt.  Auch  die  vorderste 
Begrenzung  des  Vorderendes  weicht  von  den  vorher  beschriebenen 
ab,  Sie  sind  vorn  stumpf  abgeschnitten  wie  am  Hinterende,  jedoch 
deutet  die  Form  einer  am  linken  Knochen  befindlichen  Knorpel- 
kappe auf  die  sonst  gewöhnliche  spitze  Endigung  hin.  Der  Außen- 
rand am  Vorderende  ist  fast  geradlinig,  links  ein  wenig  konkav^ 
rechts  ein  wenig  konvex.  Am  Vorderende  macht  sich  eine  kleine 
Drehung  bemerkbar,  die  Oberfläche  fällt  von  innen  nach  außen 
schräg  ab.  Die  Knochen  sind  hier  dicker  als  weiter  nach  dem  Vor- 
sprung zu,  der  linke  breiter  als  der  rechte.  Die  Oberfläche  ist  auf 
der  linken  Seite  durchweg  platter  als  auf  der  rechten,  wo  sie  mehr 
rundlicher  erscheint.  Es  bildet  sich  nämlich  auf  der  rechten  Hälfte 
in  der  Vorsprungsregion  ein  rundlicher  Sattel  aus,  der  in  der  Mitte 
des  Knochens  verläuft  und  am  Hinterende  ein  wenig  nach  außen 
verlagert  ist.  Auf  der  linken  Seite  ist  ebenfalls  eine  Erhöhung  vor- 
lianden.  Sie  ist  aber  kantiger  geformt,  liegt  fast  an  der  Spitze  des 
Vorsprungs  und  geht  dann  in  den  Außenrand  des  Hinterendes  über. 
Von  dem  Rande  aus  ist  die  Oberfläche  ein  wenig  rundlich  und  fällt 
dann  allmählich  nach  dem  Innenrande  zu  ab,  während  auf  der 
rechten  Seite  eine  rundliche  Fläche  schräg  nach  innen,  eine  andere 
steiler  nach  außen  gerichtet  ist.  Die  Unterflächen  zeigen  in  der 
Vorspruiigsregion  eine  längliche,  flache  Einsenkung.  gebildet  von 
dem  Innenrande  und  einer  Verdickung  des  Vorsprunges  nach  unten, 
die  auf  der  rechten  Seite  gleichmäßig  rundlich,  auf  der  linken  Seite 
stärker,  spitz  und  mit  zwei  unregelmäßigen  Einsenkungen  versehen 
entwickelt  ist.  Die  Unterflächen  des  Hinterendes  sind  eben,  schräg 
von  innen  unten  nach  außen  oben  gerichtet.  Beim  Vorderende  sind 
die  Unterflächen  bis  zur  Hälfte  eben,  dann  wölben  sie  sich  vor.  wo- 
durch die  oben  erwähnte  Verdickung  des  vordersten  Endes  entsteht. 

Becken  No.  12. 

In  der  äußei'en  Form  ähnelt  dieses  Becken  dem  No.  9,  doch  ist 
es  durchweg  schmaler  als  jenes.  Untereinander  weisen  beide 
Knochen  große  Formverschiedenheiten  auf,  wie  ich  sie  bei  den 
anderen  nicht  gefunden  habe.  Der  Inneniand  des  rechten  Knochens 
ist  vorn   zunächst   konvex,   wird  dann  konkav,   zieht   weiter   gerad- 


564  Willy  Augüstin, 

linig  bis  zum  Vorspriing-,  von  wo  aus  er  in  langem  konkavem  Bogen 
bis  zum  Hinterende  gelit.  Hier  verläuft  er  wieder  konvex  und 
macht  dann  durch  das  nach  innen  gebogene  hintere  Ende  noch  einen 
kleinen  konkaven  Bogen.  Auf  der  linken  Seite  ist  der  Innenrand 
zunächst  vorn  fast  geradlinig  mit  geringer  Wellenform  und  verliert 
sich  dann  in  einer  Erhöhung  der  Unterfläche.  In  der  zweiten  Hälfte 
des  Vorderendes  bildet  sich  aus  der  Oberfläche  ein  neuer  Innenrand, 
der  geradlinig  bis  zur  Einbuchtung  in  der  Vorsprungsregion  ver- 
läuft. Am  Hinterende  geht  er  geradlinig  bis  zur  nach  hinten  ge- 
richteten Spitze  mit  einer  geringen  Konvexität,  die  auf  der  Hälfte 
seines  Verlaufes  liegt.  Auch  die  Form  der  Außenränder  ist  auf 
beiden  Seiten  verschieden.  Am  vordersten  Ende  ist  er  rechts  wie 
links  konkav.  Dann  zieht  er  links  zuerst  in  schwachem  konvexem 
Bogen,  dann  in  leichter  Wellenform  bis  in  die  breite  seitliche  Be- 
grenzung des  Vorspi'unges.  Eechts  ist  zunächst  eine  starke  kon- 
vexe Ausbuchtung  zu  erkennen,  in  deren  Verlauf  der  Eand  etwas 
nach  oben  gebogen  ist,  weiter  ist  er  geradlinig  bis  zur  äußeren 
Fläche  des  Vorsprunges,  die  um  9  mm  schmaler  als  die  linke  ist. 
Am  Hinterende  verläuft  der  Außenrand  zunächst  konkav,  dann 
konvex,  wobei  die  Konvexität  rechts  größer  ist,  -da  die  Spitze  nach 
innen  gebogen  ist.  Eigentümlich  große  Verschiedenheiten  weisen 
Ober-  und  Uuterflächen  auf.  Eechts  ist  der  Vorsprung  nach  oben 
rundlich  verdickt,  so  daß  die  Oberfläche  ausgehöhlt  erscheint.  Nach 
dem  Hinterende  fällt  sie  nach  außen  schräg  ab,  während  am  Innen- 
rande sich  eine  wulstförmige  Erhebung  bildet,  die  nach  hinten  zu 
allmählich  nach  der  Mitte  zu  verlagert  und  undeutlicher  wird.  Die 
äußere  Abschrägung  bleibt  bis  zur  hintersten  Spitze  bestehen.  Auf 
der  linken  Seite  ist  die  Vorsprungsregion  eben,  ein  wenig  nach 
innen  abfallend.  Die  Oberfläche  bleibt  horizontal  bis  zur  Hälfte  des 
Hinterendes,  wo  sie  rundlicher  wird  und  nach  außen  steiler  als 
rechts  abfällt.  Der  Eücken  geht  allmählich  ganz  nach  innen  ein 
wenig  konvex  gebogen  bis  in  die  Spitze  des  Knochens,  Auf  der 
rechten  Seite  ist  durch  das  nach  oben  gelagerte  Ende  die  ent- 
sprechende Partie  konkav.  Die  Oberfläche  des  Vorderendes  ist 
rechts  zunächst  eben,  dann  bildet  sich  etwas  nach  dem  Außenrande 
zu  ein  Eücken  aus,  der  nach  vorn  zu  deutlicher  und  kantiger  wird. 
Nach  außen  ist  die  Fläche  gewölbt,  nach  innen  steiler  abfallend 
und  leicht  eingesenkt.  Dieses  Bild  weist  der  Knochen  bis  kurz  vor 
dem  Ende  auf,  wo  die  Erhöhung  verschwindet  und  der  Knochen 
gleichmäßig   von   innen   nach  außen   unten   abgeschrägt    ist.    Links 


Beckenkiiocheu  bei  uord-atlantischen  Bartenwalen.  565 

ist  die  Obertläche  des  Vorderendes  am  Vorspruiif^e  etwas  schräg 
von  außen  nach  innen  unten  gelagert,  von  lockerer  Struktur  mit 
«iner  geringen  Einsenkung.  Nach  vorn  zu  erscheint  auch  eine 
Wölbung,  doch  nicht  so  hoch  und  kantig  ausgebildet  wie  auf  der 
rechten  Seite.  Gerade  umgekehrt  wie  dort  ist  die  nach  innen 
liegende  Fläche  schräg  gewölbt  und  die  äußere  konkav  eingesenkt. 
Die  äußerste,  innen  liegende  Spitze  ist  verdickt,  gleichfalls  die  Ecke 
außen,  so  daß  die  OberÜäche  hier  etwas  konkav  ist.  Die  Form  der 
Unterfläche  weicht  links  ebenfalls  von  der  rechts  ab.  Der  rechte 
Knochen  ist  unten  eben  mit  weicher  Rundung  nach  innen  zu.  In 
der  dem  Vorsprung  zu  liegenden  Hälfte  findet  sich  eine  flache  Ein- 
.'^enkung,  die  bis  in  das  erste  Drittel  des  Vorderendes  zieht,  in  der 
Vorsprungsregion  etwas  undeutlicher  ausgebildet  ist.  Neben  der 
Einsenkung  im  Vorderende  erscheint  ein  kleiner  Sattel,  der  weiter 
nach  vorn  zu  verschwindet.  Hier,  wo  Innen-  und  Außenrand  nach 
unten  gesenkt  sind,  weist  der  Knochen  eine  starke  Aushöhlung  auf, 
die  bis  zum  vordersten,  wieder  nach  oben  gebogenen  Ende  bestehen 
bleibt.  Diese  muldenförmige  Vertiefung  findet  sich  auch  auf  der 
rechten  Seite.  Wie  oben  erwähnt,  geht  der  Inuenrand  in  die  Unter- 
fläche über.  Er  bildet  hier  eine  schwache  Erhebung,  die  schräg 
von  innen  bis  in  eine  starke,  spitze  Erhebung,  des  Vorsprunges  zieht. 
Von  dem  Gipfel  dieser  Verdickung  fällt  der  Knochen  schräg  etwas  ein- 
gesenkt nach  innen  ab,  nach  außen  steil  bildet  er  die  außen  liegende 
Fläche  des  Vorsprunges.  Auf  dem  Hinterende  bildet  sich  nach  dem 
Innenrande  zu  eine  firstartige  Vorwölbung  aus,  die  nach  innen  ab- 
geschrägt, nach  außen  ungleichmäßig  gerundet  ist. 

Becken  No.  13. 
(Aus  dem  Berliner  Zoolog.  Museum.) 

Der  seitliche  Vorsprung  liegt  fast  in  der  Mitte  des  Knochens. 
Das  Hinterende  ist  gerade  nach  hinten  gerichtet  und  hat  einen 
mehr  rundlichen  Querschnitt  als  das  Vorderende.  Es  ist  beim 
rechten  Knochen  zugespitzt,  während  der  linke  ein  stumpfes  Ende 
zeigt.  Der  Innenrand  ist  am  Vorderende  und  der  Vorsprungsregion 
konkav  gebogen  und  zieht  dann  am  Hinterende  wellenförmig  gerade 
nach  hinten.  Der  Außenrand  ist  am  Vurderende  konvex  mit  einer 
Einbuchtung,  wo  er  in  den  seitlichen  Vorsprung  übergeht.  Am 
Hinterende  verläuft  er  konkav,  links  stärker  eingebuchtet  als  rechts. 
Kurz  vor  dem  Vorsprung  ist   der  öfters  erwähnte  Einschnitt  wahr- 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Syst.  37 


566  Willy  Augüstin, 

zunehmen.  Das  Vorderende  ist  platt  gedrückt  und  weist  eine  leicht 
spiralige  Drehung  auf,  wobei  der  Innenrand  leicht  nach  oben,  der 
Außenrand  leicht  nach  unten  gewunden  ist.  Der  linke  Knochen  ist 
etwas  kürzer  als  der  rechte,  seine  Konkavität  am  Innenrande  um 
4  mm  größer.  An  dem  seitlichen  Vorsprung  des  rechten  Knochens 
kann  man  eine  kleine  Grube  wahrnehmen,  während  die  entsprechende 
Partie  des  linken  Knochens  vollkommen  eben  ist.  Das  Hinterende 
ist  leicht  nach  unten,  das  Vorderende  etwas  nach  oben  gebogen. 
Von  allen  von  mir  untersuchten  Knochen  ist  bei  diesem  das  Vorder- 
ende am  stärksten  nach  innen  umgebogen.  Die  Länge  des  Hinter- 
endes  am  linken  Knochen  ist  um  36,5  mm  kleiner  als  die  des  Vorder- 
endes, während  derselbe  Unterschied  auf  der  rechten  Seite  nur 
10  mm  beträgt. 


Das  Becken  von  Megaptera  booj^s  (Buckelwal)  (Fig.  8). 

Über  das  Becken  vom  Buckelwal  liegen  Abbildungen  und  Be- 
schreibungen bei  EuDOLPHi,  der  ihn  unter  dem  Namen  Balaena  longi- 
mana  abhandelte,  von  Escheicht  und  Steuthers  vor,  deren  Ab- 
bildungen in  0.  Abel's  Morphologie  der  Hüftbeinrudimente  wieder- 
gegeben sind.  In  der  Osteographie  von  van  Beneden  u.  Gervais  ist 
nur  eine  ganz  kurze  Beschreibung  vorhanden. 

Zur  Untersuchung  gelangten  2  ganze  Becken,  eines  aus  dem 
Königsberger  Museum,  ein  zweites  aus  dem  Hamburger  Natur- 
historischen Museum  und  ein  halbes  Becken  aus  demselben. 


Becken  No.  1. 
($  aus  dem  Köuigsberger  Museum.) 

Im  Gegensatz  zu  den  Becken  von  Fin-  und  Blauwal,  ähnlich 
wie  beim  Seihwal,  ist  beim  Buckelwal  der  seitliche  Vorsprung  nicht 
so  stark  ausgebildet.  Der  konkave  Innenrand  ist  am  Hinterende, 
der  Vorsprungsregion  und  einem  Drittel  des  Vorderendes  sehr  scharf 
ausgebildet.  Weiter  nach  vorn  zu  wird  er  rundlicher  und  verliert 
sich  in  eine  seitliche  Innenfläche  des  verdickten,  etwas  nach  oben 
gebogenen  Vorderendes.  Dieses  ist  äußerst  unregelmäßig  begrenzt, 
die  Endfläche  ist,  wenn  man  überhaupt  von  einer  Fläche  sprechen 
darf,  schräg  nach  oben  gerichtet.  Der  Außenrand  des  Vorderendes 
ist  ein  wenig  konkav  gebogen,  rechts  etwas  stärker  als  links.    Der 


Beckenknochen  bei  iiord-atlantiscben  Bartenwaleii.  567 

Yorsprniip:  ist  außen  fast  lialbkreisförmiji:  begrenzt,  auf  der  linken 
Seite  außen  etwas  eingediiickt.  Der  Außenrand  des  Hinterendes 
ist  auf  beiden  Seiten  geradlinija^.  Das  Hinterende  ist  wesentlich 
breiter  als  das  Vorderende  und  hinten  durch  eine  unregelmäßige, 
ein  wenig  vorgewölbte  Endtläche  begrenzt,  an  der  auf  der  rechten 
Seite  ein  großer,  hinten  abgerundeter  Endknorpel  sitzt.  Außer  dem 
Längenunterscliied  weisen  beide  Knochen  große  Formverschieden- 
heiten  im  Bau  des  Vorsprunges  und  der  Ober-  und  Unterflächen  auf. 
Wenn  man  die  Vorsprünge  von  oben  betrachtet,  so  macht  der  rechte 
einen  wesentlich  stärkeren  Eindruck;  jedoch  ist  der  Dickenunter- 
schied nur  5  mm,  rechts  34  mm,  links  29  mm.  Das  liegt  daran,  daß 
der  Innenrand  und  mit  ihm  der  innen  liegende  Teil  der  Vorsprungs- 
region links  nach  oben  gebogen  ist,  während  auf  der  rechten  Seite 
die  entsprechende  Partie  fast  in  der  Höhe  des  Hinterendes  zu  liegen 
kommt.  Es  liegt  die  in  der  Struktur  sehr  lockere  Verdickung  des 
Vorsprunges  nur  auf  der  Oberseite  des  Knochens.  Die  Konkavität 
ist  daher  hier  oben  größer,  auf  der  anderen  Hälfte  auf  der  unteren 
Seite.  Links  ist  der  Vorsprung  nach  außen  in  eine  schräge  und, 
wie  oben  bei  der  Beschreibung  des  Außenrandes  schon  erwähnt,  in 
der  Richtung  von  vorn  nach  hinten  eingedrückten  Fläche  begrenzt. 
Auf  der  rechten  Seite  ist  die  Fläche  steiler  gelagert,  rundlicher  be- 
grenzt und  mit  einer  Vertiefung,  die  besonders  lockeres  Gewebe 
besitzt,  versehen.  Das  Hinterende  des  linken  Knochens  ist  hinten 
etwas  nach  unten  gebogen,  erscheint  also  auf  der  Oberseite  konvex. 
Rechts  ist  der  hinterste  Rand  ein  wenig  höher  gelagert,  so  daß  der 
Knochen  eine  kleine  Konkavität  auf  der  Oberfläche  aufweist.  Nach 
außen  ist  sie  am  hintersten  Ende  etwas  abgeschrägt,  nach  dem 
Innenrande  zu  eben.  Ungefähr  auf  der  2.  Hälfte  des  Hinterendes 
nach  dem  Vorsprung  zu  steigt  die  Oberfläche  am  Außenrande  an 
bis  zum  stumpfen  Gipfel  des  Vorsprunges.  Gleichzeitig  ist  der  Innen- 
rand ein  w'enig  nach  oben  gebogen,  so  daß  in  der  Mitte  des  Knochens 
eine  flache,  längliche  Einsenkung  entsteht.  Diese  Vertiefung  bleibt 
l)is  fast  zum  voi'dersten  Ende  bestehen,  ist  in  der  Vorsprungsregion 
zunächst  undeutlich,  wird  aber  nach  vorn  zu  wieder  stärker  ausge- 
prägt durch  die  Vorwölbung  der  Oberfläche  am  Außenrande  entlang 
und  erreicht  auf  der  Hälfte  des  Vorderendes  ilire  größte  Tiefe  durch 
die  Verdickung  des  Innenrandes.  Am  vordersten  Ende  geht  die 
Einsenkung  verloren ,  der  Knochen  erhält  eine  konvexe  Oberfläche. 
Durch  die  ganz  anders  gestaltete  Form  des  Voi'sprunges  ist  die  Ober- 
fläche der  linken  Seite  von  der  der  rechten  ganz  verschieden.    Das 


568  Willy  Augustin, 

oben  leicht  gewölbte  Hintereude  ist  am  letzten  Ende  sowohl  nach 
innen  als  auch  nach  außen  abgeschrägt,  weiter  nach  dem  Vorsprung 
zu  auf  der  nach  dem  Innenrande  zu  liegenden  Hälfte  eben,  nach 
dem  Außenrande  zu  ganz  abgerundet.  Die  Verdickung  des  Außen- 
randes tritt  auf  dieser  Seite  nicht  ein,  so  fällt  auch  hier  die  flache 
Einsenkung  der  Oberfläche  fort.  Der  Vorsprung  ist,  wie  schon  an- 
gegeben, nicht  so  stark  nach  oben  verdickt  wie  der  rechte,  jedoch 
entsteht  dadurch,  daß  der  Innenrand  stärker  nach  oben  gebogen  ist, 
eine  flache  Vertiefung  in  der  Vorsprungsregion,  die  nach  vorn  zu  den- 
selben Verlauf  nimmt  wie  die  der  rechten  Seite,  nur  ist  sie  nicht  so 
tief  ausgebildet  wie  dort.  Da  das  Vorderende  beider  Seiten  etwas 
gedreht  ist,  weisen  die  Oberflächen  des  letzten  Endes  ein  wenig 
nach  außen,  links  mehr  als  rechts.  Die  Unterfläche  des  Vorderendes 
erscheint  auf  beiden  Seiten  gerundet,  auf  der  rechten  Seite  nach 
außen  stärker  als  links.  Dort  entsteht  auf  der  Hälfte  des  Vorder- 
endes eine  kleine,  gratartige  Erhebung,  durch  die  eine  längliche  Ver- 
tiefung am  Anßenrande  der  Unterfläche  hervorgerufen  wird.  Dadurch, 
daß  der  Innenrand  auf  der  linken  Seite  höher  liegt  und  die  Ver- 
dickung des  Vorsprunges  zum  Teil  auf  der  Unterseite  statthat, 
schrägt  sich  diese  nach  innen  zu  stärker  ab  als  rechts.  Auf  beiden 
Seiten  ist  die  Unterfläche  konkav.  Nach  dem  Hinterende  zu  bleibt 
die  Abschrägung  nach  innen  links  bis  zum  Ende,  rechts  bis  kurz  davor 
bestehen.  Die  rechte  Unterfläche  erscheint  dadurch  ebener  als  die 
linke.  Zu  bemerken  wäre  noch,  daß  das  Femurrudiment  besonders 
auf  der  rechten  Seite  groß  und  stark  verknöchert  vorhanden  ist. 


Becken  No.  2. 
(Aus  dem  Hamburger  Museum.) 

,  Das  linke  Becken. 

Das  Vorderende  ist  im  Prinzip  gerade  abgeschnitten,  der  Quer- 
schnitt kreisförmig,  sein  Durchmesser  15  mm.  Weiter  nach  hinten 
wird  der  Knochen  von  oben  her  zusammengedrückt,  flach,  dagegen 
nach  den  Seiten  ausgedehnt.  50  mm  vom  Vorderende  hat  er  ein 
Maximum  der  Breite  von  23  mm.  Von  hier  bis  zur  Mitte  des  Vorder- 
endes bleibt  der  Knochen  etwa  gleich  breit.  Von  jenem  50mm-Punkte 
aus  ist  die  Kontur  des  Innenrandes  bis  hart  zum  Ende  des  ganzen 
Knochens  gleichmäßig  konkav.  Der  Außenrand  ist  konvex,  besonders 
stark   etwa   50  mm   vor  dem  Vorsprung,   der  hier  sehr  schwach  ist. 


Beckenknocheu  bei  iionl-atlantischeu  ßartenwalen.  569 

Die  Dicke  des  Knochens  nimmt  ab  von  vorn  bis  ungefähr  -/s  der 
Länge  des  Vorderendes,  Da  ist  nicht  nur,  wie  erwälint,  eine  Ver- 
tlachung-,  sondern  an  der  oberen  Seite  auch  eine  flach  rinnen- 
förniige  Kinsenkung  des  Knochens  bemerkbar.  Der  Innenrand  nimmt 
etwa  50  mm  vom  Voi-derende  aus  an  Sciiärfe  zu.  dann  wieder  etwas 
ab  und  in  der  Kegion  des  Vorsprunges  wieder  zu.  Der  Außenrand 
ist  gleichmäßig  gerundet.  Ungefähr  35  mm  vor  dem  Vorsprung  ist 
eine  liiigelige  Vorwölbung  in  der  äußeren  Hälfte  der  Unterseite,  eine 
Art  Vorsprung,  nach  unten  vorhanden.  Infolgedessen  erscheint  das 
Vorsprungsgebiet  von  außen  gesehen  als  in  2  Höcker  aufgelöst,  von 
denen  der  eine  (der  eben  erwähnte)  unten  und  etwas  weiter  vorn, 
der  andere  weiter  hinten  und  mehr  oben  liegt.  In  der  Region  des 
Vorsprunges  ist  die  obere  Fläche  eben,  die  untere  schwach  konkav. 
Das  Hinterende  ist  flach  und  hat  außen  einen  ziemlich  scharfen 
Rand.  In  ungefähr  ^  ^  seiner  Länge  vom  Vorsprung  aus  gerechnet, 
bildet  aber  der  Innenrand  eine  Vorwölbung,  so  daß  die  im  ganzen 
abnehmende  Breite  von  der  Mitte  des  Hinterendes  bis  zu  diesem 
Punkte  gleich  (etwa  40  mm)  bleibt.  Hinter  diesem  Vorsprung  nehmen 
Innen-  und  Außenrand  an  Schärfe  ab.  In  der  Region  dieses  Vor- 
sprunges ist  der  Knochen  auch  ganz  schwach  nach  oben  gewölbt. 
Der  starke  Hinterabbruch  ist  38  mm  breit,  12  mm  dick. 

Das   rechte   Becken. 

Der  vordere  Querschnitt  ist  nicht  ganz  kreisrund,  sondern  etwa 
20  mm  breit  und  15  mm  hoch.  Das  Breitenmaximum  in  ungefähr 
50  mm  Entfernung  vom  Vorderende  beträgt  25  mm.  Die  Verhält- 
nisse des  Innen-  und  Außenrandes  sind  wie  links,  die  rinnenartige 
Einsenkung  der  Oberfläche  des  Vorderendes  schwächer  als  links. 
Dasselbe  trifft  für  das  Hinterende  zu,  doch  findet  hinter  dem  Höcker 
in  ^l^  der  Länge  des  Hinterendes,  wo  die  Breite  40  mm  beträgt, 
noch  einmal  eine  Verbreiterung  auf  44  mm  statt.  In  der  Vorsprungs- 
region ist  das  linke  Becken  stärker  als  das  rechte,  sonst  sind 
Stärkenunterschiede  außer  den  zahlenmäßig  angegebenen  nicht  zu 
bemerken. 

In  dem  halben  Becken  aus  dem  Hamburger  Naturhistorischen 
Museum  handelt  es  sich  um  ein  Glycerinpräparat,  das,  da  die  Bein- 
haut noch  vorhanden  ist,  nicht  ein  so  genaues  Bild  der  Knochen 
wie  bei  Trockenpräparaten  gibt.  Das  Becken  —  es  ist  das  rechte 
—  ist  wie  die  vorher  beschriebenen  leicht  gebogen   mit  einem  seit- 


570  Willy  Augustin, 

liehen  gedrungenen  Fortsatz.  Das  Hinterende  ist  keulenartig  ver- 
dickt und  besitzt  ein  starkes  knorpliges  Ende.  Die  Unterseite  ist 
fast  eben  mit  leichten  rillenförinigen  Einsenkungen,  die  aber  viel- 
leicht im  Knochen  nicht  vorhanden  sind,  sondern  die  sich  nur  als 
Falten  der  Beinhaut  abheben.  Von  der  Vorsprungsregion  zieht  sich 
auf  der  Oberseite  ein  dachartiger  Rücken  nach  dem  Innenrande  des 
Hinterendes  hinüber.  Während,  der  Innenrand  vom  Vorderende  bis 
zu  dieser  Verdickung,  wenn  auch  abgerundet,  deutlich  zu  erkennen 
ist,  so  verschwindet  er  hier  ganz  und  gar,  und  der  Knochen  erreicht 
hier,  die  Beinhaut  eingerechnet,  seine  größte  Dicke  von  35  mm. 
Vom  Innenrand  ist  der  Knochen  nach  dem  Außenrande  des  Hinter- 
endes zu  abgeschrägt,  der  hier  etwas  nach  außen  vorspringt.  Hier 
liegt  die  größte  Breite  des  Hinterendes  49  mm.  Wie  das  hinterste 
Ende  beschaifen  ist,  läßt  sich  des  eingetrockneten  Endknorpels  wegen 
nicht  genau  feststellen,  doch  scheinen  irgendwelche  größere  Ab- 
weichungen nicht  vorzukommen.  In  der  Region  des  Vorsprunges 
erscheint  durch  die  Verdickung  des  Hinterendes  und  durch  eine 
Biegung  des  Knochens  nach  oben  auf  der  Oberseite  eine  flache  Kon- 
kavität. Von  dem  konkaven  Innenrande  steigt  der  Knochen  bis  zum 
knopfartig  verdickten  Ende  des  seitlichen  Vorsprunges  an.  Die 
Fläche  des  Endes  zeigt  schräg  nach  oben  und  ist  fast  kreisrund. 
Nach  vorn  unten  besitzt  der  Knochen  eine  zweite  ebenfalls  rund- 
liche Fläche,  deren  Gewebe  sehr  locker  erscheint.  Von  dem  Vor- 
sprunge zieht  der  vordere  Außenrand  stark  konkav  gebogen  nach 
vorn.  Das  Vorderende  zeigt  ungefähr  auf  der  Hälfte  eine  Verjüngung 
bis  auf  23  mm.  Wie  so  manche  Beckenknochen  weist  auch  der  vor- 
liegende eine  leicht  spiralige  Drehung  des  Vorderendes  auf,  und 
zwar  ist  der  Innenrand  nach  oben  gedreht  worden.  Auch  das  Vorder- 
ende besitzt  eine  Erhebung  auf  der  schräg  nach  außen  zeigenden 
Oberfläche  von  einer  Dicke  von  22  mm.  Ganz  vorn  ist  der  Knochen 
abgerundet  und  mit  einer  starken  Knorpelkappe  versehen.  Zu  be- 
merken wäre  noch,  daß  wegen  der  Beinhaut  sämtliche  Maße  zu  groß 
erscheinen. 

In  vorliegender  Arbeit,  die  die  Variabilität  der  Beckenknochen 
bei  4  Arten  nord-atlantischer  Bartenwale  deutlich  erkennen  läßt, 
habe  ich  mit  den  eingehenden  Beschreibungen  dieser  Skeletteile,  die 
in  der  Anatomie  der  Cetaceen  stark  vernachlässigt  worden  sind, 
eine  Vervollständigung  unserer  Kenntnisse  geben  wollen. 


Beckenknoclien  bei  nonl-atlantiscbcn  Bartenwalen. 


571 


Ein  Versucli,  die  Arcliitektur  der  iSponpriosa  in  den  Knoclien 
nach  den  auf  ihn  wirkenden  Kräften  zu  erklären,  ließ  leider  den 
gewünschten  Erfolg  vermivssen.  Angeregt  durch  eine  Anzahl  von 
Röntgenaufnahmen,  die  Dr.  Otto  Walckhoff  von  dem  Femur  des 
Menschen  und  der  Anthropomorphen  herstellte,  photographierte  ich 
einige  Beckenknochen  mit  Röntgenstrahlen  und  erhielt  Bilder,  die 
die  charakteristischen  Trajektorien  in  der  Spongiosa  zeigten.  Es  ist 
dies  um  so  interessanter,  als  es  sich  hier  um  Knochen  handelt,  die 
nur  von  Muskeln  beansprucht  werden.  In  der  Hauptsache  kommen 
für  die  Strukturverhältnisse  die  Muskeln  in  Betracht,  die  das  Becken 
dauernd  beanspruchen.  Da  ist  in  erster  Linie  der  Schwanzmuskel 
zu  nennen,  der  an  ziemlich  mehr  als  die  hinterste  Hälfte  des  Körpers 
vom  Beckenknochen  befestigt  ist  und  sowohl  die  äußere  Kante  als 
auch  beide  Flächen  bis  zur  durchschneidenden  Furche  bedeckt,  sich 
also  den  äußersten  Anheftungspunkten  der  großen  Genitalmuskel- 
masse  nähert.  Bei  den  Kontraktionen  dieses  Muskels  werden  die 
Beckenknochen  nach  hinten  gezogen.  In  entgegengesetzter,  proxi- 
maler Richtung  wirkt  der  Rumpfmuskel,  der  am  vordersten  Ende 
des  Knochens  und  zum  Teil  an  den  rudimentären  Femur  und  Tibia 
ansitzt.  Diese  Zngwirkung  ist  in  den  Aufnahmen  deutlich  zu  er- 
kennen. Wie  nun  die  weiteren  Muskeln,  die  in  anderer  Richtung 
nach  innen  und  außen  oder  schräge  den  Knochen  beanspruchen, 
wirken,  wird  sich  nur  feststellen  lassen,  wenn  man  ein  Präparat  der 
gesamten  Beckenregion  zur  Verfügung  hat.  Bei  der  Form  Verschieden- 
heit der  Knochen  liegt  es  klar  auf  der  Hand,  daß  die  Ansatzstellen 
der  Muskeln  und  die  Größe  der  Angriffsflächen  ebenfalls  variieren. 
Ich  kann  also  nur  mitteilen,  daß  die  Beckenknochen  als  geeignetes 
Material  angesehen  werden  können,  den  Aufbau  der  Spongiosa  an 
Knochen  zu  untersuchen,  die  nur  durch  Muskeln  beansprucht  werden. 

Balaenoptera  physalus  (Finwal). 
Becken  No.  1. 


Außenmaße 

Breite 

Dicke 

R.    L. 

i;.    T.. 

R.        L. 

'13 

14,5   12.5 

39   40 

A  B 

420   430 

'/. 

43    25 

14   32,5 

A  C 

31.Ö   319 

Vorspr. 

118   101 

11   13 

B  C 

192   182 

'/. 

37    26 

16   28 

572 


Willy  Augustin, 

Konkavität 


der  Ränder 
innen      l      vorn  hinten 


R.       L. 
29      33 


R. 
41 


L. 
43 


R.       L. 
39      39 


der  Flächen 
oben  unten 


R.       L. 


R. 
22 


L. 
27 


Becken  No.  2. 


AuUenmaße 

Breite 

Dicke 

R.        L. 

R.        L. 

R.         L. 

'/4 

44,5      48 

17        16 

A  B 

444      437 

V2 

45         40 

29       29 

A  C 

435      451 

V4 

57         46,5 

15       18 

B  C 

132      113 

Vorspr. 

139,5     123,5 

15       20 

% 

12         13 

3,5      9,5 

Konkavität 


innen 

der  Ränder 
vorn 

hinten 

der  F 

oben 

lachen 
unten 

R.      L. 
30      40 

R       L. 

40      21    i 

R.       L. 
31      37 

R.       L. 

R.       L. 
9      35 

Becken  No.  3. 


Außenmaße 

Breite 

Dicke 

R.        L. 

R.         L. 

R.        L. 

'k 

42         40 

20,5      23 

A  B 

499      517 

V3 

43         39,5 

38         40 

A  C 

362      381 

Vorspr. 

134       130 

22,5      19 

B  C 

228      236 

V2 

38         49 

33         29 

Konkavität 


der  Ränder 


R. 

38 


L. 

51 


R. 
64 


L. 
31 


hinten 


R. 
41 


L. 
36 


der  Flächen 
oben     unten 


R. 
25 


L. 
26 


R. 


Beckenknochen  bei  iiord-atlantischen  Bartenwalen. 


573 


Becken  N  o.  4. 


AußenmaOe 

Breite 

Dicke 

R.    L. 

j;.   L. 

R.    L. 

2' 

40   45 

12    10 

A  B 

321   308 

V. 

37   31 

18    15 

A  C 

245   237 

Vorspr. 

105   101 

21    20 

B  C 

149   148 

'I2 

36    44 

18    17 

Konkavität 


der  Ränder 
innen  vorn      !     hinten 


der  Flächen 
oben  unten 


R. 
29 


L. 

25 


R. 
50 


L. 
52 


K. 
26 


L. 
18 


R. 
32 


L. 
26 


R. 


Becken  No.  5. 


Anßenmaße 

Breite 

Dicke 

R.   L. 

R.    L. 

R.   L. 

'k 

25   25 

25    25.5 

A  B 

224   222 

1 
3 

29   29,5 

20   20 

A  C 

180   176 

Vorspr. 

87,5  89 

19.5  18,5 

B  C 

116   120 

1 
,2 

31    27,5 

18    16 

Konkavität 


der  Ränder 
innen  vorn  hinten 


der  Flächen 
oben      i     unten 


R.      L.        R. 
15,5     14     ;    24 


L. 
21 


R.      L. 
10.5     13 


K. 


R. 


574 


Willy  Aügustin, 

Va  Becken  (Berlin). 


Außenmaße 

Breite 

Dicke 

E. 

R. 

R. 

'k 

19 

14 

A  B 

374 

Vb 

28 

19 

A  C 

343 

Vorspr. 

108 

13 

B  C 

160 

V2 

23 

9 

I 


Konkavität 


der  Ränder 

der  Flächen 

innen 

vorn 

hinten 

oben       !      unten 

R. 

R. 

R. 

R. 

R. 

82,5 

— 

33 

— 

62 

Becken  (Hamburg). 


Außenmaße 

Breite 

Dicke 

L. 

L. 

L. 

% 

19 

45,5 

A  B 

429 

V3 

35 

23 

A  C 

291 

Vorspr. 

119 

24 

B   C 

229 

V2 

36 

29 

Balaenoptera  sihhaldi  (Blauwal). 
Becken  No.  1. 


Außenmaße 

Breite 

Dicke 

R.        L. 

R.         L. 

E.        L. 

-u 

34,5     36,5 

15       16,5 

A  B 

225      227 

Vs 

55        54 

15       13 

A  C 

203      196 

Vorspr. 

127      128 

15,5     16 

B   C 

154      152 

V2 

43        43 

15       15 

Beckenkuocheu  bei  uord-atlantischen  Bartenwalen. 

Konkavität 


tler  Ränder 


liinten 


R. 
22 


L. 
28 


R. 
17 


L. 
12 


R. 
20 


L. 
24 


der  Fliicheu 
il)en  unten 


R. 


R.       L 


Becken  N  o.  2. 


Außenmaße 

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R.    L. 

R.    L. 

R. 

L. 

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17 

17 

A  B 

386   395 

1 

51    44 

13 

16 

A  C 

263   298 

Vorspr. 

155   161 

13 

18 

B  C 

259   255 

,2 

56    54 

14 

16 

Konkavität 


der  Ränder 
innen      i       vorn  hinten 


R. 

38 


L. 

50 


R. 
31 


L. 
27 


R. 
35 


L. 
41 


der  Flächen 
oben  unten 


R. 


R.       L. 
—      29 


Becken  No.  3. 


Außenmaße 

Breite 

Dicke 

R.    L. 

",  :t 

R.    L. 
39    36 

R.    L. 
24    26 

A  B 

431   457 

'A 

48    48 

16   21 

A  C 

852   350 

Vorspr. 

104   111 

13   23 

B  0 

184   211 

V2 

31    39 

20   22 

Konkavität 


der  Ränder 
innen  vorn  hinten 


R.   L. 
49   49 


R.   L. 
18   23 


R. 


L. 
11 


der  Flächen 
eben     unten 


R.   L. 
36   36 


R. 
14 


575 


576 


Willy  Augustin, 


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Beckeuknooüeu  bei  iiord-atlantischen  Barteiiwalen. 


577 


Megapi ern  hoops  (Buckelwal). 
Becken  No.  1, 


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Bre 

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Dicke 

R. 

L. 

R. 

L. 

R.         L. 

A  B 

338 

331 

■/3 

21 

23 

14        14,5 

A  C 

216 

232 

% 

38,5 

42 

8          9 

B  C 

192 

170 

Vorspr. 

82 

86 

8,5       8 

V2 

58,5 

63 

9        12 

Konkavität 


der  Räuder 
innen  vorn  hinten 


der  Flächen 
oben  unten 


R.       L.        R.       L.       R. 
44      49        20      12       — 


R.       L.        R.       L. 
—      —19      18 


Becken  No.  2. 


Außenmaße 

Breite 

Dicke 

R. 

L. 

R.        L. 

R.        L. 

% 

24        21 

12        11 

A  B 

351 

343 

Vs 

30        28 

13        10 

A  C 

268 

268 

Vorspr. 

56        52 

16         17 

B  C 

189 

179 

'/. 

3(5        38 

10         11 

Konkavität 


innen 

der  Ränder 

vorn 

hinten 

der  Flächen 
oben            unten 

R.       L. 

93      104 

R.       L. 

R.       L. 
5      — 

R.       L. 

21?    15? 

R.       L. 
9?     10? 

578 


Willy  Augustin, 
V2  Becken  (Hamburg). 


Außenmaße 

Breite 

Dicke 

R. 

R. 

R. 

'k 

27 

20 

A  B 

265 

% 

24 

15 

A  C 

147 

Vorspr. 

64 

20 

B    C 

152 

V2 

44 

35 

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Weber,   M.,   Die  Säugetiere,  Jena    1904. 


580       Willy  Augüstin,  BeckeiikuocheD  bei  nord-atlantischen  Bartenwalen. 


Erklärung  der  Abbildungen. 


/)0 

Fig.  1. 
:  1. 

/lO 

Fig.  2. 
:  1. 

/lO 

Fig.  3. 
:  1. 

sale 

Fig.  4. 
Ansicht. 

ca. 

Fig.    5. 

Va  :  1- 

'U-- 

Fig.  6. 
:  1. 

Fig.   7. 

Fig.    8. 

ca. 

Fig.  9- 

Fig.   15 

ca. 

%  ••  1. 

Tafel   19. 
Balaenoptera  physahis  (Finwal).     (J.     Ventrale  Ansicht,    ca. 

Balaenoptera  j^hysalus  (Finwal).     $.     Ventrale  Ansicht,     ca. 

Balaenoptera  j^hysalus  (Finwal).     ^.     Ventrale  Ansicht,     ca. 

Balaenoptera  physalus  (Finwal).     $.     Rechtes  Becken.    Dor- 
ca.   75:1- 
Balaenoptera    sihhaldi    (Blauwal).      $.      Ventrale    Ansicht. 

Tafel  20. 
Balaenoptera   sibhaldi   (Blauwal).     $.     Dorsale  Ansicht,     ca. 

Das  Becken  Fig.  6  von  innen  gesehen. 
Megaptera  boops  (Buckelwal).    Dorsale  Ansicht,     ca.   ^/g  :  1 
-14.     Balaenoptera  borealis    (Seihwal).      ^.     Dorsale  Ansicht 

— 20.     Balaenop)tera  borealis  (Seihwal).     $.     Dorsale  Ansicht. 


Zoolog.  Jahrbücher  Bd.  35  Abt.  f.  Syst. 


Taf.  19 


Verlag  von  <?««<»''  ^cher  ,„  Jena. 


J.  B.  Obernetter,  München,  reprod. 


Zoolog.  Jahrbücher  Bd.  36  Abt.  f.  Syst. 


Taf.  20 


Verlag  von  GnMav  n„^^^,  .^^  ^^^^ 


J.  B.  Obernetter,  München,  reprod. 


Nachdruck  verboten. 
Ubersetzungsrecht  vorbehalten. 


IL  Nachtrag  zu  „Bienen  Afrikas". 

Von 
Dr.  H.  Friese,  Schwerin  i.  M. 


Indem  ich  auf  die  Einleitung  des  I.  Nachtrages^)  zu  meinen 
„Bienen  Afrikas"  verweise,  möchte  ich  heute  noch  auf  eine  Er- 
scheinung aufmerksam  machen,  die  nirgends  so  auffallend  hervor- 
tritt wie  bei  den  süd-afrikanisclien  Bieuenarten.  Ich  meine  das  spär- 
liche Auftreten  der  Individuen  in  besagter  Gegend  und  die  geringe 
Zahl  von  Exemplaren,  die  uns  Bearbeitern  vorgelegt  worden.  Diese 
geringe  Anzahl  von  Bienen  erschwert  die  systematische  Anordnung 
um  so  mehr,  als  auch  der  große  Dimorphismus  der  Geschlechter 
weiter  hindernd  eingreift.  Ferner  tritt  infolge  der  langen  Trocken- 
zeit dort  oft  eine  solche  Dürre  ein,  daß  die  Bienen  nicht  ausschlüpfen 
und  so  2 — 3  und  mehr  Jahre  als  Imagines  den  eintretenden  Regen 
erwarten,  bevor  sie  auskriechen  können  und  Blumennahrung  finden. 
Hierdurch  hat  sich  eine  eigentümliche  Art  der  Trockenstarre 
ausgebildet,  infolgedessen  die  Tierchen  ohne  Schaden  zu  nehmen 
jahrelang  als  Imagines  in  ihren  Zellen  (Kokons)  auf  die  feuchte  Jahres- 
zeit warten  können.  Diese  Fähigkeit  ist  übrigens  auch  in  Europa 
insofern  vorbereitet,  als  ein  kleiner  Bruchteil  der  Zelleninsassen 
auch  bis  zu  2  Jahren  überliegt  und  so  besonders  bei  Katastrophen 
die  Erhaltung  der  Art  sicherstellt. 


t)    Man    vi^l.    Zool.  Jahrb.,  Vol.  30,    Syst.,    1911,    p,    651  —  670    u. 
671—678,  sowie  Arch.  Naturg.,   1912,  p.   181—189. 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Syst.  38 


582  H.  Friese, 

[Trachusa-  und  Osmia  aurulenta-^^ester  bei  Goseck  und  Naum- 
burg.) 

Prosopis  braimsi  var,  nif/ricans  n,  var.    ^. 

^.    Abdomen  bis  auf  den  Basalrand  von  Segment  1   schwarz. 
S  mehrfach  von  Smithfield  in  Kapland,  Kannemeyee  leg.    Kap- 
Museum. 

Prosopis  junodi  Feiese.     ^. 
1911.     Fr.  j.  Feiese,  $,  in:  Arch.  Naturg.,  p.   131. 

^  wie  $,  aber  Gesicht  in  größerer  Ausdehnung  gelb  und  zwar 
der  Mittelstreifen  derart  verbreitert,  daß  nur  die  schwarzen  Seiten- 
ränder des  Clypeus  bestehen  bleiben,  Segment  1 — 2  zeigen  am  End- 
rande jederseits  eine  ziemlich  breite  und  lange  Haarfransenbinde 
(NB.  die  auch  beim  $  vorhanden  sind,  wie  mir  2  frisch  gefangene 
Exemplare  beweisen),  Segmentränder  2 — 6  sehr  breit  häutig  gelb- 
braun.   L.  8  mm,  Br.  2  mm. 

1  S  von  Natal,  2  $$  vom  Kap-Museum  (Lightfoot). 

Süd- Afrika.  < 

Prosopis  lineaticeps  n,  sp,    $. 

Der  Pr.  aterrima  Feiese  nahestehend,  aber  Gesicht  schwarz, 
nur  an  der  inneren  Orbita  eine  feine  gelbliche  Handlinie;  Collare 
wulstig,  ganz  schwarz. 

$.  Schwarz,  nur  Calli  humeral.  und  Segment  1 — 2  jederseits 
weiß  gefranst,  wie  Pr.  aterrima,  aber  Gesicht  doppelt  so  lang  wie 
am  Ende  breit  (bei  Pr.  aterrima  ca.  IV.2  so  lang  wie  breit),  oben 
fein  längsrunzlig  mit  undeutlichen  Punkten  und  matt,  Clypeus  feiner 
und  zerstreut  punktiert,  vor  dem  Ende  mit  eingedrückter  Grube, 
innerer  Augenrand  mit  feiner  gelblicher  Längslinie.  Antenne  braun, 
unten  hellbraun,  Schaft  schwarz.  Thorax  grob  punktiert,  ganz 
sciiwarz,  Area  grob  verworren  gerunzelt,  hintere  Thoraxwand  schwach 
weißlich  behaart.  Abdomen  schwarz,  punktiert,  Segment  1  etwas 
gröber,  1 — 2  am  Endrande  jederseits  mit  weißen  PYansenbinden. 
Ventralseite  mehr  oder  weniger  braun  gefärbt.  Beine  schwarzbraun, 
ohne  gelbliche  Flecken,  Calcar  gelblich,  Flügel  getrübt,  Adern  und 
Tegulae  braun,  Tegulae  vorn  mit  gelbem  Fleck.  L.  67«  mm,  Br. 
IV2  ni»i- 


IL  Nachtrag  zu  „Bienen  Afrikas".  583 

$  vom  Kaplaiid,  Wartmann  leg. 
Süd-Afrika. 

JProsojns  fonf/ufa  n,  sj).    ^. 

Wie  Pr.  atriceps  Friese,  aber  Antennenschaft  schwarz,  einfach, 
Mandibel  und  Labrum  weiß. 

ö^.  Schwarz.  Kopf  und  Tliorax  punktiert,  fast  matt,  Gesicht 
gelb  weiß,  stark  verjüngt,  doppelt  so  lang  wie  am  Ende  breit,  Gelb- 
färbung am  inneren  Augenrand  bis  zur  Ocellenhöhe  hinaufsteigend. 
Antenne  defekt.  Schaft  schwarz,  Geißelglied  1—2  rotgelb  (8—12 
fehlend).  Collare  weißfilzig,  Area  sehr  grob  gerunzelt  und  dadurch 
stark  gegen  die  Umgebung  hervortretend.  Abdomen  undeutlich 
skulpturiert,  matt,  Segment  1  mit  einzelnen  sehr  feinen  Punkten; 
Ventralsegmente  ebenso.  Beine  schwarz,  Knie,  alle  Tarsen  und 
Tibia  I  gelbw^eiß,  Calcar  weißlich.  Flügel  hyalin,  Adern  und  Tegulae 
schwarzbraun.    L.  4^2  nriiTi-  Bi'-  1  nim. 

1  (^  von  Bulawayo,  Rhodesia,  am  28.  September  1912,  G.  Arnold 
leg.  —  Rhodesia-Museum. 

Süd- Afrika. 

JProsojns  leucolippa  ii.  sp,    ^. 

Wie  Pr.  longida  Friese,  aber  der  schwarze  Antennenschaft  vorn 
weißgelb,  Antenne  auffallend  dick  und  gekerbt  erscheinend,  Callihum, 
und  Tegula  w^eißgelb. 

cJ.  Schwarz,  Kopf  und  Thorax  fast  runzlig  punktiert,  matt, 
Gesicht  gelbweiß,  auch  zwischen  den  Antennen  weit  nach  oben 
reichend,  jMandibel,  Labrum  und  Antennenschaft  vorn  gelbweiß. 
Antenne  rot,  nur  der  Schaft  hinten  schwarzbraun,  Antennenglieder 
stark  gerundet,  daher  die  Antenne  gekeibt  erscheinend.  Cullare 
dicht  weißfilzig,  Tegulaehälfte  hinten  weiß.  Abdomen  matt,  Segment 
1—2  deutlich  und  ziemlich  grob  punktiert,  3 — 7  äußerst  fein 
skulpturiert.  Ventralsegmente  äußerst  fein  skulpturiert  matt.  Beine 
seil  warzbraun,  Tibien  und  Tarsen  gelb  weiß,  Tibia  mitten  mehr  oder 
weniger  schwarz  geringelt,  Flügel  hyalin,  Adern  und  Tegulae  schwarz- 
braun, Tegulae  vorn  größtenteils  weiß.     L.  4'/2  nim,  Br.  1  mm. 

1  cJ  von  Grootfontein,   Deutsch  Südwest-Afrika,  Volkmann  leg. 

Prosopis  al/lceni  n,  sp.    (J. 

Der  Pr.  atriceps  Friese,  ^  täuschend  ähnlich,  aber  Kopf,  Thorax 
und  Segment  1 — 2  grob  punktiert,  Antennenschaft  einfach. 

38* 


584  H-  Friese, 

<^.  Schwarz,  fein  und  spärlich  weiß  behaart,  Gesicht  bis  über 
die  Antennenbasis  gelbweiß,  deutlich  und  grob  punktiert,  Antenne 
sehr  lang,  braun,  erreichen  das  Scutellum,  Schaft  einfach  und  schwarz, 
Geißel  unten  heller  braun.  Kopf  und  Thorax  grob  runzlig  punktiert, 
etwas  glänzend,  CoUare  schwarz,  aber  dicht  weiß  behaart;  Area  grob 
längsrunzlig,  aber  kaum  gegen  die  Umgebung  abstechend,  Segment 
1 — 2  grob  und  dicht,  fast  runzlig  punktiert,  etwas  glänzend,  mit 
feiner  Fransenbinde  auf  den  Endrändern,  3 — 6  äußerst  fein  und 
kaum  auffallend  skulpturiert.  Ventralsegmente  fast  glatt,  glänzend. 
Beine  schwarz,  mit  gelben  Knien  und  Tarsen,  Tibia  I  ganz  gelblich. 
Flügel  hyalin,  Adern  und  Tegulae  schwarzbraun,  Tegulae  vorn  mit 
gelbem  Fleck.    L.  47.,  mm,  Br.  1  mm. 

2  c^(^  von  Bulawayo  (Khodesia),  am  28.  September  1912, 
G.  Arnold  leg. 

Rhodesia-Museum.    Süd-Afrika. 

Trosopis  arnoldi  n.  sp,    ^. 

Wie  Pr.  alfkeni  Friese,  aber  Mandibel,  Labrum,  Antenne  und 
Beine  rot,  Gesicht  nur  bis  zur  Antennenbasis  gelb. 

(^.  Schwarz,  spärlich  weißfilzig  behaart,  Kopf  und  Thorax  grob- 
runzlig punktiert,  Kopf  und  Collare  dicht  weißfilzig  behaart,  Gesicht 
gelb,  aber  nur  bis  zur  Antennenbasis  hinauf,  Stirnschildchen  gelb, 
die  Gelbfärbung  zapfenartig  zwischen  die  Antennen  reichend,  Man- 
dibeln  und  Labrum  rot;  Antenne  rot,  Schaft  gebogen  und  vorn  gelb; 
Area  grob  gerunzelt  und  scharf  erhaben  gerandet,  kahl,  aber  die 
Umgebung  weißlich  behaart.  Segment  1—2  sehr  grob  und  spärlich 
punktiert,  Endrand  weiß  gefranst,  3—7  äußerst  fein  skulpturiert, 
fein  weißhaarig.  Ventralsegmente  fein  skulpturiert,  glänzend  und 
braun.  Beine  rot,  Tibienbasis  und  Tarsenglied  1  der  Beine  II  und 
III  weißgelb.  Flügel  hyalin,  Adern  und  Tegulae  schwarzbraun, 
Tegulae  vorn   mit   kleinem   gelbem  Fleck.     L.  6  mm,   Br.  IV4  mm. 

2  c^c?  vonBulawayo,  Rhodesia,  am  28.September  19 1 2,  G.  Arkold  leg. 

Süd-Afrika. 

JSfoinioides  {Cellaria)  arnoldi  n.  sp,    ?. 

Wie  Nowiioides  pulcJieUus  Schenck  (Europa),  aber  etwas  größer, 
schwarz,  mit   gelben  Binden   und  kurz   gestielter  Cubitalzelle  2. 

$.  Schwarz,  kaum  noch  gelblich  behaart,  Kopf  und  Thorax  sehr 
dicht  und  äußerst  fein  gerunzelt  wie  bei  pulchellus:  Clypeus  vor- 
stehend, sonst  kurz,   rundlich  und  gelb   mit  2  runden,  schwarzen 


II.  Nachtrag  zu  „Bienen  Afrikas".  585 

Punkten.  Mandibelende  und  Labrum  rötlich,  ein  Fleck  seitlich  vom 
Clypeus  gelb;  Antenne  schwarzbraun,  unten  rötlich,  Schaft  vorn 
gelb  (=  \'.,  der  Antennenlänge),  innere  Orbita  beim  oberen  Drittel 
eingebuchtet.  Collare  und  Clalli  hura.  gelb,  eine  Binde  bildend,  Area 
einfach  und  wie  der  Thorax  skulpturiert.  Abdomen  äußer.^t  fein  runzlig 
punktiert,  ganz  matt,  Segment  1  auf  der  Scheibe  mit  länglich  vier- 
eckigem gelbem  Fleck,  jederseits  daneben  mit  rundlichem  gelbem 
Fleck,  2 — 5  mit  gelber  Basalbinde.  die  auf  2  und  3  mehr  oder  wenigei- 
unterbrochen  ist,  (3  rötlich,  kahl  (ohne  Furche).  Ventralsegmente 
braun,  etwas  gefranst.  Beine  gelb,  Coxa,  Trochanter  und  Femur  bis 
auf  die  Spitze  schwarz.  Tibien  mehr  oder  weniger  schwarzbraun  ge- 
tleckt  oder  geringelt,  Scopa  kräftig  und  weiß.  Flügel  hyalin,  Adern 
gelblich,  Tegulae  gelb.     L.  4  mm,  ßr.  1  mm. 

6  $$  von  Bulawayo,  Rhodesia,  am  26.  Dezember  1912,  G.  Aenold  leg. 
(Rhodesia  Museum). 

Süd-Afrika. 

CelJaria  n,  suhgen. 

Körperbau  genau  wie  bei  2iomioides,  sowohl  in  Form  und  Farbe, 
nur  Grundfarbe  schwarz  und  die  Zeichnungen  scharf  gelb.  Cubital- 
zelle  2  oben  deutlich  gestielt,  der  Stiel  nimmt  ^'4 — Vs  ^^^  Zellenhöhe 
ein  und  ist  bei  allen  Exemplaren  gleich  gebildet.    L.  4  mm.  Br.  1  mm. 

(J  unbekannt. 

Nur  1  Art  bekannt,  Süd-Afrika. 

JPoecilomefitta  n,  f/en.    (Nur  $.) 

Poecilomelitta  ist  eine  fast  unbehaarte  Bienengattung,  die  lebhaft 
an  die  kleinen  südamerikanischen  Arten  von  Camptopoeum  erinnert, 
aber  8  Cubitalzellen  aufweist  und  kurze  Mundteile  wie  Andrena  hat 
und  so  den  stark  gelb  gezeichneten  Arten  vom  Subgenus  Epimeihea 
(Panurgmus)  nahe  steht. 

$.  Körper  ziemlich  breit,  besonders  das  Abdomen,  welches  viel 
breiter  als  der  Thorax  ist.  Flügel  kurz,  erreichen  kaum  das  5.  Seg- 
ment, Radialzelle  langgestreckt,  abgestutzt  mit  deutlichem  Anhang, 
Ende  also  vom  Flügelrande  entfernt  liegend,  mit  3  Cubitalzellen,  die 
erste  so  groß  wie  die  2.  und  3..  die  2.  am  kleinsten.  2.  Tubitalquerader 
nach  außen  ausgebogen,  Discoidalqueradern  münden  etwas  vor  der 
1.  und  2.  Cubitalquerader  (beide  Arten  stimmen  darin  nicht  genau 
überein). 


586  H.  Friese, 

Mundteile  kurz,  einfach '),  Zunge  kurz,  dreieckig,  Labialpalpen 
nicht  sichtbar,  Maxillarpalpen  ßgliedrig-,  sehr  dünn,  alle  Glieder  fast 
gleichlang,  Maxille  kurz,  breit  und  lappenförmig.  Antenne  wie  bei 
Caniptopoeum  kurz  mit  langem  Schaft,  Scopa  sehr  dünn  und  spärlich, 
Tibia  und  Metatarsus  einfach,  nicht  verbreitert;  Segment  6  mit  breiter, 
dreieckiger,  kahler  Analplatte  wie  bei  Andrena.  L.  ö'/a— 7  mm, 
Br.  d,  Abdom.  fast  2  mm. 

Südwest- Afrika. 


Foecilomelitta  fiavida  n.  sp,    $. 

Wie  Camptopoeiim  flaviventre  Friese  von  Argentina,  aber  Vorder- 
flügel mit  3  Cubitalzellen  und  kurzen  Mundteilen  {Andrena). 

$.  Gelb,  bis  gelblich,  Kopf  und  Thorax  sehr  dicht,  fast  runzlig 
punktiert,  matt,  Kopf  viel  breiter  als  lang  (ca.  172—1^/4),  Gesicht 
gewölbt,  Clypeus  ca.  2mal  so  breit  wie  lang,  vorn  ausgerandet,  in 
der  gewölbten  Ausrandung  sitzt  das  rotgelbe  Labrum,  Mandibel  rot- 
gelb. Schwarz  sind  nur:  der  hintere  Kopfrand,  2  breite  zackige 
Streifen  von  diesem  über  das  seitliche  Ocell  zur  Antennenbasis,  ferner 
2  längliche,  vertiefte,  viereckige  Flecken  zwischen  diesen  zackigen 
Streifen  und  dem  inneren  Augenrand.  Antenne  rotgelb,  oben  braun, 
Schaft  vorn  breit  gelb  und  ^3  der  Antennenlänge  ausmachend. 
Mesonotura  schwarzbraun  mit  4  gelben  Längsstreifen,  Scutellum  gelb, 
mitten  mit  dreieckigem,  schwarzem  Fleck,  ebenso  die  Basalzone  der 
Area  schwarz  und  grob  gerunzelt.  Abdomen  mit  schwarzbraunen 
Flecken.  Abdomen  sehr  dicht  und  fein  runzlig  punktiert,  matt,  nur 
seitlich  und  dem  Ende  zu  lang  behaart,  Segmente  an  der  Basis  mehr 
oder  weniger  schwarzbraun,  auf  Segment  1  mit  3  rundlichen  Flecken, 
5  —  6  lang  rotgelb  befranst,  6  mit  großer,  kahler,  dreieckiger  Anal- 
platte. Ventralsegmente  zerstreut  punktiert,  glänzend,  mit  mehr  oder 
weniger  großen  braunen  Flecken,  schwach  rotgelb  gefranst.  Beine 
gelb,  Coxa,  Trochanter  und  Femurbasis  dunkelbraun,  Femur  II  nach 
unten  scharf  gekantet,  Scopa  dünn,  weißlich.  Flügel  hyalin,  Rand 
kaum  getrübt,  Adern  und  Tegulae  gelblich.  L.  ß'/o— 7  mm,  Br.  des 
Abdom.  fast  2  mm. 

2  5$  von  Grootfontein,  Deutsch  Südwest- Afrika;  Volkmann  leg. 


1)  Soweit  bei  den  getrockneten  und  stark  defekten  Exemplaren  noch 
erkennbar. 


II.  Nachtraif  zu  „liieueii  Afrikas".  587 

Poeciloitu'Jittd  /'alif/inos<(  n.  sj).    ?. 

In  Form  und  Grüße  wie  F.  jlaridn,  aber  ohne  gelbe  Zeichnungen, 
einfarbig-  sclnvarzbraun. 

$.  Sclnvarzbraun  bis  braun,  schwach  weißlich  behaart,  Kopf 
und  Thorax  spärlich  punktiert,  glänzend,  Kopf  breiter  als  lang  (IV4)? 
Olypeus  spärlich  und  gröber  punktiert,  in  der  Ausrandung  vorn 
sitzt  das  Labruni.  welches  vorn  breiter  als  hinten  ist,  sonst  aber 
gerundet  viereckig  ist.  Antenne  fast  hellbraun;  Area  fein  punktiert, 
fast  runzlig,  nicht  abstechend  gegen  die  Umgebung.  Abdomen  fein 
punktiert,  glänzend.  Segmente  mit  breiten,  fast  glatten,  häutigen 
P^ndrändern.  Segment  5  lang  rotgelb  behaart,  Analplatte  (G)  breit, 
dreieckig  und  kahl.  Ventralsegmente  ebenfalls  fein  punktiert,  4 — 5 
lang  gelbbraun  behaart.  Beine  schwarzbraun,  gelblich  behaart,  Scopa 
dünn  und  gelblich,  Metatarsus  sehr  schmal,  nur  -/g  der  Tibienbreite 
erreichend,  nach  oben  in  dornartigen  Haarschopf  ausgezogen.  Flügel 
hyalin.  Adern  und  Tegulae  gelblich.  L.  6^  o — 7  mm,  Br.  d.  Abdom. 
fast  2  mm. 

2  $$  von  Grootfontein,  Deutsch  Südwest-Afrika,  Volkmann  leg. 

Melitta  riifipes  a.  sp.     ^. 

Der  M.  scliultzei  Fkiese  von  Süd-Afrika  ähnlich  (auch  der  M. 
melanura  Xyl.  von  Nord-Europa),  aber  Abdomen  mit  Segmentbinden, 
Wangen  deutlich  und  mit  rotgelben  Tarsen  wie  Tibien  111. 

^.  Schwarz,  gelbbraun  behaart.  Kopf  punktiert,  stellenweise 
gerunzelt,  etwas  glänzend,  Olypeus  grüber  punktiert,  mit  glatter 
Endhälfte,  AVangen  deutlich,  glatt,  glänzend,  \;.,  so  lang  wie  die 
Mandibelbasis  breit,  Mandibelendhälfte  rotbraun.  Antenne  schwarz, 
unten  rotgelb,  2.  Geißelglied  viel  kürzer  als  3..  3.  und  folgende  fast 
2mal  so  lang  wie  breit.  Thorax  sehr  fein  gerunzelt,  matt  mit  ein- 
zelnen flachen  Punkten,  Area  fast  glatt,  glänzend.  Abdomen  fein 
netzartig  gerunzelt,  Segment  1—2  mit  haartragenden  Punkten,  1—2 
gelbbraun.  3-6  kurz  schwarz  behaart,  2—6  mit  gelben  Fransen, 
Endhälfte  von  6  rot,  rotgelb  behaart,  7  schmal  und  am  Ende  aus- 
geschnitten. Ventralsegmente  fein  quergerunzelt,  glänzend,  mit  ein- 
zelnen haartragenden  Punkten  und  braunen  häutigen  Endrändern, 
6  rotgelb  mit  seitlich  stark  erhabenen  Rändern.  Beine  schwarz. 
Tarsen  mehr  oder  weniger  rotgelb,  Tibien  III  rotgelb,  Metatarsus 
an  der  oberen   Kante    schwarzbraun   behaart.     Flügel    getrübt   mit 


588  ^-  Friese, 

duDklem  Rande,   Adern  und  Tegulae  gelbbraun.    L.  9—10  mm,  Br. 
3^4  mm. 

1  (^  von  Cradock  im  Kapland,  Wartmann  leg. 

Süd- Afrika. 

Melitta  longicornis  tu  sp.    S,  $. 

Der  M.  dimidiata  var.  hungarica  Mocr.  sehr  ähnlich,  aber  Wangen 
deutlich,  $  mit  rotgelben  Tarsen  und  Tibien  III,  ^  mit  fast  quadrati- 
schen Wangen,  sehr  langen  Antennen,  deren  Glieder  viel  länger  als 
breit  sind. 

$.  Schwarz,  dicht  gelbbraun  behaart,  Kopf  und  Thorax  grob 
runzlig  punktiert,  die  einzelnen  Unebenheiten  äußerst  fein  quer- 
gerunzelt, ganz  matt ;  Clypeus  glatt,  glänzend,  einzeln  grob  punktiert, 
Gesicht  lang  gelblich  behaart,  Wangen  glatt,  glänzend,  ca.  Va  so 
lang  wie  breit,  Antenne  schwarz,  unten  braun  (bei  diesem  $  ver- 
krüppelt und  nur  7gliederig).  Mesouotum  dicht  und  fast  rotgelb  be- 
haart, Behaarung  auf  der  Scheibe  mit  vielen  schwarzen  Haaren  ver- 
mischt ;  Area  gerunzelt,  matt.  Abdomen  flach  runzlig  punktiert,  fast 
matt,  Segmente  1 — 3  dicht  und  ziemlich  lang  gelblich  behaart,  4  —  6 
kurz  schwarz  behaart,  1 — 4  am  Rande  mit  dichten  helleren  Fransen- 
binden, 5—6  schwarz  behaart;  Unterseite  weiß  behaart,  besonders 
die  Brust  sehr  lang  behaart.  Ventralsegmente  grob  runzlig  punktiert, 
sehr  lang  und  dicht  weiß  gefranst,  5—6  gelblich  behaart.  Beine 
braun,  Tarsen  rotgelb,  Tibien  rotgelb  mit  rotgelber  Scopa,  Penicillus 
schwarz.  Flügel  getrübt,  Adern  und  Tegulae  braun.  L.  14 — 15  mm, 
Br.  4V2  mm- 

Hierher  gehört  offenbar  auch  die  von  mir  zu  Melitta  dimidiata 
gestellte  Varietät  capensis  (Bienen  Afrikas,  p.  183)  mit  roten  Seg- 
menten (1 — 3)  von  Kl.-Namaland  und  von  Willowmore.  Die  Frage 
läßt  sich  aber  erst  nach  Bekanntwerden  des  Männchens  endgültig 
entscheiden. 

(^  wie  $,  aber  mehr  weißlich  behaart,  Antenne  sehr  lang,  er- 
reicht fast  das  Thoraxende,  Geißelglied  2  viel  kürzer  als  3,  drittes 
und  folgende  fast  doppelt  so  lang  wie  breit;  Ventralsegment  6 
schwarzbraun  behaart.  Beine  schwarz,  bis  schwarzbraun,  weißlich 
behaart,  Tibia  III  und  alle  Tarsen  innen  rotgelb  behaart,  Calcar 
rotgelb.  Flügel  hyalin,  bis  auf  die  Flügel  und  Beinfärbung  also  gut 
mit  dem  ?  übereinstimmend.    L.  12—13  mm,  Br.  4V2  mm- 

1  $  von  Natal,  1  ^  von  Henkries  (Buschmannland). 

Süd-Afrika. 


II.  Nachtraa:  zn  „Bienen  Afrikas".  589 

Es  ist  fraglicli,  ob  die  beiden  folgenden  Arten  wirklich  zur 
Gattung  Bhiuochaeiula  gehören.  Ich  stelle  sie  nur  infolge  des  gleichen 
Flügelgeäders  wie  des  Habitus  vorläufig  hierhei-. 

liJiiHOchaetnla  (?)  armatipcs  n.  sjt.     ,^. 

In  Form  und  Habitus  der  Melitta  schulizei  Friese  und  M.  rufipes 
Friese  von  Süd- Afrika  ähnlich,  aber  Flügel  mit  nur  2  Cubitalzellen, 
deren  2.  beide  Discoidalqueradern  aufnimmt;  Beine  paradox  bewehrt. 

(^.  Schwarz,  schwach  gelblich-weiß  behaart.  Kopf  und  Thorax 
nicht  dicht  punktiert,  nur  stellenweise  runzlig  punktiert,  Kopf  vorn 
und  seitlich  lang  und  dicht  schneeweiß  behaart,  Antenne  schwarz, 
unten  sehr  ausgedehnt  gelb;  Kopf  breiter  als  lang,  \\'angen  linear; 
Scutellum  ganz  einzeln  punktiert,  Area  mit  längsgerunzelter  Basis. 
Abdomen  tlach  runzlig  i)unktiert,  Kunzein  wieder  äußerst  fein  quer- 
gerunzelt, Segment  1 — 6  lang  abstehend  behaart,  dem  Rande  zu 
dichter  behaart,  7  dreieckig  zugespitzt  mit  glatter,  gewölbter  Scheibe, 
am  Ende  mit  braunem  Haarbüschel.  Ventralsegmente  glänzend,  ge- 
franst, aber  uneben,  mitten  kielartig  erhaben,  daneben  jederseits 
flach  eingedrückt,  7.  dornartig  verlängert  und  von  oben  als  schwarzer 
Dorn  sichtbar.  Beine  schwarz,  alle  Tarsen  und  Tibia  I  vorne  rot- 
gelb, Beine  I  einfach,  II  mit  stark  verdicktem  Femur  und  Tibia, 
Calcar  als  schwarzer,  stumpfer  Dorn  abstehend,  Tarsenglied  1  breiter 
und  länger  als  die  Tibia,  lappenartig  nach  innen  verbreitert  und 
hier  in  scharfer  Kante  umgebogen,  Tarsenglied  2—5  winzig  klein; 
Beine  III  mit  breitem,  verdicktem  Femur,  das  unten  gekantet  und 
borstig  behaart  ist,  Tibia  dünn,  infolge  tiefer  Ausrandung  vor  dem 
Ende  plötzlich  und  stark  verbreitert,  hakenartig  vorstehend,  am 
Ende  wieder  normal,  beide  Calcaria  weiß,  Metatarsus  verbreitert, 
blasig  aufgetrieben,  unten  kantig  und  durch  rotgelbe  Farbe  auffallend. 
Flügel  fast  hyalin.  Adern  und  Tegulae  braun.    L.  10  mm,  Br.  3  mm. 

1  (^  von  Kl.-Namaland. 

Süd-Afrika. 

Kann  das  cJ  zu  Tlh.  plumipes  Friese  sein! 

lihittochaetuJa  capeusis  n.  sp.     ,^. 

Der  llh.  armatipes  Friese  sehr  ähnlich,  aber  Tarsen  II  normal, 
Tilia  III  anders  geformt,  Tarsen  braun. 

(^.  Schwarz,  ganz  wie  Rh.  armaticeps  gebildet,  aber  Kopf  kurz 
grau  behaart,  Segment  1—6  weißlich  behaart,  aber  4—6  dem  Knd- 
rande  zu  braun  behaart,  7.  jederseits  am  Ende  gelbbraun  bebüschelt. 
Ventralsegmente  schwach  behaart.  7.  gerundet,  kahl,  aber  am  Rande 


590  H.  Friese, 

lang  gelbbraun  gefranst.  Beine  schwarz  bis  schwarzbraun,  Beine  I 
und  11  einfach  mit  braunen  Tarsen,  III  mit  stark  verdickten  Schenkeln 
und  stark  nach  innen  verbreiterten,  fast  quadratischen  Tibien,  die 
so  breit  wie  lang  sind,  Calcaria  weißlich,  Metatarsus  braun,  beulig 
aufgetrieben,  unten  behaart.  Flügel  getrübt,  mit  dunklerem  Rande, 
Adern  und  Tegulae  gelbbraun.    L.  10  mm,  Br.  3  mm. 

1  cJ  von  Kapstadt,  Kapland. 

Süd-Afrika. 

(Kann  das  ^  zu  BJi.  lativentris  sein!) 

Anthophora  gigantea  n.  sp.    $. 

Die  größte  süd-afrikanische  Anthophora- X\%  auch  fast  so  groß 
wie  A.  hispanica  F.  von  Süd-Europa  und  der  A.  hirtiventris  Friese 
von  Kl.-Namaqualand  nahe  stehend. 

$.  Schwarz,  dicht  und  lang  gelbbraun  behaart,  Kopf  und  Thorax 
grob  runzlig  punktiert,  Kopf  oft  braun  bis  schwarzbraun  behaart,  oft 
aber  auch  rein  gelbbraun  behaart,  Clypeus  stark  vorgewölbt,  meist 
mit  rotbrauner  Scheibe,  etwas  zurückgezogen,  kurz  vor  dem  End- 
rand aufgebogen,  der  Endrand  schräg  abgestutzt;  Mandibel  rot- 
braun, Labrum  grobhöckerig  gerunzelt.  Antenne  schwarz,  nur  der 
Schaft  mit  rotbraunen  Rändern,  2.  Geißelglied  =  3  -|-  4  +  5.  Thorax 
sehr  dicht  behaart,  in  frischen  Exemplaren  mit  fast  rostroten  Haaren. 
Abdomen  punktiert,  glänzend,  Segment  1  lang  gelbbraun  behaart,  2 — 4 
nur  am  Endrand  lang  und  anliegend  gelbbraun  behaart,  sonst  sehr 
fein  und  kurz  gelblich  befilzt,  5  dicht  rostrot  bebürstet,  6  braun 
behaart,  mit  schmaler  parallele]-,  kahler  Analplatte.  Ventralsegmente 
rotbraun,  schwarz  gefranst,  seitlich  mit  gelblichen  Fransen.  Beine 
schwarzbraun,  schwarz  beliaart,  Tibia  II  außen  gelblich  behaart, 
Scopa  stark  entwickelt  und  gelbbraun,  auf  Metatarsus  mit  schwarz- 
brauner Endhälfte  und  ebenso  gefärbtem  Penicillus,  Calcar  schwarz. 
Flügel  getrübt,  mit  gebräuntem  Endrand,  Adern  und  Tegulae  schwarz. 
L.  19  mm,  Br.  7^2  mm. 

Einige  $$  von  Jackais  Water  in  Buschmansland  (Lightfoot), 
im  Kap-Museum. 

Kann  sehr  wohl  das  $  zu  A.  hirtiventris  Friese  von  Kl.-Namaqua- 
land sein, 

Osniaia  namaquaensls  n,  sjJ.    ^. 

Wie  0.  similis,  aber  kleiner,  Abdomen  hellbandiert,  aber  ohne 
rotgelbe  Behaarung  am  Ende. 


II.  Nachtrag?  zu  „Bienen  Afrikas".  59] 

?.  Sclnvarz.  weißlicli  beliaart,  Kopf  und  Thorax  oben  dicht 
gelbbraun  behaart;  Kopf  und  Thorax  dicht  runzlif,^  punktiert,  matt, 
Clypeusmit  gkitteni,  glänzendem  Mittelfeld  und  kicnulieitcMn  Vorder- 
rand, der  auch  lang  rotgelb  behaart  ist,  Mandibel  braun;  Antenne 
sehr  kurz,  kaum  von  Kopflänge,  plattgedrückt  und  vom  4.  Geißel- 
glied stark  verbreitert.  Thorax  fast  vei-wonen  geiunzelt,  ganz 
matt;  Area  glatt,  glänzend.  Abdomen  fein,  fast  runzlig  punktiert, 
schwach  glänzend,  Segmentränder  breit  braun  gefärbt  und  gelblicli 
gefranst,  die  Fransen  beim  Exemplar  undeutlich  erhalten,  6  kahl, 
Scopa  dünn  rotgelb,  nur  auf  der  Endhälfte  der  Segmente  deut- 
lich. Beine  sclnvarz,  Tarsen  2—5  rotgelb,  Calcar  rotgelb,  weißlich 
behaart.  Flügel  getrübt,  mit  dunklem  Kande,  Adern  braun,  Tegulae 
rotgelb.  Tegulae  einzeln  punktiert,  glänzend.    L.  9  mm,  Br.  2^1^  mm. 

1  $  von  Xamaqua  (Buschmannland). 

Kapland. 

Süd- Afrika. 

Osniia  atroriifa  n.  sp.    $. 

Durch  die  überall  schwarzbraune  Behaarung  auffallend. 

$.  Schwarz,  überall  schwarzbraun  behaart,  Kopf  punktiert,  aber 
ungleicli  dicht,  matt,  Gesicht  fast  runzlig  punktiert,  lang  schwarz- 
braun behaart,  Olj'peus  gewölbt,  dicht  runzlig  punktiert,  mit  kahlem, 
aufgeworfenem  Vorderrand,  der  mitten  eingedrückt  ist  und  hier 
jederseits  einen  Büschel  roter  Haare  trägt;  Mandibelmitte  rot,  sonst 
Szähnig;  Antenne  schwarzbraun,  sehr  kurz  und  plattgedrückt,  Glieder 
breiter  als  lang,  nur  1.  Geißelglied  und  Endglied  länger  als  breit. 
Thorax  dicht  runzlig  punktiert,  matt,  Area  sehr  fein  gerunzelt. 
Abdomen  grob  punktiert,  mit  rotbraunen  Endrändern,  die  schwarz- 
braune Fransen  tragen,  6.  kurz  rotgelb  behaart.  Scopa  rotgelb, 
kräftig.  Beine  schwarz,  schwarzbraun  behaart,  Calcar  rot.  Tarsen 
rotbraun,  rotgelb  behaart.  Flügel  stark  getrübt,  mit  dunklem  Rande, 
Adern  braun,  Tegulae  schwarzbraun,  einzeln  und  fein  punktiert, 
glänzend.     L.  ll';.^  mm,  Br.  4','.,— 5  mm. 

1  $  von  Kapstadt,  Wartmanx  leg. 

Süd-Afrika. 

Osniia  pUiventvis  11.  sp,    ^. 

Durch  die  kurzen  Antennen,  das  4zähnige  Segment  7  und  durch 
die  lange  gelbe  Behaarung  vom  Ventralsegment  3—4  auffallend. 

^.  Schwarz,  blaßgelb  behaart  (wohl  abgeflogene  Behaarung), 
sonst  gelbbraun,  Kopf  dicht  punktiert,  viel  breiter  als  lang,  Clypeus 


592  H.  Frikse, 

dicht  gerunzelt,  matt.  Antenne  kurz,  nur  so  lang  wie  die  Kopf- 
breite, plattgedrückt,  Glieder  quadratisch,  nur  2.  und  letztes  Glied 
etwas  länger.  Thorax  dicht  runzlig  punktiert,  ganz  matt;  Area  fast 
glatt,  glänzend,  die  Umgebung  mit  flachen,  großen  Punkten  und 
glänzend.  Abdomen  punktiert,  glänzend,  lang  aber  dünn  behaart, 
mit  braunen  Segmenträndern,  6  mit  halbkreisrundem  Ende,  jeder- 
seits  gezahnt,  7  mit  4  platten,  breiten,  stumpfen  Zähnen.  Ventral- 
segmente runzlig  punktiert,  glänzend,  1 — 2  ziemlich  kahl,  nur  2.  am 
Ende  gelblich  gefranst,  3—4  lang,  seidenartig  gelb  und  anliegend 
behaart,  5  konkav,  ziemlich  kahl,  6  konkav,  glatt,  kahl  und  braun. 
Flügel  stark  getrübt,  Adern  und  Tegulae  braun,  Tegulae  punktiert, 
glänzend.    L  13 Vo  mm,  Br.  4  mm. 

1  ^  vom  Kapland,  Waetmann  leg. 
Süd- Afrika. 

Kann  das  <^  zu  0.  atrorufa  Fr.  sein. 

Mef/achile  {Clialicodonia)  tnusmilus  n,  sp,    $. 

Wie  Chalicodoma  pyrenaica  Lep.  (Europa),  aber  Abdomen  fast 
einfarbig  lang  grau  behaart,  Analsegment  2teilig  und  Sternit  6  mit 
erhabenem,  glattem,  halbkreisförmigem  Rand  vor  dem  Ende. 

$.  Schwarz,  lang  grau  behaart,  Kopf  und  Thorax  mehr  grau- 
braun behaart,  Nebengesicht  aber  schneeweiß  behaart,  Kopf  und 
Thorax  dicht  runzlig  punktiert,  fast  matt,  Clypeus  vorgezogen,  ge- 
rundet und  schwach  krenuliert,  Mandibel  stumpf  2zähnig;  Antenne 
schwarz ,  1.  Geißelglied  fast  =  2  -|-  3.  Area  sehr  fein  gerunzelt, 
matt.  Abdomen  lang  und  weißlich  grau  behaart,  Segment  4—5  am 
ßande  mit  längeren,  abstehenden,  roten  Borsten,  6  jederseits  ge- 
buchtet, mitten  vorgezogen,  mit  2teiligem  Ende;  Scopa  dünn,  rot- 
gelb, Ventralsegmente  sehr  grob  punktiert,  Analsegment  mit  glattem, 
halbkreisförmigem  Rande  vor  dem  Ende,  der  Endteil  verlängert, 
2spitzig.  Beine  schwarz,  Tarsen  rot,  rotgelb  behaart,  Calcar  rot, 
Tibienende  der  Beine  III  auch  rot.  Flügel  stark  getrübt,  Adern 
schwarzbraun,  Tegulae  rotgelb.     L.  13  mm,  Br.  4^2  i^^i. 

2  $$  von  Grootfontein,  Volkmann  leg.  und  von  Ookiep  (Kl.-Nama- 
land)  im  September  fliegend. 

Süd- Afrika. 

Meyaehile  (Cfialicodonia)  nitirina  n.  sp.    ?. 

Genau  wie  Megachile  musculus  Feiese  (Süd-Afrika),  aber  Beine 
schwarz,  letztes  Tergit  wie  Sternit  unbewehrt,  ganzrandig. 


II.  Nachtrag  zu  „Bienen  Afrikas".  593 

?.  Scliwarz.  mäusegrau  und  einfarbig  beliaart,  Kopf  und  Thorax 
dicht  runzlig  punktiert,  matt,  Mandibel  scharf  Szähnig,  Clypeusrand 
gerundet,  vorgezogen  und  krenuliert,  Gesiclit  einfarbig  weißlich  be- 
haart; Area  fein  gerunzelt.  Abdomen  einfarbig  grau  behaart,  nur 
auf  Segment  4—5  am  Kiulrande  auch  einzelne  schwarze  Borsten, 
6  einfach,  normal,  Scopa  dicht  und  lang  rutgelb,  Sternit  6  (Ventral- 
segment) grob  punktiert.  Beine  schwarz,  nur  Klauenglied  rot,  Calcar 
gelbbraun.  Flügel  gebräunt,  Adern  schwarzbraun,  Tegulae  rotgtilb. 
L.  13  mm,  Br.  5  mm. 

1  $  von  Ookiep  (Kl.-Namaland)  im  September  fliegend. 

Süd-Afrika. 

31ef/achile  speriosa  n,  sp.    $. 

Wie  Meg.  torrida  Sm.  (von  Gambia),  aber  Flügel  einfarbig  braun, 
Thorax  hinten   und  Abdomenbasis  weißlich  behaart,   Beine  schwarz. 

$.  Schwarz,  Kopf  oben  schwarzbraun,  unten  wie  der  ganze 
Thorax  spärlich  weiß  behaart,  Kopf  und  Thorax  dicht  runzlig 
punktiert,  aber  glänzend,  Clypeus  und  Stirnschildchen  gröber  ge- 
runzelt, Clypeus  etwas  verlängert,  dann  abgestutzt,  mit  goldgelb 
behaartem  Endrand,  Mandibel  .stumjjf,  4zähnig;  Hinterhauptsrand 
höckerig  gerunzelt;  Area  sehr  fein  gei'unzelt,  matt.  Abdomen  punk- 
tiert, mit  schmalen  braunen  Endrändern  der  Segmente,  Segment  1 
■weißfilzig,  auf  der  Scheibe  meist  abgerieben,  2  jederseits  weiß  be- 
haart, mitten  wie  3-5  rot  gefranst,  6  dicht  rotgelb  befilzt,  Scopa 
rotgelb,  auf  Segment  2  gelb,  auf  Segment  1  weiß.  Beine  schwarz- 
braun, fast  unbehaart,  Tarsen  rotgelb  behaart,  Calcar  rotgelb.  Flügel 
braun,  mit  bläulichem  Schimmer,  Adern  schwarzbraun,  Tegulae 
braun,  dicht  punktiert.    L.  10  mm,  Br.  374  nim. 

8  ?$  von  Madibira  (Deutsch  Ost- Afrika),  Haefliger  leg.,  2  ?? 
von  Togo  (West- Afrika). 

Afrika. 

Anthidiuni  fulvoinlosum  Cam.    $. 

1905.     Plesioanthidium  f.  CamerON,  c^,  in:  Trans.  S.-Afr.  phil.  Soc,  Vol. 

15,  p.  256. 
1909.     A.  f.  Friese,  ^,  Bienen  Afrikas,  p.  415. 

$  wie  <J,  aber  Gesicht  schwarz,  Mandibel  wie  beim  ^  mit  nur 
einem  Mittelzahn;  Antenne  schwarzbraun,  2.  Geißelglied  =3  +  4. 
Mesonotum  und  Scutellum  dicht  gerunzelt,  matt.  Abdomen  dicht 
runzlig   punktiert,   matt,  Segment  5  — (3   fast  rotgelb  behaart,  Scopa 


594  -H-  Friese, 

gelblich,  auf  Seg-ment  6  rotg-elb.  Beine  schwarz  bis  schwarzbraun, 
Tibienende  und  alle  Tarsen  rotbraun.    L.  14  mm,  Br.  6  mm. 

Mehrere  (^^  und  $$  von  Ookiep  in  Klein-Namaland  (N.-W.)  im 
September  1890  im  Kap-Museum. 

Kapland. 

Anthidiuni  bruneipes  n,  sp,    $. 

Wie  A.  fulvopüosum,  aber  Beine  und  Mandibel  rot,  Abdomen 
kurz  und  weißlich  behaart. 

$.  Schwarz,  überall  kurz  und  dicht  weißlich  behaart,  nur 
Scheitel  und  Thoraxscheibe  kurz  gelbbraun  behaart;  Mandibel  rot, 
Mittelzahn  kaum  angedeutet,  Clypeus  einzeln  und  grob  punktiert, 
stark  glänzend;  Antenne  schwarzbraun,  2.  Geißelglied  viel  kürzer 
als  3+4;  Mesonotum  und  Scutellum  dicht  runzlig  punktiert,  matt. 
Abdomen  undeutlich  punktiert,  glänzend,  die  Segmentränder  breit 
gelbbraun,  sonst  kurz  weiß  behaart.  Ventralsegmente  glänzend,  mit 
gelblich-braunen  Rändern,  die  als  Binden  durch  die  rotgelbe  Scopa 
durchscheinen.  Beine  rotgelb,  nur  ein  Basalfleck  an  allen  Tibien 
schwarzbraun.  Flügel  gebräunt,  Adern  schwarzbraun,  Tegulae  gelb- 
braun.    L.  9—12  mm,  Br.  4—5  mm. 

1  $  von  Klein-Namaland  im  Oktober  und  ein  sehr  kleines  $  von 
Cradock  (Wartmann  leg.). 

Süd-Afrika. 

Anthidiuni  cariniventre  Feiese.    (^. 

1904.      Meqachile  cariniventris  Friese,  $,   in:   Ztschr.  Hymenopt.,  Vol.   4, 

p.  334. 
1909.     M.  e.  Friese,  $,  Bienen  Afrikas,  p.   354. 

S  wie  $,  aber  Clypeusgegend  weiß  behaart,  Thoraxscheibe  grau 
behaart;  Antenne  erreicht  fast  das  Scutellum;  Segment  6  breit, 
mitten  gerundet,  seitlich  gebuchtet  und  hier  mit  je  2  Seitenzähnchen, 
7.  dreizähnig,  die  beiden  seitlichen  Zähne  groß,  breit  und  nach  innen 
gekrümmt,  der  mittlere  Zahn  nur  klein,  liöckerartig.  Ventralsegmente 
konkav,  rotbraun,  querwulstig  und  spärlich  dunkel  behaart.  Beine 
einfach,  Beine  I  ohne  besondere  Bildung.     L.  12—13  mm,  Br.  4  mm. 

c^,  $  von  Rikatla  (Junod),  $  von  Giftsberg,  Rhynsdorp  im 
September  1911  fliegend  und  ^,  $  von  Ookiep  in  Klein-Namaland 
(N.-W.);  1  $  im  Kap-Museum. 

Diese  von  mir  früher  nach  1  $  als  Megachile  beschriebene  Art, 
gehört  nach  Bekanntwerden  des  ^  unzweifelhaft  zu  Anthidium  und 


II.  Nachtrag  zu  „Bienen  Afrikas".  595 

hat  hier  wohl  eine  besondere  Gruppe  zu  bilden.  Am  besten  würde 
sie  sich  wohl  dem  Ant/iidium  nivcocindum  Gehst,  anreihen  lassen. 
Das  Flüf,^elp:eäder  (die  beiden  Discoidalqueradern  münden  hinter  der 
1.  und  2.  Cubital(iuerader)  stimmt  ebenfalls  mit  den  meisten  Antlü- 
dium-Xxi^w  überein. 


Anthldium  trachusi forme  n.  sp.    $. 

Ein  schwarzes  Anthidium,  das  der  Trachusa  serratnlae  Pz.  (Europa) 
täuschend  ähnlich  sieht,  aber  an  dem  2dornio-en  Clypeusrand,  »elb- 
brauner  Scopamitte  und  an  der  :\Iündung  der  2.  Discoidalquerader 
außerhalb  der  2.  Cubitalzelle  gut  zu  unterscheiden  ist. 

?.  Schwarz,  gelbbraun  behaart,  unten  mehr  weißlich  behaart, 
Kopf  und  Thorax  dicht  runzlig  punktiert,  matt;  Clypeusmitte  glatt, 
vor  dem  Endrande  eingedrückt,  ausgerandet  und  mit  2  spitzen 
Dornen  bewehrt.  Abdomen  mehr  oder  weniger  lang  gelblich  behaart, 
grob  punktiert,  dem  Ende  zu  grob  gerunzelt,  Scopa  gelblich,  Scheibe 
gelbbraun.  Beine  schwarz,  gelblich  behaart,  Tarsen  innen  rotgelb, 
besonders  beim  Metatarsus  intensiv  rot  behaart,  Calcar  rotgelb. 
Flügel  gebräunt,  Adern  und  Tegulae  braun.     L.  10  mm,   Br.  4  mm. 

1  $  von  Ookiep  (Klein-Namaland)  im  September  fliegend. 

Süd-Afrika. 

Anthidium  lunipes  n,  sp.    ?. 

Ein  ganz  schwarzes  Anthidium  mit  spärlicher,  weißer  Behaarung, 
dessen  Tarsen  außen  dicht  wollig  und  schneeweiß,  unten  schwarz- 
braun behaart  sind. 

$.  Schwarz,  sparsam  weiß  behaart,  eigentlich  nur  unten  und 
seitlich  mit  Behaarung.  Kopf  und  Thorax  dicht  runzlig  punktiert, 
matt;  Clypeus  gerade  abgestutzt,  scharf  krenuliert  (mit  6  Zähnen) 
und  am  Rande  mit  6  langen,  abstehenden,  dicken,  weißen  Borsten  be- 
setzt; Mandibel  sehr  scharf  4zähnig.  Scutellum  wohl  vorragend, 
aber  unbewehrt,  seitlich  etwas  eckig.  Abdomen  deutlich  punktiert, 
glänzend,  Segment  1—5  mit  blassem,  glattem  Endrande,  Scopa  dicht 
und  weiß.  Beine  schwai-z,  spärlich  weiß  behaart,  Calcar  weißgelb, 
Tarsen  außen,  lang  und  dicht  wollig  schneeweiß  befilzt,  unten  dicht 
schwarzbraun  behaart.  Flügel  gebräunt,  scheckig,  Adern  und  Tegulae 
schwarz,  Tegulae  glatt,  glänzend  mit  aufgeworfenem,  häutigem  Rande. 
L.  7  mm,  Br.  3',._j  mm. 


596  H.  Friese, 

1  $  von  Marienhof  (Ukerewe-Insel) ,  Deutsch  Ost- Afrika;  Con- 
rads leg-. 

Gehört  zur  Verwandtschaft  des  Anthidiiim  volkmanni. 

Anthidiuin  concolor  n.  sj).    ^. 

Wie  A.  volkmanni,  aber  Analsegment  bewehrt,  Tibia  I  und  II 
vorn  gelb. 

^.  Schwarz,  ohne  gelbe  Zeichnungen,  spärlich  weißlich  behaart, 
Kopf  und  Thorax  ziemlich  fein  punktiert,  g-länzend,  Gesicht  lang 
weiß  behaart;  Mandibelende  rot;  Antenne  braun,  stark  verlängert, 
erreicht  das  Thoraxende,  2.  Geißelglied  viel  länger  als  3.  (l^o  mal)- 
Scutellum  vorragend,  seitlich  aber  gerundet.  Abdomen  punktiert, 
stark  glänzend,  da  stellenweise  größere,  glatte  Zwischenräume  vor- 
handen, Segmentränder  schmal  braunhäutig,  6.  Segment  jederseits 
scliarf  gezähnt,  mitten  breit  abgestutzt  mit  aufgebogenem  Rande, 
7.  tief  ausgerandet,  jederseits  mit  nach  innen  gekrümmtem  Zahn, 
mitten  in  der  Ausrandung  schwach  gehöckert.  Ventralsegmente  weiß 
behaart,  2.  mit  gelbhäutigem  Rande,  3.-6.  konkav,  lang  und  dicht 
gelbbraun  gefranst.  Beine  schwarz,  Tibia  I  und  II  vorn  breit  gelb, 
weißlich  behaart,  Tarsen  II  stark  verlängert,  so  daß  Tarsenglied  1 
von  Tibienlänge  ist,  Tarsenglied  2—5  zusammen  so  lang  wie  das  1., 
alle  Tarsen  vom  2.  Gliede  ab  rotbraun.  Flügel  getrübt,  Adern  und 
Tegulae  schwarzbraun.     L.  7  mm,  Br.  3  mm. 

1  c^  von  Ookiep  (Kl.-Namaland)  im  September  gefangen. 

Süd- Afrika. 

AntJiidium  j^iHv^ntre  n.  sj).    3- 

Wie  A.  hraunsi  Feiese  von  Willowmore,  aber  Segment  3  —  6 
am  Seitenrande  zahnartig  vorspringend,  das  7.  dreizähnig,  Ventral- 
segmente 3—5  lang  weiß  behaart. 

3.  Schwarz,  weißgelb  gefleckt,  spärlich  weiß  behaart,  Kopf  und 
Thorax  dicht  runzlig  punktiert,  etwas  glänzend,  Clypeus  und  ein  Fleck 
auf  der  unteren  Hälfte  des  Nebengesichts  gelbweiß,  Clypeusrand 
schwach  krenuliert,  schwarzbraun,  Mandibel  gelb,  mit  4  schwarz- 
braunen Zähnen;  Antenne  sehr  kurz,  rotbraun,  unten  gelbbraun, 
stark  deprimiert,  Schaft  und  Glied  1  schwarz,  Schaft  am  Ende  vorn 
mit  gelbem  Fleck,  1.  Geißelglied  sehr  groß,  so  lang  wie  das  2.  und 
quadratisch,  3.  und  folgende  viel  breiter  als  lang,  Hinterhauptsrand 
jederseits  mit  kleinem,  gelbem  Fleck.  Thorax  schwarz,  Mesonotum 
vorn  am  Rande  jederseits  mit  länglich  viereckigem  Fleck,  Scutellum 


II.  Naclitrag-  zu  „Bienen  Afrikas".  597 

gerundet,  weiii":  vorragend,  am  Hintenande  mit  2  länglicli  gelben 
Flecken,  Sciitellumlai)i)en  gelb  gefleckt;  Area  äußerst  fein  gerunzelt, 
ganz  matt.  Abdomen  grob  j)unktiert,  Zwischenräume  der  Punkte 
glatt  und  glänzend,  Segment  1  jederseits  gelb  gefleckt,  2—8  mit 
gelber  Randbinde,  die  seitlich  und  mitten  verbreitert  ist,  4 — 5  gelb 
bis  auf  einen  schwarzbraunen  Fleck  jederseits  der  Mitte,  6—7  ganz 
gelb.  3 — 6  am  Seitenrande  zahnartig  vorspringend,  7.dreizähnig,  ähnlich 
wie  bei  A.  afrum  Lep.  (vgl.  Fkiese,  Bienen  Europas,  Vol.  4  p.  159,  fig.) 
die  Seitenzähne  gerundet,  der  mittlere  Zahn  stumpf  und  eckig. 
Yentralsegmente  braun,  mit  häutigen  blassen  Endrändern,  3—5  lang 
weißhaarig.  Beine  rotgelb.  Tibien  und  Metatarsus  außen  mehr  oder 
weniger  gelb,  lang  weiß  behaart.  Flügel  gebräunt,  scheckig,  Adern 
schwarz,  Tegulae  rotgelb,  vorn  mit  gelbem  Fleck.    L.  7  mm,  Br. 

1  (^  von  Kapland. 
Süd-Afrika. 

Coelioxys  maculata  it.  sp,    $. 

Der  C.  furcata  Friese  von  Afrika  nahestehend,  aber  größer, 
Segment  1 — 5  mit  großen  weißhaarigen  Seitenflecken  und  ganz  blau- 
schwarze Vorderflügel. 

$.  Schwarz,  stellenweise  lang  schneeweiß  behaart,  Kopf  und 
Thorax  ziemlich  grob  punktiert,  Gesicht  lang  weiß  behaart;  Clypeus 
vorgewölbt,  lang  weiß  behaart,  Haare  des  Endrandes  dicht  und  weit 
vorstehend,  Clypeusmitte  glatt  und  glänzend;  Antenne  dick,  schwarz, 
2.  Geißelglied  fast  kürzer  als  3,  Endglied  abgeplattet.  Mesonotum 
uneben,  beulig.  vorn  mit  erhabener  Mittellinie,  am  Vorderrand  schwach 
weißlich  behaart  und  jederseits  an  den  Tegulae  mit  dicht  weiß- 
haarigem Fleck;  Scutellum  grobhöckerig  gerunzelt,  nach  hinten  scharf 
dreieckig  vorspringend,  mit  etwas  aufgebogenem  Endrand.  Seiten- 
dorne  stark  gekilimmt  und  schwarz  behaart;  Area  matt.  Abdomen 
spärlich,  aber  grob  punktiert,  mit  größeren  glatten  Flächen  zwischen 
den  Punkten,  Segment  1—5  jederseits  am  Rande  mit  großem,  weiß- 
haarigem Fleck,  6.  schmal  und  langgestreckt  wie  bei  C.  furcata,  mit 
abgerundetem  Ende.  Ventralsegmente  ebenso  punktiert,  aber  schmal 
weiß  gefranst,  6.  schmal  wie  das  obere  Analsegment,  aber  schwach 
zugespitzt.  Beine  schwarz,  weiß  behaart,  Calcar  scharf  gebogen. 
Flügel  schwarzbraun  mit  bläulichem  Schimmel-,  Hinterflügel  wasser- 
hell,  Adern  und  Tegulae  schwarz.     L.  20  mm,  Br.  6  mm. 

1  $  von  Shilouvane  (X.-Transvaali  im  Januar,  Junod  leg. 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Syst.  39 


598  H.  Friese,  II.  Nachtrag  zu  „Bienen  Afrikas". 

Neben  C.  scioensis  Grib.  ist  C.  maculata  die  größte  CoeUoxys- 
Art  in  Afrika  und  gibt  der  größten  Coelioxys- Art  der  Erde,  der  C. 
ducalis  Sm.  (L.  23  mm)  von  Java  und  Sumatra  nur  wenig  nach. 

Coelioxys  cJierenensis  n,  sj)*    ?,  c^. 

Der  C.  lativentris  Friese  (=  Gruppe  decipiens  Spin.)  nahestehend, 
aber  Abdomen  mit  seitlichen  Flecken,  Segment  2—5  jederseits  mit 
2  weißen  Haarflecken. 

$.  Schwarz,  stellenweise  mit  weißen  Filzflecken,  Kopf  und 
Thorax  dicht  und  grob  höckerig  gerunzelt,  matt,  Gesicht  weißfilzig 
behaart;  Antenne  dick,  schwarz,  unten  rotbraun.  Mesonotum  ganz 
matt,  kahl,  nur  am  Vorderrande  jederseits  mit  rundlichem  weißem 
Filzfleck,  jederseits  hinter  den  Tegulae  und  vor  dem  Scutellum  mit 
einem  Filzfleck;  Scutellum  mitten  in  kurzen  Dorn  verlängert,  Seiten- 
dorne  stumpf;  Mesopleuren  weißfilzig,  hintere  Thoraxwand  weißlich 
behaart,  Area  matt.  Abdomen  grob  und  dicht  punktiert,  schwach 
glänzend,  Segment  1  jederseits  mit  großem  weißem  Filzfleck,  2 — 5 
jederseits  mit  2  weißen  Filzflecken,  5.  feiner  punktiert  mit  braun 
behaartem  Endrand,  6.  breit,  mit  niedergedrückter  Scheibe,  die  sehr 
fein  skulpturiert,  braun  und  matt  ist,  nach  hinten  gekielt  und  hier 
dreieckig  verlängert  und  zugespitzt  ist,  der  Eand  überall  abstehend 
borstig  behaart,  an  den  Seiten  ragt  ein  langer,  gelblicher  Haarpinsel 
nach  hinten  vor.  Ventralsegmente  ebenso  punktiert,  aber  fein  weiß 
gefranst,  5 — 6  braun,  6.  breit  scharf  gerandet,  der  Rand  abstehend 
dicht  braun  und  borstig  behaart  und  am  Ende  mit  feiner  ausge- 
zogener Spitze.  Beine  schwarz,  weiß  befilzt,  Calcar  braun.  Flügel 
schwarzbraun,  mit  violettem  Schimmer,  Vorderflügel  mit  heller  Basis, 
Hinterflügel  ganz  hyalin,  Adern  schwarzbraun,  Tegulae  schwarz  mit 
weißfilziger  Vorderhälfte.  L.  13 — 15  mm,  Br.  3-4  mm.  ^  wie  $, 
aber  Segment  6  grob  höckerig  gerunzelt,  mit  6  Enddornen,  2  an  der 
Basis  und  seitlich  abstehend,  4  am  Ende,  wovon  die  beiden  oberen 
breit  und  am  Ende  in  3 — 4  Zacken  enden,  die  beiden  unteren  aber 
dünn  und  spitz  sind.     L.  13  mm,  Br.  3^2  nim. 

4  5$  und  2  ^(^  von  Oberen  in  Abessinien;  1  sehr  großes  2 
aus  dem  Sudan. 

Nordost- Afrika. 


Nachdruck  verboten. 
Ubersclzungsrecht  vorbehalten. 


Über  einige  australische  Spinnen  des 
Senckenbergischen  Museums. 

Von 

Embrik  Strand 

(Berlin). 

Das  Senckenbergisclie  Museum  in  Frankfurt  a.  M.  hat  von  Herrn 
V.  Leonhakdi  eine  kleine  Spiiinenkollektioii  aus  Zentral-Australien 
erhalten,  die  von  besonderem  Interesse  ist,  weil  die  Spinnenfauna 
des  zentralen  Australiens  bisher  fast  j^änzlich  unbekannt  war.  — 
Einige  weitere  neuholländisclie,  mir  gleichzeitig  von  der  Direktion 
des  Senckenbergischen  Museums  zur  Bearbeitung  gefälligst  anver- 
traute Spinnen  werden  mit  behandelt. 

Fam.  Aviculariidae. 
Gen,  Selenocosniia  Auss. 

Selenocosniia  stirUngl  Hogg  1901. 

1  $  von:  Hermannsburg  am  oberen  Finke  River,  südlicli  der 
Macdonald  Ranges  in  Süd-Australien  17./9.  1910  (v.  Leonhardi). 

Die  Art  dürfte  identisch  sein  mit  'Selenocosmia  stirlingi  Hogg 
1901,  ob  diese  aber  von  S.  crassipes  L.  K,  wirklich  verscliieden  ist, 
scheint  mir  nicht  ganz  unfraglich  zu  sein.  Hogg  gibt  als  Unter- 
scheidungsmerkmal die  Färbung  der  Beine  an.  indem  bei  crassipes  die 
proximalen  Glieder  unten  schwarz  sein  sollen,  bei  stirlingi  aber  oben 
und  unten  gleichfarbig,  heller.  Da  die  so  häufig  vorkommende 
dunklere  Färbung  der   Unterseite   der  Spinnen   bei   älteren,  abge- 


6Q0  Emürik  Strand, 

liebenen  Exemplaren  in  der  Tat  mehr  oder  weniger  verloren  ge- 
gangen sein  kann,  was  man  sowohl  bei  Lj^cosiden  wie  Vogelspinnen 
beobachten  kann,  so  dürfte  genanntes.  Merkmal  keine  große  Bedeu- 
tung haben.  Das  Hogg  selbst  seine  spätere  Sei.  stirlingi  früher  (z.  B. 
bei  der  Bearbeitung  der  Spinnen  der  HoEN-Expedition)  für  identisch 
mit  Sei.  crassipes  L.  K.  gehalten  hatte,  geht  aus  seinen  eigenen  An- 
gaben hervor,  und  die  von  Baldwin  Spencee  in :  Hörn,  Exped.  Zentr. 
Austr.,  Zool.  (Vol.  2),  p,  412—415,  t.  28  gegebene  Darstellung  des 
Stridulationsorganes  von  „PMogius  (Pkrictus)  crassipes  L.  K."  (offenbar 
nach  Hogg's  Bestimmung)  paßt  ganz  auf  vorliegende  Form,  die 
gleichzeitig  mit  Hogg's  späterer  Beschreibung  seiner  S.  stirlingi  über- 
einstimmt. Während  Hogg  1901  letztere  Art  als  etwa  über  fast 
ganz  Australien  verbreitet  angibt,  die  nach  seiner  Meinung  echte 
crassipes  L.  K.  dagegen  offenbar  nicht  kennt,  wäre  nach  Rainbow 
1911  eben  umgekehrt  crassipes  die  weit  verbreitete  Art,  Avährend  er 
anscheinend  stirlingi  nur  nach  Hogg's  Angaben  in  seinen  Katalog 
aufführt.  Daß  Rainbow  dieselbe  Art  für  crassipes  gehalten  hat,  die 
Hogg  stirlingi  nennt,  dürfte  somit  wahrscheinlich  sein,  —  Ein  weiterer 
von  Hogg  zur  Unterscheidung  genannter  „Arten"  verwendeter  Unter- 
schied, nämlich  die  vordere  Augenreihe  bei  stirlingi  gerade,  bei 
crassipes  gekrümmt,  scheint  mir  auch  wenig  in  Betracht  kommen 
zu  können,  wenigstens  ist  Koch's  Darstellung  in  diesem  Punkt  nicht 
ganz  klar,  indem  er  schreibt:  „die  M.A.  der  vorderen  Reihe  rund, 
nicht  größer  als  die  S.A.,  mit  diesen  in  gleicher  Linie 
stehend"  [hier  Sperrdruck!],  eine  Angabe,  die  wohl  am  wahr- 
scheinlichsten als  in  „gerader  Linie  stehend"  aufgefaßt  werden  kann, 
seine  Abbildung  dagegen  stellt  genannte  Augenreihe  als  deutlich 
procurva  dar.  —  Erwähnt  mag  hier  auch  werden,  daß  die  Weise,  in 
welcher  Hogg  nach  seiner  Bestimmungstabelle  (p.  245  in:  Proc.  zool. 
Soc.  London  1901)  die  australischen  Selenocosmia- Arten  unterscheiden 
will,  in  betreff  der  Sei.  strenua  Th.  verfehlt  ist,  indem  er  darüber 
angibt:  „Front  row  of  eyes  so  far  procurved,  that  a  line  touching 
the  lower  points  of  the  middle  pair  passes  above  the  side-eyes  (sec. 
Thoe.)",  während  Thoeell's  Angabe  in  der  Tat  lautet:  linea  recta 
oculos  medios  anticos  subter  tangens  laterales  anticos  potius  supra 
quam  sub  centro  secat"  [hier  Sperrdruck!]. 

An  Abweichungen  von  der  Originalbeschreibung  von  Sei.  stirlingi 
sei  erwähnt,  daß  die  Mandibeln  länger  als  von  Hogg  angegeben  sind; 
statt  6V2  mm  sind  sie  hier  9  mm  lang,  und  Hogg's  Angabe  wird  daher 
wahrscheinlich  durch  Schreib-  oder  Druckfehler  entstanden  sein. 


Australische  Spinnen  des  Senckenbergischeu  Museums.  601 

Als  Sei.  stalkeri  hat  Hocui  1907  eine  Art  beschrieben,  die  sich 
von  stirlingi  u.  a.  dadurch  unterscheiden  soll,  daß  „posterior  sigilla 
situated  in  the  anterior  two  thirds  of  it"  (d.  h.  Sternuni),  was  sich 
auch  von  der  vorliegenden  Form  sagen  läßt,  indem  die  Sigilla  ganz 
kurz  hinter  der  Mitte  sich  befinden:  ferner  ist  die  vordere  Augen- 
reihe gerade  etc.  —  Sei.  suhculpinn  Strand  ist  nur  im  männlichen 
Geschlecht  beschrieben  (das  Zitat  dieser  Art  in  Rainbow's  Katalog 
der  australischen  Spinnen  |in:  Rec.  Austral.  Mus.,  Vol.  9,  No.  2  (1911)] 
ist  nicht  richtig;  es  muß  heißen:  Jahresh.  Ver.  vaterl.  Nat.  Württem- 
berg 1907,  statt  Zeitschr.  Naturw.). 

Aus  Zentral-Australien  (v.  Leonhardi)  (Xo.  39)  liegen  3  mit 
obigem  $  gut  übereinstimmende  $$  vor  sowie  ein  etwas  größeres 
Exemplar,  dessen  Cephalothorax  20,5  mm  lang  ist  und  die  übrigen 
Dimensionen  entsprechend  groß.  Der  Kopfleil  dieses  Exemplares 
scheint  mir  ein  wenig  stärker  der  Länge  nach  gewölbt,  sonst  finde 
ich  keine  nennenswerte  Unterschiede  und  halte  auch  dieses  Stück  für 
stirlimji.  In  einem  weiteren  Glas  von  derselben  Lokalität  und  dem- 
selben Sammler  (Xo.  23  n.  24)  sind  mehrere  Exemplare,  auch  ganz 
junge,  enthalten;  das  größte  Exemplar  hat  22mm  langen  Cephalo- 
thorax. 

Gen.  Cltenistonia  Hogg, 

Chenistonia  (Dekana)  atrn  it.  sjj. 

1  (J  aus  Zentral-Australien  (v.  Leonhaedi).  1  unreifes  Exemplar 
im  selben  Glas  ist  vielleicht  conspecifisch. 

Das  Tier  würde  Mk.  Hoüg  vielleicht  zu  seiner  Gattung  Dehma 
stellen;  die  Tibia  und  Metatarsus  des  I.  Paares  sind  nämlich  fast 
genau  wie  bei  DeMna  diversicolor  Hogg,  und  die  Rückengrube  ist 
ganz  schwach,  fast  unmerklich  procurva  gebogen,  dagegen  sind  die 
hinteren  Sternalsigillen ,  wenn  auch  nicht  marginal,  so  doch  ent- 
schieden weiter  von  der  Mittellinie  als  von  dem  Rande  entfernt. 
Die  Palpenorgane  enden  in  eine  feine  gekrümmte  Spina  wie  bei 
Dekana.  Das  Endglied  der  Mamillen  ist  ein  wenig  länger  als  das 
1.  oder  das  2.  Glied  (aber  nicht  länger  als  beide  zusammen).  —  So- 
weit ich  nach  den  Beschreibungen  urteilen  kann,  unterscheiden  diese 
beiden  Gattungen  sich  so  wenig,  daß  es,  vorläufig  wenigstens,  so 
lange  nicht  mehr  Arten  bekannt  sind,  besser  ist  sie  zu  vereinigen 
oder  höchstens  DeJcana  als  Untergattung  gelten  lassen. 

Färbung.     Cephalothorax   schwarz,   auf  dem   Brustteile   mit 


602  Embrik  Strand, 

rötlichein  Anflug,  überall,  aber  am  dichtesten  auf  dem  Kopfteile  mit 
feiner,  weißer,  anliegender,  seidenartig  schimmernder  Behaarung,  die 
übrigens  wahrscheinlich  leicht  abgerieben  wird.  Mandibeln  schwarz 
und  mit  ebensolcher  borstiger  Behaarung  sowie  spärlich  mit  feiner 
weißer  Grundbehaarung;  am  Ende  innen  scheinen  einige  kurze  und 
wenig  kräftige  Stacheln  vorhanden  zu  sein.  Sternum,  Mundteile  und 
Extremitäten  braunschwarz.  Abdomen  schwarz,  oben  mit  graulich 
schimmernder  Behaarung;  die  Lungendeckel  rötlich.  Spinn warzen 
bräunlich. 

Der  Fortsatz  derTibial  weicht  von  demjenigen  der  DeJcana 
diversicolor  Hogg  dadurch  ab  (cf.  Proc.  zool.  Soc.  London  1902, 
p.  139,  fig.  27),  daß  der  Fortsatz  fast  senkrecht  absteht,  der  Stachel 
ist  dagegen  subparallel  zum  Gliede  gerichtet  und  bildet  also  mit 
dem  Fortsatz  fast  einen  rechten  Winkel,  und  seine  Spitze  bleibt  weit 
hinter  derjenigen  des  Gliedes.  Der  Metastarsus  hat  dieselbe  Form 
wie  bei  genannter  kri,  jedoch  erscheint  die  ventrale  Seite  zwischen 
der  Basis  und  der  dicksten  Stelle  desselben  stärker  konkav.  —  An 
den  Palpenorganen  weicht  ab,  daß  der  Bulbus  in  Seitenansicht  mehr 
wie  eine  von  oben  und  unten  etwas  flachgedrückte  Kugel  erscheint, 
die  nur  durch  einen  ganz  kurzen  schmalen  Stiel  mit  dem  Glied  ver- 
bunden ist. 

In  Flüssigkeit  gesehen  in  Aufsicht  weicht  die  Au  gen  Stellung 
von  derjenigen  der  DeJcana  diversicolor  (cf.  fig.  cit. !)  dadurch  ab,  daß 
die  hinteren  M.A.  von  den  vorderen  M,A.  um  ihren  längsten  Durch- 
messer entfernt  sind  und  die  hinteren  M.A.  mehr  langgestreckt 
erscheinen. 

Dimensionen.  Körperlänge  24mm.  Cephalothorax  10,5mm 
lang,  mit  Mandibeln  14  mm  lang,  8  ram  breit.  Mandibeln  6  mm  lang. 
Beine:  L  Femur  7,5,  Patella  +  Tibia  10,  Metat.  +  Tarsus  9  mm; 
IL  bzw.  7,  8,5,  8  mm;  IIL  bzw.  5,5,  6,5,  8  mm;  IV.  bzw.  8,  10,  10,5  mm. 
Also:  L  26,5,  IL  23,5,  IIL  20,  IV.  28,5mm  oder:  IV,  I,  II,  IIL 

Patellarglied  der  Palpen  3,5,  Tibial-  -j-  Tarsalglied  5,5  mm. 

Gen.  Atrax  0.  Cbr. 

Atrax  rohiistus  0.  P.  Cbr.  1877. 

1  (fragmentarisches!)  $  von  Queensland  (A.  Koch  ded.). 

Die  vorderen  M.A.  unter  sich  um  ihren  Durchmesser  entfernt, 
im  Durchmesser  kleiner  als  die  S.A.  Stacheln  an  den  beiden  hinteren 
Patellen  sind  nicht  mehr  zu  erkennen,  wohl  aber  mögen  sie  abge- 


Australische  Spiuueu  des  Senckeubery:i.scheu  Museums.  (503 

rieben  sein.  Tibien  I  sclieinon  unbestaclielt  zu  sein.  —  Cejdialo- 
thorax  und  Extieniitäten  rotbraun,  Abdomen  oben  schwärzlicl»  mit 
violettlichem  Schimmer,  sonst  g-raulicli-braun  an  den  iSeiten,  braun 
unten.  Auch  die  At'terki'alle  der  Tarsen  ist  g'ezähnt.  allerdinj^s  nur 
mit  2  —  3  kleinen  Krallen  an  der  Basis,  die  Zahl  dei-  Zähne  der 
obei-en  Krallen  ist  etwa  10.  Unten  am  Ende  der  Tibia  II  ist  jeden- 
falls bloß  1  Stachel  vorhanden. 

Nach  den  Auseinandersetzungen  von  Hogü  in:  i'roc.  zool.  Soc. 
London  1901  p.  272 — 74  über  die  beiden  Arten  Atrax  modesta  Sim, 
und  rohustus  0.  Cur.  würde  vorliegendes  Tier  etwa  intermediär 
zwischen  den  beiden  sein,  jedoch  rohustus  am  nächsten  stehen;  damit 
auch  aus  geograi)hischen  Gründen  zu  vereinigen. 

1  weiteres  Exemplar  ($)  mit  derselben  Lokalitäts-  und  Geber- 
angabe stimmt  in  der  Bewehrung  mit  Ä.  rohusttts,  so  daß  ich  an 
der  Zugehörigkeit  zu  dieser  Art  nicht  zweifeln  möchte,  trotzdem  die 
vorderen  M.A.  nicht  um  mehr  als  ihren  Durchmesser  unter  sich 
entfernt  sind. 

Fam.  Uloboridae. 
Gen.  Dlnopis  McLeat. 

Dinopis  sj). 

1  obendrein  beschädigter  Cephalothorax  mit  4  von  den  Beinen 
liegt  vor  aus  Zentral-Australien  (v.  Leonhaedi). 

Fam.  Didynidae. 
Gen.  Ani(mrobu(s  C.  L.  K. 

Amaurobius  austriiliensla  n.  sj), 

1  $  aus  Zentral-Australien  (v.  Leonhaedi,  G.). 

Färbung.  Cephalothorax  schwarz,  auf  dem  Kopfteile  metallisch 
schimmernd,  am  Seitenrande  des  Brustteiles  gerötet.  Mandibeln 
schwarz  und  etwas  schimmernd.  Sternum  und  Coxen  dunkel  rot- 
braun mit  bläulichem  Schimmer.  Lippenteil  und  Maxillen  ebenso  ge- 
färbt mit  schmalem  weißlichem  Vorderrande  bzw.  Spitze  des  Innen- 
randes. Beine  schwarz  und  schwarz  behaart,  an  den  Femoren  stark 
bläulich  glänzend,  die  Patellen  größtenteils  rot,  an  den  Beinen  III 
und  IV  sind  die  folgenden  Glieder  teilweise  gerötet.    Palpen  schwarz 


ßQ4  Embrik  Strand, 

mit  rotem  Patellarglied.  Abdomen  hell  graubraun,  oben  mit  An- 
deutung einer  feinen  Mittellängslinie  und  an  der  hinteren  Abdachung 
mit  einigen  hellen,  mitten  winklig  gebrochenen  kurzen  Querlinien. 
Bauch  und  die  untere  Hälfte  der  Seiten  dunkler  (die  Eückenseite 
ist  offenbar  abgerieben  und  daher  wahrscheinlich  unnatürlich  hell 
[cf.  folgende  Art!]). 

Die  E p  i gy  n  e  bildet  eine  grauliche  und  in  ebensolcher  Umgebung 
gelegene,  kleine,  wenig  tiefe,  reichlich  so  breite  wie  lange,  abge- 
rundete Grube,  deren  Hinderrand  leistenförmig  erscheint  und  an 
beiden  Enden  hinten  Andeutung  je  eines  kleinen,  nach  hinten  und 
innen  gerichteten  Zahnes  zeigt,  der  aber  undeutlicher  als  bei  einigen 
verwandten  Arten  ist.  In  Flüssigkeit  zeigt  die  Epigyne  große  Ähnlich- 
keit mit  derjenigen  von  Ämaurobius  (Badumna)  ornatus  L.  K.  (cf. 
Arachn.  Australiens  tab.  26,  fig.  2),  insofern  als  eine  procurva  ge- 
krümmte, an  beiden  Enden  in  einen  runden  Fleck  endende,  feine, 
schwarze  Querlinie  vorhanden  ist,  die  aber  nicht  so  stark  procurva 
gebogen,  wie  in  der  genannten  Figur  angedeutet  ist.  Hinter  dieser, 
subparallel  dazu,  ist  eine  weitere  procurva  gebogene  Querlinie,  die 
aber  nicht  wie  an  der  erwähnten  Figur  mit  der  vorderen  Linie  zu- 
sammenhängt. Die  am  Hinterrande  angedeuteten  Zähnchen  erscheinen 
stumpfer  als  an  fig.  cit.  Das  ganze  Feld  ist  heller  als  die  Umgebung 
und  halbkreisförmig  (bei  ornatus  kreisförmig). 

Vordere  Au  gen  reihe  gerade,  die  Augen  etwa  gleich  groß, 
die  M.A.  unter  sich  um  ihren  Eadius,  von  den  S.A.  und  vom  Clypeus- 
rande  um  ihren  Durchmesser  entfernt.  Hintere  Augenreihe  procurva; 
die  M.A.  von  den  S.A.  weiter  als  unter  sich  entfernt  und  mit  den 
vorderen  M.A.  ein  Trapez  bildend,  das  hinten  ein  wenig  breiter 
als  vorn  und  etwa  so  lang  wie  hinten  breit  ist. 

Dimensionen.  Körperlänge  15  mm.  Cephal.  6  mm  lang.  Ab- 
domen 10  mm  lang,  7  mm  breit.    Patella -|- Tibia  I  6,  IV  5  mm  lang. 

Am  oberen  Falzrande  sind  4  Zähne,  von  denen  die  beiden  distalen 
die  kleinsten  sind,  am  unteren  Rande  2. 

Ämaurobius  (ob  australiensis?  [Nom.  ad  int.:  exsiccatus  m.]). 

Von  derselben  Lokalität  und  demselben  Sammler  [Zentral- Austra- 
lien (v.  Leonhakdi)]  liegen  3  Exemplare,  die  leider  eingetrocknet  ge- 
wesen sind,  von  einer  Amaurobius-Fovm  vor,  die  der  vorigen  jeden- 
falls sehr  nahe  steht,  hauptsächlich  jedoch  dadurch  abweicht,  daß 
das  Abdomen  schwarz  erscheint,  ein  Unterschied,  der  sich  vielleicht 
dadurch  erklärt,  daß  es  hier  das  Haarkleid  gut  erhalten  hat,  während 


Austialisclie  Spinnen  des  Senekenbeif^ischen  Musenms.  ß05 

es  bei  der  oben  bescliriebeiien  P'orm  abcreiieben  war.  Der  Ceplialo- 
thorax  ist  auch  am  Seitenraiide  nicht  rot,  die  hellen  Querlinieii 
des  Abdomens  treten  beim  einen  Exemplare  als  an  den  Enden  zu- 
sammenhängend auf,  während  sie  bei  den  beiden  anderen  überhaupt 
nicht  mehr  erkennbar  sind.  —  Wegen  des  vertrocknet  gewesenen  Zu- 
standes  der  Exemplare  ist  die  Eiiigyne  nicht  mehr  genau  zu  erkennen, 
scheint  aber  von  der  oben  beschriebenen  kaum  wesentlich  abzu- 
weichen, wenn  sie  auch  schwarz  ist.  Das  eine  der  8  Exemplare  ist 
kleiner  und  macht  einen  etwas  anderen  Eindruck,  was  sich  aber 
dadurch  erklären  dürfte,  daß  es  schon  die  Eier  abgelegt  hatte, 
während  die  anderen  Exemplare  gi-avid  zu  sein  scheinen.  —  Sollte 
es  sich  hier  um  eine  andere  Art  oder  Varietät  handeln  (event.  als 
Varietät  von  Amcmrohius  außtraliensis  m.),  so  würde  ich  den  Namen 
exsiccatus  m.  in  Vorschlag  bringen. 

Farn.  Drassodidae. 
Gen.  Lainpoud  Th. 

Lanipona  scutata  n.  sp, 

1  $  Zentral- Australien  (v.  Leonhardi). 

Färbung.  Cephalothorax  schwarz  mit  rötlich-violettlichem 
Anfluge  längs  der  Mitte  und  feiner  weißer  Pubescenz.  Mandibeln 
rötlich-schwarz.  Sternum,  Maxillen  und  Lippenteil  dunkel  rötlich- 
braun. Alle  Coxen  und  Trochanteren  rot,  die  Femoren  I — II  schwarz, 
Patellen  I — II  rot,  aber  schwärzlich  angeflogen,  die  Femoren  und 
Patellen  III — IV  hellrot,  die  übrigen  Glieder  orangegelb.  Petiolus, 
Rücken-  und  Epigasterscutum  des  Abdomens  rot,  sonst  ist  das  Abdomen 
oben  schwarz  mit  folgenden  hellgraulichen  Zeichnungen:  die  das 
Scutum  seitlich  begrenzenden  Kücken partien.  eine  schmale  hintere 
Einfassung  des  Scutums,  zwischen  diesem  und  der  Rückenmitte  ein 
graulicher,  hinten  in  3  feine  Äste  endender  Längsstrich,  jederseits 
der  Mitte  ein  dreieckiger,  sich  am  Rande  des  Rückens  als  ein 
schmaler  Streifen  nach  vorn  verlängernder  Fleck,  über  den  Spinn- 
warzen ein  großer,  rundlicher,  reichlich  so  breiter  wie  langer  Fleck. 
Bauch  graulich,   bräunlich  angeflogen,  am  Hinterende  angeschwärzt. 

Abdomen  durch  einen  Petiolus.  der  so  lang  wie  die  Breite 
der  hinteren  Femoren  ist  und  daher  von  oben  gesehen  in  auffallender 
Weise  hervortritt,  mit  Cephalothorax  verbunden,  an  beiden  Enden 
quergeschnitten,  die   größte  Breite   hinter   der  Glitte,   von   da   nach 


606  Embrik  Strand, 

vorn  allmählich  und  ziemlich  stark  verschmälert,  nach  hinten  weniger, 
das  Hinterende  also  breiter  und  stumpfer  erscheinend.  Das  Abdomen 
erscheint  sonst  stark  flachgedrückt  und  wird  im  vorderen  Drittel 
seiner  Länge  von  einem  glänzenden,  gewölbten  Scutum  bedeckt,  das 
1.5  mm  breit  ist  und  hinten  abgerundet  endet.  Unten  erscheint  das 
ganze  Ei)igaster  und  die  Lungendeckel  verhornt,  und  zwar  werden 
letztere  von  dem  Genitalfeld  durch  zwei  weißliche,  gerade,  hinten 
leicht  gebogene,  nach  hinten  leicht  divergierende  Linie  begrenzt. 
DieEpigyne  erscheint  in  Flüssigkeit  als  ein  schwärzliches,  länglich- 
rundes, unbestimmt  begrenztes  Feld,  das  sich  durch  einen  hellen 
Strich  mit  dem  Hinterrande  verbindet.  Trocken  angesehen  erscheint 
dieser  Strich  als  ein  schmales,  eine  kleine  grubenförmige  Einsenkuug 
teilendes  Längsseptum. 

St  ern  u  m  kräftig  und  dicht  krenuliert-punktiert,  jedoch  schwach 
glänzend. 

Hintere  Augenreihe  gerade;  die M.A.  von  dem  für  die  Drassodiden 
charakteristischen  T^^pus:  schief  gestellt,  länglich,  hellglänzend;  sie 
sind  unter  sich  etwa  um  ihren  kürzeren  Eadius,  von  den  kleineren 
Seitenaugen  kaum  so  weit  entfernt.  Die  4  vorderen  Augen  bilden 
ein  Trapez:  eine  die  M.A.  unten  und  die  S.A  oben  tangierende  Linie 
würde  gerade  sein;  die  M.A  ein  wenig  größer,  unter  sich  kaum  um 
ihren  Radius,  von  den  S.A.  linienschmal  getrennt. 

Die  Mamillen  sind  alle  ganz  kurz  und  zwar  etwa  gleich  lang 

Größe.  Körperlänge  15  mm.  Cephalothorax  6  mm  lang  und 
reichlich  halb  so  breit.  Abdomen  ohne  Petiolus  7,5  mm  lang  und 
3,8  mm  breit.    Patella  +  Tibia  1  4,2,  IV  4,6  mm. 

Wegen  der  abweichenden  hinteren  Augenreihe,  der  Abdominal- 
scuta  und  der  Mamillen  dürfte  die  Aufstellung  einer  besonderen 
Untergattung  für   diese  Art  berechtigt   sein   (event.  Lamponina  m.). 

Fam.  Zodariidae. 
Gen.  Storena  Walck. 

Stören a  rastellata  n.  sp, 

1  $  subad.  aus  Zentral-Australien  (v.  Leonhaedi). 

Färbung,  Cephalothorax  ganz  hell  kastanienbraun  mit 
schmalem  schwarzem  ßand,  schwarzen  Clypeusecken  und  eben- 
solchen, linienschmalen  Ringen  um  die  Augen.  Mandibeln  wie 
Cephalothorax. 


Australische  Spinnen  des  Senckenbcrgischen  Musenms.  (JOT 

Stenuini.  Maxilleii,  Lipjjeiiteil  und  Exti'emitäten  lieller,  bräiiii- 
licli-yelb  mit.  oliventarbigem  AnHiig-.  —  Abdümeii  oben  schwarz  mit 
violettlicheni  Anflii;?;  der  Rücken  vorn  mit  einer  hellen,  schmutzio:- 
weißlichen  lialbmondförmioen  Querbinde,  welche  sich  über  seine 
ganze  Breite  erstreckt,  von  der  ]\Iitte  des  Rückens  bis  zu  den 
Spinnwarzen  eine  gleichbreite  helle  Binde  und  zwischen  dieser  und 
der  vorderen  Rückenbinde  finden  sich  jederseits  zwei  parallele, 
schräg  nach  unten  und  hinten  sich  hinziehende  helle  Rinden,  von 
denen  die  vordere  die  längste  ist  und  in  der  Mittellängslinie  des 
Rückens  nahe  der  vordersten  Binde  anfängt,  während  die  hintere 
der  beiden  Schrägbinden  oben  abgekürzt  ist  und  somit  nur  an  den 
Seiten  vorhanden  ist.  Bauch  und  untere  Hälfte  der  Seiten  etwas 
heller  als  der  Rücken  und  zeichnungslos.    Mamillen  bräunlich- gelb. 

[Der  Brustteil  der  Type  ist  stark  eingedrückt,  was  offensicht- 
lich durch  Druck  (Beschädigung)  verursacht  ist.]  Hintere  Augen- 
reihe  so  staik  procurva,  daß  eine  die  S.A.  hinten  tangierende  Gerade 
die  ]\r.A.  bei  weitem  nicht  berühren  würde;  letztere  unter  sich  um 
ihren  Durchmesser  (in  Flüssigkeit  gesehen)  entfernt,  von  den  S.A. 
erheblich  weiter  entfernt  und  mit  den  größeren  vorderen  M.A.  ein 
Viereck  bildend,  das  länger  als  breit  und  vorn  ein  wenig  breiter 
als  hinten  ist.  Die  mittlere  Augenreihe  (hint.  S.A.  +  vord.  M.A.) 
recurva;  die  vorderen  M.A  sind  die  größten  aller  Augen,  unter 
sich  kaum  um  ihren  Radius,  von  den  S.A.  weiter  entfernt.  Die 
beiderreihigen  S.A.  sind  unter  sich  reichlich  um  ihren  Radius 
entfernt. 

Clypeus  vertikal,  mit  einigen  abstehenden  Borstenhaaren  be- 
wachsen. Die  beiden  hinteren  Bein  paare  mit  zahlreichen  kurzen 
abstehenden  braunen  Stacheln  besetzt,  die  beiden  vorderen  Paare 
sowohl  spärlicher  als  weniger  kräftig  bestachelt. 

Das  Tarsalglied  der  Palpen  des  noch  unreifen  Exemplars  ist 
verdickt,  jedoch  ziemlich  scharf  zugespitzt,  unten  ist  es  abgeflacht, 
und  von  oben  gesehen  erscheint  es  dreieckig.  Mandibeln  dicht  und 
kräftig,  aber  kurz  behaart,  am  Ende  etwa  rastellumartig  erscheinend. 

Körp erlange  des  unreifen  Exemplares  10  mm.  Cephalothorax 
4  mm  lang,  Abdomen  5.5  mm  lang.  3.8  mm  breit.  Beine:  1  Fem.  3, 
Pat.  +  Tib.  3,2,  Metat.  +  Tars.  4  mm;  IV  bzw.  3.2.  3,5,  5  mm. 
Also:  I  10,2;  IV  11.7  mm. 


ßQ8  Embrik  Strand, 

Farn.  Theridiidae. 
Gen.  Lntrodectus  Walck. 

Latrodectns  hcisselti  Th. 

2  ?$  von  Zentral-Australien  (v.  Leonhardi,  S.  G.) 

Gen.  JfepMla  Leach. 

jS'ej)hila  i7tiperatrix  L.  K. 

3  ^  aus  Zentral-Australien  (v.  Leonhardi). 

J^ephila  sp, 

2  unreife  und  schlecht  erhaltene  Exemplare  von:  Australia 
mer.,  Hermannsburg-,  Finke  River  (v.  Leonhardi  ded.). 

Gen.  Ai^giope  Aud. 

Argiope  pvotensa  L.  K. 

2  $$  aus  Zentral-Australien  (v.  Leonhardi). 

Gen.  Aranea  L. 

Araiiea  heroine  (L.  K.). 

Aus  Queensland  (A.  Koch  dedit  1872)  liegen  3  $$  vor.  —  Die 
länglich-viereckige,  weißliche,  mitten  dunkle,  schildförmige  Zeich- 
nung des  Bauches  wird  von  L.  Koch  nicht  erwähnt. 

Aranea  producta  L.  K. 

5  reife  $$  von  Zentral-Australien  (v.  Leonhardi)  mit  der 
weiteren  Bezeichnung:  „25  Parameterbra". 

Daß  eine  Revision  der  australischen  Aranea  aus  der  producta- 
Gruppe  ein  Bedürfnis  wäre,  zeigen  auch  diese  Exemplare;  scharfe, 
stichhaltige  Unterschiede  zwischen  den  $$  von  producta,  biapicata 
und  thyridota  sind  in  der  Literatur  noch  nicht  vorhanden,  und  da 
auch  die  Epigynen  von  apicata  und  thyridota  nicht  beschrieben  sind, 
müssen   diese  Arten  als  zweifelhaft  bezeichnet  werden.    Ob  meine 


Australische  Spinueu  des  Senckeubergischeu  Museums.  (309 

iiacli  einem  Exemi)hir  aufcestellte  Aranea  hiapicaiifcra  Strd.  [in: 
Jahrb.  nass.  Ver.  Natiirk.  (Wiesbaden),  Jg.  60  (1907),  p.  202—205] 
eine  .mite  Art  ist,  scheint  mir  jetzt  auch  fraglich  zu  sein,  indem  die 
damals  zur  Ti-ennung  beider  Formen  benutzten  IMeikmale  nach  vor- 
liegendem Material  wenigstens  zum  Teil  nicht  stichhaltig  sind.  — 
Bei  allen  Exemplaren  sind  2  Apicalhücker  des  Abdomens  vorhanden 
und  ein  dritter  angedeutet.  Der  Rauch  zeigt  2  helle  Querbinden, 
von  denen  die  hintere  in  2  Fällen  bei  weitem  die  breiteste  ist  und 
wodurch  eine  Zeichnung  gebildet  wird,  welche  die  größte  Ähnlich- 
keit mit  deijenigen  von  thyridota  hat.  Bei  einem  jungen  Exemplar 
von  10  mm  Länge  bildet  die  Bauchmitte  ein  zusammenhängendes, 
auch  mitten  helles  Feld. 

Aus  Zentral-Australien  (v.  Leoxhardi)  liegt  ein  unreifes  (^  vor; 
es  hat  etwa  die  Größe  der  AV'eibchen :  Körpei-länge  21  mm,  Cephalo- 
thorax  8  mm  lang,  Patella  -}-  Tibia  I  11  mm,  und  weicht  auch 
sonst,  von  den  Palpen  abgesehen,  nicht  wesentlich  ab;  Cephalothorax 
und  Grundfarbe  der  Extremitäten  dunkelbraun. 

In  demselben  Material  ist  auch  ein  ^  ad.  vorhanden,  das  ohne 
Zweifel  mit  obigen  $$  specifisch  zusammengehört,  aber  von  Thorell's 
wie  von  L.  Koch's  Beschreibung  dadurch  abweicht,  daß  der  Cephalo- 
thorax ein  wenig  kürzer  als  Patella  -j-  Tibia  IV  ist. 

Gen.  Gasteracantha  Sund. 

Gaster acantha  riiinax  Th.  vdv,  leonharclil  n,  var. 

Aus  Zentral-Australien  (v.  Leoxharui)  liegt  eine  Gasteracantha 
vor,  die  von  der  in  Australien  so  weit  verbreiteten  G.  minax  Th. 
nicht  specifisch  verschieden  sein  kann,  wohl  aber  einer  besonderen 
Varietät  angehört.  —  Die  Zeichnung  des  Abdominalrückens  ist  wie 
bei  der  von  Keyseeling  unter  dem  Namen  G.  flavomaculata  ab- 
gebildeten Form,  von  der  Beschreibung  der  ,.flavomacidata''  ebenso 
wie  von  der  Originalbeschreibung  weicht  aber  vorliegende  Form  durch 
den  roten  Cephalothorax  und  die  roten  Mandibeln  sowie  die  rötlich 
braungelben  Beine,  die  nur  am  Ende  der  hinteren  Tibien  und  Meta- 
tarsen  je  einen  schwarzen  King  tragen,  ab.  —  Die  von  L.  Koch, 
Arachniden  Australiens,  p.  15,  gemachten  Bemerkungen  über  G. 
minax  treffen  auf  dieses  Exemplar  zu,  die  Beschreibung  ]).  JO — 11 
1.  c.  aber,  ebenso  wie  die  Originalbeschreibung,  nur  teilweise.  Körper- 
länge 6,5  mm  (nicht  unreif!).  —  Die  neue  Form  möge  den  Namen 
des  Gebers  tragen. 


61Q  Embkik  Strand, 

Fam.  Cluhionidae. 
Gen.  Isopeda  L.  K. 

Isox>eda  hmnanis  L.  K. 

2  ??  von:  „Queensland,  per  A.  Koch  1872." 

Isoi^eda  consjtersula  n,  sp. 

1  $  mit  derselben  Bezeichnung  wie  bei  voriger  Art. 

Stellt  jedenfalls  Isopeda  conspersa  L.  K.  nahe,  aber  die  Epigyne  zeigt 
keine  Mittellängsfurche,  und  ihre  beiden  Einsenkungen  vor  dem  leicht 
erhöhten  Hinterrande  sind  getrennt  und  divergieren  sogar  leicht  nach 
vorn,  der  Hinterrand  ist  mitten  nicht  eingebuchtet  (eingeschnitten), 
sondern  ganz  gerade,  und  in  der  vorderen  Hälfte  der  Epigynengrube 
ist  beiderseits  am  Rande  je  eine  kleine  Einsenkung  erkennbar.  Alle 
3  Einsenkungen  sowie  die  Hinterranderhöhung  lassen  sich  nur  deutlich 
erkennen,  wenn  die  Epigyne  trocken  ist. 

Die  vordere  Augenreihe  ganz  schwach  procurva,  die  M.A.  von 
den  hinteren  M.A.  reichlich  um  ihren  Durchmesser  entfernt  (in 
Flüssigkeit  gesehen).  Das  Feld  der  M.A.  ist  hinten  breiter  als  vorn 
und  als  lang. 

Die  Mandibeln  sind  so  lang  wie  die  vorderen  Patellen  (2,3  mm). 
Cephalothorax  8,3,  Abdomen  15  mm  lang.  Beine:  I  Femur  9,  Patella 
-f-  Tibia  12,  Met.  -\~  Tarsus  11  mm,  also  im  ganzen  32  mm  lang.  Das 
IV.  Paar  bzw.  8,9  und  9  mm. 

Tibia  III,  aber  nicht  IV^  oben  mit  1  Stachel. 

Isopeda  herculeana  n.  sp, 

1  $  von  Queensland  (Geschenk  von  A.  Koch  1872). 

Ganz  ausgeschlossen  wäre  es  nicht,  daß  es  dieselbe  Art  ist,  die 
HoGG  1902  (in :  Proc.  zool.  Soc.  London,  p.  453)  als  Isopeda  aurea  L.  K. 
beschreibt,  ob  aber  die  betreffende  Art  wirklich  diejenige  L.  Koch's 
ist,  bleibt  fraglich  (auch  Hogg  scheint  sich  seiner  Sache  nicht  sicher 
zu  sein),  und  zur  sicheren  Identifizierung  genügen  die  beiden  Be- 
schreibungen nicht.  Über  die  Epigyne  sagt  nämlich  auch  Hogg 
kein  Wort. 

Färbung.  Cephalothorax  dunkel  rotbraun,  Kopffurchen 
breit  schwarz,  längs  der  Mitte  des  Kopfteils  2  schwarze,  sich 
hinten  in   der  Mittelritze  vereinigende  Linien,   Clypeus  und  Seiten 


Australische  Spinnen  des  Senckenbeigisclien  Museums.  (JH 

des  Kopfteiles  schwarz  mit  hellrotem  Rand.  Maiidibeln  tiefschwarz, 
bläulich  glänzend.  Klaue  schwarz,  nur  die  äuLlerste  Spitze  rot. 
Maxillen  und  Lippenteil  schwarz  mit  rotgelber  iSpitze,  Sternum 
und  Coxen  rot,  letztere  an  den  Seiten  dunkler.  Reine  braun,  mehr 
oder  weniger  staik  gerötet  und  hellrot  erscheinend,  wo  etwas  ab- 
gerieben. Wegen  der  fleckenartigen  hellen  Grundbehaaiung  der 
Fenioren  erscheinen  diese  etwas  gescheckt,  insbesondere  unten  vorn, 
und  die  breit  abstehende  Scopula  der  Endglieder  erscheint  ebenso 
wie  die  ganze  abstehende  Behaarung  der  Extremitäten  rotbräunlich- 
gelb.  Die  ganzen  ^landibeln  mit  ebensolcher  oder  noch  lebhafter 
feuerroter  abstehender  Behaarung.  —  Das  Abdomen  ist  oben  dunkel 
graulich  mit  gelblichem  Schimmer  und  Andeutung  eines  bis  hinter 
die  Mitte  reichenden  dunkleren  breiten  Herzstreifens.  Unten  und  an 
den  Seiten  ist  das  Abdomen  heller,  seine  Behaarung  ist  aber  offenbar 
überall  wenig  gut  erhalten,  und  deutliche  Zeichnungen  sind  nirgends 
vorhanden;  hinten  bzw.  längs  der  Spalte  ist  eine  schmale  schwarze 
Querbinde  angedeutet.  —  DieEpigj'ue  zeigt  ein  weißes  Mittelfeld, 
ringsum  umgeben  von  einem  roten  Ring;  es  ist  hinten  ([uergeschnitten, 
länger  als  breit,  vorn  leicht  verschmälert,  vorn  mitten  durch  eine 
nach  hinten  gerichtete  zungenförmige  Verlängerung  des  roten  Ringes 
tief  ausgerandet;  letzterer  besteht  vorn  und  an  den  Seiten  aus  einer 
dunkleren  inneren  und  helleren  äußeren  Hälfte,  während  hinten  die 
hellere  Hälfte  des  Ringes  innen  gelegen  ist.  Trocken  gesehen  er- 
scheint die  Epigyne  wie  in  Flüssigkeit  gefärbt;  die  helle  Partie,  d.  h. 
der  Grund  der  Grube,  ist  ziemlich  flach,  glatt  und  glänzend,  zeigt 
jedoch  vorn  mitten  eine  Andeutung  eines  Längskieles,  in  der  Glitte  ist 
eine  seichte  Quereinsenkung,  die  nach  hinten  dreieckig  verlängert 
und  daselbst  von  einem  Querwulst  begrenzt  wird,  der  jederseits 
der  Mitte  eine  kleine  seichte  Schrägeinsenkung  oder  Grube  zeigt. 
Der  die  Grube  umgebende  breite  Rand  ist  flach,  glatt  und  stark 
glänzend  sowie  bis  kurz  vor  seinem  Ende  horizontal,  fällt  dann  aber 
nach  hinten  steil  ab  und  ist  daselbst  etwas  schmäler  und  innen 
leicht  ausgerandet.  Das  ganze  erscheint  trocken  H  mm  breit  und 
reichlich  so  lang. 

A  u  g  e  n  s  t  e  1 1  u  n  g  (trocken  gesehen).  Vordere  Augenreihe  pro- 
curva,  doch  wiirde  eine  die  M.A.  unten  tangierende  Gerade  die  S.A. 
unterhalb  der  Mitte  schneiden;  die  M.A.  ein  wenig  kleiner,  unter 
sich  um  ihren  Radius,  von  den  S.A.  um  leichlich  so  weit,  vom 
Clypeusrande  um  ihren  Durchnies.ser  entfernt.  Hintere  Augenieihe 
gerade;   die  M.A.  kleiner   und  unter  sich  um   unbedeutend  weniger 


(312  Embrik  Strand, 

als  von  den  S.A.  entfernt;  letztere  ebenso  wie  die  der  vorderen  Reihe 
auf  starken  Hügeln  sitzend.  Die  vorderen  M.A.  von  den  hinteren 
reichlich  um  ihren  Durchmesser  entfernt.  Das  Feld  der  M.A.  vorn 
erheblich  schmäler  als  hinten  und  nicht  g-anz  so  lang-  wie  hinten  breit. 
K  ö  r  p  e  r  1  ä  n  g  e  49  mm.  Cephalothorax  18,5  mm  lang  und  17,5  mm 
breit.  Mandibeln  =  Patellen  I  =  10  mm.  Beine:  I  Femur  20,  Patella 
+  Tibia  28,  Metat.  +  Tars.  27  mm;  II  bzw.  22,  32  und  29  mm; 
III  bzw.  16,  21  und  18  mm;  IV  bzw.  17,  21,5,  21,5  mm.  Also:  I  75, 
II  83,  III  55,  IV  60  mm  oder:  II,  I,  IV,  III. 

Isopeda  iiiola  it.  sj).  cum  var.  carinatula  n,  vor. 

2  ??  von:  Zentral-Australien,  Inola  (v.  Leonhardi,  S.  G.).  Mit 
No.  41  bezeichnet,  ebendaher  weitere  Exemplare,  die  No.  24  bzw.  40 
tragen. 

Die  Epigyue  ist  von  dem  gewöhnlichen  Isopeda-Tyinis.  Die 
Grube  erscheint  trocken  gesehen  1,9  mm  lang  und  1,3  mm  breit,  vorn 
gleichmäßig  gerundet  ohne  irgendwelche  Einbuchtung,  hinten  quer- 
geschnitten,  aber  mit  gerundeten  Ecken,  somit  etwa  breit  ellipsen- 
förmig erscheinend ;  die  Eandfurche  der  Grube  ist  ziemlich  tief  und 
scharf  markiert,  im  Grunde  ist  sie  abgeflacht  und  matt,  zeigt  aber 
in  der  Mitte  eine  Quereinsenkung  und  vor  dieser  einen  scharfen 
Mittellängskiel,  während  der  Querwulst,  wodurch  die  Grube  hinten 
mitten  geschlossen  wird,  eine  mittlere,  subtrianguläre  Einsenkung 
zeigt,  worin  ein  kleines  Höckerchen  eingeschlossen  ist  und  deren 
Vorderrand  ebenfalls  höcker-  oder  besser  querleistenförmig  erscheint. 
Die  Seitenrandfurchen  der  Epigyne  setzen  sich  bis  zur  Genitalspalte 
fort,  ohne  von  dem  hinteren  Querwulst  unterbrochen  zu  werden.  In 
Flüssigkeit  erscheint  die  Grube  hell,  vorn  und  an  den  Seiten  schmal, 
hinten  breit  schwarz  umrandet,  vorn  mit  einer  schmalen  braunen 
Mittellängsbinde.  [Beschreibung  nach  der  Type  und  dem  einzigen 
Exemplar  der  Varietät] 

Körperlänge  26  mm.  Cephalothorax  12  mm  lang  und  ebenso  breit. 
Mandibeln  nicht  ganz  so  lang  wie  die  Patellen  (bzw.  5.5  und  6  mml 

Beine:  I  Femur  13,  Patella -f-Tibia  16,  Metat.  + Tarsus  14,5  mm; 
II  bzw.  13,5,  18,  15,5  mm;  III  bzw.  11,5,  13,5,  11,5  mm;  IV  bzw.  12, 
14,  14  mm.   Also:  I  43,5,  II  47,  III  36,5,  IV  40  mm  oder:  II,  I.  IV,  IIL 

Vordere  Augenreihe  gerade  oder  fast  unmerklich  procurva;  die 
M.A.  jedenfalls  nicht  größer  als  die  S.A.,  unter  sich  und  von  diesen 
um  ihren  Radius,  vom  Clypeusrande  etwa  um  denselben  entfernt. 
Hintere   Augenreihe   schwach   recurva;    die   M.A.   bei   weitem   die 


Australische  Spinnen  des  Senckenbergischen  Museums.  (513 

kleinsten  aller  Augen,  von  den  auf  starken  Hügeln  sitzenden  S.A. 
ein  wenig  weiter  als  unter  sich  entfernt.  Das  Feld  der  M.A.  ist  so 
lang  wie  hinten  breit  und  vorn  wenig  schmäler  als  hinten.  Die 
vorderen  M.A.  sind  um  ihren  Durchmesser  von  den  hinteren  entfernt. 

Die  Tibien  III— IV  mit  je  einem  Stachel  in  der  Endhälfte  der 
Rückenseite. 

Mandibeln  vorn  nicht  unbehaart. 

Durch  Hogg's  Bestimmungstabelle  1902  kann  man  auf  /.  ardrossana 
HoGG  kommen,  diese  hat  jedocli  nach  der  Tabelle  2  Dorsalstacheln 
an  der  Tibia  III,  einen  an  Tibia  IV;  im  Text  wird  allerdings  hinzu- 
gefügt, daß  dies  nur  am  Beine  der  einen  Seite  der  Fall  war,  während 
dasjenige  der  anderen  Seite  von  solchen  Stacheln  auch  keine  Spur 
zeigte!  Der  in  dieser  Beziehung  anscheinend  vorhandene  Unterschied 
zwischen  beiden  Formen  dürfte  somit  wenig  Bedeutung  haben.  —  Die 
weitere  Kennzeichnung  genannter  Art  enthält  nun  über  die  Epigyne 
gar  nichts  und  ist  insofern  ungenügend,  gibt  aber  Merkmale  an,  z.  B. 
„Mandibles  dark  red-brown",  die  auf  vorliegende  Art  nicht  passen.  Sie 
mit  I.  ardrossana  zu  identifizieren  dürfte  unter  diesen  Umständen  sich 
erübrigen.  —  L.  Ivoch's  Bestimmungstabelle  führt  auf  I.  pessleri  Th., 
unsere  Form  weicht  aber  ab  durch  schwarze  Mandibeln  und  Sternum, 
Scopula  dunkelgrau,  bedeutendere  Größe;  über  die  Epigyne  der 
/.  pessleri  ist  von  L.  Koch  leider  nichts  angegeben  und  von  Thorell 
nur  Ungenügendes. 

Eine  Reihe  weiterer  Exemplare  mit  derselben  Fundort-  und 
Sammlerbezeichnung,  jedoch  mit  der  No.  24  bzw.  40,  stimmen  mit 
dem  beschriebeneu  und  mit  dem  zweiten  der  obigen  Exemplare  No.  41 
sonst  recht  genau  überein,  aber  die  Epigynengrube  ist  mehr  vier- 
eckig, ein  deutlicher  Längskiel  ist  vorn  nicht  vorhanden  (nur  in  der 
vorderen  Randgrube  ist  eine  mittlere  Längserhöhung  erkennbar),  und 
die  beschriebenen  Höcker  am  Hinterrande  der  Grube  sind  gar  nicht 
oder  kaum  erkennbar  angedeutet.  In  Flüssigkeit  erscheint  der 
Vorderrand  der  Grube  mitten  ganz  leicht  eingebuchtet,  und  eine 
dunkle  Längsbinde  ist  gar  nicht  oder  höchst  undeutlich  erkennbar. 
Diese  Form  betrachte  ich  als  die  Haui)tform. 

HoGG  gibt  aus  Zentral-Australien  auf  Grund  der  Ausbeute  der 
HoKN-Expedition  Isopeda  dolosa  L.  K.  und  /.  pessleri  Th.  Vorliegende 
Form  ist  jedenfalls  von  dolosa  verschieden  und,  wie  oben  nachgewiesen, 
auch  wow' pessleri:  in  betretf  letzterer  Art  äußert  Hogg  selbst  Zweifel 
an  der  Richtigkeit  seiner  Bestimmung,  indem  er  es  sogar  als  „pro- 
bable" bezeichnet,  daß  die  von  ihm  als  pessleri  bestimmten  Exemplare 

Züol.  Jahrb.  XXXV.     Al.t.  f.  Syst.  40 


Q]^^  Embkik  Strand, 

in  der  Tat  einer  anderen  Art  angehören.  —  Es  bleibt  nichts  anders 
übrig  als  für  vorliegende  Form  einen  neuen  Artnamen  in  Vorschlag 
bringen,  wobei  die  letztens  besprochene  Form,  weil  am  zahlreichsten 
vertreten,  als  die  f.  'principalis  gelten  möge  (7.  inola  m.),  während 
für  die  zuerst  beschriebene,  nur  in  der  Epigyne  nennenswert  ab- 
weichende Form  der  Name  var.  carinatula  m.  eintreten  möge. 

IsopecJa  immlffrans  n,  s^)» 

1  $  mit  folgender  Angabe:  „Durch  Herrn  Prof.  Lucae  er- 
halten Okt.  1875,  vorgefunden  auf  einer  von  Australien  gekommenen 
Kuhhaut." 

Das  Tierchen  weicht  von  den  typischen  Isopeda  ab  durch  den 
Typus  der  Epigyne  und  ist  sonst  schon  durch  die  Zeichnung  ganz 
charakteristisch. 

Die  Epigyne  erscheint  trocken  als  ein  großes  (4  mm  breites  und 
3  mm  langes),  erhöhtes,  gewölbtes,  schwarzes  Chitinfeld,  das  an  den 
Seiten  dicht  behaart  ist  und  zwei  sehr  tiefe,  etwa  lochförmige,  bohnen- 
förmige,  nach  vorn  ganz  leicht  divergierende,  unter  sich  etwa  um 
ihren  Durchmesser  entfernte  Gruben,  die  an  der  Epigyne  eine  etwa 
brillenähnliche  Figur  hervorbringen,  vom  Hinterrande  deutlich  ent- 
fernt sind  und  von  der  Behaarung  der  Seiten  des  Genitalfeldes, 
wenn  nicht  abgerieben,  teilweise  stark  verdeckt  werden.  Der 
Zwischenraum  der  Gruben  ist  ziemlich  abgeflacht  und  wird  durch 
eine  schmale  rote,  sich  vorn  plötzlich  erweiternde  Längsbinde,  die 
wenigstens  hinten  einen  schwachen  Längskiel  bildet,  in  zwei  geteilt. 
Die  hintere  Hälfte  des  zwischen  diesem  Kiel  und  den  Augen  ge- 
legenen Feldes  wird  vorn  durch  eine  schmale  seichte  Quereinsenkung 
abgetrennt.  In  Flüssigkeit  erscheint  die  Epigyne  schwarz,  mit  der 
genannten  roten  Längsbinde  ziemlich  deutlich  hervortretend. 

Färbung.  —  Cephalothorax  d unkel  rotbraun  mit  breiter 
rotgelber  Hinterrand-  und  ebensolcher  Seitenrandbinde,  und  so  ist 
auch  der  Yorderrand  des  Clypeus,  wenn  auch  ganz  schmal,  gefärbt. 
Mandibeln  schwarz,  an  der  Spitze  rot.  Lippenteil  und  Mandibeln 
schwarz,  an  der  Spitze  schmal  gerötet.  Beine  rotbräunlich  bis  blut- 
rot, stellenweise  dunkler:  Femoren  mit  schwarzem  Subapicalring  und 
undeutlichen  schwärzlichen  Längsstrichen  an  der  Oberseite,  Tibien, 
insbesondere  I— 11,  an  der  Basis  unten  mit  schwarzem  Fleck,  die 
Endglieder  dunkel  scopuliert.  Sternum  hellrot,  Coxen  dunkler.  — 
Abdomen  graubräunlich-gelb  mit  brauner  Rückenlängsbinde,  die 
vorn  um  3  mm  breit  ist,  hinter  der  Mitte  aber  fadenförmig  fein  ist, 


Australische  Spinnen  des  Senckenbergischen  Museums.  615 

daselbst  wie  aucli  vor  der  Mitte  allerdings  sich  mehrfach  knoten-  oder 
fleckförmig  erweiternd.  Der  Rücken  ist  übrigens  mit  feiner  branner, 
undentliche  Fleckenzeichnnngen,  die  znm  Teil  C^nerbinden  andeuten, 
bildender  Behaarung  bewachsen;  diese  tritt  an  den  Seiten  nach 
unten  zu  als  feine  Punktierung  auf  und  fehlt  an  den  Seitenpartien 
des  Bauches  ganz,  während  die  Mitte  desselben  durch  eine  dunkel- 
braune, scharf  markierte,  kurz  hinter  der  Spalte  etwa  4  mm  breite, 
nach  hinten  sich  allmählich  verschmälernde  und  kurz  vor  den  Spinn- 
warzen abgerundet  endende  Längsbinde  eingenommen  wiid,  die  bei 
frischen  Exemplaren  vielleicht  rein  schwarz  ist. 

Vordere  Au  gen  reihe  ganz  schwach  procurva;  die  M.A.  ein 
wenig  kleiner,  unter  sich  und  vom  Cl3'peusrande  um  ihren  Durch- 
messer, von  den  S.A.  nur  unbedeutend  weniger  entfernt.  Hintere 
Angenreihe  ganz  leicht  procurva;  die  M.A.  die  kleinsten  aller  Augen, 
unter  sich  und  von  den  S.A.  gleichweit  entfernt.  Das  Feld  der  M.A. 
ist  hinten  reichlich  so  breit  wie  lang  und  breiter  als  vorn.  Die 
vorderen  M.A.  sind  von  den  hinteren  um  ihren  Durchmesser  entfernt. 

Tibien  III— IV  scheinen  keine  Dorsalstacheln  zu  haben. 

Körperlänge  29mm.  Cephalothorax  11  mm  lang  und  breit. 
Abdomen  16  mm  lang,  13  mm  breit. 

Beine:  I.  Fem.  10,  Fat.  +  Tib.  13,5,  Met.  -f  Tars.  13,5  mm; 
IV  bzw.  8,  11  und  10  mm.     Also:  I  37;  IV  29  mm. 

Isoiyeda  sp. 

Ein  unreifes  und  eingetrocknetes  $  von  Yarloop,  West-Australien 
(Pfarrer  Pfitznee,  G.). 

Gen.  Olios  Walck.  und  Iso2)eda  L.  K. 

Olios  (und  Isopeda?)  2  spp.,  darunter  wahrscheinlich  Olios  punc- 
tatm  L.  K. 

4  unreife  ?$  von  Zentral-Australien  (v.  Leonhardi)  lassen  sich 
mit  Sicherheit  nicht  bestimmen.  Cephalothorax  und  Extremitäten 
sind  rötlich-braungelb,  Abdomen  etwas  mehr  gelblich,  hinter  der 
Spalte  ist  ein  tiefschwarzes  halbmondförmiges  Querfeld.  Das  Sternum 
ist  bei  einem  Exemplar  schwarz,  bei  dem  anderen  rötlich.  Alle 
Krallenfaszikel  sind  schwarz,  ebenso  mehr  oder  weniger  das  End- 
glied der  Palpen.  Die  Metatarsen  bei  der  Form  mit  hellem  Sternum 
am  P^nde  schwärzlich.  Körperlänge  ca.  13  mm.  Die  Unterseite  der 
Femoren  ist  bei  der  Form  mit  hellem  Sternum  mit  weißen  Flecken 

40* 


616  Embrik  Strand, 

versehen,  bei  der  anderen  Form  sind  die  Tibien  unten  an  der  Basis 
schwarz. 

Die  Form  mit  hellem  Sternum  wird  wohl  Olios  punctafus  L.  K. 
sein;  allerdings  stimmen  die  von  L.  Koch,  Arachniden  Australiens 
p.  721,  als  für  unentwickelte  Tiere  charakteristisch  angegebenen 
Merkmale  nicht,  und  schwarze  Zeichnungen  am  Sternum  sind  nicht 
vorhanden.  Charakteristisch  für  diese  Form  ist,  daß  der  Bauch 
hinter  der  schwarzen  Querbinde  blutrot,  im  einen  Falle  ganz  intensiv 
blutrot  ist  (L.  Koch  schreibt  „orangegelb",  was  auch  stimmen  kann). 

Auch  bei  der  Form  mit  schwarzem  Sternum  scheinen  die  Femoren 
unten,  allerdings  ganz  undeutlich,  hell  gefleckt  zu  sein.  —  Erinnert 
an  Fediana  regina  L.  K.,  ein  schwarzer  Fleck  vor  den  Spinnwarzen 
ist  jedoch  nicht  vorhanden  usw.  —  Jedenfalls  dürfte  aber  diese  Form 
weder  ein  Olios  noch  eine  Pediana,  sondern  eine  Isopeda  sein. 

Gen.  Pediana  Sim. 
jPediana  ref/ina  (L.  K.)  {vaf\  ?). 

Ein  reifes  (^  und  ein  unreifes  $  von  Zentral- Australien  (v.  Leon- 
HAEDi  leg.).  Man  könnte  diese  Art  leicht  für  eine  Isopeda  halten. 
Aber  durch  die  Bestimmungstabelle  der  australischen  Isopeda-Männ- 
chen,  die  Hogg  1902  gab,  kommt  man  dazu,  daß  diese  Form  eine 
neue  Art  sein  muß.  Wenn  man  unter  „A"  versucht,  trotzdem  das 
Sternum  dunkelbraun,  aber  doch  nicht  „jet-black"  ist,  kommt  man 
auf  p)ßssleri  Th.  oder  tieM  Hogg,  beide  weichen  aber  durch  die  dorsale 
Bestachelung  der  Tibien  III  und  IV  ab,  indem  diese  hier  je  1,  1 
Dorsalstachehi  tragen.  Die  Gruppe  „B"  kommt  auch  nicht  in  Be- 
tracht u.  a.,  weil  die  vorderen  M.A.  unter  sich  ein  wenig  weiter  als 
von  den  S.A.  entfernt  sind,  die  Tibien  III — IV  mit  Dorsalstacheln 
versehen  sind  nsw. 

Die  Körperlänge  des  eingetrocknet  gewesenen  Exemplars  ist 
ca.  16  mm.  Cephalothorax  8  mm  lang,  7,2  mm  breit.  Beine:  I  Femur 
12,5,  Patella  +  Tibia  14,  Met.  +  Tarsus  14,5  mm ;  II  bzw.  12,5,  14, 
14  mm;  III  bzw.  8,5,  10,5,  9,5mm;  IV  bzw.  11,  12,  13,5  mm.  Also: 
I  41;  II  40,5;   III  28,5;  IV  36,5  mm  oder:  I,  II,  IV,  III. 

Palpen  etwa  10  mm  lang.  Mandibeln  ein  wenig  kürzer  als 
die  Patellen  I  (bzw.  3,5  und  4  mm).  Tibia  I  10  mm,  also  länger 
als  Cephalothorax. 

Die  Palpenorgane  sind  von  dem  gewöhnlichen  Isopeda-Tjpus ; 
verglichen  mit  z.B.  denjenigen  \on  I.  leishnianni  B.OGG  (cf.  in:  Proc 


Australische  Si)innen  des  Senckenbergischen  Museums.  Gl 7 

zool.Soc.  London,  1902.  \)A'M,  fi^.C)  weichen  sie  durch  folp:endes  ab  (also 
von  unten  p:esehen):  Der  Fortsatz  des  Tibialgliedes  ersclieint  an  der 
Basis  weniger  verdickt,  in  seiner  o:anzen  Länge  nur  ganz  schwacli, 
fast  unmerklicli.  gekrümmt  und  also  keinen  Haken  bildend;  das 
Tarsalglied  bildet  gegenüber  der  Spitze  des  Tibialfortsatzes  eine 
deutlichere  Ecke,  die  Sjjiralplatte  am  Ende  des  Bulbus  erscheint 
weiter  nach  außen  gerückt,  die  Spitze  des  Tarsalgliedes  ist  ein 
wenig  spitzer,  von  der  Innenseite  des  Tibialgliedes  entsi)ringt  ein 
subbasaler,  langer  kräftiger  Stachel.  Von  unten  und  ein  wenig  von 
vorn  erscheint  der  Tibialfortsatz  mitten  leicht  zusammengeschnürt, 
in  der  Endhälfte  etwas  lanzettförmig.  Das  Tarsalglied  erscheint 
oben  dunkel  mit  einem  helleren  ]\Iedianqnerwisch. 

Cephalothorax  und  Extremitäten  dunkelbraun,  ersterer  am 
Rande  sowie  auf  dem  Kopfteile  schwarz,  aber  mit  einigen  helleren 
Strahlenstreifen.  Mandibeln  dunkelrötlich-braun.  Sternum  dunkel- 
braun ;  ]\Iaxillen  und  Lippenteil  schwarz,  aber  am  Ende  gerötet.  Beine 
dunkelbraun,  Femoren  basalwärts  ein  wenig  heller,  unten  sind  sie 
fein  weiß  gefleckt  und  quergebändert,  was  allerdings  nur  an  den 
beiden  Vorderpaaren  einigermaßen  deutlich  ist.  Die  Palpen  er- 
scheinen noch  ein  wenig  dunkler  als  die  Beine.  Abdomen  oben 
an  der  Rückenseite,  so  weit  noch  wegen  der  offenbar  früher  erfolgten 
Eintrocknung  des  Exemplars  erkennbar  ist.  schwärzlich ,  an  den 
Seiten  und  unten  dagegen  graulich,  mit  einer  tiefschwarzen  halb- 
mondförmigen Querbinde  hinter  der  Spalte  und  einer  ähnlichen,  aber 
kleinen  Binde  vor  den  Mamillen. 

Vordere  Augen  reihe  gerade,  die  Augen  gleichgroß  oder  die 
M.A.  ganz  wenig  kleiner,  letztere  unter  sich  um  reichlich  ihren 
Radius,  von  den  S.A.  nur  halb  so  weit  wie  unter  sich  entfernt. 
Hintere  Augenreihe  ganz  schwach  procurva,  die  M.A.  kleiner  und 
fast  so  \veit  unter  sich  wie  von  den  S.A.  entfernt.  Das  Feld  der  M.A. 
ist  reichlich  so  lang  wie  hinten  breit,  vorn  schmäler  als  hinten. 

Weicht  von  Pediana  regina  (L.  K.)  nach  Thorell's  Beschreibung, 
Ragni  Austro-Malesi,  Vol  3,  p.  300—304  zu  urteilen,  durch  folgendes 
ab :  (in  der  Diagnose  dieser  Art,  1.  c,  p.  300,  ist  in  der  3.  Zeile  von 
oben  ein  Druckfehler  vorhanden:  es  muß  heißen  lateralibus  anticis 
statt  posticis),  eine  dunkle  Längsbinde  an  der  Unterseite  der  vor- 
deren Femoren  ist  nicht  vorhanden,  die  hinteren  Tibien  haben  2 
Dorsalstacheln,  Cephalothorax  ist  erheblich  kürzer  als  Patella  -{- 
Tibia  IV,  eine  Zeichnung  auf  dem  Rücken  des  Abdomen  ist  nicht 
erkennbar,   was  aber  durch  das   Eintrocknen  desselben   entstanden 


ßl8  Embrik  Strand, 

sein  kann.  —  Sollten  diese  Abweichungen  einer  zu  benennenden 
neuen  Form  angehören,  so  würde  ich  den  Namen  var.  (?)  isopedina  m. 
vorschlagen. 

Fam.  Lycosidae. 
Gen.  Tcirentula  Sund. 

Tarentula  hieolor  (Hogg). 

1  $  Zentral-Australien  (v.  Leonhaedi). 

Körperlänge  21  mm.  Cephalothorax  11,5  mm  lang,  7 — 8  mm  breit. 

Ich  möchte  nicht  bezweifeln,  daß  vorliegende  Art  mit  der  von 
unbekannter  genauerer  Lokalität  stammenden  „Lycosa'-'  hieolor  Hogg 
1905  identisch  ist,  die  Epigyne  weicht  jedoch  dadurch  ab,  daß  die 
beiden  Gruben  schmäler  sind  und  stark  nach  vorn  divergieren;  daß 
die  Hinterspitze  des  Mittellängsseptums  höckerartig  hervortritt,  läßt 
sich  zur  Not  auch  an  Hogg's  Figur  (in:  Proc.  zool.  Soc.  London,  1905, 
p.  581,  flg.  b)  erkennen.  Abdomen  und  Femoren  sind  tiefschwarz, 
das  helle  Feld  des  Abdominalrückens  bedeckt  denselben  fast  ganz. 

Tarentula  leonhardii  n.  sp, 

2  $$  aus  Zentral-Australien  (v.  Leonhaedi). 

Die  Epigyne  bildet  eine  ganz  kleine,  seichte,  rötlich  gefärbte, 
hinten  quergeschnittene,  fast  halbkreisförmige,  jedoch  vorn  mitten 
leicht  zugespitzte  Grube,  die  undeutlich  umrandet  ist,  mitten  eine  ganz 
schwache  Erhöhung  zeigt  und  vorn,  vom  Vorderrande  ausgehend,  eine 
Andeutung  eines  verkürzten  Längsseptums  hat,  während  die  Hinter- 
seite des  Hinterrandes  2  nahe  beisammen  gelegene,  ganz  kleine  und 
undeutliche  Zähnchen  erkennen  läßt.  Am  deutlichsten  in  Flüssigkeit 
treten  2  schwarze,  kurz  hinter  der  Mitte  gelegene  Seitenrandflecke 
auf,  die  sich  teilweise  in  die  Grube  hinein  erstrecken ;  der  Eand  dieser 
erscheint  vorn  nicht  schwarz  und  ist  daher  daselbst  wenig  deutlich. 

Körper  länge  17  mm.     Cephal.  8,5  mm  lang,  6  mm  breit. 

Beine:  I  Femur  6,  Patella  +  Tibia  6,5,  Metat.  +  Tarsus 
6,5  mm;  II  =  I;  III  bzw.  5,8,  6,2,  8  mm;  IV  bzw.  7,  8,5,  10  mm. 
Also:  I  =  II  19;  III  20;  IV  25,5  mm  oder  IV,  III,  I  =  IL 

Mandibeln  erheblich  länger  als  die  Patellen  I  (bzw.  4  und 
3  mm).  Am  unteren  Falsrande  sind  2,  am  oberen  3  Zähne  vorhanden, 
von  denen  der  mittlere  der  größte  ist. 

Cephalothorax  und  Extremitäten  braungelb,  letztere  ein- 
farbig, jedoch  an  Metatarsen   und  Tarsen  ein  wenig  dunkler,  die 


AuHtralisclie  Spinnen  des  Senckenbergischen  Museums.  C}]^) 

äußerste  Spitze  der  Metatarsen  und  Tarsen  mehr  oder  wenigei-  deut- 
lich tiefsclnvarz.  Der  Cephalothorax  hat  eine  durcli  weite  Beliaai'un^ 
gebildete,  ca.  1  mm  breite  Seitenrandbinde,  die  sich  auch  auf  dem 
Clypeus  fortsetzt,  und  auch  eine  hellere  Mittellängsbinde  läßt  sich 
erkennen;  diese  ist  auf  dem  Kopfteile  jederseits  rundlich  erweitert 
und  daselbst  bis  2.3  mm  breit,  unmittelbar  vor  der  Mittelritze  zu- 
sammengeschnürt, um  letztere  ein  wenig  erweitert,  auf  der  hinteren 
Abdachung  randwärts  stark  erweitert  und  mit  der  weißbehaarten 
Seitenrandbinde  des  Cephalothorax  zusammengeflossen.  Augen  in 
tiefschwaizen  Hingen,  die  nicht  zusammengeflossen  sind.  Mandibeln 
dunkel  rotbraun  mit  gelblich-weißer  Grundbehaarung,  die  jedoch  in 
den  Endhälften  fehlt  (ob  immer?),  sowie  mit  dunkleren  abstehenden 
Haaren  überall  spärlich  bewachsen.  Maxillen  braun.  Lippenteil 
schwarz  mit  hellerer  Spitze.  Sternum  schwarz,  am  Hinterrande  etwas 
heller.     Coxen  hell  wie  die  Beine. 

Abdomen  hell  graugelblich:  oben  ist  es  leider  bei  beiden 
Exemplaren  beschädigt,  scheint  jedoch  mit  kleinen  rotbräuulichen 
Punkten  und  Strichen  gezeichnet  gewesen,  welche  in  der  hinteren 
Hälfte  wenigstens  Querbinden  gebildet  haben.  Die  Spinnwarzen 
sind  ein  wenig  dunkler  als  der  Bauch;  dieser  trägt  ein  tiefschwarzes, 
scharf  markiertes,  vorn  quergeschnittenes  oder  leicht  ausgerandetes, 
hinten  verschmälertes  und  abgerundetes,  schildförmiges  Feld,  das 
höchstens  nur  die  Mitte  der  Spalte  und  bei  weitem  nicht  die  Spinn- 
warzen erreicht,  auch  nicht  so  breit  wie  der  Bauch  ist. 

Vordere  Augen  reihe  ist  kürzer  als  die  zweite,  ganz  leicht 
procurva,  die  M.A.  erheblich  größer  als  die  S.A.,  unter  sich  ein  wenig 
deutlicher  als  von  diesen  getrennt. 

Beine.  Tibien  I— 11  ohne  Dorsalstacheln,  III— R'  mit  1,  1 
solchen.  Pabellen  I — II  nur  vorn  mit  1,  III— IV  vorn  und  hinten 
je  1  Stachel. 

Tai^entula  {(iistralicoJa  n.  sjt. 

1  $  Zentral-Australien  (v.  Leonhakdi). 

Die  Epig3'ne  erscheint  in  Flüssigkeit  als  ein  etwa  halbkreis- 
förmiges, hinten  quergeschnittenes,  braungelbes  Feld,  das  an  den  Seiten 
deutlich,  vorn  undeutlich  schmal  schwarz  begrenzt  ist  und  in  der 
vorderen  Hälfte  ein  schmales  Längsseptum  zeigt,  das  sich  i)lötzlich  er- 
weitert und  die  ganze  hintere  Hälfte  des  Feldes  (der  Grube)  ausfüllt. 
Trocken  gesehen  erscheint  die  Epigyne  gestrichelt,  punktiert  und 
matt,  die  dunh  das  vorn  vorhandene  .schmale  Längsseptum  getrenntiMi 


620  Embrik  Strand, 

Gruben  sind  ziemlich  tief;  die  Seitenränder  des  Feldes  erscheinen 
gerade  und  nach  hinten  leicht  divergierend,  der  Hinterrand  schwach 
erhöht  und  ziemlich  scharf.  Die  Breite  der  Epigyne  ist  geringer  als 
die  der  beiden  unteren  Spinnwarzen  zusammen.  Die  Epigyne  ähnelt 
der  von  Tarent.  serrata  L.  Ken.,  ist  aber  weniger  langgestreckt  etc.  — 
Cephalothorax  8  mm  lang,  6,2  mm  breit,  reichlich  so  lang  wie  Patella 
4-  Tibia  IV. 

Cephalothorax  schwarzbraun  mit  hellrötlicher,  weiß  behaarter, 
ganzrandiger,  scharf  markierter  Rückenlängsbinde,  die  vorn  das 
ganze  Augenfeld  ausfüllt  und  in  dieser  Breite  sich  bis  kurz  vor  der 
Mittelritze  erstreckt,  dann  ganz  schwach  allmählich  nach  hinten  sich 
verschmälert;  an  den  Seiten  ist  randwärts  feine  weißliche  Behaarung 
erkennbar,  die  aber  keine  Binde  bildet.  Clypeus  weißlich  behaart. 
Mandibeln  schwarz  und  schwarz  behaart,  in  der  Basalhälfte  vorn 
orangegelb  behaart.  Lippenteil  und  Maxillen  schwarz  mit  hellem 
Vorderrand.  Sternum  schwarz.  Coxen  schwarz  mit  bräunlichem 
Anflug,  sonst  sind  die  Extremitäten  hell  olivenfarbig  bräunlich-gelb, 
einfarbig,  nur  an  der  Spitze  dunkler  behaart.  —  Abdomen  hell 
graubräunlich,  in  der  basalen  Hälfte  des  Rückens  mit  einer  tief- 
schwarzen,  pfeilspitzähnlichen  Figur,  deren  vorderer,  dreieckiger,  vorn 
scharf  zugespitzter,  hinten  quergeschnittener  Teil  reichlich  2  mm 
lang  und  (hinten)  kaum  2  mm  breit  ist,  während  der  hintere  Teil, 
der  „Pfeil",  als  ein  nur  1,2  mm  langer  Längsstrich  erscheint.  An 
der  vorderen  Abdachung  des  Abdomens,  von  oben  zur  Not  erkennbar, 
ist  eine  schwarze  Querbinde.  Der  Bauch  mit  einer  tiefschwarzen 
schildförmigen  Figur,  welche  vorn  der  ganzen  Spalte  anliegt  und 
also  die  ganze  Bauchbreite  einnimmt,  nach  hinten  sich  aber  plötzlich 
abgerundet  dreieckig  verschmälert,  ohne  die  Spinn warzen  zu  erreichen. 
Der  Epigaster  ist  hellgefärbt  wie  das  Abdomen  sonst,  jedoch  um  die 
Epigyne  schmal  dunkler.  Spinnwarzen  hellbraun,  nicht  dunkel  umringt. 

Vordere  Au  gen  reihe  kaum  kürzer  als  die  zweite,  ganz  schwach 
procurva  (unten  gerade,  oben  procurva,  die  Zentren  procurva);  die 
M.A.  größer,  unter  sich  und  von  den  S.A.  gleich  weit  entfernt. 

Die  Patellen  I— II  nur  vorn  bestachelt,  III — IV  vorn  und 
hinten.    Tibien  I— II  ohne,  III— IV  mit  (1,  1)  Dorsalstacheln. 

Tarentula  laeta  (L.  K.)  vtif,  prott'uda  n.  va/r. 

1  $  Zentral-Australien  (v.  Leonhardi). 

Körperlänge  16  mm.  Cephalothorax  8,5  mm  lang,  6  mm  breit, 
fast  so  lang  wie  Patella  -\-  Tibia  IV  (8  mm). 


Australische  Spinnou  des  Senckeuberffischen  Mnseums.  621 

DieEpig-yne  weiclit,  trocken  gesehen,  von  der  Abbildun«?  der- 
jeniofen  der  Tarcudda  Jacta  L.  Koch  (Aracliniden  Australiens,  tab.  82, 
fig.  la)  nur  dadurch  ab.  daß  das  Querseptum  ein  wenig  kürzer  und 
deutlicher  iirocurva  ist  und  daß  der  Seitenrand  der  (4rube  gegen  den 
^^'inkel  zwischen  Längs-  und  Querseptum  sich  höckerartig  nach 
innen  verbreitert;  diese  Höcker  sind  jedoch  nicht  isoliert,  wie  es  bei 
der  offenbar  etwas  ähnlichen  Tay.  immansiieia  Sim.  1909  der  Fall  zu 
sein  scheint.  Das  Querseptum  ist  matt  und  gestrichelt,  Längsseptum 
und  Rand  glatt  und  glänzend. 

Die  vordere  Au  gen  reihe  ist  zwar  wenig,  aber  doch  unver- 
kennbar procurva  gebogen  (eine  die  ]\I.A.  unten  tangierende  Gerade 
würde  jedoch  die  S.A.  eher  unter  als  in  dem  Zentrum  schneiden); 
die  M.A.  sind  unter  sich  ein  wenig  weiter  als  von  den  S.A.  entfernt, 
die  um  kaum  ihren  Radius  abstehen.  Die  ]\r.A.  sind  von  den  Augen 
II.  Reihe  jedenfalls  nicht  um  mehr  als  ihren  Radius  entfernt. 

Färbung.  Die  helle  Seitenrandbinde  des  Cephalothorax  ist 
hinten  nicht  breiter  als  vorn.  Maxillen.  Lippenteil.  Sternum  und 
Coxen  schwarz  mit  ebensolcher  Behaarung,  die  Coxen  etwas  bräun- 
lich angeflogen.  Weiße  Haarflecke  neben  dem  dunklen  Herzstreifen 
sind  nicht  vorhanden.  Das  schwarze  Feld  der  Bauchseite  bedeckt 
auch  den  ganzen  Epigaster.  vom  Bauche  aber  nur  das  vordere  Drittel 
und  ist  hinten  gerade  und  breit  quergeschnitten.  Spinnwarzen  braun, 
dunkler  als  der  Bauch. 

Wahrscheinlich  ist  diese  Form  von  Tar.  laeta  nur  als  Varietät 
abzutrennen. 

Tarentula  laetct  (L.  K.)  var,  ciirticej)s  ii.  rar. 

1  $  Zentral-Australien  (v.  Leonhaedi,  G,). 

Körperlänge  18  mm.  Länge  des  Cephalothorax  10  mm.  Beine  I : 
Fem.  7,5,  Fat.  +  Tib.  9,5,  Met.  +  Tars.  9,5  mm  =  26  mm. 

Von  der  Beschreibung  von  Tar.  laeta  (L.  Ken.)  abweichend  durch 
ein  wenig  bedeutendere  Größe,  das  Sternum  ist  tiefschwarz  und  ebenso 
behaart,  der  Epigaster  ist  größtenteils  schwarz,  an  den  Lungendeckeln 
sind  bloß  schwarze  Haare  eingemischt,  schwarze  Zeichnungen  an  den 
Schenkeln  sind  höchst  undeutlich  vorhanden,  der  Cephalothorax  ist 
nicht  länger  als  Patella  +  Tibia  IV.  —  Von  der  Originalfigur  der 
Epigyne  ist  abweichend,  daß  das  Mittellängsseptum  vorn  nicht  so 
stark,  hinten  aber  stärker  verschmälert  und  die  ganze  Epigyne  mehr 
langgestreckt  erscheint:  das  Querseptum  ist  nur  etwa  halb  so  lang 
wie   das   Längssejttum    sowie   deutlich    jtrocurva   gebogen,   bzw.   an 


622  Embrik   Strand, 

beiden  Enden  etwas  eingekrümmt.  Die  größte  Breite  der  Genital- 
grnbe  ist  kurz  hinter  der  Mitte  derselben,  von  wo  sie  nach  vorn  sich 
allmählich  verschmälert,  bis  sie  am  Vorderende  nur  etwa  halb  so 
breit  wie  an  der  breitesten  Stelle  ist.  Die  Epigyne  erinnert  sehr  an 
die  von  T.  immansueta  Sim.  1909,  aber  das  Längsseptum  ist  mitten 
deutlich  verbreitet,  die  bei  immansueta  vorhandenen  Höcker  vor  dem 
Querseptum  fehlen  etc. 

Wird  wohl  nur  eine  Lokalform  von  T.  laeta  sein. 

Tarentula  Ulla  n.  sjy. 

4  $$  ad.,  1  $  subad.,  1  (^  aus  Zentral-Australien  (v.  Leonhardi). 

Färb  u  n  g.  Cephalothorax  dunkelbraun  mit  schwarzen  Strahlen- 
streifen und  weißbehaarten,  1,2  mm  breiten,  scharf  markierten,  rings- 
um verlaufenden  Randbinden  oder,  richtiger  gesagt.  Randbinde  so- 
wie mit  ebenfalls  hellerer,  weiß  behaarter  Mittellängsbinde,  die 
am  Ende  der  Mittelritze  nur  0,7  mm  breit  ist,  sich  dann  nach  hinten 
wie  nach  vorn  allmählich  verbreitert,  auf  der  Mitte  des  Kopfteiles 
eine  Breite  von  2,5  mm  erreicht,  um  sich  dann  plötzlich  zu  ver- 
schmälern und  als  eine  Linie  sich  zwischen  den  Augen  II  und  I  bis 
zum  Clypeus  verlängern.  Mandibeln  schwarz,  vorn  in  den  basalen 
zwei  Dritteln  der  Länge  derselben  gelblich-weiß  behaart.  Lippenteil 
und  Maxillen  schwarz  mit  hellerem  Vorderrand,  Sternum  und  Coxen 
schwarz.  Beine  braungelb;  die  Femoren  unten  am  hellsten,  oben 
und  an  den  Seiten  haben  sie  Andeutung  einiger  dunklerer  Flecke. 
Scopula  schwarz,  Endglied  der  Palpen  größtenteils  schwarz  er- 
scheinend wegen  der  so  gefärbten  Behaarung. 

Abdomen  braun,  heller  und  dunkler  punktiert,  oben  der  ganzen 
Länge  nach  mit  einem  helleren,  schmutzig-gelblichen  Längswisch,  in 
welchem  vorn  eine  schwarze  Längsbinde  gelegen  ist,  die  bei  einer 
Breite  von  etwa  1,5  mm  sich  bis  zur  Rückenmitte  erstreckt  und 
jederseits  zwei  kleine  Zähne  bildet:  weiter  nach  hinten  wird  sie, 
mehr  oder  weniger  deutlich,  bis  gegen  die  Spinn warzen  fortgesetzt. 
Die  untere  Hälfte  der  Seiten  und  der  Bauch  graugelblich;  letzterer 
wird  jedoch  größtenteils  von  einem  tiefschwarzen  Feld  eingenommen, 
das  sich  von  der  Spalte  bis  zum  Anfang  des  hinteren  Drittels  des 
Bauches  erstreckt  und  hinten  mehr  oder  weniger  gerundet  ist.  Epi- 
gaster  hell. 

Die  Epigyne  bildet  eine  kleine,  hellrote,  seichte,  fast  doppelt  so 
breite  wie  lange,  entfernt  quer-ellipsenförmige  Grube  (der  Rand  ist 
vorn  stärker,    hinten    ganz    schwach  gebogen,   an  den  Seiten  fast 


Austialisrlie  Spiniitn  des  Senckenbergischen  Museums.  (523 

gleieliiniißig-  o^ekiiininit).  die  von  einem  schmalen  Läng-sseptum  ge- 
teilt wild  und  vorn  am  tSeitenrande  jederseits  einen  tiefschwarzen 
Fleck  einschließt,  (ibrigens  etwas  variierend;  das  Septiim  bisweilen 
fast  nicht  erkennbar. 

Vordere  Au  gen  reihe  gerade,  kürzer  als  die  zweite,  die  Mittel- 
augen viel  größer  als  die  Seitenaugen,  unter  sich  und  von  diesen 
gleich  weit  entfernt. 

Patellen  I— II  vorn  mit  je  einem  ganz  kleinen  Stachel, 
III— IV  jederseits  bestachelt.  Tibien  I— II  ohne,  III— IV  mit  Dorsal- 
stacheln. 

An  beiden  Falzrändern  3  Zähne,  von  denen  der  distale  der 
kleinste  ist. 

Körperlänge  20  mm,  Cephalothorax  9,5  mm  lang,  7  mm 
breit.  Abdomen  ll.ö  mm  lang  und  7  mm  breit.  Beine:  I  Femur  6,ö; 
Patella  -f  Tibia  6,5;  Metat.  -f  Tarsus  7  mm;  IV  bzw.  7,  8.5,  11  mm. 
Also:  I  20,  IV  26,5  mm. 

Das  (J  ist  gefärbt  und  gezeichnet  wie  das  $,  jedoch  tritt  die 
Dorsalbinde  des  Abdomens  stärker  hervor.  Die  Größe  ist  geringer: 
Körperlänge  11  mm,  Cephalothorax  7  mm  lang,  5  mm  breit.  Beine: 
I  Femui-  5,  Patella  -\-  Tibia  7,  Metat.  -{-  Tarsus  7,2  mm ;  IV  bzw. 
5,5,  6,5,  10  mm.  Also:  I  19.2,  IV  22  mm.  —  Patellarglied  der  Palpen 
so  lang  wie  das  Tibialglied,  beide  zusammen  so  lang  wie  das  Tarsal- 
glied.  Tibialglied  gänzlich  unbewehrt.  Tarsalglied  im  Profil  von 
außen  gesehen  nur  unbedeutend  breiter  als  das  Tibialglied  er- 
scheinend ,  unten  mitten  zeigt  es  einen  ganz  kleinen  rundlichen 
Höcker,  und  zwischen  diesem  und  der  Basis  sieht  man  einen  läng- 
lichen, niedrigen,  schwarzen,  carinaähnlichen,  wenig  hervortretenden 
Fortsatz.    Am  Ende  des  Gliedes  unten  spärliche  abstehende  Behaarung. 

Fam.  Oxyopidae. 

Gen.  Oji'f/opes  Latr. 

Oxyopes  lUuffo  n.  sp, 

1  $  von  Zentral-Australien  (v.  Leonhardi). 

Größe.  Cephalothorax  4  mm  lang,  3  mm  breit.  Abdomen  6  bis 
7  mm  lang.  Beine:  I  Femur  4,5,  Pat.  +  Tibia  5,3.  Metat.  -f  Tarsus 
5,2  mm;  II  bzw.  4,2;  5;  5,2  mm:  III  bzw.  3.2;  3,7:  4  mm;  IV.  bzw. 
4;  4,8;  5,3  mm.  Also:  I  15,  II  14,4.  111  10.9.  IV  14.1  mm  oder: 
I.  IL  IV.  III. 


624     Embbik  Stband,  Australische  Spinnen  des  Senckenbergischen  Museums. 

Die  Epigyne  erscheint  in  Flüssigkeit  als  ein  schwarzer,  mitten 
bräunlicher,  subtrapezförmiger,  hinten  und  mitten  vorn  quergeschnitte- 
ner,  an  den  Enden  des  Vorderrandes  abgerundeter  Fleck,  dessen  Seiten 
nach  hinten  konvergieren  und  mitten  leicht  eingebuchtet  sind;  die 
Breite  vorn  ist  also  größer  als  hinten,  und  sie  ist  auch  reichlich  so 
groß  wie  die  Länge  des  Fleckes  oder  etwa  gleich  der  Breite  der 
Patellen  I.  —  Trocken  gesehen  erscheint  das  Genitalfeld  glatt, 
glänzend,  im  vorderen  breiten  Teil  mit  zwei  runden,  tiefen,  unter 
sich  um  ihren  Durchmesser  entfernten,  den  Seiten-,  aber  nicht  den 
Vorderrand  erreichenden  Gruben;  der  Hinterrand  ist  mitten  leicht 
eingebuchtet,  und  von  da  erstreckt  sich  nach  vorn  bis  zur  Mitte  eine 
ganz  seichte  Längseinsenkung. 

Die  Art  dürfte  mit  Oxyopes  gratus  L.  K.  nahe  verwandt  sein, 
jedenfalls  erinnert  sowohl  die  Habitusfigur  wie  die  Figur  der  Epigyne 
in  „Arachniden  Australiens"  stark  an  unsere  Art.  Daß  aber  die 
beiden  nicht  identisch  sind,  geht  u.  a.  aus  dem  Unterschiede  in  den 
Epigynen  hervor,  indem  bei  unserer  Art  nichts  vorhanden  ist,  was  der 
Vorderhälfte  des  Genitalfeldes  von  0.  gratus,  wie  dies  in  „Ar.  Austr." 
tab.  88  flg.  3a  abgebildet  ist,  entsprechen  könnte.  Ferner  in  Färbung 
und  Größe  usw.  abweichend. 

Färbung.  Cephalothorax  und  Extremitäten  erscheinen  nun 
hell  bräunlich-gelb,  sind  aber  oifenbar  etwas  abgerieben,  so  daß 
eventuelle  Zeichnungen  vielleicht  verloren  gegangen  sind.  Augen- 
feld schwarz  gefärbt,  ist  aber  weiß  behaart  gewesen.  Zwei  dunkle 
Clypeuslinien  sind  wahrscheinlich  vorhanden  gewesen.  Lippenteil 
dunkel,  Maxillen  und  Sternum  gelblich.  An  der  Unterseite  der 
Femoren  ist  ein  dunkler  Längsstrich  angedeutet.  Die  Rückenfläche 
des  Abdomens  wird  größtenteils  von  einer  lanzettförmigen,  hell- 
braunen, schmal  und  undeutlich  hellgi-aulich  umrandeten  Längsbinde 
eingenommen,  die  einen  dunklen  Mittellängsstrich  einschließt  und 
jederseits  von  einer  schmalen  tiefschwarzen  Randbinde  begrenzt  wird. 
An  den  Seiten  eine  helle  obere  und  eine  schwarze  untere  Binde. 
Der  Bauch  führt  eine  braune  Mittellängsbinde,  die  jederseits  von 
einer  schmäleren  weißlichen  Binde  begrenzt  wird.  —  Stacheln  hell 
mit  schwärzlicher  Basis,  wodurch  die  Extremitäten  schwarz  punktiert 
erscheinen. 


Nachdruck  verboten. 
Übersetzungsrecht  vorbehalten. 


On  the  dimorphism  of  the  males  of  Maevia  vittata, 
a  Jumping  Spider. 

By 

Theophilus  S.  Paiuter,  Ph.  D., 

Yale  University,  New  Haven,  Conn.,  U.  S.  A. 

Witb  1  Fignre  in  the  tezi 


The  Jumping  Spider,  Maevia  vittata,  is  the  only  species  of 
Araneiiia  which  exhibits  a  distinct  dimorphism  in  the  males.')  As 
is  well  known  to  Arachnulogists,  the  males  of  this  species  are  of 
two  types,  one  variety  being  gray  much  like  the  female,  and  the 
other  variety  being  pitch-black  witli  three  tufts  of  hairs  on  the 
anterior  part  of  the  cephalothorax;  see  Fig.  A5  and  AI.  Tlie  first 
type  I  have  called  the  "gray  variety"  and  the  second,  the  "tufted 
variety''.  Although  it  is  stated  by  tlie  Peckhams  that  the  gray 
males  never  have  tufts,  in  books  upon  spiders,  it  is  often  said  that 
the  two  types  merge  into  one  another. 

The  Author  has  recently  completed  a  study  of  the  spermato- 
genesis  of  the  two  tj'pes  of  males  (article  in  publication),  and 
several  points  of  diflference  were  found  between  them,  particularly. 


1)  The  Peckhams  (1889a)  raention  one  other  species  of  Allidae, 
Zygohallus  hctlini,  in  which  the  males  fall  into  two  classes.  One  class 
consists  of  very  large  males  while  the  second  class  is  made  up  of  small 
individuals.  From  their  description ,  I  judge  that  the  males  are 
otherwise  alike. 


ß26  Theophilus  S.  Painter, 

with  regard  to  the  presence  of  a  pair  of  small  chromosomes  in  the 
gray  males,  and  the  absence  of  this  bodies  in  these  tufted  males.  On 
this  cytological  basis.  an  attempt  was  made  to  explain  the  dimorphism. 
If  intermediate  forms  exist.  however,  as  stated  by  Emerton, 
"Common  Spiders",  p.  60,  then  the  explanation  would  have  to  be 
modified. 

The  present  study  was  made  in  order  to  determine  the  exact  nature 
of  the  dimorphism  and  the  particulars  in  which  the  so  called  "Inter- 
mediate forms"  differ  from  the  typical  males  of  botli  types.  Two 
other  points  were  investigated.  First,  the  ratio  of  the  females  to 
males,  in  nature,  and  the  ratio  of  the  gray  to  tufted  males.  Second, 
observations  have  been  made  on  the  dancing  of  the  two  types,  it 
being  stated  by  the  Peckhams  (1889a)  that  the  two  varieties  of 
males  behave  difi'erently  in  this  regard. 

As  far  as  I  can  determine,  Maevia  vittata  was  first  discribed  by 
Hentz,  in  1845,  under  the  name  of  Ättus  vittatus,  the  gray  male, 
and  Athis  7iiger,  the  tufted  male.  He  assigns  them,  thus,  to  diiferent 
species.  C.  Koch,  in  his  work  entitled,  "Die  Arachniden",  describes 
the  gray  male  as  Plexippus  undaüis,  and  the  tufted  male  as  Maevia 
penicillata.    He  assigns  the  two  species  to  different  genera. 

The  Peckhams  (1889b),  were  the  first  to  assign  the  two  forms 
to  the  same  species,  Astia  vittata.  They  remark  that  we  have  here 
males,  "presenting  two  distinct  varieties;  the  first  has  the  thoracic 
part  of  the  cephalothorax  light  brown,  .  .  .;  the  second  variety 
{niger),  has  the  cephalothorax  black,  .  .  ."  etc.  Farther  on,  "Inter- 
mediate between  these  two  varieties,  is  one  which  is  nearly  as  dark 
as  niger  with  pale  legs  but  wäthout  cephalic  tufts.  ...  As  this  is 
an  extremely  common  species,  we  have  compared  large  numbers  of 
them  but  have  never  found  the  tufts  present  in  the  first  variety, 
which  most  resembles  the  female."  "Attidae  of  North  America", 
p.  70. 

The  dimorphic  males  have  been  described  by  many  other  authors, 
Emertün  (1891),  Simon  (1903),  etc. 

My  material  has  all  been  collected  in  a  plot  of  woods  near 
New  Haven,  by  the  usual  method  of  sweeping  the  grass  and  low 
bushes  with  a  net.  An  area,  of  perhaps  two  acres,  was  swept 
repeatedly,  in  this  way,  during  the  late  afternoon.  This  is  the 
best  time  for  collecting,  as  far  as  the  experience  of  the  Author 
goes.     Altogether,    156   specimens   have  been   obtained,   of  which 


Maevia  vittata.  627 

82  were  females  and  74  males.  Of  tlie  iimles.  40  weie  i.f  tlie  f,nay 
variety  and  34  were  tiifted.  Two  veiT  dark,  so  called,  "Inteniiediate 
males"  were  obtained.  The  nuiles  were  studied  while  alive  and 
after  preservation. 

In  tlie  tbllowino-  study,  it  seenis  desirable  to  give  a  general 
description,  witli  drawings,  of  a  typical  tiitted  male  and  a  typical 
gray  male,  and  tlien  to  point  out  the  variations  found  in  the  two 
types.  P'or  minute  characteristics  of  the  species,  etc.,  the  reader 
is  referred  to  the  Peckhams's  "Revision  of  tlie  Attidae  of  North 
America". 

Tufted  Male. 

The  typical  tufted  male  (Fig.  AI),  has  a  budy  whicli  is  an 
intense  black  in  color.  Tiie  legs  are  a  light  transparent  yellow  and 
they  do  not  sliow  any  dark  pigmentation,  except  just  a  trifle  on  the 
ventral  surface  of  the  coxa  and  at  the  tip  end.  The  palps,  seen 
from  the  front,  are  pitch-black,  but  on  the  inner  surface,  the 
pigmentation  is  less  intense  and  we  may  even  lind  yellow  hairs 
next  to  the  mandibles.  This  lighter  color  never,  or  very  rarely, 
shows  from  the  front  with  the  appendages  in  their  normal  position. 
The  most  striking  characteristic  of  the  tufted  male,  however.  is  the 
presence  of  three  tufts  of  hairs,  which  sit  on  the  cephalothorax, 
just  on  a  line  with  the  anterior  edge  of  the  posterior  eyes  (Fig.  AI). 
It  shüuld  be  pointed  out  here,  that  normally,  these  tuft  soft  hairs  do 
not  show  from  above  because  of  the  intense  black  of  the  anterior 
part  of  the  cephalothorax.  In  the  drawings,  I  have  not  put  in  the 
pigment  of  this  region,  in  order  that  the  character  of  the  tufts 
might  be  more  easily  seen.  In  Fig.  A 1,  the  position  of  the  tufts 
may  be  clearly  made  out;  they  project  from  the  body  at  an 
angle  of,  perhaps,  45". 

To  the  casual  observer,  the  tufted  males  are  quite  black,  but 
if  one  is  examined  under  a  strong  light,  a  definite  pattern  will  be 
made  out  both  on  the  cephalothorax  and  on  the  abdomen.  This 
pattern  becomes  more  apparent  in  alcoholic  specimens  (Fig.  A  1). 

Gray  Male. 

The  gray  males  (Fig.  A5)  are  similar  to  the  tufted  males  in 
size  and  shape.  They  are,  as  the  name  iniplies,  of  a  general  gray 
color,  with  a  fairly  definite  pattern  on  the  cephalothorax  and 
abdomen,  made  up  of  spots  which  vary   from  a  dark  red  to  a  deep 


628 


Theophilus  S.  Painter, 


brown  Ol-  black.  The  legs  are  a  pale  opaque  white ;  oii  the  ventral 
surface  there  are  characteristic  bands  of  pigmeiit  (Fig  AlO)  seen 
from  above,  the  leg  has  a  mottled  appearance  because  of  patches  ot 
picment  which  lie'at  the  base  of  the  hairs  (Fig.  A9).    The  palps, 


Fig.  A. 


Maevia  vittata.  (529 

Seen  from  tlie  front,  are  a  briglit  oi'anp^e  color;  on  tlie  inner  side, 
next  to  tlie  niandibles,  tliere  may  be  sniall  patclies  of  pigment,  as 
shown  in  Fig.  A8. 

As  will  be  seen  by  tlie  above  description,  tlie  typical  tufted 
male  diifers  from  tlie  typical  gray  male  in  tlie  following  cliaraete- 
ristics;  body  color,  color  and  pigmentatiun  of  tlie  legs,  color  of  palps 
and  in  tlie  possession  of  three  tufts  of  hairs  on  tlie  ceplialothorax. 
A  glance  at  Fig.  AI  and  A5  will  make  it  clear  tliat  tlie  pattenis 
on  the  ceplialothorax  and  abdomen  are  essentially  similar.  In 
studying  the  variations  foiind  in  54  specimens,  the  above  order  of 
discussion  will  be  followed. 

Body  Color. 

Tufted  Males.  The  males  of  this  type  show  a  good  deal  of 
Variation  in  the  intensity  of  the  body  color.  The  black  always 
predoniinates  but  in  some  of  the  specimens,  which  have  been  exa- 
mined  alive,  the  patteru  on  the  abdomen  was  almost  as  conspicuous 
as  in  the  typical  gray  male. 

Gray  Males.  In  the  gray  males  there  is  a  tremendous  amount 
of  Variation  in  the  general  body  color.  It  varies  from  a  very  light 
gray,  through  a  brown  to  a  black,  which  is  almost  as  inteiise  as 
that  of  the  typical  tufted  male.  In  the  case  of  the  two  ''Inter- 
mediate  males",  the  abdomens  were  quite  black  except  for  a  few 
lighter  spots  lying  on  the  edge  of  the  dorsal  side. 

Color  of  Legs. 

Tufted  Males.  The  typical  appearance  of  the  leg  of  the 
tufted  male,  is  shown  in  Fig.  All.  The  general  color  is  a  light 
lemon  yellow  and  no  pignient  is  seen  except  on  the  coxa  and  at 
the  tip  end  of  the  tarsus,  as  pointed  out  above.  No  variations  from 
this  was  found  in  any  of  the  34  tufted  males  examined. 

Gray  Males.  The  typical  leg  of  the  gray  male,  in  dorsal  and 
ventral  view,  is  shown  in  Fig.  A9  and  AlO.  The  general  color 
is  a  pale  white  and  on  the  ventral  side,  especially  of  the  femur, 
there  are  very  definite  and  characteristic  bands  of  pigment.  The 
degree  of  pigmentation  is  subject  to  some  Variation  in  the  individual 
cases  but  in  none  of  the  40  gray  males.  examined  was  the  pigment 
ever  absent.  The  legs  of  the  very  dark  gray  males  were  heavily 
pigmented. 

Zool.  Jahrb.  XXXV.    Abt.  f.  Syst.  41 


630  Theophilüs  S.  Painter, 

P  a  1  p  s. 

Tufted  Males.  The  color  of  the  palps,  seen  from  the  front, 
is  an  intense  black  in  all  of  tlie  cases  examin  ed.  On  the  inner  side, 
particularly  at  the  base  of  the  joints  of  the  appendage,  yellow  hairs 
maj^  be  present.  In  one  case,  a  trifle  of  this  lighter  color  was  seen 
from  the  front. 

Gray  Males.  The  palps  of  the  gray  males  are  a  bright  orange 
coior.  This  was  found  to  be  invariably  true,  even  for  the  very  dark 
males.  On  the  inner  side  there  is  a  small  amount  of  pigment  on 
the  basal  joints  (Fig.  A8). 

Tufts  of  Hairs. 

Tufted  Males.  The  tufts  of  hairs,  so  characteristic  for  the 
males  of  this  class,  show  some  Variation  in  the  degree  of  develop- 
ment,  but  the  position  of  these  tufts  is  flxed  and  subject  to  slight 
or  no  variations.  The  degree  of  development  of  the  individual  tufts 
of  hairs  varied,  though  in  most  cases  all  three  tufts  were  fully 
developed.  Fig.  AI  shows  a  typical  case,  and  Fig.  A2,  A3  and  A4 
show  variations  in  this  condition.  It  should  be  mentioned  here  that 
in  sweeping  and  in  handling  the  specimens,  the  tufts  of  hairs  are 
apt  to  be  rubbed  off.  In  making  an  examination  of  all  the  spe- 
cimens, a  strong  arc-light  was  used  as  the  source  of  Illumination 
and  then  by  means  of  a  fairly  high  power  lens  on  the  microscope 
and  tilting  the  specimen,  I  was  able  to  see  the  sockets  where  the 
hairs  normally  sit.  In  cases  where  the  hairs  had  been  rubbed  oif, 
it  was  possible  to  still  see  the  sockets  and  usually.  the  broken  stubs 
of  the  hairs.  In  no  case  of  the  34  males  examined,  were  the  tufts 
entirely  absent. 

Gray  Males.  Out  of  the  40  males  studied,  not  one  of  them 
showed  any  indication  of  the  tufts  of  hairs  such  as  are  charac- 
teristic of  the  tufted  males.  The  verj^  dark  males  were  like  the 
typical  gray  males  in  this  regard. 

General  Pilosity  of  Cephalothorax, 

The  general  pilosity  of  all  the  specimens  was  carefully  noted 
in  Order  to  determine  if  the  tufted  males  exhibited  this  character 
to  any  marked  degree.  Altogether,  74  males  and  82  females  were 
examined  with  regard  to  this  point.  A  good  deal  of  Variation  was 
found  in  individual  specimens,  but  the  tufted  males,  except  for  the 


Miieviii  vittatn.  ß3| 

three  tufts  of  liairs,  aie  normal  in  this  respect.  In  most  of  the 
cases,  the  fine  hairs  on  the  ccpluUothorax  of  the  tufted  males  were 
black  while  the  same  hairs  were  white  on  tlie  gray  male,  but  many 
exceptions  were  noted. 

P  a  1 1  e  r  n  s. 

As  pointed  out  above,  the  patterns  on  the  abdoniens  of  the  two 
types  of  males  is  essentially  the  same.  Much  Variation  was  noted 
for  both  the  tufted  (Fig.  A2,  A3  and  A4)  and  gray  males.  It  is 
a  well  known  fact  that  the  patterns  on  the  abdoniens  of  spidei'S 
normally  vary  within  wide  limits.  so  that  the  variations  noted  for 
Maevia  vittafa  are  not  significant. 

It  is  evident  from  the  above  description.  that  the  body  colors 
of  the  two  tj^pes  of  males  are  not  distinct  and  that,  in  this  cha- 
racter,  the  two  varieties  merge  into  one  another,  althoiigh  typi- 
cally,  the  two  are  very  diiferent. 

In  the  color  and  pigmentation  of  the  legs.  the  tufted  and  gray 
males  are  very  diiferent  and  I  have  found  no  form  wliich  bridged 
the  gap.  The  coloration  of  the  palps  forms  another  character  which 
wonld  separate  the  two  types.  But  it  is  the  presence  of  the  tufts 
of  hairs  in  the  tufted  male  and  their  absence  in  the  gray  male 
which  forms  the  most  striking  and  absolute  distinction. 

It  is  evident,  then,  that  the  tufted  males  and  the  gray  males 
of  Maevia  vittata  form  two  varieties  which  are  distinct  in  the  three 
characteristics  given  above  and  that  there  are  no  intermediate  forms 
which  would  bridge  the  gap  between  the  two.  The  so  called  "Inter- 
mediate Males"  are  nothing  more  than  verj'  dark  gray  males. 

Practically  nothing  definite  is  known  about  the  ratio  of  the 
males  to  females,  in  nature,  in  the  species  Maevia  vittata,  nor  of  the 
ratio  of  the  two  varieties  of  males  to  each  other.  The  Pkckha_ms 
(1909j  are  the  only  authors  who  mention  the  subject.  On  p.  453, 
they  say:  "In  Wisconsin,  the  males  (both  forms)  mature  about  the 
middle  of  June,  the  females  a  little  later.  For  this  month,  they 
are  common,  there  being  about  one  female  for  three  males,  but 
towards  the  middle  of  July  their  number  diminishes." 

In  my  study  on  the  spermatogenesis  of  this  species,  I  have 
given  certain  cytological  evidence  which  would  lead  us  to  suppose 
that  the  total  number  of  males  would  be  equal  to  the  total  number 

41* 


632  Theophilüs  S.  Painter, 

of  females.    Furthermore,   that  the   tufted  males  would  be  equally 
as  numerous  as  the  gray  males. 

During  the  past  season  {Maevia  matures  the  latter  part  of  May, 
here  at  New  Haven),  I  have  collected  156  specimens  from  the  same 
area  of  land,  and,  that  the  theoretical  expectations  are  fulfilled,  is 
shown  below. 

Females  82 

Tufted  Males  34 

Gray  Males  40 

Ratio  of  males  to  females ;  82 :  74 ,  which  closely  approximates 
the  theoretical,  1:1. 

Ratio  of  tufted  males  to  gray  males;  34:40,  which  also  is  close 
to  the  theoretical,  1 : 1. 

Although  the  Peckhams  State  that  the  Maevia  vittata  is  a  very 
common  form,  the  Author  has  found  that  they  are  very  erratic 
in  their  distribution.  It  has  often  been  noted,  that,  while  specimens 
may  be  caught  in  one  section  of  woods,  they  will  be  entirely  absent 
from  another  tract  of  land,  near  by,  which  presents,  as  far  as  one 
is  able  to  judge,  just  the  same  conditions  for  life. 


Dancing  of  the  Tufted  and  Gray  Males. 

Observations  were  made  on  the  dancing  habits  of  the  two 
varieties  of  males  while  the  Author  was  making  matings,  in  order 
to  test  certain  conclusions  arrived  at  in  the  cytological  study.  I 
have  had  in  the  laboratory  9  gray  males  and  7  tufted  specimens. 
These  have  been  put  with  females,  from  time  to  time,  and  their 
behavior  carefully  noted. 

The  dancing  of  the  male  Jumping  Spiders  has  been  thoroughly 
described  by  the  Peckhams  (1889a  and  1890).  I  quote  from  the 
former  paper:  "A  description  of  the  two  males  is  unnecessary,  since 
they  are  well  represented  in  tab.  11.  The  two  forms  grade  into 
each  other,  excepting  that  the  three  tufts  of  hairs  are  only  found 
on  the  fuliy  developed  niger  form.  The  vittata  form,  which  is  quite 
like  the  female,  when  he  approaches  her,  raises  his  first  legs  either  so 
as  to  point  them  forward  or  upward,  keeping  the  palpi  stiffly  out- 
stretched,  while  the  tip  of  the  abdomen  is  beut  to  the  ground.  This 
Position  he  commonly  takes  when  three  or  four  inches  away.  While 
he  letains  this  attitude,  he  keeps  curving  and   waving  his   legs  in 


Macvia  vittata.  6;-^3 

a  Gurions  manner.  Frequently,  he  raises  only  one  of  the  legs  of 
tlie  first  pair.  runninj?  all  the  while  from  side  to  side.  As  he  draws 
nearer  to  the  female  he  lowers  his  body  to  the  ground,  and,  droppiug 
his  legs  also,  places  the  two  anterior  pairs  so  that  the  tips  touch 
in  front,  the  proximal  joints  being  turned  almosf  at  i-ight  angles  to 
the  body  (tig.  26).  Xow  he  glides  in  a  semicircle  betöre  the  female, 
sometimes  advancing,  sometimes  receding,  until  at  last  she  accepts 
his  addresses.  The  uigcr  form,  evidently  a  later  development,  is 
mach  the  more  lively  of  the  two,  and  vvherever  the  two  varieties 
were  seen  to  compete  for  the  same  female,  the  black  one  was 
successful.  He  is  bolder  in  his  manners,  and  we  have  never  seen 
him  assume  the  prone  position,  as  the  red  form  did,  when  close  to 
the  female.  He  always  held  one  or  both  of  the  first  legs  high  in 
the  air,  waving  them  wildly  to  and  fro,  or,  when  the  female  became 
excited,  he  stood  perfectly  motionless  before  her,  sometimes  for  a 
whole  minute,  seemiug  to  fascinate  her  by  the  power  of  his  glance.'' 
p.  33—34,  Sexual  Select.  in  Spiders  (1889). 

I  have  given  this  description  of  the  Peckhams  in  füll  because 
it  is  the  best  account  of  the  dancing  which  we  have  in  the  literature. 
My  own  observations  on  the  tufted  males  are  in  entire  accord  with 
the  Peckhams'  account,  except,  that  among  my  specimens,  I  did  not 
notice  that  the  tufted  males  were  more  aggressive  in  their  attentions 
to  the  females  than  were  the  gray  males.  With  regard  to  the  dancing 
of  the  gray  males,  the  behavior  of  the  nine  specimens,  which  I  have 
had  under  constant  Observation  for  two  weeks,  is  so  ditferent  from 
the  account  given  by  the  Peckhams  that  I  cannot  help  but  think 
that  some  mistake  has  been  made  by  them  in  recording  their 
observations.  In  all  of  my  specimens,  the  prone  position  is  the 
first  to  be  assumed  by  the  male  when  he  recognizes  the  female. 
Then  comes  the  raising  of  the  front  legs  and  the  dancing,  as 
described  above.  The  only  exception  to  this  were  cases  where  the 
female  got  quite  close  to  the  male  before  he  recognized  her.  Then, 
the  prone  position  was  not  assumed,  but  the  anterior  pair  of  legs 
were  raised  in  the  air  and  the  dance  proceeded  as  described. 

The  present  study  has  made  it  clear  that  the  twi»  types  of 
males  are  distinct  as  regards  three  characters  and  the  method  of 
their  love  dance.  The  very  interesting  question  arises,  what  has 
been  the  origin  of  the  tufted  form  since  it  is  evidently,  as  the 
Peckhams    have    pointed   out.   a   later   development   than   the   gray 


634  Theophimts  S.  Painter, 

males.  ^)  There  are  two  possible  interpretations,  the  one  being  that 
the  tiifted  male  has  arisen  through  sexual  selection,  the  Interpretation 
taken  by  the  Peckhams,  and  the  other  is  that  this  later  form  has 
arisen  as  a  mutation. 

It  seems  worth  while  to  bring-  up  the  subject  here,  as  there  are 
certain  observations  which,  it  seems  to  me,  totally  eliminates  the 
origin  of  the  tufted  males  by  sexual  selection.  It  has  often  been 
observed  in  the  laboratory,  both  by  Professor  Peteunkevitch  and 
by  myself,  that  the  females  do  not  seem  to  show  any  preference 
for  the  tufted  males  and  the  same  female  has  been  observed  to 
copulate  with  a  tufted  and  a  gray  male  within  a  period  of  five 
minutes.  Futhermore,  the  species  is  very  widely  distributed  throughout 
the  United  States.  The  Peckhams  (1909),  remark:  "This  is  a  very 
common  species.  Mr.  Banks  has  found  it  in  Colorado,  Mr.  Emerton 
in  Massachusetts  and  Connecticut,  and  we  have  it  from  Georgia, 
Missouri,  Wisconsin,  Nebraska  and  Kansas"  (p.  453). 

It  seems  that  if  sexual  selection  were  at  work  here,  that  it  has 
had  sufficient  time  to  make  the  gray  males  very  rare.  As  has  been 
shown,  they  are  equally  as  numerous  as  the  tufted  males.  It  might 
be  mentioned  here  that  the  tufts  do  not  seem  to  play  any  part  in 
the  mating  of  this  variety  with  the  females,  Two  of  my  matings 
have  been  made  with  tufted  males,  one  of  which  had  lost  all  three 
tufts,  and  the  other  specimen  only  had  the  right  one  left. 

The  other  alternative,  that  this  later  form  has  arisen  through 
a  sudden  discontinuous  Variation,  seems  the  more  satisfactory.  The 
Author  has  suggested  the  cause  of  this  dimorphism  from  a  cyto- 
logical  study.  It  was  found  that  the  gray  males  carried  a  pair  of 
small  chromosomes,  called  "ctetosomes"  because  of  their  behavior, 
while  the  tufted  males  lacked  these  bodies.  Furthermore,  from  a 
comparative  study  with  species  of  twelve  other  families  of  spiders, 
it  seemed  probable  that  these  ctetosomes  were  to  be  derived  from 
a  Y-chromosome,  the  primitive  Arachnida  having  the  XY  condition 
in  the  male  sex  and  the  XX  condition  in  the  female.  It  was  sug- 
gested that  when  the  Y-chromosome  became  associated  with  the  X 
or  accessory  chromosome,  a  condition  we  seem  to  have  at  the  present 

1)  The  reason  for  this,  is,  that  among  Jumping  spiders,  generally, 
the  males  are  very  much  like  the  females  before  the  latter  have  becorae 
mature.  That  the  gray  males  of  Maevia  vittata  are  like  the  immature 
females,  has  been  known  for  a  long  time  and  it  would  show  that  the 
former  was  an  older  type  than  the  tufted  male. 


Maevia  vittata.  635 

time  in  the  gray  male ,  tliat  tlie  males,  whicli  as  a  result  of  this 
association,  lacked  the  Y-element,  became  the  tufted  males.  From 
my  study,  it  seeras  that  this  is  really  the  condition  of  the  tufted 
male. 

It  is  a  pleasure  to  express  my  thanks  to  Prof.  Petrunkevitch 
for  the  courtesy  of  his  laboratory.  in  which  the  present  work  was 
carried  on. 

Submitted  for  i>nblication, 
July,  1913. 


ß36  Theophilüs  S.  Painter,  Maevia  vittata. 


Bibliography. 


Emeeton,   J.  H.,   1891,    New    England    Attidae,    in:    Trans.    Connecticut 

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Hentz,  N.  M.,  1845,    Descriptions    and   figures    of  the   Araneids    of  the 

United  States,  in :  Journ.  Boston  Soc.  nat.  Hist.,  Vol.  5. 
Koch,  C,   1846,  Die  Arachniden,  Vol.   13,  p.   123. 
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Peckhams,  G.  W.  and  E.  G.,   1889a,  Observations  on  sexual  selection  in 

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Wisconsin,  Vol.   1. 
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Vol.  7. 
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family  Attidae,    in:    Occ.  Papers    nat.    Hist.  Soc.  Wisconsin,  Vol.   1. 
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Acad.  Sc,  Vol.   16. 
Simon,  E.,   1903,  Histoire  naturelle  des  Araignees. 


Nachdruck  verboten. 
Übersetz niigsreclit  vorbehalten. 


Chemischer  Beitrag  zur  Limulus-Frage. 

Von 
D.  H.  Wester. 


Als  ich  mich  vor  einigen  Jahren  mit  Untersuchungen  über 
Chitin  beschäftigte  und  besonders  über  dessen  Verbreitung  und 
Lokalisation  im  Tierreiche  nachforschte,  legte  ich  besonderen  Wert 
darauf,  einige  Übergangsformen  zu  prüfen  sowie  solche,  deren 
Stellung  im  gangbaren  System  unsicher  ist,  doch  konnte  icli  die 
gewünschten  Tiere  damals  nicht  erhalten. 

Zu  den  Tieren,  welche  mich  in  dieser  Hinsicht  an  erster  Stelle 
interessierten,  gehörte  Limuhis.  Bekanntlich  wurde  Limidus  bis  vor 
einigen  Jahren  zu  deu  Crustaceen  gei-echnet,  während  er  jetzt  auf 
Grund  einiger  morphologischer  und  anatomischer  Kennzeichen  von 
mehreren  Zoologen  zu  den  Arachnoideen  gezählt  wird.  Die  Sache 
ist  allmählich  zu  einer  L??m^/«s-,, Frage"  herangewachsen.  —  Nun 
geht  aus  meinen  früheren  Untersuchungen  (in :  Zool.  Jahrb.,  Vol.  28,  Syst., 
1910,  p.  531—568  und  in:  Arch.  Pharm.,  1909,  p.  282—307)  hervor,  daß 
im  Darmkanal  der  Arachnoideen  kein  oder  nur  wenig  Chitin  vor- 
kommt, während  bei  den  untersuchten  Crustaceen  gewöhnlich  der 
ganze  Darm  mit  einer  Chitinintima  bekleidet  war.  Es  interessierte 
mich  daher,  die  LiwwZus-,. Frage''  in  diesem  Sinne  chemisch  zu  be- 
trachten. Denn  den  chemischen  Kennzeichen  muß  ja  zweifelsohne 
in  gewissen  Fällen  ebenso  großer  A\'ert  beigelegt  werden  wie  den 
morphologischen  und  anatomischen,  und  es  ist  nur  bedauerlich,  daß 
besonders  die  Zoologen  dieser  Methode  bisher  so  wenig  Beachtung 
geschenkt  haben. 


638  D.  H.  Wester, 

Gelegenheit,  die  Lücke  der  L?mM?ws-Untersucliuiig  in  meiner 
Arbeit  auszufüllen,  wurde  mir  von  Prof.  Dr.  J.  F.  van  Bemmelen  in 
Groningen  (Holland)  geboten,  indem  er  mir  sein  kostbares  Material 
liebenswürdigst  zur  Verfügung  stellte. 

Von  einem  großen  L?;/MtZMS-Exemplar  wurde  ein  schmales 
Streifchen  des  Darmkanals  in  der  ganzen  Länge  des  dorsalen  Teils 
herauspräpariert  und  auf  Chitin  geprüft.  Die  nachfolgende  Unter- 
suchungsmethode wurde  früher  (in:  Zool.  Jahrb.,  Vol.  28,  Syst.,  1910, 
p.  536;  in:  Arch.  Pharm.,  1909,  p.  295)  ausführlich  beschrieben,  weshalb 
ich  mich  darauf  beschränke,  hier  mitzuteilen,  daß  kleine  Chitin- 
präparate in  zugeschmolzenen  Glasröhrchen  mit  60'%igeY  Kalilauge 
10—20  Min.  auf  ±  160"  C  erhitzt  werden.  Die  meisten  Tiersubstanzen 
werden  dabei  gelöst,  Chitin  bleibt  intakt,  ist  aber  in  Chitosan  über- 
geführt worden,  welches  sich  nach  Auswaschen  mit  Alkohol  und 
Wasser  auf  Zusatz  von  ^/g^/oiger  lodiodkaliumlösung  und  l%iger 
Schwefelsäure  prachtvoll  violett  färbt.  Es  ist  in  3%iger  Salzsäure 
und  Essigsäure  leicht  löslich  und  wird  auf  Zusatz  von  etwas  Schwefel- 
säure als  schwefelsaures  Chitosan  ausgefällt,  welches  bei  gleichzeitigem 
Vorhandensein  von  verdünnter  lodlösung  sich  violett  färbt. 

Es  ergab  sich,  daß  der  Lf»nt??is-Darmkanal  im  Vordarra  (Öso- 
phagus und  Magen)  und  einem  sehr  kleinen  Stück  Enddarm  bei 
der  analen  Oifnung  mit  Chitin  bekleidet  war,  daß  dieses  aber  im 
langen  Mitteldarm  gänzlich  fehlt. 

Um  für  den  Schluß,  welcher  hieraus  gezogen  werden  kann, 
mehr  Belege  zu  liefern,  wurde  noch  der  Darmkanal  folgender 
Crustaceen  und  Arachnoideen  auf  Chitin  untersucht  ^) : 

Crustacea. 

Astacus  fluviatilis:  wie  früher,  d.  h.  der  ganze  Darmkanal  ist 
mit  einer  Chitinintima  bekleidet. 

Hyas  aranea:  der  ganze  Darmkanal  ist  mit  Chitin  bekleidet. 

Eupagurus  hernhardus:  Ösophagus,  Magen  und  Enddarm  ent- 
halten Chitin;  ob  auch  der  Darmteil  gleich  hinter  dem  Magen 
chitinhaltig  ist,  habe  ich  bei  einmaliger  Prüfung  nicht  sicher  fest- 
stellen können. 

Carcinus  maenas:  kleines  Exemplar;  der  Darmkanal  ist  in  seiner 
ganzen  Länge  mit  Chitin  ausgekleidet. 

1)  Auch  an  dieser  Stelle  sage  ich  Herrn  Dr.  Ph.  VAN  Hakkeveld 
im  Haag  (Holland)  vielen  Dank  für  das  mir  verschaffte   Material. 


Chemischer  Beitrag  zur  Limuhis-Frage.  639 

Ar.icliiioidea. 

Bei  einer  ziemlich  großen  Spinne  (die  Art  war  mir  nicht  be- 
kannt) konnte  im  Darmkanal  kein  Chitin  aufgefunden  werden. 

Tegcnaria  domestka:  im  Darmkaual  konnte  kein  Ciiitin  nach- 
gewiesen w^erden. 

Andere  Crustaceen  und  Araclinoideen  habe  ich  nicht  erhalten 
können.  Es  wurde  aber  überdies  bei  meinen  schon  erwähnten 
früheren  Untersuchungen  im  Darmkanal  der  2  untersuchten  Arthro- 
gastres  {Scorpio  und  Biithus)  kein  Chitin  aufgefunden,  wohl  aber  im 
Ösophagus  und  Magen  von  2  Sphaerogastres  (Mijyalc  avicularia  und 
Epeira  diadema). 

Aus  allen  diesen  Tatsachen  glaube  ich  folgendes  schließen 
zu  dürfen: 

Da  der  Darmkanal  von  Limulm  im  Ösophagus  und  Magen  mit 
einer  Chitinhaut  bekleidet  ist,  steht  Limulus  den  Arach- 
noideen  —  speziell  den  Sphaerogastres  —  nahe. 

Beiläufig  kann  ich  hier  noch  mitteilen,  daß  in  einem  kleinen 
Teil  des  L//»H/HS-Hautskelets  keine  kohlensauren  Salze  und  nur 
eine  Spur  Calcium  aufgefunden  werden  konnten,  was  vielleicht  für 
die  Klassifikation  von  Limulus  auch  von  Interesse  sein  mag. 


Nachdruck  verboten, 
jjbersetzungsrecht  vorbehalten. 


Schließt  sich  Peripatus  capensis  chemisch  den 
Anneliden  oder  den  Arthropoden  an? 

Von 
D.  H.  Wester. 


Obengenannte  Tierart  weist  eine  merkwürdige  Mischung  morpho- 
logischer und  anatomischer  Eigenschaften  von  Arthropoden  und  Anne- 
liden auf.  Die  Beantwortung  der  in  der  Überschrift  gestellten  Frage 
kommt,  im  Anschluß  an  meine  früheren  Chitinuntersuchungen,  darauf 
hinaus,  festzustellen,  ob  die  „Cuticula"  von  Peripatus  Chitin  enthält 
oder  nicht.  Denn  es  konnte  dabei  (s,  Zool.  Jahrb.,  Vol.  28,  Syst., 
1910,  p.  531—568)  in  der  Hautbekleidung  aller  untersuchten  Arthro- 
poden Chitin  nachgewiesen  worden,  nicht  aber  in  einer  der  unter- 
suchten Anneliden  {Aphrodite  aculeata  L.,  Lepidonotus  squamatus  L., 
Arenicola  piscatorum  Lmk.,  Pectinaria  auricoma,  Lumbricus  terrestris, 
Lumbricus  rupestris,  Echiurus  pallasii  und  Hirudo  medicindlis). 

Prof.  Dr.  J.  F.  van  Bemmelen  in  Groningen  (Holland)  überließ 
mir  für  diese  kleine  Untersuchung  eine  der  Extremitäten  mit  einem 
Teil  des  Hautskelets  von  einem  Pm^^ot^ws-Exemplar.  In  dem  kleinen 
Präparat  konnte,  in  oben  beschriebener  Weise,  mit  großer  Sicher- 
heit Chitin  nachgewiesen  werden,  obschon  die  Chitinhaut  hier  sehr 
dünn  ist.  Im  violett  gefärbten  Chitosanpräparat  treten  Einzelheiten 
wie  Papillen,  Krallen  usw.  sogar  besonders  scharf  hervor. 

Schluß.  Da  die  Haut  von  Peripatus  capensis  an  der  äußeren 
Seite  aus  einer  dünnen  Chitinschicht  besteht,  schließt  sich  diese 
Tierart  in  der  Hinsicht  näher  den  Arthropoden  als  den 
Anneliden  (Vermes)  an. 


Peripatns  capensis.  641 

Für  die  neueren  Anscliauungen  über  die  Stellung  von  Limulus 
und  Peripatus  im  Tiersysteni  werden  durch  diese  kleine  Untersuchung 
chemische  Belege  geliefert,  welche  damit  in  vollem  Einklang  stehen, 
und  schon  dadurch  beanspruciit  die  Chemie  als  Hilfsmittel  zur  Klassi- 
fikation (was,  soviel  ich  weiß,  für  die  Zoologie  neu  ist)  ein  gewisses 
Interesse. 

Da  ich  gerne  andere  Tierarten,  deren  Stellung  im  System  un- 
sicher ist  oder  war,  wie  auch  Eischalen  von  Invertebraten  (be- 
sonders von  Mollusken,  Echinodermen  und  Würmern)  auf  das  Voi'- 
handensein  von  Chitin  zu  untersuchen  wünsche,  möchte  ich  hier  an 
die  Freigebigkeit  von  Lesern  appellieren,  welche  solches  Material 
zu  verschenken  haben. 

den  Haag  (Holland),  April  1912. 


G.  Pätz'sche  Buchdr.  Lippert  &  Co.  G.  m.  b.  H.,  Naumburg  a.  d.  S. 


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