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Full text of "Zoologische Jahrbücher"

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ZOOLOGISCHE  JAHRBÜCHER 


ABTEILÜIG 


FUB, 


SYSTEMATIK,  GEOGRAPHIE  UND  BIOLOGIE 

DER  TIERE 


HEßAUSGEGEBEN 

VON 

PROF.  DR.  J.  W.  SPENGEL 

IN   GIESSEN 


SIEBENUNDDREISSIGSTER  BAND 


MIT  30  TAFELN,  5  KARTEN  UND  96  ABBILDUNGEN  IM  TEXT 


JENA 

VERLAG  VON  GUSTAV  FISCHER 

1914 


Alle  Rechte,  namentlich  das  der  Übersetzung,  vorbehalten. 


Inhalt. 


Erstes  Heft. 

(Aasgegeben  am  31.  März  1914.) 


Seite 


Gerhardt,  Ulrich,   Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden 

und  Locustiden.  II.     Mit  Tafel  1 — Sund   7  Abbildungen  im  Text  1 

BraSS,  Paul,  Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarven  als  Be- 
wegungsorgan.     Mit  Tafel  4 — 7  und   7  Abbildungen  im   Text  .        65 


Zweites  Heft. 

(Ausgegeben  am  7.  Mai  1914.) 

Tratz,  Eduard  Paul,  Der  Zug  des  sibirischen  Tannenhähers  durch 

Europa  im  Herbst   1911.      Mit  5   Karten   im  Text       ....      123 

Priese  H.  u.  F.  v.  Wagner,  Zoologische  Studien  an  Hummeln,  IIa. 

Mit  Tafel  8 173 

MÜHLSCHLAG,  Georg,  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Anatomie  von 
Otodistomum  veliporum  (Creplin),  Distomum  fuscum  PoiRlER 
und  Distomum  ingens  MONIEZ.  Mit  Tafel  9  — 10  und  15  Ab- 
bildung-en  im  Text 199 


Drittes  Heft. 

(Ausgegeben  am  15.  Mai  1914.) 

V.  SCHULTHESS,  A.,  Vespidae  aus  Ceylon,  Malacca,  Java  und  Sumatra. 

Mit   11   Abbildungen  im   Text 253 

MÜLLER,  Herbert  Constantin,  Notiz  über  Symbionten  bei  Hydroiden  267 

v.  KiMAKOWiCZ-WiNNiCKi,  M.,  Clausilium.     Mit  Tafel   11      ...  283 


I  t2.|  V> 


IV  Inhalt. 

Yiertes  Heft. 

(Ausgegeben  am  28.  Juli  1914.) 

Seite 
ViETS,  Kael,  Hydracarinen  aus  dem  Kaplande.     Mit  Tafel  12 — 14     329 

COGNETTI    DE  Martiis,    LuigI  ,    Zur    Fauna    von    Nord-Neuguinea. 
Descrizione   di  alcuni  Oligocheti  della  Nuova  Guinea  settentrio- 

nale.     Con    11   Figure  nel  testo        351 

VAN  Kampen,  N.,  Zur  Fauna  von  Nord-Neuguinea.     Amphibien     .     365 
Attems,  Cael  Graf,  Zur  Fauna  von  Nord-Neuguinea.     Myriapoden     379 
BehninGt,    A.,    Corophium   curvispinum  G.   0.   Saes  und  seine  geo- 
graphische Verbreitung.      Mit   13   Abbildungen  im  Text   .      .      .      385 
Balss,    Heineich,    Potamonidenstudien.     Mit  Tafel   15   und  6  Ab- 
bildungen im  Text 401 

Fünftes  Heft. 

(Ausgegeben  am  12.  November  1914.) 

Skrjabin,  K.  I.,  Vogelcestoden  aus  Russisch  Turkestan.    Mit  Tafel  16 

bis  27  und  4   Abbildungen  im   Text 411 

Veehoeff,  Karl  W.,  Zur  Kenntnis  der  Gattung  Mesoniscus.     Mit 

Tafel  28 493 


Sechstes  Heft. 

(Ausgegeben  am  10.  Dezember  1914.) 

Schmitz,    H.  ,    Die    myrmecophilen    Phoriden    der  "Wasmann 'sehen 

Sammlung.      Mit  Tafel  29—30    und    11   Abbildungen    im  Text     509 

Hasebeoek,  K.,  Über  die  Entstehung  des  neuzeitlichen  Melanismus 
der  Schmetterlinge  und  die  Bedeutung  der  Hamburger  Formen 
für  dessen  Ergründung.     Mit  8  Abbildungen  im   Text     .      .      .      567 

Viehmeyer,    H.  ,    Maye's    Gattung    Ischnomyrmex    (Hym.)-     Mit 

3   Abbildungen  im  Text 601 

Ducke  ,     A. ,     Berichtigung     zu :     Die     natürlichen     Bienengenera 

(Vol.  34) 613 

— ,  Berichtigung  zu :   Über  Phylogenie  und  Klassifikation  der  sozialen 

Vespiden  (Vol.   36) 613 


Nachdruck  verboten, 
tlbersetzungsrecht  vorbehalten. 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und 

Locustiden. 

IL 

Von 

Prof.  Dr.  Ulrich  Gerhardt,  Breslau. 

Mit  Tafel  1—3  und  7  Abbildungen  im  Text. 


Im  Sommer  und  Herbst  191B  hatte  ich  Gelegenheit,  meine 
Studien  über  Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und 
Locustiden,  deren  erster  Teil  in  dieser  Zeitschrift  ^)  erschienen  ist, 
an  einem  verhältnismäßig-  reichen  Material  zu  ergänzen.  Ein  Teil 
dieses  Materials,  aus  den  Familien  der  Meconemini,  Locustini 
undDecticini  wurde  in  Breslau  und  in  Hökendorf,  Pommern, 
gewonnen,  ein  anderer,  größerer,  der  sich  aus  Mitgliedern  der 
Phaneropterini,  Conocephalini,  Ephippigerini  undDecti- 
cini unter  den  Locustiden  sowie  der  Gattung  Oecanthus  unter  den 
Grylliden  zusammensetzte,  bei  einem  Mtägigen  Aufenthalt  an 
der  Zoologischen  Station  in  Rovigno,  Istrien  gesammelt.  Außer 
der  näheren  Umgebung  Rovignos  wurde  die  Umgegend  des  Monte 
Maggiore  abgesucht.  Es  ist  mir  eine  angenehme  Pflicht,  Herrn 
Kollegen  Keumbach  und  dem  Assistenten  der  Station,  Herrn 
Dr.  Kraft,  für  liebenswürdiges  Entgegenkommen  und  für  größt- 
mögliche Förderung  meiner  Bestrebungen  hier  herzlich  zu  danken. 

1)  Zool.  Jahrb.,  Vol.  35,  Syst.,   1913,  p.  415—532. 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  1 


2  Ulbich  Gerhardt, 

Zu  Dank  verpflichtet  bin  ich  ferner  Herrn  Kollegen  Pax  und 
Herrn  Präparator  Pohl,  die  mir  mit  gewohnter  Gefälligkeit  bei  der 
Herstellung  der  Tafeln  geholfen  haben,  sodann  Fräulein  Helene 
LiMPEiCHT,  die  ihre  bewährte  Kraft  wieder  in  den  Dienst  meiner 
Arbeit  gestellt  hat. 

Noch  während  des  Druckes  meiner  ersten  Abhandlung  über 
diesen  Gegenstand  ist  Boldyeev's  bereits  vorher  angekündigte  aus- 
führliche Arbeit  „Das  Liebeswerben  und  die  Spermatophoren  bei 
einigen  Locustodeen  und  Gryllodeen"  ^),  erschienen.  Es  wurden  von 
diesem  Autor  Copulationen  von  Grijllus  domestictis,  Gr.  desertus, 
ferner  Spermatophoren  von  Oecanthus  pellucens  unter  den  Gryllodeen, 
die  Copulation  von  Dedicus  dlUfrons,  D.  verrucivorus  und  Platydeis 
roeseli,  Spermatophoren  von  Olynthoscelis  poniica  (Decticide),  Locusta 
cantans  und  Tylopsis  thymifolia  beobachtet.  Ganz  besonders  wertvoll 
sind  die  schematischen  Abbildungen,  die  dieser  Autor  von  den 
Spermatophoren  der  einzelnen  Tj^pen  gibt.  Auf  seine  Befunde  wird 
im  Einzelfalle  bei  der  Besprechung  meiner  Ergebnisse  einzugehen 
sein,  die  sich  naturgemäß  mit  den  seinen  in  den  meisten  Punkten 
decken  müssen. 

Meine  Erfahrungen  des  letzten  Jahres  lehren,  daß  bei  einem 
größeren  Material  neue  Befunde  zutage  kommen,  denen  gegenüber 
eine  Revision  des  gefaßten  Urteiles  zuweilen  notwendig  wird.  Es 
waren  vor  allem  die  Befunde  an  Meconemiden  und  Cono- 
cephaliden,  die  wesentliche  Modifikationen  des  bisher  kennen 
Gelernten  bedeuteten.  Meinen  bereits  vei-öffentlichten  Beobachtungen 
2in  Dedicus  verrucivorus  habe  ich  einige  Additamente  beizufügen,  die 
an  einem  relativ  reichlichem  Material  gefangener  Tiere  gewonnen 
wurden. 

Material. 

Alles  in  allem  habe  ich  bisher  Copulation  und  Spermatophoren 
folgender  Grjlliden  und  Locustiden  untersucht  (die  bereits  im  ersten 
Teil  dieser  Abhandlung  beschriebenen  Formen  sind  mit  *  bezeichnet). 

Subfam.  I.  Gryllidae. 

[   1.  Liogryllus  campestris  L. 
Gry  Hin  i  '2.  *GryUus  domesticm  L. 

I   3.  *Ne7nobnis  sylvestris  Fabe. 


1)  In:   Horae  Soc.  entomol.  Rossicae,  Vol.  40,  No.  6,  p.  1 — 54,  1913, 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden. 


Subfam. 
Oecanthini 
Gr  yllotal  pini 


Phaneropterini 

Meconemini 
Conocephalini 

Locustini 

Decticini 
Ephippigerini 


4.  Oecanthiis  jJdlucens  Scop. 

5.  *GryUotalpa  vulgaris  L. 

II,  Lo  c  US  tidae. 

1.  *Leptoph>jes  punctaiissima  Bosc 

2.  Leptophyes  hosci  Fieb. 

3.  * Phaneropiera  fulcata  ScoP. 

4.  Phaneropiera  quadripunciaia  Be. 
.  5.   Tylopsis  liliifolia  Fab. 

6.  Mceonema  varium  Fab. 

I   7.   Conocephalus  mandibularis  Chaep. 
1  8.  Xiphidiuni  fuscum  Fabe. 
I  9.  Locusta  caudata  Chaep. 
\lO.  Locusta  viridissima  L. 

11.  *Decticus  verrucivorus  L. 

12.  *Platycleis  grisea  Fabe. 

13.  *Platycleis  roeseli  Hagenb. 

14.  Tharnnotrizon  cinereus  L. 
,15.  Rhacocleis  discrepans  Fieb. 

16.  Epkippigera  limhaia  Fisch. 


Stenopelmatini     17,  *Diestrammena  m,ar7norata  de  Haan. 

Zur  Vergleichung  wurden  außerdem  noch  Spermatophoren  der 
Mantiden  Mantis  religiosa  L.  und  Ameles  decolor  Chaep,  untersucht. 

Fast  alle  Beobachtungen  wurden  an  gefangenen  Tieren  an- 
gestellt. Es  ist  bei  den  meisten  Grylliden  und  Locustiden  leicht, 
sie  zur  Copulation  zu  bringen,  wenn  man  erst  ihre  Lebensgewohnheiten 
soweit  kennt,  daß  man  die  Tageszeit  weiß,  zu  der  sie  zu  copulieren 
pflegen.  Nur  bei  zwei  Species  ist  es  mir  trotz  reichlichen  Materials 
nicht  gelungen,  Copulationen  zu  erzielen,  nämlich  bei  der  Stenopel- 
matide  Troglophüus  neglectus,  von  der  mir  Herr  Revierförster  Haucke 
in  Planina,  Krain,  in  liebenswürdigster  Weise  wiederholt  er- 
wachsene Exemplare  schickte,  und  bei  Locusta  cantans  Füsslt. 

Bei  manchen  Species,  wie  bei  GryUotalpa,  Meconema,  dürfte  eine 
Beobachtung  des  Sexuallebens  im  Freien  schlechterdings  unmöglich 
sein.  Bei  vielen  anderen  ist  sie  mindestens  außerordentlich  zeit- 
raubend. 

Bei  der  Konservierung  der  Spermatophoren  bin  ich  bei 
Locustiden  neuerdings  mit  gutem  Ei-folge  so  verfahren,  daß  ich  das 
Weibchen  mit  der  Spermatophore  einige  Sekunden  in  CAENOY'sche 
Flüssigkeit  eintauchte  und  dann  rasch  in  4*^/^  Formol  brachte.  Auf 
die  Art  habe  ich  so  gut  wie  keine  Schrumpfung  bekommen,  und 

1* 


^'  Ulrich  Gerhardt, 

außerdem  hat  sie  den  Vorteil,  daß  das  Tier  rasch  bewegungslos  wird 
und  sich  nicht  durch  Strampeln  eines  Teiles  der  Spermatophore  ent- 
ledigen kann,  wie  das  bei  Fixierung  nur  in  Forraol  sehr  leicht  vor- 
kommen kann.  Den  genaueren  Bau  der  Spermatophore  studiert 
man  außer  an  Medianschnitten  am  besten  an  in  Xylol  aufgehellten 
Präparaten;  außerdem  kann  man,  während  das  Weibchen  die  Sper- 
matophore frißt,  an  deren  Basalteil  oft  mancherlei  Veränderungen 
wahrnehmen,  die  sonst  schwer  erkennbare  Struktureigentümlichkeiten 
bemerkbar  werden  lassen.  Ich  habe  das  erste  Weibchen  einer 
Species,  das  begattet  worden  war,  jedesmal  konserviert,  wenn  irgend 
angängig  aber  an  einem  zweiten  Tier  das  Nachspiel  der  Copulation^ 
das  Schicksal  der  Spermatophore,  zu  beobachten  gesucht. 

I.  Gryllidae. 

Von  Grylliden  ist  nur  Oecanthus  pellucens  Scop.  zu  meinem  Be- 
obachtungsmaterial neu  hinzugekommen.  Im  ersten  Teil  dieser 
Studien  war  bereits  eineSchilderuug  der  Copulation  des  amerikanischen 
Oecanthus  fasciatus,  die  Hankock  gibt,  zitiert  worden.  Ich  finde  bei 
BoLDTEEv  noch  zwei  mir  nicht  zugängliche  amerikanische  Arbeiten 
über  den  gleichen  Gegenstand  angeführt. 

Ich  konnte  im  September  191B  in  Rovigno  die  Copulation  von 
Oecanthus  pellucens  wiederholt  an  dem  gleichen  Paare  beobachten, 
das  ich  bei  Tage  getrennt  hielt  und  erst  in  der  tiefen  Dämmerung 
zusammensetzte.  An  den  ersten  beiden  Tagen  w^urde  die  Copulation 
durch  lautes,  durchdringendes  Zirpen  des  Männchens  eingeleitet,  das 
dabei,  wie  Hankock  es  für  Oe.  fasciatus  schildert,  seine  Flügel  steil 
in  die  Höhe  hebt  und  dadurch  dem  Weibchen  den  Zutritt  zur 
Mündung  einer  Eückendrüse  gestattet,  die  einen  Saft  secerniert,  den 
das  Weibchen  aufleckt.  Das  Männchen  ist  dabei  außerordentlich 
unruhig,  stößt  seinen  Körper  heftig  hin  und  her  und  versucht,  seine 
Hinterleibsspitze  unter  den  Kopf  und  Körper  des  Weibchens  zu 
schieben.  Dieses  geht  dann  ein  wenig  vorwärts,  bis  es  mit  seinen 
Mundteilen  bis  unmittelbar  caudal  von  den  Wurzeln  der  Hinter- 
flügel des  Männchens  gelangt.  Unter  fortwährenden  Bewegungen 
des  Männchens  leckt  und  nagt  nun  das  Weibchen  an  dieser  Stelle 
herum,  und  dieser  Vorgang  wiederholt  sich  einige  Male,  jedesmal 
durch  Zirpen  eingeleitet.  Schließlich  hebt  das  Männchen  seine- 
Flügel,  ohne  zu  zirpen,  und  nun  kommt  es  zur  Copulation.  Am 
dritten  und  den  folgenden  Abenden  fiel  das  Vorspiel  und  das  Zirpen 
des  Männchens  fort,   und  es   wurde  sogleich   nach  dem  Zusammen- 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  5 

treffen  beider  Partner  die  Begattung  eingeleitet.  Auch  bei  ihr  hält 
das  Männchen  seine  breiten  Flügel  senkrecht  in  die  Höhe,  und 
während  der  ganzen,  eine  Minute  dauernden  Aktes  leckt  das  Weibchen 
an  der  angegebenen  Stelle  auf  dem  Rücken  des  Männchens  herum. 
Es  besteht  also  allen  anderen  Gi-ylliden  gegenüber,  bei  denen  das 
Weibchen  auf  die  Flügeldecken  des  Männchens  steigt,  der  Unter- 
schied, daß  es  hier,  wie  bei  den  Locustiden,  zwischen  Kückenfläche 
und  Flügel  des  Männchens  kriecht  (Fig.  3,  Taf.  2). 

Dem  Männchen  gelingt  es,  durch  fortwährendes  Eückwärts- 
drücken  der  Hinterleibsspitze  die  des  Weibchens  zu  erreichen,  und 
nun  wird  der  „Penis"  hervorgestülpt  und  der  Titillator,  wie  bei 
anderen  Grillen,  in  die  Vulva  eingebracht.  Sehr  bald  tritt,  unter 
großer  Unruhe  des  Männchens,  die  Spermatophore  aus,  die  hier, 
abweichend  von  dem  Verhalten  anderer  Grillen,  noch  an  ihrem 
Mittelstück  von  den  beiden  Wülsten  der  Penisrinne  festgehalten 
wird,  wenn  ihre  Ampulle  bereits  frei  sichtbar  ist.  Das  hängt  damit 
zusammen,  daß  ihre  später  zu  besprechende  Befestigung  in  der  Vulva 
anders  ist  als  die  anderer  Grillen.  Nach  Ablauf  einer  Minute  lassen 
die  Klappen  des  Penis  auch  das  Mittelstück  der  Spermatophore  frei, 
und  sie  hängt  als  fein  gestielter  ovaler  Körper  aus  der  Vulva  des 
Weibchens  hervor  (Fig.  1,  Taf.  3). 

Nun  trennen  sich  zwar  die  Tiere,  aber  es  kommt  zu  einem 
Nachspiel  der  Begattung,  das  sehr  dem  ähnelt,  das  ich  für  iVemo- 
bius  sylvestris^}  beschrieben  habe,  aber  bedeutend  länger  ausgedehnt 
ist  als  dort.  Das  Weibchen  besteigt  immer  Avieder  das  außerordent- 
lich unruhige»  den  Körper  rhj'thmisch  nach  hinten  stoßende  Männchen 
und  leckt  und  nagt  an  dessen  Metathorax  herum.  Sowie  das  Weib- 
chen müde  wird  und  absteigt,  schiebt  sich  das  Männchen  sofort 
wieder  unter  dessen  Kopf  und  Brust,  und  das  Spiel  beginnt  von 
neuem.  Dies  wird  etwa  10  Minuten  (bei  Nemobius  4  Minuten)  fort- 
gesetzt, und  dann  trennen  sich  die  Tiere  endgültig.  Nun  kommt  es 
beim  Weibchen  alsbald  zur  Entfernung  der  Spermatophore  aus 
der  Vulva,  die  auf  eine  höchst  eigenartige  Weise  geschieht.  Das 
Weibchen  preßt  und  drückt  mit  Zeichen  der  Unruhe  das  Abdomen 
zusammen,  schließlich  streift  es  mit  dem  Tarsus  eines  Sprungbeines 
über  die  Vulva  hin,  holt  die  Spei-matophore  hervor  und  bringt  sie 
mit  Hilfe  dieses  Sprungbeines  an  seine  Mundöffnung,  ergreift  sie 
mit   den   Kiefern  und   verzehrt  sie.    Daraus  erklärt  sich,   weshalb 

1)  1.  c,  p.  443. 


ß  Ulrich  Gkrhardt, 

man,  wenn  man  diesen  Moment  verpaßt  hat,  keine  leere  Spermato- 
pliore  in  dem  Behälter  zu  finden  vermag-.  Ich  bin  natürlich  nicht 
imstande  zu  behaupten,  daß  dies  die  einzige  Weise  der  Entfernung 
der  Spermatophore  aus  der  Vulva  bei  Oecanthus  sei,  ich  habe  aber 
andere  nicht  gesehen. 

Die  Spermatophore  ist  von  Boldyrev  (1.  c.)  beschrieben  und 
abgebildet  worden  (Fig.  A).  Sie  enthält  alle  Bestandteile  der  ersten 
Grj^llidenspermatophore,  also  Ampulle,  Lamelle  und  p]ndfaden.  Nur 
ist  hier  die  Bedeutung  der  Lamelle  etwas  anders  als  bei  Gryllus 
und  Nemobius.  Dort  diente  diese  als  Befestigungs- 
mittel der  Spermatophore  in  der  Vulva  des  Weib- 
c  —-^f  \^  ^  chens.  Nach  der  Begattung  ist  daher  dort  äußer- 
lich nur  die  Ampulle  mit  dem  kurzen  Verbindungs- 
stiel zur  Lamelle  hin  sichtbar.  Bei  Oecanthus  dagegen 


Fig.  A. 

Spermatophore  von  Oecanthus  pellucens. 

a  äußere,  c  innere  Hülle,     d  Binnenraum  der  Ampulle. 
e  Kanal,    f  Lamelle,    g  Endfaden  (nach  Boldyrev). 

liegt  diese  Lamelle  außerhalb  der  Vulva,  und  es  ist  hier  lediglich 
der  Endfaden,  der  in  ihr  befestigt  ist.  Diesen  Zustand  stellt  Fig.  1, 
Taf.  3  dar. 

Entsprechend  ihrer  praktischen  Bedeutungslosigkeit  ist  die 
Lamelle  auch  sehr  wenig  ausgebildet  und  stellt  eigentlich  nur  zwei 
kleine,  kurze  Anhängsel  dar.  Dafür  ist  aber  der  Endfaden  relativ 
stark  entwickelt.  Die  Ampulle  selbst,  die  einer  aufsitzenden  Spitzen- 
kappe entbehrt,  ist  nach  dem  Typus  der  normalen  Grillenampulle 
gebaut  und  besitzt  eine  doppelte  Hülle. 

Mit  dieser  Befestigung  der  Spermatophore  nur  durch  den  End- 
faden hängt  die  vorhin  erwähnte  Tatsache  zusammen,  daß  während 
der  Begattung  zuerst  die  Ampulle  frei  sichtbar  wird,  während  das 
Mittelstück  noch  in  der  Penisrinne  des  Männchens  festgehalten 
wird.  Das  wäre  natürlich  nicht  möglich,  wenn  das  Mittelstück,  wie 
bei  Gryllus,  mit  in  die  Vulva  eingefügt  wäre.  Ich  stelle  mir  den 
Vorgang  der  Spermatophorenabgabe  bei  Oecanthus  so  vor,  daß  das 
Männchen  die  ganze  Spermatophore  in  die  durch  Penis  plus  Titil- 
lator  gebildete  Rinne  aufnimmt,  daß  dann  der  Caudalteil  des  Penis 
die  Ampulle  freigibt,  sowie  durch  die  Bewegung  des  Titillators  nach 
oben  und  vorn  der  Endfaden  in  die  Vulva  eingebracht  ist.  Nach 
kurzer  Pause  erfolgt  dann  das  vollständige  Loslassen  des  Männchens. 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  7 

Als  Besonderheiten  von  OecantJius  gegenüber  anderen  Grillen 
wären  zu  betrachten :  1.  Die  Haltung  der  Flügel  des  Männchens,  be- 
dingt durch  die  Anwesenheit  der  Rückendrüse.  2.  Das  Nachspiel 
zur  Begattung,  das  dem  bei  Nemohius  ähnelt.  3.  Die  Art  der  Ent- 
fernung der  leeren  Spermatophore.  4.  Der  Bau  der  Lamelle  der 
Spermatophore.  5.  Deren  Befestigung  in  der  Vulva  nur  durch  den 
Endfaden.  Wesentliche  Unterschiede  zwischen  Oecanthus  pellucens 
und  Oe.  fasciatus  scheinen  nicht  zu  bestehen. 

Die  Gattung  Oecanthus  ist  unter  allen  Grylliden  diejenige,  die 
in  ihrem  ganzen  Habitus  und  in  ihrer  Lebensweise  auf  Pflanzen 
am  meisten  an  die  Locustiden  erinnert.  Locustideuähnlich  wäre  bei 
der  Begattung  allenfalls  die  Flügelhaltung  des  Männchens,  durch 
die,  wie  bei  den  Locustiden,  die  Dorsalfläche  des  Hinterleibes  frei 
wird.  Sonst  aber  erweist  sich  Oecanthus  in  dem  Ablauf  des  Be- 
gattungsvorganges wie  auch  im  Bau  der  Spermatophore  als  echte 
Gryllide.  i) 


IL  Locustidae. 

1.   Subfara.  Fhaneropterini. 

a)  Lepto2)hyes  bosci  Fieb. 

Im  ersten  Teil  dieser  Arbeit  w^ar  Begattung  und  Spermatophore 
unserer  einheimischen  Leptophyes  pimctatissima  ausführlich  geschildert 
worden.  Die  Besonderheit  lag  vor  allem  in  dem  sehr  einfachen 
Bau  der  Spermatophore,  die  nur  aus  zwei  sehr  kleinen  Ampullen 
mit  Stiel  und  aus  einer  zähen,  tropfenförmigen,  schleimigen  unge- 
formten  Hülle  bestand.  Diese  Spermatophore  wich  wesentlich  ab 
von  der  von  Berenguier  für  die  nahe  verwandte  Gattung  Isophya 
beschriebene. 

ICs  mußte  für  mich  von  ganz  besonderem  Interesse  sein,  fest- 
zustellen, daß  bei  der  südeuropäischen  Art  Leptophyes  bosci,  von  der 
ich  am  Monte  Maggiore  viele  Männchen,  aber  nur  ein  Weibchen 
fand,  die  Spermatophore  wesentlich  anders  gebaut  ist  als  bei  L. 
pimctatissima. 


1)  Auf  die  inzwischen  erschienene  Arbeit  BoLDYREV's,  Die  Be- 
gattung und  der  Sperraatophorenbau  bei  der  Maulwurfsgrille  (Gryllotalpa 
gryllotalpa  L.),  in:  Zool.  Anz.,  Vol.  42,  1913,  p.  592,  werde  ich  später 
besonders  eingehen.      (Anm.   während  der  Korr.) 


g  Ulrich  Gerhahdt, 

Das  gefangene  Weibchen  paarte  sich  schon  bei  dem  ersten  Zu- 
sammensetzen mit  einem  Männchen.  Die  Stellung  weicht  von  der 
für  L.  pundatissima  beschriebenen,  wie  es  scheint,  für  alle  Odonturen 
charakteristischen,  nicht  ab,  das  Weibchen  sitzt  auf  dem  Männchen, 
beide  Tiere  sind  ventral  stark  konkav  eingekrümmt.  Auch  die  Art 
der  Befestigung  der  Cerci  des  Männchens  an  der  Subgenitalplatte 
des  Weibchens  ist  für  beide  Arten  gleich.  Während  aber  bei  L. 
pundatissima  der  Austritt  der  Ampullen  zur  Spermatophore  nicht 
zu  sehen  ist,  weil  sich  im  Moment  ihres  Erscheinens  die  männliche 
Subgenitalplatte  dicht  an  die  ventrale  Legeröhrenkante  anlegt,  treten 
bei  Leptophyes  aus  dem  hervorgestülpten  „Penis"  des  Männchens  zwei 
voluminöse,  weiße  Ampullen  aus,  die  durch  eine  Bewegung  in  dorsaler 
und  etwas  oraler  Richtung  mit  ihrem  Stiel  alsbald  in  der  Vulva 
befestigt  wurden.  Und  während  nun  die  zähe  Spermatophorenhülle 
bei  L.  pundatissima  in  langer  Arbeit  vom  Männchen  ausgepreßt 
wird,  erscheint  bei  L.  hosci,  so  wie  es  Berenguiee  für  Isophya  pyre- 
naeae  beschreibt,  in  wenigen  Sekunden  nach  den  Ampullen  die  ganze 
kompakte,  weiße  und  undurchsichtige  Spermatophore,  die  Fig.  3, 
Taf.  1  darstellt.  Diese  Spermatophore  gleicht  sehr  der  mancher 
Decticiden-Arten  und  ist  von  der  des  Gattungsgenossen  grundver- 
schieden. —  Da  ich  nur  das  eine  Weibchen  besaß,  das  gleich  nach 
der  Copulation  konserviert  wurde,  so  vermag  ich  über  die  Häufigkeit 
der  Begattung  bei  einem  Individuum  sowie  über  den  Modus  des  Auf- 
fressens der  Spermatophore  nichts  zu  berichten.  Gerade  die  Tatsache 
aber,  daß  hier  bei  zwei  Angehörigen  der  gleichen  Gattung  ein  so 
verschiedener  Bau  der  Spermatophore  vorkommt,  scheint  mir  in 
hohem  Maße  bemerkenswert. 

b)   Phaneroptera  qucidripunctata  Be. 

Von  dieser  südeuropäischen  Vertreterin  der  Gattung  Phanero- 
ptera,  die  im  südlichen  Deutschland  durch  Ph.  falcata  vertreten  ist, 
brachte  ich  aus  Rovigno  ein  Pärchen  mit  nach  Breslau,  das  vom 
8.  Oktober  ab  6mal  in  Intervallen  von  1  bis  2  Tagen  copulierte;  die 
Copulation  erfolgte  nur  nachmittags.  Vor  ihrem  Beginn  zirpte  das 
Männchen  jedesmal  rauh  und  leise. 

Da  (1.  c,  p.  476)  die  Begattung  von  Phaneroptera  falcata  bereits 
ausführlich  geschildert  worden  ist  und  da  sie  bei  Ph.  quadripundata 
in  den  meisten  Punkten  übereinstimmend  verläuft,  sollen  hier  vor 
allem  die  Unterschiede  in  dem  Verhalten  der  beiden  Arten  be- 
sprochen  werden.     Charakteristisch   für  Ph.  falcata  waren   folgende 


Copulation  und  Spermatophoreu  von  Grylliden  und  Locustiden.  9 

Punkte:  1.  Das  Männchen  ergreift  von  der  Seite  und  von  unten  her 
mit  seinen  Cerci  die  Subgenitalplatte  des  Weibchens,  ohne  von 
diesem  bestiegen  zu  werden.  2.  Nach  dem  Erscheinen  der  Ampullen 
der  Spermatophore,  das  sehr  bald  nach  dem  Beginn  der  Begattung 
statthat,  streift  das  Männchen  seine  Cerci  so  über  die  Ampullen, 
daß  diese  dorsal  von  jenen  zu  liegen  kommen,  während  sie  vorher 
ventral  lagen.  In  dieser  Stellung  wird  die  Spermatophorenhülle 
ausgestoßen.  3.  Das  Männchen  kriecht  unter  dem  Weibchen  mit 
dem  Kopf  nach  hinten  durch.  Wenn  es  die  Cerci  über  die  Ampullen 
^ieht,  hält  es  sich  mit  Kiefern  und  Vorderfüßen  an  der  kurzen  Lege- 
röhre des  Weibchens  fest.  4.  Die  Spermatophore  ist  durchsichtig 
mit  caudalem  hornförmigem  Fortsatz,  der  größte  Durchmesser  der 
Hülle  liegt  horizontal,  parallel  zur  Leibesachse  des  Weibchens. 

In  aller  Kürze  kann  gesagt  werden,  daß  in  den  Punkten  1 
und  2  volle  Übereinstimmung  zwischen  Phan.  falcata  und  qiiadri- 
jmnctata  herrscht.  Im  Punkt  3  besteht  dagegen  eine  Abweichung: 
das  Männchen  von  Ph.  quadripundata,  das  sich  von  der  Seite  her 
am  Weibchen  befestigt  hat,  läßt  seine  Unterlage  mit  den  Vorder- 
füßen nicht  los.  Somit  sitzt  es  mit  etwas  um  die  Längsachse  ge- 
drehtem Hinterleibe  neben  und  gleichzeitig  hinter  dem  Weibchen. 
Auch  bei  und  nach  dem  Hinwegziehen  der  Cerci  über  die  Ampullen 
nimmt  zwar  sein  Hinterleib  zu  dem  des  Weibchens  eine  ganz  ähn- 
liche Stellung  ein  wie  bei  Ph.  falcata,  aber  das  xAnklammern  an  der 
Legeröhre  des  Weibchens  fehlt  vollkommen.  Das  Männchen  kriecht 
ein  Stück  nach  hinten,  dabei  gleiten  die  Cerci  über  die  Ampullen, 
und  die  männliche  Subgenitalplatte  drückt  sich  in  den  Spalt  zwischen 
ihnen  und  der  Wurzel  der  Legeröhre  des  Weibchens.  Zu  Punkt  4 
ist  zu  bemerken,  daß  die  Spermatophore  von  Ph.  quadripundata,  ob- 
wohl in  der  Gesamterscheinung  der  von  Ph.  falcata  ähnlich,  doch 
eine  wesentliche,  sonst  nicht  beobachtete  Besonderheit  zeigt:  ihre 
Hüllsubstanz  tritt  wie  bei  Ph.  falcata  aus,  d.  h.  sie  wird  am  Bauche 
des  Weibchens  entlang,  von  diesem  aus  gerechnet  oralwärts,  vor- 
geschoben, und  erst  bei  der  Trennung  beider  Tiere  wird  ihr  caudaler 
Anhang  secerniert.  Das  alles  ist  bei  Ph.  quadripundata  ebenso, 
aber  die  herzförmige,  flache,  mit  der  Spitze  nach  hinten  stehende 
Hüllmasse  ist  bei  Ph.  quadripundata  mit  einem  freien,  zähen,  senk- 
recht stehenden  Stiel  an  der  Bauchwand  des  Weibchens,  unmittelbar 
oral  von  dessen  Subgenitalplatte,  befestigt.  Kurz  vor  der  Trennung 
der  Geschlechter  reißt  nun  die  vorher  mit  der  Ampulle  zusammen- 
hängende Hülle   von   dieser  ab  und  bleibt  nur  noch  an  diesem  Stiel 


IQ  Ulrich  Gerhardt, 

haften,  der  sich  nachher  beim  Verzehren  der  Spermatophore  durch 
das  Weibchen  als  außerordentlich  widerstandsfähig  erweist. 

Noch  ein  Unterschied  ist  zu  erwähnen.  Während  das  Weibchen 
von  Ph.  falcata,  wie  schon  Fabee  beschreibt,  die  Spermatophore 
zum  kleinsten  Teil  frißt  und  deren  halbvertrocknete  Reste  lange 
(bis  48  Stunden  nach  der  Begattung)  mit  sich  herumträgt,  wird  bei 
Ph.  quadripundata  die  kleinere  Spermatophore  kurze  Zeit  nach  der 
Begattung  (etwa  5—10  Minuten)  zu  verzehren  begonnen  und  in 
wenigen  Stunden  vertilgt. 

Besonders  hinweisen  möchte  ich  noch  auf  die  für  beide  Ge- 
schlechter festgestellte  Fähigkeit  wiederholter  Begattung. 

Somit  spielt  sich  bei  beiden  Phaneroptera- Arten  die  Begattung 
vom  gleichen  Typus  doch  bei  verschiedener  Körperhaltung  ab.  Die 
Phaneropteriden  zeigen  uns  also  schon  in  der  zweiten  hier  be- 
sprochenen Gattung  immerhin  erwähnenswerte  Unterschiede  im  Ver- 
halten bei  der  Copulation.  Von  Interesse  scheint  es  daher,  wiederum 
beträchtliche  Abweichungen  bei  den  Angehörigen  einer  nahe  ver- 
wandten Gattung  kennen  zu  lernen. 

c)    Tylopsis  liliifolia  Fab. 

Gerade  bei  dieser  Übereinstimmung  zwischen  den  beiden 
Phaneroptera- Arten  ist  es  von  besondei'em  Interesse,  daß  die  ihnen 
äußerlich  sehr  ähnliche  Gattung  Tylopsis  in  der  Art  der  Be- 
gattung und  in  der  Form  der  Spermatophore  wesentlich  abweicht. 
Gemeinsam  ist  beiden  der  Austritt  der  Spermatophorenhülle  dorsal 
von  den  Cerci,  obwohl  die  männliche  Geschlechtsöffnung  ventral  von 
diesen  liegt  und  erst  in  dorsaler  Richtung  verschoben  werden  muß. 
Übereinstimmend  ist  ferner  die  Befestigung  der  Spermatophore  an 
der  ventralen  Fläche  des  Weibchens  bei  beiden  Gattungen.  Sonst 
aber  überwiegen  die  Verschiedenheiten,  die  sich  größtenteils  aus 
scheinbar  geringfügigen  Unterschieden  im  Bau  dei-  äußeren  männ- 
lichen Genitalien  erklären  lassen. 

Außerdem  ist  Tylopsis  liliifolia  durch  eine  Eigentümlichkeit  aus- 
gezeichnet, die  sie  von  den  meisten  Locustiden  unterscheidet.  Es  ist 
zwar  längst  bekannt,  daß  bei  denEphippigeriden  auch  die  Weib- 
chen zirpen,  die  dort  ein  wohlausgebildetes  Stridulationsorgan 
tragen.  Nicht  bekannt  ist  dagegen  meines  Wissens,  daß  das  Tylopsis- 
Weibchen,  das  kein  morphologisch  eigentlich  differenziertes  Zirp- 
organ besitzt,  trotzdem  imstande  ist,  durch  Aneinanderreihen  der 
Deckflügel,  also  in  ganz  gleicher  Weise  wie  das  Männchen,  zii-pende 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  H 

Töne  hervorzubringen.  Das  ist  möglich  durch  starke  Ausbildung 
einer  großen  Längsader  auf  der  Unterfläche  der  linken  Flügeldecke 
und  einer  entsprechend  verstärkten,  als  allerdings  sehr  bescheidenes 
Resonanzorgan  dienenden  Ader  des  rechten  Elytrums.^)  Sehr  leicht 
kann  man  sich  davon  überzeugen,  daß  man  dieses  Geräusch  auch 
jederzeit  am  toten  weiblichen  Tier  durch  Reiben  der  Flügeldecken 
übereinander  nachmachen  kann.  Nun  besitzt  aber  das  Weibchen 
nicht  bloß  diese  Fähigkeit,  sondern  es  zirpt  tatsächlich  zum 
Ausdruck  seiner  geschlechtlichen  Erregung  als  Ant- 
wort auf  das  Zirpen  des  Männchens,  gleichzeitig  mit 
diesem.  Diese  Tatsache  habe  ich  nicht  einmal,  sondern  sehr 
häufig  beobachtet  ^) ,  und  an  diesem  Zirpen  ließen  sich  jedesmal  nach 
dem  Zulassen  der  Männchen  die  begattungslustigen  Weibchen  er- 
kennen. Auch  aus  einem  von  dem  der  Männchen  getrennten  Käfig 
hörte  man  die  Weibchen  auf  das  Zirpen  antworten.  Bei  den 
Gattungen  Phaneroptera  und  Tylopsis  ist  das  Zirpen  der  Männchen 
ein  klangloses,  unmetallisches  Kratzen.  Das  Geräusch,  das  die 
TyJopsis-W eibdien  durch  Bewegungen  der  Deckflügel,  genau  wie  die 
Männchen,  hervorbringen,  ähnelt  auch  dem  Zirpton  des  anderen  Ge- 
schlechtes sehr,  doch  vermag  ein  geübtes  Ohr  sofort  das  kürzere, 
schärfere,  aber  leisere  Zirpen  des  Weibchens  zu  unterscheiden. 

Die  Copulation  wurde  in  9  Fällen  beobachtet,  die  erste  am 
11.  September,  die  letzte  am  2.  Oktober  1913.  Das  Material  stammte 
aus  der  Umgegend  von  Rovigno  und  gehörte  der  grünen  Form  an. 
In  Rovigno  war  die  Stunde,  zu  der  die  Tiere  am  meisten  paarungs- 
lustig waren,  zwischen  2  und  3  Uhr  nachmittags.  Bei  einem  Teil 
der  Tiere,  der  mit  nach  Breslau  genommen  wurde,  fand  hier  im 
Zoologischen  Institut  die  Copulation  an  sonnigen  Tagen  (das  Zimmer 
liegt  nach  Süden)  vormittags  statt;  die  Paarungslust  ist  an  dem 
eifrigen  Zirpen  des  Männchens  zu  erkennen,  dem  das  der  begattungs- 
bereiten Weibchen  prompt  antwortet. 

Haben  sich  zwei  zirpende  Partner  beiderlei  Geschlechtes  ge- 
funden, so  richtet  sich  das  Weibchen  mit  Kopf  und  Vorderkörper 
auf,  hebt  sich  hoch  auf  seinen  Beinen  empor  und  senkt  die  Hinter- 


1)  Vgl.  hierzu  Peteunkevitch,  A.  und  v.  Guaita,  Über  den  ge- 
schlechtlichen Dimorphismus  bei  den  Tonapparaten  der  Orthopteren,  in: 
Zeel.  Jahrb,   Vol.    14,  Syst.,    1901,  p.   271. 

2)  Auch  das  Weibchen  von  Phaneroptera  quadripiinciata  bewegt  beim 
Zirpen  des  Männchens  seine  Flügeldecken,  meist  kommt  dabei  aber  kein 
Geräusch  zustande. 


12  Ulrich  Gerhardt, 

leibsspitze  fast  senkrecht  nach  abwärts.  Das  Männchen  schiebt 
sich,  anfangs  meist  recht  ungeschickt  und  nach  häufig  mißlingenden 
Versuchen,  von  vorn,  rückwärtsgehend  vor  den  herabhängenden 
Hinterleib  des  Weibchens.  Dabei  greift  dieses  häufig  mit  Tastern 
und  Vorderfüßen  nach  dem  tief  abwärts  gebogenen  männlichen 
Hinterleib.  Schließlich  berührt  dessen  Spitze  die  Gegend  der  Vulva, 
die  hakenförmigen,  gekrümmten  Cerci  fassen  die  Außenfläche  der 
w^eiblichen  Subgenitalplatte  fest  an,  und  sofort  tritt  der  gelbliche 
Penis  des  Männchens,  der  dem  von  Phaneroptera  ähnelt,  aus  der 
Konkavität  der  langen  männlichen  Subgenitalplatte  hervor.  Es 
finden  keinerlei  rhythmische  Aus-  und  Einstülpungen  des  Penis  statt, 
was  wohl  zweifellos  mit  dem  Mangel  eines  Titillators  zusammen- 
hängt. Nach  knapp  I  Minute  treten  die  weißen  Ampullen  der 
Spermatophore  aus  der  männlichen  Geschlechtsöfi:nung  hervor  und 
werden  mit  der  gewöhnlichen  Bewegung  in  der  Vulva  befestigt. 
Nun  findet  die  Ausscheidung  der  Gallerthülle  der  Spermatophore  in 
ganz  anderer  Weise  statt  als  bei  Phaneroptera,  was  darauf  zurück- 
zuführen ist,  daß  die  Stellung  der  beiden  Partner  während  der  Be- 
gattung nicht  mehr  geändert  wird  (Fig.  4,  Taf.  2).  Während  nun 
die  Ampullen  wie  bei  allen  Locustiden-Männchen,  ventral,  dicht  über 
der  Subgenitalplatte  erschienen  sind,  tritt  die  große  Hauptmasse  der 
Spermatophore  dorsal  von  den  am  Weibchen  befestigten  Cerci 
zwischen  der  Dorsalfläche  des  männlichen  und  der  ventralen  des 
weiblichen  Hinterleibes  aus.  Dieser  Vorgang  wird  dadurch  einge- 
leitet, daß  das  Männchen  zwei  grüne  häutige  Fortsätze  aus  seiner 
Geschlechtsöffnung  dorsal  hervorstreckt,  die  sich  der  Ventralfläche 
des  weiblichen  Hinterleibes  anlegen.  Zwischen  ihr  und  diesen  Fort- 
sätzen quillt,  in  zwei  lateralen  und  zwei  medialen  Wülsten,  die 
Schleimsubstanz  der  Spermatophore  hervor,  während  die  Cerci  des 
Männchens  genau  in  der  Furche  zwischen  Ampulle  und  Hülle  liegen. 
Dies  ist  auf  der  Figur  angedeutet.  Je  mehr  Schleimmasse  aus  der 
männlichen  Genitalöffnung  austritt,  desto  weiter  werden  die  Hinter- 
leiber der  beiden  Tiere  auseinandergedrängt,  so  daß  zuletzt  das 
Weibchen  die  Hinterleibsspitze  fast  ganz  nach  vorn  und  nur  Avenig 
nach  unten  hält.  Die  ganze  Begattung  dauert  fast  genau  3  Minuten, 
und  es  ist  erstaunlich,  welche  ungeheuren  Secretmassen  das  Männ- 
chen in  dieser  kurzen  Zeit  ausscheidet.  Ist  die  Abgabe  der  Sper- 
matophore vollendet,  so  löst  das  Männchen  seine  Cerci  ganz  all- 
mählich  von   der  Spermatophore  los,  und  das  Weibchen  trägt  diese 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  13 

davon.    Ein  Bild  von  der  Größe  dieser  Spermatophore  im  Verhältnis 
zur  Körpergröße  des  Tieres  gibt  Fig.  4,  Taf.  1. 

Es  sollen  nun  die  Punkte  besprochen  werden,  in  denen  sich 
die  Begattung  von  Tylopsis  von  der  von  Ihaneroptera  unterscheidet. 
Bei  Tylopsis  spielt  das  Männchen  keine  so  rein  aktive  Rolle  beim 
Ergreifen  des  Weibchens  wie  bei  Phaneropiera.  Dort  läßt  sich 
das  Weibchen,  wenn  es  begattungsbereit  ist,  einfach  vom  Männchen 
mit  dessen  Cerci  packen,  und  diese  Bereitschaft  zeigt  sich  nur  darin, 
daß  es  den  Bestrebungen  des  Männchens  keinen  Widerstand  ent- 
gegensetzt. Das  Weibchen  von  Tylopsis  antwortet  auf  den  Lockruf 
des  Männchens  und  kommt  diesem  bei  seinen  Befestigungsversuchen 
durch  Einnehmen  der  richtigen  Stellung  selbständig  entgegen.  — 
Die  Stellung  während  der  Begattung  ist  bei  beiden  Species  total 
verschieden.  Bei  Phaneropiera  fulcata  bleibt  das  Weibchen  ruhig 
sitzen,  und  das  Männchen  krümmt  sich  unter  ihm  hindurch,  so  daß 
es  schließlich  fast  frei  an  der  Hinterleibsspitze  des  Weibchens  hängt 
und  auch  bei  Ph.  quadripimdata  ändert  das  Weibchen  seine  Stellung 
nicht,  wohl  aber  das  Männchen.  Bei  Tylopsis  sitzt  das  Männchen 
unter  dem  hochaufgerichteten  Weibchen,  das  schließlich  ganz  von 
der  Unterlage  abgehoben  wird.  Bei  beiden  Arten  treten  die  Am- 
pullen der  Spermatophoren  ungefähr  in  gleicher  W^eise  aus  dem 
Penis  aus.  Nach  ihrer  Befestigung  in  der  Vulva  aber  verändert 
das  Männchen  von  Phaneropiera  seine  Stellung  so,  daß  Ampullen 
und  Hüllsubstanz  dorsal  von  seinen  Cerci  zu  liegen  kommen,  bei 
Tylopsis  liegen  die  Ampullen  ventral,  die  Hülle  dorsal  von  den  Cerci 
des  Männchens  bis  zur  Lösung  der  Copula. 

Die  Spermatophore  von  Tylopsis  ist  relativ  viel  voluminöser 
als  die  von  Phaneropiera.  Der  hornartige  caudale  Fortsatz,  der  bei 
jener  vorhanden  ist,  fehlt  ihr,  da  die  Umdrehung  des  Männchens 
unter  dem  W^eibchen  nicht  statthat. 

Ich  habe  von  der  Spermatophore  von  Tylopsis  (1.  c,  tab.  7 
fig.  5)  eine  Abbildung  gegeben,  die  völlig  übereinstimmt  mit  einer 
schematischen  Figur  Boldyrev's  (Fig.  B).  Während  das  dieser  Ab- 
bildung zugrundeliegende  Präparat  eine  schon  vom  Weibchen  an- 
gefressene Spermatophore  war,  zeigt  Fig.  4,  Taf.  1  eine  frische,  noch 
unverstümmelte,  an  der  allerdings  die  Einzelheiten  der  Struktur  sehr 
viel  weniger  deutlich  zu  sehen  sind  als  an  einer,  die  sich  bereits 
längere  Zeit  in  der  Vulva  befand.  Der  Freßinstinkt  des  Weibchens 
ist  sehr  ausgeprägt:  ich  habe  in  zwei  Fällen  gesehen,  daß  das  Weib- 
chen bereits  während  der  Copulation  —  wegen  der  Lage  der  Hüll- 


14  Ulrich  Gerhardt, 

Substanz  dorsal  vom  Männchen  ist  dies  bei  dieser  Species  möglich 
—  anfing,  die  Spermatophore  zu  benagen.  Das  Verzehren  geschieht 
in  kleinen  Portionen,  und  im  Gegensatz  zu  Phaneroptera  werden  hier 
binnen  6  Stunden  meist  auch  die  Ampullen  völlig  aus  der  Vulva 
entfernt.  In  einem  Falle  fand  ich  einen  herausgefallenen  Eest  einer 
Spermatophoi-e  auf  einem  Blatt  in  dem  Käfig  der  Tiere  liegend. 
Jedenfalls  findet  sich  bei  Tylopsis  nicht  das  lange  Verweilen  der 
Ampullen  in  der  Vulva  (bis  48  Stunden),  wie  es  schon  Fabee  für 
Phaneroptera  falcata  beschrieben  hat. 


I                ///  Fiff.  B. 

"-,  .>^.//  Spermatophore  von  Tylopsis  thymifolia 

-■=v^^...._....-yiii^■5W /fyT  ^    ,          Petagna  (=  T.  liliifolia  Fab.). 

^^~Ji        V~ f /^<=r^pA^^^'  I      Ls   Subgenitalplatte.      Ood   Legeröhre 

"T'^  z  -  -"--j/  £/       /^^iLTnA^  '      *^^^    Weibchens,      c  die   Ampulien    der 
'  ^  '  '  Z  ' '-\S.        \    \^   f    ^^<^-i      Spermatophore,    d   deren    Binnenraum. 

'  -   '  ^ '/'^'^^y~fy\y~^^l ^  ^^^^^'^  /"  Spermatophorenstiel.     h  Stützgebilde, 

p  _  _c  1^ '''''''  '7  ^»^""-^'^  ^^d  '*    oraler   Befestigungsstiel    (auch    bei 

" ^'  ' '\  ^/ ,'^ '  J   \        C  PAanero^J^era  ausgebildet),  p  Spermato- 

y'  ,^ ,    // /        h  phylax  (nach  Boldyrev). 


Wenn  wir  die  an  Phaneropteriden  gewonnenen  Befunde  hier 
kurz  zusammenstellen,  so  finden  wir  bei  den  ungeflügelten  Odon- 
turen  zwar  durchweg  die  gleiche  Stellung  (Weibchen  auf  dem 
Kücken  des  Männchens  sitzend),  aber  verschiedene  Gestalt  der 
Spermatophorenhülle:  massige,  geformte  bei  Isoplnja  und  bei  Lepto- 
phyes  bosci,  ungeformte,  zähflüssige  bei  L.  punctatissima. 

Bei  den  geflügelten  Phaneropteriden-Arten  Phaneroptera  falcata 
und  Tylopsis  liliifolia  sind  die  Spermatophoren  prinzipiell  ähnlich 
gebaut  trotz  Unterschieden  im  Bau  ihrer  Hülle,  die  Begattungs- 
stellung ist  aber  für  beide  Arten  völlig  verschieden. 

Gerade  für  diese  Subfamilie,  in  der  der  Begattungs-  und 
Spermatophorentypus  so  großen  Schwankungen  unterliegt,  wäre  die 
Untersuchung  ausgedehnteren  Materials  erwünscht.  Insbesondere 
wäre  das  Verhalten  weiterer  geflügelter  Gattungen,  von  denen  in 
Europa  noch  Acrometopa  vertreten  ist,  zu  untersuchen. 

2.  Subfam.  Meconemini. 

Material.  Meconema  varium  Fab.  5  Copulationen  beobachtet. 
3  Weibchen  mit  Spermatophoren  konserviert. 


Copiilation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  15 

Im  August  1913  wurden  in  Hökendorf,  Pommern,  durch 
Abschütteln  von  Eichenzweig-en  über  einem  aufgespannten  Schirme 
viele  Exemplare  von  Meconema  varium  erbeutet.  Das  Sexualleben 
dieser  kleinen  Locustide  bietet  eine  Menge  des  Besonderen,  doch 
ist  es  nicht  allzu  leicht  der  Beobachtung  zugänglich,  da  Meconema 
eine  nächtliche  Lebensweise  führt.  Alle  Versuche,  bei  Tage 
Copulationen  oder  auch  nur  ein  Reagieren  der  Geschlechter  auf- 
einander zu  erzielen,  waren  völlig  erfolglos.  Sie  gingen  einander 
aus  dem  Wege,  sowie  sie  mit  den  Fühlern  aneinanderstießen.  Erst 
bei  Einbruch  der  Dunkelheit  änderte  sich  das  Bild.  Nun  setzten 
sich  die  Männchen  still  auf  Eichenzweige  oder  Blätter,  die  Flügel 
bis  ungefähr  senkrecht  zu  dem  leicht  ventral  konkaven,  mit  der 
durch  die  hier  außerordentlich  langen  Cerci  gebildeten  Endzange 
der  Unterlage  angepreßten  Hinterleib  erhoben. 


Fig.  c. 

Männchen  von  Meconema  varium 
a  während  des  „Trommeins",  b  begattungsbereit. 

Eine  größere  Regsamkeit  entfalteten  die  Männchen  aber  erst, 
wenn  sie  bei  völliger  Dunkelheit  (ca.  '^j^ll—'^lA.  Uhr  nachts)  zu  den 
Weibchen  gebracht  wurden.  Insbesondere  mußte  jetzt  eine  Laut- 
äußerung  sehr  überraschen,  die  die  in  allen  Büchern  wegen  des 
fehlenden  Zirporgans  als  stumm  bezeichneten  Männchen  hören 
ließen.  Ich  hatte  nur  einen  Teil  der  Männchen  in  den  Käfig  der 
Weibchen  gesetzt,  die  anderen  in  dem  für  die  Männchen  während 
der  Trennung  bestimmten  belassen.  Aus  dem  Käfig,  der  nun  Tiere 
beiden  Geschlechts  enthielt,  tönte  wiederholt  ein  lautes  Trommeln 
oder  Schnurren,  das  sehr  an  das  Trommeln  der  Spechte  im 
Frühjahr  erinnert.  Alsbald  klang  das  gleiche  Trommeln  aus  dem 
Männchenkäfig  als  Antwort,  aber  mit  einem  anderen  Timbre,  dessen 
Ursache  sich  bald  herausstellte:  die  Männchen,  die  das  Geräusch 
hervorbrachten,  saßen,  wie  oben  geschildert,  mit  hochgehobenen 
Flügeln,  gesenktem  Kopf  und  leicht  gekrümmtem  Hinterleib  da  (Fig.  Ca) 


tg  Ulbich  Gerhardt, 

und  schlugen  die  Hinterleibsspitze  in  rascher  Vibration  gegen  die 
Unterlage.  Natürlich  klingt  das  Geräusch  nun  ganz  verschieden, 
je  nachdem  die  Hinterleibsspitze  auf  ein  Eichenblatt  —  wie  das  im 
Freien  das  Gewöhnliche  sein  dürfte  —  oder  auf  Holz  —  das  war 
im  Käfig  der  Weibchen,  dessen  Wände  Holzrahmen  besaßen,  der 
Fall  —  oder  endlich,  wie  in  dem  ganz  metallenen  Männchenkäfig, 
auf  eisengefaßte  Drahtwände  trommelt.  Es  scheint  mir  von  be-, 
sonderem  Interesse,  daß  bei  dieser  einzigen  europäischen  lang- 
geflügelten Locustide  ohne  Zirporgan  (das  auch  bei  dem  stummel- 
flügeligen  M.  brevipenne  und  bei  der  verwandten  gleichfalls  kurz- 
flügeligen  Gattung  Cijrtaspis  fehlt)  dennoch  ein  Lockgeräusch 
hervorgebracht  wird,  allerdings  mit  Mitteln,  die  sonst  bei  Locustiden 
ungebräuchlich  sind.  f^ 

Später  verstummte  dieses  Geräusch  mehr  und  mehr,  und  es  nahmen 
die  Männchen,  soweit  sie  nicht  umherkrochen,  noch  eine  etwas  andere 
Stellung  ein,  die  eine  Steigerung  der  vorher  beschriebenen  bedeutet: 
die  Flügel  sind  so  hoch  erhoben,  daß  sie  einen  Winkel  von  ca.  120i' 
zum  Körper  bilden.  Dieser  selbst  ist  ganz  flach,  ad  maximum  ge- 
dehnt, der  Unterlage  aufgelegt,  und  in  dieser  Stellung,  in  der  seine 
Silhoutte  eher  einer  Ephemeride  oder  Tipulide  als  einer  Locustide 
ähnelt,  verharrt  das  Tier  regungslos,  bis  sich  ein  Weibchen  naht 
(Fig.  Cb). 

Ist  dies  der  Fall,  so  erfolgt  auch  hier  das,  was  uns  schon  so 
oft  begegnet  ist:  das  Weibchen  beleckt  und  benagt  den  ausgestreckten 
Hinterleib  des  Männchens,  der  in  diesem  Fall  geradezu  wie  eine 
Angel  ausgelegt  ist.  Denn  nun  schiebt  sich,  ganz  plötzlich  und  blitz- 
schnell, das  Männchen  mit  der  Haftzange  seiner  Cerci  bis  an  die 
Legeröhrenwurzel  des  Weibchens,  und  diese  umfassen  in  einem 
Moment  dessen  Hinterleib  an  seiner  verjüngten  Stelle.  Das  Weibchen 
springt  sofort  vorwärts,  über  die  nach  vorn  gelegten  Flügel  des 
Männchens  hinweg,  dies  überschlägt  sich  und  dreht  sich  unter  dem 
Weibchen,  ähnlich  wie  das  Phaneroptera-M samchew,  nur  viel  rascher, 
so  herum,  daß  es,  mit  dem  Kopf  nach  hinten  gerichtet,  ventral  von 
der  Legeröhre  des  Weibchens  liegt.  Es  ist  besonders  beachtenswert, 
daß  bei  Mcamema,  aber  auch,  soweit  bis  jetzt  bekannt,  nur  bei  ihm, 
die  Cerci  des  Männchens  nicht  nur  die  Subgenitalplatte  des  Weibchens 
ergreifen,  sondern  dessen  Hinterleibsende,  gerade  an  der  Ansatzstelle 
der  Legeröhre,  völlig  umspannen. 

Ist  es  so  dem  Männchen  gelungen,  ein  Weibchen  zu  ergreifen, 
so  braucht  es  deshalb  noch  lange  nicht  zur  Begattung  zu  kommen* 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  17 

Das  Männchen  sucht  sofort,  sich  aus  seiner  Lage  so  weit  aufzurichten, 
daß  es  die  Legeröhrenspitze  des  Weibchens  mit  den  Kiefern  erfassen 
kann.  Aber  selbst  wenn  dies  gelungen,  wird  doch  in  der  Mehrzahl 
der  Fälle  das  Männchen  vom  Weibchen  durch  heftige  Bewegungen 
abgeschüttelt.  Daß  das  Weibchen  den  Hinterleib  des  auf  der  Lauer 
sitzenden  Männchens  beleckt  und  sich  von  ihm  ergreifen  läßt,  be- 
weist noch  nicht  notwendig  seine  Begattungslust,  wohl  aber  die 
Stärke  des  Reizes,  den  das  so  dasitzende  Männchen  auf  das  Weibchen 
ausüben  muß. 

Ist  aber  Begattungsneigung  beim  Weibchen  vorhanden,  so  duldet 
es  das  Festbeißen  des  Männchens  an  der  Legeröhrenspitze  ohne  allen 
Widerstand  und  außerdem  auch,  daß  dieses  sich  an  der  Vulva  in  der 
richtig  A  Stellung  befestigt.  Ich  habe  den  Eindruck  gewonnen,  daß 
die  Basen  der  Cerci  des  Männchens  zum  Festhalten  der  weiblichen 
Subgenitalplatte  dienen  müssen.  Die  Stellung,  die  beide  Tiere  nun 
einnehmen,  geht  aus  Fig.  5,  Taf.  2  hervor.  Das  Männchen  benutzt 
zu  a  Festhalten  an  der  Legeröhre  keines  der  beiden  vorderen  Bein- 
paare, sondern  ausschließlich  die  Mundteile.  Aus  seiner  Hinterleibs- 
spitze, dicht  dorsal  von  seiner  Subgenitalplatte,  die  zunächst  von 
der  Legeröhre  des  Weibchens  abgehoben  bleibt,  tritt  die  Penis- 
schleimhaut  hervor,  und  nach  sehr  kurzer  Zeit,  in  der  der  Penis 
aus-  und  eingestülpt  wird,  erscheinen  unter  heftigen  Preßbewegungen 
des  Hinterleibes  die  sehr  kleinen,  weißen,  undurchsichtigen  Ampullen 
der  Spermatophore  (//g — 3  Minuten  nach  Beginn  der  Begattung). 
Sie  treten  zunächst  ziemlich  weit  ventral  von  der  Vulva  aus,  so 
daß  die  Bewegung,  durch  die  sie  in  ihr  befestigt  werden,  ausgiebiger 
ist  als  bei  den  Formen  mit  kürzeren  Cerci  des  Männchens,  bei  denen 
die  männliche  der  weiblichen  Geschlechtsöffnung  mehr  genähert  ist. 
Doch  ist  diese  Einführungsbewegung  bei  weitem  nicht  so  auffällig 
wie  bei  Diestrammena  (1.  c,  p.  460).  Nun  beginnt  das  Männchen, 
V4  Stunde  bis  20  Minuten  lang  langsamere  pumpende  Bewegungen 
mit  dem  Hinterleibe  auszuführen,  durch  die  ein  glasiger,  zäher 
Schleim  ausgepreßt  wird.  Die  Styli  liegen  dabei  der  Lege- 
röhrenwurzel an.  Gegen  Ende  der  Begattung  wird  das  Weib- 
chen unruhig,  beginnt  mit  dem  anhängenden  'Männchen  umher- 
zugehen und  löst  seinerseits  die  Copula  auf.  Das  Männchen  zeigt 
danach  große  Erschöpfung,  in  einem  Falle  war  es  am  nächsten 
Morgen  tot. 

Bei  3  Copulationen  wurde  die  Zeitdauer  genau  gemessen: 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  2 


j[g  Ulkich  Gerhardt, 

Paar         ^    .  Austritt  ^p 

No.  ^^^  ^^  der  Ampullen 

II.  1101  1104  1117 

III.  12°"  12<>i  12^» 

Nach  der  Begattung  trägt  das  Weibchen  die  auch  relativ  sehr 
kleine  und  unauffällige  Sperma  top  höre  in  der  Vulva,  und,  sich 
selbst  überlassen,  macht  es  sich  schon  2  Minuten  nach  der  Trennung 
vom  Männchen  dai .  ,  e  zu  verzehren.  Ungeführ  5  Minuten  bleibt 
es  in  gekrümmter  Stellung,  die  Mundöffnung  in  die  Vulva  gedrückt 
und  eifrig  fressend,  dann  streckt  es  sich  wieder  gerade,  und  soweit 
ich  sehen  konnte,  sind  unter  der  noch  leicht  von  der  Legeröhre  ab- 
gehobenen Subgenitalplatte  die  Ampullen  der  Spermatophore  ent- 
fernt. Während  der  langen  Periode  bei  der  Begattung  nach  der 
Ausstoßung  der  Ampullen  ist  auch  genug  Zeit  zur  Überleitung  des 
Spermas  in  das  Receptaculum  seminis  gegeben,  so  daß  dieses  baldige 
Auffressen  der  ganzen  Spermatophore  nicht  wunderbar  erscheint. 
Wir  sahen,  daß  bei  manchen  Grillen  (Oecanthus)  die  Entfernung  der 
Spermatophore  aus  der  Vulva  noch  rascher  erfolgt. 

Die  Spermatophore  selbst  (Fig.  2,  3,  Taf.  3)  ist  im  Gegen- 
satz zu  der  der  übrigen  bisher  besprochenen  Locustiden  fast  hüllen- 
los. Eine  Betrachtung  unter  dem  binokularen  Mikroskop  zeigt  uns 
die  paarigen,  gestielten  Ampullen  und  deren  enge  Ausführuugsgänge, 
beide  umschlossen  von  einem  zähen  und  festen  glasigen  Schleim,  der 
aber  keine  irgendwie  charakteristische  Form  hat,  sondern  die  Am- 
pullen als  gleiclimäßig  dicke  Schicht  überzieht.  Es  ergibt  sich 
hieraus,  daß  die  großen  Schleimmassen,  die  wir  bisher  als  den 
(räumlichen)  Hauptbestandteil  der  Locustiden-Spermatophoren  kennen 
lernten ,  fast  völlig  unterdrückt  sein  können  und  daß  dann  der 
wesentliche  Teil  des  Ganzen,  die  Ampullen,  fast  allein  die  Masse 
der  Spermatophore  darstellt. 

Besonders  instruktiv  ist  ein  Sagittalschnitt  durch  die  in  der 
Vulva  festsitzende  Spermatophore,  wie  ihn  Fig.  3,  Taf.  3  darstellt. 
Aus  jeder  der  glasigen  Ampullen  zieht  der  weiße  Samenkanal  bis 
dicht  an  das  Receptaculum  seminis,  dort  eine  schwache,  birnförmige, 
terminale  Anschwellung  bildend.  Wie  äußerlich,  so  zeichnet  sich 
auch  innerlich  diese  Spermatophore  durch  Einfachheit  und  Über- 
sichtlichkeit des  Baues  aus. 

Außer  der  geringen  Ausbildung  der  Spermatophorenhülle  sind 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Loaistiden.  19 

als  Besonderheiten  der  Begattung-  von  Meconema  zusammenzufassen : 
das  Trommeln  der  Männchen  statt  des  Zirpens,  die  eigentümliche, 
lauernde  Haltung  des  Männchens  und  das  gewaltsame  Ergreifen  des 
Weibchens,  die  Haltung  während  der  Begattung,  während  der  das 
Männchen  sich  nur  mit  den  Kiefern  an  der  Legeröhre  hält,  der 
frühe  Austritt  der  Ampullen  und  die  lange  Tätigkeit  des  Männchens 
nach  deren  Erscheinen. 

3.   Subfam.  Conocephalini. 

Von  der  Subfamilie  der  Conocepha,_  ,i  wurden  bei  Ro- 
V  i  g  n  0  ConocepJialus  mandibularis  Charp.  und  Xiphiclium  fusciini  Fabe. 
auf  sumpfigen  Wiesen  an  Schilf  gefangen.  Beide  Arten  wurden  zur 
Copulation  gebracht,  bei  der  beide  Arten  zwar  die  gleiche  Haltung 
einnahmen,  deren  Verlauf  bei  ihnen  aber  sehr  bedeutende  Unter- 
schiede aufwies. 

a)    Conocejyhaliis  niandibidaris  Charp. 

Wenn  ein  begattungslustiges  Männchen  von  ConocepJialus  einem 
Weibchen  begegnet,  so  betasten  sich  beide  mit  den  Fühlern,  und  das 
Männchen  zirpt  laut  und  schrill.  Geht  dann  das  Weibchen  am 
Männchen  vorbei,  so  streckt  dieses  seinen  hakenförmig  gekrümmten 
Hinterleib  unter  den  Flügeln  hervor  seitwärts  nach  dem  Weibchen 
hin  und  versucht,  mit  seinen  Cerci  unter  dessen  Subgenitalplatte  zu 
gelangen.  Sehr  häufig  gelingt  dies  nicht;  ist  das  Weibchen  aber 
auch  zur  Begattung  geneigt,  so  hält  es  still,  und  so  vermag  das 
Männchen,  unter  sonderbai-er  Verdrehung  seines  Hinterleibes  und 
ohne  vom  Weibchen  bestiegen  zu  werden,  mit  den  Cerci  dessen  Sub- 
genitalplatte zu  fassen.  Da  das  Männchen  schon  an  dem  Weibchen 
vorbeigehen  mußte,  um  diese  Prozedur  auszuführen,  so  waren  schon 
vor  der  Copulation  die  Köpfe  der  beiden  Tiere  nach  entgegen- 
gesetzten Richtungen  gekehrt,  und  diese  Stellung  wird  auch  während 
der  Begattung  beibehalten,  während  der  das  Weibchen  seine  Ventral- 
fläche etwas  nach  oben  und  seitwärts  nach  dem  Männchen  hin 
drehen  muß.  Jedes  der  beiden  Tiere  bleibt  dabei  mit  den  4  vorderen 
Extremitäten  auf  seiner  Unterlage  (in  den  beiden  von  mir  be- 
obachteten Fällen  der  Drahtwand  des  Käfigs)  sitzen,  so  daß  kein 
Festhalten  des  Männchens  an  der  Legeröhre  des  Weibchens  statt- 
findet (Fig.  6  Taf.  2).  Diese  Stellung  scheint  für  die  Conocepha- 
linen  charakteristisch  zu  sein. 

Das   Männchen    befestigt   sich   mit   seinen   kurzen,   aber  sehr 

2* 


20  Ulrich  Gekhabdt, 

kräftigen,  hakenförmigen  Cerci  an  der  unteren  und  äußeren  Fläche 
der  weiblichen  Subgenitalplatte,  sein  sehr  kurzer  bräunlicher  Penis 
mit  dem  hornigen  Titillator  streckt  sich  vor  und  wird  dann  unter 
sehr  starken  Preßbewegungen  des  Abdomens  und  starker  Erschütte- 
rung des  weiblichen  Körpers  abwechselnd  ein-  und  ausgestülpt,  ganz 
entsprechend  den  Bewegungen  bei  Decticiden.  In  den  beiden  be- 
obachteten Fällen  erfolgte  6  Minuten  nach  Beginn  der  Begattung 
eine  stärkere  Streckung  des  Penis,  der  in  kurzen,  raschen  Be- 
wegungen vor-  und  rückwärts  bewegt  wurde,  ohne  nun  noch  voll- 
ständig eingezogen  zu  werden,  also  auch  ganz  wie  bei  Decticus 
(Teil  I  dieser  Arbeit,  p.  492),  Zwei  sehr  kleine  Ampullen  werden 
sichtbar,  der  Penis  wird  tief  in  die  Vulva  eingedrückt  und  der 
Spermatophorenstiel  in  ihr  befestigt.  Die  Schleimhaut  des  Penis 
wird  nun  wie  überall  nach  dem  Austritt  der  Ampullen  eingezogen, 
die  männliche  Subgenitalplatte  mit  dem  Styli  legt  sich  eng  an  die 
ventrale  Kante  der  Legeröhrenwurzel  an,  und  es  beginnt  ein  weiterer 
Abschnitt  der  Copulation,  der  den  bei  Meconema  beschriebenen  Vor- 
gängen in  seinem  Verlaufe  und  in  seinem  Ergebnis  außerordentlich 
ähnelt.  Der  Hinterleib  des  Männchens  kontrahiert  sich  noch  rhyth- 
misch, und  zwei  weißliche  Warzen  sind  zwischen  Cerci  und  Styli 
sichtbar.  Man  sieht  aber,  ebensowenig  wie  bei  Meconema,  außer 
wenig  glasiger  Schleimmasse  irgend  etwas,  was  der  typischen  Hülle 
der  Locustiden-Spermatophore  gliche.  Wenn  dann  die  Tiere  sich 
trennen,  was  in  einem  Falle  erst  nach  über  2  Stunden  (S^^'/'  Beginn, 
3^^  Austritt  der  Ampullen,  6°^  Trennung  der  Tiere),  im  anderen^ 
den  ich  für  normaler  halte,  bereits  nach  etwa  25  Minuten  erfolgte, 
so  findet  man  in  der  Vulva  des  Weibchens  einen  kleinen,  die  Sub- 
genitalplatte nicht  überragenden  Schleimpfropf.  Unter  dem  Mikro- 
skop sieht  man,  daß  ähnlich  wie  bei  Meconema  die  Ampullen,  die 
aber  hier  viel  tiefer  in  die  Vulva  eingesenkt  sind,  von  einer  gleich- 
mäßigen, glasigen  Schleimschicht  überzogen  sind,  so  daß  auch  hier 
die  SpermatophorenhüUe  nur  ein  sehr  unteigeordnetes  Gebilde  ist. 
Es  ist  auffallend,  daß  bei  Meconema  und  bei  Conocephahis,  bei  den 
Formen  mit  der  kleinsten  SpermatophorenhüUe,  deren  Ausscheidung 
außerordentlich  lange  Zeit  braucht  (Fig.  6  Taf.  1). 

Die  Einfachheit  des  Baues  dieser  Spermatopliore  geht  auch  aus 
einem  Medianschnitt  (Taf.  3  Fig.  6)  hervor.  In  die  Vulva  durch 
den  später  secernierten  Schleimpfropf  tief  eingedrückt  sitzt  jede  der 
beiden  Ampullen  einem  dicken,  kurzen  Stiel  auf. 

Ich   habe    das   Weibchen   des   ersten  Paares   unmittelbar   post 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  21 

coitum  konserviert,  bei  dem  des  zweiten  wollte  ich  das  Auffressen 
der  Spermatophore  beobachten.  Dies  ist  mir  nicht  gelungen.  Un- 
gefähr V2  Stunde  nach  der  Trennung  der  Tiere  schlug  das  Weibchen, 
das  nicht  versucht  hatte,  die  Spermatophore  zu  fressen,  heftig  mit 
den  Flügeln,  und  dabei  scheint  es  die  Spermatophore  aus  der  Vulva 
gepreßt  zu  haben,  wenigstens  war  sie  nachher  verschwunden.  Dieser 
Fall  bedarf  weiterer  Beobachtung,  mein  Material  ist  erschöpft,  die 
wenigen  aus  Rovigno  mit  nach  Breslau  gebrachten  Tiere  haben  sich 
nicht  mehr  begattet.  Sollte  sich  meine  Beobachtung,  was  ich  nicht 
für  wahrscheinlich  halte,  als  regelmäßiger  Befund  herausstellen,  so 
wäre  dies  einer  der  wenigen,  ja  wohl  der  erste  Fall,  in  dem  bei 
einem  Locustidenweibchen  der  Instinkt  fehlte,  die  Spermatophore  zu 
fressen. 

b)  Xipliidium  fuscum  Fab. 

Von  einer  Sendung  von  Xiphidium  dorsale,  die  ich  Herrn  Mittel- 
schullehrer J.  W.  Stolz  in  Trachenberg  verdanke,  waren  leider  die 
Weibchen  nicht  am  Leben  geblieben,  so  daß  ich  nur  Beobachtungen 
an  X.  fuscum  anstellen  konnte,  das  ich  bei  Rovigno  auf  zwei 
Sumpfgeländen  in  großer  Menge  fing.  Die  Copulation  wurde  ver- 
hältnismäßig häufig  (7  mal)  beobachtet,  auch  einmal  ein  Weibchen 
im  Freien  mit  frischer  Spermatophore  aufgefunden.  Es  ist  nicht 
schwer,  diese  Species  zur  Copulation  zu  bringen,  die  meist  in  den 
späten  Nachmittagsstunden  vor  sich  geht;  doch  fand  ich  einmal  früh 
um  8  Uhr  zwei  Weibchen  mit  frischen  Spermatophoren  im  Käfig 
vor,  als  ich  die  Männchen  nachts  darin  gelassen  hatte. 

Über  die  Einleitung  der  Begattung  und  über  die  Stellung 
der  beiden  Partner  ist  deshalb  nicht  viel  zu  sagen,  weil  beides  in 
gleicher  Weise  sich  abspielt  wie  bei  Conocephalus.  Ebensowenig  wie 
bei  diesem  findet  hier  ein  Besteigen  des  Männchens  durch  das 
Weibchen  statt,  vielmehr  ergreift  das  Männchen  ebenso  von  der 
Seite  her  mit  gekrümmtem  Hinterleib  die  weibliche  Subgenitalplatte. 
Wenn  ein  Weibchen  ein  Männchen  so  nahe  herankommen  läßt,  daß 
es  erst  Begattungsversuche  machen  kann,  kommt  es  fast  immer  auch 
bald  zur  Copulation. 

Während  dieses  Aktes  stehen  die  beiden  Tiere  genau  so,  wie 
wir  es  bei  Conocephalus  kennen  gelernt  haben;  der  erste  Teil  der 
Begattung,  bis  zum  Austritt  der  Ampullen,  verläuft  in  beiden  Fällen 
auch  ungefähr  gleich.  Auch  bei  Xiphidium  stülpt  das  Männchen 
den  Penis  mit  dem  Titillator  rhythmisch  aus  und  ein,  bis  er  schließ- 


22  Ulrich  Gerhardt, 

lieh  gestreckt  bleibt  und  aus  ihm  die  hier  gelblich-weiß  gefärbten 
Ampullen  austreten  und  wie  gewöhnlich  in  die  Vulva  des  Weibchens 
eingedrückt  werden. 

Nun  aber  beginnt  ein  Abschnitt  der  Begattung,  der  ganz  anders 
als  bei  Conocephalus  und  auch  als  bei  allen  anderen  mir  bekannten 
Locustiden  verläuft.  Wie  bei  Conocephalus  werden  die  Styli  des 
Männchens  gegen  die  Legeröhrenwurzel  angedrückt.  Dann  tritt 
aus  der  männlichen  Geschlechtsöffnuug  jederseits  ein  eigentümlicher^ 
rotbrauner,  zipfelförmiger  Schleimhautfortsatz  hervor,  der  sich  von 
den  beiden  seitlichen  Ecken  der  weiblichen  Subgenitalplatte  dorsal- 
wärts  auf  Seiten-  und  Rückenhaut  des  Weibchens  erstreckt.  Von 
diesem  Schleimhautzipfel  aus  tritt  jederseits  ein  glasiger,  heller 
Schleimtropfen  aus,  der  sich  mehr  und  mehr  vergrößert  und  zu 
einem  beulenartigen,  durchsichtigen  Auswuchs  wird,  der  etwa  einer 
längshalbierten  Birne  gleicht,  deren  Stiel  caudalwärts  gerichtet  wäre 
(Fig.  7a,  b,  Taf.  1).  Die  Ausscheidung  dieser  Secretmassen  stellt 
oft  den  längsten  Teil  der  Begattung  dar,  während  dessen  aber  noch 
etwas  anderes  geschieht:  die  unmittelbar  nach  ihrer  Einfügung  in 
die  Vulva  noch  eine  Weile  sichtbaren  Ampullen  werden  tiefer  und 
tiefer  in  die  weibliche  Geschlechtsöffnung  hineingepreßt  und  mit 
einer  glasigen  Secretschicht,  ähnlich  wie  bei  Conocephalus,  überzogen. 
Von  den  beiden  seitlichen  Ecken  der  Vulva  aus  zieht  je  ein  schmaler 
Schleimstreif  zu  den  beiden  großen  seitlichen  Halbkugeln  hin,  die 
somit  nur  in  ganz  lockerem  Zusammenhang  mit  den  Ampullen  stehen. 
Nach  ihrer  Ausscheidung  ziehen  sich  die  beiden  Schleimhautzipfel 
des  Männchens  wieder  zurück.  Die  Dauer  der  einzelnen  Begattungs- 
abschnitte  ist  folgende:  vom  Beginn  der  Begattung  bis  zum  Austritt 
der  Ampullen,  der  selbst  ca.  1  Minute  dauert,  vergehen  7—10  Minuten. 
Das  Hervorpressen  der  seitlichen  Schleimmassen  dauert  im  kürzesten 
Fall  9,  im  längsten  18,  durchschnittlich  12^2  Minuten. 

Wenn  sich  beide  Geschlechter  getrennt  haben  —  das  Weibchen 
hebt  die  Verbindung  auf,  wobei  das  Männchen  oft  noch  eine  Strecke 
weit  geschleift  wird  — ,  so  klafft  die  Subgenitalplatte  des  Weibchens, 
und  in  ihr  sind  die  tief  eingesenkten,  von  Schleim  überzogenen 
Ampullen  nicht  mehr  sichtbar;  auf  den  Flanken,  oral  von  der  Lege- 
röhrenwurzel, bis  nahe  zur  dorsalen  Mittellinie  reichend,  sitzen  die 
großen  beulenförmigen  Schleimmassen,  die  dem  frisch  begatteten 
Weibchen  ein  ganz  eigenartiges  Aussehen  verleihen.  Während  sie 
im  Leben  glashell  sind,  werden  sie  bei  der  Konservierung  trübe,  weiß 
und  undurchsichtig,  wie  es  auf  Fig.  7a,  b,  Taf.  1  zu  sehen  ist.    Das 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  23 

Bild,  das  ein  Sag-ittalschnitt  durch  die  Spermatophore  bietet 
(Taf.  3  Fig.  7),  erinnert  an  das  bei  Conocephalus  gesehene,  zeigt  aber 
doch,  daß  wie  äußerlich  so  auch  innerlich  die  Spermatophore  von 
Xiphidium  komplizierter  gebaut  ist.  Hier  wie  dort  sind  die  Ampullen 
durch  einen  Schleimpfropf,  der  nach  ihrem  Austritt  secerniert  wird, 
sehr  tief  in  die  Vulva  hineingedrückt.  Was  sie  besonders  auszeichnet, 
sind,  terminale  Anschwellungen  ihrer  Ausführungsgänge ,  die  viel 
stärker  entwickelt  sind,  als  bei  Meconema.  Auf  unserer  Abbildung 
ist  die  caudale  und  orale  Hälfte  des  in  der  Vulva  gelegenen  Spermato- 
phorenabschnitts  gut  zu  sehen,  ebenso  der  dorsal  von  der  Subgenital- 
platte  etwas  nach  außen  ragende  Schleimpfropf.  Es  scheint,  daß 
derartige  innere  Eeservoire  zwischen  der  Ampulle  und  dem  Ende 
ihres  Ausgangskanales  von  irgendeiner  uns  noch  nicht  bekannten 
größeren  biologischen  Bedeutung  für  die  Ausleitung  des  Samens  sind; 
biologisch  könnte  die  Erweiterung  des  Samenausführungsganges 
im  Innern  der  Spermatophore  von  Gri/Uotalpa  eine  ähnliche  Bedeutung 
haben. 

Bei  dem  Weibchen  von  Xiphidium  äußert  sich  der  Instinkt,  die 
Spermatophore  zu  fressen,  bereits  wenige  Minuten  (von  2'  ab)  nach 
der  Begattung.  Wegen  der  eigentümlichen  Form  der  Spermatophore, 
die  hier  in  allen  ihren  Bestandteilen  kaum  ein  einheitliches  Ganze 
bildet,  verläuft  die  Prozedur  ihres  Verzehrens  gleichfalls  in  besonderer 
Weise:  das  Weibchen  nimmt  mit  den  Mundteilen  erst  die  Schleim- 
masse der  einen  Seite  und  frißt  sie  in  stundenlang  dauernder  Tätig- 
keit auf.  Sie  wird  vollkommen  sauber  vom  Hinterleib  abpräpariert. 
Dann  kommt  die  der  anderen  Seite  daran,  und  das  Weibchen  muß 
jedesmal  beim  Erfassen  der  Spermatophorenhälfte  die  Legeröhren- 
basis an  seinem  Kopfe  vorbeibiegen.  Ich  konnte  nicht  beobachten, 
ob  das  Weibchen  schließlich  die  Ampullen  selbst  auch  auffrißt,  nach 
Analogie  mit  anderen  Locustiden  ist  es  aber  wahrscheinlich. 

Xiphidium  teilt  also  die  Methode  des  Männchens,  das  Weibchen 
aktiv  von  der  Seite  her  zu  erfassen,  und  die  Stellung  bei  der  Be- 
gattung mit  Conocephalus.  Der  Bau  seiner  Spermatophore  steht 
dagegen  bis  jetzt  unvermittelt  da.  Das  was  Boldyeev^)  als 
„Spermatophylax"  bezeichnet,  die  lediglich  zum  Gefressenwerden 
durch  das  Weibchen  vorhandenen  Schleimmassen  der  Spermatophore, 
sind  in  diesem  Falle  räumlich  von  den  Ampullen  völlig  getrennt, 
und  während  sie  sonst  als  mehr  oder  minder  paarige,  aber  zusammen- 

1)  ].  c,  p.  152. 


24  Ulrich  Gerhardt, 

hängende  Masse  ventral  von  den  Ampullen  angebracht  sind  (bei 
Diestrammena  von  der  Ampulle),  sind  sie  hier  vollkommen  von- 
einander unabhängige,  paarige  Bildungen.  Ampullen  und  „Spermato- 
phylax"  bilden  also  hier  nicht  den  einheitlichen  Körper,  als  den 
wir  sonst  die  „Spermatophore"  der  Locustiden  überall  kennen 
gelernt  haben. 

Für  die  Conocephal inen  läßt  sich  also  bei  einheitlicher  Be- 
gattungsstellung kein  einheitlicher  Bau  der  Spermatophore  fest- 
stellen. 

4.  Subfam.  Locustini. 

Die  Literatur  wurde  I.e.,  p.  500  angeführt,  Boldyeev's  (I.e.) 
neue  Arbeit  schildert  die  Spermatophore  von  Locusia  cantans. 

Mein  hauptsächliches  Material  lieferte  die  als  selten  geltende 
Lociista  caudata  Charp.,  während  ich  von  L.  vindissima  L.,  deren 
Spermatophore  ich  (1.  c.)  bereits  beschrieben  habe,  nur  ein  Pärchen 
im  Freien  in  copula  angetroffen  habe. 

a)  JLovnsta  caudata  Charp. 

Das  Material  von  dieser  Species  stammte  durchweg  aus  einem 
beschränkten  Komplex  von  Feldern  bei  dem  Dorfe  Oswitz  bei 
Breslau.  Zur  Zeit  der  letzten  Häutung  wurden  Nymphen  und 
Imagines  beider  Geschlechter  an  einem  Wegrain  in  dieser  Gegend 
auf  Meldestauden,  Klettenbüschen  etc.  am  4.  Juni  1913  und  den 
folgenden  Tagen  gefangen.  Die  Männchen  begannen  alsbald  ihr  von 
dem  Laut  der  Loc.  viridissima  sehr  abweichendes  Zirpen  hören  zu 
lassen,  und  am  17,  Juli  abends  kam  es  beim  Zusammensetzen  der 
Geschlechter  zur  ersten  Copulation.  Am  21.  und  28.  Juli  fanden 
je  zwei  weitere  Begattungen  statt,  von  denen  also  im  ganzen  5 
beobachtet  werden  konnten. 

Nach  der  Schilderung  TtJMPEL's  von  der  Copulation  von  Locusia 
viridissima  mußte  auch  bei  unserer  Art  erwartet  werden,  daß  kein 
Besteigen  des  Männchens  durch  das  Weibchen  stattfinden,  daß  viel- 
mehr das  Männchen  von  unten  her  aktiv  das  Weibchen  mit  den 
Cerci  ergreifen  würde.  Das  war  aber  nicht  der  Fall.  Das  Männchen 
zirpt  vielmehr  vor  dem  Weibchen,  dreht  sich  langsam,  tanzartig, 
im  Kreise  herum  (dieses  Vorspiel  wurde  auch  in  genau  gleicher 
Weise  im  Freien  beobachtet)  und  streckt  schließlich  dem  W^eibchen 
die  stark  abwärts  gekrümmte  Hinterleibsspitze  entgegen  und  ver- 
sucht,  sich   unter   dessen   Kopf  und  Thorax  zu  schieben.     Ist   das 


Copulation  und  Sperraatophoren  von  Grylliden  \md  Locustiden.  25 

Weibchen  zur  Begattung  geneigt,  so  ergreift  es  mit  seinen  Vorder- 
füßen, wie  dies  auch  das  Dedicus-W eihchen  zu  tun  pflegt,  die  dorsale 
Partie  des  männlichen  Hinterleibes,  den  es  zu  belecken  anfängt. 
Nun  richtet  das  Männchen  seinen  Hinterleib  mehr  und  mehr  auf, 
während  nur  dessen  Spitze  gekrümmt  bleibt,  und  diese  gekrümmte 
Spitze  stößt  mit  weit  geöifneten  Cerci  gegen  die  Ventralfläche  des 
weiblichen  Hinterleibes.  An  ihm  entlang  gleitet  sie,  wie  bei  allen 
Locustiden,  bei  denen  das  Männchen  vom  Weibchen  bestiegen  wird, 
nach  hinten,  bis  die  Cerci  an  zwei  Gruben  an  der  Außen-(Ventral-) 
fläche  der  weiblichen  Subgenitalplatte  stoßen.  Ihre  nach  innen 
sehenden  Zähne  greifen  fest  in  diese  Vertiefungen  ein,  und  damit 
ist  die  Befestigung  des  Männchens  am  Weibchen  vollzogen.  Sofort 
krümmt  sich  das  Männchen  noch  viel  stärker  ventral  ein,  das 
Weibchen  geht  weiter  vor,  und  schließlich  sehen  die  Köpfe  der 
beiden  Tiere  nach  verschiedenen  Seiten,  die  Ventralflächen  sind  ein- 
ander zugekehrt,  und  das  zweite,  niemals  das  erste  Fußpaar  des 
Männchens  ergreift  die  Legeröhre  des  Weibchens,  während  das  erste 
sich  an  irgendeiner  Unterlage,  bei  meinen  Gefangenen  oft  in  sehr 
schwierigen  Stellungen  am  Draht  des  Gitters,  festhält. 

Dieses  Ergreifen  der  Legeröhre  mit  dem  2.  Fußpaar,  das  sich 
auch  bei  den  Decticiden  findet,  scheint  mir,  wenigstens  sicher  für 
Locusta,  kein  eigentliches  Anklammern  zu  sein,  wie  es  bei 
Ephippigera  und  Phaneroptera  zweifellos  der  Fall  ist.  Vielmehr 
drängt  das  Männchen  die  Legeröhre  von  sich  weg,  hebt  sie  dorsal- 
wärts  empor,  so  daß  dadurch  die  Vulva  erweitert  wird. 

Durch  die  Drehung  des  Männchens  nach  hinten  werden  die 
Styli  seiner  Subgenitalplatte  an  die  ventrale  Legeröhrenkante  an- 
gepreßt, die  sie  genau  zwischen  sich  fassen  und  auf  der  sie  bei  den 
nun  erfolgenden  rhythmischen  Aus-  und  Einstülpungen  des  Penis 
hin-  und  hergleiten.  Der  gesamte  ausgestülpte  männliche  Apparat 
paßt  genau  in  den  durch  das  Abheben  der  weiblichen  Subgenital- 
platte, die  von  den  männlichen  Cerci  wie  ein  Deckel  aufgeklappt 
wird,  freiwerdenden  Raum.  Fig.  8,  Taf.  2  gibt  in  schematischer 
Form  die  hierbei  in  Betracht  kommenden  Gebilde  in  ihrer  gegen- 
seitigen Lage  wieder.  Am  meisten  oral  (links)  sehen  wir  die  von 
den  Cerci  des  Männchens  (c)  oralwärts  abgehobene  weibliche  Sub- 
genitalplatte {Is  $),  am  meisten  caudal  die  auf  der  ventralen  Lege- 
röhrenkante mit  Hilfe  ihrer  Styli  (st)  reitende  männliche  Subgenital- 
platte {Is  c^).  Der  durch  das  Abheben  der  weiblichen  Subgenital- 
platte freigewordene  Raum  wird  größtenteils  von  einer  kielförmigen 


26  Ulrich  Gerhardt, 

Erhöhung'  eingenommen,  die  die  orale  Fortsetzung  der  ventralen  Lege- 
röhrenkante  bildet,  aber  mit  weicher,  obwohl  ziemlich  straif  ge- 
spannter Haut  überzogen  ist  (v).  Auch  die  Innenfläche  dei'  weib- 
lichen Subgenitalplatte,  die  in  der  Ruhe  dorsalwärts  sieht,  ist  mit 
weicher,  schleimhautähnlicher,  an  den  Rändern  gewulsteter,  gelblicher 
Haut  ausgekleidet. 

Aus  dem  Spalt  der  männlichen  Hinterleibsspitze,  der  sich 
zwischen  dem  9.  und  10.  Segment,  also  zwischen  After  und  Cerci 
einerseits,  der  Subgenitalplatte  mit  den  Styli  andrerseits,  öffnet, 
dringt  nun  der  weichhäutige  Oigankomplex  hervor,  der  die  männ- 
liche Geschlechtsöffnung  und  den  hornigen  Titillator  trägt  und 
der  in  seiner  Gesamtheit  als  Penis  bezeichnet  wird  (p).  Man  kann 
sagen,  daß  der  Penis  während  seiner  vorbereitenden  Tätigkeit  bei 
der  Begattung,  vor  dem  Austritt  der  Spermatophore,  ein  seitlich 
komprimiertes  glücken-  oder  kelchförmiges  Gebilde  darstellt  und 
im  Innern  dieser  Glocke  sitzt,  wie  der  Klöppel,  der  gabelförmige 
Titillator  (t).  Der  freie  Rand  der  Glocke  ist  mit  kontraktilen 
Lappen  oder  Warzen  versehen  {w),  die,  wenn  völlig  ausgestülpt, 
sich  genau  dem  Relief  der  Vulva  anschließen.  In  unserem  Schema 
ist  ein  Moment  unvollständiger  Ausstülpung  gewählt,  um  die  Geni- 
talien beider  Partner  erkennen  zu  lassen. 

Dieser  Penisapparat  tritt  aus  der  männlichen  Hinterleibsspitze 
allmählich,  in  kurzen,  ruckweise  ausgeführten  Bewegungen,  hervor, 
und  noch  während  seiner  völligen  Entfaltung  wird  bereits  der 
Titillator,  der  eine  c  hitin  Öse  Gabel  darstellt,  auf  die  ventrale 
Legeröhrenkante  aufgesetzt  und,  auf  ihr  reitend,  in  oraler  Richtung 
gegen  den  weichhäutigen  Grund  der  Vulva  hingezogen.  Während 
dieser  Vorgang  rhythmisch  wiederholt  wird,  stülpen  sich  die  Penis- 
warzen  immer  mehr  aus,  bis  sie  schließlich  genau  in  die  oralen 
Ecken  der  Vulva,  zwischen  deren  Grund  und  w^eiblicher  Subgenital- 
platte, eingepreßt  werden.  Dann  gleiten  sie .  entlang  der  weich- 
häutigen Innenfläche  dieser  Subgenitalplatte  nach  außen,  und  der 
ganze  Apparat  wird  wieder  in  den  Spalt  der  männlichen  Hinter- 
leibsspitze zurückgezogen.  Bei  Locusta  caudata  ist  der  ganze  Penis 
meist  rein  grün,  seltner  gelblich-grün. 

Diese  Ausstülpungen,  von  denen  jede  etwa  1  Minute  lang  dauert, 
erfolgen  nun  ununterbrochen  hintereinander  während  der  sehr  langen 
Dauer  der  Begattung.  Es  scheint,  daß  einerseits  das  Gleiten  des 
harten  Titillators  auf  der  weichen  Haut  der  Vulva  für  das  Weibchen 
einen   sexualen   Reiz    abgeben    muß,    während   andrerseits  das   An- 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  nnd  Lociistiden.  27 

pressen  der  Peniswarzen  gegen  die  weiblichen  Organe  schließlich 
beim  Männchen  den  Grad  gesteigerter  Erregung  hervorruft,  der  zur 
Abgabe  der  Spermatophore  führt. 

Die  ersten  Anzeichen,  daß  dieser  Vorgang  erfolgen  wird,  stärkerer 
Turgor  des  Penis,  der  aufgestülpt  bleibt,  Austritt  der  Umgebung 
der  eigentlichen  männlichen  Geschlechtsöffnung  an  der  mit  *  be- 
zeichneten Stelle  der  Figur,  treten  nach  Verlauf  von  40 — 60  Minuten 
auf.  Die  ganze  bisher  beschriebene  glockenförmige  Penispartie  mit 
dem  Titillator  entspricht  nur  dem  dorsal  von  der  Geschlechts- 
öffnung gelegenen  Abschnitt  dieses  Organs.  Die  ventrale  Partie 
die  nun  sichtbar  wird,  trägt  vier  ganz  kleine  Schleimhautwärzchen, 
die  aber  nur  zu  sehen  sind,  solange  die  Schleimhaut  dieser  Gegend 
noch  nicht  völlig  gespannt  ist.  Nun  wird  die  ganze  Umgebung  der 
Geschlechtsöffnung  durch  die  von  innen  andrängenden  Ampullen 
der  Spermatophore  ad  maximum  gespannt,  und  man  sieht  diese  als 
kuglige,  zunächst  glasige,  dann  weiße  Bildungen  langsam  hervor- 
treten. 

Ich  habe  diesen  Akt  des  Austritts  der  Ampullen,  der  bei  Locu- 
stinen.  Decticinen  und  Ephippigerinen  äußerlich  übereinstimmend 
vor  sich  geht,  sehr  häufig  gesehen,  bin  aber  über  einige  seiner  Einzel- 
heiten noch  zu  keinem  ganz  klaren  Urteil  gelangt.  Der  eigentliche 
Stiel  der  Spermatophore  ist  als  solcher  vor  seiner  Einfülirung  in 
die  Vulva  nicht  sichtbar.  Die  Schwierigkeit,  das,  was  bei  der  Aus- 
scheidung der  Ampullen  vor  sich  geht,  deutlich  zu  erkennen,  liegt 
hauptsächlich  darin,  daß  bei  den  beiden  ersten  der  genannten  drei 
Subfamilien  die  eigentlichen  Samenbehälter  gleichzeitig  mit  einer  sie 
umgebenden ,  nach  ihrer  Befestigung  caudal  von  ihnen  liegenden, 
paarigen  Hüllmasse  austreten,  die  ich  als  Ampullenlappen  be- 
zeichnen möchte. 

Das  bei  dem  Ampullenaustritt  zu  beobachtende  Tatsächliche  ist 
etwa  folgendes:  aus  der  stark  angeschwollenen  gelblich  durch- 
sichtigen Umgebung  der  männlichen  Genitalöffnung  tritt  durch  diese 
selbst  ein  Paar  kugliger  Körper  aus.  Diese  Körper,  die  erst  noch 
weißlich  durchscheinend  sein  können,  werden  undurchsichtig,  leuchtend 
weiß,  und  zwar  ist  dabei  schwer  zu  erkennen,  ob  in  die  durch- 
sichtigen Kugeln  ein  weißes  Secret  ergossen  wird,  ob  sie  von  einem 
solchen  umhüllt  werden  oder  ob  beides  der  Fall  ist.  Manchmal 
sieht  man  die  Kugeln  (hei  Locusta  imd  Decticus)  bereits  innerhalb 
des  Penis,  durch  dessen  Schleimhaut  rein  weiß  durchschimmernd^ 
sichtbar  werden,  so  daß  ihre  Fertigstellung  bei  ihrem  Austritt  schon 


28  Ulrich  Gerhardt, 

vollendet  ist.  Nun  treten  die  beiden  Kugeln  aus  der  sich  in  Falten 
zurückstreifenden  Schleimhaut  der  Geschlechtsöifnung-  als  Ganzes 
hervor,  als  leuchtend  weiße,  bei  Locusta  caudata  fast  erbsengroße 
Kugeln,  und  es  erfolgt,  ohne  daß,  wie  erwähnt,  ein  Stiel  der  Sper- 
matophore  sichtbar  würde,  ihre  Einfügung  in  die  Vulva  durch  eine 
Bewegung  des  männlichen  Hinterleibes,  bei  der  in  oraler  und  dorsaler 
Richtung  die  männliche  gegen  die  weibliche  Geschlechtsöifnung  ge- 
preßt wird,  also  eine  Bewegung,  wie  wir  sie  auch  sonst  in  der 
ganzen  Familie  der  Locustiden  wiederfinden.  Es  muß  angenommen 
werden,  daß  der  Spermatophorenstiel  den  Ampullen  nachfolgt,  aber 
schon  während  seines  Erscheinens  in  die  Vulva  hineingedrückt  wird. 
Die  ganze  dorsal  von  der  männlichen  Geschlechtsöifnung  gelegene 
Penispartie  z^eht  sich  im  Moment  der  Ampulleubefestigung  voll- 
kommen zurück.  Nun  tritt  eine  kurze  Ruhepause  ein,  aber  gleich 
darauf  quillt  nun  in  außerordentlicher  Fülle  die  zähe,  undurchsichtige 
Masse  der  Spermatophorenhülle  aus  der  maximal  sich  ausdehnenden 
Genitalöffnung  des  Männchens  hervor,  während  seine  Cerci  an  der 
weiblichen  Subgenitalplatte  haften  bleiben. 

Die  Produktion  dieser  Secretmassen  dauert  bei  Loc.  caudata 
länger  als  sonst  bei  Formen  mit  diesem  Typus  der  Spermatophore 
(Decticinen,  Ephippigerinen).  Das  Secret  tritt  in  dicken  Ballen  aus, 
die  zwar  im  ganzen  einigermaßen  paarig,  aber  außerordentlich  un- 
regelmäßig und  bei  den  einzelnen  Individuen  recht  verschieden  an- 
geordnet sind.  Ein  Bild  von  der  großen  Spermatophore  dieser  Species 
gibt  Fig.  1,  Taf.  2. 

Die  Dauer  des  Begattungsvorganges  und  seiner  Phasen  soll  für 
die  fünf  beobachteten  Fälle  angegeben  werden: 


Paar 

No. 

Beginn 

Austritt 
der  Ampullen 

Trenm 

I. 

615 

r^lb 

727 

II. 

ßO- 

-709 

^20 

III. 

620 

»712 

^25 

IV. 

516 

557V. 

607 

V. 

558 

640 

657V. 

Daraus  geht  hervor,  daß  bis  zum  Austritt  der  Ampullen  durch- 
schnittlich 51  Va?  von  da  bis  zur  Trennung  der  Geschlechter  durch- 
schnittlich I3V2  Minuten  vergehen,  so  daß  also  die  Begattung  dieser 
Art   in   all   ihren  Einzelphasen   verhältnismäßig   langer  Zeit  bedarf. 

Der   Bau   der    Spermatophore    läßt   sich    am    besten    auf 


Copnlation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  29 

Rasiermesserschnitten  studieren,  die  man  an  post  coitum  gut  konser- 
vierten Weibchen  bei  genügender  Schärfe  des  Messers  leicht  durch 
in  situ  befindliche  Spermatophoren  legen  kann.  Fig.  8,  Taf.  3,  zeigt 
einen  so  gewonnenen  Medianschnitt  einer  Spermatophore  von  Locusta 
viridissinia,  von  der  mir  ein  besser  konserviertes  Präparat  vorliegt 
als  von  der  sich  in  allen  Punkten  gleich  verhaltenden  L.  caiidata. 
Das  Cliarakteristische  dieser  Art  von  Spermatophoren  hat  Boldteev 
bereits  betont:  es  finden  sich  in  ihr  nicht  ein,  sondern  zwei  Paare 
von  Kapseln,  von  denen  Boldyeev  die  mehr  nach  innen,  in  der 
Vulva  gelegenen  als  eigentliche  Ampullen  (retortenförmige  Hohl- 
räume), „Flacon-',  und  die  äußerlich  aus  ihr  hervorragenden  als 
„akzessorische  Reservoire"  auffaßt.  Die  Abbildung  zeigt  eine  der 
weißen  gebogenen,  inneren  Kapseln  und  eine  der  äußeren,  die  ich 
für  die  eigentliche  Ampulle  halten  möchte  und  die  in  den  „Am- 
pullenlappen" liegen.  Gerade  bei  den  Locusta- Arten,  ist  die  innere 
Kapsel  von  der  äußeren  scharf  geschieden. 

Bei  der  Einbringung  der  Spermatophore  in  die  Vulva  ist  von 
den  inneren  Kapseln  nichts  zu  sehen ;  die  äußeren  sind  das,  was  bei 
der  Copnlation  als  die  beiden  aus  dem  Penis  austretenden  weißen 
Kugeln  auffällt,  denen  sich  ei'st  später  der  „Spermatophylax"  anfügt. 

Zunächst  sind  diese  beiden  Kugeln  undurchsichtig  weiß,  sie 
werden  aber  später  glasig  durchsichtig.  Solange  sie  noch  undurch- 
sichtig sind,  machen  sie  auf  dem  Schnitt  den  Eindruck  ziemlich 
massiver  Körper.  Sie  müssen  also,  um  durchsichtig  zu  werden,  einen 
Inhalt  entleeren,  und  das  ist  wohl  auch  zweifellos  der  Fall.  Über 
die  eigentliche  morphologische  Bedeutung  der  beiden  Kapselpaare 
soll  noch  später  in  einer  zusammenfassenden  Übersicht  nach  der 
Besprechung  der  beiden  nächsten  Subfamilien  einiges  gesagt  werden. 

b)  Locusta  vhHdissinia  L. 

Während  es  mir  im  letzten  Sommer  bei  meinem  Aufenthalt  in 
Hökendorf  (Pommern)  trotz  ziemlich  reichlichen  gefangenen 
Materials  nicht  gelungen  ist,  die  dort  überaus  häufige  Locusta  cantans 
FüssLi  zur  Copnlation  zu  bringen,  habe  ich  ebendort  am  4.  August 
ein  Pärchen  von  Locusta  vindissima  in  copula  ^)  auf  einer  Distelstaude 
in  einem  Haferfelde   angetrofl:en.     Wenn  Tümpel,   der  anscheinend 


1)    von    der    schon   BOLIVAE    eine    vorzügliche,    Teil  I    dieser    Abb., 
p.    501   wiedergegebene   Schilderung  gibt. 


30 


Ulrich  Gerhardt, 


nur  die  Abbildung  Bolivar's  (Fig.  C)  beschreibt,  meint,  das  Männchen 
unserer  Species  müsse  bei  der  Copulation  mit  dem  Kopf  nach  unten 
sitzen,  so  bewies  mir  mein  Fall,  daß  das  nicht  notwendig  ist,  hier 
saß  gerade  das  Weibchen  mit  dem  Kopf  nach  unten.  Die  Stellung 
war  ganz  so,  wie  Bolivae  sie  abbildet  (Fig.  D),  nur  hielt  das 
Männchen  mit  dem  zweiten  Beinpaar  die  Legeröhre  des  Weibchens 
umfaßt,   und  seine  Cerci  waren  genau  so  wie  bei  L.  candata  an  der 

Außenseite  der  weiblichen  Sub- 
genitalplatte  befestigt.  Überhaupt 
war,  wie  ja  auch  zu  erwarten, 
zwischen  der  Begattungsstellung 
von  L.  caudata  und  viridissima  kein 
Unterschied  festzustellen.  Es  scheint 
mir  daher,  solange  nicht  das  Gegen- 
teil bewiesen,  in  höchstem  Maße 
wahrscheinlich,  daß  auch  in  beiden 
Fällen  die  Tiere  auf  gleiche  Weise 
in  diese  Stellung  zueinander  kommen, 
daß  also  auch  bei  L.  viridissima 
beim  Beginn  der  Begattung,  ent- 
gegen Tümpel's  Angabe,  das  Männ- 
chen vom  Weibchen  bestiegen 
wird. 

Der  weitere  Verlauf  der  Be- 
gattung, das  Aus-  und  Einstülpen 
des  hier  weniger  grün  gefärbten 
Penisapparats,  der  Austritt  der 
Ampullen  und  des  Restes  der  Sper- 
matophore,  ist  bei  beiden  Arten 
fast  völlig  gleich.  Die  Tiere  wurden 
um  4*^  aufgefunden,  5^^  wurden  die 
Ampullen  sichtbar,  5^^  trennten 
sich  die  Tiere,  so  daß  also  die  Ab- 
sonderung der  Spermatophoren hülle 
unwesentlich  kürzere  Zeit  in  Anspruch  nahm  als  bei  L.  caudata. 

Die  Sperma  top  höre,  die  aus  dieser  Vereinigung  hervorging, 
zeigt  Fig.  2,  Taf.  2.  Sie  gleicht  fast  vollständig  einer  von  mir  1912 
gefundenen,  die  ich  (1.  c.  tab.  18  flg.  10a)  abgebildet  habe,  und  zeigt, 
wie  ein  Vergleich  mit  Fig.  2,  Taf.  2  lehrt,  eine  etwas  andere  Form  als 
die  Spermatophore  von  L.  caudata.   Sie  ist  weniger  unregelmäßig  und 


Fig.  D. 

Begattung-sstelluug  von  Locusta 
viridissima  (nach  Bolivar). 


Copulation  und  Spermatophoreu  von  Grylliden  und  Locustiden.  31 

höckerig,  etwas  symmetrischer,  nicht  ganz  so  voluminös.  Im  frischen 
Zustand  sind  ihre  beiden  größten  und  am  meisten  ventral  gelegenen 
Lappen  durchscheinend  mit  ausgesprochen  eigelben  Flecken,  was 
auch  schon  an  der  frischen  Spermatophore  von  1912  festgestellt 
wurde.  Die  sonstige  Struktur  ist  aber  mit  der  von  L.  caudata 
übereinstimmend,  so  daß  die  Unterschiede,  die  konstant  zu  sein 
scheinen,  sich  nur  in  dem  Relief  der  Hülle  ausdrücken.  Beide  Sper- 
matophoreu gehören  im  übrigen  durchaus  dem  gleichen  Typus  an, 
wie  auch  in  dem  Begattungsmodus  selbst  keine  nennenswerten  Unter- 
schiede vorhanden  zu  sein  scheinen.  Einen  Medianschnitt  durch 
die  Spermatophore  dieser  Art  in  der  Vulva  des  Weibchens  zeigt 
Fig.  8  Taf.  3. 

5.  Subfam.  Decticini. 

Obwohl  ich  im  ersten  Teil  dieser  Studie  (p.  489  ff.)  bei-eits  Copu- 
lation und  Spermatophore  von  Decticus  verrucivorus  beschrieben  habe, 
so  muß  ich  doch  noch  einmal  hier  auf  diese  Art  zu  sprechen  kommen, 
und  zwar  aus  zwei  Gründen:  einmal  habe  ich  meine  damaligen 
wenigen  (2)  Beobachtungen  an  freilebenden  Tieren  inzwischen  durch 
das  Studium  reichlichen  Materiales  von  Gefangenen  ergänzen  und  in 
mancher  Beziehung  vervollständigen  können,  so  daß  ich  über  einige 
Fragen  Antwort  erhielt,  die  ich  damals  offen  lassen  mußte.  Zweitens 
beschäftigt  sich  Boldyeev's  inzwischen  erschienene  Arbeit  in  erster 
Linie  mit  der  Copulation  von  Decticus  und  der  einiger  anderer 
Decticiden,  darunter  der  von  Platycleis  roeseli,  die  ich  gleichfalls 
schon  geschildert  habe;  außerdem  beschreibt  Boldyeev  aber  auch 
noch  die  Spermatophore  von  Olynthoscelis  pontica,  die  viel  Inter- 
essantes bietet. 

Ich  habe  die  Copulation  von  Thamnotrison  cinereus  und  Rhacocleis 
discrepans  neu  beobachtet,  den  riesigen  Decticiden  Psorodonotus  fieieri, 
von  dem  ich  am  Monte  Maggiore  5  Männchen  und  1  Weibchen  fing, 
konnte  ich  nicht  zur  Copulation  bringen.  Bemerkt  sei  hier  nur, 
daß  das  Männchen  dieser  Form,  wenn  man  es  ergreift,  sein  sehr 
lautes  Zirpen  hören  läßt,  ebenso  wie  die  Epkippigera- Arten. 

Decticus  albifrons  Fabr. 

Von  der  Begattung  und  Spermatophore  dieser  schon  von  Fabre 
studierten  Art  hat  Boldyeev  eine  ausführliche  Schilderung  gegeben 
und   auch   eine  Zeichnung  der  Begattungsstellung  beigefügt.     Ich 


32  Ulrich  Gerhardt, 

möchte  mir  die  Bemerkung  erlauben,  daß  auf  dieser  Zeichnung  wohl 
irrtümlich  die  Cerci  als  caudal  von  der  weiblichen  Subgenitalplatte, 
in  die  Vulva  selbst  eingreifend  dargestellt  sind.  Abweichend  von 
der  Stellung  bei  B.  verrucivorus  ist  die  stärker  caudal  umgebogene 
Haltung  des  Männchens,  dessen  Flügelspitzen  bei  D.  vernicivorus 
immer  noch  den  Kopf  des  Weibchens  berühren.  Sonst  ist  alles 
ebenso  wie  bei  der  einheimischen  Art,  insbesondere  hält  auch  hier, 
wie  bei  allen  Decticiden,  das  Männchen  die  Legeröhre  des  Weib- 
chens zwischen  dem  2.  Paare  seiner  Vorderfüße. 

Die  Spermatophoren  von  Decticiis  albifrons  und  verrucivorus 
werden  von  Boldyeev  eingehend  beschrieben  und  abgebildet  (Fig.  E). 
Seine  Befunde  sollen  hier  im  Anschluß  an  die  meinigen  an  D.  verru- 
civorus   gewonnenen  besprochen  werden. 

a)  Decticus  verrucivofms  L. 

Die  Begattung  von  Decticus  verrucivorus  wurde  schon  frühzeitig 
in  diesem  Sommer  (zuerst  am  4.  Juli)  an  größtenteils  aus  Hökendorf 
mitgebrachten,  teilweise  aber  auch  auf  Wiesen  bei  Breslau  ge- 
fangenen Exemplaren  in  8  Fällen  beobachtet.  Ich  habe  meiner 
früheren  Schilderung  (1.  c,  p.  489  ff.)  wenig  zuzufügen.  Genauer  als 
früher  konnte  ich  das  Spiel  des  Titillators  beobachten,  der,  wie  für 
Locusta  caudata  beschrieben,  innerhalb  der  Vulva  auf  dem  Grunde 
der  Legeröhre  hin-  und  herbewegt  wird.  Die  Ausstülpung  des  Penis 
geschieht  in  rascheren  Intervallen  und  auch  bei  jedem  einzelnen 
Male  schneller  als  bei  den  Locwste- Arten,  mit  deren  Begattungsmodus 
sonst,  bis  auf  die  in  allen  Phasen  kürzere  Zeitdauer,  der  von  Decticus 
im  wesentlichen  übereinstimmt.  Als  Zeitdauer  der  Begattung 
bei  unserer  Art  habe  ich  mit  fast  absoluter  Regelmäßigkeit  8  Minuten 
gemessen,  und  zwar  vergingen  5  Minuten  bis  zum  ersten  Anzeichen 
des  Erscheinens  der  Ampullen.  —  Die  Stellung  weicht  von  der 
von  Locusta  darin  ab,  daß  das  Männchen  hier  lange  nicht  so  stark 
unter  dem  Weibchen  nach  hinten  gebogen  ist.  Das  zweite  Fuß- 
paar drückt  gegen  die  Legeröhre,  das  erste  greift  nach  irgendwelchen 
Gegenständen  der  Umgebung.  Einmal  erfolgte  bei  meinen  Ge- 
fangenen ein  Coitus  an  der  Drahtdecke  des  Behälters,  wobei  beide 
Partner  hängen  mußten,  sonst  immer  wie  auch  im  Freien  im  Gras- 
boden. 

Was  den  Austritt  der  Spermatophore  anbelangt,  so  er- 
folgt er  in  der  Hauptsache  wie  bei  Locusta.    Die  beiden  Ampullen 


Copulation  und  Spermatophoreu  von  Grylliden  und  Locustiden.  33 

mit  ihrer  weißen  Hülle  treten  während  der  Höhe  der  Erregung  des 
Männchens  aus,  dann   folgt  rasch  die  eigentliche  Spermatophoren- 
hülle,   der  „Sperm  atophy  lax"  Boldyeev's,  der  hier  so  in  einem 
Guß  hervortritt,  daß  man  den  Eindruck  hat,  es  werde  ein  im  ganzen 
vorher  im  Körper  des  Tieres  fertig  vorbereiteter  Gegenstand  durch 
eine  Art  von  Geburtsvorgang  herausgepreßt.    Diese  Auffassung  hatte 
ich  noch  beim  Niederschreiben  meiner  ersten  Abhandlung  über  diesen 
Gegenstand,  weil  ich  damals  außer  der  Begattung  einiger  Decticiden 
nur    noch   die   von   Diestrammena   und    die   zweier   Phaneropteriden 
kannte.     Schon  damals  betonte  ich,  daß  bei  Leptophyes  die  Spermato- 
phorenhülle  allmählich  secerniert  werde.    Ich  bin  jetzt  durch  Ver- 
gleichung  eines  viel  umfangreicheren  Materials  zu  der  Überzeugung 
gekommen,  daß  bei  allen  Locustiden   die  eigentlichen  Ampullen  als 
Ganzes  ausgestoßen,  daß  aber  da,  wo  sie  von  besonderen  „Ampullen- 
lappen", wie  ich  es  nennen  möchte,   umgeben  werden,  diese  um  die 
Ampullen  während  ihres  Austrittes  secerniert  werden.  Der  „Spermato- 
phylax"'  wird  wohl  immer  erst  nach  der  Befestigung  der  Ampullen 
als  mehr  oder  minder  zähe   Masse  abgesondert;   die  relativ  nicht 
übermäßig  große  Spermatophore   der  Decticiden  (s.  Fig.  8,  Taf.  2) 
würde  bei  manchen  Arten  zwar  die  männliche  Geschlechtsöffnung 
passieren  können,  für  die  ungeheuren   Secretmassen ,  die  von  den 
Männchen  von  Tylopsis,  Locusta  und  Ephippigera  produziert  werden, 
wäre  das  nicht  möglich.    Auf  dem  Medianschnitt  ähnelt  die  Struktur 
der   Spermatophore   von  Dedicus  im  ganzen   sehr  der  von   Locusta, 
doch  sind  die  inneren  Kapseln  der  Spermatophore  viel  weniger 
tief  in  die  Vulva  des  Weibchens  eingesenkt  als  dort.    Die  äußeren 
Kapseln  (Boldyeev's   akzessorische  Hohlräume)  sind   hier  ähnlich 
angebracht   wie  bei  Locusta,  was   aus   der  Boldyrev  entnommenen 
Fig.  E  hervorgeht.     Auch  bei  Decticus  finden  wir  jenen  bei  Locusta 
beschriebenen  Vorgang,  daß  diese  weißen,  nach   der  Begattung  un- 
mittelbar dorsal  von  dem  großen  Klumpen  der  Freßsubstanz  gelegenen 
Kapseln  allmählich  durchsichtiger  werden,  obwohl  noch  lange  ein 
weißlicher  Kern  in  ihnen  sichtbar  bleibt. 

Es  kann  nun  nach  Boldyeev's  Untersuchungen  nicht  zweifelhaft 
sein,  daß  die  eigentliche  große  Spermamasse  in  den  inneren 
Kapseln  enthalten  ist,  während  dieser  Autor  die  Frage  nach  der 
Funktion  der  äußeren  offen  lassen  muß. 

Vielleicht  läßt  sich  aber,  obwohl  die  physiologischen  Vorgänge, 
die  sich  in  den  innersten  Teilen  der  Spermatophore  abspielen,  der 
direkten  Beobachtung  entzogen  sind,  hier  eine  Vermutung  aussprechen  : 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  3 


34  Ulrich  Gerhardt, 

Es  wäre  wohl  möglich,  daß  die  äußeren  Kapseln  dieser  Spermato- 
phoren  etwas  zu  tun  hätten  mit  der  Bildung  der  Eiweißhülle,  die 
Sperraatozoenmassen  im  ßeceptaculum  seminis  zu  den  „Spermato- 
dosen"  (Cholodkovsky)  vereinigen,  die  Siebold  zuerst  hei  Dedicus 
verrucivorus  entdeckt  hat.  Es  scheint  eine  Art  von  Arbeitsteilung 
in  der  ursprünglich  einheitlichen  Ampulle  jeder  Körperseite  insofern 
aufgetreten  zu  sein,  als  die  innere  Kapsel  als  Spermareservoir, 
die  äußere  als  Eiweißbehälter  ausgebildet  ist.  Boldykev  schreibt, 
daß  noch  vor  dem  Eindringen  des  Spermas  ins  Receptaculum  Eiweiß 
hineinströme,  das  nachher  die  Spermatodosenhülle  bildet.  Boldyrev 
scheint  außerdem  einen  temporären  Zusammenhang  zwischen  äußeren 
und  inneren  Kapseln  anzunehmen,  da  er  schreibt:  „schon  20  Minuten 
nach  der  Befruchtung  standen  diese  Reservoire  in  keinem  Zusammen- 
hange mit  den  retortenförmigen  Hohlräumen  und  den  Geschlechts- 
gängen des  Weibchens." 

Mir  kommt  es  also  nach  meinen  gerade  zur  Aufklärung  dieser 
komplizierten  Verhältnisse  intensiv  betriebenen  Beobachtungen  an 
den  drei  in  Frage  kommenden  Subfamilien  der  Locustiden, 
Decticiden  und  Ep hippiger iden  so  vor,  als  ob  die  Ampullen- 
lappen allmählich  durch  Entleerung  ihrer  eiweißhaltigen  Rinden- 
substanz zu  hohlen  Körpern  würden. 

Es  wurde  (1.  c,  p.  494,  vgl.  außerdem  Fabee  und  Boldyrev)  ge- 
schildert, daß  Decticus  die  Hülle  der  Spermatophore  auf  einmal  ab- 
reißt und  dann  langsam  zerkaut  und  auffrißt.  Die  Demarkationslinie, 
längs  derer  sich  die  Hülle  von  den  Ampullen  bei  diesem  Vorgang 
trennt,  verläuft  so,  daß  die  ganzen  Ampullenlappen  mit  dem  Sper- 
matophorenstiel  in  der  Vulva  befestigt  bleiben.  Bei  einem  Weibchen, 
das  ich  unmittelbar  nach  der  Copulation  mit  der  Spermatophore 
konservieren  wollte,  mißlang  mir  dies  zweimal  deshalb,  weil  die 
ventrale  Partie  der  Spermatophore  in  dem  Augenblick  abfiel,  in  dem 
ich  das  Weibchen,  und  zwar  am  Prothorax,  ergriff.  Beide  Spermato- 
phoren  stammten  von  dem  gleichen  Männchen.  Bei  ihnen  muß  die 
erwähnte  Demarkationslinie  besonders  scharf  ausgeprägt  gewesen 
sein.  Später  gelang  es  mir  in  zwei  Fällen  leicht,  von  anderen 
Männchen  produzierte  Spermatophoren  am  Weibchen  zu  konservieren. 

Sicherlich  bestehen  noch  mancherlei  Unklarheiten  in  der  Be- 
antwortung der  Frage  nach  der  Bedeutung  der  Ampullenlappen  und 
der  BoLDYREv'schen  „akzessorischen  Hohlräume".  Ich  glaube,  daß 
diese  Unklarheiten  nur  durch  immer  genaueres  Studium  der  Spermato- 
phore während  der  Entleerung  des  Spermas  ins  Receptaculum  seminis 


Copulation  und  Spermatophoreu  von  Grylliden  und  Locustiden. 


35 


einigermaßen    werden   beseitigt   werden   können,    am   konservierten 
Material  werden  sicli  manche  Fragen  scliwer  lösen  lassen. 

Ich  habe  mein  Material  von  Decticus  verrucivorus  ferner  noch 
zur  Entscheidung  der  Frage  verwandt,  ob  bei  dieser  Species  ein- 
oder  mehrmalige  Begattung  die  Regel  ist.  Ein  Weibchen,  das 
gleiche,  bei  dem  zweimal  die  ventrale  Partie  der  Spermatophore 
abfiel,  begattete  sich  viermal.  In  zwei  Fällen  konnte  es  in  Ruhe 
die  ganze  Spermatophore  fressen,  in  zweien  nur  die  Ampullen.  Ein 
anderes  Weibchen  begattete  sich  zweimal.  Zwei  wurden  gleich  nach 
der  Copulation  getötet,  eines  begattete  sich  nur  einmal  und  begann 
dann  schon  mit  der  Eiablage.  Was  die  Fähigkeit  der  Männchen 
anbelangt,  die  Begattung  zu  wiederholen,  so  lieferte  ein  Männchen 
vier,  ein  anderes  zwei  Spermatophoreu.  In  beiden  Geschlechtern  ist 
also  wiederholte  Begattung  möglich.^)  Wieweit  im  Freien  diese 
Möglichkeit  ausgenutzt  wird,  ist  natürlich  schwer  zu  entscheiden. 
Ich  nehme  an,  daß  zu  einem  Männchen,  solange  es  zirpt  und 
zeugungsfähig  ist,  mehrere  Weibchen  kommen  werden,  und  es  ist 
kein  Gegengrund,  weshalb  nicht  auch  ein  Weibchen  im  Freien 
mehrere  Männchen  aufsuchen  sollte. 

Fig.  E. 

Spermatophore  (halbsche- 
matisch)  von  Decticus. 
Ovd  Legeröhre.  Is  weib- 
liche Subgenitalplatte.  b 
ihre  Lappen,  m  Schleini- 
schicht  auf  deren  Lappen, 
c  Wandung ,  /'  Hals ,  d 
Binnenrauni  der  Ampulle, 
r,  i,  11  akzessorische  Hohl- 
räume (hier  als  primäre 
Ampullen  aufgefaiJt)  mit 
doppelter  Wand.  F  Sper- 
matophylax   (nach  Boldy- 

REV). 


Hier  soll  noch  kurz  hingewiesen  werden  auf  Boldyrev's  An- 
gaben über  Platijdeis  roeseli  Hagenb.,  dessen  Begattung  und  Spermato- 
phore auch  von  mir  (1.  c,  p.  495)  beschrieben  wurde,  und  über 
'Olynthoscelis  pontica  Retow  (Spermatophore).  Boldyeev  gibt  eine 
vortreöliche  schematische  Zeichnung  des  Baues  der  Spermato- 
phore mit  den  Ampullen  und  den  akzessorischen  Räumen  (Fig.  F). 
Wegen  ihrer  Klarheit  gebe  ich  diese  Figur  hier   wieder  sowie  das 


1)  Vgl.  Boldyeev,  1.  c,  p.  53. 


3* 


36 


Ulrich  Gerhardt, 


äußere  Bild  der  Spermatophore  der  zweiten  Art  (Fig.  G),  bei  der 
die  Ampullen  viel  tiefer  in  die  Vulva  eingesenkt  sind  als  bei  Platycleis 
oder  gar  bei  Decticus.  So  ist  bei  dieser  Art  von  außen  nur  der 
„Spermatophylax"  zu  sehen.  Auch  bei  Olynthoscelis  beschreibt  Boldyre v 
die  „ergänzenden  Reservoire",  die  er  für  Decticus  schildert. 


Fig.  F. 


Fig.  G. 


Fig.  F.  Spermatophore  von  Platycleis  roeseli.  c  Ampulle,  d  ihr  Binnenraum. 
r  akzessorisches  Keservoir  (hier  als  primäre  Ampulle  betrachtet),  y  Stütze  des 
Spermatophylax.  p  Spermatophylax.  Ovd  Legeröhre,  s  Subgenitalplatte  des 
Weibchens  (nach  Boldyrev). 

Fig.  G.  Spermatophore  von  Olynthoscelis  iwniica  in  situ,  c  Cerci.  Ovd 
Legeröhre.  Ls  Subgenitalplatte  des  \Veibchens.  p  der  allein  von  der  Spermato- 
phore sichtbare  Spermatophylax  (nach  Boldyrev). 


b)  Thamnotrizon  cinereus  L. 

Die  Spermatophore  dieser  gemeinen  Art  habe  ich  schon  (1.  c, 
p.  497,  tab.  18  flg.  9)  beschrieben  und  abgebildet,  die  Copulation 
konnte  ich  erst  im  letzten  Sommer  in  drei  Fällen  beobachten,  und 
zwar  jedesmal  am  Nachmittag,  während  die  Weibchen  vormittags 
nicht  auf  das  Zirpen  der  Männchen  reagierten.  Wie  es  bei  den 
Decticiden  üblich,  spielt  bei  der  Einleitung  der  Begattung  das 
Weibchen  die  mehr  aktive  Rolle,  es  betastet  lange  die  Fühler  des 
sich  immer  tiefer  krümmenden  Männchens  mit  den  seinen  und  steigt 
diesem  endlich  auf  den  Rücken.  Das  alles  geht  bedeutend  langsamer 
vor  sich  als  bei  Decticus.  Die  Stellung  ist  die  bei  allen  bisher 
bekannten  Decticiden  übliche:  das  Männchen  ist  stark  gekrümmt 
und  hält  mit  dem  zweiten  Fußpaar  die  Legeröhre  des  AVeibchens* 
von  sich  weg.  Auch  das  Weibchen  ist  ventral  stark  eingekrümmt 
(s.  Fig.  7,  Taf.  2).  Während  der  ersten  Periode  der  Copulation 
erfolgen  Aus-  und  Einstülpungen  des  Penis  wie  bei  Decticus.  Wo- 
durch nun  die  Copulation  dieser  Art,  und  zwar,  worauf  Wert  zu 
legen  ist,  in  allen   drei   beobachteten  Fällen,   sich   von   der   aller 


Copulation  und  Spermatophoreu  von  Grylliden  nnd  Locustiden.  37 

anderen  bekannten  Locustiden  unterschied,  das  ist  der  Umstand, 
daß  sie  mehrfach  unterbrochen  wurde.  Zweimal  wurde  sie  plötzlich 
ohne  ersichtlichen  Grund  abgebrochen,  obwohl  die  Cerci  des  Männchens 
ganz  normal  an  der  Subgenitalplatte  des  Weibchens  befestigt  waren. 
Auch  wenn  schließlich  die  Spermatophore  erscheint,  läßt  vorher  von 
Zeit  zu  Zeit  das  Männchen  das  Weibchen  frei,  das  dann  entweder,  ohne 
seine  Stellung  zu  verändern,  wie  auch  im  Anfang,  den  Rücken  des 
Männchens  benagt,  bis  dieses  die  Begattung  fortsetzt,  oder  auch  dessen 
Rücken  verläßt,  um  ihn  gleich  darauf  wieder  zu  besteigen. 

Am  17.  August  dieses  Jahres  begann  um  4^'^  nachmittags  die 
Copulation  eines  Thamnotrüon-'P'dSiYes.  Dreimal  ließ  das  Männchen 
das  Weibchen  los,  das  dazwischen  jedesmal  dessen  Abdomen  beleckte. 
4^^  begann  dann  der  Austritt  der  Ampullen  der  Spermatophore,  dann 
quoll,  ähnlich  wie  bei  Locusta,  die  dicke  undurchsichtige  Masse  hervor, 
die  schließlich  die  Ampullenlappen  so  umgreift,  daß  sie  nur  zum 
Teil  sichtbar  bleiben.    4'^''  erfolgte  die  Trennung  der  Tiere. 

Ein  zweites  Paar  copulierte  am  27.  August  um  4^-  nachmittags. 
4*^  erfolgte  bereits  eine,  diesmal  vollständige  Trennung,  darauf 
Wiedervereinigung,  4**  und  4^^  kurze  Trennung.  4***  erfolgt  wieder 
eine  Vereinigung;  diesmal  kommt  es  schon  4^^  zum  Austritt  der 
Ampullen,  4^^  ist  die  Copulation  zu  Ende,  die  das  Weibchen  aktiv 
auflöst. 

Die  Spermatophore  (Taf.  1  Fig.  9)  fällt  durch  ihre  un- 
regelmäßige Form  auf  und  dadurch,  daß  ihr  sagittaler  Durchmesser 
den  queren  übertriift.  Sie  ist  kaum  in  zwei  Hauptlappen  gespalten, 
wie  das  sonst  bei  Decticidenspermatophoren  meist  den  Fall  ist. 
Einen  Sagittalschnitt  durch  diese  Spermatophore  stellt  Taf.  3  Fig.  11 
dar.  Auch  hier  ünden  wir  zwei  Paare  von  Hohlräumen,  vor  denen 
die  inneren,  Boldyeev's  retortenförmige  Räume,  hier  fast  so  tief 
in  die  Vulva  eingedrückt  sind  wie  bei  Locusta.  Die  „Ampullenlappen" 
sind  von  der  dicken  Masse  der  Hüllsubstanz  dicht  umgeben,  so  daß 
sie  in  caudaler  Richtung  nicht  frei  hervorragen.  Somit  scheinen 
Anklänge  an  die  von  Boldyrev  bei  Olynthoscelis  pontica  geschilderten 
Verhältnisse  vorzuliegen,  was  bei  der  nahen  Verwandtschaft  beider 
Oattungen  nicht  überraschend  sein  kann. 

c)  Mhacocleis  discrepans  Fieb. 

Von  dieser  in  der  Nähe  von  Rovigno  unter  und  auf  Gebüsch 
außerordentlich  häufigen  Art  wurden  an  Gefangenen  vier  Copula- 
tionen  beobachtet.    Die  Einleitung  der  Begattung  und  die  Stellung 


38  Ulrich  Gerhardt, 

dabei  erinnern  sehr  an  Thamnotri^on  cinereus,  doch  sind  einige  Unter- 
schiede festzustellen.  Die  Begattung  erfährt  keine  Unterbrechung. 
Nach  9 — 10  Minuten  erscheinen  die  Ampullen,  und  eine  Minute  darauf 
ist  bereits  die  rundliche,  relativ  nicht  große  Spermatophorenhülle 
herausgepreßt.  Das  Weibchen,  das  manchmal  während  des  Schluß- 
aktes den  Rücken  des  Männchens  beleckt,  streift  das  Männchen  mit 
Hilfe  eines  Sprungbeines  von  sich,  dieses  wird  dadurch  von  der  im 
Weibchen  bleibenden  Spermatophore  gelöst,  und  die  beiden  Tiere 
trennen  sich.  Auch  hier  hält  das  Männchen  die  Legeröhre  des 
Weibchens  zwischen  den  Tarsen  seines  zweiten  Fußpaares,  die  Be- 
wegungen des  Penis  und  Titillator  sind,  wie  bei  Thamnotrison,  sehr 
heftig. 

Die  Spermatophore  hat  kleine  Ampullenlappen,  die  Hülle  ist 
hier  in  zwei  paarigen,  runden,  weißen  Lappen  angeordnet,  die  sehr 
leicht  von  den  Ampullen  zu  lösen  sind.  Wie  bei  Dedicus  wird  bei 
dieser  Art  die  Spermatophorenhülle  (ca.  10  Minuten  post  coitum)  in 
toto  von  den  Ampullen  gelöst,  und  zwar  läßt  sich  hier  leicht  fest- 
stellen, daß  die  Ampullen  allein  in  der  Vulva  zurückbleiben  (s.  Fig.  10, 
Taf.  1). 

Auf  dem  Medianschnitt  durch  die  Spermatophore  zeigt  sich, 
daß  in  ihr  die  Ampullenlappen  weniger  weit  caudal  von  den  inneren 
Kapseln  liegen,  ein  Befund,  auf  den  noch  einmal  eingegangen 
werden  soll. 

Anhangsweise  sei  hier  noch  erwähnt,  daß  am  .8,  September 
zwischen  Lupoglava  und  dem  Monte  Maggiore  ein  Weibchen  von 
Tliamnotrison  dalmaticus  mit  frischer,  verhältnismäßig  sehr  kleiner, 
runder,  an  die  von  Bhacocleis  erinnernder  Spermatophore  aufgefunden 
wurde,  die  unterwegs  verzehrt  wurde. 

Alles  in  allem  kann  festgestellt  werden,  daß  die  Spermatophore 
der  Decticiden  in  der  Ausbildung  zweier  Paare  von  Hohlräumen  und 
in  der  Gesamtanordnung  der  der  Locustiden  ähnlich  gebaut  ist.  Die 
Hülle  (der  Spermatophylax)  erreicht  nicht  die  Dimensionen  wie  bei 
Locusta.  —  Die  Begattungsstellung  ist,  soweit  bisher  bekannt,  bei 
den  Decticiden  überall  gleich,  das  Männchen  ist  ventral  viel  weniger 
weit  unter  dem  Weibchen  zurückgebogen  als  bei  Locusta,  wie  bei 
dieser  Gattung  hält  sein  zweites  Fußpaar  die  Legeröhre  des  Weib- 
chens und  drückt  sie  dorsalwärts.  Die  rhythmischen  Bewegungen 
des  Titillators  werden  auch  hier  ausgeführt,  die  Begattung  dauert 
aber  meist  kürzer  als  bei  Locusta,  bei  Thamnotrison  cinereus  wird 
sie  einige  Male  unterbrochen  und  wieder  fortgesetzt. 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  39 

Von  Interesse  wäre  es,  das  Verhalten  der  recht  abweichend  g-e- 
bauten  Art  Psorodonotus  fiebert,  deren  Copulation  zu  beobachten  mir 
in  diesem  Jahre  nicht  g-elungen  ist,  kennen  zu  lernen. 


Subfam.  Ephippigerini. 

a)  Ephijypiffera  linibata  Be. 

Diese  Art  ist  im  istrianischen  Karst  und  an  den  Hängen  des 
Monte  Maggiore  besonders  auf  Juniperusbüschen  ungemein  häufig-, 
und  das  Zirpen  der  Männchen  ertönt  im  Sonnenschein  allenthalben. 
Die  Weibchen  sind  viel  seltener,  und  ich  habe  von  ihnen  nur  7  Stück 
gefunden.  Im  Gebirge  findet  sich  überall  die  Forma  minor  dieser 
Species,  am  letzten  Tage  meines  ßovigneser  Aufenthaltes  fand  ich 
dicht  bei  Rovigno  ein  Weibchen  der  Forma  major,  das  am 
8.  Oktober  in  Breslau  mit  einem  Männchen  der  kleineren  Form 
copulierte  und  dabei  photographiert  werden  konnte  (Taf.  1  Fig.  1  u.  2). 

Es  ist  längst  bekannt,  daß  bei  Ephippigera  beide  Geschlechter 
zirpen  können  und  daß  es  außerdem  bei  dieser  Gattung  außer  dem 
von  Männchen  und  Weibchen,  von  diesem  allerdings  sehr  viel  leiser, 
ausgeübten  Zirpen  aus  Begattungstrieb  noch  ein  Zirpen  des 
Schreckens,  der  Abwehr  gibt,  das  beim  Ergreifen  der  Tiere,  be- 
sonders beim  Anfassen  am  Prothorax,  prompt  ertönt.  Die  Art  ist 
ausschließlich  im  Sonnenschein  wirklich  lebhaft. 

An  Gefangenen  wurden  fünf  Copulationen  beobachtet,  eine  noch 
in  Rovigno,  die  übrigen  vier  in  Breslau.  Der  Verlauf  der  Be- 
gattung bietet  mancherlei  Besonderheiten,  die  teilweise  schon  von 
Berenguier  ^)  für  Eph.  terrestris  Yers.  geschildert  worden  sind.  Ich 
muß  hier  noch  einmal  auf  die  schon  früher  (1.  c,  p.  484)  heran- 
gezogene Schilderung  dieses  Autors  kurz  eingehen.  • 

Berenguier  schildert,  wie  das  Männchen  das  Weibchen  er- 
greift: (Le  male)  se  glisse  ä  reculons  sous  la  $  qui  de  son  cote, 
relevee  sur  le  plus  haut  de  ses  pattes,  grimpe  en  partie  sur  le  dos 
du  ^  dont  l'extremite  abdominale  est  en  ce  moment  completement 
recourbee  la  face  ventrale  en  haut.  Les  cerques  saisissent  brus- 
quement  la  plaque  sousgenitale  de  la  $  et  implantent  leurs  crochets 
lateraux   dans   les   petites   impressions   situees  de   chaque   cote  de 


1)  P.    Berenguier,    Notes    orthopterologiques,    IV — VII,    in:    Bull. 
Soc.    Et.  Sc.  nat.  Nimes,  Vol.  36,  1908. 


40  Ulrich  Gerhardt, 

cette  plaque  qui  devient  baillante  tandis  que  la  plaque  sousg-enitale 
du  <S  s'applique  au  dessous  de  l'oviscapte  et  que  les  titillateurs 
s'insinuent  dans  rentrebaillenient  de  la  plaque  sousgeiiitale  de 
la  ?." 

Bei  E.  limhata  wird  die  Copulation  dadurch  eingeleitet,  daß  das 
Weibchen  beginnt,  die  Dorsalfläche  des  männlichen  Hinterleibes  zu 
benagen.  Dann  rückt  es,  was  sehr  lange  dauern  kann,  allmählich 
immer  weiter  nach  vorn,  wobei  es  dieses  Benagen  immer  fortsetzt  und 
auch  auf  die  Flanken  des  Männchens  ausdehnt.  Das  Männchen  sitzt 
während  dieser  Zeit  still,  und  ich  habe  niemals  gesehen,  daß  es 
aktiv  nach  hinten  unter  das  Weibchen  gekrochen  wäre.  Schließ- 
lich gelangt  das  Weibchen  mit  seinen  Mundteilen  bis  auf  Pronotum 
und  Hinterkopf  des  Männchens,  und  die  Berührung  dieser  Teile  löst 
die  eigentümliche  Haltung  des  Hinterleibsendes  aus,  die  Berenguieb 
schildert.  Die  Analpartie  des  Männchens  mit  den  Cerci  biegt  sich 
dorsal  aufwärts  und  gleichzeitig  oralwärts,  so  wie  der  Stachel  des 
Skorpions,  wenn  er  stechen  will.  Das  Weibchen  senkt  die  Lege- 
röhre etwas,  und  nun  kommt  die  weibliche  Subgenitalplatte.  wie  es 
Berenguier  schildert,  so  zwischen  die  Cerci  des  Männchens  zu 
liegen,  daß  deren  mediale  (nicht  laterale,  wie  Berenguier  sagt) 
Zähne  mit  einem  plötzlichen  Ruck  in  zwei  Gruben  der  Platte  ein- 
springen. Nun  sind  die  Tiere  außerordentlich  fest  verbunden,  und 
aus  dem  9.  Segment  des  Männchens  tritt  der  Penis  mit  dem  Titil- 
lator  aus. 

Was  diesen  Begattungsanfang  von  dem  anderer  Locustiden  unter- 
scheidet, ist  vor  allem  die  abweichende  Körperhaltung  des  Männ- 
chens. Bei  allen  anderen  mir  bekannten  Locustiden,  außer  bei  Dia- 
strammena,  krümmt  das  begattungslustige  Männchen  den  Hinterleib 
mit  der  Spitze  tief  abwärts.  Hier  ist  dies  nicht  der  Fall,  sondern 
das  Männchen  sitzt  während  des  Aufsteigens  des  Weibchens  in  ge- 
streckter Haltung  und  biegt  dann  sogar  die  Hinterleibsspitze  hoch 
empor. 

Was  nun,  nach  einigen  Sekunden  bis  einigen  Minuten,  erfolgt, 
ist  die  Umdrehung  des  Männchens  unter  dem  Weib- 
chen, die  durch  einen  Sprung  des  letzteren,  ganz  ähnlich  wie  bei 
Meconema  (S.  16),  bewirkt  wird.  Für  E.  terrestris  schildert  Beren- 
guier diesen  Sprung  sehr  anschaulich:  „A  ce  contact,  la  $  lache 
le  pronotum  du  ^  qu'elle  mordillait  et  esquisse  un  bond  en  avant 
qui  a  pour  effet  de  culbuter  le  ^  dont  les  organes  genitaux  ne 
lächent  pas  prise  et  qui  se  trouve  de  la  sorte  couche  sur  le  dos,  la 


Copulation  und  Sperniatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  41 

tete  en  arriere  et  sous  l'oviscapte  de  la  $  auquel  il  se  crampoiine 
a  l'aide  de  ses  membres  auterieurs,  les  posterieiirs  en  partie  replies." 

Von  dieser  Stellung,  die  bei  E.  limhata  in  ganz  gleicher  Weise 
eingenommen  wird,  gibt  Fig.  1,  Taf.  1  eine  Darstellung.  Man  sieht, 
wie  das  zweite  Beinpaar  auch  hier  die  Legeröhre  des  Weibchens 
dorsal  in  die  Höhe  drückt,  während  das  erste  an  ihr  einen  Halt 
sucht  und  sie  umschließt.  Von  der  Stellung,  die  3Ieconema  bei  der 
Copulation  einimmt,  unterscheidet  sich  die  von  Ephippigera  dadurch, 
daß  Meconema  sich  nur  mit  den  Kiefern,  Ephippigera  mit  den  Füßen 
an  der  Legeröhre  festhält  und  deshalb  tiefer  unter  dieser  herab- 
hängt. 

Während  nun  Berengüier  die  weiteren  Vorgänge  bei  der  Copu- 
lation von  E.  terrestris  so  schildert,  daß  alles  sich  in  kürzester  Zeit 
abspielt,  ist  dies  bei  E.  limhata  keineswegs  der  Fall.  Berenguier 
schreibt:  „Presque  immediatement  [nach  dem  Sprung  des  Weibchens] 
les  flancs  du  ^  se  contractent  avec  violence,  le  spermatophore  surgit, 
les  titillateurs  s'ecartent  pour  lui  livrer  passage;  en  quelques 
secondes  le  spermatophore  est  fixe,  puis,  d'un  brusque  mouvement,  la 
$  se  separe  du  ^  qu'elle  abaudonne  couche  sur  le  dos  . . ." 

Bei  E.  limhata  beginnen  nach  dem  Sichüberschlagen  des  Männchens 
heftige,  rhj^thmische  Ausstülpungen  des  Penis,  und  genau  wie  bei 
Locusta  und  Dedicus  wird  der  Titillator  im  Grunde  der  Vulva  hin- 
und  herbewegt.  Genau  wie  dort  pressen  sich  bei  jeder  maximalen 
Entfaltung  des  voluminösen  Schleimhautkomplexes  zwei  seitliche 
Warzen  in  die  sie  genau  aufnehmenden  Elcken  der  Vulva  hinein. 
Die  männliche  Geschlechtsötfnung  bleibt  geschlossen,  sie  ist  von 
drei  Lappen  umgeben,  einem  dorsalen  medianen  unpaaren  und  zwei 
ventralen  paarigen.  In  der  ausgestülpten  Schleimhaut  sieht  man 
deutlich  den  Verlauf  gegabelter,  weißer  Tracheen. 

Die  Dauer  dieser  Preßbewegungen  ist  unter  normalen  Um- 
ständen verhältnismäßig  sehr  lang.  In  einem  Falle  hatte  sich  das 
Weibchen  mit  der  Spitze  seiner  Legeröhre  in  den  Maschen  des 
Drahtkäfigs  verfangen  und  konnte  deshalb  den  Sprung  nach  vor- 
wärts nicht  ausführen,  und  das  Männchen  gelangte  nicht  in  die 
normale  Begattungsstellung,  die  aber  eingenommen  wurde,  als  ich 
nach  etwas  über  einer  Stunde  das  Weibchen  aus  seiner  Lage  be- 
freite. In  diesem  Falle  dauerte  die  Copulation,  die  mit  der  Abgabe 
einer  normalen  Spermatophore  endete,  fast  2  Stunden.  Ich  gebe 
die  einzelnen  Abschnitte  der  beobachteten  Begattungen  hier  an,  die 
sämtlich  vormittags  stattfanden. 


42 


Ulrich 

Gerhardt, 

Paar 

No. 

Datum 

Beginn 

Austritt  der 
Ampullen 

Trennung 

Be- 
nerkungen 

I. 

15./9. 

842 

gi3 

915 

Rovigno 

II. 

22./9. 

1103 

1252-53 

1255 

abnorm 

III. 
IV. 

23./9. 
8./10. 

955 
1212 

10*» 

10^'^ 
12  "2 

Breslau 

V. 

13./10. 

10*1 

1116-17 

1120 

Wenn  wir  von  dem  zweiten,  abnormen  Falle  abseben,  so  erfolgt 
also  der  Austritt  der  Ampullen  nach  31—45  Minuten.  Der  Austritt  der 
Ampullen  selbst  dauert  ca.  1  Minute,  der  Rest  der  Spermatophore 
wird  in  2—3  Minuten  zutage  gefördert.  Wie  Fig.  11,  Taf.  1  lehrt, 
ist  diese  Spermatophore  ganz  außerordentlich  groß  im  Verhältnis 
zum  Körper  des  Tieres,  besonders  des  sie  produzierenden  Männchens. 
Es  ist  erstaunlich,  daß  diese  Spermatophore  zu  ihrem  Austritt  viel 
kürzere  Zeit  braucht  als  die  relativ  etwas  kleinere  von  Lociista,  die 
ihr  sonst  im  ganzen  Aufbau  ungemein  ähnelt. 

Den  Vorgang  ihres  Erscheinens  habe  ich  jedesmal  mit  großer 
Deutlichkeit,  einmal  besonders  gut  unter  dem  Sr.iBERT'schen  bin- 
okularen Mikroskop,  verfolgen  können.  Er  spielt  sich  äußerlich  so 
ab  wie  bei  Lociista;  zunächst  wird  die  männliche  Geschlechtsöffnung, 
unter  kurzen  rhythmischen  Kontraktionen  der  Penisschleimhaut  durch 
die  von  innen  vordrängenden  Ampullen,  stark  vorgewölbt,  die  sie 
begrenzenden  drei  Klappen  klaffen  und  lassen  die  weißen  Kugeln 
der  auch  hier  sehr  ausgebildeten  A  m  p  u  1 1  e  n  1  a  p  p  e  n  sichtbar  werden, 
die  rasch  zu  außerordentlicher  Größe  anwachsen  und,  sowie  die  Penis- 
schleimhaut ganz  über  sie  hinweggestreift  worden  ist,  mit  einem 
Ruck  in  der  Vulva  befestigt  werden.  Dabei  sieht  man,  daß  sie 
birnförmig  sind  mit  oral  gerichtetem  Stiel.  Nun  quillt,  oral  von 
den  Ampullen,  rechts  und  links  aus  den  Winkeln  zwischen  der 
dorsalen  und  den  ventralen  Klappen  der  männlichen  Geschlechts- 
öffnung je  ein  glasiger,  zäher  Schleimtropfen,  und  unter  die  Ober- 
fläche dieses  Tropfens  quillt  nun  die  unregelmäßig  gelappte  Haupt- 
masse der  Spermatophore,  die  wie  bei  Locusia  caudata  angeordnet 
ist.  Der  zähe,  vorher  ausfließende,  glasige  Schleim  hat  oftenbar  die 
Aufgabe,  eine  feste  Verbindung  zwischen  Ampullenlappen  und  der 
Spermatophorenhülle  herzustellen. 

Die  ganze  Spermatophore  ist  zunächst  rein  weiß.  Berenguier 
sagt  von  der  von  E.  terrestris:  „Le  spermatophore  est  d'une  forme 
presque  spherique,  partage  par  de  legers  sillons  en  quatre  lobes,  les 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  43 

superieurs  deux  fois  moins  volumineiix  que  les  Interieurs,  d'une 
couleur  blanc  nacre   qiii  tourna  rapidement  en  jaune  d'ivoire  .  .  ." 

Es  wird  also  hier  eine  Farbenänderung  bei  der  Spermatophoi-e 
besclirieben.  Fischee  ^)  schildert  die  Spermatophore  von  E.  vitium 
als  erbsengroß,  sj^mmetrisch,  halbdurchsichtig,  eiweißartig;  über  die 
Ampullen  sagt  er:  „ad  cuius  basin  utrinque  buUa  magis  hj^alina 
cum  nucleo  croceo  vel  aurantiaco  conspicienda  erat". 

Bei  E.  limhaia  sind  nun  diese  „Nuclei  aurantiaci*'  in  der 
Spermatophore  einige  Zeit  nach  dem  Coitus  zu  sehen,  während  die 
Ampullen  als  dicke  undurchsichtige  Kugeln  austreten.  Es  tritt  also 
auch  hier  eine  Farbenänderung  innerhalb  der  Spermatophore 
auf,  die  sich  lediglich  an  den  Ampullen  abspielt  und  die  geeignet 
erscheint,  über  deren  Bau  einige  Aufklärung  zu  geben,  insbesondere 
über  den  der  „Ampullenlappen". 

Betrachtet  man  ein  Weibchen  unserer  Ephippigera-kvi  etwa 
^U  Stunde  nach  der  Begattung,  so  ist  die  Spermatophore  schon 
etwas  angefressen,  ihre  Oberfläche  etwas  geglättet,  die  Ampullen- 
lappen sind  durchsichtig  geworden,  und  in  ihnen  ist  ein  lebhaft 
orangerot  gefärbtes  Zentrum  sichtbar,  von  dem  ein  feiner,  ebenfalls 
orangefarbener  Strang  durch  den  Spermatophorenstiel  ins  Innere 
der  weiblichen  Genitalien  führt.  Es  kann  nicht  zweifelhaft  sein, 
daß  es  sich  um  die  eigentlichen  Ampullen  und  ihre  Ausführungs- 
gänge handelt.  An  der  caudalen  Fläche  der  Ampullen  bleibt  längs 
der  Linie,  in  der  sie  median  zusammenstoßen,  zunächst  noch  ein 
weißer  Streif  stehen. 

Einige  Stunden  nach  der  Begattung  sind  die  Ampullen  noch 
durchsichtiger,  ihre  orangeroten  Kerne  noch  leuchtender  geworden. 
Bei  der  Größe  der  Spermatophore  dieser  Art  läßt  sich  das  allmähliche 
Schwinden  der  undurchsichtigen  Massen  aus  den  Ampullenlappen 
gut  verfolgen. 

Einen  Medianschnitt  durch  eine  frische  Spermatophore  zeigt 
Fig.  4,  Taf.  3.  Es  zeigt  sich,  daß  bereits  bei  ihr  die  „nuclei 
aurantiaci"  vorhanden  sind,  verdeckt  durch  die  dicke  äußere  Eiweiß- 
masse der  Ampullenlappen.  Ferner  zeigt  uns  der  Schnitt  noch,  daß 
die  Spermatophore  mit  kurzem  gebogenem  Stiel  in  der  Vulva  be- 
festigt ist,  aus  der  sich  das  ganze  Gebilde  leicht  unverletzt  auslösen 
läßt.  Innere  Kapseln  fehlen.  Somit  ist  zwar  von  außen 
gesehen     die     Spermatophore    von    EpMppigera    der    von    Locusta 


1)  Orthoptera  europaea,  Leipzig  1853,  p.   193. 


44  Ulrich  Gerhardt, 

außerordentlich  ähnlich,  aber  im  inneren  Bau  besteht  ein  wesentlicher 
Unterschied. 

Während  nach  Beeenguier  bei  E.  terrestris  die  Spermatophore 
vom  Weibchen  in  wenigen  Stunden  verzehrt  wird,  kann  diese 
Prozedur  bei  E.  limbata,  wie  bei  Locusfa  caudata,  bis  über  24  Stunden 
dauern.  Dabei  wird  allmählich  die  ganze  Masse  der  Spermatophore 
gefressen,  nicht,  wie  es  Fabre  für  E.  vitium  beschreibt,  bis  zum 
Vertrocknen  und  Herausfallen  mit  herumgetragen.  Bei  einem 
Weibchen  fand  ich  etwa  24  Stunden  nach  der  Begattung  die  Ampullen 
dadurch  eröifnet,  daß  ihre  orale  Wand  weggefressen  war,  während 
die  hintere  noch  stand.  Es  liegt  hier  also  ein  ähnliches  Verhalten 
vor  wie  bei  Locusta  caudata.  Eine  nach  24  Stunden  herausgenommene 
Spermatophore  wurde  in  Alkohol  konserviert  und  in  Xylol  auf- 
gehellt. Sie  zeigte  die  Ampullen  von  einer  doppelten  Wand  um- 
geben, von  dem  „Spermatophylax"  waren  nur  noch  halbtrockene 
Reste  da,  ebenso  von  den  ..Ampullenlappen".  Dagegen  war  der 
Spermatophorenstiel  mit  den  beiden  Ausführungsgängen  sehr  gut 
zu  sehen. 

Es  kann  im  ganzen  gesagt  werden,  daß  trotz  innerlich  ver- 
schiedenen Baues  die  AH  der  Abgabe  der  Ephippigera-Si^eYmsito^^hore 
wenig  von  dem  bei  der  Gattung  Locusta  beschriebenen  abweicht. 
Eigentümlich  ist  die  Stellung,  sowohl  bei  der  Einleitung  der 
Begattung,  wobei  das  Männchen  im  Gegensatz  zu  denen  anderer 
Locustiden  -  Arten  seine  Hinterleibsspitze  dorsalwärts  krümmt, 
wie  bei  dem  eigentlichen  Begattungsakt  selbst,  bei  dem  das  Männ- 
chen mit  dem  Kopf  nach  hinten  unter  der  Legeröhre  des  Weibchens 
hängt. 

Zusammenfassendes  über  die  Spermatophoren   der  Locustinen, 
Decticinen  und  Ephippigerinen. 

Wenn  wir  die  Spermatophoren  der  drei  letztbesprochenen  Sub- 
familien  vergleichend  betrachten,  so  können  wir  feststellen,  daß  bei 
den  Locustinen  und  Decticinen  zwei  Paare  von  Hohlräumen  vorhanden 
sind,  bei  Ephippigera  limbata  dagegen  nur  eines,  während  Vosseler  ^) 
für  die  Ephippigeride  Platystolus   einen   akzessorischen  Körper  im 


1)  A.  Vosseler,  Beitr.  zur  Faunistik  u.  Biologie  der  Orthopteren 
Algeriens  und  Tunesiens,  in:  Zool.  Jahrb.,  Vol.  17,  Syst.,  1903,  p.  49 
(Spermatophoren  von  Eugaster  und  Platystolus).  Die  VosSELER'schen 
Abbildungen  sind  im  ersten  Teil  dieser  Abhandlung,  p.  487,  kopiert. 


Copulation  und  Spermatophoreu  von  Gryllideu  und  Locustiden.  45 

Spermatophorenstiel  beschreibt,  der  den  „retortenförmigen  Räumen" 
von  Dedicus,  Locusta  usw.  vergleichbar  zu  sein  scheint. 

Fragen  wir  uns,  welcher  Teil  der  Spermatophore  der  Decticineu 
und  Locustinen  den  Ampullen  der  Phaneropterinen,  Meconeminen  und 
Conocephalinen  zu  homologisieren  sei,  so  möchte  ich  auf  Grund  der 
VossELER'schen  Feststellung  an  Platysfolus  und  außerdem  an  der 
Hand  eigener  Schnittpräparate,  die  in  Fig.  8—11,  Taf.  3  zusammen- 
gestellt sind,  der  Meinung  zuneigen,  daß  dies  die  äußeren,  von 
mir  als  Ampullenlappen  bezeichneten  Körper  seien.  Hierfür 
habe  ich  folgende  Gründe: 

1.  Die  topographische  Lage  aller  dieser  Kapseln  im  Verhältnis 
zur  Vulva  des  Weibchens,  ferner  die  Art  ihres  Austrittes  bei  der 
Begattung  ist  überall  gleich.  Dies  gilt  insbesondere  für  die  „Äm- 
pullenlappen"  von  Locusta  und  die  von  dicker  Eiweißschicht  um- 
gebenen Ampullen  von  Ephippigera  limbata. 

2.  Es  finden  sich  Übergangsformen  zwischen  dem  Tj^pus  mit 
einem  und  dem  mit  zwei  Paar  Hohlräumen.  Abgesehen  von  Platy- 
stolus  sehe  ich  einen  solchen  Übergangstypus  in  der  Spermatophore 
von  Platycleis  grisea  (Fig.  10,  Taf.  3,  Präparat  von  1912),  die  sich 
von  der  von  Thamnotrizon  dnereus  (Fig.  11)  oder  gar  der  des  Gattungs- 
genossen Platycleis  roeseli  (Fig.  9)  wesentlich  unterscheidet.  Während 
bei  beiden  letztgenannten  Arten  die  BoLDYEEv'schen  retortenförmigen 
und  akzessorischen  Hohlräume  scharf  getrennt  sind,  bildet  der 
äußere  (akzessorische)  Raum  bei  Pli.  grisea  nur  eine  kappenförmige 
Umhüllung  des  weiten  inneren  Raumes.  Ähnlich  verhält  sich 
Pliacocleis. 

Ich  möchte  daher  die  Meinung  äußern,  daß  uns  Plaiystolus  etwa 
lehren  kann,  wie  der  im  Spermatophorenstiel  enthaltene,  in  die  Vulva 
eingesenkte  Ausführungsgang  der  Ampullen  Schlängelungen,  Er- 
weiterungen usw.  erfahren  kann,  so  daß  schließlich  ein  Sperma 
führender  (innerer)  von  einem  wesentlich  Eiweißmasse  enthaltenden 
(äußeren)  Raum  gesondert  wird.  Bei  Ephippigera  limbata  haben  wir 
die  außerhalb  der  Vulva  gelegenen  Ampullen  selbst  von  einem 
dicken  Eiweißmantel  umgeben,  der  allmählich  entleert  wird,  so  daß 
nach  dieser  Entleerung  die  eigentlichen  Samenkapseln  in  einem 
weiteren  leeren  kugelförmigen  Raum  suspendiert  sind. 

Ich  meine  daher,  daß  bei  den  Decticiden  und  Locustiden  die 
inneren  Kapseln  sich  als  sekundäre  Difterenzierungen  der  ursprüng- 
lichen Ampullen  entwickelt  haben,  die  diesen  ihre  Funktion  mehr 
und  mehr  abgenommen  haben.    Dabei  meine  ich,  daß  die  Eiweiß- 


46  Ulrich  Gerhardt, 

massen  der  Ampullenlappen  vielleicht  mit  dazu  dienen  könnten, 
während  des  Spermatophorenaustrittes  das  Sperma  vor  sich  her  in 
die  inneren  Kapseln  zu  drängen.  Bestärkt  werde  ich  in  dieser  An- 
sicht noch  durch  das  Vorkommen  weniger  ausgeprägter  terminaler 
Anschwellungen  des  Lumens  im  Ampullenstiel  bei  Xiphidium  und 
noch  geringerer  bei  Meconema. 

Anhang.    Die  Sperniatophoren  der  Mantiden. 

Es  wurde  (1.  c,  p.  517)  bereits  der  Befund  Pkzibeam's  ^)  erwähnt, 
nach  dem  bei  Mantis  religiosa  nach  der  Begattung  eine  Spermato- 
phore  in  den  Geschlechtsteilen  des  Weibchens  sichtbar  ist.  Da  deren 
Vorkommen  bei  anderen  Orthopteren  als  den  Locustiden  und  Grji- 
liden  von  einem  vergleichend-phylogenetischen  Interesse  für  uns  sein 
muß,  so  habe  ich  mir  im  Herbst  1913  Spermatophoren  von  Mantis 
religiosa  L.  und  von  Ameles  decolor  Charp.  in  Rovigno  verschafft. 
Beide  Arten  sind  leicht  zur  Copulation  zu  bringen,  bei  der,  wie 
Pezibram  bereits  schildert,  das  Männchen  auf  dem  Weibchen  sitzt 
und  seinen  Hinterleib  von  rechts  her  um  die  Hinterleibsspitze  des 
Weibchens  schlingt.  Dabei  muß,  besonders  bei  Ameles,  das  männ- 
liche Abdomen  eine  sehr  starke  Krümmung  beschreiben.  Der  hornige 
Penis  des  Männchens  dringt  nun  von  links  her  (das  Männchen  langt 
mit  seinem  Abdomen  völlig  um  das  des  Weibchens  herum)  zwischen 
9.  und  10.  Segment  des  Weibchens  ein,  dessen  einem  rinnenförmig 
zusammengelegten  Blatt  gleichende  Subgenitalplatte  ventral  abwärts 
gedrängt  wird.  In  den  so  entstehenden,  tief  klaffenden,  frontalen 
Spalt  der  weiblichen  Hinterleibsspitze  zwängt  das  Männchen  die 
seinige  hinein  und  zwar  so,  daß  die  linke  laterale  Kante  seines 
Rumpfes  nach  oben  sieht.  Der  männliche  Hinterleib  ist  also  nicht 
nur  schlingenförmig  gebogen,  sondern  auch  um  seine  Längsachse  um 
ca.  90^  gedreht.  Während  der  Copulation  hält  das  Männchen  bei 
beiden  Arten  das  Weibchen  zwischen  seine  beiden  geschlossenen 
Fangarme  gepreßt.  Das  Weibchen  von  Ameles  krümmt  während  der 
Copulation  den  Hinterleib  etwas  dorsalwärts.  Bei  Mantis  dauert 
die  Copulation,  wie  auch  Pezibram  angibt,  meist  2^/2  Stunden,  bei 
Ameles  1  —  1  ^'3  Stunden. 

Von  Ameles  werden  4,  von  Mantis  6  Copulationen  beobachtet; 
nur  in   einem  Falle   wurde   bei   Mantis  dem  Männchen   intra  oder 


1)  Die  Lebensgeschichte  der  Gottesanbeterinnen  (Fang-Heuschrecken), 
in:  Z.  wiss.  Insektenbiol.,  Vol.  3,   1907,  p.    117,    146. 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  47 

post  coitum  (die  Beg-attung  wurde  uachts  beendet)  der  Kopf  und 
Prothorax  von  Weibchen  abgefressen,  was  ich  früher  (1900)  in 
Rovig-no  öfters  gesehen  hatte. 

An  der  Hinterleibsspitze  der  Weibchen  beider  Gattungen  war 
nach  der  Begattung  von  außen  wenig  besonderes  zu  sehen.  Die 
Subgenitalplatte  war  noch  ventralwärts  abgebogen,  und  man  konnte 
vermuten,  daß  dies  durch  einen  in  ilirem  Innern  verborgenen  festen 
Gegenstand  geschähe.  Beim  Auseinanderbiegen  der  Subgenitalplatte 
und  der  dorsal  davon  liegenden,  hakenförmig  gekrümmten  Legeröhre 
sieht  man  die  weißliche,  mit  einem  undurchsichtigen  weißen  Kern 
versehene  Spermatopho  re  in  der  Vulva  stecken. 

Herauspräparierte  Spermatophoren  von  Mantis  zeigen  außer- 
ordentlich unregelmäßige  Begrenzung,  eine  Menge  von  Zacken  und 
Fortsätzen,  die  auch  in  der  von  Pezibeam  gegebenen  Textfigur  an- 
gedeutet zu  sein  scheinen.  Das  ganze  Gebilde  hat  etwa  die  Größe 
eines  Hanfkornes.  Mir  liegen  zwei  konservierte  Exemplare  vor,  von 
denen  die  eine  nur  ganz  unbedeutend  größer  ist  als  die  andere. 
Der  größte  Durchmesser  beträgt  nicht  ganz  3  mm.  Jede  Spermato- 
phore  besteht  aus  einer  Kapsel,  die  das  Sperma  enthält  und  die 
von  zwei  Membranen  umgeben  ist :  die  innere  Kapsel,  die  den  Samen- 
beliälter  selbst  begrenzt,  ist  außerordentlich  unregelmäßig  gestaltet; 
trotzdem  läßt  sich  an  ihr  ein  nach  außen  (caudal)  gerichtetes 
stumpfes  und  ein  orales,  in  zwei  Hauptspitzen  ausgezogenes  Ende 
unterscheiden.  Die  größte  dieser  beiden  Spitzen  birgt  den  Aus- 
f  ü  h  r  u  n  g  s  g  a  n  g ,  der  das  Sperma  in  das  Receptaculum  des  Weibchens 
zu  leiten  hat.  Außer  ihnen  ist  die  Kapsel  noch  in  einige  unregel- 
mäßige, stumpfere,  kleinere  Fortsätze  ausgezogen. 

An  der  Mündungsstelle  des  Ausführungsganges  stoßen  innere 
und  äußere  Haut  der  Spermatophore  zusammen.  Im  wesentlichen 
wiederholt  die  äußere  die  mannigfachen  Auszackungen  der  inneren, 
ihre  äußere  Oberfläche  ist  von  einer  dünnen  unregelmäßig  auf- 
liegenden Schleimschicht  überzogen.  Fig.  5,  Taf.  3  zeigt  eine  solche 
vergrößerte  Spermatophore. 

Etwas  regelmäßiger  gestaltet  ist  die  Spermatophore  von 
Ameles  decolor,  die  naturgemäß  viel  kleiner  ist  als  die  von  Mantis, 
etwa  l'/o  mm  lang.  Das  Ganze  ist  ein  stumpf  kegelförmiges  Gebilde 
ohne  die  für  die  Spermatophore  von  Mantis  charakteristischen  zackigen 
Fortsätze.  Auch  hier  besitzt  der  eigentliche,  den  Samen  bergende 
Hohlraum  eine  doppelte  Hülle,  die  aber  hier  durch  einen  geringeren 
Zwischenraum  getrennt  sind.  Die  etwas  abgerundete  und  abgeschrägte 


48  Ulrich  Gerhakdt, 

Spitze  dieses  Keg-els  wird  sichtbar,  wenn  man  die  Legeröhre  und 
Subg-enitalplatte  des  Weibchens  auseinanderbieg-t ,  sie  ragt  dann 
nacli  außen  hervor,  während  die  Basis  des  Kegels  in  die  Vulva  ein- 
gesenkt ist,  ähnlich  wie  das  zweispitzige  Spermatophorenende  bei 
Mantis.  Auch  hier  mündet  der  Ausführungsgang  durch  einen  kurzen, 
stumpfen  Fortsatz  an  der  Basis  des  Kegels,  und  an  dieser  Stelle 
stoßen  äußere  und  innere  Membran   der  Spermatophoren  zusammen. 

Es  ist  mir  durch  Zufall  nicht  gelungen,  die  von  Pezibram  be- 
schriebene Ausstoßung  der  entleerten Spermatophore  zu  beobachten, 
weder  bei  Ämeles  noch  bei  Mantis,  obwohl  auf  diesen  Punkt  ge- 
achtet wurde.  Ich  muß  den  richtigen  Moment  verpaßt  haben, 
konnte  aber  auch  in  den  Käfigen  keine  leeren  Spermatophoren 
auffinden. 

Die  uns  hier  interessierende  Frage  ist  naturgemäß  die  nach 
der  Vergleich  barkeit  der  Mantidenspermatophoren  mit  denen  der 
uns  eigentlich  nur  beschäftigenden  Familien  der  Grylliden  und 
Locustiden.  Zunächst  sind  alle  drei  Spermatophorentypen  in- 
sofern vergleichbar,  als  sie  neben  einer  Kapsel,  die  den  Samen  ent- 
hält, noch  weitere  Bildungen  aufweisen,  die  als  Hüllen,  Befestigungs- 
mittel usf.  auftreten. 

Meines  Erachtens  ist  aber,  wenn  wir  von  diesen  ganz  allgemeinen 
Ähnlichkeiten  absehen,  nur  ein  Spermatophorentypus  einigermaßen 
mit  dem  der  Mantiden  vergleichbar,  nämlich  der  von  Gryllotalpa, 
der  im  ersten  Teil  dieser  Arbeit  ausführlich  geschildert  und  ab- 
gebildet worden  ist.  Bei  Gryllotalpa  wie  bei  den  Mantiden  enthält 
eine  äußere  Membran  in  ihrem  Innern  die  kleinere  eigentliche, 
unpaare  Samenkapsel,  und  nur  an  der  Mündungsstelle  des  Aus- 
führungsganges berühren  sich  beide.  In  der  ganzen  äußeren  Form, 
in  der  Aufhängung  der  inneren  Kapsel  innerhalb  der  äußeren,  vor 
allem  aber  in  der  sehr  viel  komplizierteren  Ausgestaltung  des  Aus- 
führungsganges bei  Gryllotalpa  weichen  beide  Formen  voneinander 
ab.  Immerhin  meine  ich,  daß,  wenn  überhaupt  eine  Möglichkeit 
besteht,  die  Mantidenspermatophoren  an  die  der  Grylliden  und 
Locustiden  anzuknüpfen,  dieser  Punkt  der  Anknüpfung  hier  zu 
suchen  ist.  Es  ist,  wie  mir  wohl  bewußt  ist,  ebensogut  möglich, 
daß  diese  Vergleichbarkeit  kein  Beweis  für  einen  genetischen  Zu- 
sammenhang zu  sein  braucht,  und  ich  bin  weit  entfernt  davon,  einen 
solchen  zu  behaupten.  Nur  möchte  ich  vor  allem  feststellen,  daß 
die  Spermatophorenformen  der  eigentlichen  Grillen  {Gryllus, 
Nemobius,   Oecanthus)   sich    mit    denen    von   Mantis    ebensowenig   in 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  49 

den  Einzelheiten  ihres   Aufbaues  vergleichen  lassen,  wie   die   der 
Locustiden. 


III.  Besprechung  der  Ergebnisse. 

1.   Ergebnisse  an  Grylliden. 

Wenn  wir  versuchen,  aus  dem  bis  jetzt  vorliegenden  Material 
die  gewonnenen  Ergebnisse  zusammenzustellen,  so  ist  zunächst  fest- 
zustellen, daß  für  die  Grylliden  alle  im  ersten  Teile  dieser  Ab- 
handlung ausgesprochenen  Folgerungen  weiter  zu  recht  bestehen. 
Neu  beobachtet  wurde  Oecanthus,  dessen  Copulation  und  Spermato- 
phore  im  wesentlichen  keine  Abweichungen  von  dem  bei  den 
Gattungen  Liogrijllus,  GrylUis  und  Nemohius  festgestellten  Typus 
zeigen,  mit  einigen  Ausnahmen:  1.  Die  Flügelhaltung  von  Oecanthus, 
durch  die  ein  im  Winkel  zwischen  Flügeln  und  Körper  des  Männchens 
gelegenes  Drüsenfeld  entblößt  wird,  erinnert  einigermaßen  an  die 
vieler  Locustidenmännchen,  ohne  daß  dieser  Ähnlichkeit  eine  tiefere 
Bedeutung  zukommen  müßte.  2.  Die  Copulation  von  Oecanthus  hat 
ein  ähnliches  Nachspiel  wie  die  von  Nemohius;  da  nach  dessen 
Beendigung  die  Spermatophore  aus  der  Vulva  entfernt  wird,  so  wird 
zweifellos  während  seiner  Dauer  das  Sperma  ins  Eeceptaculum  des 
Weibchens  geleitet.  3.  Die  Spermatophore,  die  mit  einem  Hinterfuß 
aus  der  Vulva  genommen  wurde,  wird  vom  Weibchen  gefressen. 
Dieser  Modus  ihrer  Entfernung  wurde  bei  anderen  Grillen  nicht 
beobachtet. 

Im  übrigen  ist  Oecanthus  im  Bau  seiner  Spermatophore  und  in 
der  Ausführung  der  Copulation  trotz  seines  locustidenähnlichen  Ha- 
bitus ein  echter  Gryllide,  und  die  Hoffnung,  bei  ihm  vermittelnde 
Eigenschaften  zu  finden,  hat  sich  nicht  erfüllt. 

Die  Sonderstellung,  die  Gryllotalpa  unter  den  Grylliden  im  Bau 
ihrer  Spermatophore  einnimmt,  bleibt  weiter  bestehen,  so  daß 
zwar  bei  den  Grylliden  im  weiteren  Sinne  die  gleiche  Begattungs- 
stellung  (Weibchen  auf  dem  Männchen  sitzend)  sich  findet, 
aber    zwei    sehr   verschiedene   Spermatophorenformen   vorkommen.^) 


1)  An  dieser  meiner  Auffassung  wird  wenig  geändert  durch  die  un- 
mittelbar nach  Fertigstellung  dieser  Arbeit  erschienene  Abhandlung  BOL- 
DYEEv's,  „Die  Begattung  und  der  Spermatophorenbau  bei  der  Maulwurfs- 
grille (Gryllotalpa  gryllotalpa  L.)",  in:  Zool.  Anz.,  Vol.  42,  p.  592 — 605, 
worin  er  einen  äußeren  fadenförmigen  Anbang  der  GryUoial]m-S-perma.to- 
Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  4 


50 


Ulbich  Gerhardt, 


Die  soeben  besprochene  Vergleichbarkeit  des  gröberen  Baues  der 
Gryllotalpa-  und  Mantidenspermatopliore  könnte  auf  eine  primitive 
Ausgangsform  bei  blattidenartigen  Vorfahren  hinweisen.  Doch  fehlen 
vorläufig  hierfür  festere  Anhaltspunkte. 

Wenn  somit  die  Ergebnisse  an  Grylliden,  wie  sie  im  ersten 
Teile  dieser  Studie  niedergelegt  wurden,  durch  die  neu  hinzu- 
gekommenen Beobachtungen  keine  wesentlich  andere  Auffassung 
verlangen,  so  scheinen  mir  die  neuen  Untersuchungen  an  Locu- 
stiden  für  diese  Familie  eine  ganze  Reihe  von  neuen  Gesichts- 
punkten zu  ergeben. 


2.  Ergebnisse  an  Locustiden. 

Es  wird  zweckmäßig  sein,  an  diesem  Orte  noch  einmal  die  Be- 
obachtungen zusammenzustellen,  die,  soweit  mir  bekannt,  über  die 
Begattung  und  die  Spermatophoren  von  Locustiden  vorliegen.  Dabei 
sollen  zunächst  die  Formen  mit  bekanntem  Copulationsmodus  mit 
Angabe  des  Gewährsmannes,  sodann  die,  von  denen  zwar  die 
Spermatophore,  nicht  aber  die  Begattung  bekannt  ist,  aufgeführt 
werden.  Es  zeigt  sich  dabei,  daß  ganz  überwiegend  europäische 
Arten  beobachtet  worden  sind,  dagegen  über  tropische  Formen  nur 
wenige  Angaben,  die  noch  dazu  sehr  unvollkommen  sind,  vorliegen. 

1.  Begattung  und  Spermatophore  wurden  beschrieben  von: 

Subfamilie  Art  Gewährsmann 


Phaneroptermi 


Meconemini 
Conocephalini 


Locustini 


Barbilistes  bcrenguieri 
Isophya  pyrenaeae 
Orjyhania  denticauda 
Leptophyes  pundalissima 
Leptophyes  hosci 
Phaneroptera  falcata 
Fhaneroptera  quadripimdata 
Tylopsis  liliifolia 
Meconema  varium 
Conocephalus  m andibularis 
Xiphidium  fuscum 
Locusta  caudata 
Locusta  veridissima 


Beeenguier 


TÜMPEL 


Gerhaedt 

(Spermatophore    auch    von 

BOLDYREV) 


BOLIVAE,    FaBEE, 

Geehaedt 


phore  beschreibt ,  den  ich  nicht  gesehen  hatte.  Inzwischen  hat  Herr 
Boldyeev  mir  liebenswürdigerweise  ein  Präparat  übersandt,  aus  dem  die 
Existenz  dieses  Fadens  zweifellos  hervorgeht.  Ich  werde  anderen  Ortes 
auf  diesen  Gegenstand  näher  eingehen.     Br.,    17.  Januar    1914. 


Copulation  und  Spermatophoreu  von  Grylliden  und  Loctistiden. 


51 


Subfamilie 
Decticiui  < 

Ephippigeriiii 
Stenopelmatini 


Art 

Dcdicus  albifrons 
DecHcus  verriicivorus 

Platijcleis  roeseli 
Platijcieis  grisea 
Thamnotrizon  cinereus 
Rhacocleis  discrepans 
Ephippigera  Vitium 
Ephippigera  teyrestris 
Ephippigera  limbata 
Diestrammena  marniorata 


Gewährsmann 

Fabre,  Boldyeev 
RösEL,  Boldyeev, 

Gekhaedt 
Boldyeev,  Geehardt 

Geehardt 

Fischer 
Beeengulee 
Geehaedt 
Baumgaetnee, 
Boldyeev,  Gerhardt 


2.  Außerdem  wurden  Spermatophoren  beschrieben  von: 


Subfamilie 
Phaneropterini 

Decticini 


Art 

Eitrgcorypha  sp. 
Olgiähoscelis  poniica 
Thamnotrizon  dalmaticus 
Platystolus  pacliygaster 


Gewährsmann 


Vosselee  ^) 

Boldyeev 

Geehaedt 

vosseler 


Ephippigerini   ^    Eugaster  gityoni 

Von  europäischen  Familien  fehlen  bisher  bei  dieser  Übersicht 
die  der  Sag^iden,  die  europäischen  Stenopelmatiden  und  die 
C  a  1 1  i  m  e  n  i  d  e  n.  Unter  den  exotischen  Familien  ist  wohl  am  meisten 
der  Mangel  an  Beobachtungen  an  Gryllacriden  zu  bedauern. 

Wenn  wir  die  verschiedenen  Copulationsmodi  der  daraufhin 
studierten  Locustidenformen  vergleichend  betrachten,  so  wird  zu- 
nächst die  Einleitung  der  Begattung  ins  Auge  zu  fassen 
sein.  Sie  wird  bei  den  mit  Stridulationsorganen  begabten  Männ- 
chen durch  Zirpen  vorbereitet,  das  bei  Berührung  mit  den  Fühlern 
des  Weibchens  ausgelöst,  aber  auch  vom  Männchen,  das  fern  vom 
Weibchen  ist,  als  Lockmittel  angewendet  wird.  Ist  das  Weibchen 
begattungsbereit,  so  wird  deutlich  diese  Bereitschaft  durch  das 
Zirpen  des  Männchens  gesteigert. 

Bei  Meconema  ersetzt  das  Männchen,  das  kein  Stridulationsorgan 
besitzt,  das  Zirpen  durch  ein  lautes  Trommeln  mit  der  Hinterleibs- 
spitze auf  Blättern,  bei  Tißopsis  antwortet  das  Weibchen  dem  zirpen- 
den Männchen  durch  deutlich  hörbares  Stridulieren.    Bei  Ephippigera 


1)  J.  VosSELER,  Die  Gattung  Myrraecophana  Brunner.  Ihre 
hypertelische  und  Ameisennachahmung:  in:  Zool.  Jahrb.,  Vol.  27,  Syst., 
1909,  p.   157. 

4* 


52  Ulrich  Gerhardt, 

zirpt  das  Weibchen  gleichfalls,  aber,  wie  es  scheint,  weniger  als  Ant- 
wort auf  den  Kuf  des  Männchens. 

Schon  bei  den  Grylliden  sahen  wir  (Teil  I,  p.  448),  daß  hier  bei 
manchen  Arten  das  Weibchen  aktiv  das  Männchen  besteigt  {Gryllo- 
talpa\  während  bei  Liogryllus  sich  das  Männchen  mehr  aktiv  unter 
das  Weibchen  schiebt.  Die  größere  Aktivität  oder  Passivität  des 
Männchens  bei  den  Locustiden  hängt  zum  Teil  mit  der  bei  der 
Begattung  eingenommenen,  starken  Modifikationen  unterworfenen 
Stellung  zusammen,  die  bei  den  Grylliden  einheitlicher  beibehalten 
wird.  Dort  sitzt  immer  das  Weibchen  auf  dem  ruhig  auf  dem  Boden 
sitzenden  Männchen,  die  Köpfe  beider  Tiere  sind  dabei  immer  gleich 
gerichtet. 

Bei  der  Stenopelmatide  Diestrammena  lernten  wir  (Teil  I,  p.  458) 
ein  ähnliches  Verhalten  des  Männchens  wie  bei  den  Grillen  kennen. 
Das  Männchen  schiebt  sich  in  der  Hauptsache  aktiv  unter  das 
Weibchen,  das  aber  zuweilen  dem  Männchen  dabei  seinerseits  ent- 
gegenkommt. Wie  bei  den  Grylliden  das  Weibchen  vor,  bei  oder 
nach  der  Begattung  das  Abdomen  des  Männchens  zu  benagen  pflegt, 
so  auch  das  Weibchen  von  Diestranwiena  am  Anfang  und  am  Ende 
des  Coitus.  Wir  finden  dieses  Verfahren  bei  allen  Locustiden  wieder, 
bei  denen  das  Weibchen  aktiv  auf  den  Rücken  des  Männchens  steigt, 
und  konnten  (1.  c.)  feststellen,  daß  in  dem  Reiz,  den  ein  Secret  auf 
der  Dorsalfläche  des  männlichen  Körpers  auf  das  Weibchen  aus- 
übt, mit  großer  Wahrscheinlichkeit  den  Grund  für  dessen  oft 
zu  beobachtende  Aktivität  bei  der  Einleitung  der  Begattung  zu 
sehen  ist. 

Unter  den  Locustiden,  deren  Cerci  beim  Männchen  zu  Haft- 
organen geworden  sind,  wird  das  Männchen  bei  den  flügellosen 
Phaneropteriden  (Odonturen),  bei  Locusta,  den  Decticiden  und  Ephippi- 
geriden  vom  Weibclfen  bestiegen.  Bei  Meconema  beleckt  das  Weib- 
chen den  weit  ausgestreckten  Hinterleib  des  Männchens,  wird  dann 
aber  von  diesem  gewaltsam  mit  den  Cerci  ergriifen. 

Eine  vermittelnde  Stellung  nimmt  Tißopsis  ein.  Hier  schiebt 
das  Männchen  seine  Hinterleibsspitze  unter  das  hochaufgerichtete 
Weibchen,  das  die  seinige  senkrecht  abwärts  hält  und  auch  wohl 
mit  seinen  Tastern  und  Vorderbeinen  die  Rückentiäche  des  männ- 
lichen Abdomens  betastet,  nicht  aber  das  Männchen  eigentlich 
besteigt. 

Bei  Phaneroptera  dagegen  erfaßt  das  Männchen  von  der  Seite 
her  das  Weibchen,  indem  es  die  Zange  seiner  Cerci  unter  die  weib- 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  53 

liehe  Subg-enitalplatte  biegt.     Noch   auffallender  ist  ein   ähnliches 
Verhalten  bei  den  bisher  beobachteten  Conocephaliden. 

Wo  das  Männchen  vom  Weibchen  bestiegen  wird,  fallen  natur- 
gemäß die  Sagittalebeneu  beider  Tiere  in  eine  gemeinsame  Ebene. 
Im  einfachsten  Falle  bleibt  das  Männchen,  das  das  Weibchen  auf 
seinem  Rücken  trägt,  auf  seiner  Unterlage  mit  allen  seinen  Füßen 
sitzen.  Soweit  bisher  bekannt,  ist  das,  außer  bei  Diestrammena,  nur 
bei  den  Odonturen  der  Fall,  während  das  Männchen  sonst  eine 
mehr  oder  weniger  starke  Umbiegung  unter  dem  Weibchen  nach 
hinten  ausführt.  Bei  den  Decticiden  erreicht  diese  Umbiegung 
einen  relativ  geringen  Grad,  der  Winkel  zwischen  beiden  Körpern 
beträgt  noch  nicht  90%  immer  aber  faßt  das  zweite  Fußpaar  au 
die  Legeröhre  des  Weibchens,  während  das  erste  sich  irgendwo  fest- 
hält. Bei  den  Locustiden  geht  die  Umdrehung  des  Männchens 
so  weit,  daß  die  Köpfe  der  Tiere  entgegengesetzt  gerichtet  sind. 
Sie  erfolgt,  wie  bei  den  Decticiden,  nach  der  Vereinigung  allmählich, 
nicht  mit  einem  plötzlichen  Ruck.  Die  beiden  ersten  Fußpaare  ver- 
halten sich  wie  bei  den  Decticiden.  Bei  den  Ephippigeriden 
wird  endlich  das  unter  dem  Weibchen  sitzende  Männchen  durch 
eine  purzelbaumartige  Bewegung  bei  einem  plötzlichen  Sprung  des 
Weibchens  gewaltsam  mit  dem  Kopf  nach  hinten  geworfen,  und  seine 
4  Vorderextremitäten  erfassen  dessen  Legeröhre.  Es  wurde  darauf 
hingewiesen,  daß  das  zweite  Fußpaar  in  allen  diesen  Fällen  die 
Legeröhre  dorsal  in  die  Höhe  drückt  und  so  die  Vulva  erweitert. 

Bei  Meconema  varium  findet  ein  sehr  ähnliches  Sichüberschlagen 
des  Männchens  unter  dem  Weibchen  statt,  dessen  Legeröhre  aber 
hier  nicht  von  den  Füßen,  sondern  den  Kiefern  des  Männchens  er- 
griffen wird. 

Bei  Tylopsis,  bei  der  das  Männchen  von  vorn  her  aktiv  das 
Weibchen  ergreift,  bleiben  die  Tiere  mit  ihren  Sagittalebeneu  in 
einer  Ebene  stehen,  das  Weibchen  lehnt  sich  immer  stärker  hinten- 
über, so  daß  beide  Körper  einen  sehr  stumpfen  Winkel  miteinander 
bilden. 

Unter  den  Formen,  bei  denen  das  Weibchen  von  der  Seite  und 
von  unten  her  vom  Männchen  ergriffen  wird,  dreht  sich  bei  Phanero- 
ptera  falcata  das  Männchen  so  unter  dem  Weibchen  herum,  daß  eine 
ähnliche  Stellung  wie  bei  Ephippigera  zustande  kommt,  also  das 
Männchen  nach  hinten  gekehrt  unter  der  Legeröhre  hängt,  die 
Sagittalebene  ist  beiden  gemeinsam.  Bei  Ph.  quadripunctata,  deren 
Begattung  sonst   wie  die  der  Gattungsgenossin   verläuft,  bleibt  das 


54  Ulrich  Gerhardt, 

Männchen,  obwohl  es  sich  nach  hinten  wendet,  an  seiner  Unterlage 
sitzen.  Bei  den  Conocephaliden  endlich  sitzen  die  Tiere  mit 
entgegengesetzt  gerichteten  Köpfen  so,  daß  die  etwas  um  die  Längs- 
achse gedrehten  Hinterleiber  einander  zugekehrt  sind,  während  die 
Füße  jedes  Partners  ihre  Unterlage  festhalten.  In  den  drei  letzt- 
genannten Fällen  hält  sich  das  Männchen  nicht  an  der  Legeröhre 
des  Weibchens. 

Es  wird  hier  die  Frage  aufzuwerfen  sein,  wie  wir  uns  das  Zu- 
standekommen dieser  zum  Teil  komplizierten  und  seltsamen  Be- 
gattungsstellungen bei  den  Locustiden  vorzustellen  haben,  die  in 
einem  überraschenden  Gegensatz  zu  der  verhältnismäßig  sehr  ein- 
heitlichen Haltung  der  Grylliden  stehen. 

Wir  können  es  als  sicher  annehmen,  daß  die  fadenförmigen, 
fühlerartigen  Cerci  der  Grylliden,  Stenopelmatiden  und  Gryllacriden, 
die  wir  auch  bei  den  meisten  übrigen  Orthopteren,  insbesondere 
bei  den  Blattiden  und  Mantiden,  antreifen,  primitiver  sind  als  die 
zu  Greiforganen  differenzierten  der  übrigen  Locustiden.  Deshalb 
werden  wir  auch  den  Modus  der  Vereinigung  der  äußeren  Ge- 
schlechtsorgane, wie  wir  ihn  bei  den  Formen  mit  fadenförmigen 
Cerci  antreffen,  für  ursprünglicher  halten  müssen.  Soweit  diese 
Formen  auf  ihre  Begattung  hin  bekannt  sind,  sitzt  bei  ihnen  das 
Weibchen  auf  dem  Männchen,  das  seine  Unterlage  nicht  verläßt. 
Daher  wird  dies  der  ursprüngliche  Begattungsmodus  der  Grylliden 
und  Locustiden  gewesen  sein.  Bei  den  Formen  mit  umgewandelten 
Cerci  finden  wir  nun  auch  einen  höheren  Grad  der  Differenzierung 
der  männlichen  Subgenitalplatte,  die  in  den  meisten  Fällen  mit 
Styli  versehen  ist.  Dadurch  ergibt  sich  insofern  eine  Verschiebung 
der  Tätigkeit  der  bei  der  Copulation  als  Haftorgane  fungierenden 
Gebilde,  als  bei  den  Grylliden  der  Penis  mit  dem  extrem  ent- 
wickelten Titillator  die  Befestigung  des  Männchens  am  Weibchen 
bewirkt,  während  bei  Diestrammena  eigentlich  eine  solche  nur  durch 
die  schon  im  Weibchen  und  noch  im  Männchen  haftende  Spermato- 
phore  vollzogen  wird,  den  anderen  Locustiden  aber  bereits  in  den 
festen,  hakenförmigen  Cerci  ein  Befestigungsmittel  des  Männchens 
am  Weibchen  gegeben  ist.  Es  ist  anzunehmen  und  zu  hoffen,  daß 
das  Studium  der  Begattungsgewohnheiten  anderer  Stenopelmatiden 
und  der  Gryllacriden  uns  Übergänge  zwischen  dem  sehr  primitiven 
Verfahren  von  Diestrammena  und  dem  anderer  Locustiden  kennen 
lehren  wird.    Vorläufig  klafft  hier  eine  Lücke. 

Die  als  Greiforgane  ausgebildeten   Cerci,  die   eine  Zange  dar- 


Copulation  und  Spennatophoreu  von  Grylliden  und  Lociistiden.  55 

stellen,  passen  fast  immer  in  zwei  Gruben  an  der  äußeren  (ventralen) 
Fläche  der  weiblichen  Subgenitalplatte,  und  zwar  entweder  (Locu- 
stiden,  Decticiden,  Ephippigeriden,  Xiphidium)  mit  einem  an  ihrer 
medialen  Kante  vorspringenden  Zahn  oder  (Phaneropteriden,  Cono- 
cephalus)  mit  ihrer  hakenförmig  nach  innen  gebogenen  Spitze  selbst. 
Ein  besonderes  Verhalten  zeigt  Meconema,  dessen  lange  Cerci  im 
Leben  sich  niemals,  wie  dies  oft  abgebildet  wird,  kreuzen,  sondern 
sich  mit  ihren  Spitzen  berühren  und  so  eine  weite  Zange  darstellen. 
Diese  Zange  umfaßt  hier  die  ganze  Dicke  des  an  der  Legeröhren- 
wurzel verjüngten  weiblichen  Hinterleibes. 

Li  der  Mehrzahl  der  Fälle  wird  nun  der  Kontakt  der  beider- 
seitigen Geschlechtsorgaue  noch  dadurch  hergestellt,  daß  die  Styli 
der  männlichen  Subgenitalplatte  und  —  wo  vorhanden  —  die 
chitinöse  Gabel  des  Titillators  der  ventralen  Legeröhrenkante  des 
Weibchens  angelegt  werden,  so  daß  sie  sie  zwischen  sich  fassen, 
gewissermaßen  auf  ihr  reiten.  Das  ist  nun  oft  nur  zu  erreichen 
durch  die  erwähnte  Umdrehung  des  Männchens,  und  in  der  Kon- 
figuration von  Titillator  und  männlicher  Subgenitalplatte  scheint 
mir  ihre  Hauptursache  zu  liegen.  Daß  auch  bei  den  eines  Titillators 
ermangelnden  Fhaneroptera- Arten  eine  Umdrehung  des  Männchens 
stattfindet,  hängt  mit  dem  ungewöhnlichen  Modus  des  Spermatophoren- 
austrittes  zusammen. 

Ganz  abweichend  von  dem  von  uns  als  ursprünglich  ange- 
nommenen Verfahren  und  sicher  sekundär  er-worben  erscheint  das 
Ergreifen  des  Weibchens  durch  das  Männchen,  ohne  daß  ein  Be- 
steigen stattfindet,  bei  Phaneroptera  und  den  Conocephaliden. 
Hier  ist  der  bei  Tißopsis  noch  angedeutete  vom  Rücken  des  Männ- 
chens ausgehende  Reiz,  der  das  Weibchen  veranlaßt,  dieses  zu  be- 
lecken und  zu  benagen,  vollständig  weggefallen. 

Für  flügellose  Formen  wie  die  Odo  nturen,  die  den  ursprüng- 
lichen Begattungsmodus,  Männchen  sitzend,  Weibchen  auf  seinem 
Rücken,  beibehalten  haben,  mag  es  wegen  ihrer  Verwandtschaft  mit 
den  abweichend  verfahrenden  geflügelten  Phaneropteriden  zweifelhaft 
sein,  ob  sie  nicht  sekundär  wieder  diesen  Copulationsmodus  erworben 
haben.  Jedenfalls  ergibt  unsere  Übersicht,  daß  die  Zahl  der  modi- 
fizierten Fälle  ganz  wesentlich  die  der  ursprünglichen  überwiegt. 

Was  den  Verlauf  der  Begattung  angeht,  so  liegt  deren 
Höhepunkt,  wie  aus  dem  Verhalten  des  Männchens  zu  ersehen  ist, 
überall  in  der  Ausstoßung  der  Ampullen  der  Spermatophore. 
Vorher  ist  ein  Unterschied  festzustellen  zwischen  den  Formen  mit  und 


56  Ulkich  Gerhardt, 

ohne  Titillator.  Wo  dieses  Gebilde  fehlt  oder  rudimentär  ist(Stenopel- 
matiden,  Phaneropteriden),  wird  unmittelbar  nach  dem  Eingreifen 
der  männlichen  Cerci  an  die  Subgenitalplatte  des  Weibchens  der 
weichhäutige  Penis  vorgestreckt,  und  ohne  daß  er  wieder  eingezogen 
würde,  treten  aus  ihm  die  Ampullen  hervor,  und  zwar  sowohl  bei 
Diestrammena  wie  bei  den  Phaneropteriden  nach  sehr  kurzer  Zeit 
(ca.  1  Minute). 

Bei  den  Locustiden,  die  einen  wohlausgebildeten  Titillator  be- 
sitzen, wird  dieser  wohl  immer  während  des  ersten  Teiles  der 
Copulation  unter  abwechselndem  Aus-  und  Einstülpen  des  Penis 
auf  der  innerhalb  der  durch  das  Abheben  der  weiblichen  Subgenital- 
platte  geöffneten  Vulva  liegenden  weichhäutigen  Wurzel  der  Lege- 
röhre hin-  und  herbewegt.  Gleichzeitig  legen  sich  die  Warzen,  die 
der  Penis  trägt,  bei  dessen  Ausstülpung  dicht  in  die  Ecken  der 
Vulva  hinein.  Durch  diese  Bewegungen  wird  sicher  einerseits  eine 
Reizung  der  weiblichen  Organe  bewirkt,  andrerseits  beim  Männchen 
die  Ausstoßung  der  Ampullen  lierbeigeführt. 

Dieser  Akt  kündigt  sich  bei  allen  Locustiden  durch  erhöhten 
Turgor  des  Penis,  vor  allem  durch  das  Hervortreten  der  eigent- 
lichen männlichen  Geschlechtsöffnung  an.  Die  ausgiebigen  Be- 
wegungen von  Penis  und  Titillator  hören  auf  und  werden  durch 
raschere,  rhythmische  Preßbewegungen  des  ausgestülpten  Organs 
abgelöst.  Bei  Diestrammena  tritt  fast  gleichzeitig  mit  der  unpaaren 
Ampulle  eine  paarige  Secretmasse  aus,  die  später  den  Kern  der 
seitlichen  Spermatophorenkugeln  bildet;  bei  den  übrigen  Locustiden 
mit  hakenförmigen  Cerci  treten  paarige  Ampullen  hervor,  die  bei 
Decticiden,  Locustiden  und  Ephipperiden  von  einem  dicken  undurch- 
sichtigen Secretmantel  umschlossen  sind. 

Sind  die  Ampullen  erschienen,  so  werden  sie  bei  allen  Locu- 
stiden durch  eine  rasche  Bewegung  von  hinten  unten  nach  vorn 
oben  mit  ihrem  Stiel,  der  beim  Austritt  nachfolgt,  in  die  Vulva  ein- 
gedrückt. Am  ausgiebigsten  ist  diese  Bewegung  \i%i  Diestrammena \  bei 
Ephippigera,  Locusta  etc.  ist  sie  schwerer  wahrzunehmen,  weil  da  die 
kurzen  Cerci  nur  einen  geringen  Spielraum  für  sie  lassen.  Das  vor- 
her gar  nicht  am  Weibchen  befestigte  Diestrammena-Mäbnnchen  muß 
erst  mit  seiner  Hinterleibsspitze  die  Vulva  des  Weibchens  suchen. 

Während  bei  dieser  Gattung  außer  der  unpaaren  Ampulle  zwei  seit- 
liche Secretkugeln  und  bei  Locustiden,  Decticiden  und  Ephippigeriden 
(Platystoliis)  außer  komplizierten  akzessorischen  Gebilden  des  Sper- 
matophorenstieles  die  eiweißhaltigen  Ampullenmäntel  mit  den  Samen- 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  i;nd  Locustiden.  57 

behältern  zusammen  aus  der  männlichen  Geschlechtsöffnung-  aus- 
geschieden werden,  treten  bei  den  Phaneropteriden,  Meconema  und 
den  Coconocephaliden  die  Ampullen  ohne  besondere  Hülle  hervor. 

Besondere  schleimige  H  ü  1 1  m  a  s  s  e  n  der  eigentlichen  Samen- 
behälter werden  bei  allen  Locustiden  produziert,  doch  existieren  in 
der  Art  ihrer  Abgabe  wesentliche  Unterschiede, 

Bei  dem  ersten  Typus,  der  die  am  häufigsten  anzutreffende 
Form  der  Locustidenspermatophore  darstellt,  wird  unmittelbar  oder 
fast  unmittelbar  nach  der  Befestigung  der  Ampullen  in  der  Vulva 
eine  kompakte,  einigermaßen  oder  sehr  charakteristisch  geformte 
Secretmasse  abgesondert,  die  mit  den  Ampullen  eng  zusammen- 
hängt und  ventral  und  in  der  Hauptsache  oral  von  ihnen  gelegen 
ist.  Der  typische  Hergang  ist  der,  daß  zwischen  Cercis  und  Sub- 
genitalplatte  des  Männchens  die  Ampullen  hervorgetreten  sind,  daß 
nun  an  dem  gleichen  Ort  die  Secretmasse  des  „Spermatophylax" 
(BoLDYEEv)  hervorzuquellen  beginnt.  Das  kann  so  rasch  und  in  so 
abgerundeter  Form  {DecticKS,  Rhacodeis)  geschehen,  daß  der  Eindruck 
erweckt  wird,  die  ganze  Spermatophore,  Ampulle  plus  Hülle,  werde 
als  einheitlicher  Körper  ausgestoßen,  Oder  aber  {Locusta,  EpMppi- 
gera)  das  Secret  dringt  in  enormen  Massen  langsam  aus  der  männ- 
lichen Genitalöffnung  hervor,   diese  oft  weit  zum  Klaffen  bringend. 

Bei  dem  erwähnten  Typus  des  Spermatophorenaustrittes,  der 
sich  auch  bei  Leptophyes  bosci  unter  den  Phaneropteriden  findet, 
tritt  die  Secretmasse  ventral  von  den  Cerci  des  Männchens  aus. 
Bei  den  geflügelten  Phaneropteriden  ist  dies  nicht  der  Fall.  Bei 
Tißopsis  treten  zwar  die  Ampullen  an  der  angegebenen  Stelle  aus, 
die  Schleimhülle  erscheint  aber  dorsal  von  den  männlichen  Cerci, 
in  dem  Winkel  zwischen  männlichem  und  weiblichem  Abdomen.  Das 
ist  dadurch  möglich,  daß  hier  jederseits  ein  zipfelförmiger  Fortsatz 
der  männlichen  Genitalschleimhaut  hervorgestreckt  wird.  Bei  den 
Fhaneroptera-kxi^n  streift  das  Männchen  seine  Cerci  über  die  bereits 
befestigten  Ampullen  hinweg,  die  so,  wie  die  dann  austretende 
Spermatophorenhülle,  dorsal  von  jenen  zu  liegen  kommt. 

Einen  zweiten  Typus  weist  Leptophyes pundatissima  auf,  bei 
der  der  Austritt  der  Spermatophorenhülle  ventral  von  den  Cercis 
des  Männchens  als  die  Secretion  eines  zähen  ungeformten  Schleim - 
tropfens  erfolgt,  der  langsam  unter  rhythmischen  Kontraktionen  des 
Abdomens  ausgepreßt  wird. 

Bei  den  Conocephaliden  werden  die  Ampullen  außerordent- 
lich  tief  in   die  Vulva   eingesenkt.     Bei  Xiphidium   erfolgt    dieses 


58  Ulrich  Gerhardt, 

tiefere  Einpressen  der  vorher  auf  normale  Art  ausgetretenen  Am- 
pullen erst  während  der  Secretion  der  Schleimmassen.  Hier  legt  das 
Männchen  einen  Schleimhautzipfel  aus  seiner  Genitalöffnung-  jeder- 
seits  von  der  Vulva  der  Seitenwand  des  weiblichen  Hinterleibes  an. 
Dabei  sind  seine  Styli  der  Legeröhre  angepreßt.  Es  tritt  nun  jeder- 
seits  ein  glasiger  Schleimtropfen  aus,  der  mehr  und  mehr  wächst 
und  zu  einer  Art  Beule  erhärtet. 

Bei  Conocephalus  ist  hiervon  nichts  zu  bemerken,  aber,  wie  auch 
bei  Meconema,  wird  nach  dem  Einbringen  der  Ampullen  der  Hinter- 
leib des  Männchens  noch  lange  kontrahiert,  ohne  daß  größere  Secret- 
massen  sichtbar  würden. 

Während  also  bei  den  übrigen  Locustiden  dem  Austritt  der 
Ampullen  in  kurzer  Zeit  die  Secretion  voluminöser  Schleimmassen 
folgt,  zieht  sich  bei  Conocephaliden  und  Meconemiden  der  auf  jenen 
folgende  ßegattungsabschnitt  bedeutend  in  die  Länge.  Das  bedeutet 
einen  dritten  Begattungstj^pus, 

Endlich  stellt  Biestrammena  auch  in  bezug  auf  die  Ausscheidung 
der  Spermatophorenhülle  einen  Sondertypus  dar. 

Die  Spermatophore  selbst  besteht  bei  allen  Locustiden  aus 
Ampullen  und  Hülle.     Die  Ampulle  ist  unpaar  nur  bei  Biestrammena. 

Bei  Decticiden,  Ephippigeriden  und  Locustiden  sind 
besondere  Ampullenmäntel,  Am  pullen  läppen,  vorhanden,  die 
bald  nach  der  Copulation  durchsichtig  werden,  bei  den  Decticiden, 
Locustiden  und  Platystolus  außerdem  akzessorische  Hohlräume  (Bol- 
DYEEv).  —  Die  Hülle,  Spermatophylax  (Boldyeev),  Sper- 
matophragma  (Cholodkowsky),  ist,  soweit  sie  als  besonderer 
Körper  geformt  ist,  immer  oral  und  ventral  von  der  Spermatophore 
gelegen,  außer  bei  Xiphidium.  Sie  ist  am  voluminösesten  bei  Tylopsis, 
Ephippigera  und  Locusta,  bei  Phaneroptera  falcata  mit  einem  besonderen 
Stiel  am  Bauche  des  Weibchens  befestigt  und  von  den  Ampullen 
gelöst.  Bei  Leptophijes  punctatissima  ist  sie  zähflüssig  und  ungeformt, 
bei  Xiphidium  ist  sie  paarig,  hat  keinen  Zusammenhang  mit  den 
Ampullen  und  ist  auf  die  Flanken  des  Weibchens  verlagert,  während 
in  die  Vulva  nur  eine  kleinere  Schleimmasse  ergossen  wird.  Fast 
hüllenlos,  nur  mit  dünner,  glasiger  Secretschicht  überzogen,  sind  die 
Ampullen  von  Meconema.  Gleichfalls  wenig  entwickelt  ist  die  Hülle 
bei  Conocephalus. 

Da  wir  in  Biestrammena  eine  Form  mit  primitiver,  in  Meconema 
und  Conocephalus  solche  mit  stark  modifizierter  Begattungsweise 
sehen,   so   wird   bei   den  beiden  letzten  Gattungen  die  geringe  Ent- 


Copulation  und  Spermatoplioren  von  Gryllideii  und  Locustiden.  59 

Wicklung'  der  Spermatophorenhülle  kein  primitives  Merkmal  zu  sein 
brauchen,  zumal  die  Ampullen  auch  hier  paarig  sind,  also  ihr  Bau 
nicht  auf  einen  Anschluß  an  niedere  Formen  hinweist. 

Die  Dauer  der  Begattung  ist  bei  den  einzelnen  Gattungen 
und  Arten  sehr  verschieden,  die  kürzeste  beobachtete  Zeit  ist  3  Mi- 
nuten bei  Phaneropteriden ,  bei  Decticus  sind  8  Minuten  die  Regel, 
bei  anderen  Decticiden  20 — 40  Minuten,  bei  Locusta  caudata  über 
eine  Stunde.  Es  soll  daran  erinnert  werden,  daß  bei  Grillen  1  Mi- 
nute (Oecanthus)  als  Minimum,  4  Minuten  {Gryllotalpa)  als  Maximum 
beobachtet  wurde. 

Bei  Decticiden,  Ephippigeriden  und  Locustiden  verstreicht  die 
Hauptzeit  der  Begattung  bis  zum  Austritt  der  Ampullen ;  bei  Cono- 
cephaliden  und  bei  Meconema  nimmt  der  darauf  folgende  Abschnitt 
die  längste  Zeit  in  Anspruch. 

Bei  Conocephalus  konnte  (vielleicht,  weil  das  Tier  erschreckt 
war)  ein  Verzehren  der  Spermatophore  durch  das  Weibchen  nicht 
gesehen  werden.  Sonst  fressen  alle  Locustiden -Weibchen  (und 
wahrscheinlich  unter  normalen  Umständen  auch  das  von  Conocephalus) 
mindestens  die  Schleimhülle,  meist  aber  (außer  Phaneroptera  falcata) 
auch  die  Ampullen  nach  deren  Entleerung  auf.  Auch  Meconema, 
dessen  Spermatophore  fast  hüllenlos  ist,  frißt  sie  bald  nach  der 
Copulation  auf. 

Daß  der  schon  bei  Grillen  angedeutete  oder  vorhandene  Freß- 
instinkt  des  Weibchens  bei  Locustiden  festere  Form  angenommen 
hat,  hat  zu  einer  biologischen  Besonderheit  dieser  Familie  geführt. 
BoLDYREv  sieht  in  dem  Schutze  des  Sperraas  vor  diesem  Freßinstinkt, 
solange  es  noch  nicht  in  das  Receptaculum  des  Weibchens  gelangt 
ist,  die  Bedeutung  der  Spermatophorenhülle,  für  die  er  deshalb  den 
Namen  Spermatophylax  vorschlägt.  Immerhin  ist  es,  wie  Meco- 
nema zeigt,  auch  sehr  wohl  möglich,  daß  der  Freßinstinkt  des  Weib- 
chens in  vollem  Umfang  besteht  und  befriedigt  wird,  ohne  daß  ein 
eigenes,  als  Spermatophylax  zu  bezeichnendes  Gebilde  existierte. 
Bei  lange  dauerndem  Vereinigtbleiben  der  Geschlechter  nach  der  Be- 
festigung der  Ampullen  kann  noch  während  der  Copulation  das 
Sperma  aus  den  Ampullen  in  das  Receptaculum  des  Weibchens  ge- 
langen, so  daß  dann  die  Spermatophore  fast  unmittelbar  nach  der 
Beendigung  der  Copulation  gefressen  werden  kann.  Auch  bei 
manchen  Grylliden  {Oecanthus,  Gryllotalpa)  wird  die  Spermatophore 
nur  10—20  Minuten  vom  Weibchen  getragen. 

Es  ist  nicht  zu  bezweifeln,  daß  die  oft  enorme  Ausbildung  des 


60  Ulrich  Gerhardt, 

Spermatopliylax  in  engstem  Konnex  mit  der  Ausbildung  des  Freß- 
instinkts  der  Weibchen  steht.  Desto  überraschender  sind  solche 
Fälle,  in  denen  das  weibliche  Tier  nur  einen  sehr  geringen  Teil  der 
Spermatophore  frißt  und  den  Rest  tagelang  mit  sich  herumträgt,  bis 
er  abfällt  {Phaneroptera  falcata,  Ephippigerum  vüium  nach  Fabre). 
Besonders  merkwürdig  liegt  der  Fall  von  Xiphidimn,  wo  die  zum 
Fressen  bestimmten  Schleimmassen  räumlich  von  den  Ampullen  weit 
getrennt  sind. 

Soweit  bisher  bekannt,  reißen  nur  einige  Decticiden  (Decticus, 
Rhacodeis,  wahrscheinlich  Platycleis  grised)  den  gesamten  Spermato- 
phylax  auf  einmal  ab  und  zerkauen  ihn  allmählich.  Xiphidium 
nimmt  jede  der  paarigen  Schleimmassen  in  toto  ab  und  verfährt 
damit  ebenso,  sonst  wird  wohl  überall  die  Spermatophorenmasse  in 
kleinen  Portionen  gefressen. 

Die  Tatsache,  daß  auch  bei  Grylliden,  wenn  auch  weniger  regel- 
mäßig, der  Instinkt  der  Weibchen,  sich  der  leeren  Spermatophore 
durch  Auffressen  zu  entledigen,  vorkommt^),  könnte  darauf  schließen 
lassen,  daß  bereits  die  gemeinsamen  Vorfahren  von  Grylliden  und 
Locustiden  ihn  besaßen.  Es  wäre  wünschenswert,  daß  über  das  Ver- 
halten der  Grillenweibchen  in  diesem  Punkte  weitere  Beobachtungen 
angestellt  würden. 

Hier  muß  auch  noch  einmal  auf  die  im  ersten  Teile  dieser  Studie 
bereits  erörterte  Frage  nach  der  ein-  oder  mehrmaligen  Be- 
gattung der  Locustiden  eingegangen  werden.  Es  kann  nicht  mehr 
zweifelliaft  sein,  daß  bei  den  meisten  Gattungen  und  Arten  mehr- 
malige Begattung  vorkommt.  Ich  habe  sie  mit  Sicherheit  beobachtet 
bei  den  Gattungen  Leptophyes,  Phaneroptera,  Decticus  und  Diestram- 
mena  für  beide  Geschlechter,  für  Xiphidium  und  Locusta  für  die 
Männchen.  Nur  einmalige  Begattung  würde  nach  Berenguier 
für  Isophya  feststehen ;  ich  halte  für  möglich,  daß  sie  bei  Conocephalus 
die  Regel  ist. 

Wenn  also  auch  sicherlich  die  mehrmalige  Begattung  für  beide 
Geschlechter  bei  den  Grillen  in  viel  ausgedehnterem  Maße  vor- 
kommt als  bei  den  Locustiden,  so  wird  sie  doch  auch  in  dieser 
Familie  zweifellos  bei  einer  großen  Reihe  von  Gattungen  ausgeübt. 


Schließlich   möchte   ich   hier  noch  die  Jahres-   und  Tag- es 


S) 


Zeiten  angeben,  an  denen  ich  meine  Beobachtungen  anstellte. 

1)    Nach  BoLDYREv's    Beobachtungen    frißt    auch  das  Weibchen   von 
Gryllotalpa  die  Spermatophore  auf.      (Anm.   w.   d.  Korr.) 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  Ql 


G  r  y  1 1  i  d  e  n. 


Art 


Monat 


Tageszeit 


Fundort 


Liogryllus  campestris 
Gryllus  domesticus 


Nemobuis  sylvestris 
Oecanthus  pellucens 

Gryllotalpa  vulgaris 


Jnni,  Juli 
Das  ganze  Jahr 


Aug-.,  Sept. 
Okt. 

Mai,  Juni 


mehrmals    am 

Tage 
mittatis 


vorm.,  nachm. 

nach  Eintritt  der 
Dunkelheit 

abends ,    nach 
Eintritt    der 
Dunkelheit 


Breslau 

Quedlinburg  (an 
vielen  Orten  aus- 
gerottet) 

Gamburg  a.  T. 

Rovigno 

Breslau 


Locustiden. 


Art 

Monat 

Tageszeit 

Fundort 

Leptophyes  pundatissima 

Aug.,  Sept. 

vorm.,  nachm. 

Gamburg  a.  T. 

Leptopliyes  bosci 

Sept. 

nachm. 

Monte  Maggiore 

Phaneroptera  falcata 

Aug.,  Sept. 

nachm.  auch 
morgens 

Gamburg  a.  T. 

Phaneroptera  quadripunctatd 

Okt. 

später  Nachm. 

Rovigno 

Tylopisis  liliifolia 

Sept.,  Okt. 

Vor-  und  früher 

Rovigno,  Ragusa, 

Nachm. 

Mostar 

Meconema  varium 

Aug. 

nachts 

Hökeudorf 

Xiphidium  fuscum 

Sept.,  Okt. 

nachm.  u.  abends 

Rovigno 

Conocephalus  mandibularis 

Sept. 

nachm.  u.  abends 

Rovigno 

Locusta  caudata 

Juli 

abends 

Oswitz    bei  Breslau 

Locusta  viridissima 

Juli,  Aug. 

nachm.,  abends 

Gamburg  a.  T., 
Hökeudorf 

Decticus  verrucivorus 

Juli,  Aug. 

vorm. 

Hökendorf,    Breslau 

Platycleis  roeseli 

Juli  bis  Sept. 

vorm. 

Breslau,    Hökendorf 

Platyckis  grisea 

Aug. 

vorm. 

Gamburg  a.  T., 

Thamnotrizon  einer etis 

Aug.,  Sept. 

nachm. 

Gamburg  a.  T., 
Hökendorf 

Hhacocleis  discrepans 

Sept. 

nach  Eintritt  der 
Dunkelheit 

Rovigno 

Ephippigera  limbata 

Sept.,  Okt. 

vorm. 

Monte  Maggiore, 
ßoviffno 

Diestrammena  marmorata 

das    ganze  Jahr 

Dämmerung  und 

eingeschleppt     in 

Dunkelheit 

Warmhäusern 

3.  Allgemeine  Ergebnisse. 

Wenn  ich  mir  auch  wohl  bewußt  bin,  daß  es  mir  nicht  gelungen 
ist,  die  Copulation  und  noch  weniger  den  Bau  der  Spermatophoren 
bei  Locustiden   und  Grylliden   auf  eine  gemeinsame   Basis  zurück- 


62  Ulrich  Gerhardt, 

zuführen,  so  scheint  mir  doch  in  diesem  negativen  Ergebnis  immerhin 
eine  Feststellung  zu  liegen,  die  in  ihren  Schlußfolgerungen  lehr- 
reich ist. 

Die  Begattung  von  Grylliden  und  Locustiden  bietet  zweifellos 
viel  Gemeinsames,  Aber  es  sind  verschiedene  Entwicklungsrichtungen 
eingeschlagen  worden.  Die  primitive  B  e  g  a  1 1  u  n  g  s  s  t  e  1 1  u  n  g  ist 
von  den  Grylliden  konsequenter  beibehalten  worden  als  von  den 
Locustiden,  die  mit  der  Differenzierung  der  Cerci  und  der  Subgenital- 
platte  beim  Männchen,  also  mit  morphologischen  Fortschritten, 
biologische  Veränderungen  eingehen  mußten. 

Lassen  sich  aber  bei  den  Locustiden  unter  Berücksichtigung 
tatsächlich  vorhandener  vermittelnder  Formen  diese  Modifikationen 
der  Begattungsstellung,  der  Verwendungsweise  der  Anhangsgebilde 
des  Hinterleibes  beim  Männchen  etc.  mit  dem  primitiveren  Verhalten 
der  Grylliden  unschwer  in  Zusammenhang  bringen,  so  ist  eine  solche 
Zurückführung  bedeutend  schwerer  in  bezug  auf  den  Bau  der 
S  p  e  r  m  a  1 0  p  h  0  r  e  n. 

Wir  hatten  früher  drei  Spermatophorentypen,  die  der  GryUoialpa, 
der  echten  Grillen,  inkl.  Oecant/ms,  und  der  Locustiden,  unter- 
schieden. Eine  Vergleichung  mit  Mantis-  und  yimeZes-Spermatophoren 
ergab  wenig  Positives,  da  dort  weniger  spezialisierte  Gebilde  vor- 
liegen. Die  drei  Typen  unter  sich  scheinen  nur  sehr  allgemein 
vergleichbar.  Unpaar  sind  die  Samenbehälter  in  den  Spermato- 
phoren  der  Formen  mit  wenig  differenzierten  männlichen  Cerci,  der 
Grylliden  und  der  von  Biestrammena.  Darin  liegt  vielleicht  ein 
verwertbarer  Hinweis.  Im  übrigen  sind  aber  alle  Locustiden- 
spermatophoren  Entwicklungswege  gegangen,  die  sie  von  denen  der 
Grylliden  weit  entfernt  haben,  und  eigentlich  verbindende  Formen 
stehen  noch  aus. 

Werden  solche  Formen  zu  finden  sein?  Die  Antwort  hierauf  ist 
vorläufig  nicht  zu  geben,  aber  es  kann  nur  immer  wieder  auf  die 
Fülle  der  tropischen  Formen  hingewiesen  werden;  was  bei  dieser 
unendlichen  Menge  unerschlossenen  Materiales  noch  zutage  gefördert 
werden  kann,  läßt  sich  gar  nicht  abschätzen. 

Daß  die  beiden  nahe  verwandten  Familien  der  Grylliden  und 
Locustiden  in  bezug  auf  die  Ausgestaltung  ihrer  Spermatophoren  so 
verschiedene  Wege  eingeschlagen  haben,  weist  vielleicht  auf  eine 
frühe  Trennung  beider  hin.  Gerade  bei  der  scharfen  Ausprägung 
der  trennenden  Charaktere  würde  das  Auffinden  von  etwaigen  ver- 
mittelnden Spermatophorenformen   für  die  Phylogenie  der  beiden  so 


Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  und  Locustiden.  63 

ähnlichen  und  doch   so  divergent  entwickelten  Orthopterenfamilien 
sicher  von  weittragender  Bedeutung  sein. 

Breslau,  29.  Oktober  19] 3. 


Erklärung  der  Abbildungen. 


Tafel   1. 

Fig.  1  u.  2.  Momentaufnahmen  von  Ephippigera  limhata  während 
der   Begattung,  aufgenommen  von  Herrn  L.  Pohl. 

Fig.    1.      Stellung  vor  dem   Austritt  der  Spermatophore. 

Fig.   2.     Austritt  der  Ampullenlappen  beendet. 

Fig.  3  — 11.  Photogramme  von  Locustidenweibchen  mit  Spermato- 
phore. Aufnahmen  in  ca.  l^g-  ^^  angefertigt  von  Herrn  Priv.-Doz. 
Dr.  Pax,  Alle  Tiere  waren  unmittelbar  nach  der  Begattung  konserviert 
w^orden,   alle  Spermatophoren  sind  unverletzt,     Formolpräparate. 

Fig.  3.     Leptophyes  bosci  Fieb. 

Fig.  4.     TylojJsis  liliifoUa  Fab. 

Fig.  5.     Meconenia  variiim  Fab. 

Fig.  6.      Conocephalus  mandibularis  Chaep. 

Fig.   7.     Xiphidium  fuscum  Fabe.     a)  seitliche,  b)  ventrale  Ansicht. 

Fig.  8.     Decticus  verrucivoriis  L. 

Fig.  9.     Thamnotrizon  cinereus  L. 

Fig.  10.  Rhacocleis  disat-epans  Fieb. 

Fig.   11.  Ephippigera  limbata  FisCH. 

Tafel  2. 

Fig.   1.     Locusta  caiidafa  Chaep.  \  Weibchen  mit  Spermatophore  wie 

Fig.  2.     Locnsta  viridissinta  L.      /     Fig.  3 — 11   der  vorigen  Tafel. 

Fig.  3 — 7.  Schematische  Darstellung  von  Begattungsstellungen.  Nach 
Skizzen  des  Verfassers,  die  nach  dem  Leben  entworfen  waren,  gezeichnet 
von  Herrn  L.  Pohl.      (J  rot,   $  schwarz,   Spermatophore  punktiert. 

Fig.  3.     Oecanthus  pellucens  Scop. 

Fig.  4.     Tijlopsis  liliifoUa  Fab. 

Fig.  5.     Meconema  variam  Fab. 

Fig.   6.      Conocephalus  mandibularis  Chaep.  (kaum  schematisiert). 

Fig.  7.     Thamnotrizon  cinereus  L. 


64        U.  Gerhardt,  Copulation  und  Spermatophoren  von  Grylliden  u.  Locustiden. 

Fig.  8.  Hinterleibsenden  des  (^  und  ^  von  Locusta  caudata  Chaep. 
während  der  Begattung  vor  dem  Austritt  der  Spermatophore.  c  Cerci 
des  Männchens,  p  Penis.  ls(^  seine  Subgenitalplatte.  *  Ort  der  männ- 
lichen Geschlechtsöffnung,  t  Titillator.  w  Schleirahautwarzen  des  Penis. 
ovd  Legeröhre,    v  Grund  der  Vulva.    Is^  Subgenitalplatte    des   "Weibchens. 

Tafel  3. 

Sämtliche  Figuren ,  nach  Präparaten  des  Verfassers  von  Fräulein 
Helene  Limpeicht  gezeichnet,  sind  nicht  schematisiert. 

Fig.  1  —  5.     Gezeichnet  mit  dem  ZEiSS'schen  Präpariermikroskop. 

Fig.  1.  Spermatophore  von  Oecanthus  pellncens  SCOP.  in  der  Vulva 
des  Weibchens.  Ventralfläche  nach  oben  orientiert.  Unter  der  Spermato- 
phore  die  Legeröhre,  darunter  Subanalklappe  und  Cerci.      32  :  1. 

Fig.   2  u.  3.     Spermatophore  von  Meconema  varium  Fab. 

Fig.  2.  Spermatophore  in  der  Vulva.  Orientierung  wie  in  der  vorigen 
Figur.  Links  Subgenitalplatte,  rechts  Legeröhrenwurzel.  Konserv.  Forraol, 
unmittelbar  post  coitum.      32  :  1. 

Fig.  3.  Sagittalschnitt ,  unmittelbar  neben  der  Medianebene  durch 
ein  gleiches  Präparat.  Orientierung  mit  der  Bauchfläche  nach  unten. 
Oben  der  kotgefüllte  Enddarm,  in  der  Mitte  Receptaculum  seminis,  unten 
Spermatophore  mit  Ausführungsgang  der  einen  Ampulle,  der  eine  termi- 
nale Erweiterung  trägt.  Im  Receptaculum  ein  weißer  kugliger  Sperma- 
klumpen.     16:1. 

Fig.  4.  Medianschnitt  durch  die  frisch  konservierte  Spermatophore 
von  Ephijypigera  limhata  Fisch.  Unten  homogene  Hüllmasse,  oben  die 
durch  den  linken  Ampullenlappen  rot  durchscheinende  linke  Ampulle. 
Pechts   oben  der  Spermatophorenstiel.      16:1. 

Fig.  5.  Spermatophore  von  Maniis  reUgiosa ,  Formolpräparat,  in 
Alkohol  konserviert.      16:1. 

Fig.  6  — 11.  Medianschnitte  durch  Locustidenweibchen  mit  Spermato- 
phore.     Formolpräparate.   Rasiermesserschnitte,  Lupenvergrößerung.      3  :  2. 

Fig.  6.      Conocephalus  mandihularis  Chaep. 

Fig.  7.     Xiphidium  fuscum. 

Fig.  8.     Locusta  viridissima  L. 

Fig.   9.     Plati/cleis  roeseli  Hagenb.   \    Spermatophylax  (Hülle) 

Fig.   10.     Platydeis  grisea  Fabe.       /  entfernt. 

Fig.   11.      Thavmotrizon  cinereus  L. 


Nachdruck  verboten, 
tlbersetzungsrecht  vorbehalten. 


Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarven  als 
Bewegungsorgan. 

Von 
Paul  ßrass. 

(Aus  dem  Zoologischen  Institut  zu  Greifswald.) 

Mit  Tafel  4-7  nnd  7  Abbildnngen  im  Text. 


Inhalt. 
Einleitung. 

Historischer  Überblick :  ältere   Angaben  über  den  Nachschieber.     Morpho- 
logie des  Abdomens. 
Technik. 
Spezieller  Teil. 

A.  Chrysomelidae. 

GaleruceUa  riburni  Payk. 
Agelastica  alni  L. 
Plagiodera  amoraciae  L. 
Lina  tremulae  Fabr. 
Crioceris  merdigera  L. 
Cassida  ruhiginosa  Illig. 

B.  Coccinellidae. 

C.  Cantharidae. 

Cantharis  (Telephoi-us)  rufipcs  L. 
J^.  Lampyridae. 

Luciola  italica  Lap. 
E.   Cleridae. 

Clerus  formicarius  Geoffr. 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  '^ 


66  Paul  Bbass 

F.  ßyturidae. 

Bfjtiirics  tomentosus  Fabe. 
Gr.  Cryptophagidae. 

Cryptophagns  siihfumatus  Kr. 

zweifelhafte  Form 
H.  Elateridae. 

Melanotus  castanipes  Payk. 
J.  Pyrochroidae. 

Pijrocliroa  coccinea  L. 
K.  Tenebrionidae. 

Tenebrio  molüor  L. 
L.  Carabidae. 

Nebria  brevicollis  F. 

Cychrus  rostratus  Fabr. 

Calosoma  sycophanta  L. 
M.  Silpliidae. 

Silpha  rugosa  L. 
N.   Stapbylinidae. 

Omalium  rivulare  Payk. 

Omalium  excavatum  Steph. 

Xaniholinus  lentus  Gray. 

Staphylimis  sp. 
0.  Histeridae. 

Platysoma  compressum  Hrbst. 

zweifelhafte  Form 
Rückblick  und  Vergleich. 

Einleitung. 

Es  ist  eine  überraschende  und  auffällig'e  Tatsache,  daß  man 
trotz  der  umfangreichen  Literatur  über  Coleopteren  doch  über  viele 
biologische  Fragen  im  unklaren  ist.  Es  mag  dies  daher  kommen, 
daß  die  zahlreichen  Arbeiten  früherer  Forscher  meist  S3'stematischen 
Inhalts  waren  und  man  sich  verhältnismäßig  wenig  mit  den  bio- 
logischen Verhältnissen  beschäftigte.  So  fand  ich  auch  wenig  ge- 
naue Mitteilungen  über  ein  Gebiet,  das  mir  besonders  interessant 
erschien:  die  mannigfaltige  Ausbildung  des  „Nachschiebers"  und  die 
Verschiedenheit  seiner  Funktion  bei  der  Bewegung.  Man  hatte 
zwar  schon  sehr  früh  beobachtet  (Rösel,  de  Geer  etc.),  daß  den 
Tieren  bei  der  Fortbewegung  ein  „Nachschieber"  als  Hilfsorgan 
diente,  aber  man  schwieg  fast  allgemein  über  die  Herkunft  und 
Natur  dieses  Organs  oder  deutete  es  so,  daß  mir  berechtigte  Zweifel 
an  der  Eichtigkeit  dieser  Auffassung  kamen. 

So  schien  es  mir  interessant,  einmal  im  Zusammenhang  diese 
Verhältnisse  und  die  mannigfache  Art  in  der  Ausbildung  zu  studieren. 


Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.  67 

Wenn  ich  auch  nicht  alle  Familien  untersuchen  konnte,  so  gelang 
es  mir  doch,  Vertreter  der  Hauptfamilien  zu  sammeln,  so  daß  ich 
mir  von  der  Verschiedenartigkeit  des  „Nachschiebers"  und  den 
mannigfachsten  Anpassungen  desselben  an  das  umgebende  Medium 
ein  Bild  machen  konnte. 

Historischer  Überblick. 

Die  ersten  Angaben  über  die  Unterstützung  bei  der  Fort- 
bewegung mit  Hilfe  eines  Nachschiebers  fand  ich  bei  Frisch  (1727), 
der  in  seiner  „Beschreibung  von  allerlei  Insekten  in  Teutschland" 
neben  einer  Beschreibung  von  Cassida  und  Crioceris  auch  auf  einige 
andere  Formen  eingeht.  So  sagt  er  außer  über  Tenebrio  molitor 
(Vgl.  unten  S.  95)  auch  von  Staphylinus:  „Unter  der  Schwan tzzange 
geht  aus  dem  hinteren  etwas  als  ein  Fuß,  welches  ich  den  Nach- 
schieber bey  diesen  und  anderen  langleibigen  Würmern  zu  nennen 
pHege,  dann  er  setzt  diesen  Nachschieber  auf  die  Erde,  und  schiebt 
den  Leib  damit  fort  oder  hält  sich  damit  an."  Nur  wenige  Jahre 
später  (1734)  veröffentlicht  Rene  A.  Reaumur  seine  „Histoire  des 
Insectes",  aber  auch  er  gibt  neben  einer  sehr  ausführlichen  und 
zutreff'enden  Darstellung  der  Lebensweise  von  Cassida  und  Crioceris 
fast  gar  keine  Schilderung  von  anderen  Formen.  Erst  Rösel 
V.  Rosenhof  (1749)  gibt  uns  in  seinen  „Monatlichen  Insekten- 
belustigungen" eine  Beschreibung  von  den  meisten  damals  bekannten 
Käfern  und  auch  deren  Larven.  Die  erst  nach  seinem  Tode  von 
Klemann  veröffentlichte  Darstellung  '  der  Lebensweise  und  Meta- 
morphose von  Necrophorus  vespiUo  gehört  zweifellos  zu  den  vorzüg- 
lichsten Leistungen  der  biologischen  Literatur  des  18.  Jahrhunderts, 
wenn  sie  uns  auch  über  die  Natur  des  „siebten  Fußes"  im  unklaren 
läßt.  Überragt  werden  aber  alle  diese  Forscher  von  de  Geer,  der 
in  seiner  „Histoire  des  Insectes"  (1774 — 1775)  die  Lebensweise  der 
Käfer  und  ihre  früheren  Zustände  so  ausführlich  und  genau  be- 
schreibt, daß  man  sie  noch  heute  sehr  oft  als  die  besten  Darstellungen 
wörtlich  zitieren  kann  (s.  S.  78).  Er  spricht  von  einer  „septieme 
patte"  und  von  einer  „masse  de  chairs  molles  et  flexibles,  de  figure 
variable",  die  aus  dem  After  heraustritt;  aber  leider  schweigt  auch 
er  über  die  Natur  und  Herkunft  dieser  „masse  de  chairs",  sagt 
allerdings,  daß  sich  der  After  in  der  Mitte  der  ausgestülpten  Masse 
befindet. 

Viel  neues  vermag  Latreille  in  seiner  „Histoire"  (1801—1805) 
auch   nicht   zu   sagen.     Er    wiederholt   meist  ältere  Angaben,   be- 


68 


Paul  Brass, 


scliäftigt  sich  aber  auch  mit  Formen,  die  keinen  direkten  „Nach- 
schieber'-  haben  und  mit  anderen  Hilfsmitteln  zur  Fortbewegung 
ausgestattet  sind.  P.  Fe.  Bouche  gibt  in  seiner  „Naturgeschichte 
der  Insekten"  (1834)  zum  erstenmal  eine  Art  Larvenkatalog  der 
Käfer  mit  ausführlicher  Beschreibung  und  ist  deshalb  interessant. 
Sonst  beziehen  sich  seine  Mitteilungen  über  den  ,,Nachschieber"  wie 
auch  die  von  Westwood  in  seiner  „Introduction"  (1839)  und  von 
Eatzebukg  in  seinen  „Forstiusekten"  (1837)  auf  Angaben  früherer 
Autoren.  Bei  Maille  (1826)  finden  wir  ausführliche  Angaben  über 
die  Art  des  Fixierens  bei  den  Larven  der  Lampyriden  (1.  c,  p.  354). 
Über  die  Haftschläuche  derselben  äußert  sich  E.  Haase  (1889.  1.  c, 
■p.  405),  s.  auch  G.  W.  Müller  (I.  c,  p.  235). 

Erst  bei  Chapuis  (1853)  finden  wir  auch  diese  lang  vermißte 
Deutung  des  „Nachschiebers".  In  seinem  „Catalogue  des  larves  des 
Coleopteres"  (1853),  Vol.  8  sagt  er  in  der  Einleitung:  „Mais  l'organ 
le  plus  important  sous  ce  rapport  est  certaiuement  l'appendice  saillant 
dont  est  souvent  muni  en  dessous  le  segment  terminal.  Cette  fausse 
patte  anale,  comme  on  l'a  nommee,  n'est  le  plus  souvent  autre  chose 
que  l'anus  prolonge  en  tube  et  pouvant  s'allonger  ou  se  retirer  ä 
la  volonte  de  l'animal."  Ganz  in  seinem  Sinne  deutet  auch  Imhoff 
die  Herkunft  dieses  „Nachschiebers".  Das  sind  die  beiden  einzigen 
Forscher  des  vorigen  Jahrhunderts,  die  uns  wenigstens  eine  Deutung 
des  „siebten  Fußes"  zu  geben  versucht  haben.  Erichson  und  Peeris 
vgl.  weiter  unten  S.  69.  Zahlreiche  Angaben  über  die  Fixierung 
des  Hinterendes  durch  die  „Verrucae  ambulatoriae"  finden  wir  bei 
ScHiÖDTE  (1861 — 1880),  den  ich  auch  des  öfteren  zitiert  habe. 
Ganglbauer  wiederholt  im  wesentlichen  die  Angaben  Schiödte's. 
Erst  in  letzterer  Zeit  erschien  eine  Arbeit  von  G.  W.  Müller,  der 
sich  eingehender  mit  der  Natur  des  „siebten  Fußes"  beschäftigt  und 
zahlreiche  neue  Beobachtungen  mitteilt.  Auch  er  nimmt  in  Über- 
einstimmung mit  Chapuis  und  Imhoff  an,  daß  der  „siebte  Fuß" 
nichts  anderes  als  ein  Stück  des  ausgestülpten  Enddarmes  sei. 

Zweifelhaft  ist  vielen  Autoren  die  Anzahl  der  Abdominalsegmente 
bei  den  L  a  m  e  1 1  i  c  0  r  n  i  e  r n ,  C  e  r a  m  b  y  c  i  d  e  n  etc.  Erichson  sagt 
bei  der  Beschreibung  der  Scarabiden  (Naturg.  d.  Insekt.  Deutsch- 
lands, Vol.  3,  p.  560):  „Der  Körper  der  Larven  besteht  aus  zwölf 
oder  bei  den  meisten  scheinbar  aus  dreizehn  Eingen.  Der  neunte 
Hinterleibsring  nämlich,  welcher  den  sehr  weiten  Dickdarm  enthält, 
ist  sackförmig  ausgedehnt,  in  der  Mitte  meist  durch  eine  kleine 
Querfalte   geteilt;    der   hintere   Teil   ist   als   dem    aus    einem   ein- 


Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.  (ig 

gestülpten  After  gebildeten  Naclischieber  vieler  anderer  Käferlarven 
entsprechend  anzusehen."  Gleicher  Meinung  ist  Chapuis,  wenn  er 
sagt  (Cat.  d.  larves):  „Anus  saillant,  siniulant  un  dixieme  segment", 
und  weiter  p.  472  „un  autre  point  sur  lequel  les  auteurs  ne  sont 
pas  d'accord,  est  le  nombre  des  segments  abdominaux,  les  uns  en 
comptent  neuf,  les  autres  dix.  La  question  n'est  pas  decidee,  mais 
il  nous  parait,  que  le  dixieme  segment  peut-etre  regarde  comme  un 
developpement  considerable  de  cet  anus  prolonge,  que  l'on  trouve 
dans  un  si  grand  nombre  de  larves".  Ähnlich  glaubt  auch  Perkis 
das  13.  Segment  als  Neuerwerbung  ansehen  zu  müssen  (Hist.  d.  ins. 
de  Pin.  mar.,  p.  107):  „J'ose  etablir  en  principe  .  .  .  que  le  corps 
des  Lamellicornes  est  forme  de  treize  segments:  trois  thoraciques 
et  dix  abdominaux,  avec  quelque  variantes  dans  les  dimensions 
relatives  des  deux  derniers  segments  et  dans  la  structure  du  dernier. 
Je  ne  connais  d'autre  exception  que  celle  que  presentent  les  larves 
de  Cetoines  qui  n'ont  que  neuf  segments  abdominaux,  en  tout  douze 
segments.  Les  larves  des  Lamellicornes  partagent  donc  generale- 
ment  l'avantage  d'avoir  treize  segments.  J'en  ai  donne  pour  ces 
dernieres  une  raison  en  teile  quelle  dans  un  memoire  sur  les  meta- 
morphoses  de  divers  ,Agrüus\  J'ai  dit,  que  le  prothorax,  etant 
presque  entierement  occupe  par  la  tete,  et  ne  pouvant  des  lors 
concourir  au  travail  d'organisation  de  la  nymphe,  il  avait  sans  doute 
necessaire,  ä  titre  de  compensation  d'augmenter  le  nombre  des 
segments.  La  meme  explication  ne  saurait  s'appliquer  aux  larves 
des  Lamellicornes,  dont  la  tete  est  parfaitement  libre  et  n'inquiete 
nullement  sur  le  prothorax.  Mais  peut-etre  serait-il  permis  de  dire 
que,  dans  ces  larves  les  trois  segments  thoraciques  sont  exceptionelle- 
ment  si  petits,  qu'  ils  equivalent  a  peine  au  prothorax  de  la  plupart 
des  larves  ä  tete  libre  que  cette  Organisation  aurait  pu  etre  un 
obstacle  ja  l'evolution  de  la  nymphe  et  qu'ici  encore  la  natura 
toujours  fidele  k  sont  but,  a  compense  l'insuffisance  du  thorax  un 
plus  grand  developpement  de  Pabdomen.  Les  larves  des  Cetoines 
qui,  comme  je  Tai  dit,  n'ont  que  douze  segments  semblent  enlever  ä 
cette  explication  tout  caractere  de  vraisemblance,  mais  il  est  bon 
d'observer,  que  dans  ces  larves,  le  douxieme  segment  est  tres  con- 
siderable et  aussi  volumineux  que  dans  les  autres,  les  deux  derniers 
reunis." 

Von  den  neueren  Goleopterologen  äußert  sich  fast  keiner  über 
die  Natur  des  13.  Segments.  Schiödte  sagt  bei  der  allgemeinen 
Charakteristik   der   Scarabiden   (Vol.  9,  p.  239):    „Annulus   analis 


70  Paul  Bkass, 

exsertus,  corpori  continuus."  Eupeetsbeeger  geht  eingehender  auf 
diese  Frage  ein  und  sagt  in  seiner  Abhandlung:  „Die  Larven  der 
Käfer"  (1878,  Vol.  22,  p.  78):  „die  Gliederung  des  Hinterleibes  wird 
von  den  meisten  Schriftstellern  als  neuntheilig  bezeichnet,  und  diese 
Theilung  ist  dann  richtig,  wenn  der  als  Nachschieber  bezeichnete 
Eing  als  vom  Hinterleibe  gesonderter  Theil  nicht  unter  diesen  neun 
Theilen  mitgezählt,  sondern  besonders  erwähnt  wird.  Es  dürfte  aber 
gewiss  angezeigter  sein,  diesen  ganz  treffend  Nachschieber  genannten 
Körperriug  als  Analsegment  den  Abdominalringen  zuzuzählen,  so 
dass  der  Hinterleib  dann  zehn  Segmente  zählen  würde.  Der  Anal- 
ring ist  wohl  oft  charakteristisch  unterschieden  von  den  übrigen 
Abdominalringen,  er  ist  schmäler,  von  der  Längsrichtung  des  Leibes 
abweicliend  und  in  einem  mehr  oder  weniger  scharfen  Winkel  von 
derselben  nach  unten  abstehend,  wie  z.  B.  bei  den  Carabiden, 
Staphyliniden  etc.,  er  tritt  aber  auch  als  natürlicher  Abschluss  des 
Hinterleibes  auf,  indem  er  weder  in  der  Grösse  noch  in  der  Stellung 
noch  irgendwie  von  den  übrigen  Abdominalringen  auffallend  sich 
abhebt.  Zudem  bildet  er  einen  konstanten  Bestandtheil  des  Larven- 
körpers, da  er  in  den  wenigen  Fällen,  in  denen  er  nicht  entwickelt 
sich  erkennen  lässt,  doch  sicher  in  rudimentärer  Form  aufzufinden 
ist.  Aus  diesen  Gründen  rechtfertigt  es  sich,  den  Hinterleib  als 
zehntheilig  zu  bezeichnen,  aber  doch  den  Analring  als  separat  den 
neun  Hinterleibsringen  beizufügen". 

Ich  betrachte  in  Übereinstimmung  mit  Eupeetsbeeger  das  Ab- 
domen als  lOgliedrig.  Das  Schicksal  des  10.  Einges  (Analsegment- 
Conus)  soll  uns  im  Folgenden  beschäftigen. 

Technik. 

Meine  Untersuchungen  mußten  natürlich  zum  größten  Teil  an 
lebendem  Material  ausgeführt  werden,  um  die  verschiedenartigsten  Be- 
wegungsmöglichkeiten zu  studieren.  Einfach  war  dies  bei  den  frei  und 
oberirdisch  lebenden  Formen,  die  man  bei  ihrem  Kriechen  auf  freier 
Ebene  wohl  beobachten  konnte.  Bei  den  Chrysomeliden, 
Coccinelliden  etc.,  die  ihren  „siebten  Fuß"  noch  durch  ein  Secret 
besonders  fest  fixieren,  war  es  auch  möglich,  die  Schale,  in  der  sie 
sich  befanden,  umzudrehen  und  sie  von  unten  zu  beobachten.  So 
gewann  ich  ein  Bild  von  der  Verschiedenartigkeit  des  ausgestülpten 
Teiles.  Anders  war  es  bei  Larven,  die  ein  verborgenes  Leben 
führten.  Um  diese  genau,  namentlich  aber  das  Zusammenwirken 
von   Analsegment   und   den   Chitinbildungen    des    9.    Segments   zu 


Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.  71 

Studieren,  fertigte  ich  mir  folgenden  Apparat  in  verschiedenen 
Größen  an.  Und  zwar  war  der  erste  für  Elateriden,  Pyrochroiden 
oder  Larven  dieser  Größe  bestimmt,  während  der  kleinste  nur  so 
groß  war,  daß  ich  mit  ihm  bequem  unter  dem  Mikroskop  arbeiten 
konnte,  also  für  Larven  von  3—4  mm  Größe. 


^ 8 


Fiff.  A. 


Der  Apparat  selbst  besteht,  wie  uns  Fig.  A  zeigt,  aus  2  Glas- 
platten, die  miteinander  verbunden  sind  und  zwischen  sich  ein 
Lumen  frei  lassen,  in  das  eine  Holzleiste  A  paßt,  die  unbeweglich 
angebracht  ist.  Über  dieser  Leiste  läßt  sieh  eine  andere  (B)  von 
gleichem  Durchmesser  beliebig  verschieben,  so  daß  man  sie  parallel 
mit  A  stellen  oder  den  Eaum  nach  einer  Seite  hin  mehr  oder 
weniger  verjüngen  kann.  Die  Reibung  zwischen  Holzleiste  B  und 
den  beiden  Glasplatten  muß  so  groß  sein,  daß  die  Leiste  in  jeder 
beliebigen  Stellung  festgehalten  werden  kann.  Indem  ich  nun  die 
Larve  zwischen  A  und  B  brachte,  gelang  es  mir  durch  eine  geeig- 
nete Verschiebung  von  B  ihr  ähnliche  Voraussetzungen  zur  Fort- 
bewegung zu  bieten,  wie  ihr  gewöhnlicher  Lebensort  zwischen  Holz 
und  Rinde.  Es  ist  ja  schwer,  die  verborgenen  Tiere  auch  nur  unter 
annähernd  ähnlichen  Lebensbedingungen  zu  beobachten,  aber  immer- 


72  Paul  Brass, 

hin  erscheint  mir  dieser  Apparat  als   der  geeignetste,   um  die  Art 
der  Bewegung  bei  den  Tieren  zu  studieren. 

Um  die  anatomischen  Verhältnisse  kennen  zu  lernen,  präparierte 
ich  am  frisch  getöteten  Tier  den  Darm  heraus  und  färbte  ihn  mit 
Boraxkarmin,  Karmalaun  und  Alannkarmin,  die  alle  gute  Bilder 
gaben.  Ferner  war  es  nötig,  Schnitte  von  Tieren  mit  ein-  und  aus- 
gestülptem „siebtem  Fuß"  zu  bekommen.  Die  in  Äther  getöteten 
Larven  hielten  meist  das  Organ  eingestülpt,  während  ich  es  bei 
anderen  durch  Tötung  in  kochendem  Wasser  oder  Alkohol  stets  zur 
Ausstülpung  brachte.  Bei  Telephorus  und  anderen  großen  weich- 
häutigen Larven  versuchte  ich  es  auch  durch  Injektion  einer 
flüssigen  Paraffinmasse  in  den  Körper,  wodurch  dieser  prall  auf- 
getrieben wurde  und  die  ausstülpbare  Masse  voll  austrat.  Fixiert  wurden 
die  Tiere  neben  Zenker,  Pikrin-Schwefelsäure  hauptsächlich  in 
Formol-Chrom-Essigsäure,  die  einmal  die  Form  der  Larven  und  ihre 
Prallheit  erhält,  andrerseits  aber  auch  bei  der  Färbung  mit  Eisen- 
hämatoxylin  (Heidenhain)  ganz  ausgezeichnete  klare  Bilder  gibt. 
Ich  habe  diese  beiden  fast  ausschließlich  benutzt  und  die  feinsten 
histologischen  Einzelheiten  an  solchen  Präparaten  erkennen  können. 
LTm  das  Abschwimmen  der  Schnitte  zu  verhindern,  das  bei  dieser 
Methode  leiciit  eintritt,  wandte  ich  nach  den  Angaben  Schwabe's 
eine  Photoxylinlösung  an,  in  die  ich  die  Schnitte  nach  dem  Auf- 
lösen des  Paraffins  brachte.  Es  gelang  mir  so,  fast  stets  die  ganzen 
Schnittserien  auf  dem  Objektträger  festzuhalten.  Bei  einfachen 
Übersichtsbildern  färbte  ich  mit  Boraxkarmin,  die  nach  der  Difi:e- 
renzierung  mit  salzsaurem  Alkohol  auch  gute  Präparate  ergaben. 
Bei  diesen  Mikrotomschnitten  fehlte  mir  aber  immer  der  ganze  Ver- 
lauf der  Intersegmentalmuskulatur.  Um  diese  in  den  verschiedenen 
Ebenen  beobachten  zu  können,  fertigte  ich  mir  Handschnitte  an, 
ebenfalls  von  Tieren  mit  ausgestülptem  und  eingestülptem  Organ. 
Ich  gewann  diese  entweder  dadurch,  daß  ich  den  Körper  in  der 
Medianebene  halbierte  und  die  beiden  Hälften  aufklebte  (und  solche 
Schnitte  lieferten  die  besten  Resultate),  oder  aber,  indem  ich  von 
beiden  Seiten  etwas  mit  dem  Handschnittmesser  oder  einem  guten 
Skalpell  entfernte;  gefärbt  wurden  sie  ebenfalls  mit  Boraxkarmin, 
aufgehellt  in  Kreosot.  So  erhielt  ich  ein  einwandfreies  Bild  von 
der  natürlichen  Lage  der  inneren  Organe  und  dem  Verlauf  der 
Muskulatur.  Wenn  auch  die  Mikrotomschnitte  unerläßlich  waren 
für  die  histologischen  Feinheiten,  so  förderten  doch  gerade  die  Hand- 
schnitte die  Deutung  des  „siebten  Fußes"  ungemein. 


Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.  73 

Eine  andere  Aufgabe  war  auch  die  Zuclit  der  Larven,  da  eine 
Bestimmung  an  Hand  der  Literatur  in  einzelneu  Fällen  unmöglich 
war.  Verhältnismäßig  einfach  war  dies  bei  den  frei  lebenden 
Larven.  Ich  brachte  in  verschiedene  Glashäfen  Erde  mit  Grasnarbe 
und  stellte  in  ein  besonderes  Gefäß  beblätterte  Zweige  des  Baumes, 
auf  dem  sie  lebten,  hinein.  So  konnten  sie  sich  ernähren  und  zur 
Verpuppung  in  die  Erde  gehen  oder  sich  an  den  Blättern  festheften. 
Schwierig  war  die  Aufzucht  bei  den  verborgenen  Tieren,  die  viel- 
fach Carnivoren  sind.  Ich  brachte  sie  in  eine  Glasschale,  deren 
Boden  mit  Filtrierpapier  und  darüber  mit  Stücken  der  Rinde,  in  und 
auf  der  sie  lebten,  bedeckt  war.  Mit  Hilfe  des  Filtrierpapieres 
konnte  ich  so  gut  die  Feuchtigkeit  regulieren,  die  den  Tieren  un- 
bedingt nötig  ist.  Zur-'Ernährung  dienten  Fliegenlarven  und  andere 
kleine  Käferlarven,  die  zusammen  mit  ihnen  vorkamen.  Ich  hatte 
diese  Gefäße  erst  frei  dem  Licht  ausgesetzt  stehen  und  keine  Larve 
wollte  sich  verpuppen.  Erst  als  ich  sie  ins  Dunkle  setzte,  erhielt 
ich  von  einigen  Formen  Puppen  und  später  auch  Imagines.  Es 
scheint  also,  als  ob  das  Licht  irgendeinen  Einfluß  auf  sie  ausübe. 
Von  anderen  Formen  gelang  es  mir  aber  trotzdem  nicht,  Puppen  zu 
bekommen,  obwohl  ich  die  Versuche  immer  wieder  von  neuem  be- 
gann. Jedenfalls  ist  es  bei  manchen  kleinen  Formen  ungemein 
schwierig,  die  Tiere  zur  Verpuppung  zu  bringen. 


Spezieller  Teil. 

A.   Chrysomelidae. 

Galerucella  viburni  Payk.  Im  Juni  und  Juli  findet  man  diese 
Käferlarven  ziemlich  häufig  auf  Viburnum,  dessen  Blätter  sie  voll- 
kommen skeletieren.  Es  sind  im  ausgewachsenen  Zustand  etwa 
5—7  mm  lange,  fast  gleichmäßig  breite  Larven.  Das  Abdomen  be- 
steht aus  10  Bingen,  wovon  die  8  ersten  in  regelmäßiger  Anordnung 
mit  schwarzen,  warzenähnlichen  und  mit  steifen  Haaren  versehenen 
Gebilden  bedeckt  sind.  Das  9.  Abdominalsegment  (Taf.  4  Fig.  6) 
unterscheidet  sich  von  den  vorhergehenden  Segmenten  dadurch,  daß 
es  nur  lateral  noch  warzenähnliche  Gebilde  in  geringerer  Zahl  auf- 
weist, während  die  dorsalen  zu  einer  etwas  chitinisierten  Platte 
verschmolzen  sind,  die  ihrerseits  mit  starken  borstenähnlichen  Haaren 
versehen  ist  Dadurch  bekommt  das  Segment  von  der  dorsalen  oder 
ventralen  Seite   betrachtet   das  Aussehen   einer    halbkreisförmigen 


74  Paul  Brass, 

Scheibe,  in  deren  Mitte  das  Analsegment  eing-efügt  ist.  Dieses  ist 
etwas  ventralwärts  gebogen  und  bildet  den  Abschluß  des  sich  nach 
hinten  schwach  verjüngenden  Körpers.  Es  ist  morphologisch  nichts 
anderes  als  ein  typisches  Abdominalsegment  und  trägt  wie  die 
vorhergehenden  Segmente  noch  schwarze  Warzen,  aber  lateral  nur 
je  eine,  ist  also  stark  verkürzt.  Das  Analsegment  ist  etwas  ein- 
ziehbar, denn  bei  der  Fortbewegung  sieht  man,  wie  das  Segment 
mehr  oder  weniger  in  das  9.  Segment  hineingezogen  wird,  wobei 
dieses  mit  seiner  Platte  sich  nach  unten  krümmt  und  so  einen  ge- 
wissen Schutz  für  die  austretenden  weichen  Massen  (vgl.  unten) 
bietet  (Taf.  4  Fig.  8). 

Beobachtet  man  nun  eine  Larve,  die  aus  der  Ruhe  in  Bewegung 
übergeht,  so  sieht  man,  wie  sie  den  ganzen  Körper  so  weit  als  nur 
eben  möglich  streckt.  Während  sie  dabei  etwa  3 — 4  Schritte  vor- 
wärts macht,  bleibt  das  Analsegment  der  Unterlage  fest  angeheftet. 
Erst  wenn  sie  ihre  Maximalstreckung  erreicht  hat,  hebt  sie  das 
ganze  Abdomen  und  schiebt  den  After  unter  geringer  Krümmung 
und  starker  Kontraktion  der  letzten  5  Segmente  um  etwa  3  bis 
4  Segmentlängen  nach  vorn.  Dann  setzt  sie  ihn  nieder,  streckt 
unter  abermaligem  Festhaften  des  Afters  den  Körper  und  wieder- 
holt den  Vorgang  von  neuem.  Beim  Aufsetzen  sieht  man  aus  der 
Afteröifnung  des  Analsegments  eine  gelblich-weiße  Masse  heraus- 
quellen von  grob  gelappter,  unregelmäßiger  Form  (Taf.  4  Fig.  6). 
Die  Zahl  der  Lappen  schwankt  zwischen  4  und  6.  Sie  legt  sich 
der  Unterlage  mit  all  ihren  Unebenheiten  dicht  an  und  bietet  so 
dem  Tiere  bei  seiner  Fortbewegung  eine  willkommene  Stütze.  Mit 
dem  Aufheben  des  Abdomens  verschwindet  aber  auch  wieder  die 
lappige  Masse  in  dem  Analsegment,  um  aufs  neue  bei  der  folgenden 
Niedersetzung  zu  erscheinen.  Dabei  sitzt  das  Tier  so  fest  an  seiner 
Unterlage,  daß  es  an  der  Unterseite  der  Blätter  laufen,  ja  selbst 
mit  dem  ganzen  Gewicht  seines  Körpers  an  dem  ausgestülpten  Ge- 
bilde hängen  und  sich  emporrichten  kann.  Eine  derartig  feste  An- 
heftung kann  nur  durch  Absonderung  eines  klebrigen  Secrets  be- 
wirkt werden.  Ich  sah  zwar  nicht,  daß  Galerucella  viburni  derartige 
Secrettropfen  auf  ihrer  Unterlage  hinterließ,  dafür  aber  bei  anderen 
weiter  unten  noch  zu  beschreibenden  Blattkäferlarven  desto  deut- 
licher. Auch  Latreille  hat  solches  beobachtet  (1.  c,  Vol.  11,  p.  332): 
,,Le  Corps  des  larves  est  garni  vers  l'extremite  d'un  mamelon 
charnu,  le  mamelon  fait  l'office  d'une   septieme  patte;   la  larve  le 


Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan. 


(O 


pose  sur  le  plan  qu'elle  parcourt  et  conime  il  est  enduit  d'une  liqueur 
gluante,  il  seit  ä  la  retenir  sur  la  feuille  oü  eile  se  tient." 

Was  zunächst  die  Mechanik  des  Aus-  und  Einstülpens  an- 
betrifft, so  erfolgt  das  Ausstülpen  dadurch,  daß  sich  infolge  der 
Kontraktion  der  Körpermuskulatur  das  Körperlumen  verringert  und 
das  Blut,  das  ja  frei  in  der  Leibeshöhle  in  offenen  Bahnen  sich  be- 
wegt, die  weiße  Masse  zum  After  herauspreßt  —  ein  Vorgang  ganz 
analog  dem  Ausstülpen  der  Fühler  bei  den  Pulmonaten  etc.  Daß 
das  Blut  diesen  Vorgang  bewirkt,  beweisen  die  zahllosen  Blut- 
körperchen, die  ich  auf  Schnitten  in  dem  ausgestülpten  Organ  fand. 
Die  Einstülpung  wird  durch  Eetractoren  bewirkt,  die  sich  einerseits 
an  der  Grenze  vom  8.  und  9.,  dann  vom  9.  und  10.  und  von  der 
Mitte  des  9.  Segments,  andrerseits  an  der  äußersten  Grenze  des 
ausgestülpten  Teiles  inserieren.  Die  Anheftung  der  Eetractoren 
bestimmt  die  Form  der  ausgestülpten  Masse,  im  besonderen  die 
Zahl  der  Lappen. 

Was  ist  nun  das  Organ,  das  dem  Tier  bei  seiner  Fortbewegung 
eine  so  große  Unterstützung  bietet?  Rein  äußerlich  betrachtet,  er- 
scheint es  uns  nur  als  eine  lappige  Masse,  die  ein-  und  ausstülpbar 
ist,  ohne  uns  aber  einen  Schluß  auf  ihre  Herkunft  zu  gestatten.  Auf 
diese  Frage  geben  uns  Handschnitte  von  Larven,  bei  denen  das 
Organ  in  der  oben  schon  näher  angeführten  Weise  zur  Ausstülpung 
gebracht  ist,  gute  Aufschlüsse.  Die  Schnitte  sind  so  geführt,  daß 
sie  den  Körper  in  der  Medianebene  halbieren.  Von  großem  Vorteil 
ist  es,  daß  man  auf  ihnen  die  Anheftungsstellen  der  verschiedenen 
Muskeln,  die  sich  doch  in  allen  möglichen  Ebenen  inserieren,  klar 
und  deutlich  erkennen  kann,  was  bei  Mikrotomschnitten  nicht  mög- 
lich ist.  Fig.  2,  Taf.  4  zeigt  uns  einen  Handschnitt  von  einer  Larve, 
die  ihre  Masse  ausgestülpt  hat.  Die  Zahlen  bezeichnen  die  Ab- 
dominalsegmente in  ihrer  Reihenfolge;  rot  gezeichnet  ist  der  aus- 
gestülpte Teil. 

Der  Schnitt  zeigt  uns,  daß  das  ausgestülpte  Stück  das  Ende 
des  Darmes  ist,  also  in  der  Hauptsache  die  Ansicht  von  Chapuis, 
Imhoff  und  G.  W.  Müller  bestätigt  wird,  wonach  die  weiße  Masse 
nichts  anderes  ist  als  das  Ende  des  Darmes. 

Eine  andere  Frage  ist  die  nach  der  morphologischen  Deutung 
des  ausgestülpten  Stückes.  Chapuis  sagt  darüber  in  seinem  ,,Cata- 
logue  des  larves  des  Coleopteres"  (1853,  Vol.  8,  p.  358):  „Cette 
fausse  patte  anale,  comme  on  l'a  nommee,  n'est  le  plus  souvent 
autre  chose   que  l'anus   prolonge  en  tube  et  pouvant  s'allonger  ou 


76  Paul  Brass, 

se  retirer  ä  la  volonte  de  ranimal.  Dans  beaiicoup  de  Clirysomeliens 
il  n'y  a  qu'un  seul  prolongement,  situe  sur  la  ligne  mediane  en  avant 
de  l'anus,  mais  son  extremite  charnue  est  tantöt  bifide,  tantot  simple." 
Auch  nach  Imhoff  ist  das  Hilfsorgan,  der  „siebte  Fuß",  nichts 
anderes  als  der  ein-  und  ausstülpbare  After  (1.  c,  1856,  p.  25): 
„Alle  diese  Teile  (Warzen,  Häckchen  etc.)  werden  aber  an  Wichtig- 
keit übertroffen  durch  den  bei  vielen  unten  am  letzten  Segment 
hervortretenden  Nachschieber.  Er  ist  meist  nichts  anderes  als  der 
in  eine  Röhre  verlängerte,  aus-  und  einziehbare  After.  In  vielen 
Chrysomeliden  findet  sich  vor  dem  After  derselbe  Teil  wieder  ein- 
fach, mit  ungeteiltem  zweispaltigen  Ende."  Gleicher  Ansicht  ist 
auch  G.  W.  MÜLLER  (1.  c,  1912). 

In  der  Hauptsache  stimme  ich  darin  mit  den  genannten  Forschern 
überein,  daß  es  sich  um  eine  Ausstülpung  aus  dem  After  handelt, 
zweifelhaft  ist  mir  nur,  ob  man  das  ausstülpbare  Stück  als  End- 
darm oder  als  Körpercuticula,  die  in  der  ßuhe  eingezogen  ist,  an- 
sprechen soll. 

Zur  Klärung  dieser  Frage  muß  man,  meiner  Ansicht  nach,  zu- 
zunächst  feststellen,  von  wo  an  man  die  äußere  Körpercuticula 
rechnen  soll,  —  also  die  Grenze  zwischen  Darm  und  Körpercuticula. 
Da  ist  ein  brauchbarer  Stützpunkt  gegeben  in  der  Muskulatur  des 
Intestinalkanals. 

Betrachten  wir  mit  Rücksicht  auf  diese  Frage  den  Schnitt, 
wobei  wir  besonders  die  Muskulatur  beobachten!  Wir  sehen  die 
Intersegmentalmuskulatur  (IM)  regelmäßig  von  einer  Intersegmental- 
falte  zur  anderen  verlaufen,  nur  in  den  beiden  letzten,  d.  h.  im  9. 
und  10.  Segment,  zeigt  sie  abweichende  Anordnung.  Hier  finden 
wir  an  der  dorsalen  Seite  des  9.  Segments  neben  Muskeln  von  ähn- 
lichem Verlauf  wie  in  den  vorhergehenden  Segmenten  solche,  die 
von  der  Grenze  des  8.  und  9.  Segments  oder  von  der  Mitte  des 
9.  allein  zu  dem  ausgestülpten  Organ  verlaufen.  Weiter  haben  wir 
auch  Muskeln,  die,  von  der  Intersegmentalfalte  des  9.  und  des  Anal- 
segments ausgehend,  an  derselben  Stelle  ansetzen.  Es  sind  dies 
alles  Muskeln,  welche  die  Einstülpung  des  ausgestülpten  Teiles  be- 
wirken (Retractoren).  In  ihrer  Anordnung  haben  sie  die  größte 
Ähnlichkeit  mit  der  Intersegmentalmuskulatur,  und  die  Annahme, 
daß  wir  es  in  den  Retractoren  (Et)  mit  wenig  modifizierten  Inter- 
segmentalmuskeln  zu  tun  haben,  scheint  unabweisbar.  Danach 
würde  die  eigentliche  Grenze  des  Darmes  da  liegen,  wo  sich  die 
Retractoren  inserieren. 


Das  10.  Abdorainalsegmeut  der  Käfeilarven  als  Bewegungsorgan.  77 

Wie  aus  der  Figur  des  weiteren  ersichtlich  ist,  verläuft  die 
Ringmuskulatur  (Rm)  des  Enddarmes  bei  diesem  Tiere  bis  zur 
äußersten  Grenze  des  ausstülpbaren  Gebildes.  Es  führt  uns  also 
die  Betrachtung  der  Ringmuskulatur  zu  der  gleichen  Anschauung 
wie  die  Betrachtung  der  Retractoren,  daß  nämlich  der  aus"- 
gestülpte  Teil  nicht  eigentlich  dem  Darm  angehört, 
vielmehr  ein  sekundär  eingestülptes  Stück  der  äußeren 
Körperhaut  darstellt.  Der  für  gewöhnlich  sichtbare 
After  ist  mithin  auch  garnicht  der  eigentliche,  sondern 
ein  scheinbarer;  ich  nenne  ihn  „sekundären  After". 
Wenn  ich  also  auch  in  der  Hauptsache  mit  den  oben  genannten 
Autoren  (Chapuis,  Imhoff,  G.  W.  Müller)  übereinstimme,  daß  es 
sich  in  der  weißen  Masse  um  das  Endstück  des  Darmes  handelt,  so 
vertrete  ich  in  der  morphologischen  Deutung  des  ausgestülpten  Teils 
einen  wesentlich  anderen  Standpunkt. 

Auf  die  Herkunft  des  klebrigen  Secrets  möchte  ich  bei  der  Be- 
schreibung von  Agelastica  alni  zurückkommen,  deren  anatomischer 
Aufbau  mir  besonders  zur  Klärung  dieser  Frage  geeignet  erscheint. 

Agelastica  alni  L.  Die  meist  dunkel  gefärbte  Blattkäferlarve 
(Taf.  4  Fig.  14),  die  in  ihren  Jugendständen  die  Blätter  von  Alnus 
skeletiert,  zeigt  wohl  die  auffallendste  Art  der  Fortbewegung  unter 
allen  Chrysomeliden.  Ihr  Körper  besteht  wie  der  von  Galerucella 
vihurni  ebenfalls  aus  13  Ringen  —  3  thoracalen  und  10  abdominalen, 
einschließlich  des  Analsegments  —  und  ist  nach  den  beiden  Enden 
schwach  verjüngt.  Die  beiden  hinteren  Brust-  und  die  8  ersten 
Abdominalringe  sind  mit  je  2  Querreiheu  stacheliger  oder  spärlich 
behaarter  Tuberkel  ^besetzt,  die  am  9.  Ringe  fehlen.  Das  10.  oder 
Analsegment  ist  stets  einfach  und  auch  hier  ein  stark  verkürztes 
Abdominalsegment,  dem  jegliche  Warzen  fehlen.  Wir  finden  hier 
eine  ganz  ähnliche  Art  der  Bewegung  wie  bei  Galerucella  vihurni. 
Ein  wesentlicher  Unterschied  besteht  darin,  daß  bei  Galerucella  das 
Vorschieben  des  Hinterendes  in  erster  Linie  durch  eine  starke 
Kontraktion  der  Abdominalsegmente,  hier  fast  ausschließlich  durch 
eine  starke  Krümmung  des  Abdomens  erfolgt  —  ähnlich  wie  bei 
den  Spannerraupen.  Auch  die  Herkunft  der  ausgestülpten  grau- 
weißen Masse  ist,  wie  uns  ein  Medianschnitt  lehrt,  die  gleiche.  Die 
Photographie  zeigt  das  Tier  gerade  im  Augenblick  der  höchsten 
Krümmung  und  der  soeben  erfolgten  Niedersetzung  des  „sekundären 
Afters*'. 


78  Paul  Brass, 

Eine  meisterhafte  Beschreibung  über  die  Bewegung-  von  Age- 
lastica  ahn  finden  wir  bei  de  Geer  in  seiner  ,.Histoire  des  Insectes" 
(Vol.  5,  1775,  p.  309):  „Ces  larves  ont  encore  comme  une  septieme 
patte.  Elles  fönt  sortir  du  dernier  anneau  du  corps  une  raasse  de 
chairs  molles  et  flexibles,  de  figure  variable:  car  les  larves  peuvent 
les  gonfler  et  les  aifaisser  ä  leur  gre.  Quand  elles  marchent,  elles 
fönt  paroitre  cette  masse  membraneuse  qu'  elles  posent  et  flxent 
sur  le  plan  oü  elles  se  trouvent,  au  moyen  d'une  matiere  gluante 
et  en  retirant  les  chairs  qui  se  trouvent  au  milieu  de  la  masse,  ce 
qui  y  forme  un  petite  vuide ,  et  c'est  par  ce  moyen  qu'  elles  se 
tiennent  forteraent  attachees  aux  feuilles.  Elles  marchent  en  quelque 
fagon  comme  les  chenilles  arpenteuses;  apres  avoir  allonge  le  corps 
autant  qu'il  leur  est  possible,  elles  detachent  le  mamelon  ou  la  patte 
membraneuse  et  courbant  le  corps  en  dessous,  elles  posent  la  patte 
plus  avant  et  l'y  fixent;  en-suite  elles  avancent  de  nouveaux  le  devant 
du  corps  au  moyen  des  pattes  ecailleuses;  c'est  leur  marche  la  plus 
ordinaire.  Quelque-fois  pourtant  elles  se  contentent  de  marcher  avec 
les  pattes  ecailleuses  seulement,  et  alors  le  derriere  ne  fait  simple- 
ment  que  trainer.  Elles  peuvent  encore  retirer  la  masse  entierement 
dans  le  corps  et  la  faire  disparoitre.  Ce  mamelon,  au  milieu  du- 
quel  se  trouve  l'anus  est  d'une  couleur  jaune  livide  et  griseätre." 

Die  Angaben  von  de  Gebe,  daß  das  Abdomen  einfach  ohne 
Zuhilfenahme  des  „septieme  patte"  nachgeschleppt  wird,  bezieht 
sich  nach  meinen  Beobachtungen  fast  ausschließlich  auf  die  jungen 
Stadien.  Auffälliger  als  bei  Agelastka  aber  war  der  Gegensatz  in 
der  Bewegung  zwischen  jungen  und  älteren  Larven  bei  Lina  tre^mdae. 

Woher  stammt  aber  nun  die  „matiere  gluante",  von  der  de  Geer 
in  seiner  Abhandlung  spricht?  Nach  dem  Aufheben  des  Abdomens 
findet  man  zuweilen  kleine,  dem  unbewaffneten  Auge  kaum  sicht- 
bare, dann  aber  auch  größere  klebrige  Massen.  Diese  heften  das 
ausgestülpte  Organ  derart  fest  an,  daß  das  Tier  an  seinem  After 
hängen  bleiben  kann.  Man  könnte  zunächst  annehmen,  daß  es  sich 
um  ein  spezifisches  Drüsensecret  handle,  von  Drüsen,  die  im  Ab- 
domen liegen  und  am  After  münden;  nach  derartigen  Drüsen  habe 
ich  vergeblich  gesuclit.  Andrerseits  könnte  das  Beeret  aus  Darm- 
zellen stammen,  also  von  ähnlicher  Herkunft  sein,  wie  sie  Pütter 
annimmt  (1.  c,  1911,  p.  308):  „Eine  eigenartige  Stellung  nimmt  der 
Absonderungsmodus  in  den  Darmzellen  einiger  Insekten  ein:  hier 
wird  ein  Teil  der  Zellen  abgeschnürt  und  bildet,  sich  lösend,  das 
Sekret.     Diese  lArt   der  Sekretion  vermittelt  einerseits   den   Über- 


Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.  79 

gang  zu  den  .geformten  Sekreten'  oder  auch  den  ,lebenden  Sekreten', 
andrerseits  zu  jenen  Fällen,  in  denen  die  ganze  Zelle  zugrunde  geht 
und  so  das  Sekret  bildet  {Ftychoptera,  Muscay  Aber  auch  derartige 
Zellen  fand  ich  nicht.  Es  ist  allerdings  die  Möglichkeit  kaum  aus- 
zuschließen, daß  Darmzellen  das  Secret  liefern;  irgendwelchen  An- 
halt für  diese  Annahme  habe  ich  aber  nicht  auffinden  können.  Eine 
dritte  Möglichkeit  der  Herkunft  des  Klebstoffes  wäre  die  aus  den 
MALPiGHi'schen  Gefäßen,  ähnlich  dem  Spinnstoff  der  Myrmel eo- 
nidenlarven  (Lozinski,  1911). 

Untersuchungen,  die  ich  unter  diesem  Gesichtspunkt  bei  den 
Chrysomeliden  anstellte,  ließen  in  den  MALPiGHi'schen  Gefäßen  aller 
von  mir  beobachteter  Blattkäferlarven  nach  dem  verschiedenen  Alter 
eine  Verschiedenheit  in  dem  anatomischen  Aufbau  erkennen.  Nach 
der  Beschaffenheit  der  MALPiGHi'schen  Gefäße  konnte  ich  einiger- 
maßen 3  Stadien  unterscheiden,  von  denen  die  beiden  ersten  jedes 
etwa  2—3  Häutungen  umfaßt,  wohingegen  sich  das  letzte  auf  die 
Zeit  kurz  vor  der  Verpuppung  beschränkt.  Während  des  1.  Stadiums, 
in  dem  der  After  nur  eine  geringe  Rolle  bei  der  Fortbewegung 
spielt  (vgl.  oben),  zeigten  die  MALPiGHi'schen  Gefäße  das  gewöhn- 
liche Aussehen  (Taf.  4  Fig.  17),  d.  h.  es  waren  etwa  6  relativ  lange 
aber  gleichmäßig  dicke  Gefäße,  von  ca.  0,052  mm  Durchmesser, 
deren  einzelne  Kerne  etwa  0,021  mm  maßen.  Sie  ließen  keine  Unter- 
schiede gegenüber  den  Formen  erkennen,  die  während  ihres  larvalen 
Lebens  keinen  Klebstoff  absondern,  wie  z.B.  die  Cerambyciden. 
Es  waren  eben  die  typischen  MALPiGHi'schen  Gefäße  der  Hexapoden. 
Bald  nach  der  2.  Häutung  aber,  wo  also  auch  der  „siebte  Fuß" 
stark  zur  Fortbewegung  herangezogen  wird,  zeigten  sich  Modifika- 
tionen in  dem  Aufbau  der  Gefäße.  Der  distale  Teil  der  Malpighi- 
schen  Gefäße  trat  in  einen  stets  stärker  werdenden  Gegensatz  zum 
proximalen.  Während  dieser  seinen  gewöhnlichen  Habitus  beibehielt, 
wurde  der  distale  Teil,  und  zwar  von  der  Mitte  der  Schläuche  an- 
fangend, nach  dem  Ende  zu  immer  dicker,  so  daß  er  zum  Schluß 
ungefähr  den  dreifachen  Durchmesser  des  basalen  Teiles  (der  seine 
ursprüngliche  Dicke  beibehalten  hat)  erreichte,  d.  h.  eine  Stärke 
von  ca.  0,168  mm  (Taf.  4  Fig.  16).  Damit  im  Zusammenhang  steht 
eine  Vergrößerung  der  Zellkerne,  die  nun  etw^a  eine  Länge  von 
ca.  0,052—0,072  mm  erreichen,  wobei  auch  die  vorher  fast  ganz 
runden  Kerne  nunmehr  eine  ellipsoide  Gestalt  annahmen.  Das  Zell- 
plasma, das  vorher  noch  das  ganze  Volumen  der  Zelle  erfüllte,  ließ 
nun    zahlreiche    kleine  Vacuolen   erkennen,    die,    miteinander   ver- 


80  Paul  Brass, 

schmelzend,  immer  größere  Tropfen  in  der  Zelle  bildeten.  Zerdrückt 
man  die  frisch  herauspräparierten  Schläuche  eines  Tieres  zwischen 
zwei  Deckgläsern  und  setzt  einige  Tropfen  Wasser  hinzu,  so  sieht 
man  neben  zahllosen  mikroskopisch  kleinen,  braunen  Körnchen  auch 
größere  gelbe  Kugeln,  die  sich  nicht  mit  Wasser  vermischen,  also 
wohl  von  ölartiger  Beschaffenheit  sind.  Aller  Wahrscheinlichkeit 
nach  bilden  diese  Secrete,  die  man  wohl  als  ein  Produkt  der  diffe- 
renzierten MALPiGHi'schen  Gefäße  ansehen  muß,  den  Klebstoff  zur 
Festheftung  des  Hinterendes.  Im  3.  Stadium  sah  ich  die  sonst  ganz 
kompakt  erscheinende  Kernmasse  sich  in  ein  kompliziertes  Kern- 
gerüst mit  zahlreichen  Chromatinkörnern  auflösen,  zusammengehalten 
durch  die  Kernmembran. 

Während  der  letzten  Larvenperiode,  also  kurz  vor  der  Ver- 
puppuug,  schwanden  auch  die  ganzen  Kerne,  und  es  blieb  nur  der 
Zellkörper  erhalten,  wobei  das  ganze  distale  Stück  der  MALPiGHi'schen 
Gefäße  ein  eigentümlich  gestreiftes  Aussehen  annahm,  wie  es  die 
Fig.  15,  Taf.  4  veranschaulicht.  Wie  uns  die  Figur  zeigt,  findet 
man  undeutlich  konturierte  Körper  ohne  Zellkern,  die  augenscheinlich 
den  Zellen  der  MALPiGHi'schen  Gefäße  entsprechen.  Manche  ent- 
halten noch  einen  vollständigen  Kern  von  annähernd  ovaler  Gestalt 
(Zk').  In  anderen  wieder  sieht  man  einen  Kern  von  halbmond- 
förmiger Gestalt  (Zk").  Übergangsformen  von  diesen  zu  den  kern- 
losen Zellen  habe  ich  vermißt,  so  daß  die  Auflösung  des  Kernes, 
um  die  es  sich  augenscheinlich  handelt,  sehr  schnell  vor  sich  zu 
gehen  scheint.  Weiter  sieht  man  auf  der  Oberfläche  zahlreiche 
Kerne  {Bk),  die  nichts  anderes  sind,  als  die  Zellkerne  des  binde- 
gewebigen Überzuges.  Es  ergibt  sich  dies  aus  der  Tatsache,  daß 
beim  Loslösen  des  Bindegewebes  auch  die  Kerne  verschwinden. 
Schließlich  finden  vrir  noch  kleine  runde  Kerne  mit  zentralem  Kern- 
körperchen  (MJi).  Ich  betrachte  sie  als  die  Matrixzellen,  von  denen 
aus  der  Wiederaufbau  der  MALPiGHi'schen  Gefäße  erfolgt.  Mit  den 
alten  Kernen  der  MALPiGHi'schen  Gefäße  dürften  sie  nichts  zu  tun 
haben. 

Wir  finden  also  die  Beschaffenheit  der  MALPiGHi'schen  Gefäße 
im  engsten  Zusammenhang  mit  der  Klebfunktion  des  ausstülpbaren 
Organs.  Solange  der  After  nur  eine  untergeordnete  Rolle  für  die 
Bewegung  spielt,  zeigen  die  MALPiGHi'schen  Gefäße  keine  nennens- 
werte Differenzierung.  Sobald  dann  das  Ankleben  an  Bedeutung 
gewinnt,  zeigen  die  MALPiGHi'schen  Gefäße  eine  gewisse  Diffe- 
renzierung  und   Umgestaltung   der   Zellen.     Wenn    wir   schließlich 


Das  10.  Abdominalsegraent  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.  81 

kurz  vor  der  Verpuppung-  sich  sehr  auffällige  Veränderungen  an 
dem  erweiterten  distalen  Teil  der  MALPmm'schen  Gefäße  vollziehen 
sehen,  so  liegt  es  nahe,  diese  Veränderungen  in  engen  Zusammen- 
hang zu  bringen  mit  der  Rolle,  die  ein  klebriges,  aus  dem  After 
austretendes  Secret  für  die  Anheftung  der  Puppe  spielt.  Bei  der 
Herstellung  dieses  Secrets  scheint  eine  vollständige  Auflösung  des 
Kernes  zu  erfolgen,  während  sich  der  Zellkörper  einigermaßen  un- 
verändert erhält.  Alles  in  allem  sprechen  die  beschriebenen  ana- 
tomischen Verhältnisse  und  die  Veränderungen  an  den  MALPioHi'schen 
Gefäßen  sehr  dafür,  daß  die  klebrige  Masse  aus  ihnen  stammt. ') 

Flagiodera  amoraciae  L.  Auf  den  Blättern  von  Salixarten  lebend, 
findet  man  die  Larve  häufig  in  den  Sommermonaten.  Sie  erreicht 
eine  Länge  von  ca.  4—6  mm  und  stimmt  in  ihrem  Habitus  fast 
ganz  mit  Agelastica  alni  überein.  Das  Analsegment  ist  aber  hier 
fast  ganz  verschwunden  und  nur  als  ein  Rudiment  erhalten.  Die 
ausstülpbare  Masse  ist  relativ  größer  als  bei  solchen  Formen,  die 
noch  ein  wohl  entwickeltes  Analsegment  erkennen  lassen.  Auch 
sie  gebraucht,  wie  überhaupt  fast  alle  Blattkäferlarven  (Ausnahme 
machen :  Crioceris  und  Cassida),  den  „siebten  Fuß"  als  Unterstützung 
bei  der  Fortbewegung.  Die  ausstülpbare,  gelbe  Masse  ist  wiederum 
nichts  anderes  als  ein  großes  Stück  modifizierten  Analsegments.  Man 
kann  diese  Larve  wohl  in  gewisser  Beziehung,  nämlich  hinsichtlich 
der  Größe  des  Analsegments  und  der  Modifikation  desselben  zum 
„siebten  Fuß",  als  einen  Übergang  zur  folgenden  Art  ansehen. 

Lina  tremulae  Fabe.  Wenn  man  im  August  die  Blätter  von 
Populus  tremulae  beachtet,  so  findet  man  sehr  häufig  diese  Blatt- 
käferlarve, die  einerseits  durch  ihre  Plumpheit,  andrerseits  durch 
ein  unangenehm  riechendes  Secret,  das  sie  bei  Berührung  absondert, 
auffällt  (Taf.  4  Fig.  7).  Sie  ist  in  ausgewachsenem  Zustand  etwa 
8—10  mm  lang  und  vom  Kopf  nach  dem  Abdomen  zu  stark  ver- 
jüngt. Die  beiden  letzten  Thorax-  und  die  7  ersten  Abdominalringe 
tragen  lateral  je  eine  Reihe  wenig  oder  gar  nicht  behaarter,  zitzen- 
förmiger  Tuberkel,  aus  denen  bei  Berührung  das  ätzende,  für 
kleinere  Insecten   tödlich  wirkende  Secret  austritt.    Vom  Abdomen 


1)  Während  des  Druckes  lernte  ich  noch  eine  Arbeit  von  Silvestki  : 
„Contribuzione  alla  conoscenza  della  metaraorfosi  e  dei  costumi  della  Lebia 
scapularis"  kennen.  Der  Autor  stellt  fest,  daß  bei  dem  genannten  Käfer 
die  MALPiGHl'schen  Gefäße  den  Stoff  für  das  Puppengespinst  Hefern  und 
zwar  der  proximale  erweiterte   Abschnitt. 

Zool.  Jahrb.  XXXVIl.    Abt.  f.  Syst.  ^ 


82  Paul  Bräss, 

sind  nur  noch  9  Ringe  vorhanden ;  das  10.  Segment  fehlt  anscheinend 
vollständig.  Während  seiner  ersten  Jugendstadien  gebraucht  die 
Larve  den  „siebten  Fuß"  fast  gar  nicht,  da  sie  noch  verhältnis- 
mäßig schlank  und  leicht  ist.  Nach  der  1.  oder  2.  Häutung,  wo 
also  auch  die  Form  des  Körpers  eine  immer  plumpere  und  das  zu 
bewegende  Gewicht  ein  immer  größeres  wird,  beobachtet  man  eigent- 
lich nie  ein  bloßes  Nachschleppen  des  Abdomens  ohne  irgendeine 
Niedersetzung  des  Afters.  Dieser  dient  nun  in  ausgesprochenstem 
Maße  als  Hilfsorgan  bei  der  Fortbewegung.  Das  ausstülpbare  Organ 
hat  bei  diesem  Tier  —  wohl  die  extremste  Bildung  bei  den  Chryso- 
meliden  —  die  ganze  Größe  eines  Abdominalsegments  (Taf.  4  Fig.  5). 
Sieht  man  sich  die  Handschnitte  an,  die  gleicherweise  wie  vorher 
hergestellt  wurden,  so  findet  man,  daß  das  ausstülpbare  Organ  nichts 
anderes  als  das  modifizierte  Analsegment  ist,  das  sekundär  einge- 
stülpt wurde.  Während  aber  bei  Galerucella  viburni  und  auch  bei 
Agelastica  alni  das  Hilfsorgan  nur  ein  Teil  des  umgewandelten  Anal- 
segments darstellte,  bei  Plagiodera  amoraciae  die  Einstülpung  noch 
weiter  gediehen  war,  haben  wir  es  hier  mit  einer  vollkommenen 
Modifikation  des  ganzen  Analsegments  zu  tun.  Das  will  also  sagen, 
daß  ein  Abdominalsegment  allmählich  eine  vollkommene  funktionelle 
Umbildung  erlitten  hat.  Das  Analsegment  schwindet  nicht,  wie  man 
zuerst  glauben  könnte,  sondern  es  erscheint  dem  beobachtenden  Auge 
als  das,  was  schon  de  Gebe  aus  dem  letzten  Ringe  des  Körpers 
austreten  sah :  die  „masse  de  chairs  molles  et  flexibles,  de  figure  variable". 
Bei  den  bisher  besprochenen  Chrysomeliden  bildet  der  ,.sekundäre 
After"  den  natürlichen  Abschluß  des  Körpers,  und  eine  Beteiligung 
des  „siebten  Fußes"  scheint  in  dieser  Familie  allgemein  vorzukommen. 
Eine  Ausnahme  machen  nur  zwei  Formen,  bei  denen  das  Anal- 
segment infolge  besonderer  Anpassung  eine  vollkommene  Umgestaltung 
erfahren  hat:  Cassida  ruhiginosa  und  Crioceris  merdigera.  Chapuis 
sagt  dazu  in  seinem  „Catologue  des  larves"  bei  der  allgemeinen 
Charakteristik  der  Chrysomelidenlarven :  „Dans  le  plus  grand  nombre, 
le  Segment  terminal  se  prolonge  en  dessous  en  un  tube  retractil 
simple  ou  bifide,  qui  sert  ä  la  progression  et  derriere  le  quel  aboutit 
le  canal  intestinal.  Le  point  le  plus  interessant  de  l'histoire  de  ces 
larves  est  sans  contredit  l'etude  des  moyens  aux-quels  elles  ont 
recours  pour  se  proteger,  soit  contre  les  intemperies  de  Fair  ou 
l'ardeur  du  soleil,  soit  contre  leurs  ennemis.  Hs  consistent  toujours 
dans  l'emploi  de  leurs  excremens  avec  lesquels  elles  recouvrent 
leur  Corps." 


Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.  83 

Eine  treffende  Schilderung  der  Lebensweise  von  Crioceris  merdigera 
finden  wir  bei  G.  W.  Müller  (1.  c.  1912,  p.  225):  „Auch  beim  Lilien- 
hähnchen beteiligt  sich  der  Enddaim  nicht  an  der  Bewegung.  Die 
Larve  dieses  Käfers  bedeckt  sich  mit  ihrem  Kot,  w^andert  als  ekel- 
haftes Schmutzhäufchen  auf  den  Lilienblättern  umher.  Die  An- 
sammlung des  Kotes  auf  dem  Rücken  des  Tieres  wird  bewirkt  durch 
eine  Verschiebung  des  Afters  nach  dem  Rücken.  Mit  dieser  Ver- 
schiebung des  Afters  ist  eine  Verwendung  des  Enddarmes  als  Be- 
wegungsorgan ebenso  unvereinbar  wie  bei  Cassida  mit  der  Umbiegung 
des  hinteren  Körperendes." 

Eine  derartige  Verschiebung  des  Afters  von  seiner  terminalen 
Lage,  als  natürlicher  Abschluß  des  Körpers,  nach  dem  Rücken  zu, 
ist  eine  einzig  dastehende  Tatsache.  Es  haben  zwar  sehr  zahlreiche 
Käferlarven  auch  ihren  After  verschoben,  doch  immer  ventralwärts, 
nie  aber  dorsal.  Noch  eine  andere  Eigentümlichkeit  finden  wir  in 
dem  anatomischen  Aufbau  dieses  Sonderlings  unter  den  Käferlarven. 
Wie  uns  die  Medianschnitte  anderer  Chrysomelidenlarven  zeigen, 
verläuft  der  ganze  Enddarm  fast  vollkommen  gerade  ohne  jegliche 
größere  Windung  im  Abdomen.  Betrachtet  man  daraufhin  einen 
Medianschnitt  von  Crioceris  merdigera,  so  sieht  man  hier  den  ganzen 
Darm  in  vielfachen,  unentwirrbaren  Schlingungen  im  Körper  ver- 
laufen, eine  Erscheinung,  die  vielleicht  mit  der  Verkürzung  des 
Körpers  zusammenhängt.  Andrerseits  könnte  man  aber  daraus 
schließen  —  und  die  Longicornier  bestärken  uns  in  dieser  Auf- 
fassung — ,  daß  den  Larven  mit  gewundenem  Enddarm  die  Möglich- 
keit, den  After  als  „siebten  Fuß"  zu  gebrauchen,  abgeht  und  daß 
der  gerade  Verlauf  desselben  als  eine  unerläßliche  Voraussetzung 
bei  dieser  Funktion  anzusehen  ist.  Bemerkenswert  scheint  auch  die 
Tatsache,  daß  hier  der  After  mit  der  Grenze  der  Ringmuskulatur 
zusammenfällt. 

Bei  Cassida  rubiginosa  —  und  die  meisten  Arten  der  Familie 
machen  es  ebenso  —  ist  das  Afterende  mit  der  Aftergabel  dorsal- 
wärts  umgebogen.  Damit  im  Einklang  steht,  genau  wie  bei  der 
Verschiebung  der  Afterspalte  bei  Crioceris,  auch  die  Unmöglichkeit, 
den  After  zur  Fortbewegung  heranzuziehen.  Wie  dort,  so  dient  das 
Hinterende  auch  hier  rein  schützenden  Funktionen:  „Comme  Celles 
de  Crioceris,  elles  se  recouvrent  de  leurs  excremens,  mais  ceux-ci 
sont  disposes  d'une  maniere  differente:  la  fourche  que  porte  le 
Segment  terminal  se  replie  vers  la  partie  anterieure  de  l'insecte  de 
maniere  ä  former  avec  le  corps  un  angle  ouvert  en  avant;  l'anus 

6* 


34  Paul  Bbass, 

s'ouvre  pres  de  cet  appendice  et  lorsqiie  la  larve  rejette  ses 
excremeus,  ils  sont  retenus  sur  la  fourche;  par  siüte  de  leur  accu- 
mulation  ils  sont  pousses  eu  avant,  se  collent  les  uns  aux  autres  et 
forment  ainsi  une  espece  de  toit  sous  lequel  la  larve  disparait 
presque  en  entier"  (Chapuis,  Cat.,  p.  601). 

Wir  zählen  bei  Cassida  nur  9  Abdominalringe;  der  9.  ist  in  die 
Gabel  verlängert,  welche  den  Kot  etc.  trägt.  Über  den  After  sagt 
FiEBEiG  (1.  c,  1910,  p.  164).  „Der  am  neunten  Segment  befindliche 
After  erscheint  manchmal  durch  den  etwas  herausgezogenen  Endteil 
des  Rectums  als  ein  besonderes  Segment."  Die  Annahme  liegt  nahe, 
daß  auch  hier  das  Einziehen  des  Analsegments  im  Zusammenhang 
mit  seiner  Funktion  als  Bewegungsorgan  erfolgte  oder,  mit  anderen 
Worten,  daß  Cassida  von  Formen  abstammt  von  ähnlichem  Habitus 
und  ähnlicher  Art  der  Bewegung  wie  die  Mehrzahl  der  Chryso- 
meliden. 

B.  Coccinellidae. 

Untersucht  wurden  von  mir  verschiedene  Arten,  die  aber  in 
allen  ihren  Verhältnissen  nichts  wesentlich  Neues  gegenüber  den 
Chrysomeliden  boten.  Auch  sie  gebrauchen  den  „siebten  Fuß",  der 
wie  bei  Lina  tremulae  durch  Modifikation  des  Analsegments,  das  im 
ganzen  Umfange  eingezogen  wird,  entstanden  ist:  „Le  dernier  anneau 
du  Corps  est  petit  et  la  larve  en  fait  souvent  sortir  un  mamelon 
charnu  assez  gros,  qu'il  appuie  sur  le  plan  de  position  et  qu'alors 
lui  sert  comme  d'une  septieme  patte"  (de  Geee,  Vol.  5,  p.  366)  Sie 
sondert  auch  ein  reichliches  Secret  ab,  das  dem  ausgestülpten  Organ 
zur  Festheftung  dient.  Die  Herkunft  desselben  ist  wohl  die  gleiche 
wie  bei  Agelastica  alni,  da  man  dieselben  anatomischen  Veränderungen 
in  den  MALPiGHi'schen  Gefäßen  wiederfindet.  Wie  man  im  System 
die  Familien  selbst  in  nahe  Beziehungen  miteinander  bringt,  so 
zeigen  auch  die  Larven  sehr  weitgehende  Übereinstimmungen. 

C.  Cantharidae  (Telephoridae). 

Cantharis  rufipes  L.  Ziemlich  eng  an  die  Chrysomeliden  schließen 
sich  die  Canthariden,  von  denen  mir  eine  Form  zur  Untersuchung 
vorlag.  Das  Abdomen  ist  bei  der  Larve,  die  eine  Länge  von 
15—20  mm  erreicht,  fast  vollkommen  gleich  stark.  Das  9.  Segment 
ist  etwas  schmäler  und  flacher  als  die  vorhergehenden,  so  daß  es 
von  der  dorsalen  oder  ventralen  Seite  gesehen,  das  Aussehen  einer 
halbmondförmigen  Scheibe  hat,   in  dessen  Mitte  das  Analsegment 


Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarven  als  Beweguugsorgan.  85 

liegt  (Taf.  4  Fig.  1).  Dieses  sitzt  an  dem  etwas  schräg  nach  liinten 
abgestutzten  9.  Abdominalsegment  und  ist,  wie  bei  Gälerucella  viburni, 
noch  zum  Teil  erhalten  (Taf.  4  Fig.  4).  Die  untersuchte  Form  bot 
in  der  Art  der  Fortbewegung  keine  Unterschiede  gegenüber  der  von 
G.  W.  Müller  (1.  c,  p.  221)  beschriebenen;  wahrscheinlich  ist  sie 
sogar  damit  identisch.  Ich  möchte  ihn  daher  wörtlich  zitieren: 
„Die  durch  ihre  sammetartige  Beschaffenheit  und  schwarze  Farbe 
leicht  kenntliche  Larve  fixiert  ebenfalls  das  Hinterende  während 
des  Wanderns,  und  zwar  anscheinend  stets;  w^enigstens  konnte  ich 
bei  den  von  mir  untersuchten  Individuen  nie  ein  einfaches  Nach- 
schleppen des  Hinterleibes  beobachten.  Das  Abdomen  wird  nicht, 
oder  nur  unbedeutend  gekrümmt,  vielmehr  kontrahiert  und  ausgedehnt, 
entsprechend  sind  die  Schritte,  die  das  Hinterende  macht,  klein, 
etwa  so  groß,  wie  ein  hinteres  Abdominalsegment  breit.  Der  sehr 
kleine  Analring  ist  auf  die  Ventralseite  des  neunten  Abdominal- 
segments gerückt.  Am  Vorderrande  des  Afters  sehen  wir  eine  etwa 
halbmondförmige,  weiße  Falte  mit  radiärer  Streifung,  die  sich  scharf 
gegen  die  übrige  schwarze  Körperhaut  abgrenzt.  Ich  betrachte 
diese  Falte  als  einen  Teil  des  Enddarmes,  der  infolge  des  Anteils 
an  der  Bewegung  ausgestülpt  bleibt.  Beim  Fixieren  verbreitert  sich 
diese  Falte  mehr  oder  weniger  stark,  so  daß  sie  die  ganze  After- 
öflfnung  verdecken  kann." 

Nach  meinen  Beobachtungen  verschwindet  aber  die  ganze  weiße 
ausgestülpte  Masse  bei  Cantharis  rufipes,  wenn  sie  das  9.  Segment 
bei  der  Fortbewegung  hebt,  in  dem  Analsegment,  um  bei  der  Nieder- 
setzung desselben  wieder  zu  erscheinen.  Eine  Absonderung  irgend 
eines  Secrets  zur  Festheftung  findet  nicht  statt,  vielmehr  dürfte  die 
radiäre  Streifung  auf  eine  saugnapfähnliche  Funktion  schließen 
lassen.  Wie  bei  den  Chrysomeliden  betrachte  ich  auch  hier  das  aus- 
gestülpte Stück  als  ein  Teil  des  modifizierten  Analsegments.  Die 
anatomischen  Verhältnisse  liegen  ähnlich  wie  bei  diesen. 

D.  Lampyridae. 
Luciola  italica  Lap.  Als  einzigen  Vertreter  dieser  Familie  unter- 
suchte ich  Luciola  italica,  die  man  in  Italien  häufig  findet.  Der 
Liebenswürdigkeit  des  Herrn  Geheimrat  Müller  verdanke  i(;h 
lebendes  wie  auch  konserviertes  Material,  das  er  mir  in  entgegen- 
kommenster  Weise  zur  Verfügung  stellte.  Die  Larven  sind  charak- 
teristisch durch  ihren  25-30  mm  langen  Körper,  der  relativ  breit 
aber  sehr  flach  ist  (Taf.  4  Fig.  10).    Die  einzelnen  Segmente  laufen 


86  Paul  Beass, 

lateral  iu  je  zwei  stumpfe,  fleischige  Spitzen  aus,  sind  sonst  aber 
g-leiclimäßig-  breit.  Das  9.  Segment  ist  etwas  schmaler  als  die 
vorangehenden  und  trägt  in  seiner  Mitte  ein  kurzes  Analsegment 
(Taf.  4  Fig.  13).  Meine  Beobachtungen  decken  sich  vollkommen 
mit  jenen  von  G.  W.  Müller,  dessen  Beschreibung  ich  als  die 
treifendste  wieder  wörtlich  anführen  möchte  (1.  c. ,  p.  221):  „Bei 
normaler  Bewegung  wird  das  Abdomen  besonders  an  der  Grenze 
vom  sechsten  und  siebten  Abdominalsegment  stark  gekrümmt,  die 
drei  letzten  Segmente  werden  stark  nach  vorn  gebogen,  so  daß  der 
After  etwa  unter  den  Hinterrand  des  fünften  Abdominalsegmentes 
zu  liegen  kommt.  Dann  wird  das  Hinterende  aufgesetzt,  wobei  ein 
dicker  Haufen  kurzer,  weißer  Schläuche  erscheint,  der  das  Hinter- 
ende fixiert.  Dann  wird  das  Abdomen  gestreckt,  der  Körper  auf 
diese  Weise  vorgeschoben,  dann  das  Hinterende  unter  gleichzeitiger 
Einziehung  der  Schläuche  gehoben,  wieder  gekrümmt  usw.  An  der 
Stelle  des  Niedersetzens  können  wir  stets  einen  kleinen  Tropfen 
wahrnehmen.  Auf  diese  Weise  kommt  eine  Bewegung  zustande, 
die,  wie  gesagt,  einigermaßen  an  die  der  Spannerraupen  erinnert, 
wenn  auch  die  Bewegung  und  Streckung  des  Abdomens  viel  weniger 
ausgiebig  ist."  ^)  Die  Photographien  zeigen  uns  deutlich  die  ver- 
schiedenen Phasen  der  Bewegung.  Fig.  10  Taf.  4  zeigt  uns  eine 
Larve,  die  das  gekrümmte  Hinterende  soeben  niedergesetzt  hat;  in 
Fig.  9  sehen  wir  zwei  Larven,  von  denen  die  linke  den  Körper 
streckt,  während  die  rechte  gerade  das  Maximum  der  Streckung 
erreicht  hat.  Die  Schläuche  treten  ungefähr  zu  30  aus  der  After- 
öifnung;  jeder  teilt  sich  wieder  dichotomisch  in  vier,  so  daß  wir 
überhaupt  etwa    120  Schläuche   austreten  sehen,  die  sich  strahlen- 

1)  Bei  Taschenbeeg  fand  ich  eine  Mitteilung,  die  sich  aber  im 
wesentlichen  wohl  nur  auf  Angaben  früherer  Autoren  stützen  dürfte 
(Maille,  1.  c,  p.  354):  „Der  letzte  Ring  kann  eine  Art  von  Trichter 
vorstrecken ,  bestehend  aus  zwei  ineinander  stehenden  Kreisen  knorpel- 
artiger Strahlen,  welche  durch  eine  gallertartige  Haut  miteinander  ver- 
bunden sind.  Diese  beiden  Strahlenkreise  sind  ein-  und  ausziehbar  und 
bilden  ein  für  die  Lebensweise  notwendiges  Reinigungswerkzeug.  Die 
Larve  ernährt  sich  nämlich  von  Schnecken  und  wird  dabei  durch  den  von 
diesen  reichlich  ausgeschiedenen  Schleim  und  durch  anhaftende  Erdkrümchen 
vielfach  verunreinigt.  Indem  sie  nun  mit  dem  aufsaugenden  Pinsel  am 
Körper  hin  und  her  tastet,  nimmt  sie  den  Schmutz  weg."  Ich  habe  auch 
Fütterungen  mit  Schnecken  angestellt,  aber  nie  ähnliche  Beobachtungen 
machen  können.  Es  dürfte  auch  wohl  vollkommen  verfehlt  sein,  von  einer 
aufsaugenden  Wirkung  des  Pinsels  zu  sprechen,  der  nach  den  anatomischen 
Befunden  lediglich  für  die  Bewegung  eine  Rolle  spielen  dürfte. 


Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.  87 

förmig-  in  einem  Kreis  um  die  Aftermündung  legen.  An  der  ven- 
tralen Seite  ist  ein,  jeder  dieser  Schläuche  mit  kleinen  Chitinhäckchen 
bewaffnet,  die  fast  auf  der  g-anzen  Fläche  verteilt  sind,  während 
die  Dorsalseite  -  wie  auch  G.  W.  Müller  erkannt  hat  (s.  dort 
tab.  7  fig.  1)  —  frei  von  solcher  Bewaffnung  ist  oder  höchstens 
schuppenartige  Gebilde  erkennen  läßt. 

Über  den  weiteren  Aufbau  geben  uns  Medianschnitte  gute  Aus- 
kunft (Taf  4  Fig.  11).    Wir  sehen  den  gewöhnlichen  Verlauf  der 
Intersegmentalmuskulatur  (Im)  in  dem  8.  und  9.  Segment.    Weiter 
gehen  Muskeln  von  der  Grenze  des  9.  und  10.  Segments  zur  äußersten 
Grenze    des   ausgestülpten   Teiles   des   30.  Segments  (ßetractoren). 
Die  Gesamtzahl  der  Schläuche  ordnet  sich  in   4  Bündeln  an,  ent- 
sprechend der  Anordnung   der  Intersegmentalmuskulatur  (Ktb),  so 
daß   also  auf  ein  jedes  ca.   7—8  Schläuche,   mit   den   sekundären 
ca.  30  entfallen.     An  ein  jedes  dieser  Schlauchbündel  tritt  ein  ent- 
sprechend starkes  Muskelbündel  heran,  das  sich  an  der  Grenze  vom 
8.  und  7.  Abdominalsegment  von  der  übrigen  Intersegmentalmuskulatur 
abtrennt  und  im  9.  Segment  sich  in  einzelne  Muskeln  aufteilt.  Diese 
verbinden  sich  dann  mit  der  korrespondierenden  Anzahl  der  Schläuche, 
verlaufen  bis  in  die  Spitze  derselben  (Taf.  4  Fig.  12)  und  ziehen  die  durch 
Blutdruck  ausgestülpten  Schläuche  wieder  ein.    Die  Retractoren  sind 
hier  also  wiederum  auch  nichts  weiter  als  modifizierte  Intersegmental- 
muskeln.    Die  Ringmuskulatur  (Bin)  des  Rectums  reicht  bis  an  die 
Basis  der  Schläuche  heran;  hier  ist  also  der  primäre  After (pJ-).    Die 
Schläuche  sind  morphologisch  mithin  wieder  nichts  anderes  als  ein 
großes  Stück  modifizierten  Analsegments,  das  besondere  Anpassung  zu 
solch  extremer  Bildung  geführt  hat.    Die  Entstehung  derselben  läßt 
sich  so  erklären,   daß  bei  der  Einziehung  des  Analsegments  natür- 
lich diejenigen  Stellen  am  stärksten  eingestülpt,  umgekehrt  auch  am 
stärksten  ausgestülpt  wurden,  an  denen   sich   die  Intersegmental- 
muskeln  (Retractoren)  inserierten.    So  kam  es  über  die  Lappenform 
(vgl.  unten  S.  88,  89)  zu  wohl  differenzierten  Schläuchen.    Während 
wir  diese  wohl  erst  in  der  Vierzahl  hatten  (Staphyliniden),  kam  es  durch 
Dichotomie  zu  8  Schläuchen  (Silphiden),  um  bei  Luciola  das  Extrem 
zu  erreichen.    Der  Ursprung  des  tropfenartigen  Secrets  ist  jedenfalls 
derselbe  wie  bei  den  Chrysomeliden,  da  man  dieselben  anatomischen 
Veränderungen   in  den   MALPiGHi'schen  Gefäßen   findet.    Auffallend 
bei  dieser  Form   ist  die  relativ  außerordentliche  Größe  der  Hypo- 
dermiszellen  (Hs),  die  sich  scharf  vom  übrigen  Gewebe  abheben. 


88  Paul  Brass, 

E.  Cleridae. 

Clerus  formicarius  Geoffe,  Die  Bienenkäferlarve  findet  man 
zuweilen  häufig  unter  der  Rinde  von  Kiefernholz,  wo  sie  in  Gängen 
anderer  Larven  lebt.  Der  auffallend  rote  Körper  ist  in  seiner  ganzen 
Länge  gleichförmig  zylindrisch  (Taf.  5  Fig.  22)  und  stark  behaart. 
Das  9.  Segment  trägt  dorsal  2  stark  chitinisierte  dorsalwärts  um- 
gebogene Dornen.  Das  kurze  ebenfalls  behaarte  Analsegment  sitzt 
auf  der  Unterseite  des  9.  Abdominalsegments.  Bei  der  Vorwärts- 
bewegung krümmt  die  Larve  das  Abdomen  nur  vom  7.  oder  8.  Seg- 
ment an,  die  Krümmung  ist  also  sehr  gering  und  damit  auch  der 
Schritt,  den  die  Larve  vorwärts  macht.  Bei  dem  Niedersetzen  des 
Abdomens  erscheinen  aus  dem  Analsegment  4  kurze  schlauch-  oder 
lappenartige  Gebilde  (Taf.  5  Fig.  23),  deren  Gestalt  durch  Retrac- 
toren,  die  an  ihrem  äußersten  Ende  sich  inserieren,  bedingt  ist. 
Häufig  findet  ein  bloßes  Nachschleppen  statt.  In  einem  engen  Lumen, 
das  ungefähr  dem  Gange  entspricht,  in  dem  die  Larve  sonst  lebt, 
gebraucht  sie  den  „siebten  Fuß"  immer  zur  Rückwärtsbewegung. 
Sie  streckt  dabei  den  Körper  so  viel  als  irgend  möglich  und  indem 
sie  die  Masse  vorstülpt,  preßt  sie  die  Dornen,  die  ja  auch  nur  für 
eine  Rückwärtsbewegung  von  Nutzen  sein  können,  gegen  die  obere 
Decke  und  zieht  den  übrigen  Körper  heran.  Diese  Art  der  Fixie- 
rung, wobei  das  Hinterende  des  Körpers  zusammen  mit  den  Chitin- 
bildungen des  9.  Segments  wirkt,  finden  wir  noch  bei  vielen  ver- 
borgenen Formen  (vgl.  auch  CjT.hrus  unten  S.  98). 

F.  Byturidae. 

Byturus  tomentosus  Fabr.  Diese  als  Himbeermade  sehr  bekannte 
Larve  ähnelt  in  ihrem  ganzen  Habitus  der  vorhergehenden  (Taf.  5 
Fig.  19).  Auch  sie  trägt  wie  diese  auf  der  dorsalen  Seite  des  9.  Seg- 
ments 2  starke  nach  vorn  umgebogene  Dornen.  Das  Analsegment 
sitzt  an  dem  schräg  nach  unten  abgestutzten  9.  Segment  und  ist 
ebenso  lang  wie  dieses.  Bei  der  Fortbewegung  beobachtet  man  ein 
Einziehen  des  Analsegments  in  das  9.  Segment,  so  daß  es  bis 
zu  zwei  Drittel  seiner  Länge  verschwindet  (Taf.  5  Fig.  20).  An 
der  Spitze  des  Analsegments  erscheint  wieder  eine  weiße,  ausstülp- 
bare Masse,  die  noch  formloser  als  bei  Cleriis  formicarius  ist  und 
höchstens  als  ein  traubiges  Gebilde  zu  erkennen  ist.  Sonst  bietet 
sie  sowohl  bei  der  Vorwärtsbewegung  als  auch  bei  der  Rückwärts- 
bewegung keine  wesentlichen  Unterschiede  gegenüber  der  obigen  Form. 


Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.  89 

G.  Cryptophagidae. 
Cryptophagus  subfumatus  Kr.  Diese  Larve,  die  in  Rüben  ziem- 
lich häufig  vorkommt,  schließt  sich  sehr  eng  an  die  vorher  be- 
sprochene Form  an  (Taf.  5  Fig.  21).  Es  fehlen  ihr  bloß  die  dorsalen 
chitinisierten  Riickenschilder  des  Abdomens,  auch  sind  die  Dornen 
des  9.  Segments  nicht  so  stark  dorsal  gebogen  und  cliitinisiert  wie 
die  von  Byturus.  Das  noch  zur  Hälfte  erhaltene  Analsegment  ist 
ebenfalls  einziehbar  und  läßt  an  seiner  Spitze  etwa  4  grobe  Schläuche 
austreten,  von  denen  die  nach  vorn  gelegenen  meist  ki-äftiger  ent- 
wickelt sind,  Da  sie  in  einem  ähnlichen  Medium  wie  Byturus  lebt, 
so  zeigt  sie  dieselbe  Bewegungsart. 

Ich  schalte  hier  eine  Form  ein,  deren  Familien  Zugehörigkeit 
ich  zwar  nicht  feststellen  konnte,  die  mir  aber  doch  interessant 
genug  erschien,  sie  hier  zu  erwähnen. 

Äußerlich  zwar  sehr  den  Elateriden  ähnelnd,  kann  diese 
Larve  nach  ihrem  ganzen  Habitus  doch  den  oben  besprochenen 
Formen  angeschlossen  werden.  Der  etwa  6  mm  lange  Körper  ist 
in  seiner  ganzen  Länge  fast  gleichmäßig  zylindrisch  und  trägt  auf 
der  dorsalen  Seite  des  Abdomens  verhornte  Platten  (Taf.  5  Fig.  18). 
Das  9.  Segment  ist  etwas  abweichend  gebaut.  Auf  seiner  ßücken- 
seite  trägt  es  lateralwärts  verschoben  je  3  größere  Chitinbildungen, 
deren  Gestalt  aus  der  Figur  erkennbar  ist.  Das  Analsegment  ist 
halb  so  lang  wie  ein  Abdominalring  und  stülpt  bei  der  Nieder- 
setzung 4  deutliche,  aber  relativ  kurze  Schläuche  aus,  die  jeg- 
licher Bewaffnung  entbehren.  Das  Tier  lebt  verborgen  unter  der 
Rinde  abgestorbener  Kiefern.  Läßt  man  die  Larve  auf  freiem  Plan 
laufen,  so  schleppt  sie  das  Abdomen  nach;  erst  wenn  das  Lumen, 
in  dem  sie  sich  bewegt,  so  eng  wird,  daß  sie  noch  eben  vorwärts 
kommen  kann,  gebraucht  sie  das  Hilfsorgan  in  ähnlicher  Weise  wie 
Clerus,  Byturus  usw.  und  dann  stets.  Ebenso  wird  der  „siebte  Fuß" 
bei  der  Rückwärtsbewegung  zur  besseren  Fixierung  stets  gebraucht. 

H.  Elateridae. 
Melanotus  castanipes  Payr.  Von  dieser  Familie  lagen  mir  ver- 
schiedene Vertreter  zur  Untersuchung  vor,  die  aber  gegenüber  von 
Melanotus  castanipes  nichts  neues  boten.  Ich  möchte  also  näher  allein 
auf  diese  Larve  eingehen,  die  ich  häufig  in  der  Greifs  walder  Um- 
gebung unter  der  Rinde  alter  Baumstrünke  fand.  Die  Larven,  die 
etwa    30—35    cm    lang    werden,    sind    schlank,    fast    vollkommen 


90  Paul  Brass, 

zji indrisch,    gleichmäßig    segmentiert    und    außerordentlich    stark 
chitinisiert  —  „Drahtwürmer"  (Taf.  5  Fig.  28).    Abweichend  gebaut 
von  den  übrigen  Segmenten  ist  das  9.  Abdominalsegraent,  das  etwas 
flacher  als  das  übrige  Abdomen,  sich   schwach  dorsalwärts  krümmt 
und  in    einer  stumpfen   Spitze   ausläuft.    Der  sehr  kurze  Analring 
ist  noch  mehr  wie  bei  Byturus,  Clerus  usw.  auf  die  Ventralseite  des 
9.  Segments  verschoben  und  liegt  nahe  der  Grenze  vom  8.  und  9.  Ab- 
dominalring.   Aus  ihm  tritt  das  ausstülpbare  Organ  als  eine  weiße, 
kreisrunde  und  radiär  gestreifte  Falte  heraus  von  derber  Beschaffen- 
heit.   Die  Falte  ist  nichts  anderes  als  die  weiße  Masse,  nur  ist  sie 
viel  weniger  umfangreich   als  bei  den   bisher  besprochenen  Formen. 
Läßt  man  das  Tier  über  eine  freie  Ebene  kriechen,  so  schleppt 
es  das  ganze  Abdomen  einfach  nach,  und  man  wird  nie  irgendwelche 
Unterstützung  mit  Hilfe  des   „siebten   Fußes"   beobachten   können. 
Das  ist  ja  auch   ganz  erklärlich,  da  das  Tier  sich  nun  unter  ganz 
anderen    Verhältnissen    bew^egt    als   gewöhnlich,    zudem    macht   die 
Chitinisierung  des  Körpers  eine  starke  Krümmung  oder  eine  Kon- 
traktion  fast  unmöglich.    Gibt  man   aber  dem  Tier  nur  annähernd 
natürliche  Lebensbedingungen,  indem  man  es  z.  B.  zwischen  2  Objekt- 
trägern   oder   in    dem   oben   beschriebenen   Apparat  kriechen   läßt, 
wobei  die  Holzleisten  nur  soweit  auseinander  sind,  daß  das  Tier  sich 
eben  bewegen  kann,  so  beobachtet  man  ein  Anpressen  des  gestreiften 
Ringes,  wobei  zu  gleicher  Zeit  auch  innerhalb  der  Peripherie  des- 
selben 2  kleine  runde  Warzen  erscheinen,  die  sich  dicht  der  Unter- 
lage  anlegen   (Taf.  5   Fig.  26,   auch   G.  W.  Müller,   tab.  7   fig.  7), 
Die  Anpressung  erfolgt  weniger  durch  eine  Vergrößerung  des  Ringes, 
der   seine   Form   nur   wenig   ändert,   als  vielmehr  durch   ein   Vor- 
strecken des  Analsegments  (Taf.  5  Fig.  25  u.  27).    Durch  diese  An- 
pressung wird  die  Spitze   des  9.  Segments  erhoben   und  gegen  die 
dorsale  Wand  gedrückt,  so   daß   auf  diese  Weise   eine  sehr  starke 
Verankerung  erfolgt.    Zu  diesem  so  fixierten  Hinterende  kann  dann 
die  Larve  den  Körper  mit  Leichtigkeit  zurückziehen.     Es  sind  also 
wieder   im    wesentlichen    dieselben    Verhältnisse   wäe    bei   anderen 
weiter  oben  beschriebenen,  verborgen  lebenden  Käferlarven,  wo  auch 
das   Analsegment   in    erster   Linie    der   Rückwärtsbewegung   dient. 
Andrerseits  beobachtet  man  aber  hier  auch  eine  Heranziehung  des 
„siebten  Fußes"  bei  der  Vorwärtsbewegung.    Durch  die  beschriebene 
Anpressung  wird  es  dem   Tiere  möglich,  mit  großer  Gewalt  nach 
vorwärts  zu  drängen  und  einen  starken  Widerstand  zu  überwinden. 
Mit  dieser  eigenartigen  Bewegung  scheint  die  Struktur  der  Inter- 


Das  10.  Abdominalseffmeut  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.  91 

segmentalhäute  in  irgendeinem  Zusammenhang  zu  stehen.  Jeden- 
falls wirken  das  Analsegment  und  die  Spitze  des  9.  Segments  zu- 
sammen zur  Vorwärtsbewegung  der  Larve  (s.  G.  W.  Müller,  1.  c, 
p.  228).  Bei  den  Elateridenlarven  dürfte  wohl  diese  Art  der  Fixie- 
rung allgemein  verbreitet  sein,  da  der  Körper  meist  (Schiüdte, 
Vol.  6,  tab.  1—10)  wie  bei  Melanotus  zylindriscli  und  mit  denselben 
Hilfsmitteln  der  Bewegung  ausgestattet  ist.  Der  Analring  ist  bei 
einigen  Formen  noch  mit  besonderen,  starken  Chitinhaken  bewaffnet 
(ScHiÖDTE,  Vol.  6,  p.  479):  ,,Annulus  analis  valde  exsertus  plerisque, 
brevissimus  Melasi,  Cebrioni  inermis  plerisque,  hamis  duobus  scan- 
soriis  armatus  Cardiophoro,  Calcolepidio,  Alao,  Agrypno,  Laconi.." 
Diese  dürften  im  wesentlichen  auch  der  Rückwärtsbewegung  dienen. 

J.  Pyrochroidae. 

Pyrochroa  coccinea  L.  Die  Larve  lebt  ebenfalls  unter  der  Rinde 
alter  Baumstrümke  in  selbst  gefertigten,  ihrer  Gestalt  entsprechend 
sehr  flachen  Gängen.  Sie  erscheint  sehr  stark  dorsoventral  zu- 
sammengedrückt. Die  7  ersten  Abdominalsegmente  des  sonst  gleich- 
mäßig breiten  Körpers  sind  vollkommen  gleich;   abweichend  ist  das 

8.  und  9.  Segment.  Ersteres  ist  länger  als  die  vorhergehenden  Ab- 
dominalringe  und   trägt   auf  der  Ventralseite  nahe  der  Grenze  des 

9.  Segments  eine  halbkreisförmige,  an  dem  Vorderrand  stark  ge- 
zahnte, stark  chitinisierte  Platte  (G.  W.  Müller,  tab.  7  fig.  11).  Das 
9.  Segment  ist  ganz  auffällig  unterschieden  und  um  ca.  90**  auf- 
richtbar. An  seiner  Basis  lateral  etwas  wulstig  hervortretend, 
endigt  es  in  2  langen,  sehr  stark  chitinisierten  Spitzen.  Ventral 
befindet  sich  eine  tiefe  Grube,  die  sich  nach  hinten  in  einer  Rinne 
fortsetzt,  die  zwischen  den  beiden  spitzen  Fortsätzen  des  9.  Ringes 
mündet.  Der  „sekundäre  After"  liegt  auf  einer  weißen,  ausstülp- 
baren Masse,  die  an  der  Grenze  des  8.  und  9.  Segments  erscheint. 
Das  Analsegment  ist  scheinbar  vollkommen  verschwunden.  In  Wirk- 
lichkeit ist  es  aber,  wie  uns  die  Medianschnitte  zeigen  (Taf  6  Fig.  35), 
in  der  weißen,  ausstülpbaren  Masse  erhalten,  also  vollständig  modi- 
fiziert. Das  Analsegment  wäre  nach  dieser  Auffassung  einmal  ganz 
an  den  Vorderrand  des  9.  Segments  verschoben,  so  daß  es  an  der 
Grenze  des  8.  und  9.  erscheint,  andrerseits  wäre  es  hier  in  der  Ruhe 
vollständig  eingestülpt,  scheinbar,  wie  schon  gesagt,  vollkommen 
verschwunden  (Taf.  6  Fig.  34). 

Was  nun  die  Funktion  der  einzelnen  Teile  betrifft,  so  dürfte 
die  harte  gezähnte  Platte  (Bp)  dazu  dienen,  den  Raum  zu  reinigen, 


92  Paul  Brass, 

auf  den  später  der  „siebte  Fuß"  gepreßt  wird,  vielleicht  spielt  sie 
aber  auch,  und  darauf  deuten  auch  die  anatomischen  Befunde 
(Fig-.  34),  eine  gewisse  Rolle  bei  der  Fixierung  des  Hinterendes. 
Die  tiefe  Grube  (Gr)  mit  der  anschließenden  Rinne  (Bi)  dient  augen- 
scheinlich der  Entleerung  des  Kotes,  der  sonst  bei  niedergedrücktem 
9.  Segment  keinen  Ausweg  fände.  Was  schließlich  die  Bedeutung 
des  ausstülpbaren  Analringes  betriift,  so  mögen  darüber  die  folgen- 
den Beobachtungen  Aufschluß  geben. 

Bewegt  sich  das  Tier  auf  einer  freien  Fläche,  so  hat  sie  das 
letzte  Segment  mit  seinen  Spitzen  fast  senkrecht  nach  oben  gerichtet, 
wobei  das  ausgestülpte  Stück  wie  ein  Polster  unter  dem  Segment 
erscheint  (G.  W.  Müllee,  tab.  7  fig.  12).  Kriecht  die  Larve  zwischen 
den  Leisten  des  Apparats,  wobei  sich  das  Lumen  nach  dem  Kopfe 
zu  verjüngt,  so  sieht  man,  wie  sie  die  Gabel  horizontal  legt  und  nach 
hinten  schiebt.  Dann  erscheint  in  der  Höhle  die  weiße  Masse,  womit 
zugleich  auch  ein  Aufrichten  der  Spitzen  erfolgt,  die  sich  gegen  die 
dorsale  Wand  anpressen  und  so  das  Hinterende  fixieren,  so  daß  der 
Körper  zum  Hinterende  nachgezogen  werden  kann.  Wie  verhält  sie 
sich  aber  bei  der  Vorwärtsbewegung?  Dazu  sagt  G.  W.  Müller 
folgendes  (1.  c,  p.  229):  „Für  die  Vorwärtsbewegung  liegt  es  nahe, 
ihm  (dem  Enddarm)  eine  ähnliche  Bedeutung  zuzuschreiben,  wie  wir 
sie  für  die  Elateridenlarven,  speziell  Melanotus  castanipes  annahmen : 
der  austretende  Enddarm  drückt  die  Spitzen  des  neunten  Abdominal- 
segmentes gegen  die  dorsale  Wand  der  Höhle.  So  plausibel  die 
Deutung  ist,  so  ist  sie  jedoch  nicht  zutreffend.  Läßt  man  die  Larve 
zwischen  den  Fingern  durchkriechen,  so  überzeugt  man  sich  leicht, 
daß  ein  Aufrichten  des  letzten  Ringes,  und  zwar  ein  sehr  kräftiges, 
auch  ohne  Mitwirkung  des  Enddarmes  erfolgt.  Es  wird  bewirkt 
durch  die  starke  Muskulatur  des  vorletzten  Ringes.  Danach  scheint 
der  Enddarm  bei  der  Vorwärtsbewegung  zum  mindesten  als  Mittel 
den  letzten  Ring  aufzurichten,  überflüssig.  Ob  er  sonst  eine  Rolle 
spielt,  ob  er  doch  vielleicht  beim  Aufrichten  mitwirkt,  weiß  ich 
nicht.  Die  Bewegung,  in  der  wir  ihn  beim  Kriechen  sehen,  macht 
es  mir  wahrscheinlich,  daß  er  nicht  ganz  bedeutungslos." 

Diese  Beobachtungen  decken  sich  fast  vollkommen  mit  den 
meinigen.  Wenn  auch  das  ausstülpbare  Organ  keinen  Einfluß  auf 
die  Aufrichtung  der  starken  Spitzen  hat,  die,  wie  ganz  richtig  er- 
kannt wurde,  nur  durch  die  starke  Muskulatur  {Tm')  erfolgt,  die  an 
der  Intersegmentalfalte  des  7.  und  8.  Segments  ansetzt,  so  spielt 
andrerseits  der  „siebte  Fuß"   bei  der  Fixierung  für  die  Vorwärts- 


Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.  93 

bewegung  doch  eine  gewisse  Rolle.  Die  Fixierung  würde  nämlich 
nicht  so  fest  sein,  wenn  nicht  die  Spitzen  einerseits  und  die  Aus- 
stülpung andrerseits  zusammenwirkten.  So  ist  ein  kräftiger  Unter- 
stützungspunkt geschaffen,  welcher  der  Larve  beim  Graben  ihres 
Ganges  und  bei  der  Vorwärtsbewegung  sehr  zu  statten  kommt.  In 
der  Hauptsache  spielt  der  „siebte  Fuß"  aber  auch  hier  wieder  für 
die  Rückwärtsbewegung  die  größere  Rolle. 

K.  Tenebrinoidae. 

Tenehrio  moUtor  L.  Die  als  Mehlkäferlarve  allgemein  bekannte 
Form  bietet  in  der  Umgestaltung  des  Analsegments  sehr  interessante 
Verhältnisse.  Die  ausgewachsene  etwa  30  mm  lange  Larve  ähnelt 
in  ihrem  äußeren  Habitus  sehr  den  Elateridenlarven,  ist  wie  diese 
zylindrisch  und  außerordentlich  stark  chitinisiert  (Taf.  5  Fig.  29). 
Auch  das  9.  Segment  zeigt  eine  ähnliche  Bewaffnung,  nur  ist  es  mit 
zwei  Fortsätzen  versehen,  die  stärker  dorsalwärts  gebogen  und  auch 
stärker  zugespitzt  sind  als  die  von  Melanotus  castanipes.  Es  läßt 
deutlich  ein  Sternit  und  Tergit  erkennen;  ersteres  ist  durch  eine 
weichhäutige  Membran  mit  dem  Tergit  verbunden,  so  daß  es  gegen 
dieses  hin  etwas  verschoben  werden  und  zusammen  mit  dem  übrigen 
Segment  zum  Teil  in  das  8.  hineingezogen  werden  kann  (Taf.  5 
Fig.  33).  Das  Analsegment  ist  scheinbar  verschwunden,  in  Wirklich- 
keit aber,  wie,  uns  ein  Medianschnitt  zeigt  (Taf.  5  Fig.  31),  nur 
modifiziert  und  in  der  Ruhe  zwischen  Sternit  und  Tergit  vollkommen 
eingestülpt.  In  ausgestülptem  Zustand  erscheint  es  als  ein  weich- 
häutiges Gebilde,  das  auf  seiner  Oberfläche  zwei  zapfenartige,  etwas 
ventral wärts  gebogene  und  schwach  chitinisierte,  borstentragende 
Anhänge  (Aw)  aufweist,  die  zugleich  mit  dem  Einstülpen  der  weichen 
Haut  (also  des  Analsegments)  eingezogen,  nicht  aber  wie  diese  ein- 
gestülpt werden,  so  daß  der  distale  Teil  der  Anhänge  auch  distal 
bleibt.  Zwischen  den  beiden  Warzen  liegt  der  After  auf  einer 
kleinen,  wulstigen  Erhebung.  Die  weiche  Masse  kann  mit  den  Zapfen 
derart  in  das  9.  Segment  eingezogen  w^erden,  daß  die  Zapfen  voll- 
ständig verschwinden  (Taf  5  Fig.  32). 

Über  Lage  und  Ursprung  der  Warzen  gibt  uns  ein  Median- 
schnitt die  beste  Auskunft.  Fig.  30,  Taf.  5  zeigt  uns  einen  solchen 
Schnitt  von  einem  Tier  mit  ausgestülpten  Warzen.  Die  Intersegmental- 
muskulatur  (Im)  zeigt  den  gewöhnlichen  Verlauf  bis  zum  8.  Abdominal- 
ring. An  der  Intersegmentalfalte  des  8.  und  9.  Segments  setzt  eine 
stark  entwickelte  Muskulatur  an,  die  die  Aufrichtung  des  9.  Segments 


94  Paul  Brass, 

bewirkt  {Im').  Weiter  verlaufen  von  dieser  Grenze  Muskeln,  die  an 
dem  Ende  des  Analsegments  ansetzen,  und  andere,  die  zur  Inter- 
segmentalfalte  des  9.  und  10.  Einges  verlaufen.  Schließlich  gibt  es 
auch  noch  Muskeln,  die  sich  einerseits  an  der  Mitte  der  dorsalen 
Seite  des  9.  Segments,  andrerseits  an  der  äußersten  Grenze  des 
Analsegraents  inserieren  (Et).  Außerdem  verlaufen  in  den  Warzen 
auch  noch  Muskeln,  die  zur  Intersegmentalmuskulatur  der  ventralen 
Seite  zu  rechnen  sind  und  die  eine  Bewegung  der  Warzen  herbei- 
führen. Die  Warzen  selbst  münden  mit  ihrem  basalen  Teil  nicht 
in  den  Enddarm,  sondern  liegen  seitlich  davon.  Daß  sie  mit  diesem 
nichts  zu  tun  haben,  kann  man  auch  dadurch  zeigen,  daß  man  den 
Enddarm  durch  starken  Druck  zur  Ausstülpung  bringt,  wobei  er 
dann  zwischen  den  beiden  Warzen  erscheint.  Man  muß  diese  also 
zwar  auch  als  ein  Gebilde  des  Analsegments  auffassen,  das  aber 
nicht  wie  sonst  (vgl.  Staphjiiniden,  Silphiden  etc.)  dem  Darm  resp. 
dem  „sekundären  After"  angehört,  sondern  lateral  davon  steht. 

Wie  verhält  sich  das  Analsegment  bei  der  Fortbewegung?  Läßt 
man  die  Larve  auf  ebener  Fläche  kriechen,  so  beobachtet  man,  daß 
sie  das  Analsegment  ausstülpt,  mit  ihr  zusammen  die  erwähnten 
Warzen  vorstreckt,  so  das  Hinterende  des  Körpers  fixiert  und  durch 
Streckung  des  Abdomens  den  Körper  möglichst  weit  vorwärts  schiebt. 
Hat  sie  die  Maximalstreckung  erreicht,  dann  verkürzt  sie  den  Körper 
durch  möglichst  starke  Kontraktion  des  Abdomens  und  wiederholt 
den  Vorgang.  Ebenso  häufig  beobachtet  man  ein  bloßes  Nach- 
schleppen des  Abdomens,  so  daß  also  bei  freier  Bewegung  die  Unter- 
stützung für  die  Vorwärtsbewegung  nicht  absolut  erforderlich  ist. 
Anders  ist  es  bei  der  Rückwärtsbewegung,  da  werden  die  Warzen 
immer  zur  Fixierung  herangezogen.  Man  kann  dies  sowohl  bei  einer 
Larve  beobachten,  die  sich  frei  rückwärts  bewegt,  als  auch  in  dem 
schon  öfters  erwähnten  Apparat.  Die  Larve  streckt  dann  den 
Körper  so  weit  als  möglich,  und  indem  sie  die  Spitzen  des  9.  Segments 
gegen  die  dorsale  Wand,  und  die  Warzen  gegen  die  Unterlage  preßt, 
verankert  sie  sich  so  gut,  daß  sie  mit  Leichtigkeit  den  übrigen 
Körper  zu  diesem  Punkt  hinziehen  kann.  Die  Warzen  sind  also 
dem  Tier  unerläßlich  zur  Fortbewegung,  was  auch  schon  de  Geee 
erkannt  hat  (1.  c,  Vol.  5,  p.  36):  „Quand  la  larve  marche,  eile  fait 
sortir  du  dessous  du  derriere  d'entre  la  jointure  du  penultieme  et 
du  dernier  anneau,  uue  grosse  masse  charnue  blancheätre,  garnie  en 
dessous  de  deux  mamelons  allonges  un  peu  ecailleux  et  mobiles  qui 
ressemblent  ä  de  petites  pattes  pour  s'appuier  sur  le  plan  de  position 


Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarveu  als  Bewegungsorgan.  95 

ou  poiir  aider  ä  pousser  le  corps  en  avant.  Ces  deux  mamelons  ou 
ces  deux  especes  de  pattes  sont  un  peu  courbees  du  cute  de  la  tete 
ou  vers  le  devant  du  corps  et  quand  la  larve  n'en  fait  point  usage, 
elles  rentrent  entierement  dans  le  corps  ensemble  avec  la  masse 
charnue;  mais  par  une  forte  pression  011  les  fait  sortir  quand  on 
veut.  L'anus  de  l'insecte  ne  se  trouve  point  au  dernier  anneau, 
mais  sur  la  masse  charnue,  dont  nous  venons  de  parier,  imediatement 
derriere  les  deux  mamelons."  Eine  gleiche  Beobachtung  finden  wir 
auch  bei  Feisch  (1.  c,  Vol.  3,  p.  2):  „Unten  am  Schwanzkeile  gehen 
zwei  stumpfe  Spitzen  heraus,  womit  er  den  langen  Hinterleib,  der 
sonst  keine  Füße  hat,  nicht  allein  fortschiebt,  sondern  auch,  weil 
diese  Spitzen  nebst  dem  dickeren  Theil,  woran  sie  stehen,  hinein- 
und  herausgehen  können,  sich  damit  fest  anhängen  kann." 

Vergleicht  man  die  einstülpbare  weiche  Masse,  die  bei  Tenebrio 
molitor  um  den  After  herum  liegt,  mit  der  weißen  Masse  der  weiter 
oben  beschriebenen  Formen,  so  erscheint  letztere  bei  den  Chryso- 
meliden  etc.  bei  oberflächlicher  Betrachtung  als  ein  Stück  des 
Enddarmes;  anders  hier.  Hier  würde  kaum  jemand  auf  die  Idee 
kommen,  daß  der  ein-  und  ausstülpbare  Teil  des  Analsegnients  ein 
Stück  des  Enddarmes  sein  könnte.  Bei  den  anderen  Formen  konnten 
die  Anhänge  des  Analsegments  —  seien  es  nun  Schläuche  oder  nur 
lappige  Ausbuchtungen  —  unabhängig  von  der  sonstigen  weichen 
Masse  eingestülpt  werden,  so  daß  also  der  bei  der  Ausstülpung 
distale  Teil  nun  am  weitesten  in  das  Analsegment  hineingezogen 
wurde.  Die  Anhänge  von  Tenebrio  molitor  können  aber  nur  zu- 
sammen mit  der  weichen,  um  den  After  herum  gelegenen  Haut  ein- 
gezogen und  auch  nicht  eingestülpt  werden.  Hire  Einziehung  ist 
also  sekundär  und  geschieht  mit  Einstülpung  der  Masse.  Wenn 
also  rein  äußerlich  fast  dieselben  Verhältnisse  bei  Tenebrio  molitor 
vorliegen  wie  bei  ähnlichen  anderen  Formen  (Staphyliniden,  Sil- 
phiden  etc.),  so  haben  wir  es  doch  in  Wirklichkeit  mit  vollkommen 
anderen  Erscheinungen  zu  tun. 

Die  meisten  Tenebrionidenlarven  scheinen  diese  Warzen  zu  be- 
sitzen, die  zwar  bei  anderen  Formen  größer  noch  als  bei  Tenebrio 
molitor  sind  und  in  ihrer  äußeren  Gestalt  die  mannigfachsten  Varia- 
tionen zeigen,  die  aber  gleicherweise  zur  Bewegung  dienen.  Schiödte 
behandelt  die  Tenebrioniden  im  11.  Bd.  seiner  „Naturhistorisk  Tid- 
skrift"  und  sagt  über  die  Warzen  bei  der  allgemeinen  Charakteristik 
dieser  Familie  (p.  491):  „Annulus  aualis  brevis,  duabus  instructus 
verrucis    exsertilibus,    ambulatorius."      G.  W.  Müller    glaubt   die 


96  Paul  Brass, 

Warzen  mit  den  Anhängen  des  9.  Segments  anderei-  Käferlarven 
vergleichen  zu  können  (1.  c,  p.  230):  „Die  fraglichen  Gebilde  (näm- 
lich die  warzenartigen  Fortsätze)  haben  eine  ähnliche  Beschaffenheit 
wie  die  übrige  Körperbedeckung,  sie  sind  nicht  einstülpbar,  mit  den 
Rectalschläiichen  haben  sie  morphologisch  nichts  zu  tun.  Möglich, 
daß  sie  den  paarigen  Anhängern  (Cerci)  entsprechen;  für  diese  An- 
nahme würde  anscheinend  das  Verhalten  von  Acis  reflexa  sprechen." 
Meiner  Meinung  nach  haben  wir  es  in  den  Cerci  mit  Gebilden  des 
9.  Segments  zu  tun,  während  die  warzenartigen  Fortsätze  doch 
zweifellos  Bildungen  des  Analsegments  sind;  ein  Vergleich  beider 
ist  damit  ausgeschlossen.  Ferner  glaubt  derselbe  Autor  annehmen 
zu  dürfen,  daß  die  Warzen  nur  eine  geringe  Rolle  bei  der  Bewegung 
spielen  (1.  c,  p.  230):  „Bringt  man  eine  Larve  von  Tenehrio  molitor 
bei  schwachem  Druck  zwischen  2  Glasplatten,  so  werden  die  Warzen 
deutlich  verlängert,  werden  gegen  das  Glas  angestemmt.  Sicher  ist 
hier  der  Anteil  an  der  Bewegung  ein  sehr  geringer,  in  der  natür- 
lichen Umgebung  dürften  sie  überhaupt  kaum  jemals  der  Bewegung 
dienen." 

Mit  dieser  Auffassung  stehen  meine  Beobachtungen  im  Wider- 
spruch, da  ich,  wie  schon  weiter  oben  angeführt,  bei  der  Rückwärts- 
bewegung stets,  bei  der  Vorwärtsbewegung  auch  mindestens  in  der 
Hälfte  aller  Beobachtungen  eine  starke  Beteiligung  dieser  Warzen 
bei  der  Bewegung  als  Hilfsorgan  konstatieren  konnte.  Man  muß 
bei  dieser  Frage  auch  berücksichtigen,  daß  die  Tiere  ja  nicht  immer 
im  Mulm  leben,  sondern  mit  Vorliebe  sich  zwischen  alten  Säcken  usw. 
aufhalten,  wo  die  Bedingungen  für  eine  Beteiligung  der  Warzen  an 
der  Bewegung  sehr  günstig  sind.  Andere  Tenebrioniden-Larven 
leben  nach  Schiödte  (Vol.  11,  p.  549 — 561)  unter  der  Rinde  von 
Bäumen  oder  in  Holz.  Auch  bei  diesen  Formen  dürften  die  Warzen 
eine  große  Rolle  für  die  Bewegung  spielen,  wofür  ja  auch  ihre  Be- 
waffnung mit  starken  Dornen  usw.  spricht, 

L.  Carabidae. 

Nebria  hrevicollis  F.  Die  Larve,  die  man  wohl  zu  allen  Zeiten 
unter  verwesendem  Laub  findet,  ist  ein  ij-pischer  Vertreter  der 
Carabiden,  sowohl  in  ihrem  ganzen  Habitus  als  auch  in  der  Art  der 
Fortbewegung.  Der  Körper  ist  in  seiner  ganzen  Länge  fast  gleich- 
mäßig zylindrisch  und  läßt  deutlich  13  Segmente  erkennen.  Die 
ersten  8  Abdominalsegmente  sind  vollkommen  gleich  gebildet,  das 
9.  Segment  (Taf.  6  Fig.  40)  besitzt  nur  etwa  ein  Drittel  der  Länge 


Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.  97 

der  vorhergfehenden  und  ist  nur  halb  so  breit  wie  diese.  An  der 
dorsalen  Seite  trägt  es  2  beweglich  inserierte,  lange  Cerci  Zwischen 
diesen  bewegt  sich  das  Analsegment,  das  etwas  ventralwärts  ver- 
schoben, am  9.  Segment  articulierend  eingefügt  ist.  In  seiner  äußeren 
Gestalt  ist  es  auffällig  von  allen  anderen  Abdominalsegmenten  unter- 
schieden. Nach  ScHiÖDTE  (Vol.  4,  p.  464)  ist  der  „annulus  analis 
productus,  tenuis,  cylindricus,  annulo  nono  abdominis  sesqui  longior". 
An  seinem  proximalen  Ende  ist  das  Analsegment  ziemlich  stark 
chitinisiert,  während  das  Chitin  nach  dem  After  zu  immer  mehr  an 
Stärke  verliert  und  schließlich  ebenso  weichhäutig  wie  die  anderen 
Segmente  wird.  Während  bei  den  Chrysomeliden  das  Anal- 
segment  in  der  Regel  den  Abschluß  des  Körpers  bildete  und  kaum 
beweglich  in  der  Vertikalebene  war,  kann  es  bei  den  Carabiden 
einen  Bogen  von  ca.  60—70"  beschreiben,  d.h.  also,  daß  es  aus 
seiner  gewöhnlich  schräg  nach  hinten  gerichteten  Stellung  sich  direkt 
senkrecht  stellen  kann.  Damit  steht  auch  folgende  Erscheinung  im 
Zusammenhang. 

Bei  den  Chrysomeliden  geschah  die  Vorwärtsbewegung  da- 
durch, daß  sich  der  Körper,  nach  der  erst  erfolgten  möglichst  großen 
Streckung,  dadurch  verkürzte,  daß  sich  derselbe  stark  kontrahierte 
oder  aber,  und  das  in  den  meisten  Fällen,  krümmte.  Beobachtet 
man  aber  die  Carabiden  bei  ihrer  Fortbewegung,  so  sieht  man, 
daß  sie  unter  geringer  Hebung  des  Abdomens  das  Analsegment 
allein  möglichst  weit  nach  vorn  schieben,  d.  h.  ungefähr  senkrecht 
niederstellen,  dann  den  Körper  vorwärts  schieben,  wobei  sich  das 
Analsegment  allmählich  schräg  nach  hinten  einstellt.  Erst  wenn 
das  Tier  seine  größte  Streckung  erreicht  hat,  hebt  es,  wie  vorhin 
schon  gesagt,  das  Abdomen  und  wiederholt  den  Vorgang  von  neuem; 
dabei  ist  der  Schritt  viel  kleiner  als  der  der  Chrj^someliden. 
Auch  hier  sieht  man  beim  Niedersetzen  des  „siebten  Fußes-  aus 
dem  „sekundären  After"  eine  weißgraue  Masse  heraustreten,  wenn 
auch  lange  nicht  in  dem  Maße  wie  bei  den  Blattkäfeiiarven.  Beim 
Aufheben  des  Analsegments  verschwindet  sie  wieder  in  der  Anal- 
ötfnung.  Dabei  erfolgt  die  Anheftung  ohne  Absonderung  eines 
Secrets;  jedenfalls  habe  ich  nie  ein  solches  beobachten  können. 
Unterstützt  wurde  ich  in  dieser  Auffassung  durch  den  anatomischen 
Befund,  der  in  keinerlei  Weise  irgendeine  Veränderung  der  Mal- 
piGHi'schen  Gefäße,  aucli  in  den  verschiedensten  Stadien,  noch  irgend 
sonstige  Drüsengebilde  erkennen  ließ. 

Wir  haben  es  rein  äußerlich  bei  dem  Hilfsorgan  mit  derselben 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  "^ 


98  Paul  Brass, 

-Erscheinung  wie  bei  den  Chrysomeliden  zu  tun:  „The  part  where 
the  anus  is  situated  is  prolonged  into  a  membranous  deflexed  tube, 
which  serves  as  a  support  to  the  tail"  (Westwood's  Introduction, 
p.  65).  Kann  man  rein  äußerlich  schon  durch  einen  Vergleich  mit 
den  Chrysomeliden  (vgl.  Galerucella,  S.  77)  auf  die  Herkunft  der 
einfachen,  aus  dem  After  austretenden  Masse  schließen,  so  zeigt  uns 
ein  Medianschnitt  des  Tieres  (Taf.  6  Fig.  41),  daß  wir  es  in  dem 
ausgestülpten  Teil  wieder  mit  einem  Stück  modifizierter  Körperhaut 
zu  tun  haben.  Auch  hier  führt  uns  die  Betrachtung  des  Verlaufes 
der  Intersegmentalmuskeln  und  der  Ringmuskulatur  des  Intestinal- 
kanals  zur  gleichen  morphologischen  Deutung  des  Hilfsorgans.  Die 
Muskeln  (Eetractoren)  sitzen  gleichmäßig  verteilt  an  dem  aus- 
gestülpten Organ  an. 

Cychrus  rostraüis  Fabr.  Ich  fand  diese  Larve,  die  ebenfalls 
unter  feuchten  Blättern  lebt,  in  den  Herbstmonaten.  Bestimmt 
wurde  sie  nach  Schiödte,  der  von  ihr  sagt  (Vol.  4,  p.  472):  „Annulus 
analis  cylindricus,  longitudine  annuli  noni,  breviter  pilosus,  apice 
molli  exsertili,  inermi."  Auf  den  ersten  Blick  unterscheidet  sie  sich 
von  Nehria  brevicolUs  durch  die  Beschatfenheit  der  Anhänge  des 
9.  Segments  (Taf.  6  Fig.  36  u.  37).  Während  es  dort  2  lange,  relativ 
weiche  Cerci  waren  von  der  Länge  des  halben  Abdomens,  sind  es 
hier  2  kurze,  aber  stark  chitinisierte  Fortsätze  von  der  Länge  eines 
Abdominalsegments;  das  Analsegment  reicht  also  noch  über  die 
beiden  Enden  der  Cerci  hinaus.  Diese  Anordnung  ist,  wie  wir  gleich 
unten  sehen  werden,  wichtig  für  die  Art  der  Fortbewegung.  Das 
Analsegment  ist,  wie  Schiödte  sagt,  zylindrisch  und  kurz,  dabei 
verschwindet  ebenso  wie  bei  Nebria  brevicolUs  der  chitinige  Charakter 
des  Analkonus  nach  dem  Distalende  hin. 

Beobachtet  man  eine  auf  freiem  Plan  laufende  Larve,  so  findet 
man  eine  völlige  Übereinstimmung  in  der  Fortbewegung  mit  oben 
beschriebener  Form.  Nur  die  ausstülpbare  Masse  zeigt  nicht  mehr 
die  vollkommen  einheitliche,  abgerundete  Gestalt,  sondern  man  kann 
deutlich  4  kurze  Schläuche  erkennen  (Taf.  6  Fig.  39),  die  sich  da- 
durch voneinander  unterscheiden,  daß  die  beiden  dorsalen  Schläuche 
etwas  länger  sind  als  die  ventralen;  sie  entbehren  aber  auch  wie 
diese  jeglicher  Bewaffnung.  Bedingt  wird  die  Gestaltung  der 
Schläuche,  wie  uns  ein  Medianschnitt  lehrt  (Taf.  6  Fig.  38),  wieder 
durch  den  Ansatz  der  Eetractoren.  Wie  ich  schon  weiter  oben 
sagte  (vgl.   S.  75)    setzen   die   Eetractoren    bei   den    Chrysome- 


Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.  99 

lidien  und  auch  bei  Nehria  hrevicollis  auf  der  ganzen  Fläche  des 
ausgestülpten  Organs  gleichmäßig  verteilt  an.  Bei  Luciola  italica 
u'Dd  ebenso  Cychrus  rostraüis  hingegen  findet  man  4  starke  Muskel- 
bühdel  —  entsprechend  der  Anordnung  der  Intersegmentalmuskulatur 
--,  von  denen  ein  jedes  in  der  schlauchartigen  Ausstülpung  ansetzt. 
Die  Entstehung  derselben  kann  man  sich  also  gleichermaßen  wie 
hei  Luciola  italica  erklären,  mit  dem  Unterschiede  nur,  daß  hier  die 
Ein-  resp.  Ausstülpung  entsprechend  schwächer  war,  es  also  bei  der 
Lappenbildung  blieb. 

Bei  Nebria  wie  auch  bei  den  Chrysomeliden  beobachtete  ich 
keinerlei  Rückwärtsbewegung;  anders  ist  es  bei  Cychrus.  Läßt  man 
diese  Larve  zwischen  2  Glasplatten,  besser  aber  noch  in  dem  schon 
weiter  oben  beschriebenen  Apparat  laufen,  so  kann  man  sie  durch 
Verjüngen  des  Spaltes  nach  dem  Kopfe  hin  zur  Rückwärtsbewegung 
bringen,  was  mir  bei  den  vorher  genannten  Larven  immer  mißlungen 
ist.  Dabei  ist  das  Abdomen  in  seiner  Mitte  etwas  nach  unten  ge- 
bogen, w^odurch  die  beiden  oben  erwähnten  starken  Fortsätze  des 
9.  Segments  sich  nach  oben  richten  und  die  obere  Platte  berühren. 
Dadurch  nun,  daß  die  Larve  ihr  Analsegment  senkrecht  niederstellt, 
klemmt  sie  sich,  mit  der  ausgestülpten  Masse  einerseits  und  den 
beiden  Fortsätzen  andrerseits,  derart  zwischen  die  Platten  oder 
Hölzer,  daß  sie  den  Vorderkörper  bequem  zu  diesem  Stützpunkt  hin- 
ziehen kann.  Nach  der  Heranziehung  desselben  schiebt  die  Larve 
das  Analsegment  schräg  nach  hinten,  und  indem  sie  es  dann  wieder 
senkrecht  stellt,  wiederholt  sie  das  Zurückziehen  von  neuem.  Damit 
tritt  uns  das  Analsegment  in  einer  doppelten  Funktion  entgegen,  es 
dient  nicht  nur  der  Vorwärts-,  sondern  auch  der  Eückwärtsbewegung. 
Und  diese  letztere  Funktion  ist  nötig  bei  Larven,  die  ein  ver- 
borgenes Leben  führen,  d.  h.  in  Gängen  usw.  leben.  In  engstem 
Zusammenhange  mit  der  Rückwärtsbewegung  steht  also  bei  Larven 
mit  verborgener  Lebensweise  die  Ausbildung  der  Anhänge  des 
9.  Segments.  Bestärkt  wurde  ich  in  dieser  Meinung  durch  den 
folgenden  Vertreter  dieser  Familie. 

Calosoma  sycophanta  L.  Die  allgemein  als  Puppenräuber  be- 
kannte Larve  führt  ein  teils  oberflächliches,  teils  verborgenes  Leben. 
Mit  dieser  doppelten  Lebensweise  steht  auch  der  ganze  Habitus  des 
Körpers  in  Übereinstimmung  (Taf.  6  Fig.  42).  Die  Rückenplatten 
des  Abdomens  sind  stark  chitinisiert,  und  besonders  das  9.  Segment 
zeigt  eine  sehr  starke  Chitinisierung  der  dorsalen  Seite.    Die  An- 


lOQ  Paul  Brass, 

hänge,  die  bei  Cychrus  rosiraüis  noch  verhältnismäßig  schwach  und 
einfach  waren,  stellen  hier  Chitingebilde  dar  von  besonders  aus- 
geprägter Form.  Es  sind  2  dorsalwärts  gerichtete,  außerordentlich 
stark  chitinisierte  Spitzen,  die  jede  an  ihrer  Basis  einen  relativ 
mächtigen  Dorn  tragen,  der,  wie  auch  die  Anhänge  selbst,  etwas 
dorsalwärts  und  nach  vorn  umgebogen  ist.  Diese  ganze  Form  hat 
nur  einen  Sinn  für  die  Art  der  Rückbewegung.  Das  Analsegment 
sitzt  gleicherweise  wie  bei  den  vorhergehenden  Larven  articulierend 
an  dem  etwas  schräg  nach  unten  abgestutzten  9.  Segment.  Das 
Tier  verrät  also  in  seinem  ganzen  Habitus  den  Höhlenbewohner,  der 
nur  selten  noch  an  die  Oberfläche  kommt  und  dessen  Hilfsmittel 
besonders  für  eine  Rückwärtsbewegung  eingerichtet  sind.  Die  Be- 
wegung in  ihrer  doppelten  Art  ist  eigentlich  die  gleiche  wüe  bei 
Cychrus  rostratus,  nur  erscheint  die  ausstülpbare  lilasse  nicht  ge- 
gliedert in  Schläuchen  wie  bei  dieser,  sondern  einfach  und  fast 
gleichmäßig  ringförmig  wie  bei  Nehria  hrevicollis. 

Im  Anschluß  an  die  Carabiden  möchte  ich  kurz  auf  eine 
Form  zu  sprechen  kommen  mit  einer  höchst  eigenartigen  Anpassung 
an  das  Leben  in  Höhlen :  Cicindela  hyhricla.  Diese  Larve  lebt  in 
senkrechten  Gängen,  die  sie  in  festen  Sand  gräbt.  Wegen  der 
überaus  interessanten  Form  verweise  ich  auf  Schiödte  (Vol.  4, 
p.  440 — 445).  Ich  beschränke  mich  hier  auf  seine  Angaben  über 
das  Analsegment  (p.  444):  „Anuulus  analis  annulo  nono  paulo  longior, 
conici  cylindricus,  deorsum  directus,  corueus,  breviter  spinöse  ciliatus." 
Die  Larve  besitzt  nur  ein  kleines  ausstülpbares  Organ.  Der  „siebte 
Fuß"  ist  also  zwar  vorhanden,  aber  klein  und  scheint  für  die  Be- 
wegung nur  eine  geringe  Rolle  zu  spielen.  Die  Fixierung  geschieht 
hauptsächlich  durch  die  stark  chitinisierten  und  nach  vorn  gebogenen 
Spitzen  des  5.  Abdominalsegments.  Dabei  sitzt  die  Larve  S-förmig 
in  der  Röhre,  so  daß  sie  Thorax  und  das  5. — 6.  Segment  an  die  eine 
Wand  derselben,  1.  und  2.  Abdominalsegment  und  kurzes  Analsegment 
an  die  gegenüberliegende  Wand  preßt. 

M.  Silphidae. 

Silpha  riigosa  L.  Die  Larve  lebt,  wie  Schiödte  sagt  (1.  c,  Vol.  1, 
p.  227):  „Gregatim  cadaveribus  animalium  majorum  vertebratorum", 
ist  also  ein  Vertreter  der  verborgen  lebenden  Formen  und  kommt 
nur  selten  an  die  Oberfläche.  Sie  verzehrt  fast  das  ganze  Innere 
des  Aases,  in  dem  sie  sich  aufhält,  lebt  also  in  den  Lücken  eines 


Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.        101 

sehr  klebrigen,  formlosen  Mediums.  Entsprechend  diesen  Lebens- 
bedingungen zeigt  der  Körper  verschiedene  Hilfsmittel  für  die  Fort- 
bewegung (Taf.  6  Fig.  45).  So  besitzen  die  Abdominalsegmente 
nicht  nur  relativ  außerordentlich  große  lutersegmentalhäute.  sondern 
jedes  Segment  trägt  eine  dorsale,  stark  chitinisierte  Platte,  die 
lateral  in  je  eine  nach  hinten  gebogene  Spitze  ausläuft.  Außerdem 
tragen  diese  Platten  an  der  hinteren  Seite  eine  dichte  Keilie  von 
starken,  borstenähnlichen  Haaren.  Das  9.  Segment  ist  etwas  kürzer 
als  die  vorhergehenden  und  trägt  dorsalwärts  2  relativ  kurze 
und  stark  chitinisierte  Cerci.  Das  Analsegment,  das  sich  nach  der 
Spitze  zu  etwas  verjüngt,  ist  ebenfalls  chitinisiert  und  etwa  so  lang 
wie  an  der  Basis  breit.  Es  dient,  wie  Schiödte  bei  der  allgemeinen 
Besprechung  der  Süphidae  sagt,  der  Fortbewegung:  „Annulus  analis 
exsertus,  motorius"  (Vol.  1,  p.  224). 

Beobachtet  man  genau  das  ausstülpbare  Organ  (Taf.  6  Fig.  47) 
bei  der  Fortbewegung  —  die  im  übrigen  vollkommen  mit  der  Be- 
wegung derCarabiden  übereinstimmt — ,  so  sieht  man  hier  nicht 
mehr  eine  einfache  runde  Falte  austreten,  sondern  man  kann  deutlich 
4  Schläuche  erkennen,  von  denen  sich  jeder  wieder  dichotomisch  in 
2  Schläuche  teilt.  Im  Gegensatz  zu  Cychrus  rostratus,  bei  der  die 
kurzen  Schläuche  jeglicher  Bewaifnung  entbehrten,  finden  wir  hier 
die  distalen  Enden  mit  zahlreichen  kurzen  Chitinhäkchen  besetzt, 
die  alle  ihre  Spitzen  nach  dem  proximalen  Teil  hin  umgebogen 
haben.  Der  After  liegt  am  Grunde  des  ausgestülpten  Organs.  In- 
folge der  Bewaffnung  mit  Häkchen  ist  es  der  Larve  ermöglicht,  sich 
fest  mit  dem  Abdominalsegment  zu  verankern,  ein  Hilfsmittel,  das 
bei  den  gegebenen  Lebensbedingungen  nicht  entbehrt  werden  kann. 
Zu  diesem  Zweck  sind  auch  die  Schläuche  besser  geeignet,  als  es 
eine  einfache  geschlossene  Masse  sein  würde,  und  ich  erblicke  in 
dieser  Differenzierung  eine  weitgehende  Anpassung  an  die  Art  des 
Mediums,  in  dem  die  Larven  sich  aufhalten.  Die  Schläuche  sind^ 
wie  uns  ein  Medianschnitt  (Taf.  6  Fig.  48),  andrerseits  aber  auch 
ein  Vergleich  mit  Luciola  italica  (vgl.  S.  87)  zeigt,  gleicher  Herkunft 
wie  diese.  Die  Dichotomie  ist  hier  nur  nicht  so  weit  vorgeschritten 
wie  bei  obiger  Form.  Die  Entstehung  der  Schläuche  läßt  sich 
auch  auf  eine  gleiche  Ursache  wie  bei  Cychrus  rostratus  und  Luciola 
italica  zurückführen.  Ein  einzelner  Schlauch  (Taf.  6  Fig.  49)  läßt 
uns  deutlich  die  Eetractoren  in  seinem  Innern  erkennen  und  auch 
die  Tendenz,  die  Schläuche  nochmals  zu  teilen. 

Leider  hatte  ich  nur  einen  Vertreter  dieser  Familie  zur  Unter- 


102  Paul  Brass, 

suchung-,  aber  eine  Beteiligung  des  „siebten  Fußes"  scheint  bei  den 
Silphiden  allgemein  vorzukommen,  wie  auch  aus  der  Ang-abe  von 
Westwood  hervorgeht  (Introduction,  p.  139) :  „In  some  of  my  larvae 
the  body  exhibits  thirteen  distinct  segraents  exclusive  of  the  head; 
the  twelfth  segment  is  transverse  from  the  sides  of  which  is  emitted 
the  pair  of  short  slender  conical  processes  above  mentioned,  which 
are  about  the  iength  of  the  following  Joint,  which  is  probably  the 
exserted  portion  of  the  anal  apparatus."  Auffällig  ist  der  vordere 
und  hintere  Teil  des  Rectums,  der  lateral  je  2  Reihen  von  halbmond- 
förmigen, flachen  Blindschläuchen  trägt  (Bs). 

N.  Staphylinidae. 

Omalium  rivulare  Payk.  Diese  Larve,  die  im  ausgewachsenen 
Zustand  etwa  5 — 6  mm  groß  wird,  fand  ich  unter  abgefallenem 
Laub,  wo  sie  mit  Nebria  hrevicoUis  zusammen  lebte.  Es  handelt 
sich  also  um  eine  Form,  die  äußerst  selten  oder  wohl  gar  nicht 
mehr  an  die  Oberfläche  kommt.  Der  Körper  ist  fast  gleichmäßig 
zylindrisch,  das  Abdomen  trägt  dorsal  chitinisierte  Platten,  die 
zwischen  sich  verhältnismäßig  große  Intersegmentalhäute  frei  lassen. 
Dadurch  ist  es  dem  Tiere  möglich,  den  Körper  stark  zu  kontrahieren, 
was  ihm  bei  der  Vorwärtsbewegung  sehr  zustatten  kommt.  An 
dem  Rückgleiten  wird  es  durch  starke  Borsten  verhindert,  die  man 
einerseits  auf  den  Platten  der  Abdominalsegmente,  andrerseits  auch 
besonders  stark  an  den  beiden  chitinisierten  Cerci  des  9.  Segments 
findet  (Taf.  7  Fig.  52).  Unterstützt  wird  es  aber  auch  noch  durch 
das  Analsegment,  das,  halb  so  lang  wie  die  Cerci,  terminal  am 
9.  Segment  inseriert  ist.  Dieses  ist  auch  chitinisiert  und  trägt  an 
der  Grenze  des  einstülpbaren  Organs  4  starke  Chitinborsten,  von 
denen  die  2  unteren  dem  ausstülpbaren  Organ  bei  der  Fixierung 
behilflich  sind.  Läßt  mau  das  Tier  auf  einem  Objektträger  laufen, 
so  wird  man  fast  regelmäßig  eine  Unterstützung  durch  den  „siebten 
Fuß"  beobachten  können;  selten  erfolgt  nur  ein  einfaches  Nach- 
schleppen des  Abdomens.  Bringt  man  das  Tier  in  den  beschriebeneu 
Apparat,  dessen  Raum  man  so  verengt,  daß  er  sich  nach  der  einen 
Seite  hin  verjüngt,  so  sieht  man  sofort  eine  Ausstülpung  einer  ge- 
gliederten Masse,  an  der  sich  das  Tier  zurückzieht  (Taf.  7  Fig.  53). 
Die  gegliederte  Masse  ist  nichts  anderes  als  Schläuche,  die  man  zu 
vieren  austreten  sielit.  Sie  spielen  zweifelsohne  eine  große  Rolle 
bei  der  Bewegung,  ja  es  scheint,  daß  das  Tier  sich  nur  mit  ihrer 
Hilfe  rückwärts  bewegen  kann.    Dazu  kommt  noch,  daß  die  langen, 


Das  10.  Abdoniinalsegment  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.        103 

zylindrischen  Schläuche  nicht  unbewaffnet,  sondern  fast  in  ihrer 
ganzen  Länge  mit  starken,  dem  proximalen  Ende  zu  gebogenen 
Chitinhaken  versehen  sind  (Taf.  7  Fig.  51).  Die  kleine  Larve  ver- 
mag sich  also  fest  in  dem  umgebenden  Medium  zu  verankern  und 
so  mit  Hilfe  der  Schläuche  den  Körper  leicht  nachzuziehen.  Die 
Schläuche  entspringen  an  der  Grenze  von  Darm  und  Körperhaut 
(s.  Fig.  53)  und  sind,  wie  uns  ein  Handschnitt  als  auch  ein  Veigleich 
mit  Silpha  rw^osa  lehrt,  morphologisch  niclits  anderes  als  ein  modifiziertes 
Stück  der  letzteren.  Sie  sind,  wie  ich  schon  sagte,  gleichmäßig  mit 
Chitinhäkchen  besetzt,  lassen  also  keine  Differenzierung  zwischen  der 
dorsalen  und  ventralen  Seite  —  wie  wir  es  in  ausgesprochenstem  Maße 
bei  Luciöla  italica  finden  —  erkennen.  Die  Schläuche  können  unabhängig 
voneinander  aus-  und  eingestülpt  und  in  jeder  Ebene  bewegt  werden. 

Omalium  excavatum  Steph.  Der  Gegensatz  zwischen  dieser  und 
der  vorhergehenden  Larve  ist  kein  bedeutender.  Sie  erreicht  fast 
die  gleiche  Länge  und  ist  etwas  schmäler,  zeigt  aber  auch  sonst 
die  Chitinplatten  des  Abdomens  und  deren  Bewaffnung  mit  starken 
Borsten.  Das  Analsegment  ist  relativ  etwas  länger  und  an  seiner 
Basis  stärker  chitinisiert.  Nach  dem  Ende  zu  verjüngt  es  sich  etwas, 
so  daß  man  wohl  von  einem  Analkonus  sprechen  kann.  Sie  lebt  in 
dem  Gangmaterial  anderer  Käferlarven,  namentlich  von  Cerambyciden, 
wo  ich  sie  unter  Kiefern  rinde  häufig  antraf.  In  der  Bewegung 
unterscheidet  sie  sich  eigentlich  gar  nicht  von  Omalium  rivulare. 
Sie  erinnert  allerdings  in  der  Art  der  ßückwärtsbewegung  an 
Pyrocliroa  coccinea,  da  sie  wie  diese  auch  ihre  Cerci  gegen  die  oberen 
Objektträger  preßt  und  dann  den  Vorderkörper  zu  sich  hinzieht. 
Sie  stülpt  auch  4  Schläuche  aus,  die  aber  nicht  zylindrische  Form 
haben,  sondern  sackartig  gestaltet  sind  (Taf.  7  Fig.  54).  Die  Be- 
waffnung besteht  auch  nicht  in  Häkchen,  sondern  in  Chitinwärzchen, 
die  im  Durchschnitt  eine  rechteckige  Form  zeigen.  Es  ist  fraglich, 
ob  man  diese  Bildungen  als  Vorläufer  oder  als  Rudimente  der 
Chitinhaken  ansprechen  soll.  Immerhin  gewähren  sie  dem  Tier  in 
ihrer  Form  eine  starke  Unterstützung  bei  Verankerung  der  Schläuche. 

Xantholinus  lentus,  die  ich  in  einigen  Exemplaren  fand,  bietet 
gegenüber  den  beiden  vorher  beschriebenen  Formen  nichts  Neues. 
Sie  besitzt  wie  diese  auch  4  mit  Häkchen  bewaffnete  Schläuche,  die 
sie  entsprechend  jenen  Formen  bei  der  Rückwärtsbewegung  ver- 
wertet; allgemein  scheinen  die  St aphyliniden  4  mehr  oder 
weniger  bewaffnete  Schläuche  zu  besitzen,  die  sie  zur  Fortbewegung 


104  Paul  Brass, 

gebrauchen,  was  auch  aus  der  allg-erneinen  Charakteristik  dieser 
Familie  durch  Schiödte  hervorgeht  (Vol.  3,  p.  195) :  „Annulus  analis 
oblique  descendens,  setis  ambulatoriis  sparsus  apex  membranaceus, 
introrsum  retractilis  interdum  lougius  exsertilis,  Xantolino  (leiito)  et 
speciebus  quibusdam  minoribus  Quedii  quadrifidus,  lobis  cj-lindricis, 
hamulis  retroversis  crebro  nianitis,  scansorius." 

Staphylinidarum  genus  species  üih.  Staphyliniis?  ^)  Man  findet  diese 
kleine  Form,  die  eine  größte  Länge  von  5  mm  erreicht,  zuweilen 
häufig  unter  der  Rinde  abgestorbener  oder  gefällter  Kiefern,  wo  sie 
in  Spalten,  meist  aber  in  dem  Gangmaterial  andei'er  größerer  Käfer- 
larven lebt.  Ich  fand  bei  ihr  den  kompliziertesten  Mechanismus 
der  Ausstülpung,  den  ich  je  beobachten  konnte.  Das  9gliedrige 
Abdomen  der  Larve  ist  fast  gleichmäßig  zylindrisch,  nur  das  8.  und 
9.  Segment  zeigen  Abweichungen  (Taf.  7  Fig.  59).  Das  8.  Segment 
trägt  eine  dorsale,  etwas  chitinisierte,  mit  borstenähnlichen  Haaren 
besetzte  Platte  und  endigt  in  einer  etwas  dorsal  und  nach  hinten 
gebogenen  stumpfen  Spitze.  Diese  stellt  den  Ausführungsgang  einer 
Drüse  dar,  auf  die  ich  weiter  unten  noch  kurz  zurückkommen  werde. 
Das  9.  Segment  ist  nur  halb  so  breit  wie  die  übrigen  Abdominal- 
ringe und  trägt  an  seinem  Ende  zwei  dorsal  gelegene,  gegliederte, 
schwach  chitinisierte  und  relativ  kurze  Cerci.  Außerdem  ist  es  an 
seiner  ventralen  Seite  (Taf.  7  Fig.  60)  mit  einer  halbkreisförmigen 
Reihe  von  kurzen,  aber  außerordentlich  stark  chitinisierten  Borsten 
besetzt.  Das  Analsegment,  das  in  der  Verlängerung  des  vorher- 
gehenden liegt,  ist  ungefähr  -/g  so  lang  wie  das  9.  Segment  und  bis 
zu  einem  Borstenkranz  von  gleicher  Beschaffenheit  wie  der  des  vor- 
letzten Ringes  einziehbar  (Fig.  60);  beide  Borstenkränze  stehen 
also  auf  der  Peripherie  eines  Ellipsoids.  Das  Analsegment  endigt 
nicht  gerade  abgeschnitten,  sondern  mit  einem  fingerartigen  Gebilde, 
einem  Stück  des  ausstülpbaren  Organs,  das  aber  nie  vollkommen 
eingestülpt  wird.  An  seinem  Ende  erscheint  das  ausstülpbare  Organ, 
das  von  abgerundeter  Form  und  an  seinem  Ende  mit  4  relativ 
sehr  großen  und  stark  chitinisierten  Haken  versehen  ist  (Taf.  7 
Fig.  62). 

Bei   der  Vorwärtsbewegung  gebraucht  die  Larve  das  ausstülp- 


1)  Es  gelang  mir  leider  nicht,  diese  keineswegs  seltne  Larve  zur 
Verpuppung  zu  bringen,  so  daß  ich  deren  Speciesnamen  auch  nicht  be- 
stimmen konnte. 


Das  10.  Abdominalsegmeut  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.        105 

bare  Organ  wolil  gar  nicht,  ich  konnte  jedenfalls  eine  solche  Funk- 
tion nie  beobachten,  fixiert  vielmehr  das  Hinterende  mit  Hilfe  des 
Borstenkranzes.  Sie  krümmt  dabei  ihren  Körper  wenig,  bewirkt 
vielmehr  das  Vorsetzen  des  Hinterendes  hauptsächlich  durch  Kon- 
traktion des  Abdomens.  Daß  dies  zweckmäßig  ist,  leuchtet  auch 
ein,  wenn  man  bedenkt,  daß  das  Tier  ja  in  engen  Spalten  oder  in 
dem  Gangmaterial  lebt,  wo  also  eine  Krümmung  des  Abdomens  fast 
vollkommen  ausgeschlossen  ist.  Dabei  wirkt  der  oben  erwähnte 
Borstenkranz  in  der  Weise,  daß  er  ein  Zurückweichen  des  Körpers 
verhindert  und  so  dem  Abdomen  bei  der  Streckung  einen  guten 
Stützpunkt  darbietet.  Anders  ist  es  bei  der  Rückwärtsbewegung, 
hier  dient  allein  das  ausstülpbare  Stück  der  Fixierung.  Die  Larve 
stülpt  erst  das  bis  dahin  immer  eingezogene  Analsegment  voll- 
kommen aus  und  legt  die  Borsten  möglichst  dicht  dem  Körper 
an  (Taf.  7  Fig.  61).  Dann  schiebt  sie  das  ^Abdomen  so  weit  als 
möglich  nach  hinten  und  läßt  nun  erst  die  weiße,  abgerundete  Masse 
in  Form  eines  Ellipsoids  aus  dem  Analsegment  austreten.  Mit  Hilfe 
der  starken  Haken  verankert  sie  sich  in  dem  umgebenden  Medium 
und  kann  dann  mit  Leichtigkeit  den  übrigen  Körper  zu  dieser  Ver- 
ankerung hinziehen. 

Während  also  bei  den  frei  und  oberirdisch  lebenden  Larven 
der  „siebte  Fuß"  hauptsächlich  oder  nur  in  dem  Dienst  der  Vor- 
wärtsbewegung stand,  dient  er  dieser  Form  gerade  zu  entgegen- 
gesetzter Funktion,  d.  h.  zur  Rückwärtsbewegung. 

Welche  Rolle  spielt  das  8.  Segment  mit  seiner  Drüse  bei  der 
Bewegung?  Bei  der  Rückwärtsbewegung  zieht  die  Larve  ihr  Ab- 
domen zu  dem  fest  verankerten  ausgestülpten  Organ  hin;  hier  lallt 
also  jede  Mithilfe  fort.  Wie  verhält  es  sich  aber  bei  der  Vorwärts- 
bewegung? Wir  sahen,  daß  das  Analsegment  und  auch  der  „siebte 
Fuß"  so  weit  als  möglich  eingestülpt  werden.  Der  Borstenkranz 
liegt  also  ziemlich  nahe  der  Grenze  des  8.  Segments,  ja  fast  unter 
dem  Ende  der  Drüsenmündung.  Beobachtet  man  nun  das  Tier 
zwischen  2  Glasplatten,  wobei  der  Raum  so  eng  sein  muß,  daß  die 
Larve  sich  eben  noch  bewegen  kann,  so  bemerkt  man  vor  der 
Streckung  des  Körpers  ein  geringes  Vorwärtssetzen  des  9.  Segments, 
das  last  wie  das  Analsegment  der  Carabidenlarven,  nur  in 
weit  geringerem  Maße,  articulierend  am  8.  Segment  sitzt.  Die  Cerci 
des  9.  Segments  sind,  wie  schon  gesagt,  sehr  klein,  so  daß  sie  nicht 
über  den  Fortsatz  des  8.  Segments  hervorragen,  der  seinerseits  der 
weitvorgeschobenste  Punkt  des  ganzen  Abdomens  bildet.   Durch  das 


106  Paul  Brass, 

Niedersetzen  des  9.  Segments  mit  dem  Borstenkranz  und  der  An- 
pressung  des  Fortsatzes  des  8.  iSegments  wird  der  Larve  ein  Stütz- 
punkt geboten,  so  daß  sie  den  Vorderkörper  vorwärtsschieben  kann 
(vgl.  Elateriden,  S.  90). 

Der  Drüsenapparat  selbst  besteht  aus  einem  umfangreichen 
Sammelraum,  4  Drüsenleitern  und  den  Drüsenzellen.  Am  lebenden 
Tier  sieht  man  das  Reservoir  durchschimmern,  das  in  seinem  Innern 
zwei  Systeme  von  Linien  erkennen  läßt,  die  sich  in  der  Mitte  des 
Sammelrauraes  kreuzen,  an  den  beiden  Enden  aber  parallel  zu- 
einander verlaufen.  In  den  weiteren  anatomischen  Aufbau  läßt  uns 
Fig.  58,  Taf.  7  einen  Einblick  tun.  Die  scheinbaren  Chitinbalken 
des  Vorhofes  sind  starke  Falten  einer  Chitinmembran.  Die  Faltelung 
ist  derart,  daß  dem  gefalteten  Stück  der  einen  Seite  ein  glattes 
Stück  der  anderen  Seite  gegenübersteht.  Die  Spitze  des  Reservoirs 
(Rs)  zeigt  auf  der  ventralen  Seite  eine  Erhebung,  die  genau  in  eine 
entsprechende  Vertiefung  der  dorsalen  Fläche  eingreift,  also  einen 
dichten  Verschluß  nach  außen  hin  ermöglicht.  In  das  Reservoir 
münden  4  Drüsenleiter  (Drl),  von  denen  ein  jeder  aus  einer  stark 
chitinisierten  und  in  3 — 5  kreisrunden  Windungen  gebogenen  Röhre 
besteht.  Des  weiteren  erkennen  wir  auf  der  Figur  den  gewundenen 
Drüsenleiter,  der  einerseits  in  den  Vorhof  mündet,  andrerseits  mit 
der  Drüse  (Dr)  durch  einen  gegabelten  Schlauch  in  Verbindung  steht. 
Die  Drüse  selbst  ist  ein  einzelliges,  verhältnismäßig  großes  Gebilde. 
Sie  liefert  ein  gelbes,  zäliflüssiges  Secret  von  neutralem  oder  schwach 
saurem  Charakter.  Das  Secret  dient  vielleicht  der  besseren  Fixierung 
des  8.  Segments  bei  der  Vorwärtsbewegung,  vielleicht  aber  auch, 
und  die  Annahme  erscheint  mir  wegen  des  sauren  Cliarakters  wahr- 
scheinlicher, als  Abwehrmittel  der  räuberischen  Larve  gegenüber 
anderen  ihr  überlegenen. 

0.  Histeridae. 

Flatysoma  compressum  Hrbst.  Wie  die  Histeriden  im  System 
sich  eng  an  die  Gruppe  derSilphiden  und  Staphyliniden  an- 
schließen, zeigen  auch  die  Larven  große  Ähnlichkeiten.  Schon  der 
ganze  äußere  Bau,  namentlich  der  abgeplattete  Kopf  von  Flatysoma 
compressum  (Taf.  7  Fig.  57),  läßt  den  Höhlenbewohner  erkennen,  der 
sich  an  tierischen  und  pflanzlichen  in  Verwesung  begriffenen  Stoffen 
meist  unterirdisch  aufhält.  Das  9gliedrige  Abdomen  ist  fast  gleich- 
mäßig zylindrisch  und  trägt  am  Ende  des  9.  Segments  einen  kurzen 
Analkonus,  der  nur  \/o  so  lang  und  V4  so  breit  wie  das  9.  Segment 


Das  10.  Abdominalsegraent  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.        107 

ist.  Die  rotbraunen  Cerci  des  9.  Segments  sind  2gliedrig,  relativ 
massiv  und  chitinisiert,  etwas  dorsalwärts  gebogen  (Taf.  7  Fig.  56). 
Die  Füße  des  Thorax  sind  verhältnismäßig  sehr  klein,  und  als  Ersatz 
dafür  ist  das  Abdomen  mit  Segmentalwülsten  (Sic)  versehen,  von 
denen  die  ventralen  stärker  als  die  dorsalen  ausgebildet  sind.  Diese 
haben  eine  ähnliche  Funktion  wie  die  Scheinfüße  der  Schmetterlings- 
larven. Aus  der  Öffnung  des  Analsegments  erscheint  eine  un- 
gegliederte Masse,  die  undeutlich  traubenartigen  Charakter  zeigt. 

Wenn  die  Larve  frei  läuft,  sieht  mau  zwar,  daß  das  Organ  aus- 
gestülpt wird,  doch  spielt  es  keine  große  Rolle  bei  der  Fixierung; 
sie  bewegt  sich  vielmehr  mit  Hilfe  der  Segmentalwarzen.  Anders 
ist  es  mit  der  Bewegung  in  engen  Spalten,  wo  sie  sich  rückwärts 
in  ähnlicher  Weise  wie  die  Silphiden  bewegt,  d.  h.  also,  den  Anal- 
konus nach  hinten  schiebt  und  den  Körper  zu  sich  hinzieht. 
Während  also  noch  bei  den  Silphiden  und  Staphyliniden, 
erst  recht  aber  bei  den  Carabiden  der  Analkonus  die  größte 
Rolle  bei  der  Fortbewegung  spielte,  verliert  er  bei  den  Histe- 
riden  mit  Ausbildung  der  Segmentalwarzen  fast  ganz  seine  Be- 
deutung. Es  scheint  also  diese  Larve  einen  gewissen  Übergang 
zu  vermitteln  von  Formen,  die  das  Analsegment  stets  gebrauchen, 
zu  solchen,  bei  denen  die  Fortbewegung  ganz  oder  fast  ausschließ- 
lich durch  die  Segmentalwarzen  geschieht,  wie  z.  B.  bei  den  Ge- 
ra m  b  y  c  i  d  e  n. 

An  die  genannten  Gruppen  schließt  sich  auch  wohl  diese  Form 
an,  die  unter  der  Rinde  abgeschlagener  Bäume  lebt  (Taf.  7  Fig.  55). 
Der  etwa  5—7  mm  lange  walzenförmige  Körper  trägt  in  der  Mitte 
eines  jeden  Segments  eine  stumpfe  Erhebung,  die  ventral  stärker 
ausgeprägt  erscheint  als  dorsal.  Diese  wohl  als  Scheinfüße  an- 
zusprechenden Gebilde  sind  einziehbar  und  wie  der  übrige  ganze 
Körper  mit  zahlreichen  kleinen  Chitinhäkchen  besetzt.  Die  Segment- 
grenzen sind  sehr  verwischt  und  äußerlich  nur  durch  die  Lage  der 
Segmentalwarzen  erkennbar.  Das  9.  Segment  trägt  dorsal  2  stark 
entwickelte,  mit  starken  Borsten  besetzte  und  schwach  chitinisierte 
Cerci,  während  es  ventral  in  das  Analsegment  übergeht,  das  sich 
nach  der  Spitze  zu  schwach  verjüngt.  Das  ausstülpbare  Stück  hat 
eine  ungefähr  kuglige  Form  und  ist  gleicherweise  wie  der  übrige 
Körper  bewaffnet.  Es  unterscheidet  sich  in  nichts  von  dem  Anal- 
konus und  erscheint  nui"  als  das  aufgeblasene  Endstück  desselben. 
Das  ausgestülpte  Organ   dient  wie  bei  Platijsoma  compressim  haupt- 


108  Vaul  Brass, 

sächlich  der  Rückwärtsbewegung,  worauf  auch  schon  die  Anordnung 
und  Gestalt  der  Chitinhaken  schließen  läßt. 

Auf  die  zahlreichen,  wasserbewohnenden  Käferlarven  will  ich 
nicht  näher  eingehen,  da  ich  den  Ausführungen  von  G.  W.  Müller 
(1.  c,  p.  231  u.  232)  nichts  Neues  hinzuzufügen  habe.  Erwähnen 
möchte  ich  noch  eine  kleine  Gruppe,  die  infolge  verborgener  Lebens- 
weise ihren  Körper  ganz  diesen  Lebensbedingungen  angepaßt  hat: 
die  Cerambyciden,  Bostrychiden,  Curculioniden,  La- 
m  e  1 1  i c 0 r  n i er  etc.  Alle  diese  besitzen  wohl  10  typische  Abdominal- 
segmente, wenn  auch  häufig  die  Grenze  zwischen  9.  und  10.  Seg- 
ment sehr  verwischt  ist  und  Zweifel  an  der  Zahl  derselben  auf- 
kommen können.  Die  Grenze  der  Ringmuskulatur  des  Enddarmes 
fällt  mit  der  Lage  des  Afters  zusammen.  Es  besteht  hier  also  kein 
Unterschied  zwischen  „primärem"  und  „sekundärem  After",  d.  h. 
mit  anderen  Worten,  daß  das  Analsegment  nicht  eingestülpt  ist. 
Entsprechend  spielt  es  bei  der  Fortbewegung  keine  besondere  Rolle, 
so  daß  man  von  einer  Unterstützung  oder  gar  von  Ausbildung  eines 
„siebten  Fußes"  gar  nicht  sprechen  kann.  Sie  leben  zum  Teil 
(Cerambyciden)  in  selbst  gefressenen  Gängen,  die  dem  größten 
Umfange  ihres  Körpers  entsprechen,  d.  h.  meistenteils  dem  Quer- 
schnitt des  außerordentlich  stark  chitinisierten  Kopfes.  Der  übrige 
Körper  ist  weichhäutig,  kann  also  seine  Form  einigermaßen  ver- 
ändern. Die  Bewegung  geschieht  einfach  durch  Anpressen  von 
Segmentgruppen,  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  einem  Regenwurm. 
Hinzu  treten  noch  besondere  Bildungen,  wie  Chitindornen  (Ceram- 
byciden) oder  sonstige  Chitingebilde  in  der  mannigfachsten  Form, 
die  dem  Tier  bei  der  Bewegung  dienen.  Ähnlich  verhalten  sich 
die  Bostrychiden,  Curculioniden  und  Lamellicornier,  die 
allerdings  zum  größten  Teil  nicht  in  ähnlichen  hartwandigen  Gängen, 
sondern  unter  Baumrinde  und  in  weichen  Massen  (Erde,  Mist, 
Früchte  etc.)  leben.  Die  Art  der  Bewegung  ist  natürlich  nicht 
genau  die  gleiche  wie  bei  den  Cerambyciden,  aber  doch  eine 
ähnliche;  auch  die  Anpassung  an  das  umgebende  Medium  ist  nicht 
so  vollkommen  wie  bei  diesen. 

Rückblick  und  Vergleich.^) 

Meine  Untersuchungen,  die  ich  des  näheren  im  speziellen  Teil 
niedergelegt   habe,    bestärken    die   Beobachtungen    vieler   Forscher 

1)  Ich  möchte  dazu  bemerken,  daß  die  Zusammenstellung  der  Larven 


Das  10.  Abdorainalsegment  der  Käferlarveii  als  Bewegungsorgan.        109 

(RösEL  V.  Rosenhof,  de  Geer,  Chapuis,  Perris,  Schiödte  etc.),  daß 
einer  großen  Anzahl  von  Käferlarven  ein  „Nachschieber"  zur  Unter- 
stützung bei  der  Bewegung  dient.  Die  Coleopterologen  scliweigen 
allerdings  über  die  Natur  und  Herkunft  dieses  „Nachschiebers". 
Bei  Chapuis,  Imhoff  und  G.  W.  Müller  fand  ich  aber  Angaben 
über  die  morphologische  Deutung  des  „siebten  Fußes",  wonach  dieser 
nichts  weiter  als  ein  ausgestülptes  Stück  des  Enddarmes  sei.  Wenn 
man  bei  oberflächlicher  Betrachtung  zu  dieser  Anschauung  kommen 
konnte,  so  führt  uns  ein  Studium  der  Kingmuskulatur  des  Intestinal- 
kanals  und  der  Retractoren  zu  der  Überzeugung,  daß  der  aus- 
gestülpte Teil  nicht  eigentlich  dem  Darm  angehört,  sondern  ein 
sekundär  eingestülptes  Stück  der  modifizierten  äußeren  Körperhaut 
darstellt.  Der  dem  Auge  sichtbare  After  ist  mithin  auch  gar  nicht 
der  eigentliche,  sondern  ein  scheinbarer,  den  ich  als  „sekundären 
After"  bezeichne  (vgl.  S.  77). 

Bei  der  weiteren  Betrachtung  dieses  Organs  mögen  wir  zwischen 
den  anatomischen  Umbildungen  und  der  physiologischen  Wirkung 
unterscheiden.    Ich  betrachte  zuerst  die  anatomischen  Modifikationen. 

An  dem  Analsegment  mag  man  einen  eingestülpten  und  einen 
nicht  eingestülpten  Teil  unterscheiden.  Ich  beschäftige  mich  zunächst 
mit  dem  nicht  eingestülpten  Teil. 

Unter  den  Formen  mit  „sekundärem  After"  dürften  manche 
Chrysomeliden  wohl  als  die  ursprünglichsten  zu  betrachten  seien. 
Bei  Galerucella  vihurni  (Fig.  6)  ist  das  Analsegment,  das  etwas 
ventralwärts  verschoben  am  9.  Segment  sitzt,  fast  vollkommen  sicht- 
bar; nur  ein  geringes  Stück  ist  modifiziert  und  in  der  Ruhe  ein- 
gestülpt (Fig.  8).  Bei  AgelasUca  alni  liegt  es  ähnlich,  ist  aber  schon 
mehr  verkürzt,  um  endlich  bei  Lina  tremulae  (Fig.  5)  scheinbar 
vollkommen  zu  verschwinden.  In  Wirklichkeit  ist  aber  hier  das 
Analsegment  vollständig  modifiziert  und  ganz  eingezogen.  Sehr 
ähnlich  liegen  die  Verhältnisse  bei  den  Coccinelliden,  wo  das 
Analsegment  auch  stark  verkürzt  ist.  Ebenso  eng  wie  die  Cocci- 
n el li den  schließen  sich  auch  die  Canth ariden  und  Lampyri den 
an  die  C  h  r  y  s  0  m  e  1  i  d  e  n ,  speziell  Galerucella  viburni,  an.  Bei  allen 
ist  das  Analsegment  schräg  nach  unten  und  hinten  gerichtet,  und 
bei  allen  sind  mehr  oder   weniger  umfangreiche  Reste   des  Anal- 


nicht  nach  systematischen  Gewichtspunkten  erfolgt  ist,  sondern  lediglich 
in  bezug  auf  die  Gleichartigkeit  oder  Ähnlichkeit  in  der  Ausbildung  der 
Hilfsorgane  für  die  Fortbewegung. 


110  Paul  Brass, 

Segments  sichtbar.  Andere  Formen  (Elateriden)  (Fig.  28)  zeigen 
das  Analsegment  weiter  nach  vorn  verschoben.  Diese  Verschiebung 
erreicht  schließlich  bei  Pijrochroa  coccinea  (Fig.  34,  35)  das  Extrem, 
d.  h.  es  rückt  ganz  auf  die  Grenze  des  8.  und  9.  Segments  uüd 
verschwindet  scheinbar  ganz;  es  ist  erhalten  als  die  weiße  Masse, 
die  in  der  Grube  des  9.  Segments  erscheint. 

Eine  besondere  Modifikation  erleidet  das  Analsegraent  bei  den 
Cleriden,  Byturiden,  Cryptophagiden,  Elateriden  (also 
Formen  mit  verborgener  Lebensweise),  die  am  „sekundären  After" 
ein  wenig  umfangreiches  ausstülpbares  Stück  haben,  bei  denen  aber 
außerdem  das  Analsegment  mehr  oder  weniger  vollständig  in  das 
9.  Segment  eingezogen  (nicht  eingestülpt)  werden  kann  (Fig.  20,  24), 
Im  übrigen  schließen  sich  diese  Formen  eng  an  die  Chrysome-» 
liden  an. 

Bei  einer  anderen  Gruppe  erleidet  das  Analsegment  eine  anderr 
weitige  Modifikation.  Bei  den  C  a  r  a  b  i  d  e  n  (Fig.  37,  40),  S  i  1  p  h  i  d  e  n 
(Fig.  45),  Staphyliniden  (Fig.  52)  und  Histeriden  (Fig.  56) 
kommt  es  zur  Bildung  eines  stark  chitinisierten,  mehr  oder  weniger 
schlanken  Analconus,  d.  h.  das  Analsegment  nimmt  eine  konische 
Form  an  und  unterscheidet  sich  dadurch  sehr  von  allen  übrigen 
Abdominalsegmenten.  Dabei  ist  der  Analconus  articulierend  mit 
dem  9.  Segment  verbunden,  so  daß  er  um  einen  Winkel  von 
ca.  60 — 70**  erhoben  und  gesenkt  werden  kann.  Abgesehen  von  dieser 
Eigenschaft  und  der  schlanken  Gestalt  des  Analsegments  erinnern 
auch  diese  Formen  lebhaft  an  Galeriicella  vibunii,  so  daß  man  sie 
auch  wohl  von  ähnlichen  Larvenformen  ableiten  kann.  Das  Anal- 
segment ist  an  ähnlicher  Stelle  angeheftet,  nur  schlanker  und  be- 
weglicher. 

Das  eingestülpte  modifizierte  Stück  des  Analsegments,  das  aus 
dem  „sekundären  After"  ausgestülpt  werden  kann,  ist  in  den  ein- 
fachsten Fällen  (Chrysom  eliden,  Canthariden,  Carabiden  etc.) 
eine  ringförmige,  meist  weiche  Masse,  die  im  ausgestülpten  Zustand 
und  im  einfachsten  Falle  eine  ringförmige  Falte  um  den  Aftei-  herum 
bildet.  Bei  anderen  Foi-men  [Galeriicella  (Fig.  6),  Cychrus  (Fig.  39)] 
finden  wir  4  mehr  oder  weniger  ausgeprägte  Lappen,  die  ihrerseits 
nur  als  Vorläufer  zu  wohl  diff'erenzierten  Schläuchen  aufzufassen 
sind.  Bedingt  wird  diese  lappige  Gestalt  des  „siebten  Fußes"  durch 
die  Insertion  der  Retractoren,  die  in  den  Lappen  resp.  in  den 
Schläuchen  ansetzen  und  das  durch  Blutdruck  ausgestülpte  Organ 
wieder  einziehen.    Wenn  wir  die  Zahl  4  häufig  bei  der  Ausbildung 


Das  10.  Abdoniinalsegment  der  Käferlarveu  als  Bewegungsorgau.         m 

der  Lappen  und  Schläuche  finden,  so  erklärt  sich  dieses  wohl  aus 
der  Anordnung  der  Intersegnientalmuskulatur,  die  in  4  groben 
Bündeln  das  Abdomen  durchzieht.  Durch  Dichotomie  kam  es  dann 
zur  Ausbildung  von  8,  16  etc.  Schläuchen,  um  schließlich  bei  Luciola 
italica  die  Zahl  von  120  Schläuchen  zu  erreichen  (Fig.  13).  Die 
Entstehung  der  Lappen  und  Schläuche  kann  man  sich  "so  erklären, 
daß  bei  der  Einziehung  des  Analsegments  natürlich  diejenigen  Stellen 
am  stärksten  eingestülpt  wurden,  umgekehrt  auch  am  stärksten 
ausgestülpt  wurden,  an  denen  sich  die  Litersegmentalmuskulatur 
inserierte.  So  entwickelten  sich  allmählich  aus  der  zuerst  gleich- 
förmigen Masse  die  Lappen  und  aus  diesem  dann  weiter  die  Schläuche. 

Unterstützt  wird  die  Fixierung  des  „siebten  Fußes*'  bei  Formen 
mit  Schläuchen  durch  eine  Bewaffnung  derselben,  sei  es  durch  Chitin- 
wärzchen (vgl.  S.  103)  oder  durch  wohl  ausgebildete  Chitinhaken 
(vgl.  S.  102).  Diese  Haken  können  vollkommen  gleichmäßig  auf  der 
Oberfläche  der  einzelnen  Schläuche  verteilt  sein  oder  aber  sich  im 
wesentlichen  auf  die  ventrale  Seite  derselben  beschränken  {Luciola), 
wobei  die  dorsale  Seite  schuppenartige  Gebilde  aufweist.  Eine  be- 
sondere Ausbildung  in  der  Bewaffnung  zeigt  StapJiylmus  sp.,  bei  der 
das  ausgestülpte  ellipsoide  Stück  mit  4  sehr  starken  Chitinliaken 
bewaffnet  ist.  Bei  den  Chrysomeliden,  Coccinelliden  etc. 
wird  das  Anheften  durch  ein  Secret  unterstützt,  das  höchst  wahr- 
scheinlich (vgl.  S.  80  u.  81)  aus  modifizierten  distalen  Teilen  der 
MALPiGHi'schen  Gefäße  herrührt  und  namentlich  im  letzten  Larven- 
stadium, also  kurz  vor  der  Verpuppung,  so  reichlich  abgeschieden 
wird,  daß  es  zu  einer  vollkommenen  Kernauflösung  kommt.  Bei 
Cantharis  rufipes  und  vielleicht  auch  bei  den  Elateriden  dürfte 
wohl  die  Fixierung  durch  eine  saugnapfähnliche  Wirkung  der  radiär 
gestreiften,  ausgestülpten  Masse  erfolgen. 

Hand  in  Hand  mit  der  Umgestaltung  des  10.  Segments  geht 
auch  eine  mehr  oder  weniger  starke  Umbildung  des  9.  Segments. 
Während  es  bei  den  immer  frei  lebenden  Formen  annähernd  ein 
typisches  Abdominalsegment  ist,  erfährt  es  bei  den  verborgen  leben- 
den Formen  insofern  eine  Umgestaltung,  als  es  bei  diesen  mit  stark 
chitinisierten ,  häufig  dorsalwärts  und  nach  vorn  umgebogenen  Bil- 
dungen bewaffnet  wird  [Cychrus  (Fig.  36),  Calosoma  (Fig.  42)  etc.J, 
die  man  vielleicht  als  homologe  Gebilde  der  Cerci  ansprechen  kann 
(s.  auch  ScHiÖDTE,  Vol.  4,  p.  439).  Bei  einigen  Formen  erleidet  es 
eine  vollkommene  Chitinisierung,  so  daß  die  hintere  Hälfte  des 
9.  Segments  scheinbar  nur  ein  außerordentlich  stark  entwickelter 


112  Paul  Brass, 

Chitinfortsatz  ist  [E 1  a  t  er  i  d  e n  (Fig.  28),  T  e  n  e  b  r  i  o  n  i  d  e n  (Fig.  29), 
Pyrochroiden  (Fig.  35)].  Es  stehen  diese  Bildungen  im  Zu- 
sammenhang mit  einer  besonderen  Art  der  Bewegung. 

Wie  verhält  es  sich  mit  der  Wirkung  des  Analsegments  bei 
den  verschiedenen  Formen?  Bei  Larven  der  Chrysomeliden, 
Coccinelliden,  Canthariden  etc.  dient  der  mehr  oder  weniger 
stark  modifizierte  „siebte  Fuß"  allein  der  Fixierung.  Dabei  spielt 
er  bei  jugendlichen  Formen  nicht  die  Rolle  wie  bei  älteren  Stadien, 
bei  denen  auch  das  zu  bewegende  Gewicht  des  Körpers  immer  größer 
wird  {Lina  tremulae).  Das  Vorwärtsschieben  des  Körpers  geschieht 
durch  Streckung  des  zuerst  stark  kontrahierten  (vgl.  S.  74)  oder 
stark  gekrümmten  (vgl.  S.  77)  Abdomens.  Die  bisher  besprochenen 
Larven  lebten  durchweg  oberflächlich.  Bei  den  verborgen  lebenden 
Larven,  mit  schlankem  und  stark  chitinisiertem  Analconus  geschieht 
die  Fortbewegung  durch  die  hebelartige  Kraft  desselben,  während 
sich  die  übrigen  Abdominalsegmente  im  allgemeinen  nicht  an  der 
Vorwärtsbewegung  beteiligen.  Fixiert  wird  aber  das  Hinterende 
hier  nicht  allein  durch  das  ausgestülpte  Organ,  sondern  auch  durch 
Anpressung  der  Chitinbildungen  gegen  die  dorsale  Fläche  (Cara- 
biden,  Silphiden  etc.).  Während  die  zuerst  besprochenen 
Larven  niemals  eine  ßückwärtsbewegung  zeigten,  finden  wir  sie  bei 
diesen  Formen  recht  ausg^^prägt.  Dabei  kann  die  Fixierung,  nament- 
lich bei  Formen  mit  bewaffneten  Schläuchen  [Staphyliniden 
(Fig.  53)],  nur  durch  diese  allein  erfolgen,  mit  denen  sich  das  Tier 
fest  verankert  und  dann  den  übrigen  Körper  leicht  heranzieht,  oder 
sie  geschieht  durch  Zusammenwirkung  des  „siebten  Fußes"  und  der 
dorsalen  Chitinbildungen  des  9.  Segments  (deren  Gestalt  für  diese 
Art  der  Bewegung  besonders  geeignet  erscheint). 

Hier  würde  sich  naturgemäß  auch  die  kleine  Gruppe  anschließen, 
bei  denen  das  ganze  Analsegment  eingezogen  wird  (Cleriden, 
Byturiden,  Elateriden  etc.).  Die  Wirkung  des  Analsegments 
ist  eine  ähnliche  wie  bei  den  Formen  mit  schlankem  Analconus; 
auch  hier  spielt  es  eine  besondere  Rolle  für  die  Rückwärtsbewegung. 

Wie  ich  schon  sagte,  geschieht  die  Bewegung  des  Körpers  bei 
den  Carabiden,  Silphiden,  Staphyliniden  und  Histe- 
riden  hauptsächlich  durch  die  Hebelkraft  des  Analconus  (Fig.  36). 
Damit  im  Zusammenhang  steht  auch  eine  gewisse  Kleinheit  des 
ein-  und  ausstülpbaren  Teiles  [Carabiden  (Fig.  41)].  Erst  durch 
Anpassung  an  besondere  Lebensbedingungen  kommt  es  zur  Bildung 
wohl  differenzierter  und  bewaffneter  Schläuche,  mit  deren  Hilfe  sich 


Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.        113 

das  Tier  in  dem  umgebenden  Medium  zu  bewegen  vermag  [Sil- 
phiden  (Fig.  47),  Staphyliniden  (Fig.  53)].  Wo  aber  das  um- 
gebende Medium  eine  relativ  feste  Konsistenz  zeigt,  bleibt  es  auch 
bei  der  einfachen  und  geringen  Umbildung  des  Analconus  [Histe- 
riden  (Fig.  56).  Immer  steht  also  die  Ausbildung  des  „siebten 
Fußes"  in  allen  seinen  Variationen  —  und  das  möchte  ich  besonders 
betonen  —  im  engsten  Zusammenhange  mit  dem  umgebenden 
Medium  und  den  Bedingungen,  unter  denen  die  Larven  leben,  so 
daß  eine  Kenntnis  der  letzteren  einen  gewissen  Schluß  auf  die 
Ausbildung  des  ausstülpbaren  Organs  zuläßt. 

Mit  dem  Übergang  vom  freien  zum  verborgenen  Leben  steht 
also  einmal  eine  Verschiebung  des  Analsegments  nach  der  Grenze 
des  8.  und  9.  Segments  im  Zusammenhang,  dann  eine  Einziehung 
desselben  in  das  9.  Segment  und  schließlich  eine  besondere  Bewaff- 
nung des  9.  Segments.  Diese  wirkt  zusammen  mit  dem  „siebten 
Fuß"  bei  der  Rückwärtsbewegung,  wie  schon  oben  (vgl.  S.  99)  aus- 
geführt wurde. 

Eine  besondere  Stellung  nehmen  dieTenebrioniden  ein,  bei 
denen  auch  eine  weiche  Haut,  die  um  den  After  herumliegt  und  mit 
Warzen  bewaffnet  ist,  aus-  und  eingestülpt  wird,  aber  nicht  in  den 
After.  Da  wir  uns  doch  vorstellen  müssen,  daß  die  einstülpbare 
Masse  bei  den  anderen  Formen  ursprünglich  in  der  Umgebung  des 
Afters  lag,  sekundär  in  diesen  eingezogen  wurde,  so  könnte  man 
versucht  sein,  die  Verhältnisse  bei  Tenehrio  molüor  als  besonders 
ursprüngliche  zu  betrachten  und  von  ihnen  die  beiden  anderen 
Formen  abzuleiten.  Dagegen  spricht  aber  die  Tatsache,  daß  Tenehrio 
molitor  in  der  Bewaffnung  des  Analsegments  und  des  9.  Abdominal- 
segments keineswegs  ursprüngliche  Verhältnisse  zeigt. 

Wie  kam  es  zur  Ausbildung  eines  „siebten  Fußes"?  Wir  sahen, 
daß  er  nichts  anderes  ist  als  ein  kleineres  oder  größeres  Stück 
modifizierten  Analsegments,  das  seinerseits  wiederum  nur  ein  typi- 
sches Abdominalsegment  ist,  wie  es  z.  B.  noch  die  Cerambyciden 
erkennen  lassen.  Es  muß  also  eine  Form  gegeben  haben,  bei  der 
alle  10  Abdominalsegmente  annähernd  gleichartig  waren.  Als  der 
Schwerpunkt  der  Larven  noch  ziemlich  weit  vorn,  nahe  dem 
Thorax  lag,  wurde  das  Abdomen  einfach  nachgeschleppt,  wie  man 
heute  noch  bei  allen  Larven  der  Ametabolen,  Hemimeta- 
bolen  und  allen  Imagines  beobachten  kann.  Erst  durch  eine  Ver- 
schiebung dieses  Schwerpunktes  weiter  nach  hinten,  vielleicht  durch 
starke  Ausbildung  des  Fettkörpers  bedingt,  wurde  das  Gewicht  des 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  8 


114 


Paul  Brass, 


Abdomens  für  das  Tier  so  groß,  daß  es  das  Hinterende  nicht  einfach 
nachschleppen  konnte.  Das  Abdomen  bedurfte  irgendwelcher  Unter- 
stützung. Interessant  ist  es,  daß,  wie  ich  schon  weiter  oben  sagte 
(vgl.  S.  82),  bei  jugendlichen  Formen  das  Hinterende  nicht  sehr 
stark  zur  Fixierung  herangezogen  wird.  Erst  bei  den  älteren  Larven- 
stadien, d.  h.  also  mit  Zunahme  des  Gewichtes  des  Abdomens,  wurde 
der  „siebte  Fuß"  immer  zur  Unterstützung  gebraucht  (s.  auch 
G.  W.  MÜLLER,  1.  c,  p.  233). 


Fig.  B. 


-O  —  O  —  o I 


—  o  —  o  —  o  —  o^=^^ 

Fig.  C. 


^2 


-  o  —  o  — {j5[ —  o  —  e  ^Z! 


Fig.  D. 


Fig.  E. 


'... 

,''  o^=i- 

Mm 

—   O o 

—  o  — 

-  O   o     ^^ 

Fig.  F. 


jjjXo:o:OoOxd:i^ 


Fig.  G. 


—   äußere  Körperhaut 
•••   modifiziertes  Stück 

:0X     Enddarm 

o-  o  -  o   Retractoren 

Fig.  B— G. 
Schematische  Darstellung  der  Eiuziehuug  und  Modifikation  des  10.  Segments. 

Vgl.  S.  115. 

Die  Unterstützung  geschah  in  sehr  verschiedener  Weise :  häufig 
durch   Ausbildung  von  Kriechwarzen    an  den  verschiedensten  Ab- 


Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.        115 

dominalringen,  in  anderen  Fällen  (Coleopteren-,Megalopteren- 
larven)  durch  Aufsetzen  und  Anpressen  des  Hinterendes  an  die 
Unterlage.  Es  leuchtet  ein,  daß  diese  Fixierung  um  so  besser  war, 
je  dichter  sich  dieser  Teil  der  Unterlage  anlegte.  Das  geschah  bei 
weichen  Teilen  besser  als  bei  stark  chitinisierten,  und  darum  wurde 
der  After  bevorzugt.  Je  umfangreicher  die  weiche  Haut  war,  desto 
vollkommener  war  auch  die  Fixierung,  und  so  sehen  wir  die  Haut 
um  den  After  in  immer  größerem  Umfange  eine  weiche  Beschaffen- 
heit annehmen.  Diese  weichhäutigeren  Teile  mußte  das  Tier  schützen, 
wenn  es  sie  nicht  gebrauchte;  das  konnte  es  am  einfachsten  durch 
Einziehung  und  so  entstand  ein  „sekundärer  After".  Damit  haben 
wir  den  „siebten  Fuß"  in  der  Ausbildung,  wie  ihn  uns  noch  Gale- 
rucella  viburni  zeigt.  Was  wir  in  der  Ruhe  sehen,  ist  der  „sekundäre 
After",  aus  dem  die  Masse,  d.  h.  also  das  modifizierte  Stück  des 
Analsegments  austritt.  Eine  schematische  Skizze  zeigt  dieses  am 
besten,  ebenso  auch  die  Entstehung  der  Schläuche,  auf  die  ich  ja 
schon  weiter  oben  (S.  111)  eingegangen  bin. 

Fig.  B  zeigt  uns  den  ausgestülpten  „siebten  Fuß"  in  seiner  ein- 
fachsten Gestalt,  Fig.  C  denselben  eingestülpt.  Fig.  D  und  E  läßt 
die  Entstehung  der  Schläuche  aus  den  Lappen  erkennen,  Fig.  F  und 
G  auch  die  dichotomische  Teilung  der  Schläuche. 

Zum  Schluß  sei  es  mir  gestattet,  meinem  hochverehrten  Lehrer 
Herrn  Geheimrat  G.  W.  Müller  meinen  herzlichsten  Dank  auszu- 
sprechen für  die  vielseitigen  Ratschläge  und  die  Förderungen  jeg- 
licher Art,  die  er  meiner  Arbeit  zukommen  ließ. 

Dank  schulde  ich  auch  dem  Assistenten  Herrn  Dr.  W.  Baunacke 
für  mancherlei  nützliche  Winke. 


g* 


116  Paul  Brass, 


Nachtrag. 


Nach  Abgabe  dieser  Arbeit  erschien  noch  eine  kleine  Abhand- 
lung von  Kemner  über  das  Analsegment  und  die  Rectalschläuche 
einiger  schwedischer  Carabidenlarven.  Er  erörtert  die  anatomi- 
schen Verhältnisse  zweier  Vertreter  dieser  Familie,  ohne  uns  aber 
eine  eigene  morphologische  Auffassung  des  ausstülpbaren  Organs  zu 
geben. 


Das  10,  Abdominalsegmeut  der  Käfeilarven  als  Bewegungsorgan.        117 


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Das  10.  Abdouiinalsegmeut  der  Käferlarveu  als  Bewegungsorgan.         119 

PÜTTEE,   A.,  Vergleichende  Physiologie,  Jena   1911. 

Ratzebukg,  Forstinsekten,  Berlin,   Vol.    1,   1837. 

ReaüMUR,  E.  A.,  Mem.  pour  servir  k  l'histoire  des  Insectes,  Paris, 
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gart 1908. 

— ,  Naturgeschichte  der  Insekten  Deutschlands,  Berlin,  Abt.  1,  Vol.  3, 
1882. 

RÖSEL,  A.  I.,  Der  monatlich  herausgegebenen  Insektenbelustigungen  2.  Teil, 
welche  in  8  Kl.  Insekten  erhält,  alle  nach  ihrem  Ursprung,  Ver- 
wandlung und  anderen  wunderbaren  Eigenschaften,  größtenteils  aus 
eigener  Erfahrung  beschrieben,  u.  in  sauber  illuminierten  Kupfern 
nach  dem  Leben  abgebildet,  vorgestellt,  Nürnberg  1749. 

RoSENHAUEE,  W.,   Käferlarven,  in:  Stettin,  entomol.  Ztg.,    1882. 

RUPERTSBEEGER,  M.,    Die  Schildkäfer,    in:    Nat.   Offenb.,  Vol.   22,   1876. 

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u.  V.  Kiesenwetter),  Berlin,  Vol.  5,  1893. 

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costumi  della  Lebia  scapularis,  in:  Redia,  Vol.  2,    1904. 

Stürm,  J.,  Deutschlands  Fauna  in  Abbildungen  mit  Beschreibungen. 
V.  Insekt.,  Nürnberg,  Vol.  2—13,   1807—1838. 

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of  Coleopterus  Insects,  in:  Trans,  entomol.  Soc.  London,  Vol.  1,  1834. 

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Abt.   1,  Vol.  6,   1893. 

West  WOOD,  J.,  An  introduction  to  the  modern  Classification  of  Insects, 
founded  on  the  natural  habits  and  corresponding  Organisation  of  the 
dififerent  families,  London,  Vol.   1  u.  2,   1839—1840. 


120 


Paul  Brass, 


Erklärung  der  Abbildungen. 


Aw  Analwarzen 

Bk  Bindegewebskern 

Bkr  Borstenkranz 

Bs  Blindschläuclie 

Chf  Chitinfalten 

Dr  Drüse 

Drl  Drusenleiter 

Ed  Enddarm 

Gr  Grube 

Hz  Hypodermiszellen 

Im  Intersegmentalmuskulatur 


Mk  Matrixkern 

pA  primärer  After 

Ei  Rinne 

Em  Ringmuskulatur 

Bp  Reibplatte 

i?s   Reservoir 

Ri  Retractor 

Rlb  Retractorenbündel 

sA  sekundärer  After 

Sw  Segmentalwarzen 

Zk  Zellkern 


Die  Zeichnungen  stellen  fast  ausnahmslos  die  letzten  Abdominalringe 
dar,  rot  gezeichnet  ist  das  modifizierte  ein-  und  ausstülpbare  Stück  des 
Analsegments.  Die  Vergrößerung  ist,  soweit  nicht  besondei'S  angegeben, 
Lupenvergrößerung.      7,   8,  9,  10  etc.  bezeichnen    die  Abdominalsegmente. 


Tafel  4. 

Fig.  1.  Cantharis  rufipes,  ventral.     Organ  ausgestülpt. 

Fig.  2.  Galerucella   viburni,    Medianschnitt.      Org.    ausgest. 

Fig.  3.  Luciola  italica,  ventral. 

Fig.  4.  Cantharis  riifipes,  Profil.     Org.  ausgest. 

Fig.  5.  Lina  tremulae,  Profil.     Org.  ausgest. 

Fig.  6.  Galerucella  viburni,  Profil.     Org.  ausgest. 

Fig.  7.  Li7ia  tremulae,  ventral.     Org.  ausgest. 

Fig.  8.  Galerucella  viburni,  Profil.     Org.  eingest. 


40:  1. 


Das  10.  Abdominalsegment  der  Käferlarven  als  Bewegungsorgan.        121 

Fig.  9 — 13.     Luciola  iialica. 
Fig.   9.        Zwei  Stadien  der  Streckung  des  Körpers. 
Fig.    10.     Larve  mit  niedergesetztem  Abdomen. 
Fig.   11.     Medianschnitt.     Schlcäuche  zum  Teil  ausgest.     25:1. 
Fig.   12.     Einzelner  ausgest.  Schlauch.     80:1. 
Fig.    13.     Profil.     Org.  ausgest. 

Fig.   14 — 17.     Ägelasiica  alni. 
Fig.    14.     Larve  mit  niedergesetztem  Abdomen. 
Fig.   15.     MALPiGHi'sches  Gefäß,  im  3.  Stadium.      115:1. 
Fig.    16.     Dasselbe  im   2.   Stadium.      115:1. 
Fig.   17.     Dasselbe  im  1.  Stadium.     115:1. 

Tafel  5. 

Fig.    18.  Zweifelhafte  Form,   Profil.     Org.  ausgest. 

Fig.   19.  Btjiiirustomentosus,Vro&\.  Analring  vorgestreckt,  Org.  ausgest. 

Fig.   20.  Byturus  tomentosus.     Analring  eingezogen,  Qrg.  eingest. 

Fig.   21.  Cryptophagus  subfumahis,  Profil.     Wie  Fig.  19. 

Fig.  22.  Clerus  formicarms,  Profil.     Wie  Fig.   19. 

Fig.   23.  C.  formicarius,  ventral. 

Fig.   24.  Cryptophagus  subfumaius,  Profil.     Wie  Fig.  20. 

Fig.  25 — 28.     Melanotns  castanipes. 

Fig.  25.  Medianschnitt.     Analring  vorgestreckt,  Org.  ausgest.     9:1. 

Fig.  26.  Ventral. 

Fig.  27.  Medianschnitt.      Analring  eingezogen,  Org.  eingest.     25  :  1. 

Fig.  28.  Profil.      Analring  vorgestreckt,   Org.  ausgest. 

Fig.  29  —  33.      Tenebrio  molüor. 

Fig.  29.  Profil. 

Fig.  30.  Medianschnitt.     Analsegment  ausgest.      15:1. 

Fig.  31.  Medianschnitt.     Analsegment  eingest.     25  :  1. 

Fig.  32.  Ventralseite. 

Fig.  33.  Profil.     Das   9.  Segment   zum    Teil    ins    8.    hineingezogen. 

Tafel  6. 

Fig.   34.      Pyrochron  cocchieo.     Medianschnitt.      Org.    eingest.     25:1. 
Fig.  35.     P.  coccinea,  Medianschnitt.     Org.  ausgest.     40  :  1. 


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Nachdruck  verboten. 
Ubersetzimgsrecht  vorbehalten. 


Der  Zug  des  sibirischen  Tannenhähers  durch  Europa 

im  Herbst  1911. 

Eine  Übersicht  aller  diesen  Zug  betreffenden 

Erscheinungen,    von   seinem    Ausgangspunkt,    dem 

nördlichen    Inner- Asien,   an    bis   zu   seiner   Auflösung 

in  West- Europa. 

Von 
Eduard  Paul  Tratz. 

Hit  5  Karten  im  Text. 


Inhaltsübersicht. 

Seite 

Vorwort 124 

Spezieller  Teil 125 

a)  Zusammenstellung  der  bisher  erschienenen  Publikationen  über 

den   1911er  Tannenhäherzug 125 

b)  Beobachtungsdaten 128 

I.  aus  Asien 128 

II.  aus  Europa 128 

1.  aus  Rußland 128 

2.  aus  Deutschland 129 

3.  aus  Österreich-Ungarn 147 

4.  aus  Dänemark 154 

5.  aus   Schweden 157 

6.  aus   Belgien 157 

7.  aus  Holland 158 

Zool.  Jahrb.  XXXYII.    Abt.  f.  Syst.  9 


124  Eduard  Paul  Tbatz. 

Seite 

8.  aus   Frankreich 158 

9.  aus  England 158 

10.  aus  der  Schweiz 158 

11.  aus   Italien 159 

Schlußfolgerungen 159 


Vorwort. 

Das  Jahr  1911  brachte  uns  wieder  eine  Invasion  des  sibirischen 
Tannenhähers  {Nucifraga  caryocatades  7nacrorliynclios  Brehm). 

Herr  Viktor  Ritter  v.  Tschusi  zu  Schmidhoffen  hatte  bekannt- 
lich auch  diesmal  die  Absicht,  den  gesamten  Zugverlauf  zu  be- 
arbeiten, und  bemühte  sich,  ein  umfangreiches  Datenmaterial  darüber 
zu  beschaffen.  Anderweitige  Arbeitsüberbürdung  zwang  ihn  dann 
aber,  von  seinem  Vorhaben  abzukommen,  und  veranlaßte  ihn,  das  bis 
dahin  gesammelte  Material  zur  Bearbeitung  mir  zu  übergeben.  So 
kam  es,  daß  die  vorliegende  Arbeit  nicht  von  ihm,  wie  vielleicht 
allgemein  erwartet,  sondern  von  mir  zur  Durchführung  gebracht 
wurde. 

Bevor  ich  nun  an  die  Darlegung  der  wissenschaftlichen  Ergeb- 
nisse meiner  Untersuchungen  herantrete,  muß  ich  allen  jenen,  die 
sich  in  irgendeiner  Weise  um  das  Zustandekommen  der  Arbeit  ver- 
dient machten,  meinen  ergebensten  Dank  aussprechen. 

In  erster  Linie  gebührt  er  unserem  Altmeister  Herrn  Viktor 
Ritter  v.  Tschusi  zu  Schmidhoffen,  der  nicht  nur  den  Anstoß  zur 
Inangriifnahme  der  Arbeit  gab,  ferner  mir  das  von  ihm  gesammelte 
Material  zur  Verfügung  stellte,  sondern  mir  auch  nachträglich  noch 
beim  Aufsuchen  der  verschiedenen  einschlägigen,  leider  so  sehr  ver- 
streuten Literatur  behilflich  war  und  mir  wie  immer  mit  seinen 
wertvollen  Ratschlägen  zur  Seite  stand. 

Der  Redaktion  der  Jagdzeitschrift  „Wild  und  Hund"  wurde 
ich  gleichfalls  zu  großem  Dank  verbunden,  da  sie  die  Liebens- 
würdigkeit hatte,  eine  Reihe  von  an  sie  gerichteten  Mitteilungen 
über  den  Verlauf  des  Zuges  in  verschiedenen  Teilen  Deutschlands 
zur  Durchsicht  einzusenden. 

Ferner  verpflichteten  mich  die  Herren  W.  Bacmeister, 
A.  v.  Jordans  und  H.  Kürella  sowie  Dr.  A.  Laübmann  zu  großem 
Dank,  da  sie  mir  Bürstenabzüge,  bzw.  Separata  von  ihren  den 
1911er  Tannenhäherzug  betreifenden  Veröftentlichungen  sandten  und 
mir  dadurch  die  ziemlich  mühsame  und  zeitraubende  Arbeit  des 
Aufsuchens  und  Exzerpierens  um  manches  erleichterten. 


Zug'  des  sibirischen  Tanneiihähers  durch  Europa.  125 

Allen  jenen,  die  in  liebenswürdigster  Weise  Beiträge  sandten, 
speziell  den  Herren  M.  Baeac,  A.  Bau,  R.  J.  Fkomholz,  L.  v.  Führer, 
Dr.  J.  Gengler,  A.  Ghidini,  Dr.  Hennicke,  N.  Johansen,  K.  Kni:- 
zouREK,  J.  Michel,  Regr.  0.  Reiser,  H.  Precht,  Dr.  W.  Riegler, 
Dr.  0.  LE  Roi,  J.  Roth,  Dr.  Schiavuzzi,  Dr.  G.  Schiebel,  A.  Watzinger 
und  vielen  Anderen,  sei  gleichfalls  an  dieser  Stelle  bestens  gedankt. 

Salzburg,  Herbst  1913. 


Spezieller  Teil. 

Über  den  1911er  Tannenhäherzug  liegt  bereits  eine  Reihe 
größerer  Abhandlungen  vor,  die  den  Zugverlauf  in  einzelnen  Gegen- 
den, meist  im  Rahmen  politischer  Grenzen,  behandeln.  Wir  sind 
infolgedessen  über  einzelne  Phasen  dieses  Zuges  recht  eingehend 
unterrichtet  und  können  daher  auch  ein  halbwegs  vollständiges 
Bild  über  den  gesamten  Zugverlauf  geben. 

Die  meisten  Arbeiten  stammen  aus  dem  Deutschen  Reich,  was 
einerseits  der  dortigen  großen  Intensität  des  Zuges,  andrerseits  dem 
großen  Interesse,  das  die  dortigen  ornithologischen  und  jagdlichen 
Zentralstellen  der  Sache  entgegenbrachten,  zu  danken  ist.  Auch 
aus  Österreich  -  Ungarn  liegen  mehrere  umfangreiche  Zusammen- 
stellungen vor.  Je  eine  sehr  eingehende  Untersuchung  lieferten 
Rußland,  Dänemark,  Belgien  und  die  Schweiz.  —  Im  übrigen  sind 
die  mir  vorgelegenen  Abhandlungen  nachfolgend  angeführt  und  sei, 
zwecks  eingehender  Orientierung  über  den  Zugverlauf  in  den  ein- 
zelnen Ländern,  darauf  verwiesen. 

Allgemein. 

1 .  „Über  den  heurigen  Tannenbäher-Zug"  von  ViKTOR  Ritter  von  TsCHUSi 

zu  SCHMIDHOFFEN,    in:    Ornith,   Monatsberichte,    Vol.   20,   1912, 
No.  3,  p.  43—44. 

Belgien, 

2.  „La  migration  de  Casse-noix  en  Belgique  durant  l'automne  de  1911" 

von  Chev.  G.  van  Havee,  in:  Le  Gerfaut,  Vol.  2,   1912,  No.  l. 

Dänemark, 

3.  „Nöddekrigens    {Nnci fraget    caryocatacics)    Indvandring    i    Danmark    i 

Efteraaret   1911"    von  P.  Jespersen,  in:  Dansk  Ornithol.  Foren, 
Tidsskr.,  Vol.   7,   1913,  Heft  3. 

9* 


X26  Eduard  Paul  Tratz, 

Deutschland. 

4.  „Zum    Tannenhäherzug    im    Jahre   1911"    von    A.  v.  Joedans    und 

H.  KuEELLA,  Bonn,  in:  VeröfFentl.  Inst.  Jagdkde,  Vol.  1,    1913, 
No.  4. 

5.  „Zum  Tannenhäherzug  1911"  von  0.  Kleinschmidt,  in:  Falco,  Vol.  7, 

1911,  No.  2,  p.  21—22. 

6.  „Zum    Tannenhäherzug    im    Herbst    1911"    von    W.    RÜDIGEE,    in: 

Ztschr.   Ool.   Ornithol.   1912,  No.   2,  p.   29. 

7.  „Zum  Tannenhäherzug  im  Herbste  1911"   von  RuDOLF  ZiMMEEMANN 

(Rochlitz  i.  S.),  in:  Zool.  Beob.,  Vol.  54,  1913,  No.  8,  p.  219— 220. 

8.  „Der  Zug  des  sibirischen  Tannenhähers    in  Bayern  im  Jahre   1911" 

von  A.  Laubmann,    in:    Verb,    ornithol.    Ges.  Bayern,    Vol.   11, 
1913,  Heft  3. 

9.  „Das  Auftreten  des    sibirischen  Tannenhähers    in  der  Leipziger   Um- 

gebung im  Jahre   1911"    von  OsKAE  Geimm,  Leipzig,    in:    Zool. 
Beob.,  Vol.  53,   1912,  Heft  8. 

10.  „Über  das  Auftreten  des  Tannenhähers  im  Sauerlande  im  Herbst  1911" 

von  W.  Hennemann,    Werdohl,    in :    Ornithol.    Jahrb.,    Vol.  23, 

1912,  Heft   1,   2. 

11.  „Der  Tannenhäherzug  in  Ostpreußen"   von  F.  Tischlee,  in:    Falco, 

_Vol.  8,   1912,  No.  4. 

12.  „Über  den  Tannenhäherzug  von  1911  in  Schlesien"  Paul  Kollibay, 

in:    Journ.    Ornithol.,  Vol.  51,    1913,    Heft  4,   p.  612—617.  — 
Bericht  Ver.   Schles.   Ornithologea,   Vol.   5,    1911   u.   1912. 

13.  „Die    sibirischen    Tannenhäher    in    Württemberg    im    Herbst     1911" 

von  Walter  Bacmeistee,  in:  Ornithol.  Jahrb.,  Vol.  23,   1912, 
Heft  3,  4,  p.   141—142. 

14.  „Der  Tannenhäher  in  Württemberg  und  sein  letztes  zahlreiches  Auf- 

treten daselbst  im  Herbst  1911"   von  Waltee  Bacmeistee,    in: 
Jahresschr.  Ver.  vaterländ.  Naturk.  Württemberg,   Vol.  69,   1913. 

Österreich-Ungarn. 

15.  „Das  Auftreten  des  Tannenhähers  in  Böhmen   während  des  Herbstes 

1911«    von    KüET    Loos,    in:    Ornithol.    Jahrb.,    Vol  23,    1912, 
Heft  3,  4,  p.   133—141. 

16.  „Über  das  Auftreten    des  Tannenhähers    in  Mödling   bei  Wien"  von 

Robeet  Edee,    ibid.,    Vol.  23,    1912,    Heft  3,  4,    p.   149—150. 

17.  „Über  den  Tannenhäher   1911/12    im  Wiener  Becken"    von  Aleeed 

Mintus,  ibid..  Vol.  23,   1912,  Heft  5,  6,  p.  210—212. 

18.  „Die  Invasion  von  Nucifraga  caryocatactes  macrorhyncha  Beehm  in 

Ungarn  im   Herbst   1911"   von   der  Königl.  Ungar,   orn.   Zentrale, 
in:  Aquila,  Vol.  8,   1911,  p.   394—399. 

19.  „Ergänzungsdaten  zur  Invasion    von  Nucifraga    caryocatactes    macro- 

rhyncha   nach  Ungarn    im  Jahre   1911"   von    der  Königl.   Ungar, 
orn.  Zentrale,  ibid..  Vol.   19,    1912,  p.   462—463. 


Zug-  des  sibirischen  Tannenhähers  durch  Europa.  127 

Rußland. 

20.  ..L'apparition   en    grand    nombre    de  cassenoix    de  Siberie  (Nucifraga 

caryocatactes  macrorhynchos  Beehm)  dans  la  ßussie  d'Europe 
pendant  l'autorane  de  1911"  de  E.  Charlemagne,  in:  Trav. 
Soc.  ornithol.  de  Kief  du  nom  de  K.  Th.  Kesslee,  sous  la 
redaction  du  president  de  la  Societe  V.  M.  ArtobOLEVSKY, 
Vol.   1,   1913,   1. 

Schweiz. 

21.  „Der    Tannenhäher    und    seine    Wanderung    im    Herbst    1911"    von 

K.   DauT,  in:   Ornithol.  Beobachter,    1912. 

Außer  diesen  eben  genannten  Arbeiten  wurden  natürlich  noch 
ein  ganze  Reihe  von  kleinen  Notizen  aus  verschiedenen  Jagd-  und 
Fachzeitschriften  sowie  auch  aus  Tagesblättern  herangezogen.  Daß 
mir  dabei,  trotz  des  sorgfältigsten  Vorgehens,  dennoch  so  mancher 
kurzer  Vermerk  entgangen  sein  wird,  ist  bei  der  großen  Zersplitte- 
rung unserer  Berichterstattung  wohl  selbstverständlich.  Immerhin 
hotte  ich  jenen  Grad  der  Vollkommenheit  erreicht  zu  haben,  der 
eben  bei  der  Durchführung  einer  solchen  Arbeit  überhaupt  mög- 
lich ist. 

Ich  lasse  nun  sämtliche  mir  zur  Verfügung  gestandenen  Daten 
hier  folgen,  und  zwar,  gleich  den  übrigen  Arbeiten  dieser  Art,  nach 
der  geographisch-chronologischen  Reihenfolge  des  Erscheinens  der 
Häher,  jedoch,  wegen  Platzmangel,  nur  auszugsweise.  Die  einzelnen 
biologischen  Vermerke  mußten  ganz  weggelassen  werden,  finden  sich 
jedoch  zusammengefaßt  in  den  Schlußfolgerungen,  wobei  jeweils  auf 
die  Originalnotiz  verwiesen  wird. 

Da  mir  die  tabellarische  Zusammenstellung  des  ganzen  Materials 
am  zweckentsprechendsten  schien,  wählte  ich  diese  Form  und  habe 
außerdem  bei  den  meisten  Quellenangaben  Abkürzungen  verwendet, 
wofür  im  Nachfolgenden  der  Schlüssel  gegeben  ist. 

B.B.  =  British  Birds 

D.F.u.B.  =  Der  Forstmann  und  Berufsjäger 

D.J.Z.       =  Deutsche  Jäger-Zeitung 

D.O.F.T.  =  Danske  ornithologisk  Forenings  Tidsskrift 

F.  =  Falco 

F.o.F.        =  Fauna  och  Flora 

G.W.         =  Gefiederte  Welt 

J.f  0.         ==  Journal  für  Ornithologie 

J.Z.  =  Jäger-Zeitung 

J.V.N.W.  =  Jahresschrift  d,  Ver.   f.  vaterländ.   Naturk.  in  Württemberg 

M.V.  =  Mitteilungen  über  die  Vogelwelt 

N.B.W.     =  Neue  Baltische  Waidmannsblätter 


128 


Eduard  Paul  Tratz, 


O.B  =  Ornithologischer  Beobachter 

O.J.  =  Ornithologisches  Jahrbuch 

O.Mb.  =  Ornithologische  Monatsberichte 

O.Ms.  =  Ornithologische  Monatsschrift 

ß.f.O.  =  Revue  frangaise  d'Ornithologie 

V.I.J.  =  Veröflfentlichung  des  Institutes  für  Jagdkunde 

V.O.G.B.  =  Verhandlungen    der    Ornithologischen  Gesellschaft   in  Bayern 

W.  =  Waidmannsheil 

W.u.H.  =  Wild  und  Hund 

W.u.Hs.  =  Waidwerk  und  Hundesport 

Z.B.  =  Zoologischer  Beobachter 

Z.O.O.  =  Zeitschrift  für  Oologie  und  Ornithologie 

Z.u.F.  =  Zwinger  und  Feld 

T.S.O.K.  =  Travaux  de  la  Societe  ornithologique  de  Kief 


Ort  der  Beobachtungen 


Asien. 

Baikalien. 

West-Baikalsee-  Gebiete 


Altai.» 


Turotschak 


Europa. 
Kußland. 


Apern 


Pensa 
Alt  Karkell 
Süd-Livland 
Kief 


Radomysl 

Petschki 

Tschernigoff 

Ivanovka 

Staroselje 

Voliza 


Zeit 


Stärke  des 
Zuges,  bzw. 
Anzahl  der 
beobachteten 
Exemplare 


Auf.  Sommer 
Spätsommer 
Ende  Aug. 

5./10. 


Sommer 
Winter 


Ende  Juli 

Mitte  Aug. 

Iß. 

Aug. 

Aug. 

2.  Hälfte  Aug 

20.  u.  29./8 

Sept.  u.  Okt 

Ende  Nov. 


10./8. 

10.  u.  28./8. 

Sept. 

lO./lO. 


Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 


in  Massen 

seltner 

in   ungeheur 

Mengen 

vereinzelt 


hunderte 
kein  St. 


2  St. 

sehr  zahlreich 

häufig 

viele 

die  1.  Trupps 

Durchzug 

letzter 

5  St. 
1  St. 


V.    SCHAEPER 


Mallner 


Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 


W.U.H.,  1912,  p.  332 


Prestle 


Semja   Ochotnikow 

TiLINTZ 

M— n. 

Charlemagne 


W.U.H.,  1912,  p.  69 


N.B.W.,  1911,  p.  425 


N.B.W.,  1912,  p.  87 
N.B.W.,  1911,  p.  401 
V.I  J.,  1912.  No.  4 
T.S.O.K.,  1913,  p.  14 


Zuff  des  sibirischeu  Taimeahähers  durch  Europa. 


129 


Ort  der  Beobachtungen 


Zeit 


Stärke  des 
Zuges,  bzw. 
Anzahl  der 
beobachteten 
Exemplare 


Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 


Podolieu 

Bessaly 

Ekarterinovslaff 

Rossochnoje 
Ochnijauy 
R  a  d  0  ui 

Sedlez 
B  e  n  d  i  u 
Opotchezk  (Pskoff) 


Deutschland. 

Ostpreu  ßen. 
Ostpreußen 

Eichniedien 

Gauleden 

Meniel 

Augstutschenb.Schillehnen 

n 

Vogelsang,  Fr.  Nehrung 
Tellehnen  bei  Nenendorf 


Cranz 


Elchwalde 

Gerdauen 

Ragnit 

Kurische  Nehrung 

Losgehnen  b.  Bartenstein 

Ostpreußen 

Gumbinnen 

Rothebude 

Astrawischken 

Dingken 

Niederung 

Bartenstein  und  Heiisberg 
Losgehnen 


Gallingen 

Limsertal,  Wichertshof 


Mitte  Okt. 
.31. /lO. 

Okt. 

15./8. 

18./8. 
Ende  Aug. 

20./8. 
Anfang  Sept. 

Sept. 

2/10. 
Mitte  Aug. 

9./8. 


Ende  Aug.  bis 
Mitte  Nov. 
Spätsommer 
u.  Herbst 
29.  u.  30./8. 
Ende  Aug. 

13./10. 
Ende  Aug. 
10.— 15./9. 

31./8. 

1./9. 
Herbst 

13./10. 

3/9. 

7./9. 

5./10. 

30./8. 
Ende  Aug. 

29./8. 

4./9. 

10./9. 

Ende  Sept.  bis 

Anf.  Okt. 

18./12. 
Herbst 


2  St. 

1  St. 

5  St. 

1  St. 


die  ersten 
Hauptzug 
nicht  viel 

1  St. 

2  St. 


bedeutender 
Zug 

2  St._ 
truppweise 

» 
die  ersten 
sehr  viele 

2  St. 

1  St. 
recht  viele 

1  St. 

2  St. 
10  St. 

die  letzten 

1  St. 

1    . 

1    „ 
die  ersten 

1  St. 
Höhepunkt 

1  St. 
häufig 


Charlemagne 


16./11. 

10./9.,  14./9., 

2./10.,  11.  bis 

14./10. 

18./9. 

26./10.,  18./11. 


sehr  stark 

der  letzte 

öfters 

1  St. 


1  St. 
je  1  St. 


F.  Tischler 

V.  Bedecker 

czeczatka 
Rohrle 

PUPPEL 

n 

Wicht 
Klemxtsch 

» 

Ackermann 


Schütze 
Schuchmann 
Sondermann 
Thienemann 

Tischler 


Brettmann 
Wels 

Liebeneiner 
Sondermann 

)) 
Tischler 


Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 


T.S.O.K.,  1913,  p.  14 


O.Mb.,  1912,  No.  2,  p.  28 

W.U.H.,  1911,  No.  43,  p.  774 

D.J.Z.,  1911.  No.  51,  p.  809 
V.U.,  1912,  Vol.  1,  No.  4 


D.J.Z.,  1911,  No.  50,  p.  796 
VJ.J.,  1912,  Vol.  1,  No.  4 


F.,  Vol.  8,  No.  4 


„     (O.Mb.,  191  l,p.  169) 
F.,  Vol.  8,  No.  4 


130 


Eduabd  Paul  Teätz, 


Stärke  des 

Zuges,  bzw. 

Beobachter,  bzw. 

Literaturnachweis, 

bzw. 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Anzahl  der 

beobachteten 

Exemplare 

Berichterstatter 

Originalnotiz 

Kurische  Nehrung 

5.— 6./9. 

großart.  Zug 

Thienemann 

F.,  Vol.  8,  No.  4 

bis  Nov. 

einzelne  '" 

y, 

„ 

Weid  girren 

Auf.  Sept. 

in  größerer 
Anzahl      | 

Bembennek 

V.I.J.,  1912,  Vol.  1, 

N'o.  4 

Cranz 

8.— 19./9. 

einzelne 

KüCK 

J5 

Lyk 

I.Hälfte  Sept. 

1  St. 

Reinberger 

55 

Grünhoff 

16.  u.  17./9. 

1    „ 

V.  BüLOw 

55 

Königsberg 

Ende  Sept. 

viele 

Reger 

55 

25./9. 

1  St. 

BOGÜN 

55 

Bartenstein 

27./9. 

1    „ 

Wurm 

55 

4./10. 

1    „ 

„ 

55 

Rudau  (Samland) 

um  den  20./9. 

6-8  St. 

Erner 

55 

Bawien  b.  Gerdauen 

Auf.  Okt. 

10-12  St. 

Klugkist 

55 

Kuggen 

7./10. 

1  St. 

V.  Meerscheidt 

55 

Elchwalde,  Ganleden 

11.  u.  15./10. 

die  letzten 

CZECZÄTKA 

55 

Osterode 

4./10. 

1  St. 

V.    ROSAINSKY 

55 

Pillau 

Ende  Okt. 

in  groß.  Auz. 

Reinberger 

55 

Ostpreußen 

— 

reichlich 

Hochwildjäger 

55 

Westpreußen. 

Oliva 

Ende  Juli 

30-40  St. 

V.  Lengerken 

G.W.,  Vol.  40,  1912, 
p.  335 

No.  4-2 

Britz,  Kreis  Angermünde 

19./9. 

2  St. 

Zehfuss 

Z.O.O..  1912,  No.  2 

Dauzig 

4./10. 

kleine  Flüge 

V.  Lengerken 

G.W.,  Vol.  40,  1911, 
p.  335 

No.  4^ 

Dirschau 

ab  7./9. 

einzelne 

Dobbrik 

V.U.,  1912.  Vol.  1, 

No.  4 

Swaroschin 

9./1Ü. 

1  St. 

n 

55 

Dirschau— Fr.  Stargard 

13./9. 

4  St. 

1) 

55 

Dirschau 

27./9. 

1  9  ad. 

r> 

•55 

Praust 

8./10. 

1  St. 

)j 

55 

Kl.  Waczmirs 

23./10. 

der  letzte 

!5 

55 

Kaschubische  Wälder ;  Tu- 

Mitte Sept. 

— 

)5 

55 

cheier  Heide 

Zacharin 

j? 

10  St. 

Franke 

55 

Westpreußen 

)) 

Hauptzug 

H.  Kurella  u. 
V.  Jordans 

55 

Dauzig 

16/9. 

2  St. 

A.  Z. 

55 

Graudenz 

20./9. 

6-8  St. 

)i 

55 

Praust 

23./9. 

2  St. 

Beürmann 

55 

)) 

25./9. 

1    „ 

» 

55 

Breitenstein 

29./9— 5/10. 

1    „ 

POLZIN 

55 

Schwetz  a.  W.,  Prangenau, 

Anf.  Okt.  bis 

Dr.  W.  LA  Baume 

O.Mb.,  Vol.  19,  1911, 

No.  P2 

Zoppot,  Sohbowitz,  Kar- 

Anf. Nov. 

p.  107 

lhaus,   Mettkau,  Bereut, 

Gartschin 

Dombrowken 

Herbst 

einige 

Temme 

V.LJ.,  1912,  Vol.  1, 

No.  4 

Posen. 

Pinsk 

18./9.— 3./10. 

einige 

Pommerenke 

55 

Wirsa  bei  Wirsitz 

ab  21./9. 

— 

Heinrich 

» 

)5 

27. /9. 

1  St. 

„ 

55 

Zug  des  sibirischen  Tannenhähers  durch  Europa. 


131 


Stärke  des 

Zuges,  bzw. 

Beobachter,  bzw. 

Literaturnachweis,  bzw. 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Anzahl  der 
beobachteten 
Exemplare 

Berichterstatter 

Originalnotiz 

Tremessen 

28./9. 

1  St. 

Birn6 

V.I.J.,  1912,  Vol.  1,  No.  4 

Mirau  bei  Deutschrode 

14./10. 

— 

POMBÄNKE 

» 

Skorzewo 

15,/10. 

einige 

Nachtigall 

I) 

Bendlewo 

— 

1  St. 

Wycisk 

n 

Schlesien. 

Görlitz 

Anf.  Sept. 

häufig 

Neumann 

in  litt.  14./10.1911,a.W.u.H. 

Mikultschütz 

Mitte  Sept. 
bis  Anf.  Nov. 

34  St. 

Rauer 

in  litt.  9./11.  1911 

Canth 

15.  u.  16./9. 

4    „ 

SCHELENZ 

W.U.H.,  Vol.  17,  1911.  p.  741 

Oberschlesien 

— 

3    „ 

)i 

'1 

tlugohütte  bei  Tarnowitz 

15./9.  bis 
Ende  Sept. 

Anzahl 

Hanke 

V.I.J.,  1912,  Vol.  1,  No.  4 

Lublinitz 

Mitte  Sept. 

4  St. 

Adelt 

)) 

Conuenberg 

Anf.  Okt. 

einige 

)5 

« 

Lublinitz 

Okt. 

)) 

» 

); 

Siegeshöhe  bei  Liegnitz 



„Oberschles.    Wanderei"    v. 

5./10.  1911.  G.W.,  Vol.40 
1911,  No.  42,  p.  335 

Schlesien 

Herbst 

sehr  zahlreich 



„Oberschles.  Wanderer"  v. 
7./10.  1911 

Mönchmotschelnitz 

18./9. 

2  St. 

Gkassme 

V.I.J.,  1912,  Vol.  1,  No.  4 

j? 

3./10. 

1    „ 

" 

!) 

Wiltsch  bei  Wartha 

19.,  20./9.  u. 
7./10. 

einige 

Weidlich 

)5 

Mittelwalde 

30./9. 

1  St. 

Fenstel 

Z.B.,  Vol.  13,  Heft  8,  1912 

Glogau  und  Fraustadt 

um  20./9. 

8—10  St. 

SCHUDER 

V.I.J.,  1912,  Vol.  1,  No.  4 

Laskowitz 

„     20/9. 

3  St. 

Wackwitz 

n 

Ten  plitz   (Sagan,  Sorau  u. 

vom  20.;9.  bis 

42  St. 

LOOTZMANN 

}i 

Rothenburg) 

29./10. 

Norok 

seitEndeSept. 

— 

FORGE 

n 

Herzogswalde 

21./9. 

4  St. 

Seecht 

n 

n 

23..  25.  u. 

27./9. 

je  1  St.  bzw. 
20  St. 

» 

n 

Brieger  Kreis 

— 

vielfach 

n 

" 

Sibyllenort 

20./9. 

2  St. 

Speer 

O.Mb.,  Vol.  19,  1911,  p.  185 

Siegda 

22./9. 

2    „ 

POLLAK 

V.J.J.,  1912,  Vol.  1,  No.  4 

10.  u.  II./IO. 

je  1  St. 

„ 

» 

Kalinowitz 

22.  u.  23./9. 

V.  Thüy 

„ 

Peterwitz 

24.9. 

2  St. 

Zuder 

V 

Schwenting  b.  Zobten 

vom  26  /9.  bis 
Ende  Nov. 

Durchzug 

Graf  Zedlitz 

J.f.O..  1913,  p.  174 

Myslowitz 

seit  20./9. 

— 

Natorp 

in  litt.  25./9.  1913 

Lipsa 

seit  20./9. 

viele 

Naumann 

V.I.J.,  1912,  Vol.  1,  No.  4 

Ratibor  und  Rybnitz 

seit  ca.  20./9. 

— 

POMMER 

» 

Brzesnitz 

6./10. 

5  St. 

I) 

"      „       ,,     .  - 

Petrowitz  b.  Frankenstein 

27./9. 

2    „ 

Graf  Strachwitz 

W.U.H.,  Vol.  17,  1911,  No.  41 
p.  741 

Skarsine 

Ende  Sept. 

größereFlüge 

Hadamzik 

V.I.J.,  1912,  Vol.  1,  No.  4 

j) 

27./10. 

1  St. 

n 

» 

Liegnitz  und  Kunitz 

Ende  Sept. 

— 

Michael 

T> 

Camenz 

)) 

3  St. 

Krause 

n 

182 


Eduard  Paul  Tratz. 


Stärke  des 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Zi;ges,  bzw. 

Auzahl  der 

beobachteten 

Exemplare 

Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 

Saganer  Kreis 

Ende  Sept. 

mehrfach 

Löwe 

in  litt.  14./10.  1911,  a. 
W.u.H. 

Hirschberg 

1/10. 

1  St. 

Hain 

V.I.J.,  1912,  Vol.  ],  No.  4 

Niedergorpe 

2.  u.  4./10. 

2 

Lerch 

)) 

Gieschewald 

4./10. 

1    „ 

Lehnhopf 

11 

Lampersdorf   b.    Franken- 

5./10. 

mehrere 

Weliowski 

■n 

steiu 

Eichberg,  Kr.  Gollnisch 

11. /lO. 

1  St. 

Jacobs 

n 

Brauuau,  Kr.  Lüben 

II./IO. 

1  St. 

Wennrich 

n 

Barzdorf  bei  Jarischau 

13./10. 

mehrere 

Siegert 

11 

Ullersdorf 

ab  lö./lO. 

6-8  St. 

Thanhäuser 

11 

Oberau  b.  Lüben 

16./10. 

1  St. 

Graf  zu  Stollberg 

in  litt.  a.  W.u.H. 

Sürchen,  Kr.  Wohlau 

— 

1  St. 

V.  Haugwitz 

M.V.,  Vol.  12,  1912,  p.  11 

Kunzendorf  b.  Münsterberg 

— 

starker 
Durchzug 

Schottländek 

V.U.,  1912,  Vol.  1,  No.  4 

Schweidnitz 

— 

1  St. 

Rittner 

J.f.O.,  1913,  p.  612 

Lonschnik  O.-S. 

— 

1  St. 

SCHEER 

11 

Falkenberg  O.-S. 

— 

8  St. 

Richter 

11 

9 

•j 

V 

Kinne 

n 

Leobschütz 

9 

? 

'i 

n 

Brandenburg. 

Seevorvverk  b.  Zielenzig 

12./9. 

1  St. 

V.  Boltenstern 

V.U.,  1912,  Vol.  1,  No.  4 

Menz 

15.  u.  17./9. 

mehrere 

V.  Flettenberg 

O.Mb,,  Vol.  19,  1911,  p.  196 

Grapow  b.  Woldenberg 

Ende  Sept. 

2  St. 

W.   ßÜDIGER 

Z.O.O.,  1912,  No.  2 

Eberswalde 

17.  u.  18./9. 

je  1  St. 

» 

11 

3^ 

ab  20./9. 

mehrere 

11 

n 

n 

7./11. 

letzter 

11 

n 

Gr.  Buckow 

24./9. 

2  St. 

„ 

n 

Herzsprung 

Ende  Sept. 

1  St. 

Blettebmann 

11 

Kittlitz  b.  Lübbenau 

22./9.,  6./10. 

je  1  St. 

Schulz 

V.LJ.,  1912,  Vol.  1,  No.  4 

Kuhhorst 

24./9. 

1  St. 

Hesse 

O.Mb.,  Vol.  19,  1911,  p.  185 

Bernau 

25./9. 

2  St. 

Schmidt 

in  litt.  13./10. 1911,  a.  W.u.H 

» 

8./10. 

2  St. 

!) 

» 

Alt-Ruppin 

25.  u.  26./9. 

1  St. 

Mancke 

V.LJ.,  1912,  Vol.  1,  No.  4 

Dolzig 

25.  u.  27./9. 

1  St. 

Keller 

n 

Frankfurt  a.  Oder 

seit  29./9. 

1  St. 

Burmeister 

11 

Hochzeit  u.  Woldenberg 

3./9. 

1  St. 

W.  Rüdiger 

in  litt.  lO./lO.  1911 

Hochzeit 

9./10. 

1  St. 

M 

„ 

Neumannswalde 

Ende  Sept. 

12  St. 

Müller 

V.U.,  1912,  Vol.  1,  No.  4 

Penzlin  b.  Meyenberg 

Ende  Sept.  bis 
Anf.  Okt. 

häufig 

Hausmann 

11 

Mückenburg 

1.  u.  lO./lO. 

mehrere 

Thomas 

11 

Grüna 

Anf.  Okt. 

mehrere 

Neunzig 

G.W.,  Vol.  40,  1911,  p.  335 

Friesack 

6./10. 

1  St. 

Jansen 

V.U.,  1912,  Vol.  1,  No.  4 

Hirschfelde 

6./10. 

1  St. 

Schlosser 

H 

Grurasin 

8./10. 

1  St. 

Hauchecorne 

n 

Chorin 

11. /lO. 

einige 

Winter 

11 „ 

Köpenicker  Forst 

II./IO. 

2  St. 

Fuhlmann 

O.Ms.,  1912,  p.  253 

Frankfurt  a.  Oder 

14./10. 

1  St. 

ZiRZOW 

inlitt.l7./10.  1911,  a.  W.u.H, 

Gadow 

Ende  Okt. 

vereinzelt 

Graf  WiLAMOWiTz 

in  litt.  8./11.  1911 

Zug  des  sibirischen  Tannenhähers  durch  Europa.                      1.33 

Stärke  des 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Zuges,  bzw. 

Anzahl  der 

beobachteten 

Exemplare 

Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 

bei  Schnakenburg 

Mitte  bis 
20./10 
31./10. 

1  St. 

Graf  WiLAMOwiTz 

in  litt.  8./11.  1911. 

Eberswalde 

1  St. 

Fromholz 

)) 

V 

Herbst  •) 

viele,  auch 
1  Dick- 
schnabel 

}i 

n 

Grabkow  b.  Bärenklau 

3./11. 

1  St. 

Ketzler 

Z.U.F.,  Vol.  20,  1911,  p.  810 

Heijermühle  b.  Strausberg 

lO./ll. 

2  St. 

)1 

« 

Schönwalde 

? 

— 

Trust 

V.I.J.  1912,  Vol.  1,  No.  4 

Pommern. 

Kam  min 

seitMitteSept. 

mehrere 

BONNKE 

V.U.,  1912,  No.  4 

Berg-Dieveuow 

8./9. 

2  St. 

Zehfuss 

Z  O.O.,  1912,  No.  2 

Dievenow-Mündung 

11./9. 

1  St. 

FßOMHOLZ 

in  litt.  u.  O.J.,  Vol.  24,  1913 

n 

12./9. 

11  St. 

)i 

)) 

)) 

13./9.1) 

6  St.  einzelne 
Flüge,  1  Dick- 
schnabel 

" 

)) 

1^ 

14./9. 

2  St. 

n 

n 

57 

16./9. 

1  St. 

„ 

n 

» 

18./9. 

1  St. 

n 

n 

)) 

19/9. 

— 

V 

11 

r 

20./9.1) 

starker  Zug, 
1  Dickschnab. 

" 

11 

)5 

2I./9. 

wenige 

11 

11 

22.,  23./9. 

einzelne 

11 

11 

51 

I./IO. 

5  St. 

11 

11 

tt 

4.,  5.,  6./10. 

einzelne 

» 

11 

» 

7./10. 

2  St. 

)i 

J» 

J5 

15./10. 

3  St. 

n 

)) 

l./U. 

1  St. 

j? 

„ 

Gr.  Wardin 

seitMitt.Sept. 

— 

Eggert 

V.LJ.,  1912,  Vol.  1,  No.  4 

Schwirsen 

15./9. 

1  St. 

RiETZ 

)) 

)7 

Mitte  Sept. 
5./10. 

4    „ 
1    « 

11 

)1 

n 

Strel'iin 

16./9. 

1    „ 

Werner 

D.J.Z.,  1911,  p"l6,V.I.J.,  1912 

Hann.-Münden 

19.  u.  20./9. 

je  1  St. 

SCHMOCK 

V.I.J.,  Vol.  1,  1912,  No.  4 

j) 

Änf.  Okt. 

1  St. 

11 

11 

Crenzow  b.  Änklani 

seitMitt.Sept. 

— 

WiLKE 

n 

Stuchow  b.  Schwirsen 

„ 

täglich 

Thiele 

.. 

Eventin  b.  Wandhagen 

vom  28./9.  bis 
4./10. 

großer  Zug 

Andräe 

)) 

Stolp 

24./9.U.13./10. 

2  St. 

Land 

r 

Diedrichshagen 

25./9. 

2    „ 

Tnebben 

11 

Wüdtke  b.  Bresin 

25./9. 

1    „ 

Schwabe 

„.„    "  ^^. 

Pommern 

26./9. 

einzelne 

V.    LCCANUS 

J.f.O.,  1913,  p.  174 

Thiessow 

27./9. 

4  St. 

Sikiera 

V.I.J.,  Vol.  1,  1912,  No.  4 

Bobreck 

8./10. 

5     n 

)i 

11 

Niederzaden 

I./IO. 

1     « 

LÜDTKE 

11 

Lessenthin 

I./IO. 

1      „ 

V.   BORCKE 

» 

1)  Siehe  S 

.  171. 

134 


Eduard  Paul  Tratz. 


Stärke  des 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Zuges,  bzw. 
Anzahl  der 

beobachteten 
Exemplare 

Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis, 
Originalnotiz 

bzw. 

Potsdam 

Anf.  Okt. 

3  St. 

V.  Wedel 

V.I.J.  Vol.  1,  1912, 

No.  4. 

Kannenberg 

Mitte  Okt. 

Anzahl 

)) 

)) 

Lindenhof  b.  Demin 

4./10. 

1  St. 

V.  Heyden 

W.U.H.,  1911,  No.  41. 
1911.  p.  123. 

Natur 

Groß-Spiegel 

5.  u.  II./IO. 

je  1  St. 

Leützner 

V.I.J.,  Vol.  1,  1912, 

No.  4 

Stagnietz 

20./9.  U.16./1Ü. 

je  1    „ 

Claassen 

n 

Cunsow 

Mitte  Okt. 

mehrere 

Plath 

n 

StoJp 

28./10..  l./ll. 

1  u.  3  St. 

Land 

n 

Freetz 

l./ll. 

4  St. 

n 

n 

Reddentin 

l./ll. 

7    „ 

n 

n 

Wiek  b.  Greifswald 

Anf.  Nov. 

1    ,. 

Huhnholz 

G.W.,  1911,  p.  .375 

Greifswald 

19./11. 

2 

Pyl 

G.W.,  1911,  p.  390 

Kannenberg 

Sept.  u.  Okt. 

— 

V.  Wedel 

V.LJ.,  Vol.  1,  1912, 

No.  4 

Köslin 

9 

2  St. 

Trienke 

n 

Herbs-t 

ca.  40  St. 

Scheele 

M.V.,  1912,  p.  11 

Greifswald 

„dieses  Jahr" 

zahlreich 

Pyl 

G.W.,  1911,  p.  327 

Provinz  Sachsen. 

Taiischwitz 

24./9. 

1  St. 

V.  Hausen 

V.LJ.,  Vol.  1,  1912, 

Nr.  4 

Ochtmersleben 

28./9. 

1    „ 

Otto 

n 

Dubro  b.  Herzberg 

30./9.,  6./10., 
12./10.,  16/10. 

je  1  St. 

Tyrkosch 

n 

Neiihaus 

Anf.  Okt. 

mehrere 

Häfele 

» 

Erfurt 

1.  bis  Ende 
Okt. 

„ganze  An- 
zahl" 

Fenk 

G.W.,  1911,  p.  375 

Reichheim 

2./10. 

1  St. 

r 

G.W.,  1911,  p.  351 

Magdeburg 

3./10. 

3  St. 

Stenzke 

V.J.J.,  1912,  No.  4 

Crimderode 

5.  u.  13/10. 

1  u.  2  St. 

Ahrens 

» 

Pabsdorf  b.  Stegelitz 

6./10. 

1  St. 

Loesener 

» 

Halle  a.  Saale 

7./10. 

1    „ 

Schirmann 

» 

Schönebeck  a.  Elbe 

10/10. 

1    „ 

Baron  Geyr 

O.Mb.,  1911,  p.  196 

Großhennersdorf  b.  Herren- 

20.; 10. 

1    „ 

Koepert 

O.Ms.,  1912,  p.  383- 

-384 

hut 

Oberruppersdorf 

3./11. 

1    „ 

ji 

»        • 

Kgr.  Sachsen. 

Leipzig 

16./9. 

1  St. 

Grimm 

Z.B.,  1912,  Heft  8 

Berlinchen 

20/9. 

1  „ 

» 

» 

Erzgebirge 

24./9. 

erster 

Jacobi 

O.Mb.,  1912,  p.  25 

Lipsa 

26  /9. 

1  St. 

« 

» 

Gottleuba 

29./9. 

4  St. 

n 

Dresden 

ab  2./10. 

überall 

„ 

Kleinaundorf 

24.  u.  29./9. 

je  2  St. 

Mandel 

V.LJ.,  1912,  No.  4 

Borsdorf 

25./9. 

1  St. 

Grimm 

Z.B.,  1912,  Heft  8 

bei  Leipzig 

26./9. 

1    ., 

„ 

r> 

Eilenburg 

26./9. 

1    „ 

» 

n 

Steinbrücken 

26./9. 

1    ,. 

» 

n 

Ebersdorf 

26./9. 

1    » 

» 

n 

Schleifreisen 

28./9. 

1    ,. 

« 

); 

Linden au 

29./9. 

1    » 

n 

« 

Hummelshain 

29./9. 

1    „ 

n 

Rasdorf  b.  Wittenberg 

Ende  Sept. 

1    „ 

» 

n 

Zug-  des  sibirischen  Tannenhähers  durch  Europa. 


135 


Stärke  des 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Zuges,  bzw. 

Anzahl  der 

beobachteten 

Exemplare 

Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 

ßöckuitz 

Ende  Sept. 

1  St. 

Grimm 

Z.B.  1912,  Heft  8 

Tschirnstein 

J1 

X       j, 

KuEPERT 

O.Mb.  1911,  p.  196 

Tharandt 

Mitte  Okt. 

)) 

1) 

„ 

Clausnitz 

I./IO. 

)1 

Heyder 

O.Mb.  1911,  p.  185 

Dohlen  b,  Markranstedt 

I./IÜ. 

Schmidt 

Z.B.  1912,  Heft  8 

Lützeu 

2./10. 

2    „ 

Grimm 

„ 

Lausigk  i.  S. 

2./10. 

**'      r 

Georgi 

V.LJ.,  1912,  No.  4 

Kamenz 

3/10. 

)5 

Wilhelm 

Ti 

Wittenberg 

4./10. 

r 

Grimm 

Z.B.,  1912,  Heft  8 

Schweinsburg  a.  P. 

5./10. 

)? 

„ 

11 

Kühren 

6/10. 

n 

11 

Altenburg 

6./10. 

^      » 

11 

n 

Rochlitz 

6/10. 

-*-        )5 

11 

11 

Liebeuwerda 

6./10. 

»1 

11 

Mittweida 

7./10. 

)1 

Pfaff 

V.U.,  1912,  No.  4 

Freiberg 

8.  u.  23/10. 

je  1  St. 

Weidner 

n 

Stötteritz 

8./10. 

1  St. 

Grimm 

z.B.,  1912,  Heft  8 

Machern 

Anf.  Okt. 

?5 

11 

11 

Würzen 

„ 

» 

11 

Domreichenbach 

V 

11 

)i 

Penig 

lO./lO. 

"       )) 

11 

)i 

Schkeuditz 

10/10. 

11 

11 

Leipzig 

15/10. 

-*■     r> 

ji 

11 

Dögnitz 

16  /lO. 

1     „ 

11 

„ 

Chemnitz 

Mitte  Okt. 

2    „ 

71 

„ 

Meerane 

17/10. 

71 

Lehmann 

V.I.J.,  1912,  No.  4 

Würzen 

12./10. 

Grimm 

Z.B.,  1912,  Heft  8 

71 

12./10. 

1        ,, 

11 

11 

Schildau 

17./10. 

1        ,^ 

11 

n 

Borsdorf 

18./10. 

11 

1^ 

„ 

Glauchau 

18/10. 

Klemm 

V.J.J,,  1912,  No.  4 

Reichenfels 

19./10. 

1  9 

Grimm 

Z.B.,  1912,  Heft  8 

Altenburg 

19./10. 

1  St. 

)i 

r> 

,, 

20./10. 

11 

11 

11 

Püchau  a.  M. 

20./10. 

■'■    11 

« 

11 

Leipzig- 

21./10. 

•*■    11 

„ 

er  ad  efeld 

22./10. 

^    11 

11 

n 

Torgau 

25./10. 

-'^    }j 

11 

11 

)5 

26./10. 

-'-    1) 

11 

11 

St.  Gangloff 

26./10. 

1  o^ 

11 

11 

Lausnitz  b.  Neustadt 

28./10. 

1  St. 

11 

Tegau  b.  Schleiz 

29./10. 

11 

V 

11 

Gaußig 

30./10. 

mehrere 

Baron  Geyr 

in  litt.  29./3.  1912 

Ende  Aug. 

erster 

„ 

11 

Friedersdorf  (Erzgebirge) 

30./10. 

1  St. 

Schaller 

V.I.J.,  1912,  No.  4 

Weida 

3Ü./10. 

Grimm 

Z.B ,  1912,  Heft  8 

Radebeul 

Ende  Okt. 

Koepert 

O.Ms.,  1912,  p.  157 

Leipzig- 

11 

1    „ 

Grimm 

Z.B.,  1912,  Heft  8 

Würzen 

n 

11 

„ 

11 

Bennewitz 

ji 

-'    11 

11 

11 

Würzen 

J5 

'-    11 

11 

n 

Thaliwitz 

r> 

■'•     n 

11 

11 

136 


Eduard  Paul  Tratz, 


Stärke  des 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Zuges,  bzw. 
Auzahl  der 
beobachteten 
Exemplare 

Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 

CoUmen 

Ende  Okt. 

1  St. 

Grimm 

Z.B.  1912,  Heft  8 

Dahlen 

1    „ 

Schleitz 

Okt. 

. 

?? 

Wünschendorf 



>? 

Köstritz 



n 

Hain 



" 

}") 

Gera 



J? 

Schildau 

1  St. 

JJ 

Würzen 

Anf.'Nov. 

1    „ 

?i 

Gera 

5./11. 

1    „ 

Eoda 

lO./ll. 

1    „ 

>S 

}^ 

Leipzig 

U/U. 

1    „ 

» 

Ballenstedt 

14./11. 

1    „ 

Thüringen 

Mitte  Nov. 

2    „ 

Greiz 

1    „ 

Ebersbach  b.  Geithain 

1 

n 

Leipzig 

18."/11. 

1 ;; 

» 

« 

Mölbis 

26./11. 

1  „ 

J7 

Greiz 

— 

mehrere 

V.  Nalkett 

M.V.,  1912.  p"  36 

Plauen 

— 

zahlreich 

Dresden 

— 

— 

Reuner 

V.I.J.,  1912,  Nr.  4 

Eochlitz 

28./9. 

erster 

Zimmermann 

Z.B.,  1913,  No.  8,  p.  219— 220 

n 

17./10. 

2  St. 

?? 

» 

n 

18./10. 

14  St. 

j^ 

n 

25/10. 

1  St. 

» 

T> 

n 

9./10. 

2—5  St. 

;; 

15 

» 

27./10. 

1  St. 

ji 

J5 

)i 

4./11. 

letzter 

y) 

Penig 

Mitte  Okt. 

1  St. 

Meerane 

— 

2    „ 

H 

n 

Mecklenburg. 

Gadebusch 

15.— 26.,9. 

öfter  2—7  St. 

Naef 

v.u.,  1912,  No.  4 

Friedland  (Schwanbeck) 

17./9. 

1  St. 

König 

D.J.Z.,  1911,  p.  16 

)) 

)) 

1    » 

Knust 

V.LJ.,  1912,  No.  4 

Parchim 

22./9. 

erster 

V.  Viereck 

)) 

n 

27./9. 

Hauptz.  (100) 

)) 

» 

_     ". 

1.10. 

)1 

)i 

n 

Tessm 

22./9. 

2  St. 

V.  D.  Decken 

7j 

n 

24./9. 

1    „ 

J5 

n 

Ribnitz 

23./9. 

1    » 

..Falck 

j) 

Spark  b.  Kratzeburg 

24.,9. 

2    „ 

Ostreich 

51 

Redewisch 

2./10. 

1    » 

Gerdo 

Vollrathsruhe 

1    ., 

Baron  Geyr 

O.Mb.,  1911,  J.  196 

Schwerin 

lO.'/ll. 

1    ,. 

Biedermann 

Gadebusch 

4./10. 

2    „ 

Bedeström 

V.J.J.,  1912,  No.  4 

Malino 

J5 

1 ,; 

Schüredeps 

jl 

Stade  i.  H. 

9./10. 

1  „ 

V.  Döring 

j) 

Rostock 

Nov. 

Graf  Milanowitz 

in  litt.  17./12.  1911 

Lübeck 

14./9. 

1  St. 

Clodius 

Arch.  d.  Ver.  d.  Fr.  d.  Naturg. 
in  Mecklenburg,  1912,  p.  20 

Woldegk 

Anf.  Sept. 

1  „ 

j) 

» 

Zug'  des  sibirischen  Tannenhähers  durch  Europa. 


137 


Stärke  des 

Zuges,  bzw. 

Beobachter,  bzw. 

Literaturnachweis,  bzw. 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Anzahl  der 

beobachteten 

Exemplare 

Berichterstatter 

Origiualnotiz 

Doberau 

von  Mitte 
Sept.  an 

1  St. 

Clodius 

Arch.  d.  Ver.  d.  Fr.  d.  Naturg. 
in  Mecklenburg  1912.  p.  20. 

Camin 

22.,  23/9. 

1    „ 

n 

» 

Waren 

24./9. 

2    „ 

n 

» 

Neustrelitz 

2H./9. 

1    ,, 

n 

n 

Camin 

29.  u.  30./9. 

3    „ 

n 

n 

)5 

27./10. 

letzter 

!5 

)5 

Freie  Stadt  Lübeck 

und  Fürstentum 

Lübeck. 

Lübeck 

17./9. 

erster 

Blohm 

O.Mb.,  1911,  No.  11,  p.  185 

23./9. 

2  St. 

Waack 

Mölln 

26./9. 

1    „ 

Wolf 

n 

Eutin 

6./10. 

1    „ 

Biedermann 

»         ^ 

Lübeck 

Ende  Okt.  bis 
Auf.  Nov. 

ä  40  St. 

Hagen 

O.Mb.,  1912,  p.  12 

Eutin 

27./12. 

1  St. 

Biedermann 

O.Mb.,  1912,  p.  47 

Schleswig-Holstein. 

Kiel 

23./9. 

1  St. 

Nage 

V.I.J.,  1912,  No.  4 

Ulzburg 

Anf.  Okt. 

1  „ 

Brors 

)) 

Soldrup 

2./1Ü. 

1  „ 

Wolfe 

» 

Töuuing 

j) 

l  » 

V.  Steinke 

n 

Wandsbek 

4./ 10 

2    „ 

Westphal 

» 

Friedricbsruh 

seit  Auf.  Okt. 

Reichardt 

n 

jj 

25./10. 

letzter 

n 

n 

Brügge 

5./ 10. 

1  St. 

Stoltenberg 

n 

Itzehoe 

6./10. 

1    „ 

Geerdts 

"    ^.^ 

Kellingen 

seitMitteOkt. 

einzeln 

V.  Müller 

G.W.,  1911,  p.  858 

Sylt 

— 

1  St. 

Hagendefeldt 

M.V.,  1912,  p.  36—37 

Blankenese 

28./ 12. 

1    „ 

Kühl 

V.I.J.,  1912,  No.  4 

Hannover. 

Hopels 

19./9. 

1  St. 

POGGE 

in  litt.  21./9.  1911 

Böhme 

22./9. 

2    „ 

V.  D.  Decken 

V.I.J.,  1912,  No.  4 

Eethmar 

29./9. 

6    „ 

Grone 

)) 

28./9. 

1    ., 

J7 

)i 

Gifhorn 

Ende  Sept. 

1    i, 

NOACK 

O.Mb.,  1911,  p.  197 

Hildesheim 

Auf.  Okt. 

mehrfach 

Schröder 

M.V.  1912,  p.  13 

Faikenberg 

)) 

erster 

Precht 

in  litt.  lO./ll.  1911 

23./10. 

letzter 

n 

„ 

Friedeburg 

Anf.  Okt.  bis 
20./11. 

— 

Brünig 

V.U.,  1912,  No.  4 

Nordhorn 

3./ 10. 

1  St. 

Thooft 

n 

Elze  b.  Bennemühlen 

5./ 10. 

1    „ 

Mann 

„ 

Immensen 

15 

1    „ 

Engelken 

, .  ^  "  ..  ^  -  .. 

Hildesheim 

2.Hälft.d.0kt 

1    „ 

Bährmann 

in  litt.  28./10.  1911 

Norderney 

20./10. 

2    „ 

Leege 

O.Ms.  1912,  p.  283—284 

)5 

J) 

7-8  St. 

n 

» 

)5 

26./10. 

1  St. 

)) 

n 

.  Friedeburg 

6./11. 

1    „ 

» 

n 

138 


Eduard  Paul  Tratz. 


Stärke  des 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Zuges,  bzw. 

Anzahl  der 
beobachteten 

Exemplare 

Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 

Ostmarsch 

29.10. 

2  St. 

Leege 

O.Ms.,  1912,  p.  283—284 

)7 

31.  10. 

3    „ 

,, 

n 

Westmarsch 

28;/9. 

2 

r 

ji 

Tarrastedt 

24.  10. 

1      ,• 

Xagel 

V.I.J..  1912.  N.  4 

Hilllesheim 

Ende  Okt. 

1      ,. 

Bährmann 

in  litt.  28./10.  1911 

Hopels 

6./11. 

1  9 

Fritze 

in  litt.  ll./U.  1911 

Lingen  a.  d.  E. 

— 

1   cf 

)? 

„ 

Ahlden 

— 

einige 

Feuerhahn 

in  litt.  23./11.  1911 

Eriedeburg 

Winter 

2  St. 

Pogge 

in  litt.  26./3.  1912 

Bremen. 

Bremen 

3/10. 

2-6  St. 

JOHANNING 

V.I.J.,  1912,  No.  4 

Westfalen. 

Ramsbeck 

25. '9. 

1  St. 

Hennemann 

0  J..  1912,  p.  65 

Meschede 

3.  io. 

Bestnig 

4.10. 

j: 

39 

Fredeburg 

O.;10. 

J5 

j; 

Nieder-Fleckenberg 

7./10. 

^        T) 

» 

Plettenberg ,      Meschede , 

8./10. 

•5 

Nuttlar 

yi 

Heinrichstal 

8./10. 

r 

,, 

n 

Blüggelscheid 

lO./lO. 

n 

« 

n 

Meschede 

11.  10. 

j; 

Enkhauseu,  Arnsberg 

12./10. 

)5 

J1 

Herscheid 

16.10. 

j; 

J5 

Gevelinghausen 

22. '10. 

n 

» 

r 

Arnsberg,  Blüggelscheid 

28. 10. 

-*-      V 

r 

n 

Antfeld  b.  Olsberg 

31/10. 

j? 

•5 

Arnsberg 

4.11. 

j: 

ji 

» 

Nieder-Eleckenberg 

29./9. 

J5 

?T 

Unna 

I./IO. 

3    l 

LE    Roi 

in  litt.  II./IO.  1912 

Gütersloh 

24710. 

., 

Gelsenkircheu 

3./11. 

— 

„ 

Peckelsheim 

1.  u.  o./lO 

je  1  St. 

Mauptenb^rg 

V.I.J.,  1912,  No.  4 

Gelsenkirchen 

2./10. 

3  St. 

Meyer 

J5 

Berntrop  b.  Neuenrade 

3.10. 

1    „ 

Hennemann 

in    litt.    4./10.   1911.      O.J.. 
1912,   p.  67.    V.I.J.,  1912. 
Nr.  4 

Dortmund 

seit  Anf.  Okt. 

2    „ 

BÖMCKE 

V.I.J.,  1912,  No.  4 

Arfeld  b.  Berleburg 

4./10. 

1    „ 

Hennemann 

O.J.,  1912,  p.  66 

j. 

7  /lO. 

1    ,. 

)5 

Berleburg 

8.— 18.10. 

1    .. 

n 

j^ 

10/10. 

1    „ 

ji 

» 

Zusehen 

13./10. 

1    .. 

ji 

Arfeld 

18./10. 

1    '.. 

ji 

Eishof,  Girkhausen 

21./10. 

1    „ 

» 

Legden 

5.  u.  8.  10 

je  1  St. 

WOKTMANN 

V.I..T..  1912,  No.  4 

Siegtal 

7./10. 

3-4  St. 

LE    Roi 

in  litt.  4/11.  1911 

Werdohl 

7./10. 

1  St. 

Hennemann 

O.J..  1912,  p.  67 

Münster 

7./10. 

3    „ 

Enning 

V.I.J.,  1912.  No.  4 

Schee 

8.  10. 

1    ,. 

LE    ßoi 

in  litt.  16./]  1.  1911 

Zug  des  sibirischen  Tannenhähers  durch  Europa. 


139 


Ort  der  ßeobachtuno-en 


Zeit 


Stärke  des 
Zuges,  bzw. 
Anzahl  der 
beobachteten 
Exemplare 


Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 


Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 


Dortmund 

Münster 

Berentrop 

Hamm  a.  d.  L. 

Küstelberg  b.  Medebach 

Hagen 

Weugermühle 

Münster 

Werdohl 

Rheinprovinz. 
Keimersheim 
Düsseldorf 

Kl. -Königsdorf,  Duisburg 
Rüralen  b.  Ürdingen 
Mors 
Neuß 
Barmen 
B.-Gladbaeh 
Eosbach 
Wissen 
Traben 
Meimersheim 
Gemünd 
Dinslaken 
Otzenrath 
Dahlheim 
Weiderswist 
Aachen 
Königswinter 
Hagerhof 
Cleinich  (Hunsrück) 

Bensberg  b.  Köln 

Plurig 

Reinsfeld 

Trier 

Trier,  Igel,  Biwer,  Ensek 

Mehring 

Deiisboru,  Prüm 

Mehren 

Elberfeld 

Berghauseu 

EüDsahl 

Ruppichteroth 

Geldern 

Gangelt 

Essen  a.  R. 

Hochscheid  b.  Bleinich 


Cronenberg 
Saffi^  b.  Coblenz 


17./10. 

18./10. 

23./10. 

23./10. 

Okt. 

Mitte  Okt. 

Ende  Okt. 

Auf.  Nov. 


I./IO. 
9./10. 
24./10. 
30  /lO. 
9./11. 
6./11. 
16./11. 
16./10. 
i  u  28./11. 
1.10. 
16./10. 
I./IO. 
23./12. 
6./10. 
3./10. 
24./10. 
3./10. 
21./10. 
17./10. 
18./10. 
6./10. 

3./10. 

7./10. 

Okt. 

8./10. 

Okt. 
Mitte  Okt. 

Okt. 

l./ll. 

8./10. 

6./10. 

26./9. 
Ende  Sept. 

4/11. 

29./10. 
2.— 25./10. 

7./10. 


7./10. 

8./10. 

Züol.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst. 


1  St. 
1    „ 
1    „ 
3    „ 
viele 
3  St. 

1  „ 
viele 

2  St. 


1  St. 

2  St. 


9 
St. 


1  St. 

1  „ 

1  ,. 


Barth 

RÖDIGER 

Hennemann 

Barth 
Hennemann 

n 

Harnickell 

Kreyenberg 

Becker 


V.  Boeselager 

LE    Roi 


Naüsester 
LE  Roi 


Bauer 
Buschfeld 


V.I.J.,  1912,  No.  4 

O.J.,  1912,  p."67 
V.I.J ,  1912,  No.  4 
O.J.,  1912,  p.  67 
O.J.,  1912,  p.  68 
V.I.J.,   1912,  No.  4 

O.J.,  1912,  p."68 


V.U.,  1912,  No.  4 
in  litt.  II./IO.  1912 


in  litt.  16./11.  1911 


in  litt.  4./11.  1911 


in  litt.  4./11.  1911.    V.I.J., 

1912,  No.  4 
V.I.J.,  1912,  No.  4 
in  litt.  16./11,  1911 


O.Mb.,  1911,   p.  197.    V.I.J. 

1912,  No.  4. 
V.U.,  1912,  No.  4 

n 

10 


140 


Eduard  Paul  Tratz. 


Stärke  des 

Zuges,  bzw. 

Beobachter,  bzw. 

Literaturnachweis,  bzw. 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Anzahl  der 

beobachteten 

Exemplare 

Berichterstatter 

Originalnotiz 

Rath-Heumar 

18.   u.  19./10. 

15-20  St. 

V.I.J.,  1912,  No.  4 

23.,  24.,  26., 

einzeln 

— 

T) 

yj 

29./10.U.9./U. 

Bonn 

21. /lO. 

1  St. 

LE    Roi 

in  litt.  16./11.  1911 

Buchholz  b.  Wickrath 

24./10. 

1    „ 

Wagener 

V.U.,  1912,  No.  4 

Biewer,  Föhren,  Dörbach 

Auf.  Okt. 

LE  Roi 

in  litt.  15./3.  1912 

Neuerburg  i.  d.  Eifel 

)1 

— 

)i 

« 

Neupfalz 

Nov. 

1  St. 

Baron  Geyr 

in  litt.  29./3.  1912 

Koblenz 

28./11. 

1  „ 

Schott 

Z.U.F.,  1911,  p.  876 

Zell  a.  Mosel 

— 

1  „ 

Kischer 

Natur,  1911,  p.  123 

Mors  a.  Rh. 

Ende  Okt. 

mehrfach 

Otto 

V.LJ.,  1912,  No.  4 

Provinz  Hessen. 

Kirchheim 

26./9. 

1  St. 

V.  Baumbach 

V.LJ..  1912,  No.  4 

Winckel 

3./10. 

1   o^ 

Blüjilein 

in  litt.  6./11.  1911 

8./1Ü. 

1  9 

„ 

)) 

Johannisberg 

— 

1   c^ 

„ 

., 

Frankfurt,  Bebra,  Kassel 

seit  Auf.  Okt. 

— 

BOLMANN 

in  litt.  7.  Nov.  1911 

und  Waldeck,  Velniede 

Frankfurt  a.  M. 

seit  Anf.  Okt. 

mehrfach 

— 

Z.U.F.,  1911,  p.  844 

Homberg 

— 

2  St. 



» 

Walldorf 

— 

1    „ 



n 

Frankfurt 

— 

12    „ 



» 

Geisenheim  a.  Rh. 

5/10. 

1    „ 

Flory 

V.I  J.,  1912,  No.  4 

Rotenburg  a.  d.  F. 

5./10. 

1    „ 

Schwarz 

» 

Niederhausen 

6./10. 

1    „ 

Breudel 

n 

Homberg  a.  d.  E. 

8/10. 

1    „ 

Ellrich 

n 

Wiesbaden 

9./10. 

1    .. 

Riebeling 

n 

Rotenburg  a.  d.  F. 

lO./lO. 

1    „ 

Schwarz 

V 

Hersfeld  a.  d.  F. 

lO./lO. 

1    „ 

LE  Roi 

in  litt.  16./11.  1911 

Hachenburg 

II./IO. 

— 

!) 

in  litt.  II./IO.  1912 

Schwarzenfels  b.  Kassel 

12./10. 

— 

J5 

» 

Eschwege 

11. ,10. 

1  St. 

SUNCKEL 

M.V.,  1911,  p.  262 

Gettenbach 

17./10. 

3    „ 

Kircher 

V.LJ.,  1912,  No.  4 

Mainz 

18./10. 

2    „ 

Gräfe 

Z.U.F.,  1911.  p.  763 

Kauffunger  Wald 

Anf.  Okt. 

1    „ 

— 

M.V.,  1912,  p.  11—12 

Wilhelmshöhe 

20./ 10. 

1    •, 

Schnurre 

H 

)5 

23/10. 

4    „ 

„ 

n 

» 

l./ll. 

1    „ 

n 

« 

Kassel 

Herbst 

30    „ 

— • 

„ 

Obergladbach  i.  Taunus 

26.   u.  28./10. 

1  u.  2  St. 

Schneider 

V.LJ.,  1912,  No.  4 

Hausen  b.  Oberaula 

3Ü./10. 

3  St. 

Walper 

„ 

Frankfurt 

Herbst 

1    „ 

Carter 

„ 

Kassel 

7./12. 

50    „ 

Schnurre 

M.V.,  1912,  p.  40 

Großherzogt.  Hessen 

Sickendorf  b.  Lauterbach 

26.,9. 

2  St. 

PüCHERT 

V.LJ.,  1912,  No.  4 

Langenbergheim 

6./10. 

1    „ 

Kircher 

» 

Lauterbach 

1.  Hälfte  Okt. 

Eulefeld 

n 

Uhlerborn 

18/10. 

2  St. 

Gräfe 

» 

Heidesheim  b.  Bingen 

20. /lO. 

2    „ 

— 

Natur,  1911,  p.  123 

Zug  des  sibirischen  Tanneuhähers  durch  Europa. 


141 


l^ 

Stärke  des 

f 

Zuges,  bzw. 

Beobachter,  bzw. 

Literaturnachweis,  bzw. 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Anzahl  der 

beobachteten 

Exemplare 

Berichterstatter 

Originalnotiz 

Bellersheim 

21./10. 

mehrmals 

Sprengel 

V.I.J.,  1912,  No.  4 

Langen 

2L10. 

40  St. 

Müller 

n 

Thüring.  Staaten. 

Crawinliel 

27./9. 

2  St. 

GOTHE 

V.U.,  1912.'  No.  4 

Wiuterstein 

29/9. 

1    „ 

Schneider 

» 

Ottstedt  a.  B. 

29./9. 

1    „ 

— 

n 

Schönfeld  b.  Greiz 

3./10. 

1    „ 

Jacob 

>i 

Roburstadt 

Ende  Okt. 

2    „ 

Haumek 

in  litt.  31./10.  1911  a.  W.u.H. 

Salzungeu 

1     :, 

Fenk 

G.W.,  1911,  p.  375 

Schwarzenbrunn 

— 

ö    „ 

Kern 

Naturalien-Kab.,  1911,  p.  342 

Anhalt. 

Cöthen 

19.  u.  20./9. 

je  1  St. 

Büchner 

O.Ms.,  1912,  p.  218 

)) 

24./9. 

1  St. 

>5 

>j 

Braunschweig. 

Braunschweig 

Ende  Sept. 
bis  Anf.  Okt 

5  St. 

NOACK 

O.Mb.,  1911,  p.  197 

Königslutter 

3./10. 

1    „ 

Müller 

V.U.,  1912,  No.  4 

Braunschweig 

Dez. 

NoACK 

O.Mb.,  1912,  p.  30 

Lippe. 

Schötmar 

7./10. 

erster 

Wolf 

G.W.,  1911,  p.  351 

Lippe 

Anf.  Okt. 

2  St. 

Brüggemann 

MV.,  1912,  p.  13 

— 

— 

Köhler 

V.U.,  1912,  No.  4 

Bayern. 

Oberfranken. 

Bamberg 

29./9. 

1  St. 

Ries 

V.O.G.B.,  Vol.  11,  1913 

l.,3.,7.,12./10. 

je  1  St. 

j) 

11 

Sche'ßlitz 

12./1Ü. 

2  St. 

)) 

r> 

Trailsdorf 

13./10. 

1    „ 

n 

ri 

Kirchaich 

22./10. 

1    „ 

» 

Lauter 

L/11. 

1    „ 

» 

n 

Frensdorf 

8./11. 

1    „ 

„ 

Ludwigstadt 

Sept.  bis 
20./U». 

5    „ 

Reinhart 

J5 

Geldkronach 

25./9. 

1    „ 

Zwierlein 

n 

n 

Ende  Sept. 
bis  Anf.  Okt. 

2    „ 

Dombart 

" 

Brandholz 

Mitte  Sept. 
bis  20/9. 

2    „ 

Steger 

!! 

7.  u.  9./10 

je  1  St. 

„ 

» 

Schmolz 

Anf.  Okt. 

— 

Herkmann 

r> 

Bad  Stehen 

4.  u.  18/10. 

2   bzw.   1  St. 

Grimm 

,. 

Ebrach 

4.— 8.  U.9./10. 

je  1  St. 

Forstamt  Gerolds- 
grün 

n 

Schalkhausen 

6./10. 
4.  u.  9./10. 

3  St. 
je  1  St. 

H 

t          l 

19./10. 

1  St. 

>■< 

)! 

10^ 


142 


Eduard  Paul  Tratz, 


Stärke  des 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Zuges,  bzw. 

Anzahl  der 

beobachteten 

Exemplare 

Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 

Liudenhardt 

seit  7./10 

häufig 

Wild 

V.O.G.B.,  Vol.  11,  1913 

Heroldsbach 

10.,  30.  u. 
31./10. 

einzeln 

Forstamt 

n 

Höchstadt  a.  Aisch 

10.   u.  II./IO. 

1  bzw.  2  St. 

Klinger 

Trebgast 

seitMitteOkt. 

einzeln 

Forstamt 

j; 

Altdrossenfeld 

Okt. 

allgemein 

SCHUREK 

J5 

Bamberg  West 

21./10. 

1  St. 

Rauh 

)? 

Ailsbach 

20./10. 

1    „ 

Fromm 

j) 

Köhreuhof 

Mitte  U.22./10. 

je  1  St. 

Häffner 

)1 

Hohenberg  a.  Eger 

22./10. 

erster 

Forstamt 

» 

Bayreuth 

Ende  Okt. 

häufig 

Schüler 

in  litt.  7./11.  1911 

Arzberg 

27./10. 

1  St. 

Forstamt 

V.O.G.B.,  Vol.  11,  1913 

Kulmbach 

Nov. 

3    „ 

j) 

)i 

Lindenhardt 

7./11. 

1    „ 

Wild 

j) 

Tschirn 

j; 

1    ., 

Eeissingek 

j; 

Heroldsbach 

13./11. 

1    i, 

Fuchs 

5) 

Oberpfalz. 

Parsberg 

ab  20./8. 

ständig- 

Klotz 

» 

Freihöls 

ab  21./8.  bis 
15./9. 
18./9. 

täglich 

Brischenk 

n 

Wiesau 

erster 

Ebert 

jj 

15 

11. /lO. 

2  St. 

ji 

J5 

)5 

16./10. 

1    „ 

)) 

J7 

Biberbach 

29./9. 

1    „ 

Förster 

jj 

j) 

4.  u.  5./10. 

je  1  St. 

n 

J9 

Burgriesbach 

Ende  Sept. 

einige 

Meiler 

J) 

Neuhaus  a.  P. 

Okt.,  Nov., 
Dez. 

vereinzelt 

Gottschalk 

n 

Nabburg 

lö./lO.  (26./7.) 

1  St. 

LlNDERSBERGER 

y^ 

Burglengfeld 

19.,  21  /lO. 

3    „ 

Langexsass 

)1 

Hessenreuth 

— 

Müller 

Pullenried 

Ende  Okt., 
Auf.  Nov. 

1—2  St. 

Forstamt 

J) 

» 

14./10. 

1  St. 

» 

J7 

Sulzbach 

— 



ßegeusburg 

7./11. 

1  St. 

)1 

Tirschenreuth 

15./11. 

1  „ 

Wagenhäuser 

» 

17./11. 

2    „ 

)) 

)) 

Eusel 

24./11. 

letzter 

Leuchtl 

n 

N  i  e  d  e  r  b  a  y  e  r  n. 

Schönau 

29.,  30/9. 

1  St.  u.  3  St. 

Post 

)j 

n 

15.,  16.  u. 
30./10. 

1  St. 

H 

n 

Pfaffenhofen 

2/10. 

4    „ 

Heim 

5^ 

Vilsbiburg 

3./10. 

einige 

Forstamt 

j; 

Hammerberg 

5./10. 

1  St. 

Liebl 

j) 

Arnstorf 

Anf.  Okt. 

großeAnzahl 

)j 

M.V.,  1912,  p.  13 

Ludwigsthal 

lO./lO.— 3./11. 

täglich 

Denninger 

V.O.G.B.,  Vol.  11,  1913 

Pfarrkirchen 

I./IO.  Drittel 

sehr  zahlreich 

Wimmer 

in  litt.  9./12.  1911 

Griesbach  i.  R. 

12.  u.  20./10. 

2,  bzw.  1  St. 

Schnitzlein 

V.O.G.B.,  Vol.  11,  1913 

Zug  des  sibirischen  Tannenhähers  durch  Europ 

a.                       143 

Stärke  des 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Zuges,  bzw. 
Anzahl  der 
beobachteten 
Exemplare 

Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 

Hof 

12 /lÜ. 

1  St. 

V.LJ.,  1912,  No.  4 

Zwiesel 

13.,  28./10. 

5-6  St. 

HOHNÜNG 

V.O.G.B.,  Vol.  11,  1913 

Schönherg 

14.  u.  19./10. 

je  1  St. 

Ziegler 

)i 

Pfaffenhausen 

16./10. 

1  St. 

Herrle 

n 

Landshut 

17./10. 

ein  Flug 

Herberich 

n 

PfaflFenhofen 

22./1Ü. 

1  St. 

Steinbrenner 

n 

Vilshofeu 

ca.  18./10. 

6    „ 

Welzl 

n 

Passau 

Ende  Okt. 

1    „ 

Axthalb 

n 

Waßberg 

31./10. 

2    „ 

LiNGOLE 

M.V.,  1912,  p.  36 

Bodenmais 

8./2. 

1    „ 

Hirschmann 

V.O.G.B.,  Vol.  11,  1913 

Dösingried 

5./1. 

8    „ 

August  IN 

n 

Oberbayern. 

St.  Wolfgang 

Herbst 

— 

Richtstein 

n 

Obergrainau 

Anf.  Sept.  bis 
Ende  Okt. 

ca.  300  St. 

HiLPOLTSTEINER 

n 

Grieseu 

Anf.  Okt. 

„       10    „ 

HOHENADL 

J5 

Garmisch 

Mitte  Sept.  bis 
Ende  Okt. 

,.       60    „ 

Osterhäuser 

n 

jj 

)7 

„     100    „ 

Krembs 

n 

)1 

Anf.  Okt. 

„     150    „ 

V.  Berg 

>j 

» 

Mitte  Nov. 

„       10    „ 

)) 

n 

Gamraelsdorf  b.  Moosburg 

20./9.— 12./10. 

je  1  St. 

Fries 

n 

Bad  Tölz 

24.  u.  29./9. 

5  St. 

Herrle 

n 

?i 

bis  Anf.  Nov 

täglich 

>3 

n 

Freising 

26./9.— 12./10. 

je  2  St. 

Reindl 

n 

Andechs 

29./9.-15./1Ü. 

— 

Anherlen 

n 

30./9. 

1  St. 

Heindl 

» 

Sauerland 

J5 

1    „ 

Forstamt 

)5 

Psehorrschwaige 

77 

die  ersten 

Meidinger 

» 

München 

6  St. 

Dahlem 

„ 

Weßling 

30./9. 

4    „ 

)) 

!5 

Seefeld 

ö./lO. 

1    „ 

)? 

J) 

Fall 

seitEndeOkt. 

Flüge 

Hörmann 

n 

Freising 

Anf.  Okt. 

oft 

Hage 

yi 

Thalhausen 

2.,  3.,  15.,  23. 
u.  25./10. 

— 

QüANTfi 

n 

Endorf 

3.  u.  lO./lO. 

— 

Eder 

n 

Bergkirchen 

8./10. 

2  St. 

Frauenhoper 

n 

Reit 

11.  u.  24./10. 

1    „ 

Heiler 

n 

Thalhausen 

23./10. 

3    „ 

QUANTfi 

n 

Hohenzell 

26./10. 

1  Ex. 

Mühlberger 

)5 

Benediktbeuern 

Anf.  Nov. 

einige 

Lutz 

n 

Höhenkirchen 

9./11. 

1  St. 

Forstamt 

« 

Mühldorf 

3./11. 

2    „ 

Kraft 

JJ 

Schrobenhausen 

6./12. 

1    . 

Unold 

» 

Ramsau 

5./1.  1912 

1    „ 

Zeller 

n 

Mittelfrankeu. 

Neuhaus  a.  P. 

7./8. 

erster 

Gebhardt 

M.V.,  1912,  p.  12—13 

Nürnberg,  Fürth,  Herolds- 

Herbst 

— 

» 

!5 

herg,   Kalchreuth,   Ans- 

144 


Eduard  Paul  Tratz, 


Ort  der  Beobachtungen 


Stärke  des 
Zuges,  bzw. 
Anzahl  der 
beobachteten 
Exemplare 


Beobachter,  bzAv. 
Berichterstatter 


Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 


bach ,  Schwarzenbruck 
Brumm  b.  Emskirchen, 
Eappenzell,  Gungelding, 
Wassertrüdingen,  Sulz 

Mittelfranken 

Neumarkt 

Neuhaus 

Dechsendorf 

Erlangen 

Dechsendorf 

Erlangen 

Schnaittach 

Altorf 

Roth 

Herrnhütte 

Altdorf 

Gungolding 

Wellheim 

Heroldsberg 

Obermässing 

Schernfeld 

Lellenfeld 

Baiersdorf 

Gungelding 

Obermässing 

Buch 

Buchenhof 

Schopfloch 

Eugenthal,  Brunn,  Kalch 
reuth,  Schwarzenbruck 
Ansbach,  Wasser,  Trübin- 
gen, Rappertszell 

Ansbach 

Möhreudorf 

Rotheuburg  a.  T.,  Ansbach, 
Kalchreuth 

Dörndorf 

Erlangen 

Unter  franken. 
Mittelsinn 
Erlenbach 
Zeil 

Lohrerstraüe 
Neidenfels 
Höchberg 
Schonungen 

Vormwald 
Hammelsburg 

Schweinfurt 


bis  Anf.  Nov 

ab  I./IO. 

I./IO. 

I./IO. 

4./10. 

8./10. 

19./10. 

3./10. 

Mitte  Sept. 

8./10. 

8./10..  27./10. 

14./10. 

15./10. 

17./10. 

19./10. 

20.  u.  25./10. 

23./10. 

24./10. 

24710. 

25./10. 

25./10. 

u.  30./10. 

29./10. 

80./10, 


26. 


6./11. 

seit  il./ll. 

erste  Nov.- 
Hälfte 
28./11. 
10/12. 


26./9. 

27./9.,  lO./lO. 

31./9. 

5.— 20./10. 

15./10. 

20.   u.  25/10. 

Ende  Okt., 

9/11. 

30./10. 


in  Trupps 

1  St. 

2  „ 
Flüge 

1  St. 
4    .. 


2./11. 


1  9 

1  St. 

1    „ 

1    „ 

1  bew.  2  St. 

2  St. 

2    „ 

2    „ 

1    „ 

2  u.  1  St. 

2  St. 

1    ., 

5    „ 

je  1  St. 

1  St. 

1    „ 

1  St. 

Flüge 

1  St. 

2 

1  St. 

je  1  St. 

1  St. 

täglich 

1  St. 

je  1  St. 

je  1    „ 

2  St. 

1    „ 

1    „ 

Gebhardt 

RiEDERER 

Gengler 


Müller 

Neinhaus 

Ehrenbrand 

Eckert 

Richard 

Naepfel 

Chaselon 

Forstamt 

Stadelmann 

Forstamt 

Roth 
Gengler 

» 

Stadelmann 

Kaiser 

BÖRNER 

V.  Weyhern 


Gengler 
Forstamt 
Gengler 
Gebhardt 

Günther 

Gengler 


Machlot 
Schmitt 
Hiltenbrand 
Müller 
Forstanit 

Beck 
Dietrich 

Schmidt 

RUOFF 

Schmidt 


M.V.,  1912,  p.  12—13 
V.O.G.B.,  Vol.  11,  1913 
in  litt.  24./10.  1911 


V.O.G.B.,  Vol.  11,  1913 
V  I.J.,  1912,  No.  4 
in  litt.  17./10.  1911 
V.O.G.B.,  Vol.  11,  1913 


in  litt.  28710,  1911 
V.O.G.B.,  Vol'.'  11,  1913 


in  litt,  l./ll.  1911 
V.O.G.B.,  Vol.  11,  1918 
in  litt.  14711.  1911 
M.V.,  1912,  p.  36 

V.O.G.B.,  Vol.  11,  1913 
in  litt.  15./12.  1911 


V.U.,  1912.  No.  4 
V.O.G.B.,  Vol.  11,  1913 


Zug  des  sibirischen  Tannen 

hähers  durch  Europa.                       145 

Stärke  des 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Zuges,  bzw. 

Anzahl  der 
beobachteten 

Exemplare 

Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 

Werneck 

7./11. 

1  St. 

Forstamt 

V.O.G.B.,  Vol.  11,  1913 

Lehr 

Ende  Nov., 
Dez. 

je  1  St. 

Stadler 

n 

Schwaben. 

Kaufbeuren 

5.  u.  28./10. 

je  1  St. 

Erdt 

n 

Füssen 

29./9. 

1  St. 

)i 

n 

Düsingen 

l./lü. 

1    ,• 

n 

Kempten 

4./1Ü. 

1    „ 

)) 

n 

Füssen 

5./10. 

1    „ 

« 

>j 

Kaufbeuren 

11.   u.  12./10 

je  1  St. 

» 

n 

Buchloe 

V\.   u.  24./10. 

1  St. 

n 

Mindelheim 

7./11. 

1    „ 

J5 

)) 

Imnienhofen 

15/11. 

1    „ 

J7 

)) 

Südbaj'ern 

bis  21./11. 

Jl 

in  litt.  25./12.  1911 

Ammerfeld 

Ende  Sept. 

1  St. 

POKHLMANN 

V.O.G.B..  Vol.  11,  1913 

Oberroth 

4./10. 

erster 

AsCHAUER 

n 

)i 

18./10. 

2  St. 

)i 

)) 

V 

22./10. 

4    „ 

« 

Kaufbeuren 

Auf.  Okt. 

16  St. 

Uhl 

n 

Grünau 

5./10. 

3    „ 

Schneider 

„ 

Wettenhausen 

7.,  8./10. 

je  1  St. 

V.  Königsthal 

» 

n 

2./11. 

1  St. 

« 

n 

Thierhaupten 

7.,  8.,  15., 
17./10. 
18./10. 

je  1  St. 

Forstamt 

)i 

» 

5  St. 

)i 

Wallerdorf 

20./10. 

1    „ 

n 

)i 

Donauwörth 

15./1Ü. 

1    „ 

Striegel 

n 

Partenkirchen  u.  Bernbronn 

17.  u.  19./10 

je  1  St. 

V.  Lassberg 

Z.U.F.,  1911,  p.  810 

Dillingen 

18./10. 

1  St. 

Krammer 

V.O.G.B.,  Vol.  11,  1913 

Burgberg 

— 

— 

Miller 

11 

Ottobeuren 

25./10. 

1  St. 

Arnold 

n 

Neuburg 

— 

3    „ 

Forstamt 

n 

Eoßhaupten 

10/11. 

1    „ 

Bauer 

.11 

Dienhausen 

seit  Anf.  Okt. 

einzeln 

Pemsel 

11 

Oberbayern ,        Franken , 

— 

viele 

Nüssbaumer 

in  litt.  15./10.  a.  W.u.H. 

Schwaben,  Pfalz 

Württemberg. 

1 

Neubronn 

19./9. 

1   o- 

Bacmeister 

O.J.,  1912,  p.  141-142 

Kleinbrettheim 

17./9. 

1   c^ 

„ 

)' 

Gerabronn 

17./9. 

1  9 

)j 

11 

Mergentheim 

19./9. 

1   a^ 

„ 

11 

Kleinbettlingen 

24./9. 

1  St. 

» 

11 

Abstatt 

29./9. 

1   „ 

)» 

)) 

Marhördt 

30./9. 

1  ,, 

H 

11 

Ravensburg 

Mitte  Sept. 

1  „ 

.J.V.N.W.,  1913 

Bebenhausen,     Tübingen 

Ende  Sept., 

mehrere 

» 

O.J.,  1912,  p.  141—142 

Wachendorf,  Horb,  Rot- 

Anf. Okt. 

tenburg  a.  N.,  Balingen 

Mettenberg 

I./IO. 

1  o-,  1  9 

n 

J.V.N.W.,  1913 

146 


Eduard  Paul  Tratz, 


Stärke  des 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Zuges,  bzw.' 
Anzahl  der 

beobachteten 
Exemplare 

Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 

Bergerhausen ,     Klingen- 

2./10. 

je  1  St. 

Bacmeistkr 

J.V.N.W.,  1913 

berg,  Riedenberg 

Reutte,  Schönebuch 

3./10. 

je  1    „ 

1? 

)7 

Horrheini,  Biberach 

4./10. 

je  1    » 

)^ 

Ehingen 

5./10. 

5  St. 

)i 

Magstadt,  Burren 

6./10. 

1  bzw.  3  St. 

Lauffen  a.  N..  Lauhach 

8/10. 

2  St. 

)? 

55 

Calw,    Ludwigsburg,    Eß- 

9./10. 

je  1  St. 

« 

» 

lingen,  Beinstein,  Waib- 

lingen, Göppingen,  Illin- 

gen, Maulbronn 

Biberach 

lO./lO. 

1  9 

)) 

Emingen 

II./IO. 

1  St. 

n 

O.J.,  1912,  p."l41— 142 

Ehingen 

ii./io. 

2    „ 

)i 

)5 

Zuben,  Eßlingen,  Ludwigs- 

12./10. 

je  1  St. 

J.V.N.W.,  1913 

burg,   Ochenhausen,   Bi- 

berach 

Kirchheim 

13./10. 

1  St. 

j) 

n 

Gutershofen 

14.10. 

2    „ 

» 

Ehingen,  Baiershronn 

16./10. 

je  1  St. 

n 

Schwenningen,  Rottweil 

18./10. 

)) 

O.J.,  1912,  p.'"l41— 142 

Urach,  Kohlberg 

19./10. 

?) 

)5 

J^ 

Rottweil,  Kappishäuseru 

20./10. 

)5 

11 

r 

Erolzheim,  Biberach 

22./10. 

J.V.N.W.,  1913 

Ehingen 

23.,27.,31./10. 

4  "st. 

11 

O.J.,  1912,  p.  141-142 

Baiershronn 

23./10. 

1    „ 

11 

J.V.N.W.,  1913 

Eßlingen,  Mitteltal 

27./10. 

je  1  St. 

11 

j; 

Heidenheim ,      Rottweil , 

Okt. 

mehrere 

j) 

Spaichingen 

Tübingen 

Ende  Okt. 

1  St. 

11 

,. 

Ehingen 

5.,  9.,  11. /lO. 

4   „ 

j) 

O.J.,  1912,  p.  141—142 

Lindelfingen 

16./10. 

je  1  St. 

11 

J.V.N.W..  1913 

Klosterreichenbach 

17./10. 

J5 

Steinenberg 

20./10. 

J? 

11 

J) 

Hohenhardtsweiler 

25./10. 

J5 

Riedlingen 

Ende  Nov. 

ist. 

11 

5? 

Ehingen 

1./12. 

1    „ 

11 

n 

Ailingen,  Tettnang,  Boden- 

Uez. 

je  1  St. 

51 

r 

seegegend 

Heilbronn 

— 

— 

11 

M.V.,  1912,  p.  36 

Ahstatt 

29./9. 

je  1  St. 

11 

)5 

Klingenberg 

2./10. 

J5 

11 

)1 

Laufen,  Gundelsheim 

8./10. 

J5 

Neckargebiet,  Donaugehiet 

2.— 17./10. 

stets  mehrere 

Lajipert 

in  litt.  13./3.  1912 

und  Schwarzwald 

Witthau 

5./10. 

2  St. 

Braun 

V.U.,  1912.  No.  4 

Hermaringen 

Okt. 

4    „ 

ROEDTER 

in  litt.  6./11.  1911 

Ravensburg 

» 

20  St. 

Stier 

Z.U.F.,  1911,  p.  810 

Höchstberg 

10/10. 

1  St. 

Pröschle 

» 

Stuttgart 

Anf   Okt. 

9    „ 

Merkle 

Natur,  1911,  p.  123 

?! 

Ende  Okt., 
Anf.  Nov. 

— 

Rudolph 

V.LJ.,  1912,  No.  4 

Rosenberg 

— 

1  St. 

Ganglee 

Z.U.F.,  1911,  p.  844 

Zug  des  sibirischen  Tannenhähers  durcli  Europa. 


147 


Stärke  des 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Zuges,  bzw. 

Auzahl  der 
beobachteten 

Exemplare 

Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 

Baden. 

Jarbach  a.  Bodensee 

3./10. 

3  St. 

HORNÜNG 

V.U.,  1912,  No.  4 

)bergimmpern 

Auf.  Okt. 

(4./10.) 

2 

Schuster 

M.V.,  1912,  p.  13 

fe'ohingeu 

Ö./IO. 

1     „ 

Bacmeister 

M.V.,  1912,  p.  36 

Tiersberg- 

4./10. 

1     „ 

„ 

» 

rValdhof 

6.  u.  27./10. 

je  1  St. 

HiNI 

V.I.J.,  1912,  No.  4 

iVeingarten 

II./IO. 

2  St. 

Stenberger 

in  litt.  14./12.  a.  W.u.H. 

j'reiburg 

22/10. 

1    „ 

V.  Eschwege 

V.U.,  1912,  No.  4 

R  h  e  i  n  p  f  a  1  z. 

)ürkheim,  Elmstein 

Auf.  Okt. 

2  St. 

SUNNSTEIN 

V.O.G.B.,  Vol.  11,  1913 

jandau 

10.,  13./10., 
3./11. 

je  1  St. 

Weber 

)7 

{Kaiserslautern 

20./10. 

1  St. 

GOGG 

)) 

)ürkheim 

l./ll. 

1    „ 

Böhm 

JJ 

jamberg 

l./ll. 

1    „ 

Reichardt 

!5 

Pirmasens 

7./11. 

2    „ 

Zapp 

n 

11 

17./11. 

1    » 

Forstarat 

)) 

Elsaß. 

Kolmar 

4./10. 

1  St. 

Chappuis 

v.u.,  1912,  No.  4 

4./10. 

1    „ 

Stoewer 

)» 

Klimbach  b.  Weißenburg- 

lO./lO. 

2 

Henck 

in  litt.  17./10. 1911  a.  W.u 

H. 

Österreich-Ungarn. 

Ungarn. 

HerencsYölgy    (Korn.    Zö- 
lyom) 

Ende  Aug. 

Zugsbeginn 

MOHELNITZKY 

W.,  1912,  p.  118 

Ende  Okt. 

Höhepunkt 

n 

» 

des  Zuges 

Nov.  u.  Dez. 

vereinzelt 

j) 

» 

Dsarad 

seit  Anf .  Sept. 

ca.  20  St. 

V.  Bemert 

V.U.,  1912,  No.  4 

Nagy-Mihaly 

Mitte  Sept.  bis 
Mitte  Okt. 

— 

Graf  WiLAMOwiTz 

in  litt.  8./11  1911 

Csäkvar 

20.— 30./9. 

einzeln 

ESTERHAZV 

in  litt.  16./10. 1911  a.  W.u 

H 

Kövi 

1.  Dez-Hälfte 

mehrfach 

Eschenberg 

D.J.Z.,  1912,  p.  365 

Nagyszaläncz 

20./12. 

1  St. 

Kochwasser 

W.,  1912,  p.  42 

Fünfkirchen  u.  Esseg 

— 

4    „ 

Nkher 

M.V.,  1912.  p.  175 

Kolozsvär 

1.19. 

Lendl 

Aquila,  Vol.  18,  p.  394— i 

599 

Szaraosfalva 

16./9. 

— 

)! 

n 

Tornöcz 

19./9. 

— 

n 

Nyitra 

20./9. 

— 

n 

n 

Mäd 

21. /9. 

— 

„ 

n 

Szaväta 

23./9. 

— 

„ 

n 

Nögrad,  Zalagogaufa,  Tas- 

26./9. 

— 

» 

n 

siögyörgye 

Keszthely 

29.,9. 

— 

,. 

» 

Budapest 

30./9. 

— 

)j 

n 

148 


Eduard  Paul  Tratz, 


Stärke  des 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Zuges,  bzw. 
Anzahl  der 
beobachteten 

Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 

Exemplare 

Lakompak 

5./10. 

Lendl 

Aquila,  Vol.  18.  p.  394- 

39^ 

Keszthely 

6/10. 

— 

j^ 

Kohövölg-y 

7./10. 

— 

jj 

J) 

Ujmajor 

9./10. 

— 

, 

?? 

Szentes,  Särospatak,Perlasz 

lO./lO. 

— 

) 

?) 

Jäszövär 

II./IO. 

— 

? 

j) 

Bäcs,  Böuyretalap 

1-2./10. 

— 

)) 

Dunapeutele 

16./10. 

— 

, 

)? 

Drdvatanidsi 

18./10. 

— 

» 

Szoväta 

1./9.— 15./10. 

— 

V.  Illyäs 

» 

Less 

23./9. 

2  St. 

V.  Lacsny 

)1 

Zugliget 

8./10. 

1    „ 

ElSTZ 

?: 

Keszthely 

27./9.,  4./10. 

je  1  St. 

— 

J3 

Baranyaszentlörin  cz 

5.11. 

1  St. 

— 

)• 

Eperjes 

Okt. 

— 

— 

Zäraoly 

24.9. 

1  St. 

MlHÖK 

?) 

■n 

28./9. 

1    „ 

V.    KÜLLEY 

55 

Tärnok 

28./9. 

1    „ 

V.  Radetzky 

J) 

Csäkvilr 

28  /9. 

1    „ 

Lang 

» 

Kolozsvär 

30./9. 

12-14  St. 

Karpat 

n 

Nyiregyhäza 

Auf.  Okt. 

häulig 

V.  Szomjas 

n 

Szepesszombat,  Sätoraljau- 

o./lO. 

je  1  St. 

Neubauer 

J3 

jliely 

Bela  Racz 

7./10. 

1  St. 

SZEREP 

n 

Dunapataj 

7./10. 

1    „ 

V.  Hajdu 

Tiszaeseg:e 

II./IO. 

einige 

V.  Selley 

j. 

Kirälyhelmecz 

11. /lO. 

1  St. 

V.    SZEMERE 

)7 

Czikcsekefalva 

12./10. 

1    „ 

)1 

Jl 

GaUinta 

13./10. 

1    „ 

V.    DÖBRENTEY 

;; 

Visesfrad 

15.  10. 

— 

Lägler 

j) 

Györ,Györszentiväu,Venek, 

bis  17./10. 

— 

V.  Hegymeghy 

Töraörd,Ogyalla,  Kabold 

Kisknnfelegyhäza 

18./10. 

1  St. 

Pinkert 

Des 

Anf.  Nov. 

zahlreich 

OSOZTIÄN 

Pleteniicza  (Kroatien) 

2./11. 

1  St. 

Sajgo 

)) 

Kisüjszälhis 

9.11. 

1    „ 

Bana 

}1 

Mezözäh 

15./11. 

zahlreich 

Graf  Wass 

Budapest 

25./11. 

1  St. 

DORNING 

)? 

Kisekemezö 

9./10. 

— 

Hausmann 

Szäszkezd 

12./1Ü. 

— 

Medgyes 

14./10. 

— 

77 

Szekelykeresztur 

23./1Ü. 

— 

>3 

Välaszut 

2.11. 

— 

Segesvär 

9./11. 

— 

»^ 

Berethalom 

ll./ll. 

— 

Nagysink 

16./11. 

— 

Savüs 

25./11. 

— 

Garamneszele 

21  /lO. 

— 

Lendl 

Aquila,  Vol.  19.  1912,  p 

46! 

Sztropko 

24./ 10. 

— 

^ 

n 

Kolozsvär 

26./10. 

— 

Polgdrdi 

80./ 10. 

—  . 

„ 

n 

Nagykärolj' 

1        31./ 10. 

— 

, 

>: 

Zug-  des  sibirischen  Tannenbähers  durch  Europa. 


149 


Stärke  des 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Zuges,  bzw. 

Anzahl  der 
beobachteten 

Exemplare 

Beobachter  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 

tfezülaborcz 

l./ll. 

Lendl 

Aquila.  Vol.  19,  1912,  p.  462 

'ifyiregyhäza 

3./11. 

— 

!• 

» 

Cikos 

6./11. 

— 

„ 

r> 

ietütköz 

7./11. 

— 

)5 

)) 

)zilägynagyfalu 

8./11. 

— 

)) 

)) 

klezölaborcz 

lO./U. 

— 

„ 

55 

Sagaraer 

ll./ll. 

— 

>; 

55 

iemencze 

13./11. 

— 

r> 

55 

'Jyiregyhäza 

14./11. 

— 

„ 

55 

ianyär 

17/11. 

— 

)i 

55 

Jzempcz 

18./11. 

— 

)i 

55 

/ulsäna 

20./11. 

— 

)) 

55 

i'oroszka 

27./11. 

— 

)) 

55 

ürmihälyfalva 

30./11. 

— 

« 

55 

7ulsäna 

30./11. 

— 

n 

55 

Jjlak 

1./12. 

— 

„ 

55 

gar 

7./2.  1912 

— 

^^    »5 

55 

reinerin 

20./10. 

1  St. 

Nagy 

55 

Jjlak 

Okt. 

1    „ 

n 

55 

Sämyabükk 

29.,  30./12. 

6-8  St. 

Karp.  Verein 

55 

Bakonynäua 

5,/ll. 

2  St. 

V.    BODOLAY 

55 

?elsöväsärd 

21.— 30./9. 

— 

Blum 

55 

2sibo 

Auf.  Okt. 
bis  Nov. 

größere  An- 
zahl 

Fekete 

55 

Erszentkiräly 

28/10. 

1  St. 

„Szilägysag" 

55 

Zilah 

30./11. 

1    „ 

)7 

55 

Solozsvar 

Winter 

häufig 

55 

Siebenbürgen. 

Klausenburg 

Sept.  bis  März 

— 

V.  Führer 

in  litt.  20./5.  1912 

15./9. 

ca.  50  St. 

)? 

55 

Zernest 

— 

viele 

SCHISCHKA 

D.F.U.B.,  1911,  No.  50 

Magyaherepe 

Dez. 

— 

Eschenberg 

D.J.Z.,  1912,  p.  365 

Kroatien-Slavonien 

Podsused 

24/9. 

— 

HiRTZ 

in  litt.  7./10.  1911 

Komar 

I./IO. 

— 

« 

55 

Laköcsa 

— 

— ■ 

» 

55 

Komar-Vinica 

— 

— 

„ 

55 

Zagrebbacka  gora 

— 

— 

)) 

55 

Bosiljevo 

— 

— 

)) 

n 

Sveti  Ksaver 

— 

— • 

)i 

,. 

Pacetin 

— 

— 

)? 

in  litt.  18.,  12.  1911 

Djakovo 

— 

— 

)» 

5? 

Kosnica 

~ 

~ 

" 

55 

Steiermark. 

Marburg  a.  Drau 

3.— 21./10 

4  St. 

Reiser 

in  litt.  27./10.  1911 

Gleichenberg 

Nov. 

groß.  Anzahl 

— 

GrazerTagblatt,No.314, 191 

150 


Eduard  Paul  Tratz, 


Stärke  des 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Zuges,  bzw. 
Anzahl  der 
beobachteten 
Exemplare 

Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 

Niederösterreich. 

Marchfeld 

20./9. 

ca.  20  St. 

Grössinger 

D.F.U.B.,  1911,  p.  8 

» 

bis  28/9. 

Flüge  von 
20—40  St. 

}■> 

n 

Loosdorf 

20/9. 

5  St. 

Krxssl 

O.J.,  1912,  p.  212 

» 

2./10. 

ö    „ 

j) 

)) 

ij 

27./10. 

letzter 

r 

)5 

Wienerwald 

seit  24.;9. 

— 

ElEGLER 

in  litt.  4./10.  1911 

Mannhartsbrnuu 

26./9. 

Flüge  vou 
15-20  St. 

Blaha 

W.,  1911,  p.  502 

Floridsdorf 

26./9. 

1  St. 

Mint  US 

O.J.,  1912,  p.  211 

)) 

30./9. 

1    „ 

« 

)) 

Droß  b.  Krems 

27./9. 

3—5  St. 

LiSCHKA 

Natur,  1911,  p.  123 

Königstetten 

28./9. 

erster  Flug 

Riegler 

N.   Wiener   Tagbltt.,   1911 
No.   285.      Tierw.,   1911 
p.  166 

Waldviertel 

28./9. 

8  St. 

Ragowsky 

in  litt.  3./11.  1911 

Obersiebenbriiuu 



1    „ 

Lassee 



4    „ 

Kahlenberg 

Ende  Sept., 
Anf.  Okt. 

16-20  St. 

Kepda 

in  litt.  13./11"  1911 

Droß  b.  Krems 

— 

starkes  Auf- 
treten 

Lischka 

W.U.H.,  1911,  p.  741 

Neulengbach 

I./IO. 

1  St. 

MiNTUS 

O.J.,  1912,  p.  211 

Bisamberg 

I./IO. 

^    „ 

51 

)5 

Bockflüß 

3/10. 

2'  „ 

Gänserudorf 

4./10. 

2    „ 

Jl 

J? 

Butzing 

lO./lO. 

1    „ 

*1 

)) 

Wolkersdorf 

12./10. 

1    „ 

J7 

)1 

Marchegg 

15  /lO. 

4    „ 

57 

)1 

Preuwitz 

Anf.  Okt. 

einzelne 

)1 

O.J.,  1912.  p.  212 

Steinriegl 

j, 

2  Flüge 

Riegler 

O.J.,  1912,  p.  211 

Weidlingau 

wiederholt 

j) 

Hainbach 

1  St. 

Mauerbach 

1    „ 

Perchtoldsdorf 

8.'l0. 

2  Exemplare 

Mint US 

in   litt.   9./IO"  1911.    O.J.. 
1912,  p.  211 

Kiblitz 

8./10. 

Flug 

Kny 

O.J.,  1912,  p.  212 

Altlengbach 

8./10. 

2  St. 

Gmehling 

)) 

Lainz 

13./10. 

1    „ 

Riegler 

O.J.,  1912,  p.  211 

Droß  b.  Krems 

Okt. 

Anzahl 

Sprosec 

W.,  1911,  p.  502 

Langenzersdorf 

Anf.  Nov. 

1  St. 

Werlisch 

O.J.,  1912,  p.  211 

Hohe  Wand 

5./11. 

1    „ 

MiNTUS 

)1 

Ebenthal 

Okt. 

5    " 

Schumann 

Tierwelt,  p.  181,  1911 

Leopoldsberg 

26./11. 

12—20  St. 

Alvis 

O.J.,  1912,  p.  212 

Anninger 

— 

zahlreich 

— 

D.F.U.B.,  1911,  p.  5 

Eggenburg 

— - 

wenige 

Roth 

in  litt.  10./12.  1911 

Wien 

Mitte  Sept. 

erster 

Mintus 

O.J.  1912,  p.  210 

>i 

I.Hälfte  Okt. 

Höhepunkt 
des  Zuges 

n 

« 

Zug  des  sibirischen  Taunenhähers  durch  Europa. 


151 


Stärke  des 

Zuges,  bzw 

Beobachter,  bzw. 

Literaturnachweis,  bzw. 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Anzahl  der 

beobachteten 

Exemplare 

Berichterstatter 

Originalnotiz 

Mähreu. 

3urgholz 

20./9. 

erster 

NOVOTNY 

V.I.J.,  1912,  No.  4 

Jrottowitz 

seit  20./9. 

in  Menge 

SCHIMITSCHEK 

n 

!) 

Ende  Sept. 
u.  10.  - 15./10. 

Hauptzug 

» 

W.,  1912,  p.  62— (i3 

13./11. 

12  St. 

)) 

)i 

Ende  Nov. 

sporadisch 

r 

!J 

Dubriua  b.  Göding 

23./9. 

1  St. 

Freyn 

in  litt.  7./11.  1911 

[loznau 

24./9. 

1      r 

Floericke 

Z.U.F.,   1911,  p.  763.    M.V., 
1911,  p.  241 

51awietitz 

Ende  Sept. 

in  Menge 

SCHIMITSCHEK 

V.I.J.,  1912,  No.  4 

W^rauowieer     Wälder 

): 

— 



„Häj'-,  1911,  p.  241 

(Brunn) 

[gl  au 

« 

1  St. 
15   „ 
1    ,, 

Hälker 

M.V.,  1912,  p.  85 

Schattau 

Okt. 

WiLDT 

Jägerztg.,  1911,  p.  631 

Böhmen. 

lyssa  b.  Peterswald 

13/9. 

2  St. 

Michel 

in  litt.  7./1.  1912 

25./11. 

letzter 

„ 

n 

Anf.  Dez. 

einzelne 

)! 

n 

Merzdorf 

4  10. 

1  St. 

n 

>i 

Bodeubach 

— 

viele 

n 

)) 

Ost- Böhmen 

19  ;9.— 22./11. 

17  St.  (viele) 

Knezodrek 

in  litt.  21./12.  1911 

Zleb 

9./11. 

1  St. 

n 

« 

?) 

22./11. 

2    „ 

!) 

n 

Zleb-Markovic 

seit  Okt. 

n 

n 

Dobrovitov 

Okt. 

3  St. 

r 

n 

Sobinov 

Mitte  Okt. 

5    „ 

)i 

1) 

Zleb-Chvälovic 

Ende  Okt. 

4    „ 

n 

)? 

Schlüsselburg 

2.  Hälfte  Sept. 
bis  Anf.  Okt. 

überall 

IWVOLTSKI 

in  litt.  31./10.  1911 

Bodenbach 

23./9. 

1  St. 

Michel 

in  litt.  2./10.  1911 

Eumburg 

28.9. 

Schwärme 

W.  H. 

W.,  1911,  p.  459 

GroU-Zdickau 

28./9. 

3  St. 

SCHALLNEK 

in  litt.  3./11.  1911 

Weckelsdorf 

l    „ 

Popper 

W.u.Hs.,  1911,  p.  6 

Groß-Aupa 

Sept. 

Flüge 

BÖNSCH 

MV.,  1911,  p.  262—263 

lirna,    Königinhof,    Weiß- 

Ende Sept. 

viele 

Häj 

M.V.,  1911,  p.  265 

wasser 

Freudenberg 

8./10. 

1  St. 

Fischer 

V.I.J.,  1912,  No.  4 

Egerland,  Saaz 

10.   u.  12./10. 

— 

Junger 

.T.Z.,  1911,  p.  603 

Nord-Böhmen 



K.  F. 

M.V.,  1911,  p.  241 

Reicheaberg 
Kreibitz 

8.,  26.,  30./9. 

viele 
je  1  St. 

Heide 

D.F.U.B.,  1911,  p.  5 
O.J.,  Vol.  23,  p.  133—141 

jj 

lO./lO. 

3  St. 

" 

« 

Eumburg 

28./9. 

Schwärme 

„Waidmannsheil 

n 

Wolfsberg 

lO./lO. 

1  St. 

Wachutka 

j) 

Lichtenberg 

12./10. 

2    „ 

n 

« 

Oberkreibitz 

13.— 16./10. 

Anzahl 

5» 

); 

Weißenbach 

27./10. 

3  St. 

)5 

n 

Drum 

16./11. 

1    „ 

Mysik 

n 

152 


Eduard  Paul  Tratz, 


Ort  der  Beobachtungen 


Stärke  des 
Zuges,  bzw. 
Anzahl  der 
beobachteten 
Exemplare 


Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 


Literaturnachweis,  bzw| 
Originalnotiz 


Böhmische  Schweiz 


Bodenbach 
Dobern 
Bodenbach 
Grulich 


Ober-Erlitz 

Mittel-  und  Erzgebirge 

Milleschauer  n.  AulJig 

Außig 

Brzesina 

Pitschkowitz 

Leitmeritz,  Taschow 

Libochowan 

Klösterle 

Zibisch 
Brüx 
Graslitz 
Preßnitz 
Weipert 
Hasberg 

Oberleutendorf  -  Kloster- 
grab 
Marschendorf 

Groß-Aupa 
Gr.-Zdickau 

Daubaer  Schweiz  und  Um^ 
gebung 


15.  u.  16./8. 
Mitte  Okt. 
Ende  Nov. 

Anf.  Sept. 

ab  19./9. 

4710. 

lO./ll. 

14.   u.  16./11. 

seit  18/9. 

Ende  Sept. 

2.  Hälfte  Sept 

Mitte  Okt. 

27./9. 

29./9. 

8./10. 

28./11. 


28./10. 
12.  Hälfte  Sept 

4710. 

11710. 
Mitte  Sept. 
bis  10711. 

22./9. 

5.  u.  6710. 

Sept.  bis  Okt 

28./9.— 2710. 

25./9. 


Zittnai 


2( 

5.,  2779., 

I./IO. 

2710. 

5./10. 

6 

,  7.,  10., 

13/10. 

14. 

,  17.,  20., 

21 

.,  22/10. 

18/10. 

I.Hälfte  Sept. 

28710. 

24. 

u.  31710. 

30./10. 

1. 

u.  3711. 

2. 

u.  4./11. 

4., 

5.,  6.,  7., 

21./11. 

2.  Hälfte  Sept 

4. 

u.  6./10. 

Ziigsbeginn 

Hauptzug 

Zugsende 

51  St. 

2  St. 

Anzahl 

zahlreich 

2  St. 
je  1  St. 
zahlreich 

häufig 

einige 

1  St. 

1    „ 

1    „ 

8—10  St. 

wiederholt 

oft  4  St. 

häufig 

mehrere 

Zugsbeginn 

mehrere 

1  St. 
sporadi.'^ch 

2  St. 
je  1  St. 

Flüge 

8  St. 
je  1  St. 


5  St. 

3    „ 

je  1—2  St 

je  1  St. 

3  St. 

3    „ 

2    „ 

je  2  St. 
4  St. 

je  1  St. 

je  2    „ 

je  1    „ 

5-7  St. 

je  1  St. 

Grasse 


tschinkel 

Arndt 

Beutel 

Plaschke 


Beutel 
Preidl 
Michel 
Borjan 
Storch 
Metlitzky 

n 

Baier 


iLeitmeritzer  Ztg. 

Stephan 

Hajek 

Schwalb 

)) 

Neumann 

Rott 


Schallner 
Loos 


O.J.,  Vol.  23,  p.  133—141 


Zug-  des  sibiiiscben  Tauuenhähers  durch  Europa. 


153 




Stärke  der 

Zuges,  bzw. 

Beobachter,  bzw. 

Literaturnachweis,  bzw. 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Anzahl  der 

beobachteten 

Exemplare 

Berichterstatter 

Originalnotiz 

]ittnai 

5./ 10. 

2  St. 

Loos 

O.J.,  Vol.  23,  p.  133-141 

8./10. 

^    „ 

n 

)) 

)auba 

1.  Hälfte  Okt. 

3    „ 

H 

H 

ätowitz 

28./9.,  Mitte 
Okt. 

je  1  St. 

Kraus 

n 

lozmital 

30.;9.,  7./10 

15  St. 

MÜLLBR 

» 

'odersam 

2.HälfteSept., 
Anf.  Okt. 

— 

WiRTH 

n 

)uppau,  Eger,  Saaz,  Pilsen 

— 

— 

Bentel 

n 

chönbach 

— 

— 

Junker 

); 

— 

Züge  von 

Herbrich 

)) 

J5 

30—50  St. 

lanetin 

8./12. 

1  St. 

Graf  Sazansky 

n 

Oberösterreich. 

laab 

seit  2.  Sept.- 
Hälfte 

große  Menge 

Kaufmann 

W.,  1911,  p.  459. 

Vels 

23./9. 

erster 

Roth 

in  litt.  29./9.  1911 

iterwald  (Mühlviertel) 

24.— 30  /9. 

Flüge 

— 

D.F.U.B.,  1911,  p.  7 

jambach-Wels 

Sept.  bis  Okt. 

zahlreich 

Watzinger 

in  litt.  2./10.  1911 

!t.  Konrad  b.  Gmunden 

6./10. 

1  St. 

LiNDORFER 

in  litt.  28./12.  1911 

5aumgarten 

7./10. 

lO./lO. 

Anf.  Okt. 

1    „ 
1    •, 

n 
POFERL 

in  litt.  2I./IO"  1911 

)<«iii  tili 
jambach 

1  ;, 

LiNDORFER 

in  litt.  18./10.  1911 

5teinerkirchen  a.  T. 

II./IO. 

9 

» 

n 

Braunau 

11. /lO. 

1  „ 

Wennrich 

V.LJ.,  1912,  No.  4 

:)teiukirchen,  Lambach 

15.   u.  17./10 

ie  1  St. 

Tratz 

— 

iio-pil 

21/10. 

1  St. 

Schikola 

Poferl  in  litt.  22./10.  1911 

TI^Cll 

Jlrichsberg 
Peuerbach 

2./11. 
5/11. 

1    ., 
1    „ 

PoFERL 

Sassi 

in  litt.  8./11.  1911 
in  litt.  lO./ll.  1911 

^chünberg 

Wels,  Mühlviertel 

23,/ll. 

1    „ 

Poferl 

in  litt.  24./11.  1911 

— 

zahlreich 

Roth 

in  litt.  10./12.  1911 

Schön au 

— 

12  St. 

)) 

)! 

Salzburg. 

Salzburg,  Umgebung 

Herbst 

sehr  viele 

Graf  Plaz 

in  litt,  ll./l.  1912 

y> 

3/10. 

1  St. 

)) 

ji 

Tirol. 

Kufstein 

Okt. 

2  St. 

Penz 

in  litt. 

Mühlau-Innsbruck 

Mitte  Dez. 

1    „ 

Schöpf 

— 

Egerdach 

27./12. 

1    „ 

Lehner 

in  litt. 

Vorarlberg. 

Bregenz 

29./10.— 2/11 

2  St. 

Bau 

in  litt.  19./11.  1911 

I  Strien. 

Pola 

4./10. 

1  St. 

SCHIAVUZZI 

— 

Dobrinj  (Veglia) 

3./11. 

1    „ 

Barac 

in  litt.  9./2.  1912 

154 


Eduard  Paul  Tratz, 


Stärke  des 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Zuges,  bzw. 

Anzahl  der 
beobachteten 

Exemplare 

Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 

Dalmatien. 

Metkovic 

27./9. 

2  St. 

Reiser 

in  litt.  20/11.  1911 

Zara 

29./9.  U.17./10. 

3    „ 

» 

in  litt.  27./11.  1911 

Zdrelac  b.  Zara 

7./1Ü. 

3    „ 

— 

Castelnuovo 

lO./lO. 

1    „ 

Reiser 

in  litt.  3./5.  1912 

Bosnien. 

Bos.-Gradiska 

28./10. 

Schar 

Reiser 

in  litt.  3./2.  1912 

Herzegowina. 

Mostar 

II./IO. 

1  St. 

Reiser 

in  litt.  20./11.  1911 

Dänemark. 

Seeland. 

Kopenhagen  und  Amager 

10/9. 

3  St. 

Lange 

D.O.F.T.,  1913,  Heft  3 

j) 

Sept.  bis  Nov. 

11    „ 

Manniche 

» 

j) 

21./9.— 11/10. 

14    „ 

Rasmussen 

n 

n 

Mitte  Sept. 

2    „ 

« 

n 

n 

II./IO. 

1    „ 

n 

n 

n 

5./10. 

2    „ 

BUCHWA1,D 

n 

Nord-Seeland. 

An  verschiedenen  Orten 

5.,  17.,  24.,  27., 

u.  29./9., 

18./10. 

1.,  2.,  6.,  10., 

22./12. 

PiRTZEL, 

Saxtorph, 

Rasmussen, 

Herning, 

Nielsen, 
Mausen 

)j 

Piude  Skov 

Herbst  u. 
Winter 

Anzahl 

Weibüll 

» 

Slangerup  Mark 

Sept. 

1  St. 

Rasmussen 

)5 

j7 

7./10. 

1    » 

Jörgensen 

n 

)) 

27./10. 

1    „ 

Scheel 

!5 

Geel  Skov 

Herbst 

— 

Hörning 

n 

Roskilde 

14./10.,10./11., 
16/11. 

— 

Manniche,  Herning, 
Colli  N 

n 

K0ge 

Sept.  bis  Nov 

— 

Schölten 

„ 

Storehedinge 

20.  u.  25./9,, 

— 

D.  0.  F. 

H 

4.,5.u.ll./10. 

Jensen 

)! 

13./11. 

Herning 

n 

Praest0 

2./10. 

2  St. 

Pedersen 

n 

)5 

6.  u.  16./10. 

über  10  St. 

n 

n    . 

Vordingborg 

Herbst 

— 

PiRTZEL 

3) 

Kallundborg 

17.,  -25..  27., 
28./9. 

— 

Lange,  Koch, 
Odder, 

)) 

1.,  7.,  21./10 

Herning 

» 

lO./ll. 

n 

)5 

Herbst 

6  St.,  20  St. 

Fredericia, 

TüLSTRUPP 

" 

Zug  des  sibirischen  Tannenhähers  durch  Europa. 


155 


Stärke  des 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Zuges,  bzw. 

Anzahl  der 
beobachteten 

Exemjjlare 

Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 

Kallundborg 

24./9. 

1  St. 

Jensen 

D.O.F.T.,  1913,  Heft  3 

r 

Okt.  u.  Nov. 

Flüge 

HWRRING 

» 

Holbaik 

4.,14.u.20./10. 

2,  1,  4  St. 

Oddek 

14.,  17./10., 

je  1  St. 

Herning 

Jl 

2./11. 

Rings  ted 

22.,  25.,  27.. 

29./9. 

je  1    „ 

Winge,  Pedersen, 
Herning 

" 

» 

14./9. 

1  9 

Rasmussen 

)7 

Sor0 

11.,  19./10. 

je  1  St. 

Olsen,  Rasmussen 

r 

Slagelse 

2B.,  27./9. 

je  1    „ 

Hammer,  Herning 

,, 

16./10. 

1  St. 

Odder 

)) 

H0ng 

— 

1    „ 

— 

)) 

Kors0r 

19./9. 

4    „ 

— 

)) 

r 

21./9..  8.,  12., 

je  1  St. 

Herning 

» 

17./10. 

j) 

20./11. 

1  St. 

Odder 

j; 

n 

16./9..  5./10. 

ca.  20  u.  1  St. 

Klinge 

)» 

Skelsk0r 

12./9. 

1  St. 

Baron  Rosenkrantz 

n 

)5 

5/10. 

1    „ 

)i 

)i 

7./10. 

2    „ 

Herning 

j) 

Jviiestned 

29./9.,  7.  a. 
26./10. 

1   bzw.   2  St. 

Odder 

?) 

J5 

Herbst 

2  St. 

Clausen 

» 

)) 

13.,  2ö.,  27. 
u.  29./9. 

je  1  St. 

Hansen 

)i 

„ 

30./9. 

1  St. 

Lakjer 

>i 

n 

Sept. 

ca.  30  St. 

Schölten 

)) 

M  0  e  n. 

Klintholm 

Herbst 

— 

Scaveniüs 

» 

Falster. 

Sii0rringe 

13./ 10. 

1  St. 

Nielsen 

n 

Oustrup  Skov 

Herbst 

1    „ 

Olsen 

r> 

n 

1.,  31/10., 
1.,  7/11. 

je  1  oder  2  St. 

)5 

" 

B0t0gaards 

Mitte  Okt. 

erster 

Andersen 

)i 

Gedser 

5./11. 

1  9 

Olsen 

11 

Xykobing 

1.  Hälfte  Nov. 
Nov. 

erster 
1  u.  2  St. 

Petersen 

n 

Sindeskov 

2./12. 

3  St. 

)) 

J7 

Umgegend  der  Stadt 

20.  u.  24/9. 
26./10. 

— 

Olsen 

n 

11 

J5 

24.(11. 

— 

„ 

n 

Njk0bing 

23.,  29./9. 

1  u.  2  St. 

Petersen 

» 

" 

3.,  4.,  12.. 
13./10. 

1  u.  2    „ 

n 

" 

H 

Herbst 

4  St. 

Olsen 

n 

29./12. 

1    „ 

LUNDAHL 

„ 

Bangsebro 

— 

Termansen 

)i 

B0d0gaard 

~ 

— 

Andersen 

n 

Zool.  Jahrb.  XXXVIf.    Abt.  f.  Syst. 


11 


156 


Eduabd  Paul  Tratz. 


Stärke  des 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Zuges,  bzw. 

Anzahl  der 
beobachteten 

Exemplare 

Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 

L  aal  and. 

Saxkobing 

Herbst 

wiederholt 

HOLCK 

D.O.F.T.,  1913,  Heft  3 

Storskoven 

2./10. 

)1 

Kring 

Nysted 

5.  u.  IT./IO. 

Olsen 

» 

Hovsengegaard 

Sept. 

mehrere 

— 

H 

57 

Herbst 

1  St. 

LiPPERT 

)1 

Maribo 

— 

1  St. 

M0LLER 

j^ 

E0dby 

21./9. 

erster 

Rasmüssen 

)1 

I) 

25.— 31./9. 

3  St. 

11 

» 

); 

14./11. 

1    „ 

Baron  Rosenkrantz 

Nakskov 

16.  u.  17./10. 

2    „ 

M0LLER 

jl 

11 

15.  u.  6./10. 

je  1  St. 

N0RGAARD,    OdDER 

Bornholm. 

seit  Sept. 

— 

Jensen 

)1 

Fyn. 

Odense 

15.,  16.,18./10. 

je  1  St. 

Hjerommus, 
Hammer, 
Herning 

V 

j, 

Herbst 

1  St. 

Steenbach 

Nyborg 

Anf.  Okt. 

4,  2,  2  St. 

Schölten 

1t 

11 

28./10. 

1  St. 

Herning 

n 

11 

5./11. 

1    11 

Sveadborg 

27./9.,  28./10., 
3/11. 

je  1  St. 

Odder 

n 

11 

Herbst 

2  St. 

— 

Faaborg 

Sept. 

— 

Fabricius 

j^ 

11 

21./10. 

1  St. 



Middelfart 

Herbst 

1    „ 

— 

,, 

Langeland. 

0sterkov 

U./IO. 

1  St. 

Hammer 

Ribe 

— 

2    „ 

Clausen 

11 

14/10. 

1    „ 

Herning 

11 

Jyllaud. 

Kolding 

l./ll. 

1  St. 

TüLSTRÜP 

11 

17./10. 

1    „ 

Odder 

,. 

11 

Herbst 

11  St. 

Windeballe 

^^ 

Fredericia 

25./10. 

1  St. 

Hammer 

,, 

n 

Herbst 

30  St. 

Windeballe 

11 

n 

18/9. 

erster 

11 

...,   ..  " 

ll./ll. 

letzter 

Vejle 

19./10. 

1  St. 

Odder 

^ 

11 

I./IO. 

1    „ 
4    „ 

SCHÄFFER 

11 

11 
Horsens 

8, 11.,  15, 18.. 

J0RGENSEN 

n 

23,  26./10. 

38  St. 

Petersen 

-Ebeltoft 

13  /lO. 

2  St. 

Herning 

» 

Grenaa 

IL,  17.  10. 

1  n.  2  St. 

!) 

n 

Zug  des  sibirischen  Tannenhähers  durch  Europa. 


157 


Stärke  des 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Zuges,  bzw. 
Anzahl  der 
beobachteten 

Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 

Exemplare 

Grenaa 

9.  u.  5/11. 

je  1  St. 

Olsen 

D.O.F.T.,  1913,  Heft  3 

ti 

Mitte  Okt.  bis 
7./11. 

n 

n 

Kauders 

Okt. 

3-4  St. 

Taaning 

n 

)) 

Herbst 

— 

Klinge 

n 

Viborg 

7,,  24./10. 

je  1  St. 

Odder,  Herning 

« 

n 

l./ll. 

1  St. 

Odder 

Skive 

30./10. 

1    „ 

» 

n 

Hobro- Mariager 

21.,  31./10. 

je  1  St. 

T? 

» 

16.,21.,28./10., 
5./11. 

je  1    „ 

Herning 

» 

Liv0 

9.  od.  lO./lO. 

1  St. 

Leth 

r> 

H 

16/10. 

1    .. 

n 

n 

Nibe 

4./11. 

1       r 

Odder 

rt 

Winter 



Thomsen 

n 

Aalborg 

Okt. 



Kalkaü 

n 

j, 

30./10. 

1  St. 

Herning 

n 

HJ0rring 

7.  u.  16./10. 

1  u.  2  St. 

N0RGAARD 

7) 

» 

8./11. 

1  St. 

Odder 

n 

Thy 

Okt. 

— 

Hansen 

n 

Herbst 

1  St. 

Windeballe 

yi 

26/11. 

1  „ 

Herning 

n 

Holstebro 

Herbst 

1  „ 

Clausen 

7> 

» 

12./10. 

1  „ 

Hansen 

n 

}) 

19./10. 

1  „ 

Herning 

n 

Rinok0biDg 

8.,  19..  20./10. 

1  u.  2  St. 

n 

n 

Staby 

Okt. 

oft 

Jeppesen 

?9 

Varde 

23./10.,  8/11. 

— 

Odder 

» 

J5 

11,13.,21./10. 

je  1  St. 

Herning 

n 

Ribe 

Herbst 

1  St. 

— 

5) 

)i 

Sept. 

1    „ 

Clausen 

n 

Sjtdland,  Langeland 

Okt. 

— 

n 

n 

Schweden. 

Ostergötland 

10./9. 

2  St. 

Ekman 

F.O.F.,  1911,  p.  233 

St.  Anna,  Gryts 

— 

überall 

)5 

)! 

Skäue  bis  Uppland 

— 

» 

Lönnberg 

» 

Unnaryd  im  Smäland 

— 

zahlreich 

n 

n 

Belgien. 

Anvers 

26-/9.— 28 /ll. 

11  St. 

V.  Havre 

Le  Gerfaut,  1912,  p.  3- 

-10 

Brabant 

5.— 27./10. 

4  St. 

j; 

,. 

West-Flandern 

Okt. 

1    „ 

r> 

« 

Ost-Flandern 

12./10.— 5./11. 

3    „ 

1) 

« 

Haiuaut 

14/10.  bis 
10/12. 

9    „ 

» 

Liege 

23./9.-14./12. 

28  St. 

)? 

n 

Limbüurg 

6./I0.-5./11. 

5  St. 

): 

n 

Luxembourg 

Okt. 

2    „ 

n 

n 

Namur 

lO./lO   bis 

18./12. 

14  St. 

)i 

n 

Verviers 

— 

— 

Gallasch 

V.I.J.,  1912,  No.  4 
11* 

158 


Eduard  Paul  Tratz, 


Stärke  des 

Ort  der  Beobachtungen 

Zeit 

Zuges,  bzw. 

Anzahl  der 
beobachteten 

Exemplare 

Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 

Holland. 

Groningen 

26./9. 

erster 

V.  Snoukaeht 

in  litt.  6./12.  1911 

j^ 

6.  u.  7./10. 

je  5  St. 

» 

15 

8,  11/10. 

2  St. 

)5 

»1 

yt 

9,  10,  13./10. 

1    „ 

)1 

55 

n 

14.,  17.,  24., 

27./10. 

je  2  St. 

)5 

n 

)5 

15.,  16.,  19., 
20.,26.,29./10. 

je  1    „ 

>1 

1) 

Boxtel 

1.— 8/10. 

mehrere 

U 

15 

23./11. 

1  St. 

51 

15 

Twello  (Gelderland) 

9  /lO. 

1    „ 

Willers 

V.U.,  1912,  No.  4 

Weert  (Limburg) 

9./10. 

1    „ 

Baron  Geyr 

in  litt.  29/3.  1912 

Frankreich. 

Daix 

2./10. 

1  St. 

Marion 

R.f.O.,  1911,  p.  207 

Dijon 

Mitte  Okt. 

3    „ 

Chaumelle 

55 

Pers-Jussy 

28./10. 

1  9 

Ghidini 

in  litt.  17./12.  1911.    Diana 

Mt.  de  Sion 

12./10. 

Flug 

55 

1911,  p.  189.    O.B.,  1912, 
p.  66 

Chars 

15./10. 

1  St. 

Baer 

R.f.O,  1911.  p.  208 

Faute 

15./10.-7./11. 

5    „ 

Seguin 

R.f.O ,  1911,  p.  312 

Garcelles-Secqueville 

15/10. 

1    „ 

Brasil 

R.f.O,  1911,  p.  319 

Douvres 

15 

1    „ 

55 

15 

Saint- Aubin-de-Bonneval 

4./11. 

1    „ 

55 

„ 

Dompierre- sur-Besbre 

Mitte  Okt. 

1    ,, 

Meilheurat 

R.f.O.,  1911,  p.  281 

Meillers,  Noyaut 

17./11. 

2    „ 

55 

15 

La  Ferte-Alais 

16./ 10. 

1    „ 

Fagart 

R.f.O.,  1911,  p.  208 

Ponts-et-Maracs 

16.10. 

1    „ 

„ 

15 

Piaines 

Mitte  Okt. 

1    „ 

BOÜGET 

„ 

Auxerre 

Okt. 

4    „ 

Millet 

R.f.O.,  1911,  p.  247 

Saiut-Genies  de  Malgoires 

31./10. 

1  9 

Hagues 

R.f.O.,  1911,  p.  208 

Gard 

— 

einzelne 

55 

15 

St.-Gatiere-des-Bois 

9./11. 

1  St. 

Ternier 

„ 

Suzane  b.  Bray-sur-Somme 

Nov. 

1    „ 

Chäbot 

R.f.O.,  1911,  p.  312 

Amiens 

Nov. 

1    „ 

n 

11 

Eu,  Eure 

— 

55 

)5 

England. 

Hempstead 

5./10. 

1-2  St.  (9) 

GüRNEY 

BB.,  1911,  p.  190 

Spar  h  am 

9./10. 

1  St.  (9) 

15 

55 

Whitechurch 

7./10. 

1  St. 

HOLLIS 

B.B.,  1911.  p.  167 

Beyton   b.    Burg    St.    Ed- 

ll./U. 

1  9 

TUCK 

B.B.,  1911,  p.  190 

munds 

Brede  (Sussex) 

2./12. 

1  9 

Ford 

B.B.,  1911,  p.  225 

Schweiz. 

Hergiswil  (Menzberg) 

8./10. 

3  St. 

Daut 

O.B.,  1912,  p.  136 

r 

14./10. 

2    „ 

15 

15 

Stein  a.  Rh. 

9.  u.  16./10. 

je  1  St. 

55 

« 

Ramsen 

5./11. 

5  St. 

15 

n 

Zug  des  sibirischen  Tannenhähers  durch  Europa.                      159 

Stärke  des 

Ort  der  Beobachtimgen 

Zeit 

Zuges,  bzw. 

Anzahl  der 
beobachteten 

Exemplare 

Beobachter,  bzw. 
Berichterstatter 

Literaturnachweis,  bzw. 
Originalnotiz 

Schweiz 

seit  lO./lO. 

überall 

V.  Burg 

O.B.,  1912,  p.  29 

Rolle 

lO./lO. 

1  ^ 

Ghidini 

in  litt.  17./12.  1911.  Diana, 
1911,  p.  189.  O.B..  1912, 
p.  66 

Schweiz 

lO./lO.— 12. 

— 

Daüt 

O.B.,  1912,  p.  136 

Zofingeu 

II./IO. 

1—2  St. 

Fischer 

Diana,  1911,  p.  189 

Genf 

seit  Mitte  Okt. 

(1  St.) 

Ghidini 

Diana,  1911,  p.  189.  O.B., 
1912,  p.  66 

,, 

12./10. 

1  St. 

ji 

)1 

Celiguy  b.  Genf 

17./10. 

1   c/-^ 

» 

Emmenthal 

seit  13./10. 

9  St. 

V.  Burg 

in  litt.  9./11.  1911.  Diana, 
1911,  p.  205.  O.B.,  1912, 
p.  135 

Eptingeu 

seitMitteOkt. 

— 

j) 

Diana,  1911.  p.  205 

)) 

l./ll. 

— 

!5 

» 

Wiggertal 

Okt. 

— 

Daut 

O.B.,  1912,  p.  135 

Zofingen 

3./11. 

1  St. 

n 

« 

Aarau 

— 

mehrere 

V.  Burg 

Diana,  1911,  p.  205 

Ost-Schweiz 

— 

in  groß.  Zahl 

Horber 

Diana,  1912.  p.  10 

Wiggertal 

bis  25./11. 

8  St. 

Daut 

O.B.,  1912,  p.  136 

Stein  a.  Rh. 

— 

2    „ 

,, 

O.B.,  1912,  p.  137 

Schweiz 

1911 

i\berall 

V.  Burg 

Diana,  1913,  p.  136 

Italien. 

Verona 

Mitte  Okt. 

1  St. 

V.  Chernel 

Aquila,  1912,  p.  11 

Schlußfolgerungen. 

Aus  Allem  geht  hervor,  daß  diese  Dünnschiiäbler-Invasion  nicht 
zu  den  stärksten  gehört,  obgleich  sie  in  manchen  Gegenden  ihres- 
gleichen noch  nie  gehabt  haben  soll. 

Eine  haltbare  Quantitätsangabe  über  die  Gäste  zu  machen,  ist 
wohl  unmöglich,  und  auch  die  Summierung  der  erlegten  Häher,  bzw. 
der  bekannten  Erlegungsdaten  bietet  keinen  zuverlässigen  Anhalts- 
punkt. Immerhin  ist  es  interessant,  die  Zahl  der  erbeuteten  Vögel, 
soweit  sie  sich  eben  prüfen  läßt,  festzuhalten.  Sie  beträgt  un- 
gefähr (für  ganz  Europa)  5000  Exemplare  —  also  eine  ganz  an- 
sehnliche Zahl.  Wenn  man  aber  bedenkt,  daß  das  nur  ein  Teil  der 
ganzen  Masse  ist  und  außerdem  auch  nicht  alle  Erlegten,  denn  es 
werden  doch  bestimmt  ebensoviel,  wenn  nicht  mehr  erbeutet  worden 
sein,  wovon  man  aber  nichts  erfahren  hat,  ferner  annimmt,  daß 
eine  große  Zahl  auf  natürlichem  Weg  verunglückte  und  zugrunde 
ging,    so  glaube  ich   ohne   irgendwelche   Überschätzung    die  Zahl 


160 


Eduard  Paul  Tratz, 


Karte  1. 
Der  Tannenhäherzug'  durch  Europa  in  der  Zeit  vom  15. — ^31.  Aug.  1911. 

der  in  Europa  im  Jahre  1911  umg-ekommenen  Schlankschnäbler  auf 
ca.  10000  Stücke  beziffern  zu  können. 

Über  die  Ursachen,  also  den  hj-pothetischen  Teil,  des  Zuges 
zu  sprechen,  ist  hier  nicht  der  Ort,  wohl  vermög'en  wir  aber  positive 
Angaben  über  die  veranlassenden  Momente  zu  machen. 

Wie  bereits  von  Tschusi  in  den  „Ornith.  Monatsberichten",  1912, 
No.  3,  p.  43 — 44,  kurz  ausführte,  war  laut  einer  Mitteilung  von 
N.  JoHANSEN,  Konservator  am  Universitätsmuseum  in  Tomsk,  die 
Veranlassung  zur  diesjährigen  Auswanderung  das  Mißraten  der 
Zirbelnüsse  in  den  Heimatsgebieten  des  Hähers.  Auch  F.  Mallner 
(vgl.  W.  u.  H. ,  1912,  p.  69)  berichtet  aus  dem  Altai  in  diesem 
Sinne,  wie  folgt:  „Schon  im  Herbst  1910  war  die  Zirbelnußernte 
eine  nur  mäßige,  so  daß  die  Taunenhäher  gegen  Neujahr  die  Zirbel- 
wälder verließen  und  ihre  Nahrung  in  den  Kiefernregionen,  in 
welchen  sie  sonst  ganz  fehlten,  suchten.    Im  Jahre  1911   sind  die 


Zug  des  sibirischen  Taimeuhähers  durch  Europa. 


161 


Karte  2. 
Der  Tauiienhäherzug-  durch  Europa  in  der  Zeit  vom  1. — 15.  Sept.  1911. 

Zirbelnüsse  völlig-  mißraten,  nnd  die  Tannenhäher  sind  spurlos  ver- 
schwunden. Bei  einer  dreitägigen  Fahrt  durch  dichten  Zirben-  und 
Tannenwald,  im  Dezember,  wo  man  im  Sommer  viele  Hunderte  be- 
obachten konnte,  sah  ich  nicht  ein  einziges  Stück."  —  Diese  beiden 
Angaben  sprechen  wohl  deutlich,  daß  auch  diesmal  die  Ver- 
anlas s  u  n  g  zum  Auswandern  der  sibirischen  Tannen- 
häher  das  Mißraten  der  Zirbelnüsse  (ihrer  Haupt- 
nahrung) in  den  H e i m a t s g e b i e t e n  war. 

Nach  dem  vorliegenden  Beobachtungsmaterial  erstreckte  sich 
der  Zug  von  Baikalien,  also  dem  süd-östlichen  Sibirien  und 
dem  Altai,  durch  die  Kirgisensteppe  nach  Mittel-Rußland 
und  wendete  sich  dann  in  ausgesprochen  westlicher  Richtung  nach 
Deutschland,  bzw.  Dänemark,  dem  südlichen  Schweden, 
Holland  und  Belgien,  dem  nördlichen  und  mittleren  Öster- 
reich-Ungarn und  der  Schweiz.    Bedeutend  geschwächt  wurde 


162 


Eduard  Paul  Tratz, 


Karte  3. 
Der  Tannenhäherzug'  durch  Europa  in  der  Zeit  vom  15.— 30.  Sept.  1911. 


er  ferner  noch  in  Frankreich,  England  und  Italien  bemerkt 
Er  erstreckte  sich  somit  über  eine  ungefähre  Längenausdehnung  von 
110  Graden,  bzw.  ca.  12  200  km. 

Die  wiederholt  geäußerte  Ansicht,  daß  dieser  Zug  eine  nordost- 
südwestliche Richtung  inne  hielt,  kann  eigentlich  auf  Grund  des 
gesamten  vorliegenden  Materials  nicht  bestätigt  werden,  wohl  aber 
die  Tendenz  nach  einer  fächerartigen  Ausbreitung  in  Europa,  wobei 
dies  naturgemäß  im  südlicheren  Mittel-Europa  besonders  stark  zur 
Geltung  kam.  —  Nach  der  überaus  großen  Massenhaftigkeit  des 
Zuges  im  nördlichen  Mittel-Europa  zu  schließen,  hatte  der  Zug  eine 
Ost-West-Kichtung.  Es  ist  übrigens  sehr  schwer,  die  tatsächliche 
Zugrichtung,  soweit  von  einer  solchen  in  diesem  Fall  überhaupt  die 
Rede   sein   kann,    festzustellen,    da   uns   sowohl    aus   dem    Norden 


Zug  des  sibimcheu  Tanuenhähers  durch  Europa. 


163 


Karte  4. 
Der  Tanuenhäherzug  durch  Europa  in  der  Zeit  vom  1.— 15.  Okt.  1911. 


Europas  wie  aus  dessen  Süden  jede  Nachricht^)  (auch  negative) 
fehlt.  Die  nördlichsten  Beobachtungen  liegen  uns  aus  dem  südlichen 
Schweden  vor,  die  südlichsten  aus  Dalmatien  und  Bosnien- 
Herzegowina,  in  welch  letzterem  Land  die  ersten  Belegstücke 
vom  macrorhynchos  überhaupt  erbeutet  wurden. 

In  Zentral- Asien  und  zwar  umirkutsk  und  im  Altai  begann 
der  Zug  im  Sommer.  Ende  Juli  wurden  die  ersten  Vögel  bereits  in 
Rußland  und  im  östlichen  Deutschland  gesehen.  Jedoch  waren 
das  nur  Vorläufer.  Der  eigentliche  Zug  begann  in  Rußland  erst 
in  der  Mitte  vom  August.  In  Deutschland  nahm  er  seinen  An- 
fang im  ersten  Drittel  des  Septembers  (es  sollen  jedoch  Flüge  schon 
im  Juli  in  Ost-Deutschland  gesehen  worden  sein),   ebenso  in 


1)  Nach  einer  Mitteilung  von  EOB.  Ritter  v.  DOMBROWSKI-Bukarest, 
kamen  in  Rumänien  keine  Dünnschnäbler  zur  Beobachtung. 


164 


Eduard  Paul  Tratz. 


Karte  5. 
Erste  Ankunftsdaten  des  Tannenhähers  im  mittleren  Europa  im  Jahre  1911. 

Österreich -Ungarn,  Dänemark  und  Schweden.  Gegen 
Ende  des  Septembers  macht  er  sich  auch  in  Belgien  und  Holland 
bemerkbar,  und  in  den  ersten  Oktobertagen  hat  er  bereits  Frank- 
reich, England,  die  Schweiz  und  wahrscheinlich  auch  Italien 
erreicht.  —  Über  den  Beginn  des  Zuges  in  den  einzelnen  Teilen 
(Provinzen)  der  europäischen  Länder  gibt  die  nachfolgende  Zu- 
sammenstellung- Aufschluß. 


Die  ersten  Beobachtungen  in  den  einzelnen  Ländern. 

Asien. 


Irkntsk.      Anfang  Sommer. 


Altai. 


Sommer. 


Zug-  des  sibirischen  Taunenhähers  durch  Europa. 


165 


Eur 

opa. 

Siebenbürgen 
Mähren 

15./9. 
20./9. 
20./9. 

Rußland. 

Niederösterreich 

Gouv. 

Ende  Juli 

Oberösterreich 

23./9. 

)^ 

Tschernigoff'lO./S.                        ] 

Kroatien 

24./9. 

1« 

Pskoff 

Mitte  Aug. 

Dalmatien 

27./9. 

it 

Orol 

18./8. 

Steiermark 

3./10. 

51 

Livland 

2.  Hälfte  Aug. 

Salzburg 

3./ 10. 

n 

Kief 

20./8. 

Tirol 

Okt. 

Radom 

20./8. 

Herzegowina 

II./IO. 

n 

Pensa 

Aug. 

Bosnien 

28./10. 

» 

Vilno 

Ende  Aug. 

Vorarlberg 

29./10. 

1": 
5- 

Sedlez 
Petrokoff 

Sept. 
2./ 10. 

Istrien 

3./I1. 

11 

Podolien 

Mitte  Okt. 

Dänemark. 

Poltava 

31./10. 

11 

Seeland 

10./9. 

Deutschland. 

Jütland 

18./9. 

Westpreußen 

Bayern 

Ostpreußen 

Schlesien 

Pommern 

Ende  Juli 

7./8.  (?) 
Ende  Aug. 
Anf.   Sept. 
8./9. 

Falster 

Laaland 

Bornholm 

Fyn 

Langeland 

20./9. 
21./9. 
Sept. 

27./9. 
II./IO 

Branc 

Meckl 

enburg 
enburg 

12. /9. 
15./ 9. 

Seh 

w  e  d  e  n. 

Kgr. 

Sachsen 

16./9. 

Östergötland 

10./9. 

Lübeck 

17./9. 

Württemberg 

17/9. 

Be 

[gi  en. 

Posen 

18./9. 

Hannover 

19./9. 
19. /9. 

Liege 

23./9. 

Anhalt 

Anvers 

26./9. 

Schles 

wig-Holstein  23./9. 

Brabant 

5./10. 

Prov. 

Sachsen 

24./9. 

Limbourg 

6./10. 

Westfalen 

25./9. 

Nämur 

lO./lO 

Prov. 

Hessen 

26./9. 

Ost- Flandern 

12./10 

Groß! 

irze^t.  Hessen  26. /9. 

Hainaut 

14./10 

Thüring.  Staaten 

27./9. 

West-Flandern 

Okt. 

Braunschweig 

Ende   Sept. 

Luxembourg 

Okt. 

Rheinprovinz 
Baden 

I./IO. 
3./10. 

Ho 

Hand. 

Bremen 

3./10. 

Groningen 

26./9. 

Elsaß 

4./10. 

Lippe 

7./10. 

Frar 

kr  eich 

Rhein 

pfalz 

Anf.  Okt. 

Dep.  Cote  d'Ors 

2./10. 

Osterreic 

h-  Ungarn. 

„      AUier 

15./10 

Ungarn 

Ende  Aug. 

„      Seine-et-Oise  15./ 10 

Böhmen 

8./9. 

„      Vendee 

15./10 

IQQ  Eduard  Paul  Tratz, 


Dep.  Calvados  15./10. 

,,  Seine  Infer.     16.  10. 

,,  Aube  2.  Hälfte  des  Okt. 

.,  Jone  Okt. 

„  Haute  Savoie  28.  10. 


,,      Gard 
„      Orne 

31. /lO, 
4.  11. 

England. 

Hertford 
Sussex 

5./10. 
2.  12. 

Seh 

weiz. 

Unterwaiden 

8.  10. 

Thurgau 

9.  10. 

Waadt 

10.,  10. 

Aargau 

11.  10. 

Genf 

12./10. 

Bern 

13./ 10. 

Baselland 

Mitte  Okt. 

Luzern 

Okt. 

Ita 

lien. 

Verona 

Mitte  Okt, 

Die  Hauptinvasion,  also  die  eigentliche  Masse,  war  in  Ruß- 
land von  Mitte  August  bis  in  die  ersten  Tage  des  Septembers.  In 
Deutschland  wurde  sie  von  Mitte  September  bis  Mitte  Oktober 
bemerkt,  ebenso  in  Österreich-Ungarn  und  Dänemark.  In 
Schweden  war  sie  Ende  September,  in  Belgien  Mitte  Oktober, 
in  Holland  und  Frankreich  in  der  zweiten  Hälfte  des  Oktobers 
(vgl.  hierzu  die  Karten  No.  1—4  und  die  nachfolgende  Tabelle). 

Von  da  ab  flaute  der  Zug  wieder  merklich  ab.  hörte  zum  Teil 
ganz  auf,  was  wohl  durch  die  Unmenge  von  zugrunde  gegangenen, 
bzw.  getöteten  Vögeln  bedingt  wurde,  und  schien  somit  seiner  ur- 
sächlichen Bestimmung  des  „Todwanderns"'  (cf.  0.  Kleinschmidt, 
Berajah  1910,  Corvus  Nucifraga.  p.  22)  gerecht  geworden  zu  sein. 

Der  Zug  verlief  sehr  gleichmäßig;  es  war  ein  allmähliches,  un- 
unterbrochenes Vordringen.  Nach  Allem  zu  schließen,  hatte  dabei 
die  Witterung  fast  gar  keinen  oder  nur  lokalen  Einfluß.  Das  dürfte 
wohl  zum  guten  Teil  einerseits  auf  die  „Wetterfestigkeit"  der  Häher, 
andrerseits  auf  ihr  strichweises  und  verhältnismäßig  doch  sehr 
niederes  Fliegen  (im  Gegensatz  zu  den  echten  Zugvögeln)  zurück- 
zuführen sein.  Überaus  interessant  sind  übrigens  die  vorliegenden 
Beobachtungen  über  den  Flug  bzw.  das  Ziehen  der  Häher.  —  Aus 
ihnen  geht  nämlich  hervor,  daß  zu  Beginn  des  Zuges  ein  oft  durch 
Tage  währendes,  ununterbrochenes  Fliegen  von  größeren  Trupps  in 
mäßiger  Höhe  stattfand.  Eine  diesbezügliche  Nachricht  aus  dem 
Altai  (vgl.  W.  u.  H.,  1912,  p.  69)  besagt,  daß  Ende  August  die  Häher 
in  ungeheuren  Mengen  von  Ost  nach  West  ziehend,  zuerst  in  Trupps 
von  20 — 30  Stück,  später  ununterbrochen  in  großen  Schwärmen  be- 
obachtet wurden,  und  zwar  durch  3  Wochen  hindurch,  in  gleicher 
Zugrichtung,  bei  klarem  Wetter  hoch  in  schnellern,  ununterbrochenen 
Flug,  bei  trübem  Wetter  tief  und  öfters  Aufenthalt  nehmend.    Auch 


Zug  des  sibirischen  Tannenhähers  durch  Europa.  167 

in  Rußland  werden  Ende  August  bis  Anfang-  September  „große 
Züge  in  kleinen  Truppen"  bemerkt.  Im  Deutschen  Reich 
werden  größere  Gesellschaften,  im  Osten  bis  Ende  September,  im 
nördlichen  Mittel- Deutschi  and  bis  Anfang  Oktober,  in  West- 
Deutschland  überhaupt  keine  beobachtet.  In  Ungarn  werden 
Ende  August  Flüge  von  10—30  Stück,  von  Ost  nach  West  ziehend 
gesehen,  zum  Teil  auch  noch  im  September.  In  Österreich 
werden  im  Laufe  des  Septembers  größere  Schwärme  beobachtet.  Im 
ganzen  westlichen  Europa  werden  aber  keine  größeren  Trupps 
bemerkt. 

Daraus  geht  hervor,  daß  der  Wanderzug  der  Häher  tatsächlich 
etwas  zugvogelartiges  an  sich  hat,  wenigstens  so  lauge  als  seine 
Scharen  noch  halbwegs  ungelichtet  sind,  und  dies  übrigens  dort,  wo 
ihnen  am  wenigsten  Verfolgung  zustößt,  auch  beibehält,  wie  z.  B.  an 
den  Küsten  Deutschlands.  —  Für  den  teilweise  echten  Zugcharakter 
des  Häherzuges  spricht  auch  die  Beobachtung  Thienemann's,  der 
sagt  (vgl.  Tischler,  in  Falco,  1912,  No.  4):  „Mitunter  erinnerte  der 
Zug  an  den  Herbsthäherzug  an  den  besten  Tagen.  Binnen  wenigen 
Minuten  flogen  30 — 40  Tannenhäher  über  ein  Gestell." 

Im  Westen  Europas,  auch  im  südlichen  Mitteleuropa  ist 
allerdings  von  einem  echten  Zugcharakter  der  Wanderung  nichts 
mehr  zu  bemerken.  Die  Häher  haben  sich  einerseits  infolge  Nahrungs- 
suche, andrerseits  durch  die  überaus  starke  Verfolgung  verteilt,  bzw. 
sind  dezimiert  und  treten  daher  in  diesen  erst  später  aufgesuchten 
Gegenden  nur  mehr  einzeln  oder  höchstens  in  Gesellschaften  von 
2 — 4  Stücken  auf.  Ausnahmen  gibt  es  allerdings  auch  da,  aber 
selten. 

Wie  das  Wetter,  so  scheint  auch  das  Gelände  die  Häher  nicht 
zu  beeinflussen,  denn  irgendwelche  markante  temporale  Unterschiede, 
bezüglich  der  Ankunft  in  der  Ebene  und  im  Gebirgsland,  sind  nicht 
ersichtlich. 

Bezüglich  der  Wahl  ihres  Aufenthaltsortes  sind  die  Häher 
überaus  gleichgültig.  Sie  kommen  im  Wald  und  an  dessen  Rändern 
genau  so  vor  wie  auf  Wiesen,  Feldern,  Äckern,  Hecken,  Gärten, 
Höfen  von  Häusern,  Straßen  usw.  oder  auf  Bäumen,  Sträuchern, 
Stauden,  Giebeln  von  Häusern  und  mit  besonderer  Vorliebe  auf  dem 
Boden  usw.  vor. 

Ein  Beobachter  aus  Nieder- Ost  erreich  berichtet  uns  über 
das  Baden  von  ca.  20  Stück  in  einer  Wasserlache  (vgl.  D.F.u.B., 
1911,  p.  8). 


168 


Eduard  Paul  Tbatz. 


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Zug  des  sibirischen  Tannenhähers  durch  Europa.  169 


O 


170  Eduard  Paul  Tratz, 

Oft  genug"  ist  die  große  Scheulosigkeit  der  sibirischen  Gäste 
liervorgehoben  und  deren  Ursache  besprochen  worden,  so  daß  ich 
mich  darüber  hier  nicht  weiter  auszulassen  brauche.  Von  scheuen 
Vögeln  sind  nur  wenig  Fälle  bekannt  und  die  nur  aus  dem  späteren 
Verlauf  des  Zuges,  also  wohl  Häher  betreffend,  die  bereits  beschossen, 
beworfen  oder  dgl.  wurden. 

Meist  verhielten  sich  die  Häher  still,  nur  einmal  wird  ein 
,.schnarrender  Ruf  (vgl.  V.I.J.,  1912,  No.  4,  p.  54),  ein  „heiseres 
Krächzen"  (vgl.  V.I.J..  1912,  No.  4,  p.  60),  ein  ,.mörderisches  Schreien" 
(Hennemann,  O.J.,  1912,  p.  66)  erwähnt,  und  Kollibay  berichtet  in 
seinem  Artikel  (s.  p.  126)  von  einem  Stück,  das  unaufhörlich  sehr 
laut  krächzte. 

Des  den  Hähern,  ebenso  wie  den  Spechten,  eigentümlichen 
Hämmerns  wird  des  öfteren  Erwähnung  getan.  —  Einmal  wird  auch 
von  einem  auf  einen  Steinkauz  stoßenden  Häher  berichtet  (W.u.H, 
1911,  p.  741). 

Im  übrigen  scheinen  die  Häher  von  Raubvögeln  nur  selten  ge- 
schlagen zu  werden.  Im  ganzen  vorliegenden  Material  sind  nebst 
2  Angaben  über  tot  gefundene  nur  2  Fälle  von  „geschlagenen" 
V'ögeln  vorhanden. 

Die  Konstitution  der  Häher  war  zu  Beginn  des  Zuges  durchaus 
sehr  gut.  Meist  waren  sie  gut  bei  Leibe,  zum  Teil  auch  fett.  Gegen 
Ende  des  Zuges  jedoch,  in  Deutschland  und  Österreich  ca.  im 
Oktober,  waren  sie  bedeutend  abgemagert. 

Was  nun  die  Nahrung  der  Gäste  betrifft,  so  scheinen  sie  in  der 
Tat  alles,  was  nur  irgendwie  aufzunehmen  und  genießbar  schien, 
verzehrt  zu  haben.  Es  ist  völlig  unmöglich,  hier  alle  diesbezüg- 
lichen Untei'suchungen  zu  rekapitulieren  oder  aufzuzählen,  und  ich 
glaube,  es  genügt  vollauf,  um  ein  klares  Bild  über  diese  gefiederten 
„Omnivoren"  zu  bekommen,  wenn  nur  die  augenfälligsten  Be- 
obachtungen bzw.  Untersuchungen  angeführt  werden. 

Die  Hauptnahrung  bestand  in  vegetabilischer  Kost.  Davon  zogen 
sie  naturgemäß  die  Samen  von  Nadelholzarten,  wie  von  Fichten, 
Tannen,  Föhren,  Weymouthkiefern  usw.,  besonders  vor;  daneben 
wurden  aber  die  Beerenfrüchte,  speziell  die  der  Eberesche,  mit  Vorliebe 
genommen.  Pflaumen,  auch  \^'eintrauben  und  Brombeeren,  ebenso 
Eicheln,  auf  Äckern  aufgelesene  Roggenkörner,  Buchweizen,  Samen 
von  Hanfstauden  und  Sonnenblumen.  Tomatenäpfel  usw.,  sonder- 
barerweise auch  wiederholt  Wal-  und  Haselnüsse  dienten  ihnen  als 
hauptsächliche  Nahrung.    Im  Großen  und  Ganzen  bildete  ihre  Haupt- 


Zug  des  sibirischen  Tannenhähers  durch  Europa.  171 

nahrung"  eben  stets  die  den  einzelnen  Gegenden  eigene  und  dort 
auch  besonders  reichlich  vorkommende  Frucht. 

Die  animalische  Kost  war  ebenfalls  sehr  mannigfaltig.  Die 
karge  Kost  des  Insektenfressers,  wie  die  des  Raubvogels,  fand  in 
•den  Hähern  ihren  Abnehmer.  Am  häufigsten  wurden  Kuh-  und 
Pferdedung  nach  Insecten  durchstöbert.  Magenunteisuchungen 
lehrten,  daß  sie  vorwiegend  kleine  und  große  Käfer,  meist  Mist- 
käferarten, nebst  Würmern  und  \¥espen  —  von  diesen  plünderten  sie 
zuweilen  die  Nester  und  fingen  die  einzelnen  Tiere  im  Fluge  —  auf- 
nahmen. Auch  Ameisen,  Engerlinge,  Drahtwürmer,  Schaben,  Grillen, 
Kieferspannerraupen,  Puppen  usw.  verzehrten  sie;  kleine  Schnecken 
gleichfalls,  und  die  Feldmäuse  hatten  in  ihnen  eifrige  Verfolger. 
Aus  Mähren  wird  beispielsweise  berichtet,  daß  dort  einige  Exemplare 
ausschließlich  Feldmäuse  fingen.  Kleine  Vögel  und  selbst  Schlangen 
(Kreuzottern,  vgl.  Laubmann,  V.O.G.B.,  Vol.  11,  1913)  wurden  gekröpft. 

Die  Aufnahme  von  Steinchen  wurde  natürlich  auch  wiederholt 
festgestellt. 

KoLLiBARY  berichtet  übrigens  noch,  daß  mehrfach  intensives 
Aufnehmen  von  Wasser  beobachtet  wurde. 

Zum  Schlüsse  seien  noch  einige  Bemerkungen  über  das  Alter, 
-die  systematische  Stellung,  Abnormitäten  usw.  der  Vögel  dieses 
Zuges  gemacht. 

Wie  fast  bei  allen  bisher  eingehender  erforschten  Zügen  der 
Tannenhäher  waren  auch  diesmal  die  Wanderer  meist  oder  über- 
haupt junge  Vögel.  Es  finden  sich  leider  in  den  einzelnen  Berichten 
zu  wenig  Vermerke  darüber,  aber  auch  alle  von  mir  untersuchten 
Vögel  waren  junge. 

Das  Hauptkontingent  der  Zügler  stellten  die  Dünnschnäbler 
(Nucifraga  caryocatactes  macrorhyncJws  Brehm);  diesen  beige- 
mischt bzw.  angeschlossen  haben  sich  auch  dickschnäbelige  Tannen- 
liäher  (Nucifraga  caryocatactes  caryocatactes  (L.)).  Eingehendere 
Untersuchungen  lassen  sich  leider  infolge  Mangels  an  umfang- 
reicherem Notizenmaterial  nicht  anstellen.  In  gewissen  Teilen 
Deutschlands  scheinen  aber  die  Dickschnäbler  verhältnismäßig  zahl- 
reich gezogen  zu  sein.  So  werden  z.  B.  aus  Norddeutschland,  aus 
Brandenburg  und  Pommern,  nicht  weniger  als  9  erbeutete 
Dickschnäbler  angeführt.  —  In  Holland  wurde  nach  Snoukaert 
VON  Schauburg  ebenfalls  1  Stück  erlegt,  das  der  erste  Nachweis 
des  Dickschnabels  für  Holland  ist  (in  litt.  6./12.  1911). 

Abnormitäten   werden   sich  natürlich   vielfach  gefunden  haben. 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  12 


172  E.  P.  Tratz,  Zug  des  sibirischen  Tannenhähers  durch  Europa. 

Verzeichnet  sind  leider  nur  zwei.  Einmal  wird  von  einem  kolbig^ 
verdickten  Unterschnabel,  in  dem  sich  eine  Haselnuß,  deren  Schala 
wie  poliert  war,  festgeklemmt  hatte,  Erwähnung-  getan  (s.  From- 
HOLZ,  O.J.,  1913,  p.  100),  und  das  andere  Mal  wird  von  einem  „er- 
heblich verlängerten  Oberschnabel"  berichtet  (vgl.  Rüdiger,  Z.f.O.O.y. 
1912,  No.  2). 

Durchaus  möglich  ist  es,  daß  sich  an  dem  Zug  auch  noch  andere- 
Formen  des  Tannenhähers  in  vereinzelten  Exemplaren  beteiligten^ 
So  wird  man  unwillküi'lich,  obzwar  es  nicht  ohne  weiteres  ange- 
nommen werden  kann,  bei  dem  von  Hannover  (Leege,  O.Ms.,  1912,. 
p.  283 — 284)  erwähnten  „ausnehmend  kräftig  gefleckten"  Häher  an 
rothschildi  zu  denken  verleitet.  Eine  Nachprüfung  wäre  daher 
sehr  erwünscht.  Die  beiden  aus  Brandenburg  angeführten 
Häher,  deren  Rückengefieder  „recht  hellfahl"  war,  dürften  wahr- 
scheinlich aberraute  Stücke  gewesen  sein. 

Hiermit  ist  über  die  wesentlichsten  Erscheinungen  des  1911er 
Tannenhäherzuges  berichtet  worden,  und  es  würde  sich  nur  nocli 
erübrigen  über  das  Ende,  bzw.  den  Rückzug  desselben  zu  sprechen. 

Soweit  das  vorliegende  Beobachtungsmaterial  einen  Schluß  zu- 
läßt, ist  der  weitaus  größte  Teil  der  Häher  in  Europa  und  zwar  im 
mittleren  Europa  zugrunde  gegangen.  Vereinzelte  Exemplare,  und. 
vielleicht  sogar  kleine  Trupps,  vom  Glück  besonders  begünstigt,  er- 
hielten sich,  überdauerten  den  Winter  (darüber  liegen  mir  mehrere 
Beobachtungen  vor)  und  traten  nun  im  Laufe  des  kommenden 
Jahres,  mehr  oder  weniger  direkt,  einen  Rückzug,  allerdings  wer 
weiß  wohin,  an.  —  Von  einem  oifenbar  direkten  Rückzug  liegt  mir 
übrigens  auch  eine  Angabe  vor,  und  zwar  eine  sehr  interessante. 
Kustos  V.  Führer  in  Kronstadt  in  Siebenbürgen  beobachtete 
nämlich  am  27.  März  1912  um  7  h  a.  m.  eine  Schar  von  über 
100  Stück  bei  Nordwind  ungefähr  200  m  hoch  in  östlicher  Richtung 
fliegend.  —  Ob  es  sich  hierbei  auch  tatsächlich  um  Dünnschnäbler 
handelte,  läßt  sich  allerdings  nicht  positiv  nachweisen,  immerhin  ist 
es  möglich!  —  Weitere  Angaben  über  einen  eventuellen  wirklichen. 
Rückzug  liegen  mir  nicht  vor.  Im  Übrigen  läßt  sich  ein  Rückzug,, 
genau  so  wie  die  Art  der  Einwanderung,  deren  Schnelligkeiten, 
sowie  sonstige  biologische  Momente,  positiv,  nur  mit  Hilfe  des  Ring- 
experiments nachweisen. 


Nachdruck  verboten, 
jjhersetzungsrecht  vorbehalten. 


Zoologische  Studien  an  Hummeln.') 

IIa.  Berichtigungen  und  Ergänzungen  zu  I  und  II  nebst 
theoretischen  Bemerkungen  zur  Methodik  der  Hummelforschung. 

Von 

Dr.  H.  Friese       und    Prof.  Dr.  F.  v.  Wagner 

(Schwerin  i.  M.)  (Graz). 

Mit  Tafel  8. 


Inhaltsverzeichnis. 
Einleitung. 

I.  Teil.     Berichtigungen  und  Ergänzungen. 

A)  Berichtigungen. 

B)  Ergänzungen. 

Anhang.       Zur    Bezeichnungsweise     der     Formengruppen     bei     den 
Hummeln. 

II.  Teil.      Zur  Methodik  der  Hummelforschung :    0.   VoGT,  Die  Hummeln 

und  wir. 

A)  0.   Vogt,   Die  Hummeln  und  das  Artproblem. 

B)  0.   Vogt's  Methodik  und  die  Hummeln. 

C)  Die  Hummeln  und  wir. 

Einleitung. 

Die  vorliegende  kleine  Publikation  ist  kein  neues  Glied  in  der 
programmgemäßen  Folge  unserer  „Zoologischen  Studien  an  Hummeln", 


1)  Vgl.  Zool.  Jahrb.,  Vol.  29,  Syst.,   1909,  p.  1—104  u.  Suppl.  15, 
Bd.   1,   1912,  p.   155—210. 

12* 


J74  H.  Friese  und  F.  v.  Wagner, 

hängt  aber  mit  dem  Gegenstande  dieser  Studien  so  unmittelbar  zu- 
sammen, daß  wir  sie  in  die  Reihe  derselben  aufgenommen,  aber 
durch  die  Bezeichnung  IIa  in  ihrer  Besonderheit  kenntlich  gemacht 
haben. 

In  unserer  Abhandlung  II,  die  die  Hummeln  der  Arktis,  des 
Hochgebirges  und  der  Steppe  behandelt,  ist  durch  widrige  Umstände 
in  einer  Anzahl  Figuren  der  letzten  Tafel  (tab.  9)  die  Farbengebung 
nicht  entsprechend,  besonders  die  Rotfärbung  nicht  genau  wieder- 
gegeben worden,  und  dies  auch  bei  Formen,  die  aus  unserer  Ab- 
handlung I  wiederholt  wurden,  so  daß  ein  Vergleich  dieser  letzteren 
mit  den  ursprünglich  gegebenen  Bildern  den  Leser  in  Verlegenheit 
setzen  muß,  welche  der  beiden  Darstellungen  nun  die  richtige  sei. 
Eine  solche  Sachlage  wirkt  irreführend  und  bedeutet  daher  einen 
Mißstand,  dessen  tunlichst  rasche  Beseitigung  selbstverständliche 
Pflicht  ist.  Unsere  erste  Absicht  war,  die  Richtigstellung  anhangs- 
weise mit  der  Abhandlung  III  unserer  „Studien",  deren  Gegenstand 
die  asiatischen  (sibirischen)  Hummeln  sind,  zu  verbinden.  Dieser 
Plan  mußte  indes  fallen  gelassen  werden,  da  sich  bei  näherem  Zu- 
sehen herausstellte,  daß  wir  wohl  nicht  imstande  sein  werden,  vor 
Ablauf  von  2—3  Jahren  jene  Abhandlung  den  Fachgenossen  vorzu- 
legen. Auf  eine  so  weite  Zukunft  aber  durfte  unsere  Korrektur 
begreiflicherweise  nicht  vertagt  werden.  Wir  entschlossen  uns  da- 
her, dieselbe  sofort  in  einer  besonderen  Publikation  vorzunehmen, 
ein  Ausweg,  der  sich  uns  auch  dadurch  empfahl,  daß  uns  damit 
Gelegenheit  gegeben  wurde,  neben  der  Erledigung  einiger  anderen 
kleinen  Berichtigungen  und  Ergänzungen  zu  den  eigenartigen  Aus- 
führungen 0.  Vogt's  Stellung  nehmen  zu  können,  die  dieser  Forscher 
in  den  letzten  Jahren  veröffentlicht  hat. 

Demnach  zertällt  unsere  Arbeit  naturgemäß  in  zwei  Teile.  Der 
erste  bringt  die  Berichtigungen  und  Ergänzungen  zu  den 
beiden  früheren  Abhandlungen  I  und  II,  der  zweite  dagegen  enthält 
theoretische  Darlegungen,  die  im  xlnschlusse  an  unsere  Auseinander- 
setzung mit  Vogt's  Ansichten  insbesondere  die  Methodik  der 
Humraelforschung  zum  Gegenstande  haben. 


Zoologische  Studien  an  Hummeln.     IIa.  175 

I.   Teil. 
Berichtiguiii^eii  und  Ergänzungen. 

A)   Berichtigungen. 

a)  Bei  Bonibus  pomorum  var.  armeniacus  Rad.  ist  das  Segment  6 
schwarz  (Taf.  8  Fig.  1).  Diese  Schwarzfärbung  ist  besonders  hervor- 
zuheben, weil  darin  das  sinnenfälligste  Unterscheidungsmerkmal  von 
B.  niveatus  var.  sulfureus  gelegen  ist,  was  um  so  beachtenswerter 
erscheint,  als  beide  Formen  in  Kleinasien  zusammen  vorkommen 
(vgl.  Lit.  6,  tab.  6  iig.  13  und  7,  tab.  9  fig.  22). 

b)  Für  Bombus  subterraneus  var.  frisius  Verhoeff  hat  Alfken 
gezeigt  (Lit.  3,  p.  79),  daß  dieselbe  von  B.  subterraneus  var.  distin- 
guendus  Mor.  nicht  verschieden  ist.  Unsere  ganz  gelb  behaarte 
Form  ist  daher  neu  zu  bezeichnen;  wir  geben  ihr  den  Namen  var. 
flavidissimus  n.  v.  (vgl.  Lit.  6,  tab.  6  flg.  17). 

c)  Das  Rotbraun  in  fig.  7—15,  fig.  20  und  fig.  24  auf  tab.  9  (Lit.  7) 
war  zu  intensiv  ausgefallen  und  dadurch  irreführend ;  es  handelt  sich 
um  eine  mehr  braungelbe  Färbung,  so  wie  sie  bereits  in  Lit.  6, 
tab.  5  zur  Darstellung  gekommen  ist  (Taf.  8  Fig.  2 — 12). 

B)  Ergänzungen. 

a)  Bombus  hortorum  var.  transigens  (Taf.  8  Fig.  13)  ist  eine 
neue  Form,  die  in  der  Färbung  zwischen  dem  typischen  B.  hortorum 
(vgl.  Lit.  6,  tab.  7  fig.  1)  und  der  var.  opulentus  (vgl.  Lit.  7,  tab.  9 
fig.  23)  vermittelt,  also  eine  Übergangsform  darstellt,  die  um  so 
interessanter  ist,  als  sie  aus  dem  Kaukasus  (Murut)  stammt,  dem- 
nach- von  unserem  Alpengebiet  durchaus  geschieden  ist,  in  dem  beide 
Formen  sonst  konstant  und  auch  nebeneinander  vorkommen. 

b)  Hier  sei  auch  eine  neue  Färbungsform  des  Bombus  derha- 
mellus  angeführt,  die  kürzlich  von  M.  Müller  als  var.  rutüus  be- 
schrieben worden  ist  (Lit.  12,  p.  121).  Sie  stammt  aus  der  Mark 
Brandenburg  und  zeigt  das  cJ  des  typischen  B.  derhamellus  mit 
einer  fuchsrot  behaarten  Thoraxscheibe  ausgestattet.  Da  uns  das 
Tier  nicht  vorliegt,  müssen  wir  von  einer  Abbildung  desselben  einst- 
weilen absehen. 

c)  Für  Bombus  subterraneus  var.  latreiUellus  ist  als  südlichster 
Fundort  nunmehr  Bozen  anzugeben,  wo  diese  Form  bei  Siegmunds- 
kron  auf  einem  Feld  von  Lamium  purpureum  am  19.  April  dieses 
Jahres  (1913)  von   uns  gefangen  wurde.    Das  Collare  zeigt  in  der 


176  H.  Friese  und  F.  v.  Wagner, 

gelben  Binde  viele  schwarze  Haare  und  tritt  deshalb  nur  schwach 
hervor,  das  Scutellum  besitzt  nur  am  Hinterrande  einen  Kranz  gelber 
Haare,  und  die  weiße  Endbehaarung  zeigt  besonders  auf  Segment  4 
auch  viele  schwarzbraune  Härchen,  so  daß  das  Weiß  schmutzig 
wird  und  sich  nicht  mehr  scharf  abhebt.  Damit  nähert  sich  diese 
Form  der  typischen  Färbung  von  B.  subterraneus.  —  Als  östlichster 
Punkt  seiner  Verbreitung  ist  Djarkent  (Turkestan)  zu  nennen,  von 
wo  uns  ein  $  zu  Gesicht  kam,  das  durch  reichliche  Gelbfärbung 
ausgezeichnet  war. 

d)  Auch  bezüglich  Bomhus  confusus  können  wir  jetzt  Bozen  als 
den  südlichsten  Fundort  bezeichnen.  Wir  fingen  auf  demselben 
Felde  wie  die  vorhergehende  Form  ebenfalls  am  19.  April  ein  $, 
das  besonders  durch  die  dünne  rote  Behaarung  auf  dem  4.  Segment 
auffällt. 

Im  Anschlüsse  an  die  vorstehenden  Berichtigungen  und  Er- 
gänzungen möchten  wir  nachdrücklich  auf  die  ganz  beträchtlichen 
Färbungsverschiedenheiten  hinweisen,  die  zwischen  den 
frisch  geschlüpften  Hummeln,  also  den  Nestexemplaren,  und  den- 
jenigen zutage  treten,  die  schon  einige  Zeit  (mehrere  Wochen)  ge- 
flogen sind  und  gearbeitet  haben.  In  diesen  Differenzen  liegt  gewiß 
die  Ursache  mancher  Mißverständnisse  und  Irrtümer,  wobei  freilich 
zugegeben  werden  muß,  daß  es  oft  sehr  schwierig  ist  und  reicher 
Erfahrung  bedarf,   um  sich  in  diesen  Verhältnissen  zurechtzufinden. 

Gelbbraune  und  rotgelbe  Färbung  verblassen  außerordentlich 
rasch  und  stark,  so  z.  B.  bei  B.  muscorum,  B.  agrorum  var.  pas- 
cuorum,  B.  variahilis ,  B.  hypnorum;  ja  auch  bei  den  rein  gelb 
behaarten  B.  distinguendus  tritt  die  gleiche  Erscheinung  auf.  Dabei 
gehen  nun  meistens  auch  die  eigenartigen  Feinheiten  in  der  Be- 
haarung und  Farbe,  die  sonst  den  Kenner  die  Formen  meist  auf 
den  ersten  Blick  unterscheiden  lassen,  verloren.  Oft  treten  auch 
bei  diesen  Abbleichungsvorgängen  Abweichungen  zutage,  die  man 
nur  sehen  und  festhalten  kann,  wenn  man  Nestexemplare  und  ab- 
geflogene Tiere  unmittelbar  nebeneinander  vor  sich  hat  und  ver- 
gleichen kann.  Dadurch  wird  es  erst  möglich,  die  charakteristi- 
schen Abstände  zwischen  beiden  scharf  zu  erfassen.  So  zeigt  bei- 
spielsweise der  B.  muscorum  ganz  frisch  einen  hellgelben  Hauch, 
der  die  gelbe  bis  rotgelbe  Behaarung  umsäumt;  der  B.  agrorum 
var.  pascuorum,  der  bei  Bozen  (Siegmundskron)  zusammen  mit  B. 
muscorum  Lamium-Felder  nicht  selten  beflog,  zeigt  frisch  eine  herr- 
liche,  ganz  dunkel   rotgelbe,  dabei  geradezu  leuchtende  Behaarung, 


Zoologische  Studien  an  Hummeln.    IIa.  177 

die  struppig  ist  und  uur  zu  bald  in  ein  mehr  oder  weniger 
schmutziges  Gelbbraun  abbleiclit.  B.  distinguendus  hat  frisch  eine 
wunderbar  zarte,  weiße  Umrahmung  des  dichten  gelben  Haarpelzes, 
die  aber  schon  in  wenigen  Tagen  verblaßt  und  nur  das  eintönig 
gelbe  Kleid  übrig  läßt.  Und  so  verhalten  sich  noch  manche  andere 
Formen,  ja  in  irgendeinem  Ausmaße  dürfte  das  Verfärben  eine  ganz 
allgemeine  Erscheinung  bei  unseren  Tieren  darstellen.  Daher  Vor- 
sicht, besonders  bei  geringem  Material ! 

Anhang. 
Zur  Bezeicliuuügsweise  der  Formengruppen  bei  den  Hummelu. 

Wir  haben  uns  in  der  Bezeichnungsweise  der  Hummelarten  dem 
Catalogus  Hymenopterorum  von  Dalla  Torre  (4)  angeschlossen  in 
der  Überzeugung,  daß  mit  diesem  Werke  eine  durchaus  sachliche 
Grundlage  gegeben  ist,  die  sich  zu  eigen  zu  machen  ein  gemein- 
sames Interesse  aller  auf  diesem  Gebiete  arbeitenden  Forscher  sei, 
^umal  jenes  Werk  auf  den  Arbeiten  der  besten  Hymenopterologen 
der  Vergangenheit  wie  der  Gegenwart  fußt.  Bedauerlicherweise 
begegnen  wir  trotzdem  in  der  modernen  Hummelliteratur  immer 
wieder  alten  Bezeichnungen,  deren  Fortführen  wohl  kaum  ordnungs- 
gemäß zu  rechtfertigen,  vom  Standpunkte  der  Praxis  aber  jedenfalls 
nur  verwirrend  ist.  So  nennt  Alfken  (1,  p.  118)  den  B.  derhamellus  K. 
noch  B.  niderarius  Müll.,  Vogt  —  gelegentlich  auch  Alfken 
(3,  p.  74)  —  bezeichnet  den  B.  mastrucatus  Gerst.,  eine  ganz  allge- 
mein angenommene  Benennung,  als  B.  lefebrei  Lep.,  und  der  B.  va- 
riahilis  Schmied,  heißt  bei  Vogt  B.  helferanus  Seidl  und  bei  Alfken 
(3,  p.  78)  einmal  B.  solstitialis  Pz.,  ein  andermal  wieder  (1,  p.  119 
und  2,  p.  340)  B.  venustus  Smith.  Man  wird  zugeben  müssen,  daß 
das  ein  so  wenig  erfreulicher  Zustand  ist,  daß  dessen  Abstellung 
wohl  das  Opfer  persönlicher  Neigungen  wert  wäre.  Wir  möchten 
diesem  Wunsche  um  so  nachdrücklicher  Ausdruck  geben,  als  es  sich 
ja  nicht  um  eine  von  uns  aufgestellte  Benennungsweise  handelt  und 
wir  auch  keinerlei  Absicht  hegen,  in  eine  Erörterung  der  Frage  ein- 
zutreten, ob  diese  oder  jene  Art  der  Bezeichnung  mehr  oder  weniger 
Berechtigung  für  sich  habe,  demnach  jedes  persönliche  Moment  in 
der  Sache  fortfällt. 


J78  H.  Friese  und  F.  v.  Wagner, 


IL  Teil. 

Zur  Methodik  der  Humnielforschnng: 
0.  TOGT,  Die  Hummeln  uud  wir. 

Wenn  wir  in  den  folgenden  Blättern  auf  die  Aufstellungen  ein- 
gehen, die  Vogt  in  seinen  „Studien  über  das  Artproblem",  1.  Mit- 
teilung, veröffentlicht  hat,  so  geschieht  dies  nicht,  um  mit  diesem 
Forscher  eine  Polemik  zu  eröffnen.  Derartiges  liegt  uns  schon  des- 
halb ferne,  weil  eine  solche  Diskussion  der  ganzen  Sachlage  nach 
unfruchtbar  und  daher  zwecklos  wäre;  unsere  Absicht  geht  vielmehr 
dahin,  darzutun,  daß  und  warum  wir  keinen  Anlaß  sehen,  der  Aus- 
führungen Vogt's  wegen  unsere  Anschauungen  und  das  von  uns 
eingeschlagene  und  seither  festgehaltene  Verfahren  zu  ändern.  Das 
ist  nun  freilich  nicht  möglich,  ohne  die  Ansichten  Vogt's  einer 
kritischen  Untersuchung  zu  unterziehen,  doch  möchten  wir  ausdrück- 
lich hervorheben,  daß  wir  dabei  ausschließlich  unser  Ziel  im  Auge 
haben  und  in  unseren  Darlegungen  deshalb  auch  nur  soweit  gehen^ 
als  es  unser  Zweck  erfordert. 

Wenden  wir  uns  nun  den  von  Vogt  vertretenen  Auffassungen 
selbst  zu,  so  müssen  wir  bezüglich  derselben  eine  allgemeine  Be- 
merkung vorausschicken.  Die  theoretischen  Ausführungen  Vogt's 
sind  zum  Teil  von  fast  aphoristischer  Kürze,  zum  Teil  an  sich  so 
wenig  klar  —  wir  dürfen  dies  so  aussprechen,  weil  wir  uns  über- 
zeugen konnten,  daß  auch  andere  Forscher  denselben  Eindruck  ge- 
wonnen haben  — ,  daß  wir  es  dahingestellt  sein  lassen  müssen,  ob 
und  inwieweit  wir  die  Ansichten  unseres  Autors  richtig  verstehen. 
Wie  der  Arzt  eine  Krankheit,  deren  Natur  er  nicht  zu  erkennen 
vermag,  nur  symptomatisch  behandeln  kann,  so  steht  auch  uns  kein 
anderer  Weg  zu  Gebote,  wollen  wir  nicht  allzusehr  riskieren,  um- 
ständliche Erörterungen  an  Mißverständnisse  zu  verschwenden.  Er- 
freulicherweise genügt  es  für  unsere  gegenwärtige  Aufgabe,  wenn 
wir  uns  auf  die  Diskussion  zweier,  gewiß  grundsätzlicher  Aufstel- 
lungen Vogt's  beschränken,  seine  Auffassung  des  Ai-tbegriffs 
und  die  Methodik,  mit  der  dieser  Forscher  seinen  Gegenstand  be- 
handelt. Zunächst  indes  müssen  wir  die  wenigen  Bemerkungen  ins 
Auge  fassen,  die  Vogt  unseren  Arbeiten  hat  angedeihen  lassen;  die 
Erörterung  derselben  wird  uns  übrigens  sogleich  in  medias  res  ver- 
setzen. 

Abhandlung  I  unserer  „Zoologischen  Studien  an  Hummeln"  er- 


Zoologische  Studien  au  Hummeln.    IIa.  179 

schien  1909  und  lag  im  Manuskript  fertig-  vor,  als  Vogt  die  erste 
Mitteilung-  seiner  „Studien  über  das  Artproblem"  unter  dem  Titel 
„Über  das  Variieren  der  Hummeln"  1.  Teil  veröffentlichte.  Wir 
nahmen  damals  in  der  allein  noch  möglichen  Form  von  Anmerkungen 
auf  diese  Publikation  mit  folgenden  Worten  Bezug  (6,  p,  5  An- 
merk.):  „Begreiflicherweise  sind  wir  nicht  mehr  imstande,  auf  diese 
Arbeit  hier  noch  näher  einzugehen,  und  müssen  uns  deshalb  eine 
entsprechende  Würdigung  derselben  für  eine  spätere  Publikation 
vorbehalten.  Zudem  ist  auch  die  Art  und  Weise,  wie  Vogt  sein 
Thema  angreift  und  behandelt,  von  unserem  Verfahren  fast  grund- 
sätzlich verschieden.  Diese  Differenz  ist  zwar  im  Interesse  der 
Sache  gewiß  nur  mit  Freuden  zu  begrüßen,  macht  aber  eine  frucht- 
bare Auseinandersetzung,  zumal  in  Kürze,  dermalen  unmöglich, 
da  der  Natur  der  Sache  nach  eine  bestimmte  Stellungnahme 
unsrerseits  zu  Vogt's  Ansichten  vorerst  überhaupt  ausgeschlossen 
erscheint.  Soweit  noch  tunlich,  soll  indes  bei  tatsächlichen  Berüh- 
rungspunkten auf  Vogt's  Aufstellungen  kurz  Bezug  genommen 
werden."  Letzteres  konnte  noch  an  2  Stellen  geschehen.  Zweifellos 
hat  der  seither  erschienene  abschließende  2.  Teil  von  Vogt's  Arbeit 
„Über  das  Variieren  der  Hummeln"  die  in  der  eben  zitierten  An- 
merkung bereits  kurz  gekennzeichnete  sachliche  Gegensätzlichkeit 
zwischen  uns  wesentlich  und  zwar  so  verschärft,  daß  uns  eine  Ver- 
ständigung zwischen  den  beiderseitigen  Anschauungen  und  Bestre- 
bungen nunmehr  so  gut  wie  ausgeschlossen  erscheint. 

In  diesem  abschließenden  Teil  nimmt  nun  Vogt  in  Form  von 
Anmerkungen  an  2  Stellen  (11,  p.  36  u.  p.  49)  Bezug  auf  unsere 
Arbeiten.  Wir  halten  es  für  geboten,  dieselben  hier  im  Wortlaut 
wiederzugeben.  Die  erste  Anmerkung  bezieht  sich  auf  die  in  unserem 
Beitrag  zur  Festschrift  für  A.  Weismann  aufgestellte  Unterschei- 
dung homonider  und  heteronider  ?$  (5,  p,  563);  sie  lautet  (11,  p.  36): 
„Fkiese  und  v,  Wagnek  haben  jüngst  die  sehr  guten  Ausdrücke 
,homonid'  und  ,heteronid'  geprägt.  Leider  fahren  die  Autoren  aber 
fort,  von  homoniden  und  heteroniden  , Varietäten'  und  ,Subspecies' 
zu  sprechen,  und  werden  nicht  gewahr,  daß  sie  mit  diesen  Namen 
die  Existenz  physiologisch  ganz  difi'erenter  Kategorien  zum  Ausdruck 
bringen."  Die  2.  Anmerkung  (11,  p,  49)  besagt:  „Ich  halte  es  für 
meine  Pflicht,  die  systematischen  Versuche  Feiese's  und  v.  Wagner's 
nicht  einfach  mit  Stillschweigen  zu  übergehen.  Leider  muß  ich  aber 
fast  jede  von  Friese  in  seiner  ,Systematische  Übersicht  der  Bombus- 
Arten    des  paläarktischen   Gebietes'  (1905)    aufgestellte  Verwandt- 


180  H.  Friese  und  F.  v.  Wagner, 

Schaftsbeziehung  für  unrichtig-  ansehen.  Die  neuerding-s  von  Friese 
und  V.  Wagner  unternommene  Konstruktion  eines  monophyletischen 
Stammbaumes  der  deutschen  Hummeln  halte  ich  vollends  a  priori 
für  verfehlt.  Ebenso  finde  ich  ihr  ,Gesetz  der  Farbenfolge'  in 
Gegensatz  zu  den  Tatsachen." 

Es  bedarf  keiner  besonderen  Begründung,  daß  wir  Äußerungen, 
wie  sie  in  den  angefühlten  Anmerkungen  vorliegen,  nicht  einfach 
auf  sich  beruhen  lassen  können;  nicht  die  landläufige  Meinung,  qui 
tacet,  consentit,  sondern  die  selbstverständliche  Rücksicht  auf  die 
Leser  unserer  Arbeiten  nötigt  uns,  die  Sachlage  zwischen  Vogt 
und  uns  einmal  klarzustellen.  Was  dabei  auf  Rechnung  der  Gegen- 
sätzlichkeit unserer  beiderseitigen  Grün danschauun gen  zu  setzen 
ist,  soll  im  Zusammenhange  der  folgenden  Kapitel  seine  Erledigung 
finden,  hier  w^ollen  wir  uns  nur  mit  2  Aussagen  Vogt's  kurz  be- 
fassen, derjenigen,  daß  unser  Entwurf  eines  Stammbaums  der 
deutschen  Hummeln  ,,a  priori  für  verfehlt"  anzusehen  sei,  und  dann 
die  ^Viderrede  Vogt's  gegen  das  von  uns  aufgestellte  Gesetz  der 
Farbenfolge.  In  beiden  Fällen  hat  sich  Vogt  lediglich  auf  die  ein- 
fache Ablehnung  beschränkt,  zudem  ohne  Gründe  oder  Tatsachen 
namhaft  zu  machen,  die  ihn  zu  dieser  Abweisung  veranlassen.  Wir 
können  dem  Leser  nicht  zumuten,  die  Erwägungen  hier  zu  wieder- 
holen, die  wir  am  gegebenen  Orte  niedergelegt  haben  (6,  p.  79  u.  if.) 
und  aus  denen  heraus  wir  zu  der  Aufstellung  unseres  Stammbaums 
gekommen  sind.  Es  sei  uns  gestattet,  nur  darauf  hinzuweisen, 
daß  wir  selbst  erklärt  haben  (6,  p.  83):  „Manchem  Forscher  mag 
es  wohl  verfrüht  erscheinen,  bei  dem  gegenwärtigen,  gewiß  noch 
recht  unzulänglichen  Zustande  unseres  einschlägigen  Wissens  über- 
haupt das  Wagnis  zu  unternehmen,  einen  Stammbaum  zu  entwerfen, 
zumal  innerhalb  einer  verhältnismäßig  eng  begrenzten  und  unter 
ihresgleichen  sicherlich  nicht  zusammenhanglos  und  isoliert  stehenden 
Formengruppe.  Wer  indes  in  Studien  wie  den  unsrigen  mitten 
innesteht,  wird  mit  dem  Bedürfnis  nach  einer,  und  sei  es  auch  nur 
provisorischen,  Ordnung  die  Nötigung  zu  einem  solchen  Wagestück 
als  unabweislich  empfinden.  Übrigens  soll  auch  für  uns  damit  zu- 
nächst nichts  weiter  als  ein  erstes  Gerippe  gegeben  sein,  dessen 
Ausbau  und  zweifellos  auch  Richtigstellung  künftige  Forschungen 
zu  dienen  haben  werden."  Den  provisorischen  Charakter  unseres 
phyletischen  Entwurfes  haben  wir  übrigens  auch  sonst  mehrfach 
betont,  und  wir  meinen,  daß  gerade  dieses  Verfahren  einer  sachlich 
fördernden  Diskussion   den   breitesten  Spielraum   offen  ließ.    Vogt 


Zoologische  Studieu  an  Hummeln.    IIa.  181 

erklärt  aber  kurzweg-  unsere  Aufstelluuj^  „a  priori  für  verfehlt". 
Aus  dem  Zusammenhang-  dieses  Urteilsspruches  mit  dem  ihm 
vorang-ehenden  Satze  sowie  Vogt's  ganzer  Darstellungsweise  geht 
allerdings  hervor,  daß  unser  Autor  hinsichtlich  der  Verwandtschafts- 
beziehungen der  verschiedenen  Hummelformen  anderer  Ansicht  ist 
als  Friese  und  wir.  Da  wäre  es  gewiß  zweckdienlich  gewesen, 
wenigstens  die  wichtigsten  Differenzen  näher  zu  bezeichnen  und 
die  Motive  anzugeben,  die  der  abweichenden  Auffassung  zugrunde 
liegen.  Indes  vermag  auch  die  Tatsache,  andere  vorläufige  Vor- 
stellungen über  die  verwandtschaftlichen  Zusammenhänge  der  Hummel- 
formen zu  hegen  als  wir,  die  Ablehnung  unseres  Entwurfes  „a  priori" 
nicht  verständlich  zu  machen.  Dafür  sehen  wir  nur  2  Möglichkeiten. 
Entweder  stößt  sich  Vogt  an  dem  m  o  ii  o  phyletischen  Charakter 
unseres  Stammbaumes,  oder  er  erachtet  unsere  ganze  wissenschaft- 
liche Arbeitsweise  auf  dem  Gebiete  der  Hummelforschung  für  ver- 
fehlt. Das  erstere  hätte  nur  dann  eine  Berechtigung,  wenn  für  die 
Herkunft  der  heutigen  Hummelwelt  ein  d  i  -  oder  p  o  1  y  phyletischer 
Ursprung  anzunehmen  wäre;  in  diesem  Falle  müßte  zwar  nicht, 
aber  könnte  doch  die  deutsche  Hummelfauna  aus  2  oder  mehreren 
Quellen  hervorgegangen  sein.  Die  ganz  außerordentlich  weitgehende 
Übereinstimmung  der  mannigfaltigen  Hummelarten  und  -Varianten 
verleiht  der  Gattung  Sombus  ein  so  einheitliches  Gepräge,  daß  wir 
wenigstens  an  der  monophyletischen  Entstehung  derselben  Zweifel 
zu  hegen  keinen  Anlaß  haben.  Wir  glauben  sogar  —  mindestens 
bis  zur  Aussage  des  Gegenteils  —  in  dieser  Ansicht  mit  Vogt  einig 
zu  sein.  Bleibt  demnach  nur  die  zweite  Möglichkeit,  und  in  diesem 
Falle  wäre  es  schon  aus  allgemeinen  Gründen  am  Platze  gewesen, 
das  Verfehlte  unserer  Arbeitsweise  doch  mit  einigen  Worten  zu 
kennzeichnen,  und  dies  um  so  mehr,  als  wir  uns  ja  eines  in  der 
wissenschaftlichen  Zoologie  gang  und  gäben  Verfahrens  bedienen, 
also  keine  neuen  Wege  wandeln,  deren  Berechtigung  erst  nachzu- 
weisen wäre.  Vogt  hat  eine  derartige  Auseinandersetzung  nicht 
für  nötig  gehalten. 

Was  das  „Gesetz  der  Farbenfolge"  betrifft,  so  findet  es  Vogt, 
wie  schon  angeführt  wurde,  „in  Gegensatz  zu  den  Tatsachen",  Unser 
Autor  hat  auch  in  diesem  Falle  —  vom  Sachlichen  ganz  abgesehen  — 
kein  Gefühl  dafür,  daß  man  derartige  Abweisungen  doch  begründen 
müsse  und  eine  solche  Begründung  geradezu  zur  Pflicht  wird,  wenn 
die  Unterlassung  derselben  die  Vorstellung  erweckt,  als  ob  wir 
unsere  Angaben  leichtfertig  gemacht  oder  gar  sozusagen  aus  den 


182  H.  Friese  und  F.  v.  Wagner, 

Fingern  gesogen  hätten.  Wir  beschränken  uns  darauf,  die  Tat- 
sachen anzuführen,  auf  die  sicli  unsere  Aufstellung  stützt,  und  wieder- 
holen nur  die  sclion  seinerzeit  (6,  p.  17)  einer  abweichenden  Angabe 
Vogt's  gegenüber  anmerkungsweise  ausgedrückte  Ansicht,  daß  ver- 
einzelte widersprecliende  Verhalten  in  der  angezogenen  Richtung 
„nicht  alsbald  die  Regel  umstoßen".  Die  Erfahrungen,  die  uns  zur 
Feststellung  der  im  Gesetz  der  Farbenfolge  zusammengefaßten 
Regelmäßigkeit  geführt  haben,  wurden  an  B.  lapidarius,  muscorum, 
hypnorum,  variabilis ,  subterraneus  var.  distinguendus  und  lapponicus 
var.  praticola  gewonnen,  und  zwar  in  der  Weise,  daß  die  aus  den 
Cocons  (Zellen)  ausschlüpfenden,  zunächst  einfaibig  schmutzig  weißen 
jungen  Tiere  hinsichtlich  ihrer  weiteren  Ausfärbung  zur  definitiven 
Gestaltung  in  künstlich  gehaltenen  Nestern  beständig  beobachtet 
wurden  (Friese). 

Wir  wenden  uns  nun  den  grundsätzlichen  Aufstellungen  Vogt's 
zu,  soweit  uns  dieselben  hier  angehen.  Wir  werden  dabei  die  Auf- 
fassung des  Artbegritfes  und  die  Methodik  der  Hummelforschung 
seitens  dieses  Autois  gesondert  in  2  Abschnitten  behandeln  und  den 
Darlegungen  derselben  ein  kurzes  Schlußwort  über  unseren  eigenen 
Standpunkt  folgen  lassen. 

A)    0.  Vogt,  Die  Hummeln  und  das  Artproblem. 

Vogt's  Hummelstudien  zielen,  wie  schon  der  Titel  der  Arbeit 
kund  gibt,  auf  den  Artbegriff,  dieser  steht  daher  auch  im  Mittel- 
punkt des  Interesses  unseres  Autors.  Die  Frage  nach  der  Natur 
der  organischen  Art  ist  bekanntlich  ein  Grundproblem  der  Biologie 
gewesen,  das  seine  über  Jahrhunderte  sich  erstreckende  Geschichte 
besitzt  und  erst  in  der  durch  Darwin  vermittelten  Anerkennung  des 
Descendenzprinzips  seine  theoretische  Lösung  gefunden  hat.  Man 
muß  diese  ebenso  interessante  wie  lehrreiche  Geschichte  des  Species- 
problems  kennen,  muß  die  Grundlagen  und  Zusammenhänge,  aus 
welchen  heraus  die  Frage  von  Darwin  beantwortet  worden  ist, 
übersehen,  wenn  man  eine  richtige  und  klare  Einsicht  in  die  seither 
allgemein  anerkannte  Sachlage  von  heute  gewinnen  will;  man  muß 
sich  vor  allem  vor  Augen  halten,  welche  Vorstellungen  früher  mit 
dem  Artbegriff  verbunden  wurden  und  daß  es  nicht  theoretische 
Spekulation,  sondern  die  Macht  der  Tatsachen  war,  die  uns  erkennen 
lehrte,  daß  in  der  Species  auch  nichts  anderes  vorliegt  als  eine 
Abstraktion,  die  wir  in  die  Natur  hineinlegen,  ohne  daß  in  dieser 
eine   ihr   entsprechende  Wirklichkeit    vorhanden   ist.    Deshalb   hat 


Zoologische  Studien  an  Hummeln.    IIa.  183 

auch  die  Frag-e,  ob  eine  Formengruppe  als  Art,  Unterart  usw.  zu 
bezeichnen  sei,  heutzutage  ihre  frühere  Wichtigkeit  ganz  wesentlich 
eingebüßt;  als  elementare  systematische  Kategorie  bewahrt  freilich 
die  Species  ihre  Bedeutung,  entnimmt  diese  jetzt  aber  ganz  anderen 
Quellgebieten  als  einstmals,  und  diese  Bedeutung  wird  sie  behalten, 
denn  der  S3^stematiker  hat  in  erster  Linie  das  Interesse,  die  un- 
endlich mannigfaltigen  Tierformen  möglichst  scharf  zu  umschreiben, 
eine  Forderung,  die  auch  für  den  ganzen  praktischen  Wissenschafts- 
betrieb eine  Lebensfrage  darstellt  und  deren  Erfüllung  daher  auch 
niemals  ohne  Schaden  für  die  Wissenschaft  wird  hintangesetzt  werden 
können.  Gerade  deshalb  aber,  weil  es  sich  dabei  auch  um  die  Be- 
friedigung praktischer  Bedürfnisse  handelt,  wird  es  stets  geboten 
sein.  Inhalt  und  Umfang  der  Species  zwar  jeweils  entsprechend  dem 
gegebenen  Material,  aber  doch  in  tunlichst  gleichartiger  Weise  zu 
bestimmen.  Auch  liegt  es  auf  der  Hand,  daß,  soll  sich  die  Systematik 
nicht  ins  Uferlose  verlieren,  der  Artbegritf  auf  einer  gewissen  Höhe 
erhalten  werden  muß,  zumal  die  Species  die  elementare  Kategorie 
des  Systems  repräsentiert  und  die  systematische  Einheit  bleiben 
soll.  Ein  Zustreben  auf  den  schon  von  Lamarck  ausgesprochenen 
Satz,  daß  die  Natur  nicht  Arten,  sondern  nur  Individuen  schafft, 
würde,  so  zutreffend  diese  Aussage  auch  theoretisch  ist,  in  der 
Praxis  geradezu  verhängnisvoll  wirken  müssen. 

Vogt  kann  sich  der  Auffassung,  daß  die  Species  keine  Realität 
der  Natur,  sondern  eine  Abstraktion  des  Menschen  ist,  „ganz  und 
gar  nicht  anschließen".  Alle  Hummelformen,  von  welchen  er  ge- 
nügendes Material  besitzt,  lassen  sich  nach  anderen  Formengruppen 
dieser  Tiere  hin  als  „scharf  begrenzt"  erweisen.  Aus  gegenteiligen 
Fällen  dürfe  man  nur  folgern,  „daß  sich  auch  für  die  Gegenwart 
die  Lehre  von  der  absoluten  Konstanz  der  Art  widerlegen  läßt, 
nicht  aber,  daß  es  überhaupt  keine  Arten  gibt".  Demgegenüber  ist 
zunächst  zu  bemerken,  daß  der  Artbegritf  doch  nicht  bloß  für  die 
Hummeln  zu  gelten  hat,  sondern  für  die  ganze  Tierwelt  festzustellen 
ist,  daher  die  Erfahrungen,  die  bei  den  zahlreichen  anderen  Tier- 
gruppen gemacht  werden,  in  demselben  Maße  zu  berücksiclitigen 
sind.  Wenn  trotzdem  der  Begriff  der  Species  in  den  verschiedenen 
Abteilungen  des  Tierreichs  da  und  dort  in  differenter  Weise  ange- 
wendet wird,  so  liegt  dies  gewiß  nicht  ausschließlich  an  den  cha- 
rakterisierenden Abweichungen  der  Objekte,  sondern  zu  einem  guten 
Teile  auch  daran,  daß  der  beständig  wechselnde  Fluß  von  Verände- 
rungen, der  die  organische  Formenwelt  dauernd  beherrscht,  eine  so 


184  H.  Feiese  und  F.  v.  Wagner, 

bunte  Mannig-faltig-keit  von  Gestalten  hervorbringen  kann,  daß  je 
nach  der  Natur  derselben  bald  mehr,  bald  weniger  eine  weitere 
oder  engere  Fassung  des  ArtbegrifFs  nicht  zu  umgehen  ist,  eine 
Sachlage,  die  die  Species  mit  durchaus  hinreichender  Deutlichkeit 
als  einen  im  Grunde  konventionellen  Begriff  kennzeichnet.  Das 
sind  nun  freilich  allbekannte  Dinge;  wir  müssen  aber  an  dieselben 
erinnern,  weil  Vogt  so  vorgeht,  als  ob  seine  Erfahrungen  an  Hum- 
meln eine  Grundlage  darböten,  um  eine  völlige  Neuordnung  unserer 
Vorstellungen  über  die  tierische  Systematik  zu  rechtfertigen.  Des 
weiteren  ist  darauf  hinzuweisen,  daß  wir  selbstverständlich  ebenso- 
wenig wie  irgendein  anderer  Forscher  in  Abrede  stellen,  daß  allge- 
mein in  der  lebendigen  Natur  relativ  konstante  Formen  gegeben 
sind;  darauf  beruht  ja  überhaupt  die  Möglichkeit  einer  Systematik, 
Konstante  Formen  können  aber  sehr  verschiedenartige  Bildungen 
sein  —  und  sind  es  oft  genug!  — ,  so  daß  es  durchaus  nicht  an- 
geht, sie  einander  gleich  zu  setzen  und  Arten  zu  nennen  oder  —  um- 
gekehrt —  sie  als  Arten  zu  bezeichnen  und  damit  einander  gleich- 
zustellen. Wir  haben  schon  in  unseren  früheren  Arbeiten  wieder- 
holt hervorgehoben,  daß  die  Beurteilung  des  systematischen  Wertes 
der  unterscheidbaren  Formen  davon  abhängt,  „auf  welcher  Stufe 
des  ganzen  Entwicklungsganges  wir  gerade  eine  Tiergruppe  an- 
treffen oder  infolge  noch  unzureichender  Kenntnisse  anzutreffen 
glauben,  um  dieselbe  als  Varietät,  Subspecies  oder  gar  als  Art  zu 
klassifizieren"  (5,  p.  563  u.  6,  p.  11). 

Daß  zur  Unterscheidung  der  systematischen  Gruppen  gerade 
morphologische  Charaktere  verwendet  werden,  leuchtet  ohne  weiteres 
ein;  so  ist  es  auch  bezüglich  der  Artengliederung  zu  allen  Zeiten 
gehalten  worden,  gleichviel  welche  theoretischen  Anschauungen 
damit  verbunden  wurden,  und  Linke  selbst  bediente  sich  für  die 
Artdiagnosen  durchaus  morphologischer  Merkmale.  Formverschieden- 
heit kann  eben  nur  auf  diesem  Wege  entsprechend  gekennzeichnet 
werden.  Vogt's  Widerspruch  greift  deshalb  auch  tiefer  und  will 
eine  —  unserer  Ansicht  nach  glücklich  —  überwundene  Auffassung 
wieder  aufleben  lassen:  die  Artensonderung  beruhe  auf  physiolo- 
gischen Ursachen,  und  die  Species  sei  daher  ein  ph3^siologischer  Be- 
griff, der  auch  physiologisch  bestimmt  werden  müsse.  Wir  meinen^ 
daß  sich  Vogt  da  von  den  gewiß  außerordentlich  bedeutungsvollen 
Errungenschaften  der  modernen  Erblichkeitsforschung  allzusehr  hat 
blenden  lassen.  Wenn  Vogt  versichert,  daß  es  bei  den  Hummeln 
„zahlreiche  physiologische  Arten"  gebe,  so  wollen  wir  die  Existenz 


Zoologische  Studien  an  Hummeln.    IIa.  185 

solcher  Formen  a  priori  nicht  nur  nicht  bestreiten,  sondern  vielmehr 
als  sehr  wahrscheinlich  anerkennen,  ohne  freilich  damit  zugleich 
zugeben  zu  können,  daß  die  von  unserem  Autor  so  bezeichneten 
Formen  tatsächlich  auch  als  „physiologische  Arten"  irgendwie  er- 
wiesen seien.  Doch  lassen  wir  Vogt  selbst  zu  Worte  kommen.  Die 
Art  definiert  dieser  Forscher  (10,  p.  67  u.  if.)  „als  den  Kreis  der 
gegenwärtig  endogam  erhaltungsfähigen  Individuen",  wobei  unter 
Endogamie  „die  Copulation  zwischen  Vertretern  einer  Gruppe"  im 
Gegensatze  zur  Exogamie  zu  verstehen  ist,  bei  welcher  es  sich  um 
die  Copulation  „zwischen  Angehörigen  verschiedener  Gruppen" 
handelt.  Indes  ist  diese  Definition  des  Artbegriffs  „sicherlich" 
keine  „endgültige".  „Einmal  ist  es  nämlich  durchaus  niciit  not- 
wendig, dass  die  endogene  Unfruchtbarkeit  immer  dieselbe  Ätiologie 
hat.  Beruht  aber  die  Unfruchtbarkeit  auf  ungleichen  Ursachen,  so 
resultirt  daraus,  dass  unser  physiologischer  Artbegriff  kein  ein- 
heitlicher ist.  Und  dann  geht  ferner  aus  der  bekannten  Tat- 
sache der  ganz  ungleichen  Lebensfähigkeit  der  Bastarde  und  weiter 
aus  den  neuen,  mir  sehr  wichtig  erscheinenden  Untersuchungen 
Poll's  und.  seiner  Schüler  klar  hervor,  dass  man  eine  Reihe  von 
Graden  endogener  Unfruchtbarkeit  unterscheiden  muss.  Auch  diese 
Erkenntnis  lässt  vermuten,  dass  der  physiologische  Artbegriff,  wie 
wir  ihn  oben  definirt  haben,  in  der  Zukunft  noch  eine  schärfere 
Präzision  zu  erfahren  hat.  Diese  feinere  Begriffsbestimmung  muss 
nun  aber  einerseits  erst  erkämpft  werden  und  andererseits  wird, 
ihre  praktische  Durchführung  auf  noch  grössere  Schwierigkeiten 
stossen  als  die  Abgrenzung  physiologischer  Arten  nach  unserer  heu- 
tigen Definition."  Dazu  kommt  nach  Vogt  noch,  daß  eine  morpho- 
logische Unterscheidung  der  physiologischen  Arten  nicht  möglich 
sei:  „Eine  morphologische  Formel  —  sagt  Vogt  (10,  p.  71)  — 
lässt  sich  ...  für  die  physiologische  Art  nicht  finden.  Die 
Arten  zeigen  untereinander  ganz  differente  morphologische  Verwandt- 
schaftsgrade. Daraus  ergibt  sich,  dass  wir  uns  denjenigen  Forschern 
anschließen  müssen,  welche  die  morphologische  und  die  phy- 
siologische Gruppierung  der  Lebewesen  scharf  ge- 
trennt wissen  wollen.  Eine  Vermengung  dieser  beiden  ganz  ver- 
schiedenen Probleme,  die  sich  vor  allem  dadurch  dokumentirt,  dass 
man  auf  gewisse  morphologische  Sippen  den  physiologischen  Begriff 
der  Art  angewendet  hat,  ist  die  Ursache  zu  vielen  Konfusionen  und 
zu  mancher  unnützen  Polemik  geworden." 

Wenn  wir  Vogt  richtig  verstehen,  so  beziehen  sich  seine  Aus- 


J86  H-  Friese  und  F.  v.  Wagner, 

führungen  wohl  einerseits  auf  die  sogenannten  Elementararten, 
andrerseits  auf  die  Erfahrungen  Poll's  (9)  an  Mischlingen  und  die 
damit  zusammenhängenden  Feststellungen  bezüglich  des  histologi- 
schen Baues  der  Gonaden  dieser  Formen.  Gewiß  sind  die  For- 
schungen Poll's  interessant  und  bedeutungsvoll,  allein  wir  sind  der 
Ansicht,  daß  gerade  sie  eindringlich  lehren,  wie  außerordentlich 
gering  die  Aussicht  ist,  mit  der  „Erbgutmethode",  zumal  bei  den 
sozialen  Insecten,  erfolgreich  arbeiten  zu  können.  Und  hierin,  vor 
allem  bezüglich  der  endogenen  Unfruchtbarkeit,  vermag  lediglich  das 
Experiment  entscheidenden  Aufschluß  zu  geben,  alle  aus  morpho- 
logischen Differenzen  abgeleiteten  Folgerungen,  mögen  sie  auch  aus 
einem  noch  so  reichen  Material  geschöpft  sein,  müssen  Vermutungen 
bleiben,  die  richtig,  aber  auch  falsch  sein  können.  Und  was  die 
Elementararten  betrifft,  so  zweifeln  wir  nicht  daran,  daß  in  unseren 
morphologischen  Arten,  wie  bei  anderen  Tierformen,  auch  bei  den 
Hummeln  solche  enthalten  sind.  Wir  pflichten  indes  Plate  bei,  daß 
die  Elementararten  niemals  die  Einheiten  der  Systematik  sein 
dürfen:  „Schon  aus  rein  praktischen  Gründen  —  sagt  dieser  Forscher 
—  kann  die  Systematik  die  große  Zahl  der  in  der  Natur  vorkommen- 
den und  die  noch  größere  der  künstlich  durch  Bastardierung  zu  ge- 
winnenden Kombinationsformen  nicht  als  ihre  Basis  ansehen.  Wohin 
sollte  es  führen,  wenn  man  nach  und  nach  jede  gewöhnliche  Art  in 
einige  Hundert  Elementararten  auflösen  würde !  . . .  Wichtiger  aber 
ist  der  theoretische  Gesichtspunkt,  daß  die  systematische  Einheit 
mit  der  natürlichen  übereinstimmen  muß,  und  das  trifft  nur  für  die 
Großart  zu"  (8,  p.  448).  Doch  wir  brauchen  nicht  näher  auf  all 
diese  Dinge  einzugehen,  denn  Vogt  selbst  fährt  an  der  oben  ange- 
zogenen Stelle  folgendermaßen  fort:  „Beide  Forschungswege  sind 
berechtigt:  aber  sie  basieren  auf  verschiedenen  Prinzipien.  Die 
Gliederung  in  (physiologische)  x4rten  hat  wesentlich  größere  Schwierig- 
keiten zu  überwinden  als  die  Feststellung  der  morphologischen  Ver- 
wandtschaften. Letztere  wird  daher  der  ersteren  voranzugehen 
haben.  Sie  wird  vielfach  heute  allein  möglich  sein."  Das  sind 
Worte,  denen  wir  nur  durchaus  zustimmen  können,  nur  müssen  wir 
dabei  mit  Mephistopheles  fragen:  „Wozu  der  Lärm?" 

Wenn  dann  freilich  Vogt  anschließend  die  Forderung  aufstellt, 
die  Morphologie  solle,  „um  auch  den  Schein  zu  vermeiden,  als  ob  sie 
in  der  Lage  sei,  eine  (physiologische)  Artgliederung  durchzuführen, 
für  keine  ihrer  Sippen  den  Begriff  der  Art  verwenden",  so  muß  ein 
derartiges  Ansinnen  geradezu  Befremden   erwecken,  denn  der  Art- 


Zoologische  Studien  an  Hummeln.    IIa.  187 

t)egriff  von  heute  ist,  so  verschieden  auch  unsere  theoretischen  Vor- 
stellungen von  demselben  früheren  Zeiten  gegenüber  geworden  sind, 
doch  —  wenn  wir  uns  so  ausdrücken  dürfen  —  der  Rechtsnach- 
folger des  Artbegriffs  der  alten  Systematiker,  und  es  liegt  auch 
nicht  der  geringste  Anlaß  vor,  darin  einen  Wandel  zu  schaffen,  der 
zudem  nur  Verwirrung  stiften  würde.  Altes  Herkommen  und  allge- 
meiner Gebrauch  dürfen  da  nicht  leichthin  beiseite  geschoben  werden. 
Auch  ist  die  Besorgnis  Vogt's,  die  Morphologie  könnte  den  „Schein" 
•erwecken,  als  ob  sie  eine  physiologische  Artgliederung  zu  geben 
vermöge,  unbegründet,  denn  jedermann  weiß,  daß  die  systematische 
Einheit  in  erster  Linie  auf  dem  morphologischen  Verhalten  beruht, 
•das  ja  nach  Vogt's  eigenem  Zeugnis  schon  aus  Schwierigkeits- 
gründen der  physiologischen  Untersuchung  vorauszugehen  hat.  Dazu 
kommen  noch  sehr  triftige  Gründe  allgemeiner  Natur.  Das  Über- 
greifen auf  Probleme,  für  deren  Bearbeitung  noch  so  gut  wie  alle 
Vorausetzungen  fehlen,  müßte  schon  vom  Standpunkte  einer  ratio-' 
nellen  Ökonomie  in  der  wissenschaftlichen  Arbeit  beklagt  werden, 
und  es  bleibt  unverständlich,  daß  Vogt  trotz  seiner  eigenen  Aus- 
führungen nicht  erkennt,  wie  sehr  er  den  Bogen  überspannt.  Gewiß 
ist  das  Tatsächliche,  was  Vogt  an  seinem  einzig  individuenreichen 
Material  ermittelt  hat,  schätzenswert  und  interessant,  und  wir  sind 
■die  letzten,  die  dies  nicht  rückhaltlos  anerkennen.  Allein  fast  alles, 
was  Vogt  aus  diesen  Tatsachen  herausliest  oder  in  sie  hineinlegt, 
hält  der  Kritik  nicht  Stand,  nicht  als  ob  alle  bezüglichen  Auf- 
stellungen unrichtig  wären,  wohl  aber  in  dem  Sinne,  daß  uns  eben 
jede  Grundlage  fehlt,  um  entscheiden  zu  können,  ob  sie  zutreffend 
oder  falsch  sind :  sie  hängen  in  der  Luft.  So  schreibt  Vogt  (10,  p.  67) : 
„Überall  da,  wo  einer  exogenen  Beschränkung  der  Endogamie  das 
Auftreten  differenzierter  Charaktere  parallel  gegangen  ist,  kommen 
die  Übergangsformen  in  Wegfall.  Solche  exogene  Beschränkungen 
der  Endogamie  sind  nun  aber  natürlich  physiologisch  ganz  anders 
zu  bewerten  als  die  auf  internen  Gründen  beruhende  Aufhebung 
der  unbegrenzten  Fruchtbarkeit."  Da  müssen  wir  doch  fragen: 
was  wissen  wir  denn  von  einer  exogenen  Beschränkung  der  Endo- 
gamie bei  den  Hummeln,  was  von  den  internen  Gründen,  die  die 
unbegrenzte  Fruchtbarkeit  dieser  Tiere  aufzuheben  vermögen  sollen  ? 
Doch,  schlicht  gesagt,  nichts.  Ein  anderes  Beispiel.  Vogt  ist  „un- 
l)edingt"  der  xlnsicht,  daß  die  Artdifferenzierung  bei  den  Hummeln 
eine  Folge  der  Milieueinflüsse  darstelle  (10,  p.  73).  Wir  kennen 
iiuch  die   Grundlagen,  auf  die  sich   diese  Aussage  stützt,   müssen 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  13 


188  H.  Friese  uud  F.  v.  Wagner, 

aber  bekennen,  daß  wir  nicht  den  Mut  hätten,  eine  derartige  Meinung- 
mit  solcher  Bestimmtheit  hinzustellen,  schon  deshalb  nicht,  weil  wir 
nicht  nur  nxDch  sehr  unvollkommen  in  der  Materie  unterrichtet  sind^ 
sondern  auch  das  Wenige,  was  wir  wissen,  lediglich  Schlußfolge- 
rungen sind,  mögen  diese  auch  immerhin  ein  Maß  von  Wahrschein- 
lichkeit für  sich  haben.  Dazu  kommt  noch,  daß  es  keineswegs  schon- 
feststeht,  daß  die  Varietätenbildung  bei  den  Hummeln,  gerade  was 
Färbung  und  Zeichnung  betrifft,  in  Bausch  und  Bogen  den  Einflüssen 
der  Umgebung  zugeschoben  w^erden  darf,  vielmehr  erscheint  es  uns- 
durcliaus  wahrscheinlich,  daß  ein  gut  Teil  jener  Abänderungen  der 
den  Tieren  eigentümlichen  (endogenen)  Variabilität  entspringt.  Sei 
dem  indes,  wie  ihm  wolle,  auf  alle  Fälle  sind  diese  Verhältnisse 
heute  noch  viel  zu  wenig  geklärt,  um  eine  so  bestimmte  Stellung- 
nahme zu  gestatten,  wie  dies  von  selten  Vogt's  geschieht. 

Von  der  Idee  physiologischer  Arten  präokkupiert  und  eifrig  be- 
strebt, die  Existenz  solcher  Arten  nachzuweisen,  wird  Vogt  offenbar 
gar  nicht  gewahr,  daß  seine  Gedankengänge  die  Tatsachen  weit 
hinter  sich  zurücklassen  und  sein  Verfahren  auch  den  berechtigten» 
Kern  seiner  Ausführungen  nicht  eindringlich  macht.  Und  schließ- 
lich besteht  doch  das  Tierreich  nicht  bloß  aus  Hummeln  oder  In- 
secten.  Wer  so  tief  in  die  praktische  wissenschaftliche  Arbeit  ein- 
schneidende Umwälzungen  in  unseren  theoretischen  Anschauungen, 
anfordert,  wie  dies  Vogt  tut,  der  muß,  wenigstens  nach  unserer 
Überzeugung,  ganz  andere  Fundamente  bieten,  als  die  sind,  die  unser 
Autor  vorlegt.  Bisher  dürfte  wohl  kaum  ein  Sachkundiger  durch 
die  Darlegungen  Vogt's  überzeugt  worden  sein,  aber  es  bleibt  zu 
besorgen,  daß  die  letzteren  doch  da  und  dort  verwirrend  wirken? 
könnten.  Deshalb  halten  wir  auch  ein  nüchternes,  noch  so  unvoll- 
kommenes Provisorium  für  nützlicher  und  zweckmäßiger  als  ein  so 
phantasievolles  Gedankengebäude  wie  dasjenige  Vogt's,  das  sozu- 
sagen einer  Welt  angehört,  die  erst  dazu  geschaffen  werden  muß. 

B)   0.  Vogt's  Methodik  und  die  Hummeln. 

Nachdem  wir  im  eben  vorangegangenen  Abschnitt  die  theoreti- 
schen Anschauungen  Vogt's  kurz  erörtert  haben,  wollen  wir  nun  im 
Folgenden  die  Methodik  dieses  Forschers  kennzeichnen  und  dabei 
zugleich  —  auch  wieder  in  tunlichster  Kürze  —  zeigen,  wohin  die- 
selbe führt. 

Greifen  wir  den  von  Vogt  als  B.  helferanns  bezeichneten  B. 
'varidbilis  heraus,  so  lehrt  ein  Vergleich   unserer  hierher  gehörigeit 


Zoologische  Studien  an  Hummeln.    IIa.  189 

Aufstellungen  (6,  p.  59)  mit  denjenigen  Vogt's  (10,  p.  35  ff.),  daß  dieser 
statt  unserer  8  Varietäten  deren  27  unterscheidet,  die  auch  besonders 
benannt  werden.  Es  handelt  sich  dabei  um  das  zentral-europäische 
Material,  also  um  das  Material  eines  Gebietes,  das  demjenigen  ent- 
spricht, das  wir  in  unserer  Hummelfauna  Deutschlands  absteckten, 
indem  wir  uns  ja  nicht  auf  das  sprachlich  deutsche  Gebiet  be- 
schränkten, sondern  auch  die  exotischen  Varietäten  unserer  ein- 
heimischen Hummelarten  aufnahmen.  Woher  kommen  diese  doch 
beträchtlichen  Differenzen  zwischen  Vogt  und  uns?  Wir  unter- 
schieden B.  variabiUs  var.  fuscus  und  var.  fuliginosus  und  bestimmten, 
dieselben  folgendermaßen:  var.  fuscus:  Ganzer  Körper  schwarz  be- 
haart, Abdomen  mit  mehr  oder  weniger  hellen  Haaren,  die  selbst 
Binden  bilden  können  —  und  var.  fuliginosus:  Braun  behaart,  Thorax- 
seiten fast  schwarz,  Abdomen  mit  eingestreuten  schwarzen  Haaren. 
Vogt  stellt  zwischen  diesen  beiden  Varianten  noch  eine  Zwischen- 
form var.  fieheranus- '^)fuscus ,  die  dahin  gekennzeichnet  wird,  daß 
der  Thorax  mit  vielen  schwarzen  Haaren  versehen,  Segment  1 — 3 
größtenteils  schwarz  ist  und  die  Corbiculahaare  rostfarbig  sind. 
Man  darf  uns  Glauben  schenken,  wenn  wir  erklären,  daß  auch  wir 
imstande  gewesen  w^ären,  die  von  uns  unterschiedenen  8  Varietäten 
beträchtlich  zu  vermehren.  Daß  wir  es  nicht  taten  und  nicht  tun 
durften,  gebot  uns  die  selbstverständliche  Pflicht,  innerhalb  jedes 
Artkreises  dieselben  Grundsätze  bei  der  Aufstellung  der  Varianten 
walten  zu  lassen,  ganz  abgesehen  von  dem  praktischen  Gesichts- 
punkte leichterer  Anschaulichkeit  und  Übersichtlichkeit.  Ist  es  schon 
keine  leichte  Sache,  die  von  uns  unterschiedenen  8  Formensippen 
des  B.  variabiUs  scharf  auseinander  zu  halten,  so  hört  dies  bei  An- 
nahme der  Ditferenzierungsweise  Vogt's  wohl  bald  völlig  auf,  und 
man  kommt  dann  ganz  naturgemäß  zu  so  widersprechenden  Angaben, 
wie  die,  daß  die  27  Varianten  der  in  Rede  stehenden  Hummelart 
„gut  von  einander  trennbare,  aber  durch  Zwischenstufen  mit  einander 
verbundene  Formen"  (10,  p.  34)  darstellen.  Wir  fragen,  wie  verträgt 
sich  gute  Trennbarkeit  mit  Verbindung  durch  Zwischenstufen?  Da 
kann  doch  schließlich  nur  mehr  das  subjektivste  Urteil  die  Ent- 
scheidung treffen.  Und  dabei  sehen  wir  ganz  ab  von  jenen  schon 
früher  besprochenen  Wandlungen  der  Färbung,  die  als  Verfärbungs- 
oder Bleichungsprozesse  zusammengefaßt  werden  können.-) 

1)  Var.  fieberamis  Seidl  ist  gleich  unserer  var.  fuliginosus. 

2)  Vgl,   das    oben    im  Anschlüsse    an    die   „Ergänzungen"    über    diese 
Erscheinungen  Gesagte  (S.    176). 

13* 


190  H.  Friese  und  F.  v.  Wagner, 

Indes  hat  Vogt  im  zweiten  Teil  seiner  Arbeit  gerade  den  B. 
variabüis  herangezogen,  um  zu  zeigen,  daß  zwischen  einzelnen  der 
von  ihm  unterschiedenen  Varianten  bzw.  Variantengruppen  dieser 
Hummelform  Übergänge  fehlen,  d.  h.  „eine  ziemlich  schroffe  Unter- 
brechung" besteht,  so  daß  von  fließenden  Übergängen  nur  „im  allge- 
meinen" gesprochen  werden  dürfe  (11,  p.  32  if.).  Wir  wollen  uns 
nicht  dabei  aufhalten,  diese  Aussage  wieder  mit  den  beiden  gerade 
erörterten  zu  vergleichen,  denn  Vogt  findet  bei  Berücksichtigung 
der  auf  die  einzelnen  Varianten  entfallenden  Individuenzahlen,  daß 
sich  sogar  gegeneinander  wohl  abgegrenzte  Varietäten  ergeben,  die 
als  ,Rassen'  bezeichnet  werden;  sie  kommen  „nebeneinander 
als  Kinder  einer  Mutter  im  gleichen  Nest"  vor,  wodurch 
sie  sich  von  den  Arten  unterscheiden,  die  dies  niemals  tun.  Aus 
der  geographischen  Verteilung  wird  nun  gefolgert,  daß  z.  B.  die 
Schweizer  variahilis-F ovmtn  aus  wenigstens  3  Rassen,  die  Tirols  aus 
5  Rassen  bestehen.  Aus  diesen  Ausführungen  läßt  sich  der  Einfluß 
der  modernen  Erblichkeitsforschung  nicht  verkennen,  und  wenn  wir 
Vogt  richtig  verstehen,  entsprechen  die  sogenannten  Rassen  dem, 
was  bei  selbstbefruchtenden  Pflanzen  nach  Johannsen's  Vorgang 
„reine  Linien",  in  unserem  Falle  „Elementararten"  genannt  wird. 
Zwischen  diesen  und  Vogt's  ,Rassen'  besteht  aber  ein  sehr  wesent- 
licher Unterschied.  Während  nämlich  die  ersteren  auf  positiven, 
experimentell  festgestellten  Tatsachen  ruhen,  handelt  es  sich  bei  den 
letzteren  lediglich  um  Schlüsse,  und  zwar  aus  Befunden,  deren  Zu- 
fälligkeit nicht  ausgeschlossen  ist.  Wir  möchten  nicht  mißverstanden 
werden.  Wir  bezweifeln  keineswegs  die  Möglichkeit,  daß  Zusammen- 
hänge von  der  Artung,  wie  sie  Vogt  aus  seinem  reichen  Material 
erschließen  will,  tatsächlich  bestehen,  ja  nach  den  bisherigen  Er- 
fahrungen der  experimentellen  Erblichkeitsforschung  werden  sich 
wohl  auch  die  Hummeln  nicht  anders  verhalten  als  andere  Tiere, 
d.  h.  die  sj^stematischen  (morphologischen)  Arten  werden  sich  aus 
Elementararten  zusammensetzen.  So  wenig  man  aber  einen  Haus- 
bau mit  den  obersten  Stockwerken  beginnen  kann,  so  wenig  geht 
es  an,  auf  nicht  entsprechend  festen  Grundlagen  und  mit  Hilfe 
einer  nicht  adäquaten  Methodik  Thesen  aufzustellen,  die  wir  zur 
Zeit  auf  ihre  Richtigkeit  überhaupt  nicht  zu  prüfen  vermögen.^) 

1)  Vogt  fordert  (II,  p.  45)  als  erste  „Vorarbeit  für  die  physiologische 
Systematik  der  Zukunft"  die  Aussonderung  der  „Rassen".  „Wir  müssen 
Variationsstatistik  treiben".  Unser  Autor  bekennt  dazu  freilich  selbst, 
daß  man   „mit  dieser  Rassenisolierung  nicht  überall  zu  den  reinen  Rassen 


Zoologische  Studien  an  Hummeln.     IIa.  191 

Vogt  meint,  die  Unterscheidung  seiner  Rassen  von  Arten  sei 
„eine  sehr  einfache"  und  bestehe,  wie  wir  oben  schon  anführten, 
darin,  daß  die  ersteren  in  demselben  Neste  angetroffen  werden,  also 
Abkömmlinge  einer  Mutter  sind.  Auch  wir  haben  schon  zu  Be- 
ginn unserer  Studien  an  Hummeln  von  freilich  ganz  anderen  Grund- 
lagen ausgehend  dem  gleichen  Gedanken  Ausdruck  gegeben,  indem 
wir  —  wie  schon  oben  angeführt  wurde  —  homonide  und  heteronide 
Formen  unterschieden.  Vogt  billigt  diese  Unterscheidungs-  und 
Bezeichnungsweise,  fügt  aber  hinzu,  daß  wir  dabei  von  Varietäten 
und  Subspecies  sprechen,  ohne  gewahr  zu  werden,  daß  wir  damit 
„die  Existenz  physiologisch  ganz  differenter  Kategorien  zum  Aus- 
druck bringen".  Wir  müssen  bekennen,  daß  wir  diese  Ausstellung 
Vogt's  nicht  recht  verstehen  können,  zumal  wir  ja  keinerlei  Ab* 
sichten  auf  physiologische  Feststellungen  hegten,  unsere  ganzen 
Untersuchungen  sich  vielmehr  von  Anfang  an  und  mit  voller  Ab- 
sicht auf  morphologischem  Boden  bewegten.  Im  übrigen  liegen  die 
systematischen  Resultate,  zu  denen  Vogt  gekommen  ist,  von  den 
unserigen  im  großen  und  ganzen  nicht  so  weit  ab,  als  es  auf  den 
ersten  Blick  vielleicht  den  Anschein  hat,  denn  im  allgemeinen  ent- 
sprechen unsere  Subspecies  teilweise  den  Arten  bei  Vogt  und  unsere 
Varietäten  zum  Teil  wenigstens  den  sogenannten  physiologischen 
Arten,  unsere  Species  aber  hat  Vogt  zu  Subgenera  avancieren 
lassen  und  bezeichnet  dieselben  als  Pratobombus,  Hortobombus,  Lapi- 
dariobombus  usw.,  ein  Verfahren,  das  Vogt  „in  Anlehnung  an  den 
Brauch  der  Systematiker"  (11,  p.  49)  eingeschlagen  haben  will. 

Wir  haben  schon  oben  an  B.  variabüis  dargetan,  wie  Vogt's 
physiologische  Bestrebungen  ihn  zur  Aufstellung  immer  neuer  Formen 
führen.  Das  muß  natürlich  die  Übersichtlichkeit  und  damit  die 
Verständigungsmöglichkeit  immer  mehr  erschweren  und  schließlich 
in  einen  chaotischen  Zustand  auslaufen,  in  dem  das  Zurechtfinden 


des  Experimentators  gelangen"  werde,  meint  aber  doch,  „ein  großer  Schritt 
würde  immerhin  in  dieser  Richtung  erfolgen".  Wir  erachten  zur  Lösung 
der  hier  in  Rede  stehenden  Frage  (wie  vieler  anderer)  nur  die  experimentellö 
Methode  für  zuständig,  ganz  abgesehen  davon,  daß  eine  variationsstatistische 
Untersuchung  so  subtiler  Unterschiede ,  wie  sie  VOGT  im  Auge  hat, 
geradezu  undurchführbar  erscheint.  Es  sei  übrigens  bei  dieser  Gelegenheit 
hervorgehoben,  daß  wir  schon  zu  Beginn  unserer  Hummelstudien  (6,  p.  3) 
erklärt  haben,  daß  der  experimentellen  Methode  eine  wichtige  Rolle  zu- 
zuweisen sein  werde,  „um  komplexe  Größen,  seien  es  nun  innere  Anlageü 
oder  äußere  Einflüsse,  in  ihre  Komponenten  zu  zerlegen  und  deren  Wirkungs^ 
weisen  nach  ihrem  Anteil  an  der  Formgestaltung  zu  ermitteln." 


192  H.  Friese  und  F.  v.  Wagner, 

zur  Unmöglichkeit  wird,  und  das,  ohne  daß  damit  dem  angestrebten 
Ziele  nach  einer  anderen  Richtung  hin  in  bestimmter  Weise  gedient 
wäre.  Wichtiger  und  zweckmäßiger  als  das  Einfangen  unzähliger 
Hummeln,  sei  es  auch  zu  variationsstatistischen  Zwecken,  wäre  z.  B. 
die  Untersuchung  der  Nester  dieser  Tiere,  denn  damit  würden  wir 
ein  völlig  einwandfreies  Material  zur  Erkenntnis  gewisser  Zusammen- 
hänge zwischen  den  unterschiedenen  Varianten  usw.  gewinnen  und 
uns  rasch  und  sicher  über  das,  was  zusammengehört  und  was  nicht, 
orientieren  können.  Und  der  Befund  eines  einzigen  Nestes  wiegt 
da  mehr,  als  die  schönsten  Schlüsse  aus  einem  noch  so  individuen- 
reichen Material  freier  Fänge.  Wir  wissen  sehr  wohl,  daß  das  hier 
empfohlene  Verfahren  seine  beträchtlichen  Schwierigkeiten  in  sich 
trägt,  trotzdem  wird  dasselbe  so  wenig  wie  das  Experiment  auf  die 
Dauer  entbehrt  werden  können.  Jedenfalls  aber  sollte  man  sich, 
ehe  dafür  nicht  ein  strikter  Nachweis  erbracht  ist,  so  apodiktischer 
Aufstellungen  enthalten,  wie  sie  von  Vogt  in  den  seine  Resultate 
resümierenden  Zusammenfassungen  gegeben  werden.  Da  heißt  es 
z.  B.  im  I.  Teil  (10,  p.  73):  „7.  Da  sich  für  die  geographischen 
Farbenabweichungen  ein  direkter  oder  indirekter  Nutzen  nicht  nach- 
weisen läßt,  so  muß  ihre  Entstehung  auf  eine  direkte  Wirkung  der 
Umgebung  zurückgeführt  werden."  Ja.  welche  biologischen  Unter- 
suchungen haben  festgestellt,  daß  z.  B.  ein  indirekter  Nutzen  absolut 
ausgeschlossen  ist,  oder  auf  welche  Tatsachen  stützt  sich  die  Aus- 
sage, daß  die  Entstehung  jener  Farbenabweichungen  gerade  eine 
„direkte  Wirkung  der  Umgebung"  sein  müsse  und  eine  indirekte 
Einflußnahme  unmöglich  sei?  Wir  wissen  doch  in  allen  diesen 
Dingen  von  den  Hummeln  heute  noch  so  gut  wie  nichts.  Für  Vogt 
ist  es  überhaupt,  wie  schon  oben  bemerkt  wurde,  eine  ausgemachte 
Sache,  daß  die  „Milieueinflüsse"  das  Entscheidende  sind  und  so  auch 
die  Färbung  bedingen,  und  das,  trotzdem  nicht  eine  Tatsache  be- 
kannt ist,  die  einen  solchen,  in  irgendeiner  Form  gewiß  möglichen 
und  wohl  auch  wahrscheinlichen  Zusammenhang  bezeugte.  „Nicht 
einzelne  aberrierende  Individuen  —  schreibt  Vogt  (11,  p.  47)  — , 
sondern  die  durch  Milieuänderung  modifizierte  ganze  Bewohner- 
schaft einer  Gegend,  also  die  geographische  Varietät,  bildet  die 
einzelne  Stufe  in  der  Artentwicklung.  Die  Art  selbst  entsteht  all- 
mählich aus  der  orthogenetischen  Gradation  solcher  Stufen  infolge 
Summierung  von  Milieuänderungen."  Wir  möchten  da  mit  Faust 
sagen : 

„Die  Botschaft  hör'  ich  wohl,  allein  mir  fehlt  der  Glaube." 


Zoologische  Studien  au  Hummelu.    IIa.  193 

Oibt  es  doch  zahlreiche  Beispiele,  die  zeigen,  daß  Milieueinflüsse 
gewiß  nicht  immer  die  Ursache  der  Färbungs Verschiedenheiten  sein 
können.  Wenn  B.  soroensis  im  deutschen  Gebiet  in  weiß-,  rot-  und 
schwarzafterigen  Formen  vorkommt,  so  ist  es  doch  höchst  unwahr- 
scheinlich, daß  diese  Verschiedenheiten  auf  Differenzen  der  Agentien 
'der  Außenwelt  beruhen,  und  wenn  umgekehrt  B.  derhamellus  in 
Mitteleuropa  ebenso  wie  in  Rußland  und  irn  Kaukasus  die  gleiche 
Rotafterigkeit  zur  Schau  trägt,  so  spricht  dies  ebensowenig  für 
•einen  die  Färbung  bestimmenden  Einfluß  des  Milieus.  Solcher 
Exempel  ließen  sich  noch  viele  vorführen,  doch  genügen  diese  ohne 
Wahl  herausgegriffenen  Vorkommnisse,  um  darzutun,  wie  wenig  es 
a,ngebracht  ist,  auf  dem  Ruhekissen  der  Agentien  der  Außenwelt, 
auf  das  freilich  heutzutage  vielfach  und  mit  kaum  geprüftem  Ver- 
trauen das  Ursachenbündel  der  Formbildung  niedergelegt  wird,  aus- 
zuruhen. Wir  sind  der  Anschauung,  daß  für  die  Färbungsver- 
schiedenheiten gewiß  nicht  nur  „Milieueinflüsse"  in  Betracht  kommen, 
«ondern  auch  Wirkungen  der  allgemeinen  Variabilität  bestimmend 
«ind. 

Wir  dürfen  diese  Darlegungen  nicht  schließen,  ohne  noch  auf 
•einen  Punkt  einzugehen,  der  nicht  so  sehr  theoretischer  als  prak- 
tischer Natur  ist.  VoGt  hat  zur  Unterscheidung  der  Varianten 
außer  der  Färbung  in  besonderem  Maße  auch  die  Behaarung  (Länge 
und  Dicke  der  Haare,  Dichte  derselben)  herangezogen,  während  wir 
in  bezug  auf  den  letzteren  Faktor  mehr  summarisch  verfahren  sind; 
Immerhin  sind  wir  auch  dem  allgemeinen  Charakter  der  Behaarung, 
wie  derselbe  in  der  Zeichnung  unserer  Tiere  sich  kundgibt,  sorgsam 
nachgegangen  und  haben  auch  speziellere  Eigentümlichkeiten  be- 
achtet, wie  die  Charakteristika  „geschoren"  oder  „struppig"  und 
ähnliche  Bezeichnungen  dartun.  Auf  die  Länge  und  Dicke  der 
Haare  im  einzelnen  Rücksicht  zu  nehmen,  haben  wir  allerdings  und 
nicht  ohne  Absicht  unterlassen.  Derartige  Merkmale  scheinen  uns 
von  Anfang  an  in  Einzelheiten  auszulaufen,  die  in  keinem  Verhältnis 
mehr  zu  ihrer  formbestimmenden  Bedeutung  stehen,  auch  praktisch 
wenig  brauchbar  sind.  Vogt  ist  darin  anderer  Meinung  und  sucht 
die  Bedeutung  der  Variation  in  den  Haardimensionen  an  verschie- 
denen Beispielen  klarzulegen,  von  welchen  zweifellos  das  der  armeni- 
«CMS  Formen  und  das  der  incertus-F ormen  unsere  volle  Beachtung 
verdienen  (10,  p.  58  u.  ff.).  Indes  darf  dabei  nicht  übersehen  werden, 
daß  solche  weitgehende  Unterscheidungen  sehr  relativ  und  nur  dann 
faßbar   sind,   wenn   man  die  betreffenden  Formen  unmittelbar  vor 


194  H.  Friese  iind  F.  v.  Wagner, 

sich   hat;   im    allgemeinen    dürfte    für   so   difficile  Differenzen   ein 
einigermaßen  zuverlässiger  Maßstab  nicht  zu  finden  sein. 

C.   Die  Hummeln  und  wir. 

Die  Erörterungen  der  beiden  vorausgegangenen  Abschnitte 
dürften  wohl  genügen,  um  zu  zeigen,  wie  sehr  unsere  beiderseitigen 
Anschauungsweisen  auseinandergehen  und  wie  verschieden  Vogt's- 
Methodik  von  der  unserigen  ist.  Diese  Differenzen  können  nicht 
durch  den  Umstand  eine  Milderung  erfahren,  daß  Vogt  seine  Unter- 
suchungen im  Hinblick  auf  das  „Artproblem"  unternommen  hat^ 
wir  aber  mit  den  unserigen  ein  descendenztheoretisches  Ziel  ver- 
folgen, die  Wege  aufzudecken,  „auf  welchen  die  Hervorbildung^ 
relativ  konstanter  Formtypen  (Arten)  gegenwärtig  vor  sich  geht 
oder  in  der  Vergangenheit  vollzogen  worden  ist"  (6,  p.  13).  Die- 
beiderseitigen  Absichten  stehen  sich  zu  nahe,  um  jene  Gegensätze 
zu  rechtfertigen;  sie  sind  grundsätzlicher  Natur  in  der  Theorie  wie- 
in  der  Methodik.  Dies  festzustellen,  war  der  Zweck  unserer  Aus- 
einandersetzung mit  Vogt's  Hummelarbeiten,  denn  damit  ist  zugleich 
dargetan,  was  wir  eingangs  dieser  theoretischen  Darlegungen  al» 
unsere  Ansicht  aussprachen,  daß  und  warum  wir  keinen  Anlafr 
sehen,  der  Ausführungen  Vogt's  wegen  unsere  Anscliauungen  und 
das  von  uns  eingeschlagene  und  seither  festgehaltene  Verfahren  zu 
ändern. 

Über  Absicht  und  Ziel  unserer  Hummelstudien  haben  wir  uns- 
schon  1909  in  der  „Einleitung"  zu  unserer  ersten  Abhandlung  (6.  p.  1 — 5) 
ausgesprochen.  Wir  möchten  schon  Gesagtes  hier  nicht  wiederholen^ 
zumal  auch  aus  unserer  Besprechung  der  VoGT'schen  Auffassung- 
und  Methodik  der  von  uns  selbst  eingenommene  Standpunkt  wohl 
unzweideutig  zu  erkennen  ist.  Immerhin  mag  es  am  Platze  sein,, 
bei  dem  vorliegenden  Anlaß  ein  paar  zu  weiterer  Klärung  der  Sach- 
lage geeignete  Bemerkungen  über  unsere  Arbeiten  anzufügen. 

Wir  stehen  auf  dem  Boden  der  modernen,  vom  Geiste  der 
Descendenztheorie  erfüllten  Systematik,  für  die  die  Species  ein 
morphologischer  Begriff'  von  ganz  bestimmter  Artung  ist.  Unser 
Ziel  ist,  die  Verwandtschaftsbeziehungen  der  Hummelarten  aufzu- 
decken, d.  h.  die  Zusammenhänge  der  verschiedenen  unterscheidbaren 
Hummelformen  zu  ermitteln  und  damit  deren  Wert  in  der  Artbil- 
dung festzustellen,  kurz  eine  descendenztheoretische  Bearbeitung 
dieser  Tiergruppe.  Zu  diesem  Zwecke  schien  uns  eine .  Durcharbei- 
tung der  bis  jetzt  bekannten  Hummelformen  eine  unerläßliche 


Zoologische  Studien  an  Hummeln.    IIa.  195 

Voraussetzung,  und  zwar  deshalb,  weil  nur  auf  diesem  Wege  eine 
brauchbare  Übersicht  über  diese  Formenwelt  gewonnen  werden 
kann,  die  als  Materialbeschaffung  begreiflicherweise  der  Material- 
bearbeitung vorauszugehen  hat.  Die  Materialbeschaffung  mußte 
natürlich  eine  geordnete  sein,  denn  sonst  ständen  wir  vor  einem 
Chaos,  mit  dem  niemand  etwas  anfangen  könnte;  sie  bedeutet  daher 
zugleich  eine  wenigstens  provisorische  Ordnung  der  zu  unterschei- 
denden Hummelformen,  Arten  wie  Varianten.  Diese  notwendige 
Unterscheidung  kann  selbstverständlich  von  verschiedenen  Gesichts- 
punkten aus  durchgeführt  werden;  wir  haben  deshalb  auch  z.  B. 
für  die  von  uns  unterschieden  deutschen  Hummelarten  „ohne  weiteres" 
zugegeben,  „daß  andere  Forscher  wohl  in  mancher  Hinsicht  anders 
verfahren  wären"  (6,  p.  23).  Wir  sind  aber  von  der  Überzeugung 
durchdrungen,  daß  es  nicht  so  sehr  auf  die  Gesichtspunkte  an  sich 
ankommt  als  darauf, .daß  bei  der  ganzen  Ordnungsarbeit 
immer  dieselben  Gesichtspunkte  maßgebend  bleiben, 
und  das  auch  dort,  wo  sich  der  Forscher  nur  von  seinem  systema- 
tischen Gefühl  oder  Takt  leiten  lassen  kann  und  muß.  Aus  diesen 
Überlegungen  heraus  haben  wir  zuerst  die  Bearbeitung  der  deutschen 
Hummelfauna  als  der  am  besten  gekannten  durchgeführt  und  ihr 
die  der  Hummeln  der  Arktis,  des  Hochgebirges  und  der  Steppe 
folgen  lassen;  unsere  nächste  Abhandlung  wird  die  asiatischen 
(sibirischen)  Hummeln  behandeln,  und  in  einer  vierten  Studie  hoffen 
wir  den  Rest  erledigen  und  damit  diese  Untersuchungen  abschließen 
zu  können.  Daß  sich  schon  aus  solchen  Untersuchungen  allgemeinere 
Einsichten  gewinnen  lassen,  namentlich  bei  einem  relativ  so  gut 
bekannten  Material,  wie  es  die  deutsche  Hummelfauna  ist,  glauben 
wir  am  betreffenden  Orte  zur  Genüge  gezeigt  zu  haben,  mag  man 
denselben  heute  auch  nur  einen  heuristischen  Wert  zubilligen. 

Diesen  von  uns  von  vornherein  als  notwendige  Voraussetzung 
für  weiteres  qualifizierten  Untersuchungen  werden  natürlich  weitere, 
und  zwar  gerade  die  wichtigsten  unserer  ganzen  Arbeit,  zu  folgen 
haben,  die  —  zumeist  wenigstens  —  erst  durch  diese  mit  Aussicht 
auf  Erfolg  in  Angriff  genommen  werden  können.  Systematische 
Erforschung  der  Nester,  Prüfung  der  Frage,  ob  Beziehungen  zwischen 
Färbung  und  Zeichnung  einerseits  und  dem  Bau  der  männlichen 
Copulationsorgane  andrerseits  bestehen  und  wenn  ja,  von  welcher 
Art  dieselben  sind,  und  nicht  zuletzt  das  Experiment  bei  Haltung 
in   künstlichen  Nestern,   was  natürlich  die  Ausarbeitung  einer  ent- 


196  H.  Fbiese  und  F.  v.  Wagnek, 

sprechenden  Methodik  bedingt^),  sind  Aufgaben,  die  dann  an  uns 
herantreten  werden  und  für  die,  wie  für  jede  künftige  wissenschaft- 
liche Beschäftigung  mit  Hummeln,  eine  von  einheitlichen  und  gleich- 
artigen Gesichtspunkten  durchgeführte  und  dabei  doch  auch  für  die 
Praxis  brauchbare  Übersicht  der  Hummelfauna  der  Erde  eine  nicht 
nur  erwünschte,  sondern  auch  notwendige  Grundlage  bietet.  Doch 
das  ist  einstweilen  noch  Zukunftsmusik;  wir  wollten  auch  nur  mit 
ein  paar  Worten  zeigen,  daß  wir  nicht  planlos  vorgehen,  uns  viel- 
mehr ein  weites  Ziel  gesetzt  haben,  von  dem  es  vielleicht  mehr  als 
fraglich  ist,  daß  wir  es  erreichen  werden.  Um  so  mehr  liegt  uns 
am  Herzen,  unsere  Vorarbeiten  nach  Möglichkeit  zu  fördern  und 
tunlichst  rasch  zum  Abschluß  zu  bringen,  um  zur  Hauptsache  über- 
gehen zu  können.  Und  zu  diesem  Ende  können  und  dürfen  wir, 
auch  wenn  es  uns  sonst  sympathisch  wäre,  kein  anderes  Verfahren 
einschlagen  als  wie  bisher  das  allgemein  geübte  und  dem  heutigen 
Stande  der  Wissenschaft  entsprechende,  denn  nur  dieses  hält  die 
richtige  Mitte  zwischen  dem  Zuviel  und  dem  Zuwenig  und  erfüllt 
damit  die  unerläßliche  Forderung  der  wissenschaftlichen  wie  der 
praktischen  Arbeit:  sine  systemate  chaos. 


1)  Daß  eine  solche  möglich  sein  werde,  kann  im  Prinzip   wohl   sclioa 
heute  bejaht  werden. 


Zoologische  Studien  an  Hummeln.    IIa.  197 


Literaturverzeichnis. 


1.  Alfken,  J.  D.,    Beitrag   zur  Kenntnis    der  Apidenfauna  von  West- 

preussen  (Sammelbericht),  in:   31.  Ber.  Westpreuss.  bot.-zool.  Ver. 
Danzig,   1909. 

2.  — ,  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Apidenfauna  von  Ostpreussen  (Sammel- 

bericht), in :  Schrift,  physikal.-oekon.  Ges.  Königsberg  i.  P.,  Jg.  50, 
1909. 

3.  — ,  Die    Bienenfauna   von    Westpreussen,    in:    34.  Ber.    Westpreuss. 

bot.-zool.  Ver.  Danzig,   1912. 

4.  DE    Dalla    Toere  ,    0.    G. ,    Catalogus    Hymenopterorum    hucusque 

descriptorum     systematicus    et    synonymicus ,    Vol.     10,     Apidae 
(Anthophila),  Lipsiae    1896. 

5.  Fkiese,  H.,    und  F.  v.  Wagner,    Über    die    Hummeln    als    Zeugen 

natürlicher  Formenbildung,  in :  Zool.  Jahrb.,  Suppl.  7  (Weismann- 
Festschrift),   1904. 

6.  — ,  Zoologische  Studien  an  Hummeln.   I.  Die  Hummeln  der  deutschen 

Fauna,  in:  Zool.  Jahrb.,  Vol.  29,  Syst.,   1909. 

7.  — ,  Dasselbe,    II.  Die  Hummeln    der  Arktis,    des  Hochgebirges    und 

der  Steppe,  in:  Zool.  Jahrb.,  Suppl.   15,  Bd.   1,   1912. 

8.  Plate,  L.,  Vererbungslehre,  Leipzig  1913. 

9.  PoLL,  H.,  Mischlingskunde,  Ahnlichkeitsforschung  und  Verwandtschafts- 

lehre, in:  Arch.  Rass.-  u.  Gesellsch.-Biol.,  Jg.  8,   1913. 

10.  Vogt,    0.,    Studien    üb.    d.    Artproblem.    I.    Mitteilung:    Über    das 

Variieren  der  Hummeln,   I.Teil,  in:  SB.  Ges.  naturf.  Fr.,  Berlin, 
Jg.   1909,  No.  1. 

11.  Dasselbe,  2.  Teil  (Schluß),  ibid.,  Jg.    1911,  No.   1. 

12.  MÜLLER,  M.,  Beitr.  z.  Kenntnis  unserer  Hummeln,  in:  Arch.  Naturg., 

1913,  p.   121. 


198     H.  f BIESE  und  F,  V.  Wagner,  Zoologische  Studien  an  Hummeln.    IIa. 


Erkläriiug  der  Abbildungen.  0 


Tafel  8. 

Fig.   1.     Bomhiis   pomorum    var.    armeniaciis    Rad.      $.      Rußland, 

Armenien. 
Fig.  2.     B.    musconim    var.     smithianns    "White.      $.      Norwegen, 

Orkney. 
Fig.  3.     B.  agrorum  var.  arciicus  Aceebi.     $.     Norwegen. 
Fig.  4.     B.  agrorum   var»   obscuriventris  Friese.     $.     Nord-Europa. 
Fig.  5.     B.  agrorum  var.  nigeirimus  Friese.     $.     Sibirien. 
Fig.  6.     B.  hyiniorum  var.  hiemalis  Friese.     $.     Sibirien. 
Fig.  7.     B.  hypnorum  var.  calidus     Ev.     $.     Sibirien, 
Fig.  8.     B.    hiipnorum    var.    cingulatiis    "Wahlbg.      $.      Schweden, 

Lappland. 
Fig.  9.       B.  hypnorum  var.  atratulus  Friese.     $.     Sibirien. 
Fig.   10.     B.  hypnorum  var.  rossicus  Friese.     $.     Sibirien. 
Fig.   11.     B.  silvarum  var.  tinicolor  Friese.     (^.     Sibirien. 
Fig.  12.     B.  hortoi'um  var.  consohrinus  Dahlb.    $.    Arktische  Region, 
Fig.   13.     B.  hortorum  var.  transigens  Friese.     ^.     Kaukasus. 


1)  Die  Figuren  1  — 12  sind  aus  unseren  früheren  Arbeiten  (6,  tab.  6 
fig.  13  und  7,  tab.  9  fig.  7—15,  20  und  24)  hier  richtiggestellt 
wiederholt. 


Nachdruck  verboten. 
Übersetzungsrecht  vorbehalten. 


Beitrag  zur  Kenntnis  der  Anatomie  von  Otodistomum 

veliporuni  (Creplin),  Distomum  fuscum  Poirier 

und  Distomum  ingens  Moniez. 

Von 
Georg  Mtihlschlag. 

(Aus  dem  Zoologischen  Museum  zu  Königsberg  i.  Pr.) 

Mit  Tafel  9—10  und  15  Abblldmigen  Im  Text. 


Einleitung. 

Im  März  1912  hatte  Herr  Geheimrat  Prof.  Dr.  M.  BRAim  die 
Güte,  mir  eine  Anzahl  von  Distomen  zur  selbständigen  Bearbeitung 
anzuvertrauen.  Außer  einer  Distomen-Art  aus  dem  hiesigen  Zoo- 
logischen Museum  erhielt  ich  durch  seine  liebenswürdige  Vermittlung 
aus  der  Sammlung  des  Königlichen  Zoologischen  Museums  zu  Berlin 
Exemplare  von  Distomum  veliporum  Creplin,  D.  clavatum  Rijdglphi 
aus  ihren  verschiedenen  Wirten  und  auch  einige  Distomen,  die  nicht 
näher  bezeichnet  waren;  ferner  aus  dem  Naturhistorischen  Museum 
zu  Hamburg  Distomen,  die  zur  Gruppe  des  Distomum  clavatum 
(Menzies)  gehörten.  Ein  Versuch,  die  Typen  der  von  Poiriee  be- 
arbeiteten Arten  aus  dem  Pariser  Zoologischen  Museum  zu  erlangen, 
scheiterte  leider. 

In  dem  Berliner  Material  sind  als  Wirtstiere  für  D.  veliporum 
Creplin  Hexanclius  griseus,  Scymnus  spinosus,  Scymnus  nicaeensis, 
Laemargus  borealis,  Pristiurus  melanostoma,  Scyllium  canicula  und 
XJhimaera  monstrosa  angegeben. 


200  Georg  Mühlschlag, 

Glas  No.  2986,  ,.Dist.  velipm'um  Ceepl.  Spec.  juvenile  ?  Pristiurus 
melanostoma  Cyst.  stomach."  bezeichnet,  enthält  ein  äußerst  kleines 
Distomum  von  1,44  mm  Länge  und  0,4  mm  Breite.  Nach  Aufhellung 
in  Kreosot  konnte  ich  von  inneren  Organen  nur  die  Darmschenkel 
erkennen.    Genitalorgane  sind  noch  nicht  angelegt. 

Glas  No.  2985,  ,,2).  veliporum  Ceepl.  Spec.  juvenile?  Chimaera 
monstrosa  Cyst.  intest.",  enthält  ein  Distomum  von  3,6  mm  Länge  und 
0,75  mm  Breite.  Es  sind  von  inneren  Organen  die  Darmschenkel 
und  die  Excretionsgefäße  zu  erkennen.  Die  Geschlechtsdrüsen  sind 
noch  nicht  angelegt. 

Glas  No.  2984,  „D.  veliporum  Ceepl.  Spec.  juvenile?  Scyllium 
canicula,  Cyst.  stomach."-  enthält  ein  Distomum  von  5,4  mm  Länge 
und  1,23  mm  Breite.  Das  Lumen  des  Bauclisaugnapfes  beträgt 
0,6  mm,  das  des  Mundsaugnapfes  0,45  mm.  Die  Darmschenkel  sind 
deutlich  sichtbar,  und  es  scheinen  auch  die  Genitaldrüsen  schon  an- 
gelegt zu  sein.    Jedoch  ist  es  nicht  geschlechtsreif. 

Bei  Glas  No.  2984  und  2985  handelt  es  sich  nach  meiner  An- 
sicht bestimmt  um  Jugendformen  von  D.  veliporum  Ceeplin,  bei 
Glas  No.  2986  kann  ich  es  nicht  mit  Sicherheit  behaupten. 

Glas  No.  2464,  „Distoma  Bermaiopterus  (Fisch!)"  enthält  ein 
Distomum  von  etwa  35  mm  Länge.  Während  seine  Breite  in  der 
Mitte  des  Körpers  nur  2  mm  beträgt,  ist  sie  an  der  blasenförmigen 
Auftreibung  des  Hinterendes  6,5  mm.  An  der  charakteristischen 
Form  ist  es  leicht  als  D.  clavatum  (Menz.)  zu  erkennen. 

Glas  No.  3252,  ,,Distomum,  Intest,  eines  Labriden  {Pseudoscarus^Y'' 
enthält  2  Exemplare,  die  ich  für  D.  ingens  Moniez  halte.  Sie  sind 
von  gleicher  Größe  und  haben  die  typische  ampullenförmige  Gestalt. 
Ihre  Länge  beträgt  35  mm,  die  Dicke  14  mm  und  die  Breite  15  mm. 
Der  Bauchsaugnapf  hat  ein  Lumen  von  3  mm,  der  Mundsaugnapf 
ein  Lumen  von  1,5  mm.  Der  Genitalporus  ist  deutlich  sichtbar  und 
liegt  auf  der  Ventralseite  des  Halses  in  einer  Entfernung  von  4  mm 
vom  Bauchsaugnapf  und  von  2  mm  vom  Mundsaugnapf.  Die  Länge 
des  Halses  beträgt  7  mm. 

Glas  No.  4534,  „Distomum.  Xiphias  gladius.  Japan",  enthält 
1  Exemplar,  das  meiner  Meinung  nach  Distomum  fuscum  Poieier  ist. 
Die  Länge  beträgt  10  mm,  die  Breite  6  mm,  die  Dicke  5  mm.  Die 
kragenförmige  Verbreiterung  des  Bauchsaugnapfes  hat  einen  Durch- 
messer von  4  mm.  Seine  Öifnung  ist  ein  Spalt  von  1  mm  Länge 
und  ^/a  mm  Breite. 

Ebenso  waren   die  Distomen  aus  dem  Hamburger  Naturhisto- 


Anatomie  von  Otodistoraum  veliporum  (Creplin)  usw.  201 

Tischen  Museum  nicht  näher  bezeichnet,  auch  fehlte  eine  genaue 
Wirtsangabe.  Meiner  Meinung  nach  handelt  es  sich  um  B.  ingens 
MoNiEZ  und  D.  fuscum  Poieiee.  Als  I).  ingens  Moniez  betrachte 
ich:  „Bistoma  aus  dem  Magen  eines  Alhicore  (Thunfisch-ähnlich). 
Kophamel    Süd- Atlantik."     4  Expl. 

„John  Peicket  leg.  d.  Im  Magen  eines  Fisches  im  Indischen 
Ozean."     2  Expl. 

„D.  POHL  d."     2  Expl. 

„Tamatave,  Heney  O'Swald  ded.  5./4.  1893."     2  Expl. 

„Im  Eingeweide  des  Delphins.  Madagaskar.  M.  O'Swald  leg.  d." 
1  Expl. 

,^Bist.  clavatum  ßuD.  Geube  del."     2  Expl. 

Als  Bistomum  fuscum  Poieiee  betrachte  ich:  „5183  Campeche 
Bay,  Putze  vend.  1882."     2  Expl. 

„E.  K.  4325  Dolphin  Magen."     1  Expl. 

„3809  Azoren,  San  Miquel,  Ponta  Delgada,  Pohl  leg.  d.  Juni 
95."     1  Expl. 

Otodistomtim  veliporimi  (Creplin). 
(Disio7nmn  insigne  Diesing  1850,  Villot  1878,  Poieiee  1885.) 

Ein  Teil  meines  Materials  hatte  sich  ohne  jede  Bezeichnung^ 
auch  ohne  Angabe  des  Wirtstieres  und  Fundortes,  in  der  Sammlung 
des  hiesigen  Zoologischen  Museums  vorgefunden.  Nach  dem  äußeren 
Aussehen  zu  urteilen,  handelte  es  sich  um  Distomen  und  wahrschein- 
lich um  Bistomum  veliporum  Creplin.  Meine  Vermutung  bestätigte 
sich,  als  ich  einige  Exemplare  einer  näheren  anatomischen  Unter- 
suchung unterzog.  Obwohl  diese  Art  schon  seit  langer  Zeit  bekannt 
und  auch  recht  häufig  zu  finden  ist,  gibt  es  außer  den  älteren  Ar- 
beiten von  Villot  (1878)  und  Poieiee  (1885)  und  einer  kurzen  Ab- 
handlung von  Odhnee  (1911),  in  der  die  systematische  Stellung  von 
Bistomum  veliporum  klar  gelegt  wird,  keine  eingehenderen  Unter- 
suchungen über  den  anatomischen  Bau  dieses  Distomums.  Daher 
schien  es  mir  auf  Anregung  von  Herrn  Geheimrat  Beaun  lohnend,^ 
einen  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Anatomie  von  Bistomum  veliporum 
Ceeplin  zu  liefern. 

Bevor  ich  jedoch  zu  meinem  eigentlichen  Thema  komme,  möchte 
ich  einen  kurzen  geschichtlichen  Überblick  über  das  Bekanutsein 
von  Bistomum   veliporum  geben.     Zum   erstenmal   macht  Ceeplin  im 


202  Georg  Mühlschlag, 

Jahre  1837  in  einem  Aufsatz  über  die  Gattung  Distomum  einige 
Angaben  über  die  Größe  von  D.  veliporum,  „einer  noch  nicht  be- 
schriebenen Art  aus  Squalus  griseus^^.  In  seinen  „Endozoologischen 
Beiträgen"  vom  Jahre  1842  findet  sich  dann  eine  nähere  Beschrei- 
bung des  Dütomum  veliporum  Creplin,  deren  kurze  Zusammenfassung 
folgendermaßen  lautet: 

„D.  giganteum,  depressum,  inerme,  ore  antico,  semiinfero  pori 
centralis  maioris  tunica  interiore  utrinque  in  veli  speciem  protrada. 
collo  brevi,  conico,  corpore  perlongo,  sublineari  s.  parum  sensim 
attenuato." 

Auch  bei  seiner  rein  äußerlichen  Untersuchung  erkennt  er 
schon,  daß  die  „drei  breiten  rundlichen  Flecke"  der  durchscheinenden 
inneren  Organe  die  beiden  Hoden  und  das  Ovarium  sind,  während 
Mehlis  bei  D.  lanceolatmn  einen  dritten  Hoden  nachgewiesen  zu 
haben  meinte. 

Im  Jahre  1845  wird  D.  veliporum  Crepl.  von  Dujardin  in 
seiner  Naturgeschichte  der  Eingeweidewürmer  unter  „Distomes  des 
Squales"  kurz  beschrieben.  Er  gibt  eine  Länge  von  8  cm  an, 
während  die  größten  Exemplare  von  Creplin  im  Durchschnitt  6  cm 
lang  waren.  Ferner  bezeichnet  Dujardin  die  Eier  als  sehr  klein 
und  von  brauner  Farbe. 

In  seinem  Werke  „Systema  helminthum"  gibt  Diesing  (1850) 
eine  kurze  Beschreibung  von  B.  veliporum  Crepl.,  die  im  wesent- 
lichen mit  derjenigen  von  Creplin  übereinstimmt.  Er  gibt  jedoch 
eine  Länge  von  18  mm  bis  6,8  cm  und  eine  Breite  von  3,4—6,8  mm 
an,  und  als  Wirte  nennt  er  Prionodon  milberti  und  Hexanchus 
griseus. 

1852  erwähnt  dann  Wagener  das  Vorkommen  von  D.  veliporum 
Creplin  in  Chimaera  monstrosa. 

ViLLOT  berichtet  in  einer  Arbeit  aus  dem  Jahre  1878,  daß  von 
Trematoden  als  Parasiten  der  Squaliden  besonders  3  Arten  vor- 
kommen, nämlich  D.  megastomum,  D.  veliporum  und  D.  insigne,  von 
denen  die  beiden  letzteren  sich  durch  ihre  Größe  auszeichnen.  Wie 
schon  VAN  Beneden  glaubt  auch  er  an  einen  Zusammenhang  zwischen 
der  Größe  des  Wirts  und  des  Parasiten,  was  jedoch  nach  heutigen 
Beobachtungen  nicht  immer  der  Fall  zu  sein  braucht. 

1884  läßt  Carus  Fasciola  Squali  grisei  Risso,  D.  Scimna  Risse, 
D.  insigne  Diesing  und  B.  veliporum  Creplin  miteinander  identisch 
sein  und  gibt  dieselbe  Beschreibung  wie  Diesing.    Als  Wirte  führt 


Anatomie  von  Otodistomuni  veliporum  (Creplin)  usw.  203 

er  EchinorJiinus  spinosus,  Prionodon  milberti  et  Notidanus  griseus  und 
Chimaera  monstrosa  an. 

Erst  PoiRiEE  macht  im  Jahre  1885  bei  seiner  Bearbeitung-  der 
Gruppe  des  D.  clavatum  (Menz.)  im  Anschluß  an  D.  insigne  Diesing 
auch  kurze  Angaben  über  den  inneren,  anatomischen  Bau  von  D. 
veliporum  Creplin. 

Ebenso  erlialten  wir  auch  nur  wenige  Angaben  über  die 
Anatomie  von  B.  veliporum  durch  Monticelli  ,  hauptsächlich  in 
seinem  Werke  „Studii  sui  Trematodi  endoparassiti".  Auch  er  hält 
D.  veliporum  für  synonym  mit  2).  insigne. 

Ungefähr  um  dieselbe  Zeit  wird  es  auch  in  Braun's  Bearbeitung 
der  Trematoden  (in:  Bronn,  Class.  Ordn.  Thier-Eeich)  im  Vergleich 
mit  Distomen  der  Gruppe  des  B.  clavatum  kurz  behandelt  und  ebenso 
seine  systematische  Stellung  und  Verbreitung  erörtert.  Ariola  teilt 
in  einer  Arbeit  aus  dem  Jahre  1899  mit,  daß  B.  veliporum  zusammen 
mit  B.  megastomum  in  Carcharias  rondeletti  gefunden  sei,  und  erklärt 
es  auch  für  identisch  mit  B.  microcephalum  Baird,  B.  insigne  Die- 
sing und  B.  scymni  Risse. 

Jägerskiöld  geht  bei  seiner  Untersuchung  des  Geschlechtssinus 
von  B.  megastomum  auf  Poirier's  Bearbeitung  von  B.  insigne  zurück. 
Noch  ursprünglicher  und  einfacher  sind  nach  seiner  Meinung  die 
Verhältnisse  bei  B.  veliporum,  das  er  aus  einigen  Raja- Arten 
kennt. 

Schon  aus  dieser  kurzen  Zusammenstellung  ersieht  man,  daß 
wegen  des  wenig  bekannten  inneren  Baues  auch  die  systematische 
Stellung  von  B.  veliporum  Ceeplin  noch  recht  zweifelhaft  sein  mußte. 
Vor  einer  Reihe  von  Jahren  hat  dann  Staeford  D.  veliporum  Creplin 
unter  dem  Namen  Otodistomiim  veliporum  Creplin  als  Vertreter  einer 
besonderen  Gattung  aufgestellt,  ohne  sie  jedoch  näher  zu  charak- 
terisieren. In  neuester  Zeit  hat  Odhnee,  der  die  Identität  mit  B. 
insigne  erkannte,  unsere  Art  mit  bekanntem  systematischem  Scharf- 
blick in  das  natürliche  System  der  digenen  Trematoden  eingereiht. 
Ich  kann  mich  seiner  Meinung  nur  anschließen  und  will  auf  diesen 
Punkt  noch  einmal  am  Schlüsse  meiner  anatomischen  Untersuchungen 
zurückkommen.  Diese  wurden  mit  Hilfe  von  Querschnitt-  und  Längs- 
schnittserien ausgeführt,  und  zur  Färbung  der  Schnitte  wurde  teils 
Hämatoxylin  und  Eosin,  teils  Boraxkarmin  und  BLOCHMANN'scher 
Farbstoff  verwandt. 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  14 


i'A 


204  Gborg  Mühlschi.ag, 

A  u  s  s  e  h  e  n  II  n  d  G  r  ö  ß  e. 

Die  Farbe  der  Tiere,  die  in  etwa  70  7o  Alkohol  konserviert  sind^ 
ist  gelblich-weiß.  Sie  sind  von  flacher,  abgeplatteter  Gestalt,  und 
hinter  dem  Bauchsaugnapfe  sowohl  auf  der  Ventral-  als  auch  auf*^ 
der  Dorsalfläche  scheinen  die  inneren  Organe  mit  bläulich-schwarzer 
Farbe  durch.  Vom  Bauchsaugnapfe  ab  sind  die  Tiere  nach  vorn 
und  hinten  zu  seitlich  verschmälert,  jedoch  nach  dem  Vorderende  zu 
mehr  als  nach  dem  Hinterende.  Der  Bauchsaugnapf  liegt  weit  nach 
vorn,  so  daß  der  Hals  besonders  bei  großen  Exemplaren  kurz  er- 
scheint.    Der  Bauchsaugnapf  tritt  im  Gegensatz  zum  Mundsaugnapf 

deutlich  aus  seiner  Umgebung  hervor  und 
hat  eine  mittelgroße  Öffnung,  die  meistens 
ganz  rund  ist.  Creplin  erwähnt  in  seiner 
sonst  vortrefflichen  äußeren  Beschreibung, 
/  j  daß    „der  innere  Randteil   des  Bauchsaug- 

/  \  napfes  von  jeder  Seite  her  gerade  einwärts^ 

/  \  in  eine  Hautfalte  auslief",  und  ferner,  ,.daß 

/  \         der  Napf  sich   wie   durch  einen  innen  vor 

I         seine  Öffnung  von   beiden  Seiten  her  ge- 
\         zogenen  Vorhang  geschlossen  zeigte."  Hierzu 
/"Z^X  ^^^^  it;h  jedoch  bemerken,   daß  bei  meinen 

1^1  ■        zahlreichen  Exemplaren   solche  Hautfalten 

\2^  '       auch  bei  anatomischer  Untersuchung  nicht 

zu  beobachten  sind.   Vielmehr  sieht  man  im. 
^  *^  I      Innern   des   Saugnapfes   bei    einigen   Indi- 

j  viduen  infolge  einer  eigenartigen  Kon-r 
)  traktion  der  Muskulatur  zwei  oder  drei 
I  Wülste,  welche  sich  von  jeder  Seite  und 
»  manchmal  auch  von  vorn  in  das  Lumen 
erheben  und  eine  flache  Rinne  in  der  Mitte 

^^^■-  ^-  frei  lassen.    Zur  Veranschaulichung    diene 

Vordereade  von  Otodistomum        -,         j.  i       j      m     üj        a       r\^i.    •    i     i,     •    j 

veliporum  (Creplin).  nebenstehende  Textfig.  A.  Oft  jedoch  sind 
diese  Erhebungen  nicht  vorhanden,  so  daß 
dann  die  Öffnung  breit  und  tief  erscheint.  Der  Mundsaugnapf  ist 
im  Verhältnis  klein  und  meistens  kreisrund.  Dicht  hinter  dem  Mund- 
saugnapf auf  der  Ventralseite  des  Körpers  erblickt  man  eine  kleine 
rundliche  Erhebung,  den  Genitalporus  (Fig.  A).  Ein  ausgestülpter 
Cirrus  ist,  wie  ihn  Ceeplin  bei  einem  Exemplar  zu  sehen  geglaubt 
hat,   niemals  zu  bemerken.    Der  Excretionsporus  ist  oft  mit  bloßem 


Anatomie  von  Otodistomum  veliporum  (Creplin)  usw.  205 

Auge  erkennbar  und  befindet  sich  an  der  Spitze  des  Hinterendes 
mehr  ventral  gelegen.  Die  Oberfläche  der  Tiere  zeigt  feine  Ring- 
falten, die  wohl  nur  eine  Kontraktionserscheinung  sind.  Geschlechts- 
reife Exemplare,  die  in  Kreosot  aufgehellt  sind ,  lassen  deutlich  den 
prall  gefüllten  Uterus,  die  Dotterstöcke,  die  Excretionsgefäße  und 
die  Darmschenkel  erkennen  (Taf.  9  Fig.  1). 

Die  Größe  der  einzelnen  Tiere  ist  sehr  verschieden.  Das  kleinste, 
mit  Eiern  versehene,  geschlechtsreife  Tier,  das  zur  Beobachtung  ge- 
langte, hatte  eine  Länge  von  12  mm,  seine  Breite  betrug  3,5  mm, 
die  Länge  des  Halses  3  mm,  der  Durchmesser  des  Bauchsaugnapfes 
1  mm,  der  des  Mundsaugnapfes  0,5  mm.  Das  Verhältnis  der  Hals- 
länge zur  Länge  des  ganzen  Tieres  ist  wie  1 :  4.  Das  größte  Exem- 
plar war  55  mm  lang,  seine  Breite  betrug  5,5  mm,  die  Länge  des 
Halses  7  mm,  der  Durchmesser  des  Bauchsaugnapfes  2  mm,  der  des 
Mundsaugnapfes  1  mm.  Das  Verhältnis  der  Halslänge  zur  Länge 
des  ganzen  Tieres  ist  wie  1 : 7,8.  Man  sieht  hieraus,  daß  bei  ver- 
schiedener Größe  der  Tiere  der  Hinterkörper  relativ  viel  stärker 
wächst  als  der  Vorderkörper. 

Körper bedeckung,  Parenchym  und  Muskulatur. 

Der  ganze  Körper  wird  von  der  Cuticula  bedeckt,  die  leicht 
färbbar  ist  und  ebenso  wie  das  Parenchym  bei  Hämatoxylin-Eosin- 
Färbung  blau  erscheint,  während  sich  die  Muskulatur  rot  färbt.  Die 
Cuticula  ist  ohne  Struktur  und  homogen.  In  dünner  Schicht  kleidet 
sie  auch  die  Saugnäpfe  aus,  ebenso  das  Genitalatrium  und  den  kurzen 
Gang,  welcher  den  Excretionsporus  mit  der  Excretionsblase  ver- 
bindet. Die  Dicke  der  Cuticula  beträgt  im  Mund-  und  Bauchsaug- 
napfe durchschnittlich  7,2  /*,  am  Halse  auf  der  Ventralseite  und  in 
der  Höhe  des  zweiten  Hodens  im  Durchschnitt  14,5  fj..  Sie  nimmt 
nach  dem  Hinterende  des  Körpers  an  Dicke  zu,  die  hier  durch- 
schnittlich 18  fi,  beträgt.  Auf  der  Dorsalseite  ist  die  Dicke  der 
Cuticula  im  allgemeinen  etwas  größer,  sie  beträgt  am  Halse  21,6  jj,, 
in  der  Höhe  des  zweiten  Hodens  an  einer  Hautfalte  28,8  f^,  in  der 
Einbuchtung  der  Falte  14,6  /^.  Die  auffallenden  Unterschiede  sind 
oifenbar  auf  Kontraktionszustände  zurückzuführen.  Da  ja  die  Cuti- 
cula elastisch  ist,  so  wird  bei  Streckung  des  Körpers  eine  Ver- 
dünnung, bei  Zusammenziehung  eine  Verdickung  derselben  eintreten. 
Ist  die  Kontraktion  sehr  stark,  so  treten  Ringfalten  auf,  und  an  ihnen 
ist  auch  naturgemäß  die  Dicke  der  Cuticula  am  größten,  ebenso  wie 
sie  in  der  Vertiefung  der  Falten,   wo  Dehnung  stattfindet,  ihre  ge- 

14* 


206  Georg  Mühlschlag, 

ring-ste  Dicke  zeigt.  Wie  man  sieht,  ist  aber  auch  die  Cuticula  im 
Vorder-  und  Hinterkörper  nicht  gleichmäßig  dick.  Ferner  ist  ihre 
Stärke  von  der  Größe  des  Tieres  abhängig,  indem  sie  bei  großen, 
ausgewachsenen  Exemplaren  bedeutend  mehr  beträgt  als  bei  jungen. 
Unmittelbar  unter  der  Cuticula  befindet  sich  eine  Ringfaserschicht, 
die  etwas  mehr  als  halb  so  dick  wie  die  Cuticula  oder  bisweilen 
eben  so  dick  erscheint  (Taf.9  Fig.  2).  Die  Muskeln,  die  sie  zusammen- 
setzen, sind  nicht  zu  Bündeln  zusammengeschlossen,  sondern  mehr 
zerstreut  in  ein  parenchym artiges  Gewebe  eingebettet.  Hierauf  folgt 
die  Längsmuskellage,  die  ungefähr  ebenso  dick  ist  wie  die  vorher- 
gehende Schicht  und  deren  Elemente  zu  Bündeln  vereinigt  sind. 
Man  findet  also  bei  Otodistomum  veliporum  (Crepl.)  zwischen  Cuticula 
und  Hautmuskelschlauch  keine  „subcuticulare  Schicht",  wie  sie 
V.  Buttel-Reepen  in  seiner  Bearbeitung  der  Gruppe  des  D.  clavatum 
(Menz.)  genannt  hat,  bei  dem  sie  besonders  stark  ausgebildet  ist. 

Auf  die  Längsmuskeln  folgt  dann  das  Parenchym,  welches  als 
engmaschige  Masse  mit  zahlreichen  Kernen,  in  denen  sich  mehrere 
Kernkörperchen  befinden,  den  ganzen  Körper  erfüllt  und  in  das  alle 
Organe  eingebettet  sind.  Das  Parenchym  ist  in  allen  Richtungen 
von  dünnen  Muskelbündeln  durchsetzt.  Hauptsächlich  jedoch  ist 
dies  der  Fall  in  der  Richtung  der  Längs-  und  Dorsoventralachse, 
auch  verlaufen  in  diesen  Richtungen  die  stärksten  Muskeln.  Be- 
sonders reich  an  verschiedenen  Muskelpartien  ist  der  Hals,  weit 
mehr  als  der  übrige  Körper.  Man  bemerkt  überhaupt  eine  Ab- 
nahme der  Muskulatur  vom  Vorder-  zum  Hinterende  des  Tieres. 
Die  Längsmuskeln  des  Parenchyms  beginnen  bald  unter  dem  Haut- 
muskelschlauch mit  einzelnen  Bündeln  und  vermehren  sich  nach  dem 
Körperinnern  zu.  In  geringer  Entfernung  umgeben  sie  dann  die 
Darmschenkel  und  Excretionskanäle.  Die  Längsmuskeln  im  Paren- 
chym ziehen  vor  allem  zahlreich  nach  dem  Bauchsaugnapf  hin  und 
setzen  sich  in  den  Hals  in  bedeutend  geringerer  Anzahl  fort.  Hier 
zeigen  sich  besonders  die  dorso ventralen  Muskeln  stark  ausgebildet. 
Ferner  ist  das  Parenchym  von  zahlreichen,  zerstreuten  Diagonal- 
fasern durchzogen. 

Saugnäpfe. 

Der  Bauchsaugnapf  hat  bei  einem  der  untersuchten  Exemplare 
einen  größten  Durchmesser  von  1,79  mm,  sein  Lumen  beträgt 
1,03  mm,  die  Länge  der  Radialmuskeln  im  Innern  durchschnittlich 
0.41  mm.    Er  bildet  ungefähr  eine   Halbkugel,  die  in   der  Längs- 


Anatomie  von  Otodistomum  veliporum  (Creplin)  usw.  207 

achse  des  Körpers  etwas  vorgewölbt  ist,  so  daß  er  auf  Tangen tial- 
schnitten  in  der  Medianebene  etwa  als  halbe  Ellipse  erscheint.  Der 
Hinterrand  des  Napfes  ist  bedeutend  mehr  entwickelt  als  der  Yorder- 
rand,  infolgedessen  erscheint  das  Lumen  des  Napfes  mehr  nach  vorn 
gerichtet  (Taf.  9  Fig.  2).  Die  Hauptmasse  der  Saugnapfmuskulatur 
machen  die  Radialfasern  aus;  viel  schwächer  sind  die  Meridional- und 
Äquatorial  fasern  entwickelt.  Die  Radialmuskeln  sind  zu  kleinen 
Bündeln  vereinigt,  welche  durch  eine  zellige  Bindesubstanz  ähnlich 
dem  Körperparenchym  getrennt  werden.  In  ihr  befinden  sich  recht 
zahlreich  die  „großen  Zellen",  die  von  Leuckaet,  Stieda,  Sommer 
und  PoiBiER  als  Ganglienzellen  aufgefaßt  sind.  Neuere  Unter- 
suchungen von  Bettendorf  haben  jedoch  unzweifelhaft  ergeben,  wie 
es  auch  schon  die  Ansicht  von  Looss  war,  daß  „wir  die  ,großen 
Zellen'  der  Trematoden  als  Bildungszellen  der  Muskelfasern,  als 
Myoblasten,  auffassen  müssen".  Die  Meridionalfasern  durchflechten 
sowohl  in  der  Nähe  der  äußeren  als  auch  der  inneren  Oberfläche 
des  Organs  die  Radiärmuskeln.  Jedoch  sind  sie  von  den  drei  Muskel- 
systemen am  spärlichsten  vertreten.  Bedeutend  zahlreicher  finden 
sich  die  Äquatorialfasern,  die  senkrecht  zu  den  Radial-  und  Meridional- 
fasern verlaufen  und  besonders  am  Vorder-  und  Hinterrande  unter 
der  äußeren  und  inneren  Oberfläche  stark  ausgebildet  sind. 

Unterstützt  wird  die  Funktion  der  Saugnapfmuskulatur,  die 
Braun  in  seinem  bekannten  Werke  über  die  Trematoden  (in: 
Bronn,  Class.  Ordn.  Thier-Reich)  ausführlich  erläutert  hat,  durch 
Muskeln,  welche  von  außen  an  den  Napf  herantreten.  Diese  Muskel- 
bündel sind  verhältnismäßig  kräftig  entwickelt,  wenn  auch  nicht  so 
stark  und  zahlreich  wie  bei  D.  davatinn  (Menz.),  Zum  Vorder-  und 
Hinterrande  ziehen  kräftige  Muskelbündel,  die  sich  von  den  Längs- 
muskeln des  ventralen  Hautmuskelschlauches  abspalten.  Ferner 
sind  besonders  zwei  seitliche  Bündel  ausgebildet,  die  sich  vom  dor- 
salen Hautmuskelschlauch  zur  Medianfläche  des  Saugnapfes  erstrecken. 

Der  Durchmesser  des  Mundsaugnapfes  beträgt  1  mm,  sein 
Lumen  0,34  mm,  seine  Gestalt  ist  fast  kuglig.  Die  Radialmuskeln 
bilden  auch  hier  die  Hauptmasse,  und  auch  die  „großen  Zellen" 
finden  sich  in  der  wohl  entwickelten  Bindegewebsmasse,  welche  die 
Radialmuskeln  voneinander  trennt.  Die  inneren  Äquatorialmuskeln 
fehlen  nicht,  wie  es  Poirier  für  D.  insigne  und  veliporum  angibt. 
Die  Beschreibung  Poirier's,  daß  auf  Querschnitten  die  Höhlung  des 
Organs  ein  gleichseitiges  Dreieck  bildet,  dessen  eine  Ecke  ventral 
gerichtet  ist,  trifft  bei  meinen  Exemplaren  von  Otodistomum  veliporum 


208  Georg  Mühlschlag, 

nicht  zu,  vielmehr  ist  die  Öffnung-  kreisförmig-  und  das  ganze  Lumen 
etwa  trichterförmig.  Die  dreieckige  Form  scheint  mir  daher  nur 
eine  Kontraktionserscheinung-  zu  sein.  Eine  Faltenbildung-  am  Rande 
der  Saugnäpfe,  wie  sie  Darr  für  D.  gigas  und  auch  für  D.  veliporum 
erwähnt,  habe  ich  nicht  beobachtet.  Jedenfalls  häng-t  diese  Er- 
scheinung auch  von  der  Konservierungsart  der  Tiere  ab. 

V  e  r  d  a  u  u  n  g-  s  a  p  p  a  r  a  t. 

Die  allgemeine  Gestaltung  des  Verdauungsapparats  ist  aus  Taf.  9 
Fig.  1  ersichtlich,  einer  Zeichnung,  die  ich  nach  drei  in  Kreosot  auf- 
gehellten Exemplaren  ausgeführt  habe.  Der  Pharynx,  der  eine  Länge 
von  756  [-1  und  eine  Breite  von  504  /^  hat,  ist  eiförmig  und  kräftig 
entwickelt  und  ragt  ein  wenig  in  den  Mundsaugnapf  hinein.  Ebenso 
wie  dieser  ist  er  von  einer  cuticulaartigen  Membran  ausgekleidet. 
Die  Muskulatur  ist  ebenso  wie  in  den  Saugnäpfen  stark  ausgebildet. 
Am  zahlreichsten  sind  auch  hier  die  Radialmuskeln,  außerdem  be- 
merkt man  Äquatorialmuskeln,  die  peripher  und  zentral  um  die 
spaltenförmige  Öffnung  des  Pharynx  liegen.  In  seinem  Vorderende 
verlaufen  ferner  kurze,  schräge  Meridionalmuskeln,  die  wohl  zur 
Öffnung  des  Pharynx  mit  beitragen  können.  An  den  Pharynx 
schließt  sich  der  Ösophagus  an,  der  sich  stark  zu  einer  becherförmigen 
Aussackung  vergrößert.  Dann  verengert  er  sich  und  geht  in  die 
Darraschenkel  über,  welche  sich  schräg  nach  vorn  bis  zur  mittleren 
Höhe  des  Pharynx  stark  erweitern.  Sie  durchziehen  fast  den 
ganzen  Körper  und  reichen  ungefähr  bis  zum  Ausführungskanal  der 
Excretionsblase,  wo  sie  blind  endigen.  Das  Lumen  der  Darmschenkel 
ist  bis  zum  Bauchsaugnapf  am  kleinsten,  hier  vergrößert  es  sich 
auffallend  stark  und  nimmt  nach  dem  Hinterende  zu  allmählich 
wieder  ab.  In  der  vorderen  Körperhälfte  sind  die  beiden  Darm- 
schenkel infolge  der  Ausbildung  der  Geschlechtsorgane  mehr  lateral- 
wärts  auseinandergerückt,  während  sie  in  der  hinteren  Hälfte  median- 
wärts  näher  zusammenliegen. 

Der  Ösophagus,  dessen  becherförmige  Erweiterung  manchmal 
infolge  Kontraktion  auch  dorsal  über  dem  Pharynx  liegen  kann,  ist 
von  einer  cuticularen  Membran  ausgekleidet.  Während  diese  im 
Pharynx  glatt  erscheint,  bemerkt  man,  daß  sie  im  Ösophagus  runzlig 
und  faltig  wird,  eine  Beobachtung,  die  auch  v.  Buttel-Reepen  bei 
D.  ampullacemn  gemacht  hat.  Über  ähnliche  Verhältnisse  der  Aus- 
kleidung des  Ösophagus  berichtet  Darr  bei  Hirudinella  davata.  Der 
Ösophagus  von  Otodistomum  veliporum  ist  auch  stark  muskulös  (Fig.  B). 


Anatomie  vou  Otodistonuim  veliporum  (Creplin)  usw.  209 

llan  bemerkt  innere  Ring-  und  äußere  Längsmuskeln,  die  sich  an 
der  Übergangsstelle  von  Ösophagus  und  Darmschenkel  sphincter- 
artig  zu  verdicken  scheinen.  Jedoch  ist  diese  Frage  bei  der  großen 
Kontraktionsfähigkeit  dieser  muskulösen  Trematoden  schwer  zu  ent- 
scheiden. Die  Darmschenkel  sind  von  einem  deutlich  erkennbaren 
Cylinderepithel  ausgekleidet,  dessen  lange,  scheinbar  protoplasmatische 
Fortsätze  bisweilen  fast  das  ganze  Darmluraen  ausfüllen.  Am  Grunde 
der  Zellen,  die  durch  eine  gut  färbbare  Basalmembran  von  dem 
Körperparenchym  abgegrenzt  werden,  liegen  große,  leicht  tingierbare 
Kerne  mit  Kernkörperchen.  Eine  direkte  Darmmuskulatur,  welche 
der  Basalmembran  aufliegt,  ist  nicht  vorhanden.  Wohl  aber  bemerkt 
man  in  einiger  Entfernung  rings  um  die  Darmschenkel  zerstreut 
liegende  Eing-  und  Längsmuskeln. 

Nervensystem. 

Die  Konservierung  in  Spiritus  war  nicht  günstig,  um  eingehende 
Untersuchungen  über  das  Nervensystem  anzustellen.  Ich  kann  da- 
her nur  folgende  kurze  Angaben  machen.  Zu  beiden  Seiten  und 
schräg  über  dem  Vorderende  des  Pharynx  liegen  die  sehr  gi-oßen 
€erebralganglien,  die  nach  vorn  zwei  Äste  senden,  welche  den  Mund- 
saugnapf umgeben.  Nach  hinten  zu  ziehen  von  den  Ganglien  zwei 
Stränge  zunächst  zu  beiden  Seiten  des  Pharynx,  biegen  sich  dann 
auf  die  Ventralseite  und  verlaufen  hier  immer  seitlich  unter  den 
Darmschenkeln.  In  der  Höhe  des  Cirrusbeutels  findet  eine  Commissur 
■der  Ventralstränge  statt.  Weitere  Verbindungen  der  beiden  Seiten- 
nerven, wie  sie  Poieier  für  B.  clavatum  und  auch  für  D.  insigne  und 
D.  veliporum  angegeben  hat,  konnte  ich  bei  meinem  Material  nicht 
feststellen.  Ebensowenig  konnte  ich  weitere  Längsnerven,  deren 
nach  Analogie  mit  anderen  Distomen  noch  vier  vorhanden  sein 
müßten,  erkennen.  Im  Hinterkörper,  wo  die  Darmschenkel  sich  ein- 
ander nähern,  verlaufen  auch  die  Nervenstränge  näher  aneinander. 
Sie  werden  immer  dünner,  und  in  der  Höhe  der  halben  Excretions- 
I)lase  sind  sie  dann  nicht  mehr  zu  verfolgen.  Die  großen  Nerven- 
stränge sind  aus  einer  Anzahl  von  Nervenfasern  zusammengesetzt, 
infolgedessen  ihre  Querschnitte  netzartig  aussehen.  Über  die  feinere 
Struktur  der  Fasern  kann  ich  nichts  Genaues  mitteilen.  Während 
nach  PoiRiEß's  Angaben  bei  D.  clavatum  die  Nervenscheide  dick, 
mehrfach  geschichtet  und  leicht  färbbar  ist,  findet  man  bei  Otodistomum 
veliporum  nur  eine  sehr  dünne  Membran. 


210  Georg  Mühlschlag, 

E  X  c  r  e  t  i  0  n  s  a  p  p  a  r  a  t. 

Von  dem  Excretionsapparat  sind  auch  nur  die  Hauptteile  zu 
erkennen.  Die  Excretionsblase  ist  lang-  und  von  ziemlich  gleich- 
mäßiger Breite,  nur  im  letzten  Viertel  ihrer  Länge  ist  sie  bei 
manchen  Individuen  stark  erweitert.  Das  Innere  der  Blase  ist  von 
einer  dünnen,  homogenen  Membran  überzogen,  die  in  zahlreiche 
Falten  gelegt  ist,  so  daß  sie  oft  ein  zottiges  Aussehen  hat.  Unter 
dieser  liegt  eine  dünne  Eingmuskulatur.  Durch  einen  schmalen 
Gang  mündet  die  Excretionsblase  nach  außen.  Dieser  kurze,  zylin- 
drische Kanal  ist  von  einer  Muscularis  umgeben,  die  offenbar  als 
Sphincter  dient.  Infolge  Kontraktion  ist  die  Cuticula  besonders  in 
seinem  Anfangsteil  stark  gefaltet,  und  sein  Lumen  hat  daher  auf 
Querschnitten  ein  sternförmiges  Aussehen.  Auf  sie  folgt  eine  dünne 
Schicht  von  Ringfasern,  die  sich  oft  kontrahiert  und  so  ausgebuchtet 
haben.  Dünne  Längsmuskeln  sind  auch  vorhanden.  Das  Vorder- 
ende der  Blase  verschmälert  sich  etwas  und  teilt  sich  in  2  große 
Hauptkanäle,  die  auf  Querschnitten  manchmal  kreisrund,  sehr  oft 
unregelmäßig  ausgebuchtet  erscheinen.  Sie  verlaufen  immer  ventral 
an  den  äußeren  Seiten  der  Darmschenkel.  So  ziehen  sie  bis  an  den 
Mundsaugnapf  hin,  wenden  sich  dorsalwärts  und  vereinigen  sich 
über  diesem  Organ  zu  einem  kurzen  unpaaren  Gang.  Außerdem  ist 
das  Parenchym  von  dünneren  Excretionskanälen  durchzogen;  so 
laufen  z.  B.  ventral  dicht  unter  den  Darmschenkeln  2  Kanäle,  die 
im  Querschnitt  kreisförmig  sind  und  keine  Auslappungen  wie  die 
beiden  Hauptkanäle  zeigen  (Fig.  B).  Die  großen  und  kleineren  Ge- 
fäße sind  auch  von  einer  homogenen  Membran  ausgekleidet,  eine 
besondere  Ring-  und  Längsmuskulatur  ist  nicht  festzustellen. 

Geschlechtsorgane. 

Auf  der  Ventralseite  in  der  Höhe  des  Ösophagus  befindet  sich 
der  median  gelegene  Genital porus.  Er  liegt  also  sehr  nahe  dem 
Mundsaugnapfe  (Fig.  A).  Die  querovale  Öffnung  ist  oft  schon  mit 
bloßem  Auge  zu  erkennen.  Das  Genitalatrium  bildet  eine  tiefe,, 
zylindrische  Höhlung,  die  sich  allmählich  im  Innern  erweitert  und 
schräg  dorsalwärts  von  vorn  nach  hinten  in  das  Körperinnere  hinein- 
zieht. Es  ist  mit  einer  cuticularen  Membran  ausgekleidet,  die  sich 
infolge  Kontraktion  der  Muskulatur  stark  gefaltet  hat,  so  daß  das 
Lumen  besonders  im  vorderen  schmalen  Teile  sehr  unregelmäßig 
erscheint  (Fig.  B).    Auf  die  Cuticula  folgt  eine  Schicht  von  Ring- 


Anatomie  von  Otodistomum  veliporum  (Creplin)  usw. 


211 


da         va 


Fig.  B. 

Fig-.  B.  Querscliüitt  durch  den  Hals  von 
Otodistnnmm  veliporum  (Creplin).  Eiumündungs- 
stelle  des  Ösophagus  in  die  Darmschenkel.') 

Fig.  C.  Rekonstruktion  des  Endabschnittes 
der  Geuitalwege  von  Otodistomum  veliporum 
(Creplin).     48  : 1. 

muskeln,  deren  Zahl  um  den  Genitalporus 

größer  ist   als    weiter   am   Grunde   des 

Atriums.     In    weiterem  Abstände   wird 

dann  das  Genitalatrium  von  Längsmuskeln 

umgeben;  auch  schräge  Diagonalmuskeln 

ziehen  nach  ihm  hin,  wie  ja  überhaupt 

der  Hals  sehr  reich  an  Muskeln  ist.   In  Fig.  c. 

das  Atrium  hinein  ragt  ungefähr  bis  zur 

Hälfte  der  Genitalkegel,  der  eine  Länge  von  ca.  0,597  mm  und  eine 

Dicke  von  72  ß  am  Vorderende  und  von  274  ^  am  Hinterende  hat. 

In  ihm  verlaufen  nebeneinander,  und  zwar  der  weibliche  ventral  und 

1)  Erklärung  der  Buchstaben  s.  S.   251. 


212 


Georg  Mühlschlag, 


der  männliche  dorsal,  die  Ausführung-sgänge  des  männlichen  und 
weiblichen  Geschlechtsapparats.  Sie  vereinigen  sich  dann  zu  einem 
kurzen  gemeinsamen  Kanal  und  münden  durch  ihn  in  das  Genital- 
atrium (Fig.  C).  Während  sonst  der  Genitalapparat  von  D.  insigne, 
wie  ihn  Poieiee  beschrieben  hat,  und  der  von  Otodistomum  veliponim 
vollkommen  gleich  gebaut  ist,  münden  nach  Poieiee's  Angaben  der 
Ductus  ejaculatorius  und  die  Vagina  getrennt  nebeneinander  aus. 
Hier  liegt  offenbar  ein  Irrtum  Poieiee's  vor,  worauf  auch  Odhnee 
in  seiner  Abhandlung  „Zum  natürlichen  System  der  digenen  Trema- 
toden,  IV"  hinweist.  Die  cuticulare  Membran,  welche  das  ganze 
Geschlechtsatrium  auskleidet,  umgibt  auch  in  etwas  dünnerer  Lage 
den  ganzen  Genitalkegel  und  zieht  auch  in  den  gemeinsamen  Ge- 
schlechtsporus  hinein.  Die  Ring-  und  Längsmuskelschicht,  welche 
das  Atrium  umgeben,  setzen  sich  an  seinem  Grunde  auch  in  den 
Genitalkegel  fort  und  geben  dem  „Begattungskegel",  wie  ihn  Beaun 
bei  Holostomiden,  wo  eine  ähnliche  Bildung  vorkommt,  genannt  hat, 
die  Möglichkeit,  sich  stark  zu  verkürzen  und  zu  verlängern. 

Männlicher  Geschlechtsapparat. 

Zur  topographi- 
schen Übersicht  der 
Genitaldrüsen  möge 
nebenstehende  Text- 
fig.  D  dienen.  Man 
sieht  2  Hoden  von 
0,91  mm  Durchmesser 
und  kugliger  Gestalt, 
die  ungefähr  in  einer 

Entfernung  vom 
Bauchsaugnapf,  die 
der  Länge  des  Halses 
entspricht,  ziemlich 
median  im  Körper- 
parenchym  einge- 
bettet liegen.  Jedoch 
ragt  der  hintere  Hoden 
mehr  nach  der  linken 
pjg  D  und  der  vordere  nach 

ü  ,      ^    w-      4      *  r       .  •,     j     o    -^  .  der  rechten  Seite  her- 

Kekonstruktion  des  Anrangsteiles  der  Genitalwege  von 

Otodistomum  velijjorum  (Creplin).    48 : 1.  Über.   Die  Wände  der 


Aiiatoinie  von  Otodistomuni  veliporum  (Creplin)  usw.  213 

Hoden  werden  von  einer  dünnen,  strukturlosen  Membran  gebildet; 
-eine  Muskulatur,  wie  sie  Poieiee  bei  B.  insigne  beschreibt,  konnte 
ich  nicht  feststellen.  Der  Inhalt  des  Hodens  erfüllt  bei  den  unter- 
suchten Exemplaren  nicht  den  ganzen  Hohlraum,  es  bleibt  ein  freier 
Eaum  an  dei"  Wandung  bestehen.  Bei  vorliegender  Art  sind  die 
Elemente  der  Hoden  groß  und  leicht  färbbar.  Diese  Entwicklungs- 
stadien der  Spermatozoen  sind  von  Monticelli  eingehend  unter- 
sucht und  gelten  in  gleicher  Weise  für  alle  Trematoden. 

Leider  sind  bei  den  von  mir  untersuchten  Exemplaren  die  Vasa 
«fferentia,  da  sie  nicht  mit  Sperma  gefüllt  sind,  auch  nicht  zu  ver- 
folgen. Nur  bei  einem  Individuum  habe  ich  die  Abgangsstelle  des 
Vas  efferens  vom  hinteren  Hoden  erkennen  können.  Sie  liegt  am 
Vorderende  des  Hodens  ungefähr  gleich  weit  von  der  Dorsal-  und 
Ventralseite.  Das  kurze  Vas  deferens,  das  aus  der  Vereinigung 
der  Vas  efferentia  entsteht,  kommt  von  der  Dorsalseite  und  mündet 
in  der  Medianlinie  des  Körpers  in  den  großen  Cirrusbeutel.  Es 
weitet  sich  hier  unmittelbar  nach  seinem  Eintritt  zu  der  Vesicula 
seminalis  aus,  welche  eine  Breite  von  0,253  mm  und  eine  Länge 
von  1,08  mm  hat.  Sie  zieht  in  schwachem  Bogen  nach  der  rechten 
Seite  ungefähr  bis  zur  halben  Länge  des  Cirrusbeutels  und  ver- 
engert sich  dann  zur  Pars  prostatica.  Diese  wendet  sich  in  flacher 
Kurve  nach  der  linken  Köiperseite,  läuft  nach  hinten,  biegt  in 
kurzem  Bogen  um  und  zieht  in  ziemlich  geradem  Verlauf  über  der 
Vesicula  seminalis  nach  dem  vorderen  Ende  des  Cirrusbeutels.  Nach 
ihrem  Austritt  aus  demselben  verengert  sie  sich  zum  Ductus  eja- 
€ulatorius,  der  nach  kurzen  Schlingen  in  den  Genitalkegel  eintritt. 
Den  Verlauf  der  Vesicula  seminalis,  der  Pars  prostatica  und  des 
Ductus  ejaculatorius  läßt  vorstehende  Textfig.  C  erkennen. 

Der  Cirrusbeutel  umschließt  bei  vorliegender  Art  die  Vesicula 
seminalis  und  die  Pars  prostatica.  Er  ist  von  eiförmiger  Gestalt 
lind  hat  eine  Länge  von  1,418  mm  und  eine  Breite  von  0,849  mm. 
Er  zieht  sich  ungefähr  von  der  halben  Länge  des  Bauchsaugnapfes 
bis  zur  Mitte  des  Halses  hin.  Seine  Wandung  besteht  aus  einer 
bindegewebigen  Tunica  propria  und  einer  umgebenden  dünnen  Ring- 
muskellage. In  der  Vesicula  seminalis  sieht  man  Spermatozoen,  die 
in  dichter  unentwirrbarer  Masse  das  ganze  Lumen  ausfüllen.  Sie 
ist  muskulös  und  ebenso  wie  die  Pars  prostatica  in  eine  auffallend 
große  Drüsenmasse  eingebettet,  welche  den  ganzen  Cirrusbeutel  er- 
füllt. Es  sind  leicht  tingierbare,  birnförmige  Zellen  mit  großen  granu- 
lierten Kernen  (Taf.  9  Fig.  3j.   Die  Struktur  der  Pars  prostatica  ist 


214  Georg  Mühlschlag, 

eigenartig.  Sie  wird  von  einer  sehr  dünnen  Ringmuskulatur  um- 
geben, und  auf  diese  folgt  eine  breite  Schicht,  die  anscheinend  aus 
Cylinderepithelzellen  zusammengesetzt  ist.  Diese  sind  durchzogen 
von  den  Ausführungsgängen  der  Drüsenzellen,  welche  den  Kanal 
umgeben  und  deren  Kerne  leicht  sichtbar  die  Pars  prostatica  um- 
lagern. Im  Innern  des  Ganges  befindet  sich  anscheinend  eine 
Wimper-  oder  Flimmerschicht,  wie  sie  auch  bei  Distomen  der  D.  cla- 
OT^ww^-Gruppe  konstatiert  ist.  Beim  Austritt  aus  dem  Cirrusbeutel 
ändert  sich  die  Struktur  der  Pars  prostatica  und  auch  ihr  Lumen. 
Der  Durchmesser  desselben  beträgt  hier  nur  noch  0,014  mm,  wäh- 
rend er  im  Innern  0,036  mm  groß  war.  Die  Wände  des  so  ent- 
standenen Ductus  ejaculatorius  werden  von  einer  verhältnismäßig 
dicken,  oft  gefalteten  cuticularen  Membran  ausgekleidet,  die  als 
Fortsetzung  der  Cuticula  des  Genitalsinus  anzusehen  ist.  Umgeben 
wird  der  Ductus  ejaculatorius  hier  von  einer  starken  Ringmuskulatur; 
ob  zwischen  dieser  und  der  cuticularen  Membran  noch  eine  Längs- 
muskellage  verläuft,  wie  es  Poirier  und  auch  Odhner  angibt,  ist 
bei   meinem  Material   von  Otodistomum  veliporum  nicht  festzustellen. 

Weiblicher  Geschlechtsapparat. 

Wie  gewöhnlich  besteht  der  weibliche  Genitalapparat  aus  dem 
Ovarium  oder  Keimstock,  dem  MsHLis'schen  Körper  (Schalendrüse) 
und  den  beiden  Dotterstöcken.  Das  Ovarium  liegt  schräg  vor  den 
beiden  Hoden.  Es  ist  nicht  so  kugelförmig,  wie  es  Poirier  für 
D.  insigne  beschreibt,  sondern  medianwärts  schwach  eingebuchtet 
und  erscheint  daher  auf  Frontalschnitten  in  nierenförmiger  Gestalt. 
Der  größte  Durchmesser  beträgt  0,705  mm.  Es  ist  wie  meistens 
bei  Trematoden  kleiner  als  ein  Hoden  und  erfüllt  mit  Keimzellen 
in  verschiedenen  Entwicklungszuständen.  Diese  sind  runde  Zellen 
ohne  umgebende  Membran  von  0,021  mm  Durchmesser,  und  in  ihnen 
befinden  sich  deutlich  erkennbare  Kerne  von  0,007  mm  Durchmesser 
und  Kernkörperchen.  Umgeben  ist  das  Ovarium  von  einer  Mem- 
brana propria,  auf  der  eine  besondere  Muskelschicht  nicht  vor- 
handen ist. 

Der  MEHLis'sche  Körper  liegt  schräg  vor  dem  Ovarium  und 
hat  ebenfalls  auf  Frontalschnitten  ein  nierenförmiges  Aussehen.  Er 
ist  nicht,  wie  Poirier  es  für  B.  insigne  und  veliporum  angibt,  von 
einer  dünnen  strukturlosen  Membran  umgeben,  die  ihn  vom  Körper- 
parenchym  abgrenzt. 

Die  Dotterstöcke  sind  wie  bei  den  meisten  Trematoden  paarig 


Anatomie  von  Otodistomum  veliporum  (Creplin)  usw.  215 

und  liegen  als  traubige  Drüsen  auf  jeder  Seite  des  Körpers  (Taf.  9  Fig.  1). 
Sie  erstrecken  sich,  hauptsächlich  zwischen  den  Excretionskanälen 
und  Darmschenkeln  sich  hinziehend,  auf  der  linken  Seite  nach  vorn 
bis  in  die  Nähe  des  ßauchsaugnapfes,  auf  der  rechten  Seite  bis- 
weilen nicht  ganz  so  weit.  Kurz  hinter  dem  zweiten  Hoden  treten 
sie  nahe  zusammen  und  ziehen  unter  den  Darmschenkeln  ungefähr 
bis  zum  Beginn  des  letzten  Körperdrittels.  Die  Drüsen  münden 
jederseits  in  einen  vorderen  und  hinteren  longitudinalen  Dottergang. 
Aus  diesen  gehen  in  der  Höhe  des  Ovariums  die  paarigen,  queren 
Dottergänge  hervor,  die  sich  zu  einem  unpaaren  Dottergang  ver- 
einigen. Die  Vereinigungsstelle  der  queren  Dottergänge  ist  stark 
erweitert  bis  zur  doppelten  Dicke  eines  einzelnen  Ganges  und  ganz 
erfüllt  mit  Dotterzellen.  Der  unpaare  Dottergang  mündet  innerhalb 
des  MEHLis'schen  Körpers  in  den  Keimgang,  nachdem  dieser  kurz 
nach  seinem  Austritt  aus  dem  Ovarium  den  LAUEEE'schen  Kanal 
aufgenommen  hat. 

Dieser  beginnt  auf  der  Rückenfläche,  aber  nicht  in  der  Höhe 
des  Ovariums,  sondern  mehr  nach  dem  Vorderende  zu.  Auch  liegt 
seine  Öifnung  nicht  in  der  Medianlinie,  sondern  etwas  links  seitlich 
Er  zieht  dann  in  zahlreichen  kleinen  Windungen  schräg  nach  hinten 
in  den  Körper  hinein  bis  an  die  Dorsalseite  des  Ovariums.  Hierauf 
wendet  er  sich,  am  Keimstock  dicht  entlang  laufend,  »in  die  Median- 
linie des  Körpers  und  mündet  in  dem  MEHLis'schen  Körper,  ohne 
ein  Receptaculum  seminis  zu  bilden,  in  den  Keimgang.  Der  Laurer- 
sche  Kanal  hat  durchschnittlich  ein  Lumen  von  0,007  mm  und  ist 
sehr  dickwandig  (0,005  mm).  Seine  Auskleidung  besteht  aus  einer 
homogenen,  oft  gefalteten  Membran.  Was  nun  den  Inhalt  betrifft, 
so  kann  ich  nur  mitteilen,  daß  sich  an  wenigen  Stellen  Spermatozoen 
fanden.  Dotterzellen,  Keimzellen  und  Eier,  wie  sie  vielfach  von 
Autoren  als  Inhalt  des  LAURER'schen  Kanals  der  Trematoden  beob- 
achtet sind,  konnte  ich  nicht  bemerken.  Umgeben  ist  der  Kanal 
von  einer  dünnen  Schicht  Ringmuskeln,  auf  welche  einzelne  Längs- 
muskeln folgen.  Wie  schon  Monticelli  es  beobachtet  hat,  ist  das 
Parencliym  um  den  Kanal  reich  an  großen,  leicht  färbbaren  Kernen, 
die  ihn  ringförmig  umgeben. 

Der  Uterus  beginnt  nach  der  Vereinigung  von  Oviduct  und  un- 
paarem  Dottergang  und  hat  anfangs  eine  Breite  von  0,036  mm.  Er 
erweitert  sich  allmählich  immer  mehr,  bis  er  beim  Austritt  aus  dem 
MEHLis'schen  Körper  einen  Durchmesser  von  0,223  mm  besitzt.  In 
seinem  späteren  Verlauf  vergrößert  sich  sein  Lumen  bis  zu  0,612  mm 


216  Georg  Mühlschlag, 

und  darüber.  Er  erstreckt  sich  nach  hinten  übei-  die  Schalendrüse 
nicht  liinaiis,  sondern  nimmt,  mit  Eiern  prall  gefallt,  in  zahlreichen 
Windungen  fast  den  ganzen  Mittelkörper  bis  zum  Bauchsaugnapf  ein 
(Taf.  9  Fig.  1).  Hier  verengert  er  sich  bedeutend  und  zieht  außerhalb 
des  Cirrusbeutels  auf  der  Ventralseite  in  den  Genitalkegel.  Die 
Wandung  des  Uterus  ist  seinem  Verlaufe  durch  das  Körperparenchym 
verschieden  gestaltet.  In  dem  MEHLis'schen  Körper  wird  sie  von 
Cylinderepithelzellen  gebildet,  an  deren  Grunde  sich  leicht  färbbare 
Kerne  befinden.  Eine  dünne  Secretmasse  ist  dem  Epithel  aufge- 
lagert. Umgeben  ist  hier  der  Uterus  anscheinend  von  einer  dünnen 
ßingmuskelschicht.  Diese  Struktur  ändert  sich  nach  dem  Austritt 
aus  dem  MEHLis'schen  Körper,  wo  seine  Wandung  nur  von  einer 
dünnen  Membran  gebildet  wird.  In  der  Höhe  des  Cirrusbeutels,  also 
in  seinem  letzten  Abschnitt,  den  Looss  die  Vagina  nennt,  wird  er 
dann  wieder  muskulös,  indem  eine  innere  Ring-  und  eine  äußere 
Längsmuskelschicht  auftritt.  In  dem  Teile  des  Uterus,  der  in  dem 
MEHLis'schen  Körper  liegt,  besonders  jedoch  im  Anfangsteile  außer- 
halb desselben  finden  sich  zahllose  Spermatozoen,  so  daß  die  Eier 
in  die  Spermamasse  eingebettet  erscheinen,  eine  Beobachtung,  die 
von  verschiedenen  Autoren  gemacht  ist.  Die  Länge  der  Eier  be- 
trägt bis  zu  0,09  mm,  die  Breite  durchschnittlich  0,053  mm,  die 
Dicke  der  Schale  bis  zu  0,007  mm. 

Die  guten  anatomischen  Angaben  Poirieh's  über  D.  insigne  und 
veliporum,  der  also  2  Arten  unterscheidet,  habe  ich  nur  in  folgenden 
wenigen  Punkten  zu  ändern.  Die  Excretionsblase  mündet  durch 
einen  kurzen  Kanal  aus.  Der  männliche  und  weibliche  Geschlechts- 
apparat hat  einen  gemeinsamen  Ausführungskanal.  Der  MEHLis'sche 
Körper  ist  nicht  von  einer  struktuilosen  Membran  umgeben.  Die 
Hoden  und  das  Ovarium  entbehren  einer  Muskulatur.  Aus  den 
übrigen  anatomischen  Daten,  die  mit  meinen  Untersuchungen  gut 
übereinstimmen,  bin  ich  jedoch  ebenso  wie  Odhner  zu  der  Über- 
zeugung gekommen,  daß  vorliegende  Art  identisch  mit  Distomum 
insigne  (Diesing,  1850,  Villot,  1878,  Poieier,  1885)  ist. 

Was  die  systematische  Stellung  von  Otodistomiim  veliporum 
(Creplin)  betrifft,  kann  ich  auf  die  Arbeit  von  Odhner  „Zum 
natürtichen  System  der  digenen  Trematoden  IV"  verweisen.  Hier- 
nach gehört  unser  Distomum  zur  Familie  der  Azygiidae  und  zur 
Gattung  Otodistomum  Stafford,  1904.  welche  die  beiden  Arten  Oio- 
distomum  veliporum  (Creplin:)  und  Otodistomum  cestoides  (van  Ben.) 
umfaßt.    Die  Merkmale  der  Familie  und  Gattung  sind  von  Odhneu 


Anatomie  von  Otodistomum  veliporum  (Crepltn)  usw.  217 

in  vortrefflicher  AVeise  zusammengestellt,  so  daß  ich  nichts  wesent- 
liches hinzuzufüg-en  habe.  Otodistomum  veliporum  (Crepl.)  unter- 
scheidet sich  von  dem  nahe  verwandten  Otodistomum  cestoides 
(van  Ben.)  durch  seine  im  allgemeinen  geringere  Länge  und  größere 
Breite.  Die  Eier  sind  größer  und  besitzen  eine  dickere  Schale. 
Ferner  scheint  mir  eine  so  große  Variabilität  in  der  Ausdehnung 
der  Dotterstöcke,  wie  sie  nach  Odhner  bei  Otodistomum  cestoides 
(van  Ben.)  vorkommt,  hier  nicht  zu  bestehen. 

Distomiim  fusmini  POIRIER  (BOSC)  und 
Distojnum  ingens  MONIEZ. 

Distomum  fuscum  Poirier  und  Distomum  ingens  Moniez  gehören 
zur  Gruppe  des  Distomum  clavatum  (Menzies).  Zu  ihr  rechnet  man 
Distomen,  die  sich  durch  ihre  Größe  auszeichnen  und  parasitisch  im 
Magen  der  Scomhridae  (Makrelen)  leben.  Die  Geschichte  dieser 
Arten  ist  zuerst  von  Blanchard,  dann  von  Moniez  und  in  neuerer 
Zeit  von  Darr  und  v.  Buttel-Eeepen,  der  auch  eine  Tafel  mit  Ab- 
bildungen gibt,  zusammengestellt,  und  ich  kann  in  dieser  Hinsicht 
auf  die  betreffenden  Arbeiten  verweisen.  Man  ersieht  aus  ihnen, 
daß  eine  Einigung  der  Ansichten,  welche  von  diesen  Trematoden  zu 
einer  Art  zusammenzufassen  oder  selbständige  Arten  sind,  bis  jetzt 
nicht  erreicht  ist,  da  das  äußere  Aussehen  der  Tiere  oft  keinen 
genügenden  Anhalt  bietet.  Daher  sagt  v.  Buttel-Reepen  in  seiner 
Abhandlung  über  die  D.  cZam^wm-Gruppe  sehr  richtig:  „Die  Klar- 
legung der  Synonymie  in  dieser  Gruppe  wird  nur  erreicht  werden 
durch  eingehende  anatomische  und  histologische  Neuuntersuchungen 
der  verschiedenen  Arten,  die  zu  dieser  Gruppe  gerechnet  werden. "^ 
Durch  die  folgende  Beschreibung  von  Distomum  fnscum  Poirier  und 
Distomum  ingens  Moniez  möchte  ich  den  Versuch  machen,  etwas 
zur  Klärung  der  Synonymie  in  vorliegender  Gruppe  beizutragen. 

Distornuni  fuscum  POIRIER  (BOSC). 

Im  Jahre  1802  entdeckte  Bosc  an  den  Kiemen,  im  Magen  und 
im  Darm  der  „Dorade"  {Coryphaena  liippuris)  3  Arten  von  Distomen, 
die  er  als  Fasciola  fusca,  Fasciola  coryphaenae  und  Fasciola  caudata 
bezeichnete.  In  der  „Entozoorum  historia  naturalis"  von  Rüdolphi 
werden  Hirudinella  marina  Garsin  und  Fasciola  clavata  Menzies  zu 
einer  Art  Distoma  clavatum  Rudolphi  vereinigt,  während  die  3  von 
Bosc   gefundenen  Distomen   unter   dem   Namen  Distoma  coryphaenae 


218  Georg  Mühlschlag, 

ZU  den  zweifelhaften  Arten  gezählt  werden.  Diesing  hält  für 
synonym  Fasciola  caudata  Bosc  und  Bistoma  tornatmn  Rudolphi  und 
betrachtet  sie  als  Cercarie  von  Fasciola  fusca  Bosc,  da  dieser  sie 
auf  den  Kiemen  der  „Dorade"  als  geschwänzte  Form  (Fasciola 
caudata)  und  zugleich  im  Magen  und  im  Darmtractus  gefunden  hat 
{Fasciola  fusca  und  Fasciola  coryphaenae).  Fasciola  fusca  und  Fasciola 
coryphaenae  sind  für  ihn  dieselbe  Form.  Baird  stellt  zu  der  schon 
von  Blainville  für  Bistoma  clavatum  Rud.  aufgestellten  Gattung 
Hirudinella  als  zweite  Art  Fasciola  ventricosa  Pallas,  mit  der  er  Bisto- 
mum  clavatum  Owen  uud  Fasciola  fusca  Bosc  identifiziert. 

CoBBOLD  faßt  alle  bisher  bekannten  Arten  der  B.  clavatum- 
Gruppe,  einschließlich  des  Bistoma  gigas  Nardo,  zu  einer  Art  B.  cla- 
vatum zusammen.  Im  Jahre  1885  veröffentlicht  dann  Poirier  eine 
interessante  Arbeit  über  die  B.  ctom^wm-Gruppe.  Er  stellt  8  ver- 
schiedene Arten  auf,  darunter  B.  fuscum  Poirier  (Bosc)  =  B.  cory- 
phaenae TiLEsius  auf  Grund  eines  einzigen  Exemplars  ohne  Wirts- 
angabe „rapporte  de  Sainte-Lucie".  Er  gibt  eine  äußere  Beschrei- 
bung und  2  Abbildungen.  Nach  Blanchard  sind  fast  alle  Arten 
der  B.  clavatum-GY\a^^%  miteinander  identisch,  und  als  Typus  der 
Gruppe  gilt  ihm  Fasciola  ventricosa  Pallas.  Die  von  Bosc  gefundenen 
Trematoden  sind  nach  seiner  Meinung  verschieden  alte  Exemplare 
derselben  Art. 

MoNiEz  erwähnt  in  einer  Schrift,  in  welcher  er  die  Identitäts- 
frage der  B.  c^am^wm-Gruppe  erörtert,  daß  unter  den  Distomen,  die 
während  der  Expedition  der  „Hirondelle"'  gesammelt  wurden,  sich 
2  Exemplare  befanden,  die  offenbar  mit  Poirier's  Beschreibung  von 
B.  fuscum  übereinstimmten.  Das  größere  wurde  im  Darm  eines 
Germon  (Thynnus  alalunga),  das  kleinere  im  Magen  eines  Bonite 
{Thynnus  pelamys)  von  J.  de  Guerne  gefunden.  Die  Arbeiten  von  Darr 
und  V.  Buttel-Reepen  bringen  über  B.  fuscum  Poirier  nichts  Neues. 

Man  sieht  aus  dieser  kurzen  Zusammenstellung,  daß  die  Ana- 
tomie von  B.  fuscum  noch  gar  nicht  bekannt  ist,  da  Bosc  und 
Poirier  nur  äußere  Beschreibungen  gegeben  haben. 

Von  den  Distomen  des  Hamburger  Materials,  die  ich  als  Bisto- 
mum  fuscum  Poirier  bezeichnet  habe,  verwandte  ich  zur  anatomi- 
schen Untersuchung  zwei  Exemplare,  von  denen  das  größere  fast 
vollkommen  mit  den  charakteristischen  Figuren  Poirier's  überein- 
stimmte. Da  das  Hinterende  des  Tieres  verletzt  war,  habe  ich  keine 
Abbildung  von  diesem  Exemplar  gegeben.  Eine  Angabe  des  Wirts- 
tieres fehlte,  die  Signatur  des  Glases  lautete  nur:  „5183  Campeche 


Anatomie  von  Otodistomiun  veliporum  (Creplin)  usw.  219 

Bay,  Pütze  vend.  1882,  2  E."  Taf.  9  Fig.  4  und  5  stellt  ein  Distomum 
dar.  das  sicher  auch  als  Distotnum  fuscuni  Poieier  anzusehen  ist. 
In  der  Sammlung  ist  es  mit  „E.  K.  4315  Dolphin  Magen  1  E."  be- 
zeichnet. Da  nun  aber  nach  v.  Büttel-Reepen  die  Coryphaena  von 
den  Seeleuten  Delphin  (holländisch  Dolphin)  genannt  wird,  so  ist 
als  Wirt  für  die  von  Poiriee  beschriebene  Art  auch  die  Coryphaena 
anzusehen.  Die  ursprünglich  von  Bosc  abgebildete  Art,  Fasciola 
fusca,  wurde  ebenfalls  im  Magen  einer  „Dorade"  [Coryphaena  Uppuris) 
gefunden. 

Die  Länge  des  größeren  untersuchten  Tieres  betrug  17  mm, 
seine  größte  Breite  13  mm  und  seine  größte  Dicke  7  mm,  also  Maße, 
die  auch  mit  Poiriee's  Angaben  ganz  gut  übereinstimmen.  Ein 
gutes  Bild  der  äußeren  Form  bieten  die  Figuren  Poiriee's,  nur 
war  bei  meinem  Exemplar  die  Öffnung  des  Bauchsaugnapfes  rund 
und  nicht  elliptisch,  die  des  Mundsaugnapfes  nach  Poieiee's  Ab- 
bildung rund,  während  sie  hier  ein  Rechteck  bildete.  Jedoch  sind 
diese  Unterschiede  nur  als  eine  Kontraktionserscheinung  anzusehen. 
Das  ganze  Tier  hatte  ein  keuliges  Aussehen  und  eine  gelblich-graue 
Farbe.  Charakteristisch  waren  bei  diesem  Exemplar  die  auffallend 
breiten  Ringfalten,  welche  den  ganzen  Körper  so  regelmäßig  um- 
gaben, mit  Ausnahme  des  Halses,  der  ziemlich  faltenlos  war.  Er 
war  schwach  nach  hinten  gebogen  und  hatte  eine  Länge  von  6  mm 
und  an  der  Basis  eine  Breite  von  4  mm.  Der  Mundsaugnapf  war 
klein  und  hatte  eine  Öffnung  von  etwa  1  mm  Durchmesser.  Der 
Oenitalporus  war  nur  sehr  schwer  zu  erkennen,  jedoch  befindet  er 
sich  näher  am  Mundsaugnapfe  und  nicht,  wie  es  Poieiee  in  seiner 
Beschreibung  angibt,  in  gleichem  Abstände  von  den  beiden  Saug- 
organen. Der  Bauchsaugnapf  war  groß  und  von  der  Körperwand  in 
Form  eines  runden  Kragens  umgeben,  der  mit  eigentümlichen, 
charakteristischen  Falten  versehen  war  und  im  Durchmesser  eine 
Größe  von  6  mm  hatte.  Die  Öffnung  des  Excretionsporus  war  von 
konzentrisch  gelegenen  Falten  dicht  umgeben. 

K  ö  r  p  e  r  b  e  d  e  c  k  u  n  g  und  Muskulatur. 

Der  ganze  Körper  ist  von  der  leicht  färbbaren,  homogenen 
Cuticula  bedeckt.  Ihre  Dicke  beträgt  im  Vorderkörper  durchschnitt- 
lich 57  [X  und  im  Hinterkörper  43  fi.  Ferner  ist  sie  auch  von  der 
Größe  des  Tieres  abhängig,  da  ihre  Stärke  bei  dem  kleineren 
Exemplare  im  Vorderkörper  nur  36  fi  und  im  Hinterkörper  nur 
29  fi  erreichte.    Eine   besonders  charakteristische  Eigentümlichkeit 

Zool.  Jahrb.  XXXVIL    Abt.  f.  Syst.  15 


220 


Geoeg  Mühlschlag, 


der  Cuticula  fällt  bei  der  Untersuchung  sogleich  ins  Auge.  Auf 
Quer-  und  Längsschnitten  hat  sie  auf  ihrer  Innenfläche  ein  ge- 
spaltenes Aussehen,  indem  Kanäle  senkrecht  zur  Oberfläche  in  die 
Cuticula  eindringen,  ohne  sie  jedoch  zu  durchbohren.  Den  Inhalt 
dieser  Kanäle  bilden  papillenförmige  Gebilde,  die  von  dem  darunter 
liegenden  Bindegewebe  ausgehen.  Sie  sind  an  ihrem  peripheren 
Ende  bisweilen  kolbig  erweitert  und  haben  eine  Länge  bis  zu  50  f£ 
und  eine  Breite  bis  zu  6  fji.    Fig.  E   stellt  einen  Querschnitt   vor„ 


Fig.  E. 

Papillenartige  Vorsprünge  in   die  Cuticula 
von  Distomum  fuscum  Poirier.     498  : 1. 


Fig.  F. 

Papillenartige  Vorsprünge;  die  Cuti- 
cula ist  abgesprungen.    498:1. 


der  etwas  schräg  die  Cuticula  getroffen  hat.  Man  sieht  hier  sehr 
deutlich  diese  Gebilde  zum  Teil  der  Länge  nach,  zum  Teil  ganz  quer 
getroffen.  Fig.  F  zeigt  diese  Papillen  an  einer  Stelle,  an  der  die 
Cuticula  abgesprungen  ist  und  sie  frei  nach  außen  hervorragen.  Bei 
D.  clavatum  sind  sie  ebenfalls  vorhanden,  und  Daer  spricht  die  Ver- 
mutung aus,  daß  es  sich  hier  um  Nervenendigungen  handeln  könne. 
Jedenfalls  hat  auch  Braun  in  bezug  auf  Poirier's  Schilderung  wahr- 
scheinlich ganz  mit  Recht  diese  Kanäle  mit  dem  Papillarkörper  der 
menschlichen  Cutis  verglichen.  Die  Cuticula  kleidet  als  dünnere 
Membran    auch   den  Anfangsteil   der   Geschlechtsorgane,   des   Ver« 


Anatomie  von  Otodistomum  veliporum  (Creplin)  usw. 


221 


dauungskanals  und  die  Saugnäpfe  aus.  Ihre  Dicke  beträgt  im 
Genitalatrium  21,6  ^  und  in  den  Saugnäpfen  bedeutend  weniger, 
nämlich  7,2  ix.  auch  zeigt  sie  auf  Schnitten  in  diesen  Teilen  kein 
solch  gespaltenes  Aussehen. 

Unter  der  Cuticula  befindet  sich  eine  breite  Schicht  von  Binde- 
gewebsfasern, die  von  Poirier  „couche  subcuticulaire"  genannt  ist. 


Fig.  G. 

Querschnitt  durch  Distomum  fuscum  Poirier.    Ungefähr  in  der  Mitte  des  Körpers. 

19  :  1. 


Sie  ist  in  der  Gruppe  des  B.  clavatum  besonders  stark  entwickelt 
und  besitzt  bei  vorliegender  Art  einen  Durchmesser  von  ca.  0,2  mm. 
In  ihr  befinden  sich  im  Vorderkörper  zahlreiche,  zerstreute  Ring- 
und  dünne  Längsfasern,  hierauf  folgt  eine  auffallend  breite  Schicht 
von  Ringfasern  und  unter  dieser  starke  Längsmuskelbündel.  Während 
nun  im  Vorderkörper  die  inneren  Ringmuskeln  sehr  entwickelt  sind, 
sehen    wir   hinter   dem   Bauchsaugnapf  die  inneren  Längsmuskeln 

15* 


222  Georg  Mühlschlag, 

(13.5  fA  dick)  die  Hauptmasse  des  Hautmuskelschlauches  bilden.  Sie 
sind  zu  dicken  Bündeln  zusammengelagert,  die  durchschnittlich  einen 
Durchmesser  von  100  /jl  haben.  (Zur  Veranschaulichung  dienen  die 
Figg,  6  und  G.)  Unter  diesen  Muskellagen  folgt  eine  „subcuticulare 
Zellenschicht" ,  wie  sie  v.  Buttel-Reepen  in  seiner  Beschreibung 
des  B.  ampuTlaceum  nennt.  Sie  setzt  sich  aus  großen,  ovalen  und 
leicht  färbbaren  Zellen  mit  deutlich  sichtbarem  Kern  zusammen.  Ihr 
Durchmesser  beträgt  12  ij,  durchschnittlich. 

Der  Bau  der  Saugnäpfe  ist  derselbe,  wie  ihnPoiRiERbeiZ).c?ava^Mm 
beschrieben  hat.  Auf  Taf.  9  Fig.  6  sieht  man  am  Muudsaugnapfe  an  der 
unteren  Hälfte  sehr  schön  die  Transversalmuskeln  ausgebildet.  Die 
Körperwand  ragt  weit  über  ihn  hinaus  und  bildet  so  einen  Rand,  der 
die  Mundöffnung  sehr  verengert.  Auffallend  und  charakteristisch 
ist  am  Bauchsaugnapf  die  kragentörmige  Ausbildung  der  Körper- 
wand, die  mit  ihren  wulstigen  Erhebungen  die  eigentliche  Sauggrube 
umgibt  (Taf.  9  Fig.  4  u.  6.)  Eine  ganz  ähnliche  Bildung  finden  wir  bei 
B.  heurteli,  D.  dadylipherum  und  D.  verrucosum,  wie  man  aus  den 
Abbildungen  Poirier's  ersehen  kann.  In  dem  Bindegewebe  der 
Saugnapfmuskulatur  kommen  auch  die  „großen  Zellen"  vor,  wenn 
auch  nicht  so  häufig  wie  bei  Otodistomum  veliporum  (Creplin).  Leicht 
erkennbar  infolge  ihrer  starken  Ausbildung  sind  die  Muskelbündel, 
welche  die  Funktion  der  Saugnäpfe  unterstützen.  Am  Bauchsaug- 
napf sehen  wir  die  Längsmuskeln  des  ventralen  Hautmuskel- 
schlauches sowohl  vom  Vorderkörper  als  auch  vom  Hinterkörper  aus 
sich  zur  Muskulatur  des  Saugnapfes  erstrecken.  Sie  setzen  sich 
nicht  unmittelbar  am  äußeren  Rande,  sondern  etwas  weiter  im  Innern 
des  Körpers  an  die  Oberfläche  des  Saugorgans  an.  Dieselben  An- 
satzstellen haben  auch  die  Muskelbündel,  welche  sich  vom  dorsalen 
Längsmuskelschlauch  abspalten  und  in  schrägem  Verlauf  zum  Bauch- 
saugnapf ziehen.  In  Fig.  6  sind  nur  die  Ansatzbündel  der  vorderen 
Hälfte  des  Saugnapfes  abgebildet,  zur  hinteren  Hälfte  erstrecken 
sich  die  Muskeln  in  gleicher  Weise.  i\.ußerdem  spalten  sich  von 
den  vorderen  und  hinteren  dorsalen  Längsmuskeln  auch  Bündel  ab, 
die  sich  der  inneren  Oberfläche  des  Saugorgans  anlegen  und  sie 
schalenförmig  umfassen.  In  ähnlicher  Weise  umgreifen  die  Längs- 
muskeln des  dorsalen  und  ventralen  Hautmuskelschlauches  auch  den 
Mundsaugnapf,  während  die  Ringmuskeln  zur  Unterstützung  der 
Saugfunktion  weniger  beizutragen  scheinen. 


Anatomie  von  Otodistomum  veliporum  (Creplin)  usw. 


223 


V  e  r  d  a  u  u  n  g  s  a  p  p  a  r  a  t. 

Einen  Überblick  über  die  Gestalt  der  Verdauungsorgane  bietet 
die  schematische  Textfigur  H.  Wir  finden  bei  I).  fuscum  folgende 
Ausbildung  des  Verdauungstractus.  Der  Mundsaugnapf  hat  eine 
subterminale  Öffnung,  und  aus  ihm  gelangt  man  in  den  Pharynx,  der 
eine  Länge  von  0,79  mm  und  eine  Breite  von  0,75  mm  aufweist. 
Wahrscheinlich  infolge  Kontraktion  ist  seine  Form  eine  fast  kuglige 
geworden.     Ebenso  wie   der  Mundsaugnapf  und  der  nun  folgende 


Schematische  Darstellunj?  des  Anfangsteiles  der  Verdauungsorgane  von 
Distomum  fuscum  Poirier. 


Ösophagus  ist  er  von  einer  cuticularen  Membran  ausgekleidet.  Nach 
seinem  kurzen  kugligen  Anfangsteile,  der  eine  Länge  von  108  ju 
und  eine  Breite  von  180  ju  hat,  erweitert  er  sich  sehr  stark  bis  zu 
einer  Länge  von  540  ß  und  kommt  so  zum  Teil  dorsal  über  dem 
Pharynx  zu  liegen  (Taf.  9  Fig.  6).  Dieser  Teil  wird  bei  D.  ampuUaceum 
als  Kropf  bezeichnet.  Die  cuticulare  Membran  des  Ösophagus  zeigt 
unregelmäßige,  faltige  Erhebungen,  wie  sie  auch  bei  Hirudinella 
davata  und  D.  ampuUaceum  beschrieben  sind.  Mir  scheint  diese 
Bildung  keine  ursprüngliche  zu  sein,  sondern  nur  eine  Folge  der 


224  Georg  Mühlschlag, 

starken  Kontraktion  dieser  Teile.  Denn  während  bei  dem  einen 
Exemplar  der  ganze  Ösophagus  eine  runzlige  Cuticula  aufweist, 
finden  wir  bei  dem  anderen  nur  den  Anfangsteil  mit  faltiger  Wandung. 
Bei  dem  ersten  Tiere  ist  nun  das  Lumen  der  kropfartigen  Er- 
weiterung infolge  Kontraktion  unregelmäßig,  während  es  bei  dem 
zweiten  Exemplare  eine  auffallend  regelmäßige  runde  Form  zeigt. 
Hierauf  schließen  sich  nach  beiden  Seiten  kuglige  Auftreibungen 
an,  welche  dann  in  die  beiden  langen  Darmschenkel  übergehen. 
Während  nun  der  Ösophagus  wie  gewöhnlich  eine  cuticulare  Wandung 
besitzt,  der  innere  Ring-  und  äußere  Längsmuskeln  aufgelagert  sind, 
findet  man  in  den  kugligen  Auftreibungen  ein  eigenartges  Epithel. 
Es  sind  Cylinderzellen  von  14,5  /^  Höhe  mit  kleinem  Kern  am  Grunde, 
die  auffallend  lange  Fortsätze  (108  fj)  tragen,  so  daß  diese  fast  den 
ganzen  Hohlraum  erfüllen.  Kurz  vor  der  Mündung  in  die  Darm- 
schenkel sieht  man,  wie  diese  Fortsätze  sich  umbiegen  und  mit 
ihren  Spitzen  der  Mündungsstelle  zuzustreben  scheinen.  Die  Be- 
deutung dieses  Epithels  ist  zweifelhaft,  v.  Buttel-Reepen,  der  bei 
D.  ampuUaceum  ähnliche  Verhältnisse  fand,  nimmt  an,  daß  es  sich 
um  „Becherzellen"  handelt  mit  langen  fadenförmigen,  protoplasma- 
tischen Fortsätzen,  an  denen  das  austretende  Secret  entlang  fließt. 
Die  anschließenden  Darmschenkel  zeigen  auch  ein  Cylinderepithel, 
jedoch  mit  viel  kürzeren  Fortsätzen.  Den  Darmschenkeln  ist  eine 
dünne,  innere  Ring-  und  eine  äußere  Längsmuskelschicht  auf- 
gelagert. Sie  reichen  bis  fast  an  das  äußerste  Ende  des  Körpers 
und  weiten  sich  im  Hinterkörper  sehr  stark  zu  den  beiden  Darm- 
säcken aus,  die  hier  den  größten  Raum  des  Körpers  einnehmen. 
In  der  Mitte  des  Hinterkörpers  haben  sie  einen  Durchmesser  von 
1,89  mm.  Wie  sehr  häufig  bei  Trematoden  findet  man  in  ihnen  wie 
in  dem  ganzen  Verdauungstractus  einen  feinkörnigen,  schwärzlichen 
Inhalt,  der  unzweifelhaft  als  Blut  des  Wirtstieres  anzusehen  ist. 

Bemerkenswert  ist  die  große  Ähnlichkeit  in  dem  Bau  der  Ver- 
dauungsorgane bei  allen  diesen  Distomen  der  D.  davatmn-Gru^^e, 
wie  man  aus  der  Beschreibung  von  Hirudinella  clavata,  D.  ampuUaceum 
und  D.  ingens  ersehen  kann. 

Nervensystem   und  Excretionsgefäße. 

Von  dem  Nervensystem  sind  bei  dem  wenig  guten  Erhaltungs- 
zustande des  Materials  nur  die  Hauptteile  zu  erkennen.  2  große 
Cerebralganglien  liegen  dorsal  dicht  über  dem  Pharynx  und  sind 
durch  eine  Quercommissur  verbunden.     Von  ihnen  gehen  nach  vorn 


Anatomie  von  Otodistomum  veliporum  (Crkplin)  usw. 


225 


226  Georg  MChlschlag, 

2  seitliche  Nerven  zum  Mundsaugnapfe  und  nach  hinten  die  beiden 
großen  Längsstämme,  die  seitlich  von  den  weiten  Darmschenkeln^ 
jedoch  mehr  ventral  und  ganz  dicht  am  Hautmuskelschlauch  ver- 
laufen (Fig.  G).  Sie  sind  aus  sehr  großen  Elementen  zusammenge- 
setzt, und  ihr  Querschnitt  hat  ein  netzförmiges  Aussehen.  Der 
Durchmesser  dieser  Längsstämme  beträgt  im  Mittelkörper  hinter 
den  Genitaldrüsen  120  f-i. 

Ebenso  sind  von  dem  Excretionsgefäßsystem  nur  die  Hauptteile 
zu  beobachten.  Die  Excretionsblase  liegt  im  Hinterkörper  in  der 
Medianlinie  zwischen  den  beiden  breiten  Darmsäcken,  von  denen 
sie  stark  zusammengedrückt  ist,  und  reicht  ungefähr  bis  zur  halben 
Körperlänge  nach  vorn.  Sie  mündet  durch  einen  kurzen  Kanal,  der 
ebenso  wie  die  Excretionsblase  von  einer  dünnen,  vielfach  gefalteten 
cuticularen  Membran  ausgekleidet  ist,  nach  außen.  Der  Kanal  ist 
mit  einei"  sphincterartigen  Muskulatur  umgeben;  man  bemerkt  vor 
allem  Eingmuskeln  und  auch  dünne  Längsmuskeln,  die  jedoch  schon 
schräg  veilaufen  und  auf  einem  Querschnitt  strahlenförmig  ange- 
ordnet zu  sein  scheinen  (Fig.  J).  Eine  Kingmuskulatur  umgibt  in 
dünner  Schicht  auch  die  Excretionsblase.  An  ihrem  oberen  Ende 
entspringen  die  Sammelröhren  anscheinend  in  2  Asten,  um  in  äußerst 
komplizierten  Windungen,  deren  Lumen  sehr  schwankend  ist,  den 
ganzen  Körper  zu  durchziehen.  Eine  Kekonstruktion  der  Kanäle 
war  nicht  möglich.  Bemerken  will  ich  jedoch,  daß  sich  auf  Quer- 
schnitten durch  den  Hinterkörper  zahlreiche  Lumina  von  Excretions- 
gefäßen  zwischen  den  Darmsäcken  und  der  Körperwand  bis  ganz  in 
die  Nähe  des  Excretionsporus  erkennen  lassen  (Fig.  K  u.  J).  Im 
Mittelkörper  bemerkt  man  die  Lumina  der  Excretionsgefäße  haupt- 
sächlich zu  beiden  Seiten  der  Darmschenkel,  jedoch  in  geringerer 
Anzahl  auch  zwischen  den  unentwirrbaren  Uterusschlingen.  Im 
Yorderkörper  nehmen  sie  ebenfalls  einen  großen  Raum  ein.  Sie 
sind  von  einer  cuticularen  Membran  ausgekleidet,  der  eine  Muskulatur 
nicht  aufgelagert  ist. 

Geschlechtsorgane. 

Eine  topographische  Übersicht  des  Genitalapparats  bieten  die 
Figg.  L  u.  M.  Die  beiden  Hoden  befinden  sich  unmittelbar  hinter 
dem  Bauchsaugnapfe,  und  zwar  bei  dem  einen  untersuchten  Exemplar 
schräg  hintereinander,  so  daß  der  hintere  Hoden  etwas  links  seitlich 
verschoben  ist  und  das  Ovarium  schräg  rechts  seitlich  von  ihm  zu 
liegen   kommt.    Daß   dieses   nur   eine  Kontraktionserscheinung  ist, 


Anatomie  von  Otodistomum  veliporum  (Creplin)  usw. 


227 


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228  Georg  Mühlschlag, 

beweist  die  Lage  der  3  Geschlechtsdrüsen  bei  dem  anderen  Tiere, 
wo  die  beiden  Hoden  und  das  Ovarium  ziemlich  genau  hintereinander 
in  der  Medianlinie  gelagert  sind.  Die  Hoden  sind  von  ovaler  Ge- 
stalt, der  vordere  hat  einen  größten  Durchmesser  von  0,76  mm  und 
der  hintere  von  0,72  mm.  Eine  dünne  Membran,  der  feine  unregel- 
mäßig verlaufende  Muskelfasern  aufgelagert  sind,  umgibt  sie.  Leider 
sind  die  Abgangsstellen  der  Vasa  efferentia  und  ihr  Verlauf  bei  den 
beiden  untersuchten  Exemplaren  nicht  zu  erkennen.  Sie  münden 
in  die  muskulöse  Vesicula  seminalis,  die  in  der  Höhe  des  vorderen 
Bauchsaugnapfrandes  gelegen  ist.  Ihr  Lumen  erweitert  sich  bis  zu 
einer  Breite  von  0,25  mm  und  ist  erfüllt  mit  einer  dicht  verfloch- 
tenen Masse  von  Spermatozoen.  Nach  S-förmigem  Verlauf  verengt 
sie  sich  zu  der  Pars  prostatica,  die  sich  in  einfachen  Schlingen  über 
dem  Uterus  bis  etwa  in  die  Höhe  des  Genitalporus  hinzieht.  Der 
Erhaltungszustand  ist  bei  beiden  Exemplaren  so  wenig  gut,  daß  ich 
genaue  Angaben  über  ihre  Struktur  nicht  machen  kann,  jedoch  ist  sie 
scheinbar  ebenso  wie  bei  Distomum  ingens  Moniez.  Die  Pars  pro- 
statica, deren  Lumen  0,11  mm  beträgt,  ist  muskulös  und  anscheinend 
von  einem  Cylinderepithel  ausgekleidet.  In  ihrem  ganzen  Verlauf 
ist  sie  in  Drüsenzellen,  den  Prostatadrüsen,  eingebettet.  Die  Breite 
dieses  Drüsenkomplexes  beträgt  50,4  /^.  Die  Struktur  der  Pars 
prostatica  ändert  sich,  sobald  sie  in  das  Muskelgewirr  eintritt,  das 
den  Endabschnitt  des  männlichen  Genitalweges  umgibt,  und  dieser 
Teil  hat  nun  den  Namen  Ductus  ejaculatorius.  Eine  dicke,  cuticu- 
lare  Membran,  deren  Stärke  durchschnittlich  21,6  fi  beträgt,  kleidet 
ihn  aus,  und  eine  verhältnismäßig  starke  Kingmuskulatur  umgibt 
ihn.  Sein  Lumen  ist  anfangs  28,8  fJi  weit,  vergrößert  sich  aber  bald 
bis  zu  72  fi,  und  kurz  vor  seiner  Einmündung  in  den  Genitalsinus 
hat  er  infolge  Ausbuchtungen  manchmal  eine  Breite  von  252  [ä. 
Der  Ductus  ejaculatorius  ist  in  seinem  ganzen  Laufe  in  einer  sehr 
mannigfaltigen  Muskulatur  gelegen;  ein  geschlossener  Cirrusbeutel, 
wie  man  ihn  z.  B.  bei  Otodistomum  veliporum  (Ckeplin)  findet,  fehlt 
hier.  Immerhin  ist  um  den  Endabschnitt  des  männlichen  Genital- 
w^eges  eine  besondere  Muskulatur  vorhanden,  die  allmählich  in  die 
übrige  Körpermuskulatur  übergeht.  Außer  vielfach  verschlungenen 
Muskeln  in  den  verschiedensten  Richtungen  sind  hauptsächlich  Eing- 
und  Längsmuskeln  unterscheidbar,  Taf.  9  Fig.  7  stellt  einen  Längs- 
schnitt durch  den  Hals  dar,  und  man  sieht,  daß  der  Ductus  ejaculatorius 
in  weiterem  Abstände  von  Längsbündeln  umgeben  ist,  von  denen 
die  vorderen  (Im^)  vom   dorsalen  Hautmuskelschlauch  entspringen, 


Anatomie  von  Otodistomum  veliporum  (Creplin)  usw.  229 

während  die  hinteren  (/m.,)  von  den  Längsmnskeln  des  Uterus  sich 
abzuspalten  scheinen.  Dicht  neben  ihnen  verlaufen  auch  Ringmuskeln 
(rm^  und  rw.,),  die  sich  von  dem  Genitalatrium  aus  in  schmalem 
Bande  in  das  Körperinnere  verlieren.  Der  männliche  Geschlechts- 
apparat mündet  auf  einer  konischen  Erhebung'  in  den  vorderen  Teil 
des  Genitalatriums. 

Durch  den  Genitalporus,  der  dicht  hinter  und  unter  dem  Pha- 
rynx liegt,  mündet  es  auf  der  Ventralseite  aus.  Es  ist  bei  Disto- 
mum  fusciim  Poirier  eine  flache  Aussackung  ziemlich  parallel  der 
Ventralseite  des  Halses  (Taf.  9  Fig.  6  u.  7),  Es  hat  bei  vorliegendem 
Exemplar  eine  Länge  von  1,16  mm  und  eine  größte  Breite  von 
0,59  mm  und  erstreckt  sich  ungefähr  von  der  Höhe  des  Pharynx 
bis  in  die  Höhe  der  kragenartigen  Verbreiterung  der  Körperwand, 
welche  den  Bauchsaugnapf  umgibt.  Man  kann  es  als  eine  Einstül- 
pung der  Körperoberfläche  auffassen,  da  seine  Muskulatur  derjenigen 
des  Hautmuskelschlauches  entspricht.  Man  bemerkt  auch  hier  unter 
der  auskleidenden  cuticularen  Membran  zunächst  Ring-  und  dann 
Längsmuskeln.  Betrachtet  man  seine  Innenfläche  näher,  so  sieht 
man,  daß  sie  starke  Ausbuchtungen  aufweist.  Zunächst  fällt  die 
muskulöse,  konische  Erhebung  auf,  mit  welcher  der  Ductus  ejacula- 
torius  in  das  Genitalatrium  mündet.  Sie  dient  wahrscheinlich  als 
Begattungsapparat  und  kann  durch  den  Genitalporus  ausgestülpt 
werden.  Hierdurch  erklärt  sich  dann  leicht  die  Figur  und  Beschrei- 
bung von  Bosc,  daß  das  Vorderende  von  Fasciola  fusca  „deux  petits 
tentacules  en  dessous"  trägt.  Eine  Bestätigung  findet  diese  An- 
nahme auch  durch  die  Beobachtung  Jaegerskiöld's  an  Distomum 
megastomum  Rudolphi,  wo  das  Genitalatrium  ganz  ähnlich  gebaut 
ist.  Bei  einem  Exemplar  fand  er  den  Genitalkegel  durch  den  Porus 
des  Atriums  ausgestülpt  vor.  Um  diese  konische,  muskulöse  Vor- 
wölbung des  männlichen  Genitalapparats  findet  man  ferner  eine 
hohe  Ringfalte  (rf),  die  sich  ebenfalls  durch  starke  Entwicklung  der 
Muskulatur  auszeichnet.  Andere  kleinere  Ringfalten,  die  sich  auf 
der  Innenfläche  des  Atriums  vorfinden,  sind  wohl  nur  als  Kontraktions- 
erscheinung aufzufassen.  Auf  Taf.  9  Fig.  7  ist  der  männliche  Genital- 
konus in  stark  kontrahiertem,  eingezogenem  Zustande  abgebildet. 
Dadurch  erklärt  sich  dann  auch  der  gewundene  Verlauf  und  das 
ausgebuchtete,  unregelmäßige  Lumen  des  Ductus  ejaculatorius. 

Was  die  topographische  Lage  des  weiblichen  Genitalapparats 
betriift,  so  ist  sie  aus  den  Figg.  M  u.  L  ersichtlich.  Das  Ovarium 
liegt  hinter  den  Hoden  ziemlich  median.    Seine  Gestalt  ist  kuglig, 


230  Georg  Mühlschlag, 

und  sein  Durchmesser  beträgt  0,67  mm.  Es  ist  von  Keimzellen  in 
verschiedenen  Entwicklungsstadien  erfüllt,  wobei  man  leicht  sieht, 
daß  die  in  der  Mitte  gelegenen  Zellen  die  an  der  dünnen  Außen- 
hülle gelagerten  an  Größe  bedeutend  übertreffen.  Der  Durchmesser 
der  ersteren  beträgt  9  fJt,  derjenige  der  letzteren  3  ^.  Durch  den 
Oviduct  mündet  es  in  den  dicht  hinter  ihm  liegenden  MEHLis'schen 
Körper  (Schalendrüse),  der  einen  größten  Durchmesser  von  0,37  mm 
besitzt.  Der  Oviduct,  der  anfangs  bei  seinem  Eintritt  in  den  Mehlis- 
schen  Körper  sehr  eng  ist,  erweitert  sich  bald.  Kurz  nach  seiner 
Einmündung  in  diesen  empfängt  er  den  LAURER'schen  Kanal  und 
gleich  darauf  den  unpaaren  Dottergang.  Von  hier  ab  wird  der 
weibliche  Genitalweg  als  Uterus  bezeichnet;  er  beschreibt  in  dem 
MEHLis'schen  Körper  eine  etwa  S-förmige  Schleife  und  tritt  dann 
dorsalwärts  aus  ihm  aus,  um  in  verworrenen  Schlingen  zwischen 
den  beiden  Darmschenkeln  zunächst  sich  weit  in  den  Hinterkörper 
bis  etwa  zum  Beginn  der  Excretionsblase  zu  erstrecken.  Hierauf 
zieht  er  wieder  nach  dem  Vorderkörper  und  verläuft  in  ziemlich 
gerader  Richtung  dorsal  über  dem  Ovarium  und  den  beiden  Hoden 
in  den  Hals  und  mündet  im  Genitalatrium  hinter  dem  Ductus  eja- 
culatorius  aus.  Die  Hauptmasse  des  Uterus,  dessen  Lumen  sehr 
verschieden  ist  (216  fi  und  mehr),  liegt  bei  Bistomum  fuscum  Poirier 
hinter  den  3  Genitaldrüsen  und  nimmt  die  Mitte  des  Körpers 
zwischen  den  beiden  Darmschenkeln  vollständig  ein  (Fig.  G).  Der 
Uterus  ist  mit  Eiern,  die  eine  Länge  von  34,5  /^  und  eine  Breite 
von  22,5  ju,  haben,  dicht  erfüllt,  und  in  seinem  Anfangsteile  sind  sie 
in  Spermamassen  eingebettet.  Seine  Wandung  ist  mit  einer  inneren 
Ring-  und  äußeren  Längsmuskulatur  ausgestattet,  und  darüber  liegen 
kleine,  birnförmige,  leicht  färbbare  Zellen,  die  wahrscheinlich  drü- 
siger Natur  sind. 

Der  LAURER'sche  Kanal  bildet  beim  Eintritt  in  den  MEHLis'schen 
Körper  eine  bulbusartige  Auftreibung,  deren  Länge  72  ju  und  deren 
Breite  50,4  //  beträgt.  In  ihr  bemerkt  man  zahlreiche  Spermatozoen. 
Eine  6  ß  dicke  cuticulare  Membran  kleidet  den  Kanal  aus,  und  sein 
Lumen  hat  einen  Durchmesser  von  15—21  /«.  In  mehrfach  ge- 
schlängeltem  Lauf,  nachdem  er  einen  Bogen  mit  der  Öffnung  nach 
dem  Hinterende  zu  beschrieben  hat,  mündet  er  in  der  Höhe  des 
Ovariums  auf  der  Dorsalseite  etwas  links  seitlich  der  Medianlinie 
aus.  In  seinem  ganzen  Verlauf  ist  er  von  einer  Ringmuskulatur 
umgeben. 

Die  Dotterstöcke  sind  verästelte  Schläuche  und  an  der  Außen- 


Anatomie  von  Otodistomuni  veliporum  (Crepijn)  usw.  231 

Seite  der  Darmschenkel,  zwischen  diesen  und  dem  Hautmuskel- 
schlauch gelag-ert  (Fig.  G).  Sie  erstrecken  sich  nach  vorn  ungefähr 
so  weit  wie  die  Hoden,  nach  hinten  reichen  sie  bis  zum  Anfangs- 
teile der  Excretionsblase.  Ihr  Lumen  hat  einen  Durchmesser  von 
45  fi. 

Vergleicht  man  die  Abbildungen  Poieier's  von  D.  fuscum  und 
B.  verrucosum,  so  bietet  die  äußere  Form  auffallende  Ähnlichkeiten. 
Beide  Arten  unterscheiden  sich  jedoch  wiederum  leicht  durch  die 
warzenförmigen  Erhebungen,  welche  die  Haut  von  D.  verrucosum 
bedecken.  Diese  papillenförmigen  Vorspünge  könnten  aber  vielleicht 
nicht  ursprünglicher  Natur,  sondern  nur  durch  die  Konservierung 
entstanden  sein.  Jedenfalls  gibt  Poirier  für  sie  keine  histologische 
Begründung,  sondern  sagt  nur:  „Le  reste  du  corps  presente  un  grand 
nombre  de  plis  transverses  irreguliers,  ainsi  qu'un  grand  nombre 
de  petites  tuberosites  ou  verrues  disseminees  sans  ordre  ä  la  sur- 
face  du  corps." 

Das  Genitalatrium,  dessen  Ausbildung  für  D.  fuscum  Poirier 
sehr  charakteristisch  ist,  zeigt  auffallende  Übereinstimmung  mit  der 
Abbildung  desjenigen  von  D.  verrucosum  Poirier.  Auch  die  kurzen 
anatomischen  Angaben  über  D.  verrucosum,  die  Poirier  im  Vergleich 
mit  D.  clavatum  macht,  stimmen  mit  meinen  Untersuchungen  an  D. 
fuscum  Poirier  gut  überein.  Falls  nun  die  „petites  tuberosites  ou 
verrues"  eine  besondere  histologische  Struktur  besitzen,  sind  meiner 
Meinung  nach  D.  verrucosum  und  D.  fuscum  2  verschiedene,  aber 
sehr  nahe  verwandte  Arten.  Sind  jedoch  diese  warzenförmigen  Er- 
hebungen nur  eine  Kontraktionserscheinung,  so  halte  ich  D.  verru- 
cosum für  synonym  mit  D.  fuscum. 

Was  nun  die  systematische  Stellung  von  D.  fuscum  Poirier 
betrifft,  so  gehört  es  zur  Distomum  clavatum- Grnpi^e ,  die  nach 
Odhner  als  Unterfamilie  zur  LÜHE'schen  Familie  der  Hemiuridae  zu 
rechnen  ist.  Ferner  ist  aus  seinem  anatomischen  Bau  die  Zu- 
gehörigkeit zur  Gattung  HirucUnella,  deren  Merkmale  von  Darr  zu- 
sammengestellt sind,  zu  erkennen.  Hier  bildet  es  eine  gut  unter- 
scheidbare Art.  Charakteristisch  für  sie  ist  außer  der  kurzen  ge- 
drungenen Form  vor  allem  die  breite,  wulstige  Umrandung  des 
Bauchsaugnapfes.  Als  besondere  anatomische  Artunterschiede  führe 
ich  auf  die  Anwesenheit  einer  bulbusartigen  Auftreibung  des 
LAURER'schen  Kanals  im  MEHLis'schen  Körper  und  die  eigenartige 
Form  des  Genitalatriums.  Ferner  fehlt  ein  geschlossener  Cirrus- 
beutel;   der   Endteil   des   männlichen   Genitalweges  ist  jedoch  von 


232  Georg  Mühlöchlag 

einer  besonderen  Muskulatur  umgeben,  die  allmählich  in  die  übrige 
Körpermuskulatur  übergeht. 


Distomuni  i^igens  MONIEZ. 

Im  Jahre  1834  beschreibt  und  bildet  Owen  ein  Bisiomum  ab, 
das  sich  durch  seine  auffallende  Größe  auszeichnet.  Es  hat  eine 
Länge  von  54  mm  und  eine  Breite  von  21  mm  am  Hinterkörper. 
Außer  einer  sehr  genauen  äußeren  Beschreibung  macht  er  auch  An- 
gaben über  den  inneren  Bau.  Er  erkennt  den  Excretionsporus  und 
weist  nach,  daß  er  zu  dem  Darm  in  keiner  Beziehung  steht.  Die 
Darmschenkel  sind  nach  seiner  Meinung  verschieden  von  den  caudalen 
Anschwellungen  und  dienen  nur  als  Zuleitungsröhren.  Ferner  be- 
obachtet er  den  Endteil  des  weiblichen  Geschlechtsapparats;  die 
Vesicula  seminalis  sieht  er  jedoch  für  den  Hoden  an.  Obwohl  nun 
sein  Distomum  eine  gedrungene,  ampullenförmige  Gestalt  hat,  hält 
er  es  doch  für  identisch  mit  Distomum  clavatum  (Menz.),  dessen 
Hinterende  allein  kugelförmig  aufgetrieben  ist,  während  der  übrige 
Körper  eine  ziemlich  gleichmäßige  Breite  hat.  Diesing  zieht  dann 
die  Grenzen  der  Synonymie  noch  weiter,  indem  er  als  identisch  mit 
Distomum  davatmn  (Menzies)  Fasciola  fusca  Bosc,  Distomum  corij- 
phaenae  Rud.,  Distomum  davatutn  Owen  und  Fasciola  ventricosa  Pallas 
ansieht,  Baikd  erkennt  die  Unrichtigkeit  dieser  Ansicht  und  trennt 
von  dem  eigentlichen  D.  davatum  (Menz.)  das  D.  davatuyn  Owen 
und  faßt  unter  dem  Namen  Hirudindla  ventricosa  die  von  Owen  und 
Pallas  beschriebenen  Arten  zusammen.  Im  Jahre  1886  erscheint 
dann  eine  Arbeit  von  Moniez:  „Description  du  Distoma  ingens 
nov.  sp.  et  remarques  sur  quelques  points  de  l'anatomie  et  de  l'histo- 
logie  comparees  des  Trematodes."  In  einer  späteren  Schrift  über 
die  Identität  einiger  Arten  der  D.  davatum  -  Grwjy-pe  erklärt  er 
Distomum  ingens  für  synonym  mit  Distomum  davatum  Owen.  Seine 
Distomen  hatten  eine  Länge  von  60  mm,  eine  Breite  von  20  mm 
und  eine  Dicke  von  15  mm  am  Hinterkörper  und  waren  von  ge- 
drungener, birnförmiger  Gestalt.  Außer  einer  genauen  äußeren  Be- 
schreibung behandelt  er  eingehend  das  Nervensystem  und  in  kürzerer 
Weise  den  Verdauungsapparat,  die  Cuticula,  Parenchym  und  Ex- 
cretionsgefäße.  Der  Genitalapparat  findet  bei  ihm  keine  Berück- 
sichtigung. 

Unter  dem  Material  aus  dem  Naturhistorischen  Museum  zu  Ham- 
burg sind  nun   einige  Riesendistomen  vorhanden,   die  nach  meiner 


Anatomie  von  Otodistomum  veliporum  (Cbeplin)  usw.  233 

Meinung"  als  Distomum  ingens  zu  bezeichnen  sind.  Da  diese  Art  nur 
kurz  behandelt  ist,  dürfte  eine  Untersuchung-  über  ihre  Anatomie^ 
hauptsächlich  der  Geschlechtsorgane,  wohl  erwünscht  sein.  Ich  ver- 
wandte hierzu  4  Exemplare,  indem  ich  von  dem  Vorderkörper  Längs- 
und von  dem  Hinterkörper  Querschnitte  anfertigte.  Leider  waren 
in  den  verschiedenen  Gläsern  die  Wirtstiere  nicht  näher  angegeben,, 
sondern  nur  folgende  Angaben  fanden  sich  dazu: 

1.  „Distoma  aus  dem  Magen  eines  Albicore  (Thunfisch-ähnlich) 
Kophamel,  Süd-Atlantik." 

2.  ,,Tamatave,  Henry  O'Swald  ded.  5./4.  1893." 

3.  „D.  POHL  ded." 

4.  „John  Pkicket  leg.  d.  im  Magen  eines  Fisches  im  Ind. 
Ozean." 

Das  Material  bot  bei  der  Bearbeitung  große  Schwierigkeiten,, 
insofern  als  bei  den  gewöhnlichen  Methoden  der  Einbettung  das 
Paraffin  infolge  der  äußerst  starken  und  harten  Cuticula  nur  ganz 
unvollkommen  in  die  Gewebe  eindrang.  Es  erfolgte  dann  beim 
Schneiden  immer  eine  Zerreißung  der  Organe,  so  daß  brauchbare 
Schnittserien  nicht  erzielt  wurden.  Auf  folgende  Weise  erhielt  ich 
dann  ganz  gute  Resultate.  Das  in  3  Teile  zerlegte  Exemplar  wurde 
durch  aufsteigenden  Alkohol  in  Xylol  gebracht  und  nach  voll- 
ständiger Durchtränkung  in  geschmolzenes  Paraffin.  So  wurde  es 
nun  in  einen  Exsikkator  gestellt,  der  in  einem  Wasserbade  von 
etwa  55  °  C  stand,  und  dieser  mittels  einer  BuNSEN'schen  Wasser- 
luftpumpe möglichst  ausgepumpt.  Hierauf  ließ  ich  ihn  mehrere 
Stunden  im  Wasserbade  bei  oben  angegebener  Temperatur  stehen, 
bis  die  Paraffindurchtränkung  meiner  Meinung  nach  vollständig  war. 
Die  Schnitte  wurden  mit  Hämatoxylin  und  Eosin  gefärbt. 

Die  Tiere  hatten  im  konservierten  Zustande  ein  dunkelgraues  Aus- 
sehen, ihre  äußere  Form  ist  aus  der  Abbildung  Taf.  10  Fig.  8  genügend 
ersichtlich.  Der  Hals  ist  kurz  und  etwas  zurückgebogen.  Er  hat 
bei  dem  größten  Exemplare  von  dem  oberen  Rande  des  Bauchsaug- 
napfes gemessen,  eine  Länge  von  8  mm,  und  seine  Breite  beträgt 
hier  6,5  mm.  Der  Mundsaugnapf  liegt  subterminal  und  hat  einen 
Durchmesser  von  1,5  mm,  der  des  Bauchsaugnapfes  beträgt  3  mm. 
Ebenso  wie  der  Mundsaugnapf  tritt  auch  der  Bauchsaugnapf  wenig 
aus  dem  Körper  hervor  und  hat  einen  ziemlich  fiachen,  gefalteten 
Randwulst.  Die  Oberfiäche  der  Tiere  zeigt  Ringfalten,  die  sich  be- 
sonders stark  um  den  Excretionsporus  abgrenzen,  der  als  eine  dorso- 
ventrale  Spalte  zu  erkennen  ist.     Das  größte  Exemplar  hatte  eine 


234 


Georg  Mühlschlag, 


Länge  von  44  mm,   die  größte  Breite  war  21  mm   und  die  größte 
Dicke  17,5  mm. 

Körperbedeckung  und  Muskulatur. 

Die  leicht  färbbare  Cuticula  bedeckt  die  ganze  Oberfläche  des 
vorliegenden  Treraatoden;  sie  ist  sehr  dick  und  von  homogener 
Struktur.    Da  die  Cuticula  elastisch  ist.  bemerkt  man   außer  den 

äußeren  Eingfalten  auch 
auf  ihrer  Innenfläche  faltige 
Erhebungen,  die  nur  eine 
Folge  der  Kontraktion  sein 
können.  Die  Dicke  der 
Cuticula  ist  daher  sehr  ver- 
schieden ,  sie  beträgt  im 
Halse  durchschnittlich  45  ^a, 
im  Hinterkörper  48  //.  In 
dünnerer  Schicht  kleidet  sie 
auch  die  beiden  Saugnäpfe 
aus;  ihre  Dicke  beträgt  im 
Bauchsaugnapf  22,5  fx  und 
im  Mundsaugnapf  15  fx. 
Eigenartig  sind  papillen- 
förmige Vorsprünge,  die  aus 
dem  darunter  liegenden 
Bindegewebe  in  sie  hinein- 
ragen. Sie  haben  durch- 
schnittlich eine  Länge  von 
10  fi  und  eine  Breite  von 
3  /Jt.  Sie  sind  also  viel 
kleiner  und  auch  in  viel 
geringerer  Zahl  vorhanden 
als  bei  Distommn  fuscum 
PoiEiER,  Unter  der  Cuti- 
cula befindet  sich  eine 
aus  Bindegewebsfasern  be- 
stehende Schicht,  die  durch 
eine  etwas  dunklereFärbung 
von  dem  übrigen  Körperparenchym  leicht  zu  unterscheiden  ist  und 
die  ich  als  „Subcuticularschicht"  bezeichne.  In  ihr  sieht  man  einzelne 
langgestreckte,  chromatophile  Zellen,  die  immer  parallel  zu  den  Binde- 


Fig.  N. 

■Querschnitt  durch  den  Hautmuskelschlauch  von 

Distomum   ingens   Moniez.     Ungefähr    in    der 

Mitte  des  Körpers.     110  : 1. 


Anatomie  von  Otodistomxim  veliporum  (Creplin)  usw.  235 

^ewebsfasern  gelagert  sind  (Fig.  N  oz).  Auf  sie  folgt  nun  der 
Hautmuskelschlauch. 

Man  bemerkt  zunächst  eine  dünne  Ringmuskelschicht,  und  weiter 
in  das  Innere  folgt  eine  Längsmuskelschicht,  aus  dickeren  Muskel- 
fasern bestehend.  Die  Dicke  der  einzelnen  Muskeln  beträgt  hier 
6 — 7,5  //.  Dann  schließt  sich  eine  Schicht  von  auffallend  starken 
Ringmuskeln  an,  die  auf  Längsschritten  ihren  röhrigen  Bau  vor- 
trefflich zeigen,  Ihre  Dicke  beträgt  im  Durchmesser  bis  19,5  ;a. 
Zu  innerst  liegen  nun  wiederum  starke  Längsbündel  (Taf,  10  Fig.  9). 
Während  in  solcher  Weise  der  Hautmuskelschlauch  im  Halse  zu- 
sammengesetzt ist,  gestaltet  er  sich  hinter  dem  Bauchsaugnapf  ein- 
facher. Hier  bemerken  wir  in  der  Subcuticularschicht  die  äußeren 
Ringmuskeln,  die  im  Halse  zu  einer  Schicht  vereinigt  waren,  mehr 
zerstreut  im  Bindegewebe  liegend.  Es  folgt  dann  eine  dicke  Längs- 
muskelschicht und  auf  diese  einzelne  starke  Ringmuskeln  von  röh- 
rigem Bau  (Taf.  10  Fig.  10).  Im  Hinterkörper  wird  der  Hautmuskel- 
schlauch noch  schwächer.  Die  Hauptmasse  bilden  hier  die  Längs- 
muskeln, die  zu  starken  Bündeln  zusammengelagert  sind.  Innen  und 
außen  liegen  ihnen  schwächere  Ringmuskeln  an  (Fig.  N). 

Unter  dem  Hautmuskelschlauch  findet  man  eine  aus  leicht  färb- 
baren ,  meistens  ovalen  Zellen  mit  Kern  und  Kernkörperchen  be- 
stehende „subcuticulare  Zellenschicht".  Diese  Zellen  sind  zu  Haufen 
in  Hohlräumen  des  Körperparenchyms  gelagert  und  heben  sich  von 
diesem  scharf  ab.  Wenngleich  es  mir,  ebenso  wie  früheren  Autoren, 
auch  nicht  gelang,  Ausführungsgänge  zu  entdecken,  scheinen  mir 
diese  Zellen  doch  drüsiger  Natur  zu  sein.  Jedenfalls  deutet  auch 
schon  die  Färbung,  welche  mit  der  von  typischen  Drüsenzelleu,  z.  B. 
am  Uterus  und  der  Pars  prostatica,  vollkommen  übereinstimmt,  auf 
den  drüsigen  Charakter  hin.  Daß  sie  in  diesem  Falle  eine  wichtige 
Rolle  bei  der  Bildung  der  Cuticula  spielen  müssen,  ist  einleuchtend, 
wenn  man  außerdem  noch  ihre  Lage  dicht  unter  dem  Hautmuskel- 
schlauch berücksichtigt.  Cuticulaartige  Secretschichten,  die  ohne 
merklichen  Unterschied  in  die  Körpercuticula  übergehen,  findet  man 
im  Endteil  des  Uterus  und  im  LAURER'schen  Kanal.  Hier  sind  nun 
deutliche  Drüsenzellen  von  ganz  ähnlicher  Form  zu  erkennen.  Außer 
den  Elementen  des  Hautmuskelschlauches  findet  man  besonders  im 
Halse  auch  zahlreiche  dorsoventrale  Muskeln.  Ein  Anheften  der- 
selben an  die  Cuticula  habe  ich  nicht  bemerkt,  wie  Poikier  es  bei 
Distonmm  clavatum  gesehen  haben  will.  Wäre  dies  der  Fall,  so 
könnte    man    sich   die   faltige   Beschaffenheit  der   Innenfläche   der 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  16 


236  Georg  Müklschlag, 

Cuticula  durch  die  Kontraktion  dieser  Muskeln  leicht  erklären.  Bef 
vorlieg-ender  Art  scheinen  sich  jedoch  die  dorsoventralen  Muskeln 
nur  im  Hautmuskelschlauch  zu  verzweigen. 

Was  nun  die  Muskulatur  der  Saugnäpfe  betrifft,  so  kann  ich 
auf  die  eingehende  Schilderung  Poieier's  bei  B.  davatum  ver- 
weisen, eine  Abweichung  im  Bau  habe  ich  nicht  gefunden.  Eine 
elastische  Hülle  umgibt  die  Muskulatur,  deren  Funktion  durch  ver- 
schiedene äußere  Muskelbündel  noch  unterstützt  wird.  In  der  Ein- 
buchtung des  Körpers,  an  welcher  der  Hals  beginnt,  zweigen  sich 
vom  dorsalen  Längsmuskelschlauch  nach  vorn  und  hinten  trans- 
versale Längsbündel  ab,  die  zum  Bauchsaugnapf  ziehen.  Sie  um- 
geben ihn  schalenförmig  und  haben  Poirier  veranlaßt,  bei  Distomum 
davatum  einen  besonderen  Schalenmuskel  zu  beobachten.  Auch  auf- 
fallend starke  Längsbündel  des  ventralen  Muskelschlauches  setzen' 
sich  von  vorn  und  hinten  her  an  den  Saugnapf  an.  Die  Anheftungs- 
stelle  dieser  Längszüge  findet  sich  nicht  am  Außenrande  des  Napfes, 
sondern  etwas  ins  Innere  verlegt,  so  daß  ein  lippenförmiges  Stück 
desselben  frei  bleibt  (Taf  10  Fig.  10).  Weiterhin  sieht  man,  ebenfalls 
vom  dorsalen  Hautmuskelschlauch  sich  abspaltend,  transversale  Muskel- 
bündel zu  der  Muskulatur  hinziehen,  welche  den  Endabschnitt  des 
männlichen  und  weiblichen  Genitalweges  umgibt.  Der  Mundsaug- 
napf wird  in  ähnlicher  Weise  wie  der  Bauchsaugnapf  von  starken 
Muskelbündeln  schalenartig  umgeben,  die  ihren  Ursprung  von  dem 
äußerst  kräftig  entwickelten  dorsalen  Muskelschlauch  nehmen.  Der 
ventrale  Hautmuskelschlauch  sendet  ebenfalls  Ansatzbündel  zum 
Mundsaugnapfe.  Durch  diese  reiche,  mannigfaltige  Muskulatur  ist 
der  Vorderkörper  vor  dem  Hinterkörper  ausgezeichnet,  wenngleich 
letzterer  bei  diesen  Riesendistomen  zur  Fortbewegung  und  zur  Ent- 
leerung der  mächtigen  Darmsäcke  einer  starken  Muskulatur  auch, 
nicht  entbehren  kann. 

Nervensystem. 

Bei  Durchsicht  der  vorhandenen  Literatur  findet  man  auffallende 
Abweichungen  in  der  Beschreibung  des  Nervensystems  der  so  nahe 
verwandten  Arten  der  Distomum  davatum-Grui^pe,  während  doch 
sonst  die  digenetischen  Trematoden  eine  bemerkenswerte  Überein- 
stimmung im  Bau  des  Nervensystems  aufweisen.  Offenbar  sind  diese 
Unterschiede  nur  auf  die  verschiedenen  Methoden  der  Konservierung 
und  den  Erhaltungszustand  der  Individuen  zurückzuführen.  Eine 
eingehende  anatomische  und  histologische  Darstellung  vom  Bau  des 


Anatomie  von  Otodistomum  veliporum  (Creplin)  usw.  237 

Nervensystems,  wie  sie  bei  Poiriek  und  Moniez  zu  finden  ist, 
vermag-  ich  nicht  zu  geben,  da  mein  Material  dazu  nicht  ausreichend 
war.  Ich  kann  daher  nur  die  Hauptteile  des  Nervenapparats  an- 
geben. Oberhalb  und  seitlich  vom  Pharynx  befinden  sich  zwei  große 
Ganglienknoten,  die  durch  eine  kurze  Quercommissur  verbunden 
sind.  Nach  vorn  erstrecken  sich  von  den  Ganglien  zwei  Paar  Nerven- 
stränge, von  denen  das  innere  sich  in  der  Muskulatur  des  Saug- 
napfes ausbreitet.  Das  äußere  Paar  umzieht  den  Mundsaugnapf 
ringförmig  und  sendet  Seitenzweige  ab  in  die  Muskulatur  desselben. 
Ob  diese  äußeren  Nerven  sich  oberhalb  des  Saugorgans  zu  einem 
Ringe  schließen,  konnte  nicht  festgestellt  werden.  Von  den  Cerebral- 
ganglien  entspringen  ferner  zwei  Paar  hintere  Nervenstränge,  von 
denen  die  dorsalen,  schwächeren  seitlich  dicht  unter  dem  Haut- 
muskelschlauch verlaufen  und  ihn  innervieren  (Taf.  10  Fig.  11),  Sie  sind 
auch  bei  dieser  Art  ebenso  wie  bei  Bistomum  clavatum  nur  bis  in 
die  Höhe  der  Genitaldrüsen  zu  verfolgen.  Von  der  Schlundcomraissur 
zweigen  sich  zwei  dünnere  Seitennerven  ab  und  versorgen  die 
Pharj^nxmuskulatur;  fraglich  ist  es,  ob  sie  sich  zu  einem  Schlund- 
ring, „Collier  nerveux",  vereinigen,  wie  Moniez  es  darstellt.  Seitlich 
ventral  entspringen  von  den  Cerebralganglien  dann  die  Hauptlängs- 
stämme, die  den  ventralen  Muskelschlauch  innervieren.  Sie  sind 
auffallend  stark  entwickelt,  was  ja  auch  im  Einklang  mit  der  äußerst 
kräftigen  Muskulatur  steht.  Durchschnittlich  beträgt  die  Dicke 
dieser  Längsstämme  200  ^.  Sie  erweitern  sich  ober-  und  unterhalb 
des  Bauchsaugnapfes  zu  je  zwei  großen  Ganglienknoten,  welche  den 
Hirnganglien  an  Größe  fast  gleichkommen  und  durch  Quercommissuren 
miteinander  verbunden  sind.  Von  den  Ganglienknoten  zweigen  sich, 
ähnlich  wie  an  den  Cerebralganglien,  Nebenstränge  ab,  die  den 
Bauchsaugnapf  ringförmig  umgeben  und  mit  Seitenzweigen  sowohl 
ihn  als  auch  den  Hautmuskelschlauch  innervieren.  Die  beiden 
Längsstämme  ziehen  dann  hinter  dem  Bauchsaugnapf  in  geringerer 
Dicke  dem  aboralen  Pole  zu.  Die  Längsstämme  sind  durch  Quer- 
commissuren verbunden.  Alle  Nervenstämme  setzen  sich  aus  auf- 
fallend großen  Elementen,  röhrenförmigen  Fasern,  zusammen,  die 
durch  eine  bindegewebige  Scheide  zu  einem  Bündel  zusammen- 
geschlossen werden. 

Verdauungsorgane. 

Der  Mundsaugnapf  hat  eine  subterminale  Öffnung  und  ist  von 
kugliger  Gestalt.    Sein  Durchmesser  beträgt  3  mm  und  seine  Wand- 
le* 


'238  Georg  Mühlschlag, 

dicke  1,2  mm.  Der  Bau  seiner  Muskulatur  ist  der  gleiche  wie  bei 
Bistomum  clavatum  (Menz.).  Er  ist  mit  einer  Cuticula  ausgekleidet, 
die  eine  Besonderheit  im  Vergleich  mit  derjenigen  des  Bauchsaug- 
napfes aufweist.  Man  bemerkt  «,uf  ihr  zahlreiche,  papillenartige, 
15  iJi  hohe  Erhebungen,  die  wohl  nicht  als  Kontraktionserscheinungen 
anzusprechen  sind.  Bei  Hirudinella  clavata  und  Distomum  ampullaceum 
sind  ähnliche  Bildungen  beobachtet  worden,  und  Daee  meint,  daß 
sie  entweder  dazu  dienen  können,  die  angesaugte  Haut  zu  reizen 
und  zu  verletzen  oder  daß  sie  als  Tastorgane  funktionieren  können. 
MoNiEz  hat  solche  Bildungen  „tres  grosses  villosites  en  forme  de 
chou-fleur  recouvertes  par  la  cuticule" ,  deren  Bedeutung  er  sich 
nicht  erklären  konnte,  auch  im  Pharynx  von  D.  ingem  gesehen.  Der 
Pharynx,  der  eine  Länge  von  1,95  mm  und  eine  Wanddicke  von 
0,66  mm  hat,  ist  ebenfalls  mit  einer  Cuticula  versehen  und  ragt  mit 
lippenartigen  Vorsprüngen  in  den  Saugnapf  hinein.  Während  seine 
Hauptmasse  aus  Radiärfasern  besteht,  bemerkt  man  an  seinen  Enden, 
wo  er  einerseits  in  den  Mundsaugnapf  und  andrerseits  in  den 
Ösophagus  mündet,  auch  Ringmuskeln,  die  wohl  eine  sphincterartige 
Wirkung  ausüben  können.  Durch  den  Pharynx  gelangt  man  in  den 
Ösophagus;  er  ist  im  Anfang  schmal  und  kuglig,  erweitert  sich 
dann  aber  beiderseits  zu  kropfartigen  Aussackungen.  Seine  anfangs 
glatte  cuticulare  Auskleidung,  die  hier  nur  15  fi  dick  ist,  verstärkt 
sich  in  den  kropfartigen  Erweiterungen  infolge  Faltenbildung  bis 
zu  30  fji  und  ist  an  der  Übergangsstelle  des  Ösophagus  in  die  nun 
folgenden  kugligen  Aaftreibungen  des  Darmes  noch  bedeutend  dicker. 
V.  Buttel-Reepen  hat  diese  Auftreibungen  bei  Distomum  am- 
pullaceum als  „Drüsenmagen"  bezeichnet,  da  sie  seiner  Vermutung  nach 
die  bei  anderen  Trematoden  am  Pharynx  und  Ösophagus  vorkommenden 
Drüsenzellen  ersetzen.  Sie  werden  ausgekleidet  von  auffallend  großen 
Cylinderepithelzellen,  die  eine  Höhe  von  ca.  65  /.i  haben  und  mit  sehr 
langen  Fortsätzen  versehen  sind  (vgl.  auch  S.  224);  ihre  Länge  beträgt  bei 
vorliegendem  Exemplar  ca.  396  fi.  Der  Ösophagus  mit  seinen  kropf- 
artigen Erweiterungen  und  die  Drüsenmagen  sind  von  einer  starken 
Muskulatur  umgeben.  Man  bemerkt  am  Ösophagus  innere  Ring- 
und  äußere  Längsmuskeln,  zu  denen  an  den  Drüsenmagen  noch  eine 
dritte  Schicht  von  äußeren  Ringmuskeln  tritt.  Leicht  ist  auch  an 
der  Stelle  des  Übergangs  vom  Ösophagus  in  die  Drüsenmagen  unter 
der  Verdickung  der  Cuticula  eine  sphincterartige  Muskelverstärkung 
zu  beobachten.  Ein  deutlicher  Wechsel  des  Epithels  tritt  ein  beim 
Übergang  der  Drüsenmagen  in  die  Darmschenkel.    Die  Epithelzellen 


Anatomie  von  Otodistomnm  veliporum  (Creplin)  usw.  239 

mit  kleinem  Kern  am  Grunde  sind  viel  kleiner  und  oft  ganz  in  feine 
Fäden  zerspalten.  Eine  deutliche  Grenze  zwischen  den  Zellen  ist 
nicht  zu  erkennen.  Daher  trifft  wohl  auch  hier  die  von  Sommer  an 
Bistomum  hepaticum  gemachte  Beobachtung  zu,  daß  man  es  im  Darm 
mit  einem  Epithel  aus  amöboidbeweglichen  Zellen  zu  tun  hat.  Un- 
gefähr in  der  Mitte  des  Körpers  erweitern  sich  die  Darmschenkel 
zu  den  gewaltigen  Darmsäcken,  die  einen  Durchmesser  bis  zu  15  mm 
haben  und  fast  den  ganzen  Raum  des  Hinterkörpers  einnehmen. 
Sie  sind  ebenso  wie  der  übrige  Darm  von  einem  schwärzlichen,  fein- 
körnigen Inhalt,  der  bei  Bistomum  ampullaceum  nach  chemischer 
Untersuchung  als  Blut  bestimmt  wurde,  ganz  prall  erfüllt.  In  das 
Lumen  des  Darmes  ragen  auffallend  hohe  Falten  hinein,  die  bis- 
weilen eine  Höhe  von  1,2  mm  haben  und  bei  starker  Kontraktion 
des  Tieres  fast  den  ganzen  Holilraum  durchsetzen.  Sie  haben  Mokiez 
die  Veranlassung  gegeben,  besondere  „trabecules"  und  „alveoles"  zu 
beobachten,  welche  die  Oberfläche  des  Darmes  vergrößern  sollen.  Eine 
kräftige  Eing-  und  eine  schwächere  Längsmuskulatur  umgibt  die 
Wandung  des  Darmes. 

Excretionsgefäße. 

Die  Excretionsblase  liegt  im  Hinterkörper  zwischen  den  beiden 
Darmsäcken  und  reicht  nach  vorn  etwa  bis  zur  halben  Länge  des 
Tieres.  Sie  ist  je  nach  ihrem  Füllungszustande  mehr  oder  weniger 
geräumig,  auch  hängt  natürlich  ihre  Form  von  dem  Füllungsgrade 
der  Darmsäcke  ab.  Moniez  beschreibt  sie  als  ein  etwa  sanduhr- 
förmiges  Gebilde.  Sie  ist  von  einer  dünnen  Tunica  propria  aus- 
gekleidet und  von  Ring-  und  Längsmuskeln  umgeben.  Durch  einen 
kurzen  Kanal,  in  den  sich  die  Körpercuticula  mit  runzliger  Faltung 
fortsetzt,  mündet  die  Vesicula  excretoria  aus.  Das  Foramen  caudale 
kann  durch  eine  starke  Ringmuskulatur,  die  den  kurzen  Endkanal 
umgibt,  geschlossen  werden.  A.\\  ihrem  proximalen  Ende  entspringen 
die  beiden  breiten  Hauptsammeikanäle,  die  mit  äußerst  schwankendem 
Lumen  immer  unter  den  Darmschenkeln  nach  vorn  zielien.  Im 
Vorderkörper  ist  ihre  Lage  nicht  mehr  so  bestimmt,  sie  haben  hier 
einen  äußerst  komplizierten  Verlauf  und  nehmen  mit  ihren  zahl- 
reichen Windungen  den  größten  Raum  im  Halse  ein.  Fig.  9  zeigt 
auf  einem  Längsschnitt  das  Überwiegen  der  Excretionsgefäße  im 
Vorderkörper.  Die  Hauptkanäle  sind  mit  einer  homogenen  Membran 
versehen,  und  auf  dieser  liegt  bisweilen  eine  dünne  Secretschicht, 
die  manchmal  durch  ihr  gespaltenes  Aussehen  Flimmern  vortäuscht» 


240  Geokg  Mühlschläg, 

Eine  Muskulatur  fehlt  diesen  großen  Kanälen,  und  die  strukturlose 
Membran  scheint  daher  kontraktile  Eigenschaften  zu  besitzen. 
Außer  den  Hauptgefäßen  linden  sich  auch  zahlreiche  Nebenkanäle, 
von  denen  jedoch  ein  zusammenhängendes  Bild  nicht  zu  erhalten  ist. 
Sie  weisen  eine  dickere,  homogene  Membran  auf  und  sind  an- 
scheinend von  dünnen  Längsfasern  umgeben. 

G  e  n  i  t  a  1  a  p  p  a  r  a  t. 

Die  beiden  Hoden  liegen  in  gleicher  Höhe  zu  beiden  Seiten  des 
Bauchsaugnapfes,  indem  der  eine  links  seitlich,  der  andere  rechts 
seitlich  dem  Hinterende  des  Saugorgans  angelagert  ist.  Sie  haben 
eine  fast  kugiige  Gestalt  und  sind  mit  den  Entwicklungsstadien  der 
Spermatozoen  ganz  erfüllt.  Umgeben  sind  sie  von  einer  dünnen 
Tunica  propria,  der  eine  Schicht  von  Äquatorial-  und  Meridional- 
fasern  aufgelagert  ist.  Von  den  Hoden  gehen  die  beiden  Vasa 
etferentia  ab,  die  nach  ziemlich  geradem  Lauf  sich  kurz  vor  Beginn 
des  Halses  zur  Vesicula  seminalis  vereinigen.  Die  Abgangsstellen 
der  Vasa  eiferentia  liegen  auf  der  dem  Bauchsaugnapfe  abgewendeten 
Seite  nahe  dem  ventralen  Hautmuskelschlauch.  Man  findet  hier 
scheinbar  eine  Art  Flimmerrinne,  die  von  der  inneren  Hodenwand 
in  das  Vas  efferens  führt.  Dieses  ist  von  einer  feinen,  gefalteten 
Membran  ausgekleidet  und  von  dünnen  Läugsmuskeln  umgeben. 
Die  Vesicula  seminalis  bildet  einen  einfach  gewundenen  Schlauch, 
der  von  Spermatozoen  in  unentwirrbarer  Masse  erfüllt  ist.  Sie  ist 
von  einer  starken  Ringmuskelschicht  umgeben,  und  unter  dieser  liegt 
eine  homogene  Membran.  Durch  einen  kurzen  engeren  Kanal  mündet 
die  Vesicula  seminalis  in  den  Teil  des  männlichen  Geschleclits- 
apparats,  der  als  Pars  prostatica  bezeichnet  wird.  Während  die 
Vesicula  seminalis  kurz  vor  der  Einmündung  noch  324  ^  im  Durch- 
messer beträgt,  ist  das  Lumen  des  Kanales  auf  108  fi  verengert. 
Eine  verhältnismäßig  starke  Ring-  und  Längsmuskulatur  umgibt 
ihn  und  gewährt  dieser  Stelle  große  Ausdelinungs-  und  Verengerungs- 
möglichkeit. Seine  Muskulatur  setzt  sich  auf  die  Pars  prostatica 
fort.  Sie  hat  auf  ihrer  Innenfläche  fadenförmige  Fortsätze,  deren 
Länge  ca.  112  i-i  beträgt  und  die  fast  das  ganze  Lumen  des  Kanales 
ausfüllen.  Ein  zusammenhängendes  Epithel  war  nicht  festzustellen. 
Dann  folgt  eine  Ringmuskelschicht,  aus  starken  einzelnen  Hohl- 
muskeln bestehend,  und  über  dieser  in  einer  Breite  von  durch- 
schnittlich 22,5  /x  eine  Längsmuskelschicht.  Zu  äußerst  umgeben 
die  ganze  Pars  prostatica  in  einer  Breite  von  ca.  55,5  [i  Drüsen- 


Anatomie  von  Otodistomiira  veliporum  (Creplin)  usw. 


241 


■zeileil,  deren  Ausfühiuiigsgänge  sich  durcli  die  darunter  liegenden 
Muskelscliicliten  hindurclizielien.  In  mehreren  S-förmigen  Schleifen 
zieht  die  Pars  prostatica  in  der  Nähe  der  Dorsalseite  des  Halses 
nacli  vorn  und  verengert  sich  bei  ihrem  Eintritt  in  das  Muskel- 
Gewirr,  welches  den  Endabschnitt   des  männlichen   und  weiblichen 


Fig.  0. 

Rekonstruktion  des  Endabschnitts  der  Geuitalwege  von  Distomum  mgens  Moniez. 

13 : 1. 


'Genitalweges  umgibt,  zum  Ductus  ejaculatorius.  Während  anfangs 
sein  Lumen  nur  72  ju  beträgt,  vergrößert  es  sich  bald  zu  einer 
taschenartigen  Erweiterung  (492  //),  die  bei  Distomum  ampullaceum 
Büttel-Reepen,  wo  eine  ganz  ähnliche  Ausbildung  besteht,  als 
•jjProtrusionstasche"  (Ausstülpungstasche)  bezeichnet  ist  und  in  welche 


242  Georg  Mühlschlag, 

der  Endteil  des  schmalen  Abschnitts  des  Ductus  ejaculatorius  als  „Penis"' 
hineinragt  (Fig.  0  u.  Taf.  10  Fig.  12).  Die  Protrusionstasche  verengert 
sich  in  ihrem  weiteren  Verlauf  zu  einem  stark  ausgebuchteten  Kanals 
dem  „Protrusionskanal",  und  mündet  durch  ihn  in  das  Genitalatrium. 
Der  Ductus  ejaculatorius  besitzt  eine  cuticulare  Auskleidung.  Ihre 
Dicke  beträgt  im  schmalen  Teile  desselben  und  in  der  Protrusions- 
tasche 28,8/^;  im  Protrusionskanal  und  im  Genitalatrium  verringert 
sie  sich  auf  durchschnittlich  15  ju.  Die  Muskulatur  der  Pars  prosta- 
tica  setzt  sich  auch  auf  den  Ductus  ejaculatorius  fort,  der  in  seinem 
ganzen  Verlauf,  ebenso  wie  der  Endabschnitt  des  weiblichen  Ge- 
schlechtsapparats, in  einer  starken,  mannigfaltigen  Muskulatur  ge- 
legen ist.  Die  Ringmuskulatur  ist  jedoch  gegenüber  den  Längs- 
muskeln stärker  entwickelt,  und  besonders  an  der  Einmündungssteile 
der  Pars  prostatica  erfährt  sie  eine  sphincterartige  Verdickung. 
Äußere  Längsmuskelzüge  zweigen  sich  sowohl  von  der  Muskulatur 
der  Pars  prostatica  als  auch  vom  Uterus  ab  und  umgeben  das- 
Muskelgewirr,  das  den  Endabschnitt  des  männlichen  und  weiblichen 
Geschlechtsapparats  einschließt  (Taf.  10  Fig.  9  u.  12).  Vor  allem  fallen 
hier  starke  Ringmuskelbündel  (nwj)  durch  ihre  Anordnung  auf.  Diese 
Schicht  hat  eine  Dicke  von  60  /f  und  umfaßt  in  zwei  S-förmigen 
Haken  die  Ausmündung  des  männlichen  und  weiblichen  Geschlechts- 
apparats. Sie  bieten  augenscheinlich  die  Möglichkeit,  die  Geschlechts- 
mündungen innerhalb  des  Genitalatriums  vollkommen  zu  schließen,, 
während  die  unter  ihnen  gelegenen  Längsmuskeln  (7m J  wohl  eine 
Ausstülpung  des  als  „Penis"  bezeichneten  Endabschnittes  des  Ductus 
ejaculatorius  durch  die  Protrusionstasche  bewirken  können.  Das- 
Genitalatrium  ist  als  eine  Einstülpung  der  ventralen  Körperoberfläche 
aufzufassen,  da  unter  seiner  cuticularen  Membran  sich  die  Muskulatur 
des  Hautmuskelschlauches,  wenn  auch  in  geringerer  Zahl  und 
schwächerer  Ausbildung,  in  das  Körperinnere  fortsetzt.  Der  Genital- 
porus,  durch  den  das  Atrium  ausmündet,  ist  fast  genau  in  der  Mitte^ 
zwischen  Mund-  und  Bauchsaugnapf  auf  der  Ventralseite  gelegen. 
Er  ist  von  starken  Riiigmuskeln  umgeben,  die  sich  vom  Haut- 
muskelschlauch  abzweigen,  und  kann  durch  sie  ganz  geschlossen 
werden.  Ringmuskeln  bemerkt  man  auch  weiter  im  Körperinnern 
um  das  Genitalatrium ;  ferner  spalten  sich  auch  vom  ventralen  Haut- 
muskelschlauch Längsmuskeln  {Im.,)  ab  und  vereinigen  sich  mit 
Längsmuskelbündeln,  die  das  Muskelgewirr  um  die  Ausmündung  der 
Genitalwege  einschließen  (Taf.  10  Fig.  12).  In  dem  Genitalatrium,  das- 
eine  ziemlich  tiefe  Einsenkung  darstellt,  bemerkt  man  eine  hohe  Ring- 


Anatomie  von  Otodistoraum  veliporum  (Creplin)  usw. 


243 


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Ph      ^ 
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P3 


244  Georg  Mühlschlag. 

falte  {rf\  die  vor  der  Ausmüudung  der  beiden  Genitalwege  sich 
von  der  Wand  des  G^nitalatriunis  erhebt.  Obwohl  im  allgemeinen 
große  Ähnlichkeiten  in  dem  Bau  der  Endabschnitte  der  Geschlechts- 
organe von  Disfomum  ingeus  Moxizz  und  Distomum  fitsciitn  Polrieb 
bestehen,  sind  doch  auch  Unterschiede  leicht  erkennbar.  Ein  ge- 
schlossener Cirrusbeutel  fehlt  auch  bei  Distomum  imjens.  wohl  aber 
ist  auch  eine  besondere  Muskulatur  vorhanden,  die  allmählich  in 
die  übrige  Körpermuskulatur  übergeht.  Sie  umschließt  aber  bei 
Distomum  ingens  Moxiez  nicht  nur  wie  bei  Distomum  fuscum  Poirieb 
den  Endteil  des  männlichen,  sondern  auch  den  des  weiblichen  Geuital- 
weges. 

Der  weibliche  Geschlechtsapparat  setzt  sich  aus  dem  Ovarium, 
dem  MzHLis'schen  Körper,  dem  Uterus,  den  Dotterstöcken  und  dem 
LAUEEB'schen  Kanal  zusammen.  Das  Ovarium  ist  von  ovaler  Form 
und  hat  eine  Länge  von  2.55  mm  und  eine  Breite  von  1.91  mm. 
Es  liegt  unmittelbar  hinter  den  Hoden  in  der  Medianlinie  mit  seinem 
vorderen  Teile  noch  zwischen  ihnen.  Es  ist  von  Entwicklungs- 
stadien der  Eier  dicht  erfüllt,  indem  die  Anfangsstadien  der  sehr 
dünnen  Tunica  propria  anlagern,  während  in  der  Mitte  tmd  an  der 
Ausmündungsstelle  große,  reife  Eizellen  zu  beobachten  sind.  Die 
im  Oviduct  befindlichen  Eizellen  haben  einen  Durchmesser  von  10.5  .u. 
ihr  Kern  mißt  etwa  4.5  //  im  Durchmesser.  Durch  den  Oviduct 
mündet  der  Keimstock  in  den  MzHLis'schen  Körper,  dieser  liegt 
dicht  hinter  ihm  mehr  ventralwärts.  Der  Oviduct  ist  trichterförmig 
zugespitzt  und  mit  einer  Eingmuskulatur  ausgestattet,  die  wohl  eine 
Vorwärtsbewegung  der  Eier  bewirken  kann.  Kurz  nach  seiner  Ein- 
mündung in  den  MEHLis'schen  Körper  empfangt  er  den  LAUBZB'schen 
Kanal  tmd  tinmittelbar  darauf  den  unpaaren  Dottergang  lEig.  P). 
Ton  hier  ab  wird  nun  der  weibliche  Genitalgang  als  Uterus  be- 
zeichnet. Er  verläutt  zunächst  als  ein  schmaler  Kanal  weiter  in 
den  MzHus'schen  Körper  hinein,  und  erst  allmählich  erweitert  er 
sich.  Während  er  an  seinem  Anfang  nur  einen  Durchmesser  von 
ca.  30  u  hat,  beträgt  sein  Lumen  in  der  Mitte  des  MzHxis'schen 
Körpers,  nachdem  er  hier  die  S-förmige  Schleife  schließt,  schon  97.5  /*. 
An  dieser  Stelle  war  auch  eine  größere  Menge  von  Spermatozoen 
zu  beobachten,  obwohl  sie  auch  vereinzelt  in  dem  vorherliegenden 
Abschnitt  des  Uterus  anzutreffen  waren.  Anfangs  münden  in  ihn 
sehr  große  Drüsenzellen  72  u  lang  und  21.6  u  breit)  mit  langen 
Ausführtmgsgängen.  Späterhin  umgibt  ihn  eine  dünne  Ringmuskulatur, 
und  über  ihr  liegen  kleine,  ktu'zstielige  Drüsenzellen  (^8  u  lang  und 


Anatomie  von  Otodistommn  veliponun  fCBEPLUf)  usw.  245 

6  u  breit),  die  den  Uterus  von  hier  an  auch  außerhalb  des  Mehlis- 
schen  Körpers  in  seinem  ganzen  Laufe  begleiten.  Bei  seinem  Ans- 
tritt aus  dem  MzHLis'schen  Köif-er  weist  er  einen  Durchmesser  vöu 
112,5  /i  auf  und  ist  mit  Eiern  dicht  erfüllt,  die  weiterhin  ganz  in 
Spermamassen  eingebettet  liegen.  Er  zieht  zunächst  in  unentwirr- 
baren Schlingen,  immer  zwischen  den  Darmschenkeln  gelegen  und 
hier  den  ganzen  Eaum  des  Körpers  einnehmend,  nach  hinten  unge- 
fähr bis  zum  Beginn  der  Excretionsblase.  Dann  wendet  er  sich 
nach  Torn  und  verläuft  in  einfacheren  Windungen  über  dem  Ovarium 
in  den  Hals,  wo  er,  unter  der  Pars  prostatica  hinziehend,  im  Genital- 
atrium ausmündet.  Das  Lumen  des  Uterus,  der  oft  von  Eiern  ganz 
prall  erfüllt  ist,  wechselt  auBerordentlich :  es  beträgt  0,576  mm  und 
mehr.  Die  Eier  haben  eine  Länge  von  34.5 — 37.5  fi  und  eine  Breite 
von  22,5  fi.  Mo>Tzz  gibt  als  Größe  der  Eier  eine  Länge  von  38  fi 
und  eine  Breite  von  23  fi  an.  Ein  besonderes  Eierreservoir  am 
Endabschnitt  des  Uterus  ist  nicht  zu  beobachten :  auch  im  Hals  des 
Tieres  sind  die  Uterusschlingen  sehr  weit  und  von  wechselndem 
Durchmesser.  Was  nun  die  histologischen  Verhältnisse  der  Uterus- 
wandung betrifft,  so  sind  innere  ßingmuskeln  stets  zu  erkennen,  im 
Torderkörper,  von  der  Höhe  des  Bauchsaugnapfes  an.  findet  man 
über  ihnen  noch  dünne  Längsfasem.  die  sich  am  Endteile  des  Uterus, 
der  Vagina,  verstärken.  Auch  sind  die  Endwindungen  des  Uterus 
mit  einer  größeren  Anzahl  von  Drüsenzellen  umgeben,  und  im  Innern 
sieht  man  eine  Secretschicht.  die  wie  eine  Cuticula  der  Tunica 
propria  anliegt  ( Taf  10  Fig.  12 1.  Den  Verlauf  des  LAUEZE'schen  Kanals 
veranschaulicht  die  Fig.  P.  Dui-ch  einen  engen  Portis  mündet  er 
in  der  Höhe  des  Ovariums  auf  der  Dorsalfläche  ungefähr  in  der 
Medianlinie  aus.  Er  ist  von  einer  starken  cuticularen  Membran 
ausgekleidet,  die  in  der  Körpermitte  12  u  and  kurz  vor  der  Ein- 
mündung in  den  MEHLis'schen  Körper  15  //  dick  ist.  Auch  sein 
Lumen  ist  verschieden.  Während  es  in  der  Mitte  des  Körpers  21  ,u 
beträgt,  erweitert  es  sich  kurz  vor  dem  MEHLis'schen  Körper  bis 
zu  64,5  fi.  Über  der  cuticularen  Membran  erblickt  man  eine  kräftige 
Eingmuskulatur  und  vereinzelte  Drüsenzellen,  die  erst  im  Mehlis- 
schen  Körper  ihn  in  größerer  Menge  umgeben.  Ein  Eeceptaculum 
seminis  ist  nicht  vorhanden;  nur  durch  eine  geringe  Anschwellung 
(64,5  fi)  des  Lumens  kurz  vor  Einmündung  in  den  MzHus'schen 
Körper  ist  es  bei  vorliegender  Art  angedeutet.  Als  Inhalt  des 
LAUBEß'schen  Kanals  konnte  ich  Eier  und  Spermatozoen  feststellen, 
Dotterzellen  waren  nicht  zu  beobachten.   Die  Dotterstöcke  sind  sehr 


246  Georg  Mühlschlag, 

zahlreiche,  verästelte  Schläuche,  die  einen  Durchmesser  von  94  [z 
haben.  Sie  liegen  an  der  äußeren  Seite  der  Darmschenke]  und  er- 
strecken sich  nach  vorn  bis  in  die  Höhe  der  Hoden,  nach  hinten 
bis  zum  Beginn  der  Excretionsblase.  Durch  2  Gänge,  die  sich  zum 
unpaaren  Dottergang  vereinigen,  münden  sie  im  MEHLis'schen  Körper 
in  den  Oviduct  (Fig.  P).  An  der  Stelle,  an  der  diese  Gänge  zum 
unpaaren  Dottergang  zusammentreten,  findet  man  eine  kleine  Er- 
weiterung, ein  sogenanntes  Dotterreservoir.  Der  un paare  Dotter- 
gang ist  von  einer  sehr  dünnen  Ringmuskulatur  umgeben.  Längs- 
muskeln sind  nicht  zu  bemerken;  die  paarigen  Dottergänge  und 
die  Dotterschläuche  weisen  eine  Muskulatur  nicht  auf. 

Betrachtet  man  die  Abbildungen  von  Bistomum  ingens  Moniez 
und  Bistomum  afnpullaceum  Buttel-Reepen,  so  könnte  man  leicht 
auf  die  Vermutung  kommen,  daß  die  beiden  Arten  miteinander 
identisch  seien.  Jedoch  finden  sich,  wie  sich  aus  vorliegender  Unter- 
suchung von  Bistomum  ingens  Moniez  ergeben  hat,  anatomische  und 
histologische  Unterschiede,  die  eine  Berechtigung  der  beiden  Arten 
erkennen  lassen.  Die  Cuticula  von  Bistomum  ingens  enthält  nicht 
„lichtbrechende,  außerordentlich  feine  Granula",  wie  sie  bei  B.  am- 
puUaceum  beobachtet  wurden.  Auf  der  cuticularen  Membran,  welche 
die  Excretionsgefäße  auskleidet,  sind  „in  das  Lumen  vorspringende 
Kerne"  nicht  zu  bemerken.  Ein  besonderer  Kanal,  durch  den  die 
Vesicula  excretoria  ausmündet,  wurde  bei  Bistomum  mnpullaceum 
nicht  festgestellt.  Die  Lage  der  Hoden  ist  bei  beiden  Arten  sehr 
ähnlich,  jedoch  scheinen  sie  bei  Bistomum  ampullaceum  ein  wenig 
weiter  nach  vorn  gerückt  zu  sein,  und  auch  „der  rechte  liegt  stets 
etwas  höher  als  der  linke".  Das  Vas  efferens  hat  bei  B.  ingens 
eine  besondere  Muskulatur,  während  bei  B.  ampullaceum  Muskeln 
nicht  zu  sehen  waren.  Auf  der  homogenen  Membran  der  Vesicula 
seminalis  sind  bei  B.  ingens  „in  das  Lumen  vorspringende,  große 
Kerne  und  Flimmern"  nicht  zu  bemerken.  Auch  erstreckt  sich  die 
Vesicula  seminalis  nicht  so  weit  nach  vorn,  um  dann  in  scharfer 
Knickung  nach  hinten  zu  ziehen.  Ferner  ist  der  Verlauf  der  Pars 
prostatica  nicht  so  vielfach  verschlungen  wie  bei  B.  ampullaceum. 
Auch  eine  starke  Kontraktion  könnte  diese  Windungen  nicht  hervor- 
rufen, da  der  Kanal  oifenbar  nicht  so  lang  ist  wie  bei  B.  ampulla- 
ceum. Auch  die  Lage  der  Muskulatur,  welche  die  Endabschnitte 
der  Genitalwege  umgibt,  ist  bei  B.  ingens  eine  andere  als  bei 
B.  ampullaceum.  Während  sie  hier  mehr  ventral  ganz  nahe  dem 
Bauchsaugnapf  liegt,  ist  sie  bei  B.  ingens  weiter  nach  vorn  gerückt 


Anatomie  von  Otodistomum  veliporum  (Creplin)  usw.  247 

und  in  der  Medianebene  gelegen  (Fig.  0).  Das  Genitalatrium  hat 
dadurch  nicht  die  schräge  nach  rückwärts  gerichtete  Lage  wie  bei 
D.  ampullaceum.  Bei  dieser  Art  bildet  der  Uterus,  unmittelbar  nach- 
dem er  den  unpaaren  Dottergang  und  den  LAUEEK'schen  Kanal 
empfangen  hat,  eine  beträchtliche  Erweiterung,  ein  typisches  „ße- 
ceptaculum  uterinum".  P^ine  solche  Ausbuchtung  ist  bei  D.  ingens 
nicht  zu  beobachten.  Auch  die  Größe  der  Eier  weist  einen  Unter- 
schied auf.  Bei  D.  ampullaceum  beträgt  die  Länge  39,5  ju  und  die 
Breite  23,3  fi,  bei  D.  ingens  die  Länge  bis  zu  37,5  ju  und  die  Breite 
22,5  fi.  Von  Distomum  fuscum  Poirier  unterscheidet  es  sich  schon 
äußerlich  leicht  durch  seine  Form,  da  der  Bauchsaugnapf  keine 
kragenförmige  Umrandung  zeigt.  Auch  die  Lage  der  Hoden  ist 
eine  andere  und  ebenso  die  Ausbildung  des  Genitalatriums. 

Aus  meiner  Untersuchung  geht  nun  hervor,  daß  Bistomum  ingens 
MoNiEz  eine  gut  charakterisierbare  Art  und  am  nächsten  verwandt 
mit  Bistomum  ampullaceum  Büttel-Reepen  ist,  worauf  schon  seine 
äußere  Ähnlichkeit  hinweist.  Seine  systematische  Stellung  ist  durch 
die  Zugehörigkeit  zur  Gattung  Hirudinella  bestimmt,  deren  Merk- 
male von  Darr  zusammengefaßt  sind.  Diese  wiederum  gehört  der 
Bistomum  cZaua^wm-Gruppe  an,  die  nach  Odhner  als  Unterfamilie 
zur  Familie  der  Hemiuridae  Luhe  zu  rechnen  ist. 

Zum  Schlüsse  möchte  ich  nicht  versäumen,  auch  an  dieser  Stelle 
meinen  hochverehrten  Lehrern  Herrn  Geheimrat  Prof.  Dr.  M.  Braun 
und  Herrn  Prof.  Dr.  M.  Luhe  meinen  ergebensten  Dank  auszu- 
sprechen für  das  Interesse,  das  sie  an  meiner  Arbeit  nahmen,  und 
für  den  mannigfachen  Rat,  den  sie  mir  aus  dem  reichen  Schatz  ihrer 
Erfahrung  zu  teil  werden  ließen. 


248  Georg  Mühlschlag, 


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Anatamie  von  Otodistomum  veliporum  (Ckeplin)  usw. 


251 


Erklärung  der  Abbildungen. 


■aoc  Aussackung  des  Ösophagus 

hsn  Bauchsaugnapf 

cb   Cirrusbeutel 

cu  Cuticula 

da  Darm 

das  Darmsäcke 

de  Ductus  ejaculatorius 

dhn  Diagonalmuskeln 

drm   Drüsen magen 

düt  Dotterstöcke 

dvm  Dorsoventrale  Muskeln 

ef  Excretionsgefäße 

exh  Excretionsblase 

exp  Excretionsporus 

ga  Genitalatrium 

gln   Granglion 

gm  Muskulatur  um  die  Ausmündung 

des  männlichen    und    weiblichen 

Genitalapparats 
gp  Genitalporus 
Ik  LAUEEE'scher  Kanal 
Im  Längsmuskeln 


msn  Mundsaugnapf 

my  Myoblast 

n  Nerv 

oe  Ösophagus 

ov  Ovarium 

0%  chromatophile  Zellen 

pdg  paariger  Dottergang 

pe  Penis 

j)h  Pharynx 

pptr  Pars  prostatica 

prok  Protrusionskanal 

prot  Protrusionstasche 

rm  Ringmuskeln 

sd  Schalendrüse 

SS  Subcuticularschicht 

s%  Subcuticulare  Zellenschicht 

t^,  tn   Hoden 

trm  Transversalmuskeln 

ut  Uterus 

iidg  unpaarer  Dottergang 

va  Vagina 

vs  Vesicula  seminalis 


Tafel  9. 

Fig.  1.  Gesamtbild  von  Otodistomum,  veliforum  (Creplest).  In 
Kreosot  aufgehellt.     7:1. 

Fig.  2.  Längsschnitt  durch  den  Vorderkörper  von  Otodistomum, 
velipornm  (Ceeplin).     22  :  1. 

Fig.  3.  Querschnitt  durch  den  Cirrusbeutel  von  Otodistomum  veliporum 
(Creplin).     103  :  1. 


252        Gr-  MüHiiSCHLAG,  Anatomie  von  Otodistomum  veliporum  (Creplin)  usw. 

Fig.  4.  Gesamtbild  von  Distomum  fuscum  PoiRiER.     Vorderansicht. 

Fig.  5.  Seitenansicht,     4:1, 

Fig.  6.  Längsschnitt  durch  den  Hals  von  Distomum  fuscum  PoiRlER^ 
17:1. 

Fig,   7,  Genitalatrium  von  Distomum  fuscum  PoiRiER,     40  :  1. 

Tafel   10. 

Fig.  8.     Gesamtbild  von  Distomum  ingens  MONIEZ.     2:1. 

Fig.  9.  Längsschnitt  durch  den  Hals  von  Distomum  ingens  MoNlEZ^ 
13  :  1. 

Fig.  10.  Längsschnitt  durch  den  weiblichen  Genitalapparat  von. 
Distomum  ingens  Moniez.     20  :  1. 

Fig.  1 1 .  Längsschnitt  durch  Pharynx  und  Ösophagus  von  Distomum^ 
ingens  Moniez.     28  :  1. 

Fig.   12.     Genitalatrium  von  Distomum  ingens  MONIEZ.     46  :  1. 


ü.  Pätz'sche  Buchdr.  Lippert  &  Co.  G.  m.  b.  H.,  Naumburg  a.  d.  S.. 


Zoolog.  Jahrbücher  Bd.  37.  Abt.  f.  Ss'Tit. 


Taf.  S. 


B.  pomorum  B.  niuscorum 

V.  armeniacus.  v.  smithianus. 

Rußland,  Norwegeo,   Orkney. 
ArmenieD. 


B.  agrorum 
V.  arcticuB. 
Norwegen. 


B.  agrorum 

V.  obscuriventris. 

Nord- Europa. 


ß.  agrorum  B.  hypnorum  B.  hypnorum  B.  hypnorum 

V.  nigerriraus.  v.  hiemalis.  v.  calidus  v.  cingulatus. 

Sibirien.  Sibirien.  Sibirien.  Schweden,  Lappland. 


B.  hypnorum         B.  hypnorum  B.  siivanim  B.  hortorum         B.  hortorum 

V.  atratul'is.  v.  rossicus.  v.  unicolor.         v.  consobrinus.      v.  transigens. 

Sibirien.  Sibirien.  Sibirien.  Arkt.  Region.  Kaukasus. 


J 


Friese  u.Vagner. 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena. 


Lith.Anst.v.A. Glitsch,  Jena. 


Zooloq.  Johrhiufur  Bd.  3/Abt.f.SySl. 


Tf,f.     9. 


Mühlschlag  Jez 


Verlag  vor.  Ouslav  Fischer  in  Jena 


Zoolog.  Jahrbiicher  Bd.  37Abt.f.  Syst. 


Taf.    10. 


Mühlschia^  gei 


Verlae  von  Gustav  Fischer  ir.  Jena 


254 


A.    V.   SCHULTHESS, 


einzellebend,   Bingham)    zusammenfallen,    so    würden    diese    Unter- 
gattungen als  Gattungen  aufzufassen  sein. 

A.  Kiefer  lang,  gerade,  durch  ihre  Vereinigung  einen  Schnabel 
bildend,  ähnlich  wie  bei  Eumenes,  beim  $  mit  3  stumpfen  Zähnen 
am  Innenrande,  beim  c^  gänzlich  zahnlos.  Lippen taster  4gliedrig, 
sehr  lang,  1.  Glied  viel  länger  als  die  3  folgenden  zusammengenommen. 
Unterkiefer  lang;  Anhang  (Galea)  so  lang  wie  das  Basalstück,  in 
langer  Spitze  endigend.  Kiefertaster  6gliedrig,  das  1.  kurz,  das  2. 
3mal  so  lang  wie  das  1.;  3—6  gleichlang,  zusammen  so  lang  wie  das 
2.  Kopf  Schild  sehr  lang,  mehr  als  Vj^mal  so  laug  wie  breit,  unten 
in  langem  Dreieck  vorspringend,  dessen  Höhe,  von  einer  die  Kiefer- 
ansätze verbindenden  Linie  aus  gemessen,  viel  größer  ist  die  Basis 
auf  ebendieser  Linie. 


Fig.  A.    /.  niicans  Saüss.     $. 


Fig.  B.     I.  micans  Saüss.    o^. 


ab  c 

Fig.  C.    L  micans  Saüss. 
a  u.  b  Lippe  und  Lippentaster,  c  Unterkiefer  mit  Kiefertaster. 

Große  Tiere  18—22  mm.  Typus  subgeneris  /.  fulgipennis 
Guerin;  außerdem  gehören  dahin  /.  micans  Sauss.  und  seine  Varie- 
täten und  /.  loriai  R.  d.  Butsson,  Subgen.  Ischnogaster  Gueein. 


Vespidae  aus  Ceylon,  Malacca,  Java  und  Sumatra. 


255 


B.  Kiefer  relativ  kurz,  gebogen,  bei  ^  und  $  mit  3  scharfen 
Zähnen.  Lippentaster  4g'liedrig-,  deren  erstes  am  längsten,  doch 
weniger  lang  als  die  3  folgenden  zusammengenommen.  Unterkiefer 
lang;  Anhang  (Galea)  so  lang  wie  das  ßasalstück.  Kiefertaster 
6gliedrig,  alle  ungefähr  von  derselben  Länge,  das  letzte  das  längste. 
Kopfschild  nur  sehr  wenig  länger  als  breit,  die  vorspringende  Spitze 
unterhalb  des  Kieferansatzes  wesentlich  kürzer  als  breit. 


Fig.  D. 

P.  mellyi  Sauss.     Mundteile  (nach  v.  Saussure). 

Kleinere  Tiere,  10—17  mm.  Typus  subgeneris  I.  mellyi 
Saussuee;  dahin  gehören  außerdem  I.  butteli  n.  sp.,  I.  cilipennis  Sauss., 
/.  coriaceus  R.  d.  Buysson,  /.  foveatus  R.  d.  Buysson,  /.  nitidipennis 
Sauss.,  /.  striatulus  R.  d.  Buysson  und  /.  serrei  R.  d.  Buysson.  Subgen. 
Parischnogaster  n.  subg. 

Ob  auch  die  ö^  Genitalanhänge  Anhaltspunkte  zur  Differenzierung 
der  genannten  Untergattungen  bieten,  wage  ich  wegen  Mangel  an 
Material  nicht  zu  entscheiden.   Immerhin  ist  Folgendes  zu  bemerken: 


Fig.  E. 

I.  micans  Sauss. 
Männliche    Genital- 
anhänge. 

c  cardo. 
st  stipes. 
l  lacinia. 
s  sagitta. 
sp  spatha. 


Fig.  F.  Fig.  G. 

P.  butteli        P.  mellyi 

n.  sp.  Sauss. 


Fig.  H. 
P.  foveatus 
Buysson. 
17* 


256  Ä.    V.    SCHÜLTHESS, 

Stipes  (st)  ^)  Lacinia  (/)  ,       Spatha  (sp) 

I.  micans  schmal,  fast  so        schmal,  pfriem-         zwischen  Mittel- u.End- 

(Fig.  E)  lang  wie  1.  förmig  drittel  verbreitert 

P.   I.  foveatus  ?  relativ  sehr  breit  ? 

(Fig.  H) 

Stipes  (st)  Lacinia  (/)  Spatha  (sp) 

P.  I.  mellyi      breit,  halb  so  lang     breit  am  Ende  verdickt 

(Fig.  G)  wie  1. 

P.  I.  bulteli      bildet  den  Übergang  zum  Subg.  Ischnogaster 
(Fig.  F)  breit,  rel.  kurz       mäßig  breit,  am       in  der  Mitte  verbreitert 

Ende     pfriem- 
förmig 
Die  Squama  (s)    ist    bei    allen  Arten    ungefähr   gleich  gebildet,     c  Cardo. 

Subgen.  Ischnogaster  Guerin. 

1.  J.  micans  Saussure. 

Dalla  Torre,  Cat.  Hym.,  Vol.  9,  Vespidae,   1894,  p.   113. 

BiNGHAM,    Fauna  of  British  India,    Vol.   1,    1897,    p.  378,    tab.  3  fig.   1. 

Vorkommen.  India,  Sikkim,  Burma,  Tenasserim,  Java,  Borneo. 
V.  Buttel-Reepen  leg-.:  Malacca,  Taiping  Hills,  Febr.  1912.    1  $. 

2.  I.  eximius  Bingham. 

BiNGHAM,  in:  Journ.  Bombay  nat.  Hist.  Soc,  Vol.  5,   1890,  p.  244,  fig.  7, 
Nest  1.  c,  p.  380.     $. 

Das  bis  jetzt  unbeschriebene  Männchen  zeigt  folgende  Merk- 
male: Wangen  null,  Augen  groß,  nach  unten  konvergent;  Entfernung 
derselben  auf  dem  Scheitel  gleich  der  Länge  von  Geißelglied  3  plus 
^/s  von  4.  Fühler  schwarz,  Endglied  sowie  die  Unterseite  der  letzten 
Glieder  rot,  Unterseite  des  Schaftes  gelb.  Endglied  ($  12.  resp.  ^ 
13.)  zuckerhutförmig,  IVoinal  so  lang  wie  an  der  Basis  breit.  End- 
sternit  ^  breit,  flach,  am  Hinterrande  abgerundet.  Sternite  ohne 
besondere  Bewimperung.  Flügel  kurz  behaart,  Endrand  nicht  be- 
sonders bewimpert. 

Ausgezeichnet  durch  die  reichliche  rote  Färbung  auf  dem  1., 
2.,  5.  und  6.  Tergit,  sowie  den  Nestbau,  den  Bingham.  1.  c,  beschreibt. 

Vorkommen.     Ceylon, 

V.  Buttel-Reepen  leg.:  Ceylon,  Peradeniya,  Kandy,  Jan.  1912. 
2  SS,  1  $  am  Nest. 


1)  Ich  wähle  die  Bezeichnungen  nach  SCHMIEDEKNECHT  (Apidae 
europaeae,  Bombus  Tab.  I),  bin  allerdings  nicht  sicher,  ob  ich  die  Teile 
richtig  gedeutet  habe. 


Vespidae  ans  Ceylon,  Malacca,  Java  und  Sumatra. 


257 


Subgen.  Parischnogaster  n,  suhg, 

3.  P.  melliji  Saussüre  (Fig.  G). 
Dalla  Torre,  1.  c,  p.  113. 

Vorkommen.    Java,  Sumatra,  Borneo,  Philippinen. 
V.  Buttel-Reepen   leg-.:   Malacca,   Taiping   Hills,   Febr.   1912, 
Singapore,  O.-Siimatra,  Tandjong  Slamat,  Mai  1912.    3  $$. 

4.  P.  hutteli  n,  sp.  (Fig.  F,  J,  K,  Lj. 

?/.  flavolineaUis  Cameron,    in:   Journ.  Straits  Brauch  Asiat.  Soc,   1902, 
No.   37,  p.   108.     $. 

(^,  $.  Mediocris,  fusco-niger,  luxuriöse  straminea-variegatus,  seg- 
mentum  2.  ahdoniinis  $  linea  longüudinali  sidpJmrea  ornatum.  Clypeus 
hrevis;  ocnlorum  margines  interni  parallcli.  Antennae  ^  extus  et  intus 
Serie  macularum  sulphurearum  ornatae. 

Long,  corp  (usque  ad  marg.  post.  segtn  2.  abd.)   13      mm 
Long,  petioli  5,5  mm 

Vorkommen.  Malacca,  Taiping  Hills,  27.  Febr.  1912,  Maxwell's 
Hill,  Taiping.    3  c^cJ,  6  ?$  (Typus  Mus.  Berlin,  c.  m.). 


Fig.  J.     P.  butteli  n.  sp.   9.    2:1. 


Fig.  K. 

P.  btitteli  n.  sp.   9. 


Fig.  L. 
P.  butteli  n.  sp.   <f. 


Kopfschild  kurz,  mitten  lV4nial  so  lang  wie  breit,  die  geo- 
metrische Höhe  der  freistehenden  Spitze  vom  Kiefernansatz  an  halb 
so  lang  me,  deren  Breite;  Unterrand  beim  $  in  eine  scharfe  Spitze 
endigend,  beim  (^  abgerundet.  Wangen  null.  Augen  groß,  vor- 
springend, ihre  inneren  Ränder  parallel.  Entfernung  der  Augen  auf 
dem  Scheitel  gleich  der  Länge  von  Fühlerglied  3  plus  4.  Füliler- 
glieder  alle  länger  als  breit;  Glied  3  kaum  1^2 mal  so  lang  wie 
das  4.;  Endglied  (12.)  konisch,  lV2nial  so  lang  wie  an  der  Basis 
breit.    Schläfen  nur  schwach  entwickelt.     Kopfschild  sehr  spärlich, 


258  A.-   V-    SCHULTHESS, 

grob,  Stirn  dicht  und  sehr  fein  punktiert,  ebenso  das  Dorsulum. 
Thorax  schmäler  als  der  Kopf;  Prothorax  seitlich  abgerundet.  Dor- 
sulum stark  gewölbt;  Schildchen  nicht  bucklig  erhöht,  wie  bei 
■micans  und  Verwandten;  Hinterschildchen  und  Mittelsegment  stark 
abfallend;  letzteres  konvex  mit  schwacher,  strichförmiger  Mittel- 
rinne,  glatt  und  glänzend,  ebenso  die  Pleuren.  Hinterleibsstiel 
lV2nial  so  lang  wie  der  Thorax,  gegen  das  Ende  ziemlich  stark 
aufgetrieben,  hinter  der  Mitte  am  breitesten.  Beine  schlank.  Flügel- 
geäder  s.  Abbildung.  Flügel  besonders  auf  den  Adern  kurz  behaart, 
Endrand  ohne  stärkere  Bewimperung. 

Der  Mann  zeigt  keine  plastischen  Verschiedenheiten.  Letztes 
Fühlerglied  wie  beim  Weibe.  Endsternit  flach,  am  Hinterrande  ab- 
gerundet. 

Schwarz  -  braun ,  reichlich  und  ziemlich  lang  goldig  behaart. 
Kopf  gelb;  Kieferrand  und  Zähne,  Unterrand  sowie  zentrale  basale 
Makel  des  Kopfschildes,  Fleck  zwischen  den  Fühlern  bis  hinter  die 
Ocellen  reichend,  Hinterhaupt  und  die  Fühler  (mit  Ausnahme  der 
orangeroten  Unterseite  der  letzten  3—8  Glieder)  schwarzbraun. 
Thorax  schwarzbraun ;  gelb  sind :  Vorder-  und  Hinterrand  des  Prono- 
lums,  zwei  nach  vorn  divergierende  und  dort  verbreiterte  gebogene 
Längslinien  auf  der  vorderen  Hälfte  des  Dorsulums.  Vorderrand 
beider  Schildchen  und  zwei  sehr  große  Flecke  auf  dem  Mittelsegment. 
Seiten  des  Thorax  fast  ganz  gelb.  Am  Abdomen  sind  gelb:  eine 
breite  Binde  mitten  auf  dem  1.,  schmälere  basale  Binden  auf  den 
Tergiten  2 — 6;  auf  Tergit  2  zudem  zwei  seitliche  mit  der  Basal- 
binde  verbundene  Flecke  und  ein  medianer  vorn  hier  und  da  mit 
der  Basalbinde  verbundener,  hinten  abgekürzter  Längsstrich  (der 
jedoch  dem  ^  fehlt).  Die  Binden  auf  Tergit  3  und  4  sind  seitlich 
nach  rückwärts  stark  verbreitert,  diejenigen  auf  5 — 6  resp.  7  seitlich 
meist  abgekürzt.  Sternite  fast  ganz  gelb,  ziemlich  lang  rötlich  be- 
haart. Beine  gelb,  Basis  der  Schenkel  und  Schienen  des  3.  Bein- 
paares sowie  sämtliche  Endtarsen  braun.  Flügel  leicht  getrübt. 
Stigma  lehmfarben.  Adern  an  der  Flügelbasis  schwarz,  gegen  das 
Ende  des  Flügels  gelblich. 

Beim  (^  ist  der  Kopfschild  ganz  gelb;  die  Fühler  sind  äußerst 
hübsch  gezeichnet;  schwarz,  auf  jedem  Glied  außen  und  innen  mit 
je  einem  großen  hellgelben  Fleck  versehen ;  diese  Flecke  werden  oft 
so  groß,  daß  sie  dorsal  zusammenfließen.  Am  Abdomen  fehlt 
der  für  das  $  so  charakteristische  gelbe  Längsstrich  auf  dem 
2.  Tergit. 


Vespidae  aus  Ceylon,  Malacca,  Java  und  Sumatra.  259 

P.  hutteli  hätte  ich  sicherlich  mit  /.  flavoUneatus  Cam.  identifiziert, 
wenn  nicht  Cameron  schriebe:  „the  apical  tooth  of  the  clypeus  is 
dearly  separated,  twice  longer  than  broad,  and  its  apex  is  slightly 
incised". 

IL  Icaria  Saussure. 

5.  1.  artifex  Sauss. 

Dalla  Torre,  1.  c,  p.   117. 
Eengham,  1.  c,  p.  389. 

Vorkommen.  Indien,  Sikkim,  Barrakpoore,  Mussoree,  Birma, 
Tenasserim,  Java. 

V.  Buttel-Reepen  leg. :  Malacca,  Taiping,  27.  Febr.  1912 ;  Sumatra, 
Beras  Tagi,  Mai  1912;  Java,  Tjiogrek,  April  1912;  Ost-Sumatra, 
Bahboelian.    2  SS,  7  $$. 

6.  /.  marangensis  Gribodo. 

•Gribodo,  in:  Bull.  Soc.  entomol.  ital.,  Vol.  23,   1891,  p.  243. 
Vorkommen.    Sumatra,  Malacca. 
V.  Buttel-Reepen  leg. :  Malacca,  Taip.  Hills,  11.  Febr.  1912.    2  $$. 

7.  I.  marginata  Lep. 

Dalla  Torre,  1.  c,  p.  119. 
Bingham,  1.  c,  p.  388. 

Vorkommen.    India,  Ceylon. 

V.  Büttel-Reepen  leg.:  O.-Sumatra,  T.  Slaraat,  1912.     1  $. 

8.  I.  speciosa  Saussure. 

Dalla  Torre,  1.  c,  p.  121. 
Bingham,  1,  c,  p.  390,  Abbildung. 

Vorkommen.  Indien,  Burma,  Tenasserim,  Malacca,  Sumatra, 
Borneo. 

V.  Buttel-Reepen  leg. :  O.-Sumatra,  Soengei-Bamban,  Bahboelian, 
Bahsoemboe,  April  1912.     13  $$. 

9.  /.  flavopicta  Smith. 
Dalla  Torre,  1.  c,  p.  118. 

Vorkommen.    Borneo,  India,  Tenasserim  (c.  m.). 
V.  Buttel-Reepen  leg.:  O.-Sumatra,  Bandar  Baroe,  30.  Mai  1912. 
2??. 

III.  Polistes  Latr. 

10.  P.  hoplites  Saussure. 

Saussure,  Et.  fam.  Vespides,  Vol.  2,  1853,  p.  255. 
Bingham,  1.  c,  p.  395. 


260  -^-   ^-    SCHÜLTHESS, 

Kopfschild  $  dicht  und  grob  punktiert;  Seiten  des  Pronotums 
dicht  punktiert,  nicht  mit  groben  Runzeln  versehen ;  Flügel  einfarbige 
dunkel.  Der  Kopfschild  des  ^J  ist  deutlich  länger  als  breit,  unregel- 
mäßig gerunzelt,  nur  am  unteren  Ende  einige  wenige  Punkte  tragend^ 
in  der  Mittellinie  von  einer  leicht  erhabenen  Längskante  durch- 
zogen, die  am  Unterrande  in  einem  kurzen  Spitzchen  endigt;  das- 
Spitzchen  reicht  weniger  weit  nach  unten  als  die  Seitenteile;  vom 
Spitzchen  aus  verläuft  der  Unterrand  des  Kopfschildes  in  zwei  nach 
oben  konvexen  Bogen.  Der  ganze  Unterrand  ist  mit  langen  grauen 
Haaren  dicht  besetzt.  Fühler  schlank  und  lang,  ohne  deutliche- 
Schwielen;  Endglied  nur  wenig  länger  als  das  vorletzte.  Wangen 
des  ^  beinahe  so  lang  wie  breit,  beim  ^  länger,  beim  $  ebenso  lang 
wie  das  4.  Fülerglied.  Entsternit  so  lang  wie  breit,  in  der  apicalen. 
Hälfte  eine  tiefe  nach  hinten  offene  Grube  tragend. 

Bei  dem  in  der  Färbung  überaus  ähnlichen,  viel  häufigeren  P- 
sagütarius  Sauss.  sind  die  Flügel  an  der  Basis  dunkel,  am  Ende  gelb,, 
der  Kopfschild  fast  punktlos  und  die  Seiten  des  Pronotums  mit  langen 
wulstförmigen  Eiefen  bedeckt.  Der  Kopfschild  des  ^  ist  breiter  als 
hoch,  unten  am  breitesten,  sein  Unterrand  ist  fast  gerade,  nur  wenig 
bogenförmig  vorspringend;  Fühler  lang  und  schlank,  Endglied  schlank,, 
1  VsiTial  so  lang  wie  das  vorletzte.  Länge  der  Wangen  deS(^  beinahe  so  groß- 
wie  ihre  Breite;  beim  ^  länger,  beim  $  ebenso  lang  wie  das  4.  Fühler- 
glied. Das  Endsternit  ist  kurz,  mit  niederem,  stumpfem  Höcker  an  der 
Basis  und  seitlich  gegen  das  Ende  leicht  aufgeworfenem  Seitenrande.) 

Vorkommen.    Indien,  China,  Perak  (c.  m.). 

V.  Büttel-Reepen  leg.:  O.-Sumatra,  T.  Slamat,  Juni  1912.     1  ^. 

11.  P.  Stigma  Fab. 

Dalla  Toeee,  1.  c,  p,   132. 
BiNGHAM,  1.   c,  p.   396. 

P.  Stigma  ist  absolut  nicht  eine  Varietät  des  afrikanischen  P.  margi- 
ndlis  Fab.,  da  die  Fühlerbildung  des  ^  eine  ganz  verschiedene  ist. 
Vorkommen.    Indien,  Malayischer  Archipel,  Formosa. 
V.  Büttel-Reepen  leg.:  N.-Ceylon,  M.-Iluppalama,  Jan.  1912.  1  ^ 

IV.   Vespa  L. 

12.  F.  analis  Fab. 

R.  DU  BuYSSON,  in:  Ann.  Soc.  entoraol.,  France  1904,  p.  514. 
Vorkommen.    Indien,  Cochinchina,  China,  Java. 
V.  Büttel-Reepen  leg.:  Java,  Tjibodas,  März  1912.     2  $$. 


Vespidae  aus  Ceylon^  Malacca,  Java  und  Sumatra.  261 

13.  F.  cincta  Fab. 

E.  DU  BuYSSON,  1.  c,  p.  530. 

Vorkommen.  Indien,  Tonkin,  Annam,  Sumatra,  Java,  Borneo, 
Neuguinea. 

V.  Büttel-Reepen  leg-.:  Malacca,  Taiping  Hills,  Febr.  1912; 
Penang,  Juni  1912.     1  $,  2  ^. 

14.  V.  cincta  Fab.  var.  affinis  Fab. 
R.  DU  BuYSSON,  1.  c,  p.  534. 

Vorkommen.    Wie  die  Stammform. 

V.  Büttel-Reepen  leg.:  Ceylon,  Senigoda,  Dez.  1911.     2  ^^. 

15.  V.  hellicosa  Saüss.  var.  annulata  Smith. 
E.  DU  BuTSSON,  1.  c,  p.  542. 

Vorkommen.    Sumatra,  Borneo. 

V.  Büttel-Reepen  leg.:  Malacca,   Taip.  Hills,  Febr.  1912.     1  $. 

16.  F.  velutina  Lep. 
E.  DU  BuyssoN,  1.  c,  p.  548. 

Vorkommen.    India,  Java. 

V.  Büttel-Reepen  leg.:  Java,  Tjibodas,  März  1912.     3  '^^. 

17.  F.  doryloides  Saüss. 
E.   DU  BUYSSON,  1.   c,   616. 

Vorkommen.    India,  Sumatra,  Borneo. 

V.  Büttel-Reepen  leg.:  Malacca,  Taip.  Hills,  Febr.  1912;  0.- 
Sumatra,  Bahsoemboe.    3  ^(^,  8  ^^. 

V.  Polybia  Lep. 

18.  P.  raphigastra  Saussuee. ^) 

Schulthess,    in:    Mitt.   echweiz.   entomol.   Ges.,    Vol.  12,    1913,  St.  156, 
tab.  11   fig.  4  und  10. 


1)  Neuerdings  hat  E.  DU  BüYSSON  (in:  Bull.  Soc.  entomol.  France, 
1913,  p.  299)  das  alte  SAUSSüKE'sche  Subgenus  Parapolyhia  geteilt  in 
Polybia  mit  4gliedrigen  Lippen-  und  6gliedrigen  Kiefertastern  und 
Polybioides  mit  3gliedrigen  Lippen  und  5gliedrigen  Kiefertastern  und  nur 
11-,  beim  ^  12gliedrigen  Fühlern.  Zu  Polybioides  gehören  außer  P) 
sumatrensis  Sauss.  =  rhaphiyastra  SaüSS.  P.  tabida  Fab.  und  P.  psecas 
E.  DU  BüYSSON.  Falls  DU  BüYSSON  die  ersteren  Arten  bei  Polybia  be-i 
lassen  will,  so  ist  dagegen  wohl  nichts  einzuwenden,  aber  statt  Polybioides 
ist  der  alte  Name  Parapolyhia  beizubehalten.  Auch  die  neotropische 
Polybia  {Leipomeks  Mob.)  lamellaria  MÖBiüS  hat  3-  reep.  Sgliedrige  Taster, 
aber  12-  resp.   ISgliedrige  Fühler. 


262  ^-    ^-    SCHÜIiTHESS, 

Vorkommen.    Malacca,  Perak,  Sumatra. 

V.  Büttel-Reepen  leg.:  Malacca,  Taip.  Hills,  März  1912;  O.- 
Sumatra, T.  Slamat,  Mai  1912;  Zentral-Sumatra,  Bandar  Baroe, 
3500';  Nest  in  einem  Baumstamm.  „Greifen  sofort  an,  wenn  man 
in  die  Nähe  kommt."     14  ^^. 

Eumenidinae. 

VI.  Lab  US  Saussure. 

19.  L.  spiniger  Sauss. 

Y.  Saussure,  in:  Reise  der   Novara,  Zool,,  Vol.  2,  1,   1867,  Hym.  St.  4, 
tab.  1  fig.   1. 

Vorkommen.    Java. 

V.  Büttel-Reepen  leg.:  Java,  Tjibodas,  April  1912;  O.-Sumatra, 
Bahboelian.    2  ??. 

VII.  Eunienes  Latr. 

Subgen.  Eumenidion  Schlthss. 

20.  E.  punctatus  Saussure. 
SaüSSURE,  Et.  Fam.  Vesp.,  Vol.    1,   1852,  p.  37. 

BiNGHAM,    1.    C,    p.    339. 

Vorkommen.    India,  Sikkim,  Burma,  Tenasserim. 
V.  Büttel-Reepen  leg.:   Malacca,    Taip.  Hills,    19.  Febr.  1912; 
O.-Sumatra,  Bahboelian.     1  c^,  5  ?$. 

Subgen.  JEutnenes  prop.  dict. 

21.  E.  maxillosus  D.  G.  var.  circinalis  Fab. 

Dalla  Torre,  1.  c,  p.  20. 
BiNGHAM,  1.   c,  p.   340. 

Vorkommen.    India,  Burma,  Tenasserim,  Key-Ins. 
V. Büttel-Reepen  leg.:  Malacca,  Taiping,  27.  Febr.  1912;  O.-Su- 
matra, Tandjong  Slamat,  Mai  1912;  Java,  Buitenzorg.    3  $$. 

22.  E.  maxillosus  D.  G.  var.  conicus  Fab. 

Dalla  Torre,  1.  c,  p.  22. 
BiNGHAM,  1.  c,  p.  343,  tab.  2  fig.  9. 

Vorkommen.    India,  China,  Malayischer  Archipel. 

V.  Büttel-Reepen  leg.:  Ceylon,  M.-Iluppalama,  28.  Juni  1912.  1$. 


Vespidae  aus  Ceylon,  Malacca,  Java  and  Sumatra.  263 

23.  E.  maxillosus  D.  G.  var.  xanthurus  Saussure. 
Dalla  Torre,  1.  c,  p.  32. 

EiNGHAM,    1.    C,    p,    341. 

Vorkommen.    India,  Sumatra. 

V.  Büttel-Reepen  leg.:  O.-Sumatra,  T.  Slamat,  Mai  1912;  Bindjei 
Estate,  „an  Lampe"  12.— 13.  Juni  1912.    2  $$. 

24.  E.  edivardsii  Saussuee. 

Dalla  Torre,  1.  c,  p.  23. 
BiNGHAM,  1.   c,  p.   344. 

Vorkommen.    Indien,  Key-Inseln,  Queensland. 
V.  Buttel-Reepen  leg.:   O.-Sumatra,   T.  Slamat,  Mai  1912;  O.- 
Sumatra, Bahboelian,  Bahsoemboe.    6  ^^,  2  $$. 

25.  E.  arcuatus  L.  var.  flavopictus  Blanch. 

Dalla  Torre,  1.  c,  p.  18. 
BiNGHAM,  1.   c ,  p.   45. 

Vorkommen.    Indien  und  Polynesien. 

V.  Büttel-Reepen  leg.:  O.-Sumatra,  Bahboelian.     1  $. 

VIII.  Mliynchium  Spinola. 

26.  Rh.  iridipenne  Smith. 

Dalla  Torre,  1.  c,  p.  46. 

Schulz,  in:  Berlin,  entomol.  Ztschr.,  Vol.  49,  St.  224. 

Vorkommen.    Amboina. 

V.  Büttel-Reepen  leg.:    N.-Ceylon,   M.-Iluppala,   28.  Juni  1912; 
Malacca,  Taiping,  27.  Febr.  1912;   O.-Sumatra,  Säntis,  Juni  1912 
Java,  Tjiogrek,  April  1912,    4  ??. 

27.  Bh.  haemorrhoidale  Fab. 

Dalla  Torre,  1.  c,  p.  44. 
BiNGHAM,  1.   c,  p.  354. 

Vorkommen.  Verbreitet  durch  ganz  Indien,  Ceylon  und  die 
Malayischen  Inseln. 

V.  Buttel-Reepen  leg. :  O.-Sumatra,  Soengei-Bamban,  April  1912 ; 
T.  Slamat,  Mai  1912.    2  <^^,  2  $?. 

28.  Rh.  haemorrhoidale  Fab.  var.  carnaticum  Fab. 

Dalla  Torre,  1.  c,  p.  45. 
BiNGHAM,  1.  c,  p.  355  (bruneiim  F.). 

Vorkommen.  Verbreitet  durch  ganz  Indien,  Afghanistan, 
Persien,  Formosa  und  die  Malayischen  Inseln. 


264  A.    V.    SCHULTHESS, 

V.  Buttel-Eeepen leg. :  Ceylon,  Paradenyia,  M.-Iluppalama,  28.  Juni 
1912;  O.-Sumatra,  Bahboelianj  Deli,  Kampong  Lama.    5  ^^,  3  $$, 

IX.  Odynerus  Latr. 
a)  Ancistrocerus  Wesm. 

29.  Euancistrocerus  clavicornis  Sm. 
Smith,  in:  Journ.  Proc.  Linn.  Soc,  ZooL,  Vol.  3,    1895,  p.  21. 

Die  übrigens  ziemlich  gute  Beschreibung  von  F.  Smith  mag" 
folgendermaßen  ergänzt  werden. 

(^.  Parvulus,  valde  grosse  pundatus,  niger.  Strmninei  sunt:  ClypeuSf 
mandibulae,  antennarmn  scavus  subtus,  glabella,  macula  parva  in  oculorum 
sinu,  macula  postocularis,  fascia  apicalis  angusta  tergiti  1.  ad  3.,  quarum 
3.  angustissima  et  sterniti  2.  et  3.,  et  genua  omnia,  tibiarum  et  tarsorum 
anticorum  et  intermediorum  latus  anterius;  ferruginei  sunt:  pronoti 
fascia  medio  lote  interrupta,  lateribus  abbreviata,  tegulae  et  post-scutelli 
fascia  tenuis,  medio  vix  interrupta.  Segmentum  1.  abdominis  sat  elon- 
gatum,  suturis  transversis  duabus  munitum.  Antennae  clavatae,  uncus 
valde  robustus. 

Long.  corp.  (usque  ad  marg.  post  seg?n.  2  abd.)  6  mm. 

Vorkommen.     Celebes  (Smith). 

V.  Buttel-Reepen  leg. :  O.-Sumatra,  Bahboelian.    1  c^. 

Das  ganze  Tier,  besonders  an  Kopf  und  Thorax  greis  behaart. 
Außenseite  der  Kiefer,  Kopfschild,  Unterseite  des  Fühlerschaftes^ 
Stirnmakel,  ein  kleiner  Fleck  in  der  Augenausrandung  und  ein  kurzer 
Streif  hinter  den  Äugen  hell  strohgelb.  Zwei  mitten  nicht  zu- 
sammenstoßende und  die  Seitenecken  nicht  erreichende  Fleckchen 
auf  dem  Pronotum,  die  Flügelschuppen,  die  Nebenflügelschüppchen, 
zwei  Fleckchen  auf  dem  Hinterschildchen  orangegelb.  Am  Abdomen 
sind  wiederum  hellgelb:  Schmale  Endbinden  auf  Tergit  1 — 3  und 
Sternit  2  und  3,  von  denen  diejenigen  auf  dem  3.  Segment  wirklich 
nur  angedeutet  sind.  Flügel  hell;  Mal  und  Adern  braun;  äußere 
Hälfte  der  Radialzelle  rauchig  getrübt.  Hüften  und  Schenkel 
schwarz,  Knie,  Vorderseite  der  Vorder-  und  Mittelschienen  und 
Vordertarsen  gelb,  der  Rest  der  Beine  braun. 

Kopfschild  dicht  und  ziemlich  fein,  Thorax  sehr  dicht  und  sehr 
grob  runzlig  punktiert ;  1.  Tergit  ziemlich  grob  zerstreut,  2.  auf  der 
Scheibe  fein  und  sehr  zerstreut  punktiert;  Hiuterrand  von  Tergit 
2 — 4  wieder  dichter  und  gröber  punktiert.    Kopf  bedeutend  breiter 


Vespidae  aus  Ceylon,  Malacca,  Java  und  Sumatra.  265 

als  der  Thorax.    Kopfschild  unpunktiert,  so  breit   wie  lang,  etwas 
unterhalb   der  Mitte   am  breitesten,   unten   kaum   ausgerandet  mit 
2  Zähnchen  neben  der  Ausrandung,  von  denen  aus  2  schwache  Kiele 
divergierend  nach  oben   verlaufen,    Unterrand  des  Kopfschildes  so 
lang  wie  das  4.  Fühlerglied.    Fühler  so  lang  wie  der  Thorax,  gegen 
das  Ende  stark  verdickt ;  3.  Glied  so  lang  wie  das  4.  plus  halbe  5. ; 
Glieder  vom  6.  an  breiter  als  lang;  das  10.  etwa  3mal  so  breit  wie 
lang,   das  11.  etwas  länger  als  breit,  das  12.  sehr  klein,   das  letzte 
groß  breit  konisch,  als  umgeschlagener  Haken  in  einer  breiten  Rinne 
an  der  Unterfläche  des  Fühlers  liegend,  mit  seiner  Spitze  die  Basis 
des  10.  Gliedes  erreichend.    Unterseite  der  Fühler  an  der  Basis  und 
gegen   das   Ende  sowie   der  Haken  rötlich.     Augen  sehr  groß,  be- 
sonders unten  sehr  breit.     Ocellen  in  flachem  Dreieck;  die  hinteren 
voneinander  weiter  abstehend    als    vom   Netzauge,   etwas    weniger 
weit  als  vom  Hinterhauptsrande.   Hinterhaupt  und  Pronotum  gerade 
abgestutzt,  dieses  leicht  gerandet  mit  stumpfwinkligen  Seiteneckeu. 
Dorsulum    ebenso    lang    wie    breit.      Flügelschuppen    unpunktiert. 
Schildchen  flach,  wenig  breiter  als  lang,  ohne  mediane  Längsfurche. 
Hinterschildchen    nur    wenig   geneigt.      Mittelsegment    das   Hinter- 
schildchen  nach  hinten  um  die  halbe  Länge  des  Hinterschildchens 
überragend,  oben  und  auf  den  Seiten  äußerst  grob  runzlig  punktiert. 
Hinterfläche  des  Mittelsegments  ziemlich  tief  ausgehöhlt,  sehr  fein 
gestrichelt;  obere  Seitenkante  infolge  der  groben  Skulptur  gezähnelt, 
mit  scharfem  Zahn   oberhalb   des   Gelenkschüppchens;   dieses  groß, 
spitzig,   weiß.     Pleuren   wie  das   Dorsulum  punktiert,   Pleuren   des 
Mittelsegments    in    der    unteren    Partie    sehr    fein    längsgerunzelt. 
Vorderschenkel   länger  als   die  Mittel-   oder  Hinterschenkel,  stark 
nach  vorn  gebogen;  Beine  sonst  ohne  Auszeichnung.    1.  Abdominal- 
segment  so   lang   wie   am  Hinterrande   breit,  nach   vorn  stark  ver- 
schmälert mit  zwei  stark  ausgebildeten  Quernähten,  deren  erste  das 
Tergit  in  eine  senkrechte  Vorderfläche  und  einen  beinahe  wagrechten 
Postpetiolus  trennt,    deren   zweite  etwas  vor  der  Mitte   des  Post- 
petiolus  liegt.    Die  Breite   des  Postpetiolus  beträgt  ^/g  der  größten 
Breite  des  2.  Segments.    Dieses  nahe  dem  Hinterrande  am  breitesten, 
oben   stark,   unten   schwach   gleichmäßig   gewölbt.     Letztes   Tergit 
kurz,  breit;  letztes  Sternit  kurz  dreieckig  mit  aufgeworfenen  Seiten- 
rändern (vielleicht  zufällig). 

A.  clavicornis  ist  ausgezeichnet  durch  zwei  Quernähte  auf  dem 
1.  Tergit,  die  Form  des  Kopfschildes  und  die  ganz  ungewöhnliche 
Fühlerbildung. 


266      A.  V.  ScHüLTHESs,  Vespidae  aus  Ceylon,  Malacca,  Java  imd  Sumatra. 

b)  Lionotus  Säussuke. 

30.  0.  diffinis  Saussuee. 
Dalla  Toere,  1.  c,  p.  64. 
BiNGHAM,  1.   c,  p.   366. 

Vorkommen.    India,  Sikkim,  Barakpoore,  Burma,  Tenasserim» 
V.  Büttel-Reepen  leg.:  Malacca,  Taiping,  27.  Febr.  1912;  O.-Su- 
matra,  Bahsoemboe.     2  ^^. 

31.  0.  miiltipictus  Smith. 

Dalla  Toeee,  1.  c,  p.  80. 
BiNGHAM,  1.  c,  p.  36,  tab.  2  fig.   13. 

Vorkommen.    India,  Sikkim,  Burma,  Tenasserim;  Borneo. 
V.  Büttel-Reepen  leg.:  N.-Ceylon,  M.-Iluppalama,  Juni  1912.  1  $. 

32.  0.  bipustiilatus  Saussuee. 

Dalla  Toere,  1.  c,  p.  56. 
BiNGHAM,  1.   c,   p.   369,  flg.  108. 

Vorkommen.    India. 

V.  Buttel-Reepen  leg.:  Ceylon,  Senigoda,  Dez.  1911;  O.-Sumatra, 
S.-Bamban,  April  1912;  Java,  Tjiogrek,  Tjibodas,  März,  April  1912^ 

4  c^cJ,  1  ?. 

33.  0.  humbertiamis  Saussuee. 

Saussure,  in:  Reise  der  Novara,  Zool.,  Vol.  2,   1,   1867,   St.   13. 
BiNGHAM,   1.   c,  p.   371. 

Vorkommen:  Indien,  Sikkim,  Burma,  Tenasserim,  Ceylon. 
V.  Buttel-Reepen  leg.:  Ceylon,  Kandy,  Dez.  1911.     1  $. 

34.  0.  sp. 

O.-Sumatra,  Bahboelian.    1  c^,  1  $. 

35.  0.  sp. 

O.-Sumatra,  Bahboelian.     1  (^,  1  ?. 

36.  0.  sp. 

Batavia,  Weltevreden.    1  (J,  1  $. 

26.  September  1913. 


Nachdruck  verboten. 
IJbersetzunysrecht  vorbehalten. 


Notiz  über  Symbionten  bei  Hydroideo. 

Von 
Herbert  Constantin  Müller  (König^sberg  i.  Pi.). 


Bei  der  Beschäftigung-  mit  den  verschiedensten  Hydroiden  des 
Golfes  von  Neapel  zu  biologischen  Zwecken  habe  ich  im  Winter 
1911 — 1912  bei  einigen  Formen  symbiontische  Algen  gefunden.  Ich 
erwähnte  dies  bereits  in  meiner  Arbeit  über  die  Regeneration  der 
Gonophore  bei  den  Hydroiden  I  u.  II  (18  u.  19).  Es  handelt  sich 
um  folgende  Formen :  Sertularella  polysonias  L.,  Aylaophenia  phmia  L., 
Aglaophenia  hellen  und  die  von  mir  entdeckte  Pachycordyle  fusca. 
Müller-Cale  u.  Eva  Keüger  haben  bei  Sertularella  polysonias  und 
Aglaophenia  helleri  im  Frühjahr  dieses  Jahres  die  symbiontischen 
Xanthellen  auch  entdeckt  und  sind  mir  zu  meiner  Freude  in  der 
Publikation  ihrer  Entdeckung  zuvorgekommen  (17).  Denn  da  ich 
zu  jener  Zeit  mit  Operieren  und  Beobachten  der  lebenden  Tiere  zu 
Eegenerationszwecken  beschäftigt  war,  konnte  ich  mich  um  andere 
Erscheinungen  nur  sehr  wenig  bekümmern.  Aus  dem  konservierten 
Material  aber  irgendwelche  Aufschlüsse  über  die  Algen  zu  suchen, 
ist  eine  sehr  mißliche  Arbeit,  die  nur  zu  leicht  zu  Täuschungen 
führen  kann.  Da  nun  von  anderer  Seite  über  dieselben  Beobachtungen 
berichtet  worden  ist,  kann  ich  mich  darauf  beschränken,  diese  — 
soweit  mir  das  möglich  —  zu  vervollständigen.     Es   handelt  sich 


268  Herbebt  Constantin  Müller, 

vorläufig  darum,  jegliches  Material  über  die  Symbiose  zwischen 
Tier  und  Pflanze  zusammenzutragen,  bis  später  einmal  die  ge- 
samten Erfahrungen  dieses  Gebietes  in  einer  Monographie  verwertet 
werden. 

Ich  schrieb  (19,  p.  332),  daß  Seriularella  polysonias  zwei  Formen 
von  Zoochlorellen  besäße,  eine  große,  blaugrüne,  hellfarbige  und  eine 
viel  kleinere  mit  gelbgrüner,  satter  Farbe.  Diese  kommt  sehr  viel 
häufiger  vor.  Es  schien  mir  sogar  mitunter,  daß  man  noch  eine 
dritte,  kleinste  Form  annehmen  könnte.  Die  Chlorellen  kamen  im 
ganzen  Hydrocaulus  dicht  nebeneinander  vor.  Der  Unterschied 
zwischen  den  beiden  Formen  w-ar  im  allgemeinen  prägnant,  wenn 
auch,  wie  dies  w^ohl  bei  allen  bisher  gefundenen  Chlorellen  und 
Xanthellen  der  Fall  ist,  Schwankungen  in  der  Größe  und  damit 
auch  in  der  Färbung  zu  finden  waren.  Ich  erinnere  mich,  daß  ich 
in  ganz  vereinzelten  Fällen  Exemplare  traf,  bei  denen  ich  im  ersten 
Augenblick  zweifelte,  welcher  der  beiden  Formen  ich  sie  zurechnen 
sollte.  Doch  hielt  ich  dies  für  durchaus  nichts  Auffälliges.  Müller- 
Cale  u.  Eva  Krüger  meinen  nun,  daß  bei  SeHularella  polysonias 
nur  ein  Symbiont  vorkäme,  der  in  seiner  Gestalt  stark  variiere  und 
dessen  kleinere  Form  mitunter  eine  gelbbraune  Färbung  zeige.  Sie 
bringen  eine  Tabelle  über  die  Unterschiede  Inder  Größe  der  Chlorellen, 
aus  der  sich  aber  weiter  nichts  entnehmen  läßt  als  die  beiden 
Extreme:  4,5  zu  3,8  (jl  und  20  zu  7,5  fJi  (resp.  18  zu  12  //).  Diese 
Extreme  der  Größenmaße  würden  meinen  beiden  Formen  entsprechen, 
wenn  ich  auch  eine  auffällige  Längsstreckung  der  größeren  nie 
habe  bemerken  können.  Ich  kann  mich  der  Ansicht  der  genannten 
Autoren  nicht  gerne  anschließen.  Sie  beschreiben  und  zeichnen  die 
kleinen  Chlorellen  als  Kugeln  mit  doppelt  konturierter  Membran, 
die  im  Innern  ganz  mit  Chromatophoren  angefüllt  sind.  Sie 
meinen,  daß  diese  kleineren  Kugeln  wachsen  und  die  Chromato- 
phoren sich  dabei  mehr  verteilen.  Diese  einfache  Erklärung  scheint 
mir  den  tatsächlichen  Verhältnissen  nicht  gerecht  zu  werden,  dazu 
ist  meiner  Meinung  nach  der  allgemeine  Unterschied  zwischen  der 
großen  und  der  kleinen  Form  der  Chlorellen  zu  prägnant.  Es 
Ist  ja  durchaus  nicht  nötig,  daß  es  sich  um  zwei  verschiedene 
Algen  handelt.  Keeble  u.  Gamble  (14)  haben  bei  den  in  Convoluta 
roscoff'ensis  vorkommenden  Algen  verschiedene  Zustände  desselben 
Organismus  konstatieren  können.  Etwas  Ähnliches  könnte  auch 
bei  Sertularella  der  Fall  sein.  Ich  vermute,  daß  die  kleinen 
Chlorellen  Abstammungsformen    der   großen   sind  und  nicht  deren 


Syrabionten  bei  Hydroiden.  269 

bloße  Entwicklung'szustände;  dazu  findet  man  viel  zu  wenig  große 
Chlorellen  und  viel  zu  viel  kleine.  Eine  genauere  Untersuchung 
der  angedeuteten  Verhältnisse  durch  Zuchtversuche  wäre  sehr  er- 
wünscht. 


Die  von  Müller- Cale  u.  Eva  Krüger  bei  Aglaophenia  hellen 
beschriebenen  Xanthellen  habe  ich  ebenfalls  seinerzeit  gesehen.  Im 
"Gegensatz  zu  den  Autoren  fand  ich  die  Farbe  der  lebenden  Stämmchen 
meistens  nicht  braun,  sondern  giünlich. 

Es  ist  mir  sehr  auffällig,  daß  Müller-Cale  u.  Eva  Krüger 
sagen ,  Aglaophenia  hellen  unterscheide  sich  durch  eine  lebhafte 
Braunfärbung  stark  von  A.  pluma  und  elongata.  Damit  meinen  sie 
doch  wahrscheinlich,  daß  diese  beiden  Arten  die  gewöhnliche  bleiche 
Hydroidenfärbung  zeigen.  A.  elongata  habe  ich  nicht  zu  Gesicht 
bekommen;  A.  pluma  aber  besitzt  wohl  helle  Fiederäste,  der  Stamm 
jedoch  ist  stets  hell-  bis  dunkelbraun.  Eine  nähere  Prüfung  ergab 
dann  auch,  daß  Aglaophenia  pluma  ebenfalls  mit  Xanthellen  durch- 
setzt ist  (freilich  sind  diese  mitunter  so  wenig  zahlreich  vorhanden, 
daß  ich  anfänglich  glaubte,  es  wären  Teile  der  Nahrung).  Mir  ist 
es  sehr  auffällig,  daß  die  beiden  mehrfach  genannten  Autoren  dies 
nicht  gefunden  haben.  Sie  betonen  an  einer  anderen  Stelle  nochmals 
ausdrücklich,  daß  A.  pluma  keine  Xanthellen  besitze,  weil  sie  den 
Konservierungsalkohol  nicht  braun  färbe,  was  hellen  wohl  tut.  Diese 
Erscheinung  mag  mit  der  geringeren  Anzahl  der  Algen  bei  A.  pluma 
zusammenhängen.  Ich  habe  auf  jenen  umstand  nicht  sonderlich 
geachtet.  Bei  den  meisten  Kolonien  färbte  der  anhaftende  Schlamm  usw. 
die  Konservierungsflüssigkeit  von  vornherein  braun,  und  die  Farbe 
ging  bei  der  Überführung  durch  den  verschiedenprozentigen  Alkohol 
stets  wieder  verloren.  Es  ist  übrigens  leicht  möglich,  daß  Müller- 
Cale  u.  Eva  Krüger  überhaupt  mit  Aglaophenia  pluma  eine  andere 
Art  bezeichnen  als  ich;  denn  leider  sind  die  systematischen  Ver- 
hältnisse bei  den  Hydroiden  nicht  sehr  klar  und  eine  einzelne  Be- 
stimmung oft  unsicher.  Ich  werde  meine  Bestimmungen  der  Neapler 
Hydroiden,  darunter  auch  die  von  Aglaophenia  pluma,  in  nächster 
Zeit  veröffentlichen.  Daß  Aglaophenia  pluma  im  Winter  1911 — 1912 
Xanthellen  besessen  hätte  und  im  Frühjahr  dieses  Jahres  nicht  mehr 
oder  daß  sich  die  Xanthellen  nur  in  den  Kolonien  bestimmter  Stellen 

Zool.  Jahrb.  XXXVIL    Abt.  f.  Syst.  18 


270  Herbert  Constantin  Müller, 

des  Golfes  finden  lassen,  glaube  ich  nicht.  Auf  jeden  Fall  be- 
dürfen auch  diese  Verhältnisse  einer  gelegentlichen  genaueren  Unter- 
suchung. 

Die  Größe  der  in  Aglaophenia  pluma  vorkommenden  Xanthelleu 
beträgt  6 — 7,5  ju.  Ihr  Aussehen  gleicht  dem  der  in  A.  helleri  vor- 
kommenden (17,  fig.  1—3).  Eine  doppelt  konturierte  sehr  starke 
Membran  umschließt  das  Plasma,  in  dessen  Innern  stets  das 
große,  stark  lichtbrechende  Stärkekorn  mit  der  konzentrischen 
Schichtung  eingebettet  liegt;  sein  innerer  Teil  erschien  mir  dunkler 
oder  trüber  als  die  Randzone.  Neben  diesem  großen  Stärkekorn 
sah  ich  gewöhnlich  noch  viele  Nebeneinschlüsse,  meistens  auch, 
stark  lichtbrechend.  Die  Randzone  wird  von  den  Chromato- 
phoren  eingenommen.  Die  Vermehrung  geschieht  durch  Zwei- 
teilung, wobei  sich  anscheinend  auch  das  große  Stärkekorn  teilt. 
—  Die  Zellmembran  zeigte  auf  Celluloseprüfung  hin  keinerlei  Ver- 
änderung. 

Es  ist  mir  wichtig,  daß  Müller-Cale  u.  Eva  Krügee  in  der 
Ectodermhülle  der  männlichen  Gonophore  vereinzelt  auch  die  grünen 
Kugeln  gefunden  haben,  die  auch  ich  dort  und  in  den  zarten  Plasma- 
fäden der  Corbula  gefunden  habe.  Ich  erwähnte  (19,  p.  347)  dieselben 
Gebilde  in  den  Wachstums-  und  Regenerationszonen  der  Corbulen 
beider  Aglaophenien  vorkommend;  ebenso  fand  ich  sie  an  allen  Wachs- 
tumsflächen der  Hydranthen  und  des  Cönosarks.  Diese  grünen  Ge- 
bilde können  die  Größe  der  Xanthellen  erreichen,  wenn  sie  auch  im. 
Durchschnitt  kleiner  sind  als  diese;  sie  haben  die  Farbe  der  Zoo- 
chlorellen, auch  sie  sind  von  einer  starken  Membran  umgeben. 
Vereinzelt  konnte  ich  in  ihrem  Innern  Einschlüsse  erkennen  und 
glaube  auch  ein  großes  kernartiges  Gebilde  bemerkt  zu  haben.  Das 
große  Stärkekorn  aber  fehlt,  ebenso  wie  die  Chromatophoren.  Merk- 
würdigerweise wurden  diese  grünen  Gebilde  von  Alkohol  und 
Eisessig  aufgelöst,  wobei  aber  bei  Eisessig  ein  kleiner  Rückstand 
blieb;  auch  Cellulosereaktionen  waren  unmöglich,  weil  die  Körper 
unter  dem  Einfluß  der  Reagenzien  verschwanden.  Danach  scheint 
es  sich  doch  wohl  nicht  um  Algen  oder  dgl.  zu  handeln,  sondern 
um  irgendeinen  Excretions-  oder  Secretstolf,  der  von  dem  tierischen 
Plasma  analog  dem  Pigment  bei  Eudendrium  gebildet  wird.  Ge- 
stützt wird  diese  Annahme  durch  den  Umstand,  daß  es  mir  nie 
gelungen  ist,  die  grünen  Kugeln  völlig  zu  isolieren,  was  bei  den 
Xanthellen  und  Chlorellen  leicht  möglich  ist;  stets  sind  sie  in  Ver- 
bindung mit  tierischem  Plasma,  und  wenn  es  auch  nur  ein  geringer 


Symbionten  bei  Hydroiden.  271 

Zellrest  ist.  —  Vielleicht  kann  man  die  grimen  Körper  mit  den 
bei  BonelUa  viridis  vorkommenden  in  Zusammenhang  bringen,  die 
jedoch,  wie  mir  Herr  Dr.  Bai-tzer  seinerzeit  persönlich  mitteilte, 
untereinander  durch  Fäden  zusammenhängen. 


In  meiner  Arbeit  über  die  Regeneration  der  Gonophore  bei  den 
Hydroiden,  Teil  I  (18,  p.  359)  habe  ich  bereits  gesagt,  daß  in  der 
von  mir  entdeckten  Pachycordyle  fusca  über  dem  ganzen  Hydrocaulus 
hin  im  Entoderm  symbiontische  Algen  anzutrelfen  sind.  Diese  Zoo- 
xanthellen  unterscheiden  sich  in  ihrem  Aussehen  durchaus  nicht 
wesentlich  von  denen  anderer  Tiere.  Ihre  Größe  beträgt  6 — 7,5  f-i. 
Die  Zellmembran  ist  doppelt  konturiert  und  sehr  stark;  sie  ergibt 
nach  der  Prüfung  mit  Chlorzinkiod  oder  Schwefelsäure  mit  lod  keine 
Cellulosereaktion.  In  jeder  der  gelben  Zellen  ist  ein  großes  Stärke- 
korn neben  dem  Kern  zu  ünden.  Daneben  existieren  noch  andere 
große  Einschlüsse;  nach  der  Zellwand  zu  liegen  die  großen  Chroma- 
tophoren,  die  stark  lichtbrechend  erscheinen  und  von  gelbgrüner  Farbe 
sind,  während  das  übrige  Plasma  der  Xanthelle  gelbbraun  schimmert. 
Daß  es  jedoch  in  Wirklichkeit  farblos  ist,  kann  man  aus  zerquetschten 
Zellen  ersehen,  bei  denen  sich  nach  einiger  Zeit  Chromatophoren 
und  Protoplasma  sondern. 

Die  Vermehrung  geht  auch  hier  durch  Zweiteilung  vor  sich,  wobei 
sich  die  Alge  zunächst  zu  einer  Semmelform  auseinanderzieht  und  dabei 
an  der  schmalen  Stelle  die  Querwand  bildet.  Von  dem  großen 
Stärkekorn  findet  man  in  jeder  Tochterhälfte  eine  kleine  Kugel. 
Das  Plasma  der  Pachycordyle  fusca  ist  hyalin,  weich  und  weiß.  Es 
wird  durch  die  in  großer  Menge  und  ständig  vorkommenden  Xan- 
thellen  gelb  bis  dunkelbraun  gefärbt.  Diese  kommen  ausschließlich 
im  Entoderm  vor  und  flottieren  gelegentlich  auch  im  Nahrungsstrom 
des  Gastrovascularraumes.  In  den  hohen  Entodermzellen  der  Hy- 
dranthen  sitzen  sie  gewöhnlich  zu  dreien  oder  noch  mehreren  hinter- 
einander. In  den  kürzeren  Zellen  des  Stamm cönosarks  sitzen  sie 
aus  Platzmangel  nicht  so  dicht.  Im  Entoderm  der  Tentakel  kann 
man  die  Xanthellen  ebenfalls  regelmäßig  finden  und  zwar  meist 
ohne  Rücksicht  auf  die  einzelnen  Zellen  und  ihre  Begrenzung;  mit- 
unter sind  sie  freilich  auch  genau  auf  die  einzelnen  Zellen  ver- 
teilt anzutreffen.    Obgleich  sie  im   Entodermzapfen  der  Gonophore 

18* 


272  Hbhbert  Constantin  Müller, 

ebenfalls  vorkommen,  sah  ich  sie  doch  niemals  in  den  Eizellen  oder 
Hodenpolstern. 

Was  an  den  Zooxanthellen  der  Pachycordyle  fusca  besonders  in- 
teressant ist,  das  ist  ihr  Verhalten  außerhalb  des  tierischen  Gewebes. 
Es  sei  mir  gestattet,  vor  der  Anführung  meiner  Beobachtungen  — 
die  ich  in  gleicher  Weise  vergebens  auch  auf  den  Xanthellen  der 
Aglaophenien  zu  machen  versuchte  —  einige  Literaturangaben  über 
hier  interessierende  freie  Zustände  der  symbiontischen  Algen  durch- 
zugehen. 

Seit  dem  ersten  Zweifel  über  die  Natur  der  grünen  oder  gelben 
Zellen  im  tierischen  Gewebe  und  namentlich  mit  der  wachsenden 
Überzeugung  von  ihrer  pflanzlichen  Natur  hat  man  sich  bemüht, 
frei  lebende  Stadien  der  Algen  zu  finden. 

Im  Jahre  1871  gibt  Cienkowsky  (1)  an,  daß  bei  totem  Collo- 
£oum,  welches  längere  Zeit  (über  eine  Woche)  im  Seewasser  liegen 
blieb,  die  gelben  Zellen  fortfuhren,  freudig  zu  wachsen,  auch  dann, 
wenn  das  Protoplasma  und  die  Kapseln  der  ganzen  Kolonie  schon 
völlig  zerstört  waren.  Die  wachsende  Zelle  trat  nach  Cienkowsky 
aus  ihrer  Hülle  heraus  und  häutete  sich  mehrere  Male.  Während 
des  Wachstums  bekam  sie  lappige  Gestalt,  und  schließlich  ver- 
mehrte sie  sich  durch  Teilung.  —  Kael  Brandt  bestätigt  diese  An- 
gaben an  mehreren  Stellen  durch  eigene  Erfahrungen.  Er  beobachtete, 
daß  die  Algen  ihr  Wirtstier  wochenlang  überleben  können,  in  einem 
Falle  (2,  p.  399)  sogar  bis  zu  2  Monaten. 

Ein  selbständiges  Leben  der  Algen  außerhalb  des  tierischen 
Gewebes  läßt  im  Jahre  1882  L.  v.  Graff  vermuten.  Er  erwähnt 
(3,  p.  75),  daß  die  gelben  Zellen  der  Convoluta  paradoxa  den  ein- 
zelligen braungelben  Algen,  welche  die  Wände  seiner  Seewasser- 
Aquarien  überzogen,  „fast  gleich"  sind. 

In  demselben  Jahre  berichtet  Geza  Entz  (4)  in  einem  Referat 
über  einen  Vortrag,  den  er  bereits  1876  gehalten  hatte,  daß  die 
Chlorellen  gewisser  Infusionstiere  diese  verlassen  und  umherschwimmeu. 
Aus  den  grünen  Körperchen  im  Innern  des  Tieres  entwickeln  sich 
durch  Vierteilung  einzellige  Algen  der  Gattungen  Palmella,  Tetra- 
spora,  Gloeocystis,  Pleurococcus,  Raphidium,  Scenedesmus.  Entz  fährt 
wörtlich  fort:  „Einige  vergrößern  sich  nach  erfolgter  Encystierung 
beträchtlich;  aus  diesen  Cysten  schwärmen  endlich  Chlamydomonaden 
und  Euglenen  heraus."  Oft  soll  die  Weiterentwicklung  zu  Flagel- 
laten  schon  im  Wirtstiere  (z.  B.  Stentor  polymorphus)  vor  sich  gehen. 
Nach    Entz    wandert    in    die    betreffenden    Wirtstiere    nicht    eine 


Symbionten  bei  Hydroiden.  273 

l)estimmte  Alg-enart  ein,  sondern  die  verschiedensten  niederen 
Alg-en,  deren  Zoosporen  und  Flag'ellaten  sich  in  ganz  kleine 
Zellen  —  die  „Pseudo-Chlorophyllkörperchen"  —  verwandeln.  Zoo- 
cMorella  ist  ein  Zustand,  welchen  die  verschiedensten  Algen  annehmen 
können. 

Gegen  Entz  wendet  sich  berechtigterweise  Klebs  (6)  im 
Jahre  1885.  Er  führt  aus,  daß  Entz  die  Tiere  in  destilliertem 
Wasser  zerzupfte  und  nach  einigen  Wochen  die  erwähnte  Algen- 
flora vorfand.  Letztere  sei  aber  nicht  aus  der  Zoochlorella  hervor- 
gegangen, sondern  das  Wasser  mit  den  Versuchsobjekten  sei  von 
außen  her  mit  Sporen  oder  Ruhezuständen  der  Algen  infiziert 
worden. 

Auch  Beijerinck  (7)  nimmt  in  seiner  Schrift  aus  dem  Jahre 
1890,  die  mir  leider  nicht  zugänglich  war,  Stellung  zu  den  ENTz'schen 
Ausführungen.  Er  bestätigt,  daß  aus  Kulturen  mit  Zoochlorella 
Reinkulturen  von  Raphidien,  Scenedesmus  und  anderen  entstehen 
können,  und  stellt  sich  die  Frage,  ob  alle  diese  verschiedenen  Algen 
nur  weiter  entwickelte  Stadien  der  Chlorellen  seien.  Seine  Unter- 
suchungen führen  ihn  zu  dem  Ergebnis,  daß  dies  nicht  der  Fall  sei, 
vielmehr  die  Algen  aus  der  frisch  verschlungenen  Beute  der  ge- 
fangenen Stentoren  und  Hydren  stammen.  Damit  wäre  die  KLEBs'sche 
Ansicht  prinzipiell  gegen  Entz  bestätigt.  Am  Schlüsse  seiner  Arbeit 
gibt  Beijerinck,  nachdem  er  ausführlich  allerlei  Kulturversuche, 
unter  anderem  auch  mißglückte,  über  das  Züchten  von  Reinkulturen 
der  Chlorellen  beschrieben  hat,  kurz  an,  daß  es  ihm  zuletzt  doch 
noch  geglückt  sei,  die  Chlorellen  von  Hydra  auf  Grabenwassergelatine 
isoliert  zu  züchten.  Diese  Mitteilung  ist  aber  wegen  ihrer  Kürze 
und  Ungenauigkeit  gegenüber  den  ausführlich  beschriebenen  miß- 
glückten Versuchen  von  späteren  Autoren  mit  starkem  Mißtrauen 
aufgenommen  worden. 

Inzwischen  hatte  Brandt  im  Jahre  1883  in  seiner  großen  Arbeit 
über  die  Bedeutung  des  Chlorophylls  bei  Tieren  (5)  auf  p.  241—242 
erwähnt,  daß  er  in  Aiptasia  und  Beniera  zwischen  den  gewöhnlichen 
gelben,  runden  Zellen  auch  ovale,  mit  einer  leichten  Einkerbung  an 
einem  Pole  gefunden  hätte,  die  bestimmt  nur  eine  Modifikation  der 
runden  Zellen  wären.  Sie  zeigten  eine  überraschende  Ähnlichkeit 
mit  frei  lebenden  Algenschwärmern,  nur  daß  ihnen  die  Geißeln 
fehlten.  Dieselben  Schwärmer —  also  anscheinend  auch  ohne  Geißeln  — 
erhielt  Beandt  aus  Reinkulturen  von  gelben  Zellen  aus  Collosoum, 
Cassiopeia  und  Anthea.    Diese  Mitteilung  ist  die  erste  glaubwürdige 


274  Herbert  Constantin  Müller, 

Andeutung  über  einen  tatsächlichen  Schwärmzustand  der  pflanzlichen 
Symbionten  außej'halb  des  tierischen  Gewebes,  Ferner  fand  Brandt 
bei  seinen  Versuchen  mit  Actinien,  die  im  Dunkeln  sich  ihrer  Xan- 
thellen  entledigen,  bei  Anthea  cereus  var.  smaragdina  Folgendes.  In 
der  einen  Versuchsreihe  wurde  das  Tier  4  Monate  lang  dunkel  ge- 
halten und  warf  in  dieser  Zeit  sämtliche  Xanthellen  aus  [an  dieser 
Tatsache  zweifeln  Keeble  u.  Gamble  (14,  p.  171)].  Dann  wurde  das 
Tier  mehrere  Wochen  in  filtriertem  Seewasser  dem  Lichte  ausge- 
setzt, ohne  daß  sich  die  Xanthellen  wieder  einfanden.  Als  dann 
das  filtrierte  Wasser  durch  ständig  zirkulierendes,  frisches  See- 
wasser ersetzt  wurde,  konnte  B.  nach  2  Wochen  die  Xanthellen  in 
dem  Gewebe  der  Anthea  wieder  wahrnehmen.  Dies  würde  für  ein 
freies  (schwärmendes?)  Leben  der  Algen  zeugen. 

Weiter  berichtet  Famintzin  (8)  im  Jahre  1891,  daß  es  ihm  ge- 
lungen wäre,  die  in  Paramaecium  hursaria,  Süjlonychia  und  Stentor 
pohjmorpJms  vorkommenden  Chlorelleu  mit  unendlicher  Vorsicht  auf 
Agar-Agar  in  Reinkulturen  weiter  zu  züchten. 

1892  gibt  Le  Dantec  (9)  an,  daß  algenlose  Individuen  von 
Paramaecium  hursaria  in  Gegenwart  von  algenhaltigen  auch  mit 
Chlorellen  infiziert  werden.  Er  hat  aus  Versuchen  mit  solchen 
algenlosen  Paramäcien  und  den  Zoochlorellen  zerquetschter  algen- 
haltiger  unter  dem  Deckglas  festgestellt,  daß  die  Algen  vom  Tiere 
zunächst  gefressen  und  mit  einer  Vacuole  umgeben  werden,  daß  aber 
diese  Vacuole  bald  wieder  schwindet  und  die  Alge  dann  direkt  im 
Zelleib  liegt  und  sich  durch  Vierteilung  vermehrt.  Auch  nach  Le 
Dantec  haben  die  Algen  außerhalb  des  tierischen  Körpers  selb- 
ständige Lebensfähigkeit  in  rein  anorganischen  Medien. 

Ebenso  wie  Famintzin  und  Le  Dantec  soll  Dangeaed  (10)  im 
Jahre  1900  durch  Maceration  der  Körper  von  Stentor,  Paramaecium 
oder  Frontonia  frei  lebende  Kolonien  der  symbiontischen  Algen  er- 
halten haben.  Leider  war  mir  die  Arbeit  Dangeaed's  nicht  zu- 
gänglich. 

Sehr  interessant  sind  die  Entdeckungen  Schaudinn's  aus  dem 
Jahre  1899  (11).  Er  sah,  daß  die  Xanthellen  von  Trichosphaerium 
im  Hungerzustande  aus  dem  Tiere  heraustreten.  Dabei  bemerkte 
er  zunächst  eine  lebhafte  rotierende  Bewegung  des  Plasmas  in  der 
Cellulosemembran ;  dann  platzt  diese,  und  das  Plasma  kriecht  amöboid 
heraus.  Bald  nimmt  es  eine  ovale  Gestalt  an,  und  an  einem  Pole 
bildet  sich  eine  seichte  Vertiefung,  aus  der  2  lange,  lebhaft  flirrende 
Cilien  hervorwachsen,  mit  deren  Hilfe  die  Xanthelle  davonschwimmt. 


Symbionten  bei  Hydroiden.  275 

•Gleichzeitig-  entsteht  an  demselben  Pol  ein  Schlund.  Schaudinn 
betrachtet  die  Xanthellen  im  Tierinnern  als  Ruhestadien  von 
Flagellaten. 

Im  Jahre  1904  fand  Penaed's  (12,  p.  62)  mit  Adinosphaerium 
'cicJihorni  die  Alge  Spliaerocystis  schroeteri  in  Symbiose  lebend. 
Neben  der  gewöhnlichen  kugligen  Form  der  Alge  fand  er  auch 
noch  eine  ovoide  Form  von  7— 10  ^a  Größe,  die  mit  einer  Membran 
umkleidet  ist.  Innerhalb  des  Actinosphaerium  konnte  er  an  der 
^voiden  Form  durchaus  keine  Geißeln  bemerken.  Es  gelang  ihm 
aber,  einige  dieser  besonderen  Formen,  die  sich  zufällig  in  den 
•großen  Vacuolen  des  Ectoplasmas  befanden,  nach  außerhalb  des 
Tierkörpers  zu  befördern.  Hier  sah  er  nun  nach  einiger  Zeit  an 
dem  vorderen  Ende  der  befreiten  Sphaerocijstis  eine  Verlängerung 
entstehen,  auf  die  bald  noch  eine  zweite  folgte;  nach  einigen 
Stunden  waren  bereits  bei  vielen  Individuen  aus  diesen  Ver- 
längerungen 2  Cilien  geworden,  die  sehr  fein  waren  und  um  ein 
weniges  länger,  als  die  Länge  der  Alge  selbst  betrug.  Diese  Cilien 
Tvurden  bewegt,  jedoch  ohne  daß  die  Alge  ihren  Platz  verließ.  Nur 
mitunter  wurde  die  Hülle  verlassen  und  als  leere,  klare  und  ver- 
hältnismäßig dicke  Kapsel  zurückgelassen.  24  Stunden  später  ver- 
loren die  Algen  wieder  ihre  Cilien,  blieben  ohne  Bewegung  liegen 
und  vermehrten  sich.  Diese  geißelbesitzenden,  isolierten  Individuen 
stellen  nach  Penard  nichts  anderes  dar  als  Zoosporen. 

1905  und  1907  haben  Keeble  u.  Gamble  (12  u.  13)  die  sehr 
interessanten  Verhältnisse  bei  Convoluta  roscoffensis  beschrieben.  Die 
aus  dem  Ei  schlüpfenden  jungen  Individuen  haben  noch  keine  Algen 
in  ihren  Geweben.  Erst  ungefähr  nach  3  Tagen  werden  sie  infiziert 
und  zwar  mit  farblosen  Formen  der  betreifenden  Alge,  die  zu  den 
€hlamydomonadeae  gehört.  Im  Tiere  schwillt  die  Membran  des  in- 
fizierenden Organismus  stark  an,  und  es  findet  Teilung  statt.  Die 
Alge,  die  in  einer  großen  und  einer  kleinen  Form  erscheint,  ver- 
mehrt sich  in  der  kleinen  Form  durch  Vierteilung,  in  der  großen 
durch  Achtteilung.  Die  Tochterzellen  wandern  aus  der  großen 
Mittelvacuole  der  Convoluta  an  ihre  endgültigen  Plätze,  wo  sie  zu- 
nächst auch  in  kleine  Vacuolen  eingebettet  sind.  Allmählich  scheidet 
•sich  der  Protoplast  in  grünen  Chloroplasten  und  farbloses  Proto- 
plasma. Übrigens  kann  die  Infektion  auch  durch  die  grünen  Algen 
geschehen.  Bei  der  weiteren  Teilung  der  Algen  im  ConvohUa-Gewehe 
kann  man  eine  fortschreitende  Degeneration  wahrnehmen,  als  deren 
erstes    Kriterium   Keeble   u.  Gamble   das   Schwinden   der  deutlich 


276  Herbert  Constantin  Müller, 

sichtbaren  Zellmembran  ansehen,  die  sich  aber  am  deutlichsten  in 
einer  vollständigen  Degeneration  des  Kernes  äußert.  Keeble  u. 
Gamble  vergleichen  die  pflanzlichen  Symbionten  der  erwachsenen 
ConvoJuta  mit  den  roten  Blutkörperchen  der  höheren  Wirbeltiere,  die 
bei  beschränkter  Lebensfähigkeit  eine  ganz  spezialisierte  P'unktion 
haben.  Die  Algen  aus  einer  erwachsenen  Convoluta  sind  nicht  mehr 
imstande,  außerhalb  des  tierischen  Organismus  ein  selbständiges- 
Leben  zu  führen.  Mit  dem  Tode  der  Convoluta  geht  unbedingt  die- 
in  ihr  enthaltene  Algengeneration  zugrunde,  da  sie  das  Ei  ihres- 
Wirtstieres  nicht  infizieren  kann.  Die  Infektion  der  jungen  Con- 
voluten  kann  deshalb  nie  von  einer  Alge  geschehen,  deren  Vorfahre» 
je  im  Körper  einer  Convoluta  gelebt  haben,  sondern  muß  stets  voa 
Individuen  der  frei  lebenden,  schwärmenden  Generation  geschehen. 
Die  schwärmenden  Chlamydomonadeae  werden  chemotactisch  an  die 
Eikapseln  herangezogen  und  entwickeln  sich  in  diesen  zu  großerfc 
Mengen  farbloser  oder  grüner  Schwärmer,  die  die  vorher  aus- 
geschlüpften jungen  Tiere  infizieren.  Die  schwärmenden  Algen  be- 
sitzen 4  Geißeln  und  treten  in  einer  größeren  und  einer  kleineren 
Form  auf.  Alle  diese  Verhältnisse  haben  Keeble  u.  Gamble  mit 
bewunderungswürdiger  Sorgfalt  und  Genauigkeit  festgestellt. 

1907  wiederholte  Winter  (15)  an  den  Symbionten  von  Peneroplis 
die  oben  geschilderten  Erfahrungen  Schaudinn's.  Während  der 
Umwandlung  des  amöboiden  Zelleibes  in  einen  flagellatenähnlichen 
Zustand  bemerkte  er  zuweilen  rotierende  Bewegung. 

Neuesterdings  (1909)  hat  Wesenberg  -  Lünd  (16)  im  Freien  in 
den  ersten  Wintermonaten  nach  Zerfall  ungemein  zahlreicher  Sten- 
torenkolonien,  die  mit  Zoochlorellen  in  Symbiose  leben,  die  betretten- 
den Gewässer  mit  pelagisch  lebenden  grünen  Algen,  ein  richtiges- 
Zoochlorellenplancton,  gefunden.  Es  liegt  nahe,  zu  vermuten,  daü 
die  plötzlich  auftretenden  Algen  aus  den  Geweben  der  gestorbenen 
Stentoren  stammen. 

Aus  dieser  Zusammenstellung  ersieht  man,  daß  es  außer  den 
Beobachtungen  Penabd's  und  Keeble  u.  Gamble's  noch  nicht  ge- 
lungen ist,  viel  über  ein  freies,  schwärmendes  Leben  der  zahlreichen 
symbiontischen  Chloreilen  und  Xanthellen  zu  erfahren.  Wenn  ich 
jetzt  zu  meinen  eigenen  Beobachtungen  übergehe,  so  möchte  ich  von 
vornherein  betonen,  daß  sie  auch  nicht  geeignet  sind,  grundlegende 
Aufklärungen  zu  geben,  da  mir  die  Zeit  zu  eingehenden  Versuchen 
mangelte  und  ich  mich  auch  hier  durchaus  auf  gelegentliche  Be- 
obachtungen beschränken  mußte.    Was  ich  in  erster  Linie  bezwecke. 


Symbionten  bei  Hydioideu.  277 

ist,  eine  Anregung  für  eine  besonders  gründliche  Untersuchung  der 
interessanten  Verhältnisse  bei  Pachycordyle  fusca  zu  geben.  Das 
Objekt  ist  durch  die  Einfachheit  seiner  Gestaltung  und  die  Über- 
sichtlichkeit der  gesamten  biologischen  Verhältnisse  ungemein  für 
derartige  Untersuchungen  geeignet. 

Vorausschicken  will  ich,  daß  in  den  Eizellen  der  Pachycordyle  fusca 
nie  Xanthellen  anzutreffen  sind,  also  Infektion  jeder  neuen  Generation 
durch  schwärmende  Algen  stattfinden  muß.  In  einem  Stückchen  leerer 
Perisarkröhre,  dessen  letztes  Plasma  gerade  abgestorben  war  und 
das  an  den  beiden  offenen  Enden  durch  Schleim,  Schlamm,  Plasma- 
reste usw.  verschlossen  war,  sah  ich  zum  ersten  Male  die  Eigen- 
bewegung der  Xanthellen.  In  dieser  Eöhre  waren  einzelne  Algen, 
völlig  losgelöst  von  jeglichem  tierischen  Gewebe,  zurückgeblieben. 
Unter  ihnen  hatten  die  meisten  bei  der  gewöhnlichen  Breite  eine 
kaum  merkliche  Längsstreckung  und  in  der  Mitte  eine  ebenso 
schwache  Einschnürung  erfahren,  ähnlich  wie  es  zum  Beginn  der 
Zweiteilung  vorkommt,  nur  daß  die  Bildung  einer  Quermembran 
unterblieb.  Außerdem  waren  diese  Xanthellen  auch  etwas  dunkler 
gefärbt  als  normale.  Diese  Individuen  waren  es,  die  die  Bewegungen 
ausführten.  Die  Veränderungen  an  ihnen  sind  jedoch  so  gering- 
fügig, daß  ich  auf  keinen  Fall  behaupten  will,  alle  schwärmenden 
Algen  der  Pachycordyle  fusca  hätten  diese  Veränderungen  erfahren. 
Die  Xanthellen  begannen,  kurz  nachdem  ich  das  Schälchen  auf  den 
Mikroskoptisch  gesetzt  hatte,  sich  zunächst  langsam  um  die  eigene 
Achse  zu  drehen  und  sich  dabei  vorwärts  zu  bewegen.  Doch  dies 
währte  nur  einen  Augenblick;  dann  ging  die  Bewegung  in  eine 
schnell  kreisende  über,  wie  wenn  die  Alge  an  einen  Faden  ange- 
bunden wäre  und  um  einen  Mittelpunkt  herumgeschleudert  würde. 
Gelegentlich  erschien  diese  Bewegung  auch  spiralig,  wie  das  Kreisen 
einer  Feuerwerkssonne.  Der  imaginäre  Mittelpunkt  der  Bewegung 
blieb  fest  bestehen.  Aus  dieser  kreisenden  Bewegung  heraus  schießt 
die  Xanthelle  plötzlich  ein  Stück  geradlinig  davon,  bis  sie  an  die 
Wand  der  Chitinröhre  stößt,  geht  auf  und  nieder,  wirbelt  zwischen  den 
anderen  tanzenden  Xanthellen  hindurch,  kreist  dann  wieder  einen 
Augenblick,  schießt  wieder  fort  usw.  Alle  Bewegungen  geschehen 
sicher  und  gleichmäßig,  nur  werden  sie  oft  durch  plötzliches  Still- 
stehen unterbrochen  und  gewinnen  dadurch  den  Anschein  einer  ruck- 
artigen Bewegung.  So  habe  ich  die  Algen  sich  stets  bewegen  sehen 
und  nicht  nur  innerhalb  geschlossener  oder  offener  Chitinröhren, 
sondern   auch  im   freien   Wasser,  wo  die  Beobachtung  naturgemäß 


278  Herbert  Constantin  Müller, 

schwerer  ist.  Hier  sah  ich  wiederholt,  daß  die  Kugeln  plötzlich 
aus  dem  Tanzen  innerhalb  eines  beschränkten  Bezirkes  schnurstracks 
auf  das  in  der  Nähe  liegende  tierische  Gewebe,  von  dem  sie  sich 
isoliert  hatten,  zuschössen,  es  mehrere  Male  an  verschiedenen  Stellen 
kurz  berührten  und  dann  wieder  zur  alten  Stelle  zurückkehrten, 
um  lustig  weiter  zu  tanzen.  So  oft  ich  versuchte,  eine  der  umher- 
wirbelnden Xanthellen  einzufangen,  und  vorsichtig  die  Pipette 
näherte,  schössen  alle  in  dem  bewegten  Wasser  befindlichen  Algen 
auf  das  in  der  Nähe  liegende  Gewebe  der  Pachycordyle  fusca  zu 
und  hefteten  sich  an  dessen  Oberfläche  an.  Alle  Versuche,  sie  von 
dort  wegzuspülen,  scheiterten.  Bei  längeren  Beobachtungen  der  im 
freien  Wasser  tanzenden  Kugeln  fand  es  sich  zuweilen,  daß  eine 
von  ihnen  plötzlich  in  schnurgerader  Richtung  sich  von  der  Pachy- 
cordyle fortbewegte  und  nicht  wieder  zurückkehrte.  Die  im  Anfang 
erwähnte  langsame,  stetige  Drehbewegung  der  Xanthellen  um  die 
eigene  Achse,  die  meist  auch  mit  einer  gelinden  Fortbewegung  ver- 
bunden war,  konnte  ich  nicht  so  häufig  beobachten,  am  meisten 
nach  Ruhepausen  oder  in  Stadien  der  Ermattung,  kurz  bevor  sich 
die  Xanthelle  an  irgendeinem  Punkte  festsetzte.  Diese  langsame 
Fortbewegung  ist  nicht  zu  verkennen  und  hat  mit  der  ruhelosen, 
hastig  tanzenden  nichts  gemein.  Einmal  beobachtete  ich,  daß  eine 
unbeweglich  sitzende  Xanthelle  von  einer  großen  Amöbe  umflossen 
wurde.  Sobald  sie  jedoch  in  deren  Endoplasma  gekommen  war,  be- 
freite sie  sich  plötzlich  gewaltsam  und  bewegte  sich  ein  wenig  fort. 
Auch  die  Amöbe  kroch  von  der  betrettenden  Stelle  fort,  kehrte 
jedoch  bald  wieder  zurück  und  umfloß  die  Xanthelle  noch  ein- 
mal. Wieder  suchte  sich  diese  durch  eine  plötzliche  Bewegung 
aus  der  Umarmung  zu  befreien,  blieb  jedoch  an  der  Oberfläche 
der  Amöbe  hängen  und  wurde  nun  von  dem  weiterkriechenden 
Tiere  fortgetragen,  wobei  sie  sich  gleitend  und  drehend  hin-  und 
herbewegte. 

Die  Frage,  auf  welche  Art  und  Weise  die  eben  beschriebenen 
Bewegungen  bewerkstelligt  werden,  macht  sehr  viel  Schwierigkeiten. 
Am  still  liegenden  Objekt  lassen  sich  auf  der  dicken  Membran 
keinerlei  Geißeln  und  Cilien  entdecken.  Es  muß  dabei  aber  gesagt 
werden,  daß  die  Beobachtung  mit  stärkeren  Vergrößerungen  stets 
stark  unter  den  die  Xanthellen  umgebenden  Medien  litt.  Es  ist 
kaum  anders  möglich,  als  daß  die  Fortbewegung  mit  Hilfe  von 
Cilien  oder  Geißeln  ausgeführt  wird.  Daß  es  nicht  etwa  irgend- 
welche anderen  Organismen  sind,  an   denen  die  Xanthellen  haften 


Symbionten  bei  Hydroiden.  279 

und  von  denen  sie  mitgeschleppt  werden,  dafür  bürgt  ihr  tanzendes 
Spiel  innerhalb  der  geschlossenen  Chitinräume,  in  die  ein  fremder 
Organismus  nicht  eingedrungen  sein  kann.  Die  drehende  und  langsame 
Fortbewegung,  die  ja  auch  Winter  an  den  Xanthellen  von  PeneropUs 
beobachtet  hat,  erweckt  ganz  den  Anschein,  als  ob  sie  von  einem 
Wimperkleid  ausgeführt  würden,  das  über  die  ganze  Membran  ver- 
teilt ist.  Einige  Male  glaube  ich  denn  auch  an  Xanthellen,  die 
durch  irgendeinen  Umstand,  wie  Festklemmen  oder  dergleichen,  ge- 
zwungen wurden,  in  der  Vorwärts-  und  Drehbewegung  aufzuhören, 
kurze  Zeit  nach  dem  Festsetzen  eine  Flimmerbewegung  an  der 
ganzen  Peripherie  entlang  laufen  gesehen  zu  haben.  Es  will  mir 
auch  ganz  natürlich  erscheinen,  daß  ich  bei  der  immerhin  schwachen 
Vergrößerung  (bis  öOOmal)  —  unter  einem  Deckglase  bewegten  sich 
die  Xanthellen  nie  —  das  schnelle  Schlagen  der  Wimpern  während 
der  Vorwärtsbewegung  nicht  erkennen  konnte  und  daß  die  Wimpern 
im  Ruhezustand  eingeschlagen  sind.  In  den  Fällen  nun,  in  denen 
ich  das  Schlagen  der  Wimpern  glaube  gesehen  zu  haben,  wurde  die 
Bewegung  der  Xanthelle  durch  irgendeinen  äußeren  Umstand 
plötzlich  gehemmt.  Einen  Augenblick  schlugen  die  Wimpern  noch 
weiter,  erlahmten  dann  in  ihrer  Bewegung  und  wurden  eingeschlagen. 
In  dem  Moment  der  Erlahmung,  des  Langsamerschlagens  konnte 
ich  meine  Beobachtungen  machen.  Ob  aber  die  schnelle,  kreisende, 
zickzackförmige  und  geradlinige  Bewegung  auch  von  denselben 
Wimpern  hervorgerufen  wird?  Dies  scheint  mir  wenig  wahrscheinlich, 
vielmehr  sieht  diese  ganze  Bewegungsart  so  aus,  als  ob  sie  von 
«iner  oder  mehreren  großen  Geißeln  ausgeführt  würden.  Und  in 
der  Tat  habe  ich  viermal  an  langsamer  tanzenden  Xanthellen  blitz- 
schnell einen  lichtbrechenden  Körper  wahrnehmen  können.  Auch 
von  einer  oder  mehreren  Geißeln  könnte  man  annehmen,  daß  sie  sich 
bei  einer  so  blitzartig  vor  sich  gehenden  Bewegung  der  Beobachtung 
entziehen  und  daß  sie  andrerseits  in  der  Ruhelage  ebenfalls  ein- 
geschlagen sind.  —  Nach  meinen  Vermutungen  besäßen  die  schwärmen- 
den Algen  der  Pachycordyle  fusca  also  2  Arten  von  Fortbewegungs- 
mitteln: Wimpern  und  Geißeln  nebeneinander,  die  aber  nicht  zu 
gleicher  Zeit  gebraucht  werden. 

Es  wird  hier  noch  interessieren,  daß  ich  in  meiner  oben  zitierten 
Arbeit  (18,  p.  411 — 412)  folgendes  anführte:  In  dunkel  gehaltenen 
Kolonien  von  Pachycordyle  fusca  drängen  sich  die  Zooxanthellen  in 
den  fiypostoraen  der  Hydranthen  bis  zur  äußersten  Möglichkeit  zu- 
sammen, während  die  übrigen  Stammteile  ganz   von  ihnen  entblößt 


280  HeRUBRT    CONSTANTIN   MÜLLER, 

werden.  Nach  und  nach  verlassen  dann  die  Algen  den  Hydranthen^ 
und  es  bleiben  nur  wenige  zurück,  die  sich  wieder  über  den  ganzen 
Hydrocaulus  verteilen.  Nach  meinen  obigen  Ausführungen  wird 
man  annehmen  können,  daß  die  Algen  selbständig  ausgetreten  und 
fortgeschwärmt  sind. 

Königsberg  i.  Pr.,  den  5.  November  1913. 


Symbionten  bei  Hydroiden.  281 


Literaturverzeichnis. 


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19.  1913.     — ,  — ,  Teil  IL     Thecata,  ibid..  Vol.  38. 


Nachdruck  verboten. 
Ubersetzimgsrecht  vorbehalten. 


Clausilium. 

Eine  morphologisch-physiologische  Studie. 

Von 
M.  V.  Kimakowicz-Winnicki,  Hermannstadt  (Siebenbürgen) 

Mit  Tafel  11. 


Im  Jahre  1867  verötfentlichte  v.  Vest  ^)  eine  verdienstvolle  Ab- 
handlung über  den  Schließapparat  der  Clausilien.  Er  benutzte  seine 
Studie  namentlich  dazu,  die  zahlreichen  Vertreter  der  genannten 
Molluskenabteilung  in  mehr  oder  weniger  scharf  begrenzte  Gruppen 
zu  gliedern. 

Wenn  auch  die  v.  VEST'sche  Abhandlung  anfangs,  besonders 
bei  Küster  2),  auf  argen  Widerspruch  stieß,  so  wurde  sie  schließlich 
dennoch,  namentlich  durch  Boettger  ^),  zur  Grundlage  unseres  heutigen 
Clausilien-Systems. 

W.  V.  Vest  ging  in  seiner  Forschung  vom  Clausilium,  dem 
Schließknöchelchen  —  wie  er  es  nannte  —  aus  und  ordnete  ihm  alle 
Lamellen  und  Falten,  die  sich  in  der  Gehäusemündung  bilden,  unter. 
Er  sagte,  es  habe  die  Bestimmung,  das  Tier  durch  Abschluß  von 
der  Außenwelt  gegen  Feinde  sowie  gegen  schädliche  Witterungs- 
einflüsse zu  schützen,  weshalb  man  das  Clausilium  als  einen  Vertreter 


1)  Über  den  Schließapparat  der  Clausilien,  Hermannstadt,    1867. 

2)  Die    Binnenkonchylien    Dalmatiene.     III.     Die    Gattung    Clausilia, 
Bamberg   1875,  p.    14fif. 

3)  Clausilienstudien,  Kassel   1877. 


284  M-    V.   KiMAKOWICZ-WiNNICKI, 

des  Deckels  anderer  Gastropodengattungen  ansehen  könne.  Die  Be- 
obachtung-, daß  das  Clausilium  das  Gehäuse  in  der  Regel  nicht  luft- 
dicht abschließe,  leitete  ihn  zur  Annahme,  daß  es  auch  zur  Respiration 
des  Tieres  in  irgend  welcher  Beziehung  stehe,  dann  aber  auch  die 
Bestimmung  habe,  die  erforderliche  feuchte  Luft  bei  eintretender 
Dürre  festzuhalten.  Er  findet  für  letztere  Annahme  darin  eine 
Bestätigung,  daß  die  auf  nebligen  Höhen  und  an  Meeresküsten 
lebenden  Arten  ein  schmäleres  Clausilium  oder  auch  gar  keines 
bauen. 

In  betreff  der  Gaumenfalten  ist  v.  Vest  der  Ansicht,  daß  sie, 
namentlich  die  stets  durch  Länge  und  Höhe  ausgezeichnete  oberste 
—  die  Principale  — ,  die  Bestimmung  haben,  dem  geschlossenen 
Clausilium  als  Stützen  zu  dienen,  auf  welchen  es  sich  wie  auf  Bahn- 
schienen bewege  und  nach  keiner  Richtung  abweichen  könne.  Von 
der  Spirallamelle  und  der  obersten  Gaumenfalte  (Principale)  nimmt 
er  ferner  an,  daß  sie  beim  Austreten  des  Tierkörpers  aus  dem  Ge- 
häuse den  Gang  des  Clausiliums  regeln  und  das  Abbrechen  des  Stieles 
verhindern.  Der  Autor  meint  ferner,  daß  die  Unterlamelle  immer 
der  Form  des  Clausiliums  angepaßt  werde  und  daß  die  Oberlamelle 
so  wie  die  Gaumenwulst  die  Bestimmung  habe,  die  Mündung  zu 
verkleinern,  da  ohne  Abtrennung  eines  Teiles  der  darin  steckende 
Körperteil  sie  nicht  ganz  ausfüllen  würde.  Von  der  Gaumenwulst 
meint  schließlich  v.  Vest,  daß  sie  dem  Tier  bei  Drehungen  und 
Wendungen  des  Gehäuses  zu  statten  komme. 

Dies  wäre  in  wenigen  Worten  —  der  bezügliche  Teil  der 
V.  VEST'schen  Abhandlung  füllt  einen  ganzen  Druckbogen  aus  — 
die  einzige  bisher  aufgestellte  Ansicht  über  den  sogenannten  „Schließ- 
apparat" der  Clausilien. 

Ein  besonders  großes  Interesse  für  das  Studium  der  Clausilien 
veranlaßte  auch  mich,  schon  vor  Jahren  der  gleichen  Frage  näher 
zu  treten.  Ich  prüfte  vorerst  die  v.  VEST'schen  Angaben  und  fand 
in  den  meisten  Fällen  keine  Bestätigung  dafür,  was  ja  auch  zu 
erwarten  war,  da  v.  Vest  nur  das  Gehäuse  und  nicht  auch  das 
Tier  zum  Gegenstand  seiner  Untersuchungen  gemacht  hatte. 

Mittels  einer  feinen  Nadel  setzte  ich  das  Clausilium  in  Be- 
wegung und  konnte  bei  dessen  Funktion  bloß  einen  Zusammenhang 
mit  der  Unterlamelle  feststellen,  während  alle  übrigen  Lamellen  und 
die  Ganmenfalten  damit  gar  nicht  in  Berührung  kamen  oder  doch 
nur  in  der  Weise,  daß  das  geschlossene  Clausilium  auf  einer  oder 
mehreren   Falten  ruhte.    Die  Behauptung  v.  Vest's,  daß  sich   das 


Clausiliura.  285 

Claiisilium  über  den  Gaumenfalten  wie  auf  Bahnschienen  bewege 
und  daß  dessen  Bewegung  von  der  Spirallamelle  und  der  Principale 
geregelt  werde,  entbehrt  somit  jeder  Grundlage.  Auch  sah  ich  die 
ganze  Mündung,  also  nicht  nur  das  Interlamellare,  sondern  auch  die 
Bucht,  durch  das  ausgetretene  Tier  vollkommen  ausgefüllt,  die  Ober- 
lamelle und  die  Gaumenwulst  mußten  demnach  eine  andere  Be- 
stimmung haben,  als  v.  Vest  annahm. 

Ich  hatte  schon  manch  wertvolle  Beobachtung  gemacht,  doch  zu 
■einem  Abschluß  war  ich  noch  nicht  gelangt,  als  ich  mich  plötzlich 
in  ein  anderes  Gebiet  der  Wissenschaft  hineingedrängt  sah,  dessen 
mir  bis  dahin  fremdes  Studium  all  meine  Kraft  und  Zeit  erforderte, 
so  daß  ich  alles  andere  beiseite  legen  mußte. 

Als  ich  nun,  wenigstens  für  einzelne  Stunden,  zu  meinen  früheren 
Forschungen  zurückkehren  durfte,  war  ich  sehr  überrascht,  die 
Kenntnis  über  den  Clausilien-Apparat  auf  ihrem  einstigen  Niveau 
in  der  seither  erschienenen  überreichen  Molluskenliteratur  wieder 
zu  finden.  Es  hatte  sich  niemand  mit  dem  so  hoch  interessanten 
Thema  befaßt.  Nur  Simeoth  ^)  sprach  die  Vermutung  aus,  daß  das 
■Schließknöchelchen  der  Clausilien  mit  dem  Trockenheits-Schutzdeckel 
anderer  Lungenschnecken  zu  vergleichen  sei,  der  aus  dem  Schleim 
des  Mantelrandes  gebildet  werde,  nur  daß  er  hier  an  einer  Seite 
mit  der  Spindel  verschmilzt,  sonst  aber  ringsum  freibleibt.  Ein 
andermal  -)  macht  er  die  flüchtige  Bemerkung,  daß  er  das  Clausilium 
für  ein  dauerndes  Epiphragma  halte,  das  sich  mit  der  Schalenspindel 
verbunden  habe. 

Nun  tat  es  mir  leid,  das  Festgestellte  nicht  doch  publiziert  zu 
haben.  Es  ließ  sich  dies  nicht  mehr  ändern,  höchstens  nachholen. 
Doch  auch  das  Nachholen  war  so  einfach  nicht.  In  der  langen  Zeit 
war  vieles  meinem  Gedächtnis  entfallen,  und  die  flüchtigen  Notizen, 
die  ich  einstens  aufzeichnete,  waren  mir  zum  größten  Teil  un- 
verständlich geworden.  Ich  mußte  also  das  Studium  neu  beginnen, 
wobei  ich  wieder  auf  Schwierigkeiten  stieß.  Ich  verfügte  nicht 
mehr  über  das  frühere  reiche  Material.  Die  Terrarien,  die  ich  in 
meinem  Hausgarten  unterhielt,  waren  zerfallen  und  ihre  zahlreichen 
Bewohner,  die  ich  einstens  mit  größter  Sorgfalt  gepflegt  hatte,  zu- 
grunde gegangen.  Ich  mußte  mich  mit  ganz  bescheidenem,  in  der 
Eile  aus  nächster  Nähe  zusammengetragenem  Material  begnügen,  in 


1)  In:  Beonn,  Klass.  Ordn.  Tier- Reich,  Vol.  3,  Abt.  3,   1908,  p.  3. 

2)  a.   a.   0.,    1909,   p.   88. 

Zool.  Jahrb.  XXXVII,    Abt.  f.  Syst.  19 


286  M-    ^-    KiMAKOWICZ-WiNNICKI, 

der  xlnnahme,  daß  ich  in  der  Folge  meine  Forschungen  ergiebiger 
werde  entfalten  können. 

Meine  Studie  führte  mich  auch  an  Fragen  vorüber,  die  bis  jetzt 
entweder  noch  keine  oder  doch  nur  eine  Erledigung  fanden,  die  zu 
einer  vollen  Anerkennung  nicht  gelangte.  Gerne  hätte  ich  sie  bei- 
seite geschoben,  da  ein  eingehenderes  Studium  geboten  gewesen 
wäre.  Leider  ist  aber  die  Frage,  die  ich  im  Nachfolgenden  allein 
berühren  wollte,  so  sehr  mit  den  übrigen  verknüpft,  daß  eine  Trennung^ 
nicht  möglich  war. 

Die  Erforschung  des  Clausilien- Apparats  erforderte  nachfolgende 
Untersuchungen : 

Pneumostom. 

Neben  anderen  haben  sich  namentlich  Simroth  und  Biedermann 
Verdienste  um  die  Erforschung  der  Gastropoden-Locomotion  erworben. 
Die  große  Anzahl  der  von  ihnen  durchgeführten  Untersuchungen^ 
ihre  reichen  Beobachtungen  gestatten  einen  weiten  Einblick  in  den 
so  sehr  komplizierten  Bau  der  locomotorischen  Schneckensohle. 

Ich  hatte  mich  ebenfalls  dem  Studium  der  Gastropoden-Locomotion 
zugewendet,  und  zwar  geschah  dies  zu  einer  Zeit,  wo  ich  die  neue 
und  neueste  Literatur  über  das  Thema  noch  nicht  durchgesehen 
hatte.  Es  hatte  dies  den  Nachteil,  daß  ich  manche  der  bereits  be- 
kanntgewordenen Beobachtungen  nicht  heranziehen,  andrerseits  aber 
den  großen  Vorteil,  daß  ich  unbeirrt  die  von  mir  eingeschlagenen 
Wege  gehen  konnte. 

Im  Nachfolgenden  will  ich  nun  die  erreichten  Endziele  schildern,^ 
ohne  mich  jedoch  auf  eine  Polemik  gegenüber  anderweitigen  Forschungs- 
resultaten oder  auch  nur  auf  einen  Vergleich  einzulassen.  Es  sollen 
eben  alle  Fragen,  die  sich  nicht  direkt  um  das  Clausilium  handeln^ 
nur  nebenbei  berührt  werden.  Hervorheben  möchte  ich  aber  dennoch, 
daß  die  Resultate,  die  insgesamt  so  sehr  von  jenen  anderer  Forscher 
abweichen,  durchaus  nicht  so  einfach  zu  erreichen  waren,  wie  dies 
nach  den  kurzen  Ausführungen  den  Anschein  hat.  Oft  forderten 
selbst  geringfügige  Feststellungen  ein  langwieriges  Studium,  zahl- 
reiche Untersuchungen  und  ein  geduldiges  Beobachten,  das  gerade 
bei  den  Mollusken  durch  ihren  andauernden  Kontraktionszustand  oft 
hart  auf  die  Probe  gestellt  war. 


Clausiliura.  287 

Wird  ein  gelälimter  Liniax  —  ein  normaler  eignet  sich  nicht 
für  das  Experiment,  da  ei"  die  gewünsclite  Lage  nicht  einhält  — 
auf  den  Rücken  gelegt,  so  daß  dessen  noch  funktionsfähige  Sohle 
dem  Beschauer  entgegensieht,  dann  scheint  es,  als  wenn  am  Schwanz- 
ende cystenartige  Anschwellungen  entstünden,  die  nach  Erlangung 
einer  bestimmten  Ausdehnung  durch  die  nächstfolgend  entstehende 
nach  vorn  gedrängt  werden.  Das  Gesamtbild  des  locomotorischen 
Mittelfeldes  hat  das  Aussehen,  als  wenn  sich  eine  Perlenschnur 
kontinuierlich  kopfwärts  bewege.  Legt  man  nun  irgendeinen  kleinen 
Gegenstand  auf  eine  beliebige  Stelle  des  sich  wellenartig  bewegenden 
Sohlenfeldes,  dann  wird  er,  wenn  er  noch  so  unscheinbar  ist  und 
etwa  aus  einem  Bruchstück  eines  Stubenfliegenfiügels  besteht,  sofort 
in  rhythmische  Bewegung  versetzt.  Aufs  höchste  überrascht  ist  man 
durch  die  Erscheinung,  daß  der  Gegenstand  nicht  der  Richtung  der 
Wellen  folgt,  sondern  sich  gerade  entgegengesetzt  dem  Schwanz- 
ende nähert,  wo  angelangt  er  einfach  von  der  Sohle  herabfällt. 

Schon  dies  eine  Experiment  macht  es  vollkommen  klar,  daß 
die  locomotorische  Funktion  nicht,  wie  allgemein  angenommen  wird^ 
darin  besteht,  daß  die  Sohle  nach  vorn  gedehnt  werde,  es  wird 
vielmehr  durch  die  Funktion  die  Kriechfläche  nach  hinten  ge- 
stoßen und  auf  diese  Weise  der  Schneckenkörper  nach  vorn  ge- 
schoben. 

Um  einen  weiteren  Beweis  für  die  Richtigkeit  der  angeführten 
Beobachtung  zu  erwerben,  legte  ich  eine  erwachsene  Pomatia  pomatia, 
(LiN.)  in  ein  Zylindergläschen  von  100  mm  Durchmesser,  das  ich 
mit  einer  35  g  schweren  Glasplatte  zudeckte.  Das  Tier  gelangte 
manchmal,  an  der  Gefäßwand  emporkriechend,  bis  auf  die  Glasplatte. 
Im  Weiterkriechen  stieß  es  mit  dem  Kopf  an  die  gegenüberliegende 
Gefäßwand  und  blieb  stehen,  ohne  jedoch  das  locomotorische  Wellen- 
spiel einzustellen.  Die  Platte  begann,  doch  diesmal  nicht  in  rhyth- 
mische, sondern  in  kontinuierliche  Bewegung  zu  geraten.  Sie  wurde 
nach  hinten  geschoben.  Häufiger  kam  es  jedoch  vor,  daß  das  Tier 
sich  schon  beim  Hinauf  kriechen  an  der  Gefäßwand  mit  dem  Kopf 
an  die  Deckplatte  stemmte,  diese  hob  und  dann  durch  die  entstandene 
Spalte  zu  entfliehen  suchte.  Ich  steigerte  durch  Belastung  die 
Schwere  der  Platte  auf  250  g.  Auch  hier  gelang  es  fast  jedem  aus- 
gewachsenen Individuum  die  Platte  wegzuschieben  oder  in  die  Höhe 
zu  heben.  Die  Bewältigung  einer  derartigen  Last  wäre  zuverlässig 
ausgeschlossen,  wenn  die  Bewegung  durch  Dehnung  der  Sohle  nach 
vorn   erfolgte.    In  diesem  Falle  müßte  die  Spitze   der  Sohle  allein 

19* 


288  M.    V.    KiMAKOWICZ-WiNNICKI, 

die  Arbeit  verrichten,^  während  im  anderen  die  ganze  Sohlenfläche 
auf  das  Gewicht  der  Platte  einwirken  kann. 

Einen  hervorragend  wichtigen  Beweis  für  die  Kraftäußerung 
der  Sohle  nach  hinten  hat  bereits  Biedermann  ^)  in  einer  Studie, 
docli  in  anderer  Richtung  ausgenutzt  und  dabei  die  auffallendste 
Erscheinung  übersehen.  Es  handelt  sich  um  das  Experiment,  auf 
welches  Kunkel  ^)  zuerst  aufmerksam  machte,  der  einem  kriechenden 
Limax  tenellus  den  Kopf  abschnitt  und  dann  beobachtete,  daß  letzterer 
„sozusagen  nach  vorwärts  sprang".  Sprünge  nach  vorn  können 
aber  nur  dann  ausgeführt  werden,  wenn  die  Kraftäußerung  nach 
hinten  auf  die  Bodenfläche  erfolgt,  doch  niemals,  wenn  die  Sohle, 
sei  es  durch  „extensil"  wirkende  Muskelfasern,  wie  dies  Simroth  an- 
nimmt, oder  peristaltisch ,  wofür  Biedermann  eintritt,  nach  vorn 
gedehnt  wird. 

Ein  wesentlicher  Bestandteil  der  Locomotion  ist  bei  den  Gastro- 
poden das  Haftvermögen  der  Sohle  an  der  Kriechfläche.  Damit  wird 
die  rhythmische  Bewegung  in  eine  kontinuierliche  überführt.  Durch 
die  Enthauptung  geht  bei  Limax  tenellus  dieses  Haftvermögen  ver- 
loren, und  es  kommt  nach  der  Operation  die  erstbezeichnete  Bevvegungs- 
art  wieder  zur  Geltung. 

Die  Funktion  der  Sohle  in  caudaler  Richtung,  die  ich  im  Nach- 
folgenden der  Kürze  halber  mit  „Repuls-Locomotion"  bezeichne,  be- 
nutzt Pomatia  potnaUa,  worüber  ich  mich  später  ausführlicher  äußern 
werde,  oft  dazu,  um  ihr  Gehäuse  mit  einer  Winterschutzdecke  zu 
versehen. 

Bei  Basommatophoren,  die  mit  nach  unten  hängendem  Gehäuse 
an  der  Wasseroberfläche  kriechen,  eigentlich  schwimmen,  ist  während 
der  Bewegung  die  Sohle  in  voller  Tätigkeit,  was  leicht  daran  er- 
kannt werden  kann,  daß  ein  auf  sie  gelegter  Gegenstand  alsogleich 
in  der  Richtung  gegen  das  Schwanzende  zu  gleiten  beginnt.  Die 
Bewegung  erfolgt  kontinuierlich  und  nicht  rhythmisch,  wohl  deshalb, 
weil  die  dazwischenliegende,  sich  ununterbrochen  neu  bildende 
Schleimschicht  der  Sohle  in  Bandform  ebenfalls  nach  hinten  ge- 
schoben wird,  was  übrigens  auch  bei  den  Stylommatophoren  beim 
Kriechen  auf  dem  Lande  stattfindet.  Das  Wegschieben  des  Schleim- 
bandes genügt  gewiß  nicht,  um  das  Tier  unter  dem  Wasserspiegel 

1)  Innervation  der  Schneckensohle,  in:  Arch.  ges.  Physiol,  1906, 
p.   259. 

2)  Beobachtungen  an  Limax  und  Arion,  in :  Zool.  Anz.,  Vol.  26, 
1903,   p.   560  flf. 


Clausilium.  289 

in  Bewegung-  zu  setzen,  es  greift  vielmehr  die  Repulsion,  worauf 
ich  später  zurückkommen  werde,  auch  auf  den  Körper  über,  und 
damit  wird  die  Locomotion  veianlaßt.  Der  Sohle  fällt  dabei  die 
Aufgabe  zu,  das  Tier  an  der  Wasseroberfläche  festzuhalten  und 
dem  Einsinken  entgegen  zu  wirken,  was  ihr  durch  kahnförmige 
Krümmung  gelingt. 

Nach  Feststellung  der  aufgezählten  Argumente  hielt  ich  mich 
für  vollkommen  berechtigt,  die  Repuls-Locomotion  der  Gastropoden 
als  unumstößliches  Faktum  zu  betrachten,  und  hoffte  auch  auf  dieser 
Grundlage  das  weitere  Studium  der  Locomotionsfrage  erfolgreich 
durchführen  zu  können. 

Nun  trat  sogleich  die  Anforderung  in  den  Vordergrund,  für 
die  Repulsation  eine  Erklärung  zu  finden.  Es  war  dies  zw^eifellos 
die  schwerste  Aufgabe  in  der  ganzen  Locomotionsfrage.  Eine 
weitere  Steigerung  erfuhr  die  Schwierigkeit  namentlich  durch  das 
Wellenspiel,  das  ja  gewiß  an  der  Locomotion  mitbeteiligt  sein  mußte. 
Doch  ein  derartiges  durch  Muskelfunktion  hervorgerufenes  Bild 
konnte  unmöglich  mit  der  Repulsation  in  irgendwelchen  Zusammen- 
hang gebracht  werden. 

Nach  zahlreichen  Experimenten,  Untersuchungen  und  Beob- 
achtungen, nach  unzähligen  Quer-  und  Fehlgängen  gelangte  ich 
schließlich  zur  Überzetigung,  daß  die  sogenannten  locomotorischen 
Wellen  mit  irgendwelcher  Muskelfunktion  in  keinerlei  direktem 
Zusammenhang  stehen,  daß  sie  also  keinesfalls  durch  Muskeltätigkeit 
zustande  kommen  können. 

Wird  eine  Glasplatte,  auf  der  eine  Poni.  pomatia  vertikal  nach 
aufwärts  kriecht,  ohne  jede  Erschütterung  derartig  gewendet,  daß 
der  Kopf  der  Schnecke  nach  unten  zu  liegen  kommt,  daß  sie  nun 
also  abwärts  kriecht,  dann  verschwinden  plötzlich  alle  AVellen,  und 
die  Locomotion  kommt  ohne  solche  zustande.  Wendet  sich  das  Tier 
und  kriecht  mit  dem  Kopfende  wieder  nach  oben,  dann  erscheinen 
in  der  jeweilig  nach  oben  sich  bewegenden  Sohlenpartie  die  Wellen 
allsogleich  wieder,  während  der  bis  zum  Wendepunkt  abwärts 
ziehende  Sohlenteil  ohne  Wellen  bleibt.  Wird  w^ährend  des  Auf- 
w^ärtskriechens  an  dem  Gehäuse  gezogen,  dann  verschwinden  die 
Wellen  auf  Augenblicke,  wird  es  an  den  Körper  angedrückt,  dann 
erreichen  jene  ganz  auffallende  Breite  und  fallen  besonders  kräftig 
ins  Auge.  Wird  die  gleiche  Schneckenart  in  ein  Glasgefäß  einge- 
kerkert, das  mit  einer  Glasplatte  zugedeckt  ist,  und  gelingt  es  ihr 
einmal  die  Platte  zu  verschieben  oder  zu  heben,  dann  wird  sie  den 


290  ^I-    V-    KlMAKOWICZ-WlNNlCKI, 

Versuch  zu  entfliehen,  namentlich  an  einem  Frühlings-  oder  Früh- 
sommertag, wenn  nach  längerer  Trockenheit  ein  warmer  Regen  be- 
ginnt, bald  in  gleicher  Weise  wiederholen,  wenn  man  sie  das  erstemal 
daran  hinderte.  Beschwert  man,  ehe  dies  eintritt,  die  Platte  ent- 
sprechend, dann  stemmt  sich  das  Tier  mit  dem  Kopf  an  die  Platte 
oder  die  Gefäßwand  und  bietet,  bei  starker  Verkürzung  und  Ver- 
breiterung der  Sohle,  alle  Kraft  auf,  um  die  Decke  wegzustoßen. 
Während  der  ganzen  Dauer  des  Druckes,  der  auch  minutenlang  an- 
halten kann,  sieht  man  alle  Wellen,  sich  auffallend  verbreiternd, 
stabil  bleiben,  und  andere,  wenig  deutliche,  ziehen  in  rascher  Folge 
darüber  hinweg.  Einer  ähnlichen,  jedoch  nicht  so  sehr  andauernden 
Erscheinung  begegnen  wir,  wenn  eine  nach  aufwärts  an  einer  Glas- 
platte emporkriechende  Pom.  pomatia,  namentlich  wenn  sie  belastet 
ist,  erschüttert  wird.  Bei  Aplysia,  Pomatias,  Litorina  u.  a.  ziehen 
die  Wellen  in  umgekehrter  Richtung  von  vorn  nach  hinten,  und 
doch  bleibt  die  Wirkung  die  gleiche;  die  Tiere  kriechen  nach  vorn 
und  nicht  nach  hinten. 

Die  angeführten  sowie  ähnliche  anderweitige  Erscheinungen 
schließen  die  Annahme  aus,  daß  die  Wellen  durch  Muskeltätigkeit 
entstehen.  Ebenso  könnten  die  Wechselerscheinungen  im  Wellen- 
phänomen nicht  durch  eine  etwaige  Myosingerinnung  Aufklärung 
finden,  während  die  Annahme,  daß  die  Wellen  als  Reflexe  aufzu- 
fassen seien,  die  durch  das  die  Sohle  durchströmende  Blut  ent- 
stünden, wohl  die  größte  Aussicht  auf  einen  Erfolg  hätte.  Störungen 
in  der  Circulation  können  nach  zahlreichen  Veranlassungen  auftreten, 
und  Reflexe  sind  ebenfalls  vielen  Veränderungen  unterworfen.  Ent- 
stehen aber  die  Wellen  durch  Blutschwellung,  dann  ist  letztere,  in- 
folge des  energischen  Auftretens  der  ersteren,  unbedingt  an  der 
Locomotion  mitbeteiligt.  Eine  Erklärung  dafür,  in  welcher  Weise 
dies  mit  Aussicht  auf  einen  Erfolg  geschehen  könnte,  ist  gewiß 
nicht  schwer  aufzufinden.    Es  bedarf  nur  der  Vorstellung: 

1.  Daß  die  Längsmuskelfasern  der  Sohle  durch  die  zahlreichen 
Commissuren  des  Pedalnervensystems  in  ebenso  viele  Kontraktions- 
felder gegliedert  sind; 

2.  daß  nach  erfolgter  Auslösung  die  Kontraktion  der  Muskeln 
in  der  Richtung  des  Kopfes  erfolgt  und  nach  feststehender  Ordnung 
von  Bezirk  zu  Bezirk  fortschreitet; 

3.  daß  mit  der  Kontraktion  der  Muskeln  auch  die  zahlreichen 
Hohlräume  des  gleichen  Bezirkes  mit  kontrahiert  werden; 

4.  daß  infolge  dieser  Kontraktion  das  Blut  aus  den  Hohlräumen 


Clausiliuui.  291 

in  das  Lacuiieii System  an  der  Innenwand  des  Integuments  gedrängt 
wird ; 

5.  daß  das  Blut  aus  den  Lacunen,  nacli  jeweiliger  Erschlaffung 
«iner  Muskelgruppe,  in  die  Hohlräume  des  gleichen  Kontraktions- 
bezirkes mit  entsprechender  Gewalt  hineingepreßt  wird  und  jene 
in  caudaler  Richtung  ausdehnt. 

Die  zahlreichen  Stöße,  die  auf  diese  Weise  durch  das  Ein- 
strömen des  Blutes  in  die  Hohlräume  entstünden,  würden  unbedingt 
-ausreichen,  die  Kriechfläche  nach  hinten,  bzw.  den  Körper  nach  vorn 
zu  stoßen.  Es  würde  sich  somit  nur  darum  handeln,  eine  Kraft  zu 
«ermitteln,  die  geeignet  wäre,  die  Blutströmung  in  entsprechender 
Weise  zu  regeln. 

Ehe  ich  auf  dieses  Thema  weiter  eingehe,  will  ich  mich  über 
■eine  Erscheinung  äußern,  die  Biedeemann^)  als  Nachweis  für  peri- 
staltische  Locomotion  in  Anspruch  nimmt. 

Die  Pom.  pomatia-^ohlo,  ist  von  zahlreichen  Drüsen  durchsetzt, 
die  beim  Kriechen  des  Tieres  auf  einer  Glasplatte  schon  bei  Lupen- 
vergrößerung als  kleine  weiße  Punkte  wahrgenommen  werden  können. 
Faßt  man  einen  dieser  Punkte  ins  Auge,  dann  hat  es  den  Anschein, 
als  wenn  jede  darüber  fortschreitende  Welle  diesen  eine  Strecke 
nach  vorn  schiebe.  Die  gleiche  Beobachtung  kann  man  an  jeder 
anderen  Landschnecke  machen,  wenn  man  in  ihrer  Sohle  mittels 
•eines  fein  zugespitzten  Tintenstiftes  einen  Punkt  eintätowiert.  Die 
Erscheinung  beruht  auf  einer  Täuschung,  die  in  der  Art  zustande 
kommt,  daß  der  Vorstoß  des  Punktes  und  die  Welle,  die  dies  zu 
besorgen  scheint,  ein-  und  demselben  Pulsionsrhythmus  ihre  Ent- 
stehung verdanken. 

Bezüglich  der  Sohlenpulsation  gibt  ein  Experiment  sicheren 
Aufschluß  darüber,  daß  sie  mit  der  Herzpulsation  in  keinerlei  Zu- 
sammenhang stehe.  Es  handelt  sich  um  jenes,  welches  Biedermann''^) 
■dazu  benutzte,  um  aus  Gehäuseschnecken  künstliche  Nacktschnecken 
•darzustellen.  Nach  Unterbindung  des  Nackens  schnitt  er  Pom.  pomatia 
Bruchsack  samt  Gehäuse  über  der  Ligatur  weg.  Durch  die  Opera- 
tion verlor  die  Schnecke  neben  anderen  Organen  ihr  Herz  und  den 
größten  Teil  ihres  Kreislaufsystems,  sie  kroch  aber  trotzdem,  wie 
vorher,  noch  tagelang  umher. 


1)  Locomotorische  Wellen  der  Schneckensohle,  in:  Arch.  ges.  PhysioL, 
Vol.   107,    1905,  p.   11. 

2)  1.  c,  p.  40. 


292  M.    V.    KiMAKOWICZ-WiNNICKI, 

Wichtig  schien  mir  die  Beobachtung-,  daß  die  Landschnecken 
im  Zustand  der  Ruhe  ihr  Atemloch  entweder  geschlossen  oder  halb 
geöffnet  haben.  Kurz  vor  Beginn  der  Locomotion  hingegen  wird  es 
weit  geöffnet,  dann  wieder  geschlossen,  und  diese  Tätigkeit  währt 
an,  so  lange  die  Locomotion  fortdauert.  Es  fiel  mir  ferner  auf,  daß 
Landschnecken,  ins  Wasser  gelegt,  darin  viel  langsamer  kriechen 
als  außerhalb  dessen,  ja  daß  einige,  wie  kleine  Campylaeen,  manche 
Clausilien  etc.,  nicht  imstande  sind  daraus  hervorzukommen  und 
hilflos  ersticken.  Auch  die  Wasserschnecken  bewegen  sich  in  dem 
ihnen  vertrauten  Element  weit  weniger  rasch  als  Landschnecken 
auf  dem  Lande.  All  dies  deutete  darauf,  daß  die  während  des 
Kriechens  in  erhöhtem  Maße  aufgenommene  Luft  für  die  Locomotion 
ein  Erfordernis  sei  und  daß  höchstwahrscheinlich  durch  Luftdruck 
das  Blut  aus  den  Lacunen  in  die  Hohlräume  der  Sohle  hineingepreßt 
wird,  sobald  die  Erschlaffung  der  Längsmuskelfasern  nach  ihrer 
Kontraktion  erfolgt. 

Die  Beteiligung  des  Luftdruckes  an  der  Locomotion  findet  ferner 
in  der  großartigen  muskulösen  Entwicklung  der  Leibeswand  eine 
wesentliche  Stütze,  während  andrerseits  die  Entwicklung  der  Leibes- 
wand infolge  des  zu  leistenden  Widerstandes  leicht  erklärt  werden 
kann,  was  sonst  nicht  möglich  wäre. 

Von  den  zur  Erforschung  des  pneumatischen  Apparats  der 
Gastropoden  durchgeführten  Experimenten  will  ich  einige  hier  folgen 
lassen. 

Ich  führte  bei  verschiedenen  in  Locomotion  befindlichen  Land- 
schnecken Fremdkörper  in  das  Atemloch  ein.  Infolge  des  Reizes, 
den  erstere  verursachten,  wurde  das  letztere  geschlossen.  Die  Tiere 
schienen  sehr  beunruhigt  und  suchten  möglichst  rasch  zu  entfliehen. 
Doch  bald  darauf  war  zu  beobachten,  daß  sich  der  Wellengang 
wesentlich  verlangsamte,  ja  in  vielen  Fällen  gänzlich  aufhörte.  Die 
Wirkung  des  Experiments  war  aber  nicht  von  langer  Dauer.  In 
einiger  Zeit  hatten  sich  die  Tiere  an  den  Reiz  gewöhnt,  öffneten 
und  schlössen  trotz  Fremdkörper  das  Pneumostom  nach  Bedarf,  und 
die  frühere  Beweglichkeit  trat  wieder  ein. 

Auffallend  war  bei  diesem  Versuch  das  Benehmen  vom  Pom. 
pomatia  in  einigen  Fällen.  Sie  kroch  mit  dem  vorderen  Teil  der 
Sohle  über  das  aus  dem  Atemloch  vorstehende  Hölzchen  hinweg,, 
bog  dann  den  Kopf  nach  unten  und  setzte  ihre  Bewegung  an  dem 
hinteren  Teil  der  Sohle  fort,  so  daß  das  Hölzchen  zwischen  den 
beiden  Sohlenteilen   wie  zwischen   den  Blättern  eines  geschlossenen 


Clausilium.  293 

Buches  eingeklemmt  war.  Nun  wendete  das  Tier  den  Körper  nach 
der  entgegengesetzten  Seite  und  zog  den  Fremdkörper  aus  dem  Atem- 
loch heraus.  Diese  sowie  auch  die  oben  erwähnte  Beobachtung,  daß 
ein  in  einem  Gefäß  gefangen  gehaltenes  Individuum  den  Versuch  zu 
entfliehen,  wenn  man  es  das  erste  Mal  daran  hinderte,  in  gleicher 
Weise  wiederholt,  deuten  auf  eine  ziemlich  hohe  instinktive  Be- 
gabung bei  Pom.  pomatia. 

Ich  injizierte  zahlreiche  Arten  mit  verschiedenen  Farbstoffen. 
Bei  den  Gehäuseschnecken  war  der  Erfolg  nicht  von  Bedeutung. 
Wurde  durch  das  Atemloch  injiziert,  dann  gelangte  die  Flüssigkeit 
nicht  in  den  Körpersinus  und  rann  auf  gleichem  Wege,  wie  sie  ein- 
gedrungen war,  wieder  aus.  Eine  Injektion  in  den  Körpersinus 
durch  die  Leibeswand  war  schwer  durchzuführen  und  gelang  auch 
nur  in  einzelnen  Fällen,  da  das  Tier  sich  gleich  nach  dem  Ein- 
dringen der  Spitze  des  Injektionsapparats  oft  blitzschnell  in  das 
Gehäuse  zurückzog.  Bei  Pom,  pomatia  nahm  die  Körperwand  bei 
Anwendung  von  Methylenblau  eine  grüne  Färbung  an.  Doch  wie 
die  Färbung  vor  sich  ging,  konnte  nicht  beobachtet  w^erden,  da  sich 
das  Tier  für  längere  Zeit  in  das  Gehäuse  zurückgezogen  hatte. 

Um  vieles  günstiger  gestalteten  sich  die  Versuche  bei  Nackt- 
schnecken, die  ich  durch  das  Pneumostom  injizierte.  Die  Färbung 
des  Integuments  erfolgte  sofort  nach  Einführung  des  Farbstoffes  in 
die  Leibeshöhle  und  gewann  am  Kopf  immer  mehr  an  Intensität,  die 
sich,  gegen  das  Schwanzende  allmählich  fortsetzte,  bis  schließlich 
der  ganze  Körper  gleichmäßig  gefärbt  war.  Bloß  der  Mantel,  der 
anfangs  nur  wenig  verändert  wurde,  blieb  immer  heller  als  die 
übrigen  Körperteile.  Die  mit  Methj'lenblau  gefärbten  Tiere  glichen 
in  ihrem  neuen  Schmuck  auffallend  dem  Limax  coerulans  M.  Blz.^ 
die  Farbe  war  bis  an  die  Epithelzellen  und  zwischen  diese  ein- 
gedrungen. Die  Raschheit,  mit  welcher  dies  geschah  —  einige 
Sekunden  genügten  hierfür  —  läßt  keinen  Zweifel  darüber  aufkommen^ 
daß  das  Eindringen  des  Farbstoffes  in  sämtliche  Hohlräume  durch 
pneumatischen  Druck  erfolgte. 

Eine  überraschende  Erscheinung  trat  auf,  wenn  eine  gesättigte 
Karmin- Wassermischung  injiziert  wurde.  Die  Färbung  vollzog  sich 
in  diesem  Falle  um  vieles  langsamer,  so  daß  ihr  Fortschritt  genau 
beobachtet  werden  konnte.  An  der  Sohle  begann  sie  bloß  am  Kopf- 
ende und  gewann  hier  auch  immer  mehr  an  Intensität,  Sie  pflanzte 
sich  von  da  allmählich  gegen  das  Schwanzende  fort,  bis  schließlich 
die  ganze  Fläche  gleichmäßig  gefärbt  war.    Mit  dem  Fortschreiten 


294  ^-    ^-    KiMAKOWICZ-WiNNICKI, 

der  Färbung  ging  aber  nicht  nur  die  Locomotion,  sondern  auch  das 
Haftvermögen  der  Sohle  verloren,  und  in  kurzer  Zeit  war  das  Tier 
in  seinen  Bewegungen  vollständig  gelähmt,  während  die  Muskel- 
funktion noch  lange  erhalten  blieb.  Die  Karminkörnchen  hatten 
das  Capillarsystem,  welches  die  Lacunen  mit  den  Hohlräumen  der 
Sohle  verbindet,  verlegt  und  die  Flüssigkeitszirkulation  unmöglich 
gemacht,  was  auch  den  Tod  der  Tiere  oft  schon  nach  einigen  Stunden 
herbeiführte. 

Mit  diesem  Experiment  war  nachgewiesen,  daß  die  durch  Luft- 
druck zustande  kommende  Blutschwellung  der  Sohle  allein  die  moto- 
rische Kraft  ist,  die  die  Locomotion  veranlaßt,  während  sich  die 
Muskeltätigkeit  nur  indirekt  daran  beteiligt. 

Doch  nicht  nur  die  Sohle  allein,  sondern  auch  das  ganze  übrige 
Integument  wird  durch  in  Hohlräume  hineingedrängtes  Blut  ge- 
schwellt. Auch  Biedermann  und  Simroth  ^)  haben  beobachtet,  daß 
über  die  Körperrunzelung  Wellen  wegschreiten,  die  sich  sowohl 
nach  hinten  wie  auch  nach  vorn  bewegen  können.  Erstere  erfolgen 
durch  Blutschwellung,  letztere  durch  Muskelkontraktion.  Durch 
diese  Tätigkeit  der  Leibeswand  kommt  bei  den  Basommatophoren 
das  Schwimmen  unter  der  Wasseroberfläche  zustande. 

Die  Injektion  mit  Farbstoffen,  die  sich  im  Wasser  vollständig 
lösen  und  auch  nicht  ätzend  wirken,  hat  keine  nachteiligen  Folgen 
auf  die  Tiere,  sie  bleiben  aber,  wie  es  scheint,  bis  an  ihr  Lebens- 
ende gefärbt,  wenn  auch  die  Intensität  der  Färbung  nach  einigen 
Wochen  merklich  abnimmt.  Arion  Jwrtensis  Fee.  und  Ärion  bour- 
guignati  Mabil.,  die  sich  durch  ein  sehr  kräftig  entwickeltes,  dick- 
wandiges Integument  auszeichnen,  überwinden  in  Fällen,  wo  ihnen 
keine  besonders  reiche  Karminzuführung  zugedacht  war,  die  anfäng- 
liche Lähmung,  beginnen  wieder  zu  kriechen  und  leben  wochenlang 
weiter.  Es  scheint  dies  mit  ihrem  besser  entwickelten  pneumati- 
schen Apparat  im  Zusammenhang  zu  stehen,  der  die  anfänglichen 
Schwierigkeiten  schließlich  dennoch  überwindet. 

Verliert  eine  Nacktschnecke  ihr  Schwanzende,  dann  hat  dies  auf 
die  Locomotion  wenig  Einfluß.  Die  reiche  Muskulatur  zieht  die 
Wunde  vollständig  zusammen,  und  es  kann  im  Körpersinus  immer- 
hin eine  Luftpressung  zustande  kommen.  Anders  verhält  es  sich, 
wenn  eine  größere  Wunde  die  Seitenwand  eines  Tieres  durchbricht. 
Jene  kann  nicht  kontrahiert  werden,  und   das  Kriechen  des  Tieres 


1)  In:  Zool.  Ctibl.,  Vol.   15,    1908,  p.   HO. 


Clausilium.  295 

wird  unmög'licli.  Ich  machte  in  den  hinteren  Teil  einer  Seitenwand 
von  Ärion  hortensis  eine  mehrere  Millimeter  lange  Schnittwunde. 
Der  hintere  Teil  der  Sohle  war  damit  gelähmt,  während  der  vordere 
noch  in  F'unktion  blieb  und  auch  den  hinteren  nachzog.  Bei  einem 
anderen  Präparat  wurde  die  Wunde  zwischen  Kopf  und  Schild  ge- 
macht, womit  die  Lähmung  des  vorderen  Sohlenteiles  eintrat.  In 
diesem  Falle  schob  die  noch  funktionsfähige  hintere  Sohlenhälfte 
den  vorderen  gelähmten  Teil  nach  vorn.  Mit  der  Lähmung  der 
Kopfhälfte  kam  auch  das  Ausstülpen  der  Tentakel  nicht  wieder  zu- 
stande. In  beiden  Fällen  der  Verwundung  dauerte  die  partielle 
Locomotionsfähigkeit  nur  kurze  Zeit  an,  dann  folgte  gänzliche 
Lähmung, 

Bei  diesem  Versuch  wurde  ich  durch  jeweilig  auftretene  partielle 
Lähmung  auf  die  Zweiteilung  des  Körpersinus  aufmerksam,  die  der 
Gruppierung  der  Pallialorgane  während  der  Locomotion  ihre  Ent- 
stehung verdankt.  Man  kann  diese  Lagerung  namentlich  gut  bei 
durchscheinenden  Individuen  des  Liniax  arborum  beobachten,  doch 
auch  bei  Limax  variegatus,  wenn  er  für  einige  Tage  in  einem  Gläs- 
chen mit  Glasdeckel  oder  Glasstöpsel  dem  Lichte,  doch  nicht  der 
Sonne,  ausgesetzt  war.  Das  Integuraent  wird  dann  gut  durch- 
scheinend und  gestattet  die  Beobachtung  der  Pallialorgane.  Um 
das  Leben  des  Tieres  braucht  man  nicht  besorgt  zu  sein,  es  hält 
einzeln  eingekerkert  in  einem  100  g-Gläschen,  das  mit  Glasstöpsel 
verschlossen  ist,  ohne  Luftzutritt  und  Nahrungsaufnahme  und,  wie 
es  scheint,  ohne  Schaden  zu  leiden,  ein  halbes  Jahr  und  länger  bei 
4—16°  C  Wärme  aus. 

Der  größte  Teil  der  Pallialorgane  liegt  während  des  Kriechens 
unter  dem  Mantel  zusammen  gedrängt  und  scheidet  septenartig  den 
Körpersinus  in  zwei  Räume.  Dies  läuft  offenbar  auf  die  Konstruk- 
tion eines  Doppelgebläses  hinaus,  wie  dies  in  erhöliter  Vollkommen- 
heit bei  den  Gehäuseschnecken  erhalten  blieb.  Hier  funktioniert 
der  Intestinalsack  als  Luftsauger,  der  Körpersinus  als  Windsammler 
und  der  Nackenkanal,  der  beide  verbindet,  als  Ventil.  Bei  den 
Nacktschnecken  bildet  der  Kopfsinus  den  Windsammler,  und  damit 
findet  auch  die  künstliche  Färbung  der  Sohle  in  der  Richtung  vom 
Kopf  gegen  das  Schwanzende  eine  Erklärung.  Dem  Hinterleibsinus 
fällt  die  Rolle  eines  Luftsaugers  zu,  während  eines  der  Pallialorgane 
als  Verbindungsventil  funktioniert.  Durch  diese  Doppelgebläse- 
einrichtung wird  der  Druck  auf  das  die  locomotorische  Sohle 
schwellende  Blut  ein  kontinuierlicher,  während  er  im  anderen  Falle 


296  M-    ^-    KiMAKOWICZ-WiNNICKI, 

in  rhythmischer  Folge  wirken  müßte,  was  die  Bewegung  nichts  weniger 
als  günstig  beeinflussen  würde. 

Durch  das  Einpressen  der  Luft  in  den  Windsammler  kommen 
oft  rhythmische  Schwellungen  bei  jungen  und  anderen  Schnecken 
mit  dünnwandigem  Integument  in  der  Nähe  des  Kopfes  vor.  Diese 
Erscheinung  hat  Biedermann  ^)  irrtümlich  als  „Verdickungswellen" 
gedeutet. 

Aus  der  Einrichtung  des  locomotorischen  Apparats  geht  aber 
auch  zur  Genüge  deutlich  hervor,  weshalb  die  Gastropoden  nicht  wie 
etwa  die  Würmer  rückwärts  kriechen  können.  Die  Störungen  im 
Wellengang  finden  ferner  damit  oft  auch  ihre  Aufklärung.  Kriecht 
eine  Pom.  pomatia  an  einer  Glasplatte  empor  und  wird  an  ihrem 
Gehäuse  gezogen,  dann  erfolgt  eine  Dehnung  der  Körperwand  und 
damit  eine  Vergrösserung  des  Sinus.  Der  pneumatische  Druck  wird 
geringer,  und  die  Wellen  verschwinden.  Drückt  man  das  Gehäuse 
an  den  Körper,  dann  wird  der  Luftdruck  gesteigert,  und  die  Wellen 
müssen  kräftiger  hervortreten.  Soll  eine  große  Last  bewältigt 
werden,  dann  wird  das  Blut  in  die  Kontraktionsfelder  solange  hinein- 
gepreßt, bis  die  sich  verlängernden  Hohlräume  den  Körper,  der  die 
Last  trägt,  nach  vorne  schieben.  Während  der  ganzen  Dauer  des 
Druckes  bleiben  die  Wellen  stabil,  usw. 

Ehe  ich  das  Kapitel  über  die  Gastropoden-Locomotion  schließe^ 
möchte  ich  noch  hervorheben,  daß  der  Nachweis  der  Mitbeteiligung 
des  Luftdruckes  an  der  Fortbewegung  der  Tiere  für  mich  von  her- 
vorragender Bedeutung  und  größtem  Interesse  war,  da  damit  ein 
Mittel  geboten  wird,  die  Gastropoden-Asymraetrie  einfach  und  in 
jeder  Richtung  befriedigend  so  wie  auch  manch  andere  Erscheinung 
aufzuklären.  Ich  werde  später  darauf  zurückkommen  und  vorerst 
weitere  Untersuchungen  über  die  Funktion  des  Pneumostoms  hier 
folgen  lassen. 

Bei  einer  retrahierten  Gehäuseschnecke  liegt  der  Körper  ge- 
streckt in  der  Schale.  Das  Schwanzende  bleibt  dem  Mündungsrand 
zugewendet  und  wird  von  dem  sich  schießenden  Mantelrand  ver- 
deckt. Der  Kopf  mit  dem  vorderen  Teil  des  Körpers  ragt  in  das 
Gehäuse  hinein  und  liegt  in  einer  Mantelfalte.  Nach  anhaltender 
Trockenheit  wird  das  Volumen  des  Körpers  kleiner,  und  es  sinkt 
infolge  dessen  der  Mantelrand  tiefer  in  die  Mündung  hinein,  so  daß 


1)  Die    locomotorischen  Wellen    der   Schneckensohle,    in :    Arch.    ges. 
Physiol.,  Vol.   107,   1905,  p.   12. 


Clansilium.  297 

"bei  den  Helices  und  anderen  Familien  dann  oft  der  halbe  letzte 
TJmg'ang  leer  wird. 

Schon  die  geschilderte  Situation  in  der  Lage  des  in  die  Schale 
zurückgezogenen  Körpers  macht  alle  bekannten  Annahmen  über  das 
Austreten  des  Tieres  aus  dem  Gehäuse  unhaltbar.  Nun  kommen 
noch  verschiedene  anderweitige  Schwierigkeiten  dazu.  Man  braucht 
nur  an  die  so  sehr  verengte  Mündung  von  Isognomostoma  persomata 
(Lmk.)  oder  die  Clausilien  zu  denken,  die  bei  normalem  Flüssigkeits- 
gehalt ihren  Körper  samt  Mantel  bis  tief  in  den  drittletzten  Um- 
gang zurückziehen.  Hier  kann  bei  einer  Funktion  von  Zirkelmuskeln 
kein  Erfolg  erwartet  werden,  und  eine  Schwellung  des  Körpers  durch 
Blut  oder  Luft  würde  namentlich  bei  verengter  Mündung  dem  Aus- 
treten dii-ekt  entgegen  wirken. 

Unmittelbare  Beobachtung  des  lebenden  Tieres  führten  hier  und 
zwar  diesmal  ziemlich  leicht  zur  Lösung  der  Austrittsfrage. 

Hat  sich  ein  Tier,  etwa  eine  Pom.  pomatia,  infolge  von  Dürre 
-etwas  tiefer  in  das  Gehäuse  zurückgezogen,  dann  kann  es  leicht  zum 
Austritt  veranlaßt  werden,  wenn  man  den  Mantelrand  mit  ein 
wenig  angewärmtem  Wasser  befeuchtet.  Bald  darauf  öffnet  sich  das 
bis  dahin  geschlossen  gewesene  Pneumostom  zur  vollen  Größe,  dann 
schließt  es  sich  wieder.  Sobald  sich  diese  Funktion  einige  Male 
wiederholt  hat,  kann  man  beobachten,  wie  bei  geschlossenem  Atem- 
loch der  Mantel,  der  den  Körper  einschließt,  eine  kleine  Strecke 
gegen  den  Mündungsrand  langsam  vorgleitet.  Dann  wird  das  Pneu- 
mostom wieder  geöffnet  und  geschlossen,  der  Mantel  gleitet  neuer- 
dings eine  Strecke  weiter  nach  vorn,  und  diese  Erscheinung  wieder- 
holt sich  so  oft,  bis  der  Mantel  in  der  Nähe  des  Peristoms  ange- 
langt ist.  Dann  gleitet  das  Schw^anzende  aus  der  Mantelhülle  her- 
vor, und  diesem  folgt  der  ganze  hintere  Teil  des  Körpers.  Ist  der 
Austrittsakt  derartig  weit  gediehen,  dann  erst  kommt  der  Kopf  zum 
Vorschein.  Dies  geschieht  wahrscheinlich  in  der  Weise,  daß  sich 
der  Kopf  am  noch  immer  gestreckten  Körper  in  der  Richtung  gegen 
das  Schwanzende  krümmt,  so  daß  dann  hier  Sohle  auf  Sohle  zu 
liegen  kommt.  Nun  beginnt  die  Locomotion,  und  das  Kopfende 
kriecht  an  der  eigenen  Sohle  aus  der  Mantelhülle  hervor. 

Nach  diesen  Beobachtungen  unterlag  es  kaum  mehr  einen  Zweifel, 
daß  der  Körper  mittelst  Luftdruck  aus  der  Schale  herausgetrieben 
wurde.  Eine  Bestätigung  für  die  Eichtigkeit  dieser  Annahme  war 
leicht  zu  erreichen.  Von  den  in  dieser  Richtung  vorgenommenen 
Experimenten  dürfte  die  Bekanntgabe  eines  einzigen  genügen. 


298  M.    V.    KiMAKOWICZ-WiNNICKI, 

Ich  wählte  hierfür  eine  Pom.  pomatia,  die  längere  Zeit  trocken 
lag-  und  sich  infolgedessen  etwas  von  dem  Mündungsrand  entfernt 
in  das  Gehäuse  zurückgezogen  hatte.  Eine  kleine  Strecke  vor  der 
Grenze  des  vorletzten  schlug  ich  in  die  Wand  des  letzten  Umganges 
ein  kleines  Loch  und  durchschnitt  an  dieser  Stelle  die  Sackwand. 
Wohl  streckte  nach  der  Operation  das  Tier  die  Spitze  des  Schwanz- 
endes aus  der  Mantelhülle  heraus,  doch  zu  einem  Gleiten  des  Mantels 
gegen  das  Peristom  kam  es  nicht.  Das  Tier  war  und  blieb  in 
seinem  eigenen  Hause  gefangen.  Daß  die  Schwanzspitze  aus  der 
Mantelhülle  hervorkam,  beruhte  gewiß  nur  auf  einer  Re.traction  des 
Mantelrandes  infolge  der  Verwundung,  wobei  das  stabile  Schwanz- 
ende nicht  mitgenommen  werden  konnte.  Denn  in  der  Tat  war  der 
Mantel  tiefer  in  das  Gehäuse  eingedrungen,  als  er  früher  lag. 

Bei  zahlreichen  Experimenten  gleicher  und  ähnlicher  Art  kam 
es  niemals  vor,  daß  das  Tier  mit  dem  Kopf  aus  der  Mantelhülle 
hervortrat,  was  darauf  deutet,  daß  die  Locomotion  erst  dann  be- 
ginnen kann,  wenn  der  ganze  Hinterkörper  den  Mantel  verlassen 
hat.  Möglicherweise  wird  aber  auch  der  Vorderkörper  durch  pneu- 
matischen Druck  aus  der  Mantelhülle  gedrängt. 

Es  ist  eine  allgemein  bekannte  Erscheinung,  daß  ins  Wasser 
gelegte  retrahierte  Landschnecken  sehr  bald  mit  dem  Körper  aus 
dem  Gehäuse  austreten  und  aus  dem  für  ihr  Leben  ungeeigneten 
Element  herauszukriechen  suchen.  In  solchen  Fällen  ist  Luftauf- 
nahme in  den  In  testin  alsack  nicht  möglich,  und  der  Austrittsakt 
kann  hier  nicht  durch  Luftdruck  erfolgen.  Zur  Aufklärung  dieser 
Erscheinung  wird  die  Anführung  einiger  Experimente  genügen,  die 
aus  einer  größeren  Zahl  herausgegriffen  sind. 

In  einem  Falle  wählte  ich  eine  Pom.  pomatia.  Das  Individuum 
lag  einige  Wochen  in  Gefangenschaft  trocken.  Es  hatte  sich  der- 
artig tief  in  das  Gehäuse  zurückgezogen,  daß  der  halbe  letzte  Um- 
gang leer  blieb.  Die  Schnecke  wog  710  cg,  ehe  sie  in  etwas  an- 
gewärmtes Wasser,  das  sie  ganz  bedeckte,  hineingelegt  wurde. 
Nach  40  Minuten  war  der  Körper  des  Tieres  vollständig  außerhalb 
des  Gehäuses,  und  es  begann  bereits  die  Locomotion.  Aus  dem 
Wasser  genommen,  wog  nun  die  Schnecke  1382  cg,  sie  hatte  dem- 
nach 672  cg  Wasser  aufgenommen.  Dies  geschah  durch  das  Pneumo- 
stom,  das  sich  von  Zeit  zu  Zeit  zu  einer  schmalen  Spalte  öffnete. 
Wurde  sie  geschüttelt,  dann  fühlte  und  hörte  man  das  Wasser  an 
den   Sackwänden  anschlagen.    Nach  Verlauf  von   6  Stunden   hatte 


Clausiliura.  299 

das  Tier  275  cg  Wasser  ausgeschieden,  während  305  cg  in  den 
Organismus  aufgenommen  Avurden. 

Zwei  andere  Individuen  A  und  B  von  Pom.  pomatia  waren  bei 
feuchtem  Wetter  frisch  gesammelt.  Die  retrahierten  Tiere  erfüllten 
ihr  ganzes  Gehäuse  bis  an  den  Mündungsrand.  A  wog  1782  cg, 
B  1940  cg.  Beide  wurden  in  Wasser  gelegt.  A  bedurfte  für  den 
Austritt  aus  der  Schale  bis  zum  Eintritt  der  Locomotion  7  Minuten 
und  wog  dann  2340  cg,  B  hingegen  3  Minuten  und  erreiclite  ein 
Gewicht  von  2355  cg.  Es  mußte  also  A  558,  B  415  cg  Wasser  in 
den  Intestinalsack  aufnehmen,  um  den  Körper  aus  der  Schale  heraus- 
befördern zu  können. 

Für  eine  weitere  Untersuchung  wurde  ein  Individuum  der 
gleichen  Art  in  Anspruch  genommen,  das  sich  in  Locomotion  befand^ 
also  aus  der  Schale  ausgetreten  war.  Es  wog  1870  cg  und  wurde  samt 
der  Platte,  auf  der  es  kroch,  in  ein  Wasserbecken  versenkt,  so  daß 
es  hier,  ohne  sich  zurückzuziehen,  die  Locomotion  fortsetzen  konnte. 
Es  bedurfte  für  den  Austritt  aus  dem  Wasser  8  Minuten  und  wog 
dann  1960  cg.  Es  war  nur  um  90  cg  schwerer  geworden.  Die  Ge- 
wichtsvergrößerung dürfte  hier  durch  Schwellung  des  Körperschleimes 
zustande  gekommen  sein  und  jedenfalls  nicht  durch  Aufnahme  von 
Wasser  in  den  Bruchsacksinus.  Zur  Locomotion  ist  somit,  was  ich 
auch  durch  zahlreiche  Versuche  mit  Nacktschnecken  feststellen 
konnte,  eine  Wasseraufnahme  kein  Erfordernis.  Dieses  Experiment 
beweist  auch,  daß  das  Wasser  bei  einem  retrahierten  Tier  nicht 
selbständig  in  den  Sacksinus  eindringt,  sondern  daß  es  eingesogen 
wird. 

Für  eine  andere  Untersuchung,  die  Anfang  Oktober  vorgenommen 
wurde,  wählte  ich  eine  Hydlinia  domestica  Km.,  die  ich  zu  Anfang 
August  gesammelt  hatte.  In  der  Zwischenzeit  lag  sie  ohne  Nahrung 
vollkommen  trocken,  was  ein  Zurückziehen  des  Tieres  aus  dem 
halben  letzten  Umgang  zur  Folge  hatte.  Ihre  Schale  war  derartige 
durchsichtig,  daß  fast  die  ganzen  Pallialorgane  sowie  auch  der  in 
den  Mantel  gehüllte  Körper  von  außen  gut  beobachtet  werden 
konnten.  Das  Herz,  das  an  der  Grenze  zwischen  dem  letzten  und 
vorletzten  Umgange  lag,  verriet  auch  nicht  die  geringste  Tätigkeit. 
Um  die  Schnecke  möglichst  genau  beobachten  zu  können,  wurde  sie 
nicht  in  Wasser  gelegt,  sondern  ihr  letzter  Umgang,  soweit  er  nicht 
vom  Tier  in  Anspruch  genommen  war,  damit  gefüllt  und  auch  das 
eingesogene  Wasser  immer  durch  frisches  ergänzt.  Schon  nach 
15  Minuten   begann   die  Herzpulsation.    Anfangs  waren  bloß  1  bis- 


300  M.   V.    KlMAKOWICZ-WlNNICKI, 

2  Schläge  in  1  Minute  zu  beobachten,  dann  setzte  sie  wieder  für 
einige  Zeit  aus,  um  später  neuerdings  aufzutreten.  Nach  90  Minuten 
■erfolgten  im  Durchschnitt  10  Pulsationen,  doch  durchaus  nicht  regel- 
mäßig. Erst  nach  Verlauf  zweier  Stunden  trat  regelmäßiger  und 
normaler  Pulsschlag  ein  und  zwar  23  Schläge  in  der  Minute  bei 
17^  C.  Ehe  Wasser  in  den  letzten  halben  Umgang  eingeführt  wurde, 
lag  die  Sackwand  hinter  dem  Mantel  der  Schale  nicht  an,  sie  war 
in  Art  eines  geschlossenen  Regenschirmes  der  Länge  nach  in  Falten 
zusammengefallen.  Wenige  Minuten,  nachdem  der  Mantel  mit  dem 
eingeführten  Wasser  in  Berührung  gelangte,  war  zu  beobachten, 
wie  sich  der  Intestinalsack  damit  allmählich  füllte.  Nach  Vollendung 
•der  Füllung  begann  erst  ein  Gleiten  des  Körpers  gegen  die 
Mündung. 

Bei  diesem  Experiment  war  auch  von  Interesse,  daß  der  Sinus 
des  Bauchsackes  nach  der  Füllung  mit  Wasser  nur  ein  sehr  geringes 
Quantum  Luft  enthielt.  Ihr  Volumen  stand  zu  jenem  des  ein- 
gedrungenen Wassers  in  einem  Verhältnis  wie  etwa  1 :  50.  Die  Luft 
war  offenbar  von  hier  in  den  Körpersinus  hineingedrängt,  wo  sie 
für  die  in  Aussicht  stehende  Locomotion  ein  Bedürfnis  war. 

Aus  den  angeführten  Erscheinungen  geht  mit  Sicherheit  hervor, 
daß  der  Austritt  des  Körpers  aus  der  Schale  durch  Luftdruck  er- 
folgt und  daß  an  dessen  Stelle  auch  Wasserdruck  treten  kann. 
Letzteres  ist  ein  Eelikt  aus  jener  Zeit,  wo  die  Urahnen  der  Stjdom- 
matophoren  noch  im  Wasser  lebten  und  für  den  Austritt  aus  der 
Schale,  wie  die  Basommatophoren  und  Prosobranchier,  nur  hydrau- 
lischen Druck  in  Anspruch  nahmen. 

Sclialenbau. 

Der  Aufbau  des  Periostracums  vollzieht  sich  in  der  Mantel- 
furche, und  man  nahm  an,  daß  das  Secret,  dem  jenes  seine  Ent- 
stehung verdankt,  aus  dem  Epithel  der  hinteren  Furchenwand  aus- 
geschieden werde.  Nun  konnte  ich  aber  bei  jungen  Pom.  pomatia 
beobachten,  daß  bei  Individuen,  denen  ein  Teil  der  Mantelfurche 
samt  ihrer  hinteren  Wand  durch  Verwundung  verloren  gegangen 
war,  das  Periostracum  an  dieser  Stelle  dennoch  zustande  kam.  Die 
Verwundung  äußerte  sich  bloß  in  der  Weise,  daß  die  Zuwachs- 
streifen der  Schale  durch  eine  nahtähnliche  Furche,  die  in  der  Rich- 
tung gegen  die  Mündung  mit  der  Gehäusenaht  divei'giert,  unter- 
brochen   werden.    Eine   derartige,    durch  Verwundung  des  Mantel- 


Clausilium.  301 

randes  entstandene  nahtälinliche  Narbe  bildete  Nyst^)  an  seinem 
JBulimus  popelairiana  ab.  Die  Zuwachsstreifen  stoßen  an  der  Unter- 
brechung-sstelle  nicht  geradlinig  zusammen,  sie  sind  dort  mehr  oder 
weniger  dem  Mündungsrand  entgegengesetzt,  winklig  gebrochen  und 
g-leichzeitig  jederseits  zu  einem  Knoten  verdickt.  Diese  in  der 
Schalennarbe  liegenden  Knoten  sind  allerdings  heller,  oft  weiß  ge- 
färbt, doch  ein  auf  ihnen  liegendes  Periostracum  konnte  ich  dennoch 
nachweisen. 

Solange  sich  ein  frisch  gebauter  Gehäuseteil  bei  einer  Pom. 
pomatia  noch  weich  anfühlt,  löst  sich  das  Periostracum  vom  Ostracum, 
■etwa  derartig  leicht  wie  die  Schale  von  einer  gekochten  Kartoffel. 
Am  besten  gelingt  die  Ablösung,  wenn  die  noch  weiche  Schalenzone 
mittels  einer  Schere  quer  durchschnitten  wird.  Faßt  man  nun 
mit  einer  spitzarmigen  Pinzette  die  Schale  neben  der  Sclinittnarbe 
und  hebt  sie  etwas  hoch,  dann  bricht  die  Kalkschicht,  während 
das  Periostracum  eingeklemmt  bleibt  und  sich  bei  entsprechender 
Führung  der  Pinzette  vom  Ostracum  ablöst.  Bei  derartiger  Ab- 
lösung konnte  ich  feststellen,  daß  das  Periostracum  die  oben  ge- 
schilderte Schalennarbe,  wenn  auch  in  geringerer  Stärke,  mit  bedeckt. 
Eloß  die  Pigmentierung  bleibt  hier  unvollkommen  oder  fehlt  auch  ganz. 

Eine  Verwundung  des  Mantelrandes  vernarbt  bei  Jugendformen 
von  Pom.  pomatia  in  2—3  Tagen.  An  Stelle  der  Wunde  entsteht 
•ein  neuer  Mantelrand  und  hinter  diesem  eine  Furche,  die  in  das 
Niveau  der  erhalten  gebliebenen  Teile  hineinverlagert  wird.  War 
•das  Individuum  zur  Zeit  der  Verwundung  in  seiner  ontogenetischen 
Entwicklung  bereits  an  den  Bau  des  letzten  Umganges  angelangt, 
dann  setzt  sich  die  weißliche  Schalennarbe  in  der  Regel  trotz  des 
regenerierten  Mantelfurchenteiles  bis  an  das  Peristom  fort;  war  es 
jünger,  dann  erreicht  sie  kaum  die  Länge  eines  viertel  oder  höchstens 
halben  Umganges,  und  das  ihr  aufgelagerte  Periostracum  ist  in 
Dicke  und  Färbung  kaum  von  jenem  der  Umgebung  verschieden. 
Nach  dieser  Beobachtung  ist  anzunehmen,  daß  bei  älteren  Tieren 
die  verloren  gegangenen  Pigment-  und  jene  Zellen,  die  das  Chitin 
für  das  Periostracum  liefern,  nicht  wieder  regeneriert  werden  und 
daß  das  Chitin,  welches  sich  in  der  neugebildeten  Mantelfurche 
sammelt,  einer  hintei*  der  hinteren  Wand  der  Mantelfurche  liegenden 
Zellengruppe  entstamme.  Es  ist  also  möglich,  daß  auch  die  Ban- 
dilette  noch  Chitin  ausscheidet. 


1)  In:  Bull.  Acad.  Bruxelles,   Vol.   12,  tab.  4. 
Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  20 


302  M-   '^-   KiMAKOWICZ-WiNNICKI, 

Bei  Verwundungen,  die  sich  bloß  auf  den  vorderen  Damm  der 
Mantelfurche  erstrecken,  tritt  eine  Störung  im  Schalenbau  nicht  ein,, 
wonach  dieser  weder  Pigment  noch  Chitin  ausscheidet. 

Sobald  eine  Schnecke  ihre  Wachstumsgrenze  erreicht  hat,  hört 
die  Bildung  und  Ausscheidung  von  Chitin  völlig  auf.  Gelangt  es- 
nach  der  ontogenetischen  Entwicklung  zu  einer  Regeneration  des 
Peristoms  und  der  benachbarten  Gehäuseteile,  dann  fehlt  das  Perio- 
stracum  immer  der  Neubildung.  Bei  Jugendformen  hingegen  wird 
es  jedesmal  mit  regeneriert,  wenn  die  beschädigte  Stelle  am 
Mündungsrand  liegt  und  in  die  Mantelfurche  aufgenommen  werden 
kann,  die  sich  unter  Umständen  auch  einem  recht  unebenen  Bruch 
anschmiegt.  Außerhalb  der  Mantelfurche  kann  niemals  ein  Perio- 
stracum  zustande  kommen. 

Eine  vereinzelte  Ausnahme  von  der  Regel,  daß  mit  dem  Wachs- 
tum die  Chitinausscheidung  aufhört,  scheint  nur  bei  Thyrophonella- 
aufzutreten,  wo  nach  Vollendung  des  Gehäuses  noch  die  Anlage' 
einer  Mündungsklappe  erfolgt. 

Eine  zeitweilige  Unterbrechung  in  der  Chitinausscheidung  tritt 
bei  Jugendformen  zu  Ende  des  Sommers,  oft  schon  im  Juli,  auf, 
während  die  Kalkausscheidung  ununterbrochen  bleibt  und  zur  Ver- 
stärkung der  noch  weichen  Schalenzone  in  Anspruch  genommen  wird, 
so  daß  die  unvollendeten  Gehäuse  vor  Eintritt  der  Winterruhe  voll- 
ständig, bis  an  den  Mundsaum,  hart  geworden  sind.  Auf  diese 
periodische  Unterbrechung  der  Chitinabgabe  sind  auch  die  hellen 
Zonen  einiger  Zonites-Arten  zurückzuführen. 

Behaarung,  Beschuppung  und  ähnliche  dem  Periostracum  auf- 
gelagerte Gebilde  sind  die  Folge  einer  Hypertrophie  in  Chitinent- 
wicklung und  Ausscheidung.  Sie  entstehen  in  der  Weise,  daß  der 
Chitinüberschuß  über  die  Außenwand  des  vorderen  Mantelfurchen- 
Dammes  hinwegüießt  und,  noch  ehe  er  erhärtet,  mit  dem  bereits  ge- 
bildeten Periostracum  eine  Verbindung  eingeht.  Die  Form  dieser 
Bildungen  hängt  von  dem  Relief  der  bezeichneten  Außenwand  sowie 
auch  von  der  Menge  des  abfließenden  Überschusses  ab.  Besteht 
ersteres  aus  parallelen  Furchen,  dann  entstehen  haarähnliche  zylin- 
drische Fortsätze,  die  oft  bedeutende  Länge  erreichen  (Triton  par- 
thenopus  v.  Salis),  was  die  Möglichkeit  ausschließt,  daß  bei  ihrer 
Entstehung  die  in  der  Mantelfurche  nachgewiesenen  Kanäle  als 
Matrizen  gedient  haben  können.  Auch  bei  Fndicicola  sericea  (Drp.) 
sind  die  Haare  oft  4mal  so  lang,  wie  der  Vorderdamm  der  Furche 
dick  ist. 


Clausilium.  303 

Bei  den  Landschnecken  sind  die  Fortsätze  des  Periostracums 
immer  nach  hinten  gebogen,  was  darin  seine  Erklärung  findet,  daß 
die  nach  oben  liegende,  mit  der  Luft  in  Berührung  kommende 
Fläche  der  einzelnen  dem  Mantelrand  aufliegenden  Stäbchen  zuerst 
erhärtet  und  demzufolge  hier  konkav  gebogen  wird,  was  das  Heraus- 
heben aus  dem  Mantelrelief  und  eine  Neigung  nach  hinten  bedingt. 
Bei  den  im  Wasser  lebenden  Gastropoden  erfolgt  die  Erhärtung 
der  neugebildeten  Chitinfortsätze  allerseits  gleichmäßig,  ihre  Krüm- 
mung nach  hinten  bleibt  deshalb  aus. 

Die  Hypertrophie  in  Chitinbildung  kann  auch  bloß  im  ersten 
Stadium  der  ontogenetischen  Entwicklung  auftreten  und  dann  später 
wie  bei  Flanorhis  corneus  L.  wieder  verschwinden. 

Ich  habe  hervorgehoben,  daß  das  Periostracum  nur  in  der 
Mantelfurche  entstehen  kann;  dessen  Bau  ist  somit  nur  dann  mög- 
lich, wenn  das  Tier  mit  dem  Körper  aus  dem  Gehäuse  ausgetreten 
ist.  Anders  verhält  es  sich  mit  der  Entstehung  des  Ostracums. 
Ist  nach  einem  Austritt  des  Körpers  aus  der  Schale  eine  mehr  oder 
weniger  breite  Zone  der  obersten  Schalenschichte  entstanden,  dann 
scheidet  das  Tier  nach  dem  Zurückziehen  in  das  Gehäuse  eine  wasser- 
helle Flüssigkeit,  wohl  Kalkhj^dratlösung,  aus,  die  allmählich  an  der 
inneren  Gehäusewand  bis.  auf  den  neugebildeten  Teil  des  Peri- 
ostracums hinabfließt,  von  dem  sie  aufgesogen  und  festgehalten  wird. 
Bei  der  unter  Luftzutritt  stattfindenden  Krystallisation  wird  die 
basische  Lösung  in  kohlensauern  Kalk  überführt. 

Bei  zahlreichen  Gattungen,  wie  Vitrina,  Hyalinia  etc.,  ist  die  in 
dieser  Weise  ausgeschiedene  Kalklösung  äußerst  gering.  Die  Ober- 
fläche der  Gehäuse  bleibt  dann  glatt,  oft  sogar  glänzend.  Bei 
anderen  Gattungen  erfährt  die  Kalkausscheidung  eine  Steigerung. 
Der  neu  entstandene  Teil  des  Periostracums  kann  die  ganze  Menge 
nicht  gleichmäßig  festhalten,  und  der  Überschuß  der  Lösung  sinkt 
bis  an  den  äußersten  Rand  herab.  Durch  die  hier  erhöhte  Wirkung 
des  chemischen  Prozesses  wird  dieser  äußerste  Rand  wulstartig  aus- 
getrieben, es  entsteht  eine  Querskulptur,  die  mit  „Zuwachsstreifen" 
bezeichnet  wird.  Sie  ist  in  den  meisten  Fällen  mehr  oder  weniger 
unregelmäßig  und  immer  von  der  jeweiligen  zur  Ausscheidung 
gelangenden  Kalkmenge  sowie  auch  von  der  Breite  des  neu  ange- 
legten Periostracums  abhängig. 

Die  ebenfalls  häufig  auftretende  Spiralskulptur  an  den  Gehäusen 
steht  mit  der  Bildung  des  Ostracums  in  keinerlei  Zusammenhang, 
sie  dankt  ihre  Entstehung  dem  Relief  der  Mantelfurchen  vorderwand 

20* 


3Q4.  M.    V.    KiMAKOWICZ-WiNNICKI, 

und  kommt  schon  beim  Bau  des  Periostracums  zustande.  Sie  ist 
immer  regelmäßig,  was  bei  der  Art  ihrer  Entstehung  auch  gar  nicht 
anders  möglich  sein  kann. 

Bei  manchen  Gastropoden,  namentlich  bei  Clausilien,  kommt  es 
häufig  vor,  daß  die  für  den  Bau  des  Ostracums  bestimmte  Kalk- 
ausscheidung noch  eine  weitere  Steigerung  erfährt.  Ein  Teil  der 
Lösung  tritt  dann  an  die  Außenfläclie  der  Schale  und  sammelt 
sich  dort  in  der  Nähe  der  Naht.  Der  kohlensaure  Kalk,  der  hier 
aus  der  Lösung  ausgeschieden  wird,  bildet  ein  kurzes,  der  Naht 
entspringendes,  mit  den  Zuwachsstreifen  paralleles  Stäbchen,  eine 
sogenannte  Nahtpapille.  Es  kann  jenes,  nach  dem  Austreten  des 
Tieres  aus  der  Schale,  in  die  Mantelfurche  nicht  hinein  verlagert 
werden,  erhält  demnach  keinen  Chitinüberzug  und  bleibt  rein  weiß. 
Bei  einer  weiteren  Steigerung  der  Kalkausscheidung  wird  das  Stäb- 
chen zu  einer  Leiste  verlängert,  die  von  Naht  zu  Naht  reicht  und 
mit  „Rippe"  bezeichnet  wird. 

Ich  konnte  es  häufig  an  jungen,  im  ersten  Stadium  ihrer  Ent- 
wicklung gesammelten,  stark  costulierten  Alopia-Formen  beobachten, 
daß  sie  in  Gefangenschaft,  wenn  ilinen  nicht  Jura-  oder  Kreidekalk, 
auf  dem  sie  einstens  lebten,  geboten  wurde,  keine  Gehäuserippen 
anlegten  und  fast  glatte  Schalen  bauten,  selbst  dann,  wenn  das 
Terrarium  reichlich  mit  krystallinischem  Kalk  ausgestattet  war. 

Von  Interesse  war  ferner  die  Beobachtung  an  besonders  stark 
costulierten  Alopien  des  Bodzauer  Gebirges  in  Siebenbürgen,  daß 
die  Hypertrophie  in  Kalkausscheidung  bei  phylogenetisch  höher  ent- 
wickelten Formen  wieder  verloren  ging.  Es  trägt  z.  B.  Alopia 
haueri  Blz.  an  der  Ostseite  des  Dongokö  ein  hervorragend  schön 
weißgeripptes  Gehäuse,  während  die  Formen,  die  sich  aus  ihr  an 
der  West-  und  Südseite  des  Gebirges  entwickelten,  allmählich  glatt 
werden.  Alopia  transitans  Km.,  die  in  Costulierung  der  Alopia 
haueri  Blz.  ganz  nahe  steht,  geht  an  ein  und  derselben  verhältnis- 
mäßig kleinen  Felswand  der  Südvvestseite  des  Bratocsia  in  eine 
völlig  glatte  Foi-m  über,  mit  der  sie  durch  alle  denkbaren  Ab- 
stufungen verbunden  bleibt.  Ein  derartiges  Variieren  kann  natür- 
lich nur  in  Gattungen  auftreten,  wo  die  phylogenetische  Entwick- 
lung der  Arten,  wie  dies  eben  bei  Alopia  im  hohen  Grade  der  Fall 
ist,  noch  nicht  gefestigt  ist. 

Die  Art  der  Entstehung  des  Hypostracums  kann  am  vorteil- 
haftesten bei  Regenerationen  von  Schalenbeschädigungen  studiert 
werden.     Wird    etwa   die  Schale   einer  Pow.  pomatia  durch  einen 


Clausilium.  305 

Fußtritt  in  zahlreiche  Teile  zersprengt,  ohne  daß  dabei  die  Spindel 
oder  die  Organe  des  Tieres  Schaden  leiden,  dann  ist  letzteres  vorerst 
sehr  beunriihig't.  Schließt  es  das  Pneumostom,  dann  wird  der 
Intestinalsack  stark  aufgeblasen,  und  es  entstehen  zwischen  den 
einzelnen  Bruchstücken  der  Schale  weite  Klüfte.  Öffnet  es  jenes, 
dann  sinken  die  Wände  des  Sackes  ein,  und  die  Bruchstücke 
schließen  wieder  mehr  oder  weniger  gut  aneinander.  Wird  hier- 
gegen mittels  eines  Hammers  bloß  ein  größeres  Loch  in  einem  der 
letzten  Umgänge  geschlagen,  dann  tritt  das  Tier  mit  dem  Körper, 
wenn  es  retrahiert  war,  so  wie  im  früheren  Falle,  sofort  aus.  Schließt 
es  das  Atemloch,  dann  wölbt  sich  die  Sackwand  weit  aus  dem  Leck 
hervor,  öffnet  es  jenes,  dann  sinkt  die  Wand  tief  ein,  so  daß  die 
Eänder  der  Bruchstelle  mit  ihr  außer  Berührung  gelangen.  Nach 
eingetretener  Beruliigung  verweilt  das  Tier  an  einer  Stelle  regungs- 
los, je  nach  Umfang  der  Beschädigung  auch  tagelang,  wobei  es 
höchstens  den  Kopf  in  den  Mantel  zurückzieht.  An  jenen  Stellen, 
wo  die  Sackwand  aus  der  Beschädigung  hervorsieht,  findet  eine 
Ausscheidung  einer  wasserhellen  Flüssigkeit  statt,  aus  der  schon 
nach  ganz  kurzer  Zeit  kleine  Kalksphärite  herauskrystallisieren,  die 
sich  zu  einer  Kruste  vereinigen,  welche  das  Leck  oder  die  Klüfte 
bei  einer  zertrümmerten  Schale  vollständig  abschließt.  Der  Vor- 
gang bei  Entstehung  der  Kruste  ist  also  analog  der  Entstehung 
des  Ostracums,  nur  daß  hier  nicht  ein  Periostracum,  sondern  die 
Sackwand  selbst  als  Unterlage  dient,  was  eine  Abweichung  in  der 
Struktur  bedingt. 

Wie  ich  an  zahlreichen  gefangen  gehaltenen  Individuen  beob- 
achten konnte,  erfolgt  die  Bildung  der  Sphäritenkruste  zumeist  bei 
geöffnetem  Pneumostom  und  ist  dann  aus  dem  Niveau  der  Schalen- 
fläche eingesenkt,  manchmal  sogar  konkav.  Doch  kommen  nicht 
selten  auch  Fälle  vor,  wo  dies  bei  geschlossenem  Atemloch  geschieht. 
Dann  wölbt  sich  die  Kruste  sphärisch  aus  dem  Leck  hervor. 

Erst  wenn  die  Sphäritenschichte  eine  entsprechende  Festigkeit 
erreicht  hat  und  dem  im  Litestinalsack  zustande  kommenden  pneu- 
matischen Druck  Widerstand  leisten  kann,  beginnt  die  Locomotion 
des  Tieres  neuerdings  und  mit  ihr  die  Entstehung  eines  Hyp- 
ostracums  an  der  unteren  Fläche  der  Kruste.  Die  Bildung  des  Hyp- 
ostracums  schreitet,  namentlich  wenn  die  Verletzung  in  einem  der 
älteren  Umgänge  liegt,  sehr  langsam  fort,  ungleich  langsamer  als 
.beim  normalen  Schalenbau,  und  es  wird  auch  niemals  derartig  stark, 
wie  es  ursprünglich  war.    Der  Grund  hierfür  liegt  darin,  daß  die 


306  M.    V.    KlMAKOWICZ-WlNNICKI, 

aus  den  Sackwänden  ausgeschiedene  Kalklösung  durch  den  nach 
jeweiligem  Schließen  des  Atemloches  auf  die  Sackwände  erfolgenden 
pneumatischen  Druck  stets  nach  der  Mündung  gedrängt  wird,  so  daß 
dort  nur  wenig  Kalk  zur  Ausscheidung  aus  der  Lösung  und  Ab- 
setzung an  die  beschädigte  Stelle  gelangen  kann.  Die  fortwährende 
Bewegung  der  Sackwände  während  der  Locomotionsdauer  machen 
aber  auch  eine  Sphäritenbildung  unmöglich,  und  der  Kalk,  der  sich 
außerdem  infolge  der  Reibung  mit  dem  ebenfalls  austretenden  Schleim 
verbindet,  wird  in  blättrigen  Schichten  aufgetragen. 

In  gleicher  Weise  vollzieht  sich  die  Hypostracumanlage  beim 
normalen  Schalenbau,  doch  kommt  es  hier  immerhin  vor,  daß  über 
den  ersten  H3"postracumschichten,  nach  dem  Zurückziehen  des  Körpers 
in  die  Schale,  neue  Ostracumschichten  entstehen,  so  daß  die  Grenze 
zwischen  Ostracum  und  Hypostracum  unscharf  wird. 

Der  oben  geschilderte  pneumatische  Druck  auf  die  Sackwände, 
durch  welchen  die  jeweilig  ausgeschiedene  Kalklösung  stets  gegen 
den  Mündungsrand  gedrängt  wird,  gibt  eine  Erklärung  dafür,  wes- 
halb die  Stärke  des  Hypostracums  an  den  älteren  Umgängen  nicht 
weiter  zunimmt.  Bloß  dort,  wo  dieser  Druck  versagt,  wie  z.  B.  bei 
Patella,  wird  das  Hypostracum  gerade  an  den  ältesten  Teilen  der 
Schale  am  kräftigsten. 

Die  auf  Luftdruck  beruhende  Einrichtung  des  Intestinalsackes 
beweist  aber  auch,  daß  die  Kalklösung  nicht  nur  aus  den  Epithel- 
zellen oder  den  Drüsen  des  Mantels,  sondern  auch  aus  jenen  des 
Bruchsackes  ausgeschieden  wird,  denn  sonst  könnte  sie,  eben  infolge 
des  Luftdruckes,  nicht  bis  an  beschädigte  Stellen  älterer  Umgänge 
gelangen,  und  eine  Regeneration  wäre  dann  dort  unmöglich. 

Die  Regeneration  von  Schalenteilen  älterer  Umgänge,  wo  ein 
Ostracum  und  Hypostracum  zustande  kommt,  läßt  es  nicht  verkennen, 
daß  zur  Bildung  beider,  entgegen  Biedeemann's  ^)  Annahme,  nur  ein 
Secret  in  Anspruch  genommen  wird  und  daß  nur  die  Art  der  Ab- 
lagerung verschiedene  Struktur  bedingt. 

Bei  allen  Gastropoden,  die  ihren  Gehäusebau  mit  einem  Peristom 
abschließen,  hört  die  Kalkausscheidung  mit  dem  beendeten  Bau  des 
Periostracums  nicht  auf.  Das  Peristom,  die  Gaumenwulst,  dann  die 
Bezahnung,  die  Lamellen  und  Falten,  die  in  der  Gehäusemündung 
entstehen,  gelangen   erst  nach   beendigter  Chitinausscheidung   zur 


1)  Untersuchungen    über  Bau    und  Entstehung    der  Molluskenschalen, 
Jena.  Ztschr.  Naturw.,  Vol.  36,  p.   133. 


ClausiliuiTi.  307 

vollen  Entwicklung-,  und  vollständig-  ausg-ewaclisene  Individuen 
regenerieren  oft  g-roße  Beschädigungen  ihres  Gehäuses. 

Anders  verhält  es  sich  mit  jenen,  die  kein  Peristom  bilden.  Bei 
-diesen  hört  mit  der  Chitinausscheidung  so  ziemlich  gleichzeitig  auch 
jene  des  Kalkes  auf.  Die  Eegeneration  eines  Schalenbruches  er- 
wachsener Tiere  findet  nicht  statt,  und  bei  Jugendformen  konnte  ich 
sie  nur  bei  größeren  Basommatophoren,  dann  bei  Zonites,  großen 
N  a  n  i  n  e  n  und  Xerophila  nachweisen.  Ob  sie  auch  bei  Vitrina, 
Myalinia  und  anderen  kleinen  Formen  auftritt,  hatte  ich  noch  nicht 
Gelegenheit  festzustellen.  In  meinem  reichen  Sammlungsmaterial  konnte 
ich  kein  Beispiel  dafür  auffinden. 

Schließlich  will  ich  nochmals  hervorheben,  daß  der  normale  Bau 
<des  Ostracums  nur  bei  retrahiertem  Tier,  jener  des  Periostracums 
und  Hypostracums  nur  bei  ausgetretenem  Körper  zustande  kommen 
kann.  Unter  der  fast  ununterbrochenen  Reibung  zwischen  den 
Wänden  des  Bruchsackes  und  jenen  des  Gehäuses,  die  in  diesem 
Stadium  stattfindet,  vollzieht  sich  die  Bildung  der  zuletzt  genannten 
^chalenschichte. 

Epiphragma. 

Die  Art,  wie  das  Epiphragma  entsteht,  habe  ich  bei  Pom. 
■pomatia  beobachtet.  Der  Vorgang  dürfte  bei  anderen  Stylommato- 
phoren,  die  ein  solches  bilden,  im  großen  ganzen  übereinstimmen. 

Zu  Ende  des  Sommers  oder  zu  Anfang  des  Herbstes  suchen  die 
Tiere  ihr  Winterquartier  auf.  Sind  hohlliegende  Hölzer  oder  totes 
Laub. in  der  Nähe,  dann  kriechen  sie  einfach  darunter  und  richten 
«ich  dort  für  den  Winterschlaf  ein.  In  der  Regel  graben  sie  sich 
.aber  eine  Grube,  die  etwa  80  mm  oder  auch  tiefer  sein  kann.  Hat 
«in  Individuum  ein  geeignetes  Plätzchen  gewählt,  dann  zieht  es  die 
■Sohle  derartig  zusammen,  daß  sie  an  keiner  Stelle  unter  dem  Ge- 
häusemündungsrand hervorsieht,  aber  dennoch  sehr  fest  an  der 
Kriechfläche  haftet.  Es  hat  den  Anschein,  als  wenn  nun  das  Tier 
regungslos  bliebe.  Bei  genauer  Beobachtung  gewahrt  man  jedoch, 
4aß  der  Mündungsrand  mehr  oder  weniger  tief  in  den  Boden  ein- 
gedrückt wird,  was  durch  straflfes  Anziehen  des  Spindelmuskels  ge- 
schieht. Man  sieht  ferner,  daß  sich  das  Gehäuse  um  den  Mittel- 
punkt der  Sohle  zu  drehen  beginnt.  Jede  Drehung  erfolgt  ungemein 
langsam,  oft  wird  dafür  eine  Stunde  oder  auch  mehr  Zeit  in  An- 
spruch genommen.  Der  in  den  Boden  eingesenkte  Mundrand  wirkt 
dabei  bohrerartig,  er  wühlt  den  unter  dem  Gehäuse  liegenden  Boden 


308  M.    V.    KiMAKOWICZ-WiNNICKI, 

auf,  während  die  Gehäusewand  das  aufgelockerte  Material  zur  Seite 
schiebt.  Allmählich  entsteht  in  geschilderter  Weise  eine  sich  lot- 
recht einsenkende  Bohrung,  deren  Weite  dem  großen  Gehäusedurch- 
messer entspricht.  Ist  sie  tiefer  als  die  Gehäusehöhe  geworden^ 
dann  bleibt  das  ausgegrabene  Material  über  der  Schale  in  der  Bohrung 
liegen  und  dient  als  deren  Verschluß.  Sobald  eine  entsprecliende 
Tiefe  erreicht  ist,  kriecht  das  Tier  unter  dem  Mündungsrand  hervor 
und  dann  mit  dem  Kopfende  an  der  Bohrungswand  bis  zur  Gehäuse- 
höhe empor.  Hierauf  drückt  es  den  Rücken  des  Vorderkörpers 
dicht  an  die  Gehäusewand  an  und  kriecht  zwischen  der  ausgehobenen, 
in  der  Bohrung  liegenden  Erde  und  der  Schale  bis  zur  gegenüberliegen- 
den Bohrungswand,  dann  dort  hinab  und  gelangt  schließlich  mit  dem 
Kopf  neuerdings  unter  das  Gehäuse.  Durch  diese  Bewegung  des^ 
Tieres  wird  das  Gehäuse  derartig  gewendet,  daß  die  Mündung,  in 
der  Regel  genau  horizontal,  nach  oben  zu  liegen  kommt.  Ist  dies 
geschehen,  dann  zieht  sich  das  Tier  für  den  Winterschlaf  in  die 
Schale  zurück.  Durch  das  Wegkiiechen  des  Tieres  unter  der  in  der 
Bohrung  liegenden  Erde  wird  diese  durch  den  zurückbleibenden 
Schleim  zusammengebacken,  so  daß  sie  in  Art  eines  Gewölbes  über 
dem  Gehäuse  schwebt. 

Ich  konnte  den  ganzen  Vorgang  in  der  Art  beobachten,  daß  ich 
neben  einer  begonnenen  Bohrung  eine  entsprechend  tiefe  und  breite 
Grube  aushob,  dann  die  anliegende  Wand  der  Bohrung  der  Länge 
nach  vorsichtig  ötfnete  und   mit  einer  Glasplatte   wieder  verschloß. 

Das  Einbohren  in  den  Boden  gelingt  natürlich  nur  dann,  wenn 
er  lockere  Beschaffenheit  hat.  Gelangt  ein  Individuum  beim  Auf- 
suchen des  Winterquartiers  auf  hartes  Erdreich,  dann  gibt  es  das 
Bohren  schon  auf,  wenn  das  Gehäuse  kaum  zur  Hälfte  eingesenkt 
ist.  P^s  ki'iecht  dann  an  der  eigenen  Schale  empor  und  auf  der 
gegenüberliegenden  Seite  wieder  hinab  auf  den  Boden  und  dort 
weiter.  Der  Zug,  der  nun  auf  das  Gehäuse  zu  wirken  beginnt,^ 
w^endet  es  mit  der  Mündung  nach  oben.  Die  Stellung,  die  nachher 
der  Körper  einnimmt,  ist  eigentümlich.  Er  schwebt  frei  über  der 
Gehäusemündung,  und  die  gestreckte  Sohle  liegt  horizontal  und  sieht 
noch  oben.  Nun  neigt  das  Tier  den  Kopf  hinab,  so  daß  die  Spitze 
der  Sohle  den  Boden  berührt.  Alles,  was  mit  ihr  im  Umkreis  der 
Schale  erreicht  werden  kann,  wie  lockere  Erde,  Sand,  halbverrottetes. 
Laub,  Ästchen  usw.,  wird  durch  die  Repulsation  der  Sohle  gegen 
das  durch  Streckung  der  vorderen  Körperhälfte  sehr  verkürzte 
Schwanzende    befördert,    von   wo   es  auf  das  Gehäuse   und   dessen 


Clausiliuin.  3()9 

nächste  Umgebung  herabfällt,  so  daß  ersteres  bald  unter  einer  Decke 
liegt.  Nim  zieht  sich  das  Tier  in  das  Gehäuse  zur-ück.  Das  noch 
auf  der  Sohle  aufgespeiciiert  gebliebene  Material  verdeckt  die 
Mündung.  Wird  es  nach  einiger  Zeit  mittels  einer  Pinzette  vor- 
sichtig weggeräumt,  dann  sieht  man  den  Mantelrand  zusammen- 
gefaltet eine  glatte  ebene  Fläche  bilden,  die  die  Gehäusemiindung 
verschließt  und  die  ich  mit  „Mantelwand"  bezeichne. 

Es  kommt  oft  vor,  daß  aus  der  Mantel  wand,  manchmal  nur 
stellenweise,  eine  milchweiße  Flüssigkeit  ausgeschieden  wird.  War 
das  Tier  gesund,  gut  genährt  und  mit  genügendem  Feuchtigkeits- 
gehalt versehen,  dann  kommt  der  Rand  der  Mantelwand  an  jenen 
der  Mündung  zu  liegen.  Im  anderen  Falle  zieht  sich  die  Wand 
tiefer  in  das  Gehäuse  zurück.  Nach  einiger  Zeit,  die  nur  kurz,  aber 
auch  sehr  lange  währen  kann,  sieht  man  ganz  plötzlich  eine  äußerst 
auffallende  Erscheinung.  Die  Mantelwand  verliert  ihren  Glanz,  wird 
düsterer  gefärbt,  und  gleich  darauf  gleitet  sie  eine  kleine  Strecke 
nach  hinten,  während  der  Schleim,  der  sie  bedeckte  und  dessen 
Eänder  an  der  Geliäusewand  ringsum  haften,  an  der  ursprünglichen 
Stelle  zuiückbleibt  und  als  dünnes  Häutchen  die  Mündung  ver- 
schließt. Hatte  die  Mantelwand  die  oben  erwähnte  weiße  P'lüssig- 
keit  ausgeschieden,  dann  bleibt  der  Kalk,  der  sie  färbte,  am  Häut- 
chen haften  und  färbt  es  entweder  ganz  oder  nur  stellenweise  weiß. 

Ich  bezeichne  diese  Häutchen  sowie  auch  die  in  den  Sommer- 
monaten in  ähnlicher  Art  entstehenden  Trockenheitsschutzhäutchen 
als  „Dermophragma*',  nachdem  sich  der  Name  „Epiphragma"  für  die 
harten  kalkigen  Winterdeckel  eingebürgert  hat,  auf  welchen  übrigens 
Deaparnaud  seine  Bezeichnung  „Epiphragma"  bezog. 

In  welcher  Weise  sich  das  Schlei mhäutchen  von  der  Mantel- 
wand ablöst,  blieb  mir  anfangs  völlig  unklar,  zumal  es  beim  Zurück- 
weichen der  letzteren  vollkommen  stabil  blieb,  somit  eine  Verbindung 
zwischen  beiden  bereits  gänzlich  aufgehoben  war. 

Mit  dem  Dermophragma  verschlossen,  bleiben  die  Gehäuse  oft 
lange  unverändert  liegen.  ?>st  bei  Eintritt  kühlerer  Temperatur 
erfolgt  der  letzte  Akt  der  Einwinterung.  Das  Tier  scheidet  in 
rascher  Folge  einen  dickflüssigen  milchweißen  Brei  aus  dem  Darm 
aus,  der  allsogleich  von  der  nachrückenden  Mantelwand  gegen  das 
Dermophragma  gedrückt  wird,  welches  sich  infolgedessen  sphärisch 
aus  der  Gehäusemünduug  herauswölbt.  Gleichzeitig  saugt  die 
Mantel  wand  den  ganzen  Flü.ssigkeitsgehalt  des  Breies  auf,  so  daß 
der   allein    zurückbleibende   Kalk   innerhalb    einer  Zeit  von   kaum 


310  M.    V.    KiMAKOWICZ-WiNNICKI, 

30  Minuten  vollständig  erhärtet  und  die  gewölbte  Form  beibehält, 
während  ein  in  anderer  Weise  entstandenes  Dermophragma,  wenn 
€S  auch  mit  Kalk  bedeckt  ist,  stets  eben  ausgespannt  bleibt. 

Das  negative  Bild  der  Mantelwand  mit  ihren  geöifneten  Poren 
erhält  sich  an  der  Innenfläche  des  neuentstandenen  Epiphragmas; 
sie  ist  mit  zahlreichen,  dichtgedrängten,  kleinen  Wärzchen  besetzt. 
Auf  die  Innenfläche  wird  noch  ein  zweites  Dermophragma  abge- 
lagert, so  daß  die  Kalkschichte  nun  zwischen  zwei  Schleimhäutchen 
eingebettet  liegt.  Ehe  sich  der  Mantel  vom  Epiphragma  etwas 
zurückzieht,  wird  regelmäßig  aus  dem  Darm  noch  eine  kleine  Menge 
Kalk  über  das  innere  Dermophragma  ausgeschieden,  der  als  kleiner 
rundlicher  Fleck  genau  die  Lage  des  Pneumostoms  bezeichnet.  Er 
ist  nicht  mit  Wärzchen  besetzt,  sondern  mehr  oder  weniger  deutlich 
gerunzelt.  Das  innere  Dermophragma  erlangt  bald,  wahrscheinlich 
infolge  der  immerwährend  darauf  wirkenden  Feuchtigkeit,  eine 
bräunliche  Färbung,  während  der  zuletzt  darauf  aus  dem  Darm  ab- 
gelagerte Kalk  rein  weiß  bleibt. 

Von  einigen  Xerophüa-,  Tachea-  und  Iberus- kvi(d\i  hatte  ich  Ge- 
legenheit, das  Sommer- Dermophragma  zu  untersuchen.  Ich  fand 
darauf,  genau  an  der  Stelle,  wo  einstens  das  Atemloch  aufruhte, 
regelmäßig  eine  kleine  Menge  Kalk  aufgetragen,  der  durch  seine 
Undurchsichtigkeit  und  die  milchweiße  Färbung  auf  dem  zumeist 
glashellen  Häutchen  recht  auffällig  hervortrat.  Höchstwahrschein- 
lich ist  auch  dieser  Kalk  eine  Darmausscheidnng. 

Die  Entstehung  des  Trockenheits-Schutzhäutchens  im  Sommer 
ist  ähnlich  jener  des  Dermophragmas,  das  für  die  Bildung  des  Epi- 
phragmas in  Anspruch  genommen  wird.  Eine  Abweichung  tindet 
hier,  in  den  meisten  Fällen,  bloß  in  der  Art  statt,  daß  das  Tier  mit 
dem  Schwanzende  der  Sohle,  die  zu  einer  ganz  kleinen  Fläche  zu- 
sammengezogen wird,  an  der  Kriechfläche  haften  bleibt,  während 
der  proximale  Körperteil  bereits  im  Mantel  verborgen  liegt.  Dann 
erfolgt  die  Loslösung  des  Häutchens  und  bald  darauf  die  restliche 
Retraktion,  nach  welcher  oft  schwere  Tiere  samt  ihrem  Gehäuse 
mittels  des  Dermophragmas  an  der  Kriechfläche,  also  an  Wänden, 
Ästen  und  anderen  Gegenständen,  haften  bleiben. 

Ich  habe  früher  die  Beobachtung  erwähnt,  daß  die  geöffneten 
Poren  der  Mantelwand,  den  Flüssigkeitsgehalt  des  aus  dem  Darme 
bei  Bildung  des  Epiphragmas  ausgeschiedenen  Kalkbreies  aufsaugen, 
daß  sie  also  die  Eigenschaft  haben,  Flüssigkeit  aufzunehmen.  Dies 
läßt  mit  Sicherheit  annehmen,  daß  diese  Poren  wohl  auch  die  weitere 


Oausilium.  311 

Eignung  besitzen  müssen.  Flüssigkeit  auszuscheiden,  durch  welche 
die  Loslösung  der  Schleimschichte  von  der  Mantelwand  zustande 
kommt.  Das  Sommer-Dermophragma  wird,  wie  ich  ebenfalls  hervor- 
hob, in  vielen  Fällen  bei  teilweise  ausgetretenem  Körper  abge- 
schieden. Ein  Teil  des  dafür  verwendeten  Schleimes  entstammt 
somit  nicht  der  Mantelwand,  sondern  dem  Körper,  woraus  folgt,  daß 
sich  auch  über  letzteren  jene  Poren  verbreiten,  die  durch  Flüssigkeits- 
ausscheidung die  Loslösung  der  Schleimschichte  vom  Integument 
bewirken. 

Das  Dermophragma  wird  bei  Tieren,  die  weniger  verborgen 
leben  als  Vitrina,  Hyalina  usw.,  im  Sommer  nach  jeder  Retraction 
neu  gebildet,  während  das  Epiphragma  in  der  Regel  nur  einmal  im 
Jahr  zur  Entwicklung  gelangt.  Doch  auch  hier  finden  Ausnahmen 
statt,  wofür  ich  ein  Beispiel  anführen  möchte. 

Ich  sammelte  Anfang  Oktober  eine  Anzahl  Pom.  pomatia,  die 
bereits  ihr  Gehäuse  mit  einem  Winterdeckel  verschlossen  hatten, 
und  legte  sie  in  eine  große,  eigens  für  Schneckenbeobachtung  be- 
stimmte unglasierte  Tonschale,  deren  Boden  für  den  Wasserabfluß 
mehrfach  durchlöchert  war.  Den  Verschluß  bildete  ein  entsprechend 
weitmaschiger  Drahtgitterdeckel.  An  einem  olfenen,  doch  schattigen 
Plätzchen  des  Hausgartens  fand  das  Gefäß  Aufstellung.  Der  Ab- 
fluß der  Schale  war,  was  ich  übersehen  hatte,  verlegt,  es  sammelte 
sich  deshalb,  gelegentlich  eines  baldigen  Regens,  eine  größere  Menge 
Wasser  darin.  Dies  bildete  die  Ursache,  daß  sämtliche  Tiere  ihr 
Epiphragma  abwarfen  und  zur  Gefäßdecke  hinaufkrochen.  Das 
Wasser  wurde  entfernt  und  der  Abfluß  der  Schale  funktionsfähig 
g^emacht.  Erst  im  November,  also  einen  Monat  später,  trat  wieder 
niedrigere  Temperatur  ein,  die  zur  Bildung  eines  neuen  Epiphragmas 
Veranlassung  gab.  In  der  Zwischenzeit  erhielten  die  Tiere  keine 
Nahrung  und  auch  kein  Material  zum  Eingraben,  die  Tonschale  blieb 
vollkommen  leer.  Die  frisch  gedeckelten  Gehäuse  lagen  frei  dem 
Gefäßboden  auf  und  hatten  alle  nach  oben  gewendete  Mündung. 
Die  neugebildeten  Winterdeckel  standen  in  Dickwandigkeit  den 
früheren  in  keiner  Weise  nach,  und  da  zur  Aufnahme  neuer  Kalk- 
mengen keinerlei  Gelegenheit  geboten  war,  so  mußte  das  Material 
hierfür  im  Organismus  bereits  aufgespeichert  gewesen  sein. 

Zur  Feststellung,  ob  längere  Gefangenschaft  Einfluß  auf  die 
Entstehung  des  Epiphragmas  habe,  sammelte  ich  im  Juli  eine 
größere  Menge  Pom.  pomatia.  In  einem  Holzkistchen  versperrt, 
fanden  sie  in  trockenem  und  temperiertem  Zimmer  Aufstellung,  ohne 


312  M.    V.    KlMAKOWlCZ-WlNNICKI, 

daß  ihnen  irgendwelche  Nahrung  gereicht  worden  wäre.  Um  Mitte 
November  sank  die  Temperatur  derartig,  daß  in  manchen  Nächten 
0  bis  —2"  C  auftraten.  An  einem  Tag  wurde  nun  ein  Teil  der 
Schnecken  bei  8*^  Wärme  in  einer  Tonschale,  wie  ich  sie  oben  be- 
schrieb, im  Garten  ausgesetzt.  Ehe  dies  geschah,  legte  ich  die 
Schnecken  ins  Wasser,  um  sie  zu  zwingen,  den  zurückgegangenen 
Flüssigkeitsgehalt  zu  ergänzen.  Auch  wurde  der  Boden  der  Schale 
20  mm  hoch  mit  Erde  bedeckt,  um  das  Eingraben  zu  ermöglichen. 
Letzteres  geschah  auch,  doch  keines  der  Individuen  verschloß  die 
Mündung  mit  einem  Epiphragma,  sondern  alle  nur  mit  einem  Dermo- 
phragma,  das  mehr  oder  weniger  reich  durch  Kalk  getrübt  war, 
10  Tage  nach  dem  Aussetzen  fiel  die  Temperatur  auf  — 6"  C,  die 
allen  Tieren  den  Tod  brachte,  während  die  im  Zimmer  zurückge- 
bliebenen unbeschädigt  überwinterten  und  im  Frühjahr  in  einem 
Terrarium  ungestört  weiter  lebten.  Ich  hatte  es  versäumt,  in  dieser 
Richtung  weitere  Beobachtungen  zu  machen.  Wichtig  wäre  die 
Feststellung  gewesen,  ob  dem  Organismus  ein  Kalkvorrat  abging^ 
oder  ob  nicht  etwa  nur  durch  die  lang  andauernde  Untätigkeit  der 
Verdauungsorgane  die  Ausscheidung  gelähmt  war.  Sicher  nachge- 
wiesen war  jedoch,  daß  durch  den  lange  andauernden  Nahrungs- 
mangel die  Tiere  die  Widerstandsfähigkeit  gegen  Kälte  verloren 
hatten,  wozu  höchst  wahrscheinlich  das  Fehlen  des  Epiphragmas 
mit  beitrug.  Bei  zahlreichen  im  Freien  beobachteten  Tieren  konnte 
ich  im  Frühjahr  feststellen,  daß  sie  den  Winter,  fast  jeglicher  Decke 
entbehrend  —  auch  eine  Schneedecke  fehlte  häufig  —  ohne  Schaden 
überstanden  hatten;  freilich  entbehrte  keines  des  Epiphragmas. 

In  Siebenbürgen  kommt  es  öfter  vor,  daß  nach  den  ersten  Sep- 
tember- oder  Oktoberfrösten  ein  Temperaturumschwung  eintritt,  daß 
Frühlingswetter  vorherrscht  und  noch  um  Weihnachten  herum 
warme  Regen  niedergehen.  Trotzdem  konnte  ich  niemals  an  in 
Freiheit  lebenden  Tieren  ein  Abwerfen  des  Winterdeckels  vor  An- 
fang März  beobachten.  ICs  ist  demnach  unklar,  weshalb  sie  den 
Kalkvorrat  für  einen  zweiten  Deckel  in  ihrem  Organismus  aufge- 
speichert halten. 

Das  Abwerfen  des  Epiphragmas  erfolgt  hier  nach  dem  ersten 
warmen  Regen  im  März :  bleibt  ein  solcher  aus  und  tiitt  erst  später, 
etwa  im  April  oder  Mai  ein,  dann  bleibt  das  Abwerfen  für  diese 
Zeit  aufgespart.  Bloß  vereinzelte  Individuen,  die  besonders  feucht 
lagen,  warten  einen  Niederschlag  nicht  ab  und  entfernen  den  Winter- 
schutz schon  früher.    Werden  im  Januar  oder  Februar  gesammelte 


Clausilium.  313 

mit  dem  Epiphragrna  verschlossene  Gehäuse  in  ein  trocknes  luftiges 
Zimmer  gebracht  und  dort  einzeln  aufgestellt,  dann  wartet  man  in 
der  Regel  vergebens  auf  das  Abwerfen  des  Deckels.  Es  tritt  dies 
vereinzelt  nur  dann  ein,  wenn  die  Gehäuse  an  einem  offenen  Fenster 
liegen  und  anhaltender  Regen  den  Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft  be- 
sonders gesteigert  hat. 

Sicher  wird  er  abgeworfen,  wenn  er  im  März  oder  April  an- 
gefeuchtet oder  in  beliebiger  Jahreszeit  das  Gehäuse  in  etwas  an- 
gewärmtes Wasser  eingelegt  wird.  Mittels  letzteren  Experiments 
gelang  es,  im  Winter  gesammelte  Tiere,  die  bis  zum  nächstfolgenden 
August  mit  dem  Epiphragma  verschlossen  blieben,  zu  dessen  Ab- 
stoß zu  veranlassen.  Freilich  waren  derartig  lange  eingeschlossen 
gewesene  Individuen  so  sehr  ermattet,  daß  das  Abwerfen  des 
Deckels  und  das  Austreten  des  Körpers  viele  Stunden  in  An- 
spruch nahm. 

Das  äußere  Dermophragma  wird  über  Winter  zumeist  ganz 
zerstört,  das  innere  hingegen  erhält  sich  bis  zum  Abwerfen  des 
Winterdeckels.  Es  bedeckt  nicht  nur  dessen  Innenfläche,  sondern 
greift  an  die  Innenwände  des  Gehäuses  über,  deckt  somit  die  Fuge 
zwischen  beiden  vollständig.  Wird  das  Epiphragma  abgestoßen, 
dann  erfolgt  die  Trennung  des  inneren  Dermophragmas  nicht  über 
der  Fuge,  sondern  es  bleiben  Teile  davon,  die  an  den  Gehäuse- 
wänden hafteten,  an  dem  Epiphragma  hängen.  Dies  ist  ein  Nach- 
weis dafür,  daß  die  Loslösung  des  Deckels  nicht  auf  chemischem 
Wege  erfolgt,  wie  dies  Simeoth  ^)  vermutet,  denn  sonst  müßte  das 
innere  Dermophragma  zuerst  durch  die  wirkende  Flüssigkeit  zersetzt 
werden,  was  aber  durchaus  nicht  zutrifft.  Das  Ablösen  erfolgt 
lediglich  durch  den  Druck,  den  das  austretende  Tier  auf  den  Deckel 
ausübt.  Von  außen  einwirkende  Feuchtigkeit  begünstigt  unbedingt 
die  Trennung,  da  ein  trockenes  Epiphragma  um  vieles  fester  an  den 
Gehäusewänden  haftet  als  ein  feuchtes.  Trotzdem  wäre  es  aber 
dem  Tiere  unmöglich,  den  Deckel  aus  der  Mündung  herauszustoßen, 
wenn  es  nicht  über  seinen  Luftdruck- Apparat  verfügte.  Die  durch 
Zusammenziehung  der  Sackwände  komprimierte  Luft  des  Sacksinus 
drückt  die  Mantelwand  gleichmäßig  gegen  die  Innenfläche  des  Epi- 
phragmas,  die  Ablösung  kann  demnach  nur  in  der  Fuge  erfolgen, 
und  ein  Zerbrechen  des  Deckels  ist  dabei  so  ziemlich  ausgeschlossen. 


1)    In:    Beonn,    Klass.    Ordn.    Tier-Reich,    Vol.    3,    Abt.  3,    1909, 
204. 


314  M.    V.    KlMAKOWICZ-WlNNICKI, 

AVohl  kommt  dies  in  seltenen  Fällen  vor,  und  dann  bleiben  Teile 
davon  zumeist  an  der  Spindelseite  hängen,  wo  eben  die  Anhaft- 
fläclie  des  Epiphragmas  am  breitesten  ist. 

Daß  diese  in  seltenen  Ausnahmefällen  an  der  Spindelseite  haften 
bleibenden  Epiphragmateile  nicht  als  Ausgangspunkte  für  eine  Mün- 
dungsbezahnung angenommen  werden  können,  geht  schon  daraus 
hervor,  daß  auch  bei  den  Prosobranchiern,  die  zuverlässig  im  Ver- 
laufe ihrer  Entwicklung  gewiß  niemals  ein  Epiphragma  bildeten^ 
bezahnte  Mündungen  vorkommen. 

Treten  im  Frühjahr  nach  dem  Abwerfen  des  Winterdeckels 
Nachfröste  ein,  dann  suchen  die  Tiere  neuerdings  einen  Winter- 
schutz auf,  ja  sie  graben  sich  oft  tief  in  die  Erde  ein.  Doch  selbst 
in  Fällen,  wo  die  Temperatur  mehr  oder  weniger  tief  unter  den 
Nullpunkt  sank,  konnte  ich  niemals  ein  neugebildetes  Epiphragma 
feststellen,  nachdem  das  frühere  abgeworfen  war.  Eines  wird  jedoch^ 
ebenso  wie  im  Herbst,  stets  eingehalten,  das  Wenden  der  Gehäuse- 
mündung nach  oben.  Es  scheinen  in  dieser  Lage  die  Organe  gegen 
Frost  am  besten  geschützt  zu  sein.  Die  Feuchtigkeitsaufnahme, 
die  bei  nach  oben  liegender  Mündung  zumeist  begünstigt  wird  und 
die  beim  Abwerfen  des  Deckels  gewiß  ein  Bedürfnis  ist,  scheint^ 
da  bei  Frühjahrsfrösten  ein  solcher  nicht  angelegt  wird,  sondern 
nur  die  Wendung  des  Gehäuses  erfolgt,  erst  in  zweiter  Linie  in 
Betracht  zu  kommen. 

Was  endlich  die  Struktur  des  Epiphragmas  anlangt,  so  gleicht 
sie  sowohl  im  Quer-  als  auch  im  Flachschliif  einem  verworrenen 
Trümmerfeld,  hat  also  Ähnlichkeit  mit  jener  der  Limax-Sch?i\e.  Ab- 
weichend ist,  daß  beim  Epiphragma  noch  dicht  gedrängte,  große 
Hohlräume  auftreten,  die  beim  Querschliif  namentlich  den  medianen 
Teil  erfüllen  und  hier  schon  mit  unbewaffnetem  Auge  beobachtet 
werden  können.  Sowohl  das  Epiphragma  als  auch  die  Schale  der 
Nacktschnecken  lassen  sich  nur  mit  dem  Ostracum  vergleichen.  Der 
aus  der  Mantelwand  ausgeschiedene,  auf  das  Dermophragma  in 
milchiger  Lösung  abgesetzte  Kalk  stellt  sich  bei  entsprechender 
Vergrößerung  als  kleine  kreisrunde  Scheibchen  dar,  die  von  einer 
hellen  Zone  umgeben  sind. 

Operculum. 

Das  Interesse  für  den  Gastropodendeckel  blieb  immer  in  den 
Hintergrund  gedrängt,  man  legte  ihm  zu  keiner  Zeit  einen  besonderen 


Claiisiliuni.  315 

Wert  bei.  Bloß  Hoüssay  ^)  unterzog'  ihn  eing-ehenderer  Untei-suchung. 
Und  doch  ist  der  Deckel  in  morphologischer  Beziehung-  für  das 
Studium  der  Gastropoden  von  hervorragender  Bedeutung. 

Die  ältesten  Formen  des  Operculums  sind  gerade  so  wie  die 
ältesten  (Tastropodengehäuse  spiralig  aufgerollt,  also  asymmetrisch. 
Es  kann  demnach  kein  Zweifel  darüber  bestehen,  daß  er  mit  der 
Asymmetrie  jener  Molluskenklasse   im  Zusammenhang-   stehen   muß. 

Zur  Aufklärung  der  Asymmetrie  sind  durch  Bütschli,  Grobben,, 
Lang,  Simroth  u.  A.  abweichende  Theorien  aufgestellt  worden,  die 
ich,  voraussetzend,  daß  sie  allgemein  bekannt  seien,  hier  nicht  wieder- 
holen will.  Hervorheben  möchte  ich  aber,  daß  keine  davon  bis  zu 
dem  Deckel  leitet,  demnach  auch  keine  Aussicht  auf  einen  Erfolg 
haben  kann. 

Mit  dem  Gehäuse  brachte  das  Operculum  nur  Simegth^)  in 
Zusammenhang,  doch  beging  er  dabei  den  Fehler,  die  Polyplacophoren, 
demnach  Vertreter  einer  anderen  Molluskenklasse,  für  den  Vergleich 
heranzuziehen.  Er  sagte  darüber:  „Ebenso  habe  ich  die  Möglich- 
keit oifen  gehalten,  ihn  (den  Deckel)  doch  mit  der  Schale  in  Parallele- 
zu  stellen  und  etwa  der  letzten  Schuppe  der  Chitonen  zu  homologi- 
sieren." 

Ich  ging  bei  dem  Studium  der  Gastropodenasymmetrie  von 
einem  Urmollusk  aus,  das  noch  keine  Schale  besaß,  und  nahm  an, 
daß  es  symmetrisch-bilateral  war,  demnach  Ähnlichkeit  mit  den 
heutigen  Aplacophoren  hatte. 

Von  diesem  Urmollusk  trennte  sich  ein  Stamm  ab ,  bei  dem 
vorerst  ein  locomotorischer ,  auf  pneumatischem  Druck  beruhender 
Apparat  zur  Entwicklung  gelangte.  Bei  Weiterentwicklung  des 
Apparats  steigerte  sich  der  Druck  auf  das  Integuraent  derartig,. 
daß  dessen  Gewebe  nicht  mehr  ausreichte,  um  einen  entsprechenden 
Widerstand  entgegenzustellen.  Jener  Körperteil,  wo  die  ringförmig 
geschlossene  Mantelfurche  entstanden  war,  bot  den  geringsten  Wider- 
stand, und  es  erfolgte  hier  ein  Durchbruch  der  Wand,  was  zur  Ent- 
stehung des  Intestinalsackes  Veranlassung  gab.  Der  Durchbruch 
hatte  die  Trennung  der  Mantelfurche  in  zwei  Teile  zur  weiteren 
Folge,  und  die  Einwirkung  der  Dorsalmuskulatur  bedingte  nun, 
nachdem  der  einstige  Widerstand  ausgeschaltet  war,  die  Verlagerung 

1)  Recherches  sur  l'opercule  et  les  glandes  du  pied  des  Gasteropodes^ 
in:  Arch.   Zool.   exper.   (2),   Vol.   2,    1884. 

2)  In:  Brgnn,  Klass.  Ordn.  Tier-Reich,  Vol.  3,  Abt.  2,  1896—1907,. 
V.   217. 


316  M.    V.    KiMAKOWICZ-WiNNICKI, 

der  beiden  Mantelfurchenteile  (Fig.  2  u.  4),  Ich  nenne  die  vordere 
größere  die  Gehäuse-,  die  hintere  die  Opercularfurclie. 

Mit  der  Verschiebung  der  beiden  Furchen  kam  zweierlei  zu- 
stande :  die  Chiastoneurie  des  Nervensystems  und  die  Verlegung  des 
Enddarraes  nach  vorn. 

Entstand  der  Durchbruch  an  der  linken  Körperseite,  dann 
wurde  das  Darmende  nach  der  rechten  verlegt,  und  in  der  Folge 
bildete  sich  hier  ein  rechtsgewundenes  Gehäuse.  Zu  einer  entgegen- 
gesetzten Wirkung  kam  es,  wenn  der  Durchbruch  an  der  rechten 
Xörperseite  auftrat. 

In  der  ontogenetischen  Entwicklung  kann  ausnahmsweise  als  Erbe 
früherer  Entwicklungsstufen  der  Fall  vorkommen,  daß  der  Durchbruch 
entgegengesetzt  wie  bei  den  Eltern  zustande  kommt,  es  bleibt  so- 
mit die  Möglichkeit  offen,  daß  Nachkommen  von  Arten  mit  rechts- 
gewundenem Gehäuse  ein  linksgewundenes,  oder  umgekehrt,  erwerben. 

Mit  der  Entstehung  der  Mantelfurche  begann  die  Ausscheidung 
^ines  Secrets,  das  an  der  Oberfläche  zu  Chitin  erstarrte.  Vorerst 
bildete  sich  daraus  eine  kleine  Kappe,  die  mit  dem  Bruchsack  in 
organische  Verbindung  getreten  war.  In  der  ontogenetischen  Ent- 
wicklung gelangte  ein  kleiner  Teil  der  Kappenperipherie  in  die 
Gehäusefurche,  wo  daran  neue  Chitinmengen  angebaut  wurden.  Das 
eine  Ende,  der  Anfang  der  Neubildung,  war  mit  der  Kappe  fest  ver- 
bunden, während  auf  das  andere  die  Gehäusefurche  drückte.  Dieser 
Druck  konnte  die  Kappe,  die  angewachsen  war,  nicht  geradlinig  ver- 
schieben, sondern  nur  in  Rotation  bringen,  die  Neubildung  mußte 
sich  demnach  um  sie  herum  spiralig  anordnen.  Der  mit  der  Kappe 
verbundene  Intestinalsack  war  gezwungen,  der  Drehung  zu  folgen, 
seine  spiralige  Anordnung  wurde  demnach  durch  den  Gehäusebau 
bedingt  und  nicht  umgekehrt,  wie  dies  allgemein  angenommen  wird. 

Die  Gehäuseform  ist  abhängig  von  dem  Verhältnis  zwischen 
der  Wachstumsraschheit  des  Tieres,  der  Flächenzunahme  des  Peri- 
ostracums  und  der  Längenzunahme  des  Spindelmuskels.  Einen  wesent- 
lichen Anteil  daran  hat  aber  auch  der  Grad  der  Eetraktion  des 
zuletzt  genannten  Organs  während  der  Austrittsdauer  des  Tieres 
gelegentlich  des  Schalenbaues.  Ist  er  größer,  dann  entstehen  dicht 
aufgerollte  kuglige  oder  scheibenförmige,  im  entgegengesetzten  Falle 
langgestrekte  spindel-  oder  turmhelmförmige  Schalen.  Bei  ersteren 
ist  eine  ausnahmsweise  Erschlaffung  des  Muskels  häufiger  zu  beob- 
achten. Sie  kann  entweder  nur  bei  einzelnen  Individuen  oder  auch 
bei   sämtlichen  Vertretern   einer  Art    auftreten.    Erscheint  sie  zu 


Clausilium,  317- 

Beg-inn  der  ontogenetischen  Entwicklung-,  dann  trennen  sich  alle^ 
Windungen  Vermetus-Sirtig  voneinander.  Gescliielit  es  erst  später^ 
dann  erfolgt  bloß  die  Loslösung  der  letzten  Umgäng-e  oder  doch 
eine  unregelmäßige  Anordnung  dieser.  Diese  Alloiostrophie  ist  aber 
auch  bei  langgestreckten  Gehäusen  nicht  ausgeschlossen.  Wir  be- 
gegnen ihr  namentlich  bei  Gylindrella.  Unter  normalen  Verhält- 
nissen konnte  ich  sie  bei  den  Clausilien  niemals  nachweisen.  Ver- 
liert aber  ein  Individuum  den  letzten  Umgang,  dann  erfolgt  di& 
Regeneration  zumeist  alloiostroph,  da  der  für  das  durch  die  Be- 
schädigung verkürzte  Gehäuse  zu  lange  Spindelmuskel  während  der 
Regenerationsdauer  nicht  genügend  retrahiert  wird. 

Bei  PlanorUs  treten  häufig  abnorme  Schalenbildungen  auf,  die 
zumeist  durch  Loslösung  der  Umgänge  oder  sonstige  Unregelmäßig- 
keiten im  Gehäusebau  ausgezeichnet  sind.  Weder  parasitäre  Ein- 
flüsse noch  dichter  Pflanzenwuchs  an  den  Wohnstätten  tragen  Schuld 
daran,  auch  sie  entstehen  infolge  von  Störungen  in  der  Funktion 
des  Spindelmuskels, 

Die  bei  einigen  Gastropoden  auftretende  Heterostrophie  ist  auf 
eine  vorübergehende  Erschlaff"ung  des  Spindelmuskels  zurückzuführen^^ 
die  eine  Wendung  der  Embryonalschale  in  der  Weise  möglich  macht^ 
daß  ihre  ursprüngliche  Nabelseite  nach  oben  zu  liegen  kommt.  Die 
hierauf  daran  angebauten  weiteren  Umgänge  sind  dann  dem  An- 
scheine nach  entgegengesetzt  gewunden.  Plate's  Erklärung  der 
Heterostrophie  läßt  sich  technisch  nicht  begründen.  Außerdem  wäre 
aber  auch  die  Möglichkeit  ausgeschlossen,  daß  die  aus  dem  Gewinde 
herausgepreßte  Spitze  immer  wieder  in  gleicher  Richtung  und 
Regelmäßigkeit  an  das  Gehäuse  angebaut  werde. 

Bezüglich  der  Form  der  Windungen  wäre  noch  zu  erwähnen^ 
daß  sie  völlig  von  der  größeren  oder  kleineren  Wirkung  des  pneu-- 
matischen  Apparats  auf  die  Mantelwände  abhängig  ist.  Bei  größerer 
Wirkung  werden  die  Umgr^nge  gewölbt,  im  entgegengesetzten  Falle- 
mehr  oder  weniger  geebnet. 

Im  Verlaufe  der  Differenzierung  und  Entwicklung  der  Arten 
konnte  sich  die  Gehäusefurche  neuerdings  ringförmig  schließen,  was 
die  Entstehung  eines  napfförmigen,  nicht  gewundenen  Gehäuses  zur 
Folge  hatte  {FissurelUdae,  PateUidae  etc.),  oder  sie  konnte  nach: 
Zurückziehung  des  Intestinalsackes  gänzlich  verschwinden,  womit 
eine  Gehäusebildung  aufhörte  (Limacidae,  Arionidae  etc.).  Eines 
blieb  den  Vertretern  dieser  Gruppen  jedoch  anhaften,  die  Asym- 
metrie   des    Pallialkomplexes    und    die   Chiastoneurie    des    Nerven- 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  21 


3;[g  M.    V.   KiMAKOWICZ-WiNNTCKI, 

Systems,  die  den  Weg  der  einstigen  Formwandlung  genau  be- 
zeichnen. 

In  gleicher  Weise  wie  das  Gehäuse  in  der  Gehäusefurche  zu- 
stande kam,  entwickelte  sich  der  Gastropodendeckel  in  der  Opercular- 
furche.  Die  Form  und  die  Funktion  beider  Furchen  sind  entgegen- 
gesetzt, es  ist  deshalb  nicht  möglich,  daß  sich  der  Deckel  in  gleicher 
Richtung  wie  das  dazugehörige  Gehäuse  aufrollt,  es  kann  dies  nur 
entgegengesetzt  geschehen.  Die  Angabe  Keferstein's,  daß  die  rechts- 
gewundene Atlanta  einen  rechtsgewundenen  Deckel  haben  soll,  be- 
ruht zweifellos  auf  einem  Irrtum. 

Die  Chitinschichte  des  Gastropodendeckels  entspricht  dem  Peri- 
ostracum  der  Schale,  die  aber  hier  auffallend  dick  werden  kann. 
Besteht  er  außerdem  auch  aus  Kalk,  dann  ist  letzterer  geschichtet  und 
läßt  sich  mit  dem  Hypostracum  homologisieren.  Bei  den  skulp- 
turierten  Deckeln,  z.  B.  von  Callopoma,  Natica  etc.,  w^äre  zu  erwarten, 
daß  auch  ein  Ostracum  vorhanden  sei,  doch  ich  konnte  eine  Stäbchen- 
skulptur auch  hier  nicht  nachweisen. 

Auch  die  Opercularfurche  kann  sich  ringförmig  schließen,  was 
die  Entstehung  nicht  spiralig  aufgerollter  Deckel  bedingt.  Bei 
einigen  Arten  tritt  sie  in  der  Jugend  auf,  doch  das  gebildete  Oper- 
culum  wird  von  dem  erwachsenen  Tier  abgeworfen.  Bei  zahlreichen 
Familien  ging  sie  und  mit  ihr  das  Operculum  gänzlich  verloren. 

Alle  Gastropoden  hatten  ursprünglich  einen  Deckel,  so  auch  die 
Voreltern  unserer  heutigen  Stylommatophoren.  Es  kann  das  bei 
ihnen  vereinzelt  auftretende  Epiphragma,  abgesehen  von  seiner  ganz 
abweichenden  Bildung,  nicht  als  ein  werdendes  Operculum  angesehen 
werden,  das  sich,  nach  Simroth's  Ansicht,  möglicherweise  mit  dem 
Hinterende  des  Körpers  einmal  verbinden  könnte,  es  ist  vielmehr 
eine  Neubildung,  die  in  dem  aufgetretenen  Bedürfnis  nach  dem  in 
Verlust  geratenen  Operculum  zustande  gekommen  ist  und  dafür 
einen  zeitweiligen  Ersatz  bieten  soll. 

Clausilium. 

Für  das  Studium  des  Clausilien- Apparats  erweisen  sich  die 
Alopien  am  geeignetsten.  Bei  ihnen  kann  seine  Entwicklung 
schrittweise  verfolgt  werden.  Damit  war  auch  die  Möglichkeit  ge- 
boten, zu  einer  vollkommen  klaren  Vorstellung  des  Urtypus  aller 
Clausilien  zu  gelangen.  Er  hatte  ein  jE'Ma-ähnliches  Gehäuse  mit 
Umgängen,  die  sich  stetig  erweiterten  und  am  Peristom  der  fertig 
ausgebildeten  Schale  den  größten  Durchmesser  erreichten. 


Clausilium.  319 

Bei  dem  Urtypus  trat  infolge  Überg-anges  der  Lebensweise  von 
Land  zu  Fels  eine  ganz  eigentümliche  Hypertrophie  in  der  Schalen- 
bildung ein.  die  sich  im  Verlaufe  der  Weiterentwicklung  immer 
mehr  steigerte.  Während  das  Tier,  namentlich  dessen  Spindel- 
muskel, bereits  an  der  Grenze  ihrer  ontogenetischen  Entwicklung 
angelangt  waren,  hörte  die  Weiterbildung  der  Schale  nicht  auf  oder 
hielt  doch  mit  jener  nicht  gleichen  Schritt.  Es  trat  eine  Spannung 
der  Orgaue  ein,  die  namentlich  auf  die  Mantelfurche  ihre  Wirkung 
ausübte.  Sie  wurde  in  der  Richtung  gegen  die  Gehäusespitze  ge- 
zogen, was  die  Verkleinerung  ihres  Krümmungshalbmessers  zur 
Folge  haben  mußte.  Der  hypertrophe  Gehäuseteil  verengte  sich 
demnach  um  so  mehr,  je  größer  die  Anzahl  der  Umgänge  ge- 
worden war. 

Die  Verengung  in  der  Richtung  gegen  das  Peristom  übte  einen 
wesentlichen  Einfluß  auf  die  weitere  Gestaltung  des  Clausilien- 
gehäuses.  Der  Mantel  hatte  eine  den  früheren,  weiteren  Umgängen 
angepaßte  Dimension  erreicht,  fand  demnach  in  der  verengten  Mün- 
dung nicht  genügenden  Raum,  was  zu  seiner  Runzelung  Veran- 
lassung gab.  Es  entstand  zunächst  an  der  Ventralseite,  knapp 
neben  dem  Pneumostom,  das  bei  den  Clausilien  ganz  in  den  Naht- 
winkel hineingedrängt  ist,  eine  kleine  Runzel,  die  der  Gehäusewand 
aufruhte.  Der  in  die  Runzel  hineingelangte  Kalk  verband  sich  mit 
der  Wand  und  bildete  dort  ein  kleines  vorstehendes  Knötchen,  auf 
welches  nach  jedesmaligem  Austreten  des  Körpers  aus  der  Schale 
eine  weitere  Kalkschichte  aufgetragen  wurde  und  das  sich  so  in 
der  Folge  zu  einer  Leiste,  der  Oberlamelle,  ausbildete. 

Im  späteren  Verlauf  der  Entwicklung  tritt  eine  zweite  Mantel-, 
die  Unterlamellenrunzel  auf.  Sie  ist  anfangs  sehr  klein  und  liegt 
dann  über  der  Spindel.  Die  Lamelle,  die  ihr  ihre  Entstehung  dankt, 
zieht  sich  wie  ein  Faden  schraubenlinienartig  über  den  unteren  Teil 
der  Spindel.  Erst  in  einem  höheren  Entwicklungsstadium  rückt  die 
Runzel  von  der  Spindel  auf  die  Wand  ab,  und  die  dort  durch  sie 
entstehende  Lamelle  schließt  dann  mit  der  Spindel  eine  mehr  oder 
weniger  breite  Nische  ein. 

Mit  der  Ober-  und  Unterlamelle  ist  der  Mantel  an  zwei  Stellen 
in  der  Mündung  fixiert,  und  damit  ist  auch  das  Austreten  des  re- 
trahierten  Tieres  in  vollkommen  sichere  Bahnen  gelenkt.  Gehen 
die  beiden  Lamellen  durch  Verlust  des  letzten  Umganges  verloren, 
dann  erfolgt  ein  Schwanken  im  x4ustreten.  Dies  ist  daran  zu  er- 
kennen, daß  in  Fällen,   wo  die  Lamellen  zu  einer  Regeneration  ge- 

21* 


;320  ^-    ^-    KiMAKOWICZ-WiNNICKI, 

langen,  sie  immer  unregelmäßig  sind  und  an  abweichenden  Stellen 
auftreten. 

Nach  der  phylogenetischen  Entwicklung  der  beiden  Lamellen 
erfolgt  zu  Ende  des  Gehäusebaues  eine  gesteigerte  Kalkausschei- 
dung, die  Veranlassung  zur  Entstehung  der  Gaumenwulst  wird. 

Das  Lungennetz  der  Clausilien  ist  von  jenem  der  Helices  ganz 
abweichend  gestaltet.  Die  Vena  pulmonalis  beginnt  nahe  an  dem 
Mantelrand  und  ist  in  zwei  gleich  starke,  in  ihrem  ganzen  Verlauf 
gleich  dick  bleibende  Stränge  gespalten,  die  von  ihrem  Beginn  bis 
kurz  vor  ihrer  Einmündung  in  das  Pericard,  wo  sie  sich  vereinigen, 
nahe  aneinander  gedrängt  parallel  laufen  und  bei  ausgetretenem 
Körper  bis  vier  Umgänge  durchziehen,  über  die  sich  der  Sinus  des  In- 
testinalsackes  ausbreitet.  Anderweitige  Lungengefäße,  die  dem  An- 
scheine nach  alle  unverzweigt  sind,  scheinen  nur  im  Bereich  des 
Mantelrandes  aufzutreten.  Sie  sind  sehr  schwer  sichtbar,  da  sie  kein 
Relief  bilden,  und  eine  Injektion  wollte  mir  bis  jetzt  nicht  gelingen. 
Am  besten  treten  sie  hervor,  wenn  das  Präparat  für  einige  Zeit  in 
Alkohol  eingelegt  wird.  Es  münden  die  aus  der  Gegend  des  Rec- 
tums  kommenden  Gefäße  in  die  obere,  die  in  der  Gegend  der  Spindel 
entspringenden  in  die  untere  Lungenvene. 

Die  beiden  Venae  pulmonales  beteiligen  sich  ebenfalls  an  der 
Weiterentwicklung  des  Clausilien-Apparats.  Zwischen  ihnen  kommt 
die  Principale,  die  oberste  Gaumenfalte,  in  gleicher  Weise,  wie  ich 
dies  bei  der  Oberlamelle  schilderte,  zustande.  Bei  jedesmaligem 
Austreten  des  Körpers  gelangt  die  Principale  zwischen  die  beiden 
Venen,  die  sich  beiderseits  dicht  an  sie  anschmiegen  (Fig.  5). 

Mit  der  Principale  ist  nun  auch  der  dorsale  Mantelteil  in  der 
Schale  fixiert,  so  daß  ein  Abweichen  beim  Austritt  des  Körpers 
auch  hier  ausgeschlossen  bleibt.  Sie  ist  in  mancher  Beziehung  von 
Bedeutung  und  gibt  sicheren  Aufschluß  über  die  Lage  der  Lungen- 
venen, die  in  den  verschiedenen  Clausiliengattungen  mannigfaltigen 
Abweichungen  unterworfen  ist. 

Die  übrigen  in  der  Gehäusemündung  auftretenden  Falten  danken 
einer  Mantelrunzelung  ihre  Entstehung.  Die  Stellung  und  die  Lage 
der  Runzeln,  die  jene  der  Falten  bedingen,  sind  abhängig  von  dei* 
Form  und  der  Anordnung  der  Pallialorgane  in  der  Mantelhöhle 
während  der  Austrittsdauer  des  Körpers,  haben  deshalb  ebenfalls 
unverkennbare  Bedeutung. 

Auf  die  Entwicklung  der  Principale  und  der  untersten  Gaumen- 
falte folgt  die  phylogenetische  Entstehung  der  Spirallamelle.    Sie 


Clausilium.  321 

ist  nichts  weiter  als  eine  Fortsetzung-  der  Oberlamelle,  und  die 
Trennung  beider,  die  in  der  Regel  auftritt,  ist  die  Folge  einer 
Knickung  des  Enddarmes,  dessen  Lage  durch  die  beiden  Lamellen 
in  der  Mündung  fixiert  bleibt. 

Während  der  phylogenetischen  Entwicklung  der  Principale,  der 
untersten  Gaumenfalte  und  der  Spirallamelle  trat  auch  eine  bedeu- 
tungsvolle Umwandlung  der  Unterlamellenrunzel  auf.  Ihre  Wände 
wurden  durch  zahlreiche  Muskelfasern,  die  vom  Spindelmuskel  aus- 
gingen, verstärkt,  und  es  begann  eine  gastrulaartige  Einstülpung 
durch  ihre  ganze  Länge  aufzutreten.  Die  Einstülpung  setzt  sich 
im  weiteren  Verlauf  der  Entwicklung  als  stark  muskulöse  Membran 
fort  bis  an  die  Insertionslinie  zwischen  Unterlamelle  und  Gehäuse- 
wand. Durch  diese  Septenbildung  war  nun  die  Unterlaraellenrunzel 
in  zwei  Taschen  gegliedert.  Die  obere  nahm  die  Unterlamelle  auf, 
in  der  unteren  entstand  das  Clausilium  (Fig.  6). 

Der  in  die  Clausiliumtasche  eindringende  oder  dort  ausgetretene 
Kalk  gelangt  bis  an  ihr  hinteres  Ende  und  von  da  auf  die  Gehäuse- 
spindel. Dort  bildet  sich  vorerst  ein  zu  jener  schräg  stehendes  läng- 
liches Knötchen  von  ziemlicher  Höhe.  Bei  späteren  Austritten  des 
Körpers  wird  dem  Kamm  des  Knötchens  ein  Stielchen  angesetzt, 
■das  in  die  Tasche  hineinragt.  Sobald  es  entsprechende  Länge  er- 
langt, erfolgt  eine  schaufeiförmige  Verbreiterung  am  vorderen  Ende, 
an  die  immer  mehr  Kalkschichteu  angesetzt  werden,  bis  die  Er- 
weiterung sich  zu  einer  Platte  ausbildet,  die  mit  der  Unterlamelle, 
auf  der  sie  während  ihres  successiven  Baues,  getrennt  durch  die 
Clausilium-Membran,  immer  aufruht,  in  der  Form  und  annähernd 
auch  in  der  Größe  übereinstimmt.  Die  Form  der  Clausiliumplatte 
muß  immer  mit  jener  der  Unterlamelle  übereinstimmen,  da  sie  wäh- 
rend ihres  Baues  durch  den  im  Intestinalsack  zustande  kommenden 
pneumatischen  Druck  fortwährend  gegen  letztere,  die  bereits  vollendet 
ist,  angepreßt  wird. 

Die  allmähliche  Vergrößerung  der  Platte  kann  an  gefangen 
gehaltenen,  im  letzten  Stadium  des  Wachstums  stehenden  Clausilien, 
■dann  aber  auch  am  noch  unvollendeten  Clausilium  genau  beobachtet 
werden.  Es  sind  daran  die  ziemlich  regelmäßig  angeordneten  Zu- 
wachsstreifen deutlich  zu  erkennen,  deren  Trennungslinien  erst  in 
späterer  Folge  gänzlich  verschwinden. 

Lamellen,  Gaumenfalten,  die  Gaumen wulst  und  das  Clausilium 
sind  geschichtete  hypostracale  Bildungen,  die  nur  bei  ausgetretenem 
Körper  entstehen  können. 


322-  M.    V.    KiMAKOWICZ-WiNNICKI, 

Aus  der  komplizierten  Entwicklung-  des  Clausilienapparats  kann 
mit  Sicherheit  bloß  geschlossen  werden,  daß  die  Anlage  der  Lamellen 
und  Gaumenfalten  von  allem  Anfang  darauf  hinaus  ging,  den  Mantel 
des  Tieres  beim  Austreten  des  Körpers  aus  der  Schale  immer  in 
eine  ganz  bestimmte  Lage  zu  bringen,  damit  das  Clausilium  jedesmal 
sicher  in  dessen  Tasche  gelange.  Ein  Abbrechen  des  zarten  Stieles 
ist  deshalb   während   des  Austrittsaktes   vollständig  ausgeschlossen. 

Doch  welchem  Zwecke  dieser  eigenartige  Apparat  dienen  soll,, 
kann,  wenn  auch  nicht  leicht,  aus  der  geschilderten  Entwicklung 
erkannt  werden. 

Zum  Schutz  gegen  Feinde  war  er  gewiß  nicht  entstanden,  denn 
an  der  Spitze  des  Moguragebirges  bei  Törzburg  lebt  Alopia  maxima  Rm. 
ohne  Gaumenfalten  und  Clausilium  in  großer  Menge,  so  daß  die 
Kalkfelsen  damit  wie  übersät  erscheinen,  und  an  einer  anderen^ 
etwa  200  ra  tiefer  gelegenen  Stelle  des  bezeichneten  Gebirges  hat 
die  gleiche  Art  einen  bereits  gut  entwickelten  Apparat,  dem  das 
Clausilium  nicht  fehlt;  doch  hier  ist  ihr  Auftreten  verhältnismäßig 
spärlich,  obwohl  die  Lebensbedingungen  an  beiden  Örtlichkeiten  die 
gleichen  zu  sein  scheinen.  Hätten  die  Clausilien  Feinde,  die  das 
Clausilium  abhalten  soll,  dann  wäie  die  Form  von  der  Moguraspitze 
diesen  vollständig  hilflos  ausgesetzt,  und  sie  würden  niemals  in  der- 
artiger Menge  auftreten  können.  Die  gleiche  Beobachtung  konnte 
ich  auch  in  anderen  Gebieten  machen.  Überall  waren  die  von 
Alopien  ohne  Clausilium  bewohnten  Lokalitäten  reichlicher  bevölkert 
als  benachbarte,  wo  sie  ein  solches  bereits  erworben  hatten. 

Alle  Alopien  leben  auf  Kalkfelsen.  Während  ihrer  Ruhezeit 
kleben  beide  Formen,  die  ohne  Clausilium  und  jene  mit  einem  solchen^ 
ihre  Gehäusemündungen  dicht  an  die  Felswände,  so  daß  hierdurch 
genügender  Schutz  gegen  das  Austrocknen  des  Tieres  geboten  ist. 
Das  Schließknöchelchen  wäre  demnach  bei  dieser  Gattung  auch 
während  anhaltender  Dürre  nicht  nur  kein  Bedürfnis,  sondern  auch 
vollständig  überflüssig.  Es  kann  demnach  bei  den  Alopien  niemals 
als  Trockenheitsschutzdeckel  zustande  gekommen  sein. 

Mir  war  der  Zweck  des  Clausiliums  schon  seit  lange  bekannt 
und  zwar  seit  jener  Zeit,  wo  ich  Alopien,  die  es  noch  nicht  er- 
worben hatten,  zum  erstenmal  lebend  sah  und  beobachten  konnte. 
Das  Benehmen  der  Formen  ohne  und  mit  Clausilium  ist  voneinander 
derartig  auffallend  abweichend,  daß  es  auch  von  jenem,  der  nur 
wenig  Eignung  für  biologische  und  physiologische  Forschung  hat, 
nicht  übersehen  werden  kann. 


Claiisiliuni.  32^ 

Um  zur  Kenntnis  zu  leiten,  welche  Bestimmung  das  Clausilium 
habe,  genügt  die  Anführung  einzelner  Beobachtungen. 

Auf  dem  Obersia,  einer  Spitze  des  ßucsecs-Südabfalles  in  den 
Transsilvanischen  Alpen,  lebt  eine  kleine  Älopia,  die  noch  keine 
Gaumenfalten  und  somit  auch  kein  Clausilium  besitzt.  Bloß  die 
Ober-  und  Unterlameile  ist  ziemlich  gut  entwickelt.  Ich  benannte 
sie  Alopia  nixa.  Die  Länge  der  aus  8V2 — 9  Umgängen  bestehenden 
Schale  wechselt  zwischen  10,8  und  13,5  mm,  ihr  Durchmesser  zwischen 
3,2  und  4  mm.  Wird  diese  Art  auf  eine  horizontal  liegende  Glas- 
platte gelegt,  dann  ruht  während  der  Locomotion  der  letzte  Umgang 
auf  dem  Schwänzende,  während  der  übrige  Gehäuseteil  der  Platte 
aufliegt  und  nachgeschleift  wird.  Die  Bewegung  der  Schale  erfolgt 
kontinuierlich.  Das  Tier  verkürzt  während  der  Locomotion  den 
Vorderkörper  auffallend,  so  daß  der  Nacken  ganz  nahe  an  den  Kopf 
zu  liegen  kommt.  Die  Sohle  hingegen  wird  möglichst  verbreitert, 
was  die  schwierige  Bewältigung  der  nachgezogenen  Last  kenn- 
zeichnet. Wird  anstatt  einer  glatten  Glasplatte  etwa  ein  rauher 
Stein  als  Kriechfläche  gewählt,  dann  erfolgt  das  Nachziehen  der 
Schale  ruckweise.  Dabei  wird  der  Vorderkörper  möglichst  lang  aus-' 
gedehnt  und  dann  das  Gehäuse  an  den  Kopf  herangezogen.  Beim 
Kriechen  auf  einer  vertikal  aufgestellten  Fläche  erfolgt  das  Nach- 
ziehen immer  ruckweise.  In  gleicher  Art  wie  Alopia  nixa  ziehen 
alle  Alopien  ohne  Clausilium  ihr  Gehäuse  auf  der  Kriechfläche 
schleifend  nach. 

Bei  ihrer  Verbreitung  über  Ortlichkeiten  geringerer  Seehöhe 
entwickelt  sich  aus  Alopia  nw-a  Km.  die  Formenreihe:  Alopia  novalis 
Km.,  —  straminicollis  Chaep.,  —  monacha  Km.  und  —  plumbea  Rm. 
durchwandelnd,  zur  Alopia  cornea  A.  Schmdt.  Diese  hat  stark  ent- 
wickelte Lamellen,  4  kräftige  Gaumenfalten  und  ein  Clausilium  mit 
ausnehmend  breiter  Platte.  Die  Länge  ihrer  Schale  wechselt  zwischen 
15  und  22  mm,  der  Durchmesser  zwischen  3  und  6  mm,  während  die 
Zahl  ihrer  Umgänge  zwischen  10  ^/g  und  12  schwankt.  Die  Form 
lebt  in  der  Umgebung  von  Kronstadt.  Kriecht  sie  auf  einer  be- 
liebigen horizontalen  Fläche,  dann  trägt  sie  immer  das  Gehäuse 
über  den  Rücken  hoch  aufgerichtet,  und  niemals  wird  es  nachge- 
schleppt. Ja,  das'  Tier  ist  sogar  imstande,  die  verhältnismäßig 
schwere  Last  scheinbar  ohne  Anstrengung  von  einer  auf  die  andere 
Körperseite  zu  heben,  es  hat  demnach  das  Gehäuse  vollständig  in 
seiner  Gewalt,  - 

Da  der  Zusammenhang  zwischen   Schleppen   und  Tragen   klar 


324  M.    V.    KiMAKOWICZ-WiNNICKI, 

ZU  erkennen  war,  brach  ich  einer  Anzahl  Individuen  das  Clausilium 
aus  der  Schale  heraus.  Nach  neuerlichem  Austritt  waren  die  Tiere 
nicht  wieder  imstande,  ihr  Gehäuse  zu  heben,  sie  schleppten  es  hin- 
fort nach,  wie  jene  Alopien,  bei  welchen  das  Clausilium  noch  nicht 
zur  Entwicklung-  gelangt  war. 

Das  Gewichtsverhältnis  zwischen  Tier  und  Schale  ist  im  Durch- 
schnitt bei: 

Succinea  putris  L.  1  :  0,10 

Pomatia  pomatia  L.  1 :  0,20 

Herilla  dacica  Rm.  1 :  0,70 

Clausiliastra  marginata  Rm.  1 :  1,25 
Älopia  Cornea  A.  S.  1 :  2,00 

Während  also  bei  Pomatia  pomatia  das  Tier  5mal  so  schwer  ist 
wie  sein  Gehäuse,  wird  bei  den  Clausilien  das  Gewicht  der  Schale 
doppelt  so  groß  wie  jenes  des  Tieres.  Es  ist  hier  noch  zu  berück- 
sichtigen, daß  bei  der  Fam.  Helicidae  und  anderen  mit  kugligem  oder 
flachem  Gehäuse  der  ganze  Intestinalsack  samt  der  Schale  über  dem 
Rücken  des  ausgetretenen  Körpers  zu  liegen  kommt,  bei  den  Clau- 
silien hingegen  ruht  höchstens  der  ganze  letzte  Umgang  dem 
Schwanzende  auf,  und  der  übrige  Gehäuseteil  samt  den  darin  liegen- 
den Pallialorganen  ragt  über  den  Körper  hinaus.  Diese  Lastver- 
teilung ist  somit  hier  für  das  Tragen  äußerst  ungünstig. 

Daß  die  Clausilien  zum  Tragen  ihres  Gehäuses  eines  Werk- 
zeuges bedurften,  nachdem  die  eigene  Körperkraft  hierfür  nicht  aus- 
reichte, und  daß  sie  ein  solches  in  dem  Schließknöchelchen  auch 
erwarben,  konnte  ich  nach  den  angeführten  Beobachtungen  mit  voller 
Sicherheit  annehmen.  Doch  in  welcher  Weise  der  Apparat  funk- 
tionierte, wie  er  gehandhabt  wurde  und  zustande  kam,  blieb  mir 
vorerst  unverständlich.  Es  bedurfte,  um  dies  kennen  zu  lernen,  da 
die  vorhandene  Literatur  nicht  geeignet  war,  darauf  zu  leiten,  jenes 
vielverzweigten,  oft  recht  schwierigen  Studiums,  das  ich  im  Vor- 
hergegangenen anzudeuten  versucht. 

Der  Sinus  des  Bruchsackes  erfüllt  bei  der  weitaus  größten  Zahl 
der  Stylommatophoren  während  der  Austrittsdauer  des  Körpers  bloß 
den  letzten  Umgang  der  Schale,  bei  den  Clausilien  hingegen  372? 
ja  sogar  4.  Es  kann  somit  hier  eine  verhältnismäßig  sehr  große 
Menge  Luft  aufgenommen  und  eingeschlossen  werden,  durch  deren 
Komprimierung  ein  ausnehmend  kräftiger  Druck  erzeugt  wird,  der 
auch  auf  die  Seitenwände  der  Unterlamellenrunzel  einwirken  muß. 
Damit  wird  die   Clausiliumplatte   gegen   die   Unterlamelle  gedrückt 


Cüausilium.  325 

und  die  zwischen "  beiden  eingeschaltete  Clausiliummembran  unver- 
rückbar eingeklemmt.  Hierdurch  gewinnt  der  Spindelmuskel  eine 
zweite  Anhaftstelle,  die  der  Gehäusemündung  ganz  nahe  gerückt  ist, 
wodurch  das  Aufrichten  der  Schale  über  dem  Körper  bei  Anwendung 
■eines  geringen  Kraftaufwandes  gelingt. 

Nach  den  Studien,  die  ich  an  fossilen  und  lebenden  Clausilien 
machte,  differenzierte  sich  schon  der  Urtypus  in  mehrere  Stämme, 
aus  welchen  dann  die  verschiedenen  Gattungen  hervorgingen.  Die 
phylogenetische  Entwicklung  des  Tragapparats  nahm  bei  allen  den 
gleichen  Verlauf,  überall  trat  zuerst  die  Oberlamelle  auf,  der  die 
Unterlamelle  sowie  die  Gaumenfalten  folgten.  Ein  Schwanken  in 
der  Reihenfolge  konnte  ich  an  keiner  Stelle  feststellen,  so  daß 
es  den  Anschein  hat,  daß  mit  dem  Auftreten  der  Oberlamelle  der 
•erste  Schritt  zur  Durchführung  eines  bereits  feststehenden  Planes 
erfolgte. 

Ein  Abschwenken  von  dieser  Entwicklungsrichtung  ist  aller- 
dings in  einem  Falle  nicht  zu  übersehen.  Schon  im  mittleren  Pliocän 
trat  bei  Triptychia  ein  Wandern  der  Spindelmuskel-Anhaftstelle  von 
der  Spitze  in  der  Richtung  gegen  die  Mündung  auf,  was  ein  Ah- 
werfen  der  Gehäusespitze  zur  Folge  hatte.  Damit  kam  eine  ge- 
ringere Spannung  der  Organe  sowie  infolgedessen  eine  geringere 
Verengung  des  letzten  Umganges  zustande.  Die  weitere  Folge  da- 
von war,  daß  die  Oberlamelle  kurz  blieb  und  weit  weniger  tief  in 
den  Schlund  eindrang  als  bei  nicht  decoliierten  Arten,  wo  es  den 
Anschein  hat,  als  wenn  die  Ober-  durch  eine  angehängte  Spiral- 
lamelle verlängert  wäre.  Das  Wandern  der  Muskelanhaftstelle 
brachte  den  Arten,  bei  welchen  es  auftrat,  zweifellos  unverkenn- 
hare  Vorteile.  Es  wurde  damit  das  Gewicht  der  Schale  verkleinert 
und  ihr  Schwerpunkt  in  proximaler  Richtung  verschoben.  Doch 
auch  ein  Nachteil  trat  damit  auf,  der  die  Vorteile  weit  überwog. 
Durch  die  Verlängerung  des  Spindelmuskels  nach  vorn  wurde  der 
Entwicklung  des  Tragapparats  entgegengewirkt,  und  die  Gattung, 
deren  Arten  zumeist  sehr  große  Gehäuse  zu  tragen  hatten,  ging 
schon  im  Pliocän  zugrunde.  Welche  Ursachen  zum  Abwerfen  der 
Spitzen  bei  rezenten  Clausilien,  was  namentlich  bei  der  Gattung 
Sicüiaria  auftritt,  Veranlassung  geben,  blieb  mir  noch  unbekannt. 
Dem  Anscheine  nach  übt  dies  keinen  Einfluß  auf  die  Gestaltung  des 
Tragapparats  aus,  da  das  Abwerfen  der  Spitze  und  wahrscheinlich 
auch  das  Wandern  der  Anhaftstelle  des  Spindelmuskels  erst  nach 
vollendetem  Gehäusebau  erfolgt. 


326  ^-    ^-    KlMAKOWICZ-WlNNICKI, 

Sobald  das  Clausilium  entstanden  war,  begannen  daran  Ein- 
richtungen aufzutreten,  durch  welche  die  Wirkung  des  Apparats 
eine  mehr  oder  weniger  ausgiebige  Steigerung  erfuhr.  Bei  manchen 
Formen  der  Alopien  bildete  sich  an  der  unteren  Fläche  der  Unter- 
lamelle, nahe  an  deren  Vorderkante  ein  Knötchen,  das  in  einem 
entsprechenden  Ausschnitt  der  Clausiliumplatte  hineinragt.  Durch 
diese  Einrichtung,  der  wir  auch  bei  Herilla,  Clausüiastra  und  anderen 
Gattungen  begegnen,  wird  die  Clausiliummembran  wie  mittels  eines 
Riegels  an  die  Unterlamelle  geheftet,  womit  einem  Abgleiten  in  der 
Eichtung  des  Zuges  entgegengewirkt  wird.  Bei  anderen  Gruppen 
verschmälert  sich  das  Vorderende  der  Platte  zu  einer  Spitze,  die 
bis  an  die  Vorderkante  der  Lamelle  heranreicht  und  dort  die  Mem- 
bran festhält.  Bei  üncinaria  bildet  sich  die  Spitze  zu  einem  langen 
Haken  aus,  der  der  Lamellenkante  aufliegt.  Noch  besser  entwickelte 
Haftvorrichtungen  finden  sich  bei  asiatischen  Clausilien,  so  nament- 
lich bei  GL  hecki  Pilsb.  und  ihaumatopoma  Pilsb. 

Dafür  scheinen  die  mit  dem  Tragapparat  im  Zusammenhang 
stehenden  Organe  nicht  immer  einwandfrei  entwickelt  zu  sein.  Ich 
habe  schon  früher  hervorgehoben,  daß  ein  Losbrechen  des  Clausiliums 
von  der  Spindel  während  des  Körperaustrittes  aus  der  Schale  aus- 
geschlossen sei.  Anders  verhält  es  sich  beim  Zurückziehen  in  das 
Gehäuse.  Geschieht  dies  ausnehmend  rasch,  dann  kommt  es  ab  und 
zu  vor,  daß  der  Stiel  des  Clausiliums  abbricht,  da  die  Platte  nicht 
genügend  glatt  aus  der  Tasche  herausgleiten  kann.  Das  elastische 
Stielchen  wird  dabei  zu  stark  gebogen,  was  an  dem  Herausschleudern 
des  Clausiliums  aus  der  Gehäusemündung  nach  erfolgtem  Bruch  er- 
kennbar ist.  Ein  einmal  verloren  gegangenes  Clausilium  wird  nie 
wieder  regeneriert. 

Einer  bemerkenswerten  Erscheinung  begegnete  ich  bei  Herilla 
■  dacica  Rm.  aus  dem  Miljackatal  bei  Sarajevo  in  Bosnien.  Trotzdem 
daß  ihr  Tragapparat  ziemlich  gut  entwickelt  erscheint  und  das  Ver- 
hältnis zwischen  dem  Gewicht  des  Tieres  und  dessen  Gehäuse  kein 
ungünstiges  ist,  schleppt  sie  letzteres  dennoch  nach  und  trägt  es 
niemals  aufgerichtet.  Der  Apparat  versagt  hier  bereits  und  genügt 
nicht  zum  Tragen  der  Schale.  Möglicherweise  tritt  diese  Erscheinung 
auch  bei  anderen  Clausilienarten  auf,  die  ein  ausnehmend  großes 
und  dabei  langgestrecktes  Gehäuse  besitzen. 

Ich  beobachtete  ferner  bei  einer  kleinen  Art  —  wenn  ich  mich 
recht  erinnere,  so  war  dies  Cusmicia  dubia  Drp.  — ,  daß  das  Tier 
seine   Schale    trotz    herausgebrochenem    Clausilium    aufrecht    trug. 


Clausilium.  327 

Ob  in  diesem  Falle  das  Stielchen  unversehrt  blieb  und  beim  Tragen 
genügte  oder  aber  ob  schon  die  Lamellen  und  Gaumenfalten  wie 
bei  den  Pupiden  ausreichten,  die  Last  zu  heben,  ist  noch  festzu- 
stellen. Letzteres  scheint  nicht  wahrscheinlich  zu  sein,  da  in  diesem 
Falle  das  Clausilium  bereits  überflüssig  geworden  und  bei  einer  oder 
der  anderen  Art  wieder  verloren  gegangen  wäre,  was  jedoch  nicht 
zutriift.  Das  einzige  Beispiel  für  eine  Rückentwicklung  des  Trag- 
apparats, das  ich  früher  einmal  aufstellte  ^)  und  nach  welchem  sich 
Alopia  advenUcia  Km.  zu  Alopia  nixa  Km.  abschwächen  sollte, 
konnte  auf  Grund  späterer  Untersuchungen  als  irrtümlich  fest- 
gestellt werden. 

Es  hat  schon  v.  Vest  die  Beobachtung  gemacht,  daß  Clausilien, 
die  an  Meeresküsten  oder  auf  nebeligen  Höhen  leben,  ein  schwäch- 
liches oder  auch  gar  kein  Clausilium  bauen.  Ich  fand  dies  bestätigt 
und  die  Erklärung,  daß  an  solchen  Lokalitäten  die  Lebensbedingungen 
der  Tiere  ununterbrochen  erfüllt  bleiben ,  so  daß  sie  an  ihrer 
Geburtsstätte  auf  einer  kleinen  Fläche  ihr  ganzes  Leben  hindurch 
verweilen  können,  welche  Annahme  in  der  großen  Individuenzahl, 
die  an  den  bezeichneten  Örtlichkeiten  auftritt,  eine  Bestätigung 
findet.  Sobald  sich  dies  änderte,  erwachte  bei  ihnen  der  Wander- 
trieb, der  durch  die  schwere  Last  ihres  Gehäuses  so  lange  gehemmt 
blieb,  bis  der  Tragapparat  zustande  gekommen  war.  Wäre  dies 
nicht  erfolgt,  dann  hätte  ihre  Verbreitung  über  andere  Gebiete 
nicht  stattfinden  können,  und  der  Urstamm  würde  sich  dann  auch 
nicht  zu  der  heutigen  artenreichen  Familie  differenziert  haben. 


1)  Prodroraus  zu  einer  Monographie    des  Clausilien-Subgenus  Alopia, 
Hermannstadt,   1893,  p.  39. 


328  M.  V.  KiMAKowicz-WiNNicKi,  Clausilium. 


Erklärung  der  Abbildungen. 


Tafel   11. 

Fig.  1 — 4.  Scheraatische  Darstellung  zur  Entstehungserklärung  der 
Asymmetrie  des  Pallialkomplexes  und  der  Chiastoneurie  des  Nervensystems 
bei  den  Gastropoden.  Fig.  lab  rechtsseitige,  Fig.  Sab  linksseitige  Bruch- 
linie. 

Fig.  5.  Venae  pulmonales  einer  Clausilia.  Vp  Venae  pulmonal es^ 
Ppr  Principalfalte. 

Fig.  6.  Scheraatischer  Querschnitt  durch  den  Mantel  und  die  Schale 
einer  Clausilie.  Cl  Clausilium.  Clm  Clausiiiummembran.  Li  Untf^r- 
lamelle.  Lir  Unterlamellenrunzel.  Ls  Oberlamelle.  Lsr  Oberlamellen- 
runzel. Pn  Pneumostom.  Py;r  Principalfalte.  Pr  Principalrunzel.  i^Darm. 
Vi  untere,    Vs  obere  Vena  pulmonalis. 


G.  Pätz'sehe  Buchdr.  Lippert  &  Co.  G.  m.  b.  H.,  Naumburg  a.  d.  S. 


Zoolog.  Jahrbücher  Bd.  37 Abt.  für  Syst. 


Taf.   ». 


v.Kiraakowicz-Winmcki  gez. 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena. 


LitKAnsty.KWesserJena. 


Nachdruck  verboten. 
Ubersetzungsrecht  vorbehalten. 


Hydracarinen  aus  dem  Kaplande. 

Gesammelt  von  der  Deutschen  Südpolar -Expedition. 

Von 
Karl  Yiets,  Bremen. 

Mit  Tafel  12-14. 


Über  Hydracarinen  aus  dem  Kaplande  liegen  bislang  erst  wenige 
Daten  vor.  Nach  Dr.  Sig.  Thor's  Feststellungen  bis  zum  Jahre  1902 
sind  17  Arten  aus  der  südafrikanischen  Hydracarinen-Fauna  bekannt 
geworden. 

Es  sind: 

Eylais  purceUi  S.  Thor 

—  lightfooti  S.  Thor 

—  variabilis  S.  Thor 

—  voeltzkowi  F.  Koenike 

—  (Gapeulais)  crassipalpis  S.  Thor 
Diplodontus  despiciens  (0.  F.  Müller) 
Oxus  stuhlmanni  (F.  Koenike) 
Limnesia  africana  8.  Thor 

—  undulata  (0.  F.  Müller) 
Hygrohates  sarsi  (S.  Thor) 
Piona  longicornis  (0.  F.  Müller) 

—  tridens  (S.  Thor) 

Unionicola  crassipes  (0.  F.  Müller) 
Ärrhenurus  purcelli  S.  Thor 

—  capensis  8.  Thor 

—  meridionalis  8.  Thor 

—  convexus  8.  Thor 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  22 


330  Karl  Viets, 

EüG.  V.  Daday  glaubte  in  dem  von  Thor  benannten  Arrhenurus 
convexus  ($)  eine  Arrhenurus- Art  zu  erkennen,  die  F.  Koenike  unter 
dem  Namen  A.  plenipalpis  Koen.  für  die  Fauna  Deutsch  Ost- Afrikas 
beschrieben  hatte. 

Vom  Zoologischen  Museum  zu  Berlin  wurden  mir  mehrere 
Gläschen  mit  Acarinen  zur  Bearbeitung  überwiesen,  die  von  der 
Deutschen  Südpolar-Expedition  in  Süd-Afrika  gesammelt  wurden. 
Hydracarinen  waren  darin  von  7  Lokalitäten  vorhanden.  An  der 
Hand  dieser  Funde  wurden  8  Arten  für  das  Kapland  festgestellt; 
4  von  diesen  Formen  erwiesen  sich  als  neu  für  die  Wissenschaft. 
Für  Süd-Afrika  sind  damit  also  insgesamt  21  Hydracarinen-Arten 
nachgewiesen  worden. 

Die  Liste  der  Fundorte  nebst  den  erbeuteten  Arten  ist 
folgende: 

1.  Süßwassertümpel  zwischen  Fischhoek  und  Chapmansbay, 
8./7.  1903. 

Thyas  odopora  n.  sp. 
Limnesia  africana  S.  Thoe 
Arrhenurus  convexus  S.  Thor' 

2.  Süßwassertümpel  bei  Chapmansbay,  8./7.  1903. 

Limnesia  africana  S.  Thoe 
Piona  tridens  8.  Thoe 

3.  Vley  bei  Fischhoek,  8./7.  1903. 

Limnesia  africana  8.  Thoe 

4.  Plumstead,  12./7.  1903. 

Limnesia  africana  8.  Thoe 

5.  Lange  Vleg,  12./7.  1903. 

Thyas  odopora  ti,  sp. 
Limnesia  africana  8.  Thoe 
Piona  tridens  8.  Thoe 

6.  Vley  bei  Lakeside,  28./7.  1903. 

Diplodontus  despiciens  capensis  n.  var. 
Limnesia  africana  8.  Thoe 
Hygrobaies  sigthori  n.  sp. 
Piona  tridens  (8.  Thoe) 
Arrhenurus  meridionalis  8.  Thor 

7.  Vlegbai,  Lakeside,  28./7.  1903. 

Limnochares  tenuiscutata  n.  sp. 
Limnesia  africana  S.  Thoe 


Hydracarinen  aus  dem  Kaplande.  331 

Die  4  neubekannten  Arten  sind: 

Limnochares  tenuiscutata, 
Thyas  oetopora, 
Hygrohates  sigthori, 
Diplodontus  despiciens  capensis. 

Lininoehare.s  tenuiscutata  n,  sp, 

(Taf.  12  Fig.  1—3,  6.) 

Größe.  Das  Tier  ist  reichlich  1500  (^  lang,  also  kleiner  als 
die  nächstverwandte  L.  crinita  Koenike. 

Die  Haut  ist  dicht  mit  kegelförmigen  Papillen  besetzt,  jedoch 
sind  diese  sichtbar  niedriger  und  feinhäutiger  als  bei  der  Vergleichs- 
form (Taf.  12  Fig.  5). 

Im  Bau  des  Eückenschildes  weicht  L.  tenuiscutata  erheblich  von 
der  madagassischen  Art  ab.  Während  bei  dieser  die  hinter  den 
Augen  gelegene  Partie  von  erheblicher  Breite  und  breiter  als  der 
vor  den  Augen  gelegene  Schildabschnitt  ist,  ist  bei  der  süd-afrikanischen 
Form  das  umgekehrte  Verhältnis  der  Fall.  Die  Länge  des  Schildes 
ist  bei  L.  tenuiscutata  335  ^;  die  Breite  beträgt  in  der  Augengegend 
130  fJi.  Der  vor  den  Augen  gelegene  Abschnitt  ist  42  yu,  der  hintere 
im  Mittel  32  [jl  breit.  Nach  hinten  hin  verjüngt  sich  das  Schild 
(Gegensatz  zu  Koenike's  Form). 

Hinsichtlich  der  Augen  ergeben  sich  zwischen  beiden  Arten 
nur  unerhebliche  Unterschiede. 

Im  Bau  der  Palpen  treten  der  zum  Vergleich  herangezogenen 
Art  gegenüber  einige  Abweichungen  zutage.  Vor  allem  fällt  die 
erhebliche  Verkürzung  des  3.  Segments  gegenüber  dem  2.  auf  (bei 
L.  crinita  Koen.  ist  zwischen  diesen  beiden  Tasterabschnitten  kaum 
ein  Längenunterschied  zu  bemerken).  Auffallenderweise  ist  das 
2,  Glied  mit  dem  3.  größtenteils  verwachsen.  Bei  Seitenlage  der 
Palpe  ist  dorsal  noch  ein  deutlicher  Absatz  zwischen  den  beiden 
Gliedern  zu  erkennen.  Deutlich  ist  hier  auch  in  dem  starken  Rand- 
chitin (im  optischen  Durchschnitt  desselben)  eine  Trennung  der 
Glieder  bemerkbar.  Die  Trennungslinie  läßt  sich  ferner  ein  kleines 
Stück  auf  der  Flachseite  verfolgen,  ist  dann  aber  weiter  auch  mit 
Hilfe  starker  Objektive  (Immers.  V12)  nicht  zu  erkennen.  Der  ver- 
stärkte Chitinrand  der  Beugeseite  zeigt  an  der  dem  Dorsaleinschnitt 
gegenüberliegenden  Stelle  wohl  eine  geringe  Einkerbung,  jedoch  keine 
Durchtrennung. 

Das  Endglied   der  Palpe   trägt   wie   bei  L.  crinita  Koen.  außer 

22* 


332  Karl  Viets, 

2  kürzeren,  seitlichen  Endborsten  eine  kräftige  Borste,  die  jedoch 
basal  nicht  verbreitert  ist. 

Die  Maße  des  Tasters  sind  in  fj.: 

I.  IL  III.  IV.  V. 

dorsale  Länge  10  48  30  55  33  mit  Borste 

ventrale  Länge  8  38  22  48  25  ohne  Borste 

dorsoventral  breiteste  Stelle    26  33  30  28  10 

Im  Bau  der  E  p  i  m  e  r  e  n  treten  zwischen  den  beiden  verwandten 
Arten  nur  geringe  Unterschiede  auf.  Bei  der  Kapland -Form  ist 
der  Hinterrand  der  2.  Epimeren  lateral wärts  etwas  schlanker  aus- 
gezogen. 

Die  Gliedmaßen  beider  Arten  zeigen  ebenfalls  große  Über- 
einstimmung. Die  beiden  Hinterbeinpaare  tragen  bei  der  neuen  Art 
zahlreiche  Schwimmhaare.  Die  Fiederhaare  namentlich  der  2  vorderen 
Beinpaare  sind  ganz  regelmäßig  und  sehr  fein  gefiedert.  Bei  der 
madagassischen  Art  ist  die  Fiederung  ungleichmäßiger  und  lockerer. 

Genitalfeld.  Das  Geschlecht  des  einzigen  vorliegenden  Tieres 
wurde  nicht  sicher  erkannt,  doch  scheint  es  sich  um  ein  weibliches 
Exemplar  zu  handeln,  da  die  Behaarung  des  Geschlechtsfeldes  fehlt. 
Die  Näpfe  liegen  nicht  unregelmäßig  zerstreut  neben  der  Genital- 
öffnung. Sie  liegen  in  ihrer  Mehrzahl  in  kranzförmiger  Anordnung 
hintereinander  zu  einer  bohnenförmigen  Figur  jederseits  vereinigt. 
Nur  wenige  Näpfe  liegen  zwischen  dem  vorderen  Ende  dieses  Kranzes 
und  der  Geschlechtsöffnung.  Die  Näpfe  unterscheiden  sich  im  Aus- 
sehen nicht  sehr  von  den  Körperpapillen. 

Fundort.    Vlegbai  Lakeside,  28./7.  1903. 

Thyas  octopora  n,  sp. 

(Taf.  12,  Fig.  4,  7—9,  12.) 

Größe.  Die  Körperlänge  beträgt  975 — 990  ju,  die  Breite,  etwas 
hinter  dem  Genitalorgan  gemessen,  ist  660—675  ju. 

Gestalt.  Wie  aus  dem  Vergleich  der  obigen  Maße  hervor- 
geht, ist  der  Körper  langgestreckt;  seine  Umrißform  bei  Ventral- 
lage des  Tieres  ist  langelliptisch.  Der  Stirnrand,  jederseits  begrenzt 
durch  die  Seitenaugenkapseln,  ist  von  330  ju  Länge.  Er  ist  fast 
geradlinig  und  zeigt  nur  median  eine  sanfte  Einbuchtung.  Der 
Seitenrand  einiger  Tiere  zeigt  leicht  wellige  Konturen,  wohl  eine 
Folge  der  zusammenziehenden  Wirkung  der  Konservierungsflüssig- 
keit.    Die  Wellentäler  der  Randlinie  scheinen  durch   Zurücktreten 


Hydracarineu  aus  dem  Kaplande.  333 

der  weichen  Körperhaut  verursacht  worden  zu  sein,  während  die 
ziemlich  nahe  längs  des  Seitenrandes  situierten  Dorsalschilder  eine 
Schrumpfung-  an  dieser  Stelle  verhinderten  und  den  Lateralrand  als 
Wellenberge  stehenbleibend  erhielten.  Dorsoventral  ist  das  Tier 
flachgedrückt.  Die  größte  Höhe  beträgt  etwa  450  [jl,  also  fast  die 
Hälfte  der  Körperlänge.  Auch  bei  Seitenlage  des  Tieres  machen 
sich  die  Dorsalschilder  als  mäßige  Erhebungen  den  übrigen  ein- 
gesunkenen Hautpartien  gegenüber  bemerkbar. 

Augen.  Die  etwa  60  fji  großen  Doppelaugenkapseln  liegen 
jederseits  hart  am  Körperrande  in  330  (jl  Abstand  voneinander.  Die 
Augenlinsen  überragen  den  Körperrand.  Die  vordere  Linse  liegt 
etwas  tiefer  (das  Tier  in  Bauchlage  gedacht)  als  die  hintere.  Sie 
ist  fast  35  /M  groß  und  nur  flach  gewölbt ;  die  Wölbung  ist  (bei  Ansicht 
von  der  Oberseite  des  Tieres  her)  in  der  Mitte  nicht  stärker  als  am 
Rande.  —  Die  antenniformen  Borsten  stehen  150  /^  voneinander 
entfernt. 

Haut.  Die  lederartige  Haut  ist  ober-  und  unterseits  papillös. 
Die  Papillen  der  Oberseite  sind  am  Grunde  kleiner,  aber  ein  wenig 
höher  als  die  breitbasigeren,  nur  flach  kuppeiförmigen  Erhebungen 
der  Unterseite.  Dorsal  und  ventral  sind  in  die  Haut  chitinisierte 
Schilder  eingelagert.  Alle  Schilder  sind  großporig,  doch  weisen 
namentlich  die  Randschilder  eine  kleine,  nicht  sehr  scharf  begrenzte 
Stelle  feiner  Porosität  auf.  Die  Rückenschilder  liegen  in  3  Längs- 
reihen, 2  Reihen  seitlich  aus  je  5  Schildern  ^)  bestehend,  die  Mittel- 
reihe aus  2  unpaarigen  größeren  und  3  paarigen  kleineren  Schildern 
gebildet.    Das  Schema  würde  sein: 

1 

2 

5  2  5 

1 

2 

Das  vordere  Schild  der  mittleren  Reihe,  das  Mittelaugenschild, 
ist  an  Größe  bei  weitem  das  bedeutendste  aller  Schildchen.  Median 
mißt  es  240  fx  an  Länge  und  ebensoviel  beträgt  auch  die  größte 
Seitenausdehnung.  Li  der  Form  ist  dieses  Schild  ein  nicht  reguläres, 
aber  hälftig  -  symmetrisches  Fünfeck,  zusammengesetzt  aus  einem 
vorn  liegenden  Viereck,  dem  ein  nicht  sehr  hohes,  gleichschenkliges, 


1)  Die  letzte  Platte  jeder  Reihe  liegt  ziemlich  median  am  Hinterrande 
und  könnte  also   ebensogut  der  Mittelreihe  zugezählt  werden. 


334  Karl  Viets, 

mit  der  Spitze  nach  hinten  weisendes  Dreieck  aufgesetzt  ist.  Die 
Eckpunkte  der  Dreiecksbasis  sind  durch  2  Haarporen  bezeichnet. 

Das  Medianauge  liegt  ziemlich  weit  vorn  im  Schilde,  40  jjl 
vom  Vorderrande,  185  ^  vom  Hinterrande  entfernt. 

Das  2.  unpaare  Schild  der  Mittelreihe  bildet  offenbar  eine  Ver- 
wachsung aus  2  kleinen  Schildchen,  wie  aus  den  in  Zweizahl  vor- 
handenen feinporigen  Flächen  hervorgeht.  —  Zwischen  den  Schildern 
liegen  in  der  gewöhnlichen  Anordnung  Drüsenporen  mit  Haar. 

Mundteile.  Das  Mundorgan  ist  300  fJi  lang;  es  trägt  einen 
120  //  langen,  nach  unten  gebogenen  Rüssel. 

Die  Mandibel  ist  schlank,  350  [jl  lang  und  mit  115  ^  langer, 
gerader  Klaue  ausgestattet.  Die  Mandibelgrube  ist  100  ^  lang.  Das 
Mandibelhäutchen  ist  zackig  gefranst. 

Palpen.  Die  Maxillartaster  sind  schlank,  auch  in  den  Grund- 
gliedern. Für  das  1.  Segment  ist  erwähnenswert  eine  erhebliche 
Ausladung  der  basalen  Beugeseitenecke.  Am  2.  Gliede  ist  die  Streck- 
seite auffallend  länger  als  die  Beugeseite.  Dadurch  erfährt  die  Palpe 
eine  starke  Krümmung.  Das  4.  Glied  ist  am  längsten  und  abge- 
sehen von  der  Basis  überall  gleich  stark.  Die  Maße  für  die  Palpen- 
glieder sind: 


I. 

II. 

IIL 

IV. 

V. 

dorsale  Länge             45  fJi 

85  fi 

57  fi 

155  ^i  1) 

30  ^ 

ventrale  Länge             — 

32  fi 

— 

— 

— 

dorsoventrale  Stärke, 

proximal               60  // 

— 

— 

45  n 

— 

distal                    48  fjt 

— 

— 

35  (Jt 

— 

Der  Borstenbesatz  des  Tasters  ist  nicht  sehr  reich.  Am  2.  Seg- 
mente stehen  zum  Teil  ganz,  zum  Teil  nahezu  dorsal  mehrere,  etwa 
7  Borsten,  einzelne  davon  gefiedert. 

E  p  i  m  e  r  e  n.  Wie  bei  anderen  Thyas- Arten  liegen  die  Epimeren 
in  4  Gruppen.  Sie  bedecken  etwa  die  vordere  Hälfte  der  Bauch- 
seite. Die  L  und  2.  Epimeren,  besonders  aber  erstere,  liegen  in 
ihren  Längsachsen  nahezu  parallel  der  ventralen  Medianlinie.  Sie 
entsenden  an  der  inneren  Hinterecke  subcutane,  poröse  Fortsätze. 
Zwischen  den  Außenrändern  der  vorderen  und  hinteren  Platten- 
gruppen bildet  eine  die  intercoxale  Hautdrüse  umspannende  Chitin- 
brücke (Schulterecke)  die  Verbindung. 

Die  gemeinsame  Naht  der  beiden  hinteren  Platten  läuft  in  recht- 


1)  Einschließlich   dabei  die   distale   Streckseitenverlängerung. 


Hydraearinen  aus  dem  Kaplande.  335 

winkliger  Richtung  auf  die  ventrale  Medianlinie.  Die  Vorderränder 
der  3.  und  die  Hinterränder  der  4.  Epimeren  verlaufen  bei  fast 
gleicher  Neigung  zur  gemeinsamen  Plattennaht  nach  innen  zu, 
gegeneinander  konvergierend.  Die  4.  Hüftplatten  sind  im  Umriß 
schief  viereckig  mit  längster  innerer  Seite, 

Beine.  Die  Gliedmaßen  sind  kurz  und  mit  kurzen,  kräftigen 
Borsten  besetzt.  Besonders  die  Gliedenden  sind  in  quirlartiger  An- 
ordnung mit  diesen  Borsten  umgeben,  doch  bei  weitem  nicht  in  der 
reichen  Weise  wie  etwa  bei  Tliyas  pedunculata  Koen.,  Th.  setipes 
ViETS  oder  Th.  tridentina  Maglio.  Alle  Krallen  sind  einfach,  die 
der  2  hinteren  Beinpaare  etwas  größer  als  die  der  vorderen. 

Genitalgebiet.  Das  äußere  Genitalorgan  ist  recht  lang 
(260  ^0  und  bei  geschlossenen  Klappen  155  fi  breit.  Die  Klappen 
sind  grobporig  wie  die  Epimeren,  vorn  mit  sanfter  Abschrägung  zu- 
gespitzt und  hinten  an  der  Innenecke  ausgerandet.  Der  Innenrand 
der  Klappen  ist  mit  feinen  Härchen  besetzt;  im  Gebiete  der  hinteren 
Ausmuldung  sind  diese  Haare  länger  und  kräftiger.  In  der  Zahl 
der  Genitalnäpfe  weicht  diese  Species  von  allen  bekannten  Thyas- 
arten  ab.  Während  sonst  nur  6  Geschlechtsnäpfe  vorhanden  sind, 
besitzt  Tkyas  odopora  deren  8.^)  Je  2  liegen  jederseits  der  ventralen 
Medianen  auf  einer  Platte  hintereinander  vorn  vor  den  Genital- 
klappen und  hinten  in  deren  Ausmuldung.    Alle  Näpfe  sind  nur  klein. 

Das  Vorhandensein  eines  Chitinstützkörpers  am  Vorderende  der 
Vagina-)  und  das  Nichtauffinden  eines  Penisgerüstes  lassen  vermuten, 
daß  das  vorliegende  Tier  ein  Weibchen  war.  Der  subcutane  Stütz- 
körper ist  mit  einem  im  Oberflächenintegument  liegenden  porösen 
Chitinplättchen  verwachsen. 

Fundort.  Süßwassertümpel  zwischen  Fischhoek  und  Chapmans- 
bay,  8./7.  1903.    Lange  Vleg,  12./?.  1903. 

Diplodontus  despiciens  capensis  n.  var. 

(Taf.  12  Fig.  10,  11;  Taf.  13  Fig.  14—16.) 

Größe.  Das  Tier  ist  erheblich  kleiner  als  Diplodontus  despi- 
ciens (0.  F.  Müller),  nur  870  ju  lang  und  etwa  770  ju  breit. 


1)  In  die  Gattungsdiagnose  von  Thyas  wäre  also  ergänzend  als  Merk- 
mal des  äußeren  Geschlechtsorgans  das  Vorkommen  von  8  Genitalnäpfen 
aufzunehmen. 

2)  F.  KOENIKE,  Neue  Hydraearinen  aus  der  Unterfamilie  der  Hydry- 
phantinae,  in:  Zool.  Anz.  Vol.   40,   1912,  p.  61  —  67. 


336  Karl  Viets, 

Die  Haut  ist  kräftiger  als  die  der  Vergleichsform;  auch  sind 
die  Papillen  des  Besatzes  weniger  hoch  und  weniger  spitzkegelig, 
aber  dichter  stehend. 

Augen.  Die  Linsen  der  größeren  Vorderaugen,  die  bei  Bauch- 
lage des  Tieres  noch  gerade  von  oben  her  erkennbar  sind,  liegen 
410  yw,  die  Linsen  der  hinteren  Augen  450  fi  voneinander  entfernt. 
Die  Linsen  einer  Seite  stehen  etwa  in   65  /^  Abstand  voneinander. 

Mund  teile.  Das  Rostrum  des  Maxillarorgans  ist  kürzer 
und  plumper,  auch  ist  die  Mundscheibe  relativ  größer  als  bei  Mül- 
lee's  Art. 

Im  Bau  der  290  ^w  langen  Mandibeln  ergeben  sich  weitere  Unter- 
schiede. Die  Klaue  ist  bei  der  neuen  Form  stärker  gekrümmt.  Das 
Mandibelhäutchen  ist  am  freien  Ende  nach  der  Klaue  hin  um- 
gebogen, dabei  basal  sehr  breit.  Am  Mandibelknie  ist  das  Organ 
von  65  fji  dorsoventraler  Stärke.  Das  rückwärtige  Ende  der  Man- 
dibel  biegt  nicht  wie  bei  Müller's  Art  um,  sondern  läuft  gestreckt 
in  eine  gerundete  Spitze  aus. 

Die  Palpe  erscheint  bei  der  süd-afrikanischen  Form  plumper 
als  bei  der  Vergleichsart.  Die  Maße  der  Glieder  sind,  dorsal  ge- 
messen : 

L  IL  III.  IV.  1)  V. 

55  //  Ib  fJL  bb  fi  185  /^  80  [x. 

Das  4.  Glied  mißt  in  der  Dorsoventralen  am  Proximalende  45  ^, 
an  der  Einlenkungsstelle  des  Endgliedes  30  /j,.  Die  Streckseite  des 
4.  Gliedes  ist  wenig  ausgeschweift.  Am  2.  Segmente  stehen  innen 
3  Fiederborsten. 

Die  Epimeren  ähneln  sehr  denen  des  D.  despiciens.  Die  sub- 
cutanen hinteren  Innenfortsätze  der  1.  Hüftplatten  sind  viereckig. 
Der  Innenrand  der  gleichen  Platten  (der  Rand  der  Maxillarbucht) 
ist  nur  in  geringem  Maße  durch  erhabene  Haarhöcker  ausgezeichnet. 
Der  laterale  subcutane  Fortsatz  des  Hinterrandes  der  letzten  Epi- 
meren ist  recht  lang,  fingerförmig  und  gebogen. 

Die  Beine  (namentlich  die  Grundglieder)  sind  nicht  in  der 
reichen  Weise  wie  bei  Müller's  Art  mit  langen,  schlanken  Borsten 
besetzt.    Die  Borsten  stehen  spärlicher  und  sind  kürzer. 

Genitalorgan.  Das  äußere  Geschlechtsorgan  ist  205^  lang 
und  beide  Klappen  zusammen  etwa  ebenso   breit.     Der  Anus  liegt 


1)  Die  distale  Verlängerung  eingeschlossen. 


Hydracarinen  aus  dem  Kaplande.  337 

dicht  hinter  dem  Genitalorgaii.    Die  Öffnung  ist  von  einem  kräftigen, 
elliptischen  Chitinringe  umgeben. 

Fundort.    Vley  bei  Lakeside,  28./7.  1903. 


Ziimnesici  africana  S.  Thor. 
(Taf.  12  Fig.  13;  Taf.  13  Fig.  21-22.) 

1902.     Limnesia  africana  S.  Thor,  in:  Ann.  South  African  Mus.,  Vol.  2, 
Part   11,  p.  454—455,  tab.   19,  fig.   23—26. 

Die  in  den  Sammlungen  der  Expedition  am  zahlreichsten  vor- 
kommende Linmesia-Art,  alles  weibliche  Exemplare,  identifiziere  ich 
mit  Thoe's  L.  africana.  Die  von  Thor  angegebenen  Merkmale 
treffen  auch  für  die  vorliegenden  Formen  zu,  allerdings  sind  die 
4.  Epimeren  wenigstens  beim  Weibchen  nicht  ,.very  short  and 
rounded  at  the  hinder  end'',  wie  Thor  (Fig.  25)  für  das  Männchen 
angibt. 

Das  2.  Glied  der  Palpe  trägt  auf  der  Mitte  der  Beugeseite 
einen  kurzen,  gestaucht  endigenden  Zapfen  mit  Chitinspitze.  Die 
Beugeseitenausstattung  des  4.  Segments  besteht  aus  2  fast  neben- 
einander stehenden  Höckern,  nämlich  einem  außenstehenden  Doppel- 
höcker (mit  größerem,  ein  recht  langes  Haar  tragenden  Proximal- 
teile)  und  einem  einfachen  Haarhöcker  an  der  Innenseite.  Der  dor- 
sale Haarbesatz  des  2.  Gliedes  ist:  innenseits  4,  außenseits  2  kurze, 
kräftige  Borsten.  An  der  gleichen  Seite  des  3.  Palpensegments 
stehen  innen  und  außen  je  2  Borsten,  von  denen  die  distale  der 
Außenseite  auf  der  Flachseite  inseriert  ist  und  eine  bedeutende 
Länge  aufweist. 

Fundort.  Süßwassertümpel  zwischen  Fischhoek  und  Chapmans- 
bay,  8./7. 1903.  Plumstead,  12./7.  1903.  Lange  Vleg,  12./7.  1902.  Vley 
bei  Lakeside,  28./7.  1903.    Vlegbai,  Lakeside,  28./7.  1903. 

Hf/grobates  sif/thofi  n.  sp. 

(Taf.  13  Fig.  17—20.) 

Weibchen. 

Diese  neue,  nur  in  einem  weiblichen  Exemplare  erbeutete 
Hijgrohates- Art  möge  zu  Ehren  Sig.  Thor's,  des  ersten  Bearbeiters 
der  Süd- afrikanischen  Hydracarinenfauna  unter  dem  Namen  H.  sig- 
thori  in  das  System  der  Hydracarinen  aufgenommen  werden. 


338  Karl  Viets, 

Größe  und  Gestalt.  Der  Körper  des  Weibchens  ist  von 
kurz  elliptischem  Umriß.  Die  Länge  beträgt  1155  [jl.  Die  Höhe 
des  über  halbkuglig  gewölbten  Körpers  wurde  mit  900  yW  fest- 
gestellt. 

Die  Haut  des  Tieres  ist  glatt. 

Mundteile.  Das  mit  den  1.  Epimeren  verwachsene  Maxillar- 
organ  läßt  nach  Herauslösung  der  Mandibeln  und  nach  Entfernung 
der  die  Durchsicht  beeinträchtigenden  Muskeln  einen  etwa  75  fi 
langen,  50  breiten,  flaschenförmigen,  hinten  abgerundeten  Pharynx 
erkennen.  —  Charakteristisch  ist  die  Mandibel  dieser  Art  gebaut. 
Sie  besitzt  am  Grundgliede,  etwa  dem  vorderen  Ende  der  Mandibel- 
grube  gegenüber  einen  scharfen  Zahn.  Die  Mandibel  ist  365  fj. 
lang,  die  Grube  etwa  175  ^.    Der  seitliche  Zahn  ist  23  p>  hoch. 

Die  Palpen  sind  schlank.  Die  Dorsallängen  der  einzelnen 
Glieder  betragen: 

I.  II.  III.  IV.  V. 

40 /*         210//         150 //  290 /i  63//. 

Der  Zapfen  an  der  Beugeseite  des  2.  Gliedes  ist  45  //  lang  und 
20  jj,  stark.  Am  freien  Ende  ist  er  ohne  Verjüngung  gleichmäßig 
abgerundet  und  mit  mehreren  winzigen,  knötchenförmigen  Spitzen 
besetzt  (bei  Seitenlage  der  Palpe  überragen  etwa  5  derselben  die 
Umrißlinie  der  Zapfenkuppe).  Der  Haarbesatz  der  Palpe  besteht 
an  den  3  Grundgliedern  aus  kurzen,  steifen,  im  allgemeinen  dorsal 
inserierten  Dornen.  So  stehen  am  2.  Segmente  innen-  und  außen- 
seits  je  3,  am  mittleren  Gliede  innen  2,  außen  3.  Das  4.,  längste 
Tasterglied  zeigt  bei  Seitenlage  einen  in  der  Mitte  etwas  vor- 
gewölbten, hyalinen  Beugeseitenrand.  Etwas  oberhalb  (distalwärts) 
der  Mitte  steht  jederseits  nahe  dem  Rande  des  Gliedes  je  eine 
feine  Borste. 

Epimeren.  Die  letzten  Epimeren  zeigen  ziemlich  deutlich 
hervortretende,  nach  hinten  vorspringende  Hinterrandsinnenecken. 
Der  Hinterrand  der  4.  Hüftplatte  ist  im  lateralen  Teile  stark  chi- 
tinisiert.  Er  verläuft  mit  sanfter  Einw^ärtsbiegung  (nach  dem 
Frontalende  des  Körpers  hin)  nach  der  erwähnten.  Innenecke.  Der 
gebogene  Innenrand  ist  sehr  schwach  chitinisiert;  er  wird  unter- 
brochen und  überragt  durch  eine  subcutane  Verstärkung. 

Die  Beine  sind  schlank,  ohne  Schwimmhaarbesatz.  Die  Borsten 
sind  zum  Teil  recht  schlank. 

Das  äußere  Genitalorgan  liegt  mit  seinem  großen  vorderen 


Hydracarineu  aus  dem  Kaplande.  339 

Cliitinstützkörper  345  //  von  dem  medianen  Hinterende  der  1.  Epi- 
meren  entfernt.  Die  beiden  schwach  chitinisierten,  in  ihren  Rändern 
undeutlich  sich  vom  Integument  der  ßauchdecke  abhebenden  Napf- 
platten sind,  wie  Seitenlage  des  Tieres  erkennen  läßt,  etwas  gewölbt. 
Jede  Platte  trägt  3  hintereinander  liegende,  fast  gleich  große  Genital- 
näpfe und  viele  Haarporen. 

Fundort.     Vley  bei  Lakeside,  28./7.  1903. 

Fiona  tridens  (Sig.  Thor). 
(Taf.  13  Fig.  23;  Taf.  14  Fig.  24-26.) 

1902.      Curvipes  tridens  S.  Thor,    in:    Ann.  South  African  Mus.,  Vol.  2, 
Part   11,  p.   456,  tab.   19,  fig.  27—30. 

Der  von  Sig.  Thor  gegebenen  Beschreibung  des  Weibchens 
kann  die  Kennzeichnung  des  Männchens  und  der  Nymphe  der  Art 
nunmehr  hinzugefügt  werden. 

Männchen. 

Das  Männchen  ist  etwa  600  ß  lang  (das  $  750  ju)  und  wie  das 
Weibchen  von  ovalem  Umriß.  Der  Rücken  ist  —  ein  Merkmal 
vieler  Piona-Arten  —  hinter  der  Stirnpartie  eingesattelt. 

Im  Bau  der  M  u  n  d  t  e  i  1  e  und  Palpen  stimmen  die  Geschlechter 
untereinander  überein.  Der  Taster  zeigt  am  4.  Segment  beuge- 
seitenwärts  2  große  und  2  winzige  Haarhöcker,  dazu  distal  an  der- 
selben Seite  den  charakteristischen  Chitindorn.  Thor  scheint  der 
untere  (basale),  innenseits  neben  dem  größeren,  oberen  Fortsatz 
stehende  kleine  Höcker  entgangen  zu  sein,  denn  in  seiner  Beschrei- 
bung erwähnt  er  nur  „3  large  hairprocesses  or  papillae  in  addition 
to  the  usual  chitinous  process".  „Large"  ist  der  eine  der  3  Zapfen 
außerdem  nicht;  Thor  zeichnet  ihn  auch  nicht  so  im  Verhältnis  zu 
den  anderen.  Thor's  Palpenbild  (tab.  19  fig.  27)  gilt  nach  seiner 
Angabe  für  die  rechte  Palpe.  Nach  meinem  Befunde  kann  es  nur 
die  linke  Palpe  sein,  denn  der  untere  (basale)  der  beiden  großen 
Beugeseitenzapfen  am  4.  Glieds  steht  innenseits,  nicht  der  obere 
Zapfen,  wie  es  nach  Thor's  Palpenbild  der  Fall  ist. 

Im  Bau  des  äußeren  Genitalorgans  zeigt  die  TnoR'sche  Art 
große  Verwandtschaft  mit  P.  longicornis  (0.  F.  Müller).  Es  findet 
sich  eine  ziemlich  tiefe,  im  Hinterrande  ihrer  Öffnung  160  ju.  breite 
Samentasche. 

Der  Hinterrand  der  Taschenöffnung  ist  stark  chitinisiert  und  in 


340  Karl  Viets, 

der  Mittelpartie  nach  hinten  gebogen.  Die  Napfplatten  tragen  je 
11  bis  13  Näpfe,  von  denen  2  jederseits  die  übrigen  an  Größe  über- 
treffen. 

Der  Samenüberträger,  das  Endglied  der  3.  Beine,  ist  verkürzt 
(nur  185  fji  lang  gegenüber  dem  375  iJt  langen  vorletzten  Gliede), 
gekrümmt  und  distal  verstärkt.  Beide  Klauen  sind  mehrspitzig. 
Die  eine  Klaue  ist  mit  verlängerter,  hyaliner,  abgerundeter  Spitze 
versehen. 

Nymphe. 

Die  Nymphe  der  Art  besitzt  in  den  Tastern  die  wesentlichen 
Merkmale  des  ausgewachsenen  Tieres.  Es  fehlen  am  4.  Segment 
jedoch  die  2  kleinen  Beugeseitenhöcker.  Auch  ist  der  Haarbesatz 
der  Palpen  spärlicher.  Das  provisorische,  äußere  Geschlechtsorgan 
besteht  aus  2  median  miteinander  verwachsenen  Platten,  die  in 
ihren  Längsachsen  in  lateraler,  rückwärtiger  Richtung  divergieren 
und  je  mit  2  Näpfen  und  3  Haarporen  besetzt  sind. 

Fundort.  Chapmansbay,  Süßwassertümpel,  8./7.  1903.  Lange 
Vleg,  12./7.  1903.    Vley  bei  Lakeside,  28./7.  1903. 

Arrheriurus  merklionalis  Sig.  Thoe. 
(Taf.  14  Fig.  27—30.) 

1902.     Arrennru.s    meridionaiis  8.  Thok,  in:    Ann.    South    African   Mus., 
Vol.  2,  Part  11,  p.  459—460,  tab.  21,  fig.   40—42. 

SiG.  Thoe  hat  nur  das  Weibchen  beschreiben  können.  In  den 
Sammlungen  der  Deutschen  Südpolar-Expedition  sind  beide  Ge- 
schlechter, je  ein  Männchen  und  ein  Weibchen,  vorhanden. 

Weibchen. 

Das  vorliegende  Weibchen  stimmt  im  wesentlichen  mit  Thoe's 
Angaben  überein,  allerdings  gebe  ich  die  Körpermaße  etwas  ge- 
ringer und  in  anderem  Verhältnis  zueinander  an  als  Thoe.  Es 
messen  die  $$ 

nach  Thoe        nach  Viets 
Länge  1,95  mm  1,456  mm 

Breite  1,16  1,204 

Höhe  1,35  0,960 

In  Thoe's  Angaben  scheint  das  Verhältnis  zwischen  Länge  und 


Hydracarinen  ans  dem  Kaplande.  341 

Breite  nicht  richtig  angegeben  zu  sein.    Danach  ergibt  sich  für  das 
Verhältnis  der  Länge  zur  Breite  des  Tieres  folgende  Proportion: 

195:116=1,68:1. 

In  Thor's  Zeichnung  des  Weibchens,  die  den  tatsächlichen  Ver- 
hältnissen zu  entsprechen  scheint,  ist  die  Länge  65  mm,  die  Breite 
57  mm.    Mit  der  obigen  Proportion  verglichen,  ergibt  sich: 

65:57  =  1,14:1. 

Die  angegebenen  Maße  des  vorliegenden  Weibchens,  in  der 
gleichen  Weise  angeordnet,  ergeben 

1456  :  1204  =  1,21 : 1. 

Es  bestehen  also  zwischen  Thor's  Maßangaben  und  seiner  Zeich- 
nung des  Weibchens  nicht  zu  vereinigende  Unterschiede,  die  sich 
meines  Erachtens  nur  erklären  lassen  durch  Annahme  einer  irrtüm- 
lichen Angabe  bei  den  Körpermaßen. 

Im  übrigen  stimmt  das  von  der  Expedition  heimgebrachte 
Weibchen  hinsichtlich  der  Gestalt  gut  mit  Thor's  Angaben  überein. 
Der  fast  gerade  Stirnrand,  die  mäßige  vordere  Seiten  abflachung, 
die  Ausschweifung  vor  den  bei  vorliegendem  Weibchen  allerdings 
mehr  gerundeten  hinteren  Seitenecken  und  die  charakteristische  Ge- 
stalt des  Hinterrandes  sprechen  entschieden  für  eine  Identität  der 
beiden  Weibchen.  Dorsal  finden  sich  ferner  in  gleicher  Weise  die 
beiden  gerundeten  Höcker,  gelegen  vor  dem  an  dieser  Stelle  etwas 
nach  innen  einbiegenden  Rückenbogen,  der  sich  infolge  dieser  Bie- 
gung nach  vorn  zu  mäßig  verjüngt. 

Genau  übereinstimmend  mit  Thor's  Zeichnung  sind  ferner  die 
Genitalnapfplatten  des  Weibchens.  Auch  die  Lefzenpartie  ist  hier 
wie  dort  vorn  etwas  breiter  als  hinten.  Thor  gibt  für  sein  Weibchen 
keine  Lefzenflecke,  Chitinverstärkungen  in  den  Vorder-  und  Hinter- 
ecken der  Lefzen,  an.  Tatsächlich  scheinen  jedoch  solche  Chitin- 
verstärkungen vorhanden  zu  sein.  Bei  dem  mir  vorliegenden  Weibchen 
sind,  wohl  eine  Folge  der  schrumpfenden  Wirkung  der  Konservie- 
rungsflüssigkeit, die  Lefzen  nach  innen  eingeklappt.  Die  Lefzen- 
flecke kommen  dadurch  auf  die  Kante  zu  stehen  und  sind  kaum 
erkennbar. 

Thor  gibt  endlich  das  Bild  der  Palpe.  Nach  Lage  der  Anta- 
gonistenborste  und  des  Endgliedes  müßte  es  die  rechte  Palpe  (Innen- 
seite) sein.  Dem  entspricht  jedoch  nicht  der  Haarbesatz  des  2.  und 
3.  Gliedes,  der  in  der  Figur  vielmehr  der  der  Palpenaußenseite  zu 
sein  scheint.    Um  demnach  Thor's  Palpenbild  zu  berichtigen,  müßte 


342  Karl  Viets, 

die  Eandlinie  des  Antagonisten  des  4.  Segments  über  die  erwähnte 
Borste  hinwegführend  gezeichnet  werden.  Auch  müßte  die  gleiche 
Randlinie  die  Eodklaue  durchschneidend  verlaufen.  Thoe  zeichnet 
an  dieser  Stelle  beide  Linien,  gibt  also  in  der  Figur  nicht  Klarheit, 
welche  Seite  der  Palpe  gemeint  ist.^) 

Ich  nehme  also  an,  es  handle  sich  in  der  flg.  42  der  TnoE'schen 
tab.  21  um  die  Außenseite  des  linken  Tasters  von  ArrJwnurus  meri- 
dionalis  $,  bei  dem  die  Antagonistenborste  und  die  Endklaue  (bei 
Betrachtung  durch  die  Palpe  hindurch)  auf  der  Außenseite  einge- 
zeichnet sind. 

Damit  ist  die  Palpe  des  vorliegenden  Weibchens  in  Einklang 
zu  bringen.  Außer  den  von  Thor  bereits  angegebenen  Dorsalborsten 
sind  für  das  2.  Glied  5  Borsten  am  inneren  Distalrande  bemerkens- 
wert, von  denen  3  nahe  der  Beugeseitenecke  inseriert,  die  2  anderen 
mehr  nahe  der  Mitte  des  Eandes  befestigt  sind.  Die  distale  Mitte 
der  Außenseite  des  mittleren  Tastergliedes  trägt  die  von  Thor  in 
seiner  Figur  bereits  angegebene  Borste. 

Männchen. 

Die  Übereinstimmung  in  den  Mundteilen  und  Palpen  war  Ver- 
anlassung, das  nachstehend  beschriebene  Männchen  dem  Weibchen 
von  Arrhenurus  meridionalis  Sig.  Thor  als  Artgenossen   zuzuweisen. 

Große,  Das  zum  Subgenus  Petiolurus  Thon  gehörende  Männ- 
chen ist  einschließlich  des  Anhangs  und  des  Petiolus  1260 /^  lang; 
ohne  Anhang  mißt  es  etwa  750  (jl  in  der  Länge.  Die  Breite  des 
Rumpfes  beträgt  795  //.  Der  Anhang  ist  am  Grunde  510  /^  breit 
und  etwa  435  [a.  hoch.  Der  Vorderkörper  ist  690  fi,  hoch.  Li  der 
Gestalt  erinnert  das  Männchen  an  das  von  A.  cuspidator  (0.  F. 
Müller).  Die  Stirnpartie  des  Rumpfes  ist  stark  ausgerandet.  Die 
Doppelaugen  springen  wulstig  vor.  Sie  liegen  nahe  dem  Körper- 
rande in  360  ß  Abstand  voneinander.  Der  Rückenbogen  bleibt  300  ß 
von  der  Stirnausbuchtung  entfernt.  Wie  beim  Weibchen  verjüngt 
er  sich  nach  vorn  zu  etwas,  eingeengt  durch  die  seitlich  davon 
liegenden  Höcker,  und  verläuft  nach  hinten  seitlich  bis  auf  die  An- 


1)  Daß  Thor  io  diesen  Details  nicht  genau  zeichnet,  ergibt  sich  auch 
aus  dqn  Palpenbildern  seines  Arrlieniinis  capetisis  (tab.  20,  fig.  38  u.  39). 
Nach  der  Pigurenerklärung  handelt  es  sich  in  fig.  38  um  die  Außenseite 
des  linken  Tasters,  in  fig.  39  um  die  Innenseite  des  rechten.  Aus  der 
Zeichnung  der  Palpenendglieder,  die  darüber  Aufschluß  geben  müßten,  ist 
das  jedoch  nicht  zu  ersehen. 


Hydracariuen  aus  dem  Kaplande.  343 

hangsbasis,  hier  in   dem  Seiten rande  des  Körpers  bei  den  Eckfort- 
sätzen verschwindend. 

Im  Winkel  der  Ansatzstelle  des  Anhangs  treten  die  Genital- 
napfplatten  als  wenig   erhabene  Wülste   über  den  Lateralrand  vor. 

Die  Eckfortsätze  des  Anhangs  sind  etwa  150  fi  lang  und  bei 
Ansicht  von  oben  von  konischem  Umriß.  Bei  Seitenlage  des  Tieres 
erweisen  sie  sich  als  abgeschnitten  endigend.  Der  mediane  Hinter- 
rand des  Anhangs  ist  vorgewölbt.  Er  wird  überragt  durch  ein 
schmales,  seitlich  mit  zugespitzten  Ecken  endigendes  hyalines  Häut- 
chen und  den  etwa  165  fx  langen  Petiolus.  Im  Umriß  (bei  Ansicht 
von  oben)  gleicht  dieser  fast  dem  Petiolus  von  Arrhenurus  tricuspi- 
dator  (0.  F.  Müllee).  Er  ist  ziemlich  schmal  und  verbreitert  sich 
nach  hinten ;  am  Ende  ist  er  flachbogig  abgerundet.  Bei  Drehung  des 
Tieres  ist  zu  erkennen,  daß  der  Petiolus  dorsal  vertieft  ist.  Ansicht 
des  Tieres  bei  Seitenlage  zeigt,  daß  der  Petiolus  hinten  abgerundet 
und  ventral  mit  einer  Vorwölbung  versehen  ist. 

Die  Farbe  des  Tieres  scheint  grün  gewesen  zu  sein. 

M  u  n  d  t  e  i  1  e.  Das  Maxillarorgan  ist  kurz  (165  /n  lang)  und  135  ß 
breit,  mit  hinten  breit  abgerundeter  Grundplatte  und  kurzem  Pharynx. 

Die  205  ß  lange  Mandibel  erscheint  wegen  nicht  sehr  erheblicher 
dorsoventraler  Stärke  (72  /u)  und  dabei  ziemlich  gestreckter  (80  ß 
langer)  Klaue  recht  schlank. 

Im  Bau  der  Palpe  zeigen  sich  dem  bereits  gekennzeichneten 
Weibchen  gegenüber  keine  Abweichungen.  Die  Maße  der  Glieder 
sind: 

I.  IL  III. 

dorsale  Länge  40  85  75 

dorsoventrale  Stärke    —  80  75 

Der  Borstenbesatz  ist  der  gleiche  wie  beim 
4.  Glied  ist  dorsal  durch  eine  zweimalige  deutliche,  ventral wärtige 
Umbiegung  ausgezeichnet.  Die  erste  Biegung  erfolgt  gleich  ober- 
halb der  Proximalecke  in  breit  gerundetem  Bogen,  die  zweite  weiter 
distal wärts  etwas  oberhalb  der  Streckseitenmitte,  in  der  Nähe  eines 
dort  inserierten,  feinen  Haares. 

Das  Epimeralgebiet  bietet  keine  Besonderheiten  im  Bau. 

Auch  die  B  e  i  n  e  sind  ohne  erwähnenswerte  specifische  Charakte- 
ristika. Das  4,  Glied  der  Hinterbeine  trägt  einen  80  ß  langen, 
etwas  gebogenen,  schräg  abgeschnitten  endigenden  Fortsatz,  der  an 
seinem  Ende  mit  einem  Haarbüschel  (10  Haare)  ausgestattet  ist. 

Genitalorgan.    Die  Genitalnapfplatten  sind  lang  und  schmal. 


IV. 

V. 

115 

60 

70 

— 

Weibch( 

m.     Das 

344  Karl  Viets, 

Ihre  Ansatzstelle  bei  den  Lefzen  scheint  breiter  zu  sein  als  die 
laterale  Partie  der  Platten,  doch  konnte  das  bei  dem  einzigen,  nicht 
weiter  zergliederten  Tiere  wegen  dessen  Undurchsichtigkeit  nicht 
genau  erkannt  werden.  Die  Napfplatten  reichen  bis  auf  die  Seiten- 
wand des  Körpers. 

Fundort.    Vley  bei  Lakeside,  28./7.  1903. 

Arrhenurus  convexiis  Thor. 
(Taf.  14  Fig.  31-33.) 

1902.     Arrenurus  convexus  8.  Thor,  in:  Ann.  South  African  Mus.,  Vol.  2, 
Part  11,  p.  460—461,  tab.  21,  fig.  43—45. 

Mit  SiG.  Thoe's  Form  identifiziere  ich  ein  Ärrhenurus-W eihchen 
aus  einem  Süßwassertümpel  zwischen  Fischhoek  und  Chapmansbay. 
Das  äußere  Genitalorgan  mit  den  vorderen  Ausbiegungen  der  Napf- 
platten ist  zu  charakteristisch,  um  nicht  auf  A.  convexus  S.  T.  bezogen 
zu  werden.  Die  Lefzen  des  vorliegenden  Exemplars  sind  nach  innen 
geklappt,  so  daß  die  Chitinflecke  nicht  in  der  Fläche  zu  erkennen  sind. 

Die  Form  und  Umrandung  der  letzten  Epimeren  und  eine  nahe 
vor  der  Einlenkungsstelle  der  4.  Beine  liegende,  stark  chitinisierte, 
spitzkegelige  Lateral  Verlängerung  der  4.  Hüftplatten  treffen  eben- 
falls für  dies  Weibchen  zu. 

Der  Hinterrand  des  jetzt  untersuchten  Tieres  weist  einige  sanfte 
Eindrücke  auf.  Geringer  als  nach  Thor's  Angaben  sind  auch  die 
Längenverhältnisse  dieses  Weibchens;  es  ist  nur  1140//  lang  und 
945  ju  breit. 

S.  Thor's  Figur  der  Dorsalseite  des  von  ihm  gekennzeichneten 
Weibchens  stimmt  mit  meinem  Befunde  überein. 

In  dem  Palpeubilde  tab.  21,  fig.  45  sind  für  das  2.  Segment 
offenbar  einige  Borsten  nachzutragen.  Bei  der  linken  Palpe  des 
mir  vorliegenden  Weibchens  fand  ich  innenseits  (Taf.  14  Fig.  33) 
am  2.  Gliede  5  Borsten;  bei  der  anderen  Palpe  waren  an  gleicher 
Stelle  mehrere  Borsten  weggebrochen.  Nicht  vereinen  kann  ich 
Thor's  Palpenbild  mit  dem  meinigen  hinsichtlich  der  Antagonisten- 
ecke  des  4.  Gliedes,  die  bei  meinem  Exemplare  deutlich  ventralwärts 
ausgezogen  ist.    Die  Maße  der  Palpe  sind: 

I.  II.  III. 

dorsale  Länge  45  yw     Sl  ju        bb  fi 

dorsoventrale  Stärke     —        10  ju        70  /u 


IV. 

V. 

130 /* 

66/« 

dist.  80  ß 

Drox.  70  fi 

Hydracarinen  ans  dem  Kaplande.  345 

Völlige  Klarheit  wird  erst  durch  die  Kenntnis  des  Männchens 
der  Art  erbracht  werden  können. 

Ich  halte,  entgegen  der  Ansicht  E.  v.  Daday's  ^),  das  Weibchen 
von  Arrhenurus  convexus  Sig.  Thoe  (1902)  für  nicht  identisch  mit 
dem  Weibchen  von  A.  plenipalpis  Koenike  (1893)  ^).  Wenn  auch 
die  allgemeine  Körperform  bei  beiden  Arten  wenig  Unterschiede 
bietet,  so  finden  sich  doch  hinsichtlich  der  Körpergröße  (Thor: 
$  1350  /« lang;  Koen.:  $  750  [ä  lang),  im  Bau  der  Palpen  und  in  der 
Gestalt  des  äußeren  Genitalorgans  Differenzpunkte.  Koenike's  fig.  14 
(1893,  tab.  1)  zeigt  ein  gestrecktes  2.  Palpenglied  mit  charakte- 
ristischem Besatz  und  am  4.  Segmente  eine  sehr  weit  ventralwärts 
ausladende  Antagonistenecke.  Bei  Thoe's  fig.  45  (1902,  tab.  21) 
ist  das  2.  Segment  des  Tasters  kurz  und  mit  anders  gestellten  Borsten 
bewehrt,  auch  ist  das  4.  Glied  distal  nicht  ventralwärts  verbreitert. 
Von  diesen  immerhin  nicht  sicher  feststellbaren  Unterschieden  ab- 
gesehen, liegen  erheblichere  Verschiedenheiten  im  Bau  des  Genital- 
feldes der  beiden  Arten.  Koenike's  Form  (fig.  13)  hat  gleichmäßig 
sich  verjüngende,  lateralwärts  verlaufende  Platten  mit  sanfter  Ein- 
biegung des  Vorder-  und  Hinterrandes;  beide  Ränder  der  Platten 
laufen  in  fast  gleichem  Winkel,  aber  entgegengesetzt,  divergierend 
zueinander,  auf  die  ventrale  Medianlinie  zu.  Der  Plattenvorderrand 
von  Thor's  A.  convexus  (fig.  45)  ist  deutlich  nach  vorn  gewölbt. 
Zudem  laufen  bei  diesem  Weibchen  die  Vorderränder  schräg  auf  die 
ventrale  Mediane  zu,  die  Hinterränder  jedoch  mehr  im  rechten  Winkel. 

Dem  ost-afrikanischen  ylrr/?em^rMs- Weibchen  mangeln  die  Chitin- 
flecke in  den  Ecken  der  Lefzen.  Das  Weibchen  aus  dem  Kaplande 
hat  jedoch  deutliche  Lefzenflecke. 

Der  Einziehung  der  THOR'schen  Art  kann  ich  aus  diesen  Gründen 
nicht  zustimmen.  Das  tatsächliche  Vorhandensein  der  meiner  Ansicht 
nach  bereits  in  den  bildlichen  Darstellungen  genügend  hervortreten- 
den Unterschiede  (Genitalorgan!)  beider  Arten  findet  seine  Be- 
stätigung durch  das  Auffinden  des  erwähnten  Weibchens  von  A. 
convexus  S.  Thor  in  den  Sammlungen  der  Expedition. 

E.  V.  Daday's  ■^)  fig.  7  (seiner  tab.  17)  des  Weibchens  von  A. 
plenipalpis  läßt  es  zweifelhaft  erscheinen,   ob  wir  es  damit  wirklich 


1)  EüG.   V.  Daday,    Untersuchungen    über   die  Süßwasser- Mikrofauna 
Deutsch-Ost- Afrikas,  in:  Zoologica   1910,  Heft  59. 

2)  F.  Koenike,  Die  von  Herrn  Dr.  F.  Stuhlmann  in  Ostafrika  ge- 
sammelten Hydrachniden,  in:   Jahrb.  Hamburg,  wiss.  Anst.,  Heft  10,   1893. 

3)  1.  c,   1910. 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  23 


346  Karl  Viets, 

mit  einem  typischen  plenipalpis-W eihchen  zu  tun  haben.  Die  nach 
hinten  gebogenen  Napfplatten  sprechen  meines  Erachtens  sehr 
wenig  dafür. 

Das  von  F.  Koenike  1898  ^)  als  Arrhenurus  plenipalpis  ge- 
kennzeichnete Weibchen  (p.  326—327,  tab.  21,  flg.  39—40)  ist,  wie 
E.  V.  Daday  bereits  hervorhob,  kaum  auf  das  A.  plenipalpis  Koen.-$, 
1893,  zu  beziehen. 

Als  für  das  Gebiet  Süd- Afrikas  endemische  Tiere  sind  vorläufig 
15  Hydracarinen- Arten  zu  bezeichnen  und  zwar: 

Lininocliares  teuuiscutata  n.  sp. 
Eylms  purcelli  S.  Thok 

—  lightfooti  S.  Thor 

—  variabilis  S.  Thor  ^) 

—  (Capeulais)  cra^sipalpis  S.  Thor 
Thyas  octopora  n.  sp. 
Diplodontus  despiciens  capensis  n.  var. 
Limnesia  africaua  S.  Thor 
Hygrohates  sarsi  (8.  Thor) 

—  sigtiiori  n.  sj). 
Piona  tridens  (S.  Thor) 
Arrhenurus  purceUl  S.  Thor 

—  capensis  S.  Thor 

—  meridionalis  S.  Thor 

—  convexus  S.  Thor. 

Auch  aus  anderen  Gebieten  sind  bekannt: 

Eylais  voelizkowi  Koen.  —   Madagaskar,   Rußland 

Oxus  siuhlmanni  (Koen.).  —  Zentral-Afrika,  Kamerun 

Piona  longicornis  (0.  F.  M.),  Unionicola  crassipes  (0.  F.  M.),  Lünnesia 
undulata  (0.  F.  M.)  ^)  und  Diplodontus  despiciens  (0.  F.  M.)  sind 
Formen  von  weitester  Verbreitung  in  Europa,  zum  Teil  auch  in  den 
übrigen  Kontinenten. 

Alle  bis  jetzt  bekannten  süd- afrikanischen  Wassermilben  sind 
solche  eurythermen  Charakters. 


1)  F.  Koenike,  Hydrachniden-Fauna  von  Madagaskar  und  Nossi-Be, 
in:   Abb.   Senckenberg.   naturf.   Ges.  Frankfurt,    1898,   Vol.   21. 

2)  E.  variabilis  S.  T.  =  Syn.  E.  dcgeneraia  F.  Koen.     Vgl.  Daday, 
1.  c,   1910,  p.  239. 

3)  Von  S.  Thor    1898    für    Afrika    signalisiert,    in    der    Arbeit    von 
1902  nicht  wieder  aufgeführt. 


Hydracarinen  aws  dem  Kaplande.  347 


Literaturverzeichnis. 


1910.  V.  Daday,  Eug.,  Untersuchungen  über  die  Süßwasser-Mikrofauna 
Deutsch-Ost- Afrikas,  in:  Zoologica,  Heft  59,  314  pp.,  18  tab.  u. 
19  Textfigg. 

1906.  Halbert  ,  J.  N. ,  Zoological  results  of  the  Third  Tanganyika 
Expedition,  conducted  by  Dr.  W.  A.  CUNNINGTON,  1904 — 1905. 
Report  on  the  Hydrachnida,  in :  Proc.  zool.  Soc.  London,  p.  534  bis 
535,  fig.    1—2. 

1893.  KOENIKB,  F.,  Die  von  Herrn  Dr.  F.  Stuhlmann  in  Ostafrika 
gesammelten  Hydrachniden  des  Hamburger  naturhistorischen  Museums, 
in:  Jahrb.  Hamb.   wiss.   Anst.,  Heft  10,  p.    1 — 55,  tab.    1 — 3. 

1898.  — ,  Hydrachniden-Fauna  von  Madagaskar  und  Nossi-Be,  in  :  Abh. 
Senckenberg.  naturf.  Ges.  Frankfurt,  Vol.  21,  p.  295—435,  tab.  20—29. 

1909.  — ,  Acarina,  in:  A.  Brauee,  Die  Süßwasserfauna  Deutschlands 
(Jena),  Heft  12. 

1910.  — ,  Ein  Acarinen-  insbesondere  Hydracarinen- System  nebst  hydra- 
carinologischen  Berichtigungen ,  in :  Abh.  naturw.  Ver.  Bremen, 
Vol.   20,  p.    121  —  164  mit  3  Textfigg. 

1912.      — ,  Neue  Hydracarinen   aus   der  TJnterfamilie  der  Hydryphantinae, 

in:  Zool.  Auz.,  Vol.  40,  p.   61—67,  fig.   1—4. 
1897 — 1900.     PlERSiG,    R.,    Deutschlands  Hydrachniden,    in:    Zoologica, 

Heft  22. 

1900.  — ,   Referate,  in:  Zool.   Ctrbl.,   Vol.   7,  p.   614. 

1901.  — ,  Hydrachnidae,  in:  Tierreich,  Lief.  13. 

1898.  Thor,  Sig.,  En  ny  hydrachnide-slegt  fra  Syd- Afrika,  in:  Christiania 
Vidensk.-Selsk.  Forhandl.  for   1898,  No.   1,  p.   1—4. 

1898.  — ,  Capobates  Sarsi  en  ny  Hydrachnide  fra  Kap,  Syd-Afrika,  in: 
Arch.  Math.  Naturvid.,  Vol.   20,  No.  5,  p.   1—6,  tab.  4. 

23* 


348  Kari.  Viets, 

1902.  Thoe,  Sig.,  South  African  Hydrachnids  (First  Paper),  in:  Ann. 
South  African  Mus.,   Vol.   2,  Part   11,  p.  447—465,  tab.  16—21. 

1911.  — ,  Nomenklatorische  Notiz  über  Arrhenurus  honoratus  nov.  nom. 
(Synonym:  Arrhenurus  meridioualis  Dadat),  in:  Zool.  Anz.,  Vol.  38, 
No.   1,  p.   32. 

1912.  Vlets  ,  K.,  Hydracarinen  aus  Kamerun,  in:  Arch,  HydrobioL, 
Vol.  8,  p.   156—178,   tab.   1  —  3. 

1913.  — ,  Hydracarinen-Fauna  von  Kamerun,  ibid.,  Vol.  9,  148  pp.  u. 
11   Taf. 


Hydracariuen  aus  dem  Kaplande.  349 


Erklärung  der  Abbildimgeu. 


Tafel   12. 

Fig.  1.     Limnochares  tenuiscutata  n.  sp.,  Palpe. 

Fig.  2.     Dsgl.,  Palpenendglied. 

Fig.  3.     Dsgl.,  Rückenplatte  mit  Augen. 

Fig.  4.      Thyas  octopora  n.  sp.,  rechte  Palpe  am  Maxillarorgan. 

Fig.  5.     Limnochares  crinita  F.  Koenike,  Hautbesatz. 

Fig.  6.      Limnochares  tenuiscutata  n.  sp.,  Hautbesatz. 

Fig.  7.      Thyas  octopora  n.  sp.,  Dorsalseite. 

Fig.  8.     Dsgl.,  Ventralseite. 

Fig.  9.     Dsgl.,  linke  Palpe. 

Fig.  10.^)     Diplodontus  despiciens  capensis  n.  var.,  Linke  Palpe. 

Fig.  11.     Dsgl.,  Mandibel. 

Fig.  12.      Thyas  octopora  n.  sp.,  Genitalorgan. 

Fig.  13.^)     Limnesia  africana  S.  Thor,    Epimeren    und   Genitalfeld. 

Tafel  13. 

Fig.  14.^)     Diplodontus    despiciens    capensis    n.    var.,    Epimeren    und 
Genitalfeld. 

Fig.  15.     Dsgl.,  Genitalklappen. 

Fig.  16.     Dsgl.,  Maxillarorgan  in  Seitenlage. 

Fig.  17.     Hygrohates  sigthori  n.  sp.,  linke  Palpe  des  Weibchens. 

Fig.  18.     Dsgl.,  Mandibel  des  Weibchens. 


1)  Vgl.  auch  Taf.    13  Fig.   14—16. 

2)  Vgl.  auch  Taf.   13  Fig.  21—22. 

3)  Vgl.  auch  Taf.   12  Fig.   10—11. 


350  Karl  Viets,  Hydracariaeu  aus  dem  Kaplande. 

Fig.    19.      -Dsgl.,   Epimeren  und  Genitalfeld  des   Weibchens. 
Fig.   20.      Dsgl.,   Grenitaloigan  des   Weibchens. 
Fig.  21.^)     Limnesia  africana  S.  Thor,  Palpe   des  Weibchens. 
Fig.   22.      Dsgl.,   Mandibel   des   Weibchens. 

Fig.    23.2)       Piona    tridens    (S.    Thor),    Endglied    vom    3.    Bein    des 
Männchens  (Samenüberträger). 

Tafel   14. 

Fig.   24.^)     Piona  tridens  (S.  Thor),  Epimeren  und  äußeres  Genital- 
organ  des  Männchens. 

Fig.   25.      Dsgl.,  linke  Palpe   des  Weibchens. 

Dsgl.,  äußeres  Genitalorgan  des  Weibchens. 

Arrhemiriis    vieridionalis    S.    Thor  ,    Weibchen    von    der 

Dsgl.,  Männchen  von  der  Unterseite ;   wegen  Undurchsichtig- 
keit  des  (einzigen)  Exemplares  mediane  Details  nicht  zu  erkennen. 

Ärrhenuriis    oneridionalis    S.    Thor,    rechte    Palpe    des    $, 

Dsgl.,  linke  Palpe  des  ^,  Innenseite. 

Arrhenuriis  convexus  S.  Thor,  Ventralseite  des  $. 

Dsgl.,  Mandibel  des  $. 

Dsgl.,  linke  Palpe  des  $,  Innenseite. 

1)  Vgl.  auch  Taf.   12  Fig.   13. 

2)  Vgl.  auch  Taf.    14  Fig.  24—26. 

3)  Vgl.  auch  Taf.   13  Fig.  23. 


Fig. 

26. 

Fig. 

27. 

Unterseit( 

3. 

Fig. 

28. 

keit  des  | 

[einz 

Fig. 

29. 

Innenseite 

1. 

Fig. 

30. 

Fig. 

31. 

Fig. 

32. 

Fig. 

33. 

Nachdruck  verboten. 
Vbersetzungsrecht  vorbehalten. 


Zur  Fauna  von  Nord-Neuguinea. 

Nach   den   Sammlungen   von   Dr.   P.  N.  van   Kampen   und 
K.  Gjellerup  aus  den  Jahren  1910  und  1911. 

Descrizione  di  alcuni  Oligocheti  della  Nuova  Guinea 
settentrionale. 

Del 

Dr  Luigi  Coguetti  de  Martiis. 

(Aiuto  al  Museo  di  Anat.  Comp,  della  R.  Universitä  di  Torino.) 

Con  11  Fignre  nel  testo. 


II  materiale  descritto  in  questa  nota  venne  raccolto  dai  Siggri 
Dr  P.  N.  VAN  Kampen  e  Dr  K.  Gjellerup  durante  un  viaggio  di 
esplorazione  (1910 — 1911)  nella  regione  Orientale  della  N.  Guinea 
olandese  e  nella  confinante  N.  Guinea  tedesca..')  L'interessante 
collezione  appartiene  al  Museo  Zoologico  di  Buitenzorg  (Giava). 
Essa  comprende  10  specie,  di  cui  26  nuove;  due  soli  generi  sono 
rappresentati :  Pheretima  e  Dichogaster. 

AI  Dr  VAN  Kampen,  che  cortesermente  mi  affldö  in  studio  la 
collezione,  esprimo  qui  i  miei  sinceri  ringraziamenti. 

1)  Dal  Dr  P.  N.  van  Kampen  ho  avuto  le  seguenti  indicazioni  sulle 
localite  noininate  in  questo  lavoro.  „Hollandia"  nome  di  un  bivacco 
situato  suUa  costa  occidentale  della  Baia  Humboldt  (2*'  32'  29"  lat.  sud, 
1400  44'  12"  long,  or.);  „Zoutbron"  bivacco  sul  fiume  Begowre  (3**  V  13" 
lat.  sud,  140**  57'  30"  long,  or.);  „Hoofdbivak"  situato  sul  fiume  Impera- 
trice  Augusta  (40  A'  18"  lat.  sud,  140»  7'  15"  long.  or.).  Le  altre 
localitä  si  trovano  indicate  sulla  carta  geografica  unita  a  un  articolo  del 
Sigr  F.  J.  P.  Sachse  pubblicato  in  „Tijdschrift  v.  h.  Kon.  Nederlandsch 
Aardr.   Gen.",  Vol.  29,   1902,  p.  36. 


352 


LUIGI   COGNETTI   DE   MaRTIIS, 


Fam.  Megascolecidae. 

Subfam.  Megascolecinae. 

PheretiiHfi  Joechana  Cogn. 
Ph.  j.  CoGNBTTi   1912,  in:  Nova  Guinea,  Vol.   5,  p.   544,  ubi  lit. 

Un  solo  esemplare,  sprovvisto  di  clitello.  I  suoi  caratteri 
corrispondono  perfettamente  a  quelli  riferiti  nella  mia  descrizione. 
Le  sue  dimensioni  sono  tuttavia  un  po'  magg-iori  di  quella  degli 
esemplari  tipi:  e  lungo  385  mm,  spesso  9  a  11,  e  Consta  di  416 
segmenti. 

Loc. :  Manca  l'indicazione  precisa  della  localitä. 


Pheretinia  headersoniaua  Cogn. 
var,  coelogaster^)  ii,  var, 

8  esemplari. 

Lunghezza  120 — 145  mm ,  spessoie 
4 — 6  mm;  segmenti  109—126. 

I  caratteri  di  questi  esemplari  corri- 
spondono nel  loro  insieme  a  quelli  riferiti 
nella  mia  descrizione  della  forma 
typica.^)  Non  v'e  che  un  nuovo  carat- 
tere  da  aggiungere.  vale  a  dire  la  pre- 
senza  cos  taute  di  una  concavitäin 
corrispondenza  della  regione  mediana 
ventrale  del  IS*'  segmento  (Fig.  A,  i  due 
archi  punteggiati  indicano  i  limiti  late- 
ral! della  concavitä);  in  questa  conca- 
vitä  sono  comprese  le  due  aperture  ma- 
schili  e  due  piccole  papille  interposte  a 
dette  aperture.^)  E  particolarmente 
questo  nuovo  carattere  che  mi  ho  spinto 
a  fondare  una  nuova   varietä,  sia  pure 


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Fig.  A.  Pheretinia  hendersoni- 
ana  var.  coelogaster  n.  var. 
Regione  ventrale  del  tratto  an- 
teriore col  massimo  numero  di 
papille  (schema). 


1)  y.olXog,  concavo ;  yaozriQ,  venire. 

2)  In:    Ann.  Mag.   nat.   Hist.  (8j,    Vol.    13,    Febr.   1914.     La    forma 
typica    venne    raccolta  nell' Is.   Hendersou,    Oceano  Pacifico    meridionale. 

3)  Queste    due    papille    non    sono    visibili    nei    tre    esemplari    che    mi 
servirono  per  la  descrizione   della  f.  typica. 


Oligocheti  della  Nuova  Guinea  settentrionale.  353 

con  carattere  provvisorio.  Le  papille  sui  segmenti  che  s'alternano 
con  le  aperture  delle  spermateche,  al  pari  di  quelle  dei  segraenti 
170 — 21'',  sono  piü  numerose  che  nella  f.  typica;  la  loro  distri- 
buzione  e  im  po' variabile,  Sono  costanti  tre  paia  di  papille  agl'inter- 
segmenti  17/18,  18/19  e  19/20,  su  due  linee  un  po' esterne  a 
quelle  occupate  dai  pori  maschili  (Fig.  A).  Papille  sulle  stesse  linee 
e  nella  stessa  regione  sono  presenti  anche  nella  f.  typica,  ma  al 
margine  posteriore  dei  segmenti  19*^  e  20**.  Tra  i  pori  maschili  si 
possono  trovare,  nella  f.  coelogaster,  2 — 4  setole. 

In  un  esemplare  adulto  (alta  valle  dei  fiume  Sermowai!)  le 
papille  mediali  dei  segmenti  20*^  e  21**  sono  vicinissime  al  margine 
anteriore  invece  che  al  posteriore.  In  un  altro  esemplare  (medesima 
localitä)  le  papille  della  regione  preclitelliana  sono  auch'  esse  disposte 
in  quattro  serie  longitudinali,  due  interne  e  due  esterne  alle  linee 
occupate  dai  pori  maschili,  ma  sono  piü  numerose  che  nei  rimanenti 
esemplari.  Cosi  sulle  linee  mediali  si  trovano  le  seguenti  paia  di 
papille:  un  paio  presso  il  margine  anteriore  dei  IT**,  un  paio  sul 
solco  intersegmentale  17/18,  un  paio  all'  avanti  e  un  paio  all'  indietro 
della  zona  setigera  dei  18",  un  paio  all'  avanti  della  zona  setigera 
dei  19**,  un  paio  rispettivamente  sugl'  intersegmenti   19/20  e  20/21. 

Nelle  spermateche  va  notato  che  il  canale  muscolare  puö  pre- 
sentare  una  lunghezza  inferiore  a  quella  dell'  ampolla  principale,  e 
che  il  diverticolo  e  piegato  strettamente  alla  base  come  nella  f.  typica. 

Loc:  Alta  valle  dei  fiume  Sermowai,  nella  foresta,  27./4.  1911; 
Bivacco  „Hollandia"  (v.  la  nota  1  a  pag.  351);  tra  la  costa  meridionale 
della  Baia  Humboldt  e  il  fiume  Tami,  17./5.  1910;  Njäo,  14./6. 
1910. 

Pheretima  ardlta  n.  sp, 

Un  esemplare  adulto. 

Caratteri  esterni.  —  Lunghezza  24mm,  spessore  1,5  a  2  mm; 
segmenti  88. 

Colore  bruno. 

Capo  pro-epilobo  1/2,  segmenti  9*^—13**  triannulati;  coda  (rigene- 
rata!)  lunga  3  mm  e  formata  di  30  segmenti. 

Setole:  94  al  10^  76  al  13«,  60  al  23"  segmento. 

Pori  dorsali  a  partire  dall' intersegmento  12/13. 

Clitello  14"— 16",  privo  di  setole. 

Pori  maschili  al  18",  tumidi;  tra  essi  a  compreso  circa  '/.^  dei 
perimetro  segmentale,  ma  mancano  le  setole. 


354  LüIGI    COGNETTI   DE    MaRTIIS. 

Poro  femminile  al  14'*. 

Aperture  delle  spermateche  cinque  paia,  distribuite  nei  solchi 
intersegmeiitali  4/5 — 8/9,  sulle  medesirae  linee  longitudinali  su  cui 
si  trovano  i  pori  maschili. 

Papille  copulatrici  ventosiformi :  un  paio  rispettivamente  ai 
segmenti  8»,  9^  10^  17^  19°,  20"  e  21°,  all'  avanti  della  zona  setigera, 
e  SU  due  linee  un  po'  mediali  a  quelle  occupate  dai  pori  maschili. 
Ai  segraenti  22" — 24",  sul  lato  destro,  si  trova  rispettivamente 
una  tumefazione  disposta  in  modo  analogo  alle  papille  che  precedono. 

Caratteri  interni.  —  Dissepimenti :  5/6 — 7/8  robusti,  8/9 
sottile,  9/10  assente,  10/11  e  11/12  robusti. 

Ventriglio  all'  8";  intestino  sacculato  privo  di  ciechi.    Cuori  ai 
segmenti  10"— 13". 
Nefridi  diifusi. 

Organi  genitali.  Non  ho  potuto  riconoscere  con  sicurezza 
la  disposizione  delle  capsule  e  dei  sacchi  seminali. 

Apparato  prostatico  con  porzione  ghiando- 
lare  distribuita  nei  segmenti  17"— 19";  canale 
sigmoide,  ingrossato  presso  il  poro  esterno.  Börse 
copulatrici  assenti. 

Spermateche  in  numero  di  cinque  paia,  distri- 
buite   al  margine   anteriore   dei   segmenti   5" — 9". 
Ampolla  piriforme,   mal  distinta,  esternamente,  dal 
canale ;  diverticolo  claviforme  piü  corto  dell'  ampolla 
Fig^-  B-  e  canale  presi  assieme  (Fig.  B). 

Fh.  ardita  n.  sp.  Loc. :    Bivacco    „Zoutbron"    (v.    la    nota    1    a 

^^48*^1^''*         pag.  351),  giugno— luglio  1910. 

Ph.  ardita  mostra  qualche  rassomiglianza  con 
Ph.  sentanensis  Cogn.  ^)  che  e  pure  stata  raccolta  in  Nuova  Guinea, 
ma  in  quest'  ultima  la  porzione  ghiandolare  delle  prostate  e  collocata 
nei  18"  segmento,  e  inoltre  sono  presenti  setole  al  clitello  e  12  setole 
fra  i  pori  maschili. 


1)    cf.    in:    Nova  Guinea,    Vol.  5,    livr.   5,    1912,    p.   551   e  tav.  22 
figg.   20—24. 


Oligocheti  della  Nuova  Guinea  settentrionale.  355 


I^heretirmi  oinakesis  n»  sp. 

ün  esemplare  quasi  adulto. 

Caratteri  esterni.  —  Lurij^hezza  40  mm,  spessore  3 — 4  mm ; 
segmenti  115. 

Colore  biancastro.    Capo  pro-epilobo  1/2. 

Setole  in  numeio  di  circa  50  ai  segmenti  della  regione  mediana 
del  corpo,  molto  piü  numerose  ai  segmenti  preclitelliani.  Dopo  il 
clitello  appaiono  distinti  gl'  intervalli  mediani  dorsale  e  ventrale  nelle 
corone  delle  setole  {aa  =  2ab;  ^^  =  3/2^^). 

Primo  poro  dorsale  all'  intersegmento  12/13. 

Clitello,  ancora  mal  distinto,  esteso  sui  tre  segmenti  14^ — 16" 
che  sono  ancora  provvisti  di  setole. 

Pori  maschili  al  18",  attraverso  ad  esse  sporgono  i  peni.  Tra 
i  due  pori  v'e  un  intervallo  pari  a  circa  V^  del  perimetro  segmentale 
e  munito  di  6  setole. 

Sono  presenti  due  piccole  papille  copulatrici  al  10*^  segmento, 
davanti  alla  Corona  di  setole,  ravvicinate  alla  linea  mediana  ventrale. 
Entrambe  le  papille  sono  sorrette  da  una  larga  intumescenza  che 
sta  essa  pure  nella  regione  ventrale  del  10**  segmento  davanti  alla 
Corona  di  setole. 

Aperture  delle  spermateche  in  un  solo  paio  nel  solco  inter- 
segmentale  7/8,  nella  stessa  direzione  dei  pori  maschili. 

Caratteri  intern i.  —  Dissepimenti  5/6 — 7/8  robusti,  8/9  e 
9/10  assenti. 

Ventriglio  ben  sviluppato  e  posto  fra  i  dissepimenti  7/8  e  10/11  ■ 
intestino  sacculato  a  partire  dal  15**  segmento,  privo  di  ciechi, 
Cuori  ai  segmenti  10** — 13". 

Nefridi  ditfusi. 

Organi  genitali.  Due  paia  di  capsule  seminali  al  10"  e 
11";  ogni  paio  racchiude  un  paio  di  testes.  Le  capsule  sono  ben 
sviluppate  e  rimontano  verso  il  dorso  a  fianco  dell'esofago;  v'e 
comunicazione  sottoesofagea  fra  le  due  capsule  di  uno  stesso  paio. 
Un  primo  paio  di  sacchi  seminali  e  situato  nel  10"  segmento,  incluso 
nelle  capsule  seminali  di  questo  medesimo  segmento,  ma  comunicante 
con  le  capsule  dell'  11".  I  sacchi  del  primo  paio  sono  piccolissimi. 
Un  secondo  paio  di  sacchi  seminali,  allungati,  pende  libero  nel 
12"  segrmento. 


356 


LUIGI    COGNETTI    DE    MaRTIIS, 


Prostate  con  porzione  ghiandolare  nettamente  biloba,  distribuita 
nei  due  segmenti  18^  e  19*^.  II  canale  muscolare  e  curvato  ad  ansa 
anteriormente  e  aumenta  un  po'  in  spessore  presso  la  borsa  copulatrice. 

Qaest'  ultima  appare  completa- 
mente  evaginata  assieme  al 
pene,  che  ha  forma  allungata 
(ca.  1  mm)  e  termina  in  punta 
acuta. 

Spermateche  in  numero  di 
un  solo  paio  situate  all'  8*^  seg- 
mento.  La  loro  ampolla  e  molto 
sviluppata,  piriforme;  il  canale 
e  corto,  un  po' ritorto  e  prov- 
visto  di  un  piccolo  diverticolo  globoide,  sessile  (Fig.  C). 
Loc:  Oinake,  31/5.  1910. 

Questa  nuova  specie  e  specialmente  distinta  dall'  insieme  di 
questi  caratteri:  papille  al  10"  segmento,  forma  delle  spermateche, 
assenza  di  ciechi  intestinali.  Presi  assieme  possono  bastare  a 
distinguere  Vh.  oinakensis  dalle  altre  specie  congeneri  munite  di  un 
solo  paio  di  spermateche. 


Fig.  C. 

Ph.  oinakensis  n.  sp.    Spermateca. 

17  : 1. 


Phef'etinia  kanipeni  ^)  it.  sp. 

3  esemplari  mediocremente  conservati:  uno  solo  di  essi  prov- 
visto  di  clitello. 

Caratteri  esterni.  —  I  due  esemplari  maggiori  sono  lunghi 
rispettivamente  465  e  365  mm,  spessi  10  mm,  e  constano  di  380  e 
318  segmenti. 

Colore  bruno  grigiastro. 

Capo  zigolobo  (?) :  il  cattivo  stato  di  conservazione  e  la  cavitä 
boccale  estroflessa  impediscono  di  riconoscere  con  precisione  questo 
carattere.  Segmenti  preclitelliani  tri  —  o  quadriannulati;  parecchi 
segmenti,  a  partire  dal  20^',  sono  pure  triannulati. 

Setole  piccole  e  serrate:  180—200  sia  all'  8°  che  al  20"  segmento: 
non  vi  sono  intervalli  costanti  alle  corone  di  setole. 

Clitello  14° — 16",  rivelata  da  una  pigmentazione  bruno-violocea 
sui  fianchi  e  sul  dorso  (esemplare  non  completamente  adulto!).  Man- 
cano  setole  al  clitello. 


1)  Dedicata  al  Dr  P.  N.  van  Kampen. 


Oligocheti  della  Nuova  Guinea  settentrionale.  357 

Primo  poro  dorsale  all'  intersegmento  12/13. 

Pori  maschili  al  18",  al  centro  di  due  piccoli  tubercoli  circo- 
scritti  rispettivamente  da  im'  area  circolare  divisa  in  due  arcbi  semi- 
lunari  dalla  zoiia  setig-era  del  detto  segmento. 

L'intervallo  fra  i  due  pori  maschili  e  uguale  a  1/4  del  perimetro 
segraentale  e  contiene  9  setole  (15  in  un  grosso  esemplare  privo  di 
clitello). 

Poro  femminile  al  14". 

Aperture  delle  spermateche  in  numero  di  un  paio,  nel  solco 
intersegmentale  7/8,  sulle  stesse  linee  del  pori  maschili.  Fra  queste 
due  linee  si  contano  65  setole  all' 8"  segmento.  Ogni  apertura  di 
spermateca  e  sorretta  da  un  piccolo  tubercolo. 

Alla  regione  ventrale  dei  segmenti  10"  e  11"  e  presente  una 
macchia  brunastra  rettangolare  disposta  trasversalmente,  la  quäle 
s'estende  dal  margine  anteriore  fino  quasi  al  margine  posteriore  del 
segmento. 

Caratteri  interni.  —  Dissepimenti  5/6—7/8  e  9/10  molto 
ispessiti,  quelli  che  seguono  piü  o  meno  sottili;  8/9  assente. 

Ventriglio  ben  sviluppato,  posto  fra  i  dissepimenti  7/8  e  9/10, 
piü  vicino  a  quest'  ultimo.  Intestino  sacculato  dal  15",  privo  di 
ciechi.     Cuori  ai  segmenti  10" — 13".    Nefridi  diffusi. 

Organ i   genitali.     Capsule    seminali   piccole,    situate   sotto 
l'esofago  nei  segmente  10"  e  11";   lo   stato  di  conservazione  imper- 
fetto  degli  esemplari  mi  ha  impedito  di  riconoscere  se  vi  e  comuni- 
cazione  fra  le  varie  capsule.    Sacchi  seminali 
in  numero  di  due  paia,  situati  ai  segmenti  11" 
e  12";  la  loro  forma  e  allungata  in  direzione 
della   regione   dorsale.     Ogni    sacco   seminale 
e    provvisto    all'  estremitä    di    un'  appendice 
digitiforme    lunga    quanto    il   sacco   stesso   e 
an  che  piü. 

Prostate    al    18":     porzione    ghiandolare 
mediocre   reniforme,    dotata    di   una   regione  Fig.  D. 

ilare  a  tinta   piü   scura  dalla  quäle  s'origina     Pheret.  kampeni  n.  sp. 
11  canale  muscolare  curvo  ad  ansa  e  ispessito  Prostata.    6 : 1. 

nei  suoi  2/3  distal!  (Fig.  D). 

Un  paio  di  spermateche  all'  8",  di  forma  allungata;  l'ampoUa 
sacciforme  e  lunga  quanto  il  canale.  Questo  ha  parete  molto 
robustae  s'attenua  presso  l'apertura  esterna.    Nello  spessore   della 


358  LUIGI    COGNETTI   DE    MaRTIIS, 

tiinica  muscolare  del  tratto  prossimale  del  canale 
si  trovano  6  piccoli  diverticoli  visibili  per  tra- 
sparenza  in  forma  di  macchie  biancastre  allungate 
(Fig.  E). 

Loc:  Njao,  15./6.  1910. 

Pheretima  Jcampeni  appartiene  al  piccolo 
gruppo  di  Pheretima  prive  di  ciechi  intestinali  e 
provviste  d'un  solo  paio  di  spermateche.  I  carat- 
teri  foi'iiiti  dalle  spermateche  sono  sufficenti  per 
distinguere  la  niiova  specie  dalle  specie  piü 
Fig-.  E.  affini.      Sono   forse    anche    un    buon    carattere    di- 

Pheref     knmpem  gtintivo  le   due  paia   di   macchie   scure  ai  segmenti 

n.  Si).  ^ perma  eca.    ^^^   ^   ^^^ 

Pheretima  gjeUernpl  ^)  n,  sp, 

4  esemplari,  uno  dei  quali  provvisto  di  clitello. 

Caratteri  esterni.  —  Lunghezza  95 — 100  mm,  spessore 
6 — 7  mm ;  segmenti  circa  88. 

Colore  bruno-violaceo  dorsalmente,  cenerognolo  ventralmente. 

Capo  pro-epilobo  1/3. 

Setole  piu  serrate  ventralmente  che  dorsalmente:  55  setole  al 
6"  segmento,  80  al  lO*',  100  al  26**.  Le  corone  setigere  mostrano 
una  breve  interrnzione  sulla  linea  mediana  dorsale. 

Clitello  sviluppato  su  tutta  la  superfice  dei  segmenti  14** — 16", 
che  sono  privi  di  setole;  la  sua  tinta  e  bruno-violacea. 

Primo  poro  dorsale  tra  i  segmenti  12*^  e  13*^. 

Aperture  maschili  al  18"  segmento;  ogni  apertura  e  circoscritta 
a  poca  distanza  da  due  macchie  oleose  o  da  due  depressioni  in  forma 
di  mezzaluna,  situata  una  davanti  e  l'altra  dietro  l'apertura  stessa. 
Medialmente  ad  ogni  apertura  maschile  si  scorge  talora  una  papilla 
piatta.-)  Le  due  aperture  maschili  sono  separate  da  un  intervallo 
che  corrisponde  a  Vö  ^^1  perimetro  segmentale  ed  e  provvisto  di 
10—12  setole. 

Apertura  femminile  al  14"  segmento. 

Aperture  delle  spermateche  in  numero  di  quattro  paia  distribuite 
nei  solchi  intersegraentali  5/6 — 8/9,  nella  medesime  direzioni  delle 
aperture   maschili.     Ogni   apertura  di   spermateca  e  circoscritta  da 


1)  Dedieata  al  Di"   K.   Gjellekup. 

2)  Non  riconoscibile  negli  esemplari  del  bivacco   „Zoutbron". 


Oligocheti  della  Nuova  Guinea  settentrionale.  359, 

una  macchia  scura.  Davanti  alle  aperture  del  penultimo  e  dell'  ultimo 
paio,  cioe  dietro  alle  corone  setigere  dei  segmenti  7**  e  8",  si  scorge 
un  paio  di  papille  platte.') 

Caratteri  interni.  —  Dissepimenti  5/6—7/8  lievemente 
ispessiti,  8/9  assente.  Pure  lievemente  ispessiti  i  dissepimenti 
9/10—11/12.  il  primo  di  questi  mostra  l'inserzione  parietale 
arretrata  fino  a  metä  dell'  11**  segmento,  mentre  il  dissepimento 
10/11  s'inserisce  alla  parete  del  corpo  nella  metä  posteriore  dell'  11^ 
segmento. 

Ventriglio  ben  svilluppato.  sito  tra  i  due  dissepimenti  7/8  e 
9/10,  piii  vicino  a  quest'  ultimo.  Intestino  sacculato  a  partire  dal 
15"  segmento;  ciechi  semplici  e  protesi  in  avanti  dal  26"  al  23" 
segmento.    Cuoii  ai  segmenti  10" — 13". 

Nefridi  diffusi. 
■  Organi  genitali.  Pheretima  gjellerupi  e  metandra;  le  sue 
capsule  seminali,  situate  nell'  11"  segmento,  sono  ben  sviluppate.  Non 
mi  la  dato  riconoscere  con  sicurezza  una  comunicazione  sottoesofagea 
fra  le  due  capsule,  ma  non  escludo  la  sua  presenza.  I  sacchi  seminali 
sono  auch'  essi  ben  sviliippati;  sono  situati  al  12"  segmento  e  spingono 
all'  indietro  il  dissepimento  12/13.  Ogni  sacco  e  provvisto  di  una 
appendice  digitiforme  assai  piü  corta  del  sacco  stesso. 

Le  prostate  mostrano  la  massa  ghiandolare  divisa  in  due  lobi 
distribuiti  nei  segmenti  18"  e  19"  o  nel  18"  soltanto.  II  canale 
muscolare  descrive  un  giro  di  spira  nel  18"  segmento  e  raggiunge 
il  poro  maschile;  la  metä  distale  del  canale  e  piü  spessa  di  quella 
prossiraale,  ma  una  borsa  copulatrice  manca. 

Spermateche  in  numero  di  quattro  paia,  distri- 

buite  nei  segmenti  6" — 9".    L'ampolla  e  sacciforme 

e  sufficentemente  distinta   dal  canale  che  e   corto 

e   provvisto,    presso   l'apertura   esterna,   di   un   di- 

verticolo    a   peduncolo   cortissimo.     Questo   diverti- 

colo  lascia  riconoscere,  anche   a  un'  esame  esterno, 

una  costituzione  pluriloculare  (Fig.  F).  ^^^-  ^• 

"Loc:    Alta    valle    del    fiume  Sermowai,   circa     Pheret  gjellerupi 

'  n.  sj).    Spermateca. 

400  m.  s.  m.,  nel  fango,  10./5.  1911;  Bivacco  Zout-  q.i 

bron,  giugno  1910. 


1)  Non  riconoscibile  negli  esemplari   del  bivacco   „Zoutbron". 


360  LuiGI    COGNBTTI   DE   MaRTIIS, 

L'insienie  dei  caratteri:  metandria,  forma,  iiumero  e  posizione 
delle  spermateche  vale  a  distiuguere  Ph.  gjellerupi  dalle  specie  con- 
generi  piii  affini. 

Pheretinia  sp. 

Un  esemplare  privo  di  clitello. 

Loc:  Sorgenti  del  fiume  Pomora,  1000—1400  m.  s,  m. 

Pherethna  (Parfipheretinia)  sermowaiana  n.  sj), 

3  esemplari  provvisti  di  clitello. 

Caratteri  esterni.  —  Lung-hezza  175  e  150  mm,  spessore 
8  mm;  segmenti  115  e  198. 

Forma  cilindrica.  Colore  bruno-rossastro  sul  dorso,  con  strette 
fascie  setigere  biancastre ;  queste  fascie  s'allargano  un  po' sui  fianchi 
per  confondersi  colla  tinta  uniforme  bianco-giallastra  della  regione 
ventrale. 

Capo  pro-epilobo  1/3. 

Setole  in  corone  continue:  72  al  3*^  segmento,  100  al  10",  110 
al  26". 

Pori  dorsali  a  partire  dall'  intersegmento  12/13. 

Clitello  ai  segmenti  14*^—16*^,  sprovvisto  di  setole;  ha  tinta 
bruno-violacea,  con  tre  fascie  annulari  meno  scure. 

Aperture  maschili  al  18",  a  margini  tumefatti;  le  separa 
un'  intervallo  pari  a  1/4  del  perimetro  segmentale  e  munito  di  30 
setole.    Papille  copulatrici  assenti. 

Apertura  femminile  al  14". 

Aperture  delle  spermateclie  in  numero  di  due  paia,  distribuite 
nei  solchi  intersegmentali  6/7  e  7/8,  nella  medesima  direzione  delle 
aperture  maschili. 

Caratteri  interni.  —  Dissepimenti:  4/5—6/7  mediocremen te 
ispessiti  al  pari  di  10/11—13/14;  7/8  leggerraente  ispessito;  8/9  sottile; 
9/10  assente. 

Ventriglio  ben  sviluppato,  all'  8"  segmento;  intestino  sacculato 
e  partire  dal  15":  i  suoi  due  ciechi  sono  semplici,  protesi  tre  segmenti 
in  avanti  o  contenuti  nel  26"  (in  un  esemplare  notai  la  prima  dis- 
posizione  al  lato  destro  la  seconda  al  sinistro),  Cuori  ai  segmenti 
10"— 13". 

Nefridi  diifusi. 


Oligocheti  della  Nuova  Guinea  settentrionale. 


361 


Organi  genitali,  Capsule  seminali  globose,  sottoesofagee, 
in  numero  di  diie  paia  disposte  ai  segmenti  10"  e  11'^.  Le  capsule 
di  uno  stesso  lato  comunicano  fra  di  loro,  ma  non  v'e  comunicazione 
fra  le  due  capsule  di  uno  stesso  segmento.  Sacchi  seminali  ben 
sviluppati,  in  numero  di  due  paia  disposte  ai  segmenti  11*^  e  12*^, 
provvisti  di  appendice  digitiforme.  Sacchi  ludimentali  al  13".  Ovari 
al  13",  sacchi  ovarici  al  14"  segmento, 

Prostata  con  porzione  ghiandolare  bianca  ben  sviluppata,  de- 
pressa  contro  la  parete  latero-ven- 
trale  del  corpo,  nei  tre  segmenti 
17"— 19",  e  provvista  di  intagli 
marginali,  di  cai  uno,  anteriore,  piü 
profondo.  II  canale,  sottile  e  curvo 
ad  ansa,  riunisce  la  detta  porzione 
ghiandolare  alla  borsa  copulatrice 
globoide,  mediocre,  situata  nel  18" 
segmento.  La  borsa  copulatrice  e 
provvista  di  un'  appendice  ghiando- 
lare a  parete  poco  muscolosa,  che 
s'estende  dal  19"  fino  nel  2^"  seg- 
mento, e  puo  apparire  ripiegata  Pheret  [Paraph]  sermowaiana  n.  sp. 
SU    se    stessa    all' estremitä    libera  Prostata.    2:1. 

(Fig.  G). 

Spermateche  in  numero  di  due  paia,  distribuite  nei  seg- 
menti 7"  e  8".  L'ampolla,  ovoide,  si  continua, 
restringendosi ,  in  un  canale  di  lunghezza  pres- 
soche  uguale.  Quest'  ultimo  riceve  presso  l'apertura 
esterna  un  diverticolo  claviforme  a  peduncolo 
piegato  a  zig-zag  (Fig.  H).  La  lunghezza  del 
diverticolo  oltre-passa  quella  del  canale.  Canale 
e  parte  distale  dell'  ampolla  sono  rivestiti  da  fitte 
villositä  gliiandolari    (omesse   nella  figura)   che  si  ^^§"-  ^• 

ritrovano    anche   sulla   superfice   interna  dei  seg-    -P^'^*'^*^-  (Paraph.) 

,.   _,,        ^„  °     sermoioaiana  n.  sp. 

mentl   7"  e  8".  Spermateca.     6:1. 

Loc. :   Alta   valle    del  fiume  Sermowai,   a   ca. 
400  m  s.  m.,  27./3.  1911;   Tepik,  a  ca.  450  km  dalla  foce  del  fiume 
Imperatrice,  16./10.  1910. 

Questa  nuova  specie  e  maggiormente  affine  a  Ph.  (Paraph.)  alJc- 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  24 


Fiof.  G. 


362 


LUIGI    COGNETTI   DE   M ARTIIS, 


mao/rica  Cogn.  ^).  Ph.  (P.)  iiendessiana  Cogn.  2),  Ph.  (P.)  outakwana 
CoGN.  ^),  raa  anche  da  questa  e  distinta  soprattuto  per  caratteri  del- 
l'apparato  riproduttore. 


Pheretinia  {Fcnxipheretima)  grata  n.  sp. 

2  esemplari  adulti  ma  in  mediocre  stato  di  conservazioiie. 

Caratteri  esteriii,  —  Limgliezza  120  e  130  mm,  spessore 
4  mm.    Segmenti  99  e  83. 

Colore  brimo  uniforme. 

Capo  pro-epilobo  1/2. 

Setole  in  corone  prive  d'interruzioni  costanti;  44  setole  al 
6^  segmento,  74  al  10»,  65  al  26^ 

Clitello  sui  segmenti  14^ — 16*^,  che  sono  privi  di  setole. 

Aperture  maschili  al  18°;  tra  esse  v'e  un  intervallo  pari  a  Vs 
del  perimetro  segmentale,  e  in  questo  intervallo  si  contano  13  setole. 

Apertura  femminile  al  14*^. 

Aperture  delle  spermateclie  in  numero  di  due  paia,  distribuite 
negl'  intersegmenti  5/6  e  6/7,  nelle  medesime  direzioni  delle  aperture 
maschili. 

Caratteri  interni.  —  Dissepimenti:  5/6  e  6/7  mediocremente 
ispessiti,   7/8  sottile,  8/9  sottile  e  incompleto,  9/10  e  seguenti  .sottili. 

Ventriglio  robusto  all'  8*^  segmento;  intestino  sacculato  a  partire 
dal  15^  privo  cli  ciechi.    Cuori  lO'^— 13". 

Nefridi  diffusi. 

Organ i  genitali.   Capsule  seminali  ben  sviluppate,  in  numero 

di  due  paia,  situate  ai  segmenti 
10**  e  11°,  e  prolungate  dalla 
regione  ventrale  sui  fianchi  del- 
l'esofago.  Le  due  capsule  di 
un  raedesimo  segmento  non  co- 
municano  fra  loro.  Le  capsule 
del  10"  segmento  formano  col 
loro  prolungamento  laterale  una 
sorta  di  anello  chiuso  in  cui 
passa    il    cuore    del    lato   corri- 


Fig.  J.     Pheret.  (Paraph.)  grata  n.  sj). 
öffdi  Capsule  e  sacchi  seminali.    4,5  : 1. 


1)  In:  Nova  Guinea,  Vol.   9,  Zool.,  livr.  3,  p.   298,  Leida  1912. 
'^^^    2)  In:   Nova  Guinea,   Vol.   5,   Zool.,  livr.  5,  p.   560,   Leida   1912. 
3)  In:  Trans,  zool.   Soc.  London,   1914. 


Oligocheti  della  Nuova  Guinea  settentrionale. 


363 


spondente  (Fi^.  J);  le  capsule  dell' 11"  mostrano  invece  il  pro- 
lungamento  laterale  diviso  in  due  lobi  fra  i  quali  passa  uii 
cuore.  E  presente  al  12"  segmento  im  paio  di  sacchi  seminali 
mediocri,  allungati  verso  il  dorso;  al  13"  v'e  im  paio  di  sacchi 
rudimentali. 

Le  prostate  presentano  una  porzione  ghiandolare  biaiica  divisa 
in  tre  lobi,  distribuiti  nei  segmenti  17" — 19"  (Fig.  K  Z,  li,  In).  H 
canale  raiiscolare  e  piegato  in  nn'  ansa 
diretta  in  avanti:  il  tratto  distale  del- 
l'ansa  e  in  parte  piii  robiisto  del  prossi- 
male.  II  canale  s'apre  in  una  borsa 
copiilatrice  mediante  un  ultimo  tratto, 
corto,  sottile,  e  arcuato.  Ogni  borsa 
copulatrice  riceve  dal  lato  mediale  due 
piccoli  fasci  di  canali  (Fig.  K  cn)  che 
provengono  da  due  ammassi  di  ghian- 
dole  tiibulose  situati  l'uno  nel  17"  l'altro 
nel  19"  segmento  {gl),  e  avvolti  ognimo 
da  una  tenue  membrana. 

I  canali  efferenti  di  queste  ghian- 
dole  sono  un  po'  ondulati,  e  si  riuni- 
scono    in  parte  presso   lo   sbocco   nella 

borsa  copulatrice;  sono  in  parte  compresi  nello  spessore  dellaparete 
della  borsa  raedesima. 

Spermateche  in  numero  di  due  paia,  dis- 
poste  nei  segmenti  6"  e  7".  Ampolla  reni- 
forme  o  globosa,  canale  ben  distinto.  Diver- 
ticolo  ovoide  allungato,  con  pedimcolo  sot- 
tile, inserito  all'  estremitä  distale  del  canale 
(Fig.  L). 

Loc. :  „Hoofdbivak"  presso  il  fiiime  Im- 
peratrice  Augustal2./10.  1910. 

Ph.  {Paraph)   grata   e  nettamente   distinta 

dalle    altre   specie    del   medesimo    sottogenere 

per   la  posizione   delle  spermateche;    invero   in   essa  questi  organi 

si  trovano  al  6"  e  7"  segmento  mentre  nelle  altre  specie  conosciute 

di    ParapJwretima  si  trovano   al   7"   e   all'  8".     Va    pure  notata  la 

disposizione  delle  capsule  seminali,  che  ricorda  un  po'  quanto  s'osserva 

in  Ph.  biserialis  (E.  Peeeier). 

24* 


Fig.  K. 

Pheret.  {Paraph.)  grata  n.  sp. 
Prostata  sinistra.     6,5  : 1. 


Fig.  L. 

Pheret.  {Paraph.)  grata 

n.  sp.    Spermateca. 

6,5 : 1. 


364    LuiGi  CoGNETTi  DE  Martiis,  Oügocheti  della  Nuova  Guinea  settentrionale. 

Subfam.  Trigastrinae. 

Dichof/aster  sp. 

Due  esemplari  adulti,  im  po'  putrefatti. 

Loc:    Alta   valle   del   fiume   Sermowai,    sotto   le   foglie   nella 
foresta,  a  ca.  400  m  s.  m.,  1./5.  1911 ;  Zoutbron,  giugno — luglio  1910. 

Torino,  novembre  1913. 


Nachdruck  verboten. 
Übersetzungsrecht  vorbehalten. 


Zur  Fauna  von  Nord-Neuguinea. 

Nach  den   Sammlungen  von  Dr.   P.  N.  van  Kampen  und 
K.  Gjellerup  aus  den  Jahren  1910  und  1911. 

Amphibien. 

Von 

P.  N.  van  Kampen. 


Die  unten  bearbeitete  Amphibiensammlung  wurde  zum  größten 
Teile  von  mir  selbst  zusammengebracht,  als  ich  im  Jahre  1910 
während  einiger  Monate  dem  in  dem  nördlichen  Teile  von  Neuguinea 
unter  Kommando  von  Kpt.  F.  J.  P.  Sachse  arbeitenden  Nieder- 
ländischen Explorationsdetachement  als  Zoologe  beigegeben  war. 
Nach  meiner  Rückreise  setzte  Herr  K.  Gjellerup,  Militärarzt  des 
Detachements ,  meine  Arbeit  fort.  Diesem  Herrn  und  den  anderen 
Offizieren  des  Detachements  wie  auch  den  Mitgliedern  der  zu  gleicher 
Zeit  unter  Leitung  von  Herrn  J.  L.  H.  Luymes  arbeitenden  Nieder- 
ländischen Grenzkommission  habe  ich  vielfache  Unterstützung  zu 
danken. 

Die  Fundstellen  liegen  alle  im  nordöstlichen  Teile  von  Nieder- 
ländisch oder  im  westlichen  Teile  von  Deutsch  Neuguinea.  „Hollandia" 
ist  ein  Biwak  an  der  Westküste  der  Humboldtbai  (2"  32'  29"  s.  ßr., 
140°  44' 12"  ö.  L.),  „Zoutbron"  ein  Biwak  am  Begowre-Fluß  (3"  T  13" 
s.  Br.,  140°  57' 30"  ö.  L.) ,  „Hoofdbivak"  liegt  am  Kaiserin-Augusta- 
Fluß  auf  4«  4' 18"  s.  Br.,  141°  7' 15"  ö.  L.,  „Pionierbivak"  auf  4n6' 
48"s.Br.,  141°57'52"ö.L.  an  demselben  Fluß.     Der  Mbai  ist  ein 


366  P.  N.  VAN  Kampen, 

kleiner  Fluß,  welcher  bei  Hollandia  in  die  Humboldtbai  mündet,  der 
Tjahe  ein  linkes  Seitenflüßclien  des  Mosso. 

Die  übrigen  Fundorte  findet  man  auf  der  zu  einem  Artikel  von 
Herrn  Sachse  in:  Tijdschr.  Nederl.  aardrijksk.  Gen.  (2),  Vol.  29, 
1912  (p.  36)  gehörigen  Karte. 


Hylidfie. 

1.  Mfjla  infrafrenata  Gthe. 

BoULENGEE,  Cat.  Batr.  Sal.,   1882,    p.   384  (Hyla  dolichopsis);    in:    Zool. 
Jahrb.,  Suppl.  15,  Bd.   1,   1912,  p.   211. 

Umgebung  des  Sentani-Sees,  2  Expl. 
Umgebung  der  Humboldtbai:  Hollandia,  4  Expl. 
Am  Kaiserin-Augusta-Fluß : 

Pionierbivak,  3  Expl. 

Hoofdbivak,  3  Expl. 

2.  Hi/la  sanf/uinolenta  van  Kampen. 

VAN  Kampen,  Nova  Guinea,  Vol.   9,  Zool.,  Livr.   1,   1909,  p.  33,  tab.  2, 
fig.  3. 

Umgebung  der  Humboldtbai:  Hollandia,  1  Expl.,  $  (60  mm). 

Dieses  Tier  weicht  in  einiger  Hinsicht  von  den  aus  dem  süd- 
lichen Teile  der  Insel  (Nord-Fluss)  stammenden  Originalexemplaren 
ab.  Am  meisten  fällt  auf  das  Fehlen  der  weißen  Tibia-Fleckchen 
sowie  das  Vorhandensein  von  Seitenwarzen ,  welche  denen  von  H. 
infrafrenata  ähnlich  sind.  Auch  ist  die  Schwimmhaut  der  Zehen 
breiter  und  sind  die  Finger  etwas  mehr  eingefaßt  (etwa  ^/g). 
Dennoch  stimmt  es  sonst  und  auch  im  ganzen  Habitus  mit  sanguino- 
lenta  überein  und  ist  demnach  eine  Bestätigung  der  von  Boulengee  ^} 
geäußerten  Meinung,  daß  diese  Art  mit  infrafrenata  identisch  sei. 
Jedoch  scheint  mir  zur  sicheren  Entscheidung  ein  größeres  Material 
notwendig. 

3.  Hyla  niontana  Ptes.  et  Dor. 

Petees    e    DOEIA,    in:    Ann.  Mus.    civ.  Genova,  Vol.    13,   1878,    p.  423, 
tab.   7,  fig.    1. 


1)  In:  Zool.  Jahrb.,  Suppl.   15,   Bd.   1,   1912,  p.  211, 


Amphibien  von  Nord-Neuguinea.  367 

IJOULENGEE,  Cat.  Batr.  Sal.,   1882,  p.  385. 

VAN  Kampen,  Nova  Guinea,  Vol.  9,  Zool.,  Livr.  3,   1913,  p.  454. 

Südlich  von  der  Humboldtbai :  Pomorra-Fluß,  +  760  m,  1  Expl., 
$  (75  mm). 

Das  Tier  unterscheidet  sich  von  der  Originalbeschreibung  nur 
dadurch,  daß  der  Bauch  ungefleckt  ist  und  die  Schwimmhäute 
wenig-er  ausgedehnt  sind :  die  äußeren  Finger  sind  etwa  ein  Drittel 
behäutet,  und  von  der  4.  Zehe  bleiben  die  beiden  Endglieder  frei. 
Es  stimmt  hierin  ganz  mit  dem  von  mir  erwähnten  männlichen 
Exemplar  von  Süd-Neuguinea  (Went-Gebirge)  überein.  Mit  diesem 
hat  es  auch  die  dunklen  Querbinden  der  Extremitäten  und  der  läng- 
lich dreieckige  Hautzipfel  am  Fersengelenk  gemein. 

Das  Tier  hatte  während  des  Lebens  den  Rücken  gelbgrün 
Sfefärbt. 


4.  Hfjla  bicolor  Gray? 

BoULENftER,  Cat.  Batr.  Sah,   1882,  p.  421   {Hijklla  bicolor). 

VAN  Kampen,    in:    Nova  Guinea,  Vol.  5,    Zool.,    Livr.    1,   1906,    p.   173. 

Umgebung  der  Humboldtbai:   bei  Jembe,  1  Expl.  juv.  (16  mm). 

Dieses  Tier  gleicht  genau  den  früher  von  mir  beschriebenen 
jungen  Exemplaren  von  H.  bicoJor.  Erwachsene  Tiere  dieser  Art 
fand  ich  aber  in  der  Nähe  nicht. 

5.  Hyla  boitleugeri  Meh. 

Mehely,    in:    Termesz.  Füzetek,   Vol.   20,    1897,    p.  414,  tab.   10,  fig.  8 
(Hijlella  houlengeri). 

VAN  Kampen,    in:    Nova    Guinea,  Vol.   5,    Zool.,    Livr.   1,   1906,  p.   175; 
ibid..  Vol.  9,  Zool.,  Livr.    1,    1909,  p.   35. 

Umgebung  der  Humboldtbai:  „Hollandia",  1  Expl.  (36  mm);  nahe 
der  Südküste  der  Bai,  1  Expl.  (33  mm). 

Das  letzterwähnte  Exemplar  war  im  Leben  gelbbraun,  der 
Bauch  weiß,  die  Unterseite  der  Oberschenkel  zitronengelb.  Die 
cliarakteristische  Zeichnung  von  H.  houlengeri  fehlt  beiden  Tieren, 
mit  Ausnahme  der  weißen  erhabenen  Linie  auf  dem  Unterarm,  Sonst 
sind  aber  keine  Unterschiede  vorhanden,  und  ich  sehe  daher  keine 
Schwierigkeit  die  vorliegenden  Tiere  mit  H.  houlengeri  zu  identi- 
fizieren, zumal  mit  Rücksicht   auf  ähnliche  Erscheinungen,  die  ich 


368  P-  ^-  "^^N  Kampen, 

unten  für  H.  impura  mitteile  und  früher^)   für  H.  Ucolor  erwähnt 
habe. 

Der  2.  Finger  ist  kürzer  als  der  4. 

6.  Hyla  tliesauretisis  Ptes. 

Petees,  in:  Mon.-Ber.  Akad.  Wiss.  Berlin  (1877)   1878,  p.   421. 
BouLENGEE,  Cat.  Batr.  Sal.,   1882,  p.  409;  in:  Trans,  zool.  Soc.  London, 

Vol.   12,   1890,  p.  60,  tab.   11,  fig.  4. 
Mehely,  in:  Termesz.  Füzetek,  Vol.  20,    1897,  p.  414. 

Umgebung  der  Walckenaerbucht:  Sermowai-Fluß,  Unterlauf, 
+  70  m  hoch,  6  Expl.  (11—26  mm). 

Umgebung  der  Humboldtbai: 
Hollandia,  1  Expl.  (13  mm). 
Nahe  der  Südküste  der  Bai.  1  Expl.  (22  mm). 

Unterlauf  des  Tami,  1  Expl.  (16  mm). 

Der  2.  Finger  ist  kürzer  als  der  4. 

Im  Leben  dunkel  violettbraun,  die  hellen  Flecken  und  Binden 
des  Rückens  goldgelb. 

Den  jungen  Tieren,  von  bis  etwa  16  mm  Länge,  fehlen  die 
Vomerzähne,  wie  dies  auch  bei  H.  houlengeri  und  Ucolor  der  Fall  ist. 
Auch  die  Zeichnung  variiert  mit  dem  Alter.  Bei  den  meisten  jungen 
Tieren  sind  nur  drei  helle  Längsbinden  vorhanden,  von  welchen 
immer  die  beiden  lateralen,  bisweilen  auch  die  mittlere,  in  Flecken 
aufgelöst  sind  und  die  letztere  dann  nur  in  ihrem  vorderen  Ab- 
schnitte entwickelt  ist.  Erst  später  bildet  sich  jederseits  noch  eine 
mehr  oder  weniger  unterbrochene  helle  Längsbinde  zwischen  den 
schon  bestehenden  und  sind  dann  somit  5  Binden  vorhanden. 

7,  Hyla  impura  Ptes.  et  Doeia. 

Petees  e  Doeia,    in:    Ann.    Mus.    civ.  Genova,  Vol.   13,    1878,    p.  426, 

tab.   7,  flg.  2. 
Boulengee,  Cat.  Batr.  Sal.,   1882,  p.  409. 

Umgebung  der  Walckenaerbucht: 

Beim  Fluß  Moaif,  am  Strande,  1  Expl.,  ^  (35  mm). 

Sermowai-Fluß,  Unterlauf,  1  Expl.,  ^  (43  mm). 
Kaiserin- Augusta-Fluß:  Hoofdbivak,  1  Expl.,  ^  (35  mm). 
Das     Exemplar    vom    Moaif-Flusse    weist    die    nachfolgenden 
weißen   Binden   und   Flecken    auf:    eine   mediane  Rückenlinie    und 


1)  In:   Nova  Guinea,   Vol.  5,  Zool,  Livr.    1,   1906,  p.   173. 


Amphibien  von  Nord-Neuguinea.  369 

Spuren  einer  Längslinie  an  jeder  Seite  des  Rückens;  eine  Binde 
unter  dem  Auge,  welche  sich,  teilweise  unterbrochen,  unter  dem 
Trommelfell  bis  zu  den  Schultern  fortsetzt;  feine  Pünktchen  auf 
dem  Unterarm  und  eine  unterbrochene  Linie  längs  dem  Hinter- 
rande desselben;  eine  Querlinie  unter  dem  After  und  vereinzelte 
Pünktchen  auf  den  Oberschenkeln.  Spuren  dieser  Zeichnung  (nicht 
aber  die  mediane  Rückenlinie)  zeigen  auch  die  beiden  anderen  Tiere, 
und  besonders  die  Linie  auf  dem  Unterarm  ist  auch  bei  ihnen  deut- 
lich zu  erkennen.  Alle  diese  hellen  Binden  und  Fleckchen  bilden 
auch  einen  Teil  der  Zeichnung  bei  den  oben  erwähnten  Exemplaren 
von  H.  tJtesaurensis,  die  auch  sonst  H.  impiira  sehr  ähnlich  sind.  Ich 
würde  dieselben  unbedingt  für  junge  impura  halten,  wenn  nicht 
BouLENGEE ^)  die  Vermutung  ausgesprochen  hätte,  daß  H.  thesau- 
rensis  identisch  sei  mit  einer  anderen  ungefleckten  Species,  H. 
macrops  Blge.  von  den  Salomons-Inseln.  Nun  scheint  aber  H. 
macrops  der  H.  impura  sehr  ähnlich  zu  sein,  und  der  einzige  wesent- 
liche Unterschied,  welchen  ich  in  der  Beschreibung  auffinden  kann, 
ist,  daß  bei  macrops  der  2.  und  der  4.  Finger  gleichlang  sind,  während 
bei  impura  der  4.  länger  ist.  Wie  sich  dieses  Merkmal  bei  thesaii- 
rensis  von  den  Salomons-Inseln  verhält,  finde  ich  nicht  erwähnt, 
aber  die  mir  vorliegenden  oben  genannten  Exemplare  stimmen  in 
dieser  Hinsicht  mit  H.  impura  überein.  Es  scheint  mir  daher  vor- 
läufig am  wahrscheinlichsten,  daß  H.  macrops  von  den  Salomons- 
Inseln  und  impura  von  Neuguinea  zwei  verschiedene,  aber  nahe 
verwandte  Arten  sind,  die  beide  nur  in  der  Jugend  (als  H.  tliesau- 
rensis)  eine  helle  Zeichnung  aufweisen. 

8.  Hyla  arfakiana  Ptes.  et  Doeia. 

Petees  e  Doeia,    in:    Ann.    Mus.    civ.    Genova,  Vol.   13,    1878,    p.  421, 

tab.   6   fig.   2. 
BoulengEE,  Cat.  Batr.  Sah,   1882,  p.  410. 
VAN  Kampen,    in:    Nova  Guinea,  Vol.   9,    Zool.,    Livr.  3,    1913,  p.  456. 

Südlich  von  der  Humboldtbai:  am  Ursprünge  des  Pomorra-Flusses, 
1000—1400  m,  1  Expl.,  <^  (45  mm). 

Die  Finger  haben  bei  diesem  männlichen  Exemplare  eine  schwache 
Bindehaut,  die  aber  nur  zwischen  den  beiden  äußeren  Fingern  ein 
wenig    über   den   Metacarpus  hinausreicht.     Subarticular  -  Tuberkel 


1)  In:  Trans,  zool.  Soc.  London,  Vol.   12,   1890,  p.   60. 


370  P-  N.  VAN  Kampen, 

einfach.  Das  Tier  hat  einen  subgularen  Stimmsack,  welcher  sich  durch 
zwei  neben  der  Zunge  gelegene  Öffnungen  in  die  Mundhöhle  öffnet, 
wie  ich  es  schon  früher  angegeben  habe. 

Von  den  früher  von  mir  beschriebenen  Exemplaren  weicht  das 
vorliegende  nur  ab  durch  die  schwächer  entwickelte  Schwimmhaut 
der  Füße,  indem  sie  zwischen  den  beiden  ersten  Zehen  nur  die  Meta- 
carpalia  einfaßt.  Auch  ist  ein  kleiner  Hautzipfel  am  Fersengelenk 
vorhanden. 

Hißa  sp.? 

Im  Bougainville-Gebirge,  +  500  m  hoch,  viele  Kaulquappen. 

Ich  fand  diese  Kaulquappen  in  einem  schnellfließenden,  klaren 
Bach,  worin  sie  sich  an  den  Steinen  des  Bodens  festsaugten.  Es 
fehlen  ihnen  noch  die  Extremitäten,  und  sie  sind  nicht  mit  Sicher- 
heit zu  bestimmen.  Ich  erwähne  sie  nur  wegen  des  Besitzes  eines 
Saugnapfes,  welcher  aus  einer  Vergrößerung  der  Lippen  hervor- 
gegangen ist.  Daß  sie  wahrscheinlich  einer  Hyla-kvt  angehören, 
schließe  ich  namentlich  aus  der  Übereinstimmung  mit  den  von  mir  ^) 
als  mutmaßlich  zu  H.  papua  gehörig  beschriebenen  Larven,  von 
welchen  sie  sich  nur  in  wenigen  Punkten  unterscheiden.  Die 
wichtigsten  Unterschiede  sind  ein  etwas  längerer  Schwanz;  das 
Fehlen  der  hellen  Schwanzbinden;  ein  etwas  kürzerer  Saugnapf, 
welcher  dem  Eande  entlang  eine  Reihe  kurzer  Papillen  und  auf 
jeder  Lippe,  nach  außen  von  den  Zahnreihen,  außerdem  noch  eine 
Reihe  von  sehr  kurzen  und  breiten  Papillen  trägt,  und  namentlich 
die  in  zwei  Abschnitten  geteilten  Pigmentbänder  beider  Kiefer. 


Rtmidae. 

9.  Hana  avfalzi  Metee. 

Petees  e  DOEIA,    in:    Ann.    Mus.    civ.   Genova,  Vol.    13,    1878,    p.  418^ 
tab.   6  fig.   1. 

BoULENGEE,   Cat.  Batr.  Sah,    1882,  p.   66. 

Umgebung    der    Walckenaerbucht:     Sermowai-Fluß ,    Oberlauf^ 
+  300  m  hoch,  1  Expl.  (119  mm). 

Interorbitalraum  so  breit  wie  das  Augenlid. 


1)  In:  Nova  Guinea,   Vol.   9,  Zool.,  Livr.  3,   1913,  p.  455. 


Amphibien  von  Nord-Neuguinea.  371 

10.  Mana  iralf/eetisls  v.  Kampen. 

VAN   Kampen,  in:   Bijdr.  Dierk.,   afl.    19,    1913,  p.  90;   in:   Nova  Guinea, 
Vol.  9,  Zool.  (Livr.  3),   1913,  p.  459. 

Umgebung  der  Tanah-Merah-Bucht:  Air  Mo-Fluß,  1  Expl.  (29  mm). 
Wie  ich  schon  hervorgehoben  habe,  ist  dies  vielleicht  nur  eine 
junge  R.  arfaki. 

11.  Hana  pfipua  Less. 
BOULENGER,   Cat.  Batr.  Sal.,    1882,  p.   64. 

Umgebung  der  Walckenaerbucht: 

Sermowai-Fluß,  Unterlauf,  2  Expl. 

Sermowai-Fluß,  Oberlauf,  d=  400  m,  3  Expl. 
Umgebung  der  Tanah-Merah-Bucht : 

Am  Strande  der  Bucht,  1  Expl. 

Am  Air  Mo-Fluß,  1  Expl. 

Jaona,  7  Expl. 
Umgebung  des  Sentani-Sees,  5  Expl. 
Umgebung  der  Humboldtbai: 

Hollandia,  viele  Expl.  und  zahlreiche  Kaulquappen. 

Am  Mbai-Fluß.  1  Expl. 

Nahe  der  Südküste  der  Humboldtbai,  4  Expl. 
Im  Stromgebiete  des  Tami-Flusses: 

Unterlauf  des  Tami,  2  Expl. 

Koime-Fluß,  1  Expl. 

Am  Tjahe,  1  Expl. 

Am  Begoure-Fluß,  2  Expl. 
Am  Kaiserin-Augüsta-Fluß : 

Pionierbivak,  3  Expl. 

Oberlauf  des  Flusses,  1  Expl. 
Die  Kaulquappen,  welche  ich  bei  „Hollandia*'  im  April  und  Mai 
in  einem  Sago-Sumpfe  und  auch  in  klarem  fließendem  Wasser  fand 
und  zu  jungen  unverkennbaren  II.  papua  züchtete,  weichen  nicht 
unwesentlich  von  meiner  früheren  Beschreibung  ^)  ab  und  stimmen 
dagegen  namentlich  in  den  Merkmalen  des  Mundes  gut  überein  mit 
der  Beschreibung,  welche  Roux  -)  von  der  Larve  einer  Rana  sp.  von 


1)  In:  Nova  Guinea,  Vol.   5,  Zool.,  Livr.   1,   1906,  p.    164. 

2)  In:   Abb.  Senckenb.   naturf.  Ges.  Frankfurt,  Vol.  33,    1910,  p.  225. 


372  P-  N.  VAN  Kampen, 

den  Aru-Inseln  gibt  Der  Körper  ist  bei  ihnen  etwa  lV2Kial  so  lang 
wie  breit.  Die  Augen  stehen  weiter  auseinander  als  die  Nasenlöcher. 
Der  Schwanz  ist  ungefähr  3mal  so  lang  wie  hoch  (nur  bei  älteren 
Larven  relativ  länger,   bis  4mal   die  Höhe)  und  hat  hohe  Flossen ; 

1    1    1 
die  obere  Flosse  erreicht  den  Rücken.     Zahnreihen  :j ^-    Färbung 

^    2    ^ 
des  lebenden  Tieres:  Rücken  und  Seiten  dunkelgrau,  hintere  Schwanz- 
hälfte bräunlich-gelb,  Bauchseite  bleigrau,  Kehle  schwach  violett; 
Iris  gelb.    Totallänge  bis  6^4  cm. 

Die  von  Roux  beschriebenen  Larven   gehören   wohl   sicher  zu 
B.  papua.    Ob  die  von  mir  beschriebenen  Larven  mit  der  Zahnformel 

^ ?  oder  ^ ?  auch  hierher  gehören,  ist  zweifelhaft;  ich  ver- 

3  3  &  ' 

mute  aber,  daß  die  Unterschiede  auf  individueller  Variabilität  be- 
ruhen, wie  auch  die  erwachsenen  Tiere  sehr  variabel  sind. 


12,   Cof'niifer  coi'rtif/atus  A.  Dum. 
BoüLENGER,  Cat.  Batr.  Sal.,   1882,  p.    110. 

Umgebung  der  Walckenaerbucht : 

Sermowai-Fluß,  Unterlauf,  +  70  m,  1  Expl. 

Sermowai-Fluß,  Oberlauf,  +  400  m,  4  Expl. 
Umgebung  der  Tanah-Merah-Bucht: 

Air-Mo-Fluß,  3  Expl. 

Jaona,  1  Expl. 
Umgebung  der  Humboldtbai: 

Hollandia,  4  Expl. 

Nahe  der  Südküste  der  Bai,  1  Expl. 
Stromgebiet  des  Tami: 

Am  Unterlaufe  des  Tami,  1  Expl. 

Sekofro  Niki,  1  Expl. 
Oinake,  1  Expl. 

Am  Kaiserin- Augusta-Fluß,  1  Expl. 
Eier  groß,  dotterreich. 

Das  Tier  von  Oinake,  ein  Männchen  mit  Stimmsäcken,  fing 
ich  am  Abend  mittels  einer  Laterne.  Durch  seinen  kurzen  quakenden 
Ruf  kam  ich  ihm  auf  die  Spur.  Diesem  Laute  nach  befanden  sich 
mehrere  Tiere  dieser  Art  in  der  Nachbarschaft.  Sie  ließen  ihre 
Stimme  erst  nach  Eintritt  der  Finsternis  hören. 


Amphibien  von  Nord-Neuguinea.  373 

Engystomatidae. 

Die  Engystomatiden  Neuguineas  sind  trotz  der  oft  großen  Haft- 
scheiben im  allgemeinen  Bodentiere.  Sie  leben  meistens  an  feuchten 
Stellen  im  Walde,  bisweilen  in  toten  Baumstämmen.  Nur  ein  ein- 
ziges Mal  fand  ich  eine  Engystomatide,  wahrscheinlich  eine  Copiula 
oxyrhina  (das  Exemplar  ist  leider  verloren  gegangen),  auf  einem 
Baumblatte,  etwa  Manneshöhe  vom  Boden  entfernt,  sitzend. 

13.  Xenorhina  rostrata  Meh. 

V.  Mehely,  in:  Termesz.  Füzetek ,  Vol.  21,  1898,  p.  175,  tab.  12, 
fig.  1 — 11  {ChoanacanUm  rostrata);  ibid.,  Vol.  24,  1901,  p.  233, 
tab.   11  fig.    1—2. 

Vogt,  in:   SB.   Ges.   naturf.   Freunde  Berlin,   1911,  No.   9,  p.   420. 

Umgebung  der  Walckenaerbucht:  Sermowai-Fluß ,  Unterlauf, 
±  70  m,  3  Expl.  (41—44  mm). 

Umgebung  der  Humboldtbai:  nahe  der  Südküste,  1  P^xpl,  juv. 
(24  mm). 

Ein  Stachel  hinter  jeder  Choane.  Trommelfell  mehr  oder  weniger 
deutlich;  sein  Durchmesser  bei  den  erwachsenen  Tieren  gleich  der 
Länge  der  Orbita.  Die  Finger  mit  gerundeten,  nicht  angeschwollenen 
Spitzen,  die  Zehen  mit  kleinen  Scheiben.  Finger  und  Zehen  kurz: 
die  Länge  der  4.  Zehe  geht  bei  den  erwachsenen  Tieren  37-2 — 4mal 
in  den  Abstand  zwischen  After  und  Augenhinterrand,  beim  jungen 
Tier  3mal.  Äußere  Metatarsalia  vereint.  Das  Fußgelenk  erreicht  die 
Schulter,  das  Tarsometatarsalgelenk  das  Auge.  Beim  jungen  Tier 
sind  aber  die  Gliedmaßen  etwas  länger  und  reicht  das  Fersengelenk 
bis  zum  Trommelfell,  das  Tarsometatarsalgelenk  bis  zur  Schnauzen- 
spitze. Keine  Schnauzenwarzen.  Rücken  mit  vereinzelten,  Bauch 
und  Kehle  mit  zahlreichen  großen,  dunklen  Flecken. 

Färbung  im  Leben  (Exemplare  vom  Sermowai-Fluß,  nach  der 
Angabe  von  Herrn  Gjelleeup)  :  Rücken  grau,  mit  weißer  oder  rosa- 
farbiger Medianlinie;  Bauch  feuerrot  mit  schwarzen  Flecken. 

Trotz  einiger  geringfügiger  Unterschiede  gegen  Mehely's  Be- 
schreibung (wovon  besonders  das  Fehlen  der  Schnauzenwärzchen 
hervorzuheben  ist)  glaube  ich  doch  die  vorliegenden  Exemplare  mit 
seiner  rostrata  vereinigen  zu  können. 

Diese  Art  ist  übrigens  von  oxycephala  leicht  zu  unterscheiden 
durch  die  Gestalt  des  Kopfes.  Während  dessen  Seiten  von  den 
Schultern  bis  zur  Nasenspitze  bei  oxycephala  eine  nur  schw^ach  ge- 


374  P.  N.  VAN  Kampen, 

bogene  Linie  bilden,  sind  sie  bei  den  mir  vorliegenden  Exemplaren 
von  rostrata  stark  konvex,  was  zur  Folge  hat,  daß  bei  diesen  die 
Schnauzenseiten  an  der  Spitze  miteinander  einen  stumpfen,  bei  oxy- 
cephala  hingegen  einen  scharfen  oder  geraden  Winkel  bilden. 

V.  Mehely,  der  ein  Originalexemplar  von  X.  oxycephala  unter- 
sucht hat,  sagt  ausdrücklich,  daß  diese  Art  sich  nur  durch  das 
Fehlen  der  Gaumenstacheln  von  seiner  rostrata  unterscheidet.  Daß 
er  die  anderen  von  mir  genannten  Unterschiede  nicht  erwähnt,  wird 
wohl  dem  von  ihm  hervorgehobenen  schlechten  Erhaltungszustand 
des  Originalexemplares  von  oxycephala  zuzuschreiben  sein. 

14.   Xenorhin<(  oxycephala  Schleg. 

Schlegel,  Hand].  Dierk.,  A^ol.  2,  p.  58,  tab.  4  fig.  74  {BoDihinator  oxy- 
cephalns). 

Petees,  in:  Mon.-Ber.  Akad.   Wiss.  Berlin,   1863,  p.  82. 

Boulengee,   Cat.  Bat.  Sal.,    1882,  p.    179. 

V.  Mehelt,  in:  Terraesz.  Fuzetek,  Vol.   24,   1901,  p.   236. 

Umgebung  der  Walckenaerbucht: 

Sermowai-Fluß,  Unterlauf,  +  70  m,  1  Expl.  (38  mm). 
Sermowai-Fluß,  Oberlauf,  +  400  m,  t  Expl.,  juv.  (20  mm). 

Nahe  der  Südküste  der  Humboldtbai,  2  Expl.  (40  und  42  mm). 

Am  Mosso,  1  Expl.,  $  (43  mm).  1  Expl.,  juv.  (19  mm). 

Kein  Gaumenstachel.  Trommelfell  mehr  oder  weniger  deutlich. 
Finger  mit  etwas  geschwollenen  Spitzen,  ebenso  wie  die  Zehen  ein 
wenig  länger  als  bei  rostrata  (die  4.  Zehe  geht  etwa  3mal  in  den 
Abstand  zwischen  After  und  Augenhinterrand).  Zehen  mit  kleinen 
aber  deutlichen  Haftscheiben.  Tibiptarsalgelenk  bis  zum  Auge, 
Tarsometatarsalgelenk  über  die  Schnauzenspitze  hinaus.  Keine 
Schnauzenwarzen.     Bauch  mit  oder  ohne  dunkle  Flecken. 

Färbung  während  des  Lebens  etwas  variierend.  Beide  Exem- 
plare aus  der  Nähe  der  Humboldtbai  hatten  Rücken  und  Kehle  grau- 
violett, Bauch  und  Unterseite  der  Oberschenkel  steinrot;  beim  Mosso- 
Exemplar  war  der  Rücken  lackrot,  der  Bauch  orangenfarbig,  die 
Seiten  weiß;  das  erwachsene  Exemplar  vom  Sermowai-Fluß  hatte 
(nach  Angabe  von  Herrn  Gjellerup)  den  Rücken  braun,  den  Bauch 
hellgrau.  Die  beiden  letztgenannten  Tiere  haben  eine  helle 
mediane  Rückenlinie. 

Schlegel  gibt  als  Fundort  seiner  Exemplare  nur  Neuguinea 
an;  die   im  Museum    zu  Leiden  befindlichen  Originalexemplare  sind 


Amphibien  von  Nord-Neuguinea.  375 

g-esammelt  von  S.  Müller,  Mitglied  der  sogenannten  „Natuurkundige 
Commissie".  Da  dieser  nur  die  Südküste  des  Niederländischen  Teiles 
der  Insel  besucht  hat  (im  Jahre  1828j  ^),  müssen  die  ScHLEGEL'schen 
Exemplare  von  dort  stammen.  Die  Art  hat  somit  eine  ziemliche 
weite  Verbreitung  im  Flachlande  der  Insel. 


15.  Metopostiva  ocellata  Meh, 

V.  Mehely,  in:  Termesz.  Füzetek,  Vol.  24,  1901,  p.  239.  tab.  7  fig.  1—6; 
tab.   10,  fig.  5;  tab.    12,  fig.   1. 

VAN  Kampex,  in:  Nova  Guinea,  Vol.  5,  Zool.,  Livr.  1,  1906,  p.  167 
(i¥.  vmcra);  Vol.  9,  Zool.,  Livr.  1,  1909,  p.  40;  Vol.  9,  Zool., 
Livr.   3,    1913,  p.   461. 

Umgebung  der  Humboldtbai: 

Hollandia,  1  Expl. 

Nahe  der  Südküste,  2  Expl. 
Stromgebiet  des  Tami: 

Am  Mosso,  1  Expl. 

Kohari-Gebirge,  in  +  600  m  Höhe,  1  Expl. 

Unterlauf  des  Bewani,  1  Expl. 

Zoutbron,  2  Expl. 
Nachdem  ich  schon  früher  Exemplare  von  M.  ocellata  erwähnt 
habe,  die  in  einiger  Hinsicht  mit  meiner  M.  macra  übereinstimmen, 
und  da  die  mir  jetzt  vorliegenden  Tiere  sich  auch  in  dem  wichtigsten 
der  von  mir  angegebenen  Unterschiede  der  macra  nähern,  indem  der 
2.  u.  4.  Finger  fast  gleichlang  sind,  so  glaube  ich  die  beiden  Arten 
vereinigen  zu  müssen.  In  der  Gestalt  halten  die  meisten  der  vor- 
liegenden Exemplare  die  Mitte  zwischen  den  Originalexemplaren 
von  ocellata  und  macra.  Die  Länge  der  Hinterbeine  variiert:  das 
Fersengelenk  reicht  bisweilen  nur  bis  zum  Vorderrand  des  Auges, 
bisweilen  auch  bis  zur  Schnauzenspitze  oder  etwas  darüber  hinaus. 
Für  das  eine  der  beiden  Tiere  von  der  Südküste  der  Humboldt- 
bai habe  ich  notiert,  daß  während  des  Lebens  die  vor  den  dunklen 
Leistenflecken  befindlichen  hellen  Flecken  steinrot  waren;  dieselbe 
Farbe  hatten  2  Flecken  auf  jedem  Oberarm,  während  die  hellen 
Flecken,  hinter  den  dunklen  Leistenflecken  und  daneben  auf  deii 
Oberschenkeln  gelegen,  gelb  waren. 


1)  Veth,   Overzicht  van  hetgeen  gedaan  is  voor  de  kennis  der  Fauna 
van  Nederlandsch  Indie,  Leiden   1879. 


376  P-  ^-  VAN  Kampen, 

16.  Copiiila  oxfjrhina  Blge. 

BoüLENGER,    in:    Proc.    zool.  Soc.  London,   1898,  p.  480,  tab.  38  fig.  3 

{Phrynixcdus  oxyrhinus). 
V.  Mehely,  in:  Termesz.  Füzetek,  Vol.   24,   1901,  p.   243. 

Umgebung  der  Humboldtbai:  nahe  der  Südküste,  1  Expl. 
(19  mm). 

Bei  Njao,  1  Expl.  (18  mm). 

Zoutbron,  1  Expl.  (23  mm). 

Tibiotarsalgelenk  bis  zum  Nasenloch.  Rücken  schwach  gekörnelt. 
Kehle  mehr  oder  weniger  deutlich  dunkel  marmoriert. 

Choerophryne  n.  g, 

Kopf  klein.  Zunge  klein,  hinten  und  an  den  Seiten  frei.  Keine 
Vomerzähne.  Keine  Leiste  auf  den  Palatina.  Zwei  Gaumenfalten. 
Auge  klein,  mit  horizontaler  Pupille.  Trommelfell  deutlich.  Finger 
und  Zehen  frei,  mit  großen  Scheiben.    Äußere  Metatarsalia  vereinigt. 

Procoracoid  und  Clavicula  fehlen.    Endphalangen  T-förmig. 

Dieses  Genus  scheint  am  nächsten  verwandt  zu  sein  mit 
Phrijnixalus  Bttge.^)  nach  Mehely's  Charakterisierung.^)  Es  unter- 
scheidet sich  durch  die  kleine  Zunge,  das  kleine  Auge  und  nament- 
lich durch  das  Fehlen  der  Leisten  auf  den  Palatina. 

17.  Clioerophvijne  proboscidea  u,  S2J. 

Njao,  1  Expl.  (19  mm). 

Zunge  schmal,  länglich,  hinten  sehr  schwach  eingeschnitten.  Beide 
Gaumenfalten  eingekerbt.  Kopf  klein;  seine  Breite  gleich  dem  Abstände 
von  der  Schnauzenspitze  bis  zum  Hinterrande  des  Trommelfelles  und  Vs 
der  Kopfrumpflänge.  Schnauze  sehr  lang  und  spitz,  stark  über  den 
Unterkiefer  vorragend:  sie  ist  lV2iTial  so  lang  wie  das  Augenlid  und 
ihr  über  den  Unterkiefer  vorragender  Abschnitt  nur  wenig  kürzer 
als  dasselbe.  Schnauzenkante  gerundet.  Nasenlöcher  der  Schnauzen- 
spitze genähert,  ihre  Entfernung  von  den  Augenlidern  etwas  größer 
als  die  Länge  dieser.  Interorbitalraum  2'^l^mdi\  so  breit  wie  das 
Augenlid.  Trommelfell  unmittelbar  hinter  dem  Auge,  von  -!%  Augen- 
größe.   Fingerscheiben  ungefähr  so  groß   wie  das  Trommelfell,  die 


1)  In:  Zool.  Anz..  Vol.   18,   1895,  p.   133. 

2)  In:  Termesz.  Füz.,  Vol.   24,   1901,  p.   245. 


Fauna  von  Nord-Neuguinea,  377 

am  ersten  Finger  etwas  kleiner  als  die  anderen.  Scheiben  der 
Zehen  gleichgroß  wie  die  der  Finger.  Der  1.  Finger  kürzer  als 
der  2.;  die  5.  Zehe  ein  wenig  länger  als  die  3.  Schwache  Sub- 
articular-  und  innerer  Metatarsal-Höcker.  Tibiotarsalgelenk  bis  zum 
Trommelfell. 

Rückenseite  grobwarzig,  Bauch  und  Unterseite  der  Oberschenkel 
körnig. 

Oberseite  bräunlich,  mit  verschwommenen  dunklen  Flecken 
auf  dem  Rücken  und  Querbinden  auf  den  Extremitäten.  Ein  heller, 
schwarz  umränderter  Flecken  in  der  Sacralgegend.  Bauchseite  weiß 
getüpfelt. 

Es  ist  möglich,  daß  diese,  besonders  durch  die  lange  Schnauze 
auffallende  Art  mit  der  von  Wandolleck  ^)  kurz  beschriebenen 
Copiula  (?)  rosteUifer  identisch  ist  und  daß  die  Unterschiede  dem 
von  ihm  hervorgehobenen  schlechten  Erhaltungszustande  des  ihm 
vorliegenden  Exemplares  zuzuschreiben  sind.  Die  zwei  Gaumenfalten, 
die  weniger  lange  Schnauze,  die  Haftscheibe  am  Daumen  und  andere 
Merkmale  meines  Exemplares  gestatten  aber  vorläufig  keine  Identi- 
fizierung mit  Wandolleck's  Art. 

Das  einzige  Exemplar  verdanke  ich  Herrn  Lt.  Dalhuisen,  der 
es  in  einem  toten  Baumstamme  fand;  er  beobachtete,  daß  das  Tier 
sich  bei  Berührung  zu  einer  Kugel  aufblies. 

18.    Chaperina  hasipalinnta  van  Kampen, 

VAN  Kämpen,    in:    Nova  Guinea,  Vol.  5,    Zool.,    Livr,   1,   1906,   p.   169, 
tab.  6  fig.  4—5;  ibid.,  Vol.  9,  Zool.,  Livr.  3,   1913,  p,  464. 

Umgebung  der  Tanah-Merah-Bucht:  Air-Mo-Fluß,  1  Expl.  (27  mm). 

Umgebung  der  Humboldt-Bai:  Hollandia,  1  Expl.  (30  mm). 

Stromgebiet  des  Tami:  Zoutbron,  1  Expl.  (19  mm), 

Claviculae  gekrümmt. 

Das  größte  Exemplar  hat  die  Oberseite  einfarbig,  ohne  dunkle 
Flecken  zwischen  den  Schultern.  Das  Tier  von  der  Tanah-Merah- 
Bucht  hingegen  besitzt  außer  einem  solchen  Flecken  noch  einige  kleine 
Tüpfel  und  ein  schmales  dunkles  V  zwischen  den  Augen.  Sonst 
stimmt  das  erstgenannte  in  den  Merkmalen,  worin  das  früher  von  mir 
erwähnte  Exemplar  aus  dem  südlichen  Teil  der  Insel  (Went-Gebirge) 
von  den  Originalexemplaren  abweicht,  mit  jenem  überein,  mit  Aus- 
nahme der  Hinterbeine,  deren  Tibiotarsalgelenk  das  Auge  erreicht. 


1)  In:  Abh.  Bar.  Mus.  Dresden,  Vol.  13  (1910),  No.  6,   1911,  p.  11. 

Zool.  Jahrb.  XXXYII.    Abt.  f.  Syst.  25 


378  P-  ^-  "^-^N  Kampen,  Fauna  von  Nord-Neuguinea. 

Beim  Tier  von  der  Tanah  -  Merah  -  Bucht  fehlt  ebenfalls  der 
Gaumentuberkel,  und  das  Tibiotarsalgelenk  erreicht  nur  das  Trommel- 
fell. Auch  sind  die  Augen  etwas  größer  (Interorbitalraum  Vl^mal 
so  breit  wie  das  Augenlid), 

Beim  kleinsten  Tiere  endlich  sind  Eückenfleck,  Gaumentuberkcl 
und  Bindehaut  der  Zehen  vorhanden,  das  Tibiotarsalgelenk  erreicht 
das  Auge,  und  der  Interorbitalraum  hat  Vj^nml  die  Breite  des 
Augenlids. 

19.  Chcvperina  ceratophthalnins  van  Kämpen. 

VAN  Kampen,    in:    Nova    Guinea,  Vol.  9,    Zool.,    Livr.    1,    1909,    p.  43, 
tab.  2  fig.  8. 

Stromgebiet  des  Tami: 
Kohari-Gebirge  (in  +  600  m  Höhe),  1  Expl.,  $  (33  mm). 
Am  Sangke-Flusse,  1  Expl.,  $  (36  mm). 
Am  Pomorra-Flusse  (+  760  m),  1  Expl.,  $  (39  mm). 

Die  Tiere  stimmen  genau  mit  meiner  Beschreibung  überein;  nur 
sind  bei  dem  Exemplare  des  Pomorra  die  Fingerscheiben  etwas  größer, 
und  die  des  3.  Fingers  ist  bei  ihm  so  groß  wie  das  Trommelfell. 
Beim  Tiere  vom  Sangke-Flusse  steht  vor  der  Gaumenfalte  noch  ein 
kleiner  medianer  Tuberkel. 

Das  Vorkommen  dieser  Art  im  nördlichen  Teile  der  Insel  macht 
es  wahrscheinlicher,  daß  sie  mit  Sphenophryne  cornuta  Ptrs.  et  Doe. 
sjmonym  ist,  und  ich  würde  sie  mit  derselben  vereinigen  können,  falls 
nicht  Peters  und  Doeia  ausdrücklich  bemerkten,  daß  bei  dieser  Art 
die  3.  und  5.  Zehe  gleichlang  seien.  Sonst  sind  auch  nach  ihrer 
Beschreibung  bei  cornuta  die  Vorderbeine  kürzer :  bei  ceratophthalmus 
reichen  diese,  nach  vorn  gelegt,  weit  an  der  Schnauzenspitze  vorüber. 

Die  Clavicula  ist  stark  gekrümmt. 

Eier  groß.  Der  Mageninhalt  eines  dazu  untersuchten  Tieres 
besteht  aus  Ameisen  und  Käfern. 

20.  C/ia2>erina  punctata  van  Kampen. 

VAN  Kampen,    in:    Nova  Guinea,  Vol.  9,    Zool.,    Livr.  3,   1913,    p.  463, 
tab.   11  fig.  7. 

Am  Pomorra-Flusse,  +  760  m,  1  Expl.  (28  mm). 
Hinterrand  der  Zunge  deutlich  eingeschnitten.  Sonst  den  Original- 
exemplaren ähnlich. 


Nachdruck  verboten. 
TJbersetzungsrecht  vorbehalten. 


Zur  Fauna  von  Nord-Neuguinea. 

Nach   den   Sammlungen  von  Dr.   P.  N.  van  Kampen  und 
K.  Gjellekup  aus  den  Jahren  1910  und  1911. 

Myriopoden. 

Von 

Dr.  Carl  Graf  Attems.^) 


Die  kleine  Myriopodensammlung,  die  Herr  van  Kampen,  unter- 
stützt von  Herrn  Gjellerup,  in  den  Jahren  1910 — 1911  in  Nord- 
Neuguinea  zusammengebracht  hat,  enthält  doch  auch  ein  paar  neue 
Formen,  trotzdem  ich  erst  kürzlich  ein  umfangreiches  Material  von 
den  verschiedensten  deutschen  und  holländischen  Expeditionen  her- 
rührend publiziert  habe.  Ich  verweise  auf  meine  Publikationen: 
„Die    indo-australischen  Myriopoden",   in:   Arch.   Naturgesch.,   und 


1)  Die  Fundorte  dieser  Sammlung  liegen  im  östlichen  Teile  des 
Niederländischen  und  im  westlichen  des  Deutschen  Gebietes  von  Neuguinea. 

„Hollandia"  ist  ein  Biwak  an  der  Kajo-Bucht,  einer  kleinen  Neben- 
bucht der  Humboldtbai  (2»  32'  29"  s.  Br.,  140«  44'  12"  ö.  L.),  „Zoutbron" 
ein  Biwak  am  Begowre-Fluß  (3»  1'  33"  s.  B. ,  140«  57'  30"  ö.  L.), 
„Hussin"  ein  Biwak  am  Bewani-Fluß,  nahe  der  Stelle,  wo  dieser  mit 
dem  Arso-Fluß  zusammenfließt.  Der  Mbai-Bach  fließt  bei  Hollandia  in 
das  Meer.  „Hauptbiwak"  liegt  auf  4"  4' 18"  s.  Br.,  141«  7' 15"  ö.  L.  am 
Kaiserin- Augusta-Fluß. 

Die  übrigen  Fundorte  sind  auf  der  zu  einem  Artikel  von  Herrn 
Sachse,  in :  Tijdschr.  v.  h.  Kon.  Nederl.  aardrijksk.  Gen.  (2),  Vol.  29, 
1912  (p.  36)  gehörigen  Karte  angegeben,     v.  Kampen. 

25* 


380  Cael  Graf  Attems, 

„Myriopoden  von  Neu  Guinea",  in:  Vol.  5  und  13  von  „Nova  Guinea", 
in  denen  ich  alles,  was  wir  über  die  Myriopodenfauna  Neuguineas 
wissen,  zusammengestellt  habe. 

Die  an  und  für  sich  arme  Chilopodenfauna  Neuguineas,  die  zu- 
meist sehr  lang  bekannte  und  weit  verbreitete  Arten  enthält,  erfährt 
hier  durch  eine  neue  Form ,  Cupipes  papuanus,  eine  Bereicherung. 
Von  den  Diplopoden  sind  Polyconoceras  aurolimhatus,  Dinematocricus 
repandus  und  Trigoniulus  harpagus  kürzlich  von  mir  publiziert  worden. 
Aus  dem  van  KAMPEN'schen  Material  zeigt  sich,  daß  die  ungemein 
auffällige  und  für  Neuguinea  so  charakteristische  Art  Acanthiulus 
Uainmllei  sich  in  mehrere  nahe  verwandte  Formen  spaltet. 

Nachfolgend  die  vollständige  Liste  der  gesammelten  Arten: 

1.  Otocry2ytox>s  fnelanostonius  Newp. 

Zoutbron. 

2.  Scolopendra  siihspinvpes  Leach. 

Oberlauf  des  Sermowai-Flusses ;  Jaona;  Hollandia,  Küstengebiet 
südlich  von  der  Humboldtbai;  Zoutbron;  Kaiserin- Augusta- Fluß, 
Hauptbiwak. 

3.  Cupipes  paptianus  n.  sp, 

Hollandia. 

4.  Otostignius  punctiventer  Tom. 

Hollandia. 

5.  Ethtnostigmus  platyceplialus  Newp. 

Tanah-Merah-Bucht;  Jaona;  Hollandia;  Küstengebiet  südlich 
von  der  Humboldtbai;  Zoutbron;  Kaiserin- Augusta-Fluß. 

6.  Orphnaeus  brevilahiatiis  Newp. 

Biwak  Hussin. 

7.  Gonihreg Hiatus  anguinus  Poe. 

Hollandia. 

8.  Lanmongoß  puncti/rons  Newp. 

Zoutbron,  Kaiserin-Augusta-Fluß. 


Myriopoden  von  Nord-Neuguinea.  381 

9.  Platyrhaciis  inargaritatus  Poe, 

Hollandia,  Oinake,  im  Bougainville-Gebirge. 

10.  Polyconoceras  ciuroliinhatiis  Att. 

Jakari,  im  Wald;  Tanah-Merah-Bai;  Hollandia;  am  Mbai-Fluß; 
Umgebung  der  Kajo-Bai;  am  Mosso-Fluß;  Zoutbron. 

11.  Dlneinatocriciis  repandus  Att. 

Küstengebiet  südlich  von  der  Humboldtbai. 

12.  Trigoniiilus  harpagus  Att. 

Küstengebiet  südlich  von  der  Humboldtbai. 

13.  Acanthi Ullis  hlalnvillei  var.  intevmedius  n,  var, 

Umgebung  der  Kajo-Bai,  zwischen  Njad  und  Sekopo. 

14.  AcantJiiidus  hlainvillei  septemtrionalis  n,  subsp. 

Tanah-Merah-Bai;  Hollandia;  Küstengebiet  südlich  von  der 
Humboldtbai;  am  Bewani-Fluß,  Zoutbron. 

Cupipes  papuanus  n.  sp, 

Farbe  olivengrünlich. 

Länge  ohne  Endbeine  30  mm. 

Kopfschild  deutlich  aber  fein  punktiert;  mit  2  bis  etwas  über 
die  Mitte  reichenden,  nach  vorn  divergierenden  Längsfurchen, 
17  Antennenglieder,  von  denen  die  6  ersten  oben  und  unten  kaum, 
seitlich  ein  wenig  behaart  sind.  Auf  dem  5.  und  6.  Glied  ist  die 
Behaarung  schon  etwas  deutlicher;  der  Übergang  zur  dichten  Be- 
haarung der  übrigen  Glieder  ist  ein  allmählicher.  Basalplatten 
sichtbar.  Kieferfußhüften  mit  3X3  Zähnen,  von  denen  der  innere 
und  mittlere  jeder  Seite  weniger  voneinander  getrennt  sind  als  der 
mittlere  vom  lateralen.  Femur  mit  großem  Basalzahn.  Klaue  innen 
glattrandig. 

1.— 20.  Rückenschild  mit  2  durchgehenden  Medialfurchen ;  durch 
2  äußerst  seichte  Längsdepressionen  ist  die  Mitte  kaum  kenntlich 
abgehoben,  von  einem  deutlichen  medianen  Kiel  kann  man  aber 
nicht  sprechen.  Zwischen  Medialfurchen  und  Seitenrand  keine  deut- 
lichen Furchen.  Berandung  vom  8.  Segment  an.  21.  Rückenschild 
mit  sehr  kräftiger  Medianfurche. 


382  Carl  Graf  Attems, 

Pseudopleuren  gar  nicht  vorg-ezogen,  die  Poreiiarea  reicht  nicht 
ganz  bis  zum  Ende.  Am  Ende  mit  1  (rechts)  bis  3  (links)  Dörnchen. 
Alle  Beine  ohne  Tarsalsporn.    Klaue  ohne  Krallensporn. 

1.  und  2.  Glied  der  Endbeine  oben  mit  tiefer  vom  Ende  bis 
zur  Mitte  reichender  Längsfurche  in  der  Mitte.  3.  Glied  mit  ganz 
kurzer  solcher  Furche.  Femur  innen  abgerundet;  seine  Bedornung 
ist  rechts  und  links  etwas  verschieden .  rechts  am  Endrand  3  Dornen, 
oben,  unten  und  seitlich  je  einer;  letzterer  fehlt  links.  Innen  rechts  4, 
links  2  Dornen,  unten  außen  rechts  3,  links  2  Dornen.  Endklaue 
groß,  unten  geradlinig,  nicht  sägezähnig. 

Diese  Art  ist  am  nächsten  mit  C.  ungulatus  Newp.  von  Haiti, 
Pernambuco  und  Panama  verwandt,  von  dem  sie  sich  in  folgenden 
Punkten  unterscheidet  : 

1.  Berandung  der  Rückenschilde  vom  8.  Segment  an,  bei  ungulatus 
nur  im  21.  Segment. 

2.  Jederseits  3  Kieferfußhüftzähne,  bei  ungulatus  4. 

3.  Medianfurclie  der  21.  Rückenplatte  sehr  kräftig. 

4.  Kopfschild  deutlich  punktiert. 

5.  Pseudopleuren  gar  nicht  vorgezogen. 

6.  Die  Rückenschilde  haben  nur  die  Medialfurchen  deutlich, 
keinen  deutlichen  Mediankiel  und  keine  Furchen  lateral  von  den 
Medial  furchen. 

Fundort.    HoUandia. 

Acanthinlus  blainvillei  var,  interniedius  n.  var. 

Diese  Varietät  ähnelt  mehr  der  f.  gen.  als  der  subsp.  septemtriondlis. 
Es  sind  von  den  Zahnreihen  eigentlich  nur  6  deutlich  entwickelt; 
außerdem  noch  3  weitere  viel  kleinere,  nämlich  je  1  ventral  von 
der  3.  Reihe  jeder  Seite  und  1  mediane.  Die  Zähne  der  6  größeren 
Reihen  sind  viel  kürzer  und  stumpfer  als  bei  der  f.  gen.;  es  sind 
mehr  ]-unde  Buckeln.  Sie  beginnen  auf  dem  2.  Segment  und  reichen 
bis  zum  vorletzten  Segment  (dem  Segment  vor  dem  Analsegment). 
Außer  diesen  Reihen  sind  noch  Ansätze  zu  weiteren  Reihen  vor- 
handen, indem  in  den  Zwisclienräumen  zwischen  den  6  Hauptzahn- 
reihen je  2—4  niedrige  etwas  unregelmäßige  Längskiele  vorhanden 
sind,  die  am  Hinterende  etwas  anschwellen. 

Antennen  und  Endglied  der  Beine  rot  oder  gelb. 

Meist  51  (selten  52)  Rumpfsegmente. 

Breite  ^  13,5  mm,  $  14  mm. 

Alles  übrige,  auch  die  Gonopoden,  wie  bei  der  Stammform. 


Myriopoden  von  Nord-Neuguinea.  383 

Fundorte.    Umgebung  der  Kajo-Bai ;  zwischen  Njad  und  Sekopo 
[am  Tamifluß  und  Astrolabebai  (Berlin.  Mus.)]. 

Acanthiulus  blainvillei  sej^tenitrionalis  n.  subsx>. 

Diese  Subspecies  unterscheidet  sich  von  den  beiden  anderen  Formen 
im  Aussehen  sehr,  da  nur  2  Reihen  von  Zähnen  auf  den  Metazoniten 
vorhanden  sind,  jederseits  einer  knapp  unterhalb  der  Saftlochlinie. 
Die  Basis  des  Zahnes  nimmt  den  größten  Teil  der  Länge  des  Meta- 
zoniten ein.  Der  Zahn  überragt  spitz  den  Hinterrand  des  Meta- 
zoniten, nur  die  ersten  sind  noch  abgerundete  Höcker.  Die  Reihe 
beginnt  auf  dem  6.  oder  7.  Segment  und  hört  auf  dem  4.  oder  5,, 
selten  erst  auf  dem  3.  Segment  vor  dem  Hinterende  auf  (das  Anal- 
segment mitgezählt).  Der  Rücken  des  Metazoniten  zwischen  den 
2  Zahnreihen  ist  grob  und  unregelmäßig  längsgerunzelt;  hin  und 
wieder  sieht  man  Andeutungen  der  Stellen,  an  denen  bei  den  anderen 
Formen  die  übrigen  Zähne  stehen,  ohne  daß  es  aber  zu  mehr  als 
zu  ganz  niedrigen,  runden  Buckeln  käme.  Ventral  von  den  Zähnen 
sind  die  Metazoniten  nur  mehr  seicht  längsgefurcht. 
Antennen  manchmal  dunkelbraun,  manchmal  rot. 
^  mit  53 — 56  Rumpfsegmenten.  Länge  ca.  170  mm.  Breite 
13,5—14,5  mm. 

In  allen  übrigen  Merkmalen,  insbesondere  auch  den  Gonopoden 
gleicht  diese  Form  ganz  der  Stammform. 

Fundorte.  Tanah  Merah-Bai,  Strandwald;  Hollandia;  Küsten- 
gebiet südlich  von  der  Humboldtbai;  am  Bewani-Fluss;  Zoutbron. 
Wir  kennen  somit  3  Formen  des  Acanthiulus  UainviUei,  die  alle 
die  gleichen  Gonopoden  haben,  weswegen  ich  sie  nur  als  Subspecies 
und  Varietät  einer  Art  betrachte,  so  verschieden  im  Aussehen  die 
Stammform  und  die  Subsp.  septemtrionaUs  auch  sind. 

Die    Unterscheidung    der    3    Formen    erfolgt    nach    folgender 
Tabelle: 

la.  Jeder  Metazonit  hat  6  oder  8  große  und  manchmal  noch 
weitere  kleinere  Zähne,  ausgenommen  die  ersten  Metazoniten 
2  bis  ca.  5  oder  6,  wo  die  Reihen  erst  allmählich  be- 
ginnen. Alle  Reihen  reichen  bis  zum  vorletzten  Segment. 
^,  $  mit  50 — 52,  meist  51,  Rumpfsegmenten  (Neuguinea. 
Aru- Inseln)  2 

2a.  Die  großen  Zähne  der  Metazoniten  sind  lang  und 
spitz  und  in  8  Reihen  vorhanden.  (^  9.6 — 11  mm 
breit  blainvillei  L.  Guillou. 


384  Carl  Graf  Attems,  Myriopoden  von  Nord-Neuguinea. 

2b.  Die  großen  Zähne  der  Metazoniten  sind  viel   kürzer 
und  stumpf  und  in  6  Reihen  vorhanden,  die  anderen 
Reihen   viel  kleiner,  manchmal  ganz  fehlend.     (^  bis 
13,5  mm,  $  bis  14  mm  breit        var.  intermedius  Att. 
Ib.  Jedes  Metazonit  hat  nur  2  große  Zähne,  die  Reihen  be- 
ginnen auf  dem  6.  oder  7.  Segment  und  enden  auf  dem 
(3.)  4,  oder  5.  Segment  von   hinten.     ^,  $  mit  53—56 
Rumpfsegraenten.     Breite   13,5—14,5  mm  (Nord-holländ. 
Neuguinea)  suhsp.  septemtrionalis  n.  subsp. 


Nachdruck  verboten. 
Ubersetzungsrecht  vorbehalten. 


Corophium  curvispinum  G.  0.  Sars  und  seine 
geographische  Verbreitung. 

Von 
Dr.  A.  Behuing  (Saratow,  ßussl.). 

(Aus  der  Biologischen  Wolga-Station.) 

Mit  13  Abbildungen  im  Text. 


Corophium  curvispinum  wurde  im  Jahre  1895  von  G.  0.  Sars  (8) 
zum  erstenmal  beschrieben  und  abgebildet.  Er  fand  diese  Art  im 
Material  von  Waepachowsky  „at  no  less  than  10  ditferent  Stations 
of  the  North  Caspian  Sea  of  these  Stations,  2  are  located  in  the 
western  part  of  the  basin,  off  the  Tschistyi  Bank,  another  at  the 
point  of  the  peninsula  Mangyschlak,  4  others  in  the  neighbourhood 
of  the  Islands  Kulaly  and  Morskoy,  and  the  remaining  3  between 
these  Islands  and  the  opposite  western  coast."  Außerdem  fanden 
sich  auch  Exemplare  in  der  Sammlung  von  Dr.  0.  Grimm,  „having 
been  taken  in  the  Bays  of  Baku  and  Schachowaja  from  the  shore 
to  5  fathoms."  Endlich  stammen  zahlreiche  Exemplare  von  einem 
Corophium  aus  dem  Darm  von  Ac.  stellatus.  Im  Jahre  1896  erwähnt 
dieselbe  Art  Sowinsky  (11)  nach  den  angegebenen  Daten  von  Sars. 
Nachdem  erfahren  wir  von  dem  Vorkommen  von  Corophium  curvi- 
spinum in  der  Wolga  bei  Saratow  und  zwar  zunächst  aus  einem 
Vortrag,  welchen  Zykoff  auf  "dem  11.  Kongreß  russischer  Natur- 
forscher und  Ärzte  1901  hielt  (14).  Ausführlichere  Nachrichten  über 
diese  Tiere  aus  der  Wolga  finden  sich  dann  in  dem  Westnik  Rybo- 


386  A.  Behning, 

promyschlennosti,  wo  zunächst  Zykoff  (13)  und  dann  Skokikow  (9) 
darüber  berichten,  und  ferner  in  der  faunistischen  Wolga-Arbeit 
von  Zykoff  (15).  1904  berichtet  Sowinsky  (10)  in  seinem  großen 
Werke  über  das  Auffinden  dieser  Art  von  ihm  selbst  und  von  Ostegumoff 
in  verschiedenen  Teilen  des  Schwarzen  Meeres,  wo  sie  als  eine  der 
häufigsten  Arten  anzutreffen  ist  und  zwar :  beim  Adschigiolsky  Majak, 
Swjato-Troizky  Majak,  Dnjepr-Liman  oberhalb  Prognojsk,  Mündung 
des  Dnjepr-Armes  „Rwatsch",  am  Cap  Kisil  an  der  Dnjepr-Mündung, 
im  Belogrud'schen  Arme  des  Dnjepr;  in  den  Donau  Girlen:  Limane 
Jalpuch,  Kagarly  und  Katlapuch;  See  Paleostom.  Weiterhin  finden 
sich  wiederum  einige  Berichte  von  der  Wolga,  und  zwar  wurde  diese 
Art  hier  als  Nahrung  im  Darm  von  Acerina  cernua,  Nemachüus  harha- 
tulus  (?)  und  Gohio  fluviatiUs  —  Lawegff  (6),  sowie  recht  häufig  in  dem- 
selben des  Sterlets  (Acipenser  rufhemis)  —  (3),  angetroffen.  Ebenfalls 
fand  sie  sich  hier  auch  im  Winterplancton  (7).  In  einer  Arbeit  über 
die  Elemente  der  Relictenfauna  des  Wolgabassins  gibt  Derzhavin  (5) 
ferner  diese  Art  für  die  salzhaltigen  Teile  des  nordwestlichen 
Kaspi-Sees,  für  das  Gebiet  vor  der  Wolgamündung  und  Delta  der 
Wolga,  sowie  ferner  aus  der  Wolga  bei  Kamyschin,  bei  Uslon  un- 
weit Kasan  und  in  der  Kama  bei  Mursicha.  1913  wird  sie  für  fast 
alle  Stellen  der  Wolga  bei  Saratow,  der  Belenskaja  Woloschka  und 
Bucht  Kriwuscha  unterhalb  Saratow  und  dem  Nebenfluß  der  Wolga- 
Irgis  (1,  2)  verzeichnet.  1914  endlich  finden  wir  ähnliche  Angaben 
für  den  Dnjepr  bei  Kiew,  wo  sie  relativ  häufig  entlang  der  Insel 
Truchanow  gegenüber  von  Kiew  gefunden  wurde  (4).  Soviel  wissen 
wir  heute  über  diese  so  interessante  geographische  Verbreitung  von 
Corophium  curvispinum. 

1912  erschien  nun  im  „Zool.  Anz."  die  Beschreibung  einer  „an 
der  nordöstlichsten  Bucht  des  großen  Müggelsees  in  der  Nähe  der 
Försterei  Rahusdorf"  gefundenen  Corophium- k\\  welche  der  Ver- 
fasser (12)  als  C.  devium  n.  sp.  bezeichnet,  da  sie  nach  seiner 
Meinung  keiner  der  bekannten  Arten  zugezählt  werden  kann.  Die 
oben  erwähnten  Süßwasserfiindorte  von  C.  curvispinum  zeigen,  daß 
die  Annahme  vom  Verfasser,  daß  nämlich  eine  Einbürgerung  dieser 
Gattung  in  einem  reinen  Süßwasserbecken,  wie  es  der  Müggelsee 
bei  Berlin  darstellt,  das  erste  derartige  Beispiel  sei,  nicht  ganz 
richtig  ist. 

Schon  früher  in  einem  mündlichen  Gespräch  mit  A.  Derzhavin 
äußerten  wir  uns  dahin,  daß  diese  neue  Art  auffallende  Ähnlichkeit 
mit   unserer  C.  curvispinum  G.  0.  Sars  zeigt.     Das  Auffinden  dieser 


Corophium  curvispinum  G.  0.  Sars.  387 

Art  im  Diijepr  bei  Kiew,  sowie  schon  seit  einiger  Zeit  an  der  Wolga 
unternommenen  Amphipoden-Studien,  sowie  endlich  die  Tatsache, 
daß  fast  alle  diese  genannten  Notizen  über  C.  curvispinum  in  unseren 
Binnengewässern  in  wenig  verbreiteten  russischen  Zeitschriften  und 
oft  noch  ausschließlich  in  russischer  Sprache  veröffentlicht  sind,  ver- 
anlassen mich,  hier  einige  Bemerkungen  über  die  Morphologie,  die 
systematische  Stellung  und  geographische  Verbreitung  dieser  Art  zu 
publizieren,  zumal  ja  über  die  zahlreich  gefundenen  Tiere  dieser  Art 
außer  der  ersten  Beschreibung  von  Saes  (1.  c.)  und  einigen  Be- 
merkungen über  dieselben  aus  dem  Schwarzen  Meer  von  Sowinsky 
(10,  p.  387)  nichts  veröffentlicht  wurde. 

Für  die  freundliche  Zustellung  von  Material  ist  es  mir  eine 
angenehme  Pflicht,  folgenden  Herren  zu  danken:  D.  E.  Belling 
(Kiew),  A,  N,  Deezhavin  (Baku),  Prof.  W.  K.  Sowinsky  (Kiew)  und 
N.  L.  TscHUGUNOFF  (Astrachan). 

Zunächst  nun  einige  der  wichtigsten  hauptsächlich  morphologi- 
schen Bemerkungen  und  Angaben  über  die  einzelnen  Tiere. 

K  a  s  p  i  -  S  e  e. 
(cf.  Fig.  A,  C,  E,  G,  J  und  L.) 

Die  1.  Antenne  des  Weibchens  ist,  so  wie  es  Saks  beschreibt 
und  abbildet,  etwas  weniger  beborstet  als  beim  Männchen.  Am 
ersten  Grundgliede  finden  sich  an  der  Innenseite  gewöhnlich  2  bis 
5  Stacheln,  zuweilen  finden  sich  noch  einige  in  der  Mitte,  dagegen 
fehlt  ein  solcher  meistens  dem  zweiten  Gliede.  Die  Geißel  besteht 
bei  den  Weibchen  aus  10—11  und  bei  den  Männchen  aus  12  bis 
13  Gliedern  (das  kleine  Endglied  mitgerechnet)  und  ist  somit  stets 
länger  als  die  3  Grundglieder  zusammen.  Das  2.  Grundglied  des 
Männchens  ist  gewöhnlich  gleichlang  dem  1.  und  nicht  länger,  wie 
das  nach  der  SARs'schen  Abbildung  scheinen  könnte. 

Die  2.  Antenne.  Am  inneren  Ende  des  3.  Grundgliedes  finden 
sich  bei  dem  Weibchen  gewöhnlich  1-2  Stacheln.  Das  vorletzte 
stark  verbreiterte  Grundglied  trägt  bei  demselben  am  Innenrande 
und  auf  seiner  Innenfläche  eine  Anzahl  Stacheln  (5-6);  an  der 
Endfläche  über  den  2  stets  ausgebildeten  Grundhöckern  an  der 
Basis  des  großen  gebogenen  Zahnes  finden  sich  bei  dem  Weibchen 
gewöhnlich  5  (4—5)  und  bei  den  Männchen  7—8  Borsten.  Das 
letzte  Grundglied,  welches  viel  schmäler  ist  als  das  vorletzte,  trägt 
am  Ende  des  ersten  Drittels  seiner  Länge  einen  mehr  oder  weniger 


388  -^-  Behning, 

kräftigen  Zahn   und   bildet  am  Ende,  besonders  bei  den  Männchen, 
eine  leicht  hervorragende  eckige  Endfläche. 

Die  Coxalplatte  der  I.  Extremität  (1.  Gnathopod)  trägt 
3  lange,  am  Ende  stets  bewimperte  Borsten,  zu  denen  sich  dann 
noch  einige  kleine,  unbewimperte,  2—5,  hinzugesellen.  An  der  End- 
fläche des  6.  Gliedes  dieser  Extremität  findet  sich  eine  Reihe, 
7 — 9,  eigentümlicher,  am  Ende  gespaltener  Borsten. 

Der  D  a  c  t  y  1  u  s  der  II.  E  x  t  r  e  ra  i  t  ä  t  (2.  Gnathopod)  trägt  an 
seiner  Innenfläche  gewöhnlich  2,  höchstens  3  Zähnchen. 

Die  Beborstung  der  III.  u  n  d  IV.  E  x  t  r  e  m  i  t  ä  t  e  n  ist  beim  Männ- 
chen stärker  als  beim  Weibchen.  Dagegen  finden  sich  beim  Weib- 
chen am  1.  Gliede  dieser  Extremitäten  an  der  Innenseite  eine  An- 
zahl langer  Borsten  (bis  10),  welche  am  Ende  des  Gliedes  ent- 
springen, beim  Männchen  sind  es  dagegen  meist  nur  2 — 3. 

D  i  e  V.  u  n  d  VI.  E  x  t  r  e  m  i  t  ä  t  e  n  sind  relativ  schlank  und  eben- 
falls mit  einer  Anzahl  Borsten  versehen. 

Die  Uropoden  sind  von  dem  üblichen  Bau  und  bestehen  aus 
9—16  Gliedern  und  zwar  ist  diese  Zahl  bei  den  verschiedenen 
Uropoden  ein  und  desselben  Individuums  mehr  oder  weniger  kon- 
stant, wie  z.  B. : 

I.  12.10;  14.12 

IL  12.10;  15.13 

III.  12.10;  15.14. 

An  den  distalen  Innenseiten  der  Grundglieder  entspringen  2  Pflöck- 
chen, welche  3 — 4  Zähnchen  an  jeder  Seite  bilden. 

Die  Uropoden  sind  ziemlich  stark  bewaffnet.    Im  allgemeinen 
finden  sich  folgende  Stachel-  und  Borstenzahlen  (3.  Uropod): 
I.  e.  9—10 
i.  7—9 
IL  e.  4—6 
i.  3—6 
III.  9—13  (+  1  kl.  Stachel). 

Die  Pigmentierung  dieser  Tiere  ist,  soviel  das  in  Alkohol  kon- 
servierte Material  erkennen  läßt,  nur  schwach  ausgebildet. 

Wolga-Delta  (ausschließlich  Süßwasser). 

Die  aus  verschiedenen  Teilen  des  Wolga-Deltas  stammenden 
Tiere  stimmen,  obgleich  sie,  wie  gesagt,  augenblicklich  ausschließ- 
lich  im  Süßwasser  leben,   im   allgemeinen   mit  denjenigen  aus  dem 


Corophium  curvispinum  G.  0.  Sars. 


389 


Fig.  A. 


Fiff.  C. 


Fig.  B. 

Fig.  A.     C.  curvispinum  9-    Kaspi-See.     1.  Antenne.    46:1. 

Fig.  B.     C.  curvispinum  deviuni  9-     Dnjepr  bei  Kiew.     1.   Antenne.    46 : 1. 

Fig.  C.     C.  curvispinum  9-    Kaspi-See.    2.  Antenne.     105:1. 


Kaspi-See  überein.  Bei  den  untersuchten  Exemplaren  betrug  die 
Gliederzalil  der  Geißel  der  1.  Antenne  9—11.  Am  Ende  des  vor- 
letzten Grundgliedes  der  2.  Antenne  (über  den  2  Basalhöckern) 
fanden  sich  meist  nur  4  Borsten.  Die  Beborstung  der  Coxalplatte 
der  I.  Extremität  betrug  ebenfalls  stets  3  lange  Borsten  und  2—4 
kleine.  Die  Beborstung  des  3.  Uropodenpaares  war  ebenfalls  stark 
ausgebildet  und  betrug  10—15  Borsten. 


390 


A.  Behning, 


Fig.  E. 


Fig.  F. 


Fig.  G. 


Fig.  H. 


Fig.  J. 


Fig.  K. 


Fig.  D. 


Fig. 

Fig. 

D. 
E. 

I. 

Fig.  F. 
Extremität. 

Fig. 

G. 

Fig. 
105 : 1. 

H. 

II 

Fig.  J.     ( 
Fig.  K. 
Extremität. 

C.  curvispiniim  deviiim  9-     Wolga  bei  Saratow.     105 :  1. 
C.  curvispinum  9-    Kaspi-See.    Coxalplatte  der  I.  Extremität.    105  : 1. 
C.    curvispinum    äevium   9.      Dnjepr    bei    Kiew.     Coxalplatte    der 
105  : 1. 
C.  curvispiniim  9.    Kaspi-See,     I.  Extremität.     105 : 1. 
C.   curvispinum  devium   9.     Dnjepr   bei   Kiew.     9.     I.   Extremität. 

C.  curvispinum  9.     Kaspi-See.     Dactylus  der  II.  Extremität.    105 : 1, 
C.   curvispinum    devium   9-     Dnjepr    bei    KieAv.     9.     Dactylus   der 
105:1. 


Corophium  cnrvispinura  G.  0.  Sars. 


391 


Fiar.  N. 


Fig.  M. 

Fig.  L.  C  curvispinum  9.     Kaspi-See.    3.  Uropod.     105 : 1. 

Fig.  M.  C.   curvispinum  devium  9-     Dnjepr   bei  Kiew.     3.  Uropod.     105 : 1. 

Fig.  N.  C.    curvispinum    devium    9.      Dnjepr    bei    Kiew.      Pflöckchen    der 

2.  Pleopoden.  460  : 1. 

Die  Pigmentierung-  ist  hier  schon  bedeutend  stärker  ausgebildet 
(ebenfalls  Alkoholmaterial). 

Wolga  bei  Saratow. 
(cf.  Fig.  D). 

Schon  gleich  am  Anfang,  als  diese  Tiere  hier  entdeckt  wurden, 
sandte  man  eine  Anzahl  Exemplare  an  Herrn  Prof.  G.  0.  Saes, 
welcher  die  Güte  hatte,  sie  durchzusehen  und  alle  als  Corophium 
curvispinum  G.  0.  Saes  bezeichnete.  Indessen  lassen  sich  bei  ge- 
nauer Durchmusterung  der  Tiere  wohl  bei  sämtlichen  Exemplaren 
mehr  oder  weniger  stärker  ausgebildete  Unterschiede  von  den  Sars- 
schen  Originalen  des  Kaspi-See  nachweisen. 

Die  Zahl  der  Geißelglieder  der  1.  Antenne  beträgt  bei  den 
Weibchen  gewöhnlich  7—8  und  bei  den  Männchen  8—9,  und  somit 
erscheint  hier  die  Länge  derselben  etwa  gleich  lang  derjenigen  der 
3  Grundglieder. 

An  der  2.  Antenne  befindet  sich  am  vorletzten  Grundgliede  ge- 
wöhnlich eine  größere  Anzahl  Stacheln,  5—7,  und  am  distalen  Ende 
des  letzten  Gliedes,  endlich,  befindet  sich  ein  zahnartiger  Vorsprung, 
welcher  der  hier  auch  bei  den  Kaspi-See-Exemplaren  vorhandenen 
Kante  aufsitzt.  Die  Gestalt  und  Größe  dieses  Zahnes  erinnert  an 
diejenige  desselben  am  Ende  des  ersten  Drittels  dieses  Gliedes.  Bei 
den  Männchen  fehlt  dieser  Zahnvorsprung,  indessen  bildet  hier  das 
Ende  eine  stark  hervorstehende  dreieckige  Kante,  w^elche  deutlich 
wahrnehmbar  ist  und  jedenfalls  bei  weitem  größer  erscheint  als  bei 
den  Tieren  aus  dem  Kaspi-See.    Über  den  2  Höckern  an  der  Basis 


392  '^-  Behning, 

des  gebogenen  Zahnes  des  vorletzten  Grundgliedes  finden  sich  ge- 
wöhnlich 3  Borsten. 

An  der  Coxalplatte  der  I.  Extremität  sind  stets  3  lange,  be- 
wimperte und  daneben  3—4  kurze  Borsten  vorhanden.  Die  End- 
fläche des  6.  Gliedes  dieser  Extremität  ist  dagegen  mit  einer  ge- 
ringeren Zähnchenzahl  versehen,  indem  hier  nur  etwa  5 — 7  solche 
am  Ende  jetzt  kaum  noch  gespaltenen  Zähnchen  sich  befinden. 

Am  Dactylus   der  IL  Extremität  finden   sich  2 — 3  Nebenzähne. 

Die  Uropoden  sind  nicht  merklich  verschieden.  Die  Zahl  der 
Borsten  der  üropodenglieder  ist  im  allgemeinen  geringer  und  zwar 
beträgt  sie  etwa  folgende  Werte: 

I.  e.  7—9. 

i.  7—9. 

IL  e.  4—5. 

i.  3—4. 

IIL       7— IL 

Interessant  ist  es  nun,  daß  unter  diesen  Exemplaren  ab  und 
zu  solche  mit,  ich  möchte  sagen,  „regressiven  Mei-kmalen"  vor- 
kommen. So  zeigte  ein  Weibchen  nur  die  übliche  Kante  am  Ende 
des  letzten  Grundgliedes  der  2.  Antenne,  welcher  indessen  der  sonst 
hier  übliche  Zahn  fehlte.  Diesem,  für  den  Beobachter  am  leichtesten 
sichtbaren  Merkmale,  entsprechen  dann  stets  auch  eine  Anzahl 
weiterer,  so  betrug  hier  die  Zahl  der  Geißelglieder  der  1.  Antenne 
10,  diejenige  der  Zähnchen  am  6.  Gliede  der  I.  Extremität  —  7  und 
endlich  diejenige  der  Nebenzähne  am  Dactylus  der  IL  —  2. 

Die  Pigmentierung  der  Tiere  ist  stets  stark  ausgebildet. 

Schwarzes  Meer. 

In  dem  Material  ans  dem  Schwarzen  Meere,  welches  zum  größten 
Teile  aus  den  stark  versüßten  Donau-Limanen  und  -Girlen  stammt, 
lassen  sich  im  allgemeinen  wiederum  dieselben  2  Hauptformen  dieser 
Art  nachweisen,  und  zwar  erinnern  fast  alle  Tiere  aus  demselben 
an  diejenigen  aus  der  Wolga  und  an  die  weiter  unten  zu  schildernden 
Dnjepr-Formen,  dagegen  zeigen  diejenigen  vom  Adschigiolsky  Majak 
z.  B.  Charaktere  der  typischen  Meeresform  des  Kaspi-Sees. 

Bei  den  erstgenannten  Foi-men  beträgt  die  Zahl  der  Geißel- 
glieder der  1.  Antenne  bei  den  Weibchen  —  6 — 8  und  bei  den 
Männchen  —  8 — 10;  somit  erscheint  hier  die  Geißel  gewöhnlich 
etwas  länger  als  die  3  Grundglieder  zusammen. 


Corophium  curvispinum  G.  0.  Sars.  393 

An  der  2.  Antenne  des  Weibchens  befinden  sich  am  Ende  des 
3.  Grundgliedes  eine  und  an  dem  vorletzten  —  3—5  Stacheln.  Vor 
den  2  Basalhöckern  am  Ende  des  vorletzten  Grundgliedes  finden  sich 
3  Borsten  und  am  distalen  Ende  des  letzten  Grundgliedes  —  der 
übliche  zahnartige  Vorspruiig. 

Die  Coxalplatte  der  I.  Extremität  trägt  3 — 4  lange  und  3 — 5 
kurze  Borsten.  Die  Endfläche  des  6.  Gliedes  derselben  —  5 — 7 
Zähne  und  der  Dactylus  der  IL  Extremität  —  3  Nebenzähnchen. 

An  dem  3.  Uropodenpaare  finden  sich  gewöhnlich  9 — 11  Borsten, 
die  Zahl  der  Stacheln  der  2  anderen  beträgt: 

I.  e.  8—9. 

i.  8—9. 

II.  e.  4—5. 

i.  2—3. 

Dagegen  weisen  nun  die  Tiere  vom  Adschigiolsky  Majak  und 
ferner  auch  vereinzelte  aus  den  obenerwähnten  Limanen  tj^pische 
marine  Merkmale  auf,  solche,  wie  wir  sie  bei  denjenigen  aus  dem 
Kaspi-See  kennen  gelernt  haben,  und  zwar:  Zahl  der  Geißelglieder 
der  1.  Antenne  beim  Weibchen  8—9,  Männchen  8 — 10;  2.  Antenne 
ohne  Zahnvorsprung  am  distalen  Ende  des  letzten  Grundgliedes; 
Coxalplatte  der  I.  Extremität  mit  3  -|-  2  —  3  Borsten ;  Endfläche  des 
6.  Gliedes  derselben  mit  7—8  Zähnen;  Dactylus  der  II.  Extremität 
mit  2 — 3  Nebenzähnchen  und  endlich  die  Beborstung  der  Uropoden 
im  allgemeinen  stärker. 

Einige  der  erstgenannten  Abweichungen  der  Schwarzmeer-Tiere 
erwähnt,  wie  gesagt,  schon  Sowixsky  (10.  p.  387),  wie  z.  B.  die  ge- 
ringere Länge  und  Beborstung  der  1.  Antenne. 

Was  die  Pigmentierung  dieser  Tiere  anbetriift,  so  ist  sie  im 
allgemeinen  sehr  schwach  ausgebildet  und  manche  Tiere  erscheinen 
deshalb  hellgelblich. 

Dnjepr  bei  Kiew. 
(cf.  Fig.  B,  F,  H,  K  u.  M.) 

Hier  haben  wir  es  nun  wieder  mit  Tieren  zu  tun.  welche  fast 
durchweg  die  schon  von  der  Wolga  geschilderten  Abweichungen 
aufweisen,  welche  indessen  hier  manchmal  noch  stärker  ausgebildet 
erscheinen. 

Die  Zahl  der  Geißelglieder   der   1.   Antenne    beträgt  bei  den 

Zool.  Jahrb.  XXXYII.    Abt.  f.  Syst.  26 


394  -Ä^'  Behning, 

Weibchen    6-8    und   bei   den  Männchen   7 — 10.     Die   Länge    der 
Geißel  übertrifft  indessen  kaum  diejenige  der  3  Grundglieder. 

An  der  2.  Antenne  finden  sich  beim  Weibchen  am  vorletzten 
Grundgliede  5 — 6  Stacheln.  Über  den  2  Basalhöckern  desselben  — 
3—5  Borsten.  Am  distalen  Ende  des  letzten  Grundgliedes  ist  ge- 
wöhnlich der  zahnartige  Vorsprung  ausgebildet  (es  finden  sich  auch, 
obgleich  nur  selten,  vereinzelte  Tiere  mit  „regressiven  Merkmalen"). 
An  der  Coxalplatte  der  I.  Extremität  finden  sich  3— 4-f  2— 5 
Borsten.  An  der  Endfläche  des  6.  Gliedes  derselben  —  5—6 
Zähnchen. 

Der  Dactylus  der  II.  Extremität  trägt  3 — 4  Nebenzähne. 
Am  3.  Uropodenpaare  finden  sich  8—10  Borsten,  die  Zahl  der- 
selben an  den  2  vorhergehenden  beträgt: 

I.  e.  7—9. 
i.  8—10. 
II.  e.  4—6. 
i.  3—4. 

Die  Pigmentierung  ist  ebenfalls  stark  ausgeprägt. 


Betrachten  wir  nun  jetzt  die  erwähnte  Form  aus  dem  Müggelsee, 
von  welcher  der  Verfasser  (12)  eine  Anzahl  guter  Abbildungen 
liefert,  so  kann  m.  E.  gar  kein  Zweifel  darüber  bestehen,  daß  wir 
es  hier,  wie  schon  oben  angedeutet  war,  mit  der  soeben  geschilderten 
Süßwasserform  des  typischen  C.  mrvispinum  zu  tun  haben,  welche 
ganz  dieselben  Abweichungen  von  dieser  letzteren  aufweist  wie  die- 
jenigen aus  der  Wolga  und  dem  Dnjepr. 

WuKDSCH  (12)  hebt  bei  seinem  C.  devium  folgende  in  Betracht 
kommende  Unterschiede  und  Eigentümlichkeiten  hervor: 

1.  Beborstung  des  ersten  Stammgliedes  der  1.  Antenne. 

2.  „Die  vordere  innere  Gelenkkante  des  5.  Gliedes  —  2.  An- 
tenne —  ist  in  eine  Art  vertikaler  Schneide  vorgezogen,  deren 
untere  Ecke  bei  alten  (^  schwach  zahnartig  vorspringen  kann, 
aber  niemals   den   Charakter   eines   eigentlichen  Zahnes  annimmt." 

3.  Am  4.  Grundgliede  derselben  beim  Weibchen  findet  sich  am 
distalen  Ende  der  gewöhnliche  Zahnfortsatz,  welcher  an  seiner  Basis 
„mit  nur  einem  einfachen  Nebenzahn  versehen;  der  beim  Männchen  stets 
deutlich  vorhandene  2.  Nebenzahn  höchstens  schwach  angedeutet." 

4.  5  kräftige  Dornen  am  4.  Gliede  dieser  Antenne  beim 
Weibchen. 


Corophium  ciirvispiunm  G.  0.  Sars.  395 

5.  „Das  5.  Glied  zeigt  am  Ende  des  1.  Drittels  einen  nur 
schwachen  Zahnvorsprung,  der  Spitze  des  großen  Hauptzahnes  vom 
4.  Gliede  gerade  gegenüber,  ferner  an  der  vorderen  inneren  Gelenk- 
kante an  Stelle  der  beim  ^  vorhandenen  Schneide  einen  kräftigen, 
kurzen,  breiten  Dorn." 

6.  Die  Abbildung  der  I.  Extremität  (fig.  8j  zeigt  (im  Texte 
wird  nichts  darüber  erwähnt)  einige  weitere  Besonderheiten:  starke 
Beborstung  der  Coxalplatte  und  geringe  Zahnzahl  an  der  Endfläche 
des  6.  Gliedes, 

7.  An  der  IL  Extremität:  „Klaue  stark,  nicht  einschlagbar, 
mit  vier  kräftigen,  nach  der  Basis  der  Klaue  zu  an  Länge  abnehmenden 
sekundären  Zähnen  auf  der  konkaven  Seite." 

8.  fig.  15  zeigt  ferner  einen  Uropoden  mit  den  2  üblichen 
Pflöckchen  („gezähnte  Verbindungsstacheln"),  welche  5 — 6  Zähnchen 
jederseits  erkennen  lassen. 

9.  3.  Uropod  „mit  einem  einzigen  kleinen  Dorn  inmitten  von 
sechs  bis  sieben  längeren  einfachen  Borsten".  —  Das  wären  die  in 
Betracht  kommenden  Hauptmerkmale. 

Auf  Grund  dieser  Beschreibung  meint  nun  der  Verfasser,  daß 
diese  Tiere  gewisse  Ähnlichkeiten  mit  C.  nobile  einerseits  (Gesamt- 
habitus und  Proportionen  der  2.  Antenne)  und  C.  monodon  andrerseits 
(3.  Uropod)  aufweisen.  Das  sind  indessen  nur  sehr  geringe  und  durchaus 
partielle  Ähnlichkeiten,  und  der  Verfasser  hat  durchaus  recht,  wenn 
er  diese  Art  mit  keiner  der  genannten  Formen  ganz  identifizieren 
kann.  Ganz  anders  verhält  sich  nun  die  Sache,  wenn  war  die  so- 
eben beschriebenen  Abweichungen  auf  unsere  C.  curvispinum-F ormen 
der  Wolga  und  des  Dnjepr  anwenden.  Ich  will  das  ebenfalls  einzeln 
der  Reihe  nach  tun. 

1.  Die  Beborstung  des  Stammgliedes  der  1.  Antenne  findet  sich 
ebenfalls  auch  hier  derartig  ausgebildet. 

2.  Die  Schneidekante  am  distalen  Ende  des  letzten  Grund- 
gliedes der  männlichen  2.  Antenne  tritt  überall  deutlich  hervor. 

3.  Ich  finde  diese  Angabe  nicht  ganz  genau,  denn,  wie  auch 
fig.  7  auf  p.  753  zeigt,  ist  dieser  2.  Nebenzahn  immerhin  deutlich 
wahrnehmbar,  wenn  er  vielleicht  auch  nicht  immer  so  hervortritt 
wie  der  stets  größere  erste  oder  derselbe  bei  großen  Männchen,  so 
kommt  das  eben  von  seiner  geringeren  Größe,  aber  man  kann  nicht 
sagen  „mit  nur  einem  einfachen  Nebenzahn." 

4.  Die  Bedornung  der  Grundglieder  bei  den  Weibchen  ist  ver- 

26* 


396  '^-  Behning, 

schiedentlich  stark  ausgebildet,  stets   finden   sich  indessen  mehrere 
Stacheln  daselbst  (Ende  des  3.  und  Fläche  des  4.  Gliedes). 

5.  Der  Zahnfortsatz  am  distalen  Ende  des  letzten  Grundgliedes 
ist,  wie  gesagt,  bei  allen  tj'pischen  Süßwasserformen  vorhanden. 

6.  Die  Beborstung  der  Coxalplatte  ist  bei  den  Wolgatieren 
stärker,  am  stärksten  indessen  bei  denjenigen  aus  dem  Dnjepr,  wo 
sich  4  lange,  bewimperte  Borsten  finden.  Jedenfalls  ist  dieselbe 
auch  starken,  individuellen  Schwankungen  unterworfen.  Die  Stärke 
der  eigentümlichen  Bezahnung  der  Endfläche  des  6.  Gliedes  der 
I.  Extremität  nimmt  bei  den  Süßwassertieren  stark  ab  und  beträgt 
nur  noch  5 — 7  Zähne. 

7.  Die  Zahl  der  Nebenzähne  am  Dactylus  der  II.  Extremität  be- 
trägt hier  ebenfalls  mehr  und  zwar  3—4. 

8.  Ich  möchte  behaupten,  daß  die  genannte  Abbildung  des  Ver- 
fassers nicht  ganz  genau  die  wirkliche  Sachlage  wiedergibt  (cf. 
Fig.  N). 

9.  Die  Beborstung  des  3.  Uropoden  ist  ebenfalls  starken  indivi- 
duellen Schwankungen  unterworfen,  indessen  scheint  sie  bei  unseren 
Tieren  etwas  stärker  zu  sein,  wenn  der  Verfasser  auch  wirklich  alle 
am  Endglied  vorhandenen  Borsten  mitgezählt,  wie  wir  es  taten. 

Somit  wäre  also  unsere  Süßwasserform  der  tj^pischen  Kaspi-See- 
C.  curvisinnum  mit  der  von  Wundsch  aufgestellten  C.  devium,  zu 
identifizieren.  Indessen  stimme  ich  nicht  mit  dem  Verfasser  überein, 
wenn  er  dieselbe  zu  einer  neuen  Art  erheben  will ;  meines  Erachtens 
wäre  es  besser  und  mehr  den  vorliegenden  Tatsachen  entsprechend, 
wenn  wir   sie    als  Süßwasservarietät   auffassen   und  dann    also    als 

Corophium  curvispinum  G.  0.  Saes  var.  devium  (Wundsch) 
bezeichnen. 

Es  seien  hier  auf  der  nebenstehenden  Tabelle  kurz  nochmals 
die  Hauptunterscheidungsmerkmale  dieser  2  Formen  dargestellt,  und 
zwar  sind  dieselben  am  deutlichsten  ausgeprägt  einerseits  bei  den 
Formen  aus  dem  Kaspi-See  und  andrerseits  bei  denjenigen  aus  Kiew 
und  wohl  auch  aus  dem  Müggelsee. 

Doch  sind  das  sozusagen  nur  die  Endpunkte  der  uns  heut- 
zutage entgegentretenden  2  verschiedenen  Umbildungsarten,  welche 
sich  mit  einer  Anzahl  Übergaugsformen  noch  deutlich  verbinden 
lassen.  Die  Tatsache,  daß  wir  ab  und  zu  im  Süßwasser  (Dnjepr, 
Wolga,  Limanen  des  Schwarzen  Meeres)  Formen  mit  marinen  Merk- 
malen vorfinden,  welche  hier  meistens  nur  nicht  mehr  so  exti-em 
stark  ausgebildet  erscheinen,  zeigt  uns,  daß  diese  neue  Varietät  sich 


Oorophinm  curvispinum  G.  0.  Sars. 


397 


noch  nicht  ganz  vollständig  umgebildet  hat  und  des  öfteren  darum 
solche  regressive  atavistische  Merkmale  auftreten.  Andrerseits  ist 
das  wohl  ein  Zeichen  dafür,  daß  wir  es  hier  eben  mit  einer  ur- 
sprünglich marinen  Form  zu  tun  haben,  welche  erst  später  in  das 
hier  allm.ählich  versüßende  Wasser  gelangte  und  sich  daselbst  nun 
auch  wohl  im  Laufe  der  Zeit  noch  zu  einer  neuen  Art  umbilden 
wird,  heute  aber  noch  nicht  fertig  ist  mit  dieser  Umbildung,  darum 
auch  nur  als  Varietät  bezeichnet.  Ein  weiterer  Bew^eis  dafür  ist 
auch  die  Tatsache,  daß  im  Kaspi-See  sowohl  auch  in  dem  noch  gar 
nicht  lange  (geologisch  gesprochen)  von  letzterem  abgeteilten  Wolga- 
delta alle  Tiere  ohne  Ausnahme  marine  Charakterzüge  aufweisen, 
ohne  irgendwelche  (wenigstens  bei  denen  aus  dem  Kaspi-See)  Ab- 
weichungen in  der  Richtung  zur  geschilderten  Süßwasserform  zu 
zeig'en. 


Kaspi-See 


Dujepr  bei  Kiew 


Beborstnng  der  AnteDiien 
GeiOel  der  1.  Auteuue  des 

Weibchens 
Letztes  Grniidglied  der  2. 

Antenne  beim  Weibchen 
Coxalplatte  der  I.  Extr. 

Endfläche    des    6.    Gliedes 

daselbst 
Dactylus  der  II.  Extr. 

Beborstnng-  der  Uropoden 
Pigmentierung 


Ziemlich  stark  (Fig.  A) 
Länger  ais  die  Grundglieder, 

Gliederzahl  9—11 
Ohne  Dorn  (Fig.  C) 

Mit    3    langen    und    2—5 

kurzen  Borsten  (Fig-.  E) 

xMit  7—9  Zähnchen  (Fig.  G) 

Mit    2 — 3    Nebenzähnchen 

(Fig.  J) 
Ziemlich  stark  (Fig.  L) 
Schwach 


Nicht  .«ehr  stark  (Fig.  B) 
Nicht  länger  als  die  Grund- 
glieder, Gliederzahl  6 — 8 
Mit  Dorn  (Fig.  D) 

Mit  3 — 4  langen   und  4—5 

kurzen  Borsten  (Fig.  V) 
Mit  5—7  Zähnchen  (Fig.  H) 

Mit    3—4     Nebenzähnchen 

(Fig.  K) 
Nicht  stark  (Fig.  M) 
Stark 


Die  heutige  Verbreitung  dieser  Art  (cf.  die  in  der  Einleitung 
aufgezählten  Fundorte)  erstreckt  sich  demnach  auf  die  Bassins  des 
Kaspi-Sees  und  Schwarzen  Meeres,  wozu  dann  noch  der  Müggelsee 
hinzukommt.  Diese  gegenwärtig  bekannte  Verbreitung  ^)  dieser  Art 
ist  somit  ein  ausgezeichneter  Beweis  für  die  1896  von  Sowinsky 
(11)  vermuteten   Ursprung   und   Herkunft    der  Corophiiden  der  süd- 


1)  Es  wäre  eine  durchaus  lohnende  Aufgabe,  in  dieser  Hinsicht  einmal 
die  in  das  Baltische  Meer  und  die  Ostsee  mündenden  Flüsse  oder  in  diesen 
Bassins  gelegenen  Süßwasserseen  zu  untersuchen.  Leider  konnte  ich  weder 
in  den  Zoologischen  Anstalten  von  Warschau  und  Kiew  noch  in  E-iga 
derartiges  Material  finden. 


398  -^-  Behning, 

russischen  Meere  überhaupt.  Dieser  Autor  nimmt  an,  daß  das  große 
Paläogen-Meer  des  Eocäns  und  Oligocäns  mit  wenigstens  einer  Coro- 
phmm-Ai%  welche  dem  C.  grossipes  nahe  stand,  besiedelt  war.  Von 
Ende  des  Oligocäns  an  verflachte  allmählich  der  mittlere  Teil  dieses 
Meeres,  und  die  Wasser  traten  in  2  Richtungen  zurück:  nach  Süd- 
ost (Ponto-Aral-Kaspi-Bassin)  und  nach  Nordwest  (Baltisches  Bassin). 
In  späteren  geologischen  Epochen  kam  der  südöstliche  Teil  des  ur- 
sprünglich einheitlichen  Meeres  nicht  mehr  in  direkte  Verbindung 
mit  dem  Baltischen  Meere,  obgleich  er  indessen  zuzeiten  (Sarma- 
tisches  Meer)  sich  weit  nach  N^^'  verbreitete. 

Corophium  grossipes  nun  aber,  welches  ja  den  russischen  Coro- 
phiiden  morphologisch  nahe  steht,  ist  im  ganzen  Teil  des  heutigen 
Baltischen  Meeres  sowie  in  der  Nordsee  und  in  den  die  Britischen 
Inseln,  Frankreich  und  Skandinavien  bespülenden  Gewässern  noch 
weit  verbreitet. 

Somit  können  wir  annehmen,  daß  früher,  etwa  zuzeiten  des 
Paläogen  Meeres  eine  Corophium- Xvt  (etwa  C.  grossipes)  weit  vei'- 
breitet  war  und  dann  bei  dem  allmählichen  Rückgang  und  Verteilung 
dieser  Gewässer,  hielt  sich  diese  Art  einerseits  in  den  resultierenden 
kleinen  aber  wohl  noch  mehr  oder  weniger  salzigen  Gewässern,  welche 
dann  später  immer  mehr  versüßten  (in  der  Sarmatischen  Fauna 
finden  sich  nur  noch  solche  Formen,  welche  eine  ziemliche  Versüßung 
vertragen  konnten,  dagegen  fehlen :  Corallen.  Echinodermen,  Cephalo- 
poden  usw.)  und  schließlich  als  die  uns  jetzt  bekannten  Seen  und 
Flüsse  bis  zur  Jetztzeit  erhalten  sind,  andrerseits  drangen  sie  aber 
weiter  in  die  verschiedenen  Endteile  der  neugebildeten  Meere.  Die 
wohl  nicht  mehr  oder  weniger  großen  Unterschiede  in  der  physikalisch- 
chemischen Beschaffenheit  dieser  Gewässer  mit  denjenigen  des  ursprüng- 
lichen einheitlichen  Meeres  A^erursachten  dann  eine  Neubildung  von 
Arten,  welche,  dank  der  ziemlich  langen  Zeit  (geologisch  gesprochen) 
eine  Anzahl  AbAveichungen  hervorbrachten,  wie  wir  sie  heute  in  der 
Oorop/imw -Fauna  des  Schwarzen  Meeres  und  im  besonderen  der- 
jenigen des  Kaspi-Sees  antreifen. 

Saratow,  Biologische  Station,  den  14./27.  Januar  1914. 


Corophinm  curvispiunm  G.  0.  Sars.  399 


Literaturverzeichnis. 


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10.  SowiNSKY,   W.,    Introduction  ä  l'etude  de  la    faune   du  bassin  marin 

Ponto-Aralo-Kaspien  sous  le  point  de  vue  d'une  province  zoo- 
geograpbique  independante,  in:  Mem.  Soc.  Natural.  Kiew,  Vol.  18, 
1904. 

11.  — ^   Sur  la  distribution    geographique    du    genre   Corophium   dans  les 

mers  europeennes,  ibid..  Vol.   15,   1896. 


400  -^-  Behning,  Corophium  curvispinum  G.  0.  Sars. 

12.  WuNDSCH,   H.,  Eine  neue   Species    des  Genus   Corophium  Latr.  aus 

dem  Müggelsee  bei  Berlin,  in:   Zool.  Anz.,   Vol.  39,    1912,  p.  729. 

13.  Zykoff,   W.,    Bericht  über  die  zool.   Untersuchungen  an  der  Wolga 

bei  Saratow  im  Sommer  1901,   in:   Westn.  Rybopr.  1902,   Vol.  17, 
•      p.   686. 

14.  — ,   Die  Biologische  Wolga-Station  und  ihre  Arbeiten  über  die  Wolga- 

fauna, in:   SB.   11.  Kongr.  wiss.  Naturf.  u.  Arzte  St.  Petersburg, 
1901. 

15.  — ,  Materialien  zur  Fauna  der  Wolga  und  Hydrofauna  des  Grouverne- 

ment  Saratow,  in:  Bull.  Soc.  Natural.  Moscou,   1903,  No.   1. 


Nachdruck  verboten 
Übersetzungsrecht  vorbehalten. 


Potamonidenstudien. 

Von 
Dr.  Heinrich  Balss  (München). 

Mit  Tafel  15  nnd  6  Abbildnngen  im  Text. 


Das  Material  zu  der  vorliegenden  Studie  ist  das  Eigentum  teils 
der  Münchener  Zoologischen  Staatssammlung-,  die  dui^ch  die  Herren 
Prof.  Dr.  Kattwinkel,  Kapt.  Michell,  Prof.  L.  Müllee  -  Mainz, 
ScHEEEE  und  Prof.  Dr.  Zugmayee  ein  reiches  Material  an  Süßwasser- 
krabben geschenkt  erhielt,  teils  der  Museen  in  Hamburg-.  Bremen 
und  Moskau.  Die  Bestimmung  der  Potamoniden  wird  durch  die 
neueren  grundlegenden  Arbeiten  von  Miss  Rathbun  u.  A.  Alcock 
wesentlich  erleichtert.  Namentlich  der  letzte  Autor  hat  sich  große 
Verdienste  erworben,  indem  er  neue  Gesichtspunkte  eingeführt  hat, 
durch  die  wir  uns  einem  natürlichen  Sj^stem  in  dieser  Gruppe 
wesentlich  genähert  haben ;  durch  ihn  haben  die  einzelnen  Gattungen 
und  Untergattungen  teilweise  eine  andere  Gruppierung  und  festere 
Charakterisierung  erhalten,  als  sie  sie  früher  gehabt  hatten.  Es 
ergab  sich  daraus  die  Notwendigkeit,  auch  einige  der  schon  früher 
von  F.  DoFLEiN  bestimmten  und  publizierten  Tiere  unserer  Samm- 
lung einer  Revision  zu  unterwerfen  und  ihre  neue  Bestimmung  hin- 
zuzufügen. 2  neue  Arten,  die  ich  anführe,  stammen  aus  dem  wenig 
erforschten  Ann  am  und  sind  durch  den  bekannten  Entomologen 
H.  Feuhstoefee  in  den  Besitz  unseres  Museums  gelangt. 


402  Heinrich  Balss, 

Literaturverzeichuis. 

AlCOCK,     A.  ,     Catalogue    of    the    Indian    Decapod    Crustacea ,    Part    1, 

Bracbyura,  Fase.   2,   The  Potamonidae,   Calcutta   1910. 
Annandale  ,    N.  and  St.  Kemp  ,    The  Crustacea  Decapoda    of  the  Lake 

Tiberias,  in:  Journ.  Asiat.  Soc.  Bengal  (X.  S.),  Vol.  9,  No.  6,  1913. 
DOELEIN,   F.,  Weitere  Mitteilungen  über  decapode  Crustaceen  der  kgl.  bayr. 

Staatssammlungen,    in:    SB.   Akad.   Wiss.   München,   math.-phys.   Kl., 

1900,   p.    120. 
ErATHBUN,  M.,  Les  Grabes  d'eau  douce,  in:   Nouv.  Arch.  Mus    Hist.  nat. 

Paris  (4),     1.  Vol.   6,    1904,    p.    225;     2.    Vol.   7,    1905,    p.    159; 

3.  Vol.  8,   1906,  p.  33. 

1.  JPotamon  potamios  (Olivier)  Eathbun. 

Eathbun,  1904,  p.  257. 
Kemp,  1913,  p.  249. 

Exemplare  von:  Sinai  (Rotes  Meer)  und  See  Tiberias,  Schu- 
bert leg. 

G  e  0  g  r  a  p  h  i  s  c  h  e  V e  r  b  r  e  i  t  u  n  g-.  Unter-Ägypten,  Jordangebiet. 

2.  JPotamoii  fluviatile  gedrosianwn  Alcock, 
Alcock,   1910,  p.  23,  fig.   1. 

Exemplare  von :  Kelat,  Belutschistan,  E.  Zugmayer  leg. 
Geographische  Verbreitung.   Seistan,  Belutschistan,  Pe- 
schawar und  Pandschab-Gebiet. 

3.  Potamoii  ßuviatile  ihericuni  (Marschall  v.  Bieberstein). 

Potamon  ibericvm  Rathbun,    1904,  p.   259,  tab.   9  fig.  4. 
Poiamon  fluriatilc  ihericiun  Kemp,   1913,  p.   251. 
Potamon  fluviatile  rar.   ibericiuu  Alcock,   1910,  p.   21. 

Exemplare  von: 

Ak-Chehir,  Anatolien,  Korb  leg.  1900. 

Wan-See,  Kurdistan,  Kulzer  leg. 

Geographische  Verbreitung.  Kr  im .  Kaspisches  Meer, 
Kleinasien,  Nord-Syrien,  Persien,  Afghanistan,  Dschilam-tal,  Nordwest- 
Indien. 

4.  JPotamon  koolense  Eathbun. 

Potamon  larnaadi  M.  E.  Doflein,   1900,  p.   140. 
Potamon  koolense  Rathbun,    1904,  p.   270,  tab.   10  fig.   1. 
—  Alcock,  1910,  p.  24,  tab,   10  fig.  38. 


Potamonidenstudien. 


403 


Die  von  Doflein  als  P.  larnaucU  bestimmten  Exemplare  aus 
Calcutta  und  Simla  (Himalaja),  die  die  Gebrüder  Schlagintweit  ge- 
sammelt haben,  gehören  zu  dieser  von  Miss  Kathbun  neu  aufge- 
stellten Art. 

Geographische  Verbreitung.     Westlicher  Himalaja. 

5.  Potanion  (Totanionautes)fru7istorferi  n.  sp,  (Taf.  15  Fig.  2). 

1  (^,  Annam,  Phuc  Son.,  50  km  westlich  vom  Hafen  Touranne, 
H.  Frühstorfer  leg. 

Der  Carapax  ist  breit,  seine  Oberfläche  im  allgemeinen  glatt, 
nur  die  vordere  Hälfte  der  Kiemenregion  und  die  laterale  Seiten- 
fläche sind  mit  feinen  schuppenförmigen  Linien  besetzt.  Die  Cervical- 
furche  ist  gut  ausgebildet,  ebenso  zeigen  die  Furchen  der  Cardiacal- 
region  eine  charakteristische  Anordnung. 

Die  Postfrontalcrista  ist  sehr  stark  entwickelt  und  gegenüber 
der  Frontalregion  erhöht;  ununterbrochen  über  die  ganze  Breite 
des  Carapax  hinlaufend,  geht  sie  ohne  jede  Ausbildung  eines  Epi- 
branchialzahnes  in  den  feingezähnelten  Vorderseitenrand  über. 

Die  Stirne  ist  schwach  zweilappig;  ihre  Oberfläche  ist  fein 
granuliert   und  trägt  einen   zarten  medianen  Sulcus.    Der  Orbital- 


Fig.  A.     Carapax  vou  Potamonautes  fruhstorfcri.    2  : 1. 


Fig.  C. 

Abdomen  des  (f  von 

P.  fruhstorferi.     2:1. 


Fig.  B.     Frontalregion  von  P.  fruhstorferi.    2  : 1. 


404  Heinrich  Balss, 

rand  ist  geschwung-en,  der  äußere  Orbitalzahn  wenig  entwickelt, 
der  Unterrand  geschweift,  die  ganze  Orbita  sehr  breit. 

Das  Ischium  der  äußeren  Maxillarfüße  trägt  einen  Sulcus,  die 
Mandibel  einen  dreigliedrigen  Palpus. 

Von  den  Vorderfüßen  ist  der  rechte  etwas  größer  als  der  linke; 
beider  Oberfläche  ist  fein  geschuppt.  Die  Finger  schließen  in  ihrer 
ganzen  Ausdehnung  aneinander;  der  Oberrand  des  Merus  trägt 
keinen  Zahn. 

Die  Schreitbeine  sind  von  normaler  Länge.  Der  Merus  trägt 
oben  eine  scharfe  Crista,  der  Carpus  auf  der  Seite  eine  scharfe  Leiste, 
der  Dactylus   ist  mit  als  Widerhaken  dienenden  Zähnen  besetzt. 

Maße: 

Länge  des  Cephalothorax        26  mm 

Breite  des  Cephalothorax        34 

Höhe  des  Cephalothorax         16 

Länge  des  3.  Schreitbeines  54 
Verwandtschaft.  Unsere  Form  wird  durch  die  starke  Aus- 
bildung der  Postfrontalcrista  deutlich  als  eine  besondere  Art  cha- 
rakterisiert. Am  nächsten  steht  sie,  wie  mir  scheint,  dem  Potamon 
longipes,  A.  M.  E.,  bei  dem  aber  die  Crista  nicht  in  den  Seitenrand 
übergeht,  sondern  vorher  endet.  Möglicherweise  gehört  aber  P.  fruh- 
storferi  in  die  Variationsbreite  dieser  Art.  P.  longipes  stammt  aus 
Cochinchina. 

6.  JPotanionautes  lirrangensis  Rathbun. 
Rathbun,   1905,  p.   169,   1904,  tab.   14  fig.  8. 

1  $  Kituru,  Oberer  Lualabi  (Oberlauf  des  Kongo),  Katanga-Gebiet, 
Kapt.  MiCHELL  leg. 

Geographische  Verbreitung.  Das  einzige  bisher  be- 
kannte Exemplar  stammte  von  Lirranga,  am  Zusammenfluß  des 
Kongo  und  des  Ubangi. 

7.  Potanwnautes  reicJiavdi  Hilgendorf. 
Rathbun,   1905,  p.   166  (das.  Literatur). 

Mehrere  ^i^  u.  $$  von  Girdalo,  Ruwana-Steppe,  Kattwinkel  leg. 
27.  Jan.  1911. 

G  e  0  g  r  a  p  h  i  s  c  h  e  V  e  r  b  r  e  i  t  u  n  g.  Der  Fundort  der  typischen 
Exemplare  war  wahrscheinlich  südlich  von  Tabora  (Deutsch  Ost- 
Afrika). 


Potamouidenstudien.  405 

8.  Potanionautes  latidactyliis  de  Man, 

Eathbun,   1905,  p.   190,  tab.   16  fig.   7. 

Viele  Exemplare  von  Liberia,  Scherer  leg. 
Bestimmte  Fundorte:  Fulba,  Mesurado  Cap. 
G  e  0  g  r  a  p  h  i  s  c  h  e  V  e  r  b  r  e  i  t  u  n  g.    Liberia  Tin d  Guinea. 

9.  Potanionautes  aubrtji  (Milne  Edwards). 
Rathbun,   1905,  13.   191;   1904,  tab.  17  fig.  3,   4,  7. 

Exemplare  von: 

Benin,  Süd-Nigeria,  Kapt.  Manger  leg.,  Mus.  Hamburg. 

Wari  am  Benin-Fluß,  Süd-Nigeria,  Kapt.  Manger,  Mus.  Hamburg. 

Sumpf  bei  Kokotown,  Benin-Fluß,  Kapt.  Manger,  Mus.  Hamburg. 

Duala,  Kamerun,  Kapt.  Manger,  Mus.  Hamburg. 

Bibundi,  Kamerun,  M.  Retzloff  leg.,  Mus.  Hamburg. 

Victoria,  Kamerun,  E.  Fickendey,  Mus.  Hamburg. 

Mukonje-Farm,  Kamerun,  R.  Rhode  leg.,  Mus.  Hamburg. 

Herr  E.  Fickendey  von  der  Versuchsanstalt  für  Landeskultur 
in  Victoria  gibt  folgende  Notiz:  „Die  gemeinste  Art,  nicht  eßbar. 
Als  pflanzenschädlich  habe  ich  die  Krabbe  bei  Mais  beobachtet,  sie 
schneidet  die  jungen  Pflanzen  ab." 

Geographische  Verbreitung.  Rathbun  erwähnt  die  Art 
von  Togo,  Kamerun,  Gabon  etc. 

10.  Fotanio flaute s  decazei  (A.  Milne  Edwards). 
Rathbun,   1905,  p.   197;   1904,  tab.  16  fig.  3. 

Exemplare  von: 
Togo,  Graf  Zech  leg. 

Victoria,  Kamerun,  E.  Fickendey  leg.,  Mus.  Hamburg. 
Kiliwindi,  Nordwest-Kamerun,  E.  Lautsch  leg.,  Mus.  Hamburg. 
Kap  Lopez,  Franz.  Kongo,  C.  Manger  leg,,  Mus,  Hamburg, 
Elefantensee,  Kamerun,  R,  Rohde  leg,,  Mus.  Hamburg. 
Mukonje-Farm,  Kamerun,  R.  Rohde  leg.,  Mus.  Hamburg. 
(Bemerkung  von  E.  Fickendey:  „Eßbare  Landkrabben".) 
Geographische  Verbreitung:  Rathbun  erwähnt  die  Art 
vom  französischen  Kongo-Gebiet. 

11.  Potamiscus  sp, 

Potamon  (Geotelphusa)  ohtusipes  Doflein,   1900,    p,    141,    nee   Potamon 
obtusipes  Stimpson,  in:  Eathbun,  1905,  p,  207, 


406  Heinrich  Balss, 

Die  von  den  Gebrüdern  Schlagintweit  gesammelten  und  von 
DoFLEiN  unter  dem  oben  erwähnten  Namen  publizierten  Exemplare 
gehören  zu  der  von  Alcock  1910  aufgestellten  Untergattung  Fota- 
miscus  und  stehen  dem  P.  tumidulum  Alc,  der  von  Sikkim  stammt, 
nahe;  sie  unterscheiden  sich  von  ihm  durch  den  völligen  Mangel 
einer  Geißel  an  den  3.  Maxillarfüßen  und  durch  eine  der  Cervical- 
furche  parallellaufende  Furche,  nahe  dem  Anterolaterolateralrande 
des  Carapax.  Die  Exemplare  stammen  wohl  sicher  aus  dem  Hoch- 
lande Indiens,  nicht  von  Calcutta. 

12.  Geotelphiisa  macropus  Rathbun. 
Rathbun,   1905,  p.   221,   1904,  tab.   18  fig.   1. 

1  cJ,  3  ??,  Esosung,  Bakossi-Gebirge,  Bezirk  Johann-Albrechts- 
höhe, Kamerun,  1060  m  Höhe,  C.  Räthke  leg. 

Geographische  Verbreitung.  Die  Art  ist  bisher  nur  in 
einem  Exemplare  von  der  Mündung  des  Mesurado,  bei  Monrovia 
(Liberia)  bekannt. 

13.  Geotelphusa  annamensis  n,  sp.  (Taf.  15  Fig.  1). 

Viele  Exemplare,  Annam,  Phuc-Son,  Frühstoefek  leg. 

Der  Carapax  ist  breit  und  von  vorn  nach  hinten  stark  konvex. 
Seine  Länge  beträgt  etwa  ^'/^  der  Breite,  seine  Dicke  ist  nicht  be- 
deutend; die  Oberfläche  ist  für  das  unbewaffnete  Auge  glatt,  mit 
der  Lupe  gewahrt  man  eine  feine  Punktierung.  Die  Cervicalfurche 
fehlt  völlig  (Fig.  D). 

Die  Stirne  ist  schmal,  ihre  Breite  beträgt  etwa  ^5  von  der 
des  Carapax;  sie  ist  stark  herabgebogen  und  von  schwach  zweilappiger 
Form,  in  der  Mitte  trägt  sie  einen  feinen  Sulcus. 

Die  Orbiten  sind  breit,  mit  gewellten  Rändern;  ihr  Oberrand 
ist  fein  gezähnt,  ein  Außenzahn  schwach  entwickelt,  eine  ventrale 
Lücke  fehlt  fast  völlig. 

Der  Anterolateralrand  des  Carapax  weist  eine  feine  Zähnelung 
auf,  ein  eigentlicher  Epibranchialstachel  fehlt. 

Epigastricale  und  postorbitale  Crista  sind  keine  vorhanden. 

Das  Abdomen  des  ^  zeigt  die  Figur  E. 

Die  Mundteile  sind  die  für  Geotelphusa  typischen;  der  Mandi- 
bularpalpus  besteht  aus  3  Gliedern  (Fig.  F). 

Die  Scherenfüße  sind  etwas  ungleich,  die  Oberfläche  von  Schere 
und  Carpus  sind  glatt,  der  Merus  ist  fein  gekörnt.    Die  Kanten  des 


Potanionideustutlien. 


407 


Merus  tragen  feine  Zähne,  ferner  stehen  am  distalen  Ende  der 
Unterseite  noch  2  größere  Zähne.  Der  Carpus  trägt  einen  größeren 
Dorn. 

Die  Pereiopoden  sind  sehr  lang  und  dünn;  das  3.  Paar  ist 
doppelt  so  lang  als  die  Breite  des  Carapax  beträgt;  die  einzelnen 
Glieder  sind  glatt,  Dactylus  und  Propodus,  teilweise  auch  der  Carapax, 
tragen  feine,  als  Widerhaken  dienende  Zähnchen. 


Fig'.  E.     Abdomen   des  o^ 
vou  G.  annauiensis.    2  : 1. 


Fig.  D. 

Carapax  von  Geotelphusa  annamensis. 

2:1. 


Fig.  F.    3.  Maxillarfuß 
von  G.  annamensis. 


Verwandtschaft.  Am  nächsten  steht  unserer  Art  der  Geotel- 
phusa araneus  Rathbun  von  Französich  Indochina;  leider  ist  diese 
Beschreibung  mangelhaft,  auch  fehlt  eine  Abbildung  völlig.  Mög- 
licherweise sind  beide  Formen  identisch;  als  Unterschiede  finde  ich 
den  Bau  der  Orbiten.  die  glatte  Oberfläche  des  Carapax.  das  Fehlen 
eines  eigentlichen  Epibranchialzahnes  etc.  bei  unserer  Art. 

Maße  (eines  erwachsenen  Weibchens): 
Länge  des  Carapax  29  mm 

Breite  des  Carapax  38 

Länge  des  3.  Pereiopoden       80 


408  Hei>-rich  Balss. 

14.  Paratelphiisa  (Paratelpliusa)  hlanforäi  Alcock. 
Alcock,   1910,  p.   75.  fig.    16. 

Viele  (^(^  iiiid  ??  (ohne  Eier).  Kedj.  Mekraii  (Balutschistan), 
E.  ZuGMATEE  leg.,  22.  Juni  1911. 

Geographische  Verbreitung.  Die  Form  ist  bisher  nur 
aus  Balutschistan  bekannt. 

15.  Paratelphusa  {OzioteJphusa)  houvieri  Eathbux. 

Potamon  houvicri  E,athbun,   1904,  p.   293  (ubi  Syn.),  tab.    12  fig.   5. 
Paratelphusa  houvieri  Eathbüx.  Alcock,  1910,  p.   100,  fig.  61. 

Mehrere  Exemplare,  Nagasaki.  Museum  Moskau. 

Ich  habe  diese  Formen  mit  indischen  Exemplaren  verglichen 
und  finde  keine  Unterschiede  außer  in  der  Größe;  die  japanischen 
Tiere  sind  nämlich  alle  klein  und  messen  nur  16  mm  in  der  Länge 
und  20  mm  in  der  Breite. 

Geographische  Verbreitung.  Die  Art  war  bisher  nur 
aus  Mauritius,  Ceylon  und  Indien  bekannt. 

16.  Paratelphusa  sinensis  MilneEdwaeds. 

Kathbux.   1905,  p.  241. 
Alcock,  1910,  p.  76.  fig.  54. 

Exemplare  von: 

Annam  Phuc-Son,  H.  Feuhstoeeee  leg. 

Tonkin,  MontesManson.  Gi^euzgebirge  gegen  die  Provinz  Kwangsi. 
östlich  von  Langsi.  2—3000  m  Höhe.  H.  Feuhstoeeee  leg, 
Tonkin,  Thon  Moi.  H.  Feuhstoeeee  leg. 
Tungku,  bei  Canton.  Schauixsland,  1906. 
Geographische  Verbreitung.     Von  Burma  bis  China. 

17.  Paratelphusa  {BavyteJphusa)  Jacqnentontii  Eathbux, 

Potamonaies  jacquemontü  Eathbux,    1905,  p.   185,  tab.   16  fig.    1  u.  5, 
Paratelphusa  jacquemontü  Rathbux',  Alcock,   1910,  p.   79,  fig.   55. 
Potamon  {Poiamonantes)  indicum  Late.  partim,  Doeleix,    1900,  p.   140. 

Die  von  den  Gebrüder  Schlagixtweit  in  Jabalpur  (Prov.  Malva), 
Zentral-Indien,  gesammelten  Formen  gehören  zu  dieser  Art. 

G  e  0  g  r  a  p  h  i  s  c  h  e  V  e  r  b  r  e  i  t  u  n  g.  Die  Art  ist  in  ganz  Indien 
verbreitet. 


PotaiHoiiidenstndien.  409 

18.  Paratelphusa  {Bavutelplinsa)  ruffosa  Kingsley. 

Poiamon  viflatiwi  M.Edw.,  Doflein,   1900,  p.    141. 

Potamon  rugosiis  Kingsley,  Rathbun,  1905,  p.  296,  tab.    12  fig.   7. 

1  ^,  Nord-Ceylon,   Reisfelder  bei  Candelay,  Juni  1887,   Fkuh- 

STOREER    leg. 

Das  von  Doflein  unter  dem  obigen  Namen  in  die  Literatur 
eingeführte  Exemplar  gehört  zu  Kingsley's  Art;  da  der  Palpus  der 
Mandibel  nur  zweigliedrig  ist,  so  gehört  die  Form  zur  Gattung 
Paratelphusa.  und  zwar  in  den  Kreis  der  P.  edenüda  Alc,  napaca 
Alc.  etc. 

Geographische  Verbreitung.   Ceylon. 

Trincomalee  (?). 

19.  Pseudotelphusa  agassizil  M.  Rathbun. 

Rathbun,  1905,  p.  292. 

3  9$,  Peixe-boi  bei  Paru,  April  bis  Juni  1910,  Prof.  Müller- 
Mainz  leg. 

Geographische  Verbreitung.  Para  (Brasilien). 

20.  Trichodavtylus  {Dlloccwcinus)  ovhlcularis  (Meuschen). 

Orthostoma  scptemdentatum  Herbst. 
Rathbun,  1906,  p.  58,  tab.  18  fig.  3  u.  8. 

Mehrere  Exemplare,  gesammelt  auf  Marajö,  von  Prof.  Müller- 
Mainz. 

1.  Fazenda  „Menino  Jesus",  1.— 10.  Febr.  1910. 

2.  Cachoeira,  14.  Febr.  1910. 

Einige  der  Weibchen  tragen  Embryonen  unter  dem  Abdominal- 
schilde. 

Geographische  Verbreitung.  Brasilien,  Paraguay,  Nord- 
Argentinien. 

21.  Trichodacti/lus  (DUocarcinus)  picttis  M.  Edw. 

Rathbü:n,   1906,  p.  62,  tab.  19  fig.  9. 

1  c^,  gesammelt  in  Peixe-boi  bei  Para  im  April  bis  Juni  1910, 
von  Prof.  Müller- Mainz. 


410  Heineich  Balss,  Potamouidenstudien. 

Es  unterscheidet  sich  von  den  tj-pischen  Exemplaren  durch  fol- 
gende Merkmale: 

1.  Am  Merus  des   großen  Scherenfußes  stehen  nur  am  distalen 
Gelenk  am  oberen  Rande  2  Höcker. 

2.  Am  Vorderseitenrande  des  Carapax  sind  nur  3  Zähne  —  außer 
dem  Orbitalzahn  —  vorhanden, 

G  e  0  g  r  a  p  h  i  s  c  h  e  V  e  r  b  r  e  i  t  u  n  g.   Franz.  Guayana,  Amazonas, 
Brasilien,  Paragua3\ 


Erklärung  der  Abbildungen. 


Tafel   15. 

Fig.   1.      Geotelphusa  annamensis  n.  sp.      1:1. 
Fig.  2.     Potamonautes  fruhstorferi  n.  sp.     1:1. 


G.  Pätz'sche  Buchdr.  Lippert  &  Co.  G.  m.  b.  H.,  Naumburg  a.  d.  S. 


ZoologJahrbä(Aer  Bd.  37  Abt.  f  Syst. 


TafU. 


Zoolog.Jahrbücher  Bd-37  Abt.  f  Syst. 


Taf13. 


Verlag  von  Gustav  f  ischer  in  Je 


Lith.Anst.P  Weise,  Je 


Zoolo^Jahiiücher  Bd.37  Abt.  f  Syst. 


Taf  /«: 


Lilh.Anst.  P  Weise,  Jena. 


Zoolog.  Jahrbücher  Bd.  37  Abt.  f.  Syst. 


Taf.  15. 


Balss. 


Verlag  von  Gustav  Fischer  in  Jena. 


Nachdruck  verboten. 
Ubersetztmgsrecht  vorbehalten. 


Vogelcestoden  aus  Eussisch  Turkestan. 

Von 

K.  I.  Skrjabiu,  Veterinärarzt. ^) 

(Aus  dem  Zoologischen  Laboratorium  der  Universität  Neuchätel.) 

Mit  Tafel  16-27  und  4  Abbildungen  Im  Text 


Inhalt. 
Einleitung. 
Systematische  Bearbeitung. 

A.  Farn.  Davaineidae  Fuhrm. 

a)  Subfam.   Davaineinae  M.  Ben. 

I.   Gen.  Davainea  Blanch. 

1.  —  sartica  n.  sp. 

2.  —  micracantha  FuHEM. 

3.  —  tetragoyia  Molin 

4.  —  cesiicillus  Molin 

5.  —  penetrans  Baczynska 

b)  Subfam.   Idiogeninae  Fühkm. 

II.  Gen.  Idiogenes  Keabbe 

6.  —  fJagelkon  Goeze 

III.  Gen.   Cliapmcmia  Monticelli 

7.  —  tapika  Cleec 

IV.  Gen.  Schisio7neira  Cholodkowsky 

8.  —  conoides  Bloch 

B.  Farn.  Dilepinidae  FuHEMANN 
a)   Subfam.  Dilepininae  FuHBM. 

V.  Gen.  Dilepis  "VVeinl. 

9.  —  scoleciua  RuD. 

1)  In  der  Kriegszeit  ohne  Korrektur  des  Verf.  gedruckt. 

Der  Herausgeber. 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  27 


Nachdruck  verboten. 
ÜbersetzungsrecJit  vorbehalten. 


Vogelcestoden  aus  Eussisch  Turkestan. 

Von 

K.  I.  Skrjabin,  Veterinärarzt. ^) 

(Aus  dem  Zoologischen  Laboratorium  der  Universität  Neuchätel.) 

Mit  Tafel  16-27  und  4  Abbildungen  Im  Text. 


Inhalt. 
Einleitung. 
Systematische  Bearbeitung. 

A.  Fam.  Davaineidae  Fuhrm. 

a)  Subfam.   Davaineinae  M.  Ben. 

I.   Gen.  Davainea  BlancH. 

1.  —  sartica  n.  sp. 

2.  —  micracantha  FüHRM. 

3.  —  tetragona  Molin 

4.  —  cesticillus  Molin 

5.  —  penetrans  Baczynska 

b)  Subfam.  Idiogeninae  FuHRM. 

II.  Gen.  Idiogenes  Krabbe 

6.  —  flagellum  Goeze 

III.  Gen.   Chapmania  Monticelli 

7.  —  tapika  Clerc 

IV.  Gen.   Schistometra  Cholodkowsky 

8.  —  conoides  Bloch 

B.  Fam.  Dilepinidae  Fuhrmann 
a)  Subfam.  Dilepininae  FüHRM. 

V.  Gen.  Dilepis  AYeinl. 

9.  —  scolecina  RuD. 


1)  In  der  Kriegszeit  ohne  Korrektur  des  Verf.  gedruckt. 

Der  Herausgeber. 

Zool.  Jahrb.  XXXVI[.    Abt.  f.  Syst.  27 


412  K.  I.  Skejabin, 

VI.  Gen.   Ano7notaenia  CoHN 

10.  —  stentorea  Fröhl.  (=  variabilis  EuD.). 

11.  —  microphallos  Krabbe 

12.  —  glohnlus  Wedl 

13.  —  constrida  MoLlN 

14.  —  otidis  n.  sp. 

VII.  Gen.   Choanotaenia  Raill. 

15.  —  fuhrmcmni  ti.  sj). 
VIII.  Gen.    Cyclorchida  FüHRM. 

16.  —  omaloncristrota  Wedl 

b)  Subfam.  Dipylidiinae  E.AILL. 

IX.  Gen.  Monopylidium  Führm. 

17.  —  infundibulum  Bloch 

18.  —  cingulifera  Krabbe 

19.  —  gaJbulae  Zed. 

c)  Subfam.  Paruterinae  Führm. 

X.  Gen.  Paruterina  FuHRM. 

20.  —  cholodkowskii  n.  sp. 
XI.  Gen.  Biuterina  Fuhrm. 

21.  —  dunganica  n.  sp. 

XII.  Gen.  Rhahdometra  Cholodkowski 

22.  —  nigropunctata  Crety 
C.  Farn.  Hymenolepinidae  FuHRM. 

Xni.  Gen.  Äploparaksis  Clerc 

23.  —  furcigera  E,UD. 

24.  —  disae  n.  sp. 
XIV.  Gen.  Diordiis  Clerc 

25.  —  acuminata  Clerc 

26.  —  aviericana  Ransom  var.  turkesianica  n. 
XV.  Gen.  Hymenolepis  Weinl. 


27. 

—  carioca  Mag. 

28. 

—  rugosa  Clerc 

29. 

—  villosa  Bloch 

30. 

—  megalops  Crepl. 

31. 

—  lanceolata  Bloch 

32. 

—  creplini  Krabbe 

33. 

—  Setigera  Fröhl. 

34. 

—  coronula  DuJ. 

35. 

—  compressa  Linton 

36. 

—  solowiowi  n.  sp. 

37. 

—  rar  US  n.  sp. 

38. 

—  longicirrosa  Fuhrm, 

39. 

—  przewalski  n.  sp. 

40. 

—  sp. 

41. 

—  sp. 

42. 

—  sp. 

Vogelcestoden  aus  Russisch  Turkestan.  413 

XVI.  Gen.  Hymenofimhria  n.  g. 

43.  —  merganseri  n.  s]). 
XVII.  Gen.  Fimbriaria  Fröhl. 

44.  —  fasciolaris  Pall. 

XVIII.  Gen.  Diploposthe  Jacobi 

45.  —  laevis  Bloch 
D.  Fam.  Taeniidae  Peer. 

XIX.  Gen.   Gladotaenia  CoHN 

46.  —  cylindracea  Bloch 
Gefundene  Abnormitäten. 

Tabellarische    Übersicht    der    bisher    aus    Russisch    Turkestan    bekannten 
Vogelcestoden. 

Einleitung. 

Vorliegende  Arbeit  ist  unter  der  liebenswürdigen  Leitung  von 
Herrn  Prof.  Dr.  0.  Fuhrmann  im  Zoologischen  Laboratorium  der 
Universität  zu  Neuchätel  (Schweiz)  ausgeführt  worden.  Sie  er- 
scheint als  Versuch  zur  Bearbeitung  der  Vogelcestoden,  die  ich  in 
den  Jahren  1908 — 1911  in  Russisch  Turkestan  (Aulie-Ata  im  Syr- 
Darja-Gebiet)  gesammelt  habe. 

Diese  Arbeit  kann  also  als  unmittelbare  Fortsetzung  meiner 
Veröffentlichungen  über  die  Trematoden  und  Acanthocephalen  der 
turkestaner  Vögel  angesehen  werden  (s.  Zool.  Jahrb.,  Vol.  35,  Syst., 
1913,  p.  351  u.  403). 

Die  Vogelcestodenfauna  von  Russisch  Turkestan  ist  bis  jetzt  nur 
von  Krabbe  (41)  behandelt  worden,  dem  das  von  Fedschenko  auf 
seiner  turkestaner  Reise  1868—1871  gesammelte  Material  zur  Ver- 
fügung stand.  Außerdem  hat  Solowiow  in  seiner  Arbeit  (69)  zwei 
Vogelcestodenarten,  die  ich  ihm  1910  übersandte,  erwähnt. 

Ich  beschreibe  hier  46  Arten  von  Vogeltäiiien,  die  19  Gattungen 
angehören  und  die  ich  bei  26  verschiedenen  Wirten  gefunden  habe. 
Unter  diesen  Parasiten  habe  ich  1  neue  Gattung,  10  neue  Arten 
und  1  neue  Varietät  feststellen  können,  und  zwar:  Bavainea  sartica 
n.  sp.  aus  Corvus  corone,  Anomotaenia  otidis  n.  sp.  aus  Otis  tetrix, 
Choanotaenia  fuhrmanni  n.  sp.  aus  Circus  cinereus,  Paruterina  cholod- 
JcoivsMi  n.  sp.  aus  Otomela  romanoivi  Bogd.,  Biuterina  dunganica  n.  sp. 
aus  Oriolus  galhda,  Aploparaksis  elisae  n.  sp.  aus  Fuligula  nyroca, 
DiorcMs  americana  Ransom  var.  turJcestanica  n.  var.  aus  Gallinula 
cJdoropus,  Hymenolepis  solowioivi  n.  sp.  aus  Fuligula  nyroca,  Hymeno- 
lepis  rarus  n.  sp.  aus  Fuligula  rufina  (Blinddarm),  Hymenolepis  prse- 
walsMi  n.  sp.  aus  Anser  anser  L.  und  Hymenofimbria  merganseri  n.  g. 
n.  sp.  aus  Mergus  merganser. 

27* 


414  K.  I.  Skrjabin, 

Außerdem  beschreibe  ich  hier  einige  Parasiten,  die  bis  jetzt 
noch  nicht  genügend  bekannt  waren. 

Bei  der  Untersuchung  der  letzteren  stellte  es  sich  heraus,  daß 
einige  Arten  zu  ganz  anderen  Gattungen  und  sogar  Familien  ge- 
rechnet werden  müssen,  als  bis  jetzt  angenommen  wurde.  Das  ist 
der  Fall  mit  Choanotaenia  galhulae  Zed.,  die  sich  als  tj^pischer  Ver- 
treter der  Gattung  Monopylidnim  Fuhrm.  erwies,  und  mit  Schistometra 
togata  Cholodkowskt,  welche  nicht  zu  den  Düepinidae,  sondern  zu 
den  Davaineidae  gerechnet  werden  muß. 

Andrerseits  konnte  festgestellt  werden,  daß  einige  Parasiten,, 
die  bisher  als  verschiedene  Arten  betrachtet  wurden,  als  Synonyme 
angesehen  werden  müssen :  so  erwies  sich,  daß  Hymenolepis  mega- 
rostellis  Solowiow  1911  identisch  mit  Hymenolepis  compressa  Linton 
1892  wie  auch  daß  Schistometra  togata  Cholodkowsky  1912  als  Sy- 
nonym der  Taenia  conoides  Bloch  1782  angesehen  werden  muß. 

Besondere  Aufmerksamkeit  habe  ich  auf  die  Abbildungen  meiner 
Präparate  verwendet,  da  eine  gute,  genaue  Zeichnung  den  Para- 
siten oft  besser  als  eine  lange  Beschreibung  charakterisiert. 

Das  interessanteste  Exemplar  meiner  Sammlung  ist  zweifellos; 
Hymenoflmhria  merganseri  n.  g.  n.  sp.,  welches  eine  Mittelform  zwischen 
2  Gattungen,  Hymenolepis  Weinl.  und  Fimbriaria  Feöhl.,  bildet. 
In  seiner  unlängst  erschienenen  Arbeit  hat  Fuhemann  die  Ver- 
wandtschaft der  Gattungen  Fimbriaria  imd  Hymenolepis  festgestellt; 
meine  neue  Gattung  bildet  nicht  nur  einen  Beweis  für  die  Richtig- 
keit dieser  Annahme,  sondern  stellt  eine  sehr  nahe  Verwandtschaft 
zwischen  den  beiden  oben  genannten  Gattungen  fest,  weil  sich 
Hymenofmibria  merganseri  nach  dem  Bau  der  Muskulatur  und  des 
Excretionsapparats  der  Gattung  Fimbriaria,  nach  dem  der  Genital- 
organe dagegen  der  Gattung  Hymenolepis  nähert. 

Von  den  übrigen  interessanten  Arten  erwähne  ich  nur  Parti- 
terina  cholodkoivsJäi  n.  sp.,  die  eine  Übergangsform  von  Paruterina  zu 
Biuterina  zu  bilden  scheint,  und  Aploparahsis  elisae  n.  sp.,  deren 
Scolexbewatfnung  sich  derjenigen  der  Gattung  BiorcMs  Clerc  nähert.. 

Bei  der  Art  Diploposthe  laevis  Bloch  gelang  es  mir,  das  Ein- 
kapseln der  Eier  in  den  reifen  Gliedern  zu  beobachten.  Bei  den 
ganz  alten  Proglottiden,  bei  welchen  die  Muskulatur  teilweise  atro- 
phiert  war,  konnte  man  eine  Wanderung  der  Eier  zur  Peripherie 
und  deren  vollständigen  Abgang  in  den  Darm  des  Wirtes  feststellen. 

Für  eine  ganze  Reihe  von  Parasiten  habe  ich  neue  Wirte  ge- 
funden. 


Vogelcestoden  aus  Russisch  Turkestan.  415 

Ich  gebe  hier  Bestimmiing'stabellen  einiger  Parasitengruppen, 
die  mit  den  von  mir  gefundenen  Arten  verwandt  sind. 

Die  beigefügte  summarische  Tabelle  enthält  alle  bis  jetzt  aus 
Russisch  Turkestan  bekannten  Vogelcestoden  nach  ihren  Wirten  ge- 
ordnet (nach  meiner  und  der  FEDscHENxo'schen  Sammlung). 

Leider  kann  ich  nur  die  Beschreibung  von  46  Cestodenarten 
geben,  da  die  übrigen  auf  dem  schwierigen  Transport  so  gelitten 
hatten,  daß  sie  sich  als  untauglich  zur  wissenschaftlichen  Bearbei- 
tung erwiesen. 

Ich  ergreife  die  Gelegenheit,  um  Herrn  Prof.  Dr.  0.  Fuhrmann 
meinen  tiefgefühlten  Dank  für  seine  wertvolle  Mitwirkung  in  der 
Bearbeitung  meines  Materials  auszusprechen.  Er  hat  mir  nicht  nur 
wertvolle  wissenschaftliche  Hinweise  gegeben,  sondern  auch  seine 
reiche  Sammlung  zur  Verfügung  gestellt. 

Neuchätel,  3.  Januar  1914. 


Systematische  Bearbeitung. 

'     A.  Fam.  Davaineidae  Fuhem. 
a)  Subfam.  Davaineinae  M.  Ben. 

I.  Gen.  Davainea  Blanch. 

In  meiner  Sammlung  fanden  sich  5  Vertreter  dieser  Gattung, 
von  denen  einer  (Davainea  sartica  n.  sp.)  sich  als  neue  Art  erwies; 
für  Davainea  micracantha  Fuhem.  beschreibe  ich  hier  einen  neuen 
Wirt,  Columha  livia  L.;  außerdem  gebe  ich  hier  eine  vollständigere 
Beschreibung  des  letzten  Parasiten,  der  neuerdings  aufgestellten 
Davainea  penetrans  Baczynska. 

1.  Davainea  sartica  n,  sp, 

(Fig.  1-4.) 

Bis  in  die  jüngste  Zeit  ist  bei  den  Vögeln  der  Familie  der 
Corvidae  nur  eine  Art  der  Gattung  Davainea  beschrieben  worden, 
und  zwar  Davainea  corvina  Fuhem.  1905  aus  Corvus  culminatus  und 
Corvus  macrorhynchus  von  Ceylon  und  Slam.     Im  Sommer  1908  habe 


416  .  K.  I.  Skrjabin, 

ich  im  Dünndarm   von  Corvus  corone  einen  neuen  Vertreter  dieser 
Gattung  gefunden,  den  ich  Davainea  sartica  n.  sp.  nennen  möchte.  ^) 
Diesen  Parasiten   fand  ich  nur  einmal  in  3  Exemplaren  bei  14 
von  mir  untersuchten  Corvus  corone. 

Die  Strobila  des  größten  Exemplars  erreichte  eine  Länge  von 
45  mm,  bei  einer  Breite  von  2,5  mm  der  hintersten,  reifen  Pro- 
glottiden.  Die  Länge  der  letzteren  betrug  kaum  0,25  mm.  Die 
Breite  der  jüngsten,  am  Halse  anliegenden  Proglottis  erreichte  nur 
0,3  mm,  bei  einer  Länge  von  0,024  mm. 

Die  Form  der  Proglottiden  (der  jungen  sowohl  als  auch  der 
reifen)  ist  eine  rechteckige  mit  etwas  abgerundeten  Rändern.  Der 
Scolex,  0,2  mm  lang  und  0,26  mm  breit,  ist  mit  4  Saugnäpfen  ver- 
sehen, deren  Durchmesser  0,156  mm  beträgt.  Die  Saugnäpfe  sind 
mit  Haken,  welche  12—15  Reihen  bilden,  bewaffnet;  sie  nehmen 
nicht  nur  die  Peripherie  derselben  ein,  sondern  dringen  auch  noch 
in  den  inneren  Teil  derselben.  Die  Haken  an  der  Peripherie  sind 
verhältnismäßig  sehr  groß  und  erreichen  eine  Länge  von  0,011  mm. 
Ihre  Größe  verringert  sich,  je  mehr  sie  in  die  Saugnäpfe  zurück- 
treten. Diese  Häkchen  bestehen  aus  einem  Basalteil,  welcher  an 
der  Cuticula  befestigt  ist,  und  einem  freien  gebogenen  Ende. 

Das  Rosteil  um  bei  den  untersuchten  Exemplaren  ist  eingezogen 
und  konnte  daher  nicht  gemessen  werden ;  es  ist  von  einer  doppelten 
Krone  von  ca.  200  Häkchen  umgeben;  Durchmesser  der  Krone  = 
0,096  mm ;  die  Form  der  Haken  ist  charakteristisch  für  die  Gattung 
Davainea;  ihre  Größe  ist  sehr  unbedeutend  —  ca.  0,0074 — 0,009  mm. 
Die  Haken  des  Rostellums  sind  daher  von  geringerer  Größe  als  die 
an  der  Peripherie  der  Saugnäpfe,  was  als  sehr  charakteristisch  für 
unsere  Art  angesehen  werden  muß. 

Der  Hals  ist  sehr  kurz,  ca.  0,1  mm. 

Im  Bau  der  Muskulatur  ist  eine  Besonderheit  zu  bemerken 
(Fig.  2),  welche  unsere  Art  von  der  ihr  verwandten  Form  unter- 
scheidet und  welche  in  Folgendem  besteht:  statt  der  gewöhnlich 
einzigen  Schicht  der  Transversalmuskeln  sind  hier  2  deutliche 
Schichten  vorhanden,  welche  voneinander  getrennt  sind  durch  eine 
Bündelreihe  der  Längsmuskulatur ;  diese  letztere  ist  bei  unserer  Art 
ziemlich  schwach  entwickelt. 

Die  Genitalötfnungen   sind   unilateral.    Die  Genitaldrüsen  sind, 


1)   „Sartica"   —  von  „Sarten"   —  Name  dei-  ansässigen  Eingeborenen 
im  Syr-Darja- Gebiet  (Russisch  Turkestau). 


Vogelcestoden  aus  Russisch  Turkestan.  417 

wie  bei  den  meisten  Cestoden,  folgendermaßen  gebaut:  in  den  jungen 
Gliedern  entwickeln  sich  die  männlichen  Organe,  zu  denen  dann 
später  in  den  mittleren  Proglottiden  die  weiblichen  hinzukommen; 
die  reifen  Proglottiden  bestehen  aus  dem  in  zahlreiche  Kapseln  zer- 
fallenden Uterus. 

Die  Hoden  sind  zahlreich  (12—14  in  jedem  Flächenschnitte) 
und  liegen  hinter  und  seitlich  von  den  weiblichen  Genitaldrüsen. 

Der  birnförmige  Cirrusbeutel  ist  von  verhältnismäßig  geringer 
Größe:  er  mißt  0,148  mm  bei  einer  Breite  von  0,055  mm;  seine 
Muskulatur  dagegen  ist  stark  entwickelt  (im  Gegensatz  zu  der 
schwach  muskulösen  Bmainea  corvina  Führmann).  Im  Cirrusbeutel 
befindet  sich  der  stark  geschlängelte  Penis ;  die  äußere  Öffnung  des 
Cirrusbeutels  ist  mit  einem  besonderen  muskulösen  Sphincter  ver- 
sehen. 

Das  Vas  deferens  besteht  aus  einem  stark  geschlängelten  Kanal, 
der  sich  bis  zur  Mitte  des  Proglottiden  erstreckt. 

Die  weiblichen  Genitaldrüsen  liegen,  wie  gewöhnlich,  median 
und  zeigen  keine  charakteristischen  Eigentümlichkeiten.  Der  Keim- 
stock ist  gelappt,  der  Dotterstock,  von  unregelmäßig  ovaler  Form, 
ist  0,11  mm  breit  und  0,067  mm  lang.  Das  Receptaculum  seminis 
ist  von  spindelförmiger  Gestalt,  liegt  einwärts  vom  ventralen 
Excretionsgefäß  und  geht  in  die  Vagina  über,  welche  hinter  der 
männlichen  Öifnung  in  die  Genitalcloake  ausmündet.  Der  Aus- 
führungsgang der  Vagina  hat  einen  speziellen  Sphincter;  sie  ist 
stark  verdickt  und  innen  mit  feinen  Stacheln  ausgekleidet,  welche 
mit  ihrem  freien  Ende  nach  innen  gerichtet  sind.  Der  Uterus  fehlt 
in  den  reifen  Proglottiden,  indem  er  in  einzelne  Kapseln  zerfällt, 
die  3 — 4  Eier  enthalten. 

Die  Eikapseln  nehmen  die  ganze  Proglottis  ein  und  erstrecken 
sich  bis  über  die  Excretionskanäle  hinaus.  Auf  Fig.  4  sieht  man 
die  Vereinigung  der  Hauptkanäle  der  weiblichen  Genitalorgane. 

Als  Haupteigentümlichkeiten  der  neuen  Art  können  also  folgende 
Charaktere  dienen: 

1.  die  verhältnismäßig  großen  Haken  der  Saugnäpfe; 

2.  die  Größe  der  Haken  des  Rostellums,  welche  bedeutend  kleiner 
als  diejenigen  an  den  Saugnäpfen  sind; 

3.  die  Anwesenheit  zweier  transversaler  Muskelschichten; 

4.  der  Bau  des  Cirrusbeutels,  welcher  im  Vergleich  zu  den  ver- 
wandten Arten  stark  muskulös  ist. 

Zur  besseren  Veranschaulichung  füge  ich  die  beifolgende  Tabelle 


418 


K.  I.  Skrjabin, 


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Vogelcestodeu  aus  Russisch  Turkestan.  419 

hinzu    mit    den    Hauptunterscheidimgsmerkmalen    aller    Arten    der 
Gsittimg  Davainea,  die  bis  jetzt  bei  Passeriformes  bekannt  sind. 
I.  Genitalöffnungen  unilateral,  Haken  nicht  mehr  als  400 

A.  Uterus  bildet  keine  Eikapseln,  Bursa  cirri  0,22  mm  lang- 

Davainea  uniuterma  Fühem. 

B.  Uterus  bildet  Eikapseln,  Bursa  cirri  kürzer  als  0,2  mm 

1.  Transversalmuskulatur  in  2  Schichten 

Davainea  sartica  n.  sp. 

2.  Transversalmuskulatur  in  1  Schicht 

a)  Bursa  cirri  nicht  mehr  als  0,1  mm 

a)  80  Haken,  Saugnapf  0,1  mm  im  Durchmesser 

Davainea  corvina  Führm. 
ß)  400  Haken,  Saugnapf  0,03 — 0,045  mm  im  Durchmesser 

Davainea  iverneri  Klaptocz 
y)  100  Haken,  Saugnapf  0,1  mm  im  Durchmesser 

Davainea  paradisea  Führm. 

b)  Bursa  cirri  0,15  mm  lang;  400  Haken 

Davainea  compacta  Cleec 
IL    Genitalöffnungen  abwechselnd,  Haken  1000 

Davainea  spinosissima  v.  Linst. 
III.   Genitalöffnungen?  Haken  300,  0,011  mm  lang 

Davainea  globocephala  Führm. 

2.  Davainea  inieracantha  Führm.  1905. 

(Fig.  9.) 
Führmann,  1905. 

Dieser  Parasit  ist  von  mir  bei  einem  neuen  Wirt  —  Coliimba  livia  L. 
im  Sommer  1909  in  der  Umgegend  von  Aulie-Ata  (Syr-Darja-Gebiet) 
gefunden  worden. 

In  Anbetracht  dessen,  daß  man  in  der  Literatur  nur  wenige 
Zeilen  über  diese  Art  findet,  weil  Führmann  nur  einige  junge 
Exemplare  zur  Verfügung  hatte,  halte  ich  es  für  angebracht,  diese 
Beschreibung  auf  Grund  meines  Materials  zu  vervollständigen  und 
durch  eine  Zeichnung  die  Lage  der  Organe  in  der  Proglottis  zu 
veranschaulichen. 

Die  Länge  der  Stroblia  erreichte  bei  meinen  Exemplaren  120  mm, 
bei  einer  Maximalbreite  1,5  mm.  Die  Zahl  der  Haken  am  Kostellum 
erreichte  nur  ca.  160  (nach  Führmann  200).  Die  Saugnäpfe 
haben  einen  Durchmesser  von  0,06  mm.  Die  Anzahl  der  Hoden  ist 
verhältnismäßig   sehr  gering:    sie  schwankt   zwischen   12 — 16,  wo- 


420  K.  I.  Skrjabin, 

bei  bei  einigen  Proglottiden  die  einzelnen  Hoden  über  die  Excretions- 
kanäle  hinausgehen.  Die  Bursa  cirri  ist  birnförmig  und  hat  eine 
Länge  von  0,1  mm  bei  einer  Breite  von  0,018  mm. 

Der  Keimstock  ist  zweiflügelig;  der  Dotterstock,  rund  und 
ziemlich  groß ,  erreicht  einen  Durchmesser  von  0,068  mm.  Das 
Receptaculum  seminis  ist  wurstförmig;  die  Vagina  ist  in  der  Nähe 
der  Genitalcloake  sehr  muskulös. 

Der  Uterus  bei  den  jungen  Proglottiden  ist  von  sackförmiger 
Gestalt,  bei  den  reifen  dagegen  zerfällt  er  in  einzelne  Kapseln;  sie 
nehmen  die  ganze  Breite  der  Proglottis  ein,  gehen  über  den  Rand 
der  Excretionskanäle  hinaus  und  enthalten  4 — 5  Eier. 

Die  reifen  Glieder,  in  charakteristischer  Rosenkranzform,  sind 
scharf  von  den  übrigen  rechteckigen  Proglottiden  abgegrenzt. 

Anbei   gebe   ich    eine   Bestimmungstabelle    aller   8    Arten    der 
Gattung  Bavainea  Blanch.  aus  Columbiformes: 
I.  Genitalöfifnungen  unilateral 

A.  Parasiten  mit  typischen  Dayaiwea-Haken 

a)  Eikapseln  liegen  nur  zwischen  den  Excretionsgefäßen 

1.  18 — 20  Hoden,  300  Haken       Bavainea  goura  Fühkm. 

2.  8—12  Hoden,  170  Haken 

Bavainea  cnjptacantha  Fuhem. 

3.  4 — 5  Hoden,  300  Haken     Bavainea  spiralis  Baczynska 

b)  Eikapseln   nehmen   die  ganze  Breite  der  Proglottis  ein 

1.  6—7  Hoden,  120  Haken 

Bavainea  paucitesticulata  Fuhkm. 

2.  ?  Hoden,  ?  Haken  Bavainea  insignis  Steudener 

B.  Der  hintere  Hebelast  der  Haken  ist  gar  nicht  entwickelt 

Bavainea  micracantha  Fühem. 
IL  Genitalöffnungen  unregelmäßig  abwechselnd 

a)  Bursa  cirri  groß,  0,24  mm  lang 

Bavainea  columhae  Fuhem. 

b)  Bursa  cirri  klein,  0,1  mm  lang     Bavainea  crassula  Rud. 

3.  Duvainea  tetragonä  Molin  1858. 

Molin,    1858;   Krabbe,    1882;    Diamare,    1893;    Blanchaed,    1891; 
Stiles,  1896;   Eansom,  1904;    Ransom,  1905;    Führmann,  1908. 

Diese  Art,  welche  Krabbe  schon  aus  Russisch  Turkestan  be- 
schrieben hat  (aus  der  FEDTSCHENKo'schen  Sammlung),  ist  von  mir 
nur  einmal  in  Aulie-Ata  bei  Gallus  gallus  dornest  L.  gefunden  worden. 


Vogelcestoden  aus  Russisch  Turkestan. 


421 


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422 


K.  I.  Skbjabin, 

Tabellarische  Arten  übersieht  der  Gattung 

Die  Maße  sind  in 


1 

2 

3 

4 

5 

Name 

D.  tetragona 

D.  cesticilhis 

D.  echino- 

D.  pro- 

D,  volzii 

bothrida 

glottina 

Untersucher 

Molin 

Molin 

Megnin 

Däväine 

Führmann 

Jahr 

1858 

1858 

1881 

1860 

1905 

Strobilalänge 

250 

100 

250 

0,5—1,55 

40-60 

Strobilabreite 

1—4 

1.5—3 

1—4 

0,18-0,5 

2 

Scolexbreite 

0,175-0,35 

0,3—0,6 

0,25—0,45 

0,135—0,2 

0,45 

Durchmesser  des  Saug- 

0,05-0,09 

0,1 

0,09—0,2 

0,025—0,035 

0,18 

napfes 

Haken  in  Rostellum 

100 

400-500 

200 

80-95 

240 

Hakenkrone 

einfache 

doppelte 

doppelte 

doppelte 

doppelte 

Hakenlänge 

0,006—0,008 

0,008-0,01 

0,01-0,013 

0,0065—0,0075 

0,01 

Genitalöffnungen 

unilateral 

unregel- 

unregel- 

unregel- 

unilateral 

mäßig 

mäßig 

mäßig 

abwechselnd 

abwechselnd 

abwechselnd 

Bursa  cirra,  Länge 

0,075—0,01 

0,12-0,15 

0,13—0,18 

? 

0,2 

Zahl  der  Hoden 

20-30 

20—30 

20-30 

? 

30 

Eier  in  Kapseln 

6—12 

1 

— 

— 

8-12 

Wirt 

Gallus  gallus 

Gallus  gallus 

Meleagris 
gallopavo  L. 

Gallus  gallus 

Gallus  gallus 

Gallus  gallus 

Verbreitung 

Europa 

Europa 

Europa 

Europa 

Asien 

Afrika 

Afrika 

Amerika 

Australien 

Asien 

Asien 

Amerika 

Amerika 

4.  Ucwainea  cesticillus  Molin  1858. 

Molin,    1858;    Krabbe,    1869;    Blanchard,    1891;    Stiles,    1896; 
Ransom,  1905;  Fuhrmann,  1908. 

Von   mir   nur   2mal   gefunden,  im  Dünndarm   des  Haushuhnes 
{Gallus  gallus  dornest.  L.). 

5.  Dcwainea  penetrans  Baczynska  1913. 

(Fig.  5—8  u.  79.) 
Baczynska,  1914. 

Dieser  Parasit,  welcher  neuerdings  von  H.  Baczynska  beschrieben 
worden    ist,    erscheint  als  der  weitverbreitetste  Hühnerparasit   in 


Vogelcestoden  aus  Russisch  Turkestan. 


423 


Bavainea  Blanch.  aus  Galliformes. 


Millimeteri] 

L  angegeben. 

Fortsetzung  der  Tabelle  s.  nächste  Seiten. 

6 

7 

8 

9 

10 

11 

12 

D.  penetrans 

D.  cohni 

D.  friedbergi 

D.  circum- 
vallata 

D.  urogalli 

D.  campa- 
nulata 

D.  globi- 
rostris 

Baczinska 

Baczinska 

V.    LiNSTOW 

Krabbe 

Modeer 

Fuhrmann 

Führmann 

1913 

1913 

1878 

1869 

1790 

1908 

1908 

40—180 

20—30 

200 

60—150 

35U 

90 

100 

3 

1,7 

2-3 

2,5 

3—4 

1,5 

2 

0,374 

0,192 

0,386 

0,58 

9 

0,3 

0,28 

? 

V 

0,185 

0,196 

? 

0,14-0,25 

0 

240—300 

160 

150 

800 

100 

40 

r 

2Ö0 

doppelte 

doppelte 

doppelte 

doppelte 

doppelte 

einfache 

doppelte 

0,013 

0,008 

0,0128 

0,016  u.  0,012 

0,01—0,011 

0,027 

0,0126 

unilateral 

unilateral 

unilateral 

unregel- 
mäßig 
abwechselnd 

unregel- 
mäßig 
abwechselnd 

unregel- 
mäßig 
abwechselnd 

unilateral 

0,106 

0,078 

0,114 

9 

0,1 

0,136 

0,12 

20—35 

10 

25-32 

•? 

45 

100 

70 

4 

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2—3 

4-8 

? 

? 

10—12 

Galhis  gallus 

Gallus  gallus 

Phasianus 

Perdix 

Lagopus 

Opistho- 

Perdix 

colchicus 

coturnix 

Caccabis 

petrosa 

Perdix 

perdix 

scoticus 

Tetrao 

urogallus 

Lyrurus 

tetrix 

Tetraogallus 

hymallayensis 

Caccabis 

saxatilis 

comus  hoazin 

III. 

Perdix  sp. 

perdix 

Afrika 

■p 

Europa 

Europa 

Europa 

Südamerika 

Europa 

Russisch 

Afrika 

Asien 

Asien 

Turkestan 

Russisch  Turkestan;  in  meiner  Sammlung  besitze  ich  diese  Art  in 
7  Exemplaren  von  Gallus  gallus  dornest. 

Ich  halte  es  für  notwendig,  einige  Details  über  diesen  Parasiten 
zu  geben.  Vor  allem  fällt  der  außerordentliche  Polymorphismus 
dieses  Parasiten  auf;  er  ist  so  scharf  ausgeprägt,  daß  es  schwer 
hält,  die  verschiedenen  Exemplare  dieser  Art  zu  identifizieren,  trotz- 
dem sie  sich  ungefähr  in  demselben  Reifezustande  befinden.  Das 
größte  Exemplar  meiner  Sammlung  erreichte  eine  Länge  von  180  mm, 
die  der  Exemplare  von  Baczynska  nicht  mehr  als  40  mm.  Die 
Breite  der  Strobila  beträgt  3  mm. 

Als   anatomische  Besonderheit  dieser  Art  ist  die  Anwesenheit 


424 


K.  I.  Skrjabin, 

Tabellarische  Artenüber sieht  der  Gattung 

Die  Maße  sind  in 


13 

14 

15 

16 

17 

Name 

D.  lepta- 

D.  polij- 

D.  penelo- 

D.  retusa 

D.  pintneri 

cantha 

uterina 

pina 

Untersucher 

Fdhrmänn 

Fuhrmann 

Führmann 

Clerc 

Kläptocz 

Jahr 

1908 

1908 

1908 

1903 

1906 

Strobilalänge 

220 

50—60 

20 

185 

72 

Strobilabreite 

2 

2,5 

2 

3,2 

? 

Scolexbreite 

0,28-0,32 

0,45 

0,28 

0,22—0,25 

0,16—0,18 

Durchmesser  d.  Saug- 

0,072 

0,136 

0,1 

? 

0,1 

napfes 

Haken  in  Rostellum 

zahlreich 

200 

160 

150—200 

200 

Hakenkrone 

doppelte 

doppelte 

doppelte 

doppelte 

doppelte 

Hakenlänge 

0,012—0,014 

0,016 

0,01—0,012 

0,016—0,011 

•j 

Genitalöffnungen 

unilateral 

unregel- 
mäßig 
abwechselnd 

unilateral 

unregel- 
mäßig 
abwechselnd 

unilateral 

Bursa  cirri,  Länge 

0,066—0,08 

0,17 

0,14 

sehr  klein 

0,1 

Zahl  der  Hoden 

80 

40 

zahlreich 

zahlreich 

20 

Eier  in  Kapseln 

10-12 

1 

5—8 

1 

mehrere 

Wirt 

Crax  alector 

Perdix 

Penelope 

Lyrurus 

Nuinida 

L. 

perdix 

obscura 

tetrix 

ptilorhyncha 

Crax 

Cotitrnix 

fasciolata 

coturnix 

Verbreitung 

Südamerika 

Europa 

Südamerika 

Europa 
Asien 

Afrika 

zweier  Eeihen  von  Trans versalmuskeln  zu  bemerken,  wobei  die 
äußere,  akzessorische  viel  schwächer  ausgeprägt  ist  als  die  innere. 

Die  Größe  des  Scolex  meiner  Exemplare  ist  bedeutender  als 
die  von  Baczynska  angegebene,  und  zwar  beträgt  dieselbe  0,272  mm, 
bei  einer  Breite  von  0.374  mm.  Nach  den  Angaben  von  Baczynska 
beträgt  sie  0,288  mm  in   der  Länge  und  0,352  mm  in  der  Breite, 

Die  Zahl  der  Rostellumhaken  erreicht  ca.  300  (nach  Baczynska 
240).  Was  die  Genitalorgane  betrifft,  so  habe  ich  bei  meinen  Prä- 
paraten keine  Hodenreihen  hinter  den  weiblichen  Genitaldrüsen 
finden  können:  sie  lagen  immer  nur  seitlich  vom  Dotterstock  und 
vom  rosettenförmig  gestalteten  Keimstock,  welche  gerade  am  Hinter- 
rande der  Proglottis  gelegen  sind.  Die  Anzahl  der  Hoden  beträgt 
ca.  30 — 35  mm  (nach  Baczynska  von  15—20). 

Was  die  Fixierung  des  Parasiten  an  der  Darmwand  betrifft,  so 
habe  ich  nur  einen  Fall  feststellen  können,  wo  der  Scolex  in  die 
Submucosa  eingedrungen  war;  in  allen  anderen  Fällen  waren  die  Para- 
siten wie  meistenteils  an  der  oberen  Schicht  der  Schleimhaut  fixiert. 


Vogelcestoden  aus  ßussisch  Turkestan. 

Bavainea  Blanch.  aus  Galliformes  (Fortsetzung). 
Millimetern  angegfeben. 


425 


18 

19 

20 

21 

22 

23 

D.  gloho- 
caudata 

D.  pluri- 
uncinata. 

D.  varians 

D.  parechino- 
bothrida 

D.  longicollis 

D.  lati- 
canalis 

COHN 

Crety 

Sweet 

Magalhaes 

Molin 

Skrjabin 

1901 

1890 

1910 

1898 

1858 

1914 

20 

105—120 

110 

1 
0,45 

3 
0,313 

2   g 

06      P 

3,5 

0,2 

0,1 

0,098 

c   2- 

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§-.    S- 

0,9 

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zahlreich 

zahlreich 

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160 

doppelte 

doppelte 

Ö        OD 

It! 

doppelte 

•p 

0,008  u.  0,005 

^•g 

S-"   g 

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0,0165 

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unregel- 

^b^ 

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unregel- 

mäßig- 

mäßig 

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mäßig 

abwechselnd 
0,06 

abwechselnd 
0,13 

912) 

UNE 

"1- 

abwechselnd 
0,15—0,17 

30 

100—120 

a   S- 

C%       _i. 

50-60 

mehrere 

3-6 

^   "^ 

r* 



Tetrao 

Coturnix 

^      Ol 

^  & 

Perdix  sp. 

urogallus 

communis 

^     CO 

2.  ct> 

Caccabis 
petrosa 

Ca 

s  3- 

Europa 

Europa 

Brasilien 

Asien 

Der  Cirrusbeutel  ist  so  typisch  durch  seine  Form,  Größe  und 
Muskulatur,  daß  diese  Art  sich  mit  Leichtigkeit  erkennen  läßt. 

Die  Vagina  ist  bei  der  Ausmündung  in  die  Genitalcloake  mit 
feinen  Stacheln  versehen,  welche  mit  ihrem  freien  Ende  nach  innen 
gerichtet  sind. 


Bestimmung  stabeile  aller  19  sicheren  Arten  der 
Gattung  Davainea  Blanch.  aus  Galliformes. 

I.  Genitalöffnungen  unilateral 

A.  Bursa  cirri  kürzer  als  0,1  mm 

a)  Mit  einfachem  Hakenkranz 

Bursa  cirri  0,075—0,1  mm;   100  Haken  0,006—0,008  mm 
lang  D.  tetragona 

b)  Mit  doppeltem  Hakenkranz 

1.  Bursa  cirri  0,078  mm;  160  Haken  0,008  mm  lang 

D.  cohni 


426  ^-  I-  Skkjabin, 

2.  Bursa   cirri  0,066—0,08;   zahlreiche  Haken   0,012  bis 
0,014  mm  lang  B.  leptacantha 

B.  Bursa  cirri  größer  als  0,1  mm 

a)  Hoden  weniger  als  50 

1.  Bursa  cirri  0,2  mm ;  240  Haken  0,01  mm  lang      D.  vohi 

2.  Bursa  cirri  0,106  mm;  240—300  Haken  0,013  mm  lang 

D.  penetrans 

3.  Bursa  cirri  0,114  mm;  150  Haken  0,0128  mm  lang 

D.  friedbergi 

4.  Bursa  cirri  0,1  mm;  200  Haken  ?  lang        D.  pintneri 

b)  Hoden  mehr  als  50 

1.  Bursa  cirri  0,12  mm;  200  Haken  0,0126  mm  lang 

D.  glohirostns 

2.  Bursa  cirri  0,14  mm;  160  Haken  0,01—0,012  mm  lang 

D.  penelopina 
IL  Genitalöifnungen  unregelmäßig  abwechselnd 

A.  Strobila  nicht  mehr  als  aus  5  Proglottiden 

80—95  Haken  0,0065—0,0075  mm  lang  B.  proglottina 

B.  Strobila  aus  zahlreichen  Proglottiden 

a)  Mit  einfachem  Hakenkranz 

Bursa  cirri  0,136;  40  Haken  0,027  mm  lang 

B.  campanulata 

b)  Mit  doppeltem  Hakenkranz 

a)  Hoden  weniger  als  50 

1.  Bursa    cirri    0,12—0,15;    400—500    Haken    0,008   bis 
0,01  mm  B.  cesticülus 

2.  Bursa  cirri  0,13—0,18;  200  Haken  0,01-0,013  mm 

B.  echmobotJirida 

3.  Bursa  cirri  ?;  800  Haken  0,011  mm      B.  circumvdllata 

4.  Bursa  cirri  0,17;  200  Haken  0,016  mm      B.  polyuterina 

5.  Bursa  cirri  0,1;  100  Haken  0,01—0,011  mm 

B.  urogalli 

6.  Bursa  cirri  0,06;  zahlreiche  Haken  ?  lang 

B.  globocaudata 
ß)  Hoden  mehr  als  50 

1.  Bursa  cirri  ?;  150—200  Haken  0,016—0,011  mm 

B.  retusa 

2.  Bursa  cirri  0,13;   zahlreiche   Haken  0,008—0,005  mm 

B.  pluriuncinata 


Vogelcestoden  aus  Russisch  Turkestan. 


427 


b)  Subfam.  Idiogeninae  Fuhrm. 

IL  Gen.  Idiogenes  Krabbe. 
In  meiner  Sammlung  befindet  sich  nur   1  Art   dieser  Gattung. 


6.  Idiogenes  flagelluni  Goeze  1782. 
(Fig.  10.) 

Goeze   (1782),   Volz    (1900  =^  T.   mastigophora   Krabbe),    Fuhrmann 
(1906  =  Cliapmauia  lougicirrosa  FüHRM.),  KlaptoCZ  (1908). 

Diese  Art  ist  von  mir  vielfach  bei  dem  Raubvogel  Circus  cinereus 
gefunden  worden,  welcher  für  diesen  Parasiten  ein  neuer  Wirt  ist. 
Da  es  in  der  Literatur  keine  Abbildung  des  Scolex  dieser  Art  gibt, 

Tabellarische  Artenübersicht  der   Gattung  Idiogenes 

Krabbe. 

Die  Maße  sind  in  Millimetern  angegeben. 


Name 

/.  otidis 

I.  grandi- 
porus 

1.  horridus 

I.  flagellum 

Untersucher 

Krabbe 

Cholodkowsky 

Fuhrmann 

Goeze 

Jahr 

1868 

1905 

1908 

1782 

Länge  der  Strobila 

15—29 

60-70 

20-30 

20 

Breite  der  Strobila 

0,3 

1 

0,3 

0,4 

Scolexbreite 

•p 

0,38—0,45 

0,16 

0,1-0,15 

Durchmesser  d.  Saug- 

g 

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0,01 

Genitalöffmmgen 

unilateral 

unilateral 

unilateral 

unilateral 

Bursa  cirri,  Länge 

0,15 

2 

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Zahl  der  Hoden 

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10-12 

Keimstockbreite 

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Dotterstock 

median 

median 

etwas  poral 

median 

GenitacUoake 

eng 

sehr  breit 

eng 

eng 

Wirt 

Otis  tarda  L. 

Otis  tetrax  L. 

Cairama 

Milvus  milvus 

Otis  tetrax  L. 

cristata 

Milvus  korochim 

Houbara 

Milvus 

undulata 

melnnotis 

Milvus  ater 

Circus  cinereus 

Geograph.  Verbreitung 

Europa 

Asien 

(Sibirien) 

Asien  (Sibirien) 

Südamerika 

Europa 

Asien  (Russisch 

Turkestan) 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst. 


28 


^28  K.  I.  Skrjabin, 

SO   gebe    ich    eine   Zeichnung   desselben   (Fig.    10).     Nach  meinen 
Zählungen  besitzt  dieser  Parasit  120  —  150  Haken. 

Anbei  folgt  eine  Tabelle  aller  Arten  der  Gattung  Idiogenes 
Kkabbe,  welche  bis  jetzt  bekannt  sind;  ich  muß  aber  hinzufügen, 
daß,  obgleich  Kowalevsky  eine  Beschreibung  der  Haken  des  von 
ihm  gefundenen  Idiogenes  otidis  gibt,  es  doch  noch  unaufgeklärt 
bleibt,  ob  er  es  mit  Idiogenes  otidis  Krabbe  oder  Idiogenes  grandi- 
porus  Cholodkowsky  zu  tun  hatte. 
I.  Genitalcloake  eng 

A.  Dotterstock  median 

1.  Bursa  cirri  0,15  mm,  parasitieren  bei  Otidiformes 

7.  otidis 

2.  Bursa  cirri  0,24  mm,  parasitieren  bei  Accipitres 

I.  flagellum 

B.  Dotterstock  poral  verschoben 

Bursa  cirri  0,2  mm,  parasitieren  bei  Gruiformes      I.  horridiis 
IL  Genitalcloake  sehr  breit.    Bei  Otidiformes  I.  grandipoms 

III.  Gen.  Chajyniania  Monticelli. 

Von  den  zwei  bis  jetzt  bekannten  Arten  dieser  Gattung  be- 
findet sich  in  meiner  Sammlung  nur: 

7,  Chajyniania  tapika  Clerc  1906. 

Clerc  (1906),   Führmann  (1909),   Cholodkowsky   (1912),   Skrjabin 
(1914). 

Dieser  Parasit  ist  von  mir  vielfach  bei  Otis  tetrax  gefunden 
worden.  Eine  genaue  Beschreibung  gebe  ich  in  einer  anderen 
Arbeit  (1914,  70j. 

IV.  Gen.  Schistotnetra  Cholodkowsky. 

Diese  unlängst  begründete  Gattung  (1912)  gehört  nach  meinen 
Untersuchungen  (1914,  70)  nicht  zur  Familie  Dilepinidae  (Subfam. 
Paruterinae),  wie  Cholodkowsky,  der  keinen  Scolex  besaß,  glaubt, 
sondern  zur  Familie  der  Davaineidae  (Subf.  Idiogeninae) ,  wo- 
bei er  sich  der  Gattung  Chapmania  Mont.  sehr  nähert.  Jedoch 
unterscheidet  sich  diese  Gattung  von  Chapmania  Mont.  1.  durch  die 
Anwesenheit  von  besonderen  Anhängen  an  den  Saugnäpfen  und 
2.  durch  die  poral  verschobenen  weiblichen  Geuitaldrüsen. 


Vogelcestoden  aus  Eussisch  Turkestan.  429 

8.  Schistonietra  conoides  Bloch  1782. 

Bloch  (1782),  Cholodkowsky  (1912),  F.  Beddaed  (1912  =  Otiditaenia 
eupodotidis),  Skrjabin  (1914). 

Diese  Art  ist  von  mir  mehrere  Male,  zusammen  mit  Hymenolepis 
vülosa  Bloch,  bei  Otis  tarda  in  der  Umgebung  von  Aulie-Ata  ge- 
funden worden. 

Eine  genaue  Beschreibung  gebe  ich  in  einer  anderen  Arbeit 
{1914,  70). 

B.  Fam.  Dilepinidae  Fühem. 

Diese  Familie  ist  in  meiner  Sammlung  in  8  Gattungen  und  14 
ihnen  angehörigen  Arten  vertreten,  wobei  4  von  diesen  Arten' 
neu  sind. 


a)  Subfam.  Dilepininae  Fuhem. 
V.  Gen.  Dilepis  Weinl.  1858. 
9.  JDilepis  scolecina  Rud.  1819. 
Hudolphi  (1819),  Keabbe  (1869),  Solowiow  (1911). 

Ist  von  mir  2mal  im  Darm  von  Phalacrocorax  carbo  L.  gefunden. 

VI.  Gen.  Anomotaenia  Cohn  1900. 

Von    5    in   meiner   Sammlung   vorhandenen   Vertretern   dieser 
Gattung  scheint  eine  Art  neu  zu  sein. 

10.  Anoniotaenia  stentorea  Feöhl.  1799 
(=  variabilis  Rud.  1809).     (Fig.  11.) 

Feöhlich  (1799),  Eüdolphi  (1809),  Keabbe  (1869),  Cleec  (1903). 

Ist  mehrfach  im  Darm  von  Vanellus  cristatus  L.  gefunden.    Ich 
gebe  hier  eine  Abbildung  des  Scolex  dieses  Parasiten. 


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430 


K.  I.  Skhjabik, 


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Vogelcestoden  aus  Russisch  Turkestan, 


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433 


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434  K.  I.  Skrjabin, 


11.  Anoniotaenia  niicroiyhaUos  Keabbe  1869. 
(Fig.  12-14  u.  80.) 

Krabbe  (1869),  Clerc  (1903  =  Choanoiaenia). 

Dieser  Parasit  ist  von  mir  2mal  im  Darm  von  VaneUus  cristatus 
gefunden.  Zu  der  kurzen  Beschreibung,  die  Krabbe  und  Clerc 
geben,  füge  ich  folgendes  hinzu: 

Die  Länge  des  Scolex  erreichte  0.25  mm,  bei  einer  Breite  von 
0,23  mm.  Die  Saugnäpfe  haben  einen  Durchmesser  von  0,1^ — 0,13  mm. 
Die  Breite  des  Eostellums  beträgt  0,085  mm.  Der  Hals  ist  0,13  bis 
0,17  mm  breit.  Die  reifen  Glieder  haben  eine  charakteristische, 
glockenförmige  Gestalt  und  sind  scharf  von  der  übrigen  Strobila 
getrennt.  Die  35—40  Hoden  liegen  im  hinteren  Drittel  der  Pro- 
glottis, wobei  sie  die  weiblichen  Genitaldrüsen  nach  vorn  drängen. 
Der  schwach  muskulöse  langgestreckte  Cirrusbeutel  ist  von  wurst- 
förmiger  Gestalt,  geht  über  den  beiden  Wassergefäßen  durch  und 
erreicht  beinahe  die  Mittellinie.  Er  ist  0,17  mm  lang  und  mit 
einem  besonderen  Sphincter  versehen.  Das  Vas  deferens  nimmt  mit 
seinen  Schlingen  den  vorderen  Teil  des  Proglottis  ein,  wobei  sie 
teils  im  mittleren  Felde,  teils  antiporal  liegt.  Der  starklappige 
Keimstock  nimmt  mit  seiner  Breite  den  ganzen  Raum  zwischen  den 
Excretionskanälen  ein.  Der  gelappte  Dotterstock  liegt  ganz  median 
zwischen  Keimstock  und  Hoden.  Die  Vagina  mit  ihrem  breiten 
Kanal  reicht  bis  zur  Körpermittellinie,  wo  sie  in  das  retortenförmige 
Eeceptaculum  seminalis  übergeht.  Der  Ausführgang  der  Vagina  ist 
mit  einem  speziellen  Sphincter  versehen. 

12.  Anoniotaenia  glohnlus  Wedl  1855. 

Wedl  (1855),  Krabbe  (1869),  Clerc  (1903). 

Diese  Art,  welche  in  der  helminthologischen  Literatur  nicht  voll- 
ständig beschrieben  ist,  ist  von  mir  nur  einmal  im  Darm  von  Totamis 
glareola  gefunden  worden.  Der  Wirt  ist  für  die  Art  neu.  Meine 
Exemplare  waren  35  mm  lang  und  2  mm  breit.  Der  Durchmesser 
des  Scolex  betrug  0.34—0,38  mm  und  derjenige  der  Saugnäpfe  0,2  mm. 
Charakteristisch  für  diese  Art  ist  die  Anwesenheit  von  zahlreichen 
Kalkkörperchen  im  Scolex,  Hals  und  den  vorderen  Proglottiden. 
Die  ca.  60  Hoden  liegen  ausschließlich  im  hinteren  Teil  der  Pro- 
glottis. 


Vogelcestoden  aus  Russisch  Turkestan.  435 


13.  Anomotaenia  constricta  Molin  1858. 

Molin  (1858),    Krabbe  (1869,  1882),  Volz  (1900),    Cohn  (1901  =  4. 
pimda  V.  Linst.),  Clekc  (1903). 

Dieser  Parasit  ist  bei  Corvus  corone  und  Corvus  frugilegus  ge- 
funden. Das  bei  dem  letzteren  Wirt  gefundene  Exemplar  besaß 
eine  viel  stärker  ausgeprägte  Muskulatur.  Diese  letztere  Eigen- 
tümlichkeit ist  meiner  Ansicht  nach  nicht  genügend,  um  eine  neue 
Art  zu  begründen.  Darum  halte  ich  den  Parasiten  für  Anomotaenia 
constricta  Molin. 


14.  Anomotaenia  otidis  n.  sp, 

(Fig.  15—16.) 

Zufällig  fand  ich  unter  einer  Menge  von  Hymenolepis  villosa 
Bloch  bei  Otis  tetrax  einen  Scolex  mit  einem  kleinen  Stück  der 
Strobila  (8  mm)  des  Parasiten,  welcher  nach  dem  Bau  seines  Scolex 
zur  Gattung  Anomotaenia  Cohn  gerechnet  werden  muß.  Da  bei 
Otidiformes  bis  jetzt  kein  Parasit  dieser  Gattung  beschrieben 
ist,  muß  diese  von  mir  gefundene  Cestode  als  eine  neue  Art  ange- 
sehen werden.  Leider  kann  ich  nur  die  Beschreibung  und  Abbil- 
dung des  Scolex  geben,  da  in  dem  vorhandenen  kleinen  Stück  der 
Strobila  keine  Organe  zu  finden  waren. 

Der  Scolex  war  0,6  mm  lang  und  0,34  mm  breit.  Durchmesser 
der  Saugnäpfe  sowie  des  Rostellums  0,17  mm.    Halsbreite  0,12  mm. 

Es  ist  interessant  zu  bemerken,  daß  in  der  Sammlung  des 
Herrn  Prof.  Fuhemann  mehrere  Proglottiden  aus  Otis  tarda  existieren, 
die  anscheinend  auch  zur  Gattung  Anomotaenia  Cohn  gehören.  Leider 
fehlt  bei  diesem  Präparat  der  Scolex,  weshalb  die  Identität  dieser 
Art  mit  der  von  mir  aus  Otis  tetrax  gefundenen  nicht  festgestellt 
werden  kann.  Die  Lösung  der  Frage,  ob  diese  Arten  wirklich 
identisch  sind,  muß  ich  einem  anderen  Forscher  überlassen,  der  im 
Besitze  eines  ganzen  Parasiten  sein  wird. 

Ich  erachte  es  jedoch  für  notwendig,  die  Anatomie  der  oben 
genannten  Proglottiden  aus  der  FuHRMANN'schen  Sammlung  zu  be- 
schreiben und  abzubilden. 

Die  Proglottiden  haben  eine  charakteristische,  trapezförmige 
Gestalt.  14—16  Hoden,  welche  einen  Querdurchmesser  von  0,025  mm 
zeigen,  umfassen  hinten  und  teilweise  auch  seitlich  die  weiblichen 
Genitaldrüsen. 


436  K.  I.  Skrjabin, 

Der  Cirrusbeutel  ist  sehr  klein,  oval  und  erreicht  kaum  das 
Längsgefäß  des  Excretionsorgans.  Bei  Proglottiden,  welche  eine 
Breite  von  0,68  mm  und  eine  Länge  von  0,34  mm  besitzen,  ist  der 
Cirrusbeutel  0,1 — 0,12  mm  lang  und  0,05—0,06  mm  breit. 

Die  weiblichen  Genitaldrüsen  liegen  median.  Das  Ovarium  ist 
zweiflüglig,  gelappt  und  erreicht  eine  Breite  von  0,17—0,18  mm. 
Zwischen  demselben  und  den  Hoden  liegt  der  nierenförmige  Dotter- 
stock, der  eine  Breite  von  0,068  mm  zeigt.  Der  Uterus  ist  mit 
Eiern  gefüllt,   welche  einen  Durchmesser  von  0,03 — 0,37  mm  haben. 

Die  Vagina  bildet  ein  kleines  Receptaculum  seminis,  welches 
zwischen  Ovarium  und  Dotterstock  liegt.  Sie  mündet  zusammen 
mit  dem  Cirrus  in  eine  tiefe  und  enge  Genitalcloake. 

VII.  Gen.  Choanotaenia  Railliet. 

In  meiner  Sammlung  fand  sich  ein  interessanter  neuer  Vertreter 
dieser  Gattung  aus  dem  Darm  des  Raubvogels  Circus  cinereus  L. 
Parasiten  der  Gattung  Choanotaenia  Raill.  sind  bis  jetzt  noch  nie- 
mals bei  Raubvögeln  (Accipitres)  gefunden  worden. 

15.  Choanotaenia  fulunnanni  n,  sj>, 

(Fig.  17—20  und  A  u.  B.) 

Es  ist  diese  Art  von  mir  2mal  bei  Circus  cinereus  im  Sommer 
1911  in  der  Umgebung  von  Aulie-Ata  gefunden  worden. 

Diese  neue  Art  habe  ich  zu  Ehren  des  Herrn  Prof.  Dr.  0.  Fuhr- 
mann, des  unermüdlichen  Erforschers  und  besten  Kenners  der  Vogel- 
cestoden,  benannt. 

Die  Länge  des  größten  Exemplars  beträgt  25 — 30  mm  bei  einer 
Maximalbreite  von  1,3—1,5  mm.  Die  3—4  letzten  Glieder  waren 
immer  0,7—0,8  mm  breit  und  scharf  von  der  übrigen  Strobila  ab- 
getrennt. 

Der  0,17  mm  lange  und  0,23  mm  breite  Scolex  ist  mit  großen, 
becherförmigen  Saugnäpfen  versehen,  welche  einen  Durchmesser  von 
0,11 — 0,13  mm  haben. 

Das  0,07  mm  breite  Rostellum  ist  mit  16—18  0,024  mm  langen 
Haken  bewaffnet,  welche  nur  eine  einfache  Reihe  bilden.  Die 
Länge  des  ausgestülpten  Rostellums  erreichte  0,068 — 0,1  mm,  der 
Hals  ist  0,17  mm  breit. 

Die  Genitalöffnungen  liegen  unregelmäßig  abwechselnd. 

Die  Genitalpapille  springt  ziemlich  über  den  Rand  der  Proglottis 


Vogelcestoden  aus  Russisch  Turkestan. 


437 


vor  und  liegt  im  vorderen  Drittel  derselben.  Der  männliche  Genital- 
apparat ist  sehr  eigentümlich  und  charakteristisch  gebaut. 

Die  20 — 25  ovalen  Hoden  liegen  in  mehreren  Reihen  im  hinteren 
Teile  der  Proglottiden.  Das  Vas  deferens  nimmt  mit  seinen  dichten 
Schlingen  einen  großen  Raum  im  Vorderteile  des  Gliedes  ein  und 
reicht  bis  zur  Mittelkörperlinie. 

Der  kleine,  schwach  muskulöse,  birnförmige  Cirrusbeutel  ist 
0,136—0,170  mm  lang  und  0,09—0,1  mm  breit.  Die  ganze  Länge 
des  Cirrus  ist  mit  kleinen  Härchen  bedeckt;  au  der  Basis  desselben 
sind  die  Härchen  außerordentlich  lang,  sogar  bis  0,15  mm! 


Fiff.  A. 


Fig.  B. 


Wenn  der  Cirrus  ausgestülpt  ist,  so  umgeben  ihn  diese  langen 
Haare  von  allen  Seiten  und  bilden  einen  Büschel,  welcher  aus  der 
Genitalcloake  herausragt.  Bei  eingestülptem  Cirrus  ist  an  seiner 
Basis  die  Stelle,  an  der  die  langen  Haare  fixiert  sind,  scharf  ab- 
gegrenzt und  deutlich  bemerkbar.  Wie  Fig.  B  zeigt,  ist  die  Lage 
der  Haare  bei  eingestülptem  Cirrusbeutel  folgende:  die  kleinen 
Haare  (Dornen)  sind  mit  ihrem  freien  Ende  nach  der  Genitalcloake 
gerichtet,  die  langen  an  der  Basis  befindlichen  Haare  dagegen  sind 
in  entgegengesetzter  Richtung  gewendet.  Die  Stelle,  an  der  die 
beiden  Haarformen  zusammentreffen,  ist  sehr  deutlich  ausgeprägt. 
Es  ist  klar,  daß  bei  ausgestülptem  Cirrus,  wie  Fig.  20  zeigt,  die  Lage 
der  Haare  gerade  umgekehrt  sein  muß.  Die  Anwesenheit  solch 
langer  Haare  an  der  Cirrusbasis  ist  so  charakteristisch,  daß  unsere 
Art  daran  leicht  zu  erkennen  ist,  selbst  wenn  dem  Untersucher  kein 
Scolex  vorliegt. 

Der  große,  gelappte  Keimstock,  0,6  mm  breit,  nimmt  beinahe 
die   ganze  Breite  der   Proglottis  zwischen  den  beiden  Excretions- 


438  K.  I.  Skrjabin, 

gefäßen  ein.  Der  schwach  gelappte  Dotterstock  liegt  vor  den  Hoden 
und  ist  0,24  mm  breit. 

Die  Vagina,  welche  hinter  dem  Oirrusbeutel  verläuft,  ist  mit 
ziemlich  großem,  wurstförmigem  Recei)taculum  seminis  versehen. 

Charakteristisch  für  unsere  Art  ist  auch  die  Anwesenheit  einer 
großen  Menge  von  dichtgelagerten  Kalkkörperchen  im  äußeren 
Parenchym;  sie  haben  derart  die  inneren  Organe  verdeckt,  daß 
man  dieselben  in  Totalpräparaten  nicht  unterscheiden  kann.  Die 
einzelnen  Kalkkörperchen  besaßen  einen  Durchmesser  von  0,018  mm. 

VIII.  Gen.  Ctjclorchida  Fuhrm.  1907. 

Die  einzige  bis  jetzt  bekannte  Art  dieser  interessanten  Gattung 
ist  auch  in  meiner  Sammlung  vorhanden. 

16.    CycJorchida  otnalancr  ist  rata  Wedl  1856. 
(Fig.  21—23.) 
Wedl  (1856),  Krabbe  (186ü),  Fuhrmann  (1907). 

Dieser  eigentümliche  Parasit  wurde  von  Fuhrmann  zu  einer 
besonderen  Gattung  gerechnet,  auf  Grund  der  zahlreichen  Hoden, 
welche  um  die  weiblichen  Genitaldrüsen  gelagert  sind.  Er  ist  von 
mir  bei  zwei  auf  dem  Kul-Kainar-See  erlegten  (3./7.  1911  alt.  St.) 
Flatalea  Icucorodia  L.  gefunden. 

Diese  beiden  erlegten  Exemplare  erwiesen  sich  als  die  Träger 
zahlreicher  sehr  interessanter  Pai-asiten,  unter  denen  sich  die  von 
mir  beschriebenen  neuen  Trematodenarten :  Prosthogonimus  putsch- 
TtoivsUi  mihi,  Orchipedum  turkestanicum  mihi,  wie  auch  Patagifer  hilohus 
Rui).  und  mehrere  noch  nicht  untersuchte  Nematoden  befanden. 

Da  in  der  Literatur  wenig  Abbildungen  des  anatomischen  Baues 
dieser  Parasiten  existieren,  so  möchte  ich  hier  einige  vorlegen.  Auf 
Fig.  21  ist  die  allgemeine  Lage  der  Genitaldrüsen  abgebildet;  ferner 
sehen  wir,  daß  der  Keim-  und  Dotterstock  im  mittleren  Teile  der 
Proglottis  liegen,  wobei  sie  vorne,  hinten  und  seitlich  von  zahl- 
reichen Hoden  umgeben  sind.  Man  sieht  hier  auch,  wie  weit  der 
zweiflüglige  Keimstock  reicht,  der  mit  seinen  Rändern  fast  die  Ex- 
cretionskanäle  erreicht.  Der  außerordentlich  kleine  Dotterstock  liegt 
streng  median. 

Fig.  22  zeigt  einen  Flächenschnitt  durch  das  reite  Glied,  welches 
ganz  vom  Uterus  ausgefüllt  ist.    Derselbe  ist  sowohl  vorne  als  auch 


Vogelcestoden  aus  Russisch  Turkestan.  439 

auf  seinem  hinteren  Rande  mit  einigen  Septen  versehen,  welche 
den  vorderen  und  hinteren  Teil  des  Uterus  in  einzelne  Kammern 
teilen. 

Diese  in  das  Lumen  des  Uterus  vorspringenden  Septen  reichen 
nicht  bis  zur  Mitte  der  Proglottis,  wodurch  der  mittlere  Teil  des 
Uterus  ununterbrochen  von  einem  bis  zum  anderen  Rande  der  Pro- 
glottis reicht.  Die  Uteri  der  Nachbarglieder  sind  voneinander  durch 
eine  schmale  Parenchymschicht  getrennt. 

Fig.  23  endlich  zeigt  1.  eine  genaue  Abbildung  des  Muskulatur- 
baues; dieselbe  besteht  aus  einer  Transversal-  und  zwei  Längs- 
schichten. Die  innere  Schicht  der  Längsmuskulatur  besteht  aus 
großen  Bündeln,  welche  aus  12 — 15  Fasern  gebildet  sind.  Die 
Bündel  der  äußeren  Schicht  sind  zahlreicher,  ihr  Durchmesser  da- 
gegen ist  viel  kleiner  und  besteht  nur  aus  einzelnen  Fasern.  — 
2.  gibt  die  Abbildung  einige  Details  der  Ausführungsgänge  der 
Genitalorgane,  die  bereits  genau  von  Fuhrmann  beschrieben  sind. 
Hier  sehen  wir  einen  engen  Kanal,  der  durch  eine  besondere  Papille 
geht ;  dieser  Kanal  vereinigt  den  Cirrusbeutel  mit  der  Genitalcloake. 
Wir  sehen  ferner,  daß  der  Mündung  der  Vagina  in  die  Cloake  ein 
papillenartiges ,  muskulöses  Gebilde  („Sphincter"  bei  Fuhrmann) 
anliegt. 

b)  Subfam.  Dipylidiinae  Raill. 

IX.  Gen.  Monoj)uli(Jiui}i  Fuhrm.  1899. 

In  meiner  Sammlung  sind  3  Arten  dieser  Gattung  vorhanden, 
wobei  eine  Art,  Mono^jyUdium  galhulae  Zed.,  bis  jetzt  als  zu  Clioano- 
taenia  galhulae  Zed.  gehörig  beschrieben  und  sogar  von  Fuhrmann 
als  typische  Art  für  letztere  Gattung  betrachtet  worden  ist. 

Meine  Untersuchungen  aber  haben  gezeigt,  daß  dieser  Parasit 
als  typischer  Vertreter  der  Gattung  Monopylidium  Fuhrm.  angesehen 
werden  muß. 

17.  Monopyliditi^n  infunäiMiluni  Bloch  1779. 

Bloch  (1779),  Krabbe  (1869),  Crety,  1890;  Cohn  (1901  =  Choano- 
taenia  tnfimdibulum),  Stiles  (1896  =  Drepanidotaenia  infundihuii- 
formis),  Clerc,  1903;  Ransom  (1905  =  Choanotaenia  infundibuU- 
formis),  Führmann  (1908), 

Diese  typische  Art  ist  von  mir  2mal  in  Aulie-Ata  beim  Eaus- 
huhn,  Gallus  gallus  dorn.,  gefunden  worden. 


440  ^-  ^-  Skrjabin, 

18.  Monojyylidiiifn  cinguliferum  Keabbe  1869. 
(Fig.  24—25.) 
Keabbe  (1869),  Clerc  (1902,  1903),  Fuhemann  (1908). 

Diese  für  Charadriiformes  typische  Art  ist  von  mir  mehrere 
Male  bei  Totanus  glareola  und  Scolopax  major  gefunden  worden. 
Beide  Wirte  sind  für  diesen  Parasiten  neu. 

Ich  will  hier  nur  bemerken,  daß  die  Hakenlänge  meiner 
Exemplare  0,0087  mm  betrug,  während  sie  nach  Cleec  0,007  mm 
und  nach  Keabbe  0,004  mm  beträgt.  Es  kann  sein,  daß  die  Exemplare 
von  Cleec  und  auch  diejenigen,  welche  ich  besaß,  einer  besonderen 
Varietät  angehören. 

Als  anatomische  P^igentümlichkeit  ist  die  scharf  ausgeprägte 
porale  Lage  der  weiblichen  Genitaldrüsen  wie  auch  das  außer- 
ordentlich stark  entwickelte  Receptaculum  seminis  zu  bemerken, 
welches  bei  0,5  mm  langen  und  1  mm  breiten  Proglottiden  eine 
Länge  von  0.26—0,34  mm  bei  einer  Breite  von  0,136  mm  erreichte. 

Der  Cirrusbeutel  dieser  Proglottiden  war  0,17  mm  lang  und 
0,08—0,09  mm  breit. 

Was  die  Form  der  Proglottiden  anbetrifft,  so  sind  sie  bei  den 
jungen  Gliedern  breiter  als  lang;  die  Länge  und  die  Breite  der 
mittleren  Proglottiden  ist  gleich,  während  die  ganz  reifen  Glieder 
sehr  langgestreckt  sind;  ihre  Länge  erreicht  1,22  mm  bei  einer  Breite 
von  0,42  mm. 

Die  eingekapselten  Eier  nehmen  in  den  reifen  Gliedern  nur  das 
mittlere  Feld  zwischen  den  beiden  Excretionsgefäßen  ein.  Ich  gebe 
hier  eine  Abbildung  der  halbreifen  und  der  reifen  Glieder,  da  solche 
in  der  Literatur  noch  nicht  vorhanden  sind. 

19.  Monopylidimn  galhulae  Zed.  1903  (=  Choanotaenia  galbulae 

Zeü.  1803). 
(Fig.  26-28  und  81.) 
Zeder  (1803),  Cohn  (1901),  Fuhemann  (1908). 

Dieser  Parasit  ist  von  Cohn  ziemlich  genau  untersucht  worden 
unter  dem  Namen  Choanotaenia  galbulae  Zed.  (aus  Oriolus  galbulae 
und  Corvus  cornix)  und  von  Fuhrmann  (1908)  als  „typische  Art" 
für  die  Gattung  Choanotaenia  Railliet  genommen  worden. 

Ich  habe  diesen  Parasiten  Imal  bei  Corvus  frugilegus  (neuer 
Wirt!)  gefunden.     Die  Untersuchung  der  reifen  Glieder  bewies,  daß 


Vogeicestodeu  aus  Russisch  Turkestan. 


441 


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442  ^-  ■'■•  Skrjabin, 

diese  Art  nichts  mit  der  Gattim;^  Choanotaenia  Eaill.  gemein  hat, 
sondern  als  zu  Monopißidium  Fuhem.  gehörig-  angesehen  werden  muß. 

Das  einzige  Exemplar  meiner  Sammlung  hatte  eine  Länge  von 
113  mm  (nach  Cohn  ist  diese  Cestode  nur  60—70  mm  lang). 

In  seiner  Arbeit  (1901)  beschreibt  Cohn  bei  diesem  Parasiten 
einen  lOhakigen  und  einen  vielhakigen  Scolex.  wobei  er  annimmt, 
daß  einer  von  ihnen  als  Abnormität  angesehen  werden  müsse.  Er 
läßt  übrigens  die  Frage  offen,   welcher  von  beiden  der  normale  sei. 

Der  Scolex  meines  Exemplars  war  ein  vielhakiger;  die  Anzahl 
der  Haken  konnte  ich  leider  nicht  feststellen,  doch  waren  ihrer  mehr 
als  20.  Ihre  Länge  betrug  0,036  mm  und  entsprach  also  vollständig 
derjenigen,  die  Cohn  bei  seinem  vielhakigen  Scolex  gefunden  hat 
(0,035  mm).  Es  ist  also  klar,  daß  der  lOhakige  Scolex  der  Art 
Choanotaenia  galbulae  nicht  angehört  und  auch  keine  Abnormität 
darstellt,  sondern  zu  einer  ganz  anderen  Art,  wahrscheinlich  zu 
Hymenolepis,  gerechnet  werden  muß. 

Der  Scolex  meines  Exemplars  war  0,25  mm  lang  und  0,17  mm 
breit.    Der  Durchmesser  der  Saugnäpfe  betrug  0,06  mm. 

Die  Anatomie  der  halbreifen  Glieder  entsprach  ganz  der  von 
Cohn  angegebenen ;  die  Untersuchung  der  reifen  Proglottiden  zeigte, 
daß  der  Uterus  in  Kapseln  zerfällt,  von  denen  jede  nur  1  Ei  enthält. 
Dieses  letztere  Merkmal  weist  den  Parasiten  nicht  zu  Choanotaenia, 
sondern  zur  Gattung  Monopylidium  Fuhrmann. 

c)  Subfam.  Paruterinae  Fuhrm. 

X.  Gen.  JParuterina  Fuhrm. 
Ich  besitze  nur  eine  Art  dieser  Gattung,  die  aber  neu  ist. 

20.  Paruterina  cholodkowskii  n.  sp. 

(Fig.  29-34). 

Diese  Art  ist  in  Otomela  romanoivi  Bogd.  in  der  Umgebung  von 
Aulie-Ata  im  Sommer  1908  gefunden  worden. 

Es  ist  interessant  zu  bemerken,  daß  bei  den  Vögeln  der  Familie 
der  Lanüdae  (Passeriformes),  zu  welcher  der  Wirt  dieses  Para- 
siten gehört,  schon  eine  Art  der  Gattung  Paruterina  (P.  parallele- 
pipeda  Rud.)  beschrieben  worden  ist;  sie  unterscheidet  sich  aber 
wesentlich  von  der  von  mir  beschriebenen  Art.  Aus  Otomela  roynanowi 
Bogd.  ist  bis  jetzt  noch  kein  einziger  Parasit  beschrieben  worden. 


Vogelcestoden  aus  Kassisch  Turkestan. 


443 


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444  K.  I.  Skrjabin, 

Diese  Art  benenne  ich  zu  Ehren  des  Herrn  Prof.  Dr.  N.  Cholod- 
KowsKY  (in  St.  Petersburg),  eines  der  wenigen  russischen  Helmintho- 
logen. 

Die  Länge  der  Strobila  erreicht  50  mm,  die  Breite  der  reifen 
Proglottis  1,5  mm.  Die  jungen  Glieder  sind  mehr  breit  als  lang, 
die  mittleren  sind  ebenso  lang  wie  breit  und  die  reifen  mehr  lang 
als  breit. 

Scolex  0,34  mm  lang  und  0,36  mm  breit. 

Das  Rostellnm,  nicht  groß  und  am  Vorderende  stumpf,  ist  mit 
einer  einfachen  Reihe  von  50 — 60  Haken  versehen,  deren  Länge 
0,016—0,018  mm  beträgt.  Die  Saugnäpfe,  von  etwas  ovaler  Form, 
haben  einen  Durchmesser  von  0,17  mm.    Der  Hals  ist  0,25  mm  breit 

Die  Haken  sind  von  charakteristisch  dreieckiger  Form,  mit 
zwei  Verdickungen  an  der  Basis;  sie  unterscheiden  sich  auffallend 
in  Zahl,  Form  und  Größe  von  den  Haken  Paruterina  parallelepipeda 
ßuD.,  in  der  Tat  sind  sie  beinahe  7mal  größer  als  bei  meiner  Art. 


Par.  cholodkoivskii 

n.  sp. 


Par.  parallelepipeda 

RUD. 


Zahl  der  Haken 

Hakenlänge 

Hakenform 


50-60 

0,016—0,018  mm 

dreieckig 


19 

0,082  mm 

langgestreckt 


Bemerkenswert  ist  der  Bau  der  Muskulatur.  Sie  besteht  aus 
2  Längs-  und  2  Transversalmuskellagen.  Die  letzteren  gehen  an 
den  Seitenrändern  der  Proglottis  ineinander  über.  Die  Bündel  der 
inneren  Längsschicht  sind  stärker  als  die  der  äußeren  und  bestehen 
aus  5 — 10  Fasern. 

Bei  den  von  mir  untersuchten  Querschnitten  von  Paruterina 
parallelepipeda  Eud.  ,  welche  aus  der  FuHEMANN'schen  Sammlung 
stammen  und  die  zu  den  Originalpräparaten  Rüdolphi's  gehören, 
konnte  ich  die  oben  beschriebene  akzessorische  Transversalmuskel- 
schicht nicht  finden;  möglich,  daß  die  Schuld  an  der  schlechten 
Konservierung  der  Präparate  lag,  da  dieselben  schon  beinalie 
100  Jahre  alt  waren. 

Die  Genitalöffnungen  sind  unregelmäßig  abwechselnd.  Der 
Genitalapparat  ist  sehr  einfach  gebaut.  Die  16 — 18  Hoden  liegen 
seitlich  und  hinter  den  weiblichen  Drüsen. 

Der  kleine  Cirrusbeutel ,  0,14  mm  lang,  reicht  etwas  über  das 


Vogelcestoden  ans  Russisch  Turkestan.  445 

Excretionsgefäß  hinaus.  Der  nierenförmige  Dotterstock  liegt  median 
hinter  dem  zweiflügligen  Keimstocke. 

_  Der  reife  Uterus,  von  charakteristisch  viellappiger  Form,  nimmt 
das  mittlere  Feld  der  Proglottis  zwischen  den  Excretionskanälen 
ein  (s.  Fig.  34). 

An  seinem  vorderen  Ende  entwickelt  sich  später  das  Paruterin- 
organ;  es  erweitert  sich  allmählich  nach  hinten  und  richtet  in  den 
Uterus  mehrere  parenchymatöse  Auswüchse;  diese  verdrängen  den 
Uterus  und  ergreifen  die  in  ihm  befindlichen  Eier.  Bei  den  reifsten 
Proglottiden  nimmt  das  Paruterinorgan  das  ganze  Mittelfeld  ein. 

Es  ist  interessant  zu  bemerken,  daß  der  Uterus  bei  Proglottiden, 
bei  welchen  das  Paruterinorgan  schon  bedeutend  entwickelt  ist,  an 
den  Frontalschnitten  die  Tendenz  zeigt,  2  Säcke  zu  bilden;  dadurch 
nähert  sich  unsere  Art  Biuterina  und  scheint  eine  Übergangsform 
zwischen  beiden  Gattungen  zu  bilden.  Auf  diese  Verwandtschaft 
weist  auch  noch  die  dreieckige  Hakenform  hin.  Nach  dem  Bau  des 
reifen  Uterus  aber  (wenn  das  Paruterinorgan  noch  nicht  gebildet 
ist),  der  ohne  Tendenz  zur  Verzweigung  ist,  müßte  man  diesen  Para- 
siten zu  Paruierina  rechnen. 

Jedenfalls  steht  er  an  der  Grenze  der  beiden  Gattungen. 

XL  Gen.  Hiuterina  Fuhem. 
Ich  besitze  nur  eine  neue  Art  dieser  Gattung. 

21.  BhiteHna  dunganica  n,  sp, 

(Fig.  35—39.) 

Diese  Art  wurde  einmal  in  2  Exemplaren  im  Darm  eines  im 
Sommer  1908  erlegten  Oriolus  galbula  gefunden. 

Das  größte  Exemplar  war  50  mm  lang,  bei  einer  Maximalbreite 
von  2  mm.  Der  Scolex  ist  0,323  mm  lang  und  hat  einen  Durch- 
messer von  0,357  mm,  die  Saugnäpfe  einen  solchen  von  0,18  mm. 
Das  Eostellum  ist  sehr  eigentümlich,  denn  es  hat  das  Aussehen 
eines  5.  Saugnapfes  und  ist  0,153  mm  breit  und  0,102  mm  lang. 
Es  ist  mit  ca.  30  Haken  bewaffnet,  die  0,022  mm  lang  sind.  Die 
Haken  sind  von  charakteristisch  dreieckiger  Form  mit  2  Ver- 
dickungen an  der  Basis. 

Der  Hals  ist  0,3  mm  lang  und  0,255  mm  breit. 

Die  Genitalcloake  mündet  unregelmäßig  links  und  rechts  am 
Proglottidenrande  aus. 

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446 


K.  I.  Skrjabin, 


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Vogelcestoden  aus  Russisch  Turkestan.  447 

Die  Hoden,  ca.  10—12  an  der  Zahl,  liegen  im  hinteren  Teile 
der  Proglottis.    Ihr  Durchmesser  beträgt  0,052 — 0,056  mm. 

Die  schwach  muskulöse  Bursa  cirri  ist  0,187  mm  lang  und  be- 
sitzt einen  deutlichen  Retractor,  welcher  aus  einem  ziemlich  starken 
Büschel  von  Muskelfasern  besteht. 

Die  weiblichen  Genitaldrüsen  liegen  median. 

Der  zweiflüglige  Keimstock  in  einem  0,136  mm  langen  und 
0,68  mm  breiten  Gliede  ist  0,145  mm  breit. 

Der  Dotterstock  liegt  hinter  dem  Keimstock. 

Die  Vagina  zeigt  ein  kleines,  ovales  Receptaculum  seminis. 

Der  zweiteilige  Uterus  liegt  anfangs  in  2  Bogen  vor  den  Hoden, 
wodurch  sie  wie  in  2  Gruppen  angeordnet  scheinen.  Von  dem  Par- 
uterinorgan  verdrängt,  nähert  er  sich  später  dem  hinteren  Rande 
der  Proglottis. 

Das  Paruterinorgan  entwickelt  sich  verhältnismäßig  früh,  rückt 
dem  Uterus  immer  näher  und  umhüllt  ihn  gänzlich,  so  daß  zuletzt 
seine  beiden  Teile  sich  im  Paruterinorgan  befinden.  Dieses  letztere 
dringt  auch  median  durch,  so  daß  es  beide  Teile  des  Uterus  von- 
einander trennt. 

Ein  ähnlicher  Typus  des  Paruterinorgans  ist  bis  jetzt  nur  bei 
der  Art  Biuterina  passerina  Fuhkm.  beschrieben  worden.  Von  der 
letzteren  Art  unterscheidet  sich  jedoch  unsere  durch  eine  ganze 
Reihe  anderer  Merkmale,  die  auf  der  beifolgenden  Tabelle  ver- 
zeichnet sind. 

Durchmesser  der  Eier  0,0145  mm. 

Der  Name  „dunganica''  ist  gebildet  von  „Dunganen",  chinesische 
Muhammedaner,  ansässig  in  der  Umgebung  der  Stadt  Aulie-Ata  des 
Syr-Darja- Gebietes. 

XII.  Gen.  Rhahdometra  Cholodkowsky  1906. 
22.  Mhabdonietra  nigroxnifictata  Crety  1890. 
Crety  (1890),  Stiles  (1896),  Fuhrmann  (1908). 

Ist  von  mir  mehrere  Male  im  Darm  Coturnix  communis  L.  in 
der  Umgebung  von  Aulie-Ata  gefunden. 

C.  Fam.  Hijmenolepinidae  Fuhrm. 

Diese  Familie  ist  in  meiner  Sammlung  in  6  Gattungen  und  23 
ihnen  angehörigen  Arten  vorhanden,  wobei  eine  Gattung,  Hijmeno- 
fimbria,  und  5  Arten  neu  sind. 


448 


K.  I.  Skrjabin, 


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Vogelcestoden  aus  Russisch  Turkestan.  451 

XIII.  Gen.  Aploparalisis  Cleec  1903. 

In  meiner  Sammlung  fanden   sich   2  Vertreter  dieser  Gattung, 
wobei  einer  sich  als  neue  Art  erwies. 

23.  Aploparaksis  fiircufera  Rud.  1819. 

RuDOLPHi  (1819),  Krabbe  (1869  =  T.  rhomhoidea) ,  Stiles  (1896 
=  Dieranotncnia  fnrcigcra  EüD.),  von  Linstow  (1905  =  T.  rJiom- 
boidea),  Fuhrmann  (1908). 

Von   mir   einmal   im   Darm   einer   Fuligula  rufina  L.  gefunden. 
Der  Wirt  ist  für  die  Art  neu. 


24.  Aplojyarahsis  elisae  n.  sp, 

(Fig.  40—43.) 

Im  Darm  einer  Fuligula  nyroca,  welche  am  3./3.  1910  auf  dem 
Flusse  Talass  in  der  Nähe  von  Aulie-Ata  erlegt  wurde,  fand  ich 
ein  Exemplar  des  Cestoden,  der  sich  als  eine  neue  Art  der  Gattung 
Aploparaksis  Clerc  erwies. 

Seine  Strobila  zeigte  eine  Länge  von  120  mm  bei  einer  Maximal- 
breite der  reifen  Glieder  von  1,4  mm.  Bei  diesem  Exemplar  war 
das  Rostellum  zur  Hälfte  eingezogen,  und  die  Basis  des  letzteren 
maß  0,03  mm.  Die  10  Haken  sind  0,0259  mm  lang.  Ihre  Form  ist 
charakteristisch,  da  keine  bis  jetzt  bekannte  Art  der  Gattung  Aplo- 
paralisis  einen  ähnlichen  Hakentypus  aufweist.  Bei  den  letzteren 
ist  die  Basis  des  Hakens  von  dem  freien,  zugespitzten  Ende  durch 
eine  ziemlich  tiefe  Einbuchtung  getrennt,  wobei  das  freie  Ende 
dieselbe  Länge  wie  die  Basis  zeigt;  die  Haken  unserer  neuen  Art 
dagegen  haben  eine  sehr  geringe  Einbuchtung,  und  ihr  freies  zu- 
gespitztes Ende  überragt  die  Basis  bedeutend. 

Das  erinnert  etwas  an  die  Hakenform  der  Gattung  BiorcMs 
Clerc  (besonders  BiorcMs  acuminata  Clerc).  Auch  die  Hakenlänge 
charakterisiert  unsere  Art:  bei  den  Vertretern  der  Gattung  Aplo- 
paralsis^  welche  bei  Anseriformes  vorkommen,  hat  keine  Art 
eine  ähnliche  Hakengröße  (bei  Aploparahls  furcigera  R.  sind  sie 
0,047—0,058  mm  lang  und  bei  Apl.  birulai  v.  Linst.  0,032  mm). 

Nur  bei  Apl.  hrachypliallos  Krab.  (aus  Charadriiformes) 
sind  die  Haken  0,017—0.026  mm  lang,  ihre  Form  jedoch  unter- 
scheidet sich  wesentlich  von  den  Haken  der  oben  beschriebenen  Art. 

Die  Genitalöffnungen  liegen  unilateral.    Jede  Proglottis  enthält 


452 


K.  I.  Skejabin, 


einen  Hoden  von  runder  Form,  der  einen  Durchmesser  von  0,11  bis 
0,13  mm  beträgt.  Da  jeder  Hoden  verhältnismäßig  groß  ist  im  Ver- 
gleich zur  Länge  der  Proglottis,  so  sind  die  Hoden  der  Nachbar- 
glieder seitwärts  verschoben,  wie  es  Fig.  42  zeigt;  an  der  Glieder- 
kette sieht  man.  daß  die  Hoden  in  2  Reihen  liegen,  und  zwar  ab- 
wechselnd sich  der  Mittelkörperlinie  nähern  oder  sich  von  ihr  ent- 
fernen. Mit  ihrem  lateralen  Rande  berühren  die  Hoden  die  Wand 
des  antiporalen  Excretionsgefäßes. 

Der  ziemlich  große  Cirrusbeutel  erreicht  eine  Länge  von  0,25  bis 
0,26  mm  bei  einer  Breite  von  0,023 — 0,025  mm.  Bei  den  jungen 
Gliedern  mit  entwickelten  männlichen  Drüsen  reicht  er  bis  zur 
Mittellinie,  bei  den  Proglottiden  mit  weiblichen  Drüsen  erreicht 
seine  Länge  das  erste  Viertel  der  Proglottisbreite.  Die  Vesicula 
seminalis  externa  ist  von  ovaler  Form  und  recht  groß.  Die  weib- 
lichen Genitaldrüsen  liegen  median  im  hinteren  Teil  der  Proglottis ; 
der  schwach  gelappte  Keimstock  hat  eine  Breite  von  0,29—0,32  mm 
(bei  einer  Proglottisbreite   von   1,02  mm).    Der  hinter  ihm   befind- 


Tabellarische  Artenübersicht   der  Gattung 
Aploparahsis  Clerc  aus  Anseriformes. 

Die  Maße  sind  in  Millimetern  angegeben. 


Name 

A.  f'urcigera 

A.  birulai 

A.  elisae 

Untersucher 

KUDOLPHI 

V.    LiNSTOW 

K.  Skrjajjin 

Jahr 

1819 

1905 

1913 

Strobilalänge 

10-35 

24,8 

120 

Strobilabreite 

0,5-1 

0,57 

1,4 

Scolexbreite 

0,46—0,52 

0,22 

0,34 

Durchmesser  d.  Saug- 

0,18 

? 

0,12 

napfes 

Zahl  der  Haken 

10 

10 

10 

Hakenläuge 

0,047-0,058 

0,032 

0,0259 

Genitalöffnung-en 

unilateral 

unilateral 

unilateral 

Bursa  cirri,  Länge 

%  des  Querdurch- 

Vs des  Querdurch- 

V4 des  Querdurch- 

messers 

messers 

messers 
(=  0,25—0,26  mm) 

Cirrus 

unbestachelt 

bedornt 

unbestachelt 

Onkosphären 

0,036 

0,040 : 0,034 

0,026—0,03 

Wirt 

Anas  hoschas 

Erionetta 

Fuligula  nyroca 

Anas  crecca 

spectabilis  L. 

Nyroca  ferina 

Fuligula  rufina 

Verbreitung 

Europa 

Nord-Rußland 

Russisch  Turkestan 

Russisch  Turkestan 

(Tajmyr-Halbinsel) 

Vogelcestoden  aus  Russisch  Turkestan.  453 

liehe  Dotterstock  von  rund-ovaler  Form  hat  einen  Durchmesser  von 
0,05-0.06  mm. 

Der  Uterus,  der  sich  recht  früh  entwickelt,  nimmt  anfangs  das 
mittlere  Drittel  der  Proglottis  ein;  bei  den  reifen  Gliedern  erfüllt 
er  sie  ganz  bis  zum  äußersten  Rande.  Die  Oncosphären  haben 
einen  Durchmesser  von  0,026  —  0,03  mm. 

Diese  Art  benenne  ich  nach  meiner  Frau,  die  meinen  Arbeiten 
lebhaften  Anteil  entgegenbringt  und  mir  beim  Sammeln  meines 
Materials  von  großer  Hilfe  gewesen  ist. 

XIV.  Gen.  JDiorchis  Cleec  1903. 

Unter  den  Vertretern  dieser  Gattung  habe  ich  2  Arten  gefunden; 
die  eine  beschreibe  ich  als  neue  Varietät,  für  die  andere  fand  ich 
nur  einen  neuen  Wirt, 

25.    Diorchis  acuniinata  Clekc  1903. 
Clerc  (1903),  Fuhrmann  (1908),  Ransom  (1909). 

Diorchis  acuminata  ist  von  mir  einmal  am  20.  April  (a.  St.)  1911 
im  Darm  am  Kul-Kainar-See  erlegten  Fulica  atra  L.  gefunden. 

Erst  unlängst  beschrieb  Ransom  diesen  Parasiten  als  aus  dem 
Darm  von  Fulica  amcricana  stammend,  so  daß  das  Parasitieren  dieser 
Art  bei  den  Vertretern  der  Ralliformes  zweifellos  ist  (siehe 
Fuhrmann,  1908,  p.  7  u.  81). 

26.    Diorchis  aniericana  Rans.  1909,  var.  turJcestanica  nov.  var. 

(Fig.  44.) 
Eansom,   1909. 

Diese  interessante  Art  ist  von  mir  einmal  am  20.  April  (a.  St.) 
1911  im  Darm  von  Gallinula  cMoropus  am  Kul-Kainar-See  gefunden. 

Diesen  Parasiten  sehe  ich  als  eine  neue  Varietät  der  Diorchis 
americana  Ransom  1909  an.  Seine  Strobila  wie  auch  die  Größe  des 
Scolex  und  die  Länge  der  Haken  entsprechen  vollständig  der  von 
Ransom  gegebenen  Beschreibung.  Als  Hauptmerkmal  dieser  neuen 
Varietät  muß  die  Anwesenheit  einer  besonderen  Anschwellung  der 
Vagina  in  der  Nähe  der  Mündung  gelten,  welche  bei  Diorchis  mneri- 
cana  Ransom  vollständig  fehlt. 

Diesen  Vaginabulbus,  0,09  mm  lang,  der  als  scharf  abgegrenztes 
Organ  erscheint  (s.  Fig.  44),  habe  ich  bei  allen  von  mir  untersuchten 
Exemplaren  feststellen  können. 


454 


K.  I.  Skrjabin, 


Der  Cirrusbeutel  ist  etwas  g-rößer,  als  ihn  Eansom  angibt:  er 
mißt  0,37  mm  in  der  Länge  und  0,05  mm  in  der  Breite  (nach  Ransom 
ist  er  0,25—0,3  mm  lang  und  0,03 — 0,04  mm  breit),  in  Proglottiden, 
welche  0,476  mm  breit  sind. 

Die  2  Hoden  haben  einen  Durchmesser  von  0,06  mm  und  die 
Breite  des  Receptaculum  seminis  beträgt  0,15  mm. 

Der  Vaginalbulbus  ist  mit  dem  großen  Receptaculum  seminis 
durch  einen  schmalen  Kanal  vereinigt. 


Tabellarische    Artenübersicht    der   Gattung   Diorchis 

C  L  E  E  c. 


Die  Maße  sind  in 

Millimetern 

angegeben. 

Name 

D.  inflata 

D.  acuminata 

D.  parviceps 

D.  americana 

Untersucher 

RUDOLPHI 

Clerc 

V.    LiNSTOW 

Ransom 

Jahr 

1809 

1903 

1872 

1909 

Länge  der  Strobila 

80-100 

35 

110 

20—25 

Breite  der  Strobila 

2—3 

0,65 

2,16 

0,6 

Scolexbreite 

0.7 

0.225—0,235 

0,24 

0,250 

Durchmesser  d.  Saug- 

0,17 

0,08 

y 

0,1—0,12 

napfes 

Zahl  der  Haken 

10 

10 

10 

10 

Hakenläuge 

0,023 

0,038 

0,012 

0,065-0,066 

Genitalöffnungen 

unilateral 

unilateral 

unilateral 

unilateral 

Bursa  cirri,  Länge 

reicht  über 

die  Mitte  der 

Proglottis 

0,18—0,28 

V4  des  Quer- 
durchmessers 

0,25—0,30 

Sacculus  accessorius 

fehlt 

fehlt 

fehlt 

fehlt 

Diaraeter  der  Hoden 

V 

0.1—0,13 

0,13 : 0,079 

0,1—0,13 

Vesicula  semin.  ext. 

fehlt 

0,08-0,13 

y 

0,15 

Cirrus 

unbewaffnet 

unbewaffnet 

bedornt 

unbewaffnet 

Keimstock 

Slappig 

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rosettenartig 

41appig 

Dotterstock 

kuglig 

0,045—0,06 

•p 

wie  bei 
D.  acuminata 

Onkosphären 

0,017 

länglich 

'P 

0,012-0,015 

Wirt 

Fiilica  atra 

Anas  crecca 

Mergus 

Fulica 

Anas 

serrahis 

americana 

strepera 

Gallinula 

Fulica  atra 

chlor  opus 

Fulica 

americana 

Verbreitung 

Europa 

Europa 

Nordamerika 

Eussisch 

Turkestan 

Europa 

Amerika 

Russisch 

Turkestan 

Vogelcestodeu  aus  Russisch  Turkestaii.  455 

XVI.  Gen.  Hyme^iolepis  Weinl. 

Diese  weit  verbreitete  Gattung-  ist  in  meiner  Sammlung  mit 
16  Arten  vertreten,  von  denen  3  Arten  neu  sind.  3  Arten  konnten 
leider,  infolge  des  mang-elnden  Scolex,  nicht  bestimmt  werden. 

27.    Hyitienolepis  carioca  Magalh.  1898. 

MagalhaeS  (1898  =  Davainea  carioca),  Ransom  (1902  und  1905). 

Dieser  von  Ransom  genau  beschriebene  Parasit  ist  von  mir 
2mal  im  Dünndarm  beim  Haushuhn,  Gallus  gallus  dornest.,  gefunden 
worden. 

28,  Hi/fnenolepis  rugosa  Clerc  1906. 

(Fig.  45—46.) 
Clerc,  1906. 

Dieser  Parasit  ist  bis  jetzt  nur  Imal  bei  der  Wildtaube  [Columba 
livia  L.)  durch  Cleec  beschrieben  worden.  Ich  fand  ihn  bei  einem 
neuen  Wirt,  Peristera  camhayensis,  der  auch  zu  den  Columbi- 
formes  gehört. 

Ich  gebe  hier  eine  Abbildung  zweier  Glieder  nach  einem  Total- 
präparat, bei  denen  der  Prozeß  der  Selbstbefruchtung  deutlich  sicht- 
bar ist.  Außerdem  gebe  ich  die  Abbildung  eines  chitinösen  Stilets, 
welches  sich  bei  dieser  Art  an  der  Spitze  des  bewaffneten  Cirrus 
befindet. 

Der  Cirrusbeutel  meiner  Exemplare  war  0,4  mm  lang  in  Pro- 
glottiden,  welche  0,5  mm  breit  waren. 

29.  Hynienolepis  villosa  Bloch  1782. 

(Fig.  47—51.) 

Bloch   (1782),   Krabbe    (1869),   Wolffhügel   (1900),    Clerc  (1906), 
Fuhrmann  (1908),  Solowiow  (1911). 

Dieser  Parasit  ist  einer  der  häufigsten  Vertreter  der  turkestanl- 
schen  Helminthenfauna,  da  ich  ihn  in  100%  in  den  von  mir  unter- 
suchten Exemplaren  der  Otis  tarda  und  Otis  tetrax  gefunden  habe. 

Fedtschenko  fand  in  Turkestan  einen  ihm  nahe  verwandten 
Parasiten  bei  Megaloperdix  nigelli  faus  Galliformes),  den  Krabbe 
zu  Hymenolepis  villosa  Bloch  gerechnet  hat;  eine  Reihe  biologischer 
Folgerungen  jedoch,  wie  auch   der  Umstand,  daß  die  Art  von  Me- 


456 


K.  I.  Skhjabin, 


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458 


K.  I.  Skrjabin, 


Tabellarische    Artenübersicht    der    Gattung    Hymenolepis. 
Weinl.  aus  Columbiformes. 

Die  Maße  sind  in  Millimetern  angegeben. 


Name 

H.  spheno- 
cephala 

H.  serrata 

H.  armata 

H.  rugosa 

H.  columbin 

TJntersucher 

RUDOLPHI 

Fuhrmann 

Führmann 

Clerc 

Führmann 

Jahr 

1809 

1906 

1906 

1906 

1909 

Strobila,  Länge 

80 

y 

50—70 

40—50 

30-40 

Strobila,  Breite 

2 

■3 

1 

0,5 

1—1,5 

Scolexbreite 

■p 

0,15 

? 

0,21 

0,216 

Durchmesser  des  Saug- 

'j 

0,09 : 0,06 

'? 

? 

0,1 

napfes 

Zahl  der  Haken 

? 

? 

9 

8 

10 

Hakenlänge 

? 

y 

•j 

0,102 

0,016 

Genitalöifnungen 

unilateral 

unilateral 

unilateral 

unilateral 

unilateral 

Lage  der  Genitaldrüsen 

Typus  „c^' 

Typus  „e" 

Typus  „b" 

Typus  „e" 

Typus  „c" 

Bursa  cirri,  Länge 

0,56 

0,4 

0,28 

0,4 

0,14 

Onkosphären 

0,024 

V 

■j 

V 

0,02 

Sacculus  accessorius 

vorhanden 

fehlt 

fehlt 

fehlt 

fehlt 

Wirt 

Columba 

Turtur 

Columba 

Columba 

Oena 

livia 

turtiir  L. 

cjymn- 
ophthalma 

livia 

Peristera 

cambayensis 

capensis 

Terbreitung 

Europa 

Europa 

Brasilien 

Ural 
Russisch 
Turkestan 

Afrika 

galoperdix  nigelli  eine  Hakenlänge  von  0,011  mm  hat,  während  Hymeno- 
lepis villosa  aus  Otidiformes  eine  solche  von  0,02—0,03  mm  hat, 
bewogen  Solowiow  (69b),  den  Parasiten  der  Galliformes  als 
eine  neue  Art  anzusehen,  die  er  Hymenolepis  fedtschenhowi  Solowiow 
nannte. 

Ich  habe  Hymenolepis  villosa  Bloch  immer  in  einer  selir  großen 
Anzahl  von  Exemplaren  gefunden  —  gewöhnlich  ca.  75—80  g  —  bei 
«iner  Otis  tetrax;  die  Parasiten  waren  so  verwirrt,  daß  es  unmöglich 
war,  sie  voneinander  zu  trennen.  Die  Länge  eines  jeden  Exemplars 
betrug  nicht  weniger  als  1200 — 1300  mm. 

Da  in  der  helminthologischen  Literatur  nur  eine  Abbildung  des 
Scolex  dieses  Parasiten  (in  der  Arbeit  von  Wolffhügel)  existiert, 
erlaube  ich  mir  eine  neue  nach  meinen  Präparaten  zu  geben. 

Die  Länge  des  Scolex  meiner  Exemplare,  wie  auch  bei  Wolfe- 
HÜGEL,   beträgt  0,2  mm,   die  Scolexbreite   der   ersteren  0,22  mm  ist 


Vogelcestodeu  aus  Russisch  Turkestan. 


459 


Tabellarische  Arten  übersieht  der  Gattung 
HymenoJepis  Weinl.  aus  Otidiformes. 


Die  Maße  sind  in  Millimetern  ai 

ig-egeben. 

Name 

H.  villosa 

H.  tetracis 

H.  ambiguns 

S.  dentatus 

Uutersucher 

Bloch 

Cholodkowsky 

Clerc 

Clerc 

Jahr 

1782 

1906 

1906 

1906 

Strobila,  Länge 

152—1200 

60—100 

115 

Strobila,  Breite 

1,2—1.5 

0,8 

0,7 

«-- 

Scolexbreite 

0,144-0,22 

0.25 

0,22 

„. 

Durchmesser   des   Saug- 

0.04-0,088 

0,12 

0,14:0,10 

fD 

uapfes 

3 

Zahl  der  Haken 

14 

17 

10 

So' 

Hakeuläiige 

0.02—0,03 

0,1 

0,03 

0^=^ 

Genitalöftuungen 

unilateral 

unilateral 

unilateral 

§  3. 

Lage  der  Geuitaldrüseii 

Typus  „?'' 

Typus  „e" 

y 

!"      r* 

Diameter  der  Eier 

0,034 

0.023 

•j 

O    ^ 

Bursa  cirri,  Länge 

0,2 

0,24 

0,18 

Wirt 

Otis  tetrax 
Otis  tarda 

Otis  tetrax 

Otis  tetrax 

Verbreitung 

Europa 

Sibirien 

Ural 

03 

Afrika 

Ural 

5.^ 

Russisch 

§• 

Turkestan 

CS 

jedoch  bedeutender  als  die  der  letzteren  —  0,144  mm.  Der  Längs- 
durchmesser der  Saugnäpfe  meiner  Exemplare  (0,074 — 0,088  mm)  ist 
doppelt  so  groß  wie  der  von  Wolffhügel  angegebene  (0,05—0,04  mm). 

Die  Haken  meiner  Exemplare  haben  eine  Länge  von  0,022  bis 
0,025  mm  (nach  Krabbe  und  Wolffhügel  0,03  mm). 

Fig.  47  gibt  die  Abbildung  des  einzigen  von  mir  beobachteten 
Scolex,  bei  dem  das  ßostellum  ausgestülpt  und  nach  einer  Seite  ge- 
bogen war. 

Sehr  interessant  ist  der  Größenunterschied  der  Anhänge  am 
antiporalen  Rand  der  Proglottis,  worauf  auch  Clerc  in  seiner  Arbeit 
hinweist.  Dieser  Unterschied,  der  einerseits  von  dem  Reifezustand 
der  Proglottis,  andrerseits  von  der  Kontrahierung  der  Muskulatur 
abhängt,  kann  in  keinem  Falle  als  Artmerkmal  gelten;  als  Beweis 
dafür  kann  auch  noch  der  Umstand  gelten,  daß  bei  den  Exemplaren, 
die  von  einem  Vogel  stammen.  Proglottiden  mit  sehr  langen  sowie 
auch  mit  sehr  kurzen  Anhängen  festgestellt  wurden. 

Auf  Fig.  50   sieht   man   halbreife   Proglottiden   mit   sehr  lang- 

Zool.  Jahrb.  XXXYII.    Abt.  f.  Svst.  30 


460  ^-  -'■•  Skrjabin, 

gestreckten  Anhängen,  auf  Fig.  51  ganz  reife  Glieder,  bei  welchen 
die  Anhänge  bedeutend  kürzer  sind. 

Die  Genitalöffnungen  sind  unilatei-al  und  münden  im  vorderen 
Drittel  des  Proglottisrandes. 

Die  Hoden  liegen  nach  Clerc  „en  ligne  droite  dans  Taxe 
transversal  du  proglottis  au  moins  dans  les  proglottis  jeunes".  Dies 
ist  der  F'all  bei  den  jungen  Gliedern,  bei  denen  die  weiblichen  Genital- 
organe fehlen;  die  Proglottiden,  bei  denen  aber  die  weiblichen 
Genitaldrüsen  entwickelt  sind,  haben  folgende  Lage  der  Genital- 
organe: der  Dotterstock  liegt  zwischen  dem  an  tiporalen  und  mittleren 
Hoden,  welcher  seinerseits  an  den  hinteren  Eand  der  Proglottis 
grenzt.  Der  porale  Hoden  liegt  auf  in  einem  Niveau  mit  dem 
antiporalen  und  so,  daß  er  beinahe  den  mittleren  berührt.  Der  leicht 
gelappte  Keimstock  befindet  sich  zwischen  dem  poralen  und  anti- 
poralen Hoden.  Die  weiblichen  Genitaldrüsen  sind  leicht  nach  der 
antiporalen  Seite  hin  verschoben. 

Clerc  weist  auf  die  verschiedenartige  Form  des  Uterus  hin: 
„L'uterus  a  une  forme  tres  variable.  Sur  mes  exemplaires,  le  plus 
souvent  c'est  un  sac  transversal  dont  les  deux  lobes  volumineux  se 
dirigent  en  bas  et  en  arriere."  Einen  anderen  Tj^pus  des  Uterus 
dagegen  hat  er  an  ihm  von  Fuhrmann  übergebenen  Exemplaren  aus 
Afrika  von  unbekanntem  AVirt  beobachtet:  „la  forme  de  l'uterus 
plus  compliquee,  ici  les  deux  lobes  principaux  se  dirigent  en  avant 
et  le  nonibre  des  diverticules  est  plus  grand".  „H  est  possible," 
sagt  Clerc,  „que  ce  soit  une  variete  nouvelle  particuliere  ä  Afrique." 

In  seiner  Arbeit  1908  vermutet  Fuhrmann  (p.  8 — 9),  diese  ver- 
schiedene Form  des  Uterus  hänge  vielleicht  davon  ab,  daß  die  afrika- 
nischen Exemplare  aus  einem  Vertreter  der  Galliformes  stammen, 
d.  h.  daß  der  Uterus  bei  Hymenolepis  fedtsclienkowi  Solowiow  (=^  Hym. 
villosa  aus  Galliformes)  dieselbe  Form  hat,  wie  die  Abbildung  bei 
Clerc  fig.  16  zeigt,  während  der  Uterus  bei  Hymenolepis  villosa  Bloch 
(aus  Otidiformes)  aus  zwei  Anschwellungen  besteht,  wie  auf  fig.  15 
bei  Cleec  zu  sehen  ist. 

Bei  allen  von  mir  untersuchten  Exemplaren  von  Hymenolepis 
villosa  Bloch  (aus  0 1  i  d  i  f o  r  m  e  s)  war  der  Tj^pus  des  Uterus  derselbe, 
den  Clerc  in  seiner  fig.  15  vorführt  (s.  meine  Fig.  51),  d.  h.  er 
besteht  aus  zwei  runden  Abteilungen,  welche  miteinander  durch  eine 
Commissur  verbunden  sind;  die  letztere  ist  sehr  schwach  bemerkbar, 
weil  die  Eier  dort  meistenteils  fehlen.  Andrerseits,  wie  aus  der 
Abbildung  in  der  Arbeit  von  Krabbe  1879  klar  hervorgeht,  ist  die 


Vogelcestoden  aus  Russisch  Turkestan.  461 

Uterusform  von  Hymcnolepis  villosa  aus  Megaloperdix  nigelli  {=Hymeno- 
lepis  fcdtscJtenkoni  Solowiow)  identisch  mit  der  aus  0 1  i  d  i  f  o  r  m  e  s.  Es 
folgt  daraus,  daß  die  Arten  Hytnenolepis  villosa  Bloch  und  Hijmeno- 
lepis  fedtschenJiotvi  Solowiow  sich  nicht  in  der  Utei'usform  voneinander 
unterscheiden,  wie  es  Fuhkmann  glaubte.  Das  schließt  aber  nicht 
aus,  daß  die  Exemplare  von  unbekanntem  Wirt  aus  Afrika  (fig.  16 
bei  Cleec)  weder  zu  H.  villosa  Bloch  noch  zu  H.  fedtscJienJioivi  Sol. 
gehören,  sondern  zu  einer  dritten,  noch  nicht  näher  untersuchten  Art. 
Es  ist  interessant  zu  bemerken,  daß  bei  den  reifen  Gliedern 
der  Cirrusbeutel  unter  dem  Druck  der  beiden  Anschwellungen  des 
Uterus  an  den  betreffenden  Stellen  2  Vertiefungen  aufweist  (s.  Fig.  51) ; 
er  bildet  dabei  die  Form  eines  „W". 


30.  Hytiienolepis  nicf/alojys  Ceeplin  1829. 
(Fig.  52—53.) 
Ceeplin  (1829),  Ransom  (1902),  Chülodkowsky  (1912). 

Diese  Art  kommt  in  Eussisch  Turkestan  ziemlich  häufig  vor. 
Fedtschenko  hat  sie  bei  Anas  boschas  dornest,  gefunden.  Ich  habe 
sie  bei  3  Wirten  festgestellt :  bei  Anas  boschas  L.,  Fidigida  ruf  na  L. 
und  Fuligula  nyroca  L.,  von  denen  die  beiden  letzteren  als  neue 
Wirte  dieses  Parasiten  zu  erwähnen  sind.  Bei  10  von  mir  untersuchten 
Exemplaren  von  FuUgida  rufma  habe  ich  ihn  2mal,  bei  24  Anas 
boschas  Imal  und  bei  9  Exemplaren  von  Fidigida  nyroca  Imal  ge- 
funden. 

Als  biologische  Eigentümlichkeit  dieser  Art  ist  hervorzuheben, 
daß  Hymenolepis  megalops  Ceepl.  im  Gegensatz  zu  der  Mehrzahl  der 
Cestoden  nicht  im  Dünndarm  parasitiert,  sondern  sich  an  den 
Schleimhäuten  der  Cloake  oder  am  hinteren  Teil  des  Rectums,  nach 
seiner  Mündung  in  die  Cloake,  festsaugt.  Außerdem  habe  ich  diesen 
Parasiten  nie  einzeln  gefunden,  sondern  in  Kolonien  von  mehreren 
Exemplaren,  die  sich  mittels  ihrer  starken  Saugnäpfe  zusammen- 
hielten. 

Die  Mikrophotographie  eines  Flächenschnittes  (s.  Fig.  53)  zeigt, 
wie  sich  der  Parasit  mit  seinen  stark  muskulösen  Saugnäpfen  an 
die  Cloakenwand  seines  Wirtes  ansaugt. 


30* 


462  K.  I.  Skrjabin, 

31.  Hymenolepis  lanceoJata  Bloch  1782. 

(Fi^.  54.) 

Bloch  (1782),   Krabbe   (1869),    Stiles    (1896),    Wolefhügel    (1900), 
COHN  (1901),  Cleec  (1903). 

Diesen  für  Gänse  so  typischen  Parasiten  fand  icli  Imal  im 
Dann  der  Anser  anser  L.,  ei'legt  auf  dem  Kul-Kainar-See  (1910), 
und  ein  anderes  Mal  bei  der  Wildente,  Fuligida  rufma  L.,  die  als 
neuer  Wirt  dieser  Art  anzusehen  ist. 

Die  Anatomie  dieses  Parasiten  ist  schon  von  WoLFEHtioEL  genau 
beschrieben  worden.  Aveshalb  ich  mich  mit  dem  bloßen  Hinweis 
auf  den  Polymorphismus  des  Cirrusbeutels  bei  dieser  Art  begnüge 
(s.  Fig.  54).  Die  von  Wolffhügel  beschriebene  Form  des  Cirrus- 
beutels konnte  ich  nur  bei  jungen  Proglottiden  beobachten.  Bei 
den  reiferen  dagegen  bemerkt  man  eine  Verdickung  der  Muskel- 
schicht nur  im  mittleren  Teile  des  Cirrusbeutels,  weshalb  der  letztere 
eine  spritzenförmige  Gestalt  annimmt.  Diese  Verdickung  ist  0,22 
bis  0,25  mm  lang  (bei  Gliedern,  welche  0.3  mm  lang  und  6,8  mm 
breit  waren). 

Eine  ähnliche  Form  des  Cirrusbeutels  ist  in  der  Literatur  noch 
nicht  beschrieben  worden.  Die  oben  beschriebene  Cirrusbeutelform  habe 
ich  ebenfalls  bei  einem  ganz  anderen  Parasiten  gefunden,  Hymeno- 
lepis soloivioivi  n.  sp.,  dessen  Beschreibung  weiter  unten  folgt. 

32.  Hi/nienolejns  creplini  Krabbe  1869. 

Krabbe  (1869),  Cohn  (1901). 

Diese  Art  wurde  von  mir  2mal  im  Darm  einer  Wildgans,  Anser 
anser  h.,  gefunden,  welche  ich  auf  dem  Kul-Kainar-See  1910  erlegte. 

33.  Hymenolepis  setif/era  Feöhlich  1789. 
(Fig.  55-57.) 
Feöhlich  (1789),  Keabbe  (1869),  Stiles  (1896),  Cleec  (1903). 

H.  Setigera  ist  von  mir  Imal  in  der  Anzahl  von  3  Exemplaren 
bei  Anser  anser  L.  gefunden  worden,  die  ich  1910  auf  dem  Kul- 
Kainar-See  erlegte.  Ungeachtet  der  reichen  Literatur  über  diese 
interessante  Art  halte  ich  es  nicht  füi-  überflüssig,  ihre  Beschreibung 
mit  einigen  Zeilen  und  Abbildungen  zu  vervollständigen. 


Vogelcestodeu  aus  Russisch  Turkestan.  463 

Diesen  Parasiten  beschreibt  Clerc  (1903)  sehr  genau;  errichtet 
seine  Aufmerksamkeit  besonders  auf  den  eigentümlichen  Bau  der 
weiblichen  Genitalmiindungen  und  g-ibt  dazu  sehr  gute  Abbildungen. 
Die  Vagina  ist  im  Anfangsteile  mit  einer  Cuticula  bedeckt  und 
scheint  daher  eine  Fortsetzung-  der  Genitalcloake  zu  bilden.  Dieser 
Teil  der  Vagina,  den  man  analog  dem  sogenannten  „canalis  mascu- 
linus''  Fuhrmann  canalis  femininus  nennen  kann,  ist  nach  meinen 
Messungen  0,2—0.25  mm  lang.  Das  aporale  Ende  dieses  Canalis 
femininus  ist  mit  einem  Sphincter  versehen,  hinter  welchem  die 
eigentliche  Vagina  ihren  Anfang  nimmt.  Ich  halte  mich  absicht- 
lich bei  diesem  Detail  auf,  weil  dieses  Merkmal  so  typisch  für  diese 
Art  ist,  daß  es  als  Bestimmungsmerkmal  in  Abwesenheit  des  Scolex 
gelten  kann. 

Was  die  gegenseitige  Lage  der  männlichen  und  weiblichen 
Genitaldrüsen  betrilft,  so  hat  Clerc  meiner  Meinung  nach  nicht 
recht,  wenn  er  auf  ihre  Ähnlichkeit  mit  Hijmenolepis  Janccolata  Bloch 
hinweist.  Wie  bekannt,  liegen  bei  H.  lauccolata  alle  3  Hoden  in 
einer  Reihe  zwischen  der  Genitalcloake  und  den  weiblichen  Drüsen, 
die  ganz  aporal  verschoben  sind  (=  Typus  ,,h"  Fuhrmann^));  außer- 
dem ist  bei  dieser  Art  der  aporale  Hoden  niemals  von  der  poralen 
Hälfte  des  Keimstockes  bedeckt,  wie  es  für  den  Typus  „g"  Führm. 
charakteristisch  ist.  Von  allen  bekannten  Hijmenolepis- kxitw  gehört 
dem  Typus  „h"  Fuhrm,  nur  eine  einzige,  Hijmenolepis  lanceolata 
Bloch,  an.  Der  Typus  ,,g"  Fuhrm.  hat  3  Arten  aufzuweisen:  H. 
unilateralis  Rüd.  ,  H.  elongata  Fuhrm.  und  die  neue  Hymenolepis 
prsewalshii  n.  sp.,  deren  Beschreibung  unten  folgt. 

Was  die  Hijmenolepis  setigera  Fröhl.  betrifft,  so  entspricht  die 
Lage  ihrer  Genitalorgane  vollständig  dem  Typus  „f  Flhrm.,  bei 
welchem  die  weiblichen  Drüsen  zwischen  dem  mittleren  und  oporalen 
Hoden  liegen.  Hijmenolepis  setigera  darf  also  nicht  mit  H.  lanceolata 
verglichen  werden,  wie  Clerc  meint,  sondern  mit  Hymenolepis  hracliij- 
cephala  Creplin  und  H.  clandestina  Kbabbe,  bei  welchen  die  Lage 
der  Genitaldrüsen  dieselbe  ist. 

Infolge  der  Angaben  von  Clerc  haben  sich  Irrtümei*  in  die 
helmintliologische  Literatur  eingeschlichen:  so  stellt  Fuhrmann  in 
seiner  Arbeit  1906  (p.  734,  450  und  452)  Hijmenolepis  setigera  neben 
H.  iinilateralis  und  H.  elongata. 

Bei  der  Beobachtung  der  Genitalorgane  meiner  Exemplare,  der 


1)  s.  Fuhrmann,  1906,  fig.  2h. 


464 


K.  I.  Skrjabin, 


jungen  sowohl  als  auch  der  reifen,  befanden  sich  die  weiblichen 
Drüsen  entweder  zwischen  dem  mittleren  und  aporalen  Hoden,  oder 
der  aporale  Hoden  bedeckte  leicht  den  aporalen  Keimstockflüg-el ; 
die  weiblichen  Drüsen  traten  aber  nie  aus  dem  Bereich  des  apo- 
ralen Hoden,  wie  das  bei  zum  Typus  „g"  gehörigen  Arten  der  Fall 
ist.    Das  bestätigen  auch  die  Abbildungen  bei  Cleec,  fig.  7  u.  22. 

Ich  bin  auch  mit  den  Behauptungen  Clekc's  nicht  einverstanden, 
der  sagt  „la  glande  vitellogene  ...  est  simple  et  a  la  forme  d'une 
müre"  (p.  302).  Nur  in  den  frühesten  Stadien  ist  der  Dotterstock 
„simple",  späterhin  aber  ist  er  ebenfalls  wie  der  Keimstock  gelappt 


Tabellarische  Übersicht  der  Hy  m e n ol e p i s -  Ar  t  n  y)  , 
welche  dem  Typus  „f"  Fuhrmann  angehören. 

Die  Maße  sind  in  Millimetern  angegeben. 


Name 

H.  hrachycephala 

H.  clanclestina 

H.  setiyera 

Untersucher 

Ceepijn 

Krabbe 

Fröhlich 

Jahr 

1829 

1869 

1789 

Strobila,  Länge 

80 

70 

180—200 

Strobila,  Breite 

1,7 

0,5 

3,5 

Scolex 

0,2  : 0,17 

0,S38 : 0,26 

0,24:0,28-0,33 

Durchmesser   des   Saug- 

0,085 

0,078 : 0,065 

groß,  elliptisch 

napfes 

Zahl  der  Haken 

10 

10 

10 

Hakenlänge 

0,055 

0,0i— 0,047 

0,035—0,044 

Cirrusbeutel,  Länge 

0,15 

p 

0,5 

Cirrusbeutel,  Breite 

0,075 

i 

0,085—0,1 

Durchmesser  der  Hoden 

0,06 

j 

0,17—0,2 

Form  der  Hoden 

gelappt 

ganzi 

andig 

ganzrandig 

Vesicula  sem.  externa 

0,17-0,2 

^ 

0,37 

Keimstock.  Breite 

V 

? 

0.25 

Dolterstock,  Breite 

? 

? 

0,085-0,1 

Wirt 

C  h  a  r  a  d  r  i  i  - 

C  h  a  r  a  d  r  i  i  - 

Auseriforraes: 

i  0  r  m  e  s  : 

f  0  r  m  e  s : 

Machefes 

Haematopus 

Aiiscr  unser  L. 

pugnax 

ostralegus 

Anser  anser  dornest. 
Anser  fabialis 
Anser  albifrons 

Cygnus  olor  dornest. 

Cygnus  musicus 

Branta  leucopsis 

Branta  bernicla 

Aythya  ferina 

Verbreitung 

Europa 

Europa 

Europa 

Russisch  Turkestau 

Vogelcestoden  aus  Russisch  Tnrkestaii.  465 

und  nimmt  sogar  eine  rosettenförmige  Gestalt  an.  Selbst  Clerc  hat 
einen  Slappigen  Dotterstock  abgebildet  (Fig.  22). 

Zum  Schluß  möchte  ich  einige  Ziffern  geben,  welche  die  ein- 
zelnen Organe  dieses  Parasiten  betreffen. 

Der  Cirrusbeutel  ist  0,5  mm  lang  und  0,085—0,1  mm  breit. 
Die  ovale  Vesicula  seminalis  externa  hat  eine  Längsaclise  von 
0,37  mm. 

Die  Hoden  in  den  jungen  Gliedern  sind  rund;  in  den  Pro- 
glottiden  mit  entwickelten  weiblichen  Drüsen  sind  sie  dagegen  quer- 
oval  und  haben  eine  Längsachse  von  0,17 — 0,2  mm. 

Die  Maximalbreite  des  Keimstocks  derjenigen  Glieder,  in  denen 
die  Hoden  schon  verschwunden  sind,  beträgt  0,25  mm;  diejenige  des 
Dotterstockes  0,085—0,12  mm. 

Vorstehend  eine  vergleichende  Tabelle  mit  den  charakteristi- 
schen Merkmalen  aller  3  bis  jetzt  bekannten  Hijmenolepis-Artüia,  bei 
denen  die  weiblichen  Drüsen  sich  zwischen  dem  mittleren  und 
aporalen  Hoden  befinden,  welche  also  dem  Typus  „f"'  Fühemann 
angehören. 

34,  Hijmenolexris  coronula  Dujardin  1845. 

(Fig.  58—60.) 

Dujardin  (1845),  Krabbe  (1869,   1882),    Stiles  (1896),  Wolffhügel 
(1900),  CoHN  (1901),  Fuhrmann  (1908),  Luhe  (1910). 

Dieser  Parasit,  von  Wolephügel  genau  untersucht  hat  (1900), 
ist  von  mir  Imal  im  Darm  der  Wildente,  Anas  hoschas  L.,  gefunden 
worden  (Winter  1909).  Die  Scoleces  meiner  Exemplare  w^eichen  in 
der  Größe  von  denen,  welche  Wolffhügel  untersucht  hat,  ab.  Der 
Scolex  erreicht  eine  Breite  von  0,187  mm.  Der  Durchmesser  der  Saug- 
näpfe beträgt  0,074  mm.  Bei  den  Exemplaren  von  Wolffhügel 
dagegen  w^ar  der  Scolex  breiter  (0,198  mm)  und  der  Durchmesser  der 
Saugnäpfe  kleiner  (0,065  mm).  Der  Durchmesser  des  Rostellums 
(0,0915  mm)  und  seine  Länge  (0,055  mm)  entsprachen  vollständig 
den  von  Wolffhügel  angegebenen. 

Da  in  der  Literatur  gute  Abbildungen  der  allgemeinen  Lage 
der  Organe  in  den  halbreifen  Proglottiden  noch  nicht  existieren,  so 
gebe  ich  hier  einige  Zeichnungen.  Fig.  58,  59  stellt  die  Lage  der 
Organe  im  Totalpräparat  vor,  Fig.  60  einen  Teil  der  Genitalcloake 
mit  dem  Cirrusbeutel  und  dem  für  diese  Art  typischen  Sacculus 
accessorius    oder   dem  sogenannten   „Präputialsack".     Der   letztere 


466  K.  I.  Skrjabin, 

befindet  sich  bei  meinen  Exemplaren  nicht  vor  dem  Cirrus.  wie 
WoLFFHÜGEL  Sagt,  sondem  hinter  ihm  und  etwas  dorsal.  Er  er- 
reicht eine  Länge  von  0,033  mm  bei  einer  Breite  von  0.011  mm 
(nach  WoLFFHÜGEL  beträgt  seine  Länge  0.036  mm  und  die  Breite 
0,014  mm).  Die  innere  Fläche  dieses  Sacculus  accessorius  ist  mit 
einer  Cuticularschicht  bedeckt  und  mit  Börstchen  versehen,  die  mit 
der  Spitze  nach  der  Genitalmündung  gerichtet  sind. 

Der  Sacculus  steht  mit  einem  Drüsenkomplex  in  Verbindung^ 
welcher  von  ihm  strahlenförmig  ausgeht  {„GP'  auf  Fig.  60)  und 
welcher  zusammen  mit  dem  Sacculus  vom  Cirrusbeutel  umschlossen 
ist.  Der  letztere  ist  0,258  mm  lang  und  0,07  mm  breit  und  enthält 
eine  große  Vesicula  seminalis  interna,  welche  %  des  Cirrusbeutels 
ausmacht. 

Nach  WoLFFHÜGEL  ist  der  Cirrusbeutel  0,3  mm  lang  und  0,08  mm 
breit. 

Die  innere  Wand  der  muskulösen  Vagina  ist  bei  ihrer  Mündung 
mit  chitinösen  Stacheln  versehen,  die  mit  ihren  Spitzen  nach  innen 
gerichtet  sind. 

Die  Hoden  der  von  mir  untersuchten  Exemplare  waren  immer 
etwas  gelappt  und  hatten  die  Lage,  welche  dem  Typus  ,,b"'  Fuhr- 
mann entspricht.  In  den  Proglottiden,  bei  denen  die  weiblichen 
Drüsen  noch  jung  sind  (Fig.  58)  ist  der  Keimstock  nierenförmig  und 
ganzrandig,  bei  seiner  späteren  Entwicklung  nimmt  er  eine  gelappte 
Form  an  (Fig.  59). 

35.  Hymenolepis  coinpvessa  Linton  1892. 

LiNTON    (1892),     KOWALEVSKY,     LUHE    (1910),     SOLOVVIOW     (1911    =    H. 

nicgarostcllis  SoL.),  Skrjabin  (1914). 

H.  compressa  ist  von  mir  bei  einem  neuen  Wirt  FuUgida  nyroca 
gefunden  worden.  Wie  ich  in  einer  anderen  Arbeit  (1914)  zeigen 
werde,  ist  die  Art  Hymenolepis  megarosiellis  Solowiow  (1911)  mit 
der  Hymenoleins  compressa  Linton  (1892)  identisch.  Hier  will  ich 
nur  auf  den  Umstand  aufmerksam  machen,  daß  die  Bewaffnung  des 
Scolex  bei  dieser  Art  dieselbe  ist  wie  bei  Hymenolepis  collaris  Batsch 
(=  H.  sinuosa  Zed.).  Die  entsprechenden  Figuren  befinden  sich  in 
meiner  Arbeit  1914. 


Vog-elcestoden  ans  Rtissiscli  Tarkestaii  467 

36.  Htpnenolepls  solotvioivi  it.  sjy, 

-   (Fig-.  61.) 

Von  dieser  Art  kann  ich  leider  nur  eine  sehr  unvollständige 
Beschreibung  geben,  da  das  in  meinen  Händen  befindliche  Material 
zu  stark  niaceriert  war.  Der  Bau  seines  Cirrusbeutels  ist  jedoch 
so  typisch,  daß  dieser  Parasit  als  Repräsentant  einer  neuen  Art  an- 
g-esehen  werden  muß.     Ich  fand  ihn  bei  Fuligula  nyroca  L. 

Die  Strobilalänge  bei  dem  größten  Exemplar  betrug  20  mm,  bei 
einer  Maximalbreite  von  1,3  mm.  Einige  der  hinteren  Proglottiden 
waren  nur  0,7  mm  breit.  Der  Scolex  fehlte  leider.  Die  ganz  jungen 
Glieder  waren  0,016  mm  lang-  und  0,1  mm  breit. 

Sehr  typisch  ist  die  Anordnung  der  Kalkkörperchen ,  deren 
Durchmesser  0,0148  mm  beträgt;  sie  liegen  nur  in  dem  Teil  der 
Proglottis,  welcher  das  nachfolgende  Glied  bedeckt. 

Die  3  runden  Hoden  liegen  nebeneinander  in  einer  Reihe. 

Bei  den  Proglottiden  von  0,17  mm  Länge  und  0,44  mm  Breite 
war  der  Cirrusbeutel  0.16 — 0.17  mm  lang.  Der  Bau  des  letzteren 
ist  außerordentlich  typisch;  in  seinem  mittleren  Teile  befindet  sich 
eine  stark  muskulöse  Anschwellung,  0,074  mm  lang  und  0,08  mm 
breit,  von  der  2  seitliche  (porale  und  aporale),  viel  schmälere  und 
schwach  muskulöse  Teile  0.04  mm  lang  ausgehen.  Diese  spezifische 
spritzförmige  Cirrusbeutelform  ist,  wie  ich  oben  bemerkte  (S.  462), 
nur  bei  der  Hymmolepis  lanceolata  Bloch,  und  zwar  in  reifen  Gliedern 
beobachtet  worden,  mit  welcher  die  Hißnenolepis  soloiviowi  n.  sp. 
nichts  zu  tun  hat. 

Der  Cirrus,  von  regelmäßig  konischer  Form,  ist  mit  feinen 
Stacheln  bedeckt,  deren  Länge  sich  bei  der  Annäherung  zur  Basis 
allmählich  vergrößert. 

Hinter  der  männlichen  Genitalöffnung  liegt  die  trichterförmige 
Mündung  der  Vagina,  welche  als  schmaler  gewundener  Kanal  ver- 
läuft. 

Diese  Art  benenne  ich  Herrn  Dr.  Solowiow  (Warschau)  zu 
Ehren,  dem  ich  aus  Turkestan  einige  Parasiten  aus  meiner  Samm- 
lung zuschickte  und  der  den  Anfang  zur  wissenschaftlichen  Be- 
arbeitung meines  Materials  gelegt  hat. 


468  ^-  I-  Skrjabin, 

37.  HymenoJepis  ranis  a.  sj). 

(Fig-.  62—65.) 

Diese  Art  ist  Imal  von  mir  im  Blinddarm  von  Fuligula 
rufina  L.  gefunden  worden,  wo  sicli.  wie  bekannt,  die  Cestoden  nur 
ausnahmsweise  befinden,  da  sie  haiiptsächlicli  den  Dünndarm  in- 
vasieren. 

Dieser  interessante  Parasit  gehört  zum  Typus  Hymenolepis  mit 
14  Eüsselhaken;  er  steht  dadurch  2  Arten  nahe:  der  Hymenolepis 
miuuta  Keabbe  und  Hymenolepis  villosa  Bloch,  deren  Rüssel  auch 
mit  14  Haken  bewati'net  ist.  In  allem  übrigen  aber  unterscheidet 
sich  dieser  Parasit  so  scharf  von  den  oben  g:enannten,  daß  er  un- 
streitig- eine  neue  Art  repräsentiert. 

Die  Läng'e  der  Strobila  betrug  70  mm  bei  einer  Maximalbreite 
der  hinteren  Glieder  von  1.36  mm. 

Die  Proglottiden  haben  eine  trapezförmig-rechteckige  Form,  die 
Länge  der  hinteren  erreicht  nur  0.425  mm. 

Der  Scolex.  von  eigenartiger  Form,  hat  4  Saugnäpfe,  welche  nach 
vorn  gerichtet  sind.  Seine  Länge  beträgt  0,36  mm  bei  einer  Breite 
von  0.44  mm.     Durchmesser  der  Saugnäpfe  =  0.17  mm. 

Bei  dem  untersuchten  Exemplar  war  der  eingezogene  Rüssel 
mit  14  außerordentlich  großen  Haken  bewaftnet.  welche  0.103  bis 
0,105  mm  lang  waren. 

Die  Genitalöfinungen  liegen  einseitig. 

Ton  3  Hoden  liegt  einer  poral,  die  beiden  anderen  aporal:  von 
den  beiden  letzteren  liegt  der  laterale  etwas  vor  dem  mittleren 
(Typus  ..c"  Fuhrma^'nI 

Auffallend  ist  der  große  Zwischenraum  zwischen  den  poralen 
und  den  beiden  aporalen  Hoden  (dieser  Raum  war  0,35  mm  lang 
bei  einer  Proglottide  von  1.1  mm  Breite),  was  man  gewöhnlich  bei 
den  anderen  HymenoIepis-AvXen  mit  analogem  Hodentypus  nicht  be- 
obachtet. Die  Hoden  von  runder  Form  haben  einen  Durchmesser 
von  0.17 — 0.19  mm.  Einige  Präparate  demonstrierten  an  ihren 
Flächenschnitteu  außerordentlicli  klar  den  Abgang  des  Vas  etferens 
aus  jedem  Hoden  und  die  Verbindung  dieser  sehr  dünnen  Kanäle 
miteinander.  Jedes  dieser  Vasa  etferentia  erreichte  eine  Länge  von 
0.17  mm.  Die  gemeinsame  Verbindungsstelle  dieser  3  Kanäle  be- 
findet sich  gerade  auf  der  Mittellinie,  wo  das  kurze  Vas  deferens 
beginnt. 

Eine    der    interessanten    Eioentümliclikeiten     des    männlichen 


Vogel cestoden  ans  Rnssisch  Turkestaii.  469 

Geiiitalsystems  dieses  Parasiten  bildet  die  Abwesenheit  einer  be- 
sonderen Vesicnla  seminalis  externa,  welche  g-ewöhnlich  bei  Hymeno- 
lepis-kview  stark  entwickelt  ist.  Bei  Hymenolepis  rarus  n.  sp.  fehlt 
dieses  Organ  vollständig-;  nur  die  äußersten  Schlingen  des  Vas 
deferens  weisen  vor  ihrer  Mündung  in  den  Cirrusbeutel  eine  kleine 
Verdickung  auf,  die  jedoch  nicht  bedeutend  genug  ist,  um  sie  als 
besondere  Vesicula  seminalis  aufzufassen. 

Der  verhältnismäßig  kurze  Cirrusbeutel  ist  schwach  muskulös 
und  von  länglich  eiförmiger  Gestalt.  Er  ist  0.27  mm  lang  bei  einer 
Maximalbreite  von  0,1  mm. 

Im  Cirrusbeutel  liegt  eine  kleine  Vesicula  seminalis  interna. 

Die  Genitalcloake  mündet  ungefähr  in  der  Mitte  des  Randes 
der  Proglottis.     Der  Cirrus  scheint  unbewaffnet  zu  sein. 

Die  weiblichen  Genitaldrüsen  liegen  median  und  vor  den  beiden 
hinteren  Hoden;  sie  nehmen  also  die  vordere  Hälfte  der  Pro- 
giottis  ein. 

Der  Keimstock  besteht  aus  2  ganz  runden  Flügeln,  welche  mit- 
einander durch  eine  Commissur  verbunden  sind.  Der  Durchmesser 
jedes  dieser  Flügel  beträgt  0,11—0,126  mm. 

Hinter  dem  Keimstock  liegt  der  Dotterstock  von  ebenfalls 
runder  Form  mit  einem  Durchmesser  von  0,085—0,1  mm. 

Die  Schalendrüse  ist  ziemlich  groß  und  hat  einen  Durchmesser 
von  0,1  mm. 

Den  Uterus  konnte  ich  leider  nicht  untersuchen,  weil  alle  meine 
Exemplare  zu  jung  waren. 

Es  charakterisieren  also  den  neuen  Parasiten  folgende  Merk- 
male: 

1.  die  Anwesenheit  von  14  großen  Haken  am  Rostellum; 

2.  die  Lage  der  Hoden; 

3.  die  Lage  der  weiblichen  Drüsen  in  der  vorderen  Hälfte  der 
Proglottis ; 

4.  die  Abwesenheit  einer  besonderen  Vesicula  seminalis  externa; 

5.  die  Anwesenheit  der  Parasiten  im  Blinddarm. 

Es  bleibt  nur  noch  hinzuzufügen,  daß  außer  einer  ganzen  Reihe 
von  Merkmalen  unser  Parasit  sich  von  den  beiden  anderen  14hakigen 
Hymenolejns- Arten  durch  die  außerordentliche  Größe  seiner  Haken 
unterscheidet,  welche  0,103—0,105  mm  lang  sind.  Bei  Hymenolepis 
minuta  Keabbe  haben  die  Haken  eine  Länge  von  0,011—0,012  mm 
und  bei  Hymenolepis  vülosa  Bloch  eine  solche  von  0,024—0,026  mm. 


470  ^-  ^-  Skrjabin, 

38.    HfjrnenoleiHs  lonfjicirrosa  Fuhem.  1906. 
(Fig.  66—67.) 

JPüHRMANN    (1906). 

Hymenolepis  longicirrosa  Fühkm.  1906  ist  bis  jetzt  in  der  Lite- 
ratur nur  Imal  und  zwar  aus  Cygnopsis  cygnoides  Lin.  (Fundort?) 
von  Fuhrmann  beschrieben  worden.  Das  Exemplar  stammte  aus 
der  Wiener  Sammlung-. 

Es  gelang-  mir,  diesen  interessanten  Parasiten  bei  einem  neuen 
Wirt  festzustellen:  im  Darm  von  Anser  anser  L.,  der  auf  dem  Kul- 
Kainar-See  (Sommer  1910)  erlegt  wurde. 

Der  Scolex  fehlte  leider,  was  auch  bei  den  von  Fuhrmann  unter- 
suchten Exemplaren  der  Fall  war;  jedoch  kann  der  Parasit  seiner 
charakteristischen  Merkmale  wegen  auch  ohne  Kopf  bestimmt  werden. 
Mein  Exemplar  war  30  mm  lang  und  1,7  mm  breit.  Die  Länge  der 
reifen  Glieder  erreichte  0.27  mm.  (Der  von  Fuhrmann  untersuchte 
Parasit  war  nur  0,7  mm  breit.) 

Die  Genitalöftnungen  liegen  unilateral. 

Die  Genitaldrüsen  gehören  zum  Typus  „e"  Führmann,  d.  h.  die 
3  Hoden  befinden  sich  alle  in  einer  Reihe  zwischen  den  Excretions- 
kanälen,  und  die  weiblichen  Drüsen  liegen  median. 

Der  zweiflüglige  Keimstock  nimmt  die  ganze  Breite  des  Gliedes 
ein  und  reicht,   wie  auch  die  Hoden,  bis  zu  den  Excretionskanälen. 

Der  sehr  lange  Cirrusbeutel  nimmt  die  ganze  Breite  der  Pro- 
glottis ein  und  ist  mit  einem  besonderen  Retractor  versehen,  dessen 
Fasern  unmittelbar  mit  denen  der  Längsmuskulatur  in  Verbindung 
stehen.  An  meinen  Präparaten  war  die  Biegung  des  poralen  Teiles 
des  Cirrusbeutels  weniger  scharf  ausgeprägt,  als  es  Fuhrmann  auf 
seiner  flg.  17  zeigt.  Das  rührt  wahrscheinlich  von  der  Kontrahierung 
des  Retractors  her,  der  den  Cirrusbeutel  dem  aporalen  Rand  ge- 
nähert und  ihn  dadurch  ausgestreckt  hat. 

Der  Cirrus  ist  ziemlich  dick  und  bedornt.  Die  Vesicula  semi- 
nalis  externa  ist  stark  entwickelt.  Der  gelappte  Keimstock  hat 
2  asymmetrische  Flügel;  der  porale  ist  kleiner  als  der  aporale. 

Der  gelappte  Dotterstock  liegt  streng  median  und  nicht  poral, 
wie  es  an  den  Präparaten  von  Fuhrmann  der  Fall  ist. 

Die  Vagina  ist  sehr  eigentümlich  gebaut;  sie  nimmt  ihren  An- 
fang in  der  Gestalt  eines  breiten  trichterförmigen  Kanals,  der  sich 
allmählich  verengert  und  bis  zur  Mittellinie  reicht.  Dann  biegt  er 
nicht    nach   vorn,    wie    Fuhrmann    beobachtet   hat,    sondern    nach 


Vogelcestoden  aus  Russisch  Turkestaii.  471 

hinten  und  bildet  hier  ein  großes  Receptaculum  seminis.  Diese 
trichterförmige  Erweiterung  am  Anfang-  der  Vagina  kann  man  als 
ein  zweites  Eeceptaculum  seminis- ansehen. 

An  der  Stelle,  wo  sich  das  äußere  Receptaculum  seminis  ver- 
engert, befindet  sich  ein  besonderer  Retractor  der  Vagina. 

Als  spezifisches  Merkmal  für  d4ese  Art  gilt  die  Anwesenheit 
eines  sehr  starken  Sphincters,  der  den  Eingang  in  die  Genitalcloake 
schließt.  Bei  der  breiten  Öffnung  der  Vagina  scheint  dieser  Sphincter 
von  großer  Zweckmäßigkeit  zu  sein. 

Der  Uterus  nimmt  die  ganze  Breite  der  reifen  Proglottis  ein, 
wobei  seine  Entwicklung  überaus  rasch  vor  sich  geht,  indem  auf 
ein  Glied  ohne  Spur  von  Uterus  unmittelbar  solche  mit  voll  ent- 
wickeltem Uterus  folgen. 

39.    HynienoleiHs  przefcalskii  n,  sp. 

(Fig.  68.) 

H.  przewalskii  wurde  von  mir  nur  Imal  im  Darm  eines  Anser 
anser  L.,  der  auf  dem  Kul-Kainar-See  (Sommer  1910)  erlegt  wurde, 
gefunden. 

Nach  der  Lage  seiner  Genitaldrüsen  gehört  dieser  Parasit  dem 
seltenen  Typus  „g"  Fuhemann  an,  zu  dem  man  nur  2  Arten  rechnen 
kann:  Hymenolepis  unüateralis  Rud.  (=  H.  ardeae  Fuhrm.)  und  Hymeno- 
lepis  elongata  Fuhrmann,  welche  bei  den  Ciconiiform  es  parasi- 
tieren. Ich  füge  hier  eine  vergleichende  Tabelle  mit  den  Haupt- 
merkmalen aller  3  Arten  dieses  Typus  hinzu. 

Den  Scolex  hatte  ich  leider  nicht;  die  Strobila  ist  annähernd 
35 — 40  mm  lang,  bei  einer  Maximalbreite  der  reifen  Glieder  von 
0,7  mm.  Die  Form  der  Glieder  ist  rechteckig  mit  abgerundeten 
Rändern,  wobei  die  Länge  der  mittleren  und  reifen  Glieder  7i6  so 
groß  ist  wie  ihre  Breite. 

Die  Genitalöffnungen  liegen  einseitig  und  befinden  sich  nicht 
ganz  auf  dem  Rande  der  Proglottis,  sondern  0,03  mm  von  ihm  ent- 
fernt (so  wie  bei  der  Hymenolepis  setigera  Fröhl.). 

Die  3  Hoden  befinden  sich  nebeneinander  im  mittleren  Teile 
der  Proglottis,  wobei  der  mittlere  ganz  median  liegt.  Sie  sind  quer- 
oval, und  ihre  Längsachse  ist  0,081 — 0,083  mm  lang. 

Die  weiblichen  Genitaldrüsen  liegen  aporal  von  den  Hoden, 
wobei  der  porale  Flügel  des  Keimstockes  und  bei  einigen  Proglottiden 
ein  Teil  des  Dotterstockes  von  dem  aporalen  Hoden  bedeckt  ist. 
Diese   Art   sowohl  als   auch   die   obengenannten  Hyni.   elongata  und 


472 


K.  I.  Skejabin, 


Hijm.  unüateralis  müssen  zwischen  Hym.  lanceolata  Bloch  (bei  denen 
die  weiblichen  Drüsen  ganz  aporal  und  frei  von  den  Hoden  lieg-en) 
und  die  Gruppe  der  Hymenolepis- Arten  [H.  seiigera  Fköhl;  H. 
clandestina  Keabbe  und  H.  hrachycephala  Crepl.),  bei  denen  die 
weiblichen  Drüsen  zwischen  dem  mittleren  und  aporalen  Hoden 
liegen,  gestellt  werden. 

Der  zweiflüglige  Keimstock  ist  ganzrandig  (wodurch  er  sich 
von  der  H.  elongata  und  H.  unüateralis  unterscheidet)  und  0,13  mm 
breit.  Der  Dotterstock  ebenfalls  21appig,  liegt  hinter  dem  Keimstock 
und  ist  0,037  mm  breit.  Der  schlauchförmige  Cirrusbeutel  hat  eine 
Länge  von  0,22—0,25  mm.  Die  Vesicula  seminalis  externa,  von 
ovaler  Form,  hat  eine  Längsachse  von  0,09  mm.  Der  Cirrus  ist  mit 
Stacheln  bedeckt,  sein  ausgestülpter  Teil  erreicht  eine  Länge  von 
0,12  mm.  Die  Vagina  besitzt  keinen  Canalis  femininus,  der  für 
H.  lanceolata  und  H.  setigera  so  charakteristisch  ist.  Da  mir  der 
Scolex  fehlte  und  das  Material  maceriert  war,  so  kann  ich  über 
diese  interessante  Art  leider  nichts  weiter  sagen.  Die  angegebenen 
Merkmale  sind  jedoch   genügend,  um  eine   neue  Art  zu   begründen. 


Tabellarische    Übersicht    der   Hy  m e n ol e p i s -  Ar t e n , 
welche   dem   Typus  „g"  Fuhrmann    angehören. 

Die  Maße  sind  in  Millimetern  angegeben. 


Name 

H.  nnilateralis 

H.  elongata 

H.  przewalshii 

Untersucher 

RUDOLPHI 

Fuhrmann 

K.  Skrjabin 

Jahr 

1819 

190f> 

1913 

Strobilalänge 

100 

40 

35—40 

Strobilabreite 

2.3 

0,75 

0,7 

Scolexbreite 
Zahl  der  Haken 
Hakeuläuo-e 

0,15 

10 

0.045 

1      Scolex  nicht 
(       untersucht 

1      Scolex  nicht 
j          untersucht 

Cirrusbeutel,  Länge 

0,5 

0,24 

0,22-0,25 

reicht  gerade  an  das 

reicht  bis  auf  die 

reicht  bis  anf  die 

äußere  dorsale  Ex- 

Höhe  des  2.  Hodens 

Hübe  des  2.  Hodens 

kretionsgefäß 

Cirrus 

heran  bedornt 

-? 

bedornt 

Keiinstockbreite 

0,8 

0,3 

0,13 

Keimstock,  Gestalt 

tief  gelappt 

gelappt 

ganzrandig 

Dotterstockbreite 

0,26 

0,1 

0,037 

Dotterstock,  Gestalt 

tief  gelappt 

gelappt 

ganzrandig 

Durchmessser  cL  Hoden 

0,14 

0,1 

0,081-0,083 

Wirt 

Butorkles  vires- 

Mylolxlophanes 

Anser  anser  L. 

cenH  L. 

coendescens  Vieill. 

(Anserif  ormes) 

(C  i  c  0  n  i  i  f  0  r  m  e  s) 

(C  i  c  0  n  i  i  f  0  r  m  e  s) 

Verbreitung- 

Brasilien 

Brasilien 

Asien  (Eussisch 
Turkestan) 

Vogelcestoden  aus  Russisch  Turkestan.  473 

40.  HynietioleiHs  sp. 

Glas  No.  224.  Diese  Art,  sowie  die  beiden  folgenden,  habe  ich 
im  Darm  von  Fuligula  nijroca  L.  gefunden,  wegen  mangelnden  Scolex 
konnte  ich  sie  leider  nicht  bestimmen,  weil  ihr  anatomischer  Bau 
keine  charakteristischen,  für  ihre  Bestimmung-  wichtigen  Merkmale 
aufwies. 

Die  Strobila  war  100  mm  lang  und  1,2  mm  breit,  wobei  bei  den 
hinteren  Gliedern  der  Uterus  noch  fehlte.  Die  Hoden  entsprachen 
dem  Typus  „b"  Fuhrmann  und  nahmen  die  ganze  Breite  der 
Proglottis  ein.  Der  schlauchförmige  Cirrusbeutel  reicht  bis  zu  ihrer 
Mitte. 

41.  Ht/menolepis  sj). 

Glas  No.  195.     Wirt:  Fuligula  nijroca  L. 

Die  Strobila,  welche  schon  reife  Glieder  besaß,  war  nur  25  mm 
lang  und  0.5  mm  breit.  Die  ersten  15  mm  der  Strobila  waren 
fadenförmig.  Die  Hoden  entsprachen  dem  Typus  „c"  Fühemann. 
Der  langgestreckte  Cirrusbeutel  nahm  ^/^  der   Proglottisbreite  ein. 

42.  Hjpnenolepis  sp, 

Glas  No.  400.     Wirt:  Fuligula  mjroca  L. 

Länge  der  Strobila:  180  mm  bei  einer  Breite  von  1  mm.  Die 
Hoden  entsprechen  dem  Typus  „b"  Fuhrmann,  doch  lagen  sie  nur 
im  mittleren  Feld  der  Proglottis. 

XVI.  Gen.  Mi/nienofinibria  n,  g. 

43.  HyTHenofinihvkt  mevgansevi  n.  sp, 

(Fig.  69—75.) 

H.  merganseri  ist  von  mir  nur  einmal  im  Darm  von  Mergus 
merganser  (Sommer  1911)  gefunden  worden. 

Diese  Art  erscheint  als  eine  der  interessantesten  meiner  Sammlung; 
sie  zeichnet  sich,  wie  aus  der  nachfolgenden  Beschreibung  hervor- 
geht, durch  eine  ganze  Reihe  von  anatomischen  Besonderheiten  aus, 
weshalb  ich  sie  als  Vertreter  einer  neuen  Gattung  betrachte. 

In  meiner  Sammlung  besitze  ich  nur  mehrere  Fragmente  und 
einen  Scolex  dieses  Parasiten,  weshalb  es  mir  unmöglich  ist,  seine 
genaue  Körperlänge  anzugeben.   Sie  beträgt  annähernd  120—150  mm, 


474  K.  I.  Skrjabin, 

bei  einer  Maximalbreite  von  4  mm.  Der  verhältnismäßig-  sehr  kleine 
Scolex  ist  0,14  mm  lang  und  0.17  mm  breit,  und  seine  4  Saugnäpfe 
haben  einen  Durchmesser  von  0,025  mm.  Das  Rostellum  ist  mit 
10  Haken  bewaffnet,  welche  eine  Länge  von  0,018  mm  haben.  Die 
Form  der  Haken  erinnert  etwas  an  diejenig-e  der  Art  Aploparaksis 
filum  GzE.  Der  Hals  ist  0,148  mm  breit  und  0,3  mm  lang.  Die 
Proglottiden,  die  jüngsten  sowohl  als  auch  die  reifen,  sind  von 
rechteckiger  Form  und  immer  um  ein   bedeutendes  breiter  als  lang. 

Die  Muskulatur  besteht  aus  einer  Lage  Transversal-  und  einer 
einzigen  Reihe  von  Längsbündeln.  Die  letztere  ist  aus  außerordent- 
lich dicken  Bündeln  gebildet,  deren  Durchmesser  0,037—0,041 
:  0,074 — 0,08  mm  beträgt.  JedesMuskelbündel  besteht  aus40— 50  Fasern. 

Es  ist  noch  eine  besondere  Diagonalmuskulaturschicht  vorhanden, 
welche  sich  außerhalb  der  Längsmuskeln  befindet. 

Das  Excretionssystem  dieses  Parasiten  ist  senr  merkwürdig;  es 
besteht  aus  10  parallelen  Längsgefäßen,  von  denen  die  2  inneren  am 
stärksten  entwickelt  sind.  Die  peripheren  Gefäße  liegen  asymme- 
trisch ;  an  einer  Seite  der  Proglottiden  liegen  2  Excretionskanäle 
außerhalb  des  Hauptlängsnerven,  an  der  anderen  dagegen  liegen  sie 
innerhalb  desselben. 

Die  Genitalöffnungen  liegen  unilateral. 

Die  Geschlechtsdrüsen  haben  eine  Hymenolepis-?irt\ge  Disposition, 
wobei  ihre  Anordnung  dem  Typus  „d"  von  Fuhrmann  entspricht, 
zu  welchem  auch  (nach  Fuhemann)  die  Fimbriaria- Arten  gehören. 
Die  3  querovalen  Hoden  liegen  in  einer  Reihe  und  nehmen  das 
mittlere  Drittel  der  Proglottis  ein ;  der  eine  von  ihnen  liegt  poral, 
die  beiden  anderen  dagegen  aporal  von  den  weiblichen  Genital- 
drüsen. Wie  bekannt,  gehören  zu  diesem  Typus  auch  Hymenolepis 
bisaccata  Führm.  und  Hym.  micrancristrota  Wedl. 

Der  Cirrusbeutel  ist  von  Mittelgröße  und  erreicht  eine  Länge 
von  0,5  mm.  Er  nimmt  mit  seiner  Breite  fast  die  ganze  Breite  der 
Proglottis  ein  und  umschließt  eine  große  Vesicula  seminalis  interna, 
die  ihn  beinahe  ganz  ausfüllt. 

In  der  Nähe  seiner  Mündung  in  die  Genitalcloake  ist  der  Cirrus- 
beutel mit  einem  besonderen  kleinen  Sacculus  accessorius  versehen, 
der  0,0185  mm  lang  und  0,0074  mm  breit  ist. 

Dieser  letztere  besteht  aus  einer  dicken  Cuticularfalte,  die  mit 
ihrem  blinden  Ende  aporal  gewendet  ist  und  mit  einem  Drüsen- 
komplex in  Verbindung  steht. 

Die   schlauchförmige   Vesicula   seminalis   externa   ist   ziemlich 


Vogelcestoden  ans  Russisch  Turkestan.  475 

groß,  nimmt  beinahe  die  ganze  Breite  der  Proglottis  ein  und  reicht 
bis  zur  Mittellinie.  Die  weiblichen  Drüsen  liegen  median  und  sind 
verhältnismäßig  sehr  klein. 

Der  zvveiflüglige  Keimstock  ist  gelappt  und  hat  eine  Breite 
von  0,17  mm.  Hinter  ihm  liegt  der  rund-ovale  Dotterstock.  Die 
Vagina  ist  bei  ihrer  Mündung  in  die  Genitalcloake  sehr  starkwandig 
und  geht  allmählich  in  ein  schlauchförmiges  Eeceptaculum  seminis 
über,  das  bis  zur  Mittellinie  reicht. 

Die  Genitalcloake  liegt  sehr  tief  und  ist  mit  einer  chitinösen 
Schicht  versehen.  Der  sackförmige  Uterus  ist  Hißnenolepis-3irüg  und 
nimmt  die  ganze  Breite  der  Proglottis  ein. 

Wie  aus  dem  oben  Gesagten  hervorgeht,  besitzt  dieser  Parasit 
sowohl  Merkmale  von  Hymenolepis  als  auch  solche  von  Fimhriaria. 
Durch  seinen  sehr  kleinen  Scolex,  durch  seine  einzige  Längs- 
muskulaturschicht  und  seine  10  Excretionsgefäße  nähert  er  sich  der 
Gattung  Fimhriaria  Fröhl.,  welche  nach  den  letzten  Angaben  von 
Fuhrmann  auch  9 — 10  Excretionskanäle  aufweist.  Durch  das  Fehlen 
des  Pseudoscolex,  durch  den  Bau  der  Genitalorgane  dagegen,  ins- 
besondere des  Uterus,  ist  unser  Parasit  mit  Hymenolepis  verwandt. 
Höchst  merkwürdig  ist  es  aber,  daß  die  Lage  der  Geschlechtsdrüsen 
wieder  dieselbe  ist  wie  bei  Fimbriaria. 

In  seiner  unlängst  erscliienenen  Arbeit  (34)  hat  Fuhrmann  die 
Verwandtschaft  zwischen  Hymenolepis  und  Fimbriaria  festgestellt, 
wobei  er  als  deren  Übergangsform  seine  neue  Art  Fimbriaria  inter- 
media FuHRM.  1913  ansieht.  Bei  dieser  Art  überwiegen  zweifellos 
die  Merkmale  der  Gattung  Fimbriaria. 

Anders  verhält  es  sich  mit  meinem  Parasiten,  bei  welchem  die 
Hymenolepis-  und  i^im5r?ana-Merkmale  so  vermischt  sind,  daß  er  zu 
keiner  von  beiden  Gattungen  gerechnet  werden  kann.  Infolgedessen 
halte  ich  es  für  zweckmäßig,  für  meinen  Parasiten  eine  neue  Gat- 
tung zu  gründen,  die  ich  Hymenofimbria  nennen  möchte.  Im  natür- 
lichen System  der  Cestoden  würde  er  daher  die  Stelle  zwischen  den 
Hymenolepis- Arten  einerseits  und  Fimbriaria  intermedia  Fuhrmann 
andererseits  einnehmen. 

Für  diese  neu  begründete  Gattung  Hymenofimbria  möchte  ich 
folgende  Diagnose  stellen: 

Mittelgroße  Cestoden,  deren  Scolex  mit  einem  ein- 
fachen Kranz  von  10  Haken  bewaffnet  ist.  Die  Längs- 
muskeln weisen  nur  eine  einzige  Lage  auf;  Diagonal- 
muskulatur    vorhanden.     Der    Exe retionsap parat    be- 

Zool.  Jahrb.  XXXYII.    Abt.  f   Syst.  31 


476  K-  I-  Skrjabin, 

steht  aus  10  Längsgef äßen.  Ge s chl echt söffnun gen 
unilateral.  Hymenolepis-SiYtige  Genitalien  bestehen 
aus  3  Hoden  und  einfachen  weiblichen  Drüsen;  im 
Cirrusbeutel  ein  Sacculus  accessorius.  Uterus  ein- 
facher Sack.  Parasiten  der  Vögel.  Typische  und 
bisher  einzige  Art:  Hymenofimbria  merganseri  n.  sp. 

XVII.  Gen.  Finibriaria  Fröhl. 

44.  Finibriaria  fasciolaris  Pall.  1781. 

Pallas,  1781;  Krabbe,  1869  (=  Taenia  malleus) ;  Wolffhügel,   1898, 
1900;  Fuhrmann,  1913,   1914. 

Diese  Art,  die  Fuhrmann  in  neuester  Zeit  zur  Familie  Hymeno- 
lepinidae  rechnet,  habe  ich  bei  3  Entenarten  gefunden:  Anas  bo- 
schas  L.,  Fulifiiila  nifina  und  Fuligula  nyroca.  Die  beiden  letzteren. 
Wirte  sind  für  diesen  Parasiten  neu. 

XVIII.  Gen.  Diploj^ostJie  Jacobi. 

45.  Diploposthe  Jaevis  Bloch  1782. 

(Fig.  76-78.) 

Bloch,   1782;  Krabbe,  1869,  1882;    Jacobi.  1897;  Cohn,    1901;  Ko- 

WALEVSKY,    1903;    FuHRMANN,    1905,    1908. 

Diese  Art  ist  von  mir  mehrere  Male  bei  Fuligula  nyroca  und 
Fuligula  rufina  gefunden  worden. 

Ungeachtet  der  umfangreichen  Literatur  über  diese  Art  ist  die- 
selbe bis  jetzt  nicht  genügend  bekannt;  so  z.  B.  hat  niemand  der 
Autoren  den  Scolex  genau  beschrieben.  Diese  Lücke  kann  ich 
leider  auch  nicht  ausfüllen. 

Von  allen  Forschern  haben  Jacobi  und  Fuhrmann  diesen  Para- 
siten am  genausten  untersucht.  Aus  der  Beschreibung  von  Jacobi 
wissen  wir,  daß  der  Uterus  bei  DiplopostJw  laevis  die  ganze  Breite 
der  Proglottis  einnimmt  und  einen  weiten  Sack  oder  Schlauch  bildet, 
„welcher  den  Innenraum  der  Proglottide  bis  auf  eine  schmale  Rand- 
zone einnimmt  und  durch  eine  Anzahl  Septen  in  Kammern  angeteilt 
ist,  dergestalt  jedoch,  daß  ein  weites  Loch  die  Verbindung  zwischen 
diesen  herstellt".  Er  erwähnt  nebenbei,  daß  die  Entwicklung  des 
Uterus  die  Atrophie  der  Muskulatur  verursacht. 

Bei  der  Untersuchung  der  reifen  Proglottiden  meiner  Präparate. 


Vogelcestoden  ans  Russisch  Turkestan.  477 

fiel  mir  auf,  daß  neben  normalen  Exemplaren  sich  auch  veränderte 
Strobilen  befanden,  die  auf  beiden  Seiten  zahlreiche  Anschwellungen 
aufwiesen.  Allenfalls  könnte  man  eine  Monstrosität  oder  eine 
krankhafte  Erscheinung-  annehmen.  Gegen  die  erste  Annahme  sprach 
der  umstand,  daß  mehrere  Strobilen  die  gleiche  Veränderung  auf- 
wiesen. 

Die  genaue  Untersuchung  der  Anschwellungen  in  ihren  ver- 
schiedenen Stadien  bewies,  daß  wir  es  hier  nicht  mit  einem  patho- 
logischen, sondern  mit  einem  normalen  Prozeß  zu  tun  haben.  Es 
erwies  sich,  daß  der  Uterus  bei  Diploposthe  laevis  seine  Entwicklung 
in  dem  Stadium  noch  nicht  vollendet  hat,  das  .Tacobi  als  letztes 
annimmt. 

Bei  seiner  weiteren  Entwicklung  zerfällt  seine  Wandung,  das  Ein- 
kapseln der  Eier  beginnt,  wobei  diese  Parenchymkapseln  mehrere 
Eier  enthalten  können.  Die  Muskulatur  zeigt  in  diesem  Stadium 
eine  so  starke  xAtrophie,  daß  sie  die  reifen  Eier  nicht  mehr  zurück- 
halten kann,  weshalb  eine  Wanderung  der  Eiergruppen  vom  Zentrum 
zur  Peripherie  stattfindet. 

Bei  dieser  Migration  treten  die  Eier  unmittelbar  an  die  Cuticula 
heran,  so  daß  die  letztere  unter  ihrem  Drucke  hervortreten  und  die 
obengenannten  Anschwellungen  der  Proglottiden  bilden. 

Im  nächstfolgenden  Stadium  sehen  wir  das  Heraustreten  der 
Eier  aus  den  Proglottiden.  Diesen  Prozeß  habe  ich  freilich  nicht 
verfolgen  können,  da  ich  kein  frisches,  sondern  nur  konserviertes 
Material  besaß. 

Es  erwies  sich  außerdem,  daß  die  anscheinend  pathologischen 
Strobilen  uralte  Exemplare  der  Biplopostlie  laevis  repräsentieren, 
welche  nicht  mehr  die  Fähigkeit  haben,  neue  Proglottiden  zu  bilden. 
Das  bewies  auch  noch  der  Umstand,  daß  die  reifen  Eier  sich  nicht 
nur  in  den  hinteren  Proglottiden,  sondern  auch  an  der  Grenze  des 
ersten  und  mittleren  Drittels  der  Strobila  befanden;  mit  anderen 
Worten:  die  Entwicklung  des  Parasiten  als  Individuum  war  voll- 
endet, es  ging  nur  mehr  der  Prozeß  der  Keife  seiner  einzelnen  Ele- 
mente, Proglottiden,  vor  sich. 

Ich  habe  nur  noch  hinzuzufügen,  daß  der  gemeinsame  Habitus 
dieser  uralten  Exemplare  sich  scharf  von  dem  der  jungen,  halb- 
reifen unterschied:  sie  hatten  ein  altes,  runzliges  Aussehen,  und 
ungeachtet  ihrer  Überfüllung  an  Eiern  waren  sie  ungefähr  halb  so 
breit  wie  die  jungen.  Sie  standen  also  an  der  Grenze  ihres  natür- 
lichen Todes. 

31* 


478 


K.  I.  Skrjabin, 


D.    Familie  Taeniidae  Peer. 

XIX.  Gen.  Cladotaenia  Cohn, 

46.    Cladotaenia  glohifera  Batsch  1786. 
Batsch,  1786;  VoLZ,  1900;  Cohn,  1901;  Fuhrmann,  1908. 

Diese  Art  habe  ich  mehreremal  im  Darm  von  Raubvögeln  ge- 
funden, und  zwar  bei  Milvus  Jcorschim,  Circus  aeruginosus,  Aquila 
imperialis  und  Circus  cinereus.  Die  beiden  letzteren  erscheinen  als 
neue  Wirte. 

Das  größte  Exemplar  meiner  Sammlung  (aus  Circus  cinereus) 
war  243  mm  lang. 


Gefundene  Abnormitäten. 

Bei  der  Untersuchung  meines  Materials  hatte  ich  Gelegenheit, 
einige  Monstrositäten  zu  beobachten. 

I.  Bei  einem  Exemplar  der  Davainea  micracantha  Führm.  fand 
ich  eine  Proglottis,  deren  porale  Seite  normal  war,  während  die 
aporale  aus  2  scharf  voneinander  getrennten  Gliedern  bestand.  Diese 
Trennung  konnte  man  bis  über  den  poralen  Excretionskanal  hinaus 
verfolgen. 

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Der  abnorme  Teil  wies  eine  Verdopplung  der  weiblichen  Genital- 
driisen   auf^   deren   Lage   übrigens  normal  war.     In   der  vorderen 


Vogelcestodeu  ans  Russisch  Turkestan. 


479 


Hälfte  des  betreffenden  Stückes  waren  nur  7  Hoden  vorhanden, 
während  man  in  der  hinteren  13  zählen  konnte;  einer  von  den 
letzteren  befand  sich  außerhalb  des  poralen  Excretionsgefäßes,  was 
auch  als  Abnormität  angesehen  werden  muß. 

Die  Ausführungsgäng-e  der  weiblichen  und  männlichen  Genital- 
drüsen waren  normal,  d.  h.  sie  bestanden  aus  einem  einzigen  Cirrus- 
beutel  und  aus  einer  Vaginamündung  (Fig.  C). 

IL  Die  zweite  Mißbildung  fand  ich  in  einem  Gliede  der  Davainca 
penetrans  Baczynska,  welches  2  Cirrusbeutel  übereinander  zeigte; 
jeder  derselben  besaß  ein  besonderes  Vas  deferens,  welche  sich  un- 
weit des  Excretionskanals  vereinigten.  In  allem  übrigen  war  die 
betreffende  Proglottis  ganz  normal  (Fig.  D). 


Vd 


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Die  erste  Mißbildung  könnte  man  nach  der  teratologischen 
Nomenklatur  Duplicitas  aporalis,  die  zweite  Duplicitas 
poralis  nennen. 

Den  Beschluß  mag  folgende  Tabelle  der  bisher  aus  Russisch 
Turkestan  bekannten  Vogelcestoden,  nach  Wirten  geordnet,  bilden. 


480 


K.  I.  Skrjabin, 


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76.  WolffhÜüel  ,    Taenia    malleus  GzE. ,    Repraesentant  einer    eigenen 

Cestodenfamilie  Fimbriariidae,  in:   Zool.  Anz.,   Vol.   21,    1898. 

77.  — ,    Beitrag  zur  Kenntnis   der   Vogelhelminthen,    Inaug.-Diss.,    Basel, 

204  pp.,   7  Taf.,    1900. 


488 


K.  I.  Skrjabin. 


.78.     WOLFFHÜGEL,  Drepanidotaenia  lanceolata  Bloch,  in :  Ctrbl.  Bakteriol.j 
Vol.   28,   1900,  p.  49—56,   6  Fig. 

79.  Zedee,  Erster  Nachtrag  zur  Naturgeschichte  der  Eingeweidewürmer 

von  GoEZE,  Leipzig  1800,   6  Taf. 

80.  — ,   Anleitung  zur  Naturgeschichte    der  Eingeweidewürmer,    Bamberg 

1803,  4  Taf. 

81.  ZsCHOKKE,    Recherches    sur    la   structure  anatomique  et  histologique 

des  Cestodes,   Geneve   li 


Erklärung  der  Abbilduiigeu. 


C  Cirrus 

Ch  Bursa  cirri 

Dst  Dotterstock 

Dw  Dorsale  Wassergefäße 

E  Eier 

Gk  Genitalcloake 

Gl  Drüsen 

H  Hoden 

K  Keimstock 

Kk  Cloakenkanal 

Ks  Cloakensphincter 

L)n  Längsmuskulatur 

N  Nerv 

Pa  Papilla 

Far  Paruterinorgan 


R  Retractor 

Rc  Retractor  der  Vagina 

Rs  Receptaculura   seminis 

Sa  Sacculus   accessorius 

Sph  Sphincter 

T  Hoden 

Tm   Transversalmuskulatur 

Ut  Uterus 

V  Vagina 

Vd  Vas  deferens 

Ve  Vas   efferens 

Vs  Vesicula  seminalis  externa 

Vsi  Vesicula  seminalis  interna 

Wiv  Ventrale  Wassergefäße 


W 


Wassergefäße 


Tafel   16. 

Fig.   1.  Davainea  sartica  n.  sp.  aus   Corvus  corone  L.     Scolex. 

Fig.   2.  Einzelne   Proglottis  derselben  Art. 

Fig.   3.  Bursa  cirri  mit  GenitalöfFnungen   derselben  Art. 

Fig.   4.  Querschnitt  derselben  Art  mit  Muskulatur. 

Fig.  5.  Davainea    2)enetrans    Baczynska    aus     Gallus    gaUns    dorn. 
Scolex.  ; 

Fig.   6.  Plächenschnitt  durch   eine  Proglottis  derselben  Art. 


Vogelcestoden  aus  Russisch  Turkestan.  489 


Tafel   17. 


Fig.  7.  Querschnitt  durch  die  Genitalcloake  und  Bursa  cirri  der- 
selben Art. 

Fig.  8.  Querschnitt  durch  ein  Proglottis  derselben  Art  mit  Muskulatur. 

Fig.  9.  Darai)iea  micracnnllia  Fühkm.  aus  Tuiinr  lurtur  L.  2  Pro- 
glottiden.      Totalpräparat. 

Fig.  10.  Idiogenes  flagdluni  GoEZE  aus   Circus  cinereiis.     Scolex. 

Fig.  11.  Anomotaenia  steiUoren  Fröhi,.  ans  Vanellus  crislatus.  Scolex. 

Fig.  12.  Anomotaenia   microphaUos  Krabbe    aus    Vanellus  cristatus. 


Scolex. 


Tafel   18. 


Fig.  13.  Scolex  derselben  Art  mit  ausgestülptem  Rostellum. 

Fig.  14.  Flächenschnitt  durch  eine  Proglottis  derselben   Art. 

Fig.  15.  Anomotaenia  oiidis  n.  sp.  aus   Otis  tetrax  L.     Scolex. 

Fig.  16.  Einzelne  Proglottis  derselben  Art  aus  Oüs  tarda  (FuHR- 
MANN'sche   Sammlung), 

Fig.  17.  Uioa)iolaeiiia  fnJirmanni  n.  sj).  aus  Circus  cinereus.     Scolex. 

Fig.  18.  Haken  derselben  Art. 

Fig.  19.  Flächenschnitt  durch  eine  Proglottis  derselben  Art. 

Tafel  19. 

Fig.  20.  Genitalcloake  mit  ausgestülptem  Cirrus,  Cirrusbeutel  und 
Vagina  derselben  Art. 

Fig.  21.  Cijdorchida  omakoicristrota  Wi:j)Ij  aus  Platalea  leucorodia  Ij. 
Flächenschnitt  durch   eine  Proglottis. 

Fig.   22.      Flächenschnitt  durch  die  reife   Proglottis    mit  dem  Uterus. 

Fig.  23.  Teil  eines  Querschnittes  durch  einen  Proglottis  derselben 
Art  mit  Muskulatur  und  Ausmündungsstelle   der  Genitalorgane. 

Fig.  24.  Monopylidium  cinguliferum  Krabbe  aus  Scolojjax  major. 
Halbreife  Proglottis  mit  Genitalorganen.      Totalpräparat. 

Fig.  25.  Lage  eingekapselter  Eier  in  reifen  Gliedern  derselben  Art. 
Totalpräparat. 

Tafel   20. 

Fig.  26.  Monopylidiiiin  galbtdae  Ti^T).  aus  Corvtis  frugilegus  L. 
Scolex. 

Fig.    27.      Haken   derselben  Art. 

Fig.  28.  Disposition  eingekapselter  Eier  in  reifen  Gliedern  der- 
selben Art. 


490  K.  I.  Skrjabin, 

Fig.  29.  Paruierina  cholodkouskü  n.  sp.  aus  Otomela  romanowi  BoGD. 
Scolex. 

Fig.   30.     Haken  derselben  Art. 

Fig.  31.     Junge  Proglottis  derselben  Art  mit  Genitaldrüsen. 

Fig.  32.  Teil  eines  Querschnittes  durch  eine  Proglottis  derselben 
Art  mit  Muskulatur. 

Tafel   21. 

Fig.  33.  Flächenschnitt  eines  reifen  Gliedes  derselben  Art  mit 
Paruterinorgan . 

Fig.  34.  Lage  des  Uterus  in  fast  reifen  Proglottiden  derselben  Art. 
Totalpräparat. 

Fig.  35.  Bluterina    dunganica    n.  sp.    aus    Oriolus   galhula.     Scolex. 

Fig.   36.  Haken  derselben  Art. 

Fig.   37,  Flächenschnitt  einer  halbreifen  Proglottis  derselben  Art. 

Tafel  22. 

Fig.  38.  Flächenschnitt  einer  Proglottis  derselben  Art  mit  jungem 
Uterus. 

Fig.  39.  Lage  des  Paruterinorgans  in  einem  reifen  Gliede  der- 
selben Art. 

Fig.  40.     Aploparaksis  elisae  n.  sp.  aus  Faligula  nyroca.     Scolex. 

Fig.   41.      2  Haken  derselben  Art. 

Fig.  42.  Junge  Proglottiden  derselben  Art  mit  männlichen  Genitalien. 
Totalpräparat. 

Fig.  43.  Fast  reife  Proglottiden  derselben  Art  mit  weiblichen  Geni- 
talien.    Totalpräparat. 

Fig.  44.  Diorchis  americana  Ransom  var.  twkestanica  n.  var.  aus 
Gallinida  cliloropus.     2  halbreife  Proglottiden.     Totalpräparat. 

Fig.  45.  Hymenolepis  rugosa  Cleec  aus  Peristera  cambayensis. 
2  Glieder  mit  Selbstbefruchtung.     Totalpräparat. 

Tafel  23. 

Fig.   46.  Spitze   des   Cirrus  derselben  Art  mit  chitinösem  Stilet. 

Fig.  47.  Hymenolepis  villosa  Bloch  aus    Otis  tetrax.     Scolex. 

Fig.  48.  Haken  derselben  Art. 

Fig.  49.  Scolex  derselben  Art  mit  ausgestülptem  Rostellum. 

Fig.  50.  Halbreifes  Glied  derselben  Art  mit  Genitalorganen.  Total- 
präparat. 

Fig.   51.  Reifes   Glied  derselben  Art  mit  Uterus.      Totalpräparat. 

Fig.   52.  Hymenolepis  meyalops  Crepl.  aus  Fidigula  rnfina.     Gruppe 

von  Parasiten  an  der  Cloake  ihres  AVirtes.      Photographie. 


Vogeicestoden  aus  Russisch  Turkestan.  491 

Fig.  53.  Microphotographie  eines  Flächenschnittes  des  Scolex  der- 
selben Art  mit  einem  Stück  Gewebe  seines  Wirtes.  Das  Lumen  eines  Saug- 
napfes  enthält  ein   Stück  der  Cloakenwand. 

Fig.  54,  Ht/)iietiolepis  lanceolata  Bloch  aus  Anser  anser  L.  3  Cirrus- 
beutel  von  verschiedener  Eeife.     Totalpräparat. 

Tafel  24. 

Fig.  55.  Hymenolejns  seiigera  Feöhl.  aus  Anser  anser  L.  Junge 
Proglottiden  mit  männlichen  Drüsen,      Totalpräparat. 

Fig.  56.  Halbreife  Proglottiden  derselben  Art  mit  Genitalorganen. 
Totalpräparat. 

Fig.  57.  Proglottiden  mit  weiblichen  Drüsen,  Vesicula  seminalis  und 
Cirrusbeutel  derselben  Art.      Totalpräparat. 

Fig.  58.     Hijmenolrjyis  corojnda  DüJARD.    aus  Anas    boschas.     Junge 

Proglottiden.     Totalpräparat. 

Fig.   59.      Halbreife  Proglottiden  derselben  Art.     Totalpräparat, 
Fig,   60.      Teil    eines  Flächenschnittes    einer  Proglottis    derselben  Art 

mit  Cirrusbeutel  und  Sacculus  accessorius. 

Fig.  61.  H/j))/rnolr]ris  solowiowi  n.  sp.  aus  Fuligula  nyroca.  Cirrus- 
beutel mit  ausgestülptem   Cirrus  und  Vaginalmündung. 

Fig.  62.  Hymenolepis  rants  n.  sp.  aus  Cöcum  von  Fuligula  rufina. 
Scolex. 

Fig.   63.     Haken  derselben  Art. 

Fig.  64.     Flächenschnitt  einiger  halbreifer  Proglottiden  derselben  Art. 

Tafel  25. 

Fig.  65.  Plächenschnitt  eines  halbreifen  Gliedes  derselben  Art  mit 
Hoden  und  Vasa  efFerentia. 

Fig.  66.  Hymenolepis  longicirrosa  Fuhrm.  aus  Anser  anser  L. 
Flächenschnitt  einiger  Proglottiden  mit  weiblichen  Drüsen. 

Fig.  67.  Flächenschnitt  einer  Proglottis  derselben  Art  mit  männlichen 
Drüsen,   Cirrusbeutel  und  Vagina. 

Fig.  68.  Hymenolepis  przewalskii  it.  sp.  aus  Anser  anser  L.  An- 
ordnung der  Genitaiorgane  in  den  Proglottiden.      Totalpräparat. 

Fig.  69,  Hymenofimbria  merganseri  n.  g.  n.  sp.  aus  Mergtis  merganser. 
•Scolex. 

Fig.   70.      Haken  derselben  Art. 

Tafel  26. 

Fig.  71.  Teil  eines  Querschnittes  durch  eine  Proglottis  derselben 
Art  mit  Muskulatur. 

Fig.   72.     Anordnung  der  Genitalorgane  derselben  Art.     Totalpräparat. 

Zool.  Jahrb.  XXXYII.    Abt.  f.  Syst.  32 


492  K.  I.  Skrjabin,  Vogelcestoden  aus  Russisch  Turkestan. 

Fig.  73.  Teil  eines  Flächenschnittes  von  Proglottiden  derselben  Art 
mit  der  Genitalcloake. 

Fig.  74.  Flächenschnitt  der  Cirrusbeutelmündung  derselben  Art  mit 
Sacculus  accessorius. 

Fig.  75.  Teil  eines  Flächenschnittes  von  Pi-oglottiden  derselben  Art 
mit   10  Excretionsgefäßen. 

Tafel  27. 

Fig.  76.  Diploposthe  laevis  Bloch  aus  Fuligida  ni/roca.  Querschnitt 
einer  uralten  Proglottis  mit  zur  Peripherie  gewanderten  Eiern. 

Fig.  77.  Teil  eines  Querschnittes  einer  reifen  Proglottis  derselben 
Art  mit  eingekapselten   Eiern. 

Fig.  78.  Habitusbild  eines  uralten  Exemplars  von  Diploposthe  laevis 
Bloch.      1:1.     Photographie. 

Fig.  79.  3  Exemplare  der  Davainea  penetrans  Baczynska.  1:1. 
Photographie. 

Fig.  80.  Exemplar  der  Ä7iornotaema  viicrophallos  Krabbe  aus 
Vanellus  crisiaius.      1:1.     Photographie. 

Fig.  81.  Exemplar  der  Monopylidium  galhulae  Zed.  aus  Corvus 
frugilegus  L.      1:1.     Photographie. 


Nachdruck  verboten. 
Ubersetzungsrecht  vorbehalten. 


Zur  Kenntnis  der  Gattung  Mesoniscus. 

über  Isopoden.     17.  Aufsatz. 

Von 

Karl  W.  Verhoeflf  in  Pasing  bei  München. 

Mit  Tafel  28. 


1906  erschien  in  der  Revue  Suisse  de  Zoologie,  Vol.  14,  p.  601 
bis  615  eine  Arbeit  von  J.  Cakl  unter  dem  Titel  „Beitrag  zur 
Höhlenfauna  der  insubrischen  Region".  Außer  einigen  anderen 
Gliedertieren  wird  hier  vor  allem  die  neue  Land-Isopoden-Gattung 
Mesoniscus  Carl  beschrieben  für  eine  Art  cavicolus,  welche  bis  dahin 
nur  aus  der  „Höhle  bei  Tre  Crocette  am  Campo  dei  Fiori  oberhalb 
Varese"  gefunden  worden  ist.  Carl  will  in  dieser  in  jedem  Falle 
sehr  interessanten  Form  ein  Bindeglied  erblicken  zwischen  den  Fa- 
milien der  Ligiiden,  Trichonisciden  und  Onisciden.  Er 
sagt  in  dieser  Hinsicht  folgendes: 

„Wie  bei  den  zwei  ersteren  (Gruppen)  sind  die  Mandibeln  mit 
Kaufortsatz  versehen;  hingegen  gleichen  die  Kieferfüße  durch  ihre 
abgestutzte  Lade  und  den  dreigliedrigen  Taster  weit  mehr  den- 
jenigen der  Oniscidae.^)  In  der  Gliederung  und  Beborstung  der 
Geißel   der   äußeren  Antennen  besteht,  abgesehen  von  der  Zahl  der 


1)  Diese  Behauptung  ist  nicht  zutreffend.  Die  Meson isnis-KieieriüBe 
zeigen  vielmehr  mit  Rücksicht  auf  Innenlade  und  Taster  eine  große 
Ähnlichkeit  mit  denen  der  Gattung  Ligidium. 

32* 


494  Karl  W.  Vkrhoeff, 

Glieder  und  der  Form  des  letzten  Gliedes,  eine  gewisse  Ähnlichkeit 
mit  den  Ligiidae.  Die  zahlreichen  Sinneskegel  auf  der  Oberseite 
des  Körpers  und  der  Extremitäten  finden  sich  sonst  hauptsächlich 
bei  Trichonisciden  vor,  an  welche  auch  die  Form  der  Uropoden 
erinnert.  Endlich  besitzt  die  Gattung  ganz  eigenartige  Charaktere, 
die  in  keiner  andern  (Unter)Familie  wiederkehren." 

Diese  Besonderheiten  sind  vor  allen  Dingen  in  der  „Gestalt  der 
inneren  Antennen"  zu  erblicken  und  darin,  daß  „die  männlichen 
Geschlechtsorgane  wie  bei  den  Ligiidae  getrennt  ausmünden,  ohne 
daß  sich  jedoch  wie  dort  lange  paarige  Genitalkegel  ausgebildet 
hätten".  Cael  schließt  aus  diesen  Verhältnissen,  daß  Mesoniscus 
„einen  archaischen  Tjpus,  einen  ph3iogenetischen  Relikten  darstellt, 
der  seine  Erhaltung  offenbar  dem  Höhlenleben  zu  verdanken  hat". 
Der  letztere  Schluß  ist  freilich  verfehlt,  wie  ich  sowohl  von 
vornherein  vermutete  als  auch  inzwischen  tatsächlich  dadurch  nach- 
weisen konnte,  daß  es  mir  gelang,  in  den  nordöstlichen  Kalkalpen 
von  Salzburg  und  Niederösterreich  zwei  blinde,  weiße  Land-Iso- 
poden  aufzufinden,  welche  beide  oberirdisch  leben  und 
gleichzeitig  mit  cavicolus  Carl  nahe  verwandt  sind.  Durch  die 
nunmehr  drei  aufgefundenen  Jfe.somscMS-Arten  ergibt  sich,  daß  diese 
offenbar  kalkholde  Asselgattung  in  den  Alpenländern  so  weit 
verbreitet  ist,  daß  wir  mit  der  Auffindung  noch  weiterer  Arten 
rechnen  dürfen. 

In  meinem  12.  Isopoden- Aufsatz  ^)  habe  ich  p.  196  vier  Unter- 
familien der  Trichonisciden  unterschieden,  und  zwar  die  Mesoniscinae 
Veeh.  als  eine  derselben.  Damals  urteilte  ich  lediglich  nach  Carl's 
Angaben.  Nachdem  ich  jedoch  inzwischen  Mesoniscus  selbst  in  na- 
tura zu  studieren  Gelegenheit  gehabt  habe,  kann  ich  nur  noch  ent- 
schiedener dieser  meiner  Auffassung  von  1908  zustimmen,  wenigstens 
insofern  als  ich  (im  Gegensatz  zu  Cael's  Auffassung)  in  Mesoniscus 
nicht  eine  Form  erblicken  kann,  welche  zwischen  den  drei  Familien 
der  Ligiiden,  Trichonisciden  und  Onisci den  steht,  son- 
dern mit  d e n  Trichonisciden  entschieden  näher  verwandt 
ist  als  mit  irgendeiner  anderen  Familie,  worauf  ich  noch 
weiterhin  zurückkommen  werde. 

Zur  Orientierung  gebe  ich  zunächst  einen 


1)  in:  Arch.  Naturgesch.,   1908,  Jg.  74,  Bd.   1, 


Gattung  Mesoniscus.  495 

Schlüssel  der  drei  bekaiiiiten  Mesoniscus- Arten: 

a)  Die  Geißel  der  Antennen  besteht  aus  5  +  1  Gliedern  (Fig.  10), 
während  das  Endstück  des  verlängerten  Endgliedes  (Fig.  11)  durch 
einen  feinen  Ring  deutlicli  abgesetzt  ist.  Die  rechte  Mandibel  be- 
sitzt am  Vorzahnstück  nur  zwei  Fiederstäbchen,  die  linke  ist  am 
Vorzahnstück  bei  ^  und  $  zweizahnig  (ein  3.  Zahn  höchstens  an- 
gedeutet), das  Endzahnstück  ist  vierzahnig.  Der  Endabschnitt  an 
den  Endopoditen  der  2.  Pleopoden  des  cJ  ist  am  Ende  deutlich  ab- 
gesetzt und  zugleich  recht  schmal  (Fig.  9  d,  e),  nicht  aufgebläht,  der 
ganze  Endabsclmitt  annähernd  gleich  schmal.  Der  Stamm  der 
Kieferfüße  gleicht  ebenso  wie  die  Taster  derselben  denen  des  sub- 
terraneus.     1. — 5.  Pleontergit  mit  je  einer  Höckerchenreihe 

1.  calcivagus  n.  sp. 

b)  Die  Geißel  der  Antennen  besteht  aus  6  -|-  1  Gliedern  (Fig.  12), 
während  das  Endstück  des  verlängerten  Endgliedes  nicht  deutlich 
abgesetzt  ist.  Das  Vorzahnstück  der  rechten  Mandibel  (Fig.  13) 
besitzt  drei  Fiederstäbchen  c,  d 

c)  Der  Stamm  der  Kieferfüße  ist  in  der  Endhälfte  außen  in 
breitem  Lappen  über  die  Grundhälfte  vorgezogen.  Am  Innen- 
rand der  Taster  sitzen  das  1.  und  2.  Borstenbüschel  auf  kurzen 
Zapfen,  welche  an  Größe  wenig  verschieden  sind.  Die  rechte  Man- 
dibel trägt  am  Kaufortsatz  drei  weit  herausragende  Fiederstäbchen, 
ihr  Vorzahnstück  ist  in  der  Mitte  stark  eingeschnürt.  Endzahn- 
stück beider  Mandibeln  dreizahnig,  das  Vorzahnstück  der  linken 
2(3)zahnig.  Am  Propoditenrücken  des  7.  Beinpaares  des  c^  ist  die 
Bürste  auf  die  Endhälfte  beschränkt,  in  der  Grundhälfte  stehen 
4  Borstenkegel.  Die  Endabschnitte  der  Endopodite  der  2.  männ- 
lichen Pleopoden  besitzen  weder  ein  abgesetztes  Endstück  noch  eine 
Aufblähung  noch  eine  Einbiegung;  sie  verlaufen  vielmehr  einfach 
schmal  bis  zum  Ende.  1.  Pleontergit  mit  einer,  2.— 5.  mit  je  zwei 
Höckerchenreihen  2.  cavkolus  Carl 

d)  Der  Stamm  der  Kieferfüße  (Fig.  21)  ist  in  der  Endhälfte 
außen  nicht  in  breitem  Lappen  vorgezogen.  Am  Innenrand  der 
Taster  sitzt  das  1.  Borstenbüschel  nur  auf  einem  kleinen  Höcker, 
während  das  2.  sich  auf  dem  Ende  eines  Fortsatzes  befindet,  welcher 
die  halbe  Länge  des  Endgliedes  erreicht.  Die  rechte  Mandibel 
trägt  am  Kaufortsatz  nur  zwei  herausragende  Fiederstäbchen, 
während  sich  von  einem  dritten  nur  eine  sehr  kurze  schwache  An- 
deutung findet;  ihr  Vorzahnstück  besitzt  keine  auffallende  Einschnü- 


496  Karl  W.  Vekhoefp, 

rung.  Endzahnstück  der  rechten  Mandibel  vier-,  der  linken  fünf- 
zahnig  (Fig.  20),  das  Vorzahnstück  der  linken  entschieden  drei- 
zahnig-,  wobei  der  vorderste  Zahn  herausragt.  Am  Propoditrücken 
des  7.  Beinpaares  des  ^  reicht  die  Bürste  über  %  der  Länge 
hinaus  (ähnlich  Fig.  14),  daher  stehen  im  Grunddrittel  nur  zwei 
Borstenkegel.  Die  Endabschnitte  der  Endopodite  der  2.  männlichen 
Pleopoden  (Fig.  2)  sind  hinter  der  Mitte  am  schmälsten,  vor  dem 
Ende  nach  innen  umgebogen  und  in  diesem  Endstück  (Fig.  3)  zu- 
gleich etwas  aufgebläht.  1. — 5.  Pleontergit  mit  je  einer  Höckerchen- 
reihe 3.  subterraneus  n.  sp. 

MeHonisciis  Carl,  Verh.  char.  emend. 

(Putzapparat,  Federbürsten,  Atmungsorgane,  Schrill- 
apparat, S  p  e  r  m  a  1 0  p  h  0  r.) 

Die  Antennulen  beschrieb  Carl  als  „kurz,  dreigliedrig,  das 
erste  Glied  stark  verkürzt,  das  letzte  breit,  schaufeiförmig,  am  Ende 
mit  einem  aus  melireren  Chitinwülsten  gebildeten  Sinnesorgan". 

Im  Vergleich  mit  den  Trichonisciden  sind  die  Antennulen 
tatsächlich  kurz,  und  das  Grundglied  kann  schon  als  undeutlich  be- 
zeiclmet  werden.  Hinsichtlich  der  „Chitinwülste"  dagegen  kann  ich 
Carl  nicht  beistimmen.  Es  handelt  sich  hier  vielmehr  um  dieselben 
Sinnesstäbchen,  welche  am  Ende  der  Antennulen  bei  typischen 
Trichonisciden  vorkommen,  und  zwar  in  der  Zahl  7 — 8.  Der 
Unterschied  liegt  jedoch  darin,  daß  diese  Sinnesstäbclien  nicht  nur 
stark  an  das  letzte  Glied  angelehnt  sind  (Fig.  17  u.  19),  sondern 
auch  vom  lappenartigen  Ende  desselben  schützend  überragt  werden. 
Die  Antennen  besitzen  an  ihren  kräftigen  Schaftgliedern  stets  ge- 
reihte Borstenkegelchen  (Fig.  10  u.  12),  und  zwar  besonders  an  den 
großen  4.  und  5.  Gliedern.  Die  Borstenkegelchen  bestehen  aus 
Spitzchen  verschiedener  Länge,  die  längsten  gewöhnlich  in  der  Mitte, 
außerdem  kommen  noch  schuppenartige  Hautfortsätze  vor,  teils 
gruppiert,  teils  zerstreut.  Länger  sind  die  Tastborsten  der  Geißel, 
aber  auch  bei  diesen  finden  sich  eine  oder  mehrere  Nebenspitzchen. 
Sehr  feine  kurze  Härchen  sind  dem  Flagellum  angedrückt,  besonders 
dem  langen  Endglied,  welches  am  Ende  in  einem  Schopf  feinster 
Fasern  *)    zerschlitzt    ist  (Fig.  11).     Die    Zahl    der    Fiederstäbchen 

1)  Da  sich  Ahnliches  bei  nicht  wenigen  anderen  Land-Isopoden  findet, 
verstehe  ich  nicht,  wie  Carl  in  der  „Form  des  letzten  Geißelgliedes  der 
äußeren   Antennen"   etwas  so   Besonderes  erblicken  will. 


Gattung  Mesoniscus.  497 

der  Mandibeln  beträgt  2—3  sowohl  am  Vorzahnstück  als  auch  am 
Kaufortsatz,  wobei  der  Unterschied  sich  zwischen  verschiedenen 
Arten  oder  zwischen  rechts  und  links  finden  kann.  Das  Vorzahn- 
stück ist  gegen  das  Endzahnstück  passiv  beweglich,  indem  beide 
an  ihrem  Grund  (Fig.  13)  durch  einen  federnden  Chitinbogen  ver- 
bunden sind.  Das  Vorzahnstück  der  linken  Mandibel  besitzt  stets 
gebräunte  Endzähne,  während  das  der  rechten  Mandibel  nicht  nur 
immer  glasige  Beschaifenheit  zeigt,  sondern  zugleich  statt  der  2  bis 
3  Zähne  eine  Rosette  kleiner  Zäpfchen.  Die  Außenladen  der 
1.  Alaxillen  tragen  am  Ende  7—8  Zähne,  und  zwar  4  stärkere, 
2  schwächere  und  1 — 2  kleinste.  Die  Innenladen  der  1.  Maxillen 
sind  ebenfalls  bei  den  drei  bekannten  Arten  übereinstimmend  ge- 
baut, indem  sie  aus  einem  „helmförmigen"  Lappen  und  zwei  ge- 
wimperten  Fortsätzen  bestehen.  Unterlippe,  Zunge  und  2.  Maxillen 
zeigen  nichts  Auffallendes. 

Die  Kiefer  fuße  (Fig.  21)  besitzen  bei  allen  Arten  eine  lange 
am  Ende  abgestutzte  und  mit  1  -}-  5  Spitzchen  bewehrte  Innenlade. 

Die  Taster  gibt  Cael  als  „dreigliedrig"  an,  was  nicht  ohne 
weiteres  als  richtig  gelten  kann.  Tatsächlich  sind  nämlich  nur 
zwei  Glieder  durch  deutliches  Gelenk  scharf  voneinander  getrennt, 
ein  kurzes  Grundglied  und  ein  wurzeiförmiges  Endglied.  Letzteres 
ist  allerdings  nicht  ganz  einheitlich,  sondern  durch  feine  Furchen 
in  drei  Teile  abgesetzt.  Diese  Furchen  (von  welchen  Cael  nur  die 
endwärtige  angibtj  sind  aber  nicht  als  echte  Glieder  zu  betrachten, 
sondern  nur  als  schwache  Andeutungen  derselben.  Man  muß 
daher  sagen,  daß  die  Kieferfußtaster  2 — (3— 4)gliedrig  sind. 

Die  Höckerchen  auf  den  Truncustergiten  stehen  in  unregel- 
mäßigen Querreihen,  nur  am  Hinterrand  und  an  den  Epimeren- 
rändern  sind  sie  regelmäßig  angeordnet.^)  Die  Hinterzipfel  der 
Epimeren  sind  am  5.  Segment  wenig,  am  6.  stärker  und  am  7.  am 
stärksten  nach  hinten  herausgezogen,  am  4.  abgerundet,  rechtwinklig. 

Das  2. — 7.  Truncustergit  besitzen  eine  kräftige  Quernaht, 
durch  welche  sie  in  Vorder-  und  Hinterfeld  zerlegt  werden. 
Jederseits  auf  den  Epimeren  reicht  die  Quernaht  fast  bis  zum  Rande 
und    biegt    neben    demselben    nach    hinten    um.     An    den    hinteren 


1)  Auf  Cael's  fig.  2  für  cavicolus  tritt  die  Regehnäßigkeit  der 
Randhöckerchen  nicht  gebührend  hervor ;  dieser  Unterschied  dürfte 
aber  nur  in  der  Ungenauigkeit  dieser  Zeichnung  liegen,  nicht  in  natura. 
Dasselbe  gilt  für  die  Hinterzipfel  des  5. — 7.  Truncussegments,  d.  h.  die- 
selben  sind  in  natura  verschiedener  gestaltet,  als  es  nach  fig.   2   erscheint. 


498  Kael  W.  Verhoepf, 

Truncussegmenten  ist  das  Hinterfeld  etwas  beschränkter.  Während 
das  Vorderfeld  am  2.  Tergit  die  halbe  Länge  des  Hinterfeldes  er- 
reicht, ist  es  am  7.  Tergit  etwa  ^'5  so  lang  wie  jenes.  Alle  Vorder- 
felder werden  durch  die  Hinterrandduplikatur  des  vorhergehenden 
Hinterfeldes  verdeckt,  daher  sind  auch  die  Höckerchen  aus- 
schließlich auf  den  Hinterfeldern  zu  finden. 

Die  Pleontergiten  besitzen  nur  schwache  Epimeren.  Das  Telson 
ragt  hinten  dreieckig  und  etwas  spitz  heraus.  Die  Uropodenexo- 
und  Endopoditen  sind  in  einer  Querrichtung  nebeneinander  einge- 
lenkt (während  nach  Carl  die  Einlenkung  des  Endopodit  sich  vor 
derjenigen  des  Exopodit  befinden  soll).  Die  Exopodite  sind  am 
Grunde  doppelt  so  dick  wie  die  Endopodite.  (Nach  Carl  sollen  sie 
bei  cavicoJus  nur  wenig  dicker  sein.) 

Die  Höckerchen  auf  den  Tergiten  sind  wenigstens  am  Truncus 
wirkliche  kleine  Erhebungen,  welche  von  je  einem  Porenkanal  durch- 
setzt werden.  xA.uf  ihnen  befinden  sich  ein  Börstchen,  Schüppchen 
und  im  Kreise  herumziehende  Zellstruktur.  Härchen  und  unechte 
Schüppchen  sind  besonders  an  den  Epimerenrändern  leicht  erkennbar. 

Das  1.  Beinpaar  besitzt  in  beiden  Geschlechtern  einen 
Putzapparat ^),  welcher  aus  vier  Bestandteilen  besteht,  nämlich 
zwei  Kämmchen,  einer  Bürste  und  drei  Putzborsten.  In  der  Mitte 
des  inneren  Endrandes  des  Carpopodits  findet  sich  ein  aus  9—10 
langen  Spitzen  gebildetes  Kämmchen,  während  ein  Propoditkämnichen 
ihm  gegenübersteht.  Letzteres  erstreckt  sich  über  die  innere  Grund- 
hälfte und  besteht  aus  zahlreichen,  nach  unten  gericliteten  Borsten. 
Unten  innen  neben  dem  Carpopoditkämmchen  stehen  hintereinander 
drei  Stachelborsten,  welche  am  Ende  in  feine  Fäserchen  zerschlitzt 
sind.  Über  das  innere  mittlere  Drittel  des  Carpopodits  verteilt  sich 
mit  zahlreichen,  sehr  feinen,  nach  endwärts  gerichteten  Fasern  neben 
dem  Kämmchen  eine  Putzbürste,  bei  <^  und  $  in  gleicher  Weise. 
(Diesen  Putzapparat  beschreibe  ich  nach  calcivagus,  das  1.  Beinpaar 
des  suhterraneus  ist  nicht  bekannt,  und  über  cavicohis  liegen  keine 
Angaben  vor.)  Am  2.  Beinpaar  fehlen  die  vier  Bestandteile  des 
Putzapparats  gänzlich. 

Als   Zahn  chen  bogen   (Fig.  14  ^hl,  ^b2)   hebe  ich  die  in  ge- 


1)  in:  Arch.  Naturg.,  1908,  beschrieb  ich  den  Putzapparat  von 
Sphaerobathyiropa  ribauti  Verh.  und  in:  Arch.  Biontol.,  1908,  Vol.  2, 
p.  379,  habe  ich  auf  die  weite  Verbreitung  dieser  Einrichtung  aufmerksam 
gemacht. 


Gattung  Mesoniscus.  499 

bogener  Reihe  am  Endrand  von  Mero-  und  Carpopodit  sitzenden 
Zäpfchen  oder  Zähnchen  hervor,  welche  im  Verein  mit  den  Stachel- 
borsten die  Gliedmaßen  des  Truncus  als  Grabbeine  charakteri- 
sieren. Am  1.  Beinpaar  ist  der  Zähnchen  bogen  am  Ende  des  Mero- 
podits  nur  schwach  angedeutet,  am  Ende  des  Carpopodits  dagegen 
oben  gut  entwickelt  und  durch  kurzen  Zwischenraum  vom  Kämm- 
chen geschieden.  Am  2.  Beinpaar  ist  er  am  Meropodit  ebenfalls 
noch  schwach,  am  Carpopodit  dagegen  reicht  er  in  weitem  Halbkreis 
namentlich  innen  über  das  Gebiet  hinaus,  in  welchem  sich  am 
1.  Beinpaar  das  Kämmchen  befindet.  Ich  komme  aus  dem  Vergleich 
der  Beinpaare  zu  dem  Schluß,  daß  das  Carpopoditkämmchen 
des  1.  Beinpaares  einen  umgewandelten  Abschnitt  des 
Z  ä  h  n  c  h  e  n  b  0  g  e  n  s  darstellt. 

Am  3. — 7.  Beinpaar  ändert  sich  allmählich  die  Beschafenheit 
der  Zähnchenbogen.  Am  Carpopodit  greift  er  immer  im  Halbkreis 
um  den  Endrand,  aber  am  Meropodit  wird  er.  allmählich  stärker. 
Am  5.  Beinpaar  ist  der  Meropoditzähnchenbogen  innen  schon  bis 
zur  ventralen  Stachelborste  ausgedehnt,  außen  aber  nur  ganz  kurz. 
Ähnlich  steht  es  am  6.  und  7.  Beinpaar,  aber  am  Meropodit  des  7. 
reicht  der  Zähnchenbogen  innen  bis  zur  ventralen  Stachelborste  und 
zugleich  weit  über  den  Grund  des  Carpopodits  hinaus,  außen  dagegen 
noch  nicht  bis  zu  den  Kerbleisten  (Fig.  5). 

An  diesem  inneren,  stärkeren  Herabreichen  der  Meropodit- 
zähnchenbogen kann  am  5. — 7.  Beinpaar  die  Innen- oder  Hinter- 
fläche am  sichersten  erkannt  werden. 

Borstenkegelchen,  ähnlich  denen  des  Antennenschaftes,  kommen 
am  Rücken  von  (Mero-)  Carpo-  und  Propodit  aller  Beinpaare  vor, 
Stachelborsten  finden  sich  an  allen  Beingliedern,  am  reichlichsten 
unten  am  Mero-,  Carpo-  und  Propodit. 

Feder  bürsten,  welche  der  Reinigung  der  hinteren  Körper- 
hälfte dienlich  sein  können,  sind  in  beiden  Geschlechtern  (Fig.  14  fh) 
am  Propoditrücken  des  6.  und  7.  Beinpaares  anzutreffen,  und  zwar 
bestehen  sie  aus  Fiederborsten,  deren  Fasern  vorwiegend  krallen- 
wärts  gerichtet  sind  (Fig.  15).  Daneben  stehen  zahlreiche  kürzere 
Fiederborsten  vorn  und  schuppenartige  Boi'sten  hinten.  (Ob  auch 
cavicolus  Federbürsten  besitzt,  geht  aus  Cakl's  Angaben  nicht  be- 
stimmt hervor,  doch  zeigen  seine  figg.  4,  5  und  13  an  der  be- 
treifenden Stelle  reichliche  Behaarung.) 

Carl's  Angabe,  daß  die  „Pleopoden  des  1.  Paares  fast  rudi- 
mentär"   seien,    halte    ich   für   unrichtig.    Bei  M.   suUerraneus  und 


500  Karl  W.  Verhoeff, 

calcivagus  bestehen  die  1.  Pleopoden  des  ^  aus  einem  starken  Pro- 
podit  und  großen  dreieckigen  Exopodit,  nur  das  Endopodit  ist 
verkümmert  (Fig.  4).  Das  Propodit  ist  breit  und  ragt  außen  mit 
kräftigem  Außenlappen  vor,  welcher  am  Rand  eine  Reihe  schuppen- 
artiger Spitzen  trägt  und  vor  demselben  mehrere  Kerbleisten  mit 
sehr  deutlichen  Unterbrechungen.  Die  1.  Pleopoden  des  $  stimmen 
sonst  mit  denen  des  <^  überein,  besitzen  jedoch  ein  eigentümliches, 
sehr  zartes  Endopodit,  welches  in  seiner  abgeplatteten  Gestalt 
dem  Exopodit  ähnelt,  jedoch  kleiner  ist,  unter  diesem  versteckt  und 
von  ihm  innen,  außen  und  hinten  weit  überragt  wird.  Es  enthält 
zahlreiche  Blutkörperchen. 

2.  Pleopoden  des  $  mit  großem  rundlichem  Exopodit,  Propodit 
mit  großem  Außenlappen,  aber  ohne  Spitzenreihe  und  ohne  Kerb- 
leisten, innen  als  starker  Querbalken  sich  unter  das  Endopodit 
schiebend.  Dieses  ist  scharf  von  ihm  abgesetzt  und  bildet  einen 
länglichen,  bis  zur  Mitte  des  Exopodit  reichenden  Fortsatz  (Fig.  7  2en), 
welcher  von  diesem  .verdeckt  wird  und  fast  spitz  ausläuft. 

Die  2.  Pleopoden  des  ^  unterscheiden  sich  durch  das  sehr  lange, 
aber  zugleich  schmale,  das  Exopodit  weit  überragende  Endo- 
podit (Fig.  2).  Gegen  das  Propodit  ist  dasselbe  nicht  so  stark  ab- 
gesetzt wie  beim  $,  aber  es  besteht  selbst  aus  drei  Abschnitten. 
Der  grundwärtige  wird  durch  eine  innere  Einkerbung  beendet  (a), 
der  mittlere  durch  ein  nach  außen  vorragendes  Läppchen  {hl).  Der 
Endabschnitt  ist  nach  den  Arten  etwas  verschieden  gestaltet,  besitzt 
aber  stets  innen  in  einer  Längsreihe  eine  größere  Anzahl  kleiner 
glasiger,  länglicher  Verdickungen,  welche  ich  Spitzk nötchen 
nennen  will. 

Die  3. — 5.  Pleopoden  zeigen  in  beiden  Geschlechtern  keine  nam- 
haften Unterschiede,  aber  von  allen  Dreien  sind  die  häutig-weichen 
Endopodite  in  Zipfel  zerteilt,  welche  unter  den  deckelartigen 
Exopoditen  versteckt  liegen.  An  den  3.  Pleopoden  sind  die  Endo- 
podite in  zwei  Zipfel  gegabelt,  welche  wie  Zangenarme  gegen- 
einander gekrümmt  stehen.  Vom  inneren  Teil  des  Propodit  geht 
ebenfalls  ein  häutiger,  kissen artiger  Fortsatz  aus,  welcher  sich 
zwischen  das  Exopodit  und  den  inneren  Zipfel  des  Endopodits  schiebt 
(Fig.  6). 

An  den  4.  und  5.  Pleopoden  sind  die  Endopodite  in  drei 
Zipfel  geteilt,  von  welchen  sich  zwei  nach  hinten  erstrecken,  der 
dritte  aber  nach  vorn  zurückgebogen  ist  {a3.  Fig.  8).  Innen  von  den 
nach  hinten  gerichteten  Zipfeln  ist  auch  hier  ein  aus  dem  Propodit 


Gattung  Meson  iscus.  501 

herausg-estülptes  Kissen  (Je)  zu  finden.  Von  den  beiden  nach  hinten 
gerichteten  Zipfeln  ist  der  innere  der  4.  Pleopode  besondei-s  lang- 
(al),  läuft  spitz  aus  und  erreicht  etwa  Vö  der  Länge  des  Exopodits. 
Die  Atmungsorgane  von  Mesoniscus  werden  also  gebildet 
durch 

1.  zweizipflige  Endopodite  am  3.  und  dreizipflige  Endopodite 
am  4.  und  5.  Pleopodenpaar, 

2.  durch  Innenzipfel  der  Propodite  am  3. — 5.  Pleopodenpaar, 

3.  kommen  außer  diesen  für  beide  Geschlechter  giltigen  Organen 
noch  die  Endopodite  der  1.  Pleopoden  des  ?  in  Betracht. 

In  der  Hauptsache  schließen  sich  diese  Atmungsorgane  an  die- 
jenigen der  Trichonisciden  und  Onisciden  an,  namentlich 
auch  mit  Rücksicht  auf  das  Fehlen  der  tracheenartigen  Gebilde, 
der  sogenannten  „weißen  Körper".  In  den  zarten  Eudopoditen  der 
1.  Pleopoden  des  2  findet  sich  eine  gewisse  Annäherung  an  die 
Ligidien.  Man  hat  die  Atmungsorgane  an  den  2. — 5.  Pleopoden, 
vielfach  als  „Kiemen"  bezeichnet,  eine  Auffassung,  welche  ich  um 
so  weniger  teilen  kann,  als  sich  durch  Versuche  gezeigt  hat,  daß 
selbst  diejenigen  Land-lsopoden,  welche  ausschließlich  diese  soge- 
nannten „Kiemen"  besitzen,  verhältlich  schnell  im  Wasser  zugrunde 
gehen. ^)  Die  Propodite  an  den  3. — 5.  Pleopoden  von  Mesoniscus  be- 
sitzen starke  Muskeln  {m2,  Fig.  6),  durch  welche  sie  zusammen- 
gezogen werden.  Auch  in  der  (}rundhälfte  der  Exopodite  (5  ex) 
kommt  ein  zwischen  Ober-  und  Unterlamelle  ausgespannter  Muskel 
vor,  welcher  dieselben  zusammenpressen  kann.  Diese  Muskeln  treiben 
das  Blut  aus  den  Pleopoden  heraus,  worauf  es  passiv  wieder  zurück- 
strömt infolge  der  elastischen  Spannung  dieser  Gliedmaßen. 

Im  15.  Isopoden-Aufsatz,  a.  a.  0.,  p.  381,  habe  ich  bereits  auf 
„Schrillapparate  an  den  Basalia  des  7.  Beinpaares  beider  Ge- 
schlechter der  Trichonisciden"  u.  a.  Isopoden  hingewiesen.  Es  ist 
von  besonderem  Interesse,  daß  auch  Mesoniscus  einen  Schrill- 
ap  parat  besitzt,  derselbe  jedoch  beträchtlich  von  dem  anderer 
Trichonisciden  abweicht.  Die  Basalia  des  7.  Beinpaares  be- 
sitzen überhaupt  keine  „Streifen  von  Schrillplättchen",  sondern  es 
finden  sich  Schrill  eisten,  welche  aus  niedrigen,  durch  zahlreiche 
Absetzungen  mehr  oder  weniger  gekerbt  oder  gewellt  erscheinenden 
Kanten  bestehen,   die  ich  Kerbleisten  nenne.    Diese  Kerbleisten 


1)   Vgl.    auch   W.   Herold's    Beiträge    z.    Anat.    u.    Physiol.    einiger 
Land-lsopoden,  in:   Zool.  Jahrb.,   Vol.   35,   Syst.,    1913,   p.   514. 


502  Karl  W.  Verhoeff, 

treten  auf  am  6.  uii  d  7.  B e i n p a a r  in  beiden  G e s c li  1  e c li t e r n 
in  derselben  Weise  und  zwar  an  der  Hinter-  oder  Innen- 
fläche des  6.  sowie  an  der  Vorder-  oder  Außenfläche 
des  7.  Beinpaares.  Schon  diese  entgegengesetzte  Anordnung- an 
den  beiden  letzten  Beinpaaren  deutet  darauf  hin,  daß  durch 
gegenseitiges  An  einander  reiben  Sc  brillante  hervor- 
gebracht werden.  Dafür  spricht  ferner  die  genauere  Anordnung. 
Es  finden  sich  nämlich  am  6.  Beinpaar  die  Kerbieisten  am  Ischio-, 
Mero-,  Carpo-  und  Propodit,  nicht  aber  am  Basale,  während 
am  7.  Beinpaar  sie  auch  an  diesem  entlang  ziehen.  Dieser  Unter- 
schied hängt  damit  zusammen,  daß  das  6.  und  7.  Beinpaar  nach 
hinten  gerichtet  sind.  Reiben  sich  dieselben  aber  aneinander, 
dann  kann  das  6.  Beinpaar  zwar  die  Außenfläche  vom  Basale  des 
7.  bestreichen,  nicht  aber  umgekehrt  das  7.  Beinpaar  die  Innenfläche 
vom  Basale  des  6. 

In  der  Hauptsache  verlaufen  die  Kerbleisten  parallel  und 
zwar  teils  gerade,  teils  gebogen,  nämlich  5  am  Basale,  7 — 8  am 
Ischio-,  8—9  am  Mero-,  5 — 6  am  Carpo-  und  3  —  4  am  Propodit  (Fig.  14 
Ml^S).  Am  Ischiopodit  stehen  die  Kerbleisten  oberhalb,  am  Mero- 
podit  unterhalb  der  Mitte.  Auch  am  Carpopodit  befinden  sie  sich 
größtenteils  unter  der  Mitte  {U2,  Fig.  14),  aber  zugleich  sind  die 
meisten  auf  die  Grundhälfte  beschränkt.  Nur  zwei  (drei)  laufen  bis 
zum  Ende  durch.  Unter  ihnen  befindet  sich  eine  Längsrinne  und 
unter  dieser  wieder  ein  Längswulst,  auf  dem  die  unteren  inneren 
Stachelborsten  inseriert  sind.  An  die  2—3  durchlaufenden  Kerb- 
leisten des  Carpopodits  setzen  sich  ebenfalls  2  weithin  verlaufende 
{kll)  des  Propodits,  und  neben  diesen  bemerkt  man  2  abgekürzte. 
Auch  unter  den  Propodit-Kerbleisten  verläuft  eine  gebogene  Längs- 
rinne (r,  Fig.  16),  unter  dieser  aber  tritt  (abweichend  von  den 
übrigen  Gliedern)  eine  Spitzen  reihe  auf,  welche  aus  sehr  zarten, 
am  Ende  schräg  abgeschnittenen,  in  einer  gebogenen  Reihe  an- 
geordneten unechten  Schüppchen  besteht  [sl).  Am  7.  Beinpaar  ist 
die  Spitzchenreihe  schwach  und  kann  leicht  übersehen  werden, 
am  6.  Beinpaar  ist  sie  kräftiger  ausgeprägt.  Sie  zieht,  der  Längs- 
rinne entsprechend,  schräg  von  unten  grundwärts  nach  oben  end- 
wärts  und  beginnt  am  6.  Beinpaar  ganz  unten  hinter  dem  Propodit- 
grund,  am  7.  etwas  weiter  nach  oben  und  innen. 

Carl  hat  den  Schrillapparat  überhaupt  nicht  erwähnt,  aber  ich 
zweifle  angesichts  der  sonstigen  weitgehenden  Übereinstimmung 
nicht  im.  geringsten,   daß  er  auch  bei  cavicolus  vorkommt,   zumal  er 


Gattuug  Mesoniscus.  503 

bei  suUerraneus  und  calcivagus  in  übereinstimmender  Weise  aus- 
geprägt ist. 

Cael's  Angabe,  daß  die  männlichen  Vasa  efferentia  „getrennt 
ausmünden,  ohne  daß  sich  paarige  Genitalkegel  ausgebildet  hätten", 
kann  ich  bestätigen.  Die  männlichen  Geschlechtswege  krümmen 
sich  gegen  die  Mediane  und  münden  hier  zwar  getrennt,  aber 
doch  so  nahe,  daß  sie  gemeinsam  ein  unpaares  Sper- 
matophor  bilden.  (Carl  scheint  dieses  nicht  beobachtet  zu 
haben.)  Von  den  beiden  Männchen,  welche  ich  untersuchen  konnte, 
besaß  das  eine  ein  kurzes  und  gedrungenes,  anscheinend  noch  un- 
fertiges, das  andere  ein  langes  und  schmales,  oifenbar  für  die 
Copula  schon  fast  fertiggestelltes,  aber  doch  noch  in  den 
Genitalöffnungen  befestigtes  und  nach  hinten  zwischen  den  1.  und 
2.  Pleopoden  gehaltenes  Spermatophor.  Das  in  der  Endhälfte 
etwas  dickere  aber  im  ganzen  wurmförmige  Spermatophor  erreicht 
die  Länge  von  etwa  1^/4  mm,  so  daß  es  über  die  Enden  der  langen 
2.  Endopodite  noch  etwas  hinausreicht.  Zwischen  den  Vasa  efferentia 
sitzt  das  unpaare  Spermatophor  eingekeilt  median  zwischen  den 
paramedianen  Genitalöffiiungen,  welche  Carl  zutreffend  schildert  als 
„ganz  kurze,  genäherte,  klappenartige  Erhöhungen".  Diese  sehr 
kurzen  Genitalhöcker  sind  häutiger  Natur  und  enthalten  große 
Hypodermiszellen. 

Das  Spermatophor  ward  aus  dreierlei  Bestandteilen  zu- 
sammengesetzt, welche  man  auf  langer  Strecke  auch  bereits  in  den 
Geschlechtswegen  verfolgen  kann,  nämlich  außer  einer  hellen  Flüssig- 
keit eine  große  Zahl  von  anscheinend  zähen  Se  er  et  tropfen  und 
dichte  Bündel  heller,  äußerst  dünner  Spermatozoen  (Fig.  22). 
Indem  diese  verschiedenen  Gebilde  aus  den  beiden  Geschlechts- 
öffnungen getrieben  werden,  vereinigen  sie  sich  infolge  der  sehr 
nahen  Nachbarschaft  derselben  sofort.  Die  zwei  Spermatozoenbündel 
kleben  zu  einem  zusammen,  und  um  sie  herum  bilden  die  Secret- 
massen  eine  einheitliche  Hülle.  Zahllose  Tropfen  verschiedener 
Größe  enthält  dieses  Spermatophor,  während  sich  in  den  Vasa 
efferentia  zum  Teil  noch  größere  Tropfen  vorfinden. 

Die  verwandtschaftliche  Stellung 

der  Gattung  Mesoniscus  läßt  sich  auf  Grund  der  vorhergehenden 
ausführlicheren  Charakteristik,  dem  schon  oben  Gesagten  entsprechend, 
nur  so  bestimmen,  daß  eine  nähere  Verwandtschaft  mit 
Ligidium  durchaus  abzulehnen  ist.     Das  Pleon  y on  Ligidium  zeigt 


504  Karh  W.  Verhoeff, 

SO  zahlreiche  und  zum  Teil  beträchtliche  Unterschiede,  daß  diese 
allein  schon  einen  verwandtschaftlichen  Zusammenhang-  mit  Mesoniscus 
verbieten.  Wir  treffen  bei  LUjidium  nicht  nur  stark  entwickelte 
und  völlig-  getrennte  Penes,  sondern  dem  entsprechend  auch  paarige 
Spermatophoren.  Während  den  1.  Pleopoden  der  Mesoniscus-^  die 
Endopodite  fehlen,  sind  sie  bei  Ligidmm  besonders  stark  entwickelt. 
Ligidiiim  besitzt  auch  nicht  die  in  Zipfel  geteilten,  sondern  sehr 
breite  Atmungs-Endopodite,  Von  der  hornartigen  Uropodenpropodit- 
Verlängerung  der  Ligidien  ist  wieder  bei  Mesoniscus  keine  Andeutung 
zn  sehen.  Wenn  auch  die  Kieferfüße  eine  weitgehende  Überein- 
stimmung zeigen,  dann  sind  dafür  die  Antennulen  desto  unähnlicher. 
Gerade  in  den  Antennulen  schließt  sich  Mesotiiscus  zweifellos 
an  die  Trichonisciden  an,  ebenso  in  der  Gestalt  der  Uropoden, 
im  allgemeinen  Körperbau  oder  Habitus,  in  der  Gestalt  der  Beine 
und  Gliederung  der  Antennen,  Gezipfelte  Atmungsendopodite  der 
3. — 5.  Pleopoden  treffen  wir  ebenfalls  bei  den  Trichonisciden. 
Endlich  ist  auch  in  den  männlichen  Copulationsorganen  dieser 
Familie  insofern  eine  weit  nähere  Beziehung  zu  Mesoniscus  gegeben, 
als,  dem  unpaaren  Spermatophor  entsprechend,  auch  ein  un  paar  er 
freier  Penis  vorkommt.  Da  nun  die  Samenwege  getrennt  in  den- 
selben eintreten,  so  erhalten  wir  genau  den  Sachverhalt  von  Meso- 
niscus, wenn  wir  uns  den  Penis  der  Trichonisciden  bis  zum 
Grund  verkümmert  denken. 

Mesoniscus  calcivagus  n.  sp, 

Körper  schneeweiß,  ohne  Ocellen.  $  6^2 — 7  mm,  ^  6  mm  lang. 
^  etw^as  schlanker  als  das  $. 

Die  Federbürsten  des  6.  und  7.  Beinpaares  sind  in  beiden  Ge- 
schlechtern in  gleicher  Weise  ausgebildet.  Der  Endabschnitt  der 
Endopodite  der  2,  männlichen  Pleopoden  (Fig.  6)  verschmälert 
sich  sehr  langsam  und  gleichmäßig  endwärts,  und  sein  längliches 
Endstück  [cl,  e)  ist  noch  dünner  und  unter  stumpfem  Winkel  ab- 
gesetzt. 

Vorkommen.  Bei  Kirchberg  a.  Pielach  in  Niederösterreich 
entdeckte  ich  1  $  und  1  ^  dieser  Art  in  etwa  400  m  Höhe  in 
einem  ostwärts  gelegenen  Laubwalde  am  Hange  eines  teilweise  von 
Kalkklippen  durchsetzten  Berges  am  23. /9.  1913.  Die  Tierchen  be- 
fanden sich  unter  einer  großen  Kalksteinplatte  an  einem  Corylus- 
Busch  und  zwar  an  einer  Stelle,  welche  ziemlich  viel  Sonne  erhält. 

Unter   einem   Nachbai-stein   hausten   Fkdijarthrus   hoffmannseggii 


Gattung  Mesoniscus.  5Q5 

unter  Ameisen,  anscheinend  Lasiiis  niger.    Dieser  Berghang  muß  im 
Sommer  zeitweise  recht  trocken  werden. 

Am  Kreuzkogel  bei  Mariazeil  erbeutete  ich  in  860  m  Höhe  2  $? 
und  1  Junges  von  3V2  nim  Länge  in  gemischtem  Walde  ebenfalls 
unter  größeren  Kalksteinen  in  Gesellschaft  des  Lasins  flavus  am 
21./9. 1913.   Die  Tiere  beider  Fundplätze  stimmen  miteinander  überein. 

3l€soni,sciis  siibterranetis  n,  sp. 

(^  5^/3  mm  lang,  ist  äußerlich  von  cahivagus  nicht  zu  unter- 
scheiden. Leider  hat  das  einzige  Stück  die  vorderen  Beinpaare  ver- 
loren und  auch  das  7.  Bein  auf  einer  Seite.  Daher  bin  ich  nicht 
sicher,  ob  der  auffallende  Unterschied  hinsichtlich  der  Bürste  am 
Propodit  des  7.  Beines  ein  durchgreifender  ist,  was  erst  weitere 
Funde  bezeugen  müssen.  Während  sich  nämlich  am  6.  Beinpaar 
eine  Federbürste  ganz  wie  bei  cahivagus  vorfindet,  ist  das  am 
Propodit  des  7.  Beines  nicht  der  Fall.  Statt  der  lockeren  Feder- 
borsten findet  sich  vielmehr  ein  aus  verklebten  Borsten  be- 
stehender Kamm,  welcher  am  Ende  in  ein  kleines  Spitzchen 
ausgezogen  ist.  Dieser  Kamm  ist  übrigens  auch  niedriger  als  die 
Federbürsten. 

31.  suUerraneiis  bildet  insofern  eine  Vermittelung  zwischen 
den  beiden  anderen  Arten,  als  er  in  der  Zahl  der  Geißelglieder  mit 
cavicolus  übereinstimmt,  ebenso  hinsichtlich  der  mandibularen  Fieder- 
stäbchen, in  der  Zahl  der  Pleon-Körnchenreihen  dagegen  mit  calci- 
vagus  übereinstimmt  und  ebenso  in  den  angegebenen  Eigentümlich- 
keiten der  Kieferfüße.  Trotzdem  ist  siibterranetis  eine  besondere  Art, 
was  sich  am  besten  aus  der  Gestalt  der  Endopodite  der  2.  männ- 
lichen Pleopoden  ergibt: 

Die  Endabschnitte  (Fig.  2  u.  3)  sind  etwas  breiter  als  bei 
calcivagus  und  verschmälern  sich  zugleich  stärker  bis  über  die  Mitte 
hinaus.  Die  an  beiden  Enden  verjüngten  Spitzkn  ötchen,  deren 
es  24—25  gibt,  treten  deutlicher  hervor.  In  Fig.  3  sind  bei  c2 
noch  die  3  letzten  zu  sehen.  Ganz  abweichend  gestaltet  ist  das 
durch  das  Aufhören  der  Spitzknötchen  bezeichnete  Endstück  des 
Endabschnittes.  Es  erscheint  sowohl  gekrümmt  als  auch  etwas  auf- 
getrieben, außerdem  2mal  etwas  eingeschnürt,  bei  dl  und  d2.  Die 
endwärtige  Einschnürung  zeigt  einige  winzige  Knötchen;  am  ab- 
gerundeten Ende  aber  finden  sich  noch  4  Spitzknötchen  {e). 

Vorkommen.  Das  einzige  männliche  Stück  des  siiUerraneus 
entdeckte  ich  am  24./4.  1913  in  etwa  1000  m  Höhe  im  Bereich  der 


506  Karl  W.  Verhoeff, 

berühmten  prähistorischen  Fundstätte  von  Salzberg-  bei  Hall  Stadt, 
unter  einem  mehr  als  1  Kubikfuß  messenden  Kalksteine,  welcher 
tief  in  nasses  Fagus-Laub  gebettet  lag,  während  sich  daneben 
noch  ein  ausgedehntes  Schneelager  vorfand. 

Es  hat  mich  besonders  gefreut,  an  dieser  für  die  Anthropologie 
so  bedeutsamen  Stätte  auch  ein  zoologisch  so  kostbares  Objekt  auf- 
gefunden zu  haben,  wodurch  ich  zugleich  entschädigt  wurde  für  das 
Mißtrauen  des  angestellten  Waldhüters,  welcher  sich  einbildete,  daß 
ich  in  jeder  Tasche   einen  Knochen  odei"  Schädel  mitführen  könnte. 

Zoogeographische  Bemerkung. 

Die  große  zoogeographische  Bedeutung  des  Mesoniscus  subterraneus 
und  calcivagns  liegt  darin,  daß  mit  diesen  Formen  zum  ersten- 
mal aus  den  nordöstlichen  Kalkalpen  Isopoden  nach- 
gewiesen worden  sind,  welche  als  endemische  Charakter- 
formen derselben  gelten  können  und  das  um  so  mehr,  als  diese 
zarten  Tierchen  nur  da  zu  existieren  vermögen,  wo  sie  sich  in  der 
warmen  Jahreszeit  in  tiefen  Gesteinsspalten  verstecken  können.  Eine 
solche  Möglichkeit  bieten  ihnen  aber  in  ausgedehnterem  Maße  nur 
die  mesozoischen  Kalkformationen.  Sind  diese  Isopoden  aber,  woran 
nicht  zu  zweifeln  ist,  absolut  kalkhold,  dann  ist  schon  dadurch 
die  Möglichkeit  ihrer  Verbreitung  nach  Norden  und  Süden  stark 
eingeschränkt.  Die  bisherigen  Funde  innerhalb  einer  montanen 
Alpen  Zone  zwischen  400  und  1000  m  Höhe  sprechen  dafür, 
daß  diese  Gattung  auch  von  Laubhölzern  abhängig  ist.  Der 
Darminhalt  des  subterraneus  deutete  auf  zerfressenes  F  a  g  u  s  -  Fallaub ; 
er  bestand  aus  einer  braungelben  Masse,  in  welcher  sich  größere 
Stückchen  pflanzlichen  Zellgewebes  vorfanden,  dazwischen  auch  ver- 
zweigte Zellfäden,  wahrscheinlich  Wurzelstückchen  und  deren  Aus- 
läufer, Sandkörnchen  nur  sehr  wenig  und  keine  Spuren  von  tierischer 
Nahrung.  , 

Nachdem  meine  beiden  Arten  oberirdisch  gefunden  wurden,  muß 
damit  gerechnet  werden,  daß  auch  cavicolus  oberirdisch  vorkommt. 
Immerhin  muß  berücksichtigt  werden,  daß  diese  Isopoden  in  den 
Südalpen  durch  Hitze  und  Dürre  mehr  als  in  den  Nordalpen  be- 
drängt werden  und  infolgedessen  in  ersteren  eher  Veranlassung  haben 
in  Höhlen  Zuflucht  zu  suchen.  Jedenfalls  ist  Mesonisms  ein  neues 
Beispiel  ^)  für  meine  schon  1899  in  No.  584  und  602  des  Zoologischen 

1)  Kürzlich  prophezeite  ich  für  den  bisher  nur  aus  der  Haselhöhle 
bei  Wehr    bekannten  Diplopoden  Xylophagcuina    vomrathi  Veeh.,    daß    er 


Gattung  Mesoniscus.  507 

Anzeigers  (über  europäische  Höhlenfauna)  dargelegte  Anschauung, 
daß  es,  wenigstens  unter  den  Gliedertieren,  „überhaupt  keine  absoluten 
Höhlentiere  giebt".  Daß  die  nördlichen  Kalkalpen  andere  Arten 
beherbergen  als  die  südlichen,  entspricht  durchaus  der  gänzlichen 
Trennung  beider  Gebiete.  Da  Hallstadt  vom  Vareser  See  etwa 
420  km,  von  Kirchberg  a.  P.  (M.  Zell)  etwa  125—130  km  entfernt 
liegt,  so  bezeugen  die  bisherigen  Funde  bereits  eine  Ausbreitung 
der  Gattung  über  550  km  weit  auseinander  liegende  Plätze.  Nicht 
nur  dieser  Umstand,  sondern  auch  die  Tatsache,  daß  die  Gegend 
des  Vareser  Sees  in  der  Süd-Nord-Richtung  so  weit  von  den 
österreichischen  Fundplätzen  abliegt,  spricht  dafür,  daß  die  Gattung 
wahrscheinlich  in  den  Nordalpen  noch  weiter  nach  Westen  und  in 
den  Südalpen  weiter  nach  Osten  reicht. 

M.  suhterraneus  nimmt  nicht  nur  morphologisch  und  geographisch 
eine  Mittelstellung  ein,  sondern  auch  biologisch.  Wenigstens  deutet 
der  Fund  an  einem  kühlen  Ort  unter  tiefliegendem  Felsstück  auf 
eine  sehr  versteckte  Lebensweise,  welche  eine  gewisse  Mitte  hält 
zwischen  dem  offneren  Auftreten  des  calcivagus  einerseits  und  dem 
Höhlenleben  des  cavicolus  andrerseits. 

F  ü  1'  die  ß  e  u  1- 1  e  i  1  u  n  g  der  früheren  K 1  i  m  a  p  e  r  i  o  d  e  n 
sind  die  zahlreichen  endemischen  Diplopoden,  welche  ich  aus  Süd- 
Deutschland  und  den  Alpen  nachgewiesen  habe,  von  grundlegender 
Bedeutung.  Ihnen  gesellen  sich  nunmehr  die  vorliegenden  Isopoden 
bei  als  wichtige  Schicksalsgenossen. 


Erklärung  der  AbbiltUmgeii. 


Tafel  28. 
Fig.   1 — 6.     Mesoniscus  subteraneus  n.  sp.     ^. 

Fig.    1.      Exopodit  der  2.  Pleopode  von  außen  gesehen.      60  :  1. 

Fig.  2.  Linke  2.  Pleopode  (und  Stück  des  rechten)  von  außen  (unten) 
her  dargestellt,  bei  x  ist  das  Exopodit  (dessen  Ansatzstelle  in  Fig.  1 
ebenfalls  mit  x  bezeichnet)  abgenommen,  a  und  bl  die  hauptsächlichsten 
Absetzungsstellen  des  Endopodits  {2  en),  y  dessen  Grenze  gegen  das  Pro- 
podit  {2pr).     90:  L 

Bei  b2  ist  das  Läppchen  bl  stärker  vergrößert.      220:  L 

Fig.   3.     Endabschnitt  vom   Endopodit  der  2.   Pleopode.      220:  L 


auch  kein  absolutes  Höhlentier  sei,  und  nach  wenigen  Monaten  Avnrde  durch 
BiGLEK  meine  Prophezeiung  erfüllt. 


508  Karl  W.  Verhoeff,  Gattung  Mesoniscus. 

Fig.  4.  Redate  1.  Pleopode  von  unten  gesehen,  vid  mediane  Ein- 
knickung  zwischen  den  Propoditen  {!]»').      60  :  1. 

Fig.  5.  Meropodit  des  rechten  7.  Beines  von  hinten  (innen)  ge- 
sehen.     125  :  1. 

Fig.  6.  Die  3.  Pleopode  von  oben  (innen)  her  dargestellt,  doch  ist 
an  der  linken  Pleopode  das  Endopodit  fortgelassen,  a  1 — 3  die  drei  Zipfel 
des  rechten  Endopodits,  vi 2  Muskeln  des  Propodits.     56  :  l. 

Fig.  7 — 11.     Mesoniscus  calcivagus  n.  sp. 

Fig.   7.     Rechte   2.  Pleopode  des  ^  von  unten  gesehen.     56  :  1. 

Fig.   8.     Linke  4.   Pleopode  des  §  von  unten  gesehen.    125  :  1. 

h  der  Schaft  des  Exopodits  {4  ex),  k  inneres  Kissen  des  Propodits, 
neben  dem  in  drei  Zipfel  a  1 — S  zerteilten  Endopodit. 

Fig.   9.     Endhälfte  eines  Endopodits  der  2.  Pleopoden  des  ^.    125:  1. 

Fig.  10.  Das  5.  Schaftglied  und  die  Geißel  einer  Antenne  des  ^. 
125  :  1. 

Fig.  11.  Ende  des  letzten  Antennengeißelgliedes  des  (J  mit  Faser- 
büschel.    340  :  1. 

Fig.   12  und   13.     M.  snhterraneus  n.  sp.     ^. 
Fig.   12.     Ende    des   5.  Schaftgliedes    und    die   Geißel    einer  Antenne 
des  ^.      150  :  1. 

Fig.    13.      Vorzahnstück  der  rechten  Mandibel.      340  :  1. 

Fig.   14 — 18.     M.  calcivagus  n.  sp.     $. 

Fig.  14.  Meropodit  ()vcp),  Oarpopodit  (cap)  und  Propodit  (prp)  des 
rechten  7.  Beines  von  außen  und  vorn  gesehen,  zb  1  und  2  Zähnchen- 
bogen.     kll — 3  Kerbleisten,      fb  Federbürste.      125  :  1. 

Fig.    15.     Einige  Fiederborsten  aus  der  Federbürste.      220  :  1. 

Fig.  16.  Kerbleisten  (kl)  aus  der  vorderen  Grundhälfte  des  Propodits 
des  7.  Beinpaares,  daneben  eine  Rinne  (7)  und  eine  Spitzchenreihe  (.s7). 
220:  1. 

Fig.    17.     Antennula  von  vorn  gesehen.      340  :  1. 

Fig.   18.     Rechte  Mandibel.      125:1. 

Fig.   19—22.     M.  suhterraneus  n.  sp.     ^. 

Fig.    19.     Endglied  einer  zurückgebogenen  Antennula.     340  :  1. 

Fig.  20.  Teile  der  linken  Mandibel,  oben  Zahnstück  und  Vorzahn- 
stück, unten  der  Kaufortsatz.      220  :  1. 

Fig.   21.     Linker  Kieferfuß  von  unten  gesehen.      125  :  1. 

Fig.  22.  Stück  aus  einem  halbfertigen  Spermatophor  mit  Secret  und 
Spermatozoenbündeln.     220  :  1. 


G.  Pätz'sdie  Budidr.  Lippert  &  Co.  G.  m.  b.  H..  Naumburg  a.  d.  S. 


y.ooloi/.  Jalulniiluf  Bd.  3  7  Abi. f. '  .Sy.v/. 


Tor.  16. 


Skrjabin 


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Zoohfj.  JiiluiiU  Im-  ßd.  37  Ahl.f  Sysi. 


Taf.18. 


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Verlag  von. GustavBsdierm Jena 


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Zoohy.  JuhjiiiclKn-  /i,/.37AM./:  Sijsl. 


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Taf.28. 


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v) 


Nachdruck  verboten. 

TJherse tzungsrech t  vorbehal ten. 


Die  myrmecophilen  Phoriden  der  WASMANN'schen 

Sammlung. 

Mit    Beschreibung'    neuer    Gattungen    und    Arten    und 

«inem   Verzeichnis   aller  bis   Anfang   1914   bekannten 

myrmecophilen  und  termitophilen  Phoriden. 

Von 
H.  Schmitz,  S.  J.  (Sittard,  Holland). 

Mit  Tafel  29—30  und  11  Abbildnngen  im  Text. 


Im  September  1913  übergab  mir  Herr  P.  E.  Wasmann  das  um- 
fangreiche Material  myrmecophiler  Phoriden,  welches  er  seit  20  Jahren 
teils  selbst,  teils  mit  Hilfe  seiner  Korrespondenten  sammelte,  zur 
Bearbeitung.  Für  mich  war  es  eine  ebenso  interessante  wie  lehr- 
reiche Beschäftigung,  so  viele  seltene  und  hochspezialisierte  Phoriden 
aus  fast  allen  Weltteilen  zu  studieren;  sie  gewährte  mir  einen 
Überblick  über  die  bisher  beschriebenen  Formen  und  gab  mir  Ge- 
legenheit manches  zu  klären  und  auch  einiges  zu  berichtigen,  was 
frühere  Untersucher  an  dem  meist  sehr  spärlichen  ihnen  zur  Ver- 
fügung stehenden  Material  nicht  genau  erkannten  und  infolgedessen 
unrichtig  dargestellt  haben. 

Wie  sehr  ich  Herrn  P.  Wasmann  für  die  selbstlose  Freundlich- 
keit, mit  der  er  mir  auch  die  Neubeschreibung  von  3  Gattungen 
und  6  Arten  überließ,  zu  Danke  verpflichtet  bin,  brauche  ich  nicht 
zu  sagen.  Auch  den  Herren  H.  St.  DoNisxHORPE-London,  Dr.  Wood- 
Tarrington,     Inspector    Lundbeck- Kopenhagen     und    Stadtbaurat 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  33 


H.  Schmitz 
510 


..  -D  .  TiPo-nit/  Spreche  icli  hiermit  meinen  verbindlichsten 
^an 'rÄTeuse«„   und  wscMedentUcUen  Meinungs- 

''"'T„rFoke«den  gehe  ich  zunächst  das  Material  der  Wasmann- 
«.,,P»  Lmmlungder  Reihe  nach  durch,  erst  die  Plm.nae,  dann  die 
sehen  S«"""'™!  7  .j.  ^,^  .teile  dann  die  bis  etzt  bekannt 
fetSdrrn.S^^M^'i  u-nd  ter.itophilen  Phoriden  .u  eine, 
kritischen  Verzeichnis  zusammen  (Zweiter  leil). 

Zu  der  Einteilung  Biorinae  -  PlaU,plm-i«ae  muß  ich  bemerken 
.oR  tpines  Wissens  bis  ietzt  von  keiner  Seite  der  Versuch  gemacht 
vord""     ]e  stark  betrogen  zusammengesetzte  Subfamilie  nor^n^^ 
zu   zerl  g  n      Die  Frage   ihrer   Aufteilung   ist   noch   immer   nicht 

Ich  ff  und  läßt  sich  auch  mit  Hilfe  der  hier  zu  beschreibende« 
leuenFM-men  nicht  entscheiden.  Denn  dies  sind  wieder  fasaus- 
natasl  s  stark  aberrante  Weibchen,  deren  nicht  vorliegende  Mann- 
cheruns  eider  unbekannt  bleiben.  Auf  solche  Weibchen  systema- 
tische Kategorien  zu  gründen,  ist  theoretisch  bedenklich  und  prak- 

i sc  „nmö 'lieh.  Auf  die  theoretischen  Bedenken  macht  A™a™alb 
au  merkram"-  .  . .  It  is  possible  that  the  discovery  of  males  would 
in  Te  eralcases  completely  npset  a  Classification  based   solely  on 

dgnerate  females,  among  which  the   P'-™"--"  »/  -" mafes  of 
has  no.sibly  been  manifested.    It  is  even  possible  that  the  males  ot 
some  of  these  genera  are  already  known  under  other  generic  naines 
in    Spol  Zeyl.  Vol.  8  [1912].  p.  86).    Es  ist  infolgedessen  bei  den 
Phoiiden  mit  spezialisierten  Weibchen  als  morphologische  Gesetz- 
m^ß  gkett  die  Tatsache  zu  beobachten,  daß   ihre  Gattungen  weni^ 
gemeinsame  Merkmale  aufweisen  oder,  besser  gesagt,  daß  die  lle.k 
Se  nicht  gruppenweise,  sondern   in  beständig  wechselnden  Korn- 
Mnationen  vorkommen,  während   die  Arten   oft  nur  minuios  cU^^ 
rieren  und  dabei  zahlreich   sein  können   (Puhaphora  bis  1913  schon 

"  ^DeTiitztere  Umstand  zwingt  zu  einer  Manchem  vielleicht  Uber^ 
trieben  scheinenden  Ausführlichkeit  bei  den  N<^°b!f 'l';:;»"^ 
Doch  nur  der  wird  geneigt  sein  über  zu  große  Ausfuhrliclk  t  zu 
klagen,  der  die  neuere  Geschichte  der  Phondenfoi-scluing  nd  die 
Phoridenliteratur  wenig  kennt:  zeigt  sie  ja  doch  ^ff^'^l^^^^ 
wie  durch  das  Verschweigen  scheinbar  unbedeutender  Meikmale, 
noch   mehr  durch  kleine  Beschreibungsfehler   und  Verzeichnungen 


Myrmecophile  Phoriden  der  WASMANN'schen  Sammlung.  511 

die  größten  Unklarheiten,  Mißverständnisse  und  endlose  Diskussionen 
entstehen.  Durch  Typenvergleichung  läßt  sich  zwar  schließlich  alles 
aufklaren,  doch  ist  diese  schon  wegen  der  Vergänglichkeit  der  Typen 
nicht  immer  möglich.    Die  Originalbeschreibung  muß  also  die  Origfnal- 

Svlir''r"n  ^''>:''"  ''^  '''''  ""^^  ^^^^^^  ^^^  hinreichend  aus. 
fuhilch  ist.  Daß  sich  diese  Ausführlichkeit,  die  übrigens  bei  der 
Bearbeitung  außereuropäischer  Phoriden  allgemein  Brauch  und  auch 
den  Arbeiten  von  Wandolleck,  Teägardh,  Endeklein  u  A  ei^en 
ist,  tatsächlich  lohnt,  hatte  ich  bei  der  Bearbeitung  des  vorliegenden 
Materials  wieder  mehrfach  zu  erfahren  Gelegenheit  Wäre  z  B 
Annandale  bei  Beschreibung  seines  Ehynchomicropteron  puUciforme 
nur  etwas  weniger  ins  Detail  gegangen,  so  wäre  es  unmöglich  ge- 
wesen, in  dem  Exemplar  der  WASMANN'schen  Sammlung  eine  neue 
Art  zu  erkennen;  der  gleiche  Fall  wiederholte  sich  bei  einer  Acon- 
tistoptera. 

Die  sorgfältigste  Darstellung  wurde  besonders  den  Typen  der 
neu  autgestellten  Gattungen  zuteil,  gerade  bei  diesen  ist  mit  Text 
und  Abbildungen  nicht  gespart  worden. 

Die  in  den  folgenden  Beschreibungen  angewandte  Terminologie 
IS    die  gewöhnliche.    Mit  Brues  halte  ich  daran  fest,  die  Phoriden- 
tuhler  nicht  ögliedrig  zu  nennen,   sondern  Sgliedrig   mit  dreiteiliger 
Borste    (Brues,    The    systematic    affinities    of   the   dipterous   famüy 
Phoridae,    in:    Biol.  Bull.   Vol.  12   [1907J  p.  350).     Bei    den    Beinen 
unterscheide  ich  Innen-   und  Außenseite,  Dorsal-  und  VentraWäche 
Die  „innere"  ist  immer   die  Beugeseite  von  Schenkel  und  Schienen 
die  entgegengesetzte  also  ist  die  Außenseite.    Die  Dorsalseite  eines 
Phoridenschenkels  ist   die   dem    Bauch  des   Tieres  zugekehrte     die 
gegenüberliegende  ist  die  Ventralseite.    Die  Beschreibung  der  Beine 
wurde  außer  bei  Aenigmatopoeus  n.  g.  kürzer  gefaßt  als  bisher  viel- 
fach  (auch   in    meinen   Beschreibungen)   üblich,   weil  ich   im   Laufe 
dieser  Arbeit  konstatierte,  daß  so  manche  als  etwas  ganz  Besonderes 
beschriebene  Merkmale,  z.  B.  die  Haarbürsten  auf  dem  Hintermeta- 
tarsus,  auch   unter  den  europäischen  Phoriden   weit  verbreitet  sind 
Unsere  Hypocera  vitripennis  Meig.  hat  z.  B.  solche  Haarbürsten  soo-ar 
an  den  Vorderbeinen  und  dazu  in  hohem  Grade  verkümmerte 
P  u  1 V  i  1 1  e  n ! 


33* 


512  H.  Schmitz, 

Erster  Teil. 

A.   P  h  0  r  i  n  a  e. 

HexacantJiero2^hora  n.  </.    $. 

(Taf.  29  Fig.  1.) 

Kopf  über  anderthalbmal  so  breit  wie  lang,  hinten  bedeutend 
höher  als  vorn,  mit  bogenförmig  absteigender  Stirn  (Profil:  ein  Kreis- 
quadrant). Hinterrand  zu  beiden  Seiten  der  Mitte  schwach  aus- 
gebuchtet. Oberseite  mit  kurzer  Behaarung  und  an  allen  Eändern 
sowie  auf  der  Stirnmitte  mit  langen,  in  großen  Fußpunkten  stellen- 
den Borsten.  Vorderseite  mit  großen  in  der  Mitte  aneinanderstoßen- 
den Fühlergruben,  das  Untergesicht  zwischen  diesen  gekielt.  Augen 
an  den  Kopfseiten  tiefstehend,  von  mäßigem  Umfang,  pubescent. 
Ocellen  fehlen.  Fühler  von  dem  bei  Phoriden  gewöhnlichen  Typus 
mit  3  Gliedern  und  dreiteiliger  Borste.  Rüssel  kurz  und  breit, 
Labellen  mit  kurzen  Randborsten,  Taster  vorhanden  (ihre  Form  un- 
bekannt). 

Thorax  so  breit  wie  der  Kopf,  mit  ähnlichen  Borsten  und 
Fußpunkten,  beim  $  verkümmert,  flügel-  und  schwingerlos. 

Abdomen  eiförmig,  ßgliedrig.  mit  deutlich  abgegrenzten  Ter- 
giten  aber  nicht  Sterniten.  1.  Tergit  kurz,  2.  am  längsten  und 
breitesten,  die  übrigen  allmählich  abnehmend.  Legeröhre  kurz,  am 
Ende  mit  knopfförmigen  Endlamellen. 

5.  Tergit  (beim  $)  mit  halbkreisförmigem  Deckel  an  der  Basis. 
Die  ersten  5  Tergite  tragen  dunkler  gefärbte  Chitinplatten  mit 
hellem  Vorder-  und  Hintersaum,  aufweichen  lange  und  starke  Borsten 
in  regelmäßigen  Längs-  und  Querreihen  angeordnet  stehen. 

An  den  Beineu  die  Mittel-  und  Hinterschienen  mit  Endspornen, 
Hintermetatarsus  mit  Querkämmen.  Klauen  einfach,  sichelförmig, 
Pulvillen  vorhanden. 

Der  Gattungsname  Hexacantherophora  weist  hin  auf  die  bei  vor- 
liegender Art  meist  in  der  Sechszahl  vorkommenden  Macrochäten, 
deren  reihenweise  vollkommen  symmetrische  Anordnung  der  Ober- 
seite ein  eigenartiges  Gepräge  verleiht. 

Hexacantherophora  cohahitans  n,  sp.    $. 

Länge  des  ganzen  Tieres  fast  1,1  mm. 

Die  Färbung  ist  im  allgemeinen  ein  blasses  Gelb,  von  dem  sich 


MjTmecophile  Phoriden  der  WASMAKN'schen  Samralnng-.  513 

die  Dorsalplatten  des  Hinterleibes  schwach  graubraun  abheben. 
Auch  Kopf  und  Thoraxseiten  mehr  bräunlich.  Kopf  vom  vorderen 
Stirnrande  bis  zum  Scheitel  ca.  180  fx  lang-,  am  Scheitel  ca.  225  ^w 
hoch  und  im  Maximum  ca.  260  ^  breit. 

Im  ganzen  auf  der  Oberseite  des  Kopfes  16  lange  Borsten,  ohne 
die  an  der  unteren  Vorderecke  der  Augen  stehenden.  Von  jenen 
16  Borsten  sind  die  4  vordersten  sanft  nach  vorn,  die  12  übrigen 
schwach  nach  hinten  gekrümmt  und  folgendermaßen  gruppiert:  am 
Hinterrande  des  Kopfes  eine  Querreihe  von  6  Borsten,  deren  Fuß- 
punkte eine  fast  gerade  Linie  bilden.  Hiervon  sind  die  beiden  mittleren 
als  Scheitelborstenpaar  einander  genähert,  die  beiden  äußeren  stehen 
unfern  dem  oberen  hinteren  Augenrande.  Vor  der  Hinterreihe  steht 
ziemlich  genau  in  der  Mitte  zwischen  Hinterrand  und  Vorderrand 
der  Stirn  eine  andere  Querreihe  von  nur  4  Borsten,  nämlich  2  im 
Zentrum  der  Stirn  einander  genäherte  Frontalborsten  und  seitlich 
je  1  Frontorbitalborste,  welche  jedoch  vom  oberen  Augenrande 
sich  etwas  weiter  entfernt  hält  als  die  äußerste  Borste  der  letzten 
(hinteren)  Querreihe.  Vor  dieser  mittleren  Querreihe  steht  dann 
noch  jederseits  1  Borste  in  der  Mitte  des  oberen  Randes  der  Fühler- 
grube. Die  Fußpunkte  der  nach  vorne  gekrümmten  2mal  2  Borsten 
auf  dem  etwas  vorgezogenen  mittleren  Teil  des  vorderen  Stirn- 
randes bilden  ein  regelmäßiges  Trapez.  Nach  der  Unterseite  des 
Kopfes  zu  vor  dem  unteren  vorderen  Augenrande  noch  jederseits  2 
(vielleicht  3)  Borsten,  die  fast  ebenso  lang  (90  /<)  sind  wie  die 
Stirnborsten. 

Die  Fußpunkte  aller  dieser  Borsten  sind  von  ansehnlicher  Größe. 
Sie  bestehen  aus  einem  braun  gesäumten  schwach  elliptischen  nach 
dem  Körperinnern  zu  verdickten  Chitinring,  dessen  große  Achse 
(20  ix)  der  Längsachse  des  Körpers  parallel  gerichtet  ist.  Der  dunkle 
Saum  ist  hinten  auffallender  und  breiter,  was  bei  schwacher  Ver- 
größerung den  Eindruck  erweckt,  als  stünde  hinter  jeder  Borste  ein 
brauner  Fleck.  Innerhalb  jeder  Ellipse  erhebt  sich  die  Borste  aus 
einer  hellen  kreisrunden  Pore.  Genau  dieselbe  Ausbildung  haben 
die  Fußpunkte  der  Thoraxborsten,  während  diejenigen  der  abdomi- 
nalen Dorsalborsten  kleiner  und  etwas  anders  geformt  sind.  Sie 
bilden  mehr  eine  schmal  umrandete  längliche  Ellipse,  in  deren 
hinterem  Brennpunkt  die  Borste  steht. 

Die  nur  durch  einen  schmalen  Kiel  getrennten  Fühlergruben 
sehr  groß,  so  daß  der  von  den  Augen  eingenommene  Raum  vom 
Fühlergrubenhinterrande   bis  zum   Kopfhinterrande  bedeutend  ver- 


514  H.  Schmitz, 

schmälert  erscheint.  Augen  fast  rundlich,  fein  pubesciert,  aus  ca.  36 
einzeln  gewölbten  Facetten  zusammengesetzt.     An  den  Fühlern  das 

1.  Glied  stielfömig,  au  der  Basis  geknickt,  das  2.  im  3.  eingeschlossen, 
das  3.  (80  fi  Durchmesser)  apical  etwas  konisch  verschmälert  und 
an  der  Ansatzstelle  der  Fühlerborste  in  geringem  Maße  abgestutzt, 
im  ganzen  genommen  jedoch  sehr  wenig  von  der  Kugelform  ab- 
weichend, mit  feiner,  farbloser  Pubescenz.  Die  Fühlerborste  drei- 
gliedrig, die  beiden  Grundglieder  ungefähr  gleichlang,  Fiedern  des 
3.  Gliedes  verhältnismäßig  kurz. 

Eüssel  kurz  und  breit,  bei  dem  vorliegenden  Exemplar  nur  sehr 
wenig  aus  der  Mundöffnung  vorstehend.  Labellen  am  Außenrande 
mit  je  4  kurzen  Borsten.  Mundspalte  jederseits  mit  ca.  7  etwas 
längeren  behaarten  Borsten  besetzt. 

Die  beiden  Palpen  sind  nahe  an  der  Basis  abgebrochen.  Nach 
der  Struktur  des  zurückgebliebenen  Stumpfes  zu  schließen  (diese  ist 
ähnlich  wie  bei  Cryptopteromyia  Teägaedh),  werden  sie  von  gewöhn- 
licher Form  sein.  Die  endoskeletalen  Teile  des  Kopfes  und  der 
Mund  Werkzeuge  schließen  sich  dem  von  Wandolleck  in  seinen 
„Stethopathidae"  bei  anderen  Gattungen  beschriebenen  Typus  an. 

Thorax.  Beim  $  verkümmert,  in  der  Mitte  verschmälert,  oben 
ca.  70  LI  lang,  ungegliedert.  Außer  einer  sehr  weitläufigen  feinen 
Behaarung  trägt  er  8  große  Borsten,  6  am  Hinterrande  und  je  1  am 
Seitenrande  direkt  über  dem  Prothoracalstigma.  Die  beiden  äußeren 
Hinterrandborsten  sind  von  den  benachbarten  durch  einen  größeren 
Zwischenraum   getrennt.    Flügel   und  Schwinger  fehlen  vollständig. 

Abdomen.  An  dem  hinten  etwas  ausgebuchteten  Thorax  an- 
sitzend, sechsgliedrig.  Die  Länge  der  einzelnen  nur  auf  der  Ober- 
seite deutlich  begrenzten  Segmente  verhält  sich  wie  8V2 :  19 :  14  :  14 
:  12 :  18.  Die  5  ersten  Tergite  teilweise  chitinisiert,  wodurch  5  so- 
genannte Dorsalplatten  hervortreten.  Die  Chitinplatte  des  1.  Tergits 
bildet  eine  äußerst  schmale  Sichel  mit  einer  Reihe  von  6  Borsten. 

2.  Tergit  mit  2  Querreihen  zu  je  6  Borsten,  3.  Tergit  mit  einer 
hinteren  zu  6  und  einer  vorderen  zu  nur  4  Borsten  (die  Borste, 
welche  der  vorletzten  auf  jeder  Seite  der  Hinterreihe  entsprechen 
würde,  fehlt).  4.  Tergit  mit  derselben  Beborstung  wie  das  3.,  5.  nur 
mit  einer  Eeihe  von  4  Borsten  am  Hinterrande.  Dieses  Tergit  ist 
ausgezeichnet  durch  eine  sehr  große  halbkreisförmige  Platte  an  der 
Basis,  unter  welcher  vielleicht  wie  bei  anderen  Arten  ein  drüsiges 
Organ  zu  vermuten  ist.  Der  6.  Abdominalabschnitt  zeigt  oben  auf 
seiner  hinteren  Hälfte   eine  kleine  dunkle,  oöenbar  stärker  chitini- 


Myrmecophile  Phoriden  der  WASsiANN'sclien  Sammlung.  515 

sierte  Stelle,  auf  der  2  längere  Cliitinhaare  stehen,  gewissermaßen 
als  Eudiment  einer  6.  Dorsalplatte  von  ganz  winziger  Ausdehnung. 
Rechts  und  links  von  dieser  Stelle  läuft  eine  Haarzeile  rings  um 
den  Körper. 

Legeröhre  im  letzten  Segment  versteckt,  kurz,  wahrscheinlich 
eingliedrig,  mit  2  beborsteten,  knopfförmigen  Endlamellen. 

Die  auf  den  Dorsalplatten  stehenden  Borsten  sind  von  ansehn- 
licher Länge  (z.  B.  die  des  3.  Segments  120—130  fi)  und  wohl  alle 
befiedert,  jedoch  liegen  diese  Fiedern  dem  Stamme  so  dicht  an,  daß 
sie  nur  sehr  schwer  und  nur  bei  der  stärksten  Vergrößerung  sichtbar 
werden.  Die  Borsten  aller  Tergite  bilden  nicht  nur  quer,  sondern 
auch  in  der  Längsrichtung  des  Körpers  sehr  regelmäßige  Zeilen,  an 
deren  Symmetrie  freilich  die  äußersten  Borsten  jeder  Querreihe  nur 
unvollkommen  teilnehmen. 

Die  Beine  des  vorliegenden  Exemplars  sind  sehr  verstümmelt. 
Außer  dem  in  der  Gattungsdiagnose  bereits  Gesagten  ist  noch 
folgendes  daran  zu  erkennen :  die  Vorder-  und  Hinterschenkel  etwas 
verbreitert,  bei  letzteren  die  Breite  fast  gleich  ^3  der  Länge. 
Hinterschienen  schwach  gebogen,  7mal  so  lang  wie  breit.  Die  Tarsen 
sind  nur  an  einem  Mittelbein  unversehrt  erhalten,  und  hier  ist  der 
Metatarsus  etwas  über  172^1^1  so  lang  wie  das  nächste  Tarsenglied, 
während  die  folgenden  untereinander  gleich  lang  sind. 

Lebensweise. 

Ein  Exemplar  wurde  1902  von  P.  Hekmann  Kohl  C.  SS.  C.  bei 
Anomma  l-ohli  Wasm.  zu  St.  Gabriel  bei  Stanley ville,  Belgisch  Congo, 
entdeckt.     Type  in  Coli.  Wasmann. 

Ji1njnc7ioniicro2>teroii  Annandale  1912. 

Im  Juni  1912  beschrieb  N.  Annandale  in:  Spolia  Zeylanica, 
Vol.  8,  Part.  30,  p.  85—89,  eine  kleine,  im  August  des  vorher- 
gehenden Jahres  von  Green  (Peradeniya,  Ceylon)  bei  Lohopelta  ocelli- 
fera  Bog.  in  1  Exemplar  gefundene  Phoride  als  RhtjncJiomicropteron 
puliciforme  n.  g.  n.  sp. 

Unter  dem  mir  vorliegenden  Material  befindet  sich  ein  einzelnes 
von  P.  J.  AssMUTH  bei  Prenolepis  longicornis  Late.  Bombay  1902 
entdecktes  Tierchen,  auf  welches  Annandale's  Beschreibung  fast  in 
allen  Stücken  paßt.    Es  sind  immerhin  gewisse  Unterschiede  vor- 


Kig  H.  Schmitz, 

banden,  die  zu  der  Annahme  nötigen,  daß  wir  es  hier  mit  einer 
anderen,  wenn  auch  nahe  verwandten  Art  von  Bhynchomicroyteron 
Annandale  zu  tun  haben. 

Zur  näheren  Kenntnis  dieser  merkwürdigen  Gattung  sei  fol- 
en  des  bemerkt.  Sie  vereinigt  in  sich,  ähnlich  wie  Bolsiusia  Schmitz, 
die  verschiedensten  Merkmale  von  solchen  Phoridengattungen,  die 
untereinander  nur  entfernt  verwandt  sind.  Mit  Chonocephalus  stimmt 
sie  in  der  breiten,  vorn  bis  zur  Unterseite  des  Kopfes  hinab  ge- 
wölbten und  die  Antennengruben  weit  voneinander  trennenden  Stirn 
überein,  es  fehlen  ihr  aber  die  für  Chonocephalus  wesentlichen  Dorsal- 
platten des  Abdomens.  Von  Fsißlomyia  Low  hat  sie  den  langen, 
geknieten  Eüssel,  im  übrigen  ist  sie  ihr  aber  gänzlich  unähnlich. 
Durch  den  weichhäutigen,  eiförmigen  Hinterleib  und  die  stabförmigen 
Flügelrudimente  erinnert  sie  an  Xanionotum  usw.  Ganz  eigentüm- 
lich ist  ihr  aber  die  Thoraxbildung,  die  von  der  aller  bisher  be- 
kannten Phoriden  abweicht.  Es  ist  nämlich  die  Thoraxoberseite 
durch  eine  Längsfurche  in  zwei  Hälften  geteilt,  die  jede  für  sich 
gewölbt  sind  ähnlich  wie  die  kurzen  Flügeldecken  eines  Staphyli- 
niden  oder  Pselaphiden.  Von  Annanüale  wird  diese  höchst  auf- 
fallende Beschaffenheit  nur  nebenher  in  der  Artbeschreibung  er- 
wähnt. Zu  homologisieren  ist  diese  Thoraxfurche  vielleicht  mit  der- 
jenigen, welche  bei  gewissen  Orthorraphen  z,  B.  bei  den  Tipuliden 
hinter  der  V-förmigen  Querfurche  des  Mesothorax  auftritt ;  wenigstens 
ist  die  Ähnlichkeit  eine  ganz  frappante.  Da  nun  bei  den  Tipuliden 
diese  Sutur  nach  Berlese  dadurch  zustande  kommt,  daß  bei  ihnen 
1.  wie  bei  allen  Orthorrhai)hen  das  Mittelstück  fehlt,  2.  das  Pro- 
tergit  des  Mesothorax  nach  hinten  nicht  bis  an  die  Mesometatergal- 
naht  reicht  und  infolgedessen  3.  die  mesotergitalen  Seitenstücke  in 
der  Sagittallinie  aneinanderstoßen  und  längs  jener  Furche  ver- 
schmelzen ^),  so  würde  also,  wenn  die  Homologisierung  richtig  ist, 
der  größte  Teil  des  dorsalen  Thorax  von  Rhynchomicropieron  aus 
dem  gewaltig  entwickelten  Mesotergit  des  Mesothorax  bestehen. 
Annandale  dagegen  bezeichnet  ihn  als  Pronotum,  was  sicher  unzutreffend 
ist.  Denn  abgesehen  davon,  daß  die  Flügelrudimente  auf  die  meso- 
thoracale  Natur  dieses  Abschnitts  hinweisen,  kommt  das  Pronotum 
überhaupt  bei  den  Dipteren  nur  unter  der  Nematocera  zu  voll- 
ständiger Entwicklung,  erscheint  aber  auch  in  diesem  günstigsten 
Falle   nur   als    ein   schmales,    dem   Mesonotum    kragenförmig   vor- 


1)  Vgl.  Berlese,  in:  Gli  insetti,  Vol.   1,  tab.  4  fig.  4. 


Myrraecophile  Phoriden  der  WASMANN'schen  Sammlung-. 


517 


gelagertes  Segment.  Es  wäre  ferner  sehr  sonderbar,  wenn  bei 
Rhynchomicropteron  vom  Mesothorax  nur  das  Scutellum  vorhanden 
sein  sollte,  wie  Annandale  dies  annimmt,  indem  er  schreibt:  A  com- 
paratively  large  chitinouse  plate  on  the  dorsal  surface  of  the 
abdomen,  narrowly  separated  from  the  posterior  margin  of  the 
pronotum,  represents  the  scutellum  (1.  c,  p,  87,  88).  Diese 
Platte  scheint  bei  Bh.  puliciforme  deutlicher  hervorzutreten  als  bei 
der  hier  zu  beschreibenden  neuen  Art,  oder  jedenfalls  deutlicher  als 
an  dem  mir  vorliegenden  Exemplar  derselben,  sie  ist  aber  auch 
hier  vorhanden  und  an  ihrer 
Behaarung  kenntlich  (Text- 
fig.  A).  Sie  folgt  aber  nicht 
direkt  auf  das  Mesotergit 
(„Scutum")  des  Mesothorax 
(=  Pronotum  Annandale's), 
was  der  Fall  sein  müßte, 
wenn  sie  dem  Scntellum 
homolog  sein  soll,  sondern 
ist  von  ihm  durch  einen  in 
der  Mitte  schmalen,  lateral 
breiter  werdenden  Chitin- 
streifen getrennt  (Text- 
fig.  A),  der  seitlich  bis  zu 
dem  von  A.  übersehenen 
Metathoracalstigma  reicht 
und  hier  durch  eine  wenig- 
stens teilweise  deutliche, 
von  diesem  Stigma  bis  in 
die  Nähe  der  Flügelwurzel 
laufende  Naht  begrenzt 
und  von  dem  später  zu 
besprechenden  Mesoster- 
num       abgegrenzt       wird. 

Es  liegt  nahe,  in  diesem  Sclerit  einen  Rest  des  verkümmerten 
Metathorax  zu  erblicken,  jedenfalls  schließt  er  die  Deutung  aus,  als 
ob  die  darauf  folgende  behaarte  Platte  an  der  Basis  des  Abdomens 
dem  Scutellum  homolog  wäre. 

Wie  in  der  Beschaffenheit  des  Thorax,  so  stimmen  die  beiden 
Rhynchomicropteron -Arten  auch  sonst  noch  in  vielen  Merkmalen 
überein,    die    Annandale    vorsichtshalber    nicht    in    die    Gattungs- 


Fig.  A.   Vorderkörper  von  Rhynchomicropteron 
caeciitiens  n.  sp.    Vergrößert.     .^1  Auge. 


5]^{^  H.  Schmitz, 

diagnose  ^)  aufgenommen  hat.  Zur  Ergänzung-  derselben  wäre  hinzu- 
zufügen, daß  Kopf  und  Thorax  beide  stark  und  allseitig  chitinisiert, 
in  ihrer  ganzen  Breite,  also  ohne  äußere  Halspartie  aneinander- 
schließen,  daß  die  Fühlergruben  durch  das  Dazwischentreten  der 
Stirn  wie  bei  Chonocephalus  an  die  Außenecken  des  Kopfes  verlegt 
sind,  daß  Fühler  und  Taster  von  gewöhnlicher  Form,  daß  an  den 
Beinen  die  hinteren  Tibien  mit  Endspornen  versehen,  der  Hinter- 
metatarsus  eine  größere  Zahl  von  Querkämmen  besitzt  und  alle 
Endglieder  zerschlitzte  Pulvillen  und  ein  borstenförmiges  Empodium 
tragen. 

Zu  den  von  Annandale  p.  86  erwähnten  Merkmalen,  durch 
welche  sich  die  Gattungen  Bhynchomicropteron  und  Psißlomyia  unter- 
scheiden, kommt  noch  hinzu,  daß  bei  letzterer  der  Kopf  dorsoventral 
zusammengedrückt,  also  viel  breiter  als  hoch  ist.  Ferner  ist  die 
Stirn  oder,  wenn  man  will,  das  üntergesicht  zwischen  den  Fühler- 
gruben bei  ihr  weit  schmäler,  die  Augen  sind  größer  (gegen  36  Fa- 
cetten), der  Thorax  ist  viel  weniger  reduziert,  fast  normal,  des- 
gleichen die  Beine.  Letztere  besitzen  übrigens  bei  Psyllomyia  die- 
selbe Pubescenz  wie  bei  Bhynchomicropteron,  so  daß  das  dritte  der 
von  Annandale  aufgestellten  Unterscheidungsmerkmale  wegfällt. 
Alles  in  allem  genommen  ist  mithin  die  Ähnlichkeit  zwischen  den 
beiden  Gattungen  nicht  so  bedeutend,  sie  beschränkt  sich  fast  ganz 
auf  die  Ausbildung  des  Rüssels  zu  ungewöhnlicher  Dünne  und  Länge. 
Da  diese  aber,  nach  den  analogen  Verhältnissen  bei  Dohrniphora 
Dahl  zu  schließen,  wahrscheinlich  nur  beim  Weibchen  auftritt  und 
sehr  wohl  durch  Konvergenz  infolge  gleicher  (parasitischer?)  Lebens- 
weise bedingt  sein  kann,  so  darf  sie  nicht  als  Zeichen  naher  Ver- 
wandtschaft gelten,  und  daher  vermag  ich  mich  der  Vermutung 
Annandale's,  daß  beide  Gattungen  eine  von  den  künftigen  Sub- 
familien  oder  Gruppen  innerhalb  der  Phoriden  bilden  werden,  keines- 
wegs anzuschließen. 


1)  Dieselbe  lautet :  $  Minute  Phoridae  with  degenerate,  alraost  linear 
wings,  degenerate  eyes,  no  ocelli,  an  elongate  elbowed  proboscis,  a  swollen 
abdomen,  of  whicb  all  tlie  segments  are  transverse  and  nearly  all  the 
integument  soft,  three  large  forwardly  directed  bristles  on  eacb  side  of 
the  head  and  none  on  any  part  of  the  thorax.  (^  unknown.  Folgt  ein 
Vergleich  mit  Psyllomyia. 


Myrmecophile  Phorideu  der  WASUANN'sclien  Sammlung.  519 

IiJiynchoniici'02)teron  caecutiens  n,  sj).   $. 

(Taf.  29  Fig.  2  u.  Textfig.  A.) 

Gesamtlänge  1.35  mm.  Davon  kommen  auf  den  Kopf  +  210  ju, 
auf  den  Thorax  längs  der  Mittellinie  +  105  f^.  Vorderkörper  rot- 
braun, Hinterleib  schmutzig  weiß. 

Kopf  voluminöser  als  der  Thorax,  hoch  und  breit,  am  breitesten 
hinten;  Hinterecken  +  360  ju  voneinander  entfernt. 

Hinterseite  dem  Thorax  anliegend  und  schwach  konkav.  Ober- 
seite mit  vom  Scheitel  bis  zum  Mundrande  im  Halbbogen  gewölbter 
Stirn,  unbeborstet,  nur  mit  zerstreuten  feinen  Härchen,  die  alle  zum 
Scheitel  hin  gerichtet,  d.  h.  zur  Mitte  des  Kopfhinterrandes  orientiert 
sind  (s.  Textfig.  A).  Dieser  ist  beiderseits  schwach  ausgebuchtet 
und  an  den  Hinterecken  etwas  ausgezogen. 

Fühlergruben  rundlich  +  130  f.t  breit,  scharf  umrandet,  außer 
an  einer  schmalen  Stelle  am  oberen  Hinterrande,  wo  sie  sich  in 
einer  flachen  und  seichten  Furche  nach  der  Gegend  des  Auges  hin 
öifnen.  Direkt  unterhalb  dieser  Stelle  springt  der  Rand  besonders 
scharf  vor  und  trägt  einige  nach  vorn  gerichtete  Haare,  von  denen 
das  hinterste  dem  Auge  zunächst  stehende  etwas  länger  und  stärker 
ist.  Augen  an  den  Kopfseiten  auf  der  Grenze  zwischen  Ober-  und 
Unterseite  des  Kopfes,  aus  nur  6  in  zwei  Horizontalreihen  zu  je 
drei  angeordneten  einzeln  gewölbten  Facetten  bestehend,  mit  schwach 
pigmentierten  interfacettalen  Zwischenräumen. 

Fühler  3gliedrig,  3.  Fühlerglied  kuglig,  von  85  ju  Durchmesser. 
Fühlerborste  (4. — 6.  Glied)  etwa  bis  zum  Kopfhinterrand  reichend, 
kurzhaarig  verästelt.  Die  beiden  ersten  Glieder  der  Fühlerborste 
zusammen  ziemlich  lang  und  dünn;  das  erste  Glied  scheint  doppelt 
so  lang  zu  sein  wie  das  zweite.  Da  es  mir  aber  nicht  gelang,  sie 
in  einer  Ebene  liegend  zu  sehen  zu  bekommen,  war  es  nicht  mög- 
lich, ihre  relative  Länge  zu  messen,  und  deshalb  ist  die  ganze 
Fühlerborste  in  Fig.  A  fortgelassen.     Ocellen  fehlen. 

Kopfunterseite  zu  beiden  Seiten  der  Mitte  mit  etwa  20  nach 
vorn  gerichteten  Haaren  besetzt,  mit  schmaler,  länglicher,  vom 
ßüssel  bedeckter  Mundspalte,  hinten  längs  der  Medianlinie  gekielt, 
am  aboralen  Ende  des  Kieles  mit  einem  stumpfen  Zahn.  Wie  bei 
Rh.  puliciforme  Annandale  sind  auch  hier  zwei  Paar  längere  Borsten 
vorhanden,  das  eine  jederseits  am  Mundrande  unterhalb  der  Fühler- 
grube, das  andere  weit  hinten  auf  der  kielartigen  Erhabenheit. 

Rüssel   stabförmig,  über  ^/g  mm   lang  und  nur  ^'^o  bis  ^/j^  mm 


520  K-  Schmitz, 

breit,  iu  der  Ruhe  unter  den  Leib  zurückgeschlag-en,  gekniet.  Der 
proximale  Abschnitt  ist  fast  doppelt  so  lang-  wie  der  distale  (Ver- 
hältnis 25 :  14)  und  reicht  bis  zu  den  Mittelhüften.  Der  zweite  Ab- 
schnitt ist  bei  dem  vorliegenden  Exemplare  nach  vorn  umgelegt 
und  sanft  nach  unten  gebogen.  An  der  Spitze  weichen  die  zwei 
Hälften  (wahrscheinlich  Labrum  und  Labium)  auseinander  und  die 
untere  zeigt  winzig  kleine,  mit  ein  paar  schwachen  Härchen  be- 
setzte Labellen. 

Taster  zylindrisch,  am  Grunde  verschmälert,  auf  der  distalen 
Hälfte  unterseits  mit  ca.  6  Borsten,  wovon  eine  an  der  Spitze. 

Wahrscheinlich  ist  auch  bei  Rh.  caecutiens  ähnlich  wie  bei 
puJiciforme  die  ganze  Kopfoberfläche  regelmäßig  punktiert.  So  wird 
vermutlich  die  wabenförmige  Struktur  zu  deuten  sein,  welche  das 
Chitin-Integument  im  aufgehellten  Zustande  und  bei  durchfallendem 
Lichte  zeigt. 

Der  Thorax  ist  in  der  Mitte  viel  kürzer  als  an  den  Seiten, 
vorn  nur  wenig  schmäler  als  der  Kopf  (350  ju  breit).  Die  beiden 
Hälften  sind  gesondert  gewölbt  und  in  ähnlicher  Weise  wie  die 
Kopfoberseite  fein  behaart,  die  Haai'e  nach  hinten  und  zwar  größten- 
teils nach  den  äußeren  Hinterecken  hin  orientiert. 

Von  den  beiden  Stigmenpaaren  ist  das  prothoracale  doppelt  so 
groß  wie  das  versteckt  liegende  des  Metathorax.  Das  vordere 
Stigma  erwähnt  Annandale  als  „a  circular  pit". 

An  den  Thoraxseiten  sind  mehrere  dunkle  Nähte  vorhanden, 
die  wegen  der  starken  Verkümmerung  schwierig  zu  deuten  sind. 
Die  lang-keilförmige,  in  Taf.  29  Fig.  2  den  großen  Vorderhüften 
parallel  gerichtete  Partie,  die  mit  den  Mittelhüften  endigt,  dürfte 
als  Mesosternum  zu  betrachten  sein. 

Halteren  vermochte  ich  nicht  aufzufinden,  nehme  daher  an, 
daß  sie  fehlen. 

Die  rudimentären  Flügel  erscheinen  als  säbelförmige,  nur 
kurz  behaarte  Anhänge  (Textfig.  A  u.  Taf.  29  Fig.  2)  an  den  Hinter- 
ecken des  Mesothorax.  Sie  bestehen  aus  einer  dunklen  Rippe  mit 
einem  häutigen  Saume  an  der  Dorsalkante.  Das  Ende  ist  lanzett- 
lich zugespitzt. 

Der  Hinterleib  ist  oben  und  unten  häutig,  überall  mit  reihen- 
weise angeordneten,  äußerst  feinen  schwarzen  Häkchen  besetzt.  Bei 
starker  Vergrößerung  (z.  B.  bei  Zsiss'schen  Objektiven  von  C  ab 
an)  gewähren  sie  ein  Bild  ähnlich  dem   einer  Autotypie,  die  man 


Myrmecophile  Phorideu  der  WASMANN'schen  Sainmlnng. 


521 


mit  der  Lupe  betrachtet.  An  der  Basis  des  Hinterleibes  befinden 
sich  auf  der  Oberseite  zerstreute  Haare,  die  nach  Annandale  auf 
einer  Platte  stehen  (a  comparatively  large  chitinous  plate  on  the 
dorsal  surface  of  the  abdomen  .  .  .  it  is  broadly  triangulär  in  form, 
except  that  the  apex  is  rounded,  and  has  a  smooth  surface  sparsely 
covered  with  minute  recumbent  hairs).  Eine  Segmentierung  des 
Hinterleibes  ist  nicht  wahrzunehmen,  auch  keine  dem  5.  Tergit  an- 
gehörende Spalte  oder  Deckelplatte.  Ob  beides  wirklich  fehlt,  kann 
wegen  Schrumpfung  der  dorsalen  Hautpartien  nicht  mit  Sicherheit 
entschieden  werden.  Eine  kurze  Legeröhre,  von  welcher  kaum  die 
Genitallamellen  sichtbar  sind,  ist  im  Hinterleib  verborgen. 

Die  Beine  sind  wie  der  ganze  Vorderkörper  kräftig  chitinisiert. 
Coxae  I  3  — 4mal  größer  als  Coxae  11  und  III.  Alle  Hüften  am 
Ende  beborstet. 

Vorder-  und  Hinterschenkel  etwas  verbreitert,  Mittel-  und 
Hinterschienen  mit  1  Endsporn.  An  dem  rechten  Hinterbein  fol- 
gende Längenmaße:  Schenkel  +  420  ^,  Schiene  -f  360  //,  Meta- 
tarsus  (7  Querkämme)  +  210  fx,  Tarsglied  II  105  //,  T.  III  und  V 
annähernd  gleich,  etwa  60  —  65  /^.  Klauen  gewöhnlich.  Die  farb- 
losen,  rudimentären  Pulvillen   gefiedert,   das  Empodium  haarförmig. 

Die  beiden  lihynchomicropteron- Arten  unterscheiden  sich  nach 
Vorstehendem  durch  folgendes: 


Rh.  puliciforme  Annän- 

DALE 

Rh.  caecntiens  n.  sp. 

Länge 
Aiagen 

„about  1  mm" 
„about  12  facettes" 

1,35  mm 
6  Facetten 

Taster 

mit  4  Borsten 

mit  6  Borsten 

Kopfunterseite 

gewölbt 

in 
vo 

der   Mitte  gekielt   mit 
•springendem   Zahn  am 
Ende 

Halteren 
Lebensweise 

zylindrisch 
bei  Lobopelta  ocellifera 

bei 

fehlen 
Prenolepis  longicornis 

Lebensweise. 

Wahrscheinlich  parasitisch  (Stechrüssel  zum  Anbohren  der 
Ameisenlarven?)  bei  Prenolepis  longicornis  Latr.  Gegend  von  Bombay 
(s.  am  x4nfang). 


522  H.  Schmitz, 

Psylloniyia  Loew  1857. 

Fsylloniyia  testacea  Loew.    $. 
(Taf.  29  Fig.  3.) 

Von  dieser  merkwürdigen  Phoride  sclieinen  bisher  nur  2  Exem- 
plare g-efunden  worden  zu  sein,  das  1.  von  Wahlbeeg  vor  1857, 
das  2.  von  Brauns,  1898.  Das  1.  Exemplar  untersuchte  Loew  und 
beschrieb  es  in :  Wien,  entomol.  Monatsschr.,  Vol.  1  (1857),  p.  54 — 56, 
tab.  1,  fig.  22—25  unter  dem  Titel:  Psyllomyia,  eine  neue  Gattung 
der  Phoriden.  Ps.  testacea  n.  sp.  $.  Über  das  weitere  Schicksal 
dieses  Specimens  fehlen  in  der  Literatur  alle  Nachrichten;  es  muß 
schon  zu  LoEw's  Zeiten  in  einem  schlechten  Erhaltungszustande  ge- 
wesen sein,  denn  dieser  bemerkt  einleitend:  „Durch  ihre  höchst  auf- 
fallenden Abweichungen  von  allen  bisher  beschriebenen  Arten  merk- 
würdig ist  eine  kleine  von  Wahlberg  in  der  Caffrerei  gesammelte, 
leider  aber  nur  in  einem  einzigen,  wie  es  scheint, 
seiner  Zerstörung  schnell  entgegengehenden  Exem- 
plare mitgebrachte  Art.  .  .  . 

Das  2.  Exemplar  befindet  sich  in  der  Sammlung  P.  Wasmann's, 
der  auch  bereits  eine  kurze  Notiz  veröifentlicht  hat  p.  268  (54)  der 
Abhandlung:  Neue  Dorylinengäste  aus  dem  neotropischen  und  dem 
aethiopischen  Faunengebiet,  in:  Zool.  Jahrb.,  Vol.  14,  Syst.,  1900, 
p.  215—289,  tab.  13—14.     Sie  lautet: 

Hier  dürfte  es  .  .  .  noch  von  Interesse  sein,  zu  erwähnen,  daß 
ein  zur  Dipterenfamilie  der  Phoriden  gehöriges  Tier  aus  Südafrika, 
welches  vor  43  Jahren  (1857)  von  H.  Loew  ...  als  Psijlloniyia  testacea 
beschrieben  wurde,  zu  den  Gästen  von  Dorylus  helvolus  gehört. 
Dr.  H.  Brauns  fand  es  1898  bei  Port  Elizabeth,  Capkolonie,  bei 
jener  unterirdisch  lebenden  Ameise  unter  Steinen ,  zugleich  mit 
anderen  Gästen  derselben,  und  sandte  es  mir  zu.  Diese  merkwürdige 
Phoride  ist  durch  ihren  großen,  fast  dreieckigen  Kopf,  die  ver- 
dickten Hinterschenkel,  die  lange  Beborstung  des  Körpers  und  die 
rudimentären,  kurzen,  gelbgrauen  Flügeldecken  gleichenden  Flügel- 
stummel ausgezeichnet.  Der  Hinterleib  ist  dunkler  braun,  der 
übrige  Körper  hell  gelbbraun.     Die  Gesamtlänge  beträgt  nur  1  mm. 

Diesen  Bemerkungen  möchte  ich  nach  eingehender  Untersuchung 
und  Vergleichung  des  (trocken  konservierten)  Exemplars  mit  der 
LoEw'schen  Beschreibung  noch  folgendes  hinzufügen. 

Das  Exemplar  stimmt  mit  der  Original beschr ei bung  besser 
überein   als  mit  den  von  Loew,  1.  c,  beigefügten  Abbildungen. 


Myrmecophile  Phoriden  der  Wasmann 'sehen  Sammlung.  523 

a)  Die  Beschreibung  der  Gattung  stimmt  bis  auf  die  Be- 
scliaifeuheit  der  Flügelrippen  genau.  Von  diesen  sagt  Loew:  „Flügel 
...mit  der  Andeutung  von  drei  selir  dicken,  rippen  förmigen 
Längsadern,  auf  denen  schwarze  Borstchen  stehen.  .  .  ."  Bei 
dem  vorliegenden  Exemplare  sind  diese  Längsadern  nur  durch  drei 
Haarstreifen  angedeutet,  ohne  irgendwie  plastisch  hervorzutreten, 
also  weder  dick  noch  rippenförmig.  Die  Härchen  sind  unscheinbar, 
mehr  rotbraun  als  schwarz.  Bei  der  xlrtbeschreibung  zeigen  sich 
folgende  Abweichungen:  „ganz  oben  auf  der  Stirn  in  der  Nähe  des 
ziemlich  scharfen  Kopfrandes"  befinden  sich  nicht  4,  sondern  6  nach 
rückwärts  gerichtete  schwarze  Borsten  (Taf.  29  Fig.  8),  die  äußersten 
ziemlich  in  der  Mitte  des  oberen  Randes  der  Augen  haben  an  dem 
LoEw'schen  Exemplare  gefehlt;  vielleicht  waren  sie  nur  abgebrochen. 
Der  Thorax  ist  nicht  ,.mit  zerstreuten  schwarzen  Borsten  besetzt", 
sondern  trägt,  abgesehen  von  den  2  sehr  langen  auch  von  Loew 
erwähnten  Borsten,  über  den  Vorderhüften  eine  Querreihe  von 
6  langen  Borsten  in  einem  nach  hinten  konvexen  Bogen,  der  zwischen 
Vorder-  und  Hinterrand  des  Thorax  annähernd  die  Mitte  hält. 
„Auf  den  Flügeln",  heißt  es  ferner  bei  Loew,  „zeichnen  sich  be- 
sonders 2  schwarze  Borsten  durch  ihre  Länge  aus,  von  denen  die 
eine  mehr  am  Innenrande,  die  andere  in  der  Nähe  der  Flügelspitze 
steht."  V^ie  die  Abbildung  des  WASMANN'schen  Exemplars  (Fig.  3) 
zeigt,  trägt  dieses  auf  den  Flügelstummeln  je  4  Borsten,  eine  kleinere 
an  der  Basis  und  3  unter  sich  mehr  oder  weniger  gleichlange  auf 
der  Spitzenhälfte,  und  zwar  eine  in  der  Nähe  der  Spitze,  2  in  der 
Nähe  des  Hinterrandes. 

b)  Die  Abbildungen  von  Loew,  besonders  fig.  22,  zeigen  außer- 
dem noch  folgende  Unterschiede:  der  Kopf  ist  bei  Loew  schmaler 
und  kürzer  als  der  Thorax,  letzterer  ist  vorn  gerundet,  hinten  fast 
gerade,  die  Flügel  sind  hinten  stark  verschmälert,  fast  spitz,  das 
Abdomen  ist  8-  oder  9gliedrig,  die  Beine  sind  im  Verhältnis  zum 
Körper  außerordentlich  groß  und  lang,  die  Hinterbeine  z.  B.  sind 
so  weit  nach  hinten  eingezeichnet,  daß  man  mit  Brues  ^)  auf  stark 
verlängerte  Hintercoxen  schließen  muß.  Im  Gegensatz  hierzu  ist 
am  vorliegenden  Exemplar  der  Kopf  nur  wenig  kürzer  und  gerade 
so  breit  wie  der  Thorax,  letzterer  ist  umgekehrt  vorn  fast  gerad- 
linig,  hinten  bogig  begrenzt,   die  Flügelspitze   breit   gerundet,   der 


1)  Ch.  Th.  Brues,  Two  new  myrmecophilous  genera  etc.,  in:  Amer. 
Natural.,  Vol.  36  [1901],  p.  344. 


^24  ^-  Schmitz, 

Hinterleib  ßgliedrig  mit  hervorragenden  Genitallamellen  von  an- 
sehnlicher Größe  und  Beborstung.  Die  Beine,  besonders  die  Hüften, 
zeichnen  sich  nicht  durch  auffallende  Länge  aus. 

In  Anbetracht  all  dieser  Unterschiede  kann  man  offenbar 
schwanken,  ob  wir  es  hier  mit  einer  von  Fsijllo7mjia  testacea  Loew 
verschiedenen,  neuen  Art  zu  tun  haben  oder  nicht.  Weil  nun  Loew 
«elbst  den  defekten  Zustand  seines  Exemplars  andeutet  und  seine 
Zeichnung  ohne  Zweifel  ungenau  ist,  da  sie  in  gewissen  Einzel- 
heiten, z.  B.  Flügelbeborstung  mit  seinem  eigenen  Text  in  Wider- 
spruch steht,  so  scheint  es  mir  nicht  unbedingt  geboten,  eine  neue 
Art  aufzustellen.  Das  wird  erst  an  der  Zeit  sein,  wenn  Stücke 
aufgefunden  werden,  die  der  Artbeschreibung  Loew's  in  allen  Einzel- 
heiten entsprechen.  Gibt  es  solche,  dann  möchte  für  das  Exemplar 
der  Coli.  Wasmann  der  Name  Psyllonnjia  braunsi  vorgeschlagen 
werden. 

Zur  weiteren  Charakteristik  des  vorliegenden  Tieres  ist  noch 
hinzuzufügen:  Kopf  etwas  dorsoventral  abgeplattet.  Augen  mit 
ca.  50  Facetten,  Taster  mit  10—11  kräftigen  Borsten,  Thoraxseiten 
mit  einem  durch  sehr  deutliche  Naht  abgegrenzten  schmalen  Pro- 
thorax, auf  welchem  die  längste  aller  Körperborsten  steht,  unmittel- 
bar hinter  dieser  Naht  das  Prothoracalstigma,  Mittel-  und  Hinter- 
tibien  mit  kräftigen  Endborsten,  2  großen  (Spornen)  und  1 — 2  kleineren. 

JEcitopJiora  n.  g.    $. 

Im  ganzen  der  Ecitomyia  ^)  Beues  nahestehend,  von  ihr  aber 
durch  die  Stirnbeborstung,  den  Besitz  von  Ocellen  und  die  Hinter- 
leibsbildung verschieden.    Abdomen  deutlich  segmentiert,   ßgliedrig. 

Ecitopliova  coiues  n.  sp.    $. 

(Taf.  29  Fig.  4  u.  5.) 

Länge  des  ganzen  Tieres  1,25  mm,  des  Kopfes  0,23  mm,  des 
Thorax  0,15  mm,  des  Abdomens  ca.  0,9  mm. 

Farbe  bleichgelb,  die  Borsten  dunkel,  die  abdominalen  Tergit- 
platten  rotbraun. 


1)  Auch  von  dieser  Gattung  befinden  sich  mehrere  Exemplare  in 
Wasmank's  Sammlung.  Ich  behandle  sie  hier  jedoch  weiter  nicht,  weil 
es  von  Brues  an  Wasmann  mitgeteilte  Stücke  sind,  und  weil  Herr  Brues 
•über  die  Art  {Ecitomyia  wheeleri  Brues)    alles  Nötige    schon    gesagt  hat. 


Myrmecophile  Phoriden  der  WASMANN'schen  Sammlung.  525 

Kopf  0,31  mm  hoch,  0,37  mm  breit,  die  Stirn  von  oben 
gesehen  nur  0,17  mm  lang  (vom  Scheitel  bis  zu  den  vorderen  Borsten). 
Hinterrand  geschärft,  Hinterfläche  eben,  ohne  äußerlich  hervor- 
tretende Halspartie.  Stirn  sehr  breit,  von  allen  Seiten  her  gegen 
•den  Scheitel  sanft  ansteigend,  mit  14  ansehnlichen  gerieften  und 
behaarten  Borsten,  nämlich  2  Paar  nach  vorn  umgelegten  in  der 
vorgezogenen  Mitte  des  Vorderrandes,  einem  Scheitelborstenpaar 
zwischen  den  hinteren  Ocellen,  und  jederseits  4  Borsten,  welche  den 
Augen  näher  stehen  als  der  Stirnmitte  (s.  Taf.  29  Fig.  4  u.  5). 
IS^ur  mit  einer  gewissen  Schwierigkeit  lassen  sich  bei  den  Stirn- 
borsten  die  üblichen  ,. Querreihen"  herausfinden,  und  es  würden 
ihrer  etwa  4  anzunehmen  sein:  1  Ocellarborstenreihe  (nur  2),  davor 
1  Querreihe  von  4,  von  denen  die  äußerste  jederseits  der  Hinter- 
ecke des  Kopfes  und  dem  oberen  Hinterrand  des  Kopfes  genähert 
ist,  davor  1  Keihe  von  2,  gebildet  aus  jederseits  1  etwas  schwächeren 
Borste,  die  doppelt  so  weit  vom  Oberrande  des  Auges  entfernt  ist 
wie  die  Borsten  der  Kopfhinterecken,  endlich  1  Reihe  von  2,  die  zu 
je  1  der  Mitte  des  Oberrandes  der  Fühlergrube  genähert  eingepflanzt 
sind.  Außerdem  die  4  Vorderstirnborsten  in  Trapezstellung.  Zwischen 
den  Borsten  ist  die  Stirn  überdies  fein  behaart. 

Auf  den  schmalen  Seitenflächen  des  Kopfes  stehen  die  etwas 
unregelmäßig  ovalen,  pubescenten,  gut  pigmentierten  Facettenaugen. 
Anzahl  der  einzeln  gewölbten  Ommatidien  48 — 50.  Der  vorderen, 
Tinteren  Augenecke  genähert  eine  große,  abstehende  Wangenborste. 

Fühlergruben  sehr  breit,  in  der  Mitte  nur  durch  einen  schmalen 
Kiel  des  Uiitergesichtes  getrennt.  Fühler  Sgliedrig  mit  Steiliger 
langer  verästelter  Borste.  3.  Fühlerglied  annähernd  kuglig,  ungefähr 
vom  Durchmesser  des  Auges  (ca.  100  (i). 

Mundöff'nung  mäßig  groß,  beborstet,  Rüssel  kürzer  als  der  Kopf, 
von  normaler  Bildung.  Taster  dorsoventral  abgeplattet,  unten  be- 
haart, am  Außen-  und  Innenrande  stark  beborstet  (7  größere  und 
einige  kleinere  Borsten). 

Thorax  quer,  Verhältnis  von  Länge  und  Breite  wie  2:3, 
hinten  etwas  verschmälert,  spärlich  behaart.  Prothorax  durch  eine 
Naht  an  den  Schulterecken  deutlich  abgegrenzt,  behaart.  Thorax- 
oberseite mit  6  Borsten,  2  Paar  Randborsten  und  2  Dorsozentral- 
borsten.  Von  den  Randborsten  steht  die  vordere  über  und  etwas 
vor  dem  Pro thoracal Stigma,  die  hintere  ungefähr  in  der  Mitte  des 
-Seitenrandes.    In   der  Mitte   des   Thoraxhinterrandes  gewahrt  man 

Zool.  Jalirb.  XXXVII.    Abt.  f.  Svst.  34 


526  H.  Schmitz, 

2  kleinere  Borsten,  welche  ohne  Zweifel  als  Schildchenborsten  auf- 
zufassen sind. 

Flügelrudimente  stabförmig',  von  der  Länge  des  Thorax^ 
mit  kürzeren  Haaren  und  3  längeren  Borsten. 

Hinterleib  eiförmig,  größtenteils  weichhäutig,  deutlich  seg- 
mentiert,  mit   einer   großen   trapezförmigen    Chitinplatte   auf  dem 

2.  Ringe  (ganz  ähnlich  wie  bei  Ecüomijia).  Außerdem  bemerkt  man 
noch  winzige  Sclerite  auf  dem  4.  und  5.  Tergit;  beim  ersteren  ein 
halbmondförmiges,  beim  letzteren  ein  rundliches.  Auf  der  Mitte  des 
5.  Tergits  außerdem  eine  sehr  kleine,  runde  „Drüsenöffnung".  Weib- 
liche Genitallamellen  länglich,  behaart. 

Beine  kräftig,  mit  platten,  verbreiterten  Vorder-  und  Hinter- 
schenkeln, kurzen  Endspornen  (je  einer  an  den  Mittel-  und  Hinter- 
tibien)  und  verbreitertem  Hintermetatarsus.  Dieser  auf  der  Innen- 
seite mit  5  Querreihen  von  Börstchen.  Die  Längenverhältnisse  am 
hinteren  Tarsus  sind  wie  29  :  21 :  16  :  12  :  12.  Klauen  gewöhnlich,. 
Pulvillen  weniger  stark  verkümmert  als  bei  manchen  verwandten 
Gattungen,  Empodium  eine  gebogene  Borste. 

Anmerkung.  Durch  den  langjährigen  Aufenthalt  in  der  Kon- 
servierungsflüssigkeit dürfte  die  Färbung,  besonders  des  Abdomens,, 
m.  0.  w.  verbleicht  sein.  Die  trapezförmige  Chitinplatte  des  2.  Tergits 
ist  z.  B.  nur  an  den  Rändern  dunkler.    Vielleicht  besitzt  auch  das 

3.  Tergit  eine  stärker  chitinisierte  Platte,  die  sich  nur  an  dem  vor- 
liegenden Material  nicht  erkennen  läßt.  An  den  Hinterrändern  der 
ersten  5  Tergite  stehen  Haarreihen. 

Lebensweise. 

Myrmecophil  bei  Eciton  praedator  Sm.  Es  lagen  3  Exemplare 
vor,  von  P.  Heyer  Säo  Leopoldo,  Rio  Grande  do  Sul,  Südbrasilien 
gesammelt. 

Ein  ebendaselbst  bei  Eciton  coecmn  Latr.  gefundenes  Exemplar 
einer  winzig  kleinen,  flügellosen  Phoride  ging  leider  bei  der  Be- 
arbeitung des  Materials  verloren.  Da  Eciton  coecum  die  Wirtsameise 
von  Ecitomyia  wheeleri  Brues  ist,  so  dürfte  es  eher  diese  Art  ge- 
wesen sein. 

Acontistoj^tera  Brues  1902. 

Diese  Gattung  ist  vertreten  durch  ein  einzelnes  Exemplar  ?,. 
das  sich  durch  Größe  und  Beborstung  von  A.  melanderi  Brues  und 
A.  mexicana  Malloch   unterscheidet   und   eine  neue   Art  darstellt. 


Myrmecophile  Phoriden  der  WASMANN'schen  Sammhmg.  527 

Das   Tierchen    ist   aufgeklebt   und   in    mancher  Beziehung   defekt, 
dennoch  werde  ich  versuchen,  es  bestmöglich  zu  beschreiben. 

Acontlstoxjtera  hrasiliensis  n,  sjy.    ?. 

(Taf.  29  Fig.  6.) 

Länger  als  1,6  mm,  also  erheblich  größer  als  A.  melanderi  Brues. 
Farbe  des  Vorderkörpers  braungelb,  des  Hinterleibes  gelbweiß. 

Kopfform  wie  bei  der  Type,  die  Beborstung  jedoch  anders  als 
bei  melanderi  und  sehr  ähnlich  der  von  mexicana.  Das  Borstenpaar 
auf  der  Mitte  der  Stirn  fehlt;  am  Hinterrande  stehen  4  Borsten, 
davon  2  am  Scheitel  und  je  eine  in  den  Hinterecken.  Die  Um- 
gebung des  Auges  weist  3  Borsten  auf,  nämlich  eine  ganz  nahe  der 
oberen  Vorderecke,  zugleich  am  Eande  der  Fühlergrube ;  eine  zweite 
steht  hinter  dem  Auge  mehr  auf  der  Unterseite;  die  dritte  ist 
weiter  vom  Auge  entfernt,  medianwärts  von  dessen  Oberrande  auf 
der  vorderen  lateralen  Stirnpartie  eingepflanzt.  Der  Vorderrand 
der  Stirn  ist  ganz  ähnlich  wie  bei  mexicana  Malloch  beborstet. 
Die  Stirnrandborsten  bilden  zwei  Eeihen.  Die  hintere  enthält 
6  starke  Borsten.  Diese  stehen  nicht  genau  auf  demselben  Niveau, 
sondern  die  beiden  äußeren  befinden  sich  auf  dem  eigentlichen  Rande 
der  Stirn,  die  beiden  inneren  stehen  ein  wenig  mehr  nach  vorn 
und  tiefer,  auf  der  Grenze  von  Untergesicht  und  Epistom,  die  zwei 
anderen  stehen  dazwischen  in  mittlerer  Höhe.  Die  vordere  Reihe  wird  aus 
jederseits  5  schwächeren  Borsten  gebildet,  welche  in  ähnlicher  Weise 
auf  ungleichem  Niveau  stehen,  von  Fühlergrube  zu  Fühlergrube 
reichen  und  in  der  Mitte  durch  eine  Lücke  unterbrochen  sind. 

Der  seitliche  und  untere  Rand  der  Fühlergruben  trägt  wie  bei 
A.  melanderi  4  Borsten. 

Augen  stark  gewölbt,  pubescent,  mit  70—80  Facetten.  Hinter 
und  unter  den  Augen  sind  die  "Wangen  mit  langen  dünnen  Haaren 
besetzt. 

Fühlerborste  lang  und  spärlich  befiedert.  Mundteile  sehr  volu- 
minös. Zwischen  den  Labellen  ragt  der  Hj^popharynx  als  horniger 
Stachel  vor. 

Thorax  schmal,  einigermaßen  herzförmig,  Pleurenkante  von  oben 
sichtbar.  Je  3  Borsten  an  den  Vorderecken,  davon  eine  am  Vorder- 
und  eine  am  Seitenrande,  die  dritte  in  der  Ecke  selbst.^)    Auf  der 


1)    Die    Borste    am    Thoraxvorderrand    fehlt    den    beiden    bisher   be- 
kannten Acontistoptera- Arten. 

34* 


528  H.  Schmitz, 

hinteren   Thoraxliälfte  2  Dorsozentralborsten,   die   man  fast  Seiten- 
borsten nennen  könnte;  Schildchen  mit  2  langen  Borsten. 

Flügelrudimente  mit  ca.  13  langen  Borsten  (über  0,6  mm!),  die 
ersten  schon  vor  der  Mitte  entspringend,  die  letzten  10  paarweise 
2  Reihen  bildend. 

Lebensweise. 

Das  einzige  Exemplar  wurde  bei  Eciton  praedator  in  Joinville, 
S.  Catarina,  Brasilien  von  Herrn  Schmalz  1901  gefangen.  Tj^pe 
Coli.  Wasmann. 

Flastojyhord  Brues  1905. 

Die  hier  zu  beschreibenden  neuen  Arten  haben  vier  Reihen 
von  Stiiiiborsten  wie  Fseudadeon  crawfordn  Coquillett.^)  Auf 
Brues'  Auktorität  hin  nehme  ich  vorläufig  an,  daß  die  Gattung 
Fseudacteon  Coquillett  1907  wirklich  mit  PJastophora  Brues  iden- 
tisch sei,  obwohl  für  Plastophora  Ijcirne  Brues  nur  drei  Reihen  Stirn- 
borsten angegeben  sind.  Wenn  daher  Brues,  in:  Entomol.  News, 
Vol.  18,  p.  430  nach  Vergleichung  der  Paratj^pen  von  craivfordii  er- 
klärt, sie  unterschieden  sich  von  seiner  Plastophora  nur  durch 
schlankere  Beine,  weniger  vorragende  Mundteile  und  größere  birn- 
förmige  Fühler  (also  nicht  durch  die  Stirnbeborstung!),  so  muß 
man  dies  wohl  als  eine  indirekte  Berichtigung  seiner  Originalbe- 
schreibung von  Plastoplwra  beirne  auffassen.  Höchst  auffallend  ist, 
daß  Malloch  in  der  später  von  Brues  als  neue  Phistoplwra-kvt  be- 
schriebenen PI.  juli  Brues  eine  Aphiocliaeta  erkannt  hat  (Malloch, 
in:  Proc.  U.  S.  nation.  Mus.,  Vol.  43,  p.  459). 

JPlastophora  wasnianni  n.  sp.    $. 

(Textfig.  B  u.  C.) 

Am  nächsten  verwandt  ist  diese  Art  mit  PJ.  spainJata  Malloch. 
mit  der  sie  die  ganz  eigenartige  Bildung  des  Ovipositors  gemein 

1)  Auch  Phora  formicarum  Verrall,  die  nach  Brues  und  Malloch 
eine  Plastophora,  nach  WoOD  eine  P.seudadeon  ist,  hat  4  Stirnborsten- 
reihen. Wood  hat  zwar  in  seiner  vorzüglichen  Monographie,  On  the 
British  species  of  Phora,  Part  II,  in:  Entomol.  monthl.  Mag.  (2),  Vol.  19 
[1908],  p.  168  versucht,  bei  dieser  Art  3  Reihen  von  Borsten  zu  kon- 
struieren, aber  nur  weil  er  es  eben  mui3te,  um  sie  in  der  2.  Gruppe  der 
Gattung  Phora  (also  Aphiochaeta  Brues)  behandeln  zu  können. 


Myrmecopliile  Phoiiden  der  WASiiANN'schen  Sammlung. 


529 


hat.  Sie  ist  aber  größer  (über  1,5  mm).  Leider  ist  Malloch's  Be- 
schreibung sonst  sehr  summarisch,  es  läßt  sich  daher  niclit  im  einzelnen 
angeben,  in  welchen  Punkten  die  beiden  Arten  sonst  differieren. 

Färbung  der  Alkoholexemplare  im  allgemeinen  ein  mattes  Rost- 
braun, besonders  an  Kopf  und  Thoraxoberseite;  Hinterleib  etwas 
heller,  mit  weißen  Tergitsäumen.  Schwinger  weißlich,  Beine  blaß, 
Augen  und  die  Mehrzahl  der  Borsten  schwarz. 

Stirn  mit  geschärftem  Scheitelrande,  einer  sehr  deutlichen  Längs- 
furche, schwach  erhabenem  Ocellenhöcker  und  vier  Querreihen  von 
Borsten,  die  so  wie  bei  PI.  crawfordii  angeordnet  sind.  Hinter  den 
äußeren  Vertikalborsten  steht  jederseits  noch  eine  kleine  median- 
wärts  geneigte  Borste  (s.  Textflg.  B).  Fühlerglied  3  pubescent,  groß, 
ähnlich  wie  bei  Melaloncha  Beües  lang  konisch  und  dabei  nach 
hinten  gekrümmt.  Fühlerglied  2  klein,  vom  3.  umschlossen  und 
etwas  seitlich  inserierend. 

Thorax  vorn  stark  gewölbt,  behaart,  mit  2  Präscutellarborsten 
und  oral-  und  auswärts  davon  jederseits  einer  besonders  auffallenden 


Fig.  B.     Stirn  von  Plastophora 
ivasmanni  n.  sp.    Vergr. 


Fig.  C.      Ovipositor  von 
Plastophora  ivasmanni  n.  sp.     Vergr. 


Seitenrandborste  sowie  mehreren  Borsten  vor  der  Flügelwurzel. 
Von  den  4  Borsten  des  Schildchens  sind  die  2  hinteren  fast  doppelt 
so  lang  wie  die  vorderen. 

Hinterleib  6gliedrig,  1.  Tergit  kurz,  2.  länger  als  die  übrigen, 
3.  und  4.  unter  sich  gleich  lang,  5.  hinten  etwas  bogig  ausgerandet, 
etwas  verschmälert,  6.  noch  mehr  verschmälert,  in  der  Mitte  des 
Hinterrandes  mit  einem  kleinen  Einschnitt,  neben  diesem  mit  drei 
Haaren  jederseits,  von  welchen  das  äußerste  am  längsten.  Auf  die 
chitinöse  Partie  des  6.  Tergits  folgt  ein  breiter  häutiger  Saum,  der 
die  Basis  der  Legeröhre  umhüllt. 


530 


H.  Schmitz, 


Legerölire  deutlich  Sg-liedrig-,  jedes  Glied  mit  verschieden  ge- 
formten, getrennten  dorsalen  und  ventralen  Scleriten.  Die  Ventral- 
platte ihres  basalen  (also  1.)  Segments  \)  trägt  2  weit  voneinander 
getrennte  Gruppen  von  je  3  langen,  an  der  Spitze  hakig  gebogenen 
Haaren.  Das  2.  Segment  besteht  aus  einer  ventralen  und  2  dorso- 
lateralen  Chitinplatten,  deren  obere  Ränder  am  Grunde  genähert 
sind  und  nach  hinten  weit  divergieren.  In  diese  dreieckige  ÖflFnung 
schiebt  sich  die  Dorsalplatte  des  Endgliedes  der  Legeröhre,  deren 
höchst  eigentümliche  Form  aus  Textfig.  C  erhellt.  Sie  ist  flach, 
oberseits  behaart  (Behaarung  nicht  angegeben!)  und  besitzt  2  seit- 
liche, distal  tief  dunkel  gefärbte  Loben.  Das  Sternit  dieses  Seg- 
ments ist  durch  eine  unpaare  Chitinschuppe  angedeutet.  Zwischen 
Sternit  und  Tergit  ragt  eine  weichhäutige  Röhre  und  aus  dieser 
ein  Chitinstachel  weit  hervor.  PI.  spatulata  Malloch  hat  am  End- 
glied des  Ovipositors  ähnliche  Seitenfortsätze,  die  aber  nach  Malloch's 
Abbildung  (in:  Proc.  U.  S.  nation.  Mus.,  Vol.  43,  tab.  39  flg.  7)  nur 
durch  einen  schmalen  Zwischenraum  voneinander  getrennt  sind. 

Flügel  mit  kurzer  Costaiis  wie  spatulata.  Mediastinalader 
ganz  deutlich,  verkürzt  und  frei  in  der  Flügelfläche  endigend,  ähn- 
lich wie  bei  der  folgenden  Art  2),  bei  der  die  Flügel  jedoch  relativ 
etw^as  schmäler  sind. 

Beine  ziemlich  schlank,  Hinterschenkel  an  der  Innenseite  auf 
der  2.  Hälfte  mit  einigen  längeren  Haaren.  Folgende  Maße  in  Milli- 
metern wurden  festgestellt: 


Fl.  wasmanni  9 

Vorderbein 

Mittelbein 

Hinterbein 

Femur 

0,45 

0.49 

0,59 

Tibia 

0,35 

0,38 

0,42 

Sporn  der  Tibia 

— 

0,19 

— 

Tarsus  I 

0,08 

0,21 

0,2 

Tarsus  II 

0,06 

0,09 

O^U 

Tarsus  III 

0,04 

0,08 

0,09 

Tarsus  IV 

0,04 

0,07 

0,07 

Tarsus  V 

inkl.  Prätarsus 

0,08 

0,08 

0,08 

Der  Sporn  der  Mittelbeine  ist  bei  dieser  Art  sehr  lang,  nur 
wenig  kürzer  als  der  Metatarsus  derselben. 

1)  Oder  das   Sternit  des   6.   Abdominalsegments? 

2)  Dadurch  weichen  die  hier  angeführten  neuen  PlastopJ/ora- Arten 
von  der  BEUES'schen  Gattungsdiagnose  ab,  in  der  es  heißt:  .  .  .  no 
mediastinal  vein,  although  the  third  vein  and  humeral  cross  vein  are  well 
marked  at  this  point. 


Myrmecophile  Phoriden  der  WASJiANN'schen  Sammlung.  531 

Lebensweise. 

Myrmecophil  bei  Solenopsis  geminata  in  Süd-Brasilien.  Joinville 
in  S.  Catarina.  Schmalz  legit.  7./9.  1901.  2  Ex.  Type  in  Coli. 
Wasmann. 

Anmerkung.  Von  demselben  Fundort  lagen  noch  2  andere 
Flastophora-kritw.  in  je  einem  Exemplare  vor;  der  schlechte  Zustand 
derselben  macht  eine  Bestimmung  bzw.  Beschreibung  jedoch  un- 
möglich. 

Plastophora  solenojysidifi  n,  sp,    $. 

(Textfig.  D  u.  E.) 

Durch  den  Bau  der  Legeröhre  und  wahrscheinlich  durch  die 
Stirnbeborstung  von  den  übrigen  Flastophora-Xriexv  verschieden.  Von 
den  gewöhnlichen  Stirnborsten  scheinen  die  beiden  mittleren  der 
zweitvordersten  Reihe  zu  fehlen ;  sie  können  an  den  beiden  vor- 
liegenden Exemplaren  wohl  kaum  zufällig  abgebrochen  sein,  da  man 
sonst  wenigstens  die  Insertionspunkte  erkennen  müßte.  Ovipositor 
(Textfig.  D)  viel  kürzer  als  bei  PI.  cratvfordii,  wenig  länger  als 
das  6.  Abdominalsegment.     An  der  Basis  unten  2  Gruppen  von  je  2 


Fig.  E.     Flügel  von  Plastophora 
solenopsidis  n.  sp.   9.    Mikrophot.  Vergr. 


Fig.  D.   Hinterleibsende  nnd  Ovipositor  Yon  Plastophora  solenopsidis  n.  sp.  9-  Vergr. 

langen  abstehenden  ziemlich  starken  Haaren.  Im  übrigen  ist  der 
Ovipositor  aus  mehreren  Chitinteilen  zusammengesetzt;  äußerlich 
hervortretend  sind  eine  lange,  nach  hinten  stark  verschmälerte,  be- 
haarte obere  Deckplatte  und  2  seitliche,  schmale,  nach  oben  um- 
gebogene Plättchen.  Am  Ende  tritt  eine  unpaare  dünne  Chitin- 
lamelle zungenförraig  vor,  und  aus  dem  Innern  ragen  2  farblose 
faden-  oder  wurmförmige  x4nhänge  heraus. 


532  H.  Schmitz, 

Färbung  ähnlich  wie  bei  der  vorhergelienden  Art,  ebenso  die 
Bildung  und  Beborstung  des  Thorax  und  der  Beine.  Flügel  s.  Text- 
lig.  E  und  die  Beschreibung  bei  PI.  ivasmanni.  R2+3  an  der  Ur- 
sprungsstelle von  RiJ-5  schwach  aber  unverkennbar  geknickt.  Anal- 
ader merklich  schwächer  als  die  anderen  blassen  Adern.  Verliältnis 
der  Flügelbreite  zur  Länge  wie  2  :  5.     Costaläuge  =  Flügelbreite. 

Länge  des  ganzen  Tieres  +  1,6  mm,  der  Flügel  1,37  mm. 

Lebensweise.  Myrmecophil  bei  Solnwpsis  geminata  in  Süd- 
Brasilien.  Porto  Alegre  in  Rio  Grande  do  Sul,  P.  Schupp  legit 
5./6.  1892.    2  ??. 

Plastophora  fornilcariini  Vereall. 

Wie  oben  bereits  bemerkt,  ist  die  VERRALL'sche,  bis  jetzt  nur 
aus  England  bekannte,  Phora  formicarum  eine  Plastophora.  falls  man 
Pseiidacteon  Coquillett  nicht  als  berechtigte  Gattung  neben  Plasto- 
phora  anerkennt.  In  Wasmann's  Sammlung  ist  sie  nicht  vertreten, 
doch  lernte  ich  sie  durch  freundliche  Mitteilung  zweier  Exemplare 
von  Herrn  H.  St.  Donisthoepe  kennen.  Die  verwickelte  Namens- 
geschichte  dieser  mj^rmecophilen  Diptere  ist  folgende: 

Verrall,  in:  Journ.  Linn.  Soc.  London,  ZooL,  Vol.   13  [1877J,  p.   258, 

als  Phora   formicarum   n.  sp. 
LüBBOCK,    in:    Ameisen    und  Wespen,    Leipzig    1883,    p.  55  u.   371,    als 

Phora  fonnicarum  Verrall. 
Wasmann,    in:    Krit.   Verzeichnis    der    myrm.  u.   termitoph.  Arthropoden, 

Berlin   1894,  p.   174,  als  PJiora  formicarum   Verr. 
Becker,  in:  Die  Phoriden,  Wien  1901,  p.  68,  als  letzte  Art  der  IL  Gruppe 

der  Gattung  Phora  Latr.  {=  Äphiochaeta  Brues). 
Brues,    in:    Trans.    Araer.    entoraol.    Soc,    Vol.    29    [1903],    p.   375,    als 

einigermaßen  verwandt  mit  Melaloncha  Brues. 
— ,  in:   Ann.  Mus.  nation.  Hung.,  Vol.  3  [1905],  p.  552,   als  zweifelhaft  zur 

Gattung  PlaslopJiora  Brues  gehörig. 
— ,  in:    Phoridae.     Genera  Insectorum,  Brüssel   1906,  p.    11,   als  ?  Phisto- 

phora. 
— ,  in:  Entomol.  News,  Vol.  18  [1907],  p.  430  als  Phistoj)Jiora,  und  zwar 

prope  Plastophora  (Pseudacteon)  crairfordii. 
Wood,  in:  Entomol.  monthl.  Mag.  (2),  Vol.   19   [1908],  p.   168,    als  viel- 
leicht zu  Pseudacteon  Coquillet  gehörig. 
Donisthorpe,  in:    Zoologist,    Dec.   1909,    p.  466,    als  Phora  formicarum 

Verrall. 
Malloch,    in:    Proceed.  U.  S.  nation.  Mus.,  Vol.  43  [1912],  p.  551,  als 

Plastophora  form  icarii i)i . 
ScHJSlITZ,  in:  Naturhist.  Genootschap  Limburg  Jaarboek  1913,  p.  6 — -7,  als 

Pseudacleo7i  formicarum. 


Myrmecophile  Phorideu  der  WASMANN'scben  Sammlung.  533 


ApJiioeJiaeta  Brues  1903. 

Ein  in  einem  künstlichen  Neste  von  Polyergus  rufcscem  mit 
Formica  rufibarbis  als  Sklaven  1906  gezüchtetes  Exemplar  bestimmte 
Herr  Th.  Becker  als  Äphiochaeta  pulicaria  Fallen,  obwohl  das  Tier- 
chen einen  etwas  braunrötlichen  Ton  hatte,  besonders  im  Alkohol. 
Doch  stimmten  Becker's  Typen  von  pulicaria  sonst  mit  dem  frag- 
lichen Exemplar  überein.  Wahrscheinlich  kommen  hellere  Stücke 
von  pulicaria  auch  sonst  öfter  vor.  Brues  sagt  in  „A  monograph 
of  North  Amer.  Phoridae"  p.  371  von  den  amerikanischen  Exemplaren: 
„Very  offen  the  body  is  brownish  and  the  wings  clear  hyaline,  but 
all  seem  undoubtedly  to  belong  to  this  species."  Wood  spricht 
sogar  von  einer  gelben  Form  von  pulicaria  (in:  Entomol.  monthl. 
Mag.  [2],  Vol.  20,  p.  244:  „The  rare  yellow  form  looks  at  hrst  sight 
not  unlike  lutea  ')  or  still  more  scutellaris  .  .  .  It  appears  to  be  widely 
distributed;  I  take  it  here,  but  not  very  commonly  and  I  liave  also 
Seen  it  from  the  North  of  Scotland." 

Die  Lebensweise  von  Äphiochaeta  pulicaria  ist  wohl  keine  gesetz- 
mäßig myrmecophile,  obwohl  sie  mehrmals  in  Ameisennestern  ge- 
funden und  aus  solchen  gezüchtet  wurde  (s.  darüber  im  IL  Teile). 
Aber  diesen  Angaben  stehen  andere  von  ganz  verschiedenem  Inhalt 
gegenüber.  Schiner  gibt  an  (Diptera  austr.,  Vol.  2,  p.  341),  die 
Larven  seien  von  Schultz  im  Kuhdünger  gefunden  worden;  von 
RiTSEMA  wurde  die  Art  gezüchtet  aus  einem  Neste  von  Vespa  ger- 
manica (v.  D,  WuLP  en  DE  Meyere,  Nieuwe  Naamlijst  v.  Ned.  Dipt., 
p.  141);  Brues  erwähnt  Pilze  (Agaricus)  als  Fundort,  ebenfalls  nach 
Schiner;  Bequaert  führt  1  Exemplar  aus  der  Grotte  von  Eemou- 
champs  in  Belgien  an  (Onze  huidige  Kennis  van  de  Belgische 
Grottenfauna  in:  Handelingen  17.  Vlaamsch.  Nat.  Geneesk.  Congres 
Gent  20.— 22.  Sept.  1913).  Es  ist  allerdings  nicht  sicher,  ob  alle 
diese  Angaben  sich  auf  echte  pulicaria  beziehen,  da  diese  Art  zu 
einer  nach  Wood  sehr  schwierigen  Gruppe  von  Ä2Jhiochaeta- Arten 
gehört:  its  elucidation  has  been  a  vei-y  troublesome  and  perplexing 
business!  (Wood,  1.  c,  p.  240). 


1)    Auf    diese    Art    war    ich    tatsächlich    auch    bei    dem    vorliegenden 
Exemplar  durch  Becker's  Bestimmungstabelle  geführt  worden. 


534  ■  H.  Schmitz. 

B.    Piatyp horinae. 

Diese  Subfamilie,  von  Endeelein  1908  aufgestellt,  umfaßt  nach 
ihm  5  Gattungen,  von  denen  jedoch  2  nicht  aufrecht  erhalten  werden 
können,  nämlich  Termitodeipnus  End.,  die  von  Trägaedh  1909  ein- 
gezogen wurde,  und  Oniscomyia  End,,  deren  Repräsentant  0.  dorni 
End.  unzweifelhaft  ein  Aenigmaiias  Meinert  ist,  wie  unten  nach- 
gewiesen werden  wird.  Der  Sammlung  Wasmann  fehlen  die  Gat- 
tungen Aenigmaiistes  Shelfoed  und  PlafypJiora  Vereall  (Typen  im 
Pariser  bzw.  Britischen  Museum),  aber  sie  enthält  eine  neue  Gattung, 
die  zunächst  beschrieben  werden  soll  als 

Aenif/matojJoeus  n.  g.   $. 

Mit  den  wesentlichen  Merkmalen  der  Subfamilie  PlaUjphorinae 
Enderlein  Tribus  Platyphorim  Endeelein  1908,  also  aufs  nächste 
verwandt  mit  den  Gattungen  PlaUjphora  Vereall  1878,  Aenigmaiias 
Meinert  1890,  Aenigmaiistes  Sheleoed  1908,  doch  von  diesen  ins- 
gesamt oder  teilweise  durch  folgende  Merkmale  verschieden: 

Körper  im  Umriß  kurzoval,  an  die  Dytiscidengattung  Hyphydrus 
erinnernd,  im  allgemeinen  linsenförmig,  oben  im  Sinne  der  Median- 
linie und  quer  gewölbt,  unten  mit  gewölbtem  Bauch  und  ein- 
gesunkener Brust.  Da  die  größte  Breite  fast  -/g  der  Körpeilänge 
(ohne  Legeröhre)  beträgt,  so  erscheint  die  Gattung  relativ  bedeutend 
breiter  als  alle  bisher  bekannt  gewordenen.  Auch  die  lange  (bei 
allen  vorliegenden  Exemplaren)  ausgestülpte,  Sgliedrige  Legeröhre 
mit  dem  menschenfußähnlichen,  rechtwinklig  nach  oben  gebogenen 
Endgliede  ist  wahrscheinlich  für  diese  Gattung  charakteristisch 
(Taf.  30  Fig.  7  u.  8). 

Kopf  mit  breiter  hochgewölbter  Stirn,  mit  ziemlich  tiefen,  durch 
breiten  Zwischenraum  getrennten  Fühlergruben,  gerandetem  Scheitel 
und  etwas  ausgezogenen,  flachgerandeten  Hinterecken. 

2  seitlich  gerichtete,  nahe  beisammen  stehende  Borsten  jeder- 
seits  am  oberen  Vorderrande  der  Fühlergruben. 

Auf  der  Unterseite  eine  etwas  längere  Borste  zwischen  Augen 
und  Hinterrand  der  Fühlergrube  und  daran  anschließend  eine  zum 
Mundrande  hinziehende  Gruppe  von  Haaren. 

Augen  klein,  seitlich  am  Hinterrand  der  Antennengrube,  mit 
wenigen  Facetten  und  schwarzen,  pfahlwurzelähnlich  in  das  Kopf- 
innere hineinreichendem  Pigment  (Taf.  30  Fig.  9). 


Myrmecophile  Phoriden  der  WAsjiANN'schen  Sammlung.  535 

Fühler  g-ewölinlicli,  3g-liedrig-,  1.  Glied  unansehnlich,  2.  knopf- 
förmig-,  im  kiigligen  3.  verborg-en.    Fühlerborste  verästelt. 

Taster  groß,  blattartig-  abgeplattet,  mit  behaarter  Unterseite 
und  lang-en  gebogenen  Borsten  am  Vorderrande. 

Eüssel  klein,  ganz  in'die  etwas  konisch  vorstehende  Mundöffnung 
(Taf.  30  Fig.  8)  zurückziehbar  (Taf.  30  Fig.  9)  aus  einem  kleinen, 
aber  typisch  gebautem  Labrum  (Textfig.  G)  und  Labium  bestehend. 

Thorax  oberseits  von  der  Gestalt  eines  Abdominalsegments 
(Taf.  30  Fig.  7)  kurz  und  breit,  mit  jederseits  einer  Borste  am 
Seitenrande  hinter  der  Mitte.  Vorderrand  vom  platten  Hinterrand- 
teil des  Kopfes  überdeckt.  Hinterecken  des  Thorax  etwas  aus- 
gebuchtet mit  kleinem  schuppenförmigem,  nach  hinten  gerichtetem 
Vorsprung  (Taf.  30  Fig.  7  u.  8).  Unterseite  stark  abgeplattet  und 
bei  Seitenansicht  eingesunken  erscheinend,  hintere  Hälfte  mit  deut- 
lichen Nähten.  Die  dem  Kopf  anliegende  Vorderfläche  des  Thorax 
senkrecht  abgestutzt,  die  Hinterfläche  zunächst  unter  den  vorstehen- 
den Vorderrand  des  1.  Abdominaltergites  herabgedrückt,  dann  schräg 
nach  unten  und  hinten  ziehend. 

Abdomen  6gliedrig,  mit  3gliedriger  Legeröhre.  Das  1.  Tergit 
erscheint  am  längsten,  weil  alle  folgenden  bis  zur  Hälfte  vom  vorher- 
gehenden bedeckt  sind.  Tergiten  an  den  Seiten  nach  unten  um- 
gebogen, Seitenrand  am  1.  Tergit  mit  scharfer  Kante,  die  sich  bald 
abstumpft  und  in  sanfter  Rundung  verliert,  ßauchmitte  häufig, 
Sternitengrenzen  nicht  ausgebildet. 

Oberseite  des  ganzen  Tieres  (auch  das  5.  Abdominaltergit !)  mit 
feiner  Pubescenz,  die  auf  dem  Abdomen  an  den  Seiten  und  besonders 
auf  den  umgeschlagenen  ventralen  Partien  länger  wird. 

Beine  von  gedrungenem  Bau  mit  am  Ende  beborsteten  Hüften, 
verbreiterten,  platten  Schenkeln,  die  zur  Aufnahme  der  Schienen 
breit  gefurcht  ^)  sind.  Mittel-  und  Hinterschienen  mit  je  2  kräftigen 
Spornen.  Hinterer  Tarsus  außerhalb  der  Mittellinie  mehr  nach  der 
Innenecke  der  Schiene  zu  eingelenkt,  sein  Metatarsus  mit  Quer- 
reihen von  Dörnchen.  Alle  Tarsalglieder  mit  fast  parallelen  Seiten, 
nur  allmählich  sich  verjüngend.  Krallen  deutlich,  Pulvillen  gänzlich 
verkümmert. 

Flügel  und  Schwinger  fehlen. 


1)  Die  Furchen  kommen  dadurch  zustande,  daß  die  Dorsalfläche  der 
Schenkel  distal  eine  gewisse  Strecke  weit  blattartig  verbreitert  und  die 
Ventralfläche  ebendaselbst  verschmälert  und  einwärts  umgebogen  ist. 


536 


H.  Schmitz, 


Aenif/fnatopoeus  orbicularis  n,  sj),    $. 

(Taf.  30  Fig.  7—9,  Textfig.  F— K.) 

Länge  ohne  Legeröhre  1  mm,  mit  ihr  1,2  mm. 

Oberseite  dunkelbraun  bis  schwärzlich,  Unterseite  hellbraun, 
Fühler,  Rüssel  und  Legeröhre  weißlich. 

Schon  bei  auffallendem  Licht,  besonders  aber  bei  durchfallendem, 
erscheinen  Kopf,  Thorax,  1.  Hälfte  des  ersten  und  2.  Hälfte  des 
letzten  Abdominalsegments  von  oben  gesehen  heller  als  die  übrigen 


Abdul 
•Abdyni 

AbdE+X 


Fig-.  F.     Äenigmatopoeus  oriicularis  n.  sp.     9- 


Fig.  G. 

Labruni  von 

Äenigmatopoeus 

orbicularis.   9- 


Partien,  in  denen  überdies  in  regelmäßigen  Abständen  schmale  tief- 
dunkle Bänder  hervortreten.  Diese  Färbungseigentümlichkeiten 
beruhen  auf  zwei  Umständen.  Erstens  werden  die  Abdominaltergite 
vom  zweiten  an  jedesmal  zur  Hälfte  vom  vorhergehenden  bedeckt,  so 
daß  die  dunkle  Färbung  sich  summiert,  und  zweitens  ist  der  Vorderrand 
eines  jeden  Tergits  nach  unten  und  hinten  schmal  umgefalzt  und 
trägt  hier  (mit  Ausnahme  des  6.  und  vielleicht  auch  des  5.  Tergits) 
einen  feinen,  tiefschwarz  kolorierten  Streifen,  wodurch  die  ganz 
dunklen  Linien  entstehen.  Das  Übergreifen  der  hinteren  Tergit- 
ränder  ersieht  man  aus  Textflg.  F. 

Kopf  von   drei  Flächen   begrenzt   wie   eine  Viertelkugel,   einer 


Myrraecophile  Phorideii  der  WASMANN'schen  Sainmlung-.  537 

Ober-,  Hinter-  und  Unterfläche.  Oberfläche  hinten  mit  breitem 
flachem  Saum  über  den  Thorax  greifend,  Hinterfläche  im  allgemeinen 
eben  und  senkrecht,  nur  median  etwas  nach  hinten  erweitert,  Unter- 
fläche uneben,  mit  stark  hervortretender  Mundpartie. 

Fühlergruben  in  Form  einer  halben  Hohlkugel,  3.  Fühlerglied 
annähernd  kuglig,  pubescent,  Fühlerborste  bis  zum  Kopfhinterrande 
reichend  oder  noch  etwas  länger,  undeutlich  gegliedert,  aber  wahr- 
scheinlich doch  dreiteilig,  mit  kurzem  1.  Gliede. 

Augen  klein,  mit  10  einzeln  gewölbten  Facetten  in  3  unregel- 
mäßigen, annähernd  horizontalen  Reihen  zu  2,  4,  4.  Die  Pigment- 
schicht des  Auges  reicht  tief  nach  innen  und  scheint  sich,  bei  durch- 
fallendem Licht  gesehen,  wurzelartig  zu  verjüngen. 

Palpen  halb  so  breit  wie  lang,  sohlenartig  platt,  mit  7  starken, 
fein  verästelten  teils  ein-  teils  auswärts  gekrümmten  und  nach  oben 
gebogenen  Borsten  am  Vorderrande  und  einer  ebensolchen  mehr  auf 
der  Unterseite  in  der  Nähe  des  Yorderrandes.  Unterseite  mit  ca> 
25  Haaren  (Taf.  30  Fig.  9). 

Mundöfl:nung  vorn  von  dem  Rande  des  Epistoms  halbkreisförmig 
begrenzt,  von  der  Eiulenkungsstelle  der  Palpen  ab  nach  hinten  ver- 
schmälert, hinten  von  einer  vertikalen  Chitinplatte  umgeben  und 
ebenda  aus  der  Kopfunterfläche  allmählich  mehr  hervortretend,  am 
aboralen  Rande  behaart. 

Rüssel  klein,  bei  2  Exemplaren  ganz  in  die  Muudöffnung  zurück- 
gezogen, so  daß  nur  die  Labellen  als  kleine  weiße  Kissen  sichtbar 
sind,  bei  dem  3.  vorgestreckt  (Taf.  30  Fig.  8).  Die  Form  des  Labiums 
konnte  nicht  genauer  untersucht  werden;  es  ist  zweiteilig  und  am 
Rande  behaart.  Das  darüber  und  davor  eingelenkt  Labrum  ist  mehr 
pfriemlich,  nicht  so  breit  birnförmig  wie  bei  Thaumatoxena,  sonst 
aber  ganz  ähnlich.  Auch  mit  dem  Labrum  von  Crijptopteromyia  hat 
es  große  Ähnlichkeit.  An  Textfig.  G  erkennt  man  die  2  parallelen 
Chitinstäbchen  in  der  Mitte,  die  3  Chitinplatten  an  der  Spitze  und 
die  Muskeln  in  der  Wölbung  des  Lmern. 

Thorax.  Das  zunächst  auf  den  Kopf  folgende  Segment,  und 
nur  dieses,  repräsentiert  den  ganzen  Thorax,  wie  bei  Oniscomyia 
Enderlein.  Wie  aus  Textfig.  F  ersichtlich,  läßt  sich  ein  großer 
Mesothorax  und  ein  äußerst  kurzer  Metathorax  unterscheiden.  Der 
Mesothorax  ist  vorn  vom  Kopfhinterrande  eine  Strecke  weit  über- 
deckt. Der  Metathorax  ist  ganz  unter  die  Oberfläche  hin  abgedrückt, 
von  den  sich  berührenden  Rändern  des  Mesothorax  und  des  1.  Ab- 
dominaltergits  überlagert. 


^gg  H.  Schmitz, 

Thoraxunterseite  ausj^ehöhlt  erscheinend,  bedeutend  weiter  nach 
hinten  reichend  als  die  Oberseite  und  in  ihrer  hinteren  Hälfte  mit 
deutlichen  Nähten,  durch  welche  3  m.  o.  w.  rautenförmige  Bezirke 
(Epimeren  und  Episternen)  abgegrenzt  erscheinen. 

Die  Prothoracalstigmen  befinden  sich  an  der  vertikalen  Vorder- 
fläche des  Thorax,  liegen  also  der  Kopfhinterwand  m.  o.  w.  an. 
Hier  auch  jederseits  ein  Haar,  wie  bei  Aenigmatistes. 

Abdomen.  1.  Segment  nur  scheinbar  doppelt  so  lang  wie  die 
folgenden,  tatsächlich  die  3  ersten  Segmente  und  die  3  letzten  unter 
sich  nahezu  gleichlang,  die  letzteren  etwas  kürzer  als  die  1.  (Textfig.  F). 
Das  5.  Tergit  erscheint  besonders  kurz,  weil  seine  Basis  bis  mehr 
als  zur  Hälfte  vom  4.  bedeckt  wird.  Dies  Segment  ist  auch  dadurch 
ausgezeichnet,  daß  an  seinem  Grunde  (unter  der  Körperdecke  liegend) 
eine  schwache  Einkerbung  des  Vorderrandes  vorhanden  ist  —  viel- 
leicht eine  Andeutung  der  dem  5.  Tergit  anderer  Phoriden  eigen- 
tümlichen Drüse. 

Die  Pubescenz  aller  Tergite  ist  nicht  auf  die  unbedeckte  hintere 
Hälfte  derselben  beschränkt.  Die  Härchen  stehen  in  sehr  unregel- 
mäßigen Querreihen ,  in  der  Dichte  etwa  der  Taf.  30  Fig.  7  ent- 
sprechend. 

Legeröhre  3gliedrig  (Taf.  30  Fig.  7  u.  8),  1.  Glied  kurz,  mit 
trichterförmig  erweitertem  Eande,  2.  Glied  mit  einem  Kranze  von 
ca.  12  Haaren  auf  der  Mitte,  3.  Glied  senkrecht  nach  oben  um- 
gebogen, abgeplattet,  hinten  durch  viele  feine,  bei  schwacher  Ver- 
größerung eine  einheitliche  Platte  darstellende  Chitinstreifen  ver- 
steift. Analöffnung  dorsal  gelegen,  ringförmig,  Genitalöffnung  spalt- 
förmig,  an  der  Spitze  zwischen  beiden  sind  die  behaarten,  nach 
vorn  gerichteten  kolbenförmigen  Genitallamellen  eingelenkt.  Hinter- 
fläche des  3.  Gliedes  der  Legeröhre  (9.  -\-  10.  Abdominalsegment)  mit 
1  ßorstenpaar,  Seitenrand  in  der  Mitte  mit  2  Paar,  Vorderseite 
apical  mit  mehreren  Paaren  und  1  unpaaren  Borste. 

Beine  (Textflg.  H,  J,  K). 

Vorderhüften  sehr  groß,  mit  schmaler,  hakenförmiger  Basis  frei 
eingelenkt,  Mittel-  und  Hinterhüften  klein. 

Damit  hängt  zusammen,  daß  die  frei  vom  Körper  abstehenden 
Vorderschenkel  auf  beiden  Seiten,  die  anderen  nur  auf  der  ventralen 
Seite  behaart,  auf  der  dorsalen,  also  der  dem  Körper  zugewandten 
und  ihm  enge  anliegenden  aber  nackt  sind.  Vorder-  und  Hinter- 
schenkel je  doppelt  so  lang  wie  breit,  bei  dem  Mittelschenkel  ver- 
hält sich  Länge  und  Breite  wie  7 : 3.    Die  Schienen  alle  kürzer  als 


Myrmecophile  Phorirten  der  WASMANN'schen  Sammlung. 


539 


die  Schenkel,  3mal  so  lang  wie  breit,  Hinterschienen  relativ  noch 
etwas  länger.  Tarsen  an  den  Vorderbeinen  so  lang,  an  den  übrigen 
länger  als  die  Schenkel  und  die  Schienen. 


Fig.  H.  Fig.  J.  Fig.  K. 

Fig.  H — K.  Vorder-,  Mittel-  und  Hinterbein  von  Aenigniatopoeus  orbi- 
cularis  n.  sjy.    9.     In  verschiedenem  Mai^stabe  vergröl3ert. 

Die  Furche  an  der  Ventralseite  eines  jeden  Schenkels  ist  bei 
den  hinteren  Extremitäten  fast  so  lang  wie  die  in  sie  hineinpassende 
Schiene,  bei  den  Vorderbeinen  dagegen  wenig  ausgebildet,  flach  und 
kürzer  als  die  Schiene.  Die  Schenkelhaare  am  distalen  Rande  der 
Furche  sind  ein  wenig  stäi'ker  und  gerader  als  die  übrigen,  offen- 
bar um  das  richtige  Hineingleiten  der  Schiene  in  die  Schenkelfurche 
zu  sichern.  Diejenigen  Flächen  der  Tibien,  welche  in  eingeklapptem 
Zustande  der  Innenwand  der  betreffenden  Furche  dicht  anliegen, 
sind  unbehaart.  Alle  Schienen  und  Tarsen  dicht  und  in  ver- 
schiedener Weise  behaart  bzw.  bedornt: 

Vorder  schienen.  Ohne  Endsporne.  Behaarung  gegen  Ende 
dichter,  ganz  an  der  Spitze  eine  Reihe  von  6—7  Haaren  neben- 
einander, 

Vordertarsus.  Tarsalglieder  2—4  rundlich  oval,  durch  die 
Behaarung  fast  quadratisch  erscheinend,  wie  Tarsalglied  1  mit 
einer  Längsreihe  palisadenartig  dicht  aneinandergereihter  distal- 
wärts  umgelegter  Dörnchen. 

Pul  Villen  und  Empodium  undeutlich.  Während  man  bei 
mittelstarker   Vergrößerung   ganz   kurze,   zerschlitzte   Pulvillen   zu 


^40  H.  Schmitz, 

sehen  glaubt,  ist  es  bei  Ölimmersion  unmöglich,  sie  von  den  End- 
haaren des  5.  Tarsalgliedes  zu  unterscheiden.  An  den  Mittel-  und 
Hinterbeinen  sind  sie  sicher  nicht  vorhanden. 

Mittelschienen.  Mit  2  behaarten  Endsporaen:  einem  kür- 
zeren, etwas  dorsal  an  der  Außenseite  und  einem  (nur  wenig!) 
längeren,  etwas  ventral  an  der  Innenseite.  Innere,  d.  h.  dem  Femur 
zugekehrte  Seite  behaart,  gewölbt,  Außenseite  mit  2  Längszeilen  von 
Dörnchen  und  proximal  1  abgekürzten  ebensolchen  3.;  der  Eaum 
dazwischen  flach.  Haare  entlang  der  oberen  und  unteren  Außen- 
kante stärker  als  die  übrigen. 

Mitteltarsus.  Glied  1 — 4  am  Ende  innen  mit  spornartiger 
Borste.  Metatarsus  außer  der  gewöhnlichen  Behaarung  mit  5  Dörnchen- 
längszeilen:  1  dorsalen,  2  ventralen  und  2  an  der  Außenseite,  ferner 
mit  4  Querreihen,  ähnlich  denen  des  hinteren  Metatarsus,  jedoch 
aus  wenigen  und  starken  Haaren  bestehend.  Tarsalglied  2 — 4  dem 
Metatarsus  ähnlich  bezüglich  des  Haarbesatzes,  aber  ohne  Quer- 
reihen. 

Hinterschienen.  Mit  2  Endspornen  wie  Tibia  II.  Der 
kleinere  Sporn  erscheint  als  der  letzte  und  größte  einer  Reihe  von 
8  Dornen  entlang  der  dorsalen  Außenkante.  An  der  Außenseite 
eine  Dörnchenlängszeile  sowie  eine  Zeile  feinerer  Haare,  die  am 
Außenende  der  Schiene  in  einem  Kamm  endigt. 

Hin tertarsus.  Metatarsus  mit  2  ventralen,  2  außen-  und 
1  innenseitigen  Dörnchenlängszeile,'  mit  5Y2  Querreihen,  welche 
dorsal  je  mit  1  stärkeren  Haar  beginnen.  An  der  ventralen  Innen- 
kante eine  Reihe  von  8 — 9  stärkeren  Haaren,  Tarsalglied  2—4  mit 
Längszeilen,  5.  ohne  solche,  nur  einfach  behaart. 

Lebensweise. 

3  Exemplare  von  Rv.  Geg.  Schwab  am  18.  Aug.  1912  bei 
Anomma  sjöstedti  Em.  zu  Gr.  Batanga,  Kamerun,  entdeckt.^) 


1)  Während  des  Druckes  fand  sich  in  der  "WASMANN'schen  Sammlung 
noch  ein  Exemplar  aus  Stanleyville,  Congo  bei  Anoinma  kohli  Wasm., 
•das  aber  wahrscheinlich  eine  andere  Art  der  Gattung  Aenigmatopoeus 
repräsentiert. 


Myrmecophile  Phoriden  der  WASJiANn'sclien  Sammlung.  541 

Aenigniatias  Meine  rt. 

Aenigmatias  blattoicles  Meinert. 

Von  dieser  Art,  welche  in  der  Sammlung  Wasmann  nur  einmal 
vertreten  ist,  habe  ich  folgende  Exemplare  gesehen: 

1.  9.  Die  Type  von  Meineet,  aus  dem  Zool.  Museum  von  Kopen- 
hagen beschrieben  und  abgebildet  in:  Entomol.  Meddel.,  Vol.  2  [1890], 
p.  1—15,  tab.  4  flg.  1—6. 

2.  $  Ein  später  in  Dänemark  gefundenes  Exemplar,  aus  dem- 
selben  Museum. 

3.  $  Ein  von  Wasmann  1908  in  Luxemburg  in  einem  Beobach- 
tungsnest von  Formica  exseda  mit  Kokons  von  F.  fusca  gezüchtetes 
und  an  Meinert  verschenktes  Exemplar,  jetzt  in  demselben  Museum, 

4.  $  Ein  zugleich  mit  No.  3  gezüchtetes  Exemplar,  in  Coli. 
Wasmann  (No.  3  und  4  sind  erwähnt  in:  Biol.  Ctrbl.,  Vol.  28 
[1908],  p.  728-730). 

5.  $  Das  von  H.  St.  Donisthorpe  am  21.  Juli  1913  in  Schott- 
land bei  F.  fusca  entdeckte  und  in:  Entomol.  Record,  Vol.  25 
[1913],  p.  277 — 278  besprochene  Exemplar,  aus  dessen  Sammlung. 

Wahrscheinlich  sind  dies  alle  Stücke,  die  bisher  gefangen  wurden, 
wenigstens  fand  ich  sonst  keine  in  der  Literatur  erwähnt.  Sie  sind 
hier  einzeln  zu  besprechen,  erstens,  weil  die  Originalbeschreibung 
Meinert's  zu  manchen  Zweifeln  Anlaß  gegeben  hat,  und  zweitens, 
weil  kaum  eines  der  5  Exemplare  mit  dem  anderen  überein- 
stimmt. 

No.  1.  Die  Originaltype  ist  auf  Karton  aufgeklebt,  nur  ein 
Vorderbein  ist  sichtbar,  auch  den  Kopf,  den  Meinert  wahrscheinlich 
besonders  präpariert  hat,  sah  ich  nicht. 

Die  Färbung  ist  ein  Braun,  das  in  guter  Beleuchtung  deutlich 
rotbraun  erscheint  (Unterschied  von  No.  5),  Infolge  starker  Kon- 
traktion erscheint  das  Tier  kürzer  und  breiter,  als  es  Meinert  1.  c. 
üg.  1  dargestellt  hat.  An  dieser  Abbildung  ist  noch  folgendes 
Irreführend:  der  Ausschnitt  am  Hinterrande  des  Thorax  existiert 
nur  in  der  Perspektive,  ebenso  der  bogentörmige  Ausschnitt  des 
•6.  Tergits.  Das  scheinbare  7.  Tergit,  welches  diesen  Ausschnitt  auf 
der  Zeichnung  ausfüllt,  ist  in  Wirklichkeit  der  häutige  Hintersaum 
des  6.  Tergits,  der  zufällig  stark  gebräunt,  geschrumpft  und  wegen 
•der  vollständigen  Einziehung  des  Ovipositors  nach  unten  und  innen 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  35 


^A^^  H.  Schmitz, 

ffezoo-en  ist.  Der  von  Meinekt  gar  nicht  beschriebene  Ovipositor 
ist  ähnlich  wie  bei  Jenigmatias  (Oniscomyia)  dorni  End.  gebildet^ 
1.  Glied  kurz  und  breit  und  mit  vielen  chitinösen  Längsleisten  ver- 
sehen, 2.  mit  einem  Kranz  schwarzer  Doppelhäkchen^ 
die  auch  Enderlein  bei  seiner  Art  unerwähnt  gelassen  hat 
(s.  Näheres  bei  A.  dorni). 

Auch  die  übrigen  Figuren  von  Meineet  sind  in  manchen  Einzel- 
heiten mißverständlich  und  unzutreffend,  und  es  ist  erklärlich,  daß 
sie  Endeelein,  der  bei  Begründung  seiner  Gattung  Oniscomyia 
völlige  Genauigkeit  bei  ihnen  voraussetzte,  in  Irrtum  führen  mußten. 
Die  Vorderbeine  sind  wie  bei  dorni  End  ,  also  nicht  „pedes  graciles'V 
wie  Meinert  sich  ausdrückt.  An  der  Type  läßt  sich  auch  erkennen, 
wie  der  letzte  Satz  der  lat.  Originaldiagnose  zu  verstehen  ist:  „pilis- 
parvis  in  series  transversas,  in  margine  anolorum  (sie)  majoribus,. 
vestibus".  Es  ist  hier  nicht  der  Hin t er r and  der  Abdominal- 
segmente, sondern  der  Außenrand  der  Körpersegmente  gemeint, 
wo  die  Behaarung  —  wiederum  ganz  in  Übereinstimmung  mit  dorni 
Enderlein  —  an  gewissen  Stellen  etwas  länger  ist. 

No.  2.  Dieses  Exemplar,  von  dem  mir  nicht  mitgeteilt  wurde,, 
ob  und  bei  welchen  Ameisen  man  es  antraf,  ist  in  Alkohol  kon- 
serviert. Es  erscheint  kleiner  als  alle  anderen  wegen  starker  In- 
einanderschachtelung  der  Segmente;  die  Legeröhre  ist  z.B.  so  weit 
zurückgezogen,  daß  man  nichts  von  ihr  sieht,  nicht  einmal  den 
Hakenkranz  an  ihrem  Ende.  Da  man  aber  die  Eier  durchschimmern 
sieht  (wie  bei  allen  feucht  aufbewahrten  Uattoides  und  dorni,  die  ichi 
sah;  die  Eier  sind  länglich-oval  und  zahlreich!),  so  steht  auch  für 
dieses  Exemplar  das  Geschlecht  fest. 

Abweichend  und  auffallend  ist  die  große  Zahl  der  Borsten 
auf  der  Unterseite  des  Kopfes  (vgl.  Textfig.  L,  die  Reihe  beider- 
seits vom  Rüssel  bis  zu  den  Augen).  Sonst  beträgt  die  Anzahl' 
jeder  Reihe  im  Mittel  etwa  7,  hier  sind  es  links  12  und  rechts  11,. 
und  zwar  beginnt  die  Reihe  jederseits  mit  einer  Gruppe  von  6 — 7, 
ferner  wird  sie  am  hinteren  Augenrand  entlang  von  den  dort 
stehenden  ca.  11  Borsten  in  halber  Stärke  fortgesetzt  und  endigt 
oberhalb  der  Augen,  also  fast  auf  der  Oberseite  des  Kopfes,  mit 
einer  etwas  kräftigeren  Borste.  In  der  stärkeren  Ausbildung  der 
Augenhinterrand-Borsten  liegt  auch  sonst  ein  üntersclieidungsmerkmal 
von  Uattoides  gegenüber  dornig  doch  tritt  es  bei  diesem  Exemplar 
besonders  hervor.  Ferner:  der  linke  Taster  schon  von  der  Mitte 
an  beborstet,   im   ganzen  mit   9,   der  rechte  nur  an  der  Spitze  mit 


Myrmecophile  Phoriden  der  WASMANN'schen  Sammlung.  543 

6  Borsten.  Die  Taster  sind  niclit  'igliedrig-,  sondern  Igliedrig,  wie 
sie  Meinert  auch  selbst  zeichnet  (1.  c,  Fig.  Sy). 

No.  3.  Wegen  der  vorzüglichen  Konservierung  zum  Vergleiche 
mit  dorni  besonders  geeignet.  Man  erkennt:  Kopfform  die  gleiche 
wie  bei  dorni  (Seitenansicht!),  die  nur  schwach  angedeuteten  Fühler- 
gruben als  flache  Mulden  von  der  etwas  vorgewölbten,  dann  un- 
mittelbar über  dem  Mundrande  sanft  eingebogenen  Stirn  getrennt, 
3.  Fühlerglied  auch  hier  von  der  Seite  gesehen  oval  erscheinend 
wie  bei  dorni  (Taf.  30  Fig.  10),  Fühlerborste  völlig  gleich,  Taster 
keulenförmig,  rechter  mit  7,  linker  mit  4  Borsten,  Facettenauzahl 
ca.  70,  also  weniger  als  bei  dorni.  Vom  Mundrand  bis  zum  Auge 
jederseits  8  Borsten,  von  denen  die  4  ersten  eine  Gruppe,  die  fol- 
genden eine  Reihe  bilden.  Schlundgerüst  im  Innern  sehr  deutlich, 
an  den  „Kopftrichter"  von  Chonocephalus  erinnernd  (Wandolleck's 
fig.  12).  Das  eigentümlich  behaarte  „Flügelrudiment-'  von  dorni 
auch  hier  vorhanden,  davor  am  Seitenrande  des  Thorax  eine  längere 
Borste.  Ovipositor  mit  Chitinlängsleisten  und  Kranz  von  2X8  Doppel- 
haken an  der  Spitze,  5.  Tergit  gleich  den  anderen  gleichmäßig  chi- 
tinisiert  und  überall  behaart  —  wesentliches  Unterscheidungsmerkmal 
von  dorni  Enderlein. 

No.  4.  Dem  aus  demselben  Nest  stammenden  Exemplar  No.  3 
ziemlich  gleich,  Borsten  neben  der  Mundöffnuug  links  7  rechts  9. 
Die  Labellen  der  deutlich  vorstehenden  Proboscis  sind  bei  Uattoides 
mehr  und  länger  behaart  als  bei  dorni,  man  sieht  vier  größere  und 
mehrere  kleinere  Haare.  Von  den  6  Abdominalsegmenten  sind  bei 
diesem  Exemplar  das  1. — 3.  unregelmäßig  ineinandergestülpt,  das 
4.-6.  dagegen  auseinander  gezogen,  der  Vorderrand  des  6.  Tergits 
unregelmäßig  gekerbt,  Legeröhre  eingezogen,  der  fleischige  Zjiinder 
in  ihrem  Innern  (2.  Glied)  mehr  als  sonst  aus  der  Öffnung  hervor- 
tj'etend.     Hakenkranz  deutlich. 

No.  5.  Ein  großes,  trächtiges  Weibchen  in  der  Färbung  von 
No.  1 — 4  auffallend  abweichend,  grau  schwarz,  ohne  eine  Spur 
von  Rotbraun.  Es  handelt  sich  wahrscheinlich  um  eine  lokale  hoch- 
nordische Varietät,  für  die  ich  den  Namen  var.  highlandica  vor- 
schlage, nach  dem  Fundgebiete  im  schottischen  Inverness. 


1)    Übrigens    ist    gerade    diese    Figur    Meinert's     ziemlich    rätselhaft 
und  offenbar  ungenau. 


35* 


A^^  H.  Schmitz, 

Lebensweise. 

Parasitisch  in  den  Puppen  von  Formica  fusca.  Sclüüpft  meist 
im  Juli  und  lebt  vielleicht  zeitweilig-  außerhalb  der  Nester.  Vgl. 
Wasmann,  Nachtrag-  zu :  Weitere  Beiträge  zum  sozialen  Parasitismus 
und  der  Sklaverei  bei  den  Ameisen  in:  Biol.  Ctrbl.,  Vol.  28  [1908], 
3.  Aenigmatias  ein  Parasit  der  Ameisenpuppen?,  p,  728 — 730.  Von 
den  dort  erwähnten  J.ewi^ma^ias- Funden  bezieht  sich  nur  der  letzte 
vom  10.  Juli  1908  auf  hlaUoides,  die  drei  vorhergehenden  3i\\f  Aenig- 
matias {Oniscomyia)  dorni  Enderl.,  wie  unten  gezeigt  werden  wird. 
Damit  ist  auch  klargestellt,  welches  die  ausschließliche  Wirtsameise 
von  Ae.  Uattoides  Meineet  ist.  Bei  F.  rufibarbis  ist  nie  ein  echter 
hlattoides  gefunden  worden.  Von  den  5  oben  beschriebenen  Exem- 
plaren ist  für  No.  2  die  Wirtsameise  unbekannt,  No.  1  und  5  wurde 
in  /Msca-Nestern  im  Freien  angetroffen,  No.  3  und  4  entwickelten 
sich  in  einem  Beobachtungsnest  von  F.  exseda-fusca,  und  Wasmann 
weist  1.  c,  nach,  daß  sie  sich  nur  aus  Kokons  von  F.  fusca,  die 
16  Tage  vor  dem  Ausschlüpfen  der  Aenigmatias  in  das  exsecta-Nest 
gegeben  worden  waren,  entwickelt  haben  konnten. 


Aenigmatias  dorni  Enderlein. 
(Taf.  30  Fig.  10—12  und  Textfig.  L.) 
Syn. :    Oniscomgia  dorni  Enderlein. 

Die  Unterscheidung  und  Beschreibung  dieser  interessanten  Art, 
die  der  MEiNERT'schen  äußerst  ähnlich  ist,  bleibt  ein  Verdienst  des 
Stettiner  Entomologen,  wenn  auch  die  dafür  kreierte  Gattung  un- 
haltbar ist.  Die  letztere  wurde  irrtümlich  errichtet  für 
1  Exemplar,  dem  zufällig  beide  Taster  fehlten.  Den 
Beweis  liefert  das  Material  der  WASMANN'schen  Sammlung.  Sie 
enthält  3  Stücke,  die  vollständig  mit  Oniscomyia  dorni  überein- 
stimmen, aber  große,  keulenförmige,  an  der  Spitze  stark  beborstete 
Taster  von  ähnlicher  Bildung  wie  bei  blattoides  besitzen. 

Man  vergleiche  fig.  7  von  Enderlein  (in:  Zool.  Jahrb.,  Vol.  27, 
Syst.  [1908],  tab.  7)  mit  meiner  Taf.  30  Fig.  10.  Beide  stellen  den 
Kopf  von  der  Seite  dar,  bei  Enderlein  etwas  schräg  von  unten, 
bei  mir  ein  wenig  schräg  von  oben  gesehen  (dadurch  erklären  sich 
einige  unbedeutende,  rein  perspektivische  Unterschiede).  Was 
Enderlein  für  den  s  e  h  i"  s  t  a  r  k  reduzierten,  nur  noch  durch 


Myrmecophile  Phorideu  der  WAsiiANN'scheu  Sammlung. 


545 


ein  knopfartiges  Rudiment  dargestellten  rechten  und 
linkenMaxillarpalpus  hält,  sind  in  Wirklichkeit  d  i  e  beiden 
Labellen  derProboscis.  Diese  weisen  auch  bei  den  Wasmann- 
schen  Exemplaren  keine  Beborstung  auf,  sondern  —  genau  wie  bei 
Enderlein  —  nur  einzelne  sehr  feine  Härchen,  von  denen  bei  Profil- 
ansicht je  3  sichtbar  werden.  (Vgl.  hierzu  die  Artbeschreibung  bei 
Endeelein  :  „Jede  der  knopfförmigen  Rudimente  der  Maxillarpalpen 
mit  3  winzigen  Härchen".)  Indem  nun  Endeelein  die  wahre 
Proboscis  gänzlich  verkannte,  wurde  er  dazu  geführt  zu  behaupten: 
„Rüssel  fehlt  völlig  und  ist  nur  noch  durch  ein  höckerartiges 
Rudiment  angedeutet."  Dieses  höckerartige  Rudiment  ist  nichts 
anderes  als  das  aus  einer  etwas  gewölbten  Chitinplatte  bestehende 
Hypostoni,  also  die  hintere  Begrenzung  des  Atrium  buccale 
(Fig.  10  liypost). 


Fig.  L.     Aenigmatias  dorni  Enderlein,   Kopf  von  unten.     A  Augen,    mr  Mund- 
rand,    hup  linker  Maxillarpalpus.  Ijjr  Labellen  der  Proboscis. 


Aus  dem  Innern  dieses  letzteren  ragen  nun  die  an  dem  Endeelein- 
schen  Exemplar  offenbar  zufällig  fehlenden  wirklichen  Palpen  hervor 
(Taf.  30  Fig.  10  rmx2),  vgl.  auch  Textfig.  L).  Sie  sind  schwach 
keulenförmig  und  gegen  das  Ende  hin  mit  einer  variabeln  Anzahl 
ziemlich  ansehnlicher  Borsten  besetzt. 

Die  Fühler,  die  Augen,  die  Kopfform  und  anderes  stimmen  in 
unseren  Zeichnungen  überein.  Es  ist  jedoch  zu  bemerken,  daß  auch 
bei  A.  dorni  die  Fühler  nicht  „ögliedrig"  sind,  sonder  „6gliedrig" 
bzw.  3gliedrig  mit  3teiliger  Borste.  Das  2.  ist  im  3.  in  der  be- 
kannten Weise  eingeschlossen.  Die  Längen-  und  Dickenverhältnisse 
der  3  Fühlerborstenglieder  fand  ich  so,  wie  es  in  Taf.  30  Fig.  10  dar- 
gestellt ist.    In  Textfig.  L  ist  das  Basalglied   der  Borste  nicht  zu 


546  H.  Schmitz, 

sehen.  Die  Augenhinterrandborsten  fehlen  bei  Endeelein,  sie  sind 
auch  in  der  Tat  bei  dorni  zum  Unterschied  von  Uattoides  nur  schwach. 
Der  Unterschied  in  der  Behaarung  der  Kopfoberseite  (vorn  sehr 
fein,  hinten  stärker)  tritt  zufällig  bei  dem  von  mir  abgebildeten 
Exemplar  weniger  als  bei  den  anderen  hervor.  Bei  Uaüoides  ist 
dieser  Unterschied  auffallender. 

Nach  dem  Vorstehenden  kann  es  wohl  keinem  Zweifel  unter- 
liegen, daß  Oniscomyia  als  Synonym  zu  AenigmaUas  eingezogen  werden 
muß.  Von  letzterer  sagt  Endeelein  :  Sie  steht  Oniscomyia  sehr  nahe 
und  unterscheidet  sich  von  ihr  durch  folgendes:  Maxillarpalpus  lang- 
gestreckt, beborstet,  2gliedrig  und  etwas  gekrümmt;  Proboscis  vor- 
handen (sehr  klein);  Beine  schlank.  Diese  Angaben  beruhen  auf 
der  Darstellung  von  Meineet,  die,  wie  oben  nachgewiesen,  teilweise 
ungenau  ist;  sobald  sie  berichtigt  wird,  fällt  jeder  Gattungs- 
unterschied weg. 

Es  bleibt  allein  ein  Artunterschied:  die  Beschaffenheit  des 
5.  Tergits.  Die  etwas  knappe  Schilderung  lautet  bei  Endeelein, 
1.  c,  p.  151:  5.  Tergit  mit  Ausnahme  der  Seiten  völlig  ohne 
Pubescenz,  sehr  dünnhäutig  (p.  152  .  .  .  und  ohne  Chitinstrukturen). 

Ich  möchte  darauf  aufmerksam  machen,  daß  man  manchmal  sehr 
genau  zusehen  muß,  um  dieses  Merkmal  zu  verifizieren,  weil  die 
Tergite  so  sehr  ineinander  geschoben  sein  können,  daß  man  vom 
5.  Tergit  nur  die  normal  chitinisierten  und  normal  behaarten  Seiten 
gewahrt.  So  ist  es  z.  B.  bei  dem  Exemplar  Wasmann's  vom  31./7.  1905. 
Sind  dagegen  die  Somite  weit  auseinandergezogen,  so  fällt  am 
5.  Tergit  der  helle  weichhäutige,  ganz  unbehaarte  Bezirk,  der  vom 
Vorder-  bis  zum  Hinterrande  reicht,  sofort  auf.  Bei  dem  abgebildeten 
Hinterleibsende  Taf.  30  Fig.  11  ist  die  weiche  Partie  des  5.  Tei'gits 
größtenteils  unter  dem  Hinterrande  des  4.  verborgen,  dagegen  wird 
die  Basis  des  6.  Tergits  nur  ganz  schmal  vom  Hinterrande  des  5. 
überlagert.    All  dies  ändert  sich  von  einem  Exemplar  zum  anderen. 

An  derselben  Fig.  11  ist  ersichtlich,  daß  auch  der  Hinterrand 
des  6.  Tergits  weichhäutig,  aber  mit  einigen  kräftigen  Haaren  be- 
setzt ist:  genau  so  wie  bei  A.  Uattoides.  Von  der  Unterseite  und 
stärker  vergrößert  wird  das  6.  Segment  mit  der  Legeröhre  in  Taf,  30 
Fig.  12  dargestellt.  Über  den  Bau  der  Legeröhre  vollständig  ins 
klare  zu  kommen,  ist  ohne  frisches  Material  schwer.  Nach  meiner 
Ansicht,  die  ich  besonders  durch  Untersuchung  des  in  Coli.  Wasmann 
trocken  präparierten  ganz  vorzüglichen  ICxemplars  vom  19.  Juli  1904 
gewonnen  habe,  ist  die  Legeröhre  sicher  2-,  vielleicht  3gliedrig. 


Myrniecophile  Phoriden  der  WASMANN'schen  Sammlung.  547 

Das  die  anderen  an  Volumen  weit  übertreffende  1.  Glied  ist 
kurz  und  breit,  kegel-  oder  glockenförmig,  die  Wandung  chitinisiert, 
mit  vielen  sich  teilenden  Chitin  streifen  versteift;  hinten  befindet  sich 
«ine  kleine  kreisförmige  Öffnung,  die  wahrscheinlich  dorsal  in  einen 
Spalt  nach  vorn  sich  fortsetzt,  dessen  ßänder  bei  Hervorstülpung 
des  im  1.  Glied  verborgenen  weit  dünneren  2.  Gliedes  m.  o.  w. 
auseinanderweichen.  Jene  Öffnung  wird  von  einem  Hakenkranz 
{16  Haken)  umsäumt,  der  aber  vermutlich  dem  2.  Gliede  der  Lege- 
röhre angehört,  welches  bis  zu  diesem  Kranze  eingezogen  zu  werden 
pflegt.  So  kommt  der  tiefschwarze  Hakenkranz  an  die  Spitze  der 
scheinbar  Igliedrigen  Legeröhre  zu  liegen. 

Das  2.  Glied  der  Legeröhre  ist  auf  Taf.  30  Fig.  12  im  Innern 
des  1.  als  fleischiger,  zentraler  Zylinder  (durch  punktierte  Linien 
angedeutet)  sichtbar.  Was  nun  auf  der  Abbildung  als  zweilippiges 
behaartes  Ende  dieses  Zylinders  aus  dem  Hakenkranz  und  der 
runden  Öffnung  des  1.  Gliedes  herausragt,  ist  entweder  wirklich 
seine  Endregion  oder  aber  ein  kurzes  3.  Glied  des  Ovipositors,  und 
der  Hakenkranz  stünde  dann  auf  der  Grenze  zwischen  dem  2.  und 
3.  Gliede. 

Die  „Subgenitalplatte"  Endeelein's  scheint  dem  2.  Gliede  der 
Legeröhre  anzugehören. 

Daß  die  letztere  wirklich  mehrgliedrig  ist,  wird  übrigens  schon 
durch  folgenden  Passus  von  Donisthorpe  über  Aenigmatias  Uattoides 
nahegelegt  (in:  Entomol.  Rec,  Vol.  25  [1913],  p.  277):  „When  placed 
in  a  tube  the  anal  segments  of  the  insect's  body  were  observed  to 
be  rapidly  exserted  and  retracted." 

Die  schwarzen  Haken,  die  weder  Enderlein  noch  Meinert  er- 
wähnt, nehmen  von  oben  nach  unten  an  Größe  zu  und  sind  zwei- 
spitzig, so  daß  man  bei  ungünstiger  Stellung  des  Objekts  leicht 
2  Hakenkränze  hintereinander  zu  sehen  vermeint. 

Lebensweise. 

Wie  bei  A.  hlattoides  parasitisch  aus  Ameisenpuppen  meist  im 
Juli  sich  entwickelnd.  Die  Wirtsameise  ist  fast  sicher  Formica  rufi- 
harUs.  P.  Wasmann  schließt  das  (nach  mündlichen  Mitteilungen) 
aus  den  Umständen,  unter  welchen  die  4  bis  jetzt  bekannten  Exem- 
plare gefunden  worden: 

No.  1.  Die  Type  von  Endeelein  auf  dem  Grunde  eines  Nestes 
von  Polyergus  rufescens  am  18.  August  1907,  Hohe  Wart,  Zeyern  bei 
Kronais  in  Oberfranken.    Polyergus  hat  bei  uns  keine  eigenen  Gäste, 


^^g  H.  Schmitz, 

sondern  nur  diejenigen  ihrer  Sklavenarten  Formica  fusca  oder  riiß- 
barbis.  Bei  fusca  lebt  blattoides,  also  dorni  wahrscheinlich  bei  ruß- 
barbis.  Leider  ist  nicht  angegeben,  welche  Sklavenart  in  jenem 
Pohjergus-^est  vorkam. 

No.  2.  Alkoholexemplar  Coli.  Wasmann,  gefangen  17.  Juli  1902, 
Luxemburg.  Hierüber  sagt  Wasmann  in :  Biol.  Ctrbl.,  Vol.  28  [1908] 
p.  729):  „Am  17.  Juli  1902  ließ  ich  in  meinem  Zimmer  aus  einem 
LuBBOCK-Nest  mit  Formica  rufibarbis,  denen  ich  einige  Zeit  vorher 
Arbeiterkokons  von  Lasius  niger  gegeben  hatte,  die  Ameisen  in  ein 
anderes  LuBBOCK-Nest  umziehen.  Plötzlich  sah  ich  auf  der  Außen- 
seite der  Glasröhre,  welche  beide  Nester  verband,  eine  Äenigmatias 
hurtig  umherlaufen  ...  Ob  die  kleine  Fliege  in  diesem  Falle  ur- 
sprünglich zu  F.  rufibarbis  gehörte  oder  ob  sie  mit  den  Kokons  von 
Lasius  niger  in  das  Beobachtungsnest  gelangt  war,  blieb  zweifelhaft." 

No.  3,  Das  trocken  präparierte  Exemplar  der  Coli.  Wasmann. 
Herkunft  1.  c:  „Das  zweite  Exemplar  von  Äenigmatias  fing  ich  im 
Garten  unseres  Hauses  (Bellevue,  Luxemburg)  am  19.  Juli  1904  unter 
einem  Steine,  der  ein  zusammengesetztes  Nest  von  F.  rufibarbis  mit 
Lasius  niger  bedeckte.  Auch  in  diesem  Falle  ließ  sich  nicht  fest- 
stellen, zu  welcher  der  beiden  Ameisenarten  der  Gast  gehörte." 

No.  4.  Coli.  Wasmann,  in  Alkohol  kons.  Herkunft  Wasmann 
1,  c:  „Das  dritte  Exemplar  fand  ich  am  31.  Juli  1905  unter  einem 
Steine  in  unserem  Garten,  der  ein  reines  rufibarbis-'Sest  bedeckte. 
.  . .  Diesmal  war  über  ihre  Zugehörigkeit  zu  F.  rufibarbis  kein 
Zweifel." 

Alle  diese  Exemplare  sind  Weibchen.  Es  ist  also  immer  noch 
eine  offene  Frage,  ob  Platyphora  lubbocM  das  c^  einer  Aenigmaiias- 
Art  ist  oder  nicht.  Die  Wirtsameise  der  VEKßALL'schen  Type  läßt 
sich  nicht  feststellen;  neuerdings  sind  2  Exemplare  bei  Formica 
sanguinea  gefangen  worden  (s.  IL  Teil).  Daraus  läßt  sich  vorläufig 
nichts  schließen,  weil  F.  sanguinea  in  gemischten  Kolonien  mit  fusca 
und  rufibarbis  lebt  und  deren  Kokons  raubt.  Platyphora  lubbocU  kann 
also  ebensogut  auf  eine  besondere  Gast-  bzw.  Parasitenart  von 
sanguinea  als  auf  blattoides  ^  (Parasit  von  fusca)  oder  auf  dorni  ^ 
(dto.  von  rufibarbis)  bezogen  werden.  Es  zeigt  sich  hier  wieder  ein- 
mal, wie  wichtig  es  bei  Myrmecophilen-Funden  ist,  auf  die  Wirts- 
ameise und  ihre  etwaigen  Sklaven  genau  zu  merken. 


Myrmecophile  Phoriden  der  WASMANN'schen  Sammlung.  549 

Allgemeine  Bemerkungen   über  die  myrmecophilen 
P 1  a  t  y  p  h  0  r  i  n  e  n. 

Die  myrmecophilen  Platijphorinae  gehören,  soweit  bis  jetzt  be- 
kannt, alle  zur  Tribus  Flatyphorini  Enderlein.  Alles,  was  Endee- 
LEiN  zur  Charakteristik  seiner  Subfamilie  1.  c.  p.  146  sagt,  kann  ich 
für  diese  Tribus  vollständig  bestätigen;  mit  Tliaumatoxena  habe 
ich  mich  nicht  beschäftigt,  kann  daher  nicht  beurteilen,  ob  der 
Widerspruch  Teägardh's  {Cryptopteromyia  etc.,  1909,  p.  341  ff.)  gegen 
Enderlein's  Auffassung  der  Thoraxbildung  (Oniscomyia  etc.,  1908, 
p.  146)  berechtigt  ist.  Daß  die  Thamnatoxenini  überhaupt  eine 
Tribus  der  PlatypJwrinae  bilden,  nehme  ich  wegen  der  doch  sehr  be- 
deutenden Unterschiede  nur  mit  Vorbehalt  an. 

Als  Thorax  ist  immer  nur  das  erste  auf  den  Kopf 
folgende  Körpersegment  aufzufassen.  Spuren  des  Pro-  und 
Metathorax  sind  an  diesem  Segment  aufzusuchen,  alle  Beinpaare 
sind  an  ihm  eingelenkt.  Der  folgende  Abschnitt  ist  also  immer  das 
1.  Abdominalsegment,  und  Meinert,  Coquillett,  Shelford  sind  alle, 
jeder  in  verschiedener  Weise,  im  Irrtum. 

Das  Abdomen  ist  überall  6gliedrig.  P]ine  Drüsenöffnung  auf 
dem  5.  Tergit  ist  nicht  vorhanden;  bei  2  Arten  ist  es  jedoch 
weichhäutig  bzw.  „bereift"  {Aenigmatias  dorni  End.  und  schwarten 
Coquillett). 

Alle  bis  jetzt  bekannten  Exemplare  sind  Weibchen  (außer 
Plafyphora  lubbochi?'^)).  Coquillet  will  zwar  seine  Art  als  Männ- 
chen betrachtet  wissen,  aber  seine  Gründe  sind  unstichhaltig  und 
die  besondere  Bildung  des  5.  Tergits  weist  unzweifelhaft  auf  ein  $ 
hin.  Shelford  hält  seinen  Aenigmatistes  auch  selbst  für  ein  $, 
allerdings  mit  Zweifel. 


1)  Aus  welchem  Grunde  man  die  Originaltype  von  Verrall  all- 
gemein als  (J  in  der  Literatur  verzeichnet  findet,  weiß  ich  nicht.  Verrall 
selbst  sagt :  I  am  unable  to  divide  on  the  sex !  Leider  kennte  ich  die 
beiden  neuerdings  von  DONISTHORPE  gezüchteten  Stücke  nicht  zur  An- 
sicht erhalten. 


;^50  H    Schmitz, 


Zweiter  Teil. 

Kritische  Übersicht  der  bis  Anfang  1914  bekannt  gewordenen 
niyrmecophilen  und  termitopliilen  Phoriden. 

Von  der  Literatur  sind  nur  die  ersten  Beschreibungen  und 
eventuell  neue  Tatsachen  oder  Gesichtspunkte  enthaltende  spätere 
Erwähnungen  ausgeführt;  infolgedessen  sind  die  Monographien  von 
Beckee,  Brües,  Wood  und  Malloch  nur  in  speziellen  Fällen  zitiert. 

Erste  Abteilung.     Mj^-mecophile  Phoriden. 

A.    Subfam.  Platifpliorinae  Enderlein. 

Tribus  Platyphorini  Endeelein. 

1.    Platyphora  Vereall  1878.     c^(?). 
Yereall,  in:  Journ.  Linn.  Soc.  London,  Vol.   13  (1878),  p.  259. 

Plciti/phora  lubbocki  Vereall.     c^(?). 
Vereall,  1.  c 

In  Ameisennestern  ohne  Artangabe. 

LuBBOCK,   Ameisen,   Bienen  und  Wespen,    1883,   p.   371. 
WaSMANN,    Kritisches  Verzeichnis    der    niyrmecophilen    und    termitophilen 
Arthropoden,  Berlin   1894,  p.    174. 

Donistoepe,  H.  St.,    erzog  nach  brieflicher  Mitteilung  2  Exem- 
plare   aus    einem   Nest   von   Fonnica  sanguinea   Late.   in   England. 
IL  und  26.  Juli  1913. 
Malloch,  in:  Ann.  Scott,  nat.  Hist.,  Jan.   1910. 

Exemplare  von  New  Forest,  Schottland. 

2.   Aenigmatias  Meineet  1890.    $. 
Meinert,  in:  Entomol.  Meddel.,  Vol.  2  (1890),  p.  212—227. 

Aenif/niatias  hlattoides  Meineet.     $. 
Meineet,  1.  c. 

Bei  Formica  fusca  L.  Geel  Skov  bei  Kopenhagen,  15.  August 
1890.     1  $. 

Wasmann,  Krit.  Verz.  etc.,  p.   175. 


Myrmecophile  Phoriden  der  WASMANN'schen  Sammlung-.  551 

Bei  F.  fusca. 
Wasmann,  in:  Biol.   Ctrbl.,  Vol.  28  (1908),  p.   227. 

In  einem  Beobachtungsnest  von  F.  exseda  mit  fusca  aus  fusca- 
Kokons  gezogen  2  Exemplare,  Luxemburg,  10.  Juli  1908. 

Aenigmatias  blattoides  vav  higJilandica  Schmitz.    $. 

Schmitz,  s.  oben  im   1.  Teile. 

DONISTHORPE,   in:   Entomol.   Record,   Vol.   25   (1913),  p.   277 — 278. 

1  Exemplar  ($)  in  einem  Neste  von  F.  fusca  am  31.  Juli  1913, 
Forest  Lodge  Nethy  Bridge,  Inverness,  Schottland. 

Aetiif/tnatias  schwarten  Coquillett.    $. 

COQUILLETT,  in:   Canadian  Entomol.,   Vol.   35   (1903),  p.  20—22. 

Ein  Exemplar  (angeblich  ,$)  im  Sommer  1901  bei  Flagstaff, 
Arizona,  U.  S.  A.  Wahrscheinlich  myrmecophil,  obwohl  nicht  bei 
Ameisen  gefunden.  Denn  nach  WaSxMann  leben  auch  die  anderen 
Aenigmatias-Axttw  vermutlich  nur  zur  Fortpflanzungszeit  in  den 
Ameisennestern. 
Malloch,  in:  Proc.  TJ.  S.  nation.  Mus.,  Vol.  43  (1912),  p.   511, 

erwähnt  ein  zweites  Exemplar  aus  Bozeman,  Montana.  „Taken 
in  a  greenhouse". 

Aenigniatias  dornt  Endeelein.    o. 

Enderlein,  in:  Zool.  Jahrb.,  Vol.  27,  Syst.  (1908),  p.  145  —  156,  tab.  7 
fig.   1-8. 

Von  Enderlein  als  „Oniscomyia  dorm,  eine  neue  deutsche  als 
Ameisengast  lebende  flügellose  Fliegengattung''  beschrieben,  aber 
als  Gattung  nicht  haltbar  (vgl.  1,  Teil). 

1  $  in  einer  Kolonie  von  Polyergus  rufescens  Latr.  am  18.  August 
1907  Hohe  Wart  b.  Zeyern  (bei  Krön  ach)  in  Bayern. 
WasMANN,  in:  Biol.  Ctrbl.,  Vol.  28  (1908),  p.  729 

als  Ä.  blattoides  Meinert  bei  F.  rufibarbis. 

{Onisconiyia  Enderlein  1908.) 
Siehe  unter  Aenigmatias  dorni  Enderlein. 

3.   Aenif/niatistes  Shelford  1908.    ?. 

ShelfoRD,  in:  Trans.  Linn.   Soc.  London,  Vol.  30  (1908),  p.  150  — 155, 
tab.   22,  fig.   1—5. 


gg2  H.  Schmitz, 

Aenigmatistes  africanus  Shelfoed.    $. 

SHELrOED,    1.    C. 

Wirt  unbekannt.  Über  die  Lebensweise  sagt  Shelfoed  p.  154 : 
Unfortunately  nothing-  is  known  of  tlie  Imbits  of  Aenigmatistes;  the 
unique  specimen  was  found  in  a  miscellaneous  coUection  of  insects 
sent  to  the  Paris  Museum. 

1  $  Kisumu,  Victoria  Nyanza,  Britisch  Ost- Afrika  (Ch.  Alluaud, 
1904).    Wahrscheinlich  myrmecophil,  wie  auch  Endeelein  vermutet. 

4.   Aenifßmatopoeus  n.  ff.    ?. 

Schmitz,  im  1.  Teile. 

Beschreibung  s.  oben  S.  534  ff. 

Aenigniatopoeus  orhicAilaris  n,  sp,    $. 

Schmitz,  s.  o. 

Bei  Anomma  sjöstedti  3  $$  von  Eev.  G.  Schwab  am  18.  August 
1912  in  Gr.-Batanga,  Kamerun,  entdeckt  und '  an  P.  E.  Wasmann 
gesandt. 

B.    Subfam.  PJwrinae  Endeelein, 

5,  6,  7.   Hypocera  Lioy   1864.    (^,  $.    Phora  Late.  1802.    c^,  ? 
(=  Trineura  Meig.  1803).    Aphiochaeta  Beues  1903.    c^,  $. 

Verschiedene  Arten  dieser  Gattungen  sind  in  Ameisennestern 
sowohl  auf  dem  Kontinent  als  ganz  besonders  in  England  beobachtet 
worden  und  manche  mehrmals.  Von  einigen  Aphiochaeta-  und 
Hypocera- Arten  steht  fest,  daß  sie  in  Insecten  oder  Insectenlarven 
parasitieren  (z.  B.  Hypocera  vitripennis  in  Wespenlarven),  und  so  ist 
es  nicht  ausgeschlossen,  daß  es  auch  solche  gibt,  die  gelegentlich 
oder  gesetzmäßig  bei  Ameisen  schmarotzen.  Die  englischen  Forscher, 
die  Herren  Donisthoepe  und  Dr.  Wood,  sind  jedoch  nach  brieflicher 
Mitteilung  überzeugt,  daß  fast  alle  Arten  nur  zufällige  Gäste  der 
Ameisen  waren,  die  man  auch  außerhalb  der  Nester  antrifft.  Folgende 
Hypocera-,  Phora-  und  Aphiochaeta- Arten  werden  in  der  Literatur 
erwähnt : 

Hypocera  femorata  Meig.,  Syst.  Beschr.  Vol.  6,  2113,  5.     ^,  $. 
Beckee,  Die  Phoriden,   Wien   1901,  p.   41   (als  Phora). 


Myrmecophile  Phoriden  der  WASMANN'schen  Sammlung.  553 

Nach  brieflicher  Mitteilung-  von  Donisthoepe  in  einem  Nest  von 
Myrmica  ruginodis.  Nethj^  Bridge,  Inverness,  Mai  1912. 

Phora  {Trineurä)  aierrima  F.     ^,  $. 

DCNISTHORPE,    in:    Entomol.  ßecord,    Vol.   21  —  22  (1910),    No.   10,   11, 
8.  p.  5. 

Bei  Lasius  fuliginosus,  Darenth  Wood,  6.  Juni  1909.     ^,  $. 

Phora  {Trineurä)  sp. 

"Wasmann,  Krit.  Verzeichnis  etc.,  p.   175. 

„Bei  F.  fusca  L.  England  teste 

"Westwood,  Introduction  to  the  modern  Classification  of  Insects,  Vol.  2, 
1814,  p.   234. 

Nach  der  Beschreibung  des  Nestes  scheint  es  F.  rufa  gewesen 
zu  sein." 

Äphiochaeta  pulicaria  Fallen.     (^.  $, 
Wasmann,  in:  Krit.  Verzeichnis  etc.,  p.   174. 

Zahlreich  bei  Formica  rufa  in  Holländisch  Limburg, 
Donisthoepe,  nach  brieflicher  Mitt. 

Einmal  aus  n*/a-Nest  von  Wetbeidge  gezüchtet  1909. 

Wasmann,  aus  Nest  von  Polyergus  rufescens  1906  gezüchtet,  s. 
oben  S.  533.    $. 

Äphiochaeta  rufipes  Meigen.     (J,  $. 
Wasmann,  in:  Krit.  Verzeichnis  etc.,  p.   174. 

Zahlreich  in  den  Nestern  von  Lasius  fuUginosus  in  Holl.  Limburg. 

Äphiochaeta  rata  Wood,     (^,  $. 

Wood,  in:  Entomol.  monthl.  Mag.,   Vol.  19  (1908),  p.    172.     Nach  brief- 
licher Mitteilung  von  demselben : 

Auch  aus  Wespennest  und  aus  faulenden  Vegetabilien  gezüchtet, 
worin  Nepticula  gelebt. 

Donisthoepe,  in:  Entomol.  Record,  Vol.  23  (1911),  p.  9. 

1  Exemplar  aus  exsecta-l^est  gezüchtet  von  der  Insel  Wight, 
früher  aber  auch  aus  Larven,  die  in  lebenden  Clerus  formicarius 
schmarotzten. 


554  H-  Schmitz, 

Aphiochaeta  aequalis  Wood,     c^,  $. 

Wood,  in:  Entomol.  monthl.  Mag.,  Vol.  20  (1909),  p.   25. 
DONISTHOEPE,  in:  Entomol.   E,ec.,   Vol.   21  —  22   (1910),  p.   5. 

In  Anzahl  in  einem  Nest  von  Lasnts  fidiginosus,  Darenth  wood, 
24.  September  1909,  2.  April  1910  und  Wellington  College,  Berkshire, 
April  1912.  Brieflich  bemerkt  Wood:  „A.  aequalis  is  such  an  abun- 
dant  insect  that  if  the  ants'  nest  were  its  natural  home,  it  ought 
to  be  found  there  in  numbers  instead  of  one  here  and  there." 

Aphiochaeta  conformis  Wood.     ^,  $. 

Wood,  in:  Entomol.  monthl.  Mag.,  Vol.   20  (1909),  p.   113. 
DONiSTHOEPE,  in:  Entomol.  Record,  Vol.   24,  No.   2,  p.  36. 

2  Expl.  in  einem  Neste  von  Myrmica  laevinodis  unter  Stein 
Rannoch,  14.  ,Tuli  1911. 

Aphiochaeta  longicostalis    Wood.    $. 
Wood,  in:  Entomol.  monthl.  Mag.,  Vol.  23   (1912),  p.   171. 
Ein  5  unter  totem  Maulwurf! 

DONiSTHOEPE,  in:  Entomolog.   Record,   Vol.   21,  No.    10,    11,    12. 

Bei  Lasitis  fidiginosus,  Darenth  Wood,  Sept.  1909  und  bei  Ameisen 
Whitsand  Bay,  Cornwall. 

Aphiochaeta  ciliata  Zett.  (=  inaequalis  Wood).     <^,  $. 

Zetteestedt,  Dipt.  Scand.,  Vol.   7,  2872,   22. 
DONISTHORPE,  in:  Entomol.  Record,   Vol.  23,  p.  9. 

Bei  L.  fuliginosus  zu  Darenth  Wood,  Kent,  2.  April  1910  und 
Wellington  College  1906. 

Ajyhiochaeta  conica  Malloch.    $. 
Malloch,   in:    Proc.  U.  S.  nation.  Mus.,    Vol.  43  (1912),  p.  462—463. 

Lebensweise :  „Bred  from  abdomen  of  Camponotus  pennsylvanicus 
22.  Aug.  1901  (T.  Peegande!)  Washington  D.  C. 

8.    Melaloncha  Beues  1903.     (^,2. 

Beues,    in:    Trans.    Amer.     entomol.     Soc,    No.    4,     Vol.     29    (1903)  i), 
p.  374—375. 


1)    Beues    zitiert    in     den    Genera    Insectorum    als    Erscheinungsjahr 


Myrmecophile  l'lioriden  der  VVASMANN'schen  Sammlung-.  555 

MelaloncJia  pttlchellct  Beues.     (^,  $. 
Beues,  1.  c. 

Beschrieben  nach  einem  Pärchen  aus  Songo,  Bolivia,  Südamerika. 
Lebensweise  nicht  bekannt,  aber  nach  Beues,  1.  c,  höchst  wahr- 
scheinlich ähnlich  wie  Apocephalus  pergandei,  also  parasitisch  bei 
Ameisen. 

3Ielaloncha  stylata  Schinee.    $, 

Schinee,  Dipteren   Novara-Reise    1868,  p.   224. 

Lebensweise  unbekannt,  doch  gilt  dasselbe  wie  bei  der  vorigen 
Art.    Südamerika,  Columbia. 

9.    Apoeeijhalus  Coquillett  190L     (J,  $. 

COQUILLETT,     in:     Trana.    entomol.    Soc.    Washington,     Vol.    4    (1901), 
p.  501,  tab.  8  fig.  47—48. 

Apocejyhalus  spinicosta  Malloch.    $. 
Malloch,  in:  Proc.  U.  S.  nation.  Mus.,  Vol.  43  (1912),  p.  442. 

Brownsville,  Texas,  1  $,  7.  Mai  1904.  Lebensweise:  „Flying- 
erratically  over  ants." 

Apocephalus  coquilletti  Malloch.    $. 
Malloch,  in:  Proc.  U.   S.  nation.  Mus.,  Vol.  43  (1912),  p.  443. 

1  $  von  Jalapa,  Tennessee  bei  Camponotus  sp.,  8.  Juni  1912. 

Beues,     in:    Trans.    Araer.   entomol.   Soc,     Vol.   29   (1903),    p.   373   (als 
pergandei  Coquillett  beschrieben,  cf.  Malloch,  1.  c). 

2  $?  bei  Camponotus  pennsylvanieus  Frankford  Pa.  und  1  $  in 
Nest  von  Camponotus  maculatus  var.  sansabeanus  Bkly.  in  Austin,. 
Texas. 

Apocephalus  sitnilis  Malloch.     (^,  $. 

Malloch,  in:  Proc  U.  S.  nation.  Mus.,  Vol.  43  (1912),  p.  444. 

Mehrere  Expl.  bei  Camponotus  sp.  Madero  Canyon,  San  Rita 
Mountains,  Arizona. 


immer   1904,  tatsächlich  findet  sich  die  Monographie    aber    im  Jahrgang: 
1903  jener  Zeitschrift. 


^5g  H.  Schmitz, 

Ajyocephalus  pergandei  Coquillett.     ^,  $. 
COQUILLETT,  in:  Trans,  entomol.  Soc.  "Washington,  Vol.  4  (1901),  p.  501. 

Bei  Catnponotus  pennsylvanicus.  Typen  von  Cabin  John  Bridge. 
Pergande,  ibid.,   1901. 

„The  ant-decapitating  Fly," 
Malloch,  in:  Proc.  TJ.  S.  nation.  Mus.,  Vol.   43  (1912),  p.  443. 

3  Expl.  von  Washington  D.  C.  1  Expl.  von  Cranmoor,  Wisconsin 
12.  Juni  1910. 

Apocephalus  wheeleH  Brues.    $. 
Brues,    in:   Trans.  Amer.   entomol.   Soc,    Vol.   29  (1903),   p.  373 — 374. 

1  $,  Pine  Lake,  Wis.  7.  Juni  1890.  Lebensweise :  „The  habits 
of  the  present  species  are  not  known,  but  close  structural  similarity 
with  A.  pergandei  suggest  that  it  probably  lives  parasitically  on 
ants,  like  the  latter  (Brues,  1.  c.)." 

Vielleicht  gilt  dies  auch  von  den  3  folgenden  Arten: 

AimcephaJiis  aridiis  Malloch.     ^. 
Malloch,  in:  Proc  U.  S.  nation.  Mus.,  Vol.  43  (1912),  p.  444. 

1  Expl.  von  Cördoba,  Vera  Cruz,  Mexico,  20.  April  1908.  Ohne 
Angabe  der  Lebensweise. 

Apocephaliis  hrasiliensis  Enderlein. 
Enderlein,  in:   Stettin,  entomol.  Ztg.,  Vol.   73  (1912),  p.  24 — 25. 
Ohne  Angabe  der  Lebensweise. 

Apoceplialus  j^m'vifiircatus  Enderlein. 
Enderlein,  in:  Stettin,  entomol.  Ztg.,  Vol.   73  (1912),  p.  25 — 26. 
Ohne  Angabe  der  Lebensweise. 

10.   JPlastojyJiora  Brues  1905.    $,  c^. 
Brues,  in:  Ann.  Mus.  nation.  Hung.,   Vol.   3  (1905),  p.  551. 

JPlastophora  beirne  Brues.    $. 
Brues,  in:  Ann.  Mus.  nation.  Hung.,  Vol.  3  (1905),  p.  552. 

1  $  Friedrich- Wilhelmshafen,  Neuguinea.  Lebensweise  noch 
unbekannt,  doch  wahrscheinlich  parasitisch  bei  Ameisen,  wie  die 
aller  übrigen  bekannten  Arten. 


Myrmecophile  Phoriden  der  WASMANN'schen  Sammlung.  557 

Flcistophora  fomiiccirtini  Verrall.     (^,  $. 

Veerall,  in:   Journ.   Linn.   Soc.   London,  Zool,   Vol.    13   (1877),    p.   258 
(als   Phora). 

Bei  Lasius  niger  L.  Später  von  Donisthorpe  bei  vielen  anderen 
Ameisen  gefunden. 

Die  übrige  Literatur  ist  im  1.  Teile  S.  532  zitiert.  Über  die 
Lebensweise  sagt  Donisthorpe,  1.  c. :  It  was  captured  hovering  over 
and  striking  at  ants  in  nests  of  F.  sangiiinea,  Lasius  niger  and  L. 
flavus.  It  hovers  in  a  very  steady  and  deliberate  manner  over  an 
ant,  getting  gradually  nearer  and  nearer.  It  was  very  amusing  to 
observe  an  ant,  when  it  had  become  aware  of  the  presence  of  the 
fly,  run  as  hard  as  it  could  for  slielter,  pursued  by  the  fly.  Häufig, 
im  Juli,  Bewdley  Forest.     Weitere  Beobachtungen  von  demselben: 

Donisthorpe,    in:    Entomol.  Record,    Vol.   21 — 22,    No.   10,   11  and  1, 

p,  5  (als  Phora). 

Bei  L.  niger  im  August,  Insel  Wight.  Bei  Lasius  fidiginosus 
Wellington  College  und  Darenth  Wood,  England, 

Donisthorpe,  in:  Entomol.  Record,  Vol.  24,  No.  1 — 2,  p.  36  (als  Phora). 

Weybridge,  22.  Juli  1911  mehrere  Exemplare  bei  Formica 
sanguinea,  Lasius  umbratus  und  Mijrmica  lobicornis.  Nach  brieflicher 
Mitteilung  ferner:  bei  F.  sanguinea,  Wolsing,  Mai  1913,  bei  Lasius 
niger,  Insel  Wight,  Aug.  1913. 

Plastojjliora  solenopsidis  n,  sp.    $. 

Schmitz,  im   1.  Teile,  s.  oben  S.  531. 

Bei  Solenopsis  geminata  in  Süd  -  Brasilien.  4  Expl.  von  Rio 
Orande  do  Sul. 

PlastojyJiora  sjKitulata  Malloch.     $. 
Malloch,  in :  Proc  IT.  S.  nation.   Mus.,  Vol.  43,  p.  502. 

1  $  von  Dallas,  Texas  zusammen  mit  PL  crawfordii  gefangen 
(also  bei  Solenopsis  geminatal). 

PlastopJiora  ivasnianni  n.  sp.    ?. 

Schmitz,  im  1.  Teile,  s.  oben  S.  528. 

2  $9  bei  Solenopsis  geminata,  Joinville,  S.  Catarina,  Süd-Brasilien. 


Zool.  Jahrb.  XXXVIL    Abt.  f.  Syst. 


36 


558  ^-  Schmitz, 

JPlastojyliora  crawfordii  Coqüillett.     <^,  $. 
COQUILLETT,  in:  Canad.  Entomol.,  Vol.   39  (1907),  p.  207  —  208. 

3  63i  "7  ??  bei  Solenopsis  geminata  Dallas,  Texas  17./6.,  19./7. 
und  22,/10.  1906. 

Plastopliora  eurriei  Malloch.     ^,  $. 
Malloch,  in:  Proc.  U.  S.  nation.  Mus.,  Vol.  43,  p.  501. 

4  Expl.  von  Kaslo,  British  Columbia.  Hovering-  over  ant  galeries 
in  stump. 

JPlastojfhora  anttguensis  Malloch.     ^. 
Malloch,  in:  Proc.  U.  S.  nation.  Mus.,  Vol.  43,  p.  502 — 503. 

7  Expl.  von  Antigua,  West-Indien.  Teste  Malloch  etikettiert: 
„attacking  Solenopsis  geminata"!? 

{Psetidcicteofi  Coqüillett  1907.) 

Nach  Brües  synonym  mit  Plastopliora  Brues  1905. 
Brues,  in:  Entomol.  News,  Vol.  18  (1907),  p.  430. 
S.  unter  Plastopliora  crawfordii. 

11.    ChonocejyJialus  Wandolleck  1898.     $,  ^. 

Wandolleck,  in:  Zool.  Jahrb.,  Vol.   11,  Syst.  (1898),  p.  428—433. 
Becker,  in:  Die  Phoriden,  Wien  1901,  p.  86,  Beschreibung  des  ^. 

Von  den  7  bisher  bekannt  gewordenen  Arten  wurde  nur  eine 
bei  Ameisen  gefunden.    Es  ist: 

Chonoeeiyhalus  niexicamis  Silvestri.    $. 

Silvestri,    in:    Boll.    Lab.    Zool.    gen.    agrar.    Portici,    Vol.    5    (1911), 
p.   172—174,  fig.    1,   2. 

Lebensweise:  „Exemplaria  duo  in  nidis  formicae  Braclujmyrmex 

heeri  Forel,  subsp.  ohscurior  Forel  ad  Cördoba  Mexico  legi''. 

12.  31etoiJina  Macquart  1835.     <^.  $. 

Macquart,  in:  Hist.  Nat.  des  Dipteres,  Vol.  2,  p.  666. 

Becker,  in:  Die  Phoriden,  Wien   1901,  p.  83,   tab.  5  fig.  86—88. 

Schmitz,  in:   Ztschr.   wiss.  Insektenbiol,   Vol.    10   (1914),   p.   91 — 94. 

Ob  die  folgende  Art  wirklich  zu  dieser  sonst  nicht  myrme- 
cophilen  Gattung  gehört,  dürfte  wegen  der  abweichenden  Flügel- 
nervatur zweifelhaft  sein. 


Myrmecophile  Phoriden  der  WASMANN'schen  Sammlung.  559 

Metopina  paclufcondylae  Brues.    $. 

BeüES,   in:  Trans.   Amer.   entomol.   Soc,   Vol.   29  (1903),  p.   384. 

Mehrere  Exemplare  Austin,  Texas,  Nov.  1901.  Die  Larven 
werden  von  FachycondyJa  harpax  gemeinschaftlich  mit  den  eigenen 
Larven  erzogen. 

13.  Coiiimox>tera  Brues  1901.    ^. 
Brues,  in:  Amer.  Natural.,   Vol.  35   (1901),  p.   344—347,  fig.  2-5. 

Coynftioptera  solenopsidis  Brues.    $. 
Brues,  1.  c 

3  $$  in  einem  Nest  von  Solenopsis  geminata  Fabr.,  Austin, 
Texas,  U.  S.  A.,  24.  Okt.  1900.  1  Expl.  bei  derselben  Ameise, 
6.  April  1901. 

14.  Psyllomyia  Loew  1857.    $. 

LOEW,    in:    "Wien,     entomol.    Mon.,    Vol.    1   (1857),    p.   54—56,    tab.   1, 
fig.  22—25. 

Psylloniyia  testacea  Loew.    $. 
Loew,  1.  c. 

1  Expl.  von  Wahlberg  in  Caffraria  gesammelt.     Ohne  Angabe 
über  Lebensweise. 
Wasmann,  in:  Zool.  Jahrb.,  Vol.    14,  Syst.   (1900),  p.  268. 

Ein  etwas  abweichendes  Exemplar  bei  Port  Elizabeth,  Cap- 
kolonie,  von  Dr.  H.  Brauns  unter  einem  Steine  bei  Dorißus  hdvolus 
gefunden.    Beschreibung  desselben  s.  oben  S.  522. 

15.  Puliciphova  Dahl  1897.     ^,  $. 
Dahl,   in:   Zool.  Anz.,   No.   543  (1897),  p.   409—412. 
Wandolleck,  in :  Zool.  Jahrb., Vol.  1 1 ,  Sy8t.(l  898),  p.  4.2^—^2Q{Stetho2mthus). 

Piilicijyhora  incei'ta  Silvestri.     $. 

SiLVESTRi,    in:    BoU.    Lab.    Zool.    gen.    agrar.    Portici,    Vol.    5    (1911), 
p.   174—175. 

Lebensweise.  Die  Beziehungen  zu  Ameisen  sind  sehr  zweifel- 
haft, zumal  die  Gattung  sonst  nicht  myrmecophil  ist.  Silvestri 
sagt:  Exemplum  descriptum  sub  saxo  \)YopQ  formicsiii  SoJenopsis  gemi- 


ggQ  H.  Schmitz, 

Qiata  Fabe.  (non  inter  formicas,  ergo  incertiim  est  an  species  myrmeco- 
phila  Sit  vel  non!)  ad  Jalapa  legi."     Mexico. 

16.  Mynnoniyia  Silvestei  1911.     $. 

SiLVESTEi,    in:    Boll.    Lab.    Zool.    gen.    agrar.    Portici,    Vol.    5    (1911), 
p.   175—176,  fig.  4,  5. 

Myrmomyia  hracitymyrmecis  Silvestei.    $. 
Silvestei,  1.  c,  p.   176 — 178. 

3  $$  in  demselben  Nest  von  Brachymyrmex  heeri  Foeel  suhsp. 
obscurior  Foeel  bei  Cordoba.  Mexico,  in  welchem  auch  CJionocephalus 
mexicanus  gefunden  wurde. 

17.  Hexacantherophora  n.  y,    $. 

Schmitz,  im  1.  Teile,  s.  oben  S.  512. 

Hexacantherophora  cohahitans  n.  sp,    $. 

Schmitz,  s.  o. 

1  $  bei  Anomma  Jcohli  Wasm.  1902  von  P.  H.  Kohl,  St.  Gabriel 
bei  Stanley ville,  Belgisch  Congo  entdeckt. 

18.  Ecitopliora  n.  g,    $. 

Schmitz,  im   1.  Teile,  s.  o.   S.  524. 

Ecitophora  comes  n.  sp.    ?. 

Schmitz,  s.  o. 

Myrmecophil  bei  Eciton  praedator.  3  $$  von  P.  Heyee  gesammelt 
bei  Säo  Leopolde,  Rio  Grande  do  Sul,  Süd-Brasilien. 

19.  Ecitomyia  Beues  1901.     c^,  9. 
Beues,  in:  Amer.  Natural.,  Vol.   35   (1901),  p.  347—354,  fig.  6—11. 

Mcitomyia  tvheeleri  Beues.     c^,  $. 
Beues,  1.  c 

Zahlreiche  $$  bei  Austin,  Texas,  von  Oktober  bis  Februar  in 
den  Nestern  von  Eciton  coecum  Läte.  2  ^^(^  im  Februar.  Bei 
Eciton  schmitti  Emeey  2  Expl.,  welche  entweder  dieser  oder  einer 
nahe  verwandten  Art  angehörten. 

Vgl.   Brues,    New    and    little    known  guests  of  tlie  Texan  legionary  ants, 
in:  Amer.   Natural.,   Vol.   36   (1902),  p.   378. 


Myrraecophile  Phorideu  der  WASJiANN'schen  Sammlung.  561 

20.  Acovitistoptera  Brues  1902.    $. 
Brues,  in:  Amer.  Natural.,  Vol.  36  (1902),  p.  373  —  376,  fig.  4—5. 

Acontistoptera  melanderi  Brues.    $. 
Brues,  1.  c. 

Bei  Eciton  opacithorax  Emery,  Austin,   Texas   U.  S.  A.,  zahl- 
reiche Exemplare  24./3.  1899,  6.  u.  7./12.  1901. 

Acontistoptera  hrasiliensis  n.  sp,    $. 

Schmitz,  Beschreibung  s.  oben  (im   1.  Teil)  S.  527. 
1  5  bei  Eciton  praedator,  S.  Catarina. 

Acontistoptera  mexicana  Malloch.    $. 
Malloch,  in:  Proc.  U.  S.  nation.  Mus.,  Vol.  43  (1912),  p.  509. 

1  $  von  Cordoba,  Mexico,  ohne  Angabe  über  Lebensweise. 

21.  Xanionotuni  Brues  1902.    $, 
Brues,  in:  Amer.  Natural.,  Vol.   36  (1902),  p.   376—378,  fig.   6  +  7. 

Xanionottini  hystvix  Brues.    $. 
Brues,  1.  c,  p,  299. 

2  $$  bei  Eciton  opacithorax,  Austin,  Texas  24./3.  und  6./12.  1901. 

22.   RJiynchouiicropteron  Annandale  1912.     ?. 

Annandale,    in:    Spolia    ceylanica,    Vol.    8    (1912),    p.    85 — 89,    tab.  1, 
fig.   1  —  3. 

HJifpicJioniicropteron  lyiilici forme  Annandale.    $. 
Annandale,  1.  c. 

1   Exemplar   bei  Lohopelta  ocellifera  Rog.,    Peraden iya,   Ceylon, 
August  1911. 

MJiynchojnicropteron  caecutiens  n.  sp.    $. 

Schmitz  im   1.  Teil,  Beschreibung  s.  oben  S.   519. 

1  $  bei  Prenolepis  longicornis,   Bombay  1902   (J.  Assmuth  leg.). 


gg2  H.  Schmitz, 

Zweite  Abteilung-.    Termitophile  Phoriden. 

A.   Subfara.  Platyplwrinae  Enderlein. 

Tribiis  Thaumatoxenini  Enderlein. 

23.    Thauntatoxena  Breddin  et  Börner  1904.     c^(?),  $. 

Breddin  u.  Börner,  in:    SB.  Ges.  naturf.  Freunde  Berlin  1904,  p.  84, 

fig.   1—4. 
SiLVESTRi,  in:  Redia,  Vol.   3  (1905),  p.  350,  fig.   10—22. 
Trägardh,  in:  Ark.  Zool.,  Vol.  4  (1908),  No.  10,  p.  1—12,  Textfig.  1—7. 
Enderlein,  in:  Zool.  Jahrb.,  Vol.  27,  Syst.  (1908),  p.   145—156. 
Trägardh,  ibid..  Vol.  28,  Syst.  (1909),  p.  329—346,  mit  Textfig.  J— Q 

und  tab.   6. 
Brues,  in:  Psyche,  Vol.   17  (1910),  p.  33—36. 

Thauntatoxena  ivasnianni  Bredd.  et  Born.     (^(?),  $. 
Bredd.  u.  Börner,  1.  c. 

Bei  Termes  natalensis,  Natal,  Afrika. 
Trägardh,  1.  c,  in  :  Ark.  Zool.  und  Zool.  Jahrb. 

Bei  derselben  Termite. 

OTIiaumatoxena  andreinii  Silvestri.    (J. 

Silvestri,  in:  Redia,  1.   c. 

Bei  Termes  hellicosus  Smeath.,  Eritrea  (Afrika). 

Enderlein,  in :  Zool,  Jahrb.,  1.  c.  (als   Termitodeipnus  n.  g.). 
Trägardh,  in:  Zool.  Jahrb.,  Vol.   28,  Syst.  (1909),  p.  339—345. 

Nach  Trägardh  ist  Termitodeipnus  syn.  mit  Thaumafoxena,  und 
es  ist  zweifelhaft,  ob  andreinii  und  tvasmanni  überhaupt  verschiedene 
Arten  sind. 

{Terniitodeiiymls  Enderlein  1908.) 
Enderlem,  in:  Zool.  Jahrb.,  Vol.  27,  Syst.  (1908),  p.   145—156. 
S.  unter  Thaumatoxena. 

24.  Dohrnijyhoi'a  Dahl.     (^,  $. 
Dahl,  in:  SB.   Ges.  nat.  Freunde  Berlin,  No.   10  (1898),  p.   188. 

Dolirnii)hora  äj9. 

Eine  neue,  noch  unbeschriebene  Art  dieser  Gattung  ^vurde  öfters 
von  P.  Hermann. Kohl  C.  SS.  C.  in  Stanley ville,  Belgisch  Congo  in 
Termitennestern  angetroffen. 


Myrmecophile  Phoriden  der  WASMANN'schen  Sammlung.  563 

B.  Subfam.  Phorinae  Enderlein. 

25.  Bolsiusia  Schmitz  1913.     $. 
Schmitz,  in:  Zool.  Anz.,  Vol.  42  (1913),  p.  268—273,  fig.   1—4. 

Bolsiusia  termitojyhila  Schmitz.    $. 
Schmitz,  1.  c. 

Bei  Odontotennes  hangalorensis  Holmgeen,  $,  am  2.  Nov.  1911, 
Bangalore,  Vorderindien. 

26.  TerniitopJiora  Schmitz  1913.     $. 
Schmitz,  in:   Entomol.   Meddel.,   Vol.   10  (1913),  p.  9—16,  tab.   1. 

Termitophora  veloclpes  Schmitz. 
Schmitz,  1.  c 

Bei  Odontotermes  ohesus  Ramb.  Khandala,  Präsidentschaft  Bombay, 
Indien,  mehrere  Exemplare  im  Mai  1902  und  Mai  1911. 

27.  Euterrniphora  M.  Lea.    $. 

M.  Lea,    in:    Proc.  Eoy.  Soc.  Victoria,    Vol.   24  (N.  S.),    Pt.   1   (1911), 
p.   76—77,  tab.   24. 

Hiitemiiphora  ahdominalis  M.  Lea    $. 

M.  Lea,  1.  c. 

1  Expl.  $  bei  Sydney,  N.S.Wales,  in  einem  Neste  Yon  Euter  wies 
fumipennis,  Herbst  1910. 

28.  Mchidnophora  n,  g,    $. 

JSchidnophora  hutteli  n.  sp.    $. 

Eine  neue  von  Herrn  v.  Büttel- Eeepen  in  Ostindien  entdeckte 
termitophile  Gattung  und  Art,  deren  Beschreibung  später  er- 
scheinen wird. 

C.  Subfam.  Termitoxeniinae  Wasmann.^) 

29.  Terniitoxenia  Wasmann.    ^. 

Wasmann,    in:    Z.  wiss.  Zool.,    Vol.  67  (1900),   p.  601—616,    tab.    23, 
fig.   1—23;  Vol.   70  (1901). 


1)  Von  dieser  Subfamilie  liegen  mir  eine  neue  Gattung  und  mehrere 
neue  Arten  vor,  die  Herr  V.  Büttel-Eeepen  auf  Ceylon,  Malakka, 
Sumatra  und  Java  entdeckte  und  deren  Beschi'eibung  später  erscheinen  wird. 


5g^  H.  Schmitz, 

Wasmann,  in:  Verh.  5.  Internat.  Zool.  Congress.,  Berlin  1901,  p.  852 — 872. 

"Wasmann,  in:  Zool.  Jahrb.,  Vol.    17,  Syst.,   p.    151  —  159. 

Wasmann,  in:  Verh.  Deutsch,  zool.  Ges.  (1903),  p.   113 — 119. 

MiK,  in:  Wien,  entomol.  Ztg.,  Vol.  50  (1900),  Heft  8. 

Beues,  in:  Science  (N.  S.),  Vol.   27  (1908),  No.   703. 

BuGNiON,    in:  Ann.  Soc.  entomol.   Belgique,  Vol.   57  (1913),    p.   23 — 44. 

MiCHL,  in:  Mitt.  nat.  Ver.  Wien,  Vol.   9  (1911)  p.   53—60,  84—92. 

Tertnitoxenia  havilandi  Wasm.    ^. 

Wasmann,  ibid. 

Bei  Termes  latericius  Hav. 

Termitoxenia  heimi  Wasmann.    ^. 

Wasmann,  ibid. 

Bei  Odontotermes  obesus  Ramb.,  Ostindien,  Ahmednagar. 

Termitoxenia  JaegepskioeUli  Wasmann.    ^. 

Wasmann,  in:    Results  Swedish  Exped.  Egypt  and  White  Nile,    Vol.   13, 
p.   16—17. 

1  Expl.  bei  Termes  affinis  Tkäg.,  südl.  von  Kaka,  Sudan. 

Terfnitoxenia  asmnuthi  Wasmann.    ^. 

Wasmann,  in:  Zool.  Jahrb.,  Vol.   17,  Syst.   (1902),  p.    161. 
Bei  Odontotermes  ohesus  Ramb.,  Vorderindien. 

AsSMUTH,    in:    Termitoxenia  assninthi  Wasm.,    Anat.-hist.    Untersuchung, 

Inaug.-Diss.,   Berlin   1910. 
Assmuth,  in:  Nova  Acta  L.-Carol.  Akad.,  Vol.  98(1913),  p.    191 — 316, 

mit  11   Taf. 

Termitoxenia  peradeviiyae  Wasmann.    ^. 

Wasmann,  in:  Ann.  Soc.  entomol.   Begique,  Vol.   57  (1913),  p.   19 — 20. 
Bei    Odontotermes    obscuriceps,    redemanni,    ceylonicus    und    horni 
Wasmann,  Peradeniya,  Ceylon. 

BuGNiON ,    in:    Ann.  Soc.  entomol.  Belgique,  Vol.  57   (1913),  p.   23 — 44, 
fig.  3—14,   16-21,   23. 

Termitoxenia  butteli  Wasm.    ^. 

Wasmann,  ibid. 

Bei  Odontotermes  obscuriceps  Wasm.,  Ceylon. 

Termitoxenia  hugnioni  Wasm.    ^. 
Wasmann,  ibid. 


Myrmecophile  Phorideii  der  WASMANx'schen  Sammlung'.  565 

Bei  Odontotermes  horniWA^M.,  Ambalaiigodes, Ceylon,  ein  Exemplar. 

BuGNiON,  in:    Ann.  Soc.  entomol.  Belgique,  Vol.  57  (1913),    p.  23—44, 
fig.   1,   2,   15,   22. 

30.  Termitomyifi  Wasmann  1900.    ^. 

Wasmann,  in:  Ztschr.  wiss.  ZooL,  Vol.  70  (1901),  p.  295  (als  Subgenus 
von   Termitoxenia). 

Tet'mitoniyia  mirabilis  Wasm.    ^. 
"Wasmann,  in:  Ztschr.  wiss.  Zool.,  Vol.  67   (1900),  p.  610. 
Bei  Termes  vulgaris  Haviland.     Natal,  Südafrika. 

Tei'niitomyia  braunst  Wasm.    ^. 
Wasmann,  ibid. 

Bei  Termes  tuhicola  Wasm.  Oranje-Freistaat. 

Termitosjyhaera  Wasmann  1913.     ^. 

Wasmann,    in:    Ann.    Soc.    entomol.    Belg.,    Vol.  57  (1913),    p.   17 — 19 
fig.   1   u.   la. 

Terniitosphaera  fletcheri  Wasm.    ^. 
Wasmann,  1.  c. 

In  einem  Termitennest  zu  Banhura,   Ost-Bengalen  am  29.  Dez. 
1911  in  einigen  Exemplaren  gefunden. 


566      H.  Schmitz,  Myrmecophile  Phoriden  der  WASMANN'schen  Sammlung. 


Erklärung  der  Abbildungen. 


Tafel  29. 

Fig.   1.  Hexacantherophora  cohahitans  n.  g.  n.  sp. 

Fig.  2.  Rhynchornicropteron  cnecutiens  n.  sp. 

Fig.  3.  Psyllomyia  testacea  LOEW. 

Fig.  4.  Ecitophora  comes  n.  g.  n,  sj).     Von  der  Seite :  Kopf,  Thorax 

mit  Hüften,  Hinterleibsbasis. 

Fig.  5.  Dieselbe,  von  oben. 

Fig.  6.  Acontistoptera  hrasiliensis  n.  sp.  Vorderkörper  von  oben; 
Flügelrudimente  schematiscb. 

Tafel  30. 

Fig.   7.     Aenigmatopoeus  orbicularis  n.  g.  n.  sp. 

Fig.  8.  Von  der  Seite.  Feinbebaarung  nur  auf  Kopf  und  Thorax 
eingezeichnet. 

Fig.  9.  Kopf  von  unten.  ^4  Auge,  f  Fühler.  7vp  Maxillarpalpen. 
2Jr  Proboscis.     rfg  rechte  Fühlergrube. 

Fig.  10.  Aenigmatias  dorni  Endeelein  ,  Kopf  von  der  Seite. 
li>,  2b,  3b  erstes,  zweites,  drittes  Glied  der  Fühlerborste.  2  fgl,  3  fgl  zweites 
und  drittes  Fühlerglied,  hypost  Hypostom.  pirob  Proboscis.  rmxp  rechter 
Maxillarpalpus. 

Fig.   11.     Viertes  bis  sechstes  Tergit  und  Ovipositor  {ovp^. 

Fig.    12.     Hinterleibsspitze  von  unten,   stark  vergrößert. 


Nachdruck  verboten. 
Ubersetzungsrecht  vorbehalten. 


Über   die  Entstehung   des   neuzeitlichen   Melanismus 

der  Schmetterlinge  und  die  Bedeutung  der  Hamburger 

Formen  für  dessen  Ergründung.') 

Von 
Dr.  med.  K.  Hasel)roek  in  Hamburg-. 

Mit  8  Abbildungen  im  Text. 


Die  Engländer  haben  am  meisten  Anreclit  darauf,  über  den 
Melanismus  der  Schmetterling-e  gehört  zu  werden.  In  Eng:]and  ist 
der  Melanismus  zuerst  beobachtet,  wenig-stens  zuerst  beschrieben 
worden,  und  Eng^land  gilt  seitdem  als  das  eigentliche  Land  der 
dunklen  Falterformen.  Nimmt  man  hinzu,  daß  in  England  in  ganz 
hervorragender  Weise  und  früher  als  in  anderen  Ländern  es  leiden- 
schaftliche Schmetterlingsentomologen  gegeben  hat,  die  noch  dazu 
in  der  Lage  waren,  mit  großen  pekuniären  Mitteln  zu  arbeiten,  so 
müssen  gerade  in  lepidopterologischen  Fragen  die  Stimmen  der  eng- 
lischen Sammler  von  großem  Gewicht  sein. 

Es  ging  mir  Anfang  dieses  Jahres,  wohl  veranlaßt  durch  meine 
Mitteilungen  ^)  über  unsere  Hamburger  höchst  melanistische  Cijmato- 


1)  Vorgetragen  im  Entomol.  Verein   von  Hamburg- Altona  27. /2.  1914. 

2)  Hasebkoek,  Über  Cyra.  or  ab.  albingensis  Warn,  und  die  ent- 
wicklungsgeschichtliche Bedeutung  ihres  Melanismus,  in:  Entomol.  Rund- 
schau, 1909,  Stuttgart;  dsgl.  in :  Verh.  Internat.  Congr.  Entomol.  (Brüssel), 
1911,  p.  79.  Ferner:  Wie  haben  wir  die  melanist.  Cym.  or  ab.  albin- 
gensis Warn,  nach  den  MENDEL'schen  Regeln  weiterzuzüchten,  in :  Intern, 
entomol.    Ztschr.,    Guben    1911,    No.   2.      Endlich:    Eine    bemerkenswerte 


Qgg  K.  Hasebroek, 

pliera  or  F.  cib.  alUngensis  Warnecke,  vom  „Evolution  Committee  of 
the  Royal  Society"  in  Cambridg-e  eine  Aufforderung  zu,  an  einer 
Sammelforschung  über  den  Melanismus  mitzuarbeiten.  Es  handelte 
sich  um  zwei  ältere  Rundschreiben  von  1900  und  1904.  Und  da 
diesen  Schreiben  eine  größere  zusammenfassende  Arbeit  von  L.  Don- 
CASTER  M.  A.  betitelt:  „CoUection  Inquiry  as  to  Progressive  Mela- 
nismn  in  Lepidoptera"  als  Separatum  aus  Entomol.  Record  Juli- 
Oktober  1906  beigelegt  war,  so  ist  diese  Arbeit  bereits  als  der 
summarische  Ausdruck  einer  ersten  Sammelforschung  auf  Grund  des 
eingegangenen  Sammelmaterials  zu  betrachten. 

Da  in  dieser  Arbeit  das  Methodologische  einer  solchen  Sammel- 
forschung schon  ziemlich  fest  umrissen  ist,  da  ferner  bereits  Schlüsse 
gezogen  und  Erwägungen  angestellt  werden,  auf  Grund  des  über- 
haupt bedeutendsten  Materiales,  so  muß  es  wertvoll  sein,  diese  eng- 
lischen Resultate  in  Beziehung  zu  setzen  zu  unseren  Erfahrungen 
in  Deutschland  und  ganz  speziell  zu  einem  phänomenalen  neueren 
Ereignis  innerhalb  der  Hamburger  Fauna  —  man  wird  sehen,  daß 
ich  nicht  übertreibe,  wenn  ich  von  phänomenal  spreche — :  nämlich 
zu  einem  erstmaligen  Auftreten  der  Umpräg ung  eines 
hellgrauen  Falters  in  einen  tief  seh  warzen. 

Ich  will  zunächst  die  Arbeit  Doncaster's  im  kurzen  Auszug 
wiedergeben,  um  dann  mit  meiner  eigenen  kritischen  Untersuchung 
an  ihr  anzuknüpfen.  Das  englische  Material  ist  als  Grundlage  an 
und  für  sich  für  uns  Deutsche  wichtig. 

1.  Odonestes  hidentaia:  Grad  des  Melanismus  nach  Lokalität  verschieden 
in  Intensität  und  Begrenzung  durch  die  Bindenzeichnung.  Orte,  wo  18  6  0 
nur  die  helle  Form  war,  weisen  jetzt  die  dunkelbraune  als  die  ge- 
wöhnlichste  auf. 

2.  IleJueropliUa  ahnqdaria:  In  Nord-England  nur  die  helle  Form. 
Die  dunkle  ist  charakteristisch  für  London  und  seine  Vorstädte,  aber 
weniger  häufig  als  die  Stammform.  Da  eine  Kreuzungszucht  aus  1905 
erwähnt  wird ,  so  haben  wir  wohl  die  Jahreszahl  19  0  4  als  diejenige  zu 
setzen,  wo   der  Falter  schon  reichlich  melanistisch  geworden  ist. 

3.  Boarmia  rcpandaia:  In  allen  bekannten  partiell  gebänderten  Mela- 
nismen jetzt  bekannt.  Die  ganz  schwarze  Form  zuerst  1888  bei 
Huddersfield  beobachtet  und  seit  1900  bereits  in  20 — 25^0  vor- 
handen.    In  und  bei  Sheffield  vorherrschend  seit  1890. 

4.  Boarmia  rhomboidaria  =  gemmaria  Beahm:  Die  schwarze 
Form  zuerst  1870  in  London,  jetzt  auch  in  Birmingham  und 
anderen   „großen  Städten",  prävalierend  in  S  ü  d- Y  or  k  s  hir  e. 

bei  Hamburg  auftretende  Schmetterlingsmutation,  in:  Umschau,  Frank- 
furt a.  M.   1913,  No.  49. 


Melanismus  der  Schmetterlinge.  569 

5.  Ilibernia  progcnimaria  =  marginaria.  Im  ganzen  Süden  von  Eng- 
land noch  die  helle  Form  erhalten,  nach  dem  Norden  zu  die  rotbraune. 
Einförmig  „rauchig"  trat  die  Art  erst  1865  in  Süd-Yorkshire  auf, 
seitdem  ist  sie  hier  die  gewöhnliche  Form.  An  anderen  Orten  erschien  die 
dunkle  Form  unvermittelt  zwischen  1900  — 1904  und  ist  jetzt  bis 
zu  20"/,,  in  der  schwärzesten  Abart  dort  vorhanden,  wo  vor  186  5 
nur  die  helle  Art  vertreten  war.  In  Sheffield  ist  die  dunkle  Form 
seit  18  90  —  95. 

6.  Phigalia  pilosaria  =  pedaria:  In  der  rauchbraunen  Form 
lokal  in  Yorkshire  erst  von  186  5  an  beobachtet,  jetzt  hier  weit  ver- 
breitet als  einförmig  dunkelster  Falter.  In  Huddersfield,  Vo 
vor  18  6  5  nur  helle  Stücke  waren,  zuerst  18  7  5  die  dunkle  Form ,  die 
seit  1890  immer  häufiger  wurde.  Die  ganz  schwarze  Form  erschien 
in  Warncliffe  1884,  in  Gainsbour  ough  1891,  Sheffield 
1896  und  ist  in  York  sicher  erst  seit  190  0  und  1903  beobachtet. 
Überall  jahrweise  scheinbar  häufiger  auftretend  und  in  manchen  Orten  in 
rascher  Zunahme  begriflFen. 

7.  Amphidasis  hehdaria,  der  für  uns  wichtigsten  Art,  wird  ein  großer 
Abschnitt  der  Abhandlung  gewidmet :  Bis  18  4  8  kannte  man  sicher  nur 
die  helle  Stammform.  Die  schwarze  ab.  doitblrdayaria  erschien  in 
Manchester  1850,  in  Cannock -Chase  187  8,  in  Berkshire 
1885,  in  Cambridge  1892,  in  Essex  1893,  in  Norfolk  1893,  in 
Suffolk  1896,  in  London  1897,  in  D  o  vereour  t  1902,  in  Wood- 
fort  1905. 

In  Newport,  wo  man  jetzt  die  schwarze  Form  fast  ausschließ- 
lich findet,  hielten  sich   18  7  0  noch  beide  Formen  die  Wage. 

In  Huddersfield ,  wo  18  60  nur  die  Stammform  war,  ist  eben- 
falls jetzt  nur  noch  die  schwarze  douhledayaria.  Die  gleiche  Erscheinung 
ist  für  Halifax  zwischen  1860  und  1870  eingetreten.  Mittlerweile  ist 
in  unendlich  vielen  Orten  wie  Leeds,  Eotherham,  Barnsley, 
Sheffield,  Doncaster,  Hüll,  Middlesb  or  oug  h  die  ab.  double- 
dotjario  prävalent  über  die   Stammform  geworden. 

Dieser  allgemeinen  Ausbreitung  in  Mittel-England  gegenüber  ist  in 
Schottland  die  Stammform  so  gut  wie  unberührt  geblieben,  es 
ist  nur  ein  einziges  braunes  (^  bekannt  geworden.  Ebenso  ist  in  Irland 
die  Stammform  geblieben:  es  sind  nur  je  1  Stück  doubledayaria  1894  und 
1896  beobachtet.  Ähnlich  verhält  es  sich  mit  der  Insel  Man  mit  nur 
2   Ausnahmen. 

8.  Venusia  (=  Larenim)  cambrica  (bei  uns  in  Deutschland  nicht  vor- 
handen) :  Eigentümlich  ist  das  Auftreten  von  2  zu  unterscheidenden  Mela- 
nismen:  in  Süd-Yorkshire  eine  rauchige  Form  mit  schwarzem 
Hfl.  und  in  Nord-Yorkshire  eine  mit  hellem  Hfl. ,  während  die 
schwarze  Grundfarbe  der  Vfi.  von  heller  Strahlung  außenrandwärts 
unterbrochen  wird.  Ferner  in  den  letzten  Jahren  auffallend  lokales  Auf- 
treten in  Sheffield   bis   zu  90^0   "^d  in  Doncastre  bis  zu  50'^/^. 

9.  Acidalia  aversata:  Während  dunkelgebänderte  und  ungebänderte 
Stücke,   auch  besonders  diffus    stark  rötlich-gelbe  Formen  in  den  östlichen 


^YO  ^'  Hasebroek, 

Provinzen  seit  langem  bekannt  sind,   konzentriert  sich   auf  London,    wie 
es  scheint,   die  dick  schwarz  bestäubte  Abart. 

10.  Eupilhecia  {=  Chlorocysiis)  rcctcoigulatn:  war  bis  1840  nur  ver- 
einzelt bekannt.  Jetzt  in  Newcastle  häufig  die  schwarze  Form,  und 
absolut  vorherrschend  in  London,  Lee,  Mixton,  Hammer smith, 
Catford. 

11.  Carvptograinina  {=  Larcntia)  hilineata:  Über  ganz  England  — 
selten  im  Süden,  häufiger  in  Osten  und  Westen,  mehr  nach  der  Küste 
als  nach  dem  Inland  —  in  den  Formen  mit  mehr  oder  weniger  dunkleren 
Binden  bekannt.  In  Schottland  sind  letztere  prävalierend,  ebenso  in 
Irland  und  an  der  Westküste  von  Island. 

12.  Tephronia  (=  Boarmia)  consonaria:  Die  ersten  schwarzen 
Tiere   dieser  Art   1892,  und  ebenso   der 

13.  T.  consortoria  sind  erst  seit  einigen  Jahren  bekannt.  Sie  zeichnen 
sich  beide  dadurch  aus,  daß  sie  zweifellos  ein  gemeinsames  Zentrum  (in 
der  Nähe  von  Alaidstone)  haben  ,  daß  dieses  Zentrum  bisher  das  einzigste 
zu  sein  scheint  und  daß  —  was  höchst  merkwürdig  ist  —  diese  einzige 
Stelle  des  Vorkommens  einige  Meilen  entfernt  von  jeder  Stadt 
und  jedem  Fabrikschornstein  liegt. 

14.  Acroiiycta  psi:  Nur  in  London  und  Umgebung  die  dunkelgraue 
Form  ohne  die  helle  bekannt,  und  zwar  seit  18  70.  An  einigen  anderen 
Stelleu  trat  die  dunkle  Form  18  8  5  auf,  und  sie  ist  in  L  e  e  zurzeit 
gemein. 

15.  Xylophasia  (=  Hadena)  monogbjpho:  In  Süd-England  nur  die 
helle  Form.  Die  dunkle  wurde  zuerst  18  5  7  aus  Schottland  beschrieben 
und  ist  in  den  Mooren  gemein  geworden  zwischen  1890  und  18  9  6. 
Es  gibt  viele  Übergänge  zwischen  hell  und  dunkel.  In  Hartlepool 
war  die  schwarze  Form,  die  heute  sicher  viel  gemeiner  ist  als  um 
1880  herum,  im  Jahre   1860  noch  unbekannt. 

16.  Miana  strigilis:  Wohl  meistens  überwiegend  in  der  hellen  ge- 
bänderten Zeichnung,  dominiert  diese  Art  in  der  einförmig  dunklen 
bis  schwarzen  Form  jetzt  wesentlich  und  nimmt  sicher  mehr  zu  als 
früher:  in  London,  Hartlepool  und  Hu  d  d  e  r  s  f  i  el  d. 

17.  FoUa  chi :  In  der  Abart  suffusa  —  die  mir  für  den  Melanismus 
hauptsächlich  in  Betracht  zu  kommen  scheint  —  nirgends  sehr  überwiegend 
vorhanden.  Eine  extrem  dunkle  Form  ist  erst  seit  18  9  0  beobachtet. 
Dieser  Melanismus  soll  auffallend  sprungartig  vorkommen,  ist  vorhanden 
und  nicht  vorhanden  schon  in  Entfernungen  von  nur  12  Meilen  voneinander. 
Die  bekannte  ah.  olivacea  —  die  in  ihrer  Färbungsnuance  überhaupt 
wohl  etwas  vereinzelt  dasteht  —  ist  scheinbar  bei  Hartlepool  gegen  18  6  0 
aufgetreten.  Sie  erscheint  nach  den  Angaben  mit  Vorliebe  bei  den  großen 
Städten  im  Gegensatz  zu  der  siiffnsa,  die  in  den  Mooren  sich  über- 
wiegend zeigen  soll. 

18.  Apleda  {=  Mamcstra)  nebiilosa:  Im  Süden  ist  nur  die  hellste 
Form  vorhanden,  das  Tier  wird  gegen  Norden  allgemein  dunkler.  Auch 
in  Schottland  und  Irland  ist  die  bleiche  Form  die  vorherrschende  allzeit 
geblieben.  Sehr  schwarzeStücke  erscheinen  erst  seit  18  90;  1894 
wurden  bei   10^/^   dunklen  3^/^   schwarze  gezählt. 


Melanismus  der  Schmetterlinge.  571 

Überblickt  man  dieses  englische  Material,  so  ergibt  sich  daraus 
in  Anlehnung  an  die  Schlüsse  Doncaster's  folgendes: 

1.  Die  Beobachtung,  daß  in  den  letzten  60  Jahren  der  Mela- 
nismus in  England  zugenommen  hat,  ist  absolut  sicher:  die  Beob- 
achtungen fallen  nämlich  in  Jahre,  wo  bereits  wissenschaftlich  sicher 
registriert  und  mit  Verständnis  für  das  Problem  gesammelt  wurde; 
man  kann  nicht  mehr  den  Einwand  machen,  daß  die  schwarzen 
Formen  schon  früher  dagewesen  sind.  Zudem  hatte  bereits  1900 
eine  erste  Sammelforschung  einen  Status  festgelegt,  der  1906  sowohl 
nach  neuen  Örtlichkeiten  als  auch  in  einigen  neuen  Melanismen  über- 
schritten ist. 

2.  Es  steht  seit  1900  fest,  daß  Mittel-England  die  meisten 
schwarzen  Formen  aufzuweisen  hat. 

3.  Hieraus  geht  mit  großer  Wahrscheinlichkeit  hervor,  daß  der 
Melanismus  in  Verbindung  mit  der  Industrie  steht.  Dies  ist  die 
Regel,  aber  nicht  Gesetz,  denn 

4.  es  gibt  scharfe  Ausnahmen,  insofern  auch  in  Landgegenden 
—  man  sehe  die  Soarmia-Artan  No.  12  u.  13  —  Melanismen  plötz- 
lich erscheinen. 

5.  Es  ist  nicht  angängig,  in  dem  Melanismus  nur  einen  Über- 
gang vom  Landtier  zum  Stadttier  zu  erblicken. 

6.  Man  kann  kaum  an  einer  Vererbungsfähigkeit  des  Melanismus 
zweifeln. 

Ich  muß  hierzu  noch  nachträglich  die  von  Doncastee  mitge- 
teilten, in  England  erhaltenen  Zuchtresultate  aus  Kreuzungen  wieder- 
geben, die  an  sich  wert  sind,  in  Deutschland  bekannt  zu  werden. 
Sie  können  deutschen  Züchtern  vielleicht  einmal  zum  Vergleich 
dienen.  Ich  stelle  sie  in  übersichtlicher  Tabelle  (s.  nächste  Seite) 
zusammen: 

Man  sieht,  daß  die  Zuchtergebnisse  überwiegend  sich  in  den  ein- 
fachen Zahlenverhältnissen  der  MENDEL'schen  Regeln  bewegen.  Nur 
Acidalia  aversata,  Boarmia  consonaria  und  Mamestra  nehulosa,  auch 
einmal  Amphidasis  hetularia  fallen  aus  der  Rolle.  Ich  komme  später 
auf  die  Zucht-  resp.  Kreuzungsverhältnisse  noch  ausführlich  bei  Ge- 
legenheit unserer  Hamburger  Gym.  or  ab.  albingensis  zurück. 

7.  Die  Ausdehnung  eines  entstehenden  Melanismus  stellt  sich 
in  England  sehr  verschieden  ein. 

8.  Es  handelt  sich  offenbar  um  Zentren,  die  sich  auftun,  in  denen 
der  Melanismus  verharrt  und  indem  er  mit  der  Entfernung  abklingt 
resp.  verschwindet;    daß    aber    bei    einigen   Arten    die   Verbreitung 


Ö72 


K.  Hasebroek, 


Ergebnis 

Un- 

Eltern 

Hell          Dunkel 

gefähres 
Ver- 

hältnis 

Hemerophila  abrup- 

hell  X  dunkel 

11                   9 

1:1 

taria 

dunkel  X  dunkel  (die  Kinder) 

18 

39 

1:2 

dunkel  &"  X  dunkel  $ 

— 

67 

0:1 

hell  o^  X  hell  9 

18 

— 

1:0 

hell  9  X  dunkel  o^ 

6 

23 

1  :4 

hell  <f  X  c^  dunkel  9   (alles 

Enkelkinder) 

15 

33 

.1:2 

hell  o^  X  hell  9 

18 

1 

1:0 

hell  o^  X  dunkel  9 

9 

11 

1:1 

hell  9  X  dunkel  o^ 

8 

8 

1:1 

dunkel  c/'  X  dunkel  9 

17 

48 

1:3 

Phigalia  pedaria 

dunkles  9 

25«/o 

75% 

1:3 

dunkles  9 

11 

10 

1:1 

Amphidasis  betn- 

hell  a^  X  dunkel  9 

123 

109 

1:1 

laria 

hell  2  X  dunkel  a^ 

57 

47 

1:1 

hell  ö^  X  dunkel  9 

18 

11 

2:1 

hell  9  X  dunkel  cf 

57 

50 

1:1 

hell  a"  X  dunkel  9 

123 

109 

1:  1 

dunkles  Pärchen 

— 

alle 

0:1 

dunkles     Pärchen     (davon    3 

' 

dunkle    Großeltern,    das   4. 

unbekannt) 

—               — 

1:2 

hell  o^  X  dunkel  9  (mit  weißen 

dunkle,     weiß     ge- 

Flecken) 

sprenkelte       Vfl. 

helle  Hfl. 

— 

Acidalia  aversata 

helles,  uugebändertes  9 

gleiche  Zahl  gebän- 

derte u.ungebänd. 

1:1 

dunkel     bestäubtes     9     mit 

3    sehr    dunkel,     2 

Bändern 

dunkel    bestäubt. 

2  dunkel,  3  hell 

— 

Boarmia  consonaria 

helles  9 

10  o/o  dunkel 

1:10 

dunkle  99  (mehrere) 

30—75%  dunkel 

— 

dunkel  9  X  dunkel  o^ 

4               38 

1:10 

Mamestra    nebulosa 

dunkle  Eltern 

5               14 

und  Zwischenformen 

— 

dunkel  9 

21  dunkel  4  schwarz 

arau 

— 

helle  Eltern 

11 

1 

1:10 

eine  außerordentlich  große  geworden  ist.  Das  ist  ganz  besonders 
bei  Ämph.  beMaria  der  Fall.  Für  diese  ist  charakteristisch,  daß 
sie   sich  von  Manchester  über  Lancashire,  Yorkshire  und  das  nörd- 


Melanismus  der  Schmetterlinge.  573 

iiche  Mittel-England  nach  Osten  bis  an  die  Küste  ausgedehnt  hat, 
während  Süden  und  Südosten  kaum  bestrichen  werden. 

9.  Der  Einfluß  der  großen  Städte  auf  die  Bildung  von  Zentren 
scheint  evident  zu  sein.  Besonders  spielt  Sheffield  eine  große 
Rolle,  und  London  paradiert  mit  zwei  Melanismen,  die  sonst  kaum 
vorkommen.  In  dieser  Beziehung  handelt  es  sich  dann  stets  um  die 
krassesten  Fälle  von  tiefschwarzem  Melanismus,  in  denen 
sich  die  Form  hält.  Wenn  der  Melanismus  in  Gegenden  ohne  In- 
dustrie und  ohne  starken  Regenfall  —  den  Doncastek  mit  berück- 
sichtigt —  eine  große  Ausbreitung  gewinnt,  so  sind  hier  die  Mela- 
nismen meistens  nicht  prävalierend.  Das  Prävalieren  bis  zur  Ver- 
drängung erfolgt  gewöhnlich  in  den  großen  Städten.  Tutt  will  in 
-einer  Arbeit  von  1890—1898  dies  allerdings  nicht  gelten  lassen.^) 
Ich  glaube  aber,  daß  die  Verhältnisse  sich  jetzt  seit  1890/93  so  sehr 
verändert  haben,  daß  seine  Ansicht  eine  andere  werden  muß.  Die 
meisten  Melanismen  der  DoNCASTER'schen  Abhandlung  fallen  schon 
10 — 15  Jahre  später. 

Bevor  ich  zur  eigenen  Untersuchung  des  Melanismus  übergehe, 
möchte  ich  noch  die  DoNCASTER'schen  Fälle  dahin  ergänzen,  daß 
einige  weitere  englische  Melanismen,  die  nicht  näher  untersucht  zu 
«ein  scheinen,  ihrer  Entstehung  nach  ebenfalls  in  die  wirksamen 
Jahre  hineingehören:  es  betrifft  dies  ganz  auffallenderweise  aus- 
schließlich dieAcronycten-Gruppe,  und  zwar :  A.  leporina  mit  der 
<ib.  hradijporina  (Tutt,  1886),  die  ab.  semivirga  (Tutt,  1888)  und  die 
ti  efsammtsch  Warze  ab.  melanocephala  (Mansbridge,  1905)^),  die 
für  mich,  wie  wir  später  sehen  werden,  in  einem  zweiten  bei  Ham- 
burg aufgetretenen  Stück  wichtig  ist.  Ferner:  A.  menyantliidis  ab. 
■suffusa  (Tutt,  1886),  tridens  ab.  virga  (1888),  eupliorbiae  ab.  myricae 
(Tutt,  1891),  die  letzte  auch  jetzt  in  einem  Exemplar  in  Hamburg 
1908.  — 

Es  geht  nun  klar  aus  der  Studie  Doncaster's  hervor,  daß  trotz 
so  manchem  Fortschritt  in  der  Kenntnis  des  Melanismus  man  auf 
die  wirklichen  Gründe  für  die  erste  Entstehung  der  melano- 
tischen  Formen  nur  recht  wenig  Schlüsse  ziehen  kann.  Man  kann 
nach  der  englischen  Sammelforschung  doch  den   Mantel  in  dieser 


1)  Tutt,  Melanisme  in  Lepidoptera,  in:  Entomol.  Record,  1890 — 1893. 

2)  Gillmer  ,    Eine    interessante   roelanistische  Form  von  A.  leporina 
T.   aus  England,  in:   Entomol.   Ztschr.   (Guben),   1906,   No.   36. 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  37 


p.nA  K.  Hasebroek, 

Beziehung  sehr  nach  dem  Winde  hängen,  und  es  bleibt  für  den 
Zweifler  und  Skeptiker  noch  allzuviel  übrig.  Das  liegt  einzig  und 
allein  daran,  daß  eben  für  England  bereits  viel  zu  lange  Zeit  seit 
der  Entstehung  des  Melanismus  verstrichen  ist  und  daß  eine  Über- 
sicht aller  Bedingungen  nicht  mehr  möglich  ist. 

Hier  ist  es  nun,  wo  unsere  deutsche  Forschung  und  ganz  speziell 
unsere  Hamburger  Beobachtungen  weiter  einzusetzen  haben;  letztere 
gewinnen  größere  Bedeutung  dadurch,  daß  hier  seit  zwei  Menschen- 
altern eine  kleine  Kerntruppe  hervorragender  Sammler  bereits  ge- 
arbeitet hat  und  daß  unser  Entomologischer  Verein  in  den  letzten 
Jahren  sich  es  hat  angelegen  sein  lassen,  das  eingangs  schon  er- 
wähnte große  Ereignis  eines  isolierten  ersten  Auftretens 
eines  Melanismus,  nämlich  de sjenigen  de r  aö.  aZ6i wf/ewsis- 
unserer  Cyni.  or,  scharf  zu  verfolgen.  Es  wird  das  dem 
Verein  noch  zum  Ruhme  gereichen,  wenn  auch  ein  unerhörtes  Glück 
ihm  zu  Hilfe  gekommen  ist.  Leider  ist  auch  das  Unglück  zu  ver- 
zeichnen, daß  unser  wissenschaftlicher  Ausbau  durch  die  Verkennung 
des  Zieles  von  selten  einiger  Vereinsmitgliedei-  in  seiner  ruhigen 
Entwicklung  etwas  gestört  wurde,  indem  zu  früh  unser  spezifisches 
Puppenmaterial  in  andere  Gegenden  verschickt  w'orden  ist.  Das 
Gute  dabei  ist  noch,  daß  gerade  die  allerersten  Jahre  unserer  For- 
schung dadurch  nicht  mehr  berührt  werden  können. 

Was  lehrt  nun  im  allgemeinen  der  Melanismus  in  Deutschland? 
Ohne  Frage  steht  dieses  fest:  auch  hier  hat  er  sich  am  entschie- 
densten herausgebildet  in  den  Industriebezirken  des  Rheinlandes. 
Auch  hier  sind  in  Industriegebieten  die  schwarzen  Formen  reichlich 
vorhanden  bis  zur  Verdrängung  der  Stammform,  und  auch  hier 
werden  aus  den  Industriegebieten  neue  Melanismen  von  Zeit  zu 
Zeit  gemeldet.  Auch  in  Deutschland  wird  durch  diese  neuzeitlichen 
Meldungen  der  Einwand  nicht  mehr  möglich,  daß  die  melanistischen 
Formen  sollten  schon  immer  dagewesen  sein. 

Es  waren  vor  allem  die  krassen  kompleten  Melanismen,  die  in 
England  für  die  Herausbildung  in  den  Industrie-  und  Großstadt- 
bezirken uns  entgegentraten.  Diese  Melanismen  sind  es  daher  in 
erster  Linie,  an  denen  unsere  Untersuchung  für  Deutschland  an- 
zugreifen hat.  Wir  haben  hierzu  die  beste  Gelegenheit  in  der  am 
meisten  verfolgten  Amph.  hetularia  ah.  douhledaijaria. 

Für  diese  ist,  sicher  zu  belegen,  folgendes  bekannt.  Schon  nach 
Doncastee's  allgemeiner  Angabe  erschien  die  Form  auf  dem  Kon- 
tinent gegen^l888  (Doncastee,  p.  6).     Genauer  stellt  sich  das  Auf- 


Melanismus  der  Schmetterlinge.  575 

treten  hier  so  dar:  In  den  „ersten  80er  Jahren"  in  Crefeld  vereinzelt, 
1895/96  schon  zu  50%  (Doncaster,  p.  6).  Um  1885  herum  ziemr 
lieh  gleichzeitig  in  Holland  (Dordrecht  und  Haag)  (Snellen, 
1885).^)  In  Belgien  Zvvischenformen  1886  und  1896  beobachtet 
(DoNCASTEE,  p.  6).  In  Hannover  1884  (Doncaster,  p.  5).  In 
Hamburg  sicher  schon  vor  1896  (Laplace,  Fauna).  In  Dresden 
1892  (Steinert).^)  In  Berlin  1903  (Doncaster,  p.  6).  Im  Harz 
1900  (Pauls  und  Fischer).^)  In  Pommern:  1900  auf  Rügen, 
um  Stralsund  1905/06  wiederholt  gefunden  und  1908  durch  die 
Zucht  erhalten  (Spormann).-)  Schlesien  steht  mit  1892  (Hartmann )i) 
auffallend  früh,  man  beachte  dies  sehr!  1900  erstatten  schon 
DE  Vriere,  Storch,  Voss,  Gauckler  ausführliche  Berichte  darüber, 
daß  in  gewissen  Fällen  die  Abart  die  Stammform  fast  verdrängt 
hat.  1900  weist  bereits  Rey  im  Berliner  entomol.  Verein  auf  die 
zunehmende  Verbreitung  in  südöstlicher  Richtung  hin.^'^) 

Stellen  wir  nun  zunächst  die  Verbreitungszonen  mit  den  von 
Doncaster  angegebenen  Daten  für  die  ah.  douhlcdaijaria:  Manchester 
1850,  Cannock  1878,  Berkshire  1885,  Cambridge  1892.  Norfolk 
1893,  Suffolk  1896,  London  1897,  zusammen,  so  ergibt  sich  zwingend, 
daß  von  einem  kontinuierlichen  Ü  b  e  r  w  a  n  d  e  r  n  auf  den 
Kontinent,  einem  einfachen  Weit  er  w  an  dem  unmög- 
lich die  Rede  sein  kann.  Die  schwarze  Form  tritt  auf  dem 
Kontinent  schon  viel  früher  auf,  als  in  England  der  Fortschritt  zur 
Ostküste  erfolgt  ist.  Auch  in  Deutschland  ist  Crefeld  zu  Anfang 
der  80er  Jahre  mit  vereinzelten  Tieren  und  1895/96  schon  mit  50% 
vertreten.  Schlesien  steht  mit  1892  wieder  vor  Pommern,  Berlin, 
Sachsen  und  Hamburg.  Muß  man  auch  im  allgemeinen  eine  analoge 
Verbreitung  von  Nordwest  nach  Südost  und  Süden  wie  in  England 
anerkennen,  so  erhält  man  doch  unbedingt  den  Eindruck,  daß  es 
sich  bei  dem  Auftreten  in  Deutschland  mindestens  um  selbstän- 
dige Zentren  handelt,  in  denen  die  Entstehung  nur 
unter  den  inzwischen  gleichartig  gewordenen  Bedin- 
gungen wie  in  England  erfolgte.  Es  wäre  doch  höchst 
merkwürdig,  wenn  der  Melanismus  —  durch  den  Flug  oder  auf  dem 
Wege  des  Verkehrs  —  weniger  rasch   von  Berkshire  nach  London 


1)  Zitiert     nach    Bachmetjew  ,     Experimentelle     entomol.     Studien, 
Sophia  1907,  p.   903. 

2)  Spormann,  Die  in  Neuvorpommern  bisher  beobacht.  Grroßschmetter- 
linge,   Schulprogramm,   2.  Teil,    1908. 

3)  Bachmetjew,  1.  c,  p.  903  u.  357. 

37* 


gf^g  K-  Häsebroek, 

erst  in  12  Jahren  —  sollte  gelangt  sein  als  von  Berkshire  nach 

dem  Kontinent  und  vollends  bis  Pommern. 

Nimmt  man  für  England  und  Deutschland  selbständige  Zentren 
an,  so  wird  man  natürlich  nach  irgendwelcher  gemeinsamen  Ein- 
wirkung suchen  müssen:  und  tatsächlich  ist  es  möglich,  einen  ein- 
heitlichen Faktor  zu  finden,  von  dem  man  nachweisen  kann,  daß  er 
eben  in  Deutschland  nur  später  eingesetzt  hat  als  in  England,  im 
übrigen  aber  hier  wie  dort  in  einer  gleichen  Entwicklungsrichtung 
sich  bewegt  hat:  es  sind  das  die  Industrie  und  die  Industrie- 
betriebe mit  ihren  Begleiterscheinungen  in  Kohlen- 
V  er  brennung  und  Rauch. 

Niemand  hat  bisher  daran  gedacht,  daß  man  diesem  Faktor  in 
ausgezeichneter  Weise  statistisch  nachgehen  kann,  wenn  man 
sich  an  die  seit  100  Jahren  vorliegenden  Zahlen  der  Dampf- 
maschinen hält.  Es  ist  klar,  daß  wir  hierin  seit  der  Erfindung  der 
Dampfmaschine  den  getreuen  Ausdruck  der  Zunahme  der  Fabrik- 
betriebe haben  müssen. 

Nach  Meter's  großem  Konvers.  Lexik,  von  1888  kam  in  Eng- 
land 1782  die  erste  Dampfmaschine  in  Betrieb,  und  1810  waren 
bereits  5000  Dampfmaschinen  vorhanden. 

In  Deutschland  wurde  die  erste  zwar  auch  schon  1788  aufge- 
stellt, aber  1822  kam  es  erst  zur  zweiten  und  erst  von  1830  au 
datiert  ein  nennenswerter  Aufschwung.  Wir  haben  also  ein 
Nachhinken  Deutschlands  von  ca.  25  —  30  Jahren  im 
Auftreten  der  Fabrikbetriebe. 

In  England  waren  1870/72  schon  52000  Dampfmaschinen  mit 
S'/a  Mill.  Pferdestärken. 

In  Deutschland  waren  (nach  Meyer's  kleinem  Konversations- 
lexikon von  1898)  in  Preußen  im  Jahre  1879  33  748  Maschinen 
mit  ca.  2^/2  Mill.  Pferdestärken  vorhanden. 

Berücksichtigt  man  die  ungefähre  gleiche  Größe  von  Mittel- 
England,  um  das  es  sich  im  wesentlichen  handelt,  und  Preußens  mit 
Ausschluß  seiner  wenig  industriellen  östlichen  Provinzen,  und  über- 
legt man,  daß  in  England  erst  Mitte  der  60er  Jahre  der  Melanismus 
mehr  hervortrat,  so  kann  man  nach  den  Zahlen  der  vorhandenen 
Pferdestärken  sehr  wohl  dazu  kommen,  in  Preußen  den  Melanismus 
nicht  vor  den  80er  Jahren  unter  gleichem  Einfluß  der  In- 
dustrie überhaupt  zu  erwarten. 

Es  geht  weiter  aus  der  Statistik  der  Dampfmaschinen  der  ganzen 
Erde    hervor,   daß  —  ein   solcher  Einfluß    der  Industrie   vorausge- 


Melanismus  der  Schmetterlinge.  577 

setzt  —  England  mit  dem  Melanismus  an  der  Spitze  marschieren, 
daß  Deutschland  an  zweiter  Stelle  kommen,  von  Deutschland  wieder 
Preußen  und  von  Preußen  wieder  das  Rheinland  sich  vor- 
drängen müssen  in  der  Lieferung  von  Melanismen. 

Nach  Brockhaus'  großem  Konversationslexikon  von  1901  hatten 
nämlich  die  Industriebetriebe  in  Pferdestärken: 

1888  1900 

England  9,2  Mill.         10,2  Mill. 

Deutschland  6,2  7,5 

Frankreich  4,5  5,5 

Rußland  2,0  4,0 

Österreich  2,1  3,0 

Italien  0,8  1,2 

Da  von  Deutschland  Preußen  1901  mit  4,3  Mill.  Pferde- 
stärken figuriert,  so  sieht  man  ohne  weiteres,  daß  Preußen  in  den 
betreffenden  Jahren  ein  so  beträchtliches  Überwiegen  in  seiner  In- 
dustrie erhält,  daß  es  mit  seinen  4,3  Mill.  über  die  Hälfte  der  Ge- 
samtpferdestärken von  7,5  Mill.  repräsentiert. 

Und  nimmt  man  drittens  hinzu,  daß  nach  einer  Tabelle  (im 
großen  Meyer  von  1888)  von  900000  Pferdestärken  in  Preußen  nicht 
weniger  als  500000  auf  Bergbau-,  Hütten-  und  Salinenbetriebe  ent- 
fällt, so  springt  in  die  Augen,  daß  gerade  die  Rheinprovinz  und 
Westfalen  die  Provinzen  des  Melanismus  par  excel- 
lence  werden  müssen,  indem  sie  so  überaus  ähnlich  Mittel- 
England  werden.  Mit  Recht  spricht  daher  auch  Doncaster  von  der 
deutschen  „dark  country". 

Rekapitulieren  wir  kurz:  England  mußte  in  der  Hervorbringung 
von  Melanismen  zuerst  erscheinen.  Und  dieser  Vorsprung  in  Ver- 
bindung mit  dem  Nachweis  des  nicht  einfachen  Weiterwanderns  des 
Melanismus  über  seine  Ostküste  nach  und  in  Deutschland  hinein 
spricht  für 

1.  den  Zusammenhang  des  Melanismus  mit  der  In- 
dustrie und  Industriebetrieben, 

2.  die  Entstehung  des  Melanismus  nach  vonein- 
ander mehr  o'der  w'eniger  getrennten  Zentren. 

Damit  komme  ich  zur  Besprechung  des  Einflusses  der  Groß- 
städte an  einem  Paradigma,  wie  es  Hamburg  bietet.  Ich  schicke 
die  in  und  um  Hamburg  bekannten  Melanismen  voraus: 


y'jg  K.  Häsebroek, 

1.  Acronycta  leporina  ah.  hradyporina,  sicher  seit  1886  schon  ver- 
breitet und  seit  1904  viel  häufiger  als  die  Stammform.  1910  er- 
schien das  pechschwarze  samtglänzeude  Stück,  das  ich  bereits 
S.  573  als  identisch  mit  der  aus  England  1905  beobachteten  ab.  me- 
lanocepJiala  erwähnt  habe. 

Acronyda  menyanthidh :  Seit  1888  bei  uns  bis  zu  kompleter 
tiefer  Ausschwärzung  der  ab.  suffusa  bekannt.  1903  wurde 
die  ab.  sartorii  bei  der  Zucht  gewonnen,  die  das  Samtschwarz 
nur  zwischen  Wellenlinie  und  Außenrand,  also  als  breites  Außen- 
feld hat. 

Acronycta  megacephala:  1900  ein  schwarzes  Tier.  1907  von  mir 
ein  in  der  Grundfarbe  eigenartig  schmutzig  gelbbraunes  Stück  ge- 
ködert. 

Acromjcta  euphorbiae:  Dunkle  Tiere  seit  langem  als  gewöhnlich 
bekannt.  Im  Jahre  1908  ein  pechschwarzes  Stück  von  Herrn 
Jaeschke  in  den  Eibmooren  geködert,  identisch  mit  der  in  England 
seit  1891  bekannten  ab.  myricae  (S.  573). 

Agrotis  cursoria:  Seit  1886  reichliche  schwäre  Tiere  bekannt. 
Variiert  sehr  bis  zu  dunkelrotbraun  ohne  Zeichnung. 

Agrotis  occiUta  ab.  passetii:  Seit  1904  bei  uns  bekannt. 

Miana  opliiogramma,  ab.  maerens:  Dieser  Melanismus  ist  über- 
haupt zuerst  in  Hamburg  1904  bekannt  geworden  und  ist  sicherlich 
in  den  ersten  Jahren  nur  auf  das  Hamburger  Gebiet  beschränkt 
geblieben,  wenn  dies  nicht  etwa  auch  zurzeit  noch  gilt. 

Mamestra  nebulosa:  in  der  ab.  robsoni  seit  1904  vereinzelt  beob- 
achtet. 

Hadena  scolopacina  ab.  Jiammoniensis:  1898  wurden  von  dem  Be- 
schreiber  Sauber  in  Hamburg  die  ersten  2  Exemplare  gefunden, 
1900  bereits  12mal  geködert,  seitdem  häufiger  unter  der  Stammform. 
Auch  dieser  Melanismus  ist  für  Hamburg  bis  jetzt  typisch  geblieben. 

Chlorocystis  rectangulata  ab.  nigrosericeata:  wie  es  scheint  zuerst 
von  mir  selbst  in  meinem  Hausgarten  in  Hamburg  1910  gefangen. 
Seitdem  auch  sonst  in  der  Stadt  von  Anderen  beobachtet;  auch  1912 
wieder  in  meinem  Garten. 

Amphidasis  betidaria  ab.  douhledayaria :  gut  bekannt  seit  1896; 
auch  früher  schon  in  Hamburg  angetroffen. 

Boarmia  repandata:  in  dunklen  Stücken,  gebändert  und  dilfus 
melanistisch,  seit  1904,  aber  immer  noch  vereinzelt. 

Nicht  erschienen  sind  bei  uns  bis  jetzt  von  den  englischen 
melanotischen  Tieren:    Odonestes  bidentata,   Boarmia  consortaria  und 


Melanismus  der  Schmetterlinge.  579 

eonsonaria,  desgleichen  nicht  Phigalia  pedaria  in  tieferer  einförmiger 
Schwärzung. 

Diese  Hamburger  Daten,  nach  denen  einerseits  in  England  bei 
uns  nicht  vorhandene  Melanismen  vorkommen,  andrerseits  bei  uns 
spezifische  Formen  erschienen  sind,  die  in  England  nicht  beobachtet 
wurden,  bestätigen  es,  daß  im  Prinzip  jedenfalls  nicht  eine  einfache 
Einwanderung  oder  Fortsetzung  des  englischen  Melanismus  bei  uns 
vorliegt.  Auch  das  vereinzelte  erste  Hamburger  Erscheinen 
der  sonst  noch  nicht  in  Deutschland  bekannten  Acronycten- 
formen  mit  tiefstem  Schwarz,  nämlich  von  leporina  und  eiiphorbiae, 
sprechen  ohne  weiteres  für  die  Selbständigkeit  eines  Zen- 
trums bei  Hamburg. 

Allem  aber  setzt  in  dieser  Beziehung  die  Krone  auf:  unsere 
tiefschwarze  Hamburger  Ct/m.  or  ab.  alUngensis  ^),  zu  deren  ge- 
nauer Betrachtung  ich  mich  jetzt  wende. 

Es  fällt  diese  erste  Form  unter  die  Diagnose:  „nigra,  macuUs 
albis''  (s.  S.  581  Fig.  ß).  Von  dieser  gleichen  Type  wurden  zu- 
nächst, lediglich  am  Zuckerköder,  gefangen : 

1904  4  Stück  im  sogenannten  „Eppendorfer  Moor",  dicht 
vor  den  Thoren  Hamburgs, 

1905  1  Stück  im     Eppendorfer  Moo r", 

1906  1  Stück  im  „Eidelstedter  Moor"  10  km  von  Hamburg, 

1907  3  Stück  im  „Eppendorfer  Moor", 

1908  1  Stück  bei  Winsen  a.  Luhe,  34  km  südöstlich  von 
Hamburg  auf  Heideterrain  im  wesentlichen, 

1908  1  Stück  bei  Harburg  a.  E.,  10  km  von  Hamburg. 

Es  wurde  damals  schon  festgestellt,  daß  das  Tier  keinen  Über- 
gang vom  Stammtier  zum  schwarzen  Tier  enthielt,  daß  es  nach 
seiner  tiefen  Schwärzung  weder  mit  den  bisher  registrierten  dunklen 
Formen  der  ab.  obscura  (Spulek)  noch  mit  der  ab.  fasciata  (Teich) 
noch  mit  der  v.  scotica  (Tutt)  etwas  zu  tun  hatte  und  daß  auch 
nach  der  Mitteilung  von  Pkout  an  Püngeler  Ende  Februar  1908 
eine  solche  Form  bis  dahin  in  England  nicht  bekannt  war. 

Diese  Alleinherrschaft  der  alUngensis  (die  an  der  Elbe  woh- 
nende) ist  für  Hamburg  gegenüber  dem  übrigen  Deutschland  und 
Österreich  noch  1913  durch  Waenecke  festgestellt.  '^)    Unsere  Form 

1)  Waenecke,  in:  Intern,  entomol.  Ztschr.  (Stuttgart),  1908,  No.  22, 
No.   2,   woselbst  die  erste  Beschreibung  erfolgte. 

2)  Waenecke,  in :  Entomol.  Mitteilungen  deutsch,  entomol.  Museum 
Berlin  Dahlem   1913,  Vol.  2,  No.  9. 


580  K.  Hasebroek, 

kann  also  in  den  ersten  9  Jahren  ihrer  Beobachtung  nur  isoliert 
um  Hamburg  herum  entstanden  sein.  Und  daß  die  Form  in 
den  Jahren  vordem  auch  in  Hamburg  nicht  da  war,  dafür  garan- 
tieren die  Angaben  unserer  ausgezeichneten  alten  Sammler,  die  seit 
60  Jahren  gerade  das  „Eppendorfer  Moor"  bis  in  alle  Winkel  genau 
durchforscht  und  die  auch  die  Cijm.  or  in  der  Stammform  vielfach 
gezogen  haben. 

Als  man  nach  1908  begann,  auch  die  Raupen  der  in  unserer 
Umgegend  häufigen  Cym.  or  fleißig  einzutragen,  zeigten  sich  schon 
bis  1911,  daß  die  schwarze  Form  teilweise  bis  zu  95**/o  bei  den 
Zuchten  erhalten  wurde,  so  daß  die  Stammform  verdrängt 
erschien. 

Eine  von  mir  für  1911  unter  9  Sammlern  angestellte  Umfrage 
ergab  das  Überraschende,  daß  das  reichliche  Auftreten  der  Abart 
mit  der  Himmelsrichtung  in  Zusammenhang  stand :  es  erschienen  an 
ah.  alhingensis  aus  eingesammelten  Raupen:  aus  dem  Westen  des 
Stadtgebietes  0—1%,  aus  dem  Süden  0%,  aus  dem  Norden  0—0,2%^ 
während  der  Osten  und  Nordosten  je  2 mal  90 — 100 '^\^ 
und  je  2m al  50%  schwarze  Falter  lieferten.  Niemals 
waren  Übergänge  zu  verzeichnen. 

Der  weitere  Verlauf  ist  nun  ein  höchst  merkwürdiger.  Es  ist 
nicht  bei  dieser  einfach  schwarzen  Form  geblieben,  sondern  es  sind 
bis  1913  innerhalb  derselben  Entwicklungsrichtung  zur  schwarzen 
Färbung  vereinzelte  weitere  Nuancen  aufgetreten,  die  sich  erstens 
(s,  Fig.  D)  in  einer  weißen  Radiärzeichnung  =  ab.  aJbingoraUata 
Bunge,  zweitens  (s.  Fig.  C)  in  einer  scharf  begrenzten  hellen  Außen - 
randbinde  =  ah',  marginata  Warn.,  drittens  (s.  Fig.  E)  in  dem  Fort- 
fallen der  weißen  Makel  =  ah.  alhingosuhcaeca  Bunge,  und  in  dem 
Auftreten  von  gelben  Farbentönen  (gelben  Makeln  und  diffus 
lehmgelber  Färbung  aller  Flügel)  gezeigt  haben. 

Ich  gebe  nebenstehend  meine  in  der  „Umschau"  (Frankfurt  a.  M.- 
Niederrad)  ^)  reproduzierte  Abbildung  der  zugleich  sehr  schönen 
Falter  (Fig.  A— E). 

Die  Zuchtresultate  in  Hamburg  waren  folgende.  Aus  50  Puppen 
von  ca.  100  aus  verschiedenen  Bezirken  zusammen  getragenen 
Raupen  erhielt  Herr  Zimmermann  22  al.  alhingensis  und  25  Stamm- 
formen. Ich  selbst  erhielt  1912  aus  einer  Portion  Raupen  (von  der  Fund- 


1)    Hasebroek  ,     Eiue    bemerkenswerte    bei     Hamburg    auftretende 
Schmetterlingsmutation,   in:  Umschau,    1913,  No.   49. 


Melanismus  der  Schinetterling^e. 


581 


stelle  C,  s.  S.  583)  20  (^  21  ?  ah.  albmgensis  und  5  <?  4  $  Stamm- 
formen; von  einem  anderen,  einige  Kilometer  nördlicher  gelegenen 
Ort  (von  der  Fundstelle  B,  s.  S.  583)  4  (^  2  ?  «&.  alUngensis  und 
4  ^  der  Stammform. 

Die  Kreuzung  alUngensis  X  alUngensis  lieferte  Herrn  Zimmer- 
mann 9  Exemplare  alUngensis  bei  3  der  Stammform,  und  er  erhielt 
von  deren  Kindern  alUngensis  X  alUngensis  20  Exemplare  alUngensis 
bei  6  der  Stammform,  das  entspricht  beide  Male  dem  Mendel- 
Verhältnis  3:1. 


Fig'.  A.    Stammform  des  Nachtfalters  Cymatophora  or  F. 


Fiff.  B. 


Fig.  C. 


%rf 


Fisf.  D. 


FifiT.  E. 


Fig.  B- 


-E.     Melanismus  des  Nachtfalters  Cymatophora  or  F.   aus  der  Nähe   von 

Hambiirs:. 


Daß  man  an  einer  Vererbung  kaum  zweifeln  kann,  ist  hiernach 
klar.  Der  Umstand,  daß  wir  so  auffallend  reine  Yerhältniszahlen 
bei  unserem  im  erstmaligen  Auftreten  erscheinenden  Melanismus 
erhielten,  läßt  mich  hier  eine  wichtige  Frage  aufrollen.  Wir  hatten 
in  unserem  Melanismus  eine  k o m p  1  e  t e  A  u s f  ä r  b  a n g  in  Verbin- 
dung mit  d  e  m  F  e  h  1  e  n  V  0  n  j  e  g  1  i  c  h  e  n  Ü  b  e  r  g  ä  n  g  e  n  V  0  r  u  n  s. 
Sollte  hier  nicht  ein  Hinweis  darauf  gegeben  sein,  daß  in  dem  kom- 
pletten Melanismus  die  Vorbedingung  gegeben  ist  dafür,  daß  keine 
intermediäre  Produkte  vorkommen?    Es  fällt  nämlich  auf,  daß  nach 


582  K-  Häsebroek. 

der  oben  gegebenen  Zuchttabelle  Doncastee's  diejenigen  Falter  inter- 
mediäre Übergangsbilder  liefern,  die  sich  durch  mehr  unregelmäßig 
oder  doch  partiell  gezeichnetes  Farbenkleid  auszeichnen,  d.  h.  deren 
Zeichnuugselemente  in  Strichen  und  Wischen  bestehen.  Man  sehe 
S.  572  die  Typen  AmpJi.  hetularia,  AcicI.  aversata,  die  Boarmien  und 
in  höherem  Grade  Mamesir.  nebulosa  darauf  hin  an :  hier  erscheinen 
die  Übergänge  vielleicht,  weil  als  Kreuzuugseltern  nicht  völlig  diffus 
ausgefärbte  Melanismen  benutzt  wurden.  Ich  erinnere  ferner  an 
Psil.  monacha,  die  Nonne,  mit  ihrem  unregelmäßig  gescheckten  weiß 
und  schwarzen  Gewände.  Für  diese  hat  Staxdfuss  schon  auf  die 
Häufigkeit  von  Übergängen  aufmerksam  gemacht.  Betrachtet  man 
die  einzelnen  kleineren  Zeichnungspartien  für  sich  als  Einheiten, 
die  durch  ein  sogenanntes  Stammes-Geu  oder  neues  Melanose-Gen 
in  den  Keimesanlagen  bestimmt  werden,  so  würde  vielleicht  eine 
M-EXDEL- Vererbung  auch  für  diese  Einheitselemente  anzunehmen 
sein.  Alsdann  müßte  man  aber  im  Gesamtbilde  vielfach  Übergangs- 
falter erhalten.  Erst  bei  weiterer  Kreuzung  würde  auch  im  Ge- 
samtbild ein  Fehlen  von  Übergängen  eintreten.  Tatsächlich  spricht 
für  solchen  Vorgang  die  interessante  Mitteilung  Doxcaster's.  daß 
in  manchen  Fällen  von  „kontinuierlichem"  Melanismus  die 
weitere  Züchtung  und  Kreuzung  unzweifelhaft  einen  ..diskontinuier- 
lichen" Melanismus  der  Nachkommen  erscheinen  läßt.M  Diese  Ver- 
hältnisse sind  wohl  einer  weiteren  Forschung  wert,  scheint  mir. 

Was  lehrt  uns  nun  unser  Hamburger  Fall  der  Cijm.  or  ab. 
dlUngensis  mit  einem  so  intensiv  ausgefärbten  Melanismus? 

Außer  dem  fast  absolut  sicheren  Eesultat.  daß  wir  ein 
Zentrum  großstädtischer  Entstehung  bis  zur  erb- 
lichen Fixierung  vor  uns  haben,  geht  mit  höchster  Wahr- 
scheinlichkeit aus  unseren  näheren  Beobachtungen  hervor,  daß 
Großstadtluft  und  Großstadtatmosphäre  hier  ihr  Wesen 
treiben:  denn  die  Himmelsrichtungen  0  und  NO  für  das  evidente 
Überwiegen  des  Vorkommens,  fast  bis  zur  Auslöschung  der  hellen 
Stammform,  stimmte  1911  überein  mit  der  Windrichtung,  die  in 
Hamburg  vorherrschend  ist:  nämlich  von  Juni  bis  August 
ans  NW,  nächstdem  aus  Wund  dann  aus  SW;  im  September  Oktober 
am  häufigsten  aus  S^^^  nächstdem  aus  W.  Im  Jahre  herrscht  SW 
vor.  Es  müssen  somit  gegen  0  und  NO  am  intensivsten  die  Aus- 
dünstungen der  Stadt  mit  Rauch  in  Niederschlägen  wirken. 


1)  DOXCASTEE,  1.   c,  p.    11   (des  Separatums). 


Melanismus  der  Schmetterlins:e. 


583 


Und  daß  es  sich  hier  um  Fabrikbetriebe  im  speziellen  handeln 
kann,  ^eht  aus  Folgendem  liervor: 

Ich  habe  in  der  beistehenden  Skizze  die  größten  Fabrikbetriebe 
in  den  Stadtplan  eingezeichnet.  Es  handelt  sich  um  den  Vorort 
Barmbeck  von  Hamburg,  der  als  die  eigentliche  Industriegegend 
anzusehen  ist.  Vor  30  Jahren  war  hier  noch  vorherrschend  Acker- 
baubetrieb. Wir  befinden  uns  an  der  Nord-Ost-Grenze  der 
Stadt,  wie  sich  aus  der  Müllverbrennungsanlage  und  Ab- 
deckerei von  selbst  schon  ergibt.  Trotz  der  vielen  Straßenzüge 
finden  sich  aber  auch  noch  innerhalb  dieser  kleinere  stehengebliebene 
Gartenlandinseln,  die  zum  Teil  Knicks  mit  reichlicher  Populus  tre- 
mula  aufweisen.  Das  ist  sogar  noch  der  Fall  bei  A  (Fig.  F).  wo 
eine  Straße  —  die  Flurstraße  —  bis  1912  eine  der  Hauptfundstellen 


tlectr.  Werk 

Fig.  F.     Stadtplan  des  Vorortes  Barmbeck. 
^    Größere  Fabrikbetriebe. 
A,  ß,  C,  Mt  Fundstellen  der  Cym.  or-  ab.  albingensis. 


xg^  K.  Hasebroek, 

derjenigen  Raupen  war.  von  denen  die  erstmaligen  hohen  Prozente  der 
ah.  alUngensis  erhalten  wurden.  Die  Fundstelle  B  befindet  sich  schon 
anf  freiem  Ackerland  (bei  Steilshop)  und  umfaßt  noch  ein  kleinstes 
Wäldchen  mit  ein  paar  Hundert  armstarker  Bäume.  Leider  ist  auch 
dieses  Dorado  für  manchen  schönen  Spanner  1913  niedergelegt.  Der 
Fundort  C  ist  schon  reines  Acker-  resp.  Gartenland,  zwischen  denen 
einige  Kuhweiden  sich  befinden.  Getrennt  werden  diese  durch 
Knicks,  in  denen  reichlich  Populus  tremula  steht,  zwischen  deren 
im  Herbst  bereits  schmutzigen  und  weißbestäubten  Blättern  man  die 
Raupen  der  Cym.  or  findet.  Es  ist  überhaupt  bezeichnend,  scheint 
mir,  daß  dieser  Schmetterling  selbst  in  größter  Verwahrlosung,  was 
Reinlichkeit  anlangt,  gedeiht.    Seine  Zucht  ist  daher  sehr  leicht. 

Nun  die  Fabriken  selbst  und  ihrer  Lage:  die  enorme  Gasfabrik 
im  Südwesten,  die  beiden  Gummifabriken,  die  mit  ihren  Vulkani- 
sationsapparaten auf  Schwefel  prädestiniert  sind :  sollten  letztere 
nicht  schon  einen  Hinweis  auf  spezifische  Ausdünstungen  mit  schwef- 
liger Säure  abgeben?  Niemand  wird  leugnen  können,  daß  die  Ge- 
samtlage der  Fabriken  zu  den  Hauptfundstellen  B  und  C,  die  sich 
bereits  auf  ganz  freiem  Felde  befinden,  direkt  der  von  S\V  nach 
NO  streichenden  Windrichtung  entspricht.  Hinzu  kommt,  daß  außer 
den  Fabriken  im  Vorort  Barmbeck  die  Bevölkerung  von  Hamburg 
am  meisten  zugenommen  hat  und  damit  die  Zahl  der  rauchenden 
Schornsteine.  In  dieser  Beziehung  gibt  die  Statistik  der  Baupolizei 
folgende  Übersicht:  während  zwischen  1880—1885  jährlich  nur  2000, 
1900—1905  ca.  5000,  wurden  von  1909—1913  jährlich  ca.  10000 
Wohnungen  mehr  geheizt;  ja  das  Jahr  1910  figuriert  sogar  allein 
mit  einem  Plus  von  15  700  Wohnungen.  Diese  Zunahme  kam  zum 
überwiegenden  Teil  auf  den  Vorort  Barmbeck. 

Alles  in  allem  genommen,  so  glaube  ich  mir  den  Schluß  er- 
lauben zu  können :  es  liegt  hier  ein  großartiges  unwill- 
kürlich entstandenes  Experiment  vor,  in  welchem 
durch  eine  enorm  und  rasch  wachsende  Produktion 
von  Rauch  und  Rauchgasen  bei  einer  Falterart  ein 
stärkster  Melanismus  erzeugt  worden  ist.  Und  das  Ex- 
periment konnte  zustande  kommen,  weil  in  der  Cijm.  or  eine  P^alter- 
art  vorhanden  war,  die  erstens  gerade  in  unmittelbarer  Stadtnähe 
reichlich  ihre  Futterpflanze  hatte  und  die  zweitens  hinsichtlich  ihrer 
Existenz  wenig  empfindlich  während  der  Verpuppung  und  als  Puppe 
ist.  Vielleicht  ist  diese  Widerstandsfähigkeit  gegenüber  dem  Milieu 
mit  cfie  Ursache,  daß,  Avie  es  scheint,  eine  förmliche  Revolution  in 


Melanismus  der  Schmetterlinge.  535 

der  ganzen  Entwicklungsrichtung'  hervorgerufen  worden  ist  und  auch 
ertragen  wird. 

Es  wäre  sicher  gezwungen,  die  B^ntstehung  dieses  lokalen  Mela- 
nismus des  Cym,  or  nur  auf  präformierte  Keimesvariationen 
zurückzuführen  und  nicht  einen  Anstoß  von  außen  als  das  eigent- 
lich Treibende  zu  betrachten.  Wie  wollte  man  die  so  auffallende 
Zeitfolge  des  Auftretens  und  der  starken  Zunahme  der  alUwjensis  gegen- 
über der  enormen  Zunahme  des  Vorortes  Barmbeck  mit  dem  Zufall 
abfertigen  können!  Und  um  so  weniger,  als  jetzt  auch  eine  Auto- 
rität wie  Ludwig  Pi.ate  auf  dem  Standpunkt  steht,  daß  „auch  bei 
stärkster  Skepsis  und  schärfster  Kritik"  das  Vorkommen  der  erb- 
lichen Übertragung  erworbener  Eigenschaften  zugegeben  werden 
mußJ) 

Hinzu  kommt  außerdem  ein  drittes:  eine  andere  bis  zu  50^/o 
ergiebige  Fundstelle  unserer  alUngensis  ist  eine  Meile  weiter  östlich 
von  der  Stadt  auf  etwas  aufgehöhtem  Teirain  eines  Moores  un- 
mittelbar und  östlich  von  einem  Zinkhütten  betrieb  gelegen 
(Schiffbeck). 

Allem  diesen  gegenüber  verschlägt  es  nichts,  daß  in  der  ersten 
Zeit  des  Auftretens  der  alUngensis  1906  1  Stück  im  ,,Eidelstedter 
Moor",  10  km  von  Hamburg,  1908  1  Stück  bei  Winsen,  34  km  von 
Hamburg  auf  Heidegrund  und  ebenso  1  Stück  bei  Harburg  a.  E., 
10  km  von  Hamburg  geködert  wurden,  denn  Eidelstedt  sowohl 
als  Harburg  haben  ebenfalls  große  Fabrikbetriebe,  und  Winsen  kann 
mit  dem  großen  Verkehr  von  Hamburg  sehr  wohl  ein  transportiertes 
oder  vielleicht  verflogenes  Exemplar  geliefert  haben.  Zudem  hat 
sich  noch  bis  heute  (1913)  bestätigt,  daß  aus  weiterer  Umgebung 
von  Hamburg  eingetragene  Raupen  so  gut  wie  nur  die  Stammform 
ergeben.  Das  jetzt  seit  1912  beobachtete  Erscheinen  der  alUngensis 
im  Westen  der  Stadt  (ßahrenfeld)  kann  meine  so  positive  Statistik 
aus  1911  kaum  mehr  umstoßen. 

Wir  kommen  also  in  unseren  Darlegungen  für  die  djm.  or  so 
gut  wie  einwandfrei  auf  einen  Nachweis  der  Wahrscheinlichkeit 
eines  direkten  und  unmittelbaren  Einflusses  von  Kohlen  Verbren- 
nung und  Rauch  auf  die  Entstehung  des  Melanismus.  Ich  glaube 
nicht,  daß  bisher  dieser  Nachweis  hat  so  strikte  ge- 
führt werden  können  wie  in  unserem  Falle. 


1)  L.  Plate,    Selektionsprinzip    und  Probleme  der  Artbildung.     Ein 
Handbuch  des  Darwinismus,   4.   Aufl.,   1913,  Leipzig  und  Berlin. 


53(3  K.  Hasebeoek, 

Nun  erscheint  auch  der  zeitlich  schon  weiter  zurückliegende 
Melanismus  unserer  Hamburger  Fauna  überraschend  klar  im  Rahmen 
dieser  Anschauung:  es  stammt  nämlich  der  größte  Teil  schwarzer 
und  tief  dunkler  Noctuen,  die  im  Hamburger  Verein  von  einigen 
Mitgliedern  seit  10  Jahren  in  steigendem  Maße  vorgezeigt  werden, 
aus  einem  lokal  ziemlich  abgeschlossenen  Gebiet  zwischen  den  sich 
teilenden  Armen  der  Elbe,  gegenüber  der  Stadt  Hamburg  im  engeren 
Sinn.  Hier  befinden  wir  uns  innerhalb  des  Getriebes  des  verkehrs- 
reichsten Teiles  des  Stromes,  in  der  Nähe  von  Tausenden  von  kon- 
tinuierlich dampfenden  Schiffsschloten,  dicht  bei  den  großen  Ham- 
burger Werften  und  in  der  Nähe  einer  enormen  Gasfabrik.  Von 
jeher  war  das  innerhalb  dieses  Gebietes  liegende  noch  unbebaute 
und  zum  Teil  in  Wiesen  und  allerlei  Niedergehölz  bestehende 
Terrain,  auf  dem  zum  Teil  Baggersand  abgelagert  ist,  den  Ham- 
burger Sammlern  eine  Fundstelle  vieler  Falter.  Es  sind  die  Ört- 
lichkeiten  Stein  war  der,  kleiner  Grasbrook,  die  Veddel 
usw.,  die  durch  die  Elbe  mit  vielen  kleineren  Kanälen  mit  Kais  etc. 
in  viele  Inseln  aufgeteilt  sind.  Südwärts  schließt  sich  an  dieses 
Terrain  als  Hinterland  dann  das  große  Fabrikgebiet  Wilhelms- 
burg unmittelbar  an,  wo  die  großen  Eibbrücken  ansetzen,  um  auch 
weiter  südwärts  die  Verbindung  mit  dem  ebenfalls  enorm  ange- 
wachsenen Industrieort  Harburg  auf  der  hannoverschen  Seite 
der  Elbe  herzustellen.  Hier  haben  wir  noch  weit  ausgedehnte 
Weideflächen,  mooriges  Gelände,  wallende  Rohrwerbungen  und 
manches  Ackerland.  Von  diesem  Strominsel  gebiet,  ganz  besonders 
aber  von  dem  durch  den  neuen  Eibtunnel  und  auf  kleinen  Dampfern 
von  Hamburg  in  10  Minuten  zu  erreichenden  nächsten  Bezirk 
Steinwärder  und  Grasbrook  stammen  folgende  dunkle  Tiere: 

Agrotis  cursoria  in  tiefschwarzen  Stücken  mit  der  selteneren 
gesättigt  rotbraunen  Form,  wie  sie  in  England  noch  scheinbar  fehlt; 
Agrotis  ripae  mit  sehr  reichlichem  Rotbraun  wie  die  ah.  desilii  aus 
Mittel-England;  Agr. corUcea, tiefschwarz  Agr.  occulta,  so  schwarz 
wie  die  englische  Abart  passet ii  von  1886;  Agrotis  nigricans,  mit 
Übergang  bis  zu  dunkelrotbraun.  Dann  vor  allen  Dingen  eine  Spe- 
zialität: Miana  ophiogramma  ah.  maerens  mit  schwarz  ausgefülltem 
Innenrandfeld.  Auch  die  pechschwarze  Miana  strigilis,  dunkelste 
Had.  adtista  und  fast  samtschwarze  Had.  tnonoglypicha  sind  hier  reich- 
lich. Tj'pisch  ist  ferner  hier  die  Cal.  phragmitidis  ah.  rufescens. 
Diese,  Aufzählung  mag  genügen. 

Der  enorme  Aufschwung  des  Dampferverkehrs  gerade  an  dieser 


Melanismus  der  Schmetterlinge.  5g7 

Stelle  des  Hamburger  Hafens  erhellt  nun  aus  folgendem.  Es  kamen 
jährlich  in  den  Hafen: 

im  Durchschnitt  der  Jahre 
1851—60        900  D.  mit    300  Taus.Reg.T. 
1861—70       1700  750 

1871—80      2800  1700 

1881-90      4600  3200 

und  in  den  Jahren 

1895        6800  D.  mit    5500  Taus.Reg-.T. 
1905      10000  9500 

1912       12000  12500 

An  stetig  kreuzenden  Schleppdampfern  und  Güterflußschiifen 
der  Oberelbe  verkehrten  jährlich: 

1851—60         131  D. 

1871—80  1511 

1881—90  3003 

1912  6040 

Die  Zahl  der  in  Hamburg  beheimateten  Flußscliiffkessel,  die 
fast  ununterbrochen  im  Hafen  unter  Dampf  liegen  und  die  der  Be- 
hörde direkt  gemeldet  wurden,  betrug 

1880  =  151  und  1913  =  1363 

Das  entspricht  allein  einer  ca.  lOfachen  Produktion  von  Rauch 
wie  vor  30  Jahren. 


Ich  komme  jetzt  zur  Betrachtung  des  Einflusses  der  Moore  und 
der  moorigen  Gegenden  für  den  Melanismus.  Wenngleich  bei  Don- 
CASTER  nur  2mal  die  Moore  erwähnt  werden,  so  z.  B.  für  eine  weite 
Verbreitung  der  schwarzen  Had.  monoglypMca ,  so  sprechen  meine 
eigenen  Erfahrungen  an  der  Hamburger  Fauna  schon  für  irgend- 
welchen Zusammenhang  des  Melanismus  mit  den  Mooren.  Seit 
10  Jahren  sammle  ich  so  gut  wie  ausschließlich  in  einem  noch  leid- 
lich erhaltenen  Moorgebiet  25  km  von  Hamburg  elbabvvärts,  gegen- 
über dem  Ort  Blankenese,  auf  der  Südseite  der  Elbe  Ich  habe 
diese  Moore  nur  der  dunklen  Formen  wegen  immer  wieder  aufgesucht^ 
weil  ich  hier  auch  nicht  beschriebene  Stücke  in  melanistischer  Rich- 
tung zu  finden  Aussicht  habe.  Von  hier  stammen  auch  die  beiden 
bisher  in  Deutschland   nicht  beobachteten  Falter  der  tiefschwarzen 


5gg  K.  Haskbroek, 

Acronyda  leporina  (=  var.  melanocephala  des  Engländers  Mansbridge 
(1905)  und  die  ebenso  tiefschwarze  Form  der  Acronyda  ewphorUae 
(entsprechend  der  var.  myricae  Tutt's  1891  in  England),  die  ich 
S.  578  erwähnt  habe.  Hier  finde  ich  die  ab.  suffusa  der  Acr.  memj- 
anthidis  in  extremstem  Melanismus,  die  Hadena  rurea  bis  zur  dunkelsten 
Schattierung  zum  einförmigen  Schwarz.  Von  hier  habe  ich  eine  hell- 
graue Leucania  strominea  mit  sehr  schwarzer  Aderbestäubung  er- 
halten, die  noch  nicht  beschrieben  zu  sein  scheint.  Auch  manche 
Tagfalter  sind  hier  auffallend  dunkel,  z.  B.  Coenonympha  phüoxenos 
und  Pieris  napi  mit  sehr  dunkler  und  breiter  Bestäubung  der  Adern. 

Trotz  alledem  bin  ich  zu  dem  Schluß  gekommen,  daß  die  Moore 
an  sich  es  nicht  sein  können,  die  unmittelbar  den  Melanismus  er- 
zeugen, denn  abgesehen  von  allem :  es  ist  nicht  einzusehen,  weshalb 
bei  einem  solchen  Einfluß  der  Melanismus  nicht  schon  vor  50  Jahren 
und  früher  sollte  erschienen  sein,  weil  alles  was  Moor  heißt  seitdem 
durch  die  einsetzende  Bodenkultur  zurückgegangen  ist.  Der  Mela- 
nismus h  ä  1 1  e  e  h  e  r  a  b  -  a  1  s  zunehmen  müssen.  Dieses  Argu- 
ment  scheint   mir   entscheidend.    Es   gilt   sicher  auch  für  England. 

Auch  der  Umstand,  daß  unsere  Hamburger  ah.  alhingensis  in  den 
ersten  Jahren,  wie  ich  S.  579  registriert  habe,  geködert  wurde  im 
„Eppendorfer"  und  im  „Eidelstedter  Moor",  verschlägt  nichts  zu- 
gunsten der  Moore  an  sich  aus  folgenden  Gründen:  erstens  hätte 
man  dann  hier  das  Tier  auch  schon  früher  erwarten  sollen,  als  das 
Moor  noch  unberührter  vom  Sonntagspublikum  und  der  Kultur  war; 
zweitens  aber  entnehmen  wir  zurzeit  die  Eaupen  mit  95%  des 
Melanismus  gar  nicht  dem  Moor,  sondern  dem  Garten-,  Wiesen-  und 
Ackerland  im  NO  der  Stadt. 

Wie  sollen  wir  dann  aber  das  offensichtliche  reichliche  Vor- 
kommen allgemeiner  Melanismen  in  den  Eibmooren  deuten?  Die 
Tatsache  besteht  entschieden!  Ich  glaube,  man  braucht  nur  zu  be- 
rücksichtigen, daß  die  Moore  durch  ihre  Neigung  zur  Nebelbil- 
dung besonders  gute  Bedingungen  für  das  Nieder- 
schlagen der  in  der  Atmosphäre  weit  um  Hamburg 
sich  herumziehenden  Produkte  der  Eauch  Verbren- 
nung liefern.  Ich  erlebe  es  in  jedem  Jahre  wieder,  wenn  ich 
nach  meinem  Moor  an  der  Elbe  fahre,  daß  es  schon  von  ferne, 
gegen  Spätnachmittag,  in  einem  undurchdringlichen  Schleier  er- 
scheint, während  nach  der  anderen  Seite  die  Natur  klar  vor  mir 
liegt. 

Der  Nebel  ist  aber  notorisch  der  Träger  der  Städteausdünstungen. 


Melanismus  der  Schmetterlinge.  589 

Es  liegen  hierüber  aus  neuester  Zeit  genaue  Untersuchungen  des 
bekannten  englischen  Botanikers  Oliver  vor,  der  sich  mit  der 
Schädlichkeit  des  Stadtnebels  für  die  Vegetation  eingehend  be- 
schäftigt hat.  Es  ist  klar,  daß  gerade  dies  auch  für  uns  in  Frage 
kommt.  Oliver  fand  zwei  Ursachen:  erstens  die  P'.ntziehung 
des  Lichtes,  wie  durch  einen  undurchdringlichen  Schirm;  zweitens 
die  Anwesenheit  von  giftigen  Stoffen,  in  denen  in  erster  Linie  die 
Verbindungen  des  Schwefels  in  Betracht  kommen  sollen, 
und  zwar  namentlich  schweflige  Säure  und  Schwefelsäure,  alsdann 
Kohlenwasserstoffe. 

Man  sieht  sofort  ein,  daß  mit  diesen  Stoffen  wir  uns  wieder  bei 
Kohlenverbrennung,  Eauchproduktion  und  Fabrikbetrieben  befinden. 
Und  so  gibt  mir  gerade  diese  Beziehung  des  Moornebels  und  des 
Stadtnebels  vor  allen  Dingen  Veranlassung  auf  schweflige  Säure 
und  Schwefelsäure  als  die  spezifisch  schweren  gasförmigen  Pro- 
dukte als  letzte  Ursache  des  Melanismus  zu  fahnden.  Es  bleibt 
eigentlich  nichts  anderes  übrig,  das  man  heranziehen  könnte.  Es 
wird  wohl  kaum  Jemand  mehr  daran  denken,  corpusculäre  Elemente 
von  Rauch  und  Euß  verantw^ortlich  zu  machen:  so  mechanisch  wird 
sich  die  Natur  schwerlich  beeinflussen  lassen.  Sicher  sind  es  lös- 
liche chemisch  wirksame  Potenzen,  die  hier  in  Frage  kommen, 
sei  es  unmittelbar  von  außen  oder  auf  dem  Wege  der  Ernährung 
resp.  durch  Vermittlung  der  Futterpflanze.  Für  den  Weg  über  die 
Pflanze  käme  nur  noch  eine  sekundäre  Kalkarmut  in  Betracht,  denn 
experimentelle  Bodenversuche  in  der  Aachener  Gegend  durch  Prof. 
WiELER  von  der  Hochschule  haben  eine  Entkalkung  des  Bodens 
durch  Bindung  und  Löslichmachung  des  Kalkes  durch  die  schweflige 
Säure  der  Hochofenatmosphäre  wahrscheinlich  gemacht,  mit  sekundärer 
Auswaschung  durch  den  Regen.  Ex  contrario  würde  vielleicht  das 
bekannte  Vorkommen  auffallend  heller  Tiere  auf  Kalkboden  für  einen 
solchen  Zusammenhang  sprechen. 


Es  gilt  jetzt  noch  abzurechnen  mit  einigen  anderen  physikalischen 
F'aktoren,  die  man  zur  Erklärung  des  Melanismus  herangezogen  hat. 
Wie  unkritisch  man  zum  Teil  gewesen  ist,  zeigt  die  Angabe,  daß 
z.  B.  Trockenheit  und  trockenes  Futter  Melanismen  liefern 
soll,  da  1877  Peest  im  Verlauf  von  wenigen  Generationen  voll- 
ständig schwarze  Amph.  betularia  gezogen  hätte:  daß  Prest  ein 
Engländer  ist  und  daher  wohl  in  England  züchtete,  ist  nicht  be- 
achtet. 

Zool.  Jahrb.  XXXYfl.    Abt.   f.  Syst.  38 


590  K.  Hasebroek, 

Durchaus  entbehrt  es  ferner  der  Unterlagen  dafür,  daß  Feuchtig- 
keit  die  Ursache  ist.  Man  hat  von  England  als  Inselland  auf  den 
Einfluß  des  Meeres  geschlossen,  ohne  aber  zu  bedenken,  daß  vielfach 
die  Melanismen  —  z.  B.  Amphidasis  ah.  douUedmjaria  —  im  Innern 
des  Landes  entstanden  und  erst  sehr  langsam  bis  zur  Ostküste  zogen. 
Man  hat  vergessen,  daß  die  deutschen  Melanismen  im  Eheinland  und 
in  Hannover  viel  früher  (1884  85)  vorhanden  waren,  als  sie  bei 
Hamburg  und  Stralsund  erschienen.  Direkt  gegen  die  Feuchtigkeit 
spricht,  daß  nach  Doxcastee  die  douhhdaijaria  unmittelbar  am  Rhein, 
im  Lorelej'felsengebiet,  überhaupt  noch  nicht  unter  der  häufigen 
Stammform  angetroffen  ist.  Auch  von  Helgoland  ist  mir  kein  neuerer 
Melanismus  bekannt. 

Ebenso  in  der  Luft  schwebend  sind  die  Erklärungen  des  Mela- 
nimus  aus  K 1  i  m  a  s c  h  w  a  n  k  u  n  g  e  n ,  die  man  bis  zur  Konstruktion 
einer  50-Jahresperiode  ausgebeutet  hat,  so  daß  man  von  einem 
„säkularen"'  Wechsel  sogar  spricht.  Absolut  unerklärt  bleibt  auf 
diese  Weise  das  charakteristische  sprunghafte  Auftreten  des 
j\Ielanismus  der  großen  Städte,  das  doch  jetzt  sicher  steht. 

Es  bleibt  weiter  zu  besprechen:  ein  eventueller  Einfluß  von 
Wärme  und  Kälte  während  des  Puppenstadiums,  da  man  ex- 
perimentell so  reichliche  Pigmentanhäufung  bis  zur  Dunkelfärbung 
erzielen  kann.  Reine  lokale  Einwirkungen,  wie  im  Experiment,  sind 
doch  bei  den  Faltern  von  zu  vielen  Zufälligkeiten  abhängig.  Zudem 
hat  niemand  darauf  aufmerksam  gemacht,  daß  solche  lokale  Einflüsse, 
die  wohl  die  frei  aufgehängte  Puppe  des  Tagfalters  gelegentlich 
treffen  können,  für  die  Nachtfalter,  die  sich  überwiegend  geschützt  in 
Laub  und  Erde  verpuppen,  kaum  zum  Austi-ag  kommen  werden;  für 
die  Wärme  jedenfalls  nur  unter  besonderen  sicher  seltenen  Bedingungen. 
Gegen  die  Kälte,  z.  B.  durch  strenge  Winter,  spricht  bis  jetzt  alles, 
wenigstens  für  Norddeutschland,  denn  bei  uns  hier  sind  die  Winter 
sicher  milder  geworden  seit  30  Jahren. 

Es  bleibt  nur  noch  ein  Moment,  wie  mir  scheint,  übrig,  das  ist 
die  Entziehung  von  Licht  und  der  Lichtstrahlen,  und 
zwar  schon  aus  dem  Grunde,  weil  —  was  man  noch  niemals  ge- 
bührend gewürdigt  hat  —  der  neuere  Melanismus,  den  wir  hier  be- 
sprechen, so  gut  wie  ausschließlich  Nachtfalter,  Noctuen  und 
Spanner,  betrifft.  Das  weist  unbedingt  auf  das  Nachtleben  der 
Raupen  sowohl  als  der  Falter  als  prädisponierendes  Moment 
hin.  Ich  meine,  daß  man  auch  dieser  allgemeinen  Tatsache  durch 
die  Annahme  des  Einflusses  von  Kohlendunst  und  Rauch  näher  treten 


Melanismus  der  Schmetterlinge.  591 

kann:  denn  einerseits  stellen  Nebel  und  Niederschläge  in 
Beziehung-  zur  kälteren  Nacht,  andrerseits  sind  Wechsel- 
wirkungen zwischen  Kohlenstoffpartikelchen  der  Luft  und  das  Tages- 
licht verdüsternden  Nebeln  sicher  vorhanden;  ein  klassisches  Beispiel 
liefert  hierfür  England,  das  Land  der  Melanismen,  in  so  hohem  Grade, 
daß  man  dies  fast  als  Beweis  benutzen  könnte. 

Unter  einer  solchen  Berücksichtigung  der  Nebelbildung  könnte 
es  fast  deutbar  werden,  daß  ich  in  meinem  Moorgebiet  bei  Hamburg 
auch  Andeutungen  von  Melanismus  bei  den  Tagfaltern  antreffe,  um 
so  mehr,  als  die  Moornebel  den  Faltern  den  Tag  auch  zeitlich  ver- 
kürzen. 

Wenn  wir  bisher  durch  unsere  x\nalyse  der  Erscheinungen  auf 
ein  bestimmtes  chemisches  Agens,  eine  Art  Vergiftung,  wenn 
man  so  will,  als  Ursache  des  neuzeitlichen  Melanismus  gekommen 
sind,  so  erlaubt  diese  Auffassung  des  Geschehens  die  Annahme  eines 
Umzwingens  der  Bedingungen  für  den  Stoffwechsel  mit  dem 
Resultat  einer  alles  überwuchernden  Produktion  des 
schwarzen  Pigments.  Das  hat  kaum  etwas  zu  tun  mit  irgend- 
welcher Anpassung  als  Schutz  aus  Gründen  der  Wärmeökonomie 
oder  im  Sinne  einer  Schutzfärbung.  Nur  auf  letztere  Ansicht  muß 
ich  kurz  eingehen,  da  für  die  Notwendigkeit  eines  etwaigen  Wärme- 
schntzes  etc.  für  unseren  Melanismus  jegliche  Unterlagen,  etwa  in 
erheblichen  Temperaturschwankungen  eines  veränderten  Klimas,  fehlen. 

TüTT  vertrat,  wie  ich  früher  schon  erwähnte,  die  Theorie  der 
Schutzfärbung,  wie  sie  zur  Deutung  einer  die  helle  Stammform  ver- 
drängenden Tendenz  unter  dem  Selektionsprinzip  herangezogen  werden 
könnte.  Die  ganze  Frage  eines  größeren  Schutzes  durch  die  schwarze 
Färbung  scheint  mir  an  sich  höchst  problematisch  zu  sein.  Wenn 
die  schwarze  Färbung  des  Kleides  die  Schutzfarbe  für  die  Nacht 
wäre,  so  würden  kaum  so  viele  schneeweiße  Spinner  und  Noctuen, 
auch  nicht  so  viele  hellste  Spanner,  sich  in  solchen  Mengen  haben 
erhalten  können.  Und  Schwarz  als  Schutzfarbe  für  den  Tag?  Hier 
kommt  eine  solche  überhaupt  nicht  in  Frage  für  die  Nachtfalter,  da 
diese,  in  den  Eulen  wenigstens,  die  ausgesprochene  Tendenz  haben, 
sich  zu  verkriechen.  Und  wenn  sie  sich  frei  unserem  Blick  zeigen, 
an  Hecken  und  Zäunen,  so  erscheint  ein  Grau  durchschnittlich  vor- 
teilhafter als  ein  Pechschwarz.  Man  denke  auch  an  die  gelbgetönten 
und  die  gräulichen  Spanner,  die  an  den  Waldrändern  und  im  Gras 

sitzen. 

38* 


592  ^-  Häsebeoek, 

Ich  habe  folg-endes  beim  Köderfang-  in  meinem  Moor  beobachtet: 
Mein  Terrain  ist  eine  ins  Moor  hineinziehende  Birkenallee.  Links 
sind  die  Stämme  durch  die  Wetterseite,  dem  Wege  zugekehrt, 
schwarz  und  dunkel,  rechts  dagegen  liegen  die  hellen  Stamm- 
seiten dem  Wege  zu.  Ich  bestreiche  mit  dem  Zuckerköder  natür- 
lich die  dem  Wege  zugewandten  Seiten.  Mehr  als  einmal  habe  ich 
€s  nun  erlebt,  daß  lächerlicherweise  gerade  die  schwarzen  ab.  suffusa 
der  sonst  hellen  Acr.  menyanthicUs  ausgerechnet  an  den  hellen 
Stämmen  sich  an  der  Lockspeise  gütlich  taten  und  von  mir  gefangen 
wurden.  Ich  habe  mich  niemals  für  die  Schutzfarbentheorie,  vollends 
nicht  im  Sinne  einer  Mimikry,  für  die  Schmetterlinge  begeistern 
können,  weil  der  Begriff  der  Schutzfarbe  doch  allzusehr  mir  nur  von 
dem  zufälligen  Sitz  der  Tiere  abzuhängen  schien. 

Ich  komme  auf  die  Entstehung  des  Melanismus  durch  zwar 
veränderte,  aber  an  sich  physiologische  Stoffwechsel- 
vorgänge zurück.  Ich  glaube  in  der  Lage  zu  sein,  auch  hier  manche 
neue  Gesichtspunkte  liefern  zu  können. 

Daß  die  Verdunklung  des  Falterkleides  durch  reichlich  sich 
ablagerndes  schwarzes  Pigment  zustande  kommt,  dürfte  sicher  sein. 
Wichtig  ist  für  uns  hier  die  experimentelle  Erzeugung  der  Schwär- 
zung der  Falter,  die  gesetzmäßig  durch  die  bekannten  Temperatur- 
versuche erzielt  wird.  Aus  den  jahrelangen  Untersuchungen  be- 
sonders von  M.  Gräfin  v.  Linden  haben  sich  zwei  allgemeine  Tat- 
sachen ergeben:  erstens,  daß  jeder  Einfluß,  der  bei  der  jungen 
Puppe  die  Oxydation  und  A  t  m  u  n  g  s  t  ä  t  i  g  k  e  i  t  h  e  m  m  t ,  zu 
Bildungen  führt,  die  sich  durch  Überhandnähme  schwarz  pigmen- 
tierter Schuppen  und  durch  die  Reaktion  des  roten  Farbstoffes  aus- 
zeichnen; zweitens,  daß  hierbei  dem  Auftreten  des  schwarzen 
Farbstoffes  ein  Zerfall  des  roten  vorauszugehen  hat.^) 

Ich  kann  nun  nachweisen,  daß  bei  unserem  neueren  Melanismus 
die  Herausbildung  des  Schwarz  ebenfalls  wie  beim  Experiment  ihren 
Weg  über  den  gelben  und  roten  Farbstoff  nimmt: 

Es  war  mir  aufgefallen,  daß  unter  den  neuen  Entwicklungs- 
richtungen  unserer  schwarzen  Cy7n.  or  ab.  albingensis  in  letzter  Zeit 
gelbe  Farben  töne  auftraten:  ein  Stück  mit  gelben  Makeln  und 
ein  Stück  mit  schmutzig  lehmgelber  Allgemeinfärbung,  ferner  bei 
der  ab.  marginata  der  Stich  ins  Gelbe  bei  der  Randzone,  hatten  in 
mir  den  Gedanken  erweckt,  daß  das  Gelb,  daß  man  am  Stammtier 


1)  BaCHMETJEW,   Experimentelle  Studien  etc.,   Sophia  1907,  p.  817  ff. 


Melauisnius  der  Schmetterlinge.  593 

kg,iim  findet,  in  Bezieliuno;  zum  Schwarz  stünde.  Und  nun  fand  ich 
zu  meinem  Erstaunen,  daß  auf  der  mir  von  dem  englischen  Sammel- 
forschungskomitee  von  1900  und  1904  zugesandten  Farbentafel  unter 
15  Faltern  13raal  ein  nahes  Verhältnis  von  gelben  Farben- 
tönen zum  Schwarz  des  Melanismus  offenbar  vorlag: 

Larentia  cambrica  hat  gelbe  Töne  gerade  dort,  wo  sie  sich  an 
den  Vfl.  geschwärzt  hat.  Hern,  abrupiaria  ist  von  Haus  aus  gelb. 
Boarm.  gemmaria  hat  überwiegend  gelbe  Töne,  die  über  Grau  zu 
Dunkelgrau  sich  umwandeln.  Acid.  aversata  ist  in  einer  dem  Mela- 
nismus zugerechneten  Form  fast  orange  geworden.  Bei  Phig.  pedaria 
sind  die  gelblichen  Vfl.  zum  Schwarz,  die  weißlichen  Hfl.  aber  zu 
Gelb  umgestimmt.  Boarm.  repandata  läßt  in  der  Stammform  viel 
Gelb  erkennen,  das  wieder  über  Dunkelgrau  in  Schwarz  übergeht. 
Miau,  strigilis  nimmt  bis  zum  Übergang  in  die  schwarze  Form  in 
die  Hfl.  schmutziges  Gelb  auf.  Hib.  marginaria  ist  im  orange  Vfl. 
dunkelbraun  und  im  hellgelben  Hfl.  schmutzig  orange  geworden. 
Eup.  rectanguJata  läßt  in  Übergängen  dunkelgelb  auf  den  Vfl.  und 
Hfl.  erscheinen.  Mam.  nebulosa  läßt  die  hellgelblichen  Hfl.  in  der 
dunkelgrauen  Form  dunkel  schmutzig  gelb  bleiben.  Had.  mono- 
glyphica  hat  in  der  Form  mit  schwarzen  Vfl.  auf  den  Hfl.  im  Mittel- 
und  Wurzelfeld  goldgelb  sich  erhalten.  Acr.  psi  zeigt  allgemeine 
Tendenz  zur  Einmischung  von  dunkelgelb  bei  ihrer  dunklen  Form. 
Gon.  bidentata  ist  von  Haus  aus  gelb  und  zeigt  im  dunkelbraunen 
Melanismus  noch  einen  orange  oder  dunkelgelben  Thorax. 

Nun  bestätigt  sich  mir  bei  näherer  Verfolgung  ganz  allgemein 
die  Regel,  daß  Gelb  die  Basis  für  die  dunklen  Töne 
liefert.  Ich  habe  meine  Sammlung  daraufhin  durchgesehen  und 
finde  folgendes: 

Acronycta  ab.  bradyporina  hat  vielfach  gelb  in  seinem  Grau. 
Eine  Acr.  menyanthidis  ab.  arduenna  aus  den  Ardennen  ist  von  gelb- 
brauner Grundfarbe,  im  Mittelfeld  dunkelbraun  werdend.  Von 
meiner  dunklen  schmutzig  gelben  Acr.  megacephalu  aus  dem  Moor 
sprach  ich  schon  früher.  Die  Agr.  ripae  von  Steinwärder  erscheint 
mit  vielem  dunkelgelbbraun.  Ich  besitze  einige  rotbraune  Agr. 
cursoria  neben  den  pechschwarzen  Stücken.  Die  Agr.  nigricans  wird 
zum  Teil  fast  rot.  Bei  unseren  dunklen  Agr.  xanthographa  ab. 
cohaesa  bleibt  ein  gelbes  Mittelfeld  in  den  Hfl.  bestehen ;  die  schwarze 
Had.  monoglyphica  behält  vielfach  eine  orange  Wellenlinie.  Taen. 
incerta  von  tiefem  Schwarz  zeigt  noch  gelbe,  fast  orange  Säume. 
Eine  Mam.  thalassina  ab.  achatina  hat  ebenfalls  noch  eine  goldgelbe 


594  K-  Hasebboek, 

Wellenlinie,  dasselbe  zeigt  Mam.  brassicae  und  pisi,  letztere  bei  einem 
g-auz  dunklen  Stück  nur  noch  in  einem  fast  orange  Innenrandfleck. 
Eine  M.  reticuMa  mit  sonst  weißem  Netzwerk  hat  letzteres  jetzt  in 
der  dunklen  Form  in  orange  angelegt,  so  daß  das  Tier  fast  ein- 
farbig erscheint.  Ich  habe  eine  Miana  strujüis  aus  den  Ardennen 
mitgebracht,  bei   der  die  Makel  auf  dem  schwarzen  Vfl.  gelb  sind. 

Und  nun  erinnere  ich  noch  an  die  vielen  anderen  goldgelben 
Falter,  die  im  Melanismus  zu  einförmigen  dunkelbraunen  sich  um- 
wandeln: Xanth.  aurago  in  der  ab.  fiicaia.  An  den  gelben  Larentia 
biUneata  sieht  man  förmlich,  wie  in  der  Mittelbinde  das  Gelb  in 
Schwarz  übergeht.  Noch  deutlicher  ist  dies  zu  verfolgen  bei 
Angeroma  prunata,  wo  das  Orange  im  Außenfelde  unregelmäßig  be- 
grenzt, in  Dunkelbraun  sich  verwischt  in  der  ab.  sordiaia.  1906 
fand  man  eine  Hyb.  aiirantiaria  ab.  fumipennaria  in  Brixen  a.  E., 
die  „als  vereinzelt"  unter  der  Stammform  mit  folgender  Diagnose 
versehen  ist:  „multo  obscurior,  alis  anter.  unicoloribus,  sordide 
violaceo-brunneis,  posterioribus  valde  infumatis."  ^) 

Nach  allem  diesen  ist  ein  Zweifel  an  einer  Vorstufe  des  Gelb 
zum  Schwarz  kaum  möglich.  Und  da  nach  den  übereinstimmenden 
Untersuchungsresultaten  von  Ueech,  Eimer  und  M,  Gräfin  v.  Linden 
auch  an  normalen  Faltern  ontogenetisch  in  der  Puppe  Gelb  und 
Eot  die  Vorstufen  des  Schwarz  sind'^),  so  kann  es  ebensowenig 
zweifelhaft  sein ,  daß  es  sich  bei  der  Genese  des  Melanismus  um 
die  Innehaltung  des  physiologischen  Instanzenweges  han- 
delt, der  nur  forciert  und  verändert  wird. 

Wenn  es  sich  um  Stoffwechselprodukte  handelt,  die  den  Mela- 
nismus hervorrufen,  so  müssen  wir  annehmen,  daß  deren  Wirkung 
auf  dem  Wege  der  Blutcirculation  erfolgt,  daß  die  Blutflüssigkeit 
es  jedenfalls  ist,  die  den  Kontakt  mit  den  zur  Schuppenbildung 
führenden  Zellen  vermittelt.  Ich  kann  auch  dieses  mit  Hilfe  unserer 
Hamburger  ab.  albingensis  höchst  wahrscheinlich  machen,  da  bei 
dieser  die  Schwärzung  in  mannigfachen  Variationen,  die  sich  ge- 
setzmäßig wiederholt  haben,  aufgetreten  ist. 

In  Betracht  kommt  besonders  eine  neueste  Form,  die  von  Herrn 
Lilienthal  in  Hamburg  aus  Raupen  gezogen,  unter  den  schwarzen 


1)  In:  Internat,  entomol.   Ztschr.,   Guben   1906,   No.  29. 

2)  M.  Gräfin  v.  Linden,  Untersuchungen  über  die  Entwicklung  der 
Schmetterlingsflügel  in  der  Puppe,  in:  Tübinger  zool.  Arb,,  Leipzig  1898, 
p.  460. 


Melanismus  der  Schmetterlinge.  595 

albingenses  erschienen  ist.  Es  handelt  sich  um  ein  der  ab.  marginata 
(s.  S.  581  Fig.  C)  ähnliches  Stück:  während  aber  bei  dieser  nur  die 
Oberseiten  der  Vfl.  den  hellen  Außenrand  zeigen,  findet  sich  bei 
dem  neuen  Tier  außer  diesem  liand  auch  auf  der  Unterseite  an 
sämtlichen  Flügeln  die  scharf  begrenzte  hell  ledergelbe  Außen- 
randzeichnung.  Ich  gebe  die  Abbildung  dieses  höchst  interessanten 
Falters.  Ich  habe  ihn  mit  dem  Namen  der  ab.  permarginata  belegt, 
um  damit  anzudeuten,  daß  erstens  die  Randbänder  sehr  reichlich 
sind  und  zweitens  auf  den  Vfl.  die  Flügeldicke  scheinbar  durch- 
schlagen (in :  Gubener  Intern.  Ztschr.,  1914,  No.  10). 


^^^m 


Fig.  G.  Fig.  H. 

Fig.  G  u.  H.     Cym.  or  F.  ab.  permarginata.   Fig.  G  Oberseite.    Fig.  H  Unterseite. 

Die  nähere  Betrachtung  ergibt  nun  3  besondere  Tatsachen: 

1.  daß  die  Berandung  der  Vfl.  auf  der  Unterseite  etwas  breiter 
ist  als  auf  der  Oberseite; 

2.  daß  die  Schwarzfärbung  auf  den  Vfl.  zwischen  den  Adern 
abklingt,  so  daß  eine  Andeutung  der  von  mir  oben  erwähnten  ab. 
albingoradiata  Bunge  (s.  S.  581  Fig.  D)  vorliegt; 

3.  daß  trotz  der  Schwärze  die  Zeichnung  von  Querbinden  und 
Wellenlinien  sowohl  auf  der  Ober-  als  Unterseite  deutlich  zu  ver- 
folgen ist. 

Diese  drei  an  einem  und  demselben  Tier  vorhandenen  Tat- 
sachen ergeben  wichtige  Anhaltspunkte  für  die  Vorgänge  bei  der 
Entwicklung  des  Melanismus: 

Aus  Punkt  1  in  Verbindung  damit,  daß  an  den  Hfl.  die  Binde 
überhaupt  nur  auf  der  Unterseite  erscheint,  geht  hervor,  daß  die 
Schwärzung  bei  unserer  neuen  ab.  permarginata  nicht  etwa  durch 
eine  an  die  Flügelflächen  diifus  herantretende  Einwirkung  hervor- 
gebracht ist,  sondern  daß  die  in  der  Entwicklung  zum 
Flügel  getrennt  angelegten  chitinösen  Ober-  und 
Unterflächenmembranen  ^)   jede   für   sich    in    den   Schuppen 


1)  Spulek,  Schmetterlingswerk,  Vol.   1,  p.  XLIII. 


ggg  K.  Häsebroek, 

schwarz  ausgefärbt  wurden:  und  zwar  muß  bei  der  «6.  permarginata 
auf  den  Oberseitenlamellen  an  den  Vfl.  die  Schwärzung  weiter  rand- 
wärts,  an  den  Hfl.  ganz  bis  zum  Rande  vorgedrungen  sein  gegen- 
über der  Schwärzung  auf  den  Unterseitenlamellen. 

Hieraus  muß  geschlossen  werden,  daß  die  Schwärzung  von  der 
flüssigen  Trennungsschicht  der  zwischen  den  Flügel- 
lamellen gelegenen  ernährenden  Blutlymphe  aus  be- 
wirkt worden  ist. 

Da  ferner  —  nach  Punkt  3  der  Tatsachen  —  die  normalen 
Zeichnungselemente  in  der  Schwärzung  vorhanden  sind,  so  wird 
höchst  wahrscheinlich  die  melanistische  Ausfärbung  gleichzeitig  mit 
der  Entwicklung  der  Anlage  der  normalen  Querbindenzeichnuug  der 
Cynt,  or  F.  vor  sich  gehen.  Eine  genaue  Durchsicht  von  vielen  ein- 
förmig tiefschwarzen  ab.  alhingensis  ^^'ARN.  hat  mir  ergeben,  daß  es 
in  allen  Fällen  gelingt,  bei  geeigneter  Beleuchtung  die  Erhaltung 
der  normalen  Zeichnung  zu  konstatieren. 

Nun  wird  bei  der  weiteren  Entwicklung  des  Flügels  in  der 
Puppe  die  intralamelläre  Flüssigkeitsschicht  immer  mehr  in  die  be- 
stimmten Bahnen  des  entstehenden  Flügelgeäders  eingeengt,  und  so 
muß  naturgemäß  in  späteren  und  letzten  Stadien  die  tiefste 
Schwärzung  sich  an  die  Flüssigkeitsbahnen  im  Geäder  halten. 

Hiermit  aber  wird  Punkt  2  unseren  Tatsachen  verständlich  — 
und  in  noch  höherem  Maße  die  Tatsache,  daß  die  ah.  alhingoradiata 
Runge  (s.  S.  581  Fig.  D)  mit  ihren  hellen  Radiärstreifen  entstehen 
kann :  es  erreichen  nämlich  die  von  je  2  Adern  in  der 
Richtung  der  F 1  ü g e  1  b r e i t e  gegeneinander  sich  aus- 
breitenden Schwärzungen  sich  in  der  Mitte  zwischen 
den  Adern  eben  nicht,  und  es  bleibt  ein  mehr  oder 
weniger  ungeschwärzter  heller  Zwischenstreifen  übrig. 
In  der  Tat  findet  man  bei  sehr  vielen  schwarzen  alhingensis,  wenn 
man  genauer  zusieht,  diese  Streifung  mehr  oder  weniger  angedeutet. 

Ich  meine,  daß  wir  hier  zum  erstenmal  einen  Anhaltspunkt 
haben,  in  welcher  Richtung  wir  vielleicht  die  verschiedenen  vor- 
kommenden, offenbar  gesetzmäßigen  Bilder  der  melanistischen  Aus- 
färbung der  Flügel  zu  erforschen  haben:  es  bedarf  der  onto- 
genetischen  Verfolgung  der  in  der  Puppe  erstehenden 
Flügel  und  der  Feststellung  der  Beziehungen  der 
Schwärzung  zu  dem  Geäder.  Es  wird  sich  dann  heraus- 
stellen müssen,  ob  das  Befallen  werden  einzelner  Partien  vom  Schwarz, 
das  Stehenbleiben  der  Schwärzung  an  gewissen  Binden,  das  gewöhn- 


Melanismus  der  Schmetterlinge.  597 

liehe  Freibleiben  der  Makel  von  der  Schwärzung  etc.,  mit  der  morpho- 
logischen Entwicklung-  des  Geäders  in  Zusammenhang  zu  bringen 
ist.  In  Hinsicht  darauf,  daß  der  Melanismus  bis  jetzt  noch  einer 
der  größten  und  interessantesten  Rätsel  der  Natur  ist,  wäre  eine 
solche  systematische  Untersuchung  wohl  des  Schweißes  der  Edlen 
wert.  In  jedem  zoologischen  Institut  müßten  genug  Arbeitskräfte 
vorhanden  sein,  um  nach  dieser  Richtung  zu  untersuchen.  Und  das 
Material  dazu  ist  leicht  zu  erhalten,  man  denke  nur  an  die  reich- 
lichen Melanismen  der  Amphidasis  hetularia  ab.  douUedayaria,  die 
man  von  überall  her  leicht  um  ein  Geringes  in  Puppenmaterial  be- 
ziehen kann. 

Nun  noch  eins :  Wir  haben  früher  gesehen,  daß  es  wahrscheinlich 
atmosphärische  gasförmige  Produkte  sind,  die  die  Veränderung  zum 
Melanismus  auslösen.  Hier  sind  zwei  Wege  möglich.  Es  kann 
erstens  von  den  Tracheen  aus  der  Blutflüssigkeit  das  Agens  zugeführt 
werden.  Das  kann  sowohl  in  der  Raupe  geschehen  als  auch  im 
Puppenstadium  der  Fall  sein,  w'o  wir  die  bekannten  traubenförmigen 
mit  Luft  gefüllten  Erweiterungen  der  Tracheen  haben.  In  letzteren 
würden  wir  geradezu  Depots  der  gasförmigen  Schädlichkeiten  haben, 
die  intensiv  ihren  Einfluß  während  der  Entwicklungszeit  des  Falters 
in  der  Puppe  äußern:  denn  daß  die  melanistische  Ausfärbung  in  der 
Puppe  erfolgen  muß,  ist  klar.  So  würde  sich  vielleicht  deuten  lassen, 
daß  z.  B.  von  Hamburg  aus  schon  im  Herbst  weit  verschickte  Puppen 
unserer  spezifischen  alhingensis  den  Melanismus  ebenso  sicher  im  Früh- 
jahr ergeben. 

Ein  zweiter  Weg,  auf  dem  die  Einwirkung  zustande  kommen 
könnte,  wäre  der,  daß  die  Schädlichkeit  mit  den  feuchten  Nieder- 
schlägen mit  der  Pflanze  eingeführt  und  so  der  Stoffwechsel  früh 
verändert  wird.  Alsdann  müßte  man  natürlich  annehmen,  daß  bereits 
irgendwelche  gebundene  artfremde  Substanzen  in  den  flüssigen 
Medien  von  Raupe  und  Puppe  vorhanden  sind,  um  ihren  Einfluß 
bei  der  Schuppenbildung  auszuüben. 

Für  jeden  dieser  beiden  Wege  aber,  scheint  mir,  könnte  man 
sehr  gut  auf  die  schweflige  Säure  als  das  eigentliche  Agens 
rekurrieren  und  somit  die  Erscheinungen  mit  unseren  früheren  sta- 
tistischen Resultaten  in  Übereinstimmung  bringen :  die  schweflige 
Säure  hat  die  Eigenschaft,  den  Sauerstoff  begierig  in  Beschlag  zu 
nehmen;  herabgesetzte  und  gehemmte  Oxydationsvorgänge  sind  es 
aber,  die  experimentell  die  Anreicherung  des  schwarzen  Pigments 
am  Falterkleid  veranlassen.    So  schließt  sich,  meine  ich,   der  Ring 


^gg  K.  Hasebroek, 

ZU  einer  hypothetischen  Deutung-  der  Ursachen  der  Bildung  des 
neueren  Melanismus  so  gut,  wie  es  gegenüber  den  bisher  herrschenden 
Verlegenheiten  in  einer  Erklärung  nur  möglich  ist.  Und  auch  für 
die  schweflige  Säure  habe  ich  noch  eine  weitere  induktive 
Stütze:  ich  habe  bei  meinen  bereits  eingeleiteten  Versuchen  mit  der 
schwefligen  Säure  gefunden,  daß  Pieris  brassicae  Puppen  unter  deren 
Einwirkung  tief  gelbe  und  orange  Farbentöne  bekommen, 
w^enn  sie  absterben.  Gelbe  Töne  aber  waren  es,  wie  wir  gesehen 
haben,  über  die  zweifellos  der  Melanismus  sich  entwickelt. 

Nun  kann  man  ja  freilich  einwenden,  was  ich  zu  erwähnen  nicht 
unterlassen  will,  daß  die  schweflige  Säure  für  alle  die  massenhaften 
bereits  phyletisch  fixierten  Melanismen  der  alpinen  und  der  Falter 
des  hohen  Nordens  kaum  in  Frage  kommen  kann.  Diesem  gegen- 
über will  ich  nur  folgendes  bemerken.  Für  uns  kommt  es  zunächst 
nur  auf  den  Melanismus  der  neuen  Zeit  an:  wer  kann  wissen,  wie 
in  früheren  Zeitepochen,  seitdem  längst  eine  Fixation  der  Typen 
durch  Vererbung  erfolgt  ist,  die  Verhältnisse  gelegen  haben.  Wir 
finden  ja  auch  bei  unserem  jetzigen  Melanismus  schon,  daß  bei  der 
Verbreitung  der  neuen  Falter  in  absolut  fabrikfreie  Gegenden  die 
Tendenz  zur  Schwarzfärbung  keineswegs  mehr  verloren  geht.  Immer- 
hin scheint  es  mir  vom  praktischen  Standpunkt  wichtig,  von  irgend- 
welcher weitgehenden  Verallgemeinerung  unserer  Ideen  noch  ab- 
zusehen und  sie  nicht  auf  den  Melanismus  schlechthin  auszudehnen. 
Ich  halte  den  Vorschlag  PIjngelee's,  den  jetzigen  Melanismus  mit 
dem  Namen  eines  ,,N  e  o  m  e  1  a n  i  s  m  u s"  zu  bezeichnen,  für  durchaus 
empfehlenswert. 

Sicherlich  bedarf  es  noch  einer  entschieden  schärferen  Begrenzung 
alles  dessen,  was  Melanismus  in  unserem  Sinne  nur  sein  kann.  Ich 
glaube,  daß  als  Erster  der  erfahrene  Standfuss  schon  sehr  richtig 
erkannt  hat,  daß  nicht  jede  dunkle  Aberration  unter  den  Begriff 
des  Melanismus  fallen  darf.  Er  betont  in  seinem  schönen  Handbuch 
scharf  den  Unterschied  zwischen  einer  Schwärzung  der  Grund- 
farbe und  einer  Ausbreitung  der  an  sich  schwarzen  Zeiclmungs- 
elemente.  Zu  letzterer  Kategorie  gehören  z.  B.  alle  die  vielen 
dunklen  Argynnis-  und  Melitaea- Formen;  auch  die  Mel.  galathea 
liefert  solche  Formen.  Ineinander  über  gehen  die  Schwärzungen 
bei  der  Nonne,  ja  vielleicht  auch  bei  der  Amphidasis  hetularia.  Hier 
gibt  es  noch  viel  systematisch  zu  untersuchen:  mir  macht  es  schon 
bei  flüchtiger  Betrachtung  meiner  Sammlung  ganz  den  Eindruck, 
als   wenn    diese  Schwärzung   resp.  die  Ausbreitung   von   schwarzen 


Melanismus  der  Sclimetterliiige.  599 

Zeichiiungselementen  clurcliaus  an  die  Zwischenaderräunie  gebunden 
ist,  z.  B.  bei  den  dunklen  MeUtaea-  und  Atujijnnis-Yovm^w. 


Nachtrag  während  des  Druckes. 

Am  24.  April  1914  legte  im  Hamburger  Entomologischen  Verein 
der  bekannte  erfolgreiche  Tagfalterzüchter  Herr  Aug.  Selzer  eine 
große  Anzahl  der  bekanntlich  melanotischen  Fieris  napi  ab.  hnjoniae 
0.  $  iS)  vor,  die  er  aus  von  Abisko  in  Schwedisch  Lappland  mit- 
gebrachten Raupen  in  Hamburg  zum  Falter  gezogen  hatte.  An 
diesen  Faltern  zeigte  sich  1.,  daß  alle  in  Hamburg  entwickelten 
melanotischen  $$  ausnahmlos  sehr  viel  heller  geworden  waren 
—  und  zwar  in  einem  Grade,  daß  man  es  auf  den  ersten  Anblick  be- 
merken konnte  —  als  die  entsprechenden  in  Lappland  gefangenen  $$; 
2.,  daß  die  Puppen  dieser  $$  sämtlich  einige  Tage  vor  dem  Schlüpfen 
des  Falters  orange  gefärbte  Flügelscheiden  aufwiesen, 
gegenüber  den  ausnahmslos  diffus  hell  bleibenden  cJc^-Puppen.  Dies 
weist  offenbar  darauf  hin,  daß  auch  für  den  bereits  phylogenetisch 
fixierten  Melanismus  eine  äußere  Ursache  in  ähnlicher  Richtung  von 
Einfluß  ist,  wie  wir  sie  für  den  neuzeitlichen  Melanismus  in  unseren 
Darlegungen  aufzuzeigen  versucht  haben:  denn  es  kann  kaum  nur 
ein  Zufall  sein,  daß  die  ab.  bryoniae  $$-Puppen  die  gleiche 
Orange-Farbentönung  zeigen  wie  die  von  mir  durch  seh w^ef- 
lige  Säure-Einwirkung  künstlich  erzielte  Färbung  von  P.  brassicae- 
Puppen.  Freilich  haben  wir  für  die  Annahme  eines  gleichen  wirk- 
samen Agens  natürlich  zunächst  noch  absolut  keinen  Anhalt.  Wir 
haben  hier  aber  ohne  Zweifel  eine  äußerst  wichtige  Beobachtung 
vor  uns,  die  uns  veranlassen  muß,  nunmehr  nach  irgendwelchen 
ähnlichen  oder  analogen  Faktoren  zu  suchen,  die  einerseits  in 
Kohlenverbrennung  und  Rauchproduktion  liegen  und  andrerseits 
im  hohen  Noi'den  und  im  Hochgebirge  —  an  die  die  ab.  bryoniae 
gebunden  ist  —  vorhanden  sind. 

Herr  Selzer  hat  übrigens  bereits  wieder  aus  der  Weiter- 
zucht seiner  bryoniae-F?i\teY  in  Hamburg  Raupen  erhalten,  und  man 
darf  gespannt  sein,  ob  von  diesen  die  $$-Falter  nun  noch  zunehmend 
heller  werden,  ja  vielleicht  ganz  den  Charakter  der  nordischen  Form 
verlieren  und  zur  nicht  melanotischen  Form  der  Ebene  werden. 
Nachdem  es  Herrn  Selzer  in  den  letzten  Jahren  gelungen  ist,  die 


QQQ  K.  Hasebroek,  Melanismus  der  Schmetterlinge. 

nordische  var.  adiße  der  EreUa  ligea  durch  Weiterzucht  vom  Ei  aus 
in  Hamburg-  in  die  typische  Erehia  ligea  der  Ebene  überzuführen  ^) 
—  wenigstens  nach  dem  äußeren  Farbenkleid  — ,  erscheint  die 
Herausbildung-  einer  Pieris  napi  der  Ebene  aus  der  Abart  brijoniae 
nicht  unwahrscheinlich. 


1)  Aug.  Selzer,  Die  Umwandlung  von  Er.  ligea  L.  var.  adyte  Hb. 
zu  Er.  ligea  L.,  in:  Intern,  entomol.  Ztschr.,  Guben  1913,  v.  4.  Jan., 
No.  40  (mit  Abbildungen). 


Nachdruck  verboten. 
Vbersetzungsrecht  vorbehalten. 


MAYß's  Gattung  Ischnomyrmex  (Hym.) 

nebst  Beschreibung  einiger  neuer  Arten  aus   anderen 

Gattungen. 

Von 
H.  Yiehmeyer,  Dresden, 

Mit  3  Abbildungen  im  Text. 


Die  Gattung  Ischnomyrmex  (in:  Verh.  zool.-bot.  Ges.  Wien,  1862, 
p.  738),  die  bisher  als  Untergattung  bei  Äphaenogaster  rangierte, 
umfaßt,  wie  wir  jetzt  wissen,  sehr  heterogene  Formen.  Die  Art, 
auf  welche  Mayk  einst  das  Genus  gründete,  /.  longipes  F.  Sm.  ^, 
hat  sich  durch  die  v.  BuTTEL-ßEEPEN'sche  Entdeckung  des  Soldaten 
als  eine  Flieidole  mit  undeutlicher,  nicht  verdickter  Clava  der  Fühler 
herausgestellt.  Demzufolge  gliederte  sie  Foeel  (in:  Zool.  Jahrb., 
Vol.  36,  1913,  p.  49)  diesem  Genus  als  Untergattung  an  ==  Pheidole 
suhg.  Ischnomyrmex.  Die  restierenden  Arten  der  MAYß'schen  Gattung 
vereinigte  er  unter  dem  Namen  Beromyrma  und  beließ  sie  als  Sub- 
genus  bei  Äphaenogaster  (in :  Rev.  Zool.  Afr.,  1913,  p.  350). 

Auch  dieser  Rest  zeigt  in  sich  wenig  Übereinstimmung.  So 
macht  FoREL  in  letztgenannter  Arbeit  darauf  aufmerksam,  daß  die 
amerikanischen  Arten  {cockerelU  und  albisetosa)  von  den  altweltlichen 
durch  die  Fühlerbildung  abweichen,  und  Herr  Prof.  C.  Emery  teilt 
mir  brieflich  mit,  daß  er  ebenfalls  die  amerikanische  Gruppe  nicht 
in  das  Subgenus  Beromyrma  einbegreife.  Ich  kenne  die  Arten  nicht 
genug,  um  darüber  urteilen  zu  können. 

Sicher  muß   aber   aus  Forel's  Untergattung  zunächst  die  von 


QQ2  H.  Viehmeyer, 

Matr  ohne  Vaterlandsangabe  in  einem  Stücke  (^)  beschriebene  I. 
exasperata  (in:  SB.  Akad.  Wiss.  Wien,  1866,  p.  506),  von  der  weiter 
unten  zwei  neue  Varietäten  bekannt  g-eniacht  werden,  ausscheiden. 
Das  Vorhandensein  eines  Soldaten  und  die  Sgliedrige,  wenn  auch 
nur  schwach  verdickte  Fählerkeule  kennzeichnen  sie  als  eine  echte 
Pheidole.    Sie   bildet  den  Übergang-  zur  Untergattung  Ischnomtjrmex. 

Die  nun  noch  bei  Deromyrma  verbleibenden  Arten  weisen  als 
gemeinsames,  von  der  Obergattung  Aphaenogaster  unterscheidendes 
Merkmal  eine  einzige  Cubitalzelle  (gegen  2  bei  Aph.)  auf.  Sie 
lassen  sich  in  2  Gruppen  bringen,  je  nachdem  ihr  Hinterkopf  in 
einen  Hals  verlängert  ist  {sivammerdami,  loriai,  dromedarius  etc.) 
oder  nicht  [sagei,  longiceps  etc.),  und  Forel  wirft  bereits  die  Frage 
auf,  ob  sie  auf  dieses  Merkmal  hin  zu  trennen  sind  oder  nicht. 
Er  meint,  es  käme  darauf  an,  ob  man  der  halsförmigen  Einschnürung 
des  Kopfes  als  dem  trennenden  Merkmale  mehr  Bedeutung  zumesse 
als  dem  gemeinsamen,  der  einen  Cubitalzelle. 

Ich  glaube,  der  Hals  der  verschiedenen  Ischnomyrmex  (im  alten 
Sinne)  ist  bisher  systematisch  zu  hoch  bewertet  worden.  Sein  Vor- 
kommen bei  Arbeitern  der  Gattung  Fheidole  s.  str.  {exasperata)  und 
der  Untergattung  Fh.  Ischnomyrmex  Qongipes),  dann  wieder  bei  einer 
Gruppe  von  Aph.  Deromyrma  beweist  deutlich  genug,  daß  er  seine 
Ausbildung  in  erster  Linie  einer  sekundären  gleichartigen  An- 
passung verdankt  und  nicht  der  primären  natürlichen  Verwandt- 
schaft. 

Sehr  richtig  kennzeichnet  Foeel  darum  die  Lage  (in:  Zool.  Jahrb., 
Vol.  36,  1913,  p.  52)  dahin,  daß  alles  von  dem  Bekanntwerden  der 
uns  von  verschiedenen  Arten  der  Untergattung  Deromyrma  noch 
fehlenden  Kasten  abhängt.  Daß  wir  auch  jetzt  noch  nicht  vor  Über- 
raschungen sicher  sind,  beweist  das  unten  beschriebene  (^  von  1. 
loriai  Em. 

Auf  meine  Veranlassung  hat  Herr  L.  Wagnee,  Deutsch  Neuguinea, 
verschiedene  Nester  dieser  Art  aufgegraben  und  dabei  festgestellt, 
daß  die  Art  keine  Soldaten  besitzt.  Außerdem  ist  es  ihm  geglückt, 
sowohl  das  $  als  das  (^  zu  sammeln.  Letzteres  zeichnet  sich  durch 
12gliedrige  Fühler  (Aphaenogaster  und  Deromyrma  13gliedrige  Fühler) 
aus.  Herr  Prof.  Foeel  sowohl  als  Herr  Prof.  Emeey  machen  mich 
auf  die  Möglichkeit  einer  Anomalie  aufmerksam ;  aber  ich  kann 
versichern,  daß  davon  keine  Eede  ist,  die  Fühler  sind  bei 
allen  6  (zum  Teil  leider  stark  defekten)  Tieren  durchaus  gleich. 
Auch    eine     Verlötung     benachbarter     Glieder,     wie     Foeel     das 


Mayr's  Gattung'  Ischnomyrmex.  5Q3 

z.  B.  bei  Tetramorimn  bezeichnet,  sclieint  nicht  der  Fall  zu  sein 
(siehe  Fig.  A). 

Es  entsteht  die  Frage:    welche  Stellung  geben  wir  nun  loriai? 

Um  diese  Frage  beantworten  zu  können,  müssen  wir  die  Ge- 
schlechtstiere   des    loriai   mit    denen    von    swammerdami   Foe.,    dem 


Fig'.  A.     Ayli.  {Planimyrma)  loriai  Em. 
a  c/'  in  Profilansicht,     b  Antenne  des  cr^.     c  $  in  Profilansicht. 

Typus  des  Subgenus  Deromyrma,  vergleichen  (s.  dazu  die  Abbildung 
bei  Geandidiee,  Hist.  Madagascar,  Vol.  20,  tab.  4,  fig.  14a  u.  b).  ^) 
Sofort  fallen  uns  weitere  Unterschiede   auf,   und   zwar  im  Thorax- 


1)    Die    Geschlechter     von     swammerdami     liegen    mir    natürlich    in. 
natura  vor. 


ßQ^  H.  Viehmeyer, 

bau.  Männchen  und  Weibchen  von  sirammerdami  sind  ihrem  Thorax 
nach  echte  Aphaenogaster ;  das  Mesonotum  ist  bei  beiden  sehr  groß, 
vorn  vertikal  und  überlagert  das  Pronotum  kissenförmig ,  das 
Scutellum  ist  buckeiförmig  aufgetrieben.  Der  weibliche  Thorax  von 
loriai  ist  dagegen  äußerst  schlank,  etwas  schmäler  als  der  Kopf; 
obwohl  er  geflügelt  ist,  übertrifft  seine  vertikale  Ausdehnung  die 
der  Arbeiterbrust  nur  sehr  wenig.  Das  Mesonotum  ist  niedrig,  ganz 
flach,  dem  Pronotum  weniger  überlagert  und  mit  dem  Proscutellum 
und  Scutellum  verschmolzen.  Beim  Männchen  ist  wohl  das  Meso- 
notum in  der  vertikalen  ßichtung  stärker  entwickelt,  aber  ganz 
anders  als  bei  swammerdami  gebildet ;  es  ähnelt  in  der  Profilansicht 
etwas  dem  Promesonotum  von  dromedarms  Em.  i^.  Der  Thorax  er- 
scheint seitlich  zusammengedrückt;  das  Scutellum  ist  ganz  flach. 
Beim  $  fällt  außerdem  die  relativ  große  Gaster  auf. 

Diese  Unterschiede  gewinnen  an  Bedeutung  bei  Berücksichtigung 
der  Tatsache,  daß  bei  den  Ameisen  die  Geschlechtstiere  verwandter 
Formen,  als  die  biologisch  am  wenigsten  beeinflußten  Kasten,  ge- 
wöhnlich nur  wenig  verschieden  sind,  weiter  auch  gegenüber  der 
oben  schon  gewonnenen  Erkenntnis,  daß  die  halsförmige  Ein- 
schnürung des  Kopfes  augenscheinlich  ein  Produkt  konvergenter 
Lebensweise  ist.  Bei  alledem  läßt  sich  aber  nicht  verkennen,  daß 
wir  in  loriai  einen  Aphaenogaster  (sens.  lat.)  vor  uns  haben,  wie  das 
außer  anderem  sehr  charakteristisch  beim  ^  durch  die  Verlängerung 
des  Epinotums  zum  Ausdruck  kommt. 

Wir  werden  darum  für  loriai  eine  neue  Untergattung  gründen 
müssen,  die  wir  Deromtjrma  Foe.  an  die  Seite  stellen. 

Aphae7iogaster  n.  siihg,  Planiniyrina, 

^.  Habituell  mit  Aph.  {Deromyrma),  Gruppe  swammerdami  über- 
einstimmend; Kiefertaster  4-,  Lippentaster  Sgliedrig. 

$.  Thorax  auffallend  schlank,  mit  niedrigem,  ebenem  Meso- 
notum und  Scutellum;  Gaster  relativ  groß.     Geflügelt. 

(^.  Kopf  wie  beim  ^  $  stark  halsförmig  eingeschnürt.  Fühler 
12gliedrig,  mit  undeutlicher,  nicht  verdickter  Keule,  Scapus  so  lang 
wie  die  ersten  3  Geißelglieder.  Kiefertaster  4-,  Lippentaster 
2gliedrig.  Thorax  schmal;  Scutellum  flach.  Flügel  mit  einer 
Cubital-  und  Discoidalzelle. 

Typus  loriai  Em. 


Mayr's  Gattung  Ischnomyrmex.  605 

Aph.  {Flanmiyrma)  loriai  Em. 

(^  (bisher  nicht  beschrieben).  Kopf  hinten  halsförmig  ein- 
geschnürt, mit  sehr  großen,  stark  konvexen  Augen  und  großen,  er- 
höhten Ocellen.  Clypeus  stark  gewölbt,  mit  breitem,  wenig  vor- 
gezogenem, vorn  ziemlich  geradem  Lappen;  Stirnfeld  undeutlich. 
Scapus  der  12gliedrigen  Antennen  so  lang  wie  die  ersten  3  Geißel- 
glieder, 1.  Glied  des  Funiculus  gestreckt,  etwas  länger  als  das  2., 
3.-6.  Glied  kürzer  und  etwas  dicker,  die  letzten  5  wieder  länger 
und  schmäler,  eine  nur  durch  Streckung  der  Glieder  ausgedrückte, 
undeutliche  Keule  bildend.  Kiefertaster  4-,  Lippentaster  2gliedrig; 
Mandibeln  schlank,  mit  langem,  gezähneltem  Kaurande. 

Thorax  schmäler  als  der  Kopf,  mit  nach  rückwärts  verlängertem 
Epinotum.  Pronotum  vorn  sehr  kurz,  schräg  ansteigend,  vorn  seit- 
lich, an  der  Grenze  des  Mesonotums,  mit  2  nach  oben  gerichteten, 
schwach  nach  außen  divergierenden,  breiten  Dornen.  Mesonotum 
im  Profil  gerundet  dreieckig,  mit  seinem  Vorderrande  den  Hinter- 
rand des  Pronotums  überragend,  auf  dem  vorderen  Abfalle,  kurz 
unterhalb  der  höchsten  Erhebung,  mit  2  kleinen,  schräg  nach  vorn 
und  außen  gerichteten  Dörnchen.  Scutellum  ganz  eben  und  flach, 
überhaupt  der  ganze  Rücken  von  der  höchsten  Erhebung  des  Meso- 
notums bis  zur  Einsattlung  des  Epinotums  sowohl  seitlich  als  der 
Länge  nach  ziemlich  eben. 


Fig.  ß.    Aph.  {Planimyrma)  loriai  Em. 
Äußere  Genitalteile  des  o^,  von  hinten,  von  der  Seite  und  von  innen  gesehen. 

Stielchen  (Fig.  B)  dem  des  ^  ähnlich,  nur  mit  niedrigeren  Knoten. 
Gaster  klein.  Genitalapparat  braunschwarz;  Mandibeln,  Hüften 
und  Trochanteren ,  Spitze  der  Gaster  bräunlich-gelb,  Fühlergeißel 
und  Tarsen  rotbraun.  Flügel  sehr  dunkel,  mit  schwarzbraunem 
Geäder.  Thorax  an  den  Seiten  zum  Teil  gestreift,  der  übrige  Körper 
glänzend  glatt.  Kopf  teilweise  fein  längsgerunzelt  und  genetzt; 
Mandibeln   an   der  Basis   mit  einigen  Längsriefen,  sonst  glatt  und 

Zool.  Jahrb.  XXXVII.    Abt.  f.  Syst.  39 


ßQg  H.  Viehmeyer, 

zerstreut  punktiert.    Abstehende  Behaarung  lang  und  fein,  braun, 
an  den  Extremitäten  schräg;  Pubescenz  nicht  erkennbar. 

L.  9  mm. 

Wareo,  D.  Neuguinea. 

Ischnojfiyrmex  exasperata  Mayk  ^  =  PheldoJe  s.  str. 
Die  Begründung  siehe  vorn. 

Pheidole  exasperata  Maye  vai\  n.  p>olita, 

^.  Kopf  und  Prothorax,  Abdomen,  Beine  und  Fühlerschaft  zum 
größten  Teile  glänzend  glatt.  Mandibeln  seicht  längsgestreift, 
zwischen  Fühlergrube  und  Augen  mit  einigen  gebogenen  Längs- 
runzeln, dazwischen  sehr  schwach  genetzt.  Meso-  und  Epinotum 
auf  der  Dorsalfläche  sehr  fein  genetzt,  mit  Spuren  einer  Quer- 
runzelung,  aber  immer  noch  glänzend;   Seiten  dicht  genetzt,  matt. 

Herr  Dr.  Maidl,  Wien,  war  so  gütig,  ein  Tier  mit  der  Type 
der  Stammart  zu  vergleichen  und  noch  festzustellen,  daß  die  Schenkel 
der  Varietät  an  den  Enden  stärker  verjüngt  und  mehr  spindel- 
förmig sind. 

L.  3,5  mm. 

4.  Kopf  länger  als  breit,  mit  ziemlich  parallelen  Seiten,  diese 
vor  den  Augen  gerade,  hinter  denselben  schwach  konvex;  Hinter- 
rand tief,  spitzwinklig  ausgeschnitten;  Scheitel  mit  einem  starken 
Quereindrucke  und  vollständiger  Stirnrinne.  Clypeus  hinten  gekielt, 
sein  Vorderrand  schwach  ausgerandet;  Stirnleisten  mäßig  diver- 
gierend, hinten  parallel;  keine  eigentlichen  Fülilerfurchen,  Scapus 
der  Antennen  überragt  den  Quereindruck. 

Thorax  dem  von  plagiaria  sehr  ähnlich,  aber  Mesoepinotalsutur 
tiefer.  Petiolus  an  seiner  oberen  Kante  schwach  ausgerandet;  Post- 
petiolus  breiter  als  lang,  sechsseitig,  mit  rechtwinkligen,  etwas  zu- 
gespitzten seitlichen  Ecken. 

Mandibeln  zerstreut  punktiert  und  an  der  Außenseite  längs- 
gestreift, sonst  glänzend  glatt. 

Kopf  kräftig  längsgestreift;  Streifen  parallel,  die  äußeren 
(zwischen  Augen  und  Stirnleisten)  mit  breiteren  Zwischenräumen; 
überall  eine  feine,  undeutlich  runzlige  oder  auch  netzmaschige  Unter- 
skulptur, auf  den  Hinterhauptslappen  die  Streifen  netzmaschig  ver- 
bunden, Unterskulptur  deutlicher.    Thorax,  Petiolus  und  Postpetiolus 


Mayr's  Gattung-  Ischnomyrmex.  607 

mehr  oder  weniger  regelmäßig  querrunzelig,  letztere  außerdem  mit 
einigen  seichten  Längseindrücken;  Gaster  glänzend  glatt  mit  zer- 
streuten, erhabenen  Punkten. 

Abstehende  Behaarung  lang,  rötlich-gelb,  überall  an  den  Ex- 
tremitäten etwas  schief;  Pubescenz  nicht  erkennbar.  Farbe  braun 
mit  etwas  helleren  Beinen. 

L.  6,5  mm. 

Nest  in  einem  morschen,  am  Boden  liegenden  Aste.  Von  dem 
Bukit  Timah,  einem  Hügel  bei  Singapore  (H.  Overbeck). 

Ph.  exasperata  Mate  var,  n,  fusiforinis, 

^.  Nicht  sicher  von  der  var.  polita  zu  unterscheiden,  mit  der 
gleichen  Skulptur  und  denselben  spindelförmigen  Schenkeln,  Farbe 
dunkler,  dunkelkastanienbraun  mit  heller  braunen  Beinen,  bräunlich- 
gelben Mandibeln,  Tarsen,  Gelenken  und  ebensolcher  Fühlergeißel. 
Eine  Spur  kleiner. 

4.  Kopf  mit  konvexeren  Seiten,  etwas  breiter,  der  Hinterrand 
weniger  tief  und  stumpfwinklig  ausgeschnitten,  Quereindruck  und 
Stirnrinne  weniger  deutlich,  Clypeus  ungekielt,  Fühlerschaft  länger, 
den  Hinterrand  des  Kopfes  fast  erreichend  ^  die  Unterskulptur 
zwischen  den  Längsrippen  kräftiger.  Promesonotum  etwas  kon- 
vexer, vor  der  Querwulst  eine  feine  Querrinne;  seitliche  Ecken  des 
Postpetiolus  weniger  scharf.     Kleiner;  sonst  wie  var.  polita. 

L.  5  mm. 

(^.  Kopfseiten  hinter  den  Augen  sehr  stark  verengt,  hais- 
förmige  Einschnürung  sehr  kurz  und  breit,  Netzaugen  und  Ocellen 
stark  entwickelt.  Fühler  ISgliedrig;  Scapus  so  lang  wie  die  ersten 
beiden  Geißelglieder,  das  1.  Glied  des  Funiculus  kurz  und  dick,  die 
übrigen  gestreckter.  Scutellum  etwas  buckelig ;  BasalÜäche  und  ab- 
schüssige Fläche  treffen  in  einem  ziemlich  scharfen  stumpfen  Winkel 
zusammen,  beide  gerade,  die  Basalfläche  bedeutend  länger.  Man- 
dibeln mit  1  großen  p]ndzahne  und  2  kleineren,  äußerst  fein  und 
dicht  gerunzelt;  Vorderkopf  ebenso,  vor  den  Ocellen  eine  stark 
glänzende,  glatte  Fläche;  Hinterkopf  dicht  und  fein  runzelig  längs- 
gestreift. Mesonotum  ebenso,  vorn  in  der  Mitte  schwach  glänzend; 
Scutellum  undeutlich  quergerunzelt;  Abdomen  glänzend  glatt. 

Kopf  und  Thorax  pechschwarz,  Vorderkopf,  Proscutellum,  Ab- 
domen und  Beine  pechbraun;   Mandibeln,   Fühler  und  Tarsen  gelb. 

39* 


gQg  H.  Viehmeyer, 

Flügel  mit  1  Dlscoidal-  und  2  Cubitalzellen,  schwach  bräunlich-gelb, 
mit  wenig  dunklerem  Geäder. 

L.  4  mm. 

Wareo,  D.  Neuguinea. 

^,  21-,  ^  sind  zwar  nicht  als  Angehörige  ein  und  derselben 
Kolonie  separiert  gesandt  worden,  befanden  sich  aber  in  ein  und 
demselben  Gläschen  und  waien  überhaupt  die  einzigen  Pheidole  der 
Sendung.  Außerdem  verbürgt  die  halsförmige  Einschnürung  des 
Kopfes  vom  ^  ihre  Zusammengehörigkeit. 

P//.  {Ischnomyrmex)  lonf/iijes  F.  Sm.  var.  continentis  Foe. 

21  (noch  nicht  beschrieben).  Mit  dem  Soldaten  der  var.  conici- 
collis  Em.  verglichen,  ist  der  Kopf  hinten  viel  breiter,  seine  Seiten 
nur  nach  vorn  verengt,  ziemlich  gerade,  Hinterrand  flacher  aus- 
geschnitten, Stirnrinne  schärfer,  Fühlerschaft  etwas  kürzer,  Streifen 
der  Stirn  nach  rückwärts  früher  erlöschend,  resp.  auf  dem  Hinter- 
kopfe mikroskopisch  fein  und  dicht  werdend,  hier  ohne  abstehende 
Behaarung  und  erhabene  Punkte.  Basalfläche  des  Epinotums  der 
ganzen  Länge  nach  (bei  var.  conicicoUis  nur  vorn)  deutlich  gefurcht, 
Postpetiolus  etwas  breiter,  Schenkel  in  der  Mitte  stärker  verdickt. 
P^arbe  dunkler,  etwas  größer. 

L.  9  mm. 

Nest  in  einem  halbverfaulten,  am  Boden  liegenden  Aste.  Eine 
volkreiche  Kolonie,  4^  und  ^  sehr  angriflfslustig.  Bukit  Timah, 
Singapore  (H.  Ovebeck). 


Anhang. 
Beschreibung  einiger  neuer  Arten  aus  anderen  Gattungen. 

Eiipo7iera  (Mesoponera)  n,  sj).  liapiiana. 

^.  Kopf  rechteckig,  ungefähr  ^l^m?i\  länger  als  breit,  mit 
schwach  gebogenen  Seiten,  abgerundeten  Hinterecken  und  etwas 
konkavem  Hinterrande.  Clypeus  mit  dreieckig  vorgezogenem  Vorder- 
rande, stark  gekielt  (ähnlich  Leptogenys).  Mandibeln  sehr  lang  und 
schlank,  am  Außenrande  gemessen,  fast  so  lang  wie  der  Kopf  ohne 
Clypeuslappen,  Außenrand  schwach  konkav,  Kaurand  mit  13  Zähnen. 
Augen  klein,  flach,  länglich,  wenig  länger  als  der  Scapus  an  seiner 


Meyr's  Gattung  Ischnomyrmex.  609 

stärksten  Stelle  breit,  vom  Vorderrande  des  Kopfes  eine  reichliche 
Augenlänge  entfernt;  Stirnrinne  bis  zur  Gegend  des  Medianocellus 
deutlich.  Scapus  der  Antennen  überragt  den  Hinterrand  des  Kopfes 
um  ^'5  seiner  Länge,  1.  Geißelglied  kürzer  als  das  2. 

Thorax  mit  deutlichen  Suturen,  Mesoepinotalnaht  tief  eingesenkt. 
Mesonotum  so  lang  wie  breit,  flach.  Epinotum  seitlich  zusammen- 
gedrückt (ähnlich  hiteipes),  vor  dem  Abfall  zur  abschüssigen  Fläche 
auf  dem  Rücken  sehr  seicht  quer  eingedrückt.  Abschüssige  Fläche 
etwa  so  lang  wie  die  Basalfläche,  dreieckig,  mit  der  Basalfläche  einen 
ganz  flach  verrundeten,  stumpfen  Winkel  bildend,  seitlich  ziemlich 
deutlich,  aber  nicht  sehr  scharf  gerandet,  im  vorderen  Abschnitte 
mit  einem  dreieckigen  Längseindrucke. 

Petiolus  schuppenförmig,  im  Profil  dreieckig,  mit  gerader  Vorder- 
und  etwas  konvexer  Hinterfläche;  Seiten  der  Schuppe  nach  unten 
mäßig  konvergierend,  oberer  Rand  von  links  nach  rechts  schwach 
konvex,  in  der  Mitte  etwas  winklig  nach  vorn  gezogen.  Postpetiolus 
etwa  so  lang  wie  das  1.  Gastersegraent;  Sutur  zwischen  beiden  nicht 
sehr  tief. 

Mandibeln,  abschüssige  Fläche  des  Epinotums,  Vorder-  und 
Hinterfläche  der  Petiolusschuppe  glänzend  glatt  (d.  h.  nur  mit  mikro- 
skopischer Skulptur),  der  übrige  Körper  dicht  und  fein  punktiert 
und  schwach  glänzend. 

Pechschwarz;  Mandibeln,  Clypeus,  Antennen,  Beine,  Analgegend 
der  Gaster  mehr  oder  weniger  gelbrot;  Hinterrand  des  Postpetiolus 
und  der  Gastersegmente  und  Schenkel  bräunlich. 

L.  8  mm  (mit  den  Mandibeln). 

Wareo,  D.  Neuguinea. 

Leptogenys  {Lohoiielta)  caeciliae  Viehm.  var.  n,  optica, 

^.  Mit  längerem,  nach  rückwärts  weniger  erweiterten  und 
niedrigerem  Petiolus,  an  der  Basis  viel  stärker  punktiertem  Post- 
petiolus und  ganz  anders  gebildeten  Augen.  Bei  der  Stammart 
liegen  die  Augen  in  einer  rings  geschlossenen,  tiefen  Furche  und 
sind  von  oben  nach  unten  zusammengedrückt,  von  vorn  gesehen, 
schief  kegelförmig  oder  auch  linsenförmig  mit  stumpfem  Außenrande, 
mit  längerer  oberer  und  V2  so  großer  unterer  Fläche.  Bei  der 
var.  optica  sind  die  Augen  gleichmäßig  und  sehr  schwach  gewölbt, 
größer  und  nur  hinten  deutlich  eingefurcht. 

Wareo,  D.  Neuguinea. 


ßlO  H.  Viehmeyer, 

Mf/rmecina  niandibularis  n.  sp, 

^.  Kopf  quadratisch,  mit  mäßig  g-ebogenen  Seiten  und  stark 
ausgerandetem  Hinterkopfe.  Unterseite  des  Kopfes  breit  ausgehölilt, 
beiderseits  gerandet,  Hinterecken  tief  lierabgebogen.  Augen  mäßig 
konvex,  nicht  länger  als  der  Scapus,  am  Ende  dick,  von  dem  Vorder- 
rande des  Kopfes  etwa  eine  Augenlänge  entfernt.  Antennen  kräftig, 
Scapus  am  Grunde  stark  gebogen,  den  Hinterrand  des  Kopfes  kaum 
erreichend,  2. — 8.  Geißelglied  stark  quer,  das  Endglied  der  Sgliedrigen 
Keule  länger  als  die  beiden  vorausgehenden  Glieder.  Clypeus 
beiderseits  stumpf  gekielt,  dazwischen  kaum  erkennbar  konkav; 
Vorderrand  gerade.  Mandibeln  mit  2  starken  Endzähnen  und  einigen 
darauf  folgenden  undeutlichen,  am  Innenrande  mit  einer  breiten, 
stumpfen  Erweiterung,  nicht  unähnlich  der  von  Acropyga  butteli 
Für.  ^. 

Thorax  ähnlich  latreülei,  aber  vorn  breiter,  ohne  erkennbare 
Suturen,  mit  viel  längeren  Epinotumdornen,  vor  denselben  jederseits 
mit  einem  spitzen,  aufrechten  Zähnchen.  Petiolus  und  Postpetiolus, 
von  oben  gesehen,  rechteckig,  ersterer  etwas  länger  als  breit, 
letzterer  stark  quer,  etwa  ^j^mal  breiter  als  lang.  Gaster  kleiner 
und  rundlicher  als  bei  latreülei. 

Kopf  und  Thorax  mit  starken  regelmäßigen  Längsrippen,  die 
sich  auf  dem  Kopfe  oft  gabeln  und  nach  rückwärts  etwas  diver- 
gieren. Innerhalb  der  Stirnleisten  11  Rippen,  ebensoviel  am  Vorder- 
rande des  Pronotums ,  die  aber  auf  dem  Thorax  nach  hinten  konver- 
gieren. Die  Zwischenräume  glänzend  glatt.  Petiolus  und  Post- 
petiolus im  hinteren  Teile  und  seitwärts  mit  tiefen  Längseindrücken. 
Mandibeln,  Clypeus,  abschüssige  Fläche  des  Epinotums  und  Gaster 
glänzend  glatt.  Scapus  der  Antennen  und  die  Beine  nur  mit  den 
kleinen  (nicht  grübchenförmigen)  Punkten  der  abstehenden  Be- 
haarung.    Diese  viel  weniger  dicht  und  länger  als  bei  latreülei. 

L.  2,5  mm. 

Wareo,  D.  Neuguinea. 

Anscheinend  der  M.  sulcata  Em.  ähnlich,  von  ihr  aber  durch 
die  Mandibelbildung  und  die  glatten  Zwischenräume  der  Rippen 
verschieden. 

Pheidole  {JPJieidolaeanthimis)  flavothoracica  n,  sp. 

^.  Kopf  ohne  die  Mandibeln  so  lang  wie  breit,  mit  konvexen 
Seiten   und   vollständig   verrundeten  Hinterecken.    Augen  ziemlich 


Meyr's  Gattung  Ischnomyrmex.  611 

klein  und  konvex,  in  der  Mitte  der  Kopfseiten;  Antennen  12gliedrig, 
mit  Sgliedriger  Keule,  Scapus  den  Hinterrand  des  Kopfes  ein  wenig- 
überragend,  1.  Glied  der  Geißel  3mal  so  lang  wie  das  2.,  die 
mittleren  Glieder  so  lang  wie  breit;  Stirnleisten  weit  getrennt,  ihr 
Zwischenraum  größer  als  Va  der  Kopfbreite,  bis  zur  Höhe  der 
Augen  reichend,  nach  rückwärts  mäßig  divergierend ;  Stirnfeld  wenig 
deutlich ;  Kaurand  der  Mandibeln  gezähnelt. 


Fig.  C.     Ph.  {Pheidolacanthinus)  flavothoracica  n.  sp.    ^. 

Form  des  Thorax  und  Stielchens  siehe  Fig.  C.  Der  Thorax- 
rücken Üach,  vor  dem  Epinotum  mit  einem  sehr  seichten  Quer- 
eindrucke.   Obere  Kante   des  Petiolusknotens  schwach  ausgerandet, 

Oberseite  des  Kopfes  und  Gaster  schwarz,  Unterseite  des 
Kopfes  und  Stielchenknoten  braun,  Thorax  und  Beine  hellgelb, 
Mandibeln  und  Fühler  bräunlich-gelb.  Glänzend  glatt,  nur  mit  den 
Punkten  der  abstehenden  Behaarung,  diese  auf  Kopf  und  Gaster 
sehr  zerstreut,  auf  dem  Thorax  fehlend,  auf  den  Extremitäten  fast 
anliegend. 

L.  2,5  mm. 

Wareo,  D.  Neuguinea. 

Nach  der  Abbildung  F.  Smith's  mit  quadrispinosa  ungefähr  über- 
einstimmend, aber  ohne  Mesonotalzähne  (Mayr,  1886)  und  ganz 
anders  gefärbt. 


ßl2  H.  Viehmeyer,  Mayh's  Gattung-  Ischnomyrmex. 

Polyrliachis  caulomnia  Viehm.  var,  n,  imrallela. 

'^.  Ein  wenig-  kleiner  und  schmäler  als  der  Typus;  das  Pro- 
notum  mehr  rechteckig,  mit  weniger  verrundeten  Hinterecken,  der 
Hinterrand  bildet  mit  den  Seitenrändern  kleinere  Winkel;  Meso- 
notum  kürzer;  Mesoepinotum  nach  rückwärts  etwas  mehr  verengt; 
Epinotumdornen  kürzer,  etwa  so  lang  wie  Mesonotum  und  Basal- 
fläche  des  Epinotums  zusammen,  durchaus  parallel;  Dornen  der 
Schuppe  ebenfalls  kürzer,  gerader,  weniger  divergierend,  die  kleinere 
Gaster  nicht  mehr  umfassend,  mit  der  oberen  Kante  der  Schuppe 
einen  deutlichen  Winkel  bildend  (bei  der  Stammart  bogenförmig  in 
die  Kante  einlaufend).  Auf  dem  Hinterkopfe  überall  bogig  quer- 
gestreift (beim  Typus  bis  zum  Hinterrande  der  Länge  nach);  Meso- 
notum etwas  schwächer  skulpturiert. 

Wareo,  D.  Neuguinea. 


A.  Ducke,  Berichtigungen.  613 


Berichtigung. 


„Die  natürlichen  Bienengenera  Südamerikas".    Vol.  34. 

p.  86.     Anstatt  Spinoliella  Cockll.     ist  zu  setzen  Spinoliella  AsHM. 
p.  86.  „        Perditomorpha  Cockll.          „  Perdüomorpha  Ashm. 

p.   105.         „        Coel.  pimdiventris  „  Coel.  punctipennis. 

„Über  Phylogenie  und  Klassifikation  der  sozialen  Vespiden".   Vol.  36. 

p.  329  bei  Parapolyhia  Sauss.  ist  hinter  den  Worten  „hinten  in  ganz 
eigenartiger  Weise"  einzuschalten:  angeschwollenen  Hinter- 
leibsstiel, 


A.  Ducke. 


G.  Pätz'sche  Buchdr.  Lippert  &  Co.  &.  m.  b.  H.,  Naumburg  a.  d.  S. 


Zoolog.  Jahrbücher  Dd.  37  Abt.  f.  Syxi. 


Taf.SfJ. 


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Verlag  von  Gustav 


Lith.Anst.vA.C:ltsch.Jeiia. 


Zoolog.  Jahrhiicher  Bd^  32  .  \hf.  f.  S\-st 


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Verlag  vor.  Gustav  Fischer  in  Jena. 


Lith.Aiisl,v.ACülsch.Jena