ZOOLOGISCHE JAHRBÜCHER
ABTEILÜIG
FUB,
SYSTEMATIK, GEOGRAPHIE UND BIOLOGIE
DER TIERE
HEßAUSGEGEBEN
VON
PROF. DR. J. W. SPENGEL
IN GIESSEN
SIEBENUNDDREISSIGSTER BAND
MIT 30 TAFELN, 5 KARTEN UND 96 ABBILDUNGEN IM TEXT
JENA
VERLAG VON GUSTAV FISCHER
1914
Alle Rechte, namentlich das der Übersetzung, vorbehalten.
Inhalt.
Erstes Heft.
(Aasgegeben am 31. März 1914.)
Seite
Gerhardt, Ulrich, Copulation und Spermatophoren von Grylliden
und Locustiden. II. Mit Tafel 1 — Sund 7 Abbildungen im Text 1
BraSS, Paul, Das 10. Abdominalsegment der Käferlarven als Be-
wegungsorgan. Mit Tafel 4 — 7 und 7 Abbildungen im Text . 65
Zweites Heft.
(Ausgegeben am 7. Mai 1914.)
Tratz, Eduard Paul, Der Zug des sibirischen Tannenhähers durch
Europa im Herbst 1911. Mit 5 Karten im Text .... 123
Priese H. u. F. v. Wagner, Zoologische Studien an Hummeln, IIa.
Mit Tafel 8 173
MÜHLSCHLAG, Georg, Beitrag zur Kenntnis der Anatomie von
Otodistomum veliporum (Creplin), Distomum fuscum PoiRlER
und Distomum ingens MONIEZ. Mit Tafel 9 — 10 und 15 Ab-
bildung-en im Text 199
Drittes Heft.
(Ausgegeben am 15. Mai 1914.)
V. SCHULTHESS, A., Vespidae aus Ceylon, Malacca, Java und Sumatra.
Mit 11 Abbildungen im Text 253
MÜLLER, Herbert Constantin, Notiz über Symbionten bei Hydroiden 267
v. KiMAKOWiCZ-WiNNiCKi, M., Clausilium. Mit Tafel 11 ... 283
I t2.| V>
IV Inhalt.
Yiertes Heft.
(Ausgegeben am 28. Juli 1914.)
Seite
ViETS, Kael, Hydracarinen aus dem Kaplande. Mit Tafel 12 — 14 329
COGNETTI DE Martiis, LuigI , Zur Fauna von Nord-Neuguinea.
Descrizione di alcuni Oligocheti della Nuova Guinea settentrio-
nale. Con 11 Figure nel testo 351
VAN Kampen, N., Zur Fauna von Nord-Neuguinea. Amphibien . 365
Attems, Cael Graf, Zur Fauna von Nord-Neuguinea. Myriapoden 379
BehninGt, A., Corophium curvispinum G. 0. Saes und seine geo-
graphische Verbreitung. Mit 13 Abbildungen im Text . . . 385
Balss, Heineich, Potamonidenstudien. Mit Tafel 15 und 6 Ab-
bildungen im Text 401
Fünftes Heft.
(Ausgegeben am 12. November 1914.)
Skrjabin, K. I., Vogelcestoden aus Russisch Turkestan. Mit Tafel 16
bis 27 und 4 Abbildungen im Text 411
Veehoeff, Karl W., Zur Kenntnis der Gattung Mesoniscus. Mit
Tafel 28 493
Sechstes Heft.
(Ausgegeben am 10. Dezember 1914.)
Schmitz, H. , Die myrmecophilen Phoriden der "Wasmann 'sehen
Sammlung. Mit Tafel 29—30 und 11 Abbildungen im Text 509
Hasebeoek, K., Über die Entstehung des neuzeitlichen Melanismus
der Schmetterlinge und die Bedeutung der Hamburger Formen
für dessen Ergründung. Mit 8 Abbildungen im Text . . . 567
Viehmeyer, H. , Maye's Gattung Ischnomyrmex (Hym.)- Mit
3 Abbildungen im Text 601
Ducke , A. , Berichtigung zu : Die natürlichen Bienengenera
(Vol. 34) 613
— , Berichtigung zu : Über Phylogenie und Klassifikation der sozialen
Vespiden (Vol. 36) 613
Nachdruck verboten,
tlbersetzungsrecht vorbehalten.
Copulation und Spermatophoren von Grylliden und
Locustiden.
IL
Von
Prof. Dr. Ulrich Gerhardt, Breslau.
Mit Tafel 1—3 und 7 Abbildungen im Text.
Im Sommer und Herbst 191B hatte ich Gelegenheit, meine
Studien über Copulation und Spermatophoren von Grylliden und
Locustiden, deren erster Teil in dieser Zeitschrift ^) erschienen ist,
an einem verhältnismäßig- reichen Material zu ergänzen. Ein Teil
dieses Materials, aus den Familien der Meconemini, Locustini
undDecticini wurde in Breslau und in Hökendorf, Pommern,
gewonnen, ein anderer, größerer, der sich aus Mitgliedern der
Phaneropterini, Conocephalini, Ephippigerini undDecti-
cini unter den Locustiden sowie der Gattung Oecanthus unter den
Grylliden zusammensetzte, bei einem Mtägigen Aufenthalt an
der Zoologischen Station in Rovigno, Istrien gesammelt. Außer
der näheren Umgebung Rovignos wurde die Umgegend des Monte
Maggiore abgesucht. Es ist mir eine angenehme Pflicht, Herrn
Kollegen Keumbach und dem Assistenten der Station, Herrn
Dr. Kraft, für liebenswürdiges Entgegenkommen und für größt-
mögliche Förderung meiner Bestrebungen hier herzlich zu danken.
1) Zool. Jahrb., Vol. 35, Syst., 1913, p. 415—532.
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. 1
2 Ulbich Gerhardt,
Zu Dank verpflichtet bin ich ferner Herrn Kollegen Pax und
Herrn Präparator Pohl, die mir mit gewohnter Gefälligkeit bei der
Herstellung der Tafeln geholfen haben, sodann Fräulein Helene
LiMPEiCHT, die ihre bewährte Kraft wieder in den Dienst meiner
Arbeit gestellt hat.
Noch während des Druckes meiner ersten Abhandlung über
diesen Gegenstand ist Boldyeev's bereits vorher angekündigte aus-
führliche Arbeit „Das Liebeswerben und die Spermatophoren bei
einigen Locustodeen und Gryllodeen" ^), erschienen. Es wurden von
diesem Autor Copulationen von Grijllus domestictis, Gr. desertus,
ferner Spermatophoren von Oecanthus pellucens unter den Gryllodeen,
die Copulation von Dedicus dlUfrons, D. verrucivorus und Platydeis
roeseli, Spermatophoren von Olynthoscelis poniica (Decticide), Locusta
cantans und Tylopsis thymifolia beobachtet. Ganz besonders wertvoll
sind die schematischen Abbildungen, die dieser Autor von den
Spermatophoren der einzelnen Tj^pen gibt. Auf seine Befunde wird
im Einzelfalle bei der Besprechung meiner Ergebnisse einzugehen
sein, die sich naturgemäß mit den seinen in den meisten Punkten
decken müssen.
Meine Erfahrungen des letzten Jahres lehren, daß bei einem
größeren Material neue Befunde zutage kommen, denen gegenüber
eine Revision des gefaßten Urteiles zuweilen notwendig wird. Es
waren vor allem die Befunde an Meconemiden und Cono-
cephaliden, die wesentliche Modifikationen des bisher kennen
Gelernten bedeuteten. Meinen bereits vei-öffentlichten Beobachtungen
2in Dedicus verrucivorus habe ich einige Additamente beizufügen, die
an einem relativ reichlichem Material gefangener Tiere gewonnen
wurden.
Material.
Alles in allem habe ich bisher Copulation und Spermatophoren
folgender Grjlliden und Locustiden untersucht (die bereits im ersten
Teil dieser Abhandlung beschriebenen Formen sind mit * bezeichnet).
Subfam. I. Gryllidae.
[ 1. Liogryllus campestris L.
Gry Hin i '2. *GryUus domesticm L.
I 3. *Ne7nobnis sylvestris Fabe.
1) In: Horae Soc. entomol. Rossicae, Vol. 40, No. 6, p. 1 — 54, 1913,
Copulation und Spermatophoren von Grylliden und Locustiden.
Subfam.
Oecanthini
Gr yllotal pini
Phaneropterini
Meconemini
Conocephalini
Locustini
Decticini
Ephippigerini
4. Oecanthiis jJdlucens Scop.
5. *GryUotalpa vulgaris L.
II, Lo c US tidae.
1. *Leptoph>jes punctaiissima Bosc
2. Leptophyes hosci Fieb.
3. * Phaneropiera fulcata ScoP.
4. Phaneropiera quadripunciaia Be.
. 5. Tylopsis liliifolia Fab.
6. Mceonema varium Fab.
I 7. Conocephalus mandibularis Chaep.
1 8. Xiphidiuni fuscum Fabe.
I 9. Locusta caudata Chaep.
\lO. Locusta viridissima L.
11. *Decticus verrucivorus L.
12. *Platycleis grisea Fabe.
13. *Platycleis roeseli Hagenb.
14. Tharnnotrizon cinereus L.
,15. Rhacocleis discrepans Fieb.
16. Epkippigera limhaia Fisch.
Stenopelmatini 17, *Diestrammena m,ar7norata de Haan.
Zur Vergleichung wurden außerdem noch Spermatophoren der
Mantiden Mantis religiosa L. und Ameles decolor Chaep, untersucht.
Fast alle Beobachtungen wurden an gefangenen Tieren an-
gestellt. Es ist bei den meisten Grylliden und Locustiden leicht,
sie zur Copulation zu bringen, wenn man erst ihre Lebensgewohnheiten
soweit kennt, daß man die Tageszeit weiß, zu der sie zu copulieren
pflegen. Nur bei zwei Species ist es mir trotz reichlichen Materials
nicht gelungen, Copulationen zu erzielen, nämlich bei der Stenopel-
matide Troglophüus neglectus, von der mir Herr Revierförster Haucke
in Planina, Krain, in liebenswürdigster Weise wiederholt er-
wachsene Exemplare schickte, und bei Locusta cantans Füsslt.
Bei manchen Species, wie bei GryUotalpa, Meconema, dürfte eine
Beobachtung des Sexuallebens im Freien schlechterdings unmöglich
sein. Bei vielen anderen ist sie mindestens außerordentlich zeit-
raubend.
Bei der Konservierung der Spermatophoren bin ich bei
Locustiden neuerdings mit gutem Ei-folge so verfahren, daß ich das
Weibchen mit der Spermatophore einige Sekunden in CAENOY'sche
Flüssigkeit eintauchte und dann rasch in 4*^/^ Formol brachte. Auf
die Art habe ich so gut wie keine Schrumpfung bekommen, und
1*
^' Ulrich Gerhardt,
außerdem hat sie den Vorteil, daß das Tier rasch bewegungslos wird
und sich nicht durch Strampeln eines Teiles der Spermatophore ent-
ledigen kann, wie das bei Fixierung nur in Forraol sehr leicht vor-
kommen kann. Den genaueren Bau der Spermatophore studiert
man außer an Medianschnitten am besten an in Xylol aufgehellten
Präparaten; außerdem kann man, während das Weibchen die Sper-
matophore frißt, an deren Basalteil oft mancherlei Veränderungen
wahrnehmen, die sonst schwer erkennbare Struktureigentümlichkeiten
bemerkbar werden lassen. Ich habe das erste Weibchen einer
Species, das begattet worden war, jedesmal konserviert, wenn irgend
angängig aber an einem zweiten Tier das Nachspiel der Copulation^
das Schicksal der Spermatophore, zu beobachten gesucht.
I. Gryllidae.
Von Grylliden ist nur Oecanthus pellucens Scop. zu meinem Be-
obachtungsmaterial neu hinzugekommen. Im ersten Teil dieser
Studien war bereits eineSchilderuug der Copulation des amerikanischen
Oecanthus fasciatus, die Hankock gibt, zitiert worden. Ich finde bei
BoLDTEEv noch zwei mir nicht zugängliche amerikanische Arbeiten
über den gleichen Gegenstand angeführt.
Ich konnte im September 191B in Rovigno die Copulation von
Oecanthus pellucens wiederholt an dem gleichen Paare beobachten,
das ich bei Tage getrennt hielt und erst in der tiefen Dämmerung
zusammensetzte. An den ersten beiden Tagen w^urde die Copulation
durch lautes, durchdringendes Zirpen des Männchens eingeleitet, das
dabei, wie Hankock es für Oe. fasciatus schildert, seine Flügel steil
in die Höhe hebt und dadurch dem Weibchen den Zutritt zur
Mündung einer Eückendrüse gestattet, die einen Saft secerniert, den
das Weibchen aufleckt. Das Männchen ist dabei außerordentlich
unruhig, stößt seinen Körper heftig hin und her und versucht, seine
Hinterleibsspitze unter den Kopf und Körper des Weibchens zu
schieben. Dieses geht dann ein wenig vorwärts, bis es mit seinen
Mundteilen bis unmittelbar caudal von den Wurzeln der Hinter-
flügel des Männchens gelangt. Unter fortwährenden Bewegungen
des Männchens leckt und nagt nun das Weibchen an dieser Stelle
herum, und dieser Vorgang wiederholt sich einige Male, jedesmal
durch Zirpen eingeleitet. Schließlich hebt das Männchen seine-
Flügel, ohne zu zirpen, und nun kommt es zur Copulation. Am
dritten und den folgenden Abenden fiel das Vorspiel und das Zirpen
des Männchens fort, und es wurde sogleich nach dem Zusammen-
Copulation und Spermatophoren von Grylliden und Locustiden. 5
treffen beider Partner die Begattung eingeleitet. Auch bei ihr hält
das Männchen seine breiten Flügel senkrecht in die Höhe, und
während der ganzen, eine Minute dauernden Aktes leckt das Weibchen
an der angegebenen Stelle auf dem Rücken des Männchens herum.
Es besteht also allen anderen Gi-ylliden gegenüber, bei denen das
Weibchen auf die Flügeldecken des Männchens steigt, der Unter-
schied, daß es hier, wie bei den Locustiden, zwischen Kückenfläche
und Flügel des Männchens kriecht (Fig. 3, Taf. 2).
Dem Männchen gelingt es, durch fortwährendes Eückwärts-
drücken der Hinterleibsspitze die des Weibchens zu erreichen, und
nun wird der „Penis" hervorgestülpt und der Titillator, wie bei
anderen Grillen, in die Vulva eingebracht. Sehr bald tritt, unter
großer Unruhe des Männchens, die Spermatophore aus, die hier,
abweichend von dem Verhalten anderer Grillen, noch an ihrem
Mittelstück von den beiden Wülsten der Penisrinne festgehalten
wird, wenn ihre Ampulle bereits frei sichtbar ist. Das hängt damit
zusammen, daß ihre später zu besprechende Befestigung in der Vulva
anders ist als die anderer Grillen. Nach Ablauf einer Minute lassen
die Klappen des Penis auch das Mittelstück der Spermatophore frei,
und sie hängt als fein gestielter ovaler Körper aus der Vulva des
Weibchens hervor (Fig. 1, Taf. 3).
Nun trennen sich zwar die Tiere, aber es kommt zu einem
Nachspiel der Begattung, das sehr dem ähnelt, das ich für iVemo-
bius sylvestris^} beschrieben habe, aber bedeutend länger ausgedehnt
ist als dort. Das Weibchen besteigt immer Avieder das außerordent-
lich unruhige» den Körper rhj'thmisch nach hinten stoßende Männchen
und leckt und nagt an dessen Metathorax herum. Sowie das Weib-
chen müde wird und absteigt, schiebt sich das Männchen sofort
wieder unter dessen Kopf und Brust, und das Spiel beginnt von
neuem. Dies wird etwa 10 Minuten (bei Nemobius 4 Minuten) fort-
gesetzt, und dann trennen sich die Tiere endgültig. Nun kommt es
beim Weibchen alsbald zur Entfernung der Spermatophore aus
der Vulva, die auf eine höchst eigenartige Weise geschieht. Das
Weibchen preßt und drückt mit Zeichen der Unruhe das Abdomen
zusammen, schließlich streift es mit dem Tarsus eines Sprungbeines
über die Vulva hin, holt die Spei-matophore hervor und bringt sie
mit Hilfe dieses Sprungbeines an seine Mundöffnung, ergreift sie
mit den Kiefern und verzehrt sie. Daraus erklärt sich, weshalb
1) 1. c, p. 443.
ß Ulrich Gkrhardt,
man, wenn man diesen Moment verpaßt hat, keine leere Spermato-
pliore in dem Behälter zu finden vermag-. Ich bin natürlich nicht
imstande zu behaupten, daß dies die einzige Weise der Entfernung
der Spermatophore aus der Vulva bei Oecanthus sei, ich habe aber
andere nicht gesehen.
Die Spermatophore ist von Boldyrev (1. c.) beschrieben und
abgebildet worden (Fig. A). Sie enthält alle Bestandteile der ersten
Grj^llidenspermatophore, also Ampulle, Lamelle und p]ndfaden. Nur
ist hier die Bedeutung der Lamelle etwas anders als bei Gryllus
und Nemobius. Dort diente diese als Befestigungs-
mittel der Spermatophore in der Vulva des Weib-
c —-^f \^ ^ chens. Nach der Begattung ist daher dort äußer-
lich nur die Ampulle mit dem kurzen Verbindungs-
stiel zur Lamelle hin sichtbar. Bei Oecanthus dagegen
Fig. A.
Spermatophore von Oecanthus pellucens.
a äußere, c innere Hülle, d Binnenraum der Ampulle.
e Kanal, f Lamelle, g Endfaden (nach Boldyrev).
liegt diese Lamelle außerhalb der Vulva, und es ist hier lediglich
der Endfaden, der in ihr befestigt ist. Diesen Zustand stellt Fig. 1,
Taf. 3 dar.
Entsprechend ihrer praktischen Bedeutungslosigkeit ist die
Lamelle auch sehr wenig ausgebildet und stellt eigentlich nur zwei
kleine, kurze Anhängsel dar. Dafür ist aber der Endfaden relativ
stark entwickelt. Die Ampulle selbst, die einer aufsitzenden Spitzen-
kappe entbehrt, ist nach dem Typus der normalen Grillenampulle
gebaut und besitzt eine doppelte Hülle.
Mit dieser Befestigung der Spermatophore nur durch den End-
faden hängt die vorhin erwähnte Tatsache zusammen, daß während
der Begattung zuerst die Ampulle frei sichtbar wird, während das
Mittelstück noch in der Penisrinne des Männchens festgehalten
wird. Das wäre natürlich nicht möglich, wenn das Mittelstück, wie
bei Gryllus, mit in die Vulva eingefügt wäre. Ich stelle mir den
Vorgang der Spermatophorenabgabe bei Oecanthus so vor, daß das
Männchen die ganze Spermatophore in die durch Penis plus Titil-
lator gebildete Rinne aufnimmt, daß dann der Caudalteil des Penis
die Ampulle freigibt, sowie durch die Bewegung des Titillators nach
oben und vorn der Endfaden in die Vulva eingebracht ist. Nach
kurzer Pause erfolgt dann das vollständige Loslassen des Männchens.
Copulation und Spermatophoren von Grylliden und Locustiden. 7
Als Besonderheiten von OecantJius gegenüber anderen Grillen
wären zu betrachten : 1. Die Haltung der Flügel des Männchens, be-
dingt durch die Anwesenheit der Rückendrüse. 2. Das Nachspiel
zur Begattung, das dem bei Nemohius ähnelt. 3. Die Art der Ent-
fernung der leeren Spermatophore. 4. Der Bau der Lamelle der
Spermatophore. 5. Deren Befestigung in der Vulva nur durch den
Endfaden. Wesentliche Unterschiede zwischen Oecanthus pellucens
und Oe. fasciatus scheinen nicht zu bestehen.
Die Gattung Oecanthus ist unter allen Grylliden diejenige, die
in ihrem ganzen Habitus und in ihrer Lebensweise auf Pflanzen
am meisten an die Locustiden erinnert. Locustideuähnlich wäre bei
der Begattung allenfalls die Flügelhaltung des Männchens, durch
die, wie bei den Locustiden, die Dorsalfläche des Hinterleibes frei
wird. Sonst aber erweist sich Oecanthus in dem Ablauf des Be-
gattungsvorganges wie auch im Bau der Spermatophore als echte
Gryllide. i)
IL Locustidae.
1. Subfara. Fhaneropterini.
a) Lepto2)hyes bosci Fieb.
Im ersten Teil dieser Arbeit w^ar Begattung und Spermatophore
unserer einheimischen Leptophyes pimctatissima ausführlich geschildert
worden. Die Besonderheit lag vor allem in dem sehr einfachen
Bau der Spermatophore, die nur aus zwei sehr kleinen Ampullen
mit Stiel und aus einer zähen, tropfenförmigen, schleimigen unge-
formten Hülle bestand. Diese Spermatophore wich wesentlich ab
von der von Berenguier für die nahe verwandte Gattung Isophya
beschriebene.
ICs mußte für mich von ganz besonderem Interesse sein, fest-
zustellen, daß bei der südeuropäischen Art Leptophyes bosci, von der
ich am Monte Maggiore viele Männchen, aber nur ein Weibchen
fand, die Spermatophore wesentlich anders gebaut ist als bei L.
pimctatissima.
1) Auf die inzwischen erschienene Arbeit BoLDYREV's, Die Be-
gattung und der Sperraatophorenbau bei der Maulwurfsgrille (Gryllotalpa
gryllotalpa L.), in: Zool. Anz., Vol. 42, 1913, p. 592, werde ich später
besonders eingehen. (Anm. während der Korr.)
g Ulrich Gerhahdt,
Das gefangene Weibchen paarte sich schon bei dem ersten Zu-
sammensetzen mit einem Männchen. Die Stellung weicht von der
für L. pundatissima beschriebenen, wie es scheint, für alle Odonturen
charakteristischen, nicht ab, das Weibchen sitzt auf dem Männchen,
beide Tiere sind ventral stark konkav eingekrümmt. Auch die Art
der Befestigung der Cerci des Männchens an der Subgenitalplatte
des Weibchens ist für beide Arten gleich. Während aber bei L.
pundatissima der Austritt der Ampullen zur Spermatophore nicht
zu sehen ist, weil sich im Moment ihres Erscheinens die männliche
Subgenitalplatte dicht an die ventrale Legeröhrenkante anlegt, treten
bei Leptophyes aus dem hervorgestülpten „Penis" des Männchens zwei
voluminöse, weiße Ampullen aus, die durch eine Bewegung in dorsaler
und etwas oraler Richtung mit ihrem Stiel alsbald in der Vulva
befestigt wurden. Und während nun die zähe Spermatophorenhülle
bei L. pundatissima in langer Arbeit vom Männchen ausgepreßt
wird, erscheint bei L. hosci, so wie es Berenguiee für Isophya pyre-
naeae beschreibt, in wenigen Sekunden nach den Ampullen die ganze
kompakte, weiße und undurchsichtige Spermatophore, die Fig. 3,
Taf. 1 darstellt. Diese Spermatophore gleicht sehr der mancher
Decticiden-Arten und ist von der des Gattungsgenossen grundver-
schieden. — Da ich nur das eine Weibchen besaß, das gleich nach
der Copulation konserviert wurde, so vermag ich über die Häufigkeit
der Begattung bei einem Individuum sowie über den Modus des Auf-
fressens der Spermatophore nichts zu berichten. Gerade die Tatsache
aber, daß hier bei zwei Angehörigen der gleichen Gattung ein so
verschiedener Bau der Spermatophore vorkommt, scheint mir in
hohem Maße bemerkenswert.
b) Phaneroptera qucidripunctata Be.
Von dieser südeuropäischen Vertreterin der Gattung Phanero-
ptera, die im südlichen Deutschland durch Ph. falcata vertreten ist,
brachte ich aus Rovigno ein Pärchen mit nach Breslau, das vom
8. Oktober ab 6mal in Intervallen von 1 bis 2 Tagen copulierte; die
Copulation erfolgte nur nachmittags. Vor ihrem Beginn zirpte das
Männchen jedesmal rauh und leise.
Da (1. c, p. 476) die Begattung von Phaneroptera falcata bereits
ausführlich geschildert worden ist und da sie bei Ph. quadripundata
in den meisten Punkten übereinstimmend verläuft, sollen hier vor
allem die Unterschiede in dem Verhalten der beiden Arten be-
sprochen werden. Charakteristisch für Ph. falcata waren folgende
Copulation und Spermatophoreu von Grylliden und Locustiden. 9
Punkte: 1. Das Männchen ergreift von der Seite und von unten her
mit seinen Cerci die Subgenitalplatte des Weibchens, ohne von
diesem bestiegen zu werden. 2. Nach dem Erscheinen der Ampullen
der Spermatophore, das sehr bald nach dem Beginn der Begattung
statthat, streift das Männchen seine Cerci so über die Ampullen,
daß diese dorsal von jenen zu liegen kommen, während sie vorher
ventral lagen. In dieser Stellung wird die Spermatophorenhülle
ausgestoßen. 3. Das Männchen kriecht unter dem Weibchen mit
dem Kopf nach hinten durch. Wenn es die Cerci über die Ampullen
^ieht, hält es sich mit Kiefern und Vorderfüßen an der kurzen Lege-
röhre des Weibchens fest. 4. Die Spermatophore ist durchsichtig
mit caudalem hornförmigem Fortsatz, der größte Durchmesser der
Hülle liegt horizontal, parallel zur Leibesachse des Weibchens.
In aller Kürze kann gesagt werden, daß in den Punkten 1
und 2 volle Übereinstimmung zwischen Phan. falcata und qiiadri-
jmnctata herrscht. Im Punkt 3 besteht dagegen eine Abweichung:
das Männchen von Ph. quadripundata, das sich von der Seite her
am Weibchen befestigt hat, läßt seine Unterlage mit den Vorder-
füßen nicht los. Somit sitzt es mit etwas um die Längsachse ge-
drehtem Hinterleibe neben und gleichzeitig hinter dem Weibchen.
Auch bei und nach dem Hinwegziehen der Cerci über die Ampullen
nimmt zwar sein Hinterleib zu dem des Weibchens eine ganz ähn-
liche Stellung ein wie bei Ph. falcata, aber das xAnklammern an der
Legeröhre des Weibchens fehlt vollkommen. Das Männchen kriecht
ein Stück nach hinten, dabei gleiten die Cerci über die Ampullen,
und die männliche Subgenitalplatte drückt sich in den Spalt zwischen
ihnen und der Wurzel der Legeröhre des Weibchens. Zu Punkt 4
ist zu bemerken, daß die Spermatophore von Ph. quadripundata, ob-
wohl in der Gesamterscheinung der von Ph. falcata ähnlich, doch
eine wesentliche, sonst nicht beobachtete Besonderheit zeigt: ihre
Hüllsubstanz tritt wie bei Ph. falcata aus, d. h. sie wird am Bauche
des Weibchens entlang, von diesem aus gerechnet oralwärts, vor-
geschoben, und erst bei der Trennung beider Tiere wird ihr caudaler
Anhang secerniert. Das alles ist bei Ph. quadripundata ebenso,
aber die herzförmige, flache, mit der Spitze nach hinten stehende
Hüllmasse ist bei Ph. quadripundata mit einem freien, zähen, senk-
recht stehenden Stiel an der Bauchwand des Weibchens, unmittelbar
oral von dessen Subgenitalplatte, befestigt. Kurz vor der Trennung
der Geschlechter reißt nun die vorher mit der Ampulle zusammen-
hängende Hülle von dieser ab und bleibt nur noch an diesem Stiel
IQ Ulrich Gerhardt,
haften, der sich nachher beim Verzehren der Spermatophore durch
das Weibchen als außerordentlich widerstandsfähig erweist.
Noch ein Unterschied ist zu erwähnen. Während das Weibchen
von Ph. falcata, wie schon Fabee beschreibt, die Spermatophore
zum kleinsten Teil frißt und deren halbvertrocknete Reste lange
(bis 48 Stunden nach der Begattung) mit sich herumträgt, wird bei
Ph. quadripundata die kleinere Spermatophore kurze Zeit nach der
Begattung (etwa 5—10 Minuten) zu verzehren begonnen und in
wenigen Stunden vertilgt.
Besonders hinweisen möchte ich noch auf die für beide Ge-
schlechter festgestellte Fähigkeit wiederholter Begattung.
Somit spielt sich bei beiden Phaneroptera- Arten die Begattung
vom gleichen Typus doch bei verschiedener Körperhaltung ab. Die
Phaneropteriden zeigen uns also schon in der zweiten hier be-
sprochenen Gattung immerhin erwähnenswerte Unterschiede im Ver-
halten bei der Copulation. Von Interesse scheint es daher, wiederum
beträchtliche Abweichungen bei den Angehörigen einer nahe ver-
wandten Gattung kennen zu lernen.
c) Tylopsis liliifolia Fab.
Gerade bei dieser Übereinstimmung zwischen den beiden
Phaneroptera- Arten ist es von besondei'em Interesse, daß die ihnen
äußerlich sehr ähnliche Gattung Tylopsis in der Art der Be-
gattung und in der Form der Spermatophore wesentlich abweicht.
Gemeinsam ist beiden der Austritt der Spermatophorenhülle dorsal
von den Cerci, obwohl die männliche Geschlechtsöffnung ventral von
diesen liegt und erst in dorsaler Richtung verschoben werden muß.
Übereinstimmend ist ferner die Befestigung der Spermatophore an
der ventralen Fläche des Weibchens bei beiden Gattungen. Sonst
aber überwiegen die Verschiedenheiten, die sich größtenteils aus
scheinbar geringfügigen Unterschieden im Bau dei- äußeren männ-
lichen Genitalien erklären lassen.
Außerdem ist Tylopsis liliifolia durch eine Eigentümlichkeit aus-
gezeichnet, die sie von den meisten Locustiden unterscheidet. Es ist
zwar längst bekannt, daß bei denEphippigeriden auch die Weib-
chen zirpen, die dort ein wohlausgebildetes Stridulationsorgan
tragen. Nicht bekannt ist dagegen meines Wissens, daß das Tylopsis-
Weibchen, das kein morphologisch eigentlich differenziertes Zirp-
organ besitzt, trotzdem imstande ist, durch Aneinanderreihen der
Deckflügel, also in ganz gleicher Weise wie das Männchen, zii-pende
Copulation und Spermatophoren von Grylliden und Locustiden. H
Töne hervorzubringen. Das ist möglich durch starke Ausbildung
einer großen Längsader auf der Unterfläche der linken Flügeldecke
und einer entsprechend verstärkten, als allerdings sehr bescheidenes
Resonanzorgan dienenden Ader des rechten Elytrums.^) Sehr leicht
kann man sich davon überzeugen, daß man dieses Geräusch auch
jederzeit am toten weiblichen Tier durch Reiben der Flügeldecken
übereinander nachmachen kann. Nun besitzt aber das Weibchen
nicht bloß diese Fähigkeit, sondern es zirpt tatsächlich zum
Ausdruck seiner geschlechtlichen Erregung als Ant-
wort auf das Zirpen des Männchens, gleichzeitig mit
diesem. Diese Tatsache habe ich nicht einmal, sondern sehr
häufig beobachtet ^) , und an diesem Zirpen ließen sich jedesmal nach
dem Zulassen der Männchen die begattungslustigen Weibchen er-
kennen. Auch aus einem von dem der Männchen getrennten Käfig
hörte man die Weibchen auf das Zirpen antworten. Bei den
Gattungen Phaneroptera und Tylopsis ist das Zirpen der Männchen
ein klangloses, unmetallisches Kratzen. Das Geräusch, das die
TyJopsis-W eibdien durch Bewegungen der Deckflügel, genau wie die
Männchen, hervorbringen, ähnelt auch dem Zirpton des anderen Ge-
schlechtes sehr, doch vermag ein geübtes Ohr sofort das kürzere,
schärfere, aber leisere Zirpen des Weibchens zu unterscheiden.
Die Copulation wurde in 9 Fällen beobachtet, die erste am
11. September, die letzte am 2. Oktober 1913. Das Material stammte
aus der Umgegend von Rovigno und gehörte der grünen Form an.
In Rovigno war die Stunde, zu der die Tiere am meisten paarungs-
lustig waren, zwischen 2 und 3 Uhr nachmittags. Bei einem Teil
der Tiere, der mit nach Breslau genommen wurde, fand hier im
Zoologischen Institut die Copulation an sonnigen Tagen (das Zimmer
liegt nach Süden) vormittags statt; die Paarungslust ist an dem
eifrigen Zirpen des Männchens zu erkennen, dem das der begattungs-
bereiten Weibchen prompt antwortet.
Haben sich zwei zirpende Partner beiderlei Geschlechtes ge-
funden, so richtet sich das Weibchen mit Kopf und Vorderkörper
auf, hebt sich hoch auf seinen Beinen empor und senkt die Hinter-
1) Vgl. hierzu Peteunkevitch, A. und v. Guaita, Über den ge-
schlechtlichen Dimorphismus bei den Tonapparaten der Orthopteren, in:
Zeel. Jahrb, Vol. 14, Syst., 1901, p. 271.
2) Auch das Weibchen von Phaneroptera quadripiinciata bewegt beim
Zirpen des Männchens seine Flügeldecken, meist kommt dabei aber kein
Geräusch zustande.
12 Ulrich Gerhardt,
leibsspitze fast senkrecht nach abwärts. Das Männchen schiebt
sich, anfangs meist recht ungeschickt und nach häufig mißlingenden
Versuchen, von vorn, rückwärtsgehend vor den herabhängenden
Hinterleib des Weibchens. Dabei greift dieses häufig mit Tastern
und Vorderfüßen nach dem tief abwärts gebogenen männlichen
Hinterleib. Schließlich berührt dessen Spitze die Gegend der Vulva,
die hakenförmigen, gekrümmten Cerci fassen die Außenfläche der
w^eiblichen Subgenitalplatte fest an, und sofort tritt der gelbliche
Penis des Männchens, der dem von Phaneroptera ähnelt, aus der
Konkavität der langen männlichen Subgenitalplatte hervor. Es
finden keinerlei rhythmische Aus- und Einstülpungen des Penis statt,
was wohl zweifellos mit dem Mangel eines Titillators zusammen-
hängt. Nach knapp I Minute treten die weißen Ampullen der
Spermatophore aus der männlichen Geschlechtsöfi:nung hervor und
werden mit der gewöhnlichen Bewegung in der Vulva befestigt.
Nun findet die Ausscheidung der Gallerthülle der Spermatophore in
ganz anderer Weise statt als bei Phaneroptera, was darauf zurück-
zuführen ist, daß die Stellung der beiden Partner während der Be-
gattung nicht mehr geändert wird (Fig. 4, Taf. 2). Während nun
die Ampullen wie bei allen Locustiden-Männchen, ventral, dicht über
der Subgenitalplatte erschienen sind, tritt die große Hauptmasse der
Spermatophore dorsal von den am Weibchen befestigten Cerci
zwischen der Dorsalfläche des männlichen und der ventralen des
weiblichen Hinterleibes aus. Dieser Vorgang wird dadurch einge-
leitet, daß das Männchen zwei grüne häutige Fortsätze aus seiner
Geschlechtsöffnung dorsal hervorstreckt, die sich der Ventralfläche
des weiblichen Hinterleibes anlegen. Zwischen ihr und diesen Fort-
sätzen quillt, in zwei lateralen und zwei medialen Wülsten, die
Schleimsubstanz der Spermatophore hervor, während die Cerci des
Männchens genau in der Furche zwischen Ampulle und Hülle liegen.
Dies ist auf der Figur angedeutet. Je mehr Schleimmasse aus der
männlichen Genitalöffnung austritt, desto weiter werden die Hinter-
leiber der beiden Tiere auseinandergedrängt, so daß zuletzt das
Weibchen die Hinterleibsspitze fast ganz nach vorn und nur Avenig
nach unten hält. Die ganze Begattung dauert fast genau 3 Minuten,
und es ist erstaunlich, welche ungeheuren Secretmassen das Männ-
chen in dieser kurzen Zeit ausscheidet. Ist die Abgabe der Sper-
matophore vollendet, so löst das Männchen seine Cerci ganz all-
mählich von der Spermatophore los, und das Weibchen trägt diese
Copulation und Spermatophoren von Grylliden und Locustiden. 13
davon. Ein Bild von der Größe dieser Spermatophore im Verhältnis
zur Körpergröße des Tieres gibt Fig. 4, Taf. 1.
Es sollen nun die Punkte besprochen werden, in denen sich
die Begattung von Tylopsis von der von Ihaneroptera unterscheidet.
Bei Tylopsis spielt das Männchen keine so rein aktive Rolle beim
Ergreifen des Weibchens wie bei Phaneropiera. Dort läßt sich
das Weibchen, wenn es begattungsbereit ist, einfach vom Männchen
mit dessen Cerci packen, und diese Bereitschaft zeigt sich nur darin,
daß es den Bestrebungen des Männchens keinen Widerstand ent-
gegensetzt. Das Weibchen von Tylopsis antwortet auf den Lockruf
des Männchens und kommt diesem bei seinen Befestigungsversuchen
durch Einnehmen der richtigen Stellung selbständig entgegen. —
Die Stellung während der Begattung ist bei beiden Species total
verschieden. Bei Phaneropiera fulcata bleibt das Weibchen ruhig
sitzen, und das Männchen krümmt sich unter ihm hindurch, so daß
es schließlich fast frei an der Hinterleibsspitze des Weibchens hängt
und auch bei Ph. quadripimdata ändert das Weibchen seine Stellung
nicht, wohl aber das Männchen. Bei Tylopsis sitzt das Männchen
unter dem hochaufgerichteten Weibchen, das schließlich ganz von
der Unterlage abgehoben wird. Bei beiden Arten treten die Am-
pullen der Spermatophoren ungefähr in gleicher W^eise aus dem
Penis aus. Nach ihrer Befestigung in der Vulva aber verändert
das Männchen von Phaneropiera seine Stellung so, daß Ampullen
und Hüllsubstanz dorsal von seinen Cerci zu liegen kommen, bei
Tylopsis liegen die Ampullen ventral, die Hülle dorsal von den Cerci
des Männchens bis zur Lösung der Copula.
Die Spermatophore von Tylopsis ist relativ viel voluminöser
als die von Phaneropiera. Der hornartige caudale Fortsatz, der bei
jener vorhanden ist, fehlt ihr, da die Umdrehung des Männchens
unter dem W^eibchen nicht statthat.
Ich habe von der Spermatophore von Tylopsis (1. c, tab. 7
fig. 5) eine Abbildung gegeben, die völlig übereinstimmt mit einer
schematischen Figur Boldyrev's (Fig. B). Während das dieser Ab-
bildung zugrundeliegende Präparat eine schon vom Weibchen an-
gefressene Spermatophore war, zeigt Fig. 4, Taf. 1 eine frische, noch
unverstümmelte, an der allerdings die Einzelheiten der Struktur sehr
viel weniger deutlich zu sehen sind als an einer, die sich bereits
längere Zeit in der Vulva befand. Der Freßinstinkt des Weibchens
ist sehr ausgeprägt: ich habe in zwei Fällen gesehen, daß das Weib-
chen bereits während der Copulation — wegen der Lage der Hüll-
14 Ulrich Gerhardt,
Substanz dorsal vom Männchen ist dies bei dieser Species möglich
— anfing, die Spermatophore zu benagen. Das Verzehren geschieht
in kleinen Portionen, und im Gegensatz zu Phaneroptera werden hier
binnen 6 Stunden meist auch die Ampullen völlig aus der Vulva
entfernt. In einem Falle fand ich einen herausgefallenen Eest einer
Spermatophoi-e auf einem Blatt in dem Käfig der Tiere liegend.
Jedenfalls findet sich bei Tylopsis nicht das lange Verweilen der
Ampullen in der Vulva (bis 48 Stunden), wie es schon Fabee für
Phaneroptera falcata beschrieben hat.
I /// Fiff. B.
"-, .>^.// Spermatophore von Tylopsis thymifolia
-■=v^^...._....-yiii^■5W /fyT ^ , Petagna (= T. liliifolia Fab.).
^^~Ji V~ f /^<=r^pA^^^' I Ls Subgenitalplatte. Ood Legeröhre
"T'^ z - -"--j/ £/ /^^iLTnA^ ' *^^^ Weibchens, c die Ampulien der
' ^ ' ' Z ' '-\S. \ \^ f ^^<^-i Spermatophore, d deren Binnenraum.
' - ' ^ '/'^'^^y~fy\y~^^l ^ ^^^^^'^ /" Spermatophorenstiel. h Stützgebilde,
p _ _c 1^ ''''''' '7 ^»^""-^'^ ^^d '* oraler Befestigungsstiel (auch bei
" ^' ' '\ ^/ ,'^ ' J \ C PAanero^J^era ausgebildet), p Spermato-
y' ,^ , // / h phylax (nach Boldyrev).
Wenn wir die an Phaneropteriden gewonnenen Befunde hier
kurz zusammenstellen, so finden wir bei den ungeflügelten Odon-
turen zwar durchweg die gleiche Stellung (Weibchen auf dem
Kücken des Männchens sitzend), aber verschiedene Gestalt der
Spermatophorenhülle: massige, geformte bei Isoplnja und bei Lepto-
phyes bosci, ungeformte, zähflüssige bei L. punctatissima.
Bei den geflügelten Phaneropteriden-Arten Phaneroptera falcata
und Tylopsis liliifolia sind die Spermatophoren prinzipiell ähnlich
gebaut trotz Unterschieden im Bau ihrer Hülle, die Begattungs-
stellung ist aber für beide Arten völlig verschieden.
Gerade für diese Subfamilie, in der der Begattungs- und
Spermatophorentypus so großen Schwankungen unterliegt, wäre die
Untersuchung ausgedehnteren Materials erwünscht. Insbesondere
wäre das Verhalten weiterer geflügelter Gattungen, von denen in
Europa noch Acrometopa vertreten ist, zu untersuchen.
2. Subfam. Meconemini.
Material. Meconema varium Fab. 5 Copulationen beobachtet.
3 Weibchen mit Spermatophoren konserviert.
Copiilation und Spermatophoren von Grylliden und Locustiden. 15
Im August 1913 wurden in Hökendorf, Pommern, durch
Abschütteln von Eichenzweig-en über einem aufgespannten Schirme
viele Exemplare von Meconema varium erbeutet. Das Sexualleben
dieser kleinen Locustide bietet eine Menge des Besonderen, doch
ist es nicht allzu leicht der Beobachtung zugänglich, da Meconema
eine nächtliche Lebensweise führt. Alle Versuche, bei Tage
Copulationen oder auch nur ein Reagieren der Geschlechter auf-
einander zu erzielen, waren völlig erfolglos. Sie gingen einander
aus dem Wege, sowie sie mit den Fühlern aneinanderstießen. Erst
bei Einbruch der Dunkelheit änderte sich das Bild. Nun setzten
sich die Männchen still auf Eichenzweige oder Blätter, die Flügel
bis ungefähr senkrecht zu dem leicht ventral konkaven, mit der
durch die hier außerordentlich langen Cerci gebildeten Endzange
der Unterlage angepreßten Hinterleib erhoben.
Fig. c.
Männchen von Meconema varium
a während des „Trommeins", b begattungsbereit.
Eine größere Regsamkeit entfalteten die Männchen aber erst,
wenn sie bei völliger Dunkelheit (ca. '^j^ll—'^lA. Uhr nachts) zu den
Weibchen gebracht wurden. Insbesondere mußte jetzt eine Laut-
äußerung sehr überraschen, die die in allen Büchern wegen des
fehlenden Zirporgans als stumm bezeichneten Männchen hören
ließen. Ich hatte nur einen Teil der Männchen in den Käfig der
Weibchen gesetzt, die anderen in dem für die Männchen während
der Trennung bestimmten belassen. Aus dem Käfig, der nun Tiere
beiden Geschlechts enthielt, tönte wiederholt ein lautes Trommeln
oder Schnurren, das sehr an das Trommeln der Spechte im
Frühjahr erinnert. Alsbald klang das gleiche Trommeln aus dem
Männchenkäfig als Antwort, aber mit einem anderen Timbre, dessen
Ursache sich bald herausstellte: die Männchen, die das Geräusch
hervorbrachten, saßen, wie oben geschildert, mit hochgehobenen
Flügeln, gesenktem Kopf und leicht gekrümmtem Hinterleib da (Fig. Ca)
tg Ulbich Gerhardt,
und schlugen die Hinterleibsspitze in rascher Vibration gegen die
Unterlage. Natürlich klingt das Geräusch nun ganz verschieden,
je nachdem die Hinterleibsspitze auf ein Eichenblatt — wie das im
Freien das Gewöhnliche sein dürfte — oder auf Holz — das war
im Käfig der Weibchen, dessen Wände Holzrahmen besaßen, der
Fall — oder endlich, wie in dem ganz metallenen Männchenkäfig,
auf eisengefaßte Drahtwände trommelt. Es scheint mir von be-,
sonderem Interesse, daß bei dieser einzigen europäischen lang-
geflügelten Locustide ohne Zirporgan (das auch bei dem stummel-
flügeligen M. brevipenne und bei der verwandten gleichfalls kurz-
flügeligen Gattung Cijrtaspis fehlt) dennoch ein Lockgeräusch
hervorgebracht wird, allerdings mit Mitteln, die sonst bei Locustiden
ungebräuchlich sind. f^
Später verstummte dieses Geräusch mehr und mehr, und es nahmen
die Männchen, soweit sie nicht umherkrochen, noch eine etwas andere
Stellung ein, die eine Steigerung der vorher beschriebenen bedeutet:
die Flügel sind so hoch erhoben, daß sie einen Winkel von ca. 120i'
zum Körper bilden. Dieser selbst ist ganz flach, ad maximum ge-
dehnt, der Unterlage aufgelegt, und in dieser Stellung, in der seine
Silhoutte eher einer Ephemeride oder Tipulide als einer Locustide
ähnelt, verharrt das Tier regungslos, bis sich ein Weibchen naht
(Fig. Cb).
Ist dies der Fall, so erfolgt auch hier das, was uns schon so
oft begegnet ist: das Weibchen beleckt und benagt den ausgestreckten
Hinterleib des Männchens, der in diesem Fall geradezu wie eine
Angel ausgelegt ist. Denn nun schiebt sich, ganz plötzlich und blitz-
schnell, das Männchen mit der Haftzange seiner Cerci bis an die
Legeröhrenwurzel des Weibchens, und diese umfassen in einem
Moment dessen Hinterleib an seiner verjüngten Stelle. Das Weibchen
springt sofort vorwärts, über die nach vorn gelegten Flügel des
Männchens hinweg, dies überschlägt sich und dreht sich unter dem
Weibchen, ähnlich wie das Phaneroptera-M samchew, nur viel rascher,
so herum, daß es, mit dem Kopf nach hinten gerichtet, ventral von
der Legeröhre des Weibchens liegt. Es ist besonders beachtenswert,
daß bei Mcamema, aber auch, soweit bis jetzt bekannt, nur bei ihm,
die Cerci des Männchens nicht nur die Subgenitalplatte des Weibchens
ergreifen, sondern dessen Hinterleibsende, gerade an der Ansatzstelle
der Legeröhre, völlig umspannen.
Ist es so dem Männchen gelungen, ein Weibchen zu ergreifen,
so braucht es deshalb noch lange nicht zur Begattung zu kommen*
Copulation und Spermatophoren von Grylliden und Locustiden. 17
Das Männchen sucht sofort, sich aus seiner Lage so weit aufzurichten,
daß es die Legeröhrenspitze des Weibchens mit den Kiefern erfassen
kann. Aber selbst wenn dies gelungen, wird doch in der Mehrzahl
der Fälle das Männchen vom Weibchen durch heftige Bewegungen
abgeschüttelt. Daß das Weibchen den Hinterleib des auf der Lauer
sitzenden Männchens beleckt und sich von ihm ergreifen läßt, be-
weist noch nicht notwendig seine Begattungslust, wohl aber die
Stärke des Reizes, den das so dasitzende Männchen auf das Weibchen
ausüben muß.
Ist aber Begattungsneigung beim Weibchen vorhanden, so duldet
es das Festbeißen des Männchens an der Legeröhrenspitze ohne allen
Widerstand und außerdem auch, daß dieses sich an der Vulva in der
richtig A Stellung befestigt. Ich habe den Eindruck gewonnen, daß
die Basen der Cerci des Männchens zum Festhalten der weiblichen
Subgenitalplatte dienen müssen. Die Stellung, die beide Tiere nun
einnehmen, geht aus Fig. 5, Taf. 2 hervor. Das Männchen benutzt
zu a Festhalten an der Legeröhre keines der beiden vorderen Bein-
paare, sondern ausschließlich die Mundteile. Aus seiner Hinterleibs-
spitze, dicht dorsal von seiner Subgenitalplatte, die zunächst von
der Legeröhre des Weibchens abgehoben bleibt, tritt die Penis-
schleimhaut hervor, und nach sehr kurzer Zeit, in der der Penis
aus- und eingestülpt wird, erscheinen unter heftigen Preßbewegungen
des Hinterleibes die sehr kleinen, weißen, undurchsichtigen Ampullen
der Spermatophore (//g — 3 Minuten nach Beginn der Begattung).
Sie treten zunächst ziemlich weit ventral von der Vulva aus, so
daß die Bewegung, durch die sie in ihr befestigt werden, ausgiebiger
ist als bei den Formen mit kürzeren Cerci des Männchens, bei denen
die männliche der weiblichen Geschlechtsöffnung mehr genähert ist.
Doch ist diese Einführungsbewegung bei weitem nicht so auffällig
wie bei Diestrammena (1. c, p. 460). Nun beginnt das Männchen,
V4 Stunde bis 20 Minuten lang langsamere pumpende Bewegungen
mit dem Hinterleibe auszuführen, durch die ein glasiger, zäher
Schleim ausgepreßt wird. Die Styli liegen dabei der Lege-
röhrenwurzel an. Gegen Ende der Begattung wird das Weib-
chen unruhig, beginnt mit dem anhängenden 'Männchen umher-
zugehen und löst seinerseits die Copula auf. Das Männchen zeigt
danach große Erschöpfung, in einem Falle war es am nächsten
Morgen tot.
Bei 3 Copulationen wurde die Zeitdauer genau gemessen:
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. 2
j[g Ulkich Gerhardt,
Paar ^ . Austritt ^p
No. ^^^ ^^ der Ampullen
II. 1101 1104 1117
III. 12°" 12<>i 12^»
Nach der Begattung trägt das Weibchen die auch relativ sehr
kleine und unauffällige Sperma top höre in der Vulva, und, sich
selbst überlassen, macht es sich schon 2 Minuten nach der Trennung
vom Männchen dai . , e zu verzehren. Ungeführ 5 Minuten bleibt
es in gekrümmter Stellung, die Mundöffnung in die Vulva gedrückt
und eifrig fressend, dann streckt es sich wieder gerade, und soweit
ich sehen konnte, sind unter der noch leicht von der Legeröhre ab-
gehobenen Subgenitalplatte die Ampullen der Spermatophore ent-
fernt. Während der langen Periode bei der Begattung nach der
Ausstoßung der Ampullen ist auch genug Zeit zur Überleitung des
Spermas in das Receptaculum seminis gegeben, so daß dieses baldige
Auffressen der ganzen Spermatophore nicht wunderbar erscheint.
Wir sahen, daß bei manchen Grillen (Oecanthus) die Entfernung der
Spermatophore aus der Vulva noch rascher erfolgt.
Die Spermatophore selbst (Fig. 2, 3, Taf. 3) ist im Gegen-
satz zu der der übrigen bisher besprochenen Locustiden fast hüllen-
los. Eine Betrachtung unter dem binokularen Mikroskop zeigt uns
die paarigen, gestielten Ampullen und deren enge Ausführuugsgänge,
beide umschlossen von einem zähen und festen glasigen Schleim, der
aber keine irgendwie charakteristische Form hat, sondern die Am-
pullen als gleiclimäßig dicke Schicht überzieht. Es ergibt sich
hieraus, daß die großen Schleimmassen, die wir bisher als den
(räumlichen) Hauptbestandteil der Locustiden-Spermatophoren kennen
lernten , fast völlig unterdrückt sein können und daß dann der
wesentliche Teil des Ganzen, die Ampullen, fast allein die Masse
der Spermatophore darstellt.
Besonders instruktiv ist ein Sagittalschnitt durch die in der
Vulva festsitzende Spermatophore, wie ihn Fig. 3, Taf. 3 darstellt.
Aus jeder der glasigen Ampullen zieht der weiße Samenkanal bis
dicht an das Receptaculum seminis, dort eine schwache, birnförmige,
terminale Anschwellung bildend. Wie äußerlich, so zeichnet sich
auch innerlich diese Spermatophore durch Einfachheit und Über-
sichtlichkeit des Baues aus.
Außer der geringen Ausbildung der Spermatophorenhülle sind
Copulation und Spermatophoren von Grylliden und Loaistiden. 19
als Besonderheiten der Begattung- von Meconema zusammenzufassen :
das Trommeln der Männchen statt des Zirpens, die eigentümliche,
lauernde Haltung des Männchens und das gewaltsame Ergreifen des
Weibchens, die Haltung während der Begattung, während der das
Männchen sich nur mit den Kiefern an der Legeröhre hält, der
frühe Austritt der Ampullen und die lange Tätigkeit des Männchens
nach deren Erscheinen.
3. Subfam. Conocephalini.
Von der Subfamilie der Conocepha,_ ,i wurden bei Ro-
V i g n 0 ConocepJialus mandibularis Charp. und Xiphiclium fusciini Fabe.
auf sumpfigen Wiesen an Schilf gefangen. Beide Arten wurden zur
Copulation gebracht, bei der beide Arten zwar die gleiche Haltung
einnahmen, deren Verlauf bei ihnen aber sehr bedeutende Unter-
schiede aufwies.
a) Conocejyhaliis niandibidaris Charp.
Wenn ein begattungslustiges Männchen von ConocepJialus einem
Weibchen begegnet, so betasten sich beide mit den Fühlern, und das
Männchen zirpt laut und schrill. Geht dann das Weibchen am
Männchen vorbei, so streckt dieses seinen hakenförmig gekrümmten
Hinterleib unter den Flügeln hervor seitwärts nach dem Weibchen
hin und versucht, mit seinen Cerci unter dessen Subgenitalplatte zu
gelangen. Sehr häufig gelingt dies nicht; ist das Weibchen aber
auch zur Begattung geneigt, so hält es still, und so vermag das
Männchen, unter sonderbai-er Verdrehung seines Hinterleibes und
ohne vom Weibchen bestiegen zu werden, mit den Cerci dessen Sub-
genitalplatte zu fassen. Da das Männchen schon an dem Weibchen
vorbeigehen mußte, um diese Prozedur auszuführen, so waren schon
vor der Copulation die Köpfe der beiden Tiere nach entgegen-
gesetzten Richtungen gekehrt, und diese Stellung wird auch während
der Begattung beibehalten, während der das Weibchen seine Ventral-
fläche etwas nach oben und seitwärts nach dem Männchen hin
drehen muß. Jedes der beiden Tiere bleibt dabei mit den 4 vorderen
Extremitäten auf seiner Unterlage (in den beiden von mir be-
obachteten Fällen der Drahtwand des Käfigs) sitzen, so daß kein
Festhalten des Männchens an der Legeröhre des Weibchens statt-
findet (Fig. 6 Taf. 2). Diese Stellung scheint für die Conocepha-
linen charakteristisch zu sein.
Das Männchen befestigt sich mit seinen kurzen, aber sehr
2*
20 Ulrich Gekhabdt,
kräftigen, hakenförmigen Cerci an der unteren und äußeren Fläche
der weiblichen Subgenitalplatte, sein sehr kurzer bräunlicher Penis
mit dem hornigen Titillator streckt sich vor und wird dann unter
sehr starken Preßbewegungen des Abdomens und starker Erschütte-
rung des weiblichen Körpers abwechselnd ein- und ausgestülpt, ganz
entsprechend den Bewegungen bei Decticiden. In den beiden be-
obachteten Fällen erfolgte 6 Minuten nach Beginn der Begattung
eine stärkere Streckung des Penis, der in kurzen, raschen Be-
wegungen vor- und rückwärts bewegt wurde, ohne nun noch voll-
ständig eingezogen zu werden, also auch ganz wie bei Decticus
(Teil I dieser Arbeit, p. 492), Zwei sehr kleine Ampullen werden
sichtbar, der Penis wird tief in die Vulva eingedrückt und der
Spermatophorenstiel in ihr befestigt. Die Schleimhaut des Penis
wird nun wie überall nach dem Austritt der Ampullen eingezogen,
die männliche Subgenitalplatte mit dem Styli legt sich eng an die
ventrale Kante der Legeröhrenwurzel an, und es beginnt ein weiterer
Abschnitt der Copulation, der den bei Meconema beschriebenen Vor-
gängen in seinem Verlaufe und in seinem Ergebnis außerordentlich
ähnelt. Der Hinterleib des Männchens kontrahiert sich noch rhyth-
misch, und zwei weißliche Warzen sind zwischen Cerci und Styli
sichtbar. Man sieht aber, ebensowenig wie bei Meconema, außer
wenig glasiger Schleimmasse irgend etwas, was der typischen Hülle
der Locustiden-Spermatophore gliche. Wenn dann die Tiere sich
trennen, was in einem Falle erst nach über 2 Stunden (S^^'/' Beginn,
3^^ Austritt der Ampullen, 6°^ Trennung der Tiere), im anderen^
den ich für normaler halte, bereits nach etwa 25 Minuten erfolgte,
so findet man in der Vulva des Weibchens einen kleinen, die Sub-
genitalplatte nicht überragenden Schleimpfropf. Unter dem Mikro-
skop sieht man, daß ähnlich wie bei Meconema die Ampullen, die
aber hier viel tiefer in die Vulva eingesenkt sind, von einer gleich-
mäßigen, glasigen Schleimschicht überzogen sind, so daß auch hier
die SpermatophorenhüUe nur ein sehr unteigeordnetes Gebilde ist.
Es ist auffallend, daß bei Meconema und bei Conocephahis, bei den
Formen mit der kleinsten SpermatophorenhüUe, deren Ausscheidung
außerordentlich lange Zeit braucht (Fig. 6 Taf. 1).
Die Einfachheit des Baues dieser Spermatopliore geht auch aus
einem Medianschnitt (Taf. 3 Fig. 6) hervor. In die Vulva durch
den später secernierten Schleimpfropf tief eingedrückt sitzt jede der
beiden Ampullen einem dicken, kurzen Stiel auf.
Ich habe das Weibchen des ersten Paares unmittelbar post
Copulation und Spermatophoren von Grylliden und Locustiden. 21
coitum konserviert, bei dem des zweiten wollte ich das Auffressen
der Spermatophore beobachten. Dies ist mir nicht gelungen. Un-
gefähr V2 Stunde nach der Trennung der Tiere schlug das Weibchen,
das nicht versucht hatte, die Spermatophore zu fressen, heftig mit
den Flügeln, und dabei scheint es die Spermatophore aus der Vulva
gepreßt zu haben, wenigstens war sie nachher verschwunden. Dieser
Fall bedarf weiterer Beobachtung, mein Material ist erschöpft, die
wenigen aus Rovigno mit nach Breslau gebrachten Tiere haben sich
nicht mehr begattet. Sollte sich meine Beobachtung, was ich nicht
für wahrscheinlich halte, als regelmäßiger Befund herausstellen, so
wäre dies einer der wenigen, ja wohl der erste Fall, in dem bei
einem Locustidenweibchen der Instinkt fehlte, die Spermatophore zu
fressen.
b) Xipliidium fuscum Fab.
Von einer Sendung von Xiphidium dorsale, die ich Herrn Mittel-
schullehrer J. W. Stolz in Trachenberg verdanke, waren leider die
Weibchen nicht am Leben geblieben, so daß ich nur Beobachtungen
an X. fuscum anstellen konnte, das ich bei Rovigno auf zwei
Sumpfgeländen in großer Menge fing. Die Copulation wurde ver-
hältnismäßig häufig (7 mal) beobachtet, auch einmal ein Weibchen
im Freien mit frischer Spermatophore aufgefunden. Es ist nicht
schwer, diese Species zur Copulation zu bringen, die meist in den
späten Nachmittagsstunden vor sich geht; doch fand ich einmal früh
um 8 Uhr zwei Weibchen mit frischen Spermatophoren im Käfig
vor, als ich die Männchen nachts darin gelassen hatte.
Über die Einleitung der Begattung und über die Stellung
der beiden Partner ist deshalb nicht viel zu sagen, weil beides in
gleicher Weise sich abspielt wie bei Conocephalus. Ebensowenig wie
bei diesem findet hier ein Besteigen des Männchens durch das
Weibchen statt, vielmehr ergreift das Männchen ebenso von der
Seite her mit gekrümmtem Hinterleib die weibliche Subgenitalplatte.
Wenn ein Weibchen ein Männchen so nahe herankommen läßt, daß
es erst Begattungsversuche machen kann, kommt es fast immer auch
bald zur Copulation.
Während dieses Aktes stehen die beiden Tiere genau so, wie
wir es bei Conocephalus kennen gelernt haben; der erste Teil der
Begattung, bis zum Austritt der Ampullen, verläuft in beiden Fällen
auch ungefähr gleich. Auch bei Xiphidium stülpt das Männchen
den Penis mit dem Titillator rhythmisch aus und ein, bis er schließ-
22 Ulrich Gerhardt,
lieh gestreckt bleibt und aus ihm die hier gelblich-weiß gefärbten
Ampullen austreten und wie gewöhnlich in die Vulva des Weibchens
eingedrückt werden.
Nun aber beginnt ein Abschnitt der Begattung, der ganz anders
als bei Conocephalus und auch als bei allen anderen mir bekannten
Locustiden verläuft. Wie bei Conocephalus werden die Styli des
Männchens gegen die Legeröhrenwurzel angedrückt. Dann tritt
aus der männlichen Geschlechtsöffnuug jederseits ein eigentümlicher^
rotbrauner, zipfelförmiger Schleimhautfortsatz hervor, der sich von
den beiden seitlichen Ecken der weiblichen Subgenitalplatte dorsal-
wärts auf Seiten- und Rückenhaut des Weibchens erstreckt. Von
diesem Schleimhautzipfel aus tritt jederseits ein glasiger, heller
Schleimtropfen aus, der sich mehr und mehr vergrößert und zu
einem beulenartigen, durchsichtigen Auswuchs wird, der etwa einer
längshalbierten Birne gleicht, deren Stiel caudalwärts gerichtet wäre
(Fig. 7a, b, Taf. 1). Die Ausscheidung dieser Secretmassen stellt
oft den längsten Teil der Begattung dar, während dessen aber noch
etwas anderes geschieht: die unmittelbar nach ihrer Einfügung in
die Vulva noch eine Weile sichtbaren Ampullen werden tiefer und
tiefer in die weibliche Geschlechtsöffnung hineingepreßt und mit
einer glasigen Secretschicht, ähnlich wie bei Conocephalus, überzogen.
Von den beiden seitlichen Ecken der Vulva aus zieht je ein schmaler
Schleimstreif zu den beiden großen seitlichen Halbkugeln hin, die
somit nur in ganz lockerem Zusammenhang mit den Ampullen stehen.
Nach ihrer Ausscheidung ziehen sich die beiden Schleimhautzipfel
des Männchens wieder zurück. Die Dauer der einzelnen Begattungs-
abschnitte ist folgende: vom Beginn der Begattung bis zum Austritt
der Ampullen, der selbst ca. 1 Minute dauert, vergehen 7—10 Minuten.
Das Hervorpressen der seitlichen Schleimmassen dauert im kürzesten
Fall 9, im längsten 18, durchschnittlich 12^2 Minuten.
Wenn sich beide Geschlechter getrennt haben — das Weibchen
hebt die Verbindung auf, wobei das Männchen oft noch eine Strecke
weit geschleift wird — , so klafft die Subgenitalplatte des Weibchens,
und in ihr sind die tief eingesenkten, von Schleim überzogenen
Ampullen nicht mehr sichtbar; auf den Flanken, oral von der Lege-
röhrenwurzel, bis nahe zur dorsalen Mittellinie reichend, sitzen die
großen beulenförmigen Schleimmassen, die dem frisch begatteten
Weibchen ein ganz eigenartiges Aussehen verleihen. Während sie
im Leben glashell sind, werden sie bei der Konservierung trübe, weiß
und undurchsichtig, wie es auf Fig. 7a, b, Taf. 1 zu sehen ist. Das
Copulation und Spermatophoren von Grylliden und Locustiden. 23
Bild, das ein Sag-ittalschnitt durch die Spermatophore bietet
(Taf. 3 Fig. 7), erinnert an das bei Conocephalus gesehene, zeigt aber
doch, daß wie äußerlich so auch innerlich die Spermatophore von
Xiphidium komplizierter gebaut ist. Hier wie dort sind die Ampullen
durch einen Schleimpfropf, der nach ihrem Austritt secerniert wird,
sehr tief in die Vulva hineingedrückt. Was sie besonders auszeichnet,
sind, terminale Anschwellungen ihrer Ausführungsgänge , die viel
stärker entwickelt sind, als bei Meconema. Auf unserer Abbildung
ist die caudale und orale Hälfte des in der Vulva gelegenen Spermato-
phorenabschnitts gut zu sehen, ebenso der dorsal von der Subgenital-
platte etwas nach außen ragende Schleimpfropf. Es scheint, daß
derartige innere Eeservoire zwischen der Ampulle und dem Ende
ihres Ausgangskanales von irgendeiner uns noch nicht bekannten
größeren biologischen Bedeutung für die Ausleitung des Samens sind;
biologisch könnte die Erweiterung des Samenausführungsganges
im Innern der Spermatophore von Gri/Uotalpa eine ähnliche Bedeutung
haben.
Bei dem Weibchen von Xiphidium äußert sich der Instinkt, die
Spermatophore zu fressen, bereits wenige Minuten (von 2' ab) nach
der Begattung. Wegen der eigentümlichen Form der Spermatophore,
die hier in allen ihren Bestandteilen kaum ein einheitliches Ganze
bildet, verläuft die Prozedur ihres Verzehrens gleichfalls in besonderer
Weise: das Weibchen nimmt mit den Mundteilen erst die Schleim-
masse der einen Seite und frißt sie in stundenlang dauernder Tätig-
keit auf. Sie wird vollkommen sauber vom Hinterleib abpräpariert.
Dann kommt die der anderen Seite daran, und das Weibchen muß
jedesmal beim Erfassen der Spermatophorenhälfte die Legeröhren-
basis an seinem Kopfe vorbeibiegen. Ich konnte nicht beobachten,
ob das Weibchen schließlich die Ampullen selbst auch auffrißt, nach
Analogie mit anderen Locustiden ist es aber wahrscheinlich.
Xiphidium teilt also die Methode des Männchens, das Weibchen
aktiv von der Seite her zu erfassen, und die Stellung bei der Be-
gattung mit Conocephalus. Der Bau seiner Spermatophore steht
dagegen bis jetzt unvermittelt da. Das was Boldyeev^) als
„Spermatophylax" bezeichnet, die lediglich zum Gefressenwerden
durch das Weibchen vorhandenen Schleimmassen der Spermatophore,
sind in diesem Falle räumlich von den Ampullen völlig getrennt,
und während sie sonst als mehr oder minder paarige, aber zusammen-
1) ]. c, p. 152.
24 Ulrich Gerhardt,
hängende Masse ventral von den Ampullen angebracht sind (bei
Diestrammena von der Ampulle), sind sie hier vollkommen von-
einander unabhängige, paarige Bildungen. Ampullen und „Spermato-
phylax" bilden also hier nicht den einheitlichen Körper, als den
wir sonst die „Spermatophore" der Locustiden überall kennen
gelernt haben.
Für die Conocephal inen läßt sich also bei einheitlicher Be-
gattungsstellung kein einheitlicher Bau der Spermatophore fest-
stellen.
4. Subfam. Locustini.
Die Literatur wurde I.e., p. 500 angeführt, Boldyeev's (I.e.)
neue Arbeit schildert die Spermatophore von Locusia cantans.
Mein hauptsächliches Material lieferte die als selten geltende
Lociista caudata Charp., während ich von L. vindissima L., deren
Spermatophore ich (1. c.) bereits beschrieben habe, nur ein Pärchen
im Freien in copula angetroffen habe.
a) JLovnsta caudata Charp.
Das Material von dieser Species stammte durchweg aus einem
beschränkten Komplex von Feldern bei dem Dorfe Oswitz bei
Breslau. Zur Zeit der letzten Häutung wurden Nymphen und
Imagines beider Geschlechter an einem Wegrain in dieser Gegend
auf Meldestauden, Klettenbüschen etc. am 4. Juni 1913 und den
folgenden Tagen gefangen. Die Männchen begannen alsbald ihr von
dem Laut der Loc. viridissima sehr abweichendes Zirpen hören zu
lassen, und am 17, Juli abends kam es beim Zusammensetzen der
Geschlechter zur ersten Copulation. Am 21. und 28. Juli fanden
je zwei weitere Begattungen statt, von denen also im ganzen 5
beobachtet werden konnten.
Nach der Schilderung TtJMPEL's von der Copulation von Locusia
viridissima mußte auch bei unserer Art erwartet werden, daß kein
Besteigen des Männchens durch das Weibchen stattfinden, daß viel-
mehr das Männchen von unten her aktiv das Weibchen mit den
Cerci ergreifen würde. Das war aber nicht der Fall. Das Männchen
zirpt vielmehr vor dem Weibchen, dreht sich langsam, tanzartig,
im Kreise herum (dieses Vorspiel wurde auch in genau gleicher
Weise im Freien beobachtet) und streckt schließlich dem W^eibchen
die stark abwärts gekrümmte Hinterleibsspitze entgegen und ver-
sucht, sich unter dessen Kopf und Thorax zu schieben. Ist das
Copulation und Sperraatophoren von Grylliden \md Locustiden. 25
Weibchen zur Begattung geneigt, so ergreift es mit seinen Vorder-
füßen, wie dies auch das Dedicus-W eihchen zu tun pflegt, die dorsale
Partie des männlichen Hinterleibes, den es zu belecken anfängt.
Nun richtet das Männchen seinen Hinterleib mehr und mehr auf,
während nur dessen Spitze gekrümmt bleibt, und diese gekrümmte
Spitze stößt mit weit geöifneten Cerci gegen die Ventralfläche des
weiblichen Hinterleibes. An ihm entlang gleitet sie, wie bei allen
Locustiden, bei denen das Männchen vom Weibchen bestiegen wird,
nach hinten, bis die Cerci an zwei Gruben an der Außen-(Ventral-)
fläche der weiblichen Subgenitalplatte stoßen. Ihre nach innen
sehenden Zähne greifen fest in diese Vertiefungen ein, und damit
ist die Befestigung des Männchens am Weibchen vollzogen. Sofort
krümmt sich das Männchen noch viel stärker ventral ein, das
Weibchen geht weiter vor, und schließlich sehen die Köpfe der
beiden Tiere nach verschiedenen Seiten, die Ventralflächen sind ein-
ander zugekehrt, und das zweite, niemals das erste Fußpaar des
Männchens ergreift die Legeröhre des Weibchens, während das erste
sich an irgendeiner Unterlage, bei meinen Gefangenen oft in sehr
schwierigen Stellungen am Draht des Gitters, festhält.
Dieses Ergreifen der Legeröhre mit dem 2. Fußpaar, das sich
auch bei den Decticiden findet, scheint mir, wenigstens sicher für
Locusta, kein eigentliches Anklammern zu sein, wie es bei
Ephippigera und Phaneroptera zweifellos der Fall ist. Vielmehr
drängt das Männchen die Legeröhre von sich weg, hebt sie dorsal-
wärts empor, so daß dadurch die Vulva erweitert wird.
Durch die Drehung des Männchens nach hinten werden die
Styli seiner Subgenitalplatte an die ventrale Legeröhrenkante an-
gepreßt, die sie genau zwischen sich fassen und auf der sie bei den
nun erfolgenden rhythmischen Aus- und Einstülpungen des Penis
hin- und hergleiten. Der gesamte ausgestülpte männliche Apparat
paßt genau in den durch das Abheben der weiblichen Subgenital-
platte, die von den männlichen Cerci wie ein Deckel aufgeklappt
wird, freiwerdenden Raum. Fig. 8, Taf. 2 gibt in schematischer
Form die hierbei in Betracht kommenden Gebilde in ihrer gegen-
seitigen Lage wieder. Am meisten oral (links) sehen wir die von
den Cerci des Männchens (c) oralwärts abgehobene weibliche Sub-
genitalplatte {Is $), am meisten caudal die auf der ventralen Lege-
röhrenkante mit Hilfe ihrer Styli (st) reitende männliche Subgenital-
platte {Is c^). Der durch das Abheben der weiblichen Subgenital-
platte freigewordene Raum wird größtenteils von einer kielförmigen
26 Ulrich Gerhardt,
Erhöhung' eingenommen, die die orale Fortsetzung der ventralen Lege-
röhrenkante bildet, aber mit weicher, obwohl ziemlich straif ge-
spannter Haut überzogen ist (v). Auch die Innenfläche dei' weib-
lichen Subgenitalplatte, die in der Ruhe dorsalwärts sieht, ist mit
weicher, schleimhautähnlicher, an den Rändern gewulsteter, gelblicher
Haut ausgekleidet.
Aus dem Spalt der männlichen Hinterleibsspitze, der sich
zwischen dem 9. und 10. Segment, also zwischen After und Cerci
einerseits, der Subgenitalplatte mit den Styli andrerseits, öffnet,
dringt nun der weichhäutige Oigankomplex hervor, der die männ-
liche Geschlechtsöffnung und den hornigen Titillator trägt und
der in seiner Gesamtheit als Penis bezeichnet wird (p). Man kann
sagen, daß der Penis während seiner vorbereitenden Tätigkeit bei
der Begattung, vor dem Austritt der Spermatophore, ein seitlich
komprimiertes glücken- oder kelchförmiges Gebilde darstellt und
im Innern dieser Glocke sitzt, wie der Klöppel, der gabelförmige
Titillator (t). Der freie Rand der Glocke ist mit kontraktilen
Lappen oder Warzen versehen {w), die, wenn völlig ausgestülpt,
sich genau dem Relief der Vulva anschließen. In unserem Schema
ist ein Moment unvollständiger Ausstülpung gewählt, um die Geni-
talien beider Partner erkennen zu lassen.
Dieser Penisapparat tritt aus der männlichen Hinterleibsspitze
allmählich, in kurzen, ruckweise ausgeführten Bewegungen, hervor,
und noch während seiner völligen Entfaltung wird bereits der
Titillator, der eine c hitin Öse Gabel darstellt, auf die ventrale
Legeröhrenkante aufgesetzt und, auf ihr reitend, in oraler Richtung
gegen den weichhäutigen Grund der Vulva hingezogen. Während
dieser Vorgang rhythmisch wiederholt wird, stülpen sich die Penis-
warzen immer mehr aus, bis sie schließlich genau in die oralen
Ecken der Vulva, zwischen deren Grund und w^eiblicher Subgenital-
platte, eingepreßt werden. Dann gleiten sie . entlang der weich-
häutigen Innenfläche dieser Subgenitalplatte nach außen, und der
ganze Apparat wird wieder in den Spalt der männlichen Hinter-
leibsspitze zurückgezogen. Bei Locusta caudata ist der ganze Penis
meist rein grün, seltner gelblich-grün.
Diese Ausstülpungen, von denen jede etwa 1 Minute lang dauert,
erfolgen nun ununterbrochen hintereinander während der sehr langen
Dauer der Begattung. Es scheint, daß einerseits das Gleiten des
harten Titillators auf der weichen Haut der Vulva für das Weibchen
einen sexualen Reiz abgeben muß, während andrerseits das An-
Copulation und Spermatophoren von Grylliden nnd Lociistiden. 27
pressen der Peniswarzen gegen die weiblichen Organe schließlich
beim Männchen den Grad gesteigerter Erregung hervorruft, der zur
Abgabe der Spermatophore führt.
Die ersten Anzeichen, daß dieser Vorgang erfolgen wird, stärkerer
Turgor des Penis, der aufgestülpt bleibt, Austritt der Umgebung
der eigentlichen männlichen Geschlechtsöffnung an der mit * be-
zeichneten Stelle der Figur, treten nach Verlauf von 40 — 60 Minuten
auf. Die ganze bisher beschriebene glockenförmige Penispartie mit
dem Titillator entspricht nur dem dorsal von der Geschlechts-
öffnung gelegenen Abschnitt dieses Organs. Die ventrale Partie
die nun sichtbar wird, trägt vier ganz kleine Schleimhautwärzchen,
die aber nur zu sehen sind, solange die Schleimhaut dieser Gegend
noch nicht völlig gespannt ist. Nun wird die ganze Umgebung der
Geschlechtsöffnung durch die von innen andrängenden Ampullen
der Spermatophore ad maximum gespannt, und man sieht diese als
kuglige, zunächst glasige, dann weiße Bildungen langsam hervor-
treten.
Ich habe diesen Akt des Austritts der Ampullen, der bei Locu-
stinen. Decticinen und Ephippigerinen äußerlich übereinstimmend
vor sich geht, sehr häufig gesehen, bin aber über einige seiner Einzel-
heiten noch zu keinem ganz klaren Urteil gelangt. Der eigentliche
Stiel der Spermatophore ist als solcher vor seiner Einfülirung in
die Vulva nicht sichtbar. Die Schwierigkeit, das, was bei der Aus-
scheidung der Ampullen vor sich geht, deutlich zu erkennen, liegt
hauptsächlich darin, daß bei den beiden ersten der genannten drei
Subfamilien die eigentlichen Samenbehälter gleichzeitig mit einer sie
umgebenden , nach ihrer Befestigung caudal von ihnen liegenden,
paarigen Hüllmasse austreten, die ich als Ampullenlappen be-
zeichnen möchte.
Das bei dem Ampullenaustritt zu beobachtende Tatsächliche ist
etwa folgendes: aus der stark angeschwollenen gelblich durch-
sichtigen Umgebung der männlichen Genitalöffnung tritt durch diese
selbst ein Paar kugliger Körper aus. Diese Körper, die erst noch
weißlich durchscheinend sein können, werden undurchsichtig, leuchtend
weiß, und zwar ist dabei schwer zu erkennen, ob in die durch-
sichtigen Kugeln ein weißes Secret ergossen wird, ob sie von einem
solchen umhüllt werden oder ob beides der Fall ist. Manchmal
sieht man die Kugeln (hei Locusta imd Decticus) bereits innerhalb
des Penis, durch dessen Schleimhaut rein weiß durchschimmernd^
sichtbar werden, so daß ihre Fertigstellung bei ihrem Austritt schon
28 Ulrich Gerhardt,
vollendet ist. Nun treten die beiden Kugeln aus der sich in Falten
zurückstreifenden Schleimhaut der Geschlechtsöifnung- als Ganzes
hervor, als leuchtend weiße, bei Locusta caudata fast erbsengroße
Kugeln, und es erfolgt, ohne daß, wie erwähnt, ein Stiel der Sper-
matophore sichtbar würde, ihre Einfügung in die Vulva durch eine
Bewegung des männlichen Hinterleibes, bei der in oraler und dorsaler
Richtung die männliche gegen die weibliche Geschlechtsöifnung ge-
preßt wird, also eine Bewegung, wie wir sie auch sonst in der
ganzen Familie der Locustiden wiederfinden. Es muß angenommen
werden, daß der Spermatophorenstiel den Ampullen nachfolgt, aber
schon während seines Erscheinens in die Vulva hineingedrückt wird.
Die ganze dorsal von der männlichen Geschlechtsöifnung gelegene
Penispartie z^eht sich im Moment der Ampulleubefestigung voll-
kommen zurück. Nun tritt eine kurze Ruhepause ein, aber gleich
darauf quillt nun in außerordentlicher Fülle die zähe, undurchsichtige
Masse der Spermatophorenhülle aus der maximal sich ausdehnenden
Genitalöffnung des Männchens hervor, während seine Cerci an der
weiblichen Subgenitalplatte haften bleiben.
Die Produktion dieser Secretmassen dauert bei Loc. caudata
länger als sonst bei Formen mit diesem Typus der Spermatophore
(Decticinen, Ephippigerinen). Das Secret tritt in dicken Ballen aus,
die zwar im ganzen einigermaßen paarig, aber außerordentlich un-
regelmäßig und bei den einzelnen Individuen recht verschieden an-
geordnet sind. Ein Bild von der großen Spermatophore dieser Species
gibt Fig. 1, Taf. 2.
Die Dauer des Begattungsvorganges und seiner Phasen soll für
die fünf beobachteten Fälle angegeben werden:
Paar
No.
Beginn
Austritt
der Ampullen
Trenm
I.
615
r^lb
727
II.
ßO-
-709
^20
III.
620
»712
^25
IV.
516
557V.
607
V.
558
640
657V.
Daraus geht hervor, daß bis zum Austritt der Ampullen durch-
schnittlich 51 Va? von da bis zur Trennung der Geschlechter durch-
schnittlich I3V2 Minuten vergehen, so daß also die Begattung dieser
Art in all ihren Einzelphasen verhältnismäßig langer Zeit bedarf.
Der Bau der Spermatophore läßt sich am besten auf
Copnlation und Spermatophoren von Grylliden und Locustiden. 29
Rasiermesserschnitten studieren, die man an post coitum gut konser-
vierten Weibchen bei genügender Schärfe des Messers leicht durch
in situ befindliche Spermatophoren legen kann. Fig. 8, Taf. 3, zeigt
einen so gewonnenen Medianschnitt einer Spermatophore von Locusta
viridissinia, von der mir ein besser konserviertes Präparat vorliegt
als von der sich in allen Punkten gleich verhaltenden L. caiidata.
Das Cliarakteristische dieser Art von Spermatophoren hat Boldteev
bereits betont: es finden sich in ihr nicht ein, sondern zwei Paare
von Kapseln, von denen Boldyeev die mehr nach innen, in der
Vulva gelegenen als eigentliche Ampullen (retortenförmige Hohl-
räume), „Flacon-', und die äußerlich aus ihr hervorragenden als
„akzessorische Reservoire" auffaßt. Die Abbildung zeigt eine der
weißen gebogenen, inneren Kapseln und eine der äußeren, die ich
für die eigentliche Ampulle halten möchte und die in den „Am-
pullenlappen" liegen. Gerade bei den Locusta- Arten, ist die innere
Kapsel von der äußeren scharf geschieden.
Bei der Einbringung der Spermatophore in die Vulva ist von
den inneren Kapseln nichts zu sehen ; die äußeren sind das, was bei
der Copnlation als die beiden aus dem Penis austretenden weißen
Kugeln auffällt, denen sich ei'st später der „Spermatophylax" anfügt.
Zunächst sind diese beiden Kugeln undurchsichtig weiß, sie
werden aber später glasig durchsichtig. Solange sie noch undurch-
sichtig sind, machen sie auf dem Schnitt den Eindruck ziemlich
massiver Körper. Sie müssen also, um durchsichtig zu werden, einen
Inhalt entleeren, und das ist wohl auch zweifellos der Fall. Über
die eigentliche morphologische Bedeutung der beiden Kapselpaare
soll noch später in einer zusammenfassenden Übersicht nach der
Besprechung der beiden nächsten Subfamilien einiges gesagt werden.
b) Locusta vhHdissinia L.
Während es mir im letzten Sommer bei meinem Aufenthalt in
Hökendorf (Pommern) trotz ziemlich reichlichen gefangenen
Materials nicht gelungen ist, die dort überaus häufige Locusta cantans
FüssLi zur Copnlation zu bringen, habe ich ebendort am 4. August
ein Pärchen von Locusta vindissima in copula ^) auf einer Distelstaude
in einem Haferfelde angetrofl:en. Wenn Tümpel, der anscheinend
1) von der schon BOLIVAE eine vorzügliche, Teil I dieser Abb.,
p. 501 wiedergegebene Schilderung gibt.
30
Ulrich Gerhardt,
nur die Abbildung Bolivar's (Fig. C) beschreibt, meint, das Männchen
unserer Species müsse bei der Copulation mit dem Kopf nach unten
sitzen, so bewies mir mein Fall, daß das nicht notwendig ist, hier
saß gerade das Weibchen mit dem Kopf nach unten. Die Stellung
war ganz so, wie Bolivae sie abbildet (Fig. D), nur hielt das
Männchen mit dem zweiten Beinpaar die Legeröhre des Weibchens
umfaßt, und seine Cerci waren genau so wie bei L. candata an der
Außenseite der weiblichen Sub-
genitalplatte befestigt. Überhaupt
war, wie ja auch zu erwarten,
zwischen der Begattungsstellung
von L. caudata und viridissima kein
Unterschied festzustellen. Es scheint
mir daher, solange nicht das Gegen-
teil bewiesen, in höchstem Maße
wahrscheinlich, daß auch in beiden
Fällen die Tiere auf gleiche Weise
in diese Stellung zueinander kommen,
daß also auch bei L. viridissima
beim Beginn der Begattung, ent-
gegen Tümpel's Angabe, das Männ-
chen vom Weibchen bestiegen
wird.
Der weitere Verlauf der Be-
gattung, das Aus- und Einstülpen
des hier weniger grün gefärbten
Penisapparats, der Austritt der
Ampullen und des Restes der Sper-
matophore, ist bei beiden Arten
fast völlig gleich. Die Tiere wurden
um 4*^ aufgefunden, 5^^ wurden die
Ampullen sichtbar, 5^^ trennten
sich die Tiere, so daß also die Ab-
sonderung der Spermatophoren hülle
unwesentlich kürzere Zeit in Anspruch nahm als bei L. caudata.
Die Sperma top höre, die aus dieser Vereinigung hervorging,
zeigt Fig. 2, Taf. 2. Sie gleicht fast vollständig einer von mir 1912
gefundenen, die ich (1. c. tab. 18 flg. 10a) abgebildet habe, und zeigt,
wie ein Vergleich mit Fig. 2, Taf. 2 lehrt, eine etwas andere Form als
die Spermatophore von L. caudata. Sie ist weniger unregelmäßig und
Fig. D.
Begattung-sstelluug von Locusta
viridissima (nach Bolivar).
Copulation und Spermatophoreu von Grylliden und Locustiden. 31
höckerig, etwas symmetrischer, nicht ganz so voluminös. Im frischen
Zustand sind ihre beiden größten und am meisten ventral gelegenen
Lappen durchscheinend mit ausgesprochen eigelben Flecken, was
auch schon an der frischen Spermatophore von 1912 festgestellt
wurde. Die sonstige Struktur ist aber mit der von L. caudata
übereinstimmend, so daß die Unterschiede, die konstant zu sein
scheinen, sich nur in dem Relief der Hülle ausdrücken. Beide Sper-
matophoreu gehören im übrigen durchaus dem gleichen Typus an,
wie auch in dem Begattungsmodus selbst keine nennenswerten Unter-
schiede vorhanden zu sein scheinen. Einen Medianschnitt durch
die Spermatophore dieser Art in der Vulva des Weibchens zeigt
Fig. 8 Taf. 3.
5. Subfam. Decticini.
Obwohl ich im ersten Teil dieser Studie (p. 489 ff.) bei-eits Copu-
lation und Spermatophore von Decticus verrucivorus beschrieben habe,
so muß ich doch noch einmal hier auf diese Art zu sprechen kommen,
und zwar aus zwei Gründen: einmal habe ich meine damaligen
wenigen (2) Beobachtungen an freilebenden Tieren inzwischen durch
das Studium reichlichen Materiales von Gefangenen ergänzen und in
mancher Beziehung vervollständigen können, so daß ich über einige
Fragen Antwort erhielt, die ich damals offen lassen mußte. Zweitens
beschäftigt sich Boldyeev's inzwischen erschienene Arbeit in erster
Linie mit der Copulation von Decticus und der einiger anderer
Decticiden, darunter der von Platycleis roeseli, die ich gleichfalls
schon geschildert habe; außerdem beschreibt Boldyeev aber auch
noch die Spermatophore von Olynthoscelis pontica, die viel Inter-
essantes bietet.
Ich habe die Copulation von Thamnotrison cinereus und Rhacocleis
discrepans neu beobachtet, den riesigen Decticiden Psorodonotus fieieri,
von dem ich am Monte Maggiore 5 Männchen und 1 Weibchen fing,
konnte ich nicht zur Copulation bringen. Bemerkt sei hier nur,
daß das Männchen dieser Form, wenn man es ergreift, sein sehr
lautes Zirpen hören läßt, ebenso wie die Epkippigera- Arten.
Decticus albifrons Fabr.
Von der Begattung und Spermatophore dieser schon von Fabre
studierten Art hat Boldyeev eine ausführliche Schilderung gegeben
und auch eine Zeichnung der Begattungsstellung beigefügt. Ich
32 Ulrich Gerhardt,
möchte mir die Bemerkung erlauben, daß auf dieser Zeichnung wohl
irrtümlich die Cerci als caudal von der weiblichen Subgenitalplatte,
in die Vulva selbst eingreifend dargestellt sind. Abweichend von
der Stellung bei B. verrucivorus ist die stärker caudal umgebogene
Haltung des Männchens, dessen Flügelspitzen bei D. vernicivorus
immer noch den Kopf des Weibchens berühren. Sonst ist alles
ebenso wie bei der einheimischen Art, insbesondere hält auch hier,
wie bei allen Decticiden, das Männchen die Legeröhre des Weib-
chens zwischen dem 2. Paare seiner Vorderfüße.
Die Spermatophoren von Decticiis albifrons und verrucivorus
werden von Boldyeev eingehend beschrieben und abgebildet (Fig. E).
Seine Befunde sollen hier im Anschluß an die meinigen an D. verru-
civorus gewonnenen besprochen werden.
a) Decticus verrucivofms L.
Die Begattung von Decticus verrucivorus wurde schon frühzeitig
in diesem Sommer (zuerst am 4. Juli) an größtenteils aus Hökendorf
mitgebrachten, teilweise aber auch auf Wiesen bei Breslau ge-
fangenen Exemplaren in 8 Fällen beobachtet. Ich habe meiner
früheren Schilderung (1. c, p. 489 ff.) wenig zuzufügen. Genauer als
früher konnte ich das Spiel des Titillators beobachten, der, wie für
Locusta caudata beschrieben, innerhalb der Vulva auf dem Grunde
der Legeröhre hin- und herbewegt wird. Die Ausstülpung des Penis
geschieht in rascheren Intervallen und auch bei jedem einzelnen
Male schneller als bei den Locwste- Arten, mit deren Begattungsmodus
sonst, bis auf die in allen Phasen kürzere Zeitdauer, der von Decticus
im wesentlichen übereinstimmt. Als Zeitdauer der Begattung
bei unserer Art habe ich mit fast absoluter Regelmäßigkeit 8 Minuten
gemessen, und zwar vergingen 5 Minuten bis zum ersten Anzeichen
des Erscheinens der Ampullen. — Die Stellung weicht von der
von Locusta darin ab, daß das Männchen hier lange nicht so stark
unter dem Weibchen nach hinten gebogen ist. Das zweite Fuß-
paar drückt gegen die Legeröhre, das erste greift nach irgendwelchen
Gegenständen der Umgebung. Einmal erfolgte bei meinen Ge-
fangenen ein Coitus an der Drahtdecke des Behälters, wobei beide
Partner hängen mußten, sonst immer wie auch im Freien im Gras-
boden.
Was den Austritt der Spermatophore anbelangt, so er-
folgt er in der Hauptsache wie bei Locusta. Die beiden Ampullen
Copulation und Spermatophoreu von Grylliden und Locustiden. 33
mit ihrer weißen Hülle treten während der Höhe der Erregung des
Männchens aus, dann folgt rasch die eigentliche Spermatophoren-
hülle, der „Sperm atophy lax" Boldyeev's, der hier so in einem
Guß hervortritt, daß man den Eindruck hat, es werde ein im ganzen
vorher im Körper des Tieres fertig vorbereiteter Gegenstand durch
eine Art von Geburtsvorgang herausgepreßt. Diese Auffassung hatte
ich noch beim Niederschreiben meiner ersten Abhandlung über diesen
Gegenstand, weil ich damals außer der Begattung einiger Decticiden
nur noch die von Diestrammena und die zweier Phaneropteriden
kannte. Schon damals betonte ich, daß bei Leptophyes die Spermato-
phorenhülle allmählich secerniert werde. Ich bin jetzt durch Ver-
gleichung eines viel umfangreicheren Materials zu der Überzeugung
gekommen, daß bei allen Locustiden die eigentlichen Ampullen als
Ganzes ausgestoßen, daß aber da, wo sie von besonderen „Ampullen-
lappen", wie ich es nennen möchte, umgeben werden, diese um die
Ampullen während ihres Austrittes secerniert werden. Der „Spermato-
phylax"' wird wohl immer erst nach der Befestigung der Ampullen
als mehr oder minder zähe Masse abgesondert; die relativ nicht
übermäßig große Spermatophore der Decticiden (s. Fig. 8, Taf. 2)
würde bei manchen Arten zwar die männliche Geschlechtsöffnung
passieren können, für die ungeheuren Secretmassen , die von den
Männchen von Tylopsis, Locusta und Ephippigera produziert werden,
wäre das nicht möglich. Auf dem Medianschnitt ähnelt die Struktur
der Spermatophore von Dedicus im ganzen sehr der von Locusta,
doch sind die inneren Kapseln der Spermatophore viel weniger
tief in die Vulva des Weibchens eingesenkt als dort. Die äußeren
Kapseln (Boldyeev's akzessorische Hohlräume) sind hier ähnlich
angebracht wie bei Locusta, was aus der Boldyrev entnommenen
Fig. E hervorgeht. Auch bei Decticus finden wir jenen bei Locusta
beschriebenen Vorgang, daß diese weißen, nach der Begattung un-
mittelbar dorsal von dem großen Klumpen der Freßsubstanz gelegenen
Kapseln allmählich durchsichtiger werden, obwohl noch lange ein
weißlicher Kern in ihnen sichtbar bleibt.
Es kann nun nach Boldyeev's Untersuchungen nicht zweifelhaft
sein, daß die eigentliche große Spermamasse in den inneren
Kapseln enthalten ist, während dieser Autor die Frage nach der
Funktion der äußeren offen lassen muß.
Vielleicht läßt sich aber, obwohl die physiologischen Vorgänge,
die sich in den innersten Teilen der Spermatophore abspielen, der
direkten Beobachtung entzogen sind, hier eine Vermutung aussprechen :
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. 3
34 Ulrich Gerhardt,
Es wäre wohl möglich, daß die äußeren Kapseln dieser Spermato-
phoren etwas zu tun hätten mit der Bildung der Eiweißhülle, die
Sperraatozoenmassen im ßeceptaculum seminis zu den „Spermato-
dosen" (Cholodkovsky) vereinigen, die Siebold zuerst hei Dedicus
verrucivorus entdeckt hat. Es scheint eine Art von Arbeitsteilung
in der ursprünglich einheitlichen Ampulle jeder Körperseite insofern
aufgetreten zu sein, als die innere Kapsel als Spermareservoir,
die äußere als Eiweißbehälter ausgebildet ist. Boldykev schreibt,
daß noch vor dem Eindringen des Spermas ins Receptaculum Eiweiß
hineinströme, das nachher die Spermatodosenhülle bildet. Boldyrev
scheint außerdem einen temporären Zusammenhang zwischen äußeren
und inneren Kapseln anzunehmen, da er schreibt: „schon 20 Minuten
nach der Befruchtung standen diese Reservoire in keinem Zusammen-
hange mit den retortenförmigen Hohlräumen und den Geschlechts-
gängen des Weibchens."
Mir kommt es also nach meinen gerade zur Aufklärung dieser
komplizierten Verhältnisse intensiv betriebenen Beobachtungen an
den drei in Frage kommenden Subfamilien der Locustiden,
Decticiden und Ep hippiger iden so vor, als ob die Ampullen-
lappen allmählich durch Entleerung ihrer eiweißhaltigen Rinden-
substanz zu hohlen Körpern würden.
Es wurde (1. c, p. 494, vgl. außerdem Fabee und Boldyrev) ge-
schildert, daß Decticus die Hülle der Spermatophore auf einmal ab-
reißt und dann langsam zerkaut und auffrißt. Die Demarkationslinie,
längs derer sich die Hülle von den Ampullen bei diesem Vorgang
trennt, verläuft so, daß die ganzen Ampullenlappen mit dem Sper-
matophorenstiel in der Vulva befestigt bleiben. Bei einem Weibchen,
das ich unmittelbar nach der Copulation mit der Spermatophore
konservieren wollte, mißlang mir dies zweimal deshalb, weil die
ventrale Partie der Spermatophore in dem Augenblick abfiel, in dem
ich das Weibchen, und zwar am Prothorax, ergriff. Beide Spermato-
phoren stammten von dem gleichen Männchen. Bei ihnen muß die
erwähnte Demarkationslinie besonders scharf ausgeprägt gewesen
sein. Später gelang es mir in zwei Fällen leicht, von anderen
Männchen produzierte Spermatophoren am Weibchen zu konservieren.
Sicherlich bestehen noch mancherlei Unklarheiten in der Be-
antwortung der Frage nach der Bedeutung der Ampullenlappen und
der BoLDYREv'schen „akzessorischen Hohlräume". Ich glaube, daß
diese Unklarheiten nur durch immer genaueres Studium der Spermato-
phore während der Entleerung des Spermas ins Receptaculum seminis
Copulation und Spermatophoreu von Grylliden und Locustiden.
35
einigermaßen werden beseitigt werden können, am konservierten
Material werden sicli manche Fragen scliwer lösen lassen.
Ich habe mein Material von Decticus verrucivorus ferner noch
zur Entscheidung der Frage verwandt, ob bei dieser Species ein-
oder mehrmalige Begattung die Regel ist. Ein Weibchen, das
gleiche, bei dem zweimal die ventrale Partie der Spermatophore
abfiel, begattete sich viermal. In zwei Fällen konnte es in Ruhe
die ganze Spermatophore fressen, in zweien nur die Ampullen. Ein
anderes Weibchen begattete sich zweimal. Zwei wurden gleich nach
der Copulation getötet, eines begattete sich nur einmal und begann
dann schon mit der Eiablage. Was die Fähigkeit der Männchen
anbelangt, die Begattung zu wiederholen, so lieferte ein Männchen
vier, ein anderes zwei Spermatophoreu. In beiden Geschlechtern ist
also wiederholte Begattung möglich.^) Wieweit im Freien diese
Möglichkeit ausgenutzt wird, ist natürlich schwer zu entscheiden.
Ich nehme an, daß zu einem Männchen, solange es zirpt und
zeugungsfähig ist, mehrere Weibchen kommen werden, und es ist
kein Gegengrund, weshalb nicht auch ein Weibchen im Freien
mehrere Männchen aufsuchen sollte.
Fig. E.
Spermatophore (halbsche-
matisch) von Decticus.
Ovd Legeröhre. Is weib-
liche Subgenitalplatte. b
ihre Lappen, m Schleini-
schicht auf deren Lappen,
c Wandung , /' Hals , d
Binnenrauni der Ampulle,
r, i, 11 akzessorische Hohl-
räume (hier als primäre
Ampullen aufgefaiJt) mit
doppelter Wand. F Sper-
matophylax (nach Boldy-
REV).
Hier soll noch kurz hingewiesen werden auf Boldyrev's An-
gaben über Platijdeis roeseli Hagenb., dessen Begattung und Spermato-
phore auch von mir (1. c, p. 495) beschrieben wurde, und über
'Olynthoscelis pontica Retow (Spermatophore). Boldyeev gibt eine
vortreöliche schematische Zeichnung des Baues der Spermato-
phore mit den Ampullen und den akzessorischen Räumen (Fig. F).
Wegen ihrer Klarheit gebe ich diese Figur hier wieder sowie das
1) Vgl. Boldyeev, 1. c, p. 53.
3*
36
Ulrich Gerhardt,
äußere Bild der Spermatophore der zweiten Art (Fig. G), bei der
die Ampullen viel tiefer in die Vulva eingesenkt sind als bei Platycleis
oder gar bei Decticus. So ist bei dieser Art von außen nur der
„Spermatophylax" zu sehen. Auch bei Olynthoscelis beschreibt Boldyre v
die „ergänzenden Reservoire", die er für Decticus schildert.
Fig. F.
Fig. G.
Fig. F. Spermatophore von Platycleis roeseli. c Ampulle, d ihr Binnenraum.
r akzessorisches Keservoir (hier als primäre Ampulle betrachtet), y Stütze des
Spermatophylax. p Spermatophylax. Ovd Legeröhre, s Subgenitalplatte des
Weibchens (nach Boldyrev).
Fig. G. Spermatophore von Olynthoscelis iwniica in situ, c Cerci. Ovd
Legeröhre. Ls Subgenitalplatte des \Veibchens. p der allein von der Spermato-
phore sichtbare Spermatophylax (nach Boldyrev).
b) Thamnotrizon cinereus L.
Die Spermatophore dieser gemeinen Art habe ich schon (1. c,
p. 497, tab. 18 flg. 9) beschrieben und abgebildet, die Copulation
konnte ich erst im letzten Sommer in drei Fällen beobachten, und
zwar jedesmal am Nachmittag, während die Weibchen vormittags
nicht auf das Zirpen der Männchen reagierten. Wie es bei den
Decticiden üblich, spielt bei der Einleitung der Begattung das
Weibchen die mehr aktive Rolle, es betastet lange die Fühler des
sich immer tiefer krümmenden Männchens mit den seinen und steigt
diesem endlich auf den Rücken. Das alles geht bedeutend langsamer
vor sich als bei Decticus. Die Stellung ist die bei allen bisher
bekannten Decticiden übliche: das Männchen ist stark gekrümmt
und hält mit dem zweiten Fußpaar die Legeröhre des AVeibchens*
von sich weg. Auch das Weibchen ist ventral stark eingekrümmt
(s. Fig. 7, Taf. 2). Während der ersten Periode der Copulation
erfolgen Aus- und Einstülpungen des Penis wie bei Decticus. Wo-
durch nun die Copulation dieser Art, und zwar, worauf Wert zu
legen ist, in allen drei beobachteten Fällen, sich von der aller
Copulation und Spermatophoreu von Grylliden nnd Locustiden. 37
anderen bekannten Locustiden unterschied, das ist der Umstand,
daß sie mehrfach unterbrochen wurde. Zweimal wurde sie plötzlich
ohne ersichtlichen Grund abgebrochen, obwohl die Cerci des Männchens
ganz normal an der Subgenitalplatte des Weibchens befestigt waren.
Auch wenn schließlich die Spermatophore erscheint, läßt vorher von
Zeit zu Zeit das Männchen das Weibchen frei, das dann entweder, ohne
seine Stellung zu verändern, wie auch im Anfang, den Rücken des
Männchens benagt, bis dieses die Begattung fortsetzt, oder auch dessen
Rücken verläßt, um ihn gleich darauf wieder zu besteigen.
Am 17. August dieses Jahres begann um 4^'^ nachmittags die
Copulation eines Thamnotrüon-'P'dSiYes. Dreimal ließ das Männchen
das Weibchen los, das dazwischen jedesmal dessen Abdomen beleckte.
4^^ begann dann der Austritt der Ampullen der Spermatophore, dann
quoll, ähnlich wie bei Locusta, die dicke undurchsichtige Masse hervor,
die schließlich die Ampullenlappen so umgreift, daß sie nur zum
Teil sichtbar bleiben. 4'^'' erfolgte die Trennung der Tiere.
Ein zweites Paar copulierte am 27. August um 4^- nachmittags.
4*^ erfolgte bereits eine, diesmal vollständige Trennung, darauf
Wiedervereinigung, 4** und 4^^ kurze Trennung. 4*** erfolgt wieder
eine Vereinigung; diesmal kommt es schon 4^^ zum Austritt der
Ampullen, 4^^ ist die Copulation zu Ende, die das Weibchen aktiv
auflöst.
Die Spermatophore (Taf. 1 Fig. 9) fällt durch ihre un-
regelmäßige Form auf und dadurch, daß ihr sagittaler Durchmesser
den queren übertriift. Sie ist kaum in zwei Hauptlappen gespalten,
wie das sonst bei Decticidenspermatophoren meist den Fall ist.
Einen Sagittalschnitt durch diese Spermatophore stellt Taf. 3 Fig. 11
dar. Auch hier ünden wir zwei Paare von Hohlräumen, vor denen
die inneren, Boldyeev's retortenförmige Räume, hier fast so tief
in die Vulva eingedrückt sind wie bei Locusta. Die „Ampullenlappen"
sind von der dicken Masse der Hüllsubstanz dicht umgeben, so daß
sie in caudaler Richtung nicht frei hervorragen. Somit scheinen
Anklänge an die von Boldyrev bei Olynthoscelis pontica geschilderten
Verhältnisse vorzuliegen, was bei der nahen Verwandtschaft beider
Oattungen nicht überraschend sein kann.
c) Mhacocleis discrepans Fieb.
Von dieser in der Nähe von Rovigno unter und auf Gebüsch
außerordentlich häufigen Art wurden an Gefangenen vier Copula-
tionen beobachtet. Die Einleitung der Begattung und die Stellung
38 Ulrich Gerhardt,
dabei erinnern sehr an Thamnotri^on cinereus, doch sind einige Unter-
schiede festzustellen. Die Begattung erfährt keine Unterbrechung.
Nach 9 — 10 Minuten erscheinen die Ampullen, und eine Minute darauf
ist bereits die rundliche, relativ nicht große Spermatophorenhülle
herausgepreßt. Das Weibchen, das manchmal während des Schluß-
aktes den Rücken des Männchens beleckt, streift das Männchen mit
Hilfe eines Sprungbeines von sich, dieses wird dadurch von der im
Weibchen bleibenden Spermatophore gelöst, und die beiden Tiere
trennen sich. Auch hier hält das Männchen die Legeröhre des
Weibchens zwischen den Tarsen seines zweiten Fußpaares, die Be-
wegungen des Penis und Titillator sind, wie bei Thamnotrison, sehr
heftig.
Die Spermatophore hat kleine Ampullenlappen, die Hülle ist
hier in zwei paarigen, runden, weißen Lappen angeordnet, die sehr
leicht von den Ampullen zu lösen sind. Wie bei Dedicus wird bei
dieser Art die Spermatophorenhülle (ca. 10 Minuten post coitum) in
toto von den Ampullen gelöst, und zwar läßt sich hier leicht fest-
stellen, daß die Ampullen allein in der Vulva zurückbleiben (s. Fig. 10,
Taf. 1).
Auf dem Medianschnitt durch die Spermatophore zeigt sich,
daß in ihr die Ampullenlappen weniger weit caudal von den inneren
Kapseln liegen, ein Befund, auf den noch einmal eingegangen
werden soll.
Anhangsweise sei hier noch erwähnt, daß am .8, September
zwischen Lupoglava und dem Monte Maggiore ein Weibchen von
Tliamnotrison dalmaticus mit frischer, verhältnismäßig sehr kleiner,
runder, an die von Bhacocleis erinnernder Spermatophore aufgefunden
wurde, die unterwegs verzehrt wurde.
Alles in allem kann festgestellt werden, daß die Spermatophore
der Decticiden in der Ausbildung zweier Paare von Hohlräumen und
in der Gesamtanordnung der der Locustiden ähnlich gebaut ist. Die
Hülle (der Spermatophylax) erreicht nicht die Dimensionen wie bei
Locusta. — Die Begattungsstellung ist, soweit bisher bekannt, bei
den Decticiden überall gleich, das Männchen ist ventral viel weniger
weit unter dem Weibchen zurückgebogen als bei Locusta, wie bei
dieser Gattung hält sein zweites Fußpaar die Legeröhre des Weib-
chens und drückt sie dorsalwärts. Die rhythmischen Bewegungen
des Titillators werden auch hier ausgeführt, die Begattung dauert
aber meist kürzer als bei Locusta, bei Thamnotrison cinereus wird
sie einige Male unterbrochen und wieder fortgesetzt.
Copulation und Spermatophoren von Grylliden und Locustiden. 39
Von Interesse wäre es, das Verhalten der recht abweichend g-e-
bauten Art Psorodonotus fiebert, deren Copulation zu beobachten mir
in diesem Jahre nicht g-elungen ist, kennen zu lernen.
Subfam. Ephippigerini.
a) Ephijypiffera linibata Be.
Diese Art ist im istrianischen Karst und an den Hängen des
Monte Maggiore besonders auf Juniperusbüschen ungemein häufig-,
und das Zirpen der Männchen ertönt im Sonnenschein allenthalben.
Die Weibchen sind viel seltener, und ich habe von ihnen nur 7 Stück
gefunden. Im Gebirge findet sich überall die Forma minor dieser
Species, am letzten Tage meines ßovigneser Aufenthaltes fand ich
dicht bei Rovigno ein Weibchen der Forma major, das am
8. Oktober in Breslau mit einem Männchen der kleineren Form
copulierte und dabei photographiert werden konnte (Taf. 1 Fig. 1 u. 2).
Es ist längst bekannt, daß bei Ephippigera beide Geschlechter
zirpen können und daß es außerdem bei dieser Gattung außer dem
von Männchen und Weibchen, von diesem allerdings sehr viel leiser,
ausgeübten Zirpen aus Begattungstrieb noch ein Zirpen des
Schreckens, der Abwehr gibt, das beim Ergreifen der Tiere, be-
sonders beim Anfassen am Prothorax, prompt ertönt. Die Art ist
ausschließlich im Sonnenschein wirklich lebhaft.
An Gefangenen wurden fünf Copulationen beobachtet, eine noch
in Rovigno, die übrigen vier in Breslau. Der Verlauf der Be-
gattung bietet mancherlei Besonderheiten, die teilweise schon von
Berenguier ^) für Eph. terrestris Yers. geschildert worden sind. Ich
muß hier noch einmal auf die schon früher (1. c, p. 484) heran-
gezogene Schilderung dieses Autors kurz eingehen. •
Berenguier schildert, wie das Männchen das Weibchen er-
greift: (Le male) se glisse ä reculons sous la $ qui de son cote,
relevee sur le plus haut de ses pattes, grimpe en partie sur le dos
du ^ dont l'extremite abdominale est en ce moment completement
recourbee la face ventrale en haut. Les cerques saisissent brus-
quement la plaque sousgenitale de la $ et implantent leurs crochets
lateraux dans les petites impressions situees de chaque cote de
1) P. Berenguier, Notes orthopterologiques, IV — VII, in: Bull.
Soc. Et. Sc. nat. Nimes, Vol. 36, 1908.
40 Ulrich Gerhardt,
cette plaque qui devient baillante tandis que la plaque sousg-enitale
du <S s'applique au dessous de l'oviscapte et que les titillateurs
s'insinuent dans rentrebaillenient de la plaque sousgeiiitale de
la ?."
Bei E. limhata wird die Copulation dadurch eingeleitet, daß das
Weibchen beginnt, die Dorsalfläche des männlichen Hinterleibes zu
benagen. Dann rückt es, was sehr lange dauern kann, allmählich
immer weiter nach vorn, wobei es dieses Benagen immer fortsetzt und
auch auf die Flanken des Männchens ausdehnt. Das Männchen sitzt
während dieser Zeit still, und ich habe niemals gesehen, daß es
aktiv nach hinten unter das Weibchen gekrochen wäre. Schließ-
lich gelangt das Weibchen mit seinen Mundteilen bis auf Pronotum
und Hinterkopf des Männchens, und die Berührung dieser Teile löst
die eigentümliche Haltung des Hinterleibsendes aus, die Berenguieb
schildert. Die Analpartie des Männchens mit den Cerci biegt sich
dorsal aufwärts und gleichzeitig oralwärts, so wie der Stachel des
Skorpions, wenn er stechen will. Das Weibchen senkt die Lege-
röhre etwas, und nun kommt die weibliche Subgenitalplatte. wie es
Berenguier schildert, so zwischen die Cerci des Männchens zu
liegen, daß deren mediale (nicht laterale, wie Berenguier sagt)
Zähne mit einem plötzlichen Ruck in zwei Gruben der Platte ein-
springen. Nun sind die Tiere außerordentlich fest verbunden, und
aus dem 9. Segment des Männchens tritt der Penis mit dem Titil-
lator aus.
Was diesen Begattungsanfang von dem anderer Locustiden unter-
scheidet, ist vor allem die abweichende Körperhaltung des Männ-
chens. Bei allen anderen mir bekannten Locustiden, außer bei Dia-
strammena, krümmt das begattungslustige Männchen den Hinterleib
mit der Spitze tief abwärts. Hier ist dies nicht der Fall, sondern
das Männchen sitzt während des Aufsteigens des Weibchens in ge-
streckter Haltung und biegt dann sogar die Hinterleibsspitze hoch
empor.
Was nun, nach einigen Sekunden bis einigen Minuten, erfolgt,
ist die Umdrehung des Männchens unter dem Weib-
chen, die durch einen Sprung des letzteren, ganz ähnlich wie bei
Meconema (S. 16), bewirkt wird. Für E. terrestris schildert Beren-
guier diesen Sprung sehr anschaulich: „A ce contact, la $ lache
le pronotum du ^ qu'elle mordillait et esquisse un bond en avant
qui a pour effet de culbuter le ^ dont les organes genitaux ne
lächent pas prise et qui se trouve de la sorte couche sur le dos, la
Copulation und Sperniatophoren von Grylliden und Locustiden. 41
tete en arriere et sous l'oviscapte de la $ auquel il se crampoiine
a l'aide de ses membres auterieurs, les posterieiirs en partie replies."
Von dieser Stellung, die bei E. limhata in ganz gleicher Weise
eingenommen wird, gibt Fig. 1, Taf. 1 eine Darstellung. Man sieht,
wie das zweite Beinpaar auch hier die Legeröhre des Weibchens
dorsal in die Höhe drückt, während das erste an ihr einen Halt
sucht und sie umschließt. Von der Stellung, die 3Ieconema bei der
Copulation einimmt, unterscheidet sich die von Ephippigera dadurch,
daß Meconema sich nur mit den Kiefern, Ephippigera mit den Füßen
an der Legeröhre festhält und deshalb tiefer unter dieser herab-
hängt.
Während nun Berengüier die weiteren Vorgänge bei der Copu-
lation von E. terrestris so schildert, daß alles sich in kürzester Zeit
abspielt, ist dies bei E. limhata keineswegs der Fall. Berenguier
schreibt: „Presque immediatement [nach dem Sprung des Weibchens]
les flancs du ^ se contractent avec violence, le spermatophore surgit,
les titillateurs s'ecartent pour lui livrer passage; en quelques
secondes le spermatophore est fixe, puis, d'un brusque mouvement, la
$ se separe du ^ qu'elle abaudonne couche sur le dos . . ."
Bei E. limhata beginnen nach dem Sichüberschlagen des Männchens
heftige, rhj^thmische Ausstülpungen des Penis, und genau wie bei
Locusta und Dedicus wird der Titillator im Grunde der Vulva hin-
und herbewegt. Genau wie dort pressen sich bei jeder maximalen
Entfaltung des voluminösen Schleimhautkomplexes zwei seitliche
Warzen in die sie genau aufnehmenden Elcken der Vulva hinein.
Die männliche Geschlechtsötfnung bleibt geschlossen, sie ist von
drei Lappen umgeben, einem dorsalen medianen unpaaren und zwei
ventralen paarigen. In der ausgestülpten Schleimhaut sieht man
deutlich den Verlauf gegabelter, weißer Tracheen.
Die Dauer dieser Preßbewegungen ist unter normalen Um-
ständen verhältnismäßig sehr lang. In einem Falle hatte sich das
Weibchen mit der Spitze seiner Legeröhre in den Maschen des
Drahtkäfigs verfangen und konnte deshalb den Sprung nach vor-
wärts nicht ausführen, und das Männchen gelangte nicht in die
normale Begattungsstellung, die aber eingenommen wurde, als ich
nach etwas über einer Stunde das Weibchen aus seiner Lage be-
freite. In diesem Falle dauerte die Copulation, die mit der Abgabe
einer normalen Spermatophore endete, fast 2 Stunden. Ich gebe
die einzelnen Abschnitte der beobachteten Begattungen hier an, die
sämtlich vormittags stattfanden.
42
Ulrich
Gerhardt,
Paar
No.
Datum
Beginn
Austritt der
Ampullen
Trennung
Be-
nerkungen
I.
15./9.
842
gi3
915
Rovigno
II.
22./9.
1103
1252-53
1255
abnorm
III.
IV.
23./9.
8./10.
955
1212
10*»
10^'^
12 "2
Breslau
V.
13./10.
10*1
1116-17
1120
Wenn wir von dem zweiten, abnormen Falle abseben, so erfolgt
also der Austritt der Ampullen nach 31—45 Minuten. Der Austritt der
Ampullen selbst dauert ca. 1 Minute, der Rest der Spermatophore
wird in 2—3 Minuten zutage gefördert. Wie Fig. 11, Taf. 1 lehrt,
ist diese Spermatophore ganz außerordentlich groß im Verhältnis
zum Körper des Tieres, besonders des sie produzierenden Männchens.
Es ist erstaunlich, daß diese Spermatophore zu ihrem Austritt viel
kürzere Zeit braucht als die relativ etwas kleinere von Lociista, die
ihr sonst im ganzen Aufbau ungemein ähnelt.
Den Vorgang ihres Erscheinens habe ich jedesmal mit großer
Deutlichkeit, einmal besonders gut unter dem Sr.iBERT'schen bin-
okularen Mikroskop, verfolgen können. Er spielt sich äußerlich so
ab wie bei Lociista; zunächst wird die männliche Geschlechtsöffnung,
unter kurzen rhythmischen Kontraktionen der Penisschleimhaut durch
die von innen vordrängenden Ampullen, stark vorgewölbt, die sie
begrenzenden drei Klappen klaffen und lassen die weißen Kugeln
der auch hier sehr ausgebildeten A m p u 1 1 e n 1 a p p e n sichtbar werden,
die rasch zu außerordentlicher Größe anwachsen und, sowie die Penis-
schleimhaut ganz über sie hinweggestreift worden ist, mit einem
Ruck in der Vulva befestigt werden. Dabei sieht man, daß sie
birnförmig sind mit oral gerichtetem Stiel. Nun quillt, oral von
den Ampullen, rechts und links aus den Winkeln zwischen der
dorsalen und den ventralen Klappen der männlichen Geschlechts-
öffnung je ein glasiger, zäher Schleimtropfen, und unter die Ober-
fläche dieses Tropfens quillt nun die unregelmäßig gelappte Haupt-
masse der Spermatophore, die wie bei Locusia caudata angeordnet
ist. Der zähe, vorher ausfließende, glasige Schleim hat oftenbar die
Aufgabe, eine feste Verbindung zwischen Ampullenlappen und der
Spermatophorenhülle herzustellen.
Die ganze Spermatophore ist zunächst rein weiß. Berenguier
sagt von der von E. terrestris: „Le spermatophore est d'une forme
presque spherique, partage par de legers sillons en quatre lobes, les
Copulation und Spermatophoren von Grylliden und Locustiden. 43
superieurs deux fois moins volumineiix que les Interieurs, d'une
couleur blanc nacre qiii tourna rapidement en jaune d'ivoire . . ."
Es wird also hier eine Farbenänderung bei der Spermatophoi-e
besclirieben. Fischee ^) schildert die Spermatophore von E. vitium
als erbsengroß, sj^mmetrisch, halbdurchsichtig, eiweißartig; über die
Ampullen sagt er: „ad cuius basin utrinque buUa magis hj^alina
cum nucleo croceo vel aurantiaco conspicienda erat".
Bei E. limhaia sind nun diese „Nuclei aurantiaci*' in der
Spermatophore einige Zeit nach dem Coitus zu sehen, während die
Ampullen als dicke undurchsichtige Kugeln austreten. Es tritt also
auch hier eine Farbenänderung innerhalb der Spermatophore
auf, die sich lediglich an den Ampullen abspielt und die geeignet
erscheint, über deren Bau einige Aufklärung zu geben, insbesondere
über den der „Ampullenlappen".
Betrachtet man ein Weibchen unserer Ephippigera-kvi etwa
^U Stunde nach der Begattung, so ist die Spermatophore schon
etwas angefressen, ihre Oberfläche etwas geglättet, die Ampullen-
lappen sind durchsichtig geworden, und in ihnen ist ein lebhaft
orangerot gefärbtes Zentrum sichtbar, von dem ein feiner, ebenfalls
orangefarbener Strang durch den Spermatophorenstiel ins Innere
der weiblichen Genitalien führt. Es kann nicht zweifelhaft sein,
daß es sich um die eigentlichen Ampullen und ihre Ausführungs-
gänge handelt. An der caudalen Fläche der Ampullen bleibt längs
der Linie, in der sie median zusammenstoßen, zunächst noch ein
weißer Streif stehen.
Einige Stunden nach der Begattung sind die Ampullen noch
durchsichtiger, ihre orangeroten Kerne noch leuchtender geworden.
Bei der Größe der Spermatophore dieser Art läßt sich das allmähliche
Schwinden der undurchsichtigen Massen aus den Ampullenlappen
gut verfolgen.
Einen Medianschnitt durch eine frische Spermatophore zeigt
Fig. 4, Taf. 3. Es zeigt sich, daß bereits bei ihr die „nuclei
aurantiaci" vorhanden sind, verdeckt durch die dicke äußere Eiweiß-
masse der Ampullenlappen. Ferner zeigt uns der Schnitt noch, daß
die Spermatophore mit kurzem gebogenem Stiel in der Vulva be-
festigt ist, aus der sich das ganze Gebilde leicht unverletzt auslösen
läßt. Innere Kapseln fehlen. Somit ist zwar von außen
gesehen die Spermatophore von EpMppigera der von Locusta
1) Orthoptera europaea, Leipzig 1853, p. 193.
44 Ulrich Gerhardt,
außerordentlich ähnlich, aber im inneren Bau besteht ein wesentlicher
Unterschied.
Während nach Beeenguier bei E. terrestris die Spermatophore
vom Weibchen in wenigen Stunden verzehrt wird, kann diese
Prozedur bei E. limbata, wie bei Locusfa caudata, bis über 24 Stunden
dauern. Dabei wird allmählich die ganze Masse der Spermatophore
gefressen, nicht, wie es Fabre für E. vitium beschreibt, bis zum
Vertrocknen und Herausfallen mit herumgetragen. Bei einem
Weibchen fand ich etwa 24 Stunden nach der Begattung die Ampullen
dadurch eröifnet, daß ihre orale Wand weggefressen war, während
die hintere noch stand. Es liegt hier also ein ähnliches Verhalten
vor wie bei Locusta caudata. Eine nach 24 Stunden herausgenommene
Spermatophore wurde in Alkohol konserviert und in Xylol auf-
gehellt. Sie zeigte die Ampullen von einer doppelten Wand um-
geben, von dem „Spermatophylax" waren nur noch halbtrockene
Reste da, ebenso von den ..Ampullenlappen". Dagegen war der
Spermatophorenstiel mit den beiden Ausführungsgängen sehr gut
zu sehen.
Es kann im ganzen gesagt werden, daß trotz innerlich ver-
schiedenen Baues die AH der Abgabe der Ephippigera-Si^eYmsito^^hore
wenig von dem bei der Gattung Locusta beschriebenen abweicht.
Eigentümlich ist die Stellung, sowohl bei der Einleitung der
Begattung, wobei das Männchen im Gegensatz zu denen anderer
Locustiden - Arten seine Hinterleibsspitze dorsalwärts krümmt,
wie bei dem eigentlichen Begattungsakt selbst, bei dem das Männ-
chen mit dem Kopf nach hinten unter der Legeröhre des Weibchens
hängt.
Zusammenfassendes über die Spermatophoren der Locustinen,
Decticinen und Ephippigerinen.
Wenn wir die Spermatophoren der drei letztbesprochenen Sub-
familien vergleichend betrachten, so können wir feststellen, daß bei
den Locustinen und Decticinen zwei Paare von Hohlräumen vorhanden
sind, bei Ephippigera limbata dagegen nur eines, während Vosseler ^)
für die Ephippigeride Platystolus einen akzessorischen Körper im
1) A. Vosseler, Beitr. zur Faunistik u. Biologie der Orthopteren
Algeriens und Tunesiens, in: Zool. Jahrb., Vol. 17, Syst., 1903, p. 49
(Spermatophoren von Eugaster und Platystolus). Die VosSELER'schen
Abbildungen sind im ersten Teil dieser Abhandlung, p. 487, kopiert.
Copulation und Spermatophoreu von Gryllideu und Locustiden. 45
Spermatophorenstiel beschreibt, der den „retortenförmigen Räumen"
von Dedicus, Locusta usw. vergleichbar zu sein scheint.
Fragen wir uns, welcher Teil der Spermatophore der Decticineu
und Locustinen den Ampullen der Phaneropterinen, Meconeminen und
Conocephalinen zu homologisieren sei, so möchte ich auf Grund der
VossELER'schen Feststellung an Platysfolus und außerdem an der
Hand eigener Schnittpräparate, die in Fig. 8—11, Taf. 3 zusammen-
gestellt sind, der Meinung zuneigen, daß dies die äußeren, von
mir als Ampullenlappen bezeichneten Körper seien. Hierfür
habe ich folgende Gründe:
1. Die topographische Lage aller dieser Kapseln im Verhältnis
zur Vulva des Weibchens, ferner die Art ihres Austrittes bei der
Begattung ist überall gleich. Dies gilt insbesondere für die „Äm-
pullenlappen" von Locusta und die von dicker Eiweißschicht um-
gebenen Ampullen von Ephippigera limbata.
2. Es finden sich Übergangsformen zwischen dem Tj^pus mit
einem und dem mit zwei Paar Hohlräumen. Abgesehen von Platy-
stolus sehe ich einen solchen Übergangstypus in der Spermatophore
von Platycleis grisea (Fig. 10, Taf. 3, Präparat von 1912), die sich
von der von Thamnotrizon dnereus (Fig. 11) oder gar der des Gattungs-
genossen Platycleis roeseli (Fig. 9) wesentlich unterscheidet. Während
bei beiden letztgenannten Arten die BoLDYEEv'schen retortenförmigen
und akzessorischen Hohlräume scharf getrennt sind, bildet der
äußere (akzessorische) Raum bei Pli. grisea nur eine kappenförmige
Umhüllung des weiten inneren Raumes. Ähnlich verhält sich
Pliacocleis.
Ich möchte daher die Meinung äußern, daß uns Plaiystolus etwa
lehren kann, wie der im Spermatophorenstiel enthaltene, in die Vulva
eingesenkte Ausführungsgang der Ampullen Schlängelungen, Er-
weiterungen usw. erfahren kann, so daß schließlich ein Sperma
führender (innerer) von einem wesentlich Eiweißmasse enthaltenden
(äußeren) Raum gesondert wird. Bei Ephippigera limbata haben wir
die außerhalb der Vulva gelegenen Ampullen selbst von einem
dicken Eiweißmantel umgeben, der allmählich entleert wird, so daß
nach dieser Entleerung die eigentlichen Samenkapseln in einem
weiteren leeren kugelförmigen Raum suspendiert sind.
Ich meine daher, daß bei den Decticiden und Locustiden die
inneren Kapseln sich als sekundäre Difterenzierungen der ursprüng-
lichen Ampullen entwickelt haben, die diesen ihre Funktion mehr
und mehr abgenommen haben. Dabei meine ich, daß die Eiweiß-
46 Ulrich Gerhardt,
massen der Ampullenlappen vielleicht mit dazu dienen könnten,
während des Spermatophorenaustrittes das Sperma vor sich her in
die inneren Kapseln zu drängen. Bestärkt werde ich in dieser An-
sicht noch durch das Vorkommen weniger ausgeprägter terminaler
Anschwellungen des Lumens im Ampullenstiel bei Xiphidium und
noch geringerer bei Meconema.
Anhang. Die Sperniatophoren der Mantiden.
Es wurde (1. c, p. 517) bereits der Befund Pkzibeam's ^) erwähnt,
nach dem bei Mantis religiosa nach der Begattung eine Spermato-
phore in den Geschlechtsteilen des Weibchens sichtbar ist. Da deren
Vorkommen bei anderen Orthopteren als den Locustiden und Grji-
liden von einem vergleichend-phylogenetischen Interesse für uns sein
muß, so habe ich mir im Herbst 1913 Spermatophoren von Mantis
religiosa L. und von Ameles decolor Charp. in Rovigno verschafft.
Beide Arten sind leicht zur Copulation zu bringen, bei der, wie
Pezibram bereits schildert, das Männchen auf dem Weibchen sitzt
und seinen Hinterleib von rechts her um die Hinterleibsspitze des
Weibchens schlingt. Dabei muß, besonders bei Ameles, das männ-
liche Abdomen eine sehr starke Krümmung beschreiben. Der hornige
Penis des Männchens dringt nun von links her (das Männchen langt
mit seinem Abdomen völlig um das des Weibchens herum) zwischen
9. und 10. Segment des Weibchens ein, dessen einem rinnenförmig
zusammengelegten Blatt gleichende Subgenitalplatte ventral abwärts
gedrängt wird. In den so entstehenden, tief klaffenden, frontalen
Spalt der weiblichen Hinterleibsspitze zwängt das Männchen die
seinige hinein und zwar so, daß die linke laterale Kante seines
Rumpfes nach oben sieht. Der männliche Hinterleib ist also nicht
nur schlingenförmig gebogen, sondern auch um seine Längsachse um
ca. 90^ gedreht. Während der Copulation hält das Männchen bei
beiden Arten das Weibchen zwischen seine beiden geschlossenen
Fangarme gepreßt. Das Weibchen von Ameles krümmt während der
Copulation den Hinterleib etwas dorsalwärts. Bei Mantis dauert
die Copulation, wie auch Pezibram angibt, meist 2^/2 Stunden, bei
Ameles 1 — 1 ^'3 Stunden.
Von Ameles werden 4, von Mantis 6 Copulationen beobachtet;
nur in einem Falle wurde bei Mantis dem Männchen intra oder
1) Die Lebensgeschichte der Gottesanbeterinnen (Fang-Heuschrecken),
in: Z. wiss. Insektenbiol., Vol. 3, 1907, p. 117, 146.
Copulation und Spermatophoren von Grylliden und Locustiden. 47
post coitum (die Beg-attung wurde uachts beendet) der Kopf und
Prothorax von Weibchen abgefressen, was ich früher (1900) in
Rovig-no öfters gesehen hatte.
An der Hinterleibsspitze der Weibchen beider Gattungen war
nach der Begattung von außen wenig besonderes zu sehen. Die
Subgenitalplatte war noch ventralwärts abgebogen, und man konnte
vermuten, daß dies durch einen in ilirem Innern verborgenen festen
Gegenstand geschähe. Beim Auseinanderbiegen der Subgenitalplatte
und der dorsal davon liegenden, hakenförmig gekrümmten Legeröhre
sieht man die weißliche, mit einem undurchsichtigen weißen Kern
versehene Spermatopho re in der Vulva stecken.
Herauspräparierte Spermatophoren von Mantis zeigen außer-
ordentlich unregelmäßige Begrenzung, eine Menge von Zacken und
Fortsätzen, die auch in der von Pezibeam gegebenen Textfigur an-
gedeutet zu sein scheinen. Das ganze Gebilde hat etwa die Größe
eines Hanfkornes. Mir liegen zwei konservierte Exemplare vor, von
denen die eine nur ganz unbedeutend größer ist als die andere.
Der größte Durchmesser beträgt nicht ganz 3 mm. Jede Spermato-
phore besteht aus einer Kapsel, die das Sperma enthält und die
von zwei Membranen umgeben ist : die innere Kapsel, die den Samen-
beliälter selbst begrenzt, ist außerordentlich unregelmäßig gestaltet;
trotzdem läßt sich an ihr ein nach außen (caudal) gerichtetes
stumpfes und ein orales, in zwei Hauptspitzen ausgezogenes Ende
unterscheiden. Die größte dieser beiden Spitzen birgt den Aus-
f ü h r u n g s g a n g , der das Sperma in das Receptaculum des Weibchens
zu leiten hat. Außer ihnen ist die Kapsel noch in einige unregel-
mäßige, stumpfere, kleinere Fortsätze ausgezogen.
An der Mündungsstelle des Ausführungsganges stoßen innere
und äußere Haut der Spermatophore zusammen. Im wesentlichen
wiederholt die äußere die mannigfachen Auszackungen der inneren,
ihre äußere Oberfläche ist von einer dünnen unregelmäßig auf-
liegenden Schleimschicht überzogen. Fig. 5, Taf. 3 zeigt eine solche
vergrößerte Spermatophore.
Etwas regelmäßiger gestaltet ist die Spermatophore von
Ameles decolor, die naturgemäß viel kleiner ist als die von Mantis,
etwa l'/o mm lang. Das Ganze ist ein stumpf kegelförmiges Gebilde
ohne die für die Spermatophore von Mantis charakteristischen zackigen
Fortsätze. Auch hier besitzt der eigentliche, den Samen bergende
Hohlraum eine doppelte Hülle, die aber hier durch einen geringeren
Zwischenraum getrennt sind. Die etwas abgerundete und abgeschrägte
48 Ulrich Gerhakdt,
Spitze dieses Keg-els wird sichtbar, wenn man die Legeröhre und
Subg-enitalplatte des Weibchens auseinanderbieg-t , sie ragt dann
nacli außen hervor, während die Basis des Kegels in die Vulva ein-
gesenkt ist, ähnlich wie das zweispitzige Spermatophorenende bei
Mantis. Auch hier mündet der Ausführungsgang durch einen kurzen,
stumpfen Fortsatz an der Basis des Kegels, und an dieser Stelle
stoßen äußere und innere Membran der Spermatophoren zusammen.
Es ist mir durch Zufall nicht gelungen, die von Pezibram be-
schriebene Ausstoßung der entleerten Spermatophore zu beobachten,
weder bei Ämeles noch bei Mantis, obwohl auf diesen Punkt ge-
achtet wurde. Ich muß den richtigen Moment verpaßt haben,
konnte aber auch in den Käfigen keine leeren Spermatophoren
auffinden.
Die uns hier interessierende Frage ist naturgemäß die nach
der Vergleich barkeit der Mantidenspermatophoren mit denen der
uns eigentlich nur beschäftigenden Familien der Grylliden und
Locustiden. Zunächst sind alle drei Spermatophorentypen in-
sofern vergleichbar, als sie neben einer Kapsel, die den Samen ent-
hält, noch weitere Bildungen aufweisen, die als Hüllen, Befestigungs-
mittel usf. auftreten.
Meines Erachtens ist aber, wenn wir von diesen ganz allgemeinen
Ähnlichkeiten absehen, nur ein Spermatophorentypus einigermaßen
mit dem der Mantiden vergleichbar, nämlich der von Gryllotalpa,
der im ersten Teil dieser Arbeit ausführlich geschildert und ab-
gebildet worden ist. Bei Gryllotalpa wie bei den Mantiden enthält
eine äußere Membran in ihrem Innern die kleinere eigentliche,
unpaare Samenkapsel, und nur an der Mündungsstelle des Aus-
führungsganges berühren sich beide. In der ganzen äußeren Form,
in der Aufhängung der inneren Kapsel innerhalb der äußeren, vor
allem aber in der sehr viel komplizierteren Ausgestaltung des Aus-
führungsganges bei Gryllotalpa weichen beide Formen voneinander
ab. Immerhin meine ich, daß, wenn überhaupt eine Möglichkeit
besteht, die Mantidenspermatophoren an die der Grylliden und
Locustiden anzuknüpfen, dieser Punkt der Anknüpfung hier zu
suchen ist. Es ist, wie mir wohl bewußt ist, ebensogut möglich,
daß diese Vergleichbarkeit kein Beweis für einen genetischen Zu-
sammenhang zu sein braucht, und ich bin weit entfernt davon, einen
solchen zu behaupten. Nur möchte ich vor allem feststellen, daß
die Spermatophorenformen der eigentlichen Grillen {Gryllus,
Nemobius, Oecanthus) sich mit denen von Mantis ebensowenig in
Copulation und Spermatophoren von Grylliden und Locustiden. 49
den Einzelheiten ihres Aufbaues vergleichen lassen, wie die der
Locustiden.
III. Besprechung der Ergebnisse.
1. Ergebnisse an Grylliden.
Wenn wir versuchen, aus dem bis jetzt vorliegenden Material
die gewonnenen Ergebnisse zusammenzustellen, so ist zunächst fest-
zustellen, daß für die Grylliden alle im ersten Teile dieser Ab-
handlung ausgesprochenen Folgerungen weiter zu recht bestehen.
Neu beobachtet wurde Oecanthus, dessen Copulation und Spermato-
phore im wesentlichen keine Abweichungen von dem bei den
Gattungen Liogrijllus, GrylUis und Nemohius festgestellten Typus
zeigen, mit einigen Ausnahmen: 1. Die Flügelhaltung von Oecanthus,
durch die ein im Winkel zwischen Flügeln und Körper des Männchens
gelegenes Drüsenfeld entblößt wird, erinnert einigermaßen an die
vieler Locustidenmännchen, ohne daß dieser Ähnlichkeit eine tiefere
Bedeutung zukommen müßte. 2. Die Copulation von Oecanthus hat
ein ähnliches Nachspiel wie die von Nemohius; da nach dessen
Beendigung die Spermatophore aus der Vulva entfernt wird, so wird
zweifellos während seiner Dauer das Sperma ins Eeceptaculum des
Weibchens geleitet. 3. Die Spermatophore, die mit einem Hinterfuß
aus der Vulva genommen wurde, wird vom Weibchen gefressen.
Dieser Modus ihrer Entfernung wurde bei anderen Grillen nicht
beobachtet.
Im übrigen ist Oecanthus im Bau seiner Spermatophore und in
der Ausführung der Copulation trotz seines locustidenähnlichen Ha-
bitus ein echter Gryllide, und die Hoffnung, bei ihm vermittelnde
Eigenschaften zu finden, hat sich nicht erfüllt.
Die Sonderstellung, die Gryllotalpa unter den Grylliden im Bau
ihrer Spermatophore einnimmt, bleibt weiter bestehen, so daß
zwar bei den Grylliden im weiteren Sinne die gleiche Begattungs-
stellung (Weibchen auf dem Männchen sitzend) sich findet,
aber zwei sehr verschiedene Spermatophorenformen vorkommen.^)
1) An dieser meiner Auffassung wird wenig geändert durch die un-
mittelbar nach Fertigstellung dieser Arbeit erschienene Abhandlung BOL-
DYEEv's, „Die Begattung und der Spermatophorenbau bei der Maulwurfs-
grille (Gryllotalpa gryllotalpa L.)", in: Zool. Anz., Vol. 42, p. 592 — 605,
worin er einen äußeren fadenförmigen Anbang der GryUoial]m-S-perma.to-
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. 4
50
Ulbich Gerhardt,
Die soeben besprochene Vergleichbarkeit des gröberen Baues der
Gryllotalpa- und Mantidenspermatopliore könnte auf eine primitive
Ausgangsform bei blattidenartigen Vorfahren hinweisen. Doch fehlen
vorläufig hierfür festere Anhaltspunkte.
Wenn somit die Ergebnisse an Grylliden, wie sie im ersten
Teile dieser Studie niedergelegt wurden, durch die neu hinzu-
gekommenen Beobachtungen keine wesentlich andere Auffassung
verlangen, so scheinen mir die neuen Untersuchungen an Locu-
stiden für diese Familie eine ganze Reihe von neuen Gesichts-
punkten zu ergeben.
2. Ergebnisse an Locustiden.
Es wird zweckmäßig sein, an diesem Orte noch einmal die Be-
obachtungen zusammenzustellen, die, soweit mir bekannt, über die
Begattung und die Spermatophoren von Locustiden vorliegen. Dabei
sollen zunächst die Formen mit bekanntem Copulationsmodus mit
Angabe des Gewährsmannes, sodann die, von denen zwar die
Spermatophore, nicht aber die Begattung bekannt ist, aufgeführt
werden. Es zeigt sich dabei, daß ganz überwiegend europäische
Arten beobachtet worden sind, dagegen über tropische Formen nur
wenige Angaben, die noch dazu sehr unvollkommen sind, vorliegen.
1. Begattung und Spermatophore wurden beschrieben von:
Subfamilie Art Gewährsmann
Phaneroptermi
Meconemini
Conocephalini
Locustini
Barbilistes bcrenguieri
Isophya pyrenaeae
Orjyhania denticauda
Leptophyes pundalissima
Leptophyes hosci
Phaneroptera falcata
Fhaneroptera quadripimdata
Tylopsis liliifolia
Meconema varium
Conocephalus m andibularis
Xiphidium fuscum
Locusta caudata
Locusta veridissima
Beeenguier
TÜMPEL
Gerhaedt
(Spermatophore auch von
BOLDYREV)
BOLIVAE, FaBEE,
Geehaedt
phore beschreibt , den ich nicht gesehen hatte. Inzwischen hat Herr
Boldyeev mir liebenswürdigerweise ein Präparat übersandt, aus dem die
Existenz dieses Fadens zweifellos hervorgeht. Ich werde anderen Ortes
auf diesen Gegenstand näher eingehen. Br., 17. Januar 1914.
Copulation und Spermatophoreu von Grylliden und Loctistiden.
51
Subfamilie
Decticiui <
Ephippigeriiii
Stenopelmatini
Art
Dcdicus albifrons
DecHcus verriicivorus
Platijcleis roeseli
Platijcieis grisea
Thamnotrizon cinereus
Rhacocleis discrepans
Ephippigera Vitium
Ephippigera teyrestris
Ephippigera limbata
Diestrammena marniorata
Gewährsmann
Fabre, Boldyeev
RösEL, Boldyeev,
Gekhaedt
Boldyeev, Geehardt
Geehardt
Fischer
Beeengulee
Geehaedt
Baumgaetnee,
Boldyeev, Gerhardt
2. Außerdem wurden Spermatophoren beschrieben von:
Subfamilie
Phaneropterini
Decticini
Art
Eitrgcorypha sp.
Olgiähoscelis poniica
Thamnotrizon dalmaticus
Platystolus pacliygaster
Gewährsmann
Vosselee ^)
Boldyeev
Geehaedt
vosseler
Ephippigerini ^ Eugaster gityoni
Von europäischen Familien fehlen bisher bei dieser Übersicht
die der Sag^iden, die europäischen Stenopelmatiden und die
C a 1 1 i m e n i d e n. Unter den exotischen Familien ist wohl am meisten
der Mangel an Beobachtungen an Gryllacriden zu bedauern.
Wenn wir die verschiedenen Copulationsmodi der daraufhin
studierten Locustidenformen vergleichend betrachten, so wird zu-
nächst die Einleitung der Begattung ins Auge zu fassen
sein. Sie wird bei den mit Stridulationsorganen begabten Männ-
chen durch Zirpen vorbereitet, das bei Berührung mit den Fühlern
des Weibchens ausgelöst, aber auch vom Männchen, das fern vom
Weibchen ist, als Lockmittel angewendet wird. Ist das Weibchen
begattungsbereit, so wird deutlich diese Bereitschaft durch das
Zirpen des Männchens gesteigert.
Bei Meconema ersetzt das Männchen, das kein Stridulationsorgan
besitzt, das Zirpen durch ein lautes Trommeln mit der Hinterleibs-
spitze auf Blättern, bei Tißopsis antwortet das Weibchen dem zirpen-
den Männchen durch deutlich hörbares Stridulieren. Bei Ephippigera
1) J. VosSELER, Die Gattung Myrraecophana Brunner. Ihre
hypertelische und Ameisennachahmung: in: Zool. Jahrb., Vol. 27, Syst.,
1909, p. 157.
4*
52 Ulrich Gerhardt,
zirpt das Weibchen gleichfalls, aber, wie es scheint, weniger als Ant-
wort auf den Kuf des Männchens.
Schon bei den Grylliden sahen wir (Teil I, p. 448), daß hier bei
manchen Arten das Weibchen aktiv das Männchen besteigt {Gryllo-
talpa\ während bei Liogryllus sich das Männchen mehr aktiv unter
das Weibchen schiebt. Die größere Aktivität oder Passivität des
Männchens bei den Locustiden hängt zum Teil mit der bei der
Begattung eingenommenen, starken Modifikationen unterworfenen
Stellung zusammen, die bei den Grylliden einheitlicher beibehalten
wird. Dort sitzt immer das Weibchen auf dem ruhig auf dem Boden
sitzenden Männchen, die Köpfe beider Tiere sind dabei immer gleich
gerichtet.
Bei der Stenopelmatide Diestrammena lernten wir (Teil I, p. 458)
ein ähnliches Verhalten des Männchens wie bei den Grillen kennen.
Das Männchen schiebt sich in der Hauptsache aktiv unter das
Weibchen, das aber zuweilen dem Männchen dabei seinerseits ent-
gegenkommt. Wie bei den Grylliden das Weibchen vor, bei oder
nach der Begattung das Abdomen des Männchens zu benagen pflegt,
so auch das Weibchen von Diestranwiena am Anfang und am Ende
des Coitus. Wir finden dieses Verfahren bei allen Locustiden wieder,
bei denen das Weibchen aktiv auf den Rücken des Männchens steigt,
und konnten (1. c.) feststellen, daß in dem Reiz, den ein Secret auf
der Dorsalfläche des männlichen Körpers auf das Weibchen aus-
übt, mit großer Wahrscheinlichkeit den Grund für dessen oft
zu beobachtende Aktivität bei der Einleitung der Begattung zu
sehen ist.
Unter den Locustiden, deren Cerci beim Männchen zu Haft-
organen geworden sind, wird das Männchen bei den flügellosen
Phaneropteriden (Odonturen), bei Locusta, den Decticiden und Ephippi-
geriden vom Weibclfen bestiegen. Bei Meconema beleckt das Weib-
chen den weit ausgestreckten Hinterleib des Männchens, wird dann
aber von diesem gewaltsam mit den Cerci ergriifen.
Eine vermittelnde Stellung nimmt Tißopsis ein. Hier schiebt
das Männchen seine Hinterleibsspitze unter das hochaufgerichtete
Weibchen, das die seinige senkrecht abwärts hält und auch wohl
mit seinen Tastern und Vorderbeinen die Rückentiäche des männ-
lichen Abdomens betastet, nicht aber das Männchen eigentlich
besteigt.
Bei Phaneroptera dagegen erfaßt das Männchen von der Seite
her das Weibchen, indem es die Zange seiner Cerci unter die weib-
Copulation und Spermatophoren von Grylliden und Locustiden. 53
liehe Subg-enitalplatte biegt. Noch auffallender ist ein ähnliches
Verhalten bei den bisher beobachteten Conocephaliden.
Wo das Männchen vom Weibchen bestiegen wird, fallen natur-
gemäß die Sagittalebeneu beider Tiere in eine gemeinsame Ebene.
Im einfachsten Falle bleibt das Männchen, das das Weibchen auf
seinem Rücken trägt, auf seiner Unterlage mit allen seinen Füßen
sitzen. Soweit bisher bekannt, ist das, außer bei Diestrammena, nur
bei den Odonturen der Fall, während das Männchen sonst eine
mehr oder weniger starke Umbiegung unter dem Weibchen nach
hinten ausführt. Bei den Decticiden erreicht diese Umbiegung
einen relativ geringen Grad, der Winkel zwischen beiden Körpern
beträgt noch nicht 90% immer aber faßt das zweite Fußpaar au
die Legeröhre des Weibchens, während das erste sich irgendwo fest-
hält. Bei den Locustiden geht die Umdrehung des Männchens
so weit, daß die Köpfe der Tiere entgegengesetzt gerichtet sind.
Sie erfolgt, wie bei den Decticiden, nach der Vereinigung allmählich,
nicht mit einem plötzlichen Ruck. Die beiden ersten Fußpaare ver-
halten sich wie bei den Decticiden. Bei den Ephippigeriden
wird endlich das unter dem Weibchen sitzende Männchen durch
eine purzelbaumartige Bewegung bei einem plötzlichen Sprung des
Weibchens gewaltsam mit dem Kopf nach hinten geworfen, und seine
4 Vorderextremitäten erfassen dessen Legeröhre. Es wurde darauf
hingewiesen, daß das zweite Fußpaar in allen diesen Fällen die
Legeröhre dorsal in die Höhe drückt und so die Vulva erweitert.
Bei Meconema varium findet ein sehr ähnliches Sichüberschlagen
des Männchens unter dem Weibchen statt, dessen Legeröhre aber
hier nicht von den Füßen, sondern den Kiefern des Männchens er-
griffen wird.
Bei Tylopsis, bei der das Männchen von vorn her aktiv das
Weibchen ergreift, bleiben die Tiere mit ihren Sagittalebeneu in
einer Ebene stehen, das Weibchen lehnt sich immer stärker hinten-
über, so daß beide Körper einen sehr stumpfen Winkel miteinander
bilden.
Unter den Formen, bei denen das Weibchen von der Seite und
von unten her vom Männchen ergriffen wird, dreht sich bei Phanero-
ptera falcata das Männchen so unter dem Weibchen herum, daß eine
ähnliche Stellung wie bei Ephippigera zustande kommt, also das
Männchen nach hinten gekehrt unter der Legeröhre hängt, die
Sagittalebene ist beiden gemeinsam. Bei Ph. quadripunctata, deren
Begattung sonst wie die der Gattungsgenossin verläuft, bleibt das
54 Ulrich Gerhardt,
Männchen, obwohl es sich nach hinten wendet, an seiner Unterlage
sitzen. Bei den Conocephaliden endlich sitzen die Tiere mit
entgegengesetzt gerichteten Köpfen so, daß die etwas um die Längs-
achse gedrehten Hinterleiber einander zugekehrt sind, während die
Füße jedes Partners ihre Unterlage festhalten. In den drei letzt-
genannten Fällen hält sich das Männchen nicht an der Legeröhre
des Weibchens.
Es wird hier die Frage aufzuwerfen sein, wie wir uns das Zu-
standekommen dieser zum Teil komplizierten und seltsamen Be-
gattungsstellungen bei den Locustiden vorzustellen haben, die in
einem überraschenden Gegensatz zu der verhältnismäßig sehr ein-
heitlichen Haltung der Grylliden stehen.
Wir können es als sicher annehmen, daß die fadenförmigen,
fühlerartigen Cerci der Grylliden, Stenopelmatiden und Gryllacriden,
die wir auch bei den meisten übrigen Orthopteren, insbesondere
bei den Blattiden und Mantiden, antreifen, primitiver sind als die
zu Greiforganen differenzierten der übrigen Locustiden. Deshalb
werden wir auch den Modus der Vereinigung der äußeren Ge-
schlechtsorgane, wie wir ihn bei den Formen mit fadenförmigen
Cerci antreffen, für ursprünglicher halten müssen. Soweit diese
Formen auf ihre Begattung hin bekannt sind, sitzt bei ihnen das
Weibchen auf dem Männchen, das seine Unterlage nicht verläßt.
Daher wird dies der ursprüngliche Begattungsmodus der Grylliden
und Locustiden gewesen sein. Bei den Formen mit umgewandelten
Cerci finden wir nun auch einen höheren Grad der Differenzierung
der männlichen Subgenitalplatte, die in den meisten Fällen mit
Styli versehen ist. Dadurch ergibt sich insofern eine Verschiebung
der Tätigkeit der bei der Copulation als Haftorgane fungierenden
Gebilde, als bei den Grylliden der Penis mit dem extrem ent-
wickelten Titillator die Befestigung des Männchens am Weibchen
bewirkt, während bei Diestrammena eigentlich eine solche nur durch
die schon im Weibchen und noch im Männchen haftende Spermato-
phore vollzogen wird, den anderen Locustiden aber bereits in den
festen, hakenförmigen Cerci ein Befestigungsmittel des Männchens
am Weibchen gegeben ist. Es ist anzunehmen und zu hoffen, daß
das Studium der Begattungsgewohnheiten anderer Stenopelmatiden
und der Gryllacriden uns Übergänge zwischen dem sehr primitiven
Verfahren von Diestrammena und dem anderer Locustiden kennen
lehren wird. Vorläufig klafft hier eine Lücke.
Die als Greiforgane ausgebildeten Cerci, die eine Zange dar-
Copulation und Spennatophoreu von Grylliden und Lociistiden. 55
stellen, passen fast immer in zwei Gruben an der äußeren (ventralen)
Fläche der weiblichen Subgenitalplatte, und zwar entweder (Locu-
stiden, Decticiden, Ephippigeriden, Xiphidium) mit einem an ihrer
medialen Kante vorspringenden Zahn oder (Phaneropteriden, Cono-
cephalus) mit ihrer hakenförmig nach innen gebogenen Spitze selbst.
Ein besonderes Verhalten zeigt Meconema, dessen lange Cerci im
Leben sich niemals, wie dies oft abgebildet wird, kreuzen, sondern
sich mit ihren Spitzen berühren und so eine weite Zange darstellen.
Diese Zange umfaßt hier die ganze Dicke des an der Legeröhren-
wurzel verjüngten weiblichen Hinterleibes.
Li der Mehrzahl der Fälle wird nun der Kontakt der beider-
seitigen Geschlechtsorgaue noch dadurch hergestellt, daß die Styli
der männlichen Subgenitalplatte und — wo vorhanden — die
chitinöse Gabel des Titillators der ventralen Legeröhrenkante des
Weibchens angelegt werden, so daß sie sie zwischen sich fassen,
gewissermaßen auf ihr reiten. Das ist nun oft nur zu erreichen
durch die erwähnte Umdrehung des Männchens, und in der Kon-
figuration von Titillator und männlicher Subgenitalplatte scheint
mir ihre Hauptursache zu liegen. Daß auch bei den eines Titillators
ermangelnden Fhaneroptera- Arten eine Umdrehung des Männchens
stattfindet, hängt mit dem ungewöhnlichen Modus des Spermatophoren-
austrittes zusammen.
Ganz abweichend von dem von uns als ursprünglich ange-
nommenen Verfahren und sicher sekundär er-worben erscheint das
Ergreifen des Weibchens durch das Männchen, ohne daß ein Be-
steigen stattfindet, bei Phaneroptera und den Conocephaliden.
Hier ist der bei Tißopsis noch angedeutete vom Rücken des Männ-
chens ausgehende Reiz, der das Weibchen veranlaßt, dieses zu be-
lecken und zu benagen, vollständig weggefallen.
Für flügellose Formen wie die Odo nturen, die den ursprüng-
lichen Begattungsmodus, Männchen sitzend, Weibchen auf seinem
Rücken, beibehalten haben, mag es wegen ihrer Verwandtschaft mit
den abweichend verfahrenden geflügelten Phaneropteriden zweifelhaft
sein, ob sie nicht sekundär wieder diesen Copulationsmodus erworben
haben. Jedenfalls ergibt unsere Übersicht, daß die Zahl der modi-
fizierten Fälle ganz wesentlich die der ursprünglichen überwiegt.
Was den Verlauf der Begattung angeht, so liegt deren
Höhepunkt, wie aus dem Verhalten des Männchens zu ersehen ist,
überall in der Ausstoßung der Ampullen der Spermatophore.
Vorher ist ein Unterschied festzustellen zwischen den Formen mit und
56 Ulkich Gerhardt,
ohne Titillator. Wo dieses Gebilde fehlt oder rudimentär ist(Stenopel-
matiden, Phaneropteriden), wird unmittelbar nach dem Eingreifen
der männlichen Cerci an die Subgenitalplatte des Weibchens der
weichhäutige Penis vorgestreckt, und ohne daß er wieder eingezogen
würde, treten aus ihm die Ampullen hervor, und zwar sowohl bei
Diestrammena wie bei den Phaneropteriden nach sehr kurzer Zeit
(ca. 1 Minute).
Bei den Locustiden, die einen wohlausgebildeten Titillator be-
sitzen, wird dieser wohl immer während des ersten Teiles der
Copulation unter abwechselndem Aus- und Einstülpen des Penis
auf der innerhalb der durch das Abheben der weiblichen Subgenital-
platte geöffneten Vulva liegenden weichhäutigen Wurzel der Lege-
röhre hin- und herbewegt. Gleichzeitig legen sich die Warzen, die
der Penis trägt, bei dessen Ausstülpung dicht in die Ecken der
Vulva hinein. Durch diese Bewegungen wird sicher einerseits eine
Reizung der weiblichen Organe bewirkt, andrerseits beim Männchen
die Ausstoßung der Ampullen lierbeigeführt.
Dieser Akt kündigt sich bei allen Locustiden durch erhöhten
Turgor des Penis, vor allem durch das Hervortreten der eigent-
lichen männlichen Geschlechtsöffnung an. Die ausgiebigen Be-
wegungen von Penis und Titillator hören auf und werden durch
raschere, rhythmische Preßbewegungen des ausgestülpten Organs
abgelöst. Bei Diestrammena tritt fast gleichzeitig mit der unpaaren
Ampulle eine paarige Secretmasse aus, die später den Kern der
seitlichen Spermatophorenkugeln bildet; bei den übrigen Locustiden
mit hakenförmigen Cerci treten paarige Ampullen hervor, die bei
Decticiden, Locustiden und Ephipperiden von einem dicken undurch-
sichtigen Secretmantel umschlossen sind.
Sind die Ampullen erschienen, so werden sie bei allen Locu-
stiden durch eine rasche Bewegung von hinten unten nach vorn
oben mit ihrem Stiel, der beim Austritt nachfolgt, in die Vulva ein-
gedrückt. Am ausgiebigsten ist diese Bewegung \i%i Diestrammena \ bei
Ephippigera, Locusta etc. ist sie schwerer wahrzunehmen, weil da die
kurzen Cerci nur einen geringen Spielraum für sie lassen. Das vor-
her gar nicht am Weibchen befestigte Diestrammena-Mäbnnchen muß
erst mit seiner Hinterleibsspitze die Vulva des Weibchens suchen.
Während bei dieser Gattung außer der unpaaren Ampulle zwei seit-
liche Secretkugeln und bei Locustiden, Decticiden und Ephippigeriden
(Platystoliis) außer komplizierten akzessorischen Gebilden des Sper-
matophorenstieles die eiweißhaltigen Ampullenmäntel mit den Samen-
Copulation und Spermatophoren von Grylliden i;nd Locustiden. 57
behältern zusammen aus der männlichen Geschlechtsöffnung- aus-
geschieden werden, treten bei den Phaneropteriden, Meconema und
den Coconocephaliden die Ampullen ohne besondere Hülle hervor.
Besondere schleimige H ü 1 1 m a s s e n der eigentlichen Samen-
behälter werden bei allen Locustiden produziert, doch existieren in
der Art ihrer Abgabe wesentliche Unterschiede,
Bei dem ersten Typus, der die am häufigsten anzutreffende
Form der Locustidenspermatophore darstellt, wird unmittelbar oder
fast unmittelbar nach der Befestigung der Ampullen in der Vulva
eine kompakte, einigermaßen oder sehr charakteristisch geformte
Secretmasse abgesondert, die mit den Ampullen eng zusammen-
hängt und ventral und in der Hauptsache oral von ihnen gelegen
ist. Der typische Hergang ist der, daß zwischen Cercis und Sub-
genitalplatte des Männchens die Ampullen hervorgetreten sind, daß
nun an dem gleichen Ort die Secretmasse des „Spermatophylax"
(BoLDYEEv) hervorzuquellen beginnt. Das kann so rasch und in so
abgerundeter Form {DecticKS, Rhacodeis) geschehen, daß der Eindruck
erweckt wird, die ganze Spermatophore, Ampulle plus Hülle, werde
als einheitlicher Körper ausgestoßen, Oder aber {Locusta, EpMppi-
gera) das Secret dringt in enormen Massen langsam aus der männ-
lichen Genitalöffnung hervor, diese oft weit zum Klaffen bringend.
Bei dem erwähnten Typus des Spermatophorenaustrittes, der
sich auch bei Leptophyes bosci unter den Phaneropteriden findet,
tritt die Secretmasse ventral von den Cerci des Männchens aus.
Bei den geflügelten Phaneropteriden ist dies nicht der Fall. Bei
Tißopsis treten zwar die Ampullen an der angegebenen Stelle aus,
die Schleimhülle erscheint aber dorsal von den männlichen Cerci,
in dem Winkel zwischen männlichem und weiblichem Abdomen. Das
ist dadurch möglich, daß hier jederseits ein zipfelförmiger Fortsatz
der männlichen Genitalschleimhaut hervorgestreckt wird. Bei den
Fhaneroptera-kxi^n streift das Männchen seine Cerci über die bereits
befestigten Ampullen hinweg, die so, wie die dann austretende
Spermatophorenhülle, dorsal von jenen zu liegen kommt.
Einen zweiten Typus weist Leptophyes pundatissima auf, bei
der der Austritt der Spermatophorenhülle ventral von den Cercis
des Männchens als die Secretion eines zähen ungeformten Schleim -
tropfens erfolgt, der langsam unter rhythmischen Kontraktionen des
Abdomens ausgepreßt wird.
Bei den Conocephaliden werden die Ampullen außerordent-
lich tief in die Vulva eingesenkt. Bei Xiphidium erfolgt dieses
58 Ulrich Gerhardt,
tiefere Einpressen der vorher auf normale Art ausgetretenen Am-
pullen erst während der Secretion der Schleimmassen. Hier legt das
Männchen einen Schleimhautzipfel aus seiner Genitalöffnung- jeder-
seits von der Vulva der Seitenwand des weiblichen Hinterleibes an.
Dabei sind seine Styli der Legeröhre angepreßt. Es tritt nun jeder-
seits ein glasiger Schleimtropfen aus, der mehr und mehr wächst
und zu einer Art Beule erhärtet.
Bei Conocephalus ist hiervon nichts zu bemerken, aber, wie auch
bei Meconema, wird nach dem Einbringen der Ampullen der Hinter-
leib des Männchens noch lange kontrahiert, ohne daß größere Secret-
massen sichtbar würden.
Während also bei den übrigen Locustiden dem Austritt der
Ampullen in kurzer Zeit die Secretion voluminöser Schleimmassen
folgt, zieht sich bei Conocephaliden und Meconemiden der auf jenen
folgende ßegattungsabschnitt bedeutend in die Länge. Das bedeutet
einen dritten Begattungstj^pus,
Endlich stellt Biestrammena auch in bezug auf die Ausscheidung
der Spermatophorenhülle einen Sondertypus dar.
Die Spermatophore selbst besteht bei allen Locustiden aus
Ampullen und Hülle. Die Ampulle ist unpaar nur bei Biestrammena.
Bei Decticiden, Ephippigeriden und Locustiden sind
besondere Ampullenmäntel, Am pullen läppen, vorhanden, die
bald nach der Copulation durchsichtig werden, bei den Decticiden,
Locustiden und Platystolus außerdem akzessorische Hohlräume (Bol-
DYEEv). — Die Hülle, Spermatophylax (Boldyeev), Sper-
matophragma (Cholodkowsky), ist, soweit sie als besonderer
Körper geformt ist, immer oral und ventral von der Spermatophore
gelegen, außer bei Xiphidium. Sie ist am voluminösesten bei Tylopsis,
Ephippigera und Locusta, bei Phaneroptera falcata mit einem besonderen
Stiel am Bauche des Weibchens befestigt und von den Ampullen
gelöst. Bei Leptophijes punctatissima ist sie zähflüssig und ungeformt,
bei Xiphidium ist sie paarig, hat keinen Zusammenhang mit den
Ampullen und ist auf die Flanken des Weibchens verlagert, während
in die Vulva nur eine kleinere Schleimmasse ergossen wird. Fast
hüllenlos, nur mit dünner, glasiger Secretschicht überzogen, sind die
Ampullen von Meconema. Gleichfalls wenig entwickelt ist die Hülle
bei Conocephalus.
Da wir in Biestrammena eine Form mit primitiver, in Meconema
und Conocephalus solche mit stark modifizierter Begattungsweise
sehen, so wird bei den beiden letzten Gattungen die geringe Ent-
Copulation und Spermatoplioren von Gryllideii und Locustiden. 59
Wicklung' der Spermatophorenhülle kein primitives Merkmal zu sein
brauchen, zumal die Ampullen auch hier paarig sind, also ihr Bau
nicht auf einen Anschluß an niedere Formen hinweist.
Die Dauer der Begattung ist bei den einzelnen Gattungen
und Arten sehr verschieden, die kürzeste beobachtete Zeit ist 3 Mi-
nuten bei Phaneropteriden , bei Decticus sind 8 Minuten die Regel,
bei anderen Decticiden 20 — 40 Minuten, bei Locusta caudata über
eine Stunde. Es soll daran erinnert werden, daß bei Grillen 1 Mi-
nute (Oecanthus) als Minimum, 4 Minuten {Gryllotalpa) als Maximum
beobachtet wurde.
Bei Decticiden, Ephippigeriden und Locustiden verstreicht die
Hauptzeit der Begattung bis zum Austritt der Ampullen ; bei Cono-
cephaliden und bei Meconema nimmt der darauf folgende Abschnitt
die längste Zeit in Anspruch.
Bei Conocephalus konnte (vielleicht, weil das Tier erschreckt
war) ein Verzehren der Spermatophore durch das Weibchen nicht
gesehen werden. Sonst fressen alle Locustiden -Weibchen (und
wahrscheinlich unter normalen Umständen auch das von Conocephalus)
mindestens die Schleimhülle, meist aber (außer Phaneroptera falcata)
auch die Ampullen nach deren Entleerung auf. Auch Meconema,
dessen Spermatophore fast hüllenlos ist, frißt sie bald nach der
Copulation auf.
Daß der schon bei Grillen angedeutete oder vorhandene Freß-
instinkt des Weibchens bei Locustiden festere Form angenommen
hat, hat zu einer biologischen Besonderheit dieser Familie geführt.
BoLDYREv sieht in dem Schutze des Sperraas vor diesem Freßinstinkt,
solange es noch nicht in das Receptaculum des Weibchens gelangt
ist, die Bedeutung der Spermatophorenhülle, für die er deshalb den
Namen Spermatophylax vorschlägt. Immerhin ist es, wie Meco-
nema zeigt, auch sehr wohl möglich, daß der Freßinstinkt des Weib-
chens in vollem Umfang besteht und befriedigt wird, ohne daß ein
eigenes, als Spermatophylax zu bezeichnendes Gebilde existierte.
Bei lange dauerndem Vereinigtbleiben der Geschlechter nach der Be-
festigung der Ampullen kann noch während der Copulation das
Sperma aus den Ampullen in das Receptaculum des Weibchens ge-
langen, so daß dann die Spermatophore fast unmittelbar nach der
Beendigung der Copulation gefressen werden kann. Auch bei
manchen Grylliden {Oecanthus, Gryllotalpa) wird die Spermatophore
nur 10—20 Minuten vom Weibchen getragen.
Es ist nicht zu bezweifeln, daß die oft enorme Ausbildung des
60 Ulrich Gerhardt,
Spermatopliylax in engstem Konnex mit der Ausbildung des Freß-
instinkts der Weibchen steht. Desto überraschender sind solche
Fälle, in denen das weibliche Tier nur einen sehr geringen Teil der
Spermatophore frißt und den Rest tagelang mit sich herumträgt, bis
er abfällt {Phaneroptera falcata, Ephippigerum vüium nach Fabre).
Besonders merkwürdig liegt der Fall von Xiphidimn, wo die zum
Fressen bestimmten Schleimmassen räumlich von den Ampullen weit
getrennt sind.
Soweit bisher bekannt, reißen nur einige Decticiden (Decticus,
Rhacodeis, wahrscheinlich Platycleis grised) den gesamten Spermato-
phylax auf einmal ab und zerkauen ihn allmählich. Xiphidium
nimmt jede der paarigen Schleimmassen in toto ab und verfährt
damit ebenso, sonst wird wohl überall die Spermatophorenmasse in
kleinen Portionen gefressen.
Die Tatsache, daß auch bei Grylliden, wenn auch weniger regel-
mäßig, der Instinkt der Weibchen, sich der leeren Spermatophore
durch Auffressen zu entledigen, vorkommt^), könnte darauf schließen
lassen, daß bereits die gemeinsamen Vorfahren von Grylliden und
Locustiden ihn besaßen. Es wäre wünschenswert, daß über das Ver-
halten der Grillenweibchen in diesem Punkte weitere Beobachtungen
angestellt würden.
Hier muß auch noch einmal auf die im ersten Teile dieser Studie
bereits erörterte Frage nach der ein- oder mehrmaligen Be-
gattung der Locustiden eingegangen werden. Es kann nicht mehr
zweifelliaft sein, daß bei den meisten Gattungen und Arten mehr-
malige Begattung vorkommt. Ich habe sie mit Sicherheit beobachtet
bei den Gattungen Leptophyes, Phaneroptera, Decticus und Diestram-
mena für beide Geschlechter, für Xiphidium und Locusta für die
Männchen. Nur einmalige Begattung würde nach Berenguier
für Isophya feststehen ; ich halte für möglich, daß sie bei Conocephalus
die Regel ist.
Wenn also auch sicherlich die mehrmalige Begattung für beide
Geschlechter bei den Grillen in viel ausgedehnterem Maße vor-
kommt als bei den Locustiden, so wird sie doch auch in dieser
Familie zweifellos bei einer großen Reihe von Gattungen ausgeübt.
Schließlich möchte ich hier noch die Jahres- und Tag- es
S)
Zeiten angeben, an denen ich meine Beobachtungen anstellte.
1) Nach BoLDYREv's Beobachtungen frißt auch das Weibchen von
Gryllotalpa die Spermatophore auf. (Anm. w. d. Korr.)
Copulation und Spermatophoren von Grylliden und Locustiden. Ql
G r y 1 1 i d e n.
Art
Monat
Tageszeit
Fundort
Liogryllus campestris
Gryllus domesticus
Nemobuis sylvestris
Oecanthus pellucens
Gryllotalpa vulgaris
Jnni, Juli
Das ganze Jahr
Aug-., Sept.
Okt.
Mai, Juni
mehrmals am
Tage
mittatis
vorm., nachm.
nach Eintritt der
Dunkelheit
abends , nach
Eintritt der
Dunkelheit
Breslau
Quedlinburg (an
vielen Orten aus-
gerottet)
Gamburg a. T.
Rovigno
Breslau
Locustiden.
Art
Monat
Tageszeit
Fundort
Leptophyes pundatissima
Aug., Sept.
vorm., nachm.
Gamburg a. T.
Leptopliyes bosci
Sept.
nachm.
Monte Maggiore
Phaneroptera falcata
Aug., Sept.
nachm. auch
morgens
Gamburg a. T.
Phaneroptera quadripunctatd
Okt.
später Nachm.
Rovigno
Tylopisis liliifolia
Sept., Okt.
Vor- und früher
Rovigno, Ragusa,
Nachm.
Mostar
Meconema varium
Aug.
nachts
Hökeudorf
Xiphidium fuscum
Sept., Okt.
nachm. u. abends
Rovigno
Conocephalus mandibularis
Sept.
nachm. u. abends
Rovigno
Locusta caudata
Juli
abends
Oswitz bei Breslau
Locusta viridissima
Juli, Aug.
nachm., abends
Gamburg a. T.,
Hökeudorf
Decticus verrucivorus
Juli, Aug.
vorm.
Hökendorf, Breslau
Platycleis roeseli
Juli bis Sept.
vorm.
Breslau, Hökendorf
Platyckis grisea
Aug.
vorm.
Gamburg a. T.,
Thamnotrizon einer etis
Aug., Sept.
nachm.
Gamburg a. T.,
Hökendorf
Hhacocleis discrepans
Sept.
nach Eintritt der
Dunkelheit
Rovigno
Ephippigera limbata
Sept., Okt.
vorm.
Monte Maggiore,
ßoviffno
Diestrammena marmorata
das ganze Jahr
Dämmerung und
eingeschleppt in
Dunkelheit
Warmhäusern
3. Allgemeine Ergebnisse.
Wenn ich mir auch wohl bewußt bin, daß es mir nicht gelungen
ist, die Copulation und noch weniger den Bau der Spermatophoren
bei Locustiden und Grylliden auf eine gemeinsame Basis zurück-
62 Ulrich Gerhardt,
zuführen, so scheint mir doch in diesem negativen Ergebnis immerhin
eine Feststellung zu liegen, die in ihren Schlußfolgerungen lehr-
reich ist.
Die Begattung von Grylliden und Locustiden bietet zweifellos
viel Gemeinsames, Aber es sind verschiedene Entwicklungsrichtungen
eingeschlagen worden. Die primitive B e g a 1 1 u n g s s t e 1 1 u n g ist
von den Grylliden konsequenter beibehalten worden als von den
Locustiden, die mit der Differenzierung der Cerci und der Subgenital-
platte beim Männchen, also mit morphologischen Fortschritten,
biologische Veränderungen eingehen mußten.
Lassen sich aber bei den Locustiden unter Berücksichtigung
tatsächlich vorhandener vermittelnder Formen diese Modifikationen
der Begattungsstellung, der Verwendungsweise der Anhangsgebilde
des Hinterleibes beim Männchen etc. mit dem primitiveren Verhalten
der Grylliden unschwer in Zusammenhang bringen, so ist eine solche
Zurückführung bedeutend schwerer in bezug auf den Bau der
S p e r m a 1 0 p h 0 r e n.
Wir hatten früher drei Spermatophorentypen, die der GryUoialpa,
der echten Grillen, inkl. Oecant/ms, und der Locustiden, unter-
schieden. Eine Vergleichung mit Mantis- und yimeZes-Spermatophoren
ergab wenig Positives, da dort weniger spezialisierte Gebilde vor-
liegen. Die drei Typen unter sich scheinen nur sehr allgemein
vergleichbar. Unpaar sind die Samenbehälter in den Spermato-
phoren der Formen mit wenig differenzierten männlichen Cerci, der
Grylliden und der von Biestrammena. Darin liegt vielleicht ein
verwertbarer Hinweis. Im übrigen sind aber alle Locustiden-
spermatophoren Entwicklungswege gegangen, die sie von denen der
Grylliden weit entfernt haben, und eigentlich verbindende Formen
stehen noch aus.
Werden solche Formen zu finden sein? Die Antwort hierauf ist
vorläufig nicht zu geben, aber es kann nur immer wieder auf die
Fülle der tropischen Formen hingewiesen werden; was bei dieser
unendlichen Menge unerschlossenen Materiales noch zutage gefördert
werden kann, läßt sich gar nicht abschätzen.
Daß die beiden nahe verwandten Familien der Grylliden und
Locustiden in bezug auf die Ausgestaltung ihrer Spermatophoren so
verschiedene Wege eingeschlagen haben, weist vielleicht auf eine
frühe Trennung beider hin. Gerade bei der scharfen Ausprägung
der trennenden Charaktere würde das Auffinden von etwaigen ver-
mittelnden Spermatophorenformen für die Phylogenie der beiden so
Copulation und Spermatophoren von Grylliden und Locustiden. 63
ähnlichen und doch so divergent entwickelten Orthopterenfamilien
sicher von weittragender Bedeutung sein.
Breslau, 29. Oktober 19] 3.
Erklärung der Abbildungen.
Tafel 1.
Fig. 1 u. 2. Momentaufnahmen von Ephippigera limhata während
der Begattung, aufgenommen von Herrn L. Pohl.
Fig. 1. Stellung vor dem Austritt der Spermatophore.
Fig. 2. Austritt der Ampullenlappen beendet.
Fig. 3 — 11. Photogramme von Locustidenweibchen mit Spermato-
phore. Aufnahmen in ca. l^g- ^^ angefertigt von Herrn Priv.-Doz.
Dr. Pax, Alle Tiere waren unmittelbar nach der Begattung konserviert
w^orden, alle Spermatophoren sind unverletzt, Formolpräparate.
Fig. 3. Leptophyes bosci Fieb.
Fig. 4. TylojJsis liliifoUa Fab.
Fig. 5. Meconenia variiim Fab.
Fig. 6. Conocephalus mandibularis Chaep.
Fig. 7. Xiphidium fuscum Fabe. a) seitliche, b) ventrale Ansicht.
Fig. 8. Decticus verrucivoriis L.
Fig. 9. Thamnotrizon cinereus L.
Fig. 10. Rhacocleis disat-epans Fieb.
Fig. 11. Ephippigera limbata FisCH.
Tafel 2.
Fig. 1. Locusta caiidafa Chaep. \ Weibchen mit Spermatophore wie
Fig. 2. Locnsta viridissinta L. / Fig. 3 — 11 der vorigen Tafel.
Fig. 3 — 7. Schematische Darstellung von Begattungsstellungen. Nach
Skizzen des Verfassers, die nach dem Leben entworfen waren, gezeichnet
von Herrn L. Pohl. (J rot, $ schwarz, Spermatophore punktiert.
Fig. 3. Oecanthus pellucens Scop.
Fig. 4. Tijlopsis liliifoUa Fab.
Fig. 5. Meconema variam Fab.
Fig. 6. Conocephalus mandibularis Chaep. (kaum schematisiert).
Fig. 7. Thamnotrizon cinereus L.
64 U. Gerhardt, Copulation und Spermatophoren von Grylliden u. Locustiden.
Fig. 8. Hinterleibsenden des (^ und ^ von Locusta caudata Chaep.
während der Begattung vor dem Austritt der Spermatophore. c Cerci
des Männchens, p Penis. ls(^ seine Subgenitalplatte. * Ort der männ-
lichen Geschlechtsöffnung, t Titillator. w Schleirahautwarzen des Penis.
ovd Legeröhre, v Grund der Vulva. Is^ Subgenitalplatte des "Weibchens.
Tafel 3.
Sämtliche Figuren , nach Präparaten des Verfassers von Fräulein
Helene Limpeicht gezeichnet, sind nicht schematisiert.
Fig. 1 — 5. Gezeichnet mit dem ZEiSS'schen Präpariermikroskop.
Fig. 1. Spermatophore von Oecanthus pellncens SCOP. in der Vulva
des Weibchens. Ventralfläche nach oben orientiert. Unter der Spermato-
phore die Legeröhre, darunter Subanalklappe und Cerci. 32 : 1.
Fig. 2 u. 3. Spermatophore von Meconema varium Fab.
Fig. 2. Spermatophore in der Vulva. Orientierung wie in der vorigen
Figur. Links Subgenitalplatte, rechts Legeröhrenwurzel. Konserv. Forraol,
unmittelbar post coitum. 32 : 1.
Fig. 3. Sagittalschnitt , unmittelbar neben der Medianebene durch
ein gleiches Präparat. Orientierung mit der Bauchfläche nach unten.
Oben der kotgefüllte Enddarm, in der Mitte Receptaculum seminis, unten
Spermatophore mit Ausführungsgang der einen Ampulle, der eine termi-
nale Erweiterung trägt. Im Receptaculum ein weißer kugliger Sperma-
klumpen. 16:1.
Fig. 4. Medianschnitt durch die frisch konservierte Spermatophore
von Ephijypigera limhata Fisch. Unten homogene Hüllmasse, oben die
durch den linken Ampullenlappen rot durchscheinende linke Ampulle.
Pechts oben der Spermatophorenstiel. 16:1.
Fig. 5. Spermatophore von Maniis reUgiosa , Formolpräparat, in
Alkohol konserviert. 16:1.
Fig. 6 — 11. Medianschnitte durch Locustidenweibchen mit Spermato-
phore. Formolpräparate. Rasiermesserschnitte, Lupenvergrößerung. 3 : 2.
Fig. 6. Conocephalus mandihularis Chaep.
Fig. 7. Xiphidium fuscum.
Fig. 8. Locusta viridissima L.
Fig. 9. Plati/cleis roeseli Hagenb. \ Spermatophylax (Hülle)
Fig. 10. Platydeis grisea Fabe. / entfernt.
Fig. 11. Thavmotrizon cinereus L.
Nachdruck verboten,
tlbersetzungsrecht vorbehalten.
Das 10. Abdominalsegment der Käferlarven als
Bewegungsorgan.
Von
Paul ßrass.
(Aus dem Zoologischen Institut zu Greifswald.)
Mit Tafel 4-7 nnd 7 Abbildnngen im Text.
Inhalt.
Einleitung.
Historischer Überblick : ältere Angaben über den Nachschieber. Morpho-
logie des Abdomens.
Technik.
Spezieller Teil.
A. Chrysomelidae.
GaleruceUa riburni Payk.
Agelastica alni L.
Plagiodera amoraciae L.
Lina tremulae Fabr.
Crioceris merdigera L.
Cassida ruhiginosa Illig.
B. Coccinellidae.
C. Cantharidae.
Cantharis (Telephoi-us) rufipcs L.
J^. Lampyridae.
Luciola italica Lap.
E. Cleridae.
Clerus formicarius Geoffr.
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. '^
66 Paul Bbass
F. ßyturidae.
Bfjtiirics tomentosus Fabe.
Gr. Cryptophagidae.
Cryptophagns siihfumatus Kr.
zweifelhafte Form
H. Elateridae.
Melanotus castanipes Payk.
J. Pyrochroidae.
Pijrocliroa coccinea L.
K. Tenebrionidae.
Tenebrio molüor L.
L. Carabidae.
Nebria brevicollis F.
Cychrus rostratus Fabr.
Calosoma sycophanta L.
M. Silpliidae.
Silpha rugosa L.
N. Stapbylinidae.
Omalium rivulare Payk.
Omalium excavatum Steph.
Xaniholinus lentus Gray.
Staphylimis sp.
0. Histeridae.
Platysoma compressum Hrbst.
zweifelhafte Form
Rückblick und Vergleich.
Einleitung.
Es ist eine überraschende und auffällig'e Tatsache, daß man
trotz der umfangreichen Literatur über Coleopteren doch über viele
biologische Fragen im unklaren ist. Es mag dies daher kommen,
daß die zahlreichen Arbeiten früherer Forscher meist S3'stematischen
Inhalts waren und man sich verhältnismäßig wenig mit den bio-
logischen Verhältnissen beschäftigte. So fand ich auch wenig ge-
naue Mitteilungen über ein Gebiet, das mir besonders interessant
erschien: die mannigfaltige Ausbildung des „Nachschiebers" und die
Verschiedenheit seiner Funktion bei der Bewegung. Man hatte
zwar schon sehr früh beobachtet (Rösel, de Geer etc.), daß den
Tieren bei der Fortbewegung ein „Nachschieber" als Hilfsorgan
diente, aber man schwieg fast allgemein über die Herkunft und
Natur dieses Organs oder deutete es so, daß mir berechtigte Zweifel
an der Eichtigkeit dieser Auffassung kamen.
So schien es mir interessant, einmal im Zusammenhang diese
Verhältnisse und die mannigfache Art in der Ausbildung zu studieren.
Das 10. Abdominalsegment der Käferlarven als Bewegungsorgan. 67
Wenn ich auch nicht alle Familien untersuchen konnte, so gelang
es mir doch, Vertreter der Hauptfamilien zu sammeln, so daß ich
mir von der Verschiedenartigkeit des „Nachschiebers" und den
mannigfachsten Anpassungen desselben an das umgebende Medium
ein Bild machen konnte.
Historischer Überblick.
Die ersten Angaben über die Unterstützung bei der Fort-
bewegung mit Hilfe eines Nachschiebers fand ich bei Frisch (1727),
der in seiner „Beschreibung von allerlei Insekten in Teutschland"
neben einer Beschreibung von Cassida und Crioceris auch auf einige
andere Formen eingeht. So sagt er außer über Tenebrio molitor
(Vgl. unten S. 95) auch von Staphylinus: „Unter der Schwan tzzange
geht aus dem hinteren etwas als ein Fuß, welches ich den Nach-
schieber bey diesen und anderen langleibigen Würmern zu nennen
pHege, dann er setzt diesen Nachschieber auf die Erde, und schiebt
den Leib damit fort oder hält sich damit an." Nur wenige Jahre
später (1734) veröffentlicht Rene A. Reaumur seine „Histoire des
Insectes", aber auch er gibt neben einer sehr ausführlichen und
zutreff'enden Darstellung der Lebensweise von Cassida und Crioceris
fast gar keine Schilderung von anderen Formen. Erst Rösel
V. Rosenhof (1749) gibt uns in seinen „Monatlichen Insekten-
belustigungen" eine Beschreibung von den meisten damals bekannten
Käfern und auch deren Larven. Die erst nach seinem Tode von
Klemann veröffentlichte Darstellung ' der Lebensweise und Meta-
morphose von Necrophorus vespiUo gehört zweifellos zu den vorzüg-
lichsten Leistungen der biologischen Literatur des 18. Jahrhunderts,
wenn sie uns auch über die Natur des „siebten Fußes" im unklaren
läßt. Überragt werden aber alle diese Forscher von de Geer, der
in seiner „Histoire des Insectes" (1774 — 1775) die Lebensweise der
Käfer und ihre früheren Zustände so ausführlich und genau be-
schreibt, daß man sie noch heute sehr oft als die besten Darstellungen
wörtlich zitieren kann (s. S. 78). Er spricht von einer „septieme
patte" und von einer „masse de chairs molles et flexibles, de figure
variable", die aus dem After heraustritt; aber leider schweigt auch
er über die Natur und Herkunft dieser „masse de chairs", sagt
allerdings, daß sich der After in der Mitte der ausgestülpten Masse
befindet.
Viel neues vermag Latreille in seiner „Histoire" (1801—1805)
auch nicht zu sagen. Er wiederholt meist ältere Angaben, be-
68
Paul Brass,
scliäftigt sich aber auch mit Formen, die keinen direkten „Nach-
schieber'- haben und mit anderen Hilfsmitteln zur Fortbewegung
ausgestattet sind. P. Fe. Bouche gibt in seiner „Naturgeschichte
der Insekten" (1834) zum erstenmal eine Art Larvenkatalog der
Käfer mit ausführlicher Beschreibung und ist deshalb interessant.
Sonst beziehen sich seine Mitteilungen über den ,,Nachschieber" wie
auch die von Westwood in seiner „Introduction" (1839) und von
Eatzebukg in seinen „Forstiusekten" (1837) auf Angaben früherer
Autoren. Bei Maille (1826) finden wir ausführliche Angaben über
die Art des Fixierens bei den Larven der Lampyriden (1. c, p. 354).
Über die Haftschläuche derselben äußert sich E. Haase (1889. 1. c,
■p. 405), s. auch G. W. Müller (I. c, p. 235).
Erst bei Chapuis (1853) finden wir auch diese lang vermißte
Deutung des „Nachschiebers". In seinem „Catalogue des larves des
Coleopteres" (1853), Vol. 8 sagt er in der Einleitung: „Mais l'organ
le plus important sous ce rapport est certaiuement l'appendice saillant
dont est souvent muni en dessous le segment terminal. Cette fausse
patte anale, comme on l'a nommee, n'est le plus souvent autre chose
que l'anus prolonge en tube et pouvant s'allonger ou se retirer ä
la volonte de l'animal." Ganz in seinem Sinne deutet auch Imhoff
die Herkunft dieses „Nachschiebers". Das sind die beiden einzigen
Forscher des vorigen Jahrhunderts, die uns wenigstens eine Deutung
des „siebten Fußes" zu geben versucht haben. Erichson und Peeris
vgl. weiter unten S. 69. Zahlreiche Angaben über die Fixierung
des Hinterendes durch die „Verrucae ambulatoriae" finden wir bei
ScHiÖDTE (1861 — 1880), den ich auch des öfteren zitiert habe.
Ganglbauer wiederholt im wesentlichen die Angaben Schiödte's.
Erst in letzterer Zeit erschien eine Arbeit von G. W. Müller, der
sich eingehender mit der Natur des „siebten Fußes" beschäftigt und
zahlreiche neue Beobachtungen mitteilt. Auch er nimmt in Über-
einstimmung mit Chapuis und Imhoff an, daß der „siebte Fuß"
nichts anderes als ein Stück des ausgestülpten Enddarmes sei.
Zweifelhaft ist vielen Autoren die Anzahl der Abdominalsegmente
bei den L a m e 1 1 i c 0 r n i e r n , C e r a m b y c i d e n etc. Erichson sagt
bei der Beschreibung der Scarabiden (Naturg. d. Insekt. Deutsch-
lands, Vol. 3, p. 560): „Der Körper der Larven besteht aus zwölf
oder bei den meisten scheinbar aus dreizehn Eingen. Der neunte
Hinterleibsring nämlich, welcher den sehr weiten Dickdarm enthält,
ist sackförmig ausgedehnt, in der Mitte meist durch eine kleine
Querfalte geteilt; der hintere Teil ist als dem aus einem ein-
Das 10. Abdominalsegment der Käferlarven als Bewegungsorgan. (ig
gestülpten After gebildeten Naclischieber vieler anderer Käferlarven
entsprechend anzusehen." Gleicher Meinung ist Chapuis, wenn er
sagt (Cat. d. larves): „Anus saillant, siniulant un dixieme segment",
und weiter p. 472 „un autre point sur lequel les auteurs ne sont
pas d'accord, est le nombre des segments abdominaux, les uns en
comptent neuf, les autres dix. La question n'est pas decidee, mais
il nous parait, que le dixieme segment peut-etre regarde comme un
developpement considerable de cet anus prolonge, que l'on trouve
dans un si grand nombre de larves". Ähnlich glaubt auch Perkis
das 13. Segment als Neuerwerbung ansehen zu müssen (Hist. d. ins.
de Pin. mar., p. 107): „J'ose etablir en principe . . . que le corps
des Lamellicornes est forme de treize segments: trois thoraciques
et dix abdominaux, avec quelque variantes dans les dimensions
relatives des deux derniers segments et dans la structure du dernier.
Je ne connais d'autre exception que celle que presentent les larves
de Cetoines qui n'ont que neuf segments abdominaux, en tout douze
segments. Les larves des Lamellicornes partagent donc generale-
ment l'avantage d'avoir treize segments. J'en ai donne pour ces
dernieres une raison en teile quelle dans un memoire sur les meta-
morphoses de divers ,Agrüus\ J'ai dit, que le prothorax, etant
presque entierement occupe par la tete, et ne pouvant des lors
concourir au travail d'organisation de la nymphe, il avait sans doute
necessaire, ä titre de compensation d'augmenter le nombre des
segments. La meme explication ne saurait s'appliquer aux larves
des Lamellicornes, dont la tete est parfaitement libre et n'inquiete
nullement sur le prothorax. Mais peut-etre serait-il permis de dire
que, dans ces larves les trois segments thoraciques sont exceptionelle-
ment si petits, qu' ils equivalent a peine au prothorax de la plupart
des larves ä tete libre que cette Organisation aurait pu etre un
obstacle ja l'evolution de la nymphe et qu'ici encore la natura
toujours fidele k sont but, a compense l'insuffisance du thorax un
plus grand developpement de Pabdomen. Les larves des Cetoines
qui, comme je Tai dit, n'ont que douze segments semblent enlever ä
cette explication tout caractere de vraisemblance, mais il est bon
d'observer, que dans ces larves, le douxieme segment est tres con-
siderable et aussi volumineux que dans les autres, les deux derniers
reunis."
Von den neueren Goleopterologen äußert sich fast keiner über
die Natur des 13. Segments. Schiödte sagt bei der allgemeinen
Charakteristik der Scarabiden (Vol. 9, p. 239): „Annulus analis
70 Paul Bkass,
exsertus, corpori continuus." Eupeetsbeeger geht eingehender auf
diese Frage ein und sagt in seiner Abhandlung: „Die Larven der
Käfer" (1878, Vol. 22, p. 78): „die Gliederung des Hinterleibes wird
von den meisten Schriftstellern als neuntheilig bezeichnet, und diese
Theilung ist dann richtig, wenn der als Nachschieber bezeichnete
Eing als vom Hinterleibe gesonderter Theil nicht unter diesen neun
Theilen mitgezählt, sondern besonders erwähnt wird. Es dürfte aber
gewiss angezeigter sein, diesen ganz treffend Nachschieber genannten
Körperriug als Analsegment den Abdominalringen zuzuzählen, so
dass der Hinterleib dann zehn Segmente zählen würde. Der Anal-
ring ist wohl oft charakteristisch unterschieden von den übrigen
Abdominalringen, er ist schmäler, von der Längsrichtung des Leibes
abweicliend und in einem mehr oder weniger scharfen Winkel von
derselben nach unten abstehend, wie z. B. bei den Carabiden,
Staphyliniden etc., er tritt aber auch als natürlicher Abschluss des
Hinterleibes auf, indem er weder in der Grösse noch in der Stellung
noch irgendwie von den übrigen Abdominalringen auffallend sich
abhebt. Zudem bildet er einen konstanten Bestandtheil des Larven-
körpers, da er in den wenigen Fällen, in denen er nicht entwickelt
sich erkennen lässt, doch sicher in rudimentärer Form aufzufinden
ist. Aus diesen Gründen rechtfertigt es sich, den Hinterleib als
zehntheilig zu bezeichnen, aber doch den Analring als separat den
neun Hinterleibsringen beizufügen".
Ich betrachte in Übereinstimmung mit Eupeetsbeeger das Ab-
domen als lOgliedrig. Das Schicksal des 10. Einges (Analsegment-
Conus) soll uns im Folgenden beschäftigen.
Technik.
Meine Untersuchungen mußten natürlich zum größten Teil an
lebendem Material ausgeführt werden, um die verschiedenartigsten Be-
wegungsmöglichkeiten zu studieren. Einfach war dies bei den frei und
oberirdisch lebenden Formen, die man bei ihrem Kriechen auf freier
Ebene wohl beobachten konnte. Bei den Chrysomeliden,
Coccinelliden etc., die ihren „siebten Fuß" noch durch ein Secret
besonders fest fixieren, war es auch möglich, die Schale, in der sie
sich befanden, umzudrehen und sie von unten zu beobachten. So
gewann ich ein Bild von der Verschiedenartigkeit des ausgestülpten
Teiles. Anders war es bei Larven, die ein verborgenes Leben
führten. Um diese genau, namentlich aber das Zusammenwirken
von Analsegment und den Chitinbildungen des 9. Segments zu
Das 10. Abdominalsegment der Käferlarven als Bewegungsorgan. 71
Studieren, fertigte ich mir folgenden Apparat in verschiedenen
Größen an. Und zwar war der erste für Elateriden, Pyrochroiden
oder Larven dieser Größe bestimmt, während der kleinste nur so
groß war, daß ich mit ihm bequem unter dem Mikroskop arbeiten
konnte, also für Larven von 3—4 mm Größe.
^ 8
Fiff. A.
Der Apparat selbst besteht, wie uns Fig. A zeigt, aus 2 Glas-
platten, die miteinander verbunden sind und zwischen sich ein
Lumen frei lassen, in das eine Holzleiste A paßt, die unbeweglich
angebracht ist. Über dieser Leiste läßt sieh eine andere (B) von
gleichem Durchmesser beliebig verschieben, so daß man sie parallel
mit A stellen oder den Eaum nach einer Seite hin mehr oder
weniger verjüngen kann. Die Reibung zwischen Holzleiste B und
den beiden Glasplatten muß so groß sein, daß die Leiste in jeder
beliebigen Stellung festgehalten werden kann. Indem ich nun die
Larve zwischen A und B brachte, gelang es mir durch eine geeig-
nete Verschiebung von B ihr ähnliche Voraussetzungen zur Fort-
bewegung zu bieten, wie ihr gewöhnlicher Lebensort zwischen Holz
und Rinde. Es ist ja schwer, die verborgenen Tiere auch nur unter
annähernd ähnlichen Lebensbedingungen zu beobachten, aber immer-
72 Paul Brass,
hin erscheint mir dieser Apparat als der geeignetste, um die Art
der Bewegung bei den Tieren zu studieren.
Um die anatomischen Verhältnisse kennen zu lernen, präparierte
ich am frisch getöteten Tier den Darm heraus und färbte ihn mit
Boraxkarmin, Karmalaun und Alannkarmin, die alle gute Bilder
gaben. Ferner war es nötig, Schnitte von Tieren mit ein- und aus-
gestülptem „siebtem Fuß" zu bekommen. Die in Äther getöteten
Larven hielten meist das Organ eingestülpt, während ich es bei
anderen durch Tötung in kochendem Wasser oder Alkohol stets zur
Ausstülpung brachte. Bei Telephorus und anderen großen weich-
häutigen Larven versuchte ich es auch durch Injektion einer
flüssigen Paraffinmasse in den Körper, wodurch dieser prall auf-
getrieben wurde und die ausstülpbare Masse voll austrat. Fixiert wurden
die Tiere neben Zenker, Pikrin-Schwefelsäure hauptsächlich in
Formol-Chrom-Essigsäure, die einmal die Form der Larven und ihre
Prallheit erhält, andrerseits aber auch bei der Färbung mit Eisen-
hämatoxylin (Heidenhain) ganz ausgezeichnete klare Bilder gibt.
Ich habe diese beiden fast ausschließlich benutzt und die feinsten
histologischen Einzelheiten an solchen Präparaten erkennen können.
LTm das Abschwimmen der Schnitte zu verhindern, das bei dieser
Methode leiciit eintritt, wandte ich nach den Angaben Schwabe's
eine Photoxylinlösung an, in die ich die Schnitte nach dem Auf-
lösen des Paraffins brachte. Es gelang mir so, fast stets die ganzen
Schnittserien auf dem Objektträger festzuhalten. Bei einfachen
Übersichtsbildern färbte ich mit Boraxkarmin, die nach der Difi:e-
renzierung mit salzsaurem Alkohol auch gute Präparate ergaben.
Bei diesen Mikrotomschnitten fehlte mir aber immer der ganze Ver-
lauf der Intersegmentalmuskulatur. Um diese in den verschiedenen
Ebenen beobachten zu können, fertigte ich mir Handschnitte an,
ebenfalls von Tieren mit ausgestülptem und eingestülptem Organ.
Ich gewann diese entweder dadurch, daß ich den Körper in der
Medianebene halbierte und die beiden Hälften aufklebte (und solche
Schnitte lieferten die besten Resultate), oder aber, indem ich von
beiden Seiten etwas mit dem Handschnittmesser oder einem guten
Skalpell entfernte; gefärbt wurden sie ebenfalls mit Boraxkarmin,
aufgehellt in Kreosot. So erhielt ich ein einwandfreies Bild von
der natürlichen Lage der inneren Organe und dem Verlauf der
Muskulatur. Wenn auch die Mikrotomschnitte unerläßlich waren
für die histologischen Feinheiten, so förderten doch gerade die Hand-
schnitte die Deutung des „siebten Fußes" ungemein.
Das 10. Abdominalsegment der Käferlarven als Bewegungsorgan. 73
Eine andere Aufgabe war auch die Zuclit der Larven, da eine
Bestimmung an Hand der Literatur in einzelneu Fällen unmöglich
war. Verhältnismäßig einfach war dies bei den frei lebenden
Larven. Ich brachte in verschiedene Glashäfen Erde mit Grasnarbe
und stellte in ein besonderes Gefäß beblätterte Zweige des Baumes,
auf dem sie lebten, hinein. So konnten sie sich ernähren und zur
Verpuppung in die Erde gehen oder sich an den Blättern festheften.
Schwierig war die Aufzucht bei den verborgenen Tieren, die viel-
fach Carnivoren sind. Ich brachte sie in eine Glasschale, deren
Boden mit Filtrierpapier und darüber mit Stücken der Rinde, in und
auf der sie lebten, bedeckt war. Mit Hilfe des Filtrierpapieres
konnte ich so gut die Feuchtigkeit regulieren, die den Tieren un-
bedingt nötig ist. Zur-'Ernährung dienten Fliegenlarven und andere
kleine Käferlarven, die zusammen mit ihnen vorkamen. Ich hatte
diese Gefäße erst frei dem Licht ausgesetzt stehen und keine Larve
wollte sich verpuppen. Erst als ich sie ins Dunkle setzte, erhielt
ich von einigen Formen Puppen und später auch Imagines. Es
scheint also, als ob das Licht irgendeinen Einfluß auf sie ausübe.
Von anderen Formen gelang es mir aber trotzdem nicht, Puppen zu
bekommen, obwohl ich die Versuche immer wieder von neuem be-
gann. Jedenfalls ist es bei manchen kleinen Formen ungemein
schwierig, die Tiere zur Verpuppung zu bringen.
Spezieller Teil.
A. Chrysomelidae.
Galerucella viburni Payk. Im Juni und Juli findet man diese
Käferlarven ziemlich häufig auf Viburnum, dessen Blätter sie voll-
kommen skeletieren. Es sind im ausgewachsenen Zustand etwa
5—7 mm lange, fast gleichmäßig breite Larven. Das Abdomen be-
steht aus 10 Bingen, wovon die 8 ersten in regelmäßiger Anordnung
mit schwarzen, warzenähnlichen und mit steifen Haaren versehenen
Gebilden bedeckt sind. Das 9. Abdominalsegment (Taf. 4 Fig. 6)
unterscheidet sich von den vorhergehenden Segmenten dadurch, daß
es nur lateral noch warzenähnliche Gebilde in geringerer Zahl auf-
weist, während die dorsalen zu einer etwas chitinisierten Platte
verschmolzen sind, die ihrerseits mit starken borstenähnlichen Haaren
versehen ist Dadurch bekommt das Segment von der dorsalen oder
ventralen Seite betrachtet das Aussehen einer halbkreisförmigen
74 Paul Brass,
Scheibe, in deren Mitte das Analsegment eing-efügt ist. Dieses ist
etwas ventralwärts gebogen und bildet den Abschluß des sich nach
hinten schwach verjüngenden Körpers. Es ist morphologisch nichts
anderes als ein typisches Abdominalsegment und trägt wie die
vorhergehenden Segmente noch schwarze Warzen, aber lateral nur
je eine, ist also stark verkürzt. Das Analsegment ist etwas ein-
ziehbar, denn bei der Fortbewegung sieht man, wie das Segment
mehr oder weniger in das 9. Segment hineingezogen wird, wobei
dieses mit seiner Platte sich nach unten krümmt und so einen ge-
wissen Schutz für die austretenden weichen Massen (vgl. unten)
bietet (Taf. 4 Fig. 8).
Beobachtet man nun eine Larve, die aus der Ruhe in Bewegung
übergeht, so sieht man, wie sie den ganzen Körper so weit als nur
eben möglich streckt. Während sie dabei etwa 3 — 4 Schritte vor-
wärts macht, bleibt das Analsegment der Unterlage fest angeheftet.
Erst wenn sie ihre Maximalstreckung erreicht hat, hebt sie das
ganze Abdomen und schiebt den After unter geringer Krümmung
und starker Kontraktion der letzten 5 Segmente um etwa 3 bis
4 Segmentlängen nach vorn. Dann setzt sie ihn nieder, streckt
unter abermaligem Festhaften des Afters den Körper und wieder-
holt den Vorgang von neuem. Beim Aufsetzen sieht man aus der
Afteröifnung des Analsegments eine gelblich-weiße Masse heraus-
quellen von grob gelappter, unregelmäßiger Form (Taf. 4 Fig. 6).
Die Zahl der Lappen schwankt zwischen 4 und 6. Sie legt sich
der Unterlage mit all ihren Unebenheiten dicht an und bietet so
dem Tiere bei seiner Fortbewegung eine willkommene Stütze. Mit
dem Aufheben des Abdomens verschwindet aber auch wieder die
lappige Masse in dem Analsegment, um aufs neue bei der folgenden
Niedersetzung zu erscheinen. Dabei sitzt das Tier so fest an seiner
Unterlage, daß es an der Unterseite der Blätter laufen, ja selbst
mit dem ganzen Gewicht seines Körpers an dem ausgestülpten Ge-
bilde hängen und sich emporrichten kann. Eine derartig feste An-
heftung kann nur durch Absonderung eines klebrigen Secrets be-
wirkt werden. Ich sah zwar nicht, daß Galerucella viburni derartige
Secrettropfen auf ihrer Unterlage hinterließ, dafür aber bei anderen
weiter unten noch zu beschreibenden Blattkäferlarven desto deut-
licher. Auch Latreille hat solches beobachtet (1. c, Vol. 11, p. 332):
,,Le Corps des larves est garni vers l'extremite d'un mamelon
charnu, le mamelon fait l'office d'une septieme patte; la larve le
Das 10. Abdominalsegment der Käferlarven als Bewegungsorgan.
(O
pose sur le plan qu'elle parcourt et conime il est enduit d'une liqueur
gluante, il seit ä la retenir sur la feuille oü eile se tient."
Was zunächst die Mechanik des Aus- und Einstülpens an-
betrifft, so erfolgt das Ausstülpen dadurch, daß sich infolge der
Kontraktion der Körpermuskulatur das Körperlumen verringert und
das Blut, das ja frei in der Leibeshöhle in offenen Bahnen sich be-
wegt, die weiße Masse zum After herauspreßt — ein Vorgang ganz
analog dem Ausstülpen der Fühler bei den Pulmonaten etc. Daß
das Blut diesen Vorgang bewirkt, beweisen die zahllosen Blut-
körperchen, die ich auf Schnitten in dem ausgestülpten Organ fand.
Die Einstülpung wird durch Eetractoren bewirkt, die sich einerseits
an der Grenze vom 8. und 9., dann vom 9. und 10. und von der
Mitte des 9. Segments, andrerseits an der äußersten Grenze des
ausgestülpten Teiles inserieren. Die Anheftung der Eetractoren
bestimmt die Form der ausgestülpten Masse, im besonderen die
Zahl der Lappen.
Was ist nun das Organ, das dem Tier bei seiner Fortbewegung
eine so große Unterstützung bietet? Rein äußerlich betrachtet, er-
scheint es uns nur als eine lappige Masse, die ein- und ausstülpbar
ist, ohne uns aber einen Schluß auf ihre Herkunft zu gestatten. Auf
diese Frage geben uns Handschnitte von Larven, bei denen das
Organ in der oben schon näher angeführten Weise zur Ausstülpung
gebracht ist, gute Aufschlüsse. Die Schnitte sind so geführt, daß
sie den Körper in der Medianebene halbieren. Von großem Vorteil
ist es, daß man auf ihnen die Anheftungsstellen der verschiedenen
Muskeln, die sich doch in allen möglichen Ebenen inserieren, klar
und deutlich erkennen kann, was bei Mikrotomschnitten nicht mög-
lich ist. Fig. 2, Taf. 4 zeigt uns einen Handschnitt von einer Larve,
die ihre Masse ausgestülpt hat. Die Zahlen bezeichnen die Ab-
dominalsegmente in ihrer Reihenfolge; rot gezeichnet ist der aus-
gestülpte Teil.
Der Schnitt zeigt uns, daß das ausgestülpte Stück das Ende
des Darmes ist, also in der Hauptsache die Ansicht von Chapuis,
Imhoff und G. W. Müller bestätigt wird, wonach die weiße Masse
nichts anderes ist als das Ende des Darmes.
Eine andere Frage ist die nach der morphologischen Deutung
des ausgestülpten Stückes. Chapuis sagt darüber in seinem ,,Cata-
logue des larves des Coleopteres" (1853, Vol. 8, p. 358): „Cette
fausse patte anale, comme on l'a nommee, n'est le plus souvent
autre chose que l'anus prolonge en tube et pouvant s'allonger ou
76 Paul Brass,
se retirer ä la volonte de ranimal. Dans beaiicoup de Clirysomeliens
il n'y a qu'un seul prolongement, situe sur la ligne mediane en avant
de l'anus, mais son extremite charnue est tantöt bifide, tantot simple."
Auch nach Imhoff ist das Hilfsorgan, der „siebte Fuß", nichts
anderes als der ein- und ausstülpbare After (1. c, 1856, p. 25):
„Alle diese Teile (Warzen, Häckchen etc.) werden aber an Wichtig-
keit übertroffen durch den bei vielen unten am letzten Segment
hervortretenden Nachschieber. Er ist meist nichts anderes als der
in eine Röhre verlängerte, aus- und einziehbare After. In vielen
Chrysomeliden findet sich vor dem After derselbe Teil wieder ein-
fach, mit ungeteiltem zweispaltigen Ende." Gleicher Ansicht ist
auch G. W. MÜLLER (1. c, 1912).
In der Hauptsache stimme ich darin mit den genannten Forschern
überein, daß es sich um eine Ausstülpung aus dem After handelt,
zweifelhaft ist mir nur, ob man das ausstülpbare Stück als End-
darm oder als Körpercuticula, die in der ßuhe eingezogen ist, an-
sprechen soll.
Zur Klärung dieser Frage muß man, meiner Ansicht nach, zu-
zunächst feststellen, von wo an man die äußere Körpercuticula
rechnen soll, — also die Grenze zwischen Darm und Körpercuticula.
Da ist ein brauchbarer Stützpunkt gegeben in der Muskulatur des
Intestinalkanals.
Betrachten wir mit Rücksicht auf diese Frage den Schnitt,
wobei wir besonders die Muskulatur beobachten! Wir sehen die
Intersegmentalmuskulatur (IM) regelmäßig von einer Intersegmental-
falte zur anderen verlaufen, nur in den beiden letzten, d. h. im 9.
und 10. Segment, zeigt sie abweichende Anordnung. Hier finden
wir an der dorsalen Seite des 9. Segments neben Muskeln von ähn-
lichem Verlauf wie in den vorhergehenden Segmenten solche, die
von der Grenze des 8. und 9. Segments oder von der Mitte des
9. allein zu dem ausgestülpten Organ verlaufen. Weiter haben wir
auch Muskeln, die, von der Intersegmentalfalte des 9. und des Anal-
segments ausgehend, an derselben Stelle ansetzen. Es sind dies
alles Muskeln, welche die Einstülpung des ausgestülpten Teiles be-
wirken (Retractoren). In ihrer Anordnung haben sie die größte
Ähnlichkeit mit der Intersegmentalmuskulatur, und die Annahme,
daß wir es in den Retractoren (Et) mit wenig modifizierten Inter-
segmentalmuskeln zu tun haben, scheint unabweisbar. Danach
würde die eigentliche Grenze des Darmes da liegen, wo sich die
Retractoren inserieren.
Das 10. Abdorainalsegmeut der Käfeilarven als Bewegungsorgan. 77
Wie aus der Figur des weiteren ersichtlich ist, verläuft die
Ringmuskulatur (Rm) des Enddarmes bei diesem Tiere bis zur
äußersten Grenze des ausstülpbaren Gebildes. Es führt uns also
die Betrachtung der Ringmuskulatur zu der gleichen Anschauung
wie die Betrachtung der Retractoren, daß nämlich der aus"-
gestülpte Teil nicht eigentlich dem Darm angehört,
vielmehr ein sekundär eingestülptes Stück der äußeren
Körperhaut darstellt. Der für gewöhnlich sichtbare
After ist mithin auch garnicht der eigentliche, sondern
ein scheinbarer; ich nenne ihn „sekundären After".
Wenn ich also auch in der Hauptsache mit den oben genannten
Autoren (Chapuis, Imhoff, G. W. Müller) übereinstimme, daß es
sich in der weißen Masse um das Endstück des Darmes handelt, so
vertrete ich in der morphologischen Deutung des ausgestülpten Teils
einen wesentlich anderen Standpunkt.
Auf die Herkunft des klebrigen Secrets möchte ich bei der Be-
schreibung von Agelastica alni zurückkommen, deren anatomischer
Aufbau mir besonders zur Klärung dieser Frage geeignet erscheint.
Agelastica alni L. Die meist dunkel gefärbte Blattkäferlarve
(Taf. 4 Fig. 14), die in ihren Jugendständen die Blätter von Alnus
skeletiert, zeigt wohl die auffallendste Art der Fortbewegung unter
allen Chrysomeliden. Ihr Körper besteht wie der von Galerucella
vihurni ebenfalls aus 13 Ringen — 3 thoracalen und 10 abdominalen,
einschließlich des Analsegments — und ist nach den beiden Enden
schwach verjüngt. Die beiden hinteren Brust- und die 8 ersten
Abdominalringe sind mit je 2 Querreiheu stacheliger oder spärlich
behaarter Tuberkel ^besetzt, die am 9. Ringe fehlen. Das 10. oder
Analsegment ist stets einfach und auch hier ein stark verkürztes
Abdominalsegment, dem jegliche Warzen fehlen. Wir finden hier
eine ganz ähnliche Art der Bewegung wie bei Galerucella vihurni.
Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, daß bei Galerucella das
Vorschieben des Hinterendes in erster Linie durch eine starke
Kontraktion der Abdominalsegmente, hier fast ausschließlich durch
eine starke Krümmung des Abdomens erfolgt — ähnlich wie bei
den Spannerraupen. Auch die Herkunft der ausgestülpten grau-
weißen Masse ist, wie uns ein Medianschnitt lehrt, die gleiche. Die
Photographie zeigt das Tier gerade im Augenblick der höchsten
Krümmung und der soeben erfolgten Niedersetzung des „sekundären
Afters*'.
78 Paul Brass,
Eine meisterhafte Beschreibung über die Bewegung- von Age-
lastica ahn finden wir bei de Geer in seiner ,.Histoire des Insectes"
(Vol. 5, 1775, p. 309): „Ces larves ont encore comme une septieme
patte. Elles fönt sortir du dernier anneau du corps une raasse de
chairs molles et flexibles, de figure variable: car les larves peuvent
les gonfler et les aifaisser ä leur gre. Quand elles marchent, elles
fönt paroitre cette masse membraneuse qu' elles posent et flxent
sur le plan oü elles se trouvent, au moyen d'une matiere gluante
et en retirant les chairs qui se trouvent au milieu de la masse, ce
qui y forme un petite vuide , et c'est par ce moyen qu' elles se
tiennent forteraent attachees aux feuilles. Elles marchent en quelque
fagon comme les chenilles arpenteuses; apres avoir allonge le corps
autant qu'il leur est possible, elles detachent le mamelon ou la patte
membraneuse et courbant le corps en dessous, elles posent la patte
plus avant et l'y fixent; en-suite elles avancent de nouveaux le devant
du corps au moyen des pattes ecailleuses; c'est leur marche la plus
ordinaire. Quelque-fois pourtant elles se contentent de marcher avec
les pattes ecailleuses seulement, et alors le derriere ne fait simple-
ment que trainer. Elles peuvent encore retirer la masse entierement
dans le corps et la faire disparoitre. Ce mamelon, au milieu du-
quel se trouve l'anus est d'une couleur jaune livide et griseätre."
Die Angaben von de Gebe, daß das Abdomen einfach ohne
Zuhilfenahme des „septieme patte" nachgeschleppt wird, bezieht
sich nach meinen Beobachtungen fast ausschließlich auf die jungen
Stadien. Auffälliger als bei Agelastka aber war der Gegensatz in
der Bewegung zwischen jungen und älteren Larven bei Lina tre^mdae.
Woher stammt aber nun die „matiere gluante", von der de Geer
in seiner Abhandlung spricht? Nach dem Aufheben des Abdomens
findet man zuweilen kleine, dem unbewaffneten Auge kaum sicht-
bare, dann aber auch größere klebrige Massen. Diese heften das
ausgestülpte Organ derart fest an, daß das Tier an seinem After
hängen bleiben kann. Man könnte zunächst annehmen, daß es sich
um ein spezifisches Drüsensecret handle, von Drüsen, die im Ab-
domen liegen und am After münden; nach derartigen Drüsen habe
ich vergeblich gesuclit. Andrerseits könnte das Beeret aus Darm-
zellen stammen, also von ähnlicher Herkunft sein, wie sie Pütter
annimmt (1. c, 1911, p. 308): „Eine eigenartige Stellung nimmt der
Absonderungsmodus in den Darmzellen einiger Insekten ein: hier
wird ein Teil der Zellen abgeschnürt und bildet, sich lösend, das
Sekret. Diese lArt der Sekretion vermittelt einerseits den Über-
Das 10. Abdominalsegment der Käferlarven als Bewegungsorgan. 79
gang zu den .geformten Sekreten' oder auch den ,lebenden Sekreten',
andrerseits zu jenen Fällen, in denen die ganze Zelle zugrunde geht
und so das Sekret bildet {Ftychoptera, Muscay Aber auch derartige
Zellen fand ich nicht. Es ist allerdings die Möglichkeit kaum aus-
zuschließen, daß Darmzellen das Secret liefern; irgendwelchen An-
halt für diese Annahme habe ich aber nicht auffinden können. Eine
dritte Möglichkeit der Herkunft des Klebstoffes wäre die aus den
MALPiGHi'schen Gefäßen, ähnlich dem Spinnstoff der Myrmel eo-
nidenlarven (Lozinski, 1911).
Untersuchungen, die ich unter diesem Gesichtspunkt bei den
Chrysomeliden anstellte, ließen in den MALPiGHi'schen Gefäßen aller
von mir beobachteter Blattkäferlarven nach dem verschiedenen Alter
eine Verschiedenheit in dem anatomischen Aufbau erkennen. Nach
der Beschaffenheit der MALPiGHi'schen Gefäße konnte ich einiger-
maßen 3 Stadien unterscheiden, von denen die beiden ersten jedes
etwa 2—3 Häutungen umfaßt, wohingegen sich das letzte auf die
Zeit kurz vor der Verpuppung beschränkt. Während des 1. Stadiums,
in dem der After nur eine geringe Rolle bei der Fortbewegung
spielt (vgl. oben), zeigten die MALPiGHi'schen Gefäße das gewöhn-
liche Aussehen (Taf. 4 Fig. 17), d. h. es waren etwa 6 relativ lange
aber gleichmäßig dicke Gefäße, von ca. 0,052 mm Durchmesser,
deren einzelne Kerne etwa 0,021 mm maßen. Sie ließen keine Unter-
schiede gegenüber den Formen erkennen, die während ihres larvalen
Lebens keinen Klebstoff absondern, wie z.B. die Cerambyciden.
Es waren eben die typischen MALPiGHi'schen Gefäße der Hexapoden.
Bald nach der 2. Häutung aber, wo also auch der „siebte Fuß"
stark zur Fortbewegung herangezogen wird, zeigten sich Modifika-
tionen in dem Aufbau der Gefäße. Der distale Teil der Malpighi-
schen Gefäße trat in einen stets stärker werdenden Gegensatz zum
proximalen. Während dieser seinen gewöhnlichen Habitus beibehielt,
wurde der distale Teil, und zwar von der Mitte der Schläuche an-
fangend, nach dem Ende zu immer dicker, so daß er zum Schluß
ungefähr den dreifachen Durchmesser des basalen Teiles (der seine
ursprüngliche Dicke beibehalten hat) erreichte, d. h. eine Stärke
von ca. 0,168 mm (Taf. 4 Fig. 16). Damit im Zusammenhang steht
eine Vergrößerung der Zellkerne, die nun etw^a eine Länge von
ca. 0,052—0,072 mm erreichen, wobei auch die vorher fast ganz
runden Kerne nunmehr eine ellipsoide Gestalt annahmen. Das Zell-
plasma, das vorher noch das ganze Volumen der Zelle erfüllte, ließ
nun zahlreiche kleine Vacuolen erkennen, die, miteinander ver-
80 Paul Brass,
schmelzend, immer größere Tropfen in der Zelle bildeten. Zerdrückt
man die frisch herauspräparierten Schläuche eines Tieres zwischen
zwei Deckgläsern und setzt einige Tropfen Wasser hinzu, so sieht
man neben zahllosen mikroskopisch kleinen, braunen Körnchen auch
größere gelbe Kugeln, die sich nicht mit Wasser vermischen, also
wohl von ölartiger Beschaffenheit sind. Aller Wahrscheinlichkeit
nach bilden diese Secrete, die man wohl als ein Produkt der diffe-
renzierten MALPiGHi'schen Gefäße ansehen muß, den Klebstoff zur
Festheftung des Hinterendes. Im 3. Stadium sah ich die sonst ganz
kompakt erscheinende Kernmasse sich in ein kompliziertes Kern-
gerüst mit zahlreichen Chromatinkörnern auflösen, zusammengehalten
durch die Kernmembran.
Während der letzten Larvenperiode, also kurz vor der Ver-
puppuug, schwanden auch die ganzen Kerne, und es blieb nur der
Zellkörper erhalten, wobei das ganze distale Stück der MALPiGHi'schen
Gefäße ein eigentümlich gestreiftes Aussehen annahm, wie es die
Fig. 15, Taf. 4 veranschaulicht. Wie uns die Figur zeigt, findet
man undeutlich konturierte Körper ohne Zellkern, die augenscheinlich
den Zellen der MALPiGHi'schen Gefäße entsprechen. Manche ent-
halten noch einen vollständigen Kern von annähernd ovaler Gestalt
(Zk'). In anderen wieder sieht man einen Kern von halbmond-
förmiger Gestalt (Zk"). Übergangsformen von diesen zu den kern-
losen Zellen habe ich vermißt, so daß die Auflösung des Kernes,
um die es sich augenscheinlich handelt, sehr schnell vor sich zu
gehen scheint. Weiter sieht man auf der Oberfläche zahlreiche
Kerne {Bk), die nichts anderes sind, als die Zellkerne des binde-
gewebigen Überzuges. Es ergibt sich dies aus der Tatsache, daß
beim Loslösen des Bindegewebes auch die Kerne verschwinden.
Schließlich finden vrir noch kleine runde Kerne mit zentralem Kern-
körperchen (MJi). Ich betrachte sie als die Matrixzellen, von denen
aus der Wiederaufbau der MALPiGHi'schen Gefäße erfolgt. Mit den
alten Kernen der MALPiGHi'schen Gefäße dürften sie nichts zu tun
haben.
Wir finden also die Beschaffenheit der MALPiGHi'schen Gefäße
im engsten Zusammenhang mit der Klebfunktion des ausstülpbaren
Organs. Solange der After nur eine untergeordnete Rolle für die
Bewegung spielt, zeigen die MALPiGHi'schen Gefäße keine nennens-
werte Differenzierung. Sobald dann das Ankleben an Bedeutung
gewinnt, zeigen die MALPiGHi'schen Gefäße eine gewisse Diffe-
renzierung und Umgestaltung der Zellen. Wenn wir schließlich
Das 10. Abdominalsegraent der Käferlarven als Bewegungsorgan. 81
kurz vor der Verpuppung- sich sehr auffällige Veränderungen an
dem erweiterten distalen Teil der MALPmm'schen Gefäße vollziehen
sehen, so liegt es nahe, diese Veränderungen in engen Zusammen-
hang zu bringen mit der Rolle, die ein klebriges, aus dem After
austretendes Secret für die Anheftung der Puppe spielt. Bei der
Herstellung dieses Secrets scheint eine vollständige Auflösung des
Kernes zu erfolgen, während sich der Zellkörper einigermaßen un-
verändert erhält. Alles in allem sprechen die beschriebenen ana-
tomischen Verhältnisse und die Veränderungen an den MALPioHi'schen
Gefäßen sehr dafür, daß die klebrige Masse aus ihnen stammt. ')
Flagiodera amoraciae L. Auf den Blättern von Salixarten lebend,
findet man die Larve häufig in den Sommermonaten. Sie erreicht
eine Länge von ca. 4—6 mm und stimmt in ihrem Habitus fast
ganz mit Agelastica alni überein. Das Analsegment ist aber hier
fast ganz verschwunden und nur als ein Rudiment erhalten. Die
ausstülpbare Masse ist relativ größer als bei solchen Formen, die
noch ein wohl entwickeltes Analsegment erkennen lassen. Auch
sie gebraucht, wie überhaupt fast alle Blattkäferlarven (Ausnahme
machen : Crioceris und Cassida), den „siebten Fuß" als Unterstützung
bei der Fortbewegung. Die ausstülpbare, gelbe Masse ist wiederum
nichts anderes als ein großes Stück modifizierten Analsegments. Man
kann diese Larve wohl in gewisser Beziehung, nämlich hinsichtlich
der Größe des Analsegments und der Modifikation desselben zum
„siebten Fuß", als einen Übergang zur folgenden Art ansehen.
Lina tremulae Fabe. Wenn man im August die Blätter von
Populus tremulae beachtet, so findet man sehr häufig diese Blatt-
käferlarve, die einerseits durch ihre Plumpheit, andrerseits durch
ein unangenehm riechendes Secret, das sie bei Berührung absondert,
auffällt (Taf. 4 Fig. 7). Sie ist in ausgewachsenem Zustand etwa
8—10 mm lang und vom Kopf nach dem Abdomen zu stark ver-
jüngt. Die beiden letzten Thorax- und die 7 ersten Abdominalringe
tragen lateral je eine Reihe wenig oder gar nicht behaarter, zitzen-
förmiger Tuberkel, aus denen bei Berührung das ätzende, für
kleinere Insecten tödlich wirkende Secret austritt. Vom Abdomen
1) Während des Druckes lernte ich noch eine Arbeit von Silvestki :
„Contribuzione alla conoscenza della metaraorfosi e dei costumi della Lebia
scapularis" kennen. Der Autor stellt fest, daß bei dem genannten Käfer
die MALPiGHl'schen Gefäße den Stoff für das Puppengespinst Hefern und
zwar der proximale erweiterte Abschnitt.
Zool. Jahrb. XXXVIl. Abt. f. Syst. ^
82 Paul Bräss,
sind nur noch 9 Ringe vorhanden ; das 10. Segment fehlt anscheinend
vollständig. Während seiner ersten Jugendstadien gebraucht die
Larve den „siebten Fuß" fast gar nicht, da sie noch verhältnis-
mäßig schlank und leicht ist. Nach der 1. oder 2. Häutung, wo
also auch die Form des Körpers eine immer plumpere und das zu
bewegende Gewicht ein immer größeres wird, beobachtet man eigent-
lich nie ein bloßes Nachschleppen des Abdomens ohne irgendeine
Niedersetzung des Afters. Dieser dient nun in ausgesprochenstem
Maße als Hilfsorgan bei der Fortbewegung. Das ausstülpbare Organ
hat bei diesem Tier — wohl die extremste Bildung bei den Chryso-
meliden — die ganze Größe eines Abdominalsegments (Taf. 4 Fig. 5).
Sieht man sich die Handschnitte an, die gleicherweise wie vorher
hergestellt wurden, so findet man, daß das ausstülpbare Organ nichts
anderes als das modifizierte Analsegment ist, das sekundär einge-
stülpt wurde. Während aber bei Galerucella viburni und auch bei
Agelastica alni das Hilfsorgan nur ein Teil des umgewandelten Anal-
segments darstellte, bei Plagiodera amoraciae die Einstülpung noch
weiter gediehen war, haben wir es hier mit einer vollkommenen
Modifikation des ganzen Analsegments zu tun. Das will also sagen,
daß ein Abdominalsegment allmählich eine vollkommene funktionelle
Umbildung erlitten hat. Das Analsegment schwindet nicht, wie man
zuerst glauben könnte, sondern es erscheint dem beobachtenden Auge
als das, was schon de Gebe aus dem letzten Ringe des Körpers
austreten sah : die „masse de chairs molles et flexibles, de figure variable".
Bei den bisher besprochenen Chrysomeliden bildet der ,.sekundäre
After" den natürlichen Abschluß des Körpers, und eine Beteiligung
des „siebten Fußes" scheint in dieser Familie allgemein vorzukommen.
Eine Ausnahme machen nur zwei Formen, bei denen das Anal-
segment infolge besonderer Anpassung eine vollkommene Umgestaltung
erfahren hat: Cassida ruhiginosa und Crioceris merdigera. Chapuis
sagt dazu in seinem „Catologue des larves" bei der allgemeinen
Charakteristik der Chrysomelidenlarven : „Dans le plus grand nombre,
le Segment terminal se prolonge en dessous en un tube retractil
simple ou bifide, qui sert ä la progression et derriere le quel aboutit
le canal intestinal. Le point le plus interessant de l'histoire de ces
larves est sans contredit l'etude des moyens aux-quels elles ont
recours pour se proteger, soit contre les intemperies de Fair ou
l'ardeur du soleil, soit contre leurs ennemis. Hs consistent toujours
dans l'emploi de leurs excremens avec lesquels elles recouvrent
leur Corps."
Das 10. Abdominalsegment der Käferlarven als Bewegungsorgan. 83
Eine treffende Schilderung der Lebensweise von Crioceris merdigera
finden wir bei G. W. Müller (1. c. 1912, p. 225): „Auch beim Lilien-
hähnchen beteiligt sich der Enddaim nicht an der Bewegung. Die
Larve dieses Käfers bedeckt sich mit ihrem Kot, w^andert als ekel-
haftes Schmutzhäufchen auf den Lilienblättern umher. Die An-
sammlung des Kotes auf dem Rücken des Tieres wird bewirkt durch
eine Verschiebung des Afters nach dem Rücken. Mit dieser Ver-
schiebung des Afters ist eine Verwendung des Enddarmes als Be-
wegungsorgan ebenso unvereinbar wie bei Cassida mit der Umbiegung
des hinteren Körperendes."
Eine derartige Verschiebung des Afters von seiner terminalen
Lage, als natürlicher Abschluß des Körpers, nach dem Rücken zu,
ist eine einzig dastehende Tatsache. Es haben zwar sehr zahlreiche
Käferlarven auch ihren After verschoben, doch immer ventralwärts,
nie aber dorsal. Noch eine andere Eigentümlichkeit finden wir in
dem anatomischen Aufbau dieses Sonderlings unter den Käferlarven.
Wie uns die Medianschnitte anderer Chrysomelidenlarven zeigen,
verläuft der ganze Enddarm fast vollkommen gerade ohne jegliche
größere Windung im Abdomen. Betrachtet man daraufhin einen
Medianschnitt von Crioceris merdigera, so sieht man hier den ganzen
Darm in vielfachen, unentwirrbaren Schlingungen im Körper ver-
laufen, eine Erscheinung, die vielleicht mit der Verkürzung des
Körpers zusammenhängt. Andrerseits könnte man aber daraus
schließen — und die Longicornier bestärken uns in dieser Auf-
fassung — , daß den Larven mit gewundenem Enddarm die Möglich-
keit, den After als „siebten Fuß" zu gebrauchen, abgeht und daß
der gerade Verlauf desselben als eine unerläßliche Voraussetzung
bei dieser Funktion anzusehen ist. Bemerkenswert scheint auch die
Tatsache, daß hier der After mit der Grenze der Ringmuskulatur
zusammenfällt.
Bei Cassida rubiginosa — und die meisten Arten der Familie
machen es ebenso — ist das Afterende mit der Aftergabel dorsal-
wärts umgebogen. Damit im Einklang steht, genau wie bei der
Verschiebung der Afterspalte bei Crioceris, auch die Unmöglichkeit,
den After zur Fortbewegung heranzuziehen. Wie dort, so dient das
Hinterende auch hier rein schützenden Funktionen: „Comme Celles
de Crioceris, elles se recouvrent de leurs excremens, mais ceux-ci
sont disposes d'une maniere differente: la fourche que porte le
Segment terminal se replie vers la partie anterieure de l'insecte de
maniere ä former avec le corps un angle ouvert en avant; l'anus
6*
34 Paul Bbass,
s'ouvre pres de cet appendice et lorsqiie la larve rejette ses
excremeus, ils sont retenus sur la fourche; par siüte de leur accu-
mulation ils sont pousses eu avant, se collent les uns aux autres et
forment ainsi une espece de toit sous lequel la larve disparait
presque en entier" (Chapuis, Cat., p. 601).
Wir zählen bei Cassida nur 9 Abdominalringe; der 9. ist in die
Gabel verlängert, welche den Kot etc. trägt. Über den After sagt
FiEBEiG (1. c, 1910, p. 164). „Der am neunten Segment befindliche
After erscheint manchmal durch den etwas herausgezogenen Endteil
des Rectums als ein besonderes Segment." Die Annahme liegt nahe,
daß auch hier das Einziehen des Analsegments im Zusammenhang
mit seiner Funktion als Bewegungsorgan erfolgte oder, mit anderen
Worten, daß Cassida von Formen abstammt von ähnlichem Habitus
und ähnlicher Art der Bewegung wie die Mehrzahl der Chryso-
meliden.
B. Coccinellidae.
Untersucht wurden von mir verschiedene Arten, die aber in
allen ihren Verhältnissen nichts wesentlich Neues gegenüber den
Chrysomeliden boten. Auch sie gebrauchen den „siebten Fuß", der
wie bei Lina tremulae durch Modifikation des Analsegments, das im
ganzen Umfange eingezogen wird, entstanden ist: „Le dernier anneau
du Corps est petit et la larve en fait souvent sortir un mamelon
charnu assez gros, qu'il appuie sur le plan de position et qu'alors
lui sert comme d'une septieme patte" (de Geee, Vol. 5, p. 366) Sie
sondert auch ein reichliches Secret ab, das dem ausgestülpten Organ
zur Festheftung dient. Die Herkunft desselben ist wohl die gleiche
wie bei Agelastica alni, da man dieselben anatomischen Veränderungen
in den MALPiGHi'schen Gefäßen wiederfindet. Wie man im System
die Familien selbst in nahe Beziehungen miteinander bringt, so
zeigen auch die Larven sehr weitgehende Übereinstimmungen.
C. Cantharidae (Telephoridae).
Cantharis rufipes L. Ziemlich eng an die Chrysomeliden schließen
sich die Canthariden, von denen mir eine Form zur Untersuchung
vorlag. Das Abdomen ist bei der Larve, die eine Länge von
15—20 mm erreicht, fast vollkommen gleich stark. Das 9. Segment
ist etwas schmäler und flacher als die vorhergehenden, so daß es
von der dorsalen oder ventralen Seite gesehen, das Aussehen einer
halbmondförmigen Scheibe hat, in dessen Mitte das Analsegment
Das 10. Abdominalsegment der Käferlarven als Beweguugsorgan. 85
liegt (Taf. 4 Fig. 1). Dieses sitzt an dem etwas schräg nach liinten
abgestutzten 9. Abdominalsegment und ist, wie bei Gälerucella viburni,
noch zum Teil erhalten (Taf. 4 Fig. 4). Die untersuchte Form bot
in der Art der Fortbewegung keine Unterschiede gegenüber der von
G. W. Müller (1. c, p. 221) beschriebenen; wahrscheinlich ist sie
sogar damit identisch. Ich möchte ihn daher wörtlich zitieren:
„Die durch ihre sammetartige Beschaffenheit und schwarze Farbe
leicht kenntliche Larve fixiert ebenfalls das Hinterende während
des Wanderns, und zwar anscheinend stets; w^enigstens konnte ich
bei den von mir untersuchten Individuen nie ein einfaches Nach-
schleppen des Hinterleibes beobachten. Das Abdomen wird nicht,
oder nur unbedeutend gekrümmt, vielmehr kontrahiert und ausgedehnt,
entsprechend sind die Schritte, die das Hinterende macht, klein,
etwa so groß, wie ein hinteres Abdominalsegment breit. Der sehr
kleine Analring ist auf die Ventralseite des neunten Abdominal-
segments gerückt. Am Vorderrande des Afters sehen wir eine etwa
halbmondförmige, weiße Falte mit radiärer Streifung, die sich scharf
gegen die übrige schwarze Körperhaut abgrenzt. Ich betrachte
diese Falte als einen Teil des Enddarmes, der infolge des Anteils
an der Bewegung ausgestülpt bleibt. Beim Fixieren verbreitert sich
diese Falte mehr oder weniger stark, so daß sie die ganze After-
öflfnung verdecken kann."
Nach meinen Beobachtungen verschwindet aber die ganze weiße
ausgestülpte Masse bei Cantharis rufipes, wenn sie das 9. Segment
bei der Fortbewegung hebt, in dem Analsegment, um bei der Nieder-
setzung desselben wieder zu erscheinen. Eine Absonderung irgend
eines Secrets zur Festheftung findet nicht statt, vielmehr dürfte die
radiäre Streifung auf eine saugnapfähnliche Funktion schließen
lassen. Wie bei den Chrysomeliden betrachte ich auch hier das aus-
gestülpte Stück als ein Teil des modifizierten Analsegments. Die
anatomischen Verhältnisse liegen ähnlich wie bei diesen.
D. Lampyridae.
Luciola italica Lap. Als einzigen Vertreter dieser Familie unter-
suchte ich Luciola italica, die man in Italien häufig findet. Der
Liebenswürdigkeit des Herrn Geheimrat Müller verdanke i(;h
lebendes wie auch konserviertes Material, das er mir in entgegen-
kommenster Weise zur Verfügung stellte. Die Larven sind charak-
teristisch durch ihren 25-30 mm langen Körper, der relativ breit
aber sehr flach ist (Taf. 4 Fig. 10). Die einzelnen Segmente laufen
86 Paul Beass,
lateral iu je zwei stumpfe, fleischige Spitzen aus, sind sonst aber
g-leiclimäßig- breit. Das 9. Segment ist etwas schmaler als die
vorangehenden und trägt in seiner Mitte ein kurzes Analsegment
(Taf. 4 Fig. 13). Meine Beobachtungen decken sich vollkommen
mit jenen von G. W. Müller, dessen Beschreibung ich als die
treifendste wieder wörtlich anführen möchte (1. c. , p. 221): „Bei
normaler Bewegung wird das Abdomen besonders an der Grenze
vom sechsten und siebten Abdominalsegment stark gekrümmt, die
drei letzten Segmente werden stark nach vorn gebogen, so daß der
After etwa unter den Hinterrand des fünften Abdominalsegmentes
zu liegen kommt. Dann wird das Hinterende aufgesetzt, wobei ein
dicker Haufen kurzer, weißer Schläuche erscheint, der das Hinter-
ende fixiert. Dann wird das Abdomen gestreckt, der Körper auf
diese Weise vorgeschoben, dann das Hinterende unter gleichzeitiger
Einziehung der Schläuche gehoben, wieder gekrümmt usw. An der
Stelle des Niedersetzens können wir stets einen kleinen Tropfen
wahrnehmen. Auf diese Weise kommt eine Bewegung zustande,
die, wie gesagt, einigermaßen an die der Spannerraupen erinnert,
wenn auch die Bewegung und Streckung des Abdomens viel weniger
ausgiebig ist." ^) Die Photographien zeigen uns deutlich die ver-
schiedenen Phasen der Bewegung. Fig. 10 Taf. 4 zeigt uns eine
Larve, die das gekrümmte Hinterende soeben niedergesetzt hat; in
Fig. 9 sehen wir zwei Larven, von denen die linke den Körper
streckt, während die rechte gerade das Maximum der Streckung
erreicht hat. Die Schläuche treten ungefähr zu 30 aus der After-
öifnung; jeder teilt sich wieder dichotomisch in vier, so daß wir
überhaupt etwa 120 Schläuche austreten sehen, die sich strahlen-
1) Bei Taschenbeeg fand ich eine Mitteilung, die sich aber im
wesentlichen wohl nur auf Angaben früherer Autoren stützen dürfte
(Maille, 1. c, p. 354): „Der letzte Ring kann eine Art von Trichter
vorstrecken , bestehend aus zwei ineinander stehenden Kreisen knorpel-
artiger Strahlen, welche durch eine gallertartige Haut miteinander ver-
bunden sind. Diese beiden Strahlenkreise sind ein- und ausziehbar und
bilden ein für die Lebensweise notwendiges Reinigungswerkzeug. Die
Larve ernährt sich nämlich von Schnecken und wird dabei durch den von
diesen reichlich ausgeschiedenen Schleim und durch anhaftende Erdkrümchen
vielfach verunreinigt. Indem sie nun mit dem aufsaugenden Pinsel am
Körper hin und her tastet, nimmt sie den Schmutz weg." Ich habe auch
Fütterungen mit Schnecken angestellt, aber nie ähnliche Beobachtungen
machen können. Es dürfte auch wohl vollkommen verfehlt sein, von einer
aufsaugenden Wirkung des Pinsels zu sprechen, der nach den anatomischen
Befunden lediglich für die Bewegung eine Rolle spielen dürfte.
Das 10. Abdominalsegment der Käferlarven als Bewegungsorgan. 87
förmig- in einem Kreis um die Aftermündung legen. An der ven-
tralen Seite ist ein, jeder dieser Schläuche mit kleinen Chitinhäckchen
bewaffnet, die fast auf der g-anzen Fläche verteilt sind, während
die Dorsalseite - wie auch G. W. Müller erkannt hat (s. dort
tab. 7 fig. 1) — frei von solcher Bewaffnung ist oder höchstens
schuppenartige Gebilde erkennen läßt.
Über den weiteren Aufbau geben uns Medianschnitte gute Aus-
kunft (Taf 4 Fig. 11). Wir sehen den gewöhnlichen Verlauf der
Intersegmentalmuskulatur (Im) in dem 8. und 9. Segment. Weiter
gehen Muskeln von der Grenze des 9. und 10. Segments zur äußersten
Grenze des ausgestülpten Teiles des 30. Segments (ßetractoren).
Die Gesamtzahl der Schläuche ordnet sich in 4 Bündeln an, ent-
sprechend der Anordnung der Intersegmentalmuskulatur (Ktb), so
daß also auf ein jedes ca. 7—8 Schläuche, mit den sekundären
ca. 30 entfallen. An ein jedes dieser Schlauchbündel tritt ein ent-
sprechend starkes Muskelbündel heran, das sich an der Grenze vom
8. und 7. Abdominalsegment von der übrigen Intersegmentalmuskulatur
abtrennt und im 9. Segment sich in einzelne Muskeln aufteilt. Diese
verbinden sich dann mit der korrespondierenden Anzahl der Schläuche,
verlaufen bis in die Spitze derselben (Taf. 4 Fig. 12) und ziehen die durch
Blutdruck ausgestülpten Schläuche wieder ein. Die Retractoren sind
hier also wiederum auch nichts weiter als modifizierte Intersegmental-
muskeln. Die Ringmuskulatur (Bin) des Rectums reicht bis an die
Basis der Schläuche heran; hier ist also der primäre After (pJ-). Die
Schläuche sind morphologisch mithin wieder nichts anderes als ein
großes Stück modifizierten Analsegments, das besondere Anpassung zu
solch extremer Bildung geführt hat. Die Entstehung derselben läßt
sich so erklären, daß bei der Einziehung des Analsegments natür-
lich diejenigen Stellen am stärksten eingestülpt, umgekehrt auch am
stärksten ausgestülpt wurden, an denen sich die Intersegmental-
muskeln (Retractoren) inserierten. So kam es über die Lappenform
(vgl. unten S. 88, 89) zu wohl differenzierten Schläuchen. Während
wir diese wohl erst in der Vierzahl hatten (Staphyliniden), kam es durch
Dichotomie zu 8 Schläuchen (Silphiden), um bei Luciola das Extrem
zu erreichen. Der Ursprung des tropfenartigen Secrets ist jedenfalls
derselbe wie bei den Chrysomeliden, da man dieselben anatomischen
Veränderungen in den MALPiGHi'schen Gefäßen findet. Auffallend
bei dieser Form ist die relativ außerordentliche Größe der Hypo-
dermiszellen (Hs), die sich scharf vom übrigen Gewebe abheben.
88 Paul Brass,
E. Cleridae.
Clerus formicarius Geoffe, Die Bienenkäferlarve findet man
zuweilen häufig unter der Rinde von Kiefernholz, wo sie in Gängen
anderer Larven lebt. Der auffallend rote Körper ist in seiner ganzen
Länge gleichförmig zylindrisch (Taf. 5 Fig. 22) und stark behaart.
Das 9. Segment trägt dorsal 2 stark chitinisierte dorsalwärts um-
gebogene Dornen. Das kurze ebenfalls behaarte Analsegment sitzt
auf der Unterseite des 9. Abdominalsegments. Bei der Vorwärts-
bewegung krümmt die Larve das Abdomen nur vom 7. oder 8. Seg-
ment an, die Krümmung ist also sehr gering und damit auch der
Schritt, den die Larve vorwärts macht. Bei dem Niedersetzen des
Abdomens erscheinen aus dem Analsegment 4 kurze schlauch- oder
lappenartige Gebilde (Taf. 5 Fig. 23), deren Gestalt durch Retrac-
toren, die an ihrem äußersten Ende sich inserieren, bedingt ist.
Häufig findet ein bloßes Nachschleppen statt. In einem engen Lumen,
das ungefähr dem Gange entspricht, in dem die Larve sonst lebt,
gebraucht sie den „siebten Fuß" immer zur Rückwärtsbewegung.
Sie streckt dabei den Körper so viel als irgend möglich und indem
sie die Masse vorstülpt, preßt sie die Dornen, die ja auch nur für
eine Rückwärtsbewegung von Nutzen sein können, gegen die obere
Decke und zieht den übrigen Körper heran. Diese Art der Fixie-
rung, wobei das Hinterende des Körpers zusammen mit den Chitin-
bildungen des 9. Segments wirkt, finden wir noch bei vielen ver-
borgenen Formen (vgl. auch CjT.hrus unten S. 98).
F. Byturidae.
Byturus tomentosus Fabr. Diese als Himbeermade sehr bekannte
Larve ähnelt in ihrem ganzen Habitus der vorhergehenden (Taf. 5
Fig. 19). Auch sie trägt wie diese auf der dorsalen Seite des 9. Seg-
ments 2 starke nach vorn umgebogene Dornen. Das Analsegment
sitzt an dem schräg nach unten abgestutzten 9. Segment und ist
ebenso lang wie dieses. Bei der Fortbewegung beobachtet man ein
Einziehen des Analsegments in das 9. Segment, so daß es bis
zu zwei Drittel seiner Länge verschwindet (Taf. 5 Fig. 20). An
der Spitze des Analsegments erscheint wieder eine weiße, ausstülp-
bare Masse, die noch formloser als bei Cleriis formicarius ist und
höchstens als ein traubiges Gebilde zu erkennen ist. Sonst bietet
sie sowohl bei der Vorwärtsbewegung als auch bei der Rückwärts-
bewegung keine wesentlichen Unterschiede gegenüber der obigen Form.
Das 10. Abdominalsegment der Käferlarven als Bewegungsorgan. 89
G. Cryptophagidae.
Cryptophagus subfumatus Kr. Diese Larve, die in Rüben ziem-
lich häufig vorkommt, schließt sich sehr eng an die vorher be-
sprochene Form an (Taf. 5 Fig. 21). Es fehlen ihr bloß die dorsalen
chitinisierten Riickenschilder des Abdomens, auch sind die Dornen
des 9. Segments nicht so stark dorsal gebogen und cliitinisiert wie
die von Byturus. Das noch zur Hälfte erhaltene Analsegment ist
ebenfalls einziehbar und läßt an seiner Spitze etwa 4 grobe Schläuche
austreten, von denen die nach vorn gelegenen meist ki-äftiger ent-
wickelt sind, Da sie in einem ähnlichen Medium wie Byturus lebt,
so zeigt sie dieselbe Bewegungsart.
Ich schalte hier eine Form ein, deren Familien Zugehörigkeit
ich zwar nicht feststellen konnte, die mir aber doch interessant
genug erschien, sie hier zu erwähnen.
Äußerlich zwar sehr den Elateriden ähnelnd, kann diese
Larve nach ihrem ganzen Habitus doch den oben besprochenen
Formen angeschlossen werden. Der etwa 6 mm lange Körper ist
in seiner ganzen Länge fast gleichmäßig zylindrisch und trägt auf
der dorsalen Seite des Abdomens verhornte Platten (Taf. 5 Fig. 18).
Das 9. Segment ist etwas abweichend gebaut. Auf seiner ßücken-
seite trägt es lateralwärts verschoben je 3 größere Chitinbildungen,
deren Gestalt aus der Figur erkennbar ist. Das Analsegment ist
halb so lang wie ein Abdominalring und stülpt bei der Nieder-
setzung 4 deutliche, aber relativ kurze Schläuche aus, die jeg-
licher Bewaffnung entbehren. Das Tier lebt verborgen unter der
Rinde abgestorbener Kiefern. Läßt man die Larve auf freiem Plan
laufen, so schleppt sie das Abdomen nach; erst wenn das Lumen,
in dem sie sich bewegt, so eng wird, daß sie noch eben vorwärts
kommen kann, gebraucht sie das Hilfsorgan in ähnlicher Weise wie
Clerus, Byturus usw. und dann stets. Ebenso wird der „siebte Fuß"
bei der Rückwärtsbewegung zur besseren Fixierung stets gebraucht.
H. Elateridae.
Melanotus castanipes Payr. Von dieser Familie lagen mir ver-
schiedene Vertreter zur Untersuchung vor, die aber gegenüber von
Melanotus castanipes nichts neues boten. Ich möchte also näher allein
auf diese Larve eingehen, die ich häufig in der Greifs walder Um-
gebung unter der Rinde alter Baumstrünke fand. Die Larven, die
etwa 30—35 cm lang werden, sind schlank, fast vollkommen
90 Paul Brass,
zji indrisch, gleichmäßig segmentiert und außerordentlich stark
chitinisiert — „Drahtwürmer" (Taf. 5 Fig. 28). Abweichend gebaut
von den übrigen Segmenten ist das 9. Abdominalsegraent, das etwas
flacher als das übrige Abdomen, sich schwach dorsalwärts krümmt
und in einer stumpfen Spitze ausläuft. Der sehr kurze Analring
ist noch mehr wie bei Byturus, Clerus usw. auf die Ventralseite des
9. Segments verschoben und liegt nahe der Grenze vom 8. und 9. Ab-
dominalring. Aus ihm tritt das ausstülpbare Organ als eine weiße,
kreisrunde und radiär gestreifte Falte heraus von derber Beschaffen-
heit. Die Falte ist nichts anderes als die weiße Masse, nur ist sie
viel weniger umfangreich als bei den bisher besprochenen Formen.
Läßt man das Tier über eine freie Ebene kriechen, so schleppt
es das ganze Abdomen einfach nach, und man wird nie irgendwelche
Unterstützung mit Hilfe des „siebten Fußes" beobachten können.
Das ist ja auch ganz erklärlich, da das Tier sich nun unter ganz
anderen Verhältnissen bew^egt als gewöhnlich, zudem macht die
Chitinisierung des Körpers eine starke Krümmung oder eine Kon-
traktion fast unmöglich. Gibt man aber dem Tier nur annähernd
natürliche Lebensbedingungen, indem man es z. B. zwischen 2 Objekt-
trägern oder in dem oben beschriebenen Apparat kriechen läßt,
wobei die Holzleisten nur soweit auseinander sind, daß das Tier sich
eben bewegen kann, so beobachtet man ein Anpressen des gestreiften
Ringes, wobei zu gleicher Zeit auch innerhalb der Peripherie des-
selben 2 kleine runde Warzen erscheinen, die sich dicht der Unter-
lage anlegen (Taf. 5 Fig. 26, auch G. W. Müller, tab. 7 fig. 7),
Die Anpressung erfolgt weniger durch eine Vergrößerung des Ringes,
der seine Form nur wenig ändert, als vielmehr durch ein Vor-
strecken des Analsegments (Taf. 5 Fig. 25 u. 27). Durch diese An-
pressung wird die Spitze des 9. Segments erhoben und gegen die
dorsale Wand gedrückt, so daß auf diese Weise eine sehr starke
Verankerung erfolgt. Zu diesem so fixierten Hinterende kann dann
die Larve den Körper mit Leichtigkeit zurückziehen. Es sind also
wieder im wesentlichen dieselben Verhältnisse wäe bei anderen
weiter oben beschriebenen, verborgen lebenden Käferlarven, wo auch
das Analsegment in erster Linie der Rückwärtsbewegung dient.
Andrerseits beobachtet man aber hier auch eine Heranziehung des
„siebten Fußes" bei der Vorwärtsbewegung. Durch die beschriebene
Anpressung wird es dem Tiere möglich, mit großer Gewalt nach
vorwärts zu drängen und einen starken Widerstand zu überwinden.
Mit dieser eigenartigen Bewegung scheint die Struktur der Inter-
Das 10. Abdominalseffmeut der Käferlarven als Bewegungsorgan. 91
segmentalhäute in irgendeinem Zusammenhang zu stehen. Jeden-
falls wirken das Analsegment und die Spitze des 9. Segments zu-
sammen zur Vorwärtsbewegung der Larve (s. G. W. Müller, 1. c,
p. 228). Bei den Elateridenlarven dürfte wohl diese Art der Fixie-
rung allgemein verbreitet sein, da der Körper meist (Schiüdte,
Vol. 6, tab. 1—10) wie bei Melanotus zylindriscli und mit denselben
Hilfsmitteln der Bewegung ausgestattet ist. Der Analring ist bei
einigen Formen noch mit besonderen, starken Chitinhaken bewaffnet
(ScHiÖDTE, Vol. 6, p. 479): ,,Annulus analis valde exsertus plerisque,
brevissimus Melasi, Cebrioni inermis plerisque, hamis duobus scan-
soriis armatus Cardiophoro, Calcolepidio, Alao, Agrypno, Laconi.."
Diese dürften im wesentlichen auch der Rückwärtsbewegung dienen.
J. Pyrochroidae.
Pyrochroa coccinea L. Die Larve lebt ebenfalls unter der Rinde
alter Baumstrümke in selbst gefertigten, ihrer Gestalt entsprechend
sehr flachen Gängen. Sie erscheint sehr stark dorsoventral zu-
sammengedrückt. Die 7 ersten Abdominalsegmente des sonst gleich-
mäßig breiten Körpers sind vollkommen gleich; abweichend ist das
8. und 9. Segment. Ersteres ist länger als die vorhergehenden Ab-
dominalringe und trägt auf der Ventralseite nahe der Grenze des
9. Segments eine halbkreisförmige, an dem Vorderrand stark ge-
zahnte, stark chitinisierte Platte (G. W. Müller, tab. 7 fig. 11). Das
9. Segment ist ganz auffällig unterschieden und um ca. 90** auf-
richtbar. An seiner Basis lateral etwas wulstig hervortretend,
endigt es in 2 langen, sehr stark chitinisierten Spitzen. Ventral
befindet sich eine tiefe Grube, die sich nach hinten in einer Rinne
fortsetzt, die zwischen den beiden spitzen Fortsätzen des 9. Ringes
mündet. Der „sekundäre After" liegt auf einer weißen, ausstülp-
baren Masse, die an der Grenze des 8. und 9. Segments erscheint.
Das Analsegment ist scheinbar vollkommen verschwunden. In Wirk-
lichkeit ist es aber, wie uns die Medianschnitte zeigen (Taf 6 Fig. 35),
in der weißen, ausstülpbaren Masse erhalten, also vollständig modi-
fiziert. Das Analsegment wäre nach dieser Auffassung einmal ganz
an den Vorderrand des 9. Segments verschoben, so daß es an der
Grenze des 8. und 9. erscheint, andrerseits wäre es hier in der Ruhe
vollständig eingestülpt, scheinbar, wie schon gesagt, vollkommen
verschwunden (Taf. 6 Fig. 34).
Was nun die Funktion der einzelnen Teile betrifft, so dürfte
die harte gezähnte Platte (Bp) dazu dienen, den Raum zu reinigen,
92 Paul Brass,
auf den später der „siebte Fuß" gepreßt wird, vielleicht spielt sie
aber auch, und darauf deuten auch die anatomischen Befunde
(Fig-. 34), eine gewisse Rolle bei der Fixierung des Hinterendes.
Die tiefe Grube (Gr) mit der anschließenden Rinne (Bi) dient augen-
scheinlich der Entleerung des Kotes, der sonst bei niedergedrücktem
9. Segment keinen Ausweg fände. Was schließlich die Bedeutung
des ausstülpbaren Analringes betriift, so mögen darüber die folgen-
den Beobachtungen Aufschluß geben.
Bewegt sich das Tier auf einer freien Fläche, so hat sie das
letzte Segment mit seinen Spitzen fast senkrecht nach oben gerichtet,
wobei das ausgestülpte Stück wie ein Polster unter dem Segment
erscheint (G. W. Müllee, tab. 7 fig. 12). Kriecht die Larve zwischen
den Leisten des Apparats, wobei sich das Lumen nach dem Kopfe
zu verjüngt, so sieht man, wie sie die Gabel horizontal legt und nach
hinten schiebt. Dann erscheint in der Höhle die weiße Masse, womit
zugleich auch ein Aufrichten der Spitzen erfolgt, die sich gegen die
dorsale Wand anpressen und so das Hinterende fixieren, so daß der
Körper zum Hinterende nachgezogen werden kann. Wie verhält sie
sich aber bei der Vorwärtsbewegung? Dazu sagt G. W. Müller
folgendes (1. c, p. 229): „Für die Vorwärtsbewegung liegt es nahe,
ihm (dem Enddarm) eine ähnliche Bedeutung zuzuschreiben, wie wir
sie für die Elateridenlarven, speziell Melanotus castanipes annahmen :
der austretende Enddarm drückt die Spitzen des neunten Abdominal-
segmentes gegen die dorsale Wand der Höhle. So plausibel die
Deutung ist, so ist sie jedoch nicht zutreffend. Läßt man die Larve
zwischen den Fingern durchkriechen, so überzeugt man sich leicht,
daß ein Aufrichten des letzten Ringes, und zwar ein sehr kräftiges,
auch ohne Mitwirkung des Enddarmes erfolgt. Es wird bewirkt
durch die starke Muskulatur des vorletzten Ringes. Danach scheint
der Enddarm bei der Vorwärtsbewegung zum mindesten als Mittel
den letzten Ring aufzurichten, überflüssig. Ob er sonst eine Rolle
spielt, ob er doch vielleicht beim Aufrichten mitwirkt, weiß ich
nicht. Die Bewegung, in der wir ihn beim Kriechen sehen, macht
es mir wahrscheinlich, daß er nicht ganz bedeutungslos."
Diese Beobachtungen decken sich fast vollkommen mit den
meinigen. Wenn auch das ausstülpbare Organ keinen Einfluß auf
die Aufrichtung der starken Spitzen hat, die, wie ganz richtig er-
kannt wurde, nur durch die starke Muskulatur {Tm') erfolgt, die an
der Intersegmentalfalte des 7. und 8. Segments ansetzt, so spielt
andrerseits der „siebte Fuß" bei der Fixierung für die Vorwärts-
Das 10. Abdominalsegment der Käferlarven als Bewegungsorgan. 93
bewegung doch eine gewisse Rolle. Die Fixierung würde nämlich
nicht so fest sein, wenn nicht die Spitzen einerseits und die Aus-
stülpung andrerseits zusammenwirkten. So ist ein kräftiger Unter-
stützungspunkt geschaffen, welcher der Larve beim Graben ihres
Ganges und bei der Vorwärtsbewegung sehr zu statten kommt. In
der Hauptsache spielt der „siebte Fuß" aber auch hier wieder für
die Rückwärtsbewegung die größere Rolle.
K. Tenebrinoidae.
Tenehrio moUtor L. Die als Mehlkäferlarve allgemein bekannte
Form bietet in der Umgestaltung des Analsegments sehr interessante
Verhältnisse. Die ausgewachsene etwa 30 mm lange Larve ähnelt
in ihrem äußeren Habitus sehr den Elateridenlarven, ist wie diese
zylindrisch und außerordentlich stark chitinisiert (Taf. 5 Fig. 29).
Auch das 9. Segment zeigt eine ähnliche Bewaffnung, nur ist es mit
zwei Fortsätzen versehen, die stärker dorsalwärts gebogen und auch
stärker zugespitzt sind als die von Melanotus castanipes. Es läßt
deutlich ein Sternit und Tergit erkennen; ersteres ist durch eine
weichhäutige Membran mit dem Tergit verbunden, so daß es gegen
dieses hin etwas verschoben werden und zusammen mit dem übrigen
Segment zum Teil in das 8. hineingezogen werden kann (Taf. 5
Fig. 33). Das Analsegment ist scheinbar verschwunden, in Wirklich-
keit aber, wie, uns ein Medianschnitt zeigt (Taf. 5 Fig. 31), nur
modifiziert und in der Ruhe zwischen Sternit und Tergit vollkommen
eingestülpt. In ausgestülptem Zustand erscheint es als ein weich-
häutiges Gebilde, das auf seiner Oberfläche zwei zapfenartige, etwas
ventral wärts gebogene und schwach chitinisierte, borstentragende
Anhänge (Aw) aufweist, die zugleich mit dem Einstülpen der weichen
Haut (also des Analsegments) eingezogen, nicht aber wie diese ein-
gestülpt werden, so daß der distale Teil der Anhänge auch distal
bleibt. Zwischen den beiden Warzen liegt der After auf einer
kleinen, wulstigen Erhebung. Die weiche Masse kann mit den Zapfen
derart in das 9. Segment eingezogen w^erden, daß die Zapfen voll-
ständig verschwinden (Taf 5 Fig. 32).
Über Lage und Ursprung der Warzen gibt uns ein Median-
schnitt die beste Auskunft. Fig. 30, Taf. 5 zeigt uns einen solchen
Schnitt von einem Tier mit ausgestülpten Warzen. Die Intersegmental-
muskulatur (Im) zeigt den gewöhnlichen Verlauf bis zum 8. Abdominal-
ring. An der Intersegmentalfalte des 8. und 9. Segments setzt eine
stark entwickelte Muskulatur an, die die Aufrichtung des 9. Segments
94 Paul Brass,
bewirkt {Im'). Weiter verlaufen von dieser Grenze Muskeln, die an
dem Ende des Analsegments ansetzen, und andere, die zur Inter-
segmentalfalte des 9. und 10. Einges verlaufen. Schließlich gibt es
auch noch Muskeln, die sich einerseits an der Mitte der dorsalen
Seite des 9. Segments, andrerseits an der äußersten Grenze des
Analsegraents inserieren (Et). Außerdem verlaufen in den Warzen
auch noch Muskeln, die zur Intersegmentalmuskulatur der ventralen
Seite zu rechnen sind und die eine Bewegung der Warzen herbei-
führen. Die Warzen selbst münden mit ihrem basalen Teil nicht
in den Enddarm, sondern liegen seitlich davon. Daß sie mit diesem
nichts zu tun haben, kann man auch dadurch zeigen, daß man den
Enddarm durch starken Druck zur Ausstülpung bringt, wobei er
dann zwischen den beiden Warzen erscheint. Man muß diese also
zwar auch als ein Gebilde des Analsegments auffassen, das aber
nicht wie sonst (vgl. Staphjiiniden, Silphiden etc.) dem Darm resp.
dem „sekundären After" angehört, sondern lateral davon steht.
Wie verhält sich das Analsegment bei der Fortbewegung? Läßt
man die Larve auf ebener Fläche kriechen, so beobachtet man, daß
sie das Analsegment ausstülpt, mit ihr zusammen die erwähnten
Warzen vorstreckt, so das Hinterende des Körpers fixiert und durch
Streckung des Abdomens den Körper möglichst weit vorwärts schiebt.
Hat sie die Maximalstreckung erreicht, dann verkürzt sie den Körper
durch möglichst starke Kontraktion des Abdomens und wiederholt
den Vorgang. Ebenso häufig beobachtet man ein bloßes Nach-
schleppen des Abdomens, so daß also bei freier Bewegung die Unter-
stützung für die Vorwärtsbewegung nicht absolut erforderlich ist.
Anders ist es bei der Rückwärtsbewegung, da werden die Warzen
immer zur Fixierung herangezogen. Man kann dies sowohl bei einer
Larve beobachten, die sich frei rückwärts bewegt, als auch in dem
schon öfters erwähnten Apparat. Die Larve streckt dann den
Körper so weit als möglich, und indem sie die Spitzen des 9. Segments
gegen die dorsale Wand, und die Warzen gegen die Unterlage preßt,
verankert sie sich so gut, daß sie mit Leichtigkeit den übrigen
Körper zu diesem Punkt hinziehen kann. Die Warzen sind also
dem Tier unerläßlich zur Fortbewegung, was auch schon de Geee
erkannt hat (1. c, Vol. 5, p. 36): „Quand la larve marche, eile fait
sortir du dessous du derriere d'entre la jointure du penultieme et
du dernier anneau, uue grosse masse charnue blancheätre, garnie en
dessous de deux mamelons allonges un peu ecailleux et mobiles qui
ressemblent ä de petites pattes pour s'appuier sur le plan de position
Das 10. Abdominalsegment der Käferlarveu als Bewegungsorgan. 95
ou poiir aider ä pousser le corps en avant. Ces deux mamelons ou
ces deux especes de pattes sont un peu courbees du cute de la tete
ou vers le devant du corps et quand la larve n'en fait point usage,
elles rentrent entierement dans le corps ensemble avec la masse
charnue; mais par une forte pression 011 les fait sortir quand on
veut. L'anus de l'insecte ne se trouve point au dernier anneau,
mais sur la masse charnue, dont nous venons de parier, imediatement
derriere les deux mamelons." Eine gleiche Beobachtung finden wir
auch bei Feisch (1. c, Vol. 3, p. 2): „Unten am Schwanzkeile gehen
zwei stumpfe Spitzen heraus, womit er den langen Hinterleib, der
sonst keine Füße hat, nicht allein fortschiebt, sondern auch, weil
diese Spitzen nebst dem dickeren Theil, woran sie stehen, hinein-
und herausgehen können, sich damit fest anhängen kann."
Vergleicht man die einstülpbare weiche Masse, die bei Tenebrio
molitor um den After herum liegt, mit der weißen Masse der weiter
oben beschriebenen Formen, so erscheint letztere bei den Chryso-
meliden etc. bei oberflächlicher Betrachtung als ein Stück des
Enddarmes; anders hier. Hier würde kaum jemand auf die Idee
kommen, daß der ein- und ausstülpbare Teil des Analsegnients ein
Stück des Enddarmes sein könnte. Bei den anderen Formen konnten
die Anhänge des Analsegments — seien es nun Schläuche oder nur
lappige Ausbuchtungen — unabhängig von der sonstigen weichen
Masse eingestülpt werden, so daß also der bei der Ausstülpung
distale Teil nun am weitesten in das Analsegment hineingezogen
wurde. Die Anhänge von Tenebrio molitor können aber nur zu-
sammen mit der weichen, um den After herum gelegenen Haut ein-
gezogen und auch nicht eingestülpt werden. Hire Einziehung ist
also sekundär und geschieht mit Einstülpung der Masse. Wenn
also rein äußerlich fast dieselben Verhältnisse bei Tenebrio molitor
vorliegen wie bei ähnlichen anderen Formen (Staphyliniden, Sil-
phiden etc.), so haben wir es doch in Wirklichkeit mit vollkommen
anderen Erscheinungen zu tun.
Die meisten Tenebrionidenlarven scheinen diese Warzen zu be-
sitzen, die zwar bei anderen Formen größer noch als bei Tenebrio
molitor sind und in ihrer äußeren Gestalt die mannigfachsten Varia-
tionen zeigen, die aber gleicherweise zur Bewegung dienen. Schiödte
behandelt die Tenebrioniden im 11. Bd. seiner „Naturhistorisk Tid-
skrift" und sagt über die Warzen bei der allgemeinen Charakteristik
dieser Familie (p. 491): „Annulus aualis brevis, duabus instructus
verrucis exsertilibus, ambulatorius." G. W. Müller glaubt die
96 Paul Brass,
Warzen mit den Anhängen des 9. Segments anderei- Käferlarven
vergleichen zu können (1. c, p. 230): „Die fraglichen Gebilde (näm-
lich die warzenartigen Fortsätze) haben eine ähnliche Beschaffenheit
wie die übrige Körperbedeckung, sie sind nicht einstülpbar, mit den
Rectalschläiichen haben sie morphologisch nichts zu tun. Möglich,
daß sie den paarigen Anhängern (Cerci) entsprechen; für diese An-
nahme würde anscheinend das Verhalten von Acis reflexa sprechen."
Meiner Meinung nach haben wir es in den Cerci mit Gebilden des
9. Segments zu tun, während die warzenartigen Fortsätze doch
zweifellos Bildungen des Analsegments sind; ein Vergleich beider
ist damit ausgeschlossen. Ferner glaubt derselbe Autor annehmen
zu dürfen, daß die Warzen nur eine geringe Rolle bei der Bewegung
spielen (1. c, p. 230): „Bringt man eine Larve von Tenehrio molitor
bei schwachem Druck zwischen 2 Glasplatten, so werden die Warzen
deutlich verlängert, werden gegen das Glas angestemmt. Sicher ist
hier der Anteil an der Bewegung ein sehr geringer, in der natür-
lichen Umgebung dürften sie überhaupt kaum jemals der Bewegung
dienen."
Mit dieser Auffassung stehen meine Beobachtungen im Wider-
spruch, da ich, wie schon weiter oben angeführt, bei der Rückwärts-
bewegung stets, bei der Vorwärtsbewegung auch mindestens in der
Hälfte aller Beobachtungen eine starke Beteiligung dieser Warzen
bei der Bewegung als Hilfsorgan konstatieren konnte. Man muß
bei dieser Frage auch berücksichtigen, daß die Tiere ja nicht immer
im Mulm leben, sondern mit Vorliebe sich zwischen alten Säcken usw.
aufhalten, wo die Bedingungen für eine Beteiligung der Warzen an
der Bewegung sehr günstig sind. Andere Tenebrioniden-Larven
leben nach Schiödte (Vol. 11, p. 549 — 561) unter der Rinde von
Bäumen oder in Holz. Auch bei diesen Formen dürften die Warzen
eine große Rolle für die Bewegung spielen, wofür ja auch ihre Be-
waffnung mit starken Dornen usw. spricht,
L. Carabidae.
Nebria hrevicollis F. Die Larve, die man wohl zu allen Zeiten
unter verwesendem Laub findet, ist ein ij-pischer Vertreter der
Carabiden, sowohl in ihrem ganzen Habitus als auch in der Art der
Fortbewegung. Der Körper ist in seiner ganzen Länge fast gleich-
mäßig zylindrisch und läßt deutlich 13 Segmente erkennen. Die
ersten 8 Abdominalsegmente sind vollkommen gleich gebildet, das
9. Segment (Taf. 6 Fig. 40) besitzt nur etwa ein Drittel der Länge
Das 10. Abdominalsegment der Käferlarven als Bewegungsorgan. 97
der vorhergfehenden und ist nur halb so breit wie diese. An der
dorsalen Seite trägt es 2 beweglich inserierte, lange Cerci Zwischen
diesen bewegt sich das Analsegment, das etwas ventralwärts ver-
schoben, am 9. Segment articulierend eingefügt ist. In seiner äußeren
Gestalt ist es auffällig von allen anderen Abdominalsegmenten unter-
schieden. Nach ScHiÖDTE (Vol. 4, p. 464) ist der „annulus analis
productus, tenuis, cylindricus, annulo nono abdominis sesqui longior".
An seinem proximalen Ende ist das Analsegment ziemlich stark
chitinisiert, während das Chitin nach dem After zu immer mehr an
Stärke verliert und schließlich ebenso weichhäutig wie die anderen
Segmente wird. Während bei den Chrysomeliden das Anal-
segment in der Regel den Abschluß des Körpers bildete und kaum
beweglich in der Vertikalebene war, kann es bei den Carabiden
einen Bogen von ca. 60—70" beschreiben, d.h. also, daß es aus
seiner gewöhnlich schräg nach hinten gerichteten Stellung sich direkt
senkrecht stellen kann. Damit steht auch folgende Erscheinung im
Zusammenhang.
Bei den Chrysomeliden geschah die Vorwärtsbewegung da-
durch, daß sich der Körper, nach der erst erfolgten möglichst großen
Streckung, dadurch verkürzte, daß sich derselbe stark kontrahierte
oder aber, und das in den meisten Fällen, krümmte. Beobachtet
man aber die Carabiden bei ihrer Fortbewegung, so sieht man,
daß sie unter geringer Hebung des Abdomens das Analsegment
allein möglichst weit nach vorn schieben, d. h. ungefähr senkrecht
niederstellen, dann den Körper vorwärts schieben, wobei sich das
Analsegment allmählich schräg nach hinten einstellt. Erst wenn
das Tier seine größte Streckung erreicht hat, hebt es, wie vorhin
schon gesagt, das Abdomen und wiederholt den Vorgang von neuem;
dabei ist der Schritt viel kleiner als der der Chrj^someliden.
Auch hier sieht man beim Niedersetzen des „siebten Fußes- aus
dem „sekundären After" eine weißgraue Masse heraustreten, wenn
auch lange nicht in dem Maße wie bei den Blattkäfeiiarven. Beim
Aufheben des Analsegments verschwindet sie wieder in der Anal-
ötfnung. Dabei erfolgt die Anheftung ohne Absonderung eines
Secrets; jedenfalls habe ich nie ein solches beobachten können.
Unterstützt wurde ich in dieser Auffassung durch den anatomischen
Befund, der in keinerlei Weise irgendeine Veränderung der Mal-
piGHi'schen Gefäße, aucli in den verschiedensten Stadien, noch irgend
sonstige Drüsengebilde erkennen ließ.
Wir haben es rein äußerlich bei dem Hilfsorgan mit derselben
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. "^
98 Paul Brass,
-Erscheinung wie bei den Chrysomeliden zu tun: „The part where
the anus is situated is prolonged into a membranous deflexed tube,
which serves as a support to the tail" (Westwood's Introduction,
p. 65). Kann man rein äußerlich schon durch einen Vergleich mit
den Chrysomeliden (vgl. Galerucella, S. 77) auf die Herkunft der
einfachen, aus dem After austretenden Masse schließen, so zeigt uns
ein Medianschnitt des Tieres (Taf. 6 Fig. 41), daß wir es in dem
ausgestülpten Teil wieder mit einem Stück modifizierter Körperhaut
zu tun haben. Auch hier führt uns die Betrachtung des Verlaufes
der Intersegmentalmuskeln und der Ringmuskulatur des Intestinal-
kanals zur gleichen morphologischen Deutung des Hilfsorgans. Die
Muskeln (Eetractoren) sitzen gleichmäßig verteilt an dem aus-
gestülpten Organ an.
Cychrus rostraüis Fabr. Ich fand diese Larve, die ebenfalls
unter feuchten Blättern lebt, in den Herbstmonaten. Bestimmt
wurde sie nach Schiödte, der von ihr sagt (Vol. 4, p. 472): „Annulus
analis cylindricus, longitudine annuli noni, breviter pilosus, apice
molli exsertili, inermi." Auf den ersten Blick unterscheidet sie sich
von Nehria brevicolUs durch die Beschatfenheit der Anhänge des
9. Segments (Taf. 6 Fig. 36 u. 37). Während es dort 2 lange, relativ
weiche Cerci waren von der Länge des halben Abdomens, sind es
hier 2 kurze, aber stark chitinisierte Fortsätze von der Länge eines
Abdominalsegments; das Analsegment reicht also noch über die
beiden Enden der Cerci hinaus. Diese Anordnung ist, wie wir gleich
unten sehen werden, wichtig für die Art der Fortbewegung. Das
Analsegment ist, wie Schiödte sagt, zylindrisch und kurz, dabei
verschwindet ebenso wie bei Nebria brevicolUs der chitinige Charakter
des Analkonus nach dem Distalende hin.
Beobachtet man eine auf freiem Plan laufende Larve, so findet
man eine völlige Übereinstimmung in der Fortbewegung mit oben
beschriebener Form. Nur die ausstülpbare Masse zeigt nicht mehr
die vollkommen einheitliche, abgerundete Gestalt, sondern man kann
deutlich 4 kurze Schläuche erkennen (Taf. 6 Fig. 39), die sich da-
durch voneinander unterscheiden, daß die beiden dorsalen Schläuche
etwas länger sind als die ventralen; sie entbehren aber auch wie
diese jeglicher Bewaffnung. Bedingt wird die Gestaltung der
Schläuche, wie uns ein Medianschnitt lehrt (Taf. 6 Fig. 38), wieder
durch den Ansatz der Eetractoren. Wie ich schon weiter oben
sagte (vgl. S. 75) setzen die Eetractoren bei den Chrysome-
Das 10. Abdominalsegment der Käferlarven als Bewegungsorgan. 99
lidien und auch bei Nehria hrevicollis auf der ganzen Fläche des
ausgestülpten Organs gleichmäßig verteilt an. Bei Luciola italica
u'Dd ebenso Cychrus rostraüis hingegen findet man 4 starke Muskel-
bühdel — entsprechend der Anordnung der Intersegmentalmuskulatur
--, von denen ein jedes in der schlauchartigen Ausstülpung ansetzt.
Die Entstehung derselben kann man sich also gleichermaßen wie
hei Luciola italica erklären, mit dem Unterschiede nur, daß hier die
Ein- resp. Ausstülpung entsprechend schwächer war, es also bei der
Lappenbildung blieb.
Bei Nebria wie auch bei den Chrysomeliden beobachtete ich
keinerlei Rückwärtsbewegung; anders ist es bei Cychrus. Läßt man
diese Larve zwischen 2 Glasplatten, besser aber noch in dem schon
weiter oben beschriebenen Apparat laufen, so kann man sie durch
Verjüngen des Spaltes nach dem Kopfe hin zur Rückwärtsbewegung
bringen, was mir bei den vorher genannten Larven immer mißlungen
ist. Dabei ist das Abdomen in seiner Mitte etwas nach unten ge-
bogen, w^odurch die beiden oben erwähnten starken Fortsätze des
9. Segments sich nach oben richten und die obere Platte berühren.
Dadurch nun, daß die Larve ihr Analsegment senkrecht niederstellt,
klemmt sie sich, mit der ausgestülpten Masse einerseits und den
beiden Fortsätzen andrerseits, derart zwischen die Platten oder
Hölzer, daß sie den Vorderkörper bequem zu diesem Stützpunkt hin-
ziehen kann. Nach der Heranziehung desselben schiebt die Larve
das Analsegment schräg nach hinten, und indem sie es dann wieder
senkrecht stellt, wiederholt sie das Zurückziehen von neuem. Damit
tritt uns das Analsegment in einer doppelten Funktion entgegen, es
dient nicht nur der Vorwärts-, sondern auch der Eückwärtsbewegung.
Und diese letztere Funktion ist nötig bei Larven, die ein ver-
borgenes Leben führen, d. h. in Gängen usw. leben. In engstem
Zusammenhange mit der Rückwärtsbewegung steht also bei Larven
mit verborgener Lebensweise die Ausbildung der Anhänge des
9. Segments. Bestärkt wurde ich in dieser Meinung durch den
folgenden Vertreter dieser Familie.
Calosoma sycophanta L. Die allgemein als Puppenräuber be-
kannte Larve führt ein teils oberflächliches, teils verborgenes Leben.
Mit dieser doppelten Lebensweise steht auch der ganze Habitus des
Körpers in Übereinstimmung (Taf. 6 Fig. 42). Die Rückenplatten
des Abdomens sind stark chitinisiert, und besonders das 9. Segment
zeigt eine sehr starke Chitinisierung der dorsalen Seite. Die An-
lOQ Paul Brass,
hänge, die bei Cychrus rosiraüis noch verhältnismäßig schwach und
einfach waren, stellen hier Chitingebilde dar von besonders aus-
geprägter Form. Es sind 2 dorsalwärts gerichtete, außerordentlich
stark chitinisierte Spitzen, die jede an ihrer Basis einen relativ
mächtigen Dorn tragen, der, wie auch die Anhänge selbst, etwas
dorsalwärts und nach vorn umgebogen ist. Diese ganze Form hat
nur einen Sinn für die Art der Rückbewegung. Das Analsegment
sitzt gleicherweise wie bei den vorhergehenden Larven articulierend
an dem etwas schräg nach unten abgestutzten 9. Segment. Das
Tier verrät also in seinem ganzen Habitus den Höhlenbewohner, der
nur selten noch an die Oberfläche kommt und dessen Hilfsmittel
besonders für eine Rückwärtsbewegung eingerichtet sind. Die Be-
wegung in ihrer doppelten Art ist eigentlich die gleiche wüe bei
Cychrus rostratus, nur erscheint die ausstülpbare lilasse nicht ge-
gliedert in Schläuchen wie bei dieser, sondern einfach und fast
gleichmäßig ringförmig wie bei Nehria hrevicollis.
Im Anschluß an die Carabiden möchte ich kurz auf eine
Form zu sprechen kommen mit einer höchst eigenartigen Anpassung
an das Leben in Höhlen : Cicindela hyhricla. Diese Larve lebt in
senkrechten Gängen, die sie in festen Sand gräbt. Wegen der
überaus interessanten Form verweise ich auf Schiödte (Vol. 4,
p. 440 — 445). Ich beschränke mich hier auf seine Angaben über
das Analsegment (p. 444): „Anuulus analis annulo nono paulo longior,
conici cylindricus, deorsum directus, corueus, breviter spinöse ciliatus."
Die Larve besitzt nur ein kleines ausstülpbares Organ. Der „siebte
Fuß" ist also zwar vorhanden, aber klein und scheint für die Be-
wegung nur eine geringe Rolle zu spielen. Die Fixierung geschieht
hauptsächlich durch die stark chitinisierten und nach vorn gebogenen
Spitzen des 5. Abdominalsegments. Dabei sitzt die Larve S-förmig
in der Röhre, so daß sie Thorax und das 5. — 6. Segment an die eine
Wand derselben, 1. und 2. Abdominalsegment und kurzes Analsegment
an die gegenüberliegende Wand preßt.
M. Silphidae.
Silpha riigosa L. Die Larve lebt, wie Schiödte sagt (1. c, Vol. 1,
p. 227): „Gregatim cadaveribus animalium majorum vertebratorum",
ist also ein Vertreter der verborgen lebenden Formen und kommt
nur selten an die Oberfläche. Sie verzehrt fast das ganze Innere
des Aases, in dem sie sich aufhält, lebt also in den Lücken eines
Das 10. Abdominalsegment der Käferlarven als Bewegungsorgan. 101
sehr klebrigen, formlosen Mediums. Entsprechend diesen Lebens-
bedingungen zeigt der Körper verschiedene Hilfsmittel für die Fort-
bewegung (Taf. 6 Fig. 45). So besitzen die Abdominalsegmente
nicht nur relativ außerordentlich große lutersegmentalhäute. sondern
jedes Segment trägt eine dorsale, stark chitinisierte Platte, die
lateral in je eine nach hinten gebogene Spitze ausläuft. Außerdem
tragen diese Platten an der hinteren Seite eine dichte Keilie von
starken, borstenähnlichen Haaren. Das 9. Segment ist etwas kürzer
als die vorhergehenden und trägt dorsalwärts 2 relativ kurze
und stark chitinisierte Cerci. Das Analsegment, das sich nach der
Spitze zu etwas verjüngt, ist ebenfalls chitinisiert und etwa so lang
wie an der Basis breit. Es dient, wie Schiödte bei der allgemeinen
Besprechung der Süphidae sagt, der Fortbewegung: „Annulus analis
exsertus, motorius" (Vol. 1, p. 224).
Beobachtet man genau das ausstülpbare Organ (Taf. 6 Fig. 47)
bei der Fortbewegung — die im übrigen vollkommen mit der Be-
wegung derCarabiden übereinstimmt — , so sieht man hier nicht
mehr eine einfache runde Falte austreten, sondern man kann deutlich
4 Schläuche erkennen, von denen sich jeder wieder dichotomisch in
2 Schläuche teilt. Im Gegensatz zu Cychrus rostratus, bei der die
kurzen Schläuche jeglicher Bewaifnung entbehrten, finden wir hier
die distalen Enden mit zahlreichen kurzen Chitinhäkchen besetzt,
die alle ihre Spitzen nach dem proximalen Teil hin umgebogen
haben. Der After liegt am Grunde des ausgestülpten Organs. In-
folge der Bewaffnung mit Häkchen ist es der Larve ermöglicht, sich
fest mit dem Abdominalsegment zu verankern, ein Hilfsmittel, das
bei den gegebenen Lebensbedingungen nicht entbehrt werden kann.
Zu diesem Zweck sind auch die Schläuche besser geeignet, als es
eine einfache geschlossene Masse sein würde, und ich erblicke in
dieser Differenzierung eine weitgehende Anpassung an die Art des
Mediums, in dem die Larven sich aufhalten. Die Schläuche sind^
wie uns ein Medianschnitt (Taf. 6 Fig. 48), andrerseits aber auch
ein Vergleich mit Luciola italica (vgl. S. 87) zeigt, gleicher Herkunft
wie diese. Die Dichotomie ist hier nur nicht so weit vorgeschritten
wie bei obiger Form. Die Entstehung der Schläuche läßt sich
auch auf eine gleiche Ursache wie bei Cychrus rostratus und Luciola
italica zurückführen. Ein einzelner Schlauch (Taf. 6 Fig. 49) läßt
uns deutlich die Eetractoren in seinem Innern erkennen und auch
die Tendenz, die Schläuche nochmals zu teilen.
Leider hatte ich nur einen Vertreter dieser Familie zur Unter-
102 Paul Brass,
suchung-, aber eine Beteiligung des „siebten Fußes" scheint bei den
Silphiden allgemein vorzukommen, wie auch aus der Ang-abe von
Westwood hervorgeht (Introduction, p. 139) : „In some of my larvae
the body exhibits thirteen distinct segraents exclusive of the head;
the twelfth segment is transverse from the sides of which is emitted
the pair of short slender conical processes above mentioned, which
are about the iength of the following Joint, which is probably the
exserted portion of the anal apparatus." Auffällig ist der vordere
und hintere Teil des Rectums, der lateral je 2 Reihen von halbmond-
förmigen, flachen Blindschläuchen trägt (Bs).
N. Staphylinidae.
Omalium rivulare Payk. Diese Larve, die im ausgewachsenen
Zustand etwa 5 — 6 mm groß wird, fand ich unter abgefallenem
Laub, wo sie mit Nebria hrevicoUis zusammen lebte. Es handelt
sich also um eine Form, die äußerst selten oder wohl gar nicht
mehr an die Oberfläche kommt. Der Körper ist fast gleichmäßig
zylindrisch, das Abdomen trägt dorsal chitinisierte Platten, die
zwischen sich verhältnismäßig große Intersegmentalhäute frei lassen.
Dadurch ist es dem Tiere möglich, den Körper stark zu kontrahieren,
was ihm bei der Vorwärtsbewegung sehr zustatten kommt. An
dem Rückgleiten wird es durch starke Borsten verhindert, die man
einerseits auf den Platten der Abdominalsegmente, andrerseits auch
besonders stark an den beiden chitinisierten Cerci des 9. Segments
findet (Taf. 7 Fig. 52). Unterstützt wird es aber auch noch durch
das Analsegment, das, halb so lang wie die Cerci, terminal am
9. Segment inseriert ist. Dieses ist auch chitinisiert und trägt an
der Grenze des einstülpbaren Organs 4 starke Chitinborsten, von
denen die 2 unteren dem ausstülpbaren Organ bei der Fixierung
behilflich sind. Läßt mau das Tier auf einem Objektträger laufen,
so wird man fast regelmäßig eine Unterstützung durch den „siebten
Fuß" beobachten können; selten erfolgt nur ein einfaches Nach-
schleppen des Abdomens. Bringt man das Tier in den beschriebeneu
Apparat, dessen Raum man so verengt, daß er sich nach der einen
Seite hin verjüngt, so sieht man sofort eine Ausstülpung einer ge-
gliederten Masse, an der sich das Tier zurückzieht (Taf. 7 Fig. 53).
Die gegliederte Masse ist nichts anderes als Schläuche, die man zu
vieren austreten sielit. Sie spielen zweifelsohne eine große Rolle
bei der Bewegung, ja es scheint, daß das Tier sich nur mit ihrer
Hilfe rückwärts bewegen kann. Dazu kommt noch, daß die langen,
Das 10. Abdoniinalsegment der Käferlarven als Bewegungsorgan. 103
zylindrischen Schläuche nicht unbewaffnet, sondern fast in ihrer
ganzen Länge mit starken, dem proximalen Ende zu gebogenen
Chitinhaken versehen sind (Taf. 7 Fig. 51). Die kleine Larve ver-
mag sich also fest in dem umgebenden Medium zu verankern und
so mit Hilfe der Schläuche den Körper leicht nachzuziehen. Die
Schläuche entspringen an der Grenze von Darm und Körperhaut
(s. Fig. 53) und sind, wie uns ein Handschnitt als auch ein Veigleich
mit Silpha rw^osa lehrt, morphologisch niclits anderes als ein modifiziertes
Stück der letzteren. Sie sind, wie ich schon sagte, gleichmäßig mit
Chitinhäkchen besetzt, lassen also keine Differenzierung zwischen der
dorsalen und ventralen Seite — wie wir es in ausgesprochenstem Maße
bei Luciöla italica finden — erkennen. Die Schläuche können unabhängig
voneinander aus- und eingestülpt und in jeder Ebene bewegt werden.
Omalium excavatum Steph. Der Gegensatz zwischen dieser und
der vorhergehenden Larve ist kein bedeutender. Sie erreicht fast
die gleiche Länge und ist etwas schmäler, zeigt aber auch sonst
die Chitinplatten des Abdomens und deren Bewaffnung mit starken
Borsten. Das Analsegment ist relativ etwas länger und an seiner
Basis stärker chitinisiert. Nach dem Ende zu verjüngt es sich etwas,
so daß man wohl von einem Analkonus sprechen kann. Sie lebt in
dem Gangmaterial anderer Käferlarven, namentlich von Cerambyciden,
wo ich sie unter Kiefern rinde häufig antraf. In der Bewegung
unterscheidet sie sich eigentlich gar nicht von Omalium rivulare.
Sie erinnert allerdings in der Art der ßückwärtsbewegung an
Pyrocliroa coccinea, da sie wie diese auch ihre Cerci gegen die oberen
Objektträger preßt und dann den Vorderkörper zu sich hinzieht.
Sie stülpt auch 4 Schläuche aus, die aber nicht zylindrische Form
haben, sondern sackartig gestaltet sind (Taf. 7 Fig. 54). Die Be-
waffnung besteht auch nicht in Häkchen, sondern in Chitinwärzchen,
die im Durchschnitt eine rechteckige Form zeigen. Es ist fraglich,
ob man diese Bildungen als Vorläufer oder als Rudimente der
Chitinhaken ansprechen soll. Immerhin gewähren sie dem Tier in
ihrer Form eine starke Unterstützung bei Verankerung der Schläuche.
Xantholinus lentus, die ich in einigen Exemplaren fand, bietet
gegenüber den beiden vorher beschriebenen Formen nichts Neues.
Sie besitzt wie diese auch 4 mit Häkchen bewaffnete Schläuche, die
sie entsprechend jenen Formen bei der Rückwärtsbewegung ver-
wertet; allgemein scheinen die St aphyliniden 4 mehr oder
weniger bewaffnete Schläuche zu besitzen, die sie zur Fortbewegung
104 Paul Brass,
gebrauchen, was auch aus der allg-erneinen Charakteristik dieser
Familie durch Schiödte hervorgeht (Vol. 3, p. 195) : „Annulus analis
oblique descendens, setis ambulatoriis sparsus apex membranaceus,
introrsum retractilis interdum lougius exsertilis, Xantolino (leiito) et
speciebus quibusdam minoribus Quedii quadrifidus, lobis cj-lindricis,
hamulis retroversis crebro nianitis, scansorius."
Staphylinidarum genus species üih. Staphyliniis? ^) Man findet diese
kleine Form, die eine größte Länge von 5 mm erreicht, zuweilen
häufig unter der Rinde abgestorbener oder gefällter Kiefern, wo sie
in Spalten, meist aber in dem Gangmaterial andei'er größerer Käfer-
larven lebt. Ich fand bei ihr den kompliziertesten Mechanismus
der Ausstülpung, den ich je beobachten konnte. Das 9gliedrige
Abdomen der Larve ist fast gleichmäßig zylindrisch, nur das 8. und
9. Segment zeigen Abweichungen (Taf. 7 Fig. 59). Das 8. Segment
trägt eine dorsale, etwas chitinisierte, mit borstenähnlichen Haaren
besetzte Platte und endigt in einer etwas dorsal und nach hinten
gebogenen stumpfen Spitze. Diese stellt den Ausführungsgang einer
Drüse dar, auf die ich weiter unten noch kurz zurückkommen werde.
Das 9. Segment ist nur halb so breit wie die übrigen Abdominal-
ringe und trägt an seinem Ende zwei dorsal gelegene, gegliederte,
schwach chitinisierte und relativ kurze Cerci. Außerdem ist es an
seiner ventralen Seite (Taf. 7 Fig. 60) mit einer halbkreisförmigen
Reihe von kurzen, aber außerordentlich stark chitinisierten Borsten
besetzt. Das Analsegment, das in der Verlängerung des vorher-
gehenden liegt, ist ungefähr -/g so lang wie das 9. Segment und bis
zu einem Borstenkranz von gleicher Beschaffenheit wie der des vor-
letzten Ringes einziehbar (Fig. 60); beide Borstenkränze stehen
also auf der Peripherie eines Ellipsoids. Das Analsegment endigt
nicht gerade abgeschnitten, sondern mit einem fingerartigen Gebilde,
einem Stück des ausstülpbaren Organs, das aber nie vollkommen
eingestülpt wird. An seinem Ende erscheint das ausstülpbare Organ,
das von abgerundeter Form und an seinem Ende mit 4 relativ
sehr großen und stark chitinisierten Haken versehen ist (Taf. 7
Fig. 62).
Bei der Vorwärtsbewegung gebraucht die Larve das ausstülp-
1) Es gelang mir leider nicht, diese keineswegs seltne Larve zur
Verpuppung zu bringen, so daß ich deren Speciesnamen auch nicht be-
stimmen konnte.
Das 10. Abdominalsegmeut der Käferlarven als Bewegungsorgan. 105
bare Organ wolil gar nicht, ich konnte jedenfalls eine solche Funk-
tion nie beobachten, fixiert vielmehr das Hinterende mit Hilfe des
Borstenkranzes. Sie krümmt dabei ihren Körper wenig, bewirkt
vielmehr das Vorsetzen des Hinterendes hauptsächlich durch Kon-
traktion des Abdomens. Daß dies zweckmäßig ist, leuchtet auch
ein, wenn man bedenkt, daß das Tier ja in engen Spalten oder in
dem Gangmaterial lebt, wo also eine Krümmung des Abdomens fast
vollkommen ausgeschlossen ist. Dabei wirkt der oben erwähnte
Borstenkranz in der Weise, daß er ein Zurückweichen des Körpers
verhindert und so dem Abdomen bei der Streckung einen guten
Stützpunkt darbietet. Anders ist es bei der Rückwärtsbewegung,
hier dient allein das ausstülpbare Stück der Fixierung. Die Larve
stülpt erst das bis dahin immer eingezogene Analsegment voll-
kommen aus und legt die Borsten möglichst dicht dem Körper
an (Taf. 7 Fig. 61). Dann schiebt sie das ^Abdomen so weit als
möglich nach hinten und läßt nun erst die weiße, abgerundete Masse
in Form eines Ellipsoids aus dem Analsegment austreten. Mit Hilfe
der starken Haken verankert sie sich in dem umgebenden Medium
und kann dann mit Leichtigkeit den übrigen Körper zu dieser Ver-
ankerung hinziehen.
Während also bei den frei und oberirdisch lebenden Larven
der „siebte Fuß" hauptsächlich oder nur in dem Dienst der Vor-
wärtsbewegung stand, dient er dieser Form gerade zu entgegen-
gesetzter Funktion, d. h. zur Rückwärtsbewegung.
Welche Rolle spielt das 8. Segment mit seiner Drüse bei der
Bewegung? Bei der Rückwärtsbewegung zieht die Larve ihr Ab-
domen zu dem fest verankerten ausgestülpten Organ hin; hier lallt
also jede Mithilfe fort. Wie verhält es sich aber bei der Vorwärts-
bewegung? Wir sahen, daß das Analsegment und auch der „siebte
Fuß" so weit als möglich eingestülpt werden. Der Borstenkranz
liegt also ziemlich nahe der Grenze des 8. Segments, ja fast unter
dem Ende der Drüsenmündung. Beobachtet man nun das Tier
zwischen 2 Glasplatten, wobei der Raum so eng sein muß, daß die
Larve sich eben noch bewegen kann, so bemerkt man vor der
Streckung des Körpers ein geringes Vorwärtssetzen des 9. Segments,
das last wie das Analsegment der Carabidenlarven, nur in
weit geringerem Maße, articulierend am 8. Segment sitzt. Die Cerci
des 9. Segments sind, wie schon gesagt, sehr klein, so daß sie nicht
über den Fortsatz des 8. Segments hervorragen, der seinerseits der
weitvorgeschobenste Punkt des ganzen Abdomens bildet. Durch das
106 Paul Brass,
Niedersetzen des 9. Segments mit dem Borstenkranz und der An-
pressung des Fortsatzes des 8. iSegments wird der Larve ein Stütz-
punkt geboten, so daß sie den Vorderkörper vorwärtsschieben kann
(vgl. Elateriden, S. 90).
Der Drüsenapparat selbst besteht aus einem umfangreichen
Sammelraum, 4 Drüsenleitern und den Drüsenzellen. Am lebenden
Tier sieht man das Reservoir durchschimmern, das in seinem Innern
zwei Systeme von Linien erkennen läßt, die sich in der Mitte des
Sammelrauraes kreuzen, an den beiden Enden aber parallel zu-
einander verlaufen. In den weiteren anatomischen Aufbau läßt uns
Fig. 58, Taf. 7 einen Einblick tun. Die scheinbaren Chitinbalken
des Vorhofes sind starke Falten einer Chitinmembran. Die Faltelung
ist derart, daß dem gefalteten Stück der einen Seite ein glattes
Stück der anderen Seite gegenübersteht. Die Spitze des Reservoirs
(Rs) zeigt auf der ventralen Seite eine Erhebung, die genau in eine
entsprechende Vertiefung der dorsalen Fläche eingreift, also einen
dichten Verschluß nach außen hin ermöglicht. In das Reservoir
münden 4 Drüsenleiter (Drl), von denen ein jeder aus einer stark
chitinisierten und in 3 — 5 kreisrunden Windungen gebogenen Röhre
besteht. Des weiteren erkennen wir auf der Figur den gewundenen
Drüsenleiter, der einerseits in den Vorhof mündet, andrerseits mit
der Drüse (Dr) durch einen gegabelten Schlauch in Verbindung steht.
Die Drüse selbst ist ein einzelliges, verhältnismäßig großes Gebilde.
Sie liefert ein gelbes, zäliflüssiges Secret von neutralem oder schwach
saurem Charakter. Das Secret dient vielleicht der besseren Fixierung
des 8. Segments bei der Vorwärtsbewegung, vielleicht aber auch,
und die Annahme erscheint mir wegen des sauren Cliarakters wahr-
scheinlicher, als Abwehrmittel der räuberischen Larve gegenüber
anderen ihr überlegenen.
0. Histeridae.
Flatysoma compressum Hrbst. Wie die Histeriden im System
sich eng an die Gruppe derSilphiden und Staphyliniden an-
schließen, zeigen auch die Larven große Ähnlichkeiten. Schon der
ganze äußere Bau, namentlich der abgeplattete Kopf von Flatysoma
compressum (Taf. 7 Fig. 57), läßt den Höhlenbewohner erkennen, der
sich an tierischen und pflanzlichen in Verwesung begriffenen Stoffen
meist unterirdisch aufhält. Das 9gliedrige Abdomen ist fast gleich-
mäßig zylindrisch und trägt am Ende des 9. Segments einen kurzen
Analkonus, der nur \/o so lang und V4 so breit wie das 9. Segment
Das 10. Abdominalsegraent der Käferlarven als Bewegungsorgan. 107
ist. Die rotbraunen Cerci des 9. Segments sind 2gliedrig, relativ
massiv und chitinisiert, etwas dorsalwärts gebogen (Taf. 7 Fig. 56).
Die Füße des Thorax sind verhältnismäßig sehr klein, und als Ersatz
dafür ist das Abdomen mit Segmentalwülsten (Sic) versehen, von
denen die ventralen stärker als die dorsalen ausgebildet sind. Diese
haben eine ähnliche Funktion wie die Scheinfüße der Schmetterlings-
larven. Aus der Öffnung des Analsegments erscheint eine un-
gegliederte Masse, die undeutlich traubenartigen Charakter zeigt.
Wenn die Larve frei läuft, sieht mau zwar, daß das Organ aus-
gestülpt wird, doch spielt es keine große Rolle bei der Fixierung;
sie bewegt sich vielmehr mit Hilfe der Segmentalwarzen. Anders
ist es mit der Bewegung in engen Spalten, wo sie sich rückwärts
in ähnlicher Weise wie die Silphiden bewegt, d. h. also, den Anal-
konus nach hinten schiebt und den Körper zu sich hinzieht.
Während also noch bei den Silphiden und Staphyliniden,
erst recht aber bei den Carabiden der Analkonus die größte
Rolle bei der Fortbewegung spielte, verliert er bei den Histe-
riden mit Ausbildung der Segmentalwarzen fast ganz seine Be-
deutung. Es scheint also diese Larve einen gewissen Übergang
zu vermitteln von Formen, die das Analsegment stets gebrauchen,
zu solchen, bei denen die Fortbewegung ganz oder fast ausschließ-
lich durch die Segmentalwarzen geschieht, wie z. B. bei den Ge-
ra m b y c i d e n.
An die genannten Gruppen schließt sich auch wohl diese Form
an, die unter der Rinde abgeschlagener Bäume lebt (Taf. 7 Fig. 55).
Der etwa 5—7 mm lange walzenförmige Körper trägt in der Mitte
eines jeden Segments eine stumpfe Erhebung, die ventral stärker
ausgeprägt erscheint als dorsal. Diese wohl als Scheinfüße an-
zusprechenden Gebilde sind einziehbar und wie der übrige ganze
Körper mit zahlreichen kleinen Chitinhäkchen besetzt. Die Segment-
grenzen sind sehr verwischt und äußerlich nur durch die Lage der
Segmentalwarzen erkennbar. Das 9. Segment trägt dorsal 2 stark
entwickelte, mit starken Borsten besetzte und schwach chitinisierte
Cerci, während es ventral in das Analsegment übergeht, das sich
nach der Spitze zu schwach verjüngt. Das ausstülpbare Stück hat
eine ungefähr kuglige Form und ist gleicherweise wie der übrige
Körper bewaffnet. Es unterscheidet sich in nichts von dem Anal-
konus und erscheint nui" als das aufgeblasene Endstück desselben.
Das ausgestülpte Organ dient wie bei Platijsoma compressim haupt-
108 Vaul Brass,
sächlich der Rückwärtsbewegung, worauf auch schon die Anordnung
und Gestalt der Chitinhaken schließen läßt.
Auf die zahlreichen, wasserbewohnenden Käferlarven will ich
nicht näher eingehen, da ich den Ausführungen von G. W. Müller
(1. c, p. 231 u. 232) nichts Neues hinzuzufügen habe. Erwähnen
möchte ich noch eine kleine Gruppe, die infolge verborgener Lebens-
weise ihren Körper ganz diesen Lebensbedingungen angepaßt hat:
die Cerambyciden, Bostrychiden, Curculioniden, La-
m e 1 1 i c 0 r n i er etc. Alle diese besitzen wohl 10 typische Abdominal-
segmente, wenn auch häufig die Grenze zwischen 9. und 10. Seg-
ment sehr verwischt ist und Zweifel an der Zahl derselben auf-
kommen können. Die Grenze der Ringmuskulatur des Enddarmes
fällt mit der Lage des Afters zusammen. Es besteht hier also kein
Unterschied zwischen „primärem" und „sekundärem After", d. h.
mit anderen Worten, daß das Analsegment nicht eingestülpt ist.
Entsprechend spielt es bei der Fortbewegung keine besondere Rolle,
so daß man von einer Unterstützung oder gar von Ausbildung eines
„siebten Fußes" gar nicht sprechen kann. Sie leben zum Teil
(Cerambyciden) in selbst gefressenen Gängen, die dem größten
Umfange ihres Körpers entsprechen, d. h. meistenteils dem Quer-
schnitt des außerordentlich stark chitinisierten Kopfes. Der übrige
Körper ist weichhäutig, kann also seine Form einigermaßen ver-
ändern. Die Bewegung geschieht einfach durch Anpressen von
Segmentgruppen, in ähnlicher Weise wie bei einem Regenwurm.
Hinzu treten noch besondere Bildungen, wie Chitindornen (Ceram-
byciden) oder sonstige Chitingebilde in der mannigfachsten Form,
die dem Tier bei der Bewegung dienen. Ähnlich verhalten sich
die Bostrychiden, Curculioniden und Lamellicornier, die
allerdings zum größten Teil nicht in ähnlichen hartwandigen Gängen,
sondern unter Baumrinde und in weichen Massen (Erde, Mist,
Früchte etc.) leben. Die Art der Bewegung ist natürlich nicht
genau die gleiche wie bei den Cerambyciden, aber doch eine
ähnliche; auch die Anpassung an das umgebende Medium ist nicht
so vollkommen wie bei diesen.
Rückblick und Vergleich.^)
Meine Untersuchungen, die ich des näheren im speziellen Teil
niedergelegt habe, bestärken die Beobachtungen vieler Forscher
1) Ich möchte dazu bemerken, daß die Zusammenstellung der Larven
Das 10. Abdorainalsegment der Käferlarveii als Bewegungsorgan. 109
(RösEL V. Rosenhof, de Geer, Chapuis, Perris, Schiödte etc.), daß
einer großen Anzahl von Käferlarven ein „Nachschieber" zur Unter-
stützung bei der Bewegung dient. Die Coleopterologen scliweigen
allerdings über die Natur und Herkunft dieses „Nachschiebers".
Bei Chapuis, Imhoff und G. W. Müller fand ich aber Angaben
über die morphologische Deutung des „siebten Fußes", wonach dieser
nichts weiter als ein ausgestülptes Stück des Enddarmes sei. Wenn
man bei oberflächlicher Betrachtung zu dieser Anschauung kommen
konnte, so führt uns ein Studium der Kingmuskulatur des Intestinal-
kanals und der Retractoren zu der Überzeugung, daß der aus-
gestülpte Teil nicht eigentlich dem Darm angehört, sondern ein
sekundär eingestülptes Stück der modifizierten äußeren Körperhaut
darstellt. Der dem Auge sichtbare After ist mithin auch gar nicht
der eigentliche, sondern ein scheinbarer, den ich als „sekundären
After" bezeichne (vgl. S. 77).
Bei der weiteren Betrachtung dieses Organs mögen wir zwischen
den anatomischen Umbildungen und der physiologischen Wirkung
unterscheiden. Ich betrachte zuerst die anatomischen Modifikationen.
An dem Analsegment mag man einen eingestülpten und einen
nicht eingestülpten Teil unterscheiden. Ich beschäftige mich zunächst
mit dem nicht eingestülpten Teil.
Unter den Formen mit „sekundärem After" dürften manche
Chrysomeliden wohl als die ursprünglichsten zu betrachten seien.
Bei Galerucella vihurni (Fig. 6) ist das Analsegment, das etwas
ventralwärts verschoben am 9. Segment sitzt, fast vollkommen sicht-
bar; nur ein geringes Stück ist modifiziert und in der Ruhe ein-
gestülpt (Fig. 8). Bei AgelasUca alni liegt es ähnlich, ist aber schon
mehr verkürzt, um endlich bei Lina tremulae (Fig. 5) scheinbar
vollkommen zu verschwinden. In Wirklichkeit ist aber hier das
Analsegment vollständig modifiziert und ganz eingezogen. Sehr
ähnlich liegen die Verhältnisse bei den Coccinelliden, wo das
Analsegment auch stark verkürzt ist. Ebenso eng wie die Cocci-
n el li den schließen sich auch die Canth ariden und Lampyri den
an die C h r y s 0 m e 1 i d e n , speziell Galerucella viburni, an. Bei allen
ist das Analsegment schräg nach unten und hinten gerichtet, und
bei allen sind mehr oder weniger umfangreiche Reste des Anal-
nicht nach systematischen Gewichtspunkten erfolgt ist, sondern lediglich
in bezug auf die Gleichartigkeit oder Ähnlichkeit in der Ausbildung der
Hilfsorgane für die Fortbewegung.
110 Paul Brass,
Segments sichtbar. Andere Formen (Elateriden) (Fig. 28) zeigen
das Analsegment weiter nach vorn verschoben. Diese Verschiebung
erreicht schließlich bei Pijrochroa coccinea (Fig. 34, 35) das Extrem,
d. h. es rückt ganz auf die Grenze des 8. und 9. Segments uüd
verschwindet scheinbar ganz; es ist erhalten als die weiße Masse,
die in der Grube des 9. Segments erscheint.
Eine besondere Modifikation erleidet das Analsegraent bei den
Cleriden, Byturiden, Cryptophagiden, Elateriden (also
Formen mit verborgener Lebensweise), die am „sekundären After"
ein wenig umfangreiches ausstülpbares Stück haben, bei denen aber
außerdem das Analsegment mehr oder weniger vollständig in das
9. Segment eingezogen (nicht eingestülpt) werden kann (Fig. 20, 24),
Im übrigen schließen sich diese Formen eng an die Chrysome-»
liden an.
Bei einer anderen Gruppe erleidet das Analsegment eine anderr
weitige Modifikation. Bei den C a r a b i d e n (Fig. 37, 40), S i 1 p h i d e n
(Fig. 45), Staphyliniden (Fig. 52) und Histeriden (Fig. 56)
kommt es zur Bildung eines stark chitinisierten, mehr oder weniger
schlanken Analconus, d. h. das Analsegment nimmt eine konische
Form an und unterscheidet sich dadurch sehr von allen übrigen
Abdominalsegmenten. Dabei ist der Analconus articulierend mit
dem 9. Segment verbunden, so daß er um einen Winkel von
ca. 60 — 70** erhoben und gesenkt werden kann. Abgesehen von dieser
Eigenschaft und der schlanken Gestalt des Analsegments erinnern
auch diese Formen lebhaft an Galeriicella vibunii, so daß man sie
auch wohl von ähnlichen Larvenformen ableiten kann. Das Anal-
segment ist an ähnlicher Stelle angeheftet, nur schlanker und be-
weglicher.
Das eingestülpte modifizierte Stück des Analsegments, das aus
dem „sekundären After" ausgestülpt werden kann, ist in den ein-
fachsten Fällen (Chrysom eliden, Canthariden, Carabiden etc.)
eine ringförmige, meist weiche Masse, die im ausgestülpten Zustand
und im einfachsten Falle eine ringförmige Falte um den Aftei- herum
bildet. Bei anderen Foi-men [Galeriicella (Fig. 6), Cychrus (Fig. 39)]
finden wir 4 mehr oder weniger ausgeprägte Lappen, die ihrerseits
nur als Vorläufer zu wohl diff'erenzierten Schläuchen aufzufassen
sind. Bedingt wird diese lappige Gestalt des „siebten Fußes" durch
die Insertion der Retractoren, die in den Lappen resp. in den
Schläuchen ansetzen und das durch Blutdruck ausgestülpte Organ
wieder einziehen. Wenn wir die Zahl 4 häufig bei der Ausbildung
Das 10. Abdoniinalsegment der Käferlarveu als Bewegungsorgau. m
der Lappen und Schläuche finden, so erklärt sich dieses wohl aus
der Anordnung der Intersegnientalmuskulatur, die in 4 groben
Bündeln das Abdomen durchzieht. Durch Dichotomie kam es dann
zur Ausbildung von 8, 16 etc. Schläuchen, um schließlich bei Luciola
italica die Zahl von 120 Schläuchen zu erreichen (Fig. 13). Die
Entstehung der Lappen und Schläuche kann man sich "so erklären,
daß bei der Einziehung des Analsegments natürlich diejenigen Stellen
am stärksten eingestülpt wurden, umgekehrt auch am stärksten
ausgestülpt wurden, an denen sich die Litersegmentalmuskulatur
inserierte. So entwickelten sich allmählich aus der zuerst gleich-
förmigen Masse die Lappen und aus diesem dann weiter die Schläuche.
Unterstützt wird die Fixierung des „siebten Fußes*' bei Formen
mit Schläuchen durch eine Bewaffnung derselben, sei es durch Chitin-
wärzchen (vgl. S. 103) oder durch wohl ausgebildete Chitinhaken
(vgl. S. 102). Diese Haken können vollkommen gleichmäßig auf der
Oberfläche der einzelnen Schläuche verteilt sein oder aber sich im
wesentlichen auf die ventrale Seite derselben beschränken {Luciola),
wobei die dorsale Seite schuppenartige Gebilde aufweist. Eine be-
sondere Ausbildung in der Bewaffnung zeigt StapJiylmus sp., bei der
das ausgestülpte ellipsoide Stück mit 4 sehr starken Chitinliaken
bewaffnet ist. Bei den Chrysomeliden, Coccinelliden etc.
wird das Anheften durch ein Secret unterstützt, das höchst wahr-
scheinlich (vgl. S. 80 u. 81) aus modifizierten distalen Teilen der
MALPiGHi'schen Gefäße herrührt und namentlich im letzten Larven-
stadium, also kurz vor der Verpuppung, so reichlich abgeschieden
wird, daß es zu einer vollkommenen Kernauflösung kommt. Bei
Cantharis rufipes und vielleicht auch bei den Elateriden dürfte
wohl die Fixierung durch eine saugnapfähnliche Wirkung der radiär
gestreiften, ausgestülpten Masse erfolgen.
Hand in Hand mit der Umgestaltung des 10. Segments geht
auch eine mehr oder weniger starke Umbildung des 9. Segments.
Während es bei den immer frei lebenden Formen annähernd ein
typisches Abdominalsegment ist, erfährt es bei den verborgen leben-
den Formen insofern eine Umgestaltung, als es bei diesen mit stark
chitinisierten , häufig dorsalwärts und nach vorn umgebogenen Bil-
dungen bewaffnet wird [Cychrus (Fig. 36), Calosoma (Fig. 42) etc.J,
die man vielleicht als homologe Gebilde der Cerci ansprechen kann
(s. auch ScHiÖDTE, Vol. 4, p. 439). Bei einigen Formen erleidet es
eine vollkommene Chitinisierung, so daß die hintere Hälfte des
9. Segments scheinbar nur ein außerordentlich stark entwickelter
112 Paul Brass,
Chitinfortsatz ist [E 1 a t er i d e n (Fig. 28), T e n e b r i o n i d e n (Fig. 29),
Pyrochroiden (Fig. 35)]. Es stehen diese Bildungen im Zu-
sammenhang mit einer besonderen Art der Bewegung.
Wie verhält es sich mit der Wirkung des Analsegments bei
den verschiedenen Formen? Bei Larven der Chrysomeliden,
Coccinelliden, Canthariden etc. dient der mehr oder weniger
stark modifizierte „siebte Fuß" allein der Fixierung. Dabei spielt
er bei jugendlichen Formen nicht die Rolle wie bei älteren Stadien,
bei denen auch das zu bewegende Gewicht des Körpers immer größer
wird {Lina tremulae). Das Vorwärtsschieben des Körpers geschieht
durch Streckung des zuerst stark kontrahierten (vgl. S. 74) oder
stark gekrümmten (vgl. S. 77) Abdomens. Die bisher besprochenen
Larven lebten durchweg oberflächlich. Bei den verborgen lebenden
Larven, mit schlankem und stark chitinisiertem Analconus geschieht
die Fortbewegung durch die hebelartige Kraft desselben, während
sich die übrigen Abdominalsegmente im allgemeinen nicht an der
Vorwärtsbewegung beteiligen. Fixiert wird aber das Hinterende
hier nicht allein durch das ausgestülpte Organ, sondern auch durch
Anpressung der Chitinbildungen gegen die dorsale Fläche (Cara-
biden, Silphiden etc.). Während die zuerst besprochenen
Larven niemals eine ßückwärtsbewegung zeigten, finden wir sie bei
diesen Formen recht ausg^^prägt. Dabei kann die Fixierung, nament-
lich bei Formen mit bewaffneten Schläuchen [Staphyliniden
(Fig. 53)], nur durch diese allein erfolgen, mit denen sich das Tier
fest verankert und dann den übrigen Körper leicht heranzieht, oder
sie geschieht durch Zusammenwirkung des „siebten Fußes" und der
dorsalen Chitinbildungen des 9. Segments (deren Gestalt für diese
Art der Bewegung besonders geeignet erscheint).
Hier würde sich naturgemäß auch die kleine Gruppe anschließen,
bei denen das ganze Analsegment eingezogen wird (Cleriden,
Byturiden, Elateriden etc.). Die Wirkung des Analsegments
ist eine ähnliche wie bei den Formen mit schlankem Analconus;
auch hier spielt es eine besondere Rolle für die Rückwärtsbewegung.
Wie ich schon sagte, geschieht die Bewegung des Körpers bei
den Carabiden, Silphiden, Staphyliniden und Histe-
riden hauptsächlich durch die Hebelkraft des Analconus (Fig. 36).
Damit im Zusammenhang steht auch eine gewisse Kleinheit des
ein- und ausstülpbaren Teiles [Carabiden (Fig. 41)]. Erst durch
Anpassung an besondere Lebensbedingungen kommt es zur Bildung
wohl differenzierter und bewaffneter Schläuche, mit deren Hilfe sich
Das 10. Abdominalsegment der Käferlarven als Bewegungsorgan. 113
das Tier in dem umgebenden Medium zu bewegen vermag [Sil-
phiden (Fig. 47), Staphyliniden (Fig. 53)]. Wo aber das um-
gebende Medium eine relativ feste Konsistenz zeigt, bleibt es auch
bei der einfachen und geringen Umbildung des Analconus [Histe-
riden (Fig. 56). Immer steht also die Ausbildung des „siebten
Fußes" in allen seinen Variationen — und das möchte ich besonders
betonen — im engsten Zusammenhange mit dem umgebenden
Medium und den Bedingungen, unter denen die Larven leben, so
daß eine Kenntnis der letzteren einen gewissen Schluß auf die
Ausbildung des ausstülpbaren Organs zuläßt.
Mit dem Übergang vom freien zum verborgenen Leben steht
also einmal eine Verschiebung des Analsegments nach der Grenze
des 8. und 9. Segments im Zusammenhang, dann eine Einziehung
desselben in das 9. Segment und schließlich eine besondere Bewaff-
nung des 9. Segments. Diese wirkt zusammen mit dem „siebten
Fuß" bei der Rückwärtsbewegung, wie schon oben (vgl. S. 99) aus-
geführt wurde.
Eine besondere Stellung nehmen dieTenebrioniden ein, bei
denen auch eine weiche Haut, die um den After herumliegt und mit
Warzen bewaffnet ist, aus- und eingestülpt wird, aber nicht in den
After. Da wir uns doch vorstellen müssen, daß die einstülpbare
Masse bei den anderen Formen ursprünglich in der Umgebung des
Afters lag, sekundär in diesen eingezogen wurde, so könnte man
versucht sein, die Verhältnisse bei Tenehrio molüor als besonders
ursprüngliche zu betrachten und von ihnen die beiden anderen
Formen abzuleiten. Dagegen spricht aber die Tatsache, daß Tenehrio
molitor in der Bewaffnung des Analsegments und des 9. Abdominal-
segments keineswegs ursprüngliche Verhältnisse zeigt.
Wie kam es zur Ausbildung eines „siebten Fußes"? Wir sahen,
daß er nichts anderes ist als ein kleineres oder größeres Stück
modifizierten Analsegments, das seinerseits wiederum nur ein typi-
sches Abdominalsegment ist, wie es z. B. noch die Cerambyciden
erkennen lassen. Es muß also eine Form gegeben haben, bei der
alle 10 Abdominalsegmente annähernd gleichartig waren. Als der
Schwerpunkt der Larven noch ziemlich weit vorn, nahe dem
Thorax lag, wurde das Abdomen einfach nachgeschleppt, wie man
heute noch bei allen Larven der Ametabolen, Hemimeta-
bolen und allen Imagines beobachten kann. Erst durch eine Ver-
schiebung dieses Schwerpunktes weiter nach hinten, vielleicht durch
starke Ausbildung des Fettkörpers bedingt, wurde das Gewicht des
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. 8
114
Paul Brass,
Abdomens für das Tier so groß, daß es das Hinterende nicht einfach
nachschleppen konnte. Das Abdomen bedurfte irgendwelcher Unter-
stützung. Interessant ist es, daß, wie ich schon weiter oben sagte
(vgl. S. 82), bei jugendlichen Formen das Hinterende nicht sehr
stark zur Fixierung herangezogen wird. Erst bei den älteren Larven-
stadien, d. h. also mit Zunahme des Gewichtes des Abdomens, wurde
der „siebte Fuß" immer zur Unterstützung gebraucht (s. auch
G. W. MÜLLER, 1. c, p. 233).
Fig. B.
-O — O — o I
— o — o — o — o^=^^
Fig. C.
^2
- o — o — {j5[ — o — e ^Z!
Fig. D.
Fig. E.
'...
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Mm
— O o
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- O o ^^
Fig. F.
jjjXo:o:OoOxd:i^
Fig. G.
— äußere Körperhaut
••• modifiziertes Stück
:0X Enddarm
o- o - o Retractoren
Fig. B— G.
Schematische Darstellung der Eiuziehuug und Modifikation des 10. Segments.
Vgl. S. 115.
Die Unterstützung geschah in sehr verschiedener Weise : häufig
durch Ausbildung von Kriechwarzen an den verschiedensten Ab-
Das 10. Abdominalsegment der Käferlarven als Bewegungsorgan. 115
dominalringen, in anderen Fällen (Coleopteren-,Megalopteren-
larven) durch Aufsetzen und Anpressen des Hinterendes an die
Unterlage. Es leuchtet ein, daß diese Fixierung um so besser war,
je dichter sich dieser Teil der Unterlage anlegte. Das geschah bei
weichen Teilen besser als bei stark chitinisierten, und darum wurde
der After bevorzugt. Je umfangreicher die weiche Haut war, desto
vollkommener war auch die Fixierung, und so sehen wir die Haut
um den After in immer größerem Umfange eine weiche Beschaffen-
heit annehmen. Diese weichhäutigeren Teile mußte das Tier schützen,
wenn es sie nicht gebrauchte; das konnte es am einfachsten durch
Einziehung und so entstand ein „sekundärer After". Damit haben
wir den „siebten Fuß" in der Ausbildung, wie ihn uns noch Gale-
rucella viburni zeigt. Was wir in der Ruhe sehen, ist der „sekundäre
After", aus dem die Masse, d. h. also das modifizierte Stück des
Analsegments austritt. Eine schematische Skizze zeigt dieses am
besten, ebenso auch die Entstehung der Schläuche, auf die ich ja
schon weiter oben (S. 111) eingegangen bin.
Fig. B zeigt uns den ausgestülpten „siebten Fuß" in seiner ein-
fachsten Gestalt, Fig. C denselben eingestülpt. Fig. D und E läßt
die Entstehung der Schläuche aus den Lappen erkennen, Fig. F und
G auch die dichotomische Teilung der Schläuche.
Zum Schluß sei es mir gestattet, meinem hochverehrten Lehrer
Herrn Geheimrat G. W. Müller meinen herzlichsten Dank auszu-
sprechen für die vielseitigen Ratschläge und die Förderungen jeg-
licher Art, die er meiner Arbeit zukommen ließ.
Dank schulde ich auch dem Assistenten Herrn Dr. W. Baunacke
für mancherlei nützliche Winke.
g*
116 Paul Brass,
Nachtrag.
Nach Abgabe dieser Arbeit erschien noch eine kleine Abhand-
lung von Kemner über das Analsegment und die Rectalschläuche
einiger schwedischer Carabidenlarven. Er erörtert die anatomi-
schen Verhältnisse zweier Vertreter dieser Familie, ohne uns aber
eine eigene morphologische Auffassung des ausstülpbaren Organs zu
geben.
Das 10, Abdominalsegmeut der Käfeilarven als Bewegungsorgan. 117
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120
Paul Brass,
Erklärung der Abbildungen.
Aw Analwarzen
Bk Bindegewebskern
Bkr Borstenkranz
Bs Blindschläuclie
Chf Chitinfalten
Dr Drüse
Drl Drusenleiter
Ed Enddarm
Gr Grube
Hz Hypodermiszellen
Im Intersegmentalmuskulatur
Mk Matrixkern
pA primärer After
Ei Rinne
Em Ringmuskulatur
Bp Reibplatte
i?s Reservoir
Ri Retractor
Rlb Retractorenbündel
sA sekundärer After
Sw Segmentalwarzen
Zk Zellkern
Die Zeichnungen stellen fast ausnahmslos die letzten Abdominalringe
dar, rot gezeichnet ist das modifizierte ein- und ausstülpbare Stück des
Analsegments. Die Vergrößerung ist, soweit nicht besondei'S angegeben,
Lupenvergrößerung. 7, 8, 9, 10 etc. bezeichnen die Abdominalsegmente.
Tafel 4.
Fig. 1. Cantharis rufipes, ventral. Organ ausgestülpt.
Fig. 2. Galerucella viburni, Medianschnitt. Org. ausgest.
Fig. 3. Luciola italica, ventral.
Fig. 4. Cantharis riifipes, Profil. Org. ausgest.
Fig. 5. Lina tremulae, Profil. Org. ausgest.
Fig. 6. Galerucella viburni, Profil. Org. ausgest.
Fig. 7. Li7ia tremulae, ventral. Org. ausgest.
Fig. 8. Galerucella viburni, Profil. Org. eingest.
40: 1.
Das 10. Abdominalsegment der Käferlarven als Bewegungsorgan. 121
Fig. 9 — 13. Luciola iialica.
Fig. 9. Zwei Stadien der Streckung des Körpers.
Fig. 10. Larve mit niedergesetztem Abdomen.
Fig. 11. Medianschnitt. Schlcäuche zum Teil ausgest. 25:1.
Fig. 12. Einzelner ausgest. Schlauch. 80:1.
Fig. 13. Profil. Org. ausgest.
Fig. 14 — 17. Ägelasiica alni.
Fig. 14. Larve mit niedergesetztem Abdomen.
Fig. 15. MALPiGHi'sches Gefäß, im 3. Stadium. 115:1.
Fig. 16. Dasselbe im 2. Stadium. 115:1.
Fig. 17. Dasselbe im 1. Stadium. 115:1.
Tafel 5.
Fig. 18. Zweifelhafte Form, Profil. Org. ausgest.
Fig. 19. Btjiiirustomentosus,Vro&\. Analring vorgestreckt, Org. ausgest.
Fig. 20. Byturus tomentosus. Analring eingezogen, Qrg. eingest.
Fig. 21. Cryptophagus subfumahis, Profil. Wie Fig. 19.
Fig. 22. Clerus formicarms, Profil. Wie Fig. 19.
Fig. 23. C. formicarius, ventral.
Fig. 24. Cryptophagus subfumaius, Profil. Wie Fig. 20.
Fig. 25 — 28. Melanotns castanipes.
Fig. 25. Medianschnitt. Analring vorgestreckt, Org. ausgest. 9:1.
Fig. 26. Ventral.
Fig. 27. Medianschnitt. Analring eingezogen, Org. eingest. 25 : 1.
Fig. 28. Profil. Analring vorgestreckt, Org. ausgest.
Fig. 29 — 33. Tenebrio molüor.
Fig. 29. Profil.
Fig. 30. Medianschnitt. Analsegment ausgest. 15:1.
Fig. 31. Medianschnitt. Analsegment eingest. 25 : 1.
Fig. 32. Ventralseite.
Fig. 33. Profil. Das 9. Segment zum Teil ins 8. hineingezogen.
Tafel 6.
Fig. 34. Pyrochron cocchieo. Medianschnitt. Org. eingest. 25:1.
Fig. 35. P. coccinea, Medianschnitt. Org. ausgest. 40 : 1.
Zoolog. Jahrbücher Bd. 37 Abt. f. Sysf.
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V'eiiag von Gustav Fischer in Jena.
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Tar 7
Verlag von Gustw Fischer m J,
Nachdruck verboten.
Ubersetzimgsrecht vorbehalten.
Der Zug des sibirischen Tannenhähers durch Europa
im Herbst 1911.
Eine Übersicht aller diesen Zug betreffenden
Erscheinungen, von seinem Ausgangspunkt, dem
nördlichen Inner- Asien, an bis zu seiner Auflösung
in West- Europa.
Von
Eduard Paul Tratz.
Hit 5 Karten im Text.
Inhaltsübersicht.
Seite
Vorwort 124
Spezieller Teil 125
a) Zusammenstellung der bisher erschienenen Publikationen über
den 1911er Tannenhäherzug 125
b) Beobachtungsdaten 128
I. aus Asien 128
II. aus Europa 128
1. aus Rußland 128
2. aus Deutschland 129
3. aus Österreich-Ungarn 147
4. aus Dänemark 154
5. aus Schweden 157
6. aus Belgien 157
7. aus Holland 158
Zool. Jahrb. XXXYII. Abt. f. Syst. 9
124 Eduard Paul Tbatz.
Seite
8. aus Frankreich 158
9. aus England 158
10. aus der Schweiz 158
11. aus Italien 159
Schlußfolgerungen 159
Vorwort.
Das Jahr 1911 brachte uns wieder eine Invasion des sibirischen
Tannenhähers {Nucifraga caryocatades 7nacrorliynclios Brehm).
Herr Viktor Ritter v. Tschusi zu Schmidhoffen hatte bekannt-
lich auch diesmal die Absicht, den gesamten Zugverlauf zu be-
arbeiten, und bemühte sich, ein umfangreiches Datenmaterial darüber
zu beschaffen. Anderweitige Arbeitsüberbürdung zwang ihn dann
aber, von seinem Vorhaben abzukommen, und veranlaßte ihn, das bis
dahin gesammelte Material zur Bearbeitung mir zu übergeben. So
kam es, daß die vorliegende Arbeit nicht von ihm, wie vielleicht
allgemein erwartet, sondern von mir zur Durchführung gebracht
wurde.
Bevor ich nun an die Darlegung der wissenschaftlichen Ergeb-
nisse meiner Untersuchungen herantrete, muß ich allen jenen, die
sich in irgendeiner Weise um das Zustandekommen der Arbeit ver-
dient machten, meinen ergebensten Dank aussprechen.
In erster Linie gebührt er unserem Altmeister Herrn Viktor
Ritter v. Tschusi zu Schmidhoffen, der nicht nur den Anstoß zur
Inangriifnahme der Arbeit gab, ferner mir das von ihm gesammelte
Material zur Verfügung stellte, sondern mir auch nachträglich noch
beim Aufsuchen der verschiedenen einschlägigen, leider so sehr ver-
streuten Literatur behilflich war und mir wie immer mit seinen
wertvollen Ratschlägen zur Seite stand.
Der Redaktion der Jagdzeitschrift „Wild und Hund" wurde
ich gleichfalls zu großem Dank verbunden, da sie die Liebens-
würdigkeit hatte, eine Reihe von an sie gerichteten Mitteilungen
über den Verlauf des Zuges in verschiedenen Teilen Deutschlands
zur Durchsicht einzusenden.
Ferner verpflichteten mich die Herren W. Bacmeister,
A. v. Jordans und H. Kürella sowie Dr. A. Laübmann zu großem
Dank, da sie mir Bürstenabzüge, bzw. Separata von ihren den
1911er Tannenhäherzug betreifenden Veröftentlichungen sandten und
mir dadurch die ziemlich mühsame und zeitraubende Arbeit des
Aufsuchens und Exzerpierens um manches erleichterten.
Zug' des sibirischen Tanneiihähers durch Europa. 125
Allen jenen, die in liebenswürdigster Weise Beiträge sandten,
speziell den Herren M. Baeac, A. Bau, R. J. Fkomholz, L. v. Führer,
Dr. J. Gengler, A. Ghidini, Dr. Hennicke, N. Johansen, K. Kni:-
zouREK, J. Michel, Regr. 0. Reiser, H. Precht, Dr. W. Riegler,
Dr. 0. LE Roi, J. Roth, Dr. Schiavuzzi, Dr. G. Schiebel, A. Watzinger
und vielen Anderen, sei gleichfalls an dieser Stelle bestens gedankt.
Salzburg, Herbst 1913.
Spezieller Teil.
Über den 1911er Tannenhäherzug liegt bereits eine Reihe
größerer Abhandlungen vor, die den Zugverlauf in einzelnen Gegen-
den, meist im Rahmen politischer Grenzen, behandeln. Wir sind
infolgedessen über einzelne Phasen dieses Zuges recht eingehend
unterrichtet und können daher auch ein halbwegs vollständiges
Bild über den gesamten Zugverlauf geben.
Die meisten Arbeiten stammen aus dem Deutschen Reich, was
einerseits der dortigen großen Intensität des Zuges, andrerseits dem
großen Interesse, das die dortigen ornithologischen und jagdlichen
Zentralstellen der Sache entgegenbrachten, zu danken ist. Auch
aus Österreich - Ungarn liegen mehrere umfangreiche Zusammen-
stellungen vor. Je eine sehr eingehende Untersuchung lieferten
Rußland, Dänemark, Belgien und die Schweiz. — Im übrigen sind
die mir vorgelegenen Abhandlungen nachfolgend angeführt und sei,
zwecks eingehender Orientierung über den Zugverlauf in den ein-
zelnen Ländern, darauf verwiesen.
Allgemein.
1 . „Über den heurigen Tannenbäher-Zug" von ViKTOR Ritter von TsCHUSi
zu SCHMIDHOFFEN, in: Ornith, Monatsberichte, Vol. 20, 1912,
No. 3, p. 43—44.
Belgien,
2. „La migration de Casse-noix en Belgique durant l'automne de 1911"
von Chev. G. van Havee, in: Le Gerfaut, Vol. 2, 1912, No. l.
Dänemark,
3. „Nöddekrigens {Nnci fraget caryocatacics) Indvandring i Danmark i
Efteraaret 1911" von P. Jespersen, in: Dansk Ornithol. Foren,
Tidsskr., Vol. 7, 1913, Heft 3.
9*
X26 Eduard Paul Tratz,
Deutschland.
4. „Zum Tannenhäherzug im Jahre 1911" von A. v. Joedans und
H. KuEELLA, Bonn, in: VeröfFentl. Inst. Jagdkde, Vol. 1, 1913,
No. 4.
5. „Zum Tannenhäherzug 1911" von 0. Kleinschmidt, in: Falco, Vol. 7,
1911, No. 2, p. 21—22.
6. „Zum Tannenhäherzug im Herbst 1911" von W. RÜDIGEE, in:
Ztschr. Ool. Ornithol. 1912, No. 2, p. 29.
7. „Zum Tannenhäherzug im Herbste 1911" von RuDOLF ZiMMEEMANN
(Rochlitz i. S.), in: Zool. Beob., Vol. 54, 1913, No. 8, p. 219— 220.
8. „Der Zug des sibirischen Tannenhähers in Bayern im Jahre 1911"
von A. Laubmann, in: Verb, ornithol. Ges. Bayern, Vol. 11,
1913, Heft 3.
9. „Das Auftreten des sibirischen Tannenhähers in der Leipziger Um-
gebung im Jahre 1911" von OsKAE Geimm, Leipzig, in: Zool.
Beob., Vol. 53, 1912, Heft 8.
10. „Über das Auftreten des Tannenhähers im Sauerlande im Herbst 1911"
von W. Hennemann, Werdohl, in : Ornithol. Jahrb., Vol. 23,
1912, Heft 1, 2.
11. „Der Tannenhäherzug in Ostpreußen" von F. Tischlee, in: Falco,
_Vol. 8, 1912, No. 4.
12. „Über den Tannenhäherzug von 1911 in Schlesien" Paul Kollibay,
in: Journ. Ornithol., Vol. 51, 1913, Heft 4, p. 612—617. —
Bericht Ver. Schles. Ornithologea, Vol. 5, 1911 u. 1912.
13. „Die sibirischen Tannenhäher in Württemberg im Herbst 1911"
von Walter Bacmeistee, in: Ornithol. Jahrb., Vol. 23, 1912,
Heft 3, 4, p. 141—142.
14. „Der Tannenhäher in Württemberg und sein letztes zahlreiches Auf-
treten daselbst im Herbst 1911" von Waltee Bacmeistee, in:
Jahresschr. Ver. vaterländ. Naturk. Württemberg, Vol. 69, 1913.
Österreich-Ungarn.
15. „Das Auftreten des Tannenhähers in Böhmen während des Herbstes
1911« von KüET Loos, in: Ornithol. Jahrb., Vol 23, 1912,
Heft 3, 4, p. 133—141.
16. „Über das Auftreten des Tannenhähers in Mödling bei Wien" von
Robeet Edee, ibid., Vol. 23, 1912, Heft 3, 4, p. 149—150.
17. „Über den Tannenhäher 1911/12 im Wiener Becken" von Aleeed
Mintus, ibid.. Vol. 23, 1912, Heft 5, 6, p. 210—212.
18. „Die Invasion von Nucifraga caryocatactes macrorhyncha Beehm in
Ungarn im Herbst 1911" von der Königl. Ungar, orn. Zentrale,
in: Aquila, Vol. 8, 1911, p. 394—399.
19. „Ergänzungsdaten zur Invasion von Nucifraga caryocatactes macro-
rhyncha nach Ungarn im Jahre 1911" von der Königl. Ungar,
orn. Zentrale, ibid.. Vol. 19, 1912, p. 462—463.
Zug- des sibirischen Tannenhähers durch Europa. 127
Rußland.
20. ..L'apparition en grand nombre de cassenoix de Siberie (Nucifraga
caryocatactes macrorhynchos Beehm) dans la ßussie d'Europe
pendant l'autorane de 1911" de E. Charlemagne, in: Trav.
Soc. ornithol. de Kief du nom de K. Th. Kesslee, sous la
redaction du president de la Societe V. M. ArtobOLEVSKY,
Vol. 1, 1913, 1.
Schweiz.
21. „Der Tannenhäher und seine Wanderung im Herbst 1911" von
K. DauT, in: Ornithol. Beobachter, 1912.
Außer diesen eben genannten Arbeiten wurden natürlich noch
ein ganze Reihe von kleinen Notizen aus verschiedenen Jagd- und
Fachzeitschriften sowie auch aus Tagesblättern herangezogen. Daß
mir dabei, trotz des sorgfältigsten Vorgehens, dennoch so mancher
kurzer Vermerk entgangen sein wird, ist bei der großen Zersplitte-
rung unserer Berichterstattung wohl selbstverständlich. Immerhin
hotte ich jenen Grad der Vollkommenheit erreicht zu haben, der
eben bei der Durchführung einer solchen Arbeit überhaupt mög-
lich ist.
Ich lasse nun sämtliche mir zur Verfügung gestandenen Daten
hier folgen, und zwar, gleich den übrigen Arbeiten dieser Art, nach
der geographisch-chronologischen Reihenfolge des Erscheinens der
Häher, jedoch, wegen Platzmangel, nur auszugsweise. Die einzelnen
biologischen Vermerke mußten ganz weggelassen werden, finden sich
jedoch zusammengefaßt in den Schlußfolgerungen, wobei jeweils auf
die Originalnotiz verwiesen wird.
Da mir die tabellarische Zusammenstellung des ganzen Materials
am zweckentsprechendsten schien, wählte ich diese Form und habe
außerdem bei den meisten Quellenangaben Abkürzungen verwendet,
wofür im Nachfolgenden der Schlüssel gegeben ist.
B.B. = British Birds
D.F.u.B. = Der Forstmann und Berufsjäger
D.J.Z. = Deutsche Jäger-Zeitung
D.O.F.T. = Danske ornithologisk Forenings Tidsskrift
F. = Falco
F.o.F. = Fauna och Flora
G.W. = Gefiederte Welt
J.f 0. == Journal für Ornithologie
J.Z. = Jäger-Zeitung
J.V.N.W. = Jahresschrift d, Ver. f. vaterländ. Naturk. in Württemberg
M.V. = Mitteilungen über die Vogelwelt
N.B.W. = Neue Baltische Waidmannsblätter
128
Eduard Paul Tratz,
O.B = Ornithologischer Beobachter
O.J. = Ornithologisches Jahrbuch
O.Mb. = Ornithologische Monatsberichte
O.Ms. = Ornithologische Monatsschrift
ß.f.O. = Revue frangaise d'Ornithologie
V.I.J. = Veröflfentlichung des Institutes für Jagdkunde
V.O.G.B. = Verhandlungen der Ornithologischen Gesellschaft in Bayern
W. = Waidmannsheil
W.u.H. = Wild und Hund
W.u.Hs. = Waidwerk und Hundesport
Z.B. = Zoologischer Beobachter
Z.O.O. = Zeitschrift für Oologie und Ornithologie
Z.u.F. = Zwinger und Feld
T.S.O.K. = Travaux de la Societe ornithologique de Kief
Ort der Beobachtungen
Asien.
Baikalien.
West-Baikalsee- Gebiete
Altai.»
Turotschak
Europa.
Kußland.
Apern
Pensa
Alt Karkell
Süd-Livland
Kief
Radomysl
Petschki
Tschernigoff
Ivanovka
Staroselje
Voliza
Zeit
Stärke des
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Auf. Sommer
Spätsommer
Ende Aug.
5./10.
Sommer
Winter
Ende Juli
Mitte Aug.
Iß.
Aug.
Aug.
2. Hälfte Aug
20. u. 29./8
Sept. u. Okt
Ende Nov.
10./8.
10. u. 28./8.
Sept.
lO./lO.
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
in Massen
seltner
in ungeheur
Mengen
vereinzelt
hunderte
kein St.
2 St.
sehr zahlreich
häufig
viele
die 1. Trupps
Durchzug
letzter
5 St.
1 St.
V. SCHAEPER
Mallner
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
W.U.H., 1912, p. 332
Prestle
Semja Ochotnikow
TiLINTZ
M— n.
Charlemagne
W.U.H., 1912, p. 69
N.B.W., 1911, p. 425
N.B.W., 1912, p. 87
N.B.W., 1911, p. 401
V.I J., 1912. No. 4
T.S.O.K., 1913, p. 14
Zuff des sibirischeu Taimeahähers durch Europa.
129
Ort der Beobachtungen
Zeit
Stärke des
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Podolieu
Bessaly
Ekarterinovslaff
Rossochnoje
Ochnijauy
R a d 0 ui
Sedlez
B e n d i u
Opotchezk (Pskoff)
Deutschland.
Ostpreu ßen.
Ostpreußen
Eichniedien
Gauleden
Meniel
Augstutschenb.Schillehnen
n
Vogelsang, Fr. Nehrung
Tellehnen bei Nenendorf
Cranz
Elchwalde
Gerdauen
Ragnit
Kurische Nehrung
Losgehnen b. Bartenstein
Ostpreußen
Gumbinnen
Rothebude
Astrawischken
Dingken
Niederung
Bartenstein und Heiisberg
Losgehnen
Gallingen
Limsertal, Wichertshof
Mitte Okt.
.31. /lO.
Okt.
15./8.
18./8.
Ende Aug.
20./8.
Anfang Sept.
Sept.
2/10.
Mitte Aug.
9./8.
Ende Aug. bis
Mitte Nov.
Spätsommer
u. Herbst
29. u. 30./8.
Ende Aug.
13./10.
Ende Aug.
10.— 15./9.
31./8.
1./9.
Herbst
13./10.
3/9.
7./9.
5./10.
30./8.
Ende Aug.
29./8.
4./9.
10./9.
Ende Sept. bis
Anf. Okt.
18./12.
Herbst
2 St.
1 St.
5 St.
1 St.
die ersten
Hauptzug
nicht viel
1 St.
2 St.
bedeutender
Zug
2 St._
truppweise
»
die ersten
sehr viele
2 St.
1 St.
recht viele
1 St.
2 St.
10 St.
die letzten
1 St.
1 .
1 „
die ersten
1 St.
Höhepunkt
1 St.
häufig
Charlemagne
16./11.
10./9., 14./9.,
2./10., 11. bis
14./10.
18./9.
26./10., 18./11.
sehr stark
der letzte
öfters
1 St.
1 St.
je 1 St.
F. Tischler
V. Bedecker
czeczatka
Rohrle
PUPPEL
n
Wicht
Klemxtsch
»
Ackermann
Schütze
Schuchmann
Sondermann
Thienemann
Tischler
Brettmann
Wels
Liebeneiner
Sondermann
))
Tischler
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
T.S.O.K., 1913, p. 14
O.Mb., 1912, No. 2, p. 28
W.U.H., 1911, No. 43, p. 774
D.J.Z., 1911. No. 51, p. 809
V.U., 1912, Vol. 1, No. 4
D.J.Z., 1911, No. 50, p. 796
VJ.J., 1912, Vol. 1, No. 4
F., Vol. 8, No. 4
„ (O.Mb., 191 l,p. 169)
F., Vol. 8, No. 4
130
Eduabd Paul Teätz,
Stärke des
Zuges, bzw.
Beobachter, bzw.
Literaturnachweis,
bzw.
Ort der Beobachtungen
Zeit
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Berichterstatter
Originalnotiz
Kurische Nehrung
5.— 6./9.
großart. Zug
Thienemann
F., Vol. 8, No. 4
bis Nov.
einzelne '"
y,
„
Weid girren
Auf. Sept.
in größerer
Anzahl |
Bembennek
V.I.J., 1912, Vol. 1,
N'o. 4
Cranz
8.— 19./9.
einzelne
KüCK
J5
Lyk
I.Hälfte Sept.
1 St.
Reinberger
55
Grünhoff
16. u. 17./9.
1 „
V. BüLOw
55
Königsberg
Ende Sept.
viele
Reger
55
25./9.
1 St.
BOGÜN
55
Bartenstein
27./9.
1 „
Wurm
55
4./10.
1 „
„
55
Rudau (Samland)
um den 20./9.
6-8 St.
Erner
55
Bawien b. Gerdauen
Auf. Okt.
10-12 St.
Klugkist
55
Kuggen
7./10.
1 St.
V. Meerscheidt
55
Elchwalde, Ganleden
11. u. 15./10.
die letzten
CZECZÄTKA
55
Osterode
4./10.
1 St.
V. ROSAINSKY
55
Pillau
Ende Okt.
in groß. Auz.
Reinberger
55
Ostpreußen
—
reichlich
Hochwildjäger
55
Westpreußen.
Oliva
Ende Juli
30-40 St.
V. Lengerken
G.W., Vol. 40, 1912,
p. 335
No. 4-2
Britz, Kreis Angermünde
19./9.
2 St.
Zehfuss
Z.O.O.. 1912, No. 2
Dauzig
4./10.
kleine Flüge
V. Lengerken
G.W., Vol. 40, 1911,
p. 335
No. 4^
Dirschau
ab 7./9.
einzelne
Dobbrik
V.U., 1912. Vol. 1,
No. 4
Swaroschin
9./1Ü.
1 St.
n
55
Dirschau— Fr. Stargard
13./9.
4 St.
1)
55
Dirschau
27./9.
1 9 ad.
r>
•55
Praust
8./10.
1 St.
)j
55
Kl. Waczmirs
23./10.
der letzte
!5
55
Kaschubische Wälder ; Tu-
Mitte Sept.
—
)5
55
cheier Heide
Zacharin
j?
10 St.
Franke
55
Westpreußen
))
Hauptzug
H. Kurella u.
V. Jordans
55
Dauzig
16/9.
2 St.
A. Z.
55
Graudenz
20./9.
6-8 St.
)i
55
Praust
23./9.
2 St.
Beürmann
55
))
25./9.
1 „
»
55
Breitenstein
29./9— 5/10.
1 „
POLZIN
55
Schwetz a. W., Prangenau,
Anf. Okt. bis
Dr. W. LA Baume
O.Mb., Vol. 19, 1911,
No. P2
Zoppot, Sohbowitz, Kar-
Anf. Nov.
p. 107
lhaus, Mettkau, Bereut,
Gartschin
Dombrowken
Herbst
einige
Temme
V.LJ., 1912, Vol. 1,
No. 4
Posen.
Pinsk
18./9.— 3./10.
einige
Pommerenke
55
Wirsa bei Wirsitz
ab 21./9.
—
Heinrich
»
)5
27. /9.
1 St.
„
55
Zug des sibirischen Tannenhähers durch Europa.
131
Stärke des
Zuges, bzw.
Beobachter, bzw.
Literaturnachweis, bzw.
Ort der Beobachtungen
Zeit
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Berichterstatter
Originalnotiz
Tremessen
28./9.
1 St.
Birn6
V.I.J., 1912, Vol. 1, No. 4
Mirau bei Deutschrode
14./10.
—
POMBÄNKE
»
Skorzewo
15,/10.
einige
Nachtigall
I)
Bendlewo
—
1 St.
Wycisk
n
Schlesien.
Görlitz
Anf. Sept.
häufig
Neumann
in litt. 14./10.1911,a.W.u.H.
Mikultschütz
Mitte Sept.
bis Anf. Nov.
34 St.
Rauer
in litt. 9./11. 1911
Canth
15. u. 16./9.
4 „
SCHELENZ
W.U.H., Vol. 17, 1911. p. 741
Oberschlesien
—
3 „
)i
'1
tlugohütte bei Tarnowitz
15./9. bis
Ende Sept.
Anzahl
Hanke
V.I.J., 1912, Vol. 1, No. 4
Lublinitz
Mitte Sept.
4 St.
Adelt
))
Conuenberg
Anf. Okt.
einige
)5
«
Lublinitz
Okt.
))
»
);
Siegeshöhe bei Liegnitz
„Oberschles. Wanderei" v.
5./10. 1911. G.W., Vol.40
1911, No. 42, p. 335
Schlesien
Herbst
sehr zahlreich
„Oberschles. Wanderer" v.
7./10. 1911
Mönchmotschelnitz
18./9.
2 St.
Gkassme
V.I.J., 1912, Vol. 1, No. 4
j?
3./10.
1 „
"
!)
Wiltsch bei Wartha
19., 20./9. u.
7./10.
einige
Weidlich
)5
Mittelwalde
30./9.
1 St.
Fenstel
Z.B., Vol. 13, Heft 8, 1912
Glogau und Fraustadt
um 20./9.
8—10 St.
SCHUDER
V.I.J., 1912, Vol. 1, No. 4
Laskowitz
„ 20/9.
3 St.
Wackwitz
n
Ten plitz (Sagan, Sorau u.
vom 20.;9. bis
42 St.
LOOTZMANN
}i
Rothenburg)
29./10.
Norok
seitEndeSept.
—
FORGE
n
Herzogswalde
21./9.
4 St.
Seecht
n
n
23.. 25. u.
27./9.
je 1 St. bzw.
20 St.
»
n
Brieger Kreis
—
vielfach
n
"
Sibyllenort
20./9.
2 St.
Speer
O.Mb., Vol. 19, 1911, p. 185
Siegda
22./9.
2 „
POLLAK
V.J.J., 1912, Vol. 1, No. 4
10. u. II./IO.
je 1 St.
„
»
Kalinowitz
22. u. 23./9.
V. Thüy
„
Peterwitz
24.9.
2 St.
Zuder
V
Schwenting b. Zobten
vom 26 /9. bis
Ende Nov.
Durchzug
Graf Zedlitz
J.f.O.. 1913, p. 174
Myslowitz
seit 20./9.
—
Natorp
in litt. 25./9. 1913
Lipsa
seit 20./9.
viele
Naumann
V.I.J., 1912, Vol. 1, No. 4
Ratibor und Rybnitz
seit ca. 20./9.
—
POMMER
»
Brzesnitz
6./10.
5 St.
I)
" „ ,, . -
Petrowitz b. Frankenstein
27./9.
2 „
Graf Strachwitz
W.U.H., Vol. 17, 1911, No. 41
p. 741
Skarsine
Ende Sept.
größereFlüge
Hadamzik
V.I.J., 1912, Vol. 1, No. 4
j)
27./10.
1 St.
n
»
Liegnitz und Kunitz
Ende Sept.
—
Michael
T>
Camenz
))
3 St.
Krause
n
182
Eduard Paul Tratz.
Stärke des
Ort der Beobachtungen
Zeit
Zi;ges, bzw.
Auzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
Saganer Kreis
Ende Sept.
mehrfach
Löwe
in litt. 14./10. 1911, a.
W.u.H.
Hirschberg
1/10.
1 St.
Hain
V.I.J., 1912, Vol. ], No. 4
Niedergorpe
2. u. 4./10.
2
Lerch
))
Gieschewald
4./10.
1 „
Lehnhopf
11
Lampersdorf b. Franken-
5./10.
mehrere
Weliowski
■n
steiu
Eichberg, Kr. Gollnisch
11. /lO.
1 St.
Jacobs
n
Brauuau, Kr. Lüben
II./IO.
1 St.
Wennrich
n
Barzdorf bei Jarischau
13./10.
mehrere
Siegert
11
Ullersdorf
ab lö./lO.
6-8 St.
Thanhäuser
11
Oberau b. Lüben
16./10.
1 St.
Graf zu Stollberg
in litt. a. W.u.H.
Sürchen, Kr. Wohlau
—
1 St.
V. Haugwitz
M.V., Vol. 12, 1912, p. 11
Kunzendorf b. Münsterberg
—
starker
Durchzug
Schottländek
V.U., 1912, Vol. 1, No. 4
Schweidnitz
—
1 St.
Rittner
J.f.O., 1913, p. 612
Lonschnik O.-S.
—
1 St.
SCHEER
11
Falkenberg O.-S.
—
8 St.
Richter
11
9
•j
V
Kinne
n
Leobschütz
9
?
'i
n
Brandenburg.
Seevorvverk b. Zielenzig
12./9.
1 St.
V. Boltenstern
V.U., 1912, Vol. 1, No. 4
Menz
15. u. 17./9.
mehrere
V. Flettenberg
O.Mb,, Vol. 19, 1911, p. 196
Grapow b. Woldenberg
Ende Sept.
2 St.
W. ßÜDIGER
Z.O.O., 1912, No. 2
Eberswalde
17. u. 18./9.
je 1 St.
»
11
3^
ab 20./9.
mehrere
11
n
n
7./11.
letzter
11
n
Gr. Buckow
24./9.
2 St.
„
n
Herzsprung
Ende Sept.
1 St.
Blettebmann
11
Kittlitz b. Lübbenau
22./9., 6./10.
je 1 St.
Schulz
V.LJ., 1912, Vol. 1, No. 4
Kuhhorst
24./9.
1 St.
Hesse
O.Mb., Vol. 19, 1911, p. 185
Bernau
25./9.
2 St.
Schmidt
in litt. 13./10. 1911, a. W.u.H
»
8./10.
2 St.
!)
»
Alt-Ruppin
25. u. 26./9.
1 St.
Mancke
V.LJ., 1912, Vol. 1, No. 4
Dolzig
25. u. 27./9.
1 St.
Keller
n
Frankfurt a. Oder
seit 29./9.
1 St.
Burmeister
11
Hochzeit u. Woldenberg
3./9.
1 St.
W. Rüdiger
in litt. lO./lO. 1911
Hochzeit
9./10.
1 St.
M
„
Neumannswalde
Ende Sept.
12 St.
Müller
V.U., 1912, Vol. 1, No. 4
Penzlin b. Meyenberg
Ende Sept. bis
Anf. Okt.
häufig
Hausmann
11
Mückenburg
1. u. lO./lO.
mehrere
Thomas
11
Grüna
Anf. Okt.
mehrere
Neunzig
G.W., Vol. 40, 1911, p. 335
Friesack
6./10.
1 St.
Jansen
V.U., 1912, Vol. 1, No. 4
Hirschfelde
6./10.
1 St.
Schlosser
H
Grurasin
8./10.
1 St.
Hauchecorne
n
Chorin
11. /lO.
einige
Winter
11 „
Köpenicker Forst
II./IO.
2 St.
Fuhlmann
O.Ms., 1912, p. 253
Frankfurt a. Oder
14./10.
1 St.
ZiRZOW
inlitt.l7./10. 1911, a. W.u.H,
Gadow
Ende Okt.
vereinzelt
Graf WiLAMOWiTz
in litt. 8./11. 1911
Zug des sibirischen Tannenhähers durch Europa. 1.33
Stärke des
Ort der Beobachtungen
Zeit
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
bei Schnakenburg
Mitte bis
20./10
31./10.
1 St.
Graf WiLAMOwiTz
in litt. 8./11. 1911.
Eberswalde
1 St.
Fromholz
))
V
Herbst •)
viele, auch
1 Dick-
schnabel
}i
n
Grabkow b. Bärenklau
3./11.
1 St.
Ketzler
Z.U.F., Vol. 20, 1911, p. 810
Heijermühle b. Strausberg
lO./ll.
2 St.
)1
«
Schönwalde
?
—
Trust
V.I.J. 1912, Vol. 1, No. 4
Pommern.
Kam min
seitMitteSept.
mehrere
BONNKE
V.U., 1912, No. 4
Berg-Dieveuow
8./9.
2 St.
Zehfuss
Z O.O., 1912, No. 2
Dievenow-Mündung
11./9.
1 St.
FßOMHOLZ
in litt. u. O.J., Vol. 24, 1913
n
12./9.
11 St.
)i
))
))
13./9.1)
6 St. einzelne
Flüge, 1 Dick-
schnabel
"
))
1^
14./9.
2 St.
n
n
57
16./9.
1 St.
„
n
»
18./9.
1 St.
n
n
))
19/9.
—
V
11
r
20./9.1)
starker Zug,
1 Dickschnab.
"
11
)5
2I./9.
wenige
11
11
22., 23./9.
einzelne
11
11
51
I./IO.
5 St.
11
11
tt
4., 5., 6./10.
einzelne
»
11
»
7./10.
2 St.
)i
J»
J5
15./10.
3 St.
n
))
l./U.
1 St.
j?
„
Gr. Wardin
seitMitt.Sept.
—
Eggert
V.LJ., 1912, Vol. 1, No. 4
Schwirsen
15./9.
1 St.
RiETZ
))
)7
Mitte Sept.
5./10.
4 „
1 «
11
)1
n
Strel'iin
16./9.
1 „
Werner
D.J.Z., 1911, p"l6,V.I.J., 1912
Hann.-Münden
19. u. 20./9.
je 1 St.
SCHMOCK
V.I.J., Vol. 1, 1912, No. 4
j)
Änf. Okt.
1 St.
11
11
Crenzow b. Änklani
seitMitt.Sept.
—
WiLKE
n
Stuchow b. Schwirsen
„
täglich
Thiele
..
Eventin b. Wandhagen
vom 28./9. bis
4./10.
großer Zug
Andräe
))
Stolp
24./9.U.13./10.
2 St.
Land
r
Diedrichshagen
25./9.
2 „
Tnebben
11
Wüdtke b. Bresin
25./9.
1 „
Schwabe
„.„ " ^^.
Pommern
26./9.
einzelne
V. LCCANUS
J.f.O., 1913, p. 174
Thiessow
27./9.
4 St.
Sikiera
V.I.J., Vol. 1, 1912, No. 4
Bobreck
8./10.
5 n
)i
11
Niederzaden
I./IO.
1 «
LÜDTKE
11
Lessenthin
I./IO.
1 „
V. BORCKE
»
1) Siehe S
. 171.
134
Eduard Paul Tratz.
Stärke des
Ort der Beobachtungen
Zeit
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis,
Originalnotiz
bzw.
Potsdam
Anf. Okt.
3 St.
V. Wedel
V.I.J. Vol. 1, 1912,
No. 4.
Kannenberg
Mitte Okt.
Anzahl
))
))
Lindenhof b. Demin
4./10.
1 St.
V. Heyden
W.U.H., 1911, No. 41.
1911. p. 123.
Natur
Groß-Spiegel
5. u. II./IO.
je 1 St.
Leützner
V.I.J., Vol. 1, 1912,
No. 4
Stagnietz
20./9. U.16./1Ü.
je 1 „
Claassen
n
Cunsow
Mitte Okt.
mehrere
Plath
n
StoJp
28./10.. l./ll.
1 u. 3 St.
Land
n
Freetz
l./ll.
4 St.
n
n
Reddentin
l./ll.
7 „
n
n
Wiek b. Greifswald
Anf. Nov.
1 ,.
Huhnholz
G.W., 1911, p. .375
Greifswald
19./11.
2
Pyl
G.W., 1911, p. 390
Kannenberg
Sept. u. Okt.
—
V. Wedel
V.LJ., Vol. 1, 1912,
No. 4
Köslin
9
2 St.
Trienke
n
Herbs-t
ca. 40 St.
Scheele
M.V., 1912, p. 11
Greifswald
„dieses Jahr"
zahlreich
Pyl
G.W., 1911, p. 327
Provinz Sachsen.
Taiischwitz
24./9.
1 St.
V. Hausen
V.LJ., Vol. 1, 1912,
Nr. 4
Ochtmersleben
28./9.
1 „
Otto
n
Dubro b. Herzberg
30./9., 6./10.,
12./10., 16/10.
je 1 St.
Tyrkosch
n
Neiihaus
Anf. Okt.
mehrere
Häfele
»
Erfurt
1. bis Ende
Okt.
„ganze An-
zahl"
Fenk
G.W., 1911, p. 375
Reichheim
2./10.
1 St.
r
G.W., 1911, p. 351
Magdeburg
3./10.
3 St.
Stenzke
V.J.J., 1912, No. 4
Crimderode
5. u. 13/10.
1 u. 2 St.
Ahrens
»
Pabsdorf b. Stegelitz
6./10.
1 St.
Loesener
»
Halle a. Saale
7./10.
1 „
Schirmann
»
Schönebeck a. Elbe
10/10.
1 „
Baron Geyr
O.Mb., 1911, p. 196
Großhennersdorf b. Herren-
20.; 10.
1 „
Koepert
O.Ms., 1912, p. 383-
-384
hut
Oberruppersdorf
3./11.
1 „
ji
» •
Kgr. Sachsen.
Leipzig
16./9.
1 St.
Grimm
Z.B., 1912, Heft 8
Berlinchen
20/9.
1 „
»
»
Erzgebirge
24./9.
erster
Jacobi
O.Mb., 1912, p. 25
Lipsa
26 /9.
1 St.
«
»
Gottleuba
29./9.
4 St.
n
Dresden
ab 2./10.
überall
„
Kleinaundorf
24. u. 29./9.
je 2 St.
Mandel
V.LJ., 1912, No. 4
Borsdorf
25./9.
1 St.
Grimm
Z.B., 1912, Heft 8
bei Leipzig
26./9.
1 .,
„
r>
Eilenburg
26./9.
1 „
»
n
Steinbrücken
26./9.
1 ,.
»
n
Ebersdorf
26./9.
1 »
»
n
Schleifreisen
28./9.
1 ,.
«
);
Linden au
29./9.
1 »
n
«
Hummelshain
29./9.
1 „
n
Rasdorf b. Wittenberg
Ende Sept.
1 „
»
n
Zug- des sibirischen Tannenhähers durch Europa.
135
Stärke des
Ort der Beobachtungen
Zeit
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
ßöckuitz
Ende Sept.
1 St.
Grimm
Z.B. 1912, Heft 8
Tschirnstein
J1
X j,
KuEPERT
O.Mb. 1911, p. 196
Tharandt
Mitte Okt.
))
1)
„
Clausnitz
I./IO.
)1
Heyder
O.Mb. 1911, p. 185
Dohlen b, Markranstedt
I./IÜ.
Schmidt
Z.B. 1912, Heft 8
Lützeu
2./10.
2 „
Grimm
„
Lausigk i. S.
2./10.
**' r
Georgi
V.LJ., 1912, No. 4
Kamenz
3/10.
)5
Wilhelm
Ti
Wittenberg
4./10.
r
Grimm
Z.B., 1912, Heft 8
Schweinsburg a. P.
5./10.
)?
„
11
Kühren
6/10.
n
11
Altenburg
6./10.
^ »
11
n
Rochlitz
6/10.
-*- )5
11
11
Liebeuwerda
6./10.
»1
11
Mittweida
7./10.
)1
Pfaff
V.U., 1912, No. 4
Freiberg
8. u. 23/10.
je 1 St.
Weidner
n
Stötteritz
8./10.
1 St.
Grimm
z.B., 1912, Heft 8
Machern
Anf. Okt.
?5
11
11
Würzen
„
»
11
Domreichenbach
V
11
)i
Penig
lO./lO.
" ))
11
)i
Schkeuditz
10/10.
11
11
Leipzig
15/10.
-*■ r>
ji
11
Dögnitz
16 /lO.
1 „
11
„
Chemnitz
Mitte Okt.
2 „
71
„
Meerane
17/10.
71
Lehmann
V.I.J., 1912, No. 4
Würzen
12./10.
Grimm
Z.B., 1912, Heft 8
71
12./10.
1 ,,
11
11
Schildau
17./10.
1 ,^
11
n
Borsdorf
18./10.
11
1^
„
Glauchau
18/10.
Klemm
V.J.J,, 1912, No. 4
Reichenfels
19./10.
1 9
Grimm
Z.B., 1912, Heft 8
Altenburg
19./10.
1 St.
)i
r>
,,
20./10.
11
11
11
Püchau a. M.
20./10.
■'■ 11
«
11
Leipzig-
21./10.
•*■ 11
„
er ad efeld
22./10.
^ 11
11
n
Torgau
25./10.
-'^ }j
11
11
)5
26./10.
-'- 1)
11
11
St. Gangloff
26./10.
1 o^
11
11
Lausnitz b. Neustadt
28./10.
1 St.
11
Tegau b. Schleiz
29./10.
11
V
11
Gaußig
30./10.
mehrere
Baron Geyr
in litt. 29./3. 1912
Ende Aug.
erster
„
11
Friedersdorf (Erzgebirge)
30./10.
1 St.
Schaller
V.I.J., 1912, No. 4
Weida
3Ü./10.
Grimm
Z.B , 1912, Heft 8
Radebeul
Ende Okt.
Koepert
O.Ms., 1912, p. 157
Leipzig-
11
1 „
Grimm
Z.B., 1912, Heft 8
Würzen
n
11
„
11
Bennewitz
ji
-' 11
11
11
Würzen
J5
'- 11
11
n
Thaliwitz
r>
■'• n
11
11
136
Eduard Paul Tratz,
Stärke des
Ort der Beobachtungen
Zeit
Zuges, bzw.
Auzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
CoUmen
Ende Okt.
1 St.
Grimm
Z.B. 1912, Heft 8
Dahlen
1 „
Schleitz
Okt.
.
??
Wünschendorf
>?
Köstritz
n
Hain
"
}")
Gera
J?
Schildau
1 St.
JJ
Würzen
Anf.'Nov.
1 „
?i
Gera
5./11.
1 „
Eoda
lO./ll.
1 „
>S
}^
Leipzig
U/U.
1 „
»
Ballenstedt
14./11.
1 „
Thüringen
Mitte Nov.
2 „
Greiz
1 „
Ebersbach b. Geithain
1
n
Leipzig
18."/11.
1 ;;
»
«
Mölbis
26./11.
1 „
J7
Greiz
—
mehrere
V. Nalkett
M.V., 1912. p" 36
Plauen
—
zahlreich
Dresden
—
—
Reuner
V.I.J., 1912, Nr. 4
Eochlitz
28./9.
erster
Zimmermann
Z.B., 1913, No. 8, p. 219— 220
n
17./10.
2 St.
??
»
n
18./10.
14 St.
j^
n
25/10.
1 St.
»
T>
n
9./10.
2—5 St.
;;
15
»
27./10.
1 St.
ji
J5
)i
4./11.
letzter
y)
Penig
Mitte Okt.
1 St.
Meerane
—
2 „
H
n
Mecklenburg.
Gadebusch
15.— 26.,9.
öfter 2—7 St.
Naef
v.u., 1912, No. 4
Friedland (Schwanbeck)
17./9.
1 St.
König
D.J.Z., 1911, p. 16
))
))
1 »
Knust
V.LJ., 1912, No. 4
Parchim
22./9.
erster
V. Viereck
))
n
27./9.
Hauptz. (100)
))
»
_ ".
1.10.
)1
)i
n
Tessm
22./9.
2 St.
V. D. Decken
7j
n
24./9.
1 „
J5
n
Ribnitz
23./9.
1 »
..Falck
j)
Spark b. Kratzeburg
24.,9.
2 „
Ostreich
51
Redewisch
2./10.
1 »
Gerdo
Vollrathsruhe
1 .,
Baron Geyr
O.Mb., 1911, J. 196
Schwerin
lO.'/ll.
1 ,.
Biedermann
Gadebusch
4./10.
2 „
Bedeström
V.J.J., 1912, No. 4
Malino
J5
1 ,;
Schüredeps
jl
Stade i. H.
9./10.
1 „
V. Döring
j)
Rostock
Nov.
Graf Milanowitz
in litt. 17./12. 1911
Lübeck
14./9.
1 St.
Clodius
Arch. d. Ver. d. Fr. d. Naturg.
in Mecklenburg, 1912, p. 20
Woldegk
Anf. Sept.
1 „
j)
»
Zug' des sibirischen Tannenhähers durch Europa.
137
Stärke des
Zuges, bzw.
Beobachter, bzw.
Literaturnachweis, bzw.
Ort der Beobachtungen
Zeit
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Berichterstatter
Origiualnotiz
Doberau
von Mitte
Sept. an
1 St.
Clodius
Arch. d. Ver. d. Fr. d. Naturg.
in Mecklenburg 1912. p. 20.
Camin
22., 23/9.
1 „
n
»
Waren
24./9.
2 „
n
»
Neustrelitz
2H./9.
1 ,,
n
n
Camin
29. u. 30./9.
3 „
n
n
)5
27./10.
letzter
!5
)5
Freie Stadt Lübeck
und Fürstentum
Lübeck.
Lübeck
17./9.
erster
Blohm
O.Mb., 1911, No. 11, p. 185
23./9.
2 St.
Waack
Mölln
26./9.
1 „
Wolf
n
Eutin
6./10.
1 „
Biedermann
» ^
Lübeck
Ende Okt. bis
Auf. Nov.
ä 40 St.
Hagen
O.Mb., 1912, p. 12
Eutin
27./12.
1 St.
Biedermann
O.Mb., 1912, p. 47
Schleswig-Holstein.
Kiel
23./9.
1 St.
Nage
V.I.J., 1912, No. 4
Ulzburg
Anf. Okt.
1 „
Brors
))
Soldrup
2./1Ü.
1 „
Wolfe
»
Töuuing
j)
l »
V. Steinke
n
Wandsbek
4./ 10
2 „
Westphal
»
Friedricbsruh
seit Auf. Okt.
Reichardt
n
jj
25./10.
letzter
n
n
Brügge
5./ 10.
1 St.
Stoltenberg
n
Itzehoe
6./10.
1 „
Geerdts
" ^.^
Kellingen
seitMitteOkt.
einzeln
V. Müller
G.W., 1911, p. 858
Sylt
—
1 St.
Hagendefeldt
M.V., 1912, p. 36—37
Blankenese
28./ 12.
1 „
Kühl
V.I.J., 1912, No. 4
Hannover.
Hopels
19./9.
1 St.
POGGE
in litt. 21./9. 1911
Böhme
22./9.
2 „
V. D. Decken
V.I.J., 1912, No. 4
Eethmar
29./9.
6 „
Grone
))
28./9.
1 .,
J7
)i
Gifhorn
Ende Sept.
1 i,
NOACK
O.Mb., 1911, p. 197
Hildesheim
Auf. Okt.
mehrfach
Schröder
M.V. 1912, p. 13
Faikenberg
))
erster
Precht
in litt. lO./ll. 1911
23./10.
letzter
n
„
Friedeburg
Anf. Okt. bis
20./11.
—
Brünig
V.U., 1912, No. 4
Nordhorn
3./ 10.
1 St.
Thooft
n
Elze b. Bennemühlen
5./ 10.
1 „
Mann
„
Immensen
15
1 „
Engelken
, . ^ " .. ^ - ..
Hildesheim
2.Hälft.d.0kt
1 „
Bährmann
in litt. 28./10. 1911
Norderney
20./10.
2 „
Leege
O.Ms. 1912, p. 283—284
)5
J)
7-8 St.
n
»
)5
26./10.
1 St.
))
n
. Friedeburg
6./11.
1 „
»
n
138
Eduard Paul Tratz.
Stärke des
Ort der Beobachtungen
Zeit
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
Ostmarsch
29.10.
2 St.
Leege
O.Ms., 1912, p. 283—284
)7
31. 10.
3 „
,,
n
Westmarsch
28;/9.
2
r
ji
Tarrastedt
24. 10.
1 ,•
Xagel
V.I.J.. 1912. N. 4
Hilllesheim
Ende Okt.
1 ,.
Bährmann
in litt. 28./10. 1911
Hopels
6./11.
1 9
Fritze
in litt. ll./U. 1911
Lingen a. d. E.
—
1 cf
)?
„
Ahlden
—
einige
Feuerhahn
in litt. 23./11. 1911
Eriedeburg
Winter
2 St.
Pogge
in litt. 26./3. 1912
Bremen.
Bremen
3/10.
2-6 St.
JOHANNING
V.I.J., 1912, No. 4
Westfalen.
Ramsbeck
25. '9.
1 St.
Hennemann
0 J.. 1912, p. 65
Meschede
3. io.
Bestnig
4.10.
j:
39
Fredeburg
O.;10.
J5
j;
Nieder-Fleckenberg
7./10.
^ T)
»
Plettenberg , Meschede ,
8./10.
•5
Nuttlar
yi
Heinrichstal
8./10.
r
,,
n
Blüggelscheid
lO./lO.
n
«
n
Meschede
11. 10.
j;
Enkhauseu, Arnsberg
12./10.
)5
J1
Herscheid
16.10.
j;
J5
Gevelinghausen
22. '10.
n
»
r
Arnsberg, Blüggelscheid
28. 10.
-*- V
r
n
Antfeld b. Olsberg
31/10.
j?
•5
Arnsberg
4.11.
j:
ji
»
Nieder-Eleckenberg
29./9.
J5
?T
Unna
I./IO.
3 l
LE Roi
in litt. II./IO. 1912
Gütersloh
24710.
.,
Gelsenkircheu
3./11.
—
„
Peckelsheim
1. u. o./lO
je 1 St.
Mauptenb^rg
V.I.J., 1912, No. 4
Gelsenkirchen
2./10.
3 St.
Meyer
J5
Berntrop b. Neuenrade
3.10.
1 „
Hennemann
in litt. 4./10. 1911. O.J..
1912, p. 67. V.I.J., 1912.
Nr. 4
Dortmund
seit Anf. Okt.
2 „
BÖMCKE
V.I.J., 1912, No. 4
Arfeld b. Berleburg
4./10.
1 „
Hennemann
O.J., 1912, p. 66
j.
7 /lO.
1 ,.
)5
Berleburg
8.— 18.10.
1 ..
n
j^
10/10.
1 „
ji
»
Zusehen
13./10.
1 ..
ji
Arfeld
18./10.
1 '..
ji
Eishof, Girkhausen
21./10.
1 „
»
Legden
5. u. 8. 10
je 1 St.
WOKTMANN
V.I..T.. 1912, No. 4
Siegtal
7./10.
3-4 St.
LE Roi
in litt. 4/11. 1911
Werdohl
7./10.
1 St.
Hennemann
O.J.. 1912, p. 67
Münster
7./10.
3 „
Enning
V.I.J., 1912. No. 4
Schee
8. 10.
1 ,.
LE ßoi
in litt. 16./] 1. 1911
Zug des sibirischen Tannenhähers durch Europa.
139
Ort der ßeobachtuno-en
Zeit
Stärke des
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
Dortmund
Münster
Berentrop
Hamm a. d. L.
Küstelberg b. Medebach
Hagen
Weugermühle
Münster
Werdohl
Rheinprovinz.
Keimersheim
Düsseldorf
Kl. -Königsdorf, Duisburg
Rüralen b. Ürdingen
Mors
Neuß
Barmen
B.-Gladbaeh
Eosbach
Wissen
Traben
Meimersheim
Gemünd
Dinslaken
Otzenrath
Dahlheim
Weiderswist
Aachen
Königswinter
Hagerhof
Cleinich (Hunsrück)
Bensberg b. Köln
Plurig
Reinsfeld
Trier
Trier, Igel, Biwer, Ensek
Mehring
Deiisboru, Prüm
Mehren
Elberfeld
Berghauseu
EüDsahl
Ruppichteroth
Geldern
Gangelt
Essen a. R.
Hochscheid b. Bleinich
Cronenberg
Saffi^ b. Coblenz
17./10.
18./10.
23./10.
23./10.
Okt.
Mitte Okt.
Ende Okt.
Auf. Nov.
I./IO.
9./10.
24./10.
30 /lO.
9./11.
6./11.
16./11.
16./10.
i u 28./11.
1.10.
16./10.
I./IO.
23./12.
6./10.
3./10.
24./10.
3./10.
21./10.
17./10.
18./10.
6./10.
3./10.
7./10.
Okt.
8./10.
Okt.
Mitte Okt.
Okt.
l./ll.
8./10.
6./10.
26./9.
Ende Sept.
4/11.
29./10.
2.— 25./10.
7./10.
7./10.
8./10.
Züol. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst.
1 St.
1 „
1 „
3 „
viele
3 St.
1 „
viele
2 St.
1 St.
2 St.
9
St.
1 St.
1 „
1 ,.
Barth
RÖDIGER
Hennemann
Barth
Hennemann
n
Harnickell
Kreyenberg
Becker
V. Boeselager
LE Roi
Naüsester
LE Roi
Bauer
Buschfeld
V.I.J., 1912, No. 4
O.J., 1912, p."67
V.I.J , 1912, No. 4
O.J., 1912, p. 67
O.J., 1912, p. 68
V.I.J., 1912, No. 4
O.J., 1912, p."68
V.U., 1912, No. 4
in litt. II./IO. 1912
in litt. 16./11. 1911
in litt. 4./11. 1911
in litt. 4./11. 1911. V.I.J.,
1912, No. 4
V.I.J., 1912, No. 4
in litt. 16./11, 1911
O.Mb., 1911, p. 197. V.I.J.
1912, No. 4.
V.U., 1912, No. 4
n
10
140
Eduard Paul Tratz.
Stärke des
Zuges, bzw.
Beobachter, bzw.
Literaturnachweis, bzw.
Ort der Beobachtungen
Zeit
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Berichterstatter
Originalnotiz
Rath-Heumar
18. u. 19./10.
15-20 St.
V.I.J., 1912, No. 4
23., 24., 26.,
einzeln
—
T)
yj
29./10.U.9./U.
Bonn
21. /lO.
1 St.
LE Roi
in litt. 16./11. 1911
Buchholz b. Wickrath
24./10.
1 „
Wagener
V.U., 1912, No. 4
Biewer, Föhren, Dörbach
Auf. Okt.
LE Roi
in litt. 15./3. 1912
Neuerburg i. d. Eifel
)1
—
)i
«
Neupfalz
Nov.
1 St.
Baron Geyr
in litt. 29./3. 1912
Koblenz
28./11.
1 „
Schott
Z.U.F., 1911, p. 876
Zell a. Mosel
—
1 „
Kischer
Natur, 1911, p. 123
Mors a. Rh.
Ende Okt.
mehrfach
Otto
V.LJ., 1912, No. 4
Provinz Hessen.
Kirchheim
26./9.
1 St.
V. Baumbach
V.LJ.. 1912, No. 4
Winckel
3./10.
1 o^
Blüjilein
in litt. 6./11. 1911
8./1Ü.
1 9
„
))
Johannisberg
—
1 c^
„
.,
Frankfurt, Bebra, Kassel
seit Auf. Okt.
—
BOLMANN
in litt. 7. Nov. 1911
und Waldeck, Velniede
Frankfurt a. M.
seit Anf. Okt.
mehrfach
—
Z.U.F., 1911, p. 844
Homberg
—
2 St.
»
Walldorf
—
1 „
n
Frankfurt
—
12 „
»
Geisenheim a. Rh.
5/10.
1 „
Flory
V.I J., 1912, No. 4
Rotenburg a. d. F.
5./10.
1 „
Schwarz
»
Niederhausen
6./10.
1 „
Breudel
n
Homberg a. d. E.
8/10.
1 „
Ellrich
n
Wiesbaden
9./10.
1 ..
Riebeling
n
Rotenburg a. d. F.
lO./lO.
1 „
Schwarz
V
Hersfeld a. d. F.
lO./lO.
1 „
LE Roi
in litt. 16./11. 1911
Hachenburg
II./IO.
—
!)
in litt. II./IO. 1912
Schwarzenfels b. Kassel
12./10.
—
J5
»
Eschwege
11. ,10.
1 St.
SUNCKEL
M.V., 1911, p. 262
Gettenbach
17./10.
3 „
Kircher
V.LJ., 1912, No. 4
Mainz
18./10.
2 „
Gräfe
Z.U.F., 1911. p. 763
Kauffunger Wald
Anf. Okt.
1 „
—
M.V., 1912, p. 11—12
Wilhelmshöhe
20./ 10.
1 •,
Schnurre
H
)5
23/10.
4 „
„
n
»
l./ll.
1 „
n
«
Kassel
Herbst
30 „
— •
„
Obergladbach i. Taunus
26. u. 28./10.
1 u. 2 St.
Schneider
V.LJ., 1912, No. 4
Hausen b. Oberaula
3Ü./10.
3 St.
Walper
„
Frankfurt
Herbst
1 „
Carter
„
Kassel
7./12.
50 „
Schnurre
M.V., 1912, p. 40
Großherzogt. Hessen
Sickendorf b. Lauterbach
26.,9.
2 St.
PüCHERT
V.LJ., 1912, No. 4
Langenbergheim
6./10.
1 „
Kircher
»
Lauterbach
1. Hälfte Okt.
Eulefeld
n
Uhlerborn
18/10.
2 St.
Gräfe
»
Heidesheim b. Bingen
20. /lO.
2 „
—
Natur, 1911, p. 123
Zug des sibirischen Tanneuhähers durch Europa.
141
l^
Stärke des
f
Zuges, bzw.
Beobachter, bzw.
Literaturnachweis, bzw.
Ort der Beobachtungen
Zeit
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Berichterstatter
Originalnotiz
Bellersheim
21./10.
mehrmals
Sprengel
V.I.J., 1912, No. 4
Langen
2L10.
40 St.
Müller
n
Thüring. Staaten.
Crawinliel
27./9.
2 St.
GOTHE
V.U., 1912.' No. 4
Wiuterstein
29/9.
1 „
Schneider
»
Ottstedt a. B.
29./9.
1 „
—
n
Schönfeld b. Greiz
3./10.
1 „
Jacob
>i
Roburstadt
Ende Okt.
2 „
Haumek
in litt. 31./10. 1911 a. W.u.H.
Salzungeu
1 :,
Fenk
G.W., 1911, p. 375
Schwarzenbrunn
—
ö „
Kern
Naturalien-Kab., 1911, p. 342
Anhalt.
Cöthen
19. u. 20./9.
je 1 St.
Büchner
O.Ms., 1912, p. 218
))
24./9.
1 St.
>5
>j
Braunschweig.
Braunschweig
Ende Sept.
bis Anf. Okt
5 St.
NOACK
O.Mb., 1911, p. 197
Königslutter
3./10.
1 „
Müller
V.U., 1912, No. 4
Braunschweig
Dez.
NoACK
O.Mb., 1912, p. 30
Lippe.
Schötmar
7./10.
erster
Wolf
G.W., 1911, p. 351
Lippe
Anf. Okt.
2 St.
Brüggemann
MV., 1912, p. 13
—
—
Köhler
V.U., 1912, No. 4
Bayern.
Oberfranken.
Bamberg
29./9.
1 St.
Ries
V.O.G.B., Vol. 11, 1913
l.,3.,7.,12./10.
je 1 St.
j)
11
Sche'ßlitz
12./1Ü.
2 St.
))
r>
Trailsdorf
13./10.
1 „
n
ri
Kirchaich
22./10.
1 „
»
Lauter
L/11.
1 „
»
n
Frensdorf
8./11.
1 „
„
Ludwigstadt
Sept. bis
20./U».
5 „
Reinhart
J5
Geldkronach
25./9.
1 „
Zwierlein
n
n
Ende Sept.
bis Anf. Okt.
2 „
Dombart
"
Brandholz
Mitte Sept.
bis 20/9.
2 „
Steger
!!
7. u. 9./10
je 1 St.
„
»
Schmolz
Anf. Okt.
—
Herkmann
r>
Bad Stehen
4. u. 18/10.
2 bzw. 1 St.
Grimm
,.
Ebrach
4.— 8. U.9./10.
je 1 St.
Forstamt Gerolds-
grün
n
Schalkhausen
6./10.
4. u. 9./10.
3 St.
je 1 St.
H
t l
19./10.
1 St.
>■<
)!
10^
142
Eduard Paul Tratz,
Stärke des
Ort der Beobachtungen
Zeit
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
Liudenhardt
seit 7./10
häufig
Wild
V.O.G.B., Vol. 11, 1913
Heroldsbach
10., 30. u.
31./10.
einzeln
Forstamt
n
Höchstadt a. Aisch
10. u. II./IO.
1 bzw. 2 St.
Klinger
Trebgast
seitMitteOkt.
einzeln
Forstamt
j;
Altdrossenfeld
Okt.
allgemein
SCHUREK
J5
Bamberg West
21./10.
1 St.
Rauh
)?
Ailsbach
20./10.
1 „
Fromm
j)
Köhreuhof
Mitte U.22./10.
je 1 St.
Häffner
)1
Hohenberg a. Eger
22./10.
erster
Forstamt
»
Bayreuth
Ende Okt.
häufig
Schüler
in litt. 7./11. 1911
Arzberg
27./10.
1 St.
Forstamt
V.O.G.B., Vol. 11, 1913
Kulmbach
Nov.
3 „
j)
)i
Lindenhardt
7./11.
1 „
Wild
j)
Tschirn
j;
1 .,
Eeissingek
j;
Heroldsbach
13./11.
1 i,
Fuchs
5)
Oberpfalz.
Parsberg
ab 20./8.
ständig-
Klotz
»
Freihöls
ab 21./8. bis
15./9.
18./9.
täglich
Brischenk
n
Wiesau
erster
Ebert
jj
15
11. /lO.
2 St.
ji
J5
)5
16./10.
1 „
))
J7
Biberbach
29./9.
1 „
Förster
jj
j)
4. u. 5./10.
je 1 St.
n
J9
Burgriesbach
Ende Sept.
einige
Meiler
J)
Neuhaus a. P.
Okt., Nov.,
Dez.
vereinzelt
Gottschalk
n
Nabburg
lö./lO. (26./7.)
1 St.
LlNDERSBERGER
y^
Burglengfeld
19., 21 /lO.
3 „
Langexsass
)1
Hessenreuth
—
Müller
Pullenried
Ende Okt.,
Auf. Nov.
1—2 St.
Forstamt
J)
»
14./10.
1 St.
»
J7
Sulzbach
—
ßegeusburg
7./11.
1 St.
)1
Tirschenreuth
15./11.
1 „
Wagenhäuser
»
17./11.
2 „
))
))
Eusel
24./11.
letzter
Leuchtl
n
N i e d e r b a y e r n.
Schönau
29., 30/9.
1 St. u. 3 St.
Post
)j
n
15., 16. u.
30./10.
1 St.
H
n
Pfaffenhofen
2/10.
4 „
Heim
5^
Vilsbiburg
3./10.
einige
Forstamt
j;
Hammerberg
5./10.
1 St.
Liebl
j)
Arnstorf
Anf. Okt.
großeAnzahl
)j
M.V., 1912, p. 13
Ludwigsthal
lO./lO.— 3./11.
täglich
Denninger
V.O.G.B., Vol. 11, 1913
Pfarrkirchen
I./IO. Drittel
sehr zahlreich
Wimmer
in litt. 9./12. 1911
Griesbach i. R.
12. u. 20./10.
2, bzw. 1 St.
Schnitzlein
V.O.G.B., Vol. 11, 1913
Zug des sibirischen Tannenhähers durch Europ
a. 143
Stärke des
Ort der Beobachtungen
Zeit
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
Hof
12 /lÜ.
1 St.
V.LJ., 1912, No. 4
Zwiesel
13., 28./10.
5-6 St.
HOHNÜNG
V.O.G.B., Vol. 11, 1913
Schönherg
14. u. 19./10.
je 1 St.
Ziegler
)i
Pfaffenhausen
16./10.
1 St.
Herrle
n
Landshut
17./10.
ein Flug
Herberich
n
PfaflFenhofen
22./1Ü.
1 St.
Steinbrenner
n
Vilshofeu
ca. 18./10.
6 „
Welzl
n
Passau
Ende Okt.
1 „
Axthalb
n
Waßberg
31./10.
2 „
LiNGOLE
M.V., 1912, p. 36
Bodenmais
8./2.
1 „
Hirschmann
V.O.G.B., Vol. 11, 1913
Dösingried
5./1.
8 „
August IN
n
Oberbayern.
St. Wolfgang
Herbst
—
Richtstein
n
Obergrainau
Anf. Sept. bis
Ende Okt.
ca. 300 St.
HiLPOLTSTEINER
n
Grieseu
Anf. Okt.
„ 10 „
HOHENADL
J5
Garmisch
Mitte Sept. bis
Ende Okt.
,. 60 „
Osterhäuser
n
jj
)7
„ 100 „
Krembs
n
)1
Anf. Okt.
„ 150 „
V. Berg
>j
»
Mitte Nov.
„ 10 „
))
n
Gamraelsdorf b. Moosburg
20./9.— 12./10.
je 1 St.
Fries
n
Bad Tölz
24. u. 29./9.
5 St.
Herrle
n
?i
bis Anf. Nov
täglich
>3
n
Freising
26./9.— 12./10.
je 2 St.
Reindl
n
Andechs
29./9.-15./1Ü.
—
Anherlen
n
30./9.
1 St.
Heindl
»
Sauerland
J5
1 „
Forstamt
)5
Psehorrschwaige
77
die ersten
Meidinger
»
München
6 St.
Dahlem
„
Weßling
30./9.
4 „
))
!5
Seefeld
ö./lO.
1 „
)?
J)
Fall
seitEndeOkt.
Flüge
Hörmann
n
Freising
Anf. Okt.
oft
Hage
yi
Thalhausen
2., 3., 15., 23.
u. 25./10.
—
QüANTfi
n
Endorf
3. u. lO./lO.
—
Eder
n
Bergkirchen
8./10.
2 St.
Frauenhoper
n
Reit
11. u. 24./10.
1 „
Heiler
n
Thalhausen
23./10.
3 „
QUANTfi
n
Hohenzell
26./10.
1 Ex.
Mühlberger
)5
Benediktbeuern
Anf. Nov.
einige
Lutz
n
Höhenkirchen
9./11.
1 St.
Forstamt
«
Mühldorf
3./11.
2 „
Kraft
JJ
Schrobenhausen
6./12.
1 .
Unold
»
Ramsau
5./1. 1912
1 „
Zeller
n
Mittelfrankeu.
Neuhaus a. P.
7./8.
erster
Gebhardt
M.V., 1912, p. 12—13
Nürnberg, Fürth, Herolds-
Herbst
—
»
!5
herg, Kalchreuth, Ans-
144
Eduard Paul Tratz,
Ort der Beobachtungen
Stärke des
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzAv.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
bach , Schwarzenbruck
Brumm b. Emskirchen,
Eappenzell, Gungelding,
Wassertrüdingen, Sulz
Mittelfranken
Neumarkt
Neuhaus
Dechsendorf
Erlangen
Dechsendorf
Erlangen
Schnaittach
Altorf
Roth
Herrnhütte
Altdorf
Gungolding
Wellheim
Heroldsberg
Obermässing
Schernfeld
Lellenfeld
Baiersdorf
Gungelding
Obermässing
Buch
Buchenhof
Schopfloch
Eugenthal, Brunn, Kalch
reuth, Schwarzenbruck
Ansbach, Wasser, Trübin-
gen, Rappertszell
Ansbach
Möhreudorf
Rotheuburg a. T., Ansbach,
Kalchreuth
Dörndorf
Erlangen
Unter franken.
Mittelsinn
Erlenbach
Zeil
Lohrerstraüe
Neidenfels
Höchberg
Schonungen
Vormwald
Hammelsburg
Schweinfurt
bis Anf. Nov
ab I./IO.
I./IO.
I./IO.
4./10.
8./10.
19./10.
3./10.
Mitte Sept.
8./10.
8./10.. 27./10.
14./10.
15./10.
17./10.
19./10.
20. u. 25./10.
23./10.
24./10.
24710.
25./10.
25./10.
u. 30./10.
29./10.
80./10,
26.
6./11.
seit il./ll.
erste Nov.-
Hälfte
28./11.
10/12.
26./9.
27./9., lO./lO.
31./9.
5.— 20./10.
15./10.
20. u. 25/10.
Ende Okt.,
9/11.
30./10.
in Trupps
1 St.
2 „
Flüge
1 St.
4 ..
2./11.
1 9
1 St.
1 „
1 „
1 bew. 2 St.
2 St.
2 „
2 „
1 „
2 u. 1 St.
2 St.
1 .,
5 „
je 1 St.
1 St.
1 „
1 St.
Flüge
1 St.
2
1 St.
je 1 St.
1 St.
täglich
1 St.
je 1 St.
je 1 „
2 St.
1 „
1 „
Gebhardt
RiEDERER
Gengler
Müller
Neinhaus
Ehrenbrand
Eckert
Richard
Naepfel
Chaselon
Forstamt
Stadelmann
Forstamt
Roth
Gengler
»
Stadelmann
Kaiser
BÖRNER
V. Weyhern
Gengler
Forstamt
Gengler
Gebhardt
Günther
Gengler
Machlot
Schmitt
Hiltenbrand
Müller
Forstanit
Beck
Dietrich
Schmidt
RUOFF
Schmidt
M.V., 1912, p. 12—13
V.O.G.B., Vol. 11, 1913
in litt. 24./10. 1911
V.O.G.B., Vol. 11, 1913
V I.J., 1912, No. 4
in litt. 17./10. 1911
V.O.G.B., Vol. 11, 1913
in litt. 28710, 1911
V.O.G.B., Vol'.' 11, 1913
in litt, l./ll. 1911
V.O.G.B., Vol. 11, 1918
in litt. 14711. 1911
M.V., 1912, p. 36
V.O.G.B., Vol. 11, 1913
in litt. 15./12. 1911
V.U., 1912. No. 4
V.O.G.B., Vol. 11, 1913
Zug des sibirischen Tannen
hähers durch Europa. 145
Stärke des
Ort der Beobachtungen
Zeit
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
Werneck
7./11.
1 St.
Forstamt
V.O.G.B., Vol. 11, 1913
Lehr
Ende Nov.,
Dez.
je 1 St.
Stadler
n
Schwaben.
Kaufbeuren
5. u. 28./10.
je 1 St.
Erdt
n
Füssen
29./9.
1 St.
)i
n
Düsingen
l./lü.
1 ,•
n
Kempten
4./1Ü.
1 „
))
n
Füssen
5./10.
1 „
«
>j
Kaufbeuren
11. u. 12./10
je 1 St.
»
n
Buchloe
V\. u. 24./10.
1 St.
n
Mindelheim
7./11.
1 „
J5
))
Imnienhofen
15/11.
1 „
J7
))
Südbaj'ern
bis 21./11.
Jl
in litt. 25./12. 1911
Ammerfeld
Ende Sept.
1 St.
POKHLMANN
V.O.G.B.. Vol. 11, 1913
Oberroth
4./10.
erster
AsCHAUER
n
)i
18./10.
2 St.
)i
))
V
22./10.
4 „
«
Kaufbeuren
Auf. Okt.
16 St.
Uhl
n
Grünau
5./10.
3 „
Schneider
„
Wettenhausen
7., 8./10.
je 1 St.
V. Königsthal
»
n
2./11.
1 St.
«
n
Thierhaupten
7., 8., 15.,
17./10.
18./10.
je 1 St.
Forstamt
)i
»
5 St.
)i
Wallerdorf
20./10.
1 „
n
)i
Donauwörth
15./1Ü.
1 „
Striegel
n
Partenkirchen u. Bernbronn
17. u. 19./10
je 1 St.
V. Lassberg
Z.U.F., 1911, p. 810
Dillingen
18./10.
1 St.
Krammer
V.O.G.B., Vol. 11, 1913
Burgberg
—
—
Miller
11
Ottobeuren
25./10.
1 St.
Arnold
n
Neuburg
—
3 „
Forstamt
n
Eoßhaupten
10/11.
1 „
Bauer
.11
Dienhausen
seit Anf. Okt.
einzeln
Pemsel
11
Oberbayern , Franken ,
—
viele
Nüssbaumer
in litt. 15./10. a. W.u.H.
Schwaben, Pfalz
Württemberg.
1
Neubronn
19./9.
1 o-
Bacmeister
O.J., 1912, p. 141-142
Kleinbrettheim
17./9.
1 c^
„
)'
Gerabronn
17./9.
1 9
)j
11
Mergentheim
19./9.
1 a^
„
11
Kleinbettlingen
24./9.
1 St.
»
11
Abstatt
29./9.
1 „
)»
))
Marhördt
30./9.
1 ,,
H
11
Ravensburg
Mitte Sept.
1 „
.J.V.N.W., 1913
Bebenhausen, Tübingen
Ende Sept.,
mehrere
»
O.J., 1912, p. 141—142
Wachendorf, Horb, Rot-
Anf. Okt.
tenburg a. N., Balingen
Mettenberg
I./IO.
1 o-, 1 9
n
J.V.N.W., 1913
146
Eduard Paul Tratz,
Stärke des
Ort der Beobachtungen
Zeit
Zuges, bzw.'
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
Bergerhausen , Klingen-
2./10.
je 1 St.
Bacmeistkr
J.V.N.W., 1913
berg, Riedenberg
Reutte, Schönebuch
3./10.
je 1 „
1?
)7
Horrheini, Biberach
4./10.
je 1 »
)^
Ehingen
5./10.
5 St.
)i
Magstadt, Burren
6./10.
1 bzw. 3 St.
Lauffen a. N.. Lauhach
8/10.
2 St.
)?
55
Calw, Ludwigsburg, Eß-
9./10.
je 1 St.
«
»
lingen, Beinstein, Waib-
lingen, Göppingen, Illin-
gen, Maulbronn
Biberach
lO./lO.
1 9
))
Emingen
II./IO.
1 St.
n
O.J., 1912, p."l41— 142
Ehingen
ii./io.
2 „
)i
)5
Zuben, Eßlingen, Ludwigs-
12./10.
je 1 St.
J.V.N.W., 1913
burg, Ochenhausen, Bi-
berach
Kirchheim
13./10.
1 St.
j)
n
Gutershofen
14.10.
2 „
»
Ehingen, Baiershronn
16./10.
je 1 St.
n
Schwenningen, Rottweil
18./10.
))
O.J., 1912, p.'"l41— 142
Urach, Kohlberg
19./10.
?)
)5
J^
Rottweil, Kappishäuseru
20./10.
)5
11
r
Erolzheim, Biberach
22./10.
J.V.N.W., 1913
Ehingen
23.,27.,31./10.
4 "st.
11
O.J., 1912, p. 141-142
Baiershronn
23./10.
1 „
11
J.V.N.W., 1913
Eßlingen, Mitteltal
27./10.
je 1 St.
11
j;
Heidenheim , Rottweil ,
Okt.
mehrere
j)
Spaichingen
Tübingen
Ende Okt.
1 St.
11
,.
Ehingen
5., 9., 11. /lO.
4 „
j)
O.J., 1912, p. 141—142
Lindelfingen
16./10.
je 1 St.
11
J.V.N.W.. 1913
Klosterreichenbach
17./10.
J5
Steinenberg
20./10.
J?
11
J)
Hohenhardtsweiler
25./10.
J5
Riedlingen
Ende Nov.
ist.
11
5?
Ehingen
1./12.
1 „
11
n
Ailingen, Tettnang, Boden-
Uez.
je 1 St.
51
r
seegegend
Heilbronn
—
—
11
M.V., 1912, p. 36
Ahstatt
29./9.
je 1 St.
11
)5
Klingenberg
2./10.
J5
11
)1
Laufen, Gundelsheim
8./10.
J5
Neckargebiet, Donaugehiet
2.— 17./10.
stets mehrere
Lajipert
in litt. 13./3. 1912
und Schwarzwald
Witthau
5./10.
2 St.
Braun
V.U., 1912. No. 4
Hermaringen
Okt.
4 „
ROEDTER
in litt. 6./11. 1911
Ravensburg
»
20 St.
Stier
Z.U.F., 1911, p. 810
Höchstberg
10/10.
1 St.
Pröschle
»
Stuttgart
Anf Okt.
9 „
Merkle
Natur, 1911, p. 123
?!
Ende Okt.,
Anf. Nov.
—
Rudolph
V.LJ., 1912, No. 4
Rosenberg
—
1 St.
Ganglee
Z.U.F., 1911, p. 844
Zug des sibirischen Tannenhähers durcli Europa.
147
Stärke des
Ort der Beobachtungen
Zeit
Zuges, bzw.
Auzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
Baden.
Jarbach a. Bodensee
3./10.
3 St.
HORNÜNG
V.U., 1912, No. 4
)bergimmpern
Auf. Okt.
(4./10.)
2
Schuster
M.V., 1912, p. 13
fe'ohingeu
Ö./IO.
1 „
Bacmeister
M.V., 1912, p. 36
Tiersberg-
4./10.
1 „
„
»
rValdhof
6. u. 27./10.
je 1 St.
HiNI
V.I.J., 1912, No. 4
iVeingarten
II./IO.
2 St.
Stenberger
in litt. 14./12. a. W.u.H.
j'reiburg
22/10.
1 „
V. Eschwege
V.U., 1912, No. 4
R h e i n p f a 1 z.
)ürkheim, Elmstein
Auf. Okt.
2 St.
SUNNSTEIN
V.O.G.B., Vol. 11, 1913
jandau
10., 13./10.,
3./11.
je 1 St.
Weber
)7
{Kaiserslautern
20./10.
1 St.
GOGG
))
)ürkheim
l./ll.
1 „
Böhm
JJ
jamberg
l./ll.
1 „
Reichardt
!5
Pirmasens
7./11.
2 „
Zapp
n
11
17./11.
1 »
Forstarat
))
Elsaß.
Kolmar
4./10.
1 St.
Chappuis
v.u., 1912, No. 4
4./10.
1 „
Stoewer
)»
Klimbach b. Weißenburg-
lO./lO.
2
Henck
in litt. 17./10. 1911 a. W.u
H.
Österreich-Ungarn.
Ungarn.
HerencsYölgy (Korn. Zö-
lyom)
Ende Aug.
Zugsbeginn
MOHELNITZKY
W., 1912, p. 118
Ende Okt.
Höhepunkt
n
»
des Zuges
Nov. u. Dez.
vereinzelt
j)
»
Dsarad
seit Anf . Sept.
ca. 20 St.
V. Bemert
V.U., 1912, No. 4
Nagy-Mihaly
Mitte Sept. bis
Mitte Okt.
—
Graf WiLAMOwiTz
in litt. 8./11 1911
Csäkvar
20.— 30./9.
einzeln
ESTERHAZV
in litt. 16./10. 1911 a. W.u
H
Kövi
1. Dez-Hälfte
mehrfach
Eschenberg
D.J.Z., 1912, p. 365
Nagyszaläncz
20./12.
1 St.
Kochwasser
W., 1912, p. 42
Fünfkirchen u. Esseg
—
4 „
Nkher
M.V., 1912. p. 175
Kolozsvär
1.19.
Lendl
Aquila, Vol. 18, p. 394— i
599
Szaraosfalva
16./9.
—
)!
n
Tornöcz
19./9.
—
n
Nyitra
20./9.
—
n
n
Mäd
21. /9.
—
„
n
Szaväta
23./9.
—
„
n
Nögrad, Zalagogaufa, Tas-
26./9.
—
»
n
siögyörgye
Keszthely
29.,9.
—
,.
»
Budapest
30./9.
—
)j
n
148
Eduard Paul Tratz,
Stärke des
Ort der Beobachtungen
Zeit
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
Exemplare
Lakompak
5./10.
Lendl
Aquila, Vol. 18. p. 394-
39^
Keszthely
6/10.
—
j^
Kohövölg-y
7./10.
—
jj
J)
Ujmajor
9./10.
—
,
??
Szentes, Särospatak,Perlasz
lO./lO.
—
)
?)
Jäszövär
II./IO.
—
?
j)
Bäcs, Böuyretalap
1-2./10.
—
))
Dunapeutele
16./10.
—
,
)?
Drdvatanidsi
18./10.
—
»
Szoväta
1./9.— 15./10.
—
V. Illyäs
»
Less
23./9.
2 St.
V. Lacsny
)1
Zugliget
8./10.
1 „
ElSTZ
?:
Keszthely
27./9., 4./10.
je 1 St.
—
J3
Baranyaszentlörin cz
5.11.
1 St.
—
)•
Eperjes
Okt.
—
—
Zäraoly
24.9.
1 St.
MlHÖK
?)
■n
28./9.
1 „
V. KÜLLEY
55
Tärnok
28./9.
1 „
V. Radetzky
J)
Csäkvilr
28 /9.
1 „
Lang
»
Kolozsvär
30./9.
12-14 St.
Karpat
n
Nyiregyhäza
Auf. Okt.
häulig
V. Szomjas
n
Szepesszombat, Sätoraljau-
o./lO.
je 1 St.
Neubauer
J3
jliely
Bela Racz
7./10.
1 St.
SZEREP
n
Dunapataj
7./10.
1 „
V. Hajdu
Tiszaeseg:e
II./IO.
einige
V. Selley
j.
Kirälyhelmecz
11. /lO.
1 St.
V. SZEMERE
)7
Czikcsekefalva
12./10.
1 „
)1
Jl
GaUinta
13./10.
1 „
V. DÖBRENTEY
;;
Visesfrad
15. 10.
—
Lägler
j)
Györ,Györszentiväu,Venek,
bis 17./10.
—
V. Hegymeghy
Töraörd,Ogyalla, Kabold
Kisknnfelegyhäza
18./10.
1 St.
Pinkert
Des
Anf. Nov.
zahlreich
OSOZTIÄN
Pleteniicza (Kroatien)
2./11.
1 St.
Sajgo
))
Kisüjszälhis
9.11.
1 „
Bana
}1
Mezözäh
15./11.
zahlreich
Graf Wass
Budapest
25./11.
1 St.
DORNING
)?
Kisekemezö
9./10.
—
Hausmann
Szäszkezd
12./1Ü.
—
Medgyes
14./10.
—
77
Szekelykeresztur
23./1Ü.
—
>3
Välaszut
2.11.
—
Segesvär
9./11.
—
»^
Berethalom
ll./ll.
—
Nagysink
16./11.
—
Savüs
25./11.
—
Garamneszele
21 /lO.
—
Lendl
Aquila, Vol. 19. 1912, p
46!
Sztropko
24./ 10.
—
^
n
Kolozsvär
26./10.
—
Polgdrdi
80./ 10.
— .
„
n
Nagykärolj'
1 31./ 10.
—
,
>:
Zug- des sibirischen Tannenbähers durch Europa.
149
Stärke des
Ort der Beobachtungen
Zeit
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
tfezülaborcz
l./ll.
Lendl
Aquila. Vol. 19, 1912, p. 462
'ifyiregyhäza
3./11.
—
!•
»
Cikos
6./11.
—
„
r>
ietütköz
7./11.
—
)5
))
)zilägynagyfalu
8./11.
—
))
))
klezölaborcz
lO./U.
—
„
55
Sagaraer
ll./ll.
—
>;
55
iemencze
13./11.
—
r>
55
'Jyiregyhäza
14./11.
—
„
55
ianyär
17/11.
—
)i
55
Jzempcz
18./11.
—
)i
55
/ulsäna
20./11.
—
))
55
i'oroszka
27./11.
—
))
55
ürmihälyfalva
30./11.
—
«
55
7ulsäna
30./11.
—
n
55
Jjlak
1./12.
—
„
55
gar
7./2. 1912
—
^^ »5
55
reinerin
20./10.
1 St.
Nagy
55
Jjlak
Okt.
1 „
n
55
Sämyabükk
29., 30./12.
6-8 St.
Karp. Verein
55
Bakonynäua
5,/ll.
2 St.
V. BODOLAY
55
?elsöväsärd
21.— 30./9.
—
Blum
55
2sibo
Auf. Okt.
bis Nov.
größere An-
zahl
Fekete
55
Erszentkiräly
28/10.
1 St.
„Szilägysag"
55
Zilah
30./11.
1 „
)7
55
Solozsvar
Winter
häufig
55
Siebenbürgen.
Klausenburg
Sept. bis März
—
V. Führer
in litt. 20./5. 1912
15./9.
ca. 50 St.
)?
55
Zernest
—
viele
SCHISCHKA
D.F.U.B., 1911, No. 50
Magyaherepe
Dez.
—
Eschenberg
D.J.Z., 1912, p. 365
Kroatien-Slavonien
Podsused
24/9.
—
HiRTZ
in litt. 7./10. 1911
Komar
I./IO.
—
«
55
Laköcsa
—
— ■
»
55
Komar-Vinica
—
—
„
55
Zagrebbacka gora
—
—
))
55
Bosiljevo
—
—
))
n
Sveti Ksaver
—
— •
)i
,.
Pacetin
—
—
)?
in litt. 18., 12. 1911
Djakovo
—
—
)»
5?
Kosnica
~
~
"
55
Steiermark.
Marburg a. Drau
3.— 21./10
4 St.
Reiser
in litt. 27./10. 1911
Gleichenberg
Nov.
groß. Anzahl
—
GrazerTagblatt,No.314, 191
150
Eduard Paul Tratz,
Stärke des
Ort der Beobachtungen
Zeit
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
Niederösterreich.
Marchfeld
20./9.
ca. 20 St.
Grössinger
D.F.U.B., 1911, p. 8
»
bis 28/9.
Flüge von
20—40 St.
}■>
n
Loosdorf
20/9.
5 St.
Krxssl
O.J., 1912, p. 212
»
2./10.
ö „
j)
))
ij
27./10.
letzter
r
)5
Wienerwald
seit 24.;9.
—
ElEGLER
in litt. 4./10. 1911
Mannhartsbrnuu
26./9.
Flüge vou
15-20 St.
Blaha
W., 1911, p. 502
Floridsdorf
26./9.
1 St.
Mint US
O.J., 1912, p. 211
))
30./9.
1 „
«
))
Droß b. Krems
27./9.
3—5 St.
LiSCHKA
Natur, 1911, p. 123
Königstetten
28./9.
erster Flug
Riegler
N. Wiener Tagbltt., 1911
No. 285. Tierw., 1911
p. 166
Waldviertel
28./9.
8 St.
Ragowsky
in litt. 3./11. 1911
Obersiebenbriiuu
1 „
Lassee
4 „
Kahlenberg
Ende Sept.,
Anf. Okt.
16-20 St.
Kepda
in litt. 13./11" 1911
Droß b. Krems
—
starkes Auf-
treten
Lischka
W.U.H., 1911, p. 741
Neulengbach
I./IO.
1 St.
MiNTUS
O.J., 1912, p. 211
Bisamberg
I./IO.
^ „
51
)5
Bockflüß
3/10.
2' „
Gänserudorf
4./10.
2 „
Jl
J?
Butzing
lO./lO.
1 „
*1
))
Wolkersdorf
12./10.
1 „
J7
)1
Marchegg
15 /lO.
4 „
57
)1
Preuwitz
Anf. Okt.
einzelne
)1
O.J., 1912. p. 212
Steinriegl
j,
2 Flüge
Riegler
O.J., 1912, p. 211
Weidlingau
wiederholt
j)
Hainbach
1 St.
Mauerbach
1 „
Perchtoldsdorf
8.'l0.
2 Exemplare
Mint US
in litt. 9./IO" 1911. O.J..
1912, p. 211
Kiblitz
8./10.
Flug
Kny
O.J., 1912, p. 212
Altlengbach
8./10.
2 St.
Gmehling
))
Lainz
13./10.
1 „
Riegler
O.J., 1912, p. 211
Droß b. Krems
Okt.
Anzahl
Sprosec
W., 1911, p. 502
Langenzersdorf
Anf. Nov.
1 St.
Werlisch
O.J., 1912, p. 211
Hohe Wand
5./11.
1 „
MiNTUS
)1
Ebenthal
Okt.
5 "
Schumann
Tierwelt, p. 181, 1911
Leopoldsberg
26./11.
12—20 St.
Alvis
O.J., 1912, p. 212
Anninger
—
zahlreich
—
D.F.U.B., 1911, p. 5
Eggenburg
— -
wenige
Roth
in litt. 10./12. 1911
Wien
Mitte Sept.
erster
Mintus
O.J. 1912, p. 210
>i
I.Hälfte Okt.
Höhepunkt
des Zuges
n
«
Zug des sibirischen Taunenhähers durch Europa.
151
Stärke des
Zuges, bzw
Beobachter, bzw.
Literaturnachweis, bzw.
Ort der Beobachtungen
Zeit
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Berichterstatter
Originalnotiz
Mähreu.
3urgholz
20./9.
erster
NOVOTNY
V.I.J., 1912, No. 4
Jrottowitz
seit 20./9.
in Menge
SCHIMITSCHEK
n
!)
Ende Sept.
u. 10. - 15./10.
Hauptzug
»
W., 1912, p. 62— (i3
13./11.
12 St.
))
)i
Ende Nov.
sporadisch
r
!J
Dubriua b. Göding
23./9.
1 St.
Freyn
in litt. 7./11. 1911
[loznau
24./9.
1 r
Floericke
Z.U.F., 1911, p. 763. M.V.,
1911, p. 241
51awietitz
Ende Sept.
in Menge
SCHIMITSCHEK
V.I.J., 1912, No. 4
W^rauowieer Wälder
):
—
„Häj'-, 1911, p. 241
(Brunn)
[gl au
«
1 St.
15 „
1 ,,
Hälker
M.V., 1912, p. 85
Schattau
Okt.
WiLDT
Jägerztg., 1911, p. 631
Böhmen.
lyssa b. Peterswald
13/9.
2 St.
Michel
in litt. 7./1. 1912
25./11.
letzter
„
n
Anf. Dez.
einzelne
)!
n
Merzdorf
4 10.
1 St.
n
>i
Bodeubach
—
viele
n
))
Ost- Böhmen
19 ;9.— 22./11.
17 St. (viele)
Knezodrek
in litt. 21./12. 1911
Zleb
9./11.
1 St.
n
«
?)
22./11.
2 „
!)
n
Zleb-Markovic
seit Okt.
n
n
Dobrovitov
Okt.
3 St.
r
n
Sobinov
Mitte Okt.
5 „
)i
1)
Zleb-Chvälovic
Ende Okt.
4 „
n
)?
Schlüsselburg
2. Hälfte Sept.
bis Anf. Okt.
überall
IWVOLTSKI
in litt. 31./10. 1911
Bodenbach
23./9.
1 St.
Michel
in litt. 2./10. 1911
Eumburg
28.9.
Schwärme
W. H.
W., 1911, p. 459
GroU-Zdickau
28./9.
3 St.
SCHALLNEK
in litt. 3./11. 1911
Weckelsdorf
l „
Popper
W.u.Hs., 1911, p. 6
Groß-Aupa
Sept.
Flüge
BÖNSCH
MV., 1911, p. 262—263
lirna, Königinhof, Weiß-
Ende Sept.
viele
Häj
M.V., 1911, p. 265
wasser
Freudenberg
8./10.
1 St.
Fischer
V.I.J., 1912, No. 4
Egerland, Saaz
10. u. 12./10.
—
Junger
.T.Z., 1911, p. 603
Nord-Böhmen
K. F.
M.V., 1911, p. 241
Reicheaberg
Kreibitz
8., 26., 30./9.
viele
je 1 St.
Heide
D.F.U.B., 1911, p. 5
O.J., Vol. 23, p. 133—141
jj
lO./lO.
3 St.
"
«
Eumburg
28./9.
Schwärme
„Waidmannsheil
n
Wolfsberg
lO./lO.
1 St.
Wachutka
j)
Lichtenberg
12./10.
2 „
n
«
Oberkreibitz
13.— 16./10.
Anzahl
5»
);
Weißenbach
27./10.
3 St.
)5
n
Drum
16./11.
1 „
Mysik
n
152
Eduard Paul Tratz,
Ort der Beobachtungen
Stärke des
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw|
Originalnotiz
Böhmische Schweiz
Bodenbach
Dobern
Bodenbach
Grulich
Ober-Erlitz
Mittel- und Erzgebirge
Milleschauer n. AulJig
Außig
Brzesina
Pitschkowitz
Leitmeritz, Taschow
Libochowan
Klösterle
Zibisch
Brüx
Graslitz
Preßnitz
Weipert
Hasberg
Oberleutendorf - Kloster-
grab
Marschendorf
Groß-Aupa
Gr.-Zdickau
Daubaer Schweiz und Um^
gebung
15. u. 16./8.
Mitte Okt.
Ende Nov.
Anf. Sept.
ab 19./9.
4710.
lO./ll.
14. u. 16./11.
seit 18/9.
Ende Sept.
2. Hälfte Sept
Mitte Okt.
27./9.
29./9.
8./10.
28./11.
28./10.
12. Hälfte Sept
4710.
11710.
Mitte Sept.
bis 10711.
22./9.
5. u. 6710.
Sept. bis Okt
28./9.— 2710.
25./9.
Zittnai
2(
5., 2779.,
I./IO.
2710.
5./10.
6
, 7., 10.,
13/10.
14.
, 17., 20.,
21
., 22/10.
18/10.
I.Hälfte Sept.
28710.
24.
u. 31710.
30./10.
1.
u. 3711.
2.
u. 4./11.
4.,
5., 6., 7.,
21./11.
2. Hälfte Sept
4.
u. 6./10.
Ziigsbeginn
Hauptzug
Zugsende
51 St.
2 St.
Anzahl
zahlreich
2 St.
je 1 St.
zahlreich
häufig
einige
1 St.
1 „
1 „
8—10 St.
wiederholt
oft 4 St.
häufig
mehrere
Zugsbeginn
mehrere
1 St.
sporadi.'^ch
2 St.
je 1 St.
Flüge
8 St.
je 1 St.
5 St.
3 „
je 1—2 St
je 1 St.
3 St.
3 „
2 „
je 2 St.
4 St.
je 1 St.
je 2 „
je 1 „
5-7 St.
je 1 St.
Grasse
tschinkel
Arndt
Beutel
Plaschke
Beutel
Preidl
Michel
Borjan
Storch
Metlitzky
n
Baier
iLeitmeritzer Ztg.
Stephan
Hajek
Schwalb
))
Neumann
Rott
Schallner
Loos
O.J., Vol. 23, p. 133—141
Zug- des sibiiiscben Tauuenhähers durch Europa.
153
Stärke der
Zuges, bzw.
Beobachter, bzw.
Literaturnachweis, bzw.
Ort der Beobachtungen
Zeit
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Berichterstatter
Originalnotiz
]ittnai
5./ 10.
2 St.
Loos
O.J., Vol. 23, p. 133-141
8./10.
^ „
n
))
)auba
1. Hälfte Okt.
3 „
H
H
ätowitz
28./9., Mitte
Okt.
je 1 St.
Kraus
n
lozmital
30.;9., 7./10
15 St.
MÜLLBR
»
'odersam
2.HälfteSept.,
Anf. Okt.
—
WiRTH
n
)uppau, Eger, Saaz, Pilsen
—
—
Bentel
n
chönbach
—
—
Junker
);
—
Züge von
Herbrich
))
J5
30—50 St.
lanetin
8./12.
1 St.
Graf Sazansky
n
Oberösterreich.
laab
seit 2. Sept.-
Hälfte
große Menge
Kaufmann
W., 1911, p. 459.
Vels
23./9.
erster
Roth
in litt. 29./9. 1911
iterwald (Mühlviertel)
24.— 30 /9.
Flüge
—
D.F.U.B., 1911, p. 7
jambach-Wels
Sept. bis Okt.
zahlreich
Watzinger
in litt. 2./10. 1911
!t. Konrad b. Gmunden
6./10.
1 St.
LiNDORFER
in litt. 28./12. 1911
5aumgarten
7./10.
lO./lO.
Anf. Okt.
1 „
1 •,
n
POFERL
in litt. 2I./IO" 1911
)<«iii tili
jambach
1 ;,
LiNDORFER
in litt. 18./10. 1911
5teinerkirchen a. T.
II./IO.
9
»
n
Braunau
11. /lO.
1 „
Wennrich
V.LJ., 1912, No. 4
:)teiukirchen, Lambach
15. u. 17./10
ie 1 St.
Tratz
—
iio-pil
21/10.
1 St.
Schikola
Poferl in litt. 22./10. 1911
TI^Cll
Jlrichsberg
Peuerbach
2./11.
5/11.
1 .,
1 „
PoFERL
Sassi
in litt. 8./11. 1911
in litt. lO./ll. 1911
^chünberg
Wels, Mühlviertel
23,/ll.
1 „
Poferl
in litt. 24./11. 1911
—
zahlreich
Roth
in litt. 10./12. 1911
Schön au
—
12 St.
))
)!
Salzburg.
Salzburg, Umgebung
Herbst
sehr viele
Graf Plaz
in litt, ll./l. 1912
y>
3/10.
1 St.
))
ji
Tirol.
Kufstein
Okt.
2 St.
Penz
in litt.
Mühlau-Innsbruck
Mitte Dez.
1 „
Schöpf
—
Egerdach
27./12.
1 „
Lehner
in litt.
Vorarlberg.
Bregenz
29./10.— 2/11
2 St.
Bau
in litt. 19./11. 1911
I Strien.
Pola
4./10.
1 St.
SCHIAVUZZI
—
Dobrinj (Veglia)
3./11.
1 „
Barac
in litt. 9./2. 1912
154
Eduard Paul Tratz,
Stärke des
Ort der Beobachtungen
Zeit
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
Dalmatien.
Metkovic
27./9.
2 St.
Reiser
in litt. 20/11. 1911
Zara
29./9. U.17./10.
3 „
»
in litt. 27./11. 1911
Zdrelac b. Zara
7./1Ü.
3 „
—
Castelnuovo
lO./lO.
1 „
Reiser
in litt. 3./5. 1912
Bosnien.
Bos.-Gradiska
28./10.
Schar
Reiser
in litt. 3./2. 1912
Herzegowina.
Mostar
II./IO.
1 St.
Reiser
in litt. 20./11. 1911
Dänemark.
Seeland.
Kopenhagen und Amager
10/9.
3 St.
Lange
D.O.F.T., 1913, Heft 3
j)
Sept. bis Nov.
11 „
Manniche
»
j)
21./9.— 11/10.
14 „
Rasmussen
n
n
Mitte Sept.
2 „
«
n
n
II./IO.
1 „
n
n
n
5./10.
2 „
BUCHWA1,D
n
Nord-Seeland.
An verschiedenen Orten
5., 17., 24., 27.,
u. 29./9.,
18./10.
1., 2., 6., 10.,
22./12.
PiRTZEL,
Saxtorph,
Rasmussen,
Herning,
Nielsen,
Mausen
)j
Piude Skov
Herbst u.
Winter
Anzahl
Weibüll
»
Slangerup Mark
Sept.
1 St.
Rasmussen
)5
j7
7./10.
1 »
Jörgensen
n
))
27./10.
1 „
Scheel
!5
Geel Skov
Herbst
—
Hörning
n
Roskilde
14./10.,10./11.,
16/11.
—
Manniche, Herning,
Colli N
n
K0ge
Sept. bis Nov
—
Schölten
„
Storehedinge
20. u. 25./9,,
—
D. 0. F.
H
4.,5.u.ll./10.
Jensen
)!
13./11.
Herning
n
Praest0
2./10.
2 St.
Pedersen
n
)5
6. u. 16./10.
über 10 St.
n
n .
Vordingborg
Herbst
—
PiRTZEL
3)
Kallundborg
17., -25.. 27.,
28./9.
—
Lange, Koch,
Odder,
))
1., 7., 21./10
Herning
»
lO./ll.
n
)5
Herbst
6 St., 20 St.
Fredericia,
TüLSTRUPP
"
Zug des sibirischen Tannenhähers durch Europa.
155
Stärke des
Ort der Beobachtungen
Zeit
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Exemjjlare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
Kallundborg
24./9.
1 St.
Jensen
D.O.F.T., 1913, Heft 3
r
Okt. u. Nov.
Flüge
HWRRING
»
Holbaik
4.,14.u.20./10.
2, 1, 4 St.
Oddek
14., 17./10.,
je 1 St.
Herning
Jl
2./11.
Rings ted
22., 25., 27..
29./9.
je 1 „
Winge, Pedersen,
Herning
"
»
14./9.
1 9
Rasmussen
)7
Sor0
11., 19./10.
je 1 St.
Olsen, Rasmussen
r
Slagelse
2B., 27./9.
je 1 „
Hammer, Herning
,,
16./10.
1 St.
Odder
))
H0ng
—
1 „
—
))
Kors0r
19./9.
4 „
—
))
r
21./9.. 8., 12.,
je 1 St.
Herning
»
17./10.
j)
20./11.
1 St.
Odder
j;
n
16./9.. 5./10.
ca. 20 u. 1 St.
Klinge
)»
Skelsk0r
12./9.
1 St.
Baron Rosenkrantz
n
)5
5/10.
1 „
)i
)i
7./10.
2 „
Herning
j)
Jviiestned
29./9., 7. a.
26./10.
1 bzw. 2 St.
Odder
?)
J5
Herbst
2 St.
Clausen
»
))
13., 2ö., 27.
u. 29./9.
je 1 St.
Hansen
)i
„
30./9.
1 St.
Lakjer
>i
n
Sept.
ca. 30 St.
Schölten
))
M 0 e n.
Klintholm
Herbst
—
Scaveniüs
»
Falster.
Sii0rringe
13./ 10.
1 St.
Nielsen
n
Oustrup Skov
Herbst
1 „
Olsen
r>
n
1., 31/10.,
1., 7/11.
je 1 oder 2 St.
)5
"
B0t0gaards
Mitte Okt.
erster
Andersen
)i
Gedser
5./11.
1 9
Olsen
11
Xykobing
1. Hälfte Nov.
Nov.
erster
1 u. 2 St.
Petersen
n
Sindeskov
2./12.
3 St.
))
J7
Umgegend der Stadt
20. u. 24/9.
26./10.
—
Olsen
n
11
J5
24.(11.
—
„
n
Njk0bing
23., 29./9.
1 u. 2 St.
Petersen
»
"
3., 4., 12..
13./10.
1 u. 2 „
n
"
H
Herbst
4 St.
Olsen
n
29./12.
1 „
LUNDAHL
„
Bangsebro
—
Termansen
)i
B0d0gaard
~
—
Andersen
n
Zool. Jahrb. XXXVIf. Abt. f. Syst.
11
156
Eduabd Paul Tratz.
Stärke des
Ort der Beobachtungen
Zeit
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
L aal and.
Saxkobing
Herbst
wiederholt
HOLCK
D.O.F.T., 1913, Heft 3
Storskoven
2./10.
)1
Kring
Nysted
5. u. IT./IO.
Olsen
»
Hovsengegaard
Sept.
mehrere
—
H
57
Herbst
1 St.
LiPPERT
)1
Maribo
—
1 St.
M0LLER
j^
E0dby
21./9.
erster
Rasmüssen
)1
I)
25.— 31./9.
3 St.
11
»
);
14./11.
1 „
Baron Rosenkrantz
Nakskov
16. u. 17./10.
2 „
M0LLER
jl
11
15. u. 6./10.
je 1 St.
N0RGAARD, OdDER
Bornholm.
seit Sept.
—
Jensen
)1
Fyn.
Odense
15., 16.,18./10.
je 1 St.
Hjerommus,
Hammer,
Herning
V
j,
Herbst
1 St.
Steenbach
Nyborg
Anf. Okt.
4, 2, 2 St.
Schölten
1t
11
28./10.
1 St.
Herning
n
11
5./11.
1 11
Sveadborg
27./9., 28./10.,
3/11.
je 1 St.
Odder
n
11
Herbst
2 St.
—
Faaborg
Sept.
—
Fabricius
j^
11
21./10.
1 St.
Middelfart
Herbst
1 „
—
,,
Langeland.
0sterkov
U./IO.
1 St.
Hammer
Ribe
—
2 „
Clausen
11
14/10.
1 „
Herning
11
Jyllaud.
Kolding
l./ll.
1 St.
TüLSTRÜP
11
17./10.
1 „
Odder
,.
11
Herbst
11 St.
Windeballe
^^
Fredericia
25./10.
1 St.
Hammer
,,
n
Herbst
30 St.
Windeballe
11
n
18/9.
erster
11
..., .. "
ll./ll.
letzter
Vejle
19./10.
1 St.
Odder
^
11
I./IO.
1 „
4 „
SCHÄFFER
11
11
Horsens
8, 11., 15, 18..
J0RGENSEN
n
23, 26./10.
38 St.
Petersen
-Ebeltoft
13 /lO.
2 St.
Herning
»
Grenaa
IL, 17. 10.
1 n. 2 St.
!)
n
Zug des sibirischen Tannenhähers durch Europa.
157
Stärke des
Ort der Beobachtungen
Zeit
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
Exemplare
Grenaa
9. u. 5/11.
je 1 St.
Olsen
D.O.F.T., 1913, Heft 3
ti
Mitte Okt. bis
7./11.
n
n
Kauders
Okt.
3-4 St.
Taaning
n
))
Herbst
—
Klinge
n
Viborg
7,, 24./10.
je 1 St.
Odder, Herning
«
n
l./ll.
1 St.
Odder
Skive
30./10.
1 „
»
n
Hobro- Mariager
21., 31./10.
je 1 St.
T?
»
16.,21.,28./10.,
5./11.
je 1 „
Herning
»
Liv0
9. od. lO./lO.
1 St.
Leth
r>
H
16/10.
1 ..
n
n
Nibe
4./11.
1 r
Odder
rt
Winter
Thomsen
n
Aalborg
Okt.
Kalkaü
n
j,
30./10.
1 St.
Herning
n
HJ0rring
7. u. 16./10.
1 u. 2 St.
N0RGAARD
7)
»
8./11.
1 St.
Odder
n
Thy
Okt.
—
Hansen
n
Herbst
1 St.
Windeballe
yi
26/11.
1 „
Herning
n
Holstebro
Herbst
1 „
Clausen
7>
»
12./10.
1 „
Hansen
n
})
19./10.
1 „
Herning
n
Rinok0biDg
8., 19.. 20./10.
1 u. 2 St.
n
n
Staby
Okt.
oft
Jeppesen
?9
Varde
23./10., 8/11.
—
Odder
»
J5
11,13.,21./10.
je 1 St.
Herning
n
Ribe
Herbst
1 St.
—
5)
)i
Sept.
1 „
Clausen
n
Sjtdland, Langeland
Okt.
—
n
n
Schweden.
Ostergötland
10./9.
2 St.
Ekman
F.O.F., 1911, p. 233
St. Anna, Gryts
—
überall
)5
)!
Skäue bis Uppland
—
»
Lönnberg
»
Unnaryd im Smäland
—
zahlreich
n
n
Belgien.
Anvers
26-/9.— 28 /ll.
11 St.
V. Havre
Le Gerfaut, 1912, p. 3-
-10
Brabant
5.— 27./10.
4 St.
j;
,.
West-Flandern
Okt.
1 „
r>
«
Ost-Flandern
12./10.— 5./11.
3 „
1)
«
Haiuaut
14/10. bis
10/12.
9 „
»
Liege
23./9.-14./12.
28 St.
)?
n
Limbüurg
6./I0.-5./11.
5 St.
):
n
Luxembourg
Okt.
2 „
n
n
Namur
lO./lO bis
18./12.
14 St.
)i
n
Verviers
—
—
Gallasch
V.I.J., 1912, No. 4
11*
158
Eduard Paul Tratz,
Stärke des
Ort der Beobachtungen
Zeit
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
Holland.
Groningen
26./9.
erster
V. Snoukaeht
in litt. 6./12. 1911
j^
6. u. 7./10.
je 5 St.
»
15
8, 11/10.
2 St.
)5
»1
yt
9, 10, 13./10.
1 „
)1
55
n
14., 17., 24.,
27./10.
je 2 St.
)5
n
)5
15., 16., 19.,
20.,26.,29./10.
je 1 „
>1
1)
Boxtel
1.— 8/10.
mehrere
U
15
23./11.
1 St.
51
15
Twello (Gelderland)
9 /lO.
1 „
Willers
V.U., 1912, No. 4
Weert (Limburg)
9./10.
1 „
Baron Geyr
in litt. 29/3. 1912
Frankreich.
Daix
2./10.
1 St.
Marion
R.f.O., 1911, p. 207
Dijon
Mitte Okt.
3 „
Chaumelle
55
Pers-Jussy
28./10.
1 9
Ghidini
in litt. 17./12. 1911. Diana
Mt. de Sion
12./10.
Flug
55
1911, p. 189. O.B., 1912,
p. 66
Chars
15./10.
1 St.
Baer
R.f.O, 1911. p. 208
Faute
15./10.-7./11.
5 „
Seguin
R.f.O , 1911, p. 312
Garcelles-Secqueville
15/10.
1 „
Brasil
R.f.O, 1911, p. 319
Douvres
15
1 „
55
15
Saint- Aubin-de-Bonneval
4./11.
1 „
55
„
Dompierre- sur-Besbre
Mitte Okt.
1 ,,
Meilheurat
R.f.O., 1911, p. 281
Meillers, Noyaut
17./11.
2 „
55
15
La Ferte-Alais
16./ 10.
1 „
Fagart
R.f.O., 1911, p. 208
Ponts-et-Maracs
16.10.
1 „
„
15
Piaines
Mitte Okt.
1 „
BOÜGET
„
Auxerre
Okt.
4 „
Millet
R.f.O., 1911, p. 247
Saiut-Genies de Malgoires
31./10.
1 9
Hagues
R.f.O., 1911, p. 208
Gard
—
einzelne
55
15
St.-Gatiere-des-Bois
9./11.
1 St.
Ternier
„
Suzane b. Bray-sur-Somme
Nov.
1 „
Chäbot
R.f.O., 1911, p. 312
Amiens
Nov.
1 „
n
11
Eu, Eure
—
55
)5
England.
Hempstead
5./10.
1-2 St. (9)
GüRNEY
BB., 1911, p. 190
Spar h am
9./10.
1 St. (9)
15
55
Whitechurch
7./10.
1 St.
HOLLIS
B.B., 1911. p. 167
Beyton b. Burg St. Ed-
ll./U.
1 9
TUCK
B.B., 1911, p. 190
munds
Brede (Sussex)
2./12.
1 9
Ford
B.B., 1911, p. 225
Schweiz.
Hergiswil (Menzberg)
8./10.
3 St.
Daut
O.B., 1912, p. 136
r
14./10.
2 „
15
15
Stein a. Rh.
9. u. 16./10.
je 1 St.
55
«
Ramsen
5./11.
5 St.
15
n
Zug des sibirischen Tannenhähers durch Europa. 159
Stärke des
Ort der Beobachtimgen
Zeit
Zuges, bzw.
Anzahl der
beobachteten
Exemplare
Beobachter, bzw.
Berichterstatter
Literaturnachweis, bzw.
Originalnotiz
Schweiz
seit lO./lO.
überall
V. Burg
O.B., 1912, p. 29
Rolle
lO./lO.
1 ^
Ghidini
in litt. 17./12. 1911. Diana,
1911, p. 189. O.B.. 1912,
p. 66
Schweiz
lO./lO.— 12.
—
Daüt
O.B., 1912, p. 136
Zofingeu
II./IO.
1—2 St.
Fischer
Diana, 1911, p. 189
Genf
seit Mitte Okt.
(1 St.)
Ghidini
Diana, 1911, p. 189. O.B.,
1912, p. 66
,,
12./10.
1 St.
ji
)1
Celiguy b. Genf
17./10.
1 c/-^
»
Emmenthal
seit 13./10.
9 St.
V. Burg
in litt. 9./11. 1911. Diana,
1911, p. 205. O.B., 1912,
p. 135
Eptingeu
seitMitteOkt.
—
j)
Diana, 1911. p. 205
))
l./ll.
—
!5
»
Wiggertal
Okt.
—
Daut
O.B., 1912, p. 135
Zofingen
3./11.
1 St.
n
«
Aarau
—
mehrere
V. Burg
Diana, 1911, p. 205
Ost-Schweiz
—
in groß. Zahl
Horber
Diana, 1912. p. 10
Wiggertal
bis 25./11.
8 St.
Daut
O.B., 1912, p. 136
Stein a. Rh.
—
2 „
,,
O.B., 1912, p. 137
Schweiz
1911
i\berall
V. Burg
Diana, 1913, p. 136
Italien.
Verona
Mitte Okt.
1 St.
V. Chernel
Aquila, 1912, p. 11
Schlußfolgerungen.
Aus Allem geht hervor, daß diese Dünnschiiäbler-Invasion nicht
zu den stärksten gehört, obgleich sie in manchen Gegenden ihres-
gleichen noch nie gehabt haben soll.
Eine haltbare Quantitätsangabe über die Gäste zu machen, ist
wohl unmöglich, und auch die Summierung der erlegten Häher, bzw.
der bekannten Erlegungsdaten bietet keinen zuverlässigen Anhalts-
punkt. Immerhin ist es interessant, die Zahl der erbeuteten Vögel,
soweit sie sich eben prüfen läßt, festzuhalten. Sie beträgt un-
gefähr (für ganz Europa) 5000 Exemplare — also eine ganz an-
sehnliche Zahl. Wenn man aber bedenkt, daß das nur ein Teil der
ganzen Masse ist und außerdem auch nicht alle Erlegten, denn es
werden doch bestimmt ebensoviel, wenn nicht mehr erbeutet worden
sein, wovon man aber nichts erfahren hat, ferner annimmt, daß
eine große Zahl auf natürlichem Weg verunglückte und zugrunde
ging, so glaube ich ohne irgendwelche Überschätzung die Zahl
160
Eduard Paul Tratz,
Karte 1.
Der Tannenhäherzug' durch Europa in der Zeit vom 15. — ^31. Aug. 1911.
der in Europa im Jahre 1911 umg-ekommenen Schlankschnäbler auf
ca. 10000 Stücke beziffern zu können.
Über die Ursachen, also den hj-pothetischen Teil, des Zuges
zu sprechen, ist hier nicht der Ort, wohl vermög'en wir aber positive
Angaben über die veranlassenden Momente zu machen.
Wie bereits von Tschusi in den „Ornith. Monatsberichten", 1912,
No. 3, p. 43 — 44, kurz ausführte, war laut einer Mitteilung von
N. JoHANSEN, Konservator am Universitätsmuseum in Tomsk, die
Veranlassung zur diesjährigen Auswanderung das Mißraten der
Zirbelnüsse in den Heimatsgebieten des Hähers. Auch F. Mallner
(vgl. W. u. H. , 1912, p. 69) berichtet aus dem Altai in diesem
Sinne, wie folgt: „Schon im Herbst 1910 war die Zirbelnußernte
eine nur mäßige, so daß die Taunenhäher gegen Neujahr die Zirbel-
wälder verließen und ihre Nahrung in den Kiefernregionen, in
welchen sie sonst ganz fehlten, suchten. Im Jahre 1911 sind die
Zug des sibirischen Taimeuhähers durch Europa.
161
Karte 2.
Der Tauiienhäherzug- durch Europa in der Zeit vom 1. — 15. Sept. 1911.
Zirbelnüsse völlig- mißraten, nnd die Tannenhäher sind spurlos ver-
schwunden. Bei einer dreitägigen Fahrt durch dichten Zirben- und
Tannenwald, im Dezember, wo man im Sommer viele Hunderte be-
obachten konnte, sah ich nicht ein einziges Stück." — Diese beiden
Angaben sprechen wohl deutlich, daß auch diesmal die Ver-
anlas s u n g zum Auswandern der sibirischen Tannen-
häher das Mißraten der Zirbelnüsse (ihrer Haupt-
nahrung) in den H e i m a t s g e b i e t e n war.
Nach dem vorliegenden Beobachtungsmaterial erstreckte sich
der Zug von Baikalien, also dem süd-östlichen Sibirien und
dem Altai, durch die Kirgisensteppe nach Mittel-Rußland
und wendete sich dann in ausgesprochen westlicher Richtung nach
Deutschland, bzw. Dänemark, dem südlichen Schweden,
Holland und Belgien, dem nördlichen und mittleren Öster-
reich-Ungarn und der Schweiz. Bedeutend geschwächt wurde
162
Eduard Paul Tratz,
Karte 3.
Der Tannenhäherzug' durch Europa in der Zeit vom 15.— 30. Sept. 1911.
er ferner noch in Frankreich, England und Italien bemerkt
Er erstreckte sich somit über eine ungefähre Längenausdehnung von
110 Graden, bzw. ca. 12 200 km.
Die wiederholt geäußerte Ansicht, daß dieser Zug eine nordost-
südwestliche Richtung inne hielt, kann eigentlich auf Grund des
gesamten vorliegenden Materials nicht bestätigt werden, wohl aber
die Tendenz nach einer fächerartigen Ausbreitung in Europa, wobei
dies naturgemäß im südlicheren Mittel-Europa besonders stark zur
Geltung kam. — Nach der überaus großen Massenhaftigkeit des
Zuges im nördlichen Mittel-Europa zu schließen, hatte der Zug eine
Ost-West-Kichtung. Es ist übrigens sehr schwer, die tatsächliche
Zugrichtung, soweit von einer solchen in diesem Fall überhaupt die
Rede sein kann, festzustellen, da uns sowohl aus dem Norden
Zug des sibimcheu Tanuenhähers durch Europa.
163
Karte 4.
Der Tanuenhäherzug durch Europa in der Zeit vom 1.— 15. Okt. 1911.
Europas wie aus dessen Süden jede Nachricht^) (auch negative)
fehlt. Die nördlichsten Beobachtungen liegen uns aus dem südlichen
Schweden vor, die südlichsten aus Dalmatien und Bosnien-
Herzegowina, in welch letzterem Land die ersten Belegstücke
vom macrorhynchos überhaupt erbeutet wurden.
In Zentral- Asien und zwar umirkutsk und im Altai begann
der Zug im Sommer. Ende Juli wurden die ersten Vögel bereits in
Rußland und im östlichen Deutschland gesehen. Jedoch waren
das nur Vorläufer. Der eigentliche Zug begann in Rußland erst
in der Mitte vom August. In Deutschland nahm er seinen An-
fang im ersten Drittel des Septembers (es sollen jedoch Flüge schon
im Juli in Ost-Deutschland gesehen worden sein), ebenso in
1) Nach einer Mitteilung von EOB. Ritter v. DOMBROWSKI-Bukarest,
kamen in Rumänien keine Dünnschnäbler zur Beobachtung.
164
Eduard Paul Tratz.
Karte 5.
Erste Ankunftsdaten des Tannenhähers im mittleren Europa im Jahre 1911.
Österreich -Ungarn, Dänemark und Schweden. Gegen
Ende des Septembers macht er sich auch in Belgien und Holland
bemerkbar, und in den ersten Oktobertagen hat er bereits Frank-
reich, England, die Schweiz und wahrscheinlich auch Italien
erreicht. — Über den Beginn des Zuges in den einzelnen Teilen
(Provinzen) der europäischen Länder gibt die nachfolgende Zu-
sammenstellung- Aufschluß.
Die ersten Beobachtungen in den einzelnen Ländern.
Asien.
Irkntsk. Anfang Sommer.
Altai.
Sommer.
Zug- des sibirischen Taunenhähers durch Europa.
165
Eur
opa.
Siebenbürgen
Mähren
15./9.
20./9.
20./9.
Rußland.
Niederösterreich
Gouv.
Ende Juli
Oberösterreich
23./9.
)^
Tschernigoff'lO./S. ]
Kroatien
24./9.
1«
Pskoff
Mitte Aug.
Dalmatien
27./9.
it
Orol
18./8.
Steiermark
3./10.
51
Livland
2. Hälfte Aug.
Salzburg
3./ 10.
n
Kief
20./8.
Tirol
Okt.
Radom
20./8.
Herzegowina
II./IO.
n
Pensa
Aug.
Bosnien
28./10.
»
Vilno
Ende Aug.
Vorarlberg
29./10.
1":
5-
Sedlez
Petrokoff
Sept.
2./ 10.
Istrien
3./I1.
11
Podolien
Mitte Okt.
Dänemark.
Poltava
31./10.
11
Seeland
10./9.
Deutschland.
Jütland
18./9.
Westpreußen
Bayern
Ostpreußen
Schlesien
Pommern
Ende Juli
7./8. (?)
Ende Aug.
Anf. Sept.
8./9.
Falster
Laaland
Bornholm
Fyn
Langeland
20./9.
21./9.
Sept.
27./9.
II./IO
Branc
Meckl
enburg
enburg
12. /9.
15./ 9.
Seh
w e d e n.
Kgr.
Sachsen
16./9.
Östergötland
10./9.
Lübeck
17./9.
Württemberg
17/9.
Be
[gi en.
Posen
18./9.
Hannover
19./9.
19. /9.
Liege
23./9.
Anhalt
Anvers
26./9.
Schles
wig-Holstein 23./9.
Brabant
5./10.
Prov.
Sachsen
24./9.
Limbourg
6./10.
Westfalen
25./9.
Nämur
lO./lO
Prov.
Hessen
26./9.
Ost- Flandern
12./10
Groß!
irze^t. Hessen 26. /9.
Hainaut
14./10
Thüring. Staaten
27./9.
West-Flandern
Okt.
Braunschweig
Ende Sept.
Luxembourg
Okt.
Rheinprovinz
Baden
I./IO.
3./10.
Ho
Hand.
Bremen
3./10.
Groningen
26./9.
Elsaß
4./10.
Lippe
7./10.
Frar
kr eich
Rhein
pfalz
Anf. Okt.
Dep. Cote d'Ors
2./10.
Osterreic
h- Ungarn.
„ AUier
15./10
Ungarn
Ende Aug.
„ Seine-et-Oise 15./ 10
Böhmen
8./9.
„ Vendee
15./10
IQQ Eduard Paul Tratz,
Dep. Calvados 15./10.
,, Seine Infer. 16. 10.
,, Aube 2. Hälfte des Okt.
., Jone Okt.
„ Haute Savoie 28. 10.
,, Gard
„ Orne
31. /lO,
4. 11.
England.
Hertford
Sussex
5./10.
2. 12.
Seh
weiz.
Unterwaiden
8. 10.
Thurgau
9. 10.
Waadt
10., 10.
Aargau
11. 10.
Genf
12./10.
Bern
13./ 10.
Baselland
Mitte Okt.
Luzern
Okt.
Ita
lien.
Verona
Mitte Okt,
Die Hauptinvasion, also die eigentliche Masse, war in Ruß-
land von Mitte August bis in die ersten Tage des Septembers. In
Deutschland wurde sie von Mitte September bis Mitte Oktober
bemerkt, ebenso in Österreich-Ungarn und Dänemark. In
Schweden war sie Ende September, in Belgien Mitte Oktober,
in Holland und Frankreich in der zweiten Hälfte des Oktobers
(vgl. hierzu die Karten No. 1—4 und die nachfolgende Tabelle).
Von da ab flaute der Zug wieder merklich ab. hörte zum Teil
ganz auf, was wohl durch die Unmenge von zugrunde gegangenen,
bzw. getöteten Vögeln bedingt wurde, und schien somit seiner ur-
sächlichen Bestimmung des „Todwanderns"' (cf. 0. Kleinschmidt,
Berajah 1910, Corvus Nucifraga. p. 22) gerecht geworden zu sein.
Der Zug verlief sehr gleichmäßig; es war ein allmähliches, un-
unterbrochenes Vordringen. Nach Allem zu schließen, hatte dabei
die Witterung fast gar keinen oder nur lokalen Einfluß. Das dürfte
wohl zum guten Teil einerseits auf die „Wetterfestigkeit" der Häher,
andrerseits auf ihr strichweises und verhältnismäßig doch sehr
niederes Fliegen (im Gegensatz zu den echten Zugvögeln) zurück-
zuführen sein. Überaus interessant sind übrigens die vorliegenden
Beobachtungen über den Flug bzw. das Ziehen der Häher. — Aus
ihnen geht nämlich hervor, daß zu Beginn des Zuges ein oft durch
Tage währendes, ununterbrochenes Fliegen von größeren Trupps in
mäßiger Höhe stattfand. Eine diesbezügliche Nachricht aus dem
Altai (vgl. W. u. H., 1912, p. 69) besagt, daß Ende August die Häher
in ungeheuren Mengen von Ost nach West ziehend, zuerst in Trupps
von 20 — 30 Stück, später ununterbrochen in großen Schwärmen be-
obachtet wurden, und zwar durch 3 Wochen hindurch, in gleicher
Zugrichtung, bei klarem Wetter hoch in schnellern, ununterbrochenen
Flug, bei trübem Wetter tief und öfters Aufenthalt nehmend. Auch
Zug des sibirischen Tannenhähers durch Europa. 167
in Rußland werden Ende August bis Anfang- September „große
Züge in kleinen Truppen" bemerkt. Im Deutschen Reich
werden größere Gesellschaften, im Osten bis Ende September, im
nördlichen Mittel- Deutschi and bis Anfang Oktober, in West-
Deutschland überhaupt keine beobachtet. In Ungarn werden
Ende August Flüge von 10—30 Stück, von Ost nach West ziehend
gesehen, zum Teil auch noch im September. In Österreich
werden im Laufe des Septembers größere Schwärme beobachtet. Im
ganzen westlichen Europa werden aber keine größeren Trupps
bemerkt.
Daraus geht hervor, daß der Wanderzug der Häher tatsächlich
etwas zugvogelartiges an sich hat, wenigstens so lauge als seine
Scharen noch halbwegs ungelichtet sind, und dies übrigens dort, wo
ihnen am wenigsten Verfolgung zustößt, auch beibehält, wie z. B. an
den Küsten Deutschlands. — Für den teilweise echten Zugcharakter
des Häherzuges spricht auch die Beobachtung Thienemann's, der
sagt (vgl. Tischler, in Falco, 1912, No. 4): „Mitunter erinnerte der
Zug an den Herbsthäherzug an den besten Tagen. Binnen wenigen
Minuten flogen 30 — 40 Tannenhäher über ein Gestell."
Im Westen Europas, auch im südlichen Mitteleuropa ist
allerdings von einem echten Zugcharakter der Wanderung nichts
mehr zu bemerken. Die Häher haben sich einerseits infolge Nahrungs-
suche, andrerseits durch die überaus starke Verfolgung verteilt, bzw.
sind dezimiert und treten daher in diesen erst später aufgesuchten
Gegenden nur mehr einzeln oder höchstens in Gesellschaften von
2 — 4 Stücken auf. Ausnahmen gibt es allerdings auch da, aber
selten.
Wie das Wetter, so scheint auch das Gelände die Häher nicht
zu beeinflussen, denn irgendwelche markante temporale Unterschiede,
bezüglich der Ankunft in der Ebene und im Gebirgsland, sind nicht
ersichtlich.
Bezüglich der Wahl ihres Aufenthaltsortes sind die Häher
überaus gleichgültig. Sie kommen im Wald und an dessen Rändern
genau so vor wie auf Wiesen, Feldern, Äckern, Hecken, Gärten,
Höfen von Häusern, Straßen usw. oder auf Bäumen, Sträuchern,
Stauden, Giebeln von Häusern und mit besonderer Vorliebe auf dem
Boden usw. vor.
Ein Beobachter aus Nieder- Ost erreich berichtet uns über
das Baden von ca. 20 Stück in einer Wasserlache (vgl. D.F.u.B.,
1911, p. 8).
168
Eduard Paul Tbatz.
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Zug des sibirischen Tannenhähers durch Europa. 169
O
170 Eduard Paul Tratz,
Oft genug" ist die große Scheulosigkeit der sibirischen Gäste
liervorgehoben und deren Ursache besprochen worden, so daß ich
mich darüber hier nicht weiter auszulassen brauche. Von scheuen
Vögeln sind nur wenig Fälle bekannt und die nur aus dem späteren
Verlauf des Zuges, also wohl Häher betreffend, die bereits beschossen,
beworfen oder dgl. wurden.
Meist verhielten sich die Häher still, nur einmal wird ein
,.schnarrender Ruf (vgl. V.I.J., 1912, No. 4, p. 54), ein „heiseres
Krächzen" (vgl. V.I.J.. 1912, No. 4, p. 60), ein ,.mörderisches Schreien"
(Hennemann, O.J., 1912, p. 66) erwähnt, und Kollibay berichtet in
seinem Artikel (s. p. 126) von einem Stück, das unaufhörlich sehr
laut krächzte.
Des den Hähern, ebenso wie den Spechten, eigentümlichen
Hämmerns wird des öfteren Erwähnung getan. — Einmal wird auch
von einem auf einen Steinkauz stoßenden Häher berichtet (W.u.H,
1911, p. 741).
Im übrigen scheinen die Häher von Raubvögeln nur selten ge-
schlagen zu werden. Im ganzen vorliegenden Material sind nebst
2 Angaben über tot gefundene nur 2 Fälle von „geschlagenen"
V'ögeln vorhanden.
Die Konstitution der Häher war zu Beginn des Zuges durchaus
sehr gut. Meist waren sie gut bei Leibe, zum Teil auch fett. Gegen
Ende des Zuges jedoch, in Deutschland und Österreich ca. im
Oktober, waren sie bedeutend abgemagert.
Was nun die Nahrung der Gäste betrifft, so scheinen sie in der
Tat alles, was nur irgendwie aufzunehmen und genießbar schien,
verzehrt zu haben. Es ist völlig unmöglich, hier alle diesbezüg-
lichen Untei'suchungen zu rekapitulieren oder aufzuzählen, und ich
glaube, es genügt vollauf, um ein klares Bild über diese gefiederten
„Omnivoren" zu bekommen, wenn nur die augenfälligsten Be-
obachtungen bzw. Untersuchungen angeführt werden.
Die Hauptnahrung bestand in vegetabilischer Kost. Davon zogen
sie naturgemäß die Samen von Nadelholzarten, wie von Fichten,
Tannen, Föhren, Weymouthkiefern usw., besonders vor; daneben
wurden aber die Beerenfrüchte, speziell die der Eberesche, mit Vorliebe
genommen. Pflaumen, auch \^'eintrauben und Brombeeren, ebenso
Eicheln, auf Äckern aufgelesene Roggenkörner, Buchweizen, Samen
von Hanfstauden und Sonnenblumen. Tomatenäpfel usw., sonder-
barerweise auch wiederholt Wal- und Haselnüsse dienten ihnen als
hauptsächliche Nahrung. Im Großen und Ganzen bildete ihre Haupt-
Zug des sibirischen Tannenhähers durch Europa. 171
nahrung" eben stets die den einzelnen Gegenden eigene und dort
auch besonders reichlich vorkommende Frucht.
Die animalische Kost war ebenfalls sehr mannigfaltig. Die
karge Kost des Insektenfressers, wie die des Raubvogels, fand in
•den Hähern ihren Abnehmer. Am häufigsten wurden Kuh- und
Pferdedung nach Insecten durchstöbert. Magenunteisuchungen
lehrten, daß sie vorwiegend kleine und große Käfer, meist Mist-
käferarten, nebst Würmern und \¥espen — von diesen plünderten sie
zuweilen die Nester und fingen die einzelnen Tiere im Fluge — auf-
nahmen. Auch Ameisen, Engerlinge, Drahtwürmer, Schaben, Grillen,
Kieferspannerraupen, Puppen usw. verzehrten sie; kleine Schnecken
gleichfalls, und die Feldmäuse hatten in ihnen eifrige Verfolger.
Aus Mähren wird beispielsweise berichtet, daß dort einige Exemplare
ausschließlich Feldmäuse fingen. Kleine Vögel und selbst Schlangen
(Kreuzottern, vgl. Laubmann, V.O.G.B., Vol. 11, 1913) wurden gekröpft.
Die Aufnahme von Steinchen wurde natürlich auch wiederholt
festgestellt.
KoLLiBARY berichtet übrigens noch, daß mehrfach intensives
Aufnehmen von Wasser beobachtet wurde.
Zum Schlüsse seien noch einige Bemerkungen über das Alter,
-die systematische Stellung, Abnormitäten usw. der Vögel dieses
Zuges gemacht.
Wie fast bei allen bisher eingehender erforschten Zügen der
Tannenhäher waren auch diesmal die Wanderer meist oder über-
haupt junge Vögel. Es finden sich leider in den einzelnen Berichten
zu wenig Vermerke darüber, aber auch alle von mir untersuchten
Vögel waren junge.
Das Hauptkontingent der Zügler stellten die Dünnschnäbler
(Nucifraga caryocatactes macrorhyncJws Brehm); diesen beige-
mischt bzw. angeschlossen haben sich auch dickschnäbelige Tannen-
liäher (Nucifraga caryocatactes caryocatactes (L.)). Eingehendere
Untersuchungen lassen sich leider infolge Mangels an umfang-
reicherem Notizenmaterial nicht anstellen. In gewissen Teilen
Deutschlands scheinen aber die Dickschnäbler verhältnismäßig zahl-
reich gezogen zu sein. So werden z. B. aus Norddeutschland, aus
Brandenburg und Pommern, nicht weniger als 9 erbeutete
Dickschnäbler angeführt. — In Holland wurde nach Snoukaert
VON Schauburg ebenfalls 1 Stück erlegt, das der erste Nachweis
des Dickschnabels für Holland ist (in litt. 6./12. 1911).
Abnormitäten werden sich natürlich vielfach gefunden haben.
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. 12
172 E. P. Tratz, Zug des sibirischen Tannenhähers durch Europa.
Verzeichnet sind leider nur zwei. Einmal wird von einem kolbig^
verdickten Unterschnabel, in dem sich eine Haselnuß, deren Schala
wie poliert war, festgeklemmt hatte, Erwähnung- getan (s. From-
HOLZ, O.J., 1913, p. 100), und das andere Mal wird von einem „er-
heblich verlängerten Oberschnabel" berichtet (vgl. Rüdiger, Z.f.O.O.y.
1912, No. 2).
Durchaus möglich ist es, daß sich an dem Zug auch noch andere-
Formen des Tannenhähers in vereinzelten Exemplaren beteiligten^
So wird man unwillküi'lich, obzwar es nicht ohne weiteres ange-
nommen werden kann, bei dem von Hannover (Leege, O.Ms., 1912,.
p. 283 — 284) erwähnten „ausnehmend kräftig gefleckten" Häher an
rothschildi zu denken verleitet. Eine Nachprüfung wäre daher
sehr erwünscht. Die beiden aus Brandenburg angeführten
Häher, deren Rückengefieder „recht hellfahl" war, dürften wahr-
scheinlich aberraute Stücke gewesen sein.
Hiermit ist über die wesentlichsten Erscheinungen des 1911er
Tannenhäherzuges berichtet worden, und es würde sich nur nocli
erübrigen über das Ende, bzw. den Rückzug desselben zu sprechen.
Soweit das vorliegende Beobachtungsmaterial einen Schluß zu-
läßt, ist der weitaus größte Teil der Häher in Europa und zwar im
mittleren Europa zugrunde gegangen. Vereinzelte Exemplare, und.
vielleicht sogar kleine Trupps, vom Glück besonders begünstigt, er-
hielten sich, überdauerten den Winter (darüber liegen mir mehrere
Beobachtungen vor) und traten nun im Laufe des kommenden
Jahres, mehr oder weniger direkt, einen Rückzug, allerdings wer
weiß wohin, an. — Von einem oifenbar direkten Rückzug liegt mir
übrigens auch eine Angabe vor, und zwar eine sehr interessante.
Kustos V. Führer in Kronstadt in Siebenbürgen beobachtete
nämlich am 27. März 1912 um 7 h a. m. eine Schar von über
100 Stück bei Nordwind ungefähr 200 m hoch in östlicher Richtung
fliegend. — Ob es sich hierbei auch tatsächlich um Dünnschnäbler
handelte, läßt sich allerdings nicht positiv nachweisen, immerhin ist
es möglich! — Weitere Angaben über einen eventuellen wirklichen.
Rückzug liegen mir nicht vor. Im Übrigen läßt sich ein Rückzug,,
genau so wie die Art der Einwanderung, deren Schnelligkeiten,
sowie sonstige biologische Momente, positiv, nur mit Hilfe des Ring-
experiments nachweisen.
Nachdruck verboten,
jjhersetzungsrecht vorbehalten.
Zoologische Studien an Hummeln.')
IIa. Berichtigungen und Ergänzungen zu I und II nebst
theoretischen Bemerkungen zur Methodik der Hummelforschung.
Von
Dr. H. Friese und Prof. Dr. F. v. Wagner
(Schwerin i. M.) (Graz).
Mit Tafel 8.
Inhaltsverzeichnis.
Einleitung.
I. Teil. Berichtigungen und Ergänzungen.
A) Berichtigungen.
B) Ergänzungen.
Anhang. Zur Bezeichnungsweise der Formengruppen bei den
Hummeln.
II. Teil. Zur Methodik der Hummelforschung : 0. VoGT, Die Hummeln
und wir.
A) 0. Vogt, Die Hummeln und das Artproblem.
B) 0. Vogt's Methodik und die Hummeln.
C) Die Hummeln und wir.
Einleitung.
Die vorliegende kleine Publikation ist kein neues Glied in der
programmgemäßen Folge unserer „Zoologischen Studien an Hummeln",
1) Vgl. Zool. Jahrb., Vol. 29, Syst., 1909, p. 1—104 u. Suppl. 15,
Bd. 1, 1912, p. 155—210.
12*
J74 H. Friese und F. v. Wagner,
hängt aber mit dem Gegenstande dieser Studien so unmittelbar zu-
sammen, daß wir sie in die Reihe derselben aufgenommen, aber
durch die Bezeichnung IIa in ihrer Besonderheit kenntlich gemacht
haben.
In unserer Abhandlung II, die die Hummeln der Arktis, des
Hochgebirges und der Steppe behandelt, ist durch widrige Umstände
in einer Anzahl Figuren der letzten Tafel (tab. 9) die Farbengebung
nicht entsprechend, besonders die Rotfärbung nicht genau wieder-
gegeben worden, und dies auch bei Formen, die aus unserer Ab-
handlung I wiederholt wurden, so daß ein Vergleich dieser letzteren
mit den ursprünglich gegebenen Bildern den Leser in Verlegenheit
setzen muß, welche der beiden Darstellungen nun die richtige sei.
Eine solche Sachlage wirkt irreführend und bedeutet daher einen
Mißstand, dessen tunlichst rasche Beseitigung selbstverständliche
Pflicht ist. Unsere erste Absicht war, die Richtigstellung anhangs-
weise mit der Abhandlung III unserer „Studien", deren Gegenstand
die asiatischen (sibirischen) Hummeln sind, zu verbinden. Dieser
Plan mußte indes fallen gelassen werden, da sich bei näherem Zu-
sehen herausstellte, daß wir wohl nicht imstande sein werden, vor
Ablauf von 2—3 Jahren jene Abhandlung den Fachgenossen vorzu-
legen. Auf eine so weite Zukunft aber durfte unsere Korrektur
begreiflicherweise nicht vertagt werden. Wir entschlossen uns da-
her, dieselbe sofort in einer besonderen Publikation vorzunehmen,
ein Ausweg, der sich uns auch dadurch empfahl, daß uns damit
Gelegenheit gegeben wurde, neben der Erledigung einiger anderen
kleinen Berichtigungen und Ergänzungen zu den eigenartigen Aus-
führungen 0. Vogt's Stellung nehmen zu können, die dieser Forscher
in den letzten Jahren veröffentlicht hat.
Demnach zertällt unsere Arbeit naturgemäß in zwei Teile. Der
erste bringt die Berichtigungen und Ergänzungen zu den
beiden früheren Abhandlungen I und II, der zweite dagegen enthält
theoretische Darlegungen, die im xlnschlusse an unsere Auseinander-
setzung mit Vogt's Ansichten insbesondere die Methodik der
Humraelforschung zum Gegenstande haben.
Zoologische Studien an Hummeln. IIa. 175
I. Teil.
Berichtiguiii^eii und Ergänzungen.
A) Berichtigungen.
a) Bei Bonibus pomorum var. armeniacus Rad. ist das Segment 6
schwarz (Taf. 8 Fig. 1). Diese Schwarzfärbung ist besonders hervor-
zuheben, weil darin das sinnenfälligste Unterscheidungsmerkmal von
B. niveatus var. sulfureus gelegen ist, was um so beachtenswerter
erscheint, als beide Formen in Kleinasien zusammen vorkommen
(vgl. Lit. 6, tab. 6 iig. 13 und 7, tab. 9 fig. 22).
b) Für Bombus subterraneus var. frisius Verhoeff hat Alfken
gezeigt (Lit. 3, p. 79), daß dieselbe von B. subterraneus var. distin-
guendus Mor. nicht verschieden ist. Unsere ganz gelb behaarte
Form ist daher neu zu bezeichnen; wir geben ihr den Namen var.
flavidissimus n. v. (vgl. Lit. 6, tab. 6 flg. 17).
c) Das Rotbraun in fig. 7—15, fig. 20 und fig. 24 auf tab. 9 (Lit. 7)
war zu intensiv ausgefallen und dadurch irreführend ; es handelt sich
um eine mehr braungelbe Färbung, so wie sie bereits in Lit. 6,
tab. 5 zur Darstellung gekommen ist (Taf. 8 Fig. 2 — 12).
B) Ergänzungen.
a) Bombus hortorum var. transigens (Taf. 8 Fig. 13) ist eine
neue Form, die in der Färbung zwischen dem typischen B. hortorum
(vgl. Lit. 6, tab. 7 fig. 1) und der var. opulentus (vgl. Lit. 7, tab. 9
fig. 23) vermittelt, also eine Übergangsform darstellt, die um so
interessanter ist, als sie aus dem Kaukasus (Murut) stammt, dem-
nach- von unserem Alpengebiet durchaus geschieden ist, in dem beide
Formen sonst konstant und auch nebeneinander vorkommen.
b) Hier sei auch eine neue Färbungsform des Bombus derha-
mellus angeführt, die kürzlich von M. Müller als var. rutüus be-
schrieben worden ist (Lit. 12, p. 121). Sie stammt aus der Mark
Brandenburg und zeigt das cJ des typischen B. derhamellus mit
einer fuchsrot behaarten Thoraxscheibe ausgestattet. Da uns das
Tier nicht vorliegt, müssen wir von einer Abbildung desselben einst-
weilen absehen.
c) Für Bombus subterraneus var. latreiUellus ist als südlichster
Fundort nunmehr Bozen anzugeben, wo diese Form bei Siegmunds-
kron auf einem Feld von Lamium purpureum am 19. April dieses
Jahres (1913) von uns gefangen wurde. Das Collare zeigt in der
176 H. Friese und F. v. Wagner,
gelben Binde viele schwarze Haare und tritt deshalb nur schwach
hervor, das Scutellum besitzt nur am Hinterrande einen Kranz gelber
Haare, und die weiße Endbehaarung zeigt besonders auf Segment 4
auch viele schwarzbraune Härchen, so daß das Weiß schmutzig
wird und sich nicht mehr scharf abhebt. Damit nähert sich diese
Form der typischen Färbung von B. subterraneus. — Als östlichster
Punkt seiner Verbreitung ist Djarkent (Turkestan) zu nennen, von
wo uns ein $ zu Gesicht kam, das durch reichliche Gelbfärbung
ausgezeichnet war.
d) Auch bezüglich Bomhus confusus können wir jetzt Bozen als
den südlichsten Fundort bezeichnen. Wir fingen auf demselben
Felde wie die vorhergehende Form ebenfalls am 19. April ein $,
das besonders durch die dünne rote Behaarung auf dem 4. Segment
auffällt.
Im Anschlüsse an die vorstehenden Berichtigungen und Er-
gänzungen möchten wir nachdrücklich auf die ganz beträchtlichen
Färbungsverschiedenheiten hinweisen, die zwischen den
frisch geschlüpften Hummeln, also den Nestexemplaren, und den-
jenigen zutage treten, die schon einige Zeit (mehrere Wochen) ge-
flogen sind und gearbeitet haben. In diesen Differenzen liegt gewiß
die Ursache mancher Mißverständnisse und Irrtümer, wobei freilich
zugegeben werden muß, daß es oft sehr schwierig ist und reicher
Erfahrung bedarf, um sich in diesen Verhältnissen zurechtzufinden.
Gelbbraune und rotgelbe Färbung verblassen außerordentlich
rasch und stark, so z. B. bei B. muscorum, B. agrorum var. pas-
cuorum, B. variahilis , B. hypnorum; ja auch bei den rein gelb
behaarten B. distinguendus tritt die gleiche Erscheinung auf. Dabei
gehen nun meistens auch die eigenartigen Feinheiten in der Be-
haarung und Farbe, die sonst den Kenner die Formen meist auf
den ersten Blick unterscheiden lassen, verloren. Oft treten auch
bei diesen Abbleichungsvorgängen Abweichungen zutage, die man
nur sehen und festhalten kann, wenn man Nestexemplare und ab-
geflogene Tiere unmittelbar nebeneinander vor sich hat und ver-
gleichen kann. Dadurch wird es erst möglich, die charakteristi-
schen Abstände zwischen beiden scharf zu erfassen. So zeigt bei-
spielsweise der B. muscorum ganz frisch einen hellgelben Hauch,
der die gelbe bis rotgelbe Behaarung umsäumt; der B. agrorum
var. pascuorum, der bei Bozen (Siegmundskron) zusammen mit B.
muscorum Lamium-Felder nicht selten beflog, zeigt frisch eine herr-
liche, ganz dunkel rotgelbe, dabei geradezu leuchtende Behaarung,
Zoologische Studien an Hummeln. IIa. 177
die struppig ist und uur zu bald in ein mehr oder weniger
schmutziges Gelbbraun abbleiclit. B. distinguendus hat frisch eine
wunderbar zarte, weiße Umrahmung des dichten gelben Haarpelzes,
die aber schon in wenigen Tagen verblaßt und nur das eintönig
gelbe Kleid übrig läßt. Und so verhalten sich noch manche andere
Formen, ja in irgendeinem Ausmaße dürfte das Verfärben eine ganz
allgemeine Erscheinung bei unseren Tieren darstellen. Daher Vor-
sicht, besonders bei geringem Material !
Anhang.
Zur Bezeicliuuügsweise der Formengruppen bei den Hummelu.
Wir haben uns in der Bezeichnungsweise der Hummelarten dem
Catalogus Hymenopterorum von Dalla Torre (4) angeschlossen in
der Überzeugung, daß mit diesem Werke eine durchaus sachliche
Grundlage gegeben ist, die sich zu eigen zu machen ein gemein-
sames Interesse aller auf diesem Gebiete arbeitenden Forscher sei,
^umal jenes Werk auf den Arbeiten der besten Hymenopterologen
der Vergangenheit wie der Gegenwart fußt. Bedauerlicherweise
begegnen wir trotzdem in der modernen Hummelliteratur immer
wieder alten Bezeichnungen, deren Fortführen wohl kaum ordnungs-
gemäß zu rechtfertigen, vom Standpunkte der Praxis aber jedenfalls
nur verwirrend ist. So nennt Alfken (1, p. 118) den B. derhamellus K.
noch B. niderarius Müll., Vogt — gelegentlich auch Alfken
(3, p. 74) — bezeichnet den B. mastrucatus Gerst., eine ganz allge-
mein angenommene Benennung, als B. lefebrei Lep., und der B. va-
riahilis Schmied, heißt bei Vogt B. helferanus Seidl und bei Alfken
(3, p. 78) einmal B. solstitialis Pz., ein andermal wieder (1, p. 119
und 2, p. 340) B. venustus Smith. Man wird zugeben müssen, daß
das ein so wenig erfreulicher Zustand ist, daß dessen Abstellung
wohl das Opfer persönlicher Neigungen wert wäre. Wir möchten
diesem Wunsche um so nachdrücklicher Ausdruck geben, als es sich
ja nicht um eine von uns aufgestellte Benennungsweise handelt und
wir auch keinerlei Absicht hegen, in eine Erörterung der Frage ein-
zutreten, ob diese oder jene Art der Bezeichnung mehr oder weniger
Berechtigung für sich habe, demnach jedes persönliche Moment in
der Sache fortfällt.
J78 H. Friese und F. v. Wagner,
IL Teil.
Zur Methodik der Humnielforschnng:
0. TOGT, Die Hummeln uud wir.
Wenn wir in den folgenden Blättern auf die Aufstellungen ein-
gehen, die Vogt in seinen „Studien über das Artproblem", 1. Mit-
teilung, veröffentlicht hat, so geschieht dies nicht, um mit diesem
Forscher eine Polemik zu eröffnen. Derartiges liegt uns schon des-
halb ferne, weil eine solche Diskussion der ganzen Sachlage nach
unfruchtbar und daher zwecklos wäre; unsere Absicht geht vielmehr
dahin, darzutun, daß und warum wir keinen Anlaß sehen, der Aus-
führungen Vogt's wegen unsere Anschauungen und das von uns
eingeschlagene und seither festgehaltene Verfahren zu ändern. Das
ist nun freilich nicht möglich, ohne die Ansichten Vogt's einer
kritischen Untersuchung zu unterziehen, doch möchten wir ausdrück-
lich hervorheben, daß wir dabei ausschließlich unser Ziel im Auge
haben und in unseren Darlegungen deshalb auch nur soweit gehen^
als es unser Zweck erfordert.
Wenden wir uns nun den von Vogt vertretenen Auffassungen
selbst zu, so müssen wir bezüglich derselben eine allgemeine Be-
merkung vorausschicken. Die theoretischen Ausführungen Vogt's
sind zum Teil von fast aphoristischer Kürze, zum Teil an sich so
wenig klar — wir dürfen dies so aussprechen, weil wir uns über-
zeugen konnten, daß auch andere Forscher denselben Eindruck ge-
wonnen haben — , daß wir es dahingestellt sein lassen müssen, ob
und inwieweit wir die Ansichten unseres Autors richtig verstehen.
Wie der Arzt eine Krankheit, deren Natur er nicht zu erkennen
vermag, nur symptomatisch behandeln kann, so steht auch uns kein
anderer Weg zu Gebote, wollen wir nicht allzusehr riskieren, um-
ständliche Erörterungen an Mißverständnisse zu verschwenden. Er-
freulicherweise genügt es für unsere gegenwärtige Aufgabe, wenn
wir uns auf die Diskussion zweier, gewiß grundsätzlicher Aufstel-
lungen Vogt's beschränken, seine Auffassung des Ai-tbegriffs
und die Methodik, mit der dieser Forscher seinen Gegenstand be-
handelt. Zunächst indes müssen wir die wenigen Bemerkungen ins
Auge fassen, die Vogt unseren Arbeiten hat angedeihen lassen; die
Erörterung derselben wird uns übrigens sogleich in medias res ver-
setzen.
Abhandlung I unserer „Zoologischen Studien an Hummeln" er-
Zoologische Studien au Hummeln. IIa. 179
schien 1909 und lag im Manuskript fertig- vor, als Vogt die erste
Mitteilung- seiner „Studien über das Artproblem" unter dem Titel
„Über das Variieren der Hummeln" 1. Teil veröffentlichte. Wir
nahmen damals in der allein noch möglichen Form von Anmerkungen
auf diese Publikation mit folgenden Worten Bezug (6, p, 5 An-
merk.): „Begreiflicherweise sind wir nicht mehr imstande, auf diese
Arbeit hier noch näher einzugehen, und müssen uns deshalb eine
entsprechende Würdigung derselben für eine spätere Publikation
vorbehalten. Zudem ist auch die Art und Weise, wie Vogt sein
Thema angreift und behandelt, von unserem Verfahren fast grund-
sätzlich verschieden. Diese Differenz ist zwar im Interesse der
Sache gewiß nur mit Freuden zu begrüßen, macht aber eine frucht-
bare Auseinandersetzung, zumal in Kürze, dermalen unmöglich,
da der Natur der Sache nach eine bestimmte Stellungnahme
unsrerseits zu Vogt's Ansichten vorerst überhaupt ausgeschlossen
erscheint. Soweit noch tunlich, soll indes bei tatsächlichen Berüh-
rungspunkten auf Vogt's Aufstellungen kurz Bezug genommen
werden." Letzteres konnte noch an 2 Stellen geschehen. Zweifellos
hat der seither erschienene abschließende 2. Teil von Vogt's Arbeit
„Über das Variieren der Hummeln" die in der eben zitierten An-
merkung bereits kurz gekennzeichnete sachliche Gegensätzlichkeit
zwischen uns wesentlich und zwar so verschärft, daß uns eine Ver-
ständigung zwischen den beiderseitigen Anschauungen und Bestre-
bungen nunmehr so gut wie ausgeschlossen erscheint.
In diesem abschließenden Teil nimmt nun Vogt in Form von
Anmerkungen an 2 Stellen (11, p. 36 u. p. 49) Bezug auf unsere
Arbeiten. Wir halten es für geboten, dieselben hier im Wortlaut
wiederzugeben. Die erste Anmerkung bezieht sich auf die in unserem
Beitrag zur Festschrift für A. Weismann aufgestellte Unterschei-
dung homonider und heteronider ?$ (5, p, 563); sie lautet (11, p. 36):
„Fkiese und v, Wagnek haben jüngst die sehr guten Ausdrücke
,homonid' und ,heteronid' geprägt. Leider fahren die Autoren aber
fort, von homoniden und heteroniden , Varietäten' und ,Subspecies'
zu sprechen, und werden nicht gewahr, daß sie mit diesen Namen
die Existenz physiologisch ganz difi'erenter Kategorien zum Ausdruck
bringen." Die 2. Anmerkung (11, p, 49) besagt: „Ich halte es für
meine Pflicht, die systematischen Versuche Feiese's und v. Wagner's
nicht einfach mit Stillschweigen zu übergehen. Leider muß ich aber
fast jede von Friese in seiner ,Systematische Übersicht der Bombus-
Arten des paläarktischen Gebietes' (1905) aufgestellte Verwandt-
180 H. Friese und F. v. Wagner,
Schaftsbeziehung für unrichtig- ansehen. Die neuerding-s von Friese
und V. Wagner unternommene Konstruktion eines monophyletischen
Stammbaumes der deutschen Hummeln halte ich vollends a priori
für verfehlt. Ebenso finde ich ihr ,Gesetz der Farbenfolge' in
Gegensatz zu den Tatsachen."
Es bedarf keiner besonderen Begründung, daß wir Äußerungen,
wie sie in den angefühlten Anmerkungen vorliegen, nicht einfach
auf sich beruhen lassen können; nicht die landläufige Meinung, qui
tacet, consentit, sondern die selbstverständliche Rücksicht auf die
Leser unserer Arbeiten nötigt uns, die Sachlage zwischen Vogt
und uns einmal klarzustellen. Was dabei auf Rechnung der Gegen-
sätzlichkeit unserer beiderseitigen Grün danschauun gen zu setzen
ist, soll im Zusammenhange der folgenden Kapitel seine Erledigung
finden, hier w^ollen wir uns nur mit 2 Aussagen Vogt's kurz be-
fassen, derjenigen, daß unser Entwurf eines Stammbaums der
deutschen Hummeln ,,a priori für verfehlt" anzusehen sei, und dann
die ^Viderrede Vogt's gegen das von uns aufgestellte Gesetz der
Farbenfolge. In beiden Fällen hat sich Vogt lediglich auf die ein-
fache Ablehnung beschränkt, zudem ohne Gründe oder Tatsachen
namhaft zu machen, die ihn zu dieser Abweisung veranlassen. Wir
können dem Leser nicht zumuten, die Erwägungen hier zu wieder-
holen, die wir am gegebenen Orte niedergelegt haben (6, p. 79 u. if.)
und aus denen heraus wir zu der Aufstellung unseres Stammbaums
gekommen sind. Es sei uns gestattet, nur darauf hinzuweisen,
daß wir selbst erklärt haben (6, p. 83): „Manchem Forscher mag
es wohl verfrüht erscheinen, bei dem gegenwärtigen, gewiß noch
recht unzulänglichen Zustande unseres einschlägigen Wissens über-
haupt das Wagnis zu unternehmen, einen Stammbaum zu entwerfen,
zumal innerhalb einer verhältnismäßig eng begrenzten und unter
ihresgleichen sicherlich nicht zusammenhanglos und isoliert stehenden
Formengruppe. Wer indes in Studien wie den unsrigen mitten
innesteht, wird mit dem Bedürfnis nach einer, und sei es auch nur
provisorischen, Ordnung die Nötigung zu einem solchen Wagestück
als unabweislich empfinden. Übrigens soll auch für uns damit zu-
nächst nichts weiter als ein erstes Gerippe gegeben sein, dessen
Ausbau und zweifellos auch Richtigstellung künftige Forschungen
zu dienen haben werden." Den provisorischen Charakter unseres
phyletischen Entwurfes haben wir übrigens auch sonst mehrfach
betont, und wir meinen, daß gerade dieses Verfahren einer sachlich
fördernden Diskussion den breitesten Spielraum offen ließ. Vogt
Zoologische Studieu an Hummeln. IIa. 181
erklärt aber kurzweg- unsere Aufstelluuj^ „a priori für verfehlt".
Aus dem Zusammenhang- dieses Urteilsspruches mit dem ihm
vorang-ehenden Satze sowie Vogt's ganzer Darstellungsweise geht
allerdings hervor, daß unser Autor hinsichtlich der Verwandtschafts-
beziehungen der verschiedenen Hummelformen anderer Ansicht ist
als Friese und wir. Da wäre es gewiß zweckdienlich gewesen,
wenigstens die wichtigsten Differenzen näher zu bezeichnen und
die Motive anzugeben, die der abweichenden Auffassung zugrunde
liegen. Indes vermag auch die Tatsache, andere vorläufige Vor-
stellungen über die verwandtschaftlichen Zusammenhänge der Hummel-
formen zu hegen als wir, die Ablehnung unseres Entwurfes „a priori"
nicht verständlich zu machen. Dafür sehen wir nur 2 Möglichkeiten.
Entweder stößt sich Vogt an dem m o ii o phyletischen Charakter
unseres Stammbaumes, oder er erachtet unsere ganze wissenschaft-
liche Arbeitsweise auf dem Gebiete der Hummelforschung für ver-
fehlt. Das erstere hätte nur dann eine Berechtigung, wenn für die
Herkunft der heutigen Hummelwelt ein d i - oder p o 1 y phyletischer
Ursprung anzunehmen wäre; in diesem Falle müßte zwar nicht,
aber könnte doch die deutsche Hummelfauna aus 2 oder mehreren
Quellen hervorgegangen sein. Die ganz außerordentlich weitgehende
Übereinstimmung der mannigfaltigen Hummelarten und -Varianten
verleiht der Gattung Sombus ein so einheitliches Gepräge, daß wir
wenigstens an der monophyletischen Entstehung derselben Zweifel
zu hegen keinen Anlaß haben. Wir glauben sogar — mindestens
bis zur Aussage des Gegenteils — in dieser Ansicht mit Vogt einig
zu sein. Bleibt demnach nur die zweite Möglichkeit, und in diesem
Falle wäre es schon aus allgemeinen Gründen am Platze gewesen,
das Verfehlte unserer Arbeitsweise doch mit einigen Worten zu
kennzeichnen, und dies um so mehr, als wir uns ja eines in der
wissenschaftlichen Zoologie gang und gäben Verfahrens bedienen,
also keine neuen Wege wandeln, deren Berechtigung erst nachzu-
weisen wäre. Vogt hat eine derartige Auseinandersetzung nicht
für nötig gehalten.
Was das „Gesetz der Farbenfolge" betrifft, so findet es Vogt,
wie schon angeführt wurde, „in Gegensatz zu den Tatsachen", Unser
Autor hat auch in diesem Falle — vom Sachlichen ganz abgesehen —
kein Gefühl dafür, daß man derartige Abweisungen doch begründen
müsse und eine solche Begründung geradezu zur Pflicht wird, wenn
die Unterlassung derselben die Vorstellung erweckt, als ob wir
unsere Angaben leichtfertig gemacht oder gar sozusagen aus den
182 H. Friese und F. v. Wagner,
Fingern gesogen hätten. Wir beschränken uns darauf, die Tat-
sachen anzuführen, auf die sicli unsere Aufstellung stützt, und wieder-
holen nur die sclion seinerzeit (6, p. 17) einer abweichenden Angabe
Vogt's gegenüber anmerkungsweise ausgedrückte Ansicht, daß ver-
einzelte widersprecliende Verhalten in der angezogenen Richtung
„nicht alsbald die Regel umstoßen". Die Erfahrungen, die uns zur
Feststellung der im Gesetz der Farbenfolge zusammengefaßten
Regelmäßigkeit geführt haben, wurden an B. lapidarius, muscorum,
hypnorum, variabilis , subterraneus var. distinguendus und lapponicus
var. praticola gewonnen, und zwar in der Weise, daß die aus den
Cocons (Zellen) ausschlüpfenden, zunächst einfaibig schmutzig weißen
jungen Tiere hinsichtlich ihrer weiteren Ausfärbung zur definitiven
Gestaltung in künstlich gehaltenen Nestern beständig beobachtet
wurden (Friese).
Wir wenden uns nun den grundsätzlichen Aufstellungen Vogt's
zu, soweit uns dieselben hier angehen. Wir werden dabei die Auf-
fassung des Artbegritfes und die Methodik der Hummelforschung
seitens dieses Autois gesondert in 2 Abschnitten behandeln und den
Darlegungen derselben ein kurzes Schlußwort über unseren eigenen
Standpunkt folgen lassen.
A) 0. Vogt, Die Hummeln und das Artproblem.
Vogt's Hummelstudien zielen, wie schon der Titel der Arbeit
kund gibt, auf den Artbegriff, dieser steht daher auch im Mittel-
punkt des Interesses unseres Autors. Die Frage nach der Natur
der organischen Art ist bekanntlich ein Grundproblem der Biologie
gewesen, das seine über Jahrhunderte sich erstreckende Geschichte
besitzt und erst in der durch Darwin vermittelten Anerkennung des
Descendenzprinzips seine theoretische Lösung gefunden hat. Man
muß diese ebenso interessante wie lehrreiche Geschichte des Species-
problems kennen, muß die Grundlagen und Zusammenhänge, aus
welchen heraus die Frage von Darwin beantwortet worden ist,
übersehen, wenn man eine richtige und klare Einsicht in die seither
allgemein anerkannte Sachlage von heute gewinnen will; man muß
sich vor allem vor Augen halten, welche Vorstellungen früher mit
dem Artbegriff verbunden wurden und daß es nicht theoretische
Spekulation, sondern die Macht der Tatsachen war, die uns erkennen
lehrte, daß in der Species auch nichts anderes vorliegt als eine
Abstraktion, die wir in die Natur hineinlegen, ohne daß in dieser
eine ihr entsprechende Wirklichkeit vorhanden ist. Deshalb hat
Zoologische Studien an Hummeln. IIa. 183
auch die Frag-e, ob eine Formengruppe als Art, Unterart usw. zu
bezeichnen sei, heutzutage ihre frühere Wichtigkeit ganz wesentlich
eingebüßt; als elementare systematische Kategorie bewahrt freilich
die Species ihre Bedeutung, entnimmt diese jetzt aber ganz anderen
Quellgebieten als einstmals, und diese Bedeutung wird sie behalten,
denn der S3^stematiker hat in erster Linie das Interesse, die un-
endlich mannigfaltigen Tierformen möglichst scharf zu umschreiben,
eine Forderung, die auch für den ganzen praktischen Wissenschafts-
betrieb eine Lebensfrage darstellt und deren Erfüllung daher auch
niemals ohne Schaden für die Wissenschaft wird hintangesetzt werden
können. Gerade deshalb aber, weil es sich dabei auch um die Be-
friedigung praktischer Bedürfnisse handelt, wird es stets geboten
sein. Inhalt und Umfang der Species zwar jeweils entsprechend dem
gegebenen Material, aber doch in tunlichst gleichartiger Weise zu
bestimmen. Auch liegt es auf der Hand, daß, soll sich die Systematik
nicht ins Uferlose verlieren, der Artbegritf auf einer gewissen Höhe
erhalten werden muß, zumal die Species die elementare Kategorie
des Systems repräsentiert und die systematische Einheit bleiben
soll. Ein Zustreben auf den schon von Lamarck ausgesprochenen
Satz, daß die Natur nicht Arten, sondern nur Individuen schafft,
würde, so zutreffend diese Aussage auch theoretisch ist, in der
Praxis geradezu verhängnisvoll wirken müssen.
Vogt kann sich der Auffassung, daß die Species keine Realität
der Natur, sondern eine Abstraktion des Menschen ist, „ganz und
gar nicht anschließen". Alle Hummelformen, von welchen er ge-
nügendes Material besitzt, lassen sich nach anderen Formengruppen
dieser Tiere hin als „scharf begrenzt" erweisen. Aus gegenteiligen
Fällen dürfe man nur folgern, „daß sich auch für die Gegenwart
die Lehre von der absoluten Konstanz der Art widerlegen läßt,
nicht aber, daß es überhaupt keine Arten gibt". Demgegenüber ist
zunächst zu bemerken, daß der Artbegritf doch nicht bloß für die
Hummeln zu gelten hat, sondern für die ganze Tierwelt festzustellen
ist, daher die Erfahrungen, die bei den zahlreichen anderen Tier-
gruppen gemacht werden, in demselben Maße zu berücksiclitigen
sind. Wenn trotzdem der Begriff der Species in den verschiedenen
Abteilungen des Tierreichs da und dort in differenter Weise ange-
wendet wird, so liegt dies gewiß nicht ausschließlich an den cha-
rakterisierenden Abweichungen der Objekte, sondern zu einem guten
Teile auch daran, daß der beständig wechselnde Fluß von Verände-
rungen, der die organische Formenwelt dauernd beherrscht, eine so
184 H. Feiese und F. v. Wagner,
bunte Mannig-faltig-keit von Gestalten hervorbringen kann, daß je
nach der Natur derselben bald mehr, bald weniger eine weitere
oder engere Fassung des ArtbegrifFs nicht zu umgehen ist, eine
Sachlage, die die Species mit durchaus hinreichender Deutlichkeit
als einen im Grunde konventionellen Begriff kennzeichnet. Das
sind nun freilich allbekannte Dinge; wir müssen aber an dieselben
erinnern, weil Vogt so vorgeht, als ob seine Erfahrungen an Hum-
meln eine Grundlage darböten, um eine völlige Neuordnung unserer
Vorstellungen über die tierische Systematik zu rechtfertigen. Des
weiteren ist darauf hinzuweisen, daß wir selbstverständlich ebenso-
wenig wie irgendein anderer Forscher in Abrede stellen, daß allge-
mein in der lebendigen Natur relativ konstante Formen gegeben
sind; darauf beruht ja überhaupt die Möglichkeit einer Systematik,
Konstante Formen können aber sehr verschiedenartige Bildungen
sein — und sind es oft genug! — , so daß es durchaus nicht an-
geht, sie einander gleich zu setzen und Arten zu nennen oder — um-
gekehrt — sie als Arten zu bezeichnen und damit einander gleich-
zustellen. Wir haben schon in unseren früheren Arbeiten wieder-
holt hervorgehoben, daß die Beurteilung des systematischen Wertes
der unterscheidbaren Formen davon abhängt, „auf welcher Stufe
des ganzen Entwicklungsganges wir gerade eine Tiergruppe an-
treffen oder infolge noch unzureichender Kenntnisse anzutreffen
glauben, um dieselbe als Varietät, Subspecies oder gar als Art zu
klassifizieren" (5, p. 563 u. 6, p. 11).
Daß zur Unterscheidung der systematischen Gruppen gerade
morphologische Charaktere verwendet werden, leuchtet ohne weiteres
ein; so ist es auch bezüglich der Artengliederung zu allen Zeiten
gehalten worden, gleichviel welche theoretischen Anschauungen
damit verbunden wurden, und Linke selbst bediente sich für die
Artdiagnosen durchaus morphologischer Merkmale. Formverschieden-
heit kann eben nur auf diesem Wege entsprechend gekennzeichnet
werden. Vogt's Widerspruch greift deshalb auch tiefer und will
eine — unserer Ansicht nach glücklich — überwundene Auffassung
wieder aufleben lassen: die Artensonderung beruhe auf physiolo-
gischen Ursachen, und die Species sei daher ein ph3^siologischer Be-
griff, der auch physiologisch bestimmt werden müsse. Wir meinen^
daß sich Vogt da von den gewiß außerordentlich bedeutungsvollen
Errungenschaften der modernen Erblichkeitsforschung allzusehr hat
blenden lassen. Wenn Vogt versichert, daß es bei den Hummeln
„zahlreiche physiologische Arten" gebe, so wollen wir die Existenz
Zoologische Studien an Hummeln. IIa. 185
solcher Formen a priori nicht nur nicht bestreiten, sondern vielmehr
als sehr wahrscheinlich anerkennen, ohne freilich damit zugleich
zugeben zu können, daß die von unserem Autor so bezeichneten
Formen tatsächlich auch als „physiologische Arten" irgendwie er-
wiesen seien. Doch lassen wir Vogt selbst zu Worte kommen. Die
Art definiert dieser Forscher (10, p. 67 u. if.) „als den Kreis der
gegenwärtig endogam erhaltungsfähigen Individuen", wobei unter
Endogamie „die Copulation zwischen Vertretern einer Gruppe" im
Gegensatze zur Exogamie zu verstehen ist, bei welcher es sich um
die Copulation „zwischen Angehörigen verschiedener Gruppen"
handelt. Indes ist diese Definition des Artbegriffs „sicherlich"
keine „endgültige". „Einmal ist es nämlich durchaus niciit not-
wendig, dass die endogene Unfruchtbarkeit immer dieselbe Ätiologie
hat. Beruht aber die Unfruchtbarkeit auf ungleichen Ursachen, so
resultirt daraus, dass unser physiologischer Artbegriff kein ein-
heitlicher ist. Und dann geht ferner aus der bekannten Tat-
sache der ganz ungleichen Lebensfähigkeit der Bastarde und weiter
aus den neuen, mir sehr wichtig erscheinenden Untersuchungen
Poll's und. seiner Schüler klar hervor, dass man eine Reihe von
Graden endogener Unfruchtbarkeit unterscheiden muss. Auch diese
Erkenntnis lässt vermuten, dass der physiologische Artbegriff, wie
wir ihn oben definirt haben, in der Zukunft noch eine schärfere
Präzision zu erfahren hat. Diese feinere Begriffsbestimmung muss
nun aber einerseits erst erkämpft werden und andererseits wird,
ihre praktische Durchführung auf noch grössere Schwierigkeiten
stossen als die Abgrenzung physiologischer Arten nach unserer heu-
tigen Definition." Dazu kommt nach Vogt noch, daß eine morpho-
logische Unterscheidung der physiologischen Arten nicht möglich
sei: „Eine morphologische Formel — sagt Vogt (10, p. 71) —
lässt sich ... für die physiologische Art nicht finden. Die
Arten zeigen untereinander ganz differente morphologische Verwandt-
schaftsgrade. Daraus ergibt sich, dass wir uns denjenigen Forschern
anschließen müssen, welche die morphologische und die phy-
siologische Gruppierung der Lebewesen scharf ge-
trennt wissen wollen. Eine Vermengung dieser beiden ganz ver-
schiedenen Probleme, die sich vor allem dadurch dokumentirt, dass
man auf gewisse morphologische Sippen den physiologischen Begriff
der Art angewendet hat, ist die Ursache zu vielen Konfusionen und
zu mancher unnützen Polemik geworden."
Wenn wir Vogt richtig verstehen, so beziehen sich seine Aus-
J86 H- Friese und F. v. Wagner,
führungen wohl einerseits auf die sogenannten Elementararten,
andrerseits auf die Erfahrungen Poll's (9) an Mischlingen und die
damit zusammenhängenden Feststellungen bezüglich des histologi-
schen Baues der Gonaden dieser Formen. Gewiß sind die For-
schungen Poll's interessant und bedeutungsvoll, allein wir sind der
Ansicht, daß gerade sie eindringlich lehren, wie außerordentlich
gering die Aussicht ist, mit der „Erbgutmethode", zumal bei den
sozialen Insecten, erfolgreich arbeiten zu können. Und hierin, vor
allem bezüglich der endogenen Unfruchtbarkeit, vermag lediglich das
Experiment entscheidenden Aufschluß zu geben, alle aus morpho-
logischen Differenzen abgeleiteten Folgerungen, mögen sie auch aus
einem noch so reichen Material geschöpft sein, müssen Vermutungen
bleiben, die richtig, aber auch falsch sein können. Und was die
Elementararten betrifft, so zweifeln wir nicht daran, daß in unseren
morphologischen Arten, wie bei anderen Tierformen, auch bei den
Hummeln solche enthalten sind. Wir pflichten indes Plate bei, daß
die Elementararten niemals die Einheiten der Systematik sein
dürfen: „Schon aus rein praktischen Gründen — sagt dieser Forscher
— kann die Systematik die große Zahl der in der Natur vorkommen-
den und die noch größere der künstlich durch Bastardierung zu ge-
winnenden Kombinationsformen nicht als ihre Basis ansehen. Wohin
sollte es führen, wenn man nach und nach jede gewöhnliche Art in
einige Hundert Elementararten auflösen würde ! . . . Wichtiger aber
ist der theoretische Gesichtspunkt, daß die systematische Einheit
mit der natürlichen übereinstimmen muß, und das trifft nur für die
Großart zu" (8, p. 448). Doch wir brauchen nicht näher auf all
diese Dinge einzugehen, denn Vogt selbst fährt an der oben ange-
zogenen Stelle folgendermaßen fort: „Beide Forschungswege sind
berechtigt: aber sie basieren auf verschiedenen Prinzipien. Die
Gliederung in (physiologische) x4rten hat wesentlich größere Schwierig-
keiten zu überwinden als die Feststellung der morphologischen Ver-
wandtschaften. Letztere wird daher der ersteren voranzugehen
haben. Sie wird vielfach heute allein möglich sein." Das sind
Worte, denen wir nur durchaus zustimmen können, nur müssen wir
dabei mit Mephistopheles fragen: „Wozu der Lärm?"
Wenn dann freilich Vogt anschließend die Forderung aufstellt,
die Morphologie solle, „um auch den Schein zu vermeiden, als ob sie
in der Lage sei, eine (physiologische) Artgliederung durchzuführen,
für keine ihrer Sippen den Begriff der Art verwenden", so muß ein
derartiges Ansinnen geradezu Befremden erwecken, denn der Art-
Zoologische Studien an Hummeln. IIa. 187
t)egriff von heute ist, so verschieden auch unsere theoretischen Vor-
stellungen von demselben früheren Zeiten gegenüber geworden sind,
doch — wenn wir uns so ausdrücken dürfen — der Rechtsnach-
folger des Artbegriffs der alten Systematiker, und es liegt auch
nicht der geringste Anlaß vor, darin einen Wandel zu schaffen, der
zudem nur Verwirrung stiften würde. Altes Herkommen und allge-
meiner Gebrauch dürfen da nicht leichthin beiseite geschoben werden.
Auch ist die Besorgnis Vogt's, die Morphologie könnte den „Schein"
•erwecken, als ob sie eine physiologische Artgliederung zu geben
vermöge, unbegründet, denn jedermann weiß, daß die systematische
Einheit in erster Linie auf dem morphologischen Verhalten beruht,
•das ja nach Vogt's eigenem Zeugnis schon aus Schwierigkeits-
gründen der physiologischen Untersuchung vorauszugehen hat. Dazu
kommen noch sehr triftige Gründe allgemeiner Natur. Das Über-
greifen auf Probleme, für deren Bearbeitung noch so gut wie alle
Vorausetzungen fehlen, müßte schon vom Standpunkte einer ratio-'
nellen Ökonomie in der wissenschaftlichen Arbeit beklagt werden,
und es bleibt unverständlich, daß Vogt trotz seiner eigenen Aus-
führungen nicht erkennt, wie sehr er den Bogen überspannt. Gewiß
ist das Tatsächliche, was Vogt an seinem einzig individuenreichen
Material ermittelt hat, schätzenswert und interessant, und wir sind
■die letzten, die dies nicht rückhaltlos anerkennen. Allein fast alles,
was Vogt aus diesen Tatsachen herausliest oder in sie hineinlegt,
hält der Kritik nicht Stand, nicht als ob alle bezüglichen Auf-
stellungen unrichtig wären, wohl aber in dem Sinne, daß uns eben
jede Grundlage fehlt, um entscheiden zu können, ob sie zutreffend
oder falsch sind : sie hängen in der Luft. So schreibt Vogt (10, p. 67) :
„Überall da, wo einer exogenen Beschränkung der Endogamie das
Auftreten differenzierter Charaktere parallel gegangen ist, kommen
die Übergangsformen in Wegfall. Solche exogene Beschränkungen
der Endogamie sind nun aber natürlich physiologisch ganz anders
zu bewerten als die auf internen Gründen beruhende Aufhebung
der unbegrenzten Fruchtbarkeit." Da müssen wir doch fragen:
was wissen wir denn von einer exogenen Beschränkung der Endo-
gamie bei den Hummeln, was von den internen Gründen, die die
unbegrenzte Fruchtbarkeit dieser Tiere aufzuheben vermögen sollen ?
Doch, schlicht gesagt, nichts. Ein anderes Beispiel. Vogt ist „un-
l)edingt" der xlnsicht, daß die Artdifferenzierung bei den Hummeln
eine Folge der Milieueinflüsse darstelle (10, p. 73). Wir kennen
iiuch die Grundlagen, auf die sich diese Aussage stützt, müssen
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. 13
188 H. Friese uud F. v. Wagner,
aber bekennen, daß wir nicht den Mut hätten, eine derartige Meinung-
mit solcher Bestimmtheit hinzustellen, schon deshalb nicht, weil wir
nicht nur nxDch sehr unvollkommen in der Materie unterrichtet sind^
sondern auch das Wenige, was wir wissen, lediglich Schlußfolge-
rungen sind, mögen diese auch immerhin ein Maß von Wahrschein-
lichkeit für sich haben. Dazu kommt noch, daß es keineswegs schon-
feststeht, daß die Varietätenbildung bei den Hummeln, gerade was
Färbung und Zeichnung betrifft, in Bausch und Bogen den Einflüssen
der Umgebung zugeschoben w^erden darf, vielmehr erscheint es uns-
durcliaus wahrscheinlich, daß ein gut Teil jener Abänderungen der
den Tieren eigentümlichen (endogenen) Variabilität entspringt. Sei
dem indes, wie ihm wolle, auf alle Fälle sind diese Verhältnisse
heute noch viel zu wenig geklärt, um eine so bestimmte Stellung-
nahme zu gestatten, wie dies von selten Vogt's geschieht.
Von der Idee physiologischer Arten präokkupiert und eifrig be-
strebt, die Existenz solcher Arten nachzuweisen, wird Vogt offenbar
gar nicht gewahr, daß seine Gedankengänge die Tatsachen weit
hinter sich zurücklassen und sein Verfahren auch den berechtigten»
Kern seiner Ausführungen nicht eindringlich macht. Und schließ-
lich besteht doch das Tierreich nicht bloß aus Hummeln oder In-
secten. Wer so tief in die praktische wissenschaftliche Arbeit ein-
schneidende Umwälzungen in unseren theoretischen Anschauungen,
anfordert, wie dies Vogt tut, der muß, wenigstens nach unserer
Überzeugung, ganz andere Fundamente bieten, als die sind, die unser
Autor vorlegt. Bisher dürfte wohl kaum ein Sachkundiger durch
die Darlegungen Vogt's überzeugt worden sein, aber es bleibt zu
besorgen, daß die letzteren doch da und dort verwirrend wirken?
könnten. Deshalb halten wir auch ein nüchternes, noch so unvoll-
kommenes Provisorium für nützlicher und zweckmäßiger als ein so
phantasievolles Gedankengebäude wie dasjenige Vogt's, das sozu-
sagen einer Welt angehört, die erst dazu geschaffen werden muß.
B) 0. Vogt's Methodik und die Hummeln.
Nachdem wir im eben vorangegangenen Abschnitt die theoreti-
schen Anschauungen Vogt's kurz erörtert haben, wollen wir nun im
Folgenden die Methodik dieses Forschers kennzeichnen und dabei
zugleich — auch wieder in tunlichster Kürze — zeigen, wohin die-
selbe führt.
Greifen wir den von Vogt als B. helferanns bezeichneten B.
'varidbilis heraus, so lehrt ein Vergleich unserer hierher gehörigeit
Zoologische Studien an Hummeln. IIa. 189
Aufstellungen (6, p. 59) mit denjenigen Vogt's (10, p. 35 ff.), daß dieser
statt unserer 8 Varietäten deren 27 unterscheidet, die auch besonders
benannt werden. Es handelt sich dabei um das zentral-europäische
Material, also um das Material eines Gebietes, das demjenigen ent-
spricht, das wir in unserer Hummelfauna Deutschlands absteckten,
indem wir uns ja nicht auf das sprachlich deutsche Gebiet be-
schränkten, sondern auch die exotischen Varietäten unserer ein-
heimischen Hummelarten aufnahmen. Woher kommen diese doch
beträchtlichen Differenzen zwischen Vogt und uns? Wir unter-
schieden B. variabiUs var. fuscus und var. fuliginosus und bestimmten,
dieselben folgendermaßen: var. fuscus: Ganzer Körper schwarz be-
haart, Abdomen mit mehr oder weniger hellen Haaren, die selbst
Binden bilden können — und var. fuliginosus: Braun behaart, Thorax-
seiten fast schwarz, Abdomen mit eingestreuten schwarzen Haaren.
Vogt stellt zwischen diesen beiden Varianten noch eine Zwischen-
form var. fieheranus- '^)fuscus , die dahin gekennzeichnet wird, daß
der Thorax mit vielen schwarzen Haaren versehen, Segment 1 — 3
größtenteils schwarz ist und die Corbiculahaare rostfarbig sind.
Man darf uns Glauben schenken, wenn wir erklären, daß auch wir
imstande gewesen w^ären, die von uns unterschiedenen 8 Varietäten
beträchtlich zu vermehren. Daß wir es nicht taten und nicht tun
durften, gebot uns die selbstverständliche Pflicht, innerhalb jedes
Artkreises dieselben Grundsätze bei der Aufstellung der Varianten
walten zu lassen, ganz abgesehen von dem praktischen Gesichts-
punkte leichterer Anschaulichkeit und Übersichtlichkeit. Ist es schon
keine leichte Sache, die von uns unterschiedenen 8 Formensippen
des B. variabiUs scharf auseinander zu halten, so hört dies bei An-
nahme der Ditferenzierungsweise Vogt's wohl bald völlig auf, und
man kommt dann ganz naturgemäß zu so widersprechenden Angaben,
wie die, daß die 27 Varianten der in Rede stehenden Hummelart
„gut von einander trennbare, aber durch Zwischenstufen mit einander
verbundene Formen" (10, p. 34) darstellen. Wir fragen, wie verträgt
sich gute Trennbarkeit mit Verbindung durch Zwischenstufen? Da
kann doch schließlich nur mehr das subjektivste Urteil die Ent-
scheidung treffen. Und dabei sehen wir ganz ab von jenen schon
früher besprochenen Wandlungen der Färbung, die als Verfärbungs-
oder Bleichungsprozesse zusammengefaßt werden können.-)
1) Var. fieberamis Seidl ist gleich unserer var. fuliginosus.
2) Vgl, das oben im Anschlüsse an die „Ergänzungen" über diese
Erscheinungen Gesagte (S. 176).
13*
190 H. Friese und F. v. Wagner,
Indes hat Vogt im zweiten Teil seiner Arbeit gerade den B.
variabüis herangezogen, um zu zeigen, daß zwischen einzelnen der
von ihm unterschiedenen Varianten bzw. Variantengruppen dieser
Hummelform Übergänge fehlen, d. h. „eine ziemlich schroffe Unter-
brechung" besteht, so daß von fließenden Übergängen nur „im allge-
meinen" gesprochen werden dürfe (11, p. 32 if.). Wir wollen uns
nicht dabei aufhalten, diese Aussage wieder mit den beiden gerade
erörterten zu vergleichen, denn Vogt findet bei Berücksichtigung
der auf die einzelnen Varianten entfallenden Individuenzahlen, daß
sich sogar gegeneinander wohl abgegrenzte Varietäten ergeben, die
als ,Rassen' bezeichnet werden; sie kommen „nebeneinander
als Kinder einer Mutter im gleichen Nest" vor, wodurch
sie sich von den Arten unterscheiden, die dies niemals tun. Aus
der geographischen Verteilung wird nun gefolgert, daß z. B. die
Schweizer variahilis-F ovmtn aus wenigstens 3 Rassen, die Tirols aus
5 Rassen bestehen. Aus diesen Ausführungen läßt sich der Einfluß
der modernen Erblichkeitsforschung nicht verkennen, und wenn wir
Vogt richtig verstehen, entsprechen die sogenannten Rassen dem,
was bei selbstbefruchtenden Pflanzen nach Johannsen's Vorgang
„reine Linien", in unserem Falle „Elementararten" genannt wird.
Zwischen diesen und Vogt's ,Rassen' besteht aber ein sehr wesent-
licher Unterschied. Während nämlich die ersteren auf positiven,
experimentell festgestellten Tatsachen ruhen, handelt es sich bei den
letzteren lediglich um Schlüsse, und zwar aus Befunden, deren Zu-
fälligkeit nicht ausgeschlossen ist. Wir möchten nicht mißverstanden
werden. Wir bezweifeln keineswegs die Möglichkeit, daß Zusammen-
hänge von der Artung, wie sie Vogt aus seinem reichen Material
erschließen will, tatsächlich bestehen, ja nach den bisherigen Er-
fahrungen der experimentellen Erblichkeitsforschung werden sich
wohl auch die Hummeln nicht anders verhalten als andere Tiere,
d. h. die sj^stematischen (morphologischen) Arten werden sich aus
Elementararten zusammensetzen. So wenig man aber einen Haus-
bau mit den obersten Stockwerken beginnen kann, so wenig geht
es an, auf nicht entsprechend festen Grundlagen und mit Hilfe
einer nicht adäquaten Methodik Thesen aufzustellen, die wir zur
Zeit auf ihre Richtigkeit überhaupt nicht zu prüfen vermögen.^)
1) Vogt fordert (II, p. 45) als erste „Vorarbeit für die physiologische
Systematik der Zukunft" die Aussonderung der „Rassen". „Wir müssen
Variationsstatistik treiben". Unser Autor bekennt dazu freilich selbst,
daß man „mit dieser Rassenisolierung nicht überall zu den reinen Rassen
Zoologische Studien an Hummeln. IIa. 191
Vogt meint, die Unterscheidung seiner Rassen von Arten sei
„eine sehr einfache" und bestehe, wie wir oben schon anführten,
darin, daß die ersteren in demselben Neste angetroffen werden, also
Abkömmlinge einer Mutter sind. Auch wir haben schon zu Be-
ginn unserer Studien an Hummeln von freilich ganz anderen Grund-
lagen ausgehend dem gleichen Gedanken Ausdruck gegeben, indem
wir — wie schon oben angeführt wurde — homonide und heteronide
Formen unterschieden. Vogt billigt diese Unterscheidungs- und
Bezeichnungsweise, fügt aber hinzu, daß wir dabei von Varietäten
und Subspecies sprechen, ohne gewahr zu werden, daß wir damit
„die Existenz physiologisch ganz differenter Kategorien zum Aus-
druck bringen". Wir müssen bekennen, daß wir diese Ausstellung
Vogt's nicht recht verstehen können, zumal wir ja keinerlei Ab*
sichten auf physiologische Feststellungen hegten, unsere ganzen
Untersuchungen sich vielmehr von Anfang an und mit voller Ab-
sicht auf morphologischem Boden bewegten. Im übrigen liegen die
systematischen Resultate, zu denen Vogt gekommen ist, von den
unserigen im großen und ganzen nicht so weit ab, als es auf den
ersten Blick vielleicht den Anschein hat, denn im allgemeinen ent-
sprechen unsere Subspecies teilweise den Arten bei Vogt und unsere
Varietäten zum Teil wenigstens den sogenannten physiologischen
Arten, unsere Species aber hat Vogt zu Subgenera avancieren
lassen und bezeichnet dieselben als Pratobombus, Hortobombus, Lapi-
dariobombus usw., ein Verfahren, das Vogt „in Anlehnung an den
Brauch der Systematiker" (11, p. 49) eingeschlagen haben will.
Wir haben schon oben an B. variabüis dargetan, wie Vogt's
physiologische Bestrebungen ihn zur Aufstellung immer neuer Formen
führen. Das muß natürlich die Übersichtlichkeit und damit die
Verständigungsmöglichkeit immer mehr erschweren und schließlich
in einen chaotischen Zustand auslaufen, in dem das Zurechtfinden
des Experimentators gelangen" werde, meint aber doch, „ein großer Schritt
würde immerhin in dieser Richtung erfolgen". Wir erachten zur Lösung
der hier in Rede stehenden Frage (wie vieler anderer) nur die experimentellö
Methode für zuständig, ganz abgesehen davon, daß eine variationsstatistische
Untersuchung so subtiler Unterschiede , wie sie VOGT im Auge hat,
geradezu undurchführbar erscheint. Es sei übrigens bei dieser Gelegenheit
hervorgehoben, daß wir schon zu Beginn unserer Hummelstudien (6, p. 3)
erklärt haben, daß der experimentellen Methode eine wichtige Rolle zu-
zuweisen sein werde, „um komplexe Größen, seien es nun innere Anlageü
oder äußere Einflüsse, in ihre Komponenten zu zerlegen und deren Wirkungs^
weisen nach ihrem Anteil an der Formgestaltung zu ermitteln."
192 H. Friese und F. v. Wagner,
zur Unmöglichkeit wird, und das, ohne daß damit dem angestrebten
Ziele nach einer anderen Richtung hin in bestimmter Weise gedient
wäre. Wichtiger und zweckmäßiger als das Einfangen unzähliger
Hummeln, sei es auch zu variationsstatistischen Zwecken, wäre z. B.
die Untersuchung der Nester dieser Tiere, denn damit würden wir
ein völlig einwandfreies Material zur Erkenntnis gewisser Zusammen-
hänge zwischen den unterschiedenen Varianten usw. gewinnen und
uns rasch und sicher über das, was zusammengehört und was nicht,
orientieren können. Und der Befund eines einzigen Nestes wiegt
da mehr, als die schönsten Schlüsse aus einem noch so individuen-
reichen Material freier Fänge. Wir wissen sehr wohl, daß das hier
empfohlene Verfahren seine beträchtlichen Schwierigkeiten in sich
trägt, trotzdem wird dasselbe so wenig wie das Experiment auf die
Dauer entbehrt werden können. Jedenfalls aber sollte man sich,
ehe dafür nicht ein strikter Nachweis erbracht ist, so apodiktischer
Aufstellungen enthalten, wie sie von Vogt in den seine Resultate
resümierenden Zusammenfassungen gegeben werden. Da heißt es
z. B. im I. Teil (10, p. 73): „7. Da sich für die geographischen
Farbenabweichungen ein direkter oder indirekter Nutzen nicht nach-
weisen läßt, so muß ihre Entstehung auf eine direkte Wirkung der
Umgebung zurückgeführt werden." Ja. welche biologischen Unter-
suchungen haben festgestellt, daß z. B. ein indirekter Nutzen absolut
ausgeschlossen ist, oder auf welche Tatsachen stützt sich die Aus-
sage, daß die Entstehung jener Farbenabweichungen gerade eine
„direkte Wirkung der Umgebung" sein müsse und eine indirekte
Einflußnahme unmöglich sei? Wir wissen doch in allen diesen
Dingen von den Hummeln heute noch so gut wie nichts. Für Vogt
ist es überhaupt, wie schon oben bemerkt wurde, eine ausgemachte
Sache, daß die „Milieueinflüsse" das Entscheidende sind und so auch
die Färbung bedingen, und das, trotzdem nicht eine Tatsache be-
kannt ist, die einen solchen, in irgendeiner Form gewiß möglichen
und wohl auch wahrscheinlichen Zusammenhang bezeugte. „Nicht
einzelne aberrierende Individuen — schreibt Vogt (11, p. 47) — ,
sondern die durch Milieuänderung modifizierte ganze Bewohner-
schaft einer Gegend, also die geographische Varietät, bildet die
einzelne Stufe in der Artentwicklung. Die Art selbst entsteht all-
mählich aus der orthogenetischen Gradation solcher Stufen infolge
Summierung von Milieuänderungen." Wir möchten da mit Faust
sagen :
„Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube."
Zoologische Studien au Hummelu. IIa. 193
Oibt es doch zahlreiche Beispiele, die zeigen, daß Milieueinflüsse
gewiß nicht immer die Ursache der Färbungs Verschiedenheiten sein
können. Wenn B. soroensis im deutschen Gebiet in weiß-, rot- und
schwarzafterigen Formen vorkommt, so ist es doch höchst unwahr-
scheinlich, daß diese Verschiedenheiten auf Differenzen der Agentien
'der Außenwelt beruhen, und wenn umgekehrt B. derhamellus in
Mitteleuropa ebenso wie in Rußland und irn Kaukasus die gleiche
Rotafterigkeit zur Schau trägt, so spricht dies ebensowenig für
•einen die Färbung bestimmenden Einfluß des Milieus. Solcher
Exempel ließen sich noch viele vorführen, doch genügen diese ohne
Wahl herausgegriffenen Vorkommnisse, um darzutun, wie wenig es
a,ngebracht ist, auf dem Ruhekissen der Agentien der Außenwelt,
auf das freilich heutzutage vielfach und mit kaum geprüftem Ver-
trauen das Ursachenbündel der Formbildung niedergelegt wird, aus-
zuruhen. Wir sind der Anschauung, daß für die Färbungsver-
schiedenheiten gewiß nicht nur „Milieueinflüsse" in Betracht kommen,
«ondern auch Wirkungen der allgemeinen Variabilität bestimmend
«ind.
Wir dürfen diese Darlegungen nicht schließen, ohne noch auf
•einen Punkt einzugehen, der nicht so sehr theoretischer als prak-
tischer Natur ist. VoGt hat zur Unterscheidung der Varianten
außer der Färbung in besonderem Maße auch die Behaarung (Länge
und Dicke der Haare, Dichte derselben) herangezogen, während wir
in bezug auf den letzteren Faktor mehr summarisch verfahren sind;
Immerhin sind wir auch dem allgemeinen Charakter der Behaarung,
wie derselbe in der Zeichnung unserer Tiere sich kundgibt, sorgsam
nachgegangen und haben auch speziellere Eigentümlichkeiten be-
achtet, wie die Charakteristika „geschoren" oder „struppig" und
ähnliche Bezeichnungen dartun. Auf die Länge und Dicke der
Haare im einzelnen Rücksicht zu nehmen, haben wir allerdings und
nicht ohne Absicht unterlassen. Derartige Merkmale scheinen uns
von Anfang an in Einzelheiten auszulaufen, die in keinem Verhältnis
mehr zu ihrer formbestimmenden Bedeutung stehen, auch praktisch
wenig brauchbar sind. Vogt ist darin anderer Meinung und sucht
die Bedeutung der Variation in den Haardimensionen an verschie-
denen Beispielen klarzulegen, von welchen zweifellos das der armeni-
«CMS Formen und das der incertus-F ormen unsere volle Beachtung
verdienen (10, p. 58 u. ff.). Indes darf dabei nicht übersehen werden,
daß solche weitgehende Unterscheidungen sehr relativ und nur dann
faßbar sind, wenn man die betreffenden Formen unmittelbar vor
194 H. Friese iind F. v. Wagner,
sich hat; im allgemeinen dürfte für so difficile Differenzen ein
einigermaßen zuverlässiger Maßstab nicht zu finden sein.
C. Die Hummeln und wir.
Die Erörterungen der beiden vorausgegangenen Abschnitte
dürften wohl genügen, um zu zeigen, wie sehr unsere beiderseitigen
Anschauungsweisen auseinandergehen und wie verschieden Vogt's-
Methodik von der unserigen ist. Diese Differenzen können nicht
durch den Umstand eine Milderung erfahren, daß Vogt seine Unter-
suchungen im Hinblick auf das „Artproblem" unternommen hat^
wir aber mit den unserigen ein descendenztheoretisches Ziel ver-
folgen, die Wege aufzudecken, „auf welchen die Hervorbildung^
relativ konstanter Formtypen (Arten) gegenwärtig vor sich geht
oder in der Vergangenheit vollzogen worden ist" (6, p. 13). Die-
beiderseitigen Absichten stehen sich zu nahe, um jene Gegensätze
zu rechtfertigen; sie sind grundsätzlicher Natur in der Theorie wie-
in der Methodik. Dies festzustellen, war der Zweck unserer Aus-
einandersetzung mit Vogt's Hummelarbeiten, denn damit ist zugleich
dargetan, was wir eingangs dieser theoretischen Darlegungen al»
unsere Ansicht aussprachen, daß und warum wir keinen Anlafr
sehen, der Ausführungen Vogt's wegen unsere Anscliauungen und
das von uns eingeschlagene und seither festgehaltene Verfahren zu
ändern.
Über Absicht und Ziel unserer Hummelstudien haben wir uns-
schon 1909 in der „Einleitung" zu unserer ersten Abhandlung (6. p. 1 — 5)
ausgesprochen. Wir möchten schon Gesagtes hier nicht wiederholen^
zumal auch aus unserer Besprechung der VoGT'schen Auffassung-
und Methodik der von uns selbst eingenommene Standpunkt wohl
unzweideutig zu erkennen ist. Immerhin mag es am Platze sein,,
bei dem vorliegenden Anlaß ein paar zu weiterer Klärung der Sach-
lage geeignete Bemerkungen über unsere Arbeiten anzufügen.
Wir stehen auf dem Boden der modernen, vom Geiste der
Descendenztheorie erfüllten Systematik, für die die Species ein
morphologischer Begriff' von ganz bestimmter Artung ist. Unser
Ziel ist, die Verwandtschaftsbeziehungen der Hummelarten aufzu-
decken, d. h. die Zusammenhänge der verschiedenen unterscheidbaren
Hummelformen zu ermitteln und damit deren Wert in der Artbil-
dung festzustellen, kurz eine descendenztheoretische Bearbeitung
dieser Tiergruppe. Zu diesem Zwecke schien uns eine . Durcharbei-
tung der bis jetzt bekannten Hummelformen eine unerläßliche
Zoologische Studien an Hummeln. IIa. 195
Voraussetzung, und zwar deshalb, weil nur auf diesem Wege eine
brauchbare Übersicht über diese Formenwelt gewonnen werden
kann, die als Materialbeschaffung begreiflicherweise der Material-
bearbeitung vorauszugehen hat. Die Materialbeschaffung mußte
natürlich eine geordnete sein, denn sonst ständen wir vor einem
Chaos, mit dem niemand etwas anfangen könnte; sie bedeutet daher
zugleich eine wenigstens provisorische Ordnung der zu unterschei-
denden Hummelformen, Arten wie Varianten. Diese notwendige
Unterscheidung kann selbstverständlich von verschiedenen Gesichts-
punkten aus durchgeführt werden; wir haben deshalb auch z. B.
für die von uns unterschieden deutschen Hummelarten „ohne weiteres"
zugegeben, „daß andere Forscher wohl in mancher Hinsicht anders
verfahren wären" (6, p. 23). Wir sind aber von der Überzeugung
durchdrungen, daß es nicht so sehr auf die Gesichtspunkte an sich
ankommt als darauf, .daß bei der ganzen Ordnungsarbeit
immer dieselben Gesichtspunkte maßgebend bleiben,
und das auch dort, wo sich der Forscher nur von seinem systema-
tischen Gefühl oder Takt leiten lassen kann und muß. Aus diesen
Überlegungen heraus haben wir zuerst die Bearbeitung der deutschen
Hummelfauna als der am besten gekannten durchgeführt und ihr
die der Hummeln der Arktis, des Hochgebirges und der Steppe
folgen lassen; unsere nächste Abhandlung wird die asiatischen
(sibirischen) Hummeln behandeln, und in einer vierten Studie hoffen
wir den Rest erledigen und damit diese Untersuchungen abschließen
zu können. Daß sich schon aus solchen Untersuchungen allgemeinere
Einsichten gewinnen lassen, namentlich bei einem relativ so gut
bekannten Material, wie es die deutsche Hummelfauna ist, glauben
wir am betreffenden Orte zur Genüge gezeigt zu haben, mag man
denselben heute auch nur einen heuristischen Wert zubilligen.
Diesen von uns von vornherein als notwendige Voraussetzung
für weiteres qualifizierten Untersuchungen werden natürlich weitere,
und zwar gerade die wichtigsten unserer ganzen Arbeit, zu folgen
haben, die — zumeist wenigstens — erst durch diese mit Aussicht
auf Erfolg in Angriff genommen werden können. Systematische
Erforschung der Nester, Prüfung der Frage, ob Beziehungen zwischen
Färbung und Zeichnung einerseits und dem Bau der männlichen
Copulationsorgane andrerseits bestehen und wenn ja, von welcher
Art dieselben sind, und nicht zuletzt das Experiment bei Haltung
in künstlichen Nestern, was natürlich die Ausarbeitung einer ent-
196 H. Fbiese und F. v. Wagnek,
sprechenden Methodik bedingt^), sind Aufgaben, die dann an uns
herantreten werden und für die, wie für jede künftige wissenschaft-
liche Beschäftigung mit Hummeln, eine von einheitlichen und gleich-
artigen Gesichtspunkten durchgeführte und dabei doch auch für die
Praxis brauchbare Übersicht der Hummelfauna der Erde eine nicht
nur erwünschte, sondern auch notwendige Grundlage bietet. Doch
das ist einstweilen noch Zukunftsmusik; wir wollten auch nur mit
ein paar Worten zeigen, daß wir nicht planlos vorgehen, uns viel-
mehr ein weites Ziel gesetzt haben, von dem es vielleicht mehr als
fraglich ist, daß wir es erreichen werden. Um so mehr liegt uns
am Herzen, unsere Vorarbeiten nach Möglichkeit zu fördern und
tunlichst rasch zum Abschluß zu bringen, um zur Hauptsache über-
gehen zu können. Und zu diesem Ende können und dürfen wir,
auch wenn es uns sonst sympathisch wäre, kein anderes Verfahren
einschlagen als wie bisher das allgemein geübte und dem heutigen
Stande der Wissenschaft entsprechende, denn nur dieses hält die
richtige Mitte zwischen dem Zuviel und dem Zuwenig und erfüllt
damit die unerläßliche Forderung der wissenschaftlichen wie der
praktischen Arbeit: sine systemate chaos.
1) Daß eine solche möglich sein werde, kann im Prinzip wohl sclioa
heute bejaht werden.
Zoologische Studien an Hummeln. IIa. 197
Literaturverzeichnis.
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preussen (Sammelbericht), in: 31. Ber. Westpreuss. bot.-zool. Ver.
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bericht), in : Schrift, physikal.-oekon. Ges. Königsberg i. P., Jg. 50,
1909.
3. — , Die Bienenfauna von Westpreussen, in: 34. Ber. Westpreuss.
bot.-zool. Ver. Danzig, 1912.
4. DE Dalla Toere , 0. G. , Catalogus Hymenopterorum hucusque
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(Anthophila), Lipsiae 1896.
5. Fkiese, H., und F. v. Wagner, Über die Hummeln als Zeugen
natürlicher Formenbildung, in : Zool. Jahrb., Suppl. 7 (Weismann-
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7. — , Dasselbe, II. Die Hummeln der Arktis, des Hochgebirges und
der Steppe, in: Zool. Jahrb., Suppl. 15, Bd. 1, 1912.
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lehre, in: Arch. Rass.- u. Gesellsch.-Biol., Jg. 8, 1913.
10. Vogt, 0., Studien üb. d. Artproblem. I. Mitteilung: Über das
Variieren der Hummeln, I.Teil, in: SB. Ges. naturf. Fr., Berlin,
Jg. 1909, No. 1.
11. Dasselbe, 2. Teil (Schluß), ibid., Jg. 1911, No. 1.
12. MÜLLER, M., Beitr. z. Kenntnis unserer Hummeln, in: Arch. Naturg.,
1913, p. 121.
198 H. f BIESE und F, V. Wagner, Zoologische Studien an Hummeln. IIa.
Erkläriiug der Abbildungen. 0
Tafel 8.
Fig. 1. Bomhiis pomorum var. armeniaciis Rad. $. Rußland,
Armenien.
Fig. 2. B. musconim var. smithianns "White. $. Norwegen,
Orkney.
Fig. 3. B. agrorum var. arciicus Aceebi. $. Norwegen.
Fig. 4. B. agrorum var» obscuriventris Friese. $. Nord-Europa.
Fig. 5. B. agrorum var. nigeirimus Friese. $. Sibirien.
Fig. 6. B. hyiniorum var. hiemalis Friese. $. Sibirien.
Fig. 7. B. hypnorum var. calidus Ev. $. Sibirien,
Fig. 8. B. hiipnorum var. cingulatiis "Wahlbg. $. Schweden,
Lappland.
Fig. 9. B. hypnorum var. atratulus Friese. $. Sibirien.
Fig. 10. B. hypnorum var. rossicus Friese. $. Sibirien.
Fig. 11. B. silvarum var. tinicolor Friese. (^. Sibirien.
Fig. 12. B. hortoi'um var. consohrinus Dahlb. $. Arktische Region,
Fig. 13. B. hortorum var. transigens Friese. ^. Kaukasus.
1) Die Figuren 1 — 12 sind aus unseren früheren Arbeiten (6, tab. 6
fig. 13 und 7, tab. 9 fig. 7—15, 20 und 24) hier richtiggestellt
wiederholt.
Nachdruck verboten.
Übersetzungsrecht vorbehalten.
Beitrag zur Kenntnis der Anatomie von Otodistomum
veliporuni (Creplin), Distomum fuscum Poirier
und Distomum ingens Moniez.
Von
Georg Mtihlschlag.
(Aus dem Zoologischen Museum zu Königsberg i. Pr.)
Mit Tafel 9—10 und 15 Abblldmigen Im Text.
Einleitung.
Im März 1912 hatte Herr Geheimrat Prof. Dr. M. BRAim die
Güte, mir eine Anzahl von Distomen zur selbständigen Bearbeitung
anzuvertrauen. Außer einer Distomen-Art aus dem hiesigen Zoo-
logischen Museum erhielt ich durch seine liebenswürdige Vermittlung
aus der Sammlung des Königlichen Zoologischen Museums zu Berlin
Exemplare von Distomum veliporum Creplin, D. clavatum Rijdglphi
aus ihren verschiedenen Wirten und auch einige Distomen, die nicht
näher bezeichnet waren; ferner aus dem Naturhistorischen Museum
zu Hamburg Distomen, die zur Gruppe des Distomum clavatum
(Menzies) gehörten. Ein Versuch, die Typen der von Poiriee be-
arbeiteten Arten aus dem Pariser Zoologischen Museum zu erlangen,
scheiterte leider.
In dem Berliner Material sind als Wirtstiere für D. veliporum
Creplin Hexanclius griseus, Scymnus spinosus, Scymnus nicaeensis,
Laemargus borealis, Pristiurus melanostoma, Scyllium canicula und
XJhimaera monstrosa angegeben.
200 Georg Mühlschlag,
Glas No. 2986, ,.Dist. velipm'um Ceepl. Spec. juvenile ? Pristiurus
melanostoma Cyst. stomach." bezeichnet, enthält ein äußerst kleines
Distomum von 1,44 mm Länge und 0,4 mm Breite. Nach Aufhellung
in Kreosot konnte ich von inneren Organen nur die Darmschenkel
erkennen. Genitalorgane sind noch nicht angelegt.
Glas No. 2985, ,,2). veliporum Ceepl. Spec. juvenile? Chimaera
monstrosa Cyst. intest.", enthält ein Distomum von 3,6 mm Länge und
0,75 mm Breite. Es sind von inneren Organen die Darmschenkel
und die Excretionsgefäße zu erkennen. Die Geschlechtsdrüsen sind
noch nicht angelegt.
Glas No. 2984, „D. veliporum Ceepl. Spec. juvenile? Scyllium
canicula, Cyst. stomach."- enthält ein Distomum von 5,4 mm Länge
und 1,23 mm Breite. Das Lumen des Bauclisaugnapfes beträgt
0,6 mm, das des Mundsaugnapfes 0,45 mm. Die Darmschenkel sind
deutlich sichtbar, und es scheinen auch die Genitaldrüsen schon an-
gelegt zu sein. Jedoch ist es nicht geschlechtsreif.
Bei Glas No. 2984 und 2985 handelt es sich nach meiner An-
sicht bestimmt um Jugendformen von D. veliporum Ceeplin, bei
Glas No. 2986 kann ich es nicht mit Sicherheit behaupten.
Glas No. 2464, „Distoma Bermaiopterus (Fisch!)" enthält ein
Distomum von etwa 35 mm Länge. Während seine Breite in der
Mitte des Körpers nur 2 mm beträgt, ist sie an der blasenförmigen
Auftreibung des Hinterendes 6,5 mm. An der charakteristischen
Form ist es leicht als D. clavatum (Menz.) zu erkennen.
Glas No. 3252, ,,Distomum, Intest, eines Labriden {Pseudoscarus^Y''
enthält 2 Exemplare, die ich für D. ingens Moniez halte. Sie sind
von gleicher Größe und haben die typische ampullenförmige Gestalt.
Ihre Länge beträgt 35 mm, die Dicke 14 mm und die Breite 15 mm.
Der Bauchsaugnapf hat ein Lumen von 3 mm, der Mundsaugnapf
ein Lumen von 1,5 mm. Der Genitalporus ist deutlich sichtbar und
liegt auf der Ventralseite des Halses in einer Entfernung von 4 mm
vom Bauchsaugnapf und von 2 mm vom Mundsaugnapf. Die Länge
des Halses beträgt 7 mm.
Glas No. 4534, „Distomum. Xiphias gladius. Japan", enthält
1 Exemplar, das meiner Meinung nach Distomum fuscum Poieier ist.
Die Länge beträgt 10 mm, die Breite 6 mm, die Dicke 5 mm. Die
kragenförmige Verbreiterung des Bauchsaugnapfes hat einen Durch-
messer von 4 mm. Seine Öifnung ist ein Spalt von 1 mm Länge
und ^/a mm Breite.
Ebenso waren die Distomen aus dem Hamburger Naturhisto-
Anatomie von Otodistoraum veliporum (Creplin) usw. 201
Tischen Museum nicht näher bezeichnet, auch fehlte eine genaue
Wirtsangabe. Meiner Meinung nach handelt es sich um B. ingens
MoNiEZ und D. fuscum Poieiee. Als I). ingens Moniez betrachte
ich: „Bistoma aus dem Magen eines Alhicore (Thunfisch-ähnlich).
Kophamel Süd- Atlantik." 4 Expl.
„John Peicket leg. d. Im Magen eines Fisches im Indischen
Ozean." 2 Expl.
„D. POHL d." 2 Expl.
„Tamatave, Heney O'Swald ded. 5./4. 1893." 2 Expl.
„Im Eingeweide des Delphins. Madagaskar. M. O'Swald leg. d."
1 Expl.
,^Bist. clavatum ßuD. Geube del." 2 Expl.
Als Bistomum fuscum Poieiee betrachte ich: „5183 Campeche
Bay, Putze vend. 1882." 2 Expl.
„E. K. 4325 Dolphin Magen." 1 Expl.
„3809 Azoren, San Miquel, Ponta Delgada, Pohl leg. d. Juni
95." 1 Expl.
Otodistomtim veliporimi (Creplin).
(Disio7nmn insigne Diesing 1850, Villot 1878, Poieiee 1885.)
Ein Teil meines Materials hatte sich ohne jede Bezeichnung^
auch ohne Angabe des Wirtstieres und Fundortes, in der Sammlung
des hiesigen Zoologischen Museums vorgefunden. Nach dem äußeren
Aussehen zu urteilen, handelte es sich um Distomen und wahrschein-
lich um Bistomum veliporum Creplin. Meine Vermutung bestätigte
sich, als ich einige Exemplare einer näheren anatomischen Unter-
suchung unterzog. Obwohl diese Art schon seit langer Zeit bekannt
und auch recht häufig zu finden ist, gibt es außer den älteren Ar-
beiten von Villot (1878) und Poieiee (1885) und einer kurzen Ab-
handlung von Odhnee (1911), in der die systematische Stellung von
Bistomum veliporum klar gelegt wird, keine eingehenderen Unter-
suchungen über den anatomischen Bau dieses Distomums. Daher
schien es mir auf Anregung von Herrn Geheimrat Beaun lohnend,^
einen Beitrag zur Kenntnis der Anatomie von Bistomum veliporum
Ceeplin zu liefern.
Bevor ich jedoch zu meinem eigentlichen Thema komme, möchte
ich einen kurzen geschichtlichen Überblick über das Bekanutsein
von Bistomum veliporum geben. Zum erstenmal macht Ceeplin im
202 Georg Mühlschlag,
Jahre 1837 in einem Aufsatz über die Gattung Distomum einige
Angaben über die Größe von D. veliporum, „einer noch nicht be-
schriebenen Art aus Squalus griseus^^. In seinen „Endozoologischen
Beiträgen" vom Jahre 1842 findet sich dann eine nähere Beschrei-
bung des Dütomum veliporum Creplin, deren kurze Zusammenfassung
folgendermaßen lautet:
„D. giganteum, depressum, inerme, ore antico, semiinfero pori
centralis maioris tunica interiore utrinque in veli speciem protrada.
collo brevi, conico, corpore perlongo, sublineari s. parum sensim
attenuato."
Auch bei seiner rein äußerlichen Untersuchung erkennt er
schon, daß die „drei breiten rundlichen Flecke" der durchscheinenden
inneren Organe die beiden Hoden und das Ovarium sind, während
Mehlis bei D. lanceolatmn einen dritten Hoden nachgewiesen zu
haben meinte.
Im Jahre 1845 wird D. veliporum Crepl. von Dujardin in
seiner Naturgeschichte der Eingeweidewürmer unter „Distomes des
Squales" kurz beschrieben. Er gibt eine Länge von 8 cm an,
während die größten Exemplare von Creplin im Durchschnitt 6 cm
lang waren. Ferner bezeichnet Dujardin die Eier als sehr klein
und von brauner Farbe.
In seinem Werke „Systema helminthum" gibt Diesing (1850)
eine kurze Beschreibung von B. veliporum Crepl., die im wesent-
lichen mit derjenigen von Creplin übereinstimmt. Er gibt jedoch
eine Länge von 18 mm bis 6,8 cm und eine Breite von 3,4—6,8 mm
an, und als Wirte nennt er Prionodon milberti und Hexanchus
griseus.
1852 erwähnt dann Wagener das Vorkommen von D. veliporum
Creplin in Chimaera monstrosa.
ViLLOT berichtet in einer Arbeit aus dem Jahre 1878, daß von
Trematoden als Parasiten der Squaliden besonders 3 Arten vor-
kommen, nämlich D. megastomum, D. veliporum und D. insigne, von
denen die beiden letzteren sich durch ihre Größe auszeichnen. Wie
schon VAN Beneden glaubt auch er an einen Zusammenhang zwischen
der Größe des Wirts und des Parasiten, was jedoch nach heutigen
Beobachtungen nicht immer der Fall zu sein braucht.
1884 läßt Carus Fasciola Squali grisei Risso, D. Scimna Risse,
D. insigne Diesing und B. veliporum Creplin miteinander identisch
sein und gibt dieselbe Beschreibung wie Diesing. Als Wirte führt
Anatomie von Otodistomuni veliporum (Creplin) usw. 203
er EchinorJiinus spinosus, Prionodon milberti et Notidanus griseus und
Chimaera monstrosa an.
Erst PoiRiEE macht im Jahre 1885 bei seiner Bearbeitung- der
Gruppe des D. clavatum (Menz.) im Anschluß an D. insigne Diesing
auch kurze Angaben über den inneren, anatomischen Bau von D.
veliporum Creplin.
Ebenso erlialten wir auch nur wenige Angaben über die
Anatomie von B. veliporum durch Monticelli , hauptsächlich in
seinem Werke „Studii sui Trematodi endoparassiti". Auch er hält
D. veliporum für synonym mit 2). insigne.
Ungefähr um dieselbe Zeit wird es auch in Braun's Bearbeitung
der Trematoden (in: Bronn, Class. Ordn. Thier-Eeich) im Vergleich
mit Distomen der Gruppe des B. clavatum kurz behandelt und ebenso
seine systematische Stellung und Verbreitung erörtert. Ariola teilt
in einer Arbeit aus dem Jahre 1899 mit, daß B. veliporum zusammen
mit B. megastomum in Carcharias rondeletti gefunden sei, und erklärt
es auch für identisch mit B. microcephalum Baird, B. insigne Die-
sing und B. scymni Risse.
Jägerskiöld geht bei seiner Untersuchung des Geschlechtssinus
von B. megastomum auf Poirier's Bearbeitung von B. insigne zurück.
Noch ursprünglicher und einfacher sind nach seiner Meinung die
Verhältnisse bei B. veliporum, das er aus einigen Raja- Arten
kennt.
Schon aus dieser kurzen Zusammenstellung ersieht man, daß
wegen des wenig bekannten inneren Baues auch die systematische
Stellung von B. veliporum Ceeplin noch recht zweifelhaft sein mußte.
Vor einer Reihe von Jahren hat dann Staeford D. veliporum Creplin
unter dem Namen Otodistomiim veliporum Creplin als Vertreter einer
besonderen Gattung aufgestellt, ohne sie jedoch näher zu charak-
terisieren. In neuester Zeit hat Odhnee, der die Identität mit B.
insigne erkannte, unsere Art mit bekanntem systematischem Scharf-
blick in das natürliche System der digenen Trematoden eingereiht.
Ich kann mich seiner Meinung nur anschließen und will auf diesen
Punkt noch einmal am Schlüsse meiner anatomischen Untersuchungen
zurückkommen. Diese wurden mit Hilfe von Querschnitt- und Längs-
schnittserien ausgeführt, und zur Färbung der Schnitte wurde teils
Hämatoxylin und Eosin, teils Boraxkarmin und BLOCHMANN'scher
Farbstoff verwandt.
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. 14
i'A
204 Gborg Mühlschi.ag,
A u s s e h e n II n d G r ö ß e.
Die Farbe der Tiere, die in etwa 70 7o Alkohol konserviert sind^
ist gelblich-weiß. Sie sind von flacher, abgeplatteter Gestalt, und
hinter dem Bauchsaugnapfe sowohl auf der Ventral- als auch auf*^
der Dorsalfläche scheinen die inneren Organe mit bläulich-schwarzer
Farbe durch. Vom Bauchsaugnapfe ab sind die Tiere nach vorn
und hinten zu seitlich verschmälert, jedoch nach dem Vorderende zu
mehr als nach dem Hinterende. Der Bauchsaugnapf liegt weit nach
vorn, so daß der Hals besonders bei großen Exemplaren kurz er-
scheint. Der Bauchsaugnapf tritt im Gegensatz zum Mundsaugnapf
deutlich aus seiner Umgebung hervor und
hat eine mittelgroße Öffnung, die meistens
ganz rund ist. Creplin erwähnt in seiner
sonst vortrefflichen äußeren Beschreibung,
/ j daß „der innere Randteil des Bauchsaug-
/ \ napfes von jeder Seite her gerade einwärts^
/ \ in eine Hautfalte auslief", und ferner, ,.daß
/ \ der Napf sich wie durch einen innen vor
I seine Öffnung von beiden Seiten her ge-
\ zogenen Vorhang geschlossen zeigte." Hierzu
/"Z^X ^^^^ it;h jedoch bemerken, daß bei meinen
1^1 ■ zahlreichen Exemplaren solche Hautfalten
\2^ ' auch bei anatomischer Untersuchung nicht
zu beobachten sind. Vielmehr sieht man im.
^ *^ I Innern des Saugnapfes bei einigen Indi-
j viduen infolge einer eigenartigen Kon-r
) traktion der Muskulatur zwei oder drei
I Wülste, welche sich von jeder Seite und
» manchmal auch von vorn in das Lumen
erheben und eine flache Rinne in der Mitte
^^^■- ^- frei lassen. Zur Veranschaulichung diene
Vordereade von Otodistomum -, j. i j m üj a r\^i. • i i, • j
veliporum (Creplin). nebenstehende Textfig. A. Oft jedoch sind
diese Erhebungen nicht vorhanden, so daß
dann die Öffnung breit und tief erscheint. Der Mundsaugnapf ist
im Verhältnis klein und meistens kreisrund. Dicht hinter dem Mund-
saugnapf auf der Ventralseite des Körpers erblickt man eine kleine
rundliche Erhebung, den Genitalporus (Fig. A). Ein ausgestülpter
Cirrus ist, wie ihn Ceeplin bei einem Exemplar zu sehen geglaubt
hat, niemals zu bemerken. Der Excretionsporus ist oft mit bloßem
Anatomie von Otodistomum veliporum (Creplin) usw. 205
Auge erkennbar und befindet sich an der Spitze des Hinterendes
mehr ventral gelegen. Die Oberfläche der Tiere zeigt feine Ring-
falten, die wohl nur eine Kontraktionserscheinung sind. Geschlechts-
reife Exemplare, die in Kreosot aufgehellt sind , lassen deutlich den
prall gefüllten Uterus, die Dotterstöcke, die Excretionsgefäße und
die Darmschenkel erkennen (Taf. 9 Fig. 1).
Die Größe der einzelnen Tiere ist sehr verschieden. Das kleinste,
mit Eiern versehene, geschlechtsreife Tier, das zur Beobachtung ge-
langte, hatte eine Länge von 12 mm, seine Breite betrug 3,5 mm,
die Länge des Halses 3 mm, der Durchmesser des Bauchsaugnapfes
1 mm, der des Mundsaugnapfes 0,5 mm. Das Verhältnis der Hals-
länge zur Länge des ganzen Tieres ist wie 1 : 4. Das größte Exem-
plar war 55 mm lang, seine Breite betrug 5,5 mm, die Länge des
Halses 7 mm, der Durchmesser des Bauchsaugnapfes 2 mm, der des
Mundsaugnapfes 1 mm. Das Verhältnis der Halslänge zur Länge
des ganzen Tieres ist wie 1 : 7,8. Man sieht hieraus, daß bei ver-
schiedener Größe der Tiere der Hinterkörper relativ viel stärker
wächst als der Vorderkörper.
Körper bedeckung, Parenchym und Muskulatur.
Der ganze Körper wird von der Cuticula bedeckt, die leicht
färbbar ist und ebenso wie das Parenchym bei Hämatoxylin-Eosin-
Färbung blau erscheint, während sich die Muskulatur rot färbt. Die
Cuticula ist ohne Struktur und homogen. In dünner Schicht kleidet
sie auch die Saugnäpfe aus, ebenso das Genitalatrium und den kurzen
Gang, welcher den Excretionsporus mit der Excretionsblase ver-
bindet. Die Dicke der Cuticula beträgt im Mund- und Bauchsaug-
napfe durchschnittlich 7,2 /*, am Halse auf der Ventralseite und in
der Höhe des zweiten Hodens im Durchschnitt 14,5 fj.. Sie nimmt
nach dem Hinterende des Körpers an Dicke zu, die hier durch-
schnittlich 18 fi, beträgt. Auf der Dorsalseite ist die Dicke der
Cuticula im allgemeinen etwas größer, sie beträgt am Halse 21,6 jj,,
in der Höhe des zweiten Hodens an einer Hautfalte 28,8 f^, in der
Einbuchtung der Falte 14,6 /^. Die auffallenden Unterschiede sind
oifenbar auf Kontraktionszustände zurückzuführen. Da ja die Cuti-
cula elastisch ist, so wird bei Streckung des Körpers eine Ver-
dünnung, bei Zusammenziehung eine Verdickung derselben eintreten.
Ist die Kontraktion sehr stark, so treten Ringfalten auf, und an ihnen
ist auch naturgemäß die Dicke der Cuticula am größten, ebenso wie
sie in der Vertiefung der Falten, wo Dehnung stattfindet, ihre ge-
14*
206 Georg Mühlschlag,
ring-ste Dicke zeigt. Wie man sieht, ist aber auch die Cuticula im
Vorder- und Hinterkörper nicht gleichmäßig dick. Ferner ist ihre
Stärke von der Größe des Tieres abhängig, indem sie bei großen,
ausgewachsenen Exemplaren bedeutend mehr beträgt als bei jungen.
Unmittelbar unter der Cuticula befindet sich eine Ringfaserschicht,
die etwas mehr als halb so dick wie die Cuticula oder bisweilen
eben so dick erscheint (Taf.9 Fig. 2). Die Muskeln, die sie zusammen-
setzen, sind nicht zu Bündeln zusammengeschlossen, sondern mehr
zerstreut in ein parenchym artiges Gewebe eingebettet. Hierauf folgt
die Längsmuskellage, die ungefähr ebenso dick ist wie die vorher-
gehende Schicht und deren Elemente zu Bündeln vereinigt sind.
Man findet also bei Otodistomum veliporum (Crepl.) zwischen Cuticula
und Hautmuskelschlauch keine „subcuticulare Schicht", wie sie
V. Buttel-Reepen in seiner Bearbeitung der Gruppe des D. clavatum
(Menz.) genannt hat, bei dem sie besonders stark ausgebildet ist.
Auf die Längsmuskeln folgt dann das Parenchym, welches als
engmaschige Masse mit zahlreichen Kernen, in denen sich mehrere
Kernkörperchen befinden, den ganzen Körper erfüllt und in das alle
Organe eingebettet sind. Das Parenchym ist in allen Richtungen
von dünnen Muskelbündeln durchsetzt. Hauptsächlich jedoch ist
dies der Fall in der Richtung der Längs- und Dorsoventralachse,
auch verlaufen in diesen Richtungen die stärksten Muskeln. Be-
sonders reich an verschiedenen Muskelpartien ist der Hals, weit
mehr als der übrige Körper. Man bemerkt überhaupt eine Ab-
nahme der Muskulatur vom Vorder- zum Hinterende des Tieres.
Die Längsmuskeln des Parenchyms beginnen bald unter dem Haut-
muskelschlauch mit einzelnen Bündeln und vermehren sich nach dem
Körperinnern zu. In geringer Entfernung umgeben sie dann die
Darmschenkel und Excretionskanäle. Die Längsmuskeln im Paren-
chym ziehen vor allem zahlreich nach dem Bauchsaugnapf hin und
setzen sich in den Hals in bedeutend geringerer Anzahl fort. Hier
zeigen sich besonders die dorso ventralen Muskeln stark ausgebildet.
Ferner ist das Parenchym von zahlreichen, zerstreuten Diagonal-
fasern durchzogen.
Saugnäpfe.
Der Bauchsaugnapf hat bei einem der untersuchten Exemplare
einen größten Durchmesser von 1,79 mm, sein Lumen beträgt
1,03 mm, die Länge der Radialmuskeln im Innern durchschnittlich
0.41 mm. Er bildet ungefähr eine Halbkugel, die in der Längs-
Anatomie von Otodistomum veliporum (Creplin) usw. 207
achse des Körpers etwas vorgewölbt ist, so daß er auf Tangen tial-
schnitten in der Medianebene etwa als halbe Ellipse erscheint. Der
Hinterrand des Napfes ist bedeutend mehr entwickelt als der Yorder-
rand, infolgedessen erscheint das Lumen des Napfes mehr nach vorn
gerichtet (Taf. 9 Fig. 2). Die Hauptmasse der Saugnapfmuskulatur
machen die Radialfasern aus; viel schwächer sind die Meridional- und
Äquatorial fasern entwickelt. Die Radialmuskeln sind zu kleinen
Bündeln vereinigt, welche durch eine zellige Bindesubstanz ähnlich
dem Körperparenchym getrennt werden. In ihr befinden sich recht
zahlreich die „großen Zellen", die von Leuckaet, Stieda, Sommer
und PoiBiER als Ganglienzellen aufgefaßt sind. Neuere Unter-
suchungen von Bettendorf haben jedoch unzweifelhaft ergeben, wie
es auch schon die Ansicht von Looss war, daß „wir die ,großen
Zellen' der Trematoden als Bildungszellen der Muskelfasern, als
Myoblasten, auffassen müssen". Die Meridionalfasern durchflechten
sowohl in der Nähe der äußeren als auch der inneren Oberfläche
des Organs die Radiärmuskeln. Jedoch sind sie von den drei Muskel-
systemen am spärlichsten vertreten. Bedeutend zahlreicher finden
sich die Äquatorialfasern, die senkrecht zu den Radial- und Meridional-
fasern verlaufen und besonders am Vorder- und Hinterrande unter
der äußeren und inneren Oberfläche stark ausgebildet sind.
Unterstützt wird die Funktion der Saugnapfmuskulatur, die
Braun in seinem bekannten Werke über die Trematoden (in:
Bronn, Class. Ordn. Thier-Reich) ausführlich erläutert hat, durch
Muskeln, welche von außen an den Napf herantreten. Diese Muskel-
bündel sind verhältnismäßig kräftig entwickelt, wenn auch nicht so
stark und zahlreich wie bei D. davatinn (Menz.), Zum Vorder- und
Hinterrande ziehen kräftige Muskelbündel, die sich von den Längs-
muskeln des ventralen Hautmuskelschlauches abspalten. Ferner
sind besonders zwei seitliche Bündel ausgebildet, die sich vom dor-
salen Hautmuskelschlauch zur Medianfläche des Saugnapfes erstrecken.
Der Durchmesser des Mundsaugnapfes beträgt 1 mm, sein
Lumen 0,34 mm, seine Gestalt ist fast kuglig. Die Radialmuskeln
bilden auch hier die Hauptmasse, und auch die „großen Zellen"
finden sich in der wohl entwickelten Bindegewebsmasse, welche die
Radialmuskeln voneinander trennt. Die inneren Äquatorialmuskeln
fehlen nicht, wie es Poirier für D. insigne und veliporum angibt.
Die Beschreibung Poirier's, daß auf Querschnitten die Höhlung des
Organs ein gleichseitiges Dreieck bildet, dessen eine Ecke ventral
gerichtet ist, trifft bei meinen Exemplaren von Otodistomum veliporum
208 Georg Mühlschlag,
nicht zu, vielmehr ist die Öffnung- kreisförmig- und das ganze Lumen
etwa trichterförmig. Die dreieckige Form scheint mir daher nur
eine Kontraktionserscheinung- zu sein. Eine Faltenbildung- am Rande
der Saugnäpfe, wie sie Darr für D. gigas und auch für D. veliporum
erwähnt, habe ich nicht beobachtet. Jedenfalls häng-t diese Er-
scheinung auch von der Konservierungsart der Tiere ab.
V e r d a u u n g- s a p p a r a t.
Die allgemeine Gestaltung des Verdauungsapparats ist aus Taf. 9
Fig. 1 ersichtlich, einer Zeichnung, die ich nach drei in Kreosot auf-
gehellten Exemplaren ausgeführt habe. Der Pharynx, der eine Länge
von 756 [-1 und eine Breite von 504 /^ hat, ist eiförmig und kräftig
entwickelt und ragt ein wenig in den Mundsaugnapf hinein. Ebenso
wie dieser ist er von einer cuticulaartigen Membran ausgekleidet.
Die Muskulatur ist ebenso wie in den Saugnäpfen stark ausgebildet.
Am zahlreichsten sind auch hier die Radialmuskeln, außerdem be-
merkt man Äquatorialmuskeln, die peripher und zentral um die
spaltenförmige Öffnung des Pharynx liegen. In seinem Vorderende
verlaufen ferner kurze, schräge Meridionalmuskeln, die wohl zur
Öffnung des Pharynx mit beitragen können. An den Pharynx
schließt sich der Ösophagus an, der sich stark zu einer becherförmigen
Aussackung vergrößert. Dann verengert er sich und geht in die
Darraschenkel über, welche sich schräg nach vorn bis zur mittleren
Höhe des Pharynx stark erweitern. Sie durchziehen fast den
ganzen Körper und reichen ungefähr bis zum Ausführungskanal der
Excretionsblase, wo sie blind endigen. Das Lumen der Darmschenkel
ist bis zum Bauchsaugnapf am kleinsten, hier vergrößert es sich
auffallend stark und nimmt nach dem Hinterende zu allmählich
wieder ab. In der vorderen Körperhälfte sind die beiden Darm-
schenkel infolge der Ausbildung der Geschlechtsorgane mehr lateral-
wärts auseinandergerückt, während sie in der hinteren Hälfte median-
wärts näher zusammenliegen.
Der Ösophagus, dessen becherförmige Erweiterung manchmal
infolge Kontraktion auch dorsal über dem Pharynx liegen kann, ist
von einer cuticularen Membran ausgekleidet. Während diese im
Pharynx glatt erscheint, bemerkt man, daß sie im Ösophagus runzlig
und faltig wird, eine Beobachtung, die auch v. Buttel-Reepen bei
D. ampullacemn gemacht hat. Über ähnliche Verhältnisse der Aus-
kleidung des Ösophagus berichtet Darr bei Hirudinella davata. Der
Ösophagus von Otodistomum veliporum ist auch stark muskulös (Fig. B).
Anatomie vou Otodistonuim veliporum (Creplin) usw. 209
llan bemerkt innere Ring- und äußere Längsmuskeln, die sich an
der Übergangsstelle von Ösophagus und Darmschenkel sphincter-
artig zu verdicken scheinen. Jedoch ist diese Frage bei der großen
Kontraktionsfähigkeit dieser muskulösen Trematoden schwer zu ent-
scheiden. Die Darmschenkel sind von einem deutlich erkennbaren
Cylinderepithel ausgekleidet, dessen lange, scheinbar protoplasmatische
Fortsätze bisweilen fast das ganze Darmluraen ausfüllen. Am Grunde
der Zellen, die durch eine gut färbbare Basalmembran von dem
Körperparenchym abgegrenzt werden, liegen große, leicht tingierbare
Kerne mit Kernkörperchen. Eine direkte Darmmuskulatur, welche
der Basalmembran aufliegt, ist nicht vorhanden. Wohl aber bemerkt
man in einiger Entfernung rings um die Darmschenkel zerstreut
liegende Eing- und Längsmuskeln.
Nervensystem.
Die Konservierung in Spiritus war nicht günstig, um eingehende
Untersuchungen über das Nervensystem anzustellen. Ich kann da-
her nur folgende kurze Angaben machen. Zu beiden Seiten und
schräg über dem Vorderende des Pharynx liegen die sehr gi-oßen
€erebralganglien, die nach vorn zwei Äste senden, welche den Mund-
saugnapf umgeben. Nach hinten zu ziehen von den Ganglien zwei
Stränge zunächst zu beiden Seiten des Pharynx, biegen sich dann
auf die Ventralseite und verlaufen hier immer seitlich unter den
Darmschenkeln. In der Höhe des Cirrusbeutels findet eine Commissur
■der Ventralstränge statt. Weitere Verbindungen der beiden Seiten-
nerven, wie sie Poieier für B. clavatum und auch für D. insigne und
D. veliporum angegeben hat, konnte ich bei meinem Material nicht
feststellen. Ebensowenig konnte ich weitere Längsnerven, deren
nach Analogie mit anderen Distomen noch vier vorhanden sein
müßten, erkennen. Im Hinterkörper, wo die Darmschenkel sich ein-
ander nähern, verlaufen auch die Nervenstränge näher aneinander.
Sie werden immer dünner, und in der Höhe der halben Excretions-
I)lase sind sie dann nicht mehr zu verfolgen. Die großen Nerven-
stränge sind aus einer Anzahl von Nervenfasern zusammengesetzt,
infolgedessen ihre Querschnitte netzartig aussehen. Über die feinere
Struktur der Fasern kann ich nichts Genaues mitteilen. Während
nach PoiRiEß's Angaben bei D. clavatum die Nervenscheide dick,
mehrfach geschichtet und leicht färbbar ist, findet man bei Otodistomum
veliporum nur eine sehr dünne Membran.
210 Georg Mühlschlag,
E X c r e t i 0 n s a p p a r a t.
Von dem Excretionsapparat sind auch nur die Hauptteile zu
erkennen. Die Excretionsblase ist lang- und von ziemlich gleich-
mäßiger Breite, nur im letzten Viertel ihrer Länge ist sie bei
manchen Individuen stark erweitert. Das Innere der Blase ist von
einer dünnen, homogenen Membran überzogen, die in zahlreiche
Falten gelegt ist, so daß sie oft ein zottiges Aussehen hat. Unter
dieser liegt eine dünne Eingmuskulatur. Durch einen schmalen
Gang mündet die Excretionsblase nach außen. Dieser kurze, zylin-
drische Kanal ist von einer Muscularis umgeben, die offenbar als
Sphincter dient. Infolge Kontraktion ist die Cuticula besonders in
seinem Anfangsteil stark gefaltet, und sein Lumen hat daher auf
Querschnitten ein sternförmiges Aussehen. Auf sie folgt eine dünne
Schicht von Ringfasern, die sich oft kontrahiert und so ausgebuchtet
haben. Dünne Längsmuskeln sind auch vorhanden. Das Vorder-
ende der Blase verschmälert sich etwas und teilt sich in 2 große
Hauptkanäle, die auf Querschnitten manchmal kreisrund, sehr oft
unregelmäßig ausgebuchtet erscheinen. Sie verlaufen immer ventral
an den äußeren Seiten der Darmschenkel. So ziehen sie bis an den
Mundsaugnapf hin, wenden sich dorsalwärts und vereinigen sich
über diesem Organ zu einem kurzen unpaaren Gang. Außerdem ist
das Parenchym von dünneren Excretionskanälen durchzogen; so
laufen z. B. ventral dicht unter den Darmschenkeln 2 Kanäle, die
im Querschnitt kreisförmig sind und keine Auslappungen wie die
beiden Hauptkanäle zeigen (Fig. B). Die großen und kleineren Ge-
fäße sind auch von einer homogenen Membran ausgekleidet, eine
besondere Ring- und Längsmuskulatur ist nicht festzustellen.
Geschlechtsorgane.
Auf der Ventralseite in der Höhe des Ösophagus befindet sich
der median gelegene Genital porus. Er liegt also sehr nahe dem
Mundsaugnapfe (Fig. A). Die querovale Öffnung ist oft schon mit
bloßem Auge zu erkennen. Das Genitalatrium bildet eine tiefe,,
zylindrische Höhlung, die sich allmählich im Innern erweitert und
schräg dorsalwärts von vorn nach hinten in das Körperinnere hinein-
zieht. Es ist mit einer cuticularen Membran ausgekleidet, die sich
infolge Kontraktion der Muskulatur stark gefaltet hat, so daß das
Lumen besonders im vorderen schmalen Teile sehr unregelmäßig
erscheint (Fig. B). Auf die Cuticula folgt eine Schicht von Ring-
Anatomie von Otodistomum veliporum (Creplin) usw.
211
da va
Fig. B.
Fig-. B. Querscliüitt durch den Hals von
Otodistnnmm veliporum (Creplin). Eiumündungs-
stelle des Ösophagus in die Darmschenkel.')
Fig. C. Rekonstruktion des Endabschnittes
der Geuitalwege von Otodistomum veliporum
(Creplin). 48 : 1.
muskeln, deren Zahl um den Genitalporus
größer ist als weiter am Grunde des
Atriums. In weiterem Abstände wird
dann das Genitalatrium von Längsmuskeln
umgeben; auch schräge Diagonalmuskeln
ziehen nach ihm hin, wie ja überhaupt
der Hals sehr reich an Muskeln ist. In Fig. c.
das Atrium hinein ragt ungefähr bis zur
Hälfte der Genitalkegel, der eine Länge von ca. 0,597 mm und eine
Dicke von 72 ß am Vorderende und von 274 ^ am Hinterende hat.
In ihm verlaufen nebeneinander, und zwar der weibliche ventral und
1) Erklärung der Buchstaben s. S. 251.
212
Georg Mühlschlag,
der männliche dorsal, die Ausführung-sgänge des männlichen und
weiblichen Geschlechtsapparats. Sie vereinigen sich dann zu einem
kurzen gemeinsamen Kanal und münden durch ihn in das Genital-
atrium (Fig. C). Während sonst der Genitalapparat von D. insigne,
wie ihn Poieiee beschrieben hat, und der von Otodistomum veliponim
vollkommen gleich gebaut ist, münden nach Poieiee's Angaben der
Ductus ejaculatorius und die Vagina getrennt nebeneinander aus.
Hier liegt offenbar ein Irrtum Poieiee's vor, worauf auch Odhnee
in seiner Abhandlung „Zum natürlichen System der digenen Trema-
toden, IV" hinweist. Die cuticulare Membran, welche das ganze
Geschlechtsatrium auskleidet, umgibt auch in etwas dünnerer Lage
den ganzen Genitalkegel und zieht auch in den gemeinsamen Ge-
schlechtsporus hinein. Die Ring- und Längsmuskelschicht, welche
das Atrium umgeben, setzen sich an seinem Grunde auch in den
Genitalkegel fort und geben dem „Begattungskegel", wie ihn Beaun
bei Holostomiden, wo eine ähnliche Bildung vorkommt, genannt hat,
die Möglichkeit, sich stark zu verkürzen und zu verlängern.
Männlicher Geschlechtsapparat.
Zur topographi-
schen Übersicht der
Genitaldrüsen möge
nebenstehende Text-
fig. D dienen. Man
sieht 2 Hoden von
0,91 mm Durchmesser
und kugliger Gestalt,
die ungefähr in einer
Entfernung vom
Bauchsaugnapf, die
der Länge des Halses
entspricht, ziemlich
median im Körper-
parenchym einge-
bettet liegen. Jedoch
ragt der hintere Hoden
mehr nach der linken
pjg D und der vordere nach
ü , ^ w- 4 * r . •, j o -^ . der rechten Seite her-
Kekonstruktion des Anrangsteiles der Genitalwege von
Otodistomum velijjorum (Creplin). 48 : 1. Über. Die Wände der
Aiiatoinie von Otodistomuni veliporum (Creplin) usw. 213
Hoden werden von einer dünnen, strukturlosen Membran gebildet;
-eine Muskulatur, wie sie Poieiee bei B. insigne beschreibt, konnte
ich nicht feststellen. Der Inhalt des Hodens erfüllt bei den unter-
suchten Exemplaren nicht den ganzen Hohlraum, es bleibt ein freier
Eaum an dei" Wandung bestehen. Bei vorliegender Art sind die
Elemente der Hoden groß und leicht färbbar. Diese Entwicklungs-
stadien der Spermatozoen sind von Monticelli eingehend unter-
sucht und gelten in gleicher Weise für alle Trematoden.
Leider sind bei den von mir untersuchten Exemplaren die Vasa
«fferentia, da sie nicht mit Sperma gefüllt sind, auch nicht zu ver-
folgen. Nur bei einem Individuum habe ich die Abgangsstelle des
Vas efferens vom hinteren Hoden erkennen können. Sie liegt am
Vorderende des Hodens ungefähr gleich weit von der Dorsal- und
Ventralseite. Das kurze Vas deferens, das aus der Vereinigung
der Vas efferentia entsteht, kommt von der Dorsalseite und mündet
in der Medianlinie des Körpers in den großen Cirrusbeutel. Es
weitet sich hier unmittelbar nach seinem Eintritt zu der Vesicula
seminalis aus, welche eine Breite von 0,253 mm und eine Länge
von 1,08 mm hat. Sie zieht in schwachem Bogen nach der rechten
Seite ungefähr bis zur halben Länge des Cirrusbeutels und ver-
engert sich dann zur Pars prostatica. Diese wendet sich in flacher
Kurve nach der linken Köiperseite, läuft nach hinten, biegt in
kurzem Bogen um und zieht in ziemlich geradem Verlauf über der
Vesicula seminalis nach dem vorderen Ende des Cirrusbeutels. Nach
ihrem Austritt aus demselben verengert sie sich zum Ductus eja-
€ulatorius, der nach kurzen Schlingen in den Genitalkegel eintritt.
Den Verlauf der Vesicula seminalis, der Pars prostatica und des
Ductus ejaculatorius läßt vorstehende Textfig. C erkennen.
Der Cirrusbeutel umschließt bei vorliegender Art die Vesicula
seminalis und die Pars prostatica. Er ist von eiförmiger Gestalt
lind hat eine Länge von 1,418 mm und eine Breite von 0,849 mm.
Er zieht sich ungefähr von der halben Länge des Bauchsaugnapfes
bis zur Mitte des Halses hin. Seine Wandung besteht aus einer
bindegewebigen Tunica propria und einer umgebenden dünnen Ring-
muskellage. In der Vesicula seminalis sieht man Spermatozoen, die
in dichter unentwirrbarer Masse das ganze Lumen ausfüllen. Sie
ist muskulös und ebenso wie die Pars prostatica in eine auffallend
große Drüsenmasse eingebettet, welche den ganzen Cirrusbeutel er-
füllt. Es sind leicht tingierbare, birnförmige Zellen mit großen granu-
lierten Kernen (Taf. 9 Fig. 3j. Die Struktur der Pars prostatica ist
214 Georg Mühlschlag,
eigenartig. Sie wird von einer sehr dünnen Ringmuskulatur um-
geben, und auf diese folgt eine breite Schicht, die anscheinend aus
Cylinderepithelzellen zusammengesetzt ist. Diese sind durchzogen
von den Ausführungsgängen der Drüsenzellen, welche den Kanal
umgeben und deren Kerne leicht sichtbar die Pars prostatica um-
lagern. Im Innern des Ganges befindet sich anscheinend eine
Wimper- oder Flimmerschicht, wie sie auch bei Distomen der D. cla-
OT^ww^-Gruppe konstatiert ist. Beim Austritt aus dem Cirrusbeutel
ändert sich die Struktur der Pars prostatica und auch ihr Lumen.
Der Durchmesser desselben beträgt hier nur noch 0,014 mm, wäh-
rend er im Innern 0,036 mm groß war. Die Wände des so ent-
standenen Ductus ejaculatorius werden von einer verhältnismäßig
dicken, oft gefalteten cuticularen Membran ausgekleidet, die als
Fortsetzung der Cuticula des Genitalsinus anzusehen ist. Umgeben
wird der Ductus ejaculatorius hier von einer starken Ringmuskulatur;
ob zwischen dieser und der cuticularen Membran noch eine Längs-
muskellage verläuft, wie es Poirier und auch Odhner angibt, ist
bei meinem Material von Otodistomum veliporum nicht festzustellen.
Weiblicher Geschlechtsapparat.
Wie gewöhnlich besteht der weibliche Genitalapparat aus dem
Ovarium oder Keimstock, dem MsHLis'schen Körper (Schalendrüse)
und den beiden Dotterstöcken. Das Ovarium liegt schräg vor den
beiden Hoden. Es ist nicht so kugelförmig, wie es Poirier für
D. insigne beschreibt, sondern medianwärts schwach eingebuchtet
und erscheint daher auf Frontalschnitten in nierenförmiger Gestalt.
Der größte Durchmesser beträgt 0,705 mm. Es ist wie meistens
bei Trematoden kleiner als ein Hoden und erfüllt mit Keimzellen
in verschiedenen Entwicklungszuständen. Diese sind runde Zellen
ohne umgebende Membran von 0,021 mm Durchmesser, und in ihnen
befinden sich deutlich erkennbare Kerne von 0,007 mm Durchmesser
und Kernkörperchen. Umgeben ist das Ovarium von einer Mem-
brana propria, auf der eine besondere Muskelschicht nicht vor-
handen ist.
Der MEHLis'sche Körper liegt schräg vor dem Ovarium und
hat ebenfalls auf Frontalschnitten ein nierenförmiges Aussehen. Er
ist nicht, wie Poirier es für B. insigne und veliporum angibt, von
einer dünnen strukturlosen Membran umgeben, die ihn vom Körper-
parenchym abgrenzt.
Die Dotterstöcke sind wie bei den meisten Trematoden paarig
Anatomie von Otodistomum veliporum (Creplin) usw. 215
und liegen als traubige Drüsen auf jeder Seite des Körpers (Taf. 9 Fig. 1).
Sie erstrecken sich, hauptsächlich zwischen den Excretionskanälen
und Darmschenkeln sich hinziehend, auf der linken Seite nach vorn
bis in die Nähe des ßauchsaugnapfes, auf der rechten Seite bis-
weilen nicht ganz so weit. Kurz hinter dem zweiten Hoden treten
sie nahe zusammen und ziehen unter den Darmschenkeln ungefähr
bis zum Beginn des letzten Körperdrittels. Die Drüsen münden
jederseits in einen vorderen und hinteren longitudinalen Dottergang.
Aus diesen gehen in der Höhe des Ovariums die paarigen, queren
Dottergänge hervor, die sich zu einem unpaaren Dottergang ver-
einigen. Die Vereinigungsstelle der queren Dottergänge ist stark
erweitert bis zur doppelten Dicke eines einzelnen Ganges und ganz
erfüllt mit Dotterzellen. Der unpaare Dottergang mündet innerhalb
des MEHLis'schen Körpers in den Keimgang, nachdem dieser kurz
nach seinem Austritt aus dem Ovarium den LAUEEE'schen Kanal
aufgenommen hat.
Dieser beginnt auf der Rückenfläche, aber nicht in der Höhe
des Ovariums, sondern mehr nach dem Vorderende zu. Auch liegt
seine Öifnung nicht in der Medianlinie, sondern etwas links seitlich
Er zieht dann in zahlreichen kleinen Windungen schräg nach hinten
in den Körper hinein bis an die Dorsalseite des Ovariums. Hierauf
wendet er sich, am Keimstock dicht entlang laufend, »in die Median-
linie des Körpers und mündet in dem MEHLis'schen Körper, ohne
ein Receptaculum seminis zu bilden, in den Keimgang. Der Laurer-
sche Kanal hat durchschnittlich ein Lumen von 0,007 mm und ist
sehr dickwandig (0,005 mm). Seine Auskleidung besteht aus einer
homogenen, oft gefalteten Membran. Was nun den Inhalt betrifft,
so kann ich nur mitteilen, daß sich an wenigen Stellen Spermatozoen
fanden. Dotterzellen, Keimzellen und Eier, wie sie vielfach von
Autoren als Inhalt des LAURER'schen Kanals der Trematoden beob-
achtet sind, konnte ich nicht bemerken. Umgeben ist der Kanal
von einer dünnen Schicht Ringmuskeln, auf welche einzelne Längs-
muskeln folgen. Wie schon Monticelli es beobachtet hat, ist das
Parencliym um den Kanal reich an großen, leicht färbbaren Kernen,
die ihn ringförmig umgeben.
Der Uterus beginnt nach der Vereinigung von Oviduct und un-
paarem Dottergang und hat anfangs eine Breite von 0,036 mm. Er
erweitert sich allmählich immer mehr, bis er beim Austritt aus dem
MEHLis'schen Körper einen Durchmesser von 0,223 mm besitzt. In
seinem späteren Verlauf vergrößert sich sein Lumen bis zu 0,612 mm
216 Georg Mühlschlag,
und darüber. Er erstreckt sich nach hinten übei- die Schalendrüse
nicht liinaiis, sondern nimmt, mit Eiern prall gefallt, in zahlreichen
Windungen fast den ganzen Mittelkörper bis zum Bauchsaugnapf ein
(Taf. 9 Fig. 1). Hier verengert er sich bedeutend und zieht außerhalb
des Cirrusbeutels auf der Ventralseite in den Genitalkegel. Die
Wandung des Uterus ist seinem Verlaufe durch das Körperparenchym
verschieden gestaltet. In dem MEHLis'schen Körper wird sie von
Cylinderepithelzellen gebildet, an deren Grunde sich leicht färbbare
Kerne befinden. Eine dünne Secretmasse ist dem Epithel aufge-
lagert. Umgeben ist hier der Uterus anscheinend von einer dünnen
ßingmuskelschicht. Diese Struktur ändert sich nach dem Austritt
aus dem MEHLis'schen Körper, wo seine Wandung nur von einer
dünnen Membran gebildet wird. In der Höhe des Cirrusbeutels, also
in seinem letzten Abschnitt, den Looss die Vagina nennt, wird er
dann wieder muskulös, indem eine innere Ring- und eine äußere
Längsmuskelschicht auftritt. In dem Teile des Uterus, der in dem
MEHLis'schen Körper liegt, besonders jedoch im Anfangsteile außer-
halb desselben finden sich zahllose Spermatozoen, so daß die Eier
in die Spermamasse eingebettet erscheinen, eine Beobachtung, die
von verschiedenen Autoren gemacht ist. Die Länge der Eier be-
trägt bis zu 0,09 mm, die Breite durchschnittlich 0,053 mm, die
Dicke der Schale bis zu 0,007 mm.
Die guten anatomischen Angaben Poirieh's über D. insigne und
veliporum, der also 2 Arten unterscheidet, habe ich nur in folgenden
wenigen Punkten zu ändern. Die Excretionsblase mündet durch
einen kurzen Kanal aus. Der männliche und weibliche Geschlechts-
apparat hat einen gemeinsamen Ausführungskanal. Der MEHLis'sche
Körper ist nicht von einer struktuilosen Membran umgeben. Die
Hoden und das Ovarium entbehren einer Muskulatur. Aus den
übrigen anatomischen Daten, die mit meinen Untersuchungen gut
übereinstimmen, bin ich jedoch ebenso wie Odhner zu der Über-
zeugung gekommen, daß vorliegende Art identisch mit Distomum
insigne (Diesing, 1850, Villot, 1878, Poieier, 1885) ist.
Was die systematische Stellung von Otodistomiim veliporum
(Creplin) betrifft, kann ich auf die Arbeit von Odhner „Zum
natürtichen System der digenen Trematoden IV" verweisen. Hier-
nach gehört unser Distomum zur Familie der Azygiidae und zur
Gattung Otodistomum Stafford, 1904. welche die beiden Arten Oio-
distomum veliporum (Creplin:) und Otodistomum cestoides (van Ben.)
umfaßt. Die Merkmale der Familie und Gattung sind von Odhneu
Anatomie von Otodistomum veliporum (Crepltn) usw. 217
in vortrefflicher AVeise zusammengestellt, so daß ich nichts wesent-
liches hinzuzufüg-en habe. Otodistomum veliporum (Crepl.) unter-
scheidet sich von dem nahe verwandten Otodistomum cestoides
(van Ben.) durch seine im allgemeinen geringere Länge und größere
Breite. Die Eier sind größer und besitzen eine dickere Schale.
Ferner scheint mir eine so große Variabilität in der Ausdehnung
der Dotterstöcke, wie sie nach Odhner bei Otodistomum cestoides
(van Ben.) vorkommt, hier nicht zu bestehen.
Distomiim fusmini POIRIER (BOSC) und
Distojnum ingens MONIEZ.
Distomum fuscum Poirier und Distomum ingens Moniez gehören
zur Gruppe des Distomum clavatum (Menzies). Zu ihr rechnet man
Distomen, die sich durch ihre Größe auszeichnen und parasitisch im
Magen der Scomhridae (Makrelen) leben. Die Geschichte dieser
Arten ist zuerst von Blanchard, dann von Moniez und in neuerer
Zeit von Darr und v. Buttel-Eeepen, der auch eine Tafel mit Ab-
bildungen gibt, zusammengestellt, und ich kann in dieser Hinsicht
auf die betreffenden Arbeiten verweisen. Man ersieht aus ihnen,
daß eine Einigung der Ansichten, welche von diesen Trematoden zu
einer Art zusammenzufassen oder selbständige Arten sind, bis jetzt
nicht erreicht ist, da das äußere Aussehen der Tiere oft keinen
genügenden Anhalt bietet. Daher sagt v. Buttel-Reepen in seiner
Abhandlung über die D. cZam^wm-Gruppe sehr richtig: „Die Klar-
legung der Synonymie in dieser Gruppe wird nur erreicht werden
durch eingehende anatomische und histologische Neuuntersuchungen
der verschiedenen Arten, die zu dieser Gruppe gerechnet werden. "^
Durch die folgende Beschreibung von Distomum fnscum Poirier und
Distomum ingens Moniez möchte ich den Versuch machen, etwas
zur Klärung der Synonymie in vorliegender Gruppe beizutragen.
Distornuni fuscum POIRIER (BOSC).
Im Jahre 1802 entdeckte Bosc an den Kiemen, im Magen und
im Darm der „Dorade" {Coryphaena liippuris) 3 Arten von Distomen,
die er als Fasciola fusca, Fasciola coryphaenae und Fasciola caudata
bezeichnete. In der „Entozoorum historia naturalis" von Rüdolphi
werden Hirudinella marina Garsin und Fasciola clavata Menzies zu
einer Art Distoma clavatum Rudolphi vereinigt, während die 3 von
Bosc gefundenen Distomen unter dem Namen Distoma coryphaenae
218 Georg Mühlschlag,
ZU den zweifelhaften Arten gezählt werden. Diesing hält für
synonym Fasciola caudata Bosc und Bistoma tornatmn Rudolphi und
betrachtet sie als Cercarie von Fasciola fusca Bosc, da dieser sie
auf den Kiemen der „Dorade" als geschwänzte Form (Fasciola
caudata) und zugleich im Magen und im Darmtractus gefunden hat
{Fasciola fusca und Fasciola coryphaenae). Fasciola fusca und Fasciola
coryphaenae sind für ihn dieselbe Form. Baird stellt zu der schon
von Blainville für Bistoma clavatum Rud. aufgestellten Gattung
Hirudinella als zweite Art Fasciola ventricosa Pallas, mit der er Bisto-
mum clavatum Owen uud Fasciola fusca Bosc identifiziert.
CoBBOLD faßt alle bisher bekannten Arten der B. clavatum-
Gruppe, einschließlich des Bistoma gigas Nardo, zu einer Art B. cla-
vatum zusammen. Im Jahre 1885 veröffentlicht dann Poirier eine
interessante Arbeit über die B. ctom^wm-Gruppe. Er stellt 8 ver-
schiedene Arten auf, darunter B. fuscum Poirier (Bosc) = B. cory-
phaenae TiLEsius auf Grund eines einzigen Exemplars ohne Wirts-
angabe „rapporte de Sainte-Lucie". Er gibt eine äußere Beschrei-
bung und 2 Abbildungen. Nach Blanchard sind fast alle Arten
der B. clavatum-GY\a^^% miteinander identisch, und als Typus der
Gruppe gilt ihm Fasciola ventricosa Pallas. Die von Bosc gefundenen
Trematoden sind nach seiner Meinung verschieden alte Exemplare
derselben Art.
MoNiEz erwähnt in einer Schrift, in welcher er die Identitäts-
frage der B. c^am^wm-Gruppe erörtert, daß unter den Distomen, die
während der Expedition der „Hirondelle"' gesammelt wurden, sich
2 Exemplare befanden, die offenbar mit Poirier's Beschreibung von
B. fuscum übereinstimmten. Das größere wurde im Darm eines
Germon (Thynnus alalunga), das kleinere im Magen eines Bonite
{Thynnus pelamys) von J. de Guerne gefunden. Die Arbeiten von Darr
und V. Buttel-Reepen bringen über B. fuscum Poirier nichts Neues.
Man sieht aus dieser kurzen Zusammenstellung, daß die Ana-
tomie von B. fuscum noch gar nicht bekannt ist, da Bosc und
Poirier nur äußere Beschreibungen gegeben haben.
Von den Distomen des Hamburger Materials, die ich als Bisto-
mum fuscum Poirier bezeichnet habe, verwandte ich zur anatomi-
schen Untersuchung zwei Exemplare, von denen das größere fast
vollkommen mit den charakteristischen Figuren Poirier's überein-
stimmte. Da das Hinterende des Tieres verletzt war, habe ich keine
Abbildung von diesem Exemplar gegeben. Eine Angabe des Wirts-
tieres fehlte, die Signatur des Glases lautete nur: „5183 Campeche
Anatomie von Otodistomiun veliporum (Creplin) usw. 219
Bay, Pütze vend. 1882, 2 E." Taf. 9 Fig. 4 und 5 stellt ein Distomum
dar. das sicher auch als Distotnum fuscuni Poieier anzusehen ist.
In der Sammlung ist es mit „E. K. 4315 Dolphin Magen 1 E." be-
zeichnet. Da nun aber nach v. Büttel-Reepen die Coryphaena von
den Seeleuten Delphin (holländisch Dolphin) genannt wird, so ist
als Wirt für die von Poiriee beschriebene Art auch die Coryphaena
anzusehen. Die ursprünglich von Bosc abgebildete Art, Fasciola
fusca, wurde ebenfalls im Magen einer „Dorade" [Coryphaena Uppuris)
gefunden.
Die Länge des größeren untersuchten Tieres betrug 17 mm,
seine größte Breite 13 mm und seine größte Dicke 7 mm, also Maße,
die auch mit Poiriee's Angaben ganz gut übereinstimmen. Ein
gutes Bild der äußeren Form bieten die Figuren Poiriee's, nur
war bei meinem Exemplar die Öffnung des Bauchsaugnapfes rund
und nicht elliptisch, die des Mundsaugnapfes nach Poieiee's Ab-
bildung rund, während sie hier ein Rechteck bildete. Jedoch sind
diese Unterschiede nur als eine Kontraktionserscheinung anzusehen.
Das ganze Tier hatte ein keuliges Aussehen und eine gelblich-graue
Farbe. Charakteristisch waren bei diesem Exemplar die auffallend
breiten Ringfalten, welche den ganzen Körper so regelmäßig um-
gaben, mit Ausnahme des Halses, der ziemlich faltenlos war. Er
war schwach nach hinten gebogen und hatte eine Länge von 6 mm
und an der Basis eine Breite von 4 mm. Der Mundsaugnapf war
klein und hatte eine Öffnung von etwa 1 mm Durchmesser. Der
Oenitalporus war nur sehr schwer zu erkennen, jedoch befindet er
sich näher am Mundsaugnapfe und nicht, wie es Poieiee in seiner
Beschreibung angibt, in gleichem Abstände von den beiden Saug-
organen. Der Bauchsaugnapf war groß und von der Körperwand in
Form eines runden Kragens umgeben, der mit eigentümlichen,
charakteristischen Falten versehen war und im Durchmesser eine
Größe von 6 mm hatte. Die Öffnung des Excretionsporus war von
konzentrisch gelegenen Falten dicht umgeben.
K ö r p e r b e d e c k u n g und Muskulatur.
Der ganze Körper ist von der leicht färbbaren, homogenen
Cuticula bedeckt. Ihre Dicke beträgt im Vorderkörper durchschnitt-
lich 57 [X und im Hinterkörper 43 fi. Ferner ist sie auch von der
Größe des Tieres abhängig, da ihre Stärke bei dem kleineren
Exemplare im Vorderkörper nur 36 fi und im Hinterkörper nur
29 fi erreichte. Eine besonders charakteristische Eigentümlichkeit
Zool. Jahrb. XXXVIL Abt. f. Syst. 15
220
Geoeg Mühlschlag,
der Cuticula fällt bei der Untersuchung sogleich ins Auge. Auf
Quer- und Längsschnitten hat sie auf ihrer Innenfläche ein ge-
spaltenes Aussehen, indem Kanäle senkrecht zur Oberfläche in die
Cuticula eindringen, ohne sie jedoch zu durchbohren. Den Inhalt
dieser Kanäle bilden papillenförmige Gebilde, die von dem darunter
liegenden Bindegewebe ausgehen. Sie sind an ihrem peripheren
Ende bisweilen kolbig erweitert und haben eine Länge bis zu 50 f£
und eine Breite bis zu 6 fji. Fig. E stellt einen Querschnitt vor„
Fig. E.
Papillenartige Vorsprünge in die Cuticula
von Distomum fuscum Poirier. 498 : 1.
Fig. F.
Papillenartige Vorsprünge; die Cuti-
cula ist abgesprungen. 498:1.
der etwas schräg die Cuticula getroffen hat. Man sieht hier sehr
deutlich diese Gebilde zum Teil der Länge nach, zum Teil ganz quer
getroffen. Fig. F zeigt diese Papillen an einer Stelle, an der die
Cuticula abgesprungen ist und sie frei nach außen hervorragen. Bei
D. clavatum sind sie ebenfalls vorhanden, und Daer spricht die Ver-
mutung aus, daß es sich hier um Nervenendigungen handeln könne.
Jedenfalls hat auch Braun in bezug auf Poirier's Schilderung wahr-
scheinlich ganz mit Recht diese Kanäle mit dem Papillarkörper der
menschlichen Cutis verglichen. Die Cuticula kleidet als dünnere
Membran auch den Anfangsteil der Geschlechtsorgane, des Ver«
Anatomie von Otodistomum veliporum (Creplin) usw.
221
dauungskanals und die Saugnäpfe aus. Ihre Dicke beträgt im
Genitalatrium 21,6 ^ und in den Saugnäpfen bedeutend weniger,
nämlich 7,2 ix. auch zeigt sie auf Schnitten in diesen Teilen kein
solch gespaltenes Aussehen.
Unter der Cuticula befindet sich eine breite Schicht von Binde-
gewebsfasern, die von Poirier „couche subcuticulaire" genannt ist.
Fig. G.
Querschnitt durch Distomum fuscum Poirier. Ungefähr in der Mitte des Körpers.
19 : 1.
Sie ist in der Gruppe des B. clavatum besonders stark entwickelt
und besitzt bei vorliegender Art einen Durchmesser von ca. 0,2 mm.
In ihr befinden sich im Vorderkörper zahlreiche, zerstreute Ring-
und dünne Längsfasern, hierauf folgt eine auffallend breite Schicht
von Ringfasern und unter dieser starke Längsmuskelbündel. Während
nun im Vorderkörper die inneren Ringmuskeln sehr entwickelt sind,
sehen wir hinter dem Bauchsaugnapf die inneren Längsmuskeln
15*
222 Georg Mühlschlag,
(13.5 fA dick) die Hauptmasse des Hautmuskelschlauches bilden. Sie
sind zu dicken Bündeln zusammengelagert, die durchschnittlich einen
Durchmesser von 100 /jl haben. (Zur Veranschaulichung dienen die
Figg, 6 und G.) Unter diesen Muskellagen folgt eine „subcuticulare
Zellenschicht" , wie sie v. Buttel-Reepen in seiner Beschreibung
des B. ampuTlaceum nennt. Sie setzt sich aus großen, ovalen und
leicht färbbaren Zellen mit deutlich sichtbarem Kern zusammen. Ihr
Durchmesser beträgt 12 ij, durchschnittlich.
Der Bau der Saugnäpfe ist derselbe, wie ihnPoiRiERbeiZ).c?ava^Mm
beschrieben hat. Auf Taf. 9 Fig. 6 sieht man am Muudsaugnapfe an der
unteren Hälfte sehr schön die Transversalmuskeln ausgebildet. Die
Körperwand ragt weit über ihn hinaus und bildet so einen Rand, der
die Mundöffnung sehr verengert. Auffallend und charakteristisch
ist am Bauchsaugnapf die kragentörmige Ausbildung der Körper-
wand, die mit ihren wulstigen Erhebungen die eigentliche Sauggrube
umgibt (Taf. 9 Fig. 4 u. 6.) Eine ganz ähnliche Bildung finden wir bei
B. heurteli, D. dadylipherum und D. verrucosum, wie man aus den
Abbildungen Poirier's ersehen kann. In dem Bindegewebe der
Saugnapfmuskulatur kommen auch die „großen Zellen" vor, wenn
auch nicht so häufig wie bei Otodistomum veliporum (Creplin). Leicht
erkennbar infolge ihrer starken Ausbildung sind die Muskelbündel,
welche die Funktion der Saugnäpfe unterstützen. Am Bauchsaug-
napf sehen wir die Längsmuskeln des ventralen Hautmuskel-
schlauches sowohl vom Vorderkörper als auch vom Hinterkörper aus
sich zur Muskulatur des Saugnapfes erstrecken. Sie setzen sich
nicht unmittelbar am äußeren Rande, sondern etwas weiter im Innern
des Körpers an die Oberfläche des Saugorgans an. Dieselben An-
satzstellen haben auch die Muskelbündel, welche sich vom dorsalen
Längsmuskelschlauch abspalten und in schrägem Verlauf zum Bauch-
saugnapf ziehen. In Fig. 6 sind nur die Ansatzbündel der vorderen
Hälfte des Saugnapfes abgebildet, zur hinteren Hälfte erstrecken
sich die Muskeln in gleicher Weise. i\.ußerdem spalten sich von
den vorderen und hinteren dorsalen Längsmuskeln auch Bündel ab,
die sich der inneren Oberfläche des Saugorgans anlegen und sie
schalenförmig umfassen. In ähnlicher Weise umgreifen die Längs-
muskeln des dorsalen und ventralen Hautmuskelschlauches auch den
Mundsaugnapf, während die Ringmuskeln zur Unterstützung der
Saugfunktion weniger beizutragen scheinen.
Anatomie von Otodistomum veliporum (Creplin) usw.
223
V e r d a u u n g s a p p a r a t.
Einen Überblick über die Gestalt der Verdauungsorgane bietet
die schematische Textfigur H. Wir finden bei I). fuscum folgende
Ausbildung des Verdauungstractus. Der Mundsaugnapf hat eine
subterminale Öffnung, und aus ihm gelangt man in den Pharynx, der
eine Länge von 0,79 mm und eine Breite von 0,75 mm aufweist.
Wahrscheinlich infolge Kontraktion ist seine Form eine fast kuglige
geworden. Ebenso wie der Mundsaugnapf und der nun folgende
Schematische Darstellunj? des Anfangsteiles der Verdauungsorgane von
Distomum fuscum Poirier.
Ösophagus ist er von einer cuticularen Membran ausgekleidet. Nach
seinem kurzen kugligen Anfangsteile, der eine Länge von 108 ju
und eine Breite von 180 ju hat, erweitert er sich sehr stark bis zu
einer Länge von 540 ß und kommt so zum Teil dorsal über dem
Pharynx zu liegen (Taf. 9 Fig. 6). Dieser Teil wird bei D. ampuUaceum
als Kropf bezeichnet. Die cuticulare Membran des Ösophagus zeigt
unregelmäßige, faltige Erhebungen, wie sie auch bei Hirudinella
davata und D. ampuUaceum beschrieben sind. Mir scheint diese
Bildung keine ursprüngliche zu sein, sondern nur eine Folge der
224 Georg Mühlschlag,
starken Kontraktion dieser Teile. Denn während bei dem einen
Exemplar der ganze Ösophagus eine runzlige Cuticula aufweist,
finden wir bei dem anderen nur den Anfangsteil mit faltiger Wandung.
Bei dem ersten Tiere ist nun das Lumen der kropfartigen Er-
weiterung infolge Kontraktion unregelmäßig, während es bei dem
zweiten Exemplare eine auffallend regelmäßige runde Form zeigt.
Hierauf schließen sich nach beiden Seiten kuglige Auftreibungen
an, welche dann in die beiden langen Darmschenkel übergehen.
Während nun der Ösophagus wie gewöhnlich eine cuticulare Wandung
besitzt, der innere Ring- und äußere Längsmuskeln aufgelagert sind,
findet man in den kugligen Auftreibungen ein eigenartges Epithel.
Es sind Cylinderzellen von 14,5 /^ Höhe mit kleinem Kern am Grunde,
die auffallend lange Fortsätze (108 fj) tragen, so daß diese fast den
ganzen Hohlraum erfüllen. Kurz vor der Mündung in die Darm-
schenkel sieht man, wie diese Fortsätze sich umbiegen und mit
ihren Spitzen der Mündungsstelle zuzustreben scheinen. Die Be-
deutung dieses Epithels ist zweifelhaft, v. Buttel-Reepen, der bei
D. ampuUaceum ähnliche Verhältnisse fand, nimmt an, daß es sich
um „Becherzellen" handelt mit langen fadenförmigen, protoplasma-
tischen Fortsätzen, an denen das austretende Secret entlang fließt.
Die anschließenden Darmschenkel zeigen auch ein Cylinderepithel,
jedoch mit viel kürzeren Fortsätzen. Den Darmschenkeln ist eine
dünne, innere Ring- und eine äußere Längsmuskelschicht auf-
gelagert. Sie reichen bis fast an das äußerste Ende des Körpers
und weiten sich im Hinterkörper sehr stark zu den beiden Darm-
säcken aus, die hier den größten Raum des Körpers einnehmen.
In der Mitte des Hinterkörpers haben sie einen Durchmesser von
1,89 mm. Wie sehr häufig bei Trematoden findet man in ihnen wie
in dem ganzen Verdauungstractus einen feinkörnigen, schwärzlichen
Inhalt, der unzweifelhaft als Blut des Wirtstieres anzusehen ist.
Bemerkenswert ist die große Ähnlichkeit in dem Bau der Ver-
dauungsorgane bei allen diesen Distomen der D. davatmn-Gru^^e,
wie man aus der Beschreibung von Hirudinella clavata, D. ampuUaceum
und D. ingens ersehen kann.
Nervensystem und Excretionsgefäße.
Von dem Nervensystem sind bei dem wenig guten Erhaltungs-
zustande des Materials nur die Hauptteile zu erkennen. 2 große
Cerebralganglien liegen dorsal dicht über dem Pharynx und sind
durch eine Quercommissur verbunden. Von ihnen gehen nach vorn
Anatomie von Otodistomum veliporum (Crkplin) usw.
225
226 Georg MChlschlag,
2 seitliche Nerven zum Mundsaugnapfe und nach hinten die beiden
großen Längsstämme, die seitlich von den weiten Darmschenkeln^
jedoch mehr ventral und ganz dicht am Hautmuskelschlauch ver-
laufen (Fig. G). Sie sind aus sehr großen Elementen zusammenge-
setzt, und ihr Querschnitt hat ein netzförmiges Aussehen. Der
Durchmesser dieser Längsstämme beträgt im Mittelkörper hinter
den Genitaldrüsen 120 f-i.
Ebenso sind von dem Excretionsgefäßsystem nur die Hauptteile
zu beobachten. Die Excretionsblase liegt im Hinterkörper in der
Medianlinie zwischen den beiden breiten Darmsäcken, von denen
sie stark zusammengedrückt ist, und reicht ungefähr bis zur halben
Körperlänge nach vorn. Sie mündet durch einen kurzen Kanal, der
ebenso wie die Excretionsblase von einer dünnen, vielfach gefalteten
cuticularen Membran ausgekleidet ist, nach außen. Der Kanal ist
mit einei" sphincterartigen Muskulatur umgeben; man bemerkt vor
allem Eingmuskeln und auch dünne Längsmuskeln, die jedoch schon
schräg veilaufen und auf einem Querschnitt strahlenförmig ange-
ordnet zu sein scheinen (Fig. J). Eine Kingmuskulatur umgibt in
dünner Schicht auch die Excretionsblase. An ihrem oberen Ende
entspringen die Sammelröhren anscheinend in 2 Asten, um in äußerst
komplizierten Windungen, deren Lumen sehr schwankend ist, den
ganzen Körper zu durchziehen. Eine Kekonstruktion der Kanäle
war nicht möglich. Bemerken will ich jedoch, daß sich auf Quer-
schnitten durch den Hinterkörper zahlreiche Lumina von Excretions-
gefäßen zwischen den Darmsäcken und der Körperwand bis ganz in
die Nähe des Excretionsporus erkennen lassen (Fig. K u. J). Im
Mittelkörper bemerkt man die Lumina der Excretionsgefäße haupt-
sächlich zu beiden Seiten der Darmschenkel, jedoch in geringerer
Anzahl auch zwischen den unentwirrbaren Uterusschlingen. Im
Yorderkörper nehmen sie ebenfalls einen großen Raum ein. Sie
sind von einer cuticularen Membran ausgekleidet, der eine Muskulatur
nicht aufgelagert ist.
Geschlechtsorgane.
Eine topographische Übersicht des Genitalapparats bieten die
Figg. L u. M. Die beiden Hoden befinden sich unmittelbar hinter
dem Bauchsaugnapfe, und zwar bei dem einen untersuchten Exemplar
schräg hintereinander, so daß der hintere Hoden etwas links seitlich
verschoben ist und das Ovarium schräg rechts seitlich von ihm zu
liegen kommt. Daß dieses nur eine Kontraktionserscheinung ist,
Anatomie von Otodistomum veliporum (Creplin) usw.
227
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228 Georg Mühlschlag,
beweist die Lage der 3 Geschlechtsdrüsen bei dem anderen Tiere,
wo die beiden Hoden und das Ovarium ziemlich genau hintereinander
in der Medianlinie gelagert sind. Die Hoden sind von ovaler Ge-
stalt, der vordere hat einen größten Durchmesser von 0,76 mm und
der hintere von 0,72 mm. Eine dünne Membran, der feine unregel-
mäßig verlaufende Muskelfasern aufgelagert sind, umgibt sie. Leider
sind die Abgangsstellen der Vasa efferentia und ihr Verlauf bei den
beiden untersuchten Exemplaren nicht zu erkennen. Sie münden
in die muskulöse Vesicula seminalis, die in der Höhe des vorderen
Bauchsaugnapfrandes gelegen ist. Ihr Lumen erweitert sich bis zu
einer Breite von 0,25 mm und ist erfüllt mit einer dicht verfloch-
tenen Masse von Spermatozoen. Nach S-förmigem Verlauf verengt
sie sich zu der Pars prostatica, die sich in einfachen Schlingen über
dem Uterus bis etwa in die Höhe des Genitalporus hinzieht. Der
Erhaltungszustand ist bei beiden Exemplaren so wenig gut, daß ich
genaue Angaben über ihre Struktur nicht machen kann, jedoch ist sie
scheinbar ebenso wie bei Distomum ingens Moniez. Die Pars pro-
statica, deren Lumen 0,11 mm beträgt, ist muskulös und anscheinend
von einem Cylinderepithel ausgekleidet. In ihrem ganzen Verlauf
ist sie in Drüsenzellen, den Prostatadrüsen, eingebettet. Die Breite
dieses Drüsenkomplexes beträgt 50,4 /^. Die Struktur der Pars
prostatica ändert sich, sobald sie in das Muskelgewirr eintritt, das
den Endabschnitt des männlichen Genitalweges umgibt, und dieser
Teil hat nun den Namen Ductus ejaculatorius. Eine dicke, cuticu-
lare Membran, deren Stärke durchschnittlich 21,6 fi beträgt, kleidet
ihn aus, und eine verhältnismäßig starke Kingmuskulatur umgibt
ihn. Sein Lumen ist anfangs 28,8 fJi weit, vergrößert sich aber bald
bis zu 72 fi, und kurz vor seiner Einmündung in den Genitalsinus
hat er infolge Ausbuchtungen manchmal eine Breite von 252 [ä.
Der Ductus ejaculatorius ist in seinem ganzen Laufe in einer sehr
mannigfaltigen Muskulatur gelegen; ein geschlossener Cirrusbeutel,
wie man ihn z. B. bei Otodistomum veliporum (Ckeplin) findet, fehlt
hier. Immerhin ist um den Endabschnitt des männlichen Genital-
w^eges eine besondere Muskulatur vorhanden, die allmählich in die
übrige Körpermuskulatur übergeht. Außer vielfach verschlungenen
Muskeln in den verschiedensten Richtungen sind hauptsächlich Eing-
und Längsmuskeln unterscheidbar, Taf. 9 Fig. 7 stellt einen Längs-
schnitt durch den Hals dar, und man sieht, daß der Ductus ejaculatorius
in weiterem Abstände von Längsbündeln umgeben ist, von denen
die vorderen (Im^) vom dorsalen Hautmuskelschlauch entspringen,
Anatomie von Otodistomum veliporum (Creplin) usw. 229
während die hinteren (/m.,) von den Längsmnskeln des Uterus sich
abzuspalten scheinen. Dicht neben ihnen verlaufen auch Ringmuskeln
(rm^ und rw.,), die sich von dem Genitalatrium aus in schmalem
Bande in das Körperinnere verlieren. Der männliche Geschlechts-
apparat mündet auf einer konischen Erhebung' in den vorderen Teil
des Genitalatriums.
Durch den Genitalporus, der dicht hinter und unter dem Pha-
rynx liegt, mündet es auf der Ventralseite aus. Es ist bei Disto-
mum fusciim Poirier eine flache Aussackung ziemlich parallel der
Ventralseite des Halses (Taf. 9 Fig. 6 u. 7), Es hat bei vorliegendem
Exemplar eine Länge von 1,16 mm und eine größte Breite von
0,59 mm und erstreckt sich ungefähr von der Höhe des Pharynx
bis in die Höhe der kragenartigen Verbreiterung der Körperwand,
welche den Bauchsaugnapf umgibt. Man kann es als eine Einstül-
pung der Körperoberfläche auffassen, da seine Muskulatur derjenigen
des Hautmuskelschlauches entspricht. Man bemerkt auch hier unter
der auskleidenden cuticularen Membran zunächst Ring- und dann
Längsmuskeln. Betrachtet man seine Innenfläche näher, so sieht
man, daß sie starke Ausbuchtungen aufweist. Zunächst fällt die
muskulöse, konische Erhebung auf, mit welcher der Ductus ejacula-
torius in das Genitalatrium mündet. Sie dient wahrscheinlich als
Begattungsapparat und kann durch den Genitalporus ausgestülpt
werden. Hierdurch erklärt sich dann leicht die Figur und Beschrei-
bung von Bosc, daß das Vorderende von Fasciola fusca „deux petits
tentacules en dessous" trägt. Eine Bestätigung findet diese An-
nahme auch durch die Beobachtung Jaegerskiöld's an Distomum
megastomum Rudolphi, wo das Genitalatrium ganz ähnlich gebaut
ist. Bei einem Exemplar fand er den Genitalkegel durch den Porus
des Atriums ausgestülpt vor. Um diese konische, muskulöse Vor-
wölbung des männlichen Genitalapparats findet man ferner eine
hohe Ringfalte (rf), die sich ebenfalls durch starke Entwicklung der
Muskulatur auszeichnet. Andere kleinere Ringfalten, die sich auf
der Innenfläche des Atriums vorfinden, sind wohl nur als Kontraktions-
erscheinung aufzufassen. Auf Taf. 9 Fig. 7 ist der männliche Genital-
konus in stark kontrahiertem, eingezogenem Zustande abgebildet.
Dadurch erklärt sich dann auch der gewundene Verlauf und das
ausgebuchtete, unregelmäßige Lumen des Ductus ejaculatorius.
Was die topographische Lage des weiblichen Genitalapparats
betriift, so ist sie aus den Figg. M u. L ersichtlich. Das Ovarium
liegt hinter den Hoden ziemlich median. Seine Gestalt ist kuglig,
230 Georg Mühlschlag,
und sein Durchmesser beträgt 0,67 mm. Es ist von Keimzellen in
verschiedenen Entwicklungsstadien erfüllt, wobei man leicht sieht,
daß die in der Mitte gelegenen Zellen die an der dünnen Außen-
hülle gelagerten an Größe bedeutend übertreffen. Der Durchmesser
der ersteren beträgt 9 fJt, derjenige der letzteren 3 ^. Durch den
Oviduct mündet es in den dicht hinter ihm liegenden MEHLis'schen
Körper (Schalendrüse), der einen größten Durchmesser von 0,37 mm
besitzt. Der Oviduct, der anfangs bei seinem Eintritt in den Mehlis-
schen Körper sehr eng ist, erweitert sich bald. Kurz nach seiner
Einmündung in diesen empfängt er den LAURER'schen Kanal und
gleich darauf den unpaaren Dottergang. Von hier ab wird der
weibliche Genitalweg als Uterus bezeichnet; er beschreibt in dem
MEHLis'schen Körper eine etwa S-förmige Schleife und tritt dann
dorsalwärts aus ihm aus, um in verworrenen Schlingen zwischen
den beiden Darmschenkeln zunächst sich weit in den Hinterkörper
bis etwa zum Beginn der Excretionsblase zu erstrecken. Hierauf
zieht er wieder nach dem Vorderkörper und verläuft in ziemlich
gerader Richtung dorsal über dem Ovarium und den beiden Hoden
in den Hals und mündet im Genitalatrium hinter dem Ductus eja-
culatorius aus. Die Hauptmasse des Uterus, dessen Lumen sehr
verschieden ist (216 fi und mehr), liegt bei Bistomum fuscum Poirier
hinter den 3 Genitaldrüsen und nimmt die Mitte des Körpers
zwischen den beiden Darmschenkeln vollständig ein (Fig. G). Der
Uterus ist mit Eiern, die eine Länge von 34,5 /^ und eine Breite
von 22,5 ju, haben, dicht erfüllt, und in seinem Anfangsteile sind sie
in Spermamassen eingebettet. Seine Wandung ist mit einer inneren
Ring- und äußeren Längsmuskulatur ausgestattet, und darüber liegen
kleine, birnförmige, leicht färbbare Zellen, die wahrscheinlich drü-
siger Natur sind.
Der LAURER'sche Kanal bildet beim Eintritt in den MEHLis'schen
Körper eine bulbusartige Auftreibung, deren Länge 72 ju und deren
Breite 50,4 // beträgt. In ihr bemerkt man zahlreiche Spermatozoen.
Eine 6 ß dicke cuticulare Membran kleidet den Kanal aus, und sein
Lumen hat einen Durchmesser von 15—21 /«. In mehrfach ge-
schlängeltem Lauf, nachdem er einen Bogen mit der Öffnung nach
dem Hinterende zu beschrieben hat, mündet er in der Höhe des
Ovariums auf der Dorsalseite etwas links seitlich der Medianlinie
aus. In seinem ganzen Verlauf ist er von einer Ringmuskulatur
umgeben.
Die Dotterstöcke sind verästelte Schläuche und an der Außen-
Anatomie von Otodistomuni veliporum (Crepijn) usw. 231
Seite der Darmschenkel, zwischen diesen und dem Hautmuskel-
schlauch gelag-ert (Fig. G). Sie erstrecken sich nach vorn ungefähr
so weit wie die Hoden, nach hinten reichen sie bis zum Anfangs-
teile der Excretionsblase. Ihr Lumen hat einen Durchmesser von
45 fi.
Vergleicht man die Abbildungen Poieier's von D. fuscum und
B. verrucosum, so bietet die äußere Form auffallende Ähnlichkeiten.
Beide Arten unterscheiden sich jedoch wiederum leicht durch die
warzenförmigen Erhebungen, welche die Haut von D. verrucosum
bedecken. Diese papillenförmigen Vorspünge könnten aber vielleicht
nicht ursprünglicher Natur, sondern nur durch die Konservierung
entstanden sein. Jedenfalls gibt Poirier für sie keine histologische
Begründung, sondern sagt nur: „Le reste du corps presente un grand
nombre de plis transverses irreguliers, ainsi qu'un grand nombre
de petites tuberosites ou verrues disseminees sans ordre ä la sur-
face du corps."
Das Genitalatrium, dessen Ausbildung für D. fuscum Poirier
sehr charakteristisch ist, zeigt auffallende Übereinstimmung mit der
Abbildung desjenigen von D. verrucosum Poirier. Auch die kurzen
anatomischen Angaben über D. verrucosum, die Poirier im Vergleich
mit D. clavatum macht, stimmen mit meinen Untersuchungen an D.
fuscum Poirier gut überein. Falls nun die „petites tuberosites ou
verrues" eine besondere histologische Struktur besitzen, sind meiner
Meinung nach D. verrucosum und D. fuscum 2 verschiedene, aber
sehr nahe verwandte Arten. Sind jedoch diese warzenförmigen Er-
hebungen nur eine Kontraktionserscheinung, so halte ich D. verru-
cosum für synonym mit D. fuscum.
Was nun die systematische Stellung von D. fuscum Poirier
betrifft, so gehört es zur Distomum clavatum- Grnpi^e , die nach
Odhner als Unterfamilie zur LÜHE'schen Familie der Hemiuridae zu
rechnen ist. Ferner ist aus seinem anatomischen Bau die Zu-
gehörigkeit zur Gattung HirucUnella, deren Merkmale von Darr zu-
sammengestellt sind, zu erkennen. Hier bildet es eine gut unter-
scheidbare Art. Charakteristisch für sie ist außer der kurzen ge-
drungenen Form vor allem die breite, wulstige Umrandung des
Bauchsaugnapfes. Als besondere anatomische Artunterschiede führe
ich auf die Anwesenheit einer bulbusartigen Auftreibung des
LAURER'schen Kanals im MEHLis'schen Körper und die eigenartige
Form des Genitalatriums. Ferner fehlt ein geschlossener Cirrus-
beutel; der Endteil des männlichen Genitalweges ist jedoch von
232 Georg Mühlöchlag
einer besonderen Muskulatur umgeben, die allmählich in die übrige
Körpermuskulatur übergeht.
Distomuni i^igens MONIEZ.
Im Jahre 1834 beschreibt und bildet Owen ein Bisiomum ab,
das sich durch seine auffallende Größe auszeichnet. Es hat eine
Länge von 54 mm und eine Breite von 21 mm am Hinterkörper.
Außer einer sehr genauen äußeren Beschreibung macht er auch An-
gaben über den inneren Bau. Er erkennt den Excretionsporus und
weist nach, daß er zu dem Darm in keiner Beziehung steht. Die
Darmschenkel sind nach seiner Meinung verschieden von den caudalen
Anschwellungen und dienen nur als Zuleitungsröhren. Ferner be-
obachtet er den Endteil des weiblichen Geschlechtsapparats; die
Vesicula seminalis sieht er jedoch für den Hoden an. Obwohl nun
sein Distomum eine gedrungene, ampullenförmige Gestalt hat, hält
er es doch für identisch mit Distomum clavatum (Menz.), dessen
Hinterende allein kugelförmig aufgetrieben ist, während der übrige
Körper eine ziemlich gleichmäßige Breite hat. Diesing zieht dann
die Grenzen der Synonymie noch weiter, indem er als identisch mit
Distomum davatmn (Menzies) Fasciola fusca Bosc, Distomum corij-
phaenae Rud., Distomum davatutn Owen und Fasciola ventricosa Pallas
ansieht, Baikd erkennt die Unrichtigkeit dieser Ansicht und trennt
von dem eigentlichen D. davatum (Menz.) das D. davatuyn Owen
und faßt unter dem Namen Hirudindla ventricosa die von Owen und
Pallas beschriebenen Arten zusammen. Im Jahre 1886 erscheint
dann eine Arbeit von Moniez: „Description du Distoma ingens
nov. sp. et remarques sur quelques points de l'anatomie et de l'histo-
logie comparees des Trematodes." In einer späteren Schrift über
die Identität einiger Arten der D. davatum - Grwjy-pe erklärt er
Distomum ingens für synonym mit Distomum davatum Owen. Seine
Distomen hatten eine Länge von 60 mm, eine Breite von 20 mm
und eine Dicke von 15 mm am Hinterkörper und waren von ge-
drungener, birnförmiger Gestalt. Außer einer genauen äußeren Be-
schreibung behandelt er eingehend das Nervensystem und in kürzerer
Weise den Verdauungsapparat, die Cuticula, Parenchym und Ex-
cretionsgefäße. Der Genitalapparat findet bei ihm keine Berück-
sichtigung.
Unter dem Material aus dem Naturhistorischen Museum zu Ham-
burg sind nun einige Riesendistomen vorhanden, die nach meiner
Anatomie von Otodistomum veliporum (Cbeplin) usw. 233
Meinung" als Distomum ingens zu bezeichnen sind. Da diese Art nur
kurz behandelt ist, dürfte eine Untersuchung- über ihre Anatomie^
hauptsächlich der Geschlechtsorgane, wohl erwünscht sein. Ich ver-
wandte hierzu 4 Exemplare, indem ich von dem Vorderkörper Längs-
und von dem Hinterkörper Querschnitte anfertigte. Leider waren
in den verschiedenen Gläsern die Wirtstiere nicht näher angegeben,,
sondern nur folgende Angaben fanden sich dazu:
1. „Distoma aus dem Magen eines Albicore (Thunfisch-ähnlich)
Kophamel, Süd-Atlantik."
2. ,,Tamatave, Henry O'Swald ded. 5./4. 1893."
3. „D. POHL ded."
4. „John Pkicket leg. d. im Magen eines Fisches im Ind.
Ozean."
Das Material bot bei der Bearbeitung große Schwierigkeiten,,
insofern als bei den gewöhnlichen Methoden der Einbettung das
Paraffin infolge der äußerst starken und harten Cuticula nur ganz
unvollkommen in die Gewebe eindrang. Es erfolgte dann beim
Schneiden immer eine Zerreißung der Organe, so daß brauchbare
Schnittserien nicht erzielt wurden. Auf folgende Weise erhielt ich
dann ganz gute Resultate. Das in 3 Teile zerlegte Exemplar wurde
durch aufsteigenden Alkohol in Xylol gebracht und nach voll-
ständiger Durchtränkung in geschmolzenes Paraffin. So wurde es
nun in einen Exsikkator gestellt, der in einem Wasserbade von
etwa 55 ° C stand, und dieser mittels einer BuNSEN'schen Wasser-
luftpumpe möglichst ausgepumpt. Hierauf ließ ich ihn mehrere
Stunden im Wasserbade bei oben angegebener Temperatur stehen,
bis die Paraffindurchtränkung meiner Meinung nach vollständig war.
Die Schnitte wurden mit Hämatoxylin und Eosin gefärbt.
Die Tiere hatten im konservierten Zustande ein dunkelgraues Aus-
sehen, ihre äußere Form ist aus der Abbildung Taf. 10 Fig. 8 genügend
ersichtlich. Der Hals ist kurz und etwas zurückgebogen. Er hat
bei dem größten Exemplare von dem oberen Rande des Bauchsaug-
napfes gemessen, eine Länge von 8 mm, und seine Breite beträgt
hier 6,5 mm. Der Mundsaugnapf liegt subterminal und hat einen
Durchmesser von 1,5 mm, der des Bauchsaugnapfes beträgt 3 mm.
Ebenso wie der Mundsaugnapf tritt auch der Bauchsaugnapf wenig
aus dem Körper hervor und hat einen ziemlich fiachen, gefalteten
Randwulst. Die Oberfiäche der Tiere zeigt Ringfalten, die sich be-
sonders stark um den Excretionsporus abgrenzen, der als eine dorso-
ventrale Spalte zu erkennen ist. Das größte Exemplar hatte eine
234
Georg Mühlschlag,
Länge von 44 mm, die größte Breite war 21 mm und die größte
Dicke 17,5 mm.
Körperbedeckung und Muskulatur.
Die leicht färbbare Cuticula bedeckt die ganze Oberfläche des
vorliegenden Treraatoden; sie ist sehr dick und von homogener
Struktur. Da die Cuticula elastisch ist. bemerkt man außer den
äußeren Eingfalten auch
auf ihrer Innenfläche faltige
Erhebungen, die nur eine
Folge der Kontraktion sein
können. Die Dicke der
Cuticula ist daher sehr ver-
schieden , sie beträgt im
Halse durchschnittlich 45 ^a,
im Hinterkörper 48 //. In
dünnerer Schicht kleidet sie
auch die beiden Saugnäpfe
aus; ihre Dicke beträgt im
Bauchsaugnapf 22,5 fx und
im Mundsaugnapf 15 fx.
Eigenartig sind papillen-
förmige Vorsprünge, die aus
dem darunter liegenden
Bindegewebe in sie hinein-
ragen. Sie haben durch-
schnittlich eine Länge von
10 fi und eine Breite von
3 /Jt. Sie sind also viel
kleiner und auch in viel
geringerer Zahl vorhanden
als bei Distommn fuscum
PoiEiER, Unter der Cuti-
cula befindet sich eine
aus Bindegewebsfasern be-
stehende Schicht, die durch
eine etwas dunklereFärbung
von dem übrigen Körperparenchym leicht zu unterscheiden ist und
die ich als „Subcuticularschicht" bezeichne. In ihr sieht man einzelne
langgestreckte, chromatophile Zellen, die immer parallel zu den Binde-
Fig. N.
■Querschnitt durch den Hautmuskelschlauch von
Distomum ingens Moniez. Ungefähr in der
Mitte des Körpers. 110 : 1.
Anatomie von Otodistomxim veliporum (Creplin) usw. 235
^ewebsfasern gelagert sind (Fig. N oz). Auf sie folgt nun der
Hautmuskelschlauch.
Man bemerkt zunächst eine dünne Ringmuskelschicht, und weiter
in das Innere folgt eine Längsmuskelschicht, aus dickeren Muskel-
fasern bestehend. Die Dicke der einzelnen Muskeln beträgt hier
6 — 7,5 //. Dann schließt sich eine Schicht von auffallend starken
Ringmuskeln an, die auf Längsschritten ihren röhrigen Bau vor-
trefflich zeigen, Ihre Dicke beträgt im Durchmesser bis 19,5 ;a.
Zu innerst liegen nun wiederum starke Längsbündel (Taf, 10 Fig. 9).
Während in solcher Weise der Hautmuskelschlauch im Halse zu-
sammengesetzt ist, gestaltet er sich hinter dem Bauchsaugnapf ein-
facher. Hier bemerken wir in der Subcuticularschicht die äußeren
Ringmuskeln, die im Halse zu einer Schicht vereinigt waren, mehr
zerstreut im Bindegewebe liegend. Es folgt dann eine dicke Längs-
muskelschicht und auf diese einzelne starke Ringmuskeln von röh-
rigem Bau (Taf. 10 Fig. 10). Im Hinterkörper wird der Hautmuskel-
schlauch noch schwächer. Die Hauptmasse bilden hier die Längs-
muskeln, die zu starken Bündeln zusammengelagert sind. Innen und
außen liegen ihnen schwächere Ringmuskeln an (Fig. N).
Unter dem Hautmuskelschlauch findet man eine aus leicht färb-
baren , meistens ovalen Zellen mit Kern und Kernkörperchen be-
stehende „subcuticulare Zellenschicht". Diese Zellen sind zu Haufen
in Hohlräumen des Körperparenchyms gelagert und heben sich von
diesem scharf ab. Wenngleich es mir, ebenso wie früheren Autoren,
auch nicht gelang, Ausführungsgänge zu entdecken, scheinen mir
diese Zellen doch drüsiger Natur zu sein. Jedenfalls deutet auch
schon die Färbung, welche mit der von typischen Drüsenzelleu, z. B.
am Uterus und der Pars prostatica, vollkommen übereinstimmt, auf
den drüsigen Charakter hin. Daß sie in diesem Falle eine wichtige
Rolle bei der Bildung der Cuticula spielen müssen, ist einleuchtend,
wenn man außerdem noch ihre Lage dicht unter dem Hautmuskel-
schlauch berücksichtigt. Cuticulaartige Secretschichten, die ohne
merklichen Unterschied in die Körpercuticula übergehen, findet man
im Endteil des Uterus und im LAURER'schen Kanal. Hier sind nun
deutliche Drüsenzellen von ganz ähnlicher Form zu erkennen. Außer
den Elementen des Hautmuskelschlauches findet man besonders im
Halse auch zahlreiche dorsoventrale Muskeln. Ein Anheften der-
selben an die Cuticula habe ich nicht bemerkt, wie Poikier es bei
Distonmm clavatum gesehen haben will. Wäre dies der Fall, so
könnte man sich die faltige Beschaffenheit der Innenfläche der
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. 16
236 Georg Müklschlag,
Cuticula durch die Kontraktion dieser Muskeln leicht erklären. Bef
vorlieg-ender Art scheinen sich jedoch die dorsoventralen Muskeln
nur im Hautmuskelschlauch zu verzweigen.
Was nun die Muskulatur der Saugnäpfe betrifft, so kann ich
auf die eingehende Schilderung Poieier's bei B. davatum ver-
weisen, eine Abweichung im Bau habe ich nicht gefunden. Eine
elastische Hülle umgibt die Muskulatur, deren Funktion durch ver-
schiedene äußere Muskelbündel noch unterstützt wird. In der Ein-
buchtung des Körpers, an welcher der Hals beginnt, zweigen sich
vom dorsalen Längsmuskelschlauch nach vorn und hinten trans-
versale Längsbündel ab, die zum Bauchsaugnapf ziehen. Sie um-
geben ihn schalenförmig und haben Poirier veranlaßt, bei Distomum
davatum einen besonderen Schalenmuskel zu beobachten. Auch auf-
fallend starke Längsbündel des ventralen Muskelschlauches setzen'
sich von vorn und hinten her an den Saugnapf an. Die Anheftungs-
stelle dieser Längszüge findet sich nicht am Außenrande des Napfes,
sondern etwas ins Innere verlegt, so daß ein lippenförmiges Stück
desselben frei bleibt (Taf 10 Fig. 10). Weiterhin sieht man, ebenfalls
vom dorsalen Hautmuskelschlauch sich abspaltend, transversale Muskel-
bündel zu der Muskulatur hinziehen, welche den Endabschnitt des
männlichen und weiblichen Genitalweges umgibt. Der Mundsaug-
napf wird in ähnlicher Weise wie der Bauchsaugnapf von starken
Muskelbündeln schalenartig umgeben, die ihren Ursprung von dem
äußerst kräftig entwickelten dorsalen Muskelschlauch nehmen. Der
ventrale Hautmuskelschlauch sendet ebenfalls Ansatzbündel zum
Mundsaugnapfe. Durch diese reiche, mannigfaltige Muskulatur ist
der Vorderkörper vor dem Hinterkörper ausgezeichnet, wenngleich
letzterer bei diesen Riesendistomen zur Fortbewegung und zur Ent-
leerung der mächtigen Darmsäcke einer starken Muskulatur auch,
nicht entbehren kann.
Nervensystem.
Bei Durchsicht der vorhandenen Literatur findet man auffallende
Abweichungen in der Beschreibung des Nervensystems der so nahe
verwandten Arten der Distomum davatum-Grui^pe, während doch
sonst die digenetischen Trematoden eine bemerkenswerte Überein-
stimmung im Bau des Nervensystems aufweisen. Offenbar sind diese
Unterschiede nur auf die verschiedenen Methoden der Konservierung
und den Erhaltungszustand der Individuen zurückzuführen. Eine
eingehende anatomische und histologische Darstellung vom Bau des
Anatomie von Otodistomum veliporum (Creplin) usw. 237
Nervensystems, wie sie bei Poiriek und Moniez zu finden ist,
vermag- ich nicht zu geben, da mein Material dazu nicht ausreichend
war. Ich kann daher nur die Hauptteile des Nervenapparats an-
geben. Oberhalb und seitlich vom Pharynx befinden sich zwei große
Ganglienknoten, die durch eine kurze Quercommissur verbunden
sind. Nach vorn erstrecken sich von den Ganglien zwei Paar Nerven-
stränge, von denen das innere sich in der Muskulatur des Saug-
napfes ausbreitet. Das äußere Paar umzieht den Mundsaugnapf
ringförmig und sendet Seitenzweige ab in die Muskulatur desselben.
Ob diese äußeren Nerven sich oberhalb des Saugorgans zu einem
Ringe schließen, konnte nicht festgestellt werden. Von den Cerebral-
ganglien entspringen ferner zwei Paar hintere Nervenstränge, von
denen die dorsalen, schwächeren seitlich dicht unter dem Haut-
muskelschlauch verlaufen und ihn innervieren (Taf. 10 Fig. 11), Sie sind
auch bei dieser Art ebenso wie bei Bistomum clavatum nur bis in
die Höhe der Genitaldrüsen zu verfolgen. Von der Schlundcomraissur
zweigen sich zwei dünnere Seitennerven ab und versorgen die
Pharj^nxmuskulatur; fraglich ist es, ob sie sich zu einem Schlund-
ring, „Collier nerveux", vereinigen, wie Moniez es darstellt. Seitlich
ventral entspringen von den Cerebralganglien dann die Hauptlängs-
stämme, die den ventralen Muskelschlauch innervieren. Sie sind
auffallend stark entwickelt, was ja auch im Einklang mit der äußerst
kräftigen Muskulatur steht. Durchschnittlich beträgt die Dicke
dieser Längsstämme 200 ^. Sie erweitern sich ober- und unterhalb
des Bauchsaugnapfes zu je zwei großen Ganglienknoten, welche den
Hirnganglien an Größe fast gleichkommen und durch Quercommissuren
miteinander verbunden sind. Von den Ganglienknoten zweigen sich,
ähnlich wie an den Cerebralganglien, Nebenstränge ab, die den
Bauchsaugnapf ringförmig umgeben und mit Seitenzweigen sowohl
ihn als auch den Hautmuskelschlauch innervieren. Die beiden
Längsstämme ziehen dann hinter dem Bauchsaugnapf in geringerer
Dicke dem aboralen Pole zu. Die Längsstämme sind durch Quer-
commissuren verbunden. Alle Nervenstämme setzen sich aus auf-
fallend großen Elementen, röhrenförmigen Fasern, zusammen, die
durch eine bindegewebige Scheide zu einem Bündel zusammen-
geschlossen werden.
Verdauungsorgane.
Der Mundsaugnapf hat eine subterminale Öffnung und ist von
kugliger Gestalt. Sein Durchmesser beträgt 3 mm und seine Wand-
le*
'238 Georg Mühlschlag,
dicke 1,2 mm. Der Bau seiner Muskulatur ist der gleiche wie bei
Bistomum clavatum (Menz.). Er ist mit einer Cuticula ausgekleidet,
die eine Besonderheit im Vergleich mit derjenigen des Bauchsaug-
napfes aufweist. Man bemerkt «,uf ihr zahlreiche, papillenartige,
15 iJi hohe Erhebungen, die wohl nicht als Kontraktionserscheinungen
anzusprechen sind. Bei Hirudinella clavata und Distomum ampullaceum
sind ähnliche Bildungen beobachtet worden, und Daee meint, daß
sie entweder dazu dienen können, die angesaugte Haut zu reizen
und zu verletzen oder daß sie als Tastorgane funktionieren können.
MoNiEz hat solche Bildungen „tres grosses villosites en forme de
chou-fleur recouvertes par la cuticule" , deren Bedeutung er sich
nicht erklären konnte, auch im Pharynx von D. ingem gesehen. Der
Pharynx, der eine Länge von 1,95 mm und eine Wanddicke von
0,66 mm hat, ist ebenfalls mit einer Cuticula versehen und ragt mit
lippenartigen Vorsprüngen in den Saugnapf hinein. Während seine
Hauptmasse aus Radiärfasern besteht, bemerkt man an seinen Enden,
wo er einerseits in den Mundsaugnapf und andrerseits in den
Ösophagus mündet, auch Ringmuskeln, die wohl eine sphincterartige
Wirkung ausüben können. Durch den Pharynx gelangt man in den
Ösophagus; er ist im Anfang schmal und kuglig, erweitert sich
dann aber beiderseits zu kropfartigen Aussackungen. Seine anfangs
glatte cuticulare Auskleidung, die hier nur 15 fi dick ist, verstärkt
sich in den kropfartigen Erweiterungen infolge Faltenbildung bis
zu 30 fji und ist an der Übergangsstelle des Ösophagus in die nun
folgenden kugligen Aaftreibungen des Darmes noch bedeutend dicker.
V. Buttel-Reepen hat diese Auftreibungen bei Distomum am-
pullaceum als „Drüsenmagen" bezeichnet, da sie seiner Vermutung nach
die bei anderen Trematoden am Pharynx und Ösophagus vorkommenden
Drüsenzellen ersetzen. Sie werden ausgekleidet von auffallend großen
Cylinderepithelzellen, die eine Höhe von ca. 65 /.i haben und mit sehr
langen Fortsätzen versehen sind (vgl. auch S. 224); ihre Länge beträgt bei
vorliegendem Exemplar ca. 396 fi. Der Ösophagus mit seinen kropf-
artigen Erweiterungen und die Drüsenmagen sind von einer starken
Muskulatur umgeben. Man bemerkt am Ösophagus innere Ring-
und äußere Längsmuskeln, zu denen an den Drüsenmagen noch eine
dritte Schicht von äußeren Ringmuskeln tritt. Leicht ist auch an
der Stelle des Übergangs vom Ösophagus in die Drüsenmagen unter
der Verdickung der Cuticula eine sphincterartige Muskelverstärkung
zu beobachten. Ein deutlicher Wechsel des Epithels tritt ein beim
Übergang der Drüsenmagen in die Darmschenkel. Die Epithelzellen
Anatomie von Otodistomnm veliporum (Creplin) usw. 239
mit kleinem Kern am Grunde sind viel kleiner und oft ganz in feine
Fäden zerspalten. Eine deutliche Grenze zwischen den Zellen ist
nicht zu erkennen. Daher trifft wohl auch hier die von Sommer an
Bistomum hepaticum gemachte Beobachtung zu, daß man es im Darm
mit einem Epithel aus amöboidbeweglichen Zellen zu tun hat. Un-
gefähr in der Mitte des Körpers erweitern sich die Darmschenkel
zu den gewaltigen Darmsäcken, die einen Durchmesser bis zu 15 mm
haben und fast den ganzen Raum des Hinterkörpers einnehmen.
Sie sind ebenso wie der übrige Darm von einem schwärzlichen, fein-
körnigen Inhalt, der bei Bistomum ampullaceum nach chemischer
Untersuchung als Blut bestimmt wurde, ganz prall erfüllt. In das
Lumen des Darmes ragen auffallend hohe Falten hinein, die bis-
weilen eine Höhe von 1,2 mm haben und bei starker Kontraktion
des Tieres fast den ganzen Holilraum durchsetzen. Sie haben Mokiez
die Veranlassung gegeben, besondere „trabecules" und „alveoles" zu
beobachten, welche die Oberfläche des Darmes vergrößern sollen. Eine
kräftige Eing- und eine schwächere Längsmuskulatur umgibt die
Wandung des Darmes.
Excretionsgefäße.
Die Excretionsblase liegt im Hinterkörper zwischen den beiden
Darmsäcken und reicht nach vorn etwa bis zur halben Länge des
Tieres. Sie ist je nach ihrem Füllungszustande mehr oder weniger
geräumig, auch hängt natürlich ihre Form von dem Füllungsgrade
der Darmsäcke ab. Moniez beschreibt sie als ein etwa sanduhr-
förmiges Gebilde. Sie ist von einer dünnen Tunica propria aus-
gekleidet und von Ring- und Längsmuskeln umgeben. Durch einen
kurzen Kanal, in den sich die Körpercuticula mit runzliger Faltung
fortsetzt, mündet die Vesicula excretoria aus. Das Foramen caudale
kann durch eine starke Ringmuskulatur, die den kurzen Endkanal
umgibt, geschlossen werden. A.\\ ihrem proximalen Ende entspringen
die beiden breiten Hauptsammeikanäle, die mit äußerst schwankendem
Lumen immer unter den Darmschenkeln nach vorn zielien. Im
Vorderkörper ist ihre Lage nicht mehr so bestimmt, sie haben hier
einen äußerst komplizierten Verlauf und nehmen mit ihren zahl-
reichen Windungen den größten Raum im Halse ein. Fig. 9 zeigt
auf einem Längsschnitt das Überwiegen der Excretionsgefäße im
Vorderkörper. Die Hauptkanäle sind mit einer homogenen Membran
versehen, und auf dieser liegt bisweilen eine dünne Secretschicht,
die manchmal durch ihr gespaltenes Aussehen Flimmern vortäuscht»
240 Geokg Mühlschläg,
Eine Muskulatur fehlt diesen großen Kanälen, und die strukturlose
Membran scheint daher kontraktile Eigenschaften zu besitzen.
Außer den Hauptgefäßen linden sich auch zahlreiche Nebenkanäle,
von denen jedoch ein zusammenhängendes Bild nicht zu erhalten ist.
Sie weisen eine dickere, homogene Membran auf und sind an-
scheinend von dünnen Längsfasern umgeben.
G e n i t a 1 a p p a r a t.
Die beiden Hoden liegen in gleicher Höhe zu beiden Seiten des
Bauchsaugnapfes, indem der eine links seitlich, der andere rechts
seitlich dem Hinterende des Saugorgans angelagert ist. Sie haben
eine fast kugiige Gestalt und sind mit den Entwicklungsstadien der
Spermatozoen ganz erfüllt. Umgeben sind sie von einer dünnen
Tunica propria, der eine Schicht von Äquatorial- und Meridional-
fasern aufgelagert ist. Von den Hoden gehen die beiden Vasa
etferentia ab, die nach ziemlich geradem Lauf sich kurz vor Beginn
des Halses zur Vesicula seminalis vereinigen. Die Abgangsstellen
der Vasa eiferentia liegen auf der dem Bauchsaugnapfe abgewendeten
Seite nahe dem ventralen Hautmuskelschlauch. Man findet hier
scheinbar eine Art Flimmerrinne, die von der inneren Hodenwand
in das Vas efferens führt. Dieses ist von einer feinen, gefalteten
Membran ausgekleidet und von dünnen Läugsmuskeln umgeben.
Die Vesicula seminalis bildet einen einfach gewundenen Schlauch,
der von Spermatozoen in unentwirrbarer Masse erfüllt ist. Sie ist
von einer starken Ringmuskelschicht umgeben, und unter dieser liegt
eine homogene Membran. Durch einen kurzen engeren Kanal mündet
die Vesicula seminalis in den Teil des männlichen Geschleclits-
apparats, der als Pars prostatica bezeichnet wird. Während die
Vesicula seminalis kurz vor der Einmündung noch 324 ^ im Durch-
messer beträgt, ist das Lumen des Kanales auf 108 fi verengert.
Eine verhältnismäßig starke Ring- und Längsmuskulatur umgibt
ihn und gewährt dieser Stelle große Ausdelinungs- und Verengerungs-
möglichkeit. Seine Muskulatur setzt sich auf die Pars prostatica
fort. Sie hat auf ihrer Innenfläche fadenförmige Fortsätze, deren
Länge ca. 112 i-i beträgt und die fast das ganze Lumen des Kanales
ausfüllen. Ein zusammenhängendes Epithel war nicht festzustellen.
Dann folgt eine Ringmuskelschicht, aus starken einzelnen Hohl-
muskeln bestehend, und über dieser in einer Breite von durch-
schnittlich 22,5 /x eine Längsmuskelschicht. Zu äußerst umgeben
die ganze Pars prostatica in einer Breite von ca. 55,5 [i Drüsen-
Anatomie von Otodistomiira veliporum (Creplin) usw.
241
■zeileil, deren Ausfühiuiigsgänge sich durcli die darunter liegenden
Muskelscliicliten hindurclizielien. In mehreren S-förmigen Schleifen
zieht die Pars prostatica in der Nähe der Dorsalseite des Halses
nacli vorn und verengert sich bei ihrem Eintritt in das Muskel-
Gewirr, welches den Endabschnitt des männlichen und weiblichen
Fig. 0.
Rekonstruktion des Endabschnitts der Geuitalwege von Distomum mgens Moniez.
13 : 1.
'Genitalweges umgibt, zum Ductus ejaculatorius. Während anfangs
sein Lumen nur 72 ju beträgt, vergrößert es sich bald zu einer
taschenartigen Erweiterung (492 //), die bei Distomum ampullaceum
Büttel-Reepen, wo eine ganz ähnliche Ausbildung besteht, als
•jjProtrusionstasche" (Ausstülpungstasche) bezeichnet ist und in welche
242 Georg Mühlschlag,
der Endteil des schmalen Abschnitts des Ductus ejaculatorius als „Penis"'
hineinragt (Fig. 0 u. Taf. 10 Fig. 12). Die Protrusionstasche verengert
sich in ihrem weiteren Verlauf zu einem stark ausgebuchteten Kanals
dem „Protrusionskanal", und mündet durch ihn in das Genitalatrium.
Der Ductus ejaculatorius besitzt eine cuticulare Auskleidung. Ihre
Dicke beträgt im schmalen Teile desselben und in der Protrusions-
tasche 28,8/^; im Protrusionskanal und im Genitalatrium verringert
sie sich auf durchschnittlich 15 ju. Die Muskulatur der Pars prosta-
tica setzt sich auch auf den Ductus ejaculatorius fort, der in seinem
ganzen Verlauf, ebenso wie der Endabschnitt des weiblichen Ge-
schlechtsapparats, in einer starken, mannigfaltigen Muskulatur ge-
legen ist. Die Ringmuskulatur ist jedoch gegenüber den Längs-
muskeln stärker entwickelt, und besonders an der Einmündungssteile
der Pars prostatica erfährt sie eine sphincterartige Verdickung.
Äußere Längsmuskelzüge zweigen sich sowohl von der Muskulatur
der Pars prostatica als auch vom Uterus ab und umgeben das-
Muskelgewirr, das den Endabschnitt des männlichen und weiblichen
Geschlechtsapparats einschließt (Taf. 10 Fig. 9 u. 12). Vor allem fallen
hier starke Ringmuskelbündel (nwj) durch ihre Anordnung auf. Diese
Schicht hat eine Dicke von 60 /f und umfaßt in zwei S-förmigen
Haken die Ausmündung des männlichen und weiblichen Geschlechts-
apparats. Sie bieten augenscheinlich die Möglichkeit, die Geschlechts-
mündungen innerhalb des Genitalatriums vollkommen zu schließen,,
während die unter ihnen gelegenen Längsmuskeln (7m J wohl eine
Ausstülpung des als „Penis" bezeichneten Endabschnittes des Ductus
ejaculatorius durch die Protrusionstasche bewirken können. Das-
Genitalatrium ist als eine Einstülpung der ventralen Körperoberfläche
aufzufassen, da unter seiner cuticularen Membran sich die Muskulatur
des Hautmuskelschlauches, wenn auch in geringerer Zahl und
schwächerer Ausbildung, in das Körperinnere fortsetzt. Der Genital-
porus, durch den das Atrium ausmündet, ist fast genau in der Mitte^
zwischen Mund- und Bauchsaugnapf auf der Ventralseite gelegen.
Er ist von starken Riiigmuskeln umgeben, die sich vom Haut-
muskelschlauch abzweigen, und kann durch sie ganz geschlossen
werden. Ringmuskeln bemerkt man auch weiter im Körperinnern
um das Genitalatrium ; ferner spalten sich auch vom ventralen Haut-
muskelschlauch Längsmuskeln {Im.,) ab und vereinigen sich mit
Längsmuskelbündeln, die das Muskelgewirr um die Ausmündung der
Genitalwege einschließen (Taf. 10 Fig. 12). In dem Genitalatrium, das-
eine ziemlich tiefe Einsenkung darstellt, bemerkt man eine hohe Ring-
Anatomie von Otodistoraum veliporum (Creplin) usw.
243
O
Ph ^
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P3
244 Georg Mühlschlag.
falte {rf\ die vor der Ausmüudung der beiden Genitalwege sich
von der Wand des G^nitalatriunis erhebt. Obwohl im allgemeinen
große Ähnlichkeiten in dem Bau der Endabschnitte der Geschlechts-
organe von Disfomum ingeus Moxizz und Distomum fitsciitn Polrieb
bestehen, sind doch auch Unterschiede leicht erkennbar. Ein ge-
schlossener Cirrusbeutel fehlt auch bei Distomum imjens. wohl aber
ist auch eine besondere Muskulatur vorhanden, die allmählich in
die übrige Körpermuskulatur übergeht. Sie umschließt aber bei
Distomum ingens Moxiez nicht nur wie bei Distomum fuscum Poirieb
den Endteil des männlichen, sondern auch den des weiblichen Geuital-
weges.
Der weibliche Geschlechtsapparat setzt sich aus dem Ovarium,
dem MzHLis'schen Körper, dem Uterus, den Dotterstöcken und dem
LAUEEB'schen Kanal zusammen. Das Ovarium ist von ovaler Form
und hat eine Länge von 2.55 mm und eine Breite von 1.91 mm.
Es liegt unmittelbar hinter den Hoden in der Medianlinie mit seinem
vorderen Teile noch zwischen ihnen. Es ist von Entwicklungs-
stadien der Eier dicht erfüllt, indem die Anfangsstadien der sehr
dünnen Tunica propria anlagern, während in der Mitte tmd an der
Ausmündungsstelle große, reife Eizellen zu beobachten sind. Die
im Oviduct befindlichen Eizellen haben einen Durchmesser von 10.5 .u.
ihr Kern mißt etwa 4.5 // im Durchmesser. Durch den Oviduct
mündet der Keimstock in den MzHLis'schen Körper, dieser liegt
dicht hinter ihm mehr ventralwärts. Der Oviduct ist trichterförmig
zugespitzt und mit einer Eingmuskulatur ausgestattet, die wohl eine
Vorwärtsbewegung der Eier bewirken kann. Kurz nach seiner Ein-
mündung in den MEHLis'schen Körper empfangt er den LAUBZB'schen
Kanal tmd tinmittelbar darauf den unpaaren Dottergang lEig. P).
Ton hier ab wird nun der weibliche Genitalgang als Uterus be-
zeichnet. Er verläutt zunächst als ein schmaler Kanal weiter in
den MzHus'schen Körper hinein, und erst allmählich erweitert er
sich. Während er an seinem Anfang nur einen Durchmesser von
ca. 30 u hat, beträgt sein Lumen in der Mitte des MzHxis'schen
Körpers, nachdem er hier die S-förmige Schleife schließt, schon 97.5 /*.
An dieser Stelle war auch eine größere Menge von Spermatozoen
zu beobachten, obwohl sie auch vereinzelt in dem vorherliegenden
Abschnitt des Uterus anzutreffen waren. Anfangs münden in ihn
sehr große Drüsenzellen 72 u lang und 21.6 u breit) mit langen
Ausführtmgsgängen. Späterhin umgibt ihn eine dünne Ringmuskulatur,
und über ihr liegen kleine, ktu'zstielige Drüsenzellen (^8 u lang und
Anatomie von Otodistommn veliponun fCBEPLUf) usw. 245
6 u breit), die den Uterus von hier an auch außerhalb des Mehlis-
schen Körpers in seinem ganzen Laufe begleiten. Bei seinem Ans-
tritt aus dem MzHLis'schen Köif-er weist er einen Durchmesser vöu
112,5 /i auf und ist mit Eiern dicht erfüllt, die weiterhin ganz in
Spermamassen eingebettet liegen. Er zieht zunächst in unentwirr-
baren Schlingen, immer zwischen den Darmschenkeln gelegen und
hier den ganzen Eaum des Körpers einnehmend, nach hinten unge-
fähr bis zum Beginn der Excretionsblase. Dann wendet er sich
nach Torn und verläuft in einfacheren Windungen über dem Ovarium
in den Hals, wo er, unter der Pars prostatica hinziehend, im Genital-
atrium ausmündet. Das Lumen des Uterus, der oft von Eiern ganz
prall erfüllt ist, wechselt auBerordentlich : es beträgt 0,576 mm und
mehr. Die Eier haben eine Länge von 34.5 — 37.5 fi und eine Breite
von 22,5 fi. Mo>Tzz gibt als Größe der Eier eine Länge von 38 fi
und eine Breite von 23 fi an. Ein besonderes Eierreservoir am
Endabschnitt des Uterus ist nicht zu beobachten : auch im Hals des
Tieres sind die Uterusschlingen sehr weit und von wechselndem
Durchmesser. Was nun die histologischen Verhältnisse der Uterus-
wandung betrifft, so sind innere ßingmuskeln stets zu erkennen, im
Torderkörper, von der Höhe des Bauchsaugnapfes an. findet man
über ihnen noch dünne Längsfasem. die sich am Endteile des Uterus,
der Vagina, verstärken. Auch sind die Endwindungen des Uterus
mit einer größeren Anzahl von Drüsenzellen umgeben, und im Innern
sieht man eine Secretschicht. die wie eine Cuticula der Tunica
propria anliegt ( Taf 10 Fig. 12 1. Den Verlauf des LAUEZE'schen Kanals
veranschaulicht die Fig. P. Dui-ch einen engen Portis mündet er
in der Höhe des Ovariums auf der Dorsalfläche ungefähr in der
Medianlinie aus. Er ist von einer starken cuticularen Membran
ausgekleidet, die in der Körpermitte 12 u and kurz vor der Ein-
mündung in den MEHLis'schen Körper 15 // dick ist. Auch sein
Lumen ist verschieden. Während es in der Mitte des Körpers 21 ,u
beträgt, erweitert es sich kurz vor dem MEHLis'schen Körper bis
zu 64,5 fi. Über der cuticularen Membran erblickt man eine kräftige
Eingmuskulatur und vereinzelte Drüsenzellen, die erst im Mehlis-
schen Körper ihn in größerer Menge umgeben. Ein Eeceptaculum
seminis ist nicht vorhanden; nur durch eine geringe Anschwellung
(64,5 fi) des Lumens kurz vor Einmündung in den MzHus'schen
Körper ist es bei vorliegender Art angedeutet. Als Inhalt des
LAUBEß'schen Kanals konnte ich Eier und Spermatozoen feststellen,
Dotterzellen waren nicht zu beobachten. Die Dotterstöcke sind sehr
246 Georg Mühlschlag,
zahlreiche, verästelte Schläuche, die einen Durchmesser von 94 [z
haben. Sie liegen an der äußeren Seite der Darmschenke] und er-
strecken sich nach vorn bis in die Höhe der Hoden, nach hinten
bis zum Beginn der Excretionsblase. Durch 2 Gänge, die sich zum
unpaaren Dottergang vereinigen, münden sie im MEHLis'schen Körper
in den Oviduct (Fig. P). An der Stelle, an der diese Gänge zum
unpaaren Dottergang zusammentreten, findet man eine kleine Er-
weiterung, ein sogenanntes Dotterreservoir. Der un paare Dotter-
gang ist von einer sehr dünnen Ringmuskulatur umgeben. Längs-
muskeln sind nicht zu bemerken; die paarigen Dottergänge und
die Dotterschläuche weisen eine Muskulatur nicht auf.
Betrachtet man die Abbildungen von Bistomum ingens Moniez
und Bistomum afnpullaceum Buttel-Reepen, so könnte man leicht
auf die Vermutung kommen, daß die beiden Arten miteinander
identisch seien. Jedoch finden sich, wie sich aus vorliegender Unter-
suchung von Bistomum ingens Moniez ergeben hat, anatomische und
histologische Unterschiede, die eine Berechtigung der beiden Arten
erkennen lassen. Die Cuticula von Bistomum ingens enthält nicht
„lichtbrechende, außerordentlich feine Granula", wie sie bei B. am-
puUaceum beobachtet wurden. Auf der cuticularen Membran, welche
die Excretionsgefäße auskleidet, sind „in das Lumen vorspringende
Kerne" nicht zu bemerken. Ein besonderer Kanal, durch den die
Vesicula excretoria ausmündet, wurde bei Bistomum mnpullaceum
nicht festgestellt. Die Lage der Hoden ist bei beiden Arten sehr
ähnlich, jedoch scheinen sie bei Bistomum ampullaceum ein wenig
weiter nach vorn gerückt zu sein, und auch „der rechte liegt stets
etwas höher als der linke". Das Vas efferens hat bei B. ingens
eine besondere Muskulatur, während bei B. ampullaceum Muskeln
nicht zu sehen waren. Auf der homogenen Membran der Vesicula
seminalis sind bei B. ingens „in das Lumen vorspringende, große
Kerne und Flimmern" nicht zu bemerken. Auch erstreckt sich die
Vesicula seminalis nicht so weit nach vorn, um dann in scharfer
Knickung nach hinten zu ziehen. Ferner ist der Verlauf der Pars
prostatica nicht so vielfach verschlungen wie bei B. ampullaceum.
Auch eine starke Kontraktion könnte diese Windungen nicht hervor-
rufen, da der Kanal oifenbar nicht so lang ist wie bei B. ampulla-
ceum. Auch die Lage der Muskulatur, welche die Endabschnitte
der Genitalwege umgibt, ist bei B. ingens eine andere als bei
B. ampullaceum. Während sie hier mehr ventral ganz nahe dem
Bauchsaugnapf liegt, ist sie bei B. ingens weiter nach vorn gerückt
Anatomie von Otodistomum veliporum (Creplin) usw. 247
und in der Medianebene gelegen (Fig. 0). Das Genitalatrium hat
dadurch nicht die schräge nach rückwärts gerichtete Lage wie bei
D. ampullaceum. Bei dieser Art bildet der Uterus, unmittelbar nach-
dem er den unpaaren Dottergang und den LAUEEK'schen Kanal
empfangen hat, eine beträchtliche Erweiterung, ein typisches „ße-
ceptaculum uterinum". P^ine solche Ausbuchtung ist bei D. ingens
nicht zu beobachten. Auch die Größe der Eier weist einen Unter-
schied auf. Bei D. ampullaceum beträgt die Länge 39,5 ju und die
Breite 23,3 fi, bei D. ingens die Länge bis zu 37,5 ju und die Breite
22,5 fi. Von Distomum fuscum Poirier unterscheidet es sich schon
äußerlich leicht durch seine Form, da der Bauchsaugnapf keine
kragenförmige Umrandung zeigt. Auch die Lage der Hoden ist
eine andere und ebenso die Ausbildung des Genitalatriums.
Aus meiner Untersuchung geht nun hervor, daß Bistomum ingens
MoNiEz eine gut charakterisierbare Art und am nächsten verwandt
mit Bistomum ampullaceum Büttel-Reepen ist, worauf schon seine
äußere Ähnlichkeit hinweist. Seine systematische Stellung ist durch
die Zugehörigkeit zur Gattung Hirudinella bestimmt, deren Merk-
male von Darr zusammengefaßt sind. Diese wiederum gehört der
Bistomum cZaua^wm-Gruppe an, die nach Odhner als Unterfamilie
zur Familie der Hemiuridae Luhe zu rechnen ist.
Zum Schlüsse möchte ich nicht versäumen, auch an dieser Stelle
meinen hochverehrten Lehrern Herrn Geheimrat Prof. Dr. M. Braun
und Herrn Prof. Dr. M. Luhe meinen ergebensten Dank auszu-
sprechen für das Interesse, das sie an meiner Arbeit nahmen, und
für den mannigfachen Rat, den sie mir aus dem reichen Schatz ihrer
Erfahrung zu teil werden ließen.
248 Georg Mühlschlag,
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250 Georg Mühlschlag,
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Anatamie von Otodistomum veliporum (Ckeplin) usw.
251
Erklärung der Abbildungen.
■aoc Aussackung des Ösophagus
hsn Bauchsaugnapf
cb Cirrusbeutel
cu Cuticula
da Darm
das Darmsäcke
de Ductus ejaculatorius
dhn Diagonalmuskeln
drm Drüsen magen
düt Dotterstöcke
dvm Dorsoventrale Muskeln
ef Excretionsgefäße
exh Excretionsblase
exp Excretionsporus
ga Genitalatrium
gln Granglion
gm Muskulatur um die Ausmündung
des männlichen und weiblichen
Genitalapparats
gp Genitalporus
Ik LAUEEE'scher Kanal
Im Längsmuskeln
msn Mundsaugnapf
my Myoblast
n Nerv
oe Ösophagus
ov Ovarium
0% chromatophile Zellen
pdg paariger Dottergang
pe Penis
j)h Pharynx
pptr Pars prostatica
prok Protrusionskanal
prot Protrusionstasche
rm Ringmuskeln
sd Schalendrüse
SS Subcuticularschicht
s% Subcuticulare Zellenschicht
t^, tn Hoden
trm Transversalmuskeln
ut Uterus
iidg unpaarer Dottergang
va Vagina
vs Vesicula seminalis
Tafel 9.
Fig. 1. Gesamtbild von Otodistomum, veliforum (Creplest). In
Kreosot aufgehellt. 7:1.
Fig. 2. Längsschnitt durch den Vorderkörper von Otodistomum,
velipornm (Ceeplin). 22 : 1.
Fig. 3. Querschnitt durch den Cirrusbeutel von Otodistomum veliporum
(Creplin). 103 : 1.
252 Gr- MüHiiSCHLAG, Anatomie von Otodistomum veliporum (Creplin) usw.
Fig. 4. Gesamtbild von Distomum fuscum PoiRiER. Vorderansicht.
Fig. 5. Seitenansicht, 4:1,
Fig. 6. Längsschnitt durch den Hals von Distomum fuscum PoiRlER^
17:1.
Fig, 7, Genitalatrium von Distomum fuscum PoiRiER, 40 : 1.
Tafel 10.
Fig. 8. Gesamtbild von Distomum ingens MONIEZ. 2:1.
Fig. 9. Längsschnitt durch den Hals von Distomum ingens MoNlEZ^
13 : 1.
Fig. 10. Längsschnitt durch den weiblichen Genitalapparat von.
Distomum ingens Moniez. 20 : 1.
Fig. 1 1 . Längsschnitt durch Pharynx und Ösophagus von Distomum^
ingens Moniez. 28 : 1.
Fig. 12. Genitalatrium von Distomum ingens MONIEZ. 46 : 1.
ü. Pätz'sche Buchdr. Lippert & Co. G. m. b. H., Naumburg a. d. S..
Zoolog. Jahrbücher Bd. 37. Abt. f. Ss'Tit.
Taf. S.
B. pomorum B. niuscorum
V. armeniacus. v. smithianus.
Rußland, Norwegeo, Orkney.
ArmenieD.
B. agrorum
V. arcticuB.
Norwegen.
B. agrorum
V. obscuriventris.
Nord- Europa.
ß. agrorum B. hypnorum B. hypnorum B. hypnorum
V. nigerriraus. v. hiemalis. v. calidus v. cingulatus.
Sibirien. Sibirien. Sibirien. Schweden, Lappland.
B. hypnorum B. hypnorum B. siivanim B. hortorum B. hortorum
V. atratul'is. v. rossicus. v. unicolor. v. consobrinus. v. transigens.
Sibirien. Sibirien. Sibirien. Arkt. Region. Kaukasus.
J
Friese u.Vagner.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
Lith.Anst.v.A. Glitsch, Jena.
Zooloq. Johrhiufur Bd. 3/Abt.f.SySl.
Tf,f. 9.
Mühlschlag Jez
Verlag vor. Ouslav Fischer in Jena
Zoolog. Jahrbiicher Bd. 37Abt.f. Syst.
Taf. 10.
Mühlschia^ gei
Verlae von Gustav Fischer ir. Jena
254
A. V. SCHULTHESS,
einzellebend, Bingham) zusammenfallen, so würden diese Unter-
gattungen als Gattungen aufzufassen sein.
A. Kiefer lang, gerade, durch ihre Vereinigung einen Schnabel
bildend, ähnlich wie bei Eumenes, beim $ mit 3 stumpfen Zähnen
am Innenrande, beim c^ gänzlich zahnlos. Lippen taster 4gliedrig,
sehr lang, 1. Glied viel länger als die 3 folgenden zusammengenommen.
Unterkiefer lang; Anhang (Galea) so lang wie das Basalstück, in
langer Spitze endigend. Kiefertaster 6gliedrig, das 1. kurz, das 2.
3mal so lang wie das 1.; 3—6 gleichlang, zusammen so lang wie das
2. Kopf Schild sehr lang, mehr als Vj^mal so laug wie breit, unten
in langem Dreieck vorspringend, dessen Höhe, von einer die Kiefer-
ansätze verbindenden Linie aus gemessen, viel größer ist die Basis
auf ebendieser Linie.
Fig. A. /. niicans Saüss. $.
Fig. B. I. micans Saüss. o^.
ab c
Fig. C. L micans Saüss.
a u. b Lippe und Lippentaster, c Unterkiefer mit Kiefertaster.
Große Tiere 18—22 mm. Typus subgeneris /. fulgipennis
Guerin; außerdem gehören dahin /. micans Sauss. und seine Varie-
täten und /. loriai R. d. Butsson, Subgen. Ischnogaster Gueein.
Vespidae aus Ceylon, Malacca, Java und Sumatra.
255
B. Kiefer relativ kurz, gebogen, bei ^ und $ mit 3 scharfen
Zähnen. Lippentaster 4g'liedrig-, deren erstes am längsten, doch
weniger lang als die 3 folgenden zusammengenommen. Unterkiefer
lang; Anhang (Galea) so lang wie das ßasalstück. Kiefertaster
6gliedrig, alle ungefähr von derselben Länge, das letzte das längste.
Kopfschild nur sehr wenig länger als breit, die vorspringende Spitze
unterhalb des Kieferansatzes wesentlich kürzer als breit.
Fig. D.
P. mellyi Sauss. Mundteile (nach v. Saussure).
Kleinere Tiere, 10—17 mm. Typus subgeneris I. mellyi
Saussuee; dahin gehören außerdem I. butteli n. sp., I. cilipennis Sauss.,
/. coriaceus R. d. Buysson, /. foveatus R. d. Buysson, /. nitidipennis
Sauss., /. striatulus R. d. Buysson und /. serrei R. d. Buysson. Subgen.
Parischnogaster n. subg.
Ob auch die ö^ Genitalanhänge Anhaltspunkte zur Differenzierung
der genannten Untergattungen bieten, wage ich wegen Mangel an
Material nicht zu entscheiden. Immerhin ist Folgendes zu bemerken:
Fig. E.
I. micans Sauss.
Männliche Genital-
anhänge.
c cardo.
st stipes.
l lacinia.
s sagitta.
sp spatha.
Fig. F. Fig. G.
P. butteli P. mellyi
n. sp. Sauss.
Fig. H.
P. foveatus
Buysson.
17*
256 Ä. V. SCHÜLTHESS,
Stipes (st) ^) Lacinia (/) , Spatha (sp)
I. micans schmal, fast so schmal, pfriem- zwischen Mittel- u.End-
(Fig. E) lang wie 1. förmig drittel verbreitert
P. I. foveatus ? relativ sehr breit ?
(Fig. H)
Stipes (st) Lacinia (/) Spatha (sp)
P. I. mellyi breit, halb so lang breit am Ende verdickt
(Fig. G) wie 1.
P. I. bulteli bildet den Übergang zum Subg. Ischnogaster
(Fig. F) breit, rel. kurz mäßig breit, am in der Mitte verbreitert
Ende pfriem-
förmig
Die Squama (s) ist bei allen Arten ungefähr gleich gebildet, c Cardo.
Subgen. Ischnogaster Guerin.
1. J. micans Saussure.
Dalla Torre, Cat. Hym., Vol. 9, Vespidae, 1894, p. 113.
BiNGHAM, Fauna of British India, Vol. 1, 1897, p. 378, tab. 3 fig. 1.
Vorkommen. India, Sikkim, Burma, Tenasserim, Java, Borneo.
V. Buttel-Reepen leg-.: Malacca, Taiping Hills, Febr. 1912. 1 $.
2. I. eximius Bingham.
BiNGHAM, in: Journ. Bombay nat. Hist. Soc, Vol. 5, 1890, p. 244, fig. 7,
Nest 1. c, p. 380. $.
Das bis jetzt unbeschriebene Männchen zeigt folgende Merk-
male: Wangen null, Augen groß, nach unten konvergent; Entfernung
derselben auf dem Scheitel gleich der Länge von Geißelglied 3 plus
^/s von 4. Fühler schwarz, Endglied sowie die Unterseite der letzten
Glieder rot, Unterseite des Schaftes gelb. Endglied ($ 12. resp. ^
13.) zuckerhutförmig, IVoinal so lang wie an der Basis breit. End-
sternit ^ breit, flach, am Hinterrande abgerundet. Sternite ohne
besondere Bewimperung. Flügel kurz behaart, Endrand nicht be-
sonders bewimpert.
Ausgezeichnet durch die reichliche rote Färbung auf dem 1.,
2., 5. und 6. Tergit, sowie den Nestbau, den Bingham. 1. c, beschreibt.
Vorkommen. Ceylon,
V. Buttel-Reepen leg.: Ceylon, Peradeniya, Kandy, Jan. 1912.
2 SS, 1 $ am Nest.
1) Ich wähle die Bezeichnungen nach SCHMIEDEKNECHT (Apidae
europaeae, Bombus Tab. I), bin allerdings nicht sicher, ob ich die Teile
richtig gedeutet habe.
Vespidae ans Ceylon, Malacca, Java und Sumatra.
257
Subgen. Parischnogaster n, suhg,
3. P. melliji Saussüre (Fig. G).
Dalla Torre, 1. c, p. 113.
Vorkommen. Java, Sumatra, Borneo, Philippinen.
V. Buttel-Reepen leg-.: Malacca, Taiping Hills, Febr. 1912,
Singapore, O.-Siimatra, Tandjong Slamat, Mai 1912. 3 $$.
4. P. hutteli n, sp. (Fig. F, J, K, Lj.
?/. flavolineaUis Cameron, in: Journ. Straits Brauch Asiat. Soc, 1902,
No. 37, p. 108. $.
(^, $. Mediocris, fusco-niger, luxuriöse straminea-variegatus, seg-
mentum 2. ahdoniinis $ linea longüudinali sidpJmrea ornatum. Clypeus
hrevis; ocnlorum margines interni parallcli. Antennae ^ extus et intus
Serie macularum sulphurearum ornatae.
Long, corp (usque ad marg. post. segtn 2. abd.) 13 mm
Long, petioli 5,5 mm
Vorkommen. Malacca, Taiping Hills, 27. Febr. 1912, Maxwell's
Hill, Taiping. 3 c^cJ, 6 ?$ (Typus Mus. Berlin, c. m.).
Fig. J. P. butteli n. sp. 9. 2:1.
Fig. K.
P. btitteli n. sp. 9.
Fig. L.
P. butteli n. sp. <f.
Kopfschild kurz, mitten lV4nial so lang wie breit, die geo-
metrische Höhe der freistehenden Spitze vom Kiefernansatz an halb
so lang me, deren Breite; Unterrand beim $ in eine scharfe Spitze
endigend, beim (^ abgerundet. Wangen null. Augen groß, vor-
springend, ihre inneren Ränder parallel. Entfernung der Augen auf
dem Scheitel gleich der Länge von Fühlerglied 3 plus 4. Füliler-
glieder alle länger als breit; Glied 3 kaum 1^2 mal so lang wie
das 4.; Endglied (12.) konisch, lV2nial so lang wie an der Basis
breit. Schläfen nur schwach entwickelt. Kopfschild sehr spärlich,
258 A.- V- SCHULTHESS,
grob, Stirn dicht und sehr fein punktiert, ebenso das Dorsulum.
Thorax schmäler als der Kopf; Prothorax seitlich abgerundet. Dor-
sulum stark gewölbt; Schildchen nicht bucklig erhöht, wie bei
■micans und Verwandten; Hinterschildchen und Mittelsegment stark
abfallend; letzteres konvex mit schwacher, strichförmiger Mittel-
rinne, glatt und glänzend, ebenso die Pleuren. Hinterleibsstiel
lV2nial so lang wie der Thorax, gegen das Ende ziemlich stark
aufgetrieben, hinter der Mitte am breitesten. Beine schlank. Flügel-
geäder s. Abbildung. Flügel besonders auf den Adern kurz behaart,
Endrand ohne stärkere Bewimperung.
Der Mann zeigt keine plastischen Verschiedenheiten. Letztes
Fühlerglied wie beim Weibe. Endsternit flach, am Hinterrande ab-
gerundet.
Schwarz - braun , reichlich und ziemlich lang goldig behaart.
Kopf gelb; Kieferrand und Zähne, Unterrand sowie zentrale basale
Makel des Kopfschildes, Fleck zwischen den Fühlern bis hinter die
Ocellen reichend, Hinterhaupt und die Fühler (mit Ausnahme der
orangeroten Unterseite der letzten 3—8 Glieder) schwarzbraun.
Thorax schwarzbraun ; gelb sind : Vorder- und Hinterrand des Prono-
lums, zwei nach vorn divergierende und dort verbreiterte gebogene
Längslinien auf der vorderen Hälfte des Dorsulums. Vorderrand
beider Schildchen und zwei sehr große Flecke auf dem Mittelsegment.
Seiten des Thorax fast ganz gelb. Am Abdomen sind gelb: eine
breite Binde mitten auf dem 1., schmälere basale Binden auf den
Tergiten 2 — 6; auf Tergit 2 zudem zwei seitliche mit der Basal-
binde verbundene Flecke und ein medianer vorn hier und da mit
der Basalbinde verbundener, hinten abgekürzter Längsstrich (der
jedoch dem ^ fehlt). Die Binden auf Tergit 3 und 4 sind seitlich
nach rückwärts stark verbreitert, diejenigen auf 5 — 6 resp. 7 seitlich
meist abgekürzt. Sternite fast ganz gelb, ziemlich lang rötlich be-
haart. Beine gelb, Basis der Schenkel und Schienen des 3. Bein-
paares sowie sämtliche Endtarsen braun. Flügel leicht getrübt.
Stigma lehmfarben. Adern an der Flügelbasis schwarz, gegen das
Ende des Flügels gelblich.
Beim (^ ist der Kopfschild ganz gelb; die Fühler sind äußerst
hübsch gezeichnet; schwarz, auf jedem Glied außen und innen mit
je einem großen hellgelben Fleck versehen ; diese Flecke werden oft
so groß, daß sie dorsal zusammenfließen. Am Abdomen fehlt
der für das $ so charakteristische gelbe Längsstrich auf dem
2. Tergit.
Vespidae aus Ceylon, Malacca, Java und Sumatra. 259
P. hutteli hätte ich sicherlich mit /. flavoUneatus Cam. identifiziert,
wenn nicht Cameron schriebe: „the apical tooth of the clypeus is
dearly separated, twice longer than broad, and its apex is slightly
incised".
IL Icaria Saussure.
5. 1. artifex Sauss.
Dalla Torre, 1. c, p. 117.
Eengham, 1. c, p. 389.
Vorkommen. Indien, Sikkim, Barrakpoore, Mussoree, Birma,
Tenasserim, Java.
V. Buttel-Reepen leg. : Malacca, Taiping, 27. Febr. 1912 ; Sumatra,
Beras Tagi, Mai 1912; Java, Tjiogrek, April 1912; Ost-Sumatra,
Bahboelian. 2 SS, 7 $$.
6. /. marangensis Gribodo.
•Gribodo, in: Bull. Soc. entomol. ital., Vol. 23, 1891, p. 243.
Vorkommen. Sumatra, Malacca.
V. Buttel-Reepen leg. : Malacca, Taip. Hills, 11. Febr. 1912. 2 $$.
7. I. marginata Lep.
Dalla Torre, 1. c, p. 119.
Bingham, 1. c, p. 388.
Vorkommen. India, Ceylon.
V. Büttel-Reepen leg.: O.-Sumatra, T. Slaraat, 1912. 1 $.
8. I. speciosa Saussure.
Dalla Torre, 1. c, p. 121.
Bingham, 1, c, p. 390, Abbildung.
Vorkommen. Indien, Burma, Tenasserim, Malacca, Sumatra,
Borneo.
V. Buttel-Reepen leg. : O.-Sumatra, Soengei-Bamban, Bahboelian,
Bahsoemboe, April 1912. 13 $$.
9. /. flavopicta Smith.
Dalla Torre, 1. c, p. 118.
Vorkommen. Borneo, India, Tenasserim (c. m.).
V. Buttel-Reepen leg.: O.-Sumatra, Bandar Baroe, 30. Mai 1912.
2??.
III. Polistes Latr.
10. P. hoplites Saussure.
Saussure, Et. fam. Vespides, Vol. 2, 1853, p. 255.
Bingham, 1. c, p. 395.
260 -^- ^- SCHÜLTHESS,
Kopfschild $ dicht und grob punktiert; Seiten des Pronotums
dicht punktiert, nicht mit groben Runzeln versehen ; Flügel einfarbige
dunkel. Der Kopfschild des ^J ist deutlich länger als breit, unregel-
mäßig gerunzelt, nur am unteren Ende einige wenige Punkte tragend^
in der Mittellinie von einer leicht erhabenen Längskante durch-
zogen, die am Unterrande in einem kurzen Spitzchen endigt; das-
Spitzchen reicht weniger weit nach unten als die Seitenteile; vom
Spitzchen aus verläuft der Unterrand des Kopfschildes in zwei nach
oben konvexen Bogen. Der ganze Unterrand ist mit langen grauen
Haaren dicht besetzt. Fühler schlank und lang, ohne deutliche-
Schwielen; Endglied nur wenig länger als das vorletzte. Wangen
des ^ beinahe so lang wie breit, beim ^ länger, beim $ ebenso lang
wie das 4. Fülerglied. Entsternit so lang wie breit, in der apicalen.
Hälfte eine tiefe nach hinten offene Grube tragend.
Bei dem in der Färbung überaus ähnlichen, viel häufigeren P-
sagütarius Sauss. sind die Flügel an der Basis dunkel, am Ende gelb,,
der Kopfschild fast punktlos und die Seiten des Pronotums mit langen
wulstförmigen Eiefen bedeckt. Der Kopfschild des ^ ist breiter als
hoch, unten am breitesten, sein Unterrand ist fast gerade, nur wenig
bogenförmig vorspringend; Fühler lang und schlank, Endglied schlank,,
1 VsiTial so lang wie das vorletzte. Länge der Wangen deS(^ beinahe so groß-
wie ihre Breite; beim ^ länger, beim $ ebenso lang wie das 4. Fühler-
glied. Das Endsternit ist kurz, mit niederem, stumpfem Höcker an der
Basis und seitlich gegen das Ende leicht aufgeworfenem Seitenrande.)
Vorkommen. Indien, China, Perak (c. m.).
V. Büttel-Reepen leg.: O.-Sumatra, T. Slamat, Juni 1912. 1 ^.
11. P. Stigma Fab.
Dalla Toeee, 1. c, p, 132.
BiNGHAM, 1. c, p. 396.
P. Stigma ist absolut nicht eine Varietät des afrikanischen P. margi-
ndlis Fab., da die Fühlerbildung des ^ eine ganz verschiedene ist.
Vorkommen. Indien, Malayischer Archipel, Formosa.
V. Büttel-Reepen leg.: N.-Ceylon, M.-Iluppalama, Jan. 1912. 1 ^
IV. Vespa L.
12. F. analis Fab.
R. DU BuYSSON, in: Ann. Soc. entoraol., France 1904, p. 514.
Vorkommen. Indien, Cochinchina, China, Java.
V. Büttel-Reepen leg.: Java, Tjibodas, März 1912. 2 $$.
Vespidae aus Ceylon^ Malacca, Java und Sumatra. 261
13. F. cincta Fab.
E. DU BuYSSON, 1. c, p. 530.
Vorkommen. Indien, Tonkin, Annam, Sumatra, Java, Borneo,
Neuguinea.
V. Büttel-Reepen leg-.: Malacca, Taiping Hills, Febr. 1912;
Penang, Juni 1912. 1 $, 2 ^.
14. V. cincta Fab. var. affinis Fab.
R. DU BuYSSON, 1. c, p. 534.
Vorkommen. Wie die Stammform.
V. Büttel-Reepen leg.: Ceylon, Senigoda, Dez. 1911. 2 ^^.
15. V. hellicosa Saüss. var. annulata Smith.
E. DU BuTSSON, 1. c, p. 542.
Vorkommen. Sumatra, Borneo.
V. Büttel-Reepen leg.: Malacca, Taip. Hills, Febr. 1912. 1 $.
16. F. velutina Lep.
E. DU BuyssoN, 1. c, p. 548.
Vorkommen. India, Java.
V. Büttel-Reepen leg.: Java, Tjibodas, März 1912. 3 '^^.
17. F. doryloides Saüss.
E. DU BUYSSON, 1. c, 616.
Vorkommen. India, Sumatra, Borneo.
V. Büttel-Reepen leg.: Malacca, Taip. Hills, Febr. 1912; 0.-
Sumatra, Bahsoemboe. 3 ^(^, 8 ^^.
V. Polybia Lep.
18. P. raphigastra Saussuee. ^)
Schulthess, in: Mitt. echweiz. entomol. Ges., Vol. 12, 1913, St. 156,
tab. 11 fig. 4 und 10.
1) Neuerdings hat E. DU BüYSSON (in: Bull. Soc. entomol. France,
1913, p. 299) das alte SAUSSüKE'sche Subgenus Parapolyhia geteilt in
Polybia mit 4gliedrigen Lippen- und 6gliedrigen Kiefertastern und
Polybioides mit 3gliedrigen Lippen und 5gliedrigen Kiefertastern und nur
11-, beim ^ 12gliedrigen Fühlern. Zu Polybioides gehören außer P)
sumatrensis Sauss. = rhaphiyastra SaüSS. P. tabida Fab. und P. psecas
E. DU BüYSSON. Falls DU BüYSSON die ersteren Arten bei Polybia be-i
lassen will, so ist dagegen wohl nichts einzuwenden, aber statt Polybioides
ist der alte Name Parapolyhia beizubehalten. Auch die neotropische
Polybia {Leipomeks Mob.) lamellaria MÖBiüS hat 3- reep. Sgliedrige Taster,
aber 12- resp. ISgliedrige Fühler.
262 ^- ^- SCHÜIiTHESS,
Vorkommen. Malacca, Perak, Sumatra.
V. Büttel-Reepen leg.: Malacca, Taip. Hills, März 1912; O.-
Sumatra, T. Slamat, Mai 1912; Zentral-Sumatra, Bandar Baroe,
3500'; Nest in einem Baumstamm. „Greifen sofort an, wenn man
in die Nähe kommt." 14 ^^.
Eumenidinae.
VI. Lab US Saussure.
19. L. spiniger Sauss.
Y. Saussure, in: Reise der Novara, Zool,, Vol. 2, 1, 1867, Hym. St. 4,
tab. 1 fig. 1.
Vorkommen. Java.
V. Büttel-Reepen leg.: Java, Tjibodas, April 1912; O.-Sumatra,
Bahboelian. 2 ??.
VII. Eunienes Latr.
Subgen. Eumenidion Schlthss.
20. E. punctatus Saussure.
SaüSSURE, Et. Fam. Vesp., Vol. 1, 1852, p. 37.
BiNGHAM, 1. C, p. 339.
Vorkommen. India, Sikkim, Burma, Tenasserim.
V. Büttel-Reepen leg.: Malacca, Taip. Hills, 19. Febr. 1912;
O.-Sumatra, Bahboelian. 1 c^, 5 ?$.
Subgen. JEutnenes prop. dict.
21. E. maxillosus D. G. var. circinalis Fab.
Dalla Torre, 1. c, p. 20.
BiNGHAM, 1. c, p. 340.
Vorkommen. India, Burma, Tenasserim, Key-Ins.
V. Büttel-Reepen leg.: Malacca, Taiping, 27. Febr. 1912; O.-Su-
matra, Tandjong Slamat, Mai 1912; Java, Buitenzorg. 3 $$.
22. E. maxillosus D. G. var. conicus Fab.
Dalla Torre, 1. c, p. 22.
BiNGHAM, 1. c, p. 343, tab. 2 fig. 9.
Vorkommen. India, China, Malayischer Archipel.
V. Büttel-Reepen leg.: Ceylon, M.-Iluppalama, 28. Juni 1912. 1$.
Vespidae aus Ceylon, Malacca, Java and Sumatra. 263
23. E. maxillosus D. G. var. xanthurus Saussure.
Dalla Torre, 1. c, p. 32.
EiNGHAM, 1. C, p, 341.
Vorkommen. India, Sumatra.
V. Büttel-Reepen leg.: O.-Sumatra, T. Slamat, Mai 1912; Bindjei
Estate, „an Lampe" 12.— 13. Juni 1912. 2 $$.
24. E. edivardsii Saussuee.
Dalla Torre, 1. c, p. 23.
BiNGHAM, 1. c, p. 344.
Vorkommen. Indien, Key-Inseln, Queensland.
V. Buttel-Reepen leg.: O.-Sumatra, T. Slamat, Mai 1912; O.-
Sumatra, Bahboelian, Bahsoemboe. 6 ^^, 2 $$.
25. E. arcuatus L. var. flavopictus Blanch.
Dalla Torre, 1. c, p. 18.
BiNGHAM, 1. c , p. 45.
Vorkommen. Indien und Polynesien.
V. Büttel-Reepen leg.: O.-Sumatra, Bahboelian. 1 $.
VIII. Mliynchium Spinola.
26. Rh. iridipenne Smith.
Dalla Torre, 1. c, p. 46.
Schulz, in: Berlin, entomol. Ztschr., Vol. 49, St. 224.
Vorkommen. Amboina.
V. Büttel-Reepen leg.: N.-Ceylon, M.-Iluppala, 28. Juni 1912;
Malacca, Taiping, 27. Febr. 1912; O.-Sumatra, Säntis, Juni 1912
Java, Tjiogrek, April 1912, 4 ??.
27. Bh. haemorrhoidale Fab.
Dalla Torre, 1. c, p. 44.
BiNGHAM, 1. c, p. 354.
Vorkommen. Verbreitet durch ganz Indien, Ceylon und die
Malayischen Inseln.
V. Buttel-Reepen leg. : O.-Sumatra, Soengei-Bamban, April 1912 ;
T. Slamat, Mai 1912. 2 <^^, 2 $?.
28. Rh. haemorrhoidale Fab. var. carnaticum Fab.
Dalla Torre, 1. c, p. 45.
BiNGHAM, 1. c, p. 355 (bruneiim F.).
Vorkommen. Verbreitet durch ganz Indien, Afghanistan,
Persien, Formosa und die Malayischen Inseln.
264 A. V. SCHULTHESS,
V. Buttel-Eeepen leg. : Ceylon, Paradenyia, M.-Iluppalama, 28. Juni
1912; O.-Sumatra, Bahboelianj Deli, Kampong Lama. 5 ^^, 3 $$,
IX. Odynerus Latr.
a) Ancistrocerus Wesm.
29. Euancistrocerus clavicornis Sm.
Smith, in: Journ. Proc. Linn. Soc, ZooL, Vol. 3, 1895, p. 21.
Die übrigens ziemlich gute Beschreibung von F. Smith mag"
folgendermaßen ergänzt werden.
(^. Parvulus, valde grosse pundatus, niger. Strmninei sunt: ClypeuSf
mandibulae, antennarmn scavus subtus, glabella, macula parva in oculorum
sinu, macula postocularis, fascia apicalis angusta tergiti 1. ad 3., quarum
3. angustissima et sterniti 2. et 3., et genua omnia, tibiarum et tarsorum
anticorum et intermediorum latus anterius; ferruginei sunt: pronoti
fascia medio lote interrupta, lateribus abbreviata, tegulae et post-scutelli
fascia tenuis, medio vix interrupta. Segmentum 1. abdominis sat elon-
gatum, suturis transversis duabus munitum. Antennae clavatae, uncus
valde robustus.
Long. corp. (usque ad marg. post seg?n. 2 abd.) 6 mm.
Vorkommen. Celebes (Smith).
V. Buttel-Reepen leg. : O.-Sumatra, Bahboelian. 1 c^.
Das ganze Tier, besonders an Kopf und Thorax greis behaart.
Außenseite der Kiefer, Kopfschild, Unterseite des Fühlerschaftes^
Stirnmakel, ein kleiner Fleck in der Augenausrandung und ein kurzer
Streif hinter den Äugen hell strohgelb. Zwei mitten nicht zu-
sammenstoßende und die Seitenecken nicht erreichende Fleckchen
auf dem Pronotum, die Flügelschuppen, die Nebenflügelschüppchen,
zwei Fleckchen auf dem Hinterschildchen orangegelb. Am Abdomen
sind wiederum hellgelb: Schmale Endbinden auf Tergit 1 — 3 und
Sternit 2 und 3, von denen diejenigen auf dem 3. Segment wirklich
nur angedeutet sind. Flügel hell; Mal und Adern braun; äußere
Hälfte der Radialzelle rauchig getrübt. Hüften und Schenkel
schwarz, Knie, Vorderseite der Vorder- und Mittelschienen und
Vordertarsen gelb, der Rest der Beine braun.
Kopfschild dicht und ziemlich fein, Thorax sehr dicht und sehr
grob runzlig punktiert ; 1. Tergit ziemlich grob zerstreut, 2. auf der
Scheibe fein und sehr zerstreut punktiert; Hiuterrand von Tergit
2 — 4 wieder dichter und gröber punktiert. Kopf bedeutend breiter
Vespidae aus Ceylon, Malacca, Java und Sumatra. 265
als der Thorax. Kopfschild unpunktiert, so breit wie lang, etwas
unterhalb der Mitte am breitesten, unten kaum ausgerandet mit
2 Zähnchen neben der Ausrandung, von denen aus 2 schwache Kiele
divergierend nach oben verlaufen, Unterrand des Kopfschildes so
lang wie das 4. Fühlerglied. Fühler so lang wie der Thorax, gegen
das Ende stark verdickt ; 3. Glied so lang wie das 4. plus halbe 5. ;
Glieder vom 6. an breiter als lang; das 10. etwa 3mal so breit wie
lang, das 11. etwas länger als breit, das 12. sehr klein, das letzte
groß breit konisch, als umgeschlagener Haken in einer breiten Rinne
an der Unterfläche des Fühlers liegend, mit seiner Spitze die Basis
des 10. Gliedes erreichend. Unterseite der Fühler an der Basis und
gegen das Ende sowie der Haken rötlich. Augen sehr groß, be-
sonders unten sehr breit. Ocellen in flachem Dreieck; die hinteren
voneinander weiter abstehend als vom Netzauge, etwas weniger
weit als vom Hinterhauptsrande. Hinterhaupt und Pronotum gerade
abgestutzt, dieses leicht gerandet mit stumpfwinkligen Seiteneckeu.
Dorsulum ebenso lang wie breit. Flügelschuppen unpunktiert.
Schildchen flach, wenig breiter als lang, ohne mediane Längsfurche.
Hinterschildchen nur wenig geneigt. Mittelsegment das Hinter-
schildchen nach hinten um die halbe Länge des Hinterschildchens
überragend, oben und auf den Seiten äußerst grob runzlig punktiert.
Hinterfläche des Mittelsegments ziemlich tief ausgehöhlt, sehr fein
gestrichelt; obere Seitenkante infolge der groben Skulptur gezähnelt,
mit scharfem Zahn oberhalb des Gelenkschüppchens; dieses groß,
spitzig, weiß. Pleuren wie das Dorsulum punktiert, Pleuren des
Mittelsegments in der unteren Partie sehr fein längsgerunzelt.
Vorderschenkel länger als die Mittel- oder Hinterschenkel, stark
nach vorn gebogen; Beine sonst ohne Auszeichnung. 1. Abdominal-
segment so lang wie am Hinterrande breit, nach vorn stark ver-
schmälert mit zwei stark ausgebildeten Quernähten, deren erste das
Tergit in eine senkrechte Vorderfläche und einen beinahe wagrechten
Postpetiolus trennt, deren zweite etwas vor der Mitte des Post-
petiolus liegt. Die Breite des Postpetiolus beträgt ^/g der größten
Breite des 2. Segments. Dieses nahe dem Hinterrande am breitesten,
oben stark, unten schwach gleichmäßig gewölbt. Letztes Tergit
kurz, breit; letztes Sternit kurz dreieckig mit aufgeworfenen Seiten-
rändern (vielleicht zufällig).
A. clavicornis ist ausgezeichnet durch zwei Quernähte auf dem
1. Tergit, die Form des Kopfschildes und die ganz ungewöhnliche
Fühlerbildung.
266 A. V. ScHüLTHESs, Vespidae aus Ceylon, Malacca, Java imd Sumatra.
b) Lionotus Säussuke.
30. 0. diffinis Saussuee.
Dalla Toere, 1. c, p. 64.
BiNGHAM, 1. c, p. 366.
Vorkommen. India, Sikkim, Barakpoore, Burma, Tenasserim»
V. Büttel-Reepen leg.: Malacca, Taiping, 27. Febr. 1912; O.-Su-
matra, Bahsoemboe. 2 ^^.
31. 0. miiltipictus Smith.
Dalla Toeee, 1. c, p. 80.
BiNGHAM, 1. c, p. 36, tab. 2 fig. 13.
Vorkommen. India, Sikkim, Burma, Tenasserim; Borneo.
V. Büttel-Reepen leg.: N.-Ceylon, M.-Iluppalama, Juni 1912. 1 $.
32. 0. bipustiilatus Saussuee.
Dalla Toere, 1. c, p. 56.
BiNGHAM, 1. c, p. 369, flg. 108.
Vorkommen. India.
V. Buttel-Reepen leg.: Ceylon, Senigoda, Dez. 1911; O.-Sumatra,
S.-Bamban, April 1912; Java, Tjiogrek, Tjibodas, März, April 1912^
4 c^cJ, 1 ?.
33. 0. humbertiamis Saussuee.
Saussure, in: Reise der Novara, Zool., Vol. 2, 1, 1867, St. 13.
BiNGHAM, 1. c, p. 371.
Vorkommen: Indien, Sikkim, Burma, Tenasserim, Ceylon.
V. Buttel-Reepen leg.: Ceylon, Kandy, Dez. 1911. 1 $.
34. 0. sp.
O.-Sumatra, Bahboelian. 1 c^, 1 $.
35. 0. sp.
O.-Sumatra, Bahboelian. 1 (^, 1 ?.
36. 0. sp.
Batavia, Weltevreden. 1 (J, 1 $.
26. September 1913.
Nachdruck verboten.
IJbersetzunysrecht vorbehalten.
Notiz über Symbionten bei Hydroideo.
Von
Herbert Constantin Müller (König^sberg i. Pi.).
Bei der Beschäftigung- mit den verschiedensten Hydroiden des
Golfes von Neapel zu biologischen Zwecken habe ich im Winter
1911 — 1912 bei einigen Formen symbiontische Algen gefunden. Ich
erwähnte dies bereits in meiner Arbeit über die Regeneration der
Gonophore bei den Hydroiden I u. II (18 u. 19). Es handelt sich
um folgende Formen : Sertularella polysonias L., Aylaophenia phmia L.,
Aglaophenia hellen und die von mir entdeckte Pachycordyle fusca.
Müller-Cale u. Eva Keüger haben bei Sertularella polysonias und
Aglaophenia helleri im Frühjahr dieses Jahres die symbiontischen
Xanthellen auch entdeckt und sind mir zu meiner Freude in der
Publikation ihrer Entdeckung zuvorgekommen (17). Denn da ich
zu jener Zeit mit Operieren und Beobachten der lebenden Tiere zu
Eegenerationszwecken beschäftigt war, konnte ich mich um andere
Erscheinungen nur sehr wenig bekümmern. Aus dem konservierten
Material aber irgendwelche Aufschlüsse über die Algen zu suchen,
ist eine sehr mißliche Arbeit, die nur zu leicht zu Täuschungen
führen kann. Da nun von anderer Seite über dieselben Beobachtungen
berichtet worden ist, kann ich mich darauf beschränken, diese —
soweit mir das möglich — zu vervollständigen. Es handelt sich
268 Herbebt Constantin Müller,
vorläufig darum, jegliches Material über die Symbiose zwischen
Tier und Pflanze zusammenzutragen, bis später einmal die ge-
samten Erfahrungen dieses Gebietes in einer Monographie verwertet
werden.
Ich schrieb (19, p. 332), daß Seriularella polysonias zwei Formen
von Zoochlorellen besäße, eine große, blaugrüne, hellfarbige und eine
viel kleinere mit gelbgrüner, satter Farbe. Diese kommt sehr viel
häufiger vor. Es schien mir sogar mitunter, daß man noch eine
dritte, kleinste Form annehmen könnte. Die Chlorellen kamen im
ganzen Hydrocaulus dicht nebeneinander vor. Der Unterschied
zwischen den beiden Formen w-ar im allgemeinen prägnant, wenn
auch, wie dies w^ohl bei allen bisher gefundenen Chlorellen und
Xanthellen der Fall ist, Schwankungen in der Größe und damit
auch in der Färbung zu finden waren. Ich erinnere mich, daß ich
in ganz vereinzelten Fällen Exemplare traf, bei denen ich im ersten
Augenblick zweifelte, welcher der beiden Formen ich sie zurechnen
sollte. Doch hielt ich dies für durchaus nichts Auffälliges. Müller-
Cale u. Eva Krüger meinen nun, daß bei SeHularella polysonias
nur ein Symbiont vorkäme, der in seiner Gestalt stark variiere und
dessen kleinere Form mitunter eine gelbbraune Färbung zeige. Sie
bringen eine Tabelle über die Unterschiede Inder Größe der Chlorellen,
aus der sich aber weiter nichts entnehmen läßt als die beiden
Extreme: 4,5 zu 3,8 (jl und 20 zu 7,5 fJi (resp. 18 zu 12 //). Diese
Extreme der Größenmaße würden meinen beiden Formen entsprechen,
wenn ich auch eine auffällige Längsstreckung der größeren nie
habe bemerken können. Ich kann mich der Ansicht der genannten
Autoren nicht gerne anschließen. Sie beschreiben und zeichnen die
kleinen Chlorellen als Kugeln mit doppelt konturierter Membran,
die im Innern ganz mit Chromatophoren angefüllt sind. Sie
meinen, daß diese kleineren Kugeln wachsen und die Chromato-
phoren sich dabei mehr verteilen. Diese einfache Erklärung scheint
mir den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht zu werden, dazu
ist meiner Meinung nach der allgemeine Unterschied zwischen der
großen und der kleinen Form der Chlorellen zu prägnant. Es
Ist ja durchaus nicht nötig, daß es sich um zwei verschiedene
Algen handelt. Keeble u. Gamble (14) haben bei den in Convoluta
roscoff'ensis vorkommenden Algen verschiedene Zustände desselben
Organismus konstatieren können. Etwas Ähnliches könnte auch
bei Sertularella der Fall sein. Ich vermute, daß die kleinen
Chlorellen Abstammungsformen der großen sind und nicht deren
Syrabionten bei Hydroiden. 269
bloße Entwicklung'szustände; dazu findet man viel zu wenig große
Chlorellen und viel zu viel kleine. Eine genauere Untersuchung
der angedeuteten Verhältnisse durch Zuchtversuche wäre sehr er-
wünscht.
Die von Müller- Cale u. Eva Krüger bei Aglaophenia hellen
beschriebenen Xanthellen habe ich ebenfalls seinerzeit gesehen. Im
"Gegensatz zu den Autoren fand ich die Farbe der lebenden Stämmchen
meistens nicht braun, sondern giünlich.
Es ist mir sehr auffällig, daß Müller-Cale u. Eva Krüger
sagen , Aglaophenia hellen unterscheide sich durch eine lebhafte
Braunfärbung stark von A. pluma und elongata. Damit meinen sie
doch wahrscheinlich, daß diese beiden Arten die gewöhnliche bleiche
Hydroidenfärbung zeigen. A. elongata habe ich nicht zu Gesicht
bekommen; A. pluma aber besitzt wohl helle Fiederäste, der Stamm
jedoch ist stets hell- bis dunkelbraun. Eine nähere Prüfung ergab
dann auch, daß Aglaophenia pluma ebenfalls mit Xanthellen durch-
setzt ist (freilich sind diese mitunter so wenig zahlreich vorhanden,
daß ich anfänglich glaubte, es wären Teile der Nahrung). Mir ist
es sehr auffällig, daß die beiden mehrfach genannten Autoren dies
nicht gefunden haben. Sie betonen an einer anderen Stelle nochmals
ausdrücklich, daß A. pluma keine Xanthellen besitze, weil sie den
Konservierungsalkohol nicht braun färbe, was hellen wohl tut. Diese
Erscheinung mag mit der geringeren Anzahl der Algen bei A. pluma
zusammenhängen. Ich habe auf jenen umstand nicht sonderlich
geachtet. Bei den meisten Kolonien färbte der anhaftende Schlamm usw.
die Konservierungsflüssigkeit von vornherein braun, und die Farbe
ging bei der Überführung durch den verschiedenprozentigen Alkohol
stets wieder verloren. Es ist übrigens leicht möglich, daß Müller-
Cale u. Eva Krüger überhaupt mit Aglaophenia pluma eine andere
Art bezeichnen als ich; denn leider sind die systematischen Ver-
hältnisse bei den Hydroiden nicht sehr klar und eine einzelne Be-
stimmung oft unsicher. Ich werde meine Bestimmungen der Neapler
Hydroiden, darunter auch die von Aglaophenia pluma, in nächster
Zeit veröffentlichen. Daß Aglaophenia pluma im Winter 1911 — 1912
Xanthellen besessen hätte und im Frühjahr dieses Jahres nicht mehr
oder daß sich die Xanthellen nur in den Kolonien bestimmter Stellen
Zool. Jahrb. XXXVIL Abt. f. Syst. 18
270 Herbert Constantin Müller,
des Golfes finden lassen, glaube ich nicht. Auf jeden Fall be-
dürfen auch diese Verhältnisse einer gelegentlichen genaueren Unter-
suchung.
Die Größe der in Aglaophenia pluma vorkommenden Xanthelleu
beträgt 6 — 7,5 ju. Ihr Aussehen gleicht dem der in A. helleri vor-
kommenden (17, fig. 1—3). Eine doppelt konturierte sehr starke
Membran umschließt das Plasma, in dessen Innern stets das
große, stark lichtbrechende Stärkekorn mit der konzentrischen
Schichtung eingebettet liegt; sein innerer Teil erschien mir dunkler
oder trüber als die Randzone. Neben diesem großen Stärkekorn
sah ich gewöhnlich noch viele Nebeneinschlüsse, meistens auch,
stark lichtbrechend. Die Randzone wird von den Chromato-
phoren eingenommen. Die Vermehrung geschieht durch Zwei-
teilung, wobei sich anscheinend auch das große Stärkekorn teilt.
— Die Zellmembran zeigte auf Celluloseprüfung hin keinerlei Ver-
änderung.
Es ist mir wichtig, daß Müller-Cale u. Eva Krügee in der
Ectodermhülle der männlichen Gonophore vereinzelt auch die grünen
Kugeln gefunden haben, die auch ich dort und in den zarten Plasma-
fäden der Corbula gefunden habe. Ich erwähnte (19, p. 347) dieselben
Gebilde in den Wachstums- und Regenerationszonen der Corbulen
beider Aglaophenien vorkommend; ebenso fand ich sie an allen Wachs-
tumsflächen der Hydranthen und des Cönosarks. Diese grünen Ge-
bilde können die Größe der Xanthellen erreichen, wenn sie auch im.
Durchschnitt kleiner sind als diese; sie haben die Farbe der Zoo-
chlorellen, auch sie sind von einer starken Membran umgeben.
Vereinzelt konnte ich in ihrem Innern Einschlüsse erkennen und
glaube auch ein großes kernartiges Gebilde bemerkt zu haben. Das
große Stärkekorn aber fehlt, ebenso wie die Chromatophoren. Merk-
würdigerweise wurden diese grünen Gebilde von Alkohol und
Eisessig aufgelöst, wobei aber bei Eisessig ein kleiner Rückstand
blieb; auch Cellulosereaktionen waren unmöglich, weil die Körper
unter dem Einfluß der Reagenzien verschwanden. Danach scheint
es sich doch wohl nicht um Algen oder dgl. zu handeln, sondern
um irgendeinen Excretions- oder Secretstolf, der von dem tierischen
Plasma analog dem Pigment bei Eudendrium gebildet wird. Ge-
stützt wird diese Annahme durch den Umstand, daß es mir nie
gelungen ist, die grünen Kugeln völlig zu isolieren, was bei den
Xanthellen und Chlorellen leicht möglich ist; stets sind sie in Ver-
bindung mit tierischem Plasma, und wenn es auch nur ein geringer
Symbionten bei Hydroiden. 271
Zellrest ist. — Vielleicht kann man die grimen Körper mit den
bei BonelUa viridis vorkommenden in Zusammenhang bringen, die
jedoch, wie mir Herr Dr. Bai-tzer seinerzeit persönlich mitteilte,
untereinander durch Fäden zusammenhängen.
In meiner Arbeit über die Regeneration der Gonophore bei den
Hydroiden, Teil I (18, p. 359) habe ich bereits gesagt, daß in der
von mir entdeckten Pachycordyle fusca über dem ganzen Hydrocaulus
hin im Entoderm symbiontische Algen anzutrelfen sind. Diese Zoo-
xanthellen unterscheiden sich in ihrem Aussehen durchaus nicht
wesentlich von denen anderer Tiere. Ihre Größe beträgt 6 — 7,5 f-i.
Die Zellmembran ist doppelt konturiert und sehr stark; sie ergibt
nach der Prüfung mit Chlorzinkiod oder Schwefelsäure mit lod keine
Cellulosereaktion. In jeder der gelben Zellen ist ein großes Stärke-
korn neben dem Kern zu ünden. Daneben existieren noch andere
große Einschlüsse; nach der Zellwand zu liegen die großen Chroma-
tophoren, die stark lichtbrechend erscheinen und von gelbgrüner Farbe
sind, während das übrige Plasma der Xanthelle gelbbraun schimmert.
Daß es jedoch in Wirklichkeit farblos ist, kann man aus zerquetschten
Zellen ersehen, bei denen sich nach einiger Zeit Chromatophoren
und Protoplasma sondern.
Die Vermehrung geht auch hier durch Zweiteilung vor sich, wobei
sich die Alge zunächst zu einer Semmelform auseinanderzieht und dabei
an der schmalen Stelle die Querwand bildet. Von dem großen
Stärkekorn findet man in jeder Tochterhälfte eine kleine Kugel.
Das Plasma der Pachycordyle fusca ist hyalin, weich und weiß. Es
wird durch die in großer Menge und ständig vorkommenden Xan-
thellen gelb bis dunkelbraun gefärbt. Diese kommen ausschließlich
im Entoderm vor und flottieren gelegentlich auch im Nahrungsstrom
des Gastrovascularraumes. In den hohen Entodermzellen der Hy-
dranthen sitzen sie gewöhnlich zu dreien oder noch mehreren hinter-
einander. In den kürzeren Zellen des Stamm cönosarks sitzen sie
aus Platzmangel nicht so dicht. Im Entoderm der Tentakel kann
man die Xanthellen ebenfalls regelmäßig finden und zwar meist
ohne Rücksicht auf die einzelnen Zellen und ihre Begrenzung; mit-
unter sind sie freilich auch genau auf die einzelnen Zellen ver-
teilt anzutreffen. Obgleich sie im Entodermzapfen der Gonophore
18*
272 Hbhbert Constantin Müller,
ebenfalls vorkommen, sah ich sie doch niemals in den Eizellen oder
Hodenpolstern.
Was an den Zooxanthellen der Pachycordyle fusca besonders in-
teressant ist, das ist ihr Verhalten außerhalb des tierischen Gewebes.
Es sei mir gestattet, vor der Anführung meiner Beobachtungen —
die ich in gleicher Weise vergebens auch auf den Xanthellen der
Aglaophenien zu machen versuchte — einige Literaturangaben über
hier interessierende freie Zustände der symbiontischen Algen durch-
zugehen.
Seit dem ersten Zweifel über die Natur der grünen oder gelben
Zellen im tierischen Gewebe und namentlich mit der wachsenden
Überzeugung von ihrer pflanzlichen Natur hat man sich bemüht,
frei lebende Stadien der Algen zu finden.
Im Jahre 1871 gibt Cienkowsky (1) an, daß bei totem Collo-
£oum, welches längere Zeit (über eine Woche) im Seewasser liegen
blieb, die gelben Zellen fortfuhren, freudig zu wachsen, auch dann,
wenn das Protoplasma und die Kapseln der ganzen Kolonie schon
völlig zerstört waren. Die wachsende Zelle trat nach Cienkowsky
aus ihrer Hülle heraus und häutete sich mehrere Male. Während
des Wachstums bekam sie lappige Gestalt, und schließlich ver-
mehrte sie sich durch Teilung. — Kael Brandt bestätigt diese An-
gaben an mehreren Stellen durch eigene Erfahrungen. Er beobachtete,
daß die Algen ihr Wirtstier wochenlang überleben können, in einem
Falle (2, p. 399) sogar bis zu 2 Monaten.
Ein selbständiges Leben der Algen außerhalb des tierischen
Gewebes läßt im Jahre 1882 L. v. Graff vermuten. Er erwähnt
(3, p. 75), daß die gelben Zellen der Convoluta paradoxa den ein-
zelligen braungelben Algen, welche die Wände seiner Seewasser-
Aquarien überzogen, „fast gleich" sind.
In demselben Jahre berichtet Geza Entz (4) in einem Referat
über einen Vortrag, den er bereits 1876 gehalten hatte, daß die
Chlorellen gewisser Infusionstiere diese verlassen und umherschwimmeu.
Aus den grünen Körperchen im Innern des Tieres entwickeln sich
durch Vierteilung einzellige Algen der Gattungen Palmella, Tetra-
spora, Gloeocystis, Pleurococcus, Raphidium, Scenedesmus. Entz fährt
wörtlich fort: „Einige vergrößern sich nach erfolgter Encystierung
beträchtlich; aus diesen Cysten schwärmen endlich Chlamydomonaden
und Euglenen heraus." Oft soll die Weiterentwicklung zu Flagel-
laten schon im Wirtstiere (z. B. Stentor polymorphus) vor sich gehen.
Nach Entz wandert in die betreffenden Wirtstiere nicht eine
Symbionten bei Hydroiden. 273
l)estimmte Alg-enart ein, sondern die verschiedensten niederen
Alg-en, deren Zoosporen und Flag'ellaten sich in ganz kleine
Zellen — die „Pseudo-Chlorophyllkörperchen" — verwandeln. Zoo-
cMorella ist ein Zustand, welchen die verschiedensten Algen annehmen
können.
Gegen Entz wendet sich berechtigterweise Klebs (6) im
Jahre 1885. Er führt aus, daß Entz die Tiere in destilliertem
Wasser zerzupfte und nach einigen Wochen die erwähnte Algen-
flora vorfand. Letztere sei aber nicht aus der Zoochlorella hervor-
gegangen, sondern das Wasser mit den Versuchsobjekten sei von
außen her mit Sporen oder Ruhezuständen der Algen infiziert
worden.
Auch Beijerinck (7) nimmt in seiner Schrift aus dem Jahre
1890, die mir leider nicht zugänglich war, Stellung zu den ENTz'schen
Ausführungen. Er bestätigt, daß aus Kulturen mit Zoochlorella
Reinkulturen von Raphidien, Scenedesmus und anderen entstehen
können, und stellt sich die Frage, ob alle diese verschiedenen Algen
nur weiter entwickelte Stadien der Chlorellen seien. Seine Unter-
suchungen führen ihn zu dem Ergebnis, daß dies nicht der Fall sei,
vielmehr die Algen aus der frisch verschlungenen Beute der ge-
fangenen Stentoren und Hydren stammen. Damit wäre die KLEBs'sche
Ansicht prinzipiell gegen Entz bestätigt. Am Schlüsse seiner Arbeit
gibt Beijerinck, nachdem er ausführlich allerlei Kulturversuche,
unter anderem auch mißglückte, über das Züchten von Reinkulturen
der Chlorellen beschrieben hat, kurz an, daß es ihm zuletzt doch
noch geglückt sei, die Chlorellen von Hydra auf Grabenwassergelatine
isoliert zu züchten. Diese Mitteilung ist aber wegen ihrer Kürze
und Ungenauigkeit gegenüber den ausführlich beschriebenen miß-
glückten Versuchen von späteren Autoren mit starkem Mißtrauen
aufgenommen worden.
Inzwischen hatte Brandt im Jahre 1883 in seiner großen Arbeit
über die Bedeutung des Chlorophylls bei Tieren (5) auf p. 241—242
erwähnt, daß er in Aiptasia und Beniera zwischen den gewöhnlichen
gelben, runden Zellen auch ovale, mit einer leichten Einkerbung an
einem Pole gefunden hätte, die bestimmt nur eine Modifikation der
runden Zellen wären. Sie zeigten eine überraschende Ähnlichkeit
mit frei lebenden Algenschwärmern, nur daß ihnen die Geißeln
fehlten. Dieselben Schwärmer — also anscheinend auch ohne Geißeln —
erhielt Beandt aus Reinkulturen von gelben Zellen aus Collosoum,
Cassiopeia und Anthea. Diese Mitteilung ist die erste glaubwürdige
274 Herbert Constantin Müller,
Andeutung über einen tatsächlichen Schwärmzustand der pflanzlichen
Symbionten außej'halb des tierischen Gewebes, Ferner fand Brandt
bei seinen Versuchen mit Actinien, die im Dunkeln sich ihrer Xan-
thellen entledigen, bei Anthea cereus var. smaragdina Folgendes. In
der einen Versuchsreihe wurde das Tier 4 Monate lang dunkel ge-
halten und warf in dieser Zeit sämtliche Xanthellen aus [an dieser
Tatsache zweifeln Keeble u. Gamble (14, p. 171)]. Dann wurde das
Tier mehrere Wochen in filtriertem Seewasser dem Lichte ausge-
setzt, ohne daß sich die Xanthellen wieder einfanden. Als dann
das filtrierte Wasser durch ständig zirkulierendes, frisches See-
wasser ersetzt wurde, konnte B. nach 2 Wochen die Xanthellen in
dem Gewebe der Anthea wieder wahrnehmen. Dies würde für ein
freies (schwärmendes?) Leben der Algen zeugen.
Weiter berichtet Famintzin (8) im Jahre 1891, daß es ihm ge-
lungen wäre, die in Paramaecium hursaria, Süjlonychia und Stentor
pohjmorpJms vorkommenden Chlorelleu mit unendlicher Vorsicht auf
Agar-Agar in Reinkulturen weiter zu züchten.
1892 gibt Le Dantec (9) an, daß algenlose Individuen von
Paramaecium hursaria in Gegenwart von algenhaltigen auch mit
Chlorellen infiziert werden. Er hat aus Versuchen mit solchen
algenlosen Paramäcien und den Zoochlorellen zerquetschter algen-
haltiger unter dem Deckglas festgestellt, daß die Algen vom Tiere
zunächst gefressen und mit einer Vacuole umgeben werden, daß aber
diese Vacuole bald wieder schwindet und die Alge dann direkt im
Zelleib liegt und sich durch Vierteilung vermehrt. Auch nach Le
Dantec haben die Algen außerhalb des tierischen Körpers selb-
ständige Lebensfähigkeit in rein anorganischen Medien.
Ebenso wie Famintzin und Le Dantec soll Dangeaed (10) im
Jahre 1900 durch Maceration der Körper von Stentor, Paramaecium
oder Frontonia frei lebende Kolonien der symbiontischen Algen er-
halten haben. Leider war mir die Arbeit Dangeaed's nicht zu-
gänglich.
Sehr interessant sind die Entdeckungen Schaudinn's aus dem
Jahre 1899 (11). Er sah, daß die Xanthellen von Trichosphaerium
im Hungerzustande aus dem Tiere heraustreten. Dabei bemerkte
er zunächst eine lebhafte rotierende Bewegung des Plasmas in der
Cellulosemembran ; dann platzt diese, und das Plasma kriecht amöboid
heraus. Bald nimmt es eine ovale Gestalt an, und an einem Pole
bildet sich eine seichte Vertiefung, aus der 2 lange, lebhaft flirrende
Cilien hervorwachsen, mit deren Hilfe die Xanthelle davonschwimmt.
Symbionten bei Hydroiden. 275
•Gleichzeitig- entsteht an demselben Pol ein Schlund. Schaudinn
betrachtet die Xanthellen im Tierinnern als Ruhestadien von
Flagellaten.
Im Jahre 1904 fand Penaed's (12, p. 62) mit Adinosphaerium
'cicJihorni die Alge Spliaerocystis schroeteri in Symbiose lebend.
Neben der gewöhnlichen kugligen Form der Alge fand er auch
noch eine ovoide Form von 7— 10 ^a Größe, die mit einer Membran
umkleidet ist. Innerhalb des Actinosphaerium konnte er an der
^voiden Form durchaus keine Geißeln bemerken. Es gelang ihm
aber, einige dieser besonderen Formen, die sich zufällig in den
•großen Vacuolen des Ectoplasmas befanden, nach außerhalb des
Tierkörpers zu befördern. Hier sah er nun nach einiger Zeit an
dem vorderen Ende der befreiten Sphaerocijstis eine Verlängerung
entstehen, auf die bald noch eine zweite folgte; nach einigen
Stunden waren bereits bei vielen Individuen aus diesen Ver-
längerungen 2 Cilien geworden, die sehr fein waren und um ein
weniges länger, als die Länge der Alge selbst betrug. Diese Cilien
Tvurden bewegt, jedoch ohne daß die Alge ihren Platz verließ. Nur
mitunter wurde die Hülle verlassen und als leere, klare und ver-
hältnismäßig dicke Kapsel zurückgelassen. 24 Stunden später ver-
loren die Algen wieder ihre Cilien, blieben ohne Bewegung liegen
und vermehrten sich. Diese geißelbesitzenden, isolierten Individuen
stellen nach Penard nichts anderes dar als Zoosporen.
1905 und 1907 haben Keeble u. Gamble (12 u. 13) die sehr
interessanten Verhältnisse bei Convoluta roscoffensis beschrieben. Die
aus dem Ei schlüpfenden jungen Individuen haben noch keine Algen
in ihren Geweben. Erst ungefähr nach 3 Tagen werden sie infiziert
und zwar mit farblosen Formen der betreifenden Alge, die zu den
€hlamydomonadeae gehört. Im Tiere schwillt die Membran des in-
fizierenden Organismus stark an, und es findet Teilung statt. Die
Alge, die in einer großen und einer kleinen Form erscheint, ver-
mehrt sich in der kleinen Form durch Vierteilung, in der großen
durch Achtteilung. Die Tochterzellen wandern aus der großen
Mittelvacuole der Convoluta an ihre endgültigen Plätze, wo sie zu-
nächst auch in kleine Vacuolen eingebettet sind. Allmählich scheidet
•sich der Protoplast in grünen Chloroplasten und farbloses Proto-
plasma. Übrigens kann die Infektion auch durch die grünen Algen
geschehen. Bei der weiteren Teilung der Algen im ConvohUa-Gewehe
kann man eine fortschreitende Degeneration wahrnehmen, als deren
erstes Kriterium Keeble u. Gamble das Schwinden der deutlich
276 Herbert Constantin Müller,
sichtbaren Zellmembran ansehen, die sich aber am deutlichsten in
einer vollständigen Degeneration des Kernes äußert. Keeble u.
Gamble vergleichen die pflanzlichen Symbionten der erwachsenen
ConvoJuta mit den roten Blutkörperchen der höheren Wirbeltiere, die
bei beschränkter Lebensfähigkeit eine ganz spezialisierte P'unktion
haben. Die Algen aus einer erwachsenen Convoluta sind nicht mehr
imstande, außerhalb des tierischen Organismus ein selbständiges-
Leben zu führen. Mit dem Tode der Convoluta geht unbedingt die-
in ihr enthaltene Algengeneration zugrunde, da sie das Ei ihres-
Wirtstieres nicht infizieren kann. Die Infektion der jungen Con-
voluten kann deshalb nie von einer Alge geschehen, deren Vorfahre»
je im Körper einer Convoluta gelebt haben, sondern muß stets voa
Individuen der frei lebenden, schwärmenden Generation geschehen.
Die schwärmenden Chlamydomonadeae werden chemotactisch an die
Eikapseln herangezogen und entwickeln sich in diesen zu großerfc
Mengen farbloser oder grüner Schwärmer, die die vorher aus-
geschlüpften jungen Tiere infizieren. Die schwärmenden Algen be-
sitzen 4 Geißeln und treten in einer größeren und einer kleineren
Form auf. Alle diese Verhältnisse haben Keeble u. Gamble mit
bewunderungswürdiger Sorgfalt und Genauigkeit festgestellt.
1907 wiederholte Winter (15) an den Symbionten von Peneroplis
die oben geschilderten Erfahrungen Schaudinn's. Während der
Umwandlung des amöboiden Zelleibes in einen flagellatenähnlichen
Zustand bemerkte er zuweilen rotierende Bewegung.
Neuesterdings (1909) hat Wesenberg - Lünd (16) im Freien in
den ersten Wintermonaten nach Zerfall ungemein zahlreicher Sten-
torenkolonien, die mit Zoochlorellen in Symbiose leben, die betretten-
den Gewässer mit pelagisch lebenden grünen Algen, ein richtiges-
Zoochlorellenplancton, gefunden. Es liegt nahe, zu vermuten, daü
die plötzlich auftretenden Algen aus den Geweben der gestorbenen
Stentoren stammen.
Aus dieser Zusammenstellung ersieht man, daß es außer den
Beobachtungen Penabd's und Keeble u. Gamble's noch nicht ge-
lungen ist, viel über ein freies, schwärmendes Leben der zahlreichen
symbiontischen Chloreilen und Xanthellen zu erfahren. Wenn ich
jetzt zu meinen eigenen Beobachtungen übergehe, so möchte ich von
vornherein betonen, daß sie auch nicht geeignet sind, grundlegende
Aufklärungen zu geben, da mir die Zeit zu eingehenden Versuchen
mangelte und ich mich auch hier durchaus auf gelegentliche Be-
obachtungen beschränken mußte. Was ich in erster Linie bezwecke.
Symbionten bei Hydioideu. 277
ist, eine Anregung für eine besonders gründliche Untersuchung der
interessanten Verhältnisse bei Pachycordyle fusca zu geben. Das
Objekt ist durch die Einfachheit seiner Gestaltung und die Über-
sichtlichkeit der gesamten biologischen Verhältnisse ungemein für
derartige Untersuchungen geeignet.
Vorausschicken will ich, daß in den Eizellen der Pachycordyle fusca
nie Xanthellen anzutreffen sind, also Infektion jeder neuen Generation
durch schwärmende Algen stattfinden muß. In einem Stückchen leerer
Perisarkröhre, dessen letztes Plasma gerade abgestorben war und
das an den beiden offenen Enden durch Schleim, Schlamm, Plasma-
reste usw. verschlossen war, sah ich zum ersten Male die Eigen-
bewegung der Xanthellen. In dieser Eöhre waren einzelne Algen,
völlig losgelöst von jeglichem tierischen Gewebe, zurückgeblieben.
Unter ihnen hatten die meisten bei der gewöhnlichen Breite eine
kaum merkliche Längsstreckung und in der Mitte eine ebenso
schwache Einschnürung erfahren, ähnlich wie es zum Beginn der
Zweiteilung vorkommt, nur daß die Bildung einer Quermembran
unterblieb. Außerdem waren diese Xanthellen auch etwas dunkler
gefärbt als normale. Diese Individuen waren es, die die Bewegungen
ausführten. Die Veränderungen an ihnen sind jedoch so gering-
fügig, daß ich auf keinen Fall behaupten will, alle schwärmenden
Algen der Pachycordyle fusca hätten diese Veränderungen erfahren.
Die Xanthellen begannen, kurz nachdem ich das Schälchen auf den
Mikroskoptisch gesetzt hatte, sich zunächst langsam um die eigene
Achse zu drehen und sich dabei vorwärts zu bewegen. Doch dies
währte nur einen Augenblick; dann ging die Bewegung in eine
schnell kreisende über, wie wenn die Alge an einen Faden ange-
bunden wäre und um einen Mittelpunkt herumgeschleudert würde.
Gelegentlich erschien diese Bewegung auch spiralig, wie das Kreisen
einer Feuerwerkssonne. Der imaginäre Mittelpunkt der Bewegung
blieb fest bestehen. Aus dieser kreisenden Bewegung heraus schießt
die Xanthelle plötzlich ein Stück geradlinig davon, bis sie an die
Wand der Chitinröhre stößt, geht auf und nieder, wirbelt zwischen den
anderen tanzenden Xanthellen hindurch, kreist dann wieder einen
Augenblick, schießt wieder fort usw. Alle Bewegungen geschehen
sicher und gleichmäßig, nur werden sie oft durch plötzliches Still-
stehen unterbrochen und gewinnen dadurch den Anschein einer ruck-
artigen Bewegung. So habe ich die Algen sich stets bewegen sehen
und nicht nur innerhalb geschlossener oder offener Chitinröhren,
sondern auch im freien Wasser, wo die Beobachtung naturgemäß
278 Herbert Constantin Müller,
schwerer ist. Hier sah ich wiederholt, daß die Kugeln plötzlich
aus dem Tanzen innerhalb eines beschränkten Bezirkes schnurstracks
auf das in der Nähe liegende tierische Gewebe, von dem sie sich
isoliert hatten, zuschössen, es mehrere Male an verschiedenen Stellen
kurz berührten und dann wieder zur alten Stelle zurückkehrten,
um lustig weiter zu tanzen. So oft ich versuchte, eine der umher-
wirbelnden Xanthellen einzufangen, und vorsichtig die Pipette
näherte, schössen alle in dem bewegten Wasser befindlichen Algen
auf das in der Nähe liegende Gewebe der Pachycordyle fusca zu
und hefteten sich an dessen Oberfläche an. Alle Versuche, sie von
dort wegzuspülen, scheiterten. Bei längeren Beobachtungen der im
freien Wasser tanzenden Kugeln fand es sich zuweilen, daß eine
von ihnen plötzlich in schnurgerader Richtung sich von der Pachy-
cordyle fortbewegte und nicht wieder zurückkehrte. Die im Anfang
erwähnte langsame, stetige Drehbewegung der Xanthellen um die
eigene Achse, die meist auch mit einer gelinden Fortbewegung ver-
bunden war, konnte ich nicht so häufig beobachten, am meisten
nach Ruhepausen oder in Stadien der Ermattung, kurz bevor sich
die Xanthelle an irgendeinem Punkte festsetzte. Diese langsame
Fortbewegung ist nicht zu verkennen und hat mit der ruhelosen,
hastig tanzenden nichts gemein. Einmal beobachtete ich, daß eine
unbeweglich sitzende Xanthelle von einer großen Amöbe umflossen
wurde. Sobald sie jedoch in deren Endoplasma gekommen war, be-
freite sie sich plötzlich gewaltsam und bewegte sich ein wenig fort.
Auch die Amöbe kroch von der betrettenden Stelle fort, kehrte
jedoch bald wieder zurück und umfloß die Xanthelle noch ein-
mal. Wieder suchte sich diese durch eine plötzliche Bewegung
aus der Umarmung zu befreien, blieb jedoch an der Oberfläche
der Amöbe hängen und wurde nun von dem weiterkriechenden
Tiere fortgetragen, wobei sie sich gleitend und drehend hin- und
herbewegte.
Die Frage, auf welche Art und Weise die eben beschriebenen
Bewegungen bewerkstelligt werden, macht sehr viel Schwierigkeiten.
Am still liegenden Objekt lassen sich auf der dicken Membran
keinerlei Geißeln und Cilien entdecken. Es muß dabei aber gesagt
werden, daß die Beobachtung mit stärkeren Vergrößerungen stets
stark unter den die Xanthellen umgebenden Medien litt. Es ist
kaum anders möglich, als daß die Fortbewegung mit Hilfe von
Cilien oder Geißeln ausgeführt wird. Daß es nicht etwa irgend-
welche anderen Organismen sind, an denen die Xanthellen haften
Symbionten bei Hydroiden. 279
und von denen sie mitgeschleppt werden, dafür bürgt ihr tanzendes
Spiel innerhalb der geschlossenen Chitinräume, in die ein fremder
Organismus nicht eingedrungen sein kann. Die drehende und langsame
Fortbewegung, die ja auch Winter an den Xanthellen von PeneropUs
beobachtet hat, erweckt ganz den Anschein, als ob sie von einem
Wimperkleid ausgeführt würden, das über die ganze Membran ver-
teilt ist. Einige Male glaube ich denn auch an Xanthellen, die
durch irgendeinen Umstand, wie Festklemmen oder dergleichen, ge-
zwungen wurden, in der Vorwärts- und Drehbewegung aufzuhören,
kurze Zeit nach dem Festsetzen eine Flimmerbewegung an der
ganzen Peripherie entlang laufen gesehen zu haben. Es will mir
auch ganz natürlich erscheinen, daß ich bei der immerhin schwachen
Vergrößerung (bis öOOmal) — unter einem Deckglase bewegten sich
die Xanthellen nie — das schnelle Schlagen der Wimpern während
der Vorwärtsbewegung nicht erkennen konnte und daß die Wimpern
im Ruhezustand eingeschlagen sind. In den Fällen nun, in denen
ich das Schlagen der Wimpern glaube gesehen zu haben, wurde die
Bewegung der Xanthelle durch irgendeinen äußeren Umstand
plötzlich gehemmt. Einen Augenblick schlugen die Wimpern noch
weiter, erlahmten dann in ihrer Bewegung und wurden eingeschlagen.
In dem Moment der Erlahmung, des Langsamerschlagens konnte
ich meine Beobachtungen machen. Ob aber die schnelle, kreisende,
zickzackförmige und geradlinige Bewegung auch von denselben
Wimpern hervorgerufen wird? Dies scheint mir wenig wahrscheinlich,
vielmehr sieht diese ganze Bewegungsart so aus, als ob sie von
«iner oder mehreren großen Geißeln ausgeführt würden. Und in
der Tat habe ich viermal an langsamer tanzenden Xanthellen blitz-
schnell einen lichtbrechenden Körper wahrnehmen können. Auch
von einer oder mehreren Geißeln könnte man annehmen, daß sie sich
bei einer so blitzartig vor sich gehenden Bewegung der Beobachtung
entziehen und daß sie andrerseits in der Ruhelage ebenfalls ein-
geschlagen sind. — Nach meinen Vermutungen besäßen die schwärmen-
den Algen der Pachycordyle fusca also 2 Arten von Fortbewegungs-
mitteln: Wimpern und Geißeln nebeneinander, die aber nicht zu
gleicher Zeit gebraucht werden.
Es wird hier noch interessieren, daß ich in meiner oben zitierten
Arbeit (18, p. 411 — 412) folgendes anführte: In dunkel gehaltenen
Kolonien von Pachycordyle fusca drängen sich die Zooxanthellen in
den fiypostoraen der Hydranthen bis zur äußersten Möglichkeit zu-
sammen, während die übrigen Stammteile ganz von ihnen entblößt
280 HeRUBRT CONSTANTIN MÜLLER,
werden. Nach und nach verlassen dann die Algen den Hydranthen^
und es bleiben nur wenige zurück, die sich wieder über den ganzen
Hydrocaulus verteilen. Nach meinen obigen Ausführungen wird
man annehmen können, daß die Algen selbständig ausgetreten und
fortgeschwärmt sind.
Königsberg i. Pr., den 5. November 1913.
Symbionten bei Hydroiden. 281
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19. 1913. — , — , Teil IL Thecata, ibid.. Vol. 38.
Nachdruck verboten.
Ubersetzimgsrecht vorbehalten.
Clausilium.
Eine morphologisch-physiologische Studie.
Von
M. V. Kimakowicz-Winnicki, Hermannstadt (Siebenbürgen)
Mit Tafel 11.
Im Jahre 1867 verötfentlichte v. Vest ^) eine verdienstvolle Ab-
handlung über den Schließapparat der Clausilien. Er benutzte seine
Studie namentlich dazu, die zahlreichen Vertreter der genannten
Molluskenabteilung in mehr oder weniger scharf begrenzte Gruppen
zu gliedern.
Wenn auch die v. VEST'sche Abhandlung anfangs, besonders
bei Küster 2), auf argen Widerspruch stieß, so wurde sie schließlich
dennoch, namentlich durch Boettger ^), zur Grundlage unseres heutigen
Clausilien-Systems.
W. V. Vest ging in seiner Forschung vom Clausilium, dem
Schließknöchelchen — wie er es nannte — aus und ordnete ihm alle
Lamellen und Falten, die sich in der Gehäusemündung bilden, unter.
Er sagte, es habe die Bestimmung, das Tier durch Abschluß von
der Außenwelt gegen Feinde sowie gegen schädliche Witterungs-
einflüsse zu schützen, weshalb man das Clausilium als einen Vertreter
1) Über den Schließapparat der Clausilien, Hermannstadt, 1867.
2) Die Binnenkonchylien Dalmatiene. III. Die Gattung Clausilia,
Bamberg 1875, p. 14fif.
3) Clausilienstudien, Kassel 1877.
284 M- V. KiMAKOWICZ-WiNNICKI,
des Deckels anderer Gastropodengattungen ansehen könne. Die Be-
obachtung-, daß das Clausilium das Gehäuse in der Regel nicht luft-
dicht abschließe, leitete ihn zur Annahme, daß es auch zur Respiration
des Tieres in irgend welcher Beziehung stehe, dann aber auch die
Bestimmung habe, die erforderliche feuchte Luft bei eintretender
Dürre festzuhalten. Er findet für letztere Annahme darin eine
Bestätigung, daß die auf nebligen Höhen und an Meeresküsten
lebenden Arten ein schmäleres Clausilium oder auch gar keines
bauen.
In betreff der Gaumenfalten ist v. Vest der Ansicht, daß sie,
namentlich die stets durch Länge und Höhe ausgezeichnete oberste
— die Principale — , die Bestimmung haben, dem geschlossenen
Clausilium als Stützen zu dienen, auf welchen es sich wie auf Bahn-
schienen bewege und nach keiner Richtung abweichen könne. Von
der Spirallamelle und der obersten Gaumenfalte (Principale) nimmt
er ferner an, daß sie beim Austreten des Tierkörpers aus dem Ge-
häuse den Gang des Clausiliums regeln und das Abbrechen des Stieles
verhindern. Der Autor meint ferner, daß die Unterlamelle immer
der Form des Clausiliums angepaßt werde und daß die Oberlamelle
so wie die Gaumenwulst die Bestimmung habe, die Mündung zu
verkleinern, da ohne Abtrennung eines Teiles der darin steckende
Körperteil sie nicht ganz ausfüllen würde. Von der Gaumenwulst
meint schließlich v. Vest, daß sie dem Tier bei Drehungen und
Wendungen des Gehäuses zu statten komme.
Dies wäre in wenigen Worten — der bezügliche Teil der
V. VEST'schen Abhandlung füllt einen ganzen Druckbogen aus —
die einzige bisher aufgestellte Ansicht über den sogenannten „Schließ-
apparat" der Clausilien.
Ein besonders großes Interesse für das Studium der Clausilien
veranlaßte auch mich, schon vor Jahren der gleichen Frage näher
zu treten. Ich prüfte vorerst die v. VEST'schen Angaben und fand
in den meisten Fällen keine Bestätigung dafür, was ja auch zu
erwarten war, da v. Vest nur das Gehäuse und nicht auch das
Tier zum Gegenstand seiner Untersuchungen gemacht hatte.
Mittels einer feinen Nadel setzte ich das Clausilium in Be-
wegung und konnte bei dessen Funktion bloß einen Zusammenhang
mit der Unterlamelle feststellen, während alle übrigen Lamellen und
die Ganmenfalten damit gar nicht in Berührung kamen oder doch
nur in der Weise, daß das geschlossene Clausilium auf einer oder
mehreren Falten ruhte. Die Behauptung v. Vest's, daß sich das
Clausiliura. 285
Claiisilium über den Gaumenfalten wie auf Bahnschienen bewege
und daß dessen Bewegung von der Spirallamelle und der Principale
geregelt werde, entbehrt somit jeder Grundlage. Auch sah ich die
ganze Mündung, also nicht nur das Interlamellare, sondern auch die
Bucht, durch das ausgetretene Tier vollkommen ausgefüllt, die Ober-
lamelle und die Gaumenwulst mußten demnach eine andere Be-
stimmung haben, als v. Vest annahm.
Ich hatte schon manch wertvolle Beobachtung gemacht, doch zu
■einem Abschluß war ich noch nicht gelangt, als ich mich plötzlich
in ein anderes Gebiet der Wissenschaft hineingedrängt sah, dessen
mir bis dahin fremdes Studium all meine Kraft und Zeit erforderte,
so daß ich alles andere beiseite legen mußte.
Als ich nun, wenigstens für einzelne Stunden, zu meinen früheren
Forschungen zurückkehren durfte, war ich sehr überrascht, die
Kenntnis über den Clausilien-Apparat auf ihrem einstigen Niveau
in der seither erschienenen überreichen Molluskenliteratur wieder
zu finden. Es hatte sich niemand mit dem so hoch interessanten
Thema befaßt. Nur Simeoth ^) sprach die Vermutung aus, daß das
■Schließknöchelchen der Clausilien mit dem Trockenheits-Schutzdeckel
anderer Lungenschnecken zu vergleichen sei, der aus dem Schleim
des Mantelrandes gebildet werde, nur daß er hier an einer Seite
mit der Spindel verschmilzt, sonst aber ringsum freibleibt. Ein
andermal -) macht er die flüchtige Bemerkung, daß er das Clausilium
für ein dauerndes Epiphragma halte, das sich mit der Schalenspindel
verbunden habe.
Nun tat es mir leid, das Festgestellte nicht doch publiziert zu
haben. Es ließ sich dies nicht mehr ändern, höchstens nachholen.
Doch auch das Nachholen war so einfach nicht. In der langen Zeit
war vieles meinem Gedächtnis entfallen, und die flüchtigen Notizen,
die ich einstens aufzeichnete, waren mir zum größten Teil un-
verständlich geworden. Ich mußte also das Studium neu beginnen,
wobei ich wieder auf Schwierigkeiten stieß. Ich verfügte nicht
mehr über das frühere reiche Material. Die Terrarien, die ich in
meinem Hausgarten unterhielt, waren zerfallen und ihre zahlreichen
Bewohner, die ich einstens mit größter Sorgfalt gepflegt hatte, zu-
grunde gegangen. Ich mußte mich mit ganz bescheidenem, in der
Eile aus nächster Nähe zusammengetragenem Material begnügen, in
1) In: Beonn, Klass. Ordn. Tier- Reich, Vol. 3, Abt. 3, 1908, p. 3.
2) a. a. 0., 1909, p. 88.
Zool. Jahrb. XXXVII, Abt. f. Syst. 19
286 M- ^- KiMAKOWICZ-WiNNICKI,
der xlnnahme, daß ich in der Folge meine Forschungen ergiebiger
werde entfalten können.
Meine Studie führte mich auch an Fragen vorüber, die bis jetzt
entweder noch keine oder doch nur eine Erledigung fanden, die zu
einer vollen Anerkennung nicht gelangte. Gerne hätte ich sie bei-
seite geschoben, da ein eingehenderes Studium geboten gewesen
wäre. Leider ist aber die Frage, die ich im Nachfolgenden allein
berühren wollte, so sehr mit den übrigen verknüpft, daß eine Trennung^
nicht möglich war.
Die Erforschung des Clausilien- Apparats erforderte nachfolgende
Untersuchungen :
Pneumostom.
Neben anderen haben sich namentlich Simroth und Biedermann
Verdienste um die Erforschung der Gastropoden-Locomotion erworben.
Die große Anzahl der von ihnen durchgeführten Untersuchungen^
ihre reichen Beobachtungen gestatten einen weiten Einblick in den
so sehr komplizierten Bau der locomotorischen Schneckensohle.
Ich hatte mich ebenfalls dem Studium der Gastropoden-Locomotion
zugewendet, und zwar geschah dies zu einer Zeit, wo ich die neue
und neueste Literatur über das Thema noch nicht durchgesehen
hatte. Es hatte dies den Nachteil, daß ich manche der bereits be-
kanntgewordenen Beobachtungen nicht heranziehen, andrerseits aber
den großen Vorteil, daß ich unbeirrt die von mir eingeschlagenen
Wege gehen konnte.
Im Nachfolgenden will ich nun die erreichten Endziele schildern,^
ohne mich jedoch auf eine Polemik gegenüber anderweitigen Forschungs-
resultaten oder auch nur auf einen Vergleich einzulassen. Es sollen
eben alle Fragen, die sich nicht direkt um das Clausilium handeln^
nur nebenbei berührt werden. Hervorheben möchte ich aber dennoch,
daß die Resultate, die insgesamt so sehr von jenen anderer Forscher
abweichen, durchaus nicht so einfach zu erreichen waren, wie dies
nach den kurzen Ausführungen den Anschein hat. Oft forderten
selbst geringfügige Feststellungen ein langwieriges Studium, zahl-
reiche Untersuchungen und ein geduldiges Beobachten, das gerade
bei den Mollusken durch ihren andauernden Kontraktionszustand oft
hart auf die Probe gestellt war.
Clausiliura. 287
Wird ein gelälimter Liniax — ein normaler eignet sich nicht
für das Experiment, da ei" die gewünsclite Lage nicht einhält —
auf den Rücken gelegt, so daß dessen noch funktionsfähige Sohle
dem Beschauer entgegensieht, dann scheint es, als wenn am Schwanz-
ende cystenartige Anschwellungen entstünden, die nach Erlangung
einer bestimmten Ausdehnung durch die nächstfolgend entstehende
nach vorn gedrängt werden. Das Gesamtbild des locomotorischen
Mittelfeldes hat das Aussehen, als wenn sich eine Perlenschnur
kontinuierlich kopfwärts bewege. Legt man nun irgendeinen kleinen
Gegenstand auf eine beliebige Stelle des sich wellenartig bewegenden
Sohlenfeldes, dann wird er, wenn er noch so unscheinbar ist und
etwa aus einem Bruchstück eines Stubenfliegenfiügels besteht, sofort
in rhythmische Bewegung versetzt. Aufs höchste überrascht ist man
durch die Erscheinung, daß der Gegenstand nicht der Richtung der
Wellen folgt, sondern sich gerade entgegengesetzt dem Schwanz-
ende nähert, wo angelangt er einfach von der Sohle herabfällt.
Schon dies eine Experiment macht es vollkommen klar, daß
die locomotorische Funktion nicht, wie allgemein angenommen wird^
darin besteht, daß die Sohle nach vorn gedehnt werde, es wird
vielmehr durch die Funktion die Kriechfläche nach hinten ge-
stoßen und auf diese Weise der Schneckenkörper nach vorn ge-
schoben.
Um einen weiteren Beweis für die Richtigkeit der angeführten
Beobachtung zu erwerben, legte ich eine erwachsene Pomatia pomatia,
(LiN.) in ein Zylindergläschen von 100 mm Durchmesser, das ich
mit einer 35 g schweren Glasplatte zudeckte. Das Tier gelangte
manchmal, an der Gefäßwand emporkriechend, bis auf die Glasplatte.
Im Weiterkriechen stieß es mit dem Kopf an die gegenüberliegende
Gefäßwand und blieb stehen, ohne jedoch das locomotorische Wellen-
spiel einzustellen. Die Platte begann, doch diesmal nicht in rhyth-
mische, sondern in kontinuierliche Bewegung zu geraten. Sie wurde
nach hinten geschoben. Häufiger kam es jedoch vor, daß das Tier
sich schon beim Hinauf kriechen an der Gefäßwand mit dem Kopf
an die Deckplatte stemmte, diese hob und dann durch die entstandene
Spalte zu entfliehen suchte. Ich steigerte durch Belastung die
Schwere der Platte auf 250 g. Auch hier gelang es fast jedem aus-
gewachsenen Individuum die Platte wegzuschieben oder in die Höhe
zu heben. Die Bewältigung einer derartigen Last wäre zuverlässig
ausgeschlossen, wenn die Bewegung durch Dehnung der Sohle nach
vorn erfolgte. In diesem Falle müßte die Spitze der Sohle allein
19*
288 M. V. KiMAKOWICZ-WiNNICKI,
die Arbeit verrichten,^ während im anderen die ganze Sohlenfläche
auf das Gewicht der Platte einwirken kann.
Einen hervorragend wichtigen Beweis für die Kraftäußerung
der Sohle nach hinten hat bereits Biedermann ^) in einer Studie,
docli in anderer Richtung ausgenutzt und dabei die auffallendste
Erscheinung übersehen. Es handelt sich um das Experiment, auf
welches Kunkel ^) zuerst aufmerksam machte, der einem kriechenden
Limax tenellus den Kopf abschnitt und dann beobachtete, daß letzterer
„sozusagen nach vorwärts sprang". Sprünge nach vorn können
aber nur dann ausgeführt werden, wenn die Kraftäußerung nach
hinten auf die Bodenfläche erfolgt, doch niemals, wenn die Sohle,
sei es durch „extensil" wirkende Muskelfasern, wie dies Simroth an-
nimmt, oder peristaltisch , wofür Biedermann eintritt, nach vorn
gedehnt wird.
Ein wesentlicher Bestandteil der Locomotion ist bei den Gastro-
poden das Haftvermögen der Sohle an der Kriechfläche. Damit wird
die rhythmische Bewegung in eine kontinuierliche überführt. Durch
die Enthauptung geht bei Limax tenellus dieses Haftvermögen ver-
loren, und es kommt nach der Operation die erstbezeichnete Bevvegungs-
art wieder zur Geltung.
Die Funktion der Sohle in caudaler Richtung, die ich im Nach-
folgenden der Kürze halber mit „Repuls-Locomotion" bezeichne, be-
nutzt Pomatia potnaUa, worüber ich mich später ausführlicher äußern
werde, oft dazu, um ihr Gehäuse mit einer Winterschutzdecke zu
versehen.
Bei Basommatophoren, die mit nach unten hängendem Gehäuse
an der Wasseroberfläche kriechen, eigentlich schwimmen, ist während
der Bewegung die Sohle in voller Tätigkeit, was leicht daran er-
kannt werden kann, daß ein auf sie gelegter Gegenstand alsogleich
in der Richtung gegen das Schwanzende zu gleiten beginnt. Die
Bewegung erfolgt kontinuierlich und nicht rhythmisch, wohl deshalb,
weil die dazwischenliegende, sich ununterbrochen neu bildende
Schleimschicht der Sohle in Bandform ebenfalls nach hinten ge-
schoben wird, was übrigens auch bei den Stylommatophoren beim
Kriechen auf dem Lande stattfindet. Das Wegschieben des Schleim-
bandes genügt gewiß nicht, um das Tier unter dem Wasserspiegel
1) Innervation der Schneckensohle, in: Arch. ges. Physiol, 1906,
p. 259.
2) Beobachtungen an Limax und Arion, in : Zool. Anz., Vol. 26,
1903, p. 560 flf.
Clausilium. 289
in Bewegung- zu setzen, es greift vielmehr die Repulsion, worauf
ich später zurückkommen werde, auch auf den Körper über, und
damit wird die Locomotion veianlaßt. Der Sohle fällt dabei die
Aufgabe zu, das Tier an der Wasseroberfläche festzuhalten und
dem Einsinken entgegen zu wirken, was ihr durch kahnförmige
Krümmung gelingt.
Nach Feststellung der aufgezählten Argumente hielt ich mich
für vollkommen berechtigt, die Repuls-Locomotion der Gastropoden
als unumstößliches Faktum zu betrachten, und hoffte auch auf dieser
Grundlage das weitere Studium der Locomotionsfrage erfolgreich
durchführen zu können.
Nun trat sogleich die Anforderung in den Vordergrund, für
die Repulsation eine Erklärung zu finden. Es war dies zw^eifellos
die schwerste Aufgabe in der ganzen Locomotionsfrage. Eine
weitere Steigerung erfuhr die Schwierigkeit namentlich durch das
Wellenspiel, das ja gewiß an der Locomotion mitbeteiligt sein mußte.
Doch ein derartiges durch Muskelfunktion hervorgerufenes Bild
konnte unmöglich mit der Repulsation in irgendwelchen Zusammen-
hang gebracht werden.
Nach zahlreichen Experimenten, Untersuchungen und Beob-
achtungen, nach unzähligen Quer- und Fehlgängen gelangte ich
schließlich zur Überzetigung, daß die sogenannten locomotorischen
Wellen mit irgendwelcher Muskelfunktion in keinerlei direktem
Zusammenhang stehen, daß sie also keinesfalls durch Muskeltätigkeit
zustande kommen können.
Wird eine Glasplatte, auf der eine Poni. pomatia vertikal nach
aufwärts kriecht, ohne jede Erschütterung derartig gewendet, daß
der Kopf der Schnecke nach unten zu liegen kommt, daß sie nun
also abwärts kriecht, dann verschwinden plötzlich alle AVellen, und
die Locomotion kommt ohne solche zustande. Wendet sich das Tier
und kriecht mit dem Kopfende wieder nach oben, dann erscheinen
in der jeweilig nach oben sich bewegenden Sohlenpartie die Wellen
allsogleich wieder, während der bis zum Wendepunkt abwärts
ziehende Sohlenteil ohne Wellen bleibt. Wird w^ährend des Auf-
w^ärtskriechens an dem Gehäuse gezogen, dann verschwinden die
Wellen auf Augenblicke, wird es an den Körper angedrückt, dann
erreichen jene ganz auffallende Breite und fallen besonders kräftig
ins Auge. Wird die gleiche Schneckenart in ein Glasgefäß einge-
kerkert, das mit einer Glasplatte zugedeckt ist, und gelingt es ihr
einmal die Platte zu verschieben oder zu heben, dann wird sie den
290 ^I- V- KlMAKOWICZ-WlNNlCKI,
Versuch zu entfliehen, namentlich an einem Frühlings- oder Früh-
sommertag, wenn nach längerer Trockenheit ein warmer Regen be-
ginnt, bald in gleicher Weise wiederholen, wenn man sie das erstemal
daran hinderte. Beschwert man, ehe dies eintritt, die Platte ent-
sprechend, dann stemmt sich das Tier mit dem Kopf an die Platte
oder die Gefäßwand und bietet, bei starker Verkürzung und Ver-
breiterung der Sohle, alle Kraft auf, um die Decke wegzustoßen.
Während der ganzen Dauer des Druckes, der auch minutenlang an-
halten kann, sieht man alle Wellen, sich auffallend verbreiternd,
stabil bleiben, und andere, wenig deutliche, ziehen in rascher Folge
darüber hinweg. Einer ähnlichen, jedoch nicht so sehr andauernden
Erscheinung begegnen wir, wenn eine nach aufwärts an einer Glas-
platte emporkriechende Pom. pomatia, namentlich wenn sie belastet
ist, erschüttert wird. Bei Aplysia, Pomatias, Litorina u. a. ziehen
die Wellen in umgekehrter Richtung von vorn nach hinten, und
doch bleibt die Wirkung die gleiche; die Tiere kriechen nach vorn
und nicht nach hinten.
Die angeführten sowie ähnliche anderweitige Erscheinungen
schließen die Annahme aus, daß die Wellen durch Muskeltätigkeit
entstehen. Ebenso könnten die Wechselerscheinungen im Wellen-
phänomen nicht durch eine etwaige Myosingerinnung Aufklärung
finden, während die Annahme, daß die Wellen als Reflexe aufzu-
fassen seien, die durch das die Sohle durchströmende Blut ent-
stünden, wohl die größte Aussicht auf einen Erfolg hätte. Störungen
in der Circulation können nach zahlreichen Veranlassungen auftreten,
und Reflexe sind ebenfalls vielen Veränderungen unterworfen. Ent-
stehen aber die Wellen durch Blutschwellung, dann ist letztere, in-
folge des energischen Auftretens der ersteren, unbedingt an der
Locomotion mitbeteiligt. Eine Erklärung dafür, in welcher Weise
dies mit Aussicht auf einen Erfolg geschehen könnte, ist gewiß
nicht schwer aufzufinden. Es bedarf nur der Vorstellung:
1. Daß die Längsmuskelfasern der Sohle durch die zahlreichen
Commissuren des Pedalnervensystems in ebenso viele Kontraktions-
felder gegliedert sind;
2. daß nach erfolgter Auslösung die Kontraktion der Muskeln
in der Richtung des Kopfes erfolgt und nach feststehender Ordnung
von Bezirk zu Bezirk fortschreitet;
3. daß mit der Kontraktion der Muskeln auch die zahlreichen
Hohlräume des gleichen Bezirkes mit kontrahiert werden;
4. daß infolge dieser Kontraktion das Blut aus den Hohlräumen
Clausiliuui. 291
in das Lacuiieii System an der Innenwand des Integuments gedrängt
wird ;
5. daß das Blut aus den Lacunen, nacli jeweiliger Erschlaffung
«iner Muskelgruppe, in die Hohlräume des gleichen Kontraktions-
bezirkes mit entsprechender Gewalt hineingepreßt wird und jene
in caudaler Richtung ausdehnt.
Die zahlreichen Stöße, die auf diese Weise durch das Ein-
strömen des Blutes in die Hohlräume entstünden, würden unbedingt
-ausreichen, die Kriechfläche nach hinten, bzw. den Körper nach vorn
zu stoßen. Es würde sich somit nur darum handeln, eine Kraft zu
«ermitteln, die geeignet wäre, die Blutströmung in entsprechender
Weise zu regeln.
Ehe ich auf dieses Thema weiter eingehe, will ich mich über
■eine Erscheinung äußern, die Biedeemann^) als Nachweis für peri-
staltische Locomotion in Anspruch nimmt.
Die Pom. pomatia-^ohlo, ist von zahlreichen Drüsen durchsetzt,
die beim Kriechen des Tieres auf einer Glasplatte schon bei Lupen-
vergrößerung als kleine weiße Punkte wahrgenommen werden können.
Faßt man einen dieser Punkte ins Auge, dann hat es den Anschein,
als wenn jede darüber fortschreitende Welle diesen eine Strecke
nach vorn schiebe. Die gleiche Beobachtung kann man an jeder
anderen Landschnecke machen, wenn man in ihrer Sohle mittels
•eines fein zugespitzten Tintenstiftes einen Punkt eintätowiert. Die
Erscheinung beruht auf einer Täuschung, die in der Art zustande
kommt, daß der Vorstoß des Punktes und die Welle, die dies zu
besorgen scheint, ein- und demselben Pulsionsrhythmus ihre Ent-
stehung verdanken.
Bezüglich der Sohlenpulsation gibt ein Experiment sicheren
Aufschluß darüber, daß sie mit der Herzpulsation in keinerlei Zu-
sammenhang stehe. Es handelt sich um jenes, welches Biedermann''^)
■dazu benutzte, um aus Gehäuseschnecken künstliche Nacktschnecken
•darzustellen. Nach Unterbindung des Nackens schnitt er Pom. pomatia
Bruchsack samt Gehäuse über der Ligatur weg. Durch die Opera-
tion verlor die Schnecke neben anderen Organen ihr Herz und den
größten Teil ihres Kreislaufsystems, sie kroch aber trotzdem, wie
vorher, noch tagelang umher.
1) Locomotorische Wellen der Schneckensohle, in: Arch. ges. PhysioL,
Vol. 107, 1905, p. 11.
2) 1. c, p. 40.
292 M. V. KiMAKOWICZ-WiNNICKI,
Wichtig schien mir die Beobachtung-, daß die Landschnecken
im Zustand der Ruhe ihr Atemloch entweder geschlossen oder halb
geöffnet haben. Kurz vor Beginn der Locomotion hingegen wird es
weit geöffnet, dann wieder geschlossen, und diese Tätigkeit währt
an, so lange die Locomotion fortdauert. Es fiel mir ferner auf, daß
Landschnecken, ins Wasser gelegt, darin viel langsamer kriechen
als außerhalb dessen, ja daß einige, wie kleine Campylaeen, manche
Clausilien etc., nicht imstande sind daraus hervorzukommen und
hilflos ersticken. Auch die Wasserschnecken bewegen sich in dem
ihnen vertrauten Element weit weniger rasch als Landschnecken
auf dem Lande. All dies deutete darauf, daß die während des
Kriechens in erhöhtem Maße aufgenommene Luft für die Locomotion
ein Erfordernis sei und daß höchstwahrscheinlich durch Luftdruck
das Blut aus den Lacunen in die Hohlräume der Sohle hineingepreßt
wird, sobald die Erschlaffung der Längsmuskelfasern nach ihrer
Kontraktion erfolgt.
Die Beteiligung des Luftdruckes an der Locomotion findet ferner
in der großartigen muskulösen Entwicklung der Leibeswand eine
wesentliche Stütze, während andrerseits die Entwicklung der Leibes-
wand infolge des zu leistenden Widerstandes leicht erklärt werden
kann, was sonst nicht möglich wäre.
Von den zur Erforschung des pneumatischen Apparats der
Gastropoden durchgeführten Experimenten will ich einige hier folgen
lassen.
Ich führte bei verschiedenen in Locomotion befindlichen Land-
schnecken Fremdkörper in das Atemloch ein. Infolge des Reizes,
den erstere verursachten, wurde das letztere geschlossen. Die Tiere
schienen sehr beunruhigt und suchten möglichst rasch zu entfliehen.
Doch bald darauf war zu beobachten, daß sich der Wellengang
wesentlich verlangsamte, ja in vielen Fällen gänzlich aufhörte. Die
Wirkung des Experiments war aber nicht von langer Dauer. In
einiger Zeit hatten sich die Tiere an den Reiz gewöhnt, öffneten
und schlössen trotz Fremdkörper das Pneumostom nach Bedarf, und
die frühere Beweglichkeit trat wieder ein.
Auffallend war bei diesem Versuch das Benehmen vom Pom.
pomatia in einigen Fällen. Sie kroch mit dem vorderen Teil der
Sohle über das aus dem Atemloch vorstehende Hölzchen hinweg,,
bog dann den Kopf nach unten und setzte ihre Bewegung an dem
hinteren Teil der Sohle fort, so daß das Hölzchen zwischen den
beiden Sohlenteilen wie zwischen den Blättern eines geschlossenen
Clausilium. 293
Buches eingeklemmt war. Nun wendete das Tier den Körper nach
der entgegengesetzten Seite und zog den Fremdkörper aus dem Atem-
loch heraus. Diese sowie auch die oben erwähnte Beobachtung, daß
ein in einem Gefäß gefangen gehaltenes Individuum den Versuch zu
entfliehen, wenn man es das erste Mal daran hinderte, in gleicher
Weise wiederholt, deuten auf eine ziemlich hohe instinktive Be-
gabung bei Pom. pomatia.
Ich injizierte zahlreiche Arten mit verschiedenen Farbstoffen.
Bei den Gehäuseschnecken war der Erfolg nicht von Bedeutung.
Wurde durch das Atemloch injiziert, dann gelangte die Flüssigkeit
nicht in den Körpersinus und rann auf gleichem Wege, wie sie ein-
gedrungen war, wieder aus. Eine Injektion in den Körpersinus
durch die Leibeswand war schwer durchzuführen und gelang auch
nur in einzelnen Fällen, da das Tier sich gleich nach dem Ein-
dringen der Spitze des Injektionsapparats oft blitzschnell in das
Gehäuse zurückzog. Bei Pom, pomatia nahm die Körperwand bei
Anwendung von Methylenblau eine grüne Färbung an. Doch wie
die Färbung vor sich ging, konnte nicht beobachtet w^erden, da sich
das Tier für längere Zeit in das Gehäuse zurückgezogen hatte.
Um vieles günstiger gestalteten sich die Versuche bei Nackt-
schnecken, die ich durch das Pneumostom injizierte. Die Färbung
des Integuments erfolgte sofort nach Einführung des Farbstoffes in
die Leibeshöhle und gewann am Kopf immer mehr an Intensität, die
sich, gegen das Schwanzende allmählich fortsetzte, bis schließlich
der ganze Körper gleichmäßig gefärbt war. Bloß der Mantel, der
anfangs nur wenig verändert wurde, blieb immer heller als die
übrigen Körperteile. Die mit Methj'lenblau gefärbten Tiere glichen
in ihrem neuen Schmuck auffallend dem Limax coerulans M. Blz.^
die Farbe war bis an die Epithelzellen und zwischen diese ein-
gedrungen. Die Raschheit, mit welcher dies geschah — einige
Sekunden genügten hierfür — läßt keinen Zweifel darüber aufkommen^
daß das Eindringen des Farbstoffes in sämtliche Hohlräume durch
pneumatischen Druck erfolgte.
Eine überraschende Erscheinung trat auf, wenn eine gesättigte
Karmin- Wassermischung injiziert wurde. Die Färbung vollzog sich
in diesem Falle um vieles langsamer, so daß ihr Fortschritt genau
beobachtet werden konnte. An der Sohle begann sie bloß am Kopf-
ende und gewann hier auch immer mehr an Intensität, Sie pflanzte
sich von da allmählich gegen das Schwanzende fort, bis schließlich
die ganze Fläche gleichmäßig gefärbt war. Mit dem Fortschreiten
294 ^- ^- KiMAKOWICZ-WiNNICKI,
der Färbung ging aber nicht nur die Locomotion, sondern auch das
Haftvermögen der Sohle verloren, und in kurzer Zeit war das Tier
in seinen Bewegungen vollständig gelähmt, während die Muskel-
funktion noch lange erhalten blieb. Die Karminkörnchen hatten
das Capillarsystem, welches die Lacunen mit den Hohlräumen der
Sohle verbindet, verlegt und die Flüssigkeitszirkulation unmöglich
gemacht, was auch den Tod der Tiere oft schon nach einigen Stunden
herbeiführte.
Mit diesem Experiment war nachgewiesen, daß die durch Luft-
druck zustande kommende Blutschwellung der Sohle allein die moto-
rische Kraft ist, die die Locomotion veranlaßt, während sich die
Muskeltätigkeit nur indirekt daran beteiligt.
Doch nicht nur die Sohle allein, sondern auch das ganze übrige
Integument wird durch in Hohlräume hineingedrängtes Blut ge-
schwellt. Auch Biedermann und Simroth ^) haben beobachtet, daß
über die Körperrunzelung Wellen wegschreiten, die sich sowohl
nach hinten wie auch nach vorn bewegen können. Erstere erfolgen
durch Blutschwellung, letztere durch Muskelkontraktion. Durch
diese Tätigkeit der Leibeswand kommt bei den Basommatophoren
das Schwimmen unter der Wasseroberfläche zustande.
Die Injektion mit Farbstoffen, die sich im Wasser vollständig
lösen und auch nicht ätzend wirken, hat keine nachteiligen Folgen
auf die Tiere, sie bleiben aber, wie es scheint, bis an ihr Lebens-
ende gefärbt, wenn auch die Intensität der Färbung nach einigen
Wochen merklich abnimmt. Arion Jwrtensis Fee. und Ärion bour-
guignati Mabil., die sich durch ein sehr kräftig entwickeltes, dick-
wandiges Integument auszeichnen, überwinden in Fällen, wo ihnen
keine besonders reiche Karminzuführung zugedacht war, die anfäng-
liche Lähmung, beginnen wieder zu kriechen und leben wochenlang
weiter. Es scheint dies mit ihrem besser entwickelten pneumati-
schen Apparat im Zusammenhang zu stehen, der die anfänglichen
Schwierigkeiten schließlich dennoch überwindet.
Verliert eine Nacktschnecke ihr Schwanzende, dann hat dies auf
die Locomotion wenig Einfluß. Die reiche Muskulatur zieht die
Wunde vollständig zusammen, und es kann im Körpersinus immer-
hin eine Luftpressung zustande kommen. Anders verhält es sich,
wenn eine größere Wunde die Seitenwand eines Tieres durchbricht.
Jene kann nicht kontrahiert werden, und das Kriechen des Tieres
1) In: Zool. Ctibl., Vol. 15, 1908, p. HO.
Clausilium. 295
wird unmög'licli. Ich machte in den hinteren Teil einer Seitenwand
von Ärion hortensis eine mehrere Millimeter lange Schnittwunde.
Der hintere Teil der Sohle war damit gelähmt, während der vordere
noch in F'unktion blieb und auch den hinteren nachzog. Bei einem
anderen Präparat wurde die Wunde zwischen Kopf und Schild ge-
macht, womit die Lähmung des vorderen Sohlenteiles eintrat. In
diesem Falle schob die noch funktionsfähige hintere Sohlenhälfte
den vorderen gelähmten Teil nach vorn. Mit der Lähmung der
Kopfhälfte kam auch das Ausstülpen der Tentakel nicht wieder zu-
stande. In beiden Fällen der Verwundung dauerte die partielle
Locomotionsfähigkeit nur kurze Zeit an, dann folgte gänzliche
Lähmung,
Bei diesem Versuch wurde ich durch jeweilig auftretene partielle
Lähmung auf die Zweiteilung des Körpersinus aufmerksam, die der
Gruppierung der Pallialorgane während der Locomotion ihre Ent-
stehung verdankt. Man kann diese Lagerung namentlich gut bei
durchscheinenden Individuen des Liniax arborum beobachten, doch
auch bei Limax variegatus, wenn er für einige Tage in einem Gläs-
chen mit Glasdeckel oder Glasstöpsel dem Lichte, doch nicht der
Sonne, ausgesetzt war. Das Integuraent wird dann gut durch-
scheinend und gestattet die Beobachtung der Pallialorgane. Um
das Leben des Tieres braucht man nicht besorgt zu sein, es hält
einzeln eingekerkert in einem 100 g-Gläschen, das mit Glasstöpsel
verschlossen ist, ohne Luftzutritt und Nahrungsaufnahme und, wie
es scheint, ohne Schaden zu leiden, ein halbes Jahr und länger bei
4—16° C Wärme aus.
Der größte Teil der Pallialorgane liegt während des Kriechens
unter dem Mantel zusammen gedrängt und scheidet septenartig den
Körpersinus in zwei Räume. Dies läuft offenbar auf die Konstruk-
tion eines Doppelgebläses hinaus, wie dies in erhöliter Vollkommen-
heit bei den Gehäuseschnecken erhalten blieb. Hier funktioniert
der Intestinalsack als Luftsauger, der Körpersinus als Windsammler
und der Nackenkanal, der beide verbindet, als Ventil. Bei den
Nacktschnecken bildet der Kopfsinus den Windsammler, und damit
findet auch die künstliche Färbung der Sohle in der Richtung vom
Kopf gegen das Schwanzende eine Erklärung. Dem Hinterleibsinus
fällt die Rolle eines Luftsaugers zu, während eines der Pallialorgane
als Verbindungsventil funktioniert. Durch diese Doppelgebläse-
einrichtung wird der Druck auf das die locomotorische Sohle
schwellende Blut ein kontinuierlicher, während er im anderen Falle
296 M- ^- KiMAKOWICZ-WiNNICKI,
in rhythmischer Folge wirken müßte, was die Bewegung nichts weniger
als günstig beeinflussen würde.
Durch das Einpressen der Luft in den Windsammler kommen
oft rhythmische Schwellungen bei jungen und anderen Schnecken
mit dünnwandigem Integument in der Nähe des Kopfes vor. Diese
Erscheinung hat Biedermann ^) irrtümlich als „Verdickungswellen"
gedeutet.
Aus der Einrichtung des locomotorischen Apparats geht aber
auch zur Genüge deutlich hervor, weshalb die Gastropoden nicht wie
etwa die Würmer rückwärts kriechen können. Die Störungen im
Wellengang finden ferner damit oft auch ihre Aufklärung. Kriecht
eine Pom. pomatia an einer Glasplatte empor und wird an ihrem
Gehäuse gezogen, dann erfolgt eine Dehnung der Körperwand und
damit eine Vergrösserung des Sinus. Der pneumatische Druck wird
geringer, und die Wellen verschwinden. Drückt man das Gehäuse
an den Körper, dann wird der Luftdruck gesteigert, und die Wellen
müssen kräftiger hervortreten. Soll eine große Last bewältigt
werden, dann wird das Blut in die Kontraktionsfelder solange hinein-
gepreßt, bis die sich verlängernden Hohlräume den Körper, der die
Last trägt, nach vorne schieben. Während der ganzen Dauer des
Druckes bleiben die Wellen stabil, usw.
Ehe ich das Kapitel über die Gastropoden-Locomotion schließe^
möchte ich noch hervorheben, daß der Nachweis der Mitbeteiligung
des Luftdruckes an der Fortbewegung der Tiere für mich von her-
vorragender Bedeutung und größtem Interesse war, da damit ein
Mittel geboten wird, die Gastropoden-Asymraetrie einfach und in
jeder Richtung befriedigend so wie auch manch andere Erscheinung
aufzuklären. Ich werde später darauf zurückkommen und vorerst
weitere Untersuchungen über die Funktion des Pneumostoms hier
folgen lassen.
Bei einer retrahierten Gehäuseschnecke liegt der Körper ge-
streckt in der Schale. Das Schwanzende bleibt dem Mündungsrand
zugewendet und wird von dem sich schießenden Mantelrand ver-
deckt. Der Kopf mit dem vorderen Teil des Körpers ragt in das
Gehäuse hinein und liegt in einer Mantelfalte. Nach anhaltender
Trockenheit wird das Volumen des Körpers kleiner, und es sinkt
infolge dessen der Mantelrand tiefer in die Mündung hinein, so daß
1) Die locomotorischen Wellen der Schneckensohle, in : Arch. ges.
Physiol., Vol. 107, 1905, p. 12.
Clansilium. 297
"bei den Helices und anderen Familien dann oft der halbe letzte
TJmg'ang leer wird.
Schon die geschilderte Situation in der Lage des in die Schale
zurückgezogenen Körpers macht alle bekannten Annahmen über das
Austreten des Tieres aus dem Gehäuse unhaltbar. Nun kommen
noch verschiedene anderweitige Schwierigkeiten dazu. Man braucht
nur an die so sehr verengte Mündung von Isognomostoma persomata
(Lmk.) oder die Clausilien zu denken, die bei normalem Flüssigkeits-
gehalt ihren Körper samt Mantel bis tief in den drittletzten Um-
gang zurückziehen. Hier kann bei einer Funktion von Zirkelmuskeln
kein Erfolg erwartet werden, und eine Schwellung des Körpers durch
Blut oder Luft würde namentlich bei verengter Mündung dem Aus-
treten dii-ekt entgegen wirken.
Unmittelbare Beobachtung des lebenden Tieres führten hier und
zwar diesmal ziemlich leicht zur Lösung der Austrittsfrage.
Hat sich ein Tier, etwa eine Pom. pomatia, infolge von Dürre
-etwas tiefer in das Gehäuse zurückgezogen, dann kann es leicht zum
Austritt veranlaßt werden, wenn man den Mantelrand mit ein
wenig angewärmtem Wasser befeuchtet. Bald darauf öffnet sich das
bis dahin geschlossen gewesene Pneumostom zur vollen Größe, dann
schließt es sich wieder. Sobald sich diese Funktion einige Male
wiederholt hat, kann man beobachten, wie bei geschlossenem Atem-
loch der Mantel, der den Körper einschließt, eine kleine Strecke
gegen den Mündungsrand langsam vorgleitet. Dann wird das Pneu-
mostom wieder geöffnet und geschlossen, der Mantel gleitet neuer-
dings eine Strecke weiter nach vorn, und diese Erscheinung wieder-
holt sich so oft, bis der Mantel in der Nähe des Peristoms ange-
langt ist. Dann gleitet das Schw^anzende aus der Mantelhülle her-
vor, und diesem folgt der ganze hintere Teil des Körpers. Ist der
Austrittsakt derartig weit gediehen, dann erst kommt der Kopf zum
Vorschein. Dies geschieht wahrscheinlich in der Weise, daß sich
der Kopf am noch immer gestreckten Körper in der Richtung gegen
das Schwanzende krümmt, so daß dann hier Sohle auf Sohle zu
liegen kommt. Nun beginnt die Locomotion, und das Kopfende
kriecht an der eigenen Sohle aus der Mantelhülle hervor.
Nach diesen Beobachtungen unterlag es kaum mehr einen Zweifel,
daß der Körper mittelst Luftdruck aus der Schale herausgetrieben
wurde. Eine Bestätigung für die Eichtigkeit dieser Annahme war
leicht zu erreichen. Von den in dieser Richtung vorgenommenen
Experimenten dürfte die Bekanntgabe eines einzigen genügen.
298 M. V. KiMAKOWICZ-WiNNICKI,
Ich wählte hierfür eine Pom. pomatia, die längere Zeit trocken
lag- und sich infolgedessen etwas von dem Mündungsrand entfernt
in das Gehäuse zurückgezogen hatte. Eine kleine Strecke vor der
Grenze des vorletzten schlug ich in die Wand des letzten Umganges
ein kleines Loch und durchschnitt an dieser Stelle die Sackwand.
Wohl streckte nach der Operation das Tier die Spitze des Schwanz-
endes aus der Mantelhülle heraus, doch zu einem Gleiten des Mantels
gegen das Peristom kam es nicht. Das Tier war und blieb in
seinem eigenen Hause gefangen. Daß die Schwanzspitze aus der
Mantelhülle hervorkam, beruhte gewiß nur auf einer Re.traction des
Mantelrandes infolge der Verwundung, wobei das stabile Schwanz-
ende nicht mitgenommen werden konnte. Denn in der Tat war der
Mantel tiefer in das Gehäuse eingedrungen, als er früher lag.
Bei zahlreichen Experimenten gleicher und ähnlicher Art kam
es niemals vor, daß das Tier mit dem Kopf aus der Mantelhülle
hervortrat, was darauf deutet, daß die Locomotion erst dann be-
ginnen kann, wenn der ganze Hinterkörper den Mantel verlassen
hat. Möglicherweise wird aber auch der Vorderkörper durch pneu-
matischen Druck aus der Mantelhülle gedrängt.
Es ist eine allgemein bekannte Erscheinung, daß ins Wasser
gelegte retrahierte Landschnecken sehr bald mit dem Körper aus
dem Gehäuse austreten und aus dem für ihr Leben ungeeigneten
Element herauszukriechen suchen. In solchen Fällen ist Luftauf-
nahme in den In testin alsack nicht möglich, und der Austrittsakt
kann hier nicht durch Luftdruck erfolgen. Zur Aufklärung dieser
Erscheinung wird die Anführung einiger Experimente genügen, die
aus einer größeren Zahl herausgegriffen sind.
In einem Falle wählte ich eine Pom. pomatia. Das Individuum
lag einige Wochen in Gefangenschaft trocken. Es hatte sich der-
artig tief in das Gehäuse zurückgezogen, daß der halbe letzte Um-
gang leer blieb. Die Schnecke wog 710 cg, ehe sie in etwas an-
gewärmtes Wasser, das sie ganz bedeckte, hineingelegt wurde.
Nach 40 Minuten war der Körper des Tieres vollständig außerhalb
des Gehäuses, und es begann bereits die Locomotion. Aus dem
Wasser genommen, wog nun die Schnecke 1382 cg, sie hatte dem-
nach 672 cg Wasser aufgenommen. Dies geschah durch das Pneumo-
stom, das sich von Zeit zu Zeit zu einer schmalen Spalte öffnete.
Wurde sie geschüttelt, dann fühlte und hörte man das Wasser an
den Sackwänden anschlagen. Nach Verlauf von 6 Stunden hatte
Clausiliura. 299
das Tier 275 cg Wasser ausgeschieden, während 305 cg in den
Organismus aufgenommen Avurden.
Zwei andere Individuen A und B von Pom. pomatia waren bei
feuchtem Wetter frisch gesammelt. Die retrahierten Tiere erfüllten
ihr ganzes Gehäuse bis an den Mündungsrand. A wog 1782 cg,
B 1940 cg. Beide wurden in Wasser gelegt. A bedurfte für den
Austritt aus der Schale bis zum Eintritt der Locomotion 7 Minuten
und wog dann 2340 cg, B hingegen 3 Minuten und erreiclite ein
Gewicht von 2355 cg. Es mußte also A 558, B 415 cg Wasser in
den Intestinalsack aufnehmen, um den Körper aus der Schale heraus-
befördern zu können.
Für eine weitere Untersuchung wurde ein Individuum der
gleichen Art in Anspruch genommen, das sich in Locomotion befand^
also aus der Schale ausgetreten war. Es wog 1870 cg und wurde samt
der Platte, auf der es kroch, in ein Wasserbecken versenkt, so daß
es hier, ohne sich zurückzuziehen, die Locomotion fortsetzen konnte.
Es bedurfte für den Austritt aus dem Wasser 8 Minuten und wog
dann 1960 cg. Es war nur um 90 cg schwerer geworden. Die Ge-
wichtsvergrößerung dürfte hier durch Schwellung des Körperschleimes
zustande gekommen sein und jedenfalls nicht durch Aufnahme von
Wasser in den Bruchsacksinus. Zur Locomotion ist somit, was ich
auch durch zahlreiche Versuche mit Nacktschnecken feststellen
konnte, eine Wasseraufnahme kein Erfordernis. Dieses Experiment
beweist auch, daß das Wasser bei einem retrahierten Tier nicht
selbständig in den Sacksinus eindringt, sondern daß es eingesogen
wird.
Für eine andere Untersuchung, die Anfang Oktober vorgenommen
wurde, wählte ich eine Hydlinia domestica Km., die ich zu Anfang
August gesammelt hatte. In der Zwischenzeit lag sie ohne Nahrung
vollkommen trocken, was ein Zurückziehen des Tieres aus dem
halben letzten Umgang zur Folge hatte. Ihre Schale war derartige
durchsichtig, daß fast die ganzen Pallialorgane sowie auch der in
den Mantel gehüllte Körper von außen gut beobachtet werden
konnten. Das Herz, das an der Grenze zwischen dem letzten und
vorletzten Umgange lag, verriet auch nicht die geringste Tätigkeit.
Um die Schnecke möglichst genau beobachten zu können, wurde sie
nicht in Wasser gelegt, sondern ihr letzter Umgang, soweit er nicht
vom Tier in Anspruch genommen war, damit gefüllt und auch das
eingesogene Wasser immer durch frisches ergänzt. Schon nach
15 Minuten begann die Herzpulsation. Anfangs waren bloß 1 bis-
300 M. V. KlMAKOWICZ-WlNNICKI,
2 Schläge in 1 Minute zu beobachten, dann setzte sie wieder für
einige Zeit aus, um später neuerdings aufzutreten. Nach 90 Minuten
■erfolgten im Durchschnitt 10 Pulsationen, doch durchaus nicht regel-
mäßig. Erst nach Verlauf zweier Stunden trat regelmäßiger und
normaler Pulsschlag ein und zwar 23 Schläge in der Minute bei
17^ C. Ehe Wasser in den letzten halben Umgang eingeführt wurde,
lag die Sackwand hinter dem Mantel der Schale nicht an, sie war
in Art eines geschlossenen Regenschirmes der Länge nach in Falten
zusammengefallen. Wenige Minuten, nachdem der Mantel mit dem
eingeführten Wasser in Berührung gelangte, war zu beobachten,
wie sich der Intestinalsack damit allmählich füllte. Nach Vollendung
•der Füllung begann erst ein Gleiten des Körpers gegen die
Mündung.
Bei diesem Experiment war auch von Interesse, daß der Sinus
des Bauchsackes nach der Füllung mit Wasser nur ein sehr geringes
Quantum Luft enthielt. Ihr Volumen stand zu jenem des ein-
gedrungenen Wassers in einem Verhältnis wie etwa 1 : 50. Die Luft
war offenbar von hier in den Körpersinus hineingedrängt, wo sie
für die in Aussicht stehende Locomotion ein Bedürfnis war.
Aus den angeführten Erscheinungen geht mit Sicherheit hervor,
daß der Austritt des Körpers aus der Schale durch Luftdruck er-
folgt und daß an dessen Stelle auch Wasserdruck treten kann.
Letzteres ist ein Eelikt aus jener Zeit, wo die Urahnen der Stjdom-
matophoren noch im Wasser lebten und für den Austritt aus der
Schale, wie die Basommatophoren und Prosobranchier, nur hydrau-
lischen Druck in Anspruch nahmen.
Sclialenbau.
Der Aufbau des Periostracums vollzieht sich in der Mantel-
furche, und man nahm an, daß das Secret, dem jenes seine Ent-
stehung verdankt, aus dem Epithel der hinteren Furchenwand aus-
geschieden werde. Nun konnte ich aber bei jungen Pom. pomatia
beobachten, daß bei Individuen, denen ein Teil der Mantelfurche
samt ihrer hinteren Wand durch Verwundung verloren gegangen
war, das Periostracum an dieser Stelle dennoch zustande kam. Die
Verwundung äußerte sich bloß in der Weise, daß die Zuwachs-
streifen der Schale durch eine nahtähnliche Furche, die in der Rich-
tung gegen die Mündung mit der Gehäusenaht divei'giert, unter-
brochen werden. Eine derartige, durch Verwundung des Mantel-
Clausilium. 301
randes entstandene nahtälinliche Narbe bildete Nyst^) an seinem
JBulimus popelairiana ab. Die Zuwachsstreifen stoßen an der Unter-
brechung-sstelle nicht geradlinig zusammen, sie sind dort mehr oder
weniger dem Mündungsrand entgegengesetzt, winklig gebrochen und
g-leichzeitig jederseits zu einem Knoten verdickt. Diese in der
Schalennarbe liegenden Knoten sind allerdings heller, oft weiß ge-
färbt, doch ein auf ihnen liegendes Periostracum konnte ich dennoch
nachweisen.
Solange sich ein frisch gebauter Gehäuseteil bei einer Pom.
pomatia noch weich anfühlt, löst sich das Periostracum vom Ostracum,
■etwa derartig leicht wie die Schale von einer gekochten Kartoffel.
Am besten gelingt die Ablösung, wenn die noch weiche Schalenzone
mittels einer Schere quer durchschnitten wird. Faßt man nun
mit einer spitzarmigen Pinzette die Schale neben der Sclinittnarbe
und hebt sie etwas hoch, dann bricht die Kalkschicht, während
das Periostracum eingeklemmt bleibt und sich bei entsprechender
Führung der Pinzette vom Ostracum ablöst. Bei derartiger Ab-
lösung konnte ich feststellen, daß das Periostracum die oben ge-
schilderte Schalennarbe, wenn auch in geringerer Stärke, mit bedeckt.
Eloß die Pigmentierung bleibt hier unvollkommen oder fehlt auch ganz.
Eine Verwundung des Mantelrandes vernarbt bei Jugendformen
von Pom. pomatia in 2—3 Tagen. An Stelle der Wunde entsteht
•ein neuer Mantelrand und hinter diesem eine Furche, die in das
Niveau der erhalten gebliebenen Teile hineinverlagert wird. War
•das Individuum zur Zeit der Verwundung in seiner ontogenetischen
Entwicklung bereits an den Bau des letzten Umganges angelangt,
dann setzt sich die weißliche Schalennarbe in der Regel trotz des
regenerierten Mantelfurchenteiles bis an das Peristom fort; war es
jünger, dann erreicht sie kaum die Länge eines viertel oder höchstens
halben Umganges, und das ihr aufgelagerte Periostracum ist in
Dicke und Färbung kaum von jenem der Umgebung verschieden.
Nach dieser Beobachtung ist anzunehmen, daß bei älteren Tieren
die verloren gegangenen Pigment- und jene Zellen, die das Chitin
für das Periostracum liefern, nicht wieder regeneriert werden und
daß das Chitin, welches sich in der neugebildeten Mantelfurche
sammelt, einer hintei* der hinteren Wand der Mantelfurche liegenden
Zellengruppe entstamme. Es ist also möglich, daß auch die Ban-
dilette noch Chitin ausscheidet.
1) In: Bull. Acad. Bruxelles, Vol. 12, tab. 4.
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. 20
302 M- '^- KiMAKOWICZ-WiNNICKI,
Bei Verwundungen, die sich bloß auf den vorderen Damm der
Mantelfurche erstrecken, tritt eine Störung im Schalenbau nicht ein,,
wonach dieser weder Pigment noch Chitin ausscheidet.
Sobald eine Schnecke ihre Wachstumsgrenze erreicht hat, hört
die Bildung und Ausscheidung von Chitin völlig auf. Gelangt es-
nach der ontogenetischen Entwicklung zu einer Regeneration des
Peristoms und der benachbarten Gehäuseteile, dann fehlt das Perio-
stracum immer der Neubildung. Bei Jugendformen hingegen wird
es jedesmal mit regeneriert, wenn die beschädigte Stelle am
Mündungsrand liegt und in die Mantelfurche aufgenommen werden
kann, die sich unter Umständen auch einem recht unebenen Bruch
anschmiegt. Außerhalb der Mantelfurche kann niemals ein Perio-
stracum zustande kommen.
Eine vereinzelte Ausnahme von der Regel, daß mit dem Wachs-
tum die Chitinausscheidung aufhört, scheint nur bei Thyrophonella-
aufzutreten, wo nach Vollendung des Gehäuses noch die Anlage'
einer Mündungsklappe erfolgt.
Eine zeitweilige Unterbrechung in der Chitinausscheidung tritt
bei Jugendformen zu Ende des Sommers, oft schon im Juli, auf,
während die Kalkausscheidung ununterbrochen bleibt und zur Ver-
stärkung der noch weichen Schalenzone in Anspruch genommen wird,
so daß die unvollendeten Gehäuse vor Eintritt der Winterruhe voll-
ständig, bis an den Mundsaum, hart geworden sind. Auf diese
periodische Unterbrechung der Chitinabgabe sind auch die hellen
Zonen einiger Zonites-Arten zurückzuführen.
Behaarung, Beschuppung und ähnliche dem Periostracum auf-
gelagerte Gebilde sind die Folge einer Hypertrophie in Chitinent-
wicklung und Ausscheidung. Sie entstehen in der Weise, daß der
Chitinüberschuß über die Außenwand des vorderen Mantelfurchen-
Dammes hinwegüießt und, noch ehe er erhärtet, mit dem bereits ge-
bildeten Periostracum eine Verbindung eingeht. Die Form dieser
Bildungen hängt von dem Relief der bezeichneten Außenwand sowie
auch von der Menge des abfließenden Überschusses ab. Besteht
ersteres aus parallelen Furchen, dann entstehen haarähnliche zylin-
drische Fortsätze, die oft bedeutende Länge erreichen (Triton par-
thenopus v. Salis), was die Möglichkeit ausschließt, daß bei ihrer
Entstehung die in der Mantelfurche nachgewiesenen Kanäle als
Matrizen gedient haben können. Auch bei Fndicicola sericea (Drp.)
sind die Haare oft 4mal so lang, wie der Vorderdamm der Furche
dick ist.
Clausilium. 303
Bei den Landschnecken sind die Fortsätze des Periostracums
immer nach hinten gebogen, was darin seine Erklärung findet, daß
die nach oben liegende, mit der Luft in Berührung kommende
Fläche der einzelnen dem Mantelrand aufliegenden Stäbchen zuerst
erhärtet und demzufolge hier konkav gebogen wird, was das Heraus-
heben aus dem Mantelrelief und eine Neigung nach hinten bedingt.
Bei den im Wasser lebenden Gastropoden erfolgt die Erhärtung
der neugebildeten Chitinfortsätze allerseits gleichmäßig, ihre Krüm-
mung nach hinten bleibt deshalb aus.
Die Hypertrophie in Chitinbildung kann auch bloß im ersten
Stadium der ontogenetischen Entwicklung auftreten und dann später
wie bei Flanorhis corneus L. wieder verschwinden.
Ich habe hervorgehoben, daß das Periostracum nur in der
Mantelfurche entstehen kann; dessen Bau ist somit nur dann mög-
lich, wenn das Tier mit dem Körper aus dem Gehäuse ausgetreten
ist. Anders verhält es sich mit der Entstehung des Ostracums.
Ist nach einem Austritt des Körpers aus der Schale eine mehr oder
weniger breite Zone der obersten Schalenschichte entstanden, dann
scheidet das Tier nach dem Zurückziehen in das Gehäuse eine wasser-
helle Flüssigkeit, wohl Kalkhj^dratlösung, aus, die allmählich an der
inneren Gehäusewand bis. auf den neugebildeten Teil des Peri-
ostracums hinabfließt, von dem sie aufgesogen und festgehalten wird.
Bei der unter Luftzutritt stattfindenden Krystallisation wird die
basische Lösung in kohlensauern Kalk überführt.
Bei zahlreichen Gattungen, wie Vitrina, Hyalinia etc., ist die in
dieser Weise ausgeschiedene Kalklösung äußerst gering. Die Ober-
fläche der Gehäuse bleibt dann glatt, oft sogar glänzend. Bei
anderen Gattungen erfährt die Kalkausscheidung eine Steigerung.
Der neu entstandene Teil des Periostracums kann die ganze Menge
nicht gleichmäßig festhalten, und der Überschuß der Lösung sinkt
bis an den äußersten Rand herab. Durch die hier erhöhte Wirkung
des chemischen Prozesses wird dieser äußerste Rand wulstartig aus-
getrieben, es entsteht eine Querskulptur, die mit „Zuwachsstreifen"
bezeichnet wird. Sie ist in den meisten Fällen mehr oder weniger
unregelmäßig und immer von der jeweiligen zur Ausscheidung
gelangenden Kalkmenge sowie auch von der Breite des neu ange-
legten Periostracums abhängig.
Die ebenfalls häufig auftretende Spiralskulptur an den Gehäusen
steht mit der Bildung des Ostracums in keinerlei Zusammenhang,
sie dankt ihre Entstehung dem Relief der Mantelfurchen vorderwand
20*
3Q4. M. V. KiMAKOWICZ-WiNNICKI,
und kommt schon beim Bau des Periostracums zustande. Sie ist
immer regelmäßig, was bei der Art ihrer Entstehung auch gar nicht
anders möglich sein kann.
Bei manchen Gastropoden, namentlich bei Clausilien, kommt es
häufig vor, daß die für den Bau des Ostracums bestimmte Kalk-
ausscheidung noch eine weitere Steigerung erfährt. Ein Teil der
Lösung tritt dann an die Außenfläclie der Schale und sammelt
sich dort in der Nähe der Naht. Der kohlensaure Kalk, der hier
aus der Lösung ausgeschieden wird, bildet ein kurzes, der Naht
entspringendes, mit den Zuwachsstreifen paralleles Stäbchen, eine
sogenannte Nahtpapille. Es kann jenes, nach dem Austreten des
Tieres aus der Schale, in die Mantelfurche nicht hinein verlagert
werden, erhält demnach keinen Chitinüberzug und bleibt rein weiß.
Bei einer weiteren Steigerung der Kalkausscheidung wird das Stäb-
chen zu einer Leiste verlängert, die von Naht zu Naht reicht und
mit „Rippe" bezeichnet wird.
Ich konnte es häufig an jungen, im ersten Stadium ihrer Ent-
wicklung gesammelten, stark costulierten Alopia-Formen beobachten,
daß sie in Gefangenschaft, wenn ilinen nicht Jura- oder Kreidekalk,
auf dem sie einstens lebten, geboten wurde, keine Gehäuserippen
anlegten und fast glatte Schalen bauten, selbst dann, wenn das
Terrarium reichlich mit krystallinischem Kalk ausgestattet war.
Von Interesse war ferner die Beobachtung an besonders stark
costulierten Alopien des Bodzauer Gebirges in Siebenbürgen, daß
die Hypertrophie in Kalkausscheidung bei phylogenetisch höher ent-
wickelten Formen wieder verloren ging. Es trägt z. B. Alopia
haueri Blz. an der Ostseite des Dongokö ein hervorragend schön
weißgeripptes Gehäuse, während die Formen, die sich aus ihr an
der West- und Südseite des Gebirges entwickelten, allmählich glatt
werden. Alopia transitans Km., die in Costulierung der Alopia
haueri Blz. ganz nahe steht, geht an ein und derselben verhältnis-
mäßig kleinen Felswand der Südvvestseite des Bratocsia in eine
völlig glatte Foi-m über, mit der sie durch alle denkbaren Ab-
stufungen verbunden bleibt. Ein derartiges Variieren kann natür-
lich nur in Gattungen auftreten, wo die phylogenetische Entwick-
lung der Arten, wie dies eben bei Alopia im hohen Grade der Fall
ist, noch nicht gefestigt ist.
Die Art der Entstehung des Hypostracums kann am vorteil-
haftesten bei Regenerationen von Schalenbeschädigungen studiert
werden. Wird etwa die Schale einer Pow. pomatia durch einen
Clausilium. 305
Fußtritt in zahlreiche Teile zersprengt, ohne daß dabei die Spindel
oder die Organe des Tieres Schaden leiden, dann ist letzteres vorerst
sehr beunriihig't. Schließt es das Pneumostom, dann wird der
Intestinalsack stark aufgeblasen, und es entstehen zwischen den
einzelnen Bruchstücken der Schale weite Klüfte. Öffnet es jenes,
dann sinken die Wände des Sackes ein, und die Bruchstücke
schließen wieder mehr oder weniger gut aneinander. Wird hier-
gegen mittels eines Hammers bloß ein größeres Loch in einem der
letzten Umgänge geschlagen, dann tritt das Tier mit dem Körper,
wenn es retrahiert war, so wie im früheren Falle, sofort aus. Schließt
es das Atemloch, dann wölbt sich die Sackwand weit aus dem Leck
hervor, öffnet es jenes, dann sinkt die Wand tief ein, so daß die
Eänder der Bruchstelle mit ihr außer Berührung gelangen. Nach
eingetretener Beruliigung verweilt das Tier an einer Stelle regungs-
los, je nach Umfang der Beschädigung auch tagelang, wobei es
höchstens den Kopf in den Mantel zurückzieht. An jenen Stellen,
wo die Sackwand aus der Beschädigung hervorsieht, findet eine
Ausscheidung einer wasserhellen Flüssigkeit statt, aus der schon
nach ganz kurzer Zeit kleine Kalksphärite herauskrystallisieren, die
sich zu einer Kruste vereinigen, welche das Leck oder die Klüfte
bei einer zertrümmerten Schale vollständig abschließt. Der Vor-
gang bei Entstehung der Kruste ist also analog der Entstehung
des Ostracums, nur daß hier nicht ein Periostracum, sondern die
Sackwand selbst als Unterlage dient, was eine Abweichung in der
Struktur bedingt.
Wie ich an zahlreichen gefangen gehaltenen Individuen beob-
achten konnte, erfolgt die Bildung der Sphäritenkruste zumeist bei
geöffnetem Pneumostom und ist dann aus dem Niveau der Schalen-
fläche eingesenkt, manchmal sogar konkav. Doch kommen nicht
selten auch Fälle vor, wo dies bei geschlossenem Atemloch geschieht.
Dann wölbt sich die Kruste sphärisch aus dem Leck hervor.
Erst wenn die Sphäritenschichte eine entsprechende Festigkeit
erreicht hat und dem im Litestinalsack zustande kommenden pneu-
matischen Druck Widerstand leisten kann, beginnt die Locomotion
des Tieres neuerdings und mit ihr die Entstehung eines Hyp-
ostracums an der unteren Fläche der Kruste. Die Bildung des Hyp-
ostracums schreitet, namentlich wenn die Verletzung in einem der
älteren Umgänge liegt, sehr langsam fort, ungleich langsamer als
.beim normalen Schalenbau, und es wird auch niemals derartig stark,
wie es ursprünglich war. Der Grund hierfür liegt darin, daß die
306 M. V. KlMAKOWICZ-WlNNICKI,
aus den Sackwänden ausgeschiedene Kalklösung durch den nach
jeweiligem Schließen des Atemloches auf die Sackwände erfolgenden
pneumatischen Druck stets nach der Mündung gedrängt wird, so daß
dort nur wenig Kalk zur Ausscheidung aus der Lösung und Ab-
setzung an die beschädigte Stelle gelangen kann. Die fortwährende
Bewegung der Sackwände während der Locomotionsdauer machen
aber auch eine Sphäritenbildung unmöglich, und der Kalk, der sich
außerdem infolge der Reibung mit dem ebenfalls austretenden Schleim
verbindet, wird in blättrigen Schichten aufgetragen.
In gleicher Weise vollzieht sich die Hypostracumanlage beim
normalen Schalenbau, doch kommt es hier immerhin vor, daß über
den ersten H3"postracumschichten, nach dem Zurückziehen des Körpers
in die Schale, neue Ostracumschichten entstehen, so daß die Grenze
zwischen Ostracum und Hypostracum unscharf wird.
Der oben geschilderte pneumatische Druck auf die Sackwände,
durch welchen die jeweilig ausgeschiedene Kalklösung stets gegen
den Mündungsrand gedrängt wird, gibt eine Erklärung dafür, wes-
halb die Stärke des Hypostracums an den älteren Umgängen nicht
weiter zunimmt. Bloß dort, wo dieser Druck versagt, wie z. B. bei
Patella, wird das Hypostracum gerade an den ältesten Teilen der
Schale am kräftigsten.
Die auf Luftdruck beruhende Einrichtung des Intestinalsackes
beweist aber auch, daß die Kalklösung nicht nur aus den Epithel-
zellen oder den Drüsen des Mantels, sondern auch aus jenen des
Bruchsackes ausgeschieden wird, denn sonst könnte sie, eben infolge
des Luftdruckes, nicht bis an beschädigte Stellen älterer Umgänge
gelangen, und eine Regeneration wäre dann dort unmöglich.
Die Regeneration von Schalenteilen älterer Umgänge, wo ein
Ostracum und Hypostracum zustande kommt, läßt es nicht verkennen,
daß zur Bildung beider, entgegen Biedeemann's ^) Annahme, nur ein
Secret in Anspruch genommen wird und daß nur die Art der Ab-
lagerung verschiedene Struktur bedingt.
Bei allen Gastropoden, die ihren Gehäusebau mit einem Peristom
abschließen, hört die Kalkausscheidung mit dem beendeten Bau des
Periostracums nicht auf. Das Peristom, die Gaumenwulst, dann die
Bezahnung, die Lamellen und Falten, die in der Gehäusemündung
entstehen, gelangen erst nach beendigter Chitinausscheidung zur
1) Untersuchungen über Bau und Entstehung der Molluskenschalen,
Jena. Ztschr. Naturw., Vol. 36, p. 133.
ClausiliuiTi. 307
vollen Entwicklung-, und vollständig- ausg-ewaclisene Individuen
regenerieren oft g-roße Beschädigungen ihres Gehäuses.
Anders verhält es sich mit jenen, die kein Peristom bilden. Bei
-diesen hört mit der Chitinausscheidung so ziemlich gleichzeitig auch
jene des Kalkes auf. Die Eegeneration eines Schalenbruches er-
wachsener Tiere findet nicht statt, und bei Jugendformen konnte ich
sie nur bei größeren Basommatophoren, dann bei Zonites, großen
N a n i n e n und Xerophila nachweisen. Ob sie auch bei Vitrina,
Myalinia und anderen kleinen Formen auftritt, hatte ich noch nicht
Gelegenheit festzustellen. In meinem reichen Sammlungsmaterial konnte
ich kein Beispiel dafür auffinden.
Schließlich will ich nochmals hervorheben, daß der normale Bau
<des Ostracums nur bei retrahiertem Tier, jener des Periostracums
und Hypostracums nur bei ausgetretenem Körper zustande kommen
kann. Unter der fast ununterbrochenen Reibung zwischen den
Wänden des Bruchsackes und jenen des Gehäuses, die in diesem
Stadium stattfindet, vollzieht sich die Bildung der zuletzt genannten
^chalenschichte.
Epiphragma.
Die Art, wie das Epiphragma entsteht, habe ich bei Pom.
■pomatia beobachtet. Der Vorgang dürfte bei anderen Stylommato-
phoren, die ein solches bilden, im großen ganzen übereinstimmen.
Zu Ende des Sommers oder zu Anfang des Herbstes suchen die
Tiere ihr Winterquartier auf. Sind hohlliegende Hölzer oder totes
Laub. in der Nähe, dann kriechen sie einfach darunter und richten
«ich dort für den Winterschlaf ein. In der Regel graben sie sich
.aber eine Grube, die etwa 80 mm oder auch tiefer sein kann. Hat
«in Individuum ein geeignetes Plätzchen gewählt, dann zieht es die
■Sohle derartig zusammen, daß sie an keiner Stelle unter dem Ge-
häusemündungsrand hervorsieht, aber dennoch sehr fest an der
Kriechfläche haftet. Es hat den Anschein, als wenn nun das Tier
regungslos bliebe. Bei genauer Beobachtung gewahrt man jedoch,
4aß der Mündungsrand mehr oder weniger tief in den Boden ein-
gedrückt wird, was durch straflfes Anziehen des Spindelmuskels ge-
schieht. Man sieht ferner, daß sich das Gehäuse um den Mittel-
punkt der Sohle zu drehen beginnt. Jede Drehung erfolgt ungemein
langsam, oft wird dafür eine Stunde oder auch mehr Zeit in An-
spruch genommen. Der in den Boden eingesenkte Mundrand wirkt
dabei bohrerartig, er wühlt den unter dem Gehäuse liegenden Boden
308 M. V. KiMAKOWICZ-WiNNICKI,
auf, während die Gehäusewand das aufgelockerte Material zur Seite
schiebt. Allmählich entsteht in geschilderter Weise eine sich lot-
recht einsenkende Bohrung, deren Weite dem großen Gehäusedurch-
messer entspricht. Ist sie tiefer als die Gehäusehöhe geworden^
dann bleibt das ausgegrabene Material über der Schale in der Bohrung
liegen und dient als deren Verschluß. Sobald eine entsprecliende
Tiefe erreicht ist, kriecht das Tier unter dem Mündungsrand hervor
und dann mit dem Kopfende an der Bohrungswand bis zur Gehäuse-
höhe empor. Hierauf drückt es den Rücken des Vorderkörpers
dicht an die Gehäusewand an und kriecht zwischen der ausgehobenen,
in der Bohrung liegenden Erde und der Schale bis zur gegenüberliegen-
den Bohrungswand, dann dort hinab und gelangt schließlich mit dem
Kopf neuerdings unter das Gehäuse. Durch diese Bewegung des^
Tieres wird das Gehäuse derartig gewendet, daß die Mündung, in
der Regel genau horizontal, nach oben zu liegen kommt. Ist dies
geschehen, dann zieht sich das Tier für den Winterschlaf in die
Schale zurück. Durch das Wegkiiechen des Tieres unter der in der
Bohrung liegenden Erde wird diese durch den zurückbleibenden
Schleim zusammengebacken, so daß sie in Art eines Gewölbes über
dem Gehäuse schwebt.
Ich konnte den ganzen Vorgang in der Art beobachten, daß ich
neben einer begonnenen Bohrung eine entsprechend tiefe und breite
Grube aushob, dann die anliegende Wand der Bohrung der Länge
nach vorsichtig ötfnete und mit einer Glasplatte wieder verschloß.
Das Einbohren in den Boden gelingt natürlich nur dann, wenn
er lockere Beschaffenheit hat. Gelangt ein Individuum beim Auf-
suchen des Winterquartiers auf hartes Erdreich, dann gibt es das
Bohren schon auf, wenn das Gehäuse kaum zur Hälfte eingesenkt
ist. P^s ki'iecht dann an der eigenen Schale empor und auf der
gegenüberliegenden Seite wieder hinab auf den Boden und dort
weiter. Der Zug, der nun auf das Gehäuse zu wirken beginnt,^
w^endet es mit der Mündung nach oben. Die Stellung, die nachher
der Körper einnimmt, ist eigentümlich. Er schwebt frei über der
Gehäusemündung, und die gestreckte Sohle liegt horizontal und sieht
noch oben. Nun neigt das Tier den Kopf hinab, so daß die Spitze
der Sohle den Boden berührt. Alles, was mit ihr im Umkreis der
Schale erreicht werden kann, wie lockere Erde, Sand, halbverrottetes.
Laub, Ästchen usw., wird durch die Repulsation der Sohle gegen
das durch Streckung der vorderen Körperhälfte sehr verkürzte
Schwanzende befördert, von wo es auf das Gehäuse und dessen
Clausiliuin. 3()9
nächste Umgebung herabfällt, so daß ersteres bald unter einer Decke
liegt. Nim zieht sich das Tier in das Gehäuse zur-ück. Das noch
auf der Sohle aufgespeiciiert gebliebene Material verdeckt die
Mündung. Wird es nach einiger Zeit mittels einer Pinzette vor-
sichtig weggeräumt, dann sieht man den Mantelrand zusammen-
gefaltet eine glatte ebene Fläche bilden, die die Gehäusemiindung
verschließt und die ich mit „Mantelwand" bezeichne.
Es kommt oft vor, daß aus der Mantel wand, manchmal nur
stellenweise, eine milchweiße Flüssigkeit ausgeschieden wird. War
das Tier gesund, gut genährt und mit genügendem Feuchtigkeits-
gehalt versehen, dann kommt der Rand der Mantelwand an jenen
der Mündung zu liegen. Im anderen Falle zieht sich die Wand
tiefer in das Gehäuse zurück. Nach einiger Zeit, die nur kurz, aber
auch sehr lange währen kann, sieht man ganz plötzlich eine äußerst
auffallende Erscheinung. Die Mantelwand verliert ihren Glanz, wird
düsterer gefärbt, und gleich darauf gleitet sie eine kleine Strecke
nach hinten, während der Schleim, der sie bedeckte und dessen
Eänder an der Geliäusewand ringsum haften, an der ursprünglichen
Stelle zuiückbleibt und als dünnes Häutchen die Mündung ver-
schließt. Hatte die Mantelwand die oben erwähnte weiße P'lüssig-
keit ausgeschieden, dann bleibt der Kalk, der sie färbte, am Häut-
chen haften und färbt es entweder ganz oder nur stellenweise weiß.
Ich bezeichne diese Häutchen sowie auch die in den Sommer-
monaten in ähnlicher Art entstehenden Trockenheitsschutzhäutchen
als „Dermophragma*', nachdem sich der Name „Epiphragma" für die
harten kalkigen Winterdeckel eingebürgert hat, auf welchen übrigens
Deaparnaud seine Bezeichnung „Epiphragma" bezog.
In welcher Weise sich das Schlei mhäutchen von der Mantel-
wand ablöst, blieb mir anfangs völlig unklar, zumal es beim Zurück-
weichen der letzteren vollkommen stabil blieb, somit eine Verbindung
zwischen beiden bereits gänzlich aufgehoben war.
Mit dem Dermophragma verschlossen, bleiben die Gehäuse oft
lange unverändert liegen. ?>st bei Eintritt kühlerer Temperatur
erfolgt der letzte Akt der Einwinterung. Das Tier scheidet in
rascher Folge einen dickflüssigen milchweißen Brei aus dem Darm
aus, der allsogleich von der nachrückenden Mantelwand gegen das
Dermophragma gedrückt wird, welches sich infolgedessen sphärisch
aus der Gehäusemünduug herauswölbt. Gleichzeitig saugt die
Mantel wand den ganzen Flü.ssigkeitsgehalt des Breies auf, so daß
der allein zurückbleibende Kalk innerhalb einer Zeit von kaum
310 M. V. KiMAKOWICZ-WiNNICKI,
30 Minuten vollständig erhärtet und die gewölbte Form beibehält,
während ein in anderer Weise entstandenes Dermophragma, wenn
€S auch mit Kalk bedeckt ist, stets eben ausgespannt bleibt.
Das negative Bild der Mantelwand mit ihren geöifneten Poren
erhält sich an der Innenfläche des neuentstandenen Epiphragmas;
sie ist mit zahlreichen, dichtgedrängten, kleinen Wärzchen besetzt.
Auf die Innenfläche wird noch ein zweites Dermophragma abge-
lagert, so daß die Kalkschichte nun zwischen zwei Schleimhäutchen
eingebettet liegt. Ehe sich der Mantel vom Epiphragma etwas
zurückzieht, wird regelmäßig aus dem Darm noch eine kleine Menge
Kalk über das innere Dermophragma ausgeschieden, der als kleiner
rundlicher Fleck genau die Lage des Pneumostoms bezeichnet. Er
ist nicht mit Wärzchen besetzt, sondern mehr oder weniger deutlich
gerunzelt. Das innere Dermophragma erlangt bald, wahrscheinlich
infolge der immerwährend darauf wirkenden Feuchtigkeit, eine
bräunliche Färbung, während der zuletzt darauf aus dem Darm ab-
gelagerte Kalk rein weiß bleibt.
Von einigen Xerophüa-, Tachea- und Iberus- kvi(d\i hatte ich Ge-
legenheit, das Sommer- Dermophragma zu untersuchen. Ich fand
darauf, genau an der Stelle, wo einstens das Atemloch aufruhte,
regelmäßig eine kleine Menge Kalk aufgetragen, der durch seine
Undurchsichtigkeit und die milchweiße Färbung auf dem zumeist
glashellen Häutchen recht auffällig hervortrat. Höchstwahrschein-
lich ist auch dieser Kalk eine Darmausscheidnng.
Die Entstehung des Trockenheits-Schutzhäutchens im Sommer
ist ähnlich jener des Dermophragmas, das für die Bildung des Epi-
phragmas in Anspruch genommen wird. Eine Abweichung tindet
hier, in den meisten Fällen, bloß in der Art statt, daß das Tier mit
dem Schwanzende der Sohle, die zu einer ganz kleinen Fläche zu-
sammengezogen wird, an der Kriechfläche haften bleibt, während
der proximale Körperteil bereits im Mantel verborgen liegt. Dann
erfolgt die Loslösung des Häutchens und bald darauf die restliche
Retraktion, nach welcher oft schwere Tiere samt ihrem Gehäuse
mittels des Dermophragmas an der Kriechfläche, also an Wänden,
Ästen und anderen Gegenständen, haften bleiben.
Ich habe früher die Beobachtung erwähnt, daß die geöffneten
Poren der Mantelwand, den Flüssigkeitsgehalt des aus dem Darme
bei Bildung des Epiphragmas ausgeschiedenen Kalkbreies aufsaugen,
daß sie also die Eigenschaft haben, Flüssigkeit aufzunehmen. Dies
läßt mit Sicherheit annehmen, daß diese Poren wohl auch die weitere
Oausilium. 311
Eignung besitzen müssen. Flüssigkeit auszuscheiden, durch welche
die Loslösung der Schleimschichte von der Mantelwand zustande
kommt. Das Sommer-Dermophragma wird, wie ich ebenfalls hervor-
hob, in vielen Fällen bei teilweise ausgetretenem Körper abge-
schieden. Ein Teil des dafür verwendeten Schleimes entstammt
somit nicht der Mantelwand, sondern dem Körper, woraus folgt, daß
sich auch über letzteren jene Poren verbreiten, die durch Flüssigkeits-
ausscheidung die Loslösung der Schleimschichte vom Integument
bewirken.
Das Dermophragma wird bei Tieren, die weniger verborgen
leben als Vitrina, Hyalina usw., im Sommer nach jeder Retraction
neu gebildet, während das Epiphragma in der Regel nur einmal im
Jahr zur Entwicklung gelangt. Doch auch hier finden Ausnahmen
statt, wofür ich ein Beispiel anführen möchte.
Ich sammelte Anfang Oktober eine Anzahl Pom. pomatia, die
bereits ihr Gehäuse mit einem Winterdeckel verschlossen hatten,
und legte sie in eine große, eigens für Schneckenbeobachtung be-
stimmte unglasierte Tonschale, deren Boden für den Wasserabfluß
mehrfach durchlöchert war. Den Verschluß bildete ein entsprechend
weitmaschiger Drahtgitterdeckel. An einem olfenen, doch schattigen
Plätzchen des Hausgartens fand das Gefäß Aufstellung. Der Ab-
fluß der Schale war, was ich übersehen hatte, verlegt, es sammelte
sich deshalb, gelegentlich eines baldigen Regens, eine größere Menge
Wasser darin. Dies bildete die Ursache, daß sämtliche Tiere ihr
Epiphragma abwarfen und zur Gefäßdecke hinaufkrochen. Das
Wasser wurde entfernt und der Abfluß der Schale funktionsfähig
g^emacht. Erst im November, also einen Monat später, trat wieder
niedrigere Temperatur ein, die zur Bildung eines neuen Epiphragmas
Veranlassung gab. In der Zwischenzeit erhielten die Tiere keine
Nahrung und auch kein Material zum Eingraben, die Tonschale blieb
vollkommen leer. Die frisch gedeckelten Gehäuse lagen frei dem
Gefäßboden auf und hatten alle nach oben gewendete Mündung.
Die neugebildeten Winterdeckel standen in Dickwandigkeit den
früheren in keiner Weise nach, und da zur Aufnahme neuer Kalk-
mengen keinerlei Gelegenheit geboten war, so mußte das Material
hierfür im Organismus bereits aufgespeichert gewesen sein.
Zur Feststellung, ob längere Gefangenschaft Einfluß auf die
Entstehung des Epiphragmas habe, sammelte ich im Juli eine
größere Menge Pom. pomatia. In einem Holzkistchen versperrt,
fanden sie in trockenem und temperiertem Zimmer Aufstellung, ohne
312 M. V. KlMAKOWlCZ-WlNNICKI,
daß ihnen irgendwelche Nahrung gereicht worden wäre. Um Mitte
November sank die Temperatur derartig, daß in manchen Nächten
0 bis —2" C auftraten. An einem Tag wurde nun ein Teil der
Schnecken bei 8*^ Wärme in einer Tonschale, wie ich sie oben be-
schrieb, im Garten ausgesetzt. Ehe dies geschah, legte ich die
Schnecken ins Wasser, um sie zu zwingen, den zurückgegangenen
Flüssigkeitsgehalt zu ergänzen. Auch wurde der Boden der Schale
20 mm hoch mit Erde bedeckt, um das Eingraben zu ermöglichen.
Letzteres geschah auch, doch keines der Individuen verschloß die
Mündung mit einem Epiphragma, sondern alle nur mit einem Dermo-
phragma, das mehr oder weniger reich durch Kalk getrübt war,
10 Tage nach dem Aussetzen fiel die Temperatur auf — 6" C, die
allen Tieren den Tod brachte, während die im Zimmer zurückge-
bliebenen unbeschädigt überwinterten und im Frühjahr in einem
Terrarium ungestört weiter lebten. Ich hatte es versäumt, in dieser
Richtung weitere Beobachtungen zu machen. Wichtig wäre die
Feststellung gewesen, ob dem Organismus ein Kalkvorrat abging^
oder ob nicht etwa nur durch die lang andauernde Untätigkeit der
Verdauungsorgane die Ausscheidung gelähmt war. Sicher nachge-
wiesen war jedoch, daß durch den lange andauernden Nahrungs-
mangel die Tiere die Widerstandsfähigkeit gegen Kälte verloren
hatten, wozu höchst wahrscheinlich das Fehlen des Epiphragmas
mit beitrug. Bei zahlreichen im Freien beobachteten Tieren konnte
ich im Frühjahr feststellen, daß sie den Winter, fast jeglicher Decke
entbehrend — auch eine Schneedecke fehlte häufig — ohne Schaden
überstanden hatten; freilich entbehrte keines des Epiphragmas.
In Siebenbürgen kommt es öfter vor, daß nach den ersten Sep-
tember- oder Oktoberfrösten ein Temperaturumschwung eintritt, daß
Frühlingswetter vorherrscht und noch um Weihnachten herum
warme Regen niedergehen. Trotzdem konnte ich niemals an in
Freiheit lebenden Tieren ein Abwerfen des Winterdeckels vor An-
fang März beobachten. ICs ist demnach unklar, weshalb sie den
Kalkvorrat für einen zweiten Deckel in ihrem Organismus aufge-
speichert halten.
Das Abwerfen des Epiphragmas erfolgt hier nach dem ersten
warmen Regen im März : bleibt ein solcher aus und tiitt erst später,
etwa im April oder Mai ein, dann bleibt das Abwerfen für diese
Zeit aufgespart. Bloß vereinzelte Individuen, die besonders feucht
lagen, warten einen Niederschlag nicht ab und entfernen den Winter-
schutz schon früher. Werden im Januar oder Februar gesammelte
Clausilium. 313
mit dem Epiphragrna verschlossene Gehäuse in ein trocknes luftiges
Zimmer gebracht und dort einzeln aufgestellt, dann wartet man in
der Regel vergebens auf das Abwerfen des Deckels. Es tritt dies
vereinzelt nur dann ein, wenn die Gehäuse an einem offenen Fenster
liegen und anhaltender Regen den Feuchtigkeitsgehalt der Luft be-
sonders gesteigert hat.
Sicher wird er abgeworfen, wenn er im März oder April an-
gefeuchtet oder in beliebiger Jahreszeit das Gehäuse in etwas an-
gewärmtes Wasser eingelegt wird. Mittels letzteren Experiments
gelang es, im Winter gesammelte Tiere, die bis zum nächstfolgenden
August mit dem Epiphragma verschlossen blieben, zu dessen Ab-
stoß zu veranlassen. Freilich waren derartig lange eingeschlossen
gewesene Individuen so sehr ermattet, daß das Abwerfen des
Deckels und das Austreten des Körpers viele Stunden in An-
spruch nahm.
Das äußere Dermophragma wird über Winter zumeist ganz
zerstört, das innere hingegen erhält sich bis zum Abwerfen des
Winterdeckels. Es bedeckt nicht nur dessen Innenfläche, sondern
greift an die Innenwände des Gehäuses über, deckt somit die Fuge
zwischen beiden vollständig. Wird das Epiphragma abgestoßen,
dann erfolgt die Trennung des inneren Dermophragmas nicht über
der Fuge, sondern es bleiben Teile davon, die an den Gehäuse-
wänden hafteten, an dem Epiphragma hängen. Dies ist ein Nach-
weis dafür, daß die Loslösung des Deckels nicht auf chemischem
Wege erfolgt, wie dies Simeoth ^) vermutet, denn sonst müßte das
innere Dermophragma zuerst durch die wirkende Flüssigkeit zersetzt
werden, was aber durchaus nicht zutrifft. Das Ablösen erfolgt
lediglich durch den Druck, den das austretende Tier auf den Deckel
ausübt. Von außen einwirkende Feuchtigkeit begünstigt unbedingt
die Trennung, da ein trockenes Epiphragma um vieles fester an den
Gehäusewänden haftet als ein feuchtes. Trotzdem wäre es aber
dem Tiere unmöglich, den Deckel aus der Mündung herauszustoßen,
wenn es nicht über seinen Luftdruck- Apparat verfügte. Die durch
Zusammenziehung der Sackwände komprimierte Luft des Sacksinus
drückt die Mantelwand gleichmäßig gegen die Innenfläche des Epi-
phragmas, die Ablösung kann demnach nur in der Fuge erfolgen,
und ein Zerbrechen des Deckels ist dabei so ziemlich ausgeschlossen.
1) In: Beonn, Klass. Ordn. Tier-Reich, Vol. 3, Abt. 3, 1909,
204.
314 M. V. KlMAKOWICZ-WlNNICKI,
AVohl kommt dies in seltenen Fällen vor, und dann bleiben Teile
davon zumeist an der Spindelseite hängen, wo eben die Anhaft-
fläclie des Epiphragmas am breitesten ist.
Daß diese in seltenen Ausnahmefällen an der Spindelseite haften
bleibenden Epiphragmateile nicht als Ausgangspunkte für eine Mün-
dungsbezahnung angenommen werden können, geht schon daraus
hervor, daß auch bei den Prosobranchiern, die zuverlässig im Ver-
laufe ihrer Entwicklung gewiß niemals ein Epiphragma bildeten^
bezahnte Mündungen vorkommen.
Treten im Frühjahr nach dem Abwerfen des Winterdeckels
Nachfröste ein, dann suchen die Tiere neuerdings einen Winter-
schutz auf, ja sie graben sich oft tief in die Erde ein. Doch selbst
in Fällen, wo die Temperatur mehr oder weniger tief unter den
Nullpunkt sank, konnte ich niemals ein neugebildetes Epiphragma
feststellen, nachdem das frühere abgeworfen war. Eines wird jedoch^
ebenso wie im Herbst, stets eingehalten, das Wenden der Gehäuse-
mündung nach oben. Es scheinen in dieser Lage die Organe gegen
Frost am besten geschützt zu sein. Die Feuchtigkeitsaufnahme,
die bei nach oben liegender Mündung zumeist begünstigt wird und
die beim Abwerfen des Deckels gewiß ein Bedürfnis ist, scheint^
da bei Frühjahrsfrösten ein solcher nicht angelegt wird, sondern
nur die Wendung des Gehäuses erfolgt, erst in zweiter Linie in
Betracht zu kommen.
Was endlich die Struktur des Epiphragmas anlangt, so gleicht
sie sowohl im Quer- als auch im Flachschliif einem verworrenen
Trümmerfeld, hat also Ähnlichkeit mit jener der Limax-Sch?i\e. Ab-
weichend ist, daß beim Epiphragma noch dicht gedrängte, große
Hohlräume auftreten, die beim Querschliif namentlich den medianen
Teil erfüllen und hier schon mit unbewaffnetem Auge beobachtet
werden können. Sowohl das Epiphragma als auch die Schale der
Nacktschnecken lassen sich nur mit dem Ostracum vergleichen. Der
aus der Mantelwand ausgeschiedene, auf das Dermophragma in
milchiger Lösung abgesetzte Kalk stellt sich bei entsprechender
Vergrößerung als kleine kreisrunde Scheibchen dar, die von einer
hellen Zone umgeben sind.
Operculum.
Das Interesse für den Gastropodendeckel blieb immer in den
Hintergrund gedrängt, man legte ihm zu keiner Zeit einen besonderen
Claiisiliuni. 315
Wert bei. Bloß Hoüssay ^) unterzog' ihn eing-ehenderer Untei-suchung.
Und doch ist der Deckel in morphologischer Beziehung- für das
Studium der Gastropoden von hervorragender Bedeutung.
Die ältesten Formen des Operculums sind gerade so wie die
ältesten (Tastropodengehäuse spiralig aufgerollt, also asymmetrisch.
Es kann demnach kein Zweifel darüber bestehen, daß er mit der
Asymmetrie jener Molluskenklasse im Zusammenhang- stehen muß.
Zur Aufklärung der Asymmetrie sind durch Bütschli, Grobben,,
Lang, Simroth u. A. abweichende Theorien aufgestellt worden, die
ich, voraussetzend, daß sie allgemein bekannt seien, hier nicht wieder-
holen will. Hervorheben möchte ich aber, daß keine davon bis zu
dem Deckel leitet, demnach auch keine Aussicht auf einen Erfolg
haben kann.
Mit dem Gehäuse brachte das Operculum nur Simegth^) in
Zusammenhang, doch beging er dabei den Fehler, die Polyplacophoren,
demnach Vertreter einer anderen Molluskenklasse, für den Vergleich
heranzuziehen. Er sagte darüber: „Ebenso habe ich die Möglich-
keit oifen gehalten, ihn (den Deckel) doch mit der Schale in Parallele-
zu stellen und etwa der letzten Schuppe der Chitonen zu homologi-
sieren."
Ich ging bei dem Studium der Gastropodenasymmetrie von
einem Urmollusk aus, das noch keine Schale besaß, und nahm an,
daß es symmetrisch-bilateral war, demnach Ähnlichkeit mit den
heutigen Aplacophoren hatte.
Von diesem Urmollusk trennte sich ein Stamm ab , bei dem
vorerst ein locomotorischer , auf pneumatischem Druck beruhender
Apparat zur Entwicklung gelangte. Bei Weiterentwicklung des
Apparats steigerte sich der Druck auf das Integuraent derartig,.
daß dessen Gewebe nicht mehr ausreichte, um einen entsprechenden
Widerstand entgegenzustellen. Jener Körperteil, wo die ringförmig
geschlossene Mantelfurche entstanden war, bot den geringsten Wider-
stand, und es erfolgte hier ein Durchbruch der Wand, was zur Ent-
stehung des Intestinalsackes Veranlassung gab. Der Durchbruch
hatte die Trennung der Mantelfurche in zwei Teile zur weiteren
Folge, und die Einwirkung der Dorsalmuskulatur bedingte nun,
nachdem der einstige Widerstand ausgeschaltet war, die Verlagerung
1) Recherches sur l'opercule et les glandes du pied des Gasteropodes^
in: Arch. Zool. exper. (2), Vol. 2, 1884.
2) In: Brgnn, Klass. Ordn. Tier-Reich, Vol. 3, Abt. 2, 1896—1907,.
V. 217.
316 M. V. KiMAKOWICZ-WiNNICKI,
der beiden Mantelfurchenteile (Fig. 2 u. 4), Ich nenne die vordere
größere die Gehäuse-, die hintere die Opercularfurclie.
Mit der Verschiebung der beiden Furchen kam zweierlei zu-
stande : die Chiastoneurie des Nervensystems und die Verlegung des
Enddarraes nach vorn.
Entstand der Durchbruch an der linken Körperseite, dann
wurde das Darmende nach der rechten verlegt, und in der Folge
bildete sich hier ein rechtsgewundenes Gehäuse. Zu einer entgegen-
gesetzten Wirkung kam es, wenn der Durchbruch an der rechten
Xörperseite auftrat.
In der ontogenetischen Entwicklung kann ausnahmsweise als Erbe
früherer Entwicklungsstufen der Fall vorkommen, daß der Durchbruch
entgegengesetzt wie bei den Eltern zustande kommt, es bleibt so-
mit die Möglichkeit offen, daß Nachkommen von Arten mit rechts-
gewundenem Gehäuse ein linksgewundenes, oder umgekehrt, erwerben.
Mit der Entstehung der Mantelfurche begann die Ausscheidung
^ines Secrets, das an der Oberfläche zu Chitin erstarrte. Vorerst
bildete sich daraus eine kleine Kappe, die mit dem Bruchsack in
organische Verbindung getreten war. In der ontogenetischen Ent-
wicklung gelangte ein kleiner Teil der Kappenperipherie in die
Gehäusefurche, wo daran neue Chitinmengen angebaut wurden. Das
eine Ende, der Anfang der Neubildung, war mit der Kappe fest ver-
bunden, während auf das andere die Gehäusefurche drückte. Dieser
Druck konnte die Kappe, die angewachsen war, nicht geradlinig ver-
schieben, sondern nur in Rotation bringen, die Neubildung mußte
sich demnach um sie herum spiralig anordnen. Der mit der Kappe
verbundene Intestinalsack war gezwungen, der Drehung zu folgen,
seine spiralige Anordnung wurde demnach durch den Gehäusebau
bedingt und nicht umgekehrt, wie dies allgemein angenommen wird.
Die Gehäuseform ist abhängig von dem Verhältnis zwischen
der Wachstumsraschheit des Tieres, der Flächenzunahme des Peri-
ostracums und der Längenzunahme des Spindelmuskels. Einen wesent-
lichen Anteil daran hat aber auch der Grad der Eetraktion des
zuletzt genannten Organs während der Austrittsdauer des Tieres
gelegentlich des Schalenbaues. Ist er größer, dann entstehen dicht
aufgerollte kuglige oder scheibenförmige, im entgegengesetzten Falle
langgestrekte spindel- oder turmhelmförmige Schalen. Bei ersteren
ist eine ausnahmsweise Erschlaffung des Muskels häufiger zu beob-
achten. Sie kann entweder nur bei einzelnen Individuen oder auch
bei sämtlichen Vertretern einer Art auftreten. Erscheint sie zu
Clausilium, 317-
Beg-inn der ontogenetischen Entwicklung-, dann trennen sich alle^
Windungen Vermetus-Sirtig voneinander. Gescliielit es erst später^
dann erfolgt bloß die Loslösung der letzten Umgäng-e oder doch
eine unregelmäßige Anordnung dieser. Diese Alloiostrophie ist aber
auch bei langgestreckten Gehäusen nicht ausgeschlossen. Wir be-
gegnen ihr namentlich bei Gylindrella. Unter normalen Verhält-
nissen konnte ich sie bei den Clausilien niemals nachweisen. Ver-
liert aber ein Individuum den letzten Umgang, dann erfolgt di&
Regeneration zumeist alloiostroph, da der für das durch die Be-
schädigung verkürzte Gehäuse zu lange Spindelmuskel während der
Regenerationsdauer nicht genügend retrahiert wird.
Bei PlanorUs treten häufig abnorme Schalenbildungen auf, die
zumeist durch Loslösung der Umgänge oder sonstige Unregelmäßig-
keiten im Gehäusebau ausgezeichnet sind. Weder parasitäre Ein-
flüsse noch dichter Pflanzenwuchs an den Wohnstätten tragen Schuld
daran, auch sie entstehen infolge von Störungen in der Funktion
des Spindelmuskels,
Die bei einigen Gastropoden auftretende Heterostrophie ist auf
eine vorübergehende Erschlaff"ung des Spindelmuskels zurückzuführen^^
die eine Wendung der Embryonalschale in der Weise möglich macht^
daß ihre ursprüngliche Nabelseite nach oben zu liegen kommt. Die
hierauf daran angebauten weiteren Umgänge sind dann dem An-
scheine nach entgegengesetzt gewunden. Plate's Erklärung der
Heterostrophie läßt sich technisch nicht begründen. Außerdem wäre
aber auch die Möglichkeit ausgeschlossen, daß die aus dem Gewinde
herausgepreßte Spitze immer wieder in gleicher Richtung und
Regelmäßigkeit an das Gehäuse angebaut werde.
Bezüglich der Form der Windungen wäre noch zu erwähnen^
daß sie völlig von der größeren oder kleineren Wirkung des pneu--
matischen Apparats auf die Mantelwände abhängig ist. Bei größerer
Wirkung werden die Umgr^nge gewölbt, im entgegengesetzten Falle-
mehr oder weniger geebnet.
Im Verlaufe der Differenzierung und Entwicklung der Arten
konnte sich die Gehäusefurche neuerdings ringförmig schließen, was
die Entstehung eines napfförmigen, nicht gewundenen Gehäuses zur
Folge hatte {FissurelUdae, PateUidae etc.), oder sie konnte nach:
Zurückziehung des Intestinalsackes gänzlich verschwinden, womit
eine Gehäusebildung aufhörte (Limacidae, Arionidae etc.). Eines
blieb den Vertretern dieser Gruppen jedoch anhaften, die Asym-
metrie des Pallialkomplexes und die Chiastoneurie des Nerven-
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. 21
3;[g M. V. KiMAKOWICZ-WiNNTCKI,
Systems, die den Weg der einstigen Formwandlung genau be-
zeichnen.
In gleicher Weise wie das Gehäuse in der Gehäusefurche zu-
stande kam, entwickelte sich der Gastropodendeckel in der Opercular-
furche. Die Form und die Funktion beider Furchen sind entgegen-
gesetzt, es ist deshalb nicht möglich, daß sich der Deckel in gleicher
Richtung wie das dazugehörige Gehäuse aufrollt, es kann dies nur
entgegengesetzt geschehen. Die Angabe Keferstein's, daß die rechts-
gewundene Atlanta einen rechtsgewundenen Deckel haben soll, be-
ruht zweifellos auf einem Irrtum.
Die Chitinschichte des Gastropodendeckels entspricht dem Peri-
ostracum der Schale, die aber hier auffallend dick werden kann.
Besteht er außerdem auch aus Kalk, dann ist letzterer geschichtet und
läßt sich mit dem Hypostracum homologisieren. Bei den skulp-
turierten Deckeln, z. B. von Callopoma, Natica etc., w^äre zu erwarten,
daß auch ein Ostracum vorhanden sei, doch ich konnte eine Stäbchen-
skulptur auch hier nicht nachweisen.
Auch die Opercularfurche kann sich ringförmig schließen, was
die Entstehung nicht spiralig aufgerollter Deckel bedingt. Bei
einigen Arten tritt sie in der Jugend auf, doch das gebildete Oper-
culum wird von dem erwachsenen Tier abgeworfen. Bei zahlreichen
Familien ging sie und mit ihr das Operculum gänzlich verloren.
Alle Gastropoden hatten ursprünglich einen Deckel, so auch die
Voreltern unserer heutigen Stylommatophoren. Es kann das bei
ihnen vereinzelt auftretende Epiphragma, abgesehen von seiner ganz
abweichenden Bildung, nicht als ein werdendes Operculum angesehen
werden, das sich, nach Simroth's Ansicht, möglicherweise mit dem
Hinterende des Körpers einmal verbinden könnte, es ist vielmehr
eine Neubildung, die in dem aufgetretenen Bedürfnis nach dem in
Verlust geratenen Operculum zustande gekommen ist und dafür
einen zeitweiligen Ersatz bieten soll.
Clausilium.
Für das Studium des Clausilien- Apparats erweisen sich die
Alopien am geeignetsten. Bei ihnen kann seine Entwicklung
schrittweise verfolgt werden. Damit war auch die Möglichkeit ge-
boten, zu einer vollkommen klaren Vorstellung des Urtypus aller
Clausilien zu gelangen. Er hatte ein jE'Ma-ähnliches Gehäuse mit
Umgängen, die sich stetig erweiterten und am Peristom der fertig
ausgebildeten Schale den größten Durchmesser erreichten.
Clausilium. 319
Bei dem Urtypus trat infolge Überg-anges der Lebensweise von
Land zu Fels eine ganz eigentümliche Hypertrophie in der Schalen-
bildung ein. die sich im Verlaufe der Weiterentwicklung immer
mehr steigerte. Während das Tier, namentlich dessen Spindel-
muskel, bereits an der Grenze ihrer ontogenetischen Entwicklung
angelangt waren, hörte die Weiterbildung der Schale nicht auf oder
hielt doch mit jener nicht gleichen Schritt. Es trat eine Spannung
der Orgaue ein, die namentlich auf die Mantelfurche ihre Wirkung
ausübte. Sie wurde in der Richtung gegen die Gehäusespitze ge-
zogen, was die Verkleinerung ihres Krümmungshalbmessers zur
Folge haben mußte. Der hypertrophe Gehäuseteil verengte sich
demnach um so mehr, je größer die Anzahl der Umgänge ge-
worden war.
Die Verengung in der Richtung gegen das Peristom übte einen
wesentlichen Einfluß auf die weitere Gestaltung des Clausilien-
gehäuses. Der Mantel hatte eine den früheren, weiteren Umgängen
angepaßte Dimension erreicht, fand demnach in der verengten Mün-
dung nicht genügenden Raum, was zu seiner Runzelung Veran-
lassung gab. Es entstand zunächst an der Ventralseite, knapp
neben dem Pneumostom, das bei den Clausilien ganz in den Naht-
winkel hineingedrängt ist, eine kleine Runzel, die der Gehäusewand
aufruhte. Der in die Runzel hineingelangte Kalk verband sich mit
der Wand und bildete dort ein kleines vorstehendes Knötchen, auf
welches nach jedesmaligem Austreten des Körpers aus der Schale
eine weitere Kalkschichte aufgetragen wurde und das sich so in
der Folge zu einer Leiste, der Oberlamelle, ausbildete.
Im späteren Verlauf der Entwicklung tritt eine zweite Mantel-,
die Unterlamellenrunzel auf. Sie ist anfangs sehr klein und liegt
dann über der Spindel. Die Lamelle, die ihr ihre Entstehung dankt,
zieht sich wie ein Faden schraubenlinienartig über den unteren Teil
der Spindel. Erst in einem höheren Entwicklungsstadium rückt die
Runzel von der Spindel auf die Wand ab, und die dort durch sie
entstehende Lamelle schließt dann mit der Spindel eine mehr oder
weniger breite Nische ein.
Mit der Ober- und Unterlamelle ist der Mantel an zwei Stellen
in der Mündung fixiert, und damit ist auch das Austreten des re-
trahierten Tieres in vollkommen sichere Bahnen gelenkt. Gehen
die beiden Lamellen durch Verlust des letzten Umganges verloren,
dann erfolgt ein Schwanken im x4ustreten. Dies ist daran zu er-
kennen, daß in Fällen, wo die Lamellen zu einer Regeneration ge-
21*
;320 ^- ^- KiMAKOWICZ-WiNNICKI,
langen, sie immer unregelmäßig sind und an abweichenden Stellen
auftreten.
Nach der phylogenetischen Entwicklung der beiden Lamellen
erfolgt zu Ende des Gehäusebaues eine gesteigerte Kalkausschei-
dung, die Veranlassung zur Entstehung der Gaumenwulst wird.
Das Lungennetz der Clausilien ist von jenem der Helices ganz
abweichend gestaltet. Die Vena pulmonalis beginnt nahe an dem
Mantelrand und ist in zwei gleich starke, in ihrem ganzen Verlauf
gleich dick bleibende Stränge gespalten, die von ihrem Beginn bis
kurz vor ihrer Einmündung in das Pericard, wo sie sich vereinigen,
nahe aneinander gedrängt parallel laufen und bei ausgetretenem
Körper bis vier Umgänge durchziehen, über die sich der Sinus des In-
testinalsackes ausbreitet. Anderweitige Lungengefäße, die dem An-
scheine nach alle unverzweigt sind, scheinen nur im Bereich des
Mantelrandes aufzutreten. Sie sind sehr schwer sichtbar, da sie kein
Relief bilden, und eine Injektion wollte mir bis jetzt nicht gelingen.
Am besten treten sie hervor, wenn das Präparat für einige Zeit in
Alkohol eingelegt wird. Es münden die aus der Gegend des Rec-
tums kommenden Gefäße in die obere, die in der Gegend der Spindel
entspringenden in die untere Lungenvene.
Die beiden Venae pulmonales beteiligen sich ebenfalls an der
Weiterentwicklung des Clausilien-Apparats. Zwischen ihnen kommt
die Principale, die oberste Gaumenfalte, in gleicher Weise, wie ich
dies bei der Oberlamelle schilderte, zustande. Bei jedesmaligem
Austreten des Körpers gelangt die Principale zwischen die beiden
Venen, die sich beiderseits dicht an sie anschmiegen (Fig. 5).
Mit der Principale ist nun auch der dorsale Mantelteil in der
Schale fixiert, so daß ein Abweichen beim Austritt des Körpers
auch hier ausgeschlossen bleibt. Sie ist in mancher Beziehung von
Bedeutung und gibt sicheren Aufschluß über die Lage der Lungen-
venen, die in den verschiedenen Clausiliengattungen mannigfaltigen
Abweichungen unterworfen ist.
Die übrigen in der Gehäusemündung auftretenden Falten danken
einer Mantelrunzelung ihre Entstehung. Die Stellung und die Lage
der Runzeln, die jene der Falten bedingen, sind abhängig von dei*
Form und der Anordnung der Pallialorgane in der Mantelhöhle
während der Austrittsdauer des Körpers, haben deshalb ebenfalls
unverkennbare Bedeutung.
Auf die Entwicklung der Principale und der untersten Gaumen-
falte folgt die phylogenetische Entstehung der Spirallamelle. Sie
Clausilium. 321
ist nichts weiter als eine Fortsetzung- der Oberlamelle, und die
Trennung beider, die in der Regel auftritt, ist die Folge einer
Knickung des Enddarmes, dessen Lage durch die beiden Lamellen
in der Mündung fixiert bleibt.
Während der phylogenetischen Entwicklung der Principale, der
untersten Gaumenfalte und der Spirallamelle trat auch eine bedeu-
tungsvolle Umwandlung der Unterlamellenrunzel auf. Ihre Wände
wurden durch zahlreiche Muskelfasern, die vom Spindelmuskel aus-
gingen, verstärkt, und es begann eine gastrulaartige Einstülpung
durch ihre ganze Länge aufzutreten. Die Einstülpung setzt sich
im weiteren Verlauf der Entwicklung als stark muskulöse Membran
fort bis an die Insertionslinie zwischen Unterlamelle und Gehäuse-
wand. Durch diese Septenbildung war nun die Unterlaraellenrunzel
in zwei Taschen gegliedert. Die obere nahm die Unterlamelle auf,
in der unteren entstand das Clausilium (Fig. 6).
Der in die Clausiliumtasche eindringende oder dort ausgetretene
Kalk gelangt bis an ihr hinteres Ende und von da auf die Gehäuse-
spindel. Dort bildet sich vorerst ein zu jener schräg stehendes läng-
liches Knötchen von ziemlicher Höhe. Bei späteren Austritten des
Körpers wird dem Kamm des Knötchens ein Stielchen angesetzt,
■das in die Tasche hineinragt. Sobald es entsprechende Länge er-
langt, erfolgt eine schaufeiförmige Verbreiterung am vorderen Ende,
an die immer mehr Kalkschichteu angesetzt werden, bis die Er-
weiterung sich zu einer Platte ausbildet, die mit der Unterlamelle,
auf der sie während ihres successiven Baues, getrennt durch die
Clausilium-Membran, immer aufruht, in der Form und annähernd
auch in der Größe übereinstimmt. Die Form der Clausiliumplatte
muß immer mit jener der Unterlamelle übereinstimmen, da sie wäh-
rend ihres Baues durch den im Intestinalsack zustande kommenden
pneumatischen Druck fortwährend gegen letztere, die bereits vollendet
ist, angepreßt wird.
Die allmähliche Vergrößerung der Platte kann an gefangen
gehaltenen, im letzten Stadium des Wachstums stehenden Clausilien,
■dann aber auch am noch unvollendeten Clausilium genau beobachtet
werden. Es sind daran die ziemlich regelmäßig angeordneten Zu-
wachsstreifen deutlich zu erkennen, deren Trennungslinien erst in
späterer Folge gänzlich verschwinden.
Lamellen, Gaumenfalten, die Gaumen wulst und das Clausilium
sind geschichtete hypostracale Bildungen, die nur bei ausgetretenem
Körper entstehen können.
322- M. V. KiMAKOWICZ-WiNNICKI,
Aus der komplizierten Entwicklung- des Clausilienapparats kann
mit Sicherheit bloß geschlossen werden, daß die Anlage der Lamellen
und Gaumenfalten von allem Anfang darauf hinaus ging, den Mantel
des Tieres beim Austreten des Körpers aus der Schale immer in
eine ganz bestimmte Lage zu bringen, damit das Clausilium jedesmal
sicher in dessen Tasche gelange. Ein Abbrechen des zarten Stieles
ist deshalb während des Austrittsaktes vollständig ausgeschlossen.
Doch welchem Zwecke dieser eigenartige Apparat dienen soll,,
kann, wenn auch nicht leicht, aus der geschilderten Entwicklung
erkannt werden.
Zum Schutz gegen Feinde war er gewiß nicht entstanden, denn
an der Spitze des Moguragebirges bei Törzburg lebt Alopia maxima Rm.
ohne Gaumenfalten und Clausilium in großer Menge, so daß die
Kalkfelsen damit wie übersät erscheinen, und an einer anderen^
etwa 200 ra tiefer gelegenen Stelle des bezeichneten Gebirges hat
die gleiche Art einen bereits gut entwickelten Apparat, dem das
Clausilium nicht fehlt; doch hier ist ihr Auftreten verhältnismäßig
spärlich, obwohl die Lebensbedingungen an beiden Örtlichkeiten die
gleichen zu sein scheinen. Hätten die Clausilien Feinde, die das
Clausilium abhalten soll, dann wäie die Form von der Moguraspitze
diesen vollständig hilflos ausgesetzt, und sie würden niemals in der-
artiger Menge auftreten können. Die gleiche Beobachtung konnte
ich auch in anderen Gebieten machen. Überall waren die von
Alopien ohne Clausilium bewohnten Lokalitäten reichlicher bevölkert
als benachbarte, wo sie ein solches bereits erworben hatten.
Alle Alopien leben auf Kalkfelsen. Während ihrer Ruhezeit
kleben beide Formen, die ohne Clausilium und jene mit einem solchen^
ihre Gehäusemündungen dicht an die Felswände, so daß hierdurch
genügender Schutz gegen das Austrocknen des Tieres geboten ist.
Das Schließknöchelchen wäre demnach bei dieser Gattung auch
während anhaltender Dürre nicht nur kein Bedürfnis, sondern auch
vollständig überflüssig. Es kann demnach bei den Alopien niemals
als Trockenheitsschutzdeckel zustande gekommen sein.
Mir war der Zweck des Clausiliums schon seit lange bekannt
und zwar seit jener Zeit, wo ich Alopien, die es noch nicht er-
worben hatten, zum erstenmal lebend sah und beobachten konnte.
Das Benehmen der Formen ohne und mit Clausilium ist voneinander
derartig auffallend abweichend, daß es auch von jenem, der nur
wenig Eignung für biologische und physiologische Forschung hat,
nicht übersehen werden kann.
Claiisiliuni. 32^
Um zur Kenntnis zu leiten, welche Bestimmung das Clausilium
habe, genügt die Anführung einzelner Beobachtungen.
Auf dem Obersia, einer Spitze des ßucsecs-Südabfalles in den
Transsilvanischen Alpen, lebt eine kleine Älopia, die noch keine
Gaumenfalten und somit auch kein Clausilium besitzt. Bloß die
Ober- und Unterlameile ist ziemlich gut entwickelt. Ich benannte
sie Alopia nixa. Die Länge der aus 8V2 — 9 Umgängen bestehenden
Schale wechselt zwischen 10,8 und 13,5 mm, ihr Durchmesser zwischen
3,2 und 4 mm. Wird diese Art auf eine horizontal liegende Glas-
platte gelegt, dann ruht während der Locomotion der letzte Umgang
auf dem Schwänzende, während der übrige Gehäuseteil der Platte
aufliegt und nachgeschleift wird. Die Bewegung der Schale erfolgt
kontinuierlich. Das Tier verkürzt während der Locomotion den
Vorderkörper auffallend, so daß der Nacken ganz nahe an den Kopf
zu liegen kommt. Die Sohle hingegen wird möglichst verbreitert,
was die schwierige Bewältigung der nachgezogenen Last kenn-
zeichnet. Wird anstatt einer glatten Glasplatte etwa ein rauher
Stein als Kriechfläche gewählt, dann erfolgt das Nachziehen der
Schale ruckweise. Dabei wird der Vorderkörper möglichst lang aus-'
gedehnt und dann das Gehäuse an den Kopf herangezogen. Beim
Kriechen auf einer vertikal aufgestellten Fläche erfolgt das Nach-
ziehen immer ruckweise. In gleicher Art wie Alopia nixa ziehen
alle Alopien ohne Clausilium ihr Gehäuse auf der Kriechfläche
schleifend nach.
Bei ihrer Verbreitung über Ortlichkeiten geringerer Seehöhe
entwickelt sich aus Alopia nw-a Km. die Formenreihe: Alopia novalis
Km., — straminicollis Chaep., — monacha Km. und — plumbea Rm.
durchwandelnd, zur Alopia cornea A. Schmdt. Diese hat stark ent-
wickelte Lamellen, 4 kräftige Gaumenfalten und ein Clausilium mit
ausnehmend breiter Platte. Die Länge ihrer Schale wechselt zwischen
15 und 22 mm, der Durchmesser zwischen 3 und 6 mm, während die
Zahl ihrer Umgänge zwischen 10 ^/g und 12 schwankt. Die Form
lebt in der Umgebung von Kronstadt. Kriecht sie auf einer be-
liebigen horizontalen Fläche, dann trägt sie immer das Gehäuse
über den Rücken hoch aufgerichtet, und niemals wird es nachge-
schleppt. Ja, das' Tier ist sogar imstande, die verhältnismäßig
schwere Last scheinbar ohne Anstrengung von einer auf die andere
Körperseite zu heben, es hat demnach das Gehäuse vollständig in
seiner Gewalt, -
Da der Zusammenhang zwischen Schleppen und Tragen klar
324 M. V. KiMAKOWICZ-WiNNICKI,
ZU erkennen war, brach ich einer Anzahl Individuen das Clausilium
aus der Schale heraus. Nach neuerlichem Austritt waren die Tiere
nicht wieder imstande, ihr Gehäuse zu heben, sie schleppten es hin-
fort nach, wie jene Alopien, bei welchen das Clausilium noch nicht
zur Entwicklung- gelangt war.
Das Gewichtsverhältnis zwischen Tier und Schale ist im Durch-
schnitt bei:
Succinea putris L. 1 : 0,10
Pomatia pomatia L. 1 : 0,20
Herilla dacica Rm. 1 : 0,70
Clausiliastra marginata Rm. 1 : 1,25
Älopia Cornea A. S. 1 : 2,00
Während also bei Pomatia pomatia das Tier 5mal so schwer ist
wie sein Gehäuse, wird bei den Clausilien das Gewicht der Schale
doppelt so groß wie jenes des Tieres. Es ist hier noch zu berück-
sichtigen, daß bei der Fam. Helicidae und anderen mit kugligem oder
flachem Gehäuse der ganze Intestinalsack samt der Schale über dem
Rücken des ausgetretenen Körpers zu liegen kommt, bei den Clau-
silien hingegen ruht höchstens der ganze letzte Umgang dem
Schwanzende auf, und der übrige Gehäuseteil samt den darin liegen-
den Pallialorganen ragt über den Körper hinaus. Diese Lastver-
teilung ist somit hier für das Tragen äußerst ungünstig.
Daß die Clausilien zum Tragen ihres Gehäuses eines Werk-
zeuges bedurften, nachdem die eigene Körperkraft hierfür nicht aus-
reichte, und daß sie ein solches in dem Schließknöchelchen auch
erwarben, konnte ich nach den angeführten Beobachtungen mit voller
Sicherheit annehmen. Doch in welcher Weise der Apparat funk-
tionierte, wie er gehandhabt wurde und zustande kam, blieb mir
vorerst unverständlich. Es bedurfte, um dies kennen zu lernen, da
die vorhandene Literatur nicht geeignet war, darauf zu leiten, jenes
vielverzweigten, oft recht schwierigen Studiums, das ich im Vor-
hergegangenen anzudeuten versucht.
Der Sinus des Bruchsackes erfüllt bei der weitaus größten Zahl
der Stylommatophoren während der Austrittsdauer des Körpers bloß
den letzten Umgang der Schale, bei den Clausilien hingegen 372?
ja sogar 4. Es kann somit hier eine verhältnismäßig sehr große
Menge Luft aufgenommen und eingeschlossen werden, durch deren
Komprimierung ein ausnehmend kräftiger Druck erzeugt wird, der
auch auf die Seitenwände der Unterlamellenrunzel einwirken muß.
Damit wird die Clausiliumplatte gegen die Unterlamelle gedrückt
Cüausilium. 325
und die zwischen " beiden eingeschaltete Clausiliummembran unver-
rückbar eingeklemmt. Hierdurch gewinnt der Spindelmuskel eine
zweite Anhaftstelle, die der Gehäusemündung ganz nahe gerückt ist,
wodurch das Aufrichten der Schale über dem Körper bei Anwendung
■eines geringen Kraftaufwandes gelingt.
Nach den Studien, die ich an fossilen und lebenden Clausilien
machte, differenzierte sich schon der Urtypus in mehrere Stämme,
aus welchen dann die verschiedenen Gattungen hervorgingen. Die
phylogenetische Entwicklung des Tragapparats nahm bei allen den
gleichen Verlauf, überall trat zuerst die Oberlamelle auf, der die
Unterlamelle sowie die Gaumenfalten folgten. Ein Schwanken in
der Reihenfolge konnte ich an keiner Stelle feststellen, so daß
es den Anschein hat, daß mit dem Auftreten der Oberlamelle der
•erste Schritt zur Durchführung eines bereits feststehenden Planes
erfolgte.
Ein Abschwenken von dieser Entwicklungsrichtung ist aller-
dings in einem Falle nicht zu übersehen. Schon im mittleren Pliocän
trat bei Triptychia ein Wandern der Spindelmuskel-Anhaftstelle von
der Spitze in der Richtung gegen die Mündung auf, was ein Ah-
werfen der Gehäusespitze zur Folge hatte. Damit kam eine ge-
ringere Spannung der Organe sowie infolgedessen eine geringere
Verengung des letzten Umganges zustande. Die weitere Folge da-
von war, daß die Oberlamelle kurz blieb und weit weniger tief in
den Schlund eindrang als bei nicht decoliierten Arten, wo es den
Anschein hat, als wenn die Ober- durch eine angehängte Spiral-
lamelle verlängert wäre. Das Wandern der Muskelanhaftstelle
brachte den Arten, bei welchen es auftrat, zweifellos unverkenn-
hare Vorteile. Es wurde damit das Gewicht der Schale verkleinert
und ihr Schwerpunkt in proximaler Richtung verschoben. Doch
auch ein Nachteil trat damit auf, der die Vorteile weit überwog.
Durch die Verlängerung des Spindelmuskels nach vorn wurde der
Entwicklung des Tragapparats entgegengewirkt, und die Gattung,
deren Arten zumeist sehr große Gehäuse zu tragen hatten, ging
schon im Pliocän zugrunde. Welche Ursachen zum Abwerfen der
Spitzen bei rezenten Clausilien, was namentlich bei der Gattung
Sicüiaria auftritt, Veranlassung geben, blieb mir noch unbekannt.
Dem Anscheine nach übt dies keinen Einfluß auf die Gestaltung des
Tragapparats aus, da das Abwerfen der Spitze und wahrscheinlich
auch das Wandern der Anhaftstelle des Spindelmuskels erst nach
vollendetem Gehäusebau erfolgt.
326 ^- ^- KlMAKOWICZ-WlNNICKI,
Sobald das Clausilium entstanden war, begannen daran Ein-
richtungen aufzutreten, durch welche die Wirkung des Apparats
eine mehr oder weniger ausgiebige Steigerung erfuhr. Bei manchen
Formen der Alopien bildete sich an der unteren Fläche der Unter-
lamelle, nahe an deren Vorderkante ein Knötchen, das in einem
entsprechenden Ausschnitt der Clausiliumplatte hineinragt. Durch
diese Einrichtung, der wir auch bei Herilla, Clausüiastra und anderen
Gattungen begegnen, wird die Clausiliummembran wie mittels eines
Riegels an die Unterlamelle geheftet, womit einem Abgleiten in der
Eichtung des Zuges entgegengewirkt wird. Bei anderen Gruppen
verschmälert sich das Vorderende der Platte zu einer Spitze, die
bis an die Vorderkante der Lamelle heranreicht und dort die Mem-
bran festhält. Bei üncinaria bildet sich die Spitze zu einem langen
Haken aus, der der Lamellenkante aufliegt. Noch besser entwickelte
Haftvorrichtungen finden sich bei asiatischen Clausilien, so nament-
lich bei GL hecki Pilsb. und ihaumatopoma Pilsb.
Dafür scheinen die mit dem Tragapparat im Zusammenhang
stehenden Organe nicht immer einwandfrei entwickelt zu sein. Ich
habe schon früher hervorgehoben, daß ein Losbrechen des Clausiliums
von der Spindel während des Körperaustrittes aus der Schale aus-
geschlossen sei. Anders verhält es sich beim Zurückziehen in das
Gehäuse. Geschieht dies ausnehmend rasch, dann kommt es ab und
zu vor, daß der Stiel des Clausiliums abbricht, da die Platte nicht
genügend glatt aus der Tasche herausgleiten kann. Das elastische
Stielchen wird dabei zu stark gebogen, was an dem Herausschleudern
des Clausiliums aus der Gehäusemündung nach erfolgtem Bruch er-
kennbar ist. Ein einmal verloren gegangenes Clausilium wird nie
wieder regeneriert.
Einer bemerkenswerten Erscheinung begegnete ich bei Herilla
■ dacica Rm. aus dem Miljackatal bei Sarajevo in Bosnien. Trotzdem
daß ihr Tragapparat ziemlich gut entwickelt erscheint und das Ver-
hältnis zwischen dem Gewicht des Tieres und dessen Gehäuse kein
ungünstiges ist, schleppt sie letzteres dennoch nach und trägt es
niemals aufgerichtet. Der Apparat versagt hier bereits und genügt
nicht zum Tragen der Schale. Möglicherweise tritt diese Erscheinung
auch bei anderen Clausilienarten auf, die ein ausnehmend großes
und dabei langgestrecktes Gehäuse besitzen.
Ich beobachtete ferner bei einer kleinen Art — wenn ich mich
recht erinnere, so war dies Cusmicia dubia Drp. — , daß das Tier
seine Schale trotz herausgebrochenem Clausilium aufrecht trug.
Clausilium. 327
Ob in diesem Falle das Stielchen unversehrt blieb und beim Tragen
genügte oder aber ob schon die Lamellen und Gaumenfalten wie
bei den Pupiden ausreichten, die Last zu heben, ist noch festzu-
stellen. Letzteres scheint nicht wahrscheinlich zu sein, da in diesem
Falle das Clausilium bereits überflüssig geworden und bei einer oder
der anderen Art wieder verloren gegangen wäre, was jedoch nicht
zutriift. Das einzige Beispiel für eine Rückentwicklung des Trag-
apparats, das ich früher einmal aufstellte ^) und nach welchem sich
Alopia advenUcia Km. zu Alopia nixa Km. abschwächen sollte,
konnte auf Grund späterer Untersuchungen als irrtümlich fest-
gestellt werden.
Es hat schon v. Vest die Beobachtung gemacht, daß Clausilien,
die an Meeresküsten oder auf nebeligen Höhen leben, ein schwäch-
liches oder auch gar kein Clausilium bauen. Ich fand dies bestätigt
und die Erklärung, daß an solchen Lokalitäten die Lebensbedingungen
der Tiere ununterbrochen erfüllt bleiben , so daß sie an ihrer
Geburtsstätte auf einer kleinen Fläche ihr ganzes Leben hindurch
verweilen können, welche Annahme in der großen Individuenzahl,
die an den bezeichneten Örtlichkeiten auftritt, eine Bestätigung
findet. Sobald sich dies änderte, erwachte bei ihnen der Wander-
trieb, der durch die schwere Last ihres Gehäuses so lange gehemmt
blieb, bis der Tragapparat zustande gekommen war. Wäre dies
nicht erfolgt, dann hätte ihre Verbreitung über andere Gebiete
nicht stattfinden können, und der Urstamm würde sich dann auch
nicht zu der heutigen artenreichen Familie differenziert haben.
1) Prodroraus zu einer Monographie des Clausilien-Subgenus Alopia,
Hermannstadt, 1893, p. 39.
328 M. V. KiMAKowicz-WiNNicKi, Clausilium.
Erklärung der Abbildungen.
Tafel 11.
Fig. 1 — 4. Scheraatische Darstellung zur Entstehungserklärung der
Asymmetrie des Pallialkomplexes und der Chiastoneurie des Nervensystems
bei den Gastropoden. Fig. lab rechtsseitige, Fig. Sab linksseitige Bruch-
linie.
Fig. 5. Venae pulmonales einer Clausilia. Vp Venae pulmonal es^
Ppr Principalfalte.
Fig. 6. Scheraatischer Querschnitt durch den Mantel und die Schale
einer Clausilie. Cl Clausilium. Clm Clausiiiummembran. Li Untf^r-
lamelle. Lir Unterlamellenrunzel. Ls Oberlamelle. Lsr Oberlamellen-
runzel. Pn Pneumostom. Py;r Principalfalte. Pr Principalrunzel. i^Darm.
Vi untere, Vs obere Vena pulmonalis.
G. Pätz'sehe Buchdr. Lippert & Co. G. m. b. H., Naumburg a. d. S.
Zoolog. Jahrbücher Bd. 37 Abt. für Syst.
Taf. ».
v.Kiraakowicz-Winmcki gez.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
LitKAnsty.KWesserJena.
Nachdruck verboten.
Ubersetzungsrecht vorbehalten.
Hydracarinen aus dem Kaplande.
Gesammelt von der Deutschen Südpolar -Expedition.
Von
Karl Yiets, Bremen.
Mit Tafel 12-14.
Über Hydracarinen aus dem Kaplande liegen bislang erst wenige
Daten vor. Nach Dr. Sig. Thor's Feststellungen bis zum Jahre 1902
sind 17 Arten aus der südafrikanischen Hydracarinen-Fauna bekannt
geworden.
Es sind:
Eylais purceUi S. Thor
— lightfooti S. Thor
— variabilis S. Thor
— voeltzkowi F. Koenike
— (Gapeulais) crassipalpis S. Thor
Diplodontus despiciens (0. F. Müller)
Oxus stuhlmanni (F. Koenike)
Limnesia africana 8. Thor
— undulata (0. F. Müller)
Hygrohates sarsi (S. Thor)
Piona longicornis (0. F. Müller)
— tridens (S. Thor)
Unionicola crassipes (0. F. Müller)
Ärrhenurus purcelli S. Thor
— capensis 8. Thor
— meridionalis 8. Thor
— convexus 8. Thor
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. 22
330 Karl Viets,
EüG. V. Daday glaubte in dem von Thor benannten Arrhenurus
convexus ($) eine Arrhenurus- Art zu erkennen, die F. Koenike unter
dem Namen A. plenipalpis Koen. für die Fauna Deutsch Ost- Afrikas
beschrieben hatte.
Vom Zoologischen Museum zu Berlin wurden mir mehrere
Gläschen mit Acarinen zur Bearbeitung überwiesen, die von der
Deutschen Südpolar-Expedition in Süd-Afrika gesammelt wurden.
Hydracarinen waren darin von 7 Lokalitäten vorhanden. An der
Hand dieser Funde wurden 8 Arten für das Kapland festgestellt;
4 von diesen Formen erwiesen sich als neu für die Wissenschaft.
Für Süd-Afrika sind damit also insgesamt 21 Hydracarinen-Arten
nachgewiesen worden.
Die Liste der Fundorte nebst den erbeuteten Arten ist
folgende:
1. Süßwassertümpel zwischen Fischhoek und Chapmansbay,
8./7. 1903.
Thyas odopora n. sp.
Limnesia africana S. Thoe
Arrhenurus convexus S. Thor'
2. Süßwassertümpel bei Chapmansbay, 8./7. 1903.
Limnesia africana S. Thoe
Piona tridens 8. Thoe
3. Vley bei Fischhoek, 8./7. 1903.
Limnesia africana 8. Thoe
4. Plumstead, 12./7. 1903.
Limnesia africana 8. Thoe
5. Lange Vleg, 12./7. 1903.
Thyas odopora ti, sp.
Limnesia africana 8. Thoe
Piona tridens 8. Thoe
6. Vley bei Lakeside, 28./7. 1903.
Diplodontus despiciens capensis n. var.
Limnesia africana 8. Thoe
Hygrobaies sigthori n. sp.
Piona tridens (8. Thoe)
Arrhenurus meridionalis 8. Thor
7. Vlegbai, Lakeside, 28./7. 1903.
Limnochares tenuiscutata n. sp.
Limnesia africana S. Thoe
Hydracarinen aus dem Kaplande. 331
Die 4 neubekannten Arten sind:
Limnochares tenuiscutata,
Thyas oetopora,
Hygrohates sigthori,
Diplodontus despiciens capensis.
Lininoehare.s tenuiscutata n, sp,
(Taf. 12 Fig. 1—3, 6.)
Größe. Das Tier ist reichlich 1500 (^ lang, also kleiner als
die nächstverwandte L. crinita Koenike.
Die Haut ist dicht mit kegelförmigen Papillen besetzt, jedoch
sind diese sichtbar niedriger und feinhäutiger als bei der Vergleichs-
form (Taf. 12 Fig. 5).
Im Bau des Eückenschildes weicht L. tenuiscutata erheblich von
der madagassischen Art ab. Während bei dieser die hinter den
Augen gelegene Partie von erheblicher Breite und breiter als der
vor den Augen gelegene Schildabschnitt ist, ist bei der süd-afrikanischen
Form das umgekehrte Verhältnis der Fall. Die Länge des Schildes
ist bei L. tenuiscutata 335 ^; die Breite beträgt in der Augengegend
130 fJi. Der vor den Augen gelegene Abschnitt ist 42 yu, der hintere
im Mittel 32 [jl breit. Nach hinten hin verjüngt sich das Schild
(Gegensatz zu Koenike's Form).
Hinsichtlich der Augen ergeben sich zwischen beiden Arten
nur unerhebliche Unterschiede.
Im Bau der Palpen treten der zum Vergleich herangezogenen
Art gegenüber einige Abweichungen zutage. Vor allem fällt die
erhebliche Verkürzung des 3. Segments gegenüber dem 2. auf (bei
L. crinita Koen. ist zwischen diesen beiden Tasterabschnitten kaum
ein Längenunterschied zu bemerken). Auffallenderweise ist das
2, Glied mit dem 3. größtenteils verwachsen. Bei Seitenlage der
Palpe ist dorsal noch ein deutlicher Absatz zwischen den beiden
Gliedern zu erkennen. Deutlich ist hier auch in dem starken Rand-
chitin (im optischen Durchschnitt desselben) eine Trennung der
Glieder bemerkbar. Die Trennungslinie läßt sich ferner ein kleines
Stück auf der Flachseite verfolgen, ist dann aber weiter auch mit
Hilfe starker Objektive (Immers. V12) nicht zu erkennen. Der ver-
stärkte Chitinrand der Beugeseite zeigt an der dem Dorsaleinschnitt
gegenüberliegenden Stelle wohl eine geringe Einkerbung, jedoch keine
Durchtrennung.
Das Endglied der Palpe trägt wie bei L. crinita Koen. außer
22*
332 Karl Viets,
2 kürzeren, seitlichen Endborsten eine kräftige Borste, die jedoch
basal nicht verbreitert ist.
Die Maße des Tasters sind in fj.:
I. IL III. IV. V.
dorsale Länge 10 48 30 55 33 mit Borste
ventrale Länge 8 38 22 48 25 ohne Borste
dorsoventral breiteste Stelle 26 33 30 28 10
Im Bau der E p i m e r e n treten zwischen den beiden verwandten
Arten nur geringe Unterschiede auf. Bei der Kapland -Form ist
der Hinterrand der 2. Epimeren lateral wärts etwas schlanker aus-
gezogen.
Die Gliedmaßen beider Arten zeigen ebenfalls große Über-
einstimmung. Die beiden Hinterbeinpaare tragen bei der neuen Art
zahlreiche Schwimmhaare. Die Fiederhaare namentlich der 2 vorderen
Beinpaare sind ganz regelmäßig und sehr fein gefiedert. Bei der
madagassischen Art ist die Fiederung ungleichmäßiger und lockerer.
Genitalfeld. Das Geschlecht des einzigen vorliegenden Tieres
wurde nicht sicher erkannt, doch scheint es sich um ein weibliches
Exemplar zu handeln, da die Behaarung des Geschlechtsfeldes fehlt.
Die Näpfe liegen nicht unregelmäßig zerstreut neben der Genital-
öffnung. Sie liegen in ihrer Mehrzahl in kranzförmiger Anordnung
hintereinander zu einer bohnenförmigen Figur jederseits vereinigt.
Nur wenige Näpfe liegen zwischen dem vorderen Ende dieses Kranzes
und der Geschlechtsöffnung. Die Näpfe unterscheiden sich im Aus-
sehen nicht sehr von den Körperpapillen.
Fundort. Vlegbai Lakeside, 28./7. 1903.
Thyas octopora n, sp.
(Taf. 12, Fig. 4, 7—9, 12.)
Größe. Die Körperlänge beträgt 975 — 990 ju, die Breite, etwas
hinter dem Genitalorgan gemessen, ist 660—675 ju.
Gestalt. Wie aus dem Vergleich der obigen Maße hervor-
geht, ist der Körper langgestreckt; seine Umrißform bei Ventral-
lage des Tieres ist langelliptisch. Der Stirnrand, jederseits begrenzt
durch die Seitenaugenkapseln, ist von 330 ju Länge. Er ist fast
geradlinig und zeigt nur median eine sanfte Einbuchtung. Der
Seitenrand einiger Tiere zeigt leicht wellige Konturen, wohl eine
Folge der zusammenziehenden Wirkung der Konservierungsflüssig-
keit. Die Wellentäler der Randlinie scheinen durch Zurücktreten
Hydracarineu aus dem Kaplande. 333
der weichen Körperhaut verursacht worden zu sein, während die
ziemlich nahe längs des Seitenrandes situierten Dorsalschilder eine
Schrumpfung- an dieser Stelle verhinderten und den Lateralrand als
Wellenberge stehenbleibend erhielten. Dorsoventral ist das Tier
flachgedrückt. Die größte Höhe beträgt etwa 450 [jl, also fast die
Hälfte der Körperlänge. Auch bei Seitenlage des Tieres machen
sich die Dorsalschilder als mäßige Erhebungen den übrigen ein-
gesunkenen Hautpartien gegenüber bemerkbar.
Augen. Die etwa 60 fji großen Doppelaugenkapseln liegen
jederseits hart am Körperrande in 330 (jl Abstand voneinander. Die
Augenlinsen überragen den Körperrand. Die vordere Linse liegt
etwas tiefer (das Tier in Bauchlage gedacht) als die hintere. Sie
ist fast 35 /M groß und nur flach gewölbt ; die Wölbung ist (bei Ansicht
von der Oberseite des Tieres her) in der Mitte nicht stärker als am
Rande. — Die antenniformen Borsten stehen 150 /^ voneinander
entfernt.
Haut. Die lederartige Haut ist ober- und unterseits papillös.
Die Papillen der Oberseite sind am Grunde kleiner, aber ein wenig
höher als die breitbasigeren, nur flach kuppeiförmigen Erhebungen
der Unterseite. Dorsal und ventral sind in die Haut chitinisierte
Schilder eingelagert. Alle Schilder sind großporig, doch weisen
namentlich die Randschilder eine kleine, nicht sehr scharf begrenzte
Stelle feiner Porosität auf. Die Rückenschilder liegen in 3 Längs-
reihen, 2 Reihen seitlich aus je 5 Schildern ^) bestehend, die Mittel-
reihe aus 2 unpaarigen größeren und 3 paarigen kleineren Schildern
gebildet. Das Schema würde sein:
1
2
5 2 5
1
2
Das vordere Schild der mittleren Reihe, das Mittelaugenschild,
ist an Größe bei weitem das bedeutendste aller Schildchen. Median
mißt es 240 fx an Länge und ebensoviel beträgt auch die größte
Seitenausdehnung. Li der Form ist dieses Schild ein nicht reguläres,
aber hälftig - symmetrisches Fünfeck, zusammengesetzt aus einem
vorn liegenden Viereck, dem ein nicht sehr hohes, gleichschenkliges,
1) Die letzte Platte jeder Reihe liegt ziemlich median am Hinterrande
und könnte also ebensogut der Mittelreihe zugezählt werden.
334 Karl Viets,
mit der Spitze nach hinten weisendes Dreieck aufgesetzt ist. Die
Eckpunkte der Dreiecksbasis sind durch 2 Haarporen bezeichnet.
Das Medianauge liegt ziemlich weit vorn im Schilde, 40 jjl
vom Vorderrande, 185 ^ vom Hinterrande entfernt.
Das 2. unpaare Schild der Mittelreihe bildet offenbar eine Ver-
wachsung aus 2 kleinen Schildchen, wie aus den in Zweizahl vor-
handenen feinporigen Flächen hervorgeht. — Zwischen den Schildern
liegen in der gewöhnlichen Anordnung Drüsenporen mit Haar.
Mundteile. Das Mundorgan ist 300 fJi lang; es trägt einen
120 // langen, nach unten gebogenen Rüssel.
Die Mandibel ist schlank, 350 [jl lang und mit 115 ^ langer,
gerader Klaue ausgestattet. Die Mandibelgrube ist 100 ^ lang. Das
Mandibelhäutchen ist zackig gefranst.
Palpen. Die Maxillartaster sind schlank, auch in den Grund-
gliedern. Für das 1. Segment ist erwähnenswert eine erhebliche
Ausladung der basalen Beugeseitenecke. Am 2. Gliede ist die Streck-
seite auffallend länger als die Beugeseite. Dadurch erfährt die Palpe
eine starke Krümmung. Das 4. Glied ist am längsten und abge-
sehen von der Basis überall gleich stark. Die Maße für die Palpen-
glieder sind:
I.
II.
IIL
IV.
V.
dorsale Länge 45 fJi
85 fi
57 fi
155 ^i 1)
30 ^
ventrale Länge —
32 fi
—
—
—
dorsoventrale Stärke,
proximal 60 //
—
—
45 n
—
distal 48 fjt
—
—
35 (Jt
—
Der Borstenbesatz des Tasters ist nicht sehr reich. Am 2. Seg-
mente stehen zum Teil ganz, zum Teil nahezu dorsal mehrere, etwa
7 Borsten, einzelne davon gefiedert.
E p i m e r e n. Wie bei anderen Thyas- Arten liegen die Epimeren
in 4 Gruppen. Sie bedecken etwa die vordere Hälfte der Bauch-
seite. Die L und 2. Epimeren, besonders aber erstere, liegen in
ihren Längsachsen nahezu parallel der ventralen Medianlinie. Sie
entsenden an der inneren Hinterecke subcutane, poröse Fortsätze.
Zwischen den Außenrändern der vorderen und hinteren Platten-
gruppen bildet eine die intercoxale Hautdrüse umspannende Chitin-
brücke (Schulterecke) die Verbindung.
Die gemeinsame Naht der beiden hinteren Platten läuft in recht-
1) Einschließlich dabei die distale Streckseitenverlängerung.
Hydraearinen aus dem Kaplande. 335
winkliger Richtung auf die ventrale Medianlinie. Die Vorderränder
der 3. und die Hinterränder der 4. Epimeren verlaufen bei fast
gleicher Neigung zur gemeinsamen Plattennaht nach innen zu,
gegeneinander konvergierend. Die 4. Hüftplatten sind im Umriß
schief viereckig mit längster innerer Seite,
Beine. Die Gliedmaßen sind kurz und mit kurzen, kräftigen
Borsten besetzt. Besonders die Gliedenden sind in quirlartiger An-
ordnung mit diesen Borsten umgeben, doch bei weitem nicht in der
reichen Weise wie etwa bei Tliyas pedunculata Koen., Th. setipes
ViETS oder Th. tridentina Maglio. Alle Krallen sind einfach, die
der 2 hinteren Beinpaare etwas größer als die der vorderen.
Genitalgebiet. Das äußere Genitalorgan ist recht lang
(260 ^0 und bei geschlossenen Klappen 155 fi breit. Die Klappen
sind grobporig wie die Epimeren, vorn mit sanfter Abschrägung zu-
gespitzt und hinten an der Innenecke ausgerandet. Der Innenrand
der Klappen ist mit feinen Härchen besetzt; im Gebiete der hinteren
Ausmuldung sind diese Haare länger und kräftiger. In der Zahl
der Genitalnäpfe weicht diese Species von allen bekannten Thyas-
arten ab. Während sonst nur 6 Geschlechtsnäpfe vorhanden sind,
besitzt Tkyas odopora deren 8.^) Je 2 liegen jederseits der ventralen
Medianen auf einer Platte hintereinander vorn vor den Genital-
klappen und hinten in deren Ausmuldung. Alle Näpfe sind nur klein.
Das Vorhandensein eines Chitinstützkörpers am Vorderende der
Vagina-) und das Nichtauffinden eines Penisgerüstes lassen vermuten,
daß das vorliegende Tier ein Weibchen war. Der subcutane Stütz-
körper ist mit einem im Oberflächenintegument liegenden porösen
Chitinplättchen verwachsen.
Fundort. Süßwassertümpel zwischen Fischhoek und Chapmans-
bay, 8./7. 1903. Lange Vleg, 12./?. 1903.
Diplodontus despiciens capensis n. var.
(Taf. 12 Fig. 10, 11; Taf. 13 Fig. 14—16.)
Größe. Das Tier ist erheblich kleiner als Diplodontus despi-
ciens (0. F. Müller), nur 870 ju lang und etwa 770 ju breit.
1) In die Gattungsdiagnose von Thyas wäre also ergänzend als Merk-
mal des äußeren Geschlechtsorgans das Vorkommen von 8 Genitalnäpfen
aufzunehmen.
2) F. KOENIKE, Neue Hydraearinen aus der Unterfamilie der Hydry-
phantinae, in: Zool. Anz. Vol. 40, 1912, p. 61 — 67.
336 Karl Viets,
Die Haut ist kräftiger als die der Vergleichsform; auch sind
die Papillen des Besatzes weniger hoch und weniger spitzkegelig,
aber dichter stehend.
Augen. Die Linsen der größeren Vorderaugen, die bei Bauch-
lage des Tieres noch gerade von oben her erkennbar sind, liegen
410 yw, die Linsen der hinteren Augen 450 fi voneinander entfernt.
Die Linsen einer Seite stehen etwa in 65 /^ Abstand voneinander.
Mund teile. Das Rostrum des Maxillarorgans ist kürzer
und plumper, auch ist die Mundscheibe relativ größer als bei Mül-
lee's Art.
Im Bau der 290 ^w langen Mandibeln ergeben sich weitere Unter-
schiede. Die Klaue ist bei der neuen Form stärker gekrümmt. Das
Mandibelhäutchen ist am freien Ende nach der Klaue hin um-
gebogen, dabei basal sehr breit. Am Mandibelknie ist das Organ
von 65 fji dorsoventraler Stärke. Das rückwärtige Ende der Man-
dibel biegt nicht wie bei Müller's Art um, sondern läuft gestreckt
in eine gerundete Spitze aus.
Die Palpe erscheint bei der süd-afrikanischen Form plumper
als bei der Vergleichsart. Die Maße der Glieder sind, dorsal ge-
messen :
L IL III. IV. 1) V.
55 // Ib fJL bb fi 185 /^ 80 [x.
Das 4. Glied mißt in der Dorsoventralen am Proximalende 45 ^,
an der Einlenkungsstelle des Endgliedes 30 /j,. Die Streckseite des
4. Gliedes ist wenig ausgeschweift. Am 2. Segmente stehen innen
3 Fiederborsten.
Die Epimeren ähneln sehr denen des D. despiciens. Die sub-
cutanen hinteren Innenfortsätze der 1. Hüftplatten sind viereckig.
Der Innenrand der gleichen Platten (der Rand der Maxillarbucht)
ist nur in geringem Maße durch erhabene Haarhöcker ausgezeichnet.
Der laterale subcutane Fortsatz des Hinterrandes der letzten Epi-
meren ist recht lang, fingerförmig und gebogen.
Die Beine (namentlich die Grundglieder) sind nicht in der
reichen Weise wie bei Müller's Art mit langen, schlanken Borsten
besetzt. Die Borsten stehen spärlicher und sind kürzer.
Genitalorgan. Das äußere Geschlechtsorgan ist 205^ lang
und beide Klappen zusammen etwa ebenso breit. Der Anus liegt
1) Die distale Verlängerung eingeschlossen.
Hydracarinen aus dem Kaplande. 337
dicht hinter dem Genitalorgaii. Die Öffnung ist von einem kräftigen,
elliptischen Chitinringe umgeben.
Fundort. Vley bei Lakeside, 28./7. 1903.
Ziimnesici africana S. Thor.
(Taf. 12 Fig. 13; Taf. 13 Fig. 21-22.)
1902. Limnesia africana S. Thor, in: Ann. South African Mus., Vol. 2,
Part 11, p. 454—455, tab. 19, fig. 23—26.
Die in den Sammlungen der Expedition am zahlreichsten vor-
kommende Linmesia-Art, alles weibliche Exemplare, identifiziere ich
mit Thoe's L. africana. Die von Thor angegebenen Merkmale
treffen auch für die vorliegenden Formen zu, allerdings sind die
4. Epimeren wenigstens beim Weibchen nicht ,.very short and
rounded at the hinder end'', wie Thor (Fig. 25) für das Männchen
angibt.
Das 2. Glied der Palpe trägt auf der Mitte der Beugeseite
einen kurzen, gestaucht endigenden Zapfen mit Chitinspitze. Die
Beugeseitenausstattung des 4. Segments besteht aus 2 fast neben-
einander stehenden Höckern, nämlich einem außenstehenden Doppel-
höcker (mit größerem, ein recht langes Haar tragenden Proximal-
teile) und einem einfachen Haarhöcker an der Innenseite. Der dor-
sale Haarbesatz des 2. Gliedes ist: innenseits 4, außenseits 2 kurze,
kräftige Borsten. An der gleichen Seite des 3. Palpensegments
stehen innen und außen je 2 Borsten, von denen die distale der
Außenseite auf der Flachseite inseriert ist und eine bedeutende
Länge aufweist.
Fundort. Süßwassertümpel zwischen Fischhoek und Chapmans-
bay, 8./7. 1903. Plumstead, 12./7. 1903. Lange Vleg, 12./7. 1902. Vley
bei Lakeside, 28./7. 1903. Vlegbai, Lakeside, 28./7. 1903.
Hf/grobates sif/thofi n. sp.
(Taf. 13 Fig. 17—20.)
Weibchen.
Diese neue, nur in einem weiblichen Exemplare erbeutete
Hijgrohates- Art möge zu Ehren Sig. Thor's, des ersten Bearbeiters
der Süd- afrikanischen Hydracarinenfauna unter dem Namen H. sig-
thori in das System der Hydracarinen aufgenommen werden.
338 Karl Viets,
Größe und Gestalt. Der Körper des Weibchens ist von
kurz elliptischem Umriß. Die Länge beträgt 1155 [jl. Die Höhe
des über halbkuglig gewölbten Körpers wurde mit 900 yW fest-
gestellt.
Die Haut des Tieres ist glatt.
Mundteile. Das mit den 1. Epimeren verwachsene Maxillar-
organ läßt nach Herauslösung der Mandibeln und nach Entfernung
der die Durchsicht beeinträchtigenden Muskeln einen etwa 75 fi
langen, 50 breiten, flaschenförmigen, hinten abgerundeten Pharynx
erkennen. — Charakteristisch ist die Mandibel dieser Art gebaut.
Sie besitzt am Grundgliede, etwa dem vorderen Ende der Mandibel-
grube gegenüber einen scharfen Zahn. Die Mandibel ist 365 fj.
lang, die Grube etwa 175 ^. Der seitliche Zahn ist 23 p> hoch.
Die Palpen sind schlank. Die Dorsallängen der einzelnen
Glieder betragen:
I. II. III. IV. V.
40 /* 210// 150 // 290 /i 63//.
Der Zapfen an der Beugeseite des 2. Gliedes ist 45 // lang und
20 jj, stark. Am freien Ende ist er ohne Verjüngung gleichmäßig
abgerundet und mit mehreren winzigen, knötchenförmigen Spitzen
besetzt (bei Seitenlage der Palpe überragen etwa 5 derselben die
Umrißlinie der Zapfenkuppe). Der Haarbesatz der Palpe besteht
an den 3 Grundgliedern aus kurzen, steifen, im allgemeinen dorsal
inserierten Dornen. So stehen am 2. Segmente innen- und außen-
seits je 3, am mittleren Gliede innen 2, außen 3. Das 4., längste
Tasterglied zeigt bei Seitenlage einen in der Mitte etwas vor-
gewölbten, hyalinen Beugeseitenrand. Etwas oberhalb (distalwärts)
der Mitte steht jederseits nahe dem Rande des Gliedes je eine
feine Borste.
Epimeren. Die letzten Epimeren zeigen ziemlich deutlich
hervortretende, nach hinten vorspringende Hinterrandsinnenecken.
Der Hinterrand der 4. Hüftplatte ist im lateralen Teile stark chi-
tinisiert. Er verläuft mit sanfter Einw^ärtsbiegung (nach dem
Frontalende des Körpers hin) nach der erwähnten. Innenecke. Der
gebogene Innenrand ist sehr schwach chitinisiert; er wird unter-
brochen und überragt durch eine subcutane Verstärkung.
Die Beine sind schlank, ohne Schwimmhaarbesatz. Die Borsten
sind zum Teil recht schlank.
Das äußere Genitalorgan liegt mit seinem großen vorderen
Hydracarineu aus dem Kaplande. 339
Cliitinstützkörper 345 // von dem medianen Hinterende der 1. Epi-
meren entfernt. Die beiden schwach chitinisierten, in ihren Rändern
undeutlich sich vom Integument der ßauchdecke abhebenden Napf-
platten sind, wie Seitenlage des Tieres erkennen läßt, etwas gewölbt.
Jede Platte trägt 3 hintereinander liegende, fast gleich große Genital-
näpfe und viele Haarporen.
Fundort. Vley bei Lakeside, 28./7. 1903.
Fiona tridens (Sig. Thor).
(Taf. 13 Fig. 23; Taf. 14 Fig. 24-26.)
1902. Curvipes tridens S. Thor, in: Ann. South African Mus., Vol. 2,
Part 11, p. 456, tab. 19, fig. 27—30.
Der von Sig. Thor gegebenen Beschreibung des Weibchens
kann die Kennzeichnung des Männchens und der Nymphe der Art
nunmehr hinzugefügt werden.
Männchen.
Das Männchen ist etwa 600 ß lang (das $ 750 ju) und wie das
Weibchen von ovalem Umriß. Der Rücken ist — ein Merkmal
vieler Piona-Arten — hinter der Stirnpartie eingesattelt.
Im Bau der M u n d t e i 1 e und Palpen stimmen die Geschlechter
untereinander überein. Der Taster zeigt am 4. Segment beuge-
seitenwärts 2 große und 2 winzige Haarhöcker, dazu distal an der-
selben Seite den charakteristischen Chitindorn. Thor scheint der
untere (basale), innenseits neben dem größeren, oberen Fortsatz
stehende kleine Höcker entgangen zu sein, denn in seiner Beschrei-
bung erwähnt er nur „3 large hairprocesses or papillae in addition
to the usual chitinous process". „Large" ist der eine der 3 Zapfen
außerdem nicht; Thor zeichnet ihn auch nicht so im Verhältnis zu
den anderen. Thor's Palpenbild (tab. 19 fig. 27) gilt nach seiner
Angabe für die rechte Palpe. Nach meinem Befunde kann es nur
die linke Palpe sein, denn der untere (basale) der beiden großen
Beugeseitenzapfen am 4. Glieds steht innenseits, nicht der obere
Zapfen, wie es nach Thor's Palpenbild der Fall ist.
Im Bau des äußeren Genitalorgans zeigt die TnoR'sche Art
große Verwandtschaft mit P. longicornis (0. F. Müller). Es findet
sich eine ziemlich tiefe, im Hinterrande ihrer Öffnung 160 ju. breite
Samentasche.
Der Hinterrand der Taschenöffnung ist stark chitinisiert und in
340 Karl Viets,
der Mittelpartie nach hinten gebogen. Die Napfplatten tragen je
11 bis 13 Näpfe, von denen 2 jederseits die übrigen an Größe über-
treffen.
Der Samenüberträger, das Endglied der 3. Beine, ist verkürzt
(nur 185 fji lang gegenüber dem 375 iJt langen vorletzten Gliede),
gekrümmt und distal verstärkt. Beide Klauen sind mehrspitzig.
Die eine Klaue ist mit verlängerter, hyaliner, abgerundeter Spitze
versehen.
Nymphe.
Die Nymphe der Art besitzt in den Tastern die wesentlichen
Merkmale des ausgewachsenen Tieres. Es fehlen am 4. Segment
jedoch die 2 kleinen Beugeseitenhöcker. Auch ist der Haarbesatz
der Palpen spärlicher. Das provisorische, äußere Geschlechtsorgan
besteht aus 2 median miteinander verwachsenen Platten, die in
ihren Längsachsen in lateraler, rückwärtiger Richtung divergieren
und je mit 2 Näpfen und 3 Haarporen besetzt sind.
Fundort. Chapmansbay, Süßwassertümpel, 8./7. 1903. Lange
Vleg, 12./7. 1903. Vley bei Lakeside, 28./7. 1903.
Arrheriurus merklionalis Sig. Thoe.
(Taf. 14 Fig. 27—30.)
1902. Arrennru.s meridionaiis 8. Thok, in: Ann. South African Mus.,
Vol. 2, Part 11, p. 459—460, tab. 21, fig. 40—42.
SiG. Thoe hat nur das Weibchen beschreiben können. In den
Sammlungen der Deutschen Südpolar-Expedition sind beide Ge-
schlechter, je ein Männchen und ein Weibchen, vorhanden.
Weibchen.
Das vorliegende Weibchen stimmt im wesentlichen mit Thoe's
Angaben überein, allerdings gebe ich die Körpermaße etwas ge-
ringer und in anderem Verhältnis zueinander an als Thoe. Es
messen die $$
nach Thoe nach Viets
Länge 1,95 mm 1,456 mm
Breite 1,16 1,204
Höhe 1,35 0,960
In Thoe's Angaben scheint das Verhältnis zwischen Länge und
Hydracarinen ans dem Kaplande. 341
Breite nicht richtig angegeben zu sein. Danach ergibt sich für das
Verhältnis der Länge zur Breite des Tieres folgende Proportion:
195:116=1,68:1.
In Thor's Zeichnung des Weibchens, die den tatsächlichen Ver-
hältnissen zu entsprechen scheint, ist die Länge 65 mm, die Breite
57 mm. Mit der obigen Proportion verglichen, ergibt sich:
65:57 = 1,14:1.
Die angegebenen Maße des vorliegenden Weibchens, in der
gleichen Weise angeordnet, ergeben
1456 : 1204 = 1,21 : 1.
Es bestehen also zwischen Thor's Maßangaben und seiner Zeich-
nung des Weibchens nicht zu vereinigende Unterschiede, die sich
meines Erachtens nur erklären lassen durch Annahme einer irrtüm-
lichen Angabe bei den Körpermaßen.
Im übrigen stimmt das von der Expedition heimgebrachte
Weibchen hinsichtlich der Gestalt gut mit Thor's Angaben überein.
Der fast gerade Stirnrand, die mäßige vordere Seiten abflachung,
die Ausschweifung vor den bei vorliegendem Weibchen allerdings
mehr gerundeten hinteren Seitenecken und die charakteristische Ge-
stalt des Hinterrandes sprechen entschieden für eine Identität der
beiden Weibchen. Dorsal finden sich ferner in gleicher Weise die
beiden gerundeten Höcker, gelegen vor dem an dieser Stelle etwas
nach innen einbiegenden Rückenbogen, der sich infolge dieser Bie-
gung nach vorn zu mäßig verjüngt.
Genau übereinstimmend mit Thor's Zeichnung sind ferner die
Genitalnapfplatten des Weibchens. Auch die Lefzenpartie ist hier
wie dort vorn etwas breiter als hinten. Thor gibt für sein Weibchen
keine Lefzenflecke, Chitinverstärkungen in den Vorder- und Hinter-
ecken der Lefzen, an. Tatsächlich scheinen jedoch solche Chitin-
verstärkungen vorhanden zu sein. Bei dem mir vorliegenden Weibchen
sind, wohl eine Folge der schrumpfenden Wirkung der Konservie-
rungsflüssigkeit, die Lefzen nach innen eingeklappt. Die Lefzen-
flecke kommen dadurch auf die Kante zu stehen und sind kaum
erkennbar.
Thor gibt endlich das Bild der Palpe. Nach Lage der Anta-
gonistenborste und des Endgliedes müßte es die rechte Palpe (Innen-
seite) sein. Dem entspricht jedoch nicht der Haarbesatz des 2. und
3. Gliedes, der in der Figur vielmehr der der Palpenaußenseite zu
sein scheint. Um demnach Thor's Palpenbild zu berichtigen, müßte
342 Karl Viets,
die Eandlinie des Antagonisten des 4. Segments über die erwähnte
Borste hinwegführend gezeichnet werden. Auch müßte die gleiche
Randlinie die Eodklaue durchschneidend verlaufen. Thoe zeichnet
an dieser Stelle beide Linien, gibt also in der Figur nicht Klarheit,
welche Seite der Palpe gemeint ist.^)
Ich nehme also an, es handle sich in der flg. 42 der TnoE'schen
tab. 21 um die Außenseite des linken Tasters von ArrJwnurus meri-
dionalis $, bei dem die Antagonistenborste und die Endklaue (bei
Betrachtung durch die Palpe hindurch) auf der Außenseite einge-
zeichnet sind.
Damit ist die Palpe des vorliegenden Weibchens in Einklang
zu bringen. Außer den von Thor bereits angegebenen Dorsalborsten
sind für das 2. Glied 5 Borsten am inneren Distalrande bemerkens-
wert, von denen 3 nahe der Beugeseitenecke inseriert, die 2 anderen
mehr nahe der Mitte des Eandes befestigt sind. Die distale Mitte
der Außenseite des mittleren Tastergliedes trägt die von Thor in
seiner Figur bereits angegebene Borste.
Männchen.
Die Übereinstimmung in den Mundteilen und Palpen war Ver-
anlassung, das nachstehend beschriebene Männchen dem Weibchen
von Arrhenurus meridionalis Sig. Thor als Artgenossen zuzuweisen.
Große, Das zum Subgenus Petiolurus Thon gehörende Männ-
chen ist einschließlich des Anhangs und des Petiolus 1260 /^ lang;
ohne Anhang mißt es etwa 750 (jl in der Länge. Die Breite des
Rumpfes beträgt 795 //. Der Anhang ist am Grunde 510 /^ breit
und etwa 435 [a. hoch. Der Vorderkörper ist 690 fi, hoch. Li der
Gestalt erinnert das Männchen an das von A. cuspidator (0. F.
Müller). Die Stirnpartie des Rumpfes ist stark ausgerandet. Die
Doppelaugen springen wulstig vor. Sie liegen nahe dem Körper-
rande in 360 ß Abstand voneinander. Der Rückenbogen bleibt 300 ß
von der Stirnausbuchtung entfernt. Wie beim Weibchen verjüngt
er sich nach vorn zu etwas, eingeengt durch die seitlich davon
liegenden Höcker, und verläuft nach hinten seitlich bis auf die An-
1) Daß Thor io diesen Details nicht genau zeichnet, ergibt sich auch
aus dqn Palpenbildern seines Arrlieniinis capetisis (tab. 20, fig. 38 u. 39).
Nach der Pigurenerklärung handelt es sich in fig. 38 um die Außenseite
des linken Tasters, in fig. 39 um die Innenseite des rechten. Aus der
Zeichnung der Palpenendglieder, die darüber Aufschluß geben müßten, ist
das jedoch nicht zu ersehen.
Hydracariuen aus dem Kaplande. 343
hangsbasis, hier in dem Seiten rande des Körpers bei den Eckfort-
sätzen verschwindend.
Im Winkel der Ansatzstelle des Anhangs treten die Genital-
napfplatten als wenig erhabene Wülste über den Lateralrand vor.
Die Eckfortsätze des Anhangs sind etwa 150 fi lang und bei
Ansicht von oben von konischem Umriß. Bei Seitenlage des Tieres
erweisen sie sich als abgeschnitten endigend. Der mediane Hinter-
rand des Anhangs ist vorgewölbt. Er wird überragt durch ein
schmales, seitlich mit zugespitzten Ecken endigendes hyalines Häut-
chen und den etwa 165 fx langen Petiolus. Im Umriß (bei Ansicht
von oben) gleicht dieser fast dem Petiolus von Arrhenurus tricuspi-
dator (0. F. Müllee). Er ist ziemlich schmal und verbreitert sich
nach hinten ; am Ende ist er flachbogig abgerundet. Bei Drehung des
Tieres ist zu erkennen, daß der Petiolus dorsal vertieft ist. Ansicht
des Tieres bei Seitenlage zeigt, daß der Petiolus hinten abgerundet
und ventral mit einer Vorwölbung versehen ist.
Die Farbe des Tieres scheint grün gewesen zu sein.
M u n d t e i 1 e. Das Maxillarorgan ist kurz (165 /n lang) und 135 ß
breit, mit hinten breit abgerundeter Grundplatte und kurzem Pharynx.
Die 205 ß lange Mandibel erscheint wegen nicht sehr erheblicher
dorsoventraler Stärke (72 /u) und dabei ziemlich gestreckter (80 ß
langer) Klaue recht schlank.
Im Bau der Palpe zeigen sich dem bereits gekennzeichneten
Weibchen gegenüber keine Abweichungen. Die Maße der Glieder
sind:
I. IL III.
dorsale Länge 40 85 75
dorsoventrale Stärke — 80 75
Der Borstenbesatz ist der gleiche wie beim
4. Glied ist dorsal durch eine zweimalige deutliche, ventral wärtige
Umbiegung ausgezeichnet. Die erste Biegung erfolgt gleich ober-
halb der Proximalecke in breit gerundetem Bogen, die zweite weiter
distal wärts etwas oberhalb der Streckseitenmitte, in der Nähe eines
dort inserierten, feinen Haares.
Das Epimeralgebiet bietet keine Besonderheiten im Bau.
Auch die B e i n e sind ohne erwähnenswerte specifische Charakte-
ristika. Das 4, Glied der Hinterbeine trägt einen 80 ß langen,
etwas gebogenen, schräg abgeschnitten endigenden Fortsatz, der an
seinem Ende mit einem Haarbüschel (10 Haare) ausgestattet ist.
Genitalorgan. Die Genitalnapfplatten sind lang und schmal.
IV.
V.
115
60
70
—
Weibch(
m. Das
344 Karl Viets,
Ihre Ansatzstelle bei den Lefzen scheint breiter zu sein als die
laterale Partie der Platten, doch konnte das bei dem einzigen, nicht
weiter zergliederten Tiere wegen dessen Undurchsichtigkeit nicht
genau erkannt werden. Die Napfplatten reichen bis auf die Seiten-
wand des Körpers.
Fundort. Vley bei Lakeside, 28./7. 1903.
Arrhenurus convexiis Thor.
(Taf. 14 Fig. 31-33.)
1902. Arrenurus convexus 8. Thor, in: Ann. South African Mus., Vol. 2,
Part 11, p. 460—461, tab. 21, fig. 43—45.
Mit SiG. Thoe's Form identifiziere ich ein Ärrhenurus-W eihchen
aus einem Süßwassertümpel zwischen Fischhoek und Chapmansbay.
Das äußere Genitalorgan mit den vorderen Ausbiegungen der Napf-
platten ist zu charakteristisch, um nicht auf A. convexus S. T. bezogen
zu werden. Die Lefzen des vorliegenden Exemplars sind nach innen
geklappt, so daß die Chitinflecke nicht in der Fläche zu erkennen sind.
Die Form und Umrandung der letzten Epimeren und eine nahe
vor der Einlenkungsstelle der 4. Beine liegende, stark chitinisierte,
spitzkegelige Lateral Verlängerung der 4. Hüftplatten treffen eben-
falls für dies Weibchen zu.
Der Hinterrand des jetzt untersuchten Tieres weist einige sanfte
Eindrücke auf. Geringer als nach Thor's Angaben sind auch die
Längenverhältnisse dieses Weibchens; es ist nur 1140// lang und
945 ju breit.
S. Thor's Figur der Dorsalseite des von ihm gekennzeichneten
Weibchens stimmt mit meinem Befunde überein.
In dem Palpeubilde tab. 21, fig. 45 sind für das 2. Segment
offenbar einige Borsten nachzutragen. Bei der linken Palpe des
mir vorliegenden Weibchens fand ich innenseits (Taf. 14 Fig. 33)
am 2. Gliede 5 Borsten; bei der anderen Palpe waren an gleicher
Stelle mehrere Borsten weggebrochen. Nicht vereinen kann ich
Thor's Palpenbild mit dem meinigen hinsichtlich der Antagonisten-
ecke des 4. Gliedes, die bei meinem Exemplare deutlich ventralwärts
ausgezogen ist. Die Maße der Palpe sind:
I. II. III.
dorsale Länge 45 yw Sl ju bb fi
dorsoventrale Stärke — 10 ju 70 /u
IV.
V.
130 /*
66/«
dist. 80 ß
Drox. 70 fi
Hydracarinen ans dem Kaplande. 345
Völlige Klarheit wird erst durch die Kenntnis des Männchens
der Art erbracht werden können.
Ich halte, entgegen der Ansicht E. v. Daday's ^), das Weibchen
von Arrhenurus convexus Sig. Thoe (1902) für nicht identisch mit
dem Weibchen von A. plenipalpis Koenike (1893) ^). Wenn auch
die allgemeine Körperform bei beiden Arten wenig Unterschiede
bietet, so finden sich doch hinsichtlich der Körpergröße (Thor:
$ 1350 /« lang; Koen.: $ 750 [ä lang), im Bau der Palpen und in der
Gestalt des äußeren Genitalorgans Differenzpunkte. Koenike's fig. 14
(1893, tab. 1) zeigt ein gestrecktes 2. Palpenglied mit charakte-
ristischem Besatz und am 4. Segmente eine sehr weit ventralwärts
ausladende Antagonistenecke. Bei Thoe's fig. 45 (1902, tab. 21)
ist das 2. Segment des Tasters kurz und mit anders gestellten Borsten
bewehrt, auch ist das 4. Glied distal nicht ventralwärts verbreitert.
Von diesen immerhin nicht sicher feststellbaren Unterschieden ab-
gesehen, liegen erheblichere Verschiedenheiten im Bau des Genital-
feldes der beiden Arten. Koenike's Form (fig. 13) hat gleichmäßig
sich verjüngende, lateralwärts verlaufende Platten mit sanfter Ein-
biegung des Vorder- und Hinterrandes; beide Ränder der Platten
laufen in fast gleichem Winkel, aber entgegengesetzt, divergierend
zueinander, auf die ventrale Medianlinie zu. Der Plattenvorderrand
von Thor's A. convexus (fig. 45) ist deutlich nach vorn gewölbt.
Zudem laufen bei diesem Weibchen die Vorderränder schräg auf die
ventrale Mediane zu, die Hinterränder jedoch mehr im rechten Winkel.
Dem ost-afrikanischen ylrr/?em^rMs- Weibchen mangeln die Chitin-
flecke in den Ecken der Lefzen. Das Weibchen aus dem Kaplande
hat jedoch deutliche Lefzenflecke.
Der Einziehung der THOR'schen Art kann ich aus diesen Gründen
nicht zustimmen. Das tatsächliche Vorhandensein der meiner Ansicht
nach bereits in den bildlichen Darstellungen genügend hervortreten-
den Unterschiede (Genitalorgan!) beider Arten findet seine Be-
stätigung durch das Auffinden des erwähnten Weibchens von A.
convexus S. Thor in den Sammlungen der Expedition.
E. V. Daday's ■^) fig. 7 (seiner tab. 17) des Weibchens von A.
plenipalpis läßt es zweifelhaft erscheinen, ob wir es damit wirklich
1) EüG. V. Daday, Untersuchungen über die Süßwasser- Mikrofauna
Deutsch-Ost- Afrikas, in: Zoologica 1910, Heft 59.
2) F. Koenike, Die von Herrn Dr. F. Stuhlmann in Ostafrika ge-
sammelten Hydrachniden, in: Jahrb. Hamburg, wiss. Anst., Heft 10, 1893.
3) 1. c, 1910.
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. 23
346 Karl Viets,
mit einem typischen plenipalpis-W eihchen zu tun haben. Die nach
hinten gebogenen Napfplatten sprechen meines Erachtens sehr
wenig dafür.
Das von F. Koenike 1898 ^) als Arrhenurus plenipalpis ge-
kennzeichnete Weibchen (p. 326—327, tab. 21, flg. 39—40) ist, wie
E. V. Daday bereits hervorhob, kaum auf das A. plenipalpis Koen.-$,
1893, zu beziehen.
Als für das Gebiet Süd- Afrikas endemische Tiere sind vorläufig
15 Hydracarinen- Arten zu bezeichnen und zwar:
Lininocliares teuuiscutata n. sp.
Eylms purcelli S. Thok
— lightfooti S. Thor
— variabilis S. Thor ^)
— (Capeulais) cra^sipalpis S. Thor
Thyas octopora n. sp.
Diplodontus despiciens capensis n. var.
Limnesia africaua S. Thor
Hygrohates sarsi (8. Thor)
— sigtiiori n. sj).
Piona tridens (S. Thor)
Arrhenurus purceUl S. Thor
— capensis S. Thor
— meridionalis S. Thor
— convexus S. Thor.
Auch aus anderen Gebieten sind bekannt:
Eylais voelizkowi Koen. — Madagaskar, Rußland
Oxus siuhlmanni (Koen.). — Zentral-Afrika, Kamerun
Piona longicornis (0. F. M.), Unionicola crassipes (0. F. M.), Lünnesia
undulata (0. F. M.) ^) und Diplodontus despiciens (0. F. M.) sind
Formen von weitester Verbreitung in Europa, zum Teil auch in den
übrigen Kontinenten.
Alle bis jetzt bekannten süd- afrikanischen Wassermilben sind
solche eurythermen Charakters.
1) F. Koenike, Hydrachniden-Fauna von Madagaskar und Nossi-Be,
in: Abb. Senckenberg. naturf. Ges. Frankfurt, 1898, Vol. 21.
2) E. variabilis S. T. = Syn. E. dcgeneraia F. Koen. Vgl. Daday,
1. c, 1910, p. 239.
3) Von S. Thor 1898 für Afrika signalisiert, in der Arbeit von
1902 nicht wieder aufgeführt.
Hydracarinen aws dem Kaplande. 347
Literaturverzeichnis.
1910. V. Daday, Eug., Untersuchungen über die Süßwasser-Mikrofauna
Deutsch-Ost- Afrikas, in: Zoologica, Heft 59, 314 pp., 18 tab. u.
19 Textfigg.
1906. Halbert , J. N. , Zoological results of the Third Tanganyika
Expedition, conducted by Dr. W. A. CUNNINGTON, 1904 — 1905.
Report on the Hydrachnida, in : Proc. zool. Soc. London, p. 534 bis
535, fig. 1—2.
1893. KOENIKB, F., Die von Herrn Dr. F. Stuhlmann in Ostafrika
gesammelten Hydrachniden des Hamburger naturhistorischen Museums,
in: Jahrb. Hamb. wiss. Anst., Heft 10, p. 1 — 55, tab. 1 — 3.
1898. — , Hydrachniden-Fauna von Madagaskar und Nossi-Be, in : Abh.
Senckenberg. naturf. Ges. Frankfurt, Vol. 21, p. 295—435, tab. 20—29.
1909. — , Acarina, in: A. Brauee, Die Süßwasserfauna Deutschlands
(Jena), Heft 12.
1910. — , Ein Acarinen- insbesondere Hydracarinen- System nebst hydra-
carinologischen Berichtigungen , in : Abh. naturw. Ver. Bremen,
Vol. 20, p. 121 — 164 mit 3 Textfigg.
1912. — , Neue Hydracarinen aus der TJnterfamilie der Hydryphantinae,
in: Zool. Auz., Vol. 40, p. 61—67, fig. 1—4.
1897 — 1900. PlERSiG, R., Deutschlands Hydrachniden, in: Zoologica,
Heft 22.
1900. — , Referate, in: Zool. Ctrbl., Vol. 7, p. 614.
1901. — , Hydrachnidae, in: Tierreich, Lief. 13.
1898. Thor, Sig., En ny hydrachnide-slegt fra Syd- Afrika, in: Christiania
Vidensk.-Selsk. Forhandl. for 1898, No. 1, p. 1—4.
1898. — , Capobates Sarsi en ny Hydrachnide fra Kap, Syd-Afrika, in:
Arch. Math. Naturvid., Vol. 20, No. 5, p. 1—6, tab. 4.
23*
348 Kari. Viets,
1902. Thoe, Sig., South African Hydrachnids (First Paper), in: Ann.
South African Mus., Vol. 2, Part 11, p. 447—465, tab. 16—21.
1911. — , Nomenklatorische Notiz über Arrhenurus honoratus nov. nom.
(Synonym: Arrhenurus meridioualis Dadat), in: Zool. Anz., Vol. 38,
No. 1, p. 32.
1912. Vlets , K., Hydracarinen aus Kamerun, in: Arch, HydrobioL,
Vol. 8, p. 156—178, tab. 1 — 3.
1913. — , Hydracarinen-Fauna von Kamerun, ibid., Vol. 9, 148 pp. u.
11 Taf.
Hydracariuen aus dem Kaplande. 349
Erklärung der Abbildimgeu.
Tafel 12.
Fig. 1. Limnochares tenuiscutata n. sp., Palpe.
Fig. 2. Dsgl., Palpenendglied.
Fig. 3. Dsgl., Rückenplatte mit Augen.
Fig. 4. Thyas octopora n. sp., rechte Palpe am Maxillarorgan.
Fig. 5. Limnochares crinita F. Koenike, Hautbesatz.
Fig. 6. Limnochares tenuiscutata n. sp., Hautbesatz.
Fig. 7. Thyas octopora n. sp., Dorsalseite.
Fig. 8. Dsgl., Ventralseite.
Fig. 9. Dsgl., linke Palpe.
Fig. 10.^) Diplodontus despiciens capensis n. var., Linke Palpe.
Fig. 11. Dsgl., Mandibel.
Fig. 12. Thyas octopora n. sp., Genitalorgan.
Fig. 13.^) Limnesia africana S. Thor, Epimeren und Genitalfeld.
Tafel 13.
Fig. 14.^) Diplodontus despiciens capensis n. var., Epimeren und
Genitalfeld.
Fig. 15. Dsgl., Genitalklappen.
Fig. 16. Dsgl., Maxillarorgan in Seitenlage.
Fig. 17. Hygrohates sigthori n. sp., linke Palpe des Weibchens.
Fig. 18. Dsgl., Mandibel des Weibchens.
1) Vgl. auch Taf. 13 Fig. 14—16.
2) Vgl. auch Taf. 13 Fig. 21—22.
3) Vgl. auch Taf. 12 Fig. 10—11.
350 Karl Viets, Hydracariaeu aus dem Kaplande.
Fig. 19. -Dsgl., Epimeren und Genitalfeld des Weibchens.
Fig. 20. Dsgl., Grenitaloigan des Weibchens.
Fig. 21.^) Limnesia africana S. Thor, Palpe des Weibchens.
Fig. 22. Dsgl., Mandibel des Weibchens.
Fig. 23.2) Piona tridens (S. Thor), Endglied vom 3. Bein des
Männchens (Samenüberträger).
Tafel 14.
Fig. 24.^) Piona tridens (S. Thor), Epimeren und äußeres Genital-
organ des Männchens.
Fig. 25. Dsgl., linke Palpe des Weibchens.
Dsgl., äußeres Genitalorgan des Weibchens.
Arrhemiriis vieridionalis S. Thor , Weibchen von der
Dsgl., Männchen von der Unterseite ; wegen Undurchsichtig-
keit des (einzigen) Exemplares mediane Details nicht zu erkennen.
Ärrhenuriis oneridionalis S. Thor, rechte Palpe des $,
Dsgl., linke Palpe des ^, Innenseite.
Arrhenuriis convexus S. Thor, Ventralseite des $.
Dsgl., Mandibel des $.
Dsgl., linke Palpe des $, Innenseite.
1) Vgl. auch Taf. 12 Fig. 13.
2) Vgl. auch Taf. 14 Fig. 24—26.
3) Vgl. auch Taf. 13 Fig. 23.
Fig.
26.
Fig.
27.
Unterseit(
3.
Fig.
28.
keit des |
[einz
Fig.
29.
Innenseite
1.
Fig.
30.
Fig.
31.
Fig.
32.
Fig.
33.
Nachdruck verboten.
Vbersetzungsrecht vorbehalten.
Zur Fauna von Nord-Neuguinea.
Nach den Sammlungen von Dr. P. N. van Kampen und
K. Gjellerup aus den Jahren 1910 und 1911.
Descrizione di alcuni Oligocheti della Nuova Guinea
settentrionale.
Del
Dr Luigi Coguetti de Martiis.
(Aiuto al Museo di Anat. Comp, della R. Universitä di Torino.)
Con 11 Fignre nel testo.
II materiale descritto in questa nota venne raccolto dai Siggri
Dr P. N. VAN Kampen e Dr K. Gjellerup durante un viaggio di
esplorazione (1910 — 1911) nella regione Orientale della N. Guinea
olandese e nella confinante N. Guinea tedesca..') L'interessante
collezione appartiene al Museo Zoologico di Buitenzorg (Giava).
Essa comprende 10 specie, di cui 26 nuove; due soli generi sono
rappresentati : Pheretima e Dichogaster.
AI Dr VAN Kampen, che cortesermente mi affldö in studio la
collezione, esprimo qui i miei sinceri ringraziamenti.
1) Dal Dr P. N. van Kampen ho avuto le seguenti indicazioni sulle
localite noininate in questo lavoro. „Hollandia" nome di un bivacco
situato suUa costa occidentale della Baia Humboldt (2*' 32' 29" lat. sud,
1400 44' 12" long, or.); „Zoutbron" bivacco sul fiume Begowre (3** V 13"
lat. sud, 140** 57' 30" long, or.); „Hoofdbivak" situato sul fiume Impera-
trice Augusta (40 A' 18" lat. sud, 140» 7' 15" long. or.). Le altre
localitä si trovano indicate sulla carta geografica unita a un articolo del
Sigr F. J. P. Sachse pubblicato in „Tijdschrift v. h. Kon. Nederlandsch
Aardr. Gen.", Vol. 29, 1902, p. 36.
352
LUIGI COGNETTI DE MaRTIIS,
Fam. Megascolecidae.
Subfam. Megascolecinae.
PheretiiHfi Joechana Cogn.
Ph. j. CoGNBTTi 1912, in: Nova Guinea, Vol. 5, p. 544, ubi lit.
Un solo esemplare, sprovvisto di clitello. I suoi caratteri
corrispondono perfettamente a quelli riferiti nella mia descrizione.
Le sue dimensioni sono tuttavia un po' magg-iori di quella degli
esemplari tipi: e lungo 385 mm, spesso 9 a 11, e Consta di 416
segmenti.
Loc. : Manca l'indicazione precisa della localitä.
Pheretinia headersoniaua Cogn.
var, coelogaster^) ii, var,
8 esemplari.
Lunghezza 120 — 145 mm , spessoie
4 — 6 mm; segmenti 109—126.
I caratteri di questi esemplari corri-
spondono nel loro insieme a quelli riferiti
nella mia descrizione della forma
typica.^) Non v'e che un nuovo carat-
tere da aggiungere. vale a dire la pre-
senza cos taute di una concavitäin
corrispondenza della regione mediana
ventrale del IS*' segmento (Fig. A, i due
archi punteggiati indicano i limiti late-
ral! della concavitä); in questa conca-
vitä sono comprese le due aperture ma-
schili e due piccole papille interposte a
dette aperture.^) E particolarmente
questo nuovo carattere che mi ho spinto
a fondare una nuova varietä, sia pure
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Fig. A. Pheretinia hendersoni-
ana var. coelogaster n. var.
Regione ventrale del tratto an-
teriore col massimo numero di
papille (schema).
1) y.olXog, concavo ; yaozriQ, venire.
2) In: Ann. Mag. nat. Hist. (8j, Vol. 13, Febr. 1914. La forma
typica venne raccolta nell' Is. Hendersou, Oceano Pacifico meridionale.
3) Queste due papille non sono visibili nei tre esemplari che mi
servirono per la descrizione della f. typica.
Oligocheti della Nuova Guinea settentrionale. 353
con carattere provvisorio. Le papille sui segmenti che s'alternano
con le aperture delle spermateche, al pari di quelle dei segraenti
170 — 21'', sono piü numerose che nella f. typica; la loro distri-
buzione e im po' variabile, Sono costanti tre paia di papille agl'inter-
segmenti 17/18, 18/19 e 19/20, su due linee un po' esterne a
quelle occupate dai pori maschili (Fig. A). Papille sulle stesse linee
e nella stessa regione sono presenti anche nella f. typica, ma al
margine posteriore dei segmenti 19*^ e 20**. Tra i pori maschili si
possono trovare, nella f. coelogaster, 2 — 4 setole.
In un esemplare adulto (alta valle dei fiume Sermowai!) le
papille mediali dei segmenti 20*^ e 21** sono vicinissime al margine
anteriore invece che al posteriore. In un altro esemplare (medesima
localitä) le papille della regione preclitelliana sono auch' esse disposte
in quattro serie longitudinali, due interne e due esterne alle linee
occupate dai pori maschili, ma sono piü numerose che nei rimanenti
esemplari. Cosi sulle linee mediali si trovano le seguenti paia di
papille: un paio presso il margine anteriore dei IT**, un paio sul
solco intersegmentale 17/18, un paio all' avanti e un paio all' indietro
della zona setigera dei 18", un paio all' avanti della zona setigera
dei 19**, un paio rispettivamente sugl' intersegmenti 19/20 e 20/21.
Nelle spermateche va notato che il canale muscolare puö pre-
sentare una lunghezza inferiore a quella dell' ampolla principale, e
che il diverticolo e piegato strettamente alla base come nella f. typica.
Loc: Alta valle dei fiume Sermowai, nella foresta, 27./4. 1911;
Bivacco „Hollandia" (v. la nota 1 a pag. 351); tra la costa meridionale
della Baia Humboldt e il fiume Tami, 17./5. 1910; Njäo, 14./6.
1910.
Pheretima ardlta n. sp,
Un esemplare adulto.
Caratteri esterni. — Lunghezza 24mm, spessore 1,5 a 2 mm;
segmenti 88.
Colore bruno.
Capo pro-epilobo 1/2, segmenti 9*^—13** triannulati; coda (rigene-
rata!) lunga 3 mm e formata di 30 segmenti.
Setole: 94 al 10^ 76 al 13«, 60 al 23" segmento.
Pori dorsali a partire dall' intersegmento 12/13.
Clitello 14"— 16", privo di setole.
Pori maschili al 18", tumidi; tra essi a compreso circa '/.^ dei
perimetro segmentale, ma mancano le setole.
354 LüIGI COGNETTI DE MaRTIIS.
Poro femminile al 14'*.
Aperture delle spermateche cinque paia, distribuite nei solchi
intersegmeiitali 4/5 — 8/9, sulle medesirae linee longitudinali su cui
si trovano i pori maschili.
Papille copulatrici ventosiformi : un paio rispettivamente ai
segmenti 8», 9^ 10^ 17^ 19°, 20" e 21°, all' avanti della zona setigera,
e SU due linee un po' mediali a quelle occupate dai pori maschili.
Ai segraenti 22" — 24", sul lato destro, si trova rispettivamente
una tumefazione disposta in modo analogo alle papille che precedono.
Caratteri interni. — Dissepimenti : 5/6 — 7/8 robusti, 8/9
sottile, 9/10 assente, 10/11 e 11/12 robusti.
Ventriglio all' 8"; intestino sacculato privo di ciechi. Cuori ai
segmenti 10"— 13".
Nefridi diifusi.
Organi genitali. Non ho potuto riconoscere con sicurezza
la disposizione delle capsule e dei sacchi seminali.
Apparato prostatico con porzione ghiando-
lare distribuita nei segmenti 17"— 19"; canale
sigmoide, ingrossato presso il poro esterno. Börse
copulatrici assenti.
Spermateche in numero di cinque paia, distri-
buite al margine anteriore dei segmenti 5" — 9".
Ampolla piriforme, mal distinta, esternamente, dal
canale ; diverticolo claviforme piü corto dell' ampolla
Fig^- B- e canale presi assieme (Fig. B).
Fh. ardita n. sp. Loc. : Bivacco „Zoutbron" (v. la nota 1 a
^^48*^1^''* pag. 351), giugno— luglio 1910.
Ph. ardita mostra qualche rassomiglianza con
Ph. sentanensis Cogn. ^) che e pure stata raccolta in Nuova Guinea,
ma in quest' ultima la porzione ghiandolare delle prostate e collocata
nei 18" segmento, e inoltre sono presenti setole al clitello e 12 setole
fra i pori maschili.
1) cf. in: Nova Guinea, Vol. 5, livr. 5, 1912, p. 551 e tav. 22
figg. 20—24.
Oligocheti della Nuova Guinea settentrionale. 355
I^heretirmi oinakesis n» sp.
ün esemplare quasi adulto.
Caratteri esterni. — Lurij^hezza 40 mm, spessore 3 — 4 mm ;
segmenti 115.
Colore biancastro. Capo pro-epilobo 1/2.
Setole in numeio di circa 50 ai segmenti della regione mediana
del corpo, molto piü numerose ai segmenti preclitelliani. Dopo il
clitello appaiono distinti gl' intervalli mediani dorsale e ventrale nelle
corone delle setole {aa = 2ab; ^^ = 3/2^^).
Primo poro dorsale all' intersegmento 12/13.
Clitello, ancora mal distinto, esteso sui tre segmenti 14^ — 16"
che sono ancora provvisti di setole.
Pori maschili al 18", attraverso ad esse sporgono i peni. Tra
i due pori v'e un intervallo pari a circa V^ del perimetro segmentale
e munito di 6 setole.
Sono presenti due piccole papille copulatrici al 10*^ segmento,
davanti alla Corona di setole, ravvicinate alla linea mediana ventrale.
Entrambe le papille sono sorrette da una larga intumescenza che
sta essa pure nella regione ventrale del 10** segmento davanti alla
Corona di setole.
Aperture delle spermateche in un solo paio nel solco inter-
segmentale 7/8, nella stessa direzione dei pori maschili.
Caratteri intern i. — Dissepimenti 5/6 — 7/8 robusti, 8/9 e
9/10 assenti.
Ventriglio ben sviluppato e posto fra i dissepimenti 7/8 e 10/11 ■
intestino sacculato a partire dal 15** segmento, privo di ciechi,
Cuori ai segmenti 10** — 13".
Nefridi ditfusi.
Organi genitali. Due paia di capsule seminali al 10" e
11"; ogni paio racchiude un paio di testes. Le capsule sono ben
sviluppate e rimontano verso il dorso a fianco dell'esofago; v'e
comunicazione sottoesofagea fra le due capsule di uno stesso paio.
Un primo paio di sacchi seminali e situato nel 10" segmento, incluso
nelle capsule seminali di questo medesimo segmento, ma comunicante
con le capsule dell' 11". I sacchi del primo paio sono piccolissimi.
Un secondo paio di sacchi seminali, allungati, pende libero nel
12" segrmento.
356
LUIGI COGNETTI DE MaRTIIS,
Prostate con porzione ghiandolare nettamente biloba, distribuita
nei due segmenti 18^ e 19*^. II canale muscolare e curvato ad ansa
anteriormente e aumenta un po' in spessore presso la borsa copulatrice.
Qaest' ultima appare completa-
mente evaginata assieme al
pene, che ha forma allungata
(ca. 1 mm) e termina in punta
acuta.
Spermateche in numero di
un solo paio situate all' 8*^ seg-
mento. La loro ampolla e molto
sviluppata, piriforme; il canale
e corto, un po' ritorto e prov-
visto di un piccolo diverticolo globoide, sessile (Fig. C).
Loc: Oinake, 31/5. 1910.
Questa nuova specie e specialmente distinta dall' insieme di
questi caratteri: papille al 10" segmento, forma delle spermateche,
assenza di ciechi intestinali. Presi assieme possono bastare a
distinguere Vh. oinakensis dalle altre specie congeneri munite di un
solo paio di spermateche.
Fig. C.
Ph. oinakensis n. sp. Spermateca.
17 : 1.
Phef'etinia kanipeni ^) it. sp.
3 esemplari mediocremente conservati: uno solo di essi prov-
visto di clitello.
Caratteri esterni. — I due esemplari maggiori sono lunghi
rispettivamente 465 e 365 mm, spessi 10 mm, e constano di 380 e
318 segmenti.
Colore bruno grigiastro.
Capo zigolobo (?) : il cattivo stato di conservazione e la cavitä
boccale estroflessa impediscono di riconoscere con precisione questo
carattere. Segmenti preclitelliani tri — o quadriannulati; parecchi
segmenti, a partire dal 20^', sono pure triannulati.
Setole piccole e serrate: 180—200 sia all' 8° che al 20" segmento:
non vi sono intervalli costanti alle corone di setole.
Clitello 14° — 16", rivelata da una pigmentazione bruno-violocea
sui fianchi e sul dorso (esemplare non completamente adulto!). Man-
cano setole al clitello.
1) Dedicata al Dr P. N. van Kampen.
Oligocheti della Nuova Guinea settentrionale. 357
Primo poro dorsale all' intersegmento 12/13.
Pori maschili al 18", al centro di due piccoli tubercoli circo-
scritti rispettivamente da im' area circolare divisa in due arcbi semi-
lunari dalla zoiia setig-era del detto segmento.
L'intervallo fra i due pori maschili e uguale a 1/4 del perimetro
segraentale e contiene 9 setole (15 in un grosso esemplare privo di
clitello).
Poro femminile al 14".
Aperture delle spermateche in numero di un paio, nel solco
intersegmentale 7/8, sulle stesse linee del pori maschili. Fra queste
due linee si contano 65 setole all' 8" segmento. Ogni apertura di
spermateca e sorretta da un piccolo tubercolo.
Alla regione ventrale dei segmenti 10" e 11" e presente una
macchia brunastra rettangolare disposta trasversalmente, la quäle
s'estende dal margine anteriore fino quasi al margine posteriore del
segmento.
Caratteri interni. — Dissepimenti 5/6—7/8 e 9/10 molto
ispessiti, quelli che seguono piü o meno sottili; 8/9 assente.
Ventriglio ben sviluppato, posto fra i dissepimenti 7/8 e 9/10,
piü vicino a quest' ultimo. Intestino sacculato dal 15", privo di
ciechi. Cuori ai segmenti 10" — 13". Nefridi diffusi.
Organ i genitali. Capsule seminali piccole, situate sotto
l'esofago nei segmente 10" e 11"; lo stato di conservazione imper-
fetto degli esemplari mi ha impedito di riconoscere se vi e comuni-
cazione fra le varie capsule. Sacchi seminali
in numero di due paia, situati ai segmenti 11"
e 12"; la loro forma e allungata in direzione
della regione dorsale. Ogni sacco seminale
e provvisto all' estremitä di un' appendice
digitiforme lunga quanto il sacco stesso e
an che piü.
Prostate al 18": porzione ghiandolare
mediocre reniforme, dotata di una regione Fig. D.
ilare a tinta piü scura dalla quäle s'origina Pheret. kampeni n. sp.
11 canale muscolare curvo ad ansa e ispessito Prostata. 6 : 1.
nei suoi 2/3 distal! (Fig. D).
Un paio di spermateche all' 8", di forma allungata; l'ampoUa
sacciforme e lunga quanto il canale. Questo ha parete molto
robustae s'attenua presso l'apertura esterna. Nello spessore della
358 LUIGI COGNETTI DE MaRTIIS,
tiinica muscolare del tratto prossimale del canale
si trovano 6 piccoli diverticoli visibili per tra-
sparenza in forma di macchie biancastre allungate
(Fig. E).
Loc: Njao, 15./6. 1910.
Pheretima Jcampeni appartiene al piccolo
gruppo di Pheretima prive di ciechi intestinali e
provviste d'un solo paio di spermateche. I carat-
teri foi'iiiti dalle spermateche sono sufficenti per
distinguere la niiova specie dalle specie piü
Fig-. E. affini. Sono forse anche un buon carattere di-
Pheref knmpem gtintivo le due paia di macchie scure ai segmenti
n. Si). ^ perma eca. ^^^ ^ ^^^
Pheretima gjeUernpl ^) n, sp,
4 esemplari, uno dei quali provvisto di clitello.
Caratteri esterni. — Lunghezza 95 — 100 mm, spessore
6 — 7 mm ; segmenti circa 88.
Colore bruno-violaceo dorsalmente, cenerognolo ventralmente.
Capo pro-epilobo 1/3.
Setole piu serrate ventralmente che dorsalmente: 55 setole al
6" segmento, 80 al lO*', 100 al 26**. Le corone setigere mostrano
una breve interrnzione sulla linea mediana dorsale.
Clitello sviluppato su tutta la superfice dei segmenti 14** — 16",
che sono privi di setole; la sua tinta e bruno-violacea.
Primo poro dorsale tra i segmenti 12*^ e 13*^.
Aperture maschili al 18" segmento; ogni apertura e circoscritta
a poca distanza da due macchie oleose o da due depressioni in forma
di mezzaluna, situata una davanti e l'altra dietro l'apertura stessa.
Medialmente ad ogni apertura maschile si scorge talora una papilla
piatta.-) Le due aperture maschili sono separate da un intervallo
che corrisponde a Vö ^^1 perimetro segmentale ed e provvisto di
10—12 setole.
Apertura femminile al 14" segmento.
Aperture delle spermateche in numero di quattro paia distribuite
nei solchi intersegraentali 5/6 — 8/9, nella medesime direzioni delle
aperture maschili. Ogni apertura di spermateca e circoscritta da
1) Dedieata al Di" K. Gjellekup.
2) Non riconoscibile negli esemplari del bivacco „Zoutbron".
Oligocheti della Nuova Guinea settentrionale. 359,
una macchia scura. Davanti alle aperture del penultimo e dell' ultimo
paio, cioe dietro alle corone setigere dei segmenti 7** e 8", si scorge
un paio di papille platte.')
Caratteri interni. — Dissepimenti 5/6—7/8 lievemente
ispessiti, 8/9 assente. Pure lievemente ispessiti i dissepimenti
9/10—11/12. il primo di questi mostra l'inserzione parietale
arretrata fino a metä dell' 11** segmento, mentre il dissepimento
10/11 s'inserisce alla parete del corpo nella metä posteriore dell' 11^
segmento.
Ventriglio ben svilluppato. sito tra i due dissepimenti 7/8 e
9/10, piii vicino a quest' ultimo. Intestino sacculato a partire dal
15" segmento; ciechi semplici e protesi in avanti dal 26" al 23"
segmento. Cuoii ai segmenti 10" — 13".
Nefridi diffusi.
■ Organi genitali. Pheretima gjellerupi e metandra; le sue
capsule seminali, situate nell' 11" segmento, sono ben sviluppate. Non
mi la dato riconoscere con sicurezza una comunicazione sottoesofagea
fra le due capsule, ma non escludo la sua presenza. I sacchi seminali
sono auch' essi ben sviliippati; sono situati al 12" segmento e spingono
all' indietro il dissepimento 12/13. Ogni sacco e provvisto di una
appendice digitiforme assai piü corta del sacco stesso.
Le prostate mostrano la massa ghiandolare divisa in due lobi
distribuiti nei segmenti 18" e 19" o nel 18" soltanto. II canale
muscolare descrive un giro di spira nel 18" segmento e raggiunge
il poro maschile; la metä distale del canale e piü spessa di quella
prossiraale, ma una borsa copulatrice manca.
Spermateche in numero di quattro paia, distri-
buite nei segmenti 6" — 9". L'ampolla e sacciforme
e sufficentemente distinta dal canale che e corto
e provvisto, presso l'apertura esterna, di un di-
verticolo a peduncolo cortissimo. Questo diverti-
colo lascia riconoscere, anche a un' esame esterno,
una costituzione pluriloculare (Fig. F). ^^^- ^•
"Loc: Alta valle del fiume Sermowai, circa Pheret gjellerupi
' n. sj). Spermateca.
400 m. s. m., nel fango, 10./5. 1911; Bivacco Zout- q.i
bron, giugno 1910.
1) Non riconoscibile negli esemplari del bivacco „Zoutbron".
360 LuiGI COGNBTTI DE MaRTIIS,
L'insienie dei caratteri: metandria, forma, iiumero e posizione
delle spermateche vale a distiuguere Ph. gjellerupi dalle specie con-
generi piii affini.
Pheretinia sp.
Un esemplare privo di clitello.
Loc: Sorgenti del fiume Pomora, 1000—1400 m. s, m.
Pherethna (Parfipheretinia) sermowaiana n. sj),
3 esemplari provvisti di clitello.
Caratteri esterni. — Lung-hezza 175 e 150 mm, spessore
8 mm; segmenti 115 e 198.
Forma cilindrica. Colore bruno-rossastro sul dorso, con strette
fascie setigere biancastre ; queste fascie s'allargano un po' sui fianchi
per confondersi colla tinta uniforme bianco-giallastra della regione
ventrale.
Capo pro-epilobo 1/3.
Setole in corone continue: 72 al 3*^ segmento, 100 al 10", 110
al 26".
Pori dorsali a partire dall' intersegmento 12/13.
Clitello ai segmenti 14*^—16*^, sprovvisto di setole; ha tinta
bruno-violacea, con tre fascie annulari meno scure.
Aperture maschili al 18", a margini tumefatti; le separa
un' intervallo pari a 1/4 del perimetro segmentale e munito di 30
setole. Papille copulatrici assenti.
Apertura femminile al 14".
Aperture delle spermateclie in numero di due paia, distribuite
nei solchi intersegmentali 6/7 e 7/8, nella medesima direzione delle
aperture maschili.
Caratteri interni. — Dissepimenti: 4/5—6/7 mediocremen te
ispessiti al pari di 10/11—13/14; 7/8 leggerraente ispessito; 8/9 sottile;
9/10 assente.
Ventriglio ben sviluppato, all' 8" segmento; intestino sacculato
e partire dal 15": i suoi due ciechi sono semplici, protesi tre segmenti
in avanti o contenuti nel 26" (in un esemplare notai la prima dis-
posizione al lato destro la seconda al sinistro), Cuori ai segmenti
10"— 13".
Nefridi diifusi.
Oligocheti della Nuova Guinea settentrionale.
361
Organi genitali, Capsule seminali globose, sottoesofagee,
in numero di diie paia disposte ai segmenti 10" e 11'^. Le capsule
di uno stesso lato comunicano fra di loro, ma non v'e comunicazione
fra le due capsule di uno stesso segmento. Sacchi seminali ben
sviluppati, in numero di due paia disposte ai segmenti 11*^ e 12*^,
provvisti di appendice digitiforme. Sacchi ludimentali al 13". Ovari
al 13", sacchi ovarici al 14" segmento,
Prostata con porzione ghiandolare bianca ben sviluppata, de-
pressa contro la parete latero-ven-
trale del corpo, nei tre segmenti
17"— 19", e provvista di intagli
marginali, di cai uno, anteriore, piü
profondo. II canale, sottile e curvo
ad ansa, riunisce la detta porzione
ghiandolare alla borsa copulatrice
globoide, mediocre, situata nel 18"
segmento. La borsa copulatrice e
provvista di un' appendice ghiando-
lare a parete poco muscolosa, che
s'estende dal 19" fino nel 2^" seg-
mento, e puo apparire ripiegata Pheret [Paraph] sermowaiana n. sp.
SU se stessa all' estremitä libera Prostata. 2:1.
(Fig. G).
Spermateche in numero di due paia, distribuite nei seg-
menti 7" e 8". L'ampolla, ovoide, si continua,
restringendosi , in un canale di lunghezza pres-
soche uguale. Quest' ultimo riceve presso l'apertura
esterna un diverticolo claviforme a peduncolo
piegato a zig-zag (Fig. H). La lunghezza del
diverticolo oltre-passa quella del canale. Canale
e parte distale dell' ampolla sono rivestiti da fitte
villositä gliiandolari (omesse nella figura) che si ^^§"- ^•
ritrovano anche sulla superfice interna dei seg- -P^'^*'^*^- (Paraph.)
,. _,, ^„ ° sermoioaiana n. sp.
mentl 7" e 8". Spermateca. 6:1.
Loc. : Alta valle del fiume Sermowai, a ca.
400 m s. m., 27./3. 1911; Tepik, a ca. 450 km dalla foce del fiume
Imperatrice, 16./10. 1910.
Questa nuova specie e maggiormente affine a Ph. (Paraph.) alJc-
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. 24
Fiof. G.
362
LUIGI COGNETTI DE M ARTIIS,
mao/rica Cogn. ^). Ph. (P.) iiendessiana Cogn. 2), Ph. (P.) outakwana
CoGN. ^), raa anche da questa e distinta soprattuto per caratteri del-
l'apparato riproduttore.
Pheretinia {Fcnxipheretima) grata n. sp.
2 esemplari adulti ma in mediocre stato di conservazioiie.
Caratteri esteriii, — Limgliezza 120 e 130 mm, spessore
4 mm. Segmenti 99 e 83.
Colore brimo uniforme.
Capo pro-epilobo 1/2.
Setole in corone prive d'interruzioni costanti; 44 setole al
6^ segmento, 74 al 10», 65 al 26^
Clitello sui segmenti 14^ — 16*^, che sono privi di setole.
Aperture maschili al 18°; tra esse v'e un intervallo pari a Vs
del perimetro segmentale, e in questo intervallo si contano 13 setole.
Apertura femminile al 14*^.
Aperture delle spermateclie in numero di due paia, distribuite
negl' intersegmenti 5/6 e 6/7, nelle medesime direzioni delle aperture
maschili.
Caratteri interni. — Dissepimenti: 5/6 e 6/7 mediocremente
ispessiti, 7/8 sottile, 8/9 sottile e incompleto, 9/10 e seguenti .sottili.
Ventriglio robusto all' 8*^ segmento; intestino sacculato a partire
dal 15^ privo cli ciechi. Cuori lO'^— 13".
Nefridi diffusi.
Organ i genitali. Capsule seminali ben sviluppate, in numero
di due paia, situate ai segmenti
10** e 11°, e prolungate dalla
regione ventrale sui fianchi del-
l'esofago. Le due capsule di
un raedesimo segmento non co-
municano fra loro. Le capsule
del 10" segmento formano col
loro prolungamento laterale una
sorta di anello chiuso in cui
passa il cuore del lato corri-
Fig. J. Pheret. (Paraph.) grata n. sj).
öffdi Capsule e sacchi seminali. 4,5 : 1.
1) In: Nova Guinea, Vol. 9, Zool., livr. 3, p. 298, Leida 1912.
'^^^ 2) In: Nova Guinea, Vol. 5, Zool., livr. 5, p. 560, Leida 1912.
3) In: Trans, zool. Soc. London, 1914.
Oligocheti della Nuova Guinea settentrionale.
363
spondente (Fi^. J); le capsule dell' 11" mostrano invece il pro-
lungamento laterale diviso in due lobi fra i quali passa uii
cuore. E presente al 12" segmento im paio di sacchi seminali
mediocri, allungati verso il dorso; al 13" v'e im paio di sacchi
rudimentali.
Le prostate presentano una porzione ghiandolare biaiica divisa
in tre lobi, distribuiti nei segmenti 17" — 19" (Fig. K Z, li, In). H
canale raiiscolare e piegato in nn' ansa
diretta in avanti: il tratto distale del-
l'ansa e in parte piii robiisto del prossi-
male. II canale s'apre in una borsa
copiilatrice mediante un ultimo tratto,
corto, sottile, e arcuato. Ogni borsa
copulatrice riceve dal lato mediale due
piccoli fasci di canali (Fig. K cn) che
provengono da due ammassi di ghian-
dole tiibulose situati l'uno nel 17" l'altro
nel 19" segmento {gl), e avvolti ognimo
da una tenue membrana.
I canali efferenti di queste ghian-
dole sono un po' ondulati, e si riuni-
scono in parte presso lo sbocco nella
borsa copulatrice; sono in parte compresi nello spessore dellaparete
della borsa raedesima.
Spermateche in numero di due paia, dis-
poste nei segmenti 6" e 7". Ampolla reni-
forme o globosa, canale ben distinto. Diver-
ticolo ovoide allungato, con pedimcolo sot-
tile, inserito all' estremitä distale del canale
(Fig. L).
Loc. : „Hoofdbivak" presso il fiiime Im-
peratrice Augustal2./10. 1910.
Ph. {Paraph) grata e nettamente distinta
dalle altre specie del medesimo sottogenere
per la posizione delle spermateche; invero in essa questi organi
si trovano al 6" e 7" segmento mentre nelle altre specie conosciute
di ParapJwretima si trovano al 7" e all' 8". Va pure notata la
disposizione delle capsule seminali, che ricorda un po' quanto s'osserva
in Ph. biserialis (E. Peeeier).
24*
Fig. K.
Pheret. {Paraph.) grata n. sp.
Prostata sinistra. 6,5 : 1.
Fig. L.
Pheret. {Paraph.) grata
n. sp. Spermateca.
6,5 : 1.
364 LuiGi CoGNETTi DE Martiis, Oügocheti della Nuova Guinea settentrionale.
Subfam. Trigastrinae.
Dichof/aster sp.
Due esemplari adulti, im po' putrefatti.
Loc: Alta valle del fiume Sermowai, sotto le foglie nella
foresta, a ca. 400 m s. m., 1./5. 1911 ; Zoutbron, giugno — luglio 1910.
Torino, novembre 1913.
Nachdruck verboten.
Übersetzungsrecht vorbehalten.
Zur Fauna von Nord-Neuguinea.
Nach den Sammlungen von Dr. P. N. van Kampen und
K. Gjellerup aus den Jahren 1910 und 1911.
Amphibien.
Von
P. N. van Kampen.
Die unten bearbeitete Amphibiensammlung wurde zum größten
Teile von mir selbst zusammengebracht, als ich im Jahre 1910
während einiger Monate dem in dem nördlichen Teile von Neuguinea
unter Kommando von Kpt. F. J. P. Sachse arbeitenden Nieder-
ländischen Explorationsdetachement als Zoologe beigegeben war.
Nach meiner Rückreise setzte Herr K. Gjellerup, Militärarzt des
Detachements , meine Arbeit fort. Diesem Herrn und den anderen
Offizieren des Detachements wie auch den Mitgliedern der zu gleicher
Zeit unter Leitung von Herrn J. L. H. Luymes arbeitenden Nieder-
ländischen Grenzkommission habe ich vielfache Unterstützung zu
danken.
Die Fundstellen liegen alle im nordöstlichen Teile von Nieder-
ländisch oder im westlichen Teile von Deutsch Neuguinea. „Hollandia"
ist ein Biwak an der Westküste der Humboldtbai (2" 32' 29" s. ßr.,
140° 44' 12" ö. L.), „Zoutbron" ein Biwak am Begowre-Fluß (3" T 13"
s. Br., 140° 57' 30" ö. L.) , „Hoofdbivak" liegt am Kaiserin-Augusta-
Fluß auf 4« 4' 18" s. Br., 141° 7' 15" ö. L., „Pionierbivak" auf 4n6'
48"s.Br., 141°57'52"ö.L. an demselben Fluß. Der Mbai ist ein
366 P. N. VAN Kampen,
kleiner Fluß, welcher bei Hollandia in die Humboldtbai mündet, der
Tjahe ein linkes Seitenflüßclien des Mosso.
Die übrigen Fundorte findet man auf der zu einem Artikel von
Herrn Sachse in: Tijdschr. Nederl. aardrijksk. Gen. (2), Vol. 29,
1912 (p. 36) gehörigen Karte.
Hylidfie.
1. Mfjla infrafrenata Gthe.
BoULENGEE, Cat. Batr. Sal., 1882, p. 384 (Hyla dolichopsis); in: Zool.
Jahrb., Suppl. 15, Bd. 1, 1912, p. 211.
Umgebung des Sentani-Sees, 2 Expl.
Umgebung der Humboldtbai: Hollandia, 4 Expl.
Am Kaiserin-Augusta-Fluß :
Pionierbivak, 3 Expl.
Hoofdbivak, 3 Expl.
2. Hi/la sanf/uinolenta van Kampen.
VAN Kampen, Nova Guinea, Vol. 9, Zool., Livr. 1, 1909, p. 33, tab. 2,
fig. 3.
Umgebung der Humboldtbai: Hollandia, 1 Expl., $ (60 mm).
Dieses Tier weicht in einiger Hinsicht von den aus dem süd-
lichen Teile der Insel (Nord-Fluss) stammenden Originalexemplaren
ab. Am meisten fällt auf das Fehlen der weißen Tibia-Fleckchen
sowie das Vorhandensein von Seitenwarzen , welche denen von H.
infrafrenata ähnlich sind. Auch ist die Schwimmhaut der Zehen
breiter und sind die Finger etwas mehr eingefaßt (etwa ^/g).
Dennoch stimmt es sonst und auch im ganzen Habitus mit sanguino-
lenta überein und ist demnach eine Bestätigung der von Boulengee ^}
geäußerten Meinung, daß diese Art mit infrafrenata identisch sei.
Jedoch scheint mir zur sicheren Entscheidung ein größeres Material
notwendig.
3. Hyla niontana Ptes. et Dor.
Petees e DOEIA, in: Ann. Mus. civ. Genova, Vol. 13, 1878, p. 423,
tab. 7, fig. 1.
1) In: Zool. Jahrb., Suppl. 15, Bd. 1, 1912, p. 211,
Amphibien von Nord-Neuguinea. 367
IJOULENGEE, Cat. Batr. Sal., 1882, p. 385.
VAN Kampen, Nova Guinea, Vol. 9, Zool., Livr. 3, 1913, p. 454.
Südlich von der Humboldtbai : Pomorra-Fluß, + 760 m, 1 Expl.,
$ (75 mm).
Das Tier unterscheidet sich von der Originalbeschreibung nur
dadurch, daß der Bauch ungefleckt ist und die Schwimmhäute
wenig-er ausgedehnt sind : die äußeren Finger sind etwa ein Drittel
behäutet, und von der 4. Zehe bleiben die beiden Endglieder frei.
Es stimmt hierin ganz mit dem von mir erwähnten männlichen
Exemplar von Süd-Neuguinea (Went-Gebirge) überein. Mit diesem
hat es auch die dunklen Querbinden der Extremitäten und der läng-
lich dreieckige Hautzipfel am Fersengelenk gemein.
Das Tier hatte während des Lebens den Rücken gelbgrün
Sfefärbt.
4. Hfjla bicolor Gray?
BoULENftER, Cat. Batr. Sah, 1882, p. 421 {Hijklla bicolor).
VAN Kampen, in: Nova Guinea, Vol. 5, Zool., Livr. 1, 1906, p. 173.
Umgebung der Humboldtbai: bei Jembe, 1 Expl. juv. (16 mm).
Dieses Tier gleicht genau den früher von mir beschriebenen
jungen Exemplaren von H. bicoJor. Erwachsene Tiere dieser Art
fand ich aber in der Nähe nicht.
5. Hyla boitleugeri Meh.
Mehely, in: Termesz. Füzetek, Vol. 20, 1897, p. 414, tab. 10, fig. 8
(Hijlella houlengeri).
VAN Kampen, in: Nova Guinea, Vol. 5, Zool., Livr. 1, 1906, p. 175;
ibid.. Vol. 9, Zool., Livr. 1, 1909, p. 35.
Umgebung der Humboldtbai: „Hollandia", 1 Expl. (36 mm); nahe
der Südküste der Bai, 1 Expl. (33 mm).
Das letzterwähnte Exemplar war im Leben gelbbraun, der
Bauch weiß, die Unterseite der Oberschenkel zitronengelb. Die
cliarakteristische Zeichnung von H. houlengeri fehlt beiden Tieren,
mit Ausnahme der weißen erhabenen Linie auf dem Unterarm, Sonst
sind aber keine Unterschiede vorhanden, und ich sehe daher keine
Schwierigkeit die vorliegenden Tiere mit H. houlengeri zu identi-
fizieren, zumal mit Rücksicht auf ähnliche Erscheinungen, die ich
368 P- ^- "^^N Kampen,
unten für H. impura mitteile und früher^) für H. Ucolor erwähnt
habe.
Der 2. Finger ist kürzer als der 4.
6. Hyla tliesauretisis Ptes.
Petees, in: Mon.-Ber. Akad. Wiss. Berlin (1877) 1878, p. 421.
BouLENGEE, Cat. Batr. Sal., 1882, p. 409; in: Trans, zool. Soc. London,
Vol. 12, 1890, p. 60, tab. 11, fig. 4.
Mehely, in: Termesz. Füzetek, Vol. 20, 1897, p. 414.
Umgebung der Walckenaerbucht: Sermowai-Fluß, Unterlauf,
+ 70 m hoch, 6 Expl. (11—26 mm).
Umgebung der Humboldtbai:
Hollandia, 1 Expl. (13 mm).
Nahe der Südküste der Bai. 1 Expl. (22 mm).
Unterlauf des Tami, 1 Expl. (16 mm).
Der 2. Finger ist kürzer als der 4.
Im Leben dunkel violettbraun, die hellen Flecken und Binden
des Rückens goldgelb.
Den jungen Tieren, von bis etwa 16 mm Länge, fehlen die
Vomerzähne, wie dies auch bei H. houlengeri und Ucolor der Fall ist.
Auch die Zeichnung variiert mit dem Alter. Bei den meisten jungen
Tieren sind nur drei helle Längsbinden vorhanden, von welchen
immer die beiden lateralen, bisweilen auch die mittlere, in Flecken
aufgelöst sind und die letztere dann nur in ihrem vorderen Ab-
schnitte entwickelt ist. Erst später bildet sich jederseits noch eine
mehr oder weniger unterbrochene helle Längsbinde zwischen den
schon bestehenden und sind dann somit 5 Binden vorhanden.
7, Hyla impura Ptes. et Doeia.
Petees e Doeia, in: Ann. Mus. civ. Genova, Vol. 13, 1878, p. 426,
tab. 7, flg. 2.
Boulengee, Cat. Batr. Sal., 1882, p. 409.
Umgebung der Walckenaerbucht:
Beim Fluß Moaif, am Strande, 1 Expl., ^ (35 mm).
Sermowai-Fluß, Unterlauf, 1 Expl., ^ (43 mm).
Kaiserin- Augusta-Fluß: Hoofdbivak, 1 Expl., ^ (35 mm).
Das Exemplar vom Moaif-Flusse weist die nachfolgenden
weißen Binden und Flecken auf: eine mediane Rückenlinie und
1) In: Nova Guinea, Vol. 5, Zool, Livr. 1, 1906, p. 173.
Amphibien von Nord-Neuguinea. 369
Spuren einer Längslinie an jeder Seite des Rückens; eine Binde
unter dem Auge, welche sich, teilweise unterbrochen, unter dem
Trommelfell bis zu den Schultern fortsetzt; feine Pünktchen auf
dem Unterarm und eine unterbrochene Linie längs dem Hinter-
rande desselben; eine Querlinie unter dem After und vereinzelte
Pünktchen auf den Oberschenkeln. Spuren dieser Zeichnung (nicht
aber die mediane Rückenlinie) zeigen auch die beiden anderen Tiere,
und besonders die Linie auf dem Unterarm ist auch bei ihnen deut-
lich zu erkennen. Alle diese hellen Binden und Fleckchen bilden
auch einen Teil der Zeichnung bei den oben erwähnten Exemplaren
von H. tJtesaurensis, die auch sonst H. impiira sehr ähnlich sind. Ich
würde dieselben unbedingt für junge impura halten, wenn nicht
BouLENGEE ^) die Vermutung ausgesprochen hätte, daß H. thesau-
rensis identisch sei mit einer anderen ungefleckten Species, H.
macrops Blge. von den Salomons-Inseln. Nun scheint aber H.
macrops der H. impura sehr ähnlich zu sein, und der einzige wesent-
liche Unterschied, welchen ich in der Beschreibung auffinden kann,
ist, daß bei macrops der 2. und der 4. Finger gleichlang sind, während
bei impura der 4. länger ist. Wie sich dieses Merkmal bei thesaii-
rensis von den Salomons-Inseln verhält, finde ich nicht erwähnt,
aber die mir vorliegenden oben genannten Exemplare stimmen in
dieser Hinsicht mit H. impura überein. Es scheint mir daher vor-
läufig am wahrscheinlichsten, daß H. macrops von den Salomons-
Inseln und impura von Neuguinea zwei verschiedene, aber nahe
verwandte Arten sind, die beide nur in der Jugend (als H. tliesau-
rensis) eine helle Zeichnung aufweisen.
8. Hyla arfakiana Ptes. et Doeia.
Petees e Doeia, in: Ann. Mus. civ. Genova, Vol. 13, 1878, p. 421,
tab. 6 fig. 2.
BoulengEE, Cat. Batr. Sah, 1882, p. 410.
VAN Kampen, in: Nova Guinea, Vol. 9, Zool., Livr. 3, 1913, p. 456.
Südlich von der Humboldtbai: am Ursprünge des Pomorra-Flusses,
1000—1400 m, 1 Expl., <^ (45 mm).
Die Finger haben bei diesem männlichen Exemplare eine schwache
Bindehaut, die aber nur zwischen den beiden äußeren Fingern ein
wenig über den Metacarpus hinausreicht. Subarticular - Tuberkel
1) In: Trans, zool. Soc. London, Vol. 12, 1890, p. 60.
370 P- N. VAN Kampen,
einfach. Das Tier hat einen subgularen Stimmsack, welcher sich durch
zwei neben der Zunge gelegene Öffnungen in die Mundhöhle öffnet,
wie ich es schon früher angegeben habe.
Von den früher von mir beschriebenen Exemplaren weicht das
vorliegende nur ab durch die schwächer entwickelte Schwimmhaut
der Füße, indem sie zwischen den beiden ersten Zehen nur die Meta-
carpalia einfaßt. Auch ist ein kleiner Hautzipfel am Fersengelenk
vorhanden.
Hißa sp.?
Im Bougainville-Gebirge, + 500 m hoch, viele Kaulquappen.
Ich fand diese Kaulquappen in einem schnellfließenden, klaren
Bach, worin sie sich an den Steinen des Bodens festsaugten. Es
fehlen ihnen noch die Extremitäten, und sie sind nicht mit Sicher-
heit zu bestimmen. Ich erwähne sie nur wegen des Besitzes eines
Saugnapfes, welcher aus einer Vergrößerung der Lippen hervor-
gegangen ist. Daß sie wahrscheinlich einer Hyla-kvt angehören,
schließe ich namentlich aus der Übereinstimmung mit den von mir ^)
als mutmaßlich zu H. papua gehörig beschriebenen Larven, von
welchen sie sich nur in wenigen Punkten unterscheiden. Die
wichtigsten Unterschiede sind ein etwas längerer Schwanz; das
Fehlen der hellen Schwanzbinden; ein etwas kürzerer Saugnapf,
welcher dem Eande entlang eine Reihe kurzer Papillen und auf
jeder Lippe, nach außen von den Zahnreihen, außerdem noch eine
Reihe von sehr kurzen und breiten Papillen trägt, und namentlich
die in zwei Abschnitten geteilten Pigmentbänder beider Kiefer.
Rtmidae.
9. Hana avfalzi Metee.
Petees e DOEIA, in: Ann. Mus. civ. Genova, Vol. 13, 1878, p. 418^
tab. 6 fig. 1.
BoULENGEE, Cat. Batr. Sah, 1882, p. 66.
Umgebung der Walckenaerbucht: Sermowai-Fluß , Oberlauf^
+ 300 m hoch, 1 Expl. (119 mm).
Interorbitalraum so breit wie das Augenlid.
1) In: Nova Guinea, Vol. 9, Zool., Livr. 3, 1913, p. 455.
Amphibien von Nord-Neuguinea. 371
10. Mana iralf/eetisls v. Kampen.
VAN Kampen, in: Bijdr. Dierk., afl. 19, 1913, p. 90; in: Nova Guinea,
Vol. 9, Zool. (Livr. 3), 1913, p. 459.
Umgebung der Tanah-Merah-Bucht: Air Mo-Fluß, 1 Expl. (29 mm).
Wie ich schon hervorgehoben habe, ist dies vielleicht nur eine
junge R. arfaki.
11. Hana pfipua Less.
BOULENGER, Cat. Batr. Sal., 1882, p. 64.
Umgebung der Walckenaerbucht:
Sermowai-Fluß, Unterlauf, 2 Expl.
Sermowai-Fluß, Oberlauf, d= 400 m, 3 Expl.
Umgebung der Tanah-Merah-Bucht :
Am Strande der Bucht, 1 Expl.
Am Air Mo-Fluß, 1 Expl.
Jaona, 7 Expl.
Umgebung des Sentani-Sees, 5 Expl.
Umgebung der Humboldtbai:
Hollandia, viele Expl. und zahlreiche Kaulquappen.
Am Mbai-Fluß. 1 Expl.
Nahe der Südküste der Humboldtbai, 4 Expl.
Im Stromgebiete des Tami-Flusses:
Unterlauf des Tami, 2 Expl.
Koime-Fluß, 1 Expl.
Am Tjahe, 1 Expl.
Am Begoure-Fluß, 2 Expl.
Am Kaiserin-Augüsta-Fluß :
Pionierbivak, 3 Expl.
Oberlauf des Flusses, 1 Expl.
Die Kaulquappen, welche ich bei „Hollandia*' im April und Mai
in einem Sago-Sumpfe und auch in klarem fließendem Wasser fand
und zu jungen unverkennbaren II. papua züchtete, weichen nicht
unwesentlich von meiner früheren Beschreibung ^) ab und stimmen
dagegen namentlich in den Merkmalen des Mundes gut überein mit
der Beschreibung, welche Roux -) von der Larve einer Rana sp. von
1) In: Nova Guinea, Vol. 5, Zool., Livr. 1, 1906, p. 164.
2) In: Abb. Senckenb. naturf. Ges. Frankfurt, Vol. 33, 1910, p. 225.
372 P- N. VAN Kampen,
den Aru-Inseln gibt Der Körper ist bei ihnen etwa lV2Kial so lang
wie breit. Die Augen stehen weiter auseinander als die Nasenlöcher.
Der Schwanz ist ungefähr 3mal so lang wie hoch (nur bei älteren
Larven relativ länger, bis 4mal die Höhe) und hat hohe Flossen ;
1 1 1
die obere Flosse erreicht den Rücken. Zahnreihen :j ^- Färbung
^ 2 ^
des lebenden Tieres: Rücken und Seiten dunkelgrau, hintere Schwanz-
hälfte bräunlich-gelb, Bauchseite bleigrau, Kehle schwach violett;
Iris gelb. Totallänge bis 6^4 cm.
Die von Roux beschriebenen Larven gehören wohl sicher zu
B. papua. Ob die von mir beschriebenen Larven mit der Zahnformel
^ ? oder ^ ? auch hierher gehören, ist zweifelhaft; ich ver-
3 3 & '
mute aber, daß die Unterschiede auf individueller Variabilität be-
ruhen, wie auch die erwachsenen Tiere sehr variabel sind.
12, Cof'niifer coi'rtif/atus A. Dum.
BoüLENGER, Cat. Batr. Sal., 1882, p. 110.
Umgebung der Walckenaerbucht :
Sermowai-Fluß, Unterlauf, + 70 m, 1 Expl.
Sermowai-Fluß, Oberlauf, + 400 m, 4 Expl.
Umgebung der Tanah-Merah-Bucht:
Air-Mo-Fluß, 3 Expl.
Jaona, 1 Expl.
Umgebung der Humboldtbai:
Hollandia, 4 Expl.
Nahe der Südküste der Bai, 1 Expl.
Stromgebiet des Tami:
Am Unterlaufe des Tami, 1 Expl.
Sekofro Niki, 1 Expl.
Oinake, 1 Expl.
Am Kaiserin- Augusta-Fluß, 1 Expl.
Eier groß, dotterreich.
Das Tier von Oinake, ein Männchen mit Stimmsäcken, fing
ich am Abend mittels einer Laterne. Durch seinen kurzen quakenden
Ruf kam ich ihm auf die Spur. Diesem Laute nach befanden sich
mehrere Tiere dieser Art in der Nachbarschaft. Sie ließen ihre
Stimme erst nach Eintritt der Finsternis hören.
Amphibien von Nord-Neuguinea. 373
Engystomatidae.
Die Engystomatiden Neuguineas sind trotz der oft großen Haft-
scheiben im allgemeinen Bodentiere. Sie leben meistens an feuchten
Stellen im Walde, bisweilen in toten Baumstämmen. Nur ein ein-
ziges Mal fand ich eine Engystomatide, wahrscheinlich eine Copiula
oxyrhina (das Exemplar ist leider verloren gegangen), auf einem
Baumblatte, etwa Manneshöhe vom Boden entfernt, sitzend.
13. Xenorhina rostrata Meh.
V. Mehely, in: Termesz. Füzetek , Vol. 21, 1898, p. 175, tab. 12,
fig. 1 — 11 {ChoanacanUm rostrata); ibid., Vol. 24, 1901, p. 233,
tab. 11 fig. 1—2.
Vogt, in: SB. Ges. naturf. Freunde Berlin, 1911, No. 9, p. 420.
Umgebung der Walckenaerbucht: Sermowai-Fluß , Unterlauf,
± 70 m, 3 Expl. (41—44 mm).
Umgebung der Humboldtbai: nahe der Südküste, 1 P^xpl, juv.
(24 mm).
Ein Stachel hinter jeder Choane. Trommelfell mehr oder weniger
deutlich; sein Durchmesser bei den erwachsenen Tieren gleich der
Länge der Orbita. Die Finger mit gerundeten, nicht angeschwollenen
Spitzen, die Zehen mit kleinen Scheiben. Finger und Zehen kurz:
die Länge der 4. Zehe geht bei den erwachsenen Tieren 37-2 — 4mal
in den Abstand zwischen After und Augenhinterrand, beim jungen
Tier 3mal. Äußere Metatarsalia vereint. Das Fußgelenk erreicht die
Schulter, das Tarsometatarsalgelenk das Auge. Beim jungen Tier
sind aber die Gliedmaßen etwas länger und reicht das Fersengelenk
bis zum Trommelfell, das Tarsometatarsalgelenk bis zur Schnauzen-
spitze. Keine Schnauzenwarzen. Rücken mit vereinzelten, Bauch
und Kehle mit zahlreichen großen, dunklen Flecken.
Färbung im Leben (Exemplare vom Sermowai-Fluß, nach der
Angabe von Herrn Gjelleeup) : Rücken grau, mit weißer oder rosa-
farbiger Medianlinie; Bauch feuerrot mit schwarzen Flecken.
Trotz einiger geringfügiger Unterschiede gegen Mehely's Be-
schreibung (wovon besonders das Fehlen der Schnauzenwärzchen
hervorzuheben ist) glaube ich doch die vorliegenden Exemplare mit
seiner rostrata vereinigen zu können.
Diese Art ist übrigens von oxycephala leicht zu unterscheiden
durch die Gestalt des Kopfes. Während dessen Seiten von den
Schultern bis zur Nasenspitze bei oxycephala eine nur schw^ach ge-
374 P. N. VAN Kampen,
bogene Linie bilden, sind sie bei den mir vorliegenden Exemplaren
von rostrata stark konvex, was zur Folge hat, daß bei diesen die
Schnauzenseiten an der Spitze miteinander einen stumpfen, bei oxy-
cephala hingegen einen scharfen oder geraden Winkel bilden.
V. Mehely, der ein Originalexemplar von X. oxycephala unter-
sucht hat, sagt ausdrücklich, daß diese Art sich nur durch das
Fehlen der Gaumenstacheln von seiner rostrata unterscheidet. Daß
er die anderen von mir genannten Unterschiede nicht erwähnt, wird
wohl dem von ihm hervorgehobenen schlechten Erhaltungszustand
des Originalexemplares von oxycephala zuzuschreiben sein.
14. Xenorhin<( oxycephala Schleg.
Schlegel, Hand]. Dierk., A^ol. 2, p. 58, tab. 4 fig. 74 {BoDihinator oxy-
cephalns).
Petees, in: Mon.-Ber. Akad. Wiss. Berlin, 1863, p. 82.
Boulengee, Cat. Bat. Sal., 1882, p. 179.
V. Mehelt, in: Terraesz. Fuzetek, Vol. 24, 1901, p. 236.
Umgebung der Walckenaerbucht:
Sermowai-Fluß, Unterlauf, + 70 m, 1 Expl. (38 mm).
Sermowai-Fluß, Oberlauf, + 400 m, t Expl., juv. (20 mm).
Nahe der Südküste der Humboldtbai, 2 Expl. (40 und 42 mm).
Am Mosso, 1 Expl., $ (43 mm). 1 Expl., juv. (19 mm).
Kein Gaumenstachel. Trommelfell mehr oder weniger deutlich.
Finger mit etwas geschwollenen Spitzen, ebenso wie die Zehen ein
wenig länger als bei rostrata (die 4. Zehe geht etwa 3mal in den
Abstand zwischen After und Augenhinterrand). Zehen mit kleinen
aber deutlichen Haftscheiben. Tibiptarsalgelenk bis zum Auge,
Tarsometatarsalgelenk über die Schnauzenspitze hinaus. Keine
Schnauzenwarzen. Bauch mit oder ohne dunkle Flecken.
Färbung während des Lebens etwas variierend. Beide Exem-
plare aus der Nähe der Humboldtbai hatten Rücken und Kehle grau-
violett, Bauch und Unterseite der Oberschenkel steinrot; beim Mosso-
Exemplar war der Rücken lackrot, der Bauch orangenfarbig, die
Seiten weiß; das erwachsene Exemplar vom Sermowai-Fluß hatte
(nach Angabe von Herrn Gjellerup) den Rücken braun, den Bauch
hellgrau. Die beiden letztgenannten Tiere haben eine helle
mediane Rückenlinie.
Schlegel gibt als Fundort seiner Exemplare nur Neuguinea
an; die im Museum zu Leiden befindlichen Originalexemplare sind
Amphibien von Nord-Neuguinea. 375
g-esammelt von S. Müller, Mitglied der sogenannten „Natuurkundige
Commissie". Da dieser nur die Südküste des Niederländischen Teiles
der Insel besucht hat (im Jahre 1828j ^), müssen die ScHLEGEL'schen
Exemplare von dort stammen. Die Art hat somit eine ziemliche
weite Verbreitung im Flachlande der Insel.
15. Metopostiva ocellata Meh,
V. Mehely, in: Termesz. Füzetek, Vol. 24, 1901, p. 239. tab. 7 fig. 1—6;
tab. 10, fig. 5; tab. 12, fig. 1.
VAN Kampex, in: Nova Guinea, Vol. 5, Zool., Livr. 1, 1906, p. 167
(i¥. vmcra); Vol. 9, Zool., Livr. 1, 1909, p. 40; Vol. 9, Zool.,
Livr. 3, 1913, p. 461.
Umgebung der Humboldtbai:
Hollandia, 1 Expl.
Nahe der Südküste, 2 Expl.
Stromgebiet des Tami:
Am Mosso, 1 Expl.
Kohari-Gebirge, in + 600 m Höhe, 1 Expl.
Unterlauf des Bewani, 1 Expl.
Zoutbron, 2 Expl.
Nachdem ich schon früher Exemplare von M. ocellata erwähnt
habe, die in einiger Hinsicht mit meiner M. macra übereinstimmen,
und da die mir jetzt vorliegenden Tiere sich auch in dem wichtigsten
der von mir angegebenen Unterschiede der macra nähern, indem der
2. u. 4. Finger fast gleichlang sind, so glaube ich die beiden Arten
vereinigen zu müssen. In der Gestalt halten die meisten der vor-
liegenden Exemplare die Mitte zwischen den Originalexemplaren
von ocellata und macra. Die Länge der Hinterbeine variiert: das
Fersengelenk reicht bisweilen nur bis zum Vorderrand des Auges,
bisweilen auch bis zur Schnauzenspitze oder etwas darüber hinaus.
Für das eine der beiden Tiere von der Südküste der Humboldt-
bai habe ich notiert, daß während des Lebens die vor den dunklen
Leistenflecken befindlichen hellen Flecken steinrot waren; dieselbe
Farbe hatten 2 Flecken auf jedem Oberarm, während die hellen
Flecken, hinter den dunklen Leistenflecken und daneben auf deii
Oberschenkeln gelegen, gelb waren.
1) Veth, Overzicht van hetgeen gedaan is voor de kennis der Fauna
van Nederlandsch Indie, Leiden 1879.
376 P- ^- VAN Kampen,
16. Copiiila oxfjrhina Blge.
BoüLENGER, in: Proc. zool. Soc. London, 1898, p. 480, tab. 38 fig. 3
{Phrynixcdus oxyrhinus).
V. Mehely, in: Termesz. Füzetek, Vol. 24, 1901, p. 243.
Umgebung der Humboldtbai: nahe der Südküste, 1 Expl.
(19 mm).
Bei Njao, 1 Expl. (18 mm).
Zoutbron, 1 Expl. (23 mm).
Tibiotarsalgelenk bis zum Nasenloch. Rücken schwach gekörnelt.
Kehle mehr oder weniger deutlich dunkel marmoriert.
Choerophryne n. g,
Kopf klein. Zunge klein, hinten und an den Seiten frei. Keine
Vomerzähne. Keine Leiste auf den Palatina. Zwei Gaumenfalten.
Auge klein, mit horizontaler Pupille. Trommelfell deutlich. Finger
und Zehen frei, mit großen Scheiben. Äußere Metatarsalia vereinigt.
Procoracoid und Clavicula fehlen. Endphalangen T-förmig.
Dieses Genus scheint am nächsten verwandt zu sein mit
Phrijnixalus Bttge.^) nach Mehely's Charakterisierung.^) Es unter-
scheidet sich durch die kleine Zunge, das kleine Auge und nament-
lich durch das Fehlen der Leisten auf den Palatina.
17. Clioerophvijne proboscidea u, S2J.
Njao, 1 Expl. (19 mm).
Zunge schmal, länglich, hinten sehr schwach eingeschnitten. Beide
Gaumenfalten eingekerbt. Kopf klein; seine Breite gleich dem Abstände
von der Schnauzenspitze bis zum Hinterrande des Trommelfelles und Vs
der Kopfrumpflänge. Schnauze sehr lang und spitz, stark über den
Unterkiefer vorragend: sie ist lV2iTial so lang wie das Augenlid und
ihr über den Unterkiefer vorragender Abschnitt nur wenig kürzer
als dasselbe. Schnauzenkante gerundet. Nasenlöcher der Schnauzen-
spitze genähert, ihre Entfernung von den Augenlidern etwas größer
als die Länge dieser. Interorbitalraum 2'^l^mdi\ so breit wie das
Augenlid. Trommelfell unmittelbar hinter dem Auge, von -!% Augen-
größe. Fingerscheiben ungefähr so groß wie das Trommelfell, die
1) In: Zool. Anz.. Vol. 18, 1895, p. 133.
2) In: Termesz. Füz., Vol. 24, 1901, p. 245.
Fauna von Nord-Neuguinea, 377
am ersten Finger etwas kleiner als die anderen. Scheiben der
Zehen gleichgroß wie die der Finger. Der 1. Finger kürzer als
der 2.; die 5. Zehe ein wenig länger als die 3. Schwache Sub-
articular- und innerer Metatarsal-Höcker. Tibiotarsalgelenk bis zum
Trommelfell.
Rückenseite grobwarzig, Bauch und Unterseite der Oberschenkel
körnig.
Oberseite bräunlich, mit verschwommenen dunklen Flecken
auf dem Rücken und Querbinden auf den Extremitäten. Ein heller,
schwarz umränderter Flecken in der Sacralgegend. Bauchseite weiß
getüpfelt.
Es ist möglich, daß diese, besonders durch die lange Schnauze
auffallende Art mit der von Wandolleck ^) kurz beschriebenen
Copiula (?) rosteUifer identisch ist und daß die Unterschiede dem
von ihm hervorgehobenen schlechten Erhaltungszustande des ihm
vorliegenden Exemplares zuzuschreiben sind. Die zwei Gaumenfalten,
die weniger lange Schnauze, die Haftscheibe am Daumen und andere
Merkmale meines Exemplares gestatten aber vorläufig keine Identi-
fizierung mit Wandolleck's Art.
Das einzige Exemplar verdanke ich Herrn Lt. Dalhuisen, der
es in einem toten Baumstamme fand; er beobachtete, daß das Tier
sich bei Berührung zu einer Kugel aufblies.
18. Chaperina hasipalinnta van Kampen,
VAN Kämpen, in: Nova Guinea, Vol. 5, Zool., Livr, 1, 1906, p. 169,
tab. 6 fig. 4—5; ibid., Vol. 9, Zool., Livr. 3, 1913, p, 464.
Umgebung der Tanah-Merah-Bucht: Air-Mo-Fluß, 1 Expl. (27 mm).
Umgebung der Humboldt-Bai: Hollandia, 1 Expl. (30 mm).
Stromgebiet des Tami: Zoutbron, 1 Expl. (19 mm),
Claviculae gekrümmt.
Das größte Exemplar hat die Oberseite einfarbig, ohne dunkle
Flecken zwischen den Schultern. Das Tier von der Tanah-Merah-
Bucht hingegen besitzt außer einem solchen Flecken noch einige kleine
Tüpfel und ein schmales dunkles V zwischen den Augen. Sonst
stimmt das erstgenannte in den Merkmalen, worin das früher von mir
erwähnte Exemplar aus dem südlichen Teil der Insel (Went-Gebirge)
von den Originalexemplaren abweicht, mit jenem überein, mit Aus-
nahme der Hinterbeine, deren Tibiotarsalgelenk das Auge erreicht.
1) In: Abh. Bar. Mus. Dresden, Vol. 13 (1910), No. 6, 1911, p. 11.
Zool. Jahrb. XXXYII. Abt. f. Syst. 25
378 P- ^- "^-^N Kampen, Fauna von Nord-Neuguinea.
Beim Tier von der Tanah - Merah - Bucht fehlt ebenfalls der
Gaumentuberkel, und das Tibiotarsalgelenk erreicht nur das Trommel-
fell. Auch sind die Augen etwas größer (Interorbitalraum Vl^mal
so breit wie das Augenlid),
Beim kleinsten Tiere endlich sind Eückenfleck, Gaumentuberkcl
und Bindehaut der Zehen vorhanden, das Tibiotarsalgelenk erreicht
das Auge, und der Interorbitalraum hat Vj^nml die Breite des
Augenlids.
19. Chcvperina ceratophthalnins van Kämpen.
VAN Kampen, in: Nova Guinea, Vol. 9, Zool., Livr. 1, 1909, p. 43,
tab. 2 fig. 8.
Stromgebiet des Tami:
Kohari-Gebirge (in + 600 m Höhe), 1 Expl., $ (33 mm).
Am Sangke-Flusse, 1 Expl., $ (36 mm).
Am Pomorra-Flusse (+ 760 m), 1 Expl., $ (39 mm).
Die Tiere stimmen genau mit meiner Beschreibung überein; nur
sind bei dem Exemplare des Pomorra die Fingerscheiben etwas größer,
und die des 3. Fingers ist bei ihm so groß wie das Trommelfell.
Beim Tiere vom Sangke-Flusse steht vor der Gaumenfalte noch ein
kleiner medianer Tuberkel.
Das Vorkommen dieser Art im nördlichen Teile der Insel macht
es wahrscheinlicher, daß sie mit Sphenophryne cornuta Ptrs. et Doe.
sjmonym ist, und ich würde sie mit derselben vereinigen können, falls
nicht Peters und Doeia ausdrücklich bemerkten, daß bei dieser Art
die 3. und 5. Zehe gleichlang seien. Sonst sind auch nach ihrer
Beschreibung bei cornuta die Vorderbeine kürzer : bei ceratophthalmus
reichen diese, nach vorn gelegt, weit an der Schnauzenspitze vorüber.
Die Clavicula ist stark gekrümmt.
Eier groß. Der Mageninhalt eines dazu untersuchten Tieres
besteht aus Ameisen und Käfern.
20. C/ia2>erina punctata van Kampen.
VAN Kampen, in: Nova Guinea, Vol. 9, Zool., Livr. 3, 1913, p. 463,
tab. 11 fig. 7.
Am Pomorra-Flusse, + 760 m, 1 Expl. (28 mm).
Hinterrand der Zunge deutlich eingeschnitten. Sonst den Original-
exemplaren ähnlich.
Nachdruck verboten.
TJbersetzungsrecht vorbehalten.
Zur Fauna von Nord-Neuguinea.
Nach den Sammlungen von Dr. P. N. van Kampen und
K. Gjellekup aus den Jahren 1910 und 1911.
Myriopoden.
Von
Dr. Carl Graf Attems.^)
Die kleine Myriopodensammlung, die Herr van Kampen, unter-
stützt von Herrn Gjellerup, in den Jahren 1910 — 1911 in Nord-
Neuguinea zusammengebracht hat, enthält doch auch ein paar neue
Formen, trotzdem ich erst kürzlich ein umfangreiches Material von
den verschiedensten deutschen und holländischen Expeditionen her-
rührend publiziert habe. Ich verweise auf meine Publikationen:
„Die indo-australischen Myriopoden", in: Arch. Naturgesch., und
1) Die Fundorte dieser Sammlung liegen im östlichen Teile des
Niederländischen und im westlichen des Deutschen Gebietes von Neuguinea.
„Hollandia" ist ein Biwak an der Kajo-Bucht, einer kleinen Neben-
bucht der Humboldtbai (2» 32' 29" s. Br., 140« 44' 12" ö. L.), „Zoutbron"
ein Biwak am Begowre-Fluß (3» 1' 33" s. B. , 140« 57' 30" ö. L.),
„Hussin" ein Biwak am Bewani-Fluß, nahe der Stelle, wo dieser mit
dem Arso-Fluß zusammenfließt. Der Mbai-Bach fließt bei Hollandia in
das Meer. „Hauptbiwak" liegt auf 4" 4' 18" s. Br., 141« 7' 15" ö. L. am
Kaiserin- Augusta-Fluß.
Die übrigen Fundorte sind auf der zu einem Artikel von Herrn
Sachse, in : Tijdschr. v. h. Kon. Nederl. aardrijksk. Gen. (2), Vol. 29,
1912 (p. 36) gehörigen Karte angegeben, v. Kampen.
25*
380 Cael Graf Attems,
„Myriopoden von Neu Guinea", in: Vol. 5 und 13 von „Nova Guinea",
in denen ich alles, was wir über die Myriopodenfauna Neuguineas
wissen, zusammengestellt habe.
Die an und für sich arme Chilopodenfauna Neuguineas, die zu-
meist sehr lang bekannte und weit verbreitete Arten enthält, erfährt
hier durch eine neue Form , Cupipes papuanus, eine Bereicherung.
Von den Diplopoden sind Polyconoceras aurolimhatus, Dinematocricus
repandus und Trigoniulus harpagus kürzlich von mir publiziert worden.
Aus dem van KAMPEN'schen Material zeigt sich, daß die ungemein
auffällige und für Neuguinea so charakteristische Art Acanthiulus
Uainmllei sich in mehrere nahe verwandte Formen spaltet.
Nachfolgend die vollständige Liste der gesammelten Arten:
1. Otocry2ytox>s fnelanostonius Newp.
Zoutbron.
2. Scolopendra siihspinvpes Leach.
Oberlauf des Sermowai-Flusses ; Jaona; Hollandia, Küstengebiet
südlich von der Humboldtbai; Zoutbron; Kaiserin- Augusta- Fluß,
Hauptbiwak.
3. Cupipes paptianus n. sp,
Hollandia.
4. Otostignius punctiventer Tom.
Hollandia.
5. Ethtnostigmus platyceplialus Newp.
Tanah-Merah-Bucht; Jaona; Hollandia; Küstengebiet südlich
von der Humboldtbai; Zoutbron; Kaiserin- Augusta-Fluß.
6. Orphnaeus brevilahiatiis Newp.
Biwak Hussin.
7. Gonihreg Hiatus anguinus Poe.
Hollandia.
8. Lanmongoß puncti/rons Newp.
Zoutbron, Kaiserin-Augusta-Fluß.
Myriopoden von Nord-Neuguinea. 381
9. Platyrhaciis inargaritatus Poe,
Hollandia, Oinake, im Bougainville-Gebirge.
10. Polyconoceras ciuroliinhatiis Att.
Jakari, im Wald; Tanah-Merah-Bai; Hollandia; am Mbai-Fluß;
Umgebung der Kajo-Bai; am Mosso-Fluß; Zoutbron.
11. Dlneinatocriciis repandus Att.
Küstengebiet südlich von der Humboldtbai.
12. Trigoniiilus harpagus Att.
Küstengebiet südlich von der Humboldtbai.
13. Acanthi Ullis hlalnvillei var. intevmedius n, var,
Umgebung der Kajo-Bai, zwischen Njad und Sekopo.
14. AcantJiiidus hlainvillei septemtrionalis n, subsp.
Tanah-Merah-Bai; Hollandia; Küstengebiet südlich von der
Humboldtbai; am Bewani-Fluß, Zoutbron.
Cupipes papuanus n. sp,
Farbe olivengrünlich.
Länge ohne Endbeine 30 mm.
Kopfschild deutlich aber fein punktiert; mit 2 bis etwas über
die Mitte reichenden, nach vorn divergierenden Längsfurchen,
17 Antennenglieder, von denen die 6 ersten oben und unten kaum,
seitlich ein wenig behaart sind. Auf dem 5. und 6. Glied ist die
Behaarung schon etwas deutlicher; der Übergang zur dichten Be-
haarung der übrigen Glieder ist ein allmählicher. Basalplatten
sichtbar. Kieferfußhüften mit 3X3 Zähnen, von denen der innere
und mittlere jeder Seite weniger voneinander getrennt sind als der
mittlere vom lateralen. Femur mit großem Basalzahn. Klaue innen
glattrandig.
1.— 20. Rückenschild mit 2 durchgehenden Medialfurchen ; durch
2 äußerst seichte Längsdepressionen ist die Mitte kaum kenntlich
abgehoben, von einem deutlichen medianen Kiel kann man aber
nicht sprechen. Zwischen Medialfurchen und Seitenrand keine deut-
lichen Furchen. Berandung vom 8. Segment an. 21. Rückenschild
mit sehr kräftiger Medianfurche.
382 Carl Graf Attems,
Pseudopleuren gar nicht vorg-ezogen, die Poreiiarea reicht nicht
ganz bis zum Ende. Am Ende mit 1 (rechts) bis 3 (links) Dörnchen.
Alle Beine ohne Tarsalsporn. Klaue ohne Krallensporn.
1. und 2. Glied der Endbeine oben mit tiefer vom Ende bis
zur Mitte reichender Längsfurche in der Mitte. 3. Glied mit ganz
kurzer solcher Furche. Femur innen abgerundet; seine Bedornung
ist rechts und links etwas verschieden . rechts am Endrand 3 Dornen,
oben, unten und seitlich je einer; letzterer fehlt links. Innen rechts 4,
links 2 Dornen, unten außen rechts 3, links 2 Dornen. Endklaue
groß, unten geradlinig, nicht sägezähnig.
Diese Art ist am nächsten mit C. ungulatus Newp. von Haiti,
Pernambuco und Panama verwandt, von dem sie sich in folgenden
Punkten unterscheidet :
1. Berandung der Rückenschilde vom 8. Segment an, bei ungulatus
nur im 21. Segment.
2. Jederseits 3 Kieferfußhüftzähne, bei ungulatus 4.
3. Medianfurclie der 21. Rückenplatte sehr kräftig.
4. Kopfschild deutlich punktiert.
5. Pseudopleuren gar nicht vorgezogen.
6. Die Rückenschilde haben nur die Medialfurchen deutlich,
keinen deutlichen Mediankiel und keine Furchen lateral von den
Medial furchen.
Fundort. HoUandia.
Acanthinlus blainvillei var, interniedius n. var.
Diese Varietät ähnelt mehr der f. gen. als der subsp. septemtriondlis.
Es sind von den Zahnreihen eigentlich nur 6 deutlich entwickelt;
außerdem noch 3 weitere viel kleinere, nämlich je 1 ventral von
der 3. Reihe jeder Seite und 1 mediane. Die Zähne der 6 größeren
Reihen sind viel kürzer und stumpfer als bei der f. gen.; es sind
mehr ]-unde Buckeln. Sie beginnen auf dem 2. Segment und reichen
bis zum vorletzten Segment (dem Segment vor dem Analsegment).
Außer diesen Reihen sind noch Ansätze zu weiteren Reihen vor-
handen, indem in den Zwisclienräumen zwischen den 6 Hauptzahn-
reihen je 2—4 niedrige etwas unregelmäßige Längskiele vorhanden
sind, die am Hinterende etwas anschwellen.
Antennen und Endglied der Beine rot oder gelb.
Meist 51 (selten 52) Rumpfsegmente.
Breite ^ 13,5 mm, $ 14 mm.
Alles übrige, auch die Gonopoden, wie bei der Stammform.
Myriopoden von Nord-Neuguinea. 383
Fundorte. Umgebung der Kajo-Bai ; zwischen Njad und Sekopo
[am Tamifluß und Astrolabebai (Berlin. Mus.)].
Acanthiulus blainvillei sej^tenitrionalis n. subsx>.
Diese Subspecies unterscheidet sich von den beiden anderen Formen
im Aussehen sehr, da nur 2 Reihen von Zähnen auf den Metazoniten
vorhanden sind, jederseits einer knapp unterhalb der Saftlochlinie.
Die Basis des Zahnes nimmt den größten Teil der Länge des Meta-
zoniten ein. Der Zahn überragt spitz den Hinterrand des Meta-
zoniten, nur die ersten sind noch abgerundete Höcker. Die Reihe
beginnt auf dem 6. oder 7. Segment und hört auf dem 4. oder 5,,
selten erst auf dem 3. Segment vor dem Hinterende auf (das Anal-
segment mitgezählt). Der Rücken des Metazoniten zwischen den
2 Zahnreihen ist grob und unregelmäßig längsgerunzelt; hin und
wieder sieht man Andeutungen der Stellen, an denen bei den anderen
Formen die übrigen Zähne stehen, ohne daß es aber zu mehr als
zu ganz niedrigen, runden Buckeln käme. Ventral von den Zähnen
sind die Metazoniten nur mehr seicht längsgefurcht.
Antennen manchmal dunkelbraun, manchmal rot.
^ mit 53 — 56 Rumpfsegmenten. Länge ca. 170 mm. Breite
13,5—14,5 mm.
In allen übrigen Merkmalen, insbesondere auch den Gonopoden
gleicht diese Form ganz der Stammform.
Fundorte. Tanah Merah-Bai, Strandwald; Hollandia; Küsten-
gebiet südlich von der Humboldtbai; am Bewani-Fluss; Zoutbron.
Wir kennen somit 3 Formen des Acanthiulus UainviUei, die alle
die gleichen Gonopoden haben, weswegen ich sie nur als Subspecies
und Varietät einer Art betrachte, so verschieden im Aussehen die
Stammform und die Subsp. septemtrionaUs auch sind.
Die Unterscheidung der 3 Formen erfolgt nach folgender
Tabelle:
la. Jeder Metazonit hat 6 oder 8 große und manchmal noch
weitere kleinere Zähne, ausgenommen die ersten Metazoniten
2 bis ca. 5 oder 6, wo die Reihen erst allmählich be-
ginnen. Alle Reihen reichen bis zum vorletzten Segment.
^, $ mit 50 — 52, meist 51, Rumpfsegmenten (Neuguinea.
Aru- Inseln) 2
2a. Die großen Zähne der Metazoniten sind lang und
spitz und in 8 Reihen vorhanden. (^ 9.6 — 11 mm
breit blainvillei L. Guillou.
384 Carl Graf Attems, Myriopoden von Nord-Neuguinea.
2b. Die großen Zähne der Metazoniten sind viel kürzer
und stumpf und in 6 Reihen vorhanden, die anderen
Reihen viel kleiner, manchmal ganz fehlend. (^ bis
13,5 mm, $ bis 14 mm breit var. intermedius Att.
Ib. Jedes Metazonit hat nur 2 große Zähne, die Reihen be-
ginnen auf dem 6. oder 7. Segment und enden auf dem
(3.) 4, oder 5. Segment von hinten. ^, $ mit 53—56
Rumpfsegraenten. Breite 13,5—14,5 mm (Nord-holländ.
Neuguinea) suhsp. septemtrionalis n. subsp.
Nachdruck verboten.
Ubersetzungsrecht vorbehalten.
Corophium curvispinum G. 0. Sars und seine
geographische Verbreitung.
Von
Dr. A. Behuing (Saratow, ßussl.).
(Aus der Biologischen Wolga-Station.)
Mit 13 Abbildungen im Text.
Corophium curvispinum wurde im Jahre 1895 von G. 0. Sars (8)
zum erstenmal beschrieben und abgebildet. Er fand diese Art im
Material von Waepachowsky „at no less than 10 ditferent Stations
of the North Caspian Sea of these Stations, 2 are located in the
western part of the basin, off the Tschistyi Bank, another at the
point of the peninsula Mangyschlak, 4 others in the neighbourhood
of the Islands Kulaly and Morskoy, and the remaining 3 between
these Islands and the opposite western coast." Außerdem fanden
sich auch Exemplare in der Sammlung von Dr. 0. Grimm, „having
been taken in the Bays of Baku and Schachowaja from the shore
to 5 fathoms." Endlich stammen zahlreiche Exemplare von einem
Corophium aus dem Darm von Ac. stellatus. Im Jahre 1896 erwähnt
dieselbe Art Sowinsky (11) nach den angegebenen Daten von Sars.
Nachdem erfahren wir von dem Vorkommen von Corophium curvi-
spinum in der Wolga bei Saratow und zwar zunächst aus einem
Vortrag, welchen Zykoff auf "dem 11. Kongreß russischer Natur-
forscher und Ärzte 1901 hielt (14). Ausführlichere Nachrichten über
diese Tiere aus der Wolga finden sich dann in dem Westnik Rybo-
386 A. Behning,
promyschlennosti, wo zunächst Zykoff (13) und dann Skokikow (9)
darüber berichten, und ferner in der faunistischen Wolga-Arbeit
von Zykoff (15). 1904 berichtet Sowinsky (10) in seinem großen
Werke über das Auffinden dieser Art von ihm selbst und von Ostegumoff
in verschiedenen Teilen des Schwarzen Meeres, wo sie als eine der
häufigsten Arten anzutreffen ist und zwar : beim Adschigiolsky Majak,
Swjato-Troizky Majak, Dnjepr-Liman oberhalb Prognojsk, Mündung
des Dnjepr-Armes „Rwatsch", am Cap Kisil an der Dnjepr-Mündung,
im Belogrud'schen Arme des Dnjepr; in den Donau Girlen: Limane
Jalpuch, Kagarly und Katlapuch; See Paleostom. Weiterhin finden
sich wiederum einige Berichte von der Wolga, und zwar wurde diese
Art hier als Nahrung im Darm von Acerina cernua, Nemachüus harha-
tulus (?) und Gohio fluviatiUs — Lawegff (6), sowie recht häufig in dem-
selben des Sterlets (Acipenser rufhemis) — (3), angetroffen. Ebenfalls
fand sie sich hier auch im Winterplancton (7). In einer Arbeit über
die Elemente der Relictenfauna des Wolgabassins gibt Derzhavin (5)
ferner diese Art für die salzhaltigen Teile des nordwestlichen
Kaspi-Sees, für das Gebiet vor der Wolgamündung und Delta der
Wolga, sowie ferner aus der Wolga bei Kamyschin, bei Uslon un-
weit Kasan und in der Kama bei Mursicha. 1913 wird sie für fast
alle Stellen der Wolga bei Saratow, der Belenskaja Woloschka und
Bucht Kriwuscha unterhalb Saratow und dem Nebenfluß der Wolga-
Irgis (1, 2) verzeichnet. 1914 endlich finden wir ähnliche Angaben
für den Dnjepr bei Kiew, wo sie relativ häufig entlang der Insel
Truchanow gegenüber von Kiew gefunden wurde (4). Soviel wissen
wir heute über diese so interessante geographische Verbreitung von
Corophium curvispinum.
1912 erschien nun im „Zool. Anz." die Beschreibung einer „an
der nordöstlichsten Bucht des großen Müggelsees in der Nähe der
Försterei Rahusdorf" gefundenen Corophium- k\\ welche der Ver-
fasser (12) als C. devium n. sp. bezeichnet, da sie nach seiner
Meinung keiner der bekannten Arten zugezählt werden kann. Die
oben erwähnten Süßwasserfiindorte von C. curvispinum zeigen, daß
die Annahme vom Verfasser, daß nämlich eine Einbürgerung dieser
Gattung in einem reinen Süßwasserbecken, wie es der Müggelsee
bei Berlin darstellt, das erste derartige Beispiel sei, nicht ganz
richtig ist.
Schon früher in einem mündlichen Gespräch mit A. Derzhavin
äußerten wir uns dahin, daß diese neue Art auffallende Ähnlichkeit
mit unserer C. curvispinum G. 0. Sars zeigt. Das Auffinden dieser
Corophium curvispinum G. 0. Sars. 387
Art im Diijepr bei Kiew, sowie schon seit einiger Zeit an der Wolga
unternommenen Amphipoden-Studien, sowie endlich die Tatsache,
daß fast alle diese genannten Notizen über C. curvispinum in unseren
Binnengewässern in wenig verbreiteten russischen Zeitschriften und
oft noch ausschließlich in russischer Sprache veröffentlicht sind, ver-
anlassen mich, hier einige Bemerkungen über die Morphologie, die
systematische Stellung und geographische Verbreitung dieser Art zu
publizieren, zumal ja über die zahlreich gefundenen Tiere dieser Art
außer der ersten Beschreibung von Saes (1. c.) und einigen Be-
merkungen über dieselben aus dem Schwarzen Meer von Sowinsky
(10, p. 387) nichts veröffentlicht wurde.
Für die freundliche Zustellung von Material ist es mir eine
angenehme Pflicht, folgenden Herren zu danken: D. E. Belling
(Kiew), A, N, Deezhavin (Baku), Prof. W. K. Sowinsky (Kiew) und
N. L. TscHUGUNOFF (Astrachan).
Zunächst nun einige der wichtigsten hauptsächlich morphologi-
schen Bemerkungen und Angaben über die einzelnen Tiere.
K a s p i - S e e.
(cf. Fig. A, C, E, G, J und L.)
Die 1. Antenne des Weibchens ist, so wie es Saks beschreibt
und abbildet, etwas weniger beborstet als beim Männchen. Am
ersten Grundgliede finden sich an der Innenseite gewöhnlich 2 bis
5 Stacheln, zuweilen finden sich noch einige in der Mitte, dagegen
fehlt ein solcher meistens dem zweiten Gliede. Die Geißel besteht
bei den Weibchen aus 10—11 und bei den Männchen aus 12 bis
13 Gliedern (das kleine Endglied mitgerechnet) und ist somit stets
länger als die 3 Grundglieder zusammen. Das 2. Grundglied des
Männchens ist gewöhnlich gleichlang dem 1. und nicht länger, wie
das nach der SARs'schen Abbildung scheinen könnte.
Die 2. Antenne. Am inneren Ende des 3. Grundgliedes finden
sich bei dem Weibchen gewöhnlich 1-2 Stacheln. Das vorletzte
stark verbreiterte Grundglied trägt bei demselben am Innenrande
und auf seiner Innenfläche eine Anzahl Stacheln (5-6); an der
Endfläche über den 2 stets ausgebildeten Grundhöckern an der
Basis des großen gebogenen Zahnes finden sich bei dem Weibchen
gewöhnlich 5 (4—5) und bei den Männchen 7—8 Borsten. Das
letzte Grundglied, welches viel schmäler ist als das vorletzte, trägt
am Ende des ersten Drittels seiner Länge einen mehr oder weniger
388 -^- Behning,
kräftigen Zahn und bildet am Ende, besonders bei den Männchen,
eine leicht hervorragende eckige Endfläche.
Die Coxalplatte der I. Extremität (1. Gnathopod) trägt
3 lange, am Ende stets bewimperte Borsten, zu denen sich dann
noch einige kleine, unbewimperte, 2—5, hinzugesellen. An der End-
fläche des 6. Gliedes dieser Extremität findet sich eine Reihe,
7 — 9, eigentümlicher, am Ende gespaltener Borsten.
Der D a c t y 1 u s der II. E x t r e ra i t ä t (2. Gnathopod) trägt an
seiner Innenfläche gewöhnlich 2, höchstens 3 Zähnchen.
Die Beborstung der III. u n d IV. E x t r e m i t ä t e n ist beim Männ-
chen stärker als beim Weibchen. Dagegen finden sich beim Weib-
chen am 1. Gliede dieser Extremitäten an der Innenseite eine An-
zahl langer Borsten (bis 10), welche am Ende des Gliedes ent-
springen, beim Männchen sind es dagegen meist nur 2 — 3.
D i e V. u n d VI. E x t r e m i t ä t e n sind relativ schlank und eben-
falls mit einer Anzahl Borsten versehen.
Die Uropoden sind von dem üblichen Bau und bestehen aus
9—16 Gliedern und zwar ist diese Zahl bei den verschiedenen
Uropoden ein und desselben Individuums mehr oder weniger kon-
stant, wie z. B. :
I. 12.10; 14.12
IL 12.10; 15.13
III. 12.10; 15.14.
An den distalen Innenseiten der Grundglieder entspringen 2 Pflöck-
chen, welche 3 — 4 Zähnchen an jeder Seite bilden.
Die Uropoden sind ziemlich stark bewaffnet. Im allgemeinen
finden sich folgende Stachel- und Borstenzahlen (3. Uropod):
I. e. 9—10
i. 7—9
IL e. 4—6
i. 3—6
III. 9—13 (+ 1 kl. Stachel).
Die Pigmentierung dieser Tiere ist, soviel das in Alkohol kon-
servierte Material erkennen läßt, nur schwach ausgebildet.
Wolga-Delta (ausschließlich Süßwasser).
Die aus verschiedenen Teilen des Wolga-Deltas stammenden
Tiere stimmen, obgleich sie, wie gesagt, augenblicklich ausschließ-
lich im Süßwasser leben, im allgemeinen mit denjenigen aus dem
Corophium curvispinum G. 0. Sars.
389
Fig. A.
Fiff. C.
Fig. B.
Fig. A. C. curvispinum 9- Kaspi-See. 1. Antenne. 46:1.
Fig. B. C. curvispinum deviuni 9- Dnjepr bei Kiew. 1. Antenne. 46 : 1.
Fig. C. C. curvispinum 9- Kaspi-See. 2. Antenne. 105:1.
Kaspi-See überein. Bei den untersuchten Exemplaren betrug die
Gliederzalil der Geißel der 1. Antenne 9—11. Am Ende des vor-
letzten Grundgliedes der 2. Antenne (über den 2 Basalhöckern)
fanden sich meist nur 4 Borsten. Die Beborstung der Coxalplatte
der I. Extremität betrug ebenfalls stets 3 lange Borsten und 2—4
kleine. Die Beborstung des 3. Uropodenpaares war ebenfalls stark
ausgebildet und betrug 10—15 Borsten.
390
A. Behning,
Fig. E.
Fig. F.
Fig. G.
Fig. H.
Fig. J.
Fig. K.
Fig. D.
Fig.
Fig.
D.
E.
I.
Fig. F.
Extremität.
Fig.
G.
Fig.
105 : 1.
H.
II
Fig. J. (
Fig. K.
Extremität.
C. curvispiniim deviiim 9- Wolga bei Saratow. 105 : 1.
C. curvispinum 9- Kaspi-See. Coxalplatte der I. Extremität. 105 : 1.
C. curvispinum äevium 9. Dnjepr bei Kiew. Coxalplatte der
105 : 1.
C. curvispiniim 9. Kaspi-See, I. Extremität. 105 : 1.
C. curvispinum devium 9. Dnjepr bei Kiew. 9. I. Extremität.
C. curvispinum 9. Kaspi-See. Dactylus der II. Extremität. 105 : 1,
C. curvispinum devium 9- Dnjepr bei KieAv. 9. Dactylus der
105:1.
Corophium cnrvispinura G. 0. Sars.
391
Fiar. N.
Fig. M.
Fig. L. C curvispinum 9. Kaspi-See. 3. Uropod. 105 : 1.
Fig. M. C. curvispinum devium 9- Dnjepr bei Kiew. 3. Uropod. 105 : 1.
Fig. N. C. curvispinum devium 9. Dnjepr bei Kiew. Pflöckchen der
2. Pleopoden. 460 : 1.
Die Pigmentierung- ist hier schon bedeutend stärker ausgebildet
(ebenfalls Alkoholmaterial).
Wolga bei Saratow.
(cf. Fig. D).
Schon gleich am Anfang, als diese Tiere hier entdeckt wurden,
sandte man eine Anzahl Exemplare an Herrn Prof. G. 0. Saes,
welcher die Güte hatte, sie durchzusehen und alle als Corophium
curvispinum G. 0. Saes bezeichnete. Indessen lassen sich bei ge-
nauer Durchmusterung der Tiere wohl bei sämtlichen Exemplaren
mehr oder weniger stärker ausgebildete Unterschiede von den Sars-
schen Originalen des Kaspi-See nachweisen.
Die Zahl der Geißelglieder der 1. Antenne beträgt bei den
Weibchen gewöhnlich 7—8 und bei den Männchen 8—9, und somit
erscheint hier die Länge derselben etwa gleich lang derjenigen der
3 Grundglieder.
An der 2. Antenne befindet sich am vorletzten Grundgliede ge-
wöhnlich eine größere Anzahl Stacheln, 5—7, und am distalen Ende
des letzten Gliedes, endlich, befindet sich ein zahnartiger Vorsprung,
welcher der hier auch bei den Kaspi-See-Exemplaren vorhandenen
Kante aufsitzt. Die Gestalt und Größe dieses Zahnes erinnert an
diejenige desselben am Ende des ersten Drittels dieses Gliedes. Bei
den Männchen fehlt dieser Zahnvorsprung, indessen bildet hier das
Ende eine stark hervorstehende dreieckige Kante, w^elche deutlich
wahrnehmbar ist und jedenfalls bei weitem größer erscheint als bei
den Tieren aus dem Kaspi-See. Über den 2 Höckern an der Basis
392 '^- Behning,
des gebogenen Zahnes des vorletzten Grundgliedes finden sich ge-
wöhnlich 3 Borsten.
An der Coxalplatte der I. Extremität sind stets 3 lange, be-
wimperte und daneben 3—4 kurze Borsten vorhanden. Die End-
fläche des 6. Gliedes dieser Extremität ist dagegen mit einer ge-
ringeren Zähnchenzahl versehen, indem hier nur etwa 5 — 7 solche
am Ende jetzt kaum noch gespaltenen Zähnchen sich befinden.
Am Dactylus der IL Extremität finden sich 2 — 3 Nebenzähne.
Die Uropoden sind nicht merklich verschieden. Die Zahl der
Borsten der üropodenglieder ist im allgemeinen geringer und zwar
beträgt sie etwa folgende Werte:
I. e. 7—9.
i. 7—9.
IL e. 4—5.
i. 3—4.
IIL 7— IL
Interessant ist es nun, daß unter diesen Exemplaren ab und
zu solche mit, ich möchte sagen, „regressiven Mei-kmalen" vor-
kommen. So zeigte ein Weibchen nur die übliche Kante am Ende
des letzten Grundgliedes der 2. Antenne, welcher indessen der sonst
hier übliche Zahn fehlte. Diesem, für den Beobachter am leichtesten
sichtbaren Merkmale, entsprechen dann stets auch eine Anzahl
weiterer, so betrug hier die Zahl der Geißelglieder der 1. Antenne
10, diejenige der Zähnchen am 6. Gliede der I. Extremität — 7 und
endlich diejenige der Nebenzähne am Dactylus der IL — 2.
Die Pigmentierung der Tiere ist stets stark ausgebildet.
Schwarzes Meer.
In dem Material ans dem Schwarzen Meere, welches zum größten
Teile aus den stark versüßten Donau-Limanen und -Girlen stammt,
lassen sich im allgemeinen wiederum dieselben 2 Hauptformen dieser
Art nachweisen, und zwar erinnern fast alle Tiere aus demselben
an diejenigen aus der Wolga und an die weiter unten zu schildernden
Dnjepr-Formen, dagegen zeigen diejenigen vom Adschigiolsky Majak
z. B. Charaktere der typischen Meeresform des Kaspi-Sees.
Bei den erstgenannten Foi-men beträgt die Zahl der Geißel-
glieder der 1. Antenne bei den Weibchen — 6 — 8 und bei den
Männchen — 8 — 10; somit erscheint hier die Geißel gewöhnlich
etwas länger als die 3 Grundglieder zusammen.
Corophium curvispinum G. 0. Sars. 393
An der 2. Antenne des Weibchens befinden sich am Ende des
3. Grundgliedes eine und an dem vorletzten — 3—5 Stacheln. Vor
den 2 Basalhöckern am Ende des vorletzten Grundgliedes finden sich
3 Borsten und am distalen Ende des letzten Grundgliedes — der
übliche zahnartige Vorspruiig.
Die Coxalplatte der I. Extremität trägt 3 — 4 lange und 3 — 5
kurze Borsten. Die Endfläche des 6. Gliedes derselben — 5 — 7
Zähne und der Dactylus der IL Extremität — 3 Nebenzähnchen.
An dem 3. Uropodenpaare finden sich gewöhnlich 9 — 11 Borsten,
die Zahl der Stacheln der 2 anderen beträgt:
I. e. 8—9.
i. 8—9.
II. e. 4—5.
i. 2—3.
Dagegen weisen nun die Tiere vom Adschigiolsky Majak und
ferner auch vereinzelte aus den obenerwähnten Limanen tj^pische
marine Merkmale auf, solche, wie wir sie bei denjenigen aus dem
Kaspi-See kennen gelernt haben, und zwar: Zahl der Geißelglieder
der 1. Antenne beim Weibchen 8—9, Männchen 8 — 10; 2. Antenne
ohne Zahnvorsprung am distalen Ende des letzten Grundgliedes;
Coxalplatte der I. Extremität mit 3 -|- 2 — 3 Borsten ; Endfläche des
6. Gliedes derselben mit 7—8 Zähnen; Dactylus der II. Extremität
mit 2 — 3 Nebenzähnchen und endlich die Beborstung der Uropoden
im allgemeinen stärker.
Einige der erstgenannten Abweichungen der Schwarzmeer-Tiere
erwähnt, wie gesagt, schon Sowixsky (10. p. 387), wie z. B. die ge-
ringere Länge und Beborstung der 1. Antenne.
Was die Pigmentierung dieser Tiere anbetriift, so ist sie im
allgemeinen sehr schwach ausgebildet und manche Tiere erscheinen
deshalb hellgelblich.
Dnjepr bei Kiew.
(cf. Fig. B, F, H, K u. M.)
Hier haben wir es nun wieder mit Tieren zu tun. welche fast
durchweg die schon von der Wolga geschilderten Abweichungen
aufweisen, welche indessen hier manchmal noch stärker ausgebildet
erscheinen.
Die Zahl der Geißelglieder der 1. Antenne beträgt bei den
Zool. Jahrb. XXXYII. Abt. f. Syst. 26
394 -Ä^' Behning,
Weibchen 6-8 und bei den Männchen 7 — 10. Die Länge der
Geißel übertrifft indessen kaum diejenige der 3 Grundglieder.
An der 2. Antenne finden sich beim Weibchen am vorletzten
Grundgliede 5 — 6 Stacheln. Über den 2 Basalhöckern desselben —
3—5 Borsten. Am distalen Ende des letzten Grundgliedes ist ge-
wöhnlich der zahnartige Vorsprung ausgebildet (es finden sich auch,
obgleich nur selten, vereinzelte Tiere mit „regressiven Merkmalen").
An der Coxalplatte der I. Extremität finden sich 3— 4-f 2— 5
Borsten. An der Endfläche des 6. Gliedes derselben — 5—6
Zähnchen.
Der Dactylus der II. Extremität trägt 3 — 4 Nebenzähne.
Am 3. Uropodenpaare finden sich 8—10 Borsten, die Zahl der-
selben an den 2 vorhergehenden beträgt:
I. e. 7—9.
i. 8—10.
II. e. 4—6.
i. 3—4.
Die Pigmentierung ist ebenfalls stark ausgeprägt.
Betrachten wir nun jetzt die erwähnte Form aus dem Müggelsee,
von welcher der Verfasser (12) eine Anzahl guter Abbildungen
liefert, so kann m. E. gar kein Zweifel darüber bestehen, daß wir
es hier, wie schon oben angedeutet war, mit der soeben geschilderten
Süßwasserform des typischen C. mrvispinum zu tun haben, welche
ganz dieselben Abweichungen von dieser letzteren aufweist wie die-
jenigen aus der Wolga und dem Dnjepr.
WuKDSCH (12) hebt bei seinem C. devium folgende in Betracht
kommende Unterschiede und Eigentümlichkeiten hervor:
1. Beborstung des ersten Stammgliedes der 1. Antenne.
2. „Die vordere innere Gelenkkante des 5. Gliedes — 2. An-
tenne — ist in eine Art vertikaler Schneide vorgezogen, deren
untere Ecke bei alten (^ schwach zahnartig vorspringen kann,
aber niemals den Charakter eines eigentlichen Zahnes annimmt."
3. Am 4. Grundgliede derselben beim Weibchen findet sich am
distalen Ende der gewöhnliche Zahnfortsatz, welcher an seiner Basis
„mit nur einem einfachen Nebenzahn versehen; der beim Männchen stets
deutlich vorhandene 2. Nebenzahn höchstens schwach angedeutet."
4. 5 kräftige Dornen am 4. Gliede dieser Antenne beim
Weibchen.
Corophium ciirvispiunm G. 0. Sars. 395
5. „Das 5. Glied zeigt am Ende des 1. Drittels einen nur
schwachen Zahnvorsprung, der Spitze des großen Hauptzahnes vom
4. Gliede gerade gegenüber, ferner an der vorderen inneren Gelenk-
kante an Stelle der beim ^ vorhandenen Schneide einen kräftigen,
kurzen, breiten Dorn."
6. Die Abbildung der I. Extremität (fig. 8j zeigt (im Texte
wird nichts darüber erwähnt) einige weitere Besonderheiten: starke
Beborstung der Coxalplatte und geringe Zahnzahl an der Endfläche
des 6. Gliedes,
7. An der IL Extremität: „Klaue stark, nicht einschlagbar,
mit vier kräftigen, nach der Basis der Klaue zu an Länge abnehmenden
sekundären Zähnen auf der konkaven Seite."
8. fig. 15 zeigt ferner einen Uropoden mit den 2 üblichen
Pflöckchen („gezähnte Verbindungsstacheln"), welche 5 — 6 Zähnchen
jederseits erkennen lassen.
9. 3. Uropod „mit einem einzigen kleinen Dorn inmitten von
sechs bis sieben längeren einfachen Borsten". — Das wären die in
Betracht kommenden Hauptmerkmale.
Auf Grund dieser Beschreibung meint nun der Verfasser, daß
diese Tiere gewisse Ähnlichkeiten mit C. nobile einerseits (Gesamt-
habitus und Proportionen der 2. Antenne) und C. monodon andrerseits
(3. Uropod) aufweisen. Das sind indessen nur sehr geringe und durchaus
partielle Ähnlichkeiten, und der Verfasser hat durchaus recht, wenn
er diese Art mit keiner der genannten Formen ganz identifizieren
kann. Ganz anders verhält sich nun die Sache, wenn war die so-
eben beschriebenen Abweichungen auf unsere C. curvispinum-F ormen
der Wolga und des Dnjepr anwenden. Ich will das ebenfalls einzeln
der Reihe nach tun.
1. Die Beborstung des Stammgliedes der 1. Antenne findet sich
ebenfalls auch hier derartig ausgebildet.
2. Die Schneidekante am distalen Ende des letzten Grund-
gliedes der männlichen 2. Antenne tritt überall deutlich hervor.
3. Ich finde diese Angabe nicht ganz genau, denn, wie auch
fig. 7 auf p. 753 zeigt, ist dieser 2. Nebenzahn immerhin deutlich
wahrnehmbar, wenn er vielleicht auch nicht immer so hervortritt
wie der stets größere erste oder derselbe bei großen Männchen, so
kommt das eben von seiner geringeren Größe, aber man kann nicht
sagen „mit nur einem einfachen Nebenzahn."
4. Die Bedornung der Grundglieder bei den Weibchen ist ver-
26*
396 '^- Behning,
schiedentlich stark ausgebildet, stets finden sich indessen mehrere
Stacheln daselbst (Ende des 3. und Fläche des 4. Gliedes).
5. Der Zahnfortsatz am distalen Ende des letzten Grundgliedes
ist, wie gesagt, bei allen tj'pischen Süßwasserformen vorhanden.
6. Die Beborstung der Coxalplatte ist bei den Wolgatieren
stärker, am stärksten indessen bei denjenigen aus dem Dnjepr, wo
sich 4 lange, bewimperte Borsten finden. Jedenfalls ist dieselbe
auch starken, individuellen Schwankungen unterworfen. Die Stärke
der eigentümlichen Bezahnung der Endfläche des 6. Gliedes der
I. Extremität nimmt bei den Süßwassertieren stark ab und beträgt
nur noch 5 — 7 Zähne.
7. Die Zahl der Nebenzähne am Dactylus der II. Extremität be-
trägt hier ebenfalls mehr und zwar 3—4.
8. Ich möchte behaupten, daß die genannte Abbildung des Ver-
fassers nicht ganz genau die wirkliche Sachlage wiedergibt (cf.
Fig. N).
9. Die Beborstung des 3. Uropoden ist ebenfalls starken indivi-
duellen Schwankungen unterworfen, indessen scheint sie bei unseren
Tieren etwas stärker zu sein, wenn der Verfasser auch wirklich alle
am Endglied vorhandenen Borsten mitgezählt, wie wir es taten.
Somit wäre also unsere Süßwasserform der tj^pischen Kaspi-See-
C. curvisinnum mit der von Wundsch aufgestellten C. devium, zu
identifizieren. Indessen stimme ich nicht mit dem Verfasser überein,
wenn er dieselbe zu einer neuen Art erheben will ; meines Erachtens
wäre es besser und mehr den vorliegenden Tatsachen entsprechend,
wenn wir sie als Süßwasservarietät auffassen und dann also als
Corophium curvispinum G. 0. Saes var. devium (Wundsch)
bezeichnen.
Es seien hier auf der nebenstehenden Tabelle kurz nochmals
die Hauptunterscheidungsmerkmale dieser 2 Formen dargestellt, und
zwar sind dieselben am deutlichsten ausgeprägt einerseits bei den
Formen aus dem Kaspi-See und andrerseits bei denjenigen aus Kiew
und wohl auch aus dem Müggelsee.
Doch sind das sozusagen nur die Endpunkte der uns heut-
zutage entgegentretenden 2 verschiedenen Umbildungsarten, welche
sich mit einer Anzahl Übergaugsformen noch deutlich verbinden
lassen. Die Tatsache, daß wir ab und zu im Süßwasser (Dnjepr,
Wolga, Limanen des Schwarzen Meeres) Formen mit marinen Merk-
malen vorfinden, welche hier meistens nur nicht mehr so exti-em
stark ausgebildet erscheinen, zeigt uns, daß diese neue Varietät sich
Oorophinm curvispinum G. 0. Sars.
397
noch nicht ganz vollständig umgebildet hat und des öfteren darum
solche regressive atavistische Merkmale auftreten. Andrerseits ist
das wohl ein Zeichen dafür, daß wir es hier eben mit einer ur-
sprünglich marinen Form zu tun haben, welche erst später in das
hier allm.ählich versüßende Wasser gelangte und sich daselbst nun
auch wohl im Laufe der Zeit noch zu einer neuen Art umbilden
wird, heute aber noch nicht fertig ist mit dieser Umbildung, darum
auch nur als Varietät bezeichnet. Ein weiterer Bew^eis dafür ist
auch die Tatsache, daß im Kaspi-See sowohl auch in dem noch gar
nicht lange (geologisch gesprochen) von letzterem abgeteilten Wolga-
delta alle Tiere ohne Ausnahme marine Charakterzüge aufweisen,
ohne irgendwelche (wenigstens bei denen aus dem Kaspi-See) Ab-
weichungen in der Richtung zur geschilderten Süßwasserform zu
zeig'en.
Kaspi-See
Dujepr bei Kiew
Beborstnng der AnteDiien
GeiOel der 1. Auteuue des
Weibchens
Letztes Grniidglied der 2.
Antenne beim Weibchen
Coxalplatte der I. Extr.
Endfläche des 6. Gliedes
daselbst
Dactylus der II. Extr.
Beborstnng- der Uropoden
Pigmentierung
Ziemlich stark (Fig. A)
Länger ais die Grundglieder,
Gliederzahl 9—11
Ohne Dorn (Fig. C)
Mit 3 langen und 2—5
kurzen Borsten (Fig-. E)
xMit 7—9 Zähnchen (Fig. G)
Mit 2 — 3 Nebenzähnchen
(Fig. J)
Ziemlich stark (Fig. L)
Schwach
Nicht .«ehr stark (Fig. B)
Nicht länger als die Grund-
glieder, Gliederzahl 6 — 8
Mit Dorn (Fig. D)
Mit 3 — 4 langen und 4—5
kurzen Borsten (Fig. V)
Mit 5—7 Zähnchen (Fig. H)
Mit 3—4 Nebenzähnchen
(Fig. K)
Nicht stark (Fig. M)
Stark
Die heutige Verbreitung dieser Art (cf. die in der Einleitung
aufgezählten Fundorte) erstreckt sich demnach auf die Bassins des
Kaspi-Sees und Schwarzen Meeres, wozu dann noch der Müggelsee
hinzukommt. Diese gegenwärtig bekannte Verbreitung ^) dieser Art
ist somit ein ausgezeichneter Beweis für die 1896 von Sowinsky
(11) vermuteten Ursprung und Herkunft der Corophiiden der süd-
1) Es wäre eine durchaus lohnende Aufgabe, in dieser Hinsicht einmal
die in das Baltische Meer und die Ostsee mündenden Flüsse oder in diesen
Bassins gelegenen Süßwasserseen zu untersuchen. Leider konnte ich weder
in den Zoologischen Anstalten von Warschau und Kiew noch in E-iga
derartiges Material finden.
398 -^- Behning,
russischen Meere überhaupt. Dieser Autor nimmt an, daß das große
Paläogen-Meer des Eocäns und Oligocäns mit wenigstens einer Coro-
phmm-Ai% welche dem C. grossipes nahe stand, besiedelt war. Von
Ende des Oligocäns an verflachte allmählich der mittlere Teil dieses
Meeres, und die Wasser traten in 2 Richtungen zurück: nach Süd-
ost (Ponto-Aral-Kaspi-Bassin) und nach Nordwest (Baltisches Bassin).
In späteren geologischen Epochen kam der südöstliche Teil des ur-
sprünglich einheitlichen Meeres nicht mehr in direkte Verbindung
mit dem Baltischen Meere, obgleich er indessen zuzeiten (Sarma-
tisches Meer) sich weit nach N^^' verbreitete.
Corophium grossipes nun aber, welches ja den russischen Coro-
phiiden morphologisch nahe steht, ist im ganzen Teil des heutigen
Baltischen Meeres sowie in der Nordsee und in den die Britischen
Inseln, Frankreich und Skandinavien bespülenden Gewässern noch
weit verbreitet.
Somit können wir annehmen, daß früher, etwa zuzeiten des
Paläogen Meeres eine Corophium- Xvt (etwa C. grossipes) weit vei'-
breitet war und dann bei dem allmählichen Rückgang und Verteilung
dieser Gewässer, hielt sich diese Art einerseits in den resultierenden
kleinen aber wohl noch mehr oder weniger salzigen Gewässern, welche
dann später immer mehr versüßten (in der Sarmatischen Fauna
finden sich nur noch solche Formen, welche eine ziemliche Versüßung
vertragen konnten, dagegen fehlen : Corallen. Echinodermen, Cephalo-
poden usw.) und schließlich als die uns jetzt bekannten Seen und
Flüsse bis zur Jetztzeit erhalten sind, andrerseits drangen sie aber
weiter in die verschiedenen Endteile der neugebildeten Meere. Die
wohl nicht mehr oder weniger großen Unterschiede in der physikalisch-
chemischen Beschaffenheit dieser Gewässer mit denjenigen des ursprüng-
lichen einheitlichen Meeres A^erursachten dann eine Neubildung von
Arten, welche, dank der ziemlich langen Zeit (geologisch gesprochen)
eine Anzahl AbAveichungen hervorbrachten, wie wir sie heute in der
Oorop/imw -Fauna des Schwarzen Meeres und im besonderen der-
jenigen des Kaspi-Sees antreifen.
Saratow, Biologische Station, den 14./27. Januar 1914.
Corophinm curvispiunm G. 0. Sars. 399
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400 -^- Behning, Corophium curvispinum G. 0. Sars.
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15. — , Materialien zur Fauna der Wolga und Hydrofauna des Grouverne-
ment Saratow, in: Bull. Soc. Natural. Moscou, 1903, No. 1.
Nachdruck verboten
Übersetzungsrecht vorbehalten.
Potamonidenstudien.
Von
Dr. Heinrich Balss (München).
Mit Tafel 15 nnd 6 Abbildnngen im Text.
Das Material zu der vorliegenden Studie ist das Eigentum teils
der Münchener Zoologischen Staatssammlung-, die dui^ch die Herren
Prof. Dr. Kattwinkel, Kapt. Michell, Prof. L. Müllee - Mainz,
ScHEEEE und Prof. Dr. Zugmayee ein reiches Material an Süßwasser-
krabben geschenkt erhielt, teils der Museen in Hamburg-. Bremen
und Moskau. Die Bestimmung der Potamoniden wird durch die
neueren grundlegenden Arbeiten von Miss Rathbun u. A. Alcock
wesentlich erleichtert. Namentlich der letzte Autor hat sich große
Verdienste erworben, indem er neue Gesichtspunkte eingeführt hat,
durch die wir uns einem natürlichen Sj^stem in dieser Gruppe
wesentlich genähert haben ; durch ihn haben die einzelnen Gattungen
und Untergattungen teilweise eine andere Gruppierung und festere
Charakterisierung erhalten, als sie sie früher gehabt hatten. Es
ergab sich daraus die Notwendigkeit, auch einige der schon früher
von F. DoFLEiN bestimmten und publizierten Tiere unserer Samm-
lung einer Revision zu unterwerfen und ihre neue Bestimmung hin-
zuzufügen. 2 neue Arten, die ich anführe, stammen aus dem wenig
erforschten Ann am und sind durch den bekannten Entomologen
H. Feuhstoefee in den Besitz unseres Museums gelangt.
402 Heinrich Balss,
Literaturverzeichuis.
AlCOCK, A. , Catalogue of the Indian Decapod Crustacea , Part 1,
Bracbyura, Fase. 2, The Potamonidae, Calcutta 1910.
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bert leg.
G e 0 g r a p h i s c h e V e r b r e i t u n g-. Unter-Ägypten, Jordangebiet.
2. JPotamoii fluviatile gedrosianwn Alcock,
Alcock, 1910, p. 23, fig. 1.
Exemplare von : Kelat, Belutschistan, E. Zugmayer leg.
Geographische Verbreitung. Seistan, Belutschistan, Pe-
schawar und Pandschab-Gebiet.
3. Potamoii ßuviatile ihericuni (Marschall v. Bieberstein).
Potamon ibericvm Rathbun, 1904, p. 259, tab. 9 fig. 4.
Poiamon fluriatilc ihericiun Kemp, 1913, p. 251.
Potamon fluviatile rar. ibericiuu Alcock, 1910, p. 21.
Exemplare von:
Ak-Chehir, Anatolien, Korb leg. 1900.
Wan-See, Kurdistan, Kulzer leg.
Geographische Verbreitung. Kr im . Kaspisches Meer,
Kleinasien, Nord-Syrien, Persien, Afghanistan, Dschilam-tal, Nordwest-
Indien.
4. JPotamon koolense Eathbun.
Potamon larnaadi M. E. Doflein, 1900, p. 140.
Potamon koolense Rathbun, 1904, p. 270, tab. 10 fig. 1.
— Alcock, 1910, p. 24, tab, 10 fig. 38.
Potamonidenstudien.
403
Die von Doflein als P. larnaucU bestimmten Exemplare aus
Calcutta und Simla (Himalaja), die die Gebrüder Schlagintweit ge-
sammelt haben, gehören zu dieser von Miss Kathbun neu aufge-
stellten Art.
Geographische Verbreitung. Westlicher Himalaja.
5. Potanion (Totanionautes)fru7istorferi n. sp, (Taf. 15 Fig. 2).
1 (^, Annam, Phuc Son., 50 km westlich vom Hafen Touranne,
H. Frühstorfer leg.
Der Carapax ist breit, seine Oberfläche im allgemeinen glatt,
nur die vordere Hälfte der Kiemenregion und die laterale Seiten-
fläche sind mit feinen schuppenförmigen Linien besetzt. Die Cervical-
furche ist gut ausgebildet, ebenso zeigen die Furchen der Cardiacal-
region eine charakteristische Anordnung.
Die Postfrontalcrista ist sehr stark entwickelt und gegenüber
der Frontalregion erhöht; ununterbrochen über die ganze Breite
des Carapax hinlaufend, geht sie ohne jede Ausbildung eines Epi-
branchialzahnes in den feingezähnelten Vorderseitenrand über.
Die Stirne ist schwach zweilappig; ihre Oberfläche ist fein
granuliert und trägt einen zarten medianen Sulcus. Der Orbital-
Fig. A. Carapax vou Potamonautes fruhstorfcri. 2 : 1.
Fig. C.
Abdomen des (f von
P. fruhstorferi. 2:1.
Fig. B. Frontalregion von P. fruhstorferi. 2 : 1.
404 Heinrich Balss,
rand ist geschwung-en, der äußere Orbitalzahn wenig entwickelt,
der Unterrand geschweift, die ganze Orbita sehr breit.
Das Ischium der äußeren Maxillarfüße trägt einen Sulcus, die
Mandibel einen dreigliedrigen Palpus.
Von den Vorderfüßen ist der rechte etwas größer als der linke;
beider Oberfläche ist fein geschuppt. Die Finger schließen in ihrer
ganzen Ausdehnung aneinander; der Oberrand des Merus trägt
keinen Zahn.
Die Schreitbeine sind von normaler Länge. Der Merus trägt
oben eine scharfe Crista, der Carpus auf der Seite eine scharfe Leiste,
der Dactylus ist mit als Widerhaken dienenden Zähnen besetzt.
Maße:
Länge des Cephalothorax 26 mm
Breite des Cephalothorax 34
Höhe des Cephalothorax 16
Länge des 3. Schreitbeines 54
Verwandtschaft. Unsere Form wird durch die starke Aus-
bildung der Postfrontalcrista deutlich als eine besondere Art cha-
rakterisiert. Am nächsten steht sie, wie mir scheint, dem Potamon
longipes, A. M. E., bei dem aber die Crista nicht in den Seitenrand
übergeht, sondern vorher endet. Möglicherweise gehört aber P. fruh-
storferi in die Variationsbreite dieser Art. P. longipes stammt aus
Cochinchina.
6. JPotanionautes lirrangensis Rathbun.
Rathbun, 1905, p. 169, 1904, tab. 14 fig. 8.
1 $ Kituru, Oberer Lualabi (Oberlauf des Kongo), Katanga-Gebiet,
Kapt. MiCHELL leg.
Geographische Verbreitung. Das einzige bisher be-
kannte Exemplar stammte von Lirranga, am Zusammenfluß des
Kongo und des Ubangi.
7. Potanwnautes reicJiavdi Hilgendorf.
Rathbun, 1905, p. 166 (das. Literatur).
Mehrere ^i^ u. $$ von Girdalo, Ruwana-Steppe, Kattwinkel leg.
27. Jan. 1911.
G e 0 g r a p h i s c h e V e r b r e i t u n g. Der Fundort der typischen
Exemplare war wahrscheinlich südlich von Tabora (Deutsch Ost-
Afrika).
Potamouidenstudien. 405
8. Potanionautes latidactyliis de Man,
Eathbun, 1905, p. 190, tab. 16 fig. 7.
Viele Exemplare von Liberia, Scherer leg.
Bestimmte Fundorte: Fulba, Mesurado Cap.
G e 0 g r a p h i s c h e V e r b r e i t u n g. Liberia Tin d Guinea.
9. Potanionautes aubrtji (Milne Edwards).
Rathbun, 1905, 13. 191; 1904, tab. 17 fig. 3, 4, 7.
Exemplare von:
Benin, Süd-Nigeria, Kapt. Manger leg., Mus. Hamburg.
Wari am Benin-Fluß, Süd-Nigeria, Kapt. Manger, Mus. Hamburg.
Sumpf bei Kokotown, Benin-Fluß, Kapt. Manger, Mus. Hamburg.
Duala, Kamerun, Kapt. Manger, Mus. Hamburg.
Bibundi, Kamerun, M. Retzloff leg., Mus. Hamburg.
Victoria, Kamerun, E. Fickendey, Mus. Hamburg.
Mukonje-Farm, Kamerun, R. Rhode leg., Mus. Hamburg.
Herr E. Fickendey von der Versuchsanstalt für Landeskultur
in Victoria gibt folgende Notiz: „Die gemeinste Art, nicht eßbar.
Als pflanzenschädlich habe ich die Krabbe bei Mais beobachtet, sie
schneidet die jungen Pflanzen ab."
Geographische Verbreitung. Rathbun erwähnt die Art
von Togo, Kamerun, Gabon etc.
10. Fotanio flaute s decazei (A. Milne Edwards).
Rathbun, 1905, p. 197; 1904, tab. 16 fig. 3.
Exemplare von:
Togo, Graf Zech leg.
Victoria, Kamerun, E. Fickendey leg., Mus. Hamburg.
Kiliwindi, Nordwest-Kamerun, E. Lautsch leg., Mus. Hamburg.
Kap Lopez, Franz. Kongo, C. Manger leg,, Mus, Hamburg,
Elefantensee, Kamerun, R, Rohde leg,, Mus. Hamburg.
Mukonje-Farm, Kamerun, R. Rohde leg., Mus. Hamburg.
(Bemerkung von E. Fickendey: „Eßbare Landkrabben".)
Geographische Verbreitung: Rathbun erwähnt die Art
vom französischen Kongo-Gebiet.
11. Potamiscus sp,
Potamon (Geotelphusa) ohtusipes Doflein, 1900, p, 141, nee Potamon
obtusipes Stimpson, in: Eathbun, 1905, p, 207,
406 Heinrich Balss,
Die von den Gebrüdern Schlagintweit gesammelten und von
DoFLEiN unter dem oben erwähnten Namen publizierten Exemplare
gehören zu der von Alcock 1910 aufgestellten Untergattung Fota-
miscus und stehen dem P. tumidulum Alc, der von Sikkim stammt,
nahe; sie unterscheiden sich von ihm durch den völligen Mangel
einer Geißel an den 3. Maxillarfüßen und durch eine der Cervical-
furche parallellaufende Furche, nahe dem Anterolaterolateralrande
des Carapax. Die Exemplare stammen wohl sicher aus dem Hoch-
lande Indiens, nicht von Calcutta.
12. Geotelphiisa macropus Rathbun.
Rathbun, 1905, p. 221, 1904, tab. 18 fig. 1.
1 cJ, 3 ??, Esosung, Bakossi-Gebirge, Bezirk Johann-Albrechts-
höhe, Kamerun, 1060 m Höhe, C. Räthke leg.
Geographische Verbreitung. Die Art ist bisher nur in
einem Exemplare von der Mündung des Mesurado, bei Monrovia
(Liberia) bekannt.
13. Geotelphusa annamensis n, sp. (Taf. 15 Fig. 1).
Viele Exemplare, Annam, Phuc-Son, Frühstoefek leg.
Der Carapax ist breit und von vorn nach hinten stark konvex.
Seine Länge beträgt etwa ^'/^ der Breite, seine Dicke ist nicht be-
deutend; die Oberfläche ist für das unbewaffnete Auge glatt, mit
der Lupe gewahrt man eine feine Punktierung. Die Cervicalfurche
fehlt völlig (Fig. D).
Die Stirne ist schmal, ihre Breite beträgt etwa ^5 von der
des Carapax; sie ist stark herabgebogen und von schwach zweilappiger
Form, in der Mitte trägt sie einen feinen Sulcus.
Die Orbiten sind breit, mit gewellten Rändern; ihr Oberrand
ist fein gezähnt, ein Außenzahn schwach entwickelt, eine ventrale
Lücke fehlt fast völlig.
Der Anterolateralrand des Carapax weist eine feine Zähnelung
auf, ein eigentlicher Epibranchialstachel fehlt.
Epigastricale und postorbitale Crista sind keine vorhanden.
Das Abdomen des ^ zeigt die Figur E.
Die Mundteile sind die für Geotelphusa typischen; der Mandi-
bularpalpus besteht aus 3 Gliedern (Fig. F).
Die Scherenfüße sind etwas ungleich, die Oberfläche von Schere
und Carpus sind glatt, der Merus ist fein gekörnt. Die Kanten des
Potanionideustutlien.
407
Merus tragen feine Zähne, ferner stehen am distalen Ende der
Unterseite noch 2 größere Zähne. Der Carpus trägt einen größeren
Dorn.
Die Pereiopoden sind sehr lang und dünn; das 3. Paar ist
doppelt so lang als die Breite des Carapax beträgt; die einzelnen
Glieder sind glatt, Dactylus und Propodus, teilweise auch der Carapax,
tragen feine, als Widerhaken dienende Zähnchen.
Fig'. E. Abdomen des o^
vou G. annauiensis. 2 : 1.
Fig. D.
Carapax von Geotelphusa annamensis.
2:1.
Fig. F. 3. Maxillarfuß
von G. annamensis.
Verwandtschaft. Am nächsten steht unserer Art der Geotel-
phusa araneus Rathbun von Französich Indochina; leider ist diese
Beschreibung mangelhaft, auch fehlt eine Abbildung völlig. Mög-
licherweise sind beide Formen identisch; als Unterschiede finde ich
den Bau der Orbiten. die glatte Oberfläche des Carapax. das Fehlen
eines eigentlichen Epibranchialzahnes etc. bei unserer Art.
Maße (eines erwachsenen Weibchens):
Länge des Carapax 29 mm
Breite des Carapax 38
Länge des 3. Pereiopoden 80
408 Hei>-rich Balss.
14. Paratelphiisa (Paratelpliusa) hlanforäi Alcock.
Alcock, 1910, p. 75. fig. 16.
Viele (^(^ iiiid ?? (ohne Eier). Kedj. Mekraii (Balutschistan),
E. ZuGMATEE leg., 22. Juni 1911.
Geographische Verbreitung. Die Form ist bisher nur
aus Balutschistan bekannt.
15. Paratelphusa {OzioteJphusa) houvieri Eathbux.
Potamon houvicri E,athbun, 1904, p. 293 (ubi Syn.), tab. 12 fig. 5.
Paratelphusa houvieri Eathbüx. Alcock, 1910, p. 100, fig. 61.
Mehrere Exemplare, Nagasaki. Museum Moskau.
Ich habe diese Formen mit indischen Exemplaren verglichen
und finde keine Unterschiede außer in der Größe; die japanischen
Tiere sind nämlich alle klein und messen nur 16 mm in der Länge
und 20 mm in der Breite.
Geographische Verbreitung. Die Art war bisher nur
aus Mauritius, Ceylon und Indien bekannt.
16. Paratelphusa sinensis MilneEdwaeds.
Kathbux. 1905, p. 241.
Alcock, 1910, p. 76. fig. 54.
Exemplare von:
Annam Phuc-Son, H. Feuhstoeeee leg.
Tonkin, MontesManson. Gi^euzgebirge gegen die Provinz Kwangsi.
östlich von Langsi. 2—3000 m Höhe. H. Feuhstoeeee leg,
Tonkin, Thon Moi. H. Feuhstoeeee leg.
Tungku, bei Canton. Schauixsland, 1906.
Geographische Verbreitung. Von Burma bis China.
17. Paratelphusa {BavyteJphusa) Jacqnentontii Eathbux,
Potamonaies jacquemontü Eathbux, 1905, p. 185, tab. 16 fig. 1 u. 5,
Paratelphusa jacquemontü Rathbux', Alcock, 1910, p. 79, fig. 55.
Potamon {Poiamonantes) indicum Late. partim, Doeleix, 1900, p. 140.
Die von den Gebrüder Schlagixtweit in Jabalpur (Prov. Malva),
Zentral-Indien, gesammelten Formen gehören zu dieser Art.
G e 0 g r a p h i s c h e V e r b r e i t u n g. Die Art ist in ganz Indien
verbreitet.
PotaiHoiiidenstndien. 409
18. Paratelphusa {Bavutelplinsa) ruffosa Kingsley.
Poiamon viflatiwi M.Edw., Doflein, 1900, p. 141.
Potamon rugosiis Kingsley, Rathbun, 1905, p. 296, tab. 12 fig. 7.
1 ^, Nord-Ceylon, Reisfelder bei Candelay, Juni 1887, Fkuh-
STOREER leg.
Das von Doflein unter dem obigen Namen in die Literatur
eingeführte Exemplar gehört zu Kingsley's Art; da der Palpus der
Mandibel nur zweigliedrig ist, so gehört die Form zur Gattung
Paratelphusa. und zwar in den Kreis der P. edenüda Alc, napaca
Alc. etc.
Geographische Verbreitung. Ceylon.
Trincomalee (?).
19. Pseudotelphusa agassizil M. Rathbun.
Rathbun, 1905, p. 292.
3 9$, Peixe-boi bei Paru, April bis Juni 1910, Prof. Müller-
Mainz leg.
Geographische Verbreitung. Para (Brasilien).
20. Trichodavtylus {Dlloccwcinus) ovhlcularis (Meuschen).
Orthostoma scptemdentatum Herbst.
Rathbun, 1906, p. 58, tab. 18 fig. 3 u. 8.
Mehrere Exemplare, gesammelt auf Marajö, von Prof. Müller-
Mainz.
1. Fazenda „Menino Jesus", 1.— 10. Febr. 1910.
2. Cachoeira, 14. Febr. 1910.
Einige der Weibchen tragen Embryonen unter dem Abdominal-
schilde.
Geographische Verbreitung. Brasilien, Paraguay, Nord-
Argentinien.
21. Trichodacti/lus (DUocarcinus) picttis M. Edw.
Rathbü:n, 1906, p. 62, tab. 19 fig. 9.
1 c^, gesammelt in Peixe-boi bei Para im April bis Juni 1910,
von Prof. Müller- Mainz.
410 Heineich Balss, Potamouidenstudien.
Es unterscheidet sich von den tj-pischen Exemplaren durch fol-
gende Merkmale:
1. Am Merus des großen Scherenfußes stehen nur am distalen
Gelenk am oberen Rande 2 Höcker.
2. Am Vorderseitenrande des Carapax sind nur 3 Zähne — außer
dem Orbitalzahn — vorhanden,
G e 0 g r a p h i s c h e V e r b r e i t u n g. Franz. Guayana, Amazonas,
Brasilien, Paragua3\
Erklärung der Abbildungen.
Tafel 15.
Fig. 1. Geotelphusa annamensis n. sp. 1:1.
Fig. 2. Potamonautes fruhstorferi n. sp. 1:1.
G. Pätz'sche Buchdr. Lippert & Co. G. m. b. H., Naumburg a. d. S.
ZoologJahrbä(Aer Bd. 37 Abt. f Syst.
TafU.
Zoolog.Jahrbücher Bd-37 Abt. f Syst.
Taf13.
Verlag von Gustav f ischer in Je
Lith.Anst.P Weise, Je
Zoolo^Jahiiücher Bd.37 Abt. f Syst.
Taf /«:
Lilh.Anst. P Weise, Jena.
Zoolog. Jahrbücher Bd. 37 Abt. f. Syst.
Taf. 15.
Balss.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
Nachdruck verboten.
Ubersetztmgsrecht vorbehalten.
Vogelcestoden aus Eussisch Turkestan.
Von
K. I. Skrjabiu, Veterinärarzt. ^)
(Aus dem Zoologischen Laboratorium der Universität Neuchätel.)
Mit Tafel 16-27 und 4 Abbildungen Im Text
Inhalt.
Einleitung.
Systematische Bearbeitung.
A. Farn. Davaineidae Fuhrm.
a) Subfam. Davaineinae M. Ben.
I. Gen. Davainea Blanch.
1. — sartica n. sp.
2. — micracantha FuHEM.
3. — tetragoyia Molin
4. — cesiicillus Molin
5. — penetrans Baczynska
b) Subfam. Idiogeninae Fühkm.
II. Gen. Idiogenes Keabbe
6. — fJagelkon Goeze
III. Gen. Cliapmcmia Monticelli
7. — tapika Cleec
IV. Gen. Schisio7neira Cholodkowsky
8. — conoides Bloch
B. Farn. Dilepinidae FuHEMANN
a) Subfam. Dilepininae FuHBM.
V. Gen. Dilepis "VVeinl.
9. — scoleciua RuD.
1) In der Kriegszeit ohne Korrektur des Verf. gedruckt.
Der Herausgeber.
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. 27
Nachdruck verboten.
ÜbersetzungsrecJit vorbehalten.
Vogelcestoden aus Eussisch Turkestan.
Von
K. I. Skrjabin, Veterinärarzt. ^)
(Aus dem Zoologischen Laboratorium der Universität Neuchätel.)
Mit Tafel 16-27 und 4 Abbildungen Im Text.
Inhalt.
Einleitung.
Systematische Bearbeitung.
A. Fam. Davaineidae Fuhrm.
a) Subfam. Davaineinae M. Ben.
I. Gen. Davainea BlancH.
1. — sartica n. sp.
2. — micracantha FüHRM.
3. — tetragona Molin
4. — cesticillus Molin
5. — penetrans Baczynska
b) Subfam. Idiogeninae FuHRM.
II. Gen. Idiogenes Krabbe
6. — flagellum Goeze
III. Gen. Chapmania Monticelli
7. — tapika Clerc
IV. Gen. Schistometra Cholodkowsky
8. — conoides Bloch
B. Fam. Dilepinidae Fuhrmann
a) Subfam. Dilepininae FüHRM.
V. Gen. Dilepis AYeinl.
9. — scolecina RuD.
1) In der Kriegszeit ohne Korrektur des Verf. gedruckt.
Der Herausgeber.
Zool. Jahrb. XXXVI[. Abt. f. Syst. 27
412 K. I. Skejabin,
VI. Gen. Ano7notaenia CoHN
10. — stentorea Fröhl. (= variabilis EuD.).
11. — microphallos Krabbe
12. — glohnlus Wedl
13. — constrida MoLlN
14. — otidis n. sp.
VII. Gen. Choanotaenia Raill.
15. — fuhrmcmni ti. sj).
VIII. Gen. Cyclorchida FüHRM.
16. — omaloncristrota Wedl
b) Subfam. Dipylidiinae E.AILL.
IX. Gen. Monopylidium Führm.
17. — infundibulum Bloch
18. — cingulifera Krabbe
19. — gaJbulae Zed.
c) Subfam. Paruterinae Führm.
X. Gen. Paruterina FuHRM.
20. — cholodkowskii n. sp.
XI. Gen. Biuterina Fuhrm.
21. — dunganica n. sp.
XII. Gen. Rhahdometra Cholodkowski
22. — nigropunctata Crety
C. Farn. Hymenolepinidae FuHRM.
Xni. Gen. Äploparaksis Clerc
23. — furcigera E,UD.
24. — disae n. sp.
XIV. Gen. Diordiis Clerc
25. — acuminata Clerc
26. — aviericana Ransom var. turkesianica n.
XV. Gen. Hymenolepis Weinl.
27.
— carioca Mag.
28.
— rugosa Clerc
29.
— villosa Bloch
30.
— megalops Crepl.
31.
— lanceolata Bloch
32.
— creplini Krabbe
33.
— Setigera Fröhl.
34.
— coronula DuJ.
35.
— compressa Linton
36.
— solowiowi n. sp.
37.
— rar US n. sp.
38.
— longicirrosa Fuhrm,
39.
— przewalski n. sp.
40.
— sp.
41.
— sp.
42.
— sp.
Vogelcestoden aus Russisch Turkestan. 413
XVI. Gen. Hymenofimhria n. g.
43. — merganseri n. s]).
XVII. Gen. Fimbriaria Fröhl.
44. — fasciolaris Pall.
XVIII. Gen. Diploposthe Jacobi
45. — laevis Bloch
D. Fam. Taeniidae Peer.
XIX. Gen. Gladotaenia CoHN
46. — cylindracea Bloch
Gefundene Abnormitäten.
Tabellarische Übersicht der bisher aus Russisch Turkestan bekannten
Vogelcestoden.
Einleitung.
Vorliegende Arbeit ist unter der liebenswürdigen Leitung von
Herrn Prof. Dr. 0. Fuhrmann im Zoologischen Laboratorium der
Universität zu Neuchätel (Schweiz) ausgeführt worden. Sie er-
scheint als Versuch zur Bearbeitung der Vogelcestoden, die ich in
den Jahren 1908 — 1911 in Russisch Turkestan (Aulie-Ata im Syr-
Darja-Gebiet) gesammelt habe.
Diese Arbeit kann also als unmittelbare Fortsetzung meiner
Veröffentlichungen über die Trematoden und Acanthocephalen der
turkestaner Vögel angesehen werden (s. Zool. Jahrb., Vol. 35, Syst.,
1913, p. 351 u. 403).
Die Vogelcestodenfauna von Russisch Turkestan ist bis jetzt nur
von Krabbe (41) behandelt worden, dem das von Fedschenko auf
seiner turkestaner Reise 1868—1871 gesammelte Material zur Ver-
fügung stand. Außerdem hat Solowiow in seiner Arbeit (69) zwei
Vogelcestodenarten, die ich ihm 1910 übersandte, erwähnt.
Ich beschreibe hier 46 Arten von Vogeltäiiien, die 19 Gattungen
angehören und die ich bei 26 verschiedenen Wirten gefunden habe.
Unter diesen Parasiten habe ich 1 neue Gattung, 10 neue Arten
und 1 neue Varietät feststellen können, und zwar: Bavainea sartica
n. sp. aus Corvus corone, Anomotaenia otidis n. sp. aus Otis tetrix,
Choanotaenia fuhrmanni n. sp. aus Circus cinereus, Paruterina cholod-
JcoivsMi n. sp. aus Otomela romanoivi Bogd., Biuterina dunganica n. sp.
aus Oriolus galhda, Aploparaksis elisae n. sp. aus Fuligula nyroca,
DiorcMs americana Ransom var. turJcestanica n. var. aus Gallinula
cJdoropus, Hymenolepis solowioivi n. sp. aus Fuligula nyroca, Hymeno-
lepis rarus n. sp. aus Fuligula rufina (Blinddarm), Hymenolepis prse-
walsMi n. sp. aus Anser anser L. und Hymenofimbria merganseri n. g.
n. sp. aus Mergus merganser.
27*
414 K. I. Skrjabin,
Außerdem beschreibe ich hier einige Parasiten, die bis jetzt
noch nicht genügend bekannt waren.
Bei der Untersuchung der letzteren stellte es sich heraus, daß
einige Arten zu ganz anderen Gattungen und sogar Familien ge-
rechnet werden müssen, als bis jetzt angenommen wurde. Das ist
der Fall mit Choanotaenia galhulae Zed., die sich als tj^pischer Ver-
treter der Gattung Monopylidnim Fuhrm. erwies, und mit Schistometra
togata Cholodkowskt, welche nicht zu den Düepinidae, sondern zu
den Davaineidae gerechnet werden muß.
Andrerseits konnte festgestellt werden, daß einige Parasiten,,
die bisher als verschiedene Arten betrachtet wurden, als Synonyme
angesehen werden müssen : so erwies sich, daß Hymenolepis mega-
rostellis Solowiow 1911 identisch mit Hymenolepis compressa Linton
1892 wie auch daß Schistometra togata Cholodkowsky 1912 als Sy-
nonym der Taenia conoides Bloch 1782 angesehen werden muß.
Besondere Aufmerksamkeit habe ich auf die Abbildungen meiner
Präparate verwendet, da eine gute, genaue Zeichnung den Para-
siten oft besser als eine lange Beschreibung charakterisiert.
Das interessanteste Exemplar meiner Sammlung ist zweifellos;
Hymenoflmhria merganseri n. g. n. sp., welches eine Mittelform zwischen
2 Gattungen, Hymenolepis Weinl. und Fimbriaria Feöhl., bildet.
In seiner unlängst erschienenen Arbeit hat Fuhemann die Ver-
wandtschaft der Gattungen Fimbriaria imd Hymenolepis festgestellt;
meine neue Gattung bildet nicht nur einen Beweis für die Richtig-
keit dieser Annahme, sondern stellt eine sehr nahe Verwandtschaft
zwischen den beiden oben genannten Gattungen fest, weil sich
Hymenofmibria merganseri nach dem Bau der Muskulatur und des
Excretionsapparats der Gattung Fimbriaria, nach dem der Genital-
organe dagegen der Gattung Hymenolepis nähert.
Von den übrigen interessanten Arten erwähne ich nur Parti-
terina cholodkoivsJäi n. sp., die eine Übergangsform von Paruterina zu
Biuterina zu bilden scheint, und Aploparahsis elisae n. sp., deren
Scolexbewatfnung sich derjenigen der Gattung BiorcMs Clerc nähert..
Bei der Art Diploposthe laevis Bloch gelang es mir, das Ein-
kapseln der Eier in den reifen Gliedern zu beobachten. Bei den
ganz alten Proglottiden, bei welchen die Muskulatur teilweise atro-
phiert war, konnte man eine Wanderung der Eier zur Peripherie
und deren vollständigen Abgang in den Darm des Wirtes feststellen.
Für eine ganze Reihe von Parasiten habe ich neue Wirte ge-
funden.
Vogelcestoden aus Russisch Turkestan. 415
Ich gebe hier Bestimmiing'stabellen einiger Parasitengruppen,
die mit den von mir gefundenen Arten verwandt sind.
Die beigefügte summarische Tabelle enthält alle bis jetzt aus
Russisch Turkestan bekannten Vogelcestoden nach ihren Wirten ge-
ordnet (nach meiner und der FEDscHENxo'schen Sammlung).
Leider kann ich nur die Beschreibung von 46 Cestodenarten
geben, da die übrigen auf dem schwierigen Transport so gelitten
hatten, daß sie sich als untauglich zur wissenschaftlichen Bearbei-
tung erwiesen.
Ich ergreife die Gelegenheit, um Herrn Prof. Dr. 0. Fuhrmann
meinen tiefgefühlten Dank für seine wertvolle Mitwirkung in der
Bearbeitung meines Materials auszusprechen. Er hat mir nicht nur
wertvolle wissenschaftliche Hinweise gegeben, sondern auch seine
reiche Sammlung zur Verfügung gestellt.
Neuchätel, 3. Januar 1914.
Systematische Bearbeitung.
' A. Fam. Davaineidae Fuhem.
a) Subfam. Davaineinae M. Ben.
I. Gen. Davainea Blanch.
In meiner Sammlung fanden sich 5 Vertreter dieser Gattung,
von denen einer (Davainea sartica n. sp.) sich als neue Art erwies;
für Davainea micracantha Fuhem. beschreibe ich hier einen neuen
Wirt, Columha livia L.; außerdem gebe ich hier eine vollständigere
Beschreibung des letzten Parasiten, der neuerdings aufgestellten
Davainea penetrans Baczynska.
1. Davainea sartica n, sp,
(Fig. 1-4.)
Bis in die jüngste Zeit ist bei den Vögeln der Familie der
Corvidae nur eine Art der Gattung Davainea beschrieben worden,
und zwar Davainea corvina Fuhem. 1905 aus Corvus culminatus und
Corvus macrorhynchus von Ceylon und Slam. Im Sommer 1908 habe
416 . K. I. Skrjabin,
ich im Dünndarm von Corvus corone einen neuen Vertreter dieser
Gattung gefunden, den ich Davainea sartica n. sp. nennen möchte. ^)
Diesen Parasiten fand ich nur einmal in 3 Exemplaren bei 14
von mir untersuchten Corvus corone.
Die Strobila des größten Exemplars erreichte eine Länge von
45 mm, bei einer Breite von 2,5 mm der hintersten, reifen Pro-
glottiden. Die Länge der letzteren betrug kaum 0,25 mm. Die
Breite der jüngsten, am Halse anliegenden Proglottis erreichte nur
0,3 mm, bei einer Länge von 0,024 mm.
Die Form der Proglottiden (der jungen sowohl als auch der
reifen) ist eine rechteckige mit etwas abgerundeten Rändern. Der
Scolex, 0,2 mm lang und 0,26 mm breit, ist mit 4 Saugnäpfen ver-
sehen, deren Durchmesser 0,156 mm beträgt. Die Saugnäpfe sind
mit Haken, welche 12—15 Reihen bilden, bewaffnet; sie nehmen
nicht nur die Peripherie derselben ein, sondern dringen auch noch
in den inneren Teil derselben. Die Haken an der Peripherie sind
verhältnismäßig sehr groß und erreichen eine Länge von 0,011 mm.
Ihre Größe verringert sich, je mehr sie in die Saugnäpfe zurück-
treten. Diese Häkchen bestehen aus einem Basalteil, welcher an
der Cuticula befestigt ist, und einem freien gebogenen Ende.
Das Rosteil um bei den untersuchten Exemplaren ist eingezogen
und konnte daher nicht gemessen werden ; es ist von einer doppelten
Krone von ca. 200 Häkchen umgeben; Durchmesser der Krone =
0,096 mm ; die Form der Haken ist charakteristisch für die Gattung
Davainea; ihre Größe ist sehr unbedeutend — ca. 0,0074 — 0,009 mm.
Die Haken des Rostellums sind daher von geringerer Größe als die
an der Peripherie der Saugnäpfe, was als sehr charakteristisch für
unsere Art angesehen werden muß.
Der Hals ist sehr kurz, ca. 0,1 mm.
Im Bau der Muskulatur ist eine Besonderheit zu bemerken
(Fig. 2), welche unsere Art von der ihr verwandten Form unter-
scheidet und welche in Folgendem besteht: statt der gewöhnlich
einzigen Schicht der Transversalmuskeln sind hier 2 deutliche
Schichten vorhanden, welche voneinander getrennt sind durch eine
Bündelreihe der Längsmuskulatur ; diese letztere ist bei unserer Art
ziemlich schwach entwickelt.
Die Genitalötfnungen sind unilateral. Die Genitaldrüsen sind,
1) „Sartica" — von „Sarten" — Name dei- ansässigen Eingeborenen
im Syr-Darja- Gebiet (Russisch Turkestau).
Vogelcestoden aus Russisch Turkestan. 417
wie bei den meisten Cestoden, folgendermaßen gebaut: in den jungen
Gliedern entwickeln sich die männlichen Organe, zu denen dann
später in den mittleren Proglottiden die weiblichen hinzukommen;
die reifen Proglottiden bestehen aus dem in zahlreiche Kapseln zer-
fallenden Uterus.
Die Hoden sind zahlreich (12—14 in jedem Flächenschnitte)
und liegen hinter und seitlich von den weiblichen Genitaldrüsen.
Der birnförmige Cirrusbeutel ist von verhältnismäßig geringer
Größe: er mißt 0,148 mm bei einer Breite von 0,055 mm; seine
Muskulatur dagegen ist stark entwickelt (im Gegensatz zu der
schwach muskulösen Bmainea corvina Führmann). Im Cirrusbeutel
befindet sich der stark geschlängelte Penis ; die äußere Öffnung des
Cirrusbeutels ist mit einem besonderen muskulösen Sphincter ver-
sehen.
Das Vas deferens besteht aus einem stark geschlängelten Kanal,
der sich bis zur Mitte des Proglottiden erstreckt.
Die weiblichen Genitaldrüsen liegen, wie gewöhnlich, median
und zeigen keine charakteristischen Eigentümlichkeiten. Der Keim-
stock ist gelappt, der Dotterstock, von unregelmäßig ovaler Form,
ist 0,11 mm breit und 0,067 mm lang. Das Receptaculum seminis
ist von spindelförmiger Gestalt, liegt einwärts vom ventralen
Excretionsgefäß und geht in die Vagina über, welche hinter der
männlichen Öifnung in die Genitalcloake ausmündet. Der Aus-
führungsgang der Vagina hat einen speziellen Sphincter; sie ist
stark verdickt und innen mit feinen Stacheln ausgekleidet, welche
mit ihrem freien Ende nach innen gerichtet sind. Der Uterus fehlt
in den reifen Proglottiden, indem er in einzelne Kapseln zerfällt,
die 3 — 4 Eier enthalten.
Die Eikapseln nehmen die ganze Proglottis ein und erstrecken
sich bis über die Excretionskanäle hinaus. Auf Fig. 4 sieht man
die Vereinigung der Hauptkanäle der weiblichen Genitalorgane.
Als Haupteigentümlichkeiten der neuen Art können also folgende
Charaktere dienen:
1. die verhältnismäßig großen Haken der Saugnäpfe;
2. die Größe der Haken des Rostellums, welche bedeutend kleiner
als diejenigen an den Saugnäpfen sind;
3. die Anwesenheit zweier transversaler Muskelschichten;
4. der Bau des Cirrusbeutels, welcher im Vergleich zu den ver-
wandten Arten stark muskulös ist.
Zur besseren Veranschaulichung füge ich die beifolgende Tabelle
418
K. I. Skrjabin,
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Vogelcestodeu aus Russisch Turkestan. 419
hinzu mit den Hauptunterscheidimgsmerkmalen aller Arten der
Gsittimg Davainea, die bis jetzt bei Passeriformes bekannt sind.
I. Genitalöffnungen unilateral, Haken nicht mehr als 400
A. Uterus bildet keine Eikapseln, Bursa cirri 0,22 mm lang-
Davainea uniuterma Fühem.
B. Uterus bildet Eikapseln, Bursa cirri kürzer als 0,2 mm
1. Transversalmuskulatur in 2 Schichten
Davainea sartica n. sp.
2. Transversalmuskulatur in 1 Schicht
a) Bursa cirri nicht mehr als 0,1 mm
a) 80 Haken, Saugnapf 0,1 mm im Durchmesser
Davainea corvina Führm.
ß) 400 Haken, Saugnapf 0,03 — 0,045 mm im Durchmesser
Davainea iverneri Klaptocz
y) 100 Haken, Saugnapf 0,1 mm im Durchmesser
Davainea paradisea Führm.
b) Bursa cirri 0,15 mm lang; 400 Haken
Davainea compacta Cleec
IL Genitalöffnungen abwechselnd, Haken 1000
Davainea spinosissima v. Linst.
III. Genitalöffnungen? Haken 300, 0,011 mm lang
Davainea globocephala Führm.
2. Davainea inieracantha Führm. 1905.
(Fig. 9.)
Führmann, 1905.
Dieser Parasit ist von mir bei einem neuen Wirt — Coliimba livia L.
im Sommer 1909 in der Umgegend von Aulie-Ata (Syr-Darja-Gebiet)
gefunden worden.
In Anbetracht dessen, daß man in der Literatur nur wenige
Zeilen über diese Art findet, weil Führmann nur einige junge
Exemplare zur Verfügung hatte, halte ich es für angebracht, diese
Beschreibung auf Grund meines Materials zu vervollständigen und
durch eine Zeichnung die Lage der Organe in der Proglottis zu
veranschaulichen.
Die Länge der Stroblia erreichte bei meinen Exemplaren 120 mm,
bei einer Maximalbreite 1,5 mm. Die Zahl der Haken am Kostellum
erreichte nur ca. 160 (nach Führmann 200). Die Saugnäpfe
haben einen Durchmesser von 0,06 mm. Die Anzahl der Hoden ist
verhältnismäßig sehr gering: sie schwankt zwischen 12 — 16, wo-
420 K. I. Skrjabin,
bei bei einigen Proglottiden die einzelnen Hoden über die Excretions-
kanäle hinausgehen. Die Bursa cirri ist birnförmig und hat eine
Länge von 0,1 mm bei einer Breite von 0,018 mm.
Der Keimstock ist zweiflügelig; der Dotterstock, rund und
ziemlich groß , erreicht einen Durchmesser von 0,068 mm. Das
Receptaculum seminis ist wurstförmig; die Vagina ist in der Nähe
der Genitalcloake sehr muskulös.
Der Uterus bei den jungen Proglottiden ist von sackförmiger
Gestalt, bei den reifen dagegen zerfällt er in einzelne Kapseln; sie
nehmen die ganze Breite der Proglottis ein, gehen über den Rand
der Excretionskanäle hinaus und enthalten 4 — 5 Eier.
Die reifen Glieder, in charakteristischer Rosenkranzform, sind
scharf von den übrigen rechteckigen Proglottiden abgegrenzt.
Anbei gebe ich eine Bestimmungstabelle aller 8 Arten der
Gattung Bavainea Blanch. aus Columbiformes:
I. Genitalöfifnungen unilateral
A. Parasiten mit typischen Dayaiwea-Haken
a) Eikapseln liegen nur zwischen den Excretionsgefäßen
1. 18 — 20 Hoden, 300 Haken Bavainea goura Fühkm.
2. 8—12 Hoden, 170 Haken
Bavainea cnjptacantha Fuhem.
3. 4 — 5 Hoden, 300 Haken Bavainea spiralis Baczynska
b) Eikapseln nehmen die ganze Breite der Proglottis ein
1. 6—7 Hoden, 120 Haken
Bavainea paucitesticulata Fuhkm.
2. ? Hoden, ? Haken Bavainea insignis Steudener
B. Der hintere Hebelast der Haken ist gar nicht entwickelt
Bavainea micracantha Fühem.
IL Genitalöffnungen unregelmäßig abwechselnd
a) Bursa cirri groß, 0,24 mm lang
Bavainea columhae Fuhem.
b) Bursa cirri klein, 0,1 mm lang Bavainea crassula Rud.
3. Duvainea tetragonä Molin 1858.
Molin, 1858; Krabbe, 1882; Diamare, 1893; Blanchaed, 1891;
Stiles, 1896; Eansom, 1904; Ransom, 1905; Führmann, 1908.
Diese Art, welche Krabbe schon aus Russisch Turkestan be-
schrieben hat (aus der FEDTSCHENKo'schen Sammlung), ist von mir
nur einmal in Aulie-Ata bei Gallus gallus dornest L. gefunden worden.
Vogelcestoden aus Russisch Turkestan.
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422
K. I. Skbjabin,
Tabellarische Arten übersieht der Gattung
Die Maße sind in
1
2
3
4
5
Name
D. tetragona
D. cesticilhis
D. echino-
D. pro-
D, volzii
bothrida
glottina
Untersucher
Molin
Molin
Megnin
Däväine
Führmann
Jahr
1858
1858
1881
1860
1905
Strobilalänge
250
100
250
0,5—1,55
40-60
Strobilabreite
1—4
1.5—3
1—4
0,18-0,5
2
Scolexbreite
0,175-0,35
0,3—0,6
0,25—0,45
0,135—0,2
0,45
Durchmesser des Saug-
0,05-0,09
0,1
0,09—0,2
0,025—0,035
0,18
napfes
Haken in Rostellum
100
400-500
200
80-95
240
Hakenkrone
einfache
doppelte
doppelte
doppelte
doppelte
Hakenlänge
0,006—0,008
0,008-0,01
0,01-0,013
0,0065—0,0075
0,01
Genitalöffnungen
unilateral
unregel-
unregel-
unregel-
unilateral
mäßig
mäßig
mäßig
abwechselnd
abwechselnd
abwechselnd
Bursa cirra, Länge
0,075—0,01
0,12-0,15
0,13—0,18
?
0,2
Zahl der Hoden
20-30
20—30
20-30
?
30
Eier in Kapseln
6—12
1
—
—
8-12
Wirt
Gallus gallus
Gallus gallus
Meleagris
gallopavo L.
Gallus gallus
Gallus gallus
Gallus gallus
Verbreitung
Europa
Europa
Europa
Europa
Asien
Afrika
Afrika
Amerika
Australien
Asien
Asien
Amerika
Amerika
4. Ucwainea cesticillus Molin 1858.
Molin, 1858; Krabbe, 1869; Blanchard, 1891; Stiles, 1896;
Ransom, 1905; Fuhrmann, 1908.
Von mir nur 2mal gefunden, im Dünndarm des Haushuhnes
{Gallus gallus dornest. L.).
5. Dcwainea penetrans Baczynska 1913.
(Fig. 5—8 u. 79.)
Baczynska, 1914.
Dieser Parasit, welcher neuerdings von H. Baczynska beschrieben
worden ist, erscheint als der weitverbreitetste Hühnerparasit in
Vogelcestoden aus Russisch Turkestan.
423
Bavainea Blanch. aus Galliformes.
Millimeteri]
L angegeben.
Fortsetzung der Tabelle s. nächste Seiten.
6
7
8
9
10
11
12
D. penetrans
D. cohni
D. friedbergi
D. circum-
vallata
D. urogalli
D. campa-
nulata
D. globi-
rostris
Baczinska
Baczinska
V. LiNSTOW
Krabbe
Modeer
Fuhrmann
Führmann
1913
1913
1878
1869
1790
1908
1908
40—180
20—30
200
60—150
35U
90
100
3
1,7
2-3
2,5
3—4
1,5
2
0,374
0,192
0,386
0,58
9
0,3
0,28
?
V
0,185
0,196
?
0,14-0,25
0
240—300
160
150
800
100
40
r
2Ö0
doppelte
doppelte
doppelte
doppelte
doppelte
einfache
doppelte
0,013
0,008
0,0128
0,016 u. 0,012
0,01—0,011
0,027
0,0126
unilateral
unilateral
unilateral
unregel-
mäßig
abwechselnd
unregel-
mäßig
abwechselnd
unregel-
mäßig
abwechselnd
unilateral
0,106
0,078
0,114
9
0,1
0,136
0,12
20—35
10
25-32
•?
45
100
70
4
'j
2—3
4-8
?
?
10—12
Galhis gallus
Gallus gallus
Phasianus
Perdix
Lagopus
Opistho-
Perdix
colchicus
coturnix
Caccabis
petrosa
Perdix
perdix
scoticus
Tetrao
urogallus
Lyrurus
tetrix
Tetraogallus
hymallayensis
Caccabis
saxatilis
comus hoazin
III.
Perdix sp.
perdix
Afrika
■p
Europa
Europa
Europa
Südamerika
Europa
Russisch
Afrika
Asien
Asien
Turkestan
Russisch Turkestan; in meiner Sammlung besitze ich diese Art in
7 Exemplaren von Gallus gallus dornest.
Ich halte es für notwendig, einige Details über diesen Parasiten
zu geben. Vor allem fällt der außerordentliche Polymorphismus
dieses Parasiten auf; er ist so scharf ausgeprägt, daß es schwer
hält, die verschiedenen Exemplare dieser Art zu identifizieren, trotz-
dem sie sich ungefähr in demselben Reifezustande befinden. Das
größte Exemplar meiner Sammlung erreichte eine Länge von 180 mm,
die der Exemplare von Baczynska nicht mehr als 40 mm. Die
Breite der Strobila beträgt 3 mm.
Als anatomische Besonderheit dieser Art ist die Anwesenheit
424
K. I. Skrjabin,
Tabellarische Artenüber sieht der Gattung
Die Maße sind in
13
14
15
16
17
Name
D. lepta-
D. polij-
D. penelo-
D. retusa
D. pintneri
cantha
uterina
pina
Untersucher
Fdhrmänn
Fuhrmann
Führmann
Clerc
Kläptocz
Jahr
1908
1908
1908
1903
1906
Strobilalänge
220
50—60
20
185
72
Strobilabreite
2
2,5
2
3,2
?
Scolexbreite
0,28-0,32
0,45
0,28
0,22—0,25
0,16—0,18
Durchmesser d. Saug-
0,072
0,136
0,1
?
0,1
napfes
Haken in Rostellum
zahlreich
200
160
150—200
200
Hakenkrone
doppelte
doppelte
doppelte
doppelte
doppelte
Hakenlänge
0,012—0,014
0,016
0,01—0,012
0,016—0,011
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Genitalöffnungen
unilateral
unregel-
mäßig
abwechselnd
unilateral
unregel-
mäßig
abwechselnd
unilateral
Bursa cirri, Länge
0,066—0,08
0,17
0,14
sehr klein
0,1
Zahl der Hoden
80
40
zahlreich
zahlreich
20
Eier in Kapseln
10-12
1
5—8
1
mehrere
Wirt
Crax alector
Perdix
Penelope
Lyrurus
Nuinida
L.
perdix
obscura
tetrix
ptilorhyncha
Crax
Cotitrnix
fasciolata
coturnix
Verbreitung
Südamerika
Europa
Südamerika
Europa
Asien
Afrika
zweier Eeihen von Trans versalmuskeln zu bemerken, wobei die
äußere, akzessorische viel schwächer ausgeprägt ist als die innere.
Die Größe des Scolex meiner Exemplare ist bedeutender als
die von Baczynska angegebene, und zwar beträgt dieselbe 0,272 mm,
bei einer Breite von 0.374 mm. Nach den Angaben von Baczynska
beträgt sie 0,288 mm in der Länge und 0,352 mm in der Breite,
Die Zahl der Rostellumhaken erreicht ca. 300 (nach Baczynska
240). Was die Genitalorgane betrifft, so habe ich bei meinen Prä-
paraten keine Hodenreihen hinter den weiblichen Genitaldrüsen
finden können: sie lagen immer nur seitlich vom Dotterstock und
vom rosettenförmig gestalteten Keimstock, welche gerade am Hinter-
rande der Proglottis gelegen sind. Die Anzahl der Hoden beträgt
ca. 30 — 35 mm (nach Baczynska von 15—20).
Was die Fixierung des Parasiten an der Darmwand betrifft, so
habe ich nur einen Fall feststellen können, wo der Scolex in die
Submucosa eingedrungen war; in allen anderen Fällen waren die Para-
siten wie meistenteils an der oberen Schicht der Schleimhaut fixiert.
Vogelcestoden aus ßussisch Turkestan.
Bavainea Blanch. aus Galliformes (Fortsetzung).
Millimetern angegfeben.
425
18
19
20
21
22
23
D. gloho-
caudata
D. pluri-
uncinata.
D. varians
D. parechino-
bothrida
D. longicollis
D. lati-
canalis
COHN
Crety
Sweet
Magalhaes
Molin
Skrjabin
1901
1890
1910
1898
1858
1914
20
105—120
110
1
0,45
3
0,313
2 g
06 P
3,5
0,2
0,1
0,098
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zahlreich
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urogallus
communis
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Caccabis
petrosa
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Europa
Europa
Brasilien
Asien
Der Cirrusbeutel ist so typisch durch seine Form, Größe und
Muskulatur, daß diese Art sich mit Leichtigkeit erkennen läßt.
Die Vagina ist bei der Ausmündung in die Genitalcloake mit
feinen Stacheln versehen, welche mit ihrem freien Ende nach innen
gerichtet sind.
Bestimmung stabeile aller 19 sicheren Arten der
Gattung Davainea Blanch. aus Galliformes.
I. Genitalöffnungen unilateral
A. Bursa cirri kürzer als 0,1 mm
a) Mit einfachem Hakenkranz
Bursa cirri 0,075—0,1 mm; 100 Haken 0,006—0,008 mm
lang D. tetragona
b) Mit doppeltem Hakenkranz
1. Bursa cirri 0,078 mm; 160 Haken 0,008 mm lang
D. cohni
426 ^- I- Skkjabin,
2. Bursa cirri 0,066—0,08; zahlreiche Haken 0,012 bis
0,014 mm lang B. leptacantha
B. Bursa cirri größer als 0,1 mm
a) Hoden weniger als 50
1. Bursa cirri 0,2 mm ; 240 Haken 0,01 mm lang D. vohi
2. Bursa cirri 0,106 mm; 240—300 Haken 0,013 mm lang
D. penetrans
3. Bursa cirri 0,114 mm; 150 Haken 0,0128 mm lang
D. friedbergi
4. Bursa cirri 0,1 mm; 200 Haken ? lang D. pintneri
b) Hoden mehr als 50
1. Bursa cirri 0,12 mm; 200 Haken 0,0126 mm lang
D. glohirostns
2. Bursa cirri 0,14 mm; 160 Haken 0,01—0,012 mm lang
D. penelopina
IL Genitalöifnungen unregelmäßig abwechselnd
A. Strobila nicht mehr als aus 5 Proglottiden
80—95 Haken 0,0065—0,0075 mm lang B. proglottina
B. Strobila aus zahlreichen Proglottiden
a) Mit einfachem Hakenkranz
Bursa cirri 0,136; 40 Haken 0,027 mm lang
B. campanulata
b) Mit doppeltem Hakenkranz
a) Hoden weniger als 50
1. Bursa cirri 0,12—0,15; 400—500 Haken 0,008 bis
0,01 mm B. cesticülus
2. Bursa cirri 0,13—0,18; 200 Haken 0,01-0,013 mm
B. echmobotJirida
3. Bursa cirri ?; 800 Haken 0,011 mm B. circumvdllata
4. Bursa cirri 0,17; 200 Haken 0,016 mm B. polyuterina
5. Bursa cirri 0,1; 100 Haken 0,01—0,011 mm
B. urogalli
6. Bursa cirri 0,06; zahlreiche Haken ? lang
B. globocaudata
ß) Hoden mehr als 50
1. Bursa cirri ?; 150—200 Haken 0,016—0,011 mm
B. retusa
2. Bursa cirri 0,13; zahlreiche Haken 0,008—0,005 mm
B. pluriuncinata
Vogelcestoden aus Russisch Turkestan.
427
b) Subfam. Idiogeninae Fuhrm.
IL Gen. Idiogenes Krabbe.
In meiner Sammlung befindet sich nur 1 Art dieser Gattung.
6. Idiogenes flagelluni Goeze 1782.
(Fig. 10.)
Goeze (1782), Volz (1900 =^ T. mastigophora Krabbe), Fuhrmann
(1906 = Cliapmauia lougicirrosa FüHRM.), KlaptoCZ (1908).
Diese Art ist von mir vielfach bei dem Raubvogel Circus cinereus
gefunden worden, welcher für diesen Parasiten ein neuer Wirt ist.
Da es in der Literatur keine Abbildung des Scolex dieser Art gibt,
Tabellarische Artenübersicht der Gattung Idiogenes
Krabbe.
Die Maße sind in Millimetern angegeben.
Name
/. otidis
I. grandi-
porus
1. horridus
I. flagellum
Untersucher
Krabbe
Cholodkowsky
Fuhrmann
Goeze
Jahr
1868
1905
1908
1782
Länge der Strobila
15—29
60-70
20-30
20
Breite der Strobila
0,3
1
0,3
0,4
Scolexbreite
•p
0,38—0,45
0,16
0,1-0,15
Durchmesser d. Saug-
g
0,18-0,2
?
—
napfes
Haken in Rostellum
■?
104
160
130—150
Hakenlänge
0,03—0,0315
0,028-0,034
0,01
0,01
Genitalöffmmgen
unilateral
unilateral
unilateral
unilateral
Bursa cirri, Länge
0,15
2
0,2
0,24
Zahl der Hoden
10—15
'?
7-9
10-12
Keimstockbreite
-?
?
0,14
0,12
Dotterstock
median
median
etwas poral
median
GenitacUoake
eng
sehr breit
eng
eng
Wirt
Otis tarda L.
Otis tetrax L.
Cairama
Milvus milvus
Otis tetrax L.
cristata
Milvus korochim
Houbara
Milvus
undulata
melnnotis
Milvus ater
Circus cinereus
Geograph. Verbreitung
Europa
Asien
(Sibirien)
Asien (Sibirien)
Südamerika
Europa
Asien (Russisch
Turkestan)
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst.
28
^28 K. I. Skrjabin,
SO gebe ich eine Zeichnung desselben (Fig. 10). Nach meinen
Zählungen besitzt dieser Parasit 120 — 150 Haken.
Anbei folgt eine Tabelle aller Arten der Gattung Idiogenes
Kkabbe, welche bis jetzt bekannt sind; ich muß aber hinzufügen,
daß, obgleich Kowalevsky eine Beschreibung der Haken des von
ihm gefundenen Idiogenes otidis gibt, es doch noch unaufgeklärt
bleibt, ob er es mit Idiogenes otidis Krabbe oder Idiogenes grandi-
porus Cholodkowsky zu tun hatte.
I. Genitalcloake eng
A. Dotterstock median
1. Bursa cirri 0,15 mm, parasitieren bei Otidiformes
7. otidis
2. Bursa cirri 0,24 mm, parasitieren bei Accipitres
I. flagellum
B. Dotterstock poral verschoben
Bursa cirri 0,2 mm, parasitieren bei Gruiformes I. horridiis
IL Genitalcloake sehr breit. Bei Otidiformes I. grandipoms
III. Gen. Chajyniania Monticelli.
Von den zwei bis jetzt bekannten Arten dieser Gattung be-
findet sich in meiner Sammlung nur:
7, Chajyniania tapika Clerc 1906.
Clerc (1906), Führmann (1909), Cholodkowsky (1912), Skrjabin
(1914).
Dieser Parasit ist von mir vielfach bei Otis tetrax gefunden
worden. Eine genaue Beschreibung gebe ich in einer anderen
Arbeit (1914, 70j.
IV. Gen. Schistotnetra Cholodkowsky.
Diese unlängst begründete Gattung (1912) gehört nach meinen
Untersuchungen (1914, 70) nicht zur Familie Dilepinidae (Subfam.
Paruterinae), wie Cholodkowsky, der keinen Scolex besaß, glaubt,
sondern zur Familie der Davaineidae (Subf. Idiogeninae) , wo-
bei er sich der Gattung Chapmania Mont. sehr nähert. Jedoch
unterscheidet sich diese Gattung von Chapmania Mont. 1. durch die
Anwesenheit von besonderen Anhängen an den Saugnäpfen und
2. durch die poral verschobenen weiblichen Geuitaldrüsen.
Vogelcestoden aus Eussisch Turkestan. 429
8. Schistonietra conoides Bloch 1782.
Bloch (1782), Cholodkowsky (1912), F. Beddaed (1912 = Otiditaenia
eupodotidis), Skrjabin (1914).
Diese Art ist von mir mehrere Male, zusammen mit Hymenolepis
vülosa Bloch, bei Otis tarda in der Umgebung von Aulie-Ata ge-
funden worden.
Eine genaue Beschreibung gebe ich in einer anderen Arbeit
{1914, 70).
B. Fam. Dilepinidae Fühem.
Diese Familie ist in meiner Sammlung in 8 Gattungen und 14
ihnen angehörigen Arten vertreten, wobei 4 von diesen Arten'
neu sind.
a) Subfam. Dilepininae Fuhem.
V. Gen. Dilepis Weinl. 1858.
9. JDilepis scolecina Rud. 1819.
Hudolphi (1819), Keabbe (1869), Solowiow (1911).
Ist von mir 2mal im Darm von Phalacrocorax carbo L. gefunden.
VI. Gen. Anomotaenia Cohn 1900.
Von 5 in meiner Sammlung vorhandenen Vertretern dieser
Gattung scheint eine Art neu zu sein.
10. Anoniotaenia stentorea Feöhl. 1799
(= variabilis Rud. 1809). (Fig. 11.)
Feöhlich (1799), Eüdolphi (1809), Keabbe (1869), Cleec (1903).
Ist mehrfach im Darm von Vanellus cristatus L. gefunden. Ich
gebe hier eine Abbildung des Scolex dieses Parasiten.
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430
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434 K. I. Skrjabin,
11. Anoniotaenia niicroiyhaUos Keabbe 1869.
(Fig. 12-14 u. 80.)
Krabbe (1869), Clerc (1903 = Choanoiaenia).
Dieser Parasit ist von mir 2mal im Darm von VaneUus cristatus
gefunden. Zu der kurzen Beschreibung, die Krabbe und Clerc
geben, füge ich folgendes hinzu:
Die Länge des Scolex erreichte 0.25 mm, bei einer Breite von
0,23 mm. Die Saugnäpfe haben einen Durchmesser von 0,1^ — 0,13 mm.
Die Breite des Eostellums beträgt 0,085 mm. Der Hals ist 0,13 bis
0,17 mm breit. Die reifen Glieder haben eine charakteristische,
glockenförmige Gestalt und sind scharf von der übrigen Strobila
getrennt. Die 35—40 Hoden liegen im hinteren Drittel der Pro-
glottis, wobei sie die weiblichen Genitaldrüsen nach vorn drängen.
Der schwach muskulöse langgestreckte Cirrusbeutel ist von wurst-
förmiger Gestalt, geht über den beiden Wassergefäßen durch und
erreicht beinahe die Mittellinie. Er ist 0,17 mm lang und mit
einem besonderen Sphincter versehen. Das Vas deferens nimmt mit
seinen Schlingen den vorderen Teil des Proglottis ein, wobei sie
teils im mittleren Felde, teils antiporal liegt. Der starklappige
Keimstock nimmt mit seiner Breite den ganzen Raum zwischen den
Excretionskanälen ein. Der gelappte Dotterstock liegt ganz median
zwischen Keimstock und Hoden. Die Vagina mit ihrem breiten
Kanal reicht bis zur Körpermittellinie, wo sie in das retortenförmige
Eeceptaculum seminalis übergeht. Der Ausführgang der Vagina ist
mit einem speziellen Sphincter versehen.
12. Anoniotaenia glohnlus Wedl 1855.
Wedl (1855), Krabbe (1869), Clerc (1903).
Diese Art, welche in der helminthologischen Literatur nicht voll-
ständig beschrieben ist, ist von mir nur einmal im Darm von Totamis
glareola gefunden worden. Der Wirt ist für die Art neu. Meine
Exemplare waren 35 mm lang und 2 mm breit. Der Durchmesser
des Scolex betrug 0.34—0,38 mm und derjenige der Saugnäpfe 0,2 mm.
Charakteristisch für diese Art ist die Anwesenheit von zahlreichen
Kalkkörperchen im Scolex, Hals und den vorderen Proglottiden.
Die ca. 60 Hoden liegen ausschließlich im hinteren Teil der Pro-
glottis.
Vogelcestoden aus Russisch Turkestan. 435
13. Anomotaenia constricta Molin 1858.
Molin (1858), Krabbe (1869, 1882), Volz (1900), Cohn (1901 = 4.
pimda V. Linst.), Clekc (1903).
Dieser Parasit ist bei Corvus corone und Corvus frugilegus ge-
funden. Das bei dem letzteren Wirt gefundene Exemplar besaß
eine viel stärker ausgeprägte Muskulatur. Diese letztere Eigen-
tümlichkeit ist meiner Ansicht nach nicht genügend, um eine neue
Art zu begründen. Darum halte ich den Parasiten für Anomotaenia
constricta Molin.
14. Anomotaenia otidis n. sp,
(Fig. 15—16.)
Zufällig fand ich unter einer Menge von Hymenolepis villosa
Bloch bei Otis tetrax einen Scolex mit einem kleinen Stück der
Strobila (8 mm) des Parasiten, welcher nach dem Bau seines Scolex
zur Gattung Anomotaenia Cohn gerechnet werden muß. Da bei
Otidiformes bis jetzt kein Parasit dieser Gattung beschrieben
ist, muß diese von mir gefundene Cestode als eine neue Art ange-
sehen werden. Leider kann ich nur die Beschreibung und Abbil-
dung des Scolex geben, da in dem vorhandenen kleinen Stück der
Strobila keine Organe zu finden waren.
Der Scolex war 0,6 mm lang und 0,34 mm breit. Durchmesser
der Saugnäpfe sowie des Rostellums 0,17 mm. Halsbreite 0,12 mm.
Es ist interessant zu bemerken, daß in der Sammlung des
Herrn Prof. Fuhemann mehrere Proglottiden aus Otis tarda existieren,
die anscheinend auch zur Gattung Anomotaenia Cohn gehören. Leider
fehlt bei diesem Präparat der Scolex, weshalb die Identität dieser
Art mit der von mir aus Otis tetrax gefundenen nicht festgestellt
werden kann. Die Lösung der Frage, ob diese Arten wirklich
identisch sind, muß ich einem anderen Forscher überlassen, der im
Besitze eines ganzen Parasiten sein wird.
Ich erachte es jedoch für notwendig, die Anatomie der oben
genannten Proglottiden aus der FuHRMANN'schen Sammlung zu be-
schreiben und abzubilden.
Die Proglottiden haben eine charakteristische, trapezförmige
Gestalt. 14—16 Hoden, welche einen Querdurchmesser von 0,025 mm
zeigen, umfassen hinten und teilweise auch seitlich die weiblichen
Genitaldrüsen.
436 K. I. Skrjabin,
Der Cirrusbeutel ist sehr klein, oval und erreicht kaum das
Längsgefäß des Excretionsorgans. Bei Proglottiden, welche eine
Breite von 0,68 mm und eine Länge von 0,34 mm besitzen, ist der
Cirrusbeutel 0,1 — 0,12 mm lang und 0,05—0,06 mm breit.
Die weiblichen Genitaldrüsen liegen median. Das Ovarium ist
zweiflüglig, gelappt und erreicht eine Breite von 0,17—0,18 mm.
Zwischen demselben und den Hoden liegt der nierenförmige Dotter-
stock, der eine Breite von 0,068 mm zeigt. Der Uterus ist mit
Eiern gefüllt, welche einen Durchmesser von 0,03 — 0,37 mm haben.
Die Vagina bildet ein kleines Receptaculum seminis, welches
zwischen Ovarium und Dotterstock liegt. Sie mündet zusammen
mit dem Cirrus in eine tiefe und enge Genitalcloake.
VII. Gen. Choanotaenia Railliet.
In meiner Sammlung fand sich ein interessanter neuer Vertreter
dieser Gattung aus dem Darm des Raubvogels Circus cinereus L.
Parasiten der Gattung Choanotaenia Raill. sind bis jetzt noch nie-
mals bei Raubvögeln (Accipitres) gefunden worden.
15. Choanotaenia fulunnanni n, sj>,
(Fig. 17—20 und A u. B.)
Es ist diese Art von mir 2mal bei Circus cinereus im Sommer
1911 in der Umgebung von Aulie-Ata gefunden worden.
Diese neue Art habe ich zu Ehren des Herrn Prof. Dr. 0. Fuhr-
mann, des unermüdlichen Erforschers und besten Kenners der Vogel-
cestoden, benannt.
Die Länge des größten Exemplars beträgt 25 — 30 mm bei einer
Maximalbreite von 1,3—1,5 mm. Die 3—4 letzten Glieder waren
immer 0,7—0,8 mm breit und scharf von der übrigen Strobila ab-
getrennt.
Der 0,17 mm lange und 0,23 mm breite Scolex ist mit großen,
becherförmigen Saugnäpfen versehen, welche einen Durchmesser von
0,11 — 0,13 mm haben.
Das 0,07 mm breite Rostellum ist mit 16—18 0,024 mm langen
Haken bewaffnet, welche nur eine einfache Reihe bilden. Die
Länge des ausgestülpten Rostellums erreichte 0,068 — 0,1 mm, der
Hals ist 0,17 mm breit.
Die Genitalöffnungen liegen unregelmäßig abwechselnd.
Die Genitalpapille springt ziemlich über den Rand der Proglottis
Vogelcestoden aus Russisch Turkestan.
437
vor und liegt im vorderen Drittel derselben. Der männliche Genital-
apparat ist sehr eigentümlich und charakteristisch gebaut.
Die 20 — 25 ovalen Hoden liegen in mehreren Reihen im hinteren
Teile der Proglottiden. Das Vas deferens nimmt mit seinen dichten
Schlingen einen großen Raum im Vorderteile des Gliedes ein und
reicht bis zur Mittelkörperlinie.
Der kleine, schwach muskulöse, birnförmige Cirrusbeutel ist
0,136—0,170 mm lang und 0,09—0,1 mm breit. Die ganze Länge
des Cirrus ist mit kleinen Härchen bedeckt; au der Basis desselben
sind die Härchen außerordentlich lang, sogar bis 0,15 mm!
Fiff. A.
Fig. B.
Wenn der Cirrus ausgestülpt ist, so umgeben ihn diese langen
Haare von allen Seiten und bilden einen Büschel, welcher aus der
Genitalcloake herausragt. Bei eingestülptem Cirrus ist an seiner
Basis die Stelle, an der die langen Haare fixiert sind, scharf ab-
gegrenzt und deutlich bemerkbar. Wie Fig. B zeigt, ist die Lage
der Haare bei eingestülptem Cirrusbeutel folgende: die kleinen
Haare (Dornen) sind mit ihrem freien Ende nach der Genitalcloake
gerichtet, die langen an der Basis befindlichen Haare dagegen sind
in entgegengesetzter Richtung gewendet. Die Stelle, an der die
beiden Haarformen zusammentreffen, ist sehr deutlich ausgeprägt.
Es ist klar, daß bei ausgestülptem Cirrus, wie Fig. 20 zeigt, die Lage
der Haare gerade umgekehrt sein muß. Die Anwesenheit solch
langer Haare an der Cirrusbasis ist so charakteristisch, daß unsere
Art daran leicht zu erkennen ist, selbst wenn dem Untersucher kein
Scolex vorliegt.
Der große, gelappte Keimstock, 0,6 mm breit, nimmt beinahe
die ganze Breite der Proglottis zwischen den beiden Excretions-
438 K. I. Skrjabin,
gefäßen ein. Der schwach gelappte Dotterstock liegt vor den Hoden
und ist 0,24 mm breit.
Die Vagina, welche hinter dem Oirrusbeutel verläuft, ist mit
ziemlich großem, wurstförmigem Recei)taculum seminis versehen.
Charakteristisch für unsere Art ist auch die Anwesenheit einer
großen Menge von dichtgelagerten Kalkkörperchen im äußeren
Parenchym; sie haben derart die inneren Organe verdeckt, daß
man dieselben in Totalpräparaten nicht unterscheiden kann. Die
einzelnen Kalkkörperchen besaßen einen Durchmesser von 0,018 mm.
VIII. Gen. Ctjclorchida Fuhrm. 1907.
Die einzige bis jetzt bekannte Art dieser interessanten Gattung
ist auch in meiner Sammlung vorhanden.
16. CycJorchida otnalancr ist rata Wedl 1856.
(Fig. 21—23.)
Wedl (1856), Krabbe (186ü), Fuhrmann (1907).
Dieser eigentümliche Parasit wurde von Fuhrmann zu einer
besonderen Gattung gerechnet, auf Grund der zahlreichen Hoden,
welche um die weiblichen Genitaldrüsen gelagert sind. Er ist von
mir bei zwei auf dem Kul-Kainar-See erlegten (3./7. 1911 alt. St.)
Flatalea Icucorodia L. gefunden.
Diese beiden erlegten Exemplare erwiesen sich als die Träger
zahlreicher sehr interessanter Pai-asiten, unter denen sich die von
mir beschriebenen neuen Trematodenarten : Prosthogonimus putsch-
TtoivsUi mihi, Orchipedum turkestanicum mihi, wie auch Patagifer hilohus
Rui). und mehrere noch nicht untersuchte Nematoden befanden.
Da in der Literatur wenig Abbildungen des anatomischen Baues
dieser Parasiten existieren, so möchte ich hier einige vorlegen. Auf
Fig. 21 ist die allgemeine Lage der Genitaldrüsen abgebildet; ferner
sehen wir, daß der Keim- und Dotterstock im mittleren Teile der
Proglottis liegen, wobei sie vorne, hinten und seitlich von zahl-
reichen Hoden umgeben sind. Man sieht hier auch, wie weit der
zweiflüglige Keimstock reicht, der mit seinen Rändern fast die Ex-
cretionskanäle erreicht. Der außerordentlich kleine Dotterstock liegt
streng median.
Fig. 22 zeigt einen Flächenschnitt durch das reite Glied, welches
ganz vom Uterus ausgefüllt ist. Derselbe ist sowohl vorne als auch
Vogelcestoden aus Russisch Turkestan. 439
auf seinem hinteren Rande mit einigen Septen versehen, welche
den vorderen und hinteren Teil des Uterus in einzelne Kammern
teilen.
Diese in das Lumen des Uterus vorspringenden Septen reichen
nicht bis zur Mitte der Proglottis, wodurch der mittlere Teil des
Uterus ununterbrochen von einem bis zum anderen Rande der Pro-
glottis reicht. Die Uteri der Nachbarglieder sind voneinander durch
eine schmale Parenchymschicht getrennt.
Fig. 23 endlich zeigt 1. eine genaue Abbildung des Muskulatur-
baues; dieselbe besteht aus einer Transversal- und zwei Längs-
schichten. Die innere Schicht der Längsmuskulatur besteht aus
großen Bündeln, welche aus 12 — 15 Fasern gebildet sind. Die
Bündel der äußeren Schicht sind zahlreicher, ihr Durchmesser da-
gegen ist viel kleiner und besteht nur aus einzelnen Fasern. —
2. gibt die Abbildung einige Details der Ausführungsgänge der
Genitalorgane, die bereits genau von Fuhrmann beschrieben sind.
Hier sehen wir einen engen Kanal, der durch eine besondere Papille
geht ; dieser Kanal vereinigt den Cirrusbeutel mit der Genitalcloake.
Wir sehen ferner, daß der Mündung der Vagina in die Cloake ein
papillenartiges , muskulöses Gebilde („Sphincter" bei Fuhrmann)
anliegt.
b) Subfam. Dipylidiinae Raill.
IX. Gen. Monoj)uli(Jiui}i Fuhrm. 1899.
In meiner Sammlung sind 3 Arten dieser Gattung vorhanden,
wobei eine Art, Mono^jyUdium galhulae Zed., bis jetzt als zu Clioano-
taenia galhulae Zed. gehörig beschrieben und sogar von Fuhrmann
als typische Art für letztere Gattung betrachtet worden ist.
Meine Untersuchungen aber haben gezeigt, daß dieser Parasit
als typischer Vertreter der Gattung Monopylidium Fuhrm. angesehen
werden muß.
17. Monopyliditi^n infunäiMiluni Bloch 1779.
Bloch (1779), Krabbe (1869), Crety, 1890; Cohn (1901 = Choano-
taenia tnfimdibulum), Stiles (1896 = Drepanidotaenia infundihuii-
formis), Clerc, 1903; Ransom (1905 = Choanotaenia infundibuU-
formis), Führmann (1908),
Diese typische Art ist von mir 2mal in Aulie-Ata beim Eaus-
huhn, Gallus gallus dorn., gefunden worden.
440 ^- ^- Skrjabin,
18. Monojyylidiiifn cinguliferum Keabbe 1869.
(Fig. 24—25.)
Keabbe (1869), Clerc (1902, 1903), Fuhemann (1908).
Diese für Charadriiformes typische Art ist von mir mehrere
Male bei Totanus glareola und Scolopax major gefunden worden.
Beide Wirte sind für diesen Parasiten neu.
Ich will hier nur bemerken, daß die Hakenlänge meiner
Exemplare 0,0087 mm betrug, während sie nach Cleec 0,007 mm
und nach Keabbe 0,004 mm beträgt. Es kann sein, daß die Exemplare
von Cleec und auch diejenigen, welche ich besaß, einer besonderen
Varietät angehören.
Als anatomische P^igentümlichkeit ist die scharf ausgeprägte
porale Lage der weiblichen Genitaldrüsen wie auch das außer-
ordentlich stark entwickelte Receptaculum seminis zu bemerken,
welches bei 0,5 mm langen und 1 mm breiten Proglottiden eine
Länge von 0.26—0,34 mm bei einer Breite von 0,136 mm erreichte.
Der Cirrusbeutel dieser Proglottiden war 0,17 mm lang und
0,08—0,09 mm breit.
Was die Form der Proglottiden anbetrifft, so sind sie bei den
jungen Gliedern breiter als lang; die Länge und die Breite der
mittleren Proglottiden ist gleich, während die ganz reifen Glieder
sehr langgestreckt sind; ihre Länge erreicht 1,22 mm bei einer Breite
von 0,42 mm.
Die eingekapselten Eier nehmen in den reifen Gliedern nur das
mittlere Feld zwischen den beiden Excretionsgefäßen ein. Ich gebe
hier eine Abbildung der halbreifen und der reifen Glieder, da solche
in der Literatur noch nicht vorhanden sind.
19. Monopylidimn galhulae Zed. 1903 (= Choanotaenia galbulae
Zeü. 1803).
(Fig. 26-28 und 81.)
Zeder (1803), Cohn (1901), Fuhemann (1908).
Dieser Parasit ist von Cohn ziemlich genau untersucht worden
unter dem Namen Choanotaenia galbulae Zed. (aus Oriolus galbulae
und Corvus cornix) und von Fuhrmann (1908) als „typische Art"
für die Gattung Choanotaenia Railliet genommen worden.
Ich habe diesen Parasiten Imal bei Corvus frugilegus (neuer
Wirt!) gefunden. Die Untersuchung der reifen Glieder bewies, daß
Vogeicestodeu aus Russisch Turkestan.
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diese Art nichts mit der Gattim;^ Choanotaenia Eaill. gemein hat,
sondern als zu Monopißidium Fuhem. gehörig- angesehen werden muß.
Das einzige Exemplar meiner Sammlung hatte eine Länge von
113 mm (nach Cohn ist diese Cestode nur 60—70 mm lang).
In seiner Arbeit (1901) beschreibt Cohn bei diesem Parasiten
einen lOhakigen und einen vielhakigen Scolex. wobei er annimmt,
daß einer von ihnen als Abnormität angesehen werden müsse. Er
läßt übrigens die Frage offen, welcher von beiden der normale sei.
Der Scolex meines Exemplars war ein vielhakiger; die Anzahl
der Haken konnte ich leider nicht feststellen, doch waren ihrer mehr
als 20. Ihre Länge betrug 0,036 mm und entsprach also vollständig
derjenigen, die Cohn bei seinem vielhakigen Scolex gefunden hat
(0,035 mm). Es ist also klar, daß der lOhakige Scolex der Art
Choanotaenia galbulae nicht angehört und auch keine Abnormität
darstellt, sondern zu einer ganz anderen Art, wahrscheinlich zu
Hymenolepis, gerechnet werden muß.
Der Scolex meines Exemplars war 0,25 mm lang und 0,17 mm
breit. Der Durchmesser der Saugnäpfe betrug 0,06 mm.
Die Anatomie der halbreifen Glieder entsprach ganz der von
Cohn angegebenen ; die Untersuchung der reifen Proglottiden zeigte,
daß der Uterus in Kapseln zerfällt, von denen jede nur 1 Ei enthält.
Dieses letztere Merkmal weist den Parasiten nicht zu Choanotaenia,
sondern zur Gattung Monopylidium Fuhrmann.
c) Subfam. Paruterinae Fuhrm.
X. Gen. JParuterina Fuhrm.
Ich besitze nur eine Art dieser Gattung, die aber neu ist.
20. Paruterina cholodkowskii n. sp.
(Fig. 29-34).
Diese Art ist in Otomela romanoivi Bogd. in der Umgebung von
Aulie-Ata im Sommer 1908 gefunden worden.
Es ist interessant zu bemerken, daß bei den Vögeln der Familie
der Lanüdae (Passeriformes), zu welcher der Wirt dieses Para-
siten gehört, schon eine Art der Gattung Paruterina (P. parallele-
pipeda Rud.) beschrieben worden ist; sie unterscheidet sich aber
wesentlich von der von mir beschriebenen Art. Aus Otomela roynanowi
Bogd. ist bis jetzt noch kein einziger Parasit beschrieben worden.
Vogelcestoden aus Kassisch Turkestan.
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Diese Art benenne ich zu Ehren des Herrn Prof. Dr. N. Cholod-
KowsKY (in St. Petersburg), eines der wenigen russischen Helmintho-
logen.
Die Länge der Strobila erreicht 50 mm, die Breite der reifen
Proglottis 1,5 mm. Die jungen Glieder sind mehr breit als lang,
die mittleren sind ebenso lang wie breit und die reifen mehr lang
als breit.
Scolex 0,34 mm lang und 0,36 mm breit.
Das Rostellnm, nicht groß und am Vorderende stumpf, ist mit
einer einfachen Reihe von 50 — 60 Haken versehen, deren Länge
0,016—0,018 mm beträgt. Die Saugnäpfe, von etwas ovaler Form,
haben einen Durchmesser von 0,17 mm. Der Hals ist 0,25 mm breit
Die Haken sind von charakteristisch dreieckiger Form, mit
zwei Verdickungen an der Basis; sie unterscheiden sich auffallend
in Zahl, Form und Größe von den Haken Paruterina parallelepipeda
ßuD., in der Tat sind sie beinahe 7mal größer als bei meiner Art.
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Par. parallelepipeda
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Zahl der Haken
Hakenlänge
Hakenform
50-60
0,016—0,018 mm
dreieckig
19
0,082 mm
langgestreckt
Bemerkenswert ist der Bau der Muskulatur. Sie besteht aus
2 Längs- und 2 Transversalmuskellagen. Die letzteren gehen an
den Seitenrändern der Proglottis ineinander über. Die Bündel der
inneren Längsschicht sind stärker als die der äußeren und bestehen
aus 5 — 10 Fasern.
Bei den von mir untersuchten Querschnitten von Paruterina
parallelepipeda Eud. , welche aus der FuHEMANN'schen Sammlung
stammen und die zu den Originalpräparaten Rüdolphi's gehören,
konnte ich die oben beschriebene akzessorische Transversalmuskel-
schicht nicht finden; möglich, daß die Schuld an der schlechten
Konservierung der Präparate lag, da dieselben schon beinalie
100 Jahre alt waren.
Die Genitalöffnungen sind unregelmäßig abwechselnd. Der
Genitalapparat ist sehr einfach gebaut. Die 16 — 18 Hoden liegen
seitlich und hinter den weiblichen Drüsen.
Der kleine Cirrusbeutel , 0,14 mm lang, reicht etwas über das
Vogelcestoden ans Russisch Turkestan. 445
Excretionsgefäß hinaus. Der nierenförmige Dotterstock liegt median
hinter dem zweiflügligen Keimstocke.
_ Der reife Uterus, von charakteristisch viellappiger Form, nimmt
das mittlere Feld der Proglottis zwischen den Excretionskanälen
ein (s. Fig. 34).
An seinem vorderen Ende entwickelt sich später das Paruterin-
organ; es erweitert sich allmählich nach hinten und richtet in den
Uterus mehrere parenchymatöse Auswüchse; diese verdrängen den
Uterus und ergreifen die in ihm befindlichen Eier. Bei den reifsten
Proglottiden nimmt das Paruterinorgan das ganze Mittelfeld ein.
Es ist interessant zu bemerken, daß der Uterus bei Proglottiden,
bei welchen das Paruterinorgan schon bedeutend entwickelt ist, an
den Frontalschnitten die Tendenz zeigt, 2 Säcke zu bilden; dadurch
nähert sich unsere Art Biuterina und scheint eine Übergangsform
zwischen beiden Gattungen zu bilden. Auf diese Verwandtschaft
weist auch noch die dreieckige Hakenform hin. Nach dem Bau des
reifen Uterus aber (wenn das Paruterinorgan noch nicht gebildet
ist), der ohne Tendenz zur Verzweigung ist, müßte man diesen Para-
siten zu Paruierina rechnen.
Jedenfalls steht er an der Grenze der beiden Gattungen.
XL Gen. Hiuterina Fuhem.
Ich besitze nur eine neue Art dieser Gattung.
21. BhiteHna dunganica n, sp,
(Fig. 35—39.)
Diese Art wurde einmal in 2 Exemplaren im Darm eines im
Sommer 1908 erlegten Oriolus galbula gefunden.
Das größte Exemplar war 50 mm lang, bei einer Maximalbreite
von 2 mm. Der Scolex ist 0,323 mm lang und hat einen Durch-
messer von 0,357 mm, die Saugnäpfe einen solchen von 0,18 mm.
Das Eostellum ist sehr eigentümlich, denn es hat das Aussehen
eines 5. Saugnapfes und ist 0,153 mm breit und 0,102 mm lang.
Es ist mit ca. 30 Haken bewaffnet, die 0,022 mm lang sind. Die
Haken sind von charakteristisch dreieckiger Form mit 2 Ver-
dickungen an der Basis.
Der Hals ist 0,3 mm lang und 0,255 mm breit.
Die Genitalcloake mündet unregelmäßig links und rechts am
Proglottidenrande aus.
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Die Hoden, ca. 10—12 an der Zahl, liegen im hinteren Teile
der Proglottis. Ihr Durchmesser beträgt 0,052 — 0,056 mm.
Die schwach muskulöse Bursa cirri ist 0,187 mm lang und be-
sitzt einen deutlichen Retractor, welcher aus einem ziemlich starken
Büschel von Muskelfasern besteht.
Die weiblichen Genitaldrüsen liegen median.
Der zweiflüglige Keimstock in einem 0,136 mm langen und
0,68 mm breiten Gliede ist 0,145 mm breit.
Der Dotterstock liegt hinter dem Keimstock.
Die Vagina zeigt ein kleines, ovales Receptaculum seminis.
Der zweiteilige Uterus liegt anfangs in 2 Bogen vor den Hoden,
wodurch sie wie in 2 Gruppen angeordnet scheinen. Von dem Par-
uterinorgan verdrängt, nähert er sich später dem hinteren Rande
der Proglottis.
Das Paruterinorgan entwickelt sich verhältnismäßig früh, rückt
dem Uterus immer näher und umhüllt ihn gänzlich, so daß zuletzt
seine beiden Teile sich im Paruterinorgan befinden. Dieses letztere
dringt auch median durch, so daß es beide Teile des Uterus von-
einander trennt.
Ein ähnlicher Typus des Paruterinorgans ist bis jetzt nur bei
der Art Biuterina passerina Fuhkm. beschrieben worden. Von der
letzteren Art unterscheidet sich jedoch unsere durch eine ganze
Reihe anderer Merkmale, die auf der beifolgenden Tabelle ver-
zeichnet sind.
Durchmesser der Eier 0,0145 mm.
Der Name „dunganica'' ist gebildet von „Dunganen", chinesische
Muhammedaner, ansässig in der Umgebung der Stadt Aulie-Ata des
Syr-Darja- Gebietes.
XII. Gen. Rhahdometra Cholodkowsky 1906.
22. Mhabdonietra nigroxnifictata Crety 1890.
Crety (1890), Stiles (1896), Fuhrmann (1908).
Ist von mir mehrere Male im Darm Coturnix communis L. in
der Umgebung von Aulie-Ata gefunden.
C. Fam. Hijmenolepinidae Fuhrm.
Diese Familie ist in meiner Sammlung in 6 Gattungen und 23
ihnen angehörigen Arten vorhanden, wobei eine Gattung, Hijmeno-
fimbria, und 5 Arten neu sind.
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Kl
Vogelcestoden aus Russisch Turkestan. 451
XIII. Gen. Aploparalisis Cleec 1903.
In meiner Sammlung fanden sich 2 Vertreter dieser Gattung,
wobei einer sich als neue Art erwies.
23. Aploparaksis fiircufera Rud. 1819.
RuDOLPHi (1819), Krabbe (1869 = T. rhomhoidea) , Stiles (1896
= Dieranotncnia fnrcigcra EüD.), von Linstow (1905 = T. rJiom-
boidea), Fuhrmann (1908).
Von mir einmal im Darm einer Fuligula rufina L. gefunden.
Der Wirt ist für die Art neu.
24. Aplojyarahsis elisae n. sp,
(Fig. 40—43.)
Im Darm einer Fuligula nyroca, welche am 3./3. 1910 auf dem
Flusse Talass in der Nähe von Aulie-Ata erlegt wurde, fand ich
ein Exemplar des Cestoden, der sich als eine neue Art der Gattung
Aploparaksis Clerc erwies.
Seine Strobila zeigte eine Länge von 120 mm bei einer Maximal-
breite der reifen Glieder von 1,4 mm. Bei diesem Exemplar war
das Rostellum zur Hälfte eingezogen, und die Basis des letzteren
maß 0,03 mm. Die 10 Haken sind 0,0259 mm lang. Ihre Form ist
charakteristisch, da keine bis jetzt bekannte Art der Gattung Aplo-
paralisis einen ähnlichen Hakentypus aufweist. Bei den letzteren
ist die Basis des Hakens von dem freien, zugespitzten Ende durch
eine ziemlich tiefe Einbuchtung getrennt, wobei das freie Ende
dieselbe Länge wie die Basis zeigt; die Haken unserer neuen Art
dagegen haben eine sehr geringe Einbuchtung, und ihr freies zu-
gespitztes Ende überragt die Basis bedeutend.
Das erinnert etwas an die Hakenform der Gattung BiorcMs
Clerc (besonders BiorcMs acuminata Clerc). Auch die Hakenlänge
charakterisiert unsere Art: bei den Vertretern der Gattung Aplo-
paralsis^ welche bei Anseriformes vorkommen, hat keine Art
eine ähnliche Hakengröße (bei Aploparahls furcigera R. sind sie
0,047—0,058 mm lang und bei Apl. birulai v. Linst. 0,032 mm).
Nur bei Apl. hrachypliallos Krab. (aus Charadriiformes)
sind die Haken 0,017—0.026 mm lang, ihre Form jedoch unter-
scheidet sich wesentlich von den Haken der oben beschriebenen Art.
Die Genitalöffnungen liegen unilateral. Jede Proglottis enthält
452
K. I. Skejabin,
einen Hoden von runder Form, der einen Durchmesser von 0,11 bis
0,13 mm beträgt. Da jeder Hoden verhältnismäßig groß ist im Ver-
gleich zur Länge der Proglottis, so sind die Hoden der Nachbar-
glieder seitwärts verschoben, wie es Fig. 42 zeigt; an der Glieder-
kette sieht man. daß die Hoden in 2 Reihen liegen, und zwar ab-
wechselnd sich der Mittelkörperlinie nähern oder sich von ihr ent-
fernen. Mit ihrem lateralen Rande berühren die Hoden die Wand
des antiporalen Excretionsgefäßes.
Der ziemlich große Cirrusbeutel erreicht eine Länge von 0,25 bis
0,26 mm bei einer Breite von 0,023 — 0,025 mm. Bei den jungen
Gliedern mit entwickelten männlichen Drüsen reicht er bis zur
Mittellinie, bei den Proglottiden mit weiblichen Drüsen erreicht
seine Länge das erste Viertel der Proglottisbreite. Die Vesicula
seminalis externa ist von ovaler Form und recht groß. Die weib-
lichen Genitaldrüsen liegen median im hinteren Teil der Proglottis ;
der schwach gelappte Keimstock hat eine Breite von 0,29—0,32 mm
(bei einer Proglottisbreite von 1,02 mm). Der hinter ihm befind-
Tabellarische Artenübersicht der Gattung
Aploparahsis Clerc aus Anseriformes.
Die Maße sind in Millimetern angegeben.
Name
A. f'urcigera
A. birulai
A. elisae
Untersucher
KUDOLPHI
V. LiNSTOW
K. Skrjajjin
Jahr
1819
1905
1913
Strobilalänge
10-35
24,8
120
Strobilabreite
0,5-1
0,57
1,4
Scolexbreite
0,46—0,52
0,22
0,34
Durchmesser d. Saug-
0,18
?
0,12
napfes
Zahl der Haken
10
10
10
Hakenläuge
0,047-0,058
0,032
0,0259
Genitalöffnung-en
unilateral
unilateral
unilateral
Bursa cirri, Länge
% des Querdurch-
Vs des Querdurch-
V4 des Querdurch-
messers
messers
messers
(= 0,25—0,26 mm)
Cirrus
unbestachelt
bedornt
unbestachelt
Onkosphären
0,036
0,040 : 0,034
0,026—0,03
Wirt
Anas hoschas
Erionetta
Fuligula nyroca
Anas crecca
spectabilis L.
Nyroca ferina
Fuligula rufina
Verbreitung
Europa
Nord-Rußland
Russisch Turkestan
Russisch Turkestan
(Tajmyr-Halbinsel)
Vogelcestoden aus Russisch Turkestan. 453
liehe Dotterstock von rund-ovaler Form hat einen Durchmesser von
0,05-0.06 mm.
Der Uterus, der sich recht früh entwickelt, nimmt anfangs das
mittlere Drittel der Proglottis ein; bei den reifen Gliedern erfüllt
er sie ganz bis zum äußersten Rande. Die Oncosphären haben
einen Durchmesser von 0,026 — 0,03 mm.
Diese Art benenne ich nach meiner Frau, die meinen Arbeiten
lebhaften Anteil entgegenbringt und mir beim Sammeln meines
Materials von großer Hilfe gewesen ist.
XIV. Gen. JDiorchis Cleec 1903.
Unter den Vertretern dieser Gattung habe ich 2 Arten gefunden;
die eine beschreibe ich als neue Varietät, für die andere fand ich
nur einen neuen Wirt,
25. Diorchis acuniinata Clekc 1903.
Clerc (1903), Fuhrmann (1908), Ransom (1909).
Diorchis acuminata ist von mir einmal am 20. April (a. St.) 1911
im Darm am Kul-Kainar-See erlegten Fulica atra L. gefunden.
Erst unlängst beschrieb Ransom diesen Parasiten als aus dem
Darm von Fulica amcricana stammend, so daß das Parasitieren dieser
Art bei den Vertretern der Ralliformes zweifellos ist (siehe
Fuhrmann, 1908, p. 7 u. 81).
26. Diorchis aniericana Rans. 1909, var. turJcestanica nov. var.
(Fig. 44.)
Eansom, 1909.
Diese interessante Art ist von mir einmal am 20. April (a. St.)
1911 im Darm von Gallinula cMoropus am Kul-Kainar-See gefunden.
Diesen Parasiten sehe ich als eine neue Varietät der Diorchis
americana Ransom 1909 an. Seine Strobila wie auch die Größe des
Scolex und die Länge der Haken entsprechen vollständig der von
Ransom gegebenen Beschreibung. Als Hauptmerkmal dieser neuen
Varietät muß die Anwesenheit einer besonderen Anschwellung der
Vagina in der Nähe der Mündung gelten, welche bei Diorchis mneri-
cana Ransom vollständig fehlt.
Diesen Vaginabulbus, 0,09 mm lang, der als scharf abgegrenztes
Organ erscheint (s. Fig. 44), habe ich bei allen von mir untersuchten
Exemplaren feststellen können.
454
K. I. Skrjabin,
Der Cirrusbeutel ist etwas g-rößer, als ihn Eansom angibt: er
mißt 0,37 mm in der Länge und 0,05 mm in der Breite (nach Ransom
ist er 0,25—0,3 mm lang und 0,03 — 0,04 mm breit), in Proglottiden,
welche 0,476 mm breit sind.
Die 2 Hoden haben einen Durchmesser von 0,06 mm und die
Breite des Receptaculum seminis beträgt 0,15 mm.
Der Vaginalbulbus ist mit dem großen Receptaculum seminis
durch einen schmalen Kanal vereinigt.
Tabellarische Artenübersicht der Gattung Diorchis
C L E E c.
Die Maße sind in
Millimetern
angegeben.
Name
D. inflata
D. acuminata
D. parviceps
D. americana
Untersucher
RUDOLPHI
Clerc
V. LiNSTOW
Ransom
Jahr
1809
1903
1872
1909
Länge der Strobila
80-100
35
110
20—25
Breite der Strobila
2—3
0,65
2,16
0,6
Scolexbreite
0.7
0.225—0,235
0,24
0,250
Durchmesser d. Saug-
0,17
0,08
y
0,1—0,12
napfes
Zahl der Haken
10
10
10
10
Hakenläuge
0,023
0,038
0,012
0,065-0,066
Genitalöffnungen
unilateral
unilateral
unilateral
unilateral
Bursa cirri, Länge
reicht über
die Mitte der
Proglottis
0,18—0,28
V4 des Quer-
durchmessers
0,25—0,30
Sacculus accessorius
fehlt
fehlt
fehlt
fehlt
Diaraeter der Hoden
V
0.1—0,13
0,13 : 0,079
0,1—0,13
Vesicula semin. ext.
fehlt
0,08-0,13
y
0,15
Cirrus
unbewaffnet
unbewaffnet
bedornt
unbewaffnet
Keimstock
Slappig
41appi2'
rosettenartig
41appig
Dotterstock
kuglig
0,045—0,06
•p
wie bei
D. acuminata
Onkosphären
0,017
länglich
'P
0,012-0,015
Wirt
Fiilica atra
Anas crecca
Mergus
Fulica
Anas
serrahis
americana
strepera
Gallinula
Fulica atra
chlor opus
Fulica
americana
Verbreitung
Europa
Europa
Nordamerika
Eussisch
Turkestan
Europa
Amerika
Russisch
Turkestan
Vogelcestodeu aus Russisch Turkestaii. 455
XVI. Gen. Hyme^iolepis Weinl.
Diese weit verbreitete Gattung- ist in meiner Sammlung mit
16 Arten vertreten, von denen 3 Arten neu sind. 3 Arten konnten
leider, infolge des mang-elnden Scolex, nicht bestimmt werden.
27. Hyitienolepis carioca Magalh. 1898.
MagalhaeS (1898 = Davainea carioca), Ransom (1902 und 1905).
Dieser von Ransom genau beschriebene Parasit ist von mir
2mal im Dünndarm beim Haushuhn, Gallus gallus dornest., gefunden
worden.
28, Hi/fnenolepis rugosa Clerc 1906.
(Fig. 45—46.)
Clerc, 1906.
Dieser Parasit ist bis jetzt nur Imal bei der Wildtaube [Columba
livia L.) durch Cleec beschrieben worden. Ich fand ihn bei einem
neuen Wirt, Peristera camhayensis, der auch zu den Columbi-
formes gehört.
Ich gebe hier eine Abbildung zweier Glieder nach einem Total-
präparat, bei denen der Prozeß der Selbstbefruchtung deutlich sicht-
bar ist. Außerdem gebe ich die Abbildung eines chitinösen Stilets,
welches sich bei dieser Art an der Spitze des bewaffneten Cirrus
befindet.
Der Cirrusbeutel meiner Exemplare war 0,4 mm lang in Pro-
glottiden, welche 0,5 mm breit waren.
29. Hynienolepis villosa Bloch 1782.
(Fig. 47—51.)
Bloch (1782), Krabbe (1869), Wolffhügel (1900), Clerc (1906),
Fuhrmann (1908), Solowiow (1911).
Dieser Parasit ist einer der häufigsten Vertreter der turkestanl-
schen Helminthenfauna, da ich ihn in 100% in den von mir unter-
suchten Exemplaren der Otis tarda und Otis tetrax gefunden habe.
Fedtschenko fand in Turkestan einen ihm nahe verwandten
Parasiten bei Megaloperdix nigelli faus Galliformes), den Krabbe
zu Hymenolepis villosa Bloch gerechnet hat; eine Reihe biologischer
Folgerungen jedoch, wie auch der Umstand, daß die Art von Me-
456
K. I. Skhjabin,
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458
K. I. Skrjabin,
Tabellarische Artenübersicht der Gattung Hymenolepis.
Weinl. aus Columbiformes.
Die Maße sind in Millimetern angegeben.
Name
H. spheno-
cephala
H. serrata
H. armata
H. rugosa
H. columbin
TJntersucher
RUDOLPHI
Fuhrmann
Führmann
Clerc
Führmann
Jahr
1809
1906
1906
1906
1909
Strobila, Länge
80
y
50—70
40—50
30-40
Strobila, Breite
2
■3
1
0,5
1—1,5
Scolexbreite
■p
0,15
?
0,21
0,216
Durchmesser des Saug-
'j
0,09 : 0,06
'?
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0,1
napfes
Zahl der Haken
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9
8
10
Hakenlänge
?
y
•j
0,102
0,016
Genitalöifnungen
unilateral
unilateral
unilateral
unilateral
unilateral
Lage der Genitaldrüsen
Typus „c^'
Typus „e"
Typus „b"
Typus „e"
Typus „c"
Bursa cirri, Länge
0,56
0,4
0,28
0,4
0,14
Onkosphären
0,024
V
■j
V
0,02
Sacculus accessorius
vorhanden
fehlt
fehlt
fehlt
fehlt
Wirt
Columba
Turtur
Columba
Columba
Oena
livia
turtiir L.
cjymn-
ophthalma
livia
Peristera
cambayensis
capensis
Terbreitung
Europa
Europa
Brasilien
Ural
Russisch
Turkestan
Afrika
galoperdix nigelli eine Hakenlänge von 0,011 mm hat, während Hymeno-
lepis villosa aus Otidiformes eine solche von 0,02—0,03 mm hat,
bewogen Solowiow (69b), den Parasiten der Galliformes als
eine neue Art anzusehen, die er Hymenolepis fedtschenhowi Solowiow
nannte.
Ich habe Hymenolepis villosa Bloch immer in einer selir großen
Anzahl von Exemplaren gefunden — gewöhnlich ca. 75—80 g — bei
«iner Otis tetrax; die Parasiten waren so verwirrt, daß es unmöglich
war, sie voneinander zu trennen. Die Länge eines jeden Exemplars
betrug nicht weniger als 1200 — 1300 mm.
Da in der helminthologischen Literatur nur eine Abbildung des
Scolex dieses Parasiten (in der Arbeit von Wolffhügel) existiert,
erlaube ich mir eine neue nach meinen Präparaten zu geben.
Die Länge des Scolex meiner Exemplare, wie auch bei Wolfe-
HÜGEL, beträgt 0,2 mm, die Scolexbreite der ersteren 0,22 mm ist
Vogelcestodeu aus Russisch Turkestan.
459
Tabellarische Arten übersieht der Gattung
HymenoJepis Weinl. aus Otidiformes.
Die Maße sind in Millimetern ai
ig-egeben.
Name
H. villosa
H. tetracis
H. ambiguns
S. dentatus
Uutersucher
Bloch
Cholodkowsky
Clerc
Clerc
Jahr
1782
1906
1906
1906
Strobila, Länge
152—1200
60—100
115
Strobila, Breite
1,2—1.5
0,8
0,7
«--
Scolexbreite
0,144-0,22
0.25
0,22
„.
Durchmesser des Saug-
0.04-0,088
0,12
0,14:0,10
fD
uapfes
3
Zahl der Haken
14
17
10
So'
Hakeuläiige
0.02—0,03
0,1
0,03
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Genitalöftuungen
unilateral
unilateral
unilateral
§ 3.
Lage der Geuitaldrüseii
Typus „?''
Typus „e"
y
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Diameter der Eier
0,034
0.023
•j
O ^
Bursa cirri, Länge
0,2
0,24
0,18
Wirt
Otis tetrax
Otis tarda
Otis tetrax
Otis tetrax
Verbreitung
Europa
Sibirien
Ural
03
Afrika
Ural
5.^
Russisch
§•
Turkestan
CS
jedoch bedeutender als die der letzteren — 0,144 mm. Der Längs-
durchmesser der Saugnäpfe meiner Exemplare (0,074 — 0,088 mm) ist
doppelt so groß wie der von Wolffhügel angegebene (0,05—0,04 mm).
Die Haken meiner Exemplare haben eine Länge von 0,022 bis
0,025 mm (nach Krabbe und Wolffhügel 0,03 mm).
Fig. 47 gibt die Abbildung des einzigen von mir beobachteten
Scolex, bei dem das ßostellum ausgestülpt und nach einer Seite ge-
bogen war.
Sehr interessant ist der Größenunterschied der Anhänge am
antiporalen Rand der Proglottis, worauf auch Clerc in seiner Arbeit
hinweist. Dieser Unterschied, der einerseits von dem Reifezustand
der Proglottis, andrerseits von der Kontrahierung der Muskulatur
abhängt, kann in keinem Falle als Artmerkmal gelten; als Beweis
dafür kann auch noch der Umstand gelten, daß bei den Exemplaren,
die von einem Vogel stammen. Proglottiden mit sehr langen sowie
auch mit sehr kurzen Anhängen festgestellt wurden.
Auf Fig. 50 sieht man halbreife Proglottiden mit sehr lang-
Zool. Jahrb. XXXYII. Abt. f. Svst. 30
460 ^- -'■• Skrjabin,
gestreckten Anhängen, auf Fig. 51 ganz reife Glieder, bei welchen
die Anhänge bedeutend kürzer sind.
Die Genitalöffnungen sind unilatei-al und münden im vorderen
Drittel des Proglottisrandes.
Die Hoden liegen nach Clerc „en ligne droite dans Taxe
transversal du proglottis au moins dans les proglottis jeunes". Dies
ist der F'all bei den jungen Gliedern, bei denen die weiblichen Genital-
organe fehlen; die Proglottiden, bei denen aber die weiblichen
Genitaldrüsen entwickelt sind, haben folgende Lage der Genital-
organe: der Dotterstock liegt zwischen dem an tiporalen und mittleren
Hoden, welcher seinerseits an den hinteren Eand der Proglottis
grenzt. Der porale Hoden liegt auf in einem Niveau mit dem
antiporalen und so, daß er beinahe den mittleren berührt. Der leicht
gelappte Keimstock befindet sich zwischen dem poralen und anti-
poralen Hoden. Die weiblichen Genitaldrüsen sind leicht nach der
antiporalen Seite hin verschoben.
Clerc weist auf die verschiedenartige Form des Uterus hin:
„L'uterus a une forme tres variable. Sur mes exemplaires, le plus
souvent c'est un sac transversal dont les deux lobes volumineux se
dirigent en bas et en arriere." Einen anderen Tj^pus des Uterus
dagegen hat er an ihm von Fuhrmann übergebenen Exemplaren aus
Afrika von unbekanntem AVirt beobachtet: „la forme de l'uterus
plus compliquee, ici les deux lobes principaux se dirigent en avant
et le nonibre des diverticules est plus grand". „H est possible,"
sagt Clerc, „que ce soit une variete nouvelle particuliere ä Afrique."
In seiner Arbeit 1908 vermutet Fuhrmann (p. 8 — 9), diese ver-
schiedene Form des Uterus hänge vielleicht davon ab, daß die afrika-
nischen Exemplare aus einem Vertreter der Galliformes stammen,
d. h. daß der Uterus bei Hymenolepis fedtsclienkowi Solowiow (=^ Hym.
villosa aus Galliformes) dieselbe Form hat, wie die Abbildung bei
Clerc fig. 16 zeigt, während der Uterus bei Hymenolepis villosa Bloch
(aus Otidiformes) aus zwei Anschwellungen besteht, wie auf fig. 15
bei Cleec zu sehen ist.
Bei allen von mir untersuchten Exemplaren von Hymenolepis
villosa Bloch (aus 0 1 i d i f o r m e s) war der Tj^pus des Uterus derselbe,
den Clerc in seiner fig. 15 vorführt (s. meine Fig. 51), d. h. er
besteht aus zwei runden Abteilungen, welche miteinander durch eine
Commissur verbunden sind; die letztere ist sehr schwach bemerkbar,
weil die Eier dort meistenteils fehlen. Andrerseits, wie aus der
Abbildung in der Arbeit von Krabbe 1879 klar hervorgeht, ist die
Vogelcestoden aus Russisch Turkestan. 461
Uterusform von Hymcnolepis villosa aus Megaloperdix nigelli {=Hymeno-
lepis fcdtscJtenkoni Solowiow) identisch mit der aus 0 1 i d i f o r m e s. Es
folgt daraus, daß die Arten Hytnenolepis villosa Bloch und Hijmeno-
lepis fedtschenJiotvi Solowiow sich nicht in der Utei'usform voneinander
unterscheiden, wie es Fuhkmann glaubte. Das schließt aber nicht
aus, daß die Exemplare von unbekanntem Wirt aus Afrika (fig. 16
bei Cleec) weder zu H. villosa Bloch noch zu H. fedtscJienJioivi Sol.
gehören, sondern zu einer dritten, noch nicht näher untersuchten Art.
Es ist interessant zu bemerken, daß bei den reifen Gliedern
der Cirrusbeutel unter dem Druck der beiden Anschwellungen des
Uterus an den betreffenden Stellen 2 Vertiefungen aufweist (s. Fig. 51) ;
er bildet dabei die Form eines „W".
30. Hytiienolepis nicf/alojys Ceeplin 1829.
(Fig. 52—53.)
Ceeplin (1829), Ransom (1902), Chülodkowsky (1912).
Diese Art kommt in Eussisch Turkestan ziemlich häufig vor.
Fedtschenko hat sie bei Anas boschas dornest, gefunden. Ich habe
sie bei 3 Wirten festgestellt : bei Anas boschas L., Fidigida ruf na L.
und Fuligula nyroca L., von denen die beiden letzteren als neue
Wirte dieses Parasiten zu erwähnen sind. Bei 10 von mir untersuchten
Exemplaren von FuUgida rufma habe ich ihn 2mal, bei 24 Anas
boschas Imal und bei 9 Exemplaren von Fidigida nyroca Imal ge-
funden.
Als biologische Eigentümlichkeit dieser Art ist hervorzuheben,
daß Hymenolepis megalops Ceepl. im Gegensatz zu der Mehrzahl der
Cestoden nicht im Dünndarm parasitiert, sondern sich an den
Schleimhäuten der Cloake oder am hinteren Teil des Rectums, nach
seiner Mündung in die Cloake, festsaugt. Außerdem habe ich diesen
Parasiten nie einzeln gefunden, sondern in Kolonien von mehreren
Exemplaren, die sich mittels ihrer starken Saugnäpfe zusammen-
hielten.
Die Mikrophotographie eines Flächenschnittes (s. Fig. 53) zeigt,
wie sich der Parasit mit seinen stark muskulösen Saugnäpfen an
die Cloakenwand seines Wirtes ansaugt.
30*
462 K. I. Skrjabin,
31. Hymenolepis lanceoJata Bloch 1782.
(Fi^. 54.)
Bloch (1782), Krabbe (1869), Stiles (1896), Wolefhügel (1900),
COHN (1901), Cleec (1903).
Diesen für Gänse so typischen Parasiten fand icli Imal im
Dann der Anser anser L., ei'legt auf dem Kul-Kainar-See (1910),
und ein anderes Mal bei der Wildente, Fuligida rufma L., die als
neuer Wirt dieser Art anzusehen ist.
Die Anatomie dieses Parasiten ist schon von WoLFEHtioEL genau
beschrieben worden. Aveshalb ich mich mit dem bloßen Hinweis
auf den Polymorphismus des Cirrusbeutels bei dieser Art begnüge
(s. Fig. 54). Die von Wolffhügel beschriebene Form des Cirrus-
beutels konnte ich nur bei jungen Proglottiden beobachten. Bei
den reiferen dagegen bemerkt man eine Verdickung der Muskel-
schicht nur im mittleren Teile des Cirrusbeutels, weshalb der letztere
eine spritzenförmige Gestalt annimmt. Diese Verdickung ist 0,22
bis 0,25 mm lang (bei Gliedern, welche 0.3 mm lang und 6,8 mm
breit waren).
Eine ähnliche Form des Cirrusbeutels ist in der Literatur noch
nicht beschrieben worden. Die oben beschriebene Cirrusbeutelform habe
ich ebenfalls bei einem ganz anderen Parasiten gefunden, Hymeno-
lepis soloivioivi n. sp., dessen Beschreibung weiter unten folgt.
32. Hi/nienolejns creplini Krabbe 1869.
Krabbe (1869), Cohn (1901).
Diese Art wurde von mir 2mal im Darm einer Wildgans, Anser
anser h., gefunden, welche ich auf dem Kul-Kainar-See 1910 erlegte.
33. Hymenolepis setif/era Feöhlich 1789.
(Fig. 55-57.)
Feöhlich (1789), Keabbe (1869), Stiles (1896), Cleec (1903).
H. Setigera ist von mir Imal in der Anzahl von 3 Exemplaren
bei Anser anser L. gefunden worden, die ich 1910 auf dem Kul-
Kainar-See erlegte. Ungeachtet der reichen Literatur über diese
interessante Art halte ich es nicht füi- überflüssig, ihre Beschreibung
mit einigen Zeilen und Abbildungen zu vervollständigen.
Vogelcestodeu aus Russisch Turkestan. 463
Diesen Parasiten beschreibt Clerc (1903) sehr genau; errichtet
seine Aufmerksamkeit besonders auf den eigentümlichen Bau der
weiblichen Genitalmiindungen und g-ibt dazu sehr gute Abbildungen.
Die Vagina ist im Anfangsteile mit einer Cuticula bedeckt und
scheint daher eine Fortsetzung- der Genitalcloake zu bilden. Dieser
Teil der Vagina, den man analog dem sogenannten „canalis mascu-
linus'' Fuhrmann canalis femininus nennen kann, ist nach meinen
Messungen 0,2—0.25 mm lang. Das aporale Ende dieses Canalis
femininus ist mit einem Sphincter versehen, hinter welchem die
eigentliche Vagina ihren Anfang nimmt. Ich halte mich absicht-
lich bei diesem Detail auf, weil dieses Merkmal so typisch für diese
Art ist, daß es als Bestimmungsmerkmal in Abwesenheit des Scolex
gelten kann.
Was die gegenseitige Lage der männlichen und weiblichen
Genitaldrüsen betrilft, so hat Clerc meiner Meinung nach nicht
recht, wenn er auf ihre Ähnlichkeit mit Hijmenolepis Janccolata Bloch
hinweist. Wie bekannt, liegen bei H. lauccolata alle 3 Hoden in
einer Reihe zwischen der Genitalcloake und den weiblichen Drüsen,
die ganz aporal verschoben sind (= Typus ,,h" Fuhrmann^)); außer-
dem ist bei dieser Art der aporale Hoden niemals von der poralen
Hälfte des Keimstockes bedeckt, wie es für den Typus „g" Führm.
charakteristisch ist. Von allen bekannten Hijmenolepis- kxitw gehört
dem Typus „h" Fuhrm, nur eine einzige, Hijmenolepis lanceolata
Bloch, an. Der Typus ,,g" Fuhrm. hat 3 Arten aufzuweisen: H.
unilateralis Rüd. , H. elongata Fuhrm. und die neue Hymenolepis
prsewalshii n. sp., deren Beschreibung unten folgt.
Was die Hijmenolepis setigera Fröhl. betrifft, so entspricht die
Lage ihrer Genitalorgane vollständig dem Typus „f Flhrm., bei
welchem die weiblichen Drüsen zwischen dem mittleren und oporalen
Hoden liegen. Hijmenolepis setigera darf also nicht mit H. lanceolata
verglichen werden, wie Clerc meint, sondern mit Hymenolepis hracliij-
cephala Creplin und H. clandestina Kbabbe, bei welchen die Lage
der Genitaldrüsen dieselbe ist.
Infolge der Angaben von Clerc haben sich Irrtümei* in die
helmintliologische Literatur eingeschlichen: so stellt Fuhrmann in
seiner Arbeit 1906 (p. 734, 450 und 452) Hijmenolepis setigera neben
H. iinilateralis und H. elongata.
Bei der Beobachtung der Genitalorgane meiner Exemplare, der
1) s. Fuhrmann, 1906, fig. 2h.
464
K. I. Skrjabin,
jungen sowohl als auch der reifen, befanden sich die weiblichen
Drüsen entweder zwischen dem mittleren und aporalen Hoden, oder
der aporale Hoden bedeckte leicht den aporalen Keimstockflüg-el ;
die weiblichen Drüsen traten aber nie aus dem Bereich des apo-
ralen Hoden, wie das bei zum Typus „g" gehörigen Arten der Fall
ist. Das bestätigen auch die Abbildungen bei Cleec, fig. 7 u. 22.
Ich bin auch mit den Behauptungen Clekc's nicht einverstanden,
der sagt „la glande vitellogene ... est simple et a la forme d'une
müre" (p. 302). Nur in den frühesten Stadien ist der Dotterstock
„simple", späterhin aber ist er ebenfalls wie der Keimstock gelappt
Tabellarische Übersicht der Hy m e n ol e p i s - Ar t n y) ,
welche dem Typus „f" Fuhrmann angehören.
Die Maße sind in Millimetern angegeben.
Name
H. hrachycephala
H. clanclestina
H. setiyera
Untersucher
Ceepijn
Krabbe
Fröhlich
Jahr
1829
1869
1789
Strobila, Länge
80
70
180—200
Strobila, Breite
1,7
0,5
3,5
Scolex
0,2 : 0,17
0,S38 : 0,26
0,24:0,28-0,33
Durchmesser des Saug-
0,085
0,078 : 0,065
groß, elliptisch
napfes
Zahl der Haken
10
10
10
Hakenlänge
0,055
0,0i— 0,047
0,035—0,044
Cirrusbeutel, Länge
0,15
p
0,5
Cirrusbeutel, Breite
0,075
i
0,085—0,1
Durchmesser der Hoden
0,06
j
0,17—0,2
Form der Hoden
gelappt
ganzi
andig
ganzrandig
Vesicula sem. externa
0,17-0,2
^
0,37
Keimstock. Breite
V
?
0.25
Dolterstock, Breite
?
?
0,085-0,1
Wirt
C h a r a d r i i -
C h a r a d r i i -
Auseriforraes:
i 0 r m e s :
f 0 r m e s :
Machefes
Haematopus
Aiiscr unser L.
pugnax
ostralegus
Anser anser dornest.
Anser fabialis
Anser albifrons
Cygnus olor dornest.
Cygnus musicus
Branta leucopsis
Branta bernicla
Aythya ferina
Verbreitung
Europa
Europa
Europa
Russisch Turkestau
Vogelcestoden aus Russisch Tnrkestaii. 465
und nimmt sogar eine rosettenförmige Gestalt an. Selbst Clerc hat
einen Slappigen Dotterstock abgebildet (Fig. 22).
Zum Schluß möchte ich einige Ziffern geben, welche die ein-
zelnen Organe dieses Parasiten betreffen.
Der Cirrusbeutel ist 0,5 mm lang und 0,085—0,1 mm breit.
Die ovale Vesicula seminalis externa hat eine Längsaclise von
0,37 mm.
Die Hoden in den jungen Gliedern sind rund; in den Pro-
glottiden mit entwickelten weiblichen Drüsen sind sie dagegen quer-
oval und haben eine Längsachse von 0,17 — 0,2 mm.
Die Maximalbreite des Keimstocks derjenigen Glieder, in denen
die Hoden schon verschwunden sind, beträgt 0,25 mm; diejenige des
Dotterstockes 0,085—0,12 mm.
Vorstehend eine vergleichende Tabelle mit den charakteristi-
schen Merkmalen aller 3 bis jetzt bekannten Hijmenolepis-Artüia, bei
denen die weiblichen Drüsen sich zwischen dem mittleren und
aporalen Hoden befinden, welche also dem Typus „f"' Fühemann
angehören.
34, Hijmenolexris coronula Dujardin 1845.
(Fig. 58—60.)
Dujardin (1845), Krabbe (1869, 1882), Stiles (1896), Wolffhügel
(1900), CoHN (1901), Fuhrmann (1908), Luhe (1910).
Dieser Parasit, von Wolephügel genau untersucht hat (1900),
ist von mir Imal im Darm der Wildente, Anas hoschas L., gefunden
worden (Winter 1909). Die Scoleces meiner Exemplare w^eichen in
der Größe von denen, welche Wolffhügel untersucht hat, ab. Der
Scolex erreicht eine Breite von 0,187 mm. Der Durchmesser der Saug-
näpfe beträgt 0,074 mm. Bei den Exemplaren von Wolffhügel
dagegen w^ar der Scolex breiter (0,198 mm) und der Durchmesser der
Saugnäpfe kleiner (0,065 mm). Der Durchmesser des Rostellums
(0,0915 mm) und seine Länge (0,055 mm) entsprachen vollständig
den von Wolffhügel angegebenen.
Da in der Literatur gute Abbildungen der allgemeinen Lage
der Organe in den halbreifen Proglottiden noch nicht existieren, so
gebe ich hier einige Zeichnungen. Fig. 58, 59 stellt die Lage der
Organe im Totalpräparat vor, Fig. 60 einen Teil der Genitalcloake
mit dem Cirrusbeutel und dem für diese Art typischen Sacculus
accessorius oder dem sogenannten „Präputialsack". Der letztere
466 K. I. Skrjabin,
befindet sich bei meinen Exemplaren nicht vor dem Cirrus. wie
WoLFFHÜGEL Sagt, sondem hinter ihm und etwas dorsal. Er er-
reicht eine Länge von 0,033 mm bei einer Breite von 0.011 mm
(nach WoLFFHÜGEL beträgt seine Länge 0.036 mm und die Breite
0,014 mm). Die innere Fläche dieses Sacculus accessorius ist mit
einer Cuticularschicht bedeckt und mit Börstchen versehen, die mit
der Spitze nach der Genitalmündung gerichtet sind.
Der Sacculus steht mit einem Drüsenkomplex in Verbindung^
welcher von ihm strahlenförmig ausgeht {„GP' auf Fig. 60) und
welcher zusammen mit dem Sacculus vom Cirrusbeutel umschlossen
ist. Der letztere ist 0,258 mm lang und 0,07 mm breit und enthält
eine große Vesicula seminalis interna, welche % des Cirrusbeutels
ausmacht.
Nach WoLFFHÜGEL ist der Cirrusbeutel 0,3 mm lang und 0,08 mm
breit.
Die innere Wand der muskulösen Vagina ist bei ihrer Mündung
mit chitinösen Stacheln versehen, die mit ihren Spitzen nach innen
gerichtet sind.
Die Hoden der von mir untersuchten Exemplare waren immer
etwas gelappt und hatten die Lage, welche dem Typus ,,b"' Fuhr-
mann entspricht. In den Proglottiden, bei denen die weiblichen
Drüsen noch jung sind (Fig. 58) ist der Keimstock nierenförmig und
ganzrandig, bei seiner späteren Entwicklung nimmt er eine gelappte
Form an (Fig. 59).
35. Hymenolepis coinpvessa Linton 1892.
LiNTON (1892), KOWALEVSKY, LUHE (1910), SOLOVVIOW (1911 = H.
nicgarostcllis SoL.), Skrjabin (1914).
H. compressa ist von mir bei einem neuen Wirt FuUgida nyroca
gefunden worden. Wie ich in einer anderen Arbeit (1914) zeigen
werde, ist die Art Hymenolepis megarosiellis Solowiow (1911) mit
der Hymenoleins compressa Linton (1892) identisch. Hier will ich
nur auf den Umstand aufmerksam machen, daß die Bewaffnung des
Scolex bei dieser Art dieselbe ist wie bei Hymenolepis collaris Batsch
(= H. sinuosa Zed.). Die entsprechenden Figuren befinden sich in
meiner Arbeit 1914.
Vog-elcestoden ans Rtissiscli Tarkestaii 467
36. Htpnenolepls solotvioivi it. sjy,
- (Fig-. 61.)
Von dieser Art kann ich leider nur eine sehr unvollständige
Beschreibung geben, da das in meinen Händen befindliche Material
zu stark niaceriert war. Der Bau seines Cirrusbeutels ist jedoch
so typisch, daß dieser Parasit als Repräsentant einer neuen Art an-
g-esehen werden muß. Ich fand ihn bei Fuligula nyroca L.
Die Strobilalänge bei dem größten Exemplar betrug 20 mm, bei
einer Maximalbreite von 1,3 mm. Einige der hinteren Proglottiden
waren nur 0,7 mm breit. Der Scolex fehlte leider. Die ganz jungen
Glieder waren 0,016 mm lang- und 0,1 mm breit.
Sehr typisch ist die Anordnung der Kalkkörperchen , deren
Durchmesser 0,0148 mm beträgt; sie liegen nur in dem Teil der
Proglottis, welcher das nachfolgende Glied bedeckt.
Die 3 runden Hoden liegen nebeneinander in einer Reihe.
Bei den Proglottiden von 0,17 mm Länge und 0,44 mm Breite
war der Cirrusbeutel 0.16 — 0.17 mm lang. Der Bau des letzteren
ist außerordentlich typisch; in seinem mittleren Teile befindet sich
eine stark muskulöse Anschwellung, 0,074 mm lang und 0,08 mm
breit, von der 2 seitliche (porale und aporale), viel schmälere und
schwach muskulöse Teile 0.04 mm lang ausgehen. Diese spezifische
spritzförmige Cirrusbeutelform ist, wie ich oben bemerkte (S. 462),
nur bei der Hymmolepis lanceolata Bloch, und zwar in reifen Gliedern
beobachtet worden, mit welcher die Hißnenolepis soloiviowi n. sp.
nichts zu tun hat.
Der Cirrus, von regelmäßig konischer Form, ist mit feinen
Stacheln bedeckt, deren Länge sich bei der Annäherung zur Basis
allmählich vergrößert.
Hinter der männlichen Genitalöffnung liegt die trichterförmige
Mündung der Vagina, welche als schmaler gewundener Kanal ver-
läuft.
Diese Art benenne ich Herrn Dr. Solowiow (Warschau) zu
Ehren, dem ich aus Turkestan einige Parasiten aus meiner Samm-
lung zuschickte und der den Anfang zur wissenschaftlichen Be-
arbeitung meines Materials gelegt hat.
468 ^- I- Skrjabin,
37. HymenoJepis ranis a. sj).
(Fig-. 62—65.)
Diese Art ist Imal von mir im Blinddarm von Fuligula
rufina L. gefunden worden, wo sicli. wie bekannt, die Cestoden nur
ausnahmsweise befinden, da sie haiiptsächlicli den Dünndarm in-
vasieren.
Dieser interessante Parasit gehört zum Typus Hymenolepis mit
14 Eüsselhaken; er steht dadurch 2 Arten nahe: der Hymenolepis
miuuta Keabbe und Hymenolepis villosa Bloch, deren Rüssel auch
mit 14 Haken bewati'net ist. In allem übrigen aber unterscheidet
sich dieser Parasit so scharf von den oben g:enannten, daß er un-
streitig- eine neue Art repräsentiert.
Die Läng'e der Strobila betrug 70 mm bei einer Maximalbreite
der hinteren Glieder von 1.36 mm.
Die Proglottiden haben eine trapezförmig-rechteckige Form, die
Länge der hinteren erreicht nur 0.425 mm.
Der Scolex. von eigenartiger Form, hat 4 Saugnäpfe, welche nach
vorn gerichtet sind. Seine Länge beträgt 0,36 mm bei einer Breite
von 0.44 mm. Durchmesser der Saugnäpfe = 0.17 mm.
Bei dem untersuchten Exemplar war der eingezogene Rüssel
mit 14 außerordentlich großen Haken bewaftnet. welche 0.103 bis
0,105 mm lang waren.
Die Genitalöfinungen liegen einseitig.
Ton 3 Hoden liegt einer poral, die beiden anderen aporal: von
den beiden letzteren liegt der laterale etwas vor dem mittleren
(Typus ..c" Fuhrma^'nI
Auffallend ist der große Zwischenraum zwischen den poralen
und den beiden aporalen Hoden (dieser Raum war 0,35 mm lang
bei einer Proglottide von 1.1 mm Breite), was man gewöhnlich bei
den anderen HymenoIepis-AvXen mit analogem Hodentypus nicht be-
obachtet. Die Hoden von runder Form haben einen Durchmesser
von 0.17 — 0.19 mm. Einige Präparate demonstrierten an ihren
Flächenschnitteu außerordentlicli klar den Abgang des Vas etferens
aus jedem Hoden und die Verbindung dieser sehr dünnen Kanäle
miteinander. Jedes dieser Vasa etferentia erreichte eine Länge von
0.17 mm. Die gemeinsame Verbindungsstelle dieser 3 Kanäle be-
findet sich gerade auf der Mittellinie, wo das kurze Vas deferens
beginnt.
Eine der interessanten Eioentümliclikeiten des männlichen
Vogel cestoden ans Rnssisch Turkestaii. 469
Geiiitalsystems dieses Parasiten bildet die Abwesenheit einer be-
sonderen Vesicnla seminalis externa, welche g-ewöhnlich bei Hymeno-
lepis-kview stark entwickelt ist. Bei Hymenolepis rarus n. sp. fehlt
dieses Organ vollständig-; nur die äußersten Schlingen des Vas
deferens weisen vor ihrer Mündung in den Cirrusbeutel eine kleine
Verdickung auf, die jedoch nicht bedeutend genug ist, um sie als
besondere Vesicula seminalis aufzufassen.
Der verhältnismäßig kurze Cirrusbeutel ist schwach muskulös
und von länglich eiförmiger Gestalt. Er ist 0.27 mm lang bei einer
Maximalbreite von 0,1 mm.
Im Cirrusbeutel liegt eine kleine Vesicula seminalis interna.
Die Genitalcloake mündet ungefähr in der Mitte des Randes
der Proglottis. Der Cirrus scheint unbewaffnet zu sein.
Die weiblichen Genitaldrüsen liegen median und vor den beiden
hinteren Hoden; sie nehmen also die vordere Hälfte der Pro-
giottis ein.
Der Keimstock besteht aus 2 ganz runden Flügeln, welche mit-
einander durch eine Commissur verbunden sind. Der Durchmesser
jedes dieser Flügel beträgt 0,11—0,126 mm.
Hinter dem Keimstock liegt der Dotterstock von ebenfalls
runder Form mit einem Durchmesser von 0,085—0,1 mm.
Die Schalendrüse ist ziemlich groß und hat einen Durchmesser
von 0,1 mm.
Den Uterus konnte ich leider nicht untersuchen, weil alle meine
Exemplare zu jung waren.
Es charakterisieren also den neuen Parasiten folgende Merk-
male:
1. die Anwesenheit von 14 großen Haken am Rostellum;
2. die Lage der Hoden;
3. die Lage der weiblichen Drüsen in der vorderen Hälfte der
Proglottis ;
4. die Abwesenheit einer besonderen Vesicula seminalis externa;
5. die Anwesenheit der Parasiten im Blinddarm.
Es bleibt nur noch hinzuzufügen, daß außer einer ganzen Reihe
von Merkmalen unser Parasit sich von den beiden anderen 14hakigen
Hymenolejns- Arten durch die außerordentliche Größe seiner Haken
unterscheidet, welche 0,103—0,105 mm lang sind. Bei Hymenolepis
minuta Keabbe haben die Haken eine Länge von 0,011—0,012 mm
und bei Hymenolepis vülosa Bloch eine solche von 0,024—0,026 mm.
470 ^- ^- Skrjabin,
38. HfjrnenoleiHs lonfjicirrosa Fuhem. 1906.
(Fig. 66—67.)
JPüHRMANN (1906).
Hymenolepis longicirrosa Fühkm. 1906 ist bis jetzt in der Lite-
ratur nur Imal und zwar aus Cygnopsis cygnoides Lin. (Fundort?)
von Fuhrmann beschrieben worden. Das Exemplar stammte aus
der Wiener Sammlung-.
Es gelang- mir, diesen interessanten Parasiten bei einem neuen
Wirt festzustellen: im Darm von Anser anser L., der auf dem Kul-
Kainar-See (Sommer 1910) erlegt wurde.
Der Scolex fehlte leider, was auch bei den von Fuhrmann unter-
suchten Exemplaren der Fall war; jedoch kann der Parasit seiner
charakteristischen Merkmale wegen auch ohne Kopf bestimmt werden.
Mein Exemplar war 30 mm lang und 1,7 mm breit. Die Länge der
reifen Glieder erreichte 0.27 mm. (Der von Fuhrmann untersuchte
Parasit war nur 0,7 mm breit.)
Die Genitalöftnungen liegen unilateral.
Die Genitaldrüsen gehören zum Typus „e" Führmann, d. h. die
3 Hoden befinden sich alle in einer Reihe zwischen den Excretions-
kanälen, und die weiblichen Drüsen liegen median.
Der zweiflüglige Keimstock nimmt die ganze Breite des Gliedes
ein und reicht, wie auch die Hoden, bis zu den Excretionskanälen.
Der sehr lange Cirrusbeutel nimmt die ganze Breite der Pro-
glottis ein und ist mit einem besonderen Retractor versehen, dessen
Fasern unmittelbar mit denen der Längsmuskulatur in Verbindung
stehen. An meinen Präparaten war die Biegung des poralen Teiles
des Cirrusbeutels weniger scharf ausgeprägt, als es Fuhrmann auf
seiner flg. 17 zeigt. Das rührt wahrscheinlich von der Kontrahierung
des Retractors her, der den Cirrusbeutel dem aporalen Rand ge-
nähert und ihn dadurch ausgestreckt hat.
Der Cirrus ist ziemlich dick und bedornt. Die Vesicula semi-
nalis externa ist stark entwickelt. Der gelappte Keimstock hat
2 asymmetrische Flügel; der porale ist kleiner als der aporale.
Der gelappte Dotterstock liegt streng median und nicht poral,
wie es an den Präparaten von Fuhrmann der Fall ist.
Die Vagina ist sehr eigentümlich gebaut; sie nimmt ihren An-
fang in der Gestalt eines breiten trichterförmigen Kanals, der sich
allmählich verengert und bis zur Mittellinie reicht. Dann biegt er
nicht nach vorn, wie Fuhrmann beobachtet hat, sondern nach
Vogelcestoden aus Russisch Turkestaii. 471
hinten und bildet hier ein großes Receptaculum seminis. Diese
trichterförmige Erweiterung am Anfang- der Vagina kann man als
ein zweites Eeceptaculum seminis- ansehen.
An der Stelle, wo sich das äußere Receptaculum seminis ver-
engert, befindet sich ein besonderer Retractor der Vagina.
Als spezifisches Merkmal für d4ese Art gilt die Anwesenheit
eines sehr starken Sphincters, der den Eingang in die Genitalcloake
schließt. Bei der breiten Öffnung der Vagina scheint dieser Sphincter
von großer Zweckmäßigkeit zu sein.
Der Uterus nimmt die ganze Breite der reifen Proglottis ein,
wobei seine Entwicklung überaus rasch vor sich geht, indem auf
ein Glied ohne Spur von Uterus unmittelbar solche mit voll ent-
wickeltem Uterus folgen.
39. HynienoleiHs przefcalskii n, sp.
(Fig. 68.)
H. przewalskii wurde von mir nur Imal im Darm eines Anser
anser L., der auf dem Kul-Kainar-See (Sommer 1910) erlegt wurde,
gefunden.
Nach der Lage seiner Genitaldrüsen gehört dieser Parasit dem
seltenen Typus „g" Fuhemann an, zu dem man nur 2 Arten rechnen
kann: Hymenolepis unüateralis Rud. (= H. ardeae Fuhrm.) und Hymeno-
lepis elongata Fuhrmann, welche bei den Ciconiiform es parasi-
tieren. Ich füge hier eine vergleichende Tabelle mit den Haupt-
merkmalen aller 3 Arten dieses Typus hinzu.
Den Scolex hatte ich leider nicht; die Strobila ist annähernd
35 — 40 mm lang, bei einer Maximalbreite der reifen Glieder von
0,7 mm. Die Form der Glieder ist rechteckig mit abgerundeten
Rändern, wobei die Länge der mittleren und reifen Glieder 7i6 so
groß ist wie ihre Breite.
Die Genitalöffnungen liegen einseitig und befinden sich nicht
ganz auf dem Rande der Proglottis, sondern 0,03 mm von ihm ent-
fernt (so wie bei der Hymenolepis setigera Fröhl.).
Die 3 Hoden befinden sich nebeneinander im mittleren Teile
der Proglottis, wobei der mittlere ganz median liegt. Sie sind quer-
oval, und ihre Längsachse ist 0,081 — 0,083 mm lang.
Die weiblichen Genitaldrüsen liegen aporal von den Hoden,
wobei der porale Flügel des Keimstockes und bei einigen Proglottiden
ein Teil des Dotterstockes von dem aporalen Hoden bedeckt ist.
Diese Art sowohl als auch die obengenannten Hyni. elongata und
472
K. I. Skejabin,
Hijm. unüateralis müssen zwischen Hym. lanceolata Bloch (bei denen
die weiblichen Drüsen ganz aporal und frei von den Hoden lieg-en)
und die Gruppe der Hymenolepis- Arten [H. seiigera Fköhl; H.
clandestina Keabbe und H. hrachycephala Crepl.), bei denen die
weiblichen Drüsen zwischen dem mittleren und aporalen Hoden
liegen, gestellt werden.
Der zweiflüglige Keimstock ist ganzrandig (wodurch er sich
von der H. elongata und H. unüateralis unterscheidet) und 0,13 mm
breit. Der Dotterstock ebenfalls 21appig, liegt hinter dem Keimstock
und ist 0,037 mm breit. Der schlauchförmige Cirrusbeutel hat eine
Länge von 0,22—0,25 mm. Die Vesicula seminalis externa, von
ovaler Form, hat eine Längsachse von 0,09 mm. Der Cirrus ist mit
Stacheln bedeckt, sein ausgestülpter Teil erreicht eine Länge von
0,12 mm. Die Vagina besitzt keinen Canalis femininus, der für
H. lanceolata und H. setigera so charakteristisch ist. Da mir der
Scolex fehlte und das Material maceriert war, so kann ich über
diese interessante Art leider nichts weiter sagen. Die angegebenen
Merkmale sind jedoch genügend, um eine neue Art zu begründen.
Tabellarische Übersicht der Hy m e n ol e p i s - Ar t e n ,
welche dem Typus „g" Fuhrmann angehören.
Die Maße sind in Millimetern angegeben.
Name
H. nnilateralis
H. elongata
H. przewalshii
Untersucher
RUDOLPHI
Fuhrmann
K. Skrjabin
Jahr
1819
190f>
1913
Strobilalänge
100
40
35—40
Strobilabreite
2.3
0,75
0,7
Scolexbreite
Zahl der Haken
Hakeuläuo-e
0,15
10
0.045
1 Scolex nicht
( untersucht
1 Scolex nicht
j untersucht
Cirrusbeutel, Länge
0,5
0,24
0,22-0,25
reicht gerade an das
reicht bis auf die
reicht bis anf die
äußere dorsale Ex-
Höhe des 2. Hodens
Hübe des 2. Hodens
kretionsgefäß
Cirrus
heran bedornt
-?
bedornt
Keiinstockbreite
0,8
0,3
0,13
Keimstock, Gestalt
tief gelappt
gelappt
ganzrandig
Dotterstockbreite
0,26
0,1
0,037
Dotterstock, Gestalt
tief gelappt
gelappt
ganzrandig
Durchmessser cL Hoden
0,14
0,1
0,081-0,083
Wirt
Butorkles vires-
Mylolxlophanes
Anser anser L.
cenH L.
coendescens Vieill.
(Anserif ormes)
(C i c 0 n i i f 0 r m e s)
(C i c 0 n i i f 0 r m e s)
Verbreitung-
Brasilien
Brasilien
Asien (Eussisch
Turkestan)
Vogelcestoden aus Russisch Turkestan. 473
40. HynietioleiHs sp.
Glas No. 224. Diese Art, sowie die beiden folgenden, habe ich
im Darm von Fuligula nijroca L. gefunden, wegen mangelnden Scolex
konnte ich sie leider nicht bestimmen, weil ihr anatomischer Bau
keine charakteristischen, für ihre Bestimmung- wichtigen Merkmale
aufwies.
Die Strobila war 100 mm lang und 1,2 mm breit, wobei bei den
hinteren Gliedern der Uterus noch fehlte. Die Hoden entsprachen
dem Typus „b" Fuhrmann und nahmen die ganze Breite der
Proglottis ein. Der schlauchförmige Cirrusbeutel reicht bis zu ihrer
Mitte.
41. Ht/menolepis sj).
Glas No. 195. Wirt: Fuligula nijroca L.
Die Strobila, welche schon reife Glieder besaß, war nur 25 mm
lang und 0.5 mm breit. Die ersten 15 mm der Strobila waren
fadenförmig. Die Hoden entsprachen dem Typus „c" Fühemann.
Der langgestreckte Cirrusbeutel nahm ^/^ der Proglottisbreite ein.
42. Hjpnenolepis sp,
Glas No. 400. Wirt: Fuligula mjroca L.
Länge der Strobila: 180 mm bei einer Breite von 1 mm. Die
Hoden entsprechen dem Typus „b" Fuhrmann, doch lagen sie nur
im mittleren Feld der Proglottis.
XVI. Gen. Mi/nienofinibria n, g.
43. HyTHenofinihvkt mevgansevi n. sp,
(Fig. 69—75.)
H. merganseri ist von mir nur einmal im Darm von Mergus
merganser (Sommer 1911) gefunden worden.
Diese Art erscheint als eine der interessantesten meiner Sammlung;
sie zeichnet sich, wie aus der nachfolgenden Beschreibung hervor-
geht, durch eine ganze Reihe von anatomischen Besonderheiten aus,
weshalb ich sie als Vertreter einer neuen Gattung betrachte.
In meiner Sammlung besitze ich nur mehrere Fragmente und
einen Scolex dieses Parasiten, weshalb es mir unmöglich ist, seine
genaue Körperlänge anzugeben. Sie beträgt annähernd 120—150 mm,
474 K. I. Skrjabin,
bei einer Maximalbreite von 4 mm. Der verhältnismäßig- sehr kleine
Scolex ist 0,14 mm lang und 0.17 mm breit, und seine 4 Saugnäpfe
haben einen Durchmesser von 0,025 mm. Das Rostellum ist mit
10 Haken bewaffnet, welche eine Länge von 0,018 mm haben. Die
Form der Haken erinnert etwas an diejenig-e der Art Aploparaksis
filum GzE. Der Hals ist 0,148 mm breit und 0,3 mm lang. Die
Proglottiden, die jüngsten sowohl als auch die reifen, sind von
rechteckiger Form und immer um ein bedeutendes breiter als lang.
Die Muskulatur besteht aus einer Lage Transversal- und einer
einzigen Reihe von Längsbündeln. Die letztere ist aus außerordent-
lich dicken Bündeln gebildet, deren Durchmesser 0,037—0,041
: 0,074 — 0,08 mm beträgt. JedesMuskelbündel besteht aus40— 50 Fasern.
Es ist noch eine besondere Diagonalmuskulaturschicht vorhanden,
welche sich außerhalb der Längsmuskeln befindet.
Das Excretionssystem dieses Parasiten ist senr merkwürdig; es
besteht aus 10 parallelen Längsgefäßen, von denen die 2 inneren am
stärksten entwickelt sind. Die peripheren Gefäße liegen asymme-
trisch ; an einer Seite der Proglottiden liegen 2 Excretionskanäle
außerhalb des Hauptlängsnerven, an der anderen dagegen liegen sie
innerhalb desselben.
Die Genitalöffnungen liegen unilateral.
Die Geschlechtsdrüsen haben eine Hymenolepis-?irt\ge Disposition,
wobei ihre Anordnung dem Typus „d" von Fuhrmann entspricht,
zu welchem auch (nach Fuhemann) die Fimbriaria- Arten gehören.
Die 3 querovalen Hoden liegen in einer Reihe und nehmen das
mittlere Drittel der Proglottis ein ; der eine von ihnen liegt poral,
die beiden anderen dagegen aporal von den weiblichen Genital-
drüsen. Wie bekannt, gehören zu diesem Typus auch Hymenolepis
bisaccata Führm. und Hym. micrancristrota Wedl.
Der Cirrusbeutel ist von Mittelgröße und erreicht eine Länge
von 0,5 mm. Er nimmt mit seiner Breite fast die ganze Breite der
Proglottis ein und umschließt eine große Vesicula seminalis interna,
die ihn beinahe ganz ausfüllt.
In der Nähe seiner Mündung in die Genitalcloake ist der Cirrus-
beutel mit einem besonderen kleinen Sacculus accessorius versehen,
der 0,0185 mm lang und 0,0074 mm breit ist.
Dieser letztere besteht aus einer dicken Cuticularfalte, die mit
ihrem blinden Ende aporal gewendet ist und mit einem Drüsen-
komplex in Verbindung steht.
Die schlauchförmige Vesicula seminalis externa ist ziemlich
Vogelcestoden ans Russisch Turkestan. 475
groß, nimmt beinahe die ganze Breite der Proglottis ein und reicht
bis zur Mittellinie. Die weiblichen Drüsen liegen median und sind
verhältnismäßig sehr klein.
Der zvveiflüglige Keimstock ist gelappt und hat eine Breite
von 0,17 mm. Hinter ihm liegt der rund-ovale Dotterstock. Die
Vagina ist bei ihrer Mündung in die Genitalcloake sehr starkwandig
und geht allmählich in ein schlauchförmiges Eeceptaculum seminis
über, das bis zur Mittellinie reicht.
Die Genitalcloake liegt sehr tief und ist mit einer chitinösen
Schicht versehen. Der sackförmige Uterus ist Hißnenolepis-3irüg und
nimmt die ganze Breite der Proglottis ein.
Wie aus dem oben Gesagten hervorgeht, besitzt dieser Parasit
sowohl Merkmale von Hymenolepis als auch solche von Fimhriaria.
Durch seinen sehr kleinen Scolex, durch seine einzige Längs-
muskulaturschicht und seine 10 Excretionsgefäße nähert er sich der
Gattung Fimhriaria Fröhl., welche nach den letzten Angaben von
Fuhrmann auch 9 — 10 Excretionskanäle aufweist. Durch das Fehlen
des Pseudoscolex, durch den Bau der Genitalorgane dagegen, ins-
besondere des Uterus, ist unser Parasit mit Hymenolepis verwandt.
Höchst merkwürdig ist es aber, daß die Lage der Geschlechtsdrüsen
wieder dieselbe ist wie bei Fimbriaria.
In seiner unlängst erscliienenen Arbeit (34) hat Fuhrmann die
Verwandtschaft zwischen Hymenolepis und Fimbriaria festgestellt,
wobei er als deren Übergangsform seine neue Art Fimbriaria inter-
media FuHRM. 1913 ansieht. Bei dieser Art überwiegen zweifellos
die Merkmale der Gattung Fimbriaria.
Anders verhält es sich mit meinem Parasiten, bei welchem die
Hymenolepis- und i^im5r?ana-Merkmale so vermischt sind, daß er zu
keiner von beiden Gattungen gerechnet werden kann. Infolgedessen
halte ich es für zweckmäßig, für meinen Parasiten eine neue Gat-
tung zu gründen, die ich Hymenofimbria nennen möchte. Im natür-
lichen System der Cestoden würde er daher die Stelle zwischen den
Hymenolepis- Arten einerseits und Fimbriaria intermedia Fuhrmann
andererseits einnehmen.
Für diese neu begründete Gattung Hymenofimbria möchte ich
folgende Diagnose stellen:
Mittelgroße Cestoden, deren Scolex mit einem ein-
fachen Kranz von 10 Haken bewaffnet ist. Die Längs-
muskeln weisen nur eine einzige Lage auf; Diagonal-
muskulatur vorhanden. Der Exe retionsap parat be-
Zool. Jahrb. XXXYII. Abt. f Syst. 31
476 K- I- Skrjabin,
steht aus 10 Längsgef äßen. Ge s chl echt söffnun gen
unilateral. Hymenolepis-SiYtige Genitalien bestehen
aus 3 Hoden und einfachen weiblichen Drüsen; im
Cirrusbeutel ein Sacculus accessorius. Uterus ein-
facher Sack. Parasiten der Vögel. Typische und
bisher einzige Art: Hymenofimbria merganseri n. sp.
XVII. Gen. Finibriaria Fröhl.
44. Finibriaria fasciolaris Pall. 1781.
Pallas, 1781; Krabbe, 1869 (= Taenia malleus) ; Wolffhügel, 1898,
1900; Fuhrmann, 1913, 1914.
Diese Art, die Fuhrmann in neuester Zeit zur Familie Hymeno-
lepinidae rechnet, habe ich bei 3 Entenarten gefunden: Anas bo-
schas L., Fulifiiila nifina und Fuligula nyroca. Die beiden letzteren.
Wirte sind für diesen Parasiten neu.
XVIII. Gen. Diploj^ostJie Jacobi.
45. Diploposthe Jaevis Bloch 1782.
(Fig. 76-78.)
Bloch, 1782; Krabbe, 1869, 1882; Jacobi. 1897; Cohn, 1901; Ko-
WALEVSKY, 1903; FuHRMANN, 1905, 1908.
Diese Art ist von mir mehrere Male bei Fuligula nyroca und
Fuligula rufina gefunden worden.
Ungeachtet der umfangreichen Literatur über diese Art ist die-
selbe bis jetzt nicht genügend bekannt; so z. B. hat niemand der
Autoren den Scolex genau beschrieben. Diese Lücke kann ich
leider auch nicht ausfüllen.
Von allen Forschern haben Jacobi und Fuhrmann diesen Para-
siten am genausten untersucht. Aus der Beschreibung von Jacobi
wissen wir, daß der Uterus bei DiplopostJw laevis die ganze Breite
der Proglottis einnimmt und einen weiten Sack oder Schlauch bildet,
„welcher den Innenraum der Proglottide bis auf eine schmale Rand-
zone einnimmt und durch eine Anzahl Septen in Kammern angeteilt
ist, dergestalt jedoch, daß ein weites Loch die Verbindung zwischen
diesen herstellt". Er erwähnt nebenbei, daß die Entwicklung des
Uterus die Atrophie der Muskulatur verursacht.
Bei der Untersuchung der reifen Proglottiden meiner Präparate.
Vogelcestoden ans Russisch Turkestan. 477
fiel mir auf, daß neben normalen Exemplaren sich auch veränderte
Strobilen befanden, die auf beiden Seiten zahlreiche Anschwellungen
aufwiesen. Allenfalls könnte man eine Monstrosität oder eine
krankhafte Erscheinung- annehmen. Gegen die erste Annahme sprach
der umstand, daß mehrere Strobilen die gleiche Veränderung auf-
wiesen.
Die genaue Untersuchung der Anschwellungen in ihren ver-
schiedenen Stadien bewies, daß wir es hier nicht mit einem patho-
logischen, sondern mit einem normalen Prozeß zu tun haben. Es
erwies sich, daß der Uterus bei Diploposthe laevis seine Entwicklung
in dem Stadium noch nicht vollendet hat, das .Tacobi als letztes
annimmt.
Bei seiner weiteren Entwicklung zerfällt seine Wandung, das Ein-
kapseln der Eier beginnt, wobei diese Parenchymkapseln mehrere
Eier enthalten können. Die Muskulatur zeigt in diesem Stadium
eine so starke xAtrophie, daß sie die reifen Eier nicht mehr zurück-
halten kann, weshalb eine Wanderung der Eiergruppen vom Zentrum
zur Peripherie stattfindet.
Bei dieser Migration treten die Eier unmittelbar an die Cuticula
heran, so daß die letztere unter ihrem Drucke hervortreten und die
obengenannten Anschwellungen der Proglottiden bilden.
Im nächstfolgenden Stadium sehen wir das Heraustreten der
Eier aus den Proglottiden. Diesen Prozeß habe ich freilich nicht
verfolgen können, da ich kein frisches, sondern nur konserviertes
Material besaß.
Es erwies sich außerdem, daß die anscheinend pathologischen
Strobilen uralte Exemplare der Biplopostlie laevis repräsentieren,
welche nicht mehr die Fähigkeit haben, neue Proglottiden zu bilden.
Das bewies auch noch der Umstand, daß die reifen Eier sich nicht
nur in den hinteren Proglottiden, sondern auch an der Grenze des
ersten und mittleren Drittels der Strobila befanden; mit anderen
Worten: die Entwicklung des Parasiten als Individuum war voll-
endet, es ging nur mehr der Prozeß der Keife seiner einzelnen Ele-
mente, Proglottiden, vor sich.
Ich habe nur noch hinzuzufügen, daß der gemeinsame Habitus
dieser uralten Exemplare sich scharf von dem der jungen, halb-
reifen unterschied: sie hatten ein altes, runzliges Aussehen, und
ungeachtet ihrer Überfüllung an Eiern waren sie ungefähr halb so
breit wie die jungen. Sie standen also an der Grenze ihres natür-
lichen Todes.
31*
478
K. I. Skrjabin,
D. Familie Taeniidae Peer.
XIX. Gen. Cladotaenia Cohn,
46. Cladotaenia glohifera Batsch 1786.
Batsch, 1786; VoLZ, 1900; Cohn, 1901; Fuhrmann, 1908.
Diese Art habe ich mehreremal im Darm von Raubvögeln ge-
funden, und zwar bei Milvus Jcorschim, Circus aeruginosus, Aquila
imperialis und Circus cinereus. Die beiden letzteren erscheinen als
neue Wirte.
Das größte Exemplar meiner Sammlung (aus Circus cinereus)
war 243 mm lang.
Gefundene Abnormitäten.
Bei der Untersuchung meines Materials hatte ich Gelegenheit,
einige Monstrositäten zu beobachten.
I. Bei einem Exemplar der Davainea micracantha Führm. fand
ich eine Proglottis, deren porale Seite normal war, während die
aporale aus 2 scharf voneinander getrennten Gliedern bestand. Diese
Trennung konnte man bis über den poralen Excretionskanal hinaus
verfolgen.
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Der abnorme Teil wies eine Verdopplung der weiblichen Genital-
driisen auf^ deren Lage übrigens normal war. In der vorderen
Vogelcestodeu ans Russisch Turkestan.
479
Hälfte des betreffenden Stückes waren nur 7 Hoden vorhanden,
während man in der hinteren 13 zählen konnte; einer von den
letzteren befand sich außerhalb des poralen Excretionsgefäßes, was
auch als Abnormität angesehen werden muß.
Die Ausführungsgäng-e der weiblichen und männlichen Genital-
drüsen waren normal, d. h. sie bestanden aus einem einzigen Cirrus-
beutel und aus einer Vaginamündung (Fig. C).
IL Die zweite Mißbildung fand ich in einem Gliede der Davainca
penetrans Baczynska, welches 2 Cirrusbeutel übereinander zeigte;
jeder derselben besaß ein besonderes Vas deferens, welche sich un-
weit des Excretionskanals vereinigten. In allem übrigen war die
betreffende Proglottis ganz normal (Fig. D).
Vd
Cb
Die erste Mißbildung könnte man nach der teratologischen
Nomenklatur Duplicitas aporalis, die zweite Duplicitas
poralis nennen.
Den Beschluß mag folgende Tabelle der bisher aus Russisch
Turkestan bekannten Vogelcestoden, nach Wirten geordnet, bilden.
480
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484 ^- I- Skrjabin,
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81. ZsCHOKKE, Recherches sur la structure anatomique et histologique
des Cestodes, Geneve li
Erklärung der Abbilduiigeu.
C Cirrus
Ch Bursa cirri
Dst Dotterstock
Dw Dorsale Wassergefäße
E Eier
Gk Genitalcloake
Gl Drüsen
H Hoden
K Keimstock
Kk Cloakenkanal
Ks Cloakensphincter
L)n Längsmuskulatur
N Nerv
Pa Papilla
Far Paruterinorgan
R Retractor
Rc Retractor der Vagina
Rs Receptaculura seminis
Sa Sacculus accessorius
Sph Sphincter
T Hoden
Tm Transversalmuskulatur
Ut Uterus
V Vagina
Vd Vas deferens
Ve Vas efferens
Vs Vesicula seminalis externa
Vsi Vesicula seminalis interna
Wiv Ventrale Wassergefäße
W
Wassergefäße
Tafel 16.
Fig. 1. Davainea sartica n. sp. aus Corvus corone L. Scolex.
Fig. 2. Einzelne Proglottis derselben Art.
Fig. 3. Bursa cirri mit GenitalöfFnungen derselben Art.
Fig. 4. Querschnitt derselben Art mit Muskulatur.
Fig. 5. Davainea 2)enetrans Baczynska aus Gallus gaUns dorn.
Scolex. ;
Fig. 6. Plächenschnitt durch eine Proglottis derselben Art.
Vogelcestoden aus Russisch Turkestan. 489
Tafel 17.
Fig. 7. Querschnitt durch die Genitalcloake und Bursa cirri der-
selben Art.
Fig. 8. Querschnitt durch ein Proglottis derselben Art mit Muskulatur.
Fig. 9. Darai)iea micracnnllia Fühkm. aus Tuiinr lurtur L. 2 Pro-
glottiden. Totalpräparat.
Fig. 10. Idiogenes flagdluni GoEZE aus Circus cinereiis. Scolex.
Fig. 11. Anomotaenia steiUoren Fröhi,. ans Vanellus crislatus. Scolex.
Fig. 12. Anomotaenia microphaUos Krabbe aus Vanellus cristatus.
Scolex.
Tafel 18.
Fig. 13. Scolex derselben Art mit ausgestülptem Rostellum.
Fig. 14. Flächenschnitt durch eine Proglottis derselben Art.
Fig. 15. Anomotaenia oiidis n. sp. aus Otis tetrax L. Scolex.
Fig. 16. Einzelne Proglottis derselben Art aus Oüs tarda (FuHR-
MANN'sche Sammlung),
Fig. 17. Uioa)iolaeiiia fnJirmanni n. sj). aus Circus cinereus. Scolex.
Fig. 18. Haken derselben Art.
Fig. 19. Flächenschnitt durch eine Proglottis derselben Art.
Tafel 19.
Fig. 20. Genitalcloake mit ausgestülptem Cirrus, Cirrusbeutel und
Vagina derselben Art.
Fig. 21. Cijdorchida omakoicristrota Wi:j)Ij aus Platalea leucorodia Ij.
Flächenschnitt durch eine Proglottis.
Fig. 22. Flächenschnitt durch die reife Proglottis mit dem Uterus.
Fig. 23. Teil eines Querschnittes durch einen Proglottis derselben
Art mit Muskulatur und Ausmündungsstelle der Genitalorgane.
Fig. 24. Monopylidium cinguliferum Krabbe aus Scolojjax major.
Halbreife Proglottis mit Genitalorganen. Totalpräparat.
Fig. 25. Lage eingekapselter Eier in reifen Gliedern derselben Art.
Totalpräparat.
Tafel 20.
Fig. 26. Monopylidiiiin galbtdae Ti^T). aus Corvtis frugilegus L.
Scolex.
Fig. 27. Haken derselben Art.
Fig. 28. Disposition eingekapselter Eier in reifen Gliedern der-
selben Art.
490 K. I. Skrjabin,
Fig. 29. Paruierina cholodkouskü n. sp. aus Otomela romanowi BoGD.
Scolex.
Fig. 30. Haken derselben Art.
Fig. 31. Junge Proglottis derselben Art mit Genitaldrüsen.
Fig. 32. Teil eines Querschnittes durch eine Proglottis derselben
Art mit Muskulatur.
Tafel 21.
Fig. 33. Flächenschnitt eines reifen Gliedes derselben Art mit
Paruterinorgan .
Fig. 34. Lage des Uterus in fast reifen Proglottiden derselben Art.
Totalpräparat.
Fig. 35. Bluterina dunganica n. sp. aus Oriolus galhula. Scolex.
Fig. 36. Haken derselben Art.
Fig. 37, Flächenschnitt einer halbreifen Proglottis derselben Art.
Tafel 22.
Fig. 38. Flächenschnitt einer Proglottis derselben Art mit jungem
Uterus.
Fig. 39. Lage des Paruterinorgans in einem reifen Gliede der-
selben Art.
Fig. 40. Aploparaksis elisae n. sp. aus Faligula nyroca. Scolex.
Fig. 41. 2 Haken derselben Art.
Fig. 42. Junge Proglottiden derselben Art mit männlichen Genitalien.
Totalpräparat.
Fig. 43. Fast reife Proglottiden derselben Art mit weiblichen Geni-
talien. Totalpräparat.
Fig. 44. Diorchis americana Ransom var. twkestanica n. var. aus
Gallinida cliloropus. 2 halbreife Proglottiden. Totalpräparat.
Fig. 45. Hymenolepis rugosa Cleec aus Peristera cambayensis.
2 Glieder mit Selbstbefruchtung. Totalpräparat.
Tafel 23.
Fig. 46. Spitze des Cirrus derselben Art mit chitinösem Stilet.
Fig. 47. Hymenolepis villosa Bloch aus Otis tetrax. Scolex.
Fig. 48. Haken derselben Art.
Fig. 49. Scolex derselben Art mit ausgestülptem Rostellum.
Fig. 50. Halbreifes Glied derselben Art mit Genitalorganen. Total-
präparat.
Fig. 51. Reifes Glied derselben Art mit Uterus. Totalpräparat.
Fig. 52. Hymenolepis meyalops Crepl. aus Fidigula rnfina. Gruppe
von Parasiten an der Cloake ihres AVirtes. Photographie.
Vogeicestoden aus Russisch Turkestan. 491
Fig. 53. Microphotographie eines Flächenschnittes des Scolex der-
selben Art mit einem Stück Gewebe seines Wirtes. Das Lumen eines Saug-
napfes enthält ein Stück der Cloakenwand.
Fig. 54, Ht/)iietiolepis lanceolata Bloch aus Anser anser L. 3 Cirrus-
beutel von verschiedener Eeife. Totalpräparat.
Tafel 24.
Fig. 55. Hymenolejns seiigera Feöhl. aus Anser anser L. Junge
Proglottiden mit männlichen Drüsen, Totalpräparat.
Fig. 56. Halbreife Proglottiden derselben Art mit Genitalorganen.
Totalpräparat.
Fig. 57. Proglottiden mit weiblichen Drüsen, Vesicula seminalis und
Cirrusbeutel derselben Art. Totalpräparat.
Fig. 58. Hijmenolrjyis corojnda DüJARD. aus Anas boschas. Junge
Proglottiden. Totalpräparat.
Fig. 59. Halbreife Proglottiden derselben Art. Totalpräparat,
Fig, 60. Teil eines Flächenschnittes einer Proglottis derselben Art
mit Cirrusbeutel und Sacculus accessorius.
Fig. 61. H/j))/rnolr]ris solowiowi n. sp. aus Fuligula nyroca. Cirrus-
beutel mit ausgestülptem Cirrus und Vaginalmündung.
Fig. 62. Hymenolepis rants n. sp. aus Cöcum von Fuligula rufina.
Scolex.
Fig. 63. Haken derselben Art.
Fig. 64. Flächenschnitt einiger halbreifer Proglottiden derselben Art.
Tafel 25.
Fig. 65. Plächenschnitt eines halbreifen Gliedes derselben Art mit
Hoden und Vasa efFerentia.
Fig. 66. Hymenolepis longicirrosa Fuhrm. aus Anser anser L.
Flächenschnitt einiger Proglottiden mit weiblichen Drüsen.
Fig. 67. Flächenschnitt einer Proglottis derselben Art mit männlichen
Drüsen, Cirrusbeutel und Vagina.
Fig. 68. Hymenolepis przewalskii it. sp. aus Anser anser L. An-
ordnung der Genitaiorgane in den Proglottiden. Totalpräparat.
Fig. 69, Hymenofimbria merganseri n. g. n. sp. aus Mergtis merganser.
•Scolex.
Fig. 70. Haken derselben Art.
Tafel 26.
Fig. 71. Teil eines Querschnittes durch eine Proglottis derselben
Art mit Muskulatur.
Fig. 72. Anordnung der Genitalorgane derselben Art. Totalpräparat.
Zool. Jahrb. XXXYII. Abt. f. Syst. 32
492 K. I. Skrjabin, Vogelcestoden aus Russisch Turkestan.
Fig. 73. Teil eines Flächenschnittes von Proglottiden derselben Art
mit der Genitalcloake.
Fig. 74. Flächenschnitt der Cirrusbeutelmündung derselben Art mit
Sacculus accessorius.
Fig. 75. Teil eines Flächenschnittes von Pi-oglottiden derselben Art
mit 10 Excretionsgefäßen.
Tafel 27.
Fig. 76. Diploposthe laevis Bloch aus Fuligida ni/roca. Querschnitt
einer uralten Proglottis mit zur Peripherie gewanderten Eiern.
Fig. 77. Teil eines Querschnittes einer reifen Proglottis derselben
Art mit eingekapselten Eiern.
Fig. 78. Habitusbild eines uralten Exemplars von Diploposthe laevis
Bloch. 1:1. Photographie.
Fig. 79. 3 Exemplare der Davainea penetrans Baczynska. 1:1.
Photographie.
Fig. 80. Exemplar der Ä7iornotaema viicrophallos Krabbe aus
Vanellus crisiaius. 1:1. Photographie.
Fig. 81. Exemplar der Monopylidium galhulae Zed. aus Corvus
frugilegus L. 1:1. Photographie.
Nachdruck verboten.
Ubersetzungsrecht vorbehalten.
Zur Kenntnis der Gattung Mesoniscus.
über Isopoden. 17. Aufsatz.
Von
Karl W. Verhoeflf in Pasing bei München.
Mit Tafel 28.
1906 erschien in der Revue Suisse de Zoologie, Vol. 14, p. 601
bis 615 eine Arbeit von J. Cakl unter dem Titel „Beitrag zur
Höhlenfauna der insubrischen Region". Außer einigen anderen
Gliedertieren wird hier vor allem die neue Land-Isopoden-Gattung
Mesoniscus Carl beschrieben für eine Art cavicolus, welche bis dahin
nur aus der „Höhle bei Tre Crocette am Campo dei Fiori oberhalb
Varese" gefunden worden ist. Carl will in dieser in jedem Falle
sehr interessanten Form ein Bindeglied erblicken zwischen den Fa-
milien der Ligiiden, Trichonisciden und Onisciden. Er
sagt in dieser Hinsicht folgendes:
„Wie bei den zwei ersteren (Gruppen) sind die Mandibeln mit
Kaufortsatz versehen; hingegen gleichen die Kieferfüße durch ihre
abgestutzte Lade und den dreigliedrigen Taster weit mehr den-
jenigen der Oniscidae.^) In der Gliederung und Beborstung der
Geißel der äußeren Antennen besteht, abgesehen von der Zahl der
1) Diese Behauptung ist nicht zutreffend. Die Meson isnis-KieieriüBe
zeigen vielmehr mit Rücksicht auf Innenlade und Taster eine große
Ähnlichkeit mit denen der Gattung Ligidium.
32*
494 Karl W. Vkrhoeff,
Glieder und der Form des letzten Gliedes, eine gewisse Ähnlichkeit
mit den Ligiidae. Die zahlreichen Sinneskegel auf der Oberseite
des Körpers und der Extremitäten finden sich sonst hauptsächlich
bei Trichonisciden vor, an welche auch die Form der Uropoden
erinnert. Endlich besitzt die Gattung ganz eigenartige Charaktere,
die in keiner andern (Unter)Familie wiederkehren."
Diese Besonderheiten sind vor allen Dingen in der „Gestalt der
inneren Antennen" zu erblicken und darin, daß „die männlichen
Geschlechtsorgane wie bei den Ligiidae getrennt ausmünden, ohne
daß sich jedoch wie dort lange paarige Genitalkegel ausgebildet
hätten". Cael schließt aus diesen Verhältnissen, daß Mesoniscus
„einen archaischen Tjpus, einen ph3iogenetischen Relikten darstellt,
der seine Erhaltung offenbar dem Höhlenleben zu verdanken hat".
Der letztere Schluß ist freilich verfehlt, wie ich sowohl von
vornherein vermutete als auch inzwischen tatsächlich dadurch nach-
weisen konnte, daß es mir gelang, in den nordöstlichen Kalkalpen
von Salzburg und Niederösterreich zwei blinde, weiße Land-Iso-
poden aufzufinden, welche beide oberirdisch leben und
gleichzeitig mit cavicolus Carl nahe verwandt sind. Durch die
nunmehr drei aufgefundenen Jfe.somscMS-Arten ergibt sich, daß diese
offenbar kalkholde Asselgattung in den Alpenländern so weit
verbreitet ist, daß wir mit der Auffindung noch weiterer Arten
rechnen dürfen.
In meinem 12. Isopoden- Aufsatz ^) habe ich p. 196 vier Unter-
familien der Trichonisciden unterschieden, und zwar die Mesoniscinae
Veeh. als eine derselben. Damals urteilte ich lediglich nach Carl's
Angaben. Nachdem ich jedoch inzwischen Mesoniscus selbst in na-
tura zu studieren Gelegenheit gehabt habe, kann ich nur noch ent-
schiedener dieser meiner Auffassung von 1908 zustimmen, wenigstens
insofern als ich (im Gegensatz zu Cael's Auffassung) in Mesoniscus
nicht eine Form erblicken kann, welche zwischen den drei Familien
der Ligiiden, Trichonisciden und Onisci den steht, son-
dern mit d e n Trichonisciden entschieden näher verwandt
ist als mit irgendeiner anderen Familie, worauf ich noch
weiterhin zurückkommen werde.
Zur Orientierung gebe ich zunächst einen
1) in: Arch. Naturgesch., 1908, Jg. 74, Bd. 1,
Gattung Mesoniscus. 495
Schlüssel der drei bekaiiiiten Mesoniscus- Arten:
a) Die Geißel der Antennen besteht aus 5 + 1 Gliedern (Fig. 10),
während das Endstück des verlängerten Endgliedes (Fig. 11) durch
einen feinen Ring deutlicli abgesetzt ist. Die rechte Mandibel be-
sitzt am Vorzahnstück nur zwei Fiederstäbchen, die linke ist am
Vorzahnstück bei ^ und $ zweizahnig (ein 3. Zahn höchstens an-
gedeutet), das Endzahnstück ist vierzahnig. Der Endabschnitt an
den Endopoditen der 2. Pleopoden des cJ ist am Ende deutlich ab-
gesetzt und zugleich recht schmal (Fig. 9 d, e), nicht aufgebläht, der
ganze Endabsclmitt annähernd gleich schmal. Der Stamm der
Kieferfüße gleicht ebenso wie die Taster derselben denen des sub-
terraneus. 1. — 5. Pleontergit mit je einer Höckerchenreihe
1. calcivagus n. sp.
b) Die Geißel der Antennen besteht aus 6 -|- 1 Gliedern (Fig. 12),
während das Endstück des verlängerten Endgliedes nicht deutlich
abgesetzt ist. Das Vorzahnstück der rechten Mandibel (Fig. 13)
besitzt drei Fiederstäbchen c, d
c) Der Stamm der Kieferfüße ist in der Endhälfte außen in
breitem Lappen über die Grundhälfte vorgezogen. Am Innen-
rand der Taster sitzen das 1. und 2. Borstenbüschel auf kurzen
Zapfen, welche an Größe wenig verschieden sind. Die rechte Man-
dibel trägt am Kaufortsatz drei weit herausragende Fiederstäbchen,
ihr Vorzahnstück ist in der Mitte stark eingeschnürt. Endzahn-
stück beider Mandibeln dreizahnig, das Vorzahnstück der linken
2(3)zahnig. Am Propoditenrücken des 7. Beinpaares des c^ ist die
Bürste auf die Endhälfte beschränkt, in der Grundhälfte stehen
4 Borstenkegel. Die Endabschnitte der Endopodite der 2. männ-
lichen Pleopoden besitzen weder ein abgesetztes Endstück noch eine
Aufblähung noch eine Einbiegung; sie verlaufen vielmehr einfach
schmal bis zum Ende. 1. Pleontergit mit einer, 2.— 5. mit je zwei
Höckerchenreihen 2. cavkolus Carl
d) Der Stamm der Kieferfüße (Fig. 21) ist in der Endhälfte
außen nicht in breitem Lappen vorgezogen. Am Innenrand der
Taster sitzt das 1. Borstenbüschel nur auf einem kleinen Höcker,
während das 2. sich auf dem Ende eines Fortsatzes befindet, welcher
die halbe Länge des Endgliedes erreicht. Die rechte Mandibel
trägt am Kaufortsatz nur zwei herausragende Fiederstäbchen,
während sich von einem dritten nur eine sehr kurze schwache An-
deutung findet; ihr Vorzahnstück besitzt keine auffallende Einschnü-
496 Karl W. Vekhoefp,
rung. Endzahnstück der rechten Mandibel vier-, der linken fünf-
zahnig (Fig. 20), das Vorzahnstück der linken entschieden drei-
zahnig-, wobei der vorderste Zahn herausragt. Am Propoditrücken
des 7. Beinpaares des ^ reicht die Bürste über % der Länge
hinaus (ähnlich Fig. 14), daher stehen im Grunddrittel nur zwei
Borstenkegel. Die Endabschnitte der Endopodite der 2. männlichen
Pleopoden (Fig. 2) sind hinter der Mitte am schmälsten, vor dem
Ende nach innen umgebogen und in diesem Endstück (Fig. 3) zu-
gleich etwas aufgebläht. 1. — 5. Pleontergit mit je einer Höckerchen-
reihe 3. subterraneus n. sp.
MeHonisciis Carl, Verh. char. emend.
(Putzapparat, Federbürsten, Atmungsorgane, Schrill-
apparat, S p e r m a 1 0 p h 0 r.)
Die Antennulen beschrieb Carl als „kurz, dreigliedrig, das
erste Glied stark verkürzt, das letzte breit, schaufeiförmig, am Ende
mit einem aus melireren Chitinwülsten gebildeten Sinnesorgan".
Im Vergleich mit den Trichonisciden sind die Antennulen
tatsächlich kurz, und das Grundglied kann schon als undeutlich be-
zeiclmet werden. Hinsichtlich der „Chitinwülste" dagegen kann ich
Carl nicht beistimmen. Es handelt sich hier vielmehr um dieselben
Sinnesstäbchen, welche am Ende der Antennulen bei typischen
Trichonisciden vorkommen, und zwar in der Zahl 7 — 8. Der
Unterschied liegt jedoch darin, daß diese Sinnesstäbclien nicht nur
stark an das letzte Glied angelehnt sind (Fig. 17 u. 19), sondern
auch vom lappenartigen Ende desselben schützend überragt werden.
Die Antennen besitzen an ihren kräftigen Schaftgliedern stets ge-
reihte Borstenkegelchen (Fig. 10 u. 12), und zwar besonders an den
großen 4. und 5. Gliedern. Die Borstenkegelchen bestehen aus
Spitzchen verschiedener Länge, die längsten gewöhnlich in der Mitte,
außerdem kommen noch schuppenartige Hautfortsätze vor, teils
gruppiert, teils zerstreut. Länger sind die Tastborsten der Geißel,
aber auch bei diesen finden sich eine oder mehrere Nebenspitzchen.
Sehr feine kurze Härchen sind dem Flagellum angedrückt, besonders
dem langen Endglied, welches am Ende in einem Schopf feinster
Fasern *) zerschlitzt ist (Fig. 11). Die Zahl der Fiederstäbchen
1) Da sich Ahnliches bei nicht wenigen anderen Land-Isopoden findet,
verstehe ich nicht, wie Carl in der „Form des letzten Geißelgliedes der
äußeren Antennen" etwas so Besonderes erblicken will.
Gattung Mesoniscus. 497
der Mandibeln beträgt 2—3 sowohl am Vorzahnstück als auch am
Kaufortsatz, wobei der Unterschied sich zwischen verschiedenen
Arten oder zwischen rechts und links finden kann. Das Vorzahn-
stück ist gegen das Endzahnstück passiv beweglich, indem beide
an ihrem Grund (Fig. 13) durch einen federnden Chitinbogen ver-
bunden sind. Das Vorzahnstück der linken Mandibel besitzt stets
gebräunte Endzähne, während das der rechten Mandibel nicht nur
immer glasige Beschaifenheit zeigt, sondern zugleich statt der 2 bis
3 Zähne eine Rosette kleiner Zäpfchen. Die Außenladen der
1. Alaxillen tragen am Ende 7—8 Zähne, und zwar 4 stärkere,
2 schwächere und 1 — 2 kleinste. Die Innenladen der 1. Maxillen
sind ebenfalls bei den drei bekannten Arten übereinstimmend ge-
baut, indem sie aus einem „helmförmigen" Lappen und zwei ge-
wimperten Fortsätzen bestehen. Unterlippe, Zunge und 2. Maxillen
zeigen nichts Auffallendes.
Die Kiefer fuße (Fig. 21) besitzen bei allen Arten eine lange
am Ende abgestutzte und mit 1 -}- 5 Spitzchen bewehrte Innenlade.
Die Taster gibt Cael als „dreigliedrig" an, was nicht ohne
weiteres als richtig gelten kann. Tatsächlich sind nämlich nur
zwei Glieder durch deutliches Gelenk scharf voneinander getrennt,
ein kurzes Grundglied und ein wurzeiförmiges Endglied. Letzteres
ist allerdings nicht ganz einheitlich, sondern durch feine Furchen
in drei Teile abgesetzt. Diese Furchen (von welchen Cael nur die
endwärtige angibtj sind aber nicht als echte Glieder zu betrachten,
sondern nur als schwache Andeutungen derselben. Man muß
daher sagen, daß die Kieferfußtaster 2 — (3— 4)gliedrig sind.
Die Höckerchen auf den Truncustergiten stehen in unregel-
mäßigen Querreihen, nur am Hinterrand und an den Epimeren-
rändern sind sie regelmäßig angeordnet.^) Die Hinterzipfel der
Epimeren sind am 5. Segment wenig, am 6. stärker und am 7. am
stärksten nach hinten herausgezogen, am 4. abgerundet, rechtwinklig.
Das 2. — 7. Truncustergit besitzen eine kräftige Quernaht,
durch welche sie in Vorder- und Hinterfeld zerlegt werden.
Jederseits auf den Epimeren reicht die Quernaht fast bis zum Rande
und biegt neben demselben nach hinten um. An den hinteren
1) Auf Cael's fig. 2 für cavicolus tritt die Regehnäßigkeit der
Randhöckerchen nicht gebührend hervor ; dieser Unterschied dürfte
aber nur in der Ungenauigkeit dieser Zeichnung liegen, nicht in natura.
Dasselbe gilt für die Hinterzipfel des 5. — 7. Truncussegments, d. h. die-
selben sind in natura verschiedener gestaltet, als es nach fig. 2 erscheint.
498 Kael W. Verhoepf,
Truncussegmenten ist das Hinterfeld etwas beschränkter. Während
das Vorderfeld am 2. Tergit die halbe Länge des Hinterfeldes er-
reicht, ist es am 7. Tergit etwa ^'5 so lang wie jenes. Alle Vorder-
felder werden durch die Hinterrandduplikatur des vorhergehenden
Hinterfeldes verdeckt, daher sind auch die Höckerchen aus-
schließlich auf den Hinterfeldern zu finden.
Die Pleontergiten besitzen nur schwache Epimeren. Das Telson
ragt hinten dreieckig und etwas spitz heraus. Die Uropodenexo-
und Endopoditen sind in einer Querrichtung nebeneinander einge-
lenkt (während nach Carl die Einlenkung des Endopodit sich vor
derjenigen des Exopodit befinden soll). Die Exopodite sind am
Grunde doppelt so dick wie die Endopodite. (Nach Carl sollen sie
bei cavicoJus nur wenig dicker sein.)
Die Höckerchen auf den Tergiten sind wenigstens am Truncus
wirkliche kleine Erhebungen, welche von je einem Porenkanal durch-
setzt werden. xA.uf ihnen befinden sich ein Börstchen, Schüppchen
und im Kreise herumziehende Zellstruktur. Härchen und unechte
Schüppchen sind besonders an den Epimerenrändern leicht erkennbar.
Das 1. Beinpaar besitzt in beiden Geschlechtern einen
Putzapparat ^), welcher aus vier Bestandteilen besteht, nämlich
zwei Kämmchen, einer Bürste und drei Putzborsten. In der Mitte
des inneren Endrandes des Carpopodits findet sich ein aus 9—10
langen Spitzen gebildetes Kämmchen, während ein Propoditkämnichen
ihm gegenübersteht. Letzteres erstreckt sich über die innere Grund-
hälfte und besteht aus zahlreichen, nach unten gericliteten Borsten.
Unten innen neben dem Carpopoditkämmchen stehen hintereinander
drei Stachelborsten, welche am Ende in feine Fäserchen zerschlitzt
sind. Über das innere mittlere Drittel des Carpopodits verteilt sich
mit zahlreichen, sehr feinen, nach endwärts gerichteten Fasern neben
dem Kämmchen eine Putzbürste, bei <^ und $ in gleicher Weise.
(Diesen Putzapparat beschreibe ich nach calcivagus, das 1. Beinpaar
des suhterraneus ist nicht bekannt, und über cavicohis liegen keine
Angaben vor.) Am 2. Beinpaar fehlen die vier Bestandteile des
Putzapparats gänzlich.
Als Zahn chen bogen (Fig. 14 ^hl, ^b2) hebe ich die in ge-
1) in: Arch. Naturg., 1908, beschrieb ich den Putzapparat von
Sphaerobathyiropa ribauti Verh. und in: Arch. Biontol., 1908, Vol. 2,
p. 379, habe ich auf die weite Verbreitung dieser Einrichtung aufmerksam
gemacht.
Gattung Mesoniscus. 499
bogener Reihe am Endrand von Mero- und Carpopodit sitzenden
Zäpfchen oder Zähnchen hervor, welche im Verein mit den Stachel-
borsten die Gliedmaßen des Truncus als Grabbeine charakteri-
sieren. Am 1. Beinpaar ist der Zähnchen bogen am Ende des Mero-
podits nur schwach angedeutet, am Ende des Carpopodits dagegen
oben gut entwickelt und durch kurzen Zwischenraum vom Kämm-
chen geschieden. Am 2. Beinpaar ist er am Meropodit ebenfalls
noch schwach, am Carpopodit dagegen reicht er in weitem Halbkreis
namentlich innen über das Gebiet hinaus, in welchem sich am
1. Beinpaar das Kämmchen befindet. Ich komme aus dem Vergleich
der Beinpaare zu dem Schluß, daß das Carpopoditkämmchen
des 1. Beinpaares einen umgewandelten Abschnitt des
Z ä h n c h e n b 0 g e n s darstellt.
Am 3. — 7. Beinpaar ändert sich allmählich die Beschafenheit
der Zähnchenbogen. Am Carpopodit greift er immer im Halbkreis
um den Endrand, aber am Meropodit wird er. allmählich stärker.
Am 5. Beinpaar ist der Meropoditzähnchenbogen innen schon bis
zur ventralen Stachelborste ausgedehnt, außen aber nur ganz kurz.
Ähnlich steht es am 6. und 7. Beinpaar, aber am Meropodit des 7.
reicht der Zähnchenbogen innen bis zur ventralen Stachelborste und
zugleich weit über den Grund des Carpopodits hinaus, außen dagegen
noch nicht bis zu den Kerbleisten (Fig. 5).
An diesem inneren, stärkeren Herabreichen der Meropodit-
zähnchenbogen kann am 5. — 7. Beinpaar die Innen- oder Hinter-
fläche am sichersten erkannt werden.
Borstenkegelchen, ähnlich denen des Antennenschaftes, kommen
am Rücken von (Mero-) Carpo- und Propodit aller Beinpaare vor,
Stachelborsten finden sich an allen Beingliedern, am reichlichsten
unten am Mero-, Carpo- und Propodit.
Feder bürsten, welche der Reinigung der hinteren Körper-
hälfte dienlich sein können, sind in beiden Geschlechtern (Fig. 14 fh)
am Propoditrücken des 6. und 7. Beinpaares anzutreffen, und zwar
bestehen sie aus Fiederborsten, deren Fasern vorwiegend krallen-
wärts gerichtet sind (Fig. 15). Daneben stehen zahlreiche kürzere
Fiederborsten vorn und schuppenartige Boi'sten hinten. (Ob auch
cavicolus Federbürsten besitzt, geht aus Cakl's Angaben nicht be-
stimmt hervor, doch zeigen seine figg. 4, 5 und 13 an der be-
treifenden Stelle reichliche Behaarung.)
Carl's Angabe, daß die „Pleopoden des 1. Paares fast rudi-
mentär" seien, halte ich für unrichtig. Bei M. suUerraneus und
500 Karl W. Verhoeff,
calcivagus bestehen die 1. Pleopoden des ^ aus einem starken Pro-
podit und großen dreieckigen Exopodit, nur das Endopodit ist
verkümmert (Fig. 4). Das Propodit ist breit und ragt außen mit
kräftigem Außenlappen vor, welcher am Rand eine Reihe schuppen-
artiger Spitzen trägt und vor demselben mehrere Kerbleisten mit
sehr deutlichen Unterbrechungen. Die 1. Pleopoden des $ stimmen
sonst mit denen des <^ überein, besitzen jedoch ein eigentümliches,
sehr zartes Endopodit, welches in seiner abgeplatteten Gestalt
dem Exopodit ähnelt, jedoch kleiner ist, unter diesem versteckt und
von ihm innen, außen und hinten weit überragt wird. Es enthält
zahlreiche Blutkörperchen.
2. Pleopoden des $ mit großem rundlichem Exopodit, Propodit
mit großem Außenlappen, aber ohne Spitzenreihe und ohne Kerb-
leisten, innen als starker Querbalken sich unter das Endopodit
schiebend. Dieses ist scharf von ihm abgesetzt und bildet einen
länglichen, bis zur Mitte des Exopodit reichenden Fortsatz (Fig. 7 2en),
welcher von diesem .verdeckt wird und fast spitz ausläuft.
Die 2. Pleopoden des ^ unterscheiden sich durch das sehr lange,
aber zugleich schmale, das Exopodit weit überragende Endo-
podit (Fig. 2). Gegen das Propodit ist dasselbe nicht so stark ab-
gesetzt wie beim $, aber es besteht selbst aus drei Abschnitten.
Der grundwärtige wird durch eine innere Einkerbung beendet (a),
der mittlere durch ein nach außen vorragendes Läppchen {hl). Der
Endabschnitt ist nach den Arten etwas verschieden gestaltet, besitzt
aber stets innen in einer Längsreihe eine größere Anzahl kleiner
glasiger, länglicher Verdickungen, welche ich Spitzk nötchen
nennen will.
Die 3. — 5. Pleopoden zeigen in beiden Geschlechtern keine nam-
haften Unterschiede, aber von allen Dreien sind die häutig-weichen
Endopodite in Zipfel zerteilt, welche unter den deckelartigen
Exopoditen versteckt liegen. An den 3. Pleopoden sind die Endo-
podite in zwei Zipfel gegabelt, welche wie Zangenarme gegen-
einander gekrümmt stehen. Vom inneren Teil des Propodit geht
ebenfalls ein häutiger, kissen artiger Fortsatz aus, welcher sich
zwischen das Exopodit und den inneren Zipfel des Endopodits schiebt
(Fig. 6).
An den 4. und 5. Pleopoden sind die Endopodite in drei
Zipfel geteilt, von welchen sich zwei nach hinten erstrecken, der
dritte aber nach vorn zurückgebogen ist {a3. Fig. 8). Innen von den
nach hinten gerichteten Zipfeln ist auch hier ein aus dem Propodit
Gattung Meson iscus. 501
herausg-estülptes Kissen (Je) zu finden. Von den beiden nach hinten
gerichteten Zipfeln ist der innere der 4. Pleopode besondei-s lang-
(al), läuft spitz aus und erreicht etwa Vö der Länge des Exopodits.
Die Atmungsorgane von Mesoniscus werden also gebildet
durch
1. zweizipflige Endopodite am 3. und dreizipflige Endopodite
am 4. und 5. Pleopodenpaar,
2. durch Innenzipfel der Propodite am 3. — 5. Pleopodenpaar,
3. kommen außer diesen für beide Geschlechter giltigen Organen
noch die Endopodite der 1. Pleopoden des ? in Betracht.
In der Hauptsache schließen sich diese Atmungsorgane an die-
jenigen der Trichonisciden und Onisciden an, namentlich
auch mit Rücksicht auf das Fehlen der tracheenartigen Gebilde,
der sogenannten „weißen Körper". In den zarten Eudopoditen der
1. Pleopoden des 2 findet sich eine gewisse Annäherung an die
Ligidien. Man hat die Atmungsorgane an den 2. — 5. Pleopoden,
vielfach als „Kiemen" bezeichnet, eine Auffassung, welche ich um
so weniger teilen kann, als sich durch Versuche gezeigt hat, daß
selbst diejenigen Land-lsopoden, welche ausschließlich diese soge-
nannten „Kiemen" besitzen, verhältlich schnell im Wasser zugrunde
gehen. ^) Die Propodite an den 3. — 5. Pleopoden von Mesoniscus be-
sitzen starke Muskeln {m2, Fig. 6), durch welche sie zusammen-
gezogen werden. Auch in der (}rundhälfte der Exopodite (5 ex)
kommt ein zwischen Ober- und Unterlamelle ausgespannter Muskel
vor, welcher dieselben zusammenpressen kann. Diese Muskeln treiben
das Blut aus den Pleopoden heraus, worauf es passiv wieder zurück-
strömt infolge der elastischen Spannung dieser Gliedmaßen.
Im 15. Isopoden-Aufsatz, a. a. 0., p. 381, habe ich bereits auf
„Schrillapparate an den Basalia des 7. Beinpaares beider Ge-
schlechter der Trichonisciden" u. a. Isopoden hingewiesen. Es ist
von besonderem Interesse, daß auch Mesoniscus einen Schrill-
ap parat besitzt, derselbe jedoch beträchtlich von dem anderer
Trichonisciden abweicht. Die Basalia des 7. Beinpaares be-
sitzen überhaupt keine „Streifen von Schrillplättchen", sondern es
finden sich Schrill eisten, welche aus niedrigen, durch zahlreiche
Absetzungen mehr oder weniger gekerbt oder gewellt erscheinenden
Kanten bestehen, die ich Kerbleisten nenne. Diese Kerbleisten
1) Vgl. auch W. Herold's Beiträge z. Anat. u. Physiol. einiger
Land-lsopoden, in: Zool. Jahrb., Vol. 35, Syst., 1913, p. 514.
502 Karl W. Verhoeff,
treten auf am 6. uii d 7. B e i n p a a r in beiden G e s c li 1 e c li t e r n
in derselben Weise und zwar an der Hinter- oder Innen-
fläche des 6. sowie an der Vorder- oder Außenfläche
des 7. Beinpaares. Schon diese entgegengesetzte Anordnung- an
den beiden letzten Beinpaaren deutet darauf hin, daß durch
gegenseitiges An einander reiben Sc brillante hervor-
gebracht werden. Dafür spricht ferner die genauere Anordnung.
Es finden sich nämlich am 6. Beinpaar die Kerbieisten am Ischio-,
Mero-, Carpo- und Propodit, nicht aber am Basale, während
am 7. Beinpaar sie auch an diesem entlang ziehen. Dieser Unter-
schied hängt damit zusammen, daß das 6. und 7. Beinpaar nach
hinten gerichtet sind. Reiben sich dieselben aber aneinander,
dann kann das 6. Beinpaar zwar die Außenfläche vom Basale des
7. bestreichen, nicht aber umgekehrt das 7. Beinpaar die Innenfläche
vom Basale des 6.
In der Hauptsache verlaufen die Kerbleisten parallel und
zwar teils gerade, teils gebogen, nämlich 5 am Basale, 7 — 8 am
Ischio-, 8—9 am Mero-, 5 — 6 am Carpo- und 3 — 4 am Propodit (Fig. 14
Ml^S). Am Ischiopodit stehen die Kerbleisten oberhalb, am Mero-
podit unterhalb der Mitte. Auch am Carpopodit befinden sie sich
größtenteils unter der Mitte {U2, Fig. 14), aber zugleich sind die
meisten auf die Grundhälfte beschränkt. Nur zwei (drei) laufen bis
zum Ende durch. Unter ihnen befindet sich eine Längsrinne und
unter dieser wieder ein Längswulst, auf dem die unteren inneren
Stachelborsten inseriert sind. An die 2—3 durchlaufenden Kerb-
leisten des Carpopodits setzen sich ebenfalls 2 weithin verlaufende
{kll) des Propodits, und neben diesen bemerkt man 2 abgekürzte.
Auch unter den Propodit-Kerbleisten verläuft eine gebogene Längs-
rinne (r, Fig. 16), unter dieser aber tritt (abweichend von den
übrigen Gliedern) eine Spitzen reihe auf, welche aus sehr zarten,
am Ende schräg abgeschnittenen, in einer gebogenen Reihe an-
geordneten unechten Schüppchen besteht [sl). Am 7. Beinpaar ist
die Spitzchenreihe schwach und kann leicht übersehen werden,
am 6. Beinpaar ist sie kräftiger ausgeprägt. Sie zieht, der Längs-
rinne entsprechend, schräg von unten grundwärts nach oben end-
wärts und beginnt am 6. Beinpaar ganz unten hinter dem Propodit-
grund, am 7. etwas weiter nach oben und innen.
Carl hat den Schrillapparat überhaupt nicht erwähnt, aber ich
zweifle angesichts der sonstigen weitgehenden Übereinstimmung
nicht im. geringsten, daß er auch bei cavicolus vorkommt, zumal er
Gattuug Mesoniscus. 503
bei suUerraneus und calcivagus in übereinstimmender Weise aus-
geprägt ist.
Cael's Angabe, daß die männlichen Vasa efferentia „getrennt
ausmünden, ohne daß sich paarige Genitalkegel ausgebildet hätten",
kann ich bestätigen. Die männlichen Geschlechtswege krümmen
sich gegen die Mediane und münden hier zwar getrennt, aber
doch so nahe, daß sie gemeinsam ein unpaares Sper-
matophor bilden. (Carl scheint dieses nicht beobachtet zu
haben.) Von den beiden Männchen, welche ich untersuchen konnte,
besaß das eine ein kurzes und gedrungenes, anscheinend noch un-
fertiges, das andere ein langes und schmales, oifenbar für die
Copula schon fast fertiggestelltes, aber doch noch in den
Genitalöffnungen befestigtes und nach hinten zwischen den 1. und
2. Pleopoden gehaltenes Spermatophor. Das in der Endhälfte
etwas dickere aber im ganzen wurmförmige Spermatophor erreicht
die Länge von etwa 1^/4 mm, so daß es über die Enden der langen
2. Endopodite noch etwas hinausreicht. Zwischen den Vasa efferentia
sitzt das unpaare Spermatophor eingekeilt median zwischen den
paramedianen Genitalöffiiungen, welche Carl zutreffend schildert als
„ganz kurze, genäherte, klappenartige Erhöhungen". Diese sehr
kurzen Genitalhöcker sind häutiger Natur und enthalten große
Hypodermiszellen.
Das Spermatophor ward aus dreierlei Bestandteilen zu-
sammengesetzt, welche man auf langer Strecke auch bereits in den
Geschlechtswegen verfolgen kann, nämlich außer einer hellen Flüssig-
keit eine große Zahl von anscheinend zähen Se er et tropfen und
dichte Bündel heller, äußerst dünner Spermatozoen (Fig. 22).
Indem diese verschiedenen Gebilde aus den beiden Geschlechts-
öffnungen getrieben werden, vereinigen sie sich infolge der sehr
nahen Nachbarschaft derselben sofort. Die zwei Spermatozoenbündel
kleben zu einem zusammen, und um sie herum bilden die Secret-
massen eine einheitliche Hülle. Zahllose Tropfen verschiedener
Größe enthält dieses Spermatophor, während sich in den Vasa
efferentia zum Teil noch größere Tropfen vorfinden.
Die verwandtschaftliche Stellung
der Gattung Mesoniscus läßt sich auf Grund der vorhergehenden
ausführlicheren Charakteristik, dem schon oben Gesagten entsprechend,
nur so bestimmen, daß eine nähere Verwandtschaft mit
Ligidium durchaus abzulehnen ist. Das Pleon y on Ligidium zeigt
504 Karh W. Verhoeff,
SO zahlreiche und zum Teil beträchtliche Unterschiede, daß diese
allein schon einen verwandtschaftlichen Zusammenhang- mit Mesoniscus
verbieten. Wir treffen bei LUjidium nicht nur stark entwickelte
und völlig- getrennte Penes, sondern dem entsprechend auch paarige
Spermatophoren. Während den 1. Pleopoden der Mesoniscus-^ die
Endopodite fehlen, sind sie bei Ligidmm besonders stark entwickelt.
Ligidiiim besitzt auch nicht die in Zipfel geteilten, sondern sehr
breite Atmungs-Endopodite, Von der hornartigen Uropodenpropodit-
Verlängerung der Ligidien ist wieder bei Mesoniscus keine Andeutung
zn sehen. Wenn auch die Kieferfüße eine weitgehende Überein-
stimmung zeigen, dann sind dafür die Antennulen desto unähnlicher.
Gerade in den Antennulen schließt sich Mesotiiscus zweifellos
an die Trichonisciden an, ebenso in der Gestalt der Uropoden,
im allgemeinen Körperbau oder Habitus, in der Gestalt der Beine
und Gliederung der Antennen, Gezipfelte Atmungsendopodite der
3. — 5. Pleopoden treffen wir ebenfalls bei den Trichonisciden.
Endlich ist auch in den männlichen Copulationsorganen dieser
Familie insofern eine weit nähere Beziehung zu Mesoniscus gegeben,
als, dem unpaaren Spermatophor entsprechend, auch ein un paar er
freier Penis vorkommt. Da nun die Samenwege getrennt in den-
selben eintreten, so erhalten wir genau den Sachverhalt von Meso-
niscus, wenn wir uns den Penis der Trichonisciden bis zum
Grund verkümmert denken.
Mesoniscus calcivagus n. sp,
Körper schneeweiß, ohne Ocellen. $ 6^2 — 7 mm, ^ 6 mm lang.
^ etw^as schlanker als das $.
Die Federbürsten des 6. und 7. Beinpaares sind in beiden Ge-
schlechtern in gleicher Weise ausgebildet. Der Endabschnitt der
Endopodite der 2, männlichen Pleopoden (Fig. 6) verschmälert
sich sehr langsam und gleichmäßig endwärts, und sein längliches
Endstück [cl, e) ist noch dünner und unter stumpfem Winkel ab-
gesetzt.
Vorkommen. Bei Kirchberg a. Pielach in Niederösterreich
entdeckte ich 1 $ und 1 ^ dieser Art in etwa 400 m Höhe in
einem ostwärts gelegenen Laubwalde am Hange eines teilweise von
Kalkklippen durchsetzten Berges am 23. /9. 1913. Die Tierchen be-
fanden sich unter einer großen Kalksteinplatte an einem Corylus-
Busch und zwar an einer Stelle, welche ziemlich viel Sonne erhält.
Unter einem Nachbai-stein hausten Fkdijarthrus hoffmannseggii
Gattung Mesoniscus. 5Q5
unter Ameisen, anscheinend Lasiiis niger. Dieser Berghang muß im
Sommer zeitweise recht trocken werden.
Am Kreuzkogel bei Mariazeil erbeutete ich in 860 m Höhe 2 $?
und 1 Junges von 3V2 nim Länge in gemischtem Walde ebenfalls
unter größeren Kalksteinen in Gesellschaft des Lasins flavus am
21./9. 1913. Die Tiere beider Fundplätze stimmen miteinander überein.
3l€soni,sciis siibterranetis n, sp.
(^ 5^/3 mm lang, ist äußerlich von cahivagus nicht zu unter-
scheiden. Leider hat das einzige Stück die vorderen Beinpaare ver-
loren und auch das 7. Bein auf einer Seite. Daher bin ich nicht
sicher, ob der auffallende Unterschied hinsichtlich der Bürste am
Propodit des 7. Beines ein durchgreifender ist, was erst weitere
Funde bezeugen müssen. Während sich nämlich am 6. Beinpaar
eine Federbürste ganz wie bei cahivagus vorfindet, ist das am
Propodit des 7. Beines nicht der Fall. Statt der lockeren Feder-
borsten findet sich vielmehr ein aus verklebten Borsten be-
stehender Kamm, welcher am Ende in ein kleines Spitzchen
ausgezogen ist. Dieser Kamm ist übrigens auch niedriger als die
Federbürsten.
31. suUerraneiis bildet insofern eine Vermittelung zwischen
den beiden anderen Arten, als er in der Zahl der Geißelglieder mit
cavicolus übereinstimmt, ebenso hinsichtlich der mandibularen Fieder-
stäbchen, in der Zahl der Pleon-Körnchenreihen dagegen mit calci-
vagus übereinstimmt und ebenso in den angegebenen Eigentümlich-
keiten der Kieferfüße. Trotzdem ist siibterranetis eine besondere Art,
was sich am besten aus der Gestalt der Endopodite der 2. männ-
lichen Pleopoden ergibt:
Die Endabschnitte (Fig. 2 u. 3) sind etwas breiter als bei
calcivagus und verschmälern sich zugleich stärker bis über die Mitte
hinaus. Die an beiden Enden verjüngten Spitzkn ötchen, deren
es 24—25 gibt, treten deutlicher hervor. In Fig. 3 sind bei c2
noch die 3 letzten zu sehen. Ganz abweichend gestaltet ist das
durch das Aufhören der Spitzknötchen bezeichnete Endstück des
Endabschnittes. Es erscheint sowohl gekrümmt als auch etwas auf-
getrieben, außerdem 2mal etwas eingeschnürt, bei dl und d2. Die
endwärtige Einschnürung zeigt einige winzige Knötchen; am ab-
gerundeten Ende aber finden sich noch 4 Spitzknötchen {e).
Vorkommen. Das einzige männliche Stück des siiUerraneus
entdeckte ich am 24./4. 1913 in etwa 1000 m Höhe im Bereich der
506 Karl W. Verhoeff,
berühmten prähistorischen Fundstätte von Salzberg- bei Hall Stadt,
unter einem mehr als 1 Kubikfuß messenden Kalksteine, welcher
tief in nasses Fagus-Laub gebettet lag, während sich daneben
noch ein ausgedehntes Schneelager vorfand.
Es hat mich besonders gefreut, an dieser für die Anthropologie
so bedeutsamen Stätte auch ein zoologisch so kostbares Objekt auf-
gefunden zu haben, wodurch ich zugleich entschädigt wurde für das
Mißtrauen des angestellten Waldhüters, welcher sich einbildete, daß
ich in jeder Tasche einen Knochen odei" Schädel mitführen könnte.
Zoogeographische Bemerkung.
Die große zoogeographische Bedeutung des Mesoniscus subterraneus
und calcivagns liegt darin, daß mit diesen Formen zum ersten-
mal aus den nordöstlichen Kalkalpen Isopoden nach-
gewiesen worden sind, welche als endemische Charakter-
formen derselben gelten können und das um so mehr, als diese
zarten Tierchen nur da zu existieren vermögen, wo sie sich in der
warmen Jahreszeit in tiefen Gesteinsspalten verstecken können. Eine
solche Möglichkeit bieten ihnen aber in ausgedehnterem Maße nur
die mesozoischen Kalkformationen. Sind diese Isopoden aber, woran
nicht zu zweifeln ist, absolut kalkhold, dann ist schon dadurch
die Möglichkeit ihrer Verbreitung nach Norden und Süden stark
eingeschränkt. Die bisherigen Funde innerhalb einer montanen
Alpen Zone zwischen 400 und 1000 m Höhe sprechen dafür,
daß diese Gattung auch von Laubhölzern abhängig ist. Der
Darminhalt des subterraneus deutete auf zerfressenes F a g u s - Fallaub ;
er bestand aus einer braungelben Masse, in welcher sich größere
Stückchen pflanzlichen Zellgewebes vorfanden, dazwischen auch ver-
zweigte Zellfäden, wahrscheinlich Wurzelstückchen und deren Aus-
läufer, Sandkörnchen nur sehr wenig und keine Spuren von tierischer
Nahrung. ,
Nachdem meine beiden Arten oberirdisch gefunden wurden, muß
damit gerechnet werden, daß auch cavicolus oberirdisch vorkommt.
Immerhin muß berücksichtigt werden, daß diese Isopoden in den
Südalpen durch Hitze und Dürre mehr als in den Nordalpen be-
drängt werden und infolgedessen in ersteren eher Veranlassung haben
in Höhlen Zuflucht zu suchen. Jedenfalls ist Mesonisms ein neues
Beispiel ^) für meine schon 1899 in No. 584 und 602 des Zoologischen
1) Kürzlich prophezeite ich für den bisher nur aus der Haselhöhle
bei Wehr bekannten Diplopoden Xylophagcuina vomrathi Veeh., daß er
Gattung Mesoniscus. 507
Anzeigers (über europäische Höhlenfauna) dargelegte Anschauung,
daß es, wenigstens unter den Gliedertieren, „überhaupt keine absoluten
Höhlentiere giebt". Daß die nördlichen Kalkalpen andere Arten
beherbergen als die südlichen, entspricht durchaus der gänzlichen
Trennung beider Gebiete. Da Hallstadt vom Vareser See etwa
420 km, von Kirchberg a. P. (M. Zell) etwa 125—130 km entfernt
liegt, so bezeugen die bisherigen Funde bereits eine Ausbreitung
der Gattung über 550 km weit auseinander liegende Plätze. Nicht
nur dieser Umstand, sondern auch die Tatsache, daß die Gegend
des Vareser Sees in der Süd-Nord-Richtung so weit von den
österreichischen Fundplätzen abliegt, spricht dafür, daß die Gattung
wahrscheinlich in den Nordalpen noch weiter nach Westen und in
den Südalpen weiter nach Osten reicht.
M. suhterraneus nimmt nicht nur morphologisch und geographisch
eine Mittelstellung ein, sondern auch biologisch. Wenigstens deutet
der Fund an einem kühlen Ort unter tiefliegendem Felsstück auf
eine sehr versteckte Lebensweise, welche eine gewisse Mitte hält
zwischen dem offneren Auftreten des calcivagus einerseits und dem
Höhlenleben des cavicolus andrerseits.
F ü 1' die ß e u 1- 1 e i 1 u n g der früheren K 1 i m a p e r i o d e n
sind die zahlreichen endemischen Diplopoden, welche ich aus Süd-
Deutschland und den Alpen nachgewiesen habe, von grundlegender
Bedeutung. Ihnen gesellen sich nunmehr die vorliegenden Isopoden
bei als wichtige Schicksalsgenossen.
Erklärung der AbbiltUmgeii.
Tafel 28.
Fig. 1 — 6. Mesoniscus subteraneus n. sp. ^.
Fig. 1. Exopodit der 2. Pleopode von außen gesehen. 60 : 1.
Fig. 2. Linke 2. Pleopode (und Stück des rechten) von außen (unten)
her dargestellt, bei x ist das Exopodit (dessen Ansatzstelle in Fig. 1
ebenfalls mit x bezeichnet) abgenommen, a und bl die hauptsächlichsten
Absetzungsstellen des Endopodits {2 en), y dessen Grenze gegen das Pro-
podit {2pr). 90: L
Bei b2 ist das Läppchen bl stärker vergrößert. 220: L
Fig. 3. Endabschnitt vom Endopodit der 2. Pleopode. 220: L
auch kein absolutes Höhlentier sei, und nach wenigen Monaten Avnrde durch
BiGLEK meine Prophezeiung erfüllt.
508 Karl W. Verhoeff, Gattung Mesoniscus.
Fig. 4. Redate 1. Pleopode von unten gesehen, vid mediane Ein-
knickung zwischen den Propoditen {!]»'). 60 : 1.
Fig. 5. Meropodit des rechten 7. Beines von hinten (innen) ge-
sehen. 125 : 1.
Fig. 6. Die 3. Pleopode von oben (innen) her dargestellt, doch ist
an der linken Pleopode das Endopodit fortgelassen, a 1 — 3 die drei Zipfel
des rechten Endopodits, vi 2 Muskeln des Propodits. 56 : l.
Fig. 7 — 11. Mesoniscus calcivagus n. sp.
Fig. 7. Rechte 2. Pleopode des ^ von unten gesehen. 56 : 1.
Fig. 8. Linke 4. Pleopode des § von unten gesehen. 125 : 1.
h der Schaft des Exopodits {4 ex), k inneres Kissen des Propodits,
neben dem in drei Zipfel a 1 — S zerteilten Endopodit.
Fig. 9. Endhälfte eines Endopodits der 2. Pleopoden des ^. 125: 1.
Fig. 10. Das 5. Schaftglied und die Geißel einer Antenne des ^.
125 : 1.
Fig. 11. Ende des letzten Antennengeißelgliedes des (J mit Faser-
büschel. 340 : 1.
Fig. 12 und 13. M. snhterraneus n. sp. ^.
Fig. 12. Ende des 5. Schaftgliedes und die Geißel einer Antenne
des ^. 150 : 1.
Fig. 13. Vorzahnstück der rechten Mandibel. 340 : 1.
Fig. 14 — 18. M. calcivagus n. sp. $.
Fig. 14. Meropodit ()vcp), Oarpopodit (cap) und Propodit (prp) des
rechten 7. Beines von außen und vorn gesehen, zb 1 und 2 Zähnchen-
bogen. kll — 3 Kerbleisten, fb Federbürste. 125 : 1.
Fig. 15. Einige Fiederborsten aus der Federbürste. 220 : 1.
Fig. 16. Kerbleisten (kl) aus der vorderen Grundhälfte des Propodits
des 7. Beinpaares, daneben eine Rinne (7) und eine Spitzchenreihe (.s7).
220: 1.
Fig. 17. Antennula von vorn gesehen. 340 : 1.
Fig. 18. Rechte Mandibel. 125:1.
Fig. 19—22. M. suhterraneus n. sp. ^.
Fig. 19. Endglied einer zurückgebogenen Antennula. 340 : 1.
Fig. 20. Teile der linken Mandibel, oben Zahnstück und Vorzahn-
stück, unten der Kaufortsatz. 220 : 1.
Fig. 21. Linker Kieferfuß von unten gesehen. 125 : 1.
Fig. 22. Stück aus einem halbfertigen Spermatophor mit Secret und
Spermatozoenbündeln. 220 : 1.
G. Pätz'sdie Budidr. Lippert & Co. G. m. b. H.. Naumburg a. d. S.
y.ooloi/. Jalulniiluf Bd. 3 7 Abi. f. ' .Sy.v/.
Tor. 16.
Skrjabin
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Zoohfj. JiiluiiU Im- ßd. 37 Ahl.f Sysi.
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Verlag von. GustavBsdierm Jena
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v)
Nachdruck verboten.
TJherse tzungsrech t vorbehal ten.
Die myrmecophilen Phoriden der WASMANN'schen
Sammlung.
Mit Beschreibung' neuer Gattungen und Arten und
«inem Verzeichnis aller bis Anfang 1914 bekannten
myrmecophilen und termitophilen Phoriden.
Von
H. Schmitz, S. J. (Sittard, Holland).
Mit Tafel 29—30 und 11 Abbildnngen im Text.
Im September 1913 übergab mir Herr P. E. Wasmann das um-
fangreiche Material myrmecophiler Phoriden, welches er seit 20 Jahren
teils selbst, teils mit Hilfe seiner Korrespondenten sammelte, zur
Bearbeitung. Für mich war es eine ebenso interessante wie lehr-
reiche Beschäftigung, so viele seltene und hochspezialisierte Phoriden
aus fast allen Weltteilen zu studieren; sie gewährte mir einen
Überblick über die bisher beschriebenen Formen und gab mir Ge-
legenheit manches zu klären und auch einiges zu berichtigen, was
frühere Untersucher an dem meist sehr spärlichen ihnen zur Ver-
fügung stehenden Material nicht genau erkannten und infolgedessen
unrichtig dargestellt haben.
Wie sehr ich Herrn P. Wasmann für die selbstlose Freundlich-
keit, mit der er mir auch die Neubeschreibung von 3 Gattungen
und 6 Arten überließ, zu Danke verpflichtet bin, brauche ich nicht
zu sagen. Auch den Herren H. St. DoNisxHORPE-London, Dr. Wood-
Tarrington, Inspector Lundbeck- Kopenhagen und Stadtbaurat
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. 33
H. Schmitz
510
.. -D . TiPo-nit/ Spreche icli hiermit meinen verbindlichsten
^an 'rÄTeuse«„ und wscMedentUcUen Meinungs-
''"'T„rFoke«den gehe ich zunächst das Material der Wasmann-
«.,,P» Lmmlungder Reihe nach durch, erst die Plm.nae, dann die
sehen S«"""'™! 7 .j. ^,^ .teile dann die bis etzt bekannt
fetSdrrn.S^^M^'i u-nd ter.itophilen Phoriden .u eine,
kritischen Verzeichnis zusammen (Zweiter leil).
Zu der Einteilung Biorinae - PlaU,plm-i«ae muß ich bemerken
.oR tpines Wissens bis ietzt von keiner Seite der Versuch gemacht
vord"" ]e stark betrogen zusammengesetzte Subfamilie nor^n^^
zu zerl g n Die Frage ihrer Aufteilung ist noch immer nicht
Ich ff und läßt sich auch mit Hilfe der hier zu beschreibende«
leuenFM-men nicht entscheiden. Denn dies sind wieder fasaus-
natasl s stark aberrante Weibchen, deren nicht vorliegende Mann-
cheruns eider unbekannt bleiben. Auf solche Weibchen systema-
tische Kategorien zu gründen, ist theoretisch bedenklich und prak-
i sc „nmö 'lieh. Auf die theoretischen Bedenken macht A™a™alb
au merkram"- . . . It is possible that the discovery of males would
in Te eralcases completely npset a Classification based solely on
dgnerate females, among which the P'-™"--" »/ -" mafes of
has no.sibly been manifested. It is even possible that the males ot
some of these genera are already known under other generic naines
in Spol Zeyl. Vol. 8 [1912]. p. 86). Es ist infolgedessen bei den
Phoiiden mit spezialisierten Weibchen als morphologische Gesetz-
m^ß gkett die Tatsache zu beobachten, daß ihre Gattungen weni^
gemeinsame Merkmale aufweisen oder, besser gesagt, daß die lle.k
Se nicht gruppenweise, sondern in beständig wechselnden Korn-
Mnationen vorkommen, während die Arten oft nur minuios cU^^
rieren und dabei zahlreich sein können (Puhaphora bis 1913 schon
" ^DeTiitztere Umstand zwingt zu einer Manchem vielleicht Uber^
trieben scheinenden Ausführlichkeit bei den N<^°b!f 'l';:;»"^
Doch nur der wird geneigt sein über zu große Ausfuhrliclk t zu
klagen, der die neuere Geschichte der Phondenfoi-scluing nd die
Phoridenliteratur wenig kennt: zeigt sie ja doch ^ff^'^l^^^^
wie durch das Verschweigen scheinbar unbedeutender Meikmale,
noch mehr durch kleine Beschreibungsfehler und Verzeichnungen
Myrmecophile Phoriden der WASMANN'schen Sammlung. 511
die größten Unklarheiten, Mißverständnisse und endlose Diskussionen
entstehen. Durch Typenvergleichung läßt sich zwar schließlich alles
aufklaren, doch ist diese schon wegen der Vergänglichkeit der Typen
nicht immer möglich. Die Originalbeschreibung muß also die Origfnal-
Svlir''r"n ^''>:''" ''^ ''''' ""^^ ^^^^^^ ^^^ hinreichend aus.
fuhilch ist. Daß sich diese Ausführlichkeit, die übrigens bei der
Bearbeitung außereuropäischer Phoriden allgemein Brauch und auch
den Arbeiten von Wandolleck, Teägardh, Endeklein u A ei^en
ist, tatsächlich lohnt, hatte ich bei der Bearbeitung des vorliegenden
Materials wieder mehrfach zu erfahren Gelegenheit Wäre z B
Annandale bei Beschreibung seines Ehynchomicropteron puUciforme
nur etwas weniger ins Detail gegangen, so wäre es unmöglich ge-
wesen, in dem Exemplar der WASMANN'schen Sammlung eine neue
Art zu erkennen; der gleiche Fall wiederholte sich bei einer Acon-
tistoptera.
Die sorgfältigste Darstellung wurde besonders den Typen der
neu autgestellten Gattungen zuteil, gerade bei diesen ist mit Text
und Abbildungen nicht gespart worden.
Die in den folgenden Beschreibungen angewandte Terminologie
IS die gewöhnliche. Mit Brues halte ich daran fest, die Phoriden-
tuhler nicht ögliedrig zu nennen, sondern Sgliedrig mit dreiteiliger
Borste (Brues, The systematic affinities of the dipterous famüy
Phoridae, in: Biol. Bull. Vol. 12 [1907J p. 350). Bei den Beinen
unterscheide ich Innen- und Außenseite, Dorsal- und VentraWäche
Die „innere" ist immer die Beugeseite von Schenkel und Schienen
die entgegengesetzte also ist die Außenseite. Die Dorsalseite eines
Phoridenschenkels ist die dem Bauch des Tieres zugekehrte die
gegenüberliegende ist die Ventralseite. Die Beschreibung der Beine
wurde außer bei Aenigmatopoeus n. g. kürzer gefaßt als bisher viel-
fach (auch in meinen Beschreibungen) üblich, weil ich im Laufe
dieser Arbeit konstatierte, daß so manche als etwas ganz Besonderes
beschriebene Merkmale, z. B. die Haarbürsten auf dem Hintermeta-
tarsus, auch unter den europäischen Phoriden weit verbreitet sind
Unsere Hypocera vitripennis Meig. hat z. B. solche Haarbürsten soo-ar
an den Vorderbeinen und dazu in hohem Grade verkümmerte
P u 1 V i 1 1 e n !
33*
512 H. Schmitz,
Erster Teil.
A. P h 0 r i n a e.
HexacantJiero2^hora n. </. $.
(Taf. 29 Fig. 1.)
Kopf über anderthalbmal so breit wie lang, hinten bedeutend
höher als vorn, mit bogenförmig absteigender Stirn (Profil: ein Kreis-
quadrant). Hinterrand zu beiden Seiten der Mitte schwach aus-
gebuchtet. Oberseite mit kurzer Behaarung und an allen Eändern
sowie auf der Stirnmitte mit langen, in großen Fußpunkten stellen-
den Borsten. Vorderseite mit großen in der Mitte aneinanderstoßen-
den Fühlergruben, das Untergesicht zwischen diesen gekielt. Augen
an den Kopfseiten tiefstehend, von mäßigem Umfang, pubescent.
Ocellen fehlen. Fühler von dem bei Phoriden gewöhnlichen Typus
mit 3 Gliedern und dreiteiliger Borste. Rüssel kurz und breit,
Labellen mit kurzen Randborsten, Taster vorhanden (ihre Form un-
bekannt).
Thorax so breit wie der Kopf, mit ähnlichen Borsten und
Fußpunkten, beim $ verkümmert, flügel- und schwingerlos.
Abdomen eiförmig, ßgliedrig. mit deutlich abgegrenzten Ter-
giten aber nicht Sterniten. 1. Tergit kurz, 2. am längsten und
breitesten, die übrigen allmählich abnehmend. Legeröhre kurz, am
Ende mit knopfförmigen Endlamellen.
5. Tergit (beim $) mit halbkreisförmigem Deckel an der Basis.
Die ersten 5 Tergite tragen dunkler gefärbte Chitinplatten mit
hellem Vorder- und Hintersaum, aufweichen lange und starke Borsten
in regelmäßigen Längs- und Querreihen angeordnet stehen.
An den Beineu die Mittel- und Hinterschienen mit Endspornen,
Hintermetatarsus mit Querkämmen. Klauen einfach, sichelförmig,
Pulvillen vorhanden.
Der Gattungsname Hexacantherophora weist hin auf die bei vor-
liegender Art meist in der Sechszahl vorkommenden Macrochäten,
deren reihenweise vollkommen symmetrische Anordnung der Ober-
seite ein eigenartiges Gepräge verleiht.
Hexacantherophora cohahitans n, sp. $.
Länge des ganzen Tieres fast 1,1 mm.
Die Färbung ist im allgemeinen ein blasses Gelb, von dem sich
MjTmecophile Phoriden der WASMAKN'schen Samralnng-. 513
die Dorsalplatten des Hinterleibes schwach graubraun abheben.
Auch Kopf und Thoraxseiten mehr bräunlich. Kopf vom vorderen
Stirnrande bis zum Scheitel ca. 180 fx lang-, am Scheitel ca. 225 ^w
hoch und im Maximum ca. 260 ^ breit.
Im ganzen auf der Oberseite des Kopfes 16 lange Borsten, ohne
die an der unteren Vorderecke der Augen stehenden. Von jenen
16 Borsten sind die 4 vordersten sanft nach vorn, die 12 übrigen
schwach nach hinten gekrümmt und folgendermaßen gruppiert: am
Hinterrande des Kopfes eine Querreihe von 6 Borsten, deren Fuß-
punkte eine fast gerade Linie bilden. Hiervon sind die beiden mittleren
als Scheitelborstenpaar einander genähert, die beiden äußeren stehen
unfern dem oberen hinteren Augenrande. Vor der Hinterreihe steht
ziemlich genau in der Mitte zwischen Hinterrand und Vorderrand
der Stirn eine andere Querreihe von nur 4 Borsten, nämlich 2 im
Zentrum der Stirn einander genäherte Frontalborsten und seitlich
je 1 Frontorbitalborste, welche jedoch vom oberen Augenrande
sich etwas weiter entfernt hält als die äußerste Borste der letzten
(hinteren) Querreihe. Vor dieser mittleren Querreihe steht dann
noch jederseits 1 Borste in der Mitte des oberen Randes der Fühler-
grube. Die Fußpunkte der nach vorne gekrümmten 2mal 2 Borsten
auf dem etwas vorgezogenen mittleren Teil des vorderen Stirn-
randes bilden ein regelmäßiges Trapez. Nach der Unterseite des
Kopfes zu vor dem unteren vorderen Augenrande noch jederseits 2
(vielleicht 3) Borsten, die fast ebenso lang (90 /<) sind wie die
Stirnborsten.
Die Fußpunkte aller dieser Borsten sind von ansehnlicher Größe.
Sie bestehen aus einem braun gesäumten schwach elliptischen nach
dem Körperinnern zu verdickten Chitinring, dessen große Achse
(20 ix) der Längsachse des Körpers parallel gerichtet ist. Der dunkle
Saum ist hinten auffallender und breiter, was bei schwacher Ver-
größerung den Eindruck erweckt, als stünde hinter jeder Borste ein
brauner Fleck. Innerhalb jeder Ellipse erhebt sich die Borste aus
einer hellen kreisrunden Pore. Genau dieselbe Ausbildung haben
die Fußpunkte der Thoraxborsten, während diejenigen der abdomi-
nalen Dorsalborsten kleiner und etwas anders geformt sind. Sie
bilden mehr eine schmal umrandete längliche Ellipse, in deren
hinterem Brennpunkt die Borste steht.
Die nur durch einen schmalen Kiel getrennten Fühlergruben
sehr groß, so daß der von den Augen eingenommene Raum vom
Fühlergrubenhinterrande bis zum Kopfhinterrande bedeutend ver-
514 H. Schmitz,
schmälert erscheint. Augen fast rundlich, fein pubesciert, aus ca. 36
einzeln gewölbten Facetten zusammengesetzt. An den Fühlern das
1. Glied stielfömig, au der Basis geknickt, das 2. im 3. eingeschlossen,
das 3. (80 fi Durchmesser) apical etwas konisch verschmälert und
an der Ansatzstelle der Fühlerborste in geringem Maße abgestutzt,
im ganzen genommen jedoch sehr wenig von der Kugelform ab-
weichend, mit feiner, farbloser Pubescenz. Die Fühlerborste drei-
gliedrig, die beiden Grundglieder ungefähr gleichlang, Fiedern des
3. Gliedes verhältnismäßig kurz.
Eüssel kurz und breit, bei dem vorliegenden Exemplar nur sehr
wenig aus der Mundöffnung vorstehend. Labellen am Außenrande
mit je 4 kurzen Borsten. Mundspalte jederseits mit ca. 7 etwas
längeren behaarten Borsten besetzt.
Die beiden Palpen sind nahe an der Basis abgebrochen. Nach
der Struktur des zurückgebliebenen Stumpfes zu schließen (diese ist
ähnlich wie bei Cryptopteromyia Teägaedh), werden sie von gewöhn-
licher Form sein. Die endoskeletalen Teile des Kopfes und der
Mund Werkzeuge schließen sich dem von Wandolleck in seinen
„Stethopathidae" bei anderen Gattungen beschriebenen Typus an.
Thorax. Beim $ verkümmert, in der Mitte verschmälert, oben
ca. 70 LI lang, ungegliedert. Außer einer sehr weitläufigen feinen
Behaarung trägt er 8 große Borsten, 6 am Hinterrande und je 1 am
Seitenrande direkt über dem Prothoracalstigma. Die beiden äußeren
Hinterrandborsten sind von den benachbarten durch einen größeren
Zwischenraum getrennt. Flügel und Schwinger fehlen vollständig.
Abdomen. An dem hinten etwas ausgebuchteten Thorax an-
sitzend, sechsgliedrig. Die Länge der einzelnen nur auf der Ober-
seite deutlich begrenzten Segmente verhält sich wie 8V2 : 19 : 14 : 14
: 12 : 18. Die 5 ersten Tergite teilweise chitinisiert, wodurch 5 so-
genannte Dorsalplatten hervortreten. Die Chitinplatte des 1. Tergits
bildet eine äußerst schmale Sichel mit einer Reihe von 6 Borsten.
2. Tergit mit 2 Querreihen zu je 6 Borsten, 3. Tergit mit einer
hinteren zu 6 und einer vorderen zu nur 4 Borsten (die Borste,
welche der vorletzten auf jeder Seite der Hinterreihe entsprechen
würde, fehlt). 4. Tergit mit derselben Beborstung wie das 3., 5. nur
mit einer Eeihe von 4 Borsten am Hinterrande. Dieses Tergit ist
ausgezeichnet durch eine sehr große halbkreisförmige Platte an der
Basis, unter welcher vielleicht wie bei anderen Arten ein drüsiges
Organ zu vermuten ist. Der 6. Abdominalabschnitt zeigt oben auf
seiner hinteren Hälfte eine kleine dunkle, oöenbar stärker chitini-
Myrmecophile Phoriden der WASsiANN'sclien Sammlung. 515
sierte Stelle, auf der 2 längere Cliitinhaare stehen, gewissermaßen
als Eudiment einer 6. Dorsalplatte von ganz winziger Ausdehnung.
Rechts und links von dieser Stelle läuft eine Haarzeile rings um
den Körper.
Legeröhre im letzten Segment versteckt, kurz, wahrscheinlich
eingliedrig, mit 2 beborsteten, knopfförmigen Endlamellen.
Die auf den Dorsalplatten stehenden Borsten sind von ansehn-
licher Länge (z. B. die des 3. Segments 120—130 fi) und wohl alle
befiedert, jedoch liegen diese Fiedern dem Stamme so dicht an, daß
sie nur sehr schwer und nur bei der stärksten Vergrößerung sichtbar
werden. Die Borsten aller Tergite bilden nicht nur quer, sondern
auch in der Längsrichtung des Körpers sehr regelmäßige Zeilen, an
deren Symmetrie freilich die äußersten Borsten jeder Querreihe nur
unvollkommen teilnehmen.
Die Beine des vorliegenden Exemplars sind sehr verstümmelt.
Außer dem in der Gattungsdiagnose bereits Gesagten ist noch
folgendes daran zu erkennen : die Vorder- und Hinterschenkel etwas
verbreitert, bei letzteren die Breite fast gleich ^3 der Länge.
Hinterschienen schwach gebogen, 7mal so lang wie breit. Die Tarsen
sind nur an einem Mittelbein unversehrt erhalten, und hier ist der
Metatarsus etwas über 172^1^1 so lang wie das nächste Tarsenglied,
während die folgenden untereinander gleich lang sind.
Lebensweise.
Ein Exemplar wurde 1902 von P. Hekmann Kohl C. SS. C. bei
Anomma l-ohli Wasm. zu St. Gabriel bei Stanley ville, Belgisch Congo,
entdeckt. Type in Coli. Wasmann.
Ji1njnc7ioniicro2>teroii Annandale 1912.
Im Juni 1912 beschrieb N. Annandale in: Spolia Zeylanica,
Vol. 8, Part. 30, p. 85—89, eine kleine, im August des vorher-
gehenden Jahres von Green (Peradeniya, Ceylon) bei Lohopelta ocelli-
fera Bog. in 1 Exemplar gefundene Phoride als RhtjncJiomicropteron
puliciforme n. g. n. sp.
Unter dem mir vorliegenden Material befindet sich ein einzelnes
von P. J. AssMUTH bei Prenolepis longicornis Late. Bombay 1902
entdecktes Tierchen, auf welches Annandale's Beschreibung fast in
allen Stücken paßt. Es sind immerhin gewisse Unterschiede vor-
Kig H. Schmitz,
banden, die zu der Annahme nötigen, daß wir es hier mit einer
anderen, wenn auch nahe verwandten Art von Bhynchomicroyteron
Annandale zu tun haben.
Zur näheren Kenntnis dieser merkwürdigen Gattung sei fol-
en des bemerkt. Sie vereinigt in sich, ähnlich wie Bolsiusia Schmitz,
die verschiedensten Merkmale von solchen Phoridengattungen, die
untereinander nur entfernt verwandt sind. Mit Chonocephalus stimmt
sie in der breiten, vorn bis zur Unterseite des Kopfes hinab ge-
wölbten und die Antennengruben weit voneinander trennenden Stirn
überein, es fehlen ihr aber die für Chonocephalus wesentlichen Dorsal-
platten des Abdomens. Von Fsißlomyia Low hat sie den langen,
geknieten Eüssel, im übrigen ist sie ihr aber gänzlich unähnlich.
Durch den weichhäutigen, eiförmigen Hinterleib und die stabförmigen
Flügelrudimente erinnert sie an Xanionotum usw. Ganz eigentüm-
lich ist ihr aber die Thoraxbildung, die von der aller bisher be-
kannten Phoriden abweicht. Es ist nämlich die Thoraxoberseite
durch eine Längsfurche in zwei Hälften geteilt, die jede für sich
gewölbt sind ähnlich wie die kurzen Flügeldecken eines Staphyli-
niden oder Pselaphiden. Von Annanüale wird diese höchst auf-
fallende Beschaffenheit nur nebenher in der Artbeschreibung er-
wähnt. Zu homologisieren ist diese Thoraxfurche vielleicht mit der-
jenigen, welche bei gewissen Orthorraphen z, B. bei den Tipuliden
hinter der V-förmigen Querfurche des Mesothorax auftritt ; wenigstens
ist die Ähnlichkeit eine ganz frappante. Da nun bei den Tipuliden
diese Sutur nach Berlese dadurch zustande kommt, daß bei ihnen
1. wie bei allen Orthorrhai)hen das Mittelstück fehlt, 2. das Pro-
tergit des Mesothorax nach hinten nicht bis an die Mesometatergal-
naht reicht und infolgedessen 3. die mesotergitalen Seitenstücke in
der Sagittallinie aneinanderstoßen und längs jener Furche ver-
schmelzen ^), so würde also, wenn die Homologisierung richtig ist,
der größte Teil des dorsalen Thorax von Rhynchomicropieron aus
dem gewaltig entwickelten Mesotergit des Mesothorax bestehen.
Annandale dagegen bezeichnet ihn als Pronotum, was sicher unzutreffend
ist. Denn abgesehen davon, daß die Flügelrudimente auf die meso-
thoracale Natur dieses Abschnitts hinweisen, kommt das Pronotum
überhaupt bei den Dipteren nur unter der Nematocera zu voll-
ständiger Entwicklung, erscheint aber auch in diesem günstigsten
Falle nur als ein schmales, dem Mesonotum kragenförmig vor-
1) Vgl. Berlese, in: Gli insetti, Vol. 1, tab. 4 fig. 4.
Myrraecophile Phoriden der WASMANN'schen Sammlung-.
517
gelagertes Segment. Es wäre ferner sehr sonderbar, wenn bei
Rhynchomicropteron vom Mesothorax nur das Scutellum vorhanden
sein sollte, wie Annandale dies annimmt, indem er schreibt: A com-
paratively large chitinouse plate on the dorsal surface of the
abdomen, narrowly separated from the posterior margin of the
pronotum, represents the scutellum (1. c, p, 87, 88). Diese
Platte scheint bei Bh. puliciforme deutlicher hervorzutreten als bei
der hier zu beschreibenden neuen Art, oder jedenfalls deutlicher als
an dem mir vorliegenden Exemplar derselben, sie ist aber auch
hier vorhanden und an ihrer
Behaarung kenntlich (Text-
fig. A). Sie folgt aber nicht
direkt auf das Mesotergit
(„Scutum") des Mesothorax
(= Pronotum Annandale's),
was der Fall sein müßte,
wenn sie dem Scntellum
homolog sein soll, sondern
ist von ihm durch einen in
der Mitte schmalen, lateral
breiter werdenden Chitin-
streifen getrennt (Text-
fig. A), der seitlich bis zu
dem von A. übersehenen
Metathoracalstigma reicht
und hier durch eine wenig-
stens teilweise deutliche,
von diesem Stigma bis in
die Nähe der Flügelwurzel
laufende Naht begrenzt
und von dem später zu
besprechenden Mesoster-
num abgegrenzt wird.
Es liegt nahe, in diesem Sclerit einen Rest des verkümmerten
Metathorax zu erblicken, jedenfalls schließt er die Deutung aus, als
ob die darauf folgende behaarte Platte an der Basis des Abdomens
dem Scutellum homolog wäre.
Wie in der Beschaffenheit des Thorax, so stimmen die beiden
Rhynchomicropteron -Arten auch sonst noch in vielen Merkmalen
überein, die Annandale vorsichtshalber nicht in die Gattungs-
Fig. A. Vorderkörper von Rhynchomicropteron
caeciitiens n. sp. Vergrößert. .^1 Auge.
5]^{^ H. Schmitz,
diagnose ^) aufgenommen hat. Zur Ergänzung- derselben wäre hinzu-
zufügen, daß Kopf und Thorax beide stark und allseitig chitinisiert,
in ihrer ganzen Breite, also ohne äußere Halspartie aneinander-
schließen, daß die Fühlergruben durch das Dazwischentreten der
Stirn wie bei Chonocephalus an die Außenecken des Kopfes verlegt
sind, daß Fühler und Taster von gewöhnlicher Form, daß an den
Beinen die hinteren Tibien mit Endspornen versehen, der Hinter-
metatarsus eine größere Zahl von Querkämmen besitzt und alle
Endglieder zerschlitzte Pulvillen und ein borstenförmiges Empodium
tragen.
Zu den von Annandale p. 86 erwähnten Merkmalen, durch
welche sich die Gattungen Bhynchomicropteron und Psißlomyia unter-
scheiden, kommt noch hinzu, daß bei letzterer der Kopf dorsoventral
zusammengedrückt, also viel breiter als hoch ist. Ferner ist die
Stirn oder, wenn man will, das üntergesicht zwischen den Fühler-
gruben bei ihr weit schmäler, die Augen sind größer (gegen 36 Fa-
cetten), der Thorax ist viel weniger reduziert, fast normal, des-
gleichen die Beine. Letztere besitzen übrigens bei Psyllomyia die-
selbe Pubescenz wie bei Bhynchomicropteron, so daß das dritte der
von Annandale aufgestellten Unterscheidungsmerkmale wegfällt.
Alles in allem genommen ist mithin die Ähnlichkeit zwischen den
beiden Gattungen nicht so bedeutend, sie beschränkt sich fast ganz
auf die Ausbildung des Rüssels zu ungewöhnlicher Dünne und Länge.
Da diese aber, nach den analogen Verhältnissen bei Dohrniphora
Dahl zu schließen, wahrscheinlich nur beim Weibchen auftritt und
sehr wohl durch Konvergenz infolge gleicher (parasitischer?) Lebens-
weise bedingt sein kann, so darf sie nicht als Zeichen naher Ver-
wandtschaft gelten, und daher vermag ich mich der Vermutung
Annandale's, daß beide Gattungen eine von den künftigen Sub-
familien oder Gruppen innerhalb der Phoriden bilden werden, keines-
wegs anzuschließen.
1) Dieselbe lautet : $ Minute Phoridae with degenerate, alraost linear
wings, degenerate eyes, no ocelli, an elongate elbowed proboscis, a swollen
abdomen, of whicb all tlie segments are transverse and nearly all the
integument soft, three large forwardly directed bristles on eacb side of
the head and none on any part of the thorax. (^ unknown. Folgt ein
Vergleich mit Psyllomyia.
Myrmecophile Phorideu der WASUANN'sclien Sammlung. 519
IiJiynchoniici'02)teron caecutiens n, sj). $.
(Taf. 29 Fig. 2 u. Textfig. A.)
Gesamtlänge 1.35 mm. Davon kommen auf den Kopf + 210 ju,
auf den Thorax längs der Mittellinie + 105 f^. Vorderkörper rot-
braun, Hinterleib schmutzig weiß.
Kopf voluminöser als der Thorax, hoch und breit, am breitesten
hinten; Hinterecken + 360 ju voneinander entfernt.
Hinterseite dem Thorax anliegend und schwach konkav. Ober-
seite mit vom Scheitel bis zum Mundrande im Halbbogen gewölbter
Stirn, unbeborstet, nur mit zerstreuten feinen Härchen, die alle zum
Scheitel hin gerichtet, d. h. zur Mitte des Kopfhinterrandes orientiert
sind (s. Textfig. A). Dieser ist beiderseits schwach ausgebuchtet
und an den Hinterecken etwas ausgezogen.
Fühlergruben rundlich + 130 f.t breit, scharf umrandet, außer
an einer schmalen Stelle am oberen Hinterrande, wo sie sich in
einer flachen und seichten Furche nach der Gegend des Auges hin
öifnen. Direkt unterhalb dieser Stelle springt der Rand besonders
scharf vor und trägt einige nach vorn gerichtete Haare, von denen
das hinterste dem Auge zunächst stehende etwas länger und stärker
ist. Augen an den Kopfseiten auf der Grenze zwischen Ober- und
Unterseite des Kopfes, aus nur 6 in zwei Horizontalreihen zu je
drei angeordneten einzeln gewölbten Facetten bestehend, mit schwach
pigmentierten interfacettalen Zwischenräumen.
Fühler 3gliedrig, 3. Fühlerglied kuglig, von 85 ju Durchmesser.
Fühlerborste (4. — 6. Glied) etwa bis zum Kopfhinterrand reichend,
kurzhaarig verästelt. Die beiden ersten Glieder der Fühlerborste
zusammen ziemlich lang und dünn; das erste Glied scheint doppelt
so lang zu sein wie das zweite. Da es mir aber nicht gelang, sie
in einer Ebene liegend zu sehen zu bekommen, war es nicht mög-
lich, ihre relative Länge zu messen, und deshalb ist die ganze
Fühlerborste in Fig. A fortgelassen. Ocellen fehlen.
Kopfunterseite zu beiden Seiten der Mitte mit etwa 20 nach
vorn gerichteten Haaren besetzt, mit schmaler, länglicher, vom
ßüssel bedeckter Mundspalte, hinten längs der Medianlinie gekielt,
am aboralen Ende des Kieles mit einem stumpfen Zahn. Wie bei
Rh. puliciforme Annandale sind auch hier zwei Paar längere Borsten
vorhanden, das eine jederseits am Mundrande unterhalb der Fühler-
grube, das andere weit hinten auf der kielartigen Erhabenheit.
Rüssel stabförmig, über ^/g mm lang und nur ^'^o bis ^/j^ mm
520 K- Schmitz,
breit, iu der Ruhe unter den Leib zurückgeschlag-en, gekniet. Der
proximale Abschnitt ist fast doppelt so lang- wie der distale (Ver-
hältnis 25 : 14) und reicht bis zu den Mittelhüften. Der zweite Ab-
schnitt ist bei dem vorliegenden Exemplare nach vorn umgelegt
und sanft nach unten gebogen. An der Spitze weichen die zwei
Hälften (wahrscheinlich Labrum und Labium) auseinander und die
untere zeigt winzig kleine, mit ein paar schwachen Härchen be-
setzte Labellen.
Taster zylindrisch, am Grunde verschmälert, auf der distalen
Hälfte unterseits mit ca. 6 Borsten, wovon eine an der Spitze.
Wahrscheinlich ist auch bei Rh. caecutiens ähnlich wie bei
puJiciforme die ganze Kopfoberfläche regelmäßig punktiert. So wird
vermutlich die wabenförmige Struktur zu deuten sein, welche das
Chitin-Integument im aufgehellten Zustande und bei durchfallendem
Lichte zeigt.
Der Thorax ist in der Mitte viel kürzer als an den Seiten,
vorn nur wenig schmäler als der Kopf (350 ju breit). Die beiden
Hälften sind gesondert gewölbt und in ähnlicher Weise wie die
Kopfoberseite fein behaart, die Haai'e nach hinten und zwar größten-
teils nach den äußeren Hinterecken hin orientiert.
Von den beiden Stigmenpaaren ist das prothoracale doppelt so
groß wie das versteckt liegende des Metathorax. Das vordere
Stigma erwähnt Annandale als „a circular pit".
An den Thoraxseiten sind mehrere dunkle Nähte vorhanden,
die wegen der starken Verkümmerung schwierig zu deuten sind.
Die lang-keilförmige, in Taf. 29 Fig. 2 den großen Vorderhüften
parallel gerichtete Partie, die mit den Mittelhüften endigt, dürfte
als Mesosternum zu betrachten sein.
Halteren vermochte ich nicht aufzufinden, nehme daher an,
daß sie fehlen.
Die rudimentären Flügel erscheinen als säbelförmige, nur
kurz behaarte Anhänge (Textfig. A u. Taf. 29 Fig. 2) an den Hinter-
ecken des Mesothorax. Sie bestehen aus einer dunklen Rippe mit
einem häutigen Saume an der Dorsalkante. Das Ende ist lanzett-
lich zugespitzt.
Der Hinterleib ist oben und unten häutig, überall mit reihen-
weise angeordneten, äußerst feinen schwarzen Häkchen besetzt. Bei
starker Vergrößerung (z. B. bei Zsiss'schen Objektiven von C ab
an) gewähren sie ein Bild ähnlich dem einer Autotypie, die man
Myrmecophile Phorideu der WASMANN'schen Sainmlnng.
521
mit der Lupe betrachtet. An der Basis des Hinterleibes befinden
sich auf der Oberseite zerstreute Haare, die nach Annandale auf
einer Platte stehen (a comparatively large chitinous plate on the
dorsal surface of the abdomen . . . it is broadly triangulär in form,
except that the apex is rounded, and has a smooth surface sparsely
covered with minute recumbent hairs). Eine Segmentierung des
Hinterleibes ist nicht wahrzunehmen, auch keine dem 5. Tergit an-
gehörende Spalte oder Deckelplatte. Ob beides wirklich fehlt, kann
wegen Schrumpfung der dorsalen Hautpartien nicht mit Sicherheit
entschieden werden. Eine kurze Legeröhre, von welcher kaum die
Genitallamellen sichtbar sind, ist im Hinterleib verborgen.
Die Beine sind wie der ganze Vorderkörper kräftig chitinisiert.
Coxae I 3 — 4mal größer als Coxae 11 und III. Alle Hüften am
Ende beborstet.
Vorder- und Hinterschenkel etwas verbreitert, Mittel- und
Hinterschienen mit 1 Endsporn. An dem rechten Hinterbein fol-
gende Längenmaße: Schenkel + 420 ^, Schiene -f 360 //, Meta-
tarsus (7 Querkämme) + 210 fx, Tarsglied II 105 //, T. III und V
annähernd gleich, etwa 60 — 65 /^. Klauen gewöhnlich. Die farb-
losen, rudimentären Pulvillen gefiedert, das Empodium haarförmig.
Die beiden lihynchomicropteron- Arten unterscheiden sich nach
Vorstehendem durch folgendes:
Rh. puliciforme Annän-
DALE
Rh. caecntiens n. sp.
Länge
Aiagen
„about 1 mm"
„about 12 facettes"
1,35 mm
6 Facetten
Taster
mit 4 Borsten
mit 6 Borsten
Kopfunterseite
gewölbt
in
vo
der Mitte gekielt mit
•springendem Zahn am
Ende
Halteren
Lebensweise
zylindrisch
bei Lobopelta ocellifera
bei
fehlen
Prenolepis longicornis
Lebensweise.
Wahrscheinlich parasitisch (Stechrüssel zum Anbohren der
Ameisenlarven?) bei Prenolepis longicornis Latr. Gegend von Bombay
(s. am x4nfang).
522 H. Schmitz,
Psylloniyia Loew 1857.
Fsylloniyia testacea Loew. $.
(Taf. 29 Fig. 3.)
Von dieser merkwürdigen Phoride sclieinen bisher nur 2 Exem-
plare g-efunden worden zu sein, das 1. von Wahlbeeg vor 1857,
das 2. von Brauns, 1898. Das 1. Exemplar untersuchte Loew und
beschrieb es in : Wien, entomol. Monatsschr., Vol. 1 (1857), p. 54 — 56,
tab. 1, fig. 22—25 unter dem Titel: Psyllomyia, eine neue Gattung
der Phoriden. Ps. testacea n. sp. $. Über das weitere Schicksal
dieses Specimens fehlen in der Literatur alle Nachrichten; es muß
schon zu LoEw's Zeiten in einem schlechten Erhaltungszustande ge-
wesen sein, denn dieser bemerkt einleitend: „Durch ihre höchst auf-
fallenden Abweichungen von allen bisher beschriebenen Arten merk-
würdig ist eine kleine von Wahlberg in der Caffrerei gesammelte,
leider aber nur in einem einzigen, wie es scheint,
seiner Zerstörung schnell entgegengehenden Exem-
plare mitgebrachte Art. . . .
Das 2. Exemplar befindet sich in der Sammlung P. Wasmann's,
der auch bereits eine kurze Notiz veröifentlicht hat p. 268 (54) der
Abhandlung: Neue Dorylinengäste aus dem neotropischen und dem
aethiopischen Faunengebiet, in: Zool. Jahrb., Vol. 14, Syst., 1900,
p. 215—289, tab. 13—14. Sie lautet:
Hier dürfte es . . . noch von Interesse sein, zu erwähnen, daß
ein zur Dipterenfamilie der Phoriden gehöriges Tier aus Südafrika,
welches vor 43 Jahren (1857) von H. Loew ... als Psijlloniyia testacea
beschrieben wurde, zu den Gästen von Dorylus helvolus gehört.
Dr. H. Brauns fand es 1898 bei Port Elizabeth, Capkolonie, bei
jener unterirdisch lebenden Ameise unter Steinen , zugleich mit
anderen Gästen derselben, und sandte es mir zu. Diese merkwürdige
Phoride ist durch ihren großen, fast dreieckigen Kopf, die ver-
dickten Hinterschenkel, die lange Beborstung des Körpers und die
rudimentären, kurzen, gelbgrauen Flügeldecken gleichenden Flügel-
stummel ausgezeichnet. Der Hinterleib ist dunkler braun, der
übrige Körper hell gelbbraun. Die Gesamtlänge beträgt nur 1 mm.
Diesen Bemerkungen möchte ich nach eingehender Untersuchung
und Vergleichung des (trocken konservierten) Exemplars mit der
LoEw'schen Beschreibung noch folgendes hinzufügen.
Das Exemplar stimmt mit der Original beschr ei bung besser
überein als mit den von Loew, 1. c, beigefügten Abbildungen.
Myrmecophile Phoriden der Wasmann 'sehen Sammlung. 523
a) Die Beschreibung der Gattung stimmt bis auf die Be-
scliaifeuheit der Flügelrippen genau. Von diesen sagt Loew: „Flügel
...mit der Andeutung von drei selir dicken, rippen förmigen
Längsadern, auf denen schwarze Borstchen stehen. . . ." Bei
dem vorliegenden Exemplare sind diese Längsadern nur durch drei
Haarstreifen angedeutet, ohne irgendwie plastisch hervorzutreten,
also weder dick noch rippenförmig. Die Härchen sind unscheinbar,
mehr rotbraun als schwarz. Bei der xlrtbeschreibung zeigen sich
folgende Abweichungen: „ganz oben auf der Stirn in der Nähe des
ziemlich scharfen Kopfrandes" befinden sich nicht 4, sondern 6 nach
rückwärts gerichtete schwarze Borsten (Taf. 29 Fig. 8), die äußersten
ziemlich in der Mitte des oberen Randes der Augen haben an dem
LoEw'schen Exemplare gefehlt; vielleicht waren sie nur abgebrochen.
Der Thorax ist nicht ,.mit zerstreuten schwarzen Borsten besetzt",
sondern trägt, abgesehen von den 2 sehr langen auch von Loew
erwähnten Borsten, über den Vorderhüften eine Querreihe von
6 langen Borsten in einem nach hinten konvexen Bogen, der zwischen
Vorder- und Hinterrand des Thorax annähernd die Mitte hält.
„Auf den Flügeln", heißt es ferner bei Loew, „zeichnen sich be-
sonders 2 schwarze Borsten durch ihre Länge aus, von denen die
eine mehr am Innenrande, die andere in der Nähe der Flügelspitze
steht." V^ie die Abbildung des WASMANN'schen Exemplars (Fig. 3)
zeigt, trägt dieses auf den Flügelstummeln je 4 Borsten, eine kleinere
an der Basis und 3 unter sich mehr oder weniger gleichlange auf
der Spitzenhälfte, und zwar eine in der Nähe der Spitze, 2 in der
Nähe des Hinterrandes.
b) Die Abbildungen von Loew, besonders fig. 22, zeigen außer-
dem noch folgende Unterschiede: der Kopf ist bei Loew schmaler
und kürzer als der Thorax, letzterer ist vorn gerundet, hinten fast
gerade, die Flügel sind hinten stark verschmälert, fast spitz, das
Abdomen ist 8- oder 9gliedrig, die Beine sind im Verhältnis zum
Körper außerordentlich groß und lang, die Hinterbeine z. B. sind
so weit nach hinten eingezeichnet, daß man mit Brues ^) auf stark
verlängerte Hintercoxen schließen muß. Im Gegensatz hierzu ist
am vorliegenden Exemplar der Kopf nur wenig kürzer und gerade
so breit wie der Thorax, letzterer ist umgekehrt vorn fast gerad-
linig, hinten bogig begrenzt, die Flügelspitze breit gerundet, der
1) Ch. Th. Brues, Two new myrmecophilous genera etc., in: Amer.
Natural., Vol. 36 [1901], p. 344.
^24 ^- Schmitz,
Hinterleib ßgliedrig mit hervorragenden Genitallamellen von an-
sehnlicher Größe und Beborstung. Die Beine, besonders die Hüften,
zeichnen sich nicht durch auffallende Länge aus.
In Anbetracht all dieser Unterschiede kann man offenbar
schwanken, ob wir es hier mit einer von Fsijllo7mjia testacea Loew
verschiedenen, neuen Art zu tun haben oder nicht. Weil nun Loew
«elbst den defekten Zustand seines Exemplars andeutet und seine
Zeichnung ohne Zweifel ungenau ist, da sie in gewissen Einzel-
heiten, z. B. Flügelbeborstung mit seinem eigenen Text in Wider-
spruch steht, so scheint es mir nicht unbedingt geboten, eine neue
Art aufzustellen. Das wird erst an der Zeit sein, wenn Stücke
aufgefunden werden, die der Artbeschreibung Loew's in allen Einzel-
heiten entsprechen. Gibt es solche, dann möchte für das Exemplar
der Coli. Wasmann der Name Psyllonnjia braunsi vorgeschlagen
werden.
Zur weiteren Charakteristik des vorliegenden Tieres ist noch
hinzuzufügen: Kopf etwas dorsoventral abgeplattet. Augen mit
ca. 50 Facetten, Taster mit 10—11 kräftigen Borsten, Thoraxseiten
mit einem durch sehr deutliche Naht abgegrenzten schmalen Pro-
thorax, auf welchem die längste aller Körperborsten steht, unmittel-
bar hinter dieser Naht das Prothoracalstigma, Mittel- und Hinter-
tibien mit kräftigen Endborsten, 2 großen (Spornen) und 1 — 2 kleineren.
JEcitopJiora n. g. $.
Im ganzen der Ecitomyia ^) Beues nahestehend, von ihr aber
durch die Stirnbeborstung, den Besitz von Ocellen und die Hinter-
leibsbildung verschieden. Abdomen deutlich segmentiert, ßgliedrig.
Ecitopliova coiues n. sp. $.
(Taf. 29 Fig. 4 u. 5.)
Länge des ganzen Tieres 1,25 mm, des Kopfes 0,23 mm, des
Thorax 0,15 mm, des Abdomens ca. 0,9 mm.
Farbe bleichgelb, die Borsten dunkel, die abdominalen Tergit-
platten rotbraun.
1) Auch von dieser Gattung befinden sich mehrere Exemplare in
Wasmank's Sammlung. Ich behandle sie hier jedoch weiter nicht, weil
es von Brues an Wasmann mitgeteilte Stücke sind, und weil Herr Brues
•über die Art {Ecitomyia wheeleri Brues) alles Nötige schon gesagt hat.
Myrmecophile Phoriden der WASMANN'schen Sammlung. 525
Kopf 0,31 mm hoch, 0,37 mm breit, die Stirn von oben
gesehen nur 0,17 mm lang (vom Scheitel bis zu den vorderen Borsten).
Hinterrand geschärft, Hinterfläche eben, ohne äußerlich hervor-
tretende Halspartie. Stirn sehr breit, von allen Seiten her gegen
•den Scheitel sanft ansteigend, mit 14 ansehnlichen gerieften und
behaarten Borsten, nämlich 2 Paar nach vorn umgelegten in der
vorgezogenen Mitte des Vorderrandes, einem Scheitelborstenpaar
zwischen den hinteren Ocellen, und jederseits 4 Borsten, welche den
Augen näher stehen als der Stirnmitte (s. Taf. 29 Fig. 4 u. 5).
IS^ur mit einer gewissen Schwierigkeit lassen sich bei den Stirn-
borsten die üblichen ,. Querreihen" herausfinden, und es würden
ihrer etwa 4 anzunehmen sein: 1 Ocellarborstenreihe (nur 2), davor
1 Querreihe von 4, von denen die äußerste jederseits der Hinter-
ecke des Kopfes und dem oberen Hinterrand des Kopfes genähert
ist, davor 1 Keihe von 2, gebildet aus jederseits 1 etwas schwächeren
Borste, die doppelt so weit vom Oberrande des Auges entfernt ist
wie die Borsten der Kopfhinterecken, endlich 1 Reihe von 2, die zu
je 1 der Mitte des Oberrandes der Fühlergrube genähert eingepflanzt
sind. Außerdem die 4 Vorderstirnborsten in Trapezstellung. Zwischen
den Borsten ist die Stirn überdies fein behaart.
Auf den schmalen Seitenflächen des Kopfes stehen die etwas
unregelmäßig ovalen, pubescenten, gut pigmentierten Facettenaugen.
Anzahl der einzeln gewölbten Ommatidien 48 — 50. Der vorderen,
Tinteren Augenecke genähert eine große, abstehende Wangenborste.
Fühlergruben sehr breit, in der Mitte nur durch einen schmalen
Kiel des Uiitergesichtes getrennt. Fühler Sgliedrig mit Steiliger
langer verästelter Borste. 3. Fühlerglied annähernd kuglig, ungefähr
vom Durchmesser des Auges (ca. 100 (i).
Mundöff'nung mäßig groß, beborstet, Rüssel kürzer als der Kopf,
von normaler Bildung. Taster dorsoventral abgeplattet, unten be-
haart, am Außen- und Innenrande stark beborstet (7 größere und
einige kleinere Borsten).
Thorax quer, Verhältnis von Länge und Breite wie 2:3,
hinten etwas verschmälert, spärlich behaart. Prothorax durch eine
Naht an den Schulterecken deutlich abgegrenzt, behaart. Thorax-
oberseite mit 6 Borsten, 2 Paar Randborsten und 2 Dorsozentral-
borsten. Von den Randborsten steht die vordere über und etwas
vor dem Pro thoracal Stigma, die hintere ungefähr in der Mitte des
-Seitenrandes. In der Mitte des Thoraxhinterrandes gewahrt man
Zool. Jalirb. XXXVII. Abt. f. Svst. 34
526 H. Schmitz,
2 kleinere Borsten, welche ohne Zweifel als Schildchenborsten auf-
zufassen sind.
Flügelrudimente stabförmig', von der Länge des Thorax^
mit kürzeren Haaren und 3 längeren Borsten.
Hinterleib eiförmig, größtenteils weichhäutig, deutlich seg-
mentiert, mit einer großen trapezförmigen Chitinplatte auf dem
2. Ringe (ganz ähnlich wie bei Ecüomijia). Außerdem bemerkt man
noch winzige Sclerite auf dem 4. und 5. Tergit; beim ersteren ein
halbmondförmiges, beim letzteren ein rundliches. Auf der Mitte des
5. Tergits außerdem eine sehr kleine, runde „Drüsenöffnung". Weib-
liche Genitallamellen länglich, behaart.
Beine kräftig, mit platten, verbreiterten Vorder- und Hinter-
schenkeln, kurzen Endspornen (je einer an den Mittel- und Hinter-
tibien) und verbreitertem Hintermetatarsus. Dieser auf der Innen-
seite mit 5 Querreihen von Börstchen. Die Längenverhältnisse am
hinteren Tarsus sind wie 29 : 21 : 16 : 12 : 12. Klauen gewöhnlich,.
Pulvillen weniger stark verkümmert als bei manchen verwandten
Gattungen, Empodium eine gebogene Borste.
Anmerkung. Durch den langjährigen Aufenthalt in der Kon-
servierungsflüssigkeit dürfte die Färbung, besonders des Abdomens,,
m. 0. w. verbleicht sein. Die trapezförmige Chitinplatte des 2. Tergits
ist z. B. nur an den Rändern dunkler. Vielleicht besitzt auch das
3. Tergit eine stärker chitinisierte Platte, die sich nur an dem vor-
liegenden Material nicht erkennen läßt. An den Hinterrändern der
ersten 5 Tergite stehen Haarreihen.
Lebensweise.
Myrmecophil bei Eciton praedator Sm. Es lagen 3 Exemplare
vor, von P. Heyer Säo Leopoldo, Rio Grande do Sul, Südbrasilien
gesammelt.
Ein ebendaselbst bei Eciton coecmn Latr. gefundenes Exemplar
einer winzig kleinen, flügellosen Phoride ging leider bei der Be-
arbeitung des Materials verloren. Da Eciton coecum die Wirtsameise
von Ecitomyia wheeleri Brues ist, so dürfte es eher diese Art ge-
wesen sein.
Acontistoj^tera Brues 1902.
Diese Gattung ist vertreten durch ein einzelnes Exemplar ?,.
das sich durch Größe und Beborstung von A. melanderi Brues und
A. mexicana Malloch unterscheidet und eine neue Art darstellt.
Myrmecophile Phoriden der WASMANN'schen Sammhmg. 527
Das Tierchen ist aufgeklebt und in mancher Beziehung defekt,
dennoch werde ich versuchen, es bestmöglich zu beschreiben.
Acontlstoxjtera hrasiliensis n, sjy. ?.
(Taf. 29 Fig. 6.)
Länger als 1,6 mm, also erheblich größer als A. melanderi Brues.
Farbe des Vorderkörpers braungelb, des Hinterleibes gelbweiß.
Kopfform wie bei der Type, die Beborstung jedoch anders als
bei melanderi und sehr ähnlich der von mexicana. Das Borstenpaar
auf der Mitte der Stirn fehlt; am Hinterrande stehen 4 Borsten,
davon 2 am Scheitel und je eine in den Hinterecken. Die Um-
gebung des Auges weist 3 Borsten auf, nämlich eine ganz nahe der
oberen Vorderecke, zugleich am Eande der Fühlergrube ; eine zweite
steht hinter dem Auge mehr auf der Unterseite; die dritte ist
weiter vom Auge entfernt, medianwärts von dessen Oberrande auf
der vorderen lateralen Stirnpartie eingepflanzt. Der Vorderrand
der Stirn ist ganz ähnlich wie bei mexicana Malloch beborstet.
Die Stirnrandborsten bilden zwei Eeihen. Die hintere enthält
6 starke Borsten. Diese stehen nicht genau auf demselben Niveau,
sondern die beiden äußeren befinden sich auf dem eigentlichen Rande
der Stirn, die beiden inneren stehen ein wenig mehr nach vorn
und tiefer, auf der Grenze von Untergesicht und Epistom, die zwei
anderen stehen dazwischen in mittlerer Höhe. Die vordere Reihe wird aus
jederseits 5 schwächeren Borsten gebildet, welche in ähnlicher Weise
auf ungleichem Niveau stehen, von Fühlergrube zu Fühlergrube
reichen und in der Mitte durch eine Lücke unterbrochen sind.
Der seitliche und untere Rand der Fühlergruben trägt wie bei
A. melanderi 4 Borsten.
Augen stark gewölbt, pubescent, mit 70—80 Facetten. Hinter
und unter den Augen sind die "Wangen mit langen dünnen Haaren
besetzt.
Fühlerborste lang und spärlich befiedert. Mundteile sehr volu-
minös. Zwischen den Labellen ragt der Hj^popharynx als horniger
Stachel vor.
Thorax schmal, einigermaßen herzförmig, Pleurenkante von oben
sichtbar. Je 3 Borsten an den Vorderecken, davon eine am Vorder-
und eine am Seitenrande, die dritte in der Ecke selbst.^) Auf der
1) Die Borste am Thoraxvorderrand fehlt den beiden bisher be-
kannten Acontistoptera- Arten.
34*
528 H. Schmitz,
hinteren Thoraxliälfte 2 Dorsozentralborsten, die man fast Seiten-
borsten nennen könnte; Schildchen mit 2 langen Borsten.
Flügelrudimente mit ca. 13 langen Borsten (über 0,6 mm!), die
ersten schon vor der Mitte entspringend, die letzten 10 paarweise
2 Reihen bildend.
Lebensweise.
Das einzige Exemplar wurde bei Eciton praedator in Joinville,
S. Catarina, Brasilien von Herrn Schmalz 1901 gefangen. Tj^pe
Coli. Wasmann.
Flastojyhord Brues 1905.
Die hier zu beschreibenden neuen Arten haben vier Reihen
von Stiiiiborsten wie Fseudadeon crawfordn Coquillett.^) Auf
Brues' Auktorität hin nehme ich vorläufig an, daß die Gattung
Fseudacteon Coquillett 1907 wirklich mit PJastophora Brues iden-
tisch sei, obwohl für Plastophora Ijcirne Brues nur drei Reihen Stirn-
borsten angegeben sind. Wenn daher Brues, in: Entomol. News,
Vol. 18, p. 430 nach Vergleichung der Paratj^pen von craivfordii er-
klärt, sie unterschieden sich von seiner Plastophora nur durch
schlankere Beine, weniger vorragende Mundteile und größere birn-
förmige Fühler (also nicht durch die Stirnbeborstung!), so muß
man dies wohl als eine indirekte Berichtigung seiner Originalbe-
schreibung von Plastoplwra beirne auffassen. Höchst auffallend ist,
daß Malloch in der später von Brues als neue Phistoplwra-kvt be-
schriebenen PI. juli Brues eine Aphiocliaeta erkannt hat (Malloch,
in: Proc. U. S. nation. Mus., Vol. 43, p. 459).
JPlastophora wasnianni n. sp. $.
(Textfig. B u. C.)
Am nächsten verwandt ist diese Art mit PJ. spainJata Malloch.
mit der sie die ganz eigenartige Bildung des Ovipositors gemein
1) Auch Phora formicarum Verrall, die nach Brues und Malloch
eine Plastophora, nach WoOD eine P.seudadeon ist, hat 4 Stirnborsten-
reihen. Wood hat zwar in seiner vorzüglichen Monographie, On the
British species of Phora, Part II, in: Entomol. monthl. Mag. (2), Vol. 19
[1908], p. 168 versucht, bei dieser Art 3 Reihen von Borsten zu kon-
struieren, aber nur weil er es eben mui3te, um sie in der 2. Gruppe der
Gattung Phora (also Aphiochaeta Brues) behandeln zu können.
Myrmecopliile Phoiiden der WASiiANN'schen Sammlung.
529
hat. Sie ist aber größer (über 1,5 mm). Leider ist Malloch's Be-
schreibung sonst sehr summarisch, es läßt sich daher niclit im einzelnen
angeben, in welchen Punkten die beiden Arten sonst differieren.
Färbung der Alkoholexemplare im allgemeinen ein mattes Rost-
braun, besonders an Kopf und Thoraxoberseite; Hinterleib etwas
heller, mit weißen Tergitsäumen. Schwinger weißlich, Beine blaß,
Augen und die Mehrzahl der Borsten schwarz.
Stirn mit geschärftem Scheitelrande, einer sehr deutlichen Längs-
furche, schwach erhabenem Ocellenhöcker und vier Querreihen von
Borsten, die so wie bei PI. crawfordii angeordnet sind. Hinter den
äußeren Vertikalborsten steht jederseits noch eine kleine median-
wärts geneigte Borste (s. Textflg. B). Fühlerglied 3 pubescent, groß,
ähnlich wie bei Melaloncha Beües lang konisch und dabei nach
hinten gekrümmt. Fühlerglied 2 klein, vom 3. umschlossen und
etwas seitlich inserierend.
Thorax vorn stark gewölbt, behaart, mit 2 Präscutellarborsten
und oral- und auswärts davon jederseits einer besonders auffallenden
Fig. B. Stirn von Plastophora
ivasmanni n. sp. Vergr.
Fig. C. Ovipositor von
Plastophora ivasmanni n. sp. Vergr.
Seitenrandborste sowie mehreren Borsten vor der Flügelwurzel.
Von den 4 Borsten des Schildchens sind die 2 hinteren fast doppelt
so lang wie die vorderen.
Hinterleib 6gliedrig, 1. Tergit kurz, 2. länger als die übrigen,
3. und 4. unter sich gleich lang, 5. hinten etwas bogig ausgerandet,
etwas verschmälert, 6. noch mehr verschmälert, in der Mitte des
Hinterrandes mit einem kleinen Einschnitt, neben diesem mit drei
Haaren jederseits, von welchen das äußerste am längsten. Auf die
chitinöse Partie des 6. Tergits folgt ein breiter häutiger Saum, der
die Basis der Legeröhre umhüllt.
530
H. Schmitz,
Legerölire deutlich Sg-liedrig-, jedes Glied mit verschieden ge-
formten, getrennten dorsalen und ventralen Scleriten. Die Ventral-
platte ihres basalen (also 1.) Segments \) trägt 2 weit voneinander
getrennte Gruppen von je 3 langen, an der Spitze hakig gebogenen
Haaren. Das 2. Segment besteht aus einer ventralen und 2 dorso-
lateralen Chitinplatten, deren obere Ränder am Grunde genähert
sind und nach hinten weit divergieren. In diese dreieckige ÖflFnung
schiebt sich die Dorsalplatte des Endgliedes der Legeröhre, deren
höchst eigentümliche Form aus Textfig. C erhellt. Sie ist flach,
oberseits behaart (Behaarung nicht angegeben!) und besitzt 2 seit-
liche, distal tief dunkel gefärbte Loben. Das Sternit dieses Seg-
ments ist durch eine unpaare Chitinschuppe angedeutet. Zwischen
Sternit und Tergit ragt eine weichhäutige Röhre und aus dieser
ein Chitinstachel weit hervor. PI. spatulata Malloch hat am End-
glied des Ovipositors ähnliche Seitenfortsätze, die aber nach Malloch's
Abbildung (in: Proc. U. S. nation. Mus., Vol. 43, tab. 39 flg. 7) nur
durch einen schmalen Zwischenraum voneinander getrennt sind.
Flügel mit kurzer Costaiis wie spatulata. Mediastinalader
ganz deutlich, verkürzt und frei in der Flügelfläche endigend, ähn-
lich wie bei der folgenden Art 2), bei der die Flügel jedoch relativ
etw^as schmäler sind.
Beine ziemlich schlank, Hinterschenkel an der Innenseite auf
der 2. Hälfte mit einigen längeren Haaren. Folgende Maße in Milli-
metern wurden festgestellt:
Fl. wasmanni 9
Vorderbein
Mittelbein
Hinterbein
Femur
0,45
0.49
0,59
Tibia
0,35
0,38
0,42
Sporn der Tibia
—
0,19
—
Tarsus I
0,08
0,21
0,2
Tarsus II
0,06
0,09
O^U
Tarsus III
0,04
0,08
0,09
Tarsus IV
0,04
0,07
0,07
Tarsus V
inkl. Prätarsus
0,08
0,08
0,08
Der Sporn der Mittelbeine ist bei dieser Art sehr lang, nur
wenig kürzer als der Metatarsus derselben.
1) Oder das Sternit des 6. Abdominalsegments?
2) Dadurch weichen die hier angeführten neuen PlastopJ/ora- Arten
von der BEUES'schen Gattungsdiagnose ab, in der es heißt: . . . no
mediastinal vein, although the third vein and humeral cross vein are well
marked at this point.
Myrmecophile Phoriden der WASJiANN'schen Sammlung. 531
Lebensweise.
Myrmecophil bei Solenopsis geminata in Süd-Brasilien. Joinville
in S. Catarina. Schmalz legit. 7./9. 1901. 2 Ex. Type in Coli.
Wasmann.
Anmerkung. Von demselben Fundort lagen noch 2 andere
Flastophora-kritw. in je einem Exemplare vor; der schlechte Zustand
derselben macht eine Bestimmung bzw. Beschreibung jedoch un-
möglich.
Plastophora solenojysidifi n, sp, $.
(Textfig. D u. E.)
Durch den Bau der Legeröhre und wahrscheinlich durch die
Stirnbeborstung von den übrigen Flastophora-Xriexv verschieden. Von
den gewöhnlichen Stirnborsten scheinen die beiden mittleren der
zweitvordersten Reihe zu fehlen ; sie können an den beiden vor-
liegenden Exemplaren wohl kaum zufällig abgebrochen sein, da man
sonst wenigstens die Insertionspunkte erkennen müßte. Ovipositor
(Textfig. D) viel kürzer als bei PI. cratvfordii, wenig länger als
das 6. Abdominalsegment. An der Basis unten 2 Gruppen von je 2
Fig. E. Flügel von Plastophora
solenopsidis n. sp. 9. Mikrophot. Vergr.
Fig. D. Hinterleibsende nnd Ovipositor Yon Plastophora solenopsidis n. sp. 9- Vergr.
langen abstehenden ziemlich starken Haaren. Im übrigen ist der
Ovipositor aus mehreren Chitinteilen zusammengesetzt; äußerlich
hervortretend sind eine lange, nach hinten stark verschmälerte, be-
haarte obere Deckplatte und 2 seitliche, schmale, nach oben um-
gebogene Plättchen. Am Ende tritt eine unpaare dünne Chitin-
lamelle zungenförraig vor, und aus dem Innern ragen 2 farblose
faden- oder wurmförmige x4nhänge heraus.
532 H. Schmitz,
Färbung ähnlich wie bei der vorhergelienden Art, ebenso die
Bildung und Beborstung des Thorax und der Beine. Flügel s. Text-
lig. E und die Beschreibung bei PI. ivasmanni. R2+3 an der Ur-
sprungsstelle von RiJ-5 schwach aber unverkennbar geknickt. Anal-
ader merklich schwächer als die anderen blassen Adern. Verliältnis
der Flügelbreite zur Länge wie 2 : 5. Costaläuge = Flügelbreite.
Länge des ganzen Tieres + 1,6 mm, der Flügel 1,37 mm.
Lebensweise. Myrmecophil bei Solnwpsis geminata in Süd-
Brasilien. Porto Alegre in Rio Grande do Sul, P. Schupp legit
5./6. 1892. 2 ??.
Plastophora fornilcariini Vereall.
Wie oben bereits bemerkt, ist die VERRALL'sche, bis jetzt nur
aus England bekannte, Phora formicarum eine Plastophora. falls man
Pseiidacteon Coquillett nicht als berechtigte Gattung neben Plasto-
phora anerkennt. In Wasmann's Sammlung ist sie nicht vertreten,
doch lernte ich sie durch freundliche Mitteilung zweier Exemplare
von Herrn H. St. Donisthoepe kennen. Die verwickelte Namens-
geschichte dieser mj^rmecophilen Diptere ist folgende:
Verrall, in: Journ. Linn. Soc. London, ZooL, Vol. 13 [1877J, p. 258,
als Phora formicarum n. sp.
LüBBOCK, in: Ameisen und Wespen, Leipzig 1883, p. 55 u. 371, als
Phora fonnicarum Verrall.
Wasmann, in: Krit. Verzeichnis der myrm. u. termitoph. Arthropoden,
Berlin 1894, p. 174, als PJiora formicarum Verr.
Becker, in: Die Phoriden, Wien 1901, p. 68, als letzte Art der IL Gruppe
der Gattung Phora Latr. {= Äphiochaeta Brues).
Brues, in: Trans. Araer. entoraol. Soc, Vol. 29 [1903], p. 375, als
einigermaßen verwandt mit Melaloncha Brues.
— , in: Ann. Mus. nation. Hung., Vol. 3 [1905], p. 552, als zweifelhaft zur
Gattung PlaslopJiora Brues gehörig.
— , in: Phoridae. Genera Insectorum, Brüssel 1906, p. 11, als ? Phisto-
phora.
— , in: Entomol. News, Vol. 18 [1907], p. 430 als Phistoj)Jiora, und zwar
prope Plastophora (Pseudacteon) crairfordii.
Wood, in: Entomol. monthl. Mag. (2), Vol. 19 [1908], p. 168, als viel-
leicht zu Pseudacteon Coquillet gehörig.
Donisthorpe, in: Zoologist, Dec. 1909, p. 466, als Phora formicarum
Verrall.
Malloch, in: Proceed. U. S. nation. Mus., Vol. 43 [1912], p. 551, als
Plastophora form icarii i)i .
ScHJSlITZ, in: Naturhist. Genootschap Limburg Jaarboek 1913, p. 6 — -7, als
Pseudacleo7i formicarum.
Myrmecophile Phorideu der WASMANN'scben Sammlung. 533
ApJiioeJiaeta Brues 1903.
Ein in einem künstlichen Neste von Polyergus rufcscem mit
Formica rufibarbis als Sklaven 1906 gezüchtetes Exemplar bestimmte
Herr Th. Becker als Äphiochaeta pulicaria Fallen, obwohl das Tier-
chen einen etwas braunrötlichen Ton hatte, besonders im Alkohol.
Doch stimmten Becker's Typen von pulicaria sonst mit dem frag-
lichen Exemplar überein. Wahrscheinlich kommen hellere Stücke
von pulicaria auch sonst öfter vor. Brues sagt in „A monograph
of North Amer. Phoridae" p. 371 von den amerikanischen Exemplaren:
„Very offen the body is brownish and the wings clear hyaline, but
all seem undoubtedly to belong to this species." Wood spricht
sogar von einer gelben Form von pulicaria (in: Entomol. monthl.
Mag. [2], Vol. 20, p. 244: „The rare yellow form looks at hrst sight
not unlike lutea ') or still more scutellaris . . . It appears to be widely
distributed; I take it here, but not very commonly and I liave also
Seen it from the North of Scotland."
Die Lebensweise von Äphiochaeta pulicaria ist wohl keine gesetz-
mäßig myrmecophile, obwohl sie mehrmals in Ameisennestern ge-
funden und aus solchen gezüchtet wurde (s. darüber im IL Teile).
Aber diesen Angaben stehen andere von ganz verschiedenem Inhalt
gegenüber. Schiner gibt an (Diptera austr., Vol. 2, p. 341), die
Larven seien von Schultz im Kuhdünger gefunden worden; von
RiTSEMA wurde die Art gezüchtet aus einem Neste von Vespa ger-
manica (v. D, WuLP en DE Meyere, Nieuwe Naamlijst v. Ned. Dipt.,
p. 141); Brues erwähnt Pilze (Agaricus) als Fundort, ebenfalls nach
Schiner; Bequaert führt 1 Exemplar aus der Grotte von Eemou-
champs in Belgien an (Onze huidige Kennis van de Belgische
Grottenfauna in: Handelingen 17. Vlaamsch. Nat. Geneesk. Congres
Gent 20.— 22. Sept. 1913). Es ist allerdings nicht sicher, ob alle
diese Angaben sich auf echte pulicaria beziehen, da diese Art zu
einer nach Wood sehr schwierigen Gruppe von Ä2Jhiochaeta- Arten
gehört: its elucidation has been a vei-y troublesome and perplexing
business! (Wood, 1. c, p. 240).
1) Auf diese Art war ich tatsächlich auch bei dem vorliegenden
Exemplar durch Becker's Bestimmungstabelle geführt worden.
534 ■ H. Schmitz.
B. Piatyp horinae.
Diese Subfamilie, von Endeelein 1908 aufgestellt, umfaßt nach
ihm 5 Gattungen, von denen jedoch 2 nicht aufrecht erhalten werden
können, nämlich Termitodeipnus End., die von Trägaedh 1909 ein-
gezogen wurde, und Oniscomyia End,, deren Repräsentant 0. dorni
End. unzweifelhaft ein Aenigmaiias Meinert ist, wie unten nach-
gewiesen werden wird. Der Sammlung Wasmann fehlen die Gat-
tungen Aenigmaiistes Shelfoed und PlafypJiora Vereall (Typen im
Pariser bzw. Britischen Museum), aber sie enthält eine neue Gattung,
die zunächst beschrieben werden soll als
Aenif/matojJoeus n. g. $.
Mit den wesentlichen Merkmalen der Subfamilie PlaUjphorinae
Enderlein Tribus Platyphorim Endeelein 1908, also aufs nächste
verwandt mit den Gattungen PlaUjphora Vereall 1878, Aenigmaiias
Meinert 1890, Aenigmaiistes Sheleoed 1908, doch von diesen ins-
gesamt oder teilweise durch folgende Merkmale verschieden:
Körper im Umriß kurzoval, an die Dytiscidengattung Hyphydrus
erinnernd, im allgemeinen linsenförmig, oben im Sinne der Median-
linie und quer gewölbt, unten mit gewölbtem Bauch und ein-
gesunkener Brust. Da die größte Breite fast -/g der Körpeilänge
(ohne Legeröhre) beträgt, so erscheint die Gattung relativ bedeutend
breiter als alle bisher bekannt gewordenen. Auch die lange (bei
allen vorliegenden Exemplaren) ausgestülpte, Sgliedrige Legeröhre
mit dem menschenfußähnlichen, rechtwinklig nach oben gebogenen
Endgliede ist wahrscheinlich für diese Gattung charakteristisch
(Taf. 30 Fig. 7 u. 8).
Kopf mit breiter hochgewölbter Stirn, mit ziemlich tiefen, durch
breiten Zwischenraum getrennten Fühlergruben, gerandetem Scheitel
und etwas ausgezogenen, flachgerandeten Hinterecken.
2 seitlich gerichtete, nahe beisammen stehende Borsten jeder-
seits am oberen Vorderrande der Fühlergruben.
Auf der Unterseite eine etwas längere Borste zwischen Augen
und Hinterrand der Fühlergrube und daran anschließend eine zum
Mundrande hinziehende Gruppe von Haaren.
Augen klein, seitlich am Hinterrand der Antennengrube, mit
wenigen Facetten und schwarzen, pfahlwurzelähnlich in das Kopf-
innere hineinreichendem Pigment (Taf. 30 Fig. 9).
Myrmecophile Phoriden der WAsjiANN'schen Sammlung. 535
Fühler g-ewölinlicli, 3g-liedrig-, 1. Glied unansehnlich, 2. knopf-
förmig-, im kiigligen 3. verborg-en. Fühlerborste verästelt.
Taster groß, blattartig- abgeplattet, mit behaarter Unterseite
und lang-en gebogenen Borsten am Vorderrande.
Eüssel klein, ganz in'die etwas konisch vorstehende Mundöffnung
(Taf. 30 Fig. 8) zurückziehbar (Taf. 30 Fig. 9) aus einem kleinen,
aber typisch gebautem Labrum (Textfig. G) und Labium bestehend.
Thorax oberseits von der Gestalt eines Abdominalsegments
(Taf. 30 Fig. 7) kurz und breit, mit jederseits einer Borste am
Seitenrande hinter der Mitte. Vorderrand vom platten Hinterrand-
teil des Kopfes überdeckt. Hinterecken des Thorax etwas aus-
gebuchtet mit kleinem schuppenförmigem, nach hinten gerichtetem
Vorsprung (Taf. 30 Fig. 7 u. 8). Unterseite stark abgeplattet und
bei Seitenansicht eingesunken erscheinend, hintere Hälfte mit deut-
lichen Nähten. Die dem Kopf anliegende Vorderfläche des Thorax
senkrecht abgestutzt, die Hinterfläche zunächst unter den vorstehen-
den Vorderrand des 1. Abdominaltergites herabgedrückt, dann schräg
nach unten und hinten ziehend.
Abdomen 6gliedrig, mit 3gliedriger Legeröhre. Das 1. Tergit
erscheint am längsten, weil alle folgenden bis zur Hälfte vom vorher-
gehenden bedeckt sind. Tergiten an den Seiten nach unten um-
gebogen, Seitenrand am 1. Tergit mit scharfer Kante, die sich bald
abstumpft und in sanfter Rundung verliert, ßauchmitte häufig,
Sternitengrenzen nicht ausgebildet.
Oberseite des ganzen Tieres (auch das 5. Abdominaltergit !) mit
feiner Pubescenz, die auf dem Abdomen an den Seiten und besonders
auf den umgeschlagenen ventralen Partien länger wird.
Beine von gedrungenem Bau mit am Ende beborsteten Hüften,
verbreiterten, platten Schenkeln, die zur Aufnahme der Schienen
breit gefurcht ^) sind. Mittel- und Hinterschienen mit je 2 kräftigen
Spornen. Hinterer Tarsus außerhalb der Mittellinie mehr nach der
Innenecke der Schiene zu eingelenkt, sein Metatarsus mit Quer-
reihen von Dörnchen. Alle Tarsalglieder mit fast parallelen Seiten,
nur allmählich sich verjüngend. Krallen deutlich, Pulvillen gänzlich
verkümmert.
Flügel und Schwinger fehlen.
1) Die Furchen kommen dadurch zustande, daß die Dorsalfläche der
Schenkel distal eine gewisse Strecke weit blattartig verbreitert und die
Ventralfläche ebendaselbst verschmälert und einwärts umgebogen ist.
536
H. Schmitz,
Aenif/fnatopoeus orbicularis n, sj), $.
(Taf. 30 Fig. 7—9, Textfig. F— K.)
Länge ohne Legeröhre 1 mm, mit ihr 1,2 mm.
Oberseite dunkelbraun bis schwärzlich, Unterseite hellbraun,
Fühler, Rüssel und Legeröhre weißlich.
Schon bei auffallendem Licht, besonders aber bei durchfallendem,
erscheinen Kopf, Thorax, 1. Hälfte des ersten und 2. Hälfte des
letzten Abdominalsegments von oben gesehen heller als die übrigen
Abdul
•Abdyni
AbdE+X
Fig-. F. Äenigmatopoeus oriicularis n. sp. 9-
Fig. G.
Labruni von
Äenigmatopoeus
orbicularis. 9-
Partien, in denen überdies in regelmäßigen Abständen schmale tief-
dunkle Bänder hervortreten. Diese Färbungseigentümlichkeiten
beruhen auf zwei Umständen. Erstens werden die Abdominaltergite
vom zweiten an jedesmal zur Hälfte vom vorhergehenden bedeckt, so
daß die dunkle Färbung sich summiert, und zweitens ist der Vorderrand
eines jeden Tergits nach unten und hinten schmal umgefalzt und
trägt hier (mit Ausnahme des 6. und vielleicht auch des 5. Tergits)
einen feinen, tiefschwarz kolorierten Streifen, wodurch die ganz
dunklen Linien entstehen. Das Übergreifen der hinteren Tergit-
ränder ersieht man aus Textflg. F.
Kopf von drei Flächen begrenzt wie eine Viertelkugel, einer
Myrraecophile Phorideii der WASMANN'schen Sainmlung-. 537
Ober-, Hinter- und Unterfläche. Oberfläche hinten mit breitem
flachem Saum über den Thorax greifend, Hinterfläche im allgemeinen
eben und senkrecht, nur median etwas nach hinten erweitert, Unter-
fläche uneben, mit stark hervortretender Mundpartie.
Fühlergruben in Form einer halben Hohlkugel, 3. Fühlerglied
annähernd kuglig, pubescent, Fühlerborste bis zum Kopfhinterrande
reichend oder noch etwas länger, undeutlich gegliedert, aber wahr-
scheinlich doch dreiteilig, mit kurzem 1. Gliede.
Augen klein, mit 10 einzeln gewölbten Facetten in 3 unregel-
mäßigen, annähernd horizontalen Reihen zu 2, 4, 4. Die Pigment-
schicht des Auges reicht tief nach innen und scheint sich, bei durch-
fallendem Licht gesehen, wurzelartig zu verjüngen.
Palpen halb so breit wie lang, sohlenartig platt, mit 7 starken,
fein verästelten teils ein- teils auswärts gekrümmten und nach oben
gebogenen Borsten am Vorderrande und einer ebensolchen mehr auf
der Unterseite in der Nähe des Yorderrandes. Unterseite mit ca>
25 Haaren (Taf. 30 Fig. 9).
Mundöfl:nung vorn von dem Rande des Epistoms halbkreisförmig
begrenzt, von der Eiulenkungsstelle der Palpen ab nach hinten ver-
schmälert, hinten von einer vertikalen Chitinplatte umgeben und
ebenda aus der Kopfunterfläche allmählich mehr hervortretend, am
aboralen Rande behaart.
Rüssel klein, bei 2 Exemplaren ganz in die Muudöffnung zurück-
gezogen, so daß nur die Labellen als kleine weiße Kissen sichtbar
sind, bei dem 3. vorgestreckt (Taf. 30 Fig. 8). Die Form des Labiums
konnte nicht genauer untersucht werden; es ist zweiteilig und am
Rande behaart. Das darüber und davor eingelenkt Labrum ist mehr
pfriemlich, nicht so breit birnförmig wie bei Thaumatoxena, sonst
aber ganz ähnlich. Auch mit dem Labrum von Crijptopteromyia hat
es große Ähnlichkeit. An Textfig. G erkennt man die 2 parallelen
Chitinstäbchen in der Mitte, die 3 Chitinplatten an der Spitze und
die Muskeln in der Wölbung des Lmern.
Thorax. Das zunächst auf den Kopf folgende Segment, und
nur dieses, repräsentiert den ganzen Thorax, wie bei Oniscomyia
Enderlein. Wie aus Textfig. F ersichtlich, läßt sich ein großer
Mesothorax und ein äußerst kurzer Metathorax unterscheiden. Der
Mesothorax ist vorn vom Kopfhinterrande eine Strecke weit über-
deckt. Der Metathorax ist ganz unter die Oberfläche hin abgedrückt,
von den sich berührenden Rändern des Mesothorax und des 1. Ab-
dominaltergits überlagert.
^gg H. Schmitz,
Thoraxunterseite ausj^ehöhlt erscheinend, bedeutend weiter nach
hinten reichend als die Oberseite und in ihrer hinteren Hälfte mit
deutlichen Nähten, durch welche 3 m. o. w. rautenförmige Bezirke
(Epimeren und Episternen) abgegrenzt erscheinen.
Die Prothoracalstigmen befinden sich an der vertikalen Vorder-
fläche des Thorax, liegen also der Kopfhinterwand m. o. w. an.
Hier auch jederseits ein Haar, wie bei Aenigmatistes.
Abdomen. 1. Segment nur scheinbar doppelt so lang wie die
folgenden, tatsächlich die 3 ersten Segmente und die 3 letzten unter
sich nahezu gleichlang, die letzteren etwas kürzer als die 1. (Textfig. F).
Das 5. Tergit erscheint besonders kurz, weil seine Basis bis mehr
als zur Hälfte vom 4. bedeckt wird. Dies Segment ist auch dadurch
ausgezeichnet, daß an seinem Grunde (unter der Körperdecke liegend)
eine schwache Einkerbung des Vorderrandes vorhanden ist — viel-
leicht eine Andeutung der dem 5. Tergit anderer Phoriden eigen-
tümlichen Drüse.
Die Pubescenz aller Tergite ist nicht auf die unbedeckte hintere
Hälfte derselben beschränkt. Die Härchen stehen in sehr unregel-
mäßigen Querreihen , in der Dichte etwa der Taf. 30 Fig. 7 ent-
sprechend.
Legeröhre 3gliedrig (Taf. 30 Fig. 7 u. 8), 1. Glied kurz, mit
trichterförmig erweitertem Eande, 2. Glied mit einem Kranze von
ca. 12 Haaren auf der Mitte, 3. Glied senkrecht nach oben um-
gebogen, abgeplattet, hinten durch viele feine, bei schwacher Ver-
größerung eine einheitliche Platte darstellende Chitinstreifen ver-
steift. Analöffnung dorsal gelegen, ringförmig, Genitalöffnung spalt-
förmig, an der Spitze zwischen beiden sind die behaarten, nach
vorn gerichteten kolbenförmigen Genitallamellen eingelenkt. Hinter-
fläche des 3. Gliedes der Legeröhre (9. -\- 10. Abdominalsegment) mit
1 ßorstenpaar, Seitenrand in der Mitte mit 2 Paar, Vorderseite
apical mit mehreren Paaren und 1 unpaaren Borste.
Beine (Textflg. H, J, K).
Vorderhüften sehr groß, mit schmaler, hakenförmiger Basis frei
eingelenkt, Mittel- und Hinterhüften klein.
Damit hängt zusammen, daß die frei vom Körper abstehenden
Vorderschenkel auf beiden Seiten, die anderen nur auf der ventralen
Seite behaart, auf der dorsalen, also der dem Körper zugewandten
und ihm enge anliegenden aber nackt sind. Vorder- und Hinter-
schenkel je doppelt so lang wie breit, bei dem Mittelschenkel ver-
hält sich Länge und Breite wie 7 : 3. Die Schienen alle kürzer als
Myrmecophile Phorirten der WASMANN'schen Sammlung.
539
die Schenkel, 3mal so lang wie breit, Hinterschienen relativ noch
etwas länger. Tarsen an den Vorderbeinen so lang, an den übrigen
länger als die Schenkel und die Schienen.
Fig. H. Fig. J. Fig. K.
Fig. H — K. Vorder-, Mittel- und Hinterbein von Aenigniatopoeus orbi-
cularis n. sjy. 9. In verschiedenem Mai^stabe vergröl3ert.
Die Furche an der Ventralseite eines jeden Schenkels ist bei
den hinteren Extremitäten fast so lang wie die in sie hineinpassende
Schiene, bei den Vorderbeinen dagegen wenig ausgebildet, flach und
kürzer als die Schiene. Die Schenkelhaare am distalen Rande der
Furche sind ein wenig stäi'ker und gerader als die übrigen, offen-
bar um das richtige Hineingleiten der Schiene in die Schenkelfurche
zu sichern. Diejenigen Flächen der Tibien, welche in eingeklapptem
Zustande der Innenwand der betreffenden Furche dicht anliegen,
sind unbehaart. Alle Schienen und Tarsen dicht und in ver-
schiedener Weise behaart bzw. bedornt:
Vorder schienen. Ohne Endsporne. Behaarung gegen Ende
dichter, ganz an der Spitze eine Reihe von 6—7 Haaren neben-
einander,
Vordertarsus. Tarsalglieder 2—4 rundlich oval, durch die
Behaarung fast quadratisch erscheinend, wie Tarsalglied 1 mit
einer Längsreihe palisadenartig dicht aneinandergereihter distal-
wärts umgelegter Dörnchen.
Pul Villen und Empodium undeutlich. Während man bei
mittelstarker Vergrößerung ganz kurze, zerschlitzte Pulvillen zu
^40 H. Schmitz,
sehen glaubt, ist es bei Ölimmersion unmöglich, sie von den End-
haaren des 5. Tarsalgliedes zu unterscheiden. An den Mittel- und
Hinterbeinen sind sie sicher nicht vorhanden.
Mittelschienen. Mit 2 behaarten Endsporaen: einem kür-
zeren, etwas dorsal an der Außenseite und einem (nur wenig!)
längeren, etwas ventral an der Innenseite. Innere, d. h. dem Femur
zugekehrte Seite behaart, gewölbt, Außenseite mit 2 Längszeilen von
Dörnchen und proximal 1 abgekürzten ebensolchen 3.; der Eaum
dazwischen flach. Haare entlang der oberen und unteren Außen-
kante stärker als die übrigen.
Mitteltarsus. Glied 1 — 4 am Ende innen mit spornartiger
Borste. Metatarsus außer der gewöhnlichen Behaarung mit 5 Dörnchen-
längszeilen: 1 dorsalen, 2 ventralen und 2 an der Außenseite, ferner
mit 4 Querreihen, ähnlich denen des hinteren Metatarsus, jedoch
aus wenigen und starken Haaren bestehend. Tarsalglied 2 — 4 dem
Metatarsus ähnlich bezüglich des Haarbesatzes, aber ohne Quer-
reihen.
Hinterschienen. Mit 2 Endspornen wie Tibia II. Der
kleinere Sporn erscheint als der letzte und größte einer Reihe von
8 Dornen entlang der dorsalen Außenkante. An der Außenseite
eine Dörnchenlängszeile sowie eine Zeile feinerer Haare, die am
Außenende der Schiene in einem Kamm endigt.
Hin tertarsus. Metatarsus mit 2 ventralen, 2 außen- und
1 innenseitigen Dörnchenlängszeile,' mit 5Y2 Querreihen, welche
dorsal je mit 1 stärkeren Haar beginnen. An der ventralen Innen-
kante eine Reihe von 8 — 9 stärkeren Haaren, Tarsalglied 2—4 mit
Längszeilen, 5. ohne solche, nur einfach behaart.
Lebensweise.
3 Exemplare von Rv. Geg. Schwab am 18. Aug. 1912 bei
Anomma sjöstedti Em. zu Gr. Batanga, Kamerun, entdeckt.^)
1) Während des Druckes fand sich in der "WASMANN'schen Sammlung
noch ein Exemplar aus Stanleyville, Congo bei Anoinma kohli Wasm.,
•das aber wahrscheinlich eine andere Art der Gattung Aenigmatopoeus
repräsentiert.
Myrmecophile Phoriden der WASJiANn'sclien Sammlung. 541
Aenigniatias Meine rt.
Aenigmatias blattoicles Meinert.
Von dieser Art, welche in der Sammlung Wasmann nur einmal
vertreten ist, habe ich folgende Exemplare gesehen:
1. 9. Die Type von Meineet, aus dem Zool. Museum von Kopen-
hagen beschrieben und abgebildet in: Entomol. Meddel., Vol. 2 [1890],
p. 1—15, tab. 4 flg. 1—6.
2. $ Ein später in Dänemark gefundenes Exemplar, aus dem-
selben Museum.
3. $ Ein von Wasmann 1908 in Luxemburg in einem Beobach-
tungsnest von Formica exseda mit Kokons von F. fusca gezüchtetes
und an Meinert verschenktes Exemplar, jetzt in demselben Museum,
4. $ Ein zugleich mit No. 3 gezüchtetes Exemplar, in Coli.
Wasmann (No. 3 und 4 sind erwähnt in: Biol. Ctrbl., Vol. 28
[1908], p. 728-730).
5. $ Das von H. St. Donisthorpe am 21. Juli 1913 in Schott-
land bei F. fusca entdeckte und in: Entomol. Record, Vol. 25
[1913], p. 277 — 278 besprochene Exemplar, aus dessen Sammlung.
Wahrscheinlich sind dies alle Stücke, die bisher gefangen wurden,
wenigstens fand ich sonst keine in der Literatur erwähnt. Sie sind
hier einzeln zu besprechen, erstens, weil die Originalbeschreibung
Meinert's zu manchen Zweifeln Anlaß gegeben hat, und zweitens,
weil kaum eines der 5 Exemplare mit dem anderen überein-
stimmt.
No. 1. Die Originaltype ist auf Karton aufgeklebt, nur ein
Vorderbein ist sichtbar, auch den Kopf, den Meinert wahrscheinlich
besonders präpariert hat, sah ich nicht.
Die Färbung ist ein Braun, das in guter Beleuchtung deutlich
rotbraun erscheint (Unterschied von No. 5), Infolge starker Kon-
traktion erscheint das Tier kürzer und breiter, als es Meinert 1. c.
üg. 1 dargestellt hat. An dieser Abbildung ist noch folgendes
Irreführend: der Ausschnitt am Hinterrande des Thorax existiert
nur in der Perspektive, ebenso der bogentörmige Ausschnitt des
•6. Tergits. Das scheinbare 7. Tergit, welches diesen Ausschnitt auf
der Zeichnung ausfüllt, ist in Wirklichkeit der häutige Hintersaum
des 6. Tergits, der zufällig stark gebräunt, geschrumpft und wegen
•der vollständigen Einziehung des Ovipositors nach unten und innen
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. 35
^A^^ H. Schmitz,
ffezoo-en ist. Der von Meinekt gar nicht beschriebene Ovipositor
ist ähnlich wie bei Jenigmatias (Oniscomyia) dorni End. gebildet^
1. Glied kurz und breit und mit vielen chitinösen Längsleisten ver-
sehen, 2. mit einem Kranz schwarzer Doppelhäkchen^
die auch Enderlein bei seiner Art unerwähnt gelassen hat
(s. Näheres bei A. dorni).
Auch die übrigen Figuren von Meineet sind in manchen Einzel-
heiten mißverständlich und unzutreffend, und es ist erklärlich, daß
sie Endeelein, der bei Begründung seiner Gattung Oniscomyia
völlige Genauigkeit bei ihnen voraussetzte, in Irrtum führen mußten.
Die Vorderbeine sind wie bei dorni End , also nicht „pedes graciles'V
wie Meinert sich ausdrückt. An der Type läßt sich auch erkennen,
wie der letzte Satz der lat. Originaldiagnose zu verstehen ist: „pilis-
parvis in series transversas, in margine anolorum (sie) majoribus,.
vestibus". Es ist hier nicht der Hin t er r and der Abdominal-
segmente, sondern der Außenrand der Körpersegmente gemeint,
wo die Behaarung — wiederum ganz in Übereinstimmung mit dorni
Enderlein — an gewissen Stellen etwas länger ist.
No. 2. Dieses Exemplar, von dem mir nicht mitgeteilt wurde,,
ob und bei welchen Ameisen man es antraf, ist in Alkohol kon-
serviert. Es erscheint kleiner als alle anderen wegen starker In-
einanderschachtelung der Segmente; die Legeröhre ist z.B. so weit
zurückgezogen, daß man nichts von ihr sieht, nicht einmal den
Hakenkranz an ihrem Ende. Da man aber die Eier durchschimmern
sieht (wie bei allen feucht aufbewahrten Uattoides und dorni, die ichi
sah; die Eier sind länglich-oval und zahlreich!), so steht auch für
dieses Exemplar das Geschlecht fest.
Abweichend und auffallend ist die große Zahl der Borsten
auf der Unterseite des Kopfes (vgl. Textfig. L, die Reihe beider-
seits vom Rüssel bis zu den Augen). Sonst beträgt die Anzahl'
jeder Reihe im Mittel etwa 7, hier sind es links 12 und rechts 11,.
und zwar beginnt die Reihe jederseits mit einer Gruppe von 6 — 7,
ferner wird sie am hinteren Augenrand entlang von den dort
stehenden ca. 11 Borsten in halber Stärke fortgesetzt und endigt
oberhalb der Augen, also fast auf der Oberseite des Kopfes, mit
einer etwas kräftigeren Borste. In der stärkeren Ausbildung der
Augenhinterrand-Borsten liegt auch sonst ein üntersclieidungsmerkmal
von Uattoides gegenüber dornig doch tritt es bei diesem Exemplar
besonders hervor. Ferner: der linke Taster schon von der Mitte
an beborstet, im ganzen mit 9, der rechte nur an der Spitze mit
Myrmecophile Phoriden der WASMANN'schen Sammlung. 543
6 Borsten. Die Taster sind niclit 'igliedrig-, sondern Igliedrig, wie
sie Meinert auch selbst zeichnet (1. c, Fig. Sy).
No. 3. Wegen der vorzüglichen Konservierung zum Vergleiche
mit dorni besonders geeignet. Man erkennt: Kopfform die gleiche
wie bei dorni (Seitenansicht!), die nur schwach angedeuteten Fühler-
gruben als flache Mulden von der etwas vorgewölbten, dann un-
mittelbar über dem Mundrande sanft eingebogenen Stirn getrennt,
3. Fühlerglied auch hier von der Seite gesehen oval erscheinend
wie bei dorni (Taf. 30 Fig. 10), Fühlerborste völlig gleich, Taster
keulenförmig, rechter mit 7, linker mit 4 Borsten, Facettenauzahl
ca. 70, also weniger als bei dorni. Vom Mundrand bis zum Auge
jederseits 8 Borsten, von denen die 4 ersten eine Gruppe, die fol-
genden eine Reihe bilden. Schlundgerüst im Innern sehr deutlich,
an den „Kopftrichter" von Chonocephalus erinnernd (Wandolleck's
fig. 12). Das eigentümlich behaarte „Flügelrudiment-' von dorni
auch hier vorhanden, davor am Seitenrande des Thorax eine längere
Borste. Ovipositor mit Chitinlängsleisten und Kranz von 2X8 Doppel-
haken an der Spitze, 5. Tergit gleich den anderen gleichmäßig chi-
tinisiert und überall behaart — wesentliches Unterscheidungsmerkmal
von dorni Enderlein.
No. 4. Dem aus demselben Nest stammenden Exemplar No. 3
ziemlich gleich, Borsten neben der Mundöffnuug links 7 rechts 9.
Die Labellen der deutlich vorstehenden Proboscis sind bei Uattoides
mehr und länger behaart als bei dorni, man sieht vier größere und
mehrere kleinere Haare. Von den 6 Abdominalsegmenten sind bei
diesem Exemplar das 1. — 3. unregelmäßig ineinandergestülpt, das
4.-6. dagegen auseinander gezogen, der Vorderrand des 6. Tergits
unregelmäßig gekerbt, Legeröhre eingezogen, der fleischige Zjiinder
in ihrem Innern (2. Glied) mehr als sonst aus der Öffnung hervor-
tj'etend. Hakenkranz deutlich.
No. 5. Ein großes, trächtiges Weibchen in der Färbung von
No. 1 — 4 auffallend abweichend, grau schwarz, ohne eine Spur
von Rotbraun. Es handelt sich wahrscheinlich um eine lokale hoch-
nordische Varietät, für die ich den Namen var. highlandica vor-
schlage, nach dem Fundgebiete im schottischen Inverness.
1) Übrigens ist gerade diese Figur Meinert's ziemlich rätselhaft
und offenbar ungenau.
35*
A^^ H. Schmitz,
Lebensweise.
Parasitisch in den Puppen von Formica fusca. Sclüüpft meist
im Juli und lebt vielleicht zeitweilig- außerhalb der Nester. Vgl.
Wasmann, Nachtrag- zu : Weitere Beiträge zum sozialen Parasitismus
und der Sklaverei bei den Ameisen in: Biol. Ctrbl., Vol. 28 [1908],
3. Aenigmatias ein Parasit der Ameisenpuppen?, p, 728 — 730. Von
den dort erwähnten J.ewi^ma^ias- Funden bezieht sich nur der letzte
vom 10. Juli 1908 auf hlaUoides, die drei vorhergehenden 3i\\f Aenig-
matias {Oniscomyia) dorni Enderl., wie unten gezeigt werden wird.
Damit ist auch klargestellt, welches die ausschließliche Wirtsameise
von Ae. Uattoides Meineet ist. Bei F. rufibarbis ist nie ein echter
hlattoides gefunden worden. Von den 5 oben beschriebenen Exem-
plaren ist für No. 2 die Wirtsameise unbekannt, No. 1 und 5 wurde
in /Msca-Nestern im Freien angetroffen, No. 3 und 4 entwickelten
sich in einem Beobachtungsnest von F. exseda-fusca, und Wasmann
weist 1. c, nach, daß sie sich nur aus Kokons von F. fusca, die
16 Tage vor dem Ausschlüpfen der Aenigmatias in das exsecta-Nest
gegeben worden waren, entwickelt haben konnten.
Aenigmatias dorni Enderlein.
(Taf. 30 Fig. 10—12 und Textfig. L.)
Syn. : Oniscomgia dorni Enderlein.
Die Unterscheidung und Beschreibung dieser interessanten Art,
die der MEiNERT'schen äußerst ähnlich ist, bleibt ein Verdienst des
Stettiner Entomologen, wenn auch die dafür kreierte Gattung un-
haltbar ist. Die letztere wurde irrtümlich errichtet für
1 Exemplar, dem zufällig beide Taster fehlten. Den
Beweis liefert das Material der WASMANN'schen Sammlung. Sie
enthält 3 Stücke, die vollständig mit Oniscomyia dorni überein-
stimmen, aber große, keulenförmige, an der Spitze stark beborstete
Taster von ähnlicher Bildung wie bei blattoides besitzen.
Man vergleiche fig. 7 von Enderlein (in: Zool. Jahrb., Vol. 27,
Syst. [1908], tab. 7) mit meiner Taf. 30 Fig. 10. Beide stellen den
Kopf von der Seite dar, bei Enderlein etwas schräg von unten,
bei mir ein wenig schräg von oben gesehen (dadurch erklären sich
einige unbedeutende, rein perspektivische Unterschiede). Was
Enderlein für den s e h i" s t a r k reduzierten, nur noch durch
Myrmecophile Phorideu der WAsiiANN'scheu Sammlung.
545
ein knopfartiges Rudiment dargestellten rechten und
linkenMaxillarpalpus hält, sind in Wirklichkeit d i e beiden
Labellen derProboscis. Diese weisen auch bei den Wasmann-
schen Exemplaren keine Beborstung auf, sondern — genau wie bei
Enderlein — nur einzelne sehr feine Härchen, von denen bei Profil-
ansicht je 3 sichtbar werden. (Vgl. hierzu die Artbeschreibung bei
Endeelein : „Jede der knopfförmigen Rudimente der Maxillarpalpen
mit 3 winzigen Härchen".) Indem nun Endeelein die wahre
Proboscis gänzlich verkannte, wurde er dazu geführt zu behaupten:
„Rüssel fehlt völlig und ist nur noch durch ein höckerartiges
Rudiment angedeutet." Dieses höckerartige Rudiment ist nichts
anderes als das aus einer etwas gewölbten Chitinplatte bestehende
Hypostoni, also die hintere Begrenzung des Atrium buccale
(Fig. 10 liypost).
Fig. L. Aenigmatias dorni Enderlein, Kopf von unten. A Augen, mr Mund-
rand, hup linker Maxillarpalpus. Ijjr Labellen der Proboscis.
Aus dem Innern dieses letzteren ragen nun die an dem Endeelein-
schen Exemplar offenbar zufällig fehlenden wirklichen Palpen hervor
(Taf. 30 Fig. 10 rmx2), vgl. auch Textfig. L). Sie sind schwach
keulenförmig und gegen das Ende hin mit einer variabeln Anzahl
ziemlich ansehnlicher Borsten besetzt.
Die Fühler, die Augen, die Kopfform und anderes stimmen in
unseren Zeichnungen überein. Es ist jedoch zu bemerken, daß auch
bei A. dorni die Fühler nicht „ögliedrig" sind, sonder „6gliedrig"
bzw. 3gliedrig mit 3teiliger Borste. Das 2. ist im 3. in der be-
kannten Weise eingeschlossen. Die Längen- und Dickenverhältnisse
der 3 Fühlerborstenglieder fand ich so, wie es in Taf. 30 Fig. 10 dar-
gestellt ist. In Textfig. L ist das Basalglied der Borste nicht zu
546 H. Schmitz,
sehen. Die Augenhinterrandborsten fehlen bei Endeelein, sie sind
auch in der Tat bei dorni zum Unterschied von Uattoides nur schwach.
Der Unterschied in der Behaarung der Kopfoberseite (vorn sehr
fein, hinten stärker) tritt zufällig bei dem von mir abgebildeten
Exemplar weniger als bei den anderen hervor. Bei Uaüoides ist
dieser Unterschied auffallender.
Nach dem Vorstehenden kann es wohl keinem Zweifel unter-
liegen, daß Oniscomyia als Synonym zu AenigmaUas eingezogen werden
muß. Von letzterer sagt Endeelein : Sie steht Oniscomyia sehr nahe
und unterscheidet sich von ihr durch folgendes: Maxillarpalpus lang-
gestreckt, beborstet, 2gliedrig und etwas gekrümmt; Proboscis vor-
handen (sehr klein); Beine schlank. Diese Angaben beruhen auf
der Darstellung von Meineet, die, wie oben nachgewiesen, teilweise
ungenau ist; sobald sie berichtigt wird, fällt jeder Gattungs-
unterschied weg.
Es bleibt allein ein Artunterschied: die Beschaffenheit des
5. Tergits. Die etwas knappe Schilderung lautet bei Endeelein,
1. c, p. 151: 5. Tergit mit Ausnahme der Seiten völlig ohne
Pubescenz, sehr dünnhäutig (p. 152 . . . und ohne Chitinstrukturen).
Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß man manchmal sehr
genau zusehen muß, um dieses Merkmal zu verifizieren, weil die
Tergite so sehr ineinander geschoben sein können, daß man vom
5. Tergit nur die normal chitinisierten und normal behaarten Seiten
gewahrt. So ist es z. B. bei dem Exemplar Wasmann's vom 31./7. 1905.
Sind dagegen die Somite weit auseinandergezogen, so fällt am
5. Tergit der helle weichhäutige, ganz unbehaarte Bezirk, der vom
Vorder- bis zum Hinterrande reicht, sofort auf. Bei dem abgebildeten
Hinterleibsende Taf. 30 Fig. 11 ist die weiche Partie des 5. Tei'gits
größtenteils unter dem Hinterrande des 4. verborgen, dagegen wird
die Basis des 6. Tergits nur ganz schmal vom Hinterrande des 5.
überlagert. All dies ändert sich von einem Exemplar zum anderen.
An derselben Fig. 11 ist ersichtlich, daß auch der Hinterrand
des 6. Tergits weichhäutig, aber mit einigen kräftigen Haaren be-
setzt ist: genau so wie bei A. Uattoides. Von der Unterseite und
stärker vergrößert wird das 6. Segment mit der Legeröhre in Taf, 30
Fig. 12 dargestellt. Über den Bau der Legeröhre vollständig ins
klare zu kommen, ist ohne frisches Material schwer. Nach meiner
Ansicht, die ich besonders durch Untersuchung des in Coli. Wasmann
trocken präparierten ganz vorzüglichen ICxemplars vom 19. Juli 1904
gewonnen habe, ist die Legeröhre sicher 2-, vielleicht 3gliedrig.
Myrniecophile Phoriden der WASMANN'schen Sammlung. 547
Das die anderen an Volumen weit übertreffende 1. Glied ist
kurz und breit, kegel- oder glockenförmig, die Wandung chitinisiert,
mit vielen sich teilenden Chitin streifen versteift; hinten befindet sich
«ine kleine kreisförmige Öffnung, die wahrscheinlich dorsal in einen
Spalt nach vorn sich fortsetzt, dessen ßänder bei Hervorstülpung
des im 1. Glied verborgenen weit dünneren 2. Gliedes m. o. w.
auseinanderweichen. Jene Öffnung wird von einem Hakenkranz
{16 Haken) umsäumt, der aber vermutlich dem 2. Gliede der Lege-
röhre angehört, welches bis zu diesem Kranze eingezogen zu werden
pflegt. So kommt der tiefschwarze Hakenkranz an die Spitze der
scheinbar Igliedrigen Legeröhre zu liegen.
Das 2. Glied der Legeröhre ist auf Taf. 30 Fig. 12 im Innern
des 1. als fleischiger, zentraler Zylinder (durch punktierte Linien
angedeutet) sichtbar. Was nun auf der Abbildung als zweilippiges
behaartes Ende dieses Zylinders aus dem Hakenkranz und der
runden Öffnung des 1. Gliedes herausragt, ist entweder wirklich
seine Endregion oder aber ein kurzes 3. Glied des Ovipositors, und
der Hakenkranz stünde dann auf der Grenze zwischen dem 2. und
3. Gliede.
Die „Subgenitalplatte" Endeelein's scheint dem 2. Gliede der
Legeröhre anzugehören.
Daß die letztere wirklich mehrgliedrig ist, wird übrigens schon
durch folgenden Passus von Donisthorpe über Aenigmatias Uattoides
nahegelegt (in: Entomol. Rec, Vol. 25 [1913], p. 277): „When placed
in a tube the anal segments of the insect's body were observed to
be rapidly exserted and retracted."
Die schwarzen Haken, die weder Enderlein noch Meinert er-
wähnt, nehmen von oben nach unten an Größe zu und sind zwei-
spitzig, so daß man bei ungünstiger Stellung des Objekts leicht
2 Hakenkränze hintereinander zu sehen vermeint.
Lebensweise.
Wie bei A. hlattoides parasitisch aus Ameisenpuppen meist im
Juli sich entwickelnd. Die Wirtsameise ist fast sicher Formica rufi-
harUs. P. Wasmann schließt das (nach mündlichen Mitteilungen)
aus den Umständen, unter welchen die 4 bis jetzt bekannten Exem-
plare gefunden worden:
No. 1. Die Type von Endeelein auf dem Grunde eines Nestes
von Polyergus rufescens am 18. August 1907, Hohe Wart, Zeyern bei
Kronais in Oberfranken. Polyergus hat bei uns keine eigenen Gäste,
^^g H. Schmitz,
sondern nur diejenigen ihrer Sklavenarten Formica fusca oder riiß-
barbis. Bei fusca lebt blattoides, also dorni wahrscheinlich bei ruß-
barbis. Leider ist nicht angegeben, welche Sklavenart in jenem
Pohjergus-^est vorkam.
No. 2. Alkoholexemplar Coli. Wasmann, gefangen 17. Juli 1902,
Luxemburg. Hierüber sagt Wasmann in : Biol. Ctrbl., Vol. 28 [1908]
p. 729): „Am 17. Juli 1902 ließ ich in meinem Zimmer aus einem
LuBBOCK-Nest mit Formica rufibarbis, denen ich einige Zeit vorher
Arbeiterkokons von Lasius niger gegeben hatte, die Ameisen in ein
anderes LuBBOCK-Nest umziehen. Plötzlich sah ich auf der Außen-
seite der Glasröhre, welche beide Nester verband, eine Äenigmatias
hurtig umherlaufen ... Ob die kleine Fliege in diesem Falle ur-
sprünglich zu F. rufibarbis gehörte oder ob sie mit den Kokons von
Lasius niger in das Beobachtungsnest gelangt war, blieb zweifelhaft."
No. 3, Das trocken präparierte Exemplar der Coli. Wasmann.
Herkunft 1. c: „Das zweite Exemplar von Äenigmatias fing ich im
Garten unseres Hauses (Bellevue, Luxemburg) am 19. Juli 1904 unter
einem Steine, der ein zusammengesetztes Nest von F. rufibarbis mit
Lasius niger bedeckte. Auch in diesem Falle ließ sich nicht fest-
stellen, zu welcher der beiden Ameisenarten der Gast gehörte."
No. 4. Coli. Wasmann, in Alkohol kons. Herkunft Wasmann
1, c: „Das dritte Exemplar fand ich am 31. Juli 1905 unter einem
Steine in unserem Garten, der ein reines rufibarbis-'Sest bedeckte.
. . . Diesmal war über ihre Zugehörigkeit zu F. rufibarbis kein
Zweifel."
Alle diese Exemplare sind Weibchen. Es ist also immer noch
eine offene Frage, ob Platyphora lubbocM das c^ einer Aenigmaiias-
Art ist oder nicht. Die Wirtsameise der VEKßALL'schen Type läßt
sich nicht feststellen; neuerdings sind 2 Exemplare bei Formica
sanguinea gefangen worden (s. IL Teil). Daraus läßt sich vorläufig
nichts schließen, weil F. sanguinea in gemischten Kolonien mit fusca
und rufibarbis lebt und deren Kokons raubt. Platyphora lubbocU kann
also ebensogut auf eine besondere Gast- bzw. Parasitenart von
sanguinea als auf blattoides ^ (Parasit von fusca) oder auf dorni ^
(dto. von rufibarbis) bezogen werden. Es zeigt sich hier wieder ein-
mal, wie wichtig es bei Myrmecophilen-Funden ist, auf die Wirts-
ameise und ihre etwaigen Sklaven genau zu merken.
Myrmecophile Phoriden der WASMANN'schen Sammlung. 549
Allgemeine Bemerkungen über die myrmecophilen
P 1 a t y p h 0 r i n e n.
Die myrmecophilen Platijphorinae gehören, soweit bis jetzt be-
kannt, alle zur Tribus Flatyphorini Enderlein. Alles, was Endee-
LEiN zur Charakteristik seiner Subfamilie 1. c. p. 146 sagt, kann ich
für diese Tribus vollständig bestätigen; mit Tliaumatoxena habe
ich mich nicht beschäftigt, kann daher nicht beurteilen, ob der
Widerspruch Teägardh's {Cryptopteromyia etc., 1909, p. 341 ff.) gegen
Enderlein's Auffassung der Thoraxbildung (Oniscomyia etc., 1908,
p. 146) berechtigt ist. Daß die Thamnatoxenini überhaupt eine
Tribus der PlatypJwrinae bilden, nehme ich wegen der doch sehr be-
deutenden Unterschiede nur mit Vorbehalt an.
Als Thorax ist immer nur das erste auf den Kopf
folgende Körpersegment aufzufassen. Spuren des Pro- und
Metathorax sind an diesem Segment aufzusuchen, alle Beinpaare
sind an ihm eingelenkt. Der folgende Abschnitt ist also immer das
1. Abdominalsegment, und Meinert, Coquillett, Shelford sind alle,
jeder in verschiedener Weise, im Irrtum.
Das Abdomen ist überall 6gliedrig. P]ine Drüsenöffnung auf
dem 5. Tergit ist nicht vorhanden; bei 2 Arten ist es jedoch
weichhäutig bzw. „bereift" {Aenigmatias dorni End. und schwarten
Coquillett).
Alle bis jetzt bekannten Exemplare sind Weibchen (außer
Plafyphora lubbochi?'^)). Coquillet will zwar seine Art als Männ-
chen betrachtet wissen, aber seine Gründe sind unstichhaltig und
die besondere Bildung des 5. Tergits weist unzweifelhaft auf ein $
hin. Shelford hält seinen Aenigmatistes auch selbst für ein $,
allerdings mit Zweifel.
1) Aus welchem Grunde man die Originaltype von Verrall all-
gemein als (J in der Literatur verzeichnet findet, weiß ich nicht. Verrall
selbst sagt : I am unable to divide on the sex ! Leider kennte ich die
beiden neuerdings von DONISTHORPE gezüchteten Stücke nicht zur An-
sicht erhalten.
;^50 H Schmitz,
Zweiter Teil.
Kritische Übersicht der bis Anfang 1914 bekannt gewordenen
niyrmecophilen und termitopliilen Phoriden.
Von der Literatur sind nur die ersten Beschreibungen und
eventuell neue Tatsachen oder Gesichtspunkte enthaltende spätere
Erwähnungen ausgeführt; infolgedessen sind die Monographien von
Beckee, Brües, Wood und Malloch nur in speziellen Fällen zitiert.
Erste Abteilung. Mj^-mecophile Phoriden.
A. Subfam. Platifpliorinae Enderlein.
Tribus Platyphorini Endeelein.
1. Platyphora Vereall 1878. c^(?).
Yereall, in: Journ. Linn. Soc. London, Vol. 13 (1878), p. 259.
Plciti/phora lubbocki Vereall. c^(?).
Vereall, 1. c
In Ameisennestern ohne Artangabe.
LuBBOCK, Ameisen, Bienen und Wespen, 1883, p. 371.
WaSMANN, Kritisches Verzeichnis der niyrmecophilen und termitophilen
Arthropoden, Berlin 1894, p. 174.
Donistoepe, H. St., erzog nach brieflicher Mitteilung 2 Exem-
plare aus einem Nest von Fonnica sanguinea Late. in England.
IL und 26. Juli 1913.
Malloch, in: Ann. Scott, nat. Hist., Jan. 1910.
Exemplare von New Forest, Schottland.
2. Aenigmatias Meineet 1890. $.
Meinert, in: Entomol. Meddel., Vol. 2 (1890), p. 212—227.
Aenif/niatias hlattoides Meineet. $.
Meineet, 1. c.
Bei Formica fusca L. Geel Skov bei Kopenhagen, 15. August
1890. 1 $.
Wasmann, Krit. Verz. etc., p. 175.
Myrmecophile Phoriden der WASMANN'schen Sammlung-. 551
Bei F. fusca.
Wasmann, in: Biol. Ctrbl., Vol. 28 (1908), p. 227.
In einem Beobachtungsnest von F. exseda mit fusca aus fusca-
Kokons gezogen 2 Exemplare, Luxemburg, 10. Juli 1908.
Aenigmatias blattoides vav higJilandica Schmitz. $.
Schmitz, s. oben im 1. Teile.
DONISTHORPE, in: Entomol. Record, Vol. 25 (1913), p. 277 — 278.
1 Exemplar ($) in einem Neste von F. fusca am 31. Juli 1913,
Forest Lodge Nethy Bridge, Inverness, Schottland.
Aetiif/tnatias schwarten Coquillett. $.
COQUILLETT, in: Canadian Entomol., Vol. 35 (1903), p. 20—22.
Ein Exemplar (angeblich ,$) im Sommer 1901 bei Flagstaff,
Arizona, U. S. A. Wahrscheinlich myrmecophil, obwohl nicht bei
Ameisen gefunden. Denn nach WaSxMann leben auch die anderen
Aenigmatias-Axttw vermutlich nur zur Fortpflanzungszeit in den
Ameisennestern.
Malloch, in: Proc. TJ. S. nation. Mus., Vol. 43 (1912), p. 511,
erwähnt ein zweites Exemplar aus Bozeman, Montana. „Taken
in a greenhouse".
Aenigniatias dornt Endeelein. o.
Enderlein, in: Zool. Jahrb., Vol. 27, Syst. (1908), p. 145 — 156, tab. 7
fig. 1-8.
Von Enderlein als „Oniscomyia dorm, eine neue deutsche als
Ameisengast lebende flügellose Fliegengattung'' beschrieben, aber
als Gattung nicht haltbar (vgl. 1, Teil).
1 $ in einer Kolonie von Polyergus rufescens Latr. am 18. August
1907 Hohe Wart b. Zeyern (bei Krön ach) in Bayern.
WasMANN, in: Biol. Ctrbl., Vol. 28 (1908), p. 729
als Ä. blattoides Meinert bei F. rufibarbis.
{Onisconiyia Enderlein 1908.)
Siehe unter Aenigmatias dorni Enderlein.
3. Aenif/niatistes Shelford 1908. ?.
ShelfoRD, in: Trans. Linn. Soc. London, Vol. 30 (1908), p. 150 — 155,
tab. 22, fig. 1—5.
gg2 H. Schmitz,
Aenigmatistes africanus Shelfoed. $.
SHELrOED, 1. C.
Wirt unbekannt. Über die Lebensweise sagt Shelfoed p. 154 :
Unfortunately nothing- is known of tlie Imbits of Aenigmatistes; the
unique specimen was found in a miscellaneous coUection of insects
sent to the Paris Museum.
1 $ Kisumu, Victoria Nyanza, Britisch Ost- Afrika (Ch. Alluaud,
1904). Wahrscheinlich myrmecophil, wie auch Endeelein vermutet.
4. Aenifßmatopoeus n. ff. ?.
Schmitz, im 1. Teile.
Beschreibung s. oben S. 534 ff.
Aenigniatopoeus orhicAilaris n, sp, $.
Schmitz, s. o.
Bei Anomma sjöstedti 3 $$ von Eev. G. Schwab am 18. August
1912 in Gr.-Batanga, Kamerun, entdeckt und ' an P. E. Wasmann
gesandt.
B. Subfam. PJwrinae Endeelein,
5, 6, 7. Hypocera Lioy 1864. (^, $. Phora Late. 1802. c^, ?
(= Trineura Meig. 1803). Aphiochaeta Beues 1903. c^, $.
Verschiedene Arten dieser Gattungen sind in Ameisennestern
sowohl auf dem Kontinent als ganz besonders in England beobachtet
worden und manche mehrmals. Von einigen Aphiochaeta- und
Hypocera- Arten steht fest, daß sie in Insecten oder Insectenlarven
parasitieren (z. B. Hypocera vitripennis in Wespenlarven), und so ist
es nicht ausgeschlossen, daß es auch solche gibt, die gelegentlich
oder gesetzmäßig bei Ameisen schmarotzen. Die englischen Forscher,
die Herren Donisthoepe und Dr. Wood, sind jedoch nach brieflicher
Mitteilung überzeugt, daß fast alle Arten nur zufällige Gäste der
Ameisen waren, die man auch außerhalb der Nester antrifft. Folgende
Hypocera-, Phora- und Aphiochaeta- Arten werden in der Literatur
erwähnt :
Hypocera femorata Meig., Syst. Beschr. Vol. 6, 2113, 5. ^, $.
Beckee, Die Phoriden, Wien 1901, p. 41 (als Phora).
Myrmecophile Phoriden der WASMANN'schen Sammlung. 553
Nach brieflicher Mitteilung- von Donisthoepe in einem Nest von
Myrmica ruginodis. Nethj^ Bridge, Inverness, Mai 1912.
Phora {Trineurä) aierrima F. ^, $.
DCNISTHORPE, in: Entomol. ßecord, Vol. 21 — 22 (1910), No. 10, 11,
8. p. 5.
Bei Lasius fuliginosus, Darenth Wood, 6. Juni 1909. ^, $.
Phora {Trineurä) sp.
"Wasmann, Krit. Verzeichnis etc., p. 175.
„Bei F. fusca L. England teste
"Westwood, Introduction to the modern Classification of Insects, Vol. 2,
1814, p. 234.
Nach der Beschreibung des Nestes scheint es F. rufa gewesen
zu sein."
Äphiochaeta pulicaria Fallen. (^. $,
Wasmann, in: Krit. Verzeichnis etc., p. 174.
Zahlreich bei Formica rufa in Holländisch Limburg,
Donisthoepe, nach brieflicher Mitt.
Einmal aus n*/a-Nest von Wetbeidge gezüchtet 1909.
Wasmann, aus Nest von Polyergus rufescens 1906 gezüchtet, s.
oben S. 533. $.
Äphiochaeta rufipes Meigen. (J, $.
Wasmann, in: Krit. Verzeichnis etc., p. 174.
Zahlreich in den Nestern von Lasius fuUginosus in Holl. Limburg.
Äphiochaeta rata Wood, (^, $.
Wood, in: Entomol. monthl. Mag., Vol. 19 (1908), p. 172. Nach brief-
licher Mitteilung von demselben :
Auch aus Wespennest und aus faulenden Vegetabilien gezüchtet,
worin Nepticula gelebt.
Donisthoepe, in: Entomol. Record, Vol. 23 (1911), p. 9.
1 Exemplar aus exsecta-l^est gezüchtet von der Insel Wight,
früher aber auch aus Larven, die in lebenden Clerus formicarius
schmarotzten.
554 H- Schmitz,
Aphiochaeta aequalis Wood, c^, $.
Wood, in: Entomol. monthl. Mag., Vol. 20 (1909), p. 25.
DONISTHOEPE, in: Entomol. E,ec., Vol. 21 — 22 (1910), p. 5.
In Anzahl in einem Nest von Lasnts fidiginosus, Darenth wood,
24. September 1909, 2. April 1910 und Wellington College, Berkshire,
April 1912. Brieflich bemerkt Wood: „A. aequalis is such an abun-
dant insect that if the ants' nest were its natural home, it ought
to be found there in numbers instead of one here and there."
Aphiochaeta conformis Wood. ^, $.
Wood, in: Entomol. monthl. Mag., Vol. 20 (1909), p. 113.
DONiSTHOEPE, in: Entomol. Record, Vol. 24, No. 2, p. 36.
2 Expl. in einem Neste von Myrmica laevinodis unter Stein
Rannoch, 14. ,Tuli 1911.
Aphiochaeta longicostalis Wood. $.
Wood, in: Entomol. monthl. Mag., Vol. 23 (1912), p. 171.
Ein 5 unter totem Maulwurf!
DONiSTHOEPE, in: Entomolog. Record, Vol. 21, No. 10, 11, 12.
Bei Lasitis fidiginosus, Darenth Wood, Sept. 1909 und bei Ameisen
Whitsand Bay, Cornwall.
Aphiochaeta ciliata Zett. (= inaequalis Wood). <^, $.
Zetteestedt, Dipt. Scand., Vol. 7, 2872, 22.
DONISTHORPE, in: Entomol. Record, Vol. 23, p. 9.
Bei L. fuliginosus zu Darenth Wood, Kent, 2. April 1910 und
Wellington College 1906.
Ajyhiochaeta conica Malloch. $.
Malloch, in: Proc. U. S. nation. Mus., Vol. 43 (1912), p. 462—463.
Lebensweise : „Bred from abdomen of Camponotus pennsylvanicus
22. Aug. 1901 (T. Peegande!) Washington D. C.
8. Melaloncha Beues 1903. (^,2.
Beues, in: Trans. Amer. entomol. Soc, No. 4, Vol. 29 (1903) i),
p. 374—375.
1) Beues zitiert in den Genera Insectorum als Erscheinungsjahr
Myrmecophile l'lioriden der VVASMANN'schen Sammlung-. 555
MelaloncJia pttlchellct Beues. (^, $.
Beues, 1. c.
Beschrieben nach einem Pärchen aus Songo, Bolivia, Südamerika.
Lebensweise nicht bekannt, aber nach Beues, 1. c, höchst wahr-
scheinlich ähnlich wie Apocephalus pergandei, also parasitisch bei
Ameisen.
3Ielaloncha stylata Schinee. $,
Schinee, Dipteren Novara-Reise 1868, p. 224.
Lebensweise unbekannt, doch gilt dasselbe wie bei der vorigen
Art. Südamerika, Columbia.
9. Apoeeijhalus Coquillett 190L (J, $.
COQUILLETT, in: Trana. entomol. Soc. Washington, Vol. 4 (1901),
p. 501, tab. 8 fig. 47—48.
Apocejyhalus spinicosta Malloch. $.
Malloch, in: Proc. U. S. nation. Mus., Vol. 43 (1912), p. 442.
Brownsville, Texas, 1 $, 7. Mai 1904. Lebensweise: „Flying-
erratically over ants."
Apocephalus coquilletti Malloch. $.
Malloch, in: Proc. U. S. nation. Mus., Vol. 43 (1912), p. 443.
1 $ von Jalapa, Tennessee bei Camponotus sp., 8. Juni 1912.
Beues, in: Trans. Araer. entomol. Soc, Vol. 29 (1903), p. 373 (als
pergandei Coquillett beschrieben, cf. Malloch, 1. c).
2 $? bei Camponotus pennsylvanieus Frankford Pa. und 1 $ in
Nest von Camponotus maculatus var. sansabeanus Bkly. in Austin,.
Texas.
Apocephalus sitnilis Malloch. (^, $.
Malloch, in: Proc U. S. nation. Mus., Vol. 43 (1912), p. 444.
Mehrere Expl. bei Camponotus sp. Madero Canyon, San Rita
Mountains, Arizona.
immer 1904, tatsächlich findet sich die Monographie aber im Jahrgang:
1903 jener Zeitschrift.
^5g H. Schmitz,
Ajyocephalus pergandei Coquillett. ^, $.
COQUILLETT, in: Trans, entomol. Soc. "Washington, Vol. 4 (1901), p. 501.
Bei Catnponotus pennsylvanicus. Typen von Cabin John Bridge.
Pergande, ibid., 1901.
„The ant-decapitating Fly,"
Malloch, in: Proc. TJ. S. nation. Mus., Vol. 43 (1912), p. 443.
3 Expl. von Washington D. C. 1 Expl. von Cranmoor, Wisconsin
12. Juni 1910.
Apocephalus wheeleH Brues. $.
Brues, in: Trans. Amer. entomol. Soc, Vol. 29 (1903), p. 373 — 374.
1 $, Pine Lake, Wis. 7. Juni 1890. Lebensweise : „The habits
of the present species are not known, but close structural similarity
with A. pergandei suggest that it probably lives parasitically on
ants, like the latter (Brues, 1. c.)."
Vielleicht gilt dies auch von den 3 folgenden Arten:
AimcephaJiis aridiis Malloch. ^.
Malloch, in: Proc U. S. nation. Mus., Vol. 43 (1912), p. 444.
1 Expl. von Cördoba, Vera Cruz, Mexico, 20. April 1908. Ohne
Angabe der Lebensweise.
Apocephaliis hrasiliensis Enderlein.
Enderlein, in: Stettin, entomol. Ztg., Vol. 73 (1912), p. 24 — 25.
Ohne Angabe der Lebensweise.
Apoceplialus j^m'vifiircatus Enderlein.
Enderlein, in: Stettin, entomol. Ztg., Vol. 73 (1912), p. 25 — 26.
Ohne Angabe der Lebensweise.
10. JPlastojyJiora Brues 1905. $, c^.
Brues, in: Ann. Mus. nation. Hung., Vol. 3 (1905), p. 551.
JPlastophora beirne Brues. $.
Brues, in: Ann. Mus. nation. Hung., Vol. 3 (1905), p. 552.
1 $ Friedrich- Wilhelmshafen, Neuguinea. Lebensweise noch
unbekannt, doch wahrscheinlich parasitisch bei Ameisen, wie die
aller übrigen bekannten Arten.
Myrmecophile Phoriden der WASMANN'schen Sammlung. 557
Flcistophora fomiiccirtini Verrall. (^, $.
Veerall, in: Journ. Linn. Soc. London, Zool, Vol. 13 (1877), p. 258
(als Phora).
Bei Lasius niger L. Später von Donisthorpe bei vielen anderen
Ameisen gefunden.
Die übrige Literatur ist im 1. Teile S. 532 zitiert. Über die
Lebensweise sagt Donisthorpe, 1. c. : It was captured hovering over
and striking at ants in nests of F. sangiiinea, Lasius niger and L.
flavus. It hovers in a very steady and deliberate manner over an
ant, getting gradually nearer and nearer. It was very amusing to
observe an ant, when it had become aware of the presence of the
fly, run as hard as it could for slielter, pursued by the fly. Häufig,
im Juli, Bewdley Forest. Weitere Beobachtungen von demselben:
Donisthorpe, in: Entomol. Record, Vol. 21 — 22, No. 10, 11 and 1,
p, 5 (als Phora).
Bei L. niger im August, Insel Wight. Bei Lasius fidiginosus
Wellington College und Darenth Wood, England,
Donisthorpe, in: Entomol. Record, Vol. 24, No. 1 — 2, p. 36 (als Phora).
Weybridge, 22. Juli 1911 mehrere Exemplare bei Formica
sanguinea, Lasius umbratus und Mijrmica lobicornis. Nach brieflicher
Mitteilung ferner: bei F. sanguinea, Wolsing, Mai 1913, bei Lasius
niger, Insel Wight, Aug. 1913.
Plastojjliora solenopsidis n, sp. $.
Schmitz, im 1. Teile, s. oben S. 531.
Bei Solenopsis geminata in Süd - Brasilien. 4 Expl. von Rio
Orande do Sul.
PlastojyJiora sjKitulata Malloch. $.
Malloch, in : Proc IT. S. nation. Mus., Vol. 43, p. 502.
1 $ von Dallas, Texas zusammen mit PL crawfordii gefangen
(also bei Solenopsis geminatal).
PlastopJiora ivasnianni n. sp. ?.
Schmitz, im 1. Teile, s. oben S. 528.
2 $9 bei Solenopsis geminata, Joinville, S. Catarina, Süd-Brasilien.
Zool. Jahrb. XXXVIL Abt. f. Syst.
36
558 ^- Schmitz,
JPlastojyliora crawfordii Coqüillett. <^, $.
COQUILLETT, in: Canad. Entomol., Vol. 39 (1907), p. 207 — 208.
3 63i "7 ?? bei Solenopsis geminata Dallas, Texas 17./6., 19./7.
und 22,/10. 1906.
Plastopliora eurriei Malloch. ^, $.
Malloch, in: Proc. U. S. nation. Mus., Vol. 43, p. 501.
4 Expl. von Kaslo, British Columbia. Hovering- over ant galeries
in stump.
JPlastojfhora anttguensis Malloch. ^.
Malloch, in: Proc. U. S. nation. Mus., Vol. 43, p. 502 — 503.
7 Expl. von Antigua, West-Indien. Teste Malloch etikettiert:
„attacking Solenopsis geminata"!?
{Psetidcicteofi Coqüillett 1907.)
Nach Brües synonym mit Plastopliora Brues 1905.
Brues, in: Entomol. News, Vol. 18 (1907), p. 430.
S. unter Plastopliora crawfordii.
11. ChonocejyJialus Wandolleck 1898. $, ^.
Wandolleck, in: Zool. Jahrb., Vol. 11, Syst. (1898), p. 428—433.
Becker, in: Die Phoriden, Wien 1901, p. 86, Beschreibung des ^.
Von den 7 bisher bekannt gewordenen Arten wurde nur eine
bei Ameisen gefunden. Es ist:
Chonoeeiyhalus niexicamis Silvestri. $.
Silvestri, in: Boll. Lab. Zool. gen. agrar. Portici, Vol. 5 (1911),
p. 172—174, fig. 1, 2.
Lebensweise: „Exemplaria duo in nidis formicae Braclujmyrmex
heeri Forel, subsp. ohscurior Forel ad Cördoba Mexico legi''.
12. 31etoiJina Macquart 1835. <^. $.
Macquart, in: Hist. Nat. des Dipteres, Vol. 2, p. 666.
Becker, in: Die Phoriden, Wien 1901, p. 83, tab. 5 fig. 86—88.
Schmitz, in: Ztschr. wiss. Insektenbiol, Vol. 10 (1914), p. 91 — 94.
Ob die folgende Art wirklich zu dieser sonst nicht myrme-
cophilen Gattung gehört, dürfte wegen der abweichenden Flügel-
nervatur zweifelhaft sein.
Myrmecophile Phoriden der WASMANN'schen Sammlung. 559
Metopina paclufcondylae Brues. $.
BeüES, in: Trans. Amer. entomol. Soc, Vol. 29 (1903), p. 384.
Mehrere Exemplare Austin, Texas, Nov. 1901. Die Larven
werden von FachycondyJa harpax gemeinschaftlich mit den eigenen
Larven erzogen.
13. Coiiimox>tera Brues 1901. ^.
Brues, in: Amer. Natural., Vol. 35 (1901), p. 344—347, fig. 2-5.
Coynftioptera solenopsidis Brues. $.
Brues, 1. c
3 $$ in einem Nest von Solenopsis geminata Fabr., Austin,
Texas, U. S. A., 24. Okt. 1900. 1 Expl. bei derselben Ameise,
6. April 1901.
14. Psyllomyia Loew 1857. $.
LOEW, in: "Wien, entomol. Mon., Vol. 1 (1857), p. 54—56, tab. 1,
fig. 22—25.
Psylloniyia testacea Loew. $.
Loew, 1. c.
1 Expl. von Wahlberg in Caffraria gesammelt. Ohne Angabe
über Lebensweise.
Wasmann, in: Zool. Jahrb., Vol. 14, Syst. (1900), p. 268.
Ein etwas abweichendes Exemplar bei Port Elizabeth, Cap-
kolonie, von Dr. H. Brauns unter einem Steine bei Dorißus hdvolus
gefunden. Beschreibung desselben s. oben S. 522.
15. Puliciphova Dahl 1897. ^, $.
Dahl, in: Zool. Anz., No. 543 (1897), p. 409—412.
Wandolleck, in : Zool. Jahrb., Vol. 1 1 , Sy8t.(l 898), p. 4.2^—^2Q{Stetho2mthus).
Piilicijyhora incei'ta Silvestri. $.
SiLVESTRi, in: BoU. Lab. Zool. gen. agrar. Portici, Vol. 5 (1911),
p. 174—175.
Lebensweise. Die Beziehungen zu Ameisen sind sehr zweifel-
haft, zumal die Gattung sonst nicht myrmecophil ist. Silvestri
sagt: Exemplum descriptum sub saxo \)YopQ formicsiii SoJenopsis gemi-
ggQ H. Schmitz,
Qiata Fabe. (non inter formicas, ergo incertiim est an species myrmeco-
phila Sit vel non!) ad Jalapa legi." Mexico.
16. Mynnoniyia Silvestei 1911. $.
SiLVESTEi, in: Boll. Lab. Zool. gen. agrar. Portici, Vol. 5 (1911),
p. 175—176, fig. 4, 5.
Myrmomyia hracitymyrmecis Silvestei. $.
Silvestei, 1. c, p. 176 — 178.
3 $$ in demselben Nest von Brachymyrmex heeri Foeel suhsp.
obscurior Foeel bei Cordoba. Mexico, in welchem auch CJionocephalus
mexicanus gefunden wurde.
17. Hexacantherophora n. y, $.
Schmitz, im 1. Teile, s. oben S. 512.
Hexacantherophora cohahitans n. sp, $.
Schmitz, s. o.
1 $ bei Anomma Jcohli Wasm. 1902 von P. H. Kohl, St. Gabriel
bei Stanley ville, Belgisch Congo entdeckt.
18. Ecitopliora n. g, $.
Schmitz, im 1. Teile, s. o. S. 524.
Ecitophora comes n. sp. ?.
Schmitz, s. o.
Myrmecophil bei Eciton praedator. 3 $$ von P. Heyee gesammelt
bei Säo Leopolde, Rio Grande do Sul, Süd-Brasilien.
19. Ecitomyia Beues 1901. c^, 9.
Beues, in: Amer. Natural., Vol. 35 (1901), p. 347—354, fig. 6—11.
Mcitomyia tvheeleri Beues. c^, $.
Beues, 1. c
Zahlreiche $$ bei Austin, Texas, von Oktober bis Februar in
den Nestern von Eciton coecum Läte. 2 ^^(^ im Februar. Bei
Eciton schmitti Emeey 2 Expl., welche entweder dieser oder einer
nahe verwandten Art angehörten.
Vgl. Brues, New and little known guests of tlie Texan legionary ants,
in: Amer. Natural., Vol. 36 (1902), p. 378.
Myrraecophile Phorideu der WASJiANN'schen Sammlung. 561
20. Acovitistoptera Brues 1902. $.
Brues, in: Amer. Natural., Vol. 36 (1902), p. 373 — 376, fig. 4—5.
Acontistoptera melanderi Brues. $.
Brues, 1. c.
Bei Eciton opacithorax Emery, Austin, Texas U. S. A., zahl-
reiche Exemplare 24./3. 1899, 6. u. 7./12. 1901.
Acontistoptera hrasiliensis n. sp, $.
Schmitz, Beschreibung s. oben (im 1. Teil) S. 527.
1 5 bei Eciton praedator, S. Catarina.
Acontistoptera mexicana Malloch. $.
Malloch, in: Proc. U. S. nation. Mus., Vol. 43 (1912), p. 509.
1 $ von Cordoba, Mexico, ohne Angabe über Lebensweise.
21. Xanionotuni Brues 1902. $,
Brues, in: Amer. Natural., Vol. 36 (1902), p. 376—378, fig. 6 + 7.
Xanionottini hystvix Brues. $.
Brues, 1. c, p, 299.
2 $$ bei Eciton opacithorax, Austin, Texas 24./3. und 6./12. 1901.
22. RJiynchouiicropteron Annandale 1912. ?.
Annandale, in: Spolia ceylanica, Vol. 8 (1912), p. 85 — 89, tab. 1,
fig. 1 — 3.
HJifpicJioniicropteron lyiilici forme Annandale. $.
Annandale, 1. c.
1 Exemplar bei Lohopelta ocellifera Rog., Peraden iya, Ceylon,
August 1911.
MJiynchojnicropteron caecutiens n. sp. $.
Schmitz im 1. Teil, Beschreibung s. oben S. 519.
1 $ bei Prenolepis longicornis, Bombay 1902 (J. Assmuth leg.).
gg2 H. Schmitz,
Zweite Abteilung-. Termitophile Phoriden.
A. Subfara. Platyplwrinae Enderlein.
Tribiis Thaumatoxenini Enderlein.
23. Thauntatoxena Breddin et Börner 1904. c^(?), $.
Breddin u. Börner, in: SB. Ges. naturf. Freunde Berlin 1904, p. 84,
fig. 1—4.
SiLVESTRi, in: Redia, Vol. 3 (1905), p. 350, fig. 10—22.
Trägardh, in: Ark. Zool., Vol. 4 (1908), No. 10, p. 1—12, Textfig. 1—7.
Enderlein, in: Zool. Jahrb., Vol. 27, Syst. (1908), p. 145—156.
Trägardh, ibid.. Vol. 28, Syst. (1909), p. 329—346, mit Textfig. J— Q
und tab. 6.
Brues, in: Psyche, Vol. 17 (1910), p. 33—36.
Thauntatoxena ivasnianni Bredd. et Born. (^(?), $.
Bredd. u. Börner, 1. c.
Bei Termes natalensis, Natal, Afrika.
Trägardh, 1. c, in : Ark. Zool. und Zool. Jahrb.
Bei derselben Termite.
OTIiaumatoxena andreinii Silvestri. (J.
Silvestri, in: Redia, 1. c.
Bei Termes hellicosus Smeath., Eritrea (Afrika).
Enderlein, in : Zool, Jahrb., 1. c. (als Termitodeipnus n. g.).
Trägardh, in: Zool. Jahrb., Vol. 28, Syst. (1909), p. 339—345.
Nach Trägardh ist Termitodeipnus syn. mit Thaumafoxena, und
es ist zweifelhaft, ob andreinii und tvasmanni überhaupt verschiedene
Arten sind.
{Terniitodeiiymls Enderlein 1908.)
Enderlem, in: Zool. Jahrb., Vol. 27, Syst. (1908), p. 145—156.
S. unter Thaumatoxena.
24. Dohrnijyhoi'a Dahl. (^, $.
Dahl, in: SB. Ges. nat. Freunde Berlin, No. 10 (1898), p. 188.
Dolirnii)hora äj9.
Eine neue, noch unbeschriebene Art dieser Gattung ^vurde öfters
von P. Hermann. Kohl C. SS. C. in Stanley ville, Belgisch Congo in
Termitennestern angetroffen.
Myrmecophile Phoriden der WASMANN'schen Sammlung. 563
B. Subfam. Phorinae Enderlein.
25. Bolsiusia Schmitz 1913. $.
Schmitz, in: Zool. Anz., Vol. 42 (1913), p. 268—273, fig. 1—4.
Bolsiusia termitojyhila Schmitz. $.
Schmitz, 1. c.
Bei Odontotennes hangalorensis Holmgeen, $, am 2. Nov. 1911,
Bangalore, Vorderindien.
26. TerniitopJiora Schmitz 1913. $.
Schmitz, in: Entomol. Meddel., Vol. 10 (1913), p. 9—16, tab. 1.
Termitophora veloclpes Schmitz.
Schmitz, 1. c
Bei Odontotermes ohesus Ramb. Khandala, Präsidentschaft Bombay,
Indien, mehrere Exemplare im Mai 1902 und Mai 1911.
27. Euterrniphora M. Lea. $.
M. Lea, in: Proc. Eoy. Soc. Victoria, Vol. 24 (N. S.), Pt. 1 (1911),
p. 76—77, tab. 24.
Hiitemiiphora ahdominalis M. Lea $.
M. Lea, 1. c.
1 Expl. $ bei Sydney, N.S.Wales, in einem Neste Yon Euter wies
fumipennis, Herbst 1910.
28. Mchidnophora n, g, $.
JSchidnophora hutteli n. sp. $.
Eine neue von Herrn v. Büttel- Eeepen in Ostindien entdeckte
termitophile Gattung und Art, deren Beschreibung später er-
scheinen wird.
C. Subfam. Termitoxeniinae Wasmann.^)
29. Terniitoxenia Wasmann. ^.
Wasmann, in: Z. wiss. Zool., Vol. 67 (1900), p. 601—616, tab. 23,
fig. 1—23; Vol. 70 (1901).
1) Von dieser Subfamilie liegen mir eine neue Gattung und mehrere
neue Arten vor, die Herr V. Büttel-Eeepen auf Ceylon, Malakka,
Sumatra und Java entdeckte und deren Beschi'eibung später erscheinen wird.
5g^ H. Schmitz,
Wasmann, in: Verh. 5. Internat. Zool. Congress., Berlin 1901, p. 852 — 872.
"Wasmann, in: Zool. Jahrb., Vol. 17, Syst., p. 151 — 159.
Wasmann, in: Verh. Deutsch, zool. Ges. (1903), p. 113 — 119.
MiK, in: Wien, entomol. Ztg., Vol. 50 (1900), Heft 8.
Beues, in: Science (N. S.), Vol. 27 (1908), No. 703.
BuGNiON, in: Ann. Soc. entomol. Belgique, Vol. 57 (1913), p. 23 — 44.
MiCHL, in: Mitt. nat. Ver. Wien, Vol. 9 (1911) p. 53—60, 84—92.
Tertnitoxenia havilandi Wasm. ^.
Wasmann, ibid.
Bei Termes latericius Hav.
Termitoxenia heimi Wasmann. ^.
Wasmann, ibid.
Bei Odontotermes obesus Ramb., Ostindien, Ahmednagar.
Termitoxenia JaegepskioeUli Wasmann. ^.
Wasmann, in: Results Swedish Exped. Egypt and White Nile, Vol. 13,
p. 16—17.
1 Expl. bei Termes affinis Tkäg., südl. von Kaka, Sudan.
Terfnitoxenia asmnuthi Wasmann. ^.
Wasmann, in: Zool. Jahrb., Vol. 17, Syst. (1902), p. 161.
Bei Odontotermes ohesus Ramb., Vorderindien.
AsSMUTH, in: Termitoxenia assninthi Wasm., Anat.-hist. Untersuchung,
Inaug.-Diss., Berlin 1910.
Assmuth, in: Nova Acta L.-Carol. Akad., Vol. 98(1913), p. 191 — 316,
mit 11 Taf.
Termitoxenia peradeviiyae Wasmann. ^.
Wasmann, in: Ann. Soc. entomol. Begique, Vol. 57 (1913), p. 19 — 20.
Bei Odontotermes obscuriceps, redemanni, ceylonicus und horni
Wasmann, Peradeniya, Ceylon.
BuGNiON , in: Ann. Soc. entomol. Belgique, Vol. 57 (1913), p. 23 — 44,
fig. 3—14, 16-21, 23.
Termitoxenia butteli Wasm. ^.
Wasmann, ibid.
Bei Odontotermes obscuriceps Wasm., Ceylon.
Termitoxenia hugnioni Wasm. ^.
Wasmann, ibid.
Myrmecophile Phorideii der WASMANx'schen Sammlung'. 565
Bei Odontotermes horniWA^M., Ambalaiigodes, Ceylon, ein Exemplar.
BuGNiON, in: Ann. Soc. entomol. Belgique, Vol. 57 (1913), p. 23—44,
fig. 1, 2, 15, 22.
30. Termitomyifi Wasmann 1900. ^.
Wasmann, in: Ztschr. wiss. ZooL, Vol. 70 (1901), p. 295 (als Subgenus
von Termitoxenia).
Tet'mitoniyia mirabilis Wasm. ^.
"Wasmann, in: Ztschr. wiss. Zool., Vol. 67 (1900), p. 610.
Bei Termes vulgaris Haviland. Natal, Südafrika.
Tei'niitomyia braunst Wasm. ^.
Wasmann, ibid.
Bei Termes tuhicola Wasm. Oranje-Freistaat.
Termitosjyhaera Wasmann 1913. ^.
Wasmann, in: Ann. Soc. entomol. Belg., Vol. 57 (1913), p. 17 — 19
fig. 1 u. la.
Terniitosphaera fletcheri Wasm. ^.
Wasmann, 1. c.
In einem Termitennest zu Banhura, Ost-Bengalen am 29. Dez.
1911 in einigen Exemplaren gefunden.
566 H. Schmitz, Myrmecophile Phoriden der WASMANN'schen Sammlung.
Erklärung der Abbildungen.
Tafel 29.
Fig. 1. Hexacantherophora cohahitans n. g. n. sp.
Fig. 2. Rhynchornicropteron cnecutiens n. sp.
Fig. 3. Psyllomyia testacea LOEW.
Fig. 4. Ecitophora comes n. g. n, sj). Von der Seite : Kopf, Thorax
mit Hüften, Hinterleibsbasis.
Fig. 5. Dieselbe, von oben.
Fig. 6. Acontistoptera hrasiliensis n. sp. Vorderkörper von oben;
Flügelrudimente schematiscb.
Tafel 30.
Fig. 7. Aenigmatopoeus orbicularis n. g. n. sp.
Fig. 8. Von der Seite. Feinbebaarung nur auf Kopf und Thorax
eingezeichnet.
Fig. 9. Kopf von unten. ^4 Auge, f Fühler. 7vp Maxillarpalpen.
2Jr Proboscis. rfg rechte Fühlergrube.
Fig. 10. Aenigmatias dorni Endeelein , Kopf von der Seite.
li>, 2b, 3b erstes, zweites, drittes Glied der Fühlerborste. 2 fgl, 3 fgl zweites
und drittes Fühlerglied, hypost Hypostom. pirob Proboscis. rmxp rechter
Maxillarpalpus.
Fig. 11. Viertes bis sechstes Tergit und Ovipositor {ovp^.
Fig. 12. Hinterleibsspitze von unten, stark vergrößert.
Nachdruck verboten.
Ubersetzungsrecht vorbehalten.
Über die Entstehung des neuzeitlichen Melanismus
der Schmetterlinge und die Bedeutung der Hamburger
Formen für dessen Ergründung.')
Von
Dr. med. K. Hasel)roek in Hamburg-.
Mit 8 Abbildungen im Text.
Die Engländer haben am meisten Anreclit darauf, über den
Melanismus der Schmetterling-e gehört zu werden. In Eng:]and ist
der Melanismus zuerst beobachtet, wenig-stens zuerst beschrieben
worden, und Eng^land gilt seitdem als das eigentliche Land der
dunklen Falterformen. Nimmt man hinzu, daß in England in ganz
hervorragender Weise und früher als in anderen Ländern es leiden-
schaftliche Schmetterlingsentomologen gegeben hat, die noch dazu
in der Lage waren, mit großen pekuniären Mitteln zu arbeiten, so
müssen gerade in lepidopterologischen Fragen die Stimmen der eng-
lischen Sammler von großem Gewicht sein.
Es ging mir Anfang dieses Jahres, wohl veranlaßt durch meine
Mitteilungen ^) über unsere Hamburger höchst melanistische Cijmato-
1) Vorgetragen im Entomol. Verein von Hamburg- Altona 27. /2. 1914.
2) Hasebkoek, Über Cyra. or ab. albingensis Warn, und die ent-
wicklungsgeschichtliche Bedeutung ihres Melanismus, in: Entomol. Rund-
schau, 1909, Stuttgart; dsgl. in : Verh. Internat. Congr. Entomol. (Brüssel),
1911, p. 79. Ferner: Wie haben wir die melanist. Cym. or ab. albin-
gensis Warn, nach den MENDEL'schen Regeln weiterzuzüchten, in : Intern,
entomol. Ztschr., Guben 1911, No. 2. Endlich: Eine bemerkenswerte
Qgg K. Hasebroek,
pliera or F. cib. alUngensis Warnecke, vom „Evolution Committee of
the Royal Society" in Cambridg-e eine Aufforderung zu, an einer
Sammelforschung über den Melanismus mitzuarbeiten. Es handelte
sich um zwei ältere Rundschreiben von 1900 und 1904. Und da
diesen Schreiben eine größere zusammenfassende Arbeit von L. Don-
CASTER M. A. betitelt: „CoUection Inquiry as to Progressive Mela-
nismn in Lepidoptera" als Separatum aus Entomol. Record Juli-
Oktober 1906 beigelegt war, so ist diese Arbeit bereits als der
summarische Ausdruck einer ersten Sammelforschung auf Grund des
eingegangenen Sammelmaterials zu betrachten.
Da in dieser Arbeit das Methodologische einer solchen Sammel-
forschung schon ziemlich fest umrissen ist, da ferner bereits Schlüsse
gezogen und Erwägungen angestellt werden, auf Grund des über-
haupt bedeutendsten Materiales, so muß es wertvoll sein, diese eng-
lischen Resultate in Beziehung zu setzen zu unseren Erfahrungen
in Deutschland und ganz speziell zu einem phänomenalen neueren
Ereignis innerhalb der Hamburger Fauna — man wird sehen, daß
ich nicht übertreibe, wenn ich von phänomenal spreche — : nämlich
zu einem erstmaligen Auftreten der Umpräg ung eines
hellgrauen Falters in einen tief seh warzen.
Ich will zunächst die Arbeit Doncaster's im kurzen Auszug
wiedergeben, um dann mit meiner eigenen kritischen Untersuchung
an ihr anzuknüpfen. Das englische Material ist als Grundlage an
und für sich für uns Deutsche wichtig.
1. Odonestes hidentaia: Grad des Melanismus nach Lokalität verschieden
in Intensität und Begrenzung durch die Bindenzeichnung. Orte, wo 18 6 0
nur die helle Form war, weisen jetzt die dunkelbraune als die ge-
wöhnlichste auf.
2. IleJueropliUa ahnqdaria: In Nord-England nur die helle Form.
Die dunkle ist charakteristisch für London und seine Vorstädte, aber
weniger häufig als die Stammform. Da eine Kreuzungszucht aus 1905
erwähnt wird , so haben wir wohl die Jahreszahl 19 0 4 als diejenige zu
setzen, wo der Falter schon reichlich melanistisch geworden ist.
3. Boarmia rcpandaia: In allen bekannten partiell gebänderten Mela-
nismen jetzt bekannt. Die ganz schwarze Form zuerst 1888 bei
Huddersfield beobachtet und seit 1900 bereits in 20 — 25^0 vor-
handen. In und bei Sheffield vorherrschend seit 1890.
4. Boarmia rhomboidaria = gemmaria Beahm: Die schwarze
Form zuerst 1870 in London, jetzt auch in Birmingham und
anderen „großen Städten", prävalierend in S ü d- Y or k s hir e.
bei Hamburg auftretende Schmetterlingsmutation, in: Umschau, Frank-
furt a. M. 1913, No. 49.
Melanismus der Schmetterlinge. 569
5. Ilibernia progcnimaria = marginaria. Im ganzen Süden von Eng-
land noch die helle Form erhalten, nach dem Norden zu die rotbraune.
Einförmig „rauchig" trat die Art erst 1865 in Süd-Yorkshire auf,
seitdem ist sie hier die gewöhnliche Form. An anderen Orten erschien die
dunkle Form unvermittelt zwischen 1900 — 1904 und ist jetzt bis
zu 20"/,, in der schwärzesten Abart dort vorhanden, wo vor 186 5
nur die helle Art vertreten war. In Sheffield ist die dunkle Form
seit 18 90 — 95.
6. Phigalia pilosaria = pedaria: In der rauchbraunen Form
lokal in Yorkshire erst von 186 5 an beobachtet, jetzt hier weit ver-
breitet als einförmig dunkelster Falter. In Huddersfield, Vo
vor 18 6 5 nur helle Stücke waren, zuerst 18 7 5 die dunkle Form , die
seit 1890 immer häufiger wurde. Die ganz schwarze Form erschien
in Warncliffe 1884, in Gainsbour ough 1891, Sheffield
1896 und ist in York sicher erst seit 190 0 und 1903 beobachtet.
Überall jahrweise scheinbar häufiger auftretend und in manchen Orten in
rascher Zunahme begriflFen.
7. Amphidasis hehdaria, der für uns wichtigsten Art, wird ein großer
Abschnitt der Abhandlung gewidmet : Bis 18 4 8 kannte man sicher nur
die helle Stammform. Die schwarze ab. doitblrdayaria erschien in
Manchester 1850, in Cannock -Chase 187 8, in Berkshire
1885, in Cambridge 1892, in Essex 1893, in Norfolk 1893, in
Suffolk 1896, in London 1897, in D o vereour t 1902, in Wood-
fort 1905.
In Newport, wo man jetzt die schwarze Form fast ausschließ-
lich findet, hielten sich 18 7 0 noch beide Formen die Wage.
In Huddersfield , wo 18 60 nur die Stammform war, ist eben-
falls jetzt nur noch die schwarze douhledayaria. Die gleiche Erscheinung
ist für Halifax zwischen 1860 und 1870 eingetreten. Mittlerweile ist
in unendlich vielen Orten wie Leeds, Eotherham, Barnsley,
Sheffield, Doncaster, Hüll, Middlesb or oug h die ab. double-
dotjario prävalent über die Stammform geworden.
Dieser allgemeinen Ausbreitung in Mittel-England gegenüber ist in
Schottland die Stammform so gut wie unberührt geblieben, es
ist nur ein einziges braunes (^ bekannt geworden. Ebenso ist in Irland
die Stammform geblieben: es sind nur je 1 Stück doubledayaria 1894 und
1896 beobachtet. Ähnlich verhält es sich mit der Insel Man mit nur
2 Ausnahmen.
8. Venusia (= Larenim) cambrica (bei uns in Deutschland nicht vor-
handen) : Eigentümlich ist das Auftreten von 2 zu unterscheidenden Mela-
nismen: in Süd-Yorkshire eine rauchige Form mit schwarzem
Hfl. und in Nord-Yorkshire eine mit hellem Hfl. , während die
schwarze Grundfarbe der Vfi. von heller Strahlung außenrandwärts
unterbrochen wird. Ferner in den letzten Jahren auffallend lokales Auf-
treten in Sheffield bis zu 90^0 "^d in Doncastre bis zu 50'^/^.
9. Acidalia aversata: Während dunkelgebänderte und ungebänderte
Stücke, auch besonders diffus stark rötlich-gelbe Formen in den östlichen
^YO ^' Hasebroek,
Provinzen seit langem bekannt sind, konzentriert sich auf London, wie
es scheint, die dick schwarz bestäubte Abart.
10. Eupilhecia {= Chlorocysiis) rcctcoigulatn: war bis 1840 nur ver-
einzelt bekannt. Jetzt in Newcastle häufig die schwarze Form, und
absolut vorherrschend in London, Lee, Mixton, Hammer smith,
Catford.
11. Carvptograinina {= Larcntia) hilineata: Über ganz England —
selten im Süden, häufiger in Osten und Westen, mehr nach der Küste
als nach dem Inland — in den Formen mit mehr oder weniger dunkleren
Binden bekannt. In Schottland sind letztere prävalierend, ebenso in
Irland und an der Westküste von Island.
12. Tephronia (= Boarmia) consonaria: Die ersten schwarzen
Tiere dieser Art 1892, und ebenso der
13. T. consortoria sind erst seit einigen Jahren bekannt. Sie zeichnen
sich beide dadurch aus, daß sie zweifellos ein gemeinsames Zentrum (in
der Nähe von Alaidstone) haben , daß dieses Zentrum bisher das einzigste
zu sein scheint und daß — was höchst merkwürdig ist — diese einzige
Stelle des Vorkommens einige Meilen entfernt von jeder Stadt
und jedem Fabrikschornstein liegt.
14. Acroiiycta psi: Nur in London und Umgebung die dunkelgraue
Form ohne die helle bekannt, und zwar seit 18 70. An einigen anderen
Stelleu trat die dunkle Form 18 8 5 auf, und sie ist in L e e zurzeit
gemein.
15. Xylophasia (= Hadena) monogbjpho: In Süd-England nur die
helle Form. Die dunkle wurde zuerst 18 5 7 aus Schottland beschrieben
und ist in den Mooren gemein geworden zwischen 1890 und 18 9 6.
Es gibt viele Übergänge zwischen hell und dunkel. In Hartlepool
war die schwarze Form, die heute sicher viel gemeiner ist als um
1880 herum, im Jahre 1860 noch unbekannt.
16. Miana strigilis: Wohl meistens überwiegend in der hellen ge-
bänderten Zeichnung, dominiert diese Art in der einförmig dunklen
bis schwarzen Form jetzt wesentlich und nimmt sicher mehr zu als
früher: in London, Hartlepool und Hu d d e r s f i el d.
17. FoUa chi : In der Abart suffusa — die mir für den Melanismus
hauptsächlich in Betracht zu kommen scheint — nirgends sehr überwiegend
vorhanden. Eine extrem dunkle Form ist erst seit 18 9 0 beobachtet.
Dieser Melanismus soll auffallend sprungartig vorkommen, ist vorhanden
und nicht vorhanden schon in Entfernungen von nur 12 Meilen voneinander.
Die bekannte ah. olivacea — die in ihrer Färbungsnuance überhaupt
wohl etwas vereinzelt dasteht — ist scheinbar bei Hartlepool gegen 18 6 0
aufgetreten. Sie erscheint nach den Angaben mit Vorliebe bei den großen
Städten im Gegensatz zu der siiffnsa, die in den Mooren sich über-
wiegend zeigen soll.
18. Apleda {= Mamcstra) nebiilosa: Im Süden ist nur die hellste
Form vorhanden, das Tier wird gegen Norden allgemein dunkler. Auch
in Schottland und Irland ist die bleiche Form die vorherrschende allzeit
geblieben. Sehr schwarzeStücke erscheinen erst seit 18 90; 1894
wurden bei 10^/^ dunklen 3^/^ schwarze gezählt.
Melanismus der Schmetterlinge. 571
Überblickt man dieses englische Material, so ergibt sich daraus
in Anlehnung an die Schlüsse Doncaster's folgendes:
1. Die Beobachtung, daß in den letzten 60 Jahren der Mela-
nismus in England zugenommen hat, ist absolut sicher: die Beob-
achtungen fallen nämlich in Jahre, wo bereits wissenschaftlich sicher
registriert und mit Verständnis für das Problem gesammelt wurde;
man kann nicht mehr den Einwand machen, daß die schwarzen
Formen schon früher dagewesen sind. Zudem hatte bereits 1900
eine erste Sammelforschung einen Status festgelegt, der 1906 sowohl
nach neuen Örtlichkeiten als auch in einigen neuen Melanismen über-
schritten ist.
2. Es steht seit 1900 fest, daß Mittel-England die meisten
schwarzen Formen aufzuweisen hat.
3. Hieraus geht mit großer Wahrscheinlichkeit hervor, daß der
Melanismus in Verbindung mit der Industrie steht. Dies ist die
Regel, aber nicht Gesetz, denn
4. es gibt scharfe Ausnahmen, insofern auch in Landgegenden
— man sehe die Soarmia-Artan No. 12 u. 13 — Melanismen plötz-
lich erscheinen.
5. Es ist nicht angängig, in dem Melanismus nur einen Über-
gang vom Landtier zum Stadttier zu erblicken.
6. Man kann kaum an einer Vererbungsfähigkeit des Melanismus
zweifeln.
Ich muß hierzu noch nachträglich die von Doncastee mitge-
teilten, in England erhaltenen Zuchtresultate aus Kreuzungen wieder-
geben, die an sich wert sind, in Deutschland bekannt zu werden.
Sie können deutschen Züchtern vielleicht einmal zum Vergleich
dienen. Ich stelle sie in übersichtlicher Tabelle (s. nächste Seite)
zusammen:
Man sieht, daß die Zuchtergebnisse überwiegend sich in den ein-
fachen Zahlenverhältnissen der MENDEL'schen Regeln bewegen. Nur
Acidalia aversata, Boarmia consonaria und Mamestra nehulosa, auch
einmal Amphidasis hetularia fallen aus der Rolle. Ich komme später
auf die Zucht- resp. Kreuzungsverhältnisse noch ausführlich bei Ge-
legenheit unserer Hamburger Gym. or ab. albingensis zurück.
7. Die Ausdehnung eines entstehenden Melanismus stellt sich
in England sehr verschieden ein.
8. Es handelt sich offenbar um Zentren, die sich auftun, in denen
der Melanismus verharrt und indem er mit der Entfernung abklingt
resp. verschwindet; daß aber bei einigen Arten die Verbreitung
Ö72
K. Hasebroek,
Ergebnis
Un-
Eltern
Hell Dunkel
gefähres
Ver-
hältnis
Hemerophila abrup-
hell X dunkel
11 9
1:1
taria
dunkel X dunkel (die Kinder)
18
39
1:2
dunkel &" X dunkel $
—
67
0:1
hell o^ X hell 9
18
—
1:0
hell 9 X dunkel o^
6
23
1 :4
hell <f X c^ dunkel 9 (alles
Enkelkinder)
15
33
.1:2
hell o^ X hell 9
18
1
1:0
hell o^ X dunkel 9
9
11
1:1
hell 9 X dunkel o^
8
8
1:1
dunkel c/' X dunkel 9
17
48
1:3
Phigalia pedaria
dunkles 9
25«/o
75%
1:3
dunkles 9
11
10
1:1
Amphidasis betn-
hell a^ X dunkel 9
123
109
1:1
laria
hell 2 X dunkel a^
57
47
1:1
hell ö^ X dunkel 9
18
11
2:1
hell 9 X dunkel cf
57
50
1:1
hell a" X dunkel 9
123
109
1: 1
dunkles Pärchen
—
alle
0:1
dunkles Pärchen (davon 3
'
dunkle Großeltern, das 4.
unbekannt)
— —
1:2
hell o^ X dunkel 9 (mit weißen
dunkle, weiß ge-
Flecken)
sprenkelte Vfl.
helle Hfl.
—
Acidalia aversata
helles, uugebändertes 9
gleiche Zahl gebän-
derte u.ungebänd.
1:1
dunkel bestäubtes 9 mit
3 sehr dunkel, 2
Bändern
dunkel bestäubt.
2 dunkel, 3 hell
—
Boarmia consonaria
helles 9
10 o/o dunkel
1:10
dunkle 99 (mehrere)
30—75% dunkel
—
dunkel 9 X dunkel o^
4 38
1:10
Mamestra nebulosa
dunkle Eltern
5 14
und Zwischenformen
—
dunkel 9
21 dunkel 4 schwarz
arau
—
helle Eltern
11
1
1:10
eine außerordentlich große geworden ist. Das ist ganz besonders
bei Ämph. beMaria der Fall. Für diese ist charakteristisch, daß
sie sich von Manchester über Lancashire, Yorkshire und das nörd-
Melanismus der Schmetterlinge. 573
iiche Mittel-England nach Osten bis an die Küste ausgedehnt hat,
während Süden und Südosten kaum bestrichen werden.
9. Der Einfluß der großen Städte auf die Bildung von Zentren
scheint evident zu sein. Besonders spielt Sheffield eine große
Rolle, und London paradiert mit zwei Melanismen, die sonst kaum
vorkommen. In dieser Beziehung handelt es sich dann stets um die
krassesten Fälle von tiefschwarzem Melanismus, in denen
sich die Form hält. Wenn der Melanismus in Gegenden ohne In-
dustrie und ohne starken Regenfall — den Doncastek mit berück-
sichtigt — eine große Ausbreitung gewinnt, so sind hier die Mela-
nismen meistens nicht prävalierend. Das Prävalieren bis zur Ver-
drängung erfolgt gewöhnlich in den großen Städten. Tutt will in
-einer Arbeit von 1890—1898 dies allerdings nicht gelten lassen.^)
Ich glaube aber, daß die Verhältnisse sich jetzt seit 1890/93 so sehr
verändert haben, daß seine Ansicht eine andere werden muß. Die
meisten Melanismen der DoNCASTER'schen Abhandlung fallen schon
10 — 15 Jahre später.
Bevor ich zur eigenen Untersuchung des Melanismus übergehe,
möchte ich noch die DoNCASTER'schen Fälle dahin ergänzen, daß
einige weitere englische Melanismen, die nicht näher untersucht zu
«ein scheinen, ihrer Entstehung nach ebenfalls in die wirksamen
Jahre hineingehören: es betrifft dies ganz auffallenderweise aus-
schließlich dieAcronycten-Gruppe, und zwar : A. leporina mit der
<ib. hradijporina (Tutt, 1886), die ab. semivirga (Tutt, 1888) und die
ti efsammtsch Warze ab. melanocephala (Mansbridge, 1905)^), die
für mich, wie wir später sehen werden, in einem zweiten bei Ham-
burg aufgetretenen Stück wichtig ist. Ferner: A. menyantliidis ab.
■suffusa (Tutt, 1886), tridens ab. virga (1888), eupliorbiae ab. myricae
(Tutt, 1891), die letzte auch jetzt in einem Exemplar in Hamburg
1908. —
Es geht nun klar aus der Studie Doncaster's hervor, daß trotz
so manchem Fortschritt in der Kenntnis des Melanismus man auf
die wirklichen Gründe für die erste Entstehung der melano-
tischen Formen nur recht wenig Schlüsse ziehen kann. Man kann
nach der englischen Sammelforschung doch den Mantel in dieser
1) Tutt, Melanisme in Lepidoptera, in: Entomol. Record, 1890 — 1893.
2) Gillmer , Eine interessante roelanistische Form von A. leporina
T. aus England, in: Entomol. Ztschr. (Guben), 1906, No. 36.
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. 37
p.nA K. Hasebroek,
Beziehung sehr nach dem Winde hängen, und es bleibt für den
Zweifler und Skeptiker noch allzuviel übrig. Das liegt einzig und
allein daran, daß eben für England bereits viel zu lange Zeit seit
der Entstehung des Melanismus verstrichen ist und daß eine Über-
sicht aller Bedingungen nicht mehr möglich ist.
Hier ist es nun, wo unsere deutsche Forschung und ganz speziell
unsere Hamburger Beobachtungen weiter einzusetzen haben; letztere
gewinnen größere Bedeutung dadurch, daß hier seit zwei Menschen-
altern eine kleine Kerntruppe hervorragender Sammler bereits ge-
arbeitet hat und daß unser Entomologischer Verein in den letzten
Jahren sich es hat angelegen sein lassen, das eingangs schon er-
wähnte große Ereignis eines isolierten ersten Auftretens
eines Melanismus, nämlich de sjenigen de r aö. aZ6i wf/ewsis-
unserer Cyni. or, scharf zu verfolgen. Es wird das dem
Verein noch zum Ruhme gereichen, wenn auch ein unerhörtes Glück
ihm zu Hilfe gekommen ist. Leider ist auch das Unglück zu ver-
zeichnen, daß unser wissenschaftlicher Ausbau durch die Verkennung
des Zieles von selten einiger Vereinsmitgliedei- in seiner ruhigen
Entwicklung etwas gestört wurde, indem zu früh unser spezifisches
Puppenmaterial in andere Gegenden verschickt w'orden ist. Das
Gute dabei ist noch, daß gerade die allerersten Jahre unserer For-
schung dadurch nicht mehr berührt werden können.
Was lehrt nun im allgemeinen der Melanismus in Deutschland?
Ohne Frage steht dieses fest: auch hier hat er sich am entschie-
densten herausgebildet in den Industriebezirken des Rheinlandes.
Auch hier sind in Industriegebieten die schwarzen Formen reichlich
vorhanden bis zur Verdrängung der Stammform, und auch hier
werden aus den Industriegebieten neue Melanismen von Zeit zu
Zeit gemeldet. Auch in Deutschland wird durch diese neuzeitlichen
Meldungen der Einwand nicht mehr möglich, daß die melanistischen
Formen sollten schon immer dagewesen sein.
Es waren vor allem die krassen kompleten Melanismen, die in
England für die Herausbildung in den Industrie- und Großstadt-
bezirken uns entgegentraten. Diese Melanismen sind es daher in
erster Linie, an denen unsere Untersuchung für Deutschland an-
zugreifen hat. Wir haben hierzu die beste Gelegenheit in der am
meisten verfolgten Amph. hetularia ah. douhledaijaria.
Für diese ist, sicher zu belegen, folgendes bekannt. Schon nach
Doncastee's allgemeiner Angabe erschien die Form auf dem Kon-
tinent gegen^l888 (Doncastee, p. 6). Genauer stellt sich das Auf-
Melanismus der Schmetterlinge. 575
treten hier so dar: In den „ersten 80er Jahren" in Crefeld vereinzelt,
1895/96 schon zu 50% (Doncaster, p. 6). Um 1885 herum ziemr
lieh gleichzeitig in Holland (Dordrecht und Haag) (Snellen,
1885).^) In Belgien Zvvischenformen 1886 und 1896 beobachtet
(DoNCASTEE, p. 6). In Hannover 1884 (Doncaster, p. 5). In
Hamburg sicher schon vor 1896 (Laplace, Fauna). In Dresden
1892 (Steinert).^) In Berlin 1903 (Doncaster, p. 6). Im Harz
1900 (Pauls und Fischer).^) In Pommern: 1900 auf Rügen,
um Stralsund 1905/06 wiederholt gefunden und 1908 durch die
Zucht erhalten (Spormann).-) Schlesien steht mit 1892 (Hartmann )i)
auffallend früh, man beachte dies sehr! 1900 erstatten schon
DE Vriere, Storch, Voss, Gauckler ausführliche Berichte darüber,
daß in gewissen Fällen die Abart die Stammform fast verdrängt
hat. 1900 weist bereits Rey im Berliner entomol. Verein auf die
zunehmende Verbreitung in südöstlicher Richtung hin.^'^)
Stellen wir nun zunächst die Verbreitungszonen mit den von
Doncaster angegebenen Daten für die ah. douhlcdaijaria: Manchester
1850, Cannock 1878, Berkshire 1885, Cambridge 1892. Norfolk
1893, Suffolk 1896, London 1897, zusammen, so ergibt sich zwingend,
daß von einem kontinuierlichen Ü b e r w a n d e r n auf den
Kontinent, einem einfachen Weit er w an dem unmög-
lich die Rede sein kann. Die schwarze Form tritt auf dem
Kontinent schon viel früher auf, als in England der Fortschritt zur
Ostküste erfolgt ist. Auch in Deutschland ist Crefeld zu Anfang
der 80er Jahre mit vereinzelten Tieren und 1895/96 schon mit 50%
vertreten. Schlesien steht mit 1892 wieder vor Pommern, Berlin,
Sachsen und Hamburg. Muß man auch im allgemeinen eine analoge
Verbreitung von Nordwest nach Südost und Süden wie in England
anerkennen, so erhält man doch unbedingt den Eindruck, daß es
sich bei dem Auftreten in Deutschland mindestens um selbstän-
dige Zentren handelt, in denen die Entstehung nur
unter den inzwischen gleichartig gewordenen Bedin-
gungen wie in England erfolgte. Es wäre doch höchst
merkwürdig, wenn der Melanismus — durch den Flug oder auf dem
Wege des Verkehrs — weniger rasch von Berkshire nach London
1) Zitiert nach Bachmetjew , Experimentelle entomol. Studien,
Sophia 1907, p. 903.
2) Spormann, Die in Neuvorpommern bisher beobacht. Grroßschmetter-
linge, Schulprogramm, 2. Teil, 1908.
3) Bachmetjew, 1. c, p. 903 u. 357.
37*
gf^g K- Häsebroek,
erst in 12 Jahren — sollte gelangt sein als von Berkshire nach
dem Kontinent und vollends bis Pommern.
Nimmt man für England und Deutschland selbständige Zentren
an, so wird man natürlich nach irgendwelcher gemeinsamen Ein-
wirkung suchen müssen: und tatsächlich ist es möglich, einen ein-
heitlichen Faktor zu finden, von dem man nachweisen kann, daß er
eben in Deutschland nur später eingesetzt hat als in England, im
übrigen aber hier wie dort in einer gleichen Entwicklungsrichtung
sich bewegt hat: es sind das die Industrie und die Industrie-
betriebe mit ihren Begleiterscheinungen in Kohlen-
V er brennung und Rauch.
Niemand hat bisher daran gedacht, daß man diesem Faktor in
ausgezeichneter Weise statistisch nachgehen kann, wenn man
sich an die seit 100 Jahren vorliegenden Zahlen der Dampf-
maschinen hält. Es ist klar, daß wir hierin seit der Erfindung der
Dampfmaschine den getreuen Ausdruck der Zunahme der Fabrik-
betriebe haben müssen.
Nach Meter's großem Konvers. Lexik, von 1888 kam in Eng-
land 1782 die erste Dampfmaschine in Betrieb, und 1810 waren
bereits 5000 Dampfmaschinen vorhanden.
In Deutschland wurde die erste zwar auch schon 1788 aufge-
stellt, aber 1822 kam es erst zur zweiten und erst von 1830 au
datiert ein nennenswerter Aufschwung. Wir haben also ein
Nachhinken Deutschlands von ca. 25 — 30 Jahren im
Auftreten der Fabrikbetriebe.
In England waren 1870/72 schon 52000 Dampfmaschinen mit
S'/a Mill. Pferdestärken.
In Deutschland waren (nach Meyer's kleinem Konversations-
lexikon von 1898) in Preußen im Jahre 1879 33 748 Maschinen
mit ca. 2^/2 Mill. Pferdestärken vorhanden.
Berücksichtigt man die ungefähre gleiche Größe von Mittel-
England, um das es sich im wesentlichen handelt, und Preußens mit
Ausschluß seiner wenig industriellen östlichen Provinzen, und über-
legt man, daß in England erst Mitte der 60er Jahre der Melanismus
mehr hervortrat, so kann man nach den Zahlen der vorhandenen
Pferdestärken sehr wohl dazu kommen, in Preußen den Melanismus
nicht vor den 80er Jahren unter gleichem Einfluß der In-
dustrie überhaupt zu erwarten.
Es geht weiter aus der Statistik der Dampfmaschinen der ganzen
Erde hervor, daß — ein solcher Einfluß der Industrie vorausge-
Melanismus der Schmetterlinge. 577
setzt — England mit dem Melanismus an der Spitze marschieren,
daß Deutschland an zweiter Stelle kommen, von Deutschland wieder
Preußen und von Preußen wieder das Rheinland sich vor-
drängen müssen in der Lieferung von Melanismen.
Nach Brockhaus' großem Konversationslexikon von 1901 hatten
nämlich die Industriebetriebe in Pferdestärken:
1888 1900
England 9,2 Mill. 10,2 Mill.
Deutschland 6,2 7,5
Frankreich 4,5 5,5
Rußland 2,0 4,0
Österreich 2,1 3,0
Italien 0,8 1,2
Da von Deutschland Preußen 1901 mit 4,3 Mill. Pferde-
stärken figuriert, so sieht man ohne weiteres, daß Preußen in den
betreffenden Jahren ein so beträchtliches Überwiegen in seiner In-
dustrie erhält, daß es mit seinen 4,3 Mill. über die Hälfte der Ge-
samtpferdestärken von 7,5 Mill. repräsentiert.
Und nimmt man drittens hinzu, daß nach einer Tabelle (im
großen Meyer von 1888) von 900000 Pferdestärken in Preußen nicht
weniger als 500000 auf Bergbau-, Hütten- und Salinenbetriebe ent-
fällt, so springt in die Augen, daß gerade die Rheinprovinz und
Westfalen die Provinzen des Melanismus par excel-
lence werden müssen, indem sie so überaus ähnlich Mittel-
England werden. Mit Recht spricht daher auch Doncaster von der
deutschen „dark country".
Rekapitulieren wir kurz: England mußte in der Hervorbringung
von Melanismen zuerst erscheinen. Und dieser Vorsprung in Ver-
bindung mit dem Nachweis des nicht einfachen Weiterwanderns des
Melanismus über seine Ostküste nach und in Deutschland hinein
spricht für
1. den Zusammenhang des Melanismus mit der In-
dustrie und Industriebetrieben,
2. die Entstehung des Melanismus nach vonein-
ander mehr o'der w'eniger getrennten Zentren.
Damit komme ich zur Besprechung des Einflusses der Groß-
städte an einem Paradigma, wie es Hamburg bietet. Ich schicke
die in und um Hamburg bekannten Melanismen voraus:
y'jg K. Häsebroek,
1. Acronycta leporina ah. hradyporina, sicher seit 1886 schon ver-
breitet und seit 1904 viel häufiger als die Stammform. 1910 er-
schien das pechschwarze samtglänzeude Stück, das ich bereits
S. 573 als identisch mit der aus England 1905 beobachteten ab. me-
lanocepJiala erwähnt habe.
Acronyda menyanthidh : Seit 1888 bei uns bis zu kompleter
tiefer Ausschwärzung der ab. suffusa bekannt. 1903 wurde
die ab. sartorii bei der Zucht gewonnen, die das Samtschwarz
nur zwischen Wellenlinie und Außenrand, also als breites Außen-
feld hat.
Acronycta megacephala: 1900 ein schwarzes Tier. 1907 von mir
ein in der Grundfarbe eigenartig schmutzig gelbbraunes Stück ge-
ködert.
Acromjcta euphorbiae: Dunkle Tiere seit langem als gewöhnlich
bekannt. Im Jahre 1908 ein pechschwarzes Stück von Herrn
Jaeschke in den Eibmooren geködert, identisch mit der in England
seit 1891 bekannten ab. myricae (S. 573).
Agrotis cursoria: Seit 1886 reichliche schwäre Tiere bekannt.
Variiert sehr bis zu dunkelrotbraun ohne Zeichnung.
Agrotis occiUta ab. passetii: Seit 1904 bei uns bekannt.
Miana opliiogramma, ab. maerens: Dieser Melanismus ist über-
haupt zuerst in Hamburg 1904 bekannt geworden und ist sicherlich
in den ersten Jahren nur auf das Hamburger Gebiet beschränkt
geblieben, wenn dies nicht etwa auch zurzeit noch gilt.
Mamestra nebulosa: in der ab. robsoni seit 1904 vereinzelt beob-
achtet.
Hadena scolopacina ab. Jiammoniensis: 1898 wurden von dem Be-
schreiber Sauber in Hamburg die ersten 2 Exemplare gefunden,
1900 bereits 12mal geködert, seitdem häufiger unter der Stammform.
Auch dieser Melanismus ist für Hamburg bis jetzt typisch geblieben.
Chlorocystis rectangulata ab. nigrosericeata: wie es scheint zuerst
von mir selbst in meinem Hausgarten in Hamburg 1910 gefangen.
Seitdem auch sonst in der Stadt von Anderen beobachtet; auch 1912
wieder in meinem Garten.
Amphidasis betidaria ab. douhledayaria : gut bekannt seit 1896;
auch früher schon in Hamburg angetroffen.
Boarmia repandata: in dunklen Stücken, gebändert und dilfus
melanistisch, seit 1904, aber immer noch vereinzelt.
Nicht erschienen sind bei uns bis jetzt von den englischen
melanotischen Tieren: Odonestes bidentata, Boarmia consortaria und
Melanismus der Schmetterlinge. 579
eonsonaria, desgleichen nicht Phigalia pedaria in tieferer einförmiger
Schwärzung.
Diese Hamburger Daten, nach denen einerseits in England bei
uns nicht vorhandene Melanismen vorkommen, andrerseits bei uns
spezifische Formen erschienen sind, die in England nicht beobachtet
wurden, bestätigen es, daß im Prinzip jedenfalls nicht eine einfache
Einwanderung oder Fortsetzung des englischen Melanismus bei uns
vorliegt. Auch das vereinzelte erste Hamburger Erscheinen
der sonst noch nicht in Deutschland bekannten Acronycten-
formen mit tiefstem Schwarz, nämlich von leporina und eiiphorbiae,
sprechen ohne weiteres für die Selbständigkeit eines Zen-
trums bei Hamburg.
Allem aber setzt in dieser Beziehung die Krone auf: unsere
tiefschwarze Hamburger Ct/m. or ab. alUngensis ^), zu deren ge-
nauer Betrachtung ich mich jetzt wende.
Es fällt diese erste Form unter die Diagnose: „nigra, macuUs
albis'' (s. S. 581 Fig. ß). Von dieser gleichen Type wurden zu-
nächst, lediglich am Zuckerköder, gefangen :
1904 4 Stück im sogenannten „Eppendorfer Moor", dicht
vor den Thoren Hamburgs,
1905 1 Stück im Eppendorfer Moo r",
1906 1 Stück im „Eidelstedter Moor" 10 km von Hamburg,
1907 3 Stück im „Eppendorfer Moor",
1908 1 Stück bei Winsen a. Luhe, 34 km südöstlich von
Hamburg auf Heideterrain im wesentlichen,
1908 1 Stück bei Harburg a. E., 10 km von Hamburg.
Es wurde damals schon festgestellt, daß das Tier keinen Über-
gang vom Stammtier zum schwarzen Tier enthielt, daß es nach
seiner tiefen Schwärzung weder mit den bisher registrierten dunklen
Formen der ab. obscura (Spulek) noch mit der ab. fasciata (Teich)
noch mit der v. scotica (Tutt) etwas zu tun hatte und daß auch
nach der Mitteilung von Pkout an Püngeler Ende Februar 1908
eine solche Form bis dahin in England nicht bekannt war.
Diese Alleinherrschaft der alUngensis (die an der Elbe woh-
nende) ist für Hamburg gegenüber dem übrigen Deutschland und
Österreich noch 1913 durch Waenecke festgestellt. '^) Unsere Form
1) Waenecke, in: Intern, entomol. Ztschr. (Stuttgart), 1908, No. 22,
No. 2, woselbst die erste Beschreibung erfolgte.
2) Waenecke, in : Entomol. Mitteilungen deutsch, entomol. Museum
Berlin Dahlem 1913, Vol. 2, No. 9.
580 K. Hasebroek,
kann also in den ersten 9 Jahren ihrer Beobachtung nur isoliert
um Hamburg herum entstanden sein. Und daß die Form in
den Jahren vordem auch in Hamburg nicht da war, dafür garan-
tieren die Angaben unserer ausgezeichneten alten Sammler, die seit
60 Jahren gerade das „Eppendorfer Moor" bis in alle Winkel genau
durchforscht und die auch die Cijm. or in der Stammform vielfach
gezogen haben.
Als man nach 1908 begann, auch die Raupen der in unserer
Umgegend häufigen Cym. or fleißig einzutragen, zeigten sich schon
bis 1911, daß die schwarze Form teilweise bis zu 95**/o bei den
Zuchten erhalten wurde, so daß die Stammform verdrängt
erschien.
Eine von mir für 1911 unter 9 Sammlern angestellte Umfrage
ergab das Überraschende, daß das reichliche Auftreten der Abart
mit der Himmelsrichtung in Zusammenhang stand : es erschienen an
ah. alhingensis aus eingesammelten Raupen: aus dem Westen des
Stadtgebietes 0—1%, aus dem Süden 0%, aus dem Norden 0—0,2%^
während der Osten und Nordosten je 2 mal 90 — 100 '^\^
und je 2m al 50% schwarze Falter lieferten. Niemals
waren Übergänge zu verzeichnen.
Der weitere Verlauf ist nun ein höchst merkwürdiger. Es ist
nicht bei dieser einfach schwarzen Form geblieben, sondern es sind
bis 1913 innerhalb derselben Entwicklungsrichtung zur schwarzen
Färbung vereinzelte weitere Nuancen aufgetreten, die sich erstens
(s, Fig. D) in einer weißen Radiärzeichnung = ab. aJbingoraUata
Bunge, zweitens (s. Fig. C) in einer scharf begrenzten hellen Außen -
randbinde = ah', marginata Warn., drittens (s. Fig. E) in dem Fort-
fallen der weißen Makel = ah. alhingosuhcaeca Bunge, und in dem
Auftreten von gelben Farbentönen (gelben Makeln und diffus
lehmgelber Färbung aller Flügel) gezeigt haben.
Ich gebe nebenstehend meine in der „Umschau" (Frankfurt a. M.-
Niederrad) ^) reproduzierte Abbildung der zugleich sehr schönen
Falter (Fig. A— E).
Die Zuchtresultate in Hamburg waren folgende. Aus 50 Puppen
von ca. 100 aus verschiedenen Bezirken zusammen getragenen
Raupen erhielt Herr Zimmermann 22 al. alhingensis und 25 Stamm-
formen. Ich selbst erhielt 1912 aus einer Portion Raupen (von der Fund-
1) Hasebroek , Eiue bemerkenswerte bei Hamburg auftretende
Schmetterlingsmutation, in: Umschau, 1913, No. 49.
Melanismus der Schinetterling^e.
581
stelle C, s. S. 583) 20 (^ 21 ? ah. albmgensis und 5 <? 4 $ Stamm-
formen; von einem anderen, einige Kilometer nördlicher gelegenen
Ort (von der Fundstelle B, s. S. 583) 4 (^ 2 ? «&. alUngensis und
4 ^ der Stammform.
Die Kreuzung alUngensis X alUngensis lieferte Herrn Zimmer-
mann 9 Exemplare alUngensis bei 3 der Stammform, und er erhielt
von deren Kindern alUngensis X alUngensis 20 Exemplare alUngensis
bei 6 der Stammform, das entspricht beide Male dem Mendel-
Verhältnis 3:1.
Fig'. A. Stammform des Nachtfalters Cymatophora or F.
Fiff. B.
Fig. C.
%rf
Fisf. D.
FifiT. E.
Fig. B-
-E. Melanismus des Nachtfalters Cymatophora or F. aus der Nähe von
Hambiirs:.
Daß man an einer Vererbung kaum zweifeln kann, ist hiernach
klar. Der Umstand, daß wir so auffallend reine Yerhältniszahlen
bei unserem im erstmaligen Auftreten erscheinenden Melanismus
erhielten, läßt mich hier eine wichtige Frage aufrollen. Wir hatten
in unserem Melanismus eine k o m p 1 e t e A u s f ä r b a n g in Verbin-
dung mit d e m F e h 1 e n V 0 n j e g 1 i c h e n Ü b e r g ä n g e n V 0 r u n s.
Sollte hier nicht ein Hinweis darauf gegeben sein, daß in dem kom-
pletten Melanismus die Vorbedingung gegeben ist dafür, daß keine
intermediäre Produkte vorkommen? Es fällt nämlich auf, daß nach
582 K- Häsebroek.
der oben gegebenen Zuchttabelle Doncastee's diejenigen Falter inter-
mediäre Übergangsbilder liefern, die sich durch mehr unregelmäßig
oder doch partiell gezeichnetes Farbenkleid auszeichnen, d. h. deren
Zeichnuugselemente in Strichen und Wischen bestehen. Man sehe
S. 572 die Typen AmpJi. hetularia, AcicI. aversata, die Boarmien und
in höherem Grade Mamesir. nebulosa darauf hin an : hier erscheinen
die Übergänge vielleicht, weil als Kreuzuugseltern nicht völlig diffus
ausgefärbte Melanismen benutzt wurden. Ich erinnere ferner an
Psil. monacha, die Nonne, mit ihrem unregelmäßig gescheckten weiß
und schwarzen Gewände. Für diese hat Staxdfuss schon auf die
Häufigkeit von Übergängen aufmerksam gemacht. Betrachtet man
die einzelnen kleineren Zeichnungspartien für sich als Einheiten,
die durch ein sogenanntes Stammes-Geu oder neues Melanose-Gen
in den Keimesanlagen bestimmt werden, so würde vielleicht eine
M-EXDEL- Vererbung auch für diese Einheitselemente anzunehmen
sein. Alsdann müßte man aber im Gesamtbilde vielfach Übergangs-
falter erhalten. Erst bei weiterer Kreuzung würde auch im Ge-
samtbild ein Fehlen von Übergängen eintreten. Tatsächlich spricht
für solchen Vorgang die interessante Mitteilung Doxcaster's. daß
in manchen Fällen von „kontinuierlichem" Melanismus die
weitere Züchtung und Kreuzung unzweifelhaft einen ..diskontinuier-
lichen" Melanismus der Nachkommen erscheinen läßt.M Diese Ver-
hältnisse sind wohl einer weiteren Forschung wert, scheint mir.
Was lehrt uns nun unser Hamburger Fall der Cijm. or ab.
dlUngensis mit einem so intensiv ausgefärbten Melanismus?
Außer dem fast absolut sicheren Eesultat. daß wir ein
Zentrum großstädtischer Entstehung bis zur erb-
lichen Fixierung vor uns haben, geht mit höchster Wahr-
scheinlichkeit aus unseren näheren Beobachtungen hervor, daß
Großstadtluft und Großstadtatmosphäre hier ihr Wesen
treiben: denn die Himmelsrichtungen 0 und NO für das evidente
Überwiegen des Vorkommens, fast bis zur Auslöschung der hellen
Stammform, stimmte 1911 überein mit der Windrichtung, die in
Hamburg vorherrschend ist: nämlich von Juni bis August
ans NW, nächstdem aus Wund dann aus SW; im September Oktober
am häufigsten aus S^^^ nächstdem aus W. Im Jahre herrscht SW
vor. Es müssen somit gegen 0 und NO am intensivsten die Aus-
dünstungen der Stadt mit Rauch in Niederschlägen wirken.
1) DOXCASTEE, 1. c, p. 11 (des Separatums).
Melanismus der Schmetterlins:e.
583
Und daß es sich hier um Fabrikbetriebe im speziellen handeln
kann, ^eht aus Folgendem liervor:
Ich habe in der beistehenden Skizze die größten Fabrikbetriebe
in den Stadtplan eingezeichnet. Es handelt sich um den Vorort
Barmbeck von Hamburg, der als die eigentliche Industriegegend
anzusehen ist. Vor 30 Jahren war hier noch vorherrschend Acker-
baubetrieb. Wir befinden uns an der Nord-Ost-Grenze der
Stadt, wie sich aus der Müllverbrennungsanlage und Ab-
deckerei von selbst schon ergibt. Trotz der vielen Straßenzüge
finden sich aber auch noch innerhalb dieser kleinere stehengebliebene
Gartenlandinseln, die zum Teil Knicks mit reichlicher Populus tre-
mula aufweisen. Das ist sogar noch der Fall bei A (Fig. F). wo
eine Straße — die Flurstraße — bis 1912 eine der Hauptfundstellen
tlectr. Werk
Fig. F. Stadtplan des Vorortes Barmbeck.
^ Größere Fabrikbetriebe.
A, ß, C, Mt Fundstellen der Cym. or- ab. albingensis.
xg^ K. Hasebroek,
derjenigen Raupen war. von denen die erstmaligen hohen Prozente der
ah. alUngensis erhalten wurden. Die Fundstelle B befindet sich schon
anf freiem Ackerland (bei Steilshop) und umfaßt noch ein kleinstes
Wäldchen mit ein paar Hundert armstarker Bäume. Leider ist auch
dieses Dorado für manchen schönen Spanner 1913 niedergelegt. Der
Fundort C ist schon reines Acker- resp. Gartenland, zwischen denen
einige Kuhweiden sich befinden. Getrennt werden diese durch
Knicks, in denen reichlich Populus tremula steht, zwischen deren
im Herbst bereits schmutzigen und weißbestäubten Blättern man die
Raupen der Cym. or findet. Es ist überhaupt bezeichnend, scheint
mir, daß dieser Schmetterling selbst in größter Verwahrlosung, was
Reinlichkeit anlangt, gedeiht. Seine Zucht ist daher sehr leicht.
Nun die Fabriken selbst und ihrer Lage: die enorme Gasfabrik
im Südwesten, die beiden Gummifabriken, die mit ihren Vulkani-
sationsapparaten auf Schwefel prädestiniert sind : sollten letztere
nicht schon einen Hinweis auf spezifische Ausdünstungen mit schwef-
liger Säure abgeben? Niemand wird leugnen können, daß die Ge-
samtlage der Fabriken zu den Hauptfundstellen B und C, die sich
bereits auf ganz freiem Felde befinden, direkt der von S\V nach
NO streichenden Windrichtung entspricht. Hinzu kommt, daß außer
den Fabriken im Vorort Barmbeck die Bevölkerung von Hamburg
am meisten zugenommen hat und damit die Zahl der rauchenden
Schornsteine. In dieser Beziehung gibt die Statistik der Baupolizei
folgende Übersicht: während zwischen 1880—1885 jährlich nur 2000,
1900—1905 ca. 5000, wurden von 1909—1913 jährlich ca. 10000
Wohnungen mehr geheizt; ja das Jahr 1910 figuriert sogar allein
mit einem Plus von 15 700 Wohnungen. Diese Zunahme kam zum
überwiegenden Teil auf den Vorort Barmbeck.
Alles in allem genommen, so glaube ich mir den Schluß er-
lauben zu können : es liegt hier ein großartiges unwill-
kürlich entstandenes Experiment vor, in welchem
durch eine enorm und rasch wachsende Produktion
von Rauch und Rauchgasen bei einer Falterart ein
stärkster Melanismus erzeugt worden ist. Und das Ex-
periment konnte zustande kommen, weil in der Cijm. or eine P^alter-
art vorhanden war, die erstens gerade in unmittelbarer Stadtnähe
reichlich ihre Futterpflanze hatte und die zweitens hinsichtlich ihrer
Existenz wenig empfindlich während der Verpuppung und als Puppe
ist. Vielleicht ist diese Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Milieu
mit cfie Ursache, daß, Avie es scheint, eine förmliche Revolution in
Melanismus der Schmetterlinge. 535
der ganzen Entwicklungsrichtung' hervorgerufen worden ist und auch
ertragen wird.
Es wäre sicher gezwungen, die B^ntstehung dieses lokalen Mela-
nismus des Cym, or nur auf präformierte Keimesvariationen
zurückzuführen und nicht einen Anstoß von außen als das eigent-
lich Treibende zu betrachten. Wie wollte man die so auffallende
Zeitfolge des Auftretens und der starken Zunahme der alUwjensis gegen-
über der enormen Zunahme des Vorortes Barmbeck mit dem Zufall
abfertigen können! Und um so weniger, als jetzt auch eine Auto-
rität wie Ludwig Pi.ate auf dem Standpunkt steht, daß „auch bei
stärkster Skepsis und schärfster Kritik" das Vorkommen der erb-
lichen Übertragung erworbener Eigenschaften zugegeben werden
mußJ)
Hinzu kommt außerdem ein drittes: eine andere bis zu 50^/o
ergiebige Fundstelle unserer alUngensis ist eine Meile weiter östlich
von der Stadt auf etwas aufgehöhtem Teirain eines Moores un-
mittelbar und östlich von einem Zinkhütten betrieb gelegen
(Schiffbeck).
Allem diesen gegenüber verschlägt es nichts, daß in der ersten
Zeit des Auftretens der alUngensis 1906 1 Stück im ,,Eidelstedter
Moor", 10 km von Hamburg, 1908 1 Stück bei Winsen, 34 km von
Hamburg auf Heidegrund und ebenso 1 Stück bei Harburg a. E.,
10 km von Hamburg geködert wurden, denn Eidelstedt sowohl
als Harburg haben ebenfalls große Fabrikbetriebe, und Winsen kann
mit dem großen Verkehr von Hamburg sehr wohl ein transportiertes
oder vielleicht verflogenes Exemplar geliefert haben. Zudem hat
sich noch bis heute (1913) bestätigt, daß aus weiterer Umgebung
von Hamburg eingetragene Raupen so gut wie nur die Stammform
ergeben. Das jetzt seit 1912 beobachtete Erscheinen der alUngensis
im Westen der Stadt (ßahrenfeld) kann meine so positive Statistik
aus 1911 kaum mehr umstoßen.
Wir kommen also in unseren Darlegungen für die djm. or so
gut wie einwandfrei auf einen Nachweis der Wahrscheinlichkeit
eines direkten und unmittelbaren Einflusses von Kohlen Verbren-
nung und Rauch auf die Entstehung des Melanismus. Ich glaube
nicht, daß bisher dieser Nachweis hat so strikte ge-
führt werden können wie in unserem Falle.
1) L. Plate, Selektionsprinzip und Probleme der Artbildung. Ein
Handbuch des Darwinismus, 4. Aufl., 1913, Leipzig und Berlin.
53(3 K. Hasebeoek,
Nun erscheint auch der zeitlich schon weiter zurückliegende
Melanismus unserer Hamburger Fauna überraschend klar im Rahmen
dieser Anschauung: es stammt nämlich der größte Teil schwarzer
und tief dunkler Noctuen, die im Hamburger Verein von einigen
Mitgliedern seit 10 Jahren in steigendem Maße vorgezeigt werden,
aus einem lokal ziemlich abgeschlossenen Gebiet zwischen den sich
teilenden Armen der Elbe, gegenüber der Stadt Hamburg im engeren
Sinn. Hier befinden wir uns innerhalb des Getriebes des verkehrs-
reichsten Teiles des Stromes, in der Nähe von Tausenden von kon-
tinuierlich dampfenden Schiffsschloten, dicht bei den großen Ham-
burger Werften und in der Nähe einer enormen Gasfabrik. Von
jeher war das innerhalb dieses Gebietes liegende noch unbebaute
und zum Teil in Wiesen und allerlei Niedergehölz bestehende
Terrain, auf dem zum Teil Baggersand abgelagert ist, den Ham-
burger Sammlern eine Fundstelle vieler Falter. Es sind die Ört-
lichkeiten Stein war der, kleiner Grasbrook, die Veddel
usw., die durch die Elbe mit vielen kleineren Kanälen mit Kais etc.
in viele Inseln aufgeteilt sind. Südwärts schließt sich an dieses
Terrain als Hinterland dann das große Fabrikgebiet Wilhelms-
burg unmittelbar an, wo die großen Eibbrücken ansetzen, um auch
weiter südwärts die Verbindung mit dem ebenfalls enorm ange-
wachsenen Industrieort Harburg auf der hannoverschen Seite
der Elbe herzustellen. Hier haben wir noch weit ausgedehnte
Weideflächen, mooriges Gelände, wallende Rohrwerbungen und
manches Ackerland. Von diesem Strominsel gebiet, ganz besonders
aber von dem durch den neuen Eibtunnel und auf kleinen Dampfern
von Hamburg in 10 Minuten zu erreichenden nächsten Bezirk
Steinwärder und Grasbrook stammen folgende dunkle Tiere:
Agrotis cursoria in tiefschwarzen Stücken mit der selteneren
gesättigt rotbraunen Form, wie sie in England noch scheinbar fehlt;
Agrotis ripae mit sehr reichlichem Rotbraun wie die ah. desilii aus
Mittel-England; Agr. corUcea, tiefschwarz Agr. occulta, so schwarz
wie die englische Abart passet ii von 1886; Agrotis nigricans, mit
Übergang bis zu dunkelrotbraun. Dann vor allen Dingen eine Spe-
zialität: Miana ophiogramma ah. maerens mit schwarz ausgefülltem
Innenrandfeld. Auch die pechschwarze Miana strigilis, dunkelste
Had. adtista und fast samtschwarze Had. tnonoglypicha sind hier reich-
lich. Tj'pisch ist ferner hier die Cal. phragmitidis ah. rufescens.
Diese, Aufzählung mag genügen.
Der enorme Aufschwung des Dampferverkehrs gerade an dieser
Melanismus der Schmetterlinge. 5g7
Stelle des Hamburger Hafens erhellt nun aus folgendem. Es kamen
jährlich in den Hafen:
im Durchschnitt der Jahre
1851—60 900 D. mit 300 Taus.Reg.T.
1861—70 1700 750
1871—80 2800 1700
1881-90 4600 3200
und in den Jahren
1895 6800 D. mit 5500 Taus.Reg-.T.
1905 10000 9500
1912 12000 12500
An stetig kreuzenden Schleppdampfern und Güterflußschiifen
der Oberelbe verkehrten jährlich:
1851—60 131 D.
1871—80 1511
1881—90 3003
1912 6040
Die Zahl der in Hamburg beheimateten Flußscliiffkessel, die
fast ununterbrochen im Hafen unter Dampf liegen und die der Be-
hörde direkt gemeldet wurden, betrug
1880 = 151 und 1913 = 1363
Das entspricht allein einer ca. lOfachen Produktion von Rauch
wie vor 30 Jahren.
Ich komme jetzt zur Betrachtung des Einflusses der Moore und
der moorigen Gegenden für den Melanismus. Wenngleich bei Don-
CASTER nur 2mal die Moore erwähnt werden, so z. B. für eine weite
Verbreitung der schwarzen Had. monoglypMca , so sprechen meine
eigenen Erfahrungen an der Hamburger Fauna schon für irgend-
welchen Zusammenhang des Melanismus mit den Mooren. Seit
10 Jahren sammle ich so gut wie ausschließlich in einem noch leid-
lich erhaltenen Moorgebiet 25 km von Hamburg elbabvvärts, gegen-
über dem Ort Blankenese, auf der Südseite der Elbe Ich habe
diese Moore nur der dunklen Formen wegen immer wieder aufgesucht^
weil ich hier auch nicht beschriebene Stücke in melanistischer Rich-
tung zu finden Aussicht habe. Von hier stammen auch die beiden
bisher in Deutschland nicht beobachteten Falter der tiefschwarzen
5gg K. Haskbroek,
Acronyda leporina (= var. melanocephala des Engländers Mansbridge
(1905) und die ebenso tiefschwarze Form der Acronyda ewphorUae
(entsprechend der var. myricae Tutt's 1891 in England), die ich
S. 578 erwähnt habe. Hier finde ich die ab. suffusa der Acr. memj-
anthidis in extremstem Melanismus, die Hadena rurea bis zur dunkelsten
Schattierung zum einförmigen Schwarz. Von hier habe ich eine hell-
graue Leucania strominea mit sehr schwarzer Aderbestäubung er-
halten, die noch nicht beschrieben zu sein scheint. Auch manche
Tagfalter sind hier auffallend dunkel, z. B. Coenonympha phüoxenos
und Pieris napi mit sehr dunkler und breiter Bestäubung der Adern.
Trotz alledem bin ich zu dem Schluß gekommen, daß die Moore
an sich es nicht sein können, die unmittelbar den Melanismus er-
zeugen, denn abgesehen von allem : es ist nicht einzusehen, weshalb
bei einem solchen Einfluß der Melanismus nicht schon vor 50 Jahren
und früher sollte erschienen sein, weil alles was Moor heißt seitdem
durch die einsetzende Bodenkultur zurückgegangen ist. Der Mela-
nismus h ä 1 1 e e h e r a b - a 1 s zunehmen müssen. Dieses Argu-
ment scheint mir entscheidend. Es gilt sicher auch für England.
Auch der Umstand, daß unsere Hamburger ah. alhingensis in den
ersten Jahren, wie ich S. 579 registriert habe, geködert wurde im
„Eppendorfer" und im „Eidelstedter Moor", verschlägt nichts zu-
gunsten der Moore an sich aus folgenden Gründen: erstens hätte
man dann hier das Tier auch schon früher erwarten sollen, als das
Moor noch unberührter vom Sonntagspublikum und der Kultur war;
zweitens aber entnehmen wir zurzeit die Eaupen mit 95% des
Melanismus gar nicht dem Moor, sondern dem Garten-, Wiesen- und
Ackerland im NO der Stadt.
Wie sollen wir dann aber das offensichtliche reichliche Vor-
kommen allgemeiner Melanismen in den Eibmooren deuten? Die
Tatsache besteht entschieden! Ich glaube, man braucht nur zu be-
rücksichtigen, daß die Moore durch ihre Neigung zur Nebelbil-
dung besonders gute Bedingungen für das Nieder-
schlagen der in der Atmosphäre weit um Hamburg
sich herumziehenden Produkte der Eauch Verbren-
nung liefern. Ich erlebe es in jedem Jahre wieder, wenn ich
nach meinem Moor an der Elbe fahre, daß es schon von ferne,
gegen Spätnachmittag, in einem undurchdringlichen Schleier er-
scheint, während nach der anderen Seite die Natur klar vor mir
liegt.
Der Nebel ist aber notorisch der Träger der Städteausdünstungen.
Melanismus der Schmetterlinge. 589
Es liegen hierüber aus neuester Zeit genaue Untersuchungen des
bekannten englischen Botanikers Oliver vor, der sich mit der
Schädlichkeit des Stadtnebels für die Vegetation eingehend be-
schäftigt hat. Es ist klar, daß gerade dies auch für uns in Frage
kommt. Oliver fand zwei Ursachen: erstens die P'.ntziehung
des Lichtes, wie durch einen undurchdringlichen Schirm; zweitens
die Anwesenheit von giftigen Stoffen, in denen in erster Linie die
Verbindungen des Schwefels in Betracht kommen sollen,
und zwar namentlich schweflige Säure und Schwefelsäure, alsdann
Kohlenwasserstoffe.
Man sieht sofort ein, daß mit diesen Stoffen wir uns wieder bei
Kohlenverbrennung, Eauchproduktion und Fabrikbetrieben befinden.
Und so gibt mir gerade diese Beziehung des Moornebels und des
Stadtnebels vor allen Dingen Veranlassung auf schweflige Säure
und Schwefelsäure als die spezifisch schweren gasförmigen Pro-
dukte als letzte Ursache des Melanismus zu fahnden. Es bleibt
eigentlich nichts anderes übrig, das man heranziehen könnte. Es
wird wohl kaum Jemand mehr daran denken, corpusculäre Elemente
von Rauch und Euß verantw^ortlich zu machen: so mechanisch wird
sich die Natur schwerlich beeinflussen lassen. Sicher sind es lös-
liche chemisch wirksame Potenzen, die hier in Frage kommen,
sei es unmittelbar von außen oder auf dem Wege der Ernährung
resp. durch Vermittlung der Futterpflanze. Für den Weg über die
Pflanze käme nur noch eine sekundäre Kalkarmut in Betracht, denn
experimentelle Bodenversuche in der Aachener Gegend durch Prof.
WiELER von der Hochschule haben eine Entkalkung des Bodens
durch Bindung und Löslichmachung des Kalkes durch die schweflige
Säure der Hochofenatmosphäre wahrscheinlich gemacht, mit sekundärer
Auswaschung durch den Regen. Ex contrario würde vielleicht das
bekannte Vorkommen auffallend heller Tiere auf Kalkboden für einen
solchen Zusammenhang sprechen.
Es gilt jetzt noch abzurechnen mit einigen anderen physikalischen
F'aktoren, die man zur Erklärung des Melanismus herangezogen hat.
Wie unkritisch man zum Teil gewesen ist, zeigt die Angabe, daß
z. B. Trockenheit und trockenes Futter Melanismen liefern
soll, da 1877 Peest im Verlauf von wenigen Generationen voll-
ständig schwarze Amph. betularia gezogen hätte: daß Prest ein
Engländer ist und daher wohl in England züchtete, ist nicht be-
achtet.
Zool. Jahrb. XXXYfl. Abt. f. Syst. 38
590 K. Hasebroek,
Durchaus entbehrt es ferner der Unterlagen dafür, daß Feuchtig-
keit die Ursache ist. Man hat von England als Inselland auf den
Einfluß des Meeres geschlossen, ohne aber zu bedenken, daß vielfach
die Melanismen — z. B. Amphidasis ah. douUedmjaria — im Innern
des Landes entstanden und erst sehr langsam bis zur Ostküste zogen.
Man hat vergessen, daß die deutschen Melanismen im Eheinland und
in Hannover viel früher (1884 85) vorhanden waren, als sie bei
Hamburg und Stralsund erschienen. Direkt gegen die Feuchtigkeit
spricht, daß nach Doxcastee die douhhdaijaria unmittelbar am Rhein,
im Lorelej'felsengebiet, überhaupt noch nicht unter der häufigen
Stammform angetroffen ist. Auch von Helgoland ist mir kein neuerer
Melanismus bekannt.
Ebenso in der Luft schwebend sind die Erklärungen des Mela-
nimus aus K 1 i m a s c h w a n k u n g e n , die man bis zur Konstruktion
einer 50-Jahresperiode ausgebeutet hat, so daß man von einem
„säkularen"' Wechsel sogar spricht. Absolut unerklärt bleibt auf
diese Weise das charakteristische sprunghafte Auftreten des
j\Ielanismus der großen Städte, das doch jetzt sicher steht.
Es bleibt weiter zu besprechen: ein eventueller Einfluß von
Wärme und Kälte während des Puppenstadiums, da man ex-
perimentell so reichliche Pigmentanhäufung bis zur Dunkelfärbung
erzielen kann. Reine lokale Einwirkungen, wie im Experiment, sind
doch bei den Faltern von zu vielen Zufälligkeiten abhängig. Zudem
hat niemand darauf aufmerksam gemacht, daß solche lokale Einflüsse,
die wohl die frei aufgehängte Puppe des Tagfalters gelegentlich
treffen können, für die Nachtfalter, die sich überwiegend geschützt in
Laub und Erde verpuppen, kaum zum Austi-ag kommen werden; für
die Wärme jedenfalls nur unter besonderen sicher seltenen Bedingungen.
Gegen die Kälte, z. B. durch strenge Winter, spricht bis jetzt alles,
wenigstens für Norddeutschland, denn bei uns hier sind die Winter
sicher milder geworden seit 30 Jahren.
Es bleibt nur noch ein Moment, wie mir scheint, übrig, das ist
die Entziehung von Licht und der Lichtstrahlen, und
zwar schon aus dem Grunde, weil — was man noch niemals ge-
bührend gewürdigt hat — der neuere Melanismus, den wir hier be-
sprechen, so gut wie ausschließlich Nachtfalter, Noctuen und
Spanner, betrifft. Das weist unbedingt auf das Nachtleben der
Raupen sowohl als der Falter als prädisponierendes Moment
hin. Ich meine, daß man auch dieser allgemeinen Tatsache durch
die Annahme des Einflusses von Kohlendunst und Rauch näher treten
Melanismus der Schmetterlinge. 591
kann: denn einerseits stellen Nebel und Niederschläge in
Beziehung- zur kälteren Nacht, andrerseits sind Wechsel-
wirkungen zwischen Kohlenstoffpartikelchen der Luft und das Tages-
licht verdüsternden Nebeln sicher vorhanden; ein klassisches Beispiel
liefert hierfür England, das Land der Melanismen, in so hohem Grade,
daß man dies fast als Beweis benutzen könnte.
Unter einer solchen Berücksichtigung der Nebelbildung könnte
es fast deutbar werden, daß ich in meinem Moorgebiet bei Hamburg
auch Andeutungen von Melanismus bei den Tagfaltern antreffe, um
so mehr, als die Moornebel den Faltern den Tag auch zeitlich ver-
kürzen.
Wenn wir bisher durch unsere x\nalyse der Erscheinungen auf
ein bestimmtes chemisches Agens, eine Art Vergiftung, wenn
man so will, als Ursache des neuzeitlichen Melanismus gekommen
sind, so erlaubt diese Auffassung des Geschehens die Annahme eines
Umzwingens der Bedingungen für den Stoffwechsel mit dem
Resultat einer alles überwuchernden Produktion des
schwarzen Pigments. Das hat kaum etwas zu tun mit irgend-
welcher Anpassung als Schutz aus Gründen der Wärmeökonomie
oder im Sinne einer Schutzfärbung. Nur auf letztere Ansicht muß
ich kurz eingehen, da für die Notwendigkeit eines etwaigen Wärme-
schntzes etc. für unseren Melanismus jegliche Unterlagen, etwa in
erheblichen Temperaturschwankungen eines veränderten Klimas, fehlen.
TüTT vertrat, wie ich früher schon erwähnte, die Theorie der
Schutzfärbung, wie sie zur Deutung einer die helle Stammform ver-
drängenden Tendenz unter dem Selektionsprinzip herangezogen werden
könnte. Die ganze Frage eines größeren Schutzes durch die schwarze
Färbung scheint mir an sich höchst problematisch zu sein. Wenn
die schwarze Färbung des Kleides die Schutzfarbe für die Nacht
wäre, so würden kaum so viele schneeweiße Spinner und Noctuen,
auch nicht so viele hellste Spanner, sich in solchen Mengen haben
erhalten können. Und Schwarz als Schutzfarbe für den Tag? Hier
kommt eine solche überhaupt nicht in Frage für die Nachtfalter, da
diese, in den Eulen wenigstens, die ausgesprochene Tendenz haben,
sich zu verkriechen. Und wenn sie sich frei unserem Blick zeigen,
an Hecken und Zäunen, so erscheint ein Grau durchschnittlich vor-
teilhafter als ein Pechschwarz. Man denke auch an die gelbgetönten
und die gräulichen Spanner, die an den Waldrändern und im Gras
sitzen.
38*
592 ^- Häsebeoek,
Ich habe folg-endes beim Köderfang- in meinem Moor beobachtet:
Mein Terrain ist eine ins Moor hineinziehende Birkenallee. Links
sind die Stämme durch die Wetterseite, dem Wege zugekehrt,
schwarz und dunkel, rechts dagegen liegen die hellen Stamm-
seiten dem Wege zu. Ich bestreiche mit dem Zuckerköder natür-
lich die dem Wege zugewandten Seiten. Mehr als einmal habe ich
€s nun erlebt, daß lächerlicherweise gerade die schwarzen ab. suffusa
der sonst hellen Acr. menyanthicUs ausgerechnet an den hellen
Stämmen sich an der Lockspeise gütlich taten und von mir gefangen
wurden. Ich habe mich niemals für die Schutzfarbentheorie, vollends
nicht im Sinne einer Mimikry, für die Schmetterlinge begeistern
können, weil der Begriff der Schutzfarbe doch allzusehr mir nur von
dem zufälligen Sitz der Tiere abzuhängen schien.
Ich komme auf die Entstehung des Melanismus durch zwar
veränderte, aber an sich physiologische Stoffwechsel-
vorgänge zurück. Ich glaube in der Lage zu sein, auch hier manche
neue Gesichtspunkte liefern zu können.
Daß die Verdunklung des Falterkleides durch reichlich sich
ablagerndes schwarzes Pigment zustande kommt, dürfte sicher sein.
Wichtig ist für uns hier die experimentelle Erzeugung der Schwär-
zung der Falter, die gesetzmäßig durch die bekannten Temperatur-
versuche erzielt wird. Aus den jahrelangen Untersuchungen be-
sonders von M. Gräfin v. Linden haben sich zwei allgemeine Tat-
sachen ergeben: erstens, daß jeder Einfluß, der bei der jungen
Puppe die Oxydation und A t m u n g s t ä t i g k e i t h e m m t , zu
Bildungen führt, die sich durch Überhandnähme schwarz pigmen-
tierter Schuppen und durch die Reaktion des roten Farbstoffes aus-
zeichnen; zweitens, daß hierbei dem Auftreten des schwarzen
Farbstoffes ein Zerfall des roten vorauszugehen hat.^)
Ich kann nun nachweisen, daß bei unserem neueren Melanismus
die Herausbildung des Schwarz ebenfalls wie beim Experiment ihren
Weg über den gelben und roten Farbstoff nimmt:
Es war mir aufgefallen, daß unter den neuen Entwicklungs-
richtungen unserer schwarzen Cy7n. or ab. albingensis in letzter Zeit
gelbe Farben töne auftraten: ein Stück mit gelben Makeln und
ein Stück mit schmutzig lehmgelber Allgemeinfärbung, ferner bei
der ab. marginata der Stich ins Gelbe bei der Randzone, hatten in
mir den Gedanken erweckt, daß das Gelb, daß man am Stammtier
1) BaCHMETJEW, Experimentelle Studien etc., Sophia 1907, p. 817 ff.
Melauisnius der Schmetterlinge. 593
kg,iim findet, in Bezieliuno; zum Schwarz stünde. Und nun fand ich
zu meinem Erstaunen, daß auf der mir von dem englischen Sammel-
forschungskomitee von 1900 und 1904 zugesandten Farbentafel unter
15 Faltern 13raal ein nahes Verhältnis von gelben Farben-
tönen zum Schwarz des Melanismus offenbar vorlag:
Larentia cambrica hat gelbe Töne gerade dort, wo sie sich an
den Vfl. geschwärzt hat. Hern, abrupiaria ist von Haus aus gelb.
Boarm. gemmaria hat überwiegend gelbe Töne, die über Grau zu
Dunkelgrau sich umwandeln. Acid. aversata ist in einer dem Mela-
nismus zugerechneten Form fast orange geworden. Bei Phig. pedaria
sind die gelblichen Vfl. zum Schwarz, die weißlichen Hfl. aber zu
Gelb umgestimmt. Boarm. repandata läßt in der Stammform viel
Gelb erkennen, das wieder über Dunkelgrau in Schwarz übergeht.
Miau, strigilis nimmt bis zum Übergang in die schwarze Form in
die Hfl. schmutziges Gelb auf. Hib. marginaria ist im orange Vfl.
dunkelbraun und im hellgelben Hfl. schmutzig orange geworden.
Eup. rectanguJata läßt in Übergängen dunkelgelb auf den Vfl. und
Hfl. erscheinen. Mam. nebulosa läßt die hellgelblichen Hfl. in der
dunkelgrauen Form dunkel schmutzig gelb bleiben. Had. mono-
glyphica hat in der Form mit schwarzen Vfl. auf den Hfl. im Mittel-
und Wurzelfeld goldgelb sich erhalten. Acr. psi zeigt allgemeine
Tendenz zur Einmischung von dunkelgelb bei ihrer dunklen Form.
Gon. bidentata ist von Haus aus gelb und zeigt im dunkelbraunen
Melanismus noch einen orange oder dunkelgelben Thorax.
Nun bestätigt sich mir bei näherer Verfolgung ganz allgemein
die Regel, daß Gelb die Basis für die dunklen Töne
liefert. Ich habe meine Sammlung daraufhin durchgesehen und
finde folgendes:
Acronycta ab. bradyporina hat vielfach gelb in seinem Grau.
Eine Acr. menyanthidis ab. arduenna aus den Ardennen ist von gelb-
brauner Grundfarbe, im Mittelfeld dunkelbraun werdend. Von
meiner dunklen schmutzig gelben Acr. megacephalu aus dem Moor
sprach ich schon früher. Die Agr. ripae von Steinwärder erscheint
mit vielem dunkelgelbbraun. Ich besitze einige rotbraune Agr.
cursoria neben den pechschwarzen Stücken. Die Agr. nigricans wird
zum Teil fast rot. Bei unseren dunklen Agr. xanthographa ab.
cohaesa bleibt ein gelbes Mittelfeld in den Hfl. bestehen ; die schwarze
Had. monoglyphica behält vielfach eine orange Wellenlinie. Taen.
incerta von tiefem Schwarz zeigt noch gelbe, fast orange Säume.
Eine Mam. thalassina ab. achatina hat ebenfalls noch eine goldgelbe
594 K- Hasebboek,
Wellenlinie, dasselbe zeigt Mam. brassicae und pisi, letztere bei einem
g-auz dunklen Stück nur noch in einem fast orange Innenrandfleck.
Eine M. reticuMa mit sonst weißem Netzwerk hat letzteres jetzt in
der dunklen Form in orange angelegt, so daß das Tier fast ein-
farbig erscheint. Ich habe eine Miana strujüis aus den Ardennen
mitgebracht, bei der die Makel auf dem schwarzen Vfl. gelb sind.
Und nun erinnere ich noch an die vielen anderen goldgelben
Falter, die im Melanismus zu einförmigen dunkelbraunen sich um-
wandeln: Xanth. aurago in der ab. fiicaia. An den gelben Larentia
biUneata sieht man förmlich, wie in der Mittelbinde das Gelb in
Schwarz übergeht. Noch deutlicher ist dies zu verfolgen bei
Angeroma prunata, wo das Orange im Außenfelde unregelmäßig be-
grenzt, in Dunkelbraun sich verwischt in der ab. sordiaia. 1906
fand man eine Hyb. aiirantiaria ab. fumipennaria in Brixen a. E.,
die „als vereinzelt" unter der Stammform mit folgender Diagnose
versehen ist: „multo obscurior, alis anter. unicoloribus, sordide
violaceo-brunneis, posterioribus valde infumatis." ^)
Nach allem diesen ist ein Zweifel an einer Vorstufe des Gelb
zum Schwarz kaum möglich. Und da nach den übereinstimmenden
Untersuchungsresultaten von Ueech, Eimer und M, Gräfin v. Linden
auch an normalen Faltern ontogenetisch in der Puppe Gelb und
Eot die Vorstufen des Schwarz sind'^), so kann es ebensowenig
zweifelhaft sein , daß es sich bei der Genese des Melanismus um
die Innehaltung des physiologischen Instanzenweges han-
delt, der nur forciert und verändert wird.
Wenn es sich um Stoffwechselprodukte handelt, die den Mela-
nismus hervorrufen, so müssen wir annehmen, daß deren Wirkung
auf dem Wege der Blutcirculation erfolgt, daß die Blutflüssigkeit
es jedenfalls ist, die den Kontakt mit den zur Schuppenbildung
führenden Zellen vermittelt. Ich kann auch dieses mit Hilfe unserer
Hamburger ab. albingensis höchst wahrscheinlich machen, da bei
dieser die Schwärzung in mannigfachen Variationen, die sich ge-
setzmäßig wiederholt haben, aufgetreten ist.
In Betracht kommt besonders eine neueste Form, die von Herrn
Lilienthal in Hamburg aus Raupen gezogen, unter den schwarzen
1) In: Internat, entomol. Ztschr., Guben 1906, No. 29.
2) M. Gräfin v. Linden, Untersuchungen über die Entwicklung der
Schmetterlingsflügel in der Puppe, in: Tübinger zool. Arb,, Leipzig 1898,
p. 460.
Melanismus der Schmetterlinge. 595
albingenses erschienen ist. Es handelt sich um ein der ab. marginata
(s. S. 581 Fig. C) ähnliches Stück: während aber bei dieser nur die
Oberseiten der Vfl. den hellen Außenrand zeigen, findet sich bei
dem neuen Tier außer diesem liand auch auf der Unterseite an
sämtlichen Flügeln die scharf begrenzte hell ledergelbe Außen-
randzeichnung. Ich gebe die Abbildung dieses höchst interessanten
Falters. Ich habe ihn mit dem Namen der ab. permarginata belegt,
um damit anzudeuten, daß erstens die Randbänder sehr reichlich
sind und zweitens auf den Vfl. die Flügeldicke scheinbar durch-
schlagen (in : Gubener Intern. Ztschr., 1914, No. 10).
^^^m
Fig. G. Fig. H.
Fig. G u. H. Cym. or F. ab. permarginata. Fig. G Oberseite. Fig. H Unterseite.
Die nähere Betrachtung ergibt nun 3 besondere Tatsachen:
1. daß die Berandung der Vfl. auf der Unterseite etwas breiter
ist als auf der Oberseite;
2. daß die Schwarzfärbung auf den Vfl. zwischen den Adern
abklingt, so daß eine Andeutung der von mir oben erwähnten ab.
albingoradiata Bunge (s. S. 581 Fig. D) vorliegt;
3. daß trotz der Schwärze die Zeichnung von Querbinden und
Wellenlinien sowohl auf der Ober- als Unterseite deutlich zu ver-
folgen ist.
Diese drei an einem und demselben Tier vorhandenen Tat-
sachen ergeben wichtige Anhaltspunkte für die Vorgänge bei der
Entwicklung des Melanismus:
Aus Punkt 1 in Verbindung damit, daß an den Hfl. die Binde
überhaupt nur auf der Unterseite erscheint, geht hervor, daß die
Schwärzung bei unserer neuen ab. permarginata nicht etwa durch
eine an die Flügelflächen diifus herantretende Einwirkung hervor-
gebracht ist, sondern daß die in der Entwicklung zum
Flügel getrennt angelegten chitinösen Ober- und
Unterflächenmembranen ^) jede für sich in den Schuppen
1) Spulek, Schmetterlingswerk, Vol. 1, p. XLIII.
ggg K. Häsebroek,
schwarz ausgefärbt wurden: und zwar muß bei der «6. permarginata
auf den Oberseitenlamellen an den Vfl. die Schwärzung weiter rand-
wärts, an den Hfl. ganz bis zum Rande vorgedrungen sein gegen-
über der Schwärzung auf den Unterseitenlamellen.
Hieraus muß geschlossen werden, daß die Schwärzung von der
flüssigen Trennungsschicht der zwischen den Flügel-
lamellen gelegenen ernährenden Blutlymphe aus be-
wirkt worden ist.
Da ferner — nach Punkt 3 der Tatsachen — die normalen
Zeichnungselemente in der Schwärzung vorhanden sind, so wird
höchst wahrscheinlich die melanistische Ausfärbung gleichzeitig mit
der Entwicklung der Anlage der normalen Querbindenzeichnuug der
Cynt, or F. vor sich gehen. Eine genaue Durchsicht von vielen ein-
förmig tiefschwarzen ab. alhingensis ^^'ARN. hat mir ergeben, daß es
in allen Fällen gelingt, bei geeigneter Beleuchtung die Erhaltung
der normalen Zeichnung zu konstatieren.
Nun wird bei der weiteren Entwicklung des Flügels in der
Puppe die intralamelläre Flüssigkeitsschicht immer mehr in die be-
stimmten Bahnen des entstehenden Flügelgeäders eingeengt, und so
muß naturgemäß in späteren und letzten Stadien die tiefste
Schwärzung sich an die Flüssigkeitsbahnen im Geäder halten.
Hiermit aber wird Punkt 2 unseren Tatsachen verständlich —
und in noch höherem Maße die Tatsache, daß die ah. alhingoradiata
Runge (s. S. 581 Fig. D) mit ihren hellen Radiärstreifen entstehen
kann : es erreichen nämlich die von je 2 Adern in der
Richtung der F 1 ü g e 1 b r e i t e gegeneinander sich aus-
breitenden Schwärzungen sich in der Mitte zwischen
den Adern eben nicht, und es bleibt ein mehr oder
weniger ungeschwärzter heller Zwischenstreifen übrig.
In der Tat findet man bei sehr vielen schwarzen alhingensis, wenn
man genauer zusieht, diese Streifung mehr oder weniger angedeutet.
Ich meine, daß wir hier zum erstenmal einen Anhaltspunkt
haben, in welcher Richtung wir vielleicht die verschiedenen vor-
kommenden, offenbar gesetzmäßigen Bilder der melanistischen Aus-
färbung der Flügel zu erforschen haben: es bedarf der onto-
genetischen Verfolgung der in der Puppe erstehenden
Flügel und der Feststellung der Beziehungen der
Schwärzung zu dem Geäder. Es wird sich dann heraus-
stellen müssen, ob das Befallen werden einzelner Partien vom Schwarz,
das Stehenbleiben der Schwärzung an gewissen Binden, das gewöhn-
Melanismus der Schmetterlinge. 597
liehe Freibleiben der Makel von der Schwärzung etc., mit der morpho-
logischen Entwicklung- des Geäders in Zusammenhang zu bringen
ist. In Hinsicht darauf, daß der Melanismus bis jetzt noch einer
der größten und interessantesten Rätsel der Natur ist, wäre eine
solche systematische Untersuchung wohl des Schweißes der Edlen
wert. In jedem zoologischen Institut müßten genug Arbeitskräfte
vorhanden sein, um nach dieser Richtung zu untersuchen. Und das
Material dazu ist leicht zu erhalten, man denke nur an die reich-
lichen Melanismen der Amphidasis hetularia ab. douUedayaria, die
man von überall her leicht um ein Geringes in Puppenmaterial be-
ziehen kann.
Nun noch eins : Wir haben früher gesehen, daß es wahrscheinlich
atmosphärische gasförmige Produkte sind, die die Veränderung zum
Melanismus auslösen. Hier sind zwei Wege möglich. Es kann
erstens von den Tracheen aus der Blutflüssigkeit das Agens zugeführt
werden. Das kann sowohl in der Raupe geschehen als auch im
Puppenstadium der Fall sein, w'o wir die bekannten traubenförmigen
mit Luft gefüllten Erweiterungen der Tracheen haben. In letzteren
würden wir geradezu Depots der gasförmigen Schädlichkeiten haben,
die intensiv ihren Einfluß während der Entwicklungszeit des Falters
in der Puppe äußern: denn daß die melanistische Ausfärbung in der
Puppe erfolgen muß, ist klar. So würde sich vielleicht deuten lassen,
daß z. B. von Hamburg aus schon im Herbst weit verschickte Puppen
unserer spezifischen alhingensis den Melanismus ebenso sicher im Früh-
jahr ergeben.
Ein zweiter Weg, auf dem die Einwirkung zustande kommen
könnte, wäre der, daß die Schädlichkeit mit den feuchten Nieder-
schlägen mit der Pflanze eingeführt und so der Stoffwechsel früh
verändert wird. Alsdann müßte man natürlich annehmen, daß bereits
irgendwelche gebundene artfremde Substanzen in den flüssigen
Medien von Raupe und Puppe vorhanden sind, um ihren Einfluß
bei der Schuppenbildung auszuüben.
Für jeden dieser beiden Wege aber, scheint mir, könnte man
sehr gut auf die schweflige Säure als das eigentliche Agens
rekurrieren und somit die Erscheinungen mit unseren früheren sta-
tistischen Resultaten in Übereinstimmung bringen : die schweflige
Säure hat die Eigenschaft, den Sauerstoff begierig in Beschlag zu
nehmen; herabgesetzte und gehemmte Oxydationsvorgänge sind es
aber, die experimentell die Anreicherung des schwarzen Pigments
am Falterkleid veranlassen. So schließt sich, meine ich, der Ring
^gg K. Hasebroek,
ZU einer hypothetischen Deutung- der Ursachen der Bildung des
neueren Melanismus so gut, wie es gegenüber den bisher herrschenden
Verlegenheiten in einer Erklärung nur möglich ist. Und auch für
die schweflige Säure habe ich noch eine weitere induktive
Stütze: ich habe bei meinen bereits eingeleiteten Versuchen mit der
schwefligen Säure gefunden, daß Pieris brassicae Puppen unter deren
Einwirkung tief gelbe und orange Farbentöne bekommen,
w^enn sie absterben. Gelbe Töne aber waren es, wie wir gesehen
haben, über die zweifellos der Melanismus sich entwickelt.
Nun kann man ja freilich einwenden, was ich zu erwähnen nicht
unterlassen will, daß die schweflige Säure für alle die massenhaften
bereits phyletisch fixierten Melanismen der alpinen und der Falter
des hohen Nordens kaum in Frage kommen kann. Diesem gegen-
über will ich nur folgendes bemerken. Für uns kommt es zunächst
nur auf den Melanismus der neuen Zeit an: wer kann wissen, wie
in früheren Zeitepochen, seitdem längst eine Fixation der Typen
durch Vererbung erfolgt ist, die Verhältnisse gelegen haben. Wir
finden ja auch bei unserem jetzigen Melanismus schon, daß bei der
Verbreitung der neuen Falter in absolut fabrikfreie Gegenden die
Tendenz zur Schwarzfärbung keineswegs mehr verloren geht. Immer-
hin scheint es mir vom praktischen Standpunkt wichtig, von irgend-
welcher weitgehenden Verallgemeinerung unserer Ideen noch ab-
zusehen und sie nicht auf den Melanismus schlechthin auszudehnen.
Ich halte den Vorschlag PIjngelee's, den jetzigen Melanismus mit
dem Namen eines ,,N e o m e 1 a n i s m u s" zu bezeichnen, für durchaus
empfehlenswert.
Sicherlich bedarf es noch einer entschieden schärferen Begrenzung
alles dessen, was Melanismus in unserem Sinne nur sein kann. Ich
glaube, daß als Erster der erfahrene Standfuss schon sehr richtig
erkannt hat, daß nicht jede dunkle Aberration unter den Begriff
des Melanismus fallen darf. Er betont in seinem schönen Handbuch
scharf den Unterschied zwischen einer Schwärzung der Grund-
farbe und einer Ausbreitung der an sich schwarzen Zeiclmungs-
elemente. Zu letzterer Kategorie gehören z. B. alle die vielen
dunklen Argynnis- und Melitaea- Formen; auch die Mel. galathea
liefert solche Formen. Ineinander über gehen die Schwärzungen
bei der Nonne, ja vielleicht auch bei der Amphidasis hetularia. Hier
gibt es noch viel systematisch zu untersuchen: mir macht es schon
bei flüchtiger Betrachtung meiner Sammlung ganz den Eindruck,
als wenn diese Schwärzung resp. die Ausbreitung von schwarzen
Melanismus der Sclimetterliiige. 599
Zeichiiungselementen clurcliaus an die Zwischenaderräunie gebunden
ist, z. B. bei den dunklen MeUtaea- und Atujijnnis-Yovm^w.
Nachtrag während des Druckes.
Am 24. April 1914 legte im Hamburger Entomologischen Verein
der bekannte erfolgreiche Tagfalterzüchter Herr Aug. Selzer eine
große Anzahl der bekanntlich melanotischen Fieris napi ab. hnjoniae
0. $ iS) vor, die er aus von Abisko in Schwedisch Lappland mit-
gebrachten Raupen in Hamburg zum Falter gezogen hatte. An
diesen Faltern zeigte sich 1., daß alle in Hamburg entwickelten
melanotischen $$ ausnahmlos sehr viel heller geworden waren
— und zwar in einem Grade, daß man es auf den ersten Anblick be-
merken konnte — als die entsprechenden in Lappland gefangenen $$;
2., daß die Puppen dieser $$ sämtlich einige Tage vor dem Schlüpfen
des Falters orange gefärbte Flügelscheiden aufwiesen,
gegenüber den ausnahmslos diffus hell bleibenden cJc^-Puppen. Dies
weist offenbar darauf hin, daß auch für den bereits phylogenetisch
fixierten Melanismus eine äußere Ursache in ähnlicher Richtung von
Einfluß ist, wie wir sie für den neuzeitlichen Melanismus in unseren
Darlegungen aufzuzeigen versucht haben: denn es kann kaum nur
ein Zufall sein, daß die ab. bryoniae $$-Puppen die gleiche
Orange-Farbentönung zeigen wie die von mir durch seh w^ef-
lige Säure-Einwirkung künstlich erzielte Färbung von P. brassicae-
Puppen. Freilich haben wir für die Annahme eines gleichen wirk-
samen Agens natürlich zunächst noch absolut keinen Anhalt. Wir
haben hier aber ohne Zweifel eine äußerst wichtige Beobachtung
vor uns, die uns veranlassen muß, nunmehr nach irgendwelchen
ähnlichen oder analogen Faktoren zu suchen, die einerseits in
Kohlenverbrennung und Rauchproduktion liegen und andrerseits
im hohen Noi'den und im Hochgebirge — an die die ab. bryoniae
gebunden ist — vorhanden sind.
Herr Selzer hat übrigens bereits wieder aus der Weiter-
zucht seiner bryoniae-F?i\teY in Hamburg Raupen erhalten, und man
darf gespannt sein, ob von diesen die $$-Falter nun noch zunehmend
heller werden, ja vielleicht ganz den Charakter der nordischen Form
verlieren und zur nicht melanotischen Form der Ebene werden.
Nachdem es Herrn Selzer in den letzten Jahren gelungen ist, die
QQQ K. Hasebroek, Melanismus der Schmetterlinge.
nordische var. adiße der EreUa ligea durch Weiterzucht vom Ei aus
in Hamburg- in die typische Erehia ligea der Ebene überzuführen ^)
— wenigstens nach dem äußeren Farbenkleid — , erscheint die
Herausbildung- einer Pieris napi der Ebene aus der Abart brijoniae
nicht unwahrscheinlich.
1) Aug. Selzer, Die Umwandlung von Er. ligea L. var. adyte Hb.
zu Er. ligea L., in: Intern, entomol. Ztschr., Guben 1913, v. 4. Jan.,
No. 40 (mit Abbildungen).
Nachdruck verboten.
Vbersetzungsrecht vorbehalten.
MAYß's Gattung Ischnomyrmex (Hym.)
nebst Beschreibung einiger neuer Arten aus anderen
Gattungen.
Von
H. Yiehmeyer, Dresden,
Mit 3 Abbildungen im Text.
Die Gattung Ischnomyrmex (in: Verh. zool.-bot. Ges. Wien, 1862,
p. 738), die bisher als Untergattung bei Äphaenogaster rangierte,
umfaßt, wie wir jetzt wissen, sehr heterogene Formen. Die Art,
auf welche Mayk einst das Genus gründete, /. longipes F. Sm. ^,
hat sich durch die v. BuTTEL-ßEEPEN'sche Entdeckung des Soldaten
als eine Flieidole mit undeutlicher, nicht verdickter Clava der Fühler
herausgestellt. Demzufolge gliederte sie Foeel (in: Zool. Jahrb.,
Vol. 36, 1913, p. 49) diesem Genus als Untergattung an == Pheidole
suhg. Ischnomyrmex. Die restierenden Arten der MAYß'schen Gattung
vereinigte er unter dem Namen Beromyrma und beließ sie als Sub-
genus bei Äphaenogaster (in : Rev. Zool. Afr., 1913, p. 350).
Auch dieser Rest zeigt in sich wenig Übereinstimmung. So
macht FoREL in letztgenannter Arbeit darauf aufmerksam, daß die
amerikanischen Arten {cockerelU und albisetosa) von den altweltlichen
durch die Fühlerbildung abweichen, und Herr Prof. C. Emery teilt
mir brieflich mit, daß er ebenfalls die amerikanische Gruppe nicht
in das Subgenus Beromyrma einbegreife. Ich kenne die Arten nicht
genug, um darüber urteilen zu können.
Sicher muß aber aus Forel's Untergattung zunächst die von
QQ2 H. Viehmeyer,
Matr ohne Vaterlandsangabe in einem Stücke (^) beschriebene I.
exasperata (in: SB. Akad. Wiss. Wien, 1866, p. 506), von der weiter
unten zwei neue Varietäten bekannt g-eniacht werden, ausscheiden.
Das Vorhandensein eines Soldaten und die Sgliedrige, wenn auch
nur schwach verdickte Fählerkeule kennzeichnen sie als eine echte
Pheidole. Sie bildet den Übergang- zur Untergattung Ischnomtjrmex.
Die nun noch bei Deromyrma verbleibenden Arten weisen als
gemeinsames, von der Obergattung Aphaenogaster unterscheidendes
Merkmal eine einzige Cubitalzelle (gegen 2 bei Aph.) auf. Sie
lassen sich in 2 Gruppen bringen, je nachdem ihr Hinterkopf in
einen Hals verlängert ist {sivammerdami, loriai, dromedarius etc.)
oder nicht [sagei, longiceps etc.), und Forel wirft bereits die Frage
auf, ob sie auf dieses Merkmal hin zu trennen sind oder nicht.
Er meint, es käme darauf an, ob man der halsförmigen Einschnürung
des Kopfes als dem trennenden Merkmale mehr Bedeutung zumesse
als dem gemeinsamen, der einen Cubitalzelle.
Ich glaube, der Hals der verschiedenen Ischnomyrmex (im alten
Sinne) ist bisher systematisch zu hoch bewertet worden. Sein Vor-
kommen bei Arbeitern der Gattung Fheidole s. str. {exasperata) und
der Untergattung Fh. Ischnomyrmex Qongipes), dann wieder bei einer
Gruppe von Aph. Deromyrma beweist deutlich genug, daß er seine
Ausbildung in erster Linie einer sekundären gleichartigen An-
passung verdankt und nicht der primären natürlichen Verwandt-
schaft.
Sehr richtig kennzeichnet Foeel darum die Lage (in: Zool. Jahrb.,
Vol. 36, 1913, p. 52) dahin, daß alles von dem Bekanntwerden der
uns von verschiedenen Arten der Untergattung Deromyrma noch
fehlenden Kasten abhängt. Daß wir auch jetzt noch nicht vor Über-
raschungen sicher sind, beweist das unten beschriebene (^ von 1.
loriai Em.
Auf meine Veranlassung hat Herr L. Wagnee, Deutsch Neuguinea,
verschiedene Nester dieser Art aufgegraben und dabei festgestellt,
daß die Art keine Soldaten besitzt. Außerdem ist es ihm geglückt,
sowohl das $ als das (^ zu sammeln. Letzteres zeichnet sich durch
12gliedrige Fühler (Aphaenogaster und Deromyrma 13gliedrige Fühler)
aus. Herr Prof. Foeel sowohl als Herr Prof. Emeey machen mich
auf die Möglichkeit einer Anomalie aufmerksam ; aber ich kann
versichern, daß davon keine Eede ist, die Fühler sind bei
allen 6 (zum Teil leider stark defekten) Tieren durchaus gleich.
Auch eine Verlötung benachbarter Glieder, wie Foeel das
Mayr's Gattung' Ischnomyrmex. 5Q3
z. B. bei Tetramorimn bezeichnet, sclieint nicht der Fall zu sein
(siehe Fig. A).
Es entsteht die Frage: welche Stellung geben wir nun loriai?
Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir die Ge-
schlechtstiere des loriai mit denen von swammerdami Foe., dem
Fig'. A. Ayli. {Planimyrma) loriai Em.
a c/' in Profilansicht, b Antenne des cr^. c $ in Profilansicht.
Typus des Subgenus Deromyrma, vergleichen (s. dazu die Abbildung
bei Geandidiee, Hist. Madagascar, Vol. 20, tab. 4, fig. 14a u. b). ^)
Sofort fallen uns weitere Unterschiede auf, und zwar im Thorax-
1) Die Geschlechter von swammerdami liegen mir natürlich in.
natura vor.
ßQ^ H. Viehmeyer,
bau. Männchen und Weibchen von sirammerdami sind ihrem Thorax
nach echte Aphaenogaster ; das Mesonotum ist bei beiden sehr groß,
vorn vertikal und überlagert das Pronotum kissenförmig , das
Scutellum ist buckeiförmig aufgetrieben. Der weibliche Thorax von
loriai ist dagegen äußerst schlank, etwas schmäler als der Kopf;
obwohl er geflügelt ist, übertrifft seine vertikale Ausdehnung die
der Arbeiterbrust nur sehr wenig. Das Mesonotum ist niedrig, ganz
flach, dem Pronotum weniger überlagert und mit dem Proscutellum
und Scutellum verschmolzen. Beim Männchen ist wohl das Meso-
notum in der vertikalen ßichtung stärker entwickelt, aber ganz
anders als bei swammerdami gebildet ; es ähnelt in der Profilansicht
etwas dem Promesonotum von dromedarms Em. i^. Der Thorax er-
scheint seitlich zusammengedrückt; das Scutellum ist ganz flach.
Beim $ fällt außerdem die relativ große Gaster auf.
Diese Unterschiede gewinnen an Bedeutung bei Berücksichtigung
der Tatsache, daß bei den Ameisen die Geschlechtstiere verwandter
Formen, als die biologisch am wenigsten beeinflußten Kasten, ge-
wöhnlich nur wenig verschieden sind, weiter auch gegenüber der
oben schon gewonnenen Erkenntnis, daß die halsförmige Ein-
schnürung des Kopfes augenscheinlich ein Produkt konvergenter
Lebensweise ist. Bei alledem läßt sich aber nicht verkennen, daß
wir in loriai einen Aphaenogaster (sens. lat.) vor uns haben, wie das
außer anderem sehr charakteristisch beim ^ durch die Verlängerung
des Epinotums zum Ausdruck kommt.
Wir werden darum für loriai eine neue Untergattung gründen
müssen, die wir Deromtjrma Foe. an die Seite stellen.
Aphae7iogaster n. siihg, Planiniyrina,
^. Habituell mit Aph. {Deromyrma), Gruppe swammerdami über-
einstimmend; Kiefertaster 4-, Lippentaster Sgliedrig.
$. Thorax auffallend schlank, mit niedrigem, ebenem Meso-
notum und Scutellum; Gaster relativ groß. Geflügelt.
(^. Kopf wie beim ^ $ stark halsförmig eingeschnürt. Fühler
12gliedrig, mit undeutlicher, nicht verdickter Keule, Scapus so lang
wie die ersten 3 Geißelglieder. Kiefertaster 4-, Lippentaster
2gliedrig. Thorax schmal; Scutellum flach. Flügel mit einer
Cubital- und Discoidalzelle.
Typus loriai Em.
Mayr's Gattung Ischnomyrmex. 605
Aph. {Flanmiyrma) loriai Em.
(^ (bisher nicht beschrieben). Kopf hinten halsförmig ein-
geschnürt, mit sehr großen, stark konvexen Augen und großen, er-
höhten Ocellen. Clypeus stark gewölbt, mit breitem, wenig vor-
gezogenem, vorn ziemlich geradem Lappen; Stirnfeld undeutlich.
Scapus der 12gliedrigen Antennen so lang wie die ersten 3 Geißel-
glieder, 1. Glied des Funiculus gestreckt, etwas länger als das 2.,
3.-6. Glied kürzer und etwas dicker, die letzten 5 wieder länger
und schmäler, eine nur durch Streckung der Glieder ausgedrückte,
undeutliche Keule bildend. Kiefertaster 4-, Lippentaster 2gliedrig;
Mandibeln schlank, mit langem, gezähneltem Kaurande.
Thorax schmäler als der Kopf, mit nach rückwärts verlängertem
Epinotum. Pronotum vorn sehr kurz, schräg ansteigend, vorn seit-
lich, an der Grenze des Mesonotums, mit 2 nach oben gerichteten,
schwach nach außen divergierenden, breiten Dornen. Mesonotum
im Profil gerundet dreieckig, mit seinem Vorderrande den Hinter-
rand des Pronotums überragend, auf dem vorderen Abfalle, kurz
unterhalb der höchsten Erhebung, mit 2 kleinen, schräg nach vorn
und außen gerichteten Dörnchen. Scutellum ganz eben und flach,
überhaupt der ganze Rücken von der höchsten Erhebung des Meso-
notums bis zur Einsattlung des Epinotums sowohl seitlich als der
Länge nach ziemlich eben.
Fig. ß. Aph. {Planimyrma) loriai Em.
Äußere Genitalteile des o^, von hinten, von der Seite und von innen gesehen.
Stielchen (Fig. B) dem des ^ ähnlich, nur mit niedrigeren Knoten.
Gaster klein. Genitalapparat braunschwarz; Mandibeln, Hüften
und Trochanteren , Spitze der Gaster bräunlich-gelb, Fühlergeißel
und Tarsen rotbraun. Flügel sehr dunkel, mit schwarzbraunem
Geäder. Thorax an den Seiten zum Teil gestreift, der übrige Körper
glänzend glatt. Kopf teilweise fein längsgerunzelt und genetzt;
Mandibeln an der Basis mit einigen Längsriefen, sonst glatt und
Zool. Jahrb. XXXVII. Abt. f. Syst. 39
ßQg H. Viehmeyer,
zerstreut punktiert. Abstehende Behaarung lang und fein, braun,
an den Extremitäten schräg; Pubescenz nicht erkennbar.
L. 9 mm.
Wareo, D. Neuguinea.
Ischnojfiyrmex exasperata Mayk ^ = PheldoJe s. str.
Die Begründung siehe vorn.
Pheidole exasperata Maye vai\ n. p>olita,
^. Kopf und Prothorax, Abdomen, Beine und Fühlerschaft zum
größten Teile glänzend glatt. Mandibeln seicht längsgestreift,
zwischen Fühlergrube und Augen mit einigen gebogenen Längs-
runzeln, dazwischen sehr schwach genetzt. Meso- und Epinotum
auf der Dorsalfläche sehr fein genetzt, mit Spuren einer Quer-
runzelung, aber immer noch glänzend; Seiten dicht genetzt, matt.
Herr Dr. Maidl, Wien, war so gütig, ein Tier mit der Type
der Stammart zu vergleichen und noch festzustellen, daß die Schenkel
der Varietät an den Enden stärker verjüngt und mehr spindel-
förmig sind.
L. 3,5 mm.
4. Kopf länger als breit, mit ziemlich parallelen Seiten, diese
vor den Augen gerade, hinter denselben schwach konvex; Hinter-
rand tief, spitzwinklig ausgeschnitten; Scheitel mit einem starken
Quereindrucke und vollständiger Stirnrinne. Clypeus hinten gekielt,
sein Vorderrand schwach ausgerandet; Stirnleisten mäßig diver-
gierend, hinten parallel; keine eigentlichen Fülilerfurchen, Scapus
der Antennen überragt den Quereindruck.
Thorax dem von plagiaria sehr ähnlich, aber Mesoepinotalsutur
tiefer. Petiolus an seiner oberen Kante schwach ausgerandet; Post-
petiolus breiter als lang, sechsseitig, mit rechtwinkligen, etwas zu-
gespitzten seitlichen Ecken.
Mandibeln zerstreut punktiert und an der Außenseite längs-
gestreift, sonst glänzend glatt.
Kopf kräftig längsgestreift; Streifen parallel, die äußeren
(zwischen Augen und Stirnleisten) mit breiteren Zwischenräumen;
überall eine feine, undeutlich runzlige oder auch netzmaschige Unter-
skulptur, auf den Hinterhauptslappen die Streifen netzmaschig ver-
bunden, Unterskulptur deutlicher. Thorax, Petiolus und Postpetiolus
Mayr's Gattung- Ischnomyrmex. 607
mehr oder weniger regelmäßig querrunzelig, letztere außerdem mit
einigen seichten Längseindrücken; Gaster glänzend glatt mit zer-
streuten, erhabenen Punkten.
Abstehende Behaarung lang, rötlich-gelb, überall an den Ex-
tremitäten etwas schief; Pubescenz nicht erkennbar. Farbe braun
mit etwas helleren Beinen.
L. 6,5 mm.
Nest in einem morschen, am Boden liegenden Aste. Von dem
Bukit Timah, einem Hügel bei Singapore (H. Overbeck).
Ph. exasperata Mate var, n, fusiforinis,
^. Nicht sicher von der var. polita zu unterscheiden, mit der
gleichen Skulptur und denselben spindelförmigen Schenkeln, Farbe
dunkler, dunkelkastanienbraun mit heller braunen Beinen, bräunlich-
gelben Mandibeln, Tarsen, Gelenken und ebensolcher Fühlergeißel.
Eine Spur kleiner.
4. Kopf mit konvexeren Seiten, etwas breiter, der Hinterrand
weniger tief und stumpfwinklig ausgeschnitten, Quereindruck und
Stirnrinne weniger deutlich, Clypeus ungekielt, Fühlerschaft länger,
den Hinterrand des Kopfes fast erreichend ^ die Unterskulptur
zwischen den Längsrippen kräftiger. Promesonotum etwas kon-
vexer, vor der Querwulst eine feine Querrinne; seitliche Ecken des
Postpetiolus weniger scharf. Kleiner; sonst wie var. polita.
L. 5 mm.
(^. Kopfseiten hinter den Augen sehr stark verengt, hais-
förmige Einschnürung sehr kurz und breit, Netzaugen und Ocellen
stark entwickelt. Fühler ISgliedrig; Scapus so lang wie die ersten
beiden Geißelglieder, das 1. Glied des Funiculus kurz und dick, die
übrigen gestreckter. Scutellum etwas buckelig ; BasalÜäche und ab-
schüssige Fläche treffen in einem ziemlich scharfen stumpfen Winkel
zusammen, beide gerade, die Basalfläche bedeutend länger. Man-
dibeln mit 1 großen p]ndzahne und 2 kleineren, äußerst fein und
dicht gerunzelt; Vorderkopf ebenso, vor den Ocellen eine stark
glänzende, glatte Fläche; Hinterkopf dicht und fein runzelig längs-
gestreift. Mesonotum ebenso, vorn in der Mitte schwach glänzend;
Scutellum undeutlich quergerunzelt; Abdomen glänzend glatt.
Kopf und Thorax pechschwarz, Vorderkopf, Proscutellum, Ab-
domen und Beine pechbraun; Mandibeln, Fühler und Tarsen gelb.
39*
gQg H. Viehmeyer,
Flügel mit 1 Dlscoidal- und 2 Cubitalzellen, schwach bräunlich-gelb,
mit wenig dunklerem Geäder.
L. 4 mm.
Wareo, D. Neuguinea.
^, 21-, ^ sind zwar nicht als Angehörige ein und derselben
Kolonie separiert gesandt worden, befanden sich aber in ein und
demselben Gläschen und waien überhaupt die einzigen Pheidole der
Sendung. Außerdem verbürgt die halsförmige Einschnürung des
Kopfes vom ^ ihre Zusammengehörigkeit.
P//. {Ischnomyrmex) lonf/iijes F. Sm. var. continentis Foe.
21 (noch nicht beschrieben). Mit dem Soldaten der var. conici-
collis Em. verglichen, ist der Kopf hinten viel breiter, seine Seiten
nur nach vorn verengt, ziemlich gerade, Hinterrand flacher aus-
geschnitten, Stirnrinne schärfer, Fühlerschaft etwas kürzer, Streifen
der Stirn nach rückwärts früher erlöschend, resp. auf dem Hinter-
kopfe mikroskopisch fein und dicht werdend, hier ohne abstehende
Behaarung und erhabene Punkte. Basalfläche des Epinotums der
ganzen Länge nach (bei var. conicicoUis nur vorn) deutlich gefurcht,
Postpetiolus etwas breiter, Schenkel in der Mitte stärker verdickt.
P^arbe dunkler, etwas größer.
L. 9 mm.
Nest in einem halbverfaulten, am Boden liegenden Aste. Eine
volkreiche Kolonie, 4^ und ^ sehr angriflfslustig. Bukit Timah,
Singapore (H. Ovebeck).
Anhang.
Beschreibung einiger neuer Arten aus anderen Gattungen.
Eiipo7iera (Mesoponera) n, sj). liapiiana.
^. Kopf rechteckig, ungefähr ^l^m?i\ länger als breit, mit
schwach gebogenen Seiten, abgerundeten Hinterecken und etwas
konkavem Hinterrande. Clypeus mit dreieckig vorgezogenem Vorder-
rande, stark gekielt (ähnlich Leptogenys). Mandibeln sehr lang und
schlank, am Außenrande gemessen, fast so lang wie der Kopf ohne
Clypeuslappen, Außenrand schwach konkav, Kaurand mit 13 Zähnen.
Augen klein, flach, länglich, wenig länger als der Scapus an seiner
Meyr's Gattung Ischnomyrmex. 609
stärksten Stelle breit, vom Vorderrande des Kopfes eine reichliche
Augenlänge entfernt; Stirnrinne bis zur Gegend des Medianocellus
deutlich. Scapus der Antennen überragt den Hinterrand des Kopfes
um ^'5 seiner Länge, 1. Geißelglied kürzer als das 2.
Thorax mit deutlichen Suturen, Mesoepinotalnaht tief eingesenkt.
Mesonotum so lang wie breit, flach. Epinotum seitlich zusammen-
gedrückt (ähnlich hiteipes), vor dem Abfall zur abschüssigen Fläche
auf dem Rücken sehr seicht quer eingedrückt. Abschüssige Fläche
etwa so lang wie die Basalfläche, dreieckig, mit der Basalfläche einen
ganz flach verrundeten, stumpfen Winkel bildend, seitlich ziemlich
deutlich, aber nicht sehr scharf gerandet, im vorderen Abschnitte
mit einem dreieckigen Längseindrucke.
Petiolus schuppenförmig, im Profil dreieckig, mit gerader Vorder-
und etwas konvexer Hinterfläche; Seiten der Schuppe nach unten
mäßig konvergierend, oberer Rand von links nach rechts schwach
konvex, in der Mitte etwas winklig nach vorn gezogen. Postpetiolus
etwa so lang wie das 1. Gastersegraent; Sutur zwischen beiden nicht
sehr tief.
Mandibeln, abschüssige Fläche des Epinotums, Vorder- und
Hinterfläche der Petiolusschuppe glänzend glatt (d. h. nur mit mikro-
skopischer Skulptur), der übrige Körper dicht und fein punktiert
und schwach glänzend.
Pechschwarz; Mandibeln, Clypeus, Antennen, Beine, Analgegend
der Gaster mehr oder weniger gelbrot; Hinterrand des Postpetiolus
und der Gastersegmente und Schenkel bräunlich.
L. 8 mm (mit den Mandibeln).
Wareo, D. Neuguinea.
Leptogenys {Lohoiielta) caeciliae Viehm. var. n, optica,
^. Mit längerem, nach rückwärts weniger erweiterten und
niedrigerem Petiolus, an der Basis viel stärker punktiertem Post-
petiolus und ganz anders gebildeten Augen. Bei der Stammart
liegen die Augen in einer rings geschlossenen, tiefen Furche und
sind von oben nach unten zusammengedrückt, von vorn gesehen,
schief kegelförmig oder auch linsenförmig mit stumpfem Außenrande,
mit längerer oberer und V2 so großer unterer Fläche. Bei der
var. optica sind die Augen gleichmäßig und sehr schwach gewölbt,
größer und nur hinten deutlich eingefurcht.
Wareo, D. Neuguinea.
ßlO H. Viehmeyer,
Mf/rmecina niandibularis n. sp,
^. Kopf quadratisch, mit mäßig g-ebogenen Seiten und stark
ausgerandetem Hinterkopfe. Unterseite des Kopfes breit ausgehölilt,
beiderseits gerandet, Hinterecken tief lierabgebogen. Augen mäßig
konvex, nicht länger als der Scapus, am Ende dick, von dem Vorder-
rande des Kopfes etwa eine Augenlänge entfernt. Antennen kräftig,
Scapus am Grunde stark gebogen, den Hinterrand des Kopfes kaum
erreichend, 2. — 8. Geißelglied stark quer, das Endglied der Sgliedrigen
Keule länger als die beiden vorausgehenden Glieder. Clypeus
beiderseits stumpf gekielt, dazwischen kaum erkennbar konkav;
Vorderrand gerade. Mandibeln mit 2 starken Endzähnen und einigen
darauf folgenden undeutlichen, am Innenrande mit einer breiten,
stumpfen Erweiterung, nicht unähnlich der von Acropyga butteli
Für. ^.
Thorax ähnlich latreülei, aber vorn breiter, ohne erkennbare
Suturen, mit viel längeren Epinotumdornen, vor denselben jederseits
mit einem spitzen, aufrechten Zähnchen. Petiolus und Postpetiolus,
von oben gesehen, rechteckig, ersterer etwas länger als breit,
letzterer stark quer, etwa ^j^mal breiter als lang. Gaster kleiner
und rundlicher als bei latreülei.
Kopf und Thorax mit starken regelmäßigen Längsrippen, die
sich auf dem Kopfe oft gabeln und nach rückwärts etwas diver-
gieren. Innerhalb der Stirnleisten 11 Rippen, ebensoviel am Vorder-
rande des Pronotums , die aber auf dem Thorax nach hinten konver-
gieren. Die Zwischenräume glänzend glatt. Petiolus und Post-
petiolus im hinteren Teile und seitwärts mit tiefen Längseindrücken.
Mandibeln, Clypeus, abschüssige Fläche des Epinotums und Gaster
glänzend glatt. Scapus der Antennen und die Beine nur mit den
kleinen (nicht grübchenförmigen) Punkten der abstehenden Be-
haarung. Diese viel weniger dicht und länger als bei latreülei.
L. 2,5 mm.
Wareo, D. Neuguinea.
Anscheinend der M. sulcata Em. ähnlich, von ihr aber durch
die Mandibelbildung und die glatten Zwischenräume der Rippen
verschieden.
Pheidole {JPJieidolaeanthimis) flavothoracica n, sp.
^. Kopf ohne die Mandibeln so lang wie breit, mit konvexen
Seiten und vollständig verrundeten Hinterecken. Augen ziemlich
Meyr's Gattung Ischnomyrmex. 611
klein und konvex, in der Mitte der Kopfseiten; Antennen 12gliedrig,
mit Sgliedriger Keule, Scapus den Hinterrand des Kopfes ein wenig-
überragend, 1. Glied der Geißel 3mal so lang wie das 2., die
mittleren Glieder so lang wie breit; Stirnleisten weit getrennt, ihr
Zwischenraum größer als Va der Kopfbreite, bis zur Höhe der
Augen reichend, nach rückwärts mäßig divergierend ; Stirnfeld wenig
deutlich ; Kaurand der Mandibeln gezähnelt.
Fig. C. Ph. {Pheidolacanthinus) flavothoracica n. sp. ^.
Form des Thorax und Stielchens siehe Fig. C. Der Thorax-
rücken Üach, vor dem Epinotum mit einem sehr seichten Quer-
eindrucke. Obere Kante des Petiolusknotens schwach ausgerandet,
Oberseite des Kopfes und Gaster schwarz, Unterseite des
Kopfes und Stielchenknoten braun, Thorax und Beine hellgelb,
Mandibeln und Fühler bräunlich-gelb. Glänzend glatt, nur mit den
Punkten der abstehenden Behaarung, diese auf Kopf und Gaster
sehr zerstreut, auf dem Thorax fehlend, auf den Extremitäten fast
anliegend.
L. 2,5 mm.
Wareo, D. Neuguinea.
Nach der Abbildung F. Smith's mit quadrispinosa ungefähr über-
einstimmend, aber ohne Mesonotalzähne (Mayr, 1886) und ganz
anders gefärbt.
ßl2 H. Viehmeyer, Mayh's Gattung- Ischnomyrmex.
Polyrliachis caulomnia Viehm. var, n, imrallela.
'^. Ein wenig- kleiner und schmäler als der Typus; das Pro-
notum mehr rechteckig, mit weniger verrundeten Hinterecken, der
Hinterrand bildet mit den Seitenrändern kleinere Winkel; Meso-
notum kürzer; Mesoepinotum nach rückwärts etwas mehr verengt;
Epinotumdornen kürzer, etwa so lang wie Mesonotum und Basal-
fläche des Epinotums zusammen, durchaus parallel; Dornen der
Schuppe ebenfalls kürzer, gerader, weniger divergierend, die kleinere
Gaster nicht mehr umfassend, mit der oberen Kante der Schuppe
einen deutlichen Winkel bildend (bei der Stammart bogenförmig in
die Kante einlaufend). Auf dem Hinterkopfe überall bogig quer-
gestreift (beim Typus bis zum Hinterrande der Länge nach); Meso-
notum etwas schwächer skulpturiert.
Wareo, D. Neuguinea.
A. Ducke, Berichtigungen. 613
Berichtigung.
„Die natürlichen Bienengenera Südamerikas". Vol. 34.
p. 86. Anstatt Spinoliella Cockll. ist zu setzen Spinoliella AsHM.
p. 86. „ Perditomorpha Cockll. „ Perdüomorpha Ashm.
p. 105. „ Coel. pimdiventris „ Coel. punctipennis.
„Über Phylogenie und Klassifikation der sozialen Vespiden". Vol. 36.
p. 329 bei Parapolyhia Sauss. ist hinter den Worten „hinten in ganz
eigenartiger Weise" einzuschalten: angeschwollenen Hinter-
leibsstiel,
A. Ducke.
G. Pätz'sche Buchdr. Lippert & Co. &. m. b. H., Naumburg a. d. S.
Zoolog. Jahrbücher Dd. 37 Abt. f. Syxi.
Taf.SfJ.
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i Schnitz, del.
Verlag von Gustav
Lith.Anst.vA.C:ltsch.Jeiia.
Zoolog. Jahrhiicher Bd^ 32 . \hf. f. S\-st
Tat :j().
Verlag vor. Gustav Fischer in Jena.
Lith.Aiisl,v.ACülsch.Jena