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Full text of "Zur Geschichte des XII. und XIII. Jahrhunderts : diplomatische Forschungen"

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HISTORISCHE STUDIEN 



VEROFFE NTLICHT 



VON 



E. EBERING 

DR. PHIL. 



HEFT VIII. 

ZUR GESCHICHTE DES XII. UND XIII. JAHRHUNDERTS. DIPLOMATISCHE 
FORSCHUNGEN VON PAUL SCHEPFER-BOICHORST. 



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BERLIN 1897, 



ZUR GESCHICHTE 



III. DND IUI. JAHBBDIIDERTS. 



DIPLOMATISCHE FORSCHUNGEN 



VON 



PAUL SCHEFFER-BOICHORST. 



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BERLIN 1897 

YEBLAG VON E. EBERING. 



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MEINEN STRASSBURGER FREUNDEN 



ZUM 



1, MAI 1897, 



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Vorwort. 



Dies Buch vereinigt schon früher erschienene und erst jetzt 
gedruckte Untersuchungen, denen allen gemeinsam ist, dass sie 
sich mit Urkunden oder Briefschaften befassen.^ Oft habe ich 
mich begnügt, Wert oder Unwert eines Aktenstückes zu bestimmen; 
das eine und andere Mal habe ich blos eine diplomatische 
Eigentümlichkeit ins rechte Licht zu stellen versucht; nicht selten 
ist mir mein Material der Ausgangspunkt zu einer eigenen 
Darstellung oder Erläuterung geworden. 

Die älteren Forschungen haben fast insgesamt eine Umar- 
beitung oder doch manche Aenderung erfahren; bei den neueren 
war mein Bestreben, möglichst an ungedruckte, nicht beachtete, 
schwer zugängliche Urkunden anzuknüpfen; deren habe ich dann 
eine Reihe herausgegeben, teils im Texte, teils im Anhange. 
Diesem meine ganze Sammlung unbekannter Diplome einzuver- 
leiben, schien mir nicht thunlich zu sein; ich wählte nur solche, 
welche Beiträge zur Geschichte italienischer Städte liefern ; gerade 
sie aber meinte ich hier mitteilen zu sollen, weil auch mehrere 
der Untersuchungen und der darin eingefügten Urkunden Ge- 
meinden Italiens betreffen.^ 

Viele haben mich unterstützt; ihnen Allen, deren Verdienste 
um die voriiegenden Studien ich ihres Ortes hervorgehoben habe, 



1. Nur in zwei Zusätzen habe ich eine Ausnahme gemacht, S. 275—283, 
284—289. 

2. Die lateinischen Zahlen habe ich durch die arabischen Zeichen wieder- 
gegeben; waren sie in meinen Vorlagen mit Buchstaben ausgeschrieben, so fügte 
ich einen Punkt hinzu; dadurch erklärt sich, dass zu Ende eines Satzes ver- 
einzelt auch zwei Punkte erscheinen. Irrungen können durch mein abkürzendes 
Verfahren nicht entstehen; dem Herrn Setzer aber und mir wurde die Arbeit 
erleichtert. 



sage ich nochmals wärmsten Dank. Niemandem aber fühle ich 
mich mehr verpflichtet, als dem lieben Freunde Dr. E. Schaus, 
der unermüdlich für mich gesucht, verglichen, berichtigt hat. 

Auch das Wohlwollen der Centraldirektion der Monumenta 
Germaniae ist dem Buche zu statten gekommen, sofern sie für 
die Gewinnung der stauflschen Urkunden, von denen ich einen Teil 
veröffentliche, eine einmalige Unterstützung gewährte. 

Vielleicht wundert sich Jemand, keine der Arbeiten, worin 
ich Urkunden zur Geschichte des Papsttums erläuterte, hier wieder 
zu finden. Ein Neudruck z. B. meines Aufsatzes über die prag- 
matische Sanktion Ludwigs des Heiligen könnte manchem sehr 
nützlich erscheinen, da ja berühmte Männer jüngst noch die Echt- 
heit als unanfechtbare Thatsache vorausgesetzt haben. Doch 
ich habe von der Aufnahme derartiger Forschungen abgesehen, 
weil es mein Wunsch ist, über urkundUche Probleme allgemein- 
kirchlicher Natur in einer ähnlichen Sammlung zu handeln. 

Indem ich das Buch zur Feier des 25jährigen Bestehens 
der Kaiser- Wilhelms-Universität meinen Strassburger Freunden 
darbringe, gedenke ich in Wehmut der Altersgenossen oder Aelteren, 
die schon dahingegangen sind. Doch wirken unter den Kollegen glück- 
licher Weise immer noch einige, die mir näher standen. An diese vor 
Allen richte ich die Widmung, die ihnen ein Zeichen meiner 
treuen Gesinnung sei. Dann aber sind jüngere Freunde heran^ 
gewachsen: viele von denen, die in Strassburg meine Vorlesungen 
und Uebungen besuchten, haben mir in den Stellungen, die sie 
diesseits und jenseits des Rheins nun bekleiden, ein sehr freundliches 
Andenken bewahrt. Ihnen sende ich in der Widmung herzlichen 
Gruss. 

Berlin, den l. Mai X897. 

per Yerfasser, 



/ 



/ 



Inhalt. 

Seite. 

I. Die Heimat der unechten und der Text einer echten 

Constitutio de expeditione Romana 1 — 26. 

A) Die Heimat der unechten Constitutio de expeditione 
Romana. 

Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. 

Neue Folge. lU 173 ff. 1—20. 

B) Der Text einer echten Constitutio de expeditione 

Romana 20—26. 

II. Zur Geschichte der Reichsburg Garda. 

Nettes Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche 

Geschichtskunde. XIX 575 ff. .... 27—48. 

Zusätze: I. Friedrichs f. Urkunde für Ottenbeuren. 
Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche 

Geschichtskunde, XIX 597 ff. .... 49—55. 

n. Urkunden für Brenzone bei Garda. . . 55 — 69. 

m. Die Urkunden des Markgrafen Konrad von Tuscien ; 
seine Thätigkeit in Italien. 

Mitteilungen des Instituts für österreichische GeschicJits- 

forschung. VIII 396 ff 60—91. 

IV. Ein unmöglicher Ausstellungsort in echter Urkunde 
Konrads III. 

Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichts- 
forschung. VI 60 ff. 92—101. 

V. Chiavenna als Grafschaft des Herzogtums Schwaben. 102 — 122. 

VI. Fälschungen für Bauffremont und Quattro Castella; 

ihre echten Muster 123 — 148. 

A) Laders, TuU, Bisanz und Bauffremont. 

Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche 

Geschichtshunde. XX 179 ff 123—132. 

B) Vezzano und Quattro Castella 133 — 148. 



- X — 

Seite. 

Vn. Diplome Friedrichs I. für Cisterzienserklöster, na- 
mentlich in Elsass und ßurgund. 

Mitttilungen des Instituts für österreichische Geschichts- 
forschung. IX 215 ff. 149—162. 

VIII. Doppelte Rekognitionen in Urkunden für Belle- 
fontaine und Sarzana 163 — 170. 

A) Bellefontaine 165—168. 

B) Sarzana 168—170. 

IX. Ueber Kaiserurkunden in der Schweiz 171 — 190. 

A) Urkunden Friedrichs I. vom Jahre 1152 

Mitteilungen des Instituts für österreichische 

Geschichtsforschung. IX 191 ff. .... 171 — 180. 

B) Die Freiheitsbriefe für Röggisberg. 

Mitteilungen des Instituts für österreichische 

Geschichtsforschung. IX 199 ff. .... 181 -190. 

X. Ein Ausstellungsort als einziges Zeugnis füi einen 
Zug Friedrichs 1. nach Burgund. 

Mitteilun(,en des Instituts für Österreich isch-e Geschichts- 
forschung. XII U9ff. 191 — 196. 

XI. Die Urkunde über die Teilung des Herzogtums 
Sachsen. 

Quiddes Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissen- 
schaft. III 32 J ff _ 197—213. 

XII. Ueber Volterraner Urkunden, mit besonderer*Rück- 

sicht auf das neuere Pfalzgrafentum 214 — 224. 

XIII. Heinrichs VI. und Konstanzes I. Privilegien für die 

Stadt Messina 225—243. 

XIV. Die Vorbilder für Friedrichs II. Constitutio de 
resignandis privilegiis 244 — 249. 

XV. Die Gründung Augustas und die Wiederherstellung 

Regalbutos 250—256. 

A) Die Gründung Augustas. 250—255. 

B) Die Wiederherstellung Regalbutos 255—256. 

XVI. Rechtfertigung des Rolandino Passagerii; Egidio 
Rossi als Fälscher für die Venerosi; seine Nach- 
ahmer. 

Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche 

Geschichtskunde. XX 167ff. vgl ebenda 459ff. 257— .67. 



— XI — 

Seite. 

XVII. Ueber Testamente Friedrichs II 268—275. 

Zusätze I. Mainardino von Iruola, ein vergessener 

Geschichtschreiber der Zeit Friedrichs II. *275 — 283. 

11. Salimbene und Biondo 284 — 289. 

XVItl. Bamberger Schulübungen über den Plan einer 
Thronumwälzung im Jahre 1255. 

vgl. Mitteilungen des Institvts für österreichische 

Geschichtsforschung. VI 668 ff. 290—319. 

Zusatz: Der Bamherger Schüler Ober den meranischen 
Erbfolgestreit; Friedrich III. von Zollern - 
Nürnberg als Edler von Osterhofen. 
Mitteilungen des Instituts für österreichische 
Geschichtsforschung. XIII 145 ff. . . . 319—325. 

XIX. Zur Kritik des Baumgarten berger Formelbuclies ; 
die ersten Beziehungen zwischen Habsburg und 
Ungarn. 

vgl. Mitteilungen des Instituts für österreichische 

Geschichtsforschung. X 81ff 326—337. 

XX. Die Wahlausschreiben vom Jahre l'J91. 

Sitzungsberichte der philos.-philol. und histor. Classe 
der k. b. Akademie d. W. zu München. Jahrg. 1884. 
487ff. 338—353. 

XXI. Zur Geschichte der ßeichsabtei Erstein. 

Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. Neue 

Folge VI 283 ff. 354—370. 



Anhang. 

Staufische Urkunden zur Geschichte italienischer 

Städte und städtischer Familien 371 — 407. 



Chronologisches Verzeichnis der Urkunden. . . 408 — 410. 
Uebersicht dor besprochenen Kaiserurkundon. . 410 — 411. 
Verzeichnis der in den Urkunden genannten Per- 
sonen 412—417. 

Verbesserungen und Nachträge. 418 — 419, 



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L 

Die Heimat der unechten und der Text einer 
echten Constitutio de expeditione Romana. 



A. Die Heimat der uneehten Constitutio 
de expeditione Bomana. 

Wie man längst weiss, ist die Verordnung über den Römer- 
zug, die den Namen Karls des Grossen trägt, nur eine private 
Festsetzung, wieviel der einzelne Mann seinem Herrn und dieser 
jenem leisten muss, wenn eine Heerfahrt nach Italien unter- 
nommen wird. Auch über die Zeit möchte heute kaum noch ein 
Zweifel bestehen. Ich will nicht untersuchen, ob etwa Elemente, 
die älter sind, als die uns vorliegende Form der Urkunde, in ihr 
verarbeitet wurden,^ — allgemein ist jetzt anerkannt, dass die 
heutige Fassung des angeblichen Gesetzes ins 12. Jahrhundert ge- 
hört.^ Aber nach einer anderen Richtung gehen die Ansichten 
noch weit auseinander. Wo entstand die Constitutio de expedi- 
tione Romana?* Eben darüber ist bisher keine Einmütigkeit er- 



1. Das ist die Ansicht von Ficker Ueber die EntstehungS7erhältnisse 
der Constitutio de expeditione Romana. Sitzgsb. d. Wien. Akad., phii.-hist. 
Kl., LXXIII 173— -220. Ich verweise hierzu auf S. 5 Anm. 3. Was ich da 
ttber «Curia Gallorum** andeute, scheint mir für die Frage nicht gleichgültig 
zu sein. 

2. Eine andere Meinung hat meines Wissens nur Boretius ausgesprochen. 
Capit. reg. Franc. I 461 Anm. 3 sagt er, die Constitutio sei saectdo decimo et 
undecimo haud dubie ficta. Aber die Begründung fehlt : nach allem, was für das 
12. Jahrhundert vorgebracht ist, meine ich dem „Zweifelsohne" des Heraus- 
gebers der Kapitularien doch nicht trauen zu sollen. 

3. Hier möchte ich mit Einem Worte erörtern, was man unter „ezpeditio 
Romana*' verstand. — Das Gesetz wird erlassen super omni Bomana expeditione y 
08 beisst dann: quandö pro Corona nostra vel pro aliqua regni utiUtate aut ho- 
nore Romana expeditio etc, preparetur. Also handelt es sich nicht allein um 
den Römerzug im engeren Sinne, der zum Empfang der Kaiserkrone unter- 

Soheffer-Boiohorst, Zur Gesch. des XII. u. XIIL Jahrhunderts. 1 



zielt. Diese Frage nun nochmals aufzuwerfen, hat doch nicht 
blos litterarhistorisches Interesse, — bei dem geringen Vorrat 
an älteren Dienstrechten, der durch unsere Urkunde bereichert 
wird, ist es auch von Wichtigkeit, gerade die Herrschaft, welche 
in solcher Art ihr Verhältnis zur Mannschaft regelte, mit Sicher- 
heit nachweisen zu können. Noch mehr; der Fälscher wird sich 
gewiss in einem Zusammenhange mit benachbarten Standes- 
genossen gehalten haben, und so würde die Kenntnis des engeren 
Gebietes, in dem der Betrug ausgeführt wurde, eine Bedeutung 
auch für bestimmte weitere Kreise gewinnen. Man könnte als- 
dann wohl behaupten, dass innerhalb dieses oder jenes Stammes 
mancher die gleichen Rechte und Pflichten als die in Herkommen 
oder Verfassung begründete Norm durchgeführt sehen wollte. 
Damit noch nicht genug. Später galt die private Arbeit wirklich 
für ein Reichsgesetz: hat doch sogar ein Papst sich darauf berufen.^ 



nommen wird, sondern um jede „Fahrt über Berg^, gleichviel wohin sie sich 
richtet. In der Bedeutung unseres heutigen „Römerzuges^, wobei wir ja 
auch nicht an die Krönung denken, hat man den Ausdruck, wie ich gegen 
Ficker a. a. O. 199 bemerke, doch fast schon von seinem ersten Auftreten an 
gebraucht. Die früheste Erwähnung der „expeditio Romana^ findet sich meines 
Wissens in den oberitalienischen, von Wattenbach herausgegebenen Stilübungen, 
und zwar in No. 3. 10. 27. 28. Archiv f. öst. Geschichtsq. XIV 70. 73. 85. 86. 
Hier ist allerdings — wie ich mit Wattenbach a. a. 0. 41 glaube, wenngleich 
Bemhardi Lothar HI S. 594 Anm. 15 wenigstens No. 3 auf 1136 bezieht — 
nur von dem ersten, zur Krönung führenden Zuge Lothars III. die Rede. Da- 
gegen war Lothar längst Kaiser, als er dem Papste im Oktober 1135 schrieb: 
natale domini celebraturi convocatis principibus de Bomana expeditione tracta- 
hinms, Jaflf6 Bibl. rer. Germ. V 525. Ferner wird man doch fragen dürfen, 
weshalb Friedrich I. im Jahre 1154 denn sagte: indicta publice expeditione 
Bomana ad suscipiendam imperii coronam? M. G. LL. II 96. Wenn jede expe- 
ditio Bomana der Kaiserkrönung galt, so war ad sttsdpiendam imperii coro- 
nam ein überflüssiger, ja irreleitender Zusatz. Das meinte ich aber bemerken 
zu sollen, weil es einmal ja an sich nicht gleichgültig ist, dann aber auch weil 
gerade das Kloster, für welches nach meinem Dafürhalten die Constitutio ge- 
fälscht wurde, Freiheit von jeder Reichsheerfahrt beanspruchte eospeditione sola 
Bomana excepta. Mit dieser Forderung, wenn sie blos den Zug zur Kaiser- 
krönung beträfe, würde die Definition des Römerzuges, wie sie in den Worten: 
pro Corona nostra vel pro aliqua regni utilitate aut honore ausgesprochen ist, 
nicht wohl zu vereinen sein. Nun finde ich sie vielmehr im besten Einklänge 
mit meinen späteren Ausführungen. 

1. S. darüber Weiland im Neuen Archiv V 239. 



Ümsomehr wünschen wir zu wissen, welcher Winkel des deutscheil 
Landes gleichsam der Geburtsort des nachmals zu so hohem 
Ansehen gelangten Schriftstückes gewesen ist. 

Waitz zeigte sich in einem besonderen Aufsatze geneigt, 
die Urkunde für Baiem in Anspruch zu nehmen. Er machte 
geltend,^ dass eine Klasse von Ministerialen, wie in der Constitutio, 
auch in Garsten „domestici" genannt werde ;^ und als „fliii eccle- 
siae", wie dieselben in der Constitutio ebenfalls heissen, fand er 
sie zweimal in Freising.* Diese Benennung konnte er allerdings 
auch in einer Trierer Urkunde nachweisen,* während ihm „do- 
mestici" eben nur in Baiern begegnet waren.* Hiernach hat 
Waitz seine Ansicht gebildet: das Zahlenverhältnis spreche „eher 
für eine baierische Heimat". Wenn ich dagegen bemerke, dass 
man auch in Beichenau bestimmte Ministerialen wohl „domestici" 
Dannte,* dass ferner auch der Herzog von Lothringen sie als 
„filii ecclesiae" bezeichnete,' so möchte das Gleichgewicht so- 
zusagen zwischen Osten und Westen hergestellt sein. Damit fällt 
denn natürlich die erste Stütze für Waitzens Meinung. 

Nach Baiern — sagt Waitz — weisen auch die Hand- 
schriften. Doch längst nicht alle, selbst nicht alle, die Waitz 

kannte. In baierischen Klöstern befinden oder befanden sich: 

« 

zwei in Herren-Chiemsee,^ je eine in Heiligen-Kreuz* und 

1. Forschgen. zur dtsch. Gescb. XIV 34. 35. 

2. Traditionen aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts im Ü.-B. des 
Landes ob der Enns I 140 No. 41. I 153 No. 90. 

3. Urk. von ungefähr 1115 Fontes rer. Aust. XXXI 92. Dazu das 
falsche Diplom Ottos I. von angeblich 965 ibid. 33. M. Q. DD. I 606. 

4. Urk. von 1052 Beyer Mittelrh. Ü.-B. I 393. 

5. Ich muss hinzufügen: „damals**, denn in der Verf.-Gesch. V 495. 2. 
Auflage kennt er auch „domestici** von St. Peter im öchwarzwald; im Rotul. 
Sanpetrin. No. 168 hat nun ,dumestici^ nach Waitz selbst den auch sonst 
nachweislichen Sinn von „compares**; No. 58 soll es dagegen „Ministerialen^' 
schlechtweg bedeuten, doch heisst es offenbar auch hier „Genossen". Leichtlen 
Die Zähringer 70. 84. v. Weech im Freiburg. Diöcesan-Archiv XV 147. 165. 

6. Urk. von 1142 Ztschrft. f. Gesch. d. Oberrh. XXXI 298. 

7. Urk. von 1069 Calmet Bist, de Lorraine II Pr, 342 ed. IIa. 

8. Cod. lat. Mon. 5260 = Chiems. can. 10 merabr. 8^ s. XII; Cod. lat. 
Ifon. 5254 = Chiems. can. 4. membr. 2^. s. XII— XIII. In beiden üeber 
lieferongen steht die Constitutio auf dem letzten Blatte. 

9. No. 82 membr. 2^. saec. XIII auch hier auf dem letzten Blatte. 

Archiv der Gesellsch. X 596. 

i* 



^ 4 ^ 

KIoster-Neuburg.* Dazu kommt ein Regensburger Codex,* in 
welchem die Constitutio den Gesta Friderici angehängt ist. Er 
aber hat keine eigene Bedeutung: er giebt nur den Inhalt eines 
Giessener wieder, überdies stammt er aus dem Kloster Neresheim 
in Württemberg. Der Giessener aber kam aus Ulm an seinen 
jetzigen Aufbewahrungsort.* Dann muss von der Liste einer der 
Chiemseer gestrichen werden; er stimmt mit einem Codex,* 
welcher aus der Hinterlassenschaft des Augsburgers Welser, 
seines ersten nachweislichen Besitzers, in die Augsburger Stadt- 
bibliothek kam, dem ganzen Inhalte nach überein; eine Augs- 
burger Chronik,* die also auch beiden gemein ist, scheint über 
das Herkommen, wenn nicht der Codices selbst, so doch ihrer 
Vorlage, jeden Zweifel zu beseitigen: Merkel meint,^ ein Augs- 
burger Original als Quelle annehmen zu müssen.^ 

Damit sind wir schon über Baiern hin ausgelangt, und zwar 
nach Schwaben. Ebendorther stammt aber noch eine weitere 
üeberlief erung : ein Kopialbuch von Reichenau bietet einen Text,^ 



1. No. 260 nach Hone Anzeiger 1S38, 346. 

2. No. 182 saec. XVI ine, in der Bibliothek des Fürsten Thurn und 
Taxis. Vgl. über ihn Waitz in der Vorrede zur 2. Ausgabe der Gesta 
Friderici XXVII. 

3. No. 176 = Senkenberg 42 saec. XV ex. Vgl. auch über ihn Waitz 
in der angeführten Vorrede. 

4. Cod. lat. Mon. 3519 = August, civit. 18 membr. 4*^ s. XII, auch hier 
wieder auf dem letzten Blatt. 

5. Vollständig nur in den Mon. Boica II 375 — 378. Den ersten Teil 
hat "Waitz selbst später als Chron. imp. August. M. G. SS. XIII 263 heraus- 
gegeben. In den wenigen Nachrichten ist der Tod des hl. Udalrich angemerkt; 
wir lesen hier dann, dass zu Augsburg das Herz Ottos III. beigesetzt sei; 
konnte aber wohl ein anderer, als ein Augsburger, die Notiz über den Papst 
Marinus schreiben: qtii s, Uodalrico öbitum Adalberonis predixit? 

6. Archiv d. Gesellsch. XI 559 Anm. 1. 

7. Wollte jemand dagegen einwenden, dass doch das baierische Gesetz, 
welches den ersten Teil beider Codices bildet, auf Baiern hinweise, so ist zu 
erinnern, dass nicht minder Bruchstücke dos salischen und langobardischen 
Gesetzes hier und dort sich finden. Wie ich ferner bemerken will, besass man 
in Augsburg überdies eine Abschrift der Lombarda. Cod. lat. Mon. 3510. 

8. Reporter. Reichen. 373 fol. 5—7. Mein Freund AI oys Schulte, da- 
mals Archivrat in Karlsruhe, dem ich meine Ansichten über die Entstehung der 
Constitutio mitgeteilt und den ich um Durchsicht der im Karlsruher Archive be- 
findlichen Handschriften gebeten hatte, machte mich auf diese Ueberlieferung auf- 



— 5 — 

von welchem man kühnlich behaupten darf, dass er durchaus 
selbständigen Wert habe. 

Keineswegs ist es also Baiern allein, dem wir die Kunde der 
Constitutio verdanken. Gerade aus den baierischen Klöstern 
aber, auf welche sich Waitz bezieht, ist die Fälschung unzweifel- 
haft nicht hervorgegangen. Denn sie soll die Verhältnisse von 
Fürsten zu Mannen regeln: ein Streit der Fürsten mit ihren 
Rittern war die Veranlassung; unter Zustimmung der Fürsten, 
heisst es, sei sie beschlossen; von der Fürsten Klientel und Hof- 
beamten ist die Rede ; und weder Herren-Chiemsee, noch Heiligen- 
Kreuz, noch Kloster-Neuburg waren fürstliche Abteien.^ Wenn 
in ihren Codices auch Abschriften der Constitutio aufbewahrt 
wurden, so wirkte ein historisches Interesse; aus keinem anderen 
Grunde schätzten etwa die Chiemseer einen der Sammelbände, 
sofern er ausser den baierischen Gesetzen auch salische und lango- 
bardische, dann die erwähnte Augsburger Chronik enthielt. 

Bis dahin hatte Waitz kein über die Herkunft entschei- 
dendes Argument erbracht, und mir ist ganz unbegreiflich, 
wie er einige Jahre später, nicht mehr damit zufrieden, dass die 
Fälschung allgemein baierischen Ursprungs sei, sie geradezu für 
Chiemsee beanspruchte.^ Nach Lage der Dinge kann ich in der 
wiederkehrenden Charakteristik der Urkunde als einer „Auf- 
zeichnung für Chiemsee" doch nur eine besondere Energie an- 
erkennen.^ Nicht einmal die Behauptung, welche Spielraum für 
ganz Baiern lässt, stützt sich auf guten Grund. 



merksam. Dr. R. Fester hatte dann die Freundlichkeit, mir eine sorgfältige 
EoHation anzufertigen. — Das Reichenauer Kopeibuch II No. 637, auch in 
Karlsruhe, enthält 82r bis 83v ebenfalls einen Text; dessen Quelle aber war 
das angeführte Repertor. — Dasselbe gilt von dem Reichenauer Sammelbande 
312, gleichfalls in Karlsruhe; darin Annal. Reichen., in denen S. 14 die Con- 
stitutio mitgeteilt wird. 

1. Die letzteren sind nie unmittelbar gewesen, die erstere ging 891 aus 
dem Besitze des Reiches an das Erzbistum Salzburg über. 

2. Waitz Verfassungsgesch. VIII 160. 162. 

3. In derselben Lage bin ich zwei weiteren Behauptungen gegenüber. 
— a) S. 35 erklärt Waitz, der Fälscher habe ad Ouriam Galloi^um^ die Ueber- 
setsung von Roncaglia, ebenso willkürlich gebildet, wie bunmiarius, absaritis, 
offidonarius. l^un aber sagt Rodulf. Glaber M. G. SS. VII 66: in descenm 
Al^pium^ quem (Juriam GäUorum licet corrupte vocant, in oppido Cumis occurrit. 



Zwei Ausdrücke der Urkunde hat man bislang im baierischen 
Wortschatze nicht entdeckt: dbsarms und bunnuaritis. Wohl 
aber sind die ahsarii als absi homines oder dbse femine in Auf- 
zeichnungen des Klosters Prüm nachgewiesen, ^ d. h. eines 
Kiosters im Trierer Sprengel. Was den bunntmritis betrifft, 
iso hat er seinen Namen von einem bestimmten Ackermasse, und 
dieses finden wir als bonnarium in Prankreich sehr häufig. ^ Von 
dort hat es sich zum Westen von Deutschland verbreitet: es be- 
gegnet hier in Trier,^ in Aachen* und mehrfach in Reichenau;* 
bis zum Osten ist es allem Anscheine nach nicht vorgedrungen. 



Von willkürlicher Bildung kann also keine Rede sein, wohl aber erhebt sich 
eine andere Fraf2:e. Nach dem Autor des 11. Jahrhunderts ist „Curia Gallo- 
rum'' nichts anderes als die Gegend von Gomo, nach unserer Fälschung wäre 
es eine Benennung für Roncaglia. Ficker a. a. 0. 198 hatte mit Rücksicht auf 
Curium Gallorum, hoc est in campum^ qui vulgo Eungalle dicitur die Erläute- 
rung gegeben : „dem ungewöhnlichen Namen^ den er vorfindet, setzt der Ueber- 
arbeiter den gebräuchlichen zu'^ Sollte man im Hinblick auf Rodulf. Glaber 
nicht weiter gehen dürfen? Wie, wenn in früheren Zeiten mehrfach das Heer 
um Coroo sich versammelt hätte? Der Ueberarbeiter hätte dann den Ausdruck 
„Garia Gallorum'^ einfach gar nicht verstanden und es für selbstverständlich 
gehalten, dass der zu seiner Zeit übliche Versammlungsort Roncaglia gemeint 
sei. — b) S. 82 sagt Waitz, man könne nicht zweifeln, dass die Gesta Friderici 
des Otto von Freising an folgender Stelle benutzt seien: 




Gesta II 12 ed. Waitz 91. 
— qui sine bona voluntate domin orum 
suorum domi reiuanserunt, in feodis 
dampnantur. 



Gonstitutio 
feodo preter hos, qui cum gratia do- 
minorum suorum remanserint, in con- 
spectu nostro absque spe recupera- 
tionis priyetur. 

Weshalb Otto und der Fälscher einen doch gewiss allbekannten Rechts- 
satz nicht unabhängig von einander aufgezeichnet haben können, weshalb der 
Letztere durchaus dem Ersteren folgen muss, vermag ich umsoweniger zu be- 
greifen, als eine nur irgendwie bezeichnende Uebereinstimmung der Worte ja 
gar nicht besteht. 

1. Güterverzeichnis von 893. Beyer Mittelrhein. Ü.-B. I 170. 

2. Vergl. Gu^rard Polyptique de Tabbö Irminon I 169 flg. 

3. Urk. von 853 Beyer a. a. 0. I 90. 

4. Quix Ood. Aquens. I 29. 30. 

5. Fälschung aus dem 12. Jahrhundert. Quellen und Forschungen zur 
Gesch. der Abtei Reichenau I 92. Urk. von 1142 Ztschr. f. Gesch. d. Ober- 
rheins XXXI 299. Hier bunnartum, im Original aber bunnuarum, Silva 
btmuaria findet sich auch in Reichenauer Formeln. Formulae Merow. et 
Earol. ed. Zeumer 725, 



— 7 — 

So würde man sich auf die Ehein- oder Mosellande hingewiesen 
sehen. Mit Westdeutschland harmoniert auch ein drittes nicht 
minder seltenes Wort, das freilich kein Importartikel aus Frank- 
reich ist: buringics findet sich in Sankt Galler ^ und schwäbisch- 
elsässischen Glossen, ^ dann allerdings auch in denen eines Wiener 
Codex.* Aber dass dieser in Baiern entstanden sei, wird man 
aus dem Aufbewahrungsorte „Wien" natürüch nicht folgern 
dürfen. Seine Glossen sind mit den St. Galler aufs engste ver- 
wandt, und E. Steinmeyer, der einen Teil derselben neu heraus- 
gegeben hat, zweifelt nicht an dem alamannischen Ursprung 
aller.* Dann verweise ich auf die Rekognition. Wir werden 
sehen, dass sie einer echten Urkunde Karls des Dicken von 
877 oder 878 entlehnt sein muss. Damals herrschte dieser 
aber noch nicht über Baiern, sondern nur über Schwaben und 
Elsass. 

Doch genug der Widerlegung. Diese selbst bot schon 
mehrere Momente positiver Natur. Zuletzt konnte bestimmter 
auf Schwaben oder Elsass hingewiesen werden. Dort hat denn 
auch Ficker, dessen Ausführungen eben das Missfallen von 
Waitz erregten, den Ursprung der Constitutio gesucht. Ficker 
ist es gewesen, der aus der Rekognition den schon erwähnten 
Schluss gezogen, der danach Schwaben oder Elsass als die Heimat 
der Fälschung bezeichnet hat. Eine engere Umgrenzung hat er 
nicht unternommen, — um nicht länger zurückzuhalten, nenne 
ich nun als Schmiede des Betruges das Kloster Reichenau. Hier 
fanden wir bereits die domestid, Obschon das auch sonst 
vorkommende Wort, wie gesagt, nicht gerade die Kraft hat, jede 
andere Herkunft auszuschliessen, so mag es gleichwohl hier an- 
geführt sein, weil es gut zu der Annahme eines Reichenauer Ur- 
sprungs stimmt.^^asselbe gilt von huringi: in der Reichenau 
wird man but^K^ ebenso gekannt haben, wie in dem nahen 
St, Gallen. Auch bunntcarivm liess sich in der Reichenau nach- 
weisen. Dann gedenke ich hier nochmals des ungewöhnlichen 



1. Hattemer Denkmale St. Gallens I 310. 

2. In einem Sohle ttstädter Codex Ztschr. f. dtsch. Altert. V 861. 

3. Denis Cod. mscr. bibl. Yindob. Ja 147. 

4. Ich folge hier einer schriftlichen Mitteilung des Erlanger Kollegen. 



— 8 — 

dbsaritis, wozu offtdonarms hinzukommt.^ Nicht, als ob ich 
diese Bezeichnungen für die Reichenau belegen könnte, ^ aber sie 
gehören mit hunnuarius gleichsam zu Einer Sippe. Von unseren 
drei Wörtern sagt Waitz treffend, dass sie „mehr romanisch 
klingen." Dasselbe gilt nun auch — wofern ich nicht irre — 
noch von dem einen und anderen, das zur Zeit der Fälschung in 
der Reichenau gebraucht wurde. Ich will nur des Aeussersten 
gedenken, das in Anwendung romanischer Formen damals ein 
Reichenauer leistete: benivolamente.^ 

Wie bemerkt, ist die Rekognition einer echten Urkunde Karls 
des Dicken von 877 oder 878 entlehnt. Sie lautet nämlich 
HerniLstus notaritis ad vicem Lutwardi cancellarii. Als Kanzler 
begegnet Liutwart aber nur vom April 877 bis zum Juli 
878.* Nun giebt es aus dem Juli 877 und dem Januar, 
Februar und Juli 878 je ein Diplom Karls,* das überdies noch 
von dem Notar Ernst gefertigt wurde: das erste und das dritte 
entstammt dem Archive des Frauenklosters zu Andlau, und da 
ich es mit Ficker für sehr unwahrscheinlich halte, „dass Aeb- 
tissinnen auch nur durch Stellung von Mannschaften zur Reicbs- 
heerfahrt verpflichtet waren", da zudem unsere Fälschung den 
männlichen, selbst mit ins Feld ziehenden Fürsten voraussetzt,^ 
so ist an Andlau als Heimat nicht zu denken.' Es bleiben die 



1. ,, Officionarius". im Reichenauer Repertor., dann aber auch Cod. lat. 
MoD. 5254, nicht „officinarius'\ wie M. G. LL. IIb 4. 

2. In einer Handschrift Oehems heisst es; amptherren dises gotzhvsx 
Kyhurg marschalck, Rordoiff truchsess etc. Quellen und Forschgen. I 144 .„Amt- 
herren" würde wörtliche üebersetzung von „officionarii" sein. 

3. Wirtemb. Ü.-B. II 144. 

4. Müblbacher Reg. Karol. 1536. 38. 40. 41. 42. 45. Dazwischen heisst 
es schon in No. J539. 43. 44. ,,archicancellarius" ; so oder auch „archicapel- 
lauus*' in allen mit 1546 beginnenden Urkunden. Eine Ausnahme machen noch 
Urkunden vom 7. April 884, vom 9. Juni 884 und 22. August 886, aber die- 
selben sind nur aus Kopieen bekannt, dann hat sie nicht der Notar Ernst an 
Stelle Liutwards beglaubigt. 

5. Mahlbacher 1539. 41. 42. 45. 

6. — (^ui) dominum suum non comitetur. 

7. Auch Frauen-Chiemsee ist danach ausgeschlossen; Übrigens gehörten auch 
unsere, aus Chiemsee nach München gelangten Codices den Augustinern von Herren- 
Chienisee, die längst ihre Reichsunmittelbarkeit verloren hatten, nicht den Benedik- 
tinerinnen von Frauen-Chiemsee, welches zur Zeit allerdings noch Reichsabtei war. 



— 9 — 

zweite und die vierte Urkunde, sie sind für Reichenau, bezOglicli 
St. Gallen, ausgestellt, und die eine von beiden ist als Quelle 
der Eekognition zu betrachten. Freilich könnte man diese ja aus 
einem anderen, verlorenen Privileg herleiten. Das aber wäre doch 
nur ein Notbehelf; bis auf weiteres handelt es sich vielmehr um 
eine Entscheidung zwischen Reichenau und St. Gallen; wie ich 
meine, spricht gegen St. Gallen und für Reichenau die Bestim- 
mung: singuli buringi decem cum duodedm funibm de canapo 
solidos dominis impendant et insuper soumariu^ cum capistro con- 
cedant, quem^ si domini voluerint^ ipsi ad primam navalem aquam 
tisque perducant Mit Bezug auf St. Gallen hat der Satz keinen 
Sinn, denn die St. Galler, die natürlich den Weg über den Sep- 
tiraer machten, berührten kein „schiffbares Wasser." um so 
besser passt er für die Reichenauer; bis sie aufwärts stiegen, 
werden sie wohl ziemlich die Länge des Bodensees durchmessen 
haben. 

Nicht in vielen Klöstern hat man so wüst gefälscht, wie in 
der Reichenau, und zwar haben mehrere ihrer Falsifikate eine 
gewisse Familienähnlichkeit.^ So sind zwei der Diplome auf den 



1. Schulte hatte die ausserordentliche Güte, die mich interessierenden 
FälscbuTi^en genau zu untersuchen und zu beschreiben. Er liess zu dem Zwecke 
auch eine in Stuttgart beruhende Urkunde nach Karlsruhe kommen. Seine 
Notizen habe ich nun in den folgenden Anme?:kungen verwertet. — Dazu fügte 
ich in der Zeitschrift für den Oberrhein N. F. III 181 Anm. 2 hinzu: Üebrigens 
wäre es eine lohnende Arbeit, den ganzen Bestand der Reichenauer Urkunden 
zu prüfen. Wie gut konnte damit dann eine neue Ausgabe von Oehems 
Reichenauer Chronik verbunden werden! Der Druck in der Bibl. des lit. Ver- 
eins LXXXIV kommt doch eigentlich nicht über eine Wiedergabe des Textes 
hinaus, wir Historiker verlangen eine andere Art der Behandlung. Wenn diese 
beiden Wünsche erfüllt sind, so haben wir die Grundlage der Reichenauer Ge- 
schichte. Eine Reichenauer Geschichte heisst aber ein gut Stück deutscher 
Kulturentwickelung und dann auch ein getreues Bild von dem rapiden Nieder- 
gange unserer ganzen mittelalterlichen Herrlichkeit. Hier, meine ich, sollte 
einmal bei Zeit und Gelegenheit die historische Kommission von Baden ein- 
setzen. — Das war nun längst deren Absicht, und unserer gemeinsamen Auf- 
forderung hat bald einer meiner Schüler entsprochen. Quellen und Forschungen 
zur Geschichte der Abtei Reichenau, herausgegeben von der badischen histo- 
rischen Kommission: I. Die Reichenauer Urkundenfälschungen, untersucht von 
K. Brandi, IL Die Chronik des Gallus Oehem, bearbeitet von K. Brandi. — 
Der zweite Band kommt für meine Zwecke weniger in Betracht, umsomehr der 
erste. Doch habe ich bei den einzelnen; von mir verwerteten Urkunden nicht 



— 10 — 

Namen Carls des Grossen getauft und doch mit Rekognitionen 
Karls des Dicken versehen worden. Das eine liegt in der Ori- 
ginal-Fälschung vor, welche auch dem 12. Jahrhundert anzu- 
gehören scheint; von dem anderen haben wir eine nicht ganz 
vollständige Beglaubigung und eine ausreichende Uebersetzung, 
deren Urtext nicht minder im 12. Jahrhundert entstanden sein 
möchte. Dieses datiert vom 6. April 811, die Rekognition aber 
lautet Ämdlbertus cantzler anstatt Lueperti ertzcamler, d. h. Karl 
der Dicke müsste ^es zwischen Juli und September 887 erteilt 
haben.^ Jenes soll im Jahre 813 ausgestellt sein, und die ünter- 
fertigung Ego Emtistn^ cancellarius ad vicem Luhberti archicor 
pellani weist auf eine Zeit nach Juni 887.^ Es ist also dasselbe 
Verhältnis wie bei der Constitutio, die angeblich Karl der Grosse 
790 beschlossen hätte und die doch eine Rekognition von 878 trägt. 
Noch eine zweite Eigentümlichkeit, welche mehreren der 
Reichenauer Fälschungen gemeinsam ist, kehrt in der Constitutio 
wieder. Das ist eine sehr ungeregelte Reimprosa: bald wird sie 
häufiger, bald spärlicher angewandt, ihre Zeilen sind von ver- 
schiedener Länge, stellenweise wird auf jeden Gleichklang ver- 
zichtet, dann tritt der Reim wieder in sein Recht. Ficker hat 
aus der Constitutio die störenden Elemente ausgeschieden, und 
die übriggebliebenen Satzteile bilden nun eine geregeltere Reim- 
prosa, welche ältere, hier zu einer Urkunde verarbeitete „Versus 
memoriales" enthalten soU.^ Die nämliche Verbesserung könnte 
man aber auch an Reichenauer Urkunden des 12. Jahrhunderts 
durchführen, teils an damals gefälschten, teils an damals wirklich 
ausgestellten; und darum scheint mir Fickers Versuch nicht das 
Richtige getroffen zu haben. 



ausdrücklich auf die Beschreibung und ßeurteilung Brandis verwiesen. Mit 
Hfllfe seines chronologischen Verzeichnisses S. 114 flgg. wird man leicht finden^ 
wo er über das betreffende Stück handelt. 

1. Mühlbacher 447. In der Beglaubigung — Wirtemb. Ü.-B. I 73 — • 
fehlt die Rekognition, nicht aber in der Uebersetzung Oehems. Quellen und 
Forschgen. II 45. 

2. Mühlbacher 465. „Wie viele Reichenauer Fälschungen, steht auch 
diese auf Rasur. — Die Hand stimmt am meisten mit der für und auch 
gewiss in Reichenau ausgestellten Urkunde von 1165" bei Dümg^ Reg. 
Bad. 143. 

3. a, a. 0. dS flgg. 



-• 11 — 

Reimprosa derselben — wie gesagt — sehr ungeregelten 
Ajrt begegnet in den Urkunden, deren Bekognition die gleiche 
Mache verrät, wenngleich da die Spuren nur spärlich sind. So 
soll Karl im April 811 gesagt haben: 

— quod et nos satis audivimus 

et veraciter scivimus 

ut qui deberent esse modestos defensoreB 
impudenter e£fecti sunt rapaces et iniuriosi exactores. * 

Häufiger findet sich die Unart in der Erweiterung, die eine 
echte Urkunde Karls des Dicken von 887 erfahren musste, z. B. : 

quando in vestibus praeparandis fratrum occupantur, 

de fructu praefate ville pascantur. 

Audita autem inopia et penuria de fratiibus inürmis, 

ut ad necessitatem balneorum multum carerent lignis * -■ 

Es folgen zwei Zeilen, die ohne Reim sind, dann wird die 
Spielerei eine Weile hindurch fortgesetzt. Noch auffallender ist 
die Erscheinung in einem Mahnschreiben, das Otto III. 998 an 
den Abt Alawich gerichtet haben soll, z. B.: 

Tuis duplici preesto exemplo discipulis 
Sana doctrina et operibus bonis, 

ut dum illi vitam tuam mundam et securam contemplantur, 
ipsi te cupienti animo prosequantur. 

Insuper omne quod necessarium sit in victu et vestitu illis exhibe 
et omnem occasionem vagandi et exeundi atque murmurandi exime. 
In una domo dormiant, « 
in una competenti tempore insimul refioiant 
et in una pariter radant. 

In infirmis autem fratiibus plurima diligentia est attendenda, 
quare in omnibus necessariis vera Caritas Christi est illis ex- 

hibenda.3 

So Hesse sich aus dem Briefe noch manches beibringen; und 



1. Wirtemb. U.-B. I 72. 

2. Dttmg6 1. c. 78 Anm. Jetzt auch Quellen und Forschgen. I 128. 
Die Urkunde steht auf Rasur; „mit der Urkunde von 1142^, die ich später 
erwähnen werde, „könnte sie zeitlich stimmen; die Schreiber sind aber wohl 
nicht identisch". 

3. Dümgö 1. c. 96. Jetzt auch Quellen und Forschgen. I 131. M.^G. DD. 
II 874. „Auch diese Urkunde ist Palimpsest, die Schrift ahmt nicht^die echte 
Urkunde Ottos vom gleichen Tage nach, sondern zeigt mit der Urkunde von 
1142 die meiste yerwandtachs^ft." 



— 12 ^ 

auch eine Urkunde Heinrichs II. von 1016 könnte zum Vergleiche 
herangezogen werden;* doch möchten die angeführten Beispiele 
genügen, und ich darf zu der Constitutio de expeditione Romana 
zurückkehren. Wie gesagt, ist sie in demselben Stile abgefasst: 
bald reimende Zeilen von verschiedener Länge, bald blosse Prosa. 
Ich treffe natürlich nur unter ersteren eine kleine Auswahl: 

Ipsis etiam ad itineris preparationem quinque libre sue monete in 

Stipendium tribuantur 
et duo equi, unus currens et alter ambulans, addantur, 
ac duobus sociis soumarius victualibus bene oneratus committatur, 
qui ab ipsis ad opus domin orum d lügen ter custodiatur. 
Ipsi quoque in dominorum tamdiu vivant procuratione, 
quamdiu in incepta vadant expeditione. 

Oder: 

Ut autem regale nostrum Imperium^ 

ab Omnibus habeat supplementum. 

hoc constituimus et firmiter precipimus, 

ut singuli buringi decem cum duodeeim funibus^ 

de canapo solides dominis suis impendaut 

et insuper soumarium cum capistro concedant. 

Dieselbe Manier verunziert nun aber auch zwei der wenigen, 
von Aebten der Reichenau erlassenen Urkunden, die uns aus der 
Mitte des 12. Jahrhunderts erhalten sind. 1142 war der „arma- 
rius" mit Reimen noch sparsam, nur gegen Ende des Elaborats 
peitschte er seinen Pegasus: 



1. Dttmg6 1. c. 98. „Die Urkunde ist — ebenfalls auf Rasur — von 
derselben Hand geschrieben, wie die gefälschte Karls des Dicken." Vgl. oben 
8. 11, Anm. 2. 

2. regale nostrum imperium nur im Texte des Reichenauer Reporters, 
in allen anderen fehlt regale. Dass es ursprünglich ist, werden zwei alsbald 
anzustellende Vergleichungcn beweisen, man wird imperium als Kaisertum, 
nicht als Herrschaft aufgefasst und danach regale fttr sinnlos gehalten haben. 

3. Die ganz eigenartige WortsteUung, welche decem von dem zugehören- 
den solidos trennt, möchte doch über die Absicht, durch funibus einen Gleich- 
klang mit predpimus zu erzielen, keinen Zweifel lassen. Das ist freilich nach 
unserem modernen Gefühle eben keiu Reim; aber als Reim hat im Mittelalter 
jeder gleiche Ausklang gegolten, wie immer er beschaffen war. So reimt, 
um bei der Reichenau zu bleiben, im 11. Jahrhundert Hermann der 
Lahme, im 10. Furchard, der Verfasser des Carmen de gestis Witigowonis. 
Freilich wird hier und dort der mangelhafte Reim durch Rhythmus gehoben. 



- id - 

A presente' ergo die ueque ad secuH terminum 

iiuUi abbatum liceat subsequentium, 

supradictas res alienare aut cuiquam infeodare 

aüt hec statuta dissipare vel permutare. 

Heo decreta transgredientes 

et illis consentientes 

sint excommunicati, 

aeterno regno privati 

et aetemaliter crfndemnati. 

Servantibus autem in perpetuum 

sit pax et gaudium. ^ 

Derselbe Dichterling hat 21 Jahre später, also 1163, noch- 
mals eine Urkunde für seinen Abt geschrieben, und in der 
Zwischenzeit scheint seine Reimlust doch gewachsen zu sein, z. B.: 

Chonradus in castello quod dicitur Hirsbil residebat, 

qui multis virtutibus et divitiis equanimiter poUebat. - 

Factum est autem, ut Chonradus rex moriretur 

et fratruelis suus nomine Fridericus in regnum a principibus 

constitueretur. — 
Bichenzun cuidam militi nomine Ohonrado nubendam tradidit, 
qui super omnem Augustam civitatem urbicomes potenter extitit.* 

Hier will ich denn auch einmal ein Beispiel für die unter- 
brechende Prosa mitteilen. In der Constitutio heisst es: 

in dominorum tamdiu vivant procuratione, 

quamdiu in incepta vadant expeditione. 

et quicquid a rebellibus regni pugnando acquisierint, 

duas partes ad dominos deferant, 

terciam sibi pro consolatione retineant. 

Da fällt der Satz: et quicquid a rebellibus regni pugnando 
acquisierint g2iivL aus dem ßeirageklingel heraus: Ficker meint 
wohl, der Bearbeiter der „Versus mcmoriales", die er als Grund- 
lage annimmt, hätte eine Zeile, deren Endwort auf acquisierint 
gereimt habe, bei Seite gelassen. Aber dagegen vergleiche man 
nun den ganz analogen Fall in der Urkunde von 1163: 

in usum suum usurpaverunt 

et cognatae suae H. penitus nihil reliquerunt. 



1. Ztschr. f. Gesch. d. Oberrh. XXXI 300. 

2. Wirtemb. U.-B. II 142. 



- 14 -^ 

Factum est autem, ut Ohonradus rex moriretur 

et fratruelis suus nomine Fridericus in regnum constitueretur. 

Quo regnante Begi'nhart de Tapheim cognatam Buam, tiliam 

filiae suae Richenzun, 
cuidam militi nomine Chonrado nubendam tradidit, 
qui super omnem civitatem Augustam potenter extitit. 

Also auch hier stört eine Zeile das Spiel der gleichen Aus- 
klänge, geradeso wie oben. Die Absicht zu reimen liegt aber 
zutage. Das eine Mal verrät sie sich in der Stellung, die den 
Wörtern procuratione — expeditione angewiesen wurde, das andere 
Mal in der Umschreibung, welche den Burggrafen von Augsburg 
als solchen kennzeichnet. 

Doch nicht genug mit dem Spiele der gleichen Ausklänge. 
Zum Reim gesellt sich die Alliteration.^ Da sie aber schwieriger 
durchzuführen ist, so findet sie sich auch seltener. So etwa in 
der Fälschung von 813 ^er^etualiter ^onere 'potestate, so in der 
echten Urkunde von 1163: ]^ater patris 'j^ueroruMj [wstqtmm "primum 
perceperunf. und so denn auch in der Constitutio: singuli singula 
debita stipendia, pro singulis seiäariis singulas marcas, dum ca- 
pistro concedant, Silter ^mhulans diddatur. 

Wie man sieht, geht die gleiche Schreibweise durch all diese 
Urkunden hindurch, nur dass sie bald bescheidener, bald ener- 
gischer auftritt. Es wird doch derselbe Mann sein, der einerseits 
die echten Urkunden von 1142 und 1163 schrieb, der anderseits 
bei den Fälschungen zum wenigsten mitgewirkt hat, wenn er 
nicht gerade selbst die Feder führte. 1142 nennt er sich Ou. in- 
digntts presbyter et armarms et scolasticus und 1163 Ou. presbyter 
indignus, custos eccUsiae^ scholarum magister;^ zugleich zeigt der 
Text, dass die Sigle in Udalrich aufzulösen ist. Udalrich aber 
hätte, wenn meine Beobachtungen zutreffen, eine richtige Selbst- 
erkenntnis bewiesen, indem er sich den „unwürdigen Priester" 
nannte. Wie zu manchem Betrüge würde er auch zu der Fäl- 
schung der Constitutio die Hand gereicht haben. 



1. Das zeigt Brandi Quellen und Forachgen. I 61 flgg. 

2. Zuletzt finde ich ihn in zwei Urkunden von 1166: das eine Mal heisst 
er einfach magister, das andere Mal magister acolarum. v. Weecb Ood. Salem 
I 18. 61. AussteUer ist der Abt von Reichenau, aber der Schreiber möchte 
ein Mönch von Salem sein. 



^ 16 -^ 

Vielleicht darf man nicht blos im ganzen Tenor, sondern 
auch in Einzelheiten einen und denselben Diktator erblicken.^ 
811 und 813 soll verfügt worden sein': quicquid pladtando 
acquireret; durch die Constitutio wird festgesetzt: quicquid 
pugnando acquisierint In der Urkunde von 813 wird mit 
Eücksicht auf den gewaltthätigen Vogt bestimmt: absque spe re- 
cuper ationis, iu^emus, ut advocatia statimprivetur et alter fidelior 
ac iusticie amantior in eius locum subrogetur. In der Constitutio 
heisst es, dass jedweder Mann, welcher seinen Herrn nicht nach 
Roncaglia begleite et ibi cum militari apparatu non representetur, 
feodo etc. absque spe recuperationis privetur. Hier begegnet 
servitium quasi pro debito, dort servitium quasi ex debito. 
Laut der echten Urkunde von 1 142 soll jemand zu einer Libation 
drei Urnen Wein hinzufügen, ut inde habeatur supplementum. 
Diese wie mir scheint eigentümliche Wendung kehrt in der Con- 
stitutio wieder: Ut autem nostrvm regale imperium ab omnibus 
habeat supplementum, müssen auch die Mansarien, Absarien 
und Bunnuarien zahlen; sie findet sich ferner noch in einer der 
beiden Urkunden, die Karl Martell der Reichenau erteilt haben 
soll. Da wird den Dienstmannen befohlen, auf der Insel zu 
wohnen ad eorum (abbatis et monachorum) supplementum et 
necessitatem.^ In der anderen begegnet die doch gewiss seltsame 
Verbindung von regale imperium,^ die wir in dem soeben an- 
geführten Satze der Constitutio lasen: regali nostro imperio 
aliud regium donum addimus,^ Nicht minder ist es derselbe Ge- 
danke, welcher zugrunde liegt, wenn Udalrich 1163 sagt: reg- 
nante Chonrado rege, tertio anno imperii eius. Dann heisst es 
hier, Kaiser Friedrich sei zu Ulm gewesen und multa utilia et 
necessaria de statu regni disposuit; nach der Constitutio weilt 
Karl der Grosse in Worms, omnem rei publice statum utilem et 
honestum confirmare. An beiden Orten findet sich ferner noch: 
Interim dum haec agerentur. 

Endlich glaube ich zeigen zu können, dass man in Reiche- 
nau das angebliche Original unseres Gesetzes besass. Ab- 

1. Aus Brandis Sammlung gleicher Ausdrücke habe ich die meinige 
yermehrt. Quellen und Forschgen. I 66 ügg. 

2. Quellen u. Forschgen. I 90. 

3. Vgl. dazu S. 12 Anm. 2. 

4. QueUen u. Forschgen. I 92. 98. 



^ 16 - 

Schriften kennen wir ja auch aus anderer Provenienz. Aber als 
Bestandteil des klösterlichen Urkundenschatzes lässt sich die 
Constitutio nur in Reichenau nachweisen: alle Kopien derselben, 
die uns sonst bekannt sind, stehen nicht etwa in Sammlungen, 
die der Archivar angelegt hätte, um über den Gesamtbestand 
von Rechten und Besitzungen seiner Kirche einen raschen üeber- 
blick zu ermöglichen, sie erscheinen vielmehr als Anhang zu den 
Gesta Friderici oder als Stück eines Miszellaneenbandes. Also 
nicht einmal in den sogenannten Kopialbüchern eines anderen 
Stiftes ist die Constitutio enthalten. Die Reichenau dagegen be- 
sass das angebliche Original; noch 1593 war es dort vorhanden. 
In einem Bande, den heute das Karlsruher Archiv bewahrt, hat 
damals Karl Brantz die Dokumente der Reichenau verzeichnet, 
in Auszüge gebracht oder auch abgeschrieben.^ Er nennt sein 
Werk: „Registratura und aigentliche Beschreibung des fürstl. 
gotteshaus Reichenaw sambt Documenten, so aus befehl des 
Herrn Andreas, Cardinal von Oesterreich, bischoffs zu Constanz 
und Brixen, herrens der Reichenaw, durch mich Carl Brantzen 
aus alten gewölben. cantzleien, kästen, laden, stuben und wa sie 
daselbst in der Reichenaw hin und wider zerstreut gelegen, 
underthenigst zusammen getragen, von dem weltlichen separiert 
und beschrieben worden, anno incarnationis dom. 1593." Die 
Fassung lässt wohl keinen Zweifel, dass Brantz Originale 
sammelte, nicht etwa blossen Abschriften folgte. Von den 
meisten teilt er nur Auszüge mit, die Constitutio im Wortlaut, 
ebenso die beiden Stiftungsbriefe, die unmittelbar vorausgehen. 
Am Schlüsse der Constitutio sagt er: „Weil obbenandte drei in- 
strumenta a primo fundatore herkommen , hab ichs propter 
vetustatem hierher de verbo ad verbum inseriret." „Propter 
vetustatem" soll Brantz wegen einiger Lesefehler nicht ge- 
scholten werden, an anderen Stellen zeigt sein Text sich besser 
und reichhaltiger, als derjenige, den Pertz auf Grund der damals 
bekannten Handschriften in den Mon. Germ, veröffentlichte. Kein 
zukünftiger Herausgeber darf sich den Karlsruher Codex ent- 
gehen lassen.^ 

1. Vgl. dazu S. 4 Anm. 8. 

2. Jetzt hat ihn Weiland seiner Ausgabe in den Acta et const. I 
661—663 zu Grunde gelegt. 



K 



- 1» - 

Aber hatte man in Reichenau einen Grund zur Fälschung? 
Lässt sich dieselbe aus der Geschichte des Klosters erklären? 

Die Bestimmungen gelten, wenn nicht ausschliesslich, so 
doch besonders den Ministerialen. Eine erste Kategorie der Ritter 
sind die, qui per hominium srive liberi sive servi seu famuli d(h 
mnis suis adheserint Unter „Milites liberi" müssen wir Vassalien 
des Abtes verstehen, — die anderen Ritter, welche als servi 
seu famuli bezeichnet werden, sind sicher Ministerialen; und 
zwar ist eine höhere Klasse gemeint: sie ist dem Herrn durch 
den Mannschaftseid verpflichtet. Es folgen Ministerialen niederer 
Ordnung, die aber noch immer Kriegsdienste leisten: de ecdesi- 
arwn filiis vel domestieiSf id est ministerialihus, v'el quorumcumque 
principum clientela, qui cottidie ad serviendum parati esse debent, 
statuimtcs etc. Der Klientel weltlicher Ptjrsten zu gedenken, hatte 
der Fälscher ursprünglich wohl kaum beabsichtigt, aber er be- 
sann sich, dass doch nicht allein von Ministerialen der Kirchen 
die Rede sein dürfe, so holte er in einer Parenthese das Ver- 
säumte nach. Der folgende Relativsatz ist für die Erläuterung: 
id est ministerialibios^ gedacht und geschrieben. Das Ganze heisst 
also: „Inbezug auf die Söhne der Kirche oder die Hausgenossen, 
das sind die Ministerialen, welche zu täglichem Dienste bereit 
sein müssen, bestimmen wir u. s. w." Offenbar sind hier die 



1. Ficker a. a. 0. 198 möchte id est ministerialihua für eine Er- 
läuternng des Ueberarbeiters halten. Ich bestreite ja nun in keiner Weise, 
dass ältere Aufzeichnungen in der Constitutio verarbeitet sind; aber es scheint 
mir nicht nötig, gerade die Umschreibung, Vielehe der Begriff filii ecclesie vel 
domestici durch ministerialea, qui cottidie ad serviendum parati esse dtbent 
erfahren hat, für einen späteren Autor in Anspruch zu nehmen. Die Ausdrücke 
filii ecclesie vel domestici waren zur Zeit schwerlich schon veraltet, und die Ab- 
siebt, Unverständliches klar zu machen, wird nicht obgewaltet haben; es galt 
vielmehr, Bekanntes nur noch genauer zu bestimmen. Anders verhält es sich 
bezQglich ad curiam Gallorum, hoc est in campum, qui vtdgo Bungalle dicitur. 
Da erklärt der Autor durch das Wörtchen vulgo, dass Curia Gallorum ein 
nicht eben gemeinverständlicher Ausdruck sei, und so meine ich durchaus mit 
Ficker sagen zu sollen: „dem ungewöhnlichen Namen, den er vorfindet, setzt 
der Ueberarbeiter den gebräuchlichen zu**. Aber S. 5 Anm. 3 bin ich, auf 
einer Angabe des Rudolf Qlaber fussend, wenn auch nur in einer Vermutung, 
ja selbst darüber noch hinausgegangen. Nun, da ich festgestellt habe, dass in 
einem Kloster, welches nach dem Sprachgebrauche noch zu Gallien gehörte, die 
Fälschung entstanden ist, könnte man hinzufügen, die Curia Gallorum habe 

SQheffer-Boiohorst, Znr Gesch. des XII. u. XIIL Jahrhimderts. 2 



^ i8 - 

Ministerialen, qui cottidie ad serviendum parati esse dehent, 
den anderen Ministerialen, qui per hominium sive servi seu famtdi 
dominis suis adheserint, als eine ungünstiger situierte Klasse ent- 
gegenstellt. Noch folgen niederste Leute, sie zahlen nur Ab- 
gaben, ziehen nicht mit über Berg. So handelt es sich doch zu- 
meist um die Ministerialen des Klosters: die Constitutio ist ein 
Dienstmannenrecht. Dann aber wird man behaupten dQrfen, dass 
der Zweck der Fälschung in erster Reihe war, Rechte und 
Pflichten einer anspruchsvollen und nicht eben dienstbereiten 
Ministerialität festzusetzen: der vom Fälscher erwähnte, zum 
Erlass der Constitutio führende Streit über das Mass der Leis- 
tungen ist aus dem 12. in das 8. Jahrhundert zurUck- 
verlegt.' 

Nun gab es keine zügellosere Gesellschaft, als die Mini- 
sterialen der Reichenau. Sie sind es wohl, von denen als von 
den Knechten des Klosters erzählt wird, dass sie 1094 ihren 
Vogt erschlagen hätten;^ sie sind dann „die mächtigeren Mannen," 
die 1135 den Abt Ludwig vor dem Altare überfielen und mor- 
deten;* und 1181 klagt Abt Diethelm, dass nicht blos der un- 
erträgliche, dem Kaiser zu leistende Dienst ihn zu einer Ver- 
pfändung gezwungen habe,^ sondern dass es auch geschehen sei 
iniusta exactione ministerialium ecclesie nostre. Selten findet 
sich eine Urkunde der Reichenau, zu welcher nicht die Mini- 
sterialen ihre Zustimmung geben; da heisst es denn wohl: mini- 
sterialibu^ ecclesie nostre consilio et voluntate tali concambio per 
omnia faventilms.^ Man ahnt, dass sie eigentlich die Herren 
der Insel wraren. Wie sie aber gehaust haben, sagt uns ein 
Dichter, der in der Mitte des 13. Jahrhunderts den jammer- 
vollen Niedergang Reichenaus beklagt: vor allen hätten sich die 
Ministerialen gegen das Kloster erhoben und 



ihren Namoo eben als Versammlungsort der Bewohner des linken Rheinufers er- 
halten. Dazu würde die Deutung der , Curia Gallorum** als Gegend vo^ Oomo 
nicht übel passen. . 

1. Bemold M. G. SS. V 460. 

2. Catal. abb. Augiens. M. G. SS. XIII 332. 

3. Neugart Ep. Const. Ib 591. . 

4. V. Weech Cod. dipl. Salem. I 24. 



* 7* 

- 19 -^ 

Hi defensores humiles quandoque fuerunt, 
Nunc se raptores crudeles coastituerunt. ^ 

Wenn diese Zeugnisse auch teils der Fälschung voraus- 
gehen, teils ihr folgen, — gewiss wird man doch sagen dürfen, 
dass die Reichenauer Ministerialen zur Zeit selbst nicht besser 
waren. Ihnen nun eine feste Form der Eechte und Pflichten 
vorzuschreiben, war somit etwas sehr Natürliches, durch die Ver- 
hältnisse Gegebenes. Dass Anordnungen auch gerade in Hinsicht 
eines Römerzuges getroffen wurden, stimmt zu den mehrfachen 
Fahrten über Berg, die damals Aebte der Reichenau mit- 
machen mussten. 

Das Kloster beanspruchte Freiheit von allen Expeditionen 
sola Romana excepta.^ Darunter verstand man aber nicht blos 
die Begleitung zur Kaiserkrönung, sondern jedes nach Italien 
gerichtete Unternehmen.* So finden wir den Abt Otto im No- 
vember 1136 am Hofe Lothars HL zu Aquino;* Abt Frideloh 
war im Heere Friedrichs, als es 1158 Mailand belagerte; krank 
kehrte er zurück, um in der Heimat zu sterben.* Abt Udalrich 
erscheint alsbald wieder auf dem Boden, den Frideloh verlassen 
hatte: am 9. Juni 1162 ist er bei Friedrich in Pavia nachzu- 
weisen. • 

Genug, die eine Voraussetzung der Constitutio, dass die 
Beherrscher jenes Fürstentums, für welches die Fälschung ge- 
schmiedet wurde, zur Zeit mehrfach mit ihren Mannen über Berg 



1. Planctus Augiae bei Oehem Quellen und Forschgen. I 24. Der An- 
sicht Roths y. Schreckenstein Forschgen. zur dtsch. Qesch. XV 135 flgg., dass 
die Klage um 1427 verfasst sei, kann ich ebensowenig zustimmen, wie Breiten- 
bach im Neuen Archiv IT 188 und Brandi a. a. 0. 23 Anm. 19. 

2. S. die Fälschung des 12. Jahrhunderts in Quellen und Forschgen. 
I 93. Dann St. 1142, aber nur in der weiteren Fassung des Textes bei 
Oehem 78. 

3. Vgl. S. 1 Anm. 3. 

4. St. 3354. 

5. So Schönhuth Chronik von Reichenau 168 nach einer allerding«« sehr 
späten Quelle; aber doch auch nach Rahewini Gesta Frid. III 26 ed. Waitz 159 
zog Friedrich 1 158 über Berg cum — abbatibus regalium cenobiorum, videlicet Fol- 
detue et Augiense. Letzterer war eben Frideloh. 

6. St. 3949. 

2* 



— 20 — 

fahren mussten, trifft bei Reichenau ebensogut zu, wie die andere, 
dass die betreffenden Ministerialen damals ihren Herren un- 
bequem oder aufsässig waren. 



B. Der Text einer echten Coustitntio de expeditione Bomana. 

Der „unwürdige" Priester Udalrich von Reichenau hat, so- 
viel wir wissen, seine erste Urkunde 1142, seine zweite und letzte 
1163 geschrieben. Zwischen beiden Jahrzehnten möchte er die 
Constitutio de expeditione Romana gefälscht haben; gäbe es ein 
Zeugnis, dass der Abt von Reichenau den König schon auf 
seinem ersten Römerzug begleitet habe, so dürfte man geneigt 
sein, 1154 als das Jahr der Entstehung anzunehmen. Es waren 
18 Jahre vergangen, seitdem kein deutsches Heer in die Ebene 
des Po hinabgestiegen war, und man weiss vom Preisinger 
Bischof, was für Folgen daraus erwuchsen: die deutsche Herr- 
schaft in Italien war in Vergessenheit geraten. Natürlich wird 
man auch die Rechte und Pflichten für Stellung und Ausrüstung 
der Mannschaften, die doch vor allem nötig waren, um in Italien 
das Ansehen aufrecht zu erhalten, nicht mehr genau in der Er- 
innerung bewahrt haben. Gewiss, wenn es einen Zeitpunkt gab, 
darüber zu zweifeln und zu streiten, so war es das Jahr 1154. 
Und zwar hüben und drüben, denn auch die italienischen Grossen 
mussten ihre Kontingente zum Römerzuge stellen. 

Der deutlichste Beweis für die Richtigkeit meiner Erwägung 
liegt in dem Datum anderer, bisher ungedruckter Normen für 
einen Römerzug, die Vercelleser Vassalien festgesetzt haben: 1154 
Mai 15. Fünf Monate später überstieg das Heer den Brenner. 
Zur rechten Zeit hatten die Vercellesen sich vorgesehen. 

Mein Schüler und Freund Dr. H. Bloch hat die Urkunde 
im erzbischöflichen Archiv zu Vercelli gefunden, und zwar in 
einer Abschrift aus dem Ende des 13. oder dem Anfange des 
14. Jahrhunderts. Sie ist in die Bestätigung eines Königs 
Heinrich ein^rrfckt, offenbar nicht ganz vollständig: die Daten 
hat der Kön^ in seinen Kontext übertragen, die Einleitung liess 
er bei Seite. Aber im übrigen scheint der Wortlaut nicht 



— 21 — 

geschmälert zu sein. Dafür fehlt aber leider der Schluss der 
Bestätigung, so dass man einen Augenblick zweifeln kann, welcher 
König Heinrich sie gegeben habe. 

Henricus dei gratia Romanorum rex et semper augustus uaiversis 
imperii fidelibus, quibus presentis pagine continencia innotuerit, gratiam 
suam et bonam voluntatem. 

Notum esse volumus universis, ad quos presentes littere pervene- 
rint, quod nos publicum [ist]ud instrumentum, quod pro serviciis, que 
vasalli episcopi Vercellensis in expeditione nostra Romaiia facienda 
sibi tenentur exibere, anno dominice incarnationis 1154., idus Mail, 
indictione 2., per sentenciam datum est, regia auctoritate nostra et pre- 
senti celsitudinis nostre confirmamus edicto» sub obtentu nostri favoris 
gratieque^ [pro]hibentes, ne aliqua persona humilis vel alta, secularis 
vel ecclesiastica contra eiusdem instrumenti teuerem agere presumat. 
Cuius quidem instrumenti tenor talis esi:^ 

1. niam securitatem, quam dominus fecerit regi secundum suum 
ordiuem, illam securitatem debent facere vassalli super evangelio domin o 
episcopo de expeditione Romana. 2. Ule qui nescit, quod feudum 
suum facere aut dare debeat, ita faciat: si discordia© fuerit inter do- 
minum et vassallum de servitio vel datione, in laude , , . A debet 
tennin ari, si dominus et vassallus nesciunt, quid feudum facere debeat, 
pro centum modus 40. solides veteris monete solvat. Nos^ autem 
dicimus de magnitudine modiorum Buielle,^ neque S. Agathe* neque 
Vercellensis neque consimilis. Si plus vel minus . . ne® fuerit, se- 
cundum quantitatem plus minusve tribuat. Si denarii^ fuerint Medio- 
lanenses, quos vasallus pro redditu habeat, solidus pro modio reputa- 
bitur. B. Si qui vasalli, vocati a curia, dedignantur securitatem facere 
et perseveraverint, quousque rex veniat et episcopus cum rege iverit 
aut verbo regis remansit, feudum amittant.» 4. Uli, qui fecerint securi- 
tatem et a sociis hon poterint habere debitum auxilium, secundum 
partem feudi sui faciant. Et si totum servitium integraliter de patemo 
feudo fecerint, eis totum feudum aperiatur, et si non fecerint, 

a. edito. b. favorisque gratie. c. discordiam. d. Nach 

dem Facsixnile des Wortes möchte man carte lesen, aber gemeint ist doch gewiss: 
laude curie ec. parium. e. Ich vermute: aone=annone. f. dena. 

g. amitant. 



1. Die Einteilung der Paragraphen habe ich behufs besserer Uebersicht 
eingefbbrt. 

2. Zu verstehen ist: qui sententiam dedimus, 
8. Biella. 

4 Santhi^ 



- 22 — 

episcopo aperiatur. Et si infra aimum et diem ille, qui fecerit de- 
bitum servitium episcopo de patemo feudo, vohierit episcopo solvere 
dampnum, paternum feudum debet^ recusare. 5. Si episcopus fecerit 
pactum cum rege et non iverit in expeditione, secundum peradegum » 
feudi episcopo^ solvat.^ 6. Si miles emisset<^ pro itinere aliqua^ orna- 
menta, episcopus pro eodem precio, quo emerat,^ debet recipere. 7. Uli, 
qui fecerint securitatem, si non dederant® episcopo — sicut supra 
dictum est — et episcopus mutuo acceperit^ quod ei debebatur dare, si 
infra annum et diem non solverint episcopo sine dampno ipsius, si in 
episcopo non steterit aut iusto impedimento,« feudum perdant.^ 8. Quod 
sicut de vassallis episcopii laudaverunt^ erga episcopum, ita de vassallis 
capitaneorum erga capitaneos et omnium ordinum. 9. Et laudaverunt, 
quod episcopus debet adiurnare^ vassallos suos singulariter et specialiter. 
Lata est autem sententia ab eis, quorum nomina subscripta sunt: 
Ogerius vexillifer, Vala advocatus, Albertus de Rodobio, Vala Casa- 
lensis, Mar(ti)us*^ de Castello, Aycardus de Ciriono, Gua(la) Bu(f)us, 
Jacobus de Bondomio, Manfredus de Mungurato,! Jacobus de Lenta, 
Alesius de Montaldo, Tebadus de Locent,"» Julius de Casali. 

Vassallen des Bischofs setzten also fest, wieviel ihrem Herrn 
zu leisten sei. Ob es nach dessen Anordnung geschah, ob aus 
blosser Willkür? Jedenfalls handelt es sich hier nicht um eine 
Verfügung lediglich von Oben, wie in der Fälschung Udalrichs. 

„Die Sicherheit, die der Bischof dem Könige gewährt, ge- 
währen die Vassallen dem Bischöfe." Gleich dieser erste Satz 
ist von Interesse. Bisher wussten wir nur, dass deutsche Fürsten 

a. perade . . . oder pe rate . . .; wie viele Buchstaben dem e noch folgten, ob 
einer, zwei oder drei, war nicht zu entscheiden, secunduui partem feudi, wie in 
§ 4, wtlrde weder dem Sinne, noch der handschriftlichen Ueberlieferang entsprechen. Zu 
peradegum, auch paradigium, vgl. Consuetudines feudo nun tit. 8 cap. 16 ed. Lehmann 
p. 29 = Vulgata lib. 2 tit. 10. Die Vermutung Lehmanns: fortasse pedagium ist ver- 
fehlt, schon Cuiacius De feudis ed. 1588 p. 146 hat sie zurtlckgewiesen; mit ihm ist para- 
gium==nobilitas, frzsch. parage, ital. paraggio, zwar nicht zu Andern, aber zu 
verstehen; dazu stimmt da« vorausgehende: plebeji nihilominus sunt. b. epi- 

scopus. c. milex emiset. d. aliquo. e. dederat. f. aces- 

serit. g. spedimento. h. perdat. i adiurnare, ital. aggiornare, 

oder advisare, so verbessert Herr Kollege Zeumer das überlieferte adiuvare. 
k. Oder Marcus? 1. Mungurato? m. Oder Loiant, Lotant? 



1. D. h. der Yassall darf dem Bischöfe das Lehen verweigern. Oder ist 
refutare zu lesen? Dann wäre zu verstehen: der Bischof muss es dem Vassallen 
auflassen. 

2. Nämlich der Vassall, der heisteuem soll, dass der Bischof sich von der 
Heerfahrt loskaufen kann. 

3. Subjekt sind wieder die unten Genanntea, die den Spruch /Ulten. 



/ 



— 28 — 

und Mannen durch einen Eid bekräftigten, den schuldigen Dienst 
leisten zu wollen.^ Nun sehen wir einen italienischen Bischof 
dem Könige in gleicher Weise Sicherheit geloben.* 

Wer den Eid geschworen hatte,' später aber den Bischof 
nicht zu begleiten brauchte, zahlte eine Steuer. Hostanditiae, 
heisst es im lombardischen Lehnsrecht, dicuntur adiutorium, quod 
faciunt dominis Romam cum rege in hoetem pergentihtis vasalli, qui 
cum eis non vadant} Nur diese hatten, wie in Deutschland, Ab- 
gaben zu entrichten. Die den Kriegsdienst leistenden Vassalien 
waren von allem üebrigen befreit. Und wird nun etwa in § 2 
festgesetzt, in welcher Art die Höhe der Zahlungen bemessen werden 
sollte, wenn Streit entstanden sei, so sind eben die Hostandicien ge- 
meint. Mithin sagt § 2, dass der Vassall, der sich zum Zuge ver- 
pflichtet hatte, dann aber zu Hause bleiben durfte, pro centum 
modiiß Buielle 40 solidos veteris monete solvat Das lombardische 
Lehnsrecht giebt als Norm für die Höhe der Hostandicie: in 
Lombardia de tnodio 12 denarios.^ Ob beide Sätze annähernd 
sich decken? Das zu entscheiden, mlisste man die Grösse eines 
Scheffels von Biella und den Wert eines alten Schillings von 
Vercelli kennen, Wie aber auch immer, — wer dem Bischöfe 
Sicherheit geleistet hatte, dann aber von der Teilnahme am Zuge 
entbunden wurde, zahlte in angegebener Weise die Hostandicie: 
obgleich diese nicht genannt, obgleich nicht einmal ihrer Voraus- 
setzung, der Befreiung vom Heerdienste, mit einem Worte ge- 
dacht wird, so ist sie doch gemeint. 

1. Vgl. darüber namentlich Weiland in den Forschgen. zur dtschen 
Gesch. VIII 117—121. 

2. Wenn Pisa 1162 - Acta et Const. I 285 § 10 — und wieder 1191 
— 1. c. 476 § 10 — einen Zug beschwört, so handelt es sich um einen Ver- 
trag, den die eine Macht mit der anderen eingeht, nicht um Verpflichtungen 
Yon Lehnsmannen. 

3. In dem zweiten Paragraphen, über den ich handle, ist nicht gesagt: 
Uli qui fecerini securitatem. Aber man vgl. § 1, dann § 4 lUi qui fecerint 
seeuritatem und besonders § 7 Uli qui fecerint securitatem, si non dederant. 
Der Eid der Vassallen bezog sich wahrscheinlich doch nicht blos auf persOn« 
liehe Beteiligung am Kriege, sondern für den Fall, dass später eine Befreiung 
erfolge, auch auf Zahlung der Hostandicie, die uns sogleich beschäftigen wird. 

4. Acta et const. I 209. 

5. Acta et const. 1. c. Vgl. auch 248 § 3, wonach der vom Dienste be- 
freite Vassall dimidium redittuf feudi unius anni domino suo subminidtraverit. 



— 24 — 

„Von 100 Scheffeln 40 Schillinge", beschliessen die Schieds- 
männer, „falls der Bischof und sein Vassall nicht zu sagen ver- 
mögen, was früher gezahlt ist." Behauptet aber der Bischof von 
einem anderen Lehen das Mass der Abgabe zu kennen, während 
der Lehensmann nach seinem Wissen zu einer geringeren Summe 
verpflichtet sein will, so entscheidet die Curia parium, ein Hof 
von Standesgenossen des Vassallen.^ 

Wenn ein Vassall bis zu dem Zeitpunkte, da der König 
erschienen oder mit dem Bischöfe schon aufgebrochen ist oder 
ihn von der Heerfahrt befreit hat, die verlangte Sicherheit nicht 
leistete, und zwar trotz ergangener Aufforderung, so verliert er 
nach § 3 sein Lehen. Die gleiche Strafe erleidet nach § 7 auch 
jener Vassall, der Sicherheit geleistet hat, aber nicht zahlt. Da 
muss der Bischof leihen, soviel ihm der Eidbrüchige schuldet, und 
wenn er nun nicht innerhalb Jahr und Tag entschädigt wird, 
kann er das Lehen einziehen, falls es nicht an ihm selbst liegt 
oder an einem rechtlichen Hindernisse, dass die Zahlung unter- 
blieb. Verlust des Lehens trifft nach § 4 den Lehnsmann, der 
Sicherheit gewährte, aber auch noch in einem anderen Falle. 
Seine Konsorten brauchten nicht mitzuziehen, auch nicht zu 
zahlen, doch mussten sie offenbar ihren Verwandten, der seiner 
Verpflichtung durch Kriegsdienst entsprach, nach der Grösse ihres 
Anteils am Lehen unterstützen. Thaten sie es nicht, so diente 
der in den Krieg ziehende Konsorte eben nach Massgabe seines 
Anteils, aber der Bischof nahm das ganze Lehen. Nur erhielt 
es doch in vollem Umfange der getreue Vassall, wenn dieser 
innerhalb Jahr und Tag den durch die Konsorten verursachten 
Schaden seinem Herrn vergütete. Natürlich wurde er auch 
alleiniger Besitzer, wenn er die ganze Kriegslast, die zu tragen 
war, ohne weiteres auf sich genommen hatte. 

Es konnte aber auch geschehen, dass der Bischof, wie es 
in § 3 hiess, verho regis remansit Dann hat er nach § 5 einen 
Vertrag mit ihm geschlossen; nicht umsonst darf er zu Hause 
bleiben, und nun müssen die Vassallen beisteuern, dass ihr Herr 



1. Dasselbe gilt dann auch wohl von den Lehen, die Qeld eintragen. Heisst es 
solidua pro modio reputdbitur, so ist eben nur der eine Fall gesetzt: dom%n%9 
et va98aUu8 nesdunt. 



— 26 - 

seine „Hostandicie** zahlen kann. Der Massstab ist — wofern 
ich eine Lttcke des Textes richtig ergänzt habe — die Nobilität 
des Lehens. Der höchst ungewisse Ausdruck wurde vielleicht 
gewählt^ weil man im Jahre 1154 von vornherein nicht glaubte, 
dass der König auf die Begleitung des Bischofs verzichten würde. 
Sollte es doch geschehen, dann tritt § 6 in Kraft: der Yassall hat 
schon Waffenschmuck fOr den Zug angeschafft, nun inuss der 
Bischof, da mit ihm seine Mannschaft nicht auszuziehen braucht, 
den vollen Kaufpreis erstatten, dafür das Kaufobjekt empfangend. 

Meine Erläuterungen sollten die wichtigsten Bestimmungen 
aufklären, nicht den Inhalt der Urkunde erschöpfen. Habe ich 
fehlgegriffen, sei es aus unzureichender Vertrautheit mit dem italie- 
nischen Lehenswesen, sei es aus Missverständnis des jedenfalls nicht 
immer durchsichtigen Ausdruckes, so wird der Kundigere und Ein- 
sichtigere umso leichter den Sachverhalt entwickeln können, da er die 
nicht eben hingeworfene Ansicht eines anderen Forschers kennt. 

An Wert bleibt die neue Constitutio de expeditione Bomana 
hinter der alten zurück. Diese trifft Verordnungen für alles und 
jedes, allerdings wesentlich nur die Ministerialität berücksichtigend, 
jene enthält blos einen Schied über Fragen, die bisher entweder 
gamicht oder in abweichender Weise beantwortet waren. Daher 
kann sie nicht ganz befriedigen. 



Welcher Heinrich hat später dem Schied der Vassalien sein 
Siegel aufgedrückt? 

An Heinrich (VU.) ist nicht zu denken. Sein Vater waltete 
in Italien; da haben sich die Vercellesen gewiss nicht zum Sohne 
nach Deutschland begeben; auch kann Heinrich (VIT.) nicht eine 
Fahrt über Berg geplant haben: ein Römerzug stand aber zur 
Zeit der Bestätigung unzweifelhaft bevor, in futurum rei eventum 
wurde sie nicht eingeholt. Auch den Qegenkönig Heinrich Raspe 
raüssen wir ausschliessen. Allerdings hielt Vercelli während der 
neun Monate, da er sich König nannte, zu seiner Partei;^ aller- 
dings schrieb er selbst einmal dem Erzbischof von Ravenna, dem- 
nächst wolle er ordnend in die lombardischen Angelegenheiten 

t Yfsl B.F.W, 13509. 677. 674 U,ß,w, 



— 26 - 

eingreifen;^ aber bis zur That waren noch weite Wege» und von 
irgend welchen Vorbereitungen, gar von der Ansage eines Römer- 
zuges, ist keine Rede. So bleiben Heinrich VI, und Vn. 
Zwischen ihnen zu entscheiden, kann nicht schwer fallen. . Wenn 
der Luxemburger eine Urkunde an alle Reichsgetreuen richtete, 
so entbehrt das Reich nie der Charakteristik des „hl. römischen^ 
Reiches; sein Eanzlist hätte unzweifelhaft geschrieben: universis 
sacri Romani imperii fidelibus. In seiner Kanzlei kannte man 
ferner nicht die Grussformel: gratiam sttam et bonam voluntatem, 
man sagte : gratiam suam et omne bonum.^ Endlich war längst vor 
seiner Zeit die sog. Insertion zu voller Ausgestaltung gelangt: 
man pflegte nicht mehr die eingerückte Urkunde um Daten und 
Einleitung zu kürzen. Die Daten hat der Aussteller, in das Vor- 
wort seiner Bestätigung hinübergenommen , und die Einleitung 
des bestätigten Schiedspruches liess er ganz bei Seite: so bedarf 
es erst des Nachdenkens um die persönliche Fassung: Nos autem 
dicimtts, die mitten im Tenor begegnet, überhaupt verstehen zu 
können. Diese „unvollkommene" Art der Insertion findet sich 
noch unter Heinrich VI.,* schon unter Friedrich II. kommt sie 
ausser Gebrauch. Heinrich VI. bedient sich auch noch, der ein- 
fachen Anrede: universis imperii fidelibus y und wenn er ihnen 
mehrfach omne bonum wünscht, ebenso oft verkündet er ihnen 
doch bonam voluntatem.^ 

Da der Aussteller König genannt wird, so ist die Zeit 
ziemlich genau bestimmt. Im Herbst 1189 liess Heinrich VI. 
namentlich seine Ministerialen schwören, dass sie bis zum 21. Sep- 
tember 1190 gerüstet sein würden, ihn zu einer Fahrt über Berg 
zu geleiten. Diesmal handelte es sich auch um Gewinnung der 
Kaiserkrone.* 



1. B.F. 4878. 

2. Man vgl. nur die zahlreichen Urkunden in Böhmer-Fickers und in 
Winkelmanns Acta imp. 

3. lieber die Geschichte der Insertionen handele ich im 1. Zusätze der 
2. Abhandlung und, besonders mit Bezug auf Urkunden Heinrichs VI., in der 
Untersuchung Ober Chiavenna als Grafschaft des Herzogtums Schwaben. 

4. Um nur fttr bonam voluntatem Belege zu bieten, so^ verweise ich auf 
St. 4685a. 706. 767 a. c. d. 772. 883. 900. 946. 5082. 

5. Dass Bischof Albert von Yercelli den König begleitete, zeigt seine 
Zeugenschaft i^ St. 4696: 1191 April 17, zwischen Rom und Frascati, 



Zur Geschichte der Reichsburg Garda. 



Herr Bibliothekar Da Re fand in den Antichi archivi Veronesi 
einen Pergamentrotulus,^ auf den er alsdann Herrn Kollegen 
Bresslau gütigst aufmerksam machte. Bei beschränkter Zeit 
konnte dieser nur einen Teil abschreiben, und jener hatte nun 
auch die Gefälligkeit, die ganze Arbeit zu vollenden. Herrn D a 
Re gebührt um so wärmerer Dank, je umfangreicher das Akten- 
stück und je undeutlicher die Schrift ist. 

Die Veneris, qui fuit 12. in tränte mense Decembri, in oivitate 
Veronensi, in domo Gebetaui de Passionis, in qua consules Veronenses 
tenebant placita, in presencia magistri Bonifacii Neroti, causidicorum 
Marcii de Castello, Nordillini Girardini de Simone, Isnardini de Ci- 
pellono de sancto Georgio et Isnardini de Coranto et aliorum plurium, 
rogatorum testium specialiter ad hoc. Ibique domnus Thomasinus^ et 
eius frater per se unusquisque et fratrem Albregetum coram domno 
Omnebono episcopo Veronensi et comite Sauro ^ Veronensi et Cozone 
et Leonardo consulibus Veronensibus protulerunt Richardum de Ve- 
nosto de loco, qui dicitur Sclandre,* pro suo teste causa publicaadi 
ad inveniendam per eum veritatem, quomodo et qualiter domnus Ade- 
lardinus deLendenaria invenit per suum nuncium Gebetum*, videlicet 
iurisditionem^ Gebeti, et qualiter investitura feudi facta fuit a duce 
Enrico Saxonie per consensura imperatoris de cucto^ illo honore, quod 
ille dux et imperator habebant in Gebeto, et illam iurisditionem,® quam 
in Gebeto habebant, secundum quod ad regnum et imperium pertine- 
bat, causa publicandi ad hoc ut in isto placito, quod domnus Thoma- 
sinus habet modo cum vavasoribus de Gebeto vel cum omnibus aliis, 
cum quibus litigium habet, ^ vel exinde ipse et sui fratres predioti 



1. ArchiYio notarile Rotöle n. 2. 

2. Von Lendinara, westlich von Rovigo. 

3. Von S. Bonifacio, Ostlich von Caldiero. 

4. Schlanders im Vintschgau* 

5. Zevio, westlich von Caldiero. 

6. Sic! 

7* Der Gegensatz kam am 20. Januar 1182 zu besonders lebhaftem Aus- 
drucke, Ein gewisser Gafarp erklärte, ch'egli non credeva, che cjuei aignori 



-- 28 — 

habuerint aliquomodo, credatnr et finnum quod dixerit habeatur. Qui 
Richardus predictus ex precepto predicti domni presulis et predicti 
comitis et predictorum consulum auctorite^ comunis Yeroneusis iuravit 
dicere veritatem totam et reticere falsitatem de eo quod dictum est, 
quacunque hora interrogatus fuerit per predictum presulem vel 
comitem vel per suum nun dum. Qui preaul precepit predicto comiti, 
ut eius nomine eum audiret et interrogaret Qui comes postea eodem 
die ad domum predictorum fratrum Isnardini et Albregeti interro- 
gatus^ iuit ipsum Kichardum per se et nomine predicti domni episcopi 
in districtum sacrameuti, ut totam veritatem patefaceret de predicto 
negotio et falsitatem taceret. Qui Richardus testatus dixit: 

Ego Bcio et recordor, quod domnus Adelardinus de Lende- 
naria, antea quam hec civitas Veronensis combusta est, rogatus^ 
valde fuit me, ut essem eius nuncius ad imperatorem Fredericum et 
ad ducem Enricum Saxonie, et me suum nuncium fecit et eius 
rogatu, quia erat meus proximus et valde eum diligebam, et 
amore eius ivi ultra montes ad imperatorem, et inveni eum ad 
Wird.^ £t dux Enricus Saxonie nondum ad illam curiam 
iunxerat et semper expectabätur. Et ego traxi me ad domnum 
Garzapanem, ^ quem ibi inveni, et dixi ei ex parte domni Adelardini, 
quod eram eius domni Adelardini nuncius, et recitavi ei omnia, pro 
quibus iveram, et rogatus ^ fui eum, ut me imperatori presentaret ex 
parte domni Adelardini et ei negotia, pro quibus iveram, recitaret. 
Et sie ivimus sub papillionem ipsius imperatoris ad eum, et eum. 
salutavi ex parte domni Adelardini, cuius eram nuncius, et domnus 
Garzapanus dixit omnia mea verba et qualiter iveram et qua de 
causa et quomodo domnus Adelardinus quiete invenerat Gebetum 
ab illis de Olderico Sacheto et iurisdictionem Gebeti secundum quod 



di Lendinara avessero giurtsdizione fteUa terra di Zevio, Dasselbe behaupteten 
Widone di Ronco ed Alberto degli Ävocati, cotne nuncii dei vavassori. Die 
Lendinara liessen darauf die in einem Hause versammelten Vassallen unter Zu- 
sage sicheren Geleites zur Gerichtssitzung entbieten, doch ohne Erfolg. 
Der Streit drehte sich aber nicht blos darum, ob die Lendinara berechtigte 
Gerichtsherren seien, — vor seinen Brttdem trat Toniasino auch selbst als 
Kläger auf: contro coUoro, che avevano cotnbattuto il suo casteUo e la sua torre 
e preso ed incendiato esso casteüo e U case tanto dentro, che fuori^ ed ucdso 
uno dei suoi uomini. Mitteilung des Herrn D a R e aus dem Rotulos Nr. 4 des 
Archivio notarile zu Verona. Vgl. S. 88 Anm. 3. 

1. Sic! 

2. Donauwörth? Vgl. S. 40.41. 

3. Von Verona. Vgl. über ihn S, 36 Anm. a. 



- 2§ - 

ipsi tenebant pro duce Enrico Saxonie, et ut ipse domnus confirmaret 
illud isti suo nuncio — dicendo de me — et eius nomine domni 
Adelardini, ^ et me nomine domni Adelardiui de illo honore Gebeti 
ad feudum iuvestiret. Et domnus imperator stetit et respondit, dixit: 
Ego hene faciam quod voltterit, sed mihi videtur, qttod melius foret, qttod 
dux adessetf guta semper eum expecto. Si vobis phicet, expectate eum, 
dum venerit. Et sie eum expectavimus, dum venit. Et ivimus 
ad eos et ivenimus^ ipsum imperatorem et ducem sub papillionem^ 
imperatoris, et domnus Grarzapanus fecit eis iterum notum verba 
predicta domni Adelardini. Et ego ex parte domni Adelardini, 
cuius nuncius eram et dicebam fore, quesivi imperatori et duci 
investituram feudi nomine domni Adelardini, nominatim de tototo*^ 
illo honore, quod habebant in Gebeto, et iurisditiouem^ secundum 
quod ad regnum et imperium pertinebat et duci Enrico et secundum 
quod filius Olderici Sacheti et eius nepotes olim pro ipso duce 
habuere et tenuere. Et statim ipse imperator Fredericus traxit se 
beretam de capite et insimul cum eo duce — cum illa bereta ambo 
investivere me et investituram in meis manibus fecere per rectum 
et lia]em^ feudum, fecerunt vice et nomine domni Adelardini, 
nominatim de cuncto illo honore et illa iurisditione, ^ quem vel 
quam habebant in Gebeto, et de tota curia Gebeti secundum 
quod ad regnum et imperium pertinebat et de omnibus illis ra- 
tionibus, quas^ ad ipsum ducem pertinebat,^ et de toto eo se- 
cundum quod Oldericus Sachetus et eius filius et nepotes olim 
in Gebeto habuere et tenuere per ipsum ducem. ^ Hoc facto 
statim predictus dux Enricus per parabolam imperatoris, quam 
ei dedit, ut vidi et audivi, cepit Marti num Longum de ac civitate, 
qui ibi aderat, per manum et precepit ei et fecit eum suum 
missum ex precepto imperatoris, ut dictum habeo. Quem suum 
nuncium fecit, ut eius nomine et nomine imperatoris veniret et 
daret domno Adelardino tenutam de predicto feudo, secundum 
quod investituram mihi eius nomine fecerat, ut dictum habeo, et 
ut eum domnum Adelardinum in tenutam mitteret nomine im- 
peratoris et ducis de eo predicto feudo, ut dictum est. Et hoc 



1. et ei (sc. nuncio) notnine domni Adelardini (sc. confirmaret): so wird 
doch zu verstehen sein. 

2. Siel 

3. Der Herzog war bisher natttrlich Heinrich der Löwe ; den Ulrich bat 
nach der gleich folgenden Aussage des Maianotte schon Heinrich der Stolze mit 
Zevio belehnt: zwischen den Heinrich ist nicht unterschieden, und auch Hein- 
rich der Stolze gilt als Herzog von Sachsen. Vgl. S. 30 Anm. 3. 



^ äö ^ 

fuit in uno die Martis ante pentecosten unius anni anteä quatü 
hec civitas Veronensis combureretur. ^ Et ibi erat domnus öar- 
zapanus et ille Martinus Longus et quidam Enricus, qui manet 
Este cum marchione, et Albertinus ülius predicti Garzapanis^ et 
plures alii. 

Fostea die predicto Veneris sub domo filiorum quondam domni 
Adelardini, in presencia Aldregeti de Valegio, Vallariani de Castello, 
Petri de Nogarolis, Liazarii de Botone, Albrege ti Mutii et aliorum 
plurium, ad hoc rogatorum testium. Ibique coram predicto comite pre- 
dictus domnus Tomasinus, Isnardiuus et Albregretus fratres protule- 
runt hos testes, videlicet Malamnoctem de ßardulino et Walterium 
Dacen ad cognoscendam veritatem de predicta causa et ad probandum, 
qualiter et quomodo sciunt comites, qui olim tenuerunt arcem Garde, 
tenebant et habebant Gebetum et districtum eius et iurisditionem^ et 
dabant illi de Gebeto fodrum et coltam et deferrebantur ad arcem 
Garde. Primus quidem Malanox, iuratus et ex parte Thomasini ad 
litem illam, quam cum vavasoribus et cum aliis tunc habebat, pro- 
ductus, interrogatus a me Philipe notario per loquelam comitis, qui 
me suum nuncium fecit ad eum et omnes alios iferius^ scriptos inter- 
rogandum et mihi, ut eum et alios audirem et interrogarem, precepit, 
testatus dixit; 

Ego recordor, quod iam sunt plus 40 annorum, quod ute- 
bar in arcem ^ Garde, et eram scutifer comitis ßellonchi, qui erat 
comes illius arcis et tenebat illam arcem et totum eius comitatum 
per ducem Enricum Saxonie.^ Contingit, quod frater illius domni 
Bellonchi interfecit quendam trewanum huius civitatis Winigellum 
nomine, ut patens et verum fuit et fama; et sie ille Belloncus 
fuit separatüs ab illo comitatu et ablatus inde. Et postea in loco 
eius misus^ fuit domnus Enricus de Bur* pro comite illius arcis, 
et eum vidi. Et ego tunc manebam cum quodam meo proximo 
et fui eius scutifer, qui utebar '^ et morabatur cum eo comite En- 
rico, et ego cum eo similiter in eius curia. Et scio, quod vide- 
bam, quod omnes homines de comitatu Garde distringebant se 



J. Verona brannte am 7. Juli 1172. 

2. Siel 

3. Gemeint ist natflrlich Heinrich der Herzog Stolze, von Baiern, . dem 
nach Bist. Weif. Weing. c. 23 M.G. SS. XXI 466 Kaiser Lothar im Jahre 1136 
die Burg zu Lehen gab. Wie schon der Titel dtix Saxonie zeigt, wird er von 
seinem Sohne nicht unterschieden. Vgl. 8. 29 Anm. 3. 

4. Vgl. über ihn S. 44 Anm. 1. 
6. Iaq^\ utehatur. 



i 



^ 81 -- 

8ub illo comite Enrico et omnes locos,^ qui erant de districtü 
Garde, et nominatim Gebetum, distringebant se äub eo per comi- 
tatum Garde, et stabat sub eo sicuti alle terre de Gardesana,' 
que sunt de curia Garde et que distringunt se sub Garda. Et 
ibat ipse comes Enricus per illa sua loca, que erant de districtü 
Garde, tenendo placitum generale, ut multociens vidi ; et ivi cum 
eo et Gebeto similiter multas vices iyi cum eo, quia erat de illo 
districto, et ita distringebant^ se sub Garda Gebetum, ut alle 
terre, que sunt de eins districtü, se distrigunt.^ Et vidi multo- 
tiens fodrum a Gebeto Garde portari, scilicet anonam et frumen- 
tiim et camem. Et multas vices ibi in Gebeto vidi placitum 
generale ipsum comitem tenentem et eum comitem recipi a co- 
mune et pro comune Gebiti, [et]* pastum et receptum pro co- 
muni illi comiti fieri vidi pro sua iurisditione, ^ ut ipsi de Gebito 
dicebant et ut audiebam ab eis dicentem,^ se pro comuni facere 
hoc. Et vidi totam illam terram de Gebeto albergari ab eo co- 
mite et [eins m]ilitibus; et ipse comes ibi per tres dies placitum 
generale tenebat; et omnes homines illius terre Gebiti videbam 
custodire placitum illud et distringentes se ad illud placitum et 
ipsum comitem. Et scio, qudd auditum [habeoj a meis äntecesso- 
ribus, et visum habeo, quod omnes habitantes in Gebito distri- 
gunt^ se ad illud placitum generale ante potestatem et distrigere^ 
debent, nisi aliquis haberet vel cognosceret per feudum a cu[ria 
Garde]^, et ita auditum habeo a meis maioribus et veterioribus 
dici. Et scio, quod visum habeo ipsum comitem fäcientem pig- 
nörari de hominibus illius terre Gebiti, qui nolebant venire antea 
et Stare precepto curie, et egomet fui ad pignorandum de eis 
hominibus et pignoravi de eis de Gebito pro potestate. Et vidi 
comunia, que erat capta et impedita per villam Gebiti, expediri 
pro ipso comite. Et audivi dici ab illo meo domno, cuius scutifer 
eram, et ab aliis militibus, et ut sonus et fama tunc fuit per 
totam terram Gebiti, quod ipsi de Gebito tunc pro comuni acor- 
daverunt se cum illo comite Enrico et acordum fecere cum eo et 
menam de contum et decem libris, et quod ille domnus habuit 
centum libras et 10 libras habuere milites, qui fuerunt cum eo 



1. Lies: loci, 

2. Vgl. S. 34 Anm. 3. 

3. Siel 

4. Bier und femer sind die eingeklammerten Worte oder Buchstaben 
abgeschabt. 

5. Gegen die Richtigkeit der Ergänzung bleiben mir Zweifei. 



~ S2 - 

pro servitio. Et ille meus domnus dixit mihi, quod inde habui^ 
ex eis decem solidos et ita per eos milites fuere divisas illas 10 
libras. Postea, scio ut sonus et publica fama fuit, quod predic- 
tus dux Saxonie dedit illud^ honorem et illam iurisditionem^ 
Ulderico Sacheto^ sicuti habebat in Gebito. 

Walterius Dacen eo modo, ut dictum est, causa plubicaadi ^ pro- 
ductus a predictis^ Thomasino in sua causa predicta, coram comite 
predicto similiter iuratus. Interrogatus testatus dixit item per omnia, 
quod Malanox, a quiuquagiuta annis infra, excepto quod non dixit, se 
scutifer^ fuisse illius propinqui, cuius ille Malanox dixit; et addidit 
dixit, quod vidit comitem Lampertum et comitem Ottonem ita facientes 
in Gebito et placitum generale tenentes, ut comes Belloncus et comes 
Enricus de Bur, et quod ita vidi^ eos recipi pro comuni Gebiti et 
pastum fieri eis pro comuni Gebiti, ut vidit fieri comiti Bellonco et 
comiti Enrico; iam sunt 50 anni et plus. 

Postea predicto die Veneris, in domo filiorum domni Adelardini, 
in preBeucia predicti Vallariani de Castello, Albertini Adriani, Bichardi 
predicti, Albregeti Mutii, testium ad hoc rogatorum. Ibique coram 
predicto comite predictus domnus Tomasinus et Isnardinus ac Albre- 
getus similiter protulerunt causa publicandi Albertinum filium domni 
Garzapani, sicuti protulerunt Bichardum^ et eo modo de predicto ne- 
gotio. Qui Albertinus eo modo ibi causa publigandi,^ ut predictus 
Eichardus, coram comite iuratus et ab eo comite interrogatus testatus 
dixit : 

Ego scio, quod autea quam hec civitas combureretur, quod 
eram ultra montem cum imperatore Frederico in burgo de Wird, 
ubi tenebat curiam, et vidi tunc ibi Richardum de Sclandre, qui 
dicebat se nuncium domni Adelardini fore, et vidi patrem meum 
Garzapanum pro ipso loqueutem imperatori et duci Enrico Saxo- 
nie, et vidi ibi sub papilionem^ imperatoris, quod ille Bichardus 
peciit ei imperatori et dicti* ex parte domni Adelardini de Len- 
denaria investituram feudi de illo* de Gebito et de illa iuris- 
ditione,^ quam habebat vel sibi^ pertinebat in Gebito, secuudum 
quod ad regnum pertinebat et secundum quod ille de Olderico 
Sachto^ habuerunt et tenuerunt pro duce. Et vidi, quod ipse 



1. Sic! 

2. Vgl. S. 29 Anm. 3. 

3. von Schlanders, der erste der Zeugen. 

4. Lies: dicto duci, 

5. Ergänze: honore, 

6. vel Mi, nicht vel que sibi^ 



•- 33 — 

domnus Imperator cum berreta de capite, insimul cum predictö 
duce, investivit eum Richardum per rectum et liale feudum vice 
et nomine domni Adelardini, cuius nuncius^ dicebat lore, nomi- 
natim de cucto^ honore et iurisditione,^ quem vel quam habebant 
in Gebito, secundum quod ad regnum et imperium pertinebat et 
ad ipsum ducem et secundum quod filius Olderici Sacheti et eins 
nepotes habuerunt et tenuerunt per illum ducem. Hoc facto 
statim vidi, quod ipse dux cepit Martinum,^ qui ibi aderat, per 
manum et fecit eum suum nuncium et nuncium imperatoris pre- 
cepto ipsius imperatoris, ut vidi, et precepit ei, ut daret tenutam 
domno Adelardino et eum in tenutam mitteret de predictö feudo, 
videlicet de honore et iurisditione,^ quod^ habebat ipse dux in 
Gebeto vel quod ad regnum pertinebat et secundum quod illi de 
Olderico Sacheto habuerunt et tenuerunt pro eo duce. 

Es folgen nun Zeugenverhöre von Samstag 13. XII. 1180. 
Sie beziehen sich aber nur auf Rechte, welche die Herren von 
Lendinara in Zevio ausgeübt haben, ohne dass dabei vom Reiche 
die Rede wäre. Dann: 

Postea die Mercurii ultimo exeunte Decembri in predicta 

domo domni Thomasini in iure coram vasalis curie domni Thomasini 

et coram comite predictö et in presencia Vallariani de Castello, 

Paisii de Masinago, Enri et Armenardini vasalli curie predicte 

et Tolomei similiter, ßernardini et Isnardini similiter vasallorum. 

Ibique predictus domnus Thomasinus et Albregetus eins frater pro se 

et Isnardino eoram fratre protulerunt Girardum iudicem et Wazonem 

de Bardolino pro testibus publicandis et causa publicandi ad pro- 

bandum, qualiter et quomodo sciunt Gebetum esse de regalia^ et co- 

mitatu Garde et quomodo comes Garde tenuit placitum generale in 

Gebito et iili, qui habent Gebitum et tenent pro duce et imperatore, 

debent honorem et iurisdicionem ^ habere, et qualiter, et omnes personas ^ 

Kabitantes in Gebito debent se distringere sub istis domnis, qui modo 

habent Gebitum, ad placitum generale ter in anno et per omni vice 

tribus diebus et facere pro comuni receptum et pastum et dare 

wadiam bani^ omnes, nisi habeant per feudum et cognoscaut per 

curiam. Qui iuraverunt de h[oc] quod dictum est ita ex una parte, 

videlicet ex parte Thomasi pro suo placito, quod habebat cum illis 

de Gebito, et ex parte suorum fratrum in suis futuris causis, quemad- 

modum ex parte illorum de Gebito, cum quibus Thomasinus agebat. 



1. Sic! 

2. Marlinus Longus; vgl. die Aussage des Richard von Schlanders. 

Schaff er-Boichor st, Zur Gesch. des XII. u. XIII. Jahrhunderts. 3 



^ 34 - 

et etiam contra omnes, cum quibus exinde de hoc litem habuerint, et^ 
reticere falsitate, ^ qua hora interrogati a predicto comite vel ab uno 
de predictis vasalis per curiam aut a misso [eorum] fueriiit, dato sacra- 
mento a comite et a predictis vasallis, electis per curiam eis testibus 
et ad eo8 audiendos. Primus quidem videlicet Girardus iudex iuratus 
ad publicandum, ut dictum est, interrogatus a me [Philipe], nuncio 
ipsius comitis, et ab uno de predictis vasallis pro curia testatus dixit 
ibi in predicta domo : 

Ego scio et recordor, quod iam sunt 40. anni bene in tem- 
pore regia Liuterii, quod Belloncus co[mes] detenebat Gardam 
et districtum et comitatum Garde per ducera Enricum Saxonie, 
et multociens vidi fodrum in plaustris venientem et duci Garde 
a Gebeto, videlicet anonam, vinum, porcos, multones et carnem, 
et sonus et fama erat per comitatum et per Gardesanam totam^ 
et est adhuc, quod Gebetum est et erat de comitatu Garde; et 
tantum faciebat et dabat solus^ Gebetum de fodro, quantum 
Motagna* et Cavaioni'^ et Casteioni^ faciebaiit et dabant. Et 
scio, quod vidi comitem Enricum de Bur tenentem Gardam et 
comitatum totum per ducem Enricum Saxonie. Et fui cum eo 
comite Gebeto causa tenendi placitum generale pro iudice curie, 
et multi milites cum eo et iudices et proceres huius civitatis , et 
per tres dies tenuimus placitum generale ibi super totum comune, 
et fuimus recepti pro comuni illius terre Gebiti quiete, ut vidi, 
et receptum et pastum similiter pro comuni Gebiti fieri, et tunc 
factum fuit, ut vidi, et multas reclamationes vidi ibi ante curiam 
fieri de hominibus illius terre, et omnes illi, de quibus reclamatio 
fuerat, antea veniebant, dabant wadiam banni, et qui non veniebant, 
pignorabantur , ut vidi de illis pignoribis multis pignoratis. Et 
scio, quod vidi unum de militibus illius terre Gebiti, Amizo 



1. Vor et ist wohl zu ergänzen: dicere veritatem totam, 

2. Siel 

3. Danach scheint man unter Gardesana noch ein weiteres Gebiet be- 
griffen zu haben, als die Grafschaft Garda. Zugleich sehen wir, mit welchem 
Unrecht das Actum zweier Urkunden Lothars III. : in Gardisana auf einen be- 
stimmten Ort gedeutet worden ist. Auch sonst ist die Bezeichnung Miss- 
verständnissen begegnet. Das Schlimmste hat hierin wohl H. Pahst geleistet, 
wenn er M.G. SS. XIX 787 erklärt: Gardesana castrum prope Veronam. Vgl. 
S. 31 Anm. 3. 

4. Montagna, nördlich von Garda. 

5. Cavaione, südöstlich von Garda. 

6. Castion di Garda. 



- ä6 - 

nomine, reclamatioriem de eo fieri stautem ante curiam lUam et 
respondentem ad illud placitum, quod ei fiebat, et rationem 
faciente^ per curiam. Et scio, quod curia fecit clamare iuratos 
iliius terre Gebiti et distrinxit eos iuratos per sacramentum, ut 
dicerent et patefacerent veritatem de eo, quod fuiase^ ratio curie 
et de licitis rebus. Qui iurati manifestaverunt, quod omnes 
habitantes in Gebito debebant se distringere sub comite Garde 
ad placitum generale tribus vicibus omni anno, pro omni vice 
tribus diebus, et rationem facere ante curiam, si reclamum^ fieret, 
et custodire illud placitum, donec teneret, nisi cognoscerent vel 
haberent in feudum per curiam, et quod illi, qui impedierant de 
comuni vel impeditum habebant, debeant refutari in manu pote- 
statis et dare wadiam banni. Et hoc vidi curiam fieri facientem. 
Et scio, quod habebam multos baculos, qui fuerant dati pro 
wadiis. Et cum txivi foras causa inveniendi eos, qui wadiam 
dederant, interim acordum se fecit inter comune et potestatem 
pro wadiis bannorum, que date fuerant. Et fuit illa mena facta 
per centum libras Veronenses, et ego debebam de ea mena 
habere 20 solides, sed inde non habui nisi 10 solides. Et scio 
quod predictus ßelloncus, antea quam hoc^ dictum habeo luisset, 
ivit Gebito causa tenendi placitum generale, ut sonus et fama 
fuit per totam terram, nisi quod ivissem tunc secum, sed ire 
debebam, sed quia impeditus ita fui, quod ire non potui tunc. 

Interrogatns, si vavasores habent aliquam rationem, quod non 
debeant se distringere sub potestate Gebiti, respondit: Nescio. 

Predictus Wazo de Bardulino eo predicto modo, ut predictus 
Girardus iudex de predictis causis iuratus, testatus dixit idem quod 
Girardus, excepto quod non ivit cum illo comite Gebete pro iudice et 
quod non tenuit baculos pro wadiis et quod non habuit de illa mena 
10 solides. 

Et sciendum est, quod omnes predicti testes producti sunt causa 
publicandi a predicto domno Thomasino et suis fratribus in omnibus 
suis placitis, que habent vel exinde habuerint de predicto negotio 
Gebiti, secundum quod dictum est coram comite, ad hoc ut semper 
credantur et fidem certam habeantur^ super hoc quod testatum habent. 

Actum in predictis locis coram suprascriptis testibus, ad hec 
rogatis et convocatis a suprascripto domno Thomasino et prenominatis 
suis fratribus, a suprascripto confirmatis comite. 



1. Sic! 

2. Ergänze: qiu>d. 



8* 



— 36 — 

Anno a nativitate doraini nostri Ihesu Christi 1181., indictione 14, 
regnante domno Frederico Romanorum imperatore, anno imperii eins 26. 

Ego Philipus domni Frederici imperatoris notarius suprascriptis 
interfui, rogatus a suprascripto comite et a suprascripto Thomasino et 
eius fratribus, et hoc instrumentum de suprascriptis testibus a me 
factum ad publicandum scripsi. 



Die Zeugenaussage des Vintschgauers Eichard von Schlanders, 
die dann durch Albertino Garzapane bestätigt wird, giebt uns 
einen Beitrag zur Geschichte Gardas, führt uns aber auch an 
den Kaiserhof. Richard ist im Auftrage seines Freundes und 
Verwandten, des Adelardiuo von Lendinara, nach Deutschland 
gekommen, um für Adelardino die Belehnung mit Zevio zu er- 
wirken. Wie man aus der Urkunde ersieht, gilt der Ort als 
Bestandteil der Grafschaft Garda, die zur Zeit Heinrich der Löwe 
vom Reiche zu Lehen trägt.^ Darum mag Kaiser Friedrich, 
welchen Richard in „Wird" trifft, ohne Heinrich dem Gesuche 
nicht entsprechen, obwohl ein Mann, der bei E'riedrich in Ansehen 
stand, Garzapane von Verona,^ seine PHirsprache einlegt. Doch 
Heinrich wird täglich erwartet, und wie er nun angelangt ist, 
begeben sich Garzapane und Richard neuerdings zum Kaiser. 
Sie finden ihn in seinem Zelte, ihm zur Seite steht Heinrich. 
Als sie ihr Anliegen wiederholt haben, nimmt Friedrich sein 
Barrett vom Haupte, und zugleich mit Heinrich, der auch das 
Barrett ergreift, vollzieht er die Belehnung. 

Weshalb ist die Investitur des Aftervassallen durch den 
Vassalien und zugleich durch den Herrn erfolgt? 

Wie es in dem einleitenden Teile der Urkunde heisst, sollte 
festgestellt werden: qualüer investitura feudi facta fuit a duce 
Enrico Saxonie per consensum imperatm'is. Danach handelte es 
sich also nur um eine Belehnung durch den Herzog, zu welcher 



1. Heinrich heisst nicht ausdrücklich Graf von Garda; da er aber einer- 
seits mit Zevio belehnt, da Zevio anderseits mehrfach als Zubehör der Graf- 
schaft Garda bezeichnet wird, so muss er doch deren Lehensträger sein. 

2. lieber seine Beziehungen zum Kaiser vgl. Otto Fris. Cesta Frid. II. 
40. 45 ed. Waitz 118. 122. Bei Hofe erscheint er 1170 Januar 5, 1177 Juli 20, 
1178 Januar 25, Juni 23. St. 4107. 4197. 4242. 4250. 



-^ 37 — 

der Kaiser seine Genehmigung erteilt hatte. Diese musste in 
der That eingeholt werden, wenn man nicht gegen das Lehns- 
gesetz von Boncaglia Verstössen wollte. 

Mit der ßelehnung, die unter Einwilligung des Herrn der 
Aftervassall vom Vassallen empfängt, stimmt denn auch der Schluss 
der Zeugenaussage des Richard von Schlanders. Heinrich der 
Löwe ist es, welcher den Martino Longo anweist, den Adelardino 
von Lendinara in den Besitz des Lehens einzuführen; der Auf- 
trag ergeht an Martino nicht etwa auch von Seiten des Kaisers; 
es heisst nur, der Herzog habe Martino als Boten bevollmächtigt: 
per parabolam imperatoris. 

Soweit bietet der Vorgang dem Verständnis keine Schwierig- 
keit. Nun aber hat Richard vorher berichtet, Garzapane habe 
den Kaiser ersucht: ut me nomine domni Adelardini de illo honore 
Geheii ad feudum investiret. Im Prinzip ist Friedrich nicht ab- 
geneigt, der Bitte zu willfahren, jedoch empfiehlt er die Ankunft 
Heinrichs abzuwarten. Und dann vollzieht er mit diesem die 
Belehnung. Das ist eine an und für sich auffallende Erscheinung, 
wofür ich keine Analogie kenne, es muss umsomehr überraschen, 
weil anderseits nur von der Genehmigung und der Ermächtigung 
des Kaisers die Rede war. 

Die Lösung wäre einfach, wenn man durch Belehnung 
die Zustimmung erklärt hätte. Aber ist jemals ein blosses 
Einverständnis in der Form einer Belehnung zum Ausdruck 
gebracht worden? Dann hörten wir schon, dass Richard 
von vorneherein auf eine Belehnung durch den Kaiser ausging. 
Ohne nun die Möglichkeit, Friedrich habe durch das Symbol der 
Belehnung seine Einwilligung bekunden wollen, — ohne diese 
Möghchkeit in Abrede zu stellen, will ich noch andere Deutungen 
versuchen. 

Der eigentliche Zweck des ganzen Zeugenverhöres läuft 
darauf hinaus, dass die Rechte der Lendinara anerkannt werden: 
in isto placitOf quod domnus Thomasinus habet modo cum vavasorihits 
rfe Gebeto vel cum omnibus aliis, cum quibus litigium habet Dem 
entsprechend steht die Gerichtsbarkeit im Vordergrund der ganzen 
Verhandlung: die Zeugen führen besonders aus, dass die Grafen 
von Garda in Zevio Gericht hielten und als Richter Abgaben 
empfingen. Das Gericht wird dann genauer bezeichnet als 



— 38 — 

pladtvm generale, Malanotte von ßardolino sagt vom Grafen 
Heinrich, dem Lehnsmanne Heinrichs des Stolzen: ipse comes ibi 
per tres dies placitum generale tenebat Der Richter Girard wird 
befragt: quomodo comes Oarde tenuit placitum generale in Gebito, 
dann, ob alle Einwohner von Zevio debent se distringere sub istis 
domnis, qui modo habent Qebitum, ad placitum generale ter in anno 
et pro omni vice tribu^s diebu^, und Girard antwortet: ires dies 
tenuimus placitum generale. Wie man sieht, handelte es sich um 
jenes Gericht, welches in Deutschland das echte Ding hiess; an 
jeder Dingstätte sollte es dreimal im Jahre stattfinden und je 
drei Tage dauern;^ seine Zuständigkeit erstreckte sich auf Eigen- 
tum, ferner auf alles, was an Hals, Hand und Ehre ging; zur 
Ausübung aber bedurfte es der sogenannten Bannleihe, die allein 
dem Könige zustand. Der Graf mochte einen Teil oder die 
ganze Grafschaft einem Dritten Übertragen; unter Königsbann 
zu richten, gestattete erst die Bannleihe, die der König selbst 
vollzogen hatte.^ 

So hätte denn Herzog Heinrich, als Graf von Garda, das 
Gericht Zevio zu Lehen gegeben, jedoch nicht jenen Königsbann, 
unter dem in Zevio vom Grafen gerichtet worden war: ihn würde 
eben der Kaiser hinzugefügt haben.^ 



1. Die drei Tage entsprechen der alten Einrichtung, sie werden jetzt 
nur mitunter noch als Dauer der Gerichte bestimmt. Waitz VG. VJII 52 
Anm. 4. 

2. Sollte Jemand daran erinnern, dass Garda wohl zur Mark Verona ge- 
hörte, dass man in den Marken aber bei des Markgrafen Hulden richtete, so 
würde er deutsche Einrichtungen einfach auf Italien übertragen, üebrigens 
unterstand die Grafschaft Garda staatsrechtlich, wie schon aus unserer Urkunde 
hervorgeht, gewiss nicht der Markgrafschaft Verona, wenn man sie auch geo- 
graphisch, worüber ich nicht urteilen kann, dazu gerechnet haben mag. 

3. Wie ich hier bemerken will, haben die Lendinara nach einer anderen 
Prozessakte, von welcher Herr Da R e mir Auszüge in italienischer Sprache 
mitteilte, am 19. Januar 1182 zu Zevio erklärt, di essere venuti ad esercitare 
la loro giurisdizione secondo ch£ apparteneva al regno ed alV impero e secondo 
il tenore di una sentenza dei consoli di Verona^ di voler albergare tutta quella 
terra pro communi e tenervi il placito generale. Dann beauftragen sie einen 
Gerichtsboten, di andare per tutta la terra di Zevio e far precetto a tiUti gli 
uomini liberi ed a tutti i vavassori, che il giorno seguente venissero, — a 
custodire il placito generale, Antichi archivi Veronesi, archivio notarile rot. 
n. 4. Vgl. S. 27 Anm. 7. 



— 39 — 

Wenn diese Deutung zutreffen sollte, wäre der Widerspruch 
in der Urkunde selbst ausgeglichen: man begreift dann, dass 
einerseits der Herzog belehnt, nur unter Zustimmung des Kaisers, 
dass anderseits dieser doch unmittelbar eine Belehnung vollzieht. 
Zugleich hätten wir auch aus Italien einen Beleg für königliche 
Bannleihe an Aftervassallen, woran es bisher gefehlt hat.^ Dass 
kein entsprechender Fall nachgewiesen ist, darf nicht irre machen. 
Auch aus Deutschland sind doch — von Kirchenvögten abgesehen 
— nicht eben viele Beispiele bekannt, wie denn etwa für Baiern 
nur bezeugt ist, dass ein Frauenberger von Kaiser Friedrich II. 
die Gerichtsgewalt über die Grafschaft Hage erhielt, während er 
das Gerichtslehen, eben die Grafschaft, schon in rechtmässigem 
Besitz hatte.^ Allerdings ist eine derartige Unterscheidung in 
unserem Zeugenverhör mit keinem Worte angedeutet, im Gegen- 
teil fliessen die Belehnungen, mit Einem Symbole vollzogen, auch 
in Einen Akt zusammen. Aber darf man von einem Protokoll 
jener Zeit, das die Aussagen rechtsunkundiger Zeugen wieder- 
giebt, irgend welche Schärfe oder gar juristische Distinktion er- 
warten? Eher vielleicht könnte man einwenden, ob denn der 
königliche Gerichtsbann schon im 12. Jahrhundert als Lehen galt. 
In Deutschland soll er damals nur ein Amtsverhältnis begründet 
haben, noch keine Vassallität, und wenn nun die italienische Ent- 
wicklung der deutschen entsprach,^ so möchte die Beziehung auf 



1. — il banno di sangue — non si poteva ricevere, che daW imperatore o 
da un suo vicario, cui quindi, giusta il rigore del diritto, doveva richiederlo chi 
avesse avuto in feudo dal signore un tote potere, come avveniva degli avvocaii delle 
chiese: cosa per altro che non pare si osservasse in Italia. Pertile 
Storia del diritto Ital. VI 59. 

2. Vgl. Zallinger Ueb. d. Königsbann in Mitteilg. d. österreich.Instit. II 558. 

3. Vgl. aber die von Schröder D. RG. 555 Anm. 180 notierte Stelle 
der Descriptio bonorum Rhingravicorum initio saec. 13: Ab imperio habet in 
beneficio bannum in Binchowe super comeciam, — ab archiepiscopo Mogontino 
habet in beneficio comeciam in Binchowe. Kremer Orig. Nass. II 217. Die 
Güterbeschreibung entstand nach dem 26. Juli 1206 und vor dem 4. Oktober 
1209. Denn einmal heisst es S. 235: in pignore ab archiepiscopo S(igefrido) 
Mogont.pro tali pecunia: — nuncio archiepiscopi Borna venienti Ö marc. Nach 
Rom aber zog der Erzbischof sich zurück, als Otto IV. die Schlacht bei 
Wassenberg verloren hatte; dort blieb er zwei Jahre lang. Anderseits wird 
Otto noch König genannt: nuncio regia 0(ttonis) 2 marc. Die letztere Notiz be- 
nutzte schon Kremer, die Zeit zu bestimmen. 



— 40 — 

richterliche Gewalt sich nicht empfehlen, denn Friedrich verlieh 
per rectum et Hole feudum. Leider entzieht sich meiner Kenntnis, 
was in dieser Hinsicht die italienische Anschauung verlangt haben 
würde. 

Daneben könnte man an gemeinsamen Besitz des Kaisers und 
des Herzogs denken. Dann aber wäre eine italienische Lehns- 
gepflogenheit ^ auf deutsche Inhaber angewandt, und im übrigen 
scheint Burg und Grafschaft immer nur Einem unterstanden zu 
haben. Wie der Vorgänger Heinrichs belehnt wurde, sagt uns eine 
zufällig erhaltene Urkunde: danach blieb dem Kaiser nur das Recht, 
in Garda und dessen Turm eine Besatzung zu legen, wenn 
Gefahr es erheische; von einer Gemeinsamkeit im allgemeinen 
ist keine Rede. Aber die Möglichkeit besteht, dass jetzt Kaiser 
und Herzog die Grafschaft doch zusammen innehatten. Der 
italienische Brauch, bis an den Fuss der Alpen vorgedrungen, 
wurde auch in dem benachbarten Trient geübt: der Graf von 
Tirol besass mit dem Bischöfe, seinem Lehnsherrn, die Graf- 
schaft Bozen. ^ 

Der Vorgang spielte sich ab, wie Richard von Schlanders 
sagt: ad Wird', und Albertino Garzapane, der damals mit seinem 
Vater an den Kaiserhof gekommen war,^ nennt den Ort: burgus 
de Wird, Als Zeit giebt jener an: in uno die Martis ante pente- 
costen uniics anni antea quam hec civifas Veronensis comhureretur, 
und dieser: ante quam hec civitas combureretur. 

Wo suchen wir den Ort Wird? Die Form Werd, Werde^ 
Weride entspricht dem heutigen Donauwörth;* und dieses könnte 
auch mit Wird gemeint sein. Der unterschied von e und i hat 
keine Bedeutung: wie leicht beide Vokale in einander übergehen, 
zeigt eben unsere Urkunde, in welcher der Gegenstand der Ver- 
handlung, Zevio, bald Oebetum, bald Gebitum heisst.* In Donau- 



1. Ficker Forscbgen. zur Reichs- und Rechtsgesch. Italiens I 252 
Anm. 12. 

2. Durig Beiträge zur Gesch. Tirols 12. 

3. Ebenso 1178 Januar 25, Juni 23. 

4. Freilich auch Kaiserswcrth am Niederrhein; aber so weit reisten keine 
Italiener, um mit dem Kaiser zu verhandeln. Dann auch WOrth bei Regens- 
burg; da hat Friedrich I. jedoch niemals Hof gehalten. 

6, Auch Wörth bei Regensburg heisst Werd^ Werda und Weride, dann 



— 41 — 

wörth nun finden wir Friedrich zu verschiedenen Malen, aber 
vor dem Brande Veronas, d. h. vor dem 7. Juli 1172/ doch nur 
zu Ende 1168 oder 1169^ und dann wieder im Mai 1171.* Der 
erstere Aufenthalt kommt nicht in Betracht: ob er ins Jahr 1168 
oder 1169 gehört, jedenfalls ging er nicht dem Pfingstfeste vor- 
aus. So bleibt 1171; da ist Friedrich am 7. Mai in Donauwörth 
nachzuweisen. Unter den Zeugen der Urkunde, die er damals 
ausstellte, fehlt zwar Heinrich der Löwe, aber es sind überhaupt 
keine weltlichen Fürsten unterschrieben. Auch könnte es ja 
sein, dass der Herzog am 7. Mai schon abgereist oder noch nicht 
angekommen war. So würde sich, — da die Verhandlung an 
einem Dienstag vor Pfingsten stattfand, — der 4. oder 11. Mai 
1171 ergeben. Dieser Berechnung scheint auch das Itinerar 
Heinrichs wohl zu entsprechen: am 31. März weilte er im Süden 
Schwabens, auf einem seiner dortigen Güter, in Theuringen,* 
und etwa am 3. oder 10. Mai mochte der Kaiser erwarten, — wie 
es die Aussage des Vintschgauers verlangt, — Heinrich würde 
nun bald bei ihm im Nordosten Schwabens, in Donauwörth, ein- 
treffen. '^ 

Ich wende mich zu anderen Nachrichten über die Geschichte 



aber findet sich in deutschen Urkunden auch zu Wird, Mon. Boica XV 321. 
XXVI 311. 316. Vgl. auch Wertenberg, Wirtenberg = Württemberg. 

1. Annal. sanctae Trinitatis M. G. SS. XIX 4. Vgl. die Verse bei Ci- 
poHa Antiche cronache Veronesi 484, dann die Inschriften bei Biancolini Serie 
dei vescovi e governatori di Verona 176. 

2. St. 4103: Oct. 9 Ulm, St. 4104: Donauwörth haben das Jahr 1169, 
aber die Indiktion 1 ; danach hat auch Stumpf gezweifelt, in welches Jahr beide 
Urkunden zu setzen seien. 

3. St. 4124. üeber die Echtheit vgl. den ersten Zusatz. 

4. V. Weech Cod. dipl. Salem. I 26. 

5. Philippson Heinrich der Löwe II 147 vermutet: „Am 20. April 1171 
macht Heinrich — wahrscheinlich noch in Baiern — eine Schenkung an das 
Kloster Lamspringe. Orig. Guelf. III H9.*" Gemeint ist die Urkunde in Orig. 
Guelf. III Praef. 38: anno 1169 indictione 4 apud Geletke. Nun der Indiktion 
folgend ohne weiteres 1171 als Jahr anzunehmen, scheint mir ebenso verkehrt, 
wie den Ort in Baiern zu suchen. Hier kommt noch hinzu, dass indictione 4 
verdruckt ist: bei Harenberg Histor.JGandersheim. 718, woher die Herausgeber 
der Orig. Guelf. die Urkunde entnahmen, liest man indictione 3. Damit ist 
also das Jahr 1171 beseitigt, und ich werde über den Ort GclMe nicht zu 
bandeln brauchen. 



— 42 — 

der Reichsburg Qarda,^ welche der Urkunde einen gewissen 
Wert verleihen: eine Notiz, die bis dahin vereinzelt stand, er- 
fährt eine Bestätigung, noch mehr aber werden unsere Kennt- 
nisse bereichert. Doch will icli gleich hinzunehmen, was sich aus 
längst gedruckter Ue herlief er ung ermitteln lässt. 

Ein massgebender Faktor in der italienischen Politik ist 
Garda erst geworden,^ als Verona, zur Selbständigkeit erstarkt, 
unseren Kaisern den nächsten Weg in die Lombardei verlegen 
konnte. Dann war die Aufgabe, Verona zu umgehen, vor dem 
Eintritt in die Veroneser Klausen eine westliche Richtung ein- 
zuschlagen, das östliche Ufer des Gardasees zu gewinnen und 
nun ihm folgend in die lombardisehe Ebene zu gelangen. So 
verliess man denn die Hauptstrasse wahrscheinlich bei Ceraino, 
von wo ein Weg, Caprino vorbei, unmittelbar nach Garda führt. ^ 
Die strategische Wichtigkeit Gardas liegt hiernach zu Tage: 
hatte Verona unseren Kaisern den Pass gesperrt, war auch Garda 
in feindlichen Händen, dann war es ein Wagnis, über den 
Brenner nach Italien zu ziehen.* 

Die Hut von Garda in treuer Hand zu wissen, verlieh also 
Sicherheit und Stärke. Unter Heinrich IV. und V. war es im 
Besitze des Reiches,** 1132 musste Lothar HL, in Feindschaft 
mit Verona, • sich zum Westen wenden. Am 28. September finden 
wir ihn in einem Gebiete, welches von Garda seinen Namen führt, 



J. In dem einzigen, mir bekannten Werke, das der Geschichte von 
Garda gewidmet ist, G. Orti di Manara Di alcune antichitä di Garda e Bardo- 
lino, Verona 1836, habe ich für meine Zwecke nichts gefunden. Ich will je- 
doch bemerken, dass S. 15 eine von J.-L. nicht verzeichnete Urkunde Inno- 
cenz' II. gedruckt ist. Sie wurde 1138 November 4 im Lateran dem Erzpriester 
Arnald von S. Maria zu Garda erteilt und dann auf Stein übertragen. Dieser war 
1836 noch in der Kirche vorhanden; vgl. die Abbildung a. a. O. Tafel 2, n. 1. 

2. Merkwürdig ist die Ansicht von Carli: la fortezza di Feschiera, posta 
in capo del lago, detta fortezza di Garda dagli annalisti Tedeschi. — gli atdori 
contemporanei — indicavano per fortezza di Garda la sitiiata in capo 
di Lago e da noi detta Peschiera. Carli Istoria della cittä di Verona II 
605. 538. 

3. Vgl. Winkelmann Philipp v. Schwaben II 166 Anm. 

4. Es sei denn, man hätte weitere Umwege gemacht, wie etwa durch 
Val Camonica. 

5. St. 2932. 3063. 

6r Bernhardi Lothar v. Supplinburg 443, 



— 43 - 

in der Gardesana.^ Diese früheren Zeiten Lothars, vielleicht noch 
gar die späteren Heinrichs V., betrifft die Aussage des Waltherius 
Dacen: er sah vor mehr als 50 Jahren einen Grafen Lampert 
und dann einen Grafen Otto in Zevio Gericht halten. Wie ge- 
sagt, war Zevio ein zu Garda gehörender Ort, und Lampert und 
Otto sind Grafen von Garda gewesen. Wenn die Veste aber 
beim ersten Eömerzuge Lothars — wie ich meine — dem 
Keiche zur Verfügung stand, — 1136 waren die Rollen ge- 
wechselt: Garda hatte sich empört und Verona öffnete dem 
Kaiser gutwillig seine Thore. Als der Kaiser indes von dort aus 
zum Gardasee gezogen war, „unterwarf sich Garda", ^ das einer 
Belagerung — wie es scheint — zuvorkommen wollte. Lothar 
übergab es seinem treuesten und stärksten Freunde, seinem 
Schwiegersöhne Heinrich dem Stolzen. So berichtet zu Ende des 
Jahrhunderts ein Chronist von Weingarten,^ dessen Angabe nun 
durch unsere Urkunde bestätigt und erweitert wird. Wie nämlich 
Malanotte von Bardolino, und im wesentlichen mit ihm überein- 
stimmend, Walther Dacen .und der Richter Girard zu Protokoll 
geben, hat Herzog Heinrich die Burg zunächst einem Bellonchus, 
und als dieser wegen einer Gewaltthat seines Bruders entfernt 
worden war, einem Heinrich de Bur übertragen. Den Bellonchus 
kann ich ebensowenig einer bestimmten Familie zuweisen, wie seine 
Vorgänger Lampert und Otto; Heinrich ist gewiss ein Glied jenes 
Geschlechtes von Beuren, aus dem gerade ein Heinrich 1157 im 



1. St. 3269. 70. Vgl. oben S. 31 Anm. 2; S. 34 Anm. 3. 

2. Otto Fris. Chron. VIT J9. 

3. Bist. Weif. Weing. c. 23; M. G. SS. XXI 466. Die ErzfthluDg Ottos 
Yon Freising ist zu Grunde gelegt, die Belehnung Heinrichs vom Chronisten 
ergänzt worden. Danach würde sie im August oder September 1136 erfolgt 
sein. Im Oktober 1139 starb Heinrich der Stolze. Von September 1136 bis 
Oktober 1139 hätte sich nun folgender Wechsel der Herrschaft vollzogen: 
Bellonchus und dann Heinrich von Beuren gebieten über Garda und zugleich 
Zevio, darauf wird Zevio dem Ulrich Sacheto verliehen. Das wäre an sich 
allerdings wohl möglich; nun aber sah Malanotte den Heinrich von Beuren 
muMas vices in Zevio das echte Ding halten, und man darf vielleicht doch 
zweifeln, ob die Chronologie des Weingarteners richtig, ob Heinrich der 
Stolze erst Ende 1136 Graf von Garda geworden sei. Dass die Burg damals 
erobert werden musste, könnte den Chronisten zu seiner Zeitbestimmung ver- 
anlasst haben. 



— 44 — 

Gefolge Heinrichs des Löwen erscheint.^ Ob der Lehnsmann 
Heinrichs des Stolzen sich über den Tod seines Herrn hinaus zu 
behaupten wusste? Die Frage muss unbeantwortet bleiben. Be- 
kannt ist nur, dass Garda 1141 erobert wurde. Von wem, hat 
unser Gewährsmann nicht hinzugefügt. Da er aber ein Veronese 
ist, so möchte man doch ergänzen: 'von Veronesen'. Vielleicht 
darf man gar vermuten, der Rückschlag sei nicht ausgeblieben, 
denn ein anderer Annalist berichtet, dass 1146 Deutsche an 
Veronesen schreckliche Strafe geübt hätten.^ Aber einstweilen 
blieb Garda dem Reiche doch verloren. Wenn ich soeben ver- 
mutete, es sei 1141 von „Veronesen" erobert worden, so dachte 
ich nicht an die Bürgerschaft, vielmehr an den Bischof Theobald, 
dem seine Familie zur Seite stand. Jedenfalls erhob er An- 
sprüche auf Burg und Gebiet von Garda, welche ihm denn auch 
zwei Päpste bestätigten : U 45 Eugen HI. ^ und 11 54 Anastasius IV. * 
Theobald aber gab Garda seinem Neffen: in einer alten Auf- 
zeichnung, die von seinen Verschleuderungen handelt, namentlich 
an Familienglieder, heisst es: Oardam nepoti sito pro feudo dedit^ 
Der war doch wohl jener Turrisendo von Verona, den uns Rahe- 
win zum Jahre 1158 als unrechtmässigen Besitzer von Garda 
nennt. Der damalige Kaiser Friedrich I. konnte sich indes mit 
der Meinung Eugens HI. und Anastasius' IV. nicht befreunden. 
Schon 1154 bestätigte er dem Bischöfe nur Höfe zu Garda, nicht 
auch Burg und Gebiet,® und vier Jahre später war es dahin ge- 



1. Mon. Boica IJI 322, wo Heinrich aber durch falsche Interpungierung 
zu einem Augsburger Vogte geworden ist. Als Lehnsmann Heinrichs des 
Löwen begegnet er 1163 in kaiserlicher Urkunde, St. 3980. — Bellonchus 
könnte wohl ein Deutscher Billing sein. Aber sein Geschlecht? 

2. 1141 arx Garde capta est 8 kal. martii. Annal. sanctae trinitatis 
Veron. M. G. SS. XIX 2. — 1146 ampiäati fuerunt nasi Veronensibtis a Teiäo- 
nicis supi'a lapidem batistene, ut maior esset memoria. Annal. breves Veron. 
ibid. 3. 

3. Biancolini Not. stör, di Verona I 193. 

4. Pflugk-Harttung Acta pont. III 137. 

5. Genuina memoria, quae ad calcem lib. mscr. bibliothecae Vaticanae 
asservatur, ap. Ughelli Ital, sac. V 797 ed. IIa. Nach G. D. Marai Benaco 
illuöt. im Archivio stör. Veron. II 93, wodurch ich auf die Notiz aufmerksam 
geworden bin, trägt der Codex die Signatur 1322, 

6. St. 3697 cf. 4393a, 



— 45 — 

kommen, dass er den Turrisendo, der ofienbar nicht weichen wollte,^ 
in die Acht erklärte.^ Doch sie blieb ohne WiVkung. Erst 1163 
kam durch Vertrag, zu welchem Turrisendo sich nach ein- 
jähriger Belagerung verstehen rausste,^ Garda wieder in den Be- 
sitz des Reiches.* Friedrich verlieh es nicht Heinricli dem 
Löwen, dem Sohne Heinrichs des Stolzen, sondern dem Pfalz- 
grafen Otto von Witteisbach, *^ der sich um Kaiser und Reich 



1. Eigentümlich ist die Nachricht, die aus mir unbekannter Quelle Za- 
gata bietet: — quando V imperatore Federico I. prese Verona, si legge, ch' egli 
investisse di Garda Turisendo de' Turisendi, il quäle — macchind contro la vita 
dello stesso imperadore, onde meritö d' essere spogliato del feudo, che in suo 
vece fu da cesare conferito ad un principe per nome Conrado. Zagata Cronica 
di Verona ed. Biancolini II 323. Dazu sei bemerkt, dass erstens statt Konrad 
zu lesen wäre: Otto von Witteisbach, der thatsächlich Nachfolger (ies Turri- 
sendo geworden ist, dass zweitens eine anfängliche Begünstigung Turrisendos 
nicht unglaublich erscheint. Konrad IIP. bestätigte nämlich dem Kloster No- 
nantola den Hof Nogara, quinque tantutn mansos Turisendo de Verona con- 
cessos excipimus, und als Turrisendo sich nun des ganzen Hofes bemächtigt 
hatte, als Konrad dann auf Klage des Abtes das Kloster wieder in Besitz 
setzte, da geschah es doch abermals mit der Beschränkung: quinque vero 
mansos predicto Turisendo concessos excipimus. Tiraboschi Storia di Nonantola 
II 265. 56, n. 269. 270. 

2. Rahewini Gesta Frid. III 51 ed. Waitz 181. 

3. Während der Belagerung, am 17. Mai 1162, schrieb Alexander III. 
an den Bischof von Verona, dass viele seiner Diözesanen der kaiser- 
lichen Partei contra dilectos filios nostros Brixiensem et nohilem virum T. 
comitem de Garha (!) consilium et auxilium totis viribus suhministrant. 
J-L. 10719. 

4. Acerbus Morena M. G. SS. XVIII 639: federe composito. Sollte Turri- 
sendo sich etwa ausbedungen haben, dass der Hof Nogara, dessen er sich nach 
Anm. 1 schon unter Konrad IJI. bemächtigt hatte, den er aber dann dem 
Kloster Nonantola erstatten musste, ihm nun als Entschädigung überantwortet 
werde? Auf diese Vermutung führt mich eine Urkunde, die ich im Neuen Archiv 
XX 200 herausgegeben habe. Da belehnt Friedrich 1., als er am 7. April 1164 
im Salvatorkloster zu Paviä weilt, den Turrisendo und dessen Erben eben mit 
Nogara, unter der Verpflichtung, dass sie jährlich 50 Mark Silber an die 
kaiserliche Kammer zahlen sollen. Nach Marai 1. c. 94 hätte Turrisendo die 
Burg tibergeben, die Bedingung stellend, d' esserne per ragione di feudo gen- 
tilizio investito. Der Kaiser soll zugesagt, sein Wort aber nicht ge- 
balten haben. 

5. Acerbus 642. — Dass von Otto in unserem Zeugenverhör nicht die 
Rede ist, auch nicht von Turrisendo, seinem Vorgänger in der Grafschaft, noch 
von dem Tridentiner, seinem Nachfolger, wird sich daraus erklären, dass Zevio 



— 46 — 

grosse Verdienste erworben hatte. In derselben Zeit beeilten sich 
die Leute des benachbarten Brenzone, gegen ungerechte An- 
sprüche, die der Pfalzgraf etwa erheben könnte, kaiserliche 
Sicherung zu erlangen.^ Aber 1167 verzichtete Otto, und 
Friedrich belehnte nun den Bischof Albert von Trient mit Burg 
und Grafschaft.^ Das bischöfliche Territorium erstreckte sich 
ohnehin schon bis an den Gardasee, und Friedrich glaubte wohl: 
wer über Riva im Norden gebiete, würde auch am Besten das 
südöstlich gelegene Garda beschützen können. Sachlich wäre 
seine Erwägung gewiss nicht unrichtig gewesen, aber er hatte 
sich in der Person getäuscht. Denn gegen einen Paragraphen 
der Belehnungsurkunde, wonach die Burg nicht weiter verlehnt 
werden sollte,^ gab der Bischof sie 1168 dem Carlessario von 
Verona.* Hätte er seinen Vassalien nun wenigstens auch fürs Reich 
vereidigt! Nein, es war ihm genug,^ dass Carlessario sich dem 
h. Vigilius von Trient verpflichtete, und auch das geschah noch 
unter Wahrung der Treue, die er Verona schulde. Vom Reiche, 
dessen Interessen Friedrich scharf betont hatte, ist keine Rede, 
nur von den Angelegenheiten des h. Vigilius I Konnte da am 
Hofe noch länger von Trient und Carlessario als Herren Gardas 
die Rede sein? Wie ich nicht zweifele, ist Friedrich eingeschritten, 
und nun lebten wohl die vom Vater ererbten Ansprüche Heinrichs 
des Löwen auf. Wenn nicht alles täuscht, trat er an dessen 
Stelle: nach den Aussagen des Richard von Schlanders und des 
Albertino Garzapane muss Heinrich zu Anfang der 70er Jahre 
Graf von Garda gewesen sein.® Doch als solchen fanden wir 



seit Heinrich dem Stolzen nicht mehr unmittelbar unter Garda stand, sondern 
den Sacheti gehörte. Erst als diese den Besitz aufgaben, dachte man wieder 
an das Verhältnis zu Garda. 

1. S. den zweiten Zusatz: Urkunden für Brenzone bei Garda. 

2. St. 4082. 

3. Vor allem an keinen Veronesen, wie nicht ausdrtlcklich gesagt ist, 
wie aber der Zusammenhang lehrt. 

4. Bonelii Notizie istorico-critiche intorno al b. m. Adelpreto vescovo di 
Trento II 447, n. 37. 

5. Das Verfahren des Bischofs würde, freilich noch längst keine Billigung, 
aber doch eine mildere Beurteilung verdienen, wenn Carlessario kaiserlich ge- 
sinnt war. So behauptet F. Arabrosi II medio evo Trentino, Arch. stör. Ital. 4. 
Serie lil 423. 

6. Vgl. aber S. 36 Anm. 1. 



— 47 - 

ihn ja schon am kaiserlichen Hoflager. Das ist die wichtigste 
Notiz, durch welche unsere Urkunde die Beziehungen Gardas zu 
Kaiser und Reich erhellt; leider ist es zugleich die letzte. Denn 
wenn die nächsten Zeiten auch nicht in völliges Dunkel gehüllt 
sind, — so ist doch die Gestalt, welche jetzt vor uns auftaucht, 
höchst rätselhaft, ja unverständlich. Im Jahre 1179 begegnet 
nämlich Turrisendo als Graf von Garda. Es ist doch derselbe 
TurrisendO; der 1163 nach fast einjähriger Belagerung gezwungen 
worden war, die Burg den Kaiserlichen zu übergeben. Hat er 
seinen Frieden mit dem Reiche gemacht, so dass er nun etwa 
als Lehnsmann über Garda gebieten kann?^ oder hat ihn die 
Niederlage Friedrichs bei Legnano, dann dessen Zerwürfnis mit 
Heinrich zu einem Gewaltstreiche ermutigt,^ die 1163 verlorene 
Herrschaft wieder zu gewinnen? Genug, 117d ist Turrisendo 
Graf von Garda; als solcher führt er einen Prozess gegen das 
Städtchen Lazise,^ — zu Gunsten Lazises hat 1184 Friedrich I. 
die Streitsache erledigt;* Turrisendos ist dabei mit keinem Worte 
gedacht, und zwei Jahre später wird im Schlosse Garda selbst 
eine andere Angelegenheit entschieden, nicht etwa von einem 
Richter des Grafen Turrisendo, sondern von Redegerio, „dem 



1. Wenn es in dem Zeugenverhör heisst: Uli qui habent Gebitum et 
tenent pro duce et imperatore (S. 33), so möchte ich daraus doch nicht 
schliessen, dass zur Zeit, also im Dezember 1180, Heinrich der Löwe noch 
als Graf von Garda galt. 

2. Im Jahre 1164 hatte Friedrich I. den Turrisendo mit Nogara belehnt 
(vgl. S. 45 Anm. 4), und am 19. Oktober 1180 erstattete er dem Kloster 
Nonantola, was Turisendiis Veronensis in loco Nogarie vel eius curia iniuste 
tenet vel possidet. Tiraboschi Storia di Nonantola II 305, n. 351. Das scheint 
doch auf feindliche Beziehungen zu deuten, oder wollen wir glauben, Friedrich 
sei einfach der Ansicht gewesen, dass Turrisendo nun mit dem anerkannten Be- 
sitze von Garda genug habe und dass man Nogara ihm wieder nehmen könne, 
um den Mönchen gerecht zu werden? 

3. Urkunde des Podestä von Verona d. d. die sabbathi, qui fuit 15. kal. 
decemb. 1179, indict. 12. Da erklärt Turrisendo, dass der Uferzoll von Lazise 
ihm gehöre, quia est de comitatu Gardae et quia est de suo districtu et habet 
eomitatum; dagegen behauptet Lazise: tenet eum (sc. ripaticum) j?ro imperatore, 
Miniscalchi Osservazioni sopra la scrittura Austriaca, che ^ intitolata: Benacus, 
Mantova 1756, p. 54 n. 3. Dieses seltene Buch habe ich auf der Kommunal- 
bibliothek zu Verona benutzen können. 

4. CipoUa in den Mitteilungen des Österreich. Instituts IV 226. 



— 48 — 

Richter für Kaiser Friedrich in der Grafschaft Garda." Es 
geschah in Gegenwart des Vicegrafen Friedrich,^ offenbar eines 
kaiserlichen Verwaltungsbeamten, nicht Lehnsmannes. 

Doch ich habe vor allem die abgerissenen Notizen unserer 
Urkunde mit den sonstigen Daten, die wir über Garda besitzen, 
in Verbindung bringen wollen. Dann lag es nahe, die Geschichte 
der wichtigen Reichsveste bis in die letzten Jahre Friedrichs I. 
zu führen: nur zehn Jahre vor seinem Tode sind unsere Zeugen 
verhört worden. Die weitere Entwicklung steht mit der Perga- 
mentrolle, deren Edition und Erläuterung meine Aufgabe war, in 
keinem Zusammenhang,^ und ich darf die Untersuchung ab- 
brechen.^ 

Hoffentlich hat sie einzelne, nicht ganz wertlose Ergebnisse 
zu Tage gebracht, und jedenfalls sind wir nun — wenigstens für 
das 12. Jahrhundert — über Garda besser unterrichtet, als über 
die meisten anderen Burgen des Reiches. Das aber ist nicht in 
letzter Reihe der Mitteilung des Herrn Da Re zu danken. 



1. Cipolla a. a. 0. II 98 Anin. Ficker Forschungen III 437. Die angeführte 
Quelle für die betretende Urkunde (Ballerini Risposta alla deduziono Austriaca 
sopra i conüni del lago di Garda 53) ist mir nicht zugänglich gewesen; ich 
weiss also auch nicht, ob sie für meine Zwecke noch Weiteres ergiebt. 

2. Für die Zeiten Beinrichs VI. vgl. Ficker a. a. 0. II 197 Anm. 11. 
Auf sie sind auch gewiss die Beglaubigungen von St. 838 a zu beziehen: 
Ego Gerardus dorn, duds Henrici notarius — coram dorn. Ilenrico, comite 
arcis Garde. Ego Albertus sacri palatii notarius — coram dorn. Henrico, 
comüe arcis Garde, et suo iudice Tehaldhio, delegato m ea arce pro dum, Henrico 
Romanorum imperatore. Danach hätte Heinrich der Löwe, doch als Graf von 
Garda, den Gerhard zum Notar ernannt, und Kaiser Heinrich VI. würde in der 
Verwaltung von Burg und Grafschaft dem Beispiel seines Vaters gefolgt sein: 
dem Richter Tebaldino, deleyato in ea arce pro dorn. Henrico Born, imp., ent- 
spricht Redegerius iudex pro dorn.. Federico imp. in comitatu Gardae; der Graf 
Heinrich ist dann, wie 1186 der Vicegraf Friedrich, nicht Lehnsmann, sondern 
Verwaltungsbeamter. So konnte Heinrich VI., durch keine Lehnsansprüche ge- 
hindert, Garda 1193 an Verona verkaufen. Nebenbei bemerkt, dient zur Zeit- 
bestimmung auch der umstand, dass 1103 in Garda nochmals ein Älheiius sacri 
palatii notarius erscheint. Böhmer-Ficker Acta imp. 614 Nr. 900 cf. 172. 173. 
Nr. 185. 186. 

8. Nur das Eine sei noch hinzugefügt: nach unserer Urkunde hat das 
Streitobjekt, Zevio, doch unzweifelhaft zu Garda gehört. Dennoch fehlt es 
1198 in der Urkunde, wodurch Heinrich VI. die Grafschaft Garda mit allen 
namentlich aufgeführten Orten den Veronesen verkauft. Böhmer Acta imp. 



— 49 — 

Zusätze. 

I. Friedrichs I. Urkunde far Ottenbeuren. 

Um Zeit und Ort für eine der wichtigsten Notizen unseres 
Zeugenverhörs zu bestimmen, stützte ich mich auf die Urkunde, 
welche Friedrich I. am 7. Mai 1171 zu Donauwörth dem Kloster 
Ottenbeuren ausgestellt hat oder — wie ich vielmehr sagen muss: 
ausgestellt haben soll. Denn sie ist als Fälschung verworfen 
worden. 

In den kleinen Annalen von Ottenbeuren^ lesen wir, Abt 
Bernold sei mit den Höflingen Friedrichs I., welche eine Art von 
Trinkgeld verlangten, in Konflikt geraten. Wer Grafen und 
Herzoge belehne, wie der Abt von Ottenbeuren, — war die An- 
sicht, — der müsse für die eigene Belehnung, die Bernold eben 
vom Kaiser empfangen hatte, durchaus den Kurialisten eine 
Handsalbe entrichten. Der Abt aber erklärte,* laut seiner Pri- 
vilegien sei er frei de curiali exactione; allein dem Kaiser 
sei er verpflichtet und auch ihm habe er nur zwei gleichfarbige 
Hunde zu liefern I Darüber wurde im Dezember 1179 zu Ulm* 
und nochmals im Januar 1180 zu Würzburg* verhandelt. Hier 
und dort aber Hess Bernold seine Privilegien verlesen: Ottonis 
videlicet, Lotarii necnon ipsit4s etiam Friderici imperatoris. In 
üebereinstimmung mit diesem Berichte, dann auch mit der 
Jahresangabe der Urkunde Friedrichs, hiess es in anderen Auf- 
zeichnungen des Klosters schon früher: 1171 Datur Privilegium 
a Friderico imperatore.^ 

Man sieht wohl, dass es ein Irrtum Sickels war, als er die 



171 D. 184. Also war die deutsche Regierung damals- anderer Meinung, als die 
Zeugen des Jahres 1180, oder sie hatte Zevio der Grafschaft enthoben, weil es 
nun doch einmal im Besitze der Lendinara sich befand und nicht an Verona 
gelangen sollte. In diesem Zusammenhange könnte eine ungedruckte Urkunde 
Heinrichs YI. für einen Lendinara besonderes Interesse haben. Leider kenne 
ich sie nur aus den dürftigen Anfahrungen, deren ich im Neuen Archive XX 
201 gedacht habe. 

1. M. G. SS. XVII 312. 

2. Aohnlich ist der Bericht in dem Chron. Ottenb. M. G. SS. XXIII 620. 

3. Vgl. St. 4276a. 

4. Vgl. St. 4296—4299. 

5. Annal. Isingrimi M. G. SS. XVll 315. 

So^ieffer-Boichorst, Zur Gesch. des Xn. u. XIII. Jahrhunderts. 4 



-^ 50 — 

Urkunde verwarf, weil der Abt sich nur auf Diplome Ottos und 
Lothars berufen habe. Heute hat SickeP sich berichtigt, und es 
bleiben nur die Verdächtigungen Dettloffs.^ 

Ich schicke voraus, dass die Urkunde aus zwei Teilen be- 
steht: einem bestätigten, der Verfügungen Lothars HL enthält, 
und einem bestätigenden, der den Namen Friedrichs L an der 
Spitze trägt. 

Beide in Einen Zusammenhang verarbeitete Stücke erklärt 
Dettloff für unecht, und er erwägt nun allen Ernstes die Mög- 
lichkeit, ob der Betrug nicht erst durch die Vorgänge von 1179 
und 80 veranlasst sein könnte. Der Bericht in den Ottenbeurener 
Annalen, meint er, möchte auf die Formulierung „stark einge- 
wirkt haben.'* Also hätte ein Fälscher dort gelesen, wie der 
Kanzler 1179 mit dem Abte verhandelte: de curiali exac- 
tione, wie Friedrich L gleichsam zur Erläuterung hinzugefügt 
habe: promotics ab ipso hominibus curie sue deberet conferre do- 
nationes,^ wie die Höflinge in den Kaiser drangen, ut preeipiat 



1. D. 0. I. 453, cf. D. 0. I 423a. 

2. Rob. Dettloflf Der erste Römerzug Friedrichs I. Göttingen 1877, 
S. 66-70. 

3. Eine noch ältere Angabe über Trinkgelder, welche die Höflinge für 
Belehnung empfingen, verdanken wir dem Abte Isingrim von Ottenbeuren. SS. 
XVJI 315 schreibt er, zu Aachen seien ihm 1145 die Regalien verliehen worden: 
non sine omni curiali exactione. Nach der Goldenen Bulle c. 30 § 2 gab der 
Neubelehnte officialihus imperialis vel regalis curie 63 marchas argenti cum uno 
fertone. Davon erhielten Kanzler, Notare und Siegeler ihren Anteil. Hierzu 
will ich bemerken, dass König Rudolf am 28. Juli 1290 die Aebtissin von 
Rumeisberg yerpflichtot, sua regalia — a nobis petere et rccipere et tunc tem- 
poris 65 marchas cum fertone officialihus nostrae curiae persolvere, Guinot 
fetude bist, sur l'abbaye de Remiremont 411. Allgemeiner redet Rudolf von den 
Abgaben, welche die Aebtissin von Zürich officialibus curiae für den Empfang 
der Regalien gezahlt habe. Hergott Geneal. Habsb. III 441. Vgl. Herzberg- 
Fränkel Mitteil. d. Österreich. Instituts Ergänzungsbd. I 289. 290 Anm. und 
Bresslau Handbuch der ürkundenlehre I 414. Bresslau hat auch don Satz der 
Goldenen Bulle hervorgehoben, aber der Wortlaut der Urkunde vom 28. Juli 
1290, welche er und Herzberg (nach Böhmer Reg. Rud. 1056) wohl für un- 
gedruckt hielten, lässt die Uebereinstimmung doch deutlicher erscheinen. Ich 
füge hinzu, dass die 65 Mark und der Fürdung als Abgabe, die bei der Be- 
lehnung zu entrichten war, sich noch viel früher nachweisen lassen. Im Jahre 
1225 lieh Bischof Oliver von Paderborn 65 marcas et fertonem argenti apud 
sanctum Germanum in receptione regalium. Wilmans Westfäl. ÜB. IV J16. 



— 51 — 

ahbati curialem persolvere exactionem^ wie zuletzt aber der 
Erzbiscliof von Trier, placere curiälibus nolens, 1180 den Abt 
freisprach: de curiali exactione^^ — das alles hätte der Fälscher 
vor Augen gehabt^ und dennoch den wirklichen Gegenstand des 
Streites, eben die curialis exactio, mit keinem Worte berührt, 
sondern sich nur auf die Freiheit ah omni regio negotio beschränkt? 



Danach wird auch wohl die Summe, welche 1179/80 der Abt von Ottenbeuren 
zahlen sollte, auf 65 Mark und einen Fürdung zu schätzen sein. Merkwürdiger 
Weise hat man die Ottenbeurener Notizen, die ich in der folgenden Anmerkung 
Doch vermehre, bis jetzt gar nicht benutzt» Doch sind sie wenigstens Bresslau 
inzwischen schon bekannt geworden; nicht erst hierdurch wird er auf sie auf- 
merksam gemacht. 

1. Es giebt drei Ottenbeurener Fälschungen, drei Urkunden angeblich 
Karls d. Gr. vom 21. Mai 769 M.G. SS. XXIII 612 = K, dann Ottos d. Gr. 
vom 1. November 972 D. O. I 453 =^ O. A., nochmals Ottos d. Gr. vom selben 
Tage und Jahre D. O. I 423a = 0. B. Offenbar ist 0. A. älteren Ursprungs 
als E. und 0. B., denn es heisst darin einfach, dass von dem Abte post adep- 
tarn dignitattm non amplius exigatur^ quam duo canes pares ; in 0. B. ist da- 
gegen die genauere Bestimmung hinzugefügt: non muneris quippiam vel curi- 
alis exactionis, und nach K. soll der belehnte Abt, liber ab omni exactione 
curiali vel munere, in die Heimat zurückkehren. Die Fälschung O. A. geht 
gewiss dem Jahre 1145 voraus: später hätte man wohl berücksichtigt, dass der 
neue Abt damals die Regalien erhalten hatte non sine omni curiali exactione. 
Dagegen sich zu schützen, — diese Absicht konnte zur Fälschung von K. und 
0. B. geführt haben. Aber es ist auch möglich, ja es ist wahrscheinlicher, 
dass K. und O. B. mit den Vorgängen von 1179 und 1180 iu innerem Zu- 
sammenhang stehen. In ersterem Falle wären Friedrichs Kanzleibeamten 1171 
über die Befreiung ab omni exactione curiali hinweggegangen, weil sie ihren 
Interessen widersprach; für den Kaiser selbst war dann 1180 allein sein eigenes 
Privileg massgebend, und dieses entlastete nur ab omni regio negotio. Nehmen 
vir letzteren Fall an, so würde die Urkunde Friedrichs benutzt sein, um 0. B. 
zu fälschen, und anderseits müsste es noch ein älteres K. gegeben haben, als 
das uns erhaltene. Sicher hat denn auch K. — in diesem Sinne schrieb mir 
Bresslau — ebenso seinen Vorläufer gehabt, wie 0. B. in O. A. Doch hier 
meine ich, um nicht zu weit von meinem Gegenstande abzukommen, mich mit 
einer Andeutung begnügen zu sollen. 

2. Dem Berichte steht 0. B. am nächsten oder, wie vielleicht gesagt 

werden darf: liegt O. B. zu Grunde. Nur hier, nicht auch in O. A. und K., 

aber auch nicht in dem Diplome Friedrichs, wird der Abt befreit: a remota 

itineratione, und neben vielen anderen Uebereinstimmungen findet sich dieser 

Ausdruck auch in der Ottenbeurener Schilderung der Vorgänge von 1179 

und 1180. 

4* 



^ 62 — 

Nein, vor 1179 oder 1180, wie man deutlich sieht, ist unsere Ur- 
kunde entstanden, — sie trägt aber die Jahreszahl 1171. 

Mit einer Art von üeberschrift, „welche schon an und 
für sich zur Verwerfung der ganzen Urkunde berechtigen 
möchte", habe Friedrich das Privileg Lothars eingeleitet; 
und dass man nicht sicher erkenne, wo Lothars Worte 
aufhören, sei ein „ausserordentlicher Umstand", der „gleichfalls 
gegen eine ordentliche Herkunft der Urkunde" spräche. Daraus 
ersehen Kenner sofort, dass Dettlofif sein Verdikt fällte, bevor 
Ficker über die Entwicklung der sogenannten Insertion uns be- 
lehrt hatte.^ Heute wissen wir, dass sie im ganzen 12. Jahrhundert 
ebenso selten angewandt wurde, wie ihre Form damals noch un- 
vollkommen war. Aus der Kanzlei Friedrichs L kannte Ficker 
nur zwei Beispiele „eingerückter" Urkunden, nämlich St. 4124 
und 4125, jene eben für Ottenbeuren, diese für Springiersbach. 
Hier nun lautete die „Art von Üeberschrift", womit die Insertion 
eingeleitet wird: Cuiits forma hec est et continentia, und dort: 
Est autem huiusmodi scriptum imperatoris Lotharii; dazu kann 
man jetzt eine dritte hinzufügen, St. 4061 : Eiusdem vero pnvilegii 
tenor et institutio talis est.^ In allen dreien aber ist das Ende 
der bestätigten Urkunde und der Wiederbeginn der bestätigenden 
mit keinem bestimmten Worte angezeigt worden. Was Dett- 
loff also gegen die Echtheit vorgetragen hat — im Jahre 1877 
vielleicht nicht ohne jeden Schein von Berechtigung, — kann 
heute als gute Gewähr für die Echtheit gelten. ^ 

Wie hier unsere Urkunde durch die ihr unmittelbar folgende 
eine vortreffliche Rechtfertigung erfahren hat, so wird ihr auch 
der Vergleich mit der zunächst vorausgehenden nur zur Em- 
pfehlung gereichen. Friedrich I. hat sie sieben Tage früher zu 
Gingen dem Kloster Herbrechtingon erteilt;* offenbar bediente 
er sich dabei desselben Kanzleibeamten, der den Text des Otten- 
beurener Diploms entwarf. Das beweisen die wörtlich überein- 
stimmenden Schlussteile. Hier und dort wird die Besiegelung 



1. Beiträge zur Urkundenlehre I 311. 

2. lieber die Echtheit des viel angezweifelten Privilegs vgl. jetzt 
Loersch bei Rauschen Die Legende Karls d. Gr. 193 ff. 

3. 8o auch Bresslau Handbuch der Urkundenlehre I 661 Anm. 4. 

4. St. 4123. Wirtemberg. ÜB. II 162. 






— 58 — 

angekündigt: sigilli nostri impressione iussimus communiri. Dann 
folgt auf beiden Seiten die gleiche Einführung der Zeugen: 
Huius rei testes sunt. Die Unterfertigung des Kanzlers und der 
Hinweis auf das kaiserliche Handmal weichen in keinem Buch- 
staben von einander ab, namentlich auch darin nicht, dass gegen 
die herrschende Gewohnheit die Rekognition dem Monogramm 
vorausgeht. In der Anordnung von Acta und Datum, in der 
Aufeinanderfolge der einzelnen Zeitbestimmungen und der Orts- 
angabe besteht völlige Kongruenz, wiederum auch in einer Un- 
regehnässigkeit und dann noch in einem Fehler: feliciter amen 
bildet nicht den Schluss, sondern findet sich zwischen Acta und 
Datum, und das Königsjahr ist um einen Einer zu hoch be- 
rechnet.^ Dass die Zeugen am 1. und 7. Mai nicht durchweg 
die gleichen sind, ist ja selbstverständlich, aber mehrere erscheinen 
doch in beiden Urkunden. Darunter muss namentlich der hier 
und dort zuletzt genannte Plebejer auffallen: Diepoldus Ghusse. 
Am 1. Mai hatte er ein Gütlein dem Kaiser aufgelassen, damit 
dieser es dem Kloster Herbrechtingen schenke. Dafür wurde er 
den vornehmen Zeugen der Urkunde angereiht. Ein Abglanz der 
Bedeutung, in welcher Herr Gusse damals erschien, strahlte über 
ihn noch acht Tage später: er beschloss auch am 7. Mai die 
Reihe der Zeugen. Aber nach einem Monat schon würde Niemand 
mehr an ihn gedacht haben; vor allem hätte der Fälscher einer 
späteren Zeit ihn nicht heraufbeschworen. 

Noch sei bemerkt, dass das Aeussere der Urkunde zu keiner 
Bemängelung Anlass giebt. Das Original im Münchener Reichs- 
archiv ist früher von Ficker geprüft worden, und nochmals hat 
es K. Brandi in meinem Interesse sorgfältigst untersucht. Freilich, 
die „Kaiserurkunden in Abbildungen" bieten kein Beispiel gerade 
der Schriftzüge unseres Diploms, doch ist damit nicht der Gegen- 
beweis erbracht, und wenigstens Monogramm und Siegel finden 
sich doch in gleicher Ausführung X 110. 11. 12. 13, bezüglich 
X 10. 12. 

Dettloff verdächtigt die Urkunde wegen einer „ganzen Reihe 
auffallender, ungebräuchlicher, um nicht zu sagen unmöglicher 



h Per Irrtum beginnt ßcho^ viel früher, er endet mit St* 4137, 



— 54 — 

Ausdrücke, WeDdungen und Vorhindnngen".^ Meinerseits finde 
ich nur für das zweimal wiederkehrende iraditionis nostre edictum 
nicht die gewünschte Parallele.^ Ja, man m«ng auch behaupten, 
traditio sei ganz unpassend gebraucht, denn es handele sich um 
Erweiterung von Rechten und Freiheiten, nicht um Schenkung 
von Habe und Gut.* Aber damit lässt sich natürlich nicht die 
Unechtheit erweisen. Mehr Eindruck könnte schon ein Reim 
machen, zumal an einer Stelle, für die gemeinhin andere, fest- 
stehende Formeln angewandt werden : a nulla persona seculari — 
vel ecclesia^tica valeat immutari. Da ist nun zu beachten, dass 
in der Urkunde Lothars, für deren Echtheit ich nicht eintrete,* 



1. Dabei unterscheidet DettJoff gar nicht zwischen der Urkunde Lothars 
und der Friedrichs. Jene beginnt: JMvilegia venerandae ac sanctae^ und diese 
fügt neue Bestimmungen hinzu: Praeterea fhmissime statuimus. Was also 
zwischen Privilegta und Piaeterea steht, kommt für die Kritik von Friedrichs 
Diplom nicht in Betracht. 

2. Ich widerlege nur Eine Behauptung Dettloffs, weil er sie durch die 
Autorität von Waitz stützt: , Wenig passend erscheint der Ausdruck quod dbsit 
im Munde eines Kaisers". Friedrich bedient sich der Warnung sehr oft, z. B. 
Böhmer Acta imp. 95. 125. Stumpf Acta imp. 165. 486. 536 u. s. w. 

3. 1184 sagt Friedrich: edicto huius concessionis, Böhmer Acta imp. 
144. Oefter findet sich: auctorüatis edictum z. B. Stumpf Acta 201. 692. 

4. Mit DettloflF verwarf sie auch K. Brandi Die Reichenauer Urkunden- 
fälschungen 112. Ohne auf Brandis Untersuchung einzugehen, will ich meiner- 
seits Bedenken gegen die Form geltend machen. Wendungen, wie: Privilegta 
Stabilire y stabilita corroborare, corroborata sigillare decrevimus, und dann: Ahhas 
constituatur, constituttis nobis representetur, represetüatus »ublimetur, erinnere 
ich mich nicht, in Lothars Urkunden gelesen zu haben; wenigstens nicht in 
solcher Häufung; einfacher heisst es wohl: restituamus et restituta confirmamus, 
St. 3263. 64, auctorizamus et auctorizata renovamus, St. 3283, vgl. auch 
noch 3287. 94. 309. Ganz stehend ist bei Lothar die Redensart: precipiendo 
iubemus, z. ß. St. 3287. 88. 94. 311. 17. 22. 23. 25, in unserer Urkunde aber 
liest, man : Precipiendo vero predpimuSj ne quis eiusdem abbatiae advocatus etc.» 
und ebenso sagt angeblich Karl d. Gr., jedoch in anderem Zusammenhange* 
Precipiendo precipimus, ut nulli de maioribus atque minoribus liceat etc. Auf 
das zweimalige: nobis ceterisque successoribus nostris hat schon DettlofF hinge- 
wiesen. Das Hesse sich nur als Zusatz Friedrichs L erklären, sofern 
er an Heinrich VL als einen seiner Nachfolger gedacht haben könnte. 
Freilich, all* solche Bedenken verlieren ja an und für sich ihre Bedeutung, 
wenn man annehmen darf, dass der Text schon im Kloster aufgesetzt 
worden ist. 



— 55 — 

sich Reime finden.^ Friedrich hnt ihren sachlichen Teil wörtlich 
wiederholen lassen, damit auch die gleichen Ausklänge. Könnte 
nicht der blos formelhafte Teil, dessen Wortlaut uns unbekannt 
ist,^ doch auch für Friedrichs Diplom benutzt sein? könnte also 
dessen Verfasser den angeführten Reim nicht einfach entlehnt 
haben ? 



II. Urkunden fär Brenzone bei Oarda. 

Ueber Privilegien, welche Friedrich I., Otto IV. und 
Friedrich II. der Gemeinde Brenzone am östlichen Ufer des 
Gardaseea verliehen haben, sind wir durch eine Bestätigung 
Karls V. unterrichtet. Am 4. Juli 1543 schrieb er von Trient 
aus: wie der Syndikus des Ortes, ßartholomaeus Cressotus, ihm 
ausgeführt habe, besässe Brenzone eine herrliche Urkunde 
Friedrichs I. von 1163, die dann verschiedene andere Kaiser und 
KöDige bestätigt hätten, namentlich Otto IV. 1200 und Friedrich II. 
1236. De quibus quidem concessiombus, privilegiis et literis per 
documenta publica nobis facta est fides; und so könne er deren 
gesamten Inhalt gutheissen: omnemque defectum^ sive iuris sive 
facti fuerit, qui in premissis intervenisse dici possit aut allegari, 

1. Mehrere der von Dettloff angeführten Reime gehen auf die benutzten 
Urkunden Karls und Ottos zurück, andere aber finden sich bei 
Lothar zuerst. 

2. Von der Urkunde Lothars ist uns eben nur soviel bekannt, als Friedrich 
wiederholt hat. Was wir sonst an urkundlichem Material älterer Zeit aus.Ottenbeuren 
besitzen, ist nicht eben viel. Einer Urkunde Ottos I. gedenkt Gerhard in seiner 
Vita Oudalrici c. 25 M.Q. SS. IV 410. Aus O. A. und O. B. wird man nament- 
lich die Daten entnehmen dürfen. Vgl. D. O. I. 423a. Völlig verloren ist das 
Diplom Papst Eugens 111.^ welches Abt Jsingrim 1148 auf dem Konzil zu Reims 
erwarb. M.G. SS. XVII 313. 315. Die erste unzweifelhaft echte Urkunde, die 
uns erhalten ist, gab Eugen III. am 21. November 1152. Der Druck bei 
^eyerabend Des ehemaligen Reichsstifts Ottenbeuren sämmtliche Jahrbücher II 
823 ist nicht empfehlenswert. Die Unterschrift: Ego Gregoritis diac. card. 
nancti Michaelis könnte sogar zu Bedenken veranlassen, doch liest man 
im Original, wie ßrandi mir mitteilt: sancti Angeli. Dann fehlt 
bei Feyerabend der letzte Zeuge: Ego Bemardus sancte Romane ecclesie 
cardinalis. Eugen bezieht sich hier . auf ältere, di§ Vögte betreffende Kaiser-* 
Urkunden, 



— 56 — 

süpplemtts.^ Aber was Friedrich T. und nach ihm Otto IV. und 
Friedrich II. der Gemeinde vergünstigt haben, darüber ist der 
Kanzelist, der sonst vollen Mundes redet, mit Stillschweigen hin- 
weggegangen. ^ 

Ein Zeugenverhör vom 4. September 1545, das ich der 
gütigen Mitteilung des Herrn Da Re verdanke,^ füllt die Lücke 
nicht aus, enthält aber andere interessante Notizen über die Ur- 
kunden Friedrichs I. und IL, sowie über die Karls V.; nur der 
Bestätigung Ottos IV. ist keine Erwähnung geschehen. 

Da ersuchen Giorolamo Rambaldi und Alberto Zaccaria, Be- 
vollmächtigte Veronas, den Notar Bartolamio Cresoto — offen- 
bar ist es derselbe, der als Syndikus Bartholomaeus Cressotus 
um die Bestätigung Karls V. bat — ihnen die Privilegien der 
früheren Kaiser vorzulegen. Der Notar antwortet: non haver 
nele mane salvo che un privilegio^ roto in parte, fato dl dito comun 
per la magesta di Federicho L Imperator dito barbarossa, fato del 
1163 et confermado per Federicho IL del 1236. Dann zeigt er 
eine „Sentenz," die nach dem Zusammenhang doch gewiss auf 
das Privileg Friedrichs I. Bezug hatte; sie sei aber — fährt der 
Notar fort — fata per m. Jachomo deli Fabri, advocato dela camera, 
soto li 13. octobrio 1416 e sotoscripta per m. Homobon notario deli 



1. üeber den Sinn der Worte vgl. WerminghoflF Die Verpfändungen 
der mittel- und niederrheinischen Reichsstädte 15. 

2. Von Meiller hat im l^otizenblatt, Beilage zum Archive für Kunde 
oest. Gq. 1851 S. 102 auf das Original-Konzept Karls hingewiesen. Es findet 
sich in der Abteilung des Wiener Staatsarchivs „Reichshofrath Priv. lat. ezped. 
Lit. B." Eine Abschrift danach verdanke ich der ausserordentlichen Güte des 
Herrn A. von Györy. Aus anderer Quelle schöpfte Da Persico Descrizione 
di Verona e della sua provincia II 213: — le^isi giä un diploma di Carlo V. 
segnato da Trento il di 4 luglio 1543, anno ventottesimo del siw regno, alle- 
gandovisi a favor di Brenzone un privilegio del Barbarossa, in cui tra Valtre 
esenzioni disobbligava cotesti popoli dal far di noäe la guardia dl casteUo di 
Garda. Aber was Friedrich 1. den Brenzonesen verliehen hat, sucht man in 
der Bestätigung Karls V. vergebens. Danach muss Da Persico noch über 
andere Hilfsmittel verfügt haben, vielleicht kannte auch er nur jenen Auszug, 
den ich später mitteilen werde. Vgl. S. 68 Anm. 2. 

3. DaW originale esistente in un processo, intitolato : Informationes sumpte 
per spectabilem dom. Hier. Rambaldum et dom. Alb. Zaccariam super Pesche- 
riam et alias villas Gardesane ab aqua c. 35, ^ntichi archivi Veron.^ arch. del 
comune bttsta 16 nr. 55, 



— 57 — 

Zavarisi de s. Matio concurtino de Verona et registrata in lo officio 
del registro de Verona per Ouizardo de Moraio q. de m. Zacharia 
de s, Eufemia de Verona in el lihro del registro del anno 1416 in 
carte 1531, Hiernach sei die Beglaubigung, die Cresoto vorlegt, 
vom Notar Alessandro del Medico am 19. Oktober 1536 an- 
gefertigt. 

Die Bevollmächtigten Veronas fragen den Notar weiter: 
sei ha il privilegio, che ge ha conferma lalo (!)^ fato la magesta 
del imperator presente Carl V., arespondete che non, che non (I) lo ha, 
ma che ien el lo ha visto e leto piii volte e che in qtiello el non se ge 
ernten altro, che quello se conten in la predita sentencia et privi- 
legio predito, e che^l non sa, dove sia tal privilegio, digando 
el nel cbnfermo in Spira. Dieser Satz bietet Schwierig- 
keiten. Doch scheint die Bestätigung Friedrichs IL ge- 
meint zu sein, wenngleich sein Name nicht genannt wird. Von 
derjenigen Karls V. konnte Cresoto unmöglich sagen, er wisse 
nicht, wo sie sei, denn ein gleich vorzuführender Zeuge ver- 
sichert, dass Cresoto selbst sie aufbewahre; von Karls Privileg 
Hess sich auch nicht behaupten, es wiederhole nur die Ver- 
günstigungen Friedrichs I., denn Karl hat über das, was er be- 
stätigt, kein Wort verloren ; endlich konnte Cresoto nicht glauben, 
das in Trient ausgestellte Privileg Karls, das er doch selbst er- 
wirkt hatte, sei in Speier ausgestellt worden. Darum beziehe 
ich Cresotos Aussage auf die Bestätigung von 1236: zu Speier 
hat Friedrich II. im April 1236 auch die Botschaft von Sopra- 
monte, einer Gemeinde im Bistum Trient, empfangen und 
beschieden. ^ 

Ein zweiter Zeuge wurde gefragt: sei sapeva, dove era quel 
privilegio, che la magesta de Carlo V. imperator ge haveva fato, 
und er antwortet: el e al presente in casa de m, Bartolamio Cre- 
soto notario et lo ha in una schatola de banda, e ha una holla 
d'argento, — Ve un hei privilegio e mi piü volte lo ho hahuto in 
man. Auf die weitere Frage, weshalb man um das Privileg an- 
gehalten habe, antwortet er: per conto de li dacii, und endlich 
erklärter, an den Kaiserhof seien gegangen: Manara, Bertolamio 

1. Durch die Sch&fte der beiden 1, über a hinweg, ist ein Strich 
gezogen. 

2. B.-F. 2150 cf. 2149. 51. 52. 



— 58 — 

Oresoto und Bertolamio de Toimsin, aber nur Manara sei, wie 
er glaube, dem Hofe solange gefolgt, bis der Kaiser das Privileg 
erteilt habe. 

Doch diese Angaben mögen willkommen sein, — über das 
wichtigste, den Inhalt, unterrichtet uns erst die Beilage, die 
einer Abschrift des obigen Zeugenverhörs hinzugefügt ist.^ Sie 
lautet nach Mitteilung des Herrn Da Re: II privilegio ha molti 
capiy ma questi sonno li prindpali: che sieno liberi dalle guardie 
e sentinelle de Garda\^ che sieno exenti da ripaticho, tolloneo^ pon- 
tatico e passazi, cossi per el lago de Garda, come per altri lochi; 
che non sieno obligati ad allogiare gienti d'arme de sorte alcuna, 
exccetto la persona del princq^e; che tutte le cosse, che possedeno: 
valle, pascholij loscht e tutto sia suo lihero et in sua libera dis- 
positione, ne se li posda metter exccessione alcuna; che per ogni 
banno reale pagano 5 soldi et per uno capitale lire 20; che non 
sieno astretti a pagar, se non una certa regalia annua dl conte 
pallatino^ che alhora gotm'nava, e che del resto Ihori et le cose sue 
sieno liberi d^ogni gravezza reale et personale; che le persone sue 
sieno sotto la tutella imperiale et gitarentadi et respettadi in ogni 
locho come persone, che sieno salvoguardie dello imperio; che le 
mercantie sue habino libero transito in ogni locho et de ogni 
locho etc. 

Es ist nicht gesagt, welcher Kaiser solche Freiheiten ver- 
liehen habe. Aber die Erwähnung des Pfalzgrafen, „der zur 
Zeit herrschte", nämlich über Garda, wozu der Ort Brenzone 
laut der Urkunde gehörte, lässt keinen Zweifel, dass Friedrich I. 
gemeint sei. Er hatte Burg und . Grafschaft dem Pfalzgrafen 
Otto von Witteisbach gegeben; nie wieder hat ein anderer Pfalz- 
graf sie besessen. Ja, der Hinweis auf den Pfalzgrafen ermög- 
licht noch eine genauere Datierung, als blos 1163, welches Jahr 
Karl V. und Bartolamio Oresoto genannt haben. 



1. Da copia del 1545, esistente a carta 20 di un processo intüolato: 
Atti fatti per el spettabile m. Hier. Rambaldo et m. Alb. Zaccaria, per haver 
le scritture dali comuni della Gardesana dall' aqua etc. Äntichi archivi Veron.^ 
arch. del comune busta 17 nr. 1334. II soprascritto sunto e ivi inserito come 
cUlegato ad una copia delV atto del 4. settembre 1545. 

2. Diesen ersten Artikel führte auch Da Persico an. S. oben S. 56 Anm. 2, 



— 59 — 

Garda hatte sich unter Turrisendo von Verona empört. 
Zwischen Ereignisse vom Juli und August 1162 setzt der Chronist 
von Lodi den Anfang der Belagerunjr, die fast ein Jahr gedauert 
habe.^ Garda wird also nicht vor Sommer 1163 gefallen sein. 
Im September ging Friedrich I. selbst nach Italien, am 28. Oktober 
hielt er seinen Einzug in Lodi; der nun folgende Hoftag diente 
der Ordnung italienischer Verhältnisse; und eben in Lodi, wo der 
Pfalzgraf am 9. November nachzuweisen ist,^ mag Friedrich auch 
seine Verfügung über Garda getroffen haben. Der angeführte 
Chronist von Lodi hat ihrer gedacht. "^ Danach lässt sich die An- 
gabe, Brenzone habe sein Privileg 1163 erhalten, auf die beiden 
letzten Monate des Jahres einschränken. 

Das Ergebnis ist, dass wir nun vor allem den Inhalt der 
Urkunde Friedrich I. kennen, dass sie im November oder Dezember 
1163 ausgestellt wurde, daas Friedrich II. seine Bestätigung im 
April 1236 zu Speier erteilte. Völlig im Ungewissen bleiben wir 
hinsichtlich des in der Mitte liegenden Privilegs, das Otto IV. 
verlieh. 



1. Acerbus Morena M. G. SS. XVIII 639. 

2. St. 3992. Dann wieder in den Urkunden vom 2. Dezember Pavia 
und 6. Dezember Monza. St. B998. 4000. 

3. 1. c. 642. cf. St. 4082. 



III. 

Die Urkunden des Markgrafen Konrad von 

seine Thätigkeit in Italien. 



Ich untersuche zunächst eine Urkunde, die den Namen 
Kaiser Konrads IL träjrt, aber im Jahre 1121 ausgestellt sein 
soll, die ein Zeitgenosse Konrads II. empfängt, während in ihr 
schon von Konsuln als städtischen Beamten die Rede ist. Das 
sind unvereinbare Widersprüche, die uns Neueren es leicht ge- 
macht haben, die Urkunde in ihrer vorliegenden Gestalt als 
Fälschung zu erkennen. Darüber vergass man aber die Frage 
aufzuwerfen, ob das Dokument nicht willkürliche Aenderungen 
erfahren habe, ob sich nicht ein echter Kern ausschälen lasse.^ 
Eine zweite Urkunde, die innerlich auf das engste mit der ersten 
zusammenhängt, aber auch äusserlich, da sie nämlich in dem 
einzigen Drucke beider unmittelbar folgt, musste sofort den 
richtigen Weg zeigen. Anderweitiges Material kann nur er- 
mutigen, — um im Bilde zu bleiben, — ihn bis ans Ende zu 
schreiten. • Die Urkunden lauten^: 

. IL. 

I. 

In Christi nomine. Conradus dei gratia Romanorum imperator augustus. 

Quoniamjfideles, qui pure et honorifice domino suo deserviunt, honorari 
atque reraunerari condecet, idcirco, quatenus Lucaniis populus, qui imperio et 
nobis nostrisqueantecessoribus nunc usque puro animo et illesa fide in omnibus 
pleniter servitium contulit, dignam a nobis rcmunerationem consequatur, penitus 
nobis dignumvidetur. Notum igitur tieri volumus nostris fidolibus omnibus 
tarn presentibus, quam et futuris, quod nos, multis petitionibus atque suppli- 
cationibusjnclinati Henrigi^causidici, Fulgerii, Inghifredi atque Bornardi Luca- 



1- Vgl. jedoch meine vorläufige Bemerkung im Archiv f. alt. deutsche Qe- 
schichtskunde XII 701 Anm. 1. 

2. Nach Barsocchinis Druck in den Mem. e. docum. di Lucca Vc 681 — 683. 
Die erstere entnahm der Herausgeber dem erzbischöflichen Archive Area dei 
privil. N. 25, d. h. dem angeblichen Original, von welchem auch Bethmann im 
Archiv f. alt. d. Gesch. XII 701 spricht; die letztere stammt auch aus dem 
erzbisch Oflichen Archive, doch ist nicht ersichtlich, ob aus Abschrift oder 
Original. 



— 61 — 

norum consulum flagitati et ob plura honorabilia servitia, qac Lucanus populus 
Dobis fideliier prebuit, concedimus, tradimus atque trausfundimus Lucane ecclesie 
episcopatui &ancti Martini districtum videlicet et placitum, alborgariam et fodnim 
atque omne ius, quod ipsis^ et nobis aliquo modo pertinere videtur, de tota 
plebe Villa Basilica cum omnibus suis habitantibus et villis eiusdem plebis, sci- 
licet Parianaf Boellio, Colognora cum omnibus pertinentiis earum et earundem 
habitatoribus omnibus. Ad hec si suprascripte ecclesie episcopatus in predicta 
plebe castellum fecerit, sub nostre potestatis defensione idem castellum accipimus. 
Preeipiendo itaque iubemus firmiterque sancimus, ut nullus deinceps dux, marchio, 
comes, vicecomes, gastaldio aut aliqua magna parvaque persona de predicta 
Dostra concessione atque traditione Johannem Lucane ecclesie episcopum vel 
SUDS successores in quoquam audeat moleatare vel inquietare. Si quis vero 
huius nöstri decreti paginam yiolare presumpserit vel aliquo modo infringere 
temptaverit, noscat se sub pcna nostri banni compositurum auri optimi 
libras C, medietatem nostre camere, alteram vero medietatem prefato episcopo 
vel suis suecessoribus. Et ut hoc verum credatur firmiusque ab omnibus in- 
violabiliter observetur, proprie manus subscriptione firmavimus nostroque sigillo 
insigniri iussimus. 

Hec acta sunt anno dominica ab incarnatioue 112L,' 14. kal. 
Septembris, indictione 14 . . Actum in episcopatu Wutterensi iusta plebem 
de Castello. 

Signum domni Conrad! Romanorum imperatoris invictissimi. 

Interfuerunt autem testes: Innio, Meinfredus, Arnioldus Teotonici; Gerardus 
de Cremona, Adalardus quondam Petri Tromberti et alii plures. 

Ego Ubertus cancellarius atque capellanus domni imperatoris Chonradi 
confirmavj et tradidi. 

II. 
In dei nomine. Breve (recordationis, qualiter) in loco Villa Basilica intra 
plebem eiusdem ville, presentia bonorum hominum, quorum nomina infra legun- 
tnr,3 Bastardus Teuttonicus et missus domni marchionis Conradi ex precepto 
ipsius marchionis per olivam, quam in suam* detinebat manus ^ corporaliter 
investivit ad proprietatem . . . canonicum et vicedominum ecclesie et 
canonice [sancti Martini] ad partem Lucensis episcopatus predicti sancti 
Martini, de districto videlicet et placito, albergaria et fodro atque [omni iure, 
quod] imperii^ et prefato marchioni aliquo modo pertinere videbantur^ de 
nominata plebe Villa Basilica cum omnibus suis habitantibus [et pertinentiis?] 
et villis eiusdem plebis et earum pertinentiis atque abitatoribus omni- 
bus adque de universis rebus, quas predictus [domnus] marchio suprascripto 



1. Dass imperio zu verstehen ist, kann an sich und nach dem Wort- 
laute der folgenden Urkunde nicht zweifelhaft sein. 

2. Nach Bethmann a. a. 0.: 1141; doch entspricht 1121 der 14. Indiktion. 

3. etc, statt leguntur, 

4. sie! 

5. Vielleicht ist auch hier, wie später, iure quam imperii zu lesen. 



— 62 — 

Lucensi episcopatui sancti Martini concessit atque donavit in prefata 
piebe. Presentia Sineanime missi domni imperatoiis, Fulceri Lucensis con- 
Bulis, Uberti quondam Bernardif Gotefredi quondam Johannis, Uberti quondam 
Donnane, Vitalis quondam . . . ., Balducci quondam Romanci, Pbilippi 
quondam Gaudii derlei Ville Basilice, Lieti quondam Bonelli, Martini quondam 
Jobannis et alii. ^ 

Item in loco Boellio prope ecclesiam s . . . predictus Bastardus Teutoni- 
cus et missus prefati marcbionis, eiusdem marcbionis precepto, per vitem, quam 
propria manu tenuit, corporaliter investivit ad proprietatem iam dictum vice- 
dominum ad partem Lucensis episcopatus de distripto ^ et placito, albergaria et 
frodo^ atque omni iure, quam^ imperii^ vel suprascripto marcbioni aliquo modo 
pertinere videbantur in tota villa Boellio [cum suis] pertinentibus ^ atque abita- 
toribus Omnibus et de universis suprascriptis rebus. Presentibus suprascripto 
Sineanima misso domni imperatoris et Gotefredo atque Huberto quondam 
Beruardi, Moro quondam Menchi, Gerardo quondam . . . ., Vitoro quondam 
Vitali ... et alii.^ Hec acta sunt anno ab incarnatione domini nostri 
Jesu Cbristi dei eterni 1121., 9. kalendas septembris, indictione 14. 

Similiter in loco Pariana iuxta ecclesiam . . . suprascriptus Bastardus 
per comandamento^ prefati marcbionis per vitem, quam in sua manu tenebat,^ 
corporaliter investivit^ ad proprietatem predictum Sineanima^ missum domni 
imperatoris ad parte * predicti episcopatus de districtu et placito, [albergaria et 
fodro atque omni iure, quod imperio"* vel suprascripto marcbioni aliquo modo 
pertinere videbantur,] de tota villa Pariana et de suis pertinentis atque abita- 
toribus. Presentia Benincasa* ..... Signorecti .... 

Darius notarius domni imperatoris, cuius presentia suprascripta facta sunt, 
hec scripsi. 

In der ersten Urkunde, um welche es sich vornehmlich 
handelt, passt nur der Bischof Johann von Lucca zur Zeit 
Konrads II. Alles andere ist mit derselben unvereinbar, so etwa 
das Jahr, wozu die 14. Indiktion gehört, die Konsuln von Lucca, 
auf deren Bitten die Schenkung erfolgt, der Kanzler Ubert. Nun 
muss es aber sofort auffallen, dass in der zweiten Urkunde die 
Schenkung, welche Kaiser Konrad laut der ersten gemacht haben 
soll, einem IVIarkgrafen Konrad (von Tuscien) zugeschrieben wird, 
und dessen Zeit entsprechen dann auch die Daten beider Diplome. 
Ferner stimmt ein Satz der zweiten Urkunde, in welcher der 
Vollzug der Schenkung beglaubigt wird, wörtlich mit der ersten, 



1. sie! 

2. etc. statt tenebat. 

3. Hinter investivit ein mir unverständlicbes etc. 

4. Auch bier ist vielleicbt, wie früber, quam imjjerii zu lesen. 



— 63 — 

dem einfachen Schenkungsakte. ^ Dass aber ein Notar, der über 
eine Schenkung des Markgrafen Konrad berichtete, nicht eine 
Urkunde, wonach Kaiser Konrad der Schenker gewesen sein 
sollte, in die seine verarbeitete, bedarf kaum der Erwähnung. 
Vielmehr hatte der Notar, der über den Vollzug der Schenkung 
des Markgrafen Konrad ein Instrument aufnahm, dessen 
Schenkungsurkunde selbst vor Augen. Ferner ist zu beachten, 
dass der Vollzug, freilich nicht der Hauptschenkung, aber doch 
eines zu ihr gehörenden Teiles ein bestimmtes Datum trägt, nämlich 
den 24. August 1121. Wie man danach erwartet, muss die 
Schenkung selbst kurze Zeit vorher erfolgt sein, und dieser Er- 
wartung entspricht eben der Schenkungsakt, der vom 19. August 
datiert. So führt der Vergleich mit der Vollzugsurkunde zu dem 
Ergebnis, dass die vorliegende Schenkungsurkunde von dem Namen 
des Markgrafen Konrad auf denjenigen des Kaisers Konrad um- 
geschrieben ist. Aber auch davon abgesehen , bietet das erste 
Diplom. an und für sich mehr als einen Anhaltspunkt, dass es 
ursprünglich vom Markgrafen Konrad ausgestellt worden sei. 
Wie schon erwähnt, stimmt zu dessen Zeit das Jahr 1121, und 
dieselben Männer, die nach unserer Urkunde am 19. August 1121 
das Konsulat von Lucca bekleideten, begegnen in der gleichen 
Würde schon am 2. Oktober 1120.- Dann verweise ich nur noch 
auf die Unterschrift des Kanzlers: Ego Ubertus cancellarius atque 
capellanus domini imperatoris Chonradi confirmavi et tradidi: sie 
stimmt fast wörtlich mit der Beglaubigung einer Urkunde, welche 
derselbe Markgraf Konrad im Jahre 1120 ausgestellt hat: Ego 
JJhertm cancellariits et capellanus eiusdem marchionis scripsi et 
tradidi,^ Diesen Uberl aber, der in der ersten Urkunde, wie sie 



1. — districtum videlicet et placäum, alber gar inm et fodrum atque omne 
ius, quod itnperio et nohis aliquo modo periinerti videtur, de tota plebe Villa 
Basilica cum omnibus suis habitantibus et villis eiusdem pltbis. I. — de districto 
videlicet et placito, albergaria et fodro atque omni iure, quod imperio atque 
prefato marchioni aliquo modo pertinere vidtbatur, de nominata plebe Villa 
Basilica cum omnibus suis habitantibus [et pertinentiis?] et villis eitisdem 
pkbis. IL 

2. Siehe unten Regest Nr. 2. Der Konsul Fulcher ist überdies noch 
Zeuge bei Ueberweisung der VlUa Basilica an die Domkirche, d. h. in dem 
ersten Teile des oben unter Nr. 11 gedruckten Notariatsaktes. 

3. Regest Nr. 1. 



— 64 — 

vorliegt, natürlich in den Dienst des Kaisers Konrad treten niusste. 
können wir als Ausfertiger von Urkunden des Markgrafen Konrad 
noch mehrfach nachweisen: als dessen Kaplan begegnet er 1120 
und 1121,^ und 1124 heisst er einmal auch domni marchionis 
cancellarius.^ 

Die Schenkung bh'eb im Besitze des Bisturas Lucca, bis 
Friedrich I. sie im Jahre 1185 wieder zu Händen nahm. 1204 
erklärte die Regierung von Lucca: Villa Basilica, Parianaj 
Boellium atque Colognora — pertinebant ad Lucanum episcopatum 
et episcopum \md damn: domniLS Imperator tunc ei praedicta abstulity 
quando ierram et iurisdidionem ei abstulit.^ Das aber war 1185.^ 
Heinrich VI. verlieh die Ortschaften 1196 seinem Getreuen Glando 
von Lucca.*^ In der angeführten Urkunde von 1204 wurden die- 
selben dann vom Magistrate der Stadt allerdings wieder der Kirche 
von Lucca zugesprochen, aber das Reich kümmerte sich nicht um 
diese Entscheidung: im Jahre 1242 gehört Villa Basilica cum per- 
tinentiis suis ad castellaniam et iurisdictionem castellani sancti 
MiniaiiSy^ d. h. eines Reichsbeamten. Es ist doch nicht unmög- 
lich, dass ein Bischof oder Domherr von Lucca eben zu dem 
Zwecke, um den ehemaligen Besitz vom Reiche wiederzuerlangen, 
die Urkunde des Markgrafen, die ihm als solche nicht bedeutend 
genug erschien, auf den Namen des Kaisers Konrad umge- 
schrieben habe. 

Wie aber auch immer, — wir haben eine neue Urkunde 
des Markgrafen Konrad gewonnen; da er durch Beschenkung der 
Kirche das allzeit treue Volk von Lucca belohnen will, steht er 
offenbar in den innigsten Beziehungen zur Stadt; und eine ge- 
nauere Betrachtung seiner Regierung wird uns Lucca recht 
eigentlich als deren Stützpunkt kennen lehren. Doch reihen 
wir zunächst die erhaltenen Spuren seiner Thätigkeit in Re- 
gestenform aneinander. 



1. Regest Nr. 2. 8. 

2. Regest Nr. 9. 

3. Mem. Lucch. Illa 137. 

4. Vgl. meine Schrift Friedrichs I. letzter Streit mit der Kurie 75. 

5. Mem. Lucch. Illa 134. 

6. Lami Mon. eccl. Florent. I 492. 



— 66 ~ 



1117 

•Mai 3 



1120 

Octbr. 2 



Ende des 
Jahres 



Vol terra nimmt in Gegenwart Heinrichs V. den Verzicht des 
Bischofs Eucharisto auf die Hoheitsrechte über Stadt und Graf- 
schaft entgegen, sowie den Treueid genannter Bürger. Aus dem 
Estratto delle scritture dei camerotto della cittä di Volterra, 
fatto nel 1561, p. 114: Maffei Storia Volterrana ed. Cinci 56. Von 
etwa 1104 bis 1131 war Roger Bischof von Volterra. Der 
Bischof Eucharisto ist aus dem 5. ins 12. Jahrhundert geraten. 
Vgl. darüber Giacchi Saggio di ricerche stör, sopra lo stato antico 
e moderne di Volterra 191. 192. Nach den Annal. Romani M. 
G. SS. V 477 war Heinrich noch am 13. Mai 1117 in Rom; 
dann zog er nordwärts, nach St. 3155 urkundet er am 17. Juni 
1117 in episcopatu Vulterrensi, Aber mit einer Aenderung des 
3. in den 30. Mai wäre dem Eucharisto gegenüber doch nicht 
viel geholfen, zumal noch 1119 Rempoctus als Markgraf genannt 



wird. ^ 



Nr. 1. 



in Florentino comitatu ad obsidionem cuiusdam castri, 
quod vocatur Pontormum, willfahrt nach Rat seiner Ge- 
treuen, eingedenk der grossen Dienste, welche Lucca den Kaisern 
und Markgrafen geleistet hat, den Bitten der genannten Konsuln, 
bestätigt den Einwohnern und Bürgern von Lucca alle 
Privilegien der Kaiser und Markgrafen, namentlich die Freiheit 
von pisanischem Uferzoll; verbietet Lucca in dieser Vergünsti- 
gung irgendwie zu belästigen; droht dem Zuwiderhandelnden 
mit seinem Zorne und der Strafe seines Bannes, nämlich 
100 Pfund besten Goldes, die zur Hälfte der Stadt, zur Hälfte 
seinem Fiskus zu zahlen sind. — Unter den Zeugen: Graf Guido 
(Guerra), Sasso v. Bianello, Udalrich der Deutsche, Ribaldus 
Richter v. Verona. — Per manum Uberti presbiteri et capellani 
predicti marchionis. — Unvollständig aus notarieller Beglaubigung 
im Staatsarchiv zu Lucca: Minutoli im Arch. st. it. Xb 5. Die 
Ergänzung verdanke ich Sal. Bongi. — Die Urkunde ist aus- 
gestellt zu Pontormo, einem Orte nahe beim Einfluss des Orme 
in den Arno. Nr. 2. 

.... entsendet auf mehrfache Ermahnungen des Gegenpapstes 
Gregor zunächst seinen Neffen Friedrich. Dieser verlässt den 
päpstlichen Hof, da er von dem Nahen des Oheims erfährt. 
Doch findet der Papst bei keinem die erhoffte Hilfe. — Nach 
dem Klagebriefe Gregors VIII. unten S. 80. Nr. 3. 



1. Ueber den Estratto del camerotto vgl. jetzt Davidsohn Forschgen. zur 
Gesch. V. Florenz 168—173. Danach enthält die Sammlung bis S. 177 nur ge- 
fälschte Urkundenauszüge. 

Soheffer-Boiohorst, Zar Gesch. des XII. u. XIII. Jahrhunderts. 6 



— 66 — 



1121 

März 31 



Aug. 19 



(iuxta Passini anum castrum?) orwägt seine Pflichten be- 
sonders gegen die Kloster, welche sich durch Beobachtung der 
Regel vor den anderen auszeichnen; berichtet, wie zur Zeit, da 
er ein gewaltiges Heer zusammenzog, um Gerechtigkeit in 
Tuscien zu schaffen, die Peinigen ohne sein Yorwissen die 
Kirchen der Vallombrosaner belästigten ; will solchen Untha- 
ten für die Zukunft umsomehr vorbeugen, als die Vallombrosaner 
durch frommen Lebenswandel glänzen; sieht sich namentlich da- 
durch, dass Besitz und Leute des Klosters Passignano, wo sein 
Heer lagerte, wegen der Albergarie bedrückt worden sind, zu 
vorliegendem Schutzbrief veranlasst; gebietet den genannten 
Anwesenden mit lauter Stimme, die Vallombrosaner und ihre 
Leute in keiner Weise zu belästigen, den Drängern derselben 
statt seiner nach Kräften entgegenzutreten ; untersagt Herzögen, 
Markgrafen usw , die Mönche, ihre jetzigen und künftigen Be- 
sitzungen, wie auch deren Bewohner irgendwie zu bedrücken, 
Albergarie und Fodrum von ihnen zu verlangen, ohne ihren 
Willen sie vor weltliches Gericht zu ziehen, auf und an ihrem 
Grunde eine Befestigung anzulegen; verurteilt den Zuwider- 
handelnden, seinem Fiskus und dem Kloster eine Strafe von je 
50 Pfund zu zahlen. — Unter den Anwesenden: des Markgrafen 
Neffe Friedrich, Graf Arnald und dessen Bruder, der Reichs- 
kapellan Adelhelm, Wide Sohn des Albert (Spadalonga), Ugo 
Sohn des Ugo. — Ego Ubertus canc. et capell. eiusdem mar- 
chionis scripsi et tradidi. — Muratori Ant. It. I 959 mit 
pridie . . . april. — Lami Del. III 177 mit pridie april. Da- 
nach Lami Mon. eccl. Flor. I 379 und Rena e Camici Serie 
dei duchi di Toscana IVa 66. — Ueber die Daten des Originals 
im Florentiner Staatsarchiv siehe Davidsohn Forschgen. zur 
Gesch. von Florenz 88. — Passignano liegt im Val-di-Pesa. 

Nr. 4. 

in episcopatu Wulterrensi iusta plebem de Castello 
meint das Volk von Lucca, welches dem Reiche, ihm und 
seinen Vorgängern mit reiner Gesinnung und in unverletzter 
Treue bisher gedient hat, würdig belohnen zu müssen; willfahrt 
daher den Bitten der genannten Konsuln von Lucca: schenkt 
der bischöflichen Kirche st. Martin alles Recht, welches dem 
Reiche und ihm zusteht an Villa Basilica, dessen Bewohnern 
und Zubehörungen, den Villen Pariana, Boellio und Colognora; 
beschützt die Burg, die das Stift etwa auf dem geschenkten 
Gebiete erbaut; verbietet die Bischöfe von Lucca in dieser 
Schenkung irgendwie zu belästigen; verurteilt den Zuwider- 
handelnden unter Strafe des Bannes, seinem Fiskus und der 
Kirche je 50 Pfund reinsten Goldes zu zahlen. — Zeugen: die 



r- 67 ^. 



1121 



1122 

Octbr. 24 



Deutschen Inmo, Meinfred, Arnold; die Italiener Gerhard von 
Cremona usw. — Ego Ubertus canc. atque capellan. dorn. imp. 
Chonradi confirmavi et tradidi. — S. oben S. 60 f. Nr. 5. 

.... entsendet den Deutschen Bastard, der nun an Ort and Stelle 
die Kirche st. Martin mit den ihr in vorstehender Urkunde ge- 
schenkten Villen belehnt; und zwar geschieht es mit Boellio 
am 24. August, mit Villa Basilica und Pariana an ungenannten 
Tagen. — Darias not. dom. imp. etc. — Memorie Lucchese Vc 682. 
Danach oben S. 61. — Unvollständig: Muratori Ant. Ital. I 
B15. Danach Rena e Gamici Serie IVa 21. Nr. 6. 

in curia plebis de Quarrata territurio Pistoriense wieder- 
holt im wesentlichen eine Urkunde des Markgrafen Bonifaz aus 
den Jahren 1039—1052: beschützt auf Bitten des Abtes Antonius 
von st. Johann zu Parma, als des Patrons, das Kloster des 
heiligen Bartholomäus zu Pistoja und dessen in den 
Grafschaften Pistoja, Florenz und Lucca gelegene ZubehOrungen ; 
bestätigt die genannten Besitzungen, deren hier mehr genannt 
sind, als in Bonifazens Urkunde; verbietet jede Belästigung 
und Beraubung des Klosters, des Abtes und der MOnche; ver- 
urteilt den Zuwiderhandelnden, seinem Fiskus und dem Kloster 
je 50 Pfund besten Goldes zu zahlen. — Aus dem (Orig.? damals 
im) Klosterarchive : Zaecharia Anecd. 227 und weniger gut : Fiora- 
vanti Mem. di Pistoja Doc. 29. — Unvollständig: Muratori Ant. 
Ital. I 961. Danach Rena e Camici Serie IVa 68. — Der Aug- 
stellungsort ist Quarrata di Tizzana im Ombrohethal. Nr. 7. 

in villa Vegnia ap. ecclesiam sti. Andreae non longo a 
civitate Florentie vernimmt in Gegenwart der genannten 
Richter, Schöffen und Grossen, die mit ihm zu Rate sitzen, die 
Klage des Erzpriesters und Propstes Johann von Flo- 
renz, wie er den Vergewaltiger seiner Güter im Hofe Campiano, 
des Tegrino Sohn Bonifaz, wiederholt vor ihm belangt, wie der 
Uebelthäter aber stets dem Gerichte sich entzogen habe; er- 
innert sich des Thatbestandes ; lässt den Bonifaz rufen; nimmt 
dessen unbedingten Verzicht entgegen; belehnt durch Stab den 
Kläger mit dem ganzen Streitobjekt, über das er fortan namens 
seiner Kirche freie Verfügung haben soll; wahrt aber die Rechte 
der Gräfin Emilie; lässt die jenen Hof und seine Zubehörungen 
betreffenden Urkunden der Grafen Guicerardo, Guido und dessen 
Sohnes Guido Guerra verlesen; beschützt dann diese und alle 
Besitzungen der Kirche mit seinem Banne, damit Niemand sie 
schmälere und bedrücke; verurteilt den Zuwiderhandelnden, 
seinem Fiskus und dem Stifte je 100 guter Luccheser Denare 

zu zahlen. — Unterschriften der Richter und Zeugen. — Ego 

5* 



— 68 — 



1135" 



1124 



1125 



Petrus notarius etc. — Aus dem Orig. im Kapitelsarchive: 
Rena e Camici Serie IVa 70. — Grösserer Auszug bei Lami 
Mon. eccl. Florent. II 1440. — Der Ort ist Sveglia in der 
Ebene des Mugnone. Nr. 8. 

in ßenensi episcopatu betont seinen Eifer für die Kirchen, 
deren Gebet ihm nützen soll; erzählt, wie er auf einer 
Rundreise^ die er im Interesse der Kirchen unternahm, von den 
Mönchen des Vailombrosaner Ordens erfahren habe, dass sie 
und ihre Häuser von gewissen seiner Leute vielfache Anfeindungen 
erlitten; will ihnen, die überall im Rufe der Heiligkeit stehen, 
zum Heile seiner Seele ein dauerndes Zeichen seiner Verehrung 
geben; willfahrt also mit Zustimmung jener Leute, die das 
Kloster befeindet haben, den gerechten Bitten der Mönche; 
verbietet jede Belästigung des Klosters, jede Beanspruchung 
der Albergarie, des Fodrums und weltlichen Gerichtes; ver- 
urteilt den Zuwiderhandelnden, seinem Fiskus und dem Kloster 
Coltibuono, (wofür also die Urkunde ausgestellt ist), je 50 Pfund 
Silbers zu zahlen. — Zeugen: Friedrich des Markgrafen Neflfe, 
Wido Sohn des Grafen Albert Spadalonga, Graf Hugo Sohn des 
Hugolin, Graf Guido Guerra Sohn des Grafen Guido, der 
kaiserliche Kapellan Adelhelm. -;- Per manum Uberti capellani. 
— Aus einem Codex von Vallombrosa: Rena e Camici Serie 
IVg 86. Nr. 9. 

. . . beschützt zu seinem, seiner Eltern und Vorfahren Seelen- 
heil das (bei Siena gelegene) Kloster San Salvatore und 
Lorenzo, dessen Besitzungen, die zum Teile genannt sind, wie 
auch dessen zukünftige rechtmässige Erwerbungen, so zwar, dass 
fortan Niemand Kloster und Zubehörungen durch Albergarie 
und Fodrum belästige, wegen der Besitzungen beunruhige und 
angreife, falls kein legales Urteil gefällt ward; verhängt über 
den Zuwiderhandelnden seinen Bann, nämlich 200 Pfund besten 
Silbers, die zur Hälfte dem kaiserlichen und markgräflichen 
Fiskus, zur Hälfte dem Kloster zu zahlen sind. — Zeugen: 
.Friedrich des Markgrafen Neffe, Maifred von Ponte, Ugo Razo, 
Werner Maltaiato, Wilhelm von Patia, Heinrich der Franke, 
Turculus Bernhards Sohn. — Ego Ubertus domni marohionis 
cancellarius firmavi, scripsi et tradidi. — Aus dem Orig. im 
Staatsarchive zu Siena: Ficker Ital. Forsch. IV 143. Nr. 10. 

Cunium belagert mit Faenza und Bologna diese Burg; als sie 
dem Falle nahe ist, kommt Entsatz von Ravenna und Imola ; es 
erfolgt eine blutige Schlacht; die Burg bleibt ungenommen. — 
Chron. Tolosani in Cronache del sec. XIL e XIII. S. 618. 

Nr. 11. 



— 69 — 



112« 



• • 



1127 

Juli 

1128 



1129 

Sept. 



• • • 



. . . . verleiht den Konsuln von Lucca Anhöhe und Hof 
Nozzano. — Ptol. Lucens. annal, ib. 48. Nr. 12. 

. . . . überlässt dem Bischöfe von Florenz die Albergarie 
genannter Ortschaften. — Nach dem Auszuge im Regestum des 
Bistums: Lami Mon. eccl. Flor. II 720. cf. I 163. Nr. 13. 

castellum Bulgari belagert die Burg, bringt sie zur Unter- 
werfung, empfängt mehrere Geiseln, die er zu Silvicula bei 
Siena in schwerer Gewahrsam hält, die aber dennoch entkommen, 
unter dem Schutze des hl. Justus. — Miracula stör. Justi et 
Clementis c. 17. A. SS. Juni I 443» Ohne Daten. — Diese 
Belagerung des in der Maremma von Pisa gelegenen, den Grafen 
della Gherardesca gehörenden Castells Bolgheri ist unzweifelhaft 
eine Episode in den Burgenkämpfen, die damals Lucca, Eonrads 
Freundin, gegen Pisa und dessen Bundesgenossen führte. Nr. 14. 

iuxta Lucanam civitatem in burgo, qui dicitur sti. 
Fridiani, schenkt dem an den Mauern von Lucca liegenden 
Kloster des hl. Ponziano genannte Güter und verurteilt 
den Zuwiderhandelnden, seinem Fiskus und dem Kloster 
je 50 Pfund feinsten Silbers zu zahlen. — Unter den An- 
wesenden: Fulcher Rainers Sohn und Sassello Gerhards Sohn, 
Konsuln von Lucca. — Darius notarius dom. imp. ex iussione 
dom. Conradi ducis et marchionis. — Nach Sal. Bongis Ab- 
schrift des Orig. im Staatsarchiv zu Lucca. — Unvollständig: 
Muratori Ant. Ital. I 315. Danach Lami Mon. eccl. Flor. I 
379 und Rena e Camici Serie IVa 72. Nr. 15. 

. . . . bestimmt für den Fall seines Todes das Gut Beutenhausen 
dem Kloster st. Udalrich und Afra zu Augsburg, welchem 
es dann durch Hermann von Werde übergeben werden soll. — 
Urkunde König Konrads IIL Mon. Boica XXII 169 cf. 14. Nr. 16. 



Man hat wohl behauptet, es seien zwei Konrade zu unter- 
scheiden. Wie ich glaube, ohne Grund. Vor allem hielt man 
den bis 1127 erscheinenden Konrad für den nachmaligen König 
dieses Namens, und dann musste der im September 1129 ur- 
kundende Markgraf Konrad ein anderer sein, weil das Königtum 
Konrads, des Gegners Lothars III., ja am 18. Dezember 1127 
begann.^ Aber auch die vorausgehenden Daten können un- 

1. So zuerst Rena e Camici 1. c. IVa 13. Der betreffende Artikel ist 
überschrieben: Corrado duca di Svevia etc. Diesem Vorgange sind andere 
gefolgt, »uletzt Passerini Arcji, stör. ital. N. S. lYa 53. 



— 70 ^ 

möglich auf den nachmaligen König bezogen werden; so ist 
dieser etwa am 10. Juli 1127, an welchem Tage eine der mark- 
gräflichen Urkunden in Italien ausgestellt wurde, in Deutschland 
vollauf mit der Bekämpfung Lothars beschäftigt/ so wäre 
er bald nach seinem Ämtsantritte, 1122 und nochmals 1123, 
wieder in Deutschland gewesen, das eine Mal sogar den 
Kaiser befeindend.^ Genug, keine der früheren Erwähnungen 
ist auf den nachmaligen König zu beziehen, und damit fällt 
die Notwendigkeit, die Urkunde vom September 1129 einem 
anderen Konrad zuzuschreiben, als eben demjenigen, von wel- 
chem die früheren Akte herrühren.^ Man hat dann noch 
geltend gemacht, dass der Aussteller der Urkunde vom September 
1129 auch Herzog von Ravenna heisse, während die früheren 
Diplome nur von einem tuscischen Markgrafen ausgingen. Aber 
einmal wäre es doch nicht unmöglich, dass Konrad erst im Laufe 
der Zeit zu dem Markgrafentum Tuscien noch das Herzogtum 



1. Jaff4 Lothar ITI S. 238. Wenn Jaffa aber auch aus dem Umstände, 
dass König Konrad im Jahre 1142 von einem Markgrafen Konrad als einem 
Verstorbenen redet, den Sehluss zu ziehen scheint, der nachmalige KOnig könne 
nicht auch Markgraf gewesen sein, so vermag ich ihm nicht zu folgen. Kon- 
rad III. konnte ja einem anderen Konrad in der markgräflichen Würde vor- 
ausgegangen sein; von diesem Zweiten mochte dann König Konrad 1142 immer- 
hin als von einem Verstorbenen reden können. Nur wenn man die Einheit der 
Person festhält, bestätigt die Urkunde, dass der Markgraf nicht der erste 
Staufer war. 

2. Ekkehardi chron. M. G. SS. VI 268, 259. St. 3191. 

8. Nach Lami Mon. eccl. Flor. IV 144 würde Markgraf Ulrich von 
Tuscien die Urkunde seines Vorgängers Konrad — Regest Nr. 18 — im Jahre 
1127 bestätigt haben. Mithin hätten wir zwei Konrade zu unterscheiden, einen 
vor 1127, einen im Jahre 1129; zwischen beiden wäre Markgraf Ulrich ein- 
zureihen. Aber dass ein solcher 1127—28 existiert habe, davon ist sonst 
Nichts bekannt. Wohl aber gab es nach mehr als einem Jahrzehnt einen 
Markgrafen Ulrich, und bei Lami I 153 findet sich denn auch dieselbe Urkunde 
und zwar in ausführlicherem Regest, mit den Daten 1139. 8. ind. Äug, Und 
1139 ist das richtige Jahr, denn Ulrich bestätigt zugleich eine Urkunde Kaiser 
Lothars von 1133. Lamis Verwechselung rührt daher, dass Konrads Urkunde 
ins Jahr 1127 gehört. Nebenbei bemerkt, sind die Daten 1139. 8. indict. Äug, 
unvereinbar; indictio 8 passt aber auch nicht zu 1127; es ist gewiss zu ändern : 
1139, 8, idu8 Aug. 



— 71 — 

Ravenna erhalten hätte; dann beachte man ein analoges Ver- 
hältnis. Seit dem Frühjahr 1195 führt Markward von Anweiler 
den Titel eines Markgrafen von Ankona und Herzogs von Ravenna, 
erst im Winter 1196 erscheint er dazu noch als Herzog der 
Eomagna,^ und doch muss er auch diese Würde schon viel 
früher bekleidet haben, denn bereits im Juni 1195 vei'pflichteten 
sich die Ravennaten, ihm Treue zu schwören, sicut alii homines 
de Bomania fecerunt.^ Ganz ähnlich ist folgender Fall: In den 
80er Jahren wird Konrad von Lützelhart mehrfach als Graf von 
Ankona bezeichnet, nicht auch als Herzog von Ravenna; gleich- 
wohl muss auch er damals das Herzogtum verwaltet haben, denn 
im Juli 1188 erfüllen marchionis Chonradi iudices zu Ravenna 
ihre amtlichen Funktionen.^ Nicht anders möchte es sich mit 
unserem Konrad verhalten haben: diese Vermutung gewinnt noch 
dadurch an Wahrscheinlichkeit, dass doch auch er, noch bevor 
wir ihn offiziell als Herzog von Ravenna nachweisen können, in 
die Verhältnisse des ehemaligen Exarchats eingriff.* 

Noch über ein drittes Gebiet, wenn ich nicht irre, hat sich 
die Amtsgewalt Konrads erstreckt. Von diesem aber führte er 
nie den Titel. 

Mehr als einmal hat das mathildinische Hausgut unter gleicher 
Verwaltung mit Tuscien gestanden: zu Ende des Jahrhunderts 
war der Staufer Philipp dux Tusciae et domimcs domus Mathildis; um 
1155 hatte Herzog Weif beide Landkomplexe in seiner Hand 
vereinigt, und gewiss mit Recht ist vermutet worden, dass nicht 
minder Markgraf Engelbrecht, der zweite Nachfolger Konrads, 
der 1134 zum ersten Male als Markgraf von Tuscien erscheint, 
das mathildinische Gut verwaltete.*^ Aber auch Konrad war, 
wenigstens eine Zeit lang, als Herr über dasselbe gesetzt. Am 
2. Oktober 1120 finden wir an seiner Seite den Sasso von Bia- 
nello,^ und dessen Burg nun gehörte zu den Besitzungen Ma- 



1. Ficker Forschungen z. Reichs- und Rechtsgeschichte Italiens IV 241, 
vgl. II 222 Anm. 12. 

2. Ficker a. a. 0. II 222 Anm. 13. 

3. Ficker a. a. 0. II 221 Anm. 5. 

4. Regest Nr. 11. 

5. Ficker a. a. O. II 226 Anm. 14, 

6. Regest Nr. % 



— 72 — 

thildens,^ sie lag nicht weit von Canossa. In derselben Urkunde 
erscheint auch der Richter Ribaldo von Verona als Zeuge ;^ und 
er nun hat Konrads Hof aufgesucht, wie ich mutmasse, weil 
eben damals ein Streit zwischen dem Grafen Albert von S. Bonifacio, 
der sich als Erben der Mathilde betrachtete, und dem Veroneser 
Domkapitel der Entscheidung harrte. Es handelte sich um Rechte 
zu Cereda, das auch zu Mathildens Gütern gehört hatte.' Vom 
2. Oktober 1120 datiert die Urkunde Konrads, die Richter Ribald 
von Verona bezeugt, und am 28. Januar 1121 verglichen sich die 
streitenden Parteien.* Endlich finden wir im August 1121 einen 
Gerhard von Cremona im Gefolge Konrads, der damals zu 
Castello bei Volterra sich aufhielt.* Ueber den Oremonesen 
habe ich sonst nichts erkunden können, indes darf ich in diesem 
Zusammenhange wohl daran erinnern, dass Gräfin Mathilde im 
Jahre 1098 ein weites Gebiet zwischen Adda und Serio, die so- 
genannte Isola Fulcheria, den Bürgern von Cremona als Ver- 
tretern des Bischofs geliehen hatte,* dass Cremona ferner Gua- 
stalla und Luzzara, gleichfalls Besitzungen der Mathilde, bean- 
spruchte und zeitweise behauptete: eben in den 20er Jahren 
pflog es Verhandlungen über den dritten Teil von Guastalla, den 
es auch erlangte.' Genug, mehr als Ein Moment deutet darauf 
hin, Konrad habe gleich anderen Markgrafen von Tuscien auch 
die mathildinischen Güter verwaltet. Aber wenn ich nicht irre, 
hat er nur in den ersten Jahren seiner Regierung auf dieselben 
einen Einfluss ausgeübt. Die Kirche war bekanntlich Mathildens 
Erbin, sie liess ihre Ansprüche nicht ruhen und — gelangte zum 



1. Ueber die Zugehörigkeit BianeUos zum mathildinischen Gute vgl. Ficker 
a. a. 0. II 201. III 446. Overmann GrÄün Mathilde von Tuscien 5 Anm. 4, 9. 

2. Vgl. über ihn Picker a. a. 0. III 155. 

3. Darüber unterrichtet z. B. die Urkunde von 1147 Ficker a. a. O. IV 
159 Nr. 116. 

4. Ficker a. a. 0. IV 142 Nr. 97. Doch ist die Urkunde irrig zu 1120 
gesetzt. Die Datierung lautet 1120 ö. hol, fehruarii, die veneria, ind. 13. Im 
Jahre 1120 war nun der 28. Januar ein Mittwoch, im Jahre 1121 ein Freitag« 
Ich bemerke noch ausdrücklich, dass es in der Urkunde zunächst heisst: die 
Veneria, ö. cal, Feh,, dann nochmals: suprascripto die Veneria. 

5. Regest Nr. 5. 

6. UgheUi Ital. sac. IV 598. Vgl. Ficker a. a. 0. II 200, 

7. Ficker a. a. 0. IV 145—147, Nr. 100, 101, 



— 78 — 

Siege: der schon p:enannte Graf Albert von S. Bonifacio erscheint 
1128 zum ersten Male „durch Gottes, durch des hl. Petrus und 
seines Stellvertreters Gnade" als Herr der mathildinischen Hinter- 
lassenschaft; er ist zu dieser Würde erhoben divina cooperante 
gratia et beati Petri et domini pape Ho(norii) munere.^ Um diese 
Zeit aber lassen sich Personen, die wir uns in Beziehungen zum 
mathildinischen Gute denken müssten, an Konrads Hofe nicht 
mehr nachweisen. 

Es ist ein weites Gebiet, über das Konrad gesetzt war. 
Meines Wissens hat nie ein anderer Deutscher ein italienisches 
Territorium von gleicher Ausdehnung verwaltet: er herrschte im 
Norden, Westen und Osten des Apennin. Und wie wenig wissen 
wir über einen Mann in solcher Stellung! 

Woher stammt Konrad? — Dass er nicht der nachmalige 
König war, haben wir schon gesehen. Er ist dann für einen 
Grafen von Lenzburg gehalten worden.^ Folgende Erwägung hat 
dahin geführt. Zur Zeit lassen sich Chuono und Werner als 
Brüder im Geschlechte Lenzburg nachweisen. Werner sei nun 
der damals vielgenannte Markgraf von Ankona gewesen, und da 
Markgraf Werner einen Sohn Friedrich hatte, so war man geneigt, 
den in Urkunden des Markgrafen Konrad öfter genannten IVi- 
dericus nepos marchionis^ für den Sohn des Markgrafen Werner, 
des geborenen Grafen von Lenzburg, zu halten.* Doch zerfällt 
die ganze Konstruktion durch die Thatsache, dass die damaligen 
Markgrafen von Ankona unfreien Ursprungs waren.*^ Graf Werner 
von Lenzburg, ein hochfreier Mann, war nicht Markgraf von 

1. Ficker a. a. 0. IV 147 Nr. 102. Irrig redet Overmann a. a. O. 48 vod 
einer zweiten, schon 1126 ausgesteUten Urkunde des Grafen, als päpstlichen 
Lehnsmannes. 

2. G. V. Mülinen im Schweizer Geschichtsforscher IV 91. 94 ff. Ohne 
Kenntnis dieses Artikels ist die gleiche Ansicht von 0. Hartwig entwickelt 
worden, Qaellen und Forschungen zur Gesch. d. Stadt Florenz 11 J2 ff. 
Doch ist Hartwig nicht geneigt, dieselbe anzunehmen, und wenn ihm hier nicht 
zufällig Bemerkungen Fickers entgangen wftren, würde er sie wohl überhaupt 
nicht zur Debatte gestellt haben. Vgl. Anm. 5. 

3. Regest Nr. 3. 4. 9. 10. 

4. Dass Friedrich der Sohn eines Bruders unseres Markgrafen war, beruht 
allerdings nur auf Giesebrechts Konjektur des Wortes pcUrui in dem Schreiben 
des Gegenpapstes Gregor — vgl. S. 81 Variante w, — doch scheint mir dieselbe 
gesichert zu sein. 

6. S. die Belege bei Ficker a. a. 0. II 246 Anm. 9 und 10. 



— 74 -- 

Ankona. Auch wissen wir nur vom Markgrafen Werner von 
Ankona, dass er einen Sohn Friedrich hatte, nicht auch vom 
Grafen Werner von Lenzburg, in dessen Geschlecht, wie es 
scheint, überhaupt der Name Friedrich nicht vorkommt. Ferner 
ist noch darauf hinzuweisen, dass unser Konrad nach der Schen- 
kung, die er dem Kloster von St. Ulrich und Afra machte,^ im 
bairischen Landgerichte Schrobenhausen begütert war: dahin 
haben sich die Besitzungen des aargauischen Hauses Lenzburg nie 
erstreckt. Das geschenkte Gut, ßeutenhausen, hat dann auf eine 
andere Vermutung gelenkt.^ Es liegt inmitten von Besitzungen 
des scheirischen Hauses; dessen beide Linien, die Witteisbacher 
und Dachauer, sind hier begütert, und zu Beutenhausen selbst 
erscheint der Witteisbacher Ludwig der Strenge — nach dem 
Aussterben der Dachauer — im Besitze einer Zehntgerechtsame.^ 
Nun sind im scheirischen Geschlechte die Namen Konrad und 
Friedrich sehr gebräuchlich; gerade zur Zeit lassen sich ein Kon- 
rad und ein Friedrich bei den Dachauern nachweisen, aber als 
Brüder, nicht als Oheim und Neffe. Dieser Konrad, für den man 
dann einen weiteren Friedrich als Neffen anzunehmen hätte, 
könnte unser Markgraf sein, wäre er nicht der regierende Graf 
von Dachau. Man hat danach an dessen Bruder Friedrich fest- 
gehalten und für diesen einen sonst nicht nachweisbaren Oheim 
Konrad angenommen.* Aber wir denken uns den Friedrich, der 
lediglich Begleiter seines Oheims ist, doch als einen noch jüngeren 
Mann, und der Scheier Friedrich erscheint schon im Jahre 1086 
als Zeuge.* So stösst die Einreihung in den Stammbaum der 
Dachauer auf manche Schwierigkeiten, wie gut einzelnes auch 
dazu passt. Bei solcher Lage der Dinge mag noch eine andere 
Vermutung gestattet sein: auch im Landgericht Schrobenhausen 
liegt Hirschenhausen, woher der Dynast, welcher die Schenkung 
von Beutenhausen anficht,^ seinen Namen führt.' Welchen Rechts- 

1. Regest Nr. 16. 

2. Ficker a. a. O. II 224 Anm. 8. 

3. Urkunde vom 21. Januar 1264, angeführt von Steichele DiOcese 
Augsburg II 290. 

4. Riezler Gesch. Baiems I 578 Anm. 4. 

5. Nagel Not. orig. dom. Boicae 22 cf. 181. 

6. Regest Nr. 16. 

7. Vgl. Steichele a. a. 0. II 289. 



-- T6 -- 

Htel macht dievser Heinrich geltend, da er Konrads Widmung 
umstossen möchte? Man rät doch zunächst auf verwandt- 
schaftliche Beziehung, und anderseits gestattet die Lage des 
Ortes ebenso wohl, unseren Konrad den Hirschenhausen zuzu- 
zählen, als den Scheiern. Aber hier können wohl allein Lokal- 
historiker entscheiden: nachweisen kann ich nur einen einzigen 
Vertreter der Hirschenhausen, eben jenen Heinrich, der in den 
ersten Jahren Konrads IH. viermal als Zeuge bei ihm er- 
scheint.^ 

Doch wenden wir uns zu Konrads Unternehmungen! Es ist 
eine vielseitige Thätigkeit, die er entfaltet, und in Kämpfen, deren 
Bedeutung uns gelegentliche Notizen leider nur ahnen lassen, 
verfloss das Jahrzehnt, während dessen Konrad die Geschicke 
Mittelitaliens zu leiten beauftragt war. Man muss sich der Ver- 
wirrung erinnern, die schon in den letzten Zeiten der alternden 
Grossgräfin Mathilde für Toskana begonnen hatte und nach ihrem 
Tode noch weitere Dimensionen annahm.^ Zunächst ein neuer Kon- 
flikt zwischen Reich und Kirche I Die Prälaten, Barone und Bürger 
des Landes mussten sich für oder wider entscheiden. Daneben ging 
die Rivalität der mächtig aufstrebenden Städte, und deren Gegensatz 
sollte doch meist auf den Gebieten der Feudalherren zum Aus- 
trag kommen. Auch hier hiess es Partei ergreifen. Dann aber 
hatte der Adel, wenn er nicht schon in die Feindschaft 
verschiedener Mächte hineingezogen war, seine gefährliche 
Gegnerin, nämlich in der benachbarten Stadt: sie wollte ihre 
Grafschaft ausdehnen, und indem sie nach Zerstörung oder Be- 
setzung der sie bedrohenden Burgen trachtete, suchte sie sich 
selbst gleichsam Luft zu verschaffen. Diese drei Momente, bald 
vereinzelt, bald sich durchkreuzend, werden die allgemeine Unruhe 
und Verwirrung herbeigeführt haben. Und nun kam noch hinzu, dass 
Mathildens Tod die Besitzverhältnisse ins Schwanken brachte. 
Das Reich beanspruchte die Reichslehen, der Kaiser das AUod 



1. Stumpf Nr. 3370. 76. 77. 78. Nach Khamm Hierarch. August. III 38 
wäre unser Markgraf Conradus de Werden, Da möchte der Schenker mit dem 
Uebermittler der Schenkung verwechselt sein per manum Ouonradi de Werde, 
Regest Nr. 16. 

2. Vgl. dazu die AusfOhrungenvon Hartwig a. a. 0. II 6. 7. 



— 76 — 

der Gro8sgräfin; die Kirchen aber erinnerten sich, dass Mathildens 
Vorfahren ihnen doch manches Gut entrissen hatten, sie suchten 
sich wieder in den IBesitz zu setzen, ob es auch schon [in eine 
dritte Hand übergegangen war: daher stets neuer Streit. 

In diese Verhältnisse trat nun Konrad ein: er erklärte, dass 
er Gerechtigkeit in Tuscien schaffen wolle, und zu dem Zwecke 
hat er ein zahlreiches, ja unzähliges Heer gesammelt. Er ist 
nicht der einzige Deutsche unter den Italienern; in den ersten 
Jahren steht ein Neffe Friedrich ihm zur Seite;* wir finden dann 
die Deutschen Udalrich,^ Immo, Meinfred, Arnold,* Bastard,* und 
Heinrich,* aber natürlich gaben in Italien die Italiener den Aus- 
schlag. Und da stützt er sich vornehmlich auf Lucca. Bei Be- 
lagerung einer Burg geschieht es, dass er den anwesenden Konsuln 
ein Privileg erteilt.* Die Burg liegt im Gebiete von Florenz und 
das Privileg bestätigt den Lucchesen ihre Freiheit vom Pisaner 
Uferzoll, die Pisa missachtet hatte:' diese einfachen Daten lassen 
die Parteistellung in schärfster Beleuchtung erscheinen. Lucca 
bleibt immer seine beste Freundin: um das hoch belobte Volk 
von Lucca zu belohnen, macht er auf Bitten der Konsuln dem 
Dome ein Geschenk.® Das war in den ersten Jahren seines Re- 
giments; wieder in den letzten erhält die Stadt von ihm einen 
Hof,® und in der Nähe von Lucca nimmt er seinen Aufenthalt:*® 
man kann nicht zweifeln, dass Konrad ebenso sehr durch Lucca 
unterstützt, als Lucca durch Konrad gehoben wird; gerade während 
der Markgraf das Reich in Tuscien vertritt, rühmt sich die Stadt 



1. Regest Nr. 3. 4. 9. 10. 

2. Regest Nr. 2. 

3. Regest Nr. 5. 

4. Regest Nr. 6. 

5. Regest Nr. 10. 

6. Regest Nr. 2. 

7. Auf diese Urkunde bezieht sich Ptolem. Lucens. annal. 1. c; er fügt 
dann hinzu: et in anno sequenti (sc. 1121) promissum fuit restituere dictum 
ripaticum LucensibtM per Fisanos, 

8. Regest Nr. 5. 6. 

9. Regest Nr. 12. Vgl. auch das Geschenk, welches er in Nr. 15 einem 
Luccheser Kloster^macht. 

10. Regest Nr. 15. 



— TT — 

■ 

als das glorreiche Lucca, welches mit vielen Würden geschmückt 
und zum Haupte über die ganze tuscische Mark von Anbeginn 
gesetzt sei.^ Daneben haben einige Grosse dem Markgrafen be- 
sonders nahe gestanden : den Grafen Guido von Modigliana,* einen 
Grafen Guido, Sohn des Albert Spadalonga,^ einen Grafen Hugo* 
finden wir wiederholt in seiner Umgebung. 

Konrad kämpfte im Gebiete von Florenz und wahrscheinlich 
auch gegen Florenz selbst.*^ Demnach hat er die Politik seines 
Vorgängers fortgesetzt: da wir zum letzten Male von diesem 
hören, verteidigt er Montecascioli, eine Burg der Cadolinghi,^ 
gegen die Florentiner.' Die erste Urkunde Konrads unter- 
richtet uns, dass er am 2. Oktober 1120 die Burg Pontormo® 
in der Grafschaft Florenz belagerte, und da er seine zweite Ur- 
kunde ausstellt — am 31. März 1121, — entschädigt er die Abtei 
Passignano für alle Unbilden, die ihm seine Scharen zugefügt 
haben. Passignano liegt nun, gleich Pontormo, in der Nähe von 
Florenz. Wie der Markgraf selbst sagt, ist er mit einem 
zahlreichen, ja unzähligen Heere ausgezogen.* Man ahnt die 
Heftigkeit des Kampfes, aber man gelangt nicht weiter. Gele- 

1. Muratori Ant. Est. I 154. 

2. Regest Nr. 2. 9. 

3. Regest Nr. 4. 9. 

4. Regest Nr. 4. 9. 

5. Unmittelbar vor der Drucklegung erhielt ich das Werk von R. David- 
sohn Geschichte von Florenz 1. Band 1896 und die dazu gehörigen Forschungen 
zur alt. Gesch. von Florenz. Soweit es thunlich war, habe ich noch Bezug 
darauf genommen. 

6. Man vgl. das Kapitel: Die Kadolinger-Erbschaft in Davidsohns 
Forschgen. 83—91. 

7. Davidsohn Forschgen. 87 lehrt in Uebereinstimmung mit Paoli Arch. 
paleogr. 1882 p. VIT, dass der Name des Markgrafen nicht Bemperoctus zu 
lesen sei, sondern Rempoctus. Der ist doch unzweifelhaft, wenn auch in ver- 
derbter Form, der Rabodo früherer Jahre. 

8. Nach Davidsohn Gesch. v. Florenz I 387. 388 gehörte die Burg den 
Grafen Alberti, Freunden der Florentiner. 

9. In geringer Entfernung von Passignano besassen die Alberti das 
Kastell Riga an der Pesa. Dagegen hätte Eonrad sich gerichtet, meint David- 
sohn Gesch. V. Florenz I 391. 392; die Grösse des markgräflichen Heeres lässt 
aber auf mächtige Bundesgenossen der bekämpften Macht schliessen; also 
wärden die Alberti aller Wahrscheinlichkeit nach von den Florentinern unter 
stützt worden sein. 



^- 7& — - 

■ 

gentliche Erwähnung haben eine kriegerische Aktion, die damals 
Toskana erregen musste, mit einem scharfen Streiflichte erhellt, 
eben nur mit einem Streiflichte. Wir wissen nicht einmal, 
welches der Ausgang war. 

Der Kampf hatte einen ausschliesslich territorialen Charakter. 
Ich will damit sagen, dass Konrad durchaus nicht im Interesse 
des Reichspapstes Gregor VIII. handelte. 

Man weiss, wie Heinrich V. seinen Gegner, den Papst Gela- 
sius, in die Enge trieb, indem er ein neues Schisma heraufbeschwor. 
Aber der Nachfolger des Gelasius, Papst Calixt II., blieb doch 
zuletzt auf allen Punkten Sieger. Nun geriet Gregor VIII. in 
immer grössere Verlegenheiten; ein Brief dieser Zeit schildert 
uns seine Not und gibt über den weiteren Verlauf der Ereig- 
nisse gute Kunde. Danach hatte Gregor den Kaiser gebeten, 
ihm persönlich Hilfe zu bringen; aber Heinrich vertröstete ihn 
auf den Reichstag, der am 19. November 1120 eröffnet werden 
sollte: die günstigen Resultate desselben, die er dem Papste in 
Aussicht stellte, würden ihm Boten melden; übrigens seien die 
Reichsbeamten in Italien angewiesen, ihm mit ihren Truppen bei- 
zustehen. So erschienen denn am päpstlichen Hofe zunächst 
Markgraf Werner von Ankona; aber Geld vermochte ihn abtrünnig 
zu machen: nach I4tägigem Aufenthalte trat er den Rückzug an. 
Auch der Neffe unseres Konrad hatte sich beim Papste einge- 
funden; als er indes vom Nahen des Oheims hörte, zog er sich 
zurück, wahrscheinlich doch um nun als dessen Stellvertreter in 
Toskana zu walten. Dann kam Konrad selbst; er folgte erst 
wiederholten Einladungen Gregors VIII., und diesem Zögern ent- 
sprach die ganze Teilnahmlosigkeit, die er der immer ärgeren 
Bedrängnis des Papstes bewies. Werner von Ankona, meint der 
Schreiber, sei um einen Judaslohn von seiner Partei abgefallen; 
Konrads Neffe habe bei seinem Weggange kein würdiges Andenken 
hinterlassen; Konrad selbst aber, wie er auf die mehrfachen Hilfe- 
gesuche nur unfreundlich geantwortet habe, verfolge lediglich seine 
eigenen Interessen: bei dem Manne Treue voraussetzen, heisse ja, 
im schlanken Schilfe einen Knoten suchen. Die Situation ist hier 
sehr richtig gekennzeichnet. Diese italienischen Beamten des 
Reiches haben für die Kirchenpolitik keinen Sinn: Konrads 
treueste Bundesgenossen sind die Lucchesen, in deren Stadt 



— 79 — 

Calixt IL, der antikaiserliche Papst, eben damals eine festliche 
Aufnahme gefunden hatte. Dennoch liess Gregor VIII. — ich 
folge noch immer unserem Briefe — den Mut nicht völlig sinken. 
Er stellte dem Kaiser nochmals seine bedrängte Lage vor, aber 
er meinte, Heinrich brauche nur, in Italien erscheinend, den Sitz 
alles Uebels, Rom, dieses zweite Babylon, in seine Gewalt zu 
bringen, um die Ketzer, d. h. die Gegner des Reichspapsttums, 
aller Orten vernichtet zu haben. „Wenn Rom unterworfen ist, 
dann werden alle anderen Gegenden leichter unterworfen werden, 
als ihr glaubt; so lange Rom wütet, wird überall Zwietracht 
herrschen." Damals war Gregor VIII. natürlich längst aus der 
ewigen Stadt vertrieben; er lebte in Sutri, wo er bald von seinem 
Gegner gefangen wurde. Den grössten Teil der Schuld war man 
sicher geneigt den lässigen Beamten des Kaisers zuzuschreiben; 
namentlich unserem Markgrafen möchten Gregor und dessen An- 
hänger die Katastrophe zur Last gelegt haben. Die Herren ver- 
folgten in der That andere Ziele, nämlich die territoriale Macht- 
stellung des Reiches in Italien zu befestigen oder neu zu begründen. 
Aber darauf hat wahrscheinlich auch Heinrich V. selbst den 
grösseren Wert gelegt: die kirchlichen Gegensätze hatten sich 
abgestumpft, und die kaiserliche Regierung sehnte sich nicht 
minder nach Frieden, als andere. 

Doch ich muss den Brief, als Quelle der erwähnten Be- 
gebenheiten und angedeuteten Stimmungen, noch genauer be- 
sprechen. Er ist mir aus einer doppelten Ueberlieferung bekannt, 
nämlich aus zwei leider nur fragmentarisch erhaltenen Muster- 
sammlungen, deren erste unzweifelhaft/ deren zweite wahrscheinlich 
in Pavia entstand.^ Dort ist der Schreiber ein Papst A. und 



1. Siehe das Inhaltsverzeichnis bei Wattenbach Iter Austriac. 51. Neues 
Archiv XVII 37. 

2. Monod schreibt mir über die Handschrift: Ce fragimnt est une sorte 
d'Ars epistolandi anonyme, qui dehute: Sanciissimo patri suo et domino S. dei 
gratia Hostiensium episcopo P. coenobii sancti Salvatoria pastor. Der wirifliche 
oder angebliche Schreiber ist doch wohl Abt von S. Salvatore zu Pavia. Neben- 
bei bemerke ich, dass (Melot) Cat. cod. mscr. bibl. reg. IV 478, wo er Nr. 8625 
beschreibt, unseres anonymen Fragments nicht gedenkt; nach Monod bildet es 
den Schluss des Codex, nach Melot würden ihm dann vorausgehen: Villelmi de 
8aramando Papiensis epistolae nonnullae. 



- 80 — 

der Empfänger ein Kaiser F.,^ hier ein Papst G. und ein Kaiser 
H.^ Offenbar paast die Situation nur zu Papst Gregor VIII. 
und Kaiser Heinrich V., nicht zu Papst Alexander und Kaiser 
Friedrich. Die eine Fassung hat also jedenfalls Siglen, die der 
Zeit nicht entsprechen; dafür hat sie vor der anderen einen Vor- 
zug: dieser fehlt das letzte Viertel des Briefes, freilich nicht durch 
die Schuld des Schreibers, sondern nur durch den Umstand, dass 
der ganze Rest der Sammlung verloren ist. 

Ein neuer Text, wofür mir Kollationen beider Ueberlieferungen 
vorliegen,* wird umsomehr am Platze sein, je wichtiger einerseits 
das Dokument und je mangelhafter andererseits die bisherigen 
Ausgaben.* Auch die jüngste, wie manche Verbesserungen sie 
brachte, kann doch schon deswegen nicht ganz befriedigen, weil 
sie nur den verkürzten Text gibt.* Freilich darf man auch jetzt, 
da ich das Schreiben in neuer Gestalt veröffentliche, noch an 
manchen Stellen Anstoss nehmen. 

G[regorius]«' episcopusservus servorumdei^ dilectissimo filio*^ H[ein- 
rico]*^ Romanorum imperatori semper augusto® salutem et apostolicam 
benedictionem. 

Postreme littere, quas per nostrum peditem^ vestrismagnificentia 
transmisit imperii, plurimum, serenissime fili ^ , dulcedinis habuere, sed 

a. A. 1. b. fehlt 2. c. fehlt 1. d. F. 1. c. aug. semp. 1. 

äuget 2. f. pedites 2. g. nostri 1. 



1. Cod. lat. Mon. 19411 olim Tegern. 1411 p. 135. Danach schlecht 
gedruckt bei Pez Thesaur. Via 386. 

2. Bibl. nation. Paris, ras. lat. 8625 olim Colbert. 5040 p. 94. Hieraus 
schöpfte Baluze Miscell. ed. Mausi III 12. Den Druck Baluzes verbesserte 
dann Giesebrecht Kaiserzeit III 1255. 

3. Den Münchener Codex = 1 konnte ich selbst benutzen; eine Ver- 
gleichung des Pariser = 2 verdanke ich der ausserordentlichen Güte von 
G. Monod. 

4. Dass der vollständige Wortlaut, wenngleich als Schreiber Papst 
Alexander und als Empfänger Kaiser Friedrich genannt wird, doch nur der 
Brief Gregors VIII. an Heinrich V. ist, wurde meines Wissens zuerst bei 
Jaffö-Loewenfeld Reg. pont. Nr. 7180 bemerkt. 

5. Das sagte ich mit Bezug auf die vierte Auflage des dritten Bandes 
der Kaisergeschichte. Für die fünfte S. 1270 hat Giesebrecht dann den Text 
einer Revision unterzogen. Ich folge seinem Beispiel. In dieser und jener 
Aenderung schliesse ich mich ihm an. Von Nutzen waren mir auch Be- 
merkungen des Herrn Dr. von Winter feld, eines Mitarbeiters der Mon. Germ. 



— 81 — 

preter duas clausulas» utilitatis omniao nichil, öhuste quidem floribus, 
spem maximam promittentes,^ sed maiorem tractu diutunio desperati- 
onem<^ prebenles. Una^ enim^ nuncios afferebat« ti-ansmittendos^ a 
curia, que a.g 14. kal. Novemb. celebrari debuit, alteraque*^ marchiones 
multis commoiiitionibusi invitatos ad auxilium nostrum pollicebatur^ ven- 
turos. Porro veiiit ad nos Wamerus^ cum 70 pene militibus, qui"^ fere 
per 15^ dies nobiscum commoratus,*' sumpto precio Jude ScariotheP sine 
licencia recedens,<i plus nobis intulit debilitatis, quam virium no- 
stris^ abstulerits inimicis,*- nos^ presens pocius impedivit,"^ quam presens 
vel abseus nostris nocuerit adversariis. Fridericus autem, postquam 
Chunradi patrui^ adventum preseusit, a nobis recedens nichil^ apud nos 
dignumy reliquit memoria. De ipso Chunrado incerti eramus,^ quid 
facere* conaretur, cum literis frequ enter invitatus^ et nunciis nichil 
boni respondisset et suis pocius commodis, quam nostris® inhiare vide- 
retur,<* de quo plurimi fidelium aliud^* autumabaut,® quam vestra^ velit 
moderatio designare. Exitus rerum satis intencionem» cordium demon- 
strabit.^ Sed nodum querit in scirpo,^ qui fidem^ sperat in illo, cuius 
nunquam habuit dilectionem. In hoc fallimur^^' potissimum, neque 
nobis^uon est inutile quod, ut credimus, vestra putat^ discretio,"^ nos 
de vestra parte aliquid^ habere presidii,^ cum nobis plus omnibus hos- 
tibus nooueruntP quos<i iuvisse existimatis.^ Inde nobis^ tot<^' pericula, 
tot angustie, quot et quanta scribere nequimus, et dum putamus* eva- 
dere, auxiliorum penuria, consumendo^ tempora, in"^ graviora dilabimur 
iuxta vulgi proverbium: 

a. inter duas clansnlas 1. intus duobus olasii 2. b. spem xnax 

prom. fehlt 1. c. maiori fructu diuturna diffidentie 1. xnaiori fructa 

divina desperatione 2. d. fehlt 2. e. fehlt 1. afferebatur 2. 

f. transmittendo 2. g. qaia 2. h. altera 1. altera quae 2. 

i. marchiones omnes cum minoribus 1. marchiones multis oommina- 
tionibas 2. k. pollicebantur 1. 2. 1. N. 1. m. quam 2. 

n. quinque 1. o. moratus 1. p. Scariothis 1. Charioti 2. 

q. recedemus 2. r. vestris 2. s. abstulit 2. t. presens 

yel absens abstulerit inimici 1. u. suo 2. v. impediunt 2. 

w. fehlt 1. curandi per 2. vgl. S. 73 Anm. 4. x. a nob. rec. nichil fehlt 1. 

y. digna2. z. dum inexercitu eramus 1. de procurando incerti eranius2. 
a. facile2. - b. vocatus 2. c. vestris 2. d. videtur 2. d'. fehlt 2. 

e. accumabant 2. f. nostra 1. g. intentione 2. h. demonstravit 1. 

L quae fides 2. k. vobis 2. 1. inutile neque enim credimus quod 

vestra putet 1. m. serenitas 2. n. aliquod 2. o. subsidii 2. 

p. obfuerunt 2. q. quam 1. r. vivisse estimetis 2. s. vobis 1. 

t. coxnputamuB 2. u. confundo 2. v. et in 1. 



1. NätiiHch clausula. 

2. Dieses Dictum hat A. Otto Sprichwörter und sprichwörtliche Redens- 
arten der Römer 312 aus Klassikern und Kirchenvätern belegt. 

Scheffer-Boichorst, Zur Gesch. des XII. u. XIII. Jahrhunderts. ' 6 



^ 6ä - 

Expectando, expectando^ 

Transit^ tempus, nescis:^' quando. 
Dicite, que sit<^ tanta sevicia, unde mansuetudini vestre"* talis potuit 
impietas contingere,^ quod« sie* nostri voluistis oblivisci nec^ in 
tantis pomgere manum pehculis, ut mirentur omnes, qui noverunt, s 
et vos^ ipsi quoque^ crimineiitur inimici, ut^ aliud vos^ tractare affir- 
ment"^atque aliud lingual proferre, unde terror fidelibus et hostibus 
audacie fomeuta parentur?^ Testis nostre altissimus est conscientie, 
cuius intuitusP omnium secretorum rimatur archana, quod<ipro veritate 
fidei' et» defensione iustitie,» clementissime fili, quo* nichil est nobis^ sub 
sole carius,^ illa patimur que intoleranda^ videntur, ne locum victorie 
hereticorum supersticio reperiat aut veritas mendacio succumbat vel 
sanctorum patrum auctoritas destruatur aut vestri dignitas imperii, 
quod^ad iuvameny regiminis* ecclesie deus instituit, in nichilum* redi- 
gatur. Non vestra* turbetur glorie^ nee uUa [vosj consumat desperatio, 
quia si velociter veniretis vel subsidium mitteretis contrarium^ hostibus, 
divina opitulante gratia certissime potiremur [victoria. Subventuram 
autem] dilectionem vestram üdei sinceritati<^ non dubitamus, £li glo- 
riose, quod erga plurimos pro iusticie veritate conservanda vos pugnare 
didicimus. Si quis fluvium velit decurrere, prius fontem oportet eum 
siccare. Fönte <i hereticorum secunda Babylonia designatur. Anni- 
tendum est igitur, E>omam omnium malorum originem, persecucionum 
ignibus exsiccare, ut per orbem terrarum gurgites in omni nationum 
genere desinant redundare. Qua subiecta levius quam putetis, cetera 
sedabuntur, qua furente continuis reliqua discordiis vexabuntur. 

Aber ist der Brief nicht etwa eine blosse Stilübung? ^ — In 
jener Ueberlieferung, die uns den vollständigen Text bietet, be- 
findet er sich in der verdächtigsten Gesellschaft. Briefe zwischen 
dem studierenden Sohne, der Geld bedarf, und dem Oheim, der 
zum Zahlen bereit ist, oder auch dem strengen Vater, der über 
die Lüderlichkeit seines Sprösslings klagt und auf Abschluss der 

a. fehlt 2. b. tranBÜtl. c. nel. d. accidere2. e. quam 2. 

f. nunc 1. g. qui nov. fehlt 1. h. vos 2. i. et 1. k. aut 2. 

1. nos 2. m. affirmetur 2. n. liga 2. o. parentur 1. 

p. intuitur 2. q. quam 2. r. dei 2. s. fehlt 1. t. quod 2. 

u. vobis2. V. carniusl. clariusä. w. intolerantia 2. z. quam 2. 

y. una manus 2. z. Hier endet 2. a. nostra 1. b. oontrariia 1. 

o. sinoeritate 1. d. fontes 1. 



1. Die Frage bejahte Wilmans im Arch. f. ält. d. Geschichtskunde XI 
172; doch geht Wilmans von der Voraussetzung aus, dass der Brief Ton Papst 
Alexander an Kaiser Friedrich geschrieben sei. 



- 8ä ~ 

Studien dringt, — diese und ähnliche Stücke, die in der Samm- 
lung voriiegen, flössen an und für sich kein Vertrauen zur Echt- 
heit unseres Briefes ein. Nur wird man sagen dürfen, dass nicht 
derselbe Pavese, der die Sammlung anlegte, auch das Schreiben 
verfasst habe. Er fand es vielmehr vor, und wie er nun zu 
einer Zeit, da Papst Alexander III. und Friedrich I. wieder in 
Frieden miteinander lebten, d. h. zwischen 1177 und 1181, seine 
Muster zu Papier brachte, so schien ihm eine Aenderung der 
Namen Gregors VIII. und Heinrichs V. in die Alexanders III. 
und Friedrichs I. am Platze zu sein: ihm, der die Feder erst zu 
Ende des Jahrhunderts führte, die Konzeption des Briefes zuzu- 
schreiben, wird durch den Inhalt völlig ausgeschlossen, nicht 
minder durch die andere üeberlieferung, in der unser Schriftstück 
mit richtigen Siglen erhalten ist. Auch diese Mustersammlung 
hat, wie ich schon oben vermutete, ein Pavese angelegt, und ihr 
Inhalt kann recht wohl gleicher Art sein, d. h. manches Stück 
mag der Pavese selbst verfasst haben. Aber unser Brief ist 
doch ebensowenig ein Werk seiner Erfindung, wie des anderen 
Diktators von Pavia. Die zahlreichen Differenzen beider Texte, 
von denen bald der eine, bald der andere die offenbar richtige 
Lesart bietet, sind vollgültiger Beweis, dass beide Ueberlieferungen 
von einander unabhängig sind: war die gemeinsame Quelle eine 
dritte Mustersammlung oder eine bessere üeberlieferung des 
echten Briefes?^ 

Vortrefflich passen zu den Zeitverhältnissen auch kleinere 
Züge, über die doch nicht der erste Beste berichten konnte. 
Dass Heinrich am 19. Oktober 1120 einen Hof eröffnen wollte, 
wird wenigstens annähernd durch die Paderborner Annalen be- 
stätigt: danach fand der Reichstag um Allerheiligen statt. Wie 
ich ferner bemerke, ist des Markgrafen Neffe Friedrich vor dem 
Oheim beim Papste erschienen; da nun der Brief Mitte oder 



1. Wenn der Brief echt ist, so entsteht die Frage, wie er nach Pavia 
kam, denn dorther stammen ja wahrscheinlich beide Ueberlieferungen, sicher 
aber eine. Die Antwort würde sein: die Beziehungen Heinrichs V. zu Pavia 
waren oft'enbar sehr gespannter Art; im Gegensatze zu seinem Vater, der 
mehrfach in Pavia weilte, war Heinrich auf seinen beiden Römerzügen dem- 
selben fern geblieben; da wäre es doch gewiss nicht unmöglich, dass Pavia 

einen an Heinrich gerichteten Boten aufgegriffen hätte. 

6* 



— 84 — 

Ende Oktober geschrieben sein soll, — denn er setzt ja voraus, 
dass über den Reichstag vom 19. Oktober noch keine Kunde ein- 
getroffen war, — so würde Friedrich etwa Ende September und 
Anfang Oktober an der Kurie verweilt haben; dann löste ihn 
der später kommende Markgraf ab, und von diesem besitzen wir 
die schon früher erwähnte, am 2. Oktober zu Pontormo aus- 
gestellte Urkunde, unter deren Zeugen Friedrich, der sonst mehr- 
fach in der Umgebung des Oheims erscheinende Neffe, nicht ge- 
nannt wird. Genug, selbst nebensächlichere Notizen landen ihre 
Bestätigung, und wenn nun auch unser Schreiben eine blosse 
Stilübung sein sollte, so war der Verfasser doch über alle Einzel- 
heiten so genau unterrichtet, dass seine Arbeit als ein wert- 
volles, die Zeit erhellendes Dokument gelten muss. Das aber 
ist für meine Zwecke die Hauptsache, und ich kann es Anderen 
tiberlassen, das entscheidende Wort zu sprechen. 

Wer immer den Brief geschrieben, — er hat von dem Mark- 
grafen eine nicht eben schmeichelhafte Schilderung entworfen. 
Am wenigsten wird man ihm danach einen kirchlichen Sinn zu- 
trauen, und doch betont Konrads Kanzler wohl seinen Eifer für 
die Kirchen, deren Gebet ihm nützen soll, lässt er ihn wohl seine 
Pflichten gegen die Klöster erwägen, zumal gegen solche, deren 
Mönche streng nach der Regel leben. ^ Der sachliche Inhalt der 
Urkunden steht damit nicht in Widerspruch: Konrad macht Ge- 
schenke zu frommem Zwecke,^ er sucht Uebergriffen seiner 
Leute, wie deren vorgekommen sind, für die Zukunft vorzu- 
beugen^ und schreitet gegen Vergewaltiger am Kirchengut ein.* 
Doch ich gehe darüber hinweg; für uns kommen seine politischen 
Unternehmungen mehr in Betracht. 

Nur einmal finden wir ihn auch auf der andern Seite des 
Apennin beschäftigt, in dem zweiten seiner Machtsprengel, von 
welchem er auch nur einmal den Titel führt. Es war im Jahre 
1124, dass zwei Herren von Cunio einigen Edeln von Faenza, 
welche durch ihre Mitbürger vertrieben waren, Schutz und Auf- 
nahme gewährt hatten; ja noch mehr, mit ihnen verwüsteten sie 



1. Regest Nr. 4. 9. 

2. Regest Nr. 5. 13. 15. 16. 

3. Regest Nr. 4. 9. 

4. Regest Nr. 7. 



— 85 — 

das Gebiet von Faenza. Da zog ein Faventiner Heer zur Be- 
lagerung der Burg aus; der schon genannte Graf Guido 
Guerra, dem auf der Ostseite des Gebirges das benachbarte Mo- 
digliana gehörte, kam den Faventinern zu Hilfe, von Bologna 
wurde ein Heer erwartet. Einen Monat lag man vor der Burg, 
jedoch die Unterstützung von Bologna blieb aus. Und als nun das 
Gerücht ging, Eavenna rücke zum Entsätze heran, wurde die Be- 
lagerung aufgehoben. Dann aber entbrannte der Krieg aufs neue, 
und im Jahre 1125 finden wir den Markgrafen, auf dessen Ent- 
schluss Guido Guerra nicht ohne Einfluss gewesen sein mag, 
als Faenzas und Bolognas Bundesgenossen. Konrad zog mit 
einem Heere der beiden Städte gegen die Burg; schon war sie 
dem B'alle nahe, da kam Entsatz von Ravenna und Imola, — 
eine blutige Schlacht ohne Entscheidung; die Burg blieb 
ungenommen.^ Erst später ist sie den Faventinern in die 
Hände gefallen; von Konrad ist keine Rede mehr. Er 
scheint dem Osten von Italien doch nur nebenher seine Auf- 
merksamkeit geschenkt zu haben. Wir finden ihn im Westen 
wieder. 

Im Jahre 1126 verlieh er seinem geliebten Lucca Anhöhe 
und Hof Nozzano;^ die dasselbe beherrschende Burg hat man wohl 
als eine Vormauer gegen Pisa bezeichnet;^ — der Krieg gegen 
Pisa war in Sicht. Die Rivalität beider Städte hatte sich schon 
mehrmals Luft gemacht, sie hatte auch Konrad schon eine Ver- 
anlassung gegeben, für Lucca Partei zu ergreifen. Dieses war 
seit den Tagen Heinrichs IV. vom Pisaner Flusszoll befreit. 
Aber Pisa hatte sich nicht darum gekümmert, wenigstens zuletzt 
nicht mehr. Da verbriefte Konrad 1120 den Lucchesen nochmals 
ihre Freiheit,* und 1121 fanden sich die Pisaner bewogen, die 
Lucchesen für die widerrechtlichen P]rhebungen zu entschädigen.*^ 

1. Regest Nr. 11. 

2. Regest Nr. 12. Nozzano liegt am rechten Ufer des Serchio, der bis 
dahin von zwei Hügeln eingeengt, sich bald in die Pisaner Ebene ergiesst. 

3. Mazzarosa Storia di Lucca I 66. — non spregevole amese di guerra. 
Bongi Invent. del reale archivio di stato di Lucca II 345. 

4. Regest Nr. 2. 

5. — *it in anno sequenti promissum fuit restitiAere dictum ripaticum per 
Lucenses. Ptolem. Lucens. annal. Vgl. dazu S. ßongi Nota sulle marine 
Luccbese 1865 p, 6, 



— 86 — 

Doch war es damals, wenn das Schweigen der Ueberlieferung 
nicht trügt, zu keinen kriegerischen Aktionen gekommen. Der 
Funke glühte fort, und im Jahre 1128 fand er reiche Nahrung, 
in helle Flammen auszuschlagen. 

Pisa hatte Castel d'Aghinolfo in der Versilia erworben, 
Lucca sah sich dadurch geschädigt; und der Krieg begann.^ 
Aber auch um Buggiano im Centrum des Val-di-Nievole ist ge- 
stritten worden ,^ wahrscheinlich doch im Zusammenhange mit dem 
Kampfe um Castel d'Aghinolfo. Nicht blos die Stadt Pisa, auch 
der Erzbischof Roger, der zugleich Bischof von Volterra war, er- 
schien im Felde. Buggiano wurde von den Lucchesen zerstört, 
Castel d'Aghinolfo behauptete sich zwar, und das Heer der Pisaner 
kehrte „mit Ehre und Freude" zurück. So ein Pisaner. Ob 
aber die Ehre ungeschmälert und die Freude ungetrübt war? In 
einer anderen Aufzeichnung, die ebenso dürftig ist, wie die ganze 
Ueberlieferung für diese Zeit, lesen wir: „Im Jahre 1128 nahmen 
die Sienesen den Erzbischof von Pisa gefangen".® Es ist doch 
gewiss nicht zu kühn, wenn man Siena als Bundesgenossin von 
Lucca bezeichnet.* Erst jetzt komme ich zu der dritten nicht 
minder abgerissenen Notiz, die zugleich auch den Markgrafen in 
den Kampf einführt. Nach einer Wundergeschichte, die um 1 140 
aufgezeichnet wurde, riefen einige Geiseln, welche ihm gestellt 
worden waren, als er die Burg Bolgheri in der Maremma von 
Pisa erobert hatte, und die er nun zu Selvoli bei Siena in schwerer 



1. Hauptquelle sind die leider verstümmelten Notae Pisanae M. G. SS. 
XIX 266, cf. Marangone ib. 241 ad a. 1144. 

2. Lucenses desiruxerunt castrum de Buiano et obsederunt cctstrum de 
Aghinölfo, Ptolem. annal. 49. Wegen der Zerstörung von Buggiano siehe 
auch das urkundliche Zitat in den Mem. Lucchese III a 240 und die Notiz der 
Luccheser Annalen bei Hartwig Quellen und Forschgen. II 51 Anm. 

3. Annal. Senens. M. G. SS. XIX 27. Vgl. nun auch Davidsohn Gesch. 
V. Florenz 1 407 Anm. 3. 

4. BetreflFs der Haltung der Florentiner wage ich keine Vermutung, da 
die Ueberlieferung schweigt. Aus dem Umstände, dass Markgraf Konrad 1127 
dem Bischöfe gewisse Albergarien verlieh, folgert Davidsohn Gesch. v. Florenz 
I 405, er habe mit der Stadt bessere Beziehungen anbahnen wollen. Diese 
dem Markgrafen zugeschriebene Politik ist ihm dann ein Beleg für die „unsichere, 
nichts entscheidende Art, die die ganze Wirksamkeit dieses Vertreters der 
Reichsgewalt kennzeichnete.'* 



— 87 — 

Haft hielt, die Hilfe der Heiligen Justus und Klemens an. Den 
Aermsten ward geholfen.^ Wir aber würden ohne die anderen 
Notizen, die blos den kriegerischen Unternehmungen gelten, in 
einiger Verlegenheit sein, die Zeit der Belagerung von Bolgheri 
zu bestimmen, denn der Wundererzähler vergass das Jahr. 

Konrad hatte Nozzano, die Vormauer gegen Pisa, seinem 
geliebten Lucca geschenkt: bald darauf entbrannte der Kampf, 
und eben war er beigelegt, da bewidmete Konrad ein Luccheser 
Kloster, er residierte in San Frediano nahe bei Lucca. Ist es 
denkbar, dass er in der Zwischenzeit, vom Schauplatze fern, nicht 
in den Kampf eingegriffen habe? Seine Teilnahme möchte dann 
aber besonders dem Erzbischof gegolten haben. Denn wenigstens 
ein Vertreter der Familie, welcher Bolgheri gehörte, war diesem 
eben sehr nahe getreten. Es ist Graf Guido Malaparte della 
Gherardesca; am 24. Mai 1121 hatte er dem Bischöfe von Lucca 
gehuldigt, am 8. September 1126 verkaufte er die Burg Forcoli 
dem Erzbischofe; — wie wenig das Geschäft den Interessen 
Luccas entsprach, zeigt der Umstand, dass er dieselbe Burg im 
Mai 1131 dem Bischöfe von Lucca überliess.^ Das ist eine Spur, 
Konrads Unternehmung gegen Bolgheri zu erklären;' vielleicht 
folge ich ihr ohne die nötige Sachkenntnis, dann nimmt hoffent- 
lich ein Lokalhistoriker daraus Veranlassung, den richtigen Weg 
zu zeigen. 

Pisa steht auf der einen Seite, seine Gegner sind Lucca und 
Siena, der Vertreter des Reiches greift in den Kampf ein, der 
Erzbischof gerät in Gefangenschaft, — solche Ereignisse müssen 
doch über den nächsten Kreis hinaus .grosse Aufmerksamkeit er- 

1. Regest Nr. 14. Auch Hartwig Quellen und Forschungen II 27 hat 
die Belagerung ins Jahr 1128 gesetzt, doch so, dass man glauben konnte, in 
der Wundergeschichte selbst sei diese Zeitbestimmung enthalten. 

2. Litta Famiglia Gherardesca Tavola II. 

3. Nach Ptolemäus zerstörten die Lucchesen castrum de Buiano, nach 
der Wundergeschichte eroberte Eonrad castrum de Bidgaro. Man könnte einen 
Lese- oder Schreibfehler vermuten und danach beide Angaben auf dasselbe 
Ereignis beziehen. Doch dürfte die Aenderung in castrum de Buiano nicht 
vorgenommen werden, da dessen Einnahme verbürgt ist, — vgl. S. 86 Anm. 2 
— und andererseits wird auch ein Konflikt mit der Familie Gherardesca, der 
Besitzerin von Bolgheri, durch die angeführte Haltung des Guido Malapart o 
picht ebep unwahrscheinlich« 



— 88 — 

regt haben. Hente liegen sie so sehr im Dunkeln, dass wir fast 
nur die einfachen Thatsachen kennen. Ja, noch mehr. Zur Zeit 
kämpfte Konrad III. gegen Lothar III. Wenn der Staufer da- 
mals noch nicht in Italien eingetroffen war, so stand doch seine 
Ankunft bevor: im Mai 1128 war Castel d'Aghinolfo den Pisanern 
gesichert,^ und im Juni empfing Konrad zu Monza die lombar- 
dische Krone. Dennoch habe ich vergebens gefragt, ob unser 
Markgraf ein Freund des Staufers oder des Supplinburgers war. 
Eine bestimmte, jeden Zweifel ausschliessende Antwort würde 
von grösstem Werte sein, denn es leuchtet ohne weiteres ein, 
wie es den Gegenkönig unterstützen rausste, wenn der Markgraf, 
der nun seit einer Reihe von Jahren namentlich für die Geschichte 
Toskanas massgebend war, aber doch auch für die andere Seite 
des Apennin seine Bedeutung hatte, sich gegen Lothar III. erklärte. 

Von der Ostseite des Apennin haben wir wenigstens die 
eine und andere Notiz, welche uns über die Parteistellung unter- 
richtet. Kaum ist der Streit ausgebrochen, da erklärt sich in 
der Mark Ankona die Stadt Cagli für Konrad,^ zwei Jahre später 
steht in derselben Mark das Volk von Sinigaglia auf der Seite 
Lothars.^ In der Romagna hat Bologna, mit welchem wir 1125 
unseren Markgrafen im Bunde sahen, die Partei Konrads ergriffen,* 
erst 1130 lässt es dessen Fahne sinken, indem es nach Jahren 
seit dem Tode Heinrichs V. rechnet.*^ Die andere Bundesgenossin 
des Markgrafen, Faenza, behauptet dagegen von vorneherein völlige 
Neutralität: noch 1131 kennt man dort keinen König,* und wenig- 
stens 1126 hat auch Cesena noch keine Entscheidung getroffen.' 



1. Notae Pisanae 1. c. 

2. Mittarelli et Costadoni Annal. Camald. IX 1^1. 

3. Ib. 22. 

4. Savioli Annali Bolog. la. 216: (anno miUjesimo vigesinw .... (tempore 
G)uonra(di re)gis die decimo (isepti)mo mensis . . . mhris, 

5. Savioli 1. c. 221. 

6. S. die mit dem 3. März 1127 beginnenden UrkundenauszOge bei 
Mittarelli Accoßs. Favent. 420—423. Ao. lUi8 regem non abemus. Ao. 1130 
nee certum papam nee certum regem non hdbemus. Noch am 8. November 1131 
beisst es post decessum imperatoris Henrici. 

7. Fantuzzi Mem. Ravenn. II 263. Ebendort 262 eine in Ravenna aus- 
gestellte Urkunde 1126 ind, 14 sab Innocentio papa et Lothario rege. Also 
nicht 1126, sondern 11361 



/ 



— 89 ^ 

Aber auch an ausgesprochenen Feinden hat es dem Staufer in 
der ßomagna nicht gefehlt. Aus einem Zeugenverhör, das im 
Dezember 1186 angestellt wurde, erfahren wir die beachtenswerte 
Thatsache, dass der Gegenkönig Monte Mavore, eine Burg des 
Bisehofs von Forli, belagerte und eroberte. Die leider nur im 
Auszuge vorliegende Urkunde berichtet auch von der gleich- 
zeitigen Einnahme der Burg Meldola, die dem Grafen Albertino 
gehörte, ja von einer Zerstörung Forlis selbst, und nicht ohne 
Grund wird man auch diese Unternehmung mit des Staufers Zug 
in die Romagna verbinden dürfen.^ 

So fällt auf die Parteistellung des Ostens von Italien 
wenigstens einiges Licht, leider bleibt die des Westens im 
Dunkel.® Man hat wohl gesagt, Lothar III. habe im Jahre 1133, 
nach dem Rücktritte des Gegenkönigs, den Lucchesen ihre Frei- 
heiten bestätigt und zwar im Hinblicke auf die ihm unverletzt 
bewahrte Treue: ^ wenn aber Lucca dem Supplinburger nie einen 
Grund gegeben, auch nur missgestimmt zu sein, so stand der 
Markgraf, allzeit Luccas Bundesgenosse, nicht auf Seiten des 
Staufers I* Ob die Berechnung zutrifft? Lothar lässt wörtlich 

1. — »"ha memwia in uvCanUco strumento, esiiftente nelVarchimo di san 
Mercuriale, che (Conrado) non solo portasse Varmi, mä che facesse atti d'hostüitä 
ed in particolare, che assediabse e per assedio prendesae Monte Mavore, castello 
dd distretto di Forli; e forse prese ancor Meldola^ alVhora tenuta dal conte 
Älbei'tino, dicendo taVinstrumento, che detto conte in tal tempo la perdette. 
Ami perche in quello stesao instruinento vien fatta immediatamente mentione 
deüa distiiUione di Forli, e forza credere, che il distruttore ne f'osse ü medesimo 
Conrado, non essendo probabile, che un esercito di quella sorte si divertisse in 
assediare e prendere castelli del territorio Forlivese^ se non fosse stato per 
snervar prima le forze dsForlivesi e poi voltarsi contro la cittä, esercitando 
m essa gli idtimi sforzi della sua ira. Marchesi Supplemento ist. dell'antica 
citta di Forli J41. Offenbar meint Marchesi dieselbe Urkunde, über deren 
rechtlichen Inhalt er S. 160 handelt; da heisst es un certo Ugolino arciprete 
affermö^ che, quando il conte Albertino perse Meldola avanti la distructione di 
Forli etc.; hier auch die Daten. 

2. Nur für das Gebiet von Gubbio, welches zum Herzogtume Spolcto ge- 
hörte, finde ich ein bestimmtes Zeugnis. Da hat man nämlich schon 1127 
Lothar anerkannt. Mittarelli et Costadoni 1. c. IX 21. 

3. Stumpf Acta imp. 113 Nr. 98. 

4. Dieses Diplom hat Jaff'6 noch nicht gekannt; aber aus einer 1129 für 
ein Luccheser Kloster ausgestellten Urkunde unseres Markgrafen s«^ll>st bnt er 
in seiner Geschichte Lothars S. IX Anm. 22 upd S. 238 gefolgert, dass Kon- 



— 90 — 

Diplome Heinrichs IV. und V. wiederholen; und es kann sich 
doch hier verhalten, wie mit einer Urkunde Friedrichs II. für 
Guido Cacciaconte: jener schenkt diesem eine Burg, um seine 
glänzenden, ihm vordem in Apulien geleisteten Dienste zu be- 
lohnen. „Aber der ganze Text ist vom ersten bis zum letzten 
Worte Wiederholung der bezüglichen Urkunde Ottos IV., und die 
Dienste, welche Friedrich nach der Fassung belohnt, waren that- 
sächlich gegen ihn geleistete."^ Auf dem gleichen Wege kann 
Lucca zu einer völlig unverdienten Verherrlichung durch Lothar 
gekommen sein. Jedenfalls war es nicht so durchaus lotharisch 
gesinnt, wie man nach der Urkunde annehmen sollte, denn im 
Jahre 1137 stand es in offenem Aufruhr gegen den Kaiser.^ 
Vielleicht verdient auch noch Erwähnung, dass Lothar nur die 
alten, nicht wohl anzutastenden Privilegien der beiden Heinriche 
bestätigt, nicht aber die neue Verleihung des Markgrafen.* Das 
scheint auf einen Gegensatz hinzudeuten. Ferner hören wir von 
Landulf, dem Mailänder Chronisten,* dass König Konrad, da er 
die Grafschaften und Markgrafschaften der Lombardei und Tusciens 
besucht habe, von deren Herren freudig aufgenommen sei.* Ist es 



rad UDd mit ihm dann auch Lucca auf Seiten Lothars standen. Dieselbe unter- 
schreibt nämlich Darius notarius domini imperatoris — Regest Nr. 15 — und 
Jaff4 erklärt nun, dass der Kaiser nur Lothar sein könne. Weshalb nicht auch 
Konrad, hat er nicht gesagt: zur Zeit war Lothar ebensowenig Kaiser, wie 
Konrad. Natürlich ist Keiner von Beiden gemeint; ganz der aUgemeinen Sitte 
entsprechend, heisst der Notar vielmehr nach dem Kaiser, der ihn ernannt hat. 
So zeichnet sich Darius denn auch schon im August 1]21 — Regest Nr. 6 — 
als notariiis domini imperatoris, also Heinrichs V. oder schon gar Heinrichs IV. 
Nicht anders ist es mit den von Markgrafen ernannten Notaren: 1129 ver- 
schwindet Konrad, 1131 hatte er einen Nachfolger Rampret, gleichwohl finden 
wir noch 1 1B3 und 34 einen Berardug dorn, march. Curradi notarius. Rena e 
Camici 1. c. IVa 75. 79. 

1. So Ficker Beiträge zur ürkundenlehre I 317. 

2. Bernhardi Lothar IIL 694 ff. 

3. Regest Nr. 12. 

4. Hunc namque gradientem per comitatus et marchias Lombardie et 
Tiiscie comites et marchiones — cum gaudio susceperunt et amaverunt c. 54. 

5. Davidsohn^Gesch. v. Florenz I 406 Anm. 1 findet es bemerkenswert, 
dass ein Notar Lotterie „gegen den Gebrauch der Zeit** 1180 Februar 18 sich 
nenne: domini marchionis Curradi notarius, „offenbar um für keinen der im 
Streit Begriffenen sich aussprechen zu müssen^. Ich glaube nun nicht, dass 
Pavidsohn selbst daraus eine Vermutung auf die Haltung des Markgrafen heir- 



— 91 — 

wahrscheinlich, dass da die erste Gewalt Tusciens, unser Mark- 
graf, eine den Worten des Chronisten entgegengesetzte Haltung 
beobachtet habe?^ 

Noch im September 1 129 lässt sich der Markgraf in Tuscien 
nachweisen. Im Jahre 1130 hat der Staufer seine italienische 
Rolle ausgespielt.^ Vom 26. September 1130 datiert die erste 
mir bekannte Urkunde aus Tuscien,^ in der nach Lothars Re- 
gierung gerechnet wird, und spätestens am 26. November 1131 
hatte Tuscien einen anderen, sicher von Lothar ernannten Mark- 
grafen.* 

Hier, wie in der ganzen deutsch-italienischen Geschichte der 
Jahre 1120 — 30, bleiben manche Zweifel. Leider treffen dieselben 
zumeist Dinge, deren Tragweite man nicht bestreiten kann. Ich 
habe einmal auf diese Lücken unseres Wissens mit Bestimmtheit 
hinweisen wollen; denn es scheint mir wichtiger zu sein, sich der 
Unkenntnis über bedeutende Ereignisse oder Zusammenhänge recht 
bewusst zu werden, als nur die zufällige Ueberlieferung vorzu- 
tragen, diese dann in ihrem ganzen Umfange und mit behaglicher 
Breite. Darüber hinaus möchte aber doch nunmehr manches Po- 
sitive gewonnen sein. 



leiten will, ich kann aber auch nicht der von ihm gezogenen Folgerung zu- 
stimmen. Wie ich schon S. 89 Anm. 4 sagte, findet sich noch 1133 und 1134 
ein Berardus dorn, march. Curradd notanus, 

1. Anderer Meinung ist Davidsohn a. a. O. 

2. Wann Konrad JII. Italien verlassen hat, entzieht sich unserer 
Kenntnis. Man hat die Zeit in verschiedener Weise bestimmt, aber darüber 
ist man einig, dass er 1130 sein Spiel verloren hatte. Vgl. Bernhardi a. a. O. 
209 Anm. 30. 

3. Ein zu Arezzo geschlossener Vertrag des Klosters Camaldoli bei 
Mittarelli et Costadoni 1. c. ITI Append. 334. 

4. Doch wird man nicht behaupten dürfen, der lotharische Markgraf sei 
gegen Konrad aufgestellt worden. Denn zur Zeit, da wir jenen das erste Mal 
nachweisen können, war dieser schon gestorben. Mon. Boica XXII 14. Vgl. 
Davidsohn a. a, 0. 



IV. 

Ein unmöglicher Ausstellungsort in echter 

Urkunde Konrads 



Ficker hat den für die Diploraatik wichtigen Beweis er- 
bracht/ dass mit vielem anderen wohl einmal auch das Orts- und 
Tagesdatum aus einem als Muster dienenden Privileg in das neue 
hinübergenommen wurde, dass nur die Jahresdaten eine ent- 
sprechende Aenderung erfuhren. So sind etwa die Urkunden fCir 
Bamberg St. 1566. 67. 68, welche angeblich am 1. November 1012 
zu Frankfurt ausgestellt wurden, lediglich durch ihre Vorurkunde, 
nämlich durch eines der vielen Privilegien, die Heinrich IL am 
1. November 1007 in Frankfurt dem neu gegründeten Bamberg 
erteilte, zu dem angegebenen Orts- und Tagesdatum gekommen: 
wir wissen, dass Heinrich am 1. November 1012 nicht in Frank- 
furt, sondern in Helmstädt sich aufhielt. Aber bei den von 
Ficker erbrachten Beispielen handelt es sich stets um Urkunden 
desselben Herrschers, so dass der Schreiber aus einer früheren 
Akte seines derzeitigen Herrn Ort und Tag in die spätere ein- 
fliessen Hess. Ich glaube nun, durch einen Fall, bei dem die 
Urkunde des Grossvaters in der bezeichneten Weise auf die Ur- 
kunde des Enkels einwirkte, den Beweis Fickers vervollständigen 
zu können. Jedoch entbehrt das jüngere Diplom der Tagesdaten, 
und also nur der Ort stammt aus der Vorurkunde. Dieser aber 
ist um so merkwürdiger, als es weltbekannt war und ist, dass 
der Enkel denselben niemals betreten hat: nämlich Rom. Dort 
urkundete Heinrich IV. am 15. Juni 1083 für Farfa,^ und eben- 



1. Beiträge zur Urkundenlehre I 302—305. 333-— 340. Vgl. jetzt auch 
Bresslau im Neuen Archiv XXII 174. 

2. Giesebrecht Kaiserzeit 111 1274 Nr.. 4 der 5. Auflage. Giorgi e 
Bal^ani II regesto 4i Farfa IV 93. 



-- ÖS — 

dort soll Konrad III. im Jahre 1138 demselben Kloster ein Pri- 
vileg erteilt haben.^ 

Offenbar hat nun Heinrichs Urkunde in vielen Teilen als 
Vorbild für diejenige Konrads gedient. Ich will das Verhältnis 
in einem Neudruck der letzteren zur Anschauung bringen, indem 
ich die Entlehnungen in kleinen Lettern gebe. Die Mitteilung 
der ganzen Urkunde wird aber auch deshalb willkommen sein, 
weil sie bis dahin den wenigsten Deutschen erreichbar war. 

C. In nomine sancte et individue trinitatis. Ego Cuonradus divina 
favente dementia Romanonim rex dilecto [suo]* Adenulfo Farfensi ab- 
bat! eiusque successoribus in perpetuum. 

Officium principis est, qui pro salute omnium^ curam gerit, bene- 
ficiis exTiberare in subditos atque a pravorum hominum incursione 
iu8° iiniuscuiusque, regiminis ratione servata, protegere. Cumque de- 
fensioni ecclesiarum et §cclesiasticarum personarum cura pervigili in- 
sistendum sit, specialiter eas amplecti debemus, quas predecessores 
nostri reges et imperatores munifica liberalitate possessionum largitione 
locupletasse noseuntur. 

Earfense itaque monasterium in honore beate Mariae matris 
domini constructum, quod ex antiquo usque ad nostra tempora ad ius 
et proprietatem imperii pertinere indubitanter constat, predecessorum 
nostronim exempla sequentes, ac novissime avi nostri Henrici, item 
Henrici avunculi nostri imperatorum privilegia renovantes, in regali 
nostra defensione ac tutela suscipimus. Te nihilominus Adenulfe 
venerabilis abbas prefati monasterii Farfensis una cum rebus et pos- 
sessionibus eiusdem §cclesiae, cui deo auctore** presides, auctoritatis 
nostre beneficio ducimus® amplectendum et muuiendum, quatenus in 
diebus nostris et inde in posterum, data quiete servis dei ibidem ser- 
vientibus deo, pro animabus parentum nostrorum nostraque salute 
necnon pro stabilitate regni deum propensius orent. Confirmamus ergo 
per presentis privilegii nostri paginam quicquid ad prefatam ^cclesiam 
pertiuet vel in futurum acquirere potest in oranibus imperii nostri par- 
tibus, ita libere possidendum, quemadmodum ipsam Farfensem §ccle- 
siam singulari libertate insignitam esse patet. Confirmando videlicet 
nominatim auctoritatis nostrae sententia roboramus in predicto mo- 

Bb . . . 2. b. animarum 2. c. bis 2. d. yictore 1. e. durimuB 1. 



1. Archivio della societd* Romana di storia patria 11 450 aus dem 
Original, jetzt auf der Bibliot. Vittorio Bmanuele zu Rom -- 1. Abschrift Beth- 
manns in den Sammlungen der Mou. Germ. = 2, auch aus dem Original. 



— 94 — 

nasterio sanctae ICariae in Farfa campnm, qni est in Quinzica in civitate Pisana, 
quod quidem predium^ fait vinea dominicata regia, et snnt ibi modo ^cclesiae 

et multae domus constructae, quem campum avus meus Henricus Im- 
perator eidem monasterio contulit-; et campum, qui est in loco et finibus 

Bevolta; tertiuro predlum^ est in looo et finibus Patigiani," qui^ vocator Plage ; quar- 

tum predium* est in Qomfo;*^ item confirmamus in eodem monasterio castrum 
Trebulae, quod prefatus avus meus imperator Henricus quondam iam 
dicto monasterio reddidit; statuentes etiam, quod si quis nobilis vel 
ignobilis, potens persona vel impotens aliquid de suis rebus tam mobi- 
libus quam immobilibus eidem monasterio pro salute anime suae vel 
quoquo alio titulo conferre voluerit, liberam accipiendi predictum mo- 
nasterium habeat facultatem. Preterea quia eundem venerabilem locum 
genitricis dei et domin^ nostr^ inimicorum incursionibus et insidiis 
patere cognovimus, et ab hostibus iam sepissime multa perpessum, et 
a scismaticis et persecutoribus aecclesiae et regni nostro etiam tempore 
tam religione quam etiam bonis temporalibus destitutum, concedimus 
atque imperiali auctoritate iubemus, in vicino monte Mutellae,^ loci 
natura et asperitate munito, ad honorem eiusdem virginis genitricis dei 
de novo monasterium construi, ut Farfenses fratres ibi ab hostium in- 
festatione et inquietudine securi sint et libere ac quiete auxiliante do- 
mino divino® ac regulari ordini valeant mancipari. 

Quod si quis haec serenitatis nostrae statuta audaci spiritu et mente 
sacrilega violare presumserit et, ne hoc sacrum et religiosum opus 
perficiatur, impedire temtaverit et abbatem eiusdem monasterü Adeuulfum 
eiusque successores saper his,^ que ei coiicessimus et per presentem pagi- 
nam nostri privilegii confirmavimus, quoquo modo inquietaverit, sciat se 

centum libras auri compositurum, medietatem nostrae camerae, medietatem Farfensi 

monasterio. 

Guius llOStri preceptl in etemum mansuri testem banc cartam scribi iussimus, 
quam, iit infra videtur, manu propria corroboratam et nostro sigUIo signatam, omnis 
generationis tam future quam presentis notitie memorandam relinquimus et nOS- 

cendam. 

Signum domniß Cuonradi Romanorum regis secundi. 

Ego Arnoldus regio curie cancellarius recognovi. 

Huius rei testes sunt: dux Fredericus frater domni regis, Alber- 
tus primicerius, Wernerius capellanus, Henricus marescalcus, Bertolfus 
de Nurenberc. 

a. In St. 2850 petium, ebenso aucb in St. 2866. 8157. b. Pratignani 2. 

X. quod 1. c. Qorfo 1. d. Mirtellae 1, zu 2 vgl. Regesto di Farfa IV 315 N. 1321. 
e. Wahrscheinlich ist servitio zu ergänzen. f. h e c 1. g. fehlt 1. 



— 96 -- 

Actum felioiter Bomae aiiiio dominicae incAruationis 1138., regni vero 
Cuonradi regis 2. 

Ego Cuonrad[us] dei gratia Romanorum [rex secundus].» 

Bethtuann hat zu der Abschrift, welche er für die Monumente 
nahm, die Bemerkung hinzugefügt, dass die Form der Buch- 
staben plane coeva atque genuina sei; aber die Fassung des 
Diploms, die Züge der Unterschrift und das Monogramm 
hält er für unecht.^ St. 3383 hat die Urkunde kurzweg 
als Fälschung bezeichnet. Der erst dann folgende Herausgeber 
Giorgi verweist auf das unziemliche Pronomen Ego, das Konrad 
sich beilegt, auf die dazu nicht passende Anrede dilecto suo auf 
das verkehrte Monogramm und vor allem auf den unmöglichen 
Ausstellungsort.^ Der ist denn auch für Bernhardi, der freilich 
das Verhältnis zur Vorurkunde so gut übersehen hat, wie seine 
Vorgänger, der Hauptstein des Anstosses gewesen. Aber Bern- 
hardi erkannte dann schon an gewissen Einzelheiten, dass die 
Urkunde doch nicht ein blosses Phantasiestück sein könne; er 
schliesst auf eine echte Vorlage. 

Die Urkunde hat allerdings manche Eigentümlichkeiten. So 
findet sich nach der Beschreibung Bethmanns unter der Datierung: 
Ego Guonradus dei gratia Romanorum: das Uebrige ist ver- 
loschen. Man hat nun in diesen Worten, von deren Vorhanden- 
sein übrigens der Herausgeber Nichts bemerkt hat, die Unter- 
schrift des Königs erkennen wollen, und eben darauf bezieht sich 
wohl Bethmanns Erklärung, dass der sitbscriptionis habitics den 
Fälscher verrate. Derartige Unterschriften sind schon an und 
für sich ungebräuchlich ; 3 so viel ich weiss, steht nur unter 
St. 5003 der Name des Königs. Seinem Regest hat Stumpf hin- 
zugefügt: „Original echt, im Besitze des Herrn Launitz zu 
Prankfurt, mit angeblicher Unterschrift Kaiser Heinrichs VI." Die 
Urkunde befindet sich jetzt in dem diplomatischen Apparate des 
historischen Seminars zu Strassburg, und da habe ich mich 

a. Das Eingeklammerte verwischt. Ego — secundus fehlt 1. 

1. Vgl. Bernhardi Jahrbücher Konrads III. 75 Anm. 51. 

2. Archivio 1. c. 443. 

3. Sie sind bekanntlich die Singularität von Urkunden über königliche 
Gerichtssitzungen; solche Urkunden lauten aber eben nicht auf den Namen des 
KOni^^s als Aussteller. 



— 96 — 

selbst tiberzeugen können, dass die Urkunde echt und die Unter- 
schrift unecht ist.^ Dasselbe kann immerhin auch von der Ur- 
kunde und Subskription Konrads gelten. Dagegen treffen andere 
auffallende Erscheinungen unzweifelhaft den ursprünglichen Text 
selbst. So die zweimalige Verletzung des pluralis maiestatis,^ 
die Beziehung auf die kaiserliche Würde neben der königlichen/ 
die Verbindung von Ego mit dem Namen des Königs.* Aber 
für all diese Versehen fehlt es in Konrads Urkunden nicht an 
mannigfachen Analogien,* und sie erweisen sich zur Verwerfung 
oder Verdächtigung nicht als zulänglich, vollends dann nicht, 
wenn sich herausstellen sollte, dass der Schreiber ein Neuling in 
Kanzleigeschäften war.* Was im übrigen noch gegen die Echt- 
heit vorgebracht wurde, spricht bei genauerem Zusehen vielmehr 
für dieselbe. 

Zunächst die Zeugen. Vor allem wird man behaupten dürfen, 
dass der Primicerius Albert keine freie Erfindung ist: er ist der 
Primicerius von Verdun. Wir finden ihn noch einmal im Dezember 
1138 an Konrads Hofe, und zwar zu Nürnberg, wo damals Genua 
sein berühmtes Münzprivileg erhielt.' Da nun aber der Primi- 
cerius von Verdun schwerlich noch zu einer anderen Zeit des- 
selben Jahres beim König weilte, so wird man sofort auf die 
Vermutung geführt, auch unsere Urkunde sei im Dezember zu 
Nürnberg ausgestellt. Zur Bestätigung dienen zwei andere 
Zeugen, nämlich Herzog Friedrich und Marschall Heinrich, die 
neben Albertus primiceriics Verdunensis auch das Privileg für 



J. Dieselbe lautet: Ego Henrichus Romnnorum imperator. 

2. — avus meus — p^efatus avus meus. 

3. — vn regcdi nostra defensione — imperiali auctoritate. 

4. Ego Cuonradus — dilecto suo Adenulfo. 

5. Zu Anni. 2 vgl. z. B. St. 3406. 3424. 3463. 3538. Zu Anm. 3 vgl. 
z. B. St. 3399. 3469 und besonders 3437: in nostre regte et imperialis tuüimiis 
protectionem. Zu Anm. 4, so weit sie sich auf Ego im Titel bezieht, vgl. z. B. 
St. 3406. 3411. 3418. 3463. 3514 u. s. w.; nur für den offenbaren Fehler: suo 
Adenulfo habe ich keine Analogie gefunden; in Bothmanns Abschrift finden 
sich für suo drei Punkte. 

6. Bei Beurteilung von Urkunden Konrads thut man gut daran, sich 
das Urteil Bernhardis a. a. O. 552 Anm. 37 gegenwärtig zu halten: 8t. 3539 
konnte verdächtig erscheinen, .,wenn nicht Konrads Kanzlei so reich an Un^ 
regelniässigkeiten wäre*. 

7. St. 3382. 



- öt - 

Genua unterfertigen; zur Bestätigung dient dann ganz besonders 
der allerdings nur hier vorkommende Bertolfus de Nurenherg: die 
Zeugenschaft eines Nürnbergers in königlicher Urkunde erklärt 
sich am besten, wenn der Hof eben in Nürnberg weilte. Es 
bleibt noch ein Zeuge, der königliche Kapellan Werner. Wir 
finden ihn nicht in Beziehung zu Nürnberg. Jedoch wir können 
ihn anderweitig nachweisen, freilich nur ein einziges Mal,^ aber 
ist nicht eben der Umstand, dass Werner wenig von sich reden 
machte, ge wisser massen eine Bürgschaft für sein Erscheinen in 
unserer Urkunde? 

Die Zeugen geben also nicht allein keine Veranlassung, gegen 
die Urkunde Bedenken zu erheben, sie verweisen in ihrer Mehr- 
zahl vielmehr auch auf Zeit und Ort der Abfassung; und danach 
ist für die weitere Kritik doch vor allem das andere im Dezember 
zu Nürnberg ausgestellte Privileg heranzuziehen. 

Auf Grund von Bethraanns Beschreibung sagt Bernhardi: 
„Das Monogramm ist einmal vollständig, aber nicht ganz richtig 
über der Signumszeile,^ dann unvollständig und falsch unter der 
Rekognitionszeile." Statt „vollständig, aber nicht ganz richtig" 
sollte es heissen „vollständig und ganz richtig". Gerade so ist 
das Monogramm in der gleichzeitigen Urkunde für Genua be- 
schaffen.^ In einer zweiten, wenigstens demselben Jahre ange- 
hörenden ist die Zeichnung keine andere.* Aber das tiefer unten 
stehende Monogramm, das als „unvollständig und falsch" gebrand- 
markt isti Von ihm sind heute blos einige Striche noch sichtbar. 
Wahrscheinlich war es schon vorhanden, als man die Urkunde 
niederschrieb; darum möchten doch Zeugen und Daten auf seine 
beiden Seiten verteilt worden sein. Ob dann etwaige Mängel 



1. St. 3403, aber die angeführten Drucke sind mangelhaft, namentlich 
fehlt darin auch der Kapellan Werner; vollständig findet sich die Urkunde in 
Topographie des Erzherzogtums Oesterreich XVI 8. 

2. Es ist reproduziert im Archivio 1. c. 452, natürlich nach dem Original. 

3. Abgebildet bei Gandolfi Della moneta antica di Genova I 224 Nr. 6, 
leider nicht nach dem Original, das verloren zu sein scheint, sondern nach 
notarieller Beglaubigung von 1229. 

4. St. 3372. Kaiserurk. in Abbild. 10 Tafel 2. 
Soh«ffer-Boicliorgt, Zur Gesch. des XII. u. XIIL Jahrhunderts. 7 



1- gs — 

erkannt wurden,^ ob der Kanzlist selbst Hand angelegt hat, es 
verschwinden zu machen? Die selbstverständliche Folge wäre ge- 
wesen, dass er für ein neues, richtiges Monogramm sorgen musste. 
Wie auch immer, — ein Fälscher würde sich gehütet haben 
durch eine so auffallende Erscheinung, wie zwei Monogramme 
doch sind, Verdacht zu erregen. 

Noch zwei andere, jedoch weniger vereinzelte Eigentümlich- 
keiten haben die Urkunden für Farfa und Genua mit einander 
gemein. Das ist erstens das Pronomen Ego, welches dem Namen 
Konrads vorausgeht,^ und dann die Form der Eekognition: Ego 
Amoldtis regle curie cancellariits recognovi. Ego vor Ouonradus 
findet sich häufiger; die Bezeichnung des Kanzlers als Kanzlers 
des königlichen Hofes nur noch in einer dritten Urkunde, näm- 
lich vom 22. Juni 1139.» 

Die letztere Urkunde hat nun aber mit der unsrigen noch 
eine gemeinsame Arenga. Von einer geringfügigen Aenderung 
abgesehen, stimmen die Worte Officium principis bis ratione ser- 
vata protegere durchaus überein. 

So wird man doch zu der Annahme gedrängt, dass die drei 
Urkunden auf einen Schreiber oder Diktator zurückgehen.* Da- 
bei lässt sich förmlich eine genetische Entwicklung verfolgen. 
Nehmen wir an, die Urkunde für Farfa sei die erste Arbeit des 
Kanzlisten gewesen, so bezeichnet das Münzprivileg für Genua 
schon einen Fortschritt: in beiden haben wir allerdings das Pro- 
nomen Ego, das in der Farfeser Urkunde so unpassend mit Suo 
verbunden ist, das in der Genueser nicht minder ungeschickt 
sich auf decrevimtts bezieht; dann aber enthält das Genueser 
Diplom keine weiteren Verstösse gegen den Pluralis majestatis. 



1. Uebrigens können dio heute noch vorhandenen Spuren unter der Be- 
dingung, dass das Monogramm nicht als ein schon fertiges gelten sollte, vor 
der Kritik sehr wohl bestehen. Es ist aber offenbar unvollendet, wie in der 
Mitte abgebrochene Verzierungen des rechten Längsbalkens beweisen. 

2. Nur besteht der Unterschied, dass Ego in der Genueser Urkunde 
nicht schon in dem der Invokation folgenden Titel vorkommt, sondern eine 
Zeile weiter: — — quuHter ego Cunradus, 

3. St. 3305. 

4. Es mag die Anmerkung gestattet sein, dass in allen drei Urkunden 
der Primicerius von Verdun, der sonst weiter am königlichen Hofe nicht be- 
gegnet, als Zeuge erscheint. 



; -.wk 



Ö9 - 

keinen Verweis auf die kaiserliche Würde neben der königlichen.^ 
Zuletzt sind alle Mängel tiberwunden : in dem Diplom vom 22. Jutfi 
1139 zeigt nur noch die ungewöhnliche Form der Eekognition 
den Zusammenhang mit den beiden Urkunden ftir Farfa und 
Genua, und die gemeinsame Arenga ist gewissermassen noch ein 
weiteres Bindeglied mit der Farfeser.^ 

Diese Erscheinungen wüsste ich aber mit der Annahme, das 
Privileg für Farfa sei gefälscht, durchaus nicht in Einklang zu 
bringen, und die Frage, wie ein abseits vom Hofe lebender 
Fälscher die üebereinstimmung mit einem ziemlich gleichzeitigen 
und einem nur etwas späteren Diplom zustande gebracht hätte, 
scheint mir eine ewig offene zu bleiben. Auf die Hypothese, ein 
Mönch von Farfa hätte sich die beiden Schriftstücke zu ver- 
schaffen gewusst und danach sein Machwerk zusammengeschweisst, 

1. Dafar hat dann das Genueser Diplom wieder andere Unregel- 
mässigkeiten, doch kann ich. sie weniger hoch anschlagen. Vgl. Bemhardi 
a. a. 0. 65 Anm. 35. 

2. Die interessanteste Angabe unseres Diploms betrifift die Verfolgungen 
durch Schismatiker und Kirchenfeinde, die sich schon früher und abermals in 
Konrads Zeit zugetragen haben, die so vernichtend waren, dass das Kloster 
tarn religione, quam etiam bonis temporalibus destituium erat^ die nun zum 
Baue eines Klosters an gesichertem Orte veranlassten. Nach Gregor. Catin. M. G. 
SS. XII 581 hatten sich die kaisertreuen Mönche schon im Jahre 1121 vor 
dem Andringen Papst Calixts IL in alle Winde zerstreut. Als dann lÄnocenz" IL, 
von Anaklet IL verfolgt, nach Frankreich floh, befand sich in seiner Begleitung 
auch .Abt Adenulf, wie wir aus der Bist. Mauriniac. M. G. SS. XXVI 41 
wissen. Dem entspricht, dass es in den allzu dürftigen Annal. Farfens. M. G. 
SS. XI 589 zum Jahre 1137 heisst: Ädenulfus Farfensem ahhatiam recepit; 
und aus dem Annal. Saxo M. G. SS VI 775 erfahren wir, dass in derselben 
Zeit Kaiser Lothar, der eben die letzte Hand anlegte, um das Papsttum 
lunocenz* IL zu befestigen, der Abtei viele, ihr durch Anaklet IL genommene 
Burgen und Güter zurückgab. Den damaligen Römerzug Lothars aber hatte 
Eonrad mitgemacht, und ofifenbar mit Rücksicht auf Zustände, denen Lothar 
auf demselben eine Ende setzte, sagt Konrad nun, nicht blos früher, sondern 
nostro etiam tempore hätten Schismatiker und Kirchenfeinde das K^loster in 
Geistlichem und Weltlichem zu Grunde gerichtet. Der Wiederholung solcher 
Zustände, wie die von 1121 und etwa 1130 — 1137, für die Zukunft vorzubeugen, 
wünschten aber die Mönche ein Kloster in mehr gesicherter Lage. Konrad 
willfahrte ihrem Wunsche, und dieser ganze Zusammenhang erklärt nun die an 
sich recht dunkle Notiz in den Annal. Farf. 1. c: Anno 1143 monasterium 
nomm inchoatur in monte. So erhalten wir einen nicht unwichtigen Beitrag 

zur Lokalgeschichte von Farfa, aber auch zur Papstgeschichte. 

7* 



— 100 — 

wird wohl Niemand verfallen, ist doch das eine fUr die Stadt 
Genua, das andere für die Propstei in Maastricht ausgestellt, l^s 
bliebe nur die so beliebte Annahme einer verlorenen echten 
Vorlage« Aber woher wQrde sich dann der Ausstellungsort Bom 
erklären? 

Eben dieser unmögliche Ausstellungsort ist bei Berücksichti- 
gung der Thatsache, dass die Schrift plcme coaeva et genuina, für 
mich erst recht ein Kriterium der Echtheit. Nach 100 Jahren 
konnte immerhin Jemand ein Diplom Konrads lU. aus Bom 
datieren, nimmermehr ein gleichzeitiger Fälscher. Ein solcher 
würde auch nicht harmlos den Ausstellungsort der Vor- 
urkunde entnommen haben. Fälscher können ungeschickt sein, 
aber nicht harmlos, und wollten wir annehmen, dass ein 
Zeitgenosse Konrads UI. das Diplom gefälscht hätte, indem er 
Actum felidter Bomae dem Kanzlisten Heinrich IV. nach- 
geschrieben, so erhielten wir eben die eigenartige Erscheinung 
eines harmlosen Fälschers. Ich suche die Harmlosigkeit vielmehr 
auf Seiten des kaiserlichen Kanzlisten, der mit Anderem aus 
seiner Vorlage zugleich das Ortsdatum kopierte. Zu dieser An- 
nahme drängen dann ja aber auch die für die Echtheit erbrachten 
Momente, und so erhalten wir thatsächlich ein Analogen für die 
von Ficker beobachtete Wiederholung eines Datums der Vor- 
urkunde. 

Noch ist zu erwähnen, dass die Urkunde unbesiegelt ist 
und war.^ Weshalb? Weil die Unmöglichkeit des Ausstellungs- 
ortes rechtzeitig erkannt wurde, — hat man vermutet,^ — sei 
die notwendigste Beglaubigung unterblieben. Ich muss dagegen 
bemerken, dass in der Kanzlei doch ein Badiermesser sich vor- 
fand. Sonst haben kaiserliche Schreiber keinen Anstand ge- 
nommen, seine Wirkung auch gerade am Ausstellungsort zu 
erproben.* Vielleicht lässt sich ein besserer Grund geltend 
machen. 

Die Schenkung der Pisaner Ländereien war beglaubigt. 
Nicht blos durch die Schenkungsurkunde selbst, sondern auch 



1. Sigiüum nunquam affuit, Bethmann. Giorgi schweigt darüber. 

2. Bresslau in Jahresberichten der Gesch. Wissensch. XI Jahrg. IV 71. 

3. „Badasponae auf Rasur des ursprünglichen Salafeldae**. M. G. DD. 
0. II. 232 Nr. 204 Anm. d. 



— 101 — 

durch Bestätigungen Heinrichs IV. und V.^ Diese enthalten eine 
genaue Aufzählung aller Besitzungen Farfas: castrum Trebtdae 
suchen wir darunter vergebens. Heinrich IV. soll es nach unserer 
Urkunde dem Kloster zurückgegeben haben; noch um 1116 
wurde es gegen den Willen des Abtes und der Mönchschaft von 
Laien beherrscht;^ 1118 ist Heinrich V. über den Rechtsanspruch 
Farfas hinweggegangen.' Wenn der Kanzler im letzten Augen- 
blicke dieses Sachverhältnis erkannte und erwog, so that er 
wohl daran, die Besiegelung zu verweigern. Das Dokument 
selbst den Mönchen vorzuenthalten, hatte man keinen Grund* 



1. St. 2856. 3157, auch Giorgi e Balzani V 95. 302. 

2. Siehe die Klageschrift d, d, temporibus localis papae etc., huius 
ßamtiasimae synodi religioni, bei Giorgi e Balzani V 302 Nr. 1317. 

3. St. 3157 Tgl. Anm. 1. Da findet man wohl: in Trehide ecclesia 8. 
Adrtani, fundits Tribilianus^ nicht aber die Burg. Fundus und casteUum fallen 
aber keineswegs zusammen, zum Ueberfluss sind sie noch scharf von einander 
QDterschieden, z. B. fundua Agellus, ü-etprius, und später casteüum Äfdlum^ 
^rifm Pretoriumf 



V. 
Chiavenna als Grafschaft des Herzogtums 

Schwaben. 



Die Grafschaft Chiavenna beanspruchten die Bischöfe von 
Como als ihr Reichslehen ; die Bürger von Chiavenna behaupteten, 
dass sie ihnen gebühre. Wenigstens im Verlaufe des Prozesses, 
nicht schon zu Anfang, erklärten sie dem Kaiser, das Streitobjekt 
unterstände dem Herzog von Schwaben, der es ihnen verleihen 
müsse. Darüber handeln mehrere Urkunden, von denen die einen 
nie beanstandet wurden, die anderen manche Anfechtung erfahren 
haben. Den letzteren gilt meine Untersuchung, die ersteren 
dienen nur als Mittel zum Zweck; ihre Echtheit kann man In der 
That ohne Bedenken voraussetzen. Die bisherigen Verdächtigungen 
trafen aber die Privilegien für Chiavenna. 

Gleich das erste, das zu Gunsten Chiavennas lautet, hat 
wenig Gnade gefunden. Es war bisher nur in dürftigem Regest 
bekannt,^ und dessen Daten „1152 März 9 Ulm" Hessen sich 
allerdings mit dem Itinerar des Ausstellers, Friedrichs I., nicht in 
Einklang bringen. Aber schon Ficker vermutete, dass die falsche 
Monats- und Tagesangabe auf Kosten eines Späteren zu setzen 
sei;* er änderte: „Juli oder August 1152". Der vollständige 
Text, der jetzt aufgefunden wurde, hat seine Annahme bestätigt. 
Die Urkunde ist am 1. August 1152 in Ulm ausgestellt,* und 
dort können wir den König für die damalige Zeit mehrfach nach- 
weisen.* Doch nicht blos ihn, sondern auch den grössten Teil 

1. St. 3616. — - 

2. Forschungen zur Reiehs- und Rechtsg«8cbichte Italiens II 197 Anm. 14. 

3. Wir besitzen sie in zwei Abschriften, auf die ich S. 118 zurückkoinme. 
Die schlechtere liegt dem Drucke Fossatis im Periodico della soc. stör, per la 
provincia e antica diocesi di Como lY 277 zu Grunde. Beide beruhen auf 
einem eocemplum ab exemplo ex autentico exemplato! 

4. St. 3635—3639. Dazu bemerke ich, dass St. 3635 jetzt vollständig 
gedruckt ist von 0. Casati Mem. stör, s tatist. della citta di Trevi oggi Trevi- 
giio 274, ebenso St. 3639 yon E. Bianchetti JLi'Ossola iAferiore II 73, ferner 



— 108 — 

der Zeugen.^ So beseitigt der Wortlaut, der uns allzu lange un- 
bekannt war, das der Echtheit entgegenstehende Bedenken,^ zu- 
gleich kann das Ergebnis der Vergleichung, die er möglich macht, 
nur eine günstige Meinung bestärken.® 

Für den Inhalt hat im folgenden Jahre Friedrich selbst 
gleichsam Bürgschaft geleistet. Doch fassen wir die Urkunde 
zunächst in ein kurzes BegestI 

Am 1. August 1152 baten die Konsuln von Chiavenna den 
König um die Grafschaft, die ihre Stadt schon lange besessen 
habe auctoritate tarn regumquam imperatorum. Dagegen erhoben 
sich Bischof Ardicio I. von Como und Herr Heinrich von Hostia.* 



hat R. Thömmen im N. Archiv XII 180—186 Nr. 3636. 37. 38 neu heraus- 
gegeben; er sucht sie als Fälschungen zu erweisen, und E. 6imsQD meint in 
Qiesebrechts Kaisergesch. VI 329 Anm. 2 die Echtheit nicht mehr vertreten 
zu dürfen. Das aber ist gewiss nicht meine Schuld, vgl. Mitteilungen des Ost. 
Inst. IX 191—199 und jetzt auch Nr. VII dieser Untersuchungen. 

1. Unter ihnen erregt ein Herr, der sich sonst zu Ulm nicht nachweisen 
lässt, ganz besonderes Interesse; in der einen Abschrift heisst er: comea Eodid- 
fus de Vuineshtä, in der anderen: de Suzivineshut Es ist offenbar dieselbe 
Pergönlicbkeit, wegen deren man das kleine österreichische Hausprivileg ver- 
dächtigt hat, die dann aber Ficker Sitzgsb. d. Wiener Akad. XXHI 608 in 
einer zweiten Urkunde nachgewiesen hat; nun kommt der dritte Beleg hinzu« 

2. Dass Wameritts marchio de Pade als Zeuge erscheint, beweist natür- 
lich nichts gegen die Echtheit. Wie wir aus St. 3635 und 3638 wissen, war 
damals zu Ulm Graf Wernher von Baden (im Aargau) anwesend, nach St. 3638 
nahm aber auch Markgraf Hermann von Baden (im Breisgau) am Ulm er Hofe 
Teil. Beide Personen konnten leicht zu einer zusammengeschweisst werden, 
sei es schon von einem Kanzlisten Friedrichs, sei es von dem späteren Ab- 
schreiber. 

3. Obwohl P. Darmstädter Das Reichsgut in der Lombardei und Piemont 
1896 die angeführte Zeitschrift kennt, — er nennt sie freilich immer Memorie, 
während sie Periodico heisst, — benutzt er die Urkunde vom 1. August 1152 
doch nur nach St. 3616. Ueberhaupt kann ich den ganzen, Chiavenna be- 
treffenden Abschnitt S. 84. 85 nicht loben, in ihm ist allzuviel ungenau oder 
schief gefasst; hier wenigstens bietet Darmstädter nichts, was uns fördert. 
Umso lehrreicher sind andere Seiten seines Buches. 

4. So in der einen Abschrift, in der anderen: Ortia. Wer er war, habe 
ich nicht feststellen können. Vielleicht liegt eine Verschreibung vor. Auch 
entbehre ich eine Bezeichnung seiner Würde; die Verbindung: et Henrico de 
Hostia et miütis aliis regni principibus kennzeichnet ihn doch als Fürsten. 
Dem widerspricht nicht, dass er bald darauf einfach heisst: dominus Henricus. 
Msdann würde }ßh df Ortia vorziehen und in: dß Artm ändern* Je49i^fft)te 



«. 104 — 

Jeder beanspruchte die Grafschaft als sein Lehen. Friedrich 
fragte den Hof, wer Recht habe. Albert von Kyburg fällte ein 
Urteil zu Gunsten Chiavennas,^ dessen Konsuln a manu regia 
investicmtur ahsque omni contradictione. Der König entsprach der 
Weisung, indem er zugleich die Privilegien Chiavennas bestätigte 
salvo per omnia iure regni. 

Wie man sieht, vom Herzogtum Schwaben ist noch keine 
Rede, und dazu passt durchaus eine Erklärung Friedrichs vom 
23. April 1153. Sie beweist die Reichsunmittelbarkeit der Graf- 
schaft aus seiner und seines Vaters Geschichte und bezeichnet 
das Privileg vom 1. August als ein Privileg „von Reichswegen**. 
Gegen die Echtheit dieses Zeugnisses, gegen die ganze Urkunde 
vom 23. April, die der Bischof von Como erhielt, wüsste ich 
aber nichts einzuwenden. 

Zugleich erfahren wir aus ihr, dass die Verleihung vom 
1. August 1152 die Frage keineswegs endgültig zum Austrag 
bringen sollte. Denn zu Ulm erhielt ausser Chiavenna — die 
Ansprüche Heinrichs von Hostia sind jetzt und in der Folge mit 
Stillschweigen übergangen — auch der Bischof von Como eine 
Verbriefung seiner Rechte: unicuiqus iura sua conservare volentes^ 
utrique parti privilegia, de suo iure tantum, in ipsa cau^a conces- 
simus, donec maiori inquisitione in praesentia principum eadem con- 
troversia iusUtia dietante per congncam sententiam terminaretur. 
Offenbar sollte also auch die schon vollzogene Belehnung Chia- 
vennas nur interimistische Bedeutung haben. 

Zu Konstanz wurde im März 1153 der Streit weiter verfolgt. 
Bischof Ardicio hatte seine Privilegien mitgebracht, die Vertreter 
Chiavennas hatten die ihrigen daheim gelassen; sie baten deshalb 
um Aufschub, der ihnen auch gewährt wurde bis zum 19. April. 

besass ein Markgraf Heinrich das am Ortasee gelegene caMeHum Ärtui = Arto. 
Stampf Acta 690 Nr. 491. Ich erwähne noch, dass Darmst&dter a. a. O. 234 
Anm. 3 auf einen marchio Henncus in Stumpf Acta 519 N. 363 verweist und 
ihn für den Besitzer von Orta halten möchte. Aber in Stumpfs Vorlage 
heisst es Henricus Vercio — vgl. N. Archiv III 100 — und wie sich leicht 
zeigen lässt, hat Heinrich Werzio, Markgraf von Guasto, den Besitzer von 
Arto flberlebt. 

1. Der Eyburger entscheidet für Chiavenna: et etiam guia Privilegium 
domini Conradi Bomanontm regia ipsis Glavennatibus in hoc parte favere cor^* 
f!picifnu8, Pie l)etreffende Uirkunde sc^ieint yerloren ^u seiii. 



-^ lOB ^ 

Damals erschienen beide Parteien zu Bamberg, und am 23. konnte 
hier der Bischof durch Urkunden, die mit Karl d. G. anhüben 
und mit Konrad TU. endigten, seine Gegner völlig aus dem Felde 
schlagen. Da suchten sie die Ausflucht: comitaium illum ad dvir 
eaium Suevie pertinere dicebant, propter quod etiam nullius nisi 
duck iudicio se sistere dehere asserebant Der König widerlegte 
ihre Behauptung, indem er die schon vorhin von mir angezogene 
Erklärung abgab: neque de manu patris nosiri Friderid duds 
Svevorum, neque de manu nostra, dum adhuc emsdem ducatus 
dignitate fimgeremur, aliquam investituram eos seu prixnlegiu/m sus- 
eepisse cognavimus, sed potms, postquam regni solium divina dis- 
positione ascendimus^ Privilegium de ipso comitatu a manu nostra 
de respectu regni susceperunt Darauf fllllte der Bischof von 
Augsburg das Urteil, und unter Zustimmung der Fürsten wurde 
dem Bischof von Como die Grafschaft als Reichslehen zuer- 
kannt.^ 

Weshalb aber beanspruchten die Chiavennaten, herzogliche 
Schwaben zu sein? 

Sie selbst haben darauf geantwortet , dass sie als solche 
ntdliu^ nisi duds iudido sich zu stellen hätten. Das hiess denn 
zugleich: auf schwäbischer Erde und vor schwäbischen Grossen. 
Gegen sie sollte aber in Franken entschieden werden, und ausser 
dem Bischöfe von Augsburg, der für den Kollegen, nicht für die 
Landsleute seinen Spruch fällte , war zu Bamberg , soviel wir 
wissen , nur noch Ein Schwabe zugegen : Graf Rudolf von Rams- 
berg. So war der Bamberger Versammlung von vorne herein 
die Kompetenz bestritten, überdies wollte Chiayenna wohl aber- 
mals Zeit gewinnen, und vor allem mochte es von einem Gerichte 
schwäbischer Grossen doch auch ein anderes Urteil erwarten. 

Schwaben konnten über eine ihrer herzoglichen Grafschaften 
jedenfalls nicht zu Gunsten des Bischofs von Como entscheiden. 
Denn es wäre contradictio in adiecto , von einem Bischöfe als 
Lehensträger einer herzoglich schwäbischen Grafschaft zu reden. 
Die geographisch zu Schwaben gehörige Grafschaft, wenn sie im 
Besitze eines Bischofs war, unterstand staatsrechtlich nicht dem 



1. St. 3667, auch Periodico IV 280. Die Drucke genügen nicht; einen 
besseren Text ergeben die Handschriften des bischoflichen Archivs: Documenti^ 
priTÜegi e donazioni p. 35, und des städtischen: Yetera monom. l h 



~ lOft — 

Herzoge , diesem hätten daran keinerlei herzogliche Rechte 
gebührt, jener wäre vom Herzogtum „exemt" gewesen!^ Unter 
der Voraussetzung also, dass Chiavenna eine herzoglich schwäbische 
Grafschaft sei und bleibe , war die Sache des Bischofs verloren. 
Dass ein transalpines Gebiet zum Herzogtum Schwaben 
gehöre, war nun aber eine Idee , wofür schwäbische Patrioten 
sich wohl erwärmen konnten. Und so schienen ihnen denn ihre 
Interessen geschädigt zu sein , da der Rechtsflktion der Chia- 
vennaten entgegen , im Widerspruche mit den Wünschen der 
eigenen Eitelkeit, Chiavenna dem Herzogtum aberkannt und zum 
unmittelbaren Reichslehn erklärt worden war. Das hatten auf 
fränkischem Boden nichtschwäbische Fürsten ihnen angethan ! 
Patriotismus und Erbitterung mögen doch immerhin zusammen- 
gewirkt haben, als am 2. Februar 1157 oder 58^ die nach Ulm 

1. Das beweist Ficker im zweiten Bande seines Reichsfürstenstandes. 
Er hatte die Freundlichkeit, mir den Abschnitt „Schwäbische Tage" hierher zu 
senden. Da handelt er auch über die Chiavennater Urkunden, deren Echtheit 
er verteidigt. Vgl. S. 112 Anm. 4. 

2, — dum curiam Ulme in purificatione aancU Marie celebraremus. Da- 
rauf folgt in einer Klasse der Ueberlieferungen, auf die ich S. 109 Anm. 1 zurück- 
komme, das eingeklammerte Jahr 1165. Im Februar würde der Kaiser nun 
allerdings nach Otto Sanblas c. 19 M.G.SS. XX311 zu Ulm geweilt haben; aber 
nach den Annal. Palid. M.G.SS. XVI 93, womit man St. 4040 vergleiche, hielt 
der Kaiser, aus Italien zurückgekehrt, am 2. Februar einen Reichstag' zu 
Goslar* Ueberdies hat H. Thomae Die Chronik des Otto von' Sanblasien 75 ge- 
zeigt, dass die Begebenheit, die Otto unter dem Februar 1165 erzählt, freilich 
nach Ulm gehört, aber zum März 1166. Somit hat Cohn in den Gött. Gel. 
Anz. 1867 S. 1567 das Jahr, welches der von ihm benutzte Druck der Urkunde 
bietet, doch keineswegs gestützt, indem er sich auf Otto berief. In Wirklichkeit 
feierte Friedrich I. zu Ulm die Lichtmess nur 1157, allenfalls auch 1158. Nach 
Weihnachten 1156 schrieb er: curiam in purificatione sanete Marie pro bona 
pacis firmando apud ülmam hahituri sumus, Mon. Corb. ed. Jaffe 580 Kr. 448 
— und am 5. Februar 1167 sagt er: in generali curia in purificatione sanete 
Marie Ulme celehranda. St. 3762. Leider finden sich unter den Zeugen der 
Urkunde, die für die Regensburger Kirche ausgestellt ist, keine schwäbischen 
Grafen; hier schienen die Namen von baierischen Dynasten mehr am Platze zu 
sein. Vgl. auch noch St. 3762a und 4535a. Dann giebt es zwei Urkunden, 
die Friedrich am 7. und 9. Februar 1158 zu Ulm ausgestellt haben soll. Die 
letztere aber ist eine handgreifliche Fälschung — Stumpf Acta 677 Nr. 481 — , 
die erstere blieb nicht unverdächtigt, vgl. Hidber Schweiz. Urkunden Reg. II 
143 Nr, 2055, Ueberdies ist von einem Hof wenigstens nicht ausdrücklich di§ 
Rede, 



— 107 — 

beschiedenBn Schwaben dem Kaiser energische Vorstellungen 
machten , dass mit der Reichsunmittelbarkeit Chiavennas „die 
Ehre des schwäbischen Herzogtums gemindert sei", als sie gar 
drohend die Grafschaft für ihr Herzogtum zurückverlangten. 
Der Kaiser aber war jetzt anders gestimmt, wie 1153. Aller- 
dings drängten ihn die Schwaben , ja er schien unter ihrem 
Zwange zu stehn; doch es war ihm sicherlich nicht unangenehm; 
denn auch Mailand, nunmehr seine erbittertste Feindin, hatte die 
Hand nach der Grafschaft ausgestreckt.^ Der Bischof von Como 
konnte sich nicht wehren ; bei dieser Lage der Dinge den 
Forderungen des gekränkten Patriotismus nachgeben, hiess wich- 
tige Alpenpässe in den gewiss wirksamen Schutz schwäbischer 
Dynasten stellen. 

Die Energie der Schwaben mochte dem Kaiser als Deck- 
mantel für eine Inkonsequenz, für die Zurücknahme einer früheren 
Massregel willkommen sein. Wir sehn, dass ihn politische Erwä- 
gungen bestimmten. 

Natürlich ging das Elrkenntnis von schwäbischen Dynasten 
aus, nur Schwaben hatten zu Ulm das Wort. Graf Gottfried 
von Zollern beantragte,^ dass zwei taugliche Männer, die Grafen 
Ulrich von PfuUendorf^ und Markward von Vöhringen,* die erhobenen 
Ansprüche eidlich als rechtmässig erhärten sollten. Das geschah. 



1. Darum befreit Friedrich die Grafschaft tarn a Mediolanensium, quam 
oiiorutn Lomhardorum omnium dominio. 

2. Mit welchem Rechte ich de Holta in de Zolra ändere, zeige ich 
S. 109. 

3. In einer unserer zwei Handschriften heisst er IJlrik^ in der anderen Meck; 
in seinem gleich zu erwähnenden Buche Hess AUegranza drucken VicH, Ob 
Ulrich zu verstehen ist? Einen PfuUendorfer dieses Namens kann ich in der 
Mitte des Jahrhunderts nicht nachweisen. Wenn Fickler Heiligenberg in 
Schwaben 103 Anm. 1 behauptet, Uolricus comes de Pfullendorf erscheine 1158 
in Friedrichs I. Urkunde für Pfäffers = St. 3798, so entspricht die Angabe 
jedenfalls nicht dem Drucke, denn da findet sich nach Herzog Friedrich von 
Schwaben, dem Ulrich folgen soll, nicht er, sondern Graf Rudolf von Pfullen- 
dorf. Als comes de Eammisberc findet sich Graf Ulrich von Pfullendorf 1 135. Quellen 
zur Schweizer Gesch. lila 113. Gewiss kann dieser Ramsberger oder PfuUen- 
dorfer noch 1158 gelebt haben. 

4. Das Geschlecht ist nicht angegeben, aber unter den schwäbischen 
Grafen dieser Zeit heisst nur der Vöhringer Markward, so im April 1154, im 
November 1155. Wirtemb. Ü.-B. IV 362, II 98. 



— 108 — 

und der Kaiser gab darauf die Grafschaft dem Herzogtum 
zurück. 

Nun macht die Erzählung der Urkunde, welcher ich folge, 
sozusagen einen Sprung. Friedrich verleiht der Stadt Chiavenna, 
von der bisher doch in keiner Zeile die Rede war, den Besitz 
der Grafschaft, natürlich als Lehen des Herzogs von Schwaben, 
dessen Rechte denn auch noch besonders gewahrt werden. Erst 
jetzt erfahren wir auch, dass einer der Rektoren von Chiavenna, 
die namens ihrer Gemeinde die Grafschaft empfangen, in Ulm 
zugegen war. Dieses plötzliche Auftauchen der Chiavennaten, 
diese Uebertragung der Grafschaft an ihre Vertreter, in der Ur- 
kunde unverständlich, erklärt sich aber aus der uns ja bekannten 
Entwicklung. Zugleich ahnt man, dass Anreizungen herüber ge- 
kommener Chiavennaten der schwäbischen Bewegung nachgeholfen, 
sie vielleicht erst hervorgerufen haben. Wenn anderseits der 
Herzog von Schwaben so gar nicht in den Vordergund tritt, wenn 
vielmehr der Kaiser die doch dem Herzogtum schon erstattete 
Grafschaft weitergiebt, so muss man sich erinnern, dass der In- 
haber Schwabens, der Neffe ITriedrichs, noch ein Knabe war. 

Jedoch die Urkunde des Ulmer Tages, die sich somit dem 
Gange der Dinge vortrefflich einzufügen scheint, wie sehr sie 
auch dem Beschlüsse von Bamberg widerspricht, ist als Fälschung 
verworfen worden! 

Sie ist nicht unverkürzt erhalten; es fehlen namentlich 
Zeugen und Daten. Wir besitzen blos jenen Teil, den Heinrich VI. 
am 15. Februar 1192 in seine Bestätigung aufgenommen hat. 
Aber auch die Urkunde Heinrichs VI. liegt nicht im Original vor, 
sondern nur in modernen Abschriften einer älteren Beglaubigung.^ 
Da darf man keine diplomatische Genauigkeit erwarten, und die 
Konjektur hat ihr volles Recht. 

Nach den Textüberlieferungen, deren uns zwei, nur etwas ver- 



1. Die Beglaubigung selbst wurde zwischen 1200 und 1209 vorgenommen, 
denn in^^'diesen Jahren regierte Reinher Bischof von Chur, der sich als Zeuge 
unterschreibt: vidi Privilegium huius rescripti. Dieses »Reskript" soll noch 
1763 vorhanden gewesen sein. Damals schrieb Ailegranza: esiste originale 
nelVurchivio di quel borgo insigne = Chiavenna. Dr. Schaus hat es dort vef-« 
gebens gesucht, 



— 109 — 

schiedene zur Verfügung stehn/ tritt ein Graf Gottfried von Holte 
als Anwalt der Schwaben in den Mittelpunkt. Eine Grafschaft Holte 
hat es in Schwaben gar nicht gegeben, und man denkt an eine 
Erfindung der Chiavennaten, Indes im Hinblick auf andere 
Verderbnisse — wie denn etwa in Heinrichs Urkunde aus Misi- 
nensis geworden ist ünhinensis — ändert man bald seine Ansicht, 
und da ich mich erinnerte, dass in dem älteren Drucke eines 
Privilegs von 1189 Berchtoldiis comes de Holzze als Zeuge genannt 
ist,^ während man im Originale liest: Berchtoldus comes de Zolre^^ 
so schien es mir eine selbstverständliche Sache, dass in unserer 
Urkunde comes Ootefredvs de Zolra statt de Holta zu lesen sei. 
Er begegnet uns 1153 und 1156 als Graf von Zimmern,^ der be- 
kannten Burg, wonach ein Zweig der Zollern sich öfter nannte, 
dann aber heisst er im September 1155, da er sich mit dem 
Kaiser in Peiting befand: Ootfridtis comes de Zolren.^ So kann 
man die Regesten der Zollern um eine, nicht eben unwichtige 
Nummer vermehren; aus dem Chiavennater Diplom aber ist — 
wenn ich so sagen darf, — ein Stein des Anstosses beseitigt. 

Es bleibt ein anderer. Die Urkunde beginnt: Notum sit 
Omnibus etc, quod nos Federicus dei gratia Romanorum Imperator 
et dux Sicevorum etc, Herzog von Schwaben war Friedrich nur 
bis zu seiner Erhebung auf den königlichen Thron, darum sagt 
er in der schon angeführten Urkunde vom 23. April 1153: dum 
adhuc evusdem dignitate fungeremu/r. Ferner verlangt der Kanzlei- 
gebrauch eine andere Fassung, nämlich: Federicus dei gratia 
Bomanorum imperator. Notum sit omnihus etc. Diesen Bedenken 



1. Zwei handschriftliche; vgl. S.llS. Sie unterscheiden sich z. B. darin, dass 
in der ersten das Jahr 1 165 willkürlich hinzugefügt ist, dass es in der zweiten 
richtig heisst: Henricus Preandreas consiU, während in der ersten der Unsinn 
begegnet: Henricus potestaa, Andreas consuL — Dem Texte der zweiten entsprechen 
die Drucke: Q. Allegranza Deirantico fönte battesimale di Chiavenna 81 = (Calo- 
gerä) NuoTa raccolta d*opuscoIi XIV 197 und Allegranza Opuscoli ed. Bianchi 
146, femer Periodico VI 115; mit der ersten kommt überein: v. Salis-Marschlins 
Fragmente der Staatsgesch. des Thaies Veltiin u. s. w. IV 59, ihm folgt Mohr 
Cod. dipl. Cur. I 229. 

2. Mohr Cod. dipl. I 217 cf. Neugart Cod. dipl. Alam. II 118 Anm. p. 

3. Fickler Quellen und Forschungen zur Qesch. Schwabens 11 65. 

4. Stalin Wirtemb. Gesch. II 609. 

5. Stalin Wirtemb. Gesch. II 509. 



- iiö - 

gegenüber muss man sich erinnern , dass das Diplom nicht in 
dem ursprünglichen Wortlaute vorliegt, sondern nur so, ^^ie 
Heinrich VI. es in seine Bestätigung eingerückt hat, dass ferner 
nicht die Bestätigung Heinrichs selbst erhalten ist, sondern nur 
elende Abschriften einer Beglaubigung. Wie vielen Wechsel hat 
da Friedrichs Urkunde erfahren! Seinen Titel in den Text zu 
ziehen, mag schon dem Kanzlisten Heinrichs gefallen haben; 
dann konnte ein Späterer aus dem allgemeinen Inhalte der Ur- 
kunde folgern, Friedrich sei auch Herzog von Schwaben gewesen.^ 
Freilich, hätte er genauer Acht gegeben, so würde er gefunden 
haben, dass der Kaiser wenigstens einmal den Herzog von 
Schwaben als eine andere, sich nicht mit ihm deckende Person 
vorführt: salva per omnia diccis Suevorum itcstitia. Danach hat 
denn die Bezeichnung et diix Suevorum ursprünglich dem Titel 
sicher gefehlt.* 

Für die Echtheit spricht zunächst die Bestätigung Hein- 
richs VI. Allerdings bedarf auch sie , dank der jammervollen 
Ueberlieferung, einer durchgreifenden Korrektur, aber ihre Echt- 
heit kann man nicht bezweifeln. 



1. Das lag noch besonders nahe, wenn EOnig und Herzog in Einer Per- 
son vereinigt waren, z. B. in Philipp von Schwaben. Und da verweise ich nun 
auf eine später noch genauer zu besprechende Urkunde von 1203, in der Chia- 
vennas Vertreter zweimal sagt: Philipptis Romanorum rex et dux Suevie.. 'Eis 
kann aber sehr wohl sein, dass die Beglaubigung, in der allein die Urkunde 
erhalten ist, gerade der Zeit Philipps von Schwaben angehört, denn eine der 
beglaubigenden Unterschriften rührt, wie schon S. 108 Anm. 1 gesagt igt 
von Bischof Reiner von Chur, der später als Philipp zur Regierung gekommen 
ist und ihn nur um ein Jahr überlebt hat 

2. Wegen der im Text enthaltenen Datierung: dum curtam Ulme in puri- 
ficatione s. Marie celehraremuSy vgl. St. 3762: in generali ergo curia in puri- 
ficatione 8. Marie celehranda sepedictus ahhas etc. 

In einer unserer Abschriften steht, wie ich bereits S. 106 Anm. 2 
hervorhob, hinter der Ulmer Lichtmessfeier das Jahr 1165, jedoch in Klammern. 
Schon damit ist der Zusatz gekennzeichnet. Da 1165 nun in der anderen 
Abschrift ganz fehlt, kann man darüber hin weggeben. So iUllt aber auch ein 
Bedenken, das namentlich Böhmer gegen die Echtheit erhob. Cf. Mohr Cod. 
dipl. I Verbesserungen und Zusätze S. V. Wie ich a. a. 0. ausführte, gehört 
die Urkunde zum 2. Februar 1157, allenfalls 1158. So war die Zeit auch schon 
von St. 4536 bestimmt worden, und Darmstädter a. a. 0. 62 hätte nicht das 
unmögliche Jahr 1165 wiederholen sollen. 






— 111 - 

Die Art und Weise, in der Friedrichs Urkunde „eingerückt" 
ist, rauss Vertrauen erwecken. Die sog. Inserierung war zur Zeit 
noch wenig ausgebildet,^ aber es sollte nicht lange dauern, bis 
die deutschen Kanzlisten zu einer entwickelteren Form gelangten, 
nämlich zur unverkürzten Einfügung der bestätigten in die be- 
stätigende Urkunde. Unter Friedrich I. pflegte man den ganzen 
Schluss, also Drohformel, Ankündigung des Siegels, Zeugen, 
Monogramm, ßekognition und Daten, bei Seite zu lassen. So 
ist es in den drei Fällen, die bisher aus seiner Regierung bekannt 
sind, so lässt sich auch ein anderer Fall neben dem unsrigen* 
für Heinrich VI. nachweisen.^ Wenn unter ihm Urkunden voll- 
ständiger eingerückt werden , so waren deren Aussteller nicht 
seine Vorgänger, sondern Privatpersonen,* einmal ein kaiserlicher 
Hofrichter, dessen Urteil aber dann wenigstens wieder um die 
Zeugen geschmälert wurde.* Noch finden wir die Verkürzung 
einmal in der Zeit Ottos IV/ und zweimal in den ersten Jahren 
Friedrichs II. ' Dann kommt die volle Wiedergabe zu herrschendem 



1. Vgl. Ficker Beiträge zur Urkundenlehre I 312 flgg., Bresslau Hand- 
buch der Urkundenlehre I 660 flgg. und meine Bemerkungen oben S. 52. 

2. Nebenbei sei erwähnt, dass die Urkunde Heinrichs für Chiavenua in 
diesem Zusammenhang bisher übersehen wurde. 

3. St. 4061.4124.25.4810. Die beiden letzteren sind jetzt in der West- 
deutsch. Ztschr. XIII 109—112 nach den Originalen gedruckt. In St. 4913a 
sind wenigstens noch Drohformel und Ankündigung des Siegels wiederholt. 

4. In der Urkunde Heinrichs, die ich S. 21 herausgegeben habe, ist eine 
»Sentenz" über die Leistungen, zu denen Vassallen bei der Romfahrt verpflichtet 
sind, nur ohne Einleitung und Daten wiederholt. Doch hat der Kanzlist 
Heinrichs Jahr, Indiktion und Tag in seiner Arenga vorweggenommen. — 
Stumpf Acta 568 Nr. 405 veröff'entlichte eine Bestätigung Heinrichs, worin der 
Verkaufsakt eines Markgrafen von Savona eingerückt ist, aber auch nicht ganz 
unverkürzt: vor dem Actum steht etc. 

5. So ist das Urteil des Hofrichters Angelo von Tarent einer ungedruck- 
ten Urkunde Heinrichs VI. einverleibt. Den Text des Inserats mit den Zeugen 
bei Ficker Forschungen IV 237. 

6. Die Urkunde eines Hofvikars Friedrichs I. — Ficker Forschungen IV 
204 — wurde von einem Hofvikar Ottos IV^. in seine Bestätigung eingerückt, 
— Ficker a. a. 0. 275 — , aber ohne Ort und Zeugen. Abschrift in den 
Sammlungen der M.G. 

7. Böhmer Acta 233. Mitteilungen des Ost. Instituts X 459,. . 



— 112 - 

Oebrauche. ^ Ihm wäre ein Fälscher späterer Zeit wahrseheinlich 
doch auch gefolgt. 

Die Daten entsprechen dem Itinerar. Nicht blos am 
15. Februar 1192 war Heinrich zu Hagenau, er lässt sich dort 
wieder am 17. und 29. nachweisen, dann am 1.4. 5. und 11. März.^ 
Zur Zeit war das Kanzleramt erledigt; da trat das eine Mal, wie 
eben hier, der Erzkanzler für den Kanzler ein, das andere Mal 
der Protonotar. Bis zur Mitte des Jahres wies man ausdrücklich 
darauf hin, dass es keinen Kanzler gebe, man fügte hinzu: vacante 
cancellariaJ Als der Posten dann noch immer unbesetzt blieb, 
fiel die Hindeutung weg: unsere Urkunde trägt den Vermerk, 
weil sie in den Anfang der Vakanz gehört. Viele der Zeugen 
erscheinen auch in den übrigen zu Hagenau ausgestellten Ur- 
kunden,^ andernfalls ist ihr Auftreten so eigenartig und 
zugleich so wohl begründet , dass eine Erfindung nicht 
möglich erscheint, z. B. waren die Hofrichter Ottobello von 
Mailand und Arnoldo von Piacenza in Italien die ständigen Be- 
gleiter des Kaisers gewesen, sie waren ihm im Dezember 1191 
auch nach Deutschland gefolgt, um ihm für italienische Angelegen- 
heiten, die der Erledigung noch harrten, ihren Rat zu leiben ; 
so finden wir sie am 26. Juli zu Gelnhausen.* Nur aus unserer 
Urkunde erfahren wir, dass sich in Hagenau auch Markgraf 
Albert von Meissen eingefunden hatte, denn Misinensis ist offen- 
bar statt Unhinensis zu lesen. Nach der Kaiserkrönung hatte er 



1. Das erste Beispiel einer unyerkQrzteD Inserierung bietet die Urkunde, 
welche die Kaiserin Konstanze im Juni 1196 dem Bischof von Squiliace verleiht. 
Ughelli Italia sac. ed. Coleti IX 4B1 cf. 426. Es folgt ihre ungedruckte Ur- 
kunde für S. Stephan zu Monopoli vom Januar 1197. Hier könnte doch 
sizilischer Brauch auf die deutsche Kanzlei ebenso eingewirkt haben, wie 
wahrscheinlich auch bei der fortlaufenden Zählung der Monatstage, die vordem 
nicht üblich war. Vgl. Ficker Beiträge II 365. 

2. St. 4735—4740 und dazu die Urkunde vom 1. März im N. Archiv 
XX 203. 

3. St. 4739. 40. 45. 46. 

4. Auf die Uebereinstimmung der Zeugen , die Eigentümlichkeit der 
Rekognition, die Richtigkeit der Daten verwies schon Ficker in dem Abschnitte 
der ungedruckten Fortsetzung seines Reichsfttrstenstandes, dessen ich S. 106 
Anm. 1 gedachte. 

6. St. 4768. 



— 118 - 

das Heer verlassen, ohne Heinrichs Genehmigung; es galt Feinde 
in der Heimat zu bekriegen, nun war er geschlagen worden, da 
hatte er allen Grund , sobald als möglich das Hoflager aufzu- 
suchen, dann aber auch schleunigst in sein immer noch bedrohtes 
Land zurückzukehren.^ 

Freilich bedürfen die Zeugen hier und da der Korrektur. 
Unhinensis bieten beide Handschriften. Nur in der einen finden 
sich: Henricus potestas^ Andreas consul Clavenne\ da ergiebt sich 
aus der anderen das Richtige: Henricus Preandreas consul Cla- 
vmne, er begegnet auch sonst in der Chiavennater Ueberlieferung.^ 
Dann aber liest man wieder in beiden Abschriften: Henricus Ar- 
gentinensis electus, während der Strassburger damals längst ge- 
weihter, nicht mehr blos erwählter Bischof war und überdies 
Konrad hiess. Ich schlage vor: Conradus Argentinensis episcopics, 
Hmridts Wormatiensis electus.^ 

Die Urkunden sind echt: Chiavenna galt als Grafschaft 
des Herzogtums Schwaben. Dafür giebt es aber auch noch einen 
anderen Beleg. 

Die Stadt Como war in allen Grafschaften des Bischofs 
auch ihrerseits zu Besitz gelangt. Friedrich I. bestätigte ihr 1175 
Land und Leute per totum episcopatum Cumanum, qicoad chrisma 
episcopatits extenditur,^ und im Februar 1191 verbriefte Heinrich VI. 
als König, im Oktober 1191 als Kaiser** den Comaschen all' 



1. K. Wenck Ein Meissnischer Brbfolgekrieg am Ende des 12. Jahr- 
hunderts Ztschrft. d. Vereins f. thüring, Gesch. X 204 hat sich die Zeugen- 
schaft Albrechts entgehen lassen. 

2. Im Februar 1204 BaHolmneo figlio di Enrico Preandrea, im Mai 1204 
dominum Bartolomeum filium domini Anrici JPreandree. Periodico della soc. 
stör, di Como VI 224. 225. 

3. Sein Vorgänger starb, als der Kaiser anfangs 1192 in Worms weilte; 
mitte Februar wird er in Hagenau die Regalien empfangen haben; dann ging 
er mit Erzbischof Konrad nach Mainz, wo er in den Fasten geweiht wurde; als 
Bischof ist er mit seinem Erzbischofe am 4. März wieder am Kaiserhofe in 
Hagenau. Es könnte aber auch Heinrich von Würzburg gemeint sein ; er wurde 
gleichzeitig vom Mainzer geweiht. S. Chronik von S. Peter zu Erfurt, über- 
setzt von Grandauer 57. Da ist die Zeitangabe, die man vielfach auf den 
23. Februar gedeutet hat, allgemein auf die Fastenzeit bezogen und mit Recht. 

4. St 4177. 

5. St. 4678. 4713. Letzteres Diplom ist ungedruckt; von Einzelheiten 
abgesehen, stimmt der Text mit ersterem, das zuletzt Hidber Schweiz. Urk. Reg. 

Soheffer-Boichorst, Zur Gesch. des XII. u. XIII. Jahrhunderts. 8 



-. 114 -^ 

ihre Rechte und Güter per totum episcopatum et per comitattts, qui 
8u/rU in episcopatu; in diesem Umfange soll die Stadt ihre Gerecht- 
same ausüben^ wie der Bischof die seinigen; aber Heinrich macht 
Ausnahmen: salvo quoque iure ducis Suevorum in loco Clavenne} 
Also hatte Como es innerhalb der Grafschaft Chiavenna besonders 
auf den Ort Chiavenna abgesehen; darum wird nur er dem Herzoge 
gewahrt; aber nach dem ganzen Zusammenhang ist doch nicht zu 
bezweifeln, dass der Ort als Bestandteil der Grafschaft dem 
Herzoge vorbehalten wird.^ 

So bestimmte Heinrich, wie gesagt, im Februar und noch- 
mals im Oktober 1191. In dieser Zeit befürchtete man offenbar, 
dass Como nach Chiavenna hinübergreifen könne; vielleicht war 
es schon geschehn,* und so ist nichts natürlicher, als dass Chia- 
venna sich um eine Bestätigung der Urkunde von 1157 — 58 be- 
mühte: im Februar 1192 überstiegen seine Boten die Berge, am 
15. gelangten sie in Hagenau zum Ziel. 

Aber auch Como wird nicht geruht haben; die Ansprüche 
seines Bischofs waren überdies keineswegs vergessen; und da 
beide ein Jahrzehnt später gegen Chiavenna Hand in Hand 
gehen, scheint es mir nicht zu kühn, das gleiche schon für 1192 
anzunehmen. 



IIb 98 veröffentlicht hat. Zeugen und Daten sind dieselben, wie in 8t. 4713a 
= Stumpf Acta 564 Nr. 402; doch folgt in 4713 dem Ausstellungsorte noch 
per manum Henrici magistri, imp. aule protonotarii. So Dr. Schaus nach den 
Vet. Mon. I 18 des Stadtarchivs zu Como. 

1. Cohn in den Qött. Gel. Anzeigen 1867 S. 1567 und Kicker Forschungen 
II 107 haben auf diese Stelle schon hingewiesen. Wie Darmstädter a. a. O. 85 
aus der Urkunde folgern konnte, Heinrich habe Jurisdiktion und Regalien in 
Chiavenna der Stadt Como übertragen, ist mir nicht verständlich. 

2. Wenn Sorico und Olonio, dieses am Eingange des Veltlin, jenes am west- 
lichen Ufer des Sees von Mezzola, zur Grafschaft gehörten, so erklärt sich am 
Besten, dass Heinrich im Februar 1191 und im Oktober 1191 den Comascheo 
versprach: cum dux Suevie frater noster domino preduce redierit, fiiciemus 
renunciare eum iuri suOj quod habet in Surico et Olonio. Nebenbei bemerke 
ich, dass der Tod Herzog Friedrichs, der am 20. Januar 1191 erfolgt war, schon 
am 17. April 1191 dem Kaiser bekannt war, St. 4696. In wörtlicher Wieder- 
holung der Urkunde vom Februar 1191 hofft er im Oktober dennoch auf dessen 
glückliche Heimkehr 1 

3. Das möchte ich den Worten vel amittitur der gleich anzuführenden 
Urkunde entnehmen. 



— 116 -• 

Da hat Heinrich, schon in den nächsten Monaten, die Graf- 
schaft aus dem Verbände des Herzogturas Schwaben wieder ge- 
löst und dem Reiche zurückgegeben. Wenn ich aus den Worten 
der Urkunden vom Februar und Oktober 1191: salvo iure dum 
Siievorum in loco Clavenne mit Recht geschlossen habe, dass 
Chiavenna damals zum Herzogtum gehörte, dann werde ich aus 
der Bestimmung eines Vertrages, den Heinrich im Juni 1192 mit 
Como eingeht, für die damalige Zeit auch die Reichsunmittelbar- 
keit Chiavennas folgern müssen: er hält alle Verfügungen seines 
Vaters genehm, excepto loco Clavenne^ in quo nee imperio nee Cu- 
manis aliquid propier hanc eoncordiam vel acquiritur vel amittitur,^ 
Also nicht mehr Como und der Herzog sind die Konkurrenten 
um Chiavenna, sondern Como und der Kaiser! Es fehlt uns hier 
offenbar ein Glied der Ueberlieferung, ich meine eine Urkunde, 
gleich jener vom März 1192, in welcher Heinrich die Abtei 
Erstein wieder zu reichsunmittelbarem Besitze erklärt, obwohl er 
sie im April 1191 dem Bistum Strassburg geschenkt hatte.^ Wie 
er denselben Wechsel mit Bezug auf Chiavenna durchführen 
konnte, entzieht sich leider unserer Kenntnis. Ob die Schwaben 
Heinrichs weniger um die Ehre ihres Herzogtums besorgt waren, 
als die Schwaben Friedrichs, welche die „Trennung des Gliedes 
vom Haupte" nun und nimmer dulden wollten? Ob die durch- 
greifende, rücksichtslose Art Heinrichs allein den Ausschlag gab ? 
Wir fragen vergebens. Genug, — der Beschluss des Ulmer Tages, 
die Bestätigung des Hagenauer wurden ausser Kraft gesetzt.* 
Der gegen sie geführte Schlag war so vernichtend, dass Chiavenna 
selbst seine frühere Auffassung nicht mehr zu betonen wagte. 
Da seine staatsrechtliche Stellung abermals zur Sprache kam, 
war für seine eigenen Vertreter „Reichsunmittelbarkeit" das leitende 
Prinzip; vielleicht nur ganz aus der Ferne wurde noch an den 
früheren Zustand erinnert, bald aber auch darauf verzichtet. 

1. St. 4752, auch Const. et acta I 494. 

2. St. 4739. Ueber andere von Heinrich vollzogene Vernichtungen 
früherer Privilegien siehe Ficker Forschungen II 197. 198. 

3. „Dass die Urkunde vom 26. Mai 1194 zu Chiavenna vom Erzkanzler 
Deutschlands rekognosciert wird", wie Toeche Heinrich VI. 327 Anm. 1 er- 
wähot, kann doch unmöglich beweisen, dass man Chiavenna damals staats- 
rechtlich zu Schwaben rechnete: die Rekognition entscheidet nur über die 

geographische Zugehörigkeit zu Deutschland, die nicht zu bezweifeln war. 

8* 



^ 116 — 

Doch bevor ich die betrefifenden , dem Jahre 1203 ange- 
hörenden Aktenstücke genauer bespreche , gedenke ich eines 
Privilegs, das Heinrich dem Bischöfe von Como schon 1196 ver- 
liehen hatte. Darin ist die Reichsunmittelbarkeit der Grafschaft 
freilich nicht ausgesprochen, aber sie scheint doch vorausgesetzt 
zu werden. Ja, aus dem Wortlaute mag man folgern, dassganz 
jenes Verhältnis, welches 1163 der Spruch des Bischofs von 
Augsburg als staatsrechtliche Norm bezeichnet hatte, wieder zur 
Anerkennung gelangt sei. Am 6. September 1196 nämlich ver- 
briefte Heinrich dem Bischöfe Ardicio II. alles, was Kaiser 
Friedrich der Kirche von Como dedit, confirmavit vel per sententiam 
ipse aut curia stia eo consentiente adivdicavit^ Die Hindeutung 
auf das Urteil, das 1153 der Bischof von Augsburg zu Bamberg 
gefällt hatte, wird man nicht verkennen: a venerabili Ctumrado 
Ävgttstensi episcopo talis est sententia promulgata: Comitatum Gla- 
venne cum honore et districtu suo episcopo et Cumane ecclesie ad- 
iudicavit Jedenfalls ist es nicht zu verwundern, dass nun die 
Bischöfe von Como ihre Rechte auf Chiavenna wieder eifrig 
verfolgen. 

Das that zu Anfang des 13. Jahrhunderts Wilhelm 1., und 
er stellte sich dabei sozusagen Schulter an Schulter mit den 
Konsuln seiner Stadt. Wie wir schon sahen, hatten beide die- 
selben Interessen: wenn der Bischof die Grafschaft gewann, ge- 
wannen sie die Position im Orte Chiavenna, die Heinrich VI. 
ihnen 1191 und 93 bestritten hatte. So beschieden sie, auf An- 
trag des Bischofs , die Chiavennaten vor ihren ßichterstuhl. 
Diese schickten Boten, obwohl sie die Kompetenz der Konsuln 
nicht anerkennen wollten. Da behauptete nun Wilhelm 1. im 
April 1203, se esse comitem illiics comitatiis per imperatorem et 
imperium. Der Anwalt Chiavennas erwiderte, die Stadt stände 
sub imperio et sub illo vel Ulis, qui tenebant imperium et maxime 
sub domino Philippe Romanorum rege et duce Suevie, Noch ein- 
mal protestirte er gegen ein Gericht der Konsuln und zwar ex 
parte imperii et principis (vel prindpum), qui tenent imperium et 
m^axime domini Philippi Romanorum regis et Suevie ducis .^ Beide- 

1. St. 5028. 

2. Original auf der Stadtbibliothek zu Como. ,Die obere und untere 
Ecke auf der linken Seite ist abgefault. Ausserdem hat man neuerdiags 



— 117 — 

mal hat der Anwalt noch an den Herzog von Schwaben erinnert, 
aber der Hauptton liegt doch offenbar auf dem „Reiche". Im 
weiteren Verlaufe des Prozesses , in einer Akte vom August 
1203, ist nur noch vom Reiche die Rede. Der Bischof hat seine 
Bundesgenossen beauftragt , ut executioni mandarent sententiam 
latam ai Augustense episcopo super illo comitatu. Die Konsuln 
haben darauf abermals die Chiavennaten vorgeladen. Doch ich 
übergehe die Einzelheiten, genug, der Vertreter Chiavennas lehnt 
auch jetzt die Konsuln als Richter ab, et quia de sententia impe- 
ratoris sive regis exeqttenda vel sui missi non debebant se intro- 
mitfere; et quia tot anni preterierunt a tempore scripture, quam 
episcoptcs didt sententiam, quod si qu^ fuerat intentio episcopi 
antea, temporis prescriptione erat sublata; et quia comitatus Cla- 
venne ab imperio descendit nee episcopus de suo feudo investitus ab 
imperio invenitur. Die Verjährung wird dann noch bestimmter 
geltend gemacht: der Bischof soll zugestehen, qu^d 45 anni simt 
ei ultra, quod scriptura , que dicitur ab episcopo sententia et que 
posttdatur ab eo mandari executioni, facta fuit. Am anderen 
Tage erhebt Chiavenna die weitere Forderung: ut episcopus re- 
sponderet, si credebat, comitatum de Clavenna descendisse ab imperio 
in communem de Clavenna. Ein Konsul von Como entscheidet, 
ut prime petitioni, scilicet qu^d 45 anni erant, quod illa scriptura 
facta fueratj episcopus respondere non cogeretur, secunde vero 
questioni, scilicet utrum comitatus de Clavenna ab imperio in 
comunem de Clavenna descendisset, — diodt (sc. consul), — epi- 
scfypvs responderet Episcopus vero respondit in propria persona, 
quod non credebat comitatum ab imperio in comunem Clavenne 
descendisse} Wie man sieht, hat Chiavenna die frühere An- 
schauung, seine Grafschaft sei ein Bestandteil des Herzogtums 
Schwaben, völlig preisgegeben. Nur der stärkste Grund wird die 



den schwarz gewordenen Rand abgeschnitten. So giebt eine Abschrift in dem 
erwähnten Sammelband CroUalanzas 8. 151 noch einiges mehr.^ Schaus. 
Gedruckt ist die Urkunde im Periodico VI 214. 

1. Im Periodico VI 222 fehlt der für uns interessanteste Satz: dixft, — 
descendisie, Schaus hat ihn aus dem Original ergänzt. Der Druck ist ganz 
nichtswürdig. Wie der Herausgeber hier, um in der Setzersprache zu reden, ein 
Begr&bnis feierte, so 8. 221 eine Hochaseit; indem er den Satz: proponeret -^ 
oc^fonum doppelt druc]cen liess. 



— 118 — 

Vertretung der Gemeinde bestimmt haben , auf die Privilegien 
Friedrichs und Heinrichs, wodurch Chiavcnna staatsrechtlich zu 
einer schwäbischen Stadt gestempelt worden war, mit keinem 
Worte zurückzukommen. Sie müssen so nachdrücklich wider- 
rufen worden sein, dass jede Einrede verstummte. Mit der 
Lösung der Grafschaft aus dem Verbände des Herzogtums ver- 
lor Chiavenna aber sein kräftigstes Rechtsmittel gegen den 
Bischof, dem als solchem ein deutscher Herzog keine Grafschaft 
seines Gebietes übertragen konnte. 



Die Urkunde Friedrichs I. von 1152 war bisher nur in einer 
italienischen Lokalzeitschrift gedruckt: unter 50 deutschen For- 
schern möchte der Text kaum einem erreichbar sein.* Schon 
danach empfiehlt sich ein Neudruck. Ueberdies hat der frühere 
Herausgeber für eine gute Wiedergabe nichts gethan. 

Zu Grunde liegt die Sammlung Crollalanzas auf der Stadt- 
bibliothek zu Oomo S. 439 = 1. Damit wurde S. 93 derselben 
Sammlung verglichen = 2. Beide Abschriften sind neueren 
Datums. 

Auch die Urkunde Heinrichs VI., worin die Friedrichs I. 
von 1157/58 eingerückt ist, meinte ich nicht bei Seite lassen zu 
dürfen, wenngleich sie schon mehrfach gedruckt ist.^ Nicht blos 
wird es den Lesern der vorausgehenden Untersuchung angenehm 
sein, den Text unmittelbar zur Hand zu haben; dieser lässt sich 
auch in einer vielfach reineren Form vorlegen. 

Ich benutzte 1. eine neuere Abschrift, die unter den sog. 
carte Picci die Stadtbibliothek zu Como aufbewahrt, 2. den nahe 
verwandten Text, den U. von Salis Fragmente der Staatsgeschichte 
des Thaies Veltlin IV 59 veröffentlicht hat, 3. den Druck von 
Allegranza Opuscoli eruditi 146, 4. die damit vielfach überein- 
stimmende Kopie des Sammelbandes von Crollalanza S. 435, wie 
sie im Periodico wiedergegeben ist.^ 



1. Ich wurde darch R. Thommen auf ihn aufmerksam gemacht. 

2. Ueber die Drucke vgl. S. 109 Anm. 1. 

3. Blosse orthographische Eigentümlichkeiten der Handschriften und 
Ausgaben hf^be ich, wie immer, nicht angemerkt, 



— 119 -. 

Meine handschriftlichen Quellen hat Herr Dr. Schaus auf- 
gefunden, von ihm rühren auch die Kollationen her. Seine Be- 
mühuDgen, in Chiavenna bessere Ueberlieferungen zu entdecken, 
blieben leider erfolglos. 

König Friedrich L belehnt die Konsuln von Chiavenna mit 
der Grafschaft, nachdem Albert von Kibu/rg gegen die Ansprüche 
des Bischofs Ardicio von Como und des Heinrich von Hostia die 
Rechte Chiavennas unter Zustimmung der Fürsten anerkannt hat. 

1152 August 1, Ulm. 

Fridericus* dei gratia Romanorum rex. 

Notum sit Omnibus tarn futuris quam presentibus, quod fideles 
nostri Wibertus^ et Soldanus consules Clavennates ad nostram presen- 
tiam venientes comitatum de Glavenna cum suis pertinentiis, quem 
iam longo tempore auctoritate nostrorum predecessorum ftam] regum 
quam imperatorum beneficiali iure possederant,© a nobis sibi eoncedi 
postulaverunt, in curia quam Ulme celebravimus , presente Cumano 
episcopo Ardicione et Henrico de Hostia^ et multis aliis regni princi- 
pibus. Quorum petitionem cum® audisset prefatus episcopus, dicebat, 
Clavennatem^ comitatum ad ius Gumane ecclesie pertinere, et postulabat 
de eodem comitatu a nobis investiri. Accessit dominus Henricus de 
Hostia^ et dicebat, illum comitatum neque ad episcopum neque ad 
supradictos consules Clavennates pertinere, sed suum beneiicium esse, 
et petebat a nobis similiter investiri. Visa ergo« illorum controversia 
et causa diligenter inspecta sententiam a principibus requisivimus, quis 
illorum trium adversariorum de iamdicto comitatu foret a nobis iure 
investiendus. Surrexit itaque Albertus de Ghiburch et sub pena 
sacramenti vice omnium adstantium principum talem sententiam pro- 
tulit dicens: „Quia Clavennates consules memoratum comitatum® per 
30 annos sine interruptione possederunt et sine discordia et etiam, 
quia Privilegium domini Gonradi ßomanorum regis ipsis Clavennatibus 
in hac parte favere conspicimus, iudicamus, ut Clavennates ipsum 
comitatum habeant et quod a manu regia investiantur absque omni 
contradictione". Hanc sententiam omnes principes laudaverunt. Nos 
ergo audita sententia et laudamento principum, predictos consules de 
comitatu Glavenne investivimue et eorum privilegia confirmavimus, 
salvo per omnia iure regni. [Et ut hec verius ab omnibus credantur 

a. F. 1. 2. b. Umbertn8 2. c. possedeant. 2. d. Ortia S). 

e. fehlt 2. f. Glayenziates 3. g. ego 2. 



— 120 - 

et inconcussa serventur, hanc inde cartam scribi] et sigilli nostri im- 
pressione eam^ sigiiari precepimus. 

Testes presentes fuerunt hii^'« Hennanniis episcopus Constaji- 
tiensis, Ortoliabus^ episcopus Basiliensis, dux Welfo,*^ ßertoldus dux 
ßurgundie, Ulricus comes de Lenzeburch,® Warnerius marchio de 
Pade,^ Udelricus de Orninga,8f comes Egino de Eehinge,^ comes Ro- 
dulfus de Suzivineshut^ et alii multi. 

Data apud Ulmam calendis Augusti, anno dominice incamationis 
1152, indictione 15., feliciter. 

Heinrich VL bestätigt die eingerückte Urkunde seines 
Vaters, wonach dieser auf allgemeine Klagen der schwäbischen 
Grossen und infolge eines, durch Spruch des Grafen Gottfried 
von Zollern geforderten Zeugenbeweises die Grafschaft Chiavenna 
dem Herzogtum Schwaben erstattet und unter Wahrung der Rechte 
des Herzogs den Konsuln von Chiavenna verliehen hatte, 

1192 Februar 15, Hagenau. 

In nomine sancte [et] individue trinitatis. Henricus divina 
favente dementia Romanorum imperator augustus. 

Decet maiestatis nostre excellentiam, vigilem circa hon eres et 
facta^ imperii semper habere soUicitudinem, quatenus que antecessorum 
laudabilibus studiis^ ad nos usque perdueta noverimus, vivaci strenuitate 
conservare et imperiali"^ auctoritate studeamus roborare. Hoc saue 
intuitu attendentes factum Serenissimi patris nostri Romanorum quoudam 
imperatoris augusti de comitatu Clavenneusi, quem ducatui Suevie 
restituit privilegio suo super hoc, ut decuit, indulto nostram superaddere 
decrevimus confirmationem, ut plenioris testimonii tuitione vallentur, 
que posterorum notitie per scripta^ fidelia transmittantur. Sui autem 
privilegii tenor talis est: 

Notum sit Omnibus tam presentibus quam futuris, quod nos 
Federicus dei gratia Romanorum imperator et dux Sue verum, dum 
curiam Ulme in purificatione sancte Marie celebraremus^ et de statu 
totius ducatus Suevorum sollicite tractaremus, omnes comites et barones 
Suevorum generalem querimoniam nobis fecerunt, quod nostris temporibus 
honor ducatus Suevie esset imminutus, in hoc videlicet, quod comitatus 
de Clavenna, qui ad eundem ducatum de iure spectaret,P omnino a 

a. eadem 1. 2. b. bis 1. 2. o. Ortoliab 1. 2. d. Yulfo 1. 2. 

e. Legenbnrcb 1. 2. f. Vgl. S. 108 Anm. 2. g. Ottinga 1. b. Fecbingt 1. 
Febingt2. i. Vnlnesbut 2. k. iura? 1. iudiciis 4. m. ixnpe- 

rialis 1. 4. n. scri|>ti 1. 2. 3. 4. o. (1165) 1. 2. p. spectabali L ^, 



— 121 — 

potestate ducatus esset alienatus; dicebant quoque se nunqüam posse 
vel velle nobis vel» ducatui Suevonim fideliter adherere, nisi prediotus 
comitatus Clavenne prefato ducatui et hoc membrum suo capiti 
integraliter restitueretur. Unde cum ex sententia comitis Gotefredi 
de Zolra^ duo testes idonei comes Urlikus«^ de Philendorf et comes 
Marquardus^ in generali curia prooessissent et comitatum Clavenne ad 
ducatum Suevie pertinere veraci testimonio sub sequenti iuramento 
compro hassen t, nos legum terre illius auctoritate compuLsi prefatum 
comitatum Clavenne ab omni extranea potestate exemimus® et ducatui 
Suevorum plenarie restituimus et eundem comitatum rectoribus Clavenne 
Soldano^ et Guiperto, eorum legatis,« et per eos tarn illis, qui modo 
sunt, quam fiituris rectoribus omni tempore possidendum, tenendum 
et gubernandum concessimus, salva per omnia ducis Suevorum iustitia; 
et ut predicti rectores Clavenne prefatum comitatum tam a Medio - 
lanensium^ quam aliorum Lombardorum omnium dominio liberum et 
absolutum obtinere valeant, bonam defensionem et guarentationem eis 
promittimus. Decernimus igitur et sub obtentu gratie precipimus, ne 
quis hominum rectores vel consules Clavenne de predicto comitatu 
vel eius appenditiis, castris, capellis, villis, mansionibus, fontibus, 
mercatis, teloneis, terris cultis et incultis, montibus et vallibus cum 
busco de Mezzola, venationibus, aviis et» inviis, silvis, stratis, aquis, 
aquarum decursibus, piscationibus, pratis, pascuis et campis disvestire 
presumat. 

Que nos Henricus sana animi circumspectione attendentes omnem 
illam confirmationem et concessionem patris nostri, quemadmodum supra- 
dicti privilegii sui tenore continetur, approbamus et^ imperiali nostra 
auctoritate per presentis pagine firmitudinem roboramus, statu entes ut 
nuUi omnino persone magno vel parve huic nostre confirmationi contra- 
dicere aut illi quovis temeritatis ausu liceat contravenire.*^ Quod si 
quis forte temere adtemptaverit,! in ultionem tante presumptionis banno 
imperiali se subiectum noverit, [et ultro eum] mille libris auri puri con- 
demnamus,™ dimidiam partem fisco imperiali et reliquam medietatem 
Clavenne rectoribus^ deputantes. 

Huius rei testes sunt Cunradus Maguntine sedis archiepiscopus, 
Otto £abenbergensis^ episcopus, Hermanus Monasteriensis episcopus, 

a. fehlt 1. b. Holta 1. 2. 3. 4. Vgl. S. 109. o. Ulrik 1. 2. Viofl 3. 
Mek. 4. d. Marquarolus 3. Marquavolus 4. e. esimimus 1. 2. 8. 
eximins 4. f. Soldano mell 3. mett 4. g. legato 1. 2. 8. 4. h. Me- 
diolanensibns 1. 2. 8. 4. i fehlt 1. 2. 4. k. contraire 3. 4. L attemp- 
tarent 4. m. oondemnandnin 1. 2. 3. condemnandum et 4. n. recto- 
ribus 1. 2. leotoribus ut snpra 8. rectoribus ultro 4. o. Otto . . . . 

episcopus 1. Otto Bbbgeu 2. Otto Bambergensis 8, Otto legati 4. 



— 122 — 

[Cunradus] Argentinensis [episcopns], Henricus [Wormatieneis*] electus, 
Albertus marchio Misinensis,^ Otto palatinus comes Burgundie, Ulricus 
Gomes de Berga,<^ Henricus marschalcus de Calandin, Henricus de Lutra<^ 
pincerna, Rodulphus de Vazze,® Ulricus de Juvald,^ Andreas de Marmore, 
Rodulphus de Ranphisvillere, Ottobellus de Mediolano et Arnoldus de 
Placentia imperialis curie iudices, Henricus PreandreasK consul Clavenne, 
Laurentius eiusdem loci legatus et alii complures> 

Signum domini Henrici B>omanorum imperatoris invictissimi. 

Ego Cunradus Maguntine sedis archiepiscopus et Germanie 
archicancellarius recognovi vacante cancellaria. 

Actum anno incarnationis dominice^ 1192, indictione 10, regnante 
domino Henrico sextok ßomanorum imperatore invictissimo et semper 
augusto, anno regni eins 23, imperii vero 1.. Datum per manum Sige- 
lohil imperialis aule protonotarii apud Hagenowe,"^15 Kalendas Martii 
feliciter amen. 

a. Henricus Argentinensis electus 1. 2. Henricus Argentine elec- 
tus 3. 4. Vgl. S. 113, b. Unhsinensis 1. 2. Unhinensis 3. 4. c. Burga 1. 2. 
Berge 3. com. de B. bis Calandin Henricus fehlt 4. d. Luna 1. 2. 3. 4. 
e. Yatgre 1. Yahhe 3. Yaththe 4. f. Tuvold 1. Juvall 3. g. potestas, 
Andreas 1.2. h. quam cum plures 4. i dorn 1.2. d. 8. domini 4. 
k. VI. Henrico 1. 2. 3. 4. 1. Sigelosi 1. 2. Sigelopi 4. m. B,ag>nowe 1. 2. 4. 



VI. 

Fälschungen für Bauffremont und Quattro 

Castella; ihre echten Muster. 



A. Lfiders^ Tull^ Btsanz and Bauffremont. 

In seinen gehaltvollen Instructions du comit6 des travaux 
historiques et scientiflques 53 — 56 hat L. Delisle gezeigt, dass eine 
Urkunde, durch welche Friedrich II. am 16. März 1218 die Burg 
seines „lieben Verwandten" Libald von Bauffremont unter besonderen 
Schutz genommen haben soll, erst in der Mitte des vorigen Jahr- 
hunderts von dem Abb6 Jean-Baptiste Guillaume gefälscht worden 
ist. Zugleich bemerkte Delisle die durchgehende üebereinstim- 
mung mit einer echten Urkunde, die Friedrich II. am gleichen 
Tage dem Klöster Lüders ausgestellt hat. Er Hess nun beide 
Diplome abdrucken, um das Verhältnis recht deutlich . zu machen, 
die gefälschte nach dem angeblichen Original,^ die echte nach 
Huillard-Br6holles Hist. dipl. Friderici secundi II 537, der seiner- 
seits den Druck bei Wiirdtwein Nova subsidia XIII 229 wieder- 
holte. Die Ueberein Stimmung ist allerdings auffallend, ohne doch 
vollständig zu sein. Für ^ Bauffremont [^hebt Friedrich an: Per 
presens scriptum notum facimus^ für Lüders scheint er nur Notvm 
facimus zu sagen; vor allem heisst es nach Delisle allein in der 
Fälschung: Äd cuius nostre protedionis et confirmationis memoriam 
et inviolabüe firmamentum presens scriptum fieri fedmu^ sigillo 
nostre celsitudiuis roboratum. Die hervorgehobenen Worte ent- 
sprechen aber, — wie man sich]: leicht überzeugen kann,^ — 
durchaus dem Stil der damaligen Urkunden Friedrichs IL So 
bleibt in dem Beweise Delisles eine Lücke, die doch der Aus- 
fllUung bedarf, wenn sein Verdikt jp voller Unbedingtheit aufrecht 



1. BOhmer-Ficker 931 verzeichnet die früheren Ausgaben, ohne Be- 
denken zu äussern. 

2. Man vergleiche nur Urkunden Friedrichs II. vom Juli 1217, Januar 
und März 1218. Hufllard J 519—520. 533. 539— 540. 



^ 124 — 

erhalten werden soll. Darum verweise ich auf die älteste Aus- 
gabe des Privilegs für Lüders: der Druck bei Ltinig Teutsches 
Reichsarcbiv XIX 971 vervollständigt die Kongruenz sozusagen 
bis auf den letzten Buchstaben, und erst damit scheint mir jede 
Hoffnung zu schwinden, dass die Urkunde fQr Bauffremont noch 
gerettet werden könne. Der angeführte Band des Beichsarcbivs 
erschien 1720; und 1758 hat Guillaume, wie ein von Delisle mit- 
geteilter Brief beweist, sein sauberes Machwerk zustande ge- 
bracht. Jedoch mag man auch erwägen, einerseits dass Guillaume 
in Bisanz geboren ist, dass er in Bisanz als Priester lebte, dass 
er von dorther dem Fürsten Bauffremont das Privileg sandte 
und seine Geschichte der Herren von Salins widmete, anderseits 
dass Lüders im Sprengel von Bisanz liegt: eine unmittelbare 
Benutzung des Klosterarchivs war für Guillaume keine schwere 
Sache. 

Delisle argwöhnte nun natürlich, dass noch andere Kaiser- 
urkunden für Bauffremont ihr Dasein dem gleichen Ursprung zu 
verdanken hätten. Dieser Vermutung folgte jüngst A. de Bar- 
th6lemy, der in der Bibliothöque de T^cole des chartes 1891 
S. 118 — 128 über die Münzen von Bauffremont* gehandelt hat. 
Doch ist Barthölemy teils viel zu weit gegangen, teils hinter 
seiner Aufgabe zurückgeblieben. Er schoss über das Ziel hinaus, 
indem er nicht blos eine Urkunde, durch welche Kaiser Friedrich I. 
den Bauffremonts das Münzrecht verliehen haben soll, als Fäl- 
schung verwarf, sondern auch ein ziemlich gleichlautendes Privileg,^ 
das den Bischof Peter von Tiill berechtigt, in seinem Schlosse 
Liverdun zu prägen. Nicht genug that Barthölemy aber, da er 
die Genealogie der Drucke unbeachtet liess: so entging ihm 
ein Versehen des Setzers, das für die Kritik seine Bedeutung hat. 

Ich beginne mit der Urkunde Friedrichs I. für TuU,^ die 
nach Benoit Hist. eccl. et politique de Toul Preuves 30, früher 



1. Barth^lemy schreibt: Beaufremont, Delisle: Baufremont; ich folge dem 
GüthaiBchen Hofkalender, mit dem die Herausgeber der Docum. rares ou in^d. 
des Vosges übereinstimmen. Aber auch Guillaume. 

2. — redige evidemment par la meme main, also dnrcli Guillaume. Der 
aber wurde 1728 geboren, er fälschte um 1758, und schon 1707 wurde das 
Privileg von Benoit veröffentlicht! 

3. 8t. 4267. 



^ 125 ^ 

Calmet Hist. eccl. et civile de la Lorraine II Preuves 364 ed. I 
und nun auch fiarth6Iemy 1. c. 425 abgedruckt haben. Sie soll 
aber unecht sein, weil die Daten, an sich einen Widerspruch ent- 
haltend, Anachronismen für einzelne Zeugen ergäben.^ Eine kleine 
Aenderung bringt fast alles in Ordnung: man schreibe nur Bi- 
suntii 18 Kai. OcL ao. dorn. 1178 indictione 11 statt 1168.^ Die 
Korrektur ist aber durch die 11. Indiktion beinahe geboten. Er- 
wünschte Bestätigung gewährt eine Mitteilung, die Herr Duver- 
noy in Nanzig seinem Kollegen Wolfram in Metz zu machen 
die Güte hatte. Er verweist auf ein Verzeichnis der Urkunden 
des Domkapitels von TuU, welches 1757 angelegt wurde. On 
donne ä cet acte dans Vinventaire la date de 1178 et on indique 
quHl est consigne au folio 26 du cartulaire A, Also am 14. Sep- 
tember 1178 hat der Bischof von TuU sein Münzrecht vom Kaiser 
empfangen, und zwar zu Bisanz. Dass Friedrich dort in der Mitte 
des September 1178 Hof hielt, ist aber auch anderweitig bekannt. 
Am 13. bekundete er eben zu Bisanz die Entscheidung eines 
Streites, den die Aebtissin von Rumeisberg gegen Reiner von 
Bourbonne geführt hat;' und unter den Zeugen begegnen uns 
auch zwei der Herren, die Barth61emy beanstandet hat: Eberhard 
von Bisanz und Heinrich von Bar. Zwischen beiden findet sich 
dann namentlich noch der Prälat, dem der Kaiser gestattet, in 
Liverdun zu prägen: Bischof Peter von TuU. Ferner bezeugt 
das Privileg für Rumeisberg: Oiselhertvs vicecomes Falcö, Die 
Bezeichnung ist nicht eben genau ; richtig sollte es heissen Qisel- 
lertus Falcö, vicecomes Vesuliensis, d. h. Qiselbert von Faucogney,. 
Vicomte von Vesoul.* Man sieht wohl, wer einen Tag später 
unter dem Oiselhertvs vicecomes Vesuntinensis zu verstehen ist. 
Die Aenderung Vesuliensis erscheint ungezwungen, ja selbstver- 
ständlich. Vesuntinensis ist verlesen,* vielleicht verschrieben, wie 

1. Die folgenden Einwände erhebt Barth^leniy gegen die Urkunde für 
Bauffremonty dann aber sagt er von dem Tuller Münzprivileg, es sei behaftet 
avee les mimes erreurs. 

2. Das meint auch Barthelemy, aber : les faussaires ne pensent pas ä Uyut, 
8. St. 4266b. Ich benutze eine Abschrift aus dem Kopialbuche des 

Klosters, die W. Arndt fdr die M.G. angefertigt hat. 

4. Vgl. z. B. Gallia Christ. XV Instr. 46. 63. 

&. In diesem Zusammenhang verdient Beachtung, dass es bei Benoit 
heisst: Bisunt, aep.^ Bat, Bisunt., aber vicecom, Vesunt, 



— 126 — 

in demselben Diplom decreto aus de cetero wurde. Damit fällt 
der letzte Grund, den Barth61emy gegen die Echtheit geltend 
machte; eine genauere Prüfung wendet alles zum Besten der 
Urkunde.* 

Doch wird man sofort zugeben , dass die gleichen Fehler 
1168 statt 1178 und Vesuntinensis statt Vestdiensis in einer zweiten 
Urkunde nicht leicht zu entschuldigen sind. Sie wiederholen sich 
mit so vielem in dem Münzprivileg für Bauffremont,* das die 
Herausgeber der Documents rares ou in6dits de Thistoire des 
Vosges IV 342 und nun auch Barth61emy 1. c. 124 veröffentlicht 
haben.* Einen Augenblick könnte man wohl zweifeln , wo der 
Betrug zu suchen sei. Aber der von Delisle erbrachte und dann 
— wie ich meine — von mir gesicherte Beweis, dass ein Fälscher 
für Bauffremont thätig war, scheint doch jedes Bedenken zu zer- 
streuen. Um anderes zu übergehen,* will ich nur noch ein 
weiteres Argument hervorheben. Bei Benoit lautet eine Zeugen- 
schaft Everardi Bisuntinensis arehiepiscopi. Daraus wurde bei 
Calmet am Ende der einen Zeile Bisuntinensis, am Anfang der 
anderen episcopi. Der Setzer verlor also — wenn ich so sagen 
darf: beim Uebergange — die Silben archi, und auch in unserer 
Fälschung ist Eberhard zum Bischöfe degradiert worden.* Der 



1. Auch gegenüber dor Urkunde von Rumeisberg. Hier bcisst Theoderich 
von Metz episcopus, in unserem Privileg electus; Theoderich ist nie geweiht 
worden. 

2. St. 4267 a hat keinen Verdacht geschöpft. 

3. Air die Kaiserurkunden fQr Bauflfremont besitzen wir in Vidimierungen 
eines officialis curie TuUensis von 1360, die ihrerseits 1761 par le secretaire 
greffier de la chamhre du conseil et des comptes du ducke de Bar beglaubigt 
wurden. Wie es scheint, ist nur das besprochene Privileg von 1218 daneben 
auch im angeblichen Original vorhanden. 

4. Kloine Aenderungen dienen keineswegs zur Empfehlung der Urkunde. 
Nicht kanzleimässig ist z. 6. Federicus dei gratia imperator Bomanorum et 
semper augtMtus statt Federicus dei gratia Bomanorum imperator augtistus, 
dann Noveritis itaque statt Noverint itaque, 

5. Mehrere Zeugen seiner Vorlage hat Guillaume unterdrackt, dafür zwei 
Lothringer hinzugefügt: Theobaldus de Novo-castro, Ulricus de Nuefviler. Sie 
lassen sich anderweitig in den damals von Friedrich I. erteilten Privilegien 
nicht nachweisen, wahrscheinlich entnahm Quillaume auch sie aus Calmets Ge- 
schichte. 



— 127 — 

angeführte Band Calmets erschien 1728, und erst 30 Jahre später 
arbeitete Guillaume. 

Das für die Bauffremonts wichtigste Privileg soll Friedrich I. 
am 14. November 1157 erteilt haben. ^ Es bringt das erlauchte 
Geschlecht, das seit 1757 dem Reichsfürstenstand angehörte, in 
schmeichelhafte Beziehungen nicht blos zu Friedrich I., sondern 
auch zu einem Kaiser noch früherer Zeiten, wie man will: Hein- 
rich II. oder Heinrich III. Friedrich wiederholt nur die Immuni- 
täten des betreffenden Heinrich, welche ihm die Bauffremonts 
vorgelegt haben, ut a novis et indebitis vexationibtcs castrum suum 
de Bafrimont eriperent Dieses ausserordentlich schätzenswerte 
Aktenstück hat zuerst bekannt gemacht: Zurlauben Tables g6n6al. 
des augustes maisons d' Antriebe et de Lorrain 179; willkürliche 
Aenderungen sich gestattend, folgte Schöpflin Alsatia dipl. 1243;^ 
in unveränderter Gestalt besitzen wir den Wortlaut nun 
auch in den Documents rares ou inödits de Thist. des Vosges 
IV 337. 

Gleichlautende Immunitäten desselben Heinrich legte der 
Abt von Lüders an demselben 14. November 1157 dem Kaiser 
vor,'^ natürlich ganz zu demselben Zweck, ut a novis et indebitis 
vexationibt/^ ecdesiam suam eriperet Ein wirklich rührendes Zu- 
sammengehen des lothringischen Hauses Bauffremont und des 
burgundischen Klosters Lüders I Nicht blos 1218 treffen sie auf 
Tag, Monat, Ort und im Wortlaut zusammen, sondern auch schon 
11571 Die seltene Freundschaft zwischen Lüders und Bauffre- 



1. St. 3785. 

2. Ex tranasumpto camerae computorum ducatus Barensis, also aus der- 
selben Quelle, der auch die anderen Kaiserurkunden für Bauffremont entstammen. 
Vgl. S. 126 Anm. 3. Die Uebereinstimmuug zwiscli^n dem Drucke in den 
Tables geneal. und den Docum. rares lehrt, dass SchOpflin die bessernde Hand 
angelegt hat. 

3. St. 3786. Friedrich bezieht sich auf ein Privileg progenitoris nostri 
domni Henrici secundi, er sagt dann: felix parens noster Uenricus secundus. 
Nicht blos nach den genealogischen Verhältnissen, sondern auch nach der in 
Friedrichs Kanzlei üblichen Zählung konnte nur Heinrich III. gemeint sein. 
Aber die bestätigte Urkunde hat dennoch unser Heinrich II. ausgestellt. St. 1673 
Der Fälscher von St. 3785 hat sich an dem scheinbaren Widerspruch von pro- 
genitor =: parens und secundus gestossen und einfach predecessor eingesetzt. 



— 128 — 

mont vermittelte — Seine HochwOrden , Abb6 Jean - Baptiste 
Guillaumel 

Der Mann hatte nun ausser dem bösen Gemüte eine zu- 
weilen recht unglückliche Hand. Denn wieder griff er zu einem 
schlechten Text, den er seiner Fälschung zu Grunde legte. Wir 
besitzen einen besseren, nämlich ein Bruchstück bei LünigXIX968, 
dann den vollen Wortlaut bei Besson Memoire bist, sur Tabbaye 
et la ville de Lure 197.^ Wenig befriedigt dagegen die Wieder- 
holung, welche Friedrichs Urkunde durch Rudolf I. erfahren hat : 
auch sie findet man bei Lünig XIX 980. Und mit ihr stimnit 
zu seinem Verderben das Privileg für Bauffremont überein. So 
bieten etwa beide den Unsinn ad feoda eodgenda statt der be- 
kannten Formel ad freda exig€nda\^ so heissen hier und dort 
zwei Zeugen: comes de Lucenburch, comes de Cagesburch: bei 
Besson liest man : de Lentzburch, de Dagsburch, Dann verweise 
ich noch auf die doppelte Nennung des Ortes , an welchem die 
Urkunde ausgestellt ist. Es entspricht Diplomen vom 3. und 4. 
November, dass er unter Data und wieder unter Actum angegeben 
wird: am 14. November sagte Friedrich I. nach Besson Data in 
Monte Barri, — actum in Monte Barri in regno Burgundie. Der 
Kanzlist Rudolfs I. meinte, es sei völlig genug, wenn er schreibe 
Data in Monte Barri, actum in regno Burgundie; seiner Ansicht 
hat sich der Verfasser des Privilegs für Bauffremont, das doch 
auch Friedrich 1. 1157 erteilt haben soll, nur allzu bereitwillig 
angeschlossen.® 



1. Nur aus dem Citate bei D(uvernoy) Mouvance du comtä de Bourgogne 
Preuves 37 weiss ich, dass die Urkunde auch in den Dissert. hist. de l'acad. de 
BesanQon 1762. 64 gedruckt ist. 

2. Hier z. B. änderte Schöpflin, ein besserer Kenner, als der archiviste- 
pctUographe, der m den Doc. rar. \. c. 341 alles in schOner Ordnung fand und 
ohne Bedenken übersetzte: pour y lever les droits feodaux. Mit der Heraus- 
gabe der Fälschungen hat man sich nämlich nicht begnügt, es mussten auch 
noch Uebersetzungen hinzugefügt werden! 

8. Uebrigens finden sich noch weitere Fehler, für welche der Druck bei 
Lünig 1. c. 980 keine Aualogieen bietet. Anderseits müsste ausser Lünig 1. c. 
980 auch noch Lünig L c. 968 herangezogen sein, nämlich zur Ankündigung 
des Monogramms und zur Vervollständigung der Rekognition. Darum möchte 
ich doch lieber annehmen, dass der Bisanzer aus dem Archive des benachbarten 
Lüders unmittelbar sein Muster entnommen hat. 



— 129 — 

Den Bauffremonts musste das Privileg Friedrichs I. als 
wertvollstes Stück ihres Archivs gelten; es würde aber auch in 
allgemeinerer Richtung eine gewisse Bedeutung haben, nämlich 
als Immunitätsbrief für einen weltlichen Herrn. Urkundliche 
Verleihung oder Bestätigung lässt sich nicht oft nachweisen, und 
darum meinte F. von Wyss die geringe Zahl der Diplome, worin 
einem Laien die Freiheit von öffentlicher Gewalt zugestanden 
wird, wohl um ein stattliches Beispiel zu vermehren, indem er 
auf unsere Urkunde aufmerksam machte.^ Noch viel grösseren 
Wert in rechtlicher, aber auch in politischer Beziehung hätte ein 
Spruch, den der königliche Hof 1224 zu Gunsten eines Bauffre- 
mont gefällt haben soll. Mochte er weniger dazu beitragen, den 
Ruhm des gefürsteten Hauses zu erhöhen, — was er für die Ver- 
fassung des Reichs bedeutete, zeigt der Umstand, dass Pertz ihn 
seiner Sammlung von Gesetzen einreihte,* dass Franklin ihm 
einen Platz in den Sententiae curiae regis gestattete,^ dass 
E. Winkelmann nicht abgeneigt war,* darin die erste Spur von 
ßitterbündnissen zu erblicken. 

Libald von Bauffremont hat vor Heinrich (VII.) Klage erhoben : 
vasalli et ceteri homines sui de vallibits in Haicspurgh audoritate 
propria qicasdam eommunitates , constitutiones , novitates et con- 
iunctiones vinculo fidei firmatas inierunt Darauf erfolgt das Ur- 
teil, dass solche Verbindungen rechtswidrig sind, und am 28. De- 
zember 1224 erhält Libald die königliche Verbriefung, die ihn 
gegen die Eigenmächtigkeit seiner Vassalien schützt. Ob diese 
nun ritterbürtige Leute waren, ob man also von einem Ritter- 
bunde reden darf, ob es sich um Lehnsleute anderer Art handelte,** 
kann das Interesse kaum erhöhen oder mindern. In jedem Falle 
bleibt, dass der Korporationsgeist sich nicht auf die Städte be- 
schränkt, dass er auch die Landbewohner ergriffen hat. Und 
beide trifft das gleiche Schicksal, am gleichen Tage und Orte 
in den gleichen Formen. Es besteht nur der eine Unterschied : 
gegen die Vassalien hat Libald von Bauffremont das Reich ange- 

1. Abhandlungen zur Gesch. des schweizerischen Offentl. Rechts 305. 

2. Leges 11 254. Vgl. dagegen jetzt Constit. et acta II 638. 
I 3. S. 91 n. 239. 

I 4. Kaiser Friedrich II. Jahrbücher I 361 Anm. 7. 

5. Vgl. dazu Winkelmann a. a. 0. 

Scheffer-Boiohorst Zur aesoh. des XII. u. XIIL Jahrhunderts. 9 



— 180 — 

rufen , gegen die Bürger der Erzbischof von Bisanz. Dessen 
Klage lautet : dves Bisunünenses audoritate propria qimsdam 
communitates, constitutiones, novitates et conventiones vinculo fidei 
confirmatas inierunt Hiermit habe ich zugleich eine Probe der 
durchgehenden Uebereinstimmung gegeben. 

Die Drucke der Urkunde für den Erzbischof, die kein Lob 
verdienen, gehen auf eine und dieselbe Quelle zurück. Aus den 
mir unzugänglichen Dissert. de Tacadömie de Besan^on 1760. 61 
entnahm sie D(uvernoy) Mouvauce du comt6 de Bourgogne envers 
l'empire Germanique Preuves 60, und ihm folgte Huillard- 
Br6holles Hist. dipl. Frid. sec. II 818. Der Text ist nicht ein- 
mal vollständig; man erkennt es aus der Bestätigung Friedrichs IL; 
Nostra serenitas intellexit^ qualitej' per sententiam dilectorum prin- 
cipum E. Coloniensis, Th. Treverensis vener abilium archiepiscoporum, 
Augustensis, Lausanensis, Basiliensis episcoporum aliorumque ma- 
gnatum Burgundie predictas conwiunitates, constitutiones, novitates 
et conventiones irrevocabiliter revocaveris. In den angeführten 
Drucken der Urkunde Heinrichs fehlen der Erzbischof von Trier, 
die Bischöfe von Augsburg und Lausanne. Diese Prälaten 
werden nun aber in der Fälschung für Libald von Bauffremont 
genannt. Sie ist also von dem Texte der Editionen, deren älteste 
übrigens auch wahrscheinlich schon einem späteren Jahre ange- 
hört, ganz gewiss nicht abhängig. Man muss sich hier erinnern, 
dass Guillaume als Priester und Mitglied der königlichen Aka- 
demie zu Bisanz, wie er sich vorstellt, in den verschiedenen Ar- 
chiven seiner Vaterstadt aus- und einging, dass er dorther auch 
in seiner Histoire g6n6alogique des sires de Salins^ eine Reihe 
von Urkunden veröffentlicht hat. Da fand er eine gute Ueber- 
lieferung des Reichsspruches, der 1224 für den Erzbischof er- 
gangen ist, und sie legte er seiner Fälschung zu Grunde. Wenn 
in Bisanz, dessen Archivalien seitdem manche Schmälerung er- 
fahren haben, sich heute kein reinerer Text für das Diplom 
Heinrichs (VII.) auffinden lässt, als der durch die Ausgaben be- 



1. Ich kenne den ersten, 1757 erschienenen Band, den die Verwaltung 
der Universitäts- und Landesbibliothek zu Strassburg mir gütigst hierher 
sandte. Dieser enthält nur eine Kaiserurkunde Preuves S. 50 = öt. 4074: sie 
ist unzweifelhaft echt. 



- 131 - 

kannte,^ dann wird man die Nachbildung Guillaumes immerhin 
zur Besserung und Vervollständigung benutzen können. 

Aber ist auch diese Urkunde wirklich eine Nachbildung, 
eine Fälschung? 

Die einzige Quelle für die Drucke ist Schöpflin Alsatia di- 
plomatica I 352, ihm folgte namentlich auch Pertz LL. II 254. 
Schöpflin verdankte das Diplom dem Baron von Zurlauben, der 
es ex transs. cur, Basil. entnommen habe. Doch ist statt Bcisih 
wohl zu lesen Tullens. Denn dort sind alle Privilegien für 
Bauffremont beglaubigt worden, auch die nicht kaiserlichen, deren 
Besprechung mir fern liegt. Auf einer Vidimierung des Offizials 
von TuU beruht ebenfalls die Ausgabe des Immunitätsbriefes von 
1157, die Zurlauben selbst besorgte.^ Der verdächtige Ursprung 
soll indes nur erwähnt werden. 

In Wahrheit würde ein zwingender Beweis der Unechtheit 
kaum zu erbringen sein, wenn nicht der Vergleich mit den übrigen 
Urkunden für Bauffremont volle Klarheit gäbe. Oder will jemand 
annehmen, dass die Diplome von 1157, 1168 und 1218 allerdings 
auf Grund echter Vorlagen desselben Jahres, Tages und Ortes 
gefälscht seien, dass dagegen der Rechtsspruch von 1224 that- 
sächlich mit der Entscheidung für den Erzbischof von Bisanz so- 
zusagen in derselben Stunde gefällt wäre, und daher auch dieselbe 
Passung erhalten hätte? Solche Vertrauensseligkeit würde doch 
zu weit gehen, selbst dann noch, wenn der Empfänger der echten 
Urkunde nicht Erzbischof von Bisanz gewesen wäre. Doch 
die Beziehungen des B'älschers zu Bisanz, seiner Vaterstadt, 
deren Archive ihm offen standen, habe ich schon zur Genüge 
hervorgehoben. 

Nicht gerade unmöglich wäre die Verbindung unter Vassallen. 
Sonst hören wir zu Anfang des 13. Jahrh. freilich nur, wie die 



1. Eine Abschrift aus dem Chartal. eccles. Bisunt., die nach dem N. 
Arch. U 282 W. Arndt für die M.G. angefertigt hat, war in deren Samm- 
Itmgen nicht zn finden. 

2. Auch die anderen, auf Bauffremont bezüglichen Urkunden, die SchOpflin 
veröffentlicht hat^ verdankte er der Mitteilung Zurlaubens. Der ist nun von 
Liebenau im Anzeiger für Schweiz. Gesch. N. F. XIII 81—86 als Fälscher ent- 
larvt worden. Doch finde ich keine Anhaltspunkte, Zurlauben mit dem Betrüge, 
der dem Preise von Bauffremont gilt, in Verbindung zu bringen. 

9* 



— 182 — 

Bürger einer Stadt zusammentreten, sich eine Verfassung geben 
und ihrem Herrn Trotz bieten. A.ber aus Sachsen vernehmen wir 
doch schon um die Mitte des 12. Jahrhunderts, dass die Ministerialen, 
der ordentlichen Gerichtsbarkeit zum Hohne, sich selber Recht 
sprachen,^ also doch eine Vereinigung eingegangen sind; und in 
Italien hatten sich die Vassalien der Gräfin Mathilde schon früher 
zu einer Genossenschaft vereinigt.^ Könnte nicht nochmals, jetzt 
im Gebiete Bauffremonts, von der Lehnsmannschaft ein Versuch 
gemacht sein, sich eine eigene Organisation zu geben? Solch 
eine Erwägung würden wir uns gestatten dürfen, wenn ihre Vor- 
aussetzung auf festerem Grunde beruhte. 

Und die Thäler von Hatispurghj worin die Vassalien wohnen? 
Schöpflin hat die Oertlichkeit nicht nachweisen können,* und auch 
ich habe sie vergebens gesucht. Sich aus der Verlegenheit zu 
retten, verfällt vielleicht jemand auf die Idee, Thäler von Habs- 
burg seien gemeint. In einer Urkunde der gleichen Zeit und des 
gleichen Ortes, deren ein Jahrhundert älteren Druck Guillaume 
gekannt hat,* erscheint als Zeuge: comeß Rudolphus de Havspurc. 
Wollte Guillaume die Bauffremonts mit den Habsburgern in Ver- 
bindung bringen, etwa durch gemeinsamen Besitz? Seine hand- 
schriftliche Geschichte der Familie Bauffremont* wird darüber 
aufklären. Aber man kann die Antwort auch recht gut ent- 
behren: ich wenigstens bedauere keinen Augenblick, dass das 
Werk ungedruckt blieb. Wenn es erschienen wäre, müsste 
ich mich vielleicht noch mit weiteren Beweisen der Unechtheit 
befassen. 



1. Annal. Palid. ad 1146, SS. XVI 82. 

2. Das zeigen zuerst die Stilübungen in Wattenbachs Iter Austr. 83 — 86. 
Vgl. Ficker Forschungen zur Reichs- und Rechtsgesch. Italiens II 294. 

3. Forte Dagsburg comitatus^ in quo volles Ängtista, Nivea et Wolflingia, 
Schöpflin I 353 Anm. e. 

4. Chifflet Lettre touchant Beatrix comtesse de Chalon 113. Auch konnte 
Guillaume die Urkunde aus dem Bisanzer Archiv kennen. Dorther entnahm sie 
Zeerleder U.-B. von Bern I 213. 

5. Ihrer wird in der Biogr. univers. gedacht, s. v. Guillaume. 



^ 188 — 

B. Tezzano und Quattro Gastella. 

Nach der zuletzt besprochenen Fälschung hätte Heinrich 
(VII.) einen Bund der Vassallen des Hauses Bauffremont, die erste 
Organisation einer Ritterschaft, im Keime erstickt. 50 Jahre 
früher soll sein Urgrossvater eine bäuerliche Genossenschaft, die 
von Quattro Castella,^ gegen ihre Herren, d. h. seine unmittel- 
baren Lehnsmannen,^ in Schutz genommen haben. In der Ur- 
kunde Friedrichs I. von 1175 heisst es, dass er den Syndikus, 
dessen Vollmacht er sah und prüfte, als den Vertreter der Ge- 
meinde von allen Lasten und Abgaben, welche die Herren bean- 
spruchen würden, frank und frei erkläre, nur in den angegebenen 
Beschränkungen: selbst Frohndienste werden vorbehalten. Das 
bestätigte Friedrich II, 1238, und 1312 folgte Heinrich VII. seinem 
Beispiele.* 

Der Inhalt dieser Urkunden hat ein verfassungsgeschicht- 
liches, ein politisches Interesse,* gleich dem der Verfügung 



1. Nach A. Overmann Gräfin Mathilde von Tuscien 118 hätten Canossa, 
Bianello, Gesso und Paemi die Quattro Castella gebildet. Er folgt wahr- 
scheinlich der Urkunde Heinrichs VII. vom 24. Februar 1311 bei Pflugk-Hart- 
tong Iter Ital. 815. Da werden als Besitzungen des Hauses Canossa vier 
Bargen genannt: Bibianellum, Canussum, Paemum et Grimsum. Statt Füemum 
ist zu lesen Bademum = Paderno, und danach wäre auch Overmanns «Paemi^ 
za berichtigen, — wenn man die genannten Orte überhaupt jemals als Quattro 
Castella zusammengefasst hätte. Um in Eine Gemeinde vereinigt zu werden, 
liegen sie schon viel zu weit auseinander. Die Quattro Castella sind vielmehr: 
Bibianello, Monteluzzo, Montevedro, Montezanni, das auch Montegiovanni hiess. 
So Q. Tiraboschi Dizionario topografico - storico degli stati Estensi II 284. 
Nach A. Amati Dizion. corografico deir Italia VI 694 schreibt man jetzt: 
Bianello, Monteluccio, Montevetro, Montezano. 

2. Die Burgen gehörten den Herren von Canossa. Tiraboschi 1. c. 

3. Eine Abschrift der Urkunde Heinrichs VII., darin die eingerückte Ur- 
kunde Friedrichs 11. und darin wieder die Friedrichs I., wurde 1450 verglichen 
und beglaubigt. Aus dieser Ueberlieferung, die im Archive deUa Torre zu 
Reggio in der Emilia beruht, rührt die Kopie Th. Wüstenfelds, die den Drucken 
zu Grimde liegt: Pflugk-Harttung Iter Ital. 816—820, Winkelmann Acta imp. 
II 259. 27. Obschon also beide Herausgeber aus derselben Quelle schupften, so 
geben sie doch keineswegs denselben Text. 

4. Vgl. A. Overmann a. a. 0. 5. 71. 118. 119. Besonders verweise ich 
auf seine Bemerkung S. 118. Nachdem er von der Erneuerung des Streites 
zwischen Kirche und Reich geredet bat, bezeichnet er die Urkunde Friedrichs 11. 



— 134 — 

Heinrichs (VII.) für Bauffremont. Nun aber ist es merkwürdig, 
wie die Leute von Quattro Castella, so oft sie eine VerbriefuQg 
wünschen, im 12., 13. und 14. Jahrhundert, mit den Edlen von 
Vezzano sozusagen Hand in Hand gehn. Diesen verlieh Friedrich L, 
1175 August 2 zu Pavia, eine Zollgerechtsame; jene erhielten 
ihr erstes Privileg auch zu Pavia, nur 6 Tage später; die Herren 
von Vezzano erwirkten die erste Bestätigung im September 1238 
zu Brescia/ die zweite im April 1312 zu Pisa; im September 
1238 hatten sich auch die Leute von Quattro Castella zu Brescia 
eingefunden: ihre Bestätigung trägt aber das genauere Datum 
des 6. September; wiederum 1312 sind beide Parteien am Hofe 
zu Pisa, die Edlen am 13. Tage vor den Kaienden des Mai, die 
Leute am 13. Mai selbst: 13. die Mail heisst es wenigstens in 
dem einen Drucke, durch den die Urkunde bekannt geworden 
ist,^ während man in dem anderen allerdings auch 13, calendas 
Mail liest.* 

Doch nicht genug mit dem zeitlichen und örtlichen Zusammen- 
treffen; auch der Wortlaut ist durchweg der gleiche. Das kann 
man wenigstens mit Bezug auf die Urkunden der zwei Friedriche 
behaupten, denn die vier Exemplare sind uns erhalten. Von den 
beiden Bestätigungen Heinrichs VIL besitzen wir vollständig nur 
die für Quattro Castella, die für Vezzano ist allein durch Regesten 
bekannt.* Da aber bei den vier ersten Urkunden nicht blos 



als die einzige, ,in der wir den Kaiser, nach dem Frieden von San Germano, 
über einige mathildinische Besitzungen Hoheitsrechte ausüben sehen''. 

1. Abschrift der Urkunde Friedrichs II., in welche die Friedrichs I. ein- 
gerückt ist, enthält das Registrum vetus des Stadtarchivs zu Sarzana foL 6. 
Daraus veröffentlichte beide Urkunden: L. A. P(odestä) in seiner Gratulations- 
schrift für die Neuvermählten Rossi-Giustiniani: Un diploma dell* imperatore 
Federico 1. a Guglielmo Bianchi, confermato al di lui figlio Rolando dal- 
l'imperatore Federico IL Sarzana 1893 p. 11. Auch nach dem Eopialbuch von 
Sarzana hat G. Sforza in den Atti e mem. delle r. deput. di stör. patr. per le 
provinzie Modenesi e Parmensi 3. ser. VI 443 Anm. 2 das Privileg Friedrichs I. 
mitgeteilt. 

2. Pflugk-Harttung 1. c. 819. 

3. Winkelmann 1. c. 259 cf. 28 Anm. 

4. Ueber die Privilegien insgesamt hat Targioni-Tozzetti Relazioni di 
alcuni viaggi fatti in diverse parti della Toscana XI 122 flg. ed. IIa berichtet, 
nicht ohne Fehler. Er folgt der ungedruckten Storia sulla Lunigiana des Sar- 
zanesen Landiuelli. Derselben Quelle entnahm L. A. Podest^ 1. c. 4 seine 



— 13B — 

Kongruenz der Daten, sondern auch der Fassungen besteht, will 
man da annehmen,^ dass die zwei letzten Bestätigungen, bei so 
verwandten Daten, doch verschieden im Wortlaut waren? 

Ja, an Einer Stelle glaube ich, trotz der Dürftigkeit der 
Ueberlieferung, doch eine Spur des gleichen Wortlautes nach- 
weisen zu können. / quali, heisst es von den Herren von 
Vezzano, denen Heinrich VlI. die Bestätigung erteilt, asserivano 
ehe in tempo dei due sudetti Federighi etc.,^ und er entspricht den 
Bitten der Leute von Quattro Castella, asserentivm quod tempore 
eoncessionis suprascripti prhnlegii et confirmationis etc., d. h. eben 
zu Zeiten Friedrichs I. und H. Das aber ist eine Ueberein- 
stimmung, die sich nicht auf blosse Kanzleiformeln bezieht; umso 



kurze Angabe Über die Bestätigung Heinrichs VII. Viel ausführlicher sind die 
Auszüge, die ich in einem Codex der Universitätsbibliothek zu Genua fand: 
B. V. 32, Documenti diversi S. 366 und 404: dort sind sie in einer Descrizione 
dei due Vezzani enthalten, hier in Notizie e documenti spettanti al celebre 
castello di Vezano e suoi antichi signori. Auf einer Verbindung dieser beiden 
Kegesten beruht das meine. 

1. Ausser den drei angeführten Urkunden gab es für Edle von Vezzano 
noch die folgenden, die in unseren Regesten werken nicht aufgeführt sind: 

a) Nachdem der Verfasser der Notizie 400 die Urkunde Friedrichs I. 
vom 21. August 1175 verzeichnet hat, fährt er fort: Circa i stessi tempi ddllo 
stesso imperatore fu concesso altro privilegio, dato in Cremona, dUi signori di 
Vezano^ cioe a Guglielmo ossia Ugolino di Opizzo, a Cacciaguerra di Cane, 
a Beringario di Grimaldo, a Corrado di Malietto, ad Enrico di Ugolino e loro 
consorti, in cui li prende sotto la sua protezione. In Kremona lässt sich der 
Kaiser zunächst am 12. Dezember 1176 nachweisen. St. 4185. Doch ist ein 
früherer Aufenthalt nicht ausgeschlossen. 

b) Notizie 402: 1J238 indictione 2 mense Januario ex privilegio dato 
Parme: Federicus IL imperator confirmat Rolandino de Guilelmo Blanco, 
Girardino de Opizzone et Rolandino de Guidone de Vezano et eorum consortibus 
Privilegium Federici 1. et de abundantiori altitudinis gratia concedit 
et confirmat castra^ homines et iurisdictiones. Die hervorgehobenen Worte, in 
der Handschrift unterstrichen, sind oflfenbar der Urkunde selbst entnommen. 
Statt indictione 2 sollte es indictione 12 heissen; nach unserer Rechnung ist 
1239 gemeint; im Januar 1230 war der Kaiser in Parma; die dort ausgestellte 
Urkunde für Avignon trägt auch das Datum 1238. B.-F. 2416. 

c) Notizie 405: 1355 indictione 8 Juni 9 Pietra santa, Urkunde Karls IV., 
von der ein sehr ausführliches Regest, doch ohne die genaueren Daten, in der 
Descrizione 366 sich findet. 

2. Descrizione 1. c. 866. 



— 136 — 

mehr werden diese in den beiden Urkunden die gleichen ge- 
wesen sein. 

Vielleicht wittert jemand einen für die Lokalgeschichte 
wichtigen Zusammenhang. Haben die Edlen von Vezzano die 
Leute von Quattro Castella gegen deren Herren, ihre Standes- 
genossen, in der Opposition unterstützt, sind sie mit ihnen, in 
drei Jahrhunderten, an den Kaiserhof gegangen, um für sich und 
ihre Bündner Privilegien zu gewinnen? Diese Vermutung ist frei- 
lich sehr problematischer Natur; doch wird die einfache Verneinung 
eines auch noch so unwahrscheinlichen Verhältnisses nicht jeder 
billigen. So müssen wir andere Gründe aufsuchen. 

Friedrich L erteilt sein Privileg dem Wilhelm Bianchi von 
Vezzano, indem er erwägt preclara et honesta servida, qvs nobis 
tarn constanter quam frequentenr et non minus fideliter eooibuit. Sechs 
Tage später soll er sich vergegenwärtigt haben preclara et honesta 
servitia, qu£ nobis universitas et homines Quattuor Castellorum tarn 
constanter quam frequenter et fideliter eodbuit Exibuit ist dem 
einen Wilhelm Bianchi gegenüber ganz am Platze, in Rücksicht 
auf Gemeinde und Leute von Quattro Castella verlangt man 
eodbuerunty und so hat der eine Herausgeber denn auch gebessert. 
Viel näher liegt die Vermutung, bei Herübernahme aus der ersten 
in die zweite Urkunde hätte ein Fälscher zu ändern vergessen. 
Und wie passt ferner hier und dort das Lob? Vortrefflich auf den 
Edlen von Vezzano, den Sprossen eines mächtigen Geschlechtes, 
das in der Lunigiana reich begütert war, dessen Besitz sich aber 
auch über die Berge, bis ins Gebiet von Reggio erstreckte. Herr- 
liche und ehrenvolle Dienste konnten dagegen die Leute von 
Quattro Castella dem Kaiser nie geleistet haben, sind sie doch 
ihren Herren, den Lehnsmannen des Reiches, immer noch zu 
Frohnden verpflichtet! Und von einer Menschenklasse, die auf 
einer so niedrigen Stufe freiheitlicher Entwicklung stand, soll 
Friedrich H. dann gar gerühmt haben fidelitatem puram et de- 
votionem sinceram, qvxi/m ad maiestatis nostram personam ac sacrum 
imperitdm habuerunt, und seine Bestätigung hätte er ihnen gegeben : 
pro gratis servitiis, que antecessores eorum divis augvjsüs progeni- 
toribus nostris felicis memorie et ipsi post eos eodbuerunt celsitudini 
nostre hactenus tarn fideliter quam devote et que exibere poterunt in 
antea gratiora. Da kann ich nur wiederholen, dass eine derartige 



— 187 — 

Erwägung einem mächtigen Geschlechte gegenüber ganz am 
Platze war; was man aber so in der Bestätigung für den Edlen 
ßoland von Vezzano und seine Neffen liest, ohne es irgendwie 
beanstanden zu können, verrät sich als höchst ungeschicktes 
Plagiat, indem es auf die — wie gesagt — noch frohnenden 
Leute von Quattro Castella angewandt wird. 

Die Art der Uebereinstimmung erregt Bedenken; — die 
daneben sich findenden Verschiedenheiten können es am aller- 
wenigsten heben. 

Allerdings steht nichts entgegen, dass Friedrich I. am 21. 
und auch am 27. August 1175 in Pavia gewesen sein soll; aber 
sofort muss es stutzig machen, dass die Bestätigung Friedrichs 11. 
für Quattro Castella ein Tagesdatum trägt. Denn zur Zeit 
pflegte die kaiserliche Kanzlei alle Privilegien, die einfach nur 
frühere wiederholten, nicht unter einem bestimmten Tage auszu- 
stellen. Wir besitzen aus dem Jahre 1238 noch vierzehn andere Ur- 
kunden, die sozusagen nur den JRahmen für ältere Verleihungen 
bilden, und nie ist darin der Tag, immer nur der Monat ange- 
geben.^ So auch nicht in der fünfzehnten, die denen von Vezzano 
verliehen ward.^ Wie soll man da über das Dokument des 
8. September urteilen ? Nicht minder würde das Datum „Pisa 
1312 Mai 13" gegen die Echtheit sprechen, denn Heinrich VII., 
der damals den Leuten von Quattro Castella sich gnädig erwiesen 
haben soll, hatte Pisa längst verlassen,"* er befand sich in Rom. 
Freilich, an dieser Stelle müsste der andere Druck, wenn dessen 



1. B. F. 2308. 15. 20. 27. 29. 30. 41. 42. 44. 89. 90. 91. 400. Dazu kommt 
noch eine Urkunde für Kloster Pogliola d, d. 1238 April, Turin. Das Insertum 
ist von Friedrich I. 1186 Mai 17 zu Mailand erlassen. P. Nallino di Mondovi 
II corso del fiume Pesio etc. Mondovi 1788. II 225 cf. 218. 

2. Aehnlich verhält es sich mit dem Fehlen der Indiktion. Unter dem 
Actum müsste die Zahl genannt sein; unter dem Datum müsste es heissen 
annot mense et indictione prescriptis. Dieser allgemeinen Regel entspricht die 
Urkunde für Vezzano; die für Quattro Castella versagt an beiden Stellen. 

3. Das hat Pflugk-Harttung 1. c. 816 ganz übersehen. Dafür erfreut er 
8. 819 durch eine köstliche Konjektur. Heinrich VII. bestätigt das Privileg 
öc omnia et singula in eo contenta. Nein, bescbliesst Pflugk, es muss 
continentia heissen! Fast ebenso sinnig redet er S. 820 von Frohndiensten 
ad ipsa Quatuor Castella vtl ad regtium^ während Heinrich VII. doch von 
oneribtts civitatis Eegii gehandelt hat. 



( 



— 186 — 

Lfcart richtig ist, den Argwohn zerstreuen; wie schon gesagt, 
heisst es da: LS. calendas Mali, 

Für Quattro Castelia urkundet Friedrich I. de imperiali 
plemitudine^ Friedrich II. und Heinrich VII. bestätigen de imperi- 
ali plenitudine. Dreimal hätten ihre Kanzlisten ohne verständige 
Ueberlegung geschrieben I Aus der Fülle kaiserlicher Macht, 
kaiserlicher Gnade wird gewährt oder gebilligt, nicht einfach aus 
kaiserlicher Fülle. Wie heisst es da in den Urkunden für Vezzano? 
Friedrich I. sagt im2)eriali audoritate, Friedrich II. de imperi- 
alis preeminentie gratia. Beides entspricht dem damaligen Ge- 
brauche, natürlich nicht de imperiali plenitudine. Und dieses 
Ausdrucks — es ist ebenso selbstverständlich — haben sich die 
Kanzlisten auch nicht zu Zeiten Heinrichs VII. bedient. Wohl 
aber findet sich in dessen Akten wieder und wieder de regie pU- 
nitvdine potestatis. Danach zweifele ich nicht, dass auch in der 
Urkunde für Vezzano stand de regie plenitudine potestatis,^ Aus 
ihr ist „die Fülle" gewiss in die drei, nicht gerade geistreichen 
Fälschungen übergegangen; der unentbehrliche Zusatz „der Macht" 
blieb bei Seite. 

Heinrich VII. entbietet seinen Gruss universis sacri Bomani 
imperii fidelibu^, Ist in dieser Formel einmal das Eeich genannt, 
so fehlt nie die genaue Bezeichnung sacri Bomani, Wohlverstanden: 
unter Heinrich VII. In Urkunden Friedrichs IL wird man da- 
gegen, wenn ich so sagen darf, die Adresse universis sacri Bo- 
mani imperii fidelihus nicht leicht finden. Um die angebliche Zeit 
der Ausstellung — 1237. 38. 39 — begnügte er sich jedenfalls, 
universis imperii fidelibus zu schreiben. So verrät doch die Cha- 
rakteristik sacri Bomani, wie vorhin de imperiali plenitudine, den Fäl- 
scher und zugleich seine Quelle. Wenn er dann in der Urkunde 
Friedrichs I. auf sacri verzichtete, wenn er es bei universis Bo- 
mani imperii fidelibus bewenden Hess, so war er allerdings glück- 
licher, sofern sich zwei ähnliche Fälle finden : noverit tam presen- 
tium etas, quam fidelium imperii Bomani successura posteritas heisst 
es im März 1170,^ und im Januar 1178 schrieb der Kaiser: om- 



1. Meines Wissens ist die Verbindung in Urkunden Friedrichs I nicht 
nachzuweisen. Doch sagt Friedrich II. allerdings mehrfach de plenitudine 
imperialis potestatis. 

2. St. 4112. 



^ 139 — 

nihm Boniani imperii fidelibus} Das aber sind AtHSUfthmen, und 
mit spärlichen Analogien kann man nur Schriftstücken, die sonst 
keine Blossen bieten, zu Hilfe kommen; darüber hinaus sind sie 
wirkungslos. 

Wie hier geändert worden ist,^ damit die Fälschung wenigstens 
nicht in jedem und allem als blosse Wiederholung einer Urkunde 
desselben Herrschers erscheine, so wurde in der ungeschicktesten 
Weise die Reihe der Zeugen verkürzt und zum Teil auch anders 
geordnet. Die Erzbischöfe von Köln und Mainz erhielten dazu 
noch die dem Kanzleigebrauche garnicht entsprechende Charak- 
teristik: vocati, idonei atque rogati. 

Es erübrigt noch, zwei Ausdrücke in der Urkunde Friedrichs I. 
hervorzuheben. Als seine Lehnsmannen heissen die Herren von 
Quattro Castella feudatarii. Die Bezeichnung ist in den Sprach- 
gebrauch der Kanzlei viel später aufgenommen worden: das 
Glossar des ersten Bandes der Constitutiones et acta, der mit 
Heinrich VI. schliesst, enthält das Wort noch nicht,^ und erst im 
zweiten Bande wird es für die Zeiten Friedrichs H. nachgewiesen. 
Nicht früher scheint franchisia in Urkunden unserer Herrscher 
vorzukommen: jedenfalls glaube ich in Abrede stellen zu dürfen, 

1. St. 4239. Ich füge hinzu, dass sich unter Friedrich I. einmal auch 
die volle Form: Noscat sacri imperii Romani tarn presens etas nachweisen 
lässt. St. 4393 a. Friedrichs I. Kanzlisten sind es überhaupt gewesen, die als 
die Ersten von der Heiligkeit des Reiches reden. Um hier nur die Ver- 
kündigung ins Auge zu fassen, so finde ich zunächst, am 12. Januar 1159 
Omnibus sacratissimi imperii etc. Es folgt eine Reihe anderer Urkunden, z. B. 
St. 3989. 90. 4090. Aber daneben heisst es dann schon: sacri imperii fidelibus 
z. B. am 4. November 1J63, am 9. Juni 1164; später tritt omnibus sacratissimi 
imperii ganz zurück. Wenn Otto IV. und Friedrich II. sich noch einmal des 
Ausdrucks bedienen, — B. F. 368. 834 — so wiederholen sie einfach die Ur- 
kunde vom 12. Januar 1159, die für Locedio ausgestellt ist. 

2. Wenn ich nicht irre, ist ebenfalls noch aus der Urkunde Heinrichs VII. 
für Vezzano übernommen, zunächst in die Urkunde desselben Herrschers für 
Quattro Castella, dann aber auch in diejenige Friedrichs I. : cuitis sindicatum 
vidimus, legimus ac palpavimus. Ganz dieselben Ausdrücke kann ich in Ur- 
kunden Heinrichs VII. allerdings nicht nachweisen, aber es finden sich doch 
ähnliche. Z. B. vidimus et tractavirnus, oder: instrumentis nobis ostensis, visis, 
aiiditis et intellectis. Böhmer Acta imp. 417 Nr. 584. 452 Nr. 644. 

3. Es sind nur spätere Ueberlieferungen eines Gesetzes Heinrichs III., 
in denen feudatarius vorkommt. Oonstit. et acta I 104 Variante w, wo zu 
Codex 2 aber 4 zu ergänzen ist. 



— 140 — 

dass franchisia,^ wie auch feudatarii, dem Wortschatze schon der 
Kanzlisten Friedrichs I. angehört habe.^ 

Das sind die formalen Gründe,' die gegen die Echtheit der 
Urkunden für Quattro Castella zeugen. Die Uebereinstimmung 
erinnert doch zu sehr an die Fälschungen für ßauffreraont. Oder 
will man wirklich annehmen, dass die Edlen von Vezzano und 
die Bauern von Quattro Castella dreimal in drei Jahrhunderten 
zur selben Zeit an den Kaiserhof geschickt hätten, dass dadurch 
die gleiche Fassung zu erklären sei? Dann müsste sie auch stets 
der Sachlage entsprechen: wir sahen aber, wie ein berechtigtes 
Lob, dadurch dass es einfach abgeschrieben wurde,, sich in Unsinn 
verwandelte. Und nun die Abweichungen, die der Fälscher doch 
zum Teile nur vornahm, um auch einmal selbständig zu erscheinen ! 
Indem er etwa in die Urkunde Friedrichs II. sacri Bomani aus der Ur- 
kunde Heinrichs VII. einsetzte, indem er ein andermal ganz nach 
eigenem Ermessen änderte, beging er schlimme Verstösse gegen 
den jeweiligen Gebrauch, und die Anachronismen sprechen ihm 
das Urteil. 

Sachlich lässt sich gegen die Echtheit einwenden, dass 
wenigstens die Leute von Bianello, einer der vier Burgen, noch 
zur Zeit Heinrichs VH. ganz andere Lasten tragen mussten. 
Wenn das Schwerste, was Friedrich I. vorbehalten haben soll, 
ein zwölfmal zu leistender Spanndienst ist, — nach Heinrich VII. 
müssen die Leute von Bianello ad mumm glindonis de Bubianello 
trahere lapides et hoccatam etc,^ trahere diclo muro sabulonem et 
aqtiam etc., necnon custodes sive guagitas [ponere in] dicto loco pro 
manso quolihet 48 in anno,^ 



1. In Urkunden, die der Zeit Friedrichs I. angehören sollen, aber Fälschungen 
sind, findet man das Wort; z. £. Stumpf Acta imp. 233 Nr. 171. 

2. Nach Tiraboschi Dizionario II 234 würde sich auch der Ausdruck 
Quattro Castella nicht vor 1560 nachweisen lassen. Aber ich finde ihn schon 
in den Annal. Parmenses zu 1296 und wieder zu 1335. Mon. bist. ad. prov. 
Farm. III 99. 317. Dann hat schon Salimbene Mon. bist. II 350 zum Jahre 
1285 der Berge gedacht, uhi sunt quätuor castra contigtia; er nennt sie nun 
und beschreibt auch isla quafuor castra. Das ist freilich noch nicht Quattro 
Castella, wie in den Annalen von Parma. 

3. Vgl. noch S. 143 Variante a mit S. 146 Variante e. 

4. Die interessante Urkunde vom 24. Februar 1311 hat Pflugk-Harttung 
Iter Ital. 815 nicht eben gut herausgegeben. Den Auftrag, sie zu erwirken, 



— 141 — 

Eben gegen diese grösseren Lasten werden sich die Bauern 
gesträubt haben; sie waren viel zu weise, alle Verpflichtungen 
abzuschütteln; indem sie einige, nicht zu schwere, als Rechts- 
normen festsetzen, schützten sie sich gegen weitere Forderungen. 
Da nun im Jahre 1450 ihre Herrschaft sie verklagt hatte, konnte 
ihnen nichts angenehmeres geschehen, als nach Massgabe ihrer 
Fälschungen verurteilt zu werden.^ Alle übrigen Ansprüche 
wurden abgewiesen. 

Es bleibt noch die Frage, wie die Bauern von Quattro 
Castella zu den Mustern ihrer Fälschungen gelangten. Jean- 
Baptiste Guillaume hatte Lünigs Reichsarchiv und Calmets Ge- 
schichte von Lothringen vor sich liegen, und in den Archiven 
von ßisanz ging er aus und ein. Das war im vorigen Jahr- 
hundert; im löten konnte man keine Bücher benutzen, um nach 
ihnen zu fälschen, und von Quattro Castella bis Vezzano war 
doch ein ziemlich weiter Weg. Aber die Besitzungen der Edlen 
von Vezzano erstreckten sich übers Gebirge bis ins Gebiet von 
Reggio; ein Zweig nannte sich nach Erberia, dem heutigen Rub- 
biera,^ das den Quattro Castella schon ziemlich nahe liegt. 

Eine neue Ausgabe der Urkunden wird willkommen sein, 
nicht blos weil sie das Verhältnis der Abhängigkeit, worüber ich 
handelte, unmittelbar vor Augen führt, sondern auch deshalb, 
weil die früheren Drucke teils für die meisten Deutschen so gut 
wie nicht vorhanden waren, teils einen schlechten Text boten. 
Schwer erreichbar sind für uns die Privilegien der Herren von 
Vezzano gewesen, — war doch das Friedrichs II. nur in einer 
italienischen Gratulationsschrift erschienen — aber auch hier 
konnte ich einzelnes berichtigen. Wenig befriedigten die Texte 
der Urkunden für Quattro Castella, ja stellenweise blieben sie 
unverständlich. Da hoffe ich, wenngleich mir keine handschrift- 



hatten die auch in ihr genannten Konsorten am 16. Februar 1311 erteilt, 
Bonaini Acta Henrici VII. I 145 Nr. 100. 

1. Eben in diesem UrteU sind unsere Urkunden enthalten. Vgl. Wüsten- 
felds Mitteilung bei Pflugk-Harttung 1. c. 820. 

2. Tiraboschi 1. c. I 371—388. 



— 142 — 

liehen Vergleichungen zu Gebote standen,^ einen wesentlich bes- 
seren Wortlaut hergestellt zu haben. 

Natürlich durfte ein Regest der Urkunde, die Heinrich VII. 
denen von Vezzano erteilte, nicht bei Seite bleiben. Sie war bis- 
her nur durch eine blosse Erwähnung bekannt: jetzt kann ich 
genauere Angaben über Inhalt und Daten machen. 

Meine Quellen sind: a) für die Privilegien, die Friedrich I. 
und Friedrich II. den Edlen von Vezzano verliehen, das Registrum 
vetus des Stadtarchivs zu Sarzana, aus dem auch meine Vor- 
gänger schöpften,^ b) für das erwähnte Regest der Urkunde 
Heinrichs VII. ein Sammelband der Stadtbibliothek zu Genua,* 
c) für die Fälschungen, deren sich die Leute von Quattro Castella 
bedienten, die bisherigen, auf eine und dieselbe Abschrift* zurück- 
gehenden Drucke von Pflugk - Harttung Iter Italicum 819 =:: 1, 
Winkelmann Acta imperii inedita H 27. 259 = 2.* 

Friedrich L gestattet seinem hoch belobten Wilhelm Bianchi 
von Vezzano, zu S, Stefano oder an einem anderen Platze der nach 
Sarzana führenden Strasse einen Zoll zu erheben. 

1175 August Sl, Pavia, 

Fridericus diviua favente dementia Romanorum Imperator 
augustus. 

Imperatorie maiestatis a deo iiobis coUatum^ officium persuadet 
et* postulat, ut de nobis et imperio benemerentibus imperial is gratie 

a. off. et p«Ts. post. 



1. Doch übersandte mir soeben Herr Dr. Alfred Winkelmaun gütigst die Ab- 
schrift Wüstenfelds, die dem Drucke seines Vaters zu Grunde liegt. Danach 
ergaben sich einige Abweichungen: ich habe mich natürlich Wüstenfeld an- 
geschlossen. 

2. Vgl. S. 134 Anra. 1. Wo durch schlechte Anwendung von Reagenzien 
die Schrift zerstört war, folgte ich der a. a. O. erwähnten Abhandlung Podest^. 

3. Vgl. S. 134 Anm. 4. 

4. Vgl. S. 133 Anm. 3. 

6. Bei einer etwaigen Vergleichung meiner Ausgabe mit der Winkel- 
manns beachte man Anm. 1. 

6. In einem der beiden Drucke des Privilegs für Quattro Castella heisst 
es maiestatis collate iniunctum officium. Nun begegnet die Arenga maiestatis 
officium sehr oft; ich entsinne mich nicht, dass zu beiden Substantiven zu- 



— 14S — 

munificentia benefaciamus et equidem Ulis gratiosius, quorum fides et 
devotio nobis famulantur studiosius. Eapropter notum facimus uni- 
versis imperii fidelibus tarn futuiis quam presentibus, quod nos con- 
siderantes preclara et honesta servitia, que nobis Guillielmus Albus de 
Vezano tarn constanter quam frequenter et non minus fideliter exibuit, 
concedimus ei et heredibus suis 12 denarios imperiales de soma et 6 
de fardello^ in burgo S. Stephani vel aliquo alio usque Sarzanam ubi 
potius per stratam voluerint colligendos, et eis imperiali auctoritate 
confirmamus. Statuentes igitur firmiter sancimus, ut nulla prorsus 
persona parva vel magna, secularis vel ecclesiastica, nulla civitas, nuUum 
comune, nullus locus, nulla potestas hanc nostre maiestatis paginam 
audeat cuiuscunque* iniuriarum calumpniis seu dampnis attemptare. Quod 
qui facere presumpserit, 40 libras auri pro pena componat, dimidium 
camere [nostrej et reliquum iniuriam patienti persone. 

Huius rei testes sunt: Phylippus Coloniensis archiepiscopus et 
Ytalie archicancellarius, Christianus Maguntine sedis archiepiscopus, 
Arnoldus Treverensis archiepiscopus,* Willielmus marchio de Monte- 
ferato, Guido de S. Nazario, magister Wortuinus imperial is aule pro- 
tonotarius. 

Datum Papie anno dominice incamationis 1175, indictione 8, 12 
kal. Septembris. 

Friedrich II. bestätigt seinem hoch belobten Roland Bianehi 
von Vezzano und dessen Neffen das eingedrückte Privileg Friedrichs L 
vom 21. Atcgicst 1175. 1238 September, vor Brescia. 

In nomine sancte et individue trinitatis. Fridericus secundus 
divina favente dementia Romanorum imperator semper augustus, 
Jerusalem et Sicilie rex. 

Justis fidelium nostrorum petitionibus condescendere cogimur, 
quas nisi favorabiliter audiremus, obaudire quod iuste petitur per 
iniuriam videremur. Eapropter notum fieri volumus universis imperii 
fidelibus tam presentibus quam futuris, quod RoUandus quondam 

a. sie! statt quibuscunque. b. Arn. Trev. arcb., wenn ich niobt irre, 

von neuerer Hand über den unleserlich gewordenen Worten nachgetragen. 



gleich ein Particip gezogen sei. Da aber in unserer Urkunde collatum, in der 
anderen coUcUe iniunctum und in einer dritten, die nur einen Monat früher aus- 
gestellt ist, — Stumpf Acta 523 Nr. 367 — iniunctum sich findet, so erwäge 
ich die Möglichkeit, ob im Originale nicht doch stand collate iniunctum. Dann 
väre oben besser gedruckt worden: collafte iniuncjtum. Vgl. S. 144 Anna. 1. 
1. Soma und fard^llus, beide Worte erklärt Ducange nur als onus, sarcina. 



— 144 — 

Guillielmi ßlanci de Vezano fidelis noster pro parte sua et nepotium ^ 
suorum, scilicet Guidonis, Oppizonis et Guillielmi, quoddam Privilegium 
divi augusti imperatoris Friderici, avi nostri memorie recolende, 
liberaliter dudum iudultum Guillielmo Blanco avo quondam predictorum 
Hollandi et nepotium^, nostro eulmini presentavit, humiliter supplicans 
et devote, ut illud innovare et omnia, que continentur in eo, confirmare^ 
de nostra gratia dignaremur. Cuius tenor per omnia talis est: £s 
folgt das Privileg Friedrichs I. vom 21. VIII. 1175. Nos igitur 
attendentes fidem puram et devotionem sinceram, quam predicti RoUandus 
etnepotesipsius ad maiestatis nostre personam et sacrum imperium habent, 
pro gratis quoque servitiis, que antecessores eorum divis augustis, 
progenitoribus nostris felicis memorie, et ipsi post eos exibuerunt 
celsitudini nostre hactenus tam fideliter quam devote, et que ezibere 
poterunt in antea gratiora, suprascriptum Privilegium divi augusti, 
imperatoris Friderici, avi nostri felicis recordationis, liberaliter dudum 
indultum Guillielmo ßlanco, avo ipsorum, de verbo ad verbum inseri 
iussimus, omnia que continentur in eo de Imperialist preeminentie gratia 
conürmantes. Statuimus itaque et imperiali sancimus edicto, ut nulla 
persona alta vel humilis, ecclesiastica vel secularis predictos Rollandum 
et nepotes et heredes ipsorum contra presentis privilegii et confirmationis 
nostre teuerem temere impedire vel turbare presumat. Et qui pre- 
sumpserit 40. libras auri pro pena componat, medietate scilicet camere 
nostre et reliqua medietate passis iniuriam applicanda. Ut autem hec 
nostra innovatio et confirmatio robur obtineat perpetue firmitatis, presens 
Privilegium fieri et sigillo maiestatis nostre iussimus communiri. 

Huius rei testes sunt Sifridus Maguntinus archiepiscopus, Bertulfus^^ 
patriarcha Aquilegensi», Hermannus Herbipolensis, [L.] Wormatiensis 
R. Pataviensis episcopus, Johannes Arelatensis archiepiscopus, G. Va- 
lentinus electus, R. Papiensis, G. Lunensis episcopus, ß. dux Bavarie, 
Henricus comes Ascarie, R. comes Provincie, B. marchio Montisferati, 
Manfridus marchio Lancie, comes Gevehardus de Harnestein, sacri 
imperii in Italia legatus, et alii quam plures. 

Signum domni nostri Friderici secundi dei gratia invictissimi 
[Romanorum] imperatoris semper augusti, Jerusalem et Sicilie regis. 

a. sie! b. imperiali. c. Bertulus. 



1. In zwei anderen Urkunden von 1238, die nach dem gleichen Schema 
angefertigt wurden, heisst es concedere et confirmare de nostra gratia dignaremur. 
Winkelmann Acta imp. I 306. 307. Vielleicht wäre danach oben zu setzen ge- 
wesen confcedere et conjfirmare. 



— 145 — 

Acta sunt hec anno dominice incarnationis 1288., meuse 
Septembris, 12. indictione, imperante domno nostro Friderico secundo, 
dei gratia invictissimo Romanorum imperatore semper augusto, Jerusalem 
et Sicilie rege, imperii eins anno 18., regni Jerusalem 13., regni vero 
Sicilie 41., feliciter amen. 

Datum in castris in obsidione Brixie, anno, mende et indictione 
prescriptis. 

Heinrich VIL bestätigt den edlen und weisen Männern von 
Yezzano, dem Richter Äldobrandi% dem Albert weiland Friedrichs 
und dem Simon weiland Guidos, für sich und für ihre 18 genannten 
Konsorten,^ in deren Auftrage sie gekommen sind,^ das schon von 
Friedrich II. bestätigte Privileg Friedrichs L; er gedenkt dabei ihrer 
Versicherung, dass zu Zeiten der beiden Friedriche statt jedes kaiser- 
lichen Denars drei kleine Denare als Zoll entrichtet worden seien,^ 
er bestätigt ihnen femer die Burgen Vezzano, Vesigne, Ponzani, 
Pulverare, Beoelini, Carpene und den Distrikt Monte di Vario.^ 

1312 April 19, Pisa.^ 

^Friedrich L erklärt den Syndikus, namens seiner hoch belobten 
Leute von Quattro Castella, frank und frei von allen an sie [zu 
stellenden Forderungen, mit Ausnahme genannter Leistungen. 

1175 Auffust 27, Pavia. 

Federicns divina favente dementia Imperator Semper augustas. 

Imperatorie maiestatis a deo nobis collate utiq^ue^ ofiloium postulat, ut de 

nobig et imperio nostrO benemerentibus imperialis gratie muniflcentia benefaoiamuH 

et equidem" illis gratiosius, quorum fldes et devotio nobis famulantur Btudioaius. 
Eapropter notnm facimus Yinlversin imperii iComani fldelibiiR, tarn presentibna quam 

a. ininnctnm 1. Vgl. dazn S. 142 Anm. 6. b. quidem 1. 



1. Sie sind in den Notizie S. 404 namentlich aufgeführt; in der Do- 
scrizione 8. 366 werden ^tatt ihrer aus Friedrichs 1. Urkunde die Stammväter 
genannt. 

2. 9U0 et pi'ocurcUorio nomine consortium suorum. Notizie 1. c. 

3. Dieser Satz nur in der Descrizione 1. c. 

4. Dieser Satz nur in den Notizie 1. c. 

5. Datum IHsis 13 hal. Maii anno domini 1312, indictione 10, regni veio 
noitri 4. Descrizione 1. c. Der Verfasser schrieb sein Regest übrigens in 
italienischer Sprache. — 1312 indictione 10, 13 calend. Maii ex privileyio 
dato IHsis. Notizie 1. c. 

Sohftffer-Boichorst, Zur Qeaoh. des XII. ii. XIII. Jahrhunderts. 10 



-^ 146 — 

fatoiis, qnod nos considerantes preclara et honesta (servitia, que nobis imi' 
yersitas et homines Quatuor Gastellorum tAm oonstanter, quam &eqnenter 

et fideliter exibait, conoedimas Lazaro quondam Franceschini' de Lubiano, 
sindico et procuratori hominum Quatuor Gastellorum, cuius sindicatum 
vidimus, legimus et palpavimus, ommes franchisias ipsumque sin di cum 
sindicario nomine de imperiali plenitudine franchum et exemptum faci- 
mus ab omnibus et singulis oneribus ac gravaminibus atque datiis qui- 
buslibet, per nostros feudatarios ipsis hominibus in futurum imponendis, 
preterquam in reparatione arcis Quatuor Gastellorum ac ab oneribus 
civitatis Regii, que in tribus [ex illis reservamus. Teneantur* tamen 
ipsi homines Quatuor Gastellorum tenere quotidie^ duos custodes, qui 
literas ultroque citroque perferendas cureilt, atque faciant duodecim 
corvigia omni anno ad Quatuor Gastella^^ seu Regium ad arbitrium 
ipsorum feudatariorum, non obstantibus quibuscunque per nos vel 
antecessores nostros ipsis nobüibus concessis, quibus tenore presentium 

derogatum esse volumus.^ Statuentes igitur iirmiter sancimas, ut nulla prorsuB 
persona, parva vel magna, secularis vel ecclesiastica, nulla civitas, nulluni commune, 
nullUS potens hanc nostre maiestatis paginam audeat cuiuscunque® iniuriarum calamp- 
niis seu damnis attentare. Quod qui facere attemptaverit, 10. libras auri^ pro 
pena componat. 

Huius rei testes sunt Philippus Coloniensis archiepisoopus, Italie arcbicanceliarius, 
ac Ohristianus Maguntine sedis archiepisoopus, VOCati, idonei atqueS rogatl. 

Datum Papie anno dominice incarnationis 1175., indictione 8., 6. kalendas 
Septembris. 

*Friedrich IL bestätigt seinen hoch belobten Leuten von Quattro 
Castella das eingerückte^ ihm von ihrem Syndikus vorgelegte Privileg 
Friedrichs L vom 27, Augi4st 1175. 

1838 Sefptember 6, vor Brescia. 

In nomine sancte et individue trinitatis. Fridericus secundus divina favente 
dementia Bomanorum Imperator semper augustus, Jerusalem et Sioilie rex. 

Justis fldelium nostrorum petitionibus condescendere cogimur, quas nisi favora- 
billter audiremus, abnuere quod iuste petitur^ per iniuriam^ videremur. Eapropter 
notum fieri volumus universis sacri IvOmani^ imperii fidelibus, tarn presentibus quam 
futuris, quod Antonius quondam LaurentÜ Galliani'^ fidells noster pro paite suaet 

universitatis hominum Quatuor Gastellorum quoddam Privilegium divi augusti 

imperatoris Friderici, avi nostri memorie" recolende, liberaliter dudum indultum uni- 

versitati et hominibus dictorum Quatuor Gastellorum nostro cuimini pre- 

a. Teneanter 2. b. ten. quot. fehlt 2. c. Gastellis 1. 2. 

d. volnimus 1. e. cuiusque 1. 2. Vgl. S. 143 Var. a. f. fehlt 2. g. ac2. 

h. In — trinitatis fehlt 2. i abnuere q. i. p. abnuere 2. k. iniurias 1. 2. 

1. fehlt 1. m. Laudi Gall. 1. Laude et Gall. 2. n. nostri uBcnon reo. 2. 



1. Offenbar con'egea vgl. Ducange s. v. corregeum. 



- 147 — 

sentavit hnmiliter snpplicans et devote, ut illud COnCOdere et omnia qae in eo SUnt 
confirmare de nostra gratia dignaremur. Guius tenor per omnia talis est: Cs fol^t 

die Urkunde Friedrichs 1. vom 27. VIII. 1175. Nos igitnr attendentee 

fidelitatem pnram ac devotionem sinceram, quam dicti hoiuines Quatuor 
CasteUorum ad maiestatis nostre personam ac sacrum imperium habuerunt^ 6t 
pro gratis servitiis, que^ antecessores Quatuor Castellorum divia angastii, pro- 
genitoribns nostris felicis mexnorie, et [ipsi post eosj exibuemnt celsitudini^ nostre 
hactenus tarn fideliter, quam [devote, et] que exibere^ poterunt in pOSterusOL® gratio- 
SIUSj sapras criptnm Privilegium divi augusti imperatoris Friderioi, avi nostri felicis 
recordationis, liberaliter dudum indultum, VBStre Ulliversitati homiuum Quatuor 
Castellorum de verbo ad verbum exemplari [iussJmus] et omnia, que in eo con- 
tinentnr \ de imperiali pleilitudine confirmamus. Statuimus itaque aC imperiali 
sancimus eclicto, ut nulla persona, alta vel humilis, ecdesiastica vel secularis, ipsam 

universitatem Quatuor Castellorum seu quemlibet ipsorum quomodo- 

llbet contra presentis privilegii confirmationis tenorem temere perturbare SOU ag- 

gravare seu onera insueta ipsis hominibus quomodolibet preter supra- 

SCripta impouere presumat Sub pena nostre e Utautemhec* nostra inno- 

vatio robnr obtineat perp^tuum,^ firmitatis, presens Privilegium fieri et sigiUo maiestatis 
noatre communiri fecimuS.^ 

Huius rei testes sunt: Manfredus marchio LaVauie et Sifredus'' Aquilee 
patriarcha. 

Signum domini Friderici secundi dei gratia invictissimi'^ Bomanorum regis 
semper augusti, Jerusalem et Sicilie regis. 

Acta sunt hec anno dominice incamationis 1238., die 6. menslS^^ Septembris, 
imperante domino Frederico secuudo, dei gratia invictissimo Romanorum imperatore^ 
semper augusto, Jerusalem et Sicilie rege, anno^ imperii eins IS., anno regni Jerusalem 13. 
regni vero Sicilie . . . Datum in castris in obsidione Brixie, annu et mense SUpra- 
Hcriptis.^ 

"Heinrich VIL bestätigt den Leuten von Qttattro Castella das 
eingerückte, ihm von ihrem Syndikus vorgelegte Privileg Friedrichs II» 
vom 6, September 1238, wodurch dieser das auch eingerückte Pri- 
vileg Friedrichs L vom 21, Aicgust 1175 bestätigte. 

1312 April' Mai, Pisa, 
Henricus dei gratia Romanorum rex semper augustus universis 
sacri Romani imperii fidelibus,* presentes litteras^ inspecturis,P gra- 
tiam suam et omne bonum. 

a. fehlt 2. b. exibitis per 2. c. mem. exibuerunt et erunt 

in postero exibitori celsitudine 1. mem. et celsitudini 2. d. tam fid. 

qiuamque exibere 1. 2. e. in posterum fehlt 1. f. confirmentur 1. 

K- contra ... 1. h. proprium 1. 2. L iussimus 2. k. G-ifredus 1. 

1- fehlt 1. m. mense 2. n. suprascripto 1. o. pres. has insp. 1. 

P- pres. litt. insp. fehlt 2. 

10* 



- 148 - 

Accedens* ad^ nostre maiestatis presentiam Dominicus quondam 
Laurentii Galliani,^' Quatuor Castellorum siudicus et procurator uni- 
versitatis et hominum dictorum Quatuor Castellorum, cuius sindicatum 
vidimuB, legimus ac palpavimus, fidelis noster, nobis humiliter suppli- 
cavit, quatenus Privilegium felicis recordationis Friderici^ strenui impe- 
ratoris, predecessoris nostri, cum confirmatione preclare^ recordationis 
Friderici secundi imperatoris Bomani, item^ predecessoris nostri,^ ad 
instar eiusdem coniirmare de beuiguitate maiestatis regie dignaremur. 
Cuius confirmationis privilegii tenor talis est: Es folgt das Pri- 
vileg Friedrichs II. vom 6. IX. 1238. Nos igitur pre- 
dictorum hominum Quatuor Castellorum asserentium, quod tempore 
concessionis suprascripti privilegii et confirmationis eiusdem hac^ 
franchisiarum ac exemptionum [gratia gavisi fuissent,] devotis suppli- 
cationibusK favorabiliter annuentes, predictum Privilegium ac omnia 
et singula in eo contenta , sicut rite^ et provide sunt concessa, ad 
instar prefatorum^ Bomanorum imperatorum, predecessorum nostrorum, ^ 
nostra imperiali^ plenitudine approbamus et confirmamus ac presentis 
scripti patrocinio communimus. Nulli ergo omnino hominum^ liceat 
hanc nostre franchisiarum ac exemptionum approbationis et confir- 
mationis paginam infringere vel in aliquo contrariare aliquo ausu con- 
trario.^ Quod qui facere presumpserit, in gravem indignationis nostre 
offensam et penas superius expressas se noverit incursurum. 

Signum domini nostri^ Henrici regia invictissimi. 

In cuius testimonium presentes litteras maiestatis nostre sigillo 
iussimus communiri. 

Datum Pysis 13. . . .^ Maii, anno dominice incarnationis 1312.^ 
indictione 12.,^ regni vero nostri anno 4. . 

Ego frater Henricus Tridentinus episcopus, sacre imperialis aule 
cancellarius, vice domni Henrici Coloniensis archiepiscopi, per Italiam 
archicancellarii, recognovi. 

a. aocessitl. 9. Vgl. zu meiner Aenderung z. B. Winkelmann Acta II 248. 249. 
b. fehlt 1. c. Gall. de 1. Gall. nc. 2. d. fehlt 2. e. predecessorum 

nostrorum 1. 2. f. ac 1. 2. g. devoto aupplicanti 1. 2. h. iuste 2. 

i. sie! 1. 2. k. homini 1. 2. 1. aliq. aus. cont. fehlt. 1. m. diel, 

cl 2, 1 mit einem Querstrich, was doch durch cal. aufzulösen ist. n. 10. 1. 



VII. 

Diplome Friedrichs I. für Cisterzienser-Klöster, 
namentlich in Elsass und Burgund. 



rs=-fc 



Ich möchte eine Forschung Pickers über Privilegien, die 
Friedrich I. einigen Klöstern des Elsass erteilte, wieder auf- 
nehmen und weiter ausdehnen. 

Die Urkunde vom 21. Februar 1156, eine Bestätigung für 
die Abtei Lützel im Oberelsass,^ hat so ungewöhnliche Formen, 
dass sie wohl Bedenken erregen konnte: Hidber bezeichnet 
sie als zweifelhaft,* und nach Pertz ist die Ueberlieferung, aus 
welcher wir sie kennen, ein „angebliches" Original.* Gleich der 
Titel ist höchst auffallend: Fridericus dei favente clemenHa Impe- 
rator invictus, denn in fast allen Diplomen, die nicht in einer 
näheren, später zu erörternden Beziehung zu dem unsrigen stehen, 
ist das Epitheton des Kaisers nicht invidus, sondern aitgustm. 
Sodann ist die Gliederung des Schlusses auch gleich vereinzelt: 
sie beginnt mit Acta, es folgt der Ort, das Jahr, die Indiktion, 
die Epakte, darauf die Zeugen , nun eine Verheissung für die- 
jenigen, welche der Urkunde ihre Achtung beweisen, dann die 
Ankündigung des Monogramms und endlich die weiteren Daten, 
worunter der Ort nochmals wiederholt wird. Wie gesagt, ver- 
stösst diese Gliederung an sich gegen den Kanzleigebrauch; noch 
auffallender ist die Zeitbestimmung nach Epakten und dann ganz 
besonders die Einschaltung: Conservantes autem hec gratiam dei 
et nostram conseqtmntur, Amen, amen, amen!^ 



1. Nach dem Original zu Pruntrut Trouillat Mon. de Bftle I 828. 

2. Schweiz. Urkundenreg. II 124 Nr. 2035. 

3. Vgl. St. 3737. 

4. Auch die nach der Epakte folgende Zeitbestimmung regruinte Friderico 
mperat&re augusto ist ganz ungewöhnlich, es sollte heissen: regnante Friderico 
imperatore gloi'ioso oder auch gloriosissimo, und dann müssten die Jahre der 
•Königs- und Kaiserherrschaft angegeben sein. 



— 150 — 

Mit der Urkunde für Ltltzel stimmt auf das genaueste eine 
andere , die Friedrich dem Kloster Neuburg im Unterelsass 
erteilte.^ Die Gliederung unterscheidet sich in nichts; die Kon- 
gruenz geht so weit, dass die Lücken des Neuburger Diploms, 
welches uns nur in schlechter Abschrift erhalten ist, sich aus 
dem Lützeler ergänzen lassen. Das gilt vielleicht auch für die 
nicht vorhandene Orts- und Tagesangabe: wir lesen^nur noch 
das Jahr 1156 , die entsprechende Indiktion und Epakte; nach 
den Zeugen unterliegt die Gleichzeitigkeit der Ausstellung keinem 
Zweifel. Ausser den Verschiedenheiten, welche durch die Sachen 
bedingt sind , erscheint mir die bemerkenswerteste, dass es hier 
im Titel nicht invidus, sondern invidissimits heisst, dass ferner 
der Schlusssatz lautet: Conservantibus autem haec omnia sit pax 
et misericordia domini nostri Jesu Christi^ Amen!^ Jedoch die 
Abweichungen sind sehr gering,' und man kann sich nicht 
wundern, dass die Urkunde dem gleichen Schicksal verfiel , wie 
die Lützeler: der letzte Herausgeber nannte sie ein diphma 
adulterimtm* und auch später ist sie aufs bestimmteste als Fäl- 
schung bezeichnet worden.*^ 

Ich komme zu einer dritten Urkunde , die Friedrich l^ftir 
Kaisheim bei Donauwörth ausstellte.'' Sie ist uns leider nur in 



1. Quillimann De ep. Argent. 234. Danach Laguille Hist. d'Alsace 
Preuves 29. Aus dem Chartular von Neuburg Schöpflin Als. dipJ. I 471, ohne 
Ankündigung des Monogramms, die zugleich mit einem Facsimile von Guilli- 
mann und danach von Laguille gegeben wird. Doch schöpfte Guillimann wohl 
aus gleicher Quelle. Vom Originale finde ich keine Spur. 

2. Unzweifelhaft ist diese Wendung einer päpstlichen Urkunde nach- 
gebildet; von einigen Verschiedenheiten abgesehen, war sie in der römischen 
Kanzlei sehr gebräuchlich, wie denn auch Eugen IIJ. sich ihrer für Neuburg 
selbst einmal bedient hat: Cunctü autem eidem loco iunta servantibus sit pax 
domini nostri Jesu Christi. JaflF6- Löwenfeld 9111. 

3. Die der Epakte folgende Zeitbestimmung lautet hier imperatore 
Friderico augusto. Dass regnante fehlt, macht die Formel nur noch auffallender 
als die Kanzleiwidrigkeit des Epithetons und der Mangel von Königs- und 
Kaiserjahren. Vgl. S. 149 Anm. 4. 

4. SchöpflinJ. c. 

5. St. 3738. Ebendort ist auch zuerst die Uebereinstimmung mit 
St. 3737 bemerkt worden. 

^, Mon. Boic. XXIXa 314. Danach Wirtemb. U,-ß. XI 79 =r. St. 4532, 



— 151 — 

einem elenden Bruchstück erhalten, es hat „Jahrhunderte lang 
einer alten Postille zur Decke gedient."^ Die vorhandenen Worte 
finden sich nun, soweit nicht die Sachen eine Aenderung 
erforderten, ohne Ausnahme in dem Lützeler wieder, und zwar 
ist die Uebereinstimmung eine noch genauere, als mit dem Neu- 
burger; so etwa heisst gleich das fünfte Wort invictus, nicht 
invictissimus. Danach würde ich keinen Augenblick zögern, die 
zahlreichen Lücken unseres Diploms auf Grund des Lützeler zu 
ergänzen. Nebenbei bemerkt, würde die Wiederherstellung viel- 
fach anders lauten, als diejenige, welche die Herausgeber durch- 
geführt haben. Ich würde aber dann noch weiter gehen und 
den ganzen abgeschnittenen Rest der Urkunde, für welchen also 
andere Anhaltspunkte garnicht vorhanden sind, gleichwohl nach 
Massgabe der Lützeler hinzufügen; nur Ort, Zeugen und Zeit 
brauchen nicht die gleichen gewesen zu sein. Also auch die 
Gliederung des EschatokoUs , dann die Verheissung, würde ich 
übernehmen. Die notwendige Folge wäre, dass die Bedenken, 
welche man gegen das Lützeler Diplom geltend machte, auch 
das unsrige treffen würden. Aber davon abgesehen , — selbst 
das Vorhandene hat schon zur Verwerfung Anlass gegeben : man 
verwies auf das Epitheton invictus^ und brach den Stab. 

Eine vierte Urkunde, nämlich diejenige, welche Friedrich im 
Jahre 1187 — wo und wann ist nicht gesagt, — den Nonnen 
von Königsbruck im Unterelsass ausfertigen Hess,' steht dagegen 
in engerer Beziehung zu der Neuburger.* Auch hier invidissi' 
musj nicht invictus] dann wird die Reihe der Zeugen für Neu- 
burg eingeleitet, wie für Königsbruck his testihuSy während es 
für Lützel heisst presentibm archiepiscopis, und endlich stimmt 
die Verheissung der Königsbrucker genauer mit derjenigen der 

1. Steichele Das Bistum Augsburg II 613 Anm. 

2. Freilich noch bedenklicher erschien der Titel imperator, weil die Ur- 
kunde fär den Abt Udalrich ausgestellt ist, dieser aber vor Friedrichs Kaiser- 
krönung gestorben sein soll. Wirtemb. Ü.-B. II 80. St. 4532. Dagegen 
Steichele a. a. 0. 

3. St. 4481 = Schöpflin Als. dipl. I 289 ex tabulario abbatiae Begis- 
pontanae, — ob damit das heute verschwundene Original gemeint ist? Nach 
einer handschriftlichen Chronik der Abtei soll dieses schon im 17. Jahrhundert 
verbrannt sein. 

4. Das hat zuerst Ficker Beiträge zur Urkundenlehre I 291 bemerkt. 



— 152 — 

Neuburger Urkunde: Conservatitibus autem praedicto loco siia iura 
sit pax et misericordia domini nostri Jesu Christi,^ Aber im 
Einzelnen ist der Anscbluss nicht genau, wie denn etwa von der 
Arenga in anderer Weise zum Texte Übergeleitet wird; auch be- 
merke ich, dass bei sonst gleicher Gliederung dem Eschatokoil 
die Epakte fehlt. 

Mit der fünften Urkunde gelangen wir zu burgundischen 
Klöstern. In Wörzburg erhielten 1156 Bellevaux, La Charit^ 
und La Gräce-Dieu ein Privileg. Es genügte eine Ausfertigung 
für alle drei,^ denn sie standen im Verhältnis von Mutter, Tochter 
und Enkelin zu einander. Auch hier haben wir zu durchweg 
gleichem Tenor die schon vorhin besprochenen Eigentümlichkeiten, 
es findet sich namentlich auch eine Epakte wieder. Am ge- 
nauesten aber stimmt die Urkunde mit der Neuburger überein. 
Friedrich heisst hier ebenfalls invictissimics^ und die Verheissung 
unterscheidet sich von derjenigen des Königsbrucker Diploms, 
noch mehr des Ltitzeler, während sie mit derjenigen des Neuburger 
fast aufs Wort gleichlautet: Conservantibus autem hec sit pax et 
misericordia domini nostri Jesu Christi, Amen, amen. 

Es giebt dann noch zwei andere Urkunden Friedrichs L, in 
denen er imperator Romanorum invictissimurS heisst, und zugleich 
die Rechnung nach Epakten angewandt ist. Auch im übrigen 
sind die Formen kaum andere, wie in den bisher besprochenen 
Urkunden; nur die so auffallende Verheissung, die wir dort in- 
mitten des Eschatokolls fanden, sucht man hier vergebens. Und 



1. Wenn ich nicht irre, rührt übrigens nur et misericordia aus dem Neu- 
burger Privileg, das andere hat eine Umwandlung auf Grund einer nicht be- 
kannten, aber doch gewiss für Königsbruck ausgestellten Papstbulle erfahren, 
denn conservantibus autem praedicto loco sua iura sit pax entspricht durchaus 
dem Stile päpstlicher Urkunden. Noch eine zweite Abweichung von dem Neuburger 
Diplom macht die Benutzung einer Papstbulle wahrscheinlich. Dort heisst es: 
omnia integre conserventur vestris et pauperum Christi usibus omnimodis pro- 
ftUura, hier dagegen: omnia integra conserventur eorum usibus omnimodis pro- 
futura, pro quorum sustentaciotie a fidelibus sunt coüata. Beide Fassungen 
waren in Rom beliebt. 

2. Aus Transsumpten von 1280 und 1432 Viellard Documents et memoire 
pour servir ä Thistoire du territoire de Beifort. Besangen 1884. S. 272. — 
Mit vielen Auslassungen auch bei Richard Eist, de Tabbaye de la Gräce-Dieu 
Besan^on 1857. S. 261. — Nach einem dürftigen Auszuge St. 3746. 



^ 16S — 

diese Urkunden erteilte Friedrich nun ebenfalls burgundischen 
Klöstern, denen er durch seine Gemahlin näher getreten war. Die 
eine erhielt Cherlieu und zugleich dessen Tochter Acey/ die 
andere Bitaine.^ Die erste ist, gleich der Urkunde für Bellevaux, 
1156 zu Würzburg ausgestellt, die zweite von 1157 entbehrt, wie 
der genaueren Zeitbestimmungen, so auch der Ortsangabe. 

Noch sei bemerkt, dass in den Urkunden einerseits für 
Bellevaux, La Charit^ und La Gräce-Dieu, anderseits für Acey 
und Cherlieu eine Rekognition sich findet. Dann unterscheiden 
sich alle drei burgundischen Diplome von jenen für Lützel, Neu- 
burg und Eönigsbruck noch darin, dass die Zeugen nicht mit 
presentibits oder his testihus eingeführt werden , sondern mit 
Testes sunt Wenn ferner in dem Lützeler, Kaisheimer und 
Neuburger von der Arenga übergeleitet wird: Quia ratum esse 
constat, so knüpften diö Schreiber der burgundischen Diplome an: 
Unde dilecti nobis in Christo fratres.^ 

Doch auch damit — wenn ich nicht irre, — ist unser 
Material noch nicht erschöpft. Es gab eine Urkunde Friedrichs 
für Clairefontaine, d. h. auch für eine Cisterzienserabtei in Burgund: 

1. Aas dem Original Chifflet Beatrix de Chalon 88. Danach Böhmer 
Acta imp. 91 = St. 3745. 

2. Aus neuerer Absclirift GaU. Christ. XV 88 = St. 3791. 

3. Aber im übrigen besieht durchgehende Kongruenz. So etwa lautet 
die Arenga geradeso: sie ist aber, wie sich zeigen wird, einer päpstlichen Ur- 
kunde nachgebildet, und zwar im Lützeler Privileg. Hier hatte man et ani- 
marum saltUem^ wie Innocenz IL gesagt hatte, in das kürzere et quietem über- 
tragen; und et quietem lesen wir auch in den burgundischen Urkunden. Damit 
man aber nicht glaube, die kaiserliche Kanzlei habe die Gewohnheit animarum 
Salus blos durch quies wiederzugeben, verweise ich auf eine Urkunde Friedrichs I. 
fflr Kloster Salem, das übrigens auch eine Tochter Lützels war. Sie beginnt: 
Begiderium^ quod ad religionis propositum et animarum salutem pertinere 
cognoscitur. Ebenso heisst es in der Vorlage, einem Privileg Eugens III. für 
Salem. Weech Cod. dipl. Salem. I 11. — Dann beachte man die ungewöhn- 
liche Zeitbestimmung, die der nicht minder ungewöhnlichen Epakte folgt: im- 
perante Friderico augusto. Vgl. darüber S. 149 Anm. 4. — Endlich sei noch 
einer Klausel im Strafsatze gedacht: si non reatum suum infra 40 dies con- 
grua emendatione correxerit; mit dem weiteren Wortlaute des Strafsatzes findet 
sie sich geradeso in den burgundischen, wie in den els&ssischen Privilegien; 
dieselbe ist aber sehr selten gebraucht worden: ich finde sie noch in je einer 
Urkunde Friedrichs I. und Heinrichs VI., doch sind beide nur Bestätigungen 
fflr Neuburg und Bellevaux. WOrdtwein N, S. IX 301. GaU. Christ. XV 55. 



— 1B4 — 

wir kennen heute nur noch die Zeugen und das Jahr.^ Zeugen 
aber und Jahr stimmen genau mit der Urkunde für Bellevaux, 
La Charit^ und La Qräce-Dieu überein; da wird es nicht zu kühn 
sein, durchweg denselben Wortlaut anzunehmen.^ 

Wie sollen wir nun über all diese Urkunden denken? Durch- 
weg der gleiche Wortlaut und die gleichen, nicht eben kanzlei- 
gemässen Erscheinungen. 

Beginnen wir mit der Urkunde für Lützel! Die in ihr 
gegebene Verheissung: Conservantes autem hec gratiam dei et nosiram 
consequantur. Amen, amen, amen! erinnert sofort an eine päpst- 
liche Formel, und in der That ist der Satz nur eine Nachbildung 
des Diploms, welches Innocenz IL am 18. März 1139 dem Kloster 
erteilt hat: Consei'vantes autem hec eorundem apostolorum benedio 
tionem et gratiam consequantur, Amen!^ 

Die Bestätigung Innocenz' IL hat überhaupt als Vorlage 
gedient: es ist nicht richtig, wenn behauptet worden ist,* Friedrich 
habe eine Urkunde Konrads III. vom 28. Mai 1139 wiederholt.*^ 
Diese ist vielmehr nur einmal herangezogen, und zwar gleich zu 
Anfang, dann legte sie der Schreiber bei Seite, um sich nun mit 
geringen Abweichungen den Worten Innocenz' IL anzuschliessen.* 
Ich will das Verhältnis, welches für die weitere Untersuchung 
nicht gleichgiltig ist, an einer Probe erläutern: 

Innocenz : Desiderium, quod ad roligionis propositum et animarum salatem 
noscitur pertinere, animo nos decet libenti concedere et petentium votis 
congruum impert.iri suflTrDgium. Quia vero, sicut ex quibusdam scriptis 
accepimus, frater uoster bone memorio Bertolfus Basiliensis episcopus, volentibus 
atque rogantibus nobilibus viris Hugone, Ämedeo et Richardo de Monte Falconis, 
— lücum qui Lucela dicitur, in quo secunduni ordinem etregulam Cisterciensium 



1. Aus dem Inventaire des titres de l'abbaye: Viellard 1. c. 275. 

2. Dagegen hat das Privileg Friedrichs für das auch in Burgund liegende 
Cisterzienser-Kloster Balerne eine andere Fassung. 8. meine Ausgabe in den 
Mitteilungen d. öst. Inst. X 295. 

3. Aus dem schadhaften, mit Hilfe einer Abschrift ergänzten Original 
Trouillat Mon. de Bäle I 272. 

4. Ficker Beiträge zur Urkundenlehre 1 290. 

5. Aus dem Original Trouillat I 278. 

6. Ich meine besonders hervorheben zu sollen, dass die Urkunde Inno- 
cenz' II. benutzt wurde, nicht die vielfach abweichende IQugens HL vom 
17. Juli 1147. Trouillat I 304. 



— 155 — 

omnipotenti domino deservitis, vobis tradidit; — eundem locum presentis 
scripti pagin a communimus. 

Eonrad: Desiderium, quod ad religionis propositum noscitur pertinere, 
animo nos toto decet annuere et petentium votis regale prebere suffragium. 
8ed quia ratum tenemus, quod beate memorie Bertholfus Basiliensis episcopus, 
volentibus atgue rogantibus nobilibus viris Hugone de Calmillis^ Amideo de 
Novo Castro, Ricardo de Monte Falconis, — locum qui Lucela dicitnr, in quo 
secundum ordinem Cisterciensem omnipotenti deo deservitis, vobis tradidit, — 
eundem locum presentis sigilli impressione communio. 

Friedrich: Desiderium, quod ad religionis propositum et quietem noscitur 
pertinere, animo nos decet üben ti concedere et petentium votis imperiale im- 
pertiri suffragium. Quia ratum constat^ quod beate memorie Bertolfus Basiliensis 
episcopus, Hugo, Amedeus, Richardus de Monte Falchonis — locum qui Lucela 
dicitur, in quo secundum ordinem et regulam Cisterciensium omnipotenti deo 
deservitis, vobis tradiderunt, — eundem locum — presentis scripti pagina 
communimus. 

Der Vergleich lässt wohl keinen Zweifel, dass Könrads und 
Friedrichs Schreiber die päpstliche Urkunde selbständig benutzten, 
dass dann für die Bestätigung Friedrichs aber auch an einer Stelle 
diejenige Konrads eingesehen wurde. 

Die obigen Sätze, d. h. also die Verbindung von Bestand- 
teilen zweier verschiedener, dem Kloster Lützel verliehener Privi- 
legien, kehren in den Urkunden für Neuburg und Kaisheim 
wieder;^ den übrigen fehlt der Satz, welcher zum Teile auf Konrad 
zurückgeht; jedoch kann man nicht zweifeln, wo ihre Quelle zu 
suchen sei. Die Königsbrucker Urkunde, wie auch die für Belle- 
vaux, La Charit6 und La Gräce-Dieu, von einander mannigfach 
abweichend, stehen in näherer Beziehung, wie wir schon sahen, 
zu der Neuburger, und danach ergiebt sich doch, dass sie aus 
dieser abgeleitet wurden. Ich bemerkte ferner, dass die burgundi- 
schen Diplome grössere Verwandtschaft unter sich zeigen, und 
wenn nun das für Bellevaux, La Charit^ und La Gräce-Dieu aus 
dem Neuburger floss, so mag es zugleich das Mittelglied zwischen 
dem Neuburger und den beiden anderen burgundischen gebildet 
haben, nämlich dem Cherlieu-Aceyer und dem Bitainer. 

Nach diesem Quellenverhältnis könnte man leicht geneigt 
sein, die kanzleiwidrigen Formen, die all' unseren Urkunden 



1. Der Natur der üeberlieferung nach sind in dem Kaisbeimer Diplom 
beide Sätze verstümmelt, in dem Neuburger fehlen wenigstens dem ersten 
mehrere Worte, 



— 166 — 

mehr oder weniger eigen sind , in der Weise zu erklären, dass 
Ltitzel den ersten Ring zu einer Kette von Fälschungen geschmiedet 
hätte, dass nach Lützels Vorgang die übrigen Klöster Glied auf 
Glied hinzufügten. Unter der unmittelbaren Einwirkung Lützels 
würde man sich die Fälschungen von Neuburg und Kaisheim 
denken, denn beide Klöster sind Lützels Töchter, und ihre Ur- 
kunden stimmen mit der ihrer Mutter aufs genaueste Oberein. 
Was dann Königsbruck betrifft, so konnte es als Nonnenkloster 
nicht von Lützel seinen Ausgang nehmen, aber es stand unter 
der Aufsicht von Lützel. Nur hat es doch nicht von dorther, 
sondern von Neuburg, das Muster für seine Urkunde entnommen : 
hier wirkte nicht das Verhältnis der Abhängigkeit oder Verwandt- 
schaft, sondern der näheren Nachbarschaft, denn beide Klöster 
lagen im Heiligen Walde. Dagegen könnte wiederum sozusagen 
durch Familienbeziehungen das Lützeler Schema nach Burgund 
gelangt sein, nur wäre es freilich nicht unmittelbar geschehen, 
sondern auf dem Umwege über Neuburg, mit dessen Urkunde ja 
die für Bellevaux, La Charit6 und La Gräce-Diou genauer über- 
einstimmt. Nun war Neuburg, wie bemerkt, die Tochter von 
Lützel; dessen Mutter aber war Bellevaux; von Bellevaux war 
La Charite ausgegangen, und La Charit^ wiederum hatte die 
ersten Mönche nach La Gräce-Dieu entsandt. Wie man sieht, 
bestanden durch Lützel doch nahe verwandtschaftliche Beziehungen 
Neuburgs zu den burgundischen Klöstern, und so kötinte diesen 
die Neuburger Fassung recht wohl zugekommen sein. Dieselben 
liegen aber im Sprengel von Bisanz, und nun würde nochmals 
die örtliche Nähe das Formular, das übrigens eine Umarbeitung 
erfahren hatte, nach Cherlieu und dessen Tochter Acey, dann 
nach Bitaine, wahrscheinlich auch nach Clairefontaine gebracht 
haben, denn all diese Klöster gehören ebenfalls zur Diözese von 
Bisanz. Auf dem bezeichneten Wege könnte der Trug weiter- 
gewirkt haben; sicher würde er in letzter Reihe auf Lützel 
zurückgehen. 

Nur steigt doch sofort ein Zweifel auf. Elf Klöster hätten 
sich mit acht Urkunden der gleichen Fälschung schuldig gemacht! 
Man müsstc von einem grossen Fälscherkomplott unter den 
Cisterziensern reden, und daran wird nicht leicht ein Unbefangener 
glauben. So sieht man sich auf einen anderen Versuch zur 



— 1*7 — 

Lösung des Rätsels hingewiesen, und da folge ich nun den Spuren 

Pickers. ' 

Das Diplom für Liltzei trägt die Daten: 1156 Februar 21, 
Frankfurt. Ebendort können wir den Kaiser am 20. nachweisen.* 
Die drei Prälaten, welche die Lützeler Urkunde bezeugen, er- 
scheinen mit anderen Herren auch am 20. auf dem Frankfurter 
Hofe. So greifen Daten und Zeugen ineinander, und von dieser 
Seite können sich keine Bedenken ergeben. 

In dieselbe Zeit gehört die Neuburger Urkunde; sie entbehrt 
der Daten. Aber die Zeugen, deren hier mehrere genannt sind, 
lassen sich mit wenigen Ausnahmen^ am 20. zu Frankfurt nach- 
weisen. Man sieht zugleich, dass die Urkunde ftlr Lützel, die 
wir früher als Vorlage erkannten, nicht für alles und jedes aüs-^ 
reichte. Wie sollte ein Fälscher einerseits über * die blosse 
Kopierung hinausgegangen sein, anderseits die neuen Namen so 
gut ausgewählt haben? 

Es liegt doch sehr nahe , derselben Zeit auch die Urkunde 
für Kaisheim zuzuweisen.^ Die Mutter wäre sozusagen mit 
beiden Töchtern bei Hofe erschienen. Es war Cisterzienser-Sitte, 
für mehrere, selbst nicht verwandte Klöster gleichzeitig die Be- 
stätigungen zu holen; so hat Lucius III. einmal an einem Tagö 



1. St. 3736. 

2.. Es fehlen in St. 3736 nur die beiden zuletzt genannten Herren: 
Sygeberto de Franchefiburg, AnMlmo de Ringelstein. — Nebenbei bemerkt, ist 
iu der Zeugenreihe statt Ckmrado duce Suevie zu lesen: Conrado dtuie fratre 
imperatoris, Friderico duce Suevie. Ebenso heisst es St. 3736; der Ausfall 
der vier Worte kann aber am allerwenigsten Bedenken erregen, wenn man in 
Erw&gung zieht, dass der Arenga sämtliche eingeklammerten Worte fehlen: 
Desiderium, quod ad religionia propositum [et quietem noscitur] pertinere^ 
[animo nos decet libenti concedere et petentium votis imperiale] impertiri suf- 
fragium, 

3. „Wie spätere Nachrichten angeben**, wäre der Abt Ulrich von Kaisheim, 
dem das Privileg erteilt ist, schon am 11. März 1155 gestorben. Steichele 617t 
Dann allerdings ist Gleichzeitigkeit mit dem Ltttzeler und Neuburger nicht 
möglich, es sei denn, man wolle in der nekrologischen Notiz Rechnung nach 
dem 25. März oder Ostern annehmen. Aber die Angabe selbst, dem 15. Jahr- 
hundert angehörig, hat keinen absoluten Wert. 



— 168 — 

deren vier ausstellen lassen,^ und die nun folgenden burgundischen 
Privilegien bieten ein anderes Beispiel. 

Die Urkunde für Bellevaux, La Charit6 und La Gräce-Dieu, 
dann die für Cherlieu und Acey sind 1156 zu Wtlrzburg aus- 
gestellt. Dort befand Friedrich sich im Juni, und da uns aus 
seinem damaligen Aufenthalte noch drei andere Diplome erhalten 
sind, so besitzen wir das erwünschte Material zur Kontrolle. Die 
ergiebt denn, dass von den Zeugen, in denen die beiden Cister- 
zienser Diplome durchaus übereinstimmen, sechs unzweifelhaft 
damals am Hofe Friedrichs waren; nur zwei kann ich ander- 
weitig nicht nachweisen.* 

Von dem Privileg für Clairefontaine kennen wir blos Jahr 
und Zeugen. Da die letztern aber die gleichen sind, wie in den 
beiden eben besprochenen Urkunden, so kann über die Zeit der 
Ausfertigung kein Zweifel sein. 

Die Urkunde für ßitaine hat nur Jahresdaten , aber die 
Zeugen finden sich am 25. November zu Bisanz^: unzweifelhaft 
ist durch diese Thatsache auch Zeit und Ort für das Bitainer 
Privileg gegeben. 

Das letzte unserer Diplome, das für Königsbruck, entbehrt 
gleichfalls der Ortsangabe und der genaueren Zeitbestimmung. 
Man hat es in den Juli 1187 und nach Hagenau gesetzt,* doch 
in den beiden Urkunden, die Friedrich damals ausstellte,* finden 
sich durchweg andere Zeugen. Lieber möchte ich es dem De- 
zember zuschreiben: damals befand sich Friedrich in Strassburg, 
dessen Bischof die Reihen der Zeugen eröffnet. Es ist zu 
bedauern, dass wir aus dieser Zeit keine anderen Urkunden 
Friedrichs besitzen. Aber wenn hier auch das Material für eine 
genauere Bestimmung fehlt, — zu dem angegebenen Jahr, 1187, 
passen die Namen vortrefflich. 



1. Jafif6-L0wenfeld 15374. 75. 76. Dazu das hier übersefaeDe Diplom für 
Kaisheim Lttnig Reicbsarchiv XVlIJa 326. 

2. 8t. 3742. 43. 44. Hier fehlen nur die Grafen von Burgund und 
MOmpelgard. 

3. St. 3790a. 

4. St. 4481. 

5. St. 4479. 80. 



— 169 — 

Die Zeugen scheiden unsere Urkunden in vier Gruppen, sie 
entsprechen ganz der Zeit, welcher die einzelnen Gruppen ange- 
hören. Von einer Fälschung kann da nicht wohl die Rede sein.^ 
Dagegen ist die Kanzleiwidrigkeit der Formen festzuhalten. 
Diesen Widerspruch nun zu lösen, möchte ich — unter Ver- 
wertung der bisher gewonnenen Ergebnisse — folgendes Geschäfts: 
verfahren annehmen. Der Abt von Lützel Hess auf Grund der 
Urkunde Innocenz* II., zu welcher an einer Stelle auch diejenige 
Konrads III. hinzukam, eine neue anfertigen; so erklären sich 
die Unregelmässigkeiten , zumal die in einem Kaiserdiplom so 
auffällende Verheissung; offen blieb einstweilen ein Raum für 
Ort und Datum, besonders aber für die Zeugen; am Kaiserhofe 
wurde dann diese Urkunde gutgeheissen und mit Monogramm 
und Siegel versehen; und erst jetzt kamen auch Ort und Datum, 
besonders aber die Zeugen hinzu: sollten dieselben von anderer 
Hand und mit anderer Tinte geschrieben worden sein, so hätten 
wir eine augenscheinliche Bestätigung; zeigt sich kein Unter- 
schied, so Hesse sich auch dafür wohl eine Erklärung finden, in- 
dem man annehmen könnte, der Lützeler Schreiber sei selbst 
am Kaiserhofe gewesen oder er hätte später, nach Mitteilung 
seines Abtes, Ort, Datum und Zeugen eingetragen. Dann hatte 
aber die Tochter von Lützel, Neuburg, schon früher Kenntnis 
von dem Schema erhalten, und sie ging nun in gleicher Weise 
vor, wie die Mutter es gethan.^ Dasselbe möchte von der 
anderen Tochter Lützels gelten, von Kaisheim. So erklärt sich. 



1. Uebrigens könnte ich auch für einzeln« Diplome wohl noch besondere, 
zu ihren Gunsten sprechende Gründe beibringen. So namentlich für das Neu- 
burger. Dieses hat offenbar schon am 27. Februar 1158 dem Kaiser vor- 
gelegen, als er dem Kloster ein neues Privileg erteilte. Wir haben gesehen, 
wie es selbst aus dem Lützeler hervorging, und ebenso Hesse sich nun zeigen, 
dass es die Quelle für die Bestätigung von 1158 wurde. Dann bemerke ich 
noch: der letzte Ort, welchen Friedrich am 27. Februar 1158 den Mönchen 
verbrieft, nämlich Rothbach, fehlt noch in der Urkunde vom 21. Februar 1156. 
Offenbar ist er hier nicht ausgefallen, sondern er ist erst später erworben. 

2. Dass beide Urkunden am Kaiserhof ihren schriftlichen Abschluss er- 
fuhren, und zwar durch denselben Schreiber, — dafür liesse sich' geltend 
machen, dass das eine Mal als Zeugen genannt werden „Arnulf'' von Mainz 
und „Arnulf" von Köln, das andere Mal , Arnulf" von Köln. Es musste immer 
heissen „Arnold". 



dass das Original von LUtzel und das Originalfragment von 
Eaisheim als „angebliche" bezeichnet wurden.^ Wie aber, wenn 
nicht blos kein Unterschied der Schriften innerhalb eines Diploms 
zu erkennen ist,' wenn auch dieselbe Hand, die von Anfang bis 
zu Ende die Feder führte, noch manche andere Kaiserurkunde 
geschrieben hat? Dann stammt die Reinschrift jedenfalls aus der 
Reichskanzlei, und nun möchte ich annehmen , dass die Bittsteller 
nur ein Konzept eingereicht hätten;* an den Wunderlichkeiten 
im Titel, in der Datierung u. s. w. hätte der Kanzlist, dem die 
Prüfung oblag, keinen Anstoss genommen, er hätte nur ergänzt, 
was zu ergänzen war, im übrigen aber das Schriftstück ohne 
weiteres „mundiert".* 



1. Ueber eine bis auf Anfang und Schluss fertige Urkunde, am deren 
Vollziehung 8. Blasien den König bat, handelt Schulte in Ztschrtt. f. Qesch. d. 
Oberrheins N. F. Ul 120-125. 

2. Jaff6 hat fUr die Mon. Germ, die Lützeler Urkunde aus dem Original 
abgeschrieben ; offenbar rflbrt dieses von Einer Hand her, sonst würde er eine auf- 
klärende Bemerkung hinzugeitlgt haben. Von den übrigen besitzen wir im 
Original nur noch das Kaisheimer Bruchstück; Chifflet benutzte auch ein 
Original der Urkunde für Cherlieu-Acey, das aber jetzt verschollen ist. 

3. Als die MOnche von 8. Maria in Porto Friedrich I. um ein Diplom 
baten^ reichten sie eine Abschrift von St. 3847 ein, am unteren Rande hinzu- 
fügend: Item petimu8 ex domni regis benignitate concedi et donari sive etiam 
eonfirmari nohia et ecclesiae nostrae a. Mariae in Portu totum hoc, quod can- 
cesaerunt nobis inditi marchiones Federicus et Gruarnerius germani in camitatu 
Senogalliae, in fundo de Monte Crucis, id est totam terram regaliae, quam ipsi 
?mbebant et detinebant per se vel alii per eos, quam ipsi marchiones pro ani- 
mabtis suis donanerunt ecclesiae nostrae infra hec latera: a primo latere etc. 
(Aus den Sammlungen der Mon. Germ.) Friedrich entsprach insofern der Bitte, 
als er dem Kloster verbriefte quicquid in Monte de Cruce a Friderico et War- 
nerio marchionibtts seu ab aUis (detinebatur). Stumpf Acta 487 Nr. 431. 

4. Dagegen möchte ich nicht annehmen, dass die Texte nach einem in 
der kaiserlichen Kanzlei aufbewahrten Formulare hergestellt worden seien. 
Denn wie wäre da zu erklären, dass das gleiche Schema nur für Cisterzienser 
Kloster oder — wie ich im Hinblick auf S. 167 Anm. 1 vielleicht sagen muss, 
— nur für Klöster der Cisterzienser und des Sprengeis von Bisanz verwendet 
wurde? Auf ein in der Kanzlei aufbewahrtes Formular deuten auch nicht 
die Abweichungen der Neuburger und Königsbrucker Fassungen, deren ich 
8. 160 Anm. 2 und 8. 162 Anm. 1 gedachte. Da ist doch nach Massgabe der 
eigenen Urkunden beider Klöster der Ausdruck ein wenig anders geformt 
worden. Das geschah gewiss nicht von kaiserlichen Kanzlisten. 



-^ 161 — 

Das Schema gelangte nach Burgund, und die dortigen 
Klöster verfuhren in gleicher Weise: die kaiserliche Kanzlei hat 
auch hier blos die Beglaubigungszeichen hinzugefügt, oder sie hat 
die eingereichten Konzepte, von denen das eine immer dem 
anderen nachgebildet war, ins Reine tibertragen. Mit einiger 
Gewissheit wird man vielleicht noch sagen können, dass die 
Zeugen gleichzeitig und nach demselben Diktate hinzugefügt 
wurden, denn während diejenigen für Ltitzel und Neuburg sich 
wesentlich unterscheiden , finden wir in den drei Urkunden vom 
Juni 1156 ganz dieselben Namen. 

Ein Jahr später folgte Bitaine; dann kam als letztes Kloster, 
förnalich ein Spätling, die Nachbarin von Neuburg, Königsbruck. 
Wir sahen, dass hier ebenso, wie in Burgund, die Neuburger Um- 
arbeitung eingewirkt hat. Ob gerade erst auf die vorliegende 
Urkunde von 1187, ob diese nicht vielmehr nur die Wiederholung 
einer früheren, auch den Jahren 1156 oder 57 angehörigen war, 
mag zur Erwägung gestellt sein. Als Heinrich (VII.) im Jahre 
1226 den Königsbruckerinnen ein neues Privileg erteilte, wurde 
der Schreiber von seiner Vorlage wenigstens bis zu dem Grade 
beeinflusst, dass er den König „invictissirmis^^ nannte.^ In nur 
viel weiter gehendem Umfange könnte auf die Urkunde von 1187 
eine frühere eingewirkt haben, eine der Zeit nach mit den übrigen 
zusammenfallende. 

Die enge Verwandtschaft, in der alle Urkunden zu einander 
stehen, ergiebt sich aus dem Wortlaut, dann aus den kanzlei- 
widrigen Erscheinungen. Aber diese können nicht die Unecht- 
heit beweisen, da auf der anderen Seite die Zeugen, welche nicht 
einmal immer innerhalb derselben Gruppe dieselben sind, mit 



1. Winkelmann Acta imp. I 387. Unter den hier bestätigten Gütern 
fehlt Brigenhach = Drimbach, das doch in der Urkunde Friedrichs genannt 
wird. Man könnte danach argwöhnen, dass die letztere eben wegen Drimbachs 
gefälscht sei. Aber der Ort ist aus Versehen weggelassen, in dem Fragmente 
bei SchOpflin Als. dipl. I 354 findet er sich als Triegenbach. Dann sagt 
König Heinrich, dass Ostendorf ab avo nostro^ also von Heinrich VI., für 
das Kloster erworben sei; aber schon sein Urgrossvater, Friedrich J., bestätigte 
den Königsbruckerinnen Offerendorf. Da liegt ein Irrtum vor, statt avo 
soUte es proavo heissen. Deshalb die Urkunde zu verdächtigen, scheint mir 
nicht gerechtfertigt. Im übrigen hat Winkelraann, der auf diese Unrichtigkeit 
aufmerksam macht, die Erörterungen Fickers nicht beachtet. 

Sühe£fer-Boic hörst, Zur Gesch. dea XII. u. XIII. Jahrhunderts. 11 



- 162 — 

Ort und Zeit doch im besten Einklang stehen. Die Widersprüche 
zu erklären, wird man das Mittel, welches für drei von unseren 
Urkunden schon Ficker ergriff, bezüglich aller anwenden dürfen: 
nur die Beglaubigungszeichen, Monogramm und Siegel, werden 
das Werk der kaiserlichen Kanzlei sein. Als ein anderer Ver- 
such zur Lösung des ßätsels empfiehlt sich die Annahme, die 
Klöster hätten nur Konzepte der Urkunden eingereicht, und da- 
nach sei ihnen die erbetene Reinschrift angefertigt worden. Nicht 
ohne Interesse ist dabei die Beobachtung, wie die verschiedenen 
Klöster, Gründungen desselben Ordens von Citeaux, auf Erwerbung 
gleichlautender Privilegien bedacht sind, wie in Folge dessen 
das Schema des einen Klosters dem zweiten, dritten und allen 
ferneren mitgeteilt wird. 



VIII. 

Doppelte Rekognitionen In Urkunden für 

Bellefontaine und Sarzana. 



A. Bellefontalne. 

AV estlich von Bisanz, in der Gemeinde ifemagny, liegt das 
Kloster Bellefontaine. Ph.Chiflet und E.duPuy haben sich mit seiner 
Geschichte befasst.^ Aber dass jemals einer unserer Kaiser sich 
ihm gnädig erwiesen hat, ist beiden Forschern unbekannt ge- 
blieben. Erst E. Clerc gedachte einer Urkunde, die es von 
Friedrich I. erhielt.^ Leider beschränkte Clerc sich auf eine 
dürftige Angabe, und diese blieb unbemerkt. Da hat nun 
H. Bresslau die Lücke unseres Wissens in dankenswerter 
Weise ausgefüllt; im Departemental -Archiv zu Bisanz fand er 
das Original des bisher so wenig beachteten Privilegs. Schade, 
dass es zugleich mit einem anderen unter Glas und Rahmen 
festgelegt ist, und zwar in ungeschicktester Weise: einige Worte 
nämlich sind ganz verdeckt worcten. Schlimmer ist die Ver- 
stümmelung, die das Pergament erleiden musste: unten ist ein 
grosses Stück abgerissen; ein Teil vom Anfange der letzten 
Zeilen des Textes , dann fast das ganze Eschatokoll fielen dem 
Vandalismus zum Opfer , namentlich auch die Zeit- und Orts- 
angaben. 

Die Zeit zu bestimmen, macht indes keine Schwierigkeiten; 
der Ort ergiebt sich dann von selbst. 

Die Reihe der Zeugen eröffnet Reinald, Erzbischof von 
Köln; als solcher lässt Reinald sich zuerst am 1. August 1159 

1. Histoire du prieur6 de Notre-Dame de Bellefontaine, xVnvers 1621. 4°. 
E. Puteani Diva virgo Bellifontana. Antverpiae 1631. 40. Beide Bücher sind 
hier nicht vorhanden. Herr Dr. KUkelhaus hatte von Paris aus die Freund- 
lichkeit, mir die erbetene Auskunft zu geben. Nebenbei bemerkt, hat Chiflet 
S. 17 das Bruchstück einer von J.-L. nicht aufgeführten Urkunde Innocenz* II. 
mitgeteilt: D. Laterani per manum Äimerici etc. 1139, 9 kcU. Martii, mdictione 3, 
00. porU. 11 = 1140 Februar 22. 

2. Essai sur Thistoire de la FrancheComt6, 2. Auflage I 367 Anm. 3 

11* 



— 164 -^ 

nachweisen.* Zwei der Zeugen, Heinrich von Lüttich und Ort- 
lieb von Basel, starben im Jahre 1104. Da die Urkunde aber 
nach der Rekognition des itaJienischen Erzkanzlers in Italien 
ausgestellt ist, so gehört sie entweder vor Ende August 1162, 
denn damals verliess der Kaiser Italien, oder sie gehOrt in die 
Zeit seines dritten Bömerzuges, den er im Oktober 1168 antrat 
und ein Jahr später beendete. Auf der letzteren Fahrt haben ihn 
aber viele der unterfertigten Fürsten nicht begleitet, z. B. die 
Bischöfe Ortlieb von Basel und Hermann von Konstanz, der 
Pfalzgraf Konrad bei Rhein, der Herzog Friedrich von Schwaben. 
So bleiben nur die Grenzen , die wir aus dem ersteren Aufent- 
halt in Italien feststellen konnten, nämlich der terminus a quo: 
Anfang August 1159, der terminus ad quem: Ende August 1162. 
Innerhalb dieser Daten dient uns die Zeugenschaft Hermanns von 
Konstanz als treffliches Mittel zu genauerer Fixierung. Er war 
im Juni 1161 beim Kaiser, aber nur für einen Augenblick, dann 
kehrte er nach Deutschland zurück.^ Die einzige Urkunde, die 
ihn im Juni 1161 am kaiserlichen Hofe nachweist,* hat im all- 
gemeinen andere Herren zu Zeugen, als die unsrige, und danach 
müssen beide Diplome in verschiedenen Zeiten ausgestellt sein. 
Wieder ist Hermann an der Seite des Kaisers am 27. und 29. 
April, am 9. und 10. Juni 1162,* d. h. während eines längeren 
Aufenthaltes, den der Hof zu Pavia genommen hatte. Und hier 
erscheinen die 15 Zeugen unserer Urkunde mehrfach in der Um- 
gebung Friedrichs, zwölf von ihnen gleich am 27., dreizehn am 
29. April.* Die grösseren Fürsten sind durchweg dieselben;* 
— im Juni waren zum kaiserlichen Gefolge noch manche hiüzu- 



1. St. 3860. 

2. Reg. ep. Ooiutant. 962. 

3. St. 3905. 

4. St. 3941. 3942. 8949. 3950. 

5. In St. 3942 fehlen Tagest und Monatsdaten am Schluss. Stampf ver- 
mutete ungefähre Gleichzeitigkeit mit 3941. Der Text giebt ihm Recht. Ayo- 
gadro di Valdengo Stör, della abbazia di s. Michele della Chiusa 50: in kal. 
Maij inveiftivinms, Mon. bist. patr. Qh&rt. H 839: III hol. Maij, Diese Lesart 
verdient natürlich den Vorzug. 

6. In St. 3941. 3942 erscheint überdies der Erzbischof von Lyon, in 
St. 8942 dazu noch Herzog üdalrich von Böhmen; in St. 3941 fehlt der in 
unserer Urkunde genannte Markgraf von Montferrat, nicht aber in St. 3942. 



— 165 — 

gekommen. Danach gehört die Urkunde in die Zeit von Ende 
April bis Mitte Juni 1162, wahrscheinlich ist sie um die Wende 
des Aprils zum Mai ausgestellt.^ Jedenfalls zu Pavia. 

Friedrich L bestätigt und beschützt auf Verwenden seines 

Kapellans, des Magisters Eberhard, Archidiakons und Schatzmeisters 

von Bisam, dem Propste Reinbald von Bellefontaine die zum Teile 

genannten Besitzungen des Klosters, aber unter Wahrung der 

kaiserlichen Hechte, und sichert es gegen ungerechte Schätzungen 

und Zehnten. 

(1162 April-Juni, Pavia.) 

C. In nomine sancte et individue trinitatis. Fredericus divina 
favente dementia Bomanorum imperator augustus. 

Desiderium, quod ad religionis. propositum et quietem nosoitur 
pertinere, animo nos decet libenti concedere et piis fidelium votis im- 
periale impertiri su£&agium. Unde, dilecte nobis in Christo frater 
Raimbalde venerabilis prelate monasterii Bellifontis, nos tuiö iustis 
petitionibus benigne annuentes, interventum quoque dilecti capellani 
nostri, magistri Everardi archydiaconi et thesaurarii Bysuntini, dementer 
advertentes, ipsum locum Bellifontis tibi tuisque successoribus, secun- 
dum regulärem beati Augustini ordinem ibidem substituendis, libere et 
quiete habenduin et possidendum cum omnibus appendiciis suis iure 
imperiali perpetuo confirmamus et in nostram nostrorumque suocessorum 
tuitionem suscipientes presentis scripti pagin a salvo iure et honore 
imperiali [communimus].* Adicientes etiam statuimus, ut quascunque 
possessiones, qecunque bona idem locus iuste et rationabiliter inpre- 
sentiarum possidet aut in futurum donatione imperatorum, concessipne 
pontificum, largitione regum vel principum, oblatione fidelium seu 
alÜB iustis modis prestante domino poterit adipisci, firma tibi tuisque 
successoribus et illibata permaneant. In quibus h§c propriis sub- 
iunximus exprimenda vocabulis, videlicet ipsum locum Bellifontis cum 

a. Das Wort ist durch den Rahmen oder die übergelegte Urkunde verdeckt, 
findet sich aber in anderen, zumeist gleichlautenden Privilegien, z. B. St. B791. 



1. Friedrich erteilt sie: interventu quoque dilecti capellani nostri, magistri 
Everardi archydiaconi et thesaurarii Bysuntini. In anderen kaiserlichen Ur' 
künden dieser Zeit habe ich seinen Namen nicht gefunden. Was hat ihn nach 
Italien geführt? Die Antwort giebt eine Urkunde vom 5. Mai 1162, wonach 
der Erzstnhl von Bisanz damals erledigt war. Gallia Christ. XV Text 48. 



— 166 — 

iure et tenemento eius, grangiam de Putyre, grangiam de Curdrum,* locum 
Curtifontis, Britonoriam, Auream vallem cum omnibus [iustis]*' appendiciis 
eorum, mansum de Gheuniaco cum tenemento et piscatione illius et quicquid 
possidetis in potestate de Mamos. Porro de laboribus, quos propriis 
manibus aut sumptibus copitis],^ seu de nutrimentis vestris vel de 
possessionibus vestris nuUus aliquas exactiones vel collectas illicitas 
vel decimas iniustas exigere presumat. Deceriiimus quoque, ut nulli 
omnino hominum [fas sit vos]^ super hac nostra imperiali constitutione 
temere perturbare, bona vel possessiones monasterii vestri auferre vel 
ablatas recipere,^ minuere aut temerariis vexationibus fatigare, sed 
[omniajo integra conserventur vestris et pauperum Christi usibus om- 
nimodo profutura. Si quis vero in posterum huic nostr§ constitutioni 
temere contraire temptaverit, si non reatum suum infra 40 dies con- 
grua satisf actione correxerit, banno nostro se innodatum i)overit et 50 
libras puri auri medietatem in fiscum regium et alteram partem pre- 
dicto monasterio, cui dampnum- intulit, se cognoscat redditurum. [Ut 
autem que|® nostra maiestas vobis contulit, perhenniter a vobis possi- 
deantur et inconvulse, ea qu^ supra dicta sunt vobis conürmamus 
imperialis sigilli auctoritate, salva nimirum per omnia imperiali iusticia.^ 

[Adhibitis o principibus cu]ri^ nostr^ idoneis testibus, quorum 
nomina h^c sunt: E.einaldus Coloniensis archiepiscopus et Ytali^ archi- 
cancellarius , Heinricus Leodiensis episcopus, Ortblevus Basiliensis 
episcopus, Hermannus Constantiensis episcopus, Cuonradus palatinus 
[comes frater] imperatoris, Fredericus dux Suevorum filius regia Cuon- 
radi, Ottho marchio Missineusis, marchio Thidericus de Lusiz et comes 
Teto frater eius, Albertus marchio de Saxonia, comes ülricus de Lenze- 

burc, Cuonradus comes de Amenberch, comes Tiboldus de 

Lexemunda, comes Rodulphus de Phullendorph , Wilielmus marchio 
Montisferrati et alii quam plures. 

[Signum domini Frederici Romano]rum imperatoris invictissimi. 

[Ego Udalricus cancellarius vice Baynaldi Coloniensis archiepi- 
scopi et Yta]li§ archicancellarii recognovi. 

[Acta sunt h§c anno dominier incarnationis 1162, indictione 10, 
regnantej domino Frederico Romanorum [imperatore victoriosissimo, 
anno regni eius 10, imperii vero 11. Datum Papi§ ] amen. 

[Ego Udalricus cancellarius] vice Raynaldi Coloniensis archiepis- 
copi et Ytali? archicancellarii [recognovi]. 

a. Lesung unsicher, zwischen r und d vielleicht noch ein Buchstabe. b. Von 
ipsum locum bis de Marnos fehlt die Möglichkeit der Vergleichung ; daher bleibt es 
fraglich, ob das verdeckte Wort gerade iustis lautet. c. Vgl. S. 165 Anm. a. d. In 
den verwandten Urkunden retiner e. e. Die Uebereinstimmung geht bis red- 

diturum; somit ist auch hier nicht sicher, wie zu lesen sei. f. Was im Folgenden 

eingeklammert ist, stand auf dem abgerissenen Teile, wofern ich richtig ergünsst habe. 



— 167 — 

In diplomatischer Beziehung* hat die Urkunde ein be- 
sonderes Interesse. Sie trägt nämlich eine doppelte Eekognition, 
das eine Mal an üblicher Stelle, das andere Mal am Schluss. 
Beide Male ist der Name des Kanzlers abgerissen, zunächst 
blieb nur {Ytä)lie archicancellarii recognovi, dann vice Bay- 
mldi Cohmensis archiepiscopi et Ytalie archicancellarii (recognovi). 
Nach dieser vollständigeren Ueberlieferung ist jene mangelhaftere 
zu ergänzen, zumal sich auch als Zeuge findet Beinaldus Coloni- 
mm archiepiscopus et Ytalie archicancellaritts. Unter seiner 
Amtsführung waren Kanzler: Ulrich, Christian und Philipp, die 
nachmaligen Inhaber der Stühle von Speier, Mainz und Köln. 
Die den Daten vorausgehende Eekognition lautete nun gewiss 
auf den Namen Ulrichs, der im Jahre 1162 die Kanzlei leitete. 
Die zweite Eekognition, die schon durch ihre Stellung als Nach- 
trag aufgefasst werden kann^ braucht dagegen keineswegs dem 
Jahre 1162 zu entsprechen. Sie könnte später hinzugefügt sein, 
sei es unter Ulrich selbst, sei es unter seinen Nachfolgern, 
Christian oder Philipp. Nur müsste alsdann doch eine Ver- 
schiedenheit in den Schriftzügen zu erkennen sein,^ es wäre denn, 
dass zufällig dem Kanzlisten, der die Urkunde geschrieben hatte, 
später auch die Ausführung der zweiten Eekognition übertragen 
wurde, zufällig müsste es wegen des Erzkanzlers, wie bei der 
ersten, in Italien geschehn seinl 

Wie aber auch immer, — die doppelte Eekognition verdient 
beachtet zu werden. Denn aus der ganzen stauflschen Zeit giebt 



1. Ob in unserer Urkunde nach Epakten gerechnet war? Sicher fehlt im Titel 
invictimmus. Dennoch könnte eine der Urkunden für burgundische Gister- 
zienserklöster, worüber die vorausgehende Untersuchung handelt, als Muster 
gedient haben: bis nahe zum Schlüsse besteht die genaueste Uebereinstimmung, 
namentlich mit St. 3791. Benutzung dieses Privilegs möchte ich eher annehmen, als 
dass die leider ungedruckte Bestätigung Innocenz IL, deren ich S. 163 Anm. 1 
gedachte, zu Grunde liege. Innocenz pflegte zu sagen animarum saliUem, 
ferner finde ich bei ihm keine für die Sühne bestimmte Frist. In unserer Ur- 
kunde lieisst es dagegen, wie in den vorhin besprochenen, quietem, infra 40 dies. 
Aber die Frage hat nur untergeordnete Bedeutung : die Echtheit ist dem Originale 
gegeuUber ja nicht zu bezweifeln; so darf ich von dem Versuche einer Be- 
antwortung absehen. 

2. Dass Reinald als Zeuge Beinaldus^ in der zweiten Rekognition May- 
naidm heisst, beweist natürlich nichts. 



— 1G8 — 

es meines Wissens nur noch Eine andere Urkunde, die eine Ana- 
logie bietet.^ Früher wurde sie, wenigstens in diesem Zusammen- 
bange, bei Seite geschoben, denn man wollte einer ihrer beiden 
Rekognitionen kein Vertrauen schenken. Ob mit Recht? 



B. Sarzana. 



Der Ort sollte zu schneller Blüte gelangen, und zwar auf 
Kosten einer benachbarten älteren Stadt, deren Herr eine kaiser- 
feindliche Politik verfolgte. Es ist die Residenz des Bischofs 
von Luni, eines treuen Anhängers Alexanders 111. Luni war 
längst im Niedergange begriffen, dank dem sich immer mehr 
ausdehnenden Sumpfgebiete, aus dem das böse Fieber der Malaria 
aufstieg. Wenn nun noch ein konkurrierender Markt entstand, 
am günstigsten Punkte der Lunigiana, „nahe den fruchtbaren 
Abhängen der Apuanen, nicht weit vom Meere," ferner durch 
ausserordentliche Rechte begünstigt, — dann war es um Luni 
geschehn. Die Einwohnerzahl rousste abnehmen, viele Lunesen 
würden sich wohl gar nach Sarzana selbst begeben, und wo die 
Menschen sich vermindern, wo ihr Kampf aufhört, da wachsen 
ihre Gegner ins Ungemessene, seien es Raubtiere oder PestlOfte. 

Das etwa ist die Bedeutung der Urkunde vom B. November 
1163. Aber nicht jeder Forscher wird die Entwicklung, die um 
1200 den Bischof von Luni selbst bestimmte, seine alte Residenz 
zu fliehen und gleichsam ins feindliche Lager überzugehen, ich 
meine: seinen Sitz in Sarzana zu nehmen, auf die unserem Diplom 
zugeschriebene Politik Friedrichs I. zurückführen mögen. Denn 
es blieb bis dahin ein Bedenken an der Echtheit. In den älteren 
Drucken^ trägt die Urkunde zwei Rekognitionen. Vor dem Hand- 



1. Ficker Beiträge zur Urkundenlehre II 227 hat aus staufischer Zeit 
nur Ein Beispiel für doppelte Rekognition angeführt, nämlich St. 3228. Aber 
nach Weiland Constit. et acta I 282 hat eine Hand erst des 15. Jahrhunderts 
die eine der beiden Rekognitionen hinzugefügt, allerdings die Schriftzttge des 
12. nachahmend. 

2. AI serenissimo senato della serenissima repubblica di Genova umile 
rimonstranza dcfensiva per la citta di Sarzana 1. (Targioni-Tozetti) Relazione 
d'aicuni viaggi fatti in diverse parti della Toscana XII 63 ed. IIa. 



_.*- 



— 169 — 

mal des Kaisers: J55gro Rainaldus sande Coloniensis ecdme eledus 
et Italie ardiicancellarius recognovi ei subscripsi\ dann neben dem- 
selben : Ego Phylippus imperialis aule cancellarius recognovi. Wenn 
schon die doppelte Rekognition auffällt,^ so nuiss der Name 
des Kanzlers Philipp in einer Urkunde vom November 1163 wie 
eine Vernichtung erscheinen, denn Philipp übernahm das Amt 
erst im Januar 1167. Als Rettung mochte Ficker^ da eine andere 
üeberlieferung begrtissen; in ihr fehlte die Rekognition Philipps, 
„welche die Echtheit zweifelhaft machen konnte". Aber es er- 
schien eine Ausgabe, wodurch der Stein des Anstosses sozusagen 
uns neuerdings in den Weg gewälzt wurde. Freilich folgte Ed. 
Winkelmann* nur der Bestätigung Friedrichs II., in welche die 
Verleihung Friedrichs I. eingefügt ist; aber er konnte zur Re- 
kognition Philipps doch anmerken, dass sie auch im Originale sich 
finde. Dieses selbst hat dann Ol. Cottafavi,* der jüngste Heraus- 
geber, seinem Texte zu Grunde gelegt; und natürlich begegnen 
wir auch da der verhängnisvollen Beglaubigung des späteren 
Kanzlers. So sah ich mich denn auf Stumpfs Urteil zurück- 
gewiesen: „Nur die Untersuchung des Originals könnte Gewiss- 
heit über die Echtheit oder Unechtheit dieses Dokumentes 
geben." 

In Sarzana fand ich das liebenswürdigste Entgegenkommen, 
sowohl von Seiten des Herrn Sindaco, als des geschichtskundigen 
Advokaten Herrn Dr. A. Allmayer. Mit ihm untersuchte ich 
das Original, dessen Echtheit gar keinem Zweifel unterliegen 
kann. Schrift, Monogramm und Siegel sind tadellos. Eine ge- 
nauere Vergleichung überzeugte dann aber auch, dass die Re- 
kognition Philipps wohl von einer Hand des 12. Jahrhunderts 



1. Vgl. S. 168. Anm. 1. 

2. Forschungen zur Reichs- und Rechtsgesch. Italiens IV 175, vgl. 602. 

3. Acta imp. II 888 nach Abschrift des Archidiakons L. Podestä, die 
sehr sorgfältig ist. Die Abweichungen des Transsumpts und also auch des 
Druckes vom Original sind nicht der Rede wert. 

4. Di un decreto di Federico I. Barbarossa, riguardante la Lunigiana. 
Sarzana 1891 p. 11. Diese Ausgabe verdient aber kein unbedingtes Lob; ich 
will nur bemerken, dass Cottafavi zur Rekognition Philipps willkürlich hinzu- 
gefügt hat: et suhscripifi. Sehr lehrreich sind dap^egen die einleitenden Be- 
trachtungen über die Bedeutung der Urkunde: ihnen habe ich niich in Obigem 
angeschlossen. 



— 170 — 

herrührt, aber von einer anderen als derjenigen, welche das ganze 
übrige Privileg geschrieben hat. Neben dem Monogramm war 
ein freier Raum geblieben; bequem Hess sich da ein Nachtrag 
einfügen. 

Wann aber ist der Zusatz gemacht worden? 

Philipp erscheint als Kanzler vom 27. Januar 1167 bis zum 
4. September 1167. Vor dem Tode des Erzkanzlers Reinald, 
d. h. vor dem 8. August 1)67, zeichnet er immer: vice Reinaldi 
etc. Erst in einer Urkunde, die Friedrich I. in der zweiten 
Hälfte des August zu Pisa ausstellte, fehlt der Hinweis auf die 
Stellvertretung; dann unterfertigt er noch einmal am 4. September 
zu Pontremoli: Ego PhilippiLs imperialis aule cancellarius recognovi} 
Das ist ganz die Form, wie in der Urkunde für Sarzana. Auf 
dem Wege von Pisa nach Pontremoli ist nun der Kaiser mit 
Gefolge sicher in dem getreuen Sarzana eingekehrt. Da mag 
man dem Kanzler nochmals die Urkunde vorgelegt haben, etwa 
weil sie Anfechtungen erfahren hatte, und um alle Zweifel nieder- 
zuschlagen, fügte er seine Beglaubigung hinzu. 

Wie man sieht, hat die Urkunde ausser der politischen Be- 
deutung noch ein diplomatisches Interesse,^ und so werde ich den 
Besuch Sarzanas auch in wissenschaftlicher Hinsicht nicht zu be- 
dauern brauchen.^ 



1. St. 4091. 

2. Wie gesagt, licss Philipp nur recognovi zeichnen, Reinald dagegen 
recognovi et subscripsi. Das ist ebenfalls ganz vereinzelt. Aber diese Re- 
kognition Reioalds ist die erste „persönlicher'' Art, die wir aus 1163 kennen. 

3. Vgl. dazu die beiden Urkunden, die ich S. 142—145 aus dem Registrum 
vetus von Sarzana mitteilte. 



IX. 
Ueber Kaiserurkunden in der Schweiz. 



A. Urkunden Friedrichs I. vom Jahre 1152. 

99Die lange Liste nachweislich gefälschter Urkunden erhält 
im Nachfolgenden einen neuen und in vieler Beziehung interes- 
santen Zuwachs." So beginnt R. Th omni en eine Untersuchung/ 
ia welcher er den Beweis zu erbringen rneint, dass die drei Ur- 
kunden St. 3636. 37. 38, obwohl verschiedenen Klöstern erteilt, 
doch der Betrug eines und desselben „grossen Verbrechers" seien. 
Friedrich I. soll sie zu Ulm im Juli 1152 ausgestellt haben; 
die beiden ersten tragen das Datum des 29. und sind für 
die Klöster St. Alban^ im Kanton Basel und BeinwieP im 
Kanton Solothurn gefertigt; die dritte soll einen Tag später 
das Kloster Rtiggisberg* im Kanton Bern erhalten haben. 
Die Gleichzeitigkeit der Daten, wozu manche andere Ueber- 
einstimmungen hinzukommen, würde es dann wahrscheinlich 
machen, dass die dreifache Fälschung um dieselbe Zeit ausgeführt 
wäre. Nach Thommen ist ein Cluniacenser von St. Alban der 
„grosse Verbrecher" gewesen, und es verdient Beachtung, dass 
er nicht blos für das eigene Kloster, ^nicht blos für ein Kloster 
gleicher Regel, nämlich Küggisberg, seine schändliche Kunst ge- 
übt hätte, sondern auch für Beinwiel, das der Kongregation von 
Cluny nicht angehört. Der Mann zeigt sich also weithin gefällig, 
und ich muss hinzufügen: ebenso überlegt und behutsam. Er 
arbeitet nach echten Mustern und zwar entnimmt er sie 
den drei verschiedenen Klöstern; die Albaner Urkunde beruht 
auf einer Albaner, in das Beinwieler Privileg ist ein Beinwieler 
verarbeitet, für Rüggisberg wird ein Rüggisberger Diplom umge- 



1. Nenes Archiv f. alt. deutsche Qeschichtsk. XII 163 ff. 

2. Aus dem Orig. zuletzt von Thommen a. a. O. 180. 

3. Aus dem Orig. zuletzt von Thommen a. a. 0. 182. 

4. Aus dem Orig. zuletzt von Thommen a. a. 0. 184. 



— 172 - 

schrieben. Ich ergänze, dass er überdies noch ein anderes 
unbekannter Herkunft benutzt haben müsste: in Urkunden 
Friedrichs I. für Salem und Regensburg würde man dessen Spuren 
wiederfinden.* Das ist in der That „ein in vieler Beziehung interes- 
santer Zuwachs" für die Art und Weise, in der gefälscht wurde. Er- 
scheint er durch die Verflechtung der angedeuteten Momente nicht 
von vorneherein so interessant, dass man an seiner Wirklichkeit 
zweifeln muss? 

Der Beweis Thommens, dass unsere Urkunden von einer 
einzigen Hand geschrieben sind, duldet keinen Widerspruch: die 
beigegebenen Facsimiles zerstreuen in dieser Hinsicht jedes Be- 
denken. Daraus aber folgt, dass die drei Diplome mit einander 
stehen und fallen; es braucht nur in einer Urkunde eine Unmög- 
lichkeit, ein Anachronismus oder sonst vernichtender Fehler 
aufgedeckt zu werden, um auch die beiden anderen ins Verderben 
zu ziehen. 

Nur Einen Verstoss gegen die stehende Regel, wenn ich 
recht beobachtet habe, meint Thommen als allen drei Stücken 
gemeinsam nachgewiesen zu haben. Es heisst in der Datierungs- 
zeile nicht regnante domno Friderico rege glorioso, sondern nur 
regnante Friderico rege glorioso. Das Attribut domno vor Friderico 
fehle aber, so weit er sehe, „in keiner der auch nur abschriftlich 
erhaltenen Königsurkunden". Thommen weiss dann auch, wes- 
halb der Mönch von St. Alban den unentbehrlichen Titel „Herr" 
bei Seite Hess. Eine seiner angenommenen Vorlagen, in welcher 
das Attribut vorhanden ist, wurde von Friedrich als Kaiser aus- 
gestellt, und da die Fälschungen auf den Namen des Königs 
Friedrich lauten, so dachte der dummschlaue Betrüger, durch die 
Auslassung von „Herr" die niedere Würde des Königs gegenüber 
der höheren des Kaisers zu passendem Ausdrucke zu bringen I 
Bei dieser eigenartigen Deutung wurde ganz übersehen, dass 
es kurz vorher in allen drei Diplomen heisst: Signum domni 
Friderid etc. Wie aber steht es mit der Ansicht, dass das 
Attribut „Herr'' vor „B>iedrich" nicht fehlen dürfe, dass es in 
allen „auch nur abschriftlich vorhandenen Urkunden" sich finde? 
Die Antwort lautet ganz anders, als man nach Thommen erwartet. 
Aus dem Jahre, welchem unsere Diplome angehören sollen, kenne 

1. Vgl. S. 176. Anm. 1. 



— 178 — 

ich noch sieben andere Datierungszeilen mit regnanie Friderico 
Born, rege glorioso, also ohne domno vor Friderico} Dabei ist 
aber besonders zu vermerken, dass von den sieben Urkunden drei 
auf demselben Ulmer Reichstage des Jahres 1152 ausgestellt 
wurden, wie die angeblichen Machwerke des St. Albaner Fälschers. 
Weitere Privilegien des ülmer Aufenthaltes, worin auf die Re- 
gierung Friedrichs Bezug genommen würde, sind aber nicht vor- 
handen. Wie man sieht, spricht der Mangel des domno vor 
Friderico eher für, als gegen die Echtheit. 

Doch gehen wir zu den Fehlern nur Einer Urkunde über! 
Nach dem Gesagten haben dieselben ja die gleiche Bedeutung 
auch für die beiden anderen. 

Ueber die Zeugen bemerkt Thommon, dass der Fälscher sie 
„mit Geschick zusammengestellt'^ habe; gegen die meisten lasse 
sich nichts einwenden. Aber St. 3636 weise einen unwahrschein- 
lichen Zeugen auf, St. 3638 gar zwei unmögliche. 

Ich brauche nicht auszuführen, weshalb Thommen behauptet, 
die Zeugenschaft des Bischofs Ardicio von Como, dessen An- 
wesenheit zu Ulm St. 3636 voraussetzt, sei wohl „der Erfindungs- 
kraft des Fälschers zuzuschreiben"; ich erwähne nur: l) zu Ulm 
erteilt Friedrich der Kirche von Como ein Privileg* interventu et 
peHtione dilecti nostri Ardidonis, venerabilis Cumanae ecclesiae 
episcopi, 2) in einer Urkunde vom 23. April 1153 sagt Fried- 
rich,* Bischof Ardicio von Como sei gekommen* in curiam, 
quam apud Ulmam prima regni nostri anno celehravimus, 3) wieder 
ist es zu Ulm, dass Friedrich am 28. Juli 1152 die Gemeinde 
Treviglio di Chiara d'Adda beschützt,* dass er am 1. August 1152 
den Herren von Castello ihre Güter bestätigt,* und auch diese 
Urkunden bezeugt Bischof Ardicio von Como. Unzweifelhaft 
also hat Ardicio den Ulmer Tag besucht, und der Fälscher, der 
sogar einen italienischen Bischof richtig einreihte, bewährte eine 
wirkUch beneidenswerte Geschicklichkeit. 



1. St. 8615. 24. 35. 39. 40. 43. 56. 

2. St. 3640. 

3. St. 3667. 

4. Vgl. dazu jetzt die oben S. 119 gedruckte Urkunde vom 1. August 1152, 
nuf die mich Thommen übrigens selbst aufmerksam gemacht bat. 

5. St. 3635. Casati Treviglio di Chiara d*Adda 274. 

6. St. 3639. Bianchetti L'Ossola inferiore II 73. 



— 174 — 

Umso plumper aber wird er bei St. 3638 vorgegangen sein, 
denn hier finden sich nach Thommen ja zwei unmögliche Zeugen. 
Der eine ist Graf Werner von Baden, der andere Markgraf 
Hermann vom Breisgau. Um mit letzterem zu beginnen, so 
habe es wohl einen Markgrafen Hermann von Baden, nicht je- 
doch vom Breisgau gegeben. Aber weshalb kann der Markgraf 
von Baden nicht auch einmal Markgraf vom Breisgau genannt 
werden? Wie man weiss, war die jüngere Linie der Zähringer, 
die markgräfliche, ebensowohl im Breisgau begütert, wie die 
ältere, die herzogliche; und heisst etwa Albrecht der Bär, der 
in der Regel als marchio de Saxonia bezeichnet wird, in dem 
echten österreichischen Freiheitsbriefe marchio de Staden, weil 
Stade zu seinen Gütern gehörte, weshalb soll dann hier nicht 
der Markgraf von Baden, statt nach einer einzelnen Besitzung, 
von einem ganzen. Gebiete benannt sein? Ich bemerke noch, 
dass im Juni 1153 auch der herzogliche Vertreter des Ge- 
schlechtes erscheint als „Herzog Berthold vom Breisgau". ^ Da 
aber eine Titulatur der Zähringer, die vom Breisgau genommen 
wäre, allein in diesen beiden, zeitlich so nahe liegenden Urkunden 
sich findet, so scheint doch die eine durch die andere gestützt 
zu werden. Wie hätte ein Fälscher späterer Zeit, einer Zeit, in 
welcher die Titulaturen der beiden Linien der Zähringer, soviel 
ich weiss, nie wieder vom Breisgau entnommen wurden, von 
einem Markgrafen des Breisgaus reden können? Der Titel er- 
weckt eher Vertrauen, als Verdacht. Es bleibt der Graf Werner 
von Baden, nach Thommen „eine lediglich fingierte Person, für 
die in der Geschichte kein Raum ist." Weshalb nicht, — da- 
rüber haben mich Thommens Ausführungen im Dunkel gelassen. 
Doch es ist auch gar nicht nötig, seinen Gedankengang ver- 
folgen zu können ; denn Graf Werner von Baden, von dem aar- 
gauischen, nicht dem zähringischen, ist eine am Königshofe keines- 



1. St, 3674 Dmoj Bertoldus Brisgoaitdiae. So bei BUnau Leben Fried- 
ricbs 433. Briscoudie Neues Archiv XI 98. Nebenbei bemerkt, könnte ja die 
Form Brisgoaudiae allenfalls verführen, sie in Burgundiae zu ändern, und 
zwar umso eher,, als Berthold thatsächlich Herzog von Burgund war. Doch 
von der Kühnheit der Konjektur abgesehen, so findet sich doch neben dem 
allerdings gebräuchlicheren Brisgovia auch Brisgaudia^ z. B. Zeerleder 
ßerner Urkunden I 53 ao. 1108, Trouillat Mon. de Bäle I 274 ao. 1139 etc. 



— 175 — 

wegs unbekannte Erscheinung gewesen: in dem ersten Urkunden- 
buche, das ich aufs geradewohl aufschlug, fand ich ihn schon 
1136 als Begleiter Lothars, 1153 und 1155 am Hofe Friedrichs.^ 
Aller weiteren Nach Weisungen kann ich mich enthalten, wenn 
ich jetzt noch hinzufüge, dass er auf demselben Ulmer Tage, 
von welchem unsere Urkunde stammt, das schon erwähnte Privi- 
leg für die Gemeinde Treviglio bezeugt.^ 

Einen weiteren Grund, die Urkunden für unecht zu er- 
klären, entnimmt Thommen ihren wirklichen oder vermeintlichen 
Vorlagen. 

St. 3636 und 3637 sind unzweifelhaft Reproduktionen der 
beiden Bullen für St. Alban und Beinwiel, die Papst Eugen III. 
am 20. Dezember 1147,^ bezüglich am 23. Juli 1147* ausstellen 
liess. An sich kann ja nun die Benutzung einer päpstlichen 
Urkunde in einer königlichen nicht auffallen; vielmehr ist es 
eine alltägliche Erscheinung, dass die eine, sei es für den ganzen 
Wortlaut, sei es für einzelne Sätze, der anderen das Material 
lieferte. So würde denn auch Thommen an der blossen 
Benutzung keinen Anstoss nehmen; aber die Art und Weise, wie 
die Vorlagen umgearbeitet wurden, verrät den „grossen Ver- 
brecher". Papst Eiigen schreibt nämlich den Mönchen von St. 
Alban: filii, vestris vusüs postulationibus annuinms et prefatam ee- 
clesiam, in qua divino mandpati estis obsequio, sub beati Petri et 
nostra protecUone siisdpimtts, und ebenso heisst es in der Bulle 
für Beinwiel. Daraus macht der Schreiber von St. 3636 : fratres, 
qui in ecclesia sancti Älbani Basilee divino estis obsequio mandpati, 
vestris iitstis postulationibtcs clementer annuimus et prefatam ee- 
clesiam suib nostram protedionem svbsdpimvs; ganz ähnlich ist die 
Aenderung in 3637. Das soll nun unzulässig sein, weil es sich 
in anderen Urkunden nicht nachweisen lasse! Ob in der That 
jede Analogie fehle, mag dahin gestellt bleiben. Genug, dass 
gerade hier diese Aenderung notwendig war: der Papst hatte 
die Mönche, dem Stile seiner Bullen entsprechend, schon in der 



1. Stumpf Acta imp. 122. 482. 164. 166. 

2. Vgl. S. 173 Anm. 5. 

3. Ja£P6-L0wenfeld 9168. 

4. Ib. 9101. 



— 176 — 

Adresse angeredet; eine derartige Adresse fehlt unseren, wie allen 
königlichen und kaiserlichen Urkunden: also musste der Schreiber 
Friedrichs, wenn er sich nicht zuweit von seiner Vorlage ent- 
fernen wollte, den Relativsatz an fratres anknüpfen, sonst würde 
die „genannte Kirche", die man in der päpstlichen Urkunde aus 
der Adresse kennt, eben noch nicht genannt sein; und anderer- 
seits ist es natürlich, dass die Empfänger möglichst bald als An- 
gehörige von St. Alban bezeichnet werden sollten. 

Wie man sieht, hat Thommen auch dieses Mal fehl gegrijffen. 
Dabei ist es ihm entgangen, dass er noch eine weitere Vorlage 
annehmen müsste, um die Unechtheit vertreten zu können. 

Für St. 3636 genügt zwar die päpstliche Bulle vom 20. De- 
zember 1147, in ihr findet sich sogar die gleiche Arenga. Nicht 
so genau entspricht St. 3637 der Urkunde Eugens vom 23. Juli 
1147. Hier und dort lauten die Arengen ganz verschieden. Der 
Schreiber von St. 3637 hebt an : Decet omnes Christiane fidei ama- 
tores religionem diligere et loca renerabilia, divino ohsequio mand- 
pata, congrua in domino protectione fovere. Dieselbe Arenga findet 
sich aber auch in zwei Urkunden Friedrichs,^ deren eine 
kurz vor, deren andere kurz nach dem Ulmer Hofe ausgestellt 
ist. Also hat der Fälscher, der sein Machwerk ja aus Ulm da- 
tiert, unzweifelhaft eine echte Urkunde derselben Zeit vor Augen 
gehabt! So müsste Thommen schliessen, um seine These zu recht- 
fertigen. Wir wollen lieber annehmen: der Diktator hat auch 
die beiden, dem Ulmer Hofe so nahe liegenden Urkunden verfasst, 
d. h. er war ein Mitglied der königlichen Kanzlei, dem man als 
solchem nicht ohne ganz besonderen Grund vorwerfen darf, er 
sei unter die Fälscher gegangen. Unserem Kanzlisten ist gerade 
damals die angeführte Formel geläufig gewesen; und wie oft um 
dieselbe Zeit dieselben Arengen gebraucht werden, ist ja jedem 
Diplomatiker bekannt. 

Doch um wieder zu Thommens Beweisen zurückzukehren, 
— so war ihm bisher nur die Art der Benutzung ein Kriterium, 



1. St. 3643 vom 25. August 1152. Dann St. 3762, d. h. in einer Ur- 
kunde, wodurch ein Reclitssprucli vom Juli 1152 bestätigt wird: ich zweifle 
nicht, dass die Arenga aus der ersten, uns verlorenen Urkunde Übernommen 
wurde. 



- ITT - 

nJebt die Benutssung an und fQr sich. Das wird and^« betridtfi^ 
der Rüggisberger Urkunde, för welche die blasse Benutzung ver- 
hängnisvoll geworden sein soll. Denn obwohl vom 30. Juli 1152 
daitiert, ist sie nach Thommen doch nur die Reproduktion einer 
Urkunde^, die Friedrich am 4. Dezember 1161 demselben Kloster 
a4isgestellt hat = St. 3928.^ Mit anderen Worten: RUggisberg 
besass eitf echtes Diplom des Kaisers Friedrich; damit war es 
aber nicht zufrieden, es Hess sich auch eines auf den Namen des 
Königs Friedrieh anfertigen! Weshalb ein so sonderbares Ver- 
langen sich regte, fragt man vergebens. Hundertmal lassen sich 
geistliche Korporationen die Urkunde eines Königs wiederholen, 
Wtefffn er Kaiser geworden ist, denn das Wort eines Kaisers schien 
ihnen krftftiger, achtunggebietender zu sein. Aber die echte 
Kaiserurkunde, Wort für Wort, ohne irgend eine Zuthat^ in eine 
unechte Königsurkunde umzuschreiben, ist ihnen nicht in den 
Sinn geklommen, weil sie nur Zwecke verfolgten, nicht Spiele 
trieben. Diese einfache Erwägung widerlegt schon die Meinung 
Tbommens, dass die Urkunde von 1161 die Quelle sei. Doch es 
lohnt meh; genauer auf das Verhältnis einzugehen. 

Zahlreiche Auslassungen, Vertauschungen und Nachträge in 
St: 3638 sollen die Abhängigkeit von St. 3928 beweisen. Ich 
finde nttr eine Stelle, bezüglich deren etwa von Auslassung die 
Rede sein könnte. St. 3638: paginam sigilli nostri impressiane 
signari precepimtis; St. 392S : paginam inscribi et sigilli nostri im- 
pressione signari precepimics. Aber jeder geübte Kanzlist, der St. 
3638 vor Augen hatte, würde wohl die hervorgehobenen Worte 
in 3923 ergänzt haben. Die umgekehrte Annahme, dass der- 
Schreiber von 3638 Worte in 3923 übersehen haben müsse, ist 
ganz willküriich. Aehnlich verhält es sich mit einer Vertausehung. 
Dass das Verbot lauten sollte, man dürfe sich nicht aneignen iw 
eadkm silva aliqims proprietates^ musste der Schreiber von 3923 
sofort erkennen, wenn er in 3638 las in eadem aliquas proprietates 
Silva. Auch hier verfügt Thommen, nicht der Schreiber von 3923 
Könne die selbstverständliche Besserung vorgenommen, sondern' 
der Fälscher müsse die Lesart von 3923 verschlechtert« haben! 



1\ Vollständig gedruckt nur bei Stumpf Acta imp. 504. Vgl. dazu 
Tlifoflifnen^ a. a< O. 176. 

8oh«ffer-Boiohorit, Zur O«8ob. <!•■ XII. u. XIIL Jahrhunderte. 12 



— 178 ^ 

Eine andere und zwar die letzte Vertauscbung wäre nach Thom- 
men, dass es in St. 3923 beisst abstulerat iniuste, in St. 3638 
iniuste absttderat Hier niuss nun, wie Thommen will, der Schreiber 
von 3638 die unschöne Wortstellung von 3923 verbessert baben, 
während er vorhin die gute verschlechtert hat. Weshalb die 
Aenderungen ins Bessere, wie ins Schlechtere nicht erst in St. 
3923 vorgenommen sein können, ist für mich ein unlösbares 
Rätsel. Es bleiben einzelne Nachtragungen, doch auch hier 
verstehe ich nicht, wie sie gegen die Priorität von 3638 zeugen 
sollen. 

Noch ein anderes Sachverhältnis bestärkt Thommen in 
seiner Ansicht, dass St. 3923 mehr oder weniger abgeschrieben 
sei. Der Fälscher habe nämlich den Pluralis majestaticus in 
den Singularis verwandelt; ^er meinte wohl, dass ein König 
nicht in denselben Ausdrücken sprechen dürfe, wie ein Kaiser. 
Dabei ist ihm aber das Missgeschick widerfahren, dass er zwei- 
mal in diesem Sinne die Umwandlung vorzunehmen vergessen 
hat, und so finden wir jetzt zwar ganz korrekt regni mei, a me, 
aber daneben Igitur ego Fridericus etc, concedinms et donavimus 
und sigilli nostri impressione signari precepirrms." Da sähe man 
denn die „oft jede Ueberlegung erstickende Abhängigkeit" der 
angeblichen Fälschung von der echten Urkunde St. 3923. Bei 
genauerer Vergleichung erkennt man vielmehr das gerade Gegen- 
teil. Zum ersten Male bedient sich der Schreiber von. St. 3638, 
nachdem auch er schon mehrfach seinen König im Plural reden 
liess, des Singulars in folgendem Zusammenhang: allodium suum 
in regno meo. An derselben Stelle lässt aber der Schreiber von 
St. 3923 auch seinen Kaiser sagen: allodium suum in regno meo. 
Nur an dieser einen Stelle gebrauchte er den Singular, und da 
es die erste ist, in der auch unser „grosser Verbrecher" den 
Singular anwandte, so kann kein Zweifel sein: dem Schreiber von 
3923 hat St. 3638 vorgelegen. Zunächst folgt er letzterem blind- 
lings und so gelangt er zu allodium suum in regno meo, dann 
besinnt er sich und setzt regelmässig den Plural. Der Autor 
von 3638 hat dagegen von vorneherein keine scharfe Durch- 
führung des Pluralis majestaticus beabsichtigt. In seinem Munde 
ist es auch ganz korrekt, in regno meo zu sagen, denn er lässt 
ja einen König reden. Nun sagt aber auch der Kaiser: in regno 



— 179 ^ 

meo'j und auch daraus erkennt man, dass der Kaiser nur die 
Worte des Königs wiederholt. Später dagegen heisst es in der 
kaiserlichen Urkunde: deseirtum quoddam imperii nostri, während 
wir in der königlichen lesen: desertum quoddam regni mei. Wie 
der Schreiber der kaiserlichen erst im Laufe der Arbeit den 
Plural durchführte, ebenso hat er erst später, als er ungeschickter 
Weise schon vom Königtum des Kaisers geredet hatte, regnum 
meum in imperium nostrum geändert. Um wenigstens noch einen 
Beleg hinzuzufügen, so verweise ich auf den Umstand^ dass beide 
Urkunden ausgestellt sind propter spirittmlis patris Petri äbbatis 
Gluniacensis reverendam. Dies stimmt vortrefflich zu 1152, nicht 
aber zu 1161, denn Abt Peter ist am 25. Dezember 1167 ge- 
storben.^ Dass er nun in der Urkunde von 1161 noch als lebend 
vorausgesetzt wird,^ ist nur dem allzu engen Anschluss an die 
Urkunde von 1152 zuzuschreiben. Es verhält sich hier nicht 
anders, wie mehrfach bei Fürbittern : ob sie längst tot sind, 
ihre Namen gehen doch aus der früheren Urkunde, in die sie 
hineingehörten, in die viel spätere über.' Auch fehlt es nicht an 
weiteren Momenten, Ate Priorität von St. 3638 gegenüber 3923 
zu sichern. Doch bedürfte es dafür eines Vergleiches sämtlicher 
Büggisberger Urkunden, und diesen habe ich, der Untersuchung 
von Thommen folgend, dem zweiten Teile meiner Studie vorbe- 
halten. Hier wird das Gesagte, welches ich also nachher zu 
verstärken gedenke, für den augenblicklichen Zweck genügen. 
Wenn aber Friedrich I. im Jahre 1161 eine auf seinen Namen 
lautende Urkunde zur Bestätigung vorgelegt wurde, — wird es 
dann eine Fälschung gewesen sein? 

So fallen alle Gründe, die Thommen zu Gunsten seiner An- 
nahme vorgebracht hat. Im übrigen gesteht er zu, dass die 
Formalien denen der echten Königsurkunden auf das genaueste 



1. Rob. de Monte M.G. SS. VI 506. 

2. Das wird freilich von Thommen a. & 0. 178 bestritten, aber er hätte 
doch ein Beispiel erbringen sollen, dass aus Achtung vor einem Toten ein 
nicht blos wiederholtes, sondern neu gefertigtes Privileg erteilt, dieser Tote 
aber nicht ausdrücklich als Toter bezeichnet worden wäre. 

8. Ficker Beiträge zur Urkundenlehre I 318. 



- 180 - 

entsprechen.* Namentlich die Diplome, welche dem ülmer Tage 
selbst oder der nächstyorausgegangeuen und nächstfolgenden Zeit 
angeboren, kündigen etwa das königliche Handmal in gleicher 
Weise an, geben die Rekognition mit denselben Worten und 
zeigen auch in der Datumszeile keine oder nur geringe Ver- 
schiedenheiten. 

Ich fasse zum Schlüsse die fUr die Echtheit sprechenden 
Gründe zusammen: 1) Die Formalien sind, wie noch soeben 
bemerkt, die der echten Urkunden; und wenn die Bezeichnung- 
„Herr** in der Datumszeile vor „Friedrich** fehlt, so ist diese 
Ausnahme doch keineswegs vereinzelt; ja, auch gerade .Ur- 
kunden des Ulmer Tages, die Thommen nicht verdftchtigt hat, 
leiden an demselben Mangel. Dann mag noch besonders er- 
wähnt werden, dass wenigstens eine der Arengen sich auch in 
zwei anderen, fast gleichzeitigen Urkunden nachweisen lässt. 
2) Die Zeugen an sich geben zu keinem, auch noch so geringen 
Bedenken Anlass: zumal der einzige Ultramontane, bezüglich 
dessen ein citraniontaner Fälscher doch so leicht fehlgreifen 
konnte, — wie , denn Thommen auch eben in dessen Namhaft- 
machung einen der ärgsten Verstösse erblickt, — lässt sich zur 
Zeit, da unsere Urkunden ausgestellt sein sollen, mehrfach am 
Eönigshofe nachweisen. Wenn aber der Titel eines anderen 
Zeugen ungewöhnlich ist, so fanden wir doch fOr die betreffende 
Zeit und eben nur für sie eine Analogie. 3) Eine der Urkunden 
ist nach Verlauf weniger Jahre von ihrem Aussteller selbst 
wiederholt worden. Undenkbar aber ist, dass Friedrichs Kanz- 
listen eine Fälschung, die auf den eigenen Namen ihres Herrn 
geschmiedet wäre, für echt gehalten hätten. Dieses Kriterium, 
zunächst nur für eine Urkunde giltig, kommt doch auch den 
anderen zu Gute, denn sie flössen ja aus derselben Feder. 



1. Ich yerweise in dieser Hinsicht namentlich attf'die Datiörün^zeile, 
welcher die Rabrik Actum fehlt, in welcher vielmehr unter Datum Ort und 
Zeitbestimmungen zusammengefasst sind. Das aber ist durchweg die Regel fflr 
die ersten Jahre Friedrichs. Die Urkunde yon 1161 dagegen, die angebiiehe 
Quelle der unsrigen, hat eine durchaus andere Datierungszeile: wie wir sehen 
werden, ist dieselbe eine ganz eigenartige, und es wäre einer der glflcklichsten 
Zufälle für den Fälscher gewesen, dass er sie nicht zum Muster genommen. 



— 1«1 — 

B. Die Freiheitsbriefe fttr Bfiggisberg. 

Nicht blos die eine Rüggisberger Urkunde, welche ich im 
Zusammenhange mit der St. Albaner und der Beinwieler behandelt 
habe, ist als Fälschung verworfen worden, — das gleiche Ge- 
schick traf alle Königs- oder Kaiserurkunden, die im 11. und 
12. Jahrhundert für ßtiggisberg ausgestellt sind. Die erste soll 
Heinrich IV. am 27. März 1076 verliehen haben ;^ die zweite 
erteilte Heinrich V. am 13. Dezember 1115;* eine folgende rührt 
von Lothar III., sie ist nicht auf uns gekommen, doch ist ihre 
ehemalige Existenz durch das Zeugnis Eugens III. vom 27. Mai 
1148,^ sowie durch die beiden Diplome Friedrichs I. völlig ge- 
sichert; die vierte Hess Konrad III. am 13. März 1147 dem 
Kloster ausfertigen;* die fünfte und sechste sind die schon be- 
sprochenen Friedrichs I., nämlich vom 30. Juli 1152* und 4. De- 
zember 1161." AIP diese Privilegien haben Schweizer Forscher 
als mehr oder minder plumpe Machwerke gebrandmarkt, so zuletzt 
Moriz von Stürler."' Ihnen folgt nun auch Thommen, nur mit 
der einen Abweichung, dass er das Fridericianum vom 4. Dezember 
1161 in Schutz nimmt. Müssen wir uns den radikalen Schweizern 
aaschliessen? 

Die Urkunde Heinrichs IV. ist, wenigstens in ihrer jetzigen 
Form,® ohne weiteres preiszugeben. Unter ihren Pürbittern 



1. St. 2788. Zuletzt gedruckt Font. rer. Bern. I 831—334. 

2. St. 3121. Gedruckt sind nur die Teile, welche sich auf neue Namen, 
auf Zeit- und Ortsangabe beziehen; alles Uebrige ist bei Seite gelassen, ob- 
wohl die Wiederholung nur eine „fast wörtliche'* ist. So zuletzt Font. rer. 
Bern. I 367. 

3. Jaffi§-L(Vwenfeld 9270. Dieses Zeugnis hat Thommen a. a. O. 177 
Obersehen; die von ihm erörterte Frage, ob es ein Privileg Lothars für Rüggis- 
berg gegeben habe, ist damit zweifellos bejaht. 

4. St. 3538. Vollständig gedruckt nur bei Stumpf Acta imp. 476^^77. 

5. St. 8688. Vgl S. 171 Anm. 4. 

6. St. 3923. Vgl. S. 177 Anm. 1. 

7. Font. rer. ßem. I 334. 368. 423. 431. 446. 

8. Dass ein echter Kern zu Grunde liege, behauptete zuerst Bresslau im 
Neuen Archiv XII 414. Eine genauere Begründung hat Kalimann durchgeführt, 
Jahrbuch für schweizerische Gesch. XIV 100 — 107. Zugleich zeigte er, dass 
eine Urkunde für St. Georgen von 1108 St. 3026 zur HersteUung benutzt 
wurde. Dagegen meinte Meyer von Knonau in einer Anmerkung zu KaUmanns 



— 182 — 

finden sich kirchliche Würdenträger, von denen zwei längst 
tot waren, als ein anderer sein Amt antrat.^ Einen Kanzler 
Hiltulf, der die Urkunde beglaubigt,^ hat es nie gegeben; und der 
Titel Bomanorum rex, den Heinrich IV. trägt, wurde bekanntlich 
erst von Heinrich V. eingeführt. Doch muss der Fälscher noch 
eine ungefähre Kenntnis der Zeit besessen haben, denn eine Zu- 
sammenkunft Heinrichs IV. mit dem Kardinal Gerald von Ostia, 
über welche er berichtet, hat allerdings stattgefunden, nur nicht 
1076 zu Worms, sondern 1074 zu Nürnberg.^ Genug, wie die 
Urkunde vorliegt, ist sie unecht. 

Sie wurde nun die Grundlage aller anderen. Das sieht man 
an einer Kleinigkeit, jedoch an einer Kleinigkeit höchst be- 
zeichnender Art. Heinrich IV. schenkt dem Kloster: per manum 
prefati duds B, vicmum loco et adiacem desertum quoddam iuris 
regni mei, 8(nMcet nemtds adhuc mride. Er giebt den Mönchen also 
durch die Hand des Herzogs B(udolf von Zähringen), von dem 
im Verlaufe der Urkunde schon die Rede war, „eine einsame 
Gegend in der Nähe des Klosters^, nämlich einen noch grünen 
Wald, der jetzt aber gerodet werden soll. Wie uns die Lokal- 
historiker belehren, war es der Grünenwald, der heute meistens 
Schwantenbuch heisst. Auf welche Art ist nun diese Schenkung 
Heinrichs IV. in den Urkunden seiner Nachfolger zum Ausdrucke 
gekommen? Heinrich V.: desertwni quoddam iuris nostri regni 
Ruindnum^ in loco adiacens et nemus; Konrad III. : sdlieet JRui- 



Unteniachung 8. 106, die Urkunde sei yon Anfang bis zu Ende geflilscht. Auf 
den Streit einzugehen, verbietet mir schon der Titel meines Buches. Ich be- 
merke nur noch, dass die Worte liceat in eadem loco — sibimet veruUcare dem 
Stile päpstlicher Urkunden entsprechen. Vgl. Gregors VII. und Urbans U. 
Schntzbriefe fUr Schaffhausen vom 8. Mai 1060 und 26. Januar 1092. J.-L. 
5167. 6457. 

1. Adalbero von Worms starb 1070, Einhard von Speier 1067, Hermann 
von Metz wurde erst 1073 Bischof. 

2. Er thut es in Stellvertretung Annos von Köln, der auch unter den 
Fttrbittern genannt wird; Anno war aber seit dem 4. Dezember 1075 nicht 
mehr unter den Lebenden^ w&hrend unsere Urkunde erst am 27. M&rz 1076 
ausgestellt sein soll. 

3. Und flbrigens war die Urkunde Heinrichs IV., wie sich ergeben wird, 
lange vor derjenigen Eugens II}. vorhanden. 

4. So in den Font. rer. Bern. 368. Dagegen Runidnum bei Zeerleder 
Bemer Urk. 42. In den sp&teren Urkunden immer Buicinum, 



— 183 — 

dmtm loco et adiacens desertum quoddäm iuris regni mei, seUieet 
nemus^ Friedrich I.: scilicet Ruicinum locum et adiacens desertum 
quoddam iiiris regni mei^ scilicet nemus. So sind aus dem 
einen Schenkungöobjekte zwei geworden, und — was für uns 
wichtiger ist — wir haben den Namen Ruindnumy bezüglich 
Ruicinwm erhalten. Ihn auf einen bestimmten Ort beziehen zu 
wollen, ist ein eitles Bemühen; er entstand vielmehr aus den 
Worten in der Urkunde Heinrichs IV: per manum prefali dum 
R. vidnum loco^ Hier haben wir die originale Lesung, in den 
späteren Bestätigungen die Korruption. 

Es würde nicht schwer sein , den Beweis noch weiter 
durchzuführen. Doch scheint mir das angeführte Moment zu 
genügen. 

Am wörtlichsten hat Heinrich V. die Vorlage übernommen. 
Darauf hat eine weitgehende Umarbeitung stattgefunden, sei 
es schon In der verlorenen Urkunde Lothars, sei es erst in 
der vorliegenden Konrads.* Diese neue Fassung wurde dann 
Quelle für die Urkunden Friedrichs. Um dafür nur ein Beispiel 
anzuführen, so verbietet Heinrich IV. jede Vergewaltigung oder 
Anmassung, que libertaü monasterii noceat] Konrad sagt sinnlos: 
que lU}ertati sunt tmbus noceatf Friedrich stellt einen Sinn her, 
entfernt sich dafür aber auch immer weiter vom Original: qus 
libertatis sunt usihus nociture. So nimmt Konrads Urkunde* eine 



1.. Das bemerkte schon von Stttrler Font. rer. Bern. I 868 Anm. 1. 

2. Dabei scheint die Umarbeitung unmittelbar auf dem Privileg Hein- 
richs lY. zu beruhen. Dieser sagt: Igitur ego Henricus etc., sancto apiritu 
instinctus, propter spiritualis patris Hi^gonis ahhatia presentiam; Heinrich V. 
Hess die VITorte: sancto spiritu instinctus bei Seite; Eonrad III. wiederholt 
sie in der Form: sancto spiritu instructxM, Doch mag immerhin daneben 
auch das Privileg Heinrichs V. benutzt sein : ich denke an das übereinstimmende 
Missverständnis, welches einmal als Riuncinum, dann, als Bincinum zum Aas- 
druck gekommen ist. Indes wäre doch auch möglich, dass zwei Schreiber, 
ganz unabhängig von einander, in gleicher Weise geirrt hätten. 

3. Einige Zeilen später heisst es in Heinrichs, wie auch in Eonrads Ur- 
kunde: omnia conserventur eorum^ pro quorum sustentatione ac gtibematione 
concessa sunt usibus omnimodis profiUura, 

4. Oder auch diejenige Lothars. Dafür Hesse sich Folgendes anführen. 
Eonrad sagt: donatum est — desertum quoddam iuris regni mei, scilicet nemus 
adhuc ob spem vite eterne, und später si qua persona, — secundo terciove com- 
monitus, satisfactione oongrua emendaverit, — 30 auri libras ad regis erarium 



Mittelstellung ein, jedoch nicht so, dass beide Urkunden Friedrichs 
unmittelbar auf ihr beruhten. Sie ward nur die Quelle der 
«königliehen, und aus dieser floss die kaiserliche. Dafür m^ehte 
folgende Vergleichung entscheidend sein. Heinrich IV. bestimmt, 
ut 8i qua persona — huivs constitutionis paginam sdens contra ea/m 
temere venire temptaverit^ — secundo terciove commonitus — 50 
ami libräs ad regis aerarium persolvat Dieselbe Verfügung treffen 
Heinrich V., Konrad III. und zuletzt Friedrich I. als König. Da- 
gegen verbessert er, Kaiser geworden, den durch die früheren Ur- 
kunden hindurch gehenden Schnitzer: persona conimonitus, lässt 
dafür aber das temere der drei vorausgegangenen Diplome bei 
Seite. 

Bis jetzt verfolgten wir ein Verhältnis, das für die Urkunden 
Heinrichs V., Konrads III. und Friedrichs I., des Königs und 
Kaisers, nicht den geringsten Anlass zum Verdachte bietet. 
Allerdings ist ein falsches Privileg die Grundlage, aber aus diesem 
entwickeln sich dann die zeitlich folgenden in einer Weise, dass 
jedenfalls nie — ich denke an die Behauptung Thommens — ein 
in Wirklichkeit späteres die Quelle eines angeblich früheren sein 
müsste. 

Wichtig ist in diesem Zusammenhang vor allem, dass die 
klaren Worte der allerdings gefälschten Urkunde Heinrichs IV., 
— wenn ich so sagen darf: . der Mutter oder der Ahne der 
folgenden, — ein schlimmes Missverständnis erfahren haben. Da- 
durch entstand auf dem Pergament ein neuer Ort, der auf der 
Erde nicht vorhanden ist: Ruidnum. Ist es nun denkbar, dass 
ein Fälscher, wahrscheinlich doch ein Mönch, mindestens aber 
ein Beauftragter des Klosters, das angebliche Geschenk Ruicmurn 
von einer Urkunde in die andere übertragen hätte? Das ist nicht 
die Art der Fälscher, kann aber um so leichter einem fremden 
Kanzlisten begegnen, der ohne Interesse und Sachkenntnis ab- 
schreibt. 



persolvat. Da ist viride Dach cidhuc und si non vor scUiafaction^ ausgefaUen. 
Beides findet sieh, wie in der Urkunde Heinrichs lY., so auch in denen Fried- 
richs I.^ und in die letzteren mag es allerdings durch Benutzung der .Urkunde 
Lothars gelangt sein. Anderseits war wenigstens die Ergänzung si non in 
Konrads Urkunde eine ganz selbstverständliche; und bei adhtui konnte doch 
jeder stutzig werden und deshalb einmal ein früheres Privileg einsehen. 



^ T186 ^ 

Die offenbare Fälschung hat das Richtige, imd die folgende[n 
Urkunden würden schwerlich das Verkehrte haben, wenn auch sie 
ufiedit wären. 

Zu dem gleichen Resultat führt eine andere Erwägung. 
Keiner von allen, welche die üneehtheit behaupteten, hat aus der 
Einsicht der . Originale die Ueberzeugung geschöpft, dass sie 
von Bioem Schreiber herrühren; man ist vielmehr durchaus der 
Ansicht, dass jedes von einer andern Hand geschrieben sei. Also 
litten , um die Rüggisberger Fälschungen zu Stande zu bringen, 
soviele Mönche zusammengewirkt, als Urkunden vorhanden sind I 

Doch ich gehe zur Prüfung der einzelnen Stücke Ober. 
Denn gegen jedes hat man natürlich noch besondere Verdachte- 
iiiomente< erbracht ; man stützte sich nicht blos auf den Zusammen- 
bang aller mit der freilich unhaltbaren Urkunde Heinrichs IV. 

Gegen die Urkunde Heinrichs V. d. d. 1115 Dezember 13 
ist wohl eingewandt worden, dass sie eine unsinnige Rekognition 
trage: Bruno canc, vice Alberti arakicanc, et archiep. Radbuditii} 
Aber ein inzwischen erschienener Druck beseitigt Raäbudini 
durch recognovi} Wenn dafür in dieser Publikation das Mono- 
gramm mit den unmöglichen Worten Sigilhjim doniini Heinrici etc. 
angekündigt ist, so darf man hier kühn der älteren folgen: Big- 
num domini Heinrici etc. Dann waren es vor allem die Daten, 
welche Anstoss erregten, denn zum Dezember 1115 gehört nicht 
die 7., sondern die 9. Indiktion, nicht das 11. Königsjahr, sondern 
das 10. Aber die beiden einzigen Urkunden Heinrichs V., die 
sich ausser der unsrigen für das Jahr 1115 noch nachweisen 
lassen, — auch sie Verstössen in Indiktion und Königsjabr. 
Besonders wichtig ist die zweite;* sie ist nur wenige Tage 
später ausgestellt, und während sie das Kaiserjahr richtig an- 
giebt, wie dieses ja auch in unserer Urkunde zum Inkarnations- 
jahre stimmt, bezeichnet sie das Königsjahr gleich falsch als 11.; 
die Indiktion ist nur. um einen Einer höher berechnet. Die un- 
richtigen Daten können demnach unmöglich ins Gewicht fallen, 
geschweige denn den Ausschlag geben. Was ferner die Formalien 



1. Zeerleder a. a. O. 42. 

2. Font. r^r. Bern. 1 368. 

3. 8t. 3122. 



— 186 — 

betrifft, so finden sie in anderen Urkunden Heinrichs V. zahl- 
reiche Analogien. Doch ich halte es nicht für nötig, darauf ge- 
nauer einzugehen;^ ich will lieber betonen, dass die vorkommen- 
den Namen fehlerlos sind« Kanzler und Erzkanzler entsprechen 
ganz der Zeit. In der Eigenschaft des letzteren wäre Brzbischof 
Adalbert noch vor wenigen. Wochen zum wenigsten auffallend 
gewesen: seit November hatte ihn der Kaiser aus der Haft ent- 
lassen und wieder zu Gnaden angenommen. Die Fürbitter sind 
als Freunde des Kaisers bekannt, und der Abt Pontius von Cluny, 
in dessea Gegenwart Heinrich die Bestätigung vollzieht, lässt 
sich gerade in dieser Zeit am Hofe nachweisen: wir haben eine 
Privaturkunde vom 14. Dezember 1114, wodurch mit Zustimmung 
des Kaisers dem anwesenden Pontius von Cluny eine Kirche 
übergeben wird.^ Wiederum am 2. Januar 1116 finden wir den 
Abt an Heinrichs Seite.' Genug, ich würde es nur begreiflich 
finden, wenn Stumpf seine anfänglich geäusserten Zweifel —^ wie 
es scheint* — später zurückgenommen hätte. 

D$ sich über die verlorene Urkunde Lothars nichts Sicheres 
behaupten lässt, so wende ich mich zur Bestätigung Konrads,^ 
worin die Verleihung Heinrichs IV., wie schon gesagt, zuerst in 
wesentlicher Umarbeitung erscheint. Man hat ihr vor allem 
zum Vorwurf gemacht, dass der Anfangsbuchstabe der Rekognition 
Ego Amoldus cancellwrius ebenso verziert sei, wie das Chrismon, 



1. Nur. 801 hier bemerkt, dass Dach Zeerleder a. a. Ö. das Monogramm 
regelrecht ist. Dann will ich meinerseits doch auf die Datierung yerweisen: Do/Ul 
id. DecenUf., ind. 7., ao. dorn. ine. lllö^ regnante Heinrico V. rege Rötn, ao. 
11, imperante 5. Actu^m est Spire. Das ist die in echten Urkunden Heinrichs V. 
gewöhnlichste Fassung; schon unter Lothar III. hätte man gesagt: cu). vwo 
regni regis Heinrici 11, imperii 5. 

2. — cum »uccessor illius («c. Hugonis) venerabilis Bmtiua abbaa ad 
partes nostras ad eundem locum cattsa visitationis cutvenisset. Actum est hoc 
ao. dorn. ine. 1115 — laudante et confirmante Henrico V, imperoitore. Scriptum 
per manus Alberti Trevirensis 19. kal. Jan., fena 3, iuna J^4. Aus A. - SS. 
Juni I 342: Würdtwein N. S. VII 1. Trouillat Mon. de B&le I 235, Letzterer 
setzt die Urkunde zu 1114, worauf nur Iuna 2^ deutet, während die anderen 
Daten, namentlich feria 3, für 1116 entscheiden. 

3. Rt. 3123.^ Vgl. dazu Bresslau in der V^estdeutschen Ztschr. V 31. 60. 

4. S. 639 zu Nr. 3121. 

5. Was^Bernhardi Konrad III. 561 Anm. 36 aufgefallen, bedarf keiner 
Erörterung, denn insgesamt ist es der Urkunde Heinrichs IV. entlehnt. 



— 187 — 

dass ferner hinter der Anköndigung des königlichen Monogramndd 
noch ein Ego sich finde, dass also das Ego der dann folgenden 
Eanzleranterschrift zweimal geschrieben wurde, einmal als Schluss 
der Ankündigung des Monogramms, darauf als -Anfang der Re- 
kognilion. Nun begann man aber känzleigemäss mit letzterer eine 
neue Zeile. Daran hatte der Schreiber zunächst nicht gedacht, 
und so war er fortgefahren in derselben Linie mit der An- 
kündigung des Monogramms auch das erste Wort der Bekognition 
zu schreiben; dann wurde er auf sein Versehen aufmerksam^ und 
bega,^n mit einer neuen Zeile neuerdings die Rekognition einzu- 
tragen.^ Was ist daran Wunderbares? Ein so kleiner Irrtum 
mochte doch in Momenten der Abspannung auch dem geübtesten 
Schreiber begegnen, umsomehr einem Anfänger, der uniser Eanzlist 
ja immerhin sein konnte. Wie wenig ihm im Grunde das Ver- 
sehen zu bedeuten schien, zeigt der Umstand, dass er nicht ein- 
mal für nötig hielt, es aus der Welt zu schaffen. Ein Fälscher 
hätte wohl zum Messer gegriffen, um das erste, das nicht kan^lei- 
mässige Ego verschwinden zu lassen. Was ferner die Verzierung 
des zweiten Ego betrifft, so kann ich nicht sagen, ob sie jeder 
Analogie entbehrt; sie scheint mir aber auch ohne sonderliche 
Bedeutung zu sein ; sie ist eben eine Schreiberlaune, wegen deren 
man noch längst nicht berechtigt ist, Lug und Trug zu wittern. 
Es bleibt noch ein anderes Versehen, über welches Thommen 
hinweggegangen ist, das aber doch volle Beachtung verdient. 
Obwohl nämlich im Texte das Handmal Eonrads angekündigt 
wird, obwohl es dann heisst: Signum domni Cunradi Bomanorum 
regis secundij so ist doch kein Monogramm vorhanden.' Hat der 
Fälscher die Formen desselben nicht gekannt, hatte er nicht den 
Mut zu freier Erfindung? Weit gefehlt. Ein Blick auf die nächst- 
folgende Urkunde, die nur zwei Tage später ausgestellt wurde. 



1. Vgl. Thommen a: a. O. 176. 

2. VieHeicht liegt hier auch ein Fall vor, wie derjenige, den Ficker 
Beitrilge zur Urkundenlehre II 148 beschreibt: „In St 82 zu Httnster sieht 
man deutlich, dass der Schreiber der Formel mit in zum iniöicitissimi bereits an- 
gesetzt hatte, sich dann erst besann, dass er für das Monogramm Raum zu 
lassen habe.** Es wttrde sich wohl lohnen, daraufhin das Original zu unter- 
suchen. 

3. Stumpf Acta imp. 477 Anm. 5. Font. rer. Bern. 1 433, 



-^^ •99D -■»- 

rm^ehte-denSachyerbalt ins rechte Licht setzen. Freilich bereitet 
iiicht schon ihr Text darauf vor, dass Konrads Handnial folgen 
-0oUe; wohl aber beisst es in den Scblussformelo : SUgfmm 
d&nmi Conradi ete,; und dennoch auch hier kein Monogramm I^ 
Ich meine nicht für die eigentumliche Erscheinung eine ^f- 
klärung suchen zu sollen; es. genügt, dass wir sie innerhalb zweier 
Tage zweimal nachweisen können, und wie man sieht, wird da- 
-mit «in Moment, das an sich gegen die Echtheit einnehmen könnte, 
vielmehr ein Kriterium fUr dieselbe. Von vorneherein erwecken 
dagegen die Zeugen das vollste Vertrauen; Kie lassen sich samt- 
lieh im März 1147 am Hofe Konrads zu ITrankfurt nachweisen;* 
und wenn wir dieses Mal nicht in der glüeklichen Lage sind, 
auch die Anwesenheit des Abtes Peter von Cluny, infolge deren 
eben die Bestätigung erteilt sein soll, durch andere urkundlidie 
.Zeugnisse belegen zu k((nnen, — das Vertrauen kann dadurch 
nicht erselitittert werden. Er ist kein Reichsangehöriger, und .in 
der Regel liess man die Urkunden nicht von Ausländern bezeugen. 
So können, wir trotz zahlreicher Diplome, die wir vom Frankfurter 
'Rdehstage besitzen, auch die nicht zu bezweifelnde Anwesenheit 
des hl. .Bernbard,^ des Abtes von Clairvaux, aus keiner könig- 
lichen Akte belegen. Im übrigen entsprechen die Formeln durch- 
aus denen, die wir auch sonst in echten Urkunden Könrads finden. 
Ich will noch besonders darauf hinweisen, dass unser Acium 
Franchenevort in curia celebri nochmals am 23. März 1147 ge- 
braucht wurde.* 

Ueber die folgende Bestätigung handelte ich schon in der 
ersten meiner Untersuchungen, und indem diese zweite ihr sozu- 
sagen die richtige Stellung in der Genealogie der Rtiggisberger 
Urkunden angewiesen hat, möchte sie das früher gewonnene Re- 
sultat wohl bekräftigt haben. Mithin bleibt nur noch die Wieder- 



1. Bernhardi Konrad JIJ. S. 662 Anm. 37 nach der von K. Pertz be- 
sorgten Abschrift des Originals in den Sammlungen der Mon. Qerm. Noch in 
einer dritten Urkunde fehlt das Monügranim, während dessen Ankündigung 
Torhandcn ist. Bernhardi a. a. O. 370 Anm. 2. 

2. Vgl. Bernhardi a. a. 0, 645 Anm. 23. 

3. Helmold I 69 H. G. SS. XXI 56. Chronogr. Corbeiens. ap. JaffeBibi. 
rer. Germ. I 68. 

4. St 3640. 



höltWg, welehfe das^Dii)tom am 4- ÖezöiftbefT' 1161 dürteh PHedH^hh 
als Kaiser erfuhr. Für deren Echtheit ist nDt> schon im GegWf- 
sate 211 ätfderen Porsebern Thommfen cingötneten.^ Bf bertiff 
sich auf die Zeugen, di^ wir ohne' Ausnahme zur Zeit' am Hofe' 
Ba(Aweisen können, und auf die Formen, die ifl alP ihren feilen- 
vor der eingehendsten Kritik Stand hielten. Nur' Eities möehte 
ich noch erörtern, weil es doch Bedenken erregen körinti^. Die* 
Daten lauten nämlich: Datum Laude 2. ncm. Becemh. ao.döm. 
ine, 1161 ind. 10, regnanifi dorn, Frid, Rom. imp. vietoriosissimo, 
00, regni eiu^ 10, imperii 7, Actum Laude feliciter, Amen. Nun 
ist in dieser Zeit der weitaus gewöhnlichste Brauch, mit Actum 
zu beginnen und darunter die verschiedenen Jahresbestimmungen 
zu vereinigen, dann Datum mit Ort, Monats- und Tagesangabe 
folgen zu lassen.^ Es kommt aber auch vor> dass mit dem Orte 
alles Uebrige zu Datum gesetzt ist, hier fehlt natürlich Actum.* 
Dieser Fassung wörde unsere Urkunde entsprechen, wenn nicht 
ebeti Actum Laude Hinterdreinkäme. Anderseits* fitiden wir doch 
auch wohl alles, was die Chronologie betrifft, init Datum ein- 
geleitet und dann steht unter dem folgenden Acttrni nur der Ort.* 
Wie man sieht, ist das wirklich Eigenartige die doppelte Nennung 
des Ortes, der hier nach der zuletzt erwähnten Analogie nicht 
schön' unter Datum angegeben sein sollte. Aber ich kenne Ur- 
kunden Friedrichs, deren Datierung ganz mit der unsrigen über- 
einstimmt. So heisst es in; einer Beschirmung und Bestätigung 
für das Domstift von Bisanz: Datum Dole in regno Burgundie,. 
2 n<m. Novemb: ind. 6, ao. dorn. ine. 1157, regnante Dom. Ftid'4 
S&m. invictissimo, ao. regni eitcs 6., imperii verö 3. Actum Dole 
in regno Burgundie feliciter. Amen.^ Achnlich lautet die 
Datierung eines Diploms, das demselben Jahre mit dem unsrigen 



1. Mit Recht verweist Thommen a. a. O. t79 auf die Zeugenschaft 
des Abtes. Erlenbold von Stablo, „der nur eben 1161 beim Kaiser in Italien 
gewesen sein darfte.** Ich ergänze, dass er auch am 7. Oktober 1161 sich am 
Bofe zn Lodi nachweisen lässt. St. 3922. 

2. So in Urkunden vom Ende des Jahres 1161 und vom Anfange des 
folgenden St. 3917" 26. 27. 28. 29. 31. 

3. St. 3916 vom 1. September 1161. St. 3987a vom' 5. November 1163. 

4. St. 3908 vom 22. Juni 1161. 

5. St. 3784 = Stumpf Acta 168. cf. St. 3783. 3786. 



angehtfrt. Acta sunt hee in Monte Seilieis aoi dorn. ine. 1161, 
regnante domno Federieo Bamanorum imperatore invictissimOf ao. 
regni eins 10, intern vero eius 7. felieiter. Amen. Data Monte 
Seilieis 4 non. April} 0enug, die doppelte Neonung des Ortes 
gehört nicht zu den Alltäglichkeiten, kann aber auch nicht gegen 
die Echtheit sprechen. Was fUr dieselbe zeugt, ist so mannig- 
fach und vollwichtig, dass ich den laut gewordenen Zweifeln keine 
Berechtigung zuerkennen kann.* 



1. St. 3902 r= Stumpf Acta 502. 

2. Ich habe die palaeos^aphisebe Vergfeichong bis dabin ausser Acht ge- 
lliiseli. Die innere Kritik schien mir vOHig auszureichen, auch fehlt mir für 
die äussere ein aüseitig genügendes Material. Nur meine ich zweierlei in 
letzterer Hinsicht erg&nzen zu sollen. — 1) Thommen hat eine Bemerkung 
Bresslaus übersehen. Danach wurde Heinrichs V. Diplom für Rttggisberg 
von einer in der kaiserlichen Kanzlei viel beschäftigten Hand geschrieben. 
Bresslau hat ihre Züge von 1109 bis 1116 verfolgt. Ausser unserer Urkimde 
schrieb sie z. B. die unmittelbar vorausgehende und unmittelbar nachfolgende. 
Kaiserurk. in Abbildungen S. 79 zu Lieferung IV Tafel 24. — 2) Auf n[ieinen 
Wunsch prüfte Freund Schulte in Karlsruhe St. 3643, d. h. die Urkunde 
Friedrichs für Salem, betreffs deren ich schon oben S. 176 Anm. 1 bemerkte, 
sie habe dieselbe Arenga, wie die Beinwieler, welche Thommen verwirft. Meine 
sich hieran knttpfencte Vermutung, dass die Beinwieler, damit dann auch natür- 
lich, die Albaner und Rflggisberger, von derselben Hand geschrieben seien, wie 
die Salemer, welche überdies auch ziemlich gleichzeitig ausgestellt wurde, ist 
nun durch Schulte bestätigt worden. Die Züge sind durchaus die gleichen; 
auch hier fehlt es nicht an Korrekturen ; dann verweise ich noch besonders auf 
das Linienschema. Thommen sagt: „Alle drei Urkunden, die Beinwieler, die 
Albaner und Rttggisberger, haben blinde Linien, aber auf verso gezogen. Zu 
beachten ist dabei, dass die Schriftlinien nicht durchlaufen von einem Pergament- 
rand zum anderen, niondern dass sie nur zwischen zwei ebenfalls blinden Rand- 
linien gezogen sind, welche den für den Text bestimmten und überall vom Schreiber 
streng eingehaltenen Raum abgrenzen. Elin derartiges Linienschema kommt 
aber, soviel ich weiss, bei Kaiserurkunden des 12. Jahrhunderts noch ni<'ht vor« 
wohl aber findet es sich regelmässig bei den feierlichen Papstbullen. ^ Was hier- 
nach ein Kriterium der Ünechtbeit wäre, findet sich nun ebenso in dem Orignal 
des Karlsruher Archivs. Genug, auch dieses mü^ste als Fälschung desselben 
„grossen Verbrechers** gebrandmarkt werden, wenn die drei Schweizer Urkunden 
sein Werk wären. 



X 



X. 



(•• • .■• •• -, ■ ' i ■ 

X. 

Ein Ausstellungsort als einziges Zeugnis für 



einen Zug 



i. nach Burgund. 



ifcC » P H ^ ■ i g *»^- 



^i'-r 



In der Qallia Christ. XVI Text 567 heisst es: Anno 1284. 
14 eäl, Mali Hugo Vivariensis episcopm Tricasiinensi episcopo vi- 
dendas transcribendctsque . exhibet IHderici L Kiteras de collatis ab 
Armanno Bufo bonis s. Johannis. baptistae vdletudinario. Sched, 
Baltman. XIX 62. Aus gleicher Quelle wird die Urkunde auch 
XVI: 658 angeführt. Den Wortlaut aus den Schätzen der 
Pariser Bibliothek zu erlangen, wandte ich mich an den jetzt 
verstorbenen Kollegen Loe wen feld, der sich in der französischen 
Hauptstadt sehr guter Verbindungen erfreute. Auf seine Bitte 
hatte dann kein Geringerer als Julien Havet, der nun auch schon 
hinübergegangen ist, die grosse Güte, mir eine Abschrift zu 
besorgen. Leider ist die Vorlage eine höchst elende: mauvaise 
copie du XVIle siede hat Havet sie bezeichnet, an Verlesungen 
ist kein Mangel, und noch zahlreicher sind die Lücken. Soweit 
es mir möglich war, habe ich gebessert und ergänzt, und so folge 
denn der Text, doch ohne die ihn einschliessende Beglaubigung 
des Bischofs von St Paul-trois-Chäteaux: 

In nomine sanctae et individuae trinitatis. Friderious divina 
favente dementia Imperator augustus. 

Cum apud fontem totius bonitatis nihil irremtineratüm remaneat, 
praecipue aeteruae beatitudiiiis ihcomparabile praemium nos consequi 
non dubitamus, si bonorum hominum donationias, deo et saiictis eius 
pro remedio animarum s.uarum collatas, auctoritate nostra ipsis eccle- 
siis, quibus designatae sunt, perpetuo iure confirmamus, ne per revo- 
lutionem temporum et decessiones et successiones hominum facta hu- 
mana citius a memoria deleantur futurorum. Eapropter notum facimus 
t&m pi^esenti aetati, quam successurae^ posteritati, quod nos divinae 
remunerationis intuitu^ omnia mobilia sive immobilia^ ab Amnanno 
Ruffo et fratre suo Bertrando deo et hospitali sancti Joannis baptistae 
consensu R.® Vivariensis episcopi libere et absolute collata, eidem 



a. gaocttBsivae. 



b. iutuiti. 



o. Er hiesi Haimundv^g. 



/ 



— 193 — 

hospitaJi perpetuo possidenda saacimus et eodem tenore et ordiDe, quo 
omnia haec iu privilegio ipsius episcopi denominata sunt et conscripta, 
no8 quoque, testimomum nofttrae auctoritatis i^ppouentea, eidem^ bo- 
gpitali coniirmainus^ et sigilli nostri impressione iussimus [corroborari], 
volentefl et- ftrniiter praecipi^iteiB,« ne qnisquam mortalium htdc confir- 
mationi aliquo ausu temerario praesumat obviare et [resistere. Quod} 
qui fecerit, imperatoriae maiestatis [reus iudiceturj et pro tantis exces- 
sibus centujn libras auri compouat, dimidium camerae, reliquam partem 
praedicto hospitali. 

Huius rei testes sunt: Ludovicus episcopus Basiliensis, Cunradud 
comes [palatinus Rheni], ßertoldus dux de Zeringo, Hermannus [xnarchio 
de BadinJ, Hugo comes de Dagesburg^^ , comes Hubertus de Nassowe^ , 

Völmarius" [comes de ®V Heinricus] comes de Dietze, Lüdövicus 

comeiä de Firrette, Räimundus comes sancti Aegidii, Amedeus' coiiieB* 
Möntis ßiligardis, Humbertus ^de Belle Joco et [alii' quam pfluresj. 

Signum domni Friderici^Bomanorum imperatoris invictlssiiAi. 

Egoi^' Heinricus [cancellarius vice . ... . . Viifennensis archiepi« 

scopi^ et totius Burgundiae] archicancellarii recognovi^. 

• Acta sunt haec anno dominica«^ incanifttionis 1170., iudictionfi ^ 
vero 3, regnante domno Friderico Romanorum imperatore gloriosissinoo ^ , 
anno regni eins 18°^, imperii 15, feliciter. Amen. Datum apud Q-ivorz ^ 
in episcopatu^^ [Lugdunensi]. 

So gleichgiltig der Inhalt der Urkunde ist, so wichtig 
erscheint sie im Itinerar Friedrichs. Nach den Zeugen gehört 
sie offenbar in den Südwesten des Reiches, und dann nmss sie 
iö die zweite Hälfte des Jahres 1170 gesetzt werden.^ Aus der 

a. et. b. confirmantes sigilli. o. Digesburg. d. Nasao. 

e. Von den Grafen dieses Namens könnten in Betracht kommen: Castres, Ketz und 
Saarwerden. f. Eine Linie blieb nnbesohrieben. g. Kt Hein'rioufi. 

h. Ein« Linie blieb nnbepehrieben: je naeh der^n Länge ist vielleicht noob zu lesen: 
imperialis aulae canceilariuET. Den Namen des Erskanslers wage ich nicht za 
ergilnzen, denn ich weiss nicht, wann Wilhelm gestorben und Bobert ihm gefol^ ist. 
QsAis Ser. ep. 666 nnd Bf esslau Urkundenlehre I'877 geb^n Daten, für welohie iöh ver- 
gfibians nach den Belegen gesucht habe. C£ Gallia chriat. XVI Text 85. i. r e c o- 

gnita et. k. indicto. 1. gloriossimo. m. XIIL n. GhuiorB." 

o. in episcopatn [Lugdunensi]. Das ist natürlich in keiner Weise auifallend ; 
vielmehr wKre es ganz verkehrt, wenn man in archiepiscopatn verlanjgen wollte. 
Parallelstellen finden sich z. B. bei Hüffer Die Stadt Lyon 45. 148. 

1. Dem widersimtet nicht das 18. Königs- und 15. Kaieerjahri tob denen 
dieses allerdings scboA am 18. Juni, jenes gar schon amO. Mftrz 1170 sein £iHle 
erreicht hatte. Auch die zunächst vorausgehenden Urkunden, die der zweiten 
Hälfte des Juli 1170 angehören, tragen die gleiche Datierung, und die zun&chst 
folgende, vom Februar 1171, stimmt wenigstens im Königsjahr noch mit der 
unsrigen Ub^rein.- -- - 






— 1Ö8 — 

ersten haben wir zahlreiche Urkunden, deren Zeugen nicht mit 
den unsrigen stimmen, auch findet sich in den Gegenden, die 
Friedrich damals besuchte, keiqe Stadt oder Burg, deren Namen 
an den Ausstellungsart nur entfernt anklingt. Er lautet in der 
elenden Abschrift: apud Ouiorz, womit ich nichts anzufangen 
weiss; die Verschiebung des Punktes auf dem i ergiebt Qivorz^^ 
und wir erhielten Oivbrs südlich von Lyon, am rechten Rhone- 
ufer.* Für ein Hospital in Viviers, d. h. für eine Lokalitä.t auch am 
rechten Ufer der Rhone, ist die Urkunde ausgestellt; Raimund 
von St. GiUes* omd Humbert von Beaujeu, zwei der Zeugen, sind 
Herren von jenseits der Rhone und der Saöne. Genug, bis mir 
eine bessere Deutung geboten wird, halte ich an Qivors fest, und 
alsdann hat Kaiser Friedrich in der zweiten Hälfte des Jahres 
1170* einen Zug nach ßurgund unternommen, der ihn weiter gen 
Südwesten führte, als wohl irgend einer seiner Vorgänger gelangte . 

Vielleicht ist es schon anderen aufgefallen, dass wir von 
Januar bis Juli 1170 über die Aufenthaltsorte Friedrichs I. vor- 
trefflich unterrichtet sind, — nicht weniger als 15 Urkunden 
geben ^uns Auskunft,*^ wo der Kaiser damals weilte, — dass er 
dann aber verschwindet* und erst Februar 1171 in Kaiserslautern 
wieder auftaucht. Für eine Fahrt nach Burgund ist ein breiter 



1. Bekanntlich gehören die Punkte auf dem i einer sp&teren Zeit an, alg 
aniere Urkunde. 

2. Da nur der eine Bischof von Basel das Diplom bezeugt, so könnte 
man vermuten, dasnelbe sei im Sprengel von Basel ausgestellt. AberR. Th om- 
ni en kennt keinen entsprechenden Ort in jener ihm so vertrauten Landschaft. 
Thommen leitete dann meine Aufmerksamkeit auf Givors, und auch Q. Hnffer, 
dem wir bekanntlich zwei treffliche Studien über die Geschichte Burgunds ver- 
danken, glaubt Guiörz auf Givors deuten zu müssen. 

3. Er ist der Graf von Toulouse. 

4. Die Indiktion ist für die Zeitbestimmung wertlos, denn die Kanzlei 
wechselte damals nicht, wie in den 80 er Jahren, mit dem 24. September. 

5. St. 4106—4119. 

6. Nach St. 4120, dem Prutz Kaiser Friedrich 11. 183 sich angeschlossen 
hat, wäre der £[aiser allerdings im Herbst 1170 zu Vaucouleurs mit Irudwig Vll. 
von Frankreich zusammengekommen. Aber meine Nachweise in den Gonst. et 
»cta I 381 möchten wohl keinen Zweifel lassen, dass die Begegnung der beiden 
Herrscher im Februar 1171 stattfand. Ebensowenig kann ich St. 4121 zu- 
stimmen. Danach wäre Friedrich T. am 18. Dezember 1170 in Merseburg ge- 
wesen; aber die aller Jahresdaten entbehrende Urkunde gehört nicht hierher. 

S«li«ff«x>-Boicliorst, Zur Qeich. d«8 XII. u. XIII. Jahrhunderts. 13 



Raum, und sie würde vortrefflich erklären, weshalb wir so lange 
Zeit hindurch nicht ein einziges, am Hofe vollzogenes oder be- 
kundetes Rechtsgeschäft fllr Deutschland nachweisen können. 

Was aber hat den Kaiser nach Burgund geführt und zwar 
gerade in den äussersten Westen desselben, über die Rhone 
hinaus? 

In den 60er Jahren des 12. Jahrhunderts machte Frankreich 
zuerst energischere Versuche,* sich des westlichen Lyonnais zu 
bemächtigen. Die nächste Veranlassung, in die Verhältnisse 
dieses zum Reiche gehörenden Landes einzugreifen, scheint der 
Streit zweier Parteien geboten zu haben.. Der Graf Gerhard 
von Mftcon, ein Vetter der Kaiserin Beatrix, kämpfte gegen den 
Grafen Guigo von Porez und Lyon; diesem zur Seite stand, zu- 
nächst wenigstens, der Edle Humbert von Beaujeu. Guigo nun 
blickte auf Ludwig VH. von Frankreich als seinen natürlichen 
Bundesgenossen. Gegen Gerhard und dessen Anhang rief er 
1163 Ludwigs Hilfe an, denn seine Gegner ständen im Begriff, 
die Grafschaft Forez, die doch zu Frankreich gehöre, dem Kaiser- 
tum einzuverleiben.* Obwohl bis dahin von der Oberhoheit 
Frankreichs nichts verlautet hatte, — Ludwig ging gern auf die 
Anschauungen des Hilfeüehenden ein: im Herbste 1163 finden 
wir ihn zu Montbrisson, dem Hauptorte der Grafschaft Forez. 
Da ordnete er Angelegenheiten der Abtei Savigny; einer der 
vornehmsten Zeugen war Humbert von Beaujeu. ^ Es schien 
wirklich an der Zeit, dass von deutscher Seite etwas geschähe, 
den Fortschritten Frankreichs zu steuern. Dieser Aufgabe unter- 
zog sich zunächst Rainald von Dassel, der grosse Staatsmann 
Friedrichs I., der im Sommer 1164 Burgund besuchte. Schon 
hatte er Werkleute geworben, um an der Grenze Festungen auf- 
führen zu lassen ; aber Graf Guigo von Forez trat da- 
zwischen und vereitelte das Beginnen. Wir hören nur noch, 
dass Rainald zur Unterstützung seiner Freunde viel Geld auf- 
gewandt habe.* 



1. Zu allem Folgisnden vgl. G. Httffer Die Stadt Lyon und die Westbälfte des 
Erzbistums 49flF. und P. Fournier Le royauine d*Arles et de Vienne 48flF. 

2. Brief des Grafen ap. Bouquet XVI 49 N. 161. 

3. HttfiFer a. a. 0. 57 Anm. 2. 

4. Brief Alexanders III. ap. Bouquet XV 819 N. 139. 



— 196 — 

Vielleicht hat damals Drogo, der Erwählte von Lyon, wenn- 
gleich auch er früher in den Schutz Frankreichs sich begeben 
hatte,^ einen engereu Anschluss ans Reich gesucht. Das wäre 
für die streng-kirchliche Partei, der zum Aerger Rainald soeben 
den Gegenpapst Pascha I 111. aufgestellt hatte, wäre dann für 
alle französisch Gesinnten ein ausreichender Grund gewesen, 
einen anderen auf den erzbischöflichen Stuhl zu erheben. Abt 
Guichard von Pontigny übernahm die Rolle. Wie sehr er den 
Interessen der beiden Feinde des Reiches entsprach, zeigt die 
Bestätigung, auf welche Papst Alexander Hl. nicht lange warten 
Hess,* zeigt die Hoffnung, mit welcher ein Diplomat dem Könige 
von Frankreich schmeicheln konnte : „wie es sich geziemt, wird 
Guichard nach Kräften bemüht sein, Stadt und Gebiet von Lyon 
Deinem Reiche zu unterwerfen". ^ Ludwig Vll. zögerte umso 
weniger, Guichards Partei zu ergreifen, als auch Guigo von 
Porez und Humbert von Beaujeu, Guichards Anhänger, ganz im 
Dienst Frankreichs standen.* 

Im Sommer des Jahres 1166 unternahm Ludwig Vll. 
einen Heereszug in die Bourgogne. Zu Chälons-sur-Säone sass 
er über den Grafen Gerhard von Mäcon zu Gericht. Wie Ludwig 
erzählt, bekannte Gerhard sich selbst seiner Gewaltthaten gegen 
das Bistum Mäcon schuldig.* Im Juli 1166 ist Gerhard beim 
Kaiser, er und zugleich der Erzbischof Drogo, dessen Gegner 
Guichard sich der Gunst Frankreichs erfreute. EMedrich aber 
weilte zu Bisanz, dann zu Döle.^ Ob er gekommen war, um 
nötigen Falls Ludwig Vll. entgegenzutreten? 

Sicher wissen wir nur noch, dass Humbert von Beaujeu 
wenigstens nicht immer gleichen Sinnes geblieben ist,'' dass dafür 

1. Brief DrogoB ap^ Bouquet XVI 88 N. 270. 

2. Brief Alezanders in. ap. Bouquet XV 851 N. 200. 

3. Brief des Brzbischofs von Canterbury ap. Bouquet XVI 125 N. 884. 

4. Brief des Abtes Stephan von Cluny ap. Bouquet XVI 130 N. 398. 
Brief Humberts von Beaujeu ibid. 134 N. 407. 

5. Luchaire J^tudes sur les actes de Louis VII. Nr. 524. 

6. St. 4073. 74. Jene Urkunde ist ausgestellt testibtts Drogone Lug- 
dunensi archiepiscopo, comiUlms Gerardo, Stephano; diese bezeugen comes 
SUphanus et frater eins comes Girardus, nämlich von Mäcon. 

7. S. den Brief ap. Bouquet XVI 155 N. 465, wonach Humbert sich mit 
Gerhard von Mftcon verbündet hatte. Das war nach Hüffer a. a. O. 60: um 

18* 



— 196 — 

Quigo von Porez sich wo möglich noch inniger an Frankreich 
anschloss: zwischen dem 9. April 1167 und dem 80. März 1168 
huldigte er liudwig VII. als seinem Lehnsherrn^ Aber wenn 
dann unsere Ueberh'eferung auch verstummt, -^ die geschilderten 
Verhältnisse und deren weitere Entwicklung möchten doch der 
Grund gewesen sein, weshalb Kaiser Friedrich die erste Müsse 
benutzte, einen Zug nach dem äussersten Westen des Reiches 
zu unternehmen und seinen Fuss selbst über die Rhone zu 
setzen. Vielleicht gar darf man die Thatsache, dass er in der 
zweiten Hälfte des Jahres 1170 den gefährdeten Teil des Lyonnnais 
besuchte, mit einem Ereignisse aus dem Anfange des folgenden 
Jahres verbinden : damals kam Friedrich mit Ludwig VII. in 
Vaucouleurs zusammen.* Man hat vermutet, dass Abt Pontius 
von Clairvaux, welchen wir schon bald nach Friedrichs Rückkehr 
aus Burgund, den 5. Februar 1171, am kaiserlichen Hofe finden,^ 
die Begegnung beider Herrscher vermittelt habe. Ist Pontius 
etwa auch deshalb gekommen, weil der Kaiser schon von den 
Ufern der Rhone aus über Frankreichs Vordringen in Burgund 
Klage geführt hatte? Für den Abt freilich war die Herstellung 
der Kircheneinheit die Hauptsache. 



1165, nach Fournier a. a. 0. 53: 1171. 72. Jedenfalls ist Ludwig VIT. erst 
1172. 73 gegen sie eingeschritten. Luchaire a. a. 0. Nr. 628. 

1. Luchaire a. a. 0. Nr. 537. Vgl. dazu HüflPer a. a. O. 61. 

2. Vgl. oben S. 193 Anm. 6. 

B. Giesebrecht Kaiserzeit V 669. 






XL 
Die Urkunde über die Teilung des Herzogtums 

Sachsen. 



Neben dem Frieden, der 1177 mit der Kurie geschlossen 
wurde, neben dem Vertrage, der 1183 mit den Lombarden zu 
Stande kam, giebt es aus der langen Regierung Friedrichs I. 
wohl nur noch zwei Akte von einer ähnlich überragenden Be- 
deutung: die Erhebung Oesterreichs zum Herzogtum 1156 und 
die Teilung Sachsens 1180. Beide Urkunden haben nun das 
gleiche Schicksal erlitten, beide sind als Fälschungen verdächtigt 
worden. Doch das österreichische Privileg hat längst die 
glänzendste Rechtfertigung erfahren;^ die ehemals erhobenen 
Zweifel werfen kaum noch einen Schatten in die heutige Literatur. 
Auch die Urkunde von 1180 ist früher schon einmal beanstandet 
worden , aber in ganz unzulänglicher Weise.^ Jetzt hat 
Fr. Thudichum den Angriff erneuert , ^ „zahlreich und 
schwerwiegend" erscheinen ihm die Hiebe, die er austeilt, und 
vollständig Sieger meint er am Ende dazustehen. Prüfen wir, 
ob der Vertreter der deutschen Rechtsgeschichte an der Tübinger 
Hochschule nicht etwa über das Resultat seines kritischen 
Ganges in einer argen Selbsttäuschung befangen ist.* Doch 
möchte ich nicht blos Herrn Thudichum widerlegen; vielleicht 
gelingt es mir, darüber hinaus die Kritik der schwierigen Urkunde 
zu fördern. 

Wie andere , habe auch ich einmal die Meinung vertreten,* 



1. J. Ficker Ueber die Echtheit des kleineren österreichischen Freiheits- 
briefes. Sitzgsber. d. Wiener Akad. XXIII 489—516. 

2. y. Daniels Handbuch d. deutschen Reichs- und Staatenrechts' 
geschiebte IT c 394—398. Vgl. dazu Waitz in den Forschgn. z. dtschen. 
Gesch. X 155. Grauert Die Herzogsgewalt in Westfalen 2 Anm. 2. 

3. Femgericht und Inquisition. Giessen 1889. S. 104 — 110. 

4. Nach ihm hat R. Lehmann die Echtheit bezweifelt, Quellen z. deutsch. 
Reichs- und Rechtsgesch. S. VI. 

6. Lit. Centralbl. 1868 S. 740. 



— 198 -^ 

dass es einst zwei Ausfertigungen des Diploms gegeben habe.^ 
Das ist auch Thudichums Ansicht. Er stützt sich — um 
Unwesentliches ^u übergehen — auf eine vermeintliche und eine 
wirkliche Verschiedenheit zwischen dem in Berlin beruhenden 
Original und der Abschrift, die ein Kölner Privilegienbuch des 
14. Jahrhunderts enthält.^ In dieser erscheinen unter den Zeugen 
Henricus comes de Arnsberg, Hermannus comes de Hafsburg,^ 
welche in jenem fehlen sollen. Thudichum folgt dem Drucke 
Lacomblets/ dem hier leider eine Menschlichkeit begegnet ist: 
in der Berliner Urschrift finden sich beide Grafen, nur richtiger 
als in der Kopie, nämlich Heinricus comes de Ärnisberc^ Hermannus 
comes de Bavinsperg.^ Soviel über die angebliche Verschiedenheit. 
Was dann die wirkliche betrifft, so las der Schreiber des Privi- 
legienbuches: ecclesie Coloniensi legitime donationis titulö imperatoria 
Uberalitate contulimtis; nach Lacomblet steht dagegen im Original: 
ecclesie Coloniensi legitime donavimus et de imperatoria Uberalitate 
contulmus, Lacomblet giebt dann aber auch gleich die Erklärung 
der Divergenz. „Mit Goloni schloss die Zeile und die folgende 
begann mit ewsi, eine nachbessernde Hand fügt dem Coloni noch 
en mit einem Abkürzungszeichen an, woher das folgende ensi 
für titulo gelesen und legitime donavimtcs in legitime donationis 
verändert wurde." • Wie leicht dieses paläographische Quidproquo 
in der That sich einstellen kann, beweist eine andere Abschrift 
des Berliner Originals, die mir zur Verfügung stand. Auch 
deren Verfasser las ebenso irrig wie der Verfasser des Privilegien- 
buches I Demnach will die Verschiedenheit nichts bedeuten, und 
ihretwegen soll man keine zwei Ausfertigungen annehmen. 



1. Noch 1861 ist boi Wilmans und Philippi Die Kaiserarkk. d. Provinz 
Westfalen II 334 ein Text veröflfeutlicht worden, der als Ausfertigung II 
bezeichnet wird. 

2. Ueber die verschiedenen Gestalten, in denen das Privilegienbuch aber- 
liefert ist, vgl. L. Korth Lib. privil. mai. eccl. Colon. 124 Nr. 26. 

3. Cod. dipl. Westf. II 161 Nr. 407. 

4. Niederrh. Ü.-B. I 331 Nr. 472. 

6. Auch O. V. Heinemann Cod. dipl. Anhalt. I 430 druckt Hafsburg, 
obwohl er dem Original folgt. Thudichum S. 107 bezeichnet das Verfahren, 
welches Heinemann beobachtet habe, als „ganz unzulässig"*. Vgl. jetzt Const. 
et acta 1 386. 

6. A. a. 0. 332 Anm. 1. 



— 199 — 

Thudichum redet sogar von zwei Originalen, die in so vielen 
wesentlichen Punkten abweichend gelautet hätten.* Das erscheint 
ihm auffallend, wie er denn der Annahme von zwei Originalen 
an sich schon als einem künstlichen Behelfe misstraut. Ueber 
dieses Bedenken könnte ich hinweggehen, doch mag immerhin 
bemerkt sein, dass eine Urkunde, die manche Aehnlichkeit 
mit der unsrigen hat, in zwei Originalen erhalten ist, nämlich 
diejenige, welche Friedrich I. am 10. Juli 1168 dem Würzburger 
über die Gerichtsbarkeit in seinem Bistum und Herzogtum erteilt. 
Da sind, von anderen Verschiedenheiten abgesehen, die Zeugen 
in der That nicht ganz die gleichen.^ 

Aber Thudichum selbst hält die vermeintliche Doppelaus- 
fertigung mit ihren angeblich so starken Abweichungen noch nicht 
gerade für einen Schuldbeweis, der jeden Einspruch ausschliesse. 
Die zwingenden sachlichen Gründe, die das Verdikt rechtfertigen 
sollen, sind die folgenden. 

1. Nach der Urkunde hätten der Aechtung Heinrichs des 
Löwen auch Fürsten seines eigentlichen Heimatlandes Schwaben 
zugestimmt. So wenigstens versteht Thudichum die fraglichen 
Worte, und dagegen wendet er nun ein: „Der Kaiser konnte un- 
möglich in einer von ihm ausgehenden Urkunde hervorheben", 
dass Heinrich auch unter Mitwirkung seiner schwäbischen Stammes- 
und Standesgenossen verurteilt worden sei, „da es nach Keichs- 
recht darauf noch viel weniger ankam als auf den Ort", an 
welchem gerichtet würde. Dem gegenüber wird es vollständig 
genügen, zwei Thatsachen aus der Zeit Heinrichs IV. vorzuführen: 
a) Als er im Jahre 1070 über den Baiernherzog Otto von Nord- 
heim zu Giörichte sass, wandte er sich an die sächsischen Fürsten, 
dass sie ein Urteil fällten , qv^od ex his oriundtis esset b) Im 
Februar 1086 und wieder im April betonte der Kaiser,* dass den 
Markgrafen Ekbert verurteilt hätten illius comprovindales, tarn 
Saxones quam Ttmngi, cum ceteris principibits, dass Richter ge- 



1. Dabei meint Thndicham auch, dem Originale fehle das Monogramm 
das jedoch vorhanden ist. Es fehlt in der Abschrift, aber hier ist der Mangel 
uatUrlich ohne Belang. 

2. Mon. Boica XXIX a 385 Nr. 515; 390 Nr. 516. 

3. Lampert ed. Uolder-Egger 114, 

4. St. 2879. 2880. 



— 9Ö0 — 

wesen seien comprovincicUes eins Saxones et Tu/ringij nohis et prin-^ 
cipibus nostris sentenüam proferentes. Ob Heinrich IV. damit 
gerade eine Pflicht erfüllte/ mag dahin gestellt bleiben; jedenfalls 
erschien es nicht gleichgiltig, dass die richtenden Standesgenossen 
auch Stammesgenossen waren. Und wenn der Salier meinte, 
dies ausdrücklich bemerken zu sollen, so kann man es dem 
Staufer doch auch wohl gestatten,^ und zwar ihm umsomehr, als 
Heinrich der Löwe verlangt hatte, auf schwäbischem Boden ge- 
richtet zu werden: alsdann hätten natürlich in erster Reihe 
schwäbische Fürsten über seine Schuld oder Unschuld erkannt, 
und so begehrte er schwäbisches Land als Bichtstätte, um 
schwäbischer Urteilsfinder sicher zu sein. Der eigentlichen Ab- 
sicht seiner Forderung — läge in den Worten Friedrichs — wäre 
trotz des nichtschwäbischen Ortes zur Genüge entsprochen. 

Freilich können wir nun zu Kayna, wo Heinrich im August 
1179 geächtet wurde, keine Schwaben nachweisen.' Aber es 
würde doch auch genügen, dass in irgend einem früheren Stadium 
des Prozesses etliche Stammesgenossen eingegriffen hätten. Diese 
könnten dann erklärt haben, dass sie mit Heinrichs Verurteilung 
einverstanden wären, wenn er einen weiteren, ihm gesetzten Termin 
gleichfalls unbeachtet lasse. Und Schwaben waren, wie ich meine, 
zu dem zweiten, gegen Heinrich angesagten Hofe geladen und 
auch erschienen. Es war £nde Juni oder Anfang Juli 1179 zu 
Magdeburg: dahin war der Abt von Schaffhausen gekommen;* 
schwerlich hatte er blos zu dem Zwecke, um eine Klage gegen 
den Grafen von Vöhringen anzustrengen, die weite Reise unter- 
nommen; vom Kaiser beschieden, wird er zugleich seine Be- 
schwerde vorgebracht haben. Sein Gegner war auch geladen, 
aber, wie man ganz deutlich sieht, nicht deshalb, weil der Abt 
ihn schon beim Kaiser verklagt hatte.* So möchten noch andere 

1. Franklin Das Reichshofgericht II 71. 129. 

2. Uebrigens beruft sich Friedrich selbst auf einen Spruch, den sein Vor- 
gänger ittdicio principum et maxime Salicorum gefällt hatte. St. 3615. Vgl. 
auch noch die „diplomatische Notiz^ d. d. Qernrode 1188: Imperator vero 
audita querimonia cum priucipibus Saxonie decrevit etc. O. y. Heinemann 
Cod. dipl. Anhalt. I 486 Nr. 663. 

3. Abgesehen von einem Baiem und einem ThOriuger sind es nur Sachttn, 
die in St. 4290 als Zeugen erscheinen. 

4. Fickler Quellen und Forschungen zur Oesch. Schwabens 62. 

5. Vgl. darüber auch Fickler a. a. 0. 65 Anm. 3. 



— 901 — 

Schwatjen,^ and zwar Fürsten, einer Berufung nach Magdeburg 
gefolgt sein.^ Ich komme zu dem ersten Tage, auf welchem 
Heinrichs Sache verbandelt wurde, zu dem Wormser vom Januar 
1179, und da können wir denn, Dank einem gSqstigen Zufall, 
zahlreichere Schwaben nachweisen: den Herzog von Zähringen, 
den Oheim Heinrichs, nämlich den Herzog Weif, einen Pfalzgrafen 
von Tübingen, je zwei Grafen von Kirchberg a. d. Hier und von 
Berg a. d. Donau.' 

Aber ist wirklich die Eede davon, dass die Fürsten 
und zwÄr auch schwäbische Stammesgenossen der Verurteilung 
Heinrichs zugestimmt haben? Sagt Friedrich I. in der That, auf 
ihr Votum sei die Aechtung erfolgt? 

Offenbar hat Thudichum sich hier dem Vorgänge von Waitz 
angeschlossen: derselbe ergänzte vor prineipum das Wort mdi«o/ 
während es im Original heisst: quia dtatione vomiüs maiestaii 
nostre presentari eontempserit et pro hac emtumada prineipum et 
9ue c&nditionis Suevorum proscripOonie nostre inciderit sententiam} 



1. In der Bist. Ztschrft. LXXVUll bemerkt D. Schäfer: „Die Schwaben 
lind auf den in Betracht kummenden Reichstagen zahlreicher, als Scheffer- 
Boichorst nachweist: zu Magdeburg Konrad von Bocksberg. St. 4287." Aber 
die der Daten entbehrende Urkunde gehört gar nicht nach Magdeburg, und 
die Zeugen sind Zeugen der Handlung, die im Juli 1176 zu Pavia stattfand. 
Vgl. Picker Beiträge zur ürkundenlehre I 257. Schäfer fährt fort: „zu Erfurt 
Budolf von PfuUendorf, Berthold von Wildberg, Albert von Hildenburg. 
St. 4288." Aber hat der Kaiser wirklich zu Erfurt einen der »in Betracht 
kommenden Reichstage" gehalten? S. 404 sagt Schäfer: „Wohin die zweite 
Ladung erfolgte, kanji allerdings nur vermutet werden, wahrscheinlich nach 
Nürnberg, ftlr das vielleicht Erfurt einzusetzen ist." Bei dieser Lage der Dinge 
glaube ich gut daran gethan zu haben, wenn idi von den Zeugen der zu 
Erfurt ausgestellten Urkunden absah. Schäfer beschliesst seine gegen mich ge- 
richtete Bemerkung: „In St. 4290 ist nicht allein derMarkgraf vonTstriender einzige 
Nichtsachse, sondern jedenfalls auch Albert von Grumbach." Sehr wahr; aber 
f&r Schwaben hält sie auch Schäfer nicht. Nebenbei bemerkt, gehörte von den 
genannten Schwaben nur PfuUendorf zu den Fürsten „im engeren Sinne des 

Wortes." Ficker Reichsfürstenstand I 88. 

2. St. 4282. 83 betreffen sächsische Angelegenheiten und werden auch 

nur von Sachsen bezeugt 3. St. 4272. 

4. Forschgn. zur dtsch. Gesch. X 156. Ihm folgt Schäfer a. a. 0. 
406. 407. Weiland hat dagegen die Konjektur stillschweigend verworfen. 
Oonst. et acta I 385. 

5. Wie Ficker in den Forschgn. zur dtsch. Gesch. XI 303 ff. zeigt, reicht 
bis hierher der Bericht über das iandrechtliche Verfahren; dem lehnsrechtlichen 
gilt die in der Urkunde folgende Notiz. 



— 202 — 

Da ist nicht von einem Urteil der Fürsten die Rede, da erscheiiit 
Heinrich ihaen gegenüber einfach als ein contumax. Dieses Ver- 
hältnis aber ist vielen unverständlich geblieben, ist wohl gar als 
ein juristisches Unding erschienen.^ Man übersah dabei — wenn 
ich nicht irre — , dass die Ladungen auf Grund eines Fürsten- 
spruches erfolgten;^ und kam der Angeklagte nun zu de.n ange- 
sagten Terminen nicht, so mochte man ihn allerdings rIs contumax 
gegen die Fürsten bezeichnen, und zwar auch gegen die. schwä- 
bischen; denn zu Worms, von wo Heinrich nach Magdeburg be- 
schieden wurde, fanden wir deren ja eine Anzahl, und zu Magde- 
burg, wo ihm der Entscheidungstermin nach Kayna angesagt 
wurde, möchten doch auch noch andere seiner Stammesgenossen 
erschienen sein , als blos der Abt von Schaffhausen. Ich glaube 
aber, dass es für die schliessliche Aechtung gar keiner 
längeren Verhandlungen bedurfte; sie ergab sich naturgemäss 
aus Heinrichs wiederholtem Wegbleiben; mithin fiel der Schwer- 
punkt in die Ladungen: und dass bei diesen, hier wesentlichsten 
' Akten auch Stammesgenossen Heinrichs mitgewirkt hätten, sollte 
vor allem betont werden. 

Doch wegen des rechtlichen Interesses, welches die Frage 
hat, ferner weil die vielleicht manchem bedenklich erscheinende 
Annahme,* dass in einer so wichtigen Urkunde ein massgebendes 



1. Wer auch von Seiten der Grammatik Anstoss nehmen solJte, den 
verweise ich auf A. Draegcr flist. Syntax der latein. Sprache, 2. Aufl. § 203, 
wo er ganz entsprechende Beispiele für die Anwendung des Genitivus objectivus 
findet, zum Teile aus Autoren, die auch während d«s Mittelalters gelesen 
wurden, üebrigens heisst es in der Urkunde selbst pi'o illorum iniuria = 
wegen des Unrechtes geg^n sie. 

2. Das hat Franklin Das Reichshofgericht II 211 Anm. 6 für spätere 
Zeiten nachgewiesen; aus der Regierung Friedrichs I. bietet seine Urkunde 
vom 4. Juli 1157 ein Beispiel: ex iudicio curiae nostrae mvltobs curias episcopo 
praefiximus. Mon. Boica XXIX a 346. Für die Zeit Heinrichs V. vgl. die von 
Schulte verflfl'eütlichte Urkunde Ztschr. f. G. des Oberrheins N. F. V 120. 

3. Wenn Thudichum auch die — wie er sagt — lotterigen und kaum zu 
erklärenden Worte und Sätze als Verdachtsmomente heranzieht, so ist er 
ebeniso subjektiv, als wenn er diß ganze Einleitung verwirft, „weil überflüssig 
und künstlich redselig**. Solche Gründe werden geschulte Diplomatiker heute 
nicht mclir geltend machen, hofi'entlich aber auch nur noch ganz wenige 
Juristen. Dabei ist es sproshaft, dass ein Teil der Einleitung, wie wir sehen 
werden, wenigstens noch io drei anderen Urkunden Friedrichs I. wiederkehrt. 



— 908 — 

Wort ausgelasseti sei, durch meine Deutung überflüssig wird, — 
aus diesen Gründen bin ich auf Eine Seite des Prozesses genauer 
eingegangen, als der nächste Zweck verlangt. 

2. Den Abschnitt der Urkunde, in dem der Kaiser das 
Herzogtum zweiet und mit dem einen Teil den Erzbischof von 
Köln belehnt, verwirft Thudichum in dreifacher Motivierung: 

a) In allen unbezweifelt echten Urkunden sei immer von 
„Engern und Westfalen" die Rede, nicht aber von „Westfalen 
und Engern". Dagegen verweise ich auf eine kaiserliche Urkunde 
vom 1. Dezember 1181, worin Bernhardiis diix Westfaliae et 
Angariae als Zeuge erscheint;^ auf eine Erklärung des Erzbischofs 
Adolf von 1194, dass er in seine Provinzen, Westfaliam säUcet et 
Ängariam, sich begeben müsse, um Unterdrückten Hilfe zu 
bringen;^ auf den Titel eines dtix Westvalie ei Angarie, womit 
1223 die königliche Kanzlei den Erzbischof Engelbert bezeichnet.* 
Air diese Aktenstücke sind uns im Original erhalten, und an 
anderer Stelle hat Thudichum selbst sie als „unbezweifelt echte" 
verwertet.* 

b) Die Uebertragung des Herzogtums an Erzbischof Philipp 
gelte zuerst als Schenkung = legitime donavimics und dann doch 
als Belehnung = investirmis. Das ist ebenso wahr wie — kanzlei- 
gemäss. Z. B. sagt Friedrich I. im Juni 1152: concedimtis in 
feudum, legitima traditione donavirmis, hec donatio;^ im April 1164: 
de tota terra avi et patris sui eum invesüvimus et ei concessimvis 
atqite donavimusf im DezeQiber 1174: comitatus investituram in 
feudum ei sollemniter dedimus, huius donationis gratuita collatio;'^ 
nochmals im Dezember 1174.* fidelihus nostris feudum concessimus, 
hec nostra donatio;^ im August 1178: eum de manu nostra in- 
vestivimtcSf haec nostra imperialis donatio et concessio,^ Weitere 



1. Orig. Guelf. Ill 547. 

2. Cod. dipl. Westf. II 2.34. 

8. Wilmans-Philippi Die Kaiserurkk. der Provinz Westfalen II 373. 

4. 8. 100 Anm. 2; 8. 101 Anm. 2; 8. 102 Anm. 3. 

5. Stumpf Acta imp. 482. 

6. ibid. 616. 

7. Const. et acta I 837. 

8. Ficker Forschgn. zur Reichs- u. Rechtflgesch. Italiens IV 187, 

9. 8tnmpf Acta imp. 690, 



L. 



— 204 — 

Beispiele anÄuhäufen , wäre eine Leichtigkeit, aber Zeitver- 
schwenduQg. 

c) Teilung des Herzogturas und Belehnung des Kölners ge- 
schehe mit Rat und Zustimmung der FUrsten, „während heimge- 
falleoe Lehen vom Könige nach eigenem Gefallen verliehen werden 
konnten und stets verliehen sind". Dass die Teilung eines 
Herzogtums nicht ohne die Fürsten vorgenommen werden durfte, 
gesteht Thudichum stillschweigend zu; da jede Teilung schon der 
Theorie nach unzulässig war, so musste Friedrich notwendig die 
Einwilligung der Fürsten nachsuchen. Wenn diese dann auch 
zur Belehnung des Erzbischofs ihre Zustimmung erteilten, so 
mögen sie immerhin kein durch die Theorie festgesetztes Recht 
ausgeübt haben^ aber ihre Mitwirkung entsprach der Praxis, und 
darauf kann es hier nur ankommen. Im J. 1101 verlieh Hein- 
rich IV. dem Grafen von Limburg das Herzogtum Lothringen 
consensu omnium principum curiae accedente} Es mag sein, dass 
der Autor, welcher erst zu Ende des 12. Jahrhunderts schrieb, 
den Vorgang aus den Anschauungen seiner Zeit beurteilt, aber 
seine Zeit ist die Zeit unserer Urkunde. Friedrich 1. hat 1156 
de consilio et iudido principum das von Baiern abgezweigte 
Oesterreich zum Herzogtum erhoben und dem Markgrafen Leopold 
gegeben. Ja, selbst bei Verleihungen von Grafschaften handelt 
Friedrich nicht ohne die F'ürsten: im Dezember 1174 sagt er: 
habito cum principibits nostris consilio praedicti comitatus investi- 
turam ei sollemniter dedimusr Doch zu allem Ueberfluss haben 
wir auch noch für die beiden Akte \*n 1180 je ein zeitgenössi- 
sches Zeugnis, das die Mitwirkung der Fürsten verbürgt. Dem 
Anhaltiner. sagt der Annalist von Pegau,^ sei das Herzogtum 
zugesprochen worden ex omnium principum sententiaj und nach 
dem Kölner Chronisten erhielt der Erzbischof seinen Anteil assensu 
cunctorum principum,* Genug, — mochte der König immerhin 
das Recht haben, heimgefallene Lehen nach Willkür zu verleihen, 
so hat er sich desselben doch mehr als einmal begeben;^ wenigstens 

1. Annal. Aureaevall. M.G. SS. XVI 683. 

2. Const. et acta 1337. 

3. M.G. SS. XVI 263. 

4. Chron. reg. Colon, ed. Waitz 130. 

5. Auch als FHedriclr T. dem Wittelsbaclier das Herzogtum Baiern er- 
teilte, that er s ex sententia principum. Annal. Pegay. 1. c. 264. 



mit Bezug auf grössere Lehen, auf Herzogtum und auch Graf- 
schaft, ist der Satz Thudichums, dass der König stets eigen- 
mächtig über dieselben verfügt habe, wenn sie erledigt waren, 
durch geschichtliche Vorgänge von bester Beglaubigung wid^r* 

legt.i 

3. Wenn schon die Zustimmung der Fürsten überhaupt be- 
denklich sein soll, so erst recht die spezielle Hervorhebung: acce'- 
dente qiioque publico consensu düedi consanguinei nostri ducis 
Bemhardi, cui retiquam partem ducatus concessimus. Die Er- 
klärung scheint mir im Relativsatz zn liegen: Bernhard hat sich 
mit der Teilung einverstanden erklärt, und damit nie er selbst 
oder einer seiner Nachfolger unter dem Verwände, Herzogtümer 
dürften nicht geteilt werden, Ansprüche auch auf den Kölnischen 
Teil erheben könne, — zu dem Zwecke Hess sich Erzbischof 
Philipp die Einwilligung des Herzogs ausdrücklich bestätigen.* 
Die Sache ist meines Erachtens höchst einfach. Wollte Thudichunl 
aus dem Zusätze ein Verdachtsmoment herleiten, so wäre es seine 
Aufgabe gewesen, den strikten Beweis zu erbringen, dass ein 
Kölner Erzbischof im 14. Jahrhundert, welchem die vermeintliche 
Fälschung angehören soll, allen Grund hatte, die Zustimmung des 
Herzogs, die im 12. ganz tiberflüssig gewesen sei, als höchst 
bedeutungsvoll zu schätzen. Das möchte bei der damaligen Ohn- 
macht des sächsischen Herzogs nicht eben leicht sein. 

4. Von gleich subjektiver Art ist das Bedenken, dass unter 
den Zubehörungen auch Bauernhöfe = curtes^ und Leiheigene =: 
mandpia hervorgehoben würden. Um Thudichum zu widerlegen, 
verweise ich auf zwei ähnliche Urkunden. Als Otto IV. im No- 
vember 1211 einem Getreuen das Herzogtum Spoleto überträgt, 
da geschieht es tarn in. dvitatibiLS, qicam in castellis, villis^ agris, 



1. Ganz anderer Meinung, als heute Thudichum, waren 1136 die Sachsen: 
ttbsgue cofUfilio eorum, erklärten sie, könne der König nicht Aber ihr Herzog- 
tum verfügen. Annal. Palid. M.G. SS. XVI 80. 

2. Vielleicht hatte Philipp, der schon Herzog von Rheinfranken war, 
am 80 mehr Grund, sich der Zustimmung aller Fürsten zu versichern, als das 
früher einmal ausgesprochene Prinzip, Niemand solle zwei Herzogtümer besitsen, 
im allgemeinen noch zu Recht bestehen mochte, wenn es auch dunh die 
zeitweilige, soeben aber aufgehobene Vereinigung Baiems und Sachsens 
schon eine Ausnahme erfahren hatte. Cf. Helmold.I. 54. M.G. .SS. X^I 53. 



pascuiSf vmeis, montibtis etc.* Wie man sieht, umschreibt Otto 
den Umfang des Herzogtums noch durch viel geringere Kategorien 
als Bauernhöfe sind. Schon im Februar 1201 hatte derselbe 
Otto dem Erzbischofe Adolf von Köln bestätigt: que Philippus 
quandam Cohniensis archiepiescopus de ducatu quondam patris nostri 

— seu in ministeriaiibtis auf in servis optintterat^ Servi sind aber 
nichts anderes als mancipia.^ 

5. Der Kaiser will den Erzbischof mit seinem neuen Herzog- 
tume vexillo imperiali belehnt haben. Nach dem Wormser Kon- 
kordate sollten die Geistlichen aber ihre Regalien per sceptrv/m 
empfangen, und noch ein Jahrhundei-t später heisst es im Sachsen- 
spiegel: „Der Kaiser leihet alle geistlichen FOrstenlehen mit 
dem Scepter, alle weltlichen Fahnlehen leihet er mit Fahnen." 
In der Zwischenzeit, meint Thudichum, hätte Friedrich I. 
schwerlich einen Geistlichen durch Fahne belehnt. Gewiss that 
er's nicht, wenn es sich um ein „geistliches Fürstenlehen" 
handelte; aber konnte ein Prälat nicht auch ein „weltliches Fahn- 
lehen" besitzen, und empfing er dieses alsdann nicht selbstver- 
ständlich durch Fahne? In der That gab es Bischöfe, die im 
Besitze von Fahnlehen waren. Svelk bischop von dem rike belehnt 
is mit vanlene binnen dem lande to Sassen etc. So der Verfasser 
des Aufsatzes „Von der Herren Geburt";* und so verleiht denn 
auch Friedrich II dem Bischöfe von Passau feudum vexilli, vulgo 
vanlehen apellatum,^ Doch um nicht in die Weite zu schweifen, 

— auch der Erzbischof von Köln war schon vor 1180 im Besitze 
eines Fahnlehens. Konrad III. belehnte nämlich 1151 seinen 
Kanzler Arnold pontificatits simul et ducatus regalibus, d. h. hier: 
mit den Regalien des kölnischen Bistums und des rheinfränkischen 



1. Coli. 8tor. Marchigiana IT 69. 

2. Zuletzt nach dem Original bei Wilmans-Philippi Die Raiserarkk. der 
Provinz Westfalen 11 361 Nr. 258. Auch diese Urkunde mag Thudichum 
nicht als echt anerkennen; ebenso skeptisch verhält er sich gegen das ent- 
sprechende Diplom König Philipps vom 12. Januar 1205. Aber Thudichams 
Bedenken wurzeln offenbar nur in seiner Unkenntnis der Jahresanfänge: wenn 
er Bohmer-Ficker Reg. imp. V Nr. 90. 91. 94. 95. 96. 98. 102 verglichen 
hätte, wflrde er seine Zweifel nicht geäussert haben. 

8. Waitz Verf.-G. 2. Auflage V 205 Anm. 1. 

4. Homeyer Sachsenspiegel /3. Auflage I 140. 

5. Mon. Boica XXX a 54. 



— 307 — 

Herzogtums.^ Dem Sinne des Wormser Konkordates war genug 
gethan^ wenn Konrad die erste Belohnung mit Scepter vollzog; 
die zweite konnte und ist auch sicher mit Fahne geschehen^ 
denn da handelte es sich nicht um ein „geistliches FOrstenlehen^S 
sondern um ein „weltliches Pahnlehen", dessen Träger nur zu- 
fällig ein Geistlicher war. Dasselbe galt dann vom Herzogtum 
Westfalen, als dieses 1180 zu dem rheinfränkischen hinzuge* 
kommen war. Auch ohne weitere Belege würde man behaupten 
dürfen, dass jeder neue Erzbischof nun seine beiden Herzogtümer 
durch je 'eine Fahne erhielt. Aber ausdrückliche Zeugnisse 
kommen hinzu. Wir besitzen Münzen der Erzbischöfe von Köluv 
und zwar noch des 12. Jahrhunderts, auf welchen die Kölner 
Kirche mit zwei Fahnen geschmückt ist.^ Dann berichtet Cäsarius 
von Heisterbach um 1240: Ducatum Westfalie dominus Philippus 
me ecelesie obtinuit Et ab eo tempore U8qt4s in hodiernum diem 
presvles Colonienses duos dtccatuSy Colonie sdlicet et Westfalie, cum 
totidem veanUis ab imperatoribus smcipiunt * Cum totidem 
vexillisl Eine bessere Probe, so zu sagen auf die Richtigkeit 
des Exempels, kann man sich nicht wünschen. 

6. Die Reihenfolge der Zeugen verrate den Fälscher: in 
völliger Unkenntnis der Rangverhältnisse hätte er nämlich Ludwig, 
Pfalzgrafen von Sachsen und Landgrafen von Thüringen, drei 
Herzögen und zwei Markgrafen vorausgehen lassen. In der That, 
— es giebt nur Urkunden, worin dieser Ludwig den Herzögen 
nachsteht,* meist folgt er auch den Markgrafen.* Aber soll man 
wegen einer derartigen Verschiebung gleich die Urkunde ver- 
urteilen? Folgerichtig würde dann gar manches Dokument fallen, 
denn solche Verstösse gegen die Etikette sind keine Seltenheit, 
z. B. in einer kaiserlichen Urkunde desselben Jahres, welchem 

r 

die unsrige angehört, wird der Reigen von drei Markgrafen er- 
öffnet, ein Graf schliesst sich an, und erst dann tritt der Herzog 



1. Ottonis Pris. QesU Frid. I 62 ed. Waitz p. 78. 

2. Cappe Beschreibung der Köln. Mttnzen 101, Tafel IX Nr. 145; cf. 
Tafel X Nr. 162. 165 u. s. w. Aber irrig deutet Cappe S. 101 die beiden 
Fahnen auf Westfalen. 

3. M.G. SS. XXIV 345. 

4. St. 4148. 4156. 4308. 4370. 4378. 4472. 4482. 

5. St. 4148. 4288. 4303> Vgl. dagegen 4400. 4400 a. 



von Sachsen auf.^ Uebrigens war es Niemanden unbekannt^ 
dass die Herzöge unter den weltlichen Würdenträgern des Reiches 
die erste Stelle einnahmen. Das hätte ganz besonders ein Fälscher, 
der doch in den Kreisen eines Kölner Erzbiscbofs zu suchen 
wäre, nicht ausser Acht gelassen. So handelt es sich denn um 
ein gewöhnliches Kanzleiversehen, — wenn der Vorzug, welcher 
dem Pfalz- und Landgrafen gegeben wurde, nicht am Ende gar 
ein beabsichtigter war. In der Urkunde heisst es, die Teilung 
des Herzogtums und die Belehnung des Erzbischofs sei erfolgt, 
reqtdsita a prindpihus sententia. Da pflegte ein Obmann den 
Spruch zu veikünden; und sollte der Pfalz- und Landgraf damals 
für die Fürsten das Wort geführt haben, so trat er hierdurch 
derart in den Vordergrund, dass der „Diktator" unserer Urkunde, 
der den Verhandlungen doch gewiss beiwohnte, um das „Konzept" 
möglichst den Tbatsachen anpassen zu können, ihm vollbewusst 
den ersten Platz unter den Zeugen zuweisen mochte. Aus dem- 
selben Grunde, wenn ich nicht irre, wurde im Juli 1173, als der 
„Erwählte" Konrad von Worms ein Urteil gefunden hatte, dieser 
vor mehreren „Geweihten" aufgeführt;^ und wenn bei der Beur- 
kundung eines Spruches vom Mai 1222 der Graf von Dietz die 
Reihe der Zeugen eröffnet, wenn namentlich der Pfalzgraf bei 
Bbein, einer der ersten Fürsten des Reiches, ihm nachgestellt 
ist,* so möchte die gleiche Ursache gewirkt haben. ^ 

7. Thudichum hat Bedenken, ob in kaiserlichen Urkunden 
von Wichtigkeit „unbedeutende" Ministerialen, wie der Schenk, 
der Marschalk und Kämmerer, zur Bezeugung herangezogen 
wurden. Als Antwort mag ein Hinweis auf das Privileg über die 
Gerichtsbarkeit des Würzburgers in Diözese und Herzogtum ge- 
nügen : da gesellen sich zu den drei oben Genannten noch ein Tris- 
kämmerer und Truchsess. „Jedenfalls", fährt Thudichum fort, 
„verdient es eine Prüfung, ob im Jahre 1180 die Ritter von 
Pappenheim bereits Marschalke waren". Der Beweis ist längst 



1. Aus dem Original Lappenberg Hamb. U;-B. I 225. 

2. St. 4149. 

3. Böhmer-Picker Reg. imp. 3875. 

4. Es sei noch bemerkt, dass .Thudichum S. 109 die Pfalsgrafen zu 
Ministerialen der Herzöge von Sachsen herabdrUckt. Vgl. dagegen Picker 
Vom Reich8fQrstenstAn.de I 198. 



— 209 — 

von Ficker erbracht^: schon unter Konrad III. erscheint ein 
Heinrich von Pappenheim als Marschalk; am Hofe Friedrichs I. 
begegnet er oder sein gleichnamiger Erbe in der gleichen Eigen- 
schaft wieder und wieder, und gerade auch im Jahre unserer 
Urkunde ist kaiserlicher Zeuge Hainricus marschalcus de Papinheim, * 

8. Thudichum bestreitet, dass dem Erzbischofe überhaupt ein 
Herzogtum geschenkt sei, denn alsdann hätte er nicht bald darauf 
als Feind Friedrichs I. auftreten können, zumal nicht im Bunde 
mit Heinrich dem Löwen, auf dessen Kosten ihm doch die neue 
Macht erteilt sein solle. Das ist nun eine der merkwürdigsten 
Behauptungen, die mir je begegnet sind; und wahrhaftig gewinnt 
sie dadurch nicht an Bedeutung, dass Thudichum schon S» 100 
versichert hat:. „Kein einziger Autor berichtet etwas von einer 
Uebertragung herzoglicher Rechte an die Erzbischöfe von Köln". 
Ich verweise auf die erste Fortsetzung des Kölner Bischofs- 
katalogs,* die noch dem 12. Jahrhundert angehört, auf die 
Kölner Königschronik, deren betreffender Abschnitt in derselben 
Zeit entstand,* auf Angaben der zeitgenössischen Annalisten von 
Pegau* und Paderborn.^ Urkundliche Bestätigungen kommen 
hinzu: am 4. April 1184 berichtet Erzbischof Philipp, wie er das 
Schloss Pyrmont erbaut habe ad defensionem et maiorem tuidonem 
duccUtis nostri in Westfalia.'^ Zehn Jahre später, am 7. Juli 1194, 
sagt Erzbischof Adolf, er habe betreten nostre potestatis provincias, 
Westfaliam scilicet et Ängariam,^ um Gericht zu halten. Genug, 
es fehlt nicht an zuverlässigen Nachrichten, dass 1180 den !Erz- 
bischöfen von Köln herzogliche Gewalt in einem Teile von Sachsen 



1. Die Reichshöfbeamten der stauf. Periode Sitzgsber. d. Wiener Akad. 
XL 454. 

2. Mon. Boica XXIX a 440. 

3. M.G. SS. XXIV 344. 

4. ed. Waitz 130. 

5. M.G. SS. XVI 263. 

6. ed. Schefifer-Boichorst 176. 

7. Vamhagen Grundlage der Waldeck. Landes- und Regentengesch. 
Ü.-B. S. 11. 

8. Cod. dipl. Westf. 11 234. Nach Thudichum 101, 102 freilich würde 
der Erzbischof von seinen Provinzen reden, nicht als Herzog, sondern als 
kaiserlicher Statthalter, wozu er von Heinrich VI., wie Thudichum vermutet, 
ftür die Zeit des damaligen Zuges über Berg ernannt worden wärel 

Sclieffer-Boioliorst, Znr Gesoh. des XII. u. XUL Jahrhunderts. 14 



- 210 — 

übertragen ward; es fehlt nicht an Belegen, dass sie schon im 12. 
Jahrhundert dort herzogliche Rechte ausübten. Diese Tbatsache 
wird auch dui-ch die Opposition gegen Friedrich I., in die Erz- 
bischof Philip) sich bald stürzte, wird auch durch sein Bündnis 
mit dem ehemaligen Inhaber des nun von ihm besessenen Herzog- 
tums um nichts geändert werden. 

9. In einem Verzeichnis der Güter, durch welche unter Erz- 
bischof Philipp der Besitzstand der Kölner Kirche vermehrt 
wurde, fehle das Herzogtum. Natürlich, denn da handelt es sich 
nur um Eigengüter, deren Kaufpreis jedesmal hinzugefügt wird; 
schon die Ueberschrift lässt über die Natur der Erwerbungen 
keinen Zweifel: Hec sunt allodia.^ Das Herzogtum war aber 
Reichslehen. 

Soweit die Widerlegung Thudichums. Ich könnte nun die 
Akten schliessen und es meinem Herrn Gegner überlassen, seine 
Beweisführung zu verteidigen. Aber ich möchte doch mit einem 
Worte auch auf die positive Seite der Frage eingehen, d. h. also 
Gründe für die Echtheit erbringen. 

Thudichum gesteht zu, dass die äussere Form, namentlich 
Schrift und Siegel, durchaus kanzleigemäss sei. Ich muss hin- 
zufdgen: Nicht minder ist die Fassung so, wie auch in anderen 
der damaligen Urkunden Friedrichs, z. B. das Fehlen des Wortes 
semper vot atcgmtits im Titel entspricht der damaligen Gepflogen- 
heit. Die Arenga: Qiconiam labilis et hrevis est humuna memoria 
etc. — diese Arenga, welche Thudichum mit der übrigen Ein- 
leitung als „auffallend, weil überflüssig und künstlich redselig", 
verwirft, begegnet uns auch in Friedrichs Urkunden vom April 
1172, vom August 1180, vom Mai lliB4.^ Nun könnte man viel- 
leicht glauben, dieselbe sei dem Diplom vom August 1180 ent- 
lehnt, denn dieses ist, wenn auch nicht dem Erfcbiöchofe, so doch 
der Stadt Köln erteilt. Aber wie würde es sich dann erklären, 
dass z. B. im April 1180 Sifridus Bremensis elecim, im August 
1180 Sifridus Bremensis archiepiscopus als Zeuge erscheint? Dazu 
kommt die Arenga in einer Kleinigkeit genauer mit derjenigen 



1. S. die neue treffliche Ausgabe von L. Korth in den Mitteilungen 
aus dem Kölner Stadtarchiv IV c 57. 

2. St. 4134. 4306. 4339. 



^ 211 -^ 

vom April 1172 überein. ^ Selbst fUr Dinge, die an sich Verdaöht 
erwecken könnten, weil sie jedenfalls ungewöhnlich sind, fehlt 
es dann doch nicht an der gewünschten Analogie. Das gilt von 
testibits annotaüs, qui huic facto interfuenmt^ wozu man eine Ur- 
kunde vom 1. Juli 1179 vergleichiB;^ das gilt noch niiehr von der 
Bezeichnung des Siegels als des Siegels excellencie nostre: wenn 
dieses sonst durch einen Zusatz näher bestimmt wird, so braucht 
man maiestatis nostre, auch wohl auetoritatis nostre; aber ^oo- 
cellende nostre darf zur Zeit immerhin auffallen. Dennoch findet 
es sich in einer Urkunde, die Friedrich am 18. April 1181 den 
Bürgern von Metz ausstellt.* Solche Abweichungen von der all- 
gemeinen Regel, die dann aber immer noch kanzleigemäss öind, 
erhöhen erst recht das Vertrauen zur Echtheit. Für sie spricht 
auch — ein Fehler, weil er wiederum ganz kanzleigemäss ist. 
t^oweit nämlich in den ersten Monaten des Jahres 1180 nach 
Jahren des Kaisertums datiert wurde, ist die Zahl um einen 
Einer zu hoch gegriffen,* und so lesen wir denn auch in 
unserer Urkunde: anno imperii 26 statt 25, Sollte Jemand 
glauben, dieses bezeichnende Versehen erkläre sich durch Be- 
nutzung einer Urkunde, die Friedrich I. gleichfalls im April 1180 
dem Kölner Domkapitel ausgestellt hat,* so wäre doch darauf 
hinzuweisen, dass hier die Reihe der weltlichen Zeugen beschliesst 
Ludewicus langravius Thuringie et comes palatinus de Sumirsinbürc, 
dass derselbe sie dort eröffnet, dazu noch als palatinm Saxonie 
et langravius Thuringie, 

Sehr beachtenswert ist die schon erwähnte Zeugenschaft 
Sifridus Bremensis electus. Noch im November 1179 hiess Sieg- 
fried Brandenburgensis episcopusf auf dem Gelnhauser Reichstag 
vom April 1180 bestätigte der Kaiser seine Wahl zum Erzbischöf 



1. 1172 April: constüuit auctoritas, acripturarum testimonio commendare 
quae transeunHum temporum antiquitas etc., 1180 April: decrevit auctoritas 
litteris annotare, que fluentium temporum antiquitas etc., 1180 August: sanxit 
auctoritas, scripture testimonio res gestas commendare y quas transetmtium 
temporum antiquitas etc; 

2. St. 4284. 

3. St. 4315. 

4. St. 4297. 4299. 4303. 

5. St. 4303. 

6. Riedel Novüa cod. dipl. Brandenb. A. VIII 113. 



^ 312 ^ 

von Bremen/ oder — wie es auch heisst — wurde Siegfried von 
Brandenburg nach Bremen befördert.* Aber es wird noch der 
Bestätigung des Papstes bedurft haben, wie viel man auch über 
Siegfrieds Versetzung schon unterhandelt hatte; ehe die Ge- 
nehmigung von Rom nicht angelangt war ,3 konnte er sich nicht 
Erzbischof nennend Jedenfalls im August war das Placet ein- 
getroffen, am 18. heisst er archiepiscopus.^ Nun trägt unsere an- 
gebliche Fälschung das Datum: Gelnhausen, April 13; man wird 
nicht umhin können, die ausserordentliche Geschicklichkeit der 
Mache zu bewundern ! Wie sehr vergriff sich dagegen ein anderer, 
der wohl kein kaiserlicher Kanzlist gewesen zu sein scheint, der 
aber meines Erachtens ein unmittelbarer Zeitgenosse war, während 
unsere Urkunde nach Thudichum dem 14. Jahrhundert augehört I 
Wahrscheinlich ein Beamter des Bischofs von Basel war es, der 
fUr seinen Herrn einen, auch eben in Gelnhausen gefällten Spruch 
zu Pergament brachte,^ sodass die kaiserliche Kanzlei nur 
noch die Besiegelung zu vollziehen hatte. Er machte aus dem 
„Erwählten" einen „Erzbischof " von Bremen, und um nur noch 
das eine und andere seiner Versehen zu kennzeichnen, so schrieb 
er statt Markgraf Otto von Brandenburg marchio Otto de Orle- 
munde, statt Markgraf Theoderich von der Lausitz marchio Thio- 
derieus de Anhalt Das waren die Verwechslungen eines Zeit- 
genossen/ unser angeblicher Fälscher des 14. Jahrhunderts hätte 
auch hier das Richtige getroffen I 



1. Annal. Stadens. M.G. SS. XVI 349. 

2. Annal. Pegav. ibid. 263; cf. chron. Moni. Sereni ibid. XXIII 157l 

3. Electua heisst er auch in den beiden Urkunden, die zuletzt im Cod. 
dipl. Anhalt. I 436 Nr. 690 und 438 Nr. 692 gedruckt sind; sie gehören ins 
Jahr 1180, entbehren aber genauerer Daten. 

4. Wenn ich nicht irre, führte der Prälat, welcher aus einem Bistum zu 
einem Erzbistum befördert wurde, den Titel archiepiscopus erst nach Empfang 
des Pallium. Nun ist keine Rede davon, dass Siegfried schon zu Gelnhausen, 
wo allerdings päpstliche Legaten zugegen waren, dasselbe erhalten habe. Erst 
im Herbst 1180 zog er in Bremen ein cum legatis apoatolid et pallio veniens 
Annal. Pegav. 264. Vgl. auch G. Wolfram Friedrich I. und das Wormser 
Concordat 108 Ajim. 1. 

6. St. 4806. 

6. St. 4302. 

7. Meines Wissens ist die Urkunde, die namentlich auch Pertz und 
Stumpf nicht beanstandet hatten, nur im Cod. dipl. Anhalt. I 432 Nr. 683 als 



- 218 ^ 

Man wird Herrn Thudichum, der noch über etliche andere 
Diplome den Stab bricht, aufs bereitwilUgste zugestehen, dass 
„harmlose Vertrauensseligkeit", die er dem Herausgeber des 
Niederrheinischen ürkundenbuches zum Vorwurfe macht,^ seine 
Sache nicht ist; aber vielleicht darf man doch zweifeln, ob nun 
ein Argwohn, welcher sich nicht auf gründlichste Kenntnis aller 
Verhältnisse stützt, der Wissenschaft mehr Nutzen bringe, als 
gläubige Einfalt. 



^gewiss unecht*' yerworfen worden. Nun aber schreiben mir Thommen und 
Wackernagel, dass 8chrift und Siegel ihnen keinerlei Bedenken erregen. Was 
auffallen müsse, sei die etwas dürftige Ausstattung und namentlich die Irrtümer 
in der Zeugenreihe. Auch die unlateinische Bezeichnung: de Salceburch, de 
Lutteche etc., ist nicht kanzleigemäss, und noch anderes mag gegen die Echt- 
heit sich einwenden lassen. Aber dennoch kann ich die Urkunde nicht preis- 
geben. Alle Irrtümer beruhen auf Verwechslung, wie ich sie bei einem an- 
wesenden Zeitgenossen erklärlich finde. Nur bei ihm; ein Späterer konnte 
diese Schaar von Zeugen, deren ich 34 gezählt habe, ohne schriftliche Vorlage 
gar nicht auftreiben; und wenn ihm wirklich eine Urkutide der Kanzlei als 
Master gedient hätte, so würde er die Namen fehlerlos wiedergegeben haben. 
So meine ich denn, dass ein in Gelnhausen anwesender Baseler, notdürftigst von 
einem Reichskanzlisten unterrichtet, die Urkunde angefertigt habe, dass dann 
offiziell das kaiserliche Siegel angehängt wurde. Wie gesagt, ist dieses echt, 
nnd die Schrift kann als gleichzeitig gelten. Danach hat Weiland die Urkunde 
als unbedenklich in die Const. et acta I 367 aufgenommen. 
1. S. 91. 



XII. 

Ueber Volterraner Urkunden, mit besonderer 

auf das neuere Ralzgrafentum. 



In dem Werke von P. Maffei Storia Volterrana ed. A. Cinci 
1887 finden sich Auszüge ungedruckter Urkunden. Aber schon 
die knappen Inhaltsangaben verraten den Fälscher. So soll 
Heinrich III. die Stadt ermächtigt haben, di far dottori e notari e crear 
cavalieri} Da bedurfte es garnicht einmal der unmöglichen Daten 
„1047 März 6 Florenz"; auch ohne sie müssten wir auf Fälschung 
erkennen.* Genug, der volle Wortlaut von Maffeis Urkunden,' 
wenigstens soweit sie unmittelbar aufs Reich Bezug haben, kann 
ohne Schaden entbehrt werden.* Aber Ammirato sah andere, 
auch ungedruckte Diplome, nämlich Friedrichs I. und Heinrichs VI.,*^ 
und Giachi veröffentlichte, ohne Zeugen und Daten, diese wich- 
tigen Kriterien für oder gegen die Echtheit, eine energisch an- 



1. 8. SO. Trotz „1047 März 6 Florenz** ist es unzweifelhaft dieselbe 
Fälschung, die nach Davidsohn Forschgen. zur alt. Gesch. v. Florenz 170 die 
Daten „1046 Dezember 9** trägt. Vgl. Ann). 3. 

2. Vgl. auch die bOse, auf den Namen des Markgrafen Konrad ge- 
schmiedete Fälschung, deren ich S. 65 Regest Nr. 1 gedachte. 

3. Auch kann ich Maffei nicht gerade als sorgfältigen Arbeiter rühmen. 
So sagt er S. 43, Heinrich IV. habe dem Kloster Monte Verde genannte Güter 
bestätigt und zwar 1084 zu Köln. Das ist offenbar eine Verwechslung mit 
Heinrichs III. Urkunde von 1040. St. 2176. Die Objekte sind dieselben und 
der Ausstellungsort 

4. Seitdem ich Obiges niedergeschrieben, hat Davidsohn die ausgiebigste 
Quelle Maffeis geprüft, nämlich den Estratto del camerotto, eine Regesten- 
sammlung zur Geschichte Volterras vom Jahre 1561. Und das Ergebnis ist, 
dass air diese Auszüge bis S. 177, wo die Benutzung des Kapitelarchives ein- 
setzt, keinen Glauben verdienen. Siehe seine Forschgen. zur alt. Gesch. v. 
Florenz 168—173. 

5. Vescovi di Fiesole* di Volterra e d*Arezzo 101. 108. Nur die Uricunde 
Friedrichs hat Stumpf verzeichnet. 4018 a. 



~ 216 — 

gegriffene Verieihung Friedrichs 11.^ Ihnen meinte ich eifrigst 
nachspüren zu sollen.^ 

Meine Bemüliungen haben keinen allseitigen £rfolg gehabt. 
Da indes jüngst das Original einer Urkunde Heinrichs VI. für 
Bischof Hildebrand, das als verloren galt, im germanischen Mu- 
seum wieder zum Vorschein kam, so darf man immer noch 
Hoffnungen hegen. Auch blieb mein Abstecher nach Volterra 
doch nicht ganz ohne Frucht. Wenigstens eine dei* gesuchten 
Urkunden, und zwar eine sehr wichtige, habe ich gefunden; ferner 
sah ich ein Heft mit Abschriften, das einige Beachtung verdient. 
Mit diesem will ich beginnen. 

Die Bibliothek Guarnacci, deren Direktor Cavaliere Solaini 
mich in der freundlichsten Weise unterstützte, bewahrt es unter 
Nr. 5887. Der Verfasser nennt sich Stephanum Nerii Simonemi 
iudicem et notarwm\^ er schrieb im Jahre 1379. Die früheste der 
eingetragenen Urkunden ist von 1185, die späteste von 1863; auf 
Heinrich VI. folgt gleich Karl IV. Namentlich enthält das Heft 
mehrere Urkunden des letzteren, die in Böhmer-Hubers Begesten 
fehlen, aber auch ein Privileg des ersteren, das Stumpf nicht 
kannte. Und doch hätte man den gesamten Inhalt, wenn ich nicht 
irre, längst für die Forschung verwerten können, wäre ein aller- 
dings sehr wüstes Werk nicht so völlig übersehen worden. Das 
ist F. Orlendis Orbis sacer et profanus: im zweiten Teil des 
zweiten Bandes,^ von Seite 1056 bis 1082 wiederholte der Verfasser, 
falls ich mich recht entsinne, alle von Simoncini abgeschriebenen 
Kaiserurkunden. Hier handelt es sich, meinem ganzen Plane ge- 

1. Saggio di ricerche storiche sopra lo stato di Volterra 571 ed. IIa. 
= B.-F. 1219. 

2. Dazu hat Dayidsohn Forschgen. 176 noch die Erwähnung einer anderen 
Urkunde nachgewiesen, nämlich iii dem Lib. iur. ep. Volterr., St. Archiv 
Florenz Riform. ITl 28 fol. 5v: „Friedrich I. für Bischof Hildebrand 1185 
November 2 apud Sarezanum." In demselben Codex findet sich 1. c. auch ein 
Citat der Urkunde Heinrichs VI., deren schon Ammirato gedacht hat, doch 
irrte er in den Jahres- und Tagesdaten. Vgl. S. 216 Anm. 2. 

3. Mazzatinti Inventari dei manoscritti delle bibliotephe d* It«^!!^ II '43ß, 
Ich muss der hier gedruckten Beschreibung von G. Giannini folgen, da-ichr 
leider meine eigenen, viel ausführlicheren Notizen nicht wiederfinde. Daher 
erklären sich denn auch im Folgende», wq ich aus meiner Erinnerung berichte; 
einige zweifelnde Aasdrttcke. 

4. Florentiae^nsjJt 



— 316 — 

mäss, nur um die stauflschen Stticke; so genügt denn die Erwähnung 
der Urkunden von 1185 Mai 17, 1187 November 2, 1189 Au- 
gust 16.^ Der Notar trug sie in seine Sammlung ein, und Orlendi 
Hess sie IIb 1056. 59. 60 abdrucken. 

Das mittlere der angeführten Diplome ist es, welches bisher 
unserer Aufmerksanikeit entging, und gerade von ihm kam jüngst 
im germanischen Museum das Original wieder zum Vorschein. 
Weil nun Orlendis Buch den wenigsten zur Hand ist, so mag 
ein Neudruck der Urkunde Heinrichs VI. willkommen sein, und 
zwar um so mehr, da ich eine Abschrift des Originals, die Herr 
Archivar Dr. ß. Schmidt mir gütigst anfertigte, zu Grunde 
legeDL kann. Ich erbringe damit ein Zeugnis für einen zweiten 
Besuch, den Heinrich VI. im Jahre 1187 dem damals hochstau- 
fischen Mailand abgestattet hat. 

Viel wichtiger ist die andere Urkunde, deren Text ich ver- 
öffentliche. 

Ammirato gedenkt eines bekannten Privilegs Heinrichs VI., 
dann ßlhrt er fort: i wfC altro spedito in Sutri in hol. di settembre 
Vanno 1169. Mit diesen Daten konnte die Echtheit nicht be- 
stehen;' aber die Verwirrung löste das schöne Kopialbuch des 
bischöflichen Archivs, in dem Herr Canonicus Mariani, so kundig, 
wie gefällig, mein Führer war. Die drei stattlichen Bände ent- 
halten saubere Abschriften. Nur eine Pergamentrolle von 132! 
hatte sich offenbar als viel zu lang erwiesen: den vollen Wort- 
laut konnte man nicht übernehmen, aber das gegebene Regest 
Hess keinen Zweifel, dass unter anderem auch die Urkunde 
Heinrichs sich darin finden würde, und zwar mit den richtigen 
Daten 1194 Sutrii 16 Tcal. sept 

Bei der vortrefflichen Ordnung des Archivs war die Quelle 
für den Auszug des Kopialbuches bald gefunden. Mit ihr aber 
hat es folgende Bewandnis. 

Dem Bischöfe Ranieri waren seine Rechte über Gasöle be- 
stritten worden ; sie zu erhärten, Hess er die betreffenden Diplome 
sammeln. Ein Rotulus sollte sämtliche Beweismittel vor Augen 



1. St. 4646. Zeugen und Rekognition, die in den angeführten Drucken 
fehlen^ bei Giachi Bicerche stör. Volterrane 462 ed. IIa. 

2. Die richtigen Daten gab soeben auch Davidsohn a; a. O. aus dem 
Oitate des Lib. iur. ep. Volterr., dessen ich S. 215 Anm. 2 gedachte.. 



— 917 — 

fuhren. So entstand dieses umfangreichste aller Pergamene, das 
ich jemals entrollt habe. Am Hofe zu Avignon hat man im 
Oktober 1321, da ein bischöflicher Bote es vorlegte, gewiss nicht 
weniger gestaunt, als ich im August 1895. 

Jedoch grösser noch als die Verwunderung ttber die Länge, 
wurde bald mein Unwille über die nichtswürdige Schrift, die ich 
schwerlich entziffert haben würde, wenn nicht Herr Mariani mit 
stets gleicher Unermüdlichkeit mir zu Hilfe gekommeil wäre. 
Ja, er hatte die ausserordentliche Güte einen grossen Teil der 
auch wieder sehr umfassenden Urkunde Heinrichs für mich abzu- 
schreiben, damit ich auf der Bibliothek meine Arbeiten zu Ende 
fuhren könne. 

Da stiess ich denn in Sammlungen Ormannis — 5838 S. 137 

— auf eine Abschrift der zweiten Hälfte desselben Privilegs: sie 
ist wohl nicht nach dem Original gefertigt, jedoch bietet sie einen 
korrekteren Text, als der Rotulus. 

Weshalb aber darf ich dem Funde eine grössere Bedeutung 
zuschreiben? 

Pick er hat die Urkunde Friedrichs H,, von der ich schon 
bemerkte, dass sie uns ohne Zeugen und Daten überliefert sei, 
als Fälschung des 14. Jahrhunderts verworfen.* Sie wiederholt 

— so schien es — im allgemeinen eine Bestätigung Heinrichs VI. 
von 1186, aber mit Zusätzen und Auslassungen. Die hinzu- 
gefügten Rechte bezeichnet Ficker als pfalzgräfliche Befugnisse 
in weiter Ausdehnung: der Bischof empfängt durch ganz Tuscien 
die Gerichtsbarkeit erster Instanz, in seinem Sprengel die Ent- 
scheidung von Appellationen; er kann Richter ernennen und Un- 
eheliche legitimieren. Und bei solchen, für die Zeit „unglaublichen" 
Verleihungen sind die Verpflichtungen, welche die Vorurkunde 
enthält, einfach bei Seite geblieben I Der Bischof wird nicht aus- 
drücklich von der Zahlung der bisherigen Abgaben entbunden; 
die je 30 Mark, die Heinrich VI. 1186 für Bergwerke und Fodrum 
jährlich dem Reiche ausbedungen hatte, sind mit Stillschweigen 
übergangen. Und doch wissen wir, dass die Abgabe bis 1355 in 
Kraft bestand, dass erst da .Karl IV. sie erlassen hat. Das musa 
denn schon „von vornherein grösstes Misstrauen" erwecken, und die 

1. Forschungen zur ital. Kelchs- und Rechtsgesch. II 92 ff. 



w. 218 ^ 

weitgehenden Verleihungen erscheinen in einem nur noch zweifel- 
hafteren Lichte. 

Nun vermutet Ficker, dass ein Fälscher die Stellen über die 
Abgaben beseitigt, über die ausserordentlichen Befugnisse zuge- 
setzt habe, um Karl IV. zu täuschen. Die Absicht wäre ge- 
lungen, denn Karl hat im Jahre 1365 nicht blos, wie schon 
erwähnt, auf die zweimal 30 Mark grossmütig verzichtet, sondern 
dem Bischöfe auch genau dieselben Rechte zugestanden. 

Diese Gedankenreihe wird, wie ich glaube, durch die neu- 
aufgefundene Urkunde von 1194 unterbrochen oder gestört. 1194 
wiederholt auch Heinrich VI., als Kaiser, im wesentlichen sein 
königliches Privileg von 1186, nur die pfalzgräflichen Rechte sind 
hinzugefügt, und man erkennt leicht, dass sie in die Urkunde 
Friedrichs IL durch einfaches Abschreiben gelangt sind. Dann 
aber hält Heinrich 1194 an den Verpflichtungen von 1186 fest, 
sie sind nicht sozusagen unter den Tisch geworfen, sondern 
bilden einen wichtigen Bestandteil der Urkunde. Was also von 
vorneherein grösstes Misstrauen gegen Friedrichs Verleihung er- 
regte, kommt hier nicht in Betracht. Dann war die Urkunde 
Heinrichs VI. 1355 jedenfalls schon über 30 Jahre vorhanden, 
denn sie wurde ja 1321 in Avignon vorgelegt. Damit ist der 
Annahme einer Fälschung, die sich etwa auch gegen Heinrichs 
Urkunde richten würde, eine starke Stütze entzogen; Zweck 
und Zeit könnten unmöglich noch der Vermutung Fickers ent- 
sprechen. 

Aber vielleicht lässt sich das Privileg von 1194 mit einer 
anderen Waffe bekämpfen. 

Im August 1189 hatte Heinrich dem Bischöfe das Münzrecht 
verbrieft;^ im Juli 1194 befahl er den Pisanern, seinen treusten 
Bundesgenossen, in deren Interesse er unzweifelhaft handelte, die 
Münze des Bischofs von Volterra nicht zu nehmen, noch zu dulden, 
quia nos prorstts eam deletam habemus et cassatam.'^ Mochte 
Heinrich auch nur den Wünschen Pisas entsprechen, — . der Satz 
verrät doch eine Gesinnung gegen den Bischof von Volterra, die 
nait einer Verleihung so weitgehender Eechte schon im folgenden 
Monate unvereinbar zu sein scheint. Dennoch Hesse sich ein 

^^ 1. St. 4646. 

2. St. 4883. ,.- ;." 'L-.. 



— 219 -* 

Ausgleich finden. Nehmen wir an, der Bischof hätte eine Ver- 
ständigung mit Heinrich gesucht. Da begab er sich zu ihm und 
folgte seinem Heere bis Sutri. Er wusste, wessen der Kaiser 
bedurfte: schon einmal hatte er ihm Geld geliehen, gegen nahezu 
wucherische Sicherung;^ machte er ihm jetzt ein neues Angebot, 
so brauchte er keine Zurückweisung zu befürchten; seine 
Forderungen aber wird er, da im Hinblick auf Pisa die Münze 
für den Augenblick ja doch nicht wiederzugewinnen war, in anderer 
Richtung um so höher gespannt haben. 

Zu diesen Vermutungen passt nicht übel, dass von einer 
Münze des Bischofs im Privileg von 1194 keine Rede ist, dass 
dafür andere, vollen Ersatz bietende Rechte gewährt werden^ 
So wendet sich das Beweismoment nicht gegen die Urkunde, 
sondern zu ihren Gunsten. 

Die Wiederholung durch Friedrich IL und damit auch die 
erste Verleihung durch Heinrich VI. hat Picker dann noch aus 
dem weiteren Grunde angefochten, dass die Bischöfe von Volterra 
solch' ausserordentliche Rechte nicht ausgeübt hätten, dasa 
namentlich für die ihnen zugestandene Ernennung von Richtern 
kein Beispiel praktischer Verwertung bekannt geworden sei. So 
konnte Picker im Jahre 1869 urteilen. Heute sind wir besser 
unterrichtet. Bischof Ranieri beförderte 1317 einen Viviano von 
Monteverdi „zum ordentlichen Richter, Notar und Tabellio"^ nach- 
dem er ihn vereidigt hatte pro Romano imperio/^ und dasselbe 
Amt übertrug er 1320 einem Florentiner, Nuto di Bruno, wie er 
sagt, attctoritate imperiali qua fungimur^ concessa nobis et pre- 
d^cessoribus nostris et ecclesie Vulterrane a Romanis quondam divis 
prindpibics, prout in privilegiis indultis, aurea bulla bullatis, plenius 
continetur.^ Das passt vortrefflich zu den Privilegien Heinrichs VI. 
und FriedrichsII., die auch mit Goldbullen gesiegelt waren. Von der 
Machtbefugnis, concessa predecessoribus nostris et ecclesie Vulterrane 
a Romanis qtwndam divis principibus, prout in privilegiis aurea bulla 



1. Urkunde des Heinrich Testa, Legaten Tusciens, vom März 1190, 
Oiachi 1. c. 464, vgl. Ficker a. a. O. IT 146 Anm. 4. 

2. Giachi 1. c. 503. FQr das den Bischöfen auch verliehene, von Ficker 
übrigens nicht beanstandete Recht« Notare zu ernennen, findet sich schon ein- 
Beispiel praktischer Ausübung im Jahre 1253. Giachi 1. c. 490. 

3. ibid. 504. 



— 290 — 

hullaiis plenius continetur, hatte Bischof Ranieri schon 10 Jahre 
früher einmal gesprochen, freilich nicht mit Bezug auf Ernennung 
von Richtern, sondern auf ein anderes Recht, das auch zuerst 
Heinrich VI. verliehen hatte.- Wenn dieser 1194 den Bischof 
Ildebrandino ermächtigte: lihertates donare, so meinte er nach 
dem ganzen Zusammenhang nicht: „Knechte zu Freien machen^, 
sondern : filiis famüiae libertates a patria potestate donare, und 
eben dieses Recht hat Bischof Ranieri, auf kaiserliche Urkunden 
sich stützend, im Jahre 1310 ausgeübt.^ 

Aber — wird man aufs neue betonen, — Friedrich 11. hat 
der Geldzahlung nicht gedacht, während doch erst Karl IV. sie 
erliess? 

Ficker irrte, wenn er Oberhaupt für möglich hielt, dass die 
Urkunde Friedrichs II., sowie sie heute beschaffen ist, d. h. mit 
Auslassung der Abgaben, im Jahre 1355 vorgelegt worden sei. 
Denn Karl IV. befreit von der Zahlung: cum insuper teneantur 
(episcopi) alias 30. marchas argenti purissimi annuatim solvere 
nobis nostrisque successoribits pro fodri collectione, ut haec apparmt 
ex privilegiis divorum pra£decessorum nostrorum, qtme coram maiestate 
nostra hca {sc. episcopi) dilectio prassentavit^ Also zeigte man 
ihm Privilegien, in denen von der Verpflichtung, zweimal je 
30 Mark zu zahlen, ganz bestimmt die Rede war. Eins kennen 
wir, ein anderes möchte doch eben das Friedrichs 11. selbst ge- 
wesen sein, nur nicht in der heutigen Verstümmlung. Diese wird 
es erst erfahren haben, als Karl längst auf die Gelder verzichtet 
hatte. Konnte sich damals nicht ein Abschreiber fragen, wozu 
er noch von aufgehobenen Verpflichtungen berichten sollte? Ohne- 
hin machte ihm die Kopistenarbeit wenig Freude, verkürzte er 
sie doch auch dadurch, dass er alle Zeugen und Daten strich. 

So hoffe ich, für die Geschichte eigenartiger Rechte eine 
neue Urkunde gewonnen und durch sie eine alte wiedergewonnen 
zuhaben: „die pfalzgräflichen Befugnisse in weiter Ausdehnung" 
gehen auf eine frühere Zeit zurück, als angenommen wurde. 



1. ibid. 602. 

2. B.-e. 2133, auch bei Oriendi 1. c. 11^ 1069. 



— 221 ~ 

König Heinrich VI, ermächtigt den Bischof lEldebrand von 
Volterra zur Wahl eines Vogtes, der für ihn den Oeßhrdeeid leiste. 

1187 November 2, Mailand. 

Henricus sextus divina favente dementia Komanorum rex et 
semper augustus. 

Nostre regle celsitudinis clemens potentia omnium prelatorum 
ecclesiarum omni indecentia carentem vult esse honestatem et eor[u]m ^ 
maxime, qui in servicio nostro et imperii perseverare inten dunt. ünde 
notum faciraus univ[ersi]s üdelibus imperii presentibus et futuris, 
qnod nos attendentes piiram üdem et sinceram [djevotionem dilecti 
ac fidelis nostn Aldebrandi episcopi Vulterani concedimus ei et indul- 
gemus, [ut| in causis suis omnibus eligat sibi advocatum, quem volu- 
erit, ut prestet sacramentum c[alum]nie. 

Testes huius rei sunt: comes Robertus de Nansue,^ Fredericus 
de Bilreth , Sirus Papiensis iudex curie nostre , Wido de Lelma 
iudex curie nostre, Loterius de Säncto Ginesio iudex curie nostre. 

Datum Mediolani anno dominice incarnacionis 1187., indictione 6., 
4. nonas Novembris. 



Heinrich VL wiederholt als Kaiser dem Bischöfe Hildehrand 
von Volterra seine königliche Urkunde vom 28. August 1186, ermächtigt 
ihn überdies, durch ganz Tuscien in erster Instanz zu richten, inner- 
halb seiner Diözese Appellationen zu entscheiden, femer Richter, 
Notare^ Vormünder und Anwälte zu ernennen, dann Uneheliche 
zu legitimieren und Minderjährige von der väterlichen Gewalt zu 
befreien, endlich entfremdete Oüter- tvieder in Besitz zu nehmten, 
wenn deren Inhaber trotz rechtmässiger Aufforderung ihm nicht zu 

Re^ht stehen wollen.^ 

1194 August 17, Sutri. 



!• Die zu Grunde gelegten und verglichenen Texte sind 1. = Rotulus 
Yon 1321. 2. = Abschrift Ormannis. 3. = St. 4584, d. h. die Urkunde 
aus der KOnigszeit Heinrichs VI. Lami Mon. eccl. Flor. I 469. Die überein- 
stimmenden Teile sind klein gedruckt; geringfügige Abweichungen wurden nicht 
berücksichtigt; statt imperialis steht regalis, der Anfang lautet: J. n. s. e. i. t. 
Henr. d. f. gratia Rom. rex augustus. Exemplarem regie maiestatis decet 
eminentiam etc. 4. = B.-F. 1219 die Bestätigung Friedrichs II. von 1220 nach 
Giachi 671 ed. IIa. 

a. Diese und die folgenden Klammem zeigen Lücken im Pergament an. 
b. Sic! statt Nassove. 



In nomine saxiete et individue trinitatis. Henricus sextus divina 
favente dementia Romanorum imperator et semper augustus. 

Imperatorie maiestatis decet emmentiam iustis fideliam snomm desideriis 
benignaain se prebere et coininodam,^ illonun propensius votis sne serenitatis aures 
äecomodaiiA, ^ quortun devotionem Incidam et fidem ocnlatam preclara in dies commen- 
dant obseqnia. Inter qaos dilectam fidelem principem nostram lldebrandxun venera- 
bilem Vulterranum episoopum precipuum repatantes, oum sue honestatis et conspi- 
cue devotionis certa nobis olarescant inditia, pro fervore^ dilectionis, quam nostre 
patenter gerit maiestati, et ob meritam fidelitatis, quam saoro Romano imperio exhibere 
et semper exhibuisse dinoscitur, affectnosias ^ eam in petitionibus suis exaudire decre- 
vimus, ea, que Serenissimus pater noster munifica liberalitatis sue largitate aliquando ^ 
concessit predecessoribus eins et Vulterrane ecclesie, presentis privilegii robore con- 
firmantes, certam^ de sna probitate capientes fiduciam, ut quantopreoes eius familiarins 
recepimus,^ tanto ipsum in nostris et imperii servitiis tamquam plantam fruotiferam 
fideliorem inveniamus. Eapropter universis imperii fidelibus presentis videlioet etatis 
et successive posteritatis notum fieri volumus, quod nos ad supradicti prinoipis nostri 
interventum ipsam Yulterranam ecclesiam cum universis, que ex antiquo aut ex novo 
tempore'^ possidet aut in futurum iuste et rationabiliter poterit adipisci, clipeo nostre 
protectionis tuendam suscepimus et defensandam, universa que ad ipsius ecclesie ins- 
titias et iura pertinent nostra evidenter auctoritate confirmantes. Quorum quedam pro- 
priis suis nominibus denotare dignum duximus: Yulterranam videlicet civitatem cum 
Omnibus^ pertinentiis suis et cum omni iurisdictione, quam nos in civitate ipsa^ habe- 
mus et idem episcopus a nobis ten6t cum omni et^ usu et consuetudinibus, (][Uas ^ 
Vulterrana ecclesia hactenus in ea habuit, castrum sancti Geminiani et castrmsi de 
Monte Yultraio"^ et castrum de Casula et castrum de Clusdino^ cum omnibas perti- 
nentiis suis similiter cum omni iurisdictione nostra,^ cum omni usu et consuetudinibus, P 
medietatem castri Gerfalchi cum argentifodinis et omnibus pertinentiis et iurisdictione 
sun, medietatem castri Travalis cum pertinentiis 8uis,Montem Cerboli*! et totum castrum 
Fosini cum pertinentiis suis, quartam partem Petre Corbarie cum pertinentiis suis et 
totum castrum Frosini cum omnibus pertinentiis et iurisdictione sua; quidquid ecclesia 
Yulterrana habet in Tremuli cum pertinentiis suis, Lechiam cum pertinentiis suis, 
Sassium cum pertinentiis suis,' medietatem Castellionis Bemardi,^ Berignone, 
Ylignanum, Pulicianum, Gambassium, Collem Musuli, Montemagutulum, medietatem 
Stagie, tertiam partem Barbialle et tertiam partem Scopeti, medietatem Leguli, ^ medie- 
tatem Yignalis, medietatem Castelfalfi, tres partes Ripepoiuli, medietatem castri de 
Montetignoso, castrum Clanni, castrum de Pecciole, Laiaticum cum omnibus pertinentiis 
suis et iurisdictione predictorum castrorum, tres partes Fave, castrum Bibonis cum 
pertinentiis suis , medietatem podii Yiarii, ^ totum castrum Casalie, totum Gellum 
medietatem Stridi cum pertinentiis suis, Castelvecchium, Picchenam, Foscum, Casalliam 
de Yalle Else cum pertinentiis suis, Muchium castrum^ sancti Benedicti, Yillam Ö-uin- 
zanl, Coriani,^ sancti Mariani, sancti Yictoris,^ Petram, niedietatem Aque Yive, Baci- 
gnanum,^ castrum totumy Montis Castelli situm inxta Bucignanum et podixun 
Montis. Castelli situm iuxta Strove, Monticianum, podium Montisfalconis positüm iuxta 
Susiam, Muchiam,^ Belfortem, Montem Gemuli, Quercetum, Sassam, Cannetum, Caseile, 
Bovetum, Casalem, Sarazanum, Comiam, Montem Yiridem, Burianum, Miemum, Oroi- 
aticum, Agnauum, Petramcassam, Monte Cuccari, Gezanum, tertiam partem Menzani 

a< et 3. b. accomodareS. c. et perfecte 3. d. effectuo- 

sius 3. e. alioquin i, f. etiam 3. g. recepimus 3. h. fehlt 1. 

i. predicta 3. k. etiam 3. 1. consuetudine. quam 3. 4. m. Ynl. 

trärio 3. n. Gluslino 3. 01usino4. o. et 3. p. consuetudine 8. 4^ 

q. Montem Buffoli, castrum Lugriani, totum etc. folgt in 4. r. Sassinm 

— suis fehlt auch in 4. s. Hier fügt 3 Montem Cerboli ein. t. Beguli 1* 

u. Yivarii 4. v. Oomiani 4. w. Dieveldus 4. x. hier S. Yiotorii 4. 

y. podium fUr castr. tot 3. z. Michianum 3. Miccianum 4. 



Cum pertiiientiis sisis. Porro de aliis duabns partibns, qne ad gloriosiBsiim patris et ad 
nostram rationem spectant, prenominato episcopo et suis ancoessoribus et ecclesie 

Vnlterrane regalis^ mtmificentie nostre largitate ooncedimus omnem iarisdictionem 
^cilicet et qnidqtdd iuris ^ in eis habemus ita videlicet, ut hominibus predictartmi 
partium duarum terrae aut possessiones suas alicui persone non " liceät ullo tehipore 
obligare vel ullo modo alienare sine permissione Vnlterrani episoopi nisi episcopo et 
Ytilterrane ecclesie. Preterea caBtrum Monterii ^ prenominato episcopo confirmamtis 
«t argentifodinas que ibidem sunt cum omnibus pertinentiis suis linperiali lib'eralitaie 
concedimus, eo ^ yidelioet tenore, quod prenominatus episcopus et sui successores nobia 
nostrisque successoribus pro ipsis argentifodinis 90 marcbas argenti examinati^® ad 
pondus camere nostre annuatim' persolvant. De toto etiam episoopatu et comitatu 
Vnlterrano omnem iurisdictionem et queoumque regalia ad ius nostrum pertinent et 
preterea fodri cgllectionem prenominato episcopo suisque successoribus munificentia 
nostra concedimus, ita^ tamen ut ipse episcopus suique successores nobis nostrisque 
saccessoribus 30. alias maroas argenti purissimi ad pondus camere nostre annuatim 
persolvant, excepto eo anno, quo nobis generale fodrum nostrum per totam Tusciam 
congregare placuerit; tunc nihilominus fi» fodrum nostrum generale sive prinoipale 
per manum episcopi de episcopatu et comitatu Vulterrano^ colligemus, et^ eum ab 
hao 90. marcarum pensione eo anito liberum dimittemns et absolutum.' Statoimus 
etiam, ut in civitate Ynlterrana et in sanoto Geminiano et in Monte Vultraio^ et in 
Gasula oonsules vel aliquis reCtor non eligantur nee ullo modo fiailt absque con- 
cessione . et voluntate Yulfcerrani epscopi. Decemimus etiam , ut de possessionibus 
Vulterrane ecclesie iniuste detentis vel quoquo modo possessis iniusti possessores ad- 
versus predictam ecclesiam nnlla se possint longi temporis prescriptione tuen, nisi forte 
100. annorum prescriptione muniti fuerint. Concedimus etiam ^ sepedicto episcopo 
et ecclesie Vulterrane castrum de Monte Gabro et CUrteiU ^^Gabreti cum pertinentiis 
suis et pudium Montis Calvuli cum pertinentiis suis et podium de Bipa Bianca et Ripam 
Marrantiam et generaliter, ut liceat episcopo hec et alia omnia podia, quie sunt in epi- 
scopatu et comitatu sno, edificare et construere in eis castra et turres. Castrum, (][U0- 
que de Miraildolo et castrum de Libbiano. Concedimus etiam ipsi Vulterrane 
episcopo, ut,n sicut in episcopatu SUO ei COnceSsimus^' civiles et criminalies 
cansas COgUOSCere et uni vel pluribus prO Voluntate Sua terminandas delegare, 

ita et liceat ei vice nostra per totam Tusciam utrasquo causas et co- 
gnoscere et delegare; potestatem etiam ei concedimus, iudices et notarios 
ordinäre, tutores, procuratoresP et mundualdos dare et naturales filios 
legittimoa constituere et libertates donare et appellationes iu tota 
provincia [sua],^ que ad nostram sereiiitatem referende sunt, recipere^ 
ita ut hec omnia vice nostra libere exequatur. Ad hec potestatem 
ei concedimus, ut liceat ei sua auctoritate ingredi possessiones om- 
nium eorum, que i])se vel predecessores sui iniuste alienaverint, post- 
quam iniusti*» possessores ab eo legitime requisiti iustitiam ei facere 

a. verderbte Stelle in 4. b. feblt 4. c. Montelii3 — Hier 

beginnt die Abschrift Ormannis, die dem weiteren Text zu Grunde gelegt ist ohne 
Berückiiichtig^ung offenbarer Fehler des Rotulus. d. eo — p ersolvant fehlt 4. 

e. exarati 1. 2. f. ita — absolutum fehlt 4. g. nullum 1. 2. Nach dem 

ganzen Zusammenhang ist do ch, wie in 3, nihilominus geboten. h. V o 1 a t e r- 

rano 1. 2. i. sed et 2. sed 1. k. Vultrario 9. 1. insuper 3. 

m. tarrem 1. curiam 8. n. Der Nebensatz lautet in 3: ut liceat ei civiles 

causas uni vel pluribus sicut ipsi placuerit delegare. o. so 4, 

concessum 1. 2. p. et curatores 4. q. sua scheint nach 4 ergüuzt werden zu 
mtLssen. 



~ 334 •* 

recusaverint, non obstantibus aliqua lege, Gonsütutione vel interdicto. 

Ad^ heo anguttali nottra aactoritate firmiter sancimiu, at naUus nnqnain duz vel 
marohio aat arohUpiscopas, comes ant yioecoinet, nolla pronat eoolesiaitioa secolarisve 
persona'' prediotmn episcopum et eoclesiam Vnlterrauam in onmiboB aapradiotU in« 
festare, divestire ant aliqnoTis modo audeat pertnrbare. Si qnii antem, quod abtit, oon- 
tra linins imperiallS edioti statntnm venire temptaverit, imperiall banno nottro et 
insnper pene 100. Ubranun anri pnrissimi tubiaceat, medietate^ nna camere nostre 
aüa vero medietate Ynlterrano episcopo et ecolesie persolvenda. ^ Qoam etiam ipai 
eplBCopo lioeat a transgretsoribns exigere et eam qne nobis contingit medietatem nobis 
contervare. Ct hec et alia^ omnia snpradiota salva per omnia impenall institia 
noBtra presenti privile^io anreo maiestatit nostre sigillo inaignito confirmarnns et de 
omnibns plenam inrisdictionem ei concedimna. Hoc quoque concedimna firmiterqne 
atatnimus, ut sepedictna üdebrandaa epiacopna oariaaimaa fldelia noater et illnatria 
prinoepa imperii tarn in facienda iaatitia, quam, in pace mannt enenda et fodro colli- 
gendo eeteriaqne, qne ad ins et honorem noatmm apeotant, per totnm epiacopatnm et 
comitatnm Vnlterrannm vice noatra ordinet et diaponat. Preterea^ oaatmm Vechiene ^ 
cnm pertinentüa ania, castrum Insule CUm pertineDtiis suis eidem epiacopo 
oonflrmamna et ania ancceaaoribna. Sancimna etiam, nt ai qnodS acriptnm contra epi- 
acopatnm vel comitatnm Ynlterrane eccleaie in preterito fnit indnltnm vel ab aliqno 
fortaaaia in poatemm ftierit impetratnm, caaanm'^ et inntile babeatnr. 

Huius rei testei sunt Henricus Wormatiensis episcopus, Radulfus 
Sutriensis episcopus, Lodovicus dux ßawarie, Lupoldus dux Stirie, 
Ludovicus comes de Wirtemberg, Marcwardus comes de Veringen, 
Sifridus comes de Morle, Robertus de Dume, Hartmannus de Butingen 
Wolfradus de Crutenheim^ , Henricus mareschalcus et alii quamplures. 

Signum domni Henrici sexti ßornanorum imperatoris invictissimi. 

Acta^ sunt hec anno dominice incarnationis 11^4, indictione 12., 
regnante domno Henrico sexto Romanorum imperatore gloriosissimo, 
anno regni eiusdem 23., imperii vero 4. . Datum Sutrii in castris per 
manum Alberti imperial is aule protonotarii, 16 Kalendas Septembris. 

a. Et 1. 2. b. aecnlarisque poteataa 1. 2. c medietatem 

nnam — aliam — medietatem — peraolvendam. 1. 2. d. Et tam hec 

qnam 8. e. castmm Suvere cnm pertinentüa suis fUgt 9 ein. f. 8nione4. 

g. aiqnidem 1. 2, h. cassamns 1. 2. i. Grutein 2. k. 2 giebt 
xnerat Datum etc., dann Acta etc. 



Xill. 

Heinrichs VI. und Konstanzes I. Privilegien für 

die Stadt Messina. 



Winkelraann hat in einem Privilegienbuche des Messineser 
Munizipalarchives eine Urkunde Heinrichs VI. vom 28. Oktober 
1194 gefunden.^ Er unterscheide sie — hat man geglaubt, — 
von einer anderen, gleiche Daten tragenden, die schon Stumpf 
aufgeführt und für unecht erklärt hatte. Jedenfalls erregte der 
Fund, dessen Winkelmann übrigens nur ganz kurz Erwähnung 
that, ihm keinerlei Bedenken, und so hat Stumpf zu Nr. 4887, 
vor die er das übliche Warnungszeichen gesetzt hatte, eine nicht 
stigmatisierte Nr. 4886 a nachgetragen. In Wahrheit hat Winkel- 
mann die Regesten Heinrichs VI. hier nicht bereichert: wie ich 
mich in Messina überzeugt habe, handelt es sich um eine und 
dieselbe Urkunde; Winkelmanns Verdienst ist aber, eine bessere 
handschriftliche üeberlieferung nachgewiesen zu haben, als die 
dem Drucke^ zu Grunde liegende. Nr. 4886 a muss also ge- 
strichen werden, und es bleibt nur die verworfene Nr. 4887. 

Ihr hat 0. Hartwig, dem Stumpf sich anschloss, das Ur- 
teil gesprochen.^ Anfänglich wollte er auch ein Diplom, das 
Heinrich VI. am 11. Mai 1197 der Stadt erteilte, nicht als echt 
gelten lassen,* nämlich Nr. 5064. Später beschränkte er sein 
Verdikt auf Nr. 4887; freilich war es ihm nicht möglich, die 
bessere Meinung, die er inzwischen von Nr. 5064 gewonnen hatte, 
irgendwie zu begründen,* denn wir kannten die Urkunde damals 
nur aus dürftigen Erwähnungen. Eine vollständig gedruckte Be- 



1. Forschgen. zur dtsch. Gesch. XVIII 479. 

2. Gallo Annali della cittä, di Messina II 72 ed. IIa. 

3. Das Stadtrecht von Messina 30 Anm. 2. 

4. „Für die Geschichte Heinrichs VI. bemerke ich, dass auch die ihm 
zugeschriebenen Privilegien, sowie sie jetzt vorliegen, gefäJscht sind.* Forschgon. 
VI 644. 

5. Das Stadtrecht von Messina a. a. O. 

Soheffer-Boichorst, Zur Qesch. des XII. u. XIII. Jahrhunderts. 15 



— 226 - 

stätigung der Kaiserin Konstanze^ mochte man eben auf Nr. 5064 
beziehen, aber Heinrichs Gemahlin konnte auch Nr. 4887 gemeint 
haben.^ 

Den ganzen Wortlaut der Urkunde vom 11. Mai 1197^ und 
damit zugleich die Entscheidung über die schwebenden Fragen 
zu gewinnen, habe ich mich im Herbst 1895 länger in Messina 
aufgehalten, als meine anderen Zwecke erforderten. Ich vertraute 
auf zwei Urkunden, die in Marmortafeln des Domes eingemeisselt 
sind. Obenhin hatte man ihrer wieder und wieder gedacht,* — 
von dem Inhalte besassen wir nur geringe Kunde. Leicht war 
nun festgestellt, dass der Stein keineswegs, wie meistens gesagt 
worden ist, ^ beide Urkunden Heinrichs enthält, sondern nur die 
ungedruckte von 1197; ihr folgt die Bestätigung der Kaiserin 
von 1198. Nicht so leicht, mir vielmehr unmöglich, war die 
Entzifferung der einzelnen Worte. Die Inschrift ist in ziemlicher 
Höhe, seitwärts der Orgel, angebracht. Dazu sind die Lettern 
recht klein; genug, mein schwaches Äuge war der Arbeit nicht 
gewachsen. Nun hoffte ich auf Archiv und Bibliothek. Dass 
das Archiv ein Privilegienbuch der Stadt aufbewahrt, wurde 
nach Winkelmanns Mitteilung schon erwähnt,* und ihm ver- 
danke ich auch die Kenntnis, dass die Bibliothek ein ähnliches 
Werk besitzt.' Darin finden sich Abschriften unserer Diplome. 
Das der Konstanze ist ziemlich gut wiedergegeben, nicht so das 
Heinrichs VI.: in beiden Texten fehlt die Ankündigung des 
Monogramms und, bis auf wenige Worte, auch der für Zeit und 



1. Aus dem auch von Winkelmann erwähnten Privilegienbuche des 
Stadtarchivs: Huillard-Bröholles Hist. dipl.« Frid. sec. I 5. 

2. Utrum Cmistantia confirmaverit, non certum habemus. Huillard 1. c. 
Anm. 1. 

3. Dem Drucke vorgreifend, habe ich hier und vorhin gesagt: vom 11. Mai. 
St. 5064 setzt sie zu: „April 28. (Mai 1)''. 

4. Sogar Baedeker I 

5. Eben von Baedeker, dann auch Hartwig in den Forschgen. VI 644 
und ihm folgend Wattenbach Schriftwesen 3. Auflage S. 46. Mit Hinsicht auf 
die Vorrede, die denselben Irrtum wiederholt, darf ich mich als unschuldig 
erklären. 

6. Forschgen. XVIII 479. Neues Archiv III 643. Vgl. auch Huillard 
1. c. und E. Arena L'archivio comunale di Messina 24. 

7. Neues Archiv III 644. Die Nr. 147 ist die alte, heute Nr. 188. 



\ 



N. 



— 227 — 

Ort bestimmte Satz. Anderseits hat man allen Grund, die 
Ueberlieferung der Messineser Codices zu schätzen, gerade in 
Hinsicht auf Heinrichs Urkunde: sie haben uns nämlich, wie 
mangelhaft auch immer, deren Anfang gerettet, während der 
Marmortafel die ersten Zeilen ganz fehlen und von den neun 
folgenden jedesmal nur die letzten Worte erhalten sind: erst 
dann beginnt ein zusammenhängender Text. Die Kopien nun 
nach der Inschrift ergänzend, hätte ich die Urkunde wohl leidlich 
hergestellt. ^ Aber es war mir doch erfreulicher, auf der Bibliothek 
zu hören, jä^ass einer ihrer Beamten, Herr G. Mandalari, eben 
eine lithographische Wiedergabe besorge ;- denn die Inschrift ist 
alt und gut,^ die Abschriften sind weder alt, noch gut. 

Heute liegt Mandalaris Arbeit vor mir. " Die Reproduktion 
scheint ausgezeichnet zu sein; das Verdienst Mandalaris, eine 
wichtige Urkunde Heinrichs VI. in Abbildung zugänglich gemacht 
zu haben, ist nicht genug zu rühmen. Aber seine Uebertragung, 
sein Text kann mich nicht ganz befriedigen : er giebt die Lithographie 
doch nicht immer richtig wieder, und wo sie versagt, folgt er 
sklavisch einer der Abschriften, anstatt die nötigen Verbesserungen 
vorzunehmen. 

Auch ein Hilfsmittel, das ich erst später erhielt, reicht an 
Mandalaris LiJJhographie nicht heran; es deckt sich vielmehr, 
von Kleinigkeiten abgesehen, mit den Abschriften der Privilegien- 
Sammlung, die ich auf dem Archive zu Messina benutzen konnte ; 
es entstammt auch einem Codex diplomaticus urbis Messanae, 
und zwar dem ältesten, in Madrid aufbewahrten.^ Auf Ver- 
mittlung meines Kollegen E. Hübner hatte Herr Professor 



1. Wie gesagt, ihr Wortlaut war damals ungedruckt. Eine Reihe von 
Erwähnungen, die sie im Laufe der Zeit gefunden hat, bespricht G. Mandalari 
in diT gleich anzuführenden Schrift S. 8 ff. Doch ist ihm die älteste und 
wichtigste entgangen, nämlich die in einer Bestätigung König Jakobs von 1294. 
Qaüo Annali di Messina II 160 ed. IIa. 

2. Eine genauere Zeitbestimmung will ich nicht versuchen; es scheint 
mir auch wenig darauf anzukommen. 

3. Un privilegio inedito di Enrico VI., concedente il portofranco ai 
Messinesi, e hi conferma di Costanza. Con tre tavole litografiche. Messina 1895. 

4. Der Codex, der 1679 vom Grafen San Stefano nach Madrid entführt 
wurde, reicht bis 1495. Vgl. Archivio stör. Sicil. N. S. I 317. Carini GJi 
arcLivi e le biblioteche di Spagna I 119. 



N 



— 228 — 

A. R. Villa die grosse Güte, mir eine sorgfältige Kollation an- 
zufertigen. 

Dass ich eine neue Ausgabe veranstalte, geschieht nicht 
blos, um die Fehler in dem Drucke Mandalaris zu beseitigen, 
sondern auch weil sein Schriftchen wohl nur wenigen Deutschen 
erreichbar ist. Die Bestätigung der Kaiserin, die Mandalari 
gleichfalls lithographieren Hess, konnte dann nicht bei Seite 
bleiben. 

Meine Quellen für beide Urkunden sind: 1) die Marmor- 
tafeln nach Mandalaris Lithographie, 2) der Madrider Codex, ^ 
3) die Sammlung des Archivs und 4) der Universitätsbibliothek 
zu Messina. ^ 

Heinrich VI. gewährt den Messinesen im Hinblick auf die 
Treue und die Dienste, die sie ihm namentlich in gegenwärtiger 
Zeit geleistet haben, freie Ein- und Ausfuhr durch ihren Hafen, 
trifft Bestimmungen über Ernennung und Ämtsführung der Richter, 
wie des Stratigoten; verleiht den Bürgern das unter angegebener 
Bedingung auszuübende Repressalie^irecht; schützt sie gegen Strand- 
recht; ermächtigt den Gerichtshof Widerstrebende zum Zeugnis zu 
zwingen. 

1197 Mai 11, Messina. 

In nomine saucte et individue trinitatis. Henricus sextus 
divina favente gratia Komanorum Imperator » semper augustus et rex 
Sicilie. 

Imperialis excellentie spectat ad gloriam, suonim fidelium munera 
diligenter attendere et eorum curas et devotiones dignis beneficiis 
ampliare, ut integritas fidelium semper in melius pullulet et dominantis 
circumspecta discretio^ singulorum utilitati dignetur largiflue«^ pro- 
videre.d Considerantes igitur fidei puritatem et devota servitia, que 
cives Messane, experti fideles nostri, semper et in presenti tempore 
maxime nostre studaerunt serenitati® fide non ficta et immaculata 
puritate^ propensius exhibere, eis de solita benignitate concedimus, ut 

a. imp. secnndns et 4 nach Mandalari. b. discretione 4. c. lar- 

giflua 2. 3. Iargissime4. d. perordere 3. e. nostris studnerunt 

servitiis 2. 3. 4. f. puritati 2. 3. 



1. In der Bibliotliek der historischen Akademie; er trägt die Signatur A. 16. 

2. Ueber 3 vgl. S. 22(5 Anm. 6, über 4 S. 226 Anm. 7. 



— 229 — 

liceat eis omnia mercimonia et res eorum quaslibet» libere et sine 
aliqua dacione per portum nostruin ipsius civitatis nostre Messane tarn 
per mare quam^ per terram immittere vel extrahere. Volumus etiam 
et statuimus, ut iudices, quos^ ordinabimus pro questionibus et causis 
examinandis et terminaudis, bona^i fide eas, quanto citius poterunt,® 
terminent et nihil a partibus recipiant; nostra enim^ celsitudo eis de 
salario providebit. Volumusque, ute baiulatio ipsius civitatis** non sit 
in gabella de cetero,^ sed stratigotus, a celsitudine nostra statutus,^ 
iuramento^ astrictus,^ civitatem nostram pacifice et iuste pertractet et 
non nisi rationes^ et iura nostra diligenter exquirat. Si quis autein 
civis Messanensis fiierit dirrobatus^ ab aliquibus,^ quicumque siut, 
debet^ prius cum iiteris ammirati** nostri vel qui loco suo fuerit^ illosP 

a. quequai, wie ich angemerkt habe, quolibet nach Mandalari. b. tarn 

per mare quam auch in 1. c. iudices quos or auch in 1. d. rminandis 

bona auch in 1. e. potuerint 4. f. recipiant; nostra enim auch in 1. 

g. in 3. h. ulatio ipsius civitatis auch in 1. x. ostra statutus 

iura auch in 1. i astrictu 3. k. actet anonn (?) rationes 1.; et non 

nisi 2. 3. 4. 1. derubatus 4. m. ensis fuerit dirrobatus ab ali 

auch in 1. n. quicunque debet prius 2. quicumque dent prius 4. 

o. admirari 3. admirati 4. p. nostri vel qui loco suo fuerit il auch in 1. 



1. Mandalari 29 abersetzt: che il bajtUo della cittä da quind innami 
non imponga dltri balzeUi, Der Sinn scheint mir vielmehr zu sein, dass der 
Bnjulo fortan für sein Amt Gehalt bezichen, dass es ihm nicht mehr verpachtet 
werden soll. In jenem Falle zahlte er den Ertrag der Gefälle an die kaiserliche 
Kasse, in diesem bezog er ihn für sich selbst^ dem Fiskus nur eine vorher be- 
dungene Quote entrichtend. Das ist der Unterschied von dare in gabellam 
und in credentiam. Vgl. von Kap-herr in der Dtsch. Ztschr. f. Qeschichtswiss. V 38. 

2. Wie man wohl sieht, sind auch hier baiulus und stratigotua nur ver- 
schiedene Bezeichnungen fQr einen und denselben Beamten: der stratigotus hat 
seine baiulatio nicht mehr zu Pacht. Unzweifelhaft könnte man unsere Urkunde 
als weiteren Beleg für die gleiche Bedeutung der Wörter benutzen. Vgl. 
darüber von Eap-herr a. a. O. 29. Aus den dort gesammelten Stellen hebe 
ich z. B. hervor, dass 1 1 72 Gaufridus Syracusae stratigotus Rechenschaft giebt 
dt baiulia sua. Zu Kap-herrs Nachweisen mag noch ein neuer hinzugefügt 
werden: im Oktober 1225 heisst Guilelmus de Lepore zugleich stratigotus 
Nacerie und baiulus Nucerie. Huillard-Breholles Eist. Frid. sec. II 517. 
Genug, wenn Mand«ilari 91 von Heinrich VI. sagt: accresce il potere dello 
strategd a discapito del bajulo, so möchte er seineu Text doch missverstanden 
haben. 

3. Unter dem Admiral stand ein Beamter für die Häfen einer Provinz; 
die einzelnen Häfen hatten dann wieder ihre eigenen Vorsteher. Vgl. E. Winkel- 
mann De regni Siculi administ. 39. 



— 280 -- 

requirere» , et si noluerint hoc cmonciare^ et coiitigerit eos vel concives 
eorum venire Messanam, debet notificari predic to^ ammirato et ipse^ 
capiet taiitum de rebus ipsorum, utdirrobatus dignain recorapensationem 
de rebus amissis optineat. Si vero iiavis vel aliud vascellum alicuius 
civis Messane fractum fuerit in aliqua parte regni, nullus audeat de 
rebus fracte navis aliquit detinere, sed domino suo restituantur. 
Si quis° autem eorum in causa sua testes aliquos invocaverit et testes 
ad testificandum quod sciunt^ venire noluerint, debet eos curia facere 
venire et sub iuramento cogere, ut testimonium peribeant veritatis. 
Que liberalitatis nostre concessio ut imperpetuum eidem® civitati firma 
stabilisque permaneat et nullus ei in aliquo audeat contrahire, presens 
inde^ Privilegium conscribi et maiestatis nostre sigillo iussimus commu- 
niri , statuentes et imperiali precipientes edicto , ut nuUa persona 
humilis vel alta, ecclesiastica vel secularis hanc nostram concessionem 
infringere audeat g vel aliquibus calumpniis perturbare presumat.^ Quod 
qui fecerit ultra indignationem nostram, quam^ gravi ter incurret, 
100. libras auri purissimi componat, medietatem camere nostre, re- 
liquam passis iniuriam persolvendam. 

Huius autem rei testes hü sunt: archiepiscopus ^ Ragusie,^ 
Marcoaldus imperialis aule senescalcus, dux Ravenne et marchio Ancone, 

a. Mit loB requirere beginnt der unverstümmelte Text von 1, dem ich nun 
folge; Abweichungen von 2. 3. 4. merke ich nur in besonderen Fallen an. b. per- 

dicto 1. c. qus 1. d. sciunt sub iuramento cogere 2. 3. scirent 

venire sub iuramento cogere 8. e. perpetui eodem 3. f. in 

2. S» 4. g. audiat 3. audeant 4. h. presumant 4. L quamquam 

1. 2. 3. 4. k. Bavise 4. 



1. Angehörige des Königreichs konnte man natürlich leicht zwingen, 
nicht so Ausländer, wenn diese einen Messinesen in ihrem Lande oder auf 
dem Meere beraubt hatten. Gegen sie richtet sich die Massregel, und weil 
die Räuber oder Diebe eben überseeische Leute sind, darum ist die Angelegen- 
heit dem Admiral oder dessen Stellvertreter übertragen. 

2. Natürlich ist zu ergänzen: vel qui loco suo fuerit. Dass es für 
Messina einen besonderen Admiral gegeben habe, dass sein Amt „ein für 
Messina neues" gewesen sei, wie Mandalari 23 Anm. 2 und 91 Anm. 2 be- 
hauptet, — dafür entbehre ich einen Beleg. Nach dem Sturze des Gross- 
admirals Majo, der allerdings über mehrere Admiräle gebot, finde ich stets nur 
noch Einen Admiral. So unter Heinrich VL und wieder unter Friedrich Tl. Be- 
gegnet uns einmal 1216 in auswärtiger Ueberlieferung: amiralio de Misina — 
Huillard-Br6holles I 485 — so ist m. E. nicht ein besonderer Admiral von Messina 
gemeint, sondern die Bezeichnung rührt daher, dass Willelmus Porcus ammi- 
ratus regni, wie er bei Huillard-Breholles I 489 heisst, einem grossen Ge- 
schlechte von Messina entstammte. 

3. lieber Erzbischof Bernhard von Ragusa vgl. S. 233 Aniu. 5, 



— 231 — 

Coiiradus dux Spoleti,» Willelmus Grassus^ comes Malte et^ ammiratus,^ 
comes ßartholomeiis 2 de Lucy,® Gentilis^ de Palaris*^ comes Mono- 
plelli,® Leo comes Caleiii et alii quam plures. 

Ego Conradus Ildempsheymensis episcopus et imperialis aule^ 
cancellariusg una cum Gualterio^ episcopo et regni Sicilie et Apulie 
cancellario recognovimus. ^ 

Signum domini Henrici sexti divina favente dementia (L. M.) 
Romanorum imperatoris semper augusti et regis Sicilie.^ 

Acta sunt hec anno dominice incarnationis 1197, regnante domino 
Henrico sexto Romanorum imperatore semper augusto et rege Sicilie, 
anno regni eins 28,1 imperii vero"^ 7. et regni Sicilie 3. Data Messane 
per manum Alberti imperialis aule prothonotarii, 11 die mensis Madii 
15 indictionis.* 

a. nx Spoledi 1. b. fehlt 1. c. Luce 2. 3. 4. d. Gentilis 

Opala^. 1. de Palai 3. de Palalr. 2. 4. e. Monpleli 1. Monporelli 2. 3. 4. 

f. Von hier an sind 2. 3. und 4. ganz verstümmelt und zwar in gleicher Weise. 

g. llarius ist abgebrochen. h. Gualt . . . . o 1; für Troiano, wie Mandalari 
ergänzt, war schwerlich Platz. i. sie! k. egis Si abgebrochen. 
1. 27. 1. m. i m p e r i 1 Y e r o abgebrochen. 



1. Wilhelm Grasso war nicht, wie Mandalari 23 Anm. 2 meint, ein 
Pisanor von Herkunft, sondern ein Genuese. Regni Jerosolymit. hist. M.G. 
SS. XVIII 53, vgl. Ogerii Panis annal. ibid. 118. Am 24. September 1197 
hcisst er, ähnlich wie in unserer Urkunde: Guilklmus Crassus comes Malte, 
totüis regni ammiratus. Offenbar war Wilhelm ganz in die Stelle des ge- 
stürzten Margarito von Brindisi eingetreten; auch dieser nannte sich Adrairal 
und Graf von Malta. Pirri Sic. sac. II 980. Noch mag man das urteil In- 
nocenz' JII. über Wilhelm hören. Der Rebell Markwald habe von ihm Hilfe 
erbeten, a pirata prciedo et raptor a marino non iam latrunculo, sed latrone, 
Ep. n 221 ed. Baluze I 486. 

2. B, de Lttcy, Pirro II 934, B. de Luce Doc. p. serv. alla storia di 
Sicilia I 36 cf. J67, B. de Lucis Pirro \l 1280.81. Er war Graf von Paternö. 
Weshalb Mandalari gegen alle handschriftliche üoberlieferung comes de Lugu 
dnicken lässt, entzieht sich meiner Kenntnis. Etwa um ihn besser zum Grafen 
von Lugo bei Ravcnna machen zu können? Das hat er S. 23 Anm. 3 that- 
sächlich gethan; indes entbehre ich den Beweis, ddss es überhaupt Grafen 
von Lugo gab. 

3. In der Urkunde bei Stumpf Acta 712 Nr. 510 heisst er comes Ger- 
traldus de Monoplello. Aber nach einer besseren, mir vorliegenden Abschrift 
Kehrs ist zu lesen Gentilis de Monoplello. 

4. König Jakob sagt in seiner Bestätigung: primo Maii 11 indictionis. 
Gallo 1. c. 160. lu seinem eigenen Auszuge sagt Gallo 76: a 28 aprile. 



— 282 — 

Konstanze 1, bestätigt den als treu und ergeben bewährten 
Messinesen das vorstehende Privileg Heinrichs VI. 

1198 Januar ^ Messina, 

In nomine sancte et individue trinitatis.^ Constancia divina fa- 
vente clemencia Roman oriim imperatrix semper augusta et regina Sicilie. 
De munificentia innate nobis liberalitatis accedit, ut ad preces fidelium 
nostrorum facilem prebeamus adsensum et eorum maxime peticiones 
clementius admittamus, quorum experta fides et devotio specialis suf- 
fragatur ad meritum et imperialis gratie^ largitatem ad prosequendum 
affectum sue devotionis inducit. Hinc est quod nos attendentes fervorem 
devotionis et fidei, quo in serviciis nostre magnificentie iugiter perse- 
verastis, preces et supplicationes vestras, quas vos, cives Messane, fi- 
deles nostri, magestati nostre attentius porrexistis, videlicet ut per^ Pri- 
vilegium nostrum confirmaremus vobis et civitati nostre Messane ea 
omnia, que Serenissimus quondam dominus d oster imperator recolende 
memorie per suum vobis et predicte civitati nostre** Messane concessit, 
de innata solii nostri dementia admittentes, concedimus et confirmamus 
vobis et predicte civitati nostre Messane omnia ea, qae prenotatus 
Serenissimus dominus noster imperator vobis et civitati nostre Messane 
concessit, iuxta quod in eodem imperiali privilegio vobis facto con- 
tinentur; mandantes ut omnia ea, sicut in privilegio continentur, quod inde 
habetis,® vobis et civitati nostre Messane in posterum debeant observari. 
Ad huius autem concessionis et confirmationis nostre memoriam et in- 
violabile firmamentum presens inde Privilegium conscribi et sigillo 
nostro cereo iussimus communiri, anno, mense et indictione sub- 
scriptis. 

Data in civitate Messane, anno dominice incarnationis 1198., mense 
lanuarii 1. indictionis, regnante domina nostra Constantia dei gratia 
gloriosissima Romanorum imperatrice semper augusta et regina Sicilie 
excellentissima , una cum Frederico ßomanorum et Sicilie rege, karis- 
simo filio eins, anno 3, feliciter, amen. 

Wie Mandalari die Texte hergestellt hat, müsste man über 
beide Urkunden ohne weiteres den Stab brechen. Er Hess 
nämlich in der einen drucken: Henricus sextics etc., Romanorum 
imperator secundus und in der anderen: Frederico Romanorum 
imperatore. Friedrich war zur Zeit römischer König, nicht 
Kaiser; und Heinrich als zweiten Kaiser zu bezeichnen, ist ein 

a. amen 2. 3. 4. b. imp. nostre larg. 1. o. fehlt 1. d. fehlt 1. 

e. habeatis 1. 



— 238 — 

Unsinn, dessen sich die Kanzlei nie schuldig gemacht hat. Aber 
hier folgte Mandalari der schlechten Lesart, die nur eine unserer 
drei Handschriften bietet; dort hat er eine verkehrte Ergänzung 
yorgenomnien. Wenn man diese seine Fehler beseitigt, bleibt 
kein Grund, Verdacht zu schöpfen. 

In der Urkunde Heinrichs ist zwar die Form der 
Rekognition nicht die gewöhnliche: Ego Conradus etc, una cum 
Oualierio etc. regni Sicilie et Apulie cancellario recognovimics; 
aber dieselbe Fassung findet sich doch auch in zwei Urkunden 
vom 1. Mai 1195;^ wenigstens der Zusatz et Apulie kehrt am 
2. Juli 1197 wieder,^ und für recognovimus findet sich noch eine 
Analogie am 29. April 1196.^ 

Einen Augenblick mag man sich dann wundern, unter den 
Zeugen den Namen des Erzbischofs von Ragusa zu lesen. Ein 
slavischer Erzbischof in der Urkunde eines römischen Kaisers 
ist gewiss eine höchst sonderbare Erscheinung. Eben dieser Um- 
stand schliesst aber die Erfindung aus; ein bisher so gut wie un- 
bekanntes Privileg vom 2. Juli 1197, das Heinrich VI. der Stadt 
Caltagirone erteilte, bietet überdies die erwünschte Analogie zur 
Zeugenschaft des Dalmatiners;* und was zunächst auffallen 
mochte, bestärkt das Vertrauen.^ Die übrigen Zeugen sind uns 
keine Fremdlinge; sie finden sich zur Zeit mehrfach an Heinrichs 
Seite. 

Die Daten werden durch die Richtigkeit, wie durch die 
Form, in der sie gegeben sind, vor jedem Einwand gesichert. 
Namentlich die Zählung nach fortlaufenden Monatstagen, nicht 
nach römischer Weise, entspricht dem damals aufkommenden 



• 1- 

1. St. 4930. 32. 

2. S. im Anhang die Urkunde f(lr Caltagirone. 

3. Stumpf Acta 712 Nr. 510. 

4. S. Anm. 2. 

5. Er scheint mir ein Abenteurer gewesen zu sein. Weshalb er Ragusa 
verlassen hatte, erzählt Junius Restius in seiner Chronica Ragusina. Mon. spect« 
bist. Slavor. merid. XXV 65. Zu Heinrich VI. war er sicher gekommen, um 
in seinem Dienste Carri^re zu machen. 1202 klagt Innocenz III., dass die 
Kagusaner ihren davongelaufenen Oberhirten nun schon über vier Jahre ver- 
gebens erwarteten. Ep. V 17. Nach Le NeveFasti eccl. Angl. III 230 hätte 
er ein Unterkommen in England gefunden, als Bischof von Carlisle. 



— 284 — 

Gebrauche;^ die nächst vorausgehende Urkunde trägt das Datum des 
22. April, 2 nach heutiger Gewohnheit, nicht nach Kaienden des Mai. 

Ueber andere Kriterien dieser Art hinweggehend, wende 
ich mich zum Inhalte. Freilich bieten sich mir nur zwei 
Sätze, die ich geradezu im Sinne der Echtheit verwerten darf. 

Heinrich erteilt das Privileg den Messinesen, weil sie immer 
als treu und dienstfertig sich bewährt haben et in presenti 
tempore maxime. Als der Kaiser in der Nähe von Messina weilte, 
verriet man ihm eine Verschwörung, die es auf sein Leben ab- 
gesehen hatte. Da floh er nach Messina selbst, wo er namentlich 
den treuen Markwald von Ravenna und Ankona traf. ^ Dieser 
erscheint denn auch als Zeuge unserer Urkunde. Deren Datum 
bestimmt — so darf ich behaupten, — die Chronologie der 
Empörung,* und anderseits versteht man, dass Heinrich die 
Treue und Dienstfertigkeit, die Messina ihm bewiesen hat et 
in presenti tempore maxime, mit einem Privileg belohnt. 

Wie diese Notiz den Zeitumständen entspricht, so passt 
eine der neuen Verleihungen Heinrichs trefflich in die fort- 
schreitende Entwicklung der Vorrechte Messinas; sie ist — 
möchte ich sagen, — nur die natürliche Etappe auf dem müh- 
samen Wege zu völliger Handelsfreiheit. Wilhelm H. hatte im 
Mai 1160 den Bürgern vergünstigt, dass sie für ihre Waren 
fortan nicht mehr 1 von 10, sondern nur noch 3 von 100 als 
Hafengeld entrichten sollten und Lebensmittel ohne alle Zahlung 
ein- und ausführen dürften.*^ Friedrich II. bewilligte im 

1. Ficker Beiträge zur Urkundenlohre II 365. 

2. Siehe deo Druck der Urkunde S. 249. 

3. Annal. Marbac. M.G. SS. XVII 167. 

4. Hierin scheint mir Toeche Heinrich VJ. S. 584 — wie ich an einem 
anderen Orte ausführen werde, — ganz fehlgegriffen zu haben. 

5. Gallo Annali di Messina II 37 ed. IIa. An der Urkunde ist mir 
allerdings zweierlei aufgefallen. Obschon sie im Mai 1160 ausgestellt sein soll, 
so fehlt doch die sonst Übliche Zeitbestimmung nach dem Jahre des damals 
noch lebenden Königssohnes Roger, und dann ist sie gegeben /;er manus 
Bicardi Syracusam electi, während der Grossadrairal Majo noch an der Spitze 
der Geschäfte stand: so ist denn auch eine andere Urkunde eben vom Mai IIGO 
data per maniis Maionis magni admirati. Aprile Cronologia universale della 
Sicilia 95. Aber eine Vertretung hat in der sizilischen Kanzlei des 12. Jahr- 
hunderts öfter stattgehabt, und wir wissen von dem Sirakusaner, dass er stets 
am Hofe Wilhelms II weilend zu dessen , Familiären" gehörte. 



— 286 — 

Dezeraber 1199 unbeschränkto Handelsfreiheit durch sein 
ganzes Reich. ^ Zwischen beiden Privilegien erscheint nun 
als verbindendes Mittelglied dasjenige Heinrichs VI.: er 
gestattet den Messinesen freie Ein- und Ausfuhr durch den 
Hafen, nicht blos für Lebefismittel, sondern ganz allgemein; er 
gewährt also mehr als Wilhelm H., weniger als Friedrich II. : die 
Handelsfreiheit, wenn sie auch auf alle Waren ausgedehnt war, 
Wieb doch auf den Hafen von Messina beschränkt.?-^ Das weiteste 
Recht war noch zu gewinnen. 

Als Friedrich II. es erteilte, lag offenbar die Urkunde seines 
Vaters vor. Beide nennen die Empfänger: dves Messane, experti 
fideles nostri: dann sagt der eine: concedimus ut liceat eis omnia 
merdmonia et res eorum qvxxslibet libere-per portum nostrum Messane 
tarn per mare quam per^ terram immittere vel extrahere, und der 
andere : concedimus ut per totum regnum nostrum in mari et in terra 
liceat vobis merdmonia et quaslihet res vestras libere ponere et 
extrahere. Wie man wohl sieht, geht Friedrich II. oder vielmehr 
die Regentschaft mit vollem Bewusstsein über die Verleihung 
Heinrichs VI. hinaus. 

Die Bestätigung der Kaiserin Konstanze werde ich nicht zu 
besprechen brauchen, sie fällt und steht mit der Verleihung ihres 
Gatten. 

Wie aber verhält sich Heinrichs Urkunde vom 11. Mai 1197 
zu der anderen, die er den Messinesen schon am 28. Oktober 
1194^ erteilt haben soll? 

Wenn der Kaiser am 28. Oktober 1194 verfügt, fortan 
solle die Verwaltung. der Stadt ein Jahr hindurch in derselben 
Hand liegen, der jeweilige Träger, den man bald baiulus, bald 



1. B.-F. 535, auch Gallo II 79 ed. IIa. Doc. p. s. alla storia di Sicilia 
I Serie XIV 45. 

2. Darüber könnte man allerdings noch wohl streiten, wenn Mandalari 
18 den Text richtig hergestellt hätte: liceat eis oimiia m-ercimonia et res eorum 
quolibet libere etc. Aber die andere Handschrift bietet quaslihet j und so 
las auch 1199 der Kanzlist Friedrichs II., dem die Urkunde, wie ich oben im 
Texte zeige, unzweifelhaft vorgelegen hat; nicht minder sichert die Bestätigung 
König Jakobs von 1294 die Lesart: merdmonia et res quaslihet lihere etc. 
Gallo II 160 ed. IIa. 

3. Gallo 1. c. 72. 



— 286 — 

stratigotus nannte,^ dürfe vor Ablauf seines Jahres nicht durch 
einen anderen, mehr Bietenden ersetzt werden, so kann ich 
daraus nur folgern, dass der Bajulo oder Stratigote sein Amt 
pachtete, dass der Staat es dem Meistzahlenden zuschlug. Die 
Lage war für die Bürger keine angenehme, denn ihr Oberhaupt, 
das nun alle Gefälle für sich bezog, schraubte nach Kräften, 
um die Pachtsumme mit Zinsen wiederzugewinnen.-* Die Bürger 
mussten den Druck doppelt empfinden, solange die Pacht nicht 
auf eine ganz bestimmte Zeit festgesetzt war, solange der Staat, 
wegen eines höheren Angebotes, das ihm gemacht wurde, einen 
anderen Pächter einsetzen durfte, selbst innerhalb eines und 
desselben Jahres. Dass Kaiser Heinrich — wie wenigstens in 
der Urkunde vom 28. Oktober 1194 versichert wird, — sich des 
Rechtes begab, den Wechsel vorzunehmen, wann und so oft ihm 
beliebte, war ja ein Fortschritt, aber die drückende Pacht an 
sich wurde nicht beseitigt. Da schaffte das Privileg vom 11. 
Mai 1197 heilsamen Wandel: die Verpachtung hörte auf, der 
Staat zahlte eine Besoldung, dafür flössen ihm alle Einkünfte zu. 
So ergiebt sich vom 28. Oktober 1194 zum 11. Mai 1197 eine 
genetische Entwicklung, und man mag zu dem ersten Privileg, 
das den Messinesen geringeren Vorteil gewährte, ein Vertrauen 
fassen, und zwar ein volles, da ja die Echtheit dos zweiten, 
das durch gänzliche Beseitigung der Pacht den Wünschen 
der Messinesen erst recht entsprach, keinem Zweifel mehr 
unterliegt. 

1. Siehe S. 229 Anm. 2. 

2. — ponere debenms in eadem civttate Messane baitäum et iudices 
annuos tres. — Et ipse baiolus haheat baiulcUionem ita, quod alius eum non 
possit supplantare plus offerendo nisi prius finita baiulatione. Et simul 
ipse baiohis et iudices sacramento nobis teneantur, iura nostra et iustitiam 
populi fideliter per omnia servare iuocta bonos usus et consuetudij^es eiusdem 
civitatis Messanae. Et salarium de fisco nostro recipiant^ sicut cofi- 
suetum erat tempore regis Bogerii. Dazu bemerke ich, dass annuos doch nicht 
blos auf iudices zu beziehen ist; und so habe ich finita baiulatione als ein- 
jährige Amtsdauer aufgefasst. Man sollte dann freilich auch salarium de fisco 
nostro redpiant für Richter und zugleich Bajulo in Anspruch nehmen. Aber 
plus offerendo bedeutet doch das Angebot eines höheren Pachtgeldes, und dem- 
gemäss meine ich,, dass redpiant nur die iudices in sich schliesse. Dazu passt 
denn die Bestimmung der späteren Urkunde: baiulatio ipsius civitatis non sit 
in gabella de cetero. 



— 237 — 

Dann aber das umgekehrte Verhältnis! Im Oktober 1194 
würde Heinrich VI. den Messinesen Handelsfreiheit im ganzen 
Reiche zugestanden haben, im Mai 1197 hat er ihnen blos die 
Abgaben von Ein- und Ausfuhr durch den einen Hafen nach- 
gelassen! Soll nun das umfassende, die früheren Daten tragende 
Privileg echt sein, dann bleibt im Hinblick auf das engere, 
später ausgestellte nur die Annahme: was Heinrich 1194 ver- 
liehen, hat er widerrufen, und für die Folge mussten sich die 
Messinesen mit seiner kleineren Gunst von 1197 begnügen. An 
sich ist der Rettungsversuch nicht gewagt. Auch Friedrich H., 
wie wir hörten, dehnte die Handelsfreiheit Messinas über sein 
ganzes Reich aus, aber es folgte die grosse Revokation von 
Capua und Messina; ihr fiel wahrscheinlich auch sein Privileg 
von 1199 zum Opfer. ^ Die Beschlüsse von Capua und Messina 
haben aber ihr Vorbild in der Regierung Heinrichs VI.: er 
bestätigte im April 1197 eine Reihe von Privilegien, die „nach 
dem allgemeinen, auf feierlichem Hofe erlassenen Edikt" ihm 
zurückgegeben waren. ^ Schwerlich hat er alle neu bewilligt. 
Warum soll er dem Messineser nicht auch die Anerkennung ver- 
sagt haben ?^ 

Leider kann uns Heinrichs Verhältnis zu Messina wenig 
ermuntern, die Frage zu bejahen. Denn im Mai 1197, wie die 
Leser schon wissen, hatte er sich als Flüchtling, den eine 
Empörung aufgescheucht hatte, zu seinen „erprobt getreuen" 
Messinesen gerettet. Ihre Hingebung an Heinrichs Sache hat 
Friedrich IL später gewürdigt, wenn er ihnen ein massgebendes 
Verdienst zuschreibt, nicht blos bei der Erwerbung, sondern auch 
bei der Wiedergewinnung des Reiches.* Und da sollte Heinrich 



1. Vgl. Hartwig Das Stadtrecht von Messina 34. Friedrichs II. Urkunde 
wurde erst 1296 von dem Aragonesen Friedrich bestätigt, Testa De vita 
Pederici II. regis 251, während schon dessen Vorgänger 1294 die Heinrichs VI. 
anerkannt hatte. 

2. Siehe die folgende Abhandlung. 

3. Würde die Frage zu bejahen sein, dann hätte der Einwand, den 
Hartwig a. a. O. 31 Anm. gegen die Echtheit erhebt, dass nämlich Konstanze 
1198 nur Bin Privileg ihres Mannes bestätige, natürlich seine Beweiskraft 
verloren. 

4. B.-F. 634. 



— 2S8 — 

seinen im März oder April 1197 vcrkOndigten Beschluss, dass 
alle früheren Privilegien, die nicht neuerdings seine Anerkennung 
fänden, null und nichtig seien, im Mai zu Messinas schwerer 
Schädigung ausgeführt haben? Nein, wenn Messina schon 1194 
volle Handelsfreiheit erlangt hätte, dann wäre sie ihm nach Lage 
der Dinge 1197 ganz gewiss bestätigt wordenl 

Dazu kom.mt noch, dass die Handelsfreiheit durch das ganze 
sizih'sche Reich auch in unzweifelhaft gefälschten Privilegien 
Messinas eine bedeutende Rolle spielt. Friedrich IL hatte sie 
thatsächlich bewilligt, aber der Beschluss von Capua wischte sie 
hinweg. Da regte sich denn natürlich der Wunsch, das Recht 
als ein uraltes, mehrmals der Stadt zugesichertßs begründen zu 
können. So erscheint die unbeschränkte Handelsfreiheit in zwei 
Fälschungen, von denen die eine den Namen König Rogers und 
die Daten vom 15. Mai 1129 trägt, ^ die andere Wilhelm dem 
Guten zugeschoben und mit dem 20. August 1160 versehen wurde.^ 



1. Im Auschluss an die gefälschte Hist. liberationis Messanae erschien 
die Urkunde in Baluze Miscell. VI 188. Ihm folgte Muratori SS. VI 620, 
auch Lünig Cod. dipl. Ital. II 845. II 2515. IV 401 und dann noch Gallo 1. c. 
22. Freilich ist Mandalan 57. 58 ganz von der Echtheit durchdrungen. Aber 
schon der Umstand, dass Roger erst am 25. Dezember 1130, nicht schon am 
15. Mai 1129, wie es hier heisst, zum Könige gekrOnt wurde, dass er sich nicht 
vor 1136 dux Capuae genannt hat und nennen konnte, berechtigt uns zur un- 
bedingten Verwerfung; anderer Ungeheuerlichkeiten will ich gar nicht ge- 
denken. Fraglich bleibt mir nur, wie das Machwerk sich zu der ebenso un- 
echten Cronica Maraldi verhält: darin findet sich nicht minder als KrOnungs- 
tag Rogers der 15. Mai 1129. Pirri Sicilia sac. I Chronologia XIV. Noch 
verweise ich auf das verständige Urteil, das di Meo Apparato cronologico agli 
Annali del regno di Napoli 353 — 359 in Sachen der Urkunde, wie der Chronik 
schon 1785 fällte. Uebrigens steht ebenso fest, dass Roger den Messinesen 
wirklich ein Privileg erteilt hat: später wurde es widerrufen und erst unter 
Wilhelm IL, am 15. November 1167, der Stadt zurückgegeben. Hugo Falcand. 
ap. Muratori SS. VII 324. Wahrscheinlich verhält sich das echte Dokument 
zu dem unechten nicht anders, wie Wilhelms I. Urkunde vom Mai 1160 zu 
der auch seinen Namen tragenden Fälschung angeblich vom August 1160. 
Siehe darüber Anra. 2. 

2. Auch diese Urkunde folgt der Hist. lib. Mess. ap. Baluze I. c. 194, 
ap. Muratori 1. c. 624; ferner bei Lünig II 2517 und mit dem Jahre 1164 ibid. 
855; endlich bei Qallo I. c. 37. Der Fälscher erzählt, Wilhelm I. sei nach 
Messina gekommen; da sei ihm das Original der Urkunde Rogers vorgelegt worden: 
d, d. die 15 Man sub anno 1129 in sollemnitate coronationis eiusdem; dann 



— 239 — 

Ihnen reiht sich die Urkunde angebHch vom 28. Oktober 1194 
ebenbürtig an.^ 

Mit der Fälschung vom 15. Mai 1129 besteht auch noch 
ein wörtlicher Zusammenhang. Wenn Roger bestimmt haben soll: 
nvllus dvis Messane ad stolum et armatam quamcumque regalem 
nee alias per mare seu per terram ire cogatur invittcSy praeter ad hoc 
opus munere aut stipendiis sublimattis, so wäre ihm Heinrich am 
28. Oktober 1194 gefolgt: nemo etiam de ipsa dvitdie Messane 
invitics cogatur ire in exercitum imperialem aut regalem terra ei 
mare, exceptis Ulis qui pheuda tenent. Die Worte Rogers: civitates 
et loca, quae sunt a Leontino tcsque ad Pactas, iurare teneantur 
manutenere honorem Messanae, hätte Heinrich so gewendet: loca 
et civitates, que swnt a Leontino usque ad Pactensem civitatem, teneantur 
iureiurando manutere honorem Messane.^ Roger soll verfügt haben: 
strategotu^ de se vel eius arhitrio nihil exequatur nullamque capiat 
mercedem vel poenam ; Heinrich würde sich ihm angeschlossen haben: 
stratecoius Messane non pro arhitrio suo mercedes vel poenas accipiat, ^ 
Auch in der Verleihung der Handelsfreiheit fehlt nicht ein Gleich- 
klang der Ausdrücke. 



habe mau ihm Romanorum chirographa gezeigt; und nun kommen erstaunliche 
Rechte in Jerusalem und /^ccon, in denen Wilhelm doch nichts zu sagen hatte; 
ferner erhalten die Bürger nicht blos für Lebensmittel, sondern auch für alles 
üebrige, secundum dictamen livirilefiii .'iupradicti, die unbeschränkte Handels- 
freiheit. Man begreift gar nicht, weshalb die Messincscn sieben Jahre später, 
im November 1167, dem Kanzler Wilhelms II. grosse Geschenke anboten, ut 
Privilegium eis reddi faceret, quod olim Rogerius rex super quibusdam cinitatis 
immunitatibus factum postea poenitentia ductus eis abstulerat. Hugo Falcand. 
1. c. 324. Nach der Urkunde vom August 1160 hätte ja schon Wilhelms IL 
Vater den Messinesen bestätigt und erneuert dictum Privilegium, in exemplari 
originali conientiim, excellentis domini [Rogerii] patris nostri. 

1. Hier gedenke ich Behrings Regesten des normannischen Königshauses 
in seinen Sizilianischen Studien IL Auch Behring verwirft die Urkunden vom 
Mai 1129 und August 1160. Doch setzt er S. 6 Nr. 43 die erstere zum 
27. Juli 1139, sie in wunderlichster Weise mit J.-L. 8043 zusammensch weissend ; 
die letztere führt er zu 1160 und 1164 auf, S. 14 Nr. 147, Ö. 15 Nr. 150. 

2. Dass sich dieser Satz „in allen gefälschten Urkunden Messinas 
findet", hat Hartwig S. 31 Anm. nicht mit Recht behauptet; ich bin ihm nur 
iv denen Rogers und Heinrichs begegnet. 

3. Aehnlich in dem Manfred zugeschriebenen Diplom bei Gallo 1. c. 97. 



— 240 — 

Dann beachte man, dass Roger sein Privileg erteilt haben 
soll Petro de Camulia, einem der Abgesandten Messinas, dass die 
Reihe derer, die Heinrich nach dem Privileg von 1194 verbannt 
hätte, beginnt: Cataldtis de Camulia. Der erste der Boten Messinas, 
die in einem unzweifelhaft gefälschten Briefe angeblich König 
Manfreds erscheinen, heisst Oilfadits di Camulia;^ und die Kenner 
der Geschichte Messinas wissen, welche Rolle nach der Brevis 
historia liberationis Messanae, einem notorischen Machwerke,^ 
Herr Niecola di Camtcglia gespielt hat. 

Dieser Zusammenhang wird doch keinen Zweifel mehr ge- 
statten, wes Geistes Kind die Urkunde von 1194 sei. 

Nebenbei hat sich der Fälscher noch der Statuten von 
Messina bedient. Zwei Sätze derselben kehren in seiner Kompo- 
sition wieder^, allerdings nicht wörtlich. 

Anderseits finden sich aber auch Übereinstimmungen der Ur- 
kunde von 1194 mit der von 1197, so namentlich in den Sätzen, 
die den Zeugenzwang betreffen, 1197: Si quis in causa sua testes 
invocaverit et testes ad testificandum quod sciunt venire noluerint, 
debet eos curia cogere, ut testimonium peribeant; und 1194: Quicunque 
in causis in testimonium vocati fu&rint et ipsi consdverinP et ex eo 
in curia testificari noluerint, de cetero cogantur a curia testimonium 
exibere. Dann vergleiche man noch die Pestsetzungen in Hinsicht 
des Reprcssalienrechtes, wennschon die Exekutive das eine Mal 
dem Admiral und seinem Stellvertreter, das andere Mal dem ßajulo 
übertragen wird.* 



1. Capasso Hist. dipl. regni Siciliae 327. Der Heransgeber hat die Ur- 
kuDde mit Recht als unecht gebrandmarkt, ebenso zwei andere, die Manfreds 
Namen tragen. Vgl. B.-F, 4735. 4746. 4759. 

2. Vgl. die Literatur bei L. v. Heinemann Gesch. der Normannen in 
Unteritalien und Sizilien I 372. 

3. Der eine ist § 36; auf den anderen macht Hartwig a. a O. 31 auf- 
merksam; freilich gerade ihn vermisst man in dem Messineser Stadtrecht, wie 
es uns heute vorliegt, eben bei Hartwig 57—74; er findet sich aber in den 
Statuten von Trapani, die auf denen Messinas beruhen. La Lumia Consuetu- 
dini delle cittä di Sicilia 104. 

4. So ist doch natürlich zu lesen, nicht aber mit Gallo: consenserit 

5. Gallo 1. c. 72 liess drucken: accipiat tantum de rebus ipsius, quantum 
erit predicta sub sacramento. Das hat Mandalari 93 Anm. 2 ohne An- 



— 241 — 

Dass der Kanzlist Heinrichs VI. die Urkunde angeblich 
von 1194 benutzt habe, ist vonvorneherein ausgeschlossen. Abge- 
sehen von allem Anderen, würde er eine kritische Kunst unserer 
Zeit geübt haben, die Quellenanalyse: was mit der auf Eogers 
Namen geschmiedeten Fälschung, wie auch mit den Statuten 
Messinas übereinstimmt, hätte er sorgfältig ausgeschieden, dass es 
nicht in seine neue Urkunde gerate! Freilich möchte ich auch 
nicht behaupten, der Fälscher habe sich des Privilegs von 1197 
bedient. Könnte nicht ein echtes, das Heinrich VI. am 28. Okto- 
ber 1194 den Messinesen erteilte, eine seiner Quellen gewesen 
sein? Jedenfalls hat der Fälscher irgend eine Urkunde, die 
Heinrich VI. am 28. Oktober 1194 zu Messina verlieh, wem auch 
immer, sich zu Nutze gemacht. Ort und Zeit passen zum 
Itinerar Heinrichs; die Zeugen finden sich mehrfach in seiner 
Umgebung; der Protonotar Albert pflegte damals die Urkunden 
zu „geben" ; der Mangel einer Eekognition entspricht nur der 
Thatsache, dass seit dem 20. Juni 1194 das Kanzleramt erledigt 
war; der sogenannte Rahmen ist in allen Teilen stilgemäss*. Genug, 
irgend einem echten Privileg, das Heinrich VI. am 28. Oktober 1194 
zu Messina ausgestellt hat, ist der Fälscher gefolgt. Weshalb 
sollten dieses nicht die Messinesen selbst erhalten haben? Auch 
für die Urkunde von 1160, die gleich der unsrigen vollste Handels- 
freiheit durchs ganze Reich zusichert, hat eine echte, eben den 
Messinesen 1160 erteilte, als Muster gedient. Hier lässt sich die 
Behauptung mit Sicherheit aussprechen, denn neben der Nach- 
ahmung^ ist das Vorbild^ selbst auf unsere Tage gekommen. 



stand wiederholt. Ich kann aber mit diesen Worten keinen Sinn verbinden; 
es ist wahrscheinlich zu lesen: aceipiat tantum de rebus ipsitis, quantum erit 
predatum, sub sasimento. 

1. Allerdings kOnnto der Druck an Einer SteUe Verdacht erregen, denn 
nach durchlaufenden Monatstagen, wie hier geschehen ist, hat die Kanzlei 
Heinrichs VI. nicht vor April 1195 gerechnet. Aber wie schon Winkelmann 
in den Forschungen zur dtsch. Gesch. XVIII 479 bemerkt, ist die Urkunde 
in dem Messineser Privilegienbuche datiert: ö kal, Nov. 

2. Das ist die Fälschung, die ich S. 238 Anm. 2 besprach. 

3. S. 234 Anm. 6 machte ich auf Eigentümlichkeiten der Urkunde auf- 
merksam. Diese hat der Fälscher, mit anderen Formeln, in sein Elaborat 
Qbernommen. Uebrigens gedenkt er auch ausdrücklich des echten Privilegs, 

dessen Verleihungen nun übertrumpft werden sollen. 

Scheffer-Boichorst, Zur Gesch. das XII. u. XIIL Jahrhunderts. 16 



— 242 — 

Zur Analogie nehme man hinzu, dass die Fälschung, die das 
Datum des 28. Oktobers 1194 trägt, in Einem Punkte — wie 
schon gesagt — hinter der echten Urkunde vom 11. Mai 1197 
zurückbleibt, dass sich in der Bestimmung vom Oktober 1194 bis 
zu derjenigen vom Mai 1197 eine genetische Entwicklung dar- 
stellt; zunächst wurde die Verpachtung des höchsten Stadtamtes 
beibehalten, aber es sollte erst nach Ablauf eines Jahres dem 
Mehrbietenden zugeschlagen werden: später ward die staatliche 
Besoldung des Stratigoten eingeführt. Dass so in der Fälschung 
einmal weniger bewilligt wird, als in der echten Urkunde, während 
jene doch mit der unbedingten Handelsfreiheit weit mehr gewährt, 
als diese, lässt sich meines Erachtens am besten durch die Annahme 
erklären, die minderwertige Verleihung sei aus dem echten, uns leider 
verlorenen Privileg in die Fälschung hinüber genommen. Ihm möch- 
ten dann auch die oben erwähnten Sätze vom Zeugenzwang und Re- 
pressalienrecht angehören;^ der Fälscher wird sie abgeschrieben 
haben, und 1197 hat die kaiserliche Kanzlei sie nicht unbeachtet 
gelassen. Daher die Übereinstimmung?'^ 

Wie aber auch immer, — die uns vorliegende Urkunde vom 
28. Oktober 1194 ist unecht; Zweck der Fälschung war nicht in 
letzter Reihe, den Anspruch unbeschränkter Handelsfreiheit zu 
stützen; nebenher gingen genealogische Interessen.* Eine echte 
Urkunde vom gleichen Jahre und Tage, wahrscheinlich doch auch 
für Messina ausgestellt, diente zum Muster, und so wird man 



1. Möglicher Weise konnte Heinrich VI. noch eine Gunst« die mehr 
einem augenblicklichen Interesse diente, die also 1197 nicht nociimals vcrbrioft 
zu werden brauchte, 1194 den Messinesen in der That erwiesen haben. Er 
sagt Tom Admiral Margarito: res ipsituf, que capte fiterunt et expense pro 
communi titilitati Messane^ de cetero non exigantur nee reatituantur. Dass 
Margarito ein Schloss in Messina besass, wissen wir aus Ottoboni Annal. 
Genuens. M.G. SS. XVUI 108, 

2. Konstanze konnte natarlich auf das angenommene Privileg von 1194 
sich nicht beziehen, denn Heinrich wdrde 1197, indem er einzelne Bestimmungen 
desselben wiederholte, auf der anderen Seite doch mehr vergünstigt haben. 
Das bemerke ich, falls Jemand den Einwand Hartwigs a. a. O. 31, dessen ich 
schon S. 237 Anm. 3 gedachte, gegen meine Hypothese ins Feld fahren wollte. 

3. Nicht blos die Erwähnung des Camuglia, Ober die ich S. 240 handelte, 
ist daffir Beweis; man muss sich überhaupt fragen, was die Aufzählung so 
vieler Verbannter mit einem Stadtrechte gemein hat. 



— 243 — 

jedenfalls Daten und Zeugen für die Forschung verwerten 
können.^ Durchaus echt sind dann die Privilegien vom Mai 1197 
und vom Januar 1198. Dieses hat freilich nur den Wert einer 
Bestätigung, dagegen gewährt jenes einen neuen Einblick in die 
Entwicklung der bedeutendsten Seestadt Siziliens, und für die 
Geschichte Heinrichs VI. bietet es beachtenswerte Ergänzungen. 



1. Die Zeit der Fälschung, die uns vor allem beschäftigt hat, wie auch 
aller mit ihr zusammenhängenden, mag ein anderer bestimmen. Ich erwähne 
nur: 1) dass nach Gregorio Considerazioni sopra la storia di Sicilia I Prove 
ed annotazioni 45 das gefälschte Privileg Rogers in die Zollregister von 14S8 
— 1429 fol. 2-14 eingetrngcn ist; 2) dass die unbeschränkte Handelsfreiheit, die 
in den Fälschungen vom Mui 1129, vom August 1160 und vom Oktober 1194 
eine so grosse Rollo spielt, nach dem widerrufenen Privileg vom Dezember 
1199, wie wir schon S. 235 Anm. 2 sahen, im Jahre 1296 bestätigt worden ist. 



XIV. 

Die Vorbilder für Friedrichs IL Constitutio de 

resignandis privilegiis. 



Kaiser Friedrich II. ist in manchen Verordnungen seinen 
normannischen Vorgängern gefolgt, und auch Heinrich VI. 
wandelt auf den Wegen der früheren Beherrscher Siziliens. Ein 
treffendes Beispiel bieten die Erlasse über EUckgabe aller 
Privilegien: die Kanzlei soll den ganzen Urkundenbestand, soweit 
er die in andere Hände übergegangenen Regalien oder Domänen 
betrifft, einer Prüfung unterziehen. Diese Massregel hat Eoger H. 
zuerst angewandt; Heinrich VI. wollte sie sich zu Nutze machen, 
und Friedrich H. brachte sie nur noch systematischer zur 
Durchführung. 

Ihre Bedeutung liegt auf der Hand: jedes Privileg, das ge- 
fälscht, erschlichen, ohne die nötige Ueberlegung oder Freiheit 
erteilt zu sein schien, wurde für null und nichtig erklärt; die 
Güter und Eechte, die man auf Grund eines nicht ganz tadel- 
freien Pergamens besass, fielen an die Krone zurück. Aber 
auch dann, wenn das Königtum den derzeitigen Besitz gelten 
liess, dürfte die Massregel doch einen Nutzen gewährt haben: 
durch Erneuerung des in Frage gestellten Privilegs hatte man 
sich die beglückten Prälaten und Barone neuerdings verpflichtet. 
Freilich bot sich als Kehrseite dar: vielfache Unzufriedenheit 
derer, die mit leeren Händen heimkehren musstenl^ 



1. Wahrscheinlich hatte die Massregel auch eine fiskalische Bedeutung: 
Richard I. von England dachte wohl nur an Gewinnung von Geld, als er 1197 
den Befehl erliess, all' seine Privilegien sollten zu erneuter Besiegelung ihm 
vorgelegt werden. Sehr charakteristisch ist in dieser Hinsicht das Urteil des 
Radulf. Coggeshall. ed. Stevenson 93: Accessü ad totius mal* cumidum — 
prioris sigilli sui renovatio, — In quibus renovandis et iterum comparandds 
cartis innumerdbilis pecunia congesta est Alles Einzelne über Richards Vorgehen 
erörtert Round Feudal England 539 fif. 



— 246 — 

Am meisten bekannt ist das Vorgehen Friedrichs II. auf den 
Höfen von Capua und Messina 1220 und 21. Damit werde ich 
mich nicht weiter zu befassen brauchen.* Auch hat der Geschicht- 
schreiber Friedrichs II. wohl bemerkt, dass sein Kaiser sich einmal 
auf das Beispiel Eogers II. beruft.^ Aber es giebt aus dessen 
Eegierung mehrere Praecedenzfälle, die er nicht beachtet zu haben 
scheint, 3 und dass Friedrich in dem Verfahren des eigenen Vaters 
eine Richtschnur finden konnte, möchte ihm auch entgangen sein. 

Am 11. Oktober 1144 erschien ein Vertreter des Abtes 
Hugo von Valle Gioeafat vor Roger, um eine ganze Reihe von 
Privilegien verschiedener Grosser, die das Kloster mit diesen und 
jenen, in letzter Instanz unzweifelhaft auf das Königtum zurück- 
gehenden Gütern beschenkt hatten, zur Prüfung und zur Er- 
neuerung zu unterbreiten; es geschah aber in Gemässheit eines 
Befehles: ut omnia privilegia ecclesiarum et subiectorum regni 
nostriy antiquitus composita, a nostra dementia noviter essent 
eluddata et robore nostri culminis communita.^ Acht Tage später 
kam vom Festlande ein Anwalt des Klosters St. Maria d'Atilia, 
das auch dem Befehle Rogers entsprach: ut omnia sigilla 
ecclesiarum ceterorumque fidelium regni nostri renoventur et 
ostendantur in lucem atque corroborentur.^ Anfangs November 



1. Winkelmann Kaiser Friedrich II. in den Jahrbüchern I 528 meint, das 
Edikt von Capua habe nicht über den Tod Wilhelms II. zurückgegriffen, erst 
das folgende Edikt von Messina möge „auf die Privilegien der Könige Roger, 
Wilhelm I. und Wilhelm II. erweitert worden Sein"; aber in einer Urkunde, 
die Winkelmann unbekannt geblieben ist, sagt Friedrich IL, post solenne col- 
loquium, quod Capue celebravimus, ubi de resignandis privilegiis universis 
edictum fecimus generale, sei Gervasio di Sciacca zu ihm gekommen: Privi- 
legium de littera greca domini regia Rogeni — nostre magne curie resignavit, 
Paolucci II Parlamente di Foggia del 1240 p. 38. Dagegen heisst es dann in 
einer ungedruckten Urkunde Friedrichs — d. d. 1221 Januar, Capua — von dem 
Baron Rao d'Accia, er habe ein Privileg — d. d. 1219 April, Hagenau — der 
Kurie eingehändigt und zwar in Gemässheit des Beschlusses von Capua, wonach 
alle Privilegien, a tempore regia Guglielmi felicia memorie usgue in nunc facta, 
zurflckgegeben werden sollten. Vgl. den Text der Urkunden im Anbang. 

2. Winkelmann a. a. O. I 132 Anm. 2. 

3. Zwei verzeichnete schon Gregorio Consid. sopra la storia di Sicilia II 
Prove ed annot. 34. 

4. Doc. per servire alla storia di Sicilia, I. Serie, XYIb 3. 

6. Ughelli Ital. Sacra IX 478 ed. IIa. Nebenbei bemerkt, sind sigillum 
und Privilegium im sizilischen Sprachgebrauch ein und dasselbe. 



— 246 — 

erhielten die Karthäuser von S. Maria d* Arena ein Privileg/ 
in dem von der gebotenen Erneuerung mit den gleichen Worten 
gesprochen wird, wie am 11; Oktober.^ So geht es weiter^ und 
zwar bis in den Mai 1145.* Ich gedenke nur noch der schon 
oben erwähnten Urkunde, auf die Friedrich IL sich beruft, als 
er sie bestätigte, wie Roger sie bestätigt habe, dtmi dictics avus 
noster omnia sigilla ecdesiasücorum suo iussisset conspectui 
presentari.^ 

Harmlos klingt die Passung. Danach scheint es, als ob 
Roger ohne weiteres jede Urkunde bestätigen wollte. In Wirklich- 
keit haben, seine Kanzlisten sorgfältigst geprüft,^ und wo sich 
ein Einwand erheben Hess, ist gewiss keine Schonung geübt 
worden. Wir kennen den König, der seine Mussestunden am 
besten auszufüllen meinte, wenn er aut publicis exadionibus invi- 
gilaret aut datorum sive dandorum seu eorum quae accipienda 
erant reminisd vel quae recensenda erant recensere satageref 

Dem Vorgange Rogers folgte Heinrich VI. Die erste Urkunde, 
worin eines Edikts „De restituendis privilegiis*' gedacht wird, hat 
er am 6. April 1197 zu Palermo dem Meister der Templer in 
Sizilien erteilt. Dieser war mit einigen Brüdern des Ordens, 
die Häusern in Sizilien und Apulien angehörten, zum Kaiser ge- 
kommen und: privilegia eis a nostra maiestate in regno nostro in- 
dulta iu^xta generale mandatum, qux>d in sollempni curia Pale^'mitana 



1. Trombj 8toria del ordine Cartusiano IV App. 20. Diese und die 
vorausgehende Urkunde scheint mir Meo Annali del regno di Napoli X 132. 
133 ohne Grund verdächtigt zu haben. 

2. Man vergleiche die Urkunden, die Behring Sizilianische Studien II 
8. 9 zum 6. November 1144, zum 20. und 22. März 1145, zum 1. und 6. Mai 
verzeichnet hat. Uebrigens nennt Behring seine Zusammenstellung sehr un- 
richtig „Regesten'' ; auf jede genauere Inhaltsangabe hat er verzichtet. 

3. Natürlich ist auch in griechischen und arabischen Urkunden des Be- 
fehles gedacht. Griechisch ist ein Privileg vom 22. März 1145 bei Cusa I 
diplomi greci ed arabi di Sicilia 26; aber ein arabisches, das Cusa 1. c. 472 
veröffentlicht hat, siehe sein italienisches Regest S. 716. 

4. Nicht bis in den Oktober 1145, wie man nach Riccio Saggio di cod. 
dipl. Suppl. I 11 Nr. 9 glauben könnte, denn die Urkunde gehört zu 1144. 

5. Huillard-Bröholles Bist. dipl. Frid. sec. 11 365. 

6. In der Urkunde für 8. Maria in Valle Giosafat sagt Roger selbst: 
privilegia predicta per diliy entern inquisitionem vidimus esse vera. 

7. Alex. Telesin. De rob. gest. Rogerii IV 3 ap. Muratori SS. V 642. 



— 247 — 

fectmtds, in manihus nostris resignarunt^ Man könnte danach 
glauben, Heinrichs Befehl habe sich nur auf seine eigenen 
Verleihungen bezogen.^ Nicht anders lautet eine Urkunde, 
die er am 17. April 1197 zu Palermo ausstellte: die Kapellane 
der königlichen Kapelle haben das Privileg, sibi a celsi- 
tndine nostra concessum, moda generale edictum, qtiod in 
sollemni curia nostra Panormi fedmics, in seine Hand verzichtet.'* 
Und so kommt auch am 22. April der Erzbischof von Mon- 
reale nach Palermo, er verzichtet auf Heinrichs Privileg vom 
11. Januar 1195, iuxta generale nostre serenitatis edictum, er hat auch 
Privilegien Wilhelms II. mitgebracht. Die letzteren bestätigt der 
Kaiser, das erstere giebt er dem Erzbischof zurück.* Nach diesen 
Beispielen möchte man, wie gesagt, Heinrichs Massregel auf seine 
eigenen Privilegien beschränken. Aber sicher meinte er, dass 
ohne seine Bestätigung alle früheren Vergünstigungen null und 
nichtig sein sollten. Das beweist eigentlich schon der Vorgang 
vom 22. April: die vom Erzbischof zurückgegebene Urkunde war 
nichts anderes, als eine Bestätigung; Heinrich selbst nennt sie con- 
firmationis Privilegium, und wenn er nun das Schriftstück behielt, 
wenn er auch in keiner anderen Form die früheren Privilegien 
bestätigte, hatten diese dann für den Erzbischof einen Wert? 
Doch der allgemeinere Charakter der Massregel ist auch aus- 
drücklich bezeugt. Am 16. April schreibt der Kaiser über den 
Erzbischof von Palermo; privilegia Panormitanae ecclesiae, tarn a 
nostra maiestate concessa, quam alia, iuxta generale edictum^ in 
sollempni curia nostra Panormi factum, in manus nostras resignavit,^ 



1. Stumpf Acta ined. 712 Nr. 511. In der ältesten, dem 13. Jahrhundert 
angehörenden Ueberlieferung: in curia GapfuanaJ; der von mir einfach be- 
seitigte Irrtum erklärt sich aus einer Erinnerung an den Hoftag Friedrichs II. 

2. Freilich passen dann privilegia a nostra maiestate in regno nostro 
indulta nicht recht zu der später folgenden Bestimmung quecunque eis per 
iamdicta privilegia a nobis vel ab antecessoribus [nostris indtdta] divino 
intuitu »int tradita et concessa. Nebenbei bemerkt, ist natttrlich nicht mit 
Stumpf denuo unita zu lesen, sondern divino intuitu, wie auch eine Kollation 
Kehr 8 bestätigt. 

3. St. 5060. 

4. Siehe die bisher nngedruckte Urkunde am Schlüsse dieser Unter- 
suchung. 

5. St. 5059. 



— 248 — 

Das Merkwürdige ist, dass das Restitutionsedikt, in Palermo 
erlassen, nur in Palermo, nur vom 6. bis 22. April zur An- 
wendung kommt, offenbar unmittelbar nach seiner Publikation, 
dass ferner sich ihm fügen: der Erzbischof von Palermo, die 
Kapellane der königlichen Kapelle zu Palermo, der Erzbischof 
von Monreale, der in V/^ Stunde bequem in Palermo sein konnte, 
und der Meister der Templer von Sizilien, der zum Hofe auch 
wohl keinen weiten Weg hatte. Und doch betont Heinrich wieder 
und wieder, dass er erlassen habe generale edidum! 

Das Rätsel zu lösen, wird man beachten müssen, dass gegen 
Heinrich VI. eine Verschwörung ausbrach. Zum Teile ist sie 
gewiss durch das Edikt hervorgerufen,^ hatte es doch den ganzen 
Besitzstand der Reichsangehörigen, soweit er auf die Krone zu- 
rückging, mittelbar oder unmittelbar, in Frage gestellt.^ Wahrlich, 
Heinrich hat klug gehandelt, dass er später, Sieger über die 
Verschwörer, auf die Restitution verzichtete. 



Eine Urkunde für Monreale lieferte einen der Beweise, dass 
auch Heinrich VI. ein Gesetz „De resignandis privilegiis'' erlassen 
habe. Wir kannten sie bisher nur aus dürftiger Anführung, und 
da war sie zudem noch mit falschem Datum versehen worden.^ 
Ein Druck wird willkommen sein, umso mehr als ich ihm das 
Original zu Grunde legen kann. Dieses befindet sich im erz- 
bischöflichen Archive zu Monreale, dessen Schränke auf Em- 
pfehlung des Herrn A. Salinas, Direktors des Palermitaner 
Nationalmuseums, mir freundlichst geöffnet wurden. 

Ueber die Urkunde selbst ist zu bemerken, dass drei Siegel 
daran hingen. Das mittlere und grössere, mit roten Schnüren 
befestigt, ist noch vorhanden, doch sind Bild und Umschrift 



1. Nach Toeche Heinrich VI. S. 455 wäre das Edikt allerdings ein 
Racheakt gegen die Rebellen. Aber wie ich schon S. 234 Anm. 4 sagte, hat 
Toeche die Zeit der EmpOrung unrichtig bestimmt. Ueberdies Hess er hier 
ausser Acht, dass die so allgemein gehaltene Verordnung nicht blos Ver- 
schwörer traf, sondern auch Indifferente und Loyale. 

2. Von den eigenen Schenkungen des Vaters hat der Sohn gesagt, sie 
seien gemacht worden sub spe revocationis. B.-F. 1295. Ob Friedrich II. da- 
bei an den missglückten Versuch vom April 1197 gedacht hat? 

3. St. 6063. 



— 249 — 

unkenntlich geworden. Links nnd rechts hielten gelbe Schnüre 
zwei kleinere Siegel.: nur von einem ist noch ein winziges Bruch- 
stück erhalten. 

Heinrich VL zeigt den Jitstitiarien und den Bajuli an, dass 
gemäss seines Generalediktes ihm seine der Kirche vo7i Monreale 
erteilte Bestätigung zurüeJcge^eben sei/ dass ^er- aber aus Privi- 
legien ihres Gründers, Königs Wilhelms IL, die GerichtsbarJ(;eit 
über ihr Gebiet als ihr Recht erkannt und ihr darauf seine Ur- 
kunde erstattet habe, 

1197 April 22, Palermo, 
Heinricus dei gratia Romanorum imperator semper augustus et 
rex Sicilie universis iusticiariis et baiulis regni, tam presentibus quam 
futuris, fidelibus suis gratiam et bonam voluntatera. 

Universitati vestre notum fieri voluraus, quod, dum iuxta gene- 
rale nostre serenitatis edictum Privilegium confirmationis, indultum a 
nostra munificentia ecclesie Montisregalis, nobis resignatum fuisset, 
vidissemus etiam alia privüegia indulta eidem ecclesie a rege W. bone 
memorie, a quo ecclesia ipsa fundata fuerat et constructa. E qüorum 
tenore nostre innotuit maiestati, iusticiariam omniuni terrarum, que ad 
dicionem eiusdem ecclesie pertinent, sibi fuisse. concessam. Volentes 
eandem ecclesiam, suis communitam privilegiis, optentu religionis et 
servicii, quod ibi domino devotione sedula exhibetur, promovere semper . 
in melius et auctore domino in omnibus iugiter confovere, de innata 
solii regii clemencia nostre confirmationis Privilegium ei resignavimus, 
indulta sibi a memorato rege W. privilegia benignius confirmantes. 
Eapropter mandamus sub obtentu nostre gratie districte precipientes, 
quatinus amodo nullus de iusticiaria, eidem ecclesie concessa et nostro 
sibi privüegio confirmata, se intromittere qualibet temeritate presumat. 

Datum Panormi, 22 Aprilis, 15 indictione. 



XV. 

Die Gründung Augustas und die Wiederher- 
stellung Regal butos. 



A« Die Grfindnng Augastas« 

Vielfach hat man sie zum Jahre 1242 angesetzt; man stützte 
sich dabei auf folgende Inschriften: 

1) Augustam divus augustus condidit urbein 

Et tulit, ut titulo sit veneranda suo. 
Theutonica Frederious eam de prole secundus 
Donavit populo, finibus, arce, loco. 

2) Huius apex operis ex maiestate decoris 

Denotat autorem te, Frederice, suum. 
Tunc tria dena decem duo mille ducenta trahebant 
Tempora post geiiitum per nov» iura deum. 

Daraus ergicbt sich allerdings 1242. Aber bezieht sich die 
Jahreszahl auf die Gründung der Stadt? Keineswegs; apex operis 
ist die Burg: an ihren zwei Thoren sah Fazello je eine der In- 
schriften, und zwar die für uns wichtigere in altera arcis porta, 
que meridiem respicit Vom Baue dieser Burg aber wissen wir, 
dasa er 1239 im Werke war. Damals befahl der Kaiser, nicht 
zuviel Geld für die Weiterführung auszugeben, da seine Mittel 
anderweitig in Anspruch genommen seien ;^ doch Hess er's nicht 
an einer Geldanweisung fehlen.^ 1242 war m. E. der Bau voll- 
endet. 

Also für die Zeit, in welcher Friedrich II. die Stadt ins 
Leben rief, hat die Inschrift am Thore der Burg nicht die 
geringste Bedeutung. Augusta selbst mochte lange vor 1242 
gegründet sein. In der That kann man die Existenz der Stadt 
bis auf 1231 zurückführen.* Ich will mit der kleinen üeber- 



1. De reb. Sicul. |ed. 1560 p. 76 Danach sind die Inschriften oft gedruckt. 

2. Hoillard-Br^hoUes Bist. dipl. Frid. sec. V 510. 

3. Huinard-Br^hoUes V 529. 

4. Das8 1233 die Einwohnerschaft von Centorbi (heute Centuripe^, wie 
68 öfter heisst, nach Augusta verpflanzt worden sei, dass also die Begründung 
Augustas mit der Zerstörung Ceutorbis zusammenhänge, ist ein Irrtum Späterer. 
Vgl. ß.-P. 2023 a. 



— 261 — 

raschung nicht länger zögern : abgesehen von einleitenden Phrasen 
war die den deutschen Forschern völlig entgangene Urkunde, 
in welcher Friedrich 1231 den Bürgern von Augusta ihr Gebiet 
bestätigt, bisher schon dreimal gedruckt! Allerdings in wenig 
verbreiteten Werken. 1653 veröflentlichte Francesco Vita das 
Buchilnesto istorico della cittä d' Augusta; auf Seite 85 druckte 
er den wesentlichsten Teil der Urkunde,^ nämlich die Grenz- 
umschreibung des geschenkten Gebietes samt dem Schlüsse; er 
folgte der Mitteilung eines Notars, der über die Herkunft bemerkt: 
Est sdendum, qualiter in libro stattis regiae secretiae vener andae huius 
civitatis Ättgustae facto sub anno dominicae incarnationis domini 
Jesu Christi 1236 sunt nonnulla capitula, et inter alia extat infra- 
scriptum tenoris sequentis. Dasselbe Bruchstück, nur um einen 
Teil der Einleitung vermehrt, hat 1782 in C. Orlandis Delle 
citta d'Italia II 357 ein Adliger von Augusta, der Abate 
Fr. T. Zoppelli, zugänglich gemacht oder — muss ich vielmehr 
sagen — versteckt.^ Zoppellis Quelle scheint aber dieselbe ge- 
wesen zu sein, der auch Vita folgte.^- Die Texte beider verband 
dann 1876 S. Salomone Augusta illustrata ovyero storia d' Au- 
gusta 173. Wie seine Vorgänger ist auch Salomone ein Au- 
gustaner, und da er sich lediglich auf die Drucke angewiesen 
sah, so war eine handschriftliche üeberlieferung, die uns den 
ganzen Wortlaut böte, in Augusta zur Zeit kaum mehr vorhanden.^ 

Leider ist die Urkunde nicht blos unvollständig, sondern auch 
mit vielen Verderbnissen überliefert. Namentlich der Teil, den 



1. Eine Abschrift verdanke ich Herrn Dr. K. Hampe, der das Buch 
auf dem britischen Museum zu London benutzen konnte; in Deutschland, aber 
auch in Italien, habe ich es vergebens gesucht. 

2. An diesen Fund, den Herr Dr. E. Schaus machte, als er für mich 
das Werk durcharbeitete, schloss sich meine Forschung an. 

3. Darauf deuten die gemeinsamen Fehler; Zoppelli schweigt über seine 
Quelle; er überschreibt seinen Druck: De Augustae territorio, eivsque iuribus 
et pertinentiis divi Friderici secundi caesaris, Sicüiae regis, Privilegium, 

4. Nach G. M. Mira Bibliografia Siciliana II 468 verfasste Onofrio Vita, 
der Bruder Francescos, ein ungedrucktes Werk : Ad nostrorum principum placita, 
divorum Frederici caesaris, Martini^ Garoli F., Filippi IL et Filippi JF., 
Siciliae regum indytorum, Augustae urbi induUa. Es ist wohl dieselbe Hand- 
schrift, die Zoppelli a. a. O. 385 und nach ihm Salomone a. a. 0. 114 ai^- 
führen; Tomo in foglio de* ^uattro privilegi della citta d' Augusta^ 



- 252 -^ 

Vita bei Seite Hess, befindet sich in argem Zustande, und mit 
einfachen Aendcrungen war nicht zu helfen. Besser steht es 
um den zweiten Teil, den wir Zoppelli und zugleich Vita ver- 
danken. 

Die Daten lauten bei Vita: Malfe 1236 mense septembris 
indidione decima^ Zoppelli schreibt ebenso, aber 1231. Statt ifaZ/e 
ist hier und dort sicher Melfie zu lesen; zu 1236 passt allerdings 
die zehnte Indiktion, aber gewiss hat Vita, um üebereinstimmung 
herzustellen, an der verkehrten Stelle geändert. Im September 
1236 befand sich der Kaiser gar nicht in Unteritalien, wohl aber 
hielt er im September 1231 zu Melfi Hof. Damals war denn 
auch der Notar Procopiics de Matera, der bei Vita und Zoppelli 
als de Mantea erscheint, in seiner Kanzlei beschäftigt.^ 

Die Echtheit der Urkunde ist nicht zu bezweifeln. Ein 
anderer Friedrich IL, der Aragonese, hat 1298 das Gebiet, quod 
illitstris dominus imperator Friderictcs tempore novae constitutionis 
et pro liberatione terrae AugtLstae de manibus civium Syracusarum 
ademit ac territorio dictae terrae Augustae attribuit, den früheren Be- 
sitzern zurückgegeben ^ Er spielt damit zweifellos auf unsere 
Urkunde an. Was mehr sagen will: die Formeln entsprechen 
ganz dem Stile der kaiserlichen Kanzlei. Z. B. de nostra gratia 
dignaremur, de bono in meliits, ex certa nostra scientia, diese Aus- 
drücke kehren in unzähligen Urkunden des Staufers wieder. 
Besonders aber mag noch bemerkt sein, dass die Bekräftigung 
am Schluss: Ad huius autem conce^sionis etc, in einer zweiten 
Urkunde vom September 1231 sich findet, in einer Urkunde, 
die auch in Melfi ausgestellt wurde per manus Procopii de 
Mater a,^ 

Eigentümlich erscheint vielleicht Manchem, dass in der 
Grenzbeschreibung die ermüdende Wiederholung eines Wortes 
den Begriff „immer entlang" ausdrücken soll. Das aber ist echt 
sizilianisch, und wenn ich nicht irre, wurden die ganzen, so ge- 
fassten Grenzbeschreibungen aus den Registern der Dogana 
kopiert. Als Heinrich VI., das Gebiet von Caltagirone bestimmend, 



1. B-F. 1890. 

2. Testa De reb. gest. Frid. sec. 244. 

3. B.-F. 1890. 



— 253 — 

ähnlich sagte, ^ etwa: vadit vallonem vallonem, vadit flumen flumen, 
vadit viam mam, da entnahm er die einzelnen Ortsbezeichnungen 
de quaternione dohane nostre magne.^ 

Was die Urkunde für die Geschichte Augustas bedeutet, 
brauche ich nicht auszuführen. Wohl aber darf ich darauf hin- 
weisen, dass sie noch in anderer Richtung ihren Wert hat. Wie 
Ficker einmal klagt, sind wir über die Beamten, die für Friedrich II. 
die Insel verwalteten, nur sehr dürftig unterrichtet; er konnte 
nichts Anderes beibringen, als die Nachricht der sizilischen 
Annalen, wonach das Gesetzbuch, welches der Kaiser im August 
1231 zu Melli veröffenth'chte, den Gewalten des Reichs überbracht 
wurde per domnum Riccardum de Montenigro, qui erat magister 
iusticiarius Sidlie,'^ Nun zuerst sehen wir den Richard von 
Montenigro, eben als Gross Justitiar Siziliens, noch in ander- 
weitiger Thätigkeit: er weist der neuen Stadt ihr Gebiet an und 
entschädigt die Barone und Getreuen, die von ihrem Besitze her- 
geben mussten.* 

Friedrich IL bestätigt der Stadt Augusta das genau um- 
grenzte Gebiet y das ihr der Orossjustitiar Siziliens angewiesen 
hat, er siche7't ihr den immer unmittelbaren Besitz und bekundet 
die Entschädigung, welche Andere für ihre Landabtretung vom 
Oros^ustitiar erhalten habend 

1231 September^ Melfi, 

Die Bürger von Augusta haben gebeten, [ut] quedam territoria 
ad ampliatioiiem et incrementum equidem dari eis atque distribui im- 
partiremus iiiter eos pro faciendis agriculturis, vineis, habilitatibus 
et opportunitatibus eorumdem, eis consignata per Riccardum de Monte- 



1. S. im Anhang die Urkunde von 1197 Juli 2. 

2. Sonst faeisst es auch ex registris duanae 1154, in deptariis dohanae 
1170. R. Gregorio Considerazioni sopra la storia di Sicilia II Prove ed 
annotazioni 34. — 1229 umgrenzt Johannis de Romania, imperialis dohane de 
secretis et questorum magister das Lehen Bucaloia, und zwar nach Massgabe 
der qy^terfii imperiales de secretis, in quibus fines omnium civitatum^ castrorum 
villarum et casalium Sicilie scripti sunt. G. Paolucci II parlamento di Foggia 
36 Anm. 

3. Ficker Forsch, zur Reichs- und Rechtsgesch. Italiens I 357. 

4. Richard besass auch selbst in Augusta ein Haus. Huillard 1. c. V 979. 

5. In den folgenden Varianten bedeutet 1. den Druck Zoppellis, 2. den Vitas. 



/ 



/ 



— 254 — 

nigro, magistrum^^ iustitiarium in Sicilia,^ [etj territoria ipsa [eis] con- 
cedere et confirmare de nostra gratia [digiiaremur]. Nos autem eidem 
universitati inclinati, terram ipsam Auguste, a tiobis fuiidatam et nostro 
nomine nuncupatam, ampliare de bono in melius cupientes, predicta 
territoria, prout inferius designata^ leguntur, eidem universitati 
concedimus et ex certa nostra scientia confirmamus, ut homiues 
universitatis ipsius territoria ipsa in perpetuum pacifice et quiete 
possideant et tam ipsi quam successores eorum immediate a nostra 
maiestate recognoscant. Et ut presens concessio et confirmatio nostra 
in perpetuum obtineat [vigorem], predictus JRiccardus de Monte- 
nigro, magister iustitiarius in Sicilia, speciali mandato nostro 
singulis aliis baronibus et aliis fidelibus nostris, qui terras et teni- 
menta aliqua infra fines habebant^, de ipsis terris et tenimentis in 
equivalenti excambio satisfecit ® , sicut per responsales litteras eius, eul- 
mini nostro directas, nostre constat maiestati, salvis in omnibus et 
per omnia fidelitate, mandato et ordinatione nostra et heredum no- 
strorum. Fines ^ autem predictorum tenimentorum sunt hi, videlicet 
incipiunt a scala Greca et deinde vadunt per? ripam ripam^ usque 
ad Targiam et deinde per ripam ripam di ^ Ricumbeni usque ad Bel- 
videri^^ et postea usque ad montem Climitis ex parte occidentis et 
colligit tolum montem Climitis et vadit per summitates summitates 
eiusdem montis versus septemptrionem et usque ad scalam, que dici- 
tur di Provenzali, et deinde per summitates summitates usque ad 
mandram de Canonitis^ et ab ipsa tendit usque ad montem di Bon- 
ionni"^ et deinde vadit usque ad scalam, que dicitur de Saracinis, et 
ab ipsa scala tendit usque ad montem, qui dicitur di Mussuto, et vadit 
usque ad quandam ecclesiam, que dicitur sanctus Georgius, et vadit 
per costam costam ad montem Scalecia ^ et deinde per summitates 
summitates versus occidentem usque ad vallonem, qui dicitur di Fon- 
tiparti, et deinde per cavam cavam, que se^ extendit ad ficum, que di- 
citur Vibris, et deinde per viamviam versus orientem usque ad molendinum 
Favarie et tendit versus orientem per summitates summitates usque 
ad summitates casalisP Carubbe et deinde ad molendinum de Granottis 
et deinde per viam usque ad vallonem, qui dicitur de Scannacapu, ^ 
et deinde per viam, per quam itur' versus Leontinum, usque ad £on- 



a. magnificum 1. b. Sicilia prout inferins designare nos 

territoria 1. Vergl. vier Zeilen weiter dieselben Worte p r o u t i n f. d e s. c. d e - 
signarel. d. habeantl. e. satisfiatl. f. Hier beginnt 2. 

g. ad 1. h. fehlt 1. i. de 1. k. Belvidiri 1. 1. Canovitis 1. 

m. Bnongio vanni 1. n. Scalceal. o. que s e fehlt 2. p. casaliil. 

q, Scrannaeapo 1. r. per qu an tum 1. 2. 



- 2&5 - 

stein, qui dicitur Vibertis,» et deiiide usque ad aquam, que venit a 
fönte di Salachi, ^ et deinde ultra aquam predictain per summitates 
summitates et tendit usque ad aquam Roccadie et deinde per aquam 
aquam usque ad Margium et deinde per aquam usque ad flumen 
Leontini et deinde per flumen üumen usque ad mare. Ad huius 
autem concessionis et confirmationis nostre memoriam et robur per- 
petuo valiturum presens Privilegium per manus Procopii de Matera, ^ 
nostri fidelis, fieri et nostro sigillo iussimus imprimi. Anno mense et 
indictione subscriptis. 

Datum Melfie,<i anno dominice incamationis 1231,® mense Sep- 
tembris, indictione 5.^ 



B. Die Wiederlierstellnng Begalbutos. 

Pazello De rebus Siculis I 10^ macht eine Mitteilung, die 
ich in den Regesten Manfreds vermisse:^ Rayhalbutum 1261 a 
Centuripinis incendio funditus est absumptum atqite a Manfredo 
proocimo inde anno restauraium, ut eins diplomate, dato Messanae 
22 Septemb, 6 ind. anno salutis 1262, satis liquet Diese Urkunde 
scheint leider verloren zu sein. Pirri Sicilia sacra I 595 hat sich 
nur auf Fazello berufen, und was mehr sagen will: als im Jahre 
1739 Domenico Pensabene gegen die Ansprüche des Erzbischofs 
von Messina die Reichsunmittelbarkeit Regalbutos verteidigte, » 

a. V^ibberis 1. b. ad fontem di Sataccfai 1. c. Mantea 1. 2. 

d. Malfe sub 1. 2. e. 1236 2. f. 10. 1. 2. 



1. ed. 1560 p. 217. 

2. DafQr muss B.-F. 4745 gestrichen werden ; es war ein Irrtum Winkel- 
manns, dass das Palermitaner Staatsarchiv, in der Abteilung S. Martine, eine 
von B.-F. 4744 verschiedene Urkunde Manfreds enthalte, B.-F. 4744 ist — mit 
dem Ausstellungsort in campis prope Lacum Pensilem — jetzt zum ersten 
Male gedruckt in Doc. per servire alla storia di Sicilia, I. Serie XVIb 193. 
Ebendort findet sich S. 167 ein Befehl Manfreds au Friedrich Lancia, die Be- 
schwerde des Carlo und Rinaldo Batifolla zu untersuchen, d, d, Lucera 11, De- 
cembris 16. indictionis = 1J3Ö6, 

3. Dorainicus Pensabene Recalbutana regalium oratio historica critico- 
legaiis, habita etc. pro juratis et syndico ac universo populo civitatis Recalbuti 
contra procuratorem mensae archiepiscopalis urbis Messanae. Panormi 1739. 4^ 



\ 



— 256 — 

da konnte er die königliche Urkunde, deren Bedeutung für seinen 
Zweck er wohl erkannte, nicht in ihrem Wortlaute vorführen; 
neifl, auch Pensabene, der Vertreter der angegriffenen Gemeinde, 
musste sich mit einem Hinweis auf Fazello begnügen. Aber in seinem 
Werkchen bringt er S. 26 eine Notiz, die zur Bestätigung und 
Erklärung dienen mag. In scriptura anni 1262 haec habentur: 
Casale Recalbuti in anno 5, indictionis proocimo praeterito propter 
seditionem a rehellibus Centuripi fuit combustum et omnino exhabi- 
tatum, ei modo incipit rehabitari. Die 5. Indiktion war mit dem 
1. September 1262 zu Ende gegangen;* in der 6., am 22. Sep- 
tember, erteilte Manfred der unglücklichen Gemeinde sein Diplom, 
offenbar um ihren neuen Aufschwung zu fördern. 

Wenn noch etwas der Erhellung bedarf, so ist es die Feind- 
schaft Centuripes.2 Weshalb sind die Centuripesen Rebellen? 
Die Antwort ist, dass Centuripe der Stützpunkt des damals gegen 
Manfred kämpfenden Pseudo-Friedrich war. Nach Saba Mala- 
spina II 6 hatten die Anhänger des Betrügers, natürlich mit 
ihm, sich auf dem steilen Berge von Centuripe verschanzt. ^ So 
versteht man, wer die „Rebellen von Centuripe" sind, und die 
Zerstörung von Regalbuto ist ein gewiss nicht unwichtiges Er- 
eignis in der uns so wenig bekannten Geschichte des falschen 
Friedrich. Manfred hat unzweifelhaft Bezug darauf genommen: 
umso mehr würde zu bedauern sein, wenn seine Urkunde, wie 
es scheint, wirklich verloren wäre. 



1. So zählt Manfred am 13. September 1260 die 4. Indiktion. Capasso 
Bist, diplom. reg. Sic. 204, Nr. 340. 

2. Uebrigens ist Centuripe die im Altertum übliche Bezeichnung, im 
Mittelalter sagte man Centurbium := Centorbi. Wahrscheinlich hat Fazello, 
der im 16. Jahrhundort schrieb, den alten Namen eingesetzt, und seinem Bei- 
spiel wird Pcnsabene gefolgt sein, üeute ist Centuripe wieder der offizielle 
Name. 

3. — ut securiora dtnt incrementa principiis^ excelsum montem Conturhii^ 
quem oUm exhdbitari fecerat imperator^ pro tuiiori statione eonscendunt. ap. 
Muratori SS. VITl 804. 



XVI. 

Rechtfertigung des Rolandino Passagerii; 
Egidio Rossi als Fälscher für die Venerosi; 

seine Nachahmer. 



Die berühmte Fälschung, wodurch Heinrich VI. am 29. Mai 
1195 die Venerosi berechtigt haben soll, Richter und Notare zu 
ernennen und Uneheliche zu legitimieren, ist zwei echten Mustern 
nachgebildet. Auf das eine hat schon Ficker hingewiesen: nach 
seiner Ausführung entsprechen die Eingangs- und Schlussformeln, 
der grösste Teil der Zeugen, die Datierung genau einer Urkunde, 
die derselbe Kaiser an demselben Tage der Kirche von Parma 
ausgestellt hat.^ Die andere Vorlage ist ein Privileg, das 
Heinrich VI. den Kapitänen von Monteveglio, einer Burg unweit 
Bolognas, am 9. September 1196 verlieh.^ Von den beiden Ver- 
tretern der Kapitäne heisst es: Qui Sinibaldus consul et Petrus 
BoUiLS iuraverunt nobis fidelitatem contra omnem hominem de mundo 
excepto domnum papam et ecdesiam Somanam, secundum quod in 
capitulis fidelitatis continetur, corporaliter ab ipsis prestito iuramento, 
[eisdem delatoj per me Conradum Hildesheimensem electum. Daraus 
machte der Verehrer des Hauses Venerosi: Qui Venerosus de 
Venerosis etc, dicto domino Heinrico sexto imperatori iuravit fideli- 
tatem contra omnem hominem de mundo excepto dominum papam 
et ecdesiam Romanam^ secundum quod in capitulis fidelitatis in 
Omnibus et per omnia continetur^ corporaliter ab ipso prestito sacra- 
m&nto, eidem delato per me Corradum imperialis aule cancellarium 
vice domni Odulphi Goloniensis archiepiscopi totius Italic archican- 
cellarii infrascripti.^ Das letzte Wort verrät schon, dass die Er- 



1. Forschungen zur Reichs- und Rechtsgeschichte Italiens 11 100. 

2. Savioli Annali Bolog. II b 191 aus jüngerer Abschrift im Archive 
der eigenen Familie. Diesen Druck wiederholte La Farina Rischiarazioni e 
docomenti sopra nove studi storici 301. 

3. Aus Bologneser Beglaubigung von 1322 Sarti De claris archigymnasii 

Bon. prof. II 143; aus Sieneser von 1325 Muratori Ant. Ital. I 394. 

Scheffer-Boichorst, Zur Qesch. des XII. u. XIIL Jahrhunderts. 17 



— 258 — 

Weiterung mit Hilfe der Rekognition erfolgte. So sollte man 
glauben, die Entgegennahme des Treuschwures sei Sache der 
Kanzlei gewesen. In Wahrheit hatte Konrad von Hildesheim 
nicht als Kanzler, nicht als Stellvertreter des Erzkanzlers, sondern 
als Reichslegat, in welcher Eigenschaft er kurz vorher Italien 
bereiste, die Kapitäne vereidigt. Ein weiterer Unsinn ist, dass 
auch Veneroso dem Papste die Treue wahrt. Sein Geschlecht 
hatte Nichts mit dem „Mathildinischen Hause" gemein; die Kapitäne 
von Monteveglio dagegen, ehemalige Unterthane der grossen 
Gräfin, hatten gerade im gegenwärtigen Augenblick allen Grund, 
„die Kirche auszunehmen;" denn zwischen Kaiser und Papst 
schwebten Verhandlungen wegen eines Abkommens über das 
Mathildinische Gut.^ Aber trotz der Ungeschicklichkeiten ver- 
dient der Fälscher doch Dank, denn die Worte eisdem (sc. capi- 
taneis) delato, deren Fehlen im schlecht überlieferten Privileg für 
Monteveglio den Vorgang unverständlich machte,^ sind uns durch 
ihn gesichert. 

Die Verleihung Heinrichs VI. soll Friedrich II. am 13. März 
1245 bestätigt haben. ^ Den Kern des Privilegs bilden natürlich 
Worte der vorausgegangenen Fälschung; fast alles Uebrige ent- 
stammt wiederum einer in Parma beruhenden Urkunde. Die 
Verbriefung von Borgo San Donnino, die Friedrich II. dem Par- 
mesaner Geschlechte der Giuliani am 11. Februar 1216 erteilte, 
war dieses Mal das Vorbild."* Nicht blos die Arenga, auch noch 
Einzelheiten des sachlichen Teiles, dann das Verbot der Zuwider- 
handlung, den Strafsatz, den Ausfertigungsbefehl, die Rekognition, 



1. Picker a. a. 0. II 297. 

2. Vgl. darüber Ficker II 150 Anra. 37. — per me Conradum Hildesh, 
electum ist in der Urkunde des Kaisers, der bis dabin natürlich von sieb ge- 
sprochen bat, nicht ohne Interesse : es wird doch einen persönlicheren Charakter 
haben, als die Rekognition. Schade, dass das Original verloren zu sein scheint; 
auch das Zitat im Archiv XII 574 deutet wohl nur auf eine jüngere Abschrift. 

3. Aus Bologneser Beglaubigung von 1322 Sarti I. c. 142 und Huillard- 
Bröholles VI 941. 

4. Das vermutete ich schon im Neuen Archiv XX 189 Anm. 5. Aber 
damals war die Urkunde noch ungedruckt. Meine Ausgabe im Neuen Archiv 
XX 463—465 bietet jetzt die erwünschte Bestätigung. 



— 259 — 

machte der Fälscher sich zu eigen. ^ Nur auf Daten und Zeügeft 
leistete er grossmütigen Verzicht; er meinte wohl, einmal doch 
seiner Phantasie freien Spielraum gewähren zu dürfen,^ und toll 
genug sind nun seine Erfindungen ausgefallen. ^ Es bleibt noch 
der Protonotar Heinrich, der die Urkunde tibergiebt. Heinrich 
hat ein Jahr später, als die Giuliani ihr Privileg empfingen, sein 
Amt angetreten. Da konnte dieses also nicht zum Muster dienen. 
Aber eine Urkunde für Parma selbst Hess Friedrich, imFebruar 1219, 
durch den Protonotar Heinrich aushändigen. Und möglicher- 
weise rührt daher die Kenntnis des Fälschers. Endlich be- 
weist der Ausstellungsort Parma nochmals seine Beziehungen zu 
dieser Stadt.* 

1198 mussten die Kapitäne von Monteveglio sich den Bolog- 
nesen unterwerfen.* Die Urkunde vom 9. September 1196 ge- 
langte damit gewiss in das Archiv von Bologna. Man wird also 
behaupten dürfen, dass der Fälscher sich ausser den Parmesaner 



1. Spuren der BenutzuDg finden sich schon in der Urkunde 
Heinrichs VI. Er und dann auch Friedrich IL sollen den Venerosi die Rechte 
zugesichert haben : sine nostra nostrorumque successorum et . aliquarum per- 
sonarum contradictione vel molestia, lege aliqua non obstante. Ungefähr ebenso 
hatte Friedrich II. für die Giuliani verfugt. 

2. Mit den gleichen Daten hätte er sich aber auch wohl allzu leicht 
verraten, denn Bertolotto Venerosi, für den er fälschte, war 1216 kaum schon 
geboren: er lebte noch 1297. 

3. Nur Änselmus de Justingen regalis aule marischalcus sollte aus der 
Vorlage beibehalten werden. Doch las der Fälscher: de Stringmit, Nebenbei 
bemerkt, entstand aus dem Versehen auch Robertus comes de Stringunt, der die 
Urkunde Heinrichs VI. bezeugt. Ein anderer Spross des fabelhaften Ge- 
schlechts wird uns später in einer Fälschung für Bobbio begegnen: Bicholfiis 
comes de Stringunt. Vgl. S. 265 Anm. 2. 

4. In gleicher Richtung wird man auch einige der Zeugen verwerten 
dürfen. So den Markgrafen Hubert Pallavicini, der in der Geschichte von 
Parma eine bedeutende Rolle spielt. Parmenses dirtierunt pdlatium, quod 
habebat in Parma. — Civis enim Partnensis fuit. Salimbene ed. Parm. 166. 
Ferner erscheinen als Zeugen: Ugo Lupus, Montelupus de Oliveto. Darunter 
sind Markgrafen von Soragna verstanden: qui fuerunt magni barones et habi- 
tabant in Parma in Capite-pontis. Montelupo hatte mehrere Söhne; der älteste 
hiess Hugo, der jüngste auch Monte. Salimbene 161. Andere Zeugen stammen 
allerdings nicht aus Parma, und wieder andere weiss ich überhaupt nicht unter- 
zubringen. 

5. Ficker a. a. 0. II 289. 

17* 



- Ö60 ^ 

Vorlagen auch einer Bologneser Urkunde bediente, um seinen 
Betrug auszuführen. Es will ungefähr dasselbe bedeuten, wenn 
ich die Ansicht ausspreche, der Fälscher sei entweder Bolognese 
gewesen, habe indes auch in Parmesaner Archiven gearbeitet, 
oder er sei von Parma ausgegangen, habe indes auch in Bologna 
sozusagen archivalische Studien gemacht. 

Möglicherweise haben die Venerosi schon früher in Bologna 
gewohnt; Bürger der Stadt wurden sie erst 1285.^ Ein Jahr 
darauf hat ein Bolognese die Urkunden in seinem Interesse zu 
verwerten gewünscht. Es ist der hochberühmte Rolandino Passa- 
gerii, der erste Praekonsul des Kollegs der Notare, der offenbar 
von den Privilegien der Venerosi die schönsten Hoffnungen hegte 
— für eine Jungfrau, die ihn Vater, nicht aber seine Gattin 
Mutter nennen durfte. „14 kaiserliche Briefe besässe das Haus 
Venerosi; der letzte sei dem derzeitigen Venerosi, Bertolotto, von 
Friedrich II. erteilt worden. Die gelehrten Herren*^ möchten 
urteilen, ob seine Tochter von den Privilegien Bertolottos einen 
unanfechtbaren Nutzen ziehen könne.'' Dieser Zusammenhang 
scheint nun die oben erwiesene Thatsache, dass für die Her- 
stellung des pergamentenen Schatzes der Venerosi auch das 
Archiv von Bologna einen Beitrag lieferte, doch aufs beste zu 
erklären, und wenn man schon früher geneigt war,^ Rolandin 
als Fälscher zu brandmarken, so wird man im Hinblick auf die 
Bologneser Urkunde, die zur Herstellung des Betruges heran- 
gezogen wurde, jetzt von der Schuld des ersten Bologneser Prae- 
konsuls erst recht überzeugt sein. Dem gegenüber rauss ich indes 
an die Parmesaner Bestandteile erinnern. Sie kann man schwerlich 
dem Rolandino Passagerii zuschreiben; ohne Grund würde man 
ihn mit Parma in Verbindung bringen. 

Weiter führen die notariellen Beglaubigungen der beiden 
einzigen Urkunden Bertolottos, die in vollständigen Drucken vor- 



1. Ficker II 101 nach einer urkundlichen Notiz bei Ghirardacci Della 
hist. di Bologna I 267. 

2. Nämlich ein Kollegium von Doktoren, Advokaten und Richtern, an 
die er seine Bittschrift richtet; sie ist gedruckt bei Sarti 1. c. II 140; genauer 
unterrichtet über alles, was in Betracht kommt, Ficker II 99 ff. 

3. Ficker FF 101. G. Kaufmann Gesch. d. dtsch. Universitäten I 192 
Anm. 3. 



— 261 — 

liegen. Am 11. Januar 1291 hatte er sein beglückendes Recht 
an einem Florentiner ausgeübt, und die darüber aufgenommene 
Akte schliesst nun: Ego Egidiits de Rubels de Cassio Parmensis 
notarius et iudex Ordinarius d, comitis Bartholoü predicti auctori- 
täte imperiali his omnibus interfui et hanc cartam rogatus et de 
mandato dicti d. comitis scripsi et publicavi. ^ Wir besitzen dann 
das Testament des Bertolotto, worin er am 6. September 1297 
seinem einzigen Sohne ßrandaligio seine Güter und Rechte ver- 
macht, namentlich seine köstlichen Privilegien, deren letztes 
Kaiser Friedrich dem Erblasser selbst erteilt habe. Darunter 
steht wiederum: Ego Egidius de Bubeis de Cassio Parmensi 
notarius et iudex Ordinarius d. comitis Bertholoti predicti etc.^ 
Also Egidio Rossi aus Cassio, einem Dorfe im Gebiete von 
Parma, ^ war Bertolottos Notar. In seinem unbedeutenden 
Heimatsorte* konnte er sich für seinen Beruf nicht vorbereiten. 
Das ist sicher in Parma selbst geschehen.^ Da wird er sich aus 
den dortigen Archivalien Auszüge oder Abschriften angefertigt 
haben, und sie nahm er mit in die Fremde, mit nach Bologna. 
Diese Parraesaner Vorlagen sind nun wesentliche Bestandteile 
unserer Fälschungen, deren eine überdies in Parma ausgestellt 

1. Ficker a. a. O. IV 502 Nr. 495 aus dem Florentiner Original. 

2. Sarti 1. c. H 144. 

3. Vgl. darüber Molossi Vocabulario topogr. dei ducati di Parma, Pia- 
cenza e Guastalla 68. Der grossen Familie Rossi aus Parma selbst darf man 
ihn also nicht zuschreiben, es sei denn, das Privileg der Venerosi hätte nicht 
blos in Richtung auf Notariat und Richteramt ein Interesse fttr ihn gehabt, 
sondern auch wegen der Legitimierung. 

4. Uebrigens gab es auch in Parma selbst ein casale iUorum de Cassio, 
Das aber war zur Zeit, als Salimbene schrieb, quantum ad masculos, totaliter 
deletum. Salimbene ed. Parm. 24, Vgl. auch die Genealogie des Hauses de 
Cassio im Anhange zu E. Michael Salimbene und seine Chronik: darin findet 
sich kein Egidius. Nebenbei bemerkt: wenn Michael S. 94 behauptet, ich hätte 
die Herausgabe der Chronik Salimbenes für die M.G. übernommen, jedoch ver- 
zögert, so ist er durch Ehrle, seinen Gewährsmann, völlig in die Irre geleitet 
worden. 

5. Ebensowohl danach, als weil er im Parmesanischen geboren war, 
mochte er sich Parmensis nennen. So wenigstens liest Ficker; dagegen heisst 
es bei Sarti: de Cassio Parmensi, wir würden also sagen: Cassio-Parmigiano. 
Aber ein zweites Cassio habe ich vergebens gesucht, und das einzige von den 
Ortsbüchern genanute Cassio führt denn auch heute nicht etwa den Beioameii: 
Pannigiano. 



— 262 — 

sein soll. Einmal in Bologna, konnte der Parmesane aber doch 
auch ein Bologneser Dokument benutzen, ohne dass gerade Rolan- 
dino Passagerii, und kein anderer, es ihm verschafft haben 
müsste. Allerdings, das lebhafteste Interesse, das der Praekonsul 
der Notare an den Privilegien hatte, liegt offen zu Tage. Wie 
viel mehr aber bedeuteten sie für Egidio Rossil Sie haben seine 
ganze Stellung, wenn nicht überhaupt erst begründet, so doch 
gesichert und im Werte gehoben.* 

Freilich hat der Beweis, dass ein Egidio Rossi aus Parma 
der Fälscher war, an und für sich keine grössere Bedeutung; denn 
Egidio Rossi ist jedenfalls vorderhand nur ein blosser Name, und viel- 
leicht werden wir niemals eine genauere Kenntnis über ihn gewinnen, 
als die, dass er aus dem Parmesanischen stammte, Notar der 
Venerosi war und gelegentlich fälschte. Aber indem er als der 
Schuldige erkannt ist, wird doch eine Berühmtheit Bolognas ent- 
lastet: fortan darf Rolandino als der Betrogene gelten, wenngleich 
der Betrug durchaus seinem Interesse entsprach. Auch hat an 
dem überraschend schnellen Erfolge der Fälschungen die Gunst 
eines Mannes, wie Rolandino, der in Bologna eine fast herrschende 
Stellung einnahm, gewiss ihr gutes Teil gehabt. Wir hören schon 
in den nächsten Jahren, dass die Venerosi Notare ernennen und 
Uneheliche legitimieren. Letzteres Recht scheinen sie besonders 
ausgenutzt zu haben. Liess doch der Enkel Bertolottos im 
Jahre 1346 einem geehrten Publikum von Lucca verkünden, er 
sei angekommen, und jeder Hilfsbedürftige, „Bürger oder Fremde, 
Laie oder Geistliche," könne ihn im Gasthause des Vanni Abatelli 
antreffen.^ Dabei scheint es dann Sitte gewesen zu sein, dass 
eine notarielle Beglaubigung der Privilegien, auf denen das Ge- 
schäft „Venerosi und Erben" beruhte, mit in den Kauf gegeben 
wurde. So ist die Urkunde Friedrichs II. schon im Jahre 1291, 
als Bertolotto selbst in der Florentiner Wirtschaft des Betto seinen 



1. Stillschweigend habe ich angenommen, dass unser Parmesane, der sich 
freilich nicht vor 1291 nachweisen lässt, auch schon zur Zeit der Fälschung, 
also um 1285, im Dienste der Venerosi stand. Aber da alles so gut auf einen 
Parmesanen passt, so werde ich meine Voraussetzung wohl festhalten dürfen, 
bis ein Anderer mir darthut, dass Egidio mit den Venerosi überhaupt erst in 
Berührung gekommen sei, als die Fälschungen längst vorhanden waren. 

2. Ficker a. a. 0. IV 634 Nr. 519. 



— 263 — 

Handel trieb, dem Dokumente einer Legitimierung hinzugefügt 
worden;^ ferner haben wir Beglaubigungen der Privilegien Hein- 
richs VI. und Friedrichs U. von 1322 aus Bologna^ und von 
1325 aus Siena. ^ Wie nun aber Abschriften hierhin und dorthin 
gelangten,^ da regten sie zur Nachahmung an. 

Im Gebiete von Piacenza lebten die Edlen von Rizzoli und 
die Mönche von Bobbio. Und die Einen, wie die Anderen, ver- 
suchten mit Hilfe von Fälschungen vorwärts zu kommen, ich 
glaube: die Einen nicht ohne die Anderen. Ein schönes Privileg, 
das Karl der Dicke 883 zu Pavia den Mönchen von Bobbio 
ausgestellt haben soll, sagt von dem Abte: iuravit fidelitatem — 
contra omnes homines de mundo, — corporaliter ab ipso prestito 
sacramento, eidem delato per me licgenium imperialis aulae notor 
rium ad vicem Liutardi praefati venerabilis episcopi, totius Italia£ 
archicancellariL^ Wie man wohl sieht: derselbe eigenartige Satz, 
der aus der Urkunde Heinrichs VI. vom September 1196 in die 
Privilegien der Venerosi überging! Es fehlt nur die dort vor- 
handene Wendung: secundum qttod in capitulis fidelitatis continetur. 
Nicht den Treuschwur, aber Anderes hat mit der Bobbieser 
Fälschung das älteste Privileg der Rizzoli gemein.^ Auch dieses 
erteilte angeblich Karl der Dicke, auch 883, auch zu Pavia 1 und 
in beiden heisst es: Liutardus sanctae Vercellensis ecclesiae episcopus 
nosterqite summics consiliarius'^ et archicancellarius et Wiholdus 
sanctae Parmensis ecclesiae venerabilis pontifex nostram expetierunt 
celsitudinem. Ebenfalls zeigt das zweite Privileg der Rizzoli, das 
den Namen Konrads III. und das Datum des 28. August 1143 
trägt, ^ wenigstens eine auffallende Gleichheit mit einer echten 
und dann auch mit einer unechten Urkunde, die Friedrich I. den 



1. Vgl. Ficker IV 503 Anm. 1 zu Nr. 495. 

2. Vgl. oben S. 257 Anm. 3 und S. 268 Anm. 3. 

3. Danach hat H. Pabst beide Privilegien für die M.G. abgeschrieben, ist 
das Heinrichs VI. von Muratori gedruckt worden, vgl. S. 257 Anm. 3. 

4. Ein Regest der Urkunde Friedrichs II. findet sich auch in den Annalen 
von Mailand, die bis 1402 reichen, Muratori SS. XVI 653. 

5. Mon. patr. Ch. I 66. Böhmer-Mflhlbacher 1613. 

6. Campi Deir istoria eccl. di Piacenza I 469. B.-M. 1806. 

7. Für Bobbio: praesul nostraeque signaturae CQnsiliari%is! Uebrif^ens 
stammt der berichtigte Satz aus echter Vorlage, 

B. Campi 1. c. l 541. St. 3462. 



— 264 — 

Mönchen im März 1153 gegeben hat, bezüglich gegeben haben 
solH: mit beiden stimmen die Zeugen durchwog überein, zunächst 
auch deren Anordnung, nicht blos deren Namen. ^ Im übrigen 
steht der Fälscher viel mehr in Abhängigkeit von Egidio Rossi. 
Doch eine Probe muss genügen. Ich wähle wiederum den Satz, 
welcher in letzter Reihe aus dem Privileg Heinrichs VI. für die 
Kapitäne von Monteveglio herrührt: iuraverunt fidelitatem secundum 
quod in capitulis fidelitaiis in omnibits et per omnia continetur, 
corporaliter ab ipsis praestito sacramento, eisdem singulis delato per 
me Arnoldum regalis aulae cancellarium vice d. Ärnoldi Coloniensis 
archiepiscopi et archicancellarii. Mithin fehlen nur die Worte: contra 
omnem etc., excepto dominopapa etc. So zeigen sich denn die Mönche 
von Bobbio und die Edlen von Rizzoli als Benutzer einer Fälschung, 
die Egidio Rossi für die Venerosi geschmiedet hat. Was aber 
das gegenseitige Verhältnis der Fälscher von Bobbio und Rizzoli 
betrifft, so erfährt es durch zwei Transsumpte eine weitere Er- 
läuterung: die Bobbieser Urkunde von 883 und die Rizzoleser 
von 1143, — beide soll Kardinal Manfred 1172 zu Piacenza be- 
glaubigt haben, die eine für Bobbio den 18., die andere für 
Rizzoli den 23. November.^ Also wären Urkunden, die auf Grund 
von Fälschungen der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstanden 
sind, schon im 12. für echt erklärt worden I 

Der Fälscher für Rizzoli hat besonders die Urkunde Fried- 
richs n. geplündert; der Bobbieser schloss sich in seinen gerin- 
geren Entlehnungen mehr den angeblichen Worten Heinrichs VI. 
an. Doch kannte und benutzte diese auch der Rizzoleser,^ jene 



1. St. 3665. 66. Erstere Urkunde ist nicht verdächtig, letztere offenbar 
gefälscht. 

2. Am Schlüsse erscheinen dann noch: Lambertus de Budio, Ubertus de 
Calnara, dazu vgl. die Zeugen der Urkunde Friedrichs IL für die Venerosi: 
Gutidanus dux de Grangon, Robertus de Rvdio comes, GuiUelmus de Calvara 
comes. 

3. Campi L c. II 33 gedenkt der Bestätigungen. Was Bobbio angeht, 
so spricht er freilich nur von einer Urkunde Ottos III. Aber nach Mühlbacher 
Wien. Sitz. Ber. XCII 484 finden sich die Bobbieser Fälschungen, „sämtlich 
in Transsumpten von 1313, welche wieder aus einem Transsumpte von 1172 
stammen wollen." Gegen die Echtheit der Bestätigung für Rizzoli erklärte sich 
schon Poggiali Mem, stör, di Piacenza IV 303. 

4. Das im Einzelnen zu belegen, darf ich mir wohl erlassen. . 



— 265 — 

auch der Bobbieser. Mit Bezug auf BoWbio sei noch Eins be- 
merkt. In einer anderen Fälschung, die den Namen Ottos II. 
trägt/ werden als Zeugen genannt: Richolfus comes de Strin- 
gunt,^ BermisiriMs comes de Sacroponte, Eonculfus de Oliveto. 
Für die Venerosi erscheinen bei Heinrich VI.: Robertits comes 
de Stringunt, Ootfredus comes de Saraponte, dann aber bei 
Friedrich II.: Montelupus de OlivetoJ 

Der Urkunde Heinrichs VI. bediente sich auch ein Fälscher, 
der für die Markgrafen von Colle thätig war. Wie der Verehrer 
der Venerosi nach der echten Urkunde, die Heinrich dem Bischof 
von Parma verlieh, seine Komposition anhob: Dignum est et im- 
periali glorie decorum, ut nostra liberalis munificentia quosque fideles 
nostros praeveniat, so begann mit ihm nun sein Nachahmer: im- 
periali dignum est decore, ut nostra magnificentia liberalis quosque 
fideles nostros praeveniat; und der eigentümliche Schlusssatz, den 
der Fälscher für die Venerosi dem Privileg der Kapitäne von 
Montevegho entnahm, er kehrt hier wieder: — marchio de Colle 
iuravit fidelitatem contra omnem hominem de mundo excepto domino 
papa et ecclesia Romana, secundum quod in capitulis fidelitatis 
continetur^ corporali ab ipso prestito sacramento, eidem delato 
per me Rodulphum archiepiscopum Coloniensem, totius Italiae archi- 
cancellarium. Diese Nachbildung wurde dann Friedrich 1. auf- 
gebürdet und mit dem Datum: „im Lager vor Mailand 1162, 
März 13" versehen.* Hier, wie bei dem Bobbieser und Rizzoleser 
Betrüge, durfte aber auch die Beglaubigung nicht fehlen, und so 
verbürgte denn ein Notar, der im Jahre 1223 die Feder geführt 
haben soll, die Echtheit einer Fälschung, "^ die ihrerseits auf einer 
Fälschung des 13. Jahrhunderts beruht! Zur Vervollständigung muss 



1. M. G. DD. II 379 f. 

2. Vgl. S. 259 Anm. 3. 

8. So Pabst; Sarti: Bulivito; Huillard: ülmeto. Andere Abweichungen 
dieser Art habe ich nicht erwähnt. 

4. Aus Soldani Hist. mon. S. Michaelis de Passiniano I 82 wiederholt 
bei Böhmer-Ficker Acta inap. 104 = St. 3932. 

5. Gleichfalls nach Soldani 1. c. von Böhmer-Ficker 1. c. 105 abgedruckt 
Ficker hat sich da schon gegen die Echtheit auch dieses notariellen Akts aus» 
gesprochen. Der nun aufgedeckte Zusammenhang mit dem Privileg der Vene- 
rosi zerstreut alle Bedenken. 



— 266 — 

ein liebenswürdiger Zug des bösen Betrügers hinzugefügt werden. 
Weil das Privileg für die Venerosi ihm die Arbeit wesentlich er- 
leichtert hatte, so schloss er seine Zeugenreihe: Venerostos comes 
palatinuLs in Lombardia: er schuf daipit einen Beleg für die Existenz 
der Venerosi schon in der Mitte des 12. Jahrhunderts! 

Man hat die Fälschung jüngst als Werk Ceccarellis be- 
zeichnet;* und wahr ist, dass sie sich mit anderen Erfindungen 
Ceccarellis, dessen Geschäft um 1580 blühte, aufs engste berührt, 
ja mit ihnen vielfach den Wortlaut gemein hat. Aber es fehlt 
auch nicht an beachtenswerten Differenzen: während z. B. zwei 
Urkunden, die aus Ceccarellis Werkstatt hervorgingen, das Datum 
der unsrigen tragen: „im Lager vor Mailand 1162," lauten ihre 
Rekognitionen, die unter sich übereinstimmen,^ doch ganz anders, ** 
und die eigentümliche Form des Treueides ist ihnen fremd. So 
scheint mir die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass Ceccarelli 
die Fälschung für das Haus CoUe nur als Vorbild benutzte, dass 
sie nicht sein eigenes Elaborat war/ 



1. S. die AusfnhruDgen Fantas in dem Aufsatze Riegle Alfonso Cecca- 
relli und seine Fälschungen, Mitt. d. Osterr. Inst. XV 225. Doch lassen sie 
gerade hier zu wünschen übrig. St. 8932 = Privileg für Colle, und nur 
St. 3932, nicht auch 3966, liegt in einem Transsumpte von 1223 vor. Um 
einige andere Berichtigungen oder Ergänzungen hinzuzufügen, so bemerke ich: 
Nr. 75 = St. 3851 und vollständig gedruckt bei Campi Piacenza II 358; vor 
Nr. 88 ergänze: Heinrich VI. für die übaldini, Bari 1196, Sept. 22 =^ St. 5046a, 
dessen Regest nach der italienischen Uebersetzung der Urkunde bei G. B. di 
Lorenzo Übaldini Storia della famiglia Übaldini 46 zu berichtigen ist: wenn 
Stumpf, einem ungenügenden Zitate folgend, die Urkunde noch für echt hielt, 
80 hat sie (Muzi) Mem. di Cittä di Castello VI 28 schon als Machwerk Cecca- 
reMis erkannt; Nr. 94 = St. 3720 und auch B.-F. 1348. 

2. Fanta-Riegl Nr. 78. 79 Mitt. XV 230. Die Rekognition lautet in 
beiden Urkunden: Ego Boteltridus aitctoritate imperiali canceUariiis vice Philippi 
Coloniensis archiepiscopi etc. Der Fälscher benutzte also eine Urkunde mit 
der Rekognition : Ego Gotefridus aulae imperialis cancellarius vice Philippi etc. 
Wenn man hinzunimmt, dass in Nr. 77 Bischof Bonifaz von Novara als Zeuge 
erscheint, so erkennt man leicht, dass die Vorlage zwischen 1174 und 78 oder 
1184 und 86 entstanden ist. 

3. Ego Bodulphus archiepiscopus Coloniensia, archicancellaritis totitis 
Itdliae rec, St. 3932 schreibt: „Ego Bainaldus etc. nach Pertz* Mitteilung." 
Das ist aber nur willkürliche Verbesserung. 

4. Mit der Urkunde für CoUe stimmen femer mehrfach flberein St. 3939 a 
and 3966, Riegl-Fanta Nr. 78. 80. 



— 267 — 

Doch Andere mögen feststellen , — wenn sie's der Mühe für 
wert erachten, — welcher Art das Verhältnis sei. Mir genügt, 
dass die besprochenen Nachahmungen in gewissem Sinne den 
bekannten Fluch der bösen That auch für das diplomatische Ge- 
biet belegen, und was diese hier erzeugt und forterzeugt hat, 
das kann auch durch kein Legitimierungsprivileg, und wäre 
es mit Goldbuchstaben geschrieben, wie jenes für Veneroso Vene- 
rosi, von dem Charakter des „spurium'* befreit werden. 



XVII. 
Ueber Testamente Friedrichs II. 



Raynaldi Annales ecclesiastici 1250 § 33 veröffentlichte 
Sätze aus einem Testamente Friedrichs IL, die er mit folgenden 
Worten einführt: e cuius (sc. Baronii) manitscriptis notis Fri- 
derid iestamentum, quod ipse e manuscripto codice bibliothecae 
Frumenti protonotarii apostolici decerpserat, adducendum putamtcs. 
Die Fussnote ergänzt: Baronms in notis, qitae apud nos extant 
e codice manuscripto Petri de Vineis. In dem nächsten Para- 
graphen heisst es dann: Subiungit Baronius in iisdem notis Fri- 
derid monita Gonrado data, ex superiori codice (sc. Frumenti) 
delibata, quorum exemplum subiidmus. Nun folgt der Tenor eines 
Briefes, der anhebt: Oloria genitoris. Vom Testamente dagegen 
ist offenbar nur ein Bruchstück mitgeteilt: alle Formeln Hess 
Baronius bei Seite, auch den Schluss, d. h. eine Erklärung 
Friedrichs IL, dass sein letzter Wille vorliege oder dass er ihm 
sein Siegel aufdrücke. 

Hiermit vergleiche man das Vorsatzblatt des Vatikanischen 
Codex 5985. Es beginnt mit einer Versicherung Friedrichs IL, 
[hoc esse] ultimum testamentum etc.^ Der Brief Gloria genitoris reiht 
sich an.'-* Der gebotene Wortlaut^ stimmt nun mit demjenigen 
des Baronius überein, von den anderen, mir bekannten Rezen- 
sionen sich wesentlich unterscheidend.^ Die Annahme liegt doch 
sehr nahe, dass gerade er von Baronius benutzt worden ist. Nur 
würde dieser Einzelnes ausgelassen, Einzelnes verbessert oder 
geändert haben, vielleicht auch arbeitete er nur nach einer Abschrift: 



1. M.G. LL. II 360. Const. et acta II 384. 

2. Pertz Archiv V 393. 

3. Eine Kollation des im vatikanischen Codex enthaltenen Textes verdanke 
ich Herrn Dr. Lulves in Rom. 

4. Z. B. Baronius und der vatikanische Codex: SerenitcUem tuam milüibtts 
et müitiae directoribus affahilem praebeas; subditis iuste pius et pie iuste 
existas. Die anderen Rezensionen: In severitate milüum et müitie delecteris; 
affabilem te praebeas et exaudibilem siibditis, iuste pitis et pie iustus existens. 



— 269 — 

so Hessen sich kleinere Abweichungen erklären. Aber der Codex, 
dem unser Vorsatzblatt angehörte, scheint doch seine Quelle ge- 
wesen zu sein, direkt oder indirekt. 

Wird man bei dieser Lage der Dinge nicht wagen dürfen, 
aus derselben Handschrift, der ehedem das jetzt als Vorsatz 
dienende Blatt angehörte, das Fragment des Testamentes abzu- 
leiten? Was in den Kirchenannalen gedruckt ist, würde dem 
Schlüsse, den uns eben das Vorsatzblatt erhalten hat, unmittelbar 
vorausgegangen sein. 

Aber ich bin meiner Sache nicht sicher, und wenn ich nun 
die beiden Stücke zusammenfüge, so geschieht es mit aller 
Reserve: zum Zeichen meiner Zweifel lasse ich den zweiten Teil 
in Klammern setzen. 

Testamento iiobis instituimus heredem illustrissimum et 
excellentissimum regem Conradum, filium nostrum, in Corona» et Ro- 
mano imperio, in omnibus facultatibus et thesauris, in omnibus et 
singulis bonis nostris, que nostro subiacent dominio vel que sub- 
iacere debent sub celo, supra terram, ab Oriente usque ad occidentem, 
a meridie usque ad aquilonem. 

Precipimus eidem Conrado illustri regi, ut 100000. unciarum 
auri expendere debeat in recuperatione terre sancte ultramarine 
sanctissimi sepulchri salvatoris nostri, non pretermittentes, quin eidem 
regi iniungamus, ut debeat reddere et restituere omnia iura omnesque 
rationes sanctissime Romane ecclesie, que et quas possidemus iniuste, 
si eidem christianissimo ipsa misericors et pia mater iure debita facere 
non cessabit. 

Illustrem regem»- Frederirum nepotem nostrum nobis heredem 
instituimus in ducatu Austrie et Stirie^ etc. 

Henricum filium heredem instituimus regni Sicilie. 

Manfredum filium heredem instituimus in principatu Tarenti. 

Nepotem Corradinum heredem instituimus in comitatu Cela- 
nensi.c 

[Hoc declaramus esse nostrum <i ultimum® testamentum, iubentes 
et decernentes ex auctoritate nobis avite concessa, quod illud testa- 
mentum inter filios et heredes nostros sit lex a nostra maiestate 
autenticata et quod iuris robur omni tempore teneat, mandantes 
etiam,^ ut contradictores huius rei ultimo suplicio tamquam nobis 

a. sie! b. Astire et Suevie. c. Catanensi. d. Hoc — nostrum 

hebe ich ergünztl e. ultimum Leg. Ultimum Const. f. et. 



— 270 — 

rebelles et proditores omnimodo vindicentur. Quare rios Fridericus 
Romanorum Imperator et semper augustus, Yerusalem et Sicilie rex, 
ad maiorem firmitatem et cautelam hie signum^ sanete crucis f pro- 
priis manibus imposuimus, quia plus vivere non valemus.] 

Pertz, der den Schluss zuerst bekannt gemacht hat, brand- 
markte ihn als unecht. Ebenso Weiland. Die von Barouius 
mitgeteilten Sätze lehnte Pertz ab als valde corruptoSf und Wei- 
land meinte über sie ganz hinweggehen zu sollen. 

Dass ihnen kein Lob gebührt, kann man Pertz gern zu- 
gestehn. Aber sie sind etwas anderes, als eine schlechte Wieder- 
gabe des von ihm und Weiland veröffentlichten Testamentes. In 
diesem wird Konrad zum Erben eingesetzt in omnibics empticiis 
et quoquomodo acquisitis; nach Raynaldi folgt er in omnibus facuU 
tatibiis et thesauris, in omnibics et singulis bonis nostris etc., dort 
erhält Heinrich Arelat oder Jerusalem, hier Sizilien, nur hier 
ist der Enkel Konradin bedacht. Die Sprache aber stimmt 
nirgends überein, es wäre denn in Worten, die unvermeidlich 
die gleichen sein müssen: restititere omnia iura, omnes rationes, 
Friedrichs Enkel Konradin ist nicht der nachmalige König 
von Sizilien,^ sondern der Sohn Friedrichs von Antiochien;^ sein 
Vater konnte als Bastard nicht berücksichtigt werden. So wurde 
die Grafschaft dem ehelich geborenen Konradin vermacht; als 
eigentlicher Erbe war doch gewiss Friedrich von Antiochien ge- 
meint, und auch wenn unser Schriftstück wirklich das endgültige 
Testament des Kaisers enthalten sollte, so würde man sich nicht 
zu wundern brauchen, dass statt des legitimen Enkels der illegitime 
Sohn im Besitze der Grafschaft erscheint. ^ 

Der zweite der ehelichen Söhne erhält Sizilien. Nun unter- 
liegt es keinem Zweifel, dass Heinrich im Jahre 1247 zum Könige 

a. hec signo. 



1. Der wurde bekanntlich erst am 25. März 1252 geboren, also geraume 
Zeit nach des Erblassers Tode. 

2. Vgl. über ihn Arcbivio stör. Napolet. XI 220 ff. 

3. Comitatum (Alhae) dudum eidem (Friderico) a domino patre nostro 
concesffum necnon comitatus N. (= Celani) et N. (= LaureH) ad manus curiae 
rationabüiter devolutos gab Konrad IV im Jahre 1252 dem Halbbruder; dieser 
heisst da: Albe, Celani et Laureti comes. Petr. de Vineis Bpp. VI 8. 



t 
N 



— 271 - 

von Sizilien ausersehen war.^ Er selbst führte schon den Königs- 
titeP und unteritalienische Geschichtschreiber nannten ihn noch 
nach dem Tode Friedrichs König von Sicilien.^ Zu Plänen also, 
die wenigstens einmal ernstlich erwogen worden sind, passt die 
Bestimmung vortrefflich. Aber in der Form des Testaments, 
die später als die gültige erschien, die der Erzbischof von Salerno 
beglaubigen Hess, wird der erste der ehelichen Söhne, Konrad, 
zum Erben wie des Kaiserreiches so Siziliens bestimmt, Heinrich 
soll mit Arelat oder Jerusalem abgefunden werden. 

Jedenfalls müsste das Testament nach dem 15. Juni 1246 
ausgestellt sein, denn nicht früher waren Oesterreich und Steier- 
mark dem Kaiser heimgefallen. Dessen Gesundheit scheint nun 
zu Ende der 40 er Jahre mehrfach arg gelitten zu haben. Zu- 
nächst im Winter 1247 auf 48.* Dass aber Friedrich 1247 krank 
darniederlag, dass er ferner 1247 seinem Sohne Heinrich Sizilien 
zugedacht hatte, — beide Umstände könnten zu der Vermutung 
führen, unser Testament gehöre eben in das Jahr 1247. Die- 
selben Momente liessen sich dann für die Echtheit geltend 
machen: es gab einen Zeitpunkt, in dem der auf Heinrich bezüg- 
liche Paragraph nur die Absichten Friedrich II. zum Ausdruck 
brachte. 

Freilich könnte man sich auch wohl die für eine Fälschung 
geeignete Situation denken. Die Beziehungen Heinrichs zu seinem 
Bruder König Konrad waren sehr unfreundlicher Natur. Wahr- 
scheinlich im Herbst 1252 wurde er, der vordem nach Sizilien 
entsandt war, zum Festlande zurückberufen.-' Dann wollte ihn 



1. B.-F. 3609 a. 

2. B.-F. 3611. 

3. So die annal. Siculi M.G. SS. XIX 498, annal. Cavens. M.G. SS. 
III 194. 

4. Wegen der damaligen Krankheit Friedrichs verweist man auf Vita 
Ricciardi comitis S. Bonifacii ap. Muratori VJII 132. Die Biographie ist jedoch 
neueren Datums; an dieser Stelle folgte ihr Verfasser den Angaben des 
Sigonius. Vgl. darüber CipoUa im Archivio Veneto XIX 213. Sigonius aber 
schöpfte aus Collenuccio Compendio delle historie del regno di Napoli 98 ed. 
1539: tssendo stato di infirmita alcun di gravato Federico; poi che hebbe 
reassumpto dlquanto le forze etc. Vgl. den ersten Zusatz. 

5. Bart, scribae annal. M.G. SS. XVIII 230. 



/ 



— 272 — 

der Papst mit einer« seiner Nichten vermählen.* Heinrich sollte 
offenbar dem Bruder Schwierigkeit bereiten, er konnte wohl als 
dessen Rivale erscheinen. Aber Konrad wusste ihn unschädlich 
zu machen, wenigstens hat der Papst behauptet, er halte ihn 
hinter Schloss und Riegel,' und später bezeichnete man Heinrichs 
Tod, der im Dezember 1252 oder Januar 1253 erfolgte, als ein 
Werk Konrads.' 

Könnte unser Testament nicht in einem Zusammenhange 
mit der Feindschaft beider Brüder stehen? Dagegen scheint mir 
doch zu sprechen, dass Heinrich die Rechte Konrads unumwunden 
anerkannt hatte: er war nach Sicilien abgegangen, für ihn den 
Treuschwur entgegenzunehmen.* Und wie hätte er daran denken 
sollen, das Königtum Konrads, das auf Grund des als definitiv 
geltenden Testamentes vom Dezember 1250 jetzt längst anerkannt 
war, durch eine Fälschung zu erschüttern? 

Viel näher liegt die Annahme, unser Schriftstück sei nur 
eine Stilübung. Dass Konrad IV. zum Erben eingesetzt wird 
in Corona et Romano impetio — diese Ausdrucksweise entspricht 
nicht dem Gebrauche der Kanzlei. Und wenn ihm alle Güter 
vermacht werden sub celo, supra terram, ab Oriente icsqice ad 
occidentem, a me^idie usque ad aquilonem, so scheint die Fülle 
der Worte doch eher auf einen Schüler, der seines Schwulstes 
sich freut, als auf einen Notar zu deuten. Wie sonderbar ist 
ferner, dass eine der wesentlichsten Bestimmungen, die Zurückgabe 
der römischen Kirchengüter, an die Bewidmung des hl. Grabes 
angeknüpft wird, durch non pretermittentes quin. Auch darf man 
doch zweifeln, ob Friedrich trotz aller Zerknirschung von seinem 
„ungerechten" Besitz gesprochen haben würde. Endlich der Be- 
fehl, wonach Friedrich seinem Testament ex auctoritate nobis 
avite concessa Gesetzeskraft verleihtl Das sind Wunderlichkeiten, 
die sich mit dem Hinweis auf die schlechte Ueberlieferung doch 
nicht beseitigen lassen. 



1. Matth. Paris. M.G. SS. XX VIT! 328. 330. 

2. B.-F. 4625. 

3. ChroD. ad Martin. Polon. appositum ap. Capasso Hist. dip I. reg. Sic. 57 
Anm. 2. 

4. 8. den Brief Manfreds bei Capasso 1. c. 6. 



— 273 — 

Noch zwei andere Fassungeo von Testamenten, ausser dem 
endgültigen, tragen den Namen Friedrichs. Nun heisst es, wieder 
im Anfange 1249 sei er schwer erkrankt gewesen.^ So hatte er 
denn Veranlassung genug, an sein Ende denkend, über Hab und 
Gut zu verfügen. Das brauchte natürlich nicht in immer gleicher 
Weise zu geschehen. Die Grundzüge konnten dieselben bleiben, 
im einzelnen mochte geändert werden. 

P. Collen uccio hat für seine Geschichte des Königreichs 
Neapel ein reiches Material benutzt, und nicht alles ist uns heute 
noch erhalten. Dass er für die Zeit Karls von Anjou einer ver- 
lorenen Chronik folgte, hat schon K. Hampe bemerkt,^ und 
auch manche schätzbare Notiz, die er über Friedrich 11. bringt, 
floss aus uns unbekannter Quelle. CoUenuccio nun bezeichnet 
als den Inhalt des Testamentes: 

— lascio molte migliaia di once di oro k li cavalieri templarii 
di Hierusalem et hospitalarii di s. Giovanni per satisfatione de li 
loro frutti de beneficii, che havevano nel regno, quali mal durante le 
guerre havevano riscossi. 

— lascio un altra gran quantita di denari k la recuperatione 
di terra santa, quäle si havesse k spendere secondo il parere e provi- 
sione di detti cavalieri; 

— a tutti li suoi inimici, rebelli e infideli del imperio con pia 
coinpuntione di cuore perdono, eccetto k li regnicoli, quali ingrata- 
mente 1> erano stati traditori, remettendoli k la determinatione di 
giustitia ; 

— comandando k li figliuoli, che fussino liberati tutti li prigioni, 
che in qualunche loco del inondo si ritrovassino ritenuti per sua 
commissione ; 

— ordinando, che tutte le terre, che di ragione spettavano a la 
chiesa, e tutte le ragioni de le chiese fussino liberamente restituite; 

— lascio berede universale del regno di Napoli^ e in tutto lo 
imperio di Roma suo figliuolo Conrado re di Alemagna; 

— ad Henrico minore figliuolo — lascio il regno di Sicilia 
oltra il Pharo, quäle pero havesse a tenere secondo la volunta di 
Conrado predetto, e lascioli- 100000 once d'oro; 



1. Matth. Paris. 1. c. 307. 

2. Qesch. Konradins von Hohenstaufen 353. 

3. Ein Königreich Neapel kannte man zur Zeit nicht; richtig heisst es in 
dem vorletzten Absatz il regno di Puglia. 

Soheffer-Boiohorst, Zur Gesch. des XIT. u. XIII. Jahrhunderts. 18 



— 274 — 

— a Federico suo nepote, figliuolo di Henrico magiore, — las- 
cio il ducato di Austerich e 10000 once d'oro ; 

— Manfredo suo — figliuolo, principe di Taranto, lascio bailo 
e governatore per 10 anni del imperio da Pavia infiii per tutto il 
regno di Puglia in loco di Oonrado, eccetto se Coiirado si ritrovasse 
in persona nel regno; 

— comando a tutti li altri suoi figliuoli, che in ogni cosa 
fussino obedienti e fideli a Conrado come vero re e imperatore. 

Um nur die ßesitzverhältnisse ins Auge zu fassen, so weiss 
CoUenuccio nichts von einem Vermächtnis an Konradin von An- 
tiochien; noch wichtiger ist die Beschränkung Heinrichs auf die 
Insel Sizilien. In Baronius' Auszügen ersclieint er als heres regni 
Sicilie: da Konrad das Kaiserreich erhalten hat, so ist unter 
Sizilien hier das ganze normannische Königreich verstanden. Auch 
bedeutete „Sizilien", mit König oder Königreich verbunden,^ 
nicht durch einen Zusatz in seinem Umfange beschränkt, damals 
die beiden Reichshälften. 2 

Es bleibt eine dritte Form des Testamentes, die auch von 
dem definitiven sich unterscheidet, wenigstens in einem Punkte. 
Leider liegt sie nur in einem dürftigen Bruchstücke vor, Matthäus 
Paris hat es uns überliefert.^ Mit Collenuccios Text und mit der 
endgültigen Fassung des Testaments stimmt überein, dass Konradins 
von Antiochien nicht gedacht wird. Konrad J V. wird Erbe in impei'io 
Romano et regno Sidlie, also im Kaiserreich und im Königreich 
beider Sizilien. Heinrich aber erhält regnum lefrosolimitanum et 

regnum * Unzweifelhaft ist zu ändern und zu ergänzen 

vel regnum Arelatense^ und so heisst es auch in der Redaktion, welche 
die letzte blieb. In dieser fehlt dagegen ein Satz, der dem 
folgenden, von Matthäus überlieferten entspräche: Item Manfredum 
filium meum relinquo ballivum Conradi in impe7'io a Papia et citra et in 
regno Sicilie tcsqite ad 12 annos, excepto quando Conradits eritpresens. 
Hiermit vergleiche man die Angabe Collenuccios: Manfredo suo 
figliuolo lascio bailo e governatore per 10 anni del imperio da 

1. So z. B. in dem definitiven Testamente von 1250, vor aHem aber in 
den Titeln Friedrichs II. Romanorum impereUoi^ Jerusalem et SiciUae rex. 

2. So heisst Richard von Montenigro in der S. 254 gedruckten Urkunde 
nioht iustitiarius regni Sicüiae, sondern iustitiarius in Sicilia. 

3. M.G. SS. XXVIII 322. 
4« ibid. 323 Variante c. 



J 



— 275 — 

Pavia infin per tutto il regno di Puglia in loco di Conrado, eccetto 
se Conrado si ritrovasse in peft'sona nel regno. Da nach dem Texte, 
den Collenuccio benutzte, die Insel Sizilien an Heinrich fiel, so 
musste die Statthalterschaft, die Manfred für Konrad führen sollte, 
durch il regno di Ptiglia begrenzt werden; nach der Fassung, die 
Matthäus bietet, erhielt Konrad beide Sizilien, also galt die Voll- 
macht seines Stellvertreters auch ganz allgemein in regno Sicilie, 

Wie aber steht es mit der Echtheit beider Testamente? 

Wenn Friedrich II. im Jahre 1247 seinem Sohne Heinrich 
das ganze normannische Königreich zugedacht hatte, wenn er ihn 
dann auf die Insel beschränkte und ihm endlich ein anderes Ob- 
jekt bestimmte, so lässt sich diese Entwicklung wohl als eine 
genetische bezeichnen; ein kaiserlicher Erblasser, den sein Be- 
finden oft an das Ende erinnerte, könnte gerade so die eine Ver- 
fügung durch die andere ersetzt haben. Aber wie ich über das 
Schriftstück, das inhaltlich zum Jahre 1247 passen würde, nicht 
ein entscheidendes Wort sprechen wollte, so möchte ich auch in 
Hinsicht der zwei Testamente, die wir Collenuccio und Matthäus 
Paris verdanken, keine bestimmtere Meinung äussern. Das Ur- 
teil ist hier doppelt schwer, da nur Auszüge zur Verfügung stehen. 
Mir ist es genug, auf ein bisher kaum beachtetes Problem hinge- 
wiesen zu haben. 



Zusätze. 

I. Mainardino von Imola, ein vergessener Geschichtsebreiber 

der Zeit Friedricbs II. 

Ich habe gesagt,^ dass Friedrich II. im Winter 1247 auf 
1248 krank gewesen sei, obgleich nur ein viel späterer Autor, 
Pandolfo Collenuccio, mein Gewälirsmann war; er berichtet: 
essendo stato di infirmita alcun di gravato; j^oi che hebhe reassumto 
alquanto le forze etc. Das sei bei Gelegenheit der Belagerung 
Parmas geschehn. Da er aber deren Dauer so verkehrt, wie 



1. 8. 271 Anm. 4. 

18* 



— 276 — 

nur mögKch, auf nahezu zwei Jahre schätzt, so scheint es nicht 
besonders kritisch zu sein, von der Krankheit als einer That- 
saclio zu reden. Hiergegen wende ich ein: Collenuccio entlehnte 
seinen offenbaren Irrtum einem bekannten Werke, den Historien 
des Biondo,^ der Krankheit des Kaisers hat dieser nicht gedacht, 
und so bleibt die Möglichkeit, dass Collenuccio einer anderen 
zuverlässigen Quelle folgte, als er die oben angeführten Worte 
niederschrieb.^ 

Diese Frage zu beantworten, war der nächste Anlass zu 
der folgenden Untersuchung. Ich wünsche und hoffe, dass ein 
geringfügiges Motiv zu einem beachtenswerten Ergebnisse ge- 
führt hat. 

Im Jahre 1719 schrieb Manzonius^ über Bischof Mainardino 
von Imola: Historias urbis Lnolae saipsit^ quae typis deinde 
fuet'unt aliquando editae, atqite — ut aliqui fet^unt — vitam et 
gesta quoqice Fridmici II, scfiiptis commefudavit. Den Geschichten 
der Stadt Imola, die „einstmals durch den Druck veröffentlicht 
gewesen sind," — hat ein päpstlicher Censor ihnen nachgestellt, 
wurden sie bis aufs letzte Exemplar eingestampft? Später be- 
zweifelte P. A. Zaccaria,* dass Mainardino überhaupt eines 
der angeführten Werke verfasst habe. Zugleich verwies er wegen 
der Biographie Friedrichs H. auf das natürlich als unglaub- 
würdig verworfene Zeugnis des Leander Alberti in desoiptione 
Italiae, ubi de Äpulia agit Spürt man dem Zitate nach, so 
findet man in der Descritione di tutta Tltalia ed. 1596 S. 248, 
dass Pandolfo Collenuccio von Pesaro, dem Mainardino folgend, das 
reumütige Ende Friedrichs II. gepriesen habe. Wirklich, Colle- 
nuccio sagt S. 101: E secondo il rito christiano si confesso con 



1. S. 293. 295 ed. Basileae 1581. 

2. Für die Geschichte Friedrichs II. hat Collenuccio sich auf folgende 
Gewährsmänner berufen: S. 86 r Biondo e Piatina ne le loro historie, von denen 
zur Zeit schon mehrere Drucke vorlagen; S. 86 r II vescovo di Augburgh in la 
historia Suevica = Burchardus ürspergensis ed. 1475; S. 87 r Riccobaldo 
Ferrariese ed. 1474. 76; S. 92 r Beato Antonino arcivescovo Fiorentino, dessen 
Opus historiarum damals schon öfter gedruckt war; S. 101 r Guglielmo di Podio 
e il DandolO; deren Werke Collenuccio in Handschriften benutzt haben muss. 
Dasselbe gilt von den sehr oft angeführten Briefen Friedrichs. 

3* Episcop. Comeliens. siye Imolens. bist. 191. 
4. Series episcop. Forocorneliens. II 85. 



^ 



— 277 — 

tanta contritione, che sctnve Mainardino vescovo [de Imola, quäle 
ridusse in scritio malte cose di Federico, che per tale confessione 
si pitq credere, chel fosse vaso eletto da dio, 

— ridusse in scritto molte cose di Federico, diese Worte 
deuten nicht gerade auf eine Biographie Friedrichs II. Es handelt 
sich vielmehr um Notizen zur Geschichte Friedrichs, und möglich 
wäre es ja immerhin, dass Mainardino sie in seine Historiae urbis 
ImcJae verflochten hätte. 

Von Inl^Dlas Geschicken ausgehend und bei ihnen vor allem 
verweilend, ein Annalenwerk zu schreiben, war Mainardino wohl 
in der Lage; dafür genügt der Hinweis auf seine Stellung als 
Bischof der Stadt. In einer langen Regierung hatte er mit seiner 
Bürgerschaft, deren Podestä er auch zeitweilig gewesen war,^ 
eine kaiserliche Haltung beobachtet, bis zu Ende der 40 er Jahre 
seine und Imolas Wege sich trennten. 

Unzweifelhaft war Mainardino aber auch der Mann, von 
den Thaten und der Persönlichkeit Friedrichs II. zu erzählen. 
Er lässt sich zwar nicht sehr oft am Kaiserhofe nachweisen. 
Wenn er ihn aber einmal aufgesucht hatte, kehrte er nicht so- 
bald in die Heimat zurück. Einem kürzeren Besuche, den er 
dem Kaiser im Februar 1223 zu Capua abstattete,^ folgte 1226 
ein Geleit, das er ihm Monate hindurch gab. Im März war er 
zu ihm gestossen, erst im Juli verliess er ihn wieder:' ein herr- 
liches Privileg, das seine Verdienste in lauten Tönen pries, war 
der wohlverdiente Lohn.* Wieder von Dezember 1231 bis zum 
März 123'^ befand er sich am kaiserlichen Hoflager. ^ Dann ver- 
schwindet er wohl unseren Blicken; aber ein Brief viel späterer 
Zeit beweist doch, dass die Verbindung zwischen Kaiser und 
Bischof keineswegs abgebrochen war. Im Gegenteil deutet er 
auf eine lebhafte Korrespondenz beider. Danach hatte Friedrich 
dem Mainardino geschrieben, wie Parma (im Juni 1247) von 
ihm abgefallen sei. Mainardino hatte darauf seinen lebhaften 
Wunsch geäussert, über den weiteren Verlauf der Angelegenheit 



1. Ibid. I 37 ad an. 1210; I 43. 45 ad an. 1221. 

2. B.-F. 1438. 40. 

3. B.-F. 1697. 1601. 06. 08. 18. 29. 81. 86. H8. 41. 42. 44. 50. 52. 53. 

4. B.-F. 1653. 

5. B,-F. 191j. 12. 18. 17. 18. 26. 33. 38. 39. 41. 



L 



— 278 - 

unterrichtet zu werden, und Priedricli entsprach der Bitte, die 
Sorge des Freundes aufs Wärmste anerkennend. Er meldet ihm 
etwa, dass er zur Ueberwinterung des gegen Parma geftihrten 
Heeres (am 1. Oktober) Vittoria erbaut habe, er bittet ihn aber 
auch, die Kunde der Erfolge, die er ihm mitteilt, als sein Inter- 
pret zu verbreiten.* 

Nach dieser Skizze wird der Leser berechtigten Schmerz 
über den Verlust des Werkes empfinden.^ Aber es bleibt ein 
Zweifel, ob Mainardino derartige Aufzeichnungen zur Geschichte 
Friedrichs II., wie wir sie nach Collenuccio annehmen möchten, 
in Wirklichkeit verfasst haben kann. Wer von Friedrich be- 
hauptete, er sei unter solcher Reumütigkeit gestorben, dass man 
ihn für ein „auserwähltes Gefäss Gottes" ^ halten dürfe, wird 
wohl im Dezember 1250 an seinem Sterbebette gestanden haben, 
ist keinenfalls schon im Mai 1249 selbst — aus dem Leben ge- 
schieden. Das aber behaupten die Geschichtschrei bor Imolas 
von ihrem Mainardino. Ein Jahr hat kein Zeitgenosse über- 
liefert; aber muss Mainardino nicht vor Oktober 1249 gestorben sein, 
da damals der Kardinal Oktavian dem „Erwählten" von Imola 
schreibt, er wolle seinen Kanonikern eine vacante sede erbetene 
Gunst gewähren?^ Wenn in dem leider ungedruckten Briefe 
Mainardino nicht ausdrücklich als ein Verstorbener bezeichnet 
ist, so bleibt noch eine andere Erklärung. Längst stand die 
Bürgerschaft von Imola auf Seiten der Kirche; im September 1248 
hatte sie mit Bologna ein Bündnis geschlossen, worin gegen- 



1. Archivio stor. Siciliano II 172. 

2. Hier schalte ich eine Bemerkung über die älteste der vorhandenen 
Chroniken Imolas ein. In seiner Ausgabe des Kommentars, den Benvenuto von 
Imola zu Dantes Komödie gesclirieben hat, bemerkt Lacaita I Praefatio 19: 
La cosi detta crotiaca Vaticana, la piu anticha delle cronicke Imolesi^ si 
suppone scritta fino al 1^85 da G. A. Flaminio 1464 — 1536 e poi fino cd 

f S^ 1^38 da F. Sass^i, ch^ mori nel 1547. Sehr scharf urteilte über das Werk 

Zaccaria Series I 2: qimitidecimi saeculi anonymi chronicon e Vaticana biblio- 
theca depromptum UgheUius plus aequo commendat ac saepe imprudens sequüur. 
Nach den von üghelli mitgeteilten Auszügen, die Zaccaria wiederholt hat, bin 
ich nicht anderer Meinung. 

3. Act. apost. IX lö. 

4. Zaccnriu Series episcop. Forocoruel. U 92. 



— 279 — 

seitige Unterstützung wider den Kaiser vereinbart wurde ;^ im 
September 1249 lieh die Stadt — es war im bischöflichen Palaste — 
dem Eainald von Suppino, den Wilhelm von Holland, der Gegen- 
könig, als seinen Vikar in die Romagna geschickt hatte, eine 
achtungswerte Summe. ^ Wäre es ein Wunder, wenn der Kar- 
dinal Oktavian unsern Mainardiuo seines Amtes entsetzt,^ wenn 
der Freund des Kaisers, aus Imola vertrieben, sich an dessen 
Hof gerettet hätte? Genug, bis auf Weiteres vertraue ich der 
Angabe des Pesaresen, zumal sich in seinem Werke doch manche 
Nachrichten finden, die sehr wohl auf Mainardino zurückgehen 
können.^ Jedenfalls benutzte Collenuccio für die Zeiten Fried- 
richs n. eine gleichzeitige, uns verlorene Quelle. 

Den Beweis liefert schon das genaue Itinerar. Man beachte 
etwa: Mainardino hatte mit dem Kaiser viele Wochen in Ravenna 
verbracht, selbstverständlich wird er an dem Reisewege, den der 
Kaiser im März 1232 einschlug, um nach Aglei zu gelangen, 
ein reges Interesse genommen haben. Bisher wussten wir aber 
nur, dass Friedrich IL Loreto berührt und in Venedig sich auf- 
freh alten hat.^ Wie viel besser ist da Collenuccio unterrichtet! — 
pa7'ti da Ravenna e passando per la nobile e famosa dUa di 
Comachio, che cosi la chiama uno historicoy e per capo de Ooro, 
Loreto e Chioggia pervenne a Vinegia, ove fu eccessivamente honorato, 
e di li per le lagune si condusse in Aquilegia, ove trovo Henrico 
stw figliitolo.^ Man mutmasst zugleich, dass es doch derselbe 
Historiker sei, der als Gewährsmann für die Verherrlichung 
Comacchios angeführt wird und dem Collenuccio die exakte An- 
gabe der Aufenthaltsorte verdankt. Ein anderes Beispiel: im 
Mai 1241 hatte Friedrich zu Imola die Nachricht von einem 



1. B.-F.-W. 18684. 

2. B.-F.-W. 13732. 

3. Am 8. März 1247 war er vom Papste ermächtigt worden, amovere 
perpetuo tarn archiepiscopos, quam episcopos etc.^ qui fuerint inobedie^ites ecclesiae 
vel rebelies. Berger Les regist. dlnnoc. IV. Nr. 3007. 

4. Weim das Schreiben Oktavians nicht von dem abgesetzten sondern 
verstorbenen Mainardino redet, so bliebe ja immer noch die Möglichkeit, dass 
ein Anderer Notizen über das Ende Friedrichs den Aufzeichnungen Mainardinos 
hinzugefügt habe. 

5. B.-F. 1946 b. c. 1947 ff. 

6. S. 88 V. 



— 280 — 

grossen Siege seiner Flotte über die genuesische erhalten,^ dann 
begab er sich nochmals nach dem kurz vorher eroberten Faenza; 
es folgte teils Belagerung, teils Verwüstung, teils Unterwerfung von 
Fano, Spoleto, Terni, Narni und ßieti. So nach Böhmer-Fickers 
Regesten.2 Von Spoleto und Terni hat Collenuccio zwar nicht 
berichtet, aber im üebrigen sind seine Angaben doch viel reich- 
haltiger: Composte le cose di Romagna voltatosi a la via dela 
Marcha, accordo Pesaro ed assedio Fano e misselo ä saccomanno; 
andando poi nel Ducato accm'do Todi e saccheggio S. Gemini e Narni e 
ando ä üieti^ dove hebbe niLOva, che Tybure se li era data.^ Um 
nochmals einen Vergleich mit Böhmer-Ficker anzustellen, so 
wissen sie nicht, wo Friedrich 1245 Ostern feierte; er kommt 
nach Terni, lässt Viterbo verwüsten, gelangt nach Acquapendente, 
Pisa und Parma, überschreitet bei Brescello d^en Po, und erreicht 
endlich Verona.* Wieviel mehr erfahren wir /wieder durch Colle- 
nuccio: Federico fatti li tre di di pascha in Capua Vanno 1245 
parti del reame e venne a Terani nel Ducato e di li mando a dare 
il gicasto ä Viterbo, Poi venne ad Ameria e Aquapendente e Siena 
e Pisa e di li per Lunigiana e Pontremoli a Parma e Brexello e 
li pa^sato Po per il ponte ando ä Casal maiore e di li ä 
Verona.^ 

Zu Berichten anderer Art übergehend, hebe ich zuerst die 
Verschwörung von 1246 und deren Folgen hervor. Dass der 
Graf von Caserta dem Kaiser die Mordpläne verriet, finden wir 
an mehr als einer Stelle; aber den Namen des Boten hat meines 



1. B.-F. 3202 a. 

2. Nr. 3209a. 8210. 12. 15a. 19a.b. " 

3. S. 93 r. 

4. B.-F. 3470a. 71a. c. 72a. 73. 75a. b. c. 

5. S. 94 V. Dass sich im Itinerar auch unrichtige Angaben finden, wird 
die Schuld CoUenuccios sein. Eine merkwürdige Verwirrung hat er S. 99 v 
angerichtet: im September 1249 sei Friedrich nach Kremona gekommen und 
habe dort die Nachricht erhalten, dass Enzio Arola erobert habe. Der Kaiser 
war jedoch im April 1248 von Borgo San Donuino nach Kremona aufgebrochen, 
und dort wird ihm im Mai der Fall Arolas verkündigt worden sein. Zur Be- 
urteilnng des Irrtums mag dienen, dass Collenuccio den Aufenthalt in Kremona 
mit den Worten einleitet: Partito poi dal Borgo San Donino, aber unmittelbar 
vorher schrieb, am 20. April 1248 habe Friedrich zu Borgo San Donnino ge- 
weilt. Otienbar ist Collenuccio hier seiner Quelle nicht exakt gefolgt. 



— 281 — 

Wissens allein Collenuccio angemerkt: Giovanni da Presenzano. 
Die von den Kaiserlichen zerstörten Burgen der Verschwörer 
Sala und Oapaccio nennen, wie Collenuccio manche andere 
Autoren; aber dass auch Altavilla dem Erdboden gleich gemacht 
wurde, habe ich nur in Collenuccios Oompendium gelesen.^ Altavilla- 
Silentina ist geraeint; es liegt im heutigen Kreise Capaccio. Von 
grösserem Interesse ist ein Bericht über die Schlacht bei Osimo, 
deren sonst nur noch ein deutscher Annalist gedenkt. Robert von 
Castiglione, kaiserlicher Vikar in der Mark, der seinen Sitz in 
Maceratä hatte, schlug 1247 bei Osimo das päpstliche Heer, das 
Bischof Marcellino von Arezzo befehligte; Marcellino wurde in 
Fesseln gelegt; an Gefangenen und Toten zählte man gegen 
4000, viele Fahnen wurden erobert, namentlich auch die, welche 
Kaiser Emmanuel von Konstantinopcl den Ankonitanern geschenkt 
hatte, als sie sich gegen Friedrich I. erhoben. So Collenuccio.^ 
Der deutsche Annalist bestätigt ihn,^ er stimmt sogar in der 
Zahl 4000 mit ihm überein, doch kennt er nicht Namen und 
Stellung des Siegers, er weiss nichts von der Erbeutung der 
Standarten, deren eine doch besonders merkwürdig war. Ein be- 
liebiges anderes Beispiel: der fleissige Verfasser einer Geschichte 
des Kampfes, den die Hohenstaufen um die Mark Ankona und 
das Herzogtum Spoleto führten, spricht von einem Siege, den 
Graf Richard von Chieti 1248, mit Hülfe der Bewohner von 
Civitanova, über die Päpstlichen errungen habe, aber er entbehrt 
einen quellenmässigen Beleg.^ Verfolgt man die Angabe durch 
verschiedene Werke, in denen sie sich findet, so gelangt man 
schliesslich zu Collenuccio, nicht weiter. Er berichtet zunächst, 
dass Friedrich II. 1248 nach Borgo San Donnino gekommen sei: 
die Regesten weisen ihn dort am 2., 15. und 20. April nach. 
Dann fährt Collenuccio fort, am 20. April sei dem Kaiser eben- 
da gemeldet worden, dass sein Sohn Richard. Graf von Chieti 
und Generalvikar in der Mark Ankona, dem Herzogtum Spoleto 
und der Romagna, bei Civitanova dem Hugolin Novello, Kapitän 
des Papstes, dem Pandolf da Fasanella und dem Jakob da Morra, 



1. S. 96r. 

2. S. »Tv. 

3. Chron. reg. Colon, ed. Waitz 291. Vgl. ß,-F.-VV^. 13657. 

4. Tenckhofi' Der Kampf der Hohenstaufen um die Mark Ancona und das 
Herzogtum Spoletd 60 Anm. 2. 



— 282 — 

den Föhrern der Verschwörung von 1246, eine Niederlage bei- 
gebracht habe, dass 2000 gefallen oder gefangen seien, dass unter 
den Toten auch Hugolin Novello und Matteus da Fasanella sich 
befänden.* Für die Schlacht und ihre Einzelheiten fehlen ander- 
weitige Belege, aber im Hinblick auf den Ausgangspunkt der 
ganzen Erzählung wird es deren auch kaum bedürfen. Dass 
Friedrich am 20. April zu ßorgo San Donnino die frohe Botschaft 
erhalten habe, ist eine gute Gewähr, denn Zeit und Ort ent- 
sprechen ja dem Itinerar des Kaisers.' 

Noch möchte ich zwei, wie mir scheint: charakteristische 
Nachrichten hervorheben. 

Vom Dezember 1231 bis zum März 1232 verweilte Mai- 
nardino am kaiserlichen Hoflagcr zu Ravenna.^ Dorthin sei 
Friedrich II. gekommen, erzählt Collenuccio,'* del mese di No- 
vembre con grandissima comitiva e magnificentia, E tra le altre 
cose meno con se molti animali msueti in Italia: elephanti, drome- 
darii, cameli, panthere, gei'falchi^ leonlj leopardi. e falconi bianchi 
e alochi barbati. Damit vergleiche man die Notizen einer Vero- 
neser Chronik, wonach Friedrich II. 1245 hospitatus fuit ad mo- 
nasterium sancti Zenonis et duxit secum 1 elipantem, 24 camelos^ 
5 leopardos} Man Vergleiche ferner eine Schilderung Salimbenes, 
der uns zum Jahre 1236 eine Menagerie Friedrichs II. vorführt: 
elephantem cum pluribus dromedariis et camelis et cum multis leo- 
pardis et cum multis yerifdlcis et asturibus. Wie er und der 
Anonymus von Verona als Augenzeugen erzählt haben ,^ so un- 
zweifelhaft auch der Oewährsmann Collenuccios. Da nun aber 
Mainardino 1231/2 in Ravenna weilte, sollte CoUenuccio einem 
Anderen seinen Bericht über die damals eben in Ravenna ange- 
staunten Tiere verdanken, als ihm, auf dessen Werk er sich 
beim Tode Friedrichs beruft?' 



1. S. 99 r. lieber die Stellung Richards von Chieti S. 97 r. 

2. B.-F. 3687—91. 

3. Vgl. S. 277 Anm. 5. 

4. S. 88 V. 

5. Nuovo arch. Veneto VI 129. 

6. 8alimbene ed. Parm. 47 sagt ausdrücklich: ut vidi oculis tneia. 

7. Hier sei bemerkt, das CoUenuccio in der Aufzählung der Thiere viel- 
fach mit Biondo übereinstimmt. Dieser schildert die Menagerie zu Vittoria 
(1247), jener zu Ravenna (1231). Dennoch könnte CoUenuccio nach Biondo 
das eine und andere Thier hinzugefügt haben. Vgl. S. 286. 






— 283. — 

Von der Stadt Vittoria, die Friedrich im Angesicht des 
belagerten Parma erbaut hatte, schrieb er seinem Freunde 
Mainardino : civitatem [ParmeTisemJ civitatis nostre, que vires dbsisten- 
tium ab hyemalis temporis quantalibet tempestate tuebitury nova 
construdione vel oppressione comprimimv^} Das war zu wenig, 
die Wissbegier Mainardinos zu befriedigen, es war genug, sie 
aufs lebhafteste anzuregen. Er hat nun gewiss dem über- 
bringenden Boten mehr als eine Frage gestellt, um Beschaffen- 
heit und Umfang der merkwürdigen Stadt, die zur Belagerung 
einer anderen diente, aufs genauste zu erfahren. Die Quintessenz 
der empfangenen Antworten möchte ich in Collenuccios Be- 
schreibung sehen: fu la longhezza di qicesta citta 800 canne e la 
larghezza 600, e era la canna di 9 braccia; e haveva 8 porte e 
le fosse larghe e profonde di intarno,'^ 

Während dieser Untersuchung habe ich immer mehr er- 
kannt, dass Simon Schard ganz verständig handelte, als er 1566 
seiner Ausgabe der Briefe Pietros della Vigna den Teil von Colle- 
nuccios Werk, worin die Thaten Friedrichs IL erzählt werden, zur 
Orientierung vorausschickte. Spätere haben nicht wohl daran 
gethan, dass sie die Nachrichten Collenuccios, die auf einen Zeit- 
genossen zurückgehen — ich denke: auf Mainardino von Imola^ — 
geringschätzig bei Seite schoben?* 



1. Vgl. S. 278 Anm. 1. 

2. S. 97 V. 

3. Die Vermutung liegt nahe, dass Benvenuto von Imola, der Kommentator 
Dantes, das Werk seines Landsmannes benutzt habe. Nun findet sich in der 
Tbat einmal eine grosse Uebercinstimmung Collenuccios und Benvenutos, näm- 
lich bei der Charakterschilderung Friedrichs II. Doch überzeugt man sich bald, 
dass Benvenuto ed. Lacaita I 442 dem Villani VI 1 ed. Dragomanni I 223. 
224 und dem Ricobald ap. Muratori SS. IX 132 folgte, dass CoHenuccio 102 v 
sich auch an Ricobald anschloss und ausserdem an Anton, archiep. Florent. 
tit. XIX. cap. VI § I; dieser aber schöpfte seinerseits aus Yillanis Chronik. 
Nur zwei Wendungen habe ich allein bei Benvenuto und-Cbllenuccio gefunden: 
fade kietus, Habens membra quadra — di membri qüädrati, di volto allegro. 

4. Bevor CoHenuccio seinen ständigeri Aufenthalt in Pesaro nahm, hat 
er längere Zeit in Ferrara gelebt; dessen Museum besitzt nach Corp. inscr. lat. 
V 227 — Mommsen hat mich darauf hingewiesen, — die von ihm gesammelten 
Inschriften; dass er unter den Ferrareseiv gute Freunde hatte, ersieht man aus 
seinem Testamente. Darin spricht er auch von Geschichtswerken, die er ent- 
liehen und noch nicht zurückgegeben hatte: un libretto d'istüria d'Oltramarej 



/ 



— 284 — 

n. Salimbene und Biondo. 

Collenuccios Notiz Über eine Erkrankung Friedrichs II. 
schien mir, um die Zeit eines der Testamente zu bestimmen, 
einen gewissen Wert zu haben, — falls sie auf gute Ueber- 
lieferung zurückgeht. Das festzustellen, entfernte ich mich von 
den eigentlichen Zwecken dieses Buches. Wenn ich nun noch- 
mals das Gebiet der diplomatischen Untersuchung verlasse, so 
habe ich keine andere Entschuldigung, als die, dass dieser zweite 
Zusatz ein ganz gleiches Thema behandelt und seiner Natur nach 
ein Seitenstück zu jenem ersten bildet. 

Salimbene hat nicht blos die uns erhaltene Chronik verfasst. 
Er selbst sagt einmal, der Abt Joachim habe die Gründung der 
Dominikaner- und Franziskanerordeu vorausgesagt, sicut in hac 
cronica et in alia et in tertia et in quarta optime et pluries demon- 
travi.^ Gewiss ist es eine dieser Chroniken, von der er schon 
früher bemerkt hatte, da er die Niederlage Friedrichs II. vor 
Parma erzählte: sicut in alia chronica posui, in qua 12 scelera 
Friderici imperatoris desaipsi.^ 

Sind nun all' diese Chroniken verloren? Wenigstens von einer 
glaube ich nicht uninteressante Spuren nachweisen zu können. 

Flavio Biondo erörtert die Gründe, die man vorgebracht 
habe, um die lange Sedisvakanz nach dem Tode Coelestins IV. 
zu erklären. Nos magis theologo Parmeyisi ordinis Minorum, 
qui vidisse omnia scribit de Frederico a nohis scripta^ credimus, tentos 
Amalphitano carcere cardinales, ne ipsis ahsefntibus electio fieret, 
protestatos fuisse. Quibus et coUegas faciliter assensisse crediderim, 
videntes omnem Italiam Frederici motibus quassatam esse et immi- 
nere per singulos dies periculum, 7ie urbem Romam caperet, cuiiLS 



due lihretti di cronache Ferrarese, un libretto di cronache Ferrarese, un libro 
di croniche della casa d'Arragona: von besouderem Interesse ist dann folgender 
Satz : Ld mißi^ lihri d'epigrammi, i disegni antichi e cosi que^ miei scaHafacci 
colletanei vagliono^ar^i li conosce. E pregoviy li dispensate bene. G. Perticari 
Opere II 269. Diesen K6r)S.^taneen, in denen sich vielleicht grössere Auszüge 
aus Mainardinos Werk finden b^Hte man einmal in Perrara und Pesaro nach- 
spüren. \ 

1. S. 124. 164 ed. Parmens. \\?1- 16Ö. 

2. S. 81. Vgl. S. 82: destrud^ Victoria fecit omnia, quae in alia 
chronica posui. S. 87: multa mala fecit ,\^'^^H^^'^^ rediret in regnum, ut infra 
dicemus et tU in alia posuimun chronica. \ 



* 



I 

V 

V 



— 285 — 

agrum de multis locis populatmiibus pene perpetuis a-gitäbat, maiori 
tarnen cura ubique adhibita, ut maria undique^ undique itine^'a 
latrociniis infestarentur , ne praelato cuipiam aui vivo excellenti a 
regibus principibusque christianis ad urbem esset accessus, creando 
pontifid auodlium sicasionesqite adituro. adeo ut nostro credamus 
theolog Oy affirmanti turbinibus Italiae a Frederico illatis, factam 
esse universam in iUa famem, quae potius rabies potuit appellari.^ 
Die Kardinäle sind Jakob von Palestrina und Otto von St. 
Nicolaus, die seit dem 3. Mai 1241, auf hohem Meere gefangen, 
in der Gewalt des Kaisers sich befanden. In Neapel waren sie 
und ihre Schicksalsgenossen gelandet worden. Nun erfolgte die 
Verteilung über die Burgen des Königreichs. Es ist sehr gut 
möglich, dass die Kardinäle nach Amalfi gebracht wurden.^ Aber 
während der Sedisvakanz, die mit dem 10. November 1241 begann^ 
finden wir sie in nördlicheren Gegenden: im März 1242 zu Capua,' 
im April zu Tivoli.* Hierher waren sie doch gewiss geführt 
worden, damit sie mit ihren Kollegen, die der Kaiser zur Neuwahl 
trieb, sich um so schneller vereinigen könnten, denn er gestand die 
Notwendigkeit ihrer Teilnahme zu. Das aber möchte doch infolge 
des Protestes geschehen sein. Genauer sind wir über die Ver- 
wüstungen des römischen Gebietes unterrichtet. Z. B. schreibt 
Friedrich von seinem zweimaligen Einfall: Feuer und Schwert 
habe Fluren und Saaten vernichtet.^ Was dann die allgemeine 
Unsicherheit betrifft, so waren die Kardinäle selbst ja auf dem 
Meere ihrer Freiheit beraubt worden, und in Hinsicht auf die 
Gefahren der Landstrassen hat Jakob von Palestrina, als Gefan- 
gener, seinen Kollegen geklagt: propter multa viarum discrimina 
könne weder ein Bischof, noch angesehener Bote zur Kurie ge- 
langen.^ 



1. Historiar. decades 291 ed. 1531. 

2. Ryccardus de s. Germano M.G. SS. XIX 381 : leyatos et alios transferri 
de Neapoli Salernum facit. 

3. CüDSt. et acta II 326. 

4. Ryccard. I. c. 383: de regno aput Tyhur sab ducatu Dyhhöldi de 
Dragune mütuntur. Wenn er S. 381 schon zum August 1241 sagte: sub ducatu 
Tybboldi de Dragone aput Tyhur ducuutur, so raöchto er geirrt haben. Ganz 
verkehrt aber ist die Darstellung des Biondo, wonach die Kardinäle bis zu 
ihrer Befreiung in Amalfi blieben. 

5. B.-F. 3366. 

6. Campi Hist. eccl. di Piacenza II 398. 




— 286 — 

Soviel, um die Mitteilung Biondos zu erläutern. Dann ist 
die Frage, ob Salimbene sein Gewährsmann war, ob man unter 
dem Theologen von Parma, dem Minoriten, überhaupt einen 
anderen Chronisten verstehen darf, als ihn. Die kurze Antwort 
lautet: schwerlich haben zwei Minoriten * von Parma gleichzeitig 
Ereignisse aus der Mitte des 13. Jahrhunderts beschrieben; die 
ganz unbegründete Annahme würde umso mehr zu verwerfen 
sein, als auf Salimbenes Doppelgänger die Charakteristik „Theologe" 
so gut passen müsste, wie sie thatsächlich auf ihn selbst passt.^ 

Aber in der uns erhaltenen Chronik Salimbenes fehlen die 
entsprechenden Angaben, bis auf die eine: Friderieus vias clauserat 
usque adeOy ut multi caperentur, timebat enim, ne aliquis transiret, 
qui papa fieret Will man annehmen, Biondo habe daraus alles 
Weitere entwickelt?^ Oder liegt eine der verlorenen Chroniken 
Salimbenes zu Grunde? 

An einer anderen Stelle führt Biondo^ den Lesern Bilder 
aus dem Lagerleben von Vittoria vor. Animalia etiam vidit urbs 
Victoria, qime post theatrales stantis Romani imperii licdos Italia 
non videtat: elephantes, dromedarios, pantheras, leones, pardos, 
lynces et ursos albos, Quum canes tunc vidisse asser at noster 
theologuSj hinc magnitudine aspeduque horribili^ inde extrema 
pvsillitate^ aves quoque et rapaces et dcures, Fredericusque curarM 
praeter itsitatas in Italia mulias , in queis falcones chilvonesqitey astures 
et girfalchi albi, et qicod eam decuit maiestatem imperialem : immensae 
magnitudinis barbati bubones fuere conspicui. Contraxit eo 
Fredericus habitas prius et tunc primum raptas speciosissimas 
mulieres, quibus a spadonum grege custoditis viridaria, vineas, hortos 
et consitiones cum villis apud Victoriam urbem lautissimam curabat. 
Dann stürzt sich das Heer der Parmesaner über die fröhliche 
Stadt: viam, quue a castris in urbem recta lataque ducebat, otiosi 



1. Davon wird man noch mehr überzeugt werden, wenn der vollständige 
Text, dessen Kenntnis ich der Güte Holder-Eggers verdanke, erst einmal im 
Drucke vorliegt. Natürlich waren auch die anderen Geschichtswerke Salimbenes 
von derselben Art. 

2. P. Buchholz Die Quellen der Historiarum decades des Flavius Blondas 
93 scheint es zu glauben. 

3. S. 294. 



— 28? — 

milites Frederid inermes deambulando comyleverant, Frederici 
exemploy quem noster theologus, qui intetfuit,^ scm^torum gregi 
lascivientem tune per nemora collicsisse afßrmat. 

Die Menagerie des Kaisers sah Salinibene 1235; da wurde 
sie durch Parma geführt, um nach Kremona gebracht zu werden: 
misit elephantem in Lomhardiam cum pluribus dromedariis et camelis 
et cum multis yerifalcis ei asturibus,^ Das war indes vor 12 Jahren 
gewesen, und wieviel zahlreicher waren nicht die Tiere, die 
jetzt in Vittoria einzogen! Unmöglich kann Biondo seine 
Schilderung der uns vorliegenden Chronik entnommen haben.^ 
Sie enthält ebensowenig eine Erwähnung des Harems; auf 
Friedrichs Sinnlichkeit deutet sie nur mit dem Wort Ittocuriosus,^ 
Aber Salimbene verfasste — wie gesagt — mehrere Chroniken, 
so eine, die unter anderem „die 12 Laster Friedrichs" behandelte. 
Und dass der Kaiser auch in Vittoria von seinen Schönen um- 
geben war, singt der Dichter des Siegesliedes De Victoria eversa;^ 
da wir ferner wissen, dass er 1231 mit seiner Menagerie in Ra- 
venna, 1235 in Kremona, 1245 in Verona erschien,^ weshalb 
soll er sie nicht auch nach Vittoria beschieden haben? 

Ein fünftes Mal beruft sich Biondo auf unseren Theologen; 
es geschieht bei Gelegenheit der Wahl Alexanders IV. ^ Scnbit 
theologus noster, gente Ubaldina^ Floreritinum cardinalemy in- 



1. Zur Zeit der Einnahme Vittorias war Salimbene längst nicht mehr in 
Parma. 

2. S. 47. 

3. Buchholz a. a. O. 94 Anm. 2 meint, die Chronik 71 sei Quelle ge- 
wesen: Et midtiplicata sunt mala in terra et muUipUcatas sunt aves et hestiae 
sylvestres vehementer nimis, ut faxiani et perdices et qualiae, lepores et capri- 
oliy cervi^ bubali, porci sylvestres et lupi rapaces. Wirklich, eine schöne 
Menagerie Friedrichs IL, die da zur Landplage geworden ist! 

4. S. 166. 

5. M.Q. SS. XVIII 795. 

6. S. oben S. 282. 

7. S. 298. 299. Alexander wurde im Dezember 1254 gewählt; es ist 
also nicht richtig, wenn Buchholz a. a. 0. 94 behauptet, Biondo sei dem Salimbene 
nur bis zum Tode Friedrichs II. gefolgt. 

8. Buchholz a. a. 0. 93 bezieht gente Uhaldina zu theologus noster und 
fügt Anm. 3 hinzu: „dass Salimbene zu dieser gens gehörte, sagt er uns selbst 
pag. 55 zu Ende." Schlägt man nach, so findet man : quidam f rater minor nobilis 
homo de Bavenna, frater domini Segorelli^ qui in Apulia habitabat, nomine 



/ 



— 288 — 

\ 
I 

spidendis votis suffragiisqtie quae in conclavi pro creando pontifici 
novo ferehantur propositum, confeda electione primum fuisse, qui 
Alexandrum pontificem gratuldbundus a2)plaudendusque adoraverit 
Cui Alexander ipse illico responderit, sese quidem nomine^ sed 
illum subeundis oneribus pontificem futurum. Quu ratione factum 
videi'etur, ut profecturus Neapoli cum collegio et curia Ananiam 
petiturus Octavianum sedis apostolice legatum cum exeidtu dimiserit 
bello Manfredi conatibus adversaturum. 

Auch in der gedruckten Chronik erscheint der Kardinal 
Otkavian, der dem Geschlechte der Ubaldini angehörte/ als eine 
massgebende Persönlichkeit: er legt dem Gewählten, wie er 
meinte, dem besten Manne der Kurie, den päpstlichen Mantel um 
die Schultern.2 Aber hier sagt Salimbene kein Wort über die 
amtliche Stellung, die Oktaviau im Conclave übertragen war, 
kein Wort auch über die Schmeichelei, mit der Alexander dem 
Glückwunsche Oktavians begegnete. 

Bisher habe ich nur die Stellen, in denen Biondo sich aus- 
drücklich auf den Minoriten von Parma berufen hat, einer Prüfung 
unterzogen, und es ist überhaupt nicht meine Absicht, das Thema 
zu erschöpfen. Ich will also nicht untersuchen, ob Salimbenes 
Chronik noch anderweitig die Quelle Biondos war. Nur sei der 
Leser, der meinen Spuren folgen sollte, erstens auf Einzelheiten 
aus der Belagerung Parmas hingewiesen. Da ist es selbstver- 
ständlich, dass Biondo sich vielfach mit Salimbenes erhaltener 
Chronik berührt, 3 denn in der verlorenen wurde derselbe Gegen- 
stand behandelt. Aber man wird doch auch Angaben und Schil- 
derungen abweichender Art begegnen, so etwa beim Ausfall, der 



UbcUdmus etc. Der Mönch hat weder mit Salimbene, noch mit dem Kardinal 
Oktavian etwas gemein. Oktavian war aus dem Geschlechte des Florentiner 
Landadels der Ubaldini, Salimbene ein Adami aus Parma! 

1. Salimbene 195. 

2. S. 232. Wenn Salimbene hier sagt: elegerurit per conipromissum, so 
ergiebt sich nicht gerade ein Widerspruch, denn die Komproraissare waren 
dann eben die Wähler. Vgl. über den Hergang, namentlich über die irrige 
Auffassung der von Oktaviau vorgenommenen Immantation Zoepffel Die Papst- 
wahlen 120 Anm. 253. 

3. Man vgl. z. B. was Biondo 295 und Salimbene 80. 81 über die er- 
beutete Krone sagen. 



^ 289 — 

zur Eroberung Vittorias führt. ^ Zweitens und besonders gedenke 
ich eines Gewaltaktes, den Friedrich bald darauf verübte. Ge- 
schlagen, sammelte er seine Kräfte, und nun sagt Salimbene 
in dem gedruckten Werke: et circa Parmam verscibatur et faciebat 
mala quae poterat, et quae facere non poterat minabatur. Et multa 
mala fedi, antequam rediret in regnum, ut infra dicemus et ut in 
alia posuimus chronica.^ Damit vergleiche man die Erzählung 
Biondos: exerdtum in Placentinos ducens monasterium s. Columbae 
secus Donninum oppidum demolitibs est Inde per Bercetum etc. 
Von der Zerstörung des Klosters spricht kein Autor, dessen uns 
vorliegendes Geschieh ts werk Biondos Quelle war. Wenn nun aber 
Salimbene bei Friedrichs II. Schandthaten verweilt hat, dann ge- 
wiss auch bei der Niederbrennung von S. Maria della Colomba: 
in dem Registrum des Klosters waren alle Gräuel Friedrichs und 
seiner Soldaten in grösster Genauigkeit geschildert.* Davon 
schweigt Salimbene jedoch in seiner bekannten Chronik: er hätte 
für die Aufgabe, die er sich nach den angeführten Worten selbst 
gestellt hatte,- den dankbarsten Stoff unbenutzt gelassen, wenn 
er überhaupt nicht über den Untergang S. Marias gehandelt hätte. 
Das wird in „alia chronica" geschehen sein, und aus deren 
breiterer Darstellung möchte Biondo seine kurze Notiz ausge- 
schält haben. 5 



1. Gregoritis Montelonyus legatus et Phüippus Vicedominus, Placentinus 
civis Lombardorum praesidio praefectus^ oblata — occasione sunt usi. SagitaHi 
Germani et Saraceni^ in magnum coadi numerum, ad Parmae portas foasasque 
conglobati sunt, id maxime adnixi, ut congredi ausos aut — stantes in propu- 
gnaculis quamplurimos vulnerarent, Tunc legatus praefectusque structis in urbe 
aciebus — erumpunt nulla conficiendis sagitariis — mora adhibita etc. Damit 
vgl. man Salimbene 81: Duces fuerunt exereitus Gregorius de Montelongo legatus 
— et Philipp US Vicedominus , civis Placentinus, sicut in alia chronica posui, 

2. S. 87. 

3. In der gedruckten Chronik hat Salimbene des Klosters zum Jahre 1214 
gedacht. S. 3. 

4. Campi Storia di Piacenza II 198. 

6. Sollte Salimbene, ein anderer Giraldus Cambrensis, nicht seine eigenen 
Werke immer aufs Neue ausgeschrieben und dabei nach jeweiligem [Bedürfnis 
weggelassen und hinzugefügt haben? Die Frage zu beantworten, können viel- 
leicht des Sigonius Hist. de regno Italiae libri ihre Dienste leisten. Vgl. 
Quinque reliqui libri 68 ed. 1618: Haec ita gesta Salimbenus Parmetisis, qui 
his rebus interfuit, scripsit. Doch über des Sigonius' Verhältnis zu Salimbene 
finde ich wohl noch ungedrucktes Material. 

Scbeffer-Boichorst, Zur Geschichte des XII. ti. XIII. Jahrhunderts. 19 



XVIIL 

Bamberger Schulübungen über den Plan einer 
Thronumwälzung im Jahre 1255. 



A. Busson^ veröffentlichte merkwürdige Korrespondenzen, 
welche über die Bemühungen deutscher Fürsten, Ottokar von 
Böhmen an die Stelle Wilhelms von Holland zu setzen, neues 
Licht verbreiteten. Als wirkliche Briefe, die von den angeblichen 
SchreibernJ an die genannten Empfänger gerichtet wären, konnte 
er sie nicht gelten lassen. Eben über ihre Natur ist dann viel 
gestritten worden. Um nur derer zu gedenken, die sich eingehen- 
der mit der Frage befasst haben, so meinte 0. Hintze^, hier 
handele es sich nicht um Stilübungen, vielmehr hätte ein Geschichts- 
freund echte Briefe in kurze Auszüge gebracht: nicht dem Be- 
dürfnisse einer Schulung, sondern dem Interesse am Inhalt 
verdankten wir unsere Schriftstücke. Dieses Ergebnis war für 
Weizsäcker überzeugend; wie er meinte, habe Hintzes „kritische 
Behandlung den richtigen Boden gelegt".^ Das gerade Gegen- 
teil schien mir der Fall zu sein;* ich kehrte zu der Ansicht 
Bussons zurück, die Forscher vor der Betretung des angebUch 
„richtigen Bodens" warnend. Auch K. Döhmann* wandte sich 
gegen Hintze; ja, nach seiner Meinung wäre nicht blos die Form 
erdichtet, sondern die sachlichen Mitteilungen zeugten auch 
von unzureichender Kenntnis. Letzteres bestreitet dann wieder 



1. 1868. Ueber einen Plan, an Stelle Wilhelms von Holland Ottokar 
von Böhmen zum römischen König zu erwählen. Archiv f. öst. Geschichte 
XL 134 ff. 

2. 1885. Das Königtum Wilhelms von Holland 143ff. 

3. S. sein Vorwort zu Hintzes Schrift VI. 

4. 1886. Ueber den Plan einer ThronumwStlzung in den Jahren 1254 
und 56. Mitteilungen des Instituts f. Öst. Geschichtsforsch. VI 658 ff. 

5. 1887. König Wilhelm von Holland, die rheinischen Erzbischöfe und 
der Ncuwahlplan von 1255. 28 ff. Meine Untersuchung ist dem Verfasser 
outgangen. 



— 291 — 

V. Domeier^: im Allgemeinen mochte er die Fassung preisgeben, 
aber selbst „gewisse Eedewendungen seien nicht der Phantasie 
des Verfassers entsprungen", wieviel weniger also die Sachen. 
Damit hätte J. Kempf^ sich nie zufrieden gegeben: nach ihm 
hat Hintze treffend bewiesen, dass Bussons und mein Urteil 
unhaltbar ist.^ Nur darin weicht er von Hintze ab, dass den 
Verfasser kein sachliches Interesse bestimmt habe, seine Auszüge 
aus echten Briefen zu machen; nein, er habe es gethan, „um die 
kurz aufnotierten Hauptmomente von seinen Schülern weiter aus- 
führen zu lassen." 

Die Erörterungen Kempfs würde ich kaum berücksichtigt 
haben;* jetzt kann ich umso eher darüber hinweggehen, als H. 
Grauert* sie einer erschöpfenden Widerlegung gewürdigt hat. 
Der eigentliche Vertreter der Echtheit bleibt Hintze, der den 
Beifall Weizsäckers gefunden hat. 

Um an meine frühere Untersuchung anzuknüpfen, so schien 
es mir nötig zu sein, vorab einen Neudruck der Briefe vorzu- 
legen. Ich veranstaltete ihn, um die Kontrolle zu erleichtern; doch 
geschah es in zweiter Linie auch aus dem Grunde, weil sich zu 
dem bisherigen Texte einige Ergänzungen und Berichtigungen 
geben Hessen. Ueberdies konnte ich einen wichtigen Brief der- 
selben Sammlung, der früher ganz unbeachtet blieb, obwohl auch 
er den Absetzungsplan betrifft, zum ersten Male mitteilen. 

Bussons und meine Quelle war der aus Windberg stammende 
Codex der Münchener Hofbibliothek 22294.« Auf S. 1—21 enthält 



1. 1889. Die Absetzung Adolfs von Nassau 11—16: Das Absetzuugs- 
projekt gegen Wilhelm von Holland. 

2. 1893. Gesch. d. dtschen Reiches während des grossen Interregnums. 
158fF. 288—289. Von Döhmanns und Domeiers Schriften hat Kempf keine 
Kenntnis genommen. 

3. Das ist für mich umso schmerzlicher, als meine Untersuchung gegen 
Hintze gerichtet war, nicht aber Hintze, wie man glauben sollte, meine Gründe 
angegriffen hat! 

4. Doch verdient wenigstens eine seiner Bemerkungen unsern Dank: 
S. 161 Anm. 3 zeigt er, dass Busson irrte, wenn er aus einem der Briefe ge- 
folgert hat, Ottokar habe sein Erscheinen auf einem Nürnberger Fürstentage 
abgesagt. An Busson aber hatten sich spätere Forscher angeschlossen, so 
auch ich. 

5. Gott. gel. Anz. 1894. 618—627. 

6. Vgl. über ihn Rockinger in den Quellen und Erörterungen IX a 349. 

19* 



— 292 — 

er von einer Hand des 13. Jahrhunderts die Summa dictaminum 
magistri Ludolfi. S. 21 — 24 Indpiunt corredoria. Diese ver- 
einigen so überwiegend viele Bamberger Schriftstücke,^ dass 
man über den Ort, an welchem die „Correctoria" entstanden sind, 
keinen Augenblick zweifeln kann. ^ Eben unter ihnen finden sich 
aber unsere Briefe. Gleich Nr. 1 meiner Ausgabe war der bis- 
her ungedruckte ; er, und zwar nur er belehrt uns auch, dass der 
Bischof gerade der Stadt, in welcher die „Correctoria"^ verfasst 
wurden, sich lebhaft für die Erhebung eines anderen Königs 
interessierte. 

Ich lasse auch jetzt die Briefe folgen, damit sie jedem 

Leser zur Hand seien. 

1. 

C. dei gracia Babenbergensis episcopus dilectis in Christo coii- 
fratribus E. decano totique capitulo fraternam in domino devocionem. 

Universitati* vestre peticionem duximus admittendam, tarn causam 
a nohis pretentam, tarn ecclesia a domino regis Boemie instantiam.^ Qui 
sibi vindicare proponens regnum Alamanie*^ nos obnixe<i soUicitavit, ut 

a. Universitas. b. Die Satzglieder: tarn causam — instantiam 

sind so verderbt, dass mit einfachen Aenderongen kein Sinn herzusteUen ist. Ich habe 
daher Wort für Wort die handschriftliche Ueberlieferung beibehalten; doch möchte ich 
vorschlagen: tam ob causam a vobis pretentam, quam ob regis Boemie 
instantiam. c. Alamine. d. obnoxie. 



1. Wenn darunter zu Anfang ein Brief des Bischofs Johann von Hildes- 
heim 1257 — 61 begegnet, so mag sich derselbe etwa noch mit dem einen und 
anderen Stücke, als Nachtrag, schon in einem Codex der ja aus Uildesheim 
stammenden Summa gefunden haben. Der Schreiber setzte die „Correctoria" 
fort, indem er die Bamberger Sachen anhing. Doch ich habe mich mit dem 
Anfange der Appendix, besonders mit den Voraussetzungen des Hildesheimer 
Briefes, nicht eingehender beschäftigt, üeberhaupt liegt mir nichts ferner, als 
über Abfassungszeit und Entstehungsart der „Correctoria* das letzte Wort 
sagen zu wollen. Dafür sind dieselben schon viel zu undeutlich geschrieben, 
und es bedürfte wohl grösserer Uebung, vielleicht auch grösserer Phantasie, um 
Alles und Jedes zu verstehen. Ich trage nur vor, so viel mir bei den Stellen, 
die ich lesen und deuten konnte, gerade aufgefallen ist. 

2. Nur der Anfang, wie ich in der vorausgehenden Anmerkung schon 
hervorhob, scheint mir noch nach Hildesheim zu gehören. 

3. „Correctoria* sind nach Grauert a. a. O. 621 „Korrekturen d. h. 
Schülerarbeiten.** Aber unter Korrekturen versteht man doch das vom Lehrer 
verbesserte, dann vom Schüler abgeschriebene Pensum. Die zahllosen Fehler 
der Correctoria scliliesscn diese Bedeutung aus. Dann fehlt mir der Beleg 
für die Gleichstellung: Correctoria = Korrekturen. 



— 293 — 

in ipsius esse velimus comitatn Nurenberg^ quantocius acoedendo. 
Supplices igitur prrces offeratis domino, quatenus a domirio papa con- 
firmaciouem obtineat ac consecracionem, cedente rege Wilhelmo, cum 
potens esse perhibeatur [et] tarn opere quam sermone nemo sibi valeat 
comparari.^ — fol. 23a. 

2. Scriptum regis ad regem. • 

Illustri regi V. Romanorum F. dei gracia rex Boemie servicii 
sui promtam exhibicionem. 

Accedentibus ad nos Alamanie»- nobilibus nobis extitit [supplica- 
tumj, ut in regem Romanorum nos eligi pateremur,^ cum non esset qui 
nostre resisteret potencie; vos*^ autem invalid um asserebant ad terram 
pacificandam ceteraque, cum incumberent, facienda.^ Responsum nostrum 
fuit huiusmodi, quod si benigne cederetis a iure, quod vobis® in regno 
competit, nos ipsorum postulacioni duceremus protinus acquiescen- 
dum,^ non pro qualibet arrogancia, sed dei clemencia, cui nos [obse- 
quium] prestituros in hoc arbitramur — fol. 23a. 

3. Responsiva. 

A. dei gracia Romanorum rex et semper augustus F. regi Boemie 
quidquid polest obsequii vel honoris. 

Apicem adepti regio dignitatis, ordinante domino papa, non aliud 
restare sensimus, quam subire formidinem, rebus et personal nos op- 
ponendo rebellibus, qui nos regem cognoscere penitus aspernabantur. 
Quos quoniam auctoritate sedis apostolice nobis credebamus firmiter 
subiugari, proniores extitimus inperium suscipiendo. Verum cum con- 
pesci neque aut nostris viribus aut potencia, nee opitulante sanctissimo 
patre ac domino summo pontifice [possentj, regalia vestrum ad bene- 
placitum disposuimus resignare, presertim ex quo manu forti pacis 
intendere poteritis tranquillitati [et] vestris mandatis nobis recalcitrantes 
parere cogantur, proviso tamen, ut dispendium, quod postmodum 
multiformiter sustinuimus, pro bonorum arbitrio restauretur. — 
fol. 23a. 

4. Comitissa regi Behemie. 
F. regi Boemi ß. comitissa Flandrie servicii sui promptam ex- 
hibicionem. 

a. Alainine. b. poteremnr. c. nos. d. faoiendam. 

e. nobis. f. acqniescendo. g. persone. 



1. In der Zeit zwischen dem 25. Juli und 10. August 1255. Vgl. Nr. 6. 

2. Bischof Heinricb lässt sich im Mai und nocii im Juni 1255 in Kärnten 
nachweisen» 



— 294 — 

Communis habet opinio, quod propter vestre dignitatis magnifi- 
cenciamnobilioresTeutonie vos habere regem quam phirimum aspirarent. * 
Nos autem contra regem Ebhardum ipsorum desiderio uullo modo vobis 
obstaculo [erimus]. Ouius subiungimus racionem. Tres civitates a 
nobis et a nostris progenitoribus tenuit in feodum, quemadmodum et 
eius antecessores ; et cum difiteatur, secum contendemus^ indesinen ter, 
quoad usque nobis easdem quietas dimittat aut se nostrum fasaihim ^ 
plenius recognoscat. Quorum cum utrumque perhibeatur sibi difücile, 
partes Alamanie^^ nee in modum regis gubernabit, nee eciam visitavit. 
In tocius sue provincie factam sentenciam a nobis et a nostris quaii- 
tocius obsidionem.« Qua de causa regnum^ ßomanorum vobis oblatum 
caute suscipere presumatis, dummodo comm uniter in vosS conveniant 
hü, quorum interest regem eligere necnon apostolico conspectui pre- 
sentare, qui suam electionem examinans ipsam iirmandam ducat aut 
previa*» racione penitus infirmandam. — fol. 23 bc. 

5. Responsiya. 

F. dei gracia Bohemorum rex B. comitisse Flandrie quidquid 
potest obeequii vel honoris. 

Quamquam vox inimica non sit audienda, vestre tarnen assercione 
facte litteratorie duximus [fidem] adibendam, et ex superhabundanti 
cautela vestrum rescriptum domin o regi decrevimus presentandum, vo- 
lentes et eius^ super hiis habere responsum. Quo intellecto, consilio 
superiorum Germanica fruentes, ad noticiam domini pape perferre dis- 
posuimus uni versa, iuxta cuius decretum nostra deliberacio residebit. — 
fol. 23 c. 

6. Rex Bohemie ad universos ministros Alamanie. 

C. dei gracia rex Bohemie universis nobilibus Alimanie tocius 
boni plenitudinem. 

Pridem scivimus,! quam aspiratis ad eligendum nos in regem 
Bomanorum propter Wilhelmi regis invalitudinem. Quapropter accedere 
decrevimus Nurenberg infra quindenam post [festum sancti] Jacobi 
nunc instantis, super eo vobiscum plenius tractaturi; nee medio tem- 
pore possemus ob dispendium pauperum ex annone penuria, quibus ex 
nostro transitu vellemus nollemus gravier afflictio nasceretur. Preterea 

a. aspicerent. b. contendentes. c. fusalliam. d. Alamie. 

e. Die Worte: In tocius — obsidionem. sind ohne Sinn. Bei einer durchgreifenden 
Aendemng, in welche freilich obsidionem auch noch nicht so ganz hineinpassen 
würde, könnte man etwa vorschlagen: Ad tocius sue provincie, facta sentencia 
a nobis et a nostris, quantocius obsidionem [parati erimus]. f. regena. 

g. nos, h, brevia. i eius ecclesie. k. G-ermanis. 1. civixnus. 



— 295 — 

speramus, quod citra tempus illiul ad curiam destinati nostri item 
nuncii redibunt,*^ quorura relatibus, quid faciamus^ |et] faciendum fuerit, 
possimus informari. — fol. 23cL 

7. Responsiva. 

Illustri domino regi Boemie universitas nobilium Alimanie vo- 
luntariam subiectionem. 

Vestre dominacionis rescriptum, licet [nee] nos super effectu nostre 
peticionis omnino cercioraret, quia tamen nee nos reddidit desperates, 
fluctuantes inter spem et metum exultavimus inmoderate, presumentes, 
quod intellecto statu miserabili tocius inperii, pariter ©t clamore pau- 
perum, qui iam ipsa sidera propulsavit, nostris deberetis precibus facilius 
inclinari; nee esitamus, sanctissimum patrem ac dominum papam 
Alexandrumo tam pio [nonj reniti voto,* qui de pacis tenetur ordinäre 
modis Omnibus tranquillitate. — fol. 2 d. 

8..Rex ßomanorum suis ministris. 

A. dei gracia Romanorum rex et semper augustus universis 
ministris graciam suam. 

Quamvis universa nostra negocia nullo fine debito terminentur, 
non tamen vestram honestatem [decet] proferre verba, que nostre 
dignitatis minantur depressionem. Confidimus in domino, quod demum 
una curiarum processum habeat edictarum, in qua nos gerere taliter 
decrevimus, ut fines tocius Alimanie® nostre^ pareant iussioni. Quodsi 
neglectum fuerit, si nostram ex tunc vilipenderitis maiestatem, dignum 
non ducimus ammiracioni. — fol. 23d. 24a. 

9. Responsiva. 
Narracionibus g diversorum, in hoc placencium, aures nuUatenus 
inclinetis, unum dumtaxat credentes, quod, sicut in dictum^ visi fueritis 
intendere, postquam unius celebracio ourie nobis id declaraverit 
effectu^ fructuosa, proni vestre pedibus excellencie prostrati in omnibus 
et ad omnia cooperabimur indefesse. — fol. 24a. 

Wie gesagt, hat schon Busson die von ihm veröffentUchten 
Briefe als Stilproben bezeichnet. Den Beweis dafür findet er in 
der schönen Aufeinanderfolge von Anschreiben und „Responsiva" ; 
dadurch würden die Schriftstücke zu vier Paaren vereinigt. Der 
neu hinzugekommene Brief bildet mit einem vorausgehenden, den 

a. redeundi. b. facimns. c. Alexandam. d. noto. 

e. Alimonie. f. vestre. g. narrantibus. b. dictom. i. effectnm. 



— 296 — 

das Bamberger Domkapitel an seinen abwesenden Bischof richtet, 
ein weiteres Paar. Das ist eine auffallende Erscheinung: einem 
und demselben Sammler hätten fünf in sich geschlossene Korres- 
pondenzen vorgelegen, während doch fUnf Schreiber anzunehmen 
wären, nämlich das Domkapitel, der Bischof, König Wilhelm, 
Ottokar von Böhmen, die Gräfin von Flandern, die deutschen 
Edlen! Dann verweist Bussen auf die Gleichheit der von angeb- 
lich verschiedenen Autoren gebrauchten Einleitungsformeln in 
Nr. 2 und 4: Servicii sui promptam exhibidonem und in Nr. 3 
und 5: Quidquid polest obsequii vel honoris. Manche Einzelheiten 
kommen hinzu. So nennt sich der Böhme in Nr. 2, 5 und 6 
König von Böhmen, während doch sein derzeitiger Titel domimcs 
regni Bohemiae war, und er höchstens einmal von Anderen als 
König angeredet werden konnte. Die Bezeichnung der ober- 
deutschen Fürsten in Nr. 5 als Superiores Oermanie ist ebenso 
auffallend, wie dass die Fürsten schlechthin in Nr. 2 Älamanie 
nobiles, in Nr. 4 Nobiliores Teutonie, in Nr. 6 Nobiles Alimanie, 
in Nr. 7 Universitas nobilium Alimanie, in Nr. 8: Ministri sei es 
genannt werden oder sich nennen. 

Gegen all' die Schäden hat nun Hintze^ ein energisches 
Heilmittel angewandt: er giebt Anrede und Begrüssung ohne 
Weiteres preis, denn sie seien das Werk eines und desselben 
Stilisten. Der habe Auszüge von echten Briefen vorgefunden, 
und weil diese doch der Anrede und Begrüssung nicht entbehren 
konnten, damit sie für seine Zwecke zu verwerten wären, so 
habe er den Mangel durch freie Komposition ersetzt. Ganz vor- 
trefflich ist dabei dem Verteidiger unserer Schriftstücke der 
Beweis gelungen, dass man schon damals, gerade so wie heute, 
seine Vorlagen wohl einmal verkürzte, dass man nicht immer 
Wort für Wort abschrieb. Aber was berechtigt ihn nun, diese 
selbstverständliche Thatsache als Analogie auf unsere Briefe an- 
zuwenden? 

Sie müssen Auszüge von echten Briefen sein, — so lautet 
das „vor Allem" angeführte Moment — denn die „knappe Kürze", 
die an ihnen auffalle, stehe in einem „bemerkenswerten Gegensatz 
zu der sonstigen weitläufig rhetorischen Ausführung von Stil- 

t a. a. 0. 143£ 



— 297 — 

Übungen". Aber es giebt auch Briefsteller, die den Wortschwall 
über Alles zu hassen scheinen und mit der Sprache bis zur Un- 
verständlichkeit kargen. Beispiele dafür bietet der Wiener Codex 
„Sal. 413 jetzt 521", den ich in Händen hatte, ^ bietet Rockingers 
reichhaltige Formelsammlung,^ bieten ganz besonders aber auch 
unsere „Correctoria", denn von ihren etwa 50 Briefen verdient 
jeder mit demselben Rechte, wie die oben gedruckten, das Prädikat 
der „knappen Kürze". Ob wohl Jemand meint, der Verfasser 
habe von seinem gesammten Material nur Auszüge vorgefunden? 

Hintzes wesentlichster Grund ist also hinfällig; prüfen 
wir einen anderen! „Der Plan der Neuwahl und die Unterhand- 
lungen, die sich daran knüpften, sind jedenfalls geheim gehalten 
worden. Das liegt in der Natur der Sache, und ausserdem 
spricht das absolute Schweigen sämtlicher Geschichtschreiber 
dafür. Ob aber ein Eingeweihter diese Dinge gerade zum Gegen- 
stand von Stilproben gemacht haben würde, ist doch mehr als 
zweifelhaft. Wäre aber der Diktator Einer gewesen, der nicht 
in den Geschäften stand, woher sollte er seine Materialien gehabt 
haben?" Als Antwort auf diese Frage, zugleich als Zurück- 
weisung der ganzen Beweisführung dienen die Worte, mit denen 
die Gräfin von Flandern Nr. 4 und die deutschen Fürsten Nr. 9 
beginnen: Communis habet opinio. Narracionibus diversorumJ 

Ich finde die übrigen Gründe Hintzes kaum stichhaltiger. 
Darum folge ich ihm auch nicht durch alle Einzelheiten, die er 
geltend macht. Nur noch zwei Proben! 

„Als von einem Diktator erfunden kann" das Datum in 
Nr. 6, wonach eine Zusammenkunft in Nürnberg zwischen dem 
25. Juli und 10. August stattfinden soll, „schwerlich angesehen 
werden". Wenn ein Diktator „wirklich einmal Daten erfand. 



1. Eine Probe daraus in den Forschg. z. dtsch. Gesch. VIII 556. 

2. Z. B. gerade Briefe der Summa Ludolfi, die den „Correctoria" un- 
mittelbar vorausgehen. 

3. Nach Nr. 1 weiss das ganze Bambergor Domkapitel von dem Plane 
und nach dem Briefe im Baumg. Formel b. Font. rer. Austriac. Dipl. et Acta 
XXV 186 hat dem Papste nicht etwa ein Geheimbote, sondern das Gerücht 
die Nachricht zugetragen. Das Alles hatte ich schon früher hervorgehoben, 
dennoch fragt Kempf 287 Anm. 1 wieder „Woher die genaue Kenntnis**? 
Uebrigens kann auch von «genauer* Kenntnis keine Rede sein. 



— 298 — 

weshalb nur hier und weshalb verzichtete er auf die Datierung 
der Stücke selbst?" Solcher Daten finden sich in unseren 
„Correctoria" aber noch mehrere;^ also ist nicht „nur hier" ein 
Datum vorhanden. Und wer sagt denn, dass die Daten erfunden 
sein müssen? Ein etwa in Bamberg damals lebender Diktator 
wird doch wohl gewusst haben, wann sein Bischof mit dem 
Böhmen nach Nürnberg reisen wollte! 

Indem Hintze beobachtet, dass von der Beteiligung des 
Kölners und dem Eingreifen des Papstes, die uns anderweitig 
verbürgt sind, unsere „Correctoria" kein Wort enthalten, kommt 
er zu dem Schlüsse: „Ein Diktator, der ein Bild vom Ganzen 
der Verhandlungen geben wollte, musste die Hauptpunkte des 
Stoffes herausheben und hätte es jedenfalls gethan." Aber wes- 
halb musste ein Diktator denn „ein Bild vom Ganzen der Ver- 
handlungen geben wollen"? Das ist eine petitio principii, weiter 
Nichts; und ebenso wie jener Hildesheimer Diktator, der die 
Opposition Philipps von Köln zum Vorwurfe stilistischer Uebungen 
machte, über die Beteiligung des Landgrafen von Thüringen 
schwieg, obwohl dieser doch unter den deutschen Fürsten der 
mächtigste Bündner Philipps war; wie er über die Haltung Prank- 
reichs, die hier entscheidend war, nicht Eine Bemerkung ein- 
fliessen liess, ebenso konnte doch auch ein anderer Diktator aus 
dem Plane, Wilhelm von Holland abzusetzen, nur beliebige 
Einzelheiten herausgreifen. 

Wenn somit Hintzes Beweise, dass der Text der Briefe 
echt sei, an Kunst, leider aber auch an Schwäche dem Gewebe 
der Spinne gleichen, so fällt jeder vernünftige Grund, die 
Anreden und Begrüssungen unter einem anderen Gesichts- 
punkte zu betrachten, als den eigentlich sachlichen Ge- 
halt. Doch selbst bei der Scheidung, die Hintze durchführt, sind 
die Verdachtsmomente Bussons keineswegs schon insgesamt 
entkräftet. Denn dies Superiores Germanie finden sich im Text, 
desgleichen die Nobiliores Teutonie und Nobiles Alamanie. Hintze 
versucht ja freilich auch diese Schwierigkeiten zu heben :^ die 



1. S. 303 Anm. 2, S. 308 Anm. 4, S. 310 Anm. 1. 

2. Wenn es in Nr. 2 heisst Äccedentibus ad nos Alamanie nohilibus 
nohis exiitit [nupplicalumj, ut in regem Bomanorum eligi pateremt*r etc, so er- 
klärt Hintze 145, es sei da von einer Gesandtschaft die Rede, „und sehr wahr- 



— 299 — 

Superiores Germanie und Nohiliorcs Teutonie werden ihm sogar ein 
Kriterium der Echtheit, denn im Munde des Böhmen und der Flanderin, 
der an den Grenzen des Reiches Wohnenden, der daher mit der 
deutschen Titulatur weniger Vertrauten, seien die Ausdrücke 
nicht befremdlich, derweil es ein „feiner Zug eines Diktators ge- 
wesen, dergleichen gerade in ihrer Korrespondenz anzubringen" ! ^ 
Was die Aufeinanderfolge je eines Briefes und seiner Be- 
antwortung angeht, so stammt nach Hintze das gesamte Material 
aus der Kanzlei Ottokars. Er war Schreiber oder Empfänger 
von Nr. 2 bis Nr. 7, und dass ihm auch Nr. 8 und 9 mitgeteilt 
wurden, hält Hintze für sehr natürlich; will doch Wilhelm von 
seiner Absetzung, also von der Nachfolge Ottokars Nichts wissen, 
und erklären doch die deutschen Fürsten, sie würden zu Wilhelm 
halten, falls seine Höfe den verheissenen Erfolg hätten, lehnen 
doch auch sie mithin die Kandidatur Ottokars ab I Solche Schrift- 
stücke sendet man selbstverständlich nach Prag! Dort wurden 
die Auszüge gemacht, und nun traf es sich herrlich, dass sie in 
die Hände eines Bambergers kamen, denn in Bamberg lag ein 
weiterer, Wilhelms Absetzung betreffender Brief. Nein, nicht 
Brief, uur der Auszug eines Briefes, der an „knapper Kürze" 
hinter den anderen nicht zurückstand. Oder soll auch diese 
Aufforderung des Bamberger Bischofs an seinen Klerus, für 
Ottokars Kandidatur zu beten, den Weg zu unserem Bamberger 
Sammler über Prag genommen haben? Hat sie dort ihren exzerpt- 
artigen Charakter erhalten? 

Doch ich habe mich schon zu lange bei der Widerlegung 
aufgehalten. Der positive Grund, die Briefe angeblich Ver- 

scheinlich waren die Gesandten, wenn sie auch im Auftrage der Fürsten kamen, 
nur Edle = nobiles". 

1. Wie kann nur Jemand glauben, in der Kanzlei eines deutschen 
Fürsten, der bei der Wahl als wesentlichster Faktor mitwirkte, wäre man mit 
der Titulatur der Kollegen nicht vertraut gewesen! Das ist doch gerade so, 
als wenn Hintze S. 150 Anm. 1 es ganz in der Ordnung findet, dass die Gräfin 
von Flandern dem Holländer vorwirft, er habe drei Städte nicht von ihr zu 
Lehen genommen, während es sich um fünf Inseln handelte. Zwei von den 
Inseln waren sehr klein, sagt Hintze, und darum beanspruchte die Gräfin nur 
drei; wenn ich scherzen dürfte, würde ich hinzufügen, die Gräfin habe Städte 
statt Inseln gesagt, weil dem Böhmen als Binnenländer ja der Begriff" der 
Stadt viel geläufiger war, als derjenige der Insel I 



— 300 — 

schiedener auf denselben Autor zurückzuführen, liegt in der 
Gleichheit des Stils. Dabei sehe ich von Anrede und Begrüssung 
ab: Hintze hat dieselben vom eigentlichen Texte der Briefe ge- 
trennt, zwar ohne allen Grund, wie wir sahen, da er aber einmal 
behauptet hat, Auszüge echter Briefe seien mit falschen Ein- 
leitungen versehen worden, so werde ich meine Vergleichungen 
nicht über jene und zugleich auch diese erstrecken. Dafür ziehe 
ich indes alle übrigen Texte der Correctoria heran: wie ich 
schon vorhin behauptete, flössen nicht blos die in Rede stehenden 
Korrespondenzen, sondern der ganze Anhang zur Summa Ludolfi 
aus Einer Federt Die -Gleichheit unserer Briefe unter sich, 
dann anderer Stücke mit ihnen wird den Beweis liefern. 

In Nr. 3 redet Wilhelm von tranquillitas pads, in Nr. 7 
bedienen sich die deutschen Fürsten dieses Ausdruckes;^ in Nr. 4 
meint die Gräfin, dass die Fürsten quam plurimum aspirarent, den 
Böhmen auf den Thron zu erheben, und in Nr. 6 sagt Ottokar 
den Fürsten: aspiratis ad eligendum nos. Consilio fruentes heisst 
es in dem Briefe Ottokars Nr.- 5 und des Herrn von Osterhofen 
fol. 22« lin. 19. Die Verbindung von duce^-e mit dem Gerundium 
findet sich sechsmal: Nr. 1 peticionem dicximtis admittendam^ Nr. 2 
duceremus protinus acquiescendum, Nr. 4 eledionem firmandam ducat, 
Nr. 5 dtummus fidem adibendam, fol. 24 a lin. 21 liberalitati diAoci- 
rrvus regradandum, fol. 24b lin. 33 peticionem repellendam dttooiimcs. 
Aehnlich ist die Vorliebe für decernere: Nr. 5 regi decrevirmLs 
presentandum, Nr. 6 accedere decrevimus, Nr. 8 gerere taliter 
decrevimus, fol. 22 b lin. 9 vos nodturos fore firmiter decrevisse, 
fol. 24 b lin. 3 id supplere decrevimus. Dann quantodus: Nr. 1 
qvAintodiLS accedendo, Nr. 4 quantodus ad obsidionem [parati erimu^J^ 
fol. 22 d lin. 2 quantodus revelari, ibid. lin. 36 quantodus redeuntes, 
fol. 24 b lin. 4 quantodus sendens. Und so wenig quantodus 
gerade ein alltägliches Wort, so wenig accede^-e im einfachen 
Sinne von Kommen: Nr. 1 Nurenberg quantodus accedendo j Nr. 2 
accedentibus ad nos Älamanie nobilibus, Nr., 6 accedere decrevimus 
Nürnberg f fol. 24 a lin. 35 cum ad vos accesserimus. Weitere Bei- 



1. Vgl. jedoch S. 292 Anm. 1. 

2. Danach ist S. '606 Anm. 2 zu dem Genetiv pacis der fehlende Nonii- 
nativ tranquillitas ergänzt. 



— 301 — 

spiele stehen zur Verfügung, doch die angeführten werden ge- 
nügen: wenn auch das eine und andere Mal die sich deckenden 
Ausdrücke nicht in Briefen angeblich Verschiedener sich finden; 
meist sollen es doch eben Verschiedene sein, die so oft die gleiche 
Wendung gebrauchen. Damit ist aber der Beweis geliefert, dass 
ein Einziger die Briefe verfasst hat. 

Um noch einen Augenblick gerade unsere, über den Thron- 
wechsel handelnde Schriftstücke auf die Frage der Echtheit zu 
prüfen, — nicht blos die Stilvergleichung entlarvt die Mache; 
nicht blos die von Busson erbrachten Beweise, an deren Wider- 
legung Hintze sich umsonst abgemüht hat, bleiben in voller, das 
Verdikt rechtfertigender Geltung; es müssen auch die Abge- 
schmacktheiten, die hier und da förmlich mit Händen zu greifen 
sind, sofort bedenklich machen und bald zur Verurteilung führen. — 
Der Bischof von Bamberg empfiehlt Ottokar zum Throne, weil 
an Hilfsmitteln, aber auch an Redegewandtheit sich Niemand ihm 
vergleichen kann ! — Die Gräfin von Flandern schliesst mit einem 
Exkurs auf das Gebiet des Reichsstaatsrechts, indem sie den 
Böhmen belehrt, dass die Wähler auch den Gewählten nach Rom 
zu führen hätten, dass der Papst „die Wahl prüfend" sie entweder 
^u bestätigen oder „nach vorausgegangener Ueberlegung^* zu 
verwerfen „für gut erachte". — Ottokar ist so tölpelhaft, der 
Gräfin von Flandern zu schreiben, eigentlich sei ihr nicht zu 
trauen; er woUe es aber doch thun; nur um ganz sicher zu 
gehen, schicke er ihren Brief an Wilhelm: ihr Brief aber ist 
voll von Klagen über Wilhelm. — Nicht blos sagt der Böhme mit 
erschreckender Unverfrorenheit dem Holländer ins Gesicht, er sei 
nach Ansicht der Fürsten untauglich; auch Wilhelm gesteht zu, 
dass er die Verachtung, welche nach einem etwa unglücklichen 
Ausgange der nächsten Hoftage ihn treffen müsse, gar nicht 
„der Verwunderung wert" finde: für diesen Fall fordert er also 
förmlich auf, man solle ihn verachten. — Die deutschen Fürsten 
haben von Ottokar keine Zusage, keine Ablehnung erhalten, 
und so zwischen Furcht und Hoffnung schwebend, „jubeln sie 
masslos auf", da sie sich vergegenwärtigen, dass Ottokar nach 
richtiger Einsicht, die ihm der elende Rcichszustand und das 
Welig(*-schrei Hungernder eröffnen würde, ihren Bitten willfahren 
müsse! Das sind Kindereien, die ich meinesteils nicht einmal 



— 302 — 

einem Diktator von nur einiger Reife zutraue, geschweige denn 
politisch denkenden Menschen.^ 

Damit wäre über unsere Korrespondenzen als solche der 
Stab gebrochen. Aber wenn sie auch nur die Arbeit — wie mir 
scheint — eines strebsamen Jungen sind,^ so können sie doch 
immerhin brauchbares Material enthalten. Unzweifelhaft ent- 
standen sie in Bamberg; der dortige Bischof hat an dem Plane der 
Thronumwälzung teilgenommen; wenn nun noch die Angelegen- 
heit in Bamberg vielfach Gegenstand der Diskussion war, dann 
konnte auch ein Schüler, selbst wenn ihn sein Lehrer nicht unter- 
richtet hatte, einige Kenntnisse über sie besitzen, und seine An- 
gaben wären wenigstens nicht von vornherein als unbrauchbar 
zu verwerfen. 

Wie gesagt, die „Correctoria" sind das Werk eines Bam- 
bergers.^ Meist erscheinen Bischof, Domherrn, Ministerialen und 
Bürger von Bamberg als Schreiber oder Empfänger, und die 
behandelten Vorgänge und Ereignisse stehen in nächster Be- 
ziehung zu Bamberg. 

Die Uebungen entstanden in der Mitte des 13. Jahrhunderts. 
Zeitlich ihm nahe hegende Ereignisse sollte der Bamberger 
ZögUng in Briefform verarbeiten. Den Kampf der Friedriche 
von Zöllern und Trüdingen gegen die Bamberger Kirche 
behandeln mehrere Stücke. In einem derselben wird der 
Bischof aufgefordert: ab emptione facta de Castro nostro^ 
Oiech recedat^ anderenfalls könne von Frieden keine Rede 
sein. Der Bischof hatte Giech aber am 5. Februar 1255 gekauft. 
— Die Hungersnot vom Sommer 1255, natürlich durch die Miss- 
ernte von 1254 hervorgerufen, giebt den Stoff zu Briefen, die 
über die böswillige Verhinderung einer Getreideeinfuhr aus Erfurt, 
wie über die Notwendigkeit, alle Bierbrauereien Bambergs zu 



1. Auch nber die sachliche Unrichtigkeit, dass die Gräfin den Lehenseid 
für drei Städten statt für fünf Inseln verlangt, kann man ohne Hexerei nicht 
hinwegkommen. Vgl. S. 299 Anm. 1. 

2. Dessen Heft kam dann in die Hände des Schreibers von Cod. lat. 
Mon. 22294. Dieser verband es mit der Summa Ludolfi, die ihrerseits wohl 
schon den einen und andern Nachtrag erhalten hatte. Vgl. S. 292 Anm. 1. 

3. D. h. in der schon charakterisierten Beschränkung. Vgl. S. 292 
Anm. 1. 

4. Vgl. den Zusatz S. 324 Anm. 2. 



— 303 — 

■ ■ ! ' ' t 

schliessen, interessante Angaben enthaltend — Auf den Land- 
friedensbund rheinischer Städte, der im Juli 1254 begründet und 
im Februar 1255 vom König bestätigt wurde, beziehe ich die 
Sendung eines königlichen Böten, der eine ungenannte Stadt auf- 
fordert, am Gallustage ihre Vertreter zu ihm zu schicken, damit 
sie mündliche und schriftliche Meldungen von ihm entgegennehme ; 
die freudige Antwort der Bürger,^ „Gott habe der Welt und 
namentlich Deutschland den so nötigen Frieden ,gescheukt, quia 
regem orbi contulit iicstum iudicem, bonorum omnium seciatorem^' 
scheint mir keine andere Deutung zuzulassen. — Endlich gehört 
aber auch die Materie, welche nicht weniger als neunmal be- 
handelt ist, nämlich der Absetzungsplan, in das Jahr 1255. 

Auf eine spätere Zeit als 1256 ist in keinem der Briefe 
Rücksicht genommen; 3 das eine und andere Ereignis, welches in 
ihnen behandelt wird, mag dem Ende der vierziger, dem Anfang 
der fünfziger Jahre angehören; der interessanteste Teil unserer 



1. Fol. 24 b. 

2. Ich bringe die Korrespondenz hier zum Abdruck, doch mit einigen 
Aenderungen, die mir nötig zu sein scheinen: 

Magister quibusdam civibus. 

Bonorum rumorum suavis publicacio cum summo est gaudio acceptanda. 
Ex parte regis illustris C. niissi venimus vobis quedam commissa exposituri 
oretenus, quodam vero per litteras oblaturi. Ast nobis illa vobis manifestare 
Visum est congruum — (statt dieses Wortes erwartet man den Namen eines 
Ortes) — propter loci sccuritatem [et] tarn nobis quam vobis congruam vicini- 
tateni. Hortamur igitur diligencius et rogamus, quatinus illa die beati Galli 
proxime adventuro audituri et facturi, que vestre audiencie nostre habet lega- 
cionis commissio demonstrare. 

Litera responsiva. 

Licet cuiuslibet nuncii audienda sit qualiscunque proposicio, nobilioris 
tarnen, proponenlis bona communia, est diligentissime adtendenda. Patuerunt 
aures nostre vestris desideriis, teuerem transmisse cartule ad cordis intima 
referentes. AflPectus, igne accensus letitie, totum corpus exterius coegit interius 
exultare. Spcramus enim Dominum firmiter afflictionem sui populi respexisse. 
Ex celi minacione [tranquillitas] pacis per totum mundum et maxime per fines 
Alamanie viguit, quia regem orbi contulit iudtum iudicem, bonorum omnium 
sectatorem. Merito illuc dcclinabimus, ubi precepta sue debenius percipere 
voluntatis, non solum ea audientes vocetenus, sed pro nostris viribus secundum 
operis exigenciam adimplentes. — fol. 21 d. 

3. Vgl. aber S. 292 Anm. 1. 



— 804 — 

Stiltibungen scheint unmittelbar aus den Ereignissen von 1255^ 
erwachsen zu sein. Man hat allen Grund, ihren thatsächlichen 
Angaben Vertrauen entgegenzubringen: und es zu erschüttern, 
bietet eine genauere Prüfung keinerlei Handhabe. Wenigstens 
ich finde keine Spur, dass der Verfasser Thaten und Vorgänge 
aus seiner Phantasie geschöpft habe. Das wirklich Geschehene 
scheint die Grundlage derUebungen zusein: die Dichtung besteht 
in der Form, sie besteht ferner in allem, was über das objektive 
Ereignis hinausgeht: die subjektive Motivierung z. B., die dem 
Bischof von Bamberg zugeschrieben wird, dass nämlich der Böhme 
nicht blos wegen seiner Hilfsmittel, sondern auch wegen seiner 
Redegewandtheit ein vortrefflicher König sein würde, muss man 
ohne Weiteres preisgeben; und so noch manches Andere dieser 
Art. Gleichsam nur das Rohmaterial werden wir für die historische 
Forschung heranziehen. Dass aber auch in dieser Eigenschaft 
nicht Alles den gleichen Wert haben kann, versteht sich ja von 
selbst. Mit anderen Worten: wahrscheinlich sind Irrtümer mit 
untergelaufen,^ hier so gut wie bei jeder eigentlichen Geschicht- 
schreibung. Wenn man an einer Stelle die Erwartung, Wilhelm 
werde abdanken, für vollberechtigt hielt, so konnte man an einer 
anderen glauben, er habe sich schon zum Verzichte bereit erklärt. 
Doch meine Darstellung wird zeigen, wie weit ich meinte, unsere 
Korrespondenzen verwerten zu dürfen; in ihr selbst soll zugleich 
meine Rechtfertigung liegen. Danach will ich mich mit Döhmann, 
der freiere Erfindung annimmt, nicht auseinander setzen.^ 

Wohl aber berühre ich noch kurz die Ansicht Domeiers, 
der Stilist zeige sich bis zu dem Grade unterrichtet, dass er 
Redewendungen, die bei Thronentsetzungen üblich gewesen wären, 
von Kundigen gehört und übernommen habe. 



1. Damit lässt sich dio Annahme Rockingers, dass die vorausgehende 
Summa Ludolfi in den sechziger Jaliren abgeschlossen sei, durchaus in Einklang 
bringen. Der Schreiber, welcher die Bamberger Schriftstücke als Correctoria 
hinzufügte, braucht keineswegs der Verfasser derselben zu sein; auch betreffs 
der Summa Ludolfi ist er ja nur Kopist. 

2. Sicher ist die Angabe von den drei Städten in Nr. 4 eine verkehrte 
vgl. S. 299 Anm. 2. 

3. Damit soll keineswegs eine Geringschätzung ausgedrückt sein. Im 
Gegenteil kann man aus der Studie DOhmanns lernen. 



-- 305 — 

Friedrich IT. hatte einmal erklärt: a principibits assumptio, 
Status et depressio nostra dependet.^ Wie man hier assumptio 
als Wahl nimmt, so depressio als Absetzung. Nun aber soll 
Wilhelm sich in einem unserer Briefe beschwert haben, dass Worte 
gefallen seien, que nostre dignitatis minantur depressioneni. Aus dem 
gleichen Ausdruck folgert Domeier, die Fürsten hätten sich damals 
auf den Ausspruch Friedrichs berufen! Doch man vergleiche den 
weiteren Wortlaut des Briefes und man wird sich tiberzeugen, dass 
depre5.<?io hier nicht denselben Sinn hat: wenn keiner der angesagten 
Höfe Wandel schaffe, sei es in der Ordnung, — erklärt Wilhelm, — 
si nostram ex tunc vilipenderitis maiestatem,^ Noch andere 
offizielle Redensarten sollen sich vorfinden. Ihren Charakter 
erkenne man daran, dass sie auch bei der Absetzung Adolfs ge- 
braucht seien. Den Nassauer verurteilt communis clamor populi 
ascendens in coelum; der Holländer wird gerichtet clamor e pauperum, 
qui iam sidera propulsavit Jener Stelle entspricht I Mac. V 31 
clamor belli ascendit ad coelum, diese ist zusammengesetzt aus 
Psalm IX 13 clamor pauperum und Propert. III 8 Vers 31 sidera 
pulsat. Hierdurch mag man den Einfluss, den die Lektüre des 
Lehrers auf den Schüler hatte, für bewiesen erachten; zugleich 
sieht man aber auch, dass es nicht eine und dieselbe feste Formel 
ist, deren die Fürsten sich gegen Wilhelm und Adolf bedient 
hätten. So könnte ich weiter zeigen, dass Domeier unsere Briefe 
überschätzt hat, wenn er in ihnen sozusagen den Wiederhall 
offizieller Wendungen zu vernehmen glaubte. 



Unter Hinzunahme der anderweitigen Ueb erlief erung ver- 
suche ich ein Bild der Entwicklung zu geben. Indem ich 
mehrere bisher fehlende Züge ergänze, glaube ich dasselbe klarer 
und lebendiger zu gestalten. ^ 



1. Constit. et acta II 365. 

2. Hierans wird Domeier zugleich erkennen, wie verkehrt er S. 13 
Anm. 1 meinte, ich nähme depressio als „Sturz mit Waflfengewalt". 

3. In meinem früheren Aufsatz war ich der Ansicht Bussons und Hintzes 
gefolgt, dass unsere Korrespondenzen in ihrer Aufeinanderfolge nicht der wirk- 
lichen Chronologie entsprächen, dass Nr. 1, 6 und 7 die Lage der Dinge im 
Mai, Juni und Juli 1255 wiederspiegelten, dass die zwischenliegenden und nach- 

S cheffer-Boichorst, Zur Gesch. des XII. u. XIII. Jahrhunderts. 20 



— 306 — 

Länger als ein Jahr war Wilhelm dem Reiche fern geblieben. 
Ueber den Fehden, die er als Graf von Holland führte, schien 
er die Pflichten eines deutschen Königs zu vergessen. Da hatte 
die Intrigue seiner Feinde offenen Spielraum, und wenigstens die 
Lauen unter seinen Anhängern mochten nur allzu geneigt sein, 
sich ganz von ihm abzuwenden. Ueberall im Reiche sehen wir 
Fürsten und Edle zusammentreten, wie ich nicht bezweifle, das 
eine Mal zu dem Zwecke, über Selbsthilfe zu beraten, das andere 
Mal mit der Absicht, gegen Wilhelm zu schüren und Bundes- 
genossen zu werben. 

Am 19. und 26. April 1254 fand eine grosse Versammlung Süd- 
deutscher in Urach statt. Um nur der anwesenden Fürsten zu er- 
wähnen, so waren erschienen: die Bischöfe von Strassburg, Kon- 
stanz, Basel, Speier, die Aebte von Ellwangen und Kempten, 
Pfalzgraf Ludwig bei Rheine Dieser war ein Gegner Wilhelms; 
von jenen war der Bischof von Speier, zugleich Kanzler des 
Reiches, wohl sein treuester Anhänger: unmittelbar von Urach, 
wo er noch am 26. April nachzuweisen ist, begab er sich zum 
Könige, der damals die Westfriesen bekriegte. In dessen Gefolge 
finden wir ihn am 18. Mai.^ Wenn man auch am Wenigsten 



folgenden Briefe von einer früheren Zeit handelten, zum Teile vom Jahre 1254. 
Dazu bestimmte vor allem Nr. 4: partes Alamanie nee in modum regis gtiber- 
nabit nee eciam visitavit. Im Februar 1255 hatte Wilhelm Höfe zu Worms 
und Speier gehalten. Aber ich glaube: man darf nach der Natur unserer Briefe 
die Worte nicht pressen ; auch ist es ja möglich, dass der Schüler vom Wormser 
und Speirer Hofe keine Kenntnis hatte, und wenn er davon wusste, mochte 
Wilhelms Auftreten ihm keineswegs schon als in modum regia geschildert sein: 
ihre Mos ephemere Bedeutung erkannte man ja an den folgenden Ereignissen. 
Für die Bestimmung der Chronologie müssen die Daten, in denen der Bara- 
berger nicht irren konnte, der Ausgangspunkt sein. Nr. 1 ist geschrieben, als 
sein Bischof noch nicht wieder in Bamberg war, d. h. Mai oder Juni 1255; 
Nr. 6 gehört vor den 25. Juli 1255, nach welchem Tage der Bischof mit dem 
Böhmen in Nürnberg zusammenkommen wollte. Das sind die festen Punkte, die 
für die Chronologie des Ganzen massgebend bleiben. Denn es stellt sich in 
ihm eine genetische Entwicklung dar; der Lehrer, der doch wahrscheinlich die 
Anleitung gab, ist in der Reihenfolge nicht planlos verfahren, er schioss sich 
den Begebenheiten an. Meine Darstellung wird hoffentlich überzeugen, dass 
eine andere Ordnung der Briefe unnötig ist. 

1. Fürstenb. U.-B. I 282—205. 

2. B.-F. 5187. 



— 307 — 

behaupten darf, dass zu Urach irgendwie schon die Thronum- 
wälzung besprochen sei, schwerlich wird doch auch der Speirer 
seinem Herrn gemeldet haben, in Urach sei er nur allgemeiner 
Zufriedenheit begegnet. — Kurze Zeit nach der Uracher Ver- 
sammlung, . im Mai, hatten zwei Gegner Wilhelms, die Erzbischöfe 
Konrad von Köln und Arnold von Trier, in Koblenz eine Zusam- 
menkunft, ^ und dass da feindliche Pläne zur Besprechung kamen, 
darf nach der ganzen Haltung der beiden Fürsten angenommen 
werden, findet in dem Bündnisse, dass Einer derselben einige 
Wochen später abschüesst, die ausdrückliche Bestätigung. Am 
6. Juli verpflichten sich nämlich die Herren von Nürburg dem 
Erzbischofe Konrad zu Schutz und Trutz, allerdings mit Aus- 
nahme gegen das Reich, es sei denn, König oder Kaiser würden 
in das Kölner Land einfallen.^ Wie man sieht, rüstet der Erz- 
bischof für den Fall, dass Wilhelm ihn angreife. Im folgenden 
Monat verbündet sich Konrad mit der alten Feindin Wilhelms, 
mit Margarete von Flandern, und mit Karl von Anjou:^ beide 
vertreten die Interessen von Margaretens Söhnen zweiter Ehe, 
den Dampierres, während König und Reich den Avesnes, deren 
Stiefbrüdern, die Reichslehen der Mutter zuerkannt haben. Von 
König und Reich ist in dem Vertrage mit keinem Worte die Rede. 
Da man sich aber gegen alle Feinde der Dampierres verbündet, 
so geschieht es nicht in letzter Reihe auch gegen König und 
Reich. — Bald findet die Bewegung, die vom Westen ausgegangen 
zu sein scheint, auch im Osten einen lebhaften Wiederhall. Am 
25. September begegnen wir in Landshut demselben Ludwig von 
Baiern, der schon an der Uracher Versammlung teilgenommen 
hatte, dann dessen Bruder Heinrich, ferner dem Bischof von 
Bamberg, dem Grafen von Trüdingen und dem Burggrafen von 
Nürnberg.^ — Wenn in Landshut vielleicht nur eine provinzielle An- 
gelegenheit verhandelt wurde, nämlich der Streit um die merani- 
schen Kirchenlehen, so mag eine Versammlung, die Anfangs 
November zu Nabburg stattfand, schon weitere Zwecke verfolgt 
haben. Da schaaren sich wieder um die beiden Baiernherzöge 



1. Görz Mittelrh. Reg. III 258 Nr. 1120. 

2. Günther Cod. dipl. Rheno-Mosell. II 265. 

3. Warnkönig Eist, de la Plandre trad. par Gheldolf I 366. 

4. Mon. Zoller. II 27. 

20* 



— 308 — 

„Grafen, Freie und Ministerialen, sowohl des Reiches als des 
Herzogtums Baiern". Bischof Heinrich von Bamberg fragt, was 
in einem bestimmten Falle Rechtens sei; die Versammelten finden 
das Urteil, und die Baiernherzöge bringen es zu allgemeiner 
Kenntnis.^ „Dergleichen Rechtssprüche", ist treffend bemerkt 
worden, „schöpfte und verkündigte sonst nur König oder Kaiser". 
Dann zieht der Bischof abwärts.^ Den 17. November begegnet 
er am Hofe Ottokars von Böhmen ; zu Krems ist er dessen Zeuge 
für Kloster Garsten. ^ 

So regt sichs denn aller Orten,* vom Rheine bis zur Donau. 
Ein besonderes Interesse aber hat die Wahrnehmung, dass nicht 
blos der Erzbischof von Köln, den in späterer Zeit Papst 
Alexander IV. als hervorragenden Teilnehmer an der beabsich- 



1. Mon. Wittelsb. T 132. 

2. Am 11. November urkundet er zu Altaich. Mon. Boica XII 40. Das 
genauere Tagesdatum eines anderen Diploms, das er ebendort einfach im No- 
vember ausstellt, lässt sich danach bestimmen. Mon. Boica XI 228. Mon. 
Wittelsb. I 131. 

3. U.-B. des Landes ob der Enns III 211. Am 22. urkundet er selbst zu 
Spital a. a. O. 212. 

4. In dem Briefe an einen Ungenannten klagt ein ebenfalls Ungenannter: 
Sperabamus de bono pacis aliquid ordinari finaliter in coUoquio, quod ill. rex 
Boemie necnon dux Wawarie habuerunt; sed heu! desperacionem incidimus, 
fol. 22 a. Die übrigens schwer verständliche Antwort handelt von den vielen 
unntltzen Besprechungen, welche die auch hier nicht genannten Korrespondenten 
gepflogen haben, um den Frieden unter sich wieder herzustellen. Jetzt aber 
hat der Schreiber das beste Vertrauen zu dem Konvente, den er am Montag 
nach Martini besuchen will; auf diesen Tag wendet er den Hexameter an: 
Sepe dat una dies^ quod totus denegat annus. Da in dem ersten Briefe der 
Friede von einer Zusammenkunft des Böhmen und des Baiern erhofft wurde, 
so hindert Nichts, sich als Teilnehmer auch der neuen, für Montag nach Martini 
angesagten Versammlung den Böhmen oder den Baiern zu denken. Zu einem 
der Beiden, wenn nicht zu Beiden, können sich die ungenannten Gegner begeben 
haben, um den Frieden, den sie ersehnen, mit ihm oder ihnen zu vereinbaren. 
Nun aber lässt sich der Bischof von Bamberg an einem Dienstag nach Martini, 
nämlich am 17. November J254, am Hofe Ottokars nachweisen. Danach könnte 
Jemand folgern: ,der zweite Brief soll vor Martini 1254 geschrieben sein, der 
erste so viele Zeit früher als zwischen Brief und Antwort zu vergehen pflegt; 
im September oder Oktober 1254 werden mithin auch der Böhme und der 
Baier sich beraten haben. Die Korrespondenten aber sind natürlich der ßam- 
berger und einer scinor Gegner." Die Sache kann sich so verhalten; aber irh 
überlasse Anderen die Entscheidung. 



— 309 — 

tigten Thronumwälzung zur Rede stellt, sich mit Nachbarn berät, 
sich verbündet und sich sichert, sondern dass auch Ottokar von 
Böhmen und Heinrich von Bamberg, wenn nicht in voller Aktion 
erscheinen, so doch persönliche Beratungen pflegen: für deren 
Eingreifen in den Plan, Deutschland einen anderen König zu 
geben, haben wir ausser unseren Stilübungen kein direktes Zeug- 
nis; das Itinerar des Bambergers, das ihn in Verbindung mit den 
Baiernherzögen und dem Böhmenkönige zeigt, gewährt nun wenig- 
stens eine indirekte Bestätigung für die Angaben des Brief- 
stellers. 

Vielleicht bestand ein Unterschied in der Politik der west- 
lichen und der östlichen Fürsten, nicht in Bezug auf den Kandi- 
daten, auf Ottokar von Böhmen, wohl aber mit Rücksicht auf 
den einzuschlagenden Weg. Der Erzbischof von Köln rüstete 
sich zum Kampf gegen Wilhelm; die Gräfin von Flandern lag 
mit ihm in offenem Kriege;^ und danach konnten Beide die Er- 
hebung eines Anderen nicht wohl von einem freiwilligen Rücktritt 
Wilhelms abhängig machen; ihre Aufgabe war vielmehr, Wilhelm 
zu stürzen. Der König von Böhmen dagegen kann den deutschen 
Fürsten, als sie ihm die Krone anboten, recht gut geantwortet 
haben, dass er den Holländer nie verdrängen wolle, dass er 
ferner auch nicht ohne Genehmigung des- Papstes auf den Plan 
eingehen könne; denn in Sachen des deutschen Königstums hatte 
er sich dem päpstlichen Stuhle gegenüber sozusagen die Hände 
gebunden: er hatte versprochen, nach dieser Richtung nur den 
Willen Seiner Heiligkeit zu befolgen.^ Und nicht minder mag 
der Bamberger, der nach unseren Stilübungen ja Gebete anord- 
nete, dass Wilhelm zurücktreten und der Papst die Wahl Ottokars 
bestätigen möge, auf eine friedliche Lösung gehofft haben. Denn 
wenn der Briefkünstler nur halbwegs die in Bamberg herrschende 
Stimmung wiedergegeben hat, dann lechzte man hier nach Ruhe. 
Ausserdem hatte Bischof Heinrich auch am Wenigsten einen 
Grund, zu einem gewaltsamen Sturze Wilhelms mitzuwirken; 
denn in dem Kampfe, welchen er zur Zeit gegen die Schwäger 
des letzten Meraners führte, war ihm die Hilfe eines königlichen 



1. Nur im Augenblick war WaffeDstillstand. 

2. Boczek Cod. dipl. Morav. III 176. 



— 810 -. 

Ministerialen, des Butiglers von Nürnberg, wenigstens in Aussicht 
gestellt. ^ 

Dem Bischof von Bamberg möchte ich einen bedeutenden An- 
teil zuschreiben. Dieser Heinrich, ehemals Protonotar Friedrichs IT., 
dann eine Stütze der päpstlichen Partei, war einer der rührigsten 
Männer seiner Zeit; nicht blos in der hohen Politik spielt er eine 
hervorragende EoUe, er ist auch so recht ein Muster für jene 
Fürsten, die in der Zeit der beginnenden Landeshoheit ihr Gebiet 
abrunden und erweitern. In dieser Richtung war ihm schon 
Friedrich II. behilflich gewesen;* und unzweifelhaft hatte er manch' 
ein Jahr, bevor er Gott für die Hinübernahme des letzten Meraners 
danken konnte, das schwierige Problem durchdacht, wie er der- 
einst die schönen Güter und Burgen, welche das Haus Meran 
von der Bamberger Kirche zu Lehen getragen, unmittelbar wieder 
zu Händen, nehmen könne. Als das Erwartete, um nicht zu 
sagen: Erhoffte, im Juni 1248 eingetreten war, wollten die Schwäger 
des Verstorbenen aus dem Besitze nicht weichen. Jahre lang 
ist nun gekämpft worden.^ Man begreift, dass wohl Niemand 
den Mangel einer rechtschaffenden, schutzgewährenden Zentral- 
gewalt schmerzlicher empfand, als Bischof Heinrich: schon im 



1. Universia civibus »H. dei grada Babenb. eptscopus graciam suam. 
Notorium est, quod multum pergravamur domini de Ont[erhoven] hostilitate. 
Verum quia per btUigeliarum domini nostri regis necnon ecclesie nostre ministe- 
riales vestrum dolorem speramtis quantocius revelari, respirabitis dictoi'um svb- 
sidio subfragante, Quodsi casudliter fuerit retardatum, ante festum [sancti] 
Jacobi festinabimus ad propria, ne nos obpressos relinquamus aiit debito solatio 
destitutos. fol. 22 cd. — Dasa der Herr von Osterhofen wahrscheinlich der Burg- 
graf von Nürnberg sei, zeige ich im Zusatz S. 319 fF. — Wer der damalige 
Butigler war, kann ich nicht sagen. Der ßutigler Markward trat 1242. 43 mehr- 
fach für Bischof Heinrich ein; auch urkundete dieser im Hause jenes. ß.-F. 
3305. 06. 4474. 75. 77. 80. Noch 1248 ist Markward beim Bamberger Zeuge; 
1264 begegnet ein Henricus de Lapide als Butigler. (v. Wölckern) Hist. 
Norimberg. dipl. 124. 152. 

2. B.-F. 3305. 3306. 

3. Cardauns Konrad von Hostaden 38 bemerkt treffend: „Kein zeit- 
genössischer Chronist — so recht bezeichnend für den damaligen Stand der 
Geschichtschreibung im nordwestlichen Deutschland — hat uns auch nur 
eine Silbe über die Kämpfe im Sommer 1254 überliefert." Gleiches gilt auch 
für die Fehden des Südostens, besonders für die unsrige, und so gewinnen 
die Stilübungen des Wiudberger Codex ein erhöhtes Interesse. 



— 311 — 

Jahre 1250 klagte er einmal, dass sein Kloster Langheim auf 
einen bestbegründeten Besitz, der ihm gewaltsam entrissen war, 
einfach Verzicht geleistet habe, weil Recht und Schutz ja doch 
nicht zu finden sei.^ Da liess sich nur — wie ihm scheinen 
mochte, — von einem neuen und zwar mächtigen Fürsten Rettung 
erwarten. Ueber die Person konnte aber gerade Bischof Heinrich 
am Wenigsten im Zweifel sein. Wohl lebte er mit den beiden 
Herzögen von Baiern in bestem Einvernehmen: schon ihrem Vater 
hatte er, ganz im Gegensatz zu der Politik, die er den merani- 
sehen Erben gegenüber verfolgte, erledigte Lehen seiner Kirche 
übertragen,^ und von den Söhnen heisst es jetzt, sie hätten nach 
Heinrichs Rat die Herrschaft geführt.^ Aber die Baiern waren 
die Schwäger des von der Kirche verfluchten Konrad IV. gewesen, 
und auch nach dessen Tode hielten sie sich dem päpstlichen 
Könige fern. Auf die Kandidatur eines derselben wäre schwerlich 
ein Papst eingegangen, nur mit dem Papste wollte Heinrich aber 
die Thronfrage gelöst wissen. So mochten ihm die Baiern gern 
bereite Bündner sein, — und *sie sind es gewiss auch gewesen — 
aber der Einzige, auf welchen er, als auf den Nachfolger Wilhelms, 
ernstlich die Bücke richten konnte, war Ottokar von Böhmen. Zur 
Zeit ein Günstling des Papstes, Herr von Böhmen, Mähren und 
Oesterreich, mithin der mächtigste Fürst des Reiches, empfahl er 
sich dem Bamberger auch als freundlich gesinnter Nachbar. Schon 
im Jahre 1253 war Heinrich einer der Schiedsrichter in einem 
Streite zwischen Ottokar und dem Bischöfe von Passau gewesen ; 
zu Anfang April genannten Jahres finden wir ihn in Prag,* wo 
er mit anderen geistlichen Fürsten königlich bewirtet wurde. * 
Wahrscheinlich ist er wieder im Februar oder März des folgenden 
Jahres mit Ottokar zusammengekommen; am 2. März erscheint 
er beim Herzog Ulrich von Kärnten,^ der bekanntlich Ottokars 
bester Freund war; Ottokar selbst aber befand sich damals in 



1. Bayem's geöffnete Archive IIa 335. 

2. Archiv f. Kunde öst. Gq. IV 601. 

3. Herrn. Altah. M.G. SS. XVII 396. 

4. Mon. Boica XXVIII b 374. U.-B. d. Landes ob der Enns III 197, 

5. Cont. Cosmae M.G. SS. IX 174. 

6. Font. rer. Aust. Dipl. et acta I 36. 



— 812 — 

Oberösterreich.* Nachdem er dann zweimal mit den Baiernher- 
z()gen getagt hatte, begab er sich noch einmal an den Hof des 
Böhmen: den 17. November, wie schon erwähnt wurde, bezeugte 
er zu Krems dessen Urkunde für Kloster Garsten. Es wäre 
nicht wunderbar, wenn gerade Bischof Heinrich zuerst auf Ottokar 
als den geeignetsten Kandidaten hingewiesen hätte; gewiss kann 
es auch nicht mehr auffallen, dass man den Plan, an Stelle 
Wilhelms von Holland Ottokar von Böhmen zu wählen, eben in 
Bamberg zum Vorwurfe stilistischer Uebungen nahm. 

Eine günstige Zeit, für die Neuwahl zu wirken, — möchte 
man einen Augenblick glauben, — sei schon im Sommer 1254 
gekommen, d. h. bald nach dem Tode König Konrads. Nun 
durften Wilhelms Feinde hoffen, zu den Stimmen Aller, die von 
ihm abgefallen waren oder nur sehr laue Gefühle für ihn hegten, 
auch manche Anhänger des staufischen Hauses zu gewinnen. 
Aber man vergesse nicht, dass wohl gleichzeitig mit der Nachricht, 
Konrad IV. sei in Apulien gestorben, ein Brief des Papstes, der 
dem Holländer die lebhaftesten Sympathien bezeugte, in Deutsch- 
land eingetroffen war. Um nächste Weihnachten, schrieb Innocenz IV., 
erwarte er ihn zum Empfange der Kaiserkrone in Rom. Da hätte 
denn das gegen Wilhelm gerichtete Projekt, das Ottokar von 
Böhmen und Heinrich von Bamberg nur in Uebereinstimmung 
mit dem Papste ins Werk setzen wollten, nicht die geringste Aus- 
sicht gehabt. Und dann fand Wilhelm im weiteren Verlaufe eine 
zweite, nicht zu unterschätzende Freundschaft: am 8. Oktober 
erklärte der rheinische Bund, der kurz vorher geschlossen war,'^ 
er treffe seine Bestimmungen „zur Ehre des Reiches, an dessen 
Spitze nun unser erlauchtester Herr König Wilhelm steht. "^ Im 
Osten aber hatte sich damals schon ein Anderer für Wilhelm 



1. Reg. Bobemiae II 6 Nr. 12 und 13. 

2. Hintze a. a. 0. S. 169 ff. scheint mir die Ansicht, dass der Bund 
schon seit seiner Gründung, d. h. vom 13. Juli an, nichts Weiteres sein wollte, 
„als ein Bund unter Autorität des KOnigs", mit Grund zu bekämpfen. 

3. Am 7. Oktober schrieb der Kardinallegat Peter, die Städte hätten 
eine Einigung getroffen, per quam honor dei et ecdesie Romane, serenissimi 
principis et salus provincie procuratur. Es sollten in den Bann gethan werden : 
contra exaltationem dicti regia et statum provincie turbatores, wenn es deren 
gäbe. Daraus folgert Kampf a. a. 0. 160, der Absetzungsplan habe zur Zeit 
bestanden und sei dem Kardinal bekannt gewesen! 



— 813 — 

oder vielmehr gegen Ottokar erklärt. Mochte hier der Bischof 
von Bamberg zu ihm stehen, mochten auch vielleicht die Baiern- 
herzöge nach dem Tode Konrads einer Kandidatur Ottokars nicht 
abgeneigt sein, — Heinrich der Erlauchte, Markgraf vonMeissen 
und Landgraf von Thüringen, rüstete zum Kriege gegen Ottokar:^ 
am 1. September versprachen ihm die Herren von Weida, Plauen 
und Gera Hilfe gegen Jedermann, namentlich gegen den König 
von Böhmen.^ Unzweifelhaft, im Hinblick auf die Haltung des 
Meissners, noch mehr auf die Erklärung des rheinischen Bundes 
konnte man nicht hoffen, Wilhelm werde gutwillig vom Reiche 
zurücktreten. Nun hat Ottokar selbst — vielleicht in der Er- 
wägung, dass die gegenwärtige Konstellation ihm nicht günstig 
sei, — seine Thätigkeit in andere Richtung gelenkt. Eben da der 
Bischof von Bamberg im November 1254 zu ihm kam,^ war Otto- 
kar schon ganz mit der Vorbereitung zu einem Kreuzzuge gegen 
die heidnischen Preussen beschäftigt. Indes machte Wilhelm in 
Deutschland weitere Fortschritte: im Januar und Februar 1255 
hielt er Hoftage zu Worms und Speier; da bestätigte er den 
rheinischen Bund;* da stellten sich Städte wie Worms, Speier 
und Köln, durch Privilegien gewonnen, zur Verfügung des Königs ; 
da stand auch der Erzbischof von Mainz, der noch im Frühjahr und 
Sommer 1254 eine feindliche Haltung eingenommen hatte, wieder 
auf seiner Seite. Wilhelm triumphierte, „er habe in Oberdeutsch- 
land eine ihm sehr günstige Stimmung gefunden, Alle hätten sich 
über seinen Anblick gefreut, wie eine Mutter über den Anblick 
ihres totgeglaubten Sohnes". 

1. Man darf sich dabei erinnern, dass der sehr rührige Graf von Henne- 
berg ein Schwager Wilhelms und ein Halbbruder Heinrichs war: jener hatte 
ihm schon früher hohe Beweise seiner Gunst gegeben^ dieser ernannte ihn bald 
darauf zum Statthalter von Thüringen. 

2. Schmidt U.-B. der Vögte von Weida usw. I 54. Der Markgraf ver- 
spricht dagegen unter anderem, die Herren mit Friedrich von Nürnberg und 
Friedrich von Trüdingen zu versöhnen. Letztere waren Feinde des Bischofs 
von Bamberg, und immerhin ist es denkbar, dass die Ersteren bis dahin mit 
ihm verbündet waren. Uebrigens beanspruchten sie die Vogtei im Rednitzgau 
als ein Reichsafterlehen, während Nürnberg und Trüdingen als Meraner Erben 
direkte Lehensträger waren. 

3. Vgl. S. 308 Anm. 3. 

4. Die Belüge hiefür, wie auch für alles zunächst Folgende, bei B.-F. 
S. 976 ff. 



— 314 — 

Freilich vergass er dabei, dass der Erzbischof von Köln 
kurz vorher ein Attentat auf seine Person gemacht hatte. Vom 
vollständigen Siege, von einer eigentlichen Regierung des Reiches 
war er noch weit entfernt: schon im April hatte er sich wieder 
auf seine Stammlande zurückgezogen. 

Nicht einmal in deren nächster Nähe gebot er mit könig- 
licher Machtfülle. Zu Utrecht hätte ihn fast der Stein eines 
Friedenstörers getroffen: Hohn und Schaden sei ihm zugefügt; 
von einer Todfeindschaft zwischen ihm und Utrecht ist die Rede, 
und im Groll gegen die Stadt schied er aus dem Leben. Dann 
gährte es im Lande der Friesen, die Wilhelm im Sommer be- 
kriegen musste,^ ohne sie bändigen zu können. Es gährte auch 
im rheinischen Bunde, der soviel zu Wilhelms Aufschwung bei- 
getragen hatte. Die Herren haderten mit den Städten; die etwaige 
Hoffnung, dass fortan das Königtum, auf die vereinigten Elemente 
der Aristokratie und Demokratie gestützt, mächtig emporstreben 
würde, schien von der Erfüllung weit entfernt zu sein.^ Da mochte 
denn allerdings der längst gehegte Wunsch, einen anderen auf 
dem deutschen Throne zu sehen, sich bald zum ernstlich verfolgten 
Plane gestalten. 

Besonders auch im Osten, wohin Wilhelm nie gekommen 
war. Hier war Ottokar von seinem nicht zwei Monate währenden 
Kreuzzuge ruhmbedeckt zurückgekehrt. Schon im Februar stand 
er wieder auf heimischem Boden. Nach einem Aufenthalte in den 
östreichischen Landen wurde er am 8. April unter grossem Jubel 
in Prag empfangen:^ es war ungefähr in der Zeit, da Wilhelm das 
Reich wiederum verliess. Doch im Einzelnen fehlt uns jede Kennt- 



1. Schon am 21. Juni 1255 war er in voller Rüstung. B.-F. 5260. Wenn 
Ficker 5260a meinte, die Urkunde zum 22. Juli verlegen zu müssen, so ist seine 
Begründung, wie mir scheint, durch den Beweis Quiddes hinfällig geworden, 
dass der Kölner Reichstag nicht zum 24. Juni, sondern zum Dezember gehöre. 
Ztschrft. f. dtsche. Geschichtswissenschaft I 166 flf. 

2. Freilich müsste man sich von Wilhelms Machtstellung ein anderes, 
glänzenderes Bild machen, wenn er am 24. Juni zu Köln einen Zug zu seiner 
KaiserkrOnung angesagt hätte. Aber ich stimme Quidde zu, wie ich schon 
Anm. 1 erwähnte. Dessen Untersuchung hat Kempf a. a. 0. 168 sich entgehen 
lassen. 

3. Cont. Cosmae M.Q. SS. IX 182. 



— 815 — 

nis. ^ Genug, Ottokar dachte zwischen dem 25. Juli und 10. Au- 
gust mit deutschen Fürsten in Nürnberg zusammenzukommen. 
Nach unseren Stilübungen hätten sie ihn aufgefordert, früher 
zu erscheinen; aber mit Hinsicht auf die bevorstehende Ernte, die 
seine Eeisigen schädigen würden, während ihre unversehrte Ein- 
bringung nach dem vorausgegangenen Hungerjahre von doppelter 
Wichtigkeit war; in Hinsicht ferner auf seine in Rom weilenden 
Gesandten, die um den 25. Juli wieder eingetroffen sein würden, 
hätte Ottokar eine Verschiebung des Termins gewünscht. Die 
Botschaft an den Papst entspricht der durch den ganzen Brief- 
wechsel gehenden Tendenz, dass ohne seine Zustimmung der 
Thron nicht neubesetzt werde. Nun hatte Ottokar am 9. Juli 
das Privileg von ihm erwirkt,'^ dass er nur auf seinen ausdrück- 
lichen Befehl gebannt werden könne. Mithin waren damals 
böhmische Gesandte am Hofe.^ Sie werden den Auftrag erhalten 



1. Mit Rücksicht auf S. 313 Anm. 1 will ich hier bemerken, dass der 
Graf von Henneberg am 8. Mai 1255 in Bamberg war. Bericht über den hist. 
Verein zu Bamberg XIX 3. Er kam gerade aus Thüringen, wo er am 29. April 
als Statthalter Heinrichs von Meissen geurkundet hatte. Schannat Yindemiae I 
122. Bischof Heinrich aber war damals nicht in Bamberg; am 16. Mai unter- 
wirft sich ihm zu Villach in Kärnten Herr Rudolf von Rase, welcher das 
Bamberger Schloss Federaun besetzt hatte und dafür vom Bischof in Haft ge- 
nommen war. Archiv f. Kunde öst. Geschichtsq. XXXII 288. 

2. Darauf hat zuerst Döhmann a. a. 0. 42 aufmerksam gemacht. Ganz 
unverständlich ist mir aber seine Folgerung: , — wie konnte Alexander im 
August den etwa aufgestellten oder noch aufzustellenden Gegenkönig, d. h. also 
Ottokar, im voraus für gebannt erklären, wenn er ebendenselben einen Monat 
vorher vom Banne eximiert und dabei von den Absichten Ottökars offiziell 
Kenntnis hatte?" Unbedingt hatte er Ottokar doch nicht „vom Banne eximiert**, 
sondern nur von dem Banne, der ohne besonderen päpstlichen Befehl über ihn 
verhängt werde. Was aber die „offizielle Kenntnis^ angeht, so braucht man 
gar nicht anzunehmen, dass die Gesandten dem Papst auf jeden Fall den Ab- 
setzungsplan enthüllen sollten. In dieser Hinsicht verweise ich auf meine 
gleich folgende Darstellung; sie möchte auch DOhmanns weitere Folgerung 
entkräften; ich gehe darüber hinweg. 

3. Die Worte, wie sie in Nr. 6 früher lauteten: iterum nuncü redibuni 
hat Hintze 148 „als Hinweis auf eine zweite Gesandtschaft^ gefasst; Döhmann 
42 benutzt sie als Kriterium gegen die Glaubwürdigkeit. Da aber von einer 
ersten Gesandtschaft gar keine Rede war, da auch kein Grund vorlag, die 
gerade jetzt zurückerwartete Gesandtschaft als zweite zu kennzeichnen, wenn 
denn überhaupt zwei abgegangen wären, so fasste ich iterum redire als eine 
ungeschickte Uebersetzung unseres „wieder zurückkehren. ** K. Weinhold 
hat mich gütigst belehrt, dass eine ähnliche Doppelang des Ausdruckes schon 



— 816 — 

haben, das Projekt nur dann zu enthüllen,' wenn sie einer ihm 
günstigen Stimmung begegneton, aber zu schweigen, wenn auch 
der derzeitige Papst, Alexander IV., der im Dezember 1254 Inno- 
cenz IV. gefolgt war, für den Holländer wärmere Gefühle bekunde.^ 
Die Art und Weise, wie eine Klage, die sie etwa gegen Wilhelms 
Unfähigkeit vorbrachten, von Seiner Heiligkeit aufgenommen 
wurde, konnte ja zur Orientierung schon ausreichen. Vielleicht noch 
wichtiger, als eine Ausforschung des Papstes, war die Bearbeitung 
dieses und jenes Kardinals.' Doch genug der Vermutungen, — 
bis zum 25. Juli hoffte Ottokar dmxh seine Boten Gewissheit zu 
haben. Natürhch wurde dann zu Nürnberg auch der bewährte 
Freund des Böhmen erwartet, Bischof Heinrich. Der Schüler 
lässt ihn an die Domgeistlichkeit schreiben, dass Ottokar sich 
seine Begleitung dringend erbeten habe. Heinrich war in Kärnten: 
noch im Mai und Juni lässt er sich in Villach nachweisen,^ daher 
bedurfte es eines Briefes, sich mit den Kanonikern zu verständigen. 
Dass die westlichen Feinde Wilhelms erst recht sich regten, 
versteht sich von selbst. Der Aufschwung des Holländers musste 
sie mit banger Sorge erfüllt haben; dass nun seine Angelegenheit 
sich mehr zu ihren Gunsten gewandt hatte, mahnte und ermunterte, 
die Gelegenheit zu ergreifen, damit er nicht wieder emporkomni<3. 
Daran nahm auch die Gräfin von Flandern den lebhaftesten An- 
teil. Denn wenn auch im Augenblick die Waffen ruhten, — im 
April oder Mai 1255 war doch Johann von Avesnes, den König 



in Nib. (Lnchmann) 255,1 und in Gudr. (Martin) 103,2 sich finde, dass dann 
Nikolaus von Jeroschin um 1330 wider zu rucke mehrfach gebrauche. Nun aber 
schreibt mir G. Laubmann, der die Güte hatte, den Codex für mich noch- 
mals einzusehen: „wohl sicher item.^ 

1. Freilich, unser gar nicht diplomatischer Schüler lässt den Böhmen 
schreiben: ad noticiatn domini pape perferre disposuimus universa. 

2. Oeflfentlich war Alexander bis dahin für Wilhelm noch nicht ein- 
getreten: dass er die Gewaltthat, die der Kölner Erzbischof im Januar gegen 
Wilhelm verübte, bis dahin nicht bestraft hatte, mochten Wilhelms Feinde als 
ein Zeichen gleichgültiger Gesinnung auffassen. 

3. Nach Salimbene meinte der Papst bei seiner Wahl, er werde nur den 
Namen führen, vgl. oben S. 288, nach Matthaeus Paris M.G. SS. XXVIII 348 war 
er suggestionibua incUnativus, und nach Hermann von Altaich ib. XVU 396 non 
tantum curans de negotiis principum et regnorum. 

4. Von beiden Urkunden liegen uns reichhaltige Auszüge vor, von der 
ersteren im Archiv f. Kunde öst. Geschichtsquellen XXXII 288, von der letzteren 
bei Looshom Gesch. d. Bistums Bamberg II 734. 



— 317 — 

und Reich gegen die Mutter und seine Stiefbrüder als Grafen 
von Flandern anerkannt hatten, nach England geeilt, flehentlich 
Hilfe in seinem Kriege erbittend.^ Der Situation entspricht, dass 
unser Stilist die Gräfin einen Brief an Ottokar schreiben lässt: 
auch in Wirklichkeit wird sie nicht unterlassen haben, Ottokar 
zur Annahme der Krone zu ermuntern. Unter denen aber, die 
den Böhmen wählen wollten, stand natürlich der Kölner in erster 
Linie, obwohl der Bamberger Schüler über ihn schweigt. 

Es bleibt in diesem Zusammenhange ein Brief Wilhelms, 
der sich zur Abdankung bereit erklärt. Ihn hat wohl die sichere 
Erwartung, der Holländer würde den Schwierigkeiten nicht ge- 
wachsen sein, das daraus entstandene Gerücht, er wolle zurück- 
treten, in die Feder gegeben. Vielleicht auch befand Wilhelm 
sich thatsächUch in einem Zustand der Niedergeschlagenheit, 
wovon sich die Kunde verbreitet hatte. Wundern könnte man 
sich darüber nicht; denn leicht, scheint mir, bricht ein Unglück- 
licher zusammen, wenn ein einziger, kurzer Hoffnungsstrahl sich 
als trügerisch erweist und der Himmel sich wieder verfinstert. 

Aber es kamen für Wilhelm nochmals bessere Tage. Wohl 
um die Zeit, da Ottokar es abgelehnt haben soll, vor dem 25. Juli 
mit den Fürsten zu tagen, war unter Vermittlung des Eeichs- 
justitiars Adolf von Waldeck, welchen Wilhelm zu dem Zwecke 
entsandt hatte, am 29. Juni ein Waffenstillstand zwischen Städten 
und Herren abgeschlossen worden; und die Städte blickten jetzt 
nur um so dankbarer und ergebener auf Wilhelm als ihren Pro- 
tektor; mehr als 70 an der Zahl gaben diesen ihren Gefühlen 
einen Ausdruck, indem sie ihm schrieben, dass sie mit unendlicher 
Sehnsucht seine ihnen so heilsame Ankunft erwarteten.^ Bekanntlich 
ist Wilhelm denn auch später gekommen, die Gegner zu versöhnen. 
Dann war Wilhelms Heerfahrt gegen die Friesen nicht ohne Er- 
folg geblieben, wenngleich er ihrer nicht ganz Meister ge- 
worden war. Vor Allem erklärte sich jetzt der Papst auf das 
bestimmteste gegen eine Thronumwälzung. Ottokars Boten werden 
bald erkannt haben, dass Alexander IV. den Holländer nicht auf- 
geben wollte, sie werden daher von dem Plane ihres Herrn ge- 

1. Matth. Paris. M.G. SS. XXVIII 351. Am 27. Mai war Johann bei 
König Wilhelm in Antwerpen. B.-F. 5258. 

2. Beka ap. Böhmer Font. II 440. 



— 318 -^ 

schwiegen haben. Aber das Gerücht war doch zu den Ohren 
des Papstes gedrungen. Da schrieb er zunächst dem Kölner eine 
energische Abmahnung, noch freilich mit dem Zweifel, ob er recht 
berichtet sei.^ Als er dann Sicherheit hatte, richtete er am 
28. August eine Note an Fürsten und Städte Deutschlands, sie 
vor einer Neuwahl zu warnen.^ Es erübrigte nur, dass die „un- 
endliche Sehnsucht", womit die Städter „Wilhelms ihnen so heil- 
same Ankunft" erwarteten, in Erfüllung gehe, dass er den Waffen- 
stillstand, den sie am 29. Juni mit den Herren abgeschlossen 
hatten, zu definitivem Frieden führe. Schon waren Tage nach 
Frankfurt und Oppenheim anberaumt. So war die Lage der 
Dinge, die unserem Stilisten den Vorwurf zur letzten seiner 
Korrespondenzen gab. Wilhelm beklagt sich über die Schmähungen, 
welche die Empfänger gegen ihn geäussert haben, aber er ver- 
weist auf die angesagten Tage: einer von ihnen, hofft er, werde 
den Erfolg haben, dass ganz Deutschland ihm gehorche. Die 
Antwort lautet: wenn einer der Höfe die Verheissung wahrmache, 
würden die Schreiber sich dem Könige zu Füssen legen. Vom 
Frankfurter schweigt die weitere Ueberlieferung, ^ nicht aber vom 
Oppenheimer: auf ihm bestätigte Wilhelm nochmals den rheinischen 
Bund und ordnete das Verhältnis von Herren und Städten zu 
einander. Das geschah am 10. November; Ende des folgenden 
Monats hielt der König eine Reichsversammlung zu Köln,* wo 



1. Font. rer. Austriac. Dipl. et acta XXV 186. Der Brief ist ohne 
Daten überliefert. Meist setzt man ihn zum 28. Augast, weil er über die 
gleiche Materie handelt und hier und da mit den gleichen Worten, wie ein 
Brief, der thatsächlich am 28. August geschrieben wurde. Aber die Ueber- 
einstimmung ist doch sehr gerinj^, nur im Schlüsse finden sich mehrfach die- 
selben Ausdrücke. Ist damit etwas bewiesen? ürban IV. richtete sich 1262 
gegen die Wahl Konradins, der erste Teil seines Schreibens wiederholt nur 
die Malumng, die sein Vorgänger 1256 schon erlassen hatte. Doch es ist ja 
bekannt genug, wie gleichartig der Kurialstil war. Den Brief vor den 28. August 
zu setzen bestimmt mich der Umstand, dass es in ihm heisst: si vera sunt; 
am 28. fehlt jede Andeutung eines Zweifels. 

2. Font. 1. c. 189. Der Archidiakon von Spoleto war der üeberbringer ; 
siehe dessen Beglaubigungsschreiben bei B.-F.-W. 9007. 

3. Wir wissen von ihm allein durch einen jüngst von Kedlich veröffent- 
lichten Brief in den Mitteilungen aus dem vatikanischen Archive II 4. 

4. Vgl. S. 314 Anm. 1. 2. 



— 319 — 

die Rorafahrt beschlossen wurde: in seinen gegen die Thronum- 
wälzung gerichteten Briefen hatte Alexander IV. die Kaiser- 
krönung Wilhelms in nahe Aussicht gestellt. 



Zusatz. 



Der Bamberger Schüler über den meranischen Erbfolgestreit; 
Friedrich III. von Zollern-Nürnberg als Edler von Osterhofen. 

Am 19. Juni 1248 hatte der letzte Herzog von Meran das 
Zeitliche gesegnet. Erhen waren seine Schwäger, Burggraf 
Friedrich III. von Nürnberg und Edelherr Friedrich V. von 
Trüdingen, und seine Schwester, die verwittwete Gräfin Beatrix 
von Orlamtinde. Die Eigengtiter des Verstorbenen konnten sie 
ohne Weiteres in Besitz nehmen, nicht so die grossen Lehen, 
welche er vom Stifte Bamberg getragen hatte: diese mussten er- 
kämpft und erobert werden, denn Bischof Heinrich wollte sie zu 
eigenen Händen behalten. In dem beginnenden Kriege tritt nun 
aber die Gräfin von Orlamiinde in den Hintergrund, nur selten 
wird sie genannt; die Führung übernehmen der Nürnberger und 
der Trüdingen. 

Eine Reihe von Urkunden giebt uns über den Verlauf des 
Kampfes genügende Auskunft.^ Was darin meinen Zwecken dienen 
kann, will ich in Eegestenfornl mitteilen.^ 

1. 1249, Juni. Eberhard von SchlOsselberg erhält vom Bischöfe 450 Mk., 
wofür er ihn gegen den Burggrafen Friedrich von Nürnberg und 
Friedrich von Trüdingen kräftigst unterstützen wird. Archiv f. Kunde öst. 
Gesch. Quell. IV 597. 

2. 1249, September. Graf Hermann vun Hennoberg vorpflichtet sich, 
den Bischof und die Kirche von Bamberg zu verteidigen, namentlich gegen den 
Burggrafen von Nürnberg, Friedrich von Trüdingen, die edle 
Gräfin von Orlamünde und deren Söhne. Archiv a. a. O. 598. 

3. 1249, Oktober 24. Wolfram von Zabelstein verspricht, den Bischof 
und die Kirche von Bamberg gegen den Burggrafen Friedrich von 
Nürnberg und Friedrich von Trüdingen zu unterstützen. Oesterreicher 
Denkwürdigkeiten der Frank. Gesch. II HO. 



1. Regesten bei S. Englert Gesch. der Grafen v. Truhendingen 24—26. 
Doch olmo rechte Sorgfalt. 

2. Ich begnüge mich mit Anführung nur Eines Druckes. 



— 320 — 

4. — — Taimo von Lichtonstein erhält vom Bischöfe 100 

Pfund Denare, wofür er ihm gegen die edlen Männer, den Burggrafen 
Friedrich von Nürnberg und Friedrich von Trüdingen, beistehen 
will.«) Archiv a. a. 0. 604. 

5. 1250, Juni 4. Bischof Hermann von Wttrzburg, als Schiedsrichter 
zwischen dem Bischöfe von Bamberg und den Edlen/ dem Burggrafen 
Friedrich von Nürnberg und Friedrich von Trüdingen, trifft eine 
Massregel, um die Ausführung seines Spruches zu sichern.^) Archiv a. a. 0. 602. 

6. 1251, April 8. Der Bischof von Bamberg übereignet dem Kloster 
Langheim eine Schenkung: «Zur Zeit des Gerichtes, welches er gegen die 
Edlen, den Burggrafen Friedrich von Nürnberg und den Herrn 
Friedrich von Trüdingen, auf dem Hügel bei Langheim gehalten hat.*^ 
V. Stillfried Quellensammlung zur Gesch. d. Grafen von Zollern I 55. 

7. 1251, Mai 10. Bischof Hermann von Würzburg schlichtet die 
Streitigkeiten zwischen dem Bischöfe von Bamberg und den edlen Männern, 
dem Burggrafen Friedrich von Nürnberg und dem Herrn Friedrich 
von Trüdingen. Mon. Zoll. VIIL 94. 

8. 1254, September 25. Der Bischof von Bamberg, Friedrich von 
Trüdingen und Burggraf Friedrich von Nürnberg verpflichten sich, 
betreffs des Schadens, welchen von der Zeit an, da der Bischof von Würzburg 
den Frieden hergestellt hatte, die eine Partei der anderen zufügte, dem Urteil 
genannter Schiedsrichter zu gehorchen. Mon. Zoll. II 27. 

9. 1255, Januar 18. Genannte Schiedsrichter erklären, der Bischof habe 
sich ihrem Urteile unterworfen, die Partei der edlen Männer, Friedrich von 
Trüdingen und Friedrich von Nürnberg, hätten Ausflüchte gesucht und 
sich ihren Anordnungen durchaus nicht fügen wollen. Mon. Zoll. II 28. 

10. 1256, April 28. Der Bischof von Bamberg inkorporiert die Kirche 
zu Kronach dem Bamberger Domkapitel, Welches unter der Missernte und den 
Einfällen der Herren Friedrich von Trüdingen und Friedrich von 
Nürnberg viel gelitten hat. Mitteil. d. Inst. f. öst. Geschichtsforsch. XIII 160. 

Diesen Notizen aus Urkunden, wonach als eigentliche Feinde 
Bambergs Friedrich von Nürnberg und Friedrich von Trüdingen 
erscheinen, während von deren Schwägerin Beatrix von Orla- 
niünde kaum die Rede ist, reihe ich Auszüge aus den Stilübungen 



1. Aus Urkunde vom 17. Mai 1257. Der Bischof verweist auf obiges 
üebereinkommen, als auf ein früheres, und von der Fehde gegen die meranischen 
Erben sagt er: quam habebamus, 

2. — arbitrium quod inter eos pronuntiabamus. So der angeführte 
Druck und danach Mon. Zoll. II 24. Aber nach dem Zusammenhang und nach 
Regest Nr. 7 erwartet man pronuntiabimus. 



— 321 — 

unseres Bamberger Schülers an: nicht weniger als zehn* seiner 
keineswegs gelungenen, oft recht stüniperhalten Elaborate be- 
schäftigen sich mit den Gefahren, von denen Bamberg zur Zeit 
bedroht war. Da die Versuche des jungen Mannes nur Ereignisse 
aus seiner nächsten Zeit und Umgebung zum Vorwurfe haben, 
so ist alles Thatsächliche aus guter Kenntnis berichtet, wenn- 
gleich die Briefform sein eigenstes und, wie gesagt, misslungenes 
Werk ist. 2 

11. Dekan und Kapitel von Bamberg an den edlen Mann, den sogen, 
von TrUdingen. Sie wissen bestimmt, dass er ihnen und ihrer Kirche zu 
schaden beschlossen hat; sie bitten ihn nun, die Gotteshäuser und deren Im- 
munitäten zu schonen. Cod. lat. Mon. 22294 fol. 22 1>. 

12. Der sogen« von Trüdingen an Dekan und Kapitel. Die grausamen, 
ilim zugefügten Unbilden hätten sie genehmigt; sie sollten daher nicht zweifeln, 
dass er ihnen in jeder Weise entgegensein werde; nicht blos die Güter der 
Kirchen, diese selbst, wolle er verwüsten, denn dem Treulosen die Treue nicht 
zu halten, sei im kanonischen und weltlichen Rechte begründet. L. c. 22^. 

13. Der Marschall von Bamberg an den sogen, von Trüdingen. Er 
hätte nicht befürchtet, dass Trüdingen den Friedensbund brechen werde;' da 
es nun doch geschehen sei, rate er dem Gegner, die Stadt Bamberg mit seiner 
Bosheit zu vorschonen, damit nicht der begonnene Kriegszug zu seinem grossen 
Schaden sich wende. L. c. 22 1>. 

14. Der sogen, von Trüdingen an den Marschall. Er spottet der 
Drohungen; nur das Eine erwidere er, dass er frohen Herzens Wiedervergeltung 
Oben werde; seine Tyrannei sei eine gerechte; seinen Gegnern drohe, was diese 
ihm und den Seinigen zufügen wollten. L. c. 22 1>. 

15. Dekan und Kapitel an den edlen Mann, den sogen, von Oster- 
hoven. Sie beteuern, an der That ihres Bischofs, der nicht zu verletzen ge- 
glaubt hätte, weder durch Rat noch Hilfe einen Anteil zu haben; ihre Be- 
fehdung sei ungerecht; sie flohen zu Gott, dass er die Gottlosigkeit des von 
Osterhoven und all ihrer Feinde zügele u. s. w. L. c. 22 c. 

16. Der sogen, von Osterhoven an Dekan und Kapitel. Wenn sie 
nicht befeindet werden wollten, dann möchten sie ihrem Bischöfe raten, dass 



1. Sieben hat jetzt E. von Aufsess im Berichte des bist. Vereins zu 
Bamberg LV 54 — 56 verötf'entlicht. Meine Nr. 17. 19. 20 hat er sich entgehen 
lassen. 

2. Offenbar war der Jüngling des Lateinischen noch nicht mächtig ge- 
nug, um sich allgemein verständlich ausdrücken zu können; die schwer lesbare 
Schrift kommt hinzu, und so sind mir allerdings hier und dort kleine Zweifel 
geblieben; doch hoffe ich, den Sinn richtig erfasst zu haben. Bei Abschrift 
und Kollation hat mir Dr. Bloch dankenswerte Dienste geleistet. 

3. Vgl. dazu Nr. 7, wonach am 10. Mai 1251 ein Friede zu Stande ge- 
kommen war. 

Soheffer-Boichorst, Zur Gesch. des XII. u. XIII. Jahrhunderts. 21 



,^ 322 — 

er den Kauf von Giech, der Burg des Schreiliers, wieder rückgängig mache;* 
bezüglich des ihm zugefügten Schadens und üniechts solle der Bischof ihn frei 
gegen die Seinigen vorgehen lassen;^ dann kannten sie sicher auf Frieden 
rechnen^ anderenfalls nie. L. c. 22 ». 

17. Der Schultheiss mit der Stadt an den Bischof von Bamberg. Sie 
bitten ihn um Schutz gegen die Angriffe des Herrn von Oster, der nicht 
aufhört sie zu befeinden, indem er die umliegenden Dörfer plündere oder in 
Brand setze; derselbe hätte die Zufuhr abgeschnitten, und die Bürger würden 
Hungers sterben, wenn nicht der Bischof zu Hilfe eile. L. c. 22 ^. 

18. Der Bischof an die Bürger. Die Befehdungen des Herrn von Oster 
seien ihm wohl bekannt; der königliche Butigler und die Ministerialen der 
Bamberger Kirche würden hoffentlich ihre Schmerzen baldigst stillen; wenn 
sich deren Hilfeleistung verzögern sollte, — er würde vor Jakobi in die Heimat 
eilen, ^ damit sie nicht verlassen und trostlos blieben. L. c. 22 cd, 

19. Dekan und Kapitel an den ehrbaren Mann, den sogen, von Oster. 
Sie bedauern, was immer der Bischof gegen ihn begangen hat; weil es aber 
ohne ihre Schuld geschehen sei, so dürfe er sie nicht belästigen; des Bischofs 
Ratgeber seien die Ministerialen gewesen; sie bitten also um Schonung, andern- 
falls würden sie bewirken, dass das Interdikt über ihn verhängt werde. L. c, 22^. 

20. Dekan und Kapitel mit Ministerialen an den Bischof. Grossen Ver- 
lust an Sachen haben sie erlitten;^ damit nicht auch die Personen gefährdet 
würden, müsse er schleunigst zurückkehren, *> sich selbst und sie zu sichern; 
neulich hätten sie in einem der Stadttürme einen Unbekannten ergriflfen; der 
sei mit Geld wohlausgerüstet gewesen, er habe gestanden, dass er dem Herrn 
von Osterhoven, der eifrig bedacht ist, ihnen und den Ihrigen alles mögliche 
üebel zuzufügen, jenen Stadtturm ausliefern solle; bevor sie gänzlich unter- 
lägen, möge der Bischof die nötige Hut gewähren, besonders durch sein persön- 
liches Erscheinen. L. c. 22 d. 

Vergleichen wir die einzelnen Stücke dieser Schulübung mit 
den oben zusammengestellten Urkunden, so ergiebt sich bezüglich 
des Trüdingers die beste Uebereinstimmung. Wo aber findet sich 
in unseren Stilproben auch nur eine Andeutung von den Feind- 
seligkeiten des HohenzoUern, über welche die Urkunden doch so 
bestimmte Auskunft geben? Er ist der Mächtigere, und dass seine 



1. Auf den Handel um Giech, für welchen die urkundliche Beglaubigung 
vom 5. Februar 1255 vorliegt, komme ich sogleich zurück. 

2. An diesem Punkte waren, wie man aus Nr. 8 und 9 schliessen darf, 
die Verhandlungen September 1254 — Januar 1255 gescheitert. 

3. — ante festum Jacobi = vor dem 25. Juli. Dazu passt recht gut, 
dass Bischof Heinrich sich im Mai und Juni 1255 zu Villach in Kärnten 
nachweisen lässt. 

4. Vgl. Nr. 10. 

5. Vgl. Aum. 3. 



Unternehmungen in den Schulkreisen Bambergs damals einen 
geringeren Eindruck gemacht hätten, als die des Trüdingers, 
wird gewiss Niemand behaupten. Anderseits wissen die Urkunden 
Nichts von den Thaten eines Osterhofen, der offenbar doch die 
Phantasie des Bamberger Schülers aufs Lebhafteste beschäftigt 
hat. Ihm hat er sechs Briefe gewidmet, dem Trüdinger nur vier. 
Alles wäre klar und verständlich, der Parallelismus bliebe nicht 
auf den Trüdinger beschränkt, er würde sich über das Ganze 
erstrecken, wenn der von Osterhofen kein Anderer wäre, als der 
HohenzoUer selbst. 

Zwei Thatsachen, über welche die Briefe handeln, scheinen 
mir noch eine besondere Erwähnung zu verdienen. 

Zu wiederholten Malen spricht unser Kanzleiaspirant von 
den Bedrückungen, die das Domkapitel durch den Trüdingen 
und den Osterhofen erfahren hat. In Nr. 12 droht Trüdingen 
den Kanonikern, dass er nicht blos die Güter, sondern die 
Kirchen selbst verwüsten wolle; Nr. 15 ist ein Brief, worin die 
bedrängten Herren dem Osterhofen ausführen, dass zu ihrer Be- 
fehdung kein Grund vorliege; Nr. 19 hat ungefähr denselben 
Inhalt, und damit verbindet das Kapitel die Bitte um Schonung; 
die Fruchtlosigkeit dieser Vorstellung erhellt aus Nr; 20: Oster- 
hofen hat den Kanonikern grossen Verlust an Sachen beigebracht; 
„auch ihre Personen seien gefährdet; eifrig sei Osterhofen be- 
müht, ihnen und den Ihrigen alles möghche Uebel zuzufügen." 
So konnte das Kapitel, zumal es dem Kriege widerstrebt hatte, 
wohl eine Entschädigung beanspruchen. Bischof Heinrich Hess 
ihm eine solche zu Teil werden. Die betreffende Urkunde^ ent- 
spricht durchaus der Situation, welche die Briefe schildern, jedoch 
besteht der eine Unterschied: der Bischof handelt nur über die 
Bedrückungen, welche das Kapitel von Trüdingen und Nürnberg 
erlitten hat, und er scheint durchaus nicht zu wissen, wieviel 
Uebles ihm Osterhofen bereitete; unser Stihst hingegen wird 
nicht müde, wie der Feindseligkeiten, die Trüdingen gegen die 
Domherren verübt hat, so auch derjenigen Osterhofens zu ge- 
denken, während er mit keinem Worte sagt, dass Nürnberg gegen 
das Kapitel nicht schonender verfahren sei. Alles wäre in 



1. 8. Seite 320 Nr. 10. 

21* 



— B24 - 

schönster Ordnung, wenn wir Osterliofen gleich Zollern-Ntirnberg 
setzen dürften. 

Eine andere Thatsache, auf welche ich auch genauer ein- 
gehen will, ist der Verkauf von Giech. Diese Burg war ein 
wichtiger Bestandteil der meranischen Hinterlassenschaft: unter 
den bambergischen Lehen, die Bischof Heinrich zu eigenen 
Händen halten wollte, wird sie an zweiter Stelle genannt.^ Aber 
das Ministerialengeschlecht, welches für Meran die Veste be- 
fehligte, war nicht geneigt, dem Bischöfe ohne Weiteres zu 
weichen, wenngleich es ebensowenig für Trtidingen und Nürnberg 
eintrat. Da bot Bischof Heinrich eine Summe, ^ und Chunemund 
von Giech, der nach bambergischer Anschauung „sich der Burg 
bemächtigt hatte", nahm den Handel im Februar 1255 an, 
Trüdingen und Nürnberg waren schwer geschädigt, und man 
würde begreifen, wenn Einer von Beiden verlangt hätte, der 
Bischof müsse den Kauf rückgängig machen, falls Frieden werden 
solle. Diese Bedingung stellt in Nr. 16 aber der Osterhofen, in- 
dem er die Burg ausdrücklich als die seinige bezeichnet. ^ Da 
bleibt nur die Wahl, unter Osterhofen entweder den Trüdingen 
oder den Hohenzollern zu verstehen ; da der Trüdingen in unserer 
Korrespondenz stets auch als Trüdingen bezeichnet wird, so er- 
giebt sich: Osterhofen=::Hohenzollern. 

Allerdings denkt man ja zunächst an Ort und Kloster Oster- 
hofen, dessen Gebiet zum Passauer Sprengel gehörte, aber in 
weltlicher Beziehung unter Bamberg stand. Und die Vogtei über 
Osterhofen lag nun als Lehen des Stiftes Bamberg in der Hand 
des Grafen von Hals. Jedoch diesen für „den sogen, von Oster- 
hofen" zu halten, scheint mir durchaus unzulässig zu sein. Ueber 
eine etwaige Feindschaft des Grafen gegen Bischof Heinrich 
wissen wir ebenso wenig, wie unsere Ueberlieferung von der 
Befehdung Bambergs durch den Zollern-Nürnberg viel und oft 
berichtet; und wenn unter Heinrichs Nachfolger ein Zwist mit 
dem Halser entbrannte, — der Ausgleich ist bald getroffen 



1. Vgl. die bischöfliche Urkunde vom Februar 1248 bei Oetter Versuch 
einer Gesch. der Burggrafen zu Nürnberg IT 266. 

2. Archiv f. Kunde öst. Gesch. Quell. IV 603. 

3. Bei der definitiven Auseinandersetzung erhielt Trüdingen die Burg; 
erst 1379 kam sie in den Besitz von Zollern. Mon. Zoll. V 40. 



— 325 - 

worden.^ Dann konnte der Graf, soweit ich sehe, keinerlei An- 
sprüche auf Giech erheben, während die Forderung, der Bischof 
solle von Giech ablassen, weil es dem Schreiber gehöre, im 
Munde des Zollern ganz berechtigt klingt. Dieser Grund ver- 
bietet auch schon, in einem der nach Osterhofen genannten 
Ministerialen, deren der Bischof mehrere besass,^ den Feind 
Bambergs zu suchen. Ueberdies stehen gerade die Ministerialen 
zu ihrem Bischöfe, sie haben den Krieg gegen den Osterhofen 
entfacht, und einem Ministerialen schrieb man nicht, wie in Nr. 
15, als nobili viro, man redete ihn nicht an: Nobilitas vestra. 

So meine ich an der Gleichung Osterhofen = Zollern fest- 
halten zu sollen.^ Alles scheint für deren Richtigkeit zu sprechen; 
es fehlt nur Eins, nämlich ein Grund oder auch blos eine triftige 
Vermutung, weshalb der Zoller durch unsere Korrespondenz als 
„sogen, von Osterhofen" gehe. Aber Niemand kann ja auch 
sagen, warum König Wilhelm von ihrem Verfasser als rex Eb- 
hardus bezeichnet wird.* 



1. Mon. ßoica XII 404. 

2. Z. B. 1156 Mon. Boica XXIV 34, 1278 ibid. V 170. 

3. Wenn man Chroust Die Ronifahrt Ludwigs des Bayers 263 liest, so 
könnte man wohl auf den Gedanken kommen, statt Johannes burgravius de 
Osthoven, welchen die Urkunde bei (Scheidt) Bibl. bist. Goettin^. 237 unter den 
Empörern nennt, müsse de Osterhoven geändert werden, und alsdann sei Johann 
von Zollem gemeint. Aber so sehr ich auch überzeugt bin, dass die Nflm- 
berger Burggrafen Friedrich IV. und Johann IL, Vater und Sohn, von denen 
zuerst jener, dann dieser bei Villani X 104. 115 ed. Dragomanni III 100. 110 
il porcaro hoisst, mit den Aufständischen im Bunde waren, dass Friedrich IV. 
auf sie vertraute, als er Lucca zu gewinnen suchte, dass Johann II. für die- 
selben den rückständigen Sold, welchen Visconti zahlte, in Mailand erheben 
sollte, dass er dann aber die Gelder in die eigene Tasche steckte, — der Burg- 
graf uns.<)rer Urkunde ist doch kein Zoller. Die Konjektur Osterhoven statt 
Osthoven^ wozu ja der gleiche Name Johann ermuntern mag, kann man nur 
solange wagten, als man mit Chroust glaubt, dass wir über den Burggrafen 
Johann von Ostbofen „sonst Nichts wissen ''. Das ist aber nicht richtig, vgl. 
Schöpflin Alsatia illust. II 172. 661. 

4. Wegen des Gleichklangs mit Osterhofen sei noch der Villa Gostenhove 
gedacht; sie gehörte den Zollern. Mon. Zoll. II 71, 



XIX. 

Zur Kritik des Baumgarten berger Formelbuclies; 
die ersten Beziehungen zwischen Habsburg und 

Ungarn. 



J. Heller hat ausführlich dargethan,^ dass das Schreiben 
des Baumgartenberger Formelbuches Nr. 18 S. 225 aus zwei scharf 
zu sondernden Teilen besteht. Der erste war auch ander- 
weitig bekannt, und zwar in originaler, reicherer Fassung. Rudolf 
von Habsburg meldete danach dem Papste Gregor, dass er 
nächste Ostern zum Empfange der Kaiserkrone nach Rom auf- 
brechen wolle; er werde seinen Weg über Mailand nehmen. 
Letzteres hat der Baumgartenberger bei Seite gelassen; dafür 
findet sich nun in seinem Texte, als zweiter Teil, ein Bericht 
über ein Bündniss und eine Zusammenkunft Rudolfs mit dem 
Könige von Frankreich: die „in verschiedenen Zeiten" angeknüpften 
Verhandlungen, schreibt Rudolf, hätten „endlich" ihr Ziel erreicht; 
damit nicht genug : zu dem auf diplomatischem Wege getroffenen 
Abkommen, dass die Interessen des Einen als die des Anderen gelten 
sollten, sei jetzt bei einer persönlichen Begegnung noch hinzugefügt 
worden, dass sie gemeinsame Feinde haben und nur gemeinsamen 
Frieden schliessen wollten. Heller hat dieser Ueberlieferung vertraut. 

Wie er zeigt, müssten die Verhandlungen zwischen dem 
11. November 1274 und dem 18. November 1275 eingeleitet und 
abgeschlossen sein.^ Zu einer so kurzen Frist passt aber 
schlecht, dass sie „in verschiedenen Zeiten" angeknüpft und 
„endlich" durch ein Bündnis gekrönt wurden, zumal auch dessen 
Erweiterung noch vor den 18. November 1275 zu setzen wäre. 
Dann kann man doch auch nur mit grossem Widerstreben annehmen, 
dass alle gleichzeitigen Chronisten die Zusammenkunft Rudolfs 
und Philipps III. sozusagen totgeschwiegen hätten. In dieser Hin- 



1. Deutschland und Frankreich in ihren politischen Beziehungen vom 
Ende des Interregnums bis zum Tode Rudolfs von Habsburg 147 ff, 

2. S. 60—62. 



— 327 - 

sieht beachte man, dass einerseits König Rudolf unmittelbar nach 
der Begegnung mit dem Franzosen, wenn sie wirklich stattfand, 
in Basel eingezogen, dass anderseits der zeitgenössische 
Annalist, der in Basel selbst schrieb, über das- wichtige Ereignis 
einfach hinweggegangen wäre.^ 

In unserem Briefe heisst es bestimmt genug: convenimus cum 
magnifico princijje, rege videlicet Frande, Aber wie Heller sehr 
gut bemerkt hat, steht mehr als einmal im Baumgartenberger 
Formelbuche rex Francie für einen anderen Fürsten, namentlich 
auch für rex Sicilie? Dass hier die gleiche Vertauschung vor- 
genommen sei, — diese Hypothese hat Heller nicht weiter 
verfolgt. 

Am 5. September 1278 bevollmächtigte Rudolf den Papst, 
mit seinem alten Gegner Karl von Sizilien zu unterhandeln;^ 
seine Boten sollten an den Beratungen teilnehmen. Im Juni 
1279 waren sie soweit gediehen, dass Nikolaus III. einen Ver- 
tragsentwurf nach Wien gelangen Hess; Boten Karls begleiteten 
die päpstliche Gesandtschaft. Rudolf aber verlangte gewisse Modi- 
fikationen, und demgemäss sandte Nikolaus am 25. Januar 1280 
geänderte Vorschläge nach Wien und Neapel. Ende März 1280 
unterzeichnete Rudolf die endgültige Akte, und Anfangs Mai 
folgte Karl seinem Beispiel. Rom übernahm den Austausch 
beider Schrifstücke. Ein Jahr später wurde Rudolfs Tochter 
dem Enkel Karls als Frau zugeführt und beschäftigte den 
Sizilianer und Habsburger das Projekt, Arelat jals Reichslehen 
an das Haus Anjou zu bringen. Das sind Verhandlungen, auf 
welche die Worte unseres Briefes, dass sie „zu verschiedenen 
Zeiten" begonnen und „endlich" zu einem glücklichen Abschluss 
geführt seien, mir nicht übel zu passen scheinen. Ein anderes 
Moment kommt hinzu. Die Form des Bündnisses ist uns erhalten. 
Darin ist aber von gegenseitiger Hülfe keine Rede; das Weiteste, 
wozu man sich verstand, war negativer Natur: der Eine wollte 
die Feinde des Anderen nicht unterstützen. Jetzt berichtet Rudolf, 
auf einer persönlichen Zusammenkunft hätten er und sein 



1. Ueber beide Momente Heller a. a. 0. 151. 

2. S. 152 Anm. 1. 

3. Die Belege für alles zunächst Folgende gab ßusson in Kopps Gesch. d. 
eidjicnöss. Bünde 2. Bd. 2, AbloilunL^ 2, Hälfte, 3. Abschnitt. S. 171 — 194. 



— 328 -- 

Btindner nicht allein die alten Verträge erneuert, sondern nun 
auch hinzugefügt, dass sie sich gegen jeden Feind beistehen 
wollten. Wir sehen, wie gut die neue Vereinbarung gleichsam 
als Zusatzartikel zu dem deutsch-sizilischen Bündnisse sich 
eignet. 

Es fehlt nur noch der Beweis, dass nach Abschluss des 
Bündnisses, das ich als ein Bündnis negativer Natur bezeichnete, 
eine Begegnung Rudolfs mit Karl wirklich stattgefunden hat, 
dass damit die Voraussetzung für das Uebereinkommen positiver 
Art gegeben war. 

Nach G. Villani VII 86. 87* war Karl am U. März 1283 
von Florenz aufgebrochen, um sich nach Marseille einzuschiffen 
und dann durch Burgund nach Paris zu reisen. Spätestens Ende 
März wird er in Marseille gelandet sein. Von Mitte März bis 
Mitte April befand sich nun König Rudolf in Burgund. Sollten 
jemals zwei Herrscher, zwischen denen kurz vorher Verträge ge- 
schlossen, Pamilienbande geknüpft waren, sich so nahe bei ein- 
ander befunden und die vielleicht nie wiederkehrende Gelegenheit 
einer persönlichen Begrüssung versäumt haben? Selbst wenn ein 
Beleg fehlte, würde ich annehmen, Karl habe einen kleinen Ab- 
stecher gemacht und Rudolf sei ihm entgegengekommen. Wir 
sind jedoch nicht auf die Vermutung beschränkt, wir können 
mit dem Zeugnisse eines unmittelbaren Zeitgenossen die Probe 
auf ihre Richtigkeit machen. Salimbene erzählt: Dominus rex 
Carolics vadit in Fraiiciam et dehet esse ad parlamefitum cum 
domino rege Älamaniae,^ 

Das sind die Gründe, die mich vor mehreren Jahren be- 
stimmten, die Angaben unseres Briefes auf Rudolf und Karl zu 
beziehen.^ 

Zwei Franzosen, die sich in der Zwischenzeit mit unserer 
Frage beschäftigen mussten, haben meine Ausführungen nicht 
gekannt. Dem einen, A.Leroux, ist die Zusammenkunft Rudolfs 
von Habsburg und Philipps von Frankreich eine feststehende 



1. ed. Dragomanni I 419. 

2. ed. Parmens. 296. 

3. Jenaer Literaturzeitung 1875. S. 205. 206. 



— 329 — 

Thatsache:^ der andere, Ch. Langlois, hegt wohl Zweifel, kann 
sich aber doch nicht entschliessen, die Ueberlieferung völlig preis- 
zugeben.^ Anders ein Deutscher, welcher nach mir Gelegenheit 
hatte, unser Schreiben zu verwerten: A. Busson hat das 
Resultat meiner Forschung unbedingt angenommen und seinet- 
wegen eine früher gehegte Meinung aufgegeben.^ Er werde sich 
wohl hüten, scherzte der Innsbrucker Kollege, eine Zensur, 
die ich etwaigem, meiner Untersuchung sich entgegenstellendem 
Zweifel angedroht hätte, auf sein Haupt zu laden. Und 
doch 

Meine Schlussfolgerung liess Ein Moment ausser Acht: 
ganz geblendet, dass alles so vortrefflich in einander greift, wenn 
man unseren Brief auf Rudolf von Habsburg und Karl von 
Sizilien deutet, habe ich gar nicht erwogen, ob nicht die Be- 
ziehungen Rudolfs zu einem anderen König eine analoge Ent- 
wicklung genommen haben. Der Gedanke möchte wohl den 
wenigsten gerade sehr nahe liegen, und die Wahrscheinlichkeit, 
hat er von vorneherein nicht für sich. Indes wird sich zeigen, 
dass die Wirklichkeit zu seinen Gunsten entscheidet. 

Eins wurde bisher immer übersehen : der zweite Teil unseres 
Schreibens, um den sich eben die Untersuchung dreht, war längst 
als selbständiges Stück gedruckt, nämlich bei Gerbert Cod. epist. 
149 Nr. 7 und Cenni Mon. pont. II 416 Nr. 31, nicht aber als 
ein Brief, der über Karl von SiziUen, natürlich ebensowenig über 
Philipp von Frankreich handelte, der vielmehr eine Zusammen- 
kunft Rudolfs mit Ladislaus IV. von Ungarn betrifft. Die Ueber- 
schrift lautet: Rudolfus cuidam significat condiciones foederis inter 
ipsum et Ungariae regem initas, und wo der Baumgartenberger 
schrieb : cum magnifico principe, rege videlicet Francie, habe Rudolf 
sich verbündet, heisst es in dem anderen Texte: cum domino L.^ 
worunter eben nur Ladislaus IV. von Ungarn verstanden sein 
kann. Doch es finden sich noch andere Verschiedenheiten. Gerade- 
so wie der Baumgartenberger den ersten Teil des Briefes ver- 



1. Kecherches critiques sur les relations politiques de la France avec 
rAllemagne 51. 103. 287. 

2. Le rhgne de Philippe III. ie Hardi 84. 

3. Die Idee des deutschen Erbreichs. Wiener Sitz. Ber. LXXXVIII 680 
Anm. 2 vgl. 4. 



— 330 — 

stümmelt hat, wie er hier Rudolfs Reise über Mailand bei Reite 
liess, so scheint er doch auch im zweiten gekürzt zu haben. Nach 
ihm hätten Rudolf und sein Freund bei ihrer Zusammenkunft dem 
früheren Bunde die neue Bestimmun«]^ hinzugefügt: quod in litibits 
et questmiibuSj in bellis publicis seit privatis atque occasione qualibet^ 
(in quae) et nunc vd iri antea impellemur^ unus alteriim tarn fideliter 
quam viriliter adiuvabit nee alter sine altorius beneplacito et con- 
sensu cum huiusnwdi turbatore treuqas, pacem rel concordiam cele- 
brabit; in der anderen Fassung lautet der Satz: quod in litibus 
et questionibu^j supefr davinis datis et iniariis irrogatis vel aliis 
quibuscunque, quas habemus adversus illustre^n regem Bohemiae, 
unus alterum tarn fideliter quam viriliter adiuvabit nee unus sine 
alterius benejylacito et conseyisu cum jyraedicto rege treugas^ pacem vel 
concordiam celebrabit. Dort eine ganz allgemeine Bestimmung, 
hier ein Bund gegen Böhmen. Dann schliesst der Brief im Bauni- 
gartenberger Formelbuche mit der Bitte, dem Ueberbringer ein 
geneigtes Ohr zu leihen; bei Uerbert und C^enni steht am Ende 
der abgebrochene Satz: Caeterum de tcrminis ferrarum nostrarum 
legaliter distinguendis et distinciis, iji jyaca et concordia obse^'vandis, 
taliter duximas ordinandum etc. Soweit di(i VersQliiedenheiten 
beider Texte. Welchem sollen wir uns anschliessen? 

Doch bevor ich in die Untersuchung eintrete, muss ich zu- 
nächst bemerken, dass die durchgehende Uebercnnstimmung des 
doppelten Textes, die dem Herausgeber des Baumgartenberger 
Formelbuches, Bärwald, dann Heller, mir, Busson, Leroux und 
Langlois entgangen war, von einem meiner Zuhörer beachtet 
wurde, von Herrn P. Broichmann, dem also auch das Ver- 
dienst gebührt, die Forschung auf eine andere und — wie ich 
denke — auf die richtige Bahn geleitet zu haben. 

Es ist die Frage, ob Rudolf auch mit Ungarn, wie mit 
Anjou, „zu verschiedenen Zeit(>n" verhandelt hat, ob „endlich'' 
ein Bündnis zu Stande kam, ob dieses in persönlicher Begegnung 
beider Herrscher jene Bekräftigung und Erweiterung erfahren 
konnte. 

Rudolf und Ladislaus hatten in Ottokar von Böhmen ihren 
gemeinsamen Feind. Rudolfs Beziehungen zu ihm sind uns 
Deutschen bekannt; hinsichtlich des Ungarn bemerke ich, 
dass er die Feindschaft seines Vaters gegen Ottokar geerbt 



— 331 — 

hatte, dass er ihn noch im Mai 1274 seinen Erzfeind nennt.' 
Da wäre es doch merkwürdig gewesen, wenn er lange gezögert 
hätte, mit Rudolf Fühlung zu gewinnen. In der That, schon 
sehr bald hat er für seinen kaum achtjährigen Bruder Andreas 
im Hause Habsburg eine Braut gesucht: er jauchzt Rudolf ent- 
gegen, wie einem nea aufgehenden Gestirn; er weiss noch nicht 
einmal, ob Rudolf überhaupt eine verfügbare Tochter besitzt;^ er 
ist deshalb auch zufrieden, wenn eine Anverwandte Rudolfs 
seinem Bruder versprochen wird;*' daraus geht doch hervor, dass 



1. Rcgesta Bohemiae II 361 Nr. 884. 

2. — inter fiiiam vestram princij^alüer ai extat^ aut filii vestri etc. 

3. Palacky üeber FormeJbücher 319 Nr. 112. Weniger gut bei Gerbert 
Cod. ep. Rud. 150 Anni. Bodniann Cod. cp. Rudolfi 49 Nr. 47. Bauragarten- 
berger F'ornielbucb 305 Nr. 8. Redlich hat in den Mitteilungen des Ost. In- 
stituts X 389 ff. den Beginn dor östrcichisch-unfrarisohen Beziehungen in den 
Winter 1274 verlegt. Dagegen hat H. Otto Die Beziehungen Rudolfs von 
flabsburg zu Papst Gregor X. S. 40 ff. ihn einer früheren Zeit zugewiesen. 
Durch diese Darlegung ist Redlich überzeugt worden, vgl. Mitteilungen aus 
dem vatikanischen Archiv II 18, wo er auch einen von ihm zuerst veröffent- 
lichten Brief Rudolfs an den ungarischen Oberschatzincistcr Joachim Pectari 
aus den ersten Monaten dc»8 Jahres 1274 datiert. Darin redet Rudolf von 
mehreren Gesandtschaften, die er schon damals ans Ungarn empfangen habe. 
Dennoch meint Redlich, erst im Winter 1274 habe König LadisLius an Rudolf 
geschrieben: cum in aublimüate vestri nominis tattquam in ortu nooi syderis ex 
intimis gratulemur , und noch im Winter 1274 seiner über die Familienverhält- 
nisse Rudolfs nicht unterrichtet gewesen: super matrimonio contrahendo inter 
filiani vestram principaliterj si extat, aut fdii veatri vel flliae seu sororis fiiiam 
etc. Darin kann ich Redlich unmöglich folgen. Aber er macht für seine An- 
schauung einen besonderen Grund geltend. Die Vermählung Albrechts, des 
Erstgeborenen Rudolfs, mit Elisabet von Tirol ist nach unserer Korrespondenz 
vollzogen, sie „hatte aber erst am 19. November 1274 stattgefunden". In einer 
Fortsetzung der sächsischen Weltchronik heisst es von Rudolf, der am 18. No- 
vember 1274 zu Nürnberg einen Hoftng eröffnet hatte: des anderen tayes dar- 
nctch OS ?f4ir in der ivormlage mit den fursten. Da quam ouch sines sotws wip, 
des graven tochter von Tirol, zu hus. M. G. Dtsche. Chr. 11 287. Zu hus 
l'oinmen erklärt Redlich, mit dem Verfasser des Glossars, durch , heiraten". 
So haben im 15. Jahrhundert Burchard Zink ~ Chroniken d. dtsch. Städte 
V 129 — und wie K, Weinliold mir mitteilt, der Verfasser eines Fastnachts- 
spieles — Keller Fastnachtsspiele 884, 19 — allerdings den Ausdruck ge- 
braucht; aber für frühere Zeiten fehlen die Belege. Umso sicherer lässt sich 
behaupten, däss ze huse kotnmen im UJ. Jahrhundert unter anderem auch be- 
deutete: zu Besuch oder als Gast in das Haus Jemandes kommen. So z. B. 
jiacji JilitteiluDg eines meiner Zuhörer, des Dr, Kern, Nib. (Lachmann) 157ö,*2. 



— B:i2 — 

Rudolf erst eben zum Thronen gelangt ist. Zugleich beauftragt 
Ladislaus den Grafen Meinhard von Tyrol, in der Verlobungs- 
angelegenheit als Sachwalter zu handeln.^ In beiden Briefen 
nimmt er die Sendung eines besonderen Boten in Aussicht, wie 
es doch scheint, eines Laien. ''^ Ob derselbe in der That entsandt 
worden ist? Nichts steht der Annahme entgegen, und an sich 
ist wahrscheinlich, dass nicht gleich die erste Verhandlung zum 
Ziele führte.* Jedenfalls war der ungarische Bote, vor welchem 
die Verlobung zu Stande kam, ein Geistlicher, der Scholaster 
von Fünfkirchen.* Ladislaus, über Rudolfs Familienverhält- 
nisse unterrichtet, hatte um eine Tochter oder Nichte gebeten. 



1580,4. 1588,2. 1590,4. Dass der Chronist dassell)o sagen wollte, dass er 
keinenfnlls an eine Hochzeit dachte, zeigt doch auch ain wip: Elisabet war 
schon Alhrechts Gemahlin. Damit fUlIt Redlichs Ciironologie in sich zusammen. 

1. Gerbort 1. c. 149 Anm. Bodmann 1. c. 47 Nr. 46. Baumgartenberger 
Formelbucb 303 Nr. 7. Auch hier: eiusdem Rom. regia, iti extat, filia. Neben- 
bei bemerkt, kann aus den inneren Streitigkeiten Ungarns, von denen die 
Rede ist, für die Abfussungszeit Nichts geschlossen werden, denn 1273, 1274 
and wieder 1275 kamen Empörungen zum Ausbruch. Huber im Archiv für 
öst. Gesch. LXV 194—197. 

2. — nohilem virum, magistrum N. familiärem et fidelem nostrutn. Der 
Titel „Magister'' entscheidet nicht für den geistlichen Stand; „nobilis^' und 
„fidelis** sind Epitheta der Laien. Zu „Magister^' kann man nach ungarischem 
Sprachgebrauch „dapiferorum*^ oder „tavernicorum'' hinzudenken. Tn letzterem 
Falle wäre Joachim Pectari selbst, von dem wir hören werden, dass er eifrigst 
die Verlobung betrieb, der Bote gewesen. Redlich Mitteilungen des öst. In- 
stituts X 391 Anni. 1 folgt der Lesart Palackys magistrum A. und deutet die 
Siglo auf den Oberschatzmeister Aogidius. Der gelangte aber erst im Herbst 
1274 zu seiner Würde, und wie ich zeigte, ist der Brief früher geschrieben: 
auch würde nmn nach damaliger Schreibweise K,, nicht A. erwarten dürfen, 
wenn Aegidius gemeint wäre. Die Sigle A. bei Pulacky ist ebenso willkürlich, 
wie in den anderen Texten N. 

3. Dazu stimmt auch, dass in einem Glückwunschschreiben bei Bodmann 
1. c. 28 Nr. 24 von der Verlobung geredet wird, als von sperata diutius unione. 
Dann hat der Papst, welcher damals allerdings in Lyon weilte, dem Plane 
zugestimmt. So nach dem S. 333 Anni. 1 anzuführenden Schreiben, aber 
auch nach unserer Gratulation. Wenn es hier heisst, dass alle Gegensätze 
advenms Rovftani culminis unum caput se elevant et extoUunt, so sieht man 
wohl, dass der deutsch -böhmische Krieg in Sicht, aber noch nicht ausgebrochen 
war. Der Schreiber meint, die Verlobung würde jede Bewegung im Keime er- 
sticken. 

4. Palacky 1. c. 319 Nr. 118. Leider unvollständig. 



— 333 — 

Rudolf aber willfahrte gern, er gab zur Antwort/ dass er nicht 
aus seiner weiteren Verwandtschaft ausgewählt, sondern dem 
Bruder des Königs die eigene Tochter bestimmt habe, die de- 
mentia; der Papst habe den Plan gutgeheissen, und die Ver- 
lobung sei schon vollzogen;'^ er schicke auch seinerseits Boten, 
denen der König ein gnädiges Ohr leihen möge in his, quae ne- 
gotium ipsum contingere dinoscuntur et quae alia quaems auxilii 
mutui et confoederationis alternae solatia spectant.^ Die letzteren 
Worte enthalten meines Wissens die erste Direktive für das 
spätere Bündnis. 

Nun aber erfolgte ein jäher Wechsel. Denn der eigentliche 
Urheber des Planes,^ der OberschatznKuster Joachim Pectari, 
erhob sich gegen Ladislaus; im Herbst 1274 wurde er gestürzt,"^ 
und die ungarische Politik, die Pectari offenbar in deutsch- 
freundUchem Sinne geleitet hatte, schlug die entgegengesetzte 
Richtung ein: sie näherte sich Böhmen: ein vorläufiges Ab- 
kommen wurde getroffen; Karl von Anjou sollte für Ungarn, 
Heinrich von Baiern für Böhmen vermitteln: auf einem Kon- 
gresse, MichaeU 1275, sollte der definitive Friede geschlossen 
werden; schon jetzt aber musste sich der Ungar verpflichten, 
ohne Böhmens Genehmigung keine Verwandtschaft mit Habsburg 
einzugehen, d. h. also den besprochenen Eheplan fallen zu 
lassen.^ Indes kam der Kongress nicht zu Stande, denn Jo- 
achim Pectari, im Sommer 1275 wieder zu Gnaden aufgenommen,^ 
wusste ihn zu vereiteln, überhaupt ist Joachim jetzt erst recht 



1. Bodmann 1. c. 69 Nr. 66. Dass dieser Brief die Antwort auf den 
vorhin angeführten ist, kann nicht zweifelhaft sein. Rudolf nennt den ungarischen 
Boten honorabilem rürum^ gibt ihm also die Titulatur eines niederen Geistlichen. 

2. — sponsalia tarn contructa spopondimus etc. — Vgl. S. 335 An in. 3. 

3. Von Ladislaus sagt Rudolf: peroptatia, ut — inter nos perpetui 
foederis unio et immarescihilis amicitiae palmites adolescant, 

4. Ich will hier doch bemerken, dass in Rudolfs Kompliment an Joachim 
— Mitteilungen aus dem vatik. Archive JI 18 — zu lesen ist ea que nostrum 
honorem respiciunt te zelare certissimis argumentis cognovimtis, nicht aber te 
[non] celari certiss-imis etc, 

5. Vgl. Huber im Archiv für öst. Gesch. LXV 196. 

6. Voigt ürkundl. Formelbuch des Hen. Ttal. 38. üeber die Zeit ver- 
gleiche Huber Oest. Gesch. I 596 Anm. 2. 

7. Huber im Archiv a. a. O. 198. 



- 334 ~- 

die Seele der ungarischen Politik, die natürlich in die alten, dem 
Böhmen feindlichen Bahnen zurücklenkt.^ 

Freilich noch einmal schwankte das Verhältnis; die näheren 
Umstände entziehen sich unserer Kenntnis; genug, wir haben 
Briefe vom 22. April und 24. September 1276, wonach Ort und 
Zeit angesagt sind, dass der Friede zwischen Ungarn und 
Böhmen, der nach Ottokars Wunsch sich doch sicher gegen 
Habsburg richten sollte, neuerdings bekräftigt werde.'^ Aber 
auch diese Kongresse haben schwerlich stattgefunden, der erste 
nicht, weil dann der zweite doch überflüssig gewesen wäre, der 
zweite nicht, weil er offenbar durch die Ereignisse überholt 
wurde. Rudolf hatte seinen ersten Krieg gegen Böhmen be- 
gonnen, — und Ladislaus und Ottokar sind von einer Ver- 
ständigung weit entfernt. Unter den Gründen, die den Böh- 
menkönig bewogen haben sollen, den Kampf gegen Rudolf 
aufzugeben, wurde auch geltend gemacht, Ladislaus hätte dem 
Habsburger ein starkes Heer zuführen wollen.^ Rudolf selbst 
aber bestimmte, als er im November mit Böhmen Frieden 
machte, dass Ungarn eingeschlossen werde, bis völlige Freund- 
schaft zwischen Ladislaus und Ottokar hergestellt wäre, dass 
Böhmen indes alle entrissenen Burgen an Ungarn zu er- 
statten habe.'* Wie man sieht, waren die Beziehungen Ungarns 
zu Böhmen ebenso feindlich, als sie zu Habsburg freundlich 
waren. So blieb es auch ferner. Wir wissen, dass Ottokar 
sich nicht an jeden Artikel des Friedens band, auch nicht an 
denjenigen, welcher über die Burgen handelte; es kam zu neuen 
Reibereien, und als diese am 6. Mai 1277 beigelegt wurden,'^ 
Hess Rudolf die früheren Bestimmungen wiederholen. Danach 
muss doch zwischen ihm und Ladislaus vielfach verhandelt 
worden sein. Ja, man wird nicht zweifeln dürfen, dass noch 
vor Ausbruch oder bei Beginn des deutsch-böhmischen Krieges 

1. S. Ottokars Brief bei Dolliiicr Cod. ep. Primislai 35. 

2. Fej6r Cod. dipl. Hungariae Vb 312. 323. Den ersten Brief setzt 
Fej6r, allerding^s mit „1276", zu den Dokumenten des Jahres 1275. Man ver- 
gleiche deshalb Archivio stör. ital. 3 a serie, XXV 32. 405. 

3. Cont. Vindob. M. G. SS. IX 708. 

4. M. G. LL. II 408. 

5. M. G. LL. II 414. 416. 



- 335 - 

eine Vereinbarung getroffen sei, wenn auch nur mit nächster 
Beziehung auf die Besitzungen, die Ladislaus von Ottokar ver- 
langte; und dazu stimmt, dass Rudolf im Juli 1277 dem Ungarn 
verspricht, er wolle ihm halten universa et singula pacta, die er 
früher mit Rücksicht auf Böhmen übernommen habe. Der Aus- 
druck scheint den Friedensschlüssen vom November 1276 und 
Mai 1277, >velche einfach dem Ungarn die ihm von Ottokar ent- 
rissenen Burgen sichern, doch nur wenig zu entsprechen, sondern 
auf besondere Abmachungen zu zielen. Dabei kann es denn auch 
an Friedens- und Freundschaftsbeteuerungen nicht gefehlt haben, 
und in diesem Zusammenhange verweise ich auf ein Mandat, das 
Ladislaus Ende des Mai 1277 zu Gunsten der deutschen Kauf- 
leute ergehen lässt, cum pacem, unionem seit concordiam, quae inter 
nos et dominuw regem Romanorum, amicum nostrum, extitit ordinata 
seu statuta, ])et'petao et inviolahiliter velimus observare.^ Eine 
ähnliche Vergünstigung hat auch Rudolf, in unbekannter Zeit, 
den ungarischen Kaufleuten erteilt. Aber „Friede, Einigung 
und Eintracht'', welche danach hergestellt und festgesetzt sein 
sollen, waren wohl nur vorläufig oder bezogen sich blos auf ge- 
wisse Punkte, wie also auf die von Ottokar besetzten Burgen 
Ungarns. Denn erst Anfangs Juli 1277 brachten Boten, die 
Ladislaus nach Wien geschickt hatte, einen endgiltigen allge- 
meineren Bund zum Abschluss.^ Die ungarischen Diplomaten 
schwuren, dass ihr König den zu entsendenden Boten Rudolfs 
eine gleichlautende Urkunde ausstellen würde, wie die, welche 
sie jetzt in die Heimat mitnahmen. Besonders wurden über die 
Vermählung des immer noch sehr jugendlichen Prinzen mit 
Rudolfs Tochter neue Abmachungen getroffen. ^ 



1. Fejer 1. c. 388. 

2. M. G. LL. IT 417. Fejer 1. c. 388. 

3. Wenn O. Lorenz Deutsche Gesch. II 160 sagt, die Verlobung habe, 
„wie urkundlich sichergestellt ist, erst am J2. Juli 1277 stattgefunden", so 
muBS ich doch widersprechen. In dem Vertrage hoisst es: sponsalia contracta 
— matrimonio subsecuto die ad hoc per Ladislauuin — et per nos vel per 
intermedios — statuendo laudahiliter consummentur. Da ist also keineswegs 
gesagt, dass die Verlobung erst jetzt gefeiert worden sei. Das war längst ge- 
schehen, und zwar vor einem einzigen Boten, dem Scholaster von FOnfkirchen, 
welcher an der aus Mehreren bestehenden Gesandtschaft, die jetzt den Vertrag 
zu Stande brachte, gar keinen Anteil hatte. Vgl. S. 333 Anm. 2. 



- 336 — 

So ist denn lange Zeit hindurch zwischen Habsburg und 
Ungarn verhandelt worden, und die Worte unseres Briefes: die 
Vereinbarungen seien hinc inde per nostros consiliarios diversis 
temporibus inchoatae et tcmdem utrittsque nostrum patenühus literis 
approbatae, können doch auch recht gut auf die deutsch-ungarischen 
Beziehungen gedeutet werden, nur haben wir über die deutsch- 
sizilischen, denen sie freilich nicht minder gut entspj'echen, eine 
viel genauere Kunde. 

Es ist dann die Frage, ob auf einer Begegnung Rudolfs 
und Ladislaus' der Bund in angegebener Weise erweitert werden 
konnte. 

Anfangs November 1277 kamen beide Herrscher in Heimburg 
zusammen,* und auf dieses Ereignis ist denn auch der Brief, 
wie er bei Gerbert und Cenni vorliegt, immer bezogen worden. 
Man hatte sich im Juli 1277 gelobt: ut utrinqite auocilio, consilio 
et favore omnibus et per omnia nobis inmcem assistamiis, cum id 
tempuSj locus vel opportunitas vel necessitas vel utilitas nostri vel 
nostrorum exegerit. Es ist natürlich etwas Anderes, es geht über 
den angeführten Artikel hinaus, wenn auf d(T persönlichen Zu- 
sammenkunft, wie es bei Cenni und Gerbert heisst, ein gemein- 
samer Krieg gegen Böhmen in bestimmteste Aussicht genommen 
wurde. Erst recht wird der Bund erweitert durch die Ver- 
pflichtung, dass der Eine ohne den Anderen keinen Frieden 
schliessen wolle. So würde denn Gerberts und Cennis Text den 
deutsch-ungarischen Verhältnissen entsprechen. 

Noch bleibt die Vereinbarung über die streitigen Grenzen, 
die also auch ein Zusatz zu dem vorausgegangenen Vertrag sein 
soll. Leider wissen wir nicht, was bestimmt worden ist, denn 
der Text bricht mitten im Satze ab. Jedenfalls bestanden aber 
Grenzstreitigkeiten, und diese hatten im Juli -Vertrage auch 
Berücksichtigung gefunden. Es war da festgesetzt worden, 
dass die alten Grenzen erneuert werden sollten cei'tis ad 
hoc utrinque baronibus ^et fidelibits deputatis. Zur Zeit der Be- 
gegnung war nun zum Teile schon entschieden, sollte zum 
anderen Teile noch entschieden werden ;2 und das neue Ueberein- 

1. Cont. Vindob. I. c. 709. 

2. Rudolf seil reibt: de termims terrarum nostrorum legaliter distinguendis 
et distinctis. 



— 337 — 

kommen möchte bezweckt haben, die schon vollzogene oder noch 
bevorstehende Grenzregulierung zu sichern, würde also durchaus 
eine Ergänzung des früheren Vertrages gewesen sein. 

Die beiden Zusätze, wie sie nach Gerbert und Cenni auf 
der persönlichen Begegnung getroffen wären, stimmen nun aber 
gar nicht zu den Beziehungen zwischen Eudolf von Habsburg 
und Karl von Anjou. Beide sind zur Zeit der böhmischen Kriege 
von einer Verständigung noch weit entfernt, und dann haben wohl 
manche Differenzen die Herrscher von Deutschland und Sizilien 
getrennt, aber soweit ich sehe, doch keine Grenzstreitigkeiten. ^ 

Ich meine auch jetzt noch, dass alles vortrefflich inein- 
ander griff, solange man an Rudolf von Habsburg und Karl 
von Anjou denken durfte. Das gestattete die Fassung des 
Baumgartenbergers, lässt sich aber mit Gerberts und Cennis 
Text nicht vereinen. Und da ist nun zu beachten, dass sich der 
Schreiber des Codex, dem Cenni und Gerbert folgen, niemals 
solche Aenderungen erlaubt, Avie der Baumgartenberger. Dieser 
schweisste die zwei Briefe zu einem zusammen, jener hält sie 
getrennt: dieser hat im ersten den Plan Rudolfs, zunächst nach 
Mailand zu reisen, bei Seite gelassen, jener ihn beibehalten; und 
wenn hier im zweiten nicht von Ladislaus von Ungarn, als 
Bundesgenossen, dann nicht von Böhmen, als gemeinsamem 
Feinde, die Rede ist, wohl aber dort, so wissen wir jetzt, wie 
das Urteil zu lauten hat. Noch ein Wort über den König von 
Frankreich, der mit Rudolf nach dem Baumgartenberger zu- 
sammengekommen sein soll! Zweimal hat der Schreiber ihn statt 
des Königs von Sizilien genannt, 'hier hat er ihn an Stelle des 
Ungarn gesetzt: desselben Quiproquo hat er sich aber auch noch 
ein anderes Mal schuldig gemacht.^ 



1. Noch bemerke ich, dass zwischen dem Briefe, wie er bei Gerbert und 
Cenni vorliegt, und dem Vertrage, den Rudolf im Juli 1277 mit Ladislaus 
einging, eine wörtliche Uebereinstimmung besteht. Hiernach wollte Rudolf den 
Böhmen ermahnen, dem Ungarn genug zu thun de dampnis datis, iniuriis irro- 
gcUis; auf der Begegnung haben nun Rudolf und Ladislaus zu dem früheren 
Bande hinzugefügt, dass sie sich gegen Böhmen beistehen wollen super damnis 
datis et iniuriis irrogcUis. Man erkennt auch darin die innige Zusammen- 
ß^ehörigkeit der beiden Aktenstücke. 

2. S. 354 Nr. 5. 

Scheffer-Boicliorst, Zur Gesch. des XIT. n. XIII. Jahrhunderts. 22 



XX. 

Die Wahlausschreiben vom Jahre 1291. 



In den älteren Zeiten verlautet Nichts von einem Rechte 
des Pfalzgrafen, die Fürsten zur Wahl zu berufen.^ Otto von 
Freising hat vielmelir vernommen, dass es von Alters her dem Erz- 
bischof von Mainz zustehe, den Wahltag anzusagen ;2 und dem- 
gemäss findet sich dann auch kein Zeugnis, dass der Pfalzgrai 
eine Einladung erlassen habe. Zum ersten Male hören wir bei 
Gelegenheit der zweiten Wahl Ottos IV., d. h. zum Jahre 1208, 
mit dem Erzbischof von Mainz habe zugleich der Pfalzgraf die 
Fürsten aufgefordert, am 11. November in Frankfurt zu er- 
scheinen : 

Von Meynze byscoph Syghevrit 

und dher palanzgreve Heynrich 

boten eynen hob vil herlich 

von dhes riches halben zo Vrankenvort 

uf sente Martines tach — .^ 

Aber die Eeimchronik ist erst im letzten Viertel des 
13. Jahrhunderts geschrieben,* d. h. zu einer Zeit, in welcher 
die Ansicht, dass auch der Pfalzgraf zur Wahl berufen könne, 
schon mehrfach zum Ausdrucke gekommen war; und die Ver- 
mutung früherer Forscher,^ • der Dichter habe eine Rechtsan- 
schauung seiner Zeit auf den in Rede stehenden Vorgang über- 
tragen, ist umso weniger abzuweisen, als ein anderer Chronist 
die Berufung nur vom Erzbischof ausgehen lässt.® Somit kann 



1. üeber die verschiedenen Vorrechte des Pfalzgrafen: P. J. Merkel Lo. 
Wo. Ao. Pernice — pie ac sincere gratulatur. Halis 1861. Des ßerufungs- 
rechtes gedenkt er S. 4. 

2. Gesta Frid. I 17 ed. Waitz 24. 

3. Braunschw. Reimchronik M. G. D. Ch. II 539 Vers 6388 ff. 

4. Vgl. Weilands Vorrede S. 430. 431. 

5. Hädicke Kurfürstentum und Erzämter 9. O. Harnack Das Knrfürsten- 
koUegium bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts 84. 

6. Ohron. S. Petri Erford. M. G. SS. XXX 381. 






— 339 — 

man die Angabe des Eeimchronisten nicht verwerten, um das 
fragliche Recht des Pfalzgrafen schon für den Anfang des 
13. Jahrhunderts nachzuweisen. Für die nun zunächst folgenden 
Wahlen fehlen bezügliche Nachrichten. Erst zum Jahre 1256 
erhalten wir eine genaue Kunde. 

Es ist eine Zwiekur erfolgt. Die Partei Richards von 
Oornwallis hat den ausgeschriebenen Wahltag innegehalten; die 
Anhänger Alfons' von Kastilien haben geraume Zeit später ge- 
wählt. Da lag dem Gewählten derfErsteren Alles daran, das 
Vorgehen der Letzteren als unzulässig darzuthun. Zu diesem 
Zwecke niusste aber dem Wahltermin, den Alfons' Wähler ver- 
säumt hatten, eine dem Herkommen entsprechende Einladung 
vorausgegangen sein. Dass es daran nicht gefehlt habe, suchte 
Richard nun dem Papst zu beweisen. Leider kennen wir seine 
Ausführungen selbst nicht, sondern nur ein Resüm6 des Papstes. 
Dieser sagt: Ad archiepiscopum Maguntinum et comitem palatinum 
Beni vel ipsorum alterum, altero nequeunte vel forsitan non volente, 
pertinet ad eleetionem ipsam celebrandam dient prefigere ac ceteros 
eledores prindpes convocare.^ Danach sollte man glauben, der 
Pfalzgraf habe, statt des damals gefangenen Erzbischofs, zur 
Wahl berufen, und eben um sein Vorgehen zu rechtfertigen, sei 
die dem Papste vorgetragene Theorie erfunden worden ; denn man 
wird sagen dürfen: wenn der Mainzer berufen hätte, so würde 
er nur alter Uebung entsprochen haben; sein Verfahren hätte 
keiner Rechtfertigung bedurft. Nun sollen Richards Wähler 
später aber selbst erklärt haben, der Erzbischof von Mainz habe 
zum 13. Januar 1256 berufen.^ 

Der Erzbischof war es auch, der 1262^ und wieder 1273* 
das Wahlausschreiben erHess. Aber darum ist der einmal er- 
hobene Anspruch doch nicht vergessen worden. Bald nach 1275 
erklärt der Verfasser des Schwabenspiegels: die Versammlung 
zur Wahl sol gerieten der bischof von Magenze bi deni banne und 



1. Const. et acta II 525. In Hinsicht der Komposition des Briefes kann 
ich mich der Meinung Weilands ]. c. 522 anschliessen. 

2. Const. et acta II 500. 

3. Ep. saec. 13. ed. Rodenberg III 487. 

4. Sächsische Fortsetzung der sächsischen Weltchronik M. G. D. Ch. 

II 285. 

22* 



~ S40 - 

der phahgrave von dem Eine hi der aehte} So ist denn der An- 
spruch des Pfälzers jedenfalls in den Gebieten, die seiner Macht- 
sphäre näher lagen, zur Anerkennung gelangt. Aber falls die 
vorhin ausgesprochene Vermutung, der Reimchronist habe An- 
schauungen seiner Zeit auf die Wahl des Jahres 1208 tibertragen, 
das Richtige getroffen hat, dann war im letzten Viertel des 13. 
Jahrhunderts die Berechtigung des Pfalzgrafen auch mindestens 
in einem Teile von Norddeutschland anerkannt; denn der Dichter 
ist Braunschweiger. 

Der Reimchronist hat noch nach dem Tode Rudolfs an 
seinem Werke gearbeitet: er bestimmt noch die Dauer seiner 
Regierung. Aus der Zeit unmittelbar nach Rudolfs Tode haben 
wir nun das einzige Berufungsschreiben des Pfälzers und zugleich 
das erste des Mainzers. Beide stammen aus derselben üeber- 
lieferung, beide stehen und fallen mit einander und beide sind 
als unecht verworfen worden. Man hat sich dagegen gesträubt, 
dass die doppelte Berufung eine einfache Konsequenz der Lehre 
des Schwabenspieglers sei; man scheint vielmehr geglaubt zu 
haben, die Briefe seien erfunden, um der Theorie desselben eine 
neue Stütze zu verleihen. 

Die älteren Ausgaben der fraghchen Dokumente sind aber 
geradezu elend: wenn etwa sancta mater ecdesia statt des ein- 
fachen subtracto gesetzt ist, so mag man sich vorstellen, welche 
Anforderungen der gedruckte Text an die Divination der Benutzer 
erhebt. Glücklicher Weise bin ich in der Lage, dem Uebelstande 
abzuhelfen. Herr Kollege Four nie r hatte die Freundlichkeit, mir 
eine Kollation aus Cod. Prag. I. C. 24 fol. 334b und 335 a mit- 
zuteilen, und durch Vermittlung des Herrn Kollegen Mühlbacher 
erhielt ich vom Archivar des Klosters Ray gern, Pater Maurus 
Winter, auch eine Vergleichung des Cod. Ray gern. H. i. 1 fol. 
97 b bis 98 b. Beide Handschriften enthalten dieselbe Urkunden- 



1. Landrecht c. 130. Nach Rodenberg N. Archiv f. alt. deutsch. Greschichts- 
kunde X 178 soll der Brief des Papstes zu Grunde liegen. Das scheint mir nicht 
richtig zu sein. Die Selbständigkeit des Schwabenspieglers zeigt sich darin, 
dass er Nichts von der Zulässigkeit der Berufung nur durch Einen der Berech- 
tigten sagt, dass er den Erzbischof beim Banne, den Pfalzgrafen bei der Acht 
berufen lässt, dass er der Hinzuziehung auch anderer, beliebiger Fürsten ge- 
denkt. 



— 341 — 

Sammlung; beide gehören ins 15. Jahrhundert.^ Ich lege den 
ersteren Text = 1 zu Grunde, und da ich nur eine lesbarere, 
keine abschliessende Ausgabe veranstalten will, so beschränke 
ich mich auf Mitteilung der bemerkenswertesten Varianten des 
anderen = 2. 

L Erzhischof Gerhard von Mainz fordert den König Wenzel 
von Böhmen auf, am 2, Mai 1292 zur Königswahl in Frankfurt 

zu erscheinen, 

1291 November 7, Neuhaus. 
Magnifico principi domno Wenceslao«- regi Boemie, duci Cracovie 
et Sandomerie marchionique Moravie, Gerardus dei gratia sancte Mo- 
guntinensis^ ecclesie archiepiscopus, sacri imperii per Germaniam ar- 
chicancellarius, pafatam semper ad quelibet® ipsius beneplacita volun- 
tatem. Sancta mater ecclesia, spiritualium et temporalium bonorum 
possessionibus predita, duobus gladiis et. gladiorum nunistris*^ a diri- 
pientium manibus et sevientium in eam dentibus meruit defensari. 
Hi sunt censura ecclesiastica et materialis gladii penalis afflictio mutuis 
se amminiculis promoventes, sie ut quos timor gehenne ex inflicto spi- 
rituali vulnere a malis non revocat sensibus, atqui materialis gladii 
feritas corrigat et emendet. Cum igitur Bubtracto recolende memorie 
quondam domno RudoJöb ßomanorum rege, sicut domino pJacuit, ab 
hac luce, monarchia universalis ecclesiae huius materialis gladii peri- 
culose sit suffragio destituta, propter quod a diversis imperii finibus 
longe lateque diffusis, in quibus pulcritudo quietis et pacis amenitas 
ipso vivente® et regnante floruisse dinoscuntur, odiorum succensis 
ignibus, extra mundi terminos longius exularunt, expediens fore credi- 
mus, ymmo neccessariura arbitramur, quod principes Germanie, quos 
eadem mater ecclesia quasi germana caritate ab olim complectens eo 
ipsos dignitatis titulo decoravit, quod ipsi velut germen preelectum 
Germanie per ipsorum electionem illum, qui frena Romani tenet imperii, 
debeant germinare,^ tam ruinosis periculis, que de malo in deterius 

a. W. 1. b. Moguntine 2. c. quevis 2. d. misteriis 1. 

ministeriis 2. e. venieute 2. 



1. Vgl. Archiv für ältere deutsche Geschtchtskunde X 658. 

2. Zu den Worten: principes Germaniae — debeant germinare vgl. den 
Willebrief, den die Kurfürsten im Jahre 1279 in Sachen des Kirchenstaates 
ausstellen: Complectens ah olim sibi Bomana mater ecclesia quadam qua^i ger- 
mana charitate Germaniam, illam eo terrene dignitatis nomine decoravit — — 

— — plantaris in ea principes — ut velut germen electum per ipsorum 

electionem illum, qui frena Bomani teneret imperii, germinarent, Th einer Cod. 



— M2 — 

ex varatione imperii invalescere formidantur, fitudeant obviare. Hac 
itaque* oonsideratione inducti, matura deliberatione prehabita, ad elec- 
tionem futuri regis celebrandam, crastinum beatorum Philipp! et Jacobi 
apostolorum pro primo. secundo et tertio peremtorium terminum, et 
locum apud Fraiikenfurt, prout ad nos ex priiicipatus nostri officio, 
videlicet archicancellariatus prefati sacri imperii, spectare dinoscitur, 
presentibus assignamus, vobis terminum et locum predictos auctoritate 
presentium i)ihilominus intimantes. 

Datum apud Novam domum\ 7 idus Noverabris anno domini 1291. 

Cod. Prag. L C. 24 fol. 335 a. Cod. Raygern. H. i. 1 fol. 98 a 
bis 98 b. 

Ausgabe: 172Ü Sommersberg Siles. rer. Script. I 947. 

Böhmische Uebersetzung: 1541 (Hagec) Kronyka czeskä 262 b. ^ 

Deutsche Uebersetzung der böhmischen: 1596 Hagecii Böhmische 
Chronika 351b mit September 7.^ Danach 1(514 Goldast Polit. ßeichs- 
händel 2 und später Goldast Comment. de regnoBoheniiae ed.Schmincke II 
189. Lünig Reichsarchiv VI 233. 

IL Pfalzgraf Ludung bei Rhein fordert d&n König Wenzel 
von Böhmen auf am 30. April 1292 zur Königsivahl in Frankfurt 
zu erscheinen. 

1291 Dezember 7, Lngolstadt. 

Magnifico principi fratri suo carissimo domno Wenceslao,^ inclito 
regi Boemie, duci Cracovie et Sandomerie marchionique Moravie, Ludo- 

a. igitur 2. b. W. 1. 



dorn, temporal, s. sedis I 247. Danach hat entweder eine Abschrift des Wille- 
briefes, den die Kurfürsten insgesamt und zudem jeder für sich ausstellten, 
bei Abfassung unseres Schreibens vorgelegen oder beide gehen auf ein gemein- 
sames Schema zurück, üebrigens ist das Wortspiel ein in dieser Zeit öfter 
wiederkehrendes, z. B. in dem Briefe bei Heller Deutschland und Frankreich 
vom Ende des Interregnums bis zum Tode Rudolfs von Habsburg 156 und beim 
Matth. Neuenburg. ed. Studer 23. 

1. Neuhaus bei Scharfenstein. 

2. Auf diesen Druck, als auf eine schlagende Widerlegung der Anklage 
Böhmers, dass Goldast den Brief gefälscht habe, ist zuerst von Heymach hinge- 
wiesen worden, in der Strassburger Dissertation Gerhard von Eppenstein, Erz- 
bischof von Mainz 27 Anm. 1. Nur ist es irrig, dass der Brief in der ältesten 
Ausgabe S. 472 stehe. 

3. Erst hier, nicht schon in der böhmischen öebersetzung, findet sich der 
unrichtige Monat. Das zeigte mir einer meiner Zuhörer, M. Fried Iftnder. Da- 
nach fällt denn auch die Annahme Bussons in den Wiener Sitzungsb. CXIV 
15 Anm. 1. 



- 343 — 

vicus dei gratia comes palatinus Reni, dnx Bavarie, obsequiose dilec- 
tionis et fidei continuum* in cremen tum. Cum altero luminarium, quod 
ipse rerum summua opifex, ut temporalium curam agat, posuit in fir- 
mamento universalis ecclesie, propter mortem dive recordationis quon- 
dam domni nostri Rudolffi incliti Romanorum regis, prout domino pla- 
cuit, occidente ad inequalitatem omnimodam disposuerit^ status regni 
et quasi navis absque guberuatore acephalum fluctuet hinc et® inde, 
nee ultore aliquo aut vindice scelerum celeriter apparente audatia et 
temeritas delinquentium proclivius in faoinus prolabatur, et suis non 
contenta terminis effrenata cupiditas, que sua non sunt, exacta diligen- 
tia investiget, et in venandis huiusmodi ante facultas deficiat quam 
voluntas:^ ad ipsaip sanctam matrem ecclesiam luce novi sideris illu- 
strandam et consulendum bono statui dicti regni ac reprimendam perver- 
sorum malitiam necnon ipsum appetitum noxium regulandum, commu- 
nicato consilio fidelium iraperii, summe necessarium fore ac perutile 
arbitramur, ut principes, quibus ipsum imperium quasi quibusdam 
columpnis innititur et quibus de iure et consuetudine competit illud 
idem, in loco et termino competentibus in unum conveniant, prefato 
regno de persona ydonea provisuri. Et quia eandem vocationem a prin- 
cipatus nostri officio non est dubium dependere, pro electione futuri 
regis ad ipsum imperium promovendi locum Frankfurt et terminum 
proximam quartam feriam post festum beati^ Georgii proxime venturum 
pro primo, secundo et tertio peremptorium per has nostras literas vestre 
magnificentie assignamus ad procedendum nobiscum et aliis,® quorum 
iiiterest, in electionis negotio memorato. 

Datum in Ingolstat^ anno domini 1291 in crastino beati Nicolai. 

Cod. Prag. I. C. 24. fol. 334b. Cod. ßaygern. H. i. 1. fol. 
97 b— 98 a. 

Ausgaben: 1729 Sommersberg Siles. rer. Script. I 946. Danach 
1731 Lünig Cod. dipl. Germ. I 971. 

Böhmischer Auszug: 1541 (Hagec) Kronyka czeskd 263a. 

Deutsche Uebersetzung des böhmischen Auszugs: 1596 Hagecii 
Böhmische Chronica 352. Danach Goldast Comment. de regno Bohe- 
miae ed. Schmincke II 191. 

a. continuc 2. b. ob dissilaerit zu lesen? c. et fehlt 1. 

d. sancti2. e. aliorum 2. f. Ingothstath 2. 



1. Schon einen Monat nach Rudolfs Tode heisst es in einem Vertrage, den 
Ludwig mit dem Bischöfe von Worms schliesst: cum iam circum circa oriantur 
discordie et videantur undique bella fremere. Mon. Wittelsb. I 460. 



— 344 — 

Ich habe Ausgaben, Uebersetzungen und blosse Inhalts- 
wiedergaben so genau verzeichnet, weil die Zusammenstellung 
den Verdacht Böhmers,^ die Urkunden seien „Gold astisches 
Fabrikat", ohne weiteres entkräftet. Uebrigens hat Böhmer 
später selbst sein Verdikt zurückgenommen, wenigstens mit Rück- 
sicht auf das Schreiben des Pfalzgrafen; es geschah nach dem 
Zeugnisse Wattenbachs, „der das Original sah."^ Das ist indes 
ein Irrtum, denn Wattenbach sah — wie er selbst mir mitteilte, 
— nur die Abschriften,^ die auch meiner Ausgabe zu Grunde 
liegen. Doch beweisen diese ja auf jeden Fall, dass nicht der 
viel spätere Goldast die Urkunden gefälscht hat. 

Lange Zeit galten dann die Briefe für echt; so haben sich 
ihrer z. B. Lorenz* und Heymach* ohne Anstand bedient, haben 
Erben und Emier sie unbedenklich in ihre Regesten aufgenommen.^ 
ErstHarnack hat jüngst die Echtheit beider Briefe wieder inFrage ge- 
stellt.' Nach seinen Beweisen, meint er, könne man „den Ver- 
dacht der Unechtheit nicht ablehnen;" und gleich darauf redet 
er frischweg von Fälschung; ja er kennt sogar die Art und 
Weise, in welcher der sehr verschmitzte Betrüger das Machwerk 
zu Stande gebracht habe. Seine Deduktion aber ist nach meiner 
Meinung ganz unhaltbar: ich muss umso genauer darauf ein- 



1. Reg. imp. 1246—1313 p. 364 nr. 163. 167. Was mag übrigens den 
armen Goldast in einen so schlechten Ruf gebracht haben? 1744 nannte ihn 
Gebauer Leben Herrn Richards 424 den „ehrlichen Herrn Goldast", und 1846 
heisst er bei Böhmer Addit. secund. ad reg. imp. 1313—1347 S. 345 „der Erz- 
betrOger Goldast". Bewiesen ist keine der gegen ihn erhobenen Anklagen; wohl 
aber ist heute mehr als eine entkräftet. Vgl. meine Zusammenstellung in dem 
Buche Aus Dantes Verbannung 153 Anm. 1. 

2. Additament. secund. XXXIX. 

3. Vielleicht ist Böhmer durch Merkel De re publ. Alam. 113 irregeführt 
worden. Da heisst es, das 'Diplom vere authenticum esse a Wattenbachio meo, 
qui cartam vidit et agnovit, nuper edoctus sunt. 

4. Drei Bücher Geschichte und Politik 481. 

5. Gerhard v. Eppenstein a. a. 0. 

6. Regesta Bohemiae II 1197 Nr. 2736. 2738. Natürlich hat auch Böhmer 
selbst in den Witteisbach. Reg. S. 46 die Urkunde des Pfalzgrafen als echt 
aufgeführt. Trotzdem verweist Riezler Gesch. Baiems 11 161 Anm. 8 einfach 
auf Böhmers frühere Verdächtigung. 

7. Das Kurfürstenkollegium 267. 268. 



— 345 — 

gehen, als Harnacks Buch, eine Preisschrift, überall die wärmste 
Anerkennung gefunden hat. 

1. Beide Schreiben sollen nach einem gleichen Schema ge- 
macht sein: denn sie hätten „gemeinsam eine Arenga,^ welche 
den Berufungsschreiben sonst fehlt, und welche sich in grossem 
Wortschwall über das Verhältnis der geistlichen und der welt- 
lichen Gewalt äussert." Dagegen ist einzuwenden, dass von den 
drei unzweifelhaft echten Einladungsschreiben,'*^ die wir bis zur 
Goldenen Bulle besitzen, zwei eine Einleitung haben,' die man 
geradeso gut als Arenga bezeichnen kann, wie den" Anfang 
unserer Briefe. Dies zeugt also noch keineswegs für eine ver- 
dächtige Gleichheit des Schemas; und Harnack selbst sucht denn 
auch nach einem anderen Grunde: er findet ihn darin, dass „das 
pfälzische Schreiben der weltlichen Gewalt ein gleichgeordnetes, 
das mainzische ein untergeordnetes Verhältnis" zuschreibt. Leider 
ist mir diese Erkenntnis nicht aufgegangen; am wenigsten scheint 
mir der Umstand, dass der Pfalzgraf das Eeich „als eines der 
beiden Lichter am Himmel" bezeichnet, auf Gleichordnung zu 
deuten. Aber gesetzt, beide Briefe seien nach einem Schema 



1. Eigentlich sollte Harnack nicht Arenga sagen, denn als Einleitung 
dient in beiden Briefen nicht eine moralische oder biblische Sentenz, nicht eine 
Erwägung über die Pflichten der Schreibei oder den Wert ihrer Handlung, 
sondern eine Darlegung der historischen Verhältnisse, die eine Neuwahl erheischen. 
Das gilt denn auch von den Berufungen, die ich Anm. 3 zur Widerlegung 
anführe. 

2. Das vom 5. Juni 1314 haben wir in zwei Ausfertigungen, näralich an 
Trier bei Olenschlager Staatsgeschichte des 14. Jahrhunderts U.-B. 61, an Köln 
bei Kindlinger Sammlung merkw. ürk. 60 und Bodmann Cod. ep. Rud. 326. 
Dann folgt die Einladung vom 20. Mai 1346 an Köln bei Kindlinger a. a. 0. 65 
und Bodmann 1. c. 382, und die letzte vom 30. Dezember 1348 an Trier bei 
Würdtwein Sub. dipl. VI 253. Wenn Harnack a. a. 0. 68 Anm. 2 nach dem 
Regest bei Würth-Paquet in den Publ. de la sect. bist, de Tinstitut de Luxem- 
bourg XXn 7 noch ein Berufungsschreiben vom 14. Mai 1314 anführt, so hat er 
den hier vorliegenden Irrtum in der Auflösung des Datums nicht erkannt; in 
der That handelt es sich um die an Trier gerichtete Ausfertigung des Briefes 
vom 5. Juni 1314: in die Bonifacii martiris heisst eben „am 5. Juni", denn 
uns Deutschen war der Märtyrer Bonifaz natürlich der Erzbischof von Mainz; 
wohl nur die Italiener konnten an den römischen Märtyrer des gleichen Namens 
denken; dessen Fest nun fällt auf den 14. Mai. 

3. Nämlich die von 1346 und 1348. Vgl. dazu aber Anm. 1. 



— 346 — 

gemacht, — was kann weniger auffallen? Der Mainzer hatte am 
7. November geschrieben: seine Einladung war in demselben 
Tenor, der uns im Briefe an den Böhmen erhalten ist, natürlich 
auch an den Pfalzgrafen geschickt worden; und als dieser nun 
am 7. Dezember seine Berufung erliess, lag ihm ja die main- 
zische vor Augen. ^ 

2. Dass der Mainzer am 7. November von Neuhaus, der 
Pfälzer am Tage nach Nikolaus, d. h. am 7. Dezember, von 
Ingolstadt aus die Fürsten beruft, und überdies der Eine zum 
2. Mai, der Andere zum 30. April, '-^ — diese Verschiedenheit soll 
„mit der sonstigen Uebereinstimnuing der Urkunden unvereinbar" 
sein; sie zeige zugleich die Verschmitztheit des Fälschers, der 
offenbar nur deshalb so verfahren sei, „um den Gedanken einer 
schematischen Anfertigung dem Leser nicht aufkommen zu lassen." 
Das hält vielleicht Jemand für eine höchst geistreiche Konstruktion; 
einfacher aber ist folgende Erklärung: der Erzbischof und der 
Pfalzgraf waren schon zu Lebzeiten König Rudolfs über die 
Nachfolge verschiedener Ansicht; so blieb es auch nach dessen 
Tode, und daher erliess der Mainzer den Aufruf ohne den 
Pfälzer; als dieser die Einladung empfangen, fühlte er sich in 
seinem Rechte gekränkt und er berief nun auch seinerseits, 
immerhin nach dem Schema des erzbischöflichen Schreibens, die 
Fürsten zur Wahl. Das konnte natürhch nicht am 7. November 
und auch nicht von Neuhaus geschehen. Um dann der Eigen- 



1. Daber etwa die dreimalige Ladung, die beiden gemeinsam ist, daher 
etwa auch folgende UebereinstimmuDg; expediens fore credimus, ymmo necessa- 
rium arbürmnur, - - necessarium fore ac per utile arbitramur 

2. Böhmer hat das Datum falsch aufgelöst, und bis auf Harnack a. a. 0. 
267 Anm. 2 schrieben alle Späteren: 25. April. Hier hätte man sich einem Vor- 
gänger Böhmers anschliessen sollen, nämlich Palncky Geschichte von Böhmen 
IIa 338. Dagegen hat Palacky auf derselben Seite — wie ich doch bemerken 
will, — einen Irrtum begangen, der ihm vielfach nachgeschrieben worden ist, 
und zwar auch von solchen, die es besser wissen konnten. Denn die Urkunde 
Ottos von Brandenburg, die Palacky zur Wahl Adolfs gezogen hat, ist ein Ver- 
trag Ottos mit seinem Schwager, dem 1278 gefallenen König Ottokar. Das 
war aus Palackys Zitate nicht zu ersehen, wohl aber aus dem vollständigen 
Drucke der Urkunde, der seit 1863 in dem Formelbuch des Heinricas Italiens 
vorliegt, ed. Voigt p. 50. 



— 347 - 

mächtigkeit des Mainzers gegenüber sich in gleicher Selbständig- 
keit zu zeigen, berief er nicht zum 2. Mai, sondern zum 30. April. 
Damit gewann er zugleich zwei Tage Vorsprung, — eine Frist, 
die er mit seinen Freunden, wenn er überhaupt deren haben 
sollte, zu Beratungen recht gut verwerten konnte. Denn dass 
er vor dem 2. Mai wählen lassen wollte, ist im Ernst nicht an- 
zunehmen. So äussert sich in der Verschiedenheit von Ort und 
Zeit nur der ja auch anderweit so bekannte Gegensatz des 
Mainzers und Pfälzers, vielleicht auch ein wenig Politik des 
Letzteren, keineswegs aber die Verschmitztheit eines Fälschers. 

3. Die dreimalige Ladung soll verdächtig sein, „weil diese 
Form, so bekannt sie auch sonst dem deutschen Rechte ist, in 
den Wahlberufungsschreiben fehlt." Geradeso gut könnte man 
die Einladung vom 30. Dezember 1348 beanstanden, weil hierin 
der Erzbischof die Beglaubigung durch sein „grosses Siegel" an- 
kündigt, während doch sonst vom „grossen Siegel" keine Rede 
ist. Oder wo findet sich eine Analogie zu der am 20. Mai 1346 
ergangenen Berufung pro finali termino? Höchstens könnte man 
dieselbe in unserem pro primo, secundo et tertio erkennen. Es 
ist ja richtig, dass die anderen Schreiben eine gewisse Verwandt- 
schaft haben; aber dabei besteht doch auch eine bald mehr, bald 
minder grosse Verschiedenheit. Umso weniger kann man aus 
den Verschiedenheiten zwischen unserem und den übrigen Briefen 
ein Verdachtmoment herleiten, als es anderseits keineswegs an 
der wünschenswerten Verwandtschaft fehlt. Um nur ein Beispiel 
anzuführen: am 5. Juni 1314 schreibt der Erzbischof: crastinum 
diem beati Luce evangeliste — presentibus assignamus; quos diem 
et locum vobis tenore piresentium intimartius, und am 7. November 
1291: crastinum beatorum Philippi et Jacobi apostolorum — presen- 
tibtcs assignamus, vobis terminum et locum predictos auctoritate 
presentium nihilominus intimantes. 

4. Die unserem Schreiben fehlende Formel: si dies feriata 
non fuerit^ alioquin proxima die sequenti no7i feriata soll „sonst 
meist hinzugefügt" sein. Aber weder diese, noch eine irgendwie 
ähnliche findet sich in den Schreiben vom 5. Juni 1314, vom 
20. Mai 1346, vom 30. Dezember 1348, d. h. sie findet sich in 
keiner, der Goldenen Bulle vorausgehenden Wahlberufung; sie 



— 348 — 

fehlt aber auch dem Formular für die Litera intimationis, 
welches die Goldene Bulle selbst darbietet!^ 

5. Für ein Berufungsrecht des Pfalzgrafen sollen keinerlei 
sichere Beweise vorliegen. Ich denke, die angeführten Zeugnisse 
des Papstes, des Schwabenspieglers, des Reimchronisten könnten 
gerade genügen.^ 



1. Meines Wissens findet sich die Formel nur in Schriftstücken, wodurch 
Erzbischof Gerhard 1298 den König und die Fürsten beruft oder worin er seiner 
Berufung gedenkt. Der Wortlaut ist aber durchweg derselbe, so dass das eino 
das andere wiederholt. 1. Berufung des Königs, Archiv für Kunde öst. Ge- 
schichtsq. 11 229; 2. der Fürsten, Mitteilungen des öst. Instituts II 255 ; 3. der 
über die Berufung handelnde Bericht in der Akte, die Adolfs Absetzung aus- 
spricht, Kopp Gesch. d. eidgen. Bünde 1 907. Nr. 1 und 2 sind uns aus dem 
Formelbuche König Albrechts, Nr. 3 aus dem eines seiner Notare erhalten, vgl. 
Anzeiger f. Schweiz. Gesch. 1886 S. 110—112. Also aus Albrechts Kanzlei oder 
Archiv stammen alle drei Schriftstücke. Da ich nun nicht glauben kann, dass 
man jemals eine Berufung erlassen habe ^auf diesen oder jenen Tag, falls er 
ein Festtag ist: auf den folgenden", so möchte ich annehmen, dass uns nur Ent- 
würfe vorliegen. Ein Kalender war gerade nicht zur Hand, als der Erzbischof, 
sei es persönlich, sei es durch Gesandte sich mit Albrecht über den Wortlaut 
der Berufung und der geplanten Absetzung verständigte. Man fügte den Tag 
hinzu, jedoch mit der angeführten Klausel als Direktive für die Eeinschrift. 
Ein Exemplar erhielt der Erzbischof, das andere Albrecht, für den es eine Ga- 
rantie war, dass nach seinem Willen verfahren werde. Dabei nahm man auch 
gleich auf eine weitere Hinausschiebung des Termins Rücksicht. Das bedeutet 
doch in Nr. 1 und 2 in termino supradicto et eius continuatione, vgl. Nr. 3 
termino predicto usque in vigiliam b. Johannis baptistae continuato. Aber ich 
wollte nur eine Vermutung vortragen. Für meine nächsten Zwecke ist es ganz 
gleichgültig, ob sie das Richtige trifft oder nicht. 

Um Missverständnissen vorzubeugen, muss ich hinzufügen, dass von Nr. 2 
nur ein dürftiges Bruchstück vorliegt; doch hat es insofern einen Wert, als 
man danach die üebereinstimmung des Ganzen mit Nr. 1 nicht bezweifeln kann. 
Wenn Harnack in Histor. Aufsätzen dem Andenken an G. Waitz gewidmet 371 
Anm. 1 behauptet, Nr. 2 sei im Extrakt bei Palacky Ueber Formelbücher 1 235 
zu finden, so irrte er. Palacky gab einen Auszug von Nr. 1. 

2. Vielleicht führt Jemand noch den von Harnack a. a. O. 68 aufgestellten 
Grundsatz, dass der ausgeschriebene Wahltermin vorher von allen Kurfürsten 
bestimmt worden sei, gegen die Echtheit der Urkunden an; denn von einer vor- 
ausgegangenen Verständigung mit den Kollegen ist hier keine Rede. Wenn 
der Pfalzgraf sagt, communicato consilio fidelium imperii halte er die Berufung 
der Kurfürsten für zweckmässig, so ist damit gewiss keine, durch die Wähler 
geschehene Festsetzung des Termins behauptet; und da die Worte des Erz- 
bischofs, matura ddibtratione prehabita berufe er zum 2. Mai, eines Zusatzes 



j 



— 349 — 

Nach Allem glaube ich wohl behaupten zu dürfen, dass 
Harnack ein allzu rasches, wenig begründetes Verdikt ausge- 
sprochen hat/ Für Fälschung hat er aber auch nicht einen 
einzigen Grund von Bedeutung erbracht; und schon danach 
könnte man die Briefe anstandlos verwerten. Doch sehen wir 
zu, ob nicht noch ganz besondere Gründe für die Echtheit 
sprechen ! 

Die äussere Beglaubigung der Briefe ist allerdings nicht 
so gut, wie Harnack gemeint hat: im Original sind sie uns 
nicht erhalten. Aber es wäre um unsere Forschung doch nicht 
eben übel bestellt, wenn jedes Aktenstück in einer gleich unver- 
dächtigen Weise uns überliefert wäre. Es findet sich nämlich in 
einer Sammlung von 38 Urkunden,'^ die für Böhmens staatsrecht- 
liche Verhältnisse von höchster Wichtigkeit sind; die letzte der- 
selben gehört in die Zeit Karls IV.; und wenn nun auch unsere 
Handschriften erst im 15. Jahrhundert entstanden sind, — sie 
gehen doch auf eine ältere Vorlage zurück. Denn da der 
Sammler keine chronologische Ordnung innegehalten hat, so ist 
seine Arbeit auch nicht etwa unterbrochen worden, da er bis zu 
Karl IV. gelangt war, sondern sein Material reichte eben nur 
bis dahin; wie aber der Inhalt seiner Sammlung zeigt, schöpfte 
er aus dem königlich böhmischen Archive, und dieses würde im 
15. Jahrhundert noch gar manches schätzbare Stück geboten 
haben. Wie gesagt, die Quelle war das böhmische Archiv, und 
was die Hauptsache ist: soweit ich sehe, enthält die ganze 
Sammlung auch nicht eine Urkunde, die bisher mit Grund ver- 
dächtigt worden wäre. 



wie etwa cum coelectoribtis nostris entbehren, so hat der Mainzer j^eradeso gut 
wie der Pfälzer das Harnacksche Gesetz übertreten. Jedoch wie oft auch die 
Kurfürsten den Wahltermin vorgeschrieben haben, — ich füge zu Harnacks Bei- 
spielen gern noch Mon. Wittelsb. I 168 hinzu — es darf doch in diesem Falle 
wieder einmal daran erinnert werden, dass jede Regel ihre Ausnahme hat. Man 
vergleiche nur die Briefe von 1346 und 1348, welche Harnack a. a. 0. 68 Anm. 
3 allerdings zur Bestätigung seiner Ansicht zitiert. 

1. Nicht schwerer wiegen die Gründe, mit welchen Harnack in der ersten 
Beilage S. 259 ein anderes Schriftstück als unecht verwirft; die selbstver- 
ständliche Ergänzung eines ausgefallenen Satzteiles bringt alles in Ordnung. 

2. Vgl. Wattenbachs Beschreibung im Archiv f. alt. dtsche.. Geschichts- 
kunde X 658. 



— 350 — 

In Hinsicht gerade auf unsere Urkunden erinnere ich dann 
noch einmal an das schon hervorgehobene Moment: zu der sich 
überall lindenden Verschiedenheit mit anderen Berufungsschreiben 
kommt die ebenso ständige Verwandtschaft hinzu. Die Titulaturen 
aber entsprechen ganz den Zeitverhältnissen: der Erzbischof be- 
zieht sich auf sein Erzkanzleramt, und vom Erzschenkenamt des 
Böhmen oder dem Erztruchsessenamt des Pfälzers ist keine Rede. 
So aber war der Stil des IB. Jahrhunderts, dass regelmässig nur 
der Mainzer und Kölner in ihren Titeln auf das Erzamt Bezug 
nahmen;^ erst im 14. Jahrhundert folgen alle Kurfürsten ihrem 



1. Vgl. Hädicke a. a. O. 88. Den Beweis liefern etwa die Willebriefe, 
welche über eine und dieselbe Angelegenheit Köln 1282, Mainz 1283, Pfalz 
und Sachsen und Böhmen 1285, Brandenburg 1297, Trier 1298 ausstellen. 
Gerbert Crypta Sanblas. 116 ff. üeber eine andere Sache: Köln, Pfalz, 
Trier und Mainz 1282. Schütz Corp. diploni. IV 126—127, Sachsen und 
Brandenburg 1292 Mon. Zoll. II 214 vgl. Schütz 1. c. 125. In diesen und 
vielen Urkunden führen nur Mainz und Köln den Titel ihres Erzamtes; und 
selbst dann noch, als auch Trier schon nach einem Erzamte sich nannte, 
d. h. seit 1308, geschieht es noch nicht von Seiten der weltlichen Kurfürsten. Vgl. M. 
G. LL. II 490. Die Ausnahmen sind nicht häufig, so 1291 April 13 Böhmen bei 
Lünig R. A. VIII 5; 1281 September 15 und 1291 November 29 Sachsen bei 
Ficker Ueberreste des Reichsarchivs 34 und Riedel Cod. dipl. Brandenb. B 
I 199. Die letztere Urkunde hat Hädicke a. a, 0. 98 Anm. 2 eben wegen 
des Titels verdächtigt; er übersah dabei den angeführten Druck, der dem Original 
entnommen ist; und als Kriterium der Unecht heit kann der Titel überhaupt 
nicht gelten. Aber eine seltene Erscheinung ist er im 13. Jahrhundert. Da- 
gegen wird es im zweiten Viertel des vierzehnten Jahrhunderts ganz allgemein, 
dass sämtliche Kurfürsten sich nach ihrem Erzamt nennen. 

Die Theorie hat merkwürdiger Weise den geradezu umgekehrten Weg 

eingeschlagen: sie betont sofort mit Energie, dass die Laienfürteten ein Erzamt 

besässen, schweigt aber zunächst von demjenigen der Erzbischöfe. So der 

Sachsensp. Ldrecht III § 57,2. Albert. Stad. M. G. SS. XVI 367 und die Verse, 

welche Roethe Die Gedichte Reinmars von Zweier 138 auf die Kachwahl von 

1252 bezogen hat. Später redete ein in Italien schreibender Autor auch vom 

Brzamte der geistlichen Kurfürsten: bekanntlich Martin. Oppav. M. G. SS. 

XXII 466. 

Maguntinensis, Treverensis, Coloniensis, 

Quilibet imperii fit cancellarius horum; 

Et palatinus dapifer, dux portitor eusis, 

Marchio praepositus camere, pincerna Boemus. ^ 

Hi statuunt dominum cunctis per secula summ um. , 

Aber wie man sieht, durchbricht der zweite Vers den Reim; ga^ in 

üebereinstimmung mit den früheren Zeugnissen werden auch obige Zeiler ^r- 



i 



— 351 — 

Beispiel. Endlich sei noch darauf hingewiesen, dass Ausstellungs- 
ort und -tag des Pfälzcr Schreibens, Ingolstadt 7. Dezember 1291, 
wenigstens insofern eine Bestätigung finden, als Ludwig im letzten 
Viertel des Jahres 1291 zu Ingolstadt mit den Grafen von 
Würtemberg und Anderen zusammengekommen ist. ^ Das einzige 
sichere Datum, das wir aus den Wochen um den 7. Dezember 
besitzen, ist vom 20. Dezember, an welchem Tage Ludwig sich 
zu Grünwald südlich von München aufliielt.- Jedenfalls war er 
zur Zeit in Baiern; und ein Fälscher würde den so nahe hegenden 
Irrtum, die Berufung von Seiten des Pfalzgrafen, der dabei eben 
sein pfalzgräfliches Recht ausüben sollte, aus einer pfälzischen 
Stadt zu datieren, in überraschend glückhcher Weise vermieden 
haben. Aehnlich verhält es sich mit dem Aufenthaltsorte des 
Mainzers: wir können ihn noch zweimal im Laufe des Jahres 
1291 in Neuhaus nachweisen,^ und er hat diese Burg, in welcher 



sprünglich Nichts vom Erzamto der geistlichen Forsten gemeldet haben. That- 
sächlich fehlt der zweite Vers denn auch in einer anderen Fassung M. G. SS. 
XX 329. Nur sind hier die Reime in den letzten Versen aufgehoben. Ob 
nun die durch Martin eingebürgerte Interpolation auch auf die deutsche An- 
schauung eingewirkt hat, vermag ich nicht zu sage». Jedenfalls der erste Schritt 
zur Annäherung ist von deutscher Seite selbständig geschehen; denn in der 
ältesten Fassung des Schwabenspiegels ist zunächst nur der Mainzer als Brz- 
kanzler bezeichnet; alsdann ist in einer Randbemerkung, wie die falsche Ein- 
reihung in der Freiburger Handschrift wahrscheinlich macht, das Erzkanzleramt 
von Köln und Trier ergänzt; erst die Ambrascr Handschrift bezeichnet den 
Abschluss der Entwicklung. Vgl. Ficker Wiener Sitzgsb. XXIII 232. 

1. Vgl. die Ausgaben, die das obere Vicedomamt zwischen dem 29. Sep- 
tember 1291 und dem 6. Januar 1292 gemacht hat, in dem Oberbayerischen 
Archiv XXVI 293. Uebrigens steht die Zusammenkunft unzweifelhaft in engster 
Beziehung mit anderen Bemühungen Ludwigs um die Thronkandidatur des 
Habsburgers: die angeführten Rechnungen geben darüber mancherlei Auskunft. 
Vielleicht wird man sagen dürfen, dass eben das Ergebnis des Jngolstädter 
Tages den Pfalzgrafen zu einem eigenen Wahlausschreiben ermutigte. Nun war 
Habsburgs alter Feind, der Graf von Würtemberg, mit Ludwig in Verbindung 
getreten; andere Schwaben befolgten die gleiche Politik; der ganze Süden, wie 
ich glaube, war für die Habsburgische Kandidatur. 

2. Oberb. Archiv a. a. 0. 

3. August 23. Wyss Hess. Ü.-B. I 405, — Oktober 5. Quden Cod. 
dipl. I 857. 



— 352 — 

er nur zu Anfang der 90 er Jahre verweilt/ also gerade zur Zeit 
bevorzugt und dann vernachlässigt.' 

So ist denn die Echtheit der Briefe nicht zu bezweifeln. 
Sie lehren uns nochmals den Gegensatz des Mainzers und Pfälzers 
kennen. Das Schreiben des Ersteren liefert ferner einen neuen 
Beleg, dass man in kurfürstlichen Kreisen die Kreirung der 
eigenen Würde auf die Kirche zurückführte,^ und das Schrift- 
stück des Letzteren ist nun auch vollgültiger Beweis für eine 
Ausübung des Pfälzer Berufungsrechtes. Dieses ist 1256, wie 
es scheint, zum ersten Male behauptet, wenn auch noch nicht 
geübt worden. Ein Papst hat den Grundsatz wiederholt; bald 
finden wir die Anschauung, dem Pfälzer stände die Berufung zu, 
in dem Rechtsbuch, dessen Verfasser ihm überhaupt so günstig 
gesinnt ist, im Schwabenspiegel, und später ist auch ein Nord- 
deutscher vom Berufungsrecht des Pfälzers überzeugt. Nun 
aber standen im Jahre 1291 Mainz und Pfalz einander gegenüber: 
der Erzbischof berief die Kurfürsten, ohne sich mit dem Pfalz- 
grafen verständigt zu haben: dieser ging nach Verlauf eines 
Monats ebenso eigenmächtig vor, wie sein Feind; ja um den 
Gegensatz recht scharf hervortreten zu lassen, setzte er den 
Termin um zwei Tage früher an. Es war sein Unglück, dass 
er mit seinem Kandidaten, dem Herzoge von Oesterreich, ganz 
allein stand, als man zur Wahl schritt. Mit umso grösserem 
Erfolge konnte der Erzbischof von Mainz die ün zuträglichkeit 
eines Berufungsrechtes zweier Personen geltend machen, und es 
wäre doch nicht wunderbar, wenn eben zu Prankfurt schon dem 
in der Wahl unterlegenen Pfälzer noch die weitere Niederlage 
zugefügt wäre, ihm das Berufungsrecht ganz abzuerkennen. 



1. Gerhard von Eppenstein, Erzbischof von Mainz 1289 — 1305, urkundet 
nach den reichhaltigen, noch ungedruckten Regesten, die sein Biograph Heymach 
sammelte, in Neuhaus: am 30. Juli und 28. August 1290, am 23. August, 
5. Oktober und 7. November 1291, am 7. Januar und 24. November 1293. 

2. Tm übrigen giebt das Itinerar Gerhards keinen Aufschluss: nach Mit- 
teilung Heymachs urkundet Gerhard am 23. August und 5. Oktober 1291 zu 
Neuhaus — vgl. S. 351 Anm. 3 — am 12. und 22. November an ungenannten 
Orten, — Baur Hess. Urk. I 142 und Böhmer Cod. dipl. Moenofr. 262. — am 
17. Februar in Walluf, — U. B. des hist. Vereins f. Nieder-Sachsen II 343. 

3. Vgl. oben S. 341 Anm. 2. 



— 353 — 

Man mag es wie eine Art von Triumph auffassen, dass der Erz- 
bischof demselben Böhmenkönig, den der Pfälzer zum 30. April 
beschieden hatte, gleich nach der Wahl schrieb, der Termin zum 
2. Mai, den er seinen Mitfürsten gesetzt habe, sei bis zum 5. 
verschoben worden, und am 5. hätten sie nun Adolf gewählt. 
Jedenfalls ist von einem Pfälzer Berufungsrechte nicht mehr die 
Rede. 



Scheffer-Boichorst, Zur Gesoh. des XU. u. XIII. Jahrhunderts. 23 



JJa der Druck bis hierher gelangt ist, mache ich die mich 
betrübende Wahrnehmung, dass dieses Werkchen, wodurch ich 
Strassburger Freunden meine treue Gesinnung beweisen wollte, 
nur einmal den Elsass berührt hat. Das Versäumte wenigstens 
in Etwas nachzuholen, will ich einen Beitrag zur Geschichte der 
Eeichsabtei Erstein hinzufügen. Freilich muss ich dabei, gegen 
den Titel des Buches, zunächst auf frühere Zeiten zurück- 
greifen; doch verweile ich schliesslich wieder bei meiner eigent- 
lichen Aufgabe. 

XXL 

Zur Geschichte der Reichsabtei Erstein. 



Den heutigen Elsässern ist es kaum noch bekannt, dass 
in Erstein Jahrhunderte hindurch eine Reichsäbtissin waltete, 
dass neben ihrem Kloster sich eine Pfalz erhob, dass der ganze 
Hof. oder ein einzelnes Mitglied der kaiserlichen Familie hier ver- 
weilte, ja dass hier wohl eine Reichsversammlung stattfand. Der 
beliebteste Reiseschriftsteller des Elsass hat dieser Bedeutung des 
alten Erstein mit keinem Worte gedacht: es scheint eben kein 
Rest einer Mauer, eines Turmes von der vergangenen Herr- 
lichkeit zu erzählen. Aber auch über den schriftlichen Zeug- 
nissen hat kein günstiger Stern gewaltet, denn das Archiv 
Ersteins ist bis auf geringe Bruchstücke zu Grunde gegangen. 
Wenigstens im Original hat sich meines Wissens nur eine einzige 
Kaiserurkunde erhalten. Von den übrigen Privilegien, welche das 
Kloster in den ersten Jahrhunderten seines Bestehens empfing, be- 
sitzen wir nur spätere Kopieen; doch finden sich unter diesen drei 
Stücke, die sich zu lange allgemeinerer Kenntnis entzogen haben : 
eine Papsturkunde von 850, eine kaiserliche Schenkung von 974 
und ein Dienstrecht unbestimmter Zeit.^ 



1. Ich erwähne hier des Werkes von Jos. Bernhard Histoire de Tabbaye 
et de la villc d'Erstcin. Rixheim 1883. Man kann dasselbe nicht loben, und 
offenbar ist es zu gut gemeint, als dass man es tadeln möchte. 



--. 355* — 

Das karolingische Haus' war in den Niederungen von Rhein 
und 111 reich begütert. In einer Formelsammlung lesen wir 
das Bruchstück einer Urkunde, wodurch Ludwig der Fromme 
seinem Sohn Lothar eine Herrenhufe und 60 abhängige Hufen, 
alle in der Gemarkung von Erstein liegend, zum Geschenke 
machte.^ Lothar aber überwies im Jahr 821, als er sich mit 
Irmgard von Tours vermählte, seiner jungen Gattin die Güter 
in Erstein zur Morgengabe. „Dieses erste Unterpfand der legi- 
timen Liebe und der ehelichen Verbindung", wie- Irmgard später 
dem Papste meldete, sollte ihr dann am Ende ihres Lebens die 
Mittel zur Gründung eines Nonnenklosters bieten. Lothar gab 
vom Seinigen das Dorf Gressweiler hinzu. Die Urkunde ist uns 
gerettet, leider nur in einer Kopie, welche wohl die Form einer 
wirklichen Urkunde wiedergiebt, diese aber doch keineswegs 
ersetzt, wie denn etwa alle Jahresdaten ausgefallen sind.^ Lothar 
redet von der Gründung als einer erst beabsichtigten. Im Jahre 
850 war sie vollzogen: eben hier giebt eine der von mir auf- 
gefundenen Urkunden einiges Licht. Papst Leo IV. berichtet, wie 
Irmgard zu ihm geschickt, um seine Genehmigung, aber auch 
um heilige Reliquien zu erwirken, wie er ihren Bitten willfahrt 
lind sie nun schleunigst den Bau und die Einrichtung des Klosters 
in Angriff genommen hätte. Dann habe die Kaiserin dem 
Bischöfe Joseph (von Ivrea), dem obersten Notar Hilduin und dem 
Priester Roland, die ihr Gemahl zum Papste entsandte, ihrer- 
seits den Auftrag mitgegeben, für ihre neue Gründung um eine 
päpstliche Bestätigung zu bitten. Am 28. Mai 850 erfolgte die- 
selbe. Dieser Hergang war uns bisher nur ganz mangelhaft 
bekannt, nämlich allein aus einem dürftigen Regest, das zudem 
die Einen ohne Daten,^ die Anderen mit verkehrten Daten* über- 
lieferten. Der folgende Druck der Urkunde führt uns nun weiter. 



1. Mahlbacher Reg. KaroL 709. 

2. Bezirksarchiv des Unter-Elsass G. 2729. Die Reproduktion gehört 
dem Ende des 11. Jahrhunderts an. Einer anderen Ueberlieferung folgte Gran - 
didicr, wenn er nicht Rekognition und Jahresdaten frei ergänzt und leichtere 
Fehler einfach berichtigt hat. Vgl. Mtihlbacher a. a. O. 1104. 

3. z. B. Jaffe Reg. ed. K. Nr. 2603 a. 

4. Bernhard 1. c. 82: du 13 avril 853, 36: du 4 des calendes de mai. 
Er kennt sie offenbar nur nach la chronique d'Erstein de Vavoue Bach. Mscr. 

23* 



^ 856 — 

er wird aber den Wunsch, das Original zu besitzen, vielleicht 
erst recht nahe legen. 

Ich wende mich zu den Zeiten der sächsischen Kaiser. 
Damals entfaltete sich Erstein zur höchsten Blüte. Das erste 
Mal können wir Otto den Grossen im März 952 zu Erstein nach- 
weisen;^ er hatte eben die Alpen überstiegen; ihm zur Seite 
stand die jugendliche Gemahlin,^ die er sich in Italien erkämpft 
hatte, die fortan noch öfter, mit und ohne den Gatten, in Erstein 
einkehrte: die Gründung der Kaiserin Irmgard erfreute sich der 
natürlichen Bevorzugung ihrer Nachfolgerinnen; gerade die 
Italienerin hat, wie wir sehen werden, in der Nähe Ersteins auch 
ein Gut besessen.* Dem ersten Aufenthalte folgen nun andere: 
953 Februar,* 965 Mai.'^ Im Jahre 965 ist auch Adelheid in 
Erstein nachzuweisen; im Jahre 953 gab Otto die Abtei seiner 
Schwiegermutter, der verwitweten Königin Bertha von Burgund;* 
durch ein Familienglied stand das Kloster nur um so enger mit 
dem Ottonischen Hause in Verbindung. Den zweiten Vertreter 
desselben finden wir gleich nach dem Tode des Vaters, 973, 
wieder in Erstein,' und eben dort begegnen wir ihm noch 975 
Dezember,* 976 Januar* und 979 Januar.*^ Wenigstens einmal 
hat auch Otto III. dort geweilt, 994 Dezember, mit ihm seine 
Grossmutter Adelheid. *^ 

So mannichfacher Besuch Ersteins verlangte eine eigene, 
eine geräumige Wohnung für die kaiserliche Familie. Und eine 



1. Am 10. und 12. März M. G. DD. I 228. 229. 

2. Sie war mit ihm aus Italien gekommen, und wenn die beiden Urkunden 
sie auch nicht als Fürbitterin nennen, so ist ihre Anwesenheit doch nicht zu 
bezweifeln. 

3. Dass auch der Adelheid ihr Heiratsgut besonders auf Besitzungen im 
Elsass angewiesen war, zeigt die Bestätigung Ottos IL, worin es an erster Stelle 
heisst : in Elesazia. M. Q. DD. II 123. 

4. Am 13. und 24. Februar ibid. I 243. 244. 

5. Am 6. und 12. Mai ibid. 399. 

6. Cont. Regin. ad an. 953 ed. Kurze p. 166. 

7. Vita Oudal. c. 28. M. G. SS. IV 415. 

8. Am 26. 27. 28. M. G. DD. II 135—140. 

9. Am 3. ibid. 141. 

10. Am 16. ibid. 205 — 207. 

11. Am 26. und 29. ibid. 571—574. 



— 357 — 

Pfalz können wir denn auch thatsächlich in Erstein nachweisen: 
am 13. Februar 953 erlässt Otto eine Urkunde in Herefistein 
palatio;^ und wiederum vom 6. Mai 965 datiert er Herestein 
pcUatio.^ Aber nicht blos die kaiserliche Familie fand da Platz, 
auch Reichsversammlungen sind in Erstein abgehalten worden. 
Am 24. Februar 953 urkundete Otto in loco Erenstein regali 
colloquio^ und 973 ging eine Augsburger Gesandtschaft zum 
regäle colloquium, das in Erstein stattfinden sollte.* 

Einmal waren auch Italiener in Erstein erschienen, sie 
kamen im Interesse eines von Adelheid gegründeten Klosters, 
und in Erstein gab Adelheid ihnen nun am 12. April 999 das 
gewünschte Diplom. ^ Ein anderes Mal, — in einer viel früheren 
Zeit, — war nach Erstein ein Schotte beschieden: Adelheid wollte 
vom Abt Kaddroe, der im Rufe gar grosser Heiligkeit stand, 
persönhch erbaut werden; sie liess ihn aus Metz kommen: was 
er in Erstein geleistet hat,^ ist in seiner Lebensbeschreibung 
verzeichnet. ' 



1. Ibid. I 244. 

2. Ibid. 399. Vgl. auch Anm. 5. 

8. Ibid. 245. S. Waitz Dtsch. V.-G. VI 425 Anm. 8, 2. Aufl.; aber 1119 ist 
zu streichen. Vgl. S. 360 Anm. 1. 

4. Vita Oudal. c. 28 M. G. SS. IV 415. 

5. Nach den älteren Drucken Heumann De re diplom. imperatricum 116 
bis 119: Actum infra castrum, qui dicitur Aatema ittdiciaria Alsasiense, Caatrum 
ist einfach die Pfalz; statt iudiciaria möchte man lesen: in ducatu, aber 
Muratori sagt, er habe die Urkunde selbst dem Original entnommen. 

6. Vita s. Eaddroae c. 34 M. G. SS. IV 484: in ripa BJ^eni fluminis Ne- 
heristeim. Mit dem Herausgeber kann ich den Ort nur für Erstein nehmen, 
schon wegen der Beziehungen, in denen Adelheid zu Erstein steht. An Nier- 
stein kann man nicht denken^ weil dort die Kaiserin aber auch kein einziges 
Mal nachzuweisen ist, es hat ihr ebensowenig wie ihrem Manne, Sohne und 
Enkel je zu längerem Verweilen gedient. Ein solches aber wird in unserem 
Berichte vorausgesetzt. Noch bemerke ich, dass Kraus Kunst und Altert, in 
Elsass-Lotb. I 54 als Namensform für Erstein angiebt Neheristein saec. XL In 
der Urkunde Ottos II. für Erstein ist Nerestheim geschrieben. Tgl. S. 359 
Anm. 1. 

7. In Hinsicht der Zeit bemerke ich zunächst, dass Kaddroe auf dem 
Heimweg von Erstein starb. Nun hatten Wattenbach Deutschi. Gesch. Quell. I 
346 und Dttmmler im Neuen Archiv V 434 den Tod Kaddroes zu 968 gesetzt, 
wahrscheinlich doch aus keinem anderen Grunde, als weil die Zeitangabe dem 



— 868 — 

Wie man sieht, — der Sammler findet allerlei Notizchen, 
die uns den Ersteiner Hof ein wenig näher führen, die uns auf 
die damalige Bedeutung des Ortes zu schliessen gestatten. Aber 
sie stammen gleichsam aus der Fremde, nicht aus der eigenen 
Ueberlieferung Ersteins. Und sollten wirklich die Ottonen, welche 
doch offenbar so gern in Erstein weilten, den guten Nonnen, 
ihren Nachbarinnen, durch keine Schenkung eine Freundlich- 
keit erwiesen haben? Das hätte „kaiserlicher Munificenz" wenig 
entsprochen. 

Damit komme ich zur zweiten meiner Urkunden: sie be- 
antwortet die eben aufgeworfene Frage. Den 24. Mai 974, an 
welchem Tage er zu Merseburg weilte, schenkte Otto II. dem 
Kloster auf Bitten seiner Mutter Adelheid das Gut Ebersheim :^ 
die Nutzniesserin blieb aber Adelheid. Der Sinn ist wohl, dass 
Otto auf sein Erbrecht verzichtete: Ebersheim mag ein Bestand- 
teil von Adelheids Morgengabe gewesen sein, es wäre also ohne 
Ottos Schenkung später seinem Hause heimgefallen. Diesti Ur^ 
künde erweitert unsere Kenntnis der Geschichte Ersteins; sie ist 
zugleich auch ein erfreulicher Zuwachs zu der Sammlung 
Ottonischer Akten, für welche wir kaum noch auf viele derartige 

Chron. s. Clement. M. G. SS. XXIV 498 entspriiht; aber schon der. Heraus- 
geber hat die absolute Unzuverlässigkeit der in dieser Chronik enthaltenen 
Daten charakterisiert. Auch zum Jahre 968 setzt der Autor z. B. die Wahl 
Bonifacius' VII., die thatsächlich 974 erfolgte. Dass er den Tod Kaddroes gleich- 
falls unrichtig bestimmte, erhellt dann daraus, dass die Kaiserin, welche der 
Heilige ja eben erst verlassen haben soll, seit Herbst 966 in Italien weilte. 
Für die Zeitbestimmung ist zu beachten: 1. nach dem Biographen Kaddroes 
stand Adelheid im Begriffe, nach Italien su reisen, 2. wird sie bezeichnet als 
invicti Ottmis augtu/ti genitrix. Das heisst doch: nicht zu Lebzeiten ihres 
Mannej9, sondern während der Regierung Ottos U.; und damals nun hat Adel- 
heid, unmittelbar von Deutschland aus, nur 978 eine Reise nach Italien gemacht. 
Annal. Saxo M. G. SS. VI 627. Nebenbei bemerkt, hat J.. Benziger Das 
Leben der Kaiserin Adelheid 1888 in den seinem Werkchen angehängtien Re- 
gesten auf die besprochene Stelle keine Rücksicht genommen. S. jetzt auch 
ßackur Cluniacenser I 185 Anm. 1, Wattenbach Gq. 6 Aufl. 1 372 Anm. 1. 

1. Bernhard 1. c. 45 sagt, Adelheid habe dem Kloster geschenkt ^1a 
propri^tö, avec tous les droits, du vi Hage d*Eb erst ein. Laguille place cette 
Jocalitö dans le grand-duch6 de Bade". Bernhard möchte die Urkunde selbst 
wohl nie gesehen haben; S. 85 sagt er übrigens richtig „Ebersheim"; dabei 
beruft er sich auf eine Akte, wonach Ebersheim noch 1526 im Besitz des 
Klosters WAr. 



— 359 — 

Nachträge rechnen dürfen. Leider steht es mit der Ueber- 
lieferung des Diploms wie bei denen Lothars und Leos; am 
meisten gleicht es dem, nur doch manches Jahr früher geschriebenen 
Lothars, mit welchem es die äussere Forni einer originalen Kaiser- 
urkunde gemein hat^ 

Dem Beispiele der Ottonen folgt Heinrich IL, auch er weilt 
öfter in Erstein, und zwar meist mit seiner Gattin Kunigunde: 
im Mai und Juni 1006, ^ im September 1016,3 im Oktober 1023.* 
Von letzterem Besuche heimkehrend/ stattete er und Kunigunde 
dem Kloster gewissermassen ihren Dank ab: auf Bitten seiner 
Gremahlin schenkte Heinrich nämUch im November 1023 den 
Nonnen das Gut Kuenheim. Und das Original dieser Urkunde 
hat sich erhalten, es ist das einzige der älteren Kaiserurkunden 
für Erstein, das die Zeiten überdauert hat^ 

Mit den Tagen Heinrichs II. erblich der Glanz von Erstein, 
Der Besuch unserer Kaiser wurde nun eben so selten, als er 
früher häufig gewesen war. Für das weitere 11. und das ganze 
12. Jahrhundert haben wir nur zweimal die Anwesenheit des 
Hofes zu verzeichnen. Im Januar 1042 kam Heinrich III.' Er 
war damals Witwer, ein Jahr später heiratete er die Agnes 
von Poitou, und die Französin ist nun die letzte unserer 
Kaiserinnen, die in der Begünstigung Ersteins dem Beispiele der 
Irmgard, der Adelheid und Kunigunde folgte. Wir wissen nicht, 
ob es bei persönlicher Anwesenheit geschah; wir haben nur die 
Kunde, dass Agnes dem Kloster den im heutigen Würtemberg 
liegenden Hof Besigheim schenkte. Diese Kenntnis aber giebt 
uns ein Diplom, das wohl ein Jahrhundert später ausgestellt ist 



1 . Ich habe die Urkunde in der Zeitschrift für die Gesch. des Oberrheins 
N. F. IV 296 veröffentlicht, ich wiederhole sie hier nicht, da sie nun auch 
M. Q. DD. IT 883 gedruckt ist. 

2. St. 1423. 24. 

8. St. 1676 = 1835. Vgl. wegen des Ortes Hirsch-Bresslau Heinrich II. 
Bd. III S. 39 Anm. 2. 

4. St. 1814. 

5 Nach Bernhard 1. c. 48 hätte Heinrich auch 1005 und 1012 in Erstein 
geweilt; aber statt 1005 ist 1006 zu setzen, und 1012 weilte Heinrich in Nier- 
stein, nicht in Erstein. 

6. Aus Strassburg. Bezirksarchiv G. 2729 Stumpf Acta irap. Nr. 274 p. 384. 

7. St. 2224. 



— 360 — 

„Ein Jahrhundert später," und doch bietet es uns zugleich die 
nächste Notiz^ über Beziehungen unserer Kaiser zu dem immer 
einsamer gewordenen Kloster. Damals kehrte Friedrich I. in 
Erstein ein, und hier bestätigte er dem Markgrafen Her- 
mann von Baden jenen Hof, den einst die Kaiserin Agnes dem 
Kloster geschenkt hatte, den jetzt aber die Aebtissin mit der 
ganzen geistlichen und weltlichen Genossenschaft dem Markgrafen 
überlassen hat.*^ Die Urkunde trägt das Datum des 12. Juli 1153, 
und wie Friedrich bald nach seinem Regierungsantritt das so 
lange vernachlässigte Kloster besuchte, da könnte man ja glauben, 
dass er während seiner langen Regierung noch öfter in Erstein 
eingekehrt sei. Aber dem Anfange entsprach die Folge in keiner 
Weise. Das Interesse für Erstein, scheinbar einen Augenblick 
belebt, stumpft immer mehr ab; Heinrich VI. schon gab das 
Kloster dem lüsternen Bischof von Strassburg preis; und wenn 
die Schenkung auch keinen Bestand hatte, wenn Heinrich VI. 
selbst auch dem Kloster seine Unmittelbarkeit wieder zuerkannte, ^ 
— für das Reich oder den kaiserlichen Hof hat es die Bedeutung 
früherer Tage nie wiedergewonnen. 

Wir fragen nach dem Grunde der Erscheinung. Da wird 
man denn der persönlichen Stimmung unserer Kaiser gewiss volle 
Bedeutung einräumen müssen. Und wenn nun der eine Herrscher 
an dem Orte nicht mehr den Geschmack seiner Vorgänger fand, 
wenn darüber der kaiserlichen Pfalz und ihrer Umgebung nicht 
mehr die Pflege früherer Zeit gewidmet wurde^ wenn in Folge 
dessen Verfall eintrat, so konnte es den Nachfolger erst recht 
nicht hinziehen. Dann wird auch zu beachten sein, dass fast 
ganz Elsass gegen Heinrich IV. stand, dass er sich hier am 
wenigsten wohlfühlen konnte. Die Staufer aber hatten im Elsass 
ein weit ausgedehnteres Hausgut, als frühere Kaiser. Was sie 
im Elsass dem Reiche zubrachten, war unendlich viel mehr, als 
was das Reich ihnen hier bot. Um nur Eins anzuführen: wenn es 



1. Nach Waitz Dtsche. V.-G. VI 425 Anm. 6, 2. Aufl. hätte freilich 
Heinrich V. im Jahre 1119 einen Hof zu Erstein gehalten. Dagegen vergleiche 
man Qiesebrecht Kaiserzeit 5. Aufl. III 1232 Anm. zu 913. 

2. St. 3677. Die heutige Form des Ortsnamens nach Wirtemb. Ü.-B. 
II 76. 

3. Strassburg. U.-B. I 106. 



— 361 — 

auch in den Niederungen zwischen Ehein und 111 keineswegs an 
jagdbarem Wilde gefehlt hat, — der Hagenauer Forst gewährte 
dem Waidmann einen viel grösseren Spielraum, eine viel reichere 
Beute. Doch es bleibt daneben noch ein anderer Grund, der 
immerhin mitgewirkt haben kann, unsere späteren Kaiser von 
Erstein fern zu halten. Die Abtei selbst mag in Verfall geraten 
sein, und eine Nachbarschaft dieser Art wird nicht eben zum 
Verweilen eingeladen haben. Als Friedrich I. dem Markgrafen 
von Baden das Gut Besigheim verbrieft, hat es den Anschein, 
als ob das Kloster eine Schenkung vollzöge. Daran glaubt man 
nicht recht: Schenkungen einer geistlichen Korporation an einen 
weltlichen Herrn sind förmhch ein Unding; man argwöhnt, dass 
ein Geldgeschäft, wie Not es erheischte, unter dem edlen Namen 
des Geschenkes sich verberge. Ferner verweise ich nochmals 
auf jene Akte, durch welche Heinrich VI. dem Bischöfe von Strassburg 
das bis dahin reichsunmittelbare Kloster zu Eigen geben wollte. 
Ein blühendes Eeichsstift würde Heinrich VI. schwerlich geopfert 
haben. 

Das Unglück so mancher Kirche waren zur Zeit die Mini- 
sterialen. Diese Klasse von Menschen, welche ihrer eigensten 
Bedeutung nach die vornehmsten Beschützer der Klöster sein 
sollten, wurden ihre ärgsten Bedränger. Die Ueberlieferung des 
12. und 13. Jahrhunderts hallt von Klagen über sie wieder, und 
mehr als ein Kloster hat ihnen seinen Ruin zuzuschreiben. 
Sollte Erstein von ihrem Uebermut und ihrer Habsucht verschont 
geblieben sein? 

Die Beantwortung der Frage führt mich zur dritten meiner 
Urkunden. Auch sie ist nur in späterer Abschrift erhalten; und 
hier kommt noch ein anderer Mangel hinzu: wie sie ist, können 
wir sie für keine eng begrenzte Zeit in Anspruch nehmen. Doch 
glaube ich nicht zu irren, wenn ich sie noch dem 12., spätestens 
dem Anfange des 13. Jahrhunderts zuschreibe. 

Als um die Mitte des 12. Jahrhunderts die Ministerialen von 
Reichenau das Mass ihrer kriegerischen Dienstleistungen mög- 
lichst herabzudrücken, das Mass ihrer Forderungen aber mög- 
lichst hinaufzuschrauben suchten, da berief sich der Abt auf eine 
Urkunde, die Recht und Pflicht genau feststellte. Sie trug den 
ehrwürdigen Namen Karls des Grossen; in Wahrheit war sie 



— 362 ~ 

eben erst gefälscht worden.^ Der Vorgang fand nun sein Spiegel- 
bild in Erstein. Ein Erlass der derzeitigen Aebtissin wäre 
wirkungslos geblieben: aus vergilbtem Pergament musste Kaiserin 
Irmgard, die Stifterin des Klosters, zu den bösen Ministerialen 
reden. Dem schwächeren Geschlechte, sagt sie vorahnenden 
Geistes, sind die Ministerialen weniger gehorsam, und wie es bei 
dieser Sorte von Leuten zu geschehen pflegt, gehen sie zur 
Feindseligkeit über und massen sich Rechte an. Darum trifft 
sie Festsetzungen über die Pflicht der Ministerialen, Aebtissin 
und Nonnen auf ihren Reisen in würdiger Weise zu begleiten; 
wahrt der Aebtissin das ausschliessliche Richteramt über die 
Ministerialität; sichert ihr das Besthaupt aus der Hinterlassen- 
schaft eines belehnten Ministerialen; versperrt einem Zinsmanne 
den Eintritt in die Ministerialität, deren Zahl also nicht auf 
Kosten des Klosters wachsen soll; sorgt vor allem auch dafür, 
dass nicht die Ehen der Ersteiner Ministerialen mit auswärtigen 
Frauen dem Kloster üble Früchte eintragen, dass nicht das in 
seinem Machtbereiche liegende Eigengut der Ministerialen auf 
Angehörige eines fremden Territoriums übergehe, dass die aus- 
wärtige Frau nicht zum Genüsse der Lehen ihres Mannes ge- 
lange. Es sind Bestimmungen, wie sie zum Teile damals auch 
in anderen Klöstern des Elsass getroffen wurden. Ob sie in 
Erstein genutzt haben? Jedenfalls ist das Kloster noch nicht zu 
Grunde gegangen, eine Zeit kam, in welcher es sogar neue Er- 
werbungen machen konnte. Aber die Periode seines eigentlichen 
Glanzes gehörte doch für immer der Vergangenheit. 



Papst Leo IV. berichtet über Oründung und Ausstattung 
des Klosters Erstein j namentlich auch über die Reliquie?}, die er 
selbst dahin geschenkt hat, bestätigt seine Besitzuyigen und Rechte,^ 

850 April 38. 



1. S. oben S. 18. 19. 

2. Aus Spach Inventaire-sommaire des archives departementales, Bas-Rhin 
III 161 wusste ich, dass die Urkunde in Strassburg vorhanden sei; einer meiner 
Zuhörer, Herr Baron Fircks, hatte dann die Freundlichkeit, für mich Abschrift zu 
nehmeu. Eine deutsche Uebersetzung, die ein Autor des 15. Jahrhunderts veran- 
staltete, liegt in derselben Tüte. Wir liessen sie bei Seite, weil sie auf dem 
gleichen Texte beruht wie die nachfolgende Ausgabe. 



— S68 — 

f Leo episcopus, servus servonim dei*. Dilectissime atque aman- 
tissime filie domiie Irmengarde auguste et per vos^ veiierabili mona- 
sterio sancte dei genitricis Marie et saiicte virginis et martiris Cecilie, 
quod est situm in durratu Elisacensi^ in villa que vocatur Herestein, 
quod vos ipsa pro remedio anime vestre construere vise® estis, im- 
perpetuum. 

Credite speculacionis impellimur cura, amore*^ eciam Christiane 
religionis et studio divini cultus permovemur, pro venerabilium 
locorum percögitare stabilitate atque deo serviencium securitate, 
ut hoc proveniente pio labore et anime Christo dicate, que se 
illi diebus vite sue servituras decreverunt, perseverent inperturbate 
necnon illa raaneant finetenus iinnaque, que a christianis principibus 
in dei laudem contracta sunt. Et idcirco omnibus filiis ecclesie 
sancte et cuncto christiano populo® notum sit, quia gloriosissima et 
eminentissima atque a deo corohata Irmengarda imperatrix augusta, 
spiritälis iilia nostra, cogitans et intenta meditacione pertraetans, 
quod quanto excellencior inter homines esset, tanto opifici et exalta- 
tori suo gracias copiosiores reddere deberet, simul eciam instabilem 
presentis vite cursum crebra meditacione perpendens^, statuit atque 
decrevit, amore divino compuöcta, conseucienbe atque iubente suaque 
auctoritate confirmante christianissimo et a deo coronatog Lothario 
perpetüo augusto, spiritali iilio nostro, viro suo, tam ex rebus illis, 
quas imperiali manificencia^ consecuta est, quam et ex illis, quas 
undecunque iure adepta legitime, scilicet tam empcionibus et com- 
mutacionJbus, quam alio iusto et legitimo modo perceptis^ monaste- 
rium construere, in quo ancillarum cougregacio assidue divino nomini 
famulari et tam pro salute memorati filii nostri Lotharii imperatoris 
ipsiusque filie nostre, quam et pro statu tocius Christiane religionis 
indeainenter domino supplicare deberet. Ipsum autem monasterium 
statuit in provincia Elisacensi super fluvium qui Illa dicitur et in 
villa que Heristein nuncupatur, quam aliquando nomine dotis sol- 
lempni nupciarum more perceperat, auctore Christo construere, qua- 
tinus ibi pötissimum sue devocionis domino munus offerret, unde le- 

a. dei eleotis dileotissime. — electis ist wahracheinlich durch eine Art 
Ditographie entstanden. b. vos in. c. visa. d. In den gleich- 

lautenden Arengen heisst es ardore. e. cuncte Christian! populi.' f. per- 

perdens. g. conserv.ato. h. munificiencia. i. peremptis. 



1. Als Lothar L im Jahre 849 dem noch zu gründenden Kloster ein 
Geschenk machte, sprach er von der Grafschaft Elsass, Mühlbacher Reg. Karo]. 
1104; doch ist auch schon früher, z. B. 840 1. c. 1035, vom Herzogtum Elsass 
die Rede gewesen. 



— 864 — 

gitimi amoris et roatrimonialis copule federa prima sumpsisset; ac 
ne temeritate aliqua ad tantnm opus* impelli videretur, direxit ad 
nostram, id est beati Petri, apostolicam sedem, obsecrans, dari sibi 
licenciam idem ecclesie ediücandi monasterium, simul et pignora 
sanctonim, que in eius loci ecclesia condigno hoiiore reconderet. Nos 
autem piam eius et religiosam inten ciotiem libentissime cognoscentes 
atque ob hoc ipsum^ inmensas divine pietati gracias referentes, quia 
[domino] utique inspirante tantum in eius pectore cultus divini Studium 
exarsisse^ perpendebamus, direximus per fidissimos legatos ipsius, una- 
cum consensu et unanimitate Romane ecclesie, preciosissima sancto- 
rum pignora, scilicet Felicis et Adaucti, Secundiani, Marcelliani et 
Veriani et sancte Cecilie virginis ac martiris, obsecrantes et per di- 
vinum nomeu obtestantes, ut ea congruo loco et secundum competen- 
tem eorum meritis reverenciam honoremque reconderet. Quibus illa 
susceptis gaudens et in Christo tripudians monasterium ipsum*^ in 
iamdicta regione et villa ediiicare instanter cepit in honorem domini 
nostri Jesu Christi et sancte genitricis illius ac beatissimarum virgi- 
num et martirum Cecilie [et] Agathe, sed et prenominatorum Christi 
testium Felicis et Adaucti, ürbani, Secundiani, Marcelliani et Veriani 
et® beati Syxti pontificis et martyris,^ quorum ibi pignora preciosa 
recondidit, statuens atque disponens consenciente, utut supra premisi- 
mus, suaque auctoritate coniirmante et [iubentej gloriosissimo filio no- 
stro Lothario perpetuo^ augusto, [utj pro remedio et salute anime ip- 
sius ac sue et tocius imperialis prolis suis futurisque temporibus con- 
versent ibi sanctemoniales femiue pie et religiöse viventes seque in 
divinis laudibus et ymnis incessanter, quantum humana admittit in- 
firmitas, diebus ac noctibus exercentes proque salute ipsorum dom- 
norum et tocius christianitatis domini iugiter misericordiam implo- 
rantes. Unde, ut supra memoravimus, tam ipsam villam, nomine sibi 
dotis adtributam, quamque et alias res ac possessiones, diverse modo 
et legitime undecunque iure perceptas, eidem sanctissimo et deo in- 
dubitanter accepto loco mancipavit, scilicet ad reverenciam divini no- 
minis et honoAm sanctorum, quorum inibi memorias condidit, iugiter 
excolendum et ad sustentacionem sanctimonialium in eodem loco 
Christo famulancium, ut per succedencium curricula temporum abs- 
que indigencia in eodem monasterio consistere et debitas omnipotenti 
domino^valeant laudes^ipso^^opitulante persolvere. Ipsum porro mona- 

a- aggrediendum ist von einer zweiten Hand übergeschrieben worden. YgL 
S. 967 Anm. 1. b. ipsum ist von der ersten Hand übergeschrieben. c. exer- 

cni8se."^fDie Aenderung empfahl HerrTF.'Fehling. d. ipsum am Rand nach- 

getragen, e. et capud. f. prefato. 



1. Urban und Sixtus sind nicht „vorgenannt**. 



1 



— 365 — 

sterium, quod inspirante domino edificare et pervigili studio ad con- 
summacionem usque perducere statuit quodque rebus suis et posses- 
sionibus sufFulsit atque ditavit, nequaquam suis heredibus et proheredi- 
bus subiciendum esse decrevit vel alie cuicunque hominum persone, 
sed obtulit illud et reddidit domino et conditori suo, de cuius larga 
et omnipotenti manu cuncta susceperat, sanctisque martyribus, quo- 
rum inibi pignora preciosa collocaverat, prestituens et omnino decer- 
nens, ne quis mortalium in eodem monasterio vel rebus et posses- 
sionibus eius uUum sibi preiudicium aliquando vendicare et* proprio 
potestatis temerariam manum presumat exten dere vel quamlibet or- 
dinacionem statuere; sed sanctemoniales femine et ancille Christi in 
ipso monasterio degentes eligant sibi spiritalem matrem, que illas 
spiritaliter doceat et enutriat queque illis necessaria subministret. 
Cumque per etates et curricula temporum una vocante Christo deces- 
serit, per ipsarum electionem alia. que digna reperta fuerit, subro- 
getur, ita videlicet, ut prius ab eisdem ancillis Christi peracto unani- 
miter triduano ieiunio gracia diviue clemencie super eadem electione 
concorditer exquiratur, quatinus hoc modo Christo placentem sibique 
utilem et competentem valeant spiritalem^ matrem assumere; et 
quia° mortalem defensorem eidem loco neminem extrinsecus adiun- 
gere voluit, ideo conßilio saluberrimo statuit, ut si abbatissa eiusdem 
monasterii vel homines et res ipsius aliquorum, ut assolet interdum 
fieri, violenciis opprimaptur, mater spiritalis eius^^ loci ad sedem aposto- 
licam dirigat et ei, qui auctore deo pro tempore fuerit, summo ponti- 
fici necessitatis sue causas exponat, quatinus inde subsidium tempore 
necessitatis locus ipse percipiat, unde ecclesiastici cultum honoris per- 
ceptis sanctorum noscitur sumpsisse pignoribus; ipse autem, qui tunc 
temporis pontifex fuerit, ad imperatorem sive regem Trancorum le- 
gatos suos dirigens pro recuperando et conservando statu ipsius mona- 
sterii supplicet atque ad depellendam, undecunque illata fuerit, iniuriam 
sue auctoritatis exortacione et obtestacione illum, iuxta quod viderit 
expedire, compellat. Verum ut hec ipsa eiusdem spiritalis filie nostre 
devocio per futuras hominum generaciones et decurrencium volumina 
temporum diligencius® conservetur et inviolabilem apud homines legem 
obtineat, peciit pontificalem benivolenciam nostram per legatos glorio- 
sissimi et spiritalis filii nostri Lotharii semper augusti, loseph scilicet 
venerabilem episcopum et Hiltuvinum notarium summum sibique fami- 
liärem prespiterum suum Rolandum, ut super eius decreto et constitu- 
cione nostre auctoritatis scriptum pracmaticum fieri iuberemus, quatinus, 

a. ut. b. spiritalem ist von derselben Hand übergeschrieben, 

c. quem. d. ins. e. Ein vorausgehendes dilen ist durch Funkte getilgt. 



^ a6ß — 

quod eiuB studio et religiosa^ cura actenus promulgatum est, nostris 
in perpetuum decretis et sanctionibus roboretur. Cuius peticioni, quam 
deo^ et boiiis omnibus acceptabilem esse noii dubitamus,. libenter 
assensum tribuentes hoc decretum auctoritatis nostre üeri iussimus, 
per quod statuimos, sanccimus et inconvulso atque inviolabili iure 
decernimus omriesque® ecclesie Christi filios et uuiversam generalitatem 
divino uomini famulaucium obtestamur, ut ea, que circa euiidem saora- 
tissimum locum ab ipsa spiritali filia nöstra cum conseusu et unani- 
mitate excellentissimi filii nostri imperatoris Lotharii statuta sunt, atque 
firmata, ita^ in evum permaneaut et sie ab omnibus ecclesiasticis viris 
quam et secularibus conserventur, sicut ab ea inspirante divina gracia 
proposita et constituta esse noscuntur; nee ullus omnino imperatorumi 
sive regum, qui per decurrentes etatum suocessiones futuri sun,t, nuUus- 
que episcoporura aut quorumlibet ecclesiasticorum, sed, neqne poten- 
tum et optimatum aliquis vel cuiuscumque [inj ecclesiastico sive in 
seculari habitu ordinis et loci herum aliquid infringere, inmutare, usur- 
pare® et violare presumat, sed, ut premisimus, quicquid ipsa pro amore 
dei et domini nostri lesu Christi, sancte genitricis illius et beatissimo- 
rum martyrum proque studio cultus divini et statu loci ipsius ancilla- 
rumque dei inibi degencium vovit, statuit, decrevit atque perfecit vel 
que similiter deinceps erga eundem locum pereg^rit, stabile in perpe- 
tuum, iixura inviolatumque permaneat. Siquis autem aliquid horum 
ausu temerario violare, mutare et corrumpere presumpserit vel preiu- 
dicium sibi et indebitam potestatem in eodem loco contra hec, que 
memoravimus,. usurpare temptaverit, iram districti iudicis senciat, loco- 
rumque sacrorum violatoribus particeps fiät et iuxta exemplum Ozie 
regis, qui pontificalem sibi usurpare voluit dignitatem, percussionis 
eterne lepram incurrat ac, nisi cito resipiscere et loco- ispi suum hono- 
rem suamque liLertatem reddere maturaverit, proditoris lüde et eorum, 
qui in dominum manus impias deiecerunt, consors perpetuo anathemate 
coiidempnatus existat. 

Scriptum: per manum Teodori notarii, regionarii et scriniarii 
sancte Romane ecclesie, in mcnse Aprilis, indictione^ 13. — Bens 
valete. — [Datum] 4 kal. Mai per manum Tyberii primieerii sancte 
sedis apostolice imperante domino nostro piissimo perpetuo s augusto 
Lothario a deö coronato magno imperatore.^ 

a. religosa. b. quando. g. omnisque. d. ita ut. e. rtsnr- 

pare ist von derselben Hand übergeschrieben. f. in die. Nun hat man in päpst- 

lichen Urkunden wohl die gesagt, aber in die beweist deutlich, dass die übliche Art 
der Datierung nach Indiktionen angewandt war. g. prefato. 

1. Die Regierungsjahre fehlen. Was folgt, gehört nicht zur Urkunde: 
Äec percepta peractce xunt. Veo gracias amen! Actum est anno ab incamacione 



— 367 — 

Aus dem Bezirksarchive des Unterelsass G. 2733. — Die 
Urkunde ist auf zwei zusammengehefteten Pergamentstreifen von 
einer Hand des 14. Jahrlmnderts. eingetragen. Der untere, leer- 
gchliebene Raum wurde im 15. Jahrhundert durch Abschrift des 
gleich folgenden Dienstrechtes ausgefüllt. Von letzterer Hand 
wurden auch zwei Zusätze zu unserer Urkunde gemacht, aber 
nicht auf Grund einer Kollation mit dem Original, sondern ganz 
willküriich. ^ 

Was die Echtheit betrifft, so sehe ich keinen Grund, sie 
in Zweifel zu ziehen. Alles Formelhafte ist durchaus zeitge- 
mäss: die Arenga findet sich auch anderweitig; die Fassung 
der Daten entspricht den Urkunden Leos IV. ; der Notar, Regionär 
und Scriniar Theodor und der Primicer Tiberius lassen sich in 
der Kanzlei Leos IV. noch zweimal nachweisen ;2 die Bezeich- 
nung des Gesandten Hilduin als des Kaisers notarius summus 
war in Urkunden Lothars nicht ungebräuchlich,^ und der Bischof 
Joseph (von Ivrea), der zuerst genannte der drei Boten, auf derer 
Bittcm Leo • am 28. April 850 unser Privileg erteilte, begegnet 
gleichzeitig noch in einer anderen Ueberlieferung an der Seite 
des Papstes:^ offenbar hatte die Gesandtschaft den Hauptzweck, 



dominica 86'i indictione 1. Die Worte hcc per cepta per acta sunt hat der Abschreiber 
hinzugcfUp^t, Atoil etwas derartiges ihm durch per maniim Tyherii etc. erfordert 
zu werden schien, er aber die bekannte Verschh'ngung, welche zur Zeit Datum 
bedeutete, nicht zu entziH'ern verstanden hatte. Deo yracias ist ein ganz per- 
sönlicher Erguss des Schreibers, dem die Arbeit offenbar recht schwer geworden. 
Was endlich Actum e^t Wc. betrift't, so rührt die ganze Zeile von der Hand 
dessen, der auf demselben Pergamente die Urkunde der Irmgard folgen Hess: 
eben aus dieser ist Actinn est etc. wörtlich herübergenommen. 

1. Ucber Jahr und Indiktion, die einfach aus dem folgenden Stück hinzu- 
gefügt sind, vgl. den Schluss der vorausgehenden Anmerkung; dann rührt von 
der zweiten Hand noch nggrediendam zu den Worten ad tantum opus. S.. oben 
364 Variante a. Aber ein solcher Zusatz, der Übrigens gar nicht einmal geboten 
erscheint, konnte von jedem gemacht werden. Dass keine Kollation stattgefunden 
hat, beweisen die zahlreichen Fehler, die im Original gewiss nicht vorhanden 
waren. 

2. Jaffe ed. IT. 2616. 2653. — 2606. 2616. 

3. Mühlbacher Reg. Karol. 1075. 1098. 

4. Mnhlbacher lieg. Karol. 1144a. 



den Sohn Lothars, Ludwig II., zu seiner eben damals statt- 
findenden Kaiserkrönung nach Rom zu geleiten.^ 



^Kaiserin Irmgard setzt einzelne Pflichten der Ministerialen 
des Klosters fest^ 

853. 

In nomine sancte et individue trinitatis. Irmengardis^ imperatrix 
illustris ^ . 

Quoniam deum omni um operum nostrorum iudicem non diffi- 
dimus, ideo ego, pertractans Becundum augmentum bonorum eciam 
crescere mercedem animarum, decemimus, consenciente suaque aucto- 
ritate confirmante christianissimo dilectoque marito nostro Lothario, in 
loco proprietatie uostre nomine Heristein super flumen, quod<> vocatur 
lila, in ducatu Elisacensi in honore sancte dei genitricis et sanctarum 
virginum Agathe et Cecilie alionimque sanctorum, quorum ibi pignora 
veneranter recondita sunt, [ecclesiam] construere, ut congregacio ancil- 
larum dei, ibidem deo militans et pro quiete et stabilitate ßomani 
imperii vel tocius ecclesie supplicans, non solum sibi proficeret, sed et 
merita mea^^ aput retributorem omnium bonorum de die in diem augeret. 
Ad quam ecclesiam prefatam villam nomine dotis mihi datam cum 
Omnibus eins pertineuciis contradidi una cum rebus et possessionibus, 
quas undecunque diversis' modis legittime acquisivi, ea videlicet con- 
dicione, ut in usum ancillarum dei inibi degencium omnia illa cedant 
et quicquid pro utilitate sua vel monialium abbatisse® cum sororum 
consilio inde facere placuerit, liberam potestatem habeat. Quia vero 
ministeriales^ quosdam eidem ecclesie tradidimus et futuris temporibus 
ab aliis personis tradendos speramus, ne fragiliori sexui, id est abba- 
tisse et sanctimonialibus ibidem conversantibus , minus obedientes 

a. illu durchstrichen. h. illustriz. o. qni. (L xneam. 

e. abhatissa. f. ministriales, so immer. 



1. Der dritte ist der Priester Rolaüd. Etwa der spatere Bischof von 
Arles? 

2. Baron Fircks hat die Urkunde gleichfalls abgeschrieben. Die 
Entzifferung war aber hier nicht eben leicht: die Schrift wirkt auf die Augen 
wie ein beissendes Pulver. — Auch von dieser Urkunde steht auf dem Perga- 
mente, dessen ich S. 362 Anm. 2 gedachte, eine deutsche Uebersetzung, welche 
der lateinischen Fassung nicht immer entspricht, ohne dass ich ihr doch einen 
eigenen Wert zuerkennen möchte. — Die Einteihing nach Paragraphen rührt 
von mir. 



— 369 — 

existant aut ad inimicicias"', ut sepe ab huiusmodi^ fieri solet, [prorum- 
pant etj sibi usurpent iusticias, eorum causa maxime libuit hanc cartam 
efficere, et quod ipsis liceat vel noii liceat, seiende posterorum trans- 
mittere. — § 1. Quandocunque abbatissa«^ loci a congregacione sororuin 
electa usquam, longa scilicet aut prope, pro utilitate ecclesie proficisci 
vel sorores mittere voluerit, liceat. Qui ab ipsa beneficia ecclesie 
susceperint et quibus ipsa iusserit, absque omni contradictione eas 
comitentur et cum debito honore eundo et redeundo** famulentur. — 
§ 2. Quorum nuUi liceat extra comparitatem suam uxorem® ducere aut 
allodium suum tradere^ vel vendere; alioquin sciat, quicunque hoc 
facere presumpserit , iusticiam miuisterialium , filioB suos beneficia 
ecclesie legaliter amittere. — § 3. Super quos nuUus dux, nullus comes 
aut vicecomes, nullus omnino iudex iudicandi habeat potestatem; abba- 
tisse enim soJi a sororum congregacione communiter electe^ potestas 
ista debetur; cui tarnen extra locum predictum Heristein^ per iudicia- 
rias^ causas cum eis nihil agere permittitur. — §4. Quicunque vero a 
domnis suis ad solvendum censum ecclesie traditi iam sunt vel dein- 
ceps fuerint, aut^^ qui ab attavo ministeriales^ fuisse non probantur, 
nequaquam iusticiam ministerialium participantur, exceptis qui han6 
per domnos suos, a quibus traditi fuerint ecclesie , pactionem adipi- 
scuntur. — § 5. Cum aliquis ministerialium obierit, heres eins valen- 
tissimum patris mobile aut libram argenti abbatisse"^ presentet et sie 
beneficium patris suscipiat. — § 6. Quod siquis terminos comparitatis 
sue transgressus ad conservanda vel obtinenda aliene potestatis 
uxori^ feoda sua ab ecclesia in manus cuiusdam<> comparis sui fide 
interposita tradiderit, susceptor post legittimas, id est post ter J4., 
dies induciatus, nisi cum satisfactione resipiscat, quicquid de ecclesia 
habuerit, amittat. 

Actum anno ab incarnacione dominica 853, indictione 1. . 



Die Urkunde steht unter derjenigen Leos IV., welcher sie 
von etwas jüngerer Hand angehängt wurde. — Die Echtheits- 
frage braucht nicht erörtert zu werden: dass die Verordnung 
nicht von der Kaiserin Irmgard herrührt, würde allein schon 
der Inhalt beweisen. Nur wegen der Merkwürdigkeit sei noch 

a. ininicicias. b. sc. hominibus. c. Vor abbatissa zwei Be- 

verenzpunkte. d. Hier nochmals: cum debito honore. e. accipere 

dnrch Punkte getilgt. f. traderere. g. electa. h. Hernstein, 

i iudiciaras. k. Im Text steht ein grosses R mit einem langen 'horizontalen 

strich dahinter. 1. non p. ausgestrichen. m. Wie Variante c. n. uo- 

xori. o. cui dam. 

Scheffer-Boichorst, Zur Gesch. des XII. u. XIII. Jahrhunderts. 24 



— 370 - 

hinzugefügt, dass man damals im Kloster nicht einmal mehr das 
Todesjahr der Stifterin kannte: diese ist unzweifelhaft am 
20. März 851 gestorben, und unsere Urkunde trägt die über- 
einstimmenden Daten: anno 853 indictione 1. Was dann die 
Zeit der Fälschung betrifft, so finde ich nur ein einziges Moment, 
das wenigstens für eine ungefähre Fixierung entscheidend ist. 
Dreimal heisst das Lehen der Ministerialen benefidum § 1. 2. 5, 
nur einmal feodum § 6. Im 13. Jahrhundert hatte aber feodum 
den vollsten Sieg über benefidum davongetragen, während bis 
zum Ausgange des 12. .Jahrhunderts benefidum noch die Vor- 
herrschaft behauptet. Wenn man etwa in Baltzers vortrefflichem 
Register zum Strassburger Urkundenbuche den Begriff des Kloster- 
lehens verfolgt, so findet man zu 1129 und 1185 benefidum 
claustrale, aber zu 1230, 1237, 1257, 1259 nur noch feodum 
daustrale. Danach stammt unsere Fälschung aus einer Ueber- 
gangszeit, in welcher aber das Wort feodum noch keine grossen 
Fortschritte gemacht hatte. 



Anhang. 

Staufische Urkunden zur Geschichte italienischer 
Städte und städtischer Familien. 



Caltaglrone« 

Caltagirone besitzt ein reiches und wohl geordnetes Stadt- 
archiv. Dank der Zuvorkommenheit des kundigen Bibliothekars 
S. Randazzini bin ich mit seinen Schätzen schnell bekannt ge- 
worden. Ein Diplom Friedrichs II. vom Februar 1202 sah ich 
im Original; danach ist es schon von Huillard-BröhoUes Hist. 
dipl. Frid. sec. I 86 herausgegeben; auf eine Wiederholung kann 
ich verzichten.^ Im Januar 1254 hat sich Konrad IV. der Stadt 
gnädig erwiesen; sein Privileg veröffentlichte zuerst Capasso Hist. 
dipl. reg. Siciliae 52, jüngst S. Randazzini Le consuetudini di 
Caltagirone 52.^ Auch hier bedarf es keines Neudruckes. Da- 
gegen, glaube ich, werden Urkunden Heinrichs VI. und Manfreds 
willkommen sein. 

Die erste kannte Stumpf 5074 nur aus dürftigen Anführungen. 
Seitdem erschien allerdings ihr voller Wortlaut, nämlich in I 
capibrevi di G. L. Barberi ed. Silvestri I 34, aber mit den 
ärgsten Fehlern: da heisst es etwa Corradus Maguntinus prefpo- 
situs de honore, statt de honore ist zu lesen Ärnoldm de 
Hornberg, Auch Paolucci II parlamento di Foggia 27, der 
übrigens nur einen Teil herausgab, folgte einer schlechten Ueber- 
lieferung^ und Randazzini 1. c. 49 beschränkte sich auf Mit- 
teilung von Anfang und Schluss. Seine Quelle ist nun auch die 
meinige: das schöne Original der Bestätigung des Aragonesen 
Friedrichs II. vom Oktober 1299, in die Heinrichs Privileg ein- 
gerückt ist. 



1. Nun auch in dem gleich anzuführenden Werkchen von Randazzini 60. 

2. Dazwischen liegt der Druck in I capibrevi di G. L. Barberi I 37 3= Do- 
curaenti per servire alla storia di Sicilia IV. 

3. Da heisst es z. B.: Ego Conradtut humilis statt Hildinshei- 
mensis episcopus. 



— 574 — 

Von meiner zweiten hat Aprile Della cronologia universale 
di Sicilia 125 ein Bruchstück bekannt gemacht. Andere mussten 
sich begnügen, es zu wiederholen.* Meinen vollständigen Text 
entnahm ich aus den beiden sauberen Kopialbüchern der Stadt. 

Heinrich VI. bestätigt mit Konstanze L seinen ihm treu er- 
gebenen Bürgern von Caltagirone, die bei der neulichen Unruhe in 
Sizilien sich im Dienste des Reiches erprobt haben, alle Rechte und 
guten Gewohnheiten^ deren sie seit König Roger und bis zum Tode 
Wilhelms IL sich erfreuten; bestätigt ihnen ferner nach dem Vor- 
gänge seines Legaten Bonifaz von Monferrat und König Wilhelms L 
ihr Gebiet innerhalb der angegebenen, den Bächern der Dogana 
entnommenen Grenzen, 

1197 Juli 2^ Maniace. 

In nomine sancte et individue trinitatis. Henricus sextus divina 
favente dementia Romaiiorum Imperator semper auguatus et rex Sicilie, 

Imperialem decet excellentiam, eos, qui ad fidelitatem nostram cum 
devotione recurrunt, benigne respicere ipsisque iura debita et consue- 
tudines observare. Inde est quod notum facimus universis imperii et 
regni Sicilie fidelibus, tam presentibus quam futuris, quod nos atten- 
dentes, cum quanta devotione animi Calatagironi cives hactenua nobis 
aerviverint, qualiter et nuper in regno Sicilie facta turbacione obaequiis 
imperii promptes se exibuerint atque fideles, de munificencia nostra 
concedimus eis in perpetuum et confirmamus una cum dilecta consorte 
nostra Constancia Komanorum imperatrice serenissima et semper augusta 
et regina Sicilie omnia iura ipsorum et bonas consuetudines, quas a 
tempore regis Rogerii usque ad obitum secundi regis Guillelmi felicis 
memorie habuerunt. Insuper eis concedimus, quemadmodum dilectus 
legatus noster ßonifacius marchio Montis Ferrati^ nostra qua funge- 
batur legacione et auctoritate illis indulsit et sicut continetur in privi- 



1. Vgl. B.-P. 4655. 

2. Nur aus obiger Erwähnung kennen wir den Markgrafen als Heinrichs 
Legaten in Sizilien. Er war 1194 mit der genuesisch - pisanischen Flotte vor- 
ausgegangen; auf diese Zeit bezieht sich offenbar seine Legation. Uebrigens hat 
er Caltagirone nicht ohne Schwertstreich gewonnen. Das wissen wir von 
Rainibaut de Vaqueiras, dessen Verse für die Unternehmungen des Legaten 
unsere einzige, bisher unbeachtete Quelle sind: 

E quam prezes Randas e Patemo, 
Rocher e Termen e Lentinc et Aido, 



— 375 — 

legio eorum, quod habent a primo rege Guillelmo^, [tenimenta] divi* 
sasque eorum, sicut continentur in presenti pagina, quam de quater- 
nione dohane nostre magne eis tranacribi precepimus. Hü vero sunt 
termini divisarum predictorum teiiimentorumi sicut determinate ducuntur 
de loco ad locum. He sunt autera prime divise, videlicet Judice, et 
sunt infra divisas castri Johannis magni, incipit enim a mandra Bufa- 
lorum versus occidentem usque ad flumen Ethaym et transit flumen, 
usque dum venitur ad petram Latronum, et deinde vadit per cristam 
cristam Gipsi usque ad turrem Radusie et descendit usque ad flumen 
Himbelur, transit flumen usque ad molendinum Leuhec et ad fontem 
Arse et ad vallonem Monel et vadit vallonem vallonem, usque dum 
vertitur ad flumen Hymbelur, et vadit flumen flumen usque ad transitum, 
qui vadit exinde ad Ursenum, et vadit viam viam usque ad coUem 
Caparorum et vadit indirecte usque ad lacum Rotundum, qui est in 
flumine Burfarita, et vadit flumen flumen, usque dum coniungitur cum 
predicto flumine Ethaim, et ascendit cum flumine Ethaym usque ad 
predictam mandram ßufalorum et clauduntur illic. He vero sunt 
divise Calatagironis et Fetanasim: principium earum est ^capite Siccalbe 
usque ad viam albam et ascendit super caput colKs usque ad alium 
coUem alciorem et exit usque ad cristam et transit deinde usque ad 
petras albas et vadit deinde cristam cristam usque ad viam Bilini et 
transit et ascendit ad furcas Johann icanis et transit ad viam, qua itur 
in Raalmelelin, et carpit viam viam usque^ ad portam Oassar et exit 
inde per cristam porte Cassar usque ad collem alciorem et vadit usque 
ad montem, qui est a meridie, et vadit cristam cristam, usque dum 
coniungitur vie, qua itur ad Nemus, et vadit viam viam usque ad 
viam, qua itur ad Nissem ad magnam viam Terrane, qua itur in Pla- 
ciam, et illic clauduntur divise Calatagironi. Incipiunt divise Fetanasim 
cum Nissem: descendit versus Terranam viam viam, remanente vinea 
Surfe in parte sinistra, et vadit viam viam, usque dum venit in trans- 
itum vallonis de Bruca, qui dicitur vallis de Piris, et descendit per 
cursum cursum aque, usque dum coniungitur cum flumine gurgitis 
Rihcionis, et vadit inferius usque ad aquam Terrane, usque dum venitur 

Plass' e Palerma e Caltagiro, 
fuy als Premiers, vezen maint bon baro. 
0. Schultz Die Briefe des Trobadors Raimbaut de Vaqueiras an Bonifaz I., 
Markgrafen von Monferrat II 20—24 S. 49. Vgl. die Ortsbestimmungen 
S. 81—83. 

1. Ein Bruchstück der Urkunde d. d. 1160 Mai, ind. 8. Palermo findet 
sich bei Apriie 1. c. 95. Eine vollständige Abschrift konnte ich in Caltagirone 
nicht nehmen, da die Zeit zur Abreise drängte. Deshalb musste ich auch von 
einer nochmaligen Kollation der Urkunde Heinrichs VI. absehen. Offenbare 
Schreibfehler habe ich stillschweigend verbessert. 



— 37r> — 

ad vallonem ürsi, et ex hinc incipiunt divise Odigrilli et Fetanasim, 
ascendit ad vallonem vallonem Ürsi et vadit indirecte usqiie ad caput 
predicti vallonis et incidit in viam, que venit de Terrana in Sanctum 
Petrum, et vadit usque ad caput vallonis de Porco et desoendit vallo- 
nem vallonem et ascendit usque ad cristam, que respicit ad gurgitem 
Hyrundinum, et descendit in flumen Gundrie in predictum gurgitem 
Hyrundinum et ascendit flumen flumen, usque quo adequatur ecclesie 
Albe, remanente ipsa ecclesia in sinistra parte, et vadit indirecte, usque 
dum venit in duos cursus, cursum videlicet Favarie et cursum Rassa- 
lenche, et ascendit super cursum Rassalenche, usque dum venit ad 
rostrum Anseris, et descendit directe, usque dum venit ad putheum 
Ralcassem, et descendit cursum cursum aquo usque ad flumen, quod 
derivatur de Fetanasim, et deinde ascendit cristam cristam, usque dum 
venit in portam, que est inter Fetanasinum et Ralchilseym, et clauduntur 
illic. Hec autem omnia concessimus salvo iure imperiali et ordinamento 
nostro et heredum nostrorum. Statuimus itaque efc imperiali sancimus 
edicto, ut nuUa omnino* persona alta vel humilis, ecclesiastica vel secu- 
laris contra hanc nostre donationis vel confirmationis divalem paginam 
venire audeat vel eam aliquo modo presumat perturbare. Quod qui 
facere attemptaverit, in ulcionem sue temeritatis 100. libras^ auri 
optimi pro pena componat, mediam partem camere nostre, reliquam 
partem passis iniuriam. Ad cuius rei certam evidentiam präsentem 
exinde paginam conscribi iussimus et nostre maiestatis bulla com- 
muniri. 

Huius rei testes sunt Angelus Tarentinus archiepiscopus, Bernar- 
dus archiepiscopus Ragusie, Johannes Puteolanus episcopus, Lodovicus 
dux ßavarie, Albertus comes de Spanheim, Lodovicus comes de Virtin- 
berg, Marcualdus senescalcus marchio Anchone dux Ravenne et Ro- 
maniole, Gerardus Salernitane ecclesie rector, Didicus Traiectensis 
prepositus, Corradus Maguntinus prepositus, Arnoldus de Hornberg, 
Valterius de Parisio, Henricus marescalcus de Callindin, Olricus dapifer 
de Tanne, Henricus pincerna de Lutra et alii quam plures. 

Signum domni Henri ci sexti Romanorum imperatoris invictissimi 
regis Sicilie. 

Ego Gonradus Hildinsheimensis episcopus et cancellarius imperii 
una cum domino Gualterio Troiano episcopo Sicilie et Apulie cancel- 
lario recognovi. 

Acta sunt hec anno dominice incarnationis liü7. indictionis 15., 
regnante domno Henrico sexto Romanorum imperatore gloriosissimo et 

a. omnium. b. librarum. 



377 — 



rege Sicilie, anno regni eins 28., imperii vero 7. et regni Sicilie 3. 
Datum apud Maniachium per manua Alberti imperialis aule prothono- 
tarii, 6. nonas Julii. 



Manfred verzeiht den Leuten von Caltagirone alle Beleidigungen j 
die sie „wegen der Schlechtigkeit der Zeiif^ g^g(^ den König und 
ihn begangen haben^ indem sie die Burg zerstörten und das Vieh 
der königlichen Meierei wegnahmen^ und erlässt ihnen die ver- 
diente Strafe, 

1256 März, Äpricena. 

Maufridiis divi augusti imperatoris filius, dei gratia princeps 
Tarentinus, honoris Montis sancti Angeli dominus et illustris regis 
Conrad! secundi in regno Sicilie baiulus generalis. 

Cordi nobis est, ut sicut in rebellione* constantes gladio ultionis 
prosequimur, sie sponte conversis et implorantibus umiliter veniam 
regie et nostre misericordie aperiamus. Per presens igitur Privilegium 
notum facimus universis, tarn presentibus quam futuris, quod homines 
Calatagironi ad regiam fidem et nostra beneplacita redeuntes in sinum 
regie gratie et favoris nostri recepimus, remittentes eis culpas omnes 
et ofFensas, quaslibet hactenus propter malitiam temporis contra 
regiam maiestatem et nostram magnificentiam tam in dirutione 
castri ipsius terre, quam in captione et occupatione animaliura mas- 
sarie curie, que ibi fuerat, ac in omnibus aliis excessibus visi sunt 
commisisse, abolentes ab eis omnem notam infamie et penam, quam 
exinde incurrere meruerunt, promitten tes nos eos de cetero tractare 
ut fideles ceteros et habere. Ad cuius rei testimonium et cautelam 
presens Privilegium eis exinde fieri iussimus nostre magnitudinis 
sigillo munitum. 

Datum Precine per manus Gualterii de Ocra, regnorum Jerusalem^ 
et Sicilie cancellarii, anno dominice incarnacionis 1256., mense Marcii 
indictione 14. 



Bao d'Accia^ Bürger yon Capua, 

Friedrich IL bekundet, dass nach Mitteilung seines getreuen 
Erzbischofs Reinald von Capua Peter de Äbenabalo, Baron von 
Aversa, auf alle Hechte an dem Lehen^ welches Mao d'Acda im 



a. rebellionem. b. tbesaurarii. 



— 3/8 — 

Gebiete von Avet'fia besitzt, in die Hand des Erzbischofs ah seines 
Stell rei'treters verzichtet habe: bestätigt nun auf Raos Bitten^ dass 
er und dessen Erben das Lehen stets unmittelbar vom Reiche em- 
pfangen sollen. 

1219 April, Hagenau. 

Federicus dei gratia Komanorum rex semper augustus et rex 
Sicilie. 

Per presens scriptum notum facimus universis, tarn presentibus 
quam futuris, quod ex insinuatione Rainaldi venerabilis Capuani archi- 
episcopi, dilecti familiaris et fidelis iiostri, plene cognovimus, qualiter 
Petrus de Abeuabalo, baro Averse, fidelis noster, de mera liberalitate 
et de certa scientia sua remisit omne ius, liomagium et servitium, 
quod ratione baronie sue hactenus habebat in feudo, quod E.ao de 
Accia tenet ex parte uxoris sue in tenimentis Averse, in manus pre- 
dicti archiepiscopi pro parte nostra, quod ipse vel heredes sui de cetero 
a predicto Raone et heredibus eins de ipso feudo aliquod ius sive 
servitium aut homagium non requirant, sed in domanio regio, sicut 
prenominatus archiepiscopus ipsius feudi predictorum resignationem 
recepit, existant. Propter quod idem Rao maiestati nostre attentius 
supplicavit, ut eandem relaxationem ipsius feudi sibi factam per eundem 
Petrum de Abenabalo nos confirmantes prenominati feudi servitium in 
nostro demanio amodo teneremus. Nos igitur eius supplicationem benig- 
nius admittentes et prefatam relaxationem ratum habuimus et de gratia 
nostra eidem Raoni et eius heredibus perpetuo ipsum feudum conce- 
dimus et confirmamus cum omnibus iustis tenimentis et pertinentiis 
suis, ut de cetero in demanio nostro existant et predictum feudum in 
capite teneant, in nullo memorato Petro de Abenabalo et eius heredibus 
respondendo, salvo servitio quod exinde curie nostre debetur. Ad 
huius autem concessionis et confirmationis nostre memoriam et robur 
perpetuo valiturum presens scriptum inde fieri feciraus sigillo nostro 
munitum. 

Data aput Hagenovem anno dominice incarnationis 1219., mense 
Aprilis indictionis 7. . 

Aus einer 1718 gefertigten Beglaubigung des schon damals nicht 
mehr erhaltenen Originals; es lag nur eine Beglaubigung von 1257 vor. 
Staatsarchiv in Neapel 2042 bis. Trotz der mangelhaften Ueberlieferung 
ist kein Grund zum Argwohn. 



— B79 — 

Friedrich IL bestätigt seinem getreuen Rao d^Acda den Inhalt 
des vorstehenden Privilegs, das dieser gemäss des Edikts von Capua 
ihm zurückgegeben hatte, 

1222 Januar, Capua. 

Federicus dei gratia ßomanorum Imperator semper augustus et 
rex Sicilie. 

Per presens scriptum notum facimus universis, quod Rao de 
Accia, civis Capuanus, fidelis noster, resignavit nostre curie quoddam 
scriptum, quod a munificentia nostra quondam in Alemania apud Hage- 
nove obtinuit, in quo continebatur, qualiter Petrus Abenabalo baro 
Averse, sicut ex insiiiuatione Rainaldi venerabilis Capuani archiepiscopi, 
dilecti familiaris et fidelis nostri, constitit, maiestati nostre remiserat 
omne ius, homagium et quodcumque aliud servitium ratione baronie sue 
usque tunc habuit in feudo illo, quod dictus Rao de Accia tenet ex 
parte Marie quondam uxoris sue in tenimentis Averse, ita quod nee 
ipse Petrus nee heredes sui a predioto Raone vel heredibus eius pro 
predicto feudo debebat aliquod ius, servitium vel homagium requirere, 
sed dimittere eum in demanio nostro, secundum quod predictus archie- 
piscopus pro parte nostra post relaxationem et abrenunciationem huius- 
modi factam a predicto Petro de Abenabalo receperat unitum in demanio 
nostro. Et cum tunc recepissemus eum et heredes suos in dem'anio 
nostro, sicut in predicto Scripte nostro videbatur apertius contineri, 
quia in sollemni curia nostra noviter Capue celebrata omnia privilegia, 
a tempore regis Guglielmi felicis memorie usque in nunc facta, prece- 
pimus resignari, predictus Rao de Accia fidelis noster humiliter suppli- 
cavit, ut scriptum illud confirmare sibi et suis heredibus de nostra 
munificentia dignaremur. Nos autem ipsius precibus misericorditer 
inclinati et attendentes etiam fidem eius, de gratia nostra concedimus 
et confirmamus sibi, ut tam ipse quam heredes sui, de predicto feudo 
cum Omnibus suis pertinentiis in nostro demanio permanentes, in nullo 
predicto Petro de Abenabalo vel eius heredibus de ipso feudo respon- 
dere de cetero teneantur, salvo servitio, quod secundum consuetudinem 
aliorum militum Averse curie nostre inde debetur, et salvo mandato 
et ordinatione nostra. Ad cuius confirmationis memoriam presens 
scriptum fieri fecimus sigillo nostre maiestatis munitum. 

Data Capue post curiam celebratam anno dominice incarnationis 
1221., mense Januarii indictionis 9. . 

Aus gleicher Quelle, wie die vorausgehende Urkunde, 



— 380 — 

Casale-Monf err ato . 

Aus einem Prozesse, den Bischof Albert von Vercelli gegen 
Casale führte, um den Ort wieder unter seine Botmässigkeit zu 
bringen, besitzen wir zahlreiche Urkunden: Klagen, Delegationen, 
Urteile, Appellationen, Besitzeinweisungen. In gereinigtem Texte 
sind sie von Ficker Forschungen zur italienischen Reichs- und 
Rechtsgeschichte IV 233 — 239 vorgelegt worden. Zwei Akte 
kannte er allerdings nur aus kurzen Erwähnungen: die Ueber- 
tragung der Angelegenheit an den Richter Guido dal Rozzo und 
die Bestätigung dieses Mandates. Ihm, wie Stumpf 4864. 81, ist 
es entgangen, dass der volle Wortlaut beider Dokumente schon 
veröffentlicht war, nämlich in dem wunderlichen, auch der Seiten- 
zählung entbehrenden Werke von L. Tettoni e F. Saladini Teatro 
araldico III. Lodi 1843 ^ Die Herausgeber folgten einer älteren 
Deduktion, in der die Schriftstücke nach einer Beglaubigung von 
1346 gedruckt sind. Dann aber fehlte uns , zur Vervollständigung 
des Materials, noch immer die entscheidende Urkunde, in der 
Heinrich VI. das Streitobjekt dem Bischof bestätigte. Man wusste 
von.iht* nur aus dürftigen Anführungen;^ den unverkürzten Tenor 
fand H.Bloch in einer Handschrift des Stadtarchivs zu Vercelli: 
Fileppi Historia ecclesiae et urbis Vercellarum I 508.^ 

Heinrich VL beauftragt dmi Guido dal Pozzo mit Unter- 
suchung und Entscheidung des Streites zwischen dem Bischof von 
Vercelli und der Gemeinde von Casale, 

[1194 Februar.^] 



1 Den Nachweis verdaDke ich Seh aus. 

2. Auch J. St. Ferrerius S. Eusebii Vorcell. cpiscopi et martyris eiusque 
successorum vita et res e^estae 179 giebt — nach gütiger Mitteihing J. Seh walms 
— nur ein kleines Bruchstück. Das bemerke ich gegen St. S. 556 zu Nr. 5035. 
Verkehrt ist da auch die Aenderung: September 21. 

3. Das Werk gehört dem 14. Jahrhundert an, eine Abschrift befindet sich 
im Archivio della commissione per la storia patria diTorino; darauf beruht das 
Vercelleser Exemplar. 

4. Die Zeit wird dadurch bestimmt, dass der Brief zu Pavia 1194März4 
eröffnet wurde, und zwar vor genannten Zeugen. In das darüber handelnde 
Notariatsinstrument ist sein Wortlaut eingerückt. Danach ist St. 4864 zu 
berichtigen. 



— 381 — 

H[enricus] dei gratia Romanorum Imperator et semper augustus 
fideli suo G[uidoni] de Puteo gratiam suam et boiiam voluntatem. 

Causam, que vertitur inter fidelem nostrum [Albertum] Ver- 
cellensem episcopum et [commune] Casalis S. Evasii aut singulos ipsius 
loci homines, discretioni tue omni remota recusatione committimus, 
mandantes, ut que hinc inde proposita fuerint diligenter audias, causam 
ipsam legittimo fine decidas, privilegiis, si qua forte ipsi Casalenses a 
felicis memorie genitore nostro vel a nobis impetraverint, nullo modo 
preiudicantibus iustitie Vercellensis episcopi. Quodsi forte vel commune 
vel ipsius loci singuli homines, quos episcopus convenire voluerit, sub 
examine tuo noluerint respondere, quicquid ad nos facere pertinet, 
nostre^ facias auctoritate maiestatis^. Testes quoque, quos utraque 
pars tibi duxerit examinandos, si sponte noluerint, compellas testi- 
monium dicere veritatis®. 



Heinrich VL bekennt ^ dem Ouido dalPozzo den vorstehenden 

Auftrag erteilt zu haben; lässt den Wortlaut einrücken; fügt aber 

namentlich hinzu, dass ein dem Rainer von Sannazaro erteilter 

Auftrag nicht entgegenstehen solle, 

1194 Juli S5, Pisa. 

Anno dominice incarnationis 1194., indictione 12., die lune, 8. kal. 
Aug., Pisis intra ecclesiam s. Sepulchri de Chincica fuit confessus 
dominus Enricus dei gratia Romanorum invictissimus imperator et 
semper augustus, quod ipse commiserat causam, que vertitur inter <1 
dominum Albertum Vercellensem episcopum ex una parte necnon et ex 
altera commune Casalis S. Evasii vel singulos homines® ipsius loci 
[fideli suo Guidoni de PuteoJ. Et ex quo ipsam causam ei commisit, 
postea ipsam ei non abstulit, sed ipsam commissionem confirmavit et 
ratam habens huic scripto verbo ad verbum inseri precepit 
hoc modo:^ 

Henricns dei gratia Bomanornm imperator et semper augastua Guidoni de Pateo 
gratiam suam et bonam voluntatem. 

Causam, que vertitur inter fidelem nostrum Alb[ertum], dei gratia Vercellensem 
episcopum et commune Casalis S. Evasii aut singulos homines ipsius loci tue discre- 
tioni omni recusatione remota committimus, non obstante commissione, que super 
hoc facta fuit Raynerio de S. Nazario, vel alia, que a nostra maiestate 
impetrata dicatur. Mandamus igitur atque precipimus, ut que hinc inde pro- 

a. pertinere, nostri. b. mandari. c. veritati. d. in 

e. singulis bominibus. 



1. Was übereiDslimmt, Hess ich klein drucken. 



— 382 — 

posita fuerist dilig«nter aaditis causam Sub COngTUa celeritato legitimo fine 
decidas. Quodsi forte vel commune vel einguU homines ipsius loci, quos predictus 
episcopus convenire Tolnerit, sub tuo examine noluerint respondere, allegationes ^ 

ipsius episcopi et testes, quos in causa producere volueiit, acsi lis esset 
contestata, nihilominus audias et causam ipsam celeriter studeas terminare. 

Predictus Imperator hoc instrumentum fieri precepit. 

Interfuerunt Henricus dei gratia Guarmacieusis^ episcopus et 
vicarius imperialis et magister Angelus, Ariioldus de Horemberge^^, 
Loterius de S. Genesio^ imperialis curie^ iudex atque Ugolinus de 
Oivitate Castelli festes. 

Ego Martinus Philippi imperialis aule notarius interfui et hoc 
instrumentum scripsi. 

Heinrich VI. bestätigt die eingerückte Entscheidung seines 
Hofmkars, des Erzbischofs Angelus von Tarent, der auf Appellation 
des Bischofs von Vercelli das Urteil des Guido dal Pozzo verworfen 
und Casale dem Bistum zuerkannt hat; verbietet den Bischöfen die 

Veräusserung des Ortes. 

1196 September 30, Fornovo. 

* 

In nomine domiui. Henricus sextus divina favente dementia Ro- 
manorum imperator semper augustus et rex Sicilie. 

Ea, que a vicario nostro et iudicibus curia nostre per diffiniti- 
vam sententiam deliberato consilio statuuntur, iustum est imperialis 
culminis auctoritate firmari et inconcusse stabiliri, ut perpetuum robur 
accipiant. Cum igitur dilectus et fidelis Angelus archiepiscopus Taren* 
tinus vicarius noster, una cum consilio iudicum curie nostre, diffinitivam 
tulerit sententiam super causam appellationis, que vertebatur inter Hen- 
ricum de Frascarolio, sindicum fidelis nostri Alberti Vercellensis epi- 
scopi, nomine Vercellensis ecclesie, ex una parte, ex altera Gualam Guar- 
nerium, sindicum communis Casalis S. Evasii, nomine ipsius communis, 
super iurisdictione et districtu^ ipsius loci Casalis S. Evasii, scilicet 
placitis, bannis, successionibus et omnibus aliis, que ad iurisdictionem 
et districtum pertinent, et super insulis et moltis, quas commune ipsius 
loci Casalis in curte et territorio ipsius loci tenet, sententiam ipsam 
duximus confirmandam. Cuius tenor, quemadmodum in publice Instru- 
mente quod vidimus et legimus continetur, hie est:^ 

a. allegante s. b. Guarmachus. c. Murimberga. d. Ger- 

vasio. e. curia. f. iurisd. dictrictus. 



1. Die folgende Sentenz mit mancherlei Abweichungen bei Ficker a. a. O. 
IV 237. Die Uebereinstimmungen habe ich durch Petitdrnrk gekennzeichnet. 



— 383 — 

• Anno <'i minice nativitatis 1196, indictione 14, die VeneriB la kalendas 
OctobrisapudPiacenti- » SubtUS portlCUm in claustro maioris ecclesie. Cum causa 
appellationiä verteretur inter Henricum de Frascarolio, sindicum domini Alberti 

episcopi Verceiiensis, nomine Vercellensis ecclesie, ex una parte et ex 

alia Gualam Guarnerium, sindicum communis Casalis S. Eyasii, sub domino Angelo de! 
gratia Tarentino arohiepiscopo , imperialis aule vicario, et iudicibus curie, quorum 
nomina inferius scripta leguntur^, super iurisdictione et districtu loci Casalis S. 
JiiVasil, scilicet placitis, bannis, successionibus et super aliis, que ad districtum Vel 
iurisdictionem pertinent, et super insulis et moltis, quas commune loci Casalis in 
curte et territorio iamdictis^ tenet. De quibus omnibus, sicut in SUa o illde 

lata sententia continetur, commune loci Casalis et eins sindicum nomine ipsius 

communis per sententlam diffinitivam Guido de Puteo, cui a domino imperatore 
[causa] commissa erat, absolverat^. A qua Senteiltia iam dictus Henricus de 
Frascarolio nomine predicti episcopi et ecclesie appellaverat. Visis et auditis 

rationibus et allegationibus utriusque partis diligeilter inspectis, ego Angelus ar- 
chiepiscopus Tarentinus et imperialis curie vicarius, de m.andato domini Henrici dei 
gratia Bomanorum imperatoris semper augusti et regis Sicilie, consilio Arnaldi Stricti ® 
et Joannis de Pado de Placentia et Guale Vercellensis/ Beltrami Salimbene de 
Papia, Lanfranchi de Cumis et Alberti Struxi, Vilelmi Calcarugie^ de Mediolano iudi- 
cum imperialis aule, super iurisdictione [et districtu loci Casalis, scilicet] placitis, bannis 
successionibus aliisque ad iurisdictionem pertinentiOUS dicimus, a predicto Guidone 

male fuisse iudicatum et bene fore appeliatum a iam dicto Heiirico de Fras- 
carolio sindico iam dicti episcopi Vercellensis nomine Vercellensis 

ecclesie pronuncio^^ et ideo predictum Gualam Guanierium nomine communis 

loci Casalis S. Evasü condemnamus declarando iurisdictionem et districtum 
supradicti loci, placita, banna, insulas, moltas spectare et pertinere ad 
ipsum episcopum Vercellensem ; et ita dicimus, pronunciamus et sen- 
tentiamus. 

Et ita, ut supra continetur, imperiall auctoritate confirmamus et 
perpetue stabilitatis esse decernimu», statuentes ut nuUa persona, 
magna vel parva, ecclesiastica vel secularis, nulla civitas, nullum 
commune contra hanc sententiam a nobis conßrmatam [agere] aüdeat 
aut ei in aliquo ausu temerario contraire. Si quis autem contra hoc 
preceptum [aliquid] presumpserit facere, 100. libras auri componat, me- 
dietatem camere nostre, aliam medietatem episcopo, qui pro tempore 
fuerit predicte ecclesie Vercellensis. Volentes autem, ut predictus locus 
Casalis S. Evasü a dominio et iure Vercellensis ecclesie alienari non 
possit, de consensu et voluntate memorati fidelis nostri Alberti Ver- 

a. Die Zeugen des Hofgerichtes, die man in der Sentenz liest, blieben dann 
aber thatsUchlich bei Seite. b. Mit iamdictis kann nur auf die kaiserliche 

Urkunde verwiesen sein: in der Sentenz selbst: ipsius loci. c. nostra. 

d. absolveret. e. Strati. f. Sentenz.: Walfredi de Turricella 

statt G. V. g. Paasaguerrae ac Willelmi Calzagrisa. h. So auch 

in der Sentenz. 



— 384 — 

cellensis episcopi statuimus atque decernimus sub pena 1000. marcharum 
argenti, ut null! episcopo liceat predictum locum alicui persone, loco, 
civitati et maxime Vercelleusi absque nostra licentia vel successoris 
nostri alienare vel dare. 

Huius rei testes fuerunt Opizo Parmensis episcopua, Joannes 
prefectus Alme Urbis, ßonifacius marchio Montisferrati, Albertus Ma- 
laspina, Rainerius de Blandrate et multi alii. 

Datum per manum Alberti prothonotarii imperialis aule, anno 
dominice incarnationis 1196, indictione 14, 2. kalendas Octobris. Actum 
apud Forum novum, feliciter. 



€ayriana. 

Schwerlich wird man für ein zweites Gebiet von ähnlichem 
Umfange so viele Königs- oder Kaiserurkunden des 12. und 13. 
Jahrhunderts nachweisen können, wie für die Gestade desGarda- 
sees.^ Teils sind sie adlichen Geschlechtern, teils bürgerlichen 
Gemeinden erteilt. Leider können von ihnen nur wenige vor 
der Kritik bestehen, ^ und man kann daher auch sagen, dass in 
einem Lande von entsprechender Grösse kein zweites Mal so 
viele Fälschungen sich finden. Diese aber zeigen eine auffallende 
Aehnlichkeit, und der Verdacht, sie alle seien aus Einer Feder 
geflossen, liegt sehr nahe.^ 

1. 1154 Juli 8, Prato di S. Daniele. Friedrich I. für 



1. CavriaDa liegt freilich schon im Mantuanischen, südlich vom See. 

2. Das gilt Damentlich von den Privilegien fttr Lazise St. 4391a. B.-F. 
14639. Wenn beide erteilt werden intuitu divine miserationis propter salutem 
nostram et predecessorum nostrorum felicem memoviam, so mag die Wendung auf- 
fallen, erklärt sich aber dadurch, dass in der benutzten Vorurkunde St. 2801a 
die Bewohner von Lazise pauperes homines piscatores genannt werden: so 
wird die Vergünstigung zum Almosen. Auch die Urkunden für Sermione sind 
echt. St. 3814. B.-F. 1159. Hier findet sich ebenfalls pro salutario remedio 
antecessorum nostrorum; doch auch da wird in einer der erwähnten, heute ver- 
lorenen Vorurkunden eine ähnliche Charakteristik der Empfönger nicht gefehlt 
haben, so dass das Geschenk als eine gottgefällige That erschien. Nebenbei 
bemerke ich, dass oben doch wohl gemeint ist felicis memorie und dass in der 
Ausgabe von St. 4391a die Entlehnungen aus 2801a nicht gekennzeichnet sind. 

3. Diese Ansicht hat schon Sickel M. G. DD. I 034 ausgesprochen. 



-^ 3B5 — 

Peschiera. Mit Zeugen und Rekognition, 1154 ind. 2. St. 3693 a. 
Acta 725 Nr. 521.^ 

2. 1156 Juli 11, bei Verona. Friedrich I. für Scovolo. 
Mit Rekognition, 1156 ind. 4. ao. reg. 4. inip 1. St. 3719. Bettoni 
Riviera di Salö III 12. ^ 

3. 1158 November 1, Rivoli. Friedrich I. für Cavriana. 
Mit Zeugen und Rekognition, 1158 ind. 6. ao. reg. 6. imp. 3. 
Ungedruckt. Vgl. S. 388. 

4. 1160 Februar 9, am Gardasee. Friedrich I. für Maderno. 
Mit 1160 ind. 8. ao. reg. 8. imp. 5. St. 3881. Bettoni 1. c. 14. 
80. Bruchstück. 

5. 1221 Februar 27, Brindisi. Friedrich II. für Arco.^ 
Mit Zeugen, 1221 ind. 9. ao. Rom. 9. Sic. 23. imp. 2. B.-F. 1292. 
Huillard-Bröholles Hist. dipl. Frid. sec. II 145. 

6. 1221 November 1, Narni. Friedrich II. für Scovolo. 
Mit Zeugen und Rekognition, 1221 ind. 9. ao. Rom. 8. Sic. 14. 
imp. 2. B.-F. 1360. Bettoni 1. c. 51. 

7. 1221 November 1, Narni. Friedrich II. für Manerva. 
Zeugen, Rekognition u. s. w., wie in Nr. 6. B.-F. 1361. Bettoni 
1. c. 30—38. 

8. 1232 März 31, Aglei. Friedrich II. für Maderno. Mit 
1232 ind. 5. ao. Rom. 20. Sic. 25. imp. 11. B.-F. 1952. Bettoni 
1. c. 81. Bruchstück. 

Nur Nr. 8 entspricht dem Itinerar des Ausstellers. Die 
Urkunde hängt indes mit den übrigen Fälschungen aufs Engste 
zusammen. Sie wiederholt aus Nr. 4 nee fiat eis contradietio 
Denandi, piseandi, aucupandi pet' totum lacum Benacum. Nr. 4 
aber beruht mittel- oder unmittelbar auf einem Privileg für 
Sermione,^ wie Nr. 1. 2. 3. 6. Mit Nr. 5 teilt Nr. 8 die nicht 
kanzleigemässe Floskel ex certa seientia et ex consilio procerum. 



J. Die Korroborationsformel ergiluzt CipoUa in den Mitteilungen des öst. 
Instituts IV 223 Anni. 1. 

2. Ich begnüge mich mit der Angabe nur eines Druckes. Das Werl« 
von Bettoni konnte Stumpf noch nicht kennen, es ist aber auch nicht für die 
Verbesserungen zu B.-F.-W. benutzt worden. 

3. Das Privileg Philipps für Arco ß.-F. 178, wenn es überhaupt gefälscht 
ist, scheint mit unseren Urkunden in keinem Zusammenhang zu stehen. 

4. St. 3814. Böhmer Acta 96, da ist aber in der Korroboration presentem 
cartam statt predicte carte zu lesen, vgl. Anm. 1. 

Scheffer-Boichorst, Zur Geäcliichte dea XII. a. XIII. JahrLan<leL-ts. 25 



— 386 — 

Wie in Nr. 3, heisst es auch hier nullo unqimm successore irrum- 
pente vel mutante: die Uebereinstimmung erklärt sich aus ge- 
meinsamer Benutzung eines auch gefälschten Privilegs angeblich 
Ottos I. für MadernoP In der Datierung findet sich die Rechnung 
nach römischen Königsjahren, die nur bis zum 22. September 
1220 gebraucht wurde: dasselbe Versehen ist in Nr. 5. 6. 7. 
mituntergelaufen. 

Damit habe ich schon gezeigt, dass ein Zusammenhang 
unter den Fälschungen besteht. Um darin fortzufahren, sei noch 
bemerkt, dass in Nr. 1., also schon zu 1154, Reinald als Kanzler 
erscheint, dass er gar in Nr. 2 und 3, d. h. schon zu 1156 und 
1158, zum Erzbischof von Köln befördert worden ist, dass er in 
der Rekognition von Nr. 3 überdies heisst: et totius Italiae legatits. 
Gegen allen Gebrauch wird auch in Nr. 6 und 7, noch im November 
1221, der Kanzler Konrad als Rekognoscent et totius Italiae legatus 
genannt.^ Nr. 1 und 3 haben vielfach dieselben, wüst erfundenen 
Zeugen; ebenso stimmen die Zeugen in Nr. 5. 6. 7. überein, während 
der Erzbischof von Magdeburg zur Zeit noch in Deutschland weilte, 
und der rätselhafte Andreas Alpinus nur hier begegnet. 

Was die Quellen betrifft, so habe ich auf zwei von ihnen 
schon hingewiesen: Nr. 1. 2. 3. 4. 6. 8 gehen teils oder ganz 
auf eine Urkunde für Sermione zurück, in Nr. 3 und 8 wurde 
eine Fälschung für Maderno benutzt. Dazu kommt ein Privileg 
für Roverchiaro, ^ von dem mehrere Sätze in Nr. 3 und 5 wieder- 
kehren, von dem eine Spur sich aber auch in Nr. 6 findet:* zu 
Nr. 3 vergleiche man auch noch eine Urkunde für Martinengo, 
die den Namen Ottos I. trägt. ^ 



1. M. G. DD. I 635 Nr. 464. Vgl. Anm. 5. 

2. Die letzte Rekogoition, in der er zugleich den Legatentitel führt, 
datiert vom 25. Oktober 1220; die letzte Kaiserurkunde, die er überhaupt re- 
kognosciert, wurde am 2. Januar 1221 ausgestellt. 

3. Winkelmann Acta I 16 Nr. 26. 

4. Wenn ich nicht irre, stammt die Arenga dorther, üebrigens bin ich 
nicht darauf ausgegangen, für Alles und Jedes die Quellen nachzuweisen. 

5. M. G. DD. I 634 Nr. 463. Auch diese Urkunde ist gef&lscht; sie 
hängt mit der in Anm. 1 genannten aufs Engste zusammen. Ihre Entstehung 
verdanken beide doch gewiss demselben Fälscher, der unsere Diplome Friedrichs I. 
und II. fabrizierte. Allein mit Nr. 463 stimmt meine Nr. 3 überein in den 
Worten ceteroi^umve fidelium petitionibus faventes, allein mit Nr. 464 in der ße- 
stiramting sint Uteri et soluti cum — teloneis^ ripaticts, hostaticis. 



— 387 — 

Die Sermioneser Vorlage' wurde am 1. November 1267 in 
eine Bestätigung Konradins eingerückt.^ Sollte daher der 1. 
November in Nr. 3. 6. 7. rühren? Am 7. November bestätigte 
Konradin aber auch die Fälschung für Peschiera.^ Das Diplom 
scheint mir unverdächtig. Wenn nun alle Fälschungen von 
Einem geschmiedet wurden, dann wäre mit dem November 1267 
deren ungefähre Entstehungszeit bestimmt. Der Erfolg Peschieras 
könnte doch die Begier Anderer erregt und den Fälscher zu 
weiteren Leistungen ermuntert haben. ^ 

Es versteht sich nun von selbst, dass der gewerbmässige 
Fabrikant unechter Urkunden nicht jedesmal auf die Quellen 
zurückging, er behielt Konzepte oder Auszüge seiner Elaborate 
in Händen, und diese haben ihm, wenn er einen neuen Auftrag 
erhielt, zum Muster gedient. So war es wenigstens bei Nr. 3, 
der bisher ungedruckten Fälschung für Cavriana. Sie enthält 
— wie gesagt — Sätze der auch gefälschten Urkunden Ottos I. 
für Martinengo und Maderno, dann der echten Diplome für 
Sermione und Roverchiaro: doch stimmen die Entlehnungen 
weniger mit den Originalen, als mit den Ableitungen Nr. 1 und 5. 

Herr G. da Re hat mir den Wortlaut aus einer Kopie des 
16. Jahrhunderts mitgeteilt. Die Urkunde ist in einer Akte vom 
20. März 1289 enthalten. Da erklärt Daino von Bonacolsi, Herr 
von Cavriana, den Vertretern der Gemeinde, dass er das 
mitgeteilte Privileg, das cum bulla pendente et insigni imperatoris 
versehen sei, in Bewahr genommen habe, dass er es hüten und 
der Gemeinde auf Verlangen zurückgeben wolle!* 

Der Text befindet sich in elendem Zustande; aber mit Hilfe 
der verwandten Urkunden lässt er sich reinlich herstellen. Die 
zahlreichen Verderbnisse in Varianten zu verewigen, schien mir 
überflüssig zu sein; ich habe stillschweigend gebessert. Nur die 
Ergänzungen sind gekennzeichnet. 

Petit deutet auf Uebereinstimmung mit Ottos Urkunden für 



1. B.-F. 4839. 

2. B.-P. 4840. 

3. Nr. 7 hat 1311 Heinrich VIT., Nr. 4 und 8 i. J. 1322 ein Vikar 
Roberts von Neapel bestätigt. Bettoni 1. c. 30. 78. 

4. Antichi archiyi Veronesi, S. Caterina martire, c. 1 — 3. 



^ 388 — 

Martinengo und Maderno, die unter sich nahe verwandt sind; 
die kursiv gedruckten Sätze kehren in Nr. 5 wieder, und was 
auch in Nr. 1 sich findet, liess ich sperren. 



^Friedrich I. belehnt die genannten Vertretet^ von Cavriana mit 
der Veste und allen Zuhehörungen, namentlich mit der Gerichtsbar- 
keit und den aits ihr hergeleiteten Rechten; befreit sie von Zöllen, 
üfergeldem und Kriegsleistungen. 

1158 November i, Rivoli, 

In nomine sanctae et individuae trinitatis. Faedericus divina 
favente dementia Romanorum Imperator et semper augustus. 

Si de rebus transitoriis petentibus quibuflcunqne [fidelibus] vel araicis nostris 
quae consolaxnina praebeamus, inde nobis aetema gaudia provenire liquido credimus. 
Quapropter volumns, ut industria nostromra fidelium adstantiam vel nbique commo- 

rantinni, qnaliter carissimi iideles nostri de Oapriana^ terra imperü, [in] territorio 

Mantue, adierant clementiam nostram, postulantes, noscat, obnixe petentes atque 
nuUatenns sufiragantes, ut Ulis in ius et proprietntem ex nostro imperiali iure donare- 
xnus. Nos autem [ipsorum] caeteronimve ßdelium nostrorum MaraSCOti, Alberti, 

Bosonis pro comune et universitate petitonibus faventes, investimus, dona- 
mus et concedimus, praefatam universitatem perpetiio habere castrum 
Capriane cum burgo et villa cum omnibus suis adiaceiitiis et pertinentiis 

cum omni onore et iurisdictione et districtu in mOntibuS Ct plauis, Ogris^ pra,tis, 

pascuis, sylvis^ venationibus, piscationibuSy molendinis, ripaticis, 
ita quod liceat eidem Universität! et omnibus habitantibus in praedicto 
Castro, burgo et villa nunc et infuturum, et quicunque etiam ex eis 
descendvLui u^que in infinitum, ^raescriptam iurisdictionem exey^cere 
in criminalibus et pecuniariis ac libet^alibits causis, in bannis 
auferendis, in collectis ponendis et in omnibus generaliter' agendis, 
quecunque ad iurisdictionem et ad alia ^^^raedicta pet'tinent ac di- 

Strictum. et quod sint liberi et soluti ab OmnibuS teloneis, ripaticis,hostaticis per 

totum nostrum Imperium. Hec enim omnia supra memorata omnibus 
habitantibus in praedicto Castro, burgo et villa ex nostro imperiali iure 

[iUis in ius et proprietatem] iussimus devenire, quatenus ea omnia temporibus perpetuis 
teneant et possideant, nuUo unquam successore nostro irmmpente vel mutante. Ol (][U1 S 

igitur hoc nostre authoritatis mundiburdium infringere 
praesumpserit, sciat se compositurum auri optimi libras 100., 
medietatem camerae nostrae, aliam [iniuriam] passis. Quod ut 
verius credatur et creditum observetur, signo et sigillo 
nostro praesentem cartulinam conscribi et muniri iussimus. 



— 389 — 

Cuius rei testes [suntj: Diometrius* deSassonia, Faedericus 
coines Rivole, Rodulphus Fonimbere et frater, faldigravius Ne- 
remboes, Faloster, Adelardus, Vucgomes de Bosone, Gargalanus, 
Ruanus, Filcemarus, Cigamiga et reliqui. 

Signum domui Faederici Roman orum imperatoris invictissimi. 

Ego Raynaldus CoUoniensis ecclesie electus et imperialis aule 
cancellarius et totius Italie legatus recognovi. 

Acta sunt haec anno domini 1158., indictione 6., anno domni 
Faederici regni 6., imperii eins 3. . Data apud Rivolas cal. Novemb. 
feliciter amen. 



Como und Criyiasea. 

Die Vetera monumenta civitatis Novocomi, welche auf der 
städtischen Bibliothek zu Como aufbewahrt werden, enthalten I 
17 b einen Brief, worin Heinrich VI. als Kaiser den Leuten von 
Isola, Lenno, Criviasca, Carvina, Bellinzona, Teglio, Locarno und 
Bormio unter Strafe des Bannes befiehlt, ihren Widerstand gegen 
Podestä und Gemeinde von Como aufzugeben; er zeigt sich über 
ihren Ungehorsam umso erstaunter, je nachdrücklicher er sie der 
Gerichtsbarkeit Comos unterstellt habe. Die Daten fehlen, und 
nur der Titel Heinrichs bietet einen sicheren Anhalt zu genauerer 
Zeitbestimmung. Vielleicht darf ich aber auch noch auf folgende 
Thatsache verweisen: Isola, Lenno, Criviasca und Carvina hatte 
Heinrich zuerst am 12. Februar 1191 der Gemeinde Como über- 
wiesen;^ und da er als Kaiser am 20. Oktober 1191 sein könig- 
liches Privileg erneuerte,^ beschränkt er sich ebenso auf die 
vier Orte. Waren die übrigen vier damals noch nicht den 
Comaschen preisgegeben? 

Unsern Brief hat nun Hidber Schweizerisches Urkunden- 
register II 352 Nr. 2533 — unter Berufung auf die Vetera 
monumenta — zum 10. Juli 1185 angesetzt, freilich wegen des 
Kaisertitels gegen die Echtheit Bedenken tragend. Die sucht 

a. velDietulus hat wohl der Schreiber als seine Konjektur hinzugefügt; in 
Nr. 1. heisst er Diatricus. 



1. St. 4678. 

2. St. 4713. 



— 390 — 

Stumpf S. 554 Nr. 475B zu heben, indem er vermutet, der Kopist 
habe „Heinrich" statt „F'riedrich" verschrieben. 

Das Sachverhältnis aber ist dies: der Befehl Heinriclis VI. 
entbehrt aller Daten, wie es bei Briefen der Zeit die Regel ist. 
Ihm folgen in den Vetera monumenta spätere Beglaubigungen, und 
an diese schliesst sich eine Urkunde des Reichsgerichtes. Dessen 
Beschlüsse tragen nun, wie fast immer, so auch hier, die Daten 
an der Spitze: 1185 Juli 10. Man sieht wohl, was Herrn 
Hidber in die Irre führte, und die von Stumpf empfohlene 
Aenderung hat sich als haltlos erwiesen. 

Den Brief Heinrichs VI., doch ohne die Beglaubigungen, 
veröffentlichte Tatti Annali sacri della cittä di Como II 889. 
Der Beschluss des Reichsgerichtes war bisher nur in einem Aus- 
zuge bekannt, nämlich bei Rovelli Storia di Como II 199. Seine 
Kürze konnte wohl verführen, von einer kaiserlichen Urkunde 
zu reden.* 

Ich lasse den Text folgen, wie Seh aus ihn für mich abge- 
schrieben hat. 



In der Klage Criviascas gegen Como hatte das Reichsgericht 
früher^ da Como auf die Ladung des Kaisers keine Vertreter geschickt 
hatte, zu Gunsten Criinascas entschieden ; es setzt die jetzt erschienenen 
Konsuln von ComOy namens ihrer Gemeinde, wieder in den Besitz 
des Fodrums und der anderen öffentlichen Abgaben ein, 

1185 Juli 10, Borgo San Donnino. 

Anno domiuice incariiationis 1185., iiidictione 3., die mercurii 10. 
meiisis Julii. 

Cum homines plebis de Griviasca coram iudicibus curie domiiii 
Frederici invictissimi imperatoris venissent et querimoiiiam de consuli- 
bus Cumanis pro comuni deposuissent, iiea fodrum iiec alias publicas 

a. nee. M. y. 



1. St. 4426. Der Kaiser selbst war am 10. Juli noch in Piacenza, St. 
4425. Ja, nach der Urkunde der Hofvikare bei Ficker Forschungen IV 201 
scheint er noch am 14. dort gewesen zu sein: 1185 ind. 3, die domintco, decimo 
mensis Julii; aber der 10. war ein Mittwoch; es ist wohl quarto hinter decimo 
zu ergänzen. Vgl. Ficker a. a. 0. J 343, wonach Gerichtssitzungen der Hof- 
vikare in der Regel am Hofe selbst stattfanden. Die Urkunde fflr Como ist 
eine Reichsgerichts-, nicht Hofgerichtsurkunde. 



"v 



— 391 -- 

exactiones ab eis exigerent, et cum super hoc consules Cumaiii litteris 
domini imperatoris fuissent citati, ut hominibus de Criviasca iusticiam 
facturi venirent, et noii venisseiit, cumque iudices curie homiiies de 
Criviasca in possessionem vel quasi possessionem fodri et aliarum ex- 
actionum publicarum posuissent, ut tedio afFecti ipsius possessionis 
consules Cumani responsuri venirent, postea hoc consulibus Cumanis 
cognito* ipsi consules, scilicet öualdricus Seschalcus et Johannes Caza, 
pro comuni ante presenciara iudicum curie, scilicet Idonis Terdonen 
sis et Syri Saliinb[ene] et Ottonis Cendatarii et aliorum sociorum suorum, 
venerunt et satisdederunt iudicio istis^ hominibus plebis de Criviasca 
iusticiam faciendi. Qua satisdactione prestita Ydo Terdonensis, imperi- 
alis aule iudex, conscilio Syri Salimbene et Ottonis Cendatarii et ali- 
orum sociorum suorum, in possessionem vel quasi possessionem fodri 
hominum plebis de Criviasca et aliarum publicarum exactionum pre- 
dictos consules de Cumis pro comuni restituit et ipsos consules in 
pristinum statum fodri et aliarum publicarum exactionum reduxit, ita ut 
ipsi consules pro comuni ipso fodro et aliis publicis exactionibus utan- 
tur non obstante sentencia possessionis vel quasi possessionis pro homi- 
nibus de Criviasca lata, sicut uti recto consueverunt. 

Actum in ßurgo 8ancti Domini. Predictus Ydo hoc instrumen- 
tum fieri precepit. Interfuerunt Opizp Passalambertus, Girardus Ottonis, 
Albertus de [Ser] Gandulfo de ßurgo Sancti Domini, Johannes Papa 
atque Johannes filius Martini Filippi testes. 

Ego Martinus Filippi imperialis aule et pape notarius hoc in- 
ötrumentum precepto predicti Ydonis scripsi. ^ 



Gallipoli. 

Ravenna Memorie istoriche della cittä dl Gallipoli beruft 
sich S. 177. 178 auf zwei Urkunden, die staufische Herrscher der 
Stadt erteilt haben, nämlich Heinrich VI. 1195 und Friedrich II. 
1200. Die letztere scheint nach Ravennas Regest die wichtigere 
zu sein: umso mehr ist zu bedauern, dass sie im Neapolitaner 
Archiv nicht gefunden wurde; die erstere habe ich selbst abge- 
schrieben und zwar aus der grossen Sammlung Gallipolitaner 
Urkunden, die heute eben in Neapel aufbewahrt wird. L^origi- 

a. cognitio M. V. b. sistis M. V. 

1. Es folgen spätere Beglaubigungen. 



— 392 — 

nah e nelVarchivio di Oallipoli nel volume de' privilegi schrieb 
1836 Ravenna. Das war aber ein Irrtum; nicht das Original 
befindet sich in dem Bande, der später an das Reichsarchiv ab- 
geliefert wurde: diesen eröffnet vielmehr als ältestes Stück eine 
Bestätigung Karls II. von 1 299, * worin das Diplom Heinrichs VI. 
eingerückt ist. Karl beschreibt das Insertum, es sei mit Heinrichs 
üoldbuUe besiegelt, es sei auch ganz unverletzt: preterquam in 
diuibus didionibuSy in nona linea, vbi legitur permaneat et nulli 
et in diMdecima^ ubi legitur reliquam vero, quod propter vetvr 
statem legi non potuit Hier sind offenbar die Worte partem iniu- 
riam passis zu ergänzen, dort fehlt in der Abschrift des angio- 
vinischen Karizlisten wohl nur unqitam. 

Heinrich VI. verleiht den Bürgern von Oallipoli, die voll 
Ergebenheit sich ihm angeschlosscfi haben U7id ihm zu dienen 
unlnschen, ihre Besitzungeny ihre Freiheit und ihre guten Gewohn- 
heiten, die sie zur Zeit der Kmige Roger und Wilhelm hatten; be- 
stätigt ihnen das Privileg Rogers und sichert ihnen für immer 

Reichsunmittelbarheit zu. 

1195 [Februar- April], 

In nomine sancte et individue trinitatis. Henricus sextus divina 
favente dementia Romanorum Imperator semper augustus et rex 
Sicilie. 

Quicquid de gratia nostra nostrorum votis* fidelium provida 
dispensatione conferimus, nostris quidem utilitatibus applicari videmur, 
quia quanto ad subiectorum commoda munifica liberalitate respicimus, 
tanto ad fidelioris obsequii vigilantiam eos i/racioaius invitamus. Hinc 
est, quod nos attendentes et pleno considerantes, ad fidelitatem nostram 
Gallipolitani cives cum quanta plenitudine devocionis accesserint et que 
grata nobis etiam^ cupiant obsequia exhibere, de nostre munificentie 
gratia concedimus et confirmamus eis tam presentibus quam futuria 
omnia tenimenta eorum, libertatem, bonos usus atque consuetudines, 
quas dudum predecessorum regum Rogerii et Guilielmi temporibus 
habuerunt, nihilominus etiam^ confirmantes eis Privilegium eorum, quod 
a rege quondam Rogerio habuerunt, firma quidem de cetero propositi 

a. vocis. b. et. 



1. Die Bestätigung ist übrigens nicht das Original, sondern eine Be- 
glaubigung aus Karls registrum anni 1298 et 99 ind. 12 lit, A, fol. 41. 



— 393 — 

nostri stabilitate querentes*^ cum tenimentis suis omni futiiro tempore in 
nostro nostrorumque heredum deraanio retinere. Ut igitur hec nostra 
liberalitatis ^ concessio et confirmatio eis et eoriim heredibus iirma 
perpetuo et inviolata permaneat et nulli [unquamj fidelium nostrorum liceat 
contraire®, presens Privilegium conscribi et nostro sigillo iussimus com- 
muniri. Si quis autem cuiuslibet temeritatis audacia contra hanc con- 
cessioriem et confirmationem nostram venire tentaverit vel eam infringere 
aut modo quolibet evacuare presumpserit, in ultionem temeritatis sue 
100. libras auri purissimi componat, medietatem camere nostre, reli- 
quam vero [partem iniuriam passis]. 

Huius autem rei' testes sunt Henricus Guarmaciensis episcopus, 
Gualterius Troianus episcopus et cancellarius regni nostri, Marcualdus^ 
senescalous noster, Henricus de Calendino et alii quam plures. 

Signum domini Henrici sexti Romanorum imperatoris invictissimi. 

Acta sunt hec anno dominice incarnationis 1195., indictione 13., 
regnante domino Henrico sexto ßomanorum imperatore gloriosissimo 
semper augusto et rege Sicilie, anno regni eins 24.,^ imperii vero 4., 
regni Sicilie 1. . 



Maririus, Matthäus und Wilhelm Marino aus Genua, Bürger 

Yon Messina. 

1197 September 25, Messina. Heinrich VL erwägt die frucht- 
reichen Dienste der Genuesen Marinus und Matthäus Marino, 
Vaters und Sohnes, die Heimat^ Verwandte und Besitz verliessen 
und mit einigen, von ihnen besoldeten Kriegern herüberkamen; 
giebt ihnen zum Ersatz die Lehen Masuca, Oualtieri u. s. w, im 
Val di Demina.^ 

Die Quelle ist der moderne Sammelband der Kommunal- 



a. gerentes. Die Aenderung wurde mir von befreundeter Seite empfohlen, 
b. libertatis. c. contradire. d. Marculdus. 



1. Nach dem damaligen Kanzleigebrauch würde man 25. erwarten, 

2. volle Ncvioris ist doch Schreibfehler. 



— 394 — 

bibliothek zu Palermo: Qq. H. 13 fol. 18.^ Er tnägt die Auf- 
schrift Diplomata ad diversas familias spectantia und enthält eine 
Fülle von Fälschungen.^ Dazu rechnete Stumpf 5079 a, dem 
Übrigens der Inhalt unbekannt geblieben war, auch unsere Ur- 
kunde. Ich glaube mit Unrecht. Wenn man 1195 in 1197 ge- 
ändert hat, sind die Daten in bester Ordnung. Am 24. 25. 27. 
September 1197 lässt Heinrich sich zu JMessina nachweisen.^ Die 
Jahre des Kaiserreiches und der Herrschaft in Sizihen stimmen; 
das 28. Jahr der deutschen Regierung war allerdings schon mit 
dem 15. August zu Ende gegangen, aber auch in den angeführten 
Urkunden vom 24. 25. 27. September findet sich der Irrtum, der 
also kanzleigemäss ist und für die Echtheit spricht. Die 1. In- 
diktion begann mit dem 1. September und begegnet uns dement- 
sprechend schon in Urkunde vom 12. September.* Am meisten 
aber entkräftet die folgende Bestätigung Friedrichs II. den 
Verdacht. 

1212 [Dezember], Speier, Friedrich II. verleiht und he- 
stätigt dem Wilhelm Marino wegen seiner Treue und guten Dienste, 
dann auch wegen der nielen Mühen, unter denen er ihn nach 
Deutschland hegleitet hat, ohne dabei Gefahren oder Kosten zu 
scheu£7i, die in der vorigen Urkunde aufgeführten Lehen seines 
Vaters. — Zeugen: die Erzhischbfe Adolf von' Köln, Sigfried von 
Mainz, Dietrich von Trier, Ber7ihard von Bari, Lupoid von Worms; 
die Herzöge Friedrich von Lothringen, Berthold von Zähringen, 
Ludmg von Baiern; Landgraf Hermaym von Thüringen; Robert 
von [SayJ Graf von Loritello; Walter Gentile Conetahel; Anselm 
Marschall, — Ego Conradu^ Spirensis et Metensis episcopus etc. 



1. Danach hat zuerst Winkelniann im Neuen Archiv Ilf 639 die Urkunde 
notiert. Aus demselhon Codex veröfteutlichte sie später Paolucci II parlamento 
di Foggia 29, Q. H. 3 statt 18 schreibend. Ich sehe von einer Wiederholung 
ab, doch wird Manchen, denen Paoluccis Druck unzugänglich ist, mein Regest 
willkommen sein. 

2. Vgl. z. B. Winkelmann Acta imp. I 208 Nr. 224 Anm. und 220 Nr. 
238 Anm. Indes sind in den Band auch eclite Urkunden eingetragen, z. B. 
Winkelmann I 76 Nr. 82. 

8. St. 6079. — Langlois Les registres de Nicolas IV. p. 717 Nr. 5164. 
— Stumpf Acta 600 Nr. 430. 
4. St. 6077. 



— 395 — 

recognovi. — Per manus Bertoldi de Niffe imp. aule prothonotarii 
et vicedomini Tridenüni. 

Die Urkunde stammt nicht aus derselben, wenig Vertrauen 
einflössenden Quelle, wie die vorausgehende. Zwei Abschriften 
gleichlautender Beglaubigungen bewahrt das Staatsarchiv zu 
Palermo: Protonotaro 21 fol. 126 und Cancellaria 38 fol. 181. 
Jener Ueberlieferung bediente sich Paolucci II parlamento di 
Foggia 29: mit den Zeugen beginnend, brachte er den Schluss 
zum Abdrucke; dieser entnahm Herr Dr. A. Garufi eine Kopie, 
die er mir gütigst überlassen hat. Mit ihrer Hilfe kann man 
einen besseren Text herstellen, als der, welcher in den Ca- 
pibrevi di G. L. Barberi ed. Silvestri II 179 vorliegt. Zur 
Kontrolle dient eine ganz ähnliche Urkunde für den Erzbischof 
von Bari.^ Der. Wortlaut ist vielfach -derselbe; auch die Zeugen 
sind dieselben, der Kanzler, der'Protonotar, der Ausstellungsort. 
Danach durfte ich denn auch den fehlenden Monat ergänzen, 
die Herkunft des Grafen von Loritello in die offen gelassene 
Lücke einsetzen, erst recht den Herzog von Thüringen in den 
von Zähringen verwandeln. Aber der Vergleich lehrte dann 
auch, dass es nicht gestattet ist, den Erzbischof Lupoid von 
Worms in seinen wahren, niedrigeren Stand zurückzuversetzen. 
Denn der Fehler kehrt in der Urkunde für den Erzbischof von 
Bari wieder! Die Uebereinstimmung dient meines Erachtens zu- 
gleich als Gewähr für die Echtheit. Wenn aber Friedrichs Ur- 
kunde für Wilhelm Marino gesichert ist, dann gewinnt die be- 
stätigte, die Heinrich dem Marinus und Matthäus Marino aus- 
stellte, eine weitere Stütze. 



Mondovi. 



Friedrich IL nimmt die Leute von Mondovl, nachdem sie ihren 
Ort mit allen Rechten ihm aufgelassen haben, in seinen besonderen 
Schutz ; bestätigt ihre guten Gefivohnheiten ; bewilligt, dass sie nur vor 
ihm, seinen Legaten oder dem von ihm bestellten Kapitän des Ortes 
zu Recht stehen sollen^ dass Abgesandter und Kapitän in zivilen 
Sachen sich mit den hergebrachten Geldstrafen zu begnügen habe. 
123S März, Cuneo, 

1. B.-F. 683 Huillard 1 232. 



— 396 — 

Federicus dei gratia Romanorum imperator et semper augustus, 
Jerusalem et Sicilie rex. 

Fidelium nostrorum oppressionibus pie oompati cogimur et eorum 
gravamina provide relevare. Inde est igitur, quod constitutis in pre- 
sentia maiestatis iiostre hominibus M[ontisJ R[egalis] fidelibus nostris 
et exponentibus oppressiones et gravamina, statu imperii vacillante 
dudum illata sibi a convicinis suis et circumadiacentibus locis, qui 
viribus preminebant eisdem et ipsos sue iurisdictioni submittere cona- 
bautur, de recipiendis eis sub nostra et imperii protectione eulmini 
nostro humiliter supplicarunt, ut ad hoc clementiam nostram inclinare 
possent facilius, locum ipsum, mixtum et merum imperium et iurisdic- 
tionem, pedagia et quidquid iiabuerunt hactenus, in manibus nostris 
[et imperii]* propense ac liberaliter resignando. Nos itaque supplica- 
tionibus suis favorabiliter inclinati homines loci eiusdem et ipsum locum 
cum Omnibus pertinentiis suis sub nostra et imperii protectione rece- 
pimus speciali. Confirmavimus eis preterea omnes bonos usus et 
consuetudines approbatas, quibus usque ad hec felicia tempora nostra 
sunt usi, concedentes eisdera, ut nonnisi in curia nostra vel legatorum 
nostrorum aut capitanei nostri, qui loco eidem de mandato nostro pre- 
fuerit, tarn in criminalibus quam in civilibus causis conveniantur ad 
iusticiam faciendam. De habundantiori quoque gratia nostra concessi- 
mus eis, ut nuntius et capitaneus noster, qui de mandato nostro vel 
legatorum nostrorum in eodem loco pro tempore fuerit ordinatus, con- 
tentus sit in civilibus causis illis penis, bannis et mulctis, quas infli- 
gendas pro iniuriis, dampnis datis, conviciis, plagis, et hiis similibus 
hactenus statu erunt. Presentis igitur scripti auctoritate mandamus et 
firmiter inhibemus, quatenus nulla omnino persona sit, que predictos 
[homijnes M. R. fideles nostros contra huius protectionis, [concessjionis 
et confirraationis nostre teuerem in predictis [aut ajliquo predictorum 
inquietare aut molestare [prejsumat; quod qui presumpserit preter in- 
dign[ationem nostram penam] 50. librarum auri se Jioverit incursurum, 
medietatem quarum camere nostre et reliquam medietatem eisdem fideli- 
bus nostris decernimus exsolvendam. Ad huius autem protectionis, 
concessionis et confirmationis nostre memoriam et robur perpetuo valitu- 
rum presens scriptum fieri et sigillo maiestatis nostre iussimus muniri. 

Datum aput Cuneum anno dominice incarnationis 123B., mense 
Martii 11 indictionis. 

Sc ha US aus später Kopie auf einem stellenweise beschädigten 

a. nostris p . . sse nobis. Hinter p . . sse hat der Schreiber als seine Ver- 
mutung pro posse gesetzt. Für das folgende propense stand wohl, wie in den 
entsprechend en Urkunden, p r e c i s e. 



— 397 — 

Blatt, — Turin Biblioteca del Re Mise. Patr. CXLI 4, — es trägt die 
Ueberschrift: Ex libro iiistrumentorum Moiitis Regalis. Dieses 
Buch, das nach dem Inhaltsverzeichnis 1. c. 20 das Privileg auf f. 38 
enthielt, war anscheinend im 14. Jahrhundert angelegt. — Die einge- 
klammerten Ergänzungen ergeben sich aus den gleichzeitigen und fast 
ganz übereinstimmenden Urkunden fftr Savigliano, B.-F. 2322, jetzt aucli 
bei Turletti Storia di Savigliano IV 82, und für Cuneo, ß.-F.-W. 14730bis, 
ferner aus der für Chieri, B.-F. 2321, die aber um einige wichtige 
Bestimmungen reicher ist, als die drei anderen. Turletti 1. c. I 117 
erwähnt das Privileg für Mondovi mit genauer Tagesangabe, die auf 
einem Irrtum beruht, und spricht auch von einem „ähnlichen" für das 
Kloster San Dalmazzo bei Cuneo; vgl. Call igaris Atti della r. accademia 
delle scienze di Torino XXVI 911 Anm. 2. 



Narni und Terni. 

A. Winkelmann übersandte mir aus dem Nachlasse seines 
Vaters die von T. Wüstenfeld herrührende Abschrift einer un- 
datierten Urkunde, die im Archiv von Terni beruht. Coradus, 
Erzbischof von Mainz und Generallegat für Italien, schenkt darin 
Terni, das sich vieler Unthaten schuldig gemacht habe, dem 
benachbarten Narni; es geschieht annuente et consentiente Conrado 
ducatus Spoletani legato. Dieser Konrad heisst seit 1183 regel- 
mässig Herzog von Spoleto:' vor 1183 gab es keinen Erzbischof 
von Mainz namens Konrad, der Generallegat für Italien war. 

Alles würde vortrefflich in einander greifen, wenn man 
Coradus in Cristiamis ändern dürfte. 

Erzbischof Christian von Mainz, Generallegat für Italien, 
hatte im Oktober 1173 die Belagerung Ankonas aufgehoben.^ Er 
rückte in das Herzogtum Spoleto; eine Urkunde zeigt ihn am 
13. Februar 1174 in Foligno,^ daran reiht man am passendsten 



1. Ficker Forschungen zur ital. Reichs- u. Rechtsgeschichte TI 242. 248. 

2. Annal. Pisani M.Ü. SS. XIX 265. 

3. Nach dem älteren Drucke von ßussi Istorie di Viterbo 398 hat Varren- 
trapp Erzb. Christian von Mainz 136 Nr. 99 die Urkunde zu 1173 gesetzt, doch 
trägt sie in dem neueren Drucke Pinzi Storia di Viterbo I 178 die überein- 
stimmenden Daten 1J74 indict, 7. Ebenso in einer Abschrift, die Bethmann 
vom Original genommen hat. 



— 3 B — 

sein Unternehmen gopen Terni. Aus unbekannter, doch offenbar 
guter Quelle berichtet nämlich Sigonio: Christiamis, cum exerdtum 
ex marchia (sc. Anconitana) in ducatum Spoletanum duodsset, 
Interamnam in partibus ecclesiae stantem expugnavit eamque magna 
ex parte suhve^'tit} Nun wäre ja Nichts natürlicher, als wenn er 
gerade jetzt, wie es in der Urkunde heisst, die Ternesen ver- 
trieben und ihr Gebiet den Narnesen verliehen hätte. Schon am 
2. Mai 1174 befand er sich nicht mehr im Herzogtum, sondern 
in Tuscien.* 

Die Entwicklung ist sehr einfach, und Jeder würde ohne 
Bedenken unsere Urkunde nach dem 13. Februar und vor dem 
2. Mai 1174 einreihen, wenn nicht Coradus es verböte. Doch 
ich sehe einen Ausweg. Von allen Akten des Generallegaten 
Christian nennen meines Wissens nur zwei, statt des vollen 
Namens, blos dessen Anfangsbuchstaben, dem dann ein kleiner 
Raum folgt. Diese beiden sind: die vom 13. Februar und 2. 
Mai 1174.^ Dazwischen würde nach meiner obigen Ausführung 
unser Diplom gehören. Auch hier möchte es doch geheissen 
haben: C . . . dei gratia. Ist die Vorlage Wüstenfelds eine 
Abschrift gewesen, so hat der Kopist die Initiale zu Coradiis er- 
gänzt: war sie das Original, — wie ich glaube, — dann blieb nach 
dem C . . . wohl soviel Platz, dass Jemand orad' einfügen konnte. 

Die Form ist tadellos; ja, ein Anklang in der Einleitung 
deutet auf denselben Diktator, der die Urkunde vom 13. Februar 
entwarf; das eine Mal lässt er den Erzbischof beginnen: Impera- 
torie maiestatis consuetudo nostram prudenier admonet et erudit 
prudentiam, ut eos, qui fide ac devotione circa imperii gloriam et 
honorem refulgere dinoscuntur etc., das andere Mal: Imperatorie 
maiestatis consuevit prudentia, de imperio benemerentes, quorum vide- 
licet preclara obsequia circa sue dignitatis gloriam refulgere comperit etc. 



1. Hist. de regno Italiae 536 ed. 1575. Varrentrapp hat sich die Notis 
entgehen lassen; die Glaubwürdigkeit würde er ihr gewiss nicht bestritten 
haben. 

2. Mittarelli et Costadoni Annal. Camald. IV Append. 46. Rena e Camici 
Serie dei duchi di Toscana IV d 91. 

3. In der Urkunde vom 13. Februar hat Pinzi 1. c. zwar den Namen aus- 
drucken lassen, aber Bethmann schreibt nur ein C, dem ein Raum für zwei 
oder drei Buchstaben folgt; die Urkunde vom 2. Mai beginnt bei Mittarelli et 
Costadoni 1. c. C . . dei gratia, bei Camici 1. c. C. . , . dei gratia. 



— 399 — 

Es bleibt noch die Frage, auf welchem Wege die Urkunde 
ins Archiv von Terni kam. Wie ich vorausschicke, deutet die 
Provenienz doch darauf hin, dass Wüstenfeld ein Original vor 
Augen hatte. Die blosse Abschrift einer Urkunde, die ihnen 
ein so ungünstiges Zeugnis ausstellte, die ihnen Falschmünzerei 
vorwarf, hätten die Ternesen schwerlich aufbewahrt. Hatte 
Narni dagegen das Original ausliefern müssen, so war es für 
Terni ein wertvoller Besitz: Narni konnte nie wieder Ansprüche 
erheben, da das Instrument, das allein sein Recht begründete, in 
Händen der Ternesen war. Ich erinnere an einen ähnlichen 
Fall. Pfalzgraf Ludwig erbeutete das von König Rudolf aus- 
gestellte Zeugnis, wonach sein ihm verhasster Bruder kurfürst- 
liche Rechte ausgeübt ha])e: es zurückzugeben, war er nicht zu 
bewegen.^ Narni muss sich wohl oder übel dazu verstanden 
haben, sein Privileg den Ternesen zu überlassen. Das möchte 
schon 1187 geschehen sein; denn damals hatte Herzog Konrad von 
Spoleto den Konsuln und allem Volke von Terni ihre sämtlichen 
Unthaten verziehen, in des Kaisers, des Königs und seinem 
Namen.' Also war Narni aus dem Besitze Ternis verdrängt; 
und gleichzeitig musste es durch Uebergabe des Privilegs das 
Seinige thun, den Ternesen die wiedergewonnenen Rechte zu sichern. 

Erzhischof Christian von Mainz, Generallegat für Italien^ ver- 
treibt die Ternesen wegen mannigfacher Unthaten, namentlich auch 
ivegen Fahchmünzerei, aus ihrem Oebiet und schenkt die bisher von 
ihnen bewohfite Insel den Narnesen, um sie für ihre Dienste und 
für eine dem Reiche gemachte Zahlung zu belohnen. 

[1174 März, April,] 

C* dei gracia Maguntine sedis archiepisco})us, Germaiiie archi- 
cancellarius et sacri imperii per Italiam legatus. 

Imperatorie maiestatis coiisuevitprudentia de imperio benenierentes, 
quorum videlicet preclara obsequia circa sue dignitatis gJoriam refulgere^^ 
comperit, affectuosediligereethonoribusetbeneficiis ampliare,*^ flagitiosos^ 
vero et variis criminibus obnoxios miilte animadversionis censura et riignis 

a. Coradus W. b. refulglere W. c. plicare W. d. flai- 

tiosoB W. 

1. Sitzgsb. der philos. phil. histor. Klasse der k. b. Akad. 1884. S. 479 ff. 

2. Böhmer-Ficker Acta 606 Nr. 894. 



— 400 — 

ictibus ferire. Unde nos ipsius exerapla sequi desiderantes, Teramp- 
nensem populum multiplicibus criuiiuibuB*' et diversis facinoribus in- 
crepitum, specialiter super false monete compositione infarai,^ cogente 
suoruni immensitate scelerum, ab incolatu** eliminavimus et ipsam in- 
sulam, videlicet totum locum inter Terampnensium flumiiium alveos 
situra, civitatis Narniensis iiicolis fidelium servitiorum gratia et coUa- 
tionis^i pecunie, que pro supplendis necessitatibus imperio imminentibus 
nobis favorabili devotione impeiiderunt, in frequenti procinctu curie 
nostre, annuente et consentiente Conrado ducatus Spoletani legato, 
imperiali auctoritate et nostra conceximus® atque^ tradidimus habeiidum 
et perpetuo possidendum. Statuimus quoque et imperiali qua fungimur 
auctoritate precipimus, ut iiulla civitas, nullum castrum, nullus locus, 
nulla potestas, nulla omnino persona parva vel magna predictos cives 
seu qui eius comitatus sunt super hac nostra concessione totius supra- 
scripte insule Terampnensisg molestare vel inquietare presumat. Si quis 
autem huius nostre concessionis violator extiterit, 1000 libras auri optimi 
pro pena solvat, medietatem camere imperiali et reliquam partera civitati 
Narniensi. Si vero inferioris fuerit facultatis, totius substantie et 
possessionis sue dampnum incurrat. Ut autem hec veriua credantur, 
Scripte committimus et sigilli nostri impressione^* iuximus^ communiri 
et confirmari. 



Nicosia. 

Gregorio Considerazioni sopra la storia di Sicilia II Prove 
ed annotazioni 38 hat aus dem Stadtarchiv von Nicosia das 
Bruchstück einer Urkunde Friedrichs II. veröffentlicht. Huillard- 
Bröholles Historia diplomatica Friderici secundi I 913 besorgte 
einen Neudruck. Man wusste nur, dass das Privileg im Jahre 
1209 erlassen war: Ort, Tag und Monat blieben unbekannt. Diese 
lernte man erst jüngst aus einer Anführung, nämlich in I capi- 
brevi di G. L. Barberi ed. Silvestri II 256: „1209 Mai 8, Nicosia". 
Aber der Wortlaut fehlte immer noch. Da indes die Kommunal- 
bibliothek zu Palermo einen Band Urkundenabschriften Gregorios 
selbst enthält, — Qq. G. 12 — so durfte ich hoffen, darin auch 
das Diplom Friedrichs zu finden. In der That, auf fol. 727 ist 

a. multiplicante criminum W. b. infamie W. c. incolatua W. 

d. collatione W. e. sie! f. adqne W. g. Terni W. h. si- 

gillo nostro impressionis W. i. sie! 



— 401 — 

es in eine Bestätigung Aifonsos des Grossmtitigen von 1453 ein- 
gerückt. Gregorio entnahm seine Kopie aus dem Privilegien- 
buche von Nicosia. 

Friedrich II. bestätigt den Leuten von Nicosia, die seinen 
Eltern und ihm selbst reine Treue und danJcenswerte Dienste er- 
tviesen, die auch Mühen und Schäden für ihn getragen haben, alV 
ihre guten Gewohnheiten; bestätigt ferner das Privileg seines Vaters, 
der ihnen von den 296, zur Zeit Wilhelms IL gestellten See- 
soldaten 140 erlassen hatte; erlässt ihnen nun auch die übrigen 
156; befreit sie von Leistungen^ die sie dem Arsenal zu Mascali 
schuldeten; gestattet ihnen unentgeltlich trochenes Holz zu sammeln; 
sichert ihnen den freien Besitz von Vaccarra, 

1209 Mai, Nicosia, 

Fridericus divina favente dementia rex Sicilie, ducatus Apulie 
et principatus Capue. 

Apud benigni dementia m prindpis adsecuturus meritum fidelis 
obsecutor accelerat, dum ei constanter obsequitur, cui munificentia 
suggerit et disponit industria, ut subiectorum servitia non debeant 
inremunerata transire. Inde est, quod nos attendentes fidei puritatem 
et grata servitia, que vbs, homines Nicosini, fideles nostri, domino im- 
peratori et domine imperalrici, quondam parentibus nostris dive memorie, 
[etj nostre celsitudini studuistis hactenus fideliter exhibere, conside- 
rantes etiam labores et dampna, que pro nostra fidelitate multipliciter 
passi estis, volentes vobis tamquam benemeritis respondere, de [mera] 
gratia et consueta munificentia nostra perpetuo concedimus et confir- 
mamus vobis et successoribus vestris omnes bonos usus et consuetudines, 
quibus temporibus felicium regum predecessorum nostrorum usi estis. 
De abundantiori nostra munificentia et eiusdem imperatoris, patris 
nostri, largitionibus inherentes perpetuo confirmamus vobis et succes- 
soribus vestris id, [quod] vobis a patre [nostro] domino imperatore per 
suum Privilegium est concessum, videlicet, cum 300. marinarios minus 4. 
tempore regis Guglermi secundi pro servitio stoli curie nostre singulis annis 
dare consueveritis, 140 ex ipsis, qui ab eodem patre nostro vobis, sicut 
patet tenore sui privilegii, sunt remissi, vobis et successoribus vestris 
perpetuo duximus remittendos, et ut de bono in melius ad fidelitatem 
et servitia nostra nostrum beneficium vos inducat, reliquos 156^ mari- 
narios Vobis et successoribus vestris de nostre liberalitatis abundantia 

a. 146. 
Scheffer-Boichorst, Zui^ Gesch. des XII. u. XIII. JahrhimdertB. 26 



— 402 ~ 

perpetuo relaxaraus. Gondonamus etiam vobis perpetuo servitium ligoa- 
minum, que in darsina Mascali annuatim attrahere et conducere debe- 
batis necnon et totum terragium et quamlibet dationem, quam annuatim 
curie nostre dare consuevistis de terris casalis Migeti, ut libere et ab- 
solute terras ipsas absque omni datione perpetuo possideatis. Con- 
cedimus iterum, ut perpetuo liceat vobis et heredibus vestris libere et 
sine aliqua exactione forestagii capere et deportare ligna sicca, ubi- 
cumque inventa fuerint, et in nemoribus demanii nostri. Insuper de* 
nostre liberalitatis abundantia perpetuo concedimus et donamus vobis 
et successoribus vestris libere possidendum Petram Asgot^ . . alias 
La Vaccarra cum omnibus iustis tenimentis et pertinentiis suis; man- 
dantes et 'firmiter precipientes, ut nullus vos vel successores vestros 
deinceps de predictis omnibus quomodolibet molestare presumat. Ad 
huius autem concessionis, confirmationis et remissionis nostre memo- 
riam et robur perpetuo valiturum presens Privilegium per manus 
Andree notarii et fidelis nostri scribi et maiestatis nostre sigillo pre- 
cepimus communiri anno, mense et indictione subscriptis. 

Datum Nicosini per manus Gualterii de Palearia venerabilis Ca- 
tanensis episcopi et regni Sicilie cancellarii, anno dominice incarna- 
tionis 1209, mense Madii 12 indictionis, regni vero domini nostri 
Friderici dei gratia gloriosi regis Sicilie, ducatus Apulie, principatus 
Oapue anno 12, feliciter amen. 



Pisa. 

- In Bonainis Sammlung zur Geschichte Pisas* entbehre ich 
zwei JJrkunden ; 2 die eine gab Markgraf Ulrich der Stadt, die 
andere Friedrich I. Jene verdanke ich einer Kopie Pickers, 
der einem Original im Staatsarchiv zu Lucca folgte,^ diese be- 

a. et. b. Einige Buchstaben sind durch den Einband unsichtbar geworden. 



1. Diplomi Pisani inediti e regesto delle carte a stampa. Archivio storico 
italiano VIb. 

2. Von jetzt gedruckten Akten mag man ergänzen a) den Brief der Pi- 
saner an Konrad III., Neues Archiv XVI 182, b) die Urkunde des Erzbischofs 
Christian von Mainz d. d. in pontili plehis de Ponte fessio 1172 ind, 4. 10 die 
Junii, Fonti per la storia d'Italia XI 253 Anm. 

3. Aus dem Bestände Miscellanee. Davidsohn Gesch. v. Florenz T 429 
Anm. 1 führt dieselbe Urkunde aus dem Staatsarchiv von Pisa an. 



— 403 — 

findet sich in den Privilcgia civitatis Pisarum, einer Handschrift 
des 14. Jahrhunderts, die früher im Besitze des Klosters S. Sal- 
vatore zu Bologna war, jetzt auf der dortigen Universitäts- 
bibhothek aufbewahrt wird, Nr. 2385 S. 38.^ Danach hat G. A. 
Zanetti Nuova raccolta delle monete e zecche d'Italia II 415 ein 
winziges Bruchstück veröffentlicht: der weitaus interessanteste 
Teil blieb ungedruckt. Das Ganze hat Seh aus aus dem Codex 
für mich abgeschrieben. 

Markgraf Ulrich von Titsden üherlässt dm Pisanern auf 10 
Jahre 'das Ufer ihrer Stadt mit allen zugehörigen Rechten, nament- 
lich auch denen der Mark; wahrt den Lucchesen das ihnen daran 
zustehende Recht; bedingt, dass das Ufer nach 10 Jahren ihm, 
seinem Sohne oder Nachfolger als ein verbessertes zurückgegeben 
werde; tnfft Bestimmungen über die Gerichtsbarkeit und Ernennung 
der Uferwärter, 

1139 Juli 25, Pisa. 

In eterni dei nomine, amen. Ego Uodalricus dei gratia marchio 
Tuscie dimitto vobis consulibus qui estis de Pisana civitate, videlicet 
Gerardo vicecomiti, Pelavicino Giialandi, E,iccio Lamberti, Anfosso, 
Albithoni filio Petri, Mancio, Ugoni Dodonis, Kiccio Rolandi, Bolgarino 
Guidonis vestrisque successoribus et cunto * Pisano populo ripam eius- 
dem civitatis pro amore vestro et servitio cum omni iure, quod datur 
aut sumitur aut exigitur quocumque modo et a flumine et a burgis 
eius ; et totum ius quod de supradicta ripa pertinet ad marchiam , sicut 
dixi, dimitto vobis ab hodie usque ad 10. annos expletos pro amore 
vestro et servitio. Illud vero ius, quod Lucenses habent, quod' habu- 
erunt antequam ego marchio fuissem, de supradicta ripa, sicut mani- 
festum est, hoc, scitote, non dimitto vobis. Eo itaque modo supra- 
dictam ripam dimitto, ut post 10. annos eandem ripam michi vel filio 
meo vel successori melioratam, sicut laudastis, et non peioratam red- 
datis. Si quis ergo vos in hac ripa infra supradictum tempus molestare 
temptaverit, voluntatem nostram bonam perdet et mihi 200. libras 
optimi argenti conponat. De ripariis autem illud constituo, ut sint in 
vestra potestate ad terminum unius anni et infra istum terminum 
quandocunque volueritis habeatis potestatem, eligere homines 3. bonos, 
qui iurent secundum conscientiam suam, iudicare iustitiam vestram. 



a. SIC. 



1. Vgl. Bethmann in Portz' Archiv XII 578. 

26* 



— 404 — 

quam per me habetis et iustitiam ipsorum ripariorum, hoc videlicet 
modo, ut si vos consules et qui iuraverunt viderint, eosdem riparios 
esse utiles in ipsa ripa, remaneant, si autem viderint, eos esse non 
idoneos et inutües, consilio meo et vestro aut certi mei missi eligantiir 
alii, si mihi placuerit interesse per me, vel meum uuntium. Hec 
omnia observabimus sine fraude. 

Hoc factum est in publice parlamento Fisau^ civitatis sub testi- 
monio istorum, quorum nomina subter leguntur: Wolftrigel, Meribot, 
Herman, Engilmar, Wolfram de Montealto, qui sunt fideles marchionis 
de curia eins; et de marchia Tuschie testes sunt: comitis Alberti ßlius 
Nontiiova vocatus de Prata», Paganus quondam Rolandi, Tancredus 
advocatus Lucensis, et de Pisana civitate: Petrus vicecomes,* Dodo 
Teperti, Gattabianca quondam Pipini, Albertus, ßotrus, Ebriacus, 
Sanbrus, Ugo notariuset Albertus filius et aliorum multorum adstantibus *^ 
anno dominice incamationis 1140. 8. kal. Augusti, indictione 2. . 

S. Ego Albertus notarius apostolice sedis iussione predicti 
marchionis hec scripsi. 

Friedrich L feiert die Orossthaten der Pisaner, namentlich 
ihre Bezwingung Major cas, Amalfis, Salernos und Ravellos; be- 
stätigt ihnen zum Lohne das Münzrecht ;^ sichei^t ihrem Geld den 
Kurs durch ganz Italien; gestattet ihnen, je nach Bedürfnis das 
Gewicht zu erhöhen oder zu vermindern, und ermächtigt die Konsuln 
zu angemessener Bestrafung derer, welche die Annahme des Pisaner 
Geldes untersagen oder es fälschen. 

1155 August 25^ im Gebiet von Faenza, 

In nomine sancte et individue trinitatis. Fredericus divina favente 
dementia Romanorum imperator semper^ augustus. 

Principalem munificentiam decet, virtutum premia merentibus tri- 
buere et fidelissimos quosque dignis bonorum gradibus provectos ceteris 
circa res imperiales devotis in exemplum et bone spei signum collocare. 
Inde est, quod Pisanam civitatem pre cunctis urbibus Ytalie non inmerito 
diligimus et totius honoris acsingularisgratieprivilegio decorare festinamus. 
Siquidem Pisanus populus preclarus preclaris virtutum operibus terra 

a. sie. b. ixup. oesar aug. 



1. Es war ihnen schon von Konrad III. verliehen worden; sie übten es, 
wie in der Urkunde bei Carli-Rubbi Delle monete e dell' instituzione delle zecche 
d'Italia II 154 gesagt wird, ex concessione seu dactione Conradi regis aut Fri- 
derid imperatoris. Daher die Bestimmung: contifieatur in moneta, quam Pisani 
fabricari debent, nomen Frederid aut Conradi. 



— 406 — 

marique celebris limites Europe, in qua sedem et domicilium imperii 
habemus, probitate et industria non solum ornat et tuetur, verum etiam 
Asie et Africe gentibus et terrorem infert et rebellandi audaciam minuit. 
Pisanus populus Baleares insulas, que nunc Maiorica dicuntur, incredibili 
virtute et potentia ad imperii nostri augmentum et belle superavit et 
artissima obsidione perdomuit regeque subacto coronam regni illius 
et gladium ad presentiam dive recordationis Henrici imperatoris, avun- 
culi patris nostri, ob titulum laudis et glorie destinavit. Pisanus 
populus contra Rogerium Sicilie tyrannum et imperii nostri fines 
vexantem bis cum ingenti classe et valido exercitu apud Malfiam et 
Salernum strenue decertavit destructaque civitate, cui Rabelio nomen 
est, integre circa imperium nostrum fidei preclara monimenta et in- 
mortalis glorie insignia reliquid. Pisanus itaque populus dignus est, 
ut a nobis et cunctis imperatoribus Romanis singularis cuiusdam in- 
munitatis beneficio et precipue libertatis privilegio sublimetur, ut tam 
ei laboris emolumenta reddantur, quam ceteris fidelibus nostris fiducia 
sperande retributionis in patulo proponatur. Pisano igitur populo inter 
alia munificentie nostre opera dedimus et [per] hanc pragmaticam 
sanetionem. in perpetuum confirmavimus percussuram monete, ut videlicet 
habeat Pisana civitas nunc et in perpetuum ius et potestatem mone- 
tandi et cudendi proprium nummisma habeatque ipsa moneta cursum 
per banni nostri auctoritatem et sit dabilis*^ non solum in civitate 
Pisana verum etiam in cunctis Ytalie partibus, nee sit licitum uUi 
persone maiori minorive, non duci, non marchioni nee in aliqua digni- 
tate homini constituto Pisanam monetam contradicere vel a suo cursu 
prohibere; set liceat Pisano populo iuxta utilitatem suam et temporis 
opportunitatem monetam suam inmutare et tam de graviori ad levius 
pondus, quam de leviori ad gravius ipsum nummisma transferre. Et 
ut hec donatio sive confirmatio rata et inconvulsa permaneat, presentem 
paginam sigillo nostre maiestatis insigniri iussimus manuque propria 
corroborantes idoneos testes subnotari fecimus. 

Quorum nomina hec sunt: Arnoldus Coloniensis archiepiscopus 
Italici regni archicancellarius, Anseimus Ravennas archiepiscopus, Pe- 
legrinus Aquileiensis patriarcha, Hillinus Trevirensis archiepiscopus, 
Henricus Leodiensis^ episcopus, Ordlibus° Basiliensis episcopus et alii 
multi principes. 

Quodsi quis contra hanc constituctionem venire presumpserit, 
100. libras auri purissimi persolvat, quarum medietatem camere nostre 
inferat, reliquam vero predicte civitati componat; consules vero nostra 

a. dapsidis. Graphisch iRge ja am nächsten dapsilis; dem Sinne aber scheint 
mir das von Ducange angeführte Wort dabilis besser zu entsprechen. b. Teo-» 

diensis. c. Ordewus. 



— 406 — 

auctoritate tanta sint prediti potestate, ut siquis hanc monetam contra- 
dixerit vel falsaverit, tarn in persona, quam substantia ipsius con- 
petentem animadversionis vindictam absque uUius contradictione exer- 
ceant. Et quam voluerint formam et cuneum in nummo * , quem fecerint, 
imprimant, salvo tamen per omnia iure imperial!. 

Signum domini Friderici Romanorum imperatoris invictissimi 
augusti. 

Ego Arnoldus Coloniensis archiepiscopus Ytalici regni arcliican- 
cellarius recognovi. 

Actum in territorio Faventino, 8. kalendas Septembris anno 
dominice incarnationis 1155, indictioue 3., imperante domino Friderico 
ßomanorum imperatore glorioso, anno imperii eins 1., regni 4. . 



Petrus Bicchieri aus Vercelli. 

Friedrich IL befreit in Anbetracht der guten Dienste^ die er 
ihm geleistet hat, den Petms Bicchieri und seine Erben von dem 
Treueide, durch den er dem Verräter Peter Grafen von Masino 
wegen der Burg Azeglio verpflichtet war; tvill dass er für sein 
Lehen fortan nur dem Reiche diene und entspreche. 

1248 Juni, Torricella.^ 

Fridericus dei gratia Romanorum imperator semper augustus, 
Jerusalem et Sicilie rex. 

Benemeritis cesarem providere fidelibus, etsi gratie plenitudo 
suadeat, servitiorum quodammodo gratitudo compellit, ut dum grata 
fidelium remünerantur obsequia, fiant quasi per debitum gratiora. Per 
presens itaque scriptum notum facimus universis imperii fidelibus, 
tam presentibus quam futuris, quod nos attendentes fidem puram et 
devotionem sinceram, quam Petrus Bicherius de Vercellis fidelis noster 
erga nos et imperium habere dignoscitur, ^ considerantes quoque grata 
servitia, que eulmini nostro semper exhibuit et exhibere poterit in 
antea gratiora, eumdem Petrum, filios, filias et heredes suos a fideli- 

a. nnxnero. 



1. Ueber den Ort vgl. B.-P. 3703. 

2. Am 30. Juni 1248 widerrief Vercelli den am 10. Juli 1243 über Peter 
verhängten Bann; um den 1. Oktober führte er kaiserliche Truppen in Ver- 
celli ein. 



— 407 — 

täte, quam quondam comiti Petro de Maxino proditori nostro vel eius 
successoribus idem Petrus Bicherius prestare tenebatur ratione castii 
Azelii, quod ab ipso comite tenebat in feudum, de speciali celsitudinis 
nostre gratia duximus absolvendos, ita quod amodo in antea nulli alii 
preterquam nobis et nostris in imperio successoribus de Castro predicto 
servire et respondere teneantur, presentis scripti auctoritate mandantes, 
quatenus nuUus sit, qui prefatum Petrum, filios, filias et heredes suos 
contra presentis absolutionis nostre tenorem, quousque in nostra et 
imperii iidelitate perstiterint, impedire aliquatenus seu molestare pre- 
sumat. Quod qui presumpserit preter indignationem nostri culminis 
quam incurret, 100. marchas argenti pro pena se compositurum agnoscat, 
medietatem passis iniuriam et reliquam medietatem nostre curie apli- 
candam. Ad cuius rei memoriam et perpetuam iirmitatem presens 
scriptum per Dominicum de Aiixano notarium et fidelem nostrum scribi 
et sigillo maiestatis nostre iuiäsimus communiri. 

Data apud Turricellam anno dominice incamationis 1248., mense 
Junii 6. indictionis, imperante domino nostro Friderico dei gratia in- 
victissimo Romanorum imperatore semper augusto, Jerusalem et Sicilie 
rege, imperii eius anno 28., regni Jerusalem 23., regni vero Sicilie 50., 
feliciter amen. 

Die Urkunde fand Seh aus in einer Druckschrift, die der 
Aggiu/iüa di Sommario nella causa della signora marchesa Teresa Taparella- 
Fonsone di Montaner a contro li signori marchese Carlo Fonsone, conte d'Äzeglio^ 
ed AJessandro Fonsone, ammesso al benefizio de* poveri angebunden ist. 

Turin. Archivio Camerale. Declaratorie 1753. 3. f. 209. Sie 
erscheint da als eine Beglaubigung des Originals. 



Chronologisches Verzeichnis der Urkunden/ 

Seite. 

1. Papst Leo IV. für Erstein. 850 April 28 363 

2. * Kaiserin Irmgard über die Verpflichtungen der Ersteiner 

Ministerialen. 853 368 

3. öegenpapst Gregor VIII. an Heinrich V. [1120 Oktober, Sutri]. 80 

4. Markgraf Konrad von Tuscien [angeblich Kaiser Konrad II.] 

für Lucca. 1121 August 19, Castellina 60 

6. Instrument über die Belehnung der Kirche St. Martin zu 
Lucca mit den ihr von Markgraf Konrad geschenkten 

Gütern. 1121 August 61 

6. Konrad IIL für Farfa. 1138 Nürnberg [angeblich Rom]. . . 93 

7. Markgraf Ulrich von Tuscien für die Pisaner. 1139 Juli 25, Pisa. 403 

8. Friedrich I. für Chiavenna. 1152 August 1, Ulm 119 

9. Die Vassalien des Bischofs von Vercelli bestimmen ihre Pflichten 

für den Römerzug. 1154 Mai 15 21. 

10. Friedrich I. für Pisa. 1155 August 25, bei Faenza. . . . 404 

11. Friedrich L für Chiavenna. 1157 oder 1158 Februar 2,. Ulm. 120 
12.* Friedrich L für Cavriana. 1158 November 1, Rivoli. ... 388 

13. Friedrich I. für ßellefontaine. [1162 April- Juni, Pavia]. . . 165 

14. Friedrich I. für ßrenzone. 1163 [November- Dezember], Lodi. 58 

15. Friedrich I. für St. Jean-ßaptiste in Viviers. 1170, Givors. . 191 

16. Erzbischof Christian von Mainz, Generallegat in Italien, für 

Narni. [1174 März-April]. ........... 399 

17. Friedrich I. für Wilhelm ßianchi von Vezzano. 1175 August 21, 

Pavia 142 

18. ♦Friedrich L für Quattro Castella. 1175 August 27, Pavia. . 145 

19. Zeugenverhör über die Belehnung des Adelardino von Len- 

dinara mit Zevio — durch Friedrich I. 1171 Mai, Donau- 
wörth — und über die Gerichtshoheit des Grafen von 

Garda zu Zevio. 1180 Dezember, Verona 27 

1. Bios gelegentliche Zitate bisher unbekannter Urkunden sind in der S, 
410 folgenden „Uebersicht" vorzeichnet. Schaus. 



— 409 — 

Seite 

20. Instrument des Reichsgerichts für Como. 1185 Juli 10, Borge 

San Donnino 390 

21. Heinrich VI. für Bischof Hildebrand von Volterra. 1187 

November 2, Mailand 221 

22. Heinrich VI. für die Vassallen des Vercelleser Bischofs 

[1189—1191] 21 

23. Heinrich VI. für Chiavenna. 1192 Februar 15, Hagenau. . 120 

24. Heinrich VI. an Guido dal Pozzo. [1194 Februar] 381 

25. Heinrich VI. an Guido dal Pozzo. 1194 Juli 25, Pisa. . . 381 

26. Heinrich VI. für Bischof Hildebrand von Volterra. 1194 

August 17, Sutri 222 

27. Heinrich VI. für Gallipoli. 1195 [Februar-Aprü] 392 

28. Instrument des Erzbischofs Angelus von Tarent, Hofvikars 

Heinrichs VI., für Bischof Albert von Vercelli. 1196 
September 20, Piacenza 383 

29. HeinrichVI. für Bischof Albert von Vercelli. 1196 September 30, 

Fornovo 382 

30. Heinrich VI. für die Kirche von Monreale. 1197 April 22, 

Palermo 249 

31. Heinrich VI. für Messina. 1197 Mai 11, Messina 228 

32. Heinrich VI. für Caltagirone. 1197 Juli 2, Maniace. . . . 374 

33. Heinrich VI. für Marinus und Matthäus Marino, Bürger von 

Messina. 1197 September 25, Messina 393 

34. Kaiserin Konstanze für Messina. 1198 Januar, Messina. . . 232 

35. Friedrich II. für Nicosia. 1209 Mai, Nicosia 401 

36. Friedrich II. für Wilhelm Marino, Bürger von Messina. 1212 

Dezember, Speier 394 

37. Friedrich II. für Eao d^Accia, Bürger von Capua. 1219 April, 

Hagenau 378 

38. Friedrich IL für Rao d'Accia, Bürger von Capua. 1222 Januar, 

Capua 379 

39. Friedrich II. für Augusta. 1231 September, Melfi 253 

40. Friedrich II. für Mondovi. 1238 März, Cuneo 396 

41. Friedrich II. für Roland Bianchi von Vezzano. 1238 September, 

vor Brescia 143 

42. *Friedrich 11. für Quattro Castella. 1238 September 6, vor 

Brescia 146 

43. Friedrichs II. Testament von 1247 (?) 269 

44. Friedrich II. für Petrus ßicchieri aus Vercelli. 1248 Juni, 

Torricella 406 



— 410 — 

Seite 

45. Friedrichs II. Testament von 1249 (?) 273 

46. *Briefwech8el über den Plan einer Thronumwälzung. 1255. . 292 

47. *Bischof Heinrich von Bamberg an die Bürger von Bamberg. 

1255 Anm. 1. 310 

48. ♦Ladung einer Stadt zur Versammlung durch einen königlichen 

Boten und Antwort. 1255 ,,.,... Anm. 2, 303 

49. Manfred für Caltagirone. 1256 März, Apricena 377 

50. Manfred für Regalbuto. 1262 September 22, Messina. . . . 255 

51. Erzbischof Gerhard von Mainz an König Wenzel II. von 

Böhmen. 1291 November 7, Neuhaus 341 

52. Pfalzgraf Ludwig II. an König Wenzel II. von Böhmen. 

1291 Dezember 7, Ingolstadt 342 

53. Heinrich VIL für Edle von Vezzano. 1312 April 19, Pisa. . 145 

54. »Heinrich VII. für Quattro Castella. 1312 April -Mai, Pisa. 147 



üebersicht der besprochenen Kaiserurkunden, 



Karl d. Gr. Mühlbacher "13:3 51,1. 54,4; ""297 Iff. »447 10. 15; *465 10. 14f. 

Lothar 1. Mühlbacher 1104 355,2. Kaiserin Irmgard *853 361f. 368flF. 

Karl III. Mühlbacher *1606 263; *1613 263; *1701 11. 

Otto I. V, Ottenthai *480. *4S1 386,1. 5;'557 51,1. 55,2. 

Kaiserin Adelheid 999 Apr. 12 357,5. 

Otto n. DO. n 79a 358f.; *323 265. 

Otto III. DO. III "437 11. 

Heinrich II. St. "1675 12,1. 

Konrad IL St. *2135 60flF. 

Heinrich IlL St. 2176 214,3; *1047 März 6 214. 

Heinrich IV. St. "2788 181 £; 2850 92ff. 

Heinrich V. St. 3121 181ff.; 3121a 186,2; 3122 185; *1117 Mai 3 65. 

Lothar HL St. 3269. 3270 34,3. 43,1; 3347 160,3; *3362 54; dep. 181.183,4; 

Konrad IIL St. 3372 97; 3382 96 «F.; 3383 93 ff.; 3395 98 f.; 3403 97,1; *3462 
263; 3538X81«.; dep. 104,1, 119; 404,1. 

Friedrich L St. 3616 102 ff. 119; 3635 102,4. 173,5; 3636-^3638 171ff.; 3638 
181 ff.; 3639 102,4. 173,6; 3643 176,1. 190,2; 3665 264,1; *3666 264,1; 
3667 104f.; 3674 174,1; *3693a 384f.; 3713 160,3; "3719 386; "3720 
266,1; 3722 404; 3737 149ff. 157,2; 3738 150ff.; 4532 150ff. 157; 3745 
152ff.; 3746 152ff.; 1156 Würzb. 153. 154,1; 3762 176,1; 4536 106ff. 120; 
*3785 127 ff.; 3786 127. 128,1; il5 7 Nov. 154,2. 419; 3791 152ff. 167,1; "3798 
106,2; 3799 106,2; 3800 153,3. 159,1; 3814 395,4; •li58 JVov. 385, 388; *3851 



- 411 - 

266,1 ;*588i 385; 3923 177 ff. 181. 189; 3932 265. 266,1; 3936 168,1; 394:2 
164,5; 1162 Äpr,-Juni 163ff.; *3966 266,1; 3987 168ff.; ilö5 jVov.- 
Dez. 55ff.; ii64 ^jjr. 7 45,4; 401da 214; #ö(5i 52,2; 4074 130,1; 
41Ö3. 4i04 41,2; 1170 Givors. 191ff.; 4i^0 193,6; 4121 193,6; 41^5 
52f.; 4:^^4 49 ff.; 41-55 52. 111,3; 414P 208; 4i78a 133 ff. 145; 1175 Äug, 21 
134ff. 142; Cremona nach 1176 135,1; 4^(57 124ff.; *4^67a 126; 4297, 
4299 211; 456>i 197ff.; 4302 212,7; 4505 211; 4391a 384,2; 4555a 
139,1; 4415 216; 4426 390; 1185 JV^ot?. 2 215,2; 118Ö itfat 17 137,1; 
4481 lölff.; 4518 109,23; 4632 150ff.; 4555 106ff. 

Heinrich VI. 1187 Nov. 2 216.221; St. 4646 216,1; 1189—91 20ff. 111,4; 
4678. 4713. 4713a 113,5. 114,2; 4718 111,4; 4755 llOff. 120. 1192 März 1 
112,2; 4763 389f; 1193 März 7 48,3; 4810 110,3; 4863 115,3; 48Ö4 
380f.; 4881 380ff.; 1194 Aug. 17 216ff. 222; •4880a = 4887 225. 235ff.; 
4917 391 f. 4941. 4942 257 ff.; 5005 95 f.; 6006 153,3; 50^8 116; 6030 
257 ff.; 5055 111,5. 380. 382; 504öa 266,1; 6068 246 f.; 6063 248 f.; 50Ö4 
225 ff. 228; 6074 373; 115 7 Äc^?«. ^4 394,3; 6079a 393. 

Kaiserin Konstanze 1196 Juni 112,1; 1157 /an. 112,1; B.-F. 515 226ff. 
232. 

Philipp B.-F. 90 206,2; 178 385,3. 

Otto IV. 1200 dep. 55. 59; B.-F. 216 206,2; 545 111,6; B.-F.-W. 14639 384,2 

Friedrich II. B.-F. 666 373,1; 1^05 Mai 400ff.; Ö85 395; Ö84 394; 717 
111,7; 1^16 Feftr. 11 258,4; 550. *551 123. 124; 1219 Apr. 245,1. 
378; 1^15 215. 217 ff.; ^1292 385; 1560 385; *1361 385; 1^^^ J'an. 245,1. 
379; 1231 Sept. 251ff.; *155^ 385; 1233 Okt. 245,1; 1^56 Apr. 55ff.; 
2321.2322. 14750Wä 397; 1^58 Mär^J 395 f.; 1^58 Apr. 137,1; 1^58 Äep«. 
134. 143; *14732 133ff. 146; 1^55 Jan. 135,1; 5455 268,4; 5465 258ff.; 
1247 (?) 268ff.; 1^48 /mw* 406; 1249 (?) 273ff. 

Heinrich (VII). B.-F. 3876 208; 5554? 130; »5554 129; 4001 161,1. 

Konrad IV. B.-F. 4624 373. 

Wilhelm von Holland. B.-F. 6260a 314,12; 6267a. 6268. 6269 292ff. 

Manfred. B.-F. 4666 374. 377. 1266 Dez. 11 255,2; 1262 Sept. 22 255f.; 
4744 =z 4746 255,2. 

Konradin. B.-F. 4839 387; 4840 387. 

Rudolf. 1^74 Mitt. a. d. Vatic. Arch. II 18 331,3. 334,4; 1274 Bodmann Cod. 
ep. 69 333,1; Böhmer Beg. Bud. 386 337,1; 1277 Baumgartenb. Formelbuch 
226 326 ff.; Böhmer 1066 50,3. 

Heinrich VII. v. I^lugk-Harttung Iter Ital. 816 140,4; 1312 Apr. 19 133ff. 
145; *1312 Apr.-Mai 133ff. 147. 

Karl IV. Böhmer-Huber 2133 220,2; 1365 Juni 9 135,1. 



Verzeichnis 

der in den Urkunden genannten Personen, bearbeitet von Dr. E. Schans. 



A. rex Romanorum *293 ♦295 s. Wilhelm 

von Holland. 
Adalardus quondam Petri Tromberti 61. 
Adelardinus de Lendenaria Lendinara 

80, Verona 27 — 30 32 33. 
Adelardus •389. 

Adenulfus Abt von Farfa 93 94. 
Adolf Erzb. von Köln 394. 
Aycardus do Ciriono 22. 
Albertinus Adriani 32. 
Albertinus filius Garzapani 30 32. 
Albertus ep. Vercellensis VerceUi 381— 

383. 

— primicerius (von Verdun) 94. 

— protonotarius imp. 224 231 884. 

— notarius 404. 

— marchio Misinensis Meissen 122, de 
Saxonia 166. 

— comes de Spanheim Sponheim 376. 

— comes (von Prato) 404. 

— de Chiburch Kiburg so. Winterthur 
119. 

— Malaspina 384. 

— de Rodobio 22. ^ 

— do Ser Gandulfo de Burgo Sancti 
Domini Borgo San Donnino 391* 

— Struxus iudex imp. aule 383. 

— filius (?) 404. 

— 404. 

— ♦388. 

Albithonus filius Petri consul Pisan. 403. 
Albregetus de Lendinara 27 28 30 33. 

— Mutius 30 32. 
Aldebrandus s. Ildebrandus. 
Aldregetus de Valegio 30. 
Alesius de Montaldo 22. 
Alexander IV. papa *295. 
Amedeus comes Montis Biligardis 

Mömpelgard, Montbeliard 192. 



Amizo miles 34. 

Andreas de Marmore Marmels Kant. 
Gvavbünden 122. 

— notarius Frid. II. 402. 
Anfossus consul Pisan. 403. 

Angelus archiep. Tarentinus Taranto 
vicarius Henr. VI. 376 382 383. 

— magister 382. 

Ansei mus archiep. Ravennas 405. 

— Marschalk Friedrichs II. 394. 
Antonius quond. Laurentii Galliani 146. 
Ardicius ep. Gumanus Gomo 119. 
Armannus Rufius 191 frater: Bertrandus. 
Armenardinus 33. 

Arnaldus Strictus [Strat.] iudex imp. 

aule 383. 
Arnioldus Teotonicus 61. 
Arnoldus archiep. Goloniensis 405 406. 

— archiep. Treverensis 143. 

— cancellarius Conr. III. 94. 

— de Horuberg, Horemberge, Homberg 
am Neckar 376, 382. 

— de Placentia iudex imp. aule 122. 



B. comitissa Flandrie ^293 ^294 = Mar- 
garete II. 

B. dux Bavariae 144 = Bernhard dux 
Carinthiae s. die Verbesserungen. 

B. marchio Montisferati s. Bonifacius. 

Balduccius quondam Romanci 62. 

Bartholomeus de Lucy Luce (aus Messina,) 
Graf von Paternö 231. 

Bastardus Teutonicus, missus marchionis 
Conradi 61 62. 

Bellonchus comes Garde 30 32 34 36. 

Beltramus Salimbene de Papia iudex 
imp. aule 383. 

Benincasa 62. 



— 413 — 



Bernardinus 33. 
Bernhard Erzb. von Bari 394. 
Bernardus archiep. Ragusie. RagiMa in 
Dalmatien 230 376. 

— consol Lucan. 60. 

Bertoldus IV. dux Burgundie 120 de 
Zeringo Zähringen 192. 

— V. Herzog von Zähringen 394. 

— de Niffe lZbÄ6«-^eM/7«nprothonotariu8 
Henr. VI. vicedominus Tridentinus 395. 

Bertolfus de Nurenberc 94. 
Bertrandus 191 fratcr: Armannus Ruffus. 
Bertulfus patriarcha Aquilegensis 144. 
Bolgarinus Guidonis consul Pisan. 403. 
Bonifacius I marchio Montisferrati Mon- 
ferrato legatus Henr. VI. 374 384. 

— II. marchio Montisferrati 144. 

— Nerotus magister 27. 
Boso 388. 

Botras 404. 



C. ep. Babenbergensis *292 = Heinrich. 

0. rex '303 =Wilhelm von Holland. 

0. rex Bohemie »294 = Ottokar II. 

Christianus archiep. Magunt. 143 *146. 
Qermanie archicancellarius, per Italiam 
legatus 399 s. Coradus. 

Oigamiga •389. 

Conr. Cor. Corr. Chunr. Cuonr. Cunr. 

Corradinus nepos Frid. II. Sohn Fried- 
richs V. Antiochien 269. 

Cunradus I. archiep. Magunt. 121 122; 
statt Christianus 399. 

— ep. Argentinens. 122. 

— ep. Hildinsheimensis, Ildempsheimen* 
sis Hildesheim, cancellarius imp. 231 
376. 

— ep. Spirens. et Motens. 394. 

— prepositus Magunt 376. 

— 11. imp. 60 61 statt marchio. 

— III. rex Rom. 93 119 166. 

— IV. rex, Sohn Friedr.II., 269 273 
274. 

— II. rex Sicil. 377 = Konradin. 

— comes palatinus, frater Frid. I. 
166 192. 

— legatus ducatus Spoletani 400, dux 
Spoleti 230. 

— marchio (Tuseie) 61 62 81; als 
imperator 60 61. 

— comes de Amenberch Abenberg 8. 
Nürnberg 166. 

Constancia imperatrix, Gemahlin Hcinr. 

VI. 232 374. 
Cozo consul Veronensis 27 28. 



Darius notarius imp. 62. 
Didicus prepositus Traiect. Utrecht 376. 
Dietrich Brzbisch. v. Trier 394. 
Diometrius, de Sassonia *389. 
Dodo Teperti 404. 

Dominicas de Alixano notarius imp. 407. 
— quondam Laurentii Galliani sindicus 
Quattuor Castellorum *148. 



£. decanus Bamberg. *292. 

Bbhardus rex »294 =Wilhelm v. Holland. 

Ebriacus 404. 

Egino comes de Fehinge Vaihingen nw. 

Stuttgai-t 120. 
Engilmar fidelis Udalrici march. 404. 
Enricus s. Henricus. 
Everardus magister, archidiaconus et 

thesaurarius Bysuntini Bisanz capella- 

nus imp. 165. 



F. rex Boemie »293 »294 = Ottokar. IL 

Faedericus s. Fred. 

Faloster »389. 

Filcemarus ^389. 

Fredericus Frid. Faed. I. rex. Rom. 119 
imp. 27—29 32 33 36 142 144 •145— 
148 165 166 191 192 222 *388 *389 
390 404 406 imp. et dux Suevorum 
120. 

— II. Rom. et Sic. rex 232 rex Sic, 
duc. Apul. et princip. Capue 401 Rom. 
rex 378 379 394 imp. Jerus. et Sic. 
rex 143—145 ^146— 148 253—255 269 
270 273 396 406. 

— rex, nepos Fridr. IL, Sohn Heinrichs 
(VII) und der Margarete von Oester- 
reich 269 274. 

— dux (Suev.), frator Conr. IIL 94. 

— dux Suevorum, filius Conr. III. 166. 

— Herzog von Lothringen 394. 

— comes Rivole •389. 

— de Bilreth Bilrieth jetzt Ruine bei 
Schwäbisch' Hall 22 1 . 

— NeflFe des Markgrafen Konrad von 
Tuscien 81. 

Fulgerius, Fulcerius, consul Lucan. 60 
62. 



G. s. Wilhelm. 

Gargalanus ^389. 

Garzapanus von Verona 28 29 30 32 

vgl. 36,2. 
Gattabianca quondam Pipini 404. 
Gebetauus de Passionis 27. 



— 414 — 



Gentilis de Palaris comes Monoplelli 

Manoppdlo b, Chieli 231. 
Gerardus archiep. Magunt. 341. 

— rector Salernitane eccl. Salerno 376. 

— vicecomes, consul Pisau. 403. 

— de Cremona 61. 

— 62. 

Gevehardus comes de Harnestein Ärn- 
stein 8. Äscher skben, legatus imp. 144. 
Girardus iudex 33—35. 

— Ottonis 391. 

GotefreduB comes de Zolra [Hohen]- 
ZoUern so. Hechingen 121. 

— quondam Johanuis 62. 
Gregorius VIIT. Gegenpapst 80. 
Qua). Guil. 8. Wal. Wil. 



Hartmannus de ButiDgen Büdingen nö. 

Frankfurt a. M. 224. 
Henricus Enricus Heinr. 

— archiep. Colon. *148. 

— ep. Babenberg. ^310 A. 1. s. C. 

— ep. Leodiensis 166 405. 

— elect. 122 ep. Wormat. Guarmac. 
Worms vicar. imp. 224 382 393. 

— ep. Trident. Tiient imp. canc. •148. 

— IV. imp. 93 94. 

— V. imp. 80 93 405. 

— VI. rex. 21 221 imp. 120 222 224 
et rex Sic. 228 231 232 249 374 376 
381—383 892 893. 

— VIL rex 145 *147 ♦148. 

— (VII.) Sohn Friedr. II. 274. 

— Sohn Friedr. II. von der Isabella v. 
England 269 273. 

— dux Saxonie, der Stolze, 30 32 34. 

— dux Saxonie, der Löwe, 27 29 32 33. 

— comes Ascarie Aschersleben 144. 

— de Bur, comes Garde 30—32 34. 

— comes de Dietze Dietz an d. Lahn 
192. 

— de Hostia 119. 

— cancellarius Frid. I. 192. 

— marescalous Conr. III. 94. 

— marescalcusHenr.VI.224deCalandin. 
Call Jüdin, düendmo Kaldensw. Pappen- 
heim 122 376 393. 

— pincerna de Lutra Kaiserslautern 
122 376. 

— de Frascarolio, sindicus Alberti Ver- 
cell. ep. 382 383. 

— Preandreas consul Clavenne Chia- 
venna 122. 

— causidicus 60. 

— aus Este 30. 

— 33. 



i Hermannus ep. Constant. Konstanz 120 
106. 

— ep. Herbipol. Würzhurg 144. 

— ep. Monaster. Münster 121. 

— marchio de Badin. Baden am 
Schwarzwald 192. 

— Landgraf v. Thüringen 394. 

— fidelis Udalr. marchionis 404. 
Hillinus archiep. Trevir. 405. 
Hiltuvinus notarius summus Lothar. I. 

365. 
Hugo comes de Dagesburg Dagsburg 

Muine sw. Zabern 192. 
Humbertus de Belio Joco Beaujeu nw. 

Lyon 192. 



Jacobus de Bondomio 22. 

— de Lenta 22. 

Ido, Ydo Terdoncnsis Tortona. iudex 

curie imp.. I 391. 
Ildübrandus, Aldebrandus ep. Vulteranus 

Volterra 221—224. 
Inghifredus consul Lucan. 60. 
Inmo Teotonicus 61. 
Johannes, Joannes — archiep. Arelat. Arles 

144. 

— ep. Lucan. 61. 

— ep. Puteolanus Fozzuoli 376. 

— de Pado de Placentia iudex imp. 
aul. 383. 

— prefectus Alme urbis (Rom) 384. 

— Gaza consul Cuman. Como 391. 

— filius Martini Filippi 391. 

— Papa 391. 
Josephus ep. (Ivrea) 365. 
Irmengarda^ Irmengardis, Gemahlin 

Lothars I. 363 *368. 
Isnardinus de Cipollono de S. Georgio 
causidicus 27. 

— de Coranto causidicus 27. 

— de Lendinara 28 30 32 33. 

— Vass. der Lendinara 33. 
Julius de Casali 22. 



L. ep. Wormat. 144 = Landolf. 
Lampertus comes Garde 32. 
Lanfranchus de Cumis iud. imp. aule 383. 
Laurentius legatus Clavenne Chiavenna 

122. 
Lazarius quondam Franceschini de Lu- 

biano sindic. hominum Quatuor Castell. 

•146. 
Leo IV. Papst 363. 
Leo comes Caleni Calina, Carinola so, 

Sessa? 231. 



— 415 — 



Leonardus consul Veronensis 27 28. 
Liazarius de Botone 30. 
Lietus quondam Bonelli 62. 
Liuterias rex 34 =i Lothar III. 
Lotharius I. imp. 363—366 •368. 
Loterius de Sancio Ginesio iudex curie 

221 382. 
Ludovicu8,Lodoviciis — ep.Basilien8isl92. 

— I. dux Bavariae 224 376 394. 

— IL comes palat. dux Bav. 342. 

— comes de Pirrette Pfirt sw. Basel 
192. 

— comes de Wirtemberg, Virtinberg 
224 376. 

Lupoid Erzbischof (statt Bischof) von 

Worms 394. 
Lupoldus V. dux Stirie Steiermark 224. 



Malanox de Barduliao 30 32. 
Mancius consul Pisan. 403. 
Manfredns, Manfridus — fil. Frid. IL 269 
274 princeps Tarentinus 377. 

— marchio Lancie 144. Lavanie •147. 

— de Mungurato 22. 
Marascotus *388. 

Marcius de Castello causidicus (Verona) 

27 s. Martins. 
Marcualdus senescalcus imp. 393 marchio 

Anchone dux Ravenne et Romaniole 

230 376. 
Marquardus, comes 121 — Marcwardus 

comes de Veringen Veringen n. Sigma- 

ringen 224. 
Maria uxor Raonis de Accia 379. 
Marinus aus Genua 393 filius: Matthäus. 
Martinus quondam Johannis 62. 
Martinus Longus 29 30 33. 
Martinus Philippi, Filippi, notarius 382 

391. 
Martins (Marcus) do Castello ( Vercelli) 22 

s. Marcius. 
Matthaeus Marino aus Genua 393. 
Meinfredus Teotonicus 61. 
Meribot fidelis Udalr. march. 404. 
Morus quondam Menchi 62. 



Neremboes faldigravius •389. 
Nontiiova voe. do Prata, Graf v. Prato404. 
Nordillinus Girardinus de Simone causi- 
dicus 27. 



Ogerius vexillifer 22. 
Oldericus Olricus s. Ulricus. 
Oinnebonns ep. Veron. 27 28. 



Opizo, Oppizo — ep. Parmens 384. 

— Passalambertus 391. 

— nepos Rollandi de Vezano 144. 
Ordlibus, Orthlevus, Ortoliabus ep. ßasil. 

120 166 405. 
Osterhoven, dominus de = Friedrich III. 

Burggraf von Nürnberg *310 A 1. 
Otto ep. Bamberg. 121. 

— palatinus comes Burgundie Sohn 
Friedr. I 122. 

— marchio Missinensis Meissen 166. 

— comes Garde 32. 

— Cendatarius iud. cur. imp. 391. 
Ottobellus de Mediolano iud. cur. imp. 

122. 

Paganus quondam Rolandi 404. 
Paisius de Masinago 33. 
[Passaguerra] iud. imp. . aule 383 g. 
Pelaviciuus Gualandi consul Pisan. 403. 
Pelegrinus patriarcha Aquileiensis 406. 
Petrus com. de Maxino Masino so. Ivrea 
407. 

— de Abenabalo baro Averse 378 379. 

— Bicherius de Vercellis 406 407. 

— de Nogarolis 30. 

— vicecomes 404. 
PhilippusPhylip. archiep. Colon. 143 'UQ. 

— notarius 30 34 36. 

— quondam Gaudii, clericus Ville Ba- 
silice 62. 

Procopius de Matera notarius Frid. IL 
255. 

R. ep. Papiens. Bavia 144 =Rodobaldus. 
R. ep. Patav. Passau 144 = Rüdiger. 
R. ep. Vivariensis Viviers an der Rhone 

191 = Raimundus. 
K. comes Provincie Provence 144 = 

Raimund. Berengar. 
Radulfus ep. Sutriensis Sutri 224. 
Rai- Ray- Rei- 
Raimbaldus prelatus monast. Bellifontis 

Bellefontaine 165. 
Raimundus comes s. Aegidii St. Gilles- 

leS'Boucheries s. Nimes 192. 
Ruinaldus archiep. Capuanus. Cajma 378 

379. 
Reinaldus archiep. Colon, et Ytalie ar- 

chicanc. 166 el. Colon. Italic legatus 

♦389. 
Rainerius de Blandrate Biandrate w, 

Novara 384. 

— de S. Nazario Sannazaro de 
Burgondi w. Pavia 381. 

Rao de Accia civis Capuanus 378 379. 



— 416 — 



Riccardus de Monteoi(?ro MonUnero 
magister iustit. in Sicilia 253 254. 

Richardus de Venosto, von Schlanders im 
Vintschgau 27 29 32 33. 

Riccius Lamberti consul Pisan. 403. 

— Rolandi consul Pisan, 403. 
Robertos, Rubertus, comes de Nassowe, 

Nansue Nassau 192 221. 

— von Say, Graf von Loritello 394. 

— de Durne Walldürn sw. Wtrtheim 
a. Main 224. 

Rod. Rud. 

Rudolffus I. rex Rom. 341 343. 

— comes de Phullendorph Pfuüendorf 
s, Sigmaringen 166. 

— comes de Suzivineshut, Vuineshut (?) 

120. 

— de Ranphisvillere Eapperswil am 

Züricher See 122. 

— di^YdiZZQVai Kant.Graubünden\22. 

— Ponimbere •389. 

Rogerius rex Sic. 374 392 Sic. tyrannus 

405. 
Rolandus prespiter Loth. I. 365 vgl. 

368 A. 1. . . j 

Rollandus quondam Guillielmi Blanci de 

Vezano 143 144. 

Ruanus *389. 



Sanbrus 404. 

Saurus (von S. Bonifiicio) comes Vero- 

nensis 27 28 30 32—36. 
Sifridus archiep. Magunt. 144 394. 

— patriarcha Aquilee *147. 

— comes de Morle Moria nw. Fried- 
berg in d. Wetter au 224. 

Sigelohus protonot. imp. 122. 

Signorectus 62. 

Sineanima missus imp. 62. 

Sirus Papiens. iudex curie reg. 221. 

Syrus Salimbene iudex curie imp. 391. 

Soldanus consul Clavennat. 119 121. 



Tancredus advocatus Lucens. 404. 
Te Ti Thi Ty s. auch Di. 
Tebaldus de Locent (Loiant, Lotant) 22. 
Tyberius priraicerius Leonis IV. 366. 
Tiboldus comes de Lexemunda Lechs- 
gtmündy heute Lechsend ö. Donauwörth 

166. 
Thidericus marcbio de Lusiz Lausitz 

166 frater: Teto. . . 

Teodorus notarius regionarius et scrini- 
arius Leonis IV 366. 



Teto comes (von Groitzsch) frater Thide* 

rici march. de Lusiz 166. 
Thomasinus de Lendinara 27 30 32 33 

35 36. 
Tolomeus Vass. der Lendinara 33. 



Ubertus cancell. et capell. imp. (statt 
marchionis) Conr. 61 vgl. 65—68. 

— quondam Bernardi 62. 

— quondam Donnane 62. 
Ugo Dodonis cons. Pisan. 403. 

— T\ otar 404 

ügolinus de Oivitate Oastelli Cittä di 

Castello. 382. 
Ulricus Ol. Olde. Uodal. Udal. üdel. 

ülde. — marchio Tuscie 403. 

— com. de Berga Berg so, Ehingen 122. 

— com. de Lenzeburch, Lenzeburc. 
Lenzburg w. Zürich 120 166. 

— com. de Philendorf Pfullendorf s: 
Sigmaringen 121. 

— cancell. Frid. I. 166. 

— de Juvald Juvalt b. Chur. 122. 

— de Orninga Herrlingen to. Ulm 120. 

— dapifer de Tanne y\ltthann nö. Alt- 
dorf in Schwahun 376. 

— Sachetus 28 29 32 33. 



V. rex Rom. *293 =Wilhelm v. Holland. 

VaU s. Wal. 

Valiarianus de Castello 30 32. 

Vil. s. Wil. 

Vitalis 62. 

Vitorus quondam Vitali 62. 

Volmarius comes 192. 

Vucgomes de Bosone *389. 



Wal. Val. Gual. 
Vala advocatus 22. 

— Casalensis 22. 

— Guarnerius, sindicus com. S. Bvasii 
(Casale di Monferrato) 382 383. 

— Rufus 22. 

— Vercellensis iud. imp. aule 383. 
Gualdricus Seschalcus cons. Cumanus 

391. 
Walfredus de Turricella iud. imp. aule 

383 Var. f. 
Gualterius de Palearia, ep. Catanensis 
Gatania canc. reg. Sic. 402. 

— ep. Troianus Troiay canc. reg. Sic. 
et Apul. 231 376 393. 

— Dacen 30 32. 



— 417 



Gualterius de Ocra canc. reg. Jerus. et 
Sicil. 377. 

— de Parisio 376. 

— Qentile Oonetabel 894. 
Warnerius marchio (statt comes) de Pade 

Baden nw. Zürich 120 vgl. 103 A. 2. 
Warnerus Markgr. v. Ancona 81. 
Wazo de Bardolino 33 35. 
Welfo dux, Herz. v. Spoleto 120. 
Wenceslaus IL rex Buemie 341 342. 
Wernerius capellanus Conr. III. 94. 
Wi. Gui. Vi. 

Wibertus consul. Clavennat. 119 121. 
Wido de Lelma iudex curie 221. 

— de Puteo Pozzo 381 383. 

— de S. Nazario Sannazaro de'Bur- 
gondi w. Pavia 143. 

— nepos Rollandi de Vezano 144. 
G[uilielmus] ep. Ijunons. Luni so. 

Sarzana 144. 

— el. Valentin. Valence an d. Rhone 
144. 



Wilhelmus rex Alam. 293 294 = W. v. 
Holland, vgl. A. C. Ebhardus. V. 

— rex Sic. 392. I. 375 II. 249 374 379 
401. 

— marchio de Monteferato, Montis- 
ferrati Monferrato 143 166. 

— Grassus comes Malte, ammiratus 231. 

— Albus de Vezano Vezzano lAgure 
nö. Spezia 143 144. 

— Blancufi de Vezano avus Rollandi 
144. — pater Rollaudi 144. 

— nepos Rollandi de Vezano 144. 

— Calcarugia (Calzagrisa) de Mediolano 
383. 

Winigellus trewanus 30. 

Wolfradus de Crutenheim Altkrautheim 

imwürtemb. Oheramt Küntzelsau 224. 
Wolfram de Monte alto (Hohtnberg) fid. 

Udalr. march. 404. 
WüH'trigel fid. üdalr. march. 404. 
Wortuinus protonot. imp. 143. 



Scheffer-Boichorst, Zur Geschichte des XII. u. XIII. Jahrhunderts. 



27 



Verbesserungen und Nachträge. 

S. 2 Z. 30 statt LL. II. 96 lies Const. et acta I 208. 

S. 5 Anm. 3. üeber Curia Gallorum vgl. jetzt auch A. Schulte in der Ztschrft. 
f. Gesch. des Oberrheins N. F. XII 353. 

S. 8 Anm. 1 statt LL. II b 4 lies Const. et acta I 663 Var. p. 

S, 13 Z. 17 und S, 14 Z. 1 statt moriretur lies moreretur. 

S. 20 Z. 13 lies: vom Freisinger Bischof und dem Fortsetzer seines Werkes 
und ergänze dazu als Anmerkung: Gesta Frid. II 13 ed. Waitz 93: sed 
et principum in Transalpinis manere assuetorum ahsentia. — III 53 p. 182 : 
iustitia regni aput illos obumbrata in desuetudinem abier at. — IV 4 p. 189 : 
quod antea obtinebatj postea desuetudine inumbratum est. — Die lange 
Abwesenheit der Kaiser beklagt auch Friedrich in seinem Briefe an den 
Bischof p. 1. 

S. 21 Z. 30 statt poterint lies poterint l^. 

S. 21 ergänze als letzte Variante h. sie. Ich zweifle, ob potuerint oder po- 
terunt gemeint sei. 

S. 22 Anm. 1. üeber die hier angenommene Bedeutung von debere = posse, ius 
et facultatem habere vgl. Ducange s. v. Doch lassen sich seine wenigen 
Beispiele vermehren. Z. B.: uhique et apud quemlibet iudicem possit et 
debeat conveniri. Ficker Forschungen IV 427 Nr. 415. Vgl. auch oben 
S. 404 Anm. 1. 

S. 25 Anm. 1 statt: vgl. — u. s. w. lies Anfangs 1243 war Vercelli von Friedrich II. 
abgefallen ; erst im Sommer 1248 gewannen die kaiserlich Gesinnten wieder 
die Oberhand. 

S. 53 Z. 32 statt 110. 13 lies 10. 13c. 

S. 60 ff. Ficker Forschg. zur Reichs- u. Rechtsgesch. Italiens II 225 folgert aus 
beachtenswerten Gründen, dass den Markgrafen von Tuscien in den ersten 
Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts die Mark nicht lehens-, sondern amts- 
weise übertragen sei. Dieser Meinung habe ich mich angeschlossen. Aber 
ein Lehen von Nonaiitola, das Markgraf Konrad innegehabt hatte, fiel dem 
Abte heim [ConradoJ mortuo sine heredibus. Muratori Ant. Ital. I 613. 
Zeugt die Stelle ge^ca Ficker? Ich glaube nicht. Natürlich wird Konrad 
auch danach gestrebt haben, Grundbesitzer im Lande zu werden, und in 
einem Lehen^ das er für seine Person, nicht als Markgraf empfangen 



- 419 - 

hatte, würde ihm selbstverständlich seio Erbe gefolgt sein. Die anderen 
Markgrafen beziehen sich dann allerdings auf ihre Erben als Markgrafen, 
aber m. E. doch in zweifelnder Weise, naehr Hoffnung, als Sicherheit aus- 
drückend. So schon 1116 Rabodo ego vel rneus heres sive successor, 
und nochmals in derselben Urkunde. Muratori 1. c. III 1125. 26. Dann 
üdalrich 1139 mihi vel ßio meo vel successori. S. oben S. 403. 
Wiederum 1143 sine data parabola suprascripti Udalrici marchionis vel 
eius heredis aut successoris. Mem. Lucch. IV a Doc. p. 25. Die 
Stellen lassen den Wunsch erkennen, das Amt möge auch dem Erben 
zu Teile werden, aber die Möglichkeit einer anderweitigen Besetzung 
wird offen gehalten. 

S, 78 Z. 16 statt November lies Oktober. 

S. 93 Anm, 2 Z. 2 statt IV lies V. 

S. 94 Var. d. statt IV lies V. 

S. 96 Anm. 1. Ein Facsimile bieten die Kaiserurkunden in Abbildungen X 18. 
Im Text 422 tritt Schum für die Echtheit ein. Dagegen spricht Bresslau 
im N. Ä. XXII 597 von einer angeblichen Unterschrift. 

S. 98 Anm. 3 statt St. 3305 lies 3395. 

S. 113 Anm, 3 Z. 7 jetzt M. G. SS. XXX 376. 

S. 121 Z. 5 statt Urlikus lies Ulrikus. 

S. U2 Anm. 6 Z. 8 statt 144 Anm. 1 lies 145 Var. a. 

S. 144 Z. 29 statt Bavarie lies Carintied- 

S. 144 ergänze als Variante d. Bavarie. 

S. 154 Anm. 2. Das Diplom ist von B. Prost Archives historiques, artistiques 
et litteraires II 175 nach dem Original herausgegeben. 

>S'. 155 Z, 8 statt Cisterciensem lies Cisterciensium. 

S. 168 Anm. 1 Z, 2 statt St. 3228 lies 3936. 

S. 168 Anm. 2 Z. 2 statt Tozetti Relazione lies Tozzetti Relazioni. 

S. 171 Anm. 2 streiche zuletzt und füge hinzu Wackernagel und Thommen 
U. B. d. Stadt Basel I 25. 

S. 212 Anm. 7. Die Urkunde ist zuletzt im U. B. der Stadt Basel I 35 
gedruckt. 

S. 231 Z. 11 statt 7. et regni lies 7 et regni. 

S. 266 Anm. 2 Z. 1 statt Nr. 78 lies Nr. 77. 

S. 275. Für die Geschichte Mainardinos von Imola enthält vielleicht ein Oxforder 
Codex weitere Nachrichten. Vgl. Hampe im Neuen Archiv XXII 616. 

S. 327. Von Verhandlungen Rudolfs mit Karl, ja von schon getroffenen Ab- 
machungen spricht bereits Gregor X. im Jahre 1275. Bussen a. a. 0. 
156. 157. Vgl. Kaltenbrunner Mitteilungen aus dem vatik. Archive I 74—76. 

S. 397 Z. 2. Das Stadtbuch von Mondovi ist nicht verschollen, wie voraus- 
gesetzt wurde; es befindet sich auf der königlichen Bibliothek in Turin. 
Vgl. Morozzo della Rocca Le storie di Mondovi I 47. 



Druck von E. Ebering, Berlin W.