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Full text of "Zur Geschichte der ältesten Bibliotheken und der ersten Buchdrucker zu Strassburg"

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Harvard College 
Library 




FROM THE BEQUEST OF 

FRANCIS BROWN HAYES 

Class of 1839 

OF LEXINGTON, MASSACHUSETTS 



ZUR GESCHICHTE DER ÄLTESTEN BIBLIOTHEKEN 

UND DER ERSTEN BUCHDRUCKER ZU STRASSBURG. 



BUCHDRUCKEREI R. SCHULTZ U. COMP. (BERGER-LEVRAULT'S NACHFOLGER) 

IN STRASSBURG. 



0> 



ZUR GESCHICHTE 



DER ÄLTESTEN 



BIBLIOTHEKEN 



UND DER 



ERSTEN BUCHDRUCKER 



zu STRASSBURG 



VOM 



C. SCHMIDT 



C. 

S'I'K ASS |{ (' Kc; 

C. F. SCHMIDTS UNIVERSITÄTS-BUCHHANDLUNG 

• FRIEDRICH BULL 
1882 







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HERRN D"^ LUDWIG SIEBER 



OBERBIBLIOTHEKAR 



ZU BASEL, 



ALS KLEINES ZEICHEN 



DANKBARER FREUNDSCHAFT. 



$- 




VORWORT. 



Her erste Abschnitt der iii diesem Buch zusanimenge- 
istellten Notizen war bereits 1877 unter dem Titel 
'^lÄvres rl 'Bibüolhiquei ä Strasbourg au moyett dge in 
der Hfvue iiAlsace erschienen. Man hat mir zu verstehn gegeben, 
es könnte eine deutsche Uebcrsetzung davon gemacht werden; ich 
habe um 50 mehr vorgezogen diese Uebersetzung selber zu machen, 
da mir dies Gelegenheit bot, manches Neue beizufögen. 

Der zweite bringt biographische — nicht bibliographische — 
Notizen über unsere ältesten Buchdrucker. Er bt, ohne allen Zweifel, 
so wie auch der erste, unvollständig, jeder, der mit derartigen 
Forschungen vcnraut ist, kennt die Schwierigkeit, ich möchte sagen 
die UnmögUclikeit, sie methodisch zu betreiben. Das Material ist zu 
zerstreut, als dass man hoffen könnte nichts zu iibersehn ; es ge- 
schieht Ott, dass man sehr wichtiges da entdeckt, wo man es am 
wenigsten gesucht häne. Ich kann nur geben, was ich gefunden 
habe; darunter ist aber Manches, das noch aus Quellen summt, 
die mit unserer ehmaltgen Bibhothek, verschwunden sind. 




Der dritte Abschnitt enthält die wenig bekannte, grösstentheils 
aus handschriftlichen Documemen geschöpfte Geschichte der Grün- 
dung der Bibliothek, die im siebeozehnten Jahrhundert die unserer 
protestantischen Universität und später die des protestantischen 
Seminars geworden war. Kein Strassburger hat vergessen, wie sie 
zu Grunde gegangen bt; ich liielt es Sit eine PAicht der Pietät 
ihren Ursprung zu erzählen. 

Mai 1882. 



* <-»»<**f-»-< 




I. 
Bücher und Bibliotheken 

zu STRASSBURG 
IM MITTELALTER. 



Hie Nachrichten über die strassburger mittelalterlichen 
i Bibliotheken und über die Mittel, die man angewandt 
Sum sie. zu bilden, sind spärlich in Urkunden und 
ElSchriften verschiedener Art zerstreut; wie lückenhaft 
sie aber aucli sein mögen, so schien es mir doch wichtig sie zu 
sammeln; sie tragen Ihres Theils dazu bei die geistigen Zustände 
einer Zeit zu schildern, wo es noch nicht leicht war sich wissen- 
schafthche Hülfsmittel zu verschaffen. 

Ich beginne mit den Bibliotheken, um dann emiges über die 
Gewerbe zu sagen, die sich an dem betheiligt haben, was man die 
materielle Hervorbringung der Bücher nennen kann. 



I. 'Bücher und "Bibliothekm. 

In den frühsten Zeiten des Mittelalters und in Städten wie 
Strassburg hatten die Layen noch weder Lust zu gelehrten Beschlf- 
tigungen noch die Mittel diese Lust, wenn sie vorhanden gewesen 
wäre, zu befriedigen. Das Wissen war ausschliesslich Sache der 
Kleriker. Diese mussten, ausser den freien Künsten, theologische 
Kenntnisse und einige RechtsbegrifTe besitzen ; sie betrieben die 
Heilkunst, pflegten die Poesie und sammelten historische Notizen. 
Sie versahen den Dienst als Notare, verfassten und copinen sowohl 



2 Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im Mittelalter. 

die öffentlichen Akten als die, die sich auf Privatverhäitnisse bezogen ; 
den jungen Layen, die nicht in völliger Unwissenheit verbleiben 
sollten, gaben sie einen Unterricht, der oft dürftig genug war. Vor 
der Gründung der Universitäten erhielten sie selber ihre Bildung jn 
den Schulen der Stifter und der Klöster, und da waren Bücher 
nöthig für die Zöglinge und mehr noch für die Lehrer. Es ist daher 
natürlich, dass die ältesten Bibliotheken die der geistlichen Anstalten 
waren. In Strassburg erscheinen als die ersten die der verschiedenen 
Kapitel; seit dem dreizehnten Jahrhundert kommen die einiger 
Klöster dazu; im fünfzehnten endlich entstehn Privat-Sammlungen, 
die indessen, mit sehr wenig Ausnahmen, auch wieder nur Stifb- 
herren oder Mönchen gehören. Nach dieser Ordnung werde ich 
dasjenige zusammenstellen, was ich habe aufbringen können. 

I. Die Kapitel. — i. Münster, Das älteste Buch, das der 
Münsterbibliothek gehört haben soll, wird von Schadasus, und nach 
ihm von Schilter, unter dem Titel angegeben : « Biulfi episcopi Argen- 
tinensis commentarii in libros s. scriptura, so er mit eigenen Händen 
geschrieben'». Diese Notiz ist unzuverlässig; von Biulfiis ist durchaus 
nichts bekannt ; die alten Cataloge unserer Bischöfe haben blosxseinen 
Namen; Erkanbold widmet ihm nur den unbedeutenden Vers: tantis 
prasulibus sociatur jure Biulfus* ; er war so verschollen, dass Closener 
ihn sogar Duulfus nennt*. Grandidier bezweifelt daher mit Recht 
die Glaubwürdigkeit der Angabe von Schadaeüs*; dieser war übrigens 
selber der Sache nicht gewiss, er kannte sie nur vom Hörensagen; 
<K unter andern denkwürdigen Dingen, sagt er, sollen folgende da 
sein...» Eine sichere Thatsache dagegen ist, dass das Münster eine 
Sammlung von Canones besessen hat, welche Bischof Rachio im 
Jahr 788 «zum Heil seiner Seele und aus Liebe zu Gott und zur 
strassburger Kirche» hatte schreiben lassen*. Dieser prachtvolle 



1. ScHAD£US, Summum templum %Argtntinense, Strassburg, 16 17, 4*, S. 71. 
— Schilter, in seiner Ausgabe Königshofens. Strassburg, 1698, 4», S. 966. 

2. KöNiGSHOPEN, Ausg. von Schilter, S. 471. 

3. Ausg. von Hegel. Leipzig, 1870, B. i, S. 70. 

4. Grandidier, Histoire de tiglise de Strasbourg, Strassburg, 1776, 4«,' 
B.'i, S, 186. 

5.. S. die Inschrift bei Grandidier, O. c, B. 2, S. CXLI. 



Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MittelaUer. 3 

Foliobandy dem die in ihm enthaltenen Stücke ein grosses historisches 
Interesse verliehen, kam zu Anfang des siebenzehnten Jahrhunderts, 
in Folge von weiter unten zu erwähnenden Ursadien, in den Besitz 
der Stadt Bern; während einer Reise durch die Schweiz, im Jahr 1774, 
erhielt ihn der strassburger Bischof, Cardinal Rohan, vom Bemer 
Magistrat zurück und schenkte ihn seinem Seminar'; die Revolution 
brachte ihn auf unsere Stadtbibliothek, mit der er zu Grunde 
gegangen ist. 

Nach Wimpheling bereicherte Bischof Uto (930 bis 963) seine 
Kirche durch einen «kostbaren Schatz von Büchern"», von denen 
aber weiter nichts bekannt ist. Uto's Nachfolger, Erkanbold (965 bis 
991), ein für seine Zeit gelehrter Mann, der den Kaiser Otto nach 
Italien begleitete, verschaffte sich da eine Anzahl von Handschriften, 
die er, nach Strassburg zurückgekehrt, gleichfalls der Münster- 
bibliothek überliess. Im Jahr 1308 besass diese noch von diesen 
Codices den Traktat des Hieronymus de viris illustribus, einen dem 
Ambrosius zugeschriebenen Commentar über die Proverbien, einen 
andern, de concordantiis quatuor evangelistarum , der den Namen des 
Hieronymus trug, wahrscheinlich aber das Werk Augustins, deconsensu 
evangelisiarum, war; femer, das Leben des h. Martin, von Sulpicius 
Severus, und die Kj4cta einiger Heiligen*. Ums Jahr 1633 erwarb 
Böcler, Professor der Geschichte an der strassburger Universität, 
einen die Commentarc Beda's über mehrere Bücher des Alten Tes- 
taments enthaltenden Band; es war dies eines der von Erkanbold 
geschenkten Manuscripte, dessen Werth dadurch erhöht war, dass 
der Bischof mit eigener Hand die Fehler darin verbessert hatte ; 



1. Die Berner Regierung überliess die [landschrift dem Cardinal durch 
Beschluss vom 4. Juli 1774* Hagen, Catalogus codicum 'Bcmensium, Bern, 1875, 
S. 9. — Die Pariser National-Bibliothek besitzt einen im Jahr 1779 geschrie- 
benen Catalogus librorum hihliotheca %Argentinenü$ {t^si. laiins, 17925); es sind 
darin ungefähr 50 Manuscripte erwähnt, deren einige auf Pergament, unter 
andern 'Decreta pontificum romanorum et aliorum patrum ; dies könnte wohl der 
Codex Rachio's sein ; der Catalog wire demnach der des ehemaligen bischöf- 
lichen Seminars. 

2. Catalogus episcoporum %Argentinensium, Ed. Moscherosch. xArgent^^ 1660, 
4% S. 29. 

3. O. c, S. 35. 



4 Bücher und Bibliotheken ^ Strasshtrg im Mittrlabrr. 

»i^tt Uöclcrs Tod hat man dessen Spur verioren*. In dem Commentar 
Über dio Proverbien, dem einzigen dieser BQcher das später in die 
lUlillothck unserer Universität Obergieng, standen am Anfang diese 
Worte: lirkanbold prasul sancUt dat dona !\Carut; der Traktat de 
vh h illustribus hatte folgende Inschrift gehabt : ErkanboU bumilis 
prmul tne scribere jussü\ 

Der vorzüglichste Wohkhater der Münsterbibliothek war Bischof 
Wornhcr (1002 bis 1027), derselbe der auch den Neubau des 
MOtiltori unternahm. Dieser ausgezeichnete Pnüat benützte seine 
hoho Stellung^ seine Reisen, seine Reichthümer, um sich zahlreiche 
HUchor zu verschaffen« Man darf annehmen dass, als er im Jahr 1026 
mit KaUer Gmrad nach Rom zog, er deren in Italien kaufte; andere 
erhielt er aus Benedikdnerklöstem diesseits der Alpen. Er beschrankte 
nlcli nicht blos auf theologische Werke, er suchte auch Klassiker 
iltul Schriften über alle Theile der Wissenschaft'. Er gab seinem 
M (Unter die Uebersetzung Euclids durch Boetius, in einer im 
Jiihr 1004, in der kurzen Frist von eilf Tagen, durch Constantius, 
den gelehrten Scholasticus von Luxeuil, gemachten Copie*; einige 



1. Gkamdidier, Histoire de Ja province d'^Alsact. Strassburg, 1787, 4«, 
II. r, S. CCIV, Kote g. Auf dem ersten Blatt dts Ms. standen Verse, deren 
erite die folgenden sind : 

UtiJis eccUsue fnus Erchanboldus agia 
Inclitus aniiiUs libros perlegerat omnes, 
Inter quos istum parili cum sorte Uheüum 
Correxit per se studiosi dogmatis arte 
Falsa catus radens et congrua sensibus addens, . . 

Aus einem Distichon auf dem zweiten Blatt ersieht man, dass Erkanbold 
den Codex in Italien hatte schreiben lassen : 

Erchambold prasul Francorum rurihus exiä 
Hoc nohis propius scribere iussit opus, 

Exul bedeutet hier nicht verbannt, sondern abwesend. 

2. Grandidier, 1. c. 

3. WiMPHELiNG, Catal, episc, ^Arg,, S. 39. 

4. S. die Inschrift die sich im Buch befand, bei Grandidier, (Euvres 
historiques inidites. Colmar, 1865, ß. 2, S. 236. 



Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter. . 5 

Bücher Cicero's, Quintilians Institutiones , die Thanomena des Arams^ 
des Boetius Commentar über Aristoteles de interpretaiume, mehrere 
Werke über Musik, Arithmetik, Astronomie, Rhetorik, Dialektik, 
einen Pentateuch mit dem Commentar des Origenes, dieses letztem 
Schrift de principiis, das Hexaettteron und andere Traktate von 
Ambrosius, desselben Briefe, so wie die Augustins, Hieronymus 
über die kleinen Propheten und über die Epistel an die Epheser, 
das erste Buch der Uebersetzung Eusebs durch Rufin, die 
Histaria des Paulus Orosius, Gregor von Tours de miracuUs 
sanctorum, die Gedichte des Prudentius, die Etymologieen und 
die Briefe Isidors von Sevilla, Augustins und Beda's Homilien, 
des Hesychius Commentar über den Leviticus', mehrere Hei- 
ligenleben, ein Tontificale, und anderes mehr. In jeden Band 
war eingesclirieben IVerinharius episcopus dedit sancta t\Carut; 
die meisten Codices stammten aus dem zehnten Jahrhundert; nicht 
wenige derselben Varen mit Miniaturen geschmückt. Ein mit 
tironischcn Noten und vergoldeten Initialen geschriebener Psalter, 
den im Jahre 1498 Trithemius in der Münsterbibliothek sah, ist nicht 
in Wimphelings Verzeichniss der Wernher'schen Sammlung erwähnt. 
Hatte ihn das Kapitel schon vor den Zeiten dieses Bischofs besessen, 
oder erst später erworben? Diese Frage kann heute nicht mehr 
beantwortet werden. , Irgend jemand, der die Schrift nicht lesen 
konnte, hatte dem Buch den Titel Tsalierium armenica lingua ge- 
geben; Trithemius, den Geiler in die Bibliothek eingeführt hatte, 
machte diesen auf den Irrthum aufmerksam und rieth ihm, die 
falsche Bezeichnung durch die richtigere Tsalterium notis ciccronianis 
descriptum ersetzen zu lassen*. Man untcrlicss es, diesen Rath zu 



1. WiMPHELiNG, 1. c, hat EsUius super Liviticum de sacrificiis. Esitius ist 
für Hesychius. 

2. *Bieitnio f ernte post hac {post J4<^) eques xArgentinam in causis ordinis 
fnei ascendi, admissusqtu per Joannem Keisersbergium insignem loci cancionaiorem 
in hihliothecam maioris eccUsia, psalUrium repperi tolum hisdem Tuüii et Cypriani 
nolis exaralum aureisque capiteüii decentissime scriptum, Super scriptio autem ab ignaro 
mjsUrii taJis fuerat extrinsecus posita TsaUerium armenica lingua, Doctorem adhibui, 
JalsitaUm ostendi, ita rescribendum admonui: Tsalterium notis ciceronianis descriptum, 

Quod fecerit nee ne, incertum häbeo, quoniam ad eam bibliothecam postea non sum 
reversus. TRrrHEMius, Tolygraphia libri sex. Impr, aere ac impensis integerrimi 
bibUopoUe Joannis Haulbergi d€ iiia, constantiensis diacesis, 15 18 , in-folio, f* Q^ 5. 



6 Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im Mittelalter. 

befolgen; noch am Anfang des siebenzehnten Jahrhunderts galt der 
Psalter bei den Kapitularen für einen armenischen*. 

Der grosse Werth dieser Handschriften bestand in ihrem Alter. 
Die ältesten waren wohl der Codex Rachio's und der tironische 
Psalter; vielleicht darf man ein Sacramentarium dazu rechnen, das, 
mit Gold und Silber auf Purpurpergament geschrieben, einer der 
kostbarsten Schätze unserer Stadtbibliothek gewesen war". Die 
jüngsten waren jedenfalls vor 1027, Wernhers Todesjahr, verfertigt. 
Dieser Bischof war für lange Zeit der letzte, der mit Eifer und 
Umsicht für seine. Kirche Bücher saitimelte. Die Geschichte weiss 
nichts von ähnlichen Geschenken zu berichten, die seine Nachfolger 
gemacht hätten. Der im Jahr 1306 erwählte Johann von Lichtenberg 
gab dem Stift das in barbarischem Latein verfasste, aber historisch 
sehr interessante Gedicht des Canonicus von S. Thom« Gotfried 
von Hagenau de sex festis beata Virginis ; das schön auf Pergament 
geschriebene Manuscript hatte aber den Bischof nichts gekostet, der 
Verfasser hatte es ihm als Huldigung angeboten. 

Im Jahr 1372 bestand die Bibliothek aus 91 Bänden'; als 
Wemher starb, hatte sie deren wenigstens 50 gezählt; im Lauf von 
vierthalb Jahrhunderten waren daher nur etwa 40 dazugekommen. 
Zu diesen darf man ohne Zweifel ein die Homilien Gregors des 



1. %Aus diesir 'Bibliotbeca bat mein Vatier selig (der Prof. Elias Schad, 
gest. 1593) ein uhralt in 'Pergament geschrieben 'Buch ^u lehnen bekommen, daraus^ 
er etliche notas oder signa, so gant^e Wörter in sich begreiffen, abgezeichnet (wie 
unter seinen coli, alphabetis variarum gentium ^u befinden). Ueber dieselbigen hat er 
diesen titulum prafigiret : 'hLota cypriana ex Tsalterio 'Bibliotheca summt templi 
xArgent., cujus titulus Tsalterium armenicum. Handschriftliche von Oseas Schad 
gesammehe Notizen über das Münster (in Privatbesitz). — Zur Zeit iGrandidier*s 
{(Euvres inidites, B. i, S. 441, Note 4), war der Codex bereits aus der 
Münsterbibliothek verschwunden. — Vor dem letzten Krieg hatte unsere Stadt- 
bibliothek ein Manuscript mit tironischen Noten, es war aber kein Psalter, son- 
dern eine Art Clavis der Abkürzungen. 

2. S. die Beschreibung bei Kopp, Bilder und Schriften der Vorzeit. 
Mannheim, 1819, B. i, S. 176. 

3. 'HjOta quod LXXXXI libri sunt in catenis in dormitorio ecclesia xArgen- 
tinensis, 'HjOn, Jul. anno domini M.CCC.LXXII. Präsentatum est mihi Henrico per 
Hammannum dictum %Anshelmum dormitorium tunc temporis ecdesia xArgent. 
Inschrift im Ms. des Quintilian. Bandini, Catalogus codicum latinorum bibL 
nudicut'launntian^. Florenz, 1775» in-f*, B. 2, S. 382. 



Bücher und Bibliotheken j^m Strassburg im MiUelalter. 7 

Grossen enthaltendes Manuscript des zwölften Jahrhunderts rechnen; 
man hatte in dasselbe die Namen der 31 ältesten strassburger 
Bischöfe eingeschrieben, woraus sich schliessen lässt, dass es dem 
Münster gehört hatte. Nicolaus , einer der Brüder des Klosters 
Truttenhausen am Fusse des Odilienbergs, überreichte im Jahr 1467 
dem Bischof Ruprecht ein von ihm geschriebenes !\Gssale Kargen- 
tinense, ein calligraphisches Kunstwerk, mit 38 dem Band eingefugten 
merkwürdigen Miniaturen, von denen mehrere einem weit älteren 
Manuscript entnommen waren. Ich vermag jedoch nicht zu sagen, 
ob der Prälat es für seinen Privatgebrauch behielt oder ob er es 
der Stifbbibliothek überliess*. 

Die Canonici, sämmtlich grosse Herren von adeliger Geburt, 
kümmerten sich wenig um ihre Büchersammlung. Trotz der Ketten, 
welche die Bände beschützen sollten, wurden manche entweder, 
verkauft oder entwendet. Poggio, der während des Concils zu 
Constanz war, mit dem Auftrag alte Bücher zu sammeln, besuchte 
auch einmal das einst durch seine gelehrten Bestrebungen so be- 
rühmte Kloster S. Gallen. Hier fand er die Bibliothek tief unten 
in einem finstern Thurm, in dem man, wie ersieh ausdrückt, nicht 
einmal zum Tode verurtheilte Verbrecher einschliessen möchte. 
Unter den mit Staub und Schmutz bedeckten Bänden entdeckte er 
den Quintilian, den Bischof Wernher unserm Münster gegeben hatte 
und der, man weiss nicht wie, nach der Schweiz ausgewandert 
war. Die den Studien fremd gewordenen Mönche überliessen 
Poggio den Codex; er brachte ihn nach Italien, nebst andern, 
«die er aus den Kerkern Deutschlands und Frankreichs befreit 
hatte». Er gehört heute der Laurentiana zu Florenz, wo man auch 
die, gleichfalls von Wernher stammenden Schriften Cicero's auf- 
bewahrt; dass diese letztere Handschrift bereits vor 1508 aus Strass- 
burg verschwunden war, geht aus dem Umstand hervor, dass 
Wimpheling ihrer nicht mehr erwähnt; sehr wahrscheinlich war 
auch sie mit Poggio über die Alpen gekommen, denn sie gehörte 
seinem Freunde, dem Cardinal Niccolo Niccoli; erst zu Anfang 
unseres Jahrhunderts gelangte sie in die Laurentiana*. 



1. Caialogue de la hihlioih^qtu de OC. Yiminii. Paris, 1867, S. XXX VII. 
Der Codex hatte im 18. Jahrhundert dem Kloster Naxareth, zu Paris, gehört. 

2. Poggio fand den Quintihan adhuc sahmm et incohinum, pUnum tarnen 
situ ei puhere referlum. Eranl enim in hibliothua Ubri iüi, höh ui eorum difmtas 



H Bücher und Bibliotheken :(ii Strassburg im Mittelalter. 

\ 

In. einer 1482 gehaltenen Synodalrede beklagte sich der. 
Münitcrprediger Geiler von Kaisersberg über die Sorglosigkeit des 
DUchofs und des Kapitels in Bezug auf die Bibliothek ^ Diese befand 
nlchi seit längerer Zeit, in dem ehemaligen Dormitorium des Bruder- 
hoffl» das, seitdem die Canonici das gemeinsame Leben aufgegeben 
halten, verfügbar geworden war; die Bücher lagen da ohne Auf- 
flicht und von Niemanden benützt. Als im Jahre 1487 der Lizentiat 
der Rechte Johann Simler, Dekan von S. Thomae und bischöflicher 
Odizial, sein Testament machte, überliess er seine Bibliothek dem 
Ml^HHtcr, aber nur unter der Bedingung, dass ein neues, besseres 
(«okal eingerichtet würde". . Man erfährt durch einen Brief des 
Karthäuscrs Johann Rot, dass 1493 diese Bedingung erfüllt war; 
Rot erzählt, dass, während eines Spaziergangs mit dem Scholasticus 
I Icinrich von Henneberg, dieser ihm sagte : wir haben eine libraria 
erbaut für zahlreiche Bände; als Rot ihn darauf fragte, ob sich auch 
I.cHcr finden würden, erklärte er, dies sei leider schwerlich zu er- 
warten, da wegen des mit den gratia apostolica getriebenen Miss- 
brauchs das Stift auch die Ungelehrtesten aufnehmen müsse*. Da 



potiuhhat, sed in teter rimo quodam et obscuro cärcere, fnndo scilicet unius türris, 
tmo ne viia quidem damnati detruderentur. An Guarinus von Verona, 16. De- 
Kcmber 1417. Mabillon, thCuseum iialicum, Paris, 1724, in-4<», S. 209. — ... Qua 
in re ven posstim dicere, omnes libros fere qui noviler tum ah aliis reperti sunt, tum 
a tne ipso, qui integrum QuintiKanum, Ciceronis nostri orationes, Silium Italicum, 
Ti^nium ^arcellum, Lucretii partem, multosque praterea e Germatiorum Gallorumqug 
$rgastulis mea diligentia eripui alque in lucem extuU, Nicolai suasu. Oratio tertia 
in f untre *tLicolai TLicoli. Toggii opera. Basel, 1538, in-f», S. 272. — Wimphe- 
MHO hatte Kenntniss von der Sache: De oratore TuUium et Quintilianum ipsum 
in Jilamanorum latehris inventos esse Itali confitentur. An Trithemius, 17. Sep- 
tember 1492, vor dem Supplement zu dem Catahgus illustrium virorum, S. 1. 
et a. » in-4*, f" O, i. — S. auch Bandini, 1. c, und einen Artikel von Reif- 
yBRSCHEiD, im Rheinischen Museum für Philologie, 23. Jahrg., Frankf., 1868, 

S. 143 u. f. 

1. De negligentia denique hihliotheca et lihrorum preciosorum taceo. Sermones 
$t tractatus varii. %Argent., 1521, in-f«, f» 177. 

2. 5/ contigeret hibliothecam seu lihrariam infra ambitum %Argentinensis eccle^ 
si0, sive in locis ad eandem pertinentibus erigi, extunc et non alias volo, . . Wencker, 
Collecta archivi jura, %Argent., 171$, in-4*, S. 429. 

3 . Dicehat eonstructam esse librariam omandam libris plurimis. Cui ego : si 
etiam adessent viri docti plurimi qui Codices leger ent? Et ipse subjunxit, ante XL 
annos, tempore quo ipse advenit, erant multi ex prabendariis chori, viri honesti et 



Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MiUelalter. 9 

indessen über der Kapitelstube ein neues «schön, .luftig und gantz 
vertäfielt Gemach mit vielen Schafften» für die Bibliothek bestinmit 
war', so wurde die Sammlung des 1492 verstorbenen Simler mit 
dem vorhandenen Fonds vereinigt". Um eben diese Zeit kam wei- 
terer Zuwachs durch Geschenke des Chor- Vikars Eucharius Trösch, 
des Pfarrers von S. Lorenz Martin von Würzburg, imd des Raths- 
herrn Peter Schott, der ein Freund Geilers und einer der eifrigsten 
Verwalter des Frauenhauses war*. 

Durch ein Testament vom 30. April 1505 vermachte Geiler 
seine Bücher dem officium pradicatura des Münsters; sie sollten, 
zum Gebrauch seiner Nachfolger, in der diesem Amt angewiesenen 
Behausung bleiben und, im Falle der Aufhebung des Amts, zum 
Besten der Armen verkauft werden *. Nach der Reformation wurde 
der protestantische Cultus im Münster eingeführt und die Prädicatur 
bekam einep andern Charakter; hatte diese Aenderung die Ausfüh- 
rung der letzten Klausel des Geiler'schen Testaments zur Folge? 
Wir wissen es nicht. 

Während der am Ende des sechzehnten Jahrhunderts ausge- 
brochenen Streitigkeiten zwischen den katholischen und den protestan- 
tischen Stiftsherren wurde die Münsterbibliothek schmählich ver- 
schleudert. Einige der Handschriften kamen in den Besitz der 
protestantischen Akademie, so namentlich ein altes Testament in 
fünf Bänden, desOrigcnes Commcntar über den Pentateuch, der des 
Boötius über Aristoteles de interpretaiiotte , eine Schrift Beda's, Isidors 



uientia spectabiles, sed nunc tales paucissimi sunt, propler usum apostolicarum gra- 
tiarum quibus, inquit, cogimur quoscunque acceptare. 22. Juni 1493. Autograph. 
Stadt- Archiv. Abgedruckt bei Dacheux, Un mfonnateur catltoUqui d la fin du 
XV^ siicle, Jean Geiler. Paris, 1876, S. LXXIV. 

1. ScHADiEUS, Summum templum, S. 77. 

2. Das Kapitel ehrte das Andenken Simlers durch eine Inschrift im 
Kreuzgang des Münsters: t\Cementote Joannis Simleri tArgentinensis , jurisconsuUi 
doctissimi, qui comilio suo mullis profuit nosiramque hibliothecam opiimis voluminibus 
locuplitavit, Grandidier, (Etivres inidiies, B. i , S. 442, Note 3. 

3. WiMPHELiNG, Catal, episc. urgent,, S. 40. — ScHADiEUS, S. 79. — 
Trösch machte sein Testament den 17. Sept. 1489 und starb den 19. Dez. 1490. 

4. Röhrich, der in der Zeitschrift fQr hbt. TheoL, 1848, das Testament 
Geilers hat abdrucken lassen, hat die Bibliothek des Predigtamts mit der des 
Kapitels verwechselt, und daher irrthümlich angenommen, dass erstere dem 
nemlichen Schicksal anheim fiel wie die andere. 



10 Bächer und Bibliotheken s^u Strassburg im Mittelalter. 

Opus etymologia^um, die Homilien Gregors des Grossen, und das 
Gedicht Gottfrieds von Hagenau. Alle diese Bücher sind 1870 zu 
Grunde gegangen*. Andere Manuscripte erwarb Friedrich Casimir 
von Zweibrücken, der eines davon, die Hymnen des Prudentius, 
an den Ritter Jakob Bongars, Heinrichs IV. Residenten zu Strass- 
burg, abtrat". Von dem Ueberrest kaufte Bongars, ein leidenschaft- 
licher Bücherfreund', selber einen Theil, namentlich die auf Befehl 
Rachio's angelegte Sammlung von Canones, und mehrere der von 
Bischof Wernher gegebenen Bände. 

Im Jahre 1612 hinterliess er testamentarisch seine ganze 
Sammlung an Jakob, Sohn seines Freundes, des strassburger Bürgers 
Renaud Gravisset;' Jakob, der 1624 nach Bern übersiedelte, schenkte 
sie zuletzt dieser Stadt.* Hier hat man noch, sämmtlich mit Wemhers 
Namen bezeichnet, die Thanomena des Aratus, die Geschichte des 
Orosius, des Bo6tius Uebersetzung Euclids, den Anfang ,der Ueber- 
setzung Eusebs durch Rufin, sowie den Prudentius mit einer In- 
schrift, die besagt, dass er unserm Münster gehört hatte*. Die 



1. Grandidier, Essais hisloriques surla cathidrale, Strassburg, 1782, S. 362 ; 
(Ettvres inidites, B. i, S. 439. — Im Jahr 1748 machte Prof. Schatz den Catalog 
der Mss. der protestantischen Universität ; zu unserer Zeit machte der 1863 
verstorbene treffliche Prof. Jung, den der Mss. der Stadtbibliothek in zwei 
Exemplaren; eines wurde nach Paris ans Ministerium des öffentlichen Unter- 
richts geschickt, aus dem es im März 1854 nach Strassburg zurückkam; sowohl 
dieses, als das hier auf der Bibliothek gebliebene, existirt nicht inehr. Der von 
WrrTER gemachte Catalog der Codices des Johannitcrhauses, und die summa- 
rischen Aufzeichnungen in HAnels Catalogus Ubrarum t}€ss,, geben einen Begriff 
von dem Reichthum unserer ehemaligen Handschriftensammlung. S. auch Archiv 
der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde, 1843, B. 8, S. 461 u. f., 
und die interessante' Arbeit von H. Rud. Reuss, Les bibliothiques de Strasbourg 
incendiies dans la nuit du 24 aoüt j8jo, Paris, 1871. 

2. Grandidier, Histoire de la province d*tAlsace, B. i, S. CCVI. 

3. Er erwarb auch die rdiquia Cuiaciana bibliotheca, S. seinen Brief an 
den Strassburger Georg Michael Lingebheim, churpfälzischer Rath, 19. Jan. 1604, 
und Lingelsheims Antwort, 14. Februar. 'Bongarsii et Lingelsbemii epistoUe, Ar- 
gent, 1660, in-i20, S. 62 — 180. 

4. Hagen, Catalogus codicum 'Bernensium, S. XX u. t. 

5. Nach Hagen befinden sich folgende von Wernhers Schenkung her- 
röhrende Mss. zu Bern: n« 87, Libri 'Boetii de arte geomärica et arilbmetica, 
1004 geschrieben, mit mathematischen Figuren, 18 Blätter in-foL; — n« 88, 
Qaudii Casaris xArati pbanomena , X. Jahrh. , mit auf den Thierkreis bezüglichen 



Bücher und Bibliotheken ^u Strassburg im MiUelaUer. ii 

Behauptung Grandidiers, einige der Manuscripte des Ritters Bongars 
seien von dem pfalzischen Churfiirsten filr Heidelberg gekauft 
worden*, scheint auf einem Irrthum zu beruhen. Nach der Ein- 
nahme Heidelbergs durch die kaiserlichen Truppen im Jahre 1622, 
wurde bekanntlich die palatinische Bibliothek nach Rom weggeführt; 
Grandidier schliesst hieraus, dass aus unserm Münsterstift stammende 
Handschriften sich im Vatikan befinden müssen. Bongars hatte aber 
seine vollständige Sammlung, ohne Ausnahme, dem Sohn seines 
Freundes vermacht, und den pfälzischen Rath Georg Lingelsheim 
von Strassburg beauftragt, sie bis zur Mehrjährigkeit des jungen 
Mannes aufzubewahren; es ist nicht anzunehmen, dass Lingelsheim, 
seinem Auftrage untreu, irgend etwas daraus an irgend jemand ab- 
getreten hätte. 1816 musste die päpstliche Regierung 890 Hand- 
schriften an Heidelberg zurückgeben'; unter den 19 lateinischen, 
die darunter aufgezählt sind, findet sich keine einzige, die sich als 
ehemals unserer Münsterbibliothek gehörig ausweisen dürfte. 

Es scheint übrigens nicht, dass während des bischöflichen 
Kriegs die Stiftsherren alle ihre Bücher veräussert hatten. Die Pariser 
National-Bibliothck hat einen Catalogus librorum bibliothecaargentinensis, 
der sich durch verschiedene Details als den des frühem bischöflichen 



Bildern; — n» 128, Orosii bistoria et Eusehii historia ecclesiaUica libtr primus, 
am Anfang und am Ende unvollständig, X. Jahrh., in-f» ; dazu gehört n« 108, 
das davon abgetrennt ist, Fragmentum Calendarii antiqui rotnani, ad decemhrtm 
nunsem pertinens et Fasti romani; — n» 169, 'Breve chronicon et capitula histO' 
riarum Orosii, IX. Jahrb., 14 Blätter in-f». Alle diese Nummern haben Wern- 
hers Sckenkung bezeugende Inschrift; — n* 264, Trudentii carmina , X. Jahrb., 
in-4« ; auf der ersten Seite : *Bongarsii ab ilL principe domino Frederico Casimire 
comile Palatino ad *R}ienum Tipontin.; S. 75 : hie Über pertinet ad Ubrariam ecciesie 
tArgent, — Grandidier, Hisloire de la province d'tAlsace; B. i, S. CCV, glaubte, 
es wären auch noch andere Wernher'sche Mss. zu Bern; er hatte, etwas vor- 
eilig, nach Sinker's Catalogus codicum !^Css, bernensium, 3 B., Bern, 1760 u. f., 
diejenigen Berner Handschriften auf Wernher zurüclcgefuhrt, deren Titel eine 
Aehnlichkcit mit den von Wimphcling angegebenen zu haben schienen. Allein 
keiner der 8 Codd. die er erwähnt, hat die an unsern Bischof erinnernde In- 
schrift ; einer derselben hatte nicht Bongars, sondern Peter Daniel gehört; 
andere fangen mit Traktaten an, von denen Wimpheling nichts weiss. Bei 
Hagen sind es die Nummern loi, 102, 199, 285, 325, 370, 424, 548. 

1. Grandidier, Essais sur la cathSdrale, S. 363. 

2. WiLKEN, Geschichte der ahen heidclberger Büchersammlungcn , Hei- 
delberg, 1817, S. 291. 



12 Bikher und BäfUotbeken :(u Sirasdmrg im MütdalUr. 

Seminars zu erkennen gibt; unter andern fikhrt er xwei Peigament- 
manuscripte an^ das eine die l^es%Alamannorum enthaltend, das andere 
die leges Longobardorum; bis 1870 hatte nun unsere Stadd>]b]iothek 
eine im neunten Jahrhundert gemachte Copie der l^es der Alemannen 
besessen, und eine aus dem swölften oder dreizehnten der.üqfcf 
der Longobarden; es liegt daher die Vermuthung nahe, dass diese 
Codices die in dem. soeben erwähnten Catalog genannten and; und 
da die Gelehrten des Seminars noch wexug Sinn fikr das Studhun 
germanischer RechtsalterthQmer hatten, so darf man. femer ver- 
muthen, dass die leges nicht erst im achtzehnten Jahrhundert 
angeschafit wurden, sondern dass sie Ueberreste der mittelalter- 
lichen Münsterbibliothek waren. Zu dieser letztem hatten, seit der 
Beendigung des Schisma's im Kapitel, die Protestanten keinen 2^- 
gang mehr; sie konnten nicht wissen, was noch vorhanden und 
was abhanden gekommen war; Schadoeus, 1617, und Schilter, 1698, 
mussten sich darauf beschränken, die Notizen >K^phelings zu 
wiederholen; Schada^us sagt, die Bücher sollen noch da sein, und 
Schilter meint, sie seien yerhoffentlich noch da. Ja es hatten 
sich Sagen gebildet über Schätze, die nie ezistirt hatten; ich habe 
schon oben von den vorgeblichen Commentaren des Bischofs Biuli 
geredet; Schilter glaubte sogar zu wissen, das Münster besässe 
ades Caroli Magni teutsch Psalterium, darein er mit eigener Hand 
geschrieben'». Ein deutscher Psalter, mit eigenhändigen Bemer- 
kungen Karls des Grossen, wäre eine wunderbare Rarität gewesen. 

2. 5. Thomas-Kapitel. Vor dem Schluss des vierzehnten Jahr- 
hundens erfährt man nichts von der Bibliothek dieses Kapitels, das 
nach dem Hochstift das reichste und angesehenste Strassburgs war. 
Jedenfalls aber hatte es schon vor dieser Zeit eine besessen; firühe 
trifft man unter den Canonicis, die weniger vornehm waren als die 
des Münsters y einige der Zeit gemäss wissenschaftlich gebildete 
Männer, magistri artium , Juristen, Aerzte., sogar Dichter. Königs- 
hofen, einer der Stiftsherren, hat uns das Verzeichniss der Bücher 
erhalten, die er in der Bibliothek gefunden, und die ohne Zweifel 
schon längst vorhanden waren*. Es sind folgende: zwei Abschriften 



1. ScHAD^us, S. 77. — Schilter, zu Königshofen, S. ^66, 

2. S. den Catalog, Beilage I. 



Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter, 13 

• 

des Pentateuch, wovon eine in kleinem Format, das hohe Lied, 
die neutestamentlichen Episteln, Glossen über verschiedene Theile 
der Bibel, einige Psalter, von denen der eine als alt bezeichnet ist, 
Postillen, Homiliensammlungen, des Hieronymus Prolog des Neuen 
Testaments, Augustins Confessiones, seine Bücher de trinitate und sein 
Enchiridion de fide , spe el caritate , der vierte Theil der !hCaralia über 
Hiob von Gregor dem Grossen, desselben Dialoge und Homilien, 
Isidors Sententia und Etymologia, die Schrift Hugo's von S. Victor 
de sacratnentis , die Legenda aurea, die Hisloria scholastica, das 
T(ationale divinorum officiorum , mehrere Heiligenleben, das von dem 
Mönch Erich (gest. um 881) verfasste Gedicht über S. Germanus 
von Auxerrc, die durch den Canonicus von Reims, Peter Riga, 
gegen Ende des zwölften Jahrhunderts, in lateinischen Versen ver- 
fasste allegorische Auslegung der Bibel, die den Namen %Aurora 
führt. Zu diesen theologischen Werken gesellten sich einige Trak- 
tate über Grammatik und Dialektik, des Aristoteles Topica mit dem 
Commentar des Boetius, dieses letzteren Schriften über die Arith- 
metik und die Musik, zwei medizinische Bücher, das Ureviarium 
juris canonici, eine Sammlung von Canones antiqtä, die Instituten mit 
Glossen, ein ^Alexander magnus metrice, ohne Zweifel das Gedicht 
Walters von Lille. Diese, obgleich wenig zahlreiche Sammlung 
war insofern merkwürdig, als sie den verschiedenen Bedürfnissen 
der Canonici und der Kapitclschulc zu genügen schien; sowohl die 
freien Künste, als die Theologie, das Recht und die Medizin waren 
darin vertreten ; für den lateinischen Unterricht fehlten allerdings die 
Klassiker, damals indessen glaubte man häufig sie entbehren zu können ; 
Scnriften wie Walthers von Lille %Alexandrei$ galten als genügende 
Vorbilder für die, welche sich in der Verskunst üben wollten. 

Im fünfzehnten Jahrhundert scheint das Kapitel keine Bücher 
gekauft zu haben; es existiren noch in dessen Archiv die bis 1391 
hinaufreichenden Jahresrechnungen, in keiner derselben habe ich 
eine Ausgabe für die Bibliothek gefunden. Diese wurde nur durch 
Schenkungen vermehrt; die erste derselben, die bekannt ist, ist die 
des Canonicus Paul Munthart, der 1480 seine reiche Sammlung von 
Handschriften und Incunabeln an S. Thomas abtrat, unter der Be- 
dingung, einen neuen, gewölbten Saal für die Bibliothek herzustellen'. 

I. S. das Testament in meiner Histoire du chapitre de Saint- Thomas , 
Strassburg, 1860, in-4*, S. 459. 



14 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter. 

Das Kapitel ging hierauf ein' und bewies überhaupt während einiger 
Zeit mehr Sorgfalt für seinen Bücherschatz. Zu diesem kamen 
einige Bände ^ die der Buchdrucker Adolph Rusch und seine Frau 
zum Heile ihrer Seele schenkten^ die aber leider nicht namentlich 
angeführt sind". Im Jahre 15 17 vermachte der Lizentiat der Rechte 
Johann Sigrist, Scholasticus von S. Thomae und General- Vikar des 
Bischofs, den lebenslänglichen Gebrauch seiner Bücher seinem Sohn 
Johann-Thomas, der legitimirt worden war; der junge Mann sollte 
sich aber den Studien widmen; thäte er dies nicht, so seien die 
Bücher Sigrists beiden Neffen zu überlassen, unter der nemlichen 
Bedingung; wölken auch sie nicht studiren, so hatten die Testa- 
ments-Vollstrecker die Befugniss, die Sammlung entweder zum 
Besten der Armen zu verkaufen, oder zu schenken ad locum übt 
necessitas magis postulat^. Da weder der Sohn, noch die Neffen Lust 
zu gelehrten Beschäftigungen zeigten, übergaben die Executoren die 
Bibliothek dem Thomas-Stift. Trotz der nach der Schenkung Munt- 
harts getroffenen Massregeln war wieder Alles vernachlässigt; die 
Canonici Martin von Baden und Lorenz Schenkbecher unternahmen 
es, die Ordnung wieder herzustellen; sie Üessen das Lokal reinigen 
und allerlei Geräth daraus >yegschaffen, das den Gebrauch der 
Bücher verhindert hatte. .Das fernere Schicksal der S.' Thomas- 
Bibliothek ist unbekannt; da die meisten der Stiftsherren sich für 
die Reformation erklärten, könnte man denken, sie sei der neuge- 
gründeten Schulbibliothek einverleibt worden; allein keines der in 
den Verzeichnissen Königshofens und Muntharts angeführten Werke 
fand sich später weder in der Stadtbibliothek, noch in der der 
protestantischen Universität. * 

Ueber die Sammlungen der beiden S. Peter-Kapitel ist es mir 
nicht vergönnt gewesen, etwas aufzufinden. 



1. Man ersieht es aus der noch in der Thomaskirche vorhandenen 
Grabschrift Muntharts : ^Anno domini tXCCCCCLXXL XIX C^arcii ohiil spectabilis 
tnagister 'Paulus Gunthar t, decretorum Ucentiatus , prepositus 5. Tetri iunioris et buius 
canonicus et henefactor ecclesiarum lihrarieque hie noviter erecte fundator. Orate pro eo. 

2. VIII Kai. Junii, *Ad. 1(iisch et Sahnte eius uxor qui certos libros ad libra- 
riam nostram donaverunt. Liher vita, S. Thomas-Archiv. 

3. Testament vom 2. August 15 17. Die Executoren waren Johann Rech- 
burger, doctor juris und Kanzler des Bischofs, Jakob von Richshofen, Probst von 
S. Thom« , und Sixtus Hermann , Lcutpriester dieser Kirche. S. Thomas- Archiv. 



Bücher und Bibliotheken :(U Strassburg im Mittelalter. 15 

n. Klöster. Die grösste der strassburger Klosterbibliotheken 
war die des im Jahre 1371 durch den Bürger Rulmann Merswin 
gegründeten Johanniterhauses zum Grünen-Wörth. Die Um- 
stände, welche die Stiftung dieser Anstalt veranlasst hatten, er- 
weckten gleich Anfangs in derselben den Eifer für fromme Be- 
schaulichkeit und theologisches Studium. Der erste Comthur, Heinrich 
von Wolfach, begann sofort eine Bibliothek zu errichten, die von 
dieser Zeit an mit einer Einsicht gepflegt und vermehrt wurde, die 
alle unsere Bewunderung verdient. Bereits 1386 erhielt Heinrich 
einige Handschriften von den Freiburger Johannitern; andere kaufte 
er theils aus eigenen Mitteln, theils aus «Almosen frommer Leute», 
sie sollten den Brüdern ad usum sttidendi et sermonvi^andi dienen; die 
Schenkung, die er davon dem Grünen-Wörth machte, erhielt, wäh- 
rend eines zu Heimbach gehaltenen Kapitels, die Bestätigung des 
Ordensmeisters für Deutschland, Conrad von Brunsberg*. Dieser 
erste Fonds bestand aus einer Bibel in einem Bande, den Predigten 
des Cisterciensers Soccus in drei Bänden, zwei Theilen der Summa 
des Thomas von Aquino, dem Traktat de profectu vita religiosa von 
dem Franziskaner David von Augsburg, einem andern de profectu 
cordis, den Sermones Bcrtholds von Regensburg, den Predigten 
Jakobs de Voragine, dem Werke Richards von S. Victor de patriar- 
chis, und einigen andern Büchern «von geringerm Werth*». 1395 



1. Urkunde vom 27. Mai 1386. Archiv des Unter-Elsass. 

2. Tota biblia in uno volumine, Sermones Socci in tribus voluminibus, du^e 
partes questionum S. Thonue, videlicet prima, secunda et ultima, tractatus de profectu 
vita religiöse cum sermonibus %usticani in uno volumine, tractatus de doctrina cordis, 
Tdchardus de pairiarchis qui intitulatur ^Benjamin, Sermones dominicales Jacobi de 
Voragine, et quidam alii minor is valoris. — Der Traktat Davids von Augsburg, 
de profectu vita religiosa, befand sich auf unserer Stadtbibliothek, Fonds S. Jo- 
hann (cod. A, 113, in-f«), unter dem Titel Trofectus religiosorum. In dem neni- 
lichen Bande waren fratris Tertholdi sermones rusticani; hier sind es die sermones, 
die rusticani genannt werden; in der Urkunde von 1386, bezieht sich rusticanus 
auf die Person des Predigers, vielleicht wegen Bertholds Gewohnheit, auf 
freiem Felde zu predigen. Die sermones waren kurze lateinische Auszüge aus 
den deutschen Reden. Ueber eine andere Sammlung Berthold*scher Predigten 
im hiesigen Barfusserkloster, s. weiter unten. Auch die Wiener Hofbibliothek 
'besitzt lateinische sermones von dem berühmten Redner; s. Strobl, Ueber eine 
Sammlung lateinischer Predigten Bertholds, Wien, 1877. — In dem ebener- 
wähnten Johannitercodex war auch ein Tractatus de cordis doctrina, von unge- 
nanntem Verfasser, in der Urkunde von 1386, als de profutu cordis angeführt. 



i6 Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im Mittelalter. 

kaufte das Haus für lo Pf. von der Cistercienser- Abtei Baumgarten 
die !\Coralia Gregors des Grossen in zwei auf Pergament geschrie- 
benen Bänden; im folgenden Jahr^ von dem nemlichen Kloster, 
für 3 Pf. acht pergamentne, Bände ^ die zusammen folgende Schriften 
enthielten : Gregors Commentar über Ezechiel, desselben Tastorale, 
fünfzig Homilien Beda's^ die Predigten Leo's des Grossen, den 
zweiten Theil derjenigen des h. Bernhard über das hohe Lied, des 
Origenes Commentar über den Leviticus, die dem Dionysius 
Areopagita zugeschriebenen Werke, und ein Buch unter dem Titel 
Liber occupationum\ Um den im Grünen- Wörth einheimischen my- 
stischen Tendenzen zu genügen, verschaffte man sich, noch vor 
Ende des vierzehnten Jahrhunderts, sehr schöne Handschriften 
Eckarts, Taulers, Suso's und anderer Lehrer dieser Schule. 

Neben dieser, von Jahr zu Jahr durch Käufe, Geschenke und 
in dem Hause selbst gemachte Copien bereicherten Bibliothek, be- 
sund noch eine andere, weniger zahlreiche, aber nicht minder 
kostbare, die gleichsam einen geheimen Schatz bildete unter der 
besondern Aufsicht der drei Layenpfleger des Grünen-Wörths. Sie 
bestand aus einigen seit 1382 gesammelten autographen Traktaten 
Rulmann Merswins und seines Genossen, «des grossen Gottes- 
freundes im Oberland»; femer aus Abschriften derselben Traktate 
und anderer kleiner Werke der beiden Verfasser, aus Copien der 
Briefe des Gottesfreundes, sowie der au die Gründung des Hauses 
bezüglichen Urkunden und päpstlichen Bullen, endlich aus mehreren 
erbaulichen Stücken in Prosa und in Versen. Dazu kam ein Band 
unter dem Titel: Memorial des Grünen-Wörths; er enthielt die 



I. IDuo Volumina mofaUa h, Gregorii papa super Jibrum Job totaliter et per- 
fecte continmlia in pergameno comcripla, 13. November 1395. — Octo distincia 
Volumina librorum in pergameno conscripta, quorum primum intilulatur Gregorius 
super E^echylem , secundum conlinel quinquaginta omelias venerahilis 'Beda perscripia 
in uno volumine, tertium continet sermones Leonis papa, quartum intitulatur secunda 
pars sancti *Bernhardi super caniica, quinlum intituJaiur tractalus Orionis (sie) super 
Leviticum, sextum iniiiulatur Dyonisius super Iherarchyas, sepiimum intilulatur Tas- 
totale b, Gregorii papa, octavum intilulatur liber occupationum, i. März 1396. 
Archiv des Unter-Elsasses. Alle diese Bücher, so wie die in Note 2 S. 15 er- 
wähnten, waren in die Stadtbibliothek übergegangen, mit Ausnahme der Ser- 
mones Socci und des, mir unbekannten Liber occupationum ; diese beiden Nummern 
fehlen schon in Witters Catalog. 



Bücher und Bibliotheken t^u Sirassburg im Mittelalter. 17 

älteste Gescliichte der Anstalt > nebst den dazu gehörigen Doku- 
menten. Den 21. Jänner 1385 verordnete Conrad 'von Brunsberg, 
das Memorial solle unter der Obhut eines der Brüder bleiben, der 
es nur den Bewohnern des Hauses mittheilen dürfe; die Pfleger 
mögen dafür sorgen, dass es nie in fremde Hände komme. Für 
den deutschen Ordensprovinzial machte man davon eine mit Mi- 
niaturen gezierte Abschrift; jedesmal, wann ein neuer eingesetzt 
wurde, sollten die Pfleger ihn brieflich ersuchen^ sich das von 
seinem Vorgänger hinterlassene Exemplar einhändigen zu lassen. 

Die Johanniter erhielten sich zu Strassburg auch nach der 
Reformation; sie fuhren fort, ihre Bibliothek zu vermehren, kauften 
aber meist nur noch gedruckte Werke. Im Jahre 1746 vereinigte 
der Comthur Johann Baptist Kentzinger mit der strassburger Samm- 
lung die des schlettstadter Hauses, das seit 141 7 unter die Leitung 
des Grünen-Wörthes gestellt war. Er liess ein Lokal bauen, gross 
genug, um beide Bibliotheken aufzunehmen; zugleich beauftragte er 
zwei Gelehrte mit Anfertigung der Cataloge. Der der Druckwerke 
wurde von Johann Nicolaus Weislinger, Pfarrer zu Kappel-Rodeck, 
einer der heftigsten Gegner des Protestantismus, gemacht; der der 
Manuscripte dagegen durch Johann Jakob Witter, Professor der 
Philosophie an der protestantischen Universität. Beide erschienen im 
Druck'; ich habe mich hier nur mit dem der Handschriften zu be- 
fassen. Zuvor ist zu bemerken, dass es, wegen der Vereinigung der 
schlettstadter mit der strassburger Bibliothek, nicht immer leicht 
ist, diejenigen Bücher zu unterscheiden, die ursprünglich der einen 
oder der andern angehört haben; man wird aber nicht irre gehen, 
wenn man annimmt, dass der reichste Schatz der des Grünen- 
Wörthes war. Witters Catalog zählt im Ganzen 899 Codices, wovon 
164 auf Pergament; unter denen auf Papier sind mehrere im 
sechzehnten und im siebenzehnten Jalirhundert gemachte' Gopten 
von Traktaten, die wenig Interesse bieten. Die mittelalterliche 
Bibliotliek umfasste beinahe sämmtliche Wissenschaften, die Theologie, 



I. Weislinger, CataJogus librorum itnpressorum in biblioibeca, . . ordinis 
S, Johannis . . . asservatorum , KArgent,, 1749, in-f». — WnTER, Catalogus codicum 
manuscripiorum in hihliotheca ordinis hierosolymitani. . . xArgent., s. a., in-f". Beide 
sind gewöhnlich Weislingcrs gegen die Protestanten gerichteten KArmamenta- 
rium catholicum, urgent», 1749, in-f<*, beigebunden. 

2 



iK lUUhir mi BMk&ekem ^ Strasämrg im Mmdabtr. 



MHM()«<> ff^^'t^ ^ Potsk var radiädi vemwm, liaodic Hand- 
HhIiHIi^m Wiitr^o 4a:!in; aizs don Tkarrhrrm Jafariumdai fiokre kh 
\\i\\{m\iU ü»^'^ ThQm4t Aqmahi Surnrn^ pars «änsA, xorj^ '3^2; 
I hthl/i (IflftffUiUnüs fVrdiUilii mts dt vha Qnisb, pars primM, saipia 
i 1 4M, Ht /x (.hr0P9Acbo im ßne pasto patei^ per ^Bmxardmm; VsaUerä 
hiitl^lftlt^f iUJVd äfmo i}47 perfecta; l^asüUa Joriam it QuedBmhirg, 
kiin fifima $Cfif4a t)6o, pars seamda i}6j; Gtälldm dt ^gtait über 
liii HHifllfU^ hf/mimun, scriphu i}6}; magistri Ifstdalfi dt Litied l^astoraU 
imt'pllhm, icripium 1)64; Jobatmts dt Tamhauf, dt amsolaäomt Ato- 
htlff^t //'^^/ ><^«^*»» Speadum bäflU, scr^Otm 1)90; nAmbrosü 
lUhn$ilh ^Uper Psalmum heaü immaaJaU, i}9). Zo den wichtigsten 
I tuHfß^ f/4;li/>rtrn die Schriften Eckarts, Tanlers, Snso's, zahkeiche 
\\Hll*it U^ ffiy^tkcht Trakute von unbekannten Veifatssern, religiöse 
Wh^titUu^hii^f^ in lateinischen Versen, deutsche Dichtungen wie 
\^ ii\ttU^I rkU, hioroK, der trojanische Kri^ von Konrad von Würz- 
hiM/j, «''^^ Gotfried von Strassburg zugeschriebene Mere von der 
MlMM^/ ein lieben Jesu und ein Passional in deutschen Versen*, 
^Ifiii f/tfreiriite Paraphrase mehrerer Theile des alten Testaments, 
»ll»* K^')<^Hit'lien Lieder Heinrichs von Laufenberg mit Musiknoten, 
Mmmmi* iidcUtein, Königshofens Chronik und sein lateinisch-deutsches 
tiUintitii, Auch Klassiker waren da, Virgil, Ovids Episteln, Maräal, 
hM« )M(i, einiges von Seneca, Sueton, Eutrop, die Scriptores bistaria 
tWfftf^hf, Alles aber in Abschriften aus dem spätem Mittelalter. Unter 
iImM iliirologischen war eines der interessantesten Drutmars Er- 
U(IMIM|/ dcH Evangeliums Matthasi, die 15 14 von WimpheUng im 
IlMMli herausgegeben wurde; wegen der Unterdrückung dieser Aus- 
iirtlf^ f{cliört sie zu den bibliographischen Seltenheiten. 

Nach der Revolution kam die Johanniterbibliothek, die unter 
llftifM Druckwerken mehrere der ältesten Incunabeln gehabt hatte, 
rtl) ilk Stadt Strassburg. Sie war aber schon nicht mehr so voll- 
iillliMliK als zur Zeit der Veröffentlichung der Cataloge; es fehlten 
lihuic'lie Codices, von denen man nicht weiss, wo sie hingekommen 
iiltMl. Das untcr-clsässischc Archiv hat noch, im Fonds St. Johann, 
iltt^l bald nach der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts auf Papier 



I. \i% waren der i. und 3. Theil des Passionais, dessen i. und 2., zu 
lUltIcIberg befindlich, Haiin herausgegeben hat, Frankfurt, 1845. 



Bücher und Bibliotheken :(u Strasshurg im MiUetatter. 19 

geschriebene Foliobände; der eine enthält eine Auslegung der 
Psahnen^ nach im Jahr 1448 zu Erfurt durch Mag. Gotfried Honouer 
gehaltenen Vorlesungen, und das zweite und vierte Buch der Sen- 
tenzen des Petrus Lombardus; der zweite ist das Über apum von 
Thomas Cantipratensis; der dritte besteht aus mehreren, von ver- 
schiedenen Händen geschriebenen Stücken, unter andern die unter 
dem Namen Cato bekannten versifizirten Lebensregeln mit. einem 
Commentar, eine lateinische Erklärung der in der Rechtssprache 
üblichen Ausdrücke, ein politischer Dialog, eine gereimte lateinische 
Poesie und die Synodalstatuten der strassburger Bischöfe Friedrich 
und Wilhelm. Witters Catalog fuhrt keines dieser Manuscripte an; 
auch haben sie die Marke nicht, die sich in den Büchern des 
Grünen- Wörths befand und die das Haus vor seinem Abbruch im 
Jahre 1633 darstellte. Ich weiss nicht, wie sie sich unter die St. 
Johanns-Urkunden des Archivs verirrt- haben mögen. In eben diesem 
Archiv finden sich drei Bände der Sammlung, die ich oben den 
geheimen Schatz der Johanniter genannt habe; andere der nemlichen 
Sammlung wurden vor beiläufig dreissig Jahren theils in hiesigen 
Büchcr-Auctioncn, theils von Curiositäten- Händlern feilgeboten; einen 
kaufte man damals für die Stadtbibliothek, andere kamen in Privat- 
besitz oder geriethen ins Ausland. Früh aus dem Grünen- Wörth 
verschwunden, sind sie heute die einzigen zerstreuten LJeberreste 
der schönsten Bibliothek, die hier im Mittelalter gebildet worden war. 
Die reichste nach derselben war die der Karthause. Die 
Mönche dieses, im Jahre 1340 ausserhalb der Mauern Strassburgs 
errichteten Klosters, galten am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts 
mit den Johannitern und den Wilhelmiten wegen ihres sittlichen 
Ernstes und ihres gelehrten Eifers für die ehrenwerthestcn unserer 
Stadt. Geiler von Kaisersberg und Wimpheling waren mit ihnen 
befreundet, und mehr als ein die damalige Verweltlichung des 
Clerus beklagender Geisüichcr zog sich, entmuthigt, in die stillen 
Räume ihres Hauses zurück. Ihre Regeln empfahlen ihnen das 
Bücherschreiben ; Gerson hatte sogar zu beweisen gesucht, dass sie, 
ohne ihr Seelenheil zu gefährden, selbst an Feiertagen nützliche 
Werke copiren konnten*. Einer der strassburger Prioren, Heinrich 



I. Gerson, De laude scriptorum, Opera, ed. Dupin. Antw., 1706, in-f«, 
B. 2, S. 694. 



20 Bücher und Bibliotheken t^u Sirassburg im Mittelalter. 

Kalkar> verfasste Traktate über Theologie^ Rhetorik und Musik. 
Während der Mahlzeiten las einer der Brüder etwas vor; in den 
Jahren 1454 bis 1510 wurden auf diese Weise die !\Caralia Gregors 
über Hiob vier mal durchgelesen. 

Es ist nicht unwahrscheinlich^ dass manche Bände dieser Biblio- 
thek in den Zellen der Karthause selber geschrieben worden waren. 
Während kurzer Zeit hatte diese sogar eine eigene Druckerpresse; 
die Brüder druckten für ihren Gebrauch einen Psalter auf Perga- 
ment*. Im Jahre 1525 traten vierzehn von ihnen in die bürgerliche 
Gesellschaft zurück; sieben erklärten^ im Kloster bleiben zu wollen. 
Während des ganzen sechzehnten Jahrhunderts beherbergte das 
Haus einige Karthäuser; 1591 wurden die Gebäude der Stadt über- 
lassen und abgebrochen; die Bibliothek brachte man provisorisch 
in das Lokal der protestantischen Akademie*. Bei dieser Gelegen- 
heit machte man den Catalog'. Seit der Reformation hatte das ver- 
armte, nur von wenig Mönchen bewohnte Kloster höchstens drei 
oder vier polemische Schriften angeschafft; mit diesen geringen 
Ausnahmen repräsentirt der Catalog den Zustand der Bibliothek 
vor 1525. Er hat 365 Nummern, grösstentheils Handschriften, tlieils 
auf Pergament, theils auf Papier. Das Vorhandensein gewisser 
Bücher in mehreren Exemplaren scheint zu beweisen, dass die 
Sammlung auch durch Geschenke bereichert worden war. Einen 
Band, Homilien von Augustin, Beda und andern enthaltend, hatte 
ein Pfarrer von Worms vermacht; einer der Brüder, der von 1393 
bis 1396 zu Bologna die Rechte studirt hatte, gab einen Innocentius 
super T)ecretale. In andern Codices hatte man die Preise verzeichnet für 
die sie gekauft worden waren. Den Hauptbestandtheil der Bibliothek 
bildete selbstverständlich die Theologie: Kirchenväter, Scholastiker, 
Mystiker, Predigten, Commentare, Heiligenleben, liturgische Bücher, 



1. 'Psalterium in tnembranis, typis expresstim in carthusia %ArgenUfunsi. S. den 
Caulog, Beilage II. 

2. Als die Karthäuser sich in Molsheim niederliessen, wurde ihnen die 
Bibliotheic zurückerstattet. Nach der Revolution kam sie an die Stadt Strassburg. 

3. Ms. in-4^ S. Thomas- Archiv. Die Schrift verräth die Hand des Prof. 
Johann Pappus. Dieser, der nicht nur ein gelehrter Theolog, sondern auch 
ein eifriger Bocherfreund und ein Liebhaber der strassburger Lokalgeschichte 
war, hat in den Catalog auch die historischen Notizen aufgenommen, die in 
einige der Bücher eingeschrieben waren. S. Beilage IL 



Bücher und Bibliolheken t^u Strassburg int MiUdalUr. 21 

• 

die Regeln und Gewohnheiten des Karthäuser - Ordens , der 
Commentar des Drutmar^ von dem auch der Grüne- Wörth eine 
Copie besass^ ein Compcndium theologia des hiesigen Dommikaner- 
priors Hugo Ripelin, ein Kapitel über das Hohe Lied von einem 
Bruder Rudolph, der in einem unserer Klöster Uctor sententiarum 
gewesen war, eine Historia Evangelii ntetrica und eine dem Johann 
Beleth zugeschriebene^ in Versen verfasste Summa über das Hohe 
Lied. Ferner: etwa zwanzig juristische und canonische Werke, 
worunter mehrere Exemplare der Summa %aymundiy' verschiedene 
Schriften über Medizin, eine über die Logik, die Orationes VhiUlpbi, 
die Reisen des Ritters von Mandeville, und zwei Klassiker, Lucan 
und Sencca's Briefe an Lucilius. Ausser ein paar deutschen Psaltern 
bcsass die Bibliothek nur ein Buch in der Landessprache, die von 
Johann Vintler am Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts verfasste 
Blume der Tugend. Das Interesse des Catalogs wird nicht nur 
durch die Angabe der Preise und der Daten mancher Bände erhöht, 
sondern auch durch die Aufbewahrung mehrerer der so merk- 
würdigen Formeln, welche die Abschreiber gebrauchten, wenn sie 
ihre mühselige Arbeit vollendet hatten. Ich lasse sie hier folgen: 

Lamberti de Ligniaco sicco sumtnula, scripta anno 1286 : 
Lauda scriptorem donec videas meliorem. 

Flores 5. ^ernhardi: 

Hie liber est scriptus, deus ex hoc sit benediciHs\ 

Legenda sanctorum: 

Explicit iste Über, scriptor sit crimtne liber. 

Sermones 5. ^ernardi super Cantica: 

O Ternarde pattr, qui dulcia hie posuisü, 
Fac me qui scripsi regnum conscendere Christi. 

T(epertorium Speculi Wühelmi Durandi: 

Qua pridem plura sunt sparsim tradita iura, 
Hoc nunc scriptura facili tnotistrat tibi cura. 



I. Diese Formel befindet sich, mit geringer Aendcrung, unter denen, die 
Wattenbach gesammelt hat, Das Schriftwesen des Mittelalters, 2. Ausg., Leipzig, 
1875, S. 424. Auch die folgende, häufig vorkommende, wird von Wattenbach 
Angeführt, S. 428. 



tt Bmcher und Bibliaibdttm ^ Sirüsshmrg im IGidaher. 

m 

Jßsiona scbolastica: 

Dexiram scribends vbrtus regat amm^aUiitis. 

Ue vha et laude b. Hierouynd per Job. %Amdre4e jttristam: 
xAcdpe Jeranymum mm ex dodoribus mmm 
^^[/^ miris mhumum, sed Jhtftue munire^primum, 

Exposi&o b. ^mhrosä super Vsabnum beati immaculati:' 
Snt dec graies ^Ambrosioque qui dedä aries 
Et mihi mente pia ter ave legüate (sie) !\Caria. 146^. 

Die anderen datirten Bücher waren: Vastorale novellum magistri 
^Hldolphi de Ubeg, completum IJ24; VostiOa super Vroverbia Sah- 
ffumi$ fratris Thoma %ygsled, angUä, ord. prad.^ scripta armo ißfo; 
l/fra super Fetus Test., pars prima finita armo i}68; Libellus qui 
(nliuäatur Fakte bonum, continens accentuationes quarumdam dictionum 
de ^Hiblia et de evangeliis et de martyrologio , 1441. 

Nachdem die Dominikaner sich zu Strassburg angesiedeh 
liaiurn, zuerst 1224 in einer der Vorstädte, dann in der Stadt selber, 
war eine ihrer vornehmsten Sorgen das Anlegen einer Bibliotliek. 
\hf Orden war berufen ein gelehrter zu sein; von dem dreizehn- 
fiffi Jahrhundert an bis zum fünfzehnten kann unser Kloster eine 
K^'ihe von' ausgezeichneten Lehrern und Predigern aufweisen; die 
Werke, die sie hinterlassen haben, setzen den Gebrauch einer wohl- 
vcrtchcnen Büchersammlung voraus. Als im Jahre 1288 die Mönche, 
Wffrcn ihrer Streitigkeiten mit dem Magistrat, die Stadt verlassen 
MMi«fttcn, ermächtigten sie ihren librarius, Bruder Martin, bis zu 
«'incr Summe von 200 Mark, Handschriften und kirchliche Gefösse 
lind Geräthschaften zu verkaufen oder zu verpfänden*. Den 8. März 
l/|2o vermachte der Prior Peter von Gengenbach dem Kloster alle 
Hhchcr, die er gesammelt hatte, hundert und mehr an der Zahl". 
I,«idcr besitzt man das'Verzeichniss derselben nicht. Die Schriften 
<|cN Thomas von Aquino, die Bruder Johann Ortwin dem jungen 
(lanonicus Peter Schott mittheilte, um ihn zur thomistischen Theo- 
l()|{io zu bekehren, waren wohl der Predigerbibliothek entlehnt. 



I. a8. Dexember 1288, Schlettstadt. S. Thomas- Archiv, 
a. Omms mtos Ubros, qui stmt in prasenti numero centum ei ultra, notabiles 
$1 (ommumt, quos compilavi et collegi, S. Thomas- Archiv. 



Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im Mittelalter. 23 

Aus dem nemlichen Codex nahm der Lector Mag. Johann Winkel 
die Traktate des Thomas, die er, mit einer Widmung an Geiler, 
1500 zu Strassburg bei Martin Flach drucken liess*. Im Jahr 1504 
beschäftigte sich Wimpheling zu Basel mit einer Ausgabe der Postille 
des Cardinais Hugo von Saint-Cher; er bat seinen Schüler Thomas 
Vogler (%Aucuparius)y in den strassburger Klöstern Manuscripte des 
Werkes zu suchen; Vogler schrieb ihm zurück, er hätte nur eines 
bei den Dominikanern gefunden, in diversis voluminibus antiquo 
charactere conscriptas (postillas), es fehlten aber die kleinen Propheten". 
Es ist möglich, dass nach der Reformation, als die letzten Mönche 
ihre Besitzthümcr dem Magistrat übergaben, ihre Bibliothek für die 
neue Schule bestimmt wurde; da aber in den von den Kloster- 
herren angestellten Inventarien der Güter von keinen Büchern die 
Rede ist, so lässt sich nichts Bestimmtes hierüber sagen. Jedenfalls 
waren nur noch Reste der alten Sammlung vorhanden; manches 
mag, als 1524 der Pöbel ins Kloster eindrangt verwüstet, anderes 
von den katholisch gebliebenen Brüdern aus der Stadt gefuhrt wor- 
den sein. 

Diese nemliche Bemerkung gilt auch andern unserer Klöster. 
Die Franziskaner, die nicht lange nach den Predigern nach 
Strassburg gekommen waren und deren Schule am Ende des fünf- 
zehnten Jahrhunderts unter dem gelehrten Lector Conrad von Bon- 
dorf in grossem Rufe stand, können nicht ohne eine Bibliothek 
gewesen sein. Sie hatten nicht nur die von Bondorf vor zahkeichen 
Zuhörern erklärten Schriften des Duns Scotus besessen, sondern 
auch lateinische Predigten Bertholds von Regensburg. Im Jahre 15 12 
entlehnte diese letztern der Buchdrucker Johann Knoblouch, um 
sie herauszugeben; die Ausgabe scheint aber nicht zu Stande ge- 
kommen zu sein, und das Manuscript ist verloren*. 

Die Augustiner, die sich seit 1265 in der Wcissen-Thurm- 



1. Ortwin an Schott, s. d. Schotti lucubratiuncuhe. %Argent., 1498, in-4*, f* 102. 
— Qtusiiones disputaU 5. Ttjorne. . depotentia dei. ., %Argent., Martin Flach, 1500, in-f*. 

2. 9. März 1504. Autogr. Basler Bibliothek. 

3. S. im folg. Beitrag die Notix über Knoblouch. — Ich bemerke hier, 
dass auch in Strassburg ein Prediger Namens Berthold gewesen war. In einem 
der Johanniter-Mss. , Cod. A, 76, f«, standen folgende Worte : Ein 'Brcdiger wa^ 
^e Strasburg, hie^ 'Bruder 'Behielt, der bredioU manig gute t^ere. Einige deutsche 
Auszüge aus seinen Predigten waren beigegeben. 



24 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter. 

Vorstadt niedergelassen hatten, kauften, 1379, von den regulirten 
Chorherren des Klosters Ittenwiler für 35 Pf. eine Bibel in fiinf 
Bänden*. Um diese Zeit hatten sie einen nicht ungelehrten Lector, • 
Johann von Schaftolzheim, der die mystischen Traktate Rulmann 
Merswins ins Lateinische übersetzte. Diese Uebersetzung findet sich 
noch theilweise im hiesigen Bezirks-Archiv. Unsere Stadtbibliothek • 
hatte Predigten eines der Mönche des Klosters besessen, gleichfalls 
aus der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts. 1508 war bei 
den Augustinern noch ein altes Manuscript des Gedichts Walthers 
von Lille über Alexander den Grossen; nach einem darin enthal- 
tenen Distichon hatte der von Lille gebürtige Verfasser Chdtillon 
geheissen". 

Auch das kleine, seit 1300 in der Krautenau bestehende 
S. Wilhelmskloster hatte eine Bibliothek, auf deren Vermehrung 
es nicht unbedeutende Summen verwendete; noch 1450 kaufte es 
für 60 Goldgulden eine handschriftliche lateinische Bibel. Zu Anfang 
des sechzehnten Jahrhunderts verweilte oft Wimpheling bei den 
damals allgemein geachteten Brüdern um, ungestört ihrer Bücher 
sich bedienend, arbeiten zu können. 

In den Frauenklöstern traf man vorzugsweise erbauliche Bücher 
in deutscher Sprache, meist von den Nonnen selber abgeschrieben. 
Das der Reuerinnen der h. Magdalena hatte unter Anderm 
einen Folioband aus dem fünfzehnten Jahrhundert, mit den Leben 
der Altväter, der Geschichte des gefangenen Ritters von dem 
Gottesfreund im Oberland, und einer zum Behuf von Predigern 
zusammengetragenen Sammlung von Legenden, Erzählungen, Anec- 
doten oft sehr eigenthümlicher Art. Vor etwa 25 Jahren kaufte 



1. *Bihliatn unam quinque Volumina continentem. 28. Jan. 1379« S. Thomas- 
Archiv. 

2. Sunt qui suhiectum opus non Gudltero , sed cuidam Guillermo de Casteüione 
asscribunt, ut testatur exempJar vetustum apud %Augustenses %Argentina et sequens 
dystichon : * 

Insula me genuit; rapuit CasteUio nomen, 
Terstrepuit moduUs GaUia Iota meis. 

%Ahxandri magni vita per Guältherum Jnsulanum , ed, Job, %Adelphus, %Argent., 
ijij, in-4«. Der Name Wilhelm steht nicht in dem Distichon. Der Verfasser 
war von Lille und hiess Walther von Chätillon. 



Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MiUelalier. 25 

ein deutscher Gelehrter das Manuscript bei^ einem hiesigen An- 
tiquar '. 

Eine Handschrift aus dem Kloster 5. ^HJcolai in undis ist in die 
Pariser National-Bibliothek gekommen 9 nachdem sie 1733 ^^^ '^^^'^ 
1817 einer oberelsässischen Familie gehört hatte. Sie enthält» ausser 
einigen mystischen Predigten und Traktaten, mehrere Schriften 
Suso's mit ziemlich roh gearbeiteten Miniaturen*. 

ni. Liturgische Bücher. — xArchive. — Die zum Cultus 
dienenden Bücher gehörten nicht zu den Bibliotheken; sie machten 
einen Theil des thesaurus der Kirchen aus, und wurden mit den 
geweihten Gefassen und den priesterlichen Gewändern in den 
Sacristeien oder den Treskammern (Tresorkammern) thesauraria 
aufbewahrt. Die in den Kapiteln und Klöstern zum Horengesang 
bestimmten Psalter waren mit Ketten an den, im Chor, vor den 
Stühlen der Canonici und der Mönche stehenden Pulte befestigt*. 
Aus den Rechnungen der Fabrik von S. Thomae ersieht man, 
dass das Stift, am Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts, ebensoviel 
Psalter als Stiftsherren besass nebst einem für die Chorschüler; 
ferner mehrere Messbücher, Antiphonare und Graduale, zwei Ple- 
narien, zwei Levitenbücher*, ein Passional, eine Homiliensamm- 
lung, ein besonderes Scelmessenbuch, «ein gross Bettebuch»*» «ein 
Alleluiabüchlein»*, und «ein Buch do man inne h^n^^citn candelas 
festo purificaüonis und palmas et baptismum vigilia pascha». Von allen 
diesen Büchern und andern, die nicht in den Fabrikrechnungen 
angegeben sind, existiren nur noch einige Exemplare des Liber 



1. Das Ms. kam in den Besitz Grieshabers, zu Rastatt. In der Germania 
von 1858 hat Pfeiffer einige Auszüge mitgetheilt, unter dem Titel Predigt- 
märlein, Ausdruck der in der Schrift selber gebraucht ist. 

2. )02 Blatter in-f«. tXCss. alUmands, n* 222. • 

). Rechnung der S. Thomasfabrik: 1417, 5 ^Pfennig umb ein Ketten an 
den Salter der vor Her Teter Si^iltenberg lit^ 3 Tfg. utnb ein Käienlin an den Salter 
der vor Her Syfrit KerceJeU lit, 

4. Livitenbücher , wahrscheinlich die Episteln und Evangelien enthahende 
Lectionarien, da die Leviten (Diaconus und Subdiaconus) beauftragt sind, während 
des Cuhus, die Epistel zu lesen und das Evangelium zu singen. 

5. Ein gross 'Bettebuch, Dieser Ausdruck erinnert an die Bettegänge oder 
Bittgänge, in der Woche der Himmelfahrt Christi. 

6. %AüiluidbiUhUn , vielleicht ein kleines Gradaale. 



26 Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg kn MittelaUer. 

vita und ein schönes.^ im fünfzehnten Jahrhundert auf Pergament 
geschriebenes Gr aduale. Im Jahr 1546 machte das Kapitel ein In- 
ventar von dem^ was vom alten thesaurus noch übrig war; unter 
Anderm fand sich da «ein Evangelibuch mit Silber überguldet be- 
schlagen > und ein alt Epistelbuch > an dem einen Ort mit einem 
kleinen silberin Plech». Beide sind längst verschwunden. 

Vor bald vierzig Jahren glückte es mir, in einer alten ge- 
wölbten Kammer über dem damals noch bestehenden Theil des 
Kreuzgangs des ehemaligen Predigerklosters ein auf Pergament ge- 
schriebenes !\Cissale,zu finden, dem am Schluss einige lateinische 
Hymnen beigefügt waren; in der Mitte, vor dem Anfang des 
eigentlichen Messkanons, zwei blattgrosse, herrliche Miniaturen; 
die eine stellte, auf Goldgrund, den gekreuzigten Erlöser dar, 
zwischen Maria und Johannes; die andere, den heiligen Franz von 
Assisi mit einem Engel, der ihm die Wundmale einprägt, in einer 
lieblichen, von R6hen und Vögeln belebten Landschaft. Dieses 
letztere Bild lässt vermuthen, dass das Buch nicht den Dominikanern, 
sondern den Barfüssern gehört hatte. Es wurde auf die Bibliothek 
gebracht. In der, 153 1, von den Klosterherren gemachten Auf- 
zählung der den reichen Kirchenschatz des Predigerklo$ters bilden- 
den Gegenstände sind keine Bücher erwähnt*. 

Der nemliche Canonicus Paul Munthart, der seine Bibliothek 
dem S. Thomaskapitel vermachte, liess den Rest seiner Güter den 
beiden S. Peterskirchen; durch sein zweites, den 15.. Mai 1480, 
gemachtes Testament verordnete er, das Stift zum jungen S. Peter, 
dessen Probst er war, solle ein Epistelbuch schreiben und mit ver- 
goldetem Silber beschlagen lassen, ähnlich dem schon vorhandenen, 
mit den Bildern der Apostel Petrus und Paulus geschmückten 
Evangelienbuch; er wollte, dass man sein Wappen beifügte, auf 
dass auch andere Canonici sich bewogen fühlen möchten, derglei- 
chen Schenkungen zu machen*. Was aus diesem und den andern 
liturgischen Büchern der beiden S. Peterskapitel geworden ist, wer 
vermag es zu sagen? Von den Johannitern hat sich nur das uii- 



1. S. Thomas- Archiv. 

2. Liher Uctionarius Epistolarum missarum, ei ometur seu circumferatur argento 
deaurato, ut ihi est liher Evangeliorum argento deaurato omatus cum imaginihus 
beatissimorum aposlolorum 'PUri et TaulL S. Thomas-Archiv. 



Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MiUelalter. 27 

längst von der hiesigen Universitätsbibliothek erworbene Necro- 
logium erhalten. 

Ein im Jahr 145 1 geschriebenes Verzeichniss des Schatzes der 
S. Helenenkirche 9 die damals die Pfarrkirche Schiltigheims war, 
weist folgende Bücher auf: ünCissale et duo specialia, unum novum 
speciale !XCissale, duo Ubri matitutinales preciosi, VsaUerium, Graduale, 
dua partes xAnHphonarii , unum parvum xAniiphonale. Über cum 
evangeliis et epistolis, dua %Agenda, Vigilia mortuorum, Confessionale 
in pirgameno, duo Libri vita; ausserdem ein Glosenarium, wahrschein- 
lich ein lateinisch-deutsches Wörterbuch. 1490 schenkte ein Mag. 
Melchior dieser Kirche eine nova %Agenda in pressura*. 

Die zahheichen Psalter und Breviere im Karthäuser -Catalog 
waren wohl nur darum in der Bibliothek niedergelegt worden , 
weil man sich seit dem sechzehnten Jahrhundert gedruckter Exem- 
plare bediente. 

Die Kirchen- und Kloster- Archive waren gleichfalls von den 
Bibliotheken getrennt; sie waren ein Schatz anderer Art, den man 
oft iiir kostbarer hielt als den der Bücher; von den Privilegien, den 
Schenkungs-Akten, den Besitztiteln konnte nicht nur das Vermögen, 
sondern zuweilen sogar das Bcstehn eines Hauses abhängen. In den 
frühern Zeiten des Mittelalters gieng Manches thcils durch Feuers- 
brünste, theils durch Nachlässigkeit verloren; man erkannte erst 
später die Nothwendigkeit sorgfaltiger Aufbewahrung, Die Original- 
Urkunden legte man an sicheren Orten nieder, zu S. Thomae zum 
Beispiel in einem kleinen, mit einer eisernen Thüre versehenen 
Gewölbe der Kirche*. Für den täglichen Gebrauch hatte man Ab- 
schriften in Pergament- oder Papier-Folianten. Königshofen, der 
das S. Thomas-Archiv ordnete, Hess die Copialbücher neu einbinden 
und copirte eigenhändig eine Menge von Stücken. Durchforscht 
man die reichen, in Strassburg erhaltenen Sammlungen, so staunt 
man über den Eifer, mit dem unsere Kirchen und Klöster über ihre 
Urkunden wachten. 



1. Spital- Archiv. 

2. Im Jahr 1 399 verordnete auch der strassburger Magistrat, dass man ein 
Gewölbe mache, das gut für Füre sei, darin man die *Brieffe und 'Bücher thuge. 
Wencker, %Apparatus et instructus archivorum, %Argent., 171 )» iü-4*> S. 84. 



28 Bächer und Bibliotheken t^u Strassburg im MiUelaUer. 

In die Archive wurden auch die Annalen deponirt, die man 
in den religiösen Anstalten zusammenzuschreiben pflegte. Die unserer 
Dominikaner sind als Geschichtsquelle hinlänglich bekannt. Eines 
der Register des Thomasstifts enthält eine längere Notiz Königs- 
hofens über die Schicksale dieser Kirche bis zu seiner Zeit. Ein 
Manuscript seiner grössern Chronik befand sich noch am Ende' des 
achtzehnten Jahrhunderts im Archiv des Frauenhauses'. 

IV. Privat-Bibkiotheken. Vor Anfang des fünfzehnten Jahr- 
hunderts ist mu: kein strassburger Geistlicher bekannt, selbst unter 
denen, die der reichsten Pfründen genossen, v der andere Bücher be- 
sessen hätte als einige liturgische oder juristische. Die Layen hatten 
deren noch weniger; so lange der Buchdruck nicht erfunden war, 
konnten sie sich schwerlich viel mit Lesen beschäftigen; einzelne 
fromme Leute, wie Rulmann Merswin, erbauten sich an mystischen 
Schriften; hie und da fand sich in der Wohnung eines Adeligen 
eine Legendensammlung oder ein weltlicher Roman. Sieht man 
einen Herrn Ulrich von Ratsamhausen seiner Tochter den fremd- 
klingenden Namen ^lantschflor geben, so kann man sich der Ver- 
muthung nicht erwehren, er oder seine Gattin hatten Flore und 
^lantschflor gelesen, eine der im Mittelalter am meisten gesuchten 
Liebesgeschichten*. Was die Geistlichen betrifft, so mögen einige 
Beispiele genügen, um zu zeigen, in welchem Masse sie Biblio- 
philen waren. Im Jahre 1300 drang ein Trupp junger Leute in das 
Haus des Canonicus von S. Thomae Johann de S. Amarino, der 
für einen vir litteratus galt; er beklagte sich bei dem Magistrat, sie 
hätten ihm Möbel, Kleider, Waffen, Küchengeschirr zerstört und 
zwei Bücher entwendet, ein Digestum vetus und eine Dekretalen- 
Sammlung*. 1328 vermachte Johann Kusolt, Canonicus des näm- 
lichen Stifts, seinem Neffen ein Liber mattitinalis , einen grossen 



1. Geiler redet in mehrern seiner Predigten von dieser Chronik uf unser 
Frauen Hus, Sermones de arbore humana, %Argent,, 15 19, in-f», f» lyy ; *BrdsamJin. 
Strassburg, 15 17, in-f«, Th. 2, f» 12. — Obcrlin hat sie noch gesehn. 7>i5J^- 
tatio de Jacobe Twingero, KArgenL, 1789, in-4«, S. 19. 

2. Blantschflor von Ratsamhausen, Gemahlin Antons von Hohenstein, 
1467. — Das Gedicht wurde, nach französischem Muster, zu Anfang des 
XIII. Jahrh. von Conrad Fleck vcrfasst. 

3. 14. Sept. 1300, von dem Bischof beglaubigte Klagschrift des Johann 
de S. Amarino. Stadt-Archiv. 



Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MitUlalter. 29 

Psalter und ein GraduaU, und dem Dekan von Rhinau ein And- 
phonar. 1406 schenkte der Probst des Kapitels, Friedrich Buhart» 
zwei Libri matutinales dem Pfründner von S. Martin Jakob Fabri. 
Um 141 5 überliess der Canonicus Peter Völtsch dem Kapitel ein 
Liber oratorius, das aus einem Winter- und einem Sommer-Theil 
bestand*. 1473 gab Wernher, Stiftsherr vom alten S. Peter, dieser 
Kirche ein neu geschriebenes !\Cissale*, Diese Thatsachen beweisen, 
dass die Besitzer dieser Bücher keine andern hinterlassen hatten. 
In den zahkeichen Testamenten von Geistlichen, die ich gesehen 
habe, und in denen sonst alles aufs genauste specificirt ist, steht 
kein Wort von Bibliotheken. Königshofen mag einige Bücher ge- 
habt haben; von denjenigen, deren er sich zur Abfassung seiner 
Chronik bedient hat, finden sich im Catalog von S. Thom« nur 
die Historia scholastica des Petrus Comestor, die Legenda aurea und 
das Gedicht über Alexander; ausser den Annalen einiger Klöster 
und den Schriften Closcners und des Matthias von Neuenburg, hat 
er vorzugsweise die historischen Werke Eusebs, Beda's, des Martinus 
Polonus und das Speculum historiale des Vincenz von Bcauvais be- 
nützt; ebenso hat er Stoff aus dem sogenannten Turpin und aus 
deutschen Heldensagen entlehnt. Die Dominikaner-Annalen hatte er 
im Predigerkloster gefunden, Euseb, Beda, Vincenz waren bei den 
Johannitern; die übrigen Bücher, waren sie sein Eigenthum gewesen 
oder das hiesiger geistlicher Anstalten? 

Bald nach der Zeit Königshofens erscheinen die ersten Privat- 
Bibliothekcn, von denen wir sichere Kenntniss haben. Eine neu 
erwachende Lust zum Lesen und Studiren, die Königshofen selber 
auch «den klugen Layen» zugetraut hatte, als er es unternahm, 
seine Chronik deutsch zu bearbeiten, bewog Manchen, dem seine 
Mittel es erlaubten, sich Bücher zu sammeln. Ich habe schon oben 
von der Bibliothek des Dominikanerpriors Peter von Gengenbach 
gesprochen, die aus mehr als hundert Bänden bestand. Die Munt- 
harts war nicht minder ansehnlich; sie zählte 43 Handschriften, 
meist auf Pergament, und 21 der ältesten Incunabeln*. Munthart 



1. S. Thomas-Archiv. 

2. Nach dem Liber vita, Grandidier, Histoire de fägliie de Strasbourg, 
B. 2, S. 3}6, Note Z. 

3. Histoire du chapitre de Saittt-Thomas , S. 189, 266, 460. — S. den 
Caulog. Beilage 111. 



30 . Bücher und Bibliotheken ^u Sirassburg im Mittelalter, 



hatte in luiien die Rechte studirt; aus diesem Lapde hatte er 
juristische und canonistische Bücher zurückgebracht, und zu Strass- 
burg selber vieles von dem angekauft, was vor 1480 aus den 
Pressen Mentels und Eggesteins hervorgegangen war. Den grössten 
Theil seiner Sammlung bildete die Rechtsliteratur; theologisches 
hatte er nicht viel, zwei Manuscripte, das ^^ationale divüiorum offi- 
ciorum und die Postille des Nicolaus von Lyra über das Neue 
Tesument, und sieben Druckwerke : ^iblia, duo volutmna optime pressa 
(vermuthlich die Bibel Eggesteins, um 1470), Gregors DiCoralia in Job, 
Albertus Magnus de laudibus Virginis (Mentel, um 1474), Thomas 
von Aquino über die Evangelien, die Vita Christi von dem Kar- 
thäuser Ludolph, Isidors Opus etymologiarum und des spanischen Bar- 
füssers Alphons von Spina Fortalitium fidei (beide letztem von 
Mentel). Ueberdies hatte Munthart das Speculum historiale duo magna 
Volumina (Mentel 1473), und das Catholicon. 

Die Bibliothek Simlers, deren Verzeichniss fehlt, war aus 
juristischen, theologischen und poetischen Werken zusammengesetzt*. 
Da er sich den Ruf eines gelehrten Juristen erworben hatte und, 
gegen Ende seines Lebens, bedauerte, die Theologie vernachlässigt 
zu haben, so wird seine Sammlung «geschriebener und gedruckter 
Bücher» vornehmlich das bürgerliche und canonische Recht umfasst 
haben; die libri in arte poetica, von denen sein Testament redet, 
waren ohne Zweifel Schriften von Humanisten oder damals neu 
herausgegebene ake lateinische Dichter. 

Ueber die Bibliothek des Dekans vom alten S. Peter, Mag. 
Ludwig von Odratzheim, licentiatus in decretis, sind wir besser unter- 
richtet. Nach seinem Tod machte man, den 3. Januar 1499, das 
Inventar seiner Hinterlassenschaft; ausser den in den Zimmern, der' 
Küche, dem Keller geftindenen Möbeln und Geräthschaften, sind 
da 138 thcils handschriftliche, theils gedruckte Bücher angeführt; 
in Anbetracht der Zeit eine für einen Privatmann schöne Zahl*. 
So wie bei Munthart und Simler waren die Jura am meisten ver- 
treten, sie allein zählten bei 70 Werke; dazu ungefähr ein Dutzend 
über Theologie, eben so viel über Philosophie; ferner einige litur- 
gische Bücher so wie Schriften über Grammatik, Mathematik, Astro- 

1. Omnes UM tnei in utroque jure, civili et canonico, scripH et impressi, 
pariter in theologia et in arte poetica. Wencker, ^Apparatus, S. 429. 

2. S. Thomas-Archiv. S. den Catalog, Beilage IV. 



Bücher und Bibliotheken t^u Strasshurg im Mittelalter. 31 

nomie, Naturhistorie, Medizin. In den letzten Jahren seines Lebens 
hatte sich auch der Dekan, als wahrer Bücherfreund, literarische 
Neuigkeiten angekauft, Ausgaben von Virgil, Ovid, Terenz, Aesop, 
die Cönsolatio philosophia des Boetius, Petrarchs Traktat de remedOs 
utrüisque fortuna, die Briefe des Aeneas Silvius, den Fasciculus temporum 
von ^Werner Rolewink, die Reise ins heilige Land des Mainzer 
Kämmerers Bernhard von Brcidenbach, das Buch, das den Titel 
führte Formulare und tütsch Rhetorik, u. s. w. 

Ueberhaupt zeigen in dieser Zeit des Wiederauflebens der 
klassischen Studien im Elsass Kleriker und Layen einen rühmlichen 
Eifer, sich Bücher zu verschaflfen, theils um ihrem persönlichen 
Hang zu genügen, theils um den Buchdruckern Texte zu liefern 
oder um einen bessern Unterricht in den Schulen einzuführen. Der 
junge Peter Schott^ einer der frühsten unserer Humanisten, kaufte 
zu Bologna, wo er die Rechte studirte, Bücher für sich und für 
Freunde. Durch einen Brief aus dem Jahre 1480 meldete er seinem 
ehemaligen Lehrer Johann Müller die Absendung einer Kiste, in 
der folgende Werke eingepackt waren: ein Vocabularius gracarum 
dictionum^ das seiner Seltenheit wegen zwei Dukaten kostete, eine 
Bibel, das T(ationale divinorum officiorunty Hesiod, Terenz, die KÄrgiH 
nautica, ein Commentar über die Satiren von Horaz, Cicero's 
Epistolay ein Mamotrectus^ ein Trakut über Prosodie und einige 
Rechtsbücher; beigegeben waren zwei Digesten für Thomas Wolf 
und ein Terenz mit dem Commentar des Donatus für den Probst 
des Stiftes Surburg*. Geiler von Kaisersberg hatte eine an theo- 
logischen und literarischen Werken reiche Bibliothek; Kirchenväter 
und mittelalterliche Doctoren standen ihm in Menge zu Gebot, er 
bedurfte ihrer täglich für seine Predigten; nach Wimpheling hatte 
er Freude an den klassischen Rednern und Dichtern; auch mit 
Petrarcha, Aeneas Silvius, Piatina, Johann Picus von Mirandula, 
Baptista Mantuanus, Marsilius Ficinus, und den neuem deutschen 
Humanisten war er vertraut; bei Tische liess er sich daraus vor- 
lesen/. Sebastian Brant*, Wimpheling, Thomas Wolf, einige Canonici 



1. LucubratiuncuLe , f> iio. 

2. 'Bibliotbecam bahuit omnis generis librorum refertiisimam. Beatus Rhena- 
Nus, Vita GeiUri, in den xAnuzttit. friburg,, Ulm, 1775, S. 66, — Wimpheling, 
ib., S. III. 

3. Nach Brants Tod wurde ein Theil wenigstens seiner Bücher verkauft. 



32 Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im MittelaUer. 

des Münsters besassen Bibliotheken, und bald fand sich kaum 
Jemand, der auf den Namen eines Gelehrten Anspruch machte, von 
dem man nicht Aehnliches aussagen könnte. Selbst unter dem Adel 
verbreitete sich die Lust an den Büchern; Jakob von Fleckenstein, 
Unterlandvogt des Elsasses, wird gerühmt wegen seiner Sammlung 
liistorischer Werke*. Es gab sogar schon Büchernarren, die Bücher 
nur kauften, um sie «vor sich zu sehn», ohne sich um das zu be- 
kümmern, was darin stand; Seb. Brant hat auf geistreiche Weise 
im ersten Kapitel seines Narrenschiflfs ihr Bild gezeichnet*. 

V. Einrichtung und Gebrauch der Bibliotheken. Das im 
Mittelalter übliche Wort für Bibliotheken war libraria, wovon das 
deutsche, zu Strassburg noch gegen das Ende des sechzehnten 
Jahrhunderts gebrauchte Liberei.* Die. Bücher waren nicht, wie 
heute, aufrecht gestellt, sondern der Länge nach auf repositoria ge- 
legt. Die Titel schrieb man entweder auf den Rücken oder auf den 
obern Rand oder die vordere Decke, in letzterm Fall zuweilen mit 
einer durchsichtigen dünnen Hornscheibe bedeckt. Um in Kirchen- 
und Kloster-Bibliotheken Entwendungen zuvorzukommen, befestigte 
man die Bände an Ketten; in dqm jetzt auf der Laurentiana befind- 



Die strassb. Universitätsbibliothek hat eine Explanatio 'Psahnorum, von Augustin» 
Basel, Amerbach, 1497, 2 Th. in einem B. in-f>. Auf dem Vorseublatt steht : 

Liber hie quondam fuit 'D, Sehastiani 'Branti^ quem ego 
?. V, ahhas XII solid, %Argent. redemi anno domini 
ÄC. ©. XXXVIII mense julio die XXIIII in publica foro. 

P. y. ist Paul Volz, der zum Protestantismus übergetretene Abt von 
Hugshofen. Das forum publicum ist der Gimpelmarkt, wo damals schon alte 
Bücher feil waren. 

1. . . . fVelcherley 'Bücher er glychsam eine gant^e Libery hat, Vorrede 
RiNGiiANNS zu seiner Uebersetzung des J. Cäsar : Julius der erst römische Kaiser, 
von seinen Kriegen, Strassburg, 1507, in-f», f» 8. 

2. Von 'Büchern hab ich grossen Hort, 
Verstand doch drin gar wenig Wort. , , 
Domit loss ich benügen mich 

*Das ich vil Tücher vor mir sich, . ., 

Und lisi doch gant:^ wenig darinn, , . Ausg. von Zarnckb. Leipzig, 1854, 
S. 4. 

3. ^Die Libery ^u den 'Predigern, 1569, d. i. die Bibliothek der protest. 
Akademie im ehmaligen Predigcrkloster. 



Bücher und Bibliotheken :(u Sirassburg im Mittelalter . 3} 

liehen Quintilian, der einst unserm Münster gehört hatte, steht die 
1372 geschriebene Notiz: nota quod LXXXXI Ubri sunt in catenis 
in darmiiorio ecclesia ^rgentinensis^. Peter von Gengenbach wollte, 
dass seine dem Predigerkloster vermachten Bücher an Ketten gelegt 
würden, zu denen der Prior, der Lector und der Ubrarius jeder 
einen Schlüssel haben sollte*. Munthart ordnete .Aehnliches an; in 
dem auf sein Todesjahr folgenden Jalir sollte das S. Thomas-Kapitel 
eine libraria cum voltis seu testudinibus, bancis et catenis, ut mos est 
einrichten, wo nicht, so käme seine Bibliothek an das Stift zum 
jungen S. Peter, und würde auch dieses die Bedingimg nicht er- 
füllen, an das Münster*. Der Gebrauch der Ketten war sehr alt und 
hat sich hie und da sehr lang erhalten \ Die meist in einem ge- 
wölbten Raum aufgestellten Repositorien bestanden jedes aus zwei 
mit dem Rücken an einander gelehnten Fächern, jedes mit einem 
Schreibtische, vor dem eine Bank. Längs des Faches lief eine eiserne 
Stange hin, an der die an einem Ende mit einem Ring versehenen 
Ketten hiengen; um sich der Bücher zu bedienen, brauchte man 
sie nur herauszuziehen. Die Stangen selber waren mit einem Mal- 
schloss angeschlossen, das man öflfnete, wenn ein Buch ausserhalb 
des Lokals benützt werden sollte; die Schlüssel befanden sich in 
den Händen der Vorsteher, die allein die Befugniss hatten zu 
decatenare. Die nemlichen Vorsichtsmassregeln beobachtete man zum 



1. Bandini» Catal, codicum latin, hibl, laurent., B. 2» S. 382. 

2. Omnes meos libros. . . ad locum specialem quem ad hoc deputaverim repo^ 
nendos et catenis ferreis alligandos pro furtu vel concisioiu ipsorum precavendos, 
quihus prior et omnes fratres studere volentes uti poterunt me existente in vita et post 
mortem meam quandocunque voluerint, ad quos seu quorum clausuram prior unam 
qui tunc fuerit, lector unam et Ubrarius unatn clavem habere debebunt, S. Thomas- 
Archiv. 

3. Histoire du chapitre de Saint- Tfjomas , S. 459. 

4. Die 'BUcher an Ketten anzulegen ist ein alter münchischer Gebrauch, 
welchen die Tünche auch selbst allgemach lassen abgehen, wie an vielen Orten in 
der 'Njuhbarschafft ^u sehen. Bedenken des Prof. Clutenius, Ober die Einrichtung 
der Bibl. der strassb. Akademie, 161 3. S. Thomas- Archiv. — Bei Paul Lacroix, 
Lis tArts au moyen dge, Paris, 1869, S. 492, Ist eine Ansicht der so eingerich- 
teten Bibl. von Lcyden, nach einem Kupferstich des XVII. Jahrh. Selbst noch 
1839 lagen die Bücher der ahen Bibl. von ZQtphcn an Ketten. Wattenbach, 
Schriftwesen, S. 531. 

3 



34 Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im Mittelalter. 

Schutz der in den Sacristeien aufbewahrten liturgischen Bücher'; 
diese wurden «entkettet», so oft es die Cultus-Akte erfordenen. 
In den Bibliotheken dagegen war das decatenare und Ausleihen eine 
nur selten irgend einem studirenden Geistlichen gewährte Ver- 
günstigung; in der Regel aber mussten diese Geistlichen Mitglieder 
des Stifts oder des Klosters sein, dem die Bibliothek gehörte. 
Königshofen vermerkt in seinem Catalog, dass der Probst Burkart 
Burggraf einen Pentateuch des Kapitels in seiner Behausung hatte, 
und dass die Legenda aurea dem Leutpriester und seinem Gehülfen 
geliehen war, die ihr den Stoff zu ihren Heiligenpredigten ent- 
nahmen*. Munthart verbot in seinem Testament, seine Bücher zu 
veräussem, gegen andere auszutauschen, oder irgend Jemanden zu 
leihen, der nicht zum S. Thomaskapitel gehörte; nur wenn einer 
seiner Neffen sich dem Rechte widmete, sollte ihm unter hin- 
reichender Bürgschaft der Gebrauch derselben gestattet werden*. 
Simler hatte Aehnliches bestimmt, mit der beigefbgten Drohung, 
dass, im Fall der Nichterfüllung der Bedingungen, seine Bibliothek 
nach Heidelberg auswandern müsse, wo er seine Studien gemacht 
hatte *. 

Zuweilen indessen kam es vor, dass ein geistliches Haus einem 
andern eines seiner Bücher anvertraute. Isidors Opus etymologiarum^ 
das Bischof Wernher dem Münster geschenkt hatte,- wurde später 
einmal von dem Kapitel den Barfiissern geliehen*. 1426 lieh das 
Thomasstift ein Liber oratorius zwei Canonicis des jungen S. Peter 
während ihrer Lebenszeit, unter der Bedingung, für sie oder ihre 
Erben 30 Gulden zu bezahlen, im Fall, dass das Buch verloren 



1. 14x7, 2 Seh, umh ein Ketten an das grosse *Bettebuch das in der Tres- 
kammer lit, lo Tf, umh ein Malschlos an die Bücher in der Treskammer, ß Scb. 
umh das Isen do die Bücher ane ligent beschlossen in der .Treskammer, Rechnung 
der S. Thomasfabrik. Von ungefähr 1430 an, sind diese speziellen Rechnungen 
nicht mehr vollständig erhalten. 

2. Quinque lihri fMoysi in parvo volumine sine asser ihus, habet d, prepositus 
9. 'Burggrave, — Lampartica historia, que concessa est pltbano et socio. S. den 
Catalog, Beilage I. 

3. Histoire du chapitre de Saint- Thomas , S. 459. 

4. Wencker» %Apparatus, S. 429. 

$. Iste liber concessus est fratribus minoribus, et est dominorum de summo 
temph, Grandidier, CEuvres inidites, B. i, S. 439, Kote 2. 



Bücher und Bibliotheken ^u Strasshurg im Mittelalter. 35 

gienge*. Andere Male, wenn Geldnoth drängte, verkaufte oder ver- 
pfändete man Bücher. Ich habe schon oben bemerkt, dass die 
Mönche von Ittenwiler den hiesigen Augustinern, und die Abtei 
Baumgarten dem Johanniterhaus mehrere Werke verkauften. 1404 
liehen die Johanniter dem Kloster Neuburg eine Summe von 41 Pf., 
für welche ein pergamentenes Speculum historiale in vier Bänden 
verpfändet wurde*. Die Karthäuser gaben einmal cautionis loco für 
27 Gulden einige Rechtsbücher. 1450 verkaufte das Kloster Ober- 
steigen dem Vikar des Münster-Chors Erhard Franck für 60 Gold- 
gulden eine Bibel auf Pergament in vier Bänden, die bald nachher 
Franck für denselben Preis den Wilhelmiten abtrat*. Alle diese 
Verträge wurden vor dem judex curia episcopalis in der nemlichen 
Rechtsform, mit den nemlichen Garnelen abgeschlossen, wie der 
Verkauf oder die Lehnung eines Hauses oder eines Grundstücks: 
Beweis, dass die Bücher zu den wcnhvoUsten Bestandtheilen eines 
Besitzthums gehörten. 



2. Auf das Bücherwesen bezügliche Gewerbe. 

Es sind hier zu betrachten: die Pergamenter, die das Perga- 
ment zubereiteten, die Papierer oder Papierfabrikanten, die Copisten, 
lUuministen und Formschneider, die Buchhändler und Buchbinder. 
Den ältesten Buchdruckern, die auch hier eine Stelle haben sollten, 
ist der zweite der in diesem Band vereinigten Beiträge gewidmet. 

I. Pergamenter. — Das Bestehen einer strassburger Perga- 
ment-Industrie ist wenigstens seit dem dreizehnten Jahrhundert 
bewährt. Im Jahr 1272 waren zwei Birmenter in einem Haus an 
dem Fronhof angesessen \ Bald nachher trägt eine ganze Gasse den 
Namen Birmentergasse, vicus pergamentorum. In mehrern andern, 



1. S. Thomas- Archiv. 

2. Quatuor partes seu Volumina Speculi hisioriaJis Vincentii, in pergameno 
scripta, asserüms cooperta. 14. Dez. 1404. Archiv des Unter-Elsasses. 

3. Spital-Archiv. 

4. £1« Hofestat vor des Hfhestocks des Vogts sei. Hus , doruff ^en üirmenttr 
gesessen sint. Spital-Archiv. Das Haus des Vogts Rebstock war am Fronhof 
gelegen. 



36 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter, 

der jetzigen Salzmannsgasse 1310, der Küfergasse 1357» der Ketten- 
gasse 1364, der Schlossergasse 1395, 1482, bezeugen zum Bir- 
m enter geheissene Häuser, dass auch da Pergament bereitet wurde. 
Strassburg bedurfte dessen in beträchtlicher Menge, nicht nur (br 
liturgische und andere Bücher, sondern auch für Urkunden wie 
Testamente, Kauf- und Lehn-Contrakte, für die Cartularien des 
Magistrats, der Stifter und der Klöster, für die gerichtlichen Akten 
und Urtheilssprüche. Im Jahr 1322 liess der Rath ein Stadtbuch 
schreiben, «do der Stette Reht und Gesetze inne Stent», ein 
Pergament-Codex, der zur Zeit Königshofens noch vorhanden war*. 
In den Schulen gab man den Kindern Pergament-Abschnitzel in 
die Hände, auf denen sie schreiben lernten; lange schmale Streifen 
dienten zu Dinghofrödeln und Zeugenverhören, von denen noch 
manche in öffentlichen und Privat-Sammlungen zu finden sind. 
Kirchliche Anstalten und einzelne Geistliche hatten Vorräthe für 
ihren Gebrauch. 13 16 vermachte der Scholasticus von S. Thomae 
Reinbold von Kageneck einem Pfründner dieser Kirche, Hugo von 
Lüttenheim, ausser einem vergoldeten Becher, Pergament für Ubri 
matutinales*. 141 2 kaufte der Fabrikschafiher desselben Kapitels eine 
Sexterne oder Lage von 6 Blättern für 20 Pfennig; 141 3 8 Sextemen 
für I Pfund; 141 5 ebenfalls 8 nebst einer Quateme für i Pfund 
5 Seh.; 141 6, eine Sexterne für 3 Seh.; während längerer Zeit war 
dies der normale Preis. Seit dem fünfzehnten Jahrhundert jedoch 
verdrängte das Papier immer mehr das Pergament, dessen man 
sich, seit der Entdeckung des Buchdrucks, nur selten mehr für 
Bücher, noch lange aber für amtliche Urkunden bediente. 

Merkwürdig war der Gebrauch von Wachstafeln für die 
Rechnungen der Stadt; schon in der Römerzeit üblich und im 
Mittelalter an vielen Orten für ähnliche Zwecke eingeführt, hat er 
sich zu Strassburg bis ums Jahr 1500 erhalten; während der Johannis- 
messe zeigte man dann später die alten Tafeb, nebst andern 
Raritäten, den fremden Kaufleuten und Gästen'. Sie waren ohne 



1. KÖNIGSHOFEN» Ausg. voii Hegel» B. 2, S. 743» 930. 

2. S. Thomas-Archiv. 

3. . . . 'Darm auch allhier ^u Strassburg derselben Wachstafeln Gebrauch, in 
Beschreibung der gemeinen Stadt Einkommens und ^Ausgaben, oder Tfenrngthurms- 
lifchnungen noch bis^ %Anno IJQO in Uebung geblieben, wie solche Wachstafel' 
Dehnungen noch aujf dem Tfennigthurme uffgehoben, und jährlich nebenst andern 



Bücher und Bibliotheken :(u Strasshurg im Mittelalter. 37 

Zweifel von den in unserer Stadt mehrfach erwähnten Wachshänd- 
lem, Wahsmannen, verfertigt worden. 

2. Papierer*. — Das älteste datirte Papier, das ich bis jetzt 
zu Strasshurg gefunden habe, ist das einer im Jahr 1343 durch den 
Cleriker Friedrich von Pfaffenhoffen geschriebenen Güter-Erneuerung 
des S. Clarenklostcrs auf dem Wörth, die dem Spital-Archiv gehört. 
1 3 5 1 wurde im Frauenhaus ein liber censuum angefangen, ein noch 
vorhandener papiemer Folioband. Das Jahr darauf schrieb Rulmann 
Merswin auf in Quart gefaltetes Papier seinen gleichfalls noch 
vorhandenen mystischen Traktat von den neun Felsen. Aus diesen 
Daten ist indessen nicht zu schliessen, dass man erst damals zu 
Strasshurg begonnen hätte, sich des Papiers zu bedienen; wir dürfen 
wohl annehmen, dass es schon einige Zeit vor 1343 eingeführt 
war; von nun aber ward es immer häufiger gebraucht. Bis zum 
Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts scheint es aus dem Ausland 
gekommen zu sein. In einer Stadt jedoch wie Strasshurg, die ihre 
Kanzlei, ihre manchfach verzweigte Verwaltung, ihre gebtlichen 
und weltlichen Gerichte hatte, und deren Stifter und Klöster be- 
deutende Güter verwalteten, während deren Kaufleute einen aus- 
gedehnten Handel trieben, musste man früh daran denken, diesen 
verschiedenen Bedürfnissen durch Verfertigung des für den täglichen 
Gebrauch weit mehr als das Pergament bequemen Papiers, an Ort t 
und Stelle zu genügen. Im Thomas-Archiv findet sich ein Papier 
von 1391, dessen Wasserzeichen der obere Theil einer Lilie ist; 
da eine ähnliche Lilie auf einigen strassburger Münzen erscheint, 
so könnte man auch für das Papier einen strassburger Ursprung 
vermuthen, und daher annehmen, dass die hiesige Fabrikation bis 
ans Ende des vierzehnten Jahrhunderts hinaufreicht; die ncmliche 
Gestalt der Lilie kommt aber auch in Frankreich vor, so dass es 
rathsam ist, dieser Vermuthung keinen zu grossen Werth beizulegen. 



raren Antiquitäten uff Job, 'Baptiste öffentlich gezeigt ^u werden pflegen, Scmilter, 
zu Königshofen, S. 441. — S. auch Wattenbach, Schrifhvcsen, S. 70 u. C 

I. Ich erlaube mir hier auf meine 'Nj>tice sur les filigranes des papiers 
employis d Strasbourg de iß4ß d i$2$ zu verweisen, in dem 'Bulletin de la SociiU 
industrielle de ^ulhouse, 1877. Heute wäre ich im Stande manches Neue hinzu- 
zufügen. 



38 Bücher und Bibliotheken ^ti Strassburg im Mittelalter. 



J 



Erst 1408 trifft man als Wasserzeichen ein Wappenschild, das, trotz 
einer wahrscheinlich durch Verschiebung der Drähte hervorgebrach- 
ten Unregelmässigkeit in der Lage des Querbalkens, nur das strass- 
burger sein kann. Von 1421 bis .1426 haben wir dann das regel- 
mässige Wappen, gleichsam an einen verticalen, oben gekrümmten 
Stab angelehnt; es bezeugt ohne allen Zweifel ein hiesiges Produkt 
Bestimmte Nachrichten über strassburger Papiermühlen treten in- 
dessen erst gegen Mitte des Jahrhunderts auf. In einer Urkunde 
von 1452 wird beiläufig eine solche im Rosengarten (heutige Fink- 
matt) erwähnt'; sie muss schon früher bestanden haben, sonst hätte 
man sie gewiss als etwas Neues angeführt. Zu derselben Zeit befand 
sich eine andere vor dem Weissenthurmthor in der Nähe der 
grünen Warte und der S. Gallen-Kapelle; sie war Eigenthum der 
Stadt und wurde, als Gutenberg mit Andreas Heilmann seine ersten 
Versuche machte, von einem Bruder dieses letztem betrieben. 1 503 
miethete sie der Kartenmaler Gabriel Schwarz für einen jährlichen 
Zins von 3 Pfund 3 Seh.; derselbe, diesmal als hapirifex bezeichnet, 
kaufte 1509 ein Haus im Goldgiessen*. Das seit 15 10 durch das 
strassburger Wappen mit der Lilie erkennbare Papier stammte aus 
der einen oder der andern dieser beiden Fabriken'. 

Ausser dem von der Lokal-Industrie erzeugten Papier, fuhr 
man fort, auch fremdes zu benützen; seit Erfindung der Buch- 
druckerkunst hatte sich der Gebrauch ausserordentlich vermehrt 
Die Vergleichung der Wasserzeichen führt zum Schluss, dass das 
meiste ausländische Papier damals aus Frankreich und Italien bezogen 



1. Silbermann» Lokalgeschichte der Stadt Strassburg, Strassburg, 177$, 
in-f», S. 146. 

2. Zinsbuch. Register der Contraktstube » 1509, Stadt- Archiv. 

3. Der Buchdrucker Thomas Anshelm, zu Hagenau, bezog sein Papier 
von zwei Strassburgern » Brechter und Meister Anton, Fabrikanten oder blosse 
Händler? Die Mühle bei der grünen Warte kam, nach Gabriel Schwan » an 
einen gewissen Johann Volpis, ^apirmacher, und seit 1526 an den Buchdrucker 
Wolfgang Köpfel, auf dessen Gesuch der Magistrat, durch den Franzosen 
Meister Glaä de la Tlan (?), 'Bapirmühlen^immermann^ Verbesserungen anbringen 
Hess; ein lothringischer 'Bapirer, der sie 1527 besuchte, erklarte, es sei in 
tatschen Landen nit des glichen ^tf befinden. Der jährliche Zins wurde nur auf 
30 Pfund angesetzt. 1537 wurden die Gebäude durch den Blitz zerstört; nach- 
dem sie wieder hergestelh, miethete sie der Buchdrucker Wendelin Rihel, 
dessen Enkel sie, 1605, für 6000 Gulden der Stadt abkaufte. i. 



Bücher und Bibliotheken :(u Sirasshurg i»n Mittelalter. 39 

wurde; Deutschland und die Schweiz lieferten verhältnissmässig 
nur wenig. 

Nach emem den Eingangszoll der fremden Waaren bestimmen- 
den Rathsmandat aus der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahr- 
hunderts ^ bestand ein Fardel (altfranzösbch, das heutige fardeau) 
oder Ballen Papier aus 27 Riessen. Das «über das Gebirg », das 
heisst aus Frankreich und Italien auf Frachtwagen kommende Papier 
zahlte per Fardel eine Transitgebuhr von 5 Seh., wenn es weiter 
als Strassburg gicng; für das in der Stadt selber zu verkaufende 
war die Taxe 4 Pfennig per Riess grossen Formats, und 2 Pfennig 
für das kleinere Format; i Seh. endlich für das gröbere, schwerere, 
sogenannte Zerrepapier, das man zerriss, um Waaren zu ver- 
packen. Das Papier dagegen, das die Rheinschiffer einführten, war 
nur mit 28 Pfennig per Fardel belastet ; vielleicht in Folge besonderer 
Verträge mit den Städten am Nieder-Rhein. 

Der Verkaufpreis war verschieden je nach Sorte und Format. 
1387 zahlte der Schaffner von S. Thomae 2 Seh. für ein halbes 
Buch, 1432 18 Seh. für 3 Buch, beide Male für das Copiakegister 
des Kapitels, grosses, starkes Papier, das noch heute vortrefflich 
erhalten ist. 1423 zahlte der nemliche nur 8 Seh. für einen Riess 
von kleinerem Format, der für die Jahresrechnungen bestimmt war; 
1443 kostete der Riess, zu demselben Zweck, 10 Seh., 1446 10 Seh. 
6 Pf., 1450 10 Seh.; dies war auch, von 1416 bis 1475, der Mittel- 
preis für das im Frauenhaus gebrauchte Papier'. Die Verkäufer 
waren theils die strassburger Krämer, theils die während der Messe 
anwesenden fremden Fabrikanten. Der grosse Papierhandel des Buch- 
druckers Adolph Rusch hatte vorzugsweise das Druckpapier zum 
Gegenstand ; der Gewohnheit Strassburgs gemäss, schrieb er einmal 
an den Basler Johann Amerbach, gilt ein Ballen bedrucktes Papier 
so viel wie zwei Ballen weisses*: ein Verhältniss, das seitdem ein 
ganz anderes geworden ist. 

3. CopisTEN. Illuministen. FoRMSCHNEiDER. — In den Stiftern 
und Klöstern waren es sehr oft die Canonici und die Brüder selber. 



1. Alte Ordnungen, Band 15. Stadt- Archiv. 

2. Hanauer, 6tudes iconomiqtus sur fxAUace. Paris, 1878, B. 2, S. 578. 

3. S. in dem folgenden Beitrag die Notiz aber Rusch. 



40 Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im MittelaUer. 

welche die für den Cultus oder die Bibliotheken nöthigen Bücher 
abschrieben; die nemlichen befassten sich auch mit dem Fioriren, 
das ist mit dem farbigen Ausschmücken der Anfangsbuchstaben und 
der Seitenränder. Um 1280 wird der Dominikaner-Prior Hugo 
Ripelin als scriptor bonus atque depictor gerühmt*. Unter den 
Johannitern des Grünen- Wörths kennt man mehrere, die för ihre 
Bibliothek Manuscripte geliefert haben; Nicolaus von Laufen schrieb 
seit 1382 in schöner Handschrift auf Pergament einige der Geheim- 
bücher des Hauses; 1417 copirte Georg Geisfell von Hagenau auf 
Papier sechs Exemplare eines T)irectorium officii divini; Heinrich 
Collator 1437 das Catholicon; Johann Wurzgart 1453 den Traktat 
des Ambrosius de offidis ministrorum ; Hermann Gross 1467 eine 
deutsche Uebersetzung der Psalmen von Heinrich Kozzer; Peter 
Rysch 1481 ein Chorale; selbst einer der Prioren, Johann Kobel 
von Molsheim, hatte 1473 auf Pergament das bei den Johannitern 
übliche Brevier abgeschrieben*. In den letzten zwanzig Jahren des 
vierzehnten Jahrhunderts war auch im Grünen- Wörth ein mit seltenem 
Talent begabter illuminator ; die Bilder, die das dem deutschen 
Ordens-Provinzial übersandte Memorial geziert hatten, sind zwar 
nur durch alte Beschreibungen bekannt'; ich habe aber in einigen 
Johanniter-Handschriften Initialen, Wappen, Randverzierungen ge- 
sehen, die zu dem Besten gehören, das das strassburger Mittelalter 
aufzuweisen hatte. Ich habe oben von den schönen Miniaturen 
eines Messbuchs der Barfusser geredet; sie trugen das Gepräge der 
burgundischen Schule des fünfzehnten Jahrhunderts; es ist aber 
kein Beweis vorhanden, dass der Künstler einer der Mönche des 
hiesigen Klosters gewesen war. 

Die Mitglieder des Thomasstifts, die für ihre Kirche Bücher 
abschrieben und florirten, erhielten für ihre Arbeit eine « Geldver- 
ehrung ». Ich vermag nicht zu sagen, ob dies ein allgemeiner und 
auch bei den Bettelorden üblicher Gebrauch gewesen ist. Zu Anfang 



1. xAnnaJes des dominicains de Cobnar, publ. par Girard et Liblin. Colmar, 
1854. ^Appendice^ S. 28. 

2. Witter, Catalogus, S. i, 2, 18, 47, 56. 

3. In dem Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, Jahrg. 1858, S. 375 u. f., 
habe ich, nach einem der Memorialbücher des Grünen-Wörths, eine Beschreibung 
dieser Bilder veröffentlicht, nebst den, sie erklärenden, Reimen. Dies könnte 
dazu dienen , den Band zu erkennen , falls er noch irgendwo existirt. 



Bächer tind Bibliotheken t^u Strassburg im Mittelalier, 41 

des fünfzehnten Jahrhunderts bezahlte die Fabrik von S. Thomae 
dem dormeniarius ein Pfund für das Schreiben eines Psalters, dem 
partarius Heinrich Altdorf von Hagenau i Pfund 5 Seh. 8 Pfennig 
ebenfalls für einen Psalter, dazu 3 Seh. 6 Pfennig für das a Floriren» 
von sieben Initialen; dem Pfründner Jakob Fabri, genannt Frenkelin, 
I Pfund für ein Antiphonar. War eine Copie vollendet, so übergab 
man sie zur Durchsicht einem andern Mitglied des Kapitek; 141 3 
erhielt Königshofen i Pfiind für die Correction eines fhCissale; 14 16 
beklagten sich der Canonicus Nicolaus Richenbach und der oben- 
genannte Heinrich Altdorf nur 8 Pfennig für das Corrigiren eines 
Psalters empfangen zu haben, auf das sie zwei Tage verwendet 
hatten. 141 5 wurde i Gulden für die Initialen in zwei Psaltern 
ausgegeben, 14 17 2 Seh. für das Malen eines Crucifixes in ein 
kleines Messbuch, und 15 Seh. für 27 Anfangsbuchstaben eines 
grossen Antiphonars. 

Ausser den von strassburger Geistlichen und Mönchen copirten 
Büchern kamen auch andere in die Bibliotheken und Sakristeien, 
theils durch Kauf, theils durch Schenkung. Manche derselben waren 
anderswo als zu Strassburg geschrieben; es gab aber auch in der 
Stadt selber Leute, die das Copiren als Gewerbe trieben. Pfarrer 
und Stiftsherren, die liturgischer oder canonischer Werke bedurften, 
Klosterbrüder, die theologische Traktate zu haben wünschten, hatten 
entweder die Müsse zum Abschreiben nicht, oder es fehlte ihnen 
die Lust zu einer offenbar langwierigen und ermüdenden Arbeit; 
sie musstcn die Bücher fertig vorfinden, oder sie für Geld durch 
handwerksmässige Copistcn sich schreiben lassen. Gegen Ende des 
dreizehnten Jahrhunderts wird ein scriptor Namens Heinrich er- 
wähnt, dessen Frau Ellina dem Frauenhaus einen Rock geschenkt 
hatte; 13 18 der scriptor Johann Koswiler. Als B uch seh riber oder 
einfach Schriber finden wir im fünfzehnten Jahrhundert Peter von 
Haslach 1408, Johann Vendenheim 1425, Graser, Hans Ulmer, 
Hans Werlein, Rudolph, 1427, Emmerich 1430, Johann von Kirch- 
heim 1433, Jakob Bärmann 1485, Peter Schenk von Freiburg i486, 
Jost Lötisen, Johann von Winterthur, Walther von Schlettstadt. Es 
muss ein einträgliches Gewerbe gewesen sein, denn 1430 besass 
der obengenannte Emmerich, ausser einem Wohnhaus in der Stadt, 
einen Garten vor dem Thor. So wie an andern Orten gaben sich 
auch zu Strassburg die SchuUchrer mit Copiren ab; ausser den 



^2 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MittelaUer. 

fKagistri scholarum der Kapitel, waren in verschiedenen Quartieren 
der Stadt Layen-Lehrmeister angesessen; 1477 war einer derselben 
Buchbinder; umso mehr können andere Buchschreiber gewesen sein. 
Die Notare endlich und die scriba der Kanzlei und . der Gerichts- 
höfe mögen gleichfalls um Geld Bücher abgeschrieben haben. 

Für Handschriften, die nicht besonders verziert werden sollten, 
bediente man sich blos rother Farbe, um die einzelnen Abschnitte 
durch sogenannte rubrica dem Auge leichter erkenntlich zu machen; 
in den nemlichen Codices wurden auch die Anfangsbuchstaben nur 
roth eingetragen. Seltener brauchte man zu demselben Zweck blaue 
Farbe; ich erinnere mich an einige Manuscripte, wo sie mit der 
rothen abgewechselt hatte. Den Ausdruck rubricator habe ich indessen 
in Strassburg nie angetroflfen, desto häufiger aber illuminator oder 
illuminista. Diese Künstler mögen wohl beides geleistet haben, das 
reichere Ausschmücken der Manuscripte und das einfache Rubriciren, 
letzteres indessen konnte auch durch die gewöhnlichen Buchschreiber 
geschehen. Als illuminator erscheint 1325 ein gewisser Zürne; von 
1466 bis 1499 Michael von Mainz, bald illuminista, bald Maler ge- 
nannt. Da sie sich auch des Goldes bedienten, sowohl für die 
grössern Initialen, als für den Grund feinerer Miniaturen, kommen 
sie auch unter dem Namen Goltschriber, Guldinschriber, 
scriba aurarii vor \ als solcher kaufte 1447 Johann Mentel das strass- 
burger Bürgerrecht; ein anderer, Johann Imgrien von Eichstadt, 
wird 1506 erwähnt. Ich weiss nicht recht, was unter der Bezeich- 
nung Buppenmaler zu verstehen ist, die ich in dem Almendbuch 
von 1427 gefunden; vielleicht ist an einen der Kartenmaler, 
pictores cärtarum, zu denken, die seit der Mitte des Jahrhunderts 
auftreten und die Spielkarten, Heiligen- und andere populäre Bilder- 
bogen bemalten. 1502 wurden sie der Goldschmiede- und Maler- 
zunft beigesellt, jedoch mit untergeordnetem Rang, obgleich man 
ihnen verbot, ein anderes gering erscheinendes Gewerbe zu treiben; 
der Kartenmaler Johann von Rothenburg, genannt Heiligenmaler, 
der eine Krämerbude eröffnet hatte, erhielt eine Zurechtweisung, 
weil er die Ehre der Zunft verletzt*. 1503 übernahm, wie oben ge- 
sagt, der Kartenmaler Gabriel Schwarz eine Papiermühle; dies 
wurde nicht für unehrbar gehalten. 



I. Zunftbuch der Stelz. Stadt- Archiv. 



Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter. 43 

Um eben diese Zeit ungefähr, als der Bücherdruck erfunden 
wiu'de» hatte Diebold Lauber zu Hagenau eine Handschriftenfabrik, 
für die auch üluministen arbeiteten, und deren Erzeugnisse in den 
benachbarten Gegenden, wohl auch in Strassburg, auf die Messen 
kamen*. 

An diesem Orte wäre nun auch von den Buchdruckern zu 
reden; da indessen dieser Gegenstand eine grössere Ausführlichkeit 
verlangt, so hat es mir angemessen geschienen, ihn in einem be- 
sondem Aufsatz zu behandeln. Es ist hier nur zu bemerken, dass 
Anfangs die neue Kunst der der Illuministen keinen Abbruch that; 
die Drucker bedurften der Beihülfe dieser letztem zum Ausschmücken 
ihrer Bücher. So wie in den Manuscripten war in vielen altem 
Incunabcln der Raum für die grossem Anfangsbuchstaben leer ge- 
lassen, um durch einen Maler farbig ausgefüllt zu werden. Derselbe 
Maler fugte dann zuweilen am Schluss, mit rother Farbe, das Datum 
und den Namen des Druckers hinzu. Der früh erscheinende Gebrauch 
rothgedmckter Stellen auf Titeln und im Text liturgischer Bücher 
war gleichfalls den Handschriften entlehnt, ebenso das Eintragen 
gemalter Bilder. Die Johanniter hatten einige Drucke Mentels und 
Eggesteins besessen mit ausgezeichneten Miniaturen. Zuweilen 
brauchte man statt der Malerei blose Federzeichnung. In der ehma- 
ligen Bibliothek des protestantischen Seminars war eine Mentel'sche 
Bibel von 1466; die Initialen der einzelnen Bücher enthielten am 
Rand fortlaufende, historische oder allegorische Sccnen, die, obwohl 
keine Farben angewandt waren, treffliche kleine Kunstwerke bildeten. 
Ums Jahr 1490 liess der Magistrat eine neue Abschrift auf Perga- 
ment der alten Freiheiten Strassburgs anfertigen; auf dem ersten 
Blatt dieses im Stadt-Archiv aufbewahrten Foliobandes ist ein mit 
der Feder gezeichnetes Bild der h. Jungfrau als Patronin der Stadt; 
sie sitzt mit dem Kinde auf einem Thron, zu ihren Füssen ein 
Papagei, das Ganze zierlich umrahmt, ein schönes Werk, das wohl 
der Schule Martin Schöns angehört. 

Auch die Formschneider arbeiteten für die Drucker; nicht 
nur schnitten sie in Holz die zur Illustration der Bücher bestimmten 
Bilder, sondern auch Alphabete verzierter Initialen, Titeleinfassungen, 
Randleisten, oft nach Zeichnungen damals berühmter Künstler. 



I. lieber Lauber, s. Wattenbach, S. 478 u. f. 



44 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter. 

Die Copisten, die in den ersten Zeiten des Bücherdrucks noch 
den Kirchen liturgische Bücher lieferten, waren zugleich auch von den 
Druckern beschäftigt. Die ältesten typographischen Produkte waren, 
mit wenig Ausnahmen, ältere Werke, die man erst, wenn man 
nicht die Codices selber den Setzern in die Hände geben wollte, 
musste abschreiben lassen. 1472 warf man die Frage auf, ob es 
nicht gerathen wäre, die scriptores zu*einem Eid zu verpflichten, um 
auf diese Weise die Genauigkeit ihrer Arbeit zu garantiren; der 
Magistrat sprach sich jedoch dagegen aus ^ Als man anfieng, Bücher 
nach bereits anderswo erschienenen Ausgaben, sowie Werke neuerer 
Verfasser nach deren eigenen Manuscripten zu drucken, als femer 
die Geistlichen die wohlfeilem gedmckten liturgischen Bücher den 
geschriebenen vorzogen, wurde das Gewerbe der Copisten immer 
mehr überflüssig. Leute, die sich der Calligraphie beflissen, dienten 
nur noch als Schreiblehrer in den Schulen, oder als Abschreiber 
in den verschiedenen Verwaltungsstuben*. 

4. BuaiHÄNDLER. — Aus allem bisher Gesagten lässt sich ab- 
nehmen, dass schon frühe zu Strassburg eine Art Buchhandel be- 
stand. Schon die industriellen Schreiber, die für Geld arbeiteten, 
können gewissermassen als Buchhändler gelten. Der Ausdmck 
Stacionierer, stationär ins, den man bei uns antriflt, hatte indessen 
nicht, wie in einigen Universitäten, die besondere Bedeutung von 
venditor librorum. Unsere Stacionierer, die ihre Buden bei der 
S. Martinskirche hatten, handelten mit Gegenständen der verschie- 
densten Art*. 1230 war Heinrich Stacionierer einer der Schöffen, 
1237 sein Sohn Erbo einer der Vertreter der grossen Kürschner- 
zunft. Noch gegen Ende dfes Jahrhunderts wird eine Anna staciatrix 
genannt. Das Wort wurde zu Strassburg auch noch in einem andern 
Sinn gebraucht; 1272 erscheint ein Conradus dictus StatT^enierer, 
nuncius et famulus fabrica Ecclesia ^Argentinensis ; 131 1 war er todt, 
quondum Conradus stationarius fabrica; das Wort ist hier gleich- 
bedeutend mit famulus. 



1. SCHÖPFLIN, Vindicite typographica. %Argent,, 1760, in-4«, S. iij. 

2. 1525 begehrte ein Guldinschriber um die ErUubniss eine Schule eröffnen 
zu dürfen. Noch 1^75 wird einer erwähnt, der am Fischerstaden eine Winkel- 
schule hielt. 

3. S. auch das Glossarium von Ducange, Henschels Ausg., B. 6, S. 362. 



Bächer und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter. 45 

1408 wird zum ersten Mal eines Buchladens Erwähnung ge- 
than. In diesem Jahre erhielt unser Magistrat von dem von Lindau 
die Nachricht^ ein Priester aus der Nähe dieser Stadt habe seine 
zwei kleinen Pfarreien verlassen und zwei liturgische Bücher mit- 
genommen^ das eine weiss, das andere roth eingebunden; beide 
seien nach Strassburg gekommen und befanden sich bei dem 
Schreiber Peter von Haslach, «der die Bücher verkauft auf den 
Greden des Münsters»*. Die Greden, gradus, waren die zu den 
Münsterthüren führenden Stufen; hier war also damals schon eine 
Bücherbude; der Schreiber, der sie hielt, handelte nicht nur mit 
seiner eigenen Waare, sondern auch, wie ein Antiquar, mit altem 
Werken. Die Erlaubniss, bei dem Münster Bücher feil zu halten, 
erbat man sich von dem portarius des Stifts; man hatte den Ort in 
der Absicht gewählt, die Aufmerksamkeit der in die Kirche ein- 
tretenden Cleriker auf die ausgelegten Bände zu richten. Seit der 
Mitte des dreizehnten Jahrhunderts war dies der Gebrauch zu Paris*, 
und später auch in andern Städten. Der Magistrat, der die Auf- 
sicht über die für den Münsterbau sorgende Verwaltung des Frauen- 
hauses hatte, wollte 1482 die zahlreichen, das Gebäude entstellenden 
Buden entfernen; er verbot daher auch auf den Greden Bücher zu 
verkaufen. Darüber beschwerte sich lebhaft der portarius Friedrich 
von Baden; es stehe, schrieb er den 10. Mai aus Trier, wo er 
gleichfalls Canonicus war, es stehe Layen nicht zu, «gefreite, ge- 
weihte Stätten», die nur unter der Gerichtsbarkeit des Kapitels 
stehn, irgend Jemanden zu verbieten; es sei «auf viel Stiften ge- 
wonlich das man vor den Greden und Kirchthüren Bücher feil 
habe und sie an diesen Enden wisse zu finden'». Wie es scheint, 
musste der Magistrat sich fugen; noch lange nachher waren unter 
den Münsterbuden auch solche, wo neue und alte Bücher verkauft 
wurden. Seitdem man Bücher druckte, hatten die Drucker ihre 
eigenen Läden, theils in den Häusern, die sie bewohnten, theils 



1. Schreiben vom 28. Mai 1408. *BuUetin de la SocUti pour la conservation 
des numuments historiques d!%Ahace, 1879, S. 270. 

2. Der Grammatiker Johann de Garlandia redet von einer platea nova 
ante paravisum domina nostra (parvis de 'KjOtre-Dame) ; eine, um 1250 geschrie- 
bene Glosse, fugt bei: paravisus est locus übt libri uolarium venduntur. Watten- 
bach , S. 470. DucANGE , Glossarium , B. 5 , S. 80. 

3. 'Bulletin de la Sociiti pour la conserv. des mon, bist,, 1879, S. 271. 



46 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MiUelältet. 

beim Münster oder bei der Pfalz. Die Produkte der ausländischen 
OfEzinen bezogen sie von der frankfurter Messe; anderes kam aus 
Italien^ noch anderes aus Paris^ das im Mittelalter durch seinen 
Handschriftenhandel berühmt gewesen war*^ und das seit dem Ende 
des fünfzehnten Jahrhunderts zahlreiche , meist schöne Ausgaben 
der verschiedenartigsten Werke auf den Büchermarkt brachte. 

Was den Verkaufpreis der Handschriften betrifft, so ist es 
schwer, etwas Bestimmtes darüber zu sagen. Die hie und da an- 
gegebenen Summen gehn so weit auseinander, dass, wenn man 
den calligraphischen Werth eines Buches nicht kennt, kein sicherer 
Massstab anzulegen ist. Auf das Alter der Manuscripte wurde wohl 
schwerlich Rücksicht genommen. Nur Eines lässt sich behaupten 
und begreifen, das ist der im Allgemeinen hohe Preis. Hier folgen 
die wenigen Angaben, die ich gefunden habe. Im Jahr 1300 schätzt 
der Canonicus von S. Thom«e Johann de S. Amarino das DigesHitn 
vetus und die Decretalen, die man ihm entwendet hatte, zu 40 Mark 
Silber. 1379 verkaufen die Augustiner von Ittenwiler eine Bibel in 
fünf Bänden für 33 Pfund. 1395 und 1396 verkauft die Abtei Baum- 
garten dem Johanniterhaus die !\Coralia Gregors in zwei Bänden 
für 10 Pfund, und acht andere Bände für 3. Elsa Zürnin, vielleicht 
die Wittwe oder Tochter des obengenannten Illuminators Zürne, 
überliess dem nemlichen Haus ihr auf 20 Pfund geschätztes Ver- 
mögen, für welche Summe die Brüder ein magnum gradale kauften. 
Im fünfzehnten Jahrhundert erhielten sie als Geschenk ein fhCissdU im 
Werth von 40 Gulden*; 1404 verpfändete ihnen das Kloster Neu- 
burg für 41 Pfund ein Speculum historiale in vier Bänden. 1426 
schätzte das Thomasstift ein aus zwei Theilen bestehendes Über 
oratorius auf 30 Gulden. Die Karthäuser kauften für 12 Gulden die 
Postille des Thomas Rygsted über die Proverbien, und für 40 
Gulden die Glossa archidiaconi super decreto; um einmal 27 Gulden 
zu entlehnen, gaben sie mehrere Rechtsbücher als Pfand. Die Bibel 



1. Der englische Bischof, Richard von Bury, um 1350, redet mit Be<> 
geisterung von den zahlreichen Werken aller Art, die man sich zu Paris ver- 
schaffen konnte. ThiloUhUon. Paris, J. Petit, 1500, in-4«, f» B. 4. Gersoo 
dagegen klagt, dass so viele Handschriften aus Frankreich entführt wurden. 
De laude scriptorum, in opp., B. 2, S. 700. 

2. Necrolog der Johanniter. Bibl. der strassb. Universität. 



Bücher und Bibliotheken ^ Strassburg im MiUelalter. 47 

in vier Bänden^ die dem Kloster Obersteigen gehört hatte^ wurde 
1450 für 60 Gulden verkauft. 

Auch von dem Preis der ältesten Incunabeln ist nur wenig 
bekannt. Eine im Juni 1466 von Hector Mulich gekaufte ^ von 
Mentel gedruckte deutsche Bibel, die sich heute zu München be- 
findet, hat, am Ende diese Note: emUis est hie Über, nondum ligatus, 
florenis duodecim^. Mentels Schwiegersohn und Nachfolger Adolph 
Rusch schenkte der basler Karthause eine gewisse Anzahl von 
Büchern, worunter ein Speculum exemplorum, auf zwei Gulden ge- 
schätzt, die Werke Gersons 3 Gulden, und die Sermones Socci zwei 
Pfund«. 

5. Buchbinder. — Nachdem Königshofen das S. Thomas- 
Archiv neu geordnet hatte, trug der Schaffner in die Rechnung von 
1397 2 Pfund 14 Seh. ein, pro bappiro ad libros instrutnentorum et 
pro pergameno, unde zu beslahende und zu bindende. Diese 
letztern Worte bezeugen das Vorhandensein von Buchbindern, deren 
es jedenfalls schon früher zu Strassburg gegeben haben muss. Der 
erste mit Namen genannte ligator librorum ist Johann Badel, 1427. 
Johann Utenheim, 1477, war zugleich Schulmeister. Nach Errich- 
tung der ersten Pressen in Strassburg bekam auch die Industrie der 
Buchbinder eine immer grössere Ausdehnung. 1502 wurden sie mit 
den Druckern in die Goldschmiedezunft zur Stelz aufgenommen. 

Die hiesigen Einbände, von denen noch viele auf unserer 
alten Bibliothek zu sehen waren, bestanden, wie beinahe überall, 
aus mit Leder, meist Schweinsleder, überzogenen Holzdecken. Bei 
einigen aus dem vierzehnten Jahrhundert war das Leder bereits 
kunstreich gepresst'. Die für reiche Kirchen bestimmten hatten 
silberne oder vergoldete Ecken, Spangen, Buckeln, Schliessen, mit 
eingegrabenen Zierrathen oder Heiligenbildern. Auf andern, selbst 
ganz kleinen, waren oft sehr fein gearbeitete Ornamente von Kupfer 



1. Lichtenberger, Initia typographica, ^Argent., 181 1, in-4«, S. 58. 

2. Liber benefactorum der basler Karthause. Basler Archiv. 

3. Als im vorigen Jahrhundert der Conithur Kcnringcr die Johanniter- 
Bibliothck neu ordnen licss, wurden fast sämmtlichc Mss. nach damaligem 
Geschmack neu eingebunden. 



48 Bücher und Bibliotheken 7;u Strassburg im Mittelalter. 

angebracht. Bald waren es die Buchbinder, die mit diesen Dingen 
die Bücher «beschlugen», bald waren es die Spengler*. 

Als Buchbinderpreise finde ich in den Rechnungen der S. 
Thomasfabrik: 141 2 2 Seh. für einen Psalter, 1414 10 Seh. für 
ein Graduale mit Spangen, 1416 6 Seh. für ein Homiliar und 18 Seh. 
für ein Antiphonar und einen Psalter, 1419 10 Seh. von dem 
Antiffener zu bindende und zu beslahende qui jacet vor 
her Jocop Twinger. Um aus diesen Preisen einen allgemeinen 
Schluss ziehen zu können, müsste man wissen, ob die Bücher mehr 
oder weniger einfach oder kostbar eingebunden waren. Diese 
nemliche Bemerkung gilt für folgende Preise: der Einband zweier 
Bände für das S. Ciarenkloster kostete im Jahre 1466 7 Seh. 6 Pf., 
der einer Summa angelica für die Johanniter 1490, 3 Seh. 6 Pfg.' 
Die Bücher wurden übrigens nicht immer von den Copisten und 
den Druckern mit gemalten Initialen und fertig gebunden zum Kauf 
ausgeboten; die Käufer liessen sie, je nach ihrem Vermögen und 
Geschmack, durch die Illuministen und Buchbinder verzieren und 
einbinden'. 



1. 1432, 72 Seh. von den 2 Levitenbüchern van nüwem uf zubinden und umh 
die 20 Spangen die duffe sint 18 Tf, dem Spengeler dieselben Spangen uf^stahen. 
Rechnung der S. Thomasfabrik. 

2. Hanauer, itudes iconomiques, B. 2, S. 588. 

3. Lichtenberger, Initia typogr,, S. 58. — Schelhorn, %AmcenitaUs Ute- 
raria. Francfurt, 1727, B. 3,8. 29. 



BEILAGEN. 



I. 

CATALOG DER BBLIOTHEK DES S. THOMASSTIFTS, 

ZU ANFANG DES XV. JAHRHUNDERTS. 

(Von der Hand Königshofens geschrieben, S. Thomas- Archiv, 

Reg. D, in-f», f» 93.) 



Libri in Uberya eccUsie S. Thame %ArgefUmensis. 

Isidarus de summo bono. Isidorus ethymologiarum. 

Item Aurora^ seil. Bibiia metrica. 

Antiquum Psalterium modicum glosatum. 

Item novum Psalterium per %AugusHnum, Jeranyinum et %Atnbrosium 

glosatum. 
Unus liber continens Cantica canticorum, Apocalipsim, vitam Georii, 

epistolam ad Romanos, memoriam Michahelis, passionem 

Mauricii et sociorum eius. 
Item quedam pars beati Gregorü super Johannem. Item Lucas glo- 

satus. Item glosa super Matheum. 
Item quinque libri Moysi. 
Item sermones et omelye estivales. 
Item ex alia parte eiusdum secundi pulpiti: %AugusHnus de trinitate. 

Item liber confessionum beati ^tigusüni. 
Iteip super Epistolas et Ewangelia per amium. 
Item sermones et omelye per annum. Item omelye et sermones 

diversi. 
Item scholastica hystoria super novum testamentum. Item scholas- 

tica hystoria super vetus testamentum. 
Item expositiones Epistolarum et Ewangeliorum a nativitate Domini 

usque Pasca. 

4 



50 Bücher und Bibliotheken :(u ,Strassburg im Mittelalter. 

Item lampartica historia, que concessa est plebano et socio. 
Hugo de sacramentis. 

Item prologi librorum Biblie. Item Epistole Pauli et libri sapiales. 
Item canonice Epistole. Item super Apocalipsim. Item super actus 

apostolorum et super Epistolas et Ewangelia. 
Item xl omelye Gregorii. 
Item Proverbia glosata. Item prima pars super Epistolas Pauli. Item 

secunda pars super Epistolas Pauli. 
Item ex alia parte eiusdem pulpiti: xl omelye Gregorii. 
Item concordantie Ewangeliorum. 
Item vita S. Germani metrice scripta, et solutiones diversarum 

questionum sacre scripturetextus. 
Item Enchideron (sie) ^ugustini, et de libris divini officii, et de 

transitu beate virginis. 
Item quarta pars Moralium Yob. 
Item canones antiqui. Item de origine mortis humane. 
Item Ysaias glosatus per beatum Jeronimum. 
Item Psalterium glosatum. Item dyalogus Gregorii. 
Alexander magnus metrice. 
Item dialectice rationes. Item Über de diversis materiis, scilicet de 

astronomya, de topica %Aristotelis , de septem artibus liberalibus. 
Item Über medicinalis. 
Item Vriscianus maior. 

Item Instituta glosata. Item breviarium iuris canonici. 
Item ex alia parte : Musica ^oecii. 

Item super topicorum. Item ^oecius super arismetrica (sie). 
Item Biblia metrica que dicitur Aurora. 
Item D^arcianus et de gramatica. 

Item duo libelli cantuales cum gravibus historiis et responsorüs. 
Item Rationale divinorum. 
Item libellus de medicina. 
Item quinque libri Moysi, in parvo volumine sine asseribus. Habet 

dominus prepositus B. ^urggrave. 

(Man kann nicht genau sagen, wie viel Bände es waren. Wahrscheinlich 
aber wollte Königshofen mit jedem Item einen besonderen Band bezeichnen. 
Die Bücher lagen auf mehreren Kepositorien oder pulpita, jedes mit zwei ein- 
ander den Rücken kehrenden Fächern.) 



n. 

CATALOG DER KARTHÄUSER-BIBLIOTHEK. 

(Zwei gegen Ende des XVI. Jahrh. von Pappus geschriebene Hefte in-4*. 

S. Thomas- Archiv , Lad. 57.) 



%0^0^ß^m^^f^0^ 



I. HEFT. 
Index Ubrorum bibliotheca Carthusiana in vumbranis exaratornm. 



I. 2. Biblia ladna cum prasfationibus HUronymi, tomis duobus^ 
in membranis^ typis excusa. 

3. Hierofiymus in duodecim prophetas minores. Singuloj temiones 
vestiunt membranae^ reliqua in chards sunt exarata. 

4. Lyra super Pentateuchum, Josua, Judicum, Ruth, quatuor 
Regum, Paralip., Esdram, Nehemiam, Tobiam, Judith, 
Esther, Job et Psalterium, seu prima pars Moraliutum ^NJcolai 
de Lyra, finita a. d. 1368. 

5. Concordantias euangelistarum super euangelia per annum. 
Brevis continentia omnium librorum Biblias. Item breves causa? 
euangeliorum. 

6. Interpretationes hebraicarum dictionum quas continet Biblia. 

7. Postilla super Proverbia Saiomonis fr. Thoma %ygsted anglici, 
ordinis praedicatorum, scripta a. C. 1390'. Emta XII florenis. 

8. Tractatulus de diversis haeresibus et inquisitione hxreticae pra- 
vitatis. Hugo de 5. Victore super Apocalypsin, quamquam videtur 
esse Hugonis cardinalis. Incipit: Vidit Jacob in somnis scalam 
etc. Partim in membranis, partim in chartis. 

9. Glossa ordinaria super iibros sapientiales. 



I. Thomas Hingstede, gest. 1365. Qy^TiF u. Hchard, Scriptores ordinis 
fr, pTted. T. I, S. 652. 



52 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter. 

10. Expositio ^NJcolai de Lyra super Psalterium. 

11. Expositiones b. tAugustini super primam quinquagenam. 

12. Expositiones tAugustini super secundam quinquagenam. 

13. Idem super tertiam quinquagenam. 

14. Expositio b. tAmbrosü super Psalmum beati immaculati. 

Sint deo grates Ambrosioque qui dedit artes 
Et mihi mente pia ter ave legitate Maria. 1467. 

15. Hugo Cardinalis in plserosque libros veteris testamenü. In medio 
est Communiloquium fr. Johannis Vallensis. 

16. Expositio Christiani grammatici super Matthaeum. Expositio 
seu epithoma super Lucam et Johannem. Homelia in cap. 12 
Matthsei^ cum dormirent homines etc. Epistola S. fhCartini epis- 
copi ad Mironem regem de 4 virtutibus. 

17. Thomas de %Aquino super epistolas paulinas. 

18. 19. Moraliutum Gregorii super Job pars i et 2. 

20. Earundem moralitatum pars 3. 

21. Earundem iterum moralitatum pars i. 

22. Epistolare b. Hieronymi. Idem adversus Jovinianum. Sermo 
eiusdem de assumtione b, Marias. Partim in membranis, partim 
in chartis^ ut volumen 3. 

23. Isidorus de officio clericali^ de officio missae^ et disputatio 
eiusdem contra quinque genera hostium. 

24. JeronimianuSy de vita et laude b. Hieronymi^ per Johannem 
%Andrea juristam editus. 

Accipe Jerony mum y non ex doctoribus imum. 
Nee miris minimum, sed linguae munere primum. 

25. Moralitates b. %Ambrosii de patriarchis Abraham^ Isaac etc. 
Idem de Naboth et Achab. ^emhardus super missus est. 

26. Sermo b. tAugustini de suscitatione Lazari. OmelixB. Gregorii 
super Ezechielem prophetam. 

27. tAugustinus de cognitione novae vitae. K^hardus de 5. Victore 
de exterminatione mali et promotione boni. Idem de contem- 
platione. Idem de statu interioris hominis. 

28. Sermones b. ^emhardi super Cantica canticorum. Eiusdem 
speculum monachorum. 

O Beraarde pater, hie dulcia qui posuisti, 

Fac me, qui scripsi, regnum conscendere ChristL 



Bücher und Bibliotheken 7^ Strassburg im MiUelaÜer. 53 

29. Epistolse 'Bembardi aliique eius tractatus cum testamento 
eiusdem. 

30. %AugusHnus super epistolam b. Johannis. Eiusdem soliloquium 
aliique tractatus. 

31. ^idius de T^gma de corpore Christi, ^ugustmus de %Ancona de 
laude viri perfecti. Liber artis catholicse fidei. Liber de spiritu 
sanao. l(usbruch super tabernaculum. 

32. Dialogi GregorU papse. 

33. Pars secunda moraUum Gregorü. 

In secundo reposüorio. 

34. Ubertus Lombardus de nomine et amore Jesu'. 

35. Pars 3 moralium Gregorü in Job. (Lib. 18, foL 28 contra 
merita operum insignis locus)'. 

36. Gregorianus sive authoritates b. Gregorü in diversos libros 
utriusque testamenti. 

37. Pars 4 moralium b. Gregorü. Anno domini 1454 finiti sunt 
libri Job in refectorio. Item a. d. 1463 iterum finiti sunt. Item 
a. d. 1481 tertio finiti sunt Item a. d. 15 10 quarto finiti sunt. 

38. Tractatus aliquot b. ^Ambrosü, ExaSmeron^ de paradiso^ de 
Cain et Abel^ de adhortatione virginiuds^ de perpetua virgi- 
nitate b. Marias » qui alias intitulatur de institutione virginis ad 
Euseblum. 

39. Quosstiones subtiles super quatuor libros sententiarum^ authoris 
incerti. 

40. Alias quasstiones super libros sententiarum. 

41. Dicta Thoma de %ArgenHna super quartum sententiarum. 

42. Postilla TPeiri de Tarantasia super librum i sententiarum. 

43. Quodlibeta Egidü de Kgma. 

44. Excerptum quasstionum Bonaventura, per fi*. H. ordinis mi- 
norum in Thurego lectorem. 

45. Gesta antiquorum patrum sive Vitas (sie) patrum. 

46. Thomas de %Aquino contra gentiles. 



1. Excerpta aus dieser Schrift auch in der Joh.-Bibl. WmrER, S. 37. 

2. Das Eingeklammerte ist ein Zusatz von Pappus. 



54 Bächer und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelaller, 

9 

47. Pars tertia summas S. Thoma, partim in membranis, partim in 
chartis. 

48. Secunda secundas Thoma de %Aquino, similiter. 

49. Eiusdem prima secundas tota in membranis. 

50. Pars prima summte 5. Thoma. 

51. Summa ^artholomai Visani. 

52. Compendium theologicae veritatis. Miracula sive exempla sanc- 
torum, secundum ordinem alphabeti ex diversis iibris collecta. 

53. Historias scholasticas pars posterior de novo testamento. Biblia 
pauperum. 

54. Historia scholastica. 

Dextram scribentis virtus regat omnipotentb. 

55. Historia scholastica iterum. 

56. Historia variorum sanctorum^ Hugonis Gratianopoiitani^ Pauli 
eremitae, Malchi etc., Otiliae virginis fol. 160, 170, undecim 
millium virginum etc. Priores in membranis, posteriores in 
chartis. 

57. Vita Bernhardi et quaedam eins opuscula. 

58. Dialogi Gregorii. Idem super Psalmos pcenitentiales. 

59. Liber gestorum Barlaam et Josaphat servorum dei, authore 
Joh. Damasceno. 

60. De ordine cisterciensi et de b. Bernhardo. 

61. Vita Hugonis Lincolniensis episcopi. 

62. Casaris Heisterbacensis de miraculis, in membranis, usque ad 
cap. 2 distinctionis tertiär. 

63. Apologia pauperum adversus calumniatorem. Determinatio 
Johannis XXII. Quorundam hasreticorum in Avenione combus- 
torum historia. 

64. Malogranati duae partes, partim in membranis, partim in 
chartis. 

63. Hugo de claustro animae. 

66. Fr. ^dolphus, leaor sententiarum in Argentina, in Canticum 
canticorum caput primum. Reductio super euangelia ad decem 
materias. Extraeta Guilhelmi Occam super sententias. Quaedam 
%Alberti magni. Liber tSCosi Vetri tAlfonsi. Baptisatus fuit 29 
Junii 1106, aera 1144. Expositiones quasdam morales ^NJcolai 
de Lyra in Genesim, Job, Psalterium. 



Bücher und Bibliotheken :(u Sirassburg itn Mittelalter. 55 

67. Speculum humanae salvationis. 

68. Sermones et tractatus varii. 

69. Pars tertia Malogranati^ partim in membranis» partim in chartis. 

In tertio repositorio. 

70. Joannes Climacus. Sermones decem Eusebü Emiseni, qni alias 
inscribuntur Casario tArelatensi. 

71. Tractatus aliquot de profectibus religiosorum. 

72. CoUationes patrum Cassiani (in quibus cavendum est^ in colla- 
tionibus patrum Jo. Cassiani et in libris institutionum). 

73. Breviloquium de triplici vita. Historia passionis domini. 

74. Sermones %Augustini de sanctis sive festis. 

75. Postilla Parmensis fr. tAnthonii ordinis prxdicatorum. 

76. Homiliae %Augustini, Veda et aliorum doctorum super euan- 
gclia per anni circulum. Istum librum ego Fridericus plebanus 
S. Magni in Wormacia assigno Carthusise in %Argentina in re- 
medium animae mese. 

77. Holkot super librum sapientias. 

78. Sermones Vernhardi abbatis. 

79. Iterum sermones Vernhardi. 

80. Sermones Socci. 

81. Seneca ad Lucilium epistolae. 

82. Isagoge Joannicii ac Tegni Galieni. Vhilaretus de negotio pul- 
suum. Pronostica Ypocratis cum commento Galieni. Regimen 
acutorum cum glossa Galieni. Et Über de signis Galieni. Item 
Tegni Galieni cum commento tAly. Et liber de causis Galieni. 
Item liber aphorismoruni Ypocratis cum g]ossa Galieni. 

83. Tractatus aliquot medici. 

84. Lilium medicina? mag. ^urkardi de Gorgonio. 

85. Innocentius super Decretale. 

Hoc Volumen cum aliis duobus, i. reportatis super 4 et 5 
Decretalium Casparis de Caldarinis, 2. reportatis super 3 et 4 
Decretalium in bapyro, cautionis loco data fuerunt pro 27 
florenis. In huius voluminis fine h;ec erant ascripta : Anno 
domini 1387 in vigilia Mattha'i apostoli transivi ad Studium 
Viennense, et ibi steti per sex annos. Deinde anno 93 in 
Bononiam, et ibi steti per tres annos minus 4 mensibus. 



56 Bücher und Bibliotheken ^u Strassburg im MittelalUr. 



Et ibidem anno 96 die 23 mensis aprilis^ in qua erat vi- 
gilia S. Georii^ quamvis in aliis partibus dies ipsius, repetii 
C. testimonium situatum sub titulo de testibus. Demum die 
27 eiusdem mensis intravi temptamen domini mei Casparis 
de Caldrinis, et habebam ab eo in punctis C. quia op. V. 
q. ni. et C. cum super, de concessione prsbendas. Item 
die seqüenti habui in punctis a domino meo Laurentino de 
Pina C. si qua de rebus XII. q. 2 et C. cum ecdesiastica, 
de exceptionibus. Item prima die maii recepi a domino 
meo domino Carralo (sie) de Sampucariis pro punctis C. 
episcopo n. liceri. VIII. q. i et C. q. omne, de prxscrip- 
tionibus. Ultimo vero decima die maii, in qua erat dies 
S. Florianiy summisi me examini collegii almas universitatis 
Bononiensis^ a quo habui in punctis C. quisquis probatus 
fuerit 2. q. 6 et C. primum de restitutione spoliatorum. 
Et sie eadem die post examen data mihi erat licentia iuris. 
Jo. ^NJcolai Doa. — Nota contra morbum calculi, vor das 
Grien, rec. :(isem et magnam radicem petersilie; fac bulire 
in munda olla / oder 2 mall; bibe post de mane et sero 
et ... . cum eode^ commisce et testa .... avellanorum 
welsch hctselnus^i, combure et pulverisa, et de eodem pul- 
vere .... 

86. Constitutiones Clementis paps V una cum apparatu domini 
Joh. %Andrea. 

87. Decretales cum glossis Garsia. 

88. T)ynus de regulis iuris. Sacramentale Guilhelmi de Monte Lau-- 
duno. Idem super clementinis. 

89. Archidiaconus super decreto. Emtus 40 flor. rhen. 

90. Decretum Gratiani cum glossis. Historia decretorum ^artho^ 
. lomai ^rixensis. 

9 1 . Liber de ordine iudiciorum in iure civili et canonico Heinfredi 
^eneventani. 

92. Repertorium speculi M. Wilhelmi Durandi. 

Quae pridem plura sunt sparsim tradita iura 
Haec nunc scriptura facili monstrat tibi cura. 

93. Summa T(aymundL 

94« Missale in membranis typis excusum. 



Bucher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter. 57 

95. Lyra super epistolas paulinas et caponicas, et acta apostolorum. 

96. Textus clementinarutn cum glossis. 

97. Pastorale noveilum M. K^dolphi. de Liebeg, prsepositi ecclesias 
episcopalis Ceilas necnon canonici ecclesise maioris Constan- 
tiensis. Completum a. d. 1324'. 

98. Sermones Socci de sanctis. 

99. 'Beda in parabolas Salomonis. 
100. Traaatus varii. 

loi. Psalterium glossatum interlinealiter. 

102. Libelius qui intitulatur Valde bonum, continens accentuationes 

quarundam dictionum in BibÜa^ et de euangelüs et de mar- 

tyrologio. 1441. 
10}. Lyra super libros historicos veteris testamenti. 

104. Prima pars moralium B. Gregorü. 

105. Summa Richardi de WeT^ernigsete (sie). Innocentius de officiis 
missae. Tractatus de professione monachorum. De confessione. 
Speculum pcenitentise Mag. Wühelnii de !\Contibus. Sermones 
diversi. 

106. Isidarus de summo bono. 

107. Pars Socci hyemalis de tempore et de sanctis. 

In quarto repositorio. 

108. Quaestiones variae in magistrum sententiarum. 

109. Pastorale Gregorü papas. 

HO. Vetrus de Tarantasia super secundum sententiarum. 

111. Liber sententiarum M. Yvonis. M. tValtherus ihCaurus de con- 
iugio. De ordinibus et ordinandis. Micrologus. 

112. Hugo de Septem sacramentis. 

II}. Summa confessorum Fr. ^ymundi. 

114. Privilegia papalia ordinis carthusiensium. 

115. Compendium theologicae veritatis. 

1 1 6. Versus J^idii de Vrinis cum commento Gilberti, 

117. Psalterium in membranis typis expressum in carthusia Arg. 



I. S. ober diese in leoninischeo Versen abgefasste Schrift, von der auch 
die Joh.-Bibl. zwei Copien hatte (Wetter, S. 3, 11), den Aufsatz von Gall 
Morel, über Rud. von Liebegg, Probst von Bischofszell und Canonicus von 
BeromQnster, gest. 1332, im Gescbichtsfreund, B. XXI, S. 134. 



58 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MUtelalter. 



118. Psalterium secundum consuetudinem ordinis carthusiensis. 

119. Postilla innominati authoris. 

120. Consuetudines ordinis carthusiensis. 

121. Scrmones fr. Guidonis deOnCesnello^. 

122. Ofßcia missae de sanais. 

123. Psalterium carthusiense. 

124. Omeli« Gregorii super Ezechielem. 

125. Pars hyemalis libri matutinalis. 

126. Psalterium carthusiense. 15 18. 

127. Psalterium carthusiense plenum. 

128. Liber cellae secundum ordinem carthusiensium. 

129. Viaticus Constantini seu practica medicinae. 

130. Historia scholastica. 

131. Miracula b. Virginis, in copia. Hildefonsus de laude b. Virginis. 
De b. Nicoiao. Passio b. Christophori martyris. 

132. De XI millibus virginum. De S. Catharina. Gesta Elisabeth de 
Leodio. Vita Mariae de Oegines (Oignies). 

133. Legenda sanctorum. 

134. Vita S. Martini, Briccii et Auctoris, episcoporum. 

135. Historia lombardica, pro parte. 

136. Miracula b. Virginis et historia XI millium virginum. 

137. Legenda sanctorum sive lombardica. 

Explicit iste liber, sit scriptor crimine liber. 

138. Liber gratiae spiritualis S. Mechtildis. De miraculis b. Virginis 
et de XI millibus virginum. 

139. Quidam tractatus xAugustini, Hugo de claustro animae. Abbrc- 
viatio ethicae AristoteUs. De moribus et officiis nobilium super 
ludum scaccorum Jacobi de tAssolis. 

140. Speculum ecclesiae. Tractatus de virtutibus. 

141. Speculum S. Mariae virginis. 

142. Liber miraculorum in gloria martyrum. 

143. Regula b. Benedicti cum expositione ^emardi abbatis Cassi- 
nensis. 

144. Compendium theologicae veritatis. Pastorale b. Gregorii. 



I. Guido Ebroicensis de ^osniUio, Ende des 13. Jahrh. QjJtnF u. Echaiu), 
H. I , S. 402. 



Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MiUelalter. 59 

145. Speculum b. Morias virginis. 

146. Psalterium germanicum maxitna parte in chartis descriptum. 

147. Psalterium germanicum in membranis. 

148. Vrito de vocabulis Bibiix. 

In quinto repositorio. 

49. Sermones varii antiqui. 

50. Lyra super parabolas. Idem^ utrum ex scripturis receptis a 
Judasis efficaciter probari possit saivatorem nostrum fuisse 
deum et hominem. 

51. De tempore et de sanctis. 

52. Consuetudines ordinis carthusiensis. 

53. Donatus spiritualis. De septem profectibus religiosorum. 

54. Speciales missae et collectae. 

55. Novae constitutiones ordinis carthusiensis. 

56. Psalterium veteris editionis. 

57. Tractatus aliquot Joh. %Andrea et aliorum j. c. 

58. Digitus iuris 9 poIlex, index, medius, annularius et auricularius, 
seu remissorium iuris secundum ordinem alphabeti. 

59. Abbreviata super moralia Gregorii. 

60. Sermones varii. 

61. Psalterium vulgare cum glossis marginalibus. 

62. Cursus b. Virginis Marias. 

63. Textus sententiarum. 

64. Tractatus varii Thoma de %Aquino. 

65. Compendium theologiae. 

66. Idem. 

67. Allegoria^ quorundam passuum S. Scripturae. 

68. Summa T(aimundi metrice, cum aliis. 

69. Expositio symboli. De passione domini. Regula solitariorum. 

70. Exceptiones summac M. Johannis beleih de officio divino. Item 
summa virtutum. 

71. Dionysius de coelesti hierarchia cum expositionc. 

72. Tractatus xAlberü Magni de fine religiosx perfectionis, cum 
aliis eiusdem argumenti. 

73. Dieta salutis. Themata dominicalia et sanctorum. 

74. Hieronymus de essentia divinitatis. Bulla apostolica de confir- 
matione ordinis hieronymiani. 



6o Bücher und Bibliotheken :(u Sirassburg im Mittelalter. 

75. ^Albertus magnus de ardculis fidei» aliique tractatus varii. 

76. Postilla brevis. Physiologus. 

77. Flores b. ^emhardi. 

78. De officio missae. 

79. Compendium theologise. 

80. Pharetra Bonaventura. 

81. Breviloquus Bonaventura cum aliis, 

82. Sermones de tempore et de sanctis. 

83. Sermones diversi. 

84. Sermones diversi capitulares. 

85. Quadragesimale Jacobide Foragine. 

86. Sermones dominicales per annum. 

87. Sermones de tempore Luca de 7adua. 

88. Consuetudines ordinis carthusiensis. 

89. Breviarium. 

90. De simonia. 

91. Historia lombardica seu passionale sanctorum. 

92. Casus summarii. Temperatura incausti. 

In quinto repositorio. 

193. De Septem sacramentis. 

194. Horologium sapientise. 

195. Monita de verbis Isidori extracta. ^Augustinus de spiritu et littera, 
cum aliis tractatulis. 

196. Horologium sapientiae. 

197. Doctrina cordis. 

198. Psalterium vetus. 

199. Flores b. Beruh ardi. 

200. Brito terminorum Bibliae expositor. 

201. Consuetudines ordinis carthusiensis. 

202. Idem. 

203. Sermones dominicales Jacobi de Foragine. 

204. Sermones quidam postillares. 

205. Summulse M. Lamberti de Ligniaco\ 



I. Magister Larabertus, auch de Liniaco Castro genannt, war von Ligny- 
le-Chastel, Depart. der Yonne; er lebte im 13. Jahrh. und schrieb eine Summa 
oder Summula de logica, von der sich drei Mss. in der Pariser National-Bibliothek 



Bücher und Bibliotheken ^ Strasshurg im MiUelaUer. 6i 

206. Dicta super Gintica canticorum. 

207. Psalterium vetus. 

208. Diadema monachorum abbatis Smaragdi. 

209. Flores Vemhardi et %Augustim. 

210. Compendium pauperum super sententias, Excerptum de quatuor 
libris sententiarum. Summa %aimundi. 

211. Contemplatio b. Vemhardi de passione domini, cum multis 
aliis et variis. 

212. Sermones varii diversorum. . 

213. Vita Pauli eremitae et alia similia. 

214. Statuta ordinis carthusiensis. 

215. Excerptum summae confessorum. 

216. Psalterium vetus. 

217. Summa %iimundi. 

218. Sermones de sanctis. 

219. Compendium theologiae. Deest liber primus. In fine hxc sunt 
annotata : Fr. Hugo dictus ^ippelin, ordinis prsedicatorum, com- 
posuit hunc librum, videlicet compendium theologix. 

220. Sermones varii. 

221. Breviarium. 

222. Postilla incerti authoris. 

223. Sermones varii. 

In sexto repositorio. 

224. De Septem sacramentis tractatus. 

225. Horologium sapientiae (ratris kA,^ ordinis pracdicatorum, 

226. Monita de verbis S. Isidori et aliorum extracta. 

227. Liber doctrinas cordis. 

228. Horologium sapientiae. Cursus de aeterna sapientia, Quaestiones 
theologicae aliquae. 

229. Flores b. ^emhardi abbatis. 



und eines xu Troyes befinden. Man vermuthet, er sei der nemliche wie der bei 
Qy^TiF u. EcHARD, Script, ord, prad,, T. i, S. 906, ab Verfasser einer Summa 
logicalia erwähnte Lambert von Auxcrre. S. Hist, litt, de la Fronet, B. 19, 
S. 416. Unsere Karthiuser hatten noch eine xweite Copie, n* 236. Das hier, 
dem Namen Ligniaco beigefügte Wort sicco, scheint ein Schreibfehler xu sein ; 
man kennt kein Ligny-le-Sec. 

I. %Am4mduSt Beiname Suso*s. 



62 Bücher und Bibliotheken ^u Strassburg im Mittelalter. 



230. Breviarium seu Psalterium. 

231. Consuetudines ordinis carthusiensis. 

232. ^rito expositor terminorum Biblias. 

233. Consuetudines ordinis carthusiensis. 

234. Sermones dominicales per anni circulum Jacohi de Voragine. 

235. Homeliae et lectiones varias per annum. 

236. Lamberti de Ligniaco sicco summulas, scriptae anno 1286. 

Lauda scriptorem donec videas meliorem. 

237. In Cantica canticorum. 

238. Psalterium. 

239. Diadema monachorum abbatis Smaragdi. Vita Paulae. 

240. Flores b. Bernhardt et %Augu5tini. • 

Hie liber est scriptus, deus ex hoc sit benedictus. 

241. Compendium pauperum super sententias fr. Bonaventura. Ex- 
cerptum de quatuor iibris sententiarum. Summa ^aimundi. 

242. Contemplatio b. Bemhardi de passione domini. Claustrum 
animae. Stella clericorum Guidonis ordinis pra^dicatorum. Itine- 
rarius mentis ad deum Bonaventura cardinalis. 

243. Sermones varii. 

244. Vitae quorundam sanctorum, Pauli 'anachoretae, etc. 

245. Statuta Guigonis et nova. 

246. Summa confessorum Guilhelmi Gayoti ordinis praedicatorum*. 

247. Psalterium. 

248. Summa T(aymundi. 

249. Sermones de sanctis. 

250. Psalterium et Breviarium. 

251. Sermones varii. 

252. Compendium theologicae veritatis. 

253. Omeliae fratris pauperis Praetoris. Loquagium rhetoricas H. Kai" 
kar. Cantuagium musicae eiusdem prioris carthusiae %Argentinensis. 

254. Precationes variae, inter alias de vita et passione Christi. 

255. Cursus b. Maria?, Ihesus, Maria, S. Anpa, salva nos te tertia. 



I. Vermuthlich Guillelmus de Kaioco, von Cayeu» in der Picardie» Ende 
des 13. Jahrh. y Verfasser einer Summa casutim conscientia. QuihiF u. Echard, 
B. I, S. 507. 



Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter. 63 

256. Vrito minor de expositione terminorum biblicorum. 

257. Psalterium et Breviarium. Liber de venenis seu Septem vitiis 
capitalibus et eorum remediis. Item de moribus tam nobilium 
quam secularium super ludo scaccorum. Incipit datio veneni, 

258. Sermones de tempore et sanctis. 

259. Percgrinus de tempore aestivali. 

260. Cursus b. Mariae virginis. 

261. Sermones dominicales de tempore , et alia. 

262. Cursus b. Marias virginis. 

265. Excerpta ex summa virtutum et vitiorum. 

264. Liber pocnitentialis ^berti de S. Victore. 

265. Soliloquium dcvotx animx. 

266. Cursus b. Maria; virginis. 

In septimo repositorio. 

267. Rosarium b. Marias virginis. 

268. Summa salutis. 

269. Excerptum de summa virtutum et vitiorum. 

270. Libellus de poenitcntia. 

271. Cursus b. Marias virginis. 

272. Sermones de summis festivitatibus. 

273. Thomas de perfectione spiritualis vitae. 

274. Psalterium cum Breviario. 

275. Breviarium. 

276. Der tugent buch. 

277. Psalterium cum Breviario. 

278. Cursus b. Marias virginis. 

279. De passione domini et alia varia. 

280. Orationcs varias. 

(Von hier an sind die Bücher nicht mehr numerirt.) 

Clavis physicas. Disputatio Theodori abbatis, grxci genere, arte 
philosophi, cum Johanne viro eruditissimo roman;e ccclcsias 
archidiacono , genere scoto. 

Historia cuangelii mctrice. Summa M. Johannis beleih super Cantica 
canticorum metrice. 

xArator subdiaconus in Acta apostoloruni. 



64 Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im Mittelalter. 

Lucanus de hello civili. 

Anno domini 1387 dlcebatur quod in %Argenüna fuissent 
vina venalia d. d. dualium meliora circa viginti, qualibet 
quarta pro denario, et tantum unum pro tribus obulis, alia 
vero plura remissius, et quadam dominica assumtionis b. 
Virginis. Circa finem libri Horologii sapientias n® 226. 



2. HEFT. 

Libri carthusiani. 
(Mit wenig Ausnahmen, gedruckte BQcher.) 



Secunda pars epistolarum d. Hieronymi. 

Sermones Jordani de sanctis. 

Sermones discipuli de sanctis. Promptuarium exemplorum. Abbre- 

viata Ludolfi de vita Christi. 
Sermones !hCichaelis ihCediolanensis per adventum et quadragesimam. 
^Antonius de ^utrio super IV et V Decretaliam. Ms. 
Liber sex distinctionum ordinis cisterciensis. Ms. membr. 
Quxstiones euangeliorum de tempore et sanctis Johannis de Turre- 

cremata. 
Margarita Decreti Martiniana. Statuta synodalia dioecesis Basiliensis. 

Chronicon Ungarorum %Andrea Hess. 
Gesta Barlaam et Josaphat servorum dei. Ms. membr. 
Quadragesimale discipuli. 

In-4^ 

Psalterium carthusianum. 

Itinerarius Johannis de ü^andevilla militis. Tractatus de vitiis lingual. 
M. Johannis Stass. Tractatus xAlbertani ^rixiensis de modo loquendi 
et tacendi. 



Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im MiUelaUer. 65 

Speculum manuale sacerdotum Hermanni de Schildis. Expositio deni- 
que, sed manuscripta, hymnorum per Dianysium carthusianum. 

Speculum finalis retributionis Tetri 'Ssgi* • • (uolesbar). 

De doctrina moriendi opusculum. Trithemn catalogus scriptorum 
illustrium Germaniae. 

Trilhemius de scriptoribus ecclesiasticis. 

Guilbelmi Vibauci carthusiani conciones. 

De veritate contritionis Johannis Ludaviä Vivaldi. 

Breviarium carthusiense. 

Breviarium argentinense Alberd episcopi. 

Aliud carthusiense Breviarium. 

Item aliud. 

Antidotarius animas ^NJcolai Saliceti. 

Assertio purgatorii Tetri Leidensis. 

Censura ^ellarmini über das Concordibuch. 

Horae b. Virginis secundum ordinem carthusianum. 

Hortulus animx. 

Stimulus divini amoris Bonaventura. Johannes Viterbiensis super Apo- 

calypsim. 
Unterricht von den tApostaten. Jeu:. T(abus. 
Directorium parvum contemplari inchoantium Tetri Leidensis. 

In-xvi®. 

Horae b. Mariae Virginis. 

Diumum secundum ordinem carthusianum. 

In prima exedra. 

Decretum Gratiani cum apparatu Johannis Teutonici et annotationibus 

Bartholomai Brixiensis. 
Speculum judiciale üurandi. 
Summa de casibus astexana. 

Biblia latina translationis veteris, incertum quo anno. 
Githolicon; dcsunt paucula in principio et fine. 
Thomas de Valois et ^NJcolaus Trivct in %Augustinum de civitatc dei, 

cum ipso librorum XXII contextu. 

5 



66 Bücher und Bibliotheken :(u Sirassburg im MitUlalter. 

Prima pars summae %AnUmim. 

Repenorii juris doa. Caldrini pars incipiens a littera L usque ad 

finem. 
Missale y incertum cuius dioecesis. 
Secunda secundae Thoma %AquinaHs. 
Dictionarii pars m a P littera usque ad finem. 
Missale speciale argentinense. 
Rationale divinorum officiorum. 

Jacobi Thilippi ^ergomensis supplementum chronicarum. 
Sermones discipuli de tempore et sanctis. 
Summa vitiorum Guühelmi Lugdunensis. 
Jacobus Verotus de Valentia in psalmos. 
Bonaventura in tertium sententiarum. 
Margarita Martiniana Decreti. 
Casus longi Bernhardt super decretales. 
Pars rV et V librorum %Augustinu 
Pars VI et VII eiusdem. 
Pars Vm et IX eiusdem. 
Ars diphthongandi Guarini Veronensis. Dialogus de arte punctandi 

et de accentu. Breviloquus vocabularii. 
Dialogus Guühelmi de Ockam. Eiusdem compendium errorum Jo- 

hannis XXII. 
tAurelii ^Augustini opuscula plurima. 
Decretales Gregorii IX. 
Decretum Gratiani. 
Sextus, Clementinas et Extravagantes. 
Eusebius de praeparatione evangelica et Lactantius. 
Chrysostomus in Matthreum, interprete Georgio TrapeT^untio , pars 2. 
Franciscus de Mayronis super 4 libros sententiarum. Eiusdem quod- 

libeta. 
Orationes T^hilelphi cum aliis opusculis. 

Hugo de S. Victore de sacramentis, et Margarita Decreti Martiniana. 
KAthanasii opera, Parisiis 15 19. 
Tenia pars totius summae ^ntonini. 

In secunda exedra. 

Prima pars summae 5. Thoma. 
Prima secundae S. Thoma. 



Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im Mittelaher. 67 



Summa diaa destructorium vitiorum. 

Petrus de %Aquila in quatuor libros sententiarum. 

Sermones Vernhardini de Senis. 

Repertorium morale Tetri Verchorii seu prima pars dlctionarii» A, 

B, C, D. 
Expositio Tetri Tartareti super summulas Tetri Hispani. 
Quadragesimale ^ernhardini. 
Gregorius de xArimino super secundum sententiarum , et summa de 

veritate Thoma de xAquino. 
Textus sententiarum cum conclusionibus Henrici Gorichem, necnon 

scriptis Thoma %Aquinatis ad Hunibaldum episcopum. ' 
Thomas de %Aquino de veritate cathoiicx fidei contra errores gen- 

tilium. 
Rosarii Vemhardini pars 11. 
Sermones 5. %^ugusHni ad heremitas. 
Thomas de %Aquino in libros Aristotelis de anima. 
Dictionarii pars incipiens a littera P usque ad finem. 



m. 

CATALOG DER BIBLIOTHEK 

DES CANONICUS VON S. THOMiE PAUL MUNTHART. 

(Aus Muntharts Testament, 6. Mai 1480. S. Thomas-Archiv. 
Abgedruckt in meiner Histoire du chapitre de Saint-Tbomas, S. 457 u. f.) 

Im Original sind die Manuscripte und die gedruckten Bücher unter 
einander gemengt und mehrere Namen nur durch Abkürzungen bezeichnet; 
es schien mir zweckmässig die Handschriften von den Druckwerken xu trennen 
und die Abkürzungen aufzulösen. 



iXCanuscripte. 

Decretaies cum apparatu. 

Liber sextus cum apparatu Johannis ^Andrea. 

Alius liber sextus cum apparatu Johannis !\Conachi. 

Oementin». 



68 Bücher und Bibliotheken t^u StrassbUrg im Mittelalter. 

Archidiaconus super Decreto. 

Novella Johannis %Andrea in duobus voluminibus in pergameno. 
Lectura Henrici ^oid, scripta littera mala in quatuor parvis volumi- 
nibus , et super quarto super decretalibus. 
Lectura domini xAnionii de ^utrio super decretalibus , scripta bona 
littera, prima pars super primo decretalium, item una super 
quarto et quinto. 
Lectura domini ^HJcolai abbatis de Sicilia, unum volumen super 
primo decretalium, item duo volumina super secundo, item 
unum super tertio, item unum super quarto et quinto. 
%j4rchidiaconus super sexto decretalium, in pergameno scriptus, 
Lectura domini T>ominici de S. Geminiano, in duobus voluminibus, 

super sexto. 
Lectura domini Johannis de Ymola super clementinas. 
Speculator, in pergameno cum suo repertorio aureo. 
Additiones Johannis %Andrea ad speculum, in pergameno. 
Novella Johannis %Andrea super sexto, in pergameno. 
Compostellanus super decreto et quasstiones ^ariholomai 'Brixiensis 

veneriales et dominicales, in uno volumine in pergameno. 
Mandogottus de electionibus, in pergameno. 

Dynus in regulis juris super sexto et Compostellanus, in pergameno. 
Repertorium Speculatoris, in pergameno. 
Gisus Vernardi super decretalibus, in pergameno. 
Mercuriales Johannis %Andrea cum tractatu usurarum domini Tanor^ 

mitani. 
Unum volumen in quo ponuntur sacramentale Guillelmi de !\Conte 
Laudinio, tractatus Johannis Calderini de summa interdicti, re- 
petitio Johannis de Ymola, c. fi. de prescript., tractatus Johannis 
de Ligna de censura ecclesiastica, repetitio Francisci de Sjoba-- 
rella, c. perpendimus de sen. ex., repctino Johannis de Ymola, 
c. quintavali. de jure jurando, et repetitio ejusdem c. cum 
contingat e. t., ac consilia Oldradi. 
Lectura Francisci Zabarella super quarto, et in eodem volumine 

repertorium ^erengarii cardinalis super specuio. 
Unum volumen in quo continentur practica nova Ferrariensis, Ludo- 
vicus de ^ma de concordia testium, Vartolus et Valdus, et 
singularia ^aldi super singularibus %Archidiaconi in decreto. 
Summa Goffredi. 



Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MiUelaker. 69 

Item adhuc pulchra summa Goffredi in pergameno. 

Decisiones novae. Item decisiones antiquse. 

Summa %aymundi cum apparatu GuiUebni de üi€mUe Laudimo, in 

pergameno, 
Repertorium utriusque juris in duobus voluminibus. 
Repertorium domini Johannis de ihCilis in jure canonico, ctmi secunda 

parte additionum speculi. 
Instituta. 
Lectura Johannis de Tlatea super Institutis, in duobus voluminibus 

scriptis de parva forma. 
FF. (Digestum) vetus et novum. 
Inforciatum. 

Repertorium domini Johannis de !\Cilis in legibus. 
Valdus super usibus feudorum, et summa !\CarHni in usibus feudorum> 

et textus usus feudorum cum extravaganti ad reprimendum, 

cum glosa Vartoli, in uno volumine. 
Lectura %Angeli de %Areüo super tit. de actionibus, et additiones ^aldi 

ad additiones Johannis %Andrea ad speculum. 
Rationale divinorum officiorum. 
Lyra super evangeliis. 

Lyra super epistolis canonicis et actibus apostolorum et apocalypsi. 
Cynus super C. (Codice.) 
K/tngelus de Verusio super C. 
KAlverotus super usibus feudorum. 

Druckwerke (vor 1480 erschienen). 

G)nsilia Tanarmiiani cum singularibus domini Ludavici de T(gma, 

pressa. 
Summa Hostiensis in duobus voluminibus, pressa. 
Vartolus in duobus voluminibus super FF. veteri, pressus. 
Vartolus in duobus voluminibus super Inforciato, pressus. 
Vartolus in duobus voluminibus super FF. novo, pressus. 
Variolus in uno magno volumine super C, pressus. 
Valdus in quatuor voluminibus super C, pressus. 
Githolicon, pressum. 

Biblia in duobus voluminibus optime pressa. 
Thomas de xAquino super evangeliis, pressus. 
Ludolphus carthusiensis super evangeliis, pressus. 



70 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter. 

Summa Vartholomai Cepulla servitutiim urbanorum praediorum, ac 
summa Jasonis de !\Cayno de jure emphyteotico, et KAlexander 
de Ymola super tribus libris C.> pressi in uno volumine. 

Tractatus Vartoli pressi. 

Speculum historiale in duobus magnis voluminibus pressis. 

Ysidorus ethimologiarum, pressus, 

tyllbertus !hCagnus dt laudibus b. Marias virginis, pressus. 

Moralia Gregorii, pressa. 

Fortalitium fidei» pressum. 

Textus summarum^ pressus. 

Secunda pars domini KAntonU de Vutrio super pijmo libro decreta- 
lium, pressa. 



IV. 



CATALOG DER BIBLIOTHEK 

DES DEKANS DER KIRCHE ZUM ALTEN S. PETER 
LUDWIG VON ODRATZHEIM. 

(Aus dem Invenur seiner Verlassenschaft» Januar 1499. Heft in-4». 

S. Thomas-Archiv.) 



^HjOmina librorum. 

Repertorium ihCilitis. 

Gisus longi super libros decretalium. 

Consilia Vanonnitani. 

Prima pars Vartoli. 

Repertorium Vartoli. 

Jacobus %Alforot (Alvarotti) super feoda. 



Bücher und Bibtiotheken :(u Strassburg im MäUlalUr. 71 

Liber apostillarum per Vartbolum. 

G>iisilia Ludavici de T(ffma. 

Valdus super sexto Codicis, 

Vocabularius breviloquus. 

Lectura super titulum de appellationibus. 

Tercia pars repertorii utriusque juris. 

Summa %Alberü üiCagni. 

Valdus super quarto et quinto Codids. 

Githolicon. 

Lectura attenticorum (authenticorum) tAngeli ac alii tractatus in uno 

volumine. 
Questiones super sentencias. 
Secunda pars VartoU super easdem. 
Repertorium TanarmüartL 
G>nmientum tAngeli super Institutiones. 
Cytms super Codicem. 
Olradus. 

G>nsilia fr. de Senis. 
tArcbidiacottus super decreta. 
Prima pars Nomina super sexto decretalium. 
Franciscus de ZabereUis super Clementinas. 
Secunda pars ^otninü super sexto decretalium. 
Secimda pars VartoU super F. vetus. 
Prima pars VartoU super F. novum. 
^Bartolus super F. novimi. 
Prima pars siminue Hostiemis. 
Secunda pars sunmise Hostiemis. 
Secunda pars speculi DuranH. 
Prima pars repertorii utriusque juris. 

Novella Johannis %Andrea super primo et secundo decretalium. 
Defensorium juris» scriptum. 
Decisiones rotae» scripta. 
Decretales. 

Modus legendi in utroque jure. 
Fasdculus temporum. 
Secunda pars repertorii juris. 
Novella Johannis %Andrea super tercio, quarto et quinto decreu- 

lium. 



72 Bücher und Bibliotheken ^u Strassburg im Mitielalier. 

Liber ethimologiarum Isidort. 

Summarium textuale et conclusiones super seztum et Qementinas. 

Viatorium utriusque juris. 

Liber sextus decretalium. 

^anormiUmus super prima secundi. 

Instituta. 

Tercia pars speculi Tiuranti. 

Repertorium juris T>uranH. 

Decretales. 

Repertorium magistri Gxmlhelmi in pergameno scriptum. 

Questiones Johannis %Andrea super regulis juris. 

Virgüius. 

Lactantius. 

Gisus longi sexti et Qementinarum. 

Vocabularius utriusque juris. 

Summa angelica. 

^lugusHnus xAurelius de mirabilibus sacrae scripturse. 

Tractatus restitutionum. 

Tanormitanus super secunda secundi. 

Esopus. 

De indiciis astrorum. 

Liber elementorum EucHdis. 

Liber de anima %Arestotilis. 

Formulare und tütsch ^ethonca. 

Apparatus ^landi notarii. 

Exposiciones titulorum utriusque juris. 

Repeticio utriusque juris. 

Phisica Fersoris. 

Peregrinacio domini Hern Vreitenbach. 

Vita philosophorum, 

Mammotrectus. 

Parva naturalia. 

Addiciones Vlutarchi. 

De proprietatibus rerum. 

Practica nova. * 

Tanormitanus super primo Decretorum. 

Tanormitanus super quarto et quinto. 

Textus loyc« ^^restotäis , scriptus. 



Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter. 73 

Repertorium scriptum. 

Historia Alexandri magni et Ovidius. 

Formulare latinum. 

Declaracio super Valerium. 

Laurencius Falla. 

BibUa. 

Sermones Bonaventura. 

Repeticiones LanfrancL 

fkCarius Vhüelphus. 

Codex. 

Liber pergamenus scriptus in jure. 

Repeticio capituli omnis utriusque sexus. 

Textus %Alexandri. 

Githo cum aliis. 

G)pulata omnium tractatuum Tetri Hispani. 

Franciscus Thilelphus. 

Questiones super totum cursum loycae. 

De vita et moribus philosophorum. 

Boecius de consolacione. 

Scripta super philosophicorum. 

Confessionale %Anthomni. 

Parvus liber pergamenus scriptus in jure. 

Processus judiciarius Tanormitani. 

^Albertus ihCagnus de virtutibus herbarum et lapidum. 

De celo et mundo. 

G)pulata parvorum loycalium. 

Comutus. 

Tberencius. 

Questiones super tota philosophia. 

Mensa philosophica. 

Formuhe epistolarum domini Karoli. 

Regimen sanitatis. 

Herbarius. 

De laudibus S. Annae et alii tractatus. 

Epistobe &ua Silvii. 

Practica et formulae juris. 

Franciscus Tetrarcha de remediis utriusque fortunae. 

Qementinse. 



74 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter. 

Liber scriptus de jure. 

Duo libri pergameni scripti. 

Duo libri impressi sine titulo. 

Formularius advocatorum. 

Liber scriptus et certa coUecta. 

Liber scriptus et certa collecta^ non inligatus asseribus. 

Missale pergamenum. 

Quinque libri oracionales pergameni. 

VI parva et minuta oracionalia. 



n. 

DIE STRASSBURGER BUCHDRUCKER 

VOR 1520. 



EINLEITUNG. 



Niese Arbeit hat keinen andern Zweck als die Nach- 
Irichten zusammenzustellen, die ich über unsere ältesten 
I Buchdrucker gefunden habe ; anhangsweise (Üge ich 
Sl einiges über die bagenauer und schlenstadter bei. 
Gutenberg und seine ersten Versuche zu Strassburg werde ich un- 
berührt lassen; eben so wenig ist es meine Absicht, die ohne 
Druckernamen bei uns erschienenen Incunabeln kritisch zu unter- 
suchen ; ich beschränke mich auf biographische Notizen über die- 
jenigen Typographen, die seit Mentel bis 1520 hier gearbeitet haben. 
Von 1520 an, macht die zu Strassburg begonnene reformatorische 
Bewegung immer grössere Fortschritte; während mehrerer Jahre 
nimmt die Polemik die öffentliche Aufmerksamkeit beinah aus- 
schliesslich in Anspruch; sie bringt eine Menge von Flugschriften 
hervor; um den wachsenden Bedürfnissen zu genügen, werden 
neue Pressen errichtet; Werke, welche die religiösen Fragen nicht 
betreffen, erscheinen in dieser Zeit nur in geringer Zahl. Das 
Jahr 1520 bezeichnet den Uebergang aus dem Mittelalter und dem 
elsässischen streng katholischen Humanismus zur Periode der Refor- 
mation; (ür meinen Zweck bildet es daher einen angemessenen 
Abschluss. 

Ueber einzelne unserer alten Drucker ist nur wenig zu be- 
richten; es ist mir indessen möglich durch manches bisher unbe- 




76 DU strasshurger Buchdrucker vor ij20. 

achtete dasjenige, was bereits Schöpfiin bekannt gemacht hat*, 
einigermassen zu vervollständigen. Einige allgemeine Bemerkungen 
über die Ausübung des Buchdrucks bis 1520 mögen vorangehn. 

Bis 1520 hat man im Elsass nur zu Strassburg, zu Hagenau 
und zu Schlettstadt gedruckt Jeder der sich mit bibliographischen 
Studien beschäftigt, weiss welch beträchtliche Anzahl von Büchern 
die beiden ersten dieser Städte damals hervorgebracht haben; an 
wenig Orten hat man verhälmissmässig eine grössere Thätigkeit 
entwickelt. Unter Vorbehalt möglichen Irrthums, habe ich mehr als 
1150 Publikationen mit den Namen der Drucker, und ungefähr 
340 namenlose gezählt*. Für einige dieser letztem kann man mit 
ziemlicher Sicherheit die Pressen bestimmen, aus denen sie hervor- 
gegangen sind, es gibt aber noch viele, über die man im Zweifel 
ist; einer genauen Prüfung mag es jedoch gelingen die eine oder 
die andere auf den oder jenen unserer Drucker zurückzufuhren; um 
diese Prüfung mit Aussicht auf Erfolg unternehmen zu können, 
müsste man die Bücher vor Augen haben; diese sind aber nicht 
immer leicht zu finden. Eine solche Arbeit wäre übrigens eher die 
Aufgabe eines gelehrten Bibliographen, als die eines ein£u:ben Lieb- 
habers elsässischer Geschichte. 

Strassburg war im Elsass der erste Mittelpunkt typographischer 
Produktion; das älteste datirte, zu Hagenau gedruckte Buch, ist 
von 1489; zu Schlettstadt errichtete man erst dreissig Jahre später 
eine Presse. 

Strassburg war zugleich wie eine Art Schule, die Frankreich, 
Italien, Deutschland, der Schweiz, mehrere der frühsten Buchdrucker 
geliefert hat. Marcus Reinhard hat zu Lyon und zu Paris gearbeitet. 
Berthold Riching zu Gaeta und zu Rom, der ^Cagisttr artium Sixms 
Rissinger zu Neapel, Diebold Schenkbecher zu Rom'; Berthold 



1. Vindicia typographica, xArgent., 1760, in-4». — S. auch Lichtenberger, 
Initia typographica. urgent., 181 1, in-4®. — Zur Geschichte des strasshurger 
Buchdrucks und Buchhandels, im Archiv für Geschichte des deutschen Buch- 
handels. Leipzig, 1880, 5. Lieferung. 

2. Die vollkommene Genauigkeit dieser Zahlen kann ich nicht garantiren; 
ich habe mit eigenen Augen nur etwa 800 Drucke gesehn ; för den Rest be- 
folge ich Panzers xAnnahs typographici , Hains T{epertonum und dasjenige Wellers. 

3. Rissinger ward Kaplan zu Ungersheim bei Colmar und Vikar von 
S. Thomas zu Strassburg, Schenckbecher erhielt in letzterm Stift ein Kanonikat. 



Die strassburger Buchdrucker vor ijio. 77 

• 

Rembold war zu Paris der Genosse des berühmten Ubich Gering, 
von Constanz; Heinrich Quentel gründete eine Offizin zu Colin'; 
Michael Wenssler, der 1462 als Zögling der basler Universität im- 
matrikulirt wurde, gründete eine in dieser Stadt. Alle die genannten 
waren Strassburger. Michael Friburger, der gleichfalls mit Gering zu 
Paris gedruckt hat, war von Colmar; Nicolaus Götz, der sich zu 
CöUn niederliess, war von Schlettstadt; man darf annehmen, dass 
sie zu Strassburg ihre Kunst erlernt hatten. 

Mehrere unserer ersten Buchdrucker waren Goldschmiede, 
Maler, Calligraphen; als solche gehörten sie zur Goldschmiedezunft, 
die damals alle, irgend einen künstlerischen Charakter habenden 
Gewerbe umfasste, und deren Stube in der Münstergasse war, in dem 
Haus :(tir Stel:(. Nachdem sie sich ihrer neuen Kunst gewidmet, 
waren sie Mitglieder ihrer alten Zunft geblieben. Schon frühe trifft 
man aber auch Drucker, pressores, impressores librorum, von denen 
man nichts als die Namen kennt. Es ist kaum wahrscheinlich, dass 
diese verschollenen Leute auf eigene Kosten Bücher herausgegeben 
haben; man könnte sich versucht fühlen, ihnen einige der, vor 
Anfang des sechzehnten Jahrhunderts, so zahlreichen anonymen 
Drucke zuzuschreiben; dies wäre aber eine, jedes Beweises ent- 
behrende willkürliche Vermuthung. Die einen mögen kleine popu- 
läre Dinge, fliegende Blätter, Lieder, Kalender gedruckt haben, 
oder im Auftrage grosser Typographen beschäftigt gewesen sein, 
während andere ohne. Zweifel in den Offizinen dieser letztem nur 



I. Der Verfasser des in Note i (Seite 76) angeführten Aufsatzes «Zur Ge- 
schichte des strassburger Buchdrucks • zählt auch, S. 15, Heinrich Qjucntel unter die 
hiesigen Drucker. Die Redaktion des Archivs bemerkt hiezu, mit Recht, Quentel 
habe nur zu Colin gedruckt, fugt aber bei, der von dem Verfasser als Beweis 
citirte Titel sei wahrscheinlich corrumpirt. Dieser Titel steht S. 77, Note 90; 
er ist nicht currumpirt, er ist nur unvollständig und falsch verstanden. Das 
fragliche Werk befindet sich auf der hiesigen Universitäts-Bibliothek : C 'PUnii 
Sicundi iunioris Über illustrium virorum a condita urbe; am Ende : Excussum in 
literaioria oßUina Henrici Quentel %Argentini et civis urbis %Aggripin€ pie memorie, 
xAnno a naiali M. CCCC. V. ln-4». Panzer, B. 6, S. 356, fuhrt das Buch nur 
summarisch an, ohne es, wie es scheint, selber gesehn zu haben; S. 358 gibt 
er den Titel und das Explicit vollständig, aber mit der Jahrzahl 1506. Es ergibt 
sich aus dem Explicit, dass Quentel von Strassburg gebürtig war und dass das 
1505 in seiner cöllner OfHzin gedruckte Buch erst nach seinem Tod erschien. 
Eine zweite Auflage erfolgte 1506. 



78 Die strasshurger Buchdrucker vor IS20. 

als Arbeiter angestellt waren. Vor 1500 kann man folgende nennen: 
Ulrich von Lauingen 1471, Johann Danhuser 1474, Johann Muscat- 
blut von Nördlingen 1477, Güsslinger und Peter von Müntz 1479, 
beide im Dummenloch, wahrscheinlich als Arbeiter bei Eggestein» 
Matthis von Werd und Conrad Franck von Kitzingen 1484, Niclaus 
von Neu Weiler und Johann Jacob von Rothenburg 1487, Peter 
Johann Beheim von Basel 1490, Johann von Dinslacken 149 1» 
Friedrich Ruch von Dumpach 1495. Nur wenige dieser Drucker 
gehörten zur Zunft der Stelz. Die welche, ohne zuvor eine andere 
Kunst ausgeübt zu haben, grössere Werkstätten besassen, waren 
gleichfalls dieser Zunft fremd geblieben. Mehrere von ihnen hatten 
Universitäten besucht und Grade in der Artistenfakultät erworben. 
Da nun die Verbreitung, des Buchdrucks das Gewerbe der 
Gilligraphen gefährdete, und die Typographen für die Ausschmückung 
ihrer Produkte eigene Zeichner und Uluministen in ihren Diensten 
hatten, erlitt die Zunft zur Stelz, durch Verminderung der Zahl 
ihrer Mitglieder, so bedeutenden Schaden, dass die Beiträge für den 
« Stubenzins » erhöht werden mussten. Nach Schöpflin soll schon 1472 
im Stadtrath die Rede gewesen sein de lege et norma typograpbis 
prascrihenda^ ; über den Gegenstand dieses Gesetzes erfährt man aber 
nichts. Hatte man damals schon daran gedacht die Buchdrucker 
zünftig zu machen, ohne noch einen Beschluss darüber zu fassen? 
Die erste Massregel des Magistrats, von der man sichere Kenntniss 
hat, ist von 1502. Die Zunft der Stelz beklagte sich nemlich über 
die Concurrenz, - die sie von Seiten der, nicht ihre Lasten theilenden 
Buchdrucker zu erleiden hatte. Den 26. November verordnete daher 
der Rath, dass alle die sich mit Drucken beschäftigten, so wie die welche 
auf irgend eine Weise sich an der Verfertigung von Büchern betheiligten, 
von nun an sich in der Stelz sollten einschreiben lassen*. Der Beschluss 
unterscheidet: erstens ^uchtrucker, welche in dem Wesen und Ver-- 
mügen sient das sie gross redeliche Truckerien halten und auch der 
ünColer Hantierunge domit brücken ; und zweitens die überigen gemeinen 
Trucker, Formensnider , Buchbinder und Kartenmoler, die 'Bücher 
nüwen und Heiligen truckent, us^istrichent und verkouffent, und damit 



1. Vindicia typogr,; S. 113. 

2. Articulbuch der Zunft zur Stelz. Sudt-Archiv. Abgedruckt in der Ab- 
handlung zur Geschichte des strassburger Buchdrucks, S. 85. 



Die strasshurger Buchdrucker vor ij20. 79 

oucb der thColer Hantierunge bruchen. Beide Klassen wurden also darum 
in die Zunft zur Stelz eingereiht, weil beide sich der Beihülfe der 
Maler bedienten. Die Drucker der ersten Klasse hatten den nem- 
lichen, damals erhöhten Beitrag zu entrichten wie die andern 
Künstler; die der zweiten, einen geringern; erst wann «die Gesell- 
schaft sich wieder erholt» haben würde, sollte für alle eine Erleich- 
terung eintreten. 

Unsere Typographen, die « grosse redeliche Di:uckereien » hatten, 
gaben indessen nicht blos grosse, dickleibige Bände heraus; da der 
Geschmack am Lesen sich immer mehr auch unter der Bürgerschaft 
verbreitete, sahen sie auf die kleinen Bücher nicht mit der nemlichen 
Geringschätzung herab wie der Basler Frobenius, der, wie Beatus 
Rhenanus an Erasmus schrieb, nur grandia volumina drucken und 
nicht under die Zahl derer gerechnet sein wollte, die vemaculas can- 
tiunculas mprimunt, non se curare id genus libellos^. Wir haben 
allerdings einige Drucker gehabt, die ausschliesslich nur Volksschriften 
geliefert haben, allein auch Grüninger, Flach, Knoblouch haben 
diese Art landläufiger Litteratur nicht verschmäht, deren Vertrieb 
vielleicht sicherer und ergiebiger war, als der nur für die Gelehrten 
bestimmter Werke. 

Als sonst unbekannte Drucker werden seit dem Rathsbeschluss 
von 1502 erwähnt: Erhart Arnold 1502, Thomas Krycher 1504, 
Arnold von Colin und Wolfgang Gefeler von Behlenheim 1507, 
Matthis Schuck von Speier 1511, Bastian von Kentzingen und Andreas 
Hartmann 15 12, Wendling von Seltz 1520, sänmitlich Fremde, als 
Bürger aufgenommen. Erhard Arnold und Arnold von Colin waren 
die einzigen, die zur Stelz «dienten»; sie gehörten zu den soge- 
nannten gemeinen, mit einer eigenen Presse für Andere arbeitenden 
Drucker. Die Uebrigen waren blose Gesellen. Gewiss waren es aber 
nicht die einzigen dieser Jahre; die von Strassburg gebürtigen 
brauchten nicht erst das Bürgerrecht zu erwerben, wesshalb ihre 
Namen im Bürgerbuch nicht verzeichnet sind. Seitdem das Drucken 
eine einträgliche Industrie geworden, suchten Leute aller Gattung 
darin ihren Broderwerb. Damalige Schriftsteller, wenn sie sich über 
die schlechten Sitten der Studenten beklagen, erzählen, dass viele 
derselben, unfähig einen Grad zu erlangen, sich zuletzt als Drucker- 



I. 24. April 15 17. Erasmi epistola, in opp, Lugd, 'Bat., T. 3, col. 1604. 



8o Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 

gesellen verdingten; sie verstanden gerade genug Latein, um als 
Setzer lateinischer Bücher zu dienen. Brant, der während seines 
Aufenthalts zu Basel, wo er bei Amerbach und andern Correkturen 
besorgt hatte, mehr als einen solcher ehmaligen Studenten gesehn 
haben mag, beschreibt sie als eben so lüderlich wie auf den Uni- 
versitäten; an einem Tag, sagt er, verprassen sie einen ganzen 
Wochenlohn*. 

In den ersten Zeiten haben diejenigen Buchdrucker, die zugleich 
Goldschmiede waren, ihre Typen selber verfertigt. Der Goldschmied 
und Drucker Georg Husner, dessen Schwiegervater Nicolaus von 
Honau, gleichfalls aurifaber et pressor Ubrorum war, redet im Jahr 
1473 von seinen litera are exsculpta*. Die grosse Zahl der veröf- 
fentlichten Bücher führt jedoch zur Annahme, dass schon fiühe das 
Graviren und Giessen der Buchstaben zu Strassburg ein eigenes 
Gewerbe geworden sein muss, das vielleicht mit dem der Form- 
schneider zusammenhieng. Zum ersten Mal wird 1520 ein Geschrifft^ 
schnyder genannt, Peter Kreiss, Mitglied der Goldscbmiedzunft. 
Andrerseits liess man Typen aus dem Ausland kommen ; so erklärt 
sich zum Beispiel die Identität einiger strassburger Drucke mit denen 
des Würzburgers Georg Reiser*. Gran von Hagenau bediente sich 
zuweilen venezianischer Buchstaben, Adolph Rusch erhielt mitunter 



I. So sint wir ^u Lyp^, Erfordt, Wien, 

m Heidelberg , !XCent^, *Basel, gstanden, 

kamen ^uJetst doch heim mit schänden, 

das gelt das ist ver^eret do, 

der truckery sint wir dann fro. NarrenschifT, Kap. 27, V. 26 u. f. 

^ie trucker in dem bras^ umbgon, 

uff einen tag ein wochenlon 

ver^eren, das ist ir gfert. Ib., Kap. 48, V. 59 u. f. Zarncke's Ausgabe, 
S. 29, 51. — Wann sie (die Studenten) wider heim kumen, so künnen sie nOt, und 
werden buchtrucker darus^, gauckler, etc. Geilers Predigten über das Narrcn- 
schiff, Strassburg, 1520, in-f», f» 69. — S. auch das Lichtschiff, bei Zarncke, 
Die deutschen Universitäten im Mittelaher. Leipzig, 1857, S. 60. 

2. S. weiter unten die Notiz über Husner. 

3. Im Jahr 1477 erschien in zwei Ausgaben, die eine in-f», die andre 
in-4«, ein deutsches Gedicht über den burgundischen Krieg, beide mit dem 
Explicit getruckt ^u Strassburg anno domini etc. M. cccc. Ixxvii. Die Typen der 
Quart-Ausgabe sind genau dieselben wie die des Werks JoH. von Dajibach, 
De consolatione theologiee und einiger anderer nach Hain typis %eiserianis gtdvicVltn 
Bücher, n« 15236, 10367, 12580, etc. 



Die strassburger Buchdrucker vor 1^20. 81 

die seinen aus Basel*. In den ersten Jahren des sechzehnten Jahr- 
hunderts wird zuerst bei uns der caracteres oder calami stannei Er- 
wähnung gethan*; man weiss aber, dass schon lang vorher solche 
gegossen wurden; Hieronymus Gebwiler schreibt sogar ihre Erfindung 
unserm Mentel 'zu'. 

So wie ein Druck fertig war, kam er in den Handel. Man 
ersieht jedoch aus den am Ende beigefügten Daten, dass viele 
Bücher erst beim Beginn der strassburger oder fi'ankfurter Messen 
ausgegeben wurden; es geschah dann, dass, wenn die Zeit drängte, 
man sich beeilte, dasjenige rasch und flüchtig zu vollenden, was 
unter der Presse war. In dem Explicit des Epüome rerum gtrmani- 
carum Wimphelings, das den 11. März 1505 bei Prüss erschien, 
sagt der Correktor Matthias Schürer, wenn Druckfehler übrig ge- 
blieben, so möge man sie zum Theil dadurch entschuldigen, dass 
coacH sumus ob imminentes nündinas franckfordenses itUra brevissimum 
tempus id operis formis excudere. 

Man erfahrt nicht, wie stark die Auflagen unserer ältesten 
Drucke waren. Mentel wurde einmal angegangen, eine Schrift 
Augustins herauszugeben, damit sie ad magnam numerosüaUm ver- 
breitet würde; ums Jahr 1465 wird sich diese magna numerosüas 
schwerlich auf mehr als einige hundert Exemplare belaufen haben. 
Später waren die Auflagen grösser; ein Heiligenleben 1502, die 
Tucolica des Baptista Mantuanus 1503, die lateinische Grammatik 
des Cochläus und die Collectanea adagiorum von Erasmus 15 12, er- 
schienen je zu 1000 Exemplaren; 151 5 liess Gran 1500 von einem 
dicken Folioband lateinischer Predigten abziehen. Einzelne Pracht- 
exemplare druckte man auf Pergament; mehrere derselben sind 
noch in Bibliotheken vorhanden; auch die hiesigen Karthäuser be- 
Sassen ein Missale und eine Bibel in zwei Bänden auf Pergament ; 
eine Zeit lang hatten sie in ihrem Kloster eine eigene Presse, mit 
der sie einen Psalter druckten; ein Exemplar für ihre Bibliothek 
war in membranis^ 



1. S. die Notizen über Rusch und Gran. 

2. Qüamis sianneis, z. B. Schürer 1509 u. f., Grüninger 1509, Beck 15 14, 
Prüss 15 15. 'HjOtis areis, die !\Cusica institutionts O. Nachtgalls, Knoblouch 15 15, 
in-4». 

3. S. die Notiz über Mentel. 

4. S. oben, S. 51, den Caulog der Karthäuser-Bibliothek, n* i, 2, 94, 117. 

6 



82 Die strassburger Buchdrucker vor /J20. 

Das Durchsehen der Probebogen lateinischer Werke geschah 
durch Cleriker und seit Ende des fünfzehnten Jahrhunderts durch 
junge Humanisten. Diese fügten, zur Empfehlung der Bücher, Vor- 
reden oder lobpreisende Verse bei; auch verfassten sie die Schluss- 
noten, in denen sie nicht verfehlten, sich als casHgatores einzuführen. 
Auf ihr Anregen begnügten sich auch die Drucker nicht mehr mit 
dem Namen pressores librorum, sie nannten sich griechisch chalco- 
graphi, bei Johann Schott und Grüninger übersetzte man imprimere 
durch chalcographare^; Grüninger, der sich, wie früher Mentel, den 
Titel impressoria artis tnagister gegeben hatte, bezeichnete sich 1 504 
als chalcographia artifex; seine Druckerei und die Knoblouchs und 
Schürers wurden offidna liUeraria, die Schotts ein prelum liitera- 
torium*. Ich bemerke auch noch, dass in mehreren Drucken Strass- 
burg als Stadt der Helvetier erscheint. Wimpheling, an eine 
unrichtige Behauptung des Aeneas Silvius sich anschliessend, meinte 
in seinem Hass gegen die Schweizer, unter Helvetien sei das Elsass 
zu verstehn, er drang darauf, dass die Drucker ihre Bücher 
aus der inclyta urbs Helvetiorum xArgentina datirten*. Schon der 
westphälische Humanist Rudolph Lang redet, in einem an Rusch 
gerichteten Gedicht, von der illustris Helvetiorum urbs %Argentina*. 
Das erste hier erschienene Werk mit dieser falschen Bezeichnung 
ist die 1490 von Grüninger gedruckte Summa %Antonini. Später 
kommt sie noch öfter vor. Eine andere seltsame Laune unserer 
Humanisten, denen es schmeichelte, für Archäologen zu gelten, 
war statt nArgentoratum das nie gehörte Wort %Argentoracum zu 
brauchen, oder den Namen Strassburg durch apud Tribonos zu er- 
setzen*. 



1. Chdlcographus , Joh. Schott 1502 u. f., HupfufF 1503, Knoblouch 1506 
u. f., PrQss 1509, Flach 151 1. Chalcographia, Knoblouch 1504, Graninger 1506, 
etc. 

2. Für Buchdrucker findet man auch Ubrarius, und für Druckerei oficina 
Uhraria, Joh. Schott 1509, 15311 Schürer 15 10. Lf^anui ist nicht Buchhändler, 
wie der Vert. der Abhandl. zur Gesch., etc., S. 19, meint; Buchhändler ist da- 
mals immer durch hibliopola übersetzt. Die Unterscheidungen, die derselbe Verf. 
zwischen impressum apud, impressum per, impressum in offidna macht , sind ima- 
ginär; diese Formeln haben alle den nemlichen Sinn. 

3. S. meine Histoire Uttiraire de T^Ahace, Paris, 1879, B. i, S. 72. 

4. S. die Notiz über Rusch. 

5. In urbe %Argentoraco , in veteri %Argentoraco , apud •Argenloracot , sehr 



Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 83 

Was die künstlerische Ausführung der Drucke betrifit, so war 
sie sehr verschieden. Nach Mentel, Eggestein, Rusch, deren Produkte 
immer noch unsere Bewunderung erregen, wurde man so zu sagen 
sparsamer; um wohlfeiler verkaufen zu können, reduzirte man das 
Foroiat der In-Folio auf kleinere Dimensionen, man brauchte weniger 
starkes, oft ganz schlechtes Papier und zuweilen eben so schlechte 
Typen. Die vorzüglichsten unserer Meister behielten indessen Ach- 
tung genug für ihre Kunst, um meist nur ausgezeichnete Bände zu 
liefern. Den Werth dieser letztern erhöhen der Reichthum der 
Ornamente, die Schönheit der Initialen und der Titelborduren, die 
in den Text eingeschalteten Holzschnitte. Anfangs verrathen zwar 
die damals nicht weniger als heute beliebten Illustrationen noch 
grosse Ungeschicklichkeit; bald sind es mehr oder weniger rohe 
Copien von Bildern aus anderswo erschienenen Büchern, bald er- 
kennt man Originalzeichnungen, die aber eben so unvollkommen 
sind wie jene Copien. Erst seit Martin Schön trat eine Verbesserung 
ein; unter seinem Einfluss bildete sich eine Schule von Zeichnern 
und Formschneidem, die man, wegen ihrer leicht zu unterscheiden- 
den Manier, die elsässische nennen kann. Mehrere der damals be- 
deutendsten Künstler, Urs Graf von Basel, Johann Wächtelin von 
Strassburg, Johann Baldung-Grien von Gemünd, Johann SchaeuflFelin 
von Nördlingen, haben Bilder für elsässische Drucke geliefert. Diesen 
Namen ist der eines wenig bekannten, aber talentvollen Malers bei- 
zufügen, Johann Schrotbank von Westhoffen. Hie und da findet 
man auch Holzschnitte nach Zeichnungen Albrecht Dürers. Das 
Vorkommen endlich der nämlichen Titelverzierungen und Initialen 
bei verschiedenen Druckern beweist, dass dieselben fertig aus den 
Werkstätten für den Verkauf arbeitender Formschneider kamen. 

Bis zu Anfang des sechzehnten Jahrhimderts war die Typo- 



häufig. — Am Schluss des Focabtdarius predicarUium (um 1504) in-4«, steht dies 
Distichon : 

Hutu nuper lihrum Knohlouchus rite prenubai 
Cuius apud Tribonos calchographia viget. 

Das OpuscuJum ^icb. Cocchii de imperii a gracis ad germanos tralationt, 
1506, in-4«, hat ein ähnliches: 

Tressit apud Tribonos solito Hmaiius iüa 
Tnclyta Grüningeri calchographia, Vale. 



84 Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 



graphie zu Scrassburg, in Bezug auf die Freiheit des Nachdrucks, 
eine völlig unabhängige Industrie. In den ersten Zeiten gab man 
nur, nach Handschriften, ältere Werke heraus; da solche Codices 
auch in andern Kirchen- und Kloster-Bibliotheken vorhanden waren, 
so war Niemand in seinem Rechte geschädigt, wenn an verschie- 
denen Orten nach verschiedenen Manuscripten das nämliche Buch 
erschien. Erst als auch neuere und mehr volksthümliche Dinge unter 
die Presse kamen und die wachsende Leselust des Publikums eine 
grössere Ausdehnung des Buchhandels bedingte, kam es vor, dass 
man, um nicht nöthigzu haben, Schriften, auf deren Abgang man 
zählen konnte, aus der Feme kommen zu lassen, sie nachdruckte, 
ohne den Schaden zu bedenken, der daraus für die ersten Heraus- 
geber erwuchs. Von damaligem gesetzlichem Gesichtspunkte aus 
war dies kein Vergehen; es bestand noch keine Verordnung zum 
Schutz des industriellen oder litterarischen Eigenthums. Einer der 
rührigsten Nachdrucker war Grüninger; kaum waren zu Basel Brants 
Faria carmina und sein Narrenschiff erschienen, so gab Grüninger 
sie zu Strassburg heraus; ähnlich verfuhr er mit der ihCargarüa 
phüosophica. Natürlich wurden auch strassburger Bücher ausserhalb 
nachgedruckt. Um diesen Missbrauch zu verhüten, wandten sich die 
Drucker von Original-Editionen an die höchste Behörde; diese er- 
theilte dann, gegen Erlegung einer gewissen Summe, Privilegien 
fiir einen längeren oder kürzeren Zeitraum und bedrohte die Nach- 
drucker mit Geldstrafen. Seit 15 14 erscheint zu Strassburg der mit 
unsern Humanisten befreundete Jakob Oessler, Doktor beider Rechte 
und Advokat beim bischöflichen Gericht, als per imperium romanum 
artis impressoria censor et superattendens generalis, Generalsuperat- 
tendent der Druckereien im heiligen Reich. In dieser Eigen- 
schaft verkaufte er den Verlegern Privilegien gegen den Nachdruck. 
Dies war wohl sein einziges Geschäft; nichts beweist, dass er als 
Censor eine Aufsicht über alle zu druckenden Bücher ausgeübt 
hätte: aus seinem hochtönenden Titel geht nur hervor, dass die 
den Strassburgern ertheilten Rechte im ganzen Reiche respektirt 
werden sollten; die gewöhnlich auf zehn Mark Gold festgesetzte 
Geldstrafe für die Nachdrucker wurde unter Oessler und den kaiser- 
lichen Fiskus getheilt*. Es ist charakteristisch, dass Grüninger, der 



I. J. P. VON Ludewig sagt in seinen Gelehrten Anzeigen, Halle und 



Die strassburger Buchdrucker vor IJ20. 8j 

rficksichtslose Nachdrucker, einer der ersten war, der um solche 
Privilegien einkam. 

Die meisten unserer frühesten Drucke gehören in den Bereich 
der Theologie und des Rechts, zumal des canonischen; lateinische 
Klassiker, Chroniken, Schulbücher sind seltene Ausnahmen; noch 
seltener sind Schriften in deutscher Sprache; ausser der deutschen 
Bibel Mentels, kann man vor 1500 kaum etwa vierzig deutsche 
Drucke anführen, von denen mehrere nur wiederholte Ausgaben 
desselben Textes sind. Gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts 
und vornehmlich seit Anfang des sechzehnten bewirkt das Aufleben 
der humanistischen Studien eine wesentliche Veränderung. Nur der 
Hagenauer Gran bleibt noch im hergebrachten scholastischen Ge* 
leise, zu Strassburg dagegen überwiegen von nun an die zur Ver* 
besserung des Schulunterrichts bestimmten Traktate, die Ausgaben 
aker Autoren, die Schriften neuerer Historiker und Poeten, Das 
Griechische erscheint in unsem Druckereien erst seit 1 5 1 1 ; in früher 
veröffentlichten Werken liess man fbr etwa vorkommende griechische 



Leipzig, 1745» B. 5, S. 79, er habe io zu Siriuburg im Jabr 14^ fCifro^kUff 
Bochem ein Ton Oessler, nnter dem Damm 14 kal, /ihr, 149$, aiifgcHtllt«« 
Privilegiom gesehn. Ich frage nicht , wie umdetbM es wire, in elfitm 149^ 
gedruckten Werk ein Priirilegiom Ton 149$ zu finden; ^ titu der beiden 
Jahrzahlen könnte ja bei hadewig ein Dnsckfebler fein« kh habe aber in k^imm 
strassborger Druck ans dem Ende des f&okehnttn Jahrbunderti und den $fH$n 
Jahren des sechzehnten ugcad ein Pnwilepom eutätckt; wircn »okh« in di^Hf 
Zeit schon obfich gewesen, so wire skbeilich Job. Schott um §in€§ Hbf dUi 
IkCargtriU fbiluwfkicM eingefcomaien, statt sich gtnddup zu f€hn Hin€ Aui^gMh$n 
als (fie echten gegen Sc Hacbäiücke Gtfamgtn tu tmfkhi^n, Vin von ihm 

mddeueu Tkd dt€ Woru M€hn i ^umprk/iUgh 

1511 gjb Mirimiiin, tu tmtf \u Aubttfübl d## d«n 

Verl^crm durch hjbgkHfe Ma^idfucktf «rwseb^tfidfn 

nkmotkigrtfhtu faiumm i akim pd mh i^mm hM rHi, d«4 

w^gdem dem er fmm mitf0 v4 dUm m4 v^tuni4$4 imf^t^ 
€t wmmm itd äi4» Jtm äm i wra, i^AmmnU* ifihUff^,, %, ;||.; 

der ^tm %Mtm d€U0ff4n (>ffftmi HH ^ 1 7Atm 
Stamkfmg ty^f ik^ nm ^ A4vf/kit0 m 44fff 
GeadkoL. r;ij beMTji^ er mt (0^^% iUA^fttt <r^ y^ fvf» ^M^f 
g rdrurktr Ams^gbe des f^aitmdait ; i«> der V^^r^s^i« <^ 4/ mt4 i^m tf^^ftr4 
ab u m i m mm mimmim'm m m ^4r ftim 9mm \ n umutfimp0k^ M/XkIip^^ , W d^n* 





86 Die strassburger Buchdrucker vor 1^20, 



Wörter leere Lücken, oder man schnitt sie schlecht genug in Holz'. 
Neben der Humanisten-Litteratur blühte immer mehr die populäre ^ 
es erschienen in Menge deutsche erbauliche, geschichtliche, recht- 
liche, medizinische, poetische, belustigende Bücher. Ausser stattlichen 
Bänden in Folio und in Quart, druckte man Brochuren und fliegende 
Blätter über die manchfaltigsten Gegenstände. Unter diesen Publi- 
kationen waren nicht selten ehrenrührige Satyren. Es scheint, dass 
schon früh die strassburger Drucker im Verdacht standen, sich mit 
solchen Dingen zu befassen. Im Jahr 1488 schrieb Friedrich m. an 
den Magistrat, er habe in Erfahrung gebracht, es solle zu Strass- 
burg eine Schrift über den Krieg des Königs von Ungarn gegen 
das Reich gedruckt werden, und es sei darin des Kaisers «ettlicher 



bekannte, einem strassburger Drucker, und zwar von Oessler ertheilte Privi- 
legium ist das für die erste bei GrQninger erschienene Ausgabe von Geilers 
Strmoms de arbore butnana; es hat das Datum 14 kal, f$h, anno Christi 15 14; 
das Buch wurde den 24. darauffolgenden März ausgegeben. Da ist es nun 
merkwürdig, dass ein Gelehrter wie Ludewig dieses Privilegium von 15 14 in 
das Jahr 1498 hat versetzen können ; dasjenige das er mittheilt, ist Wort für 
Wort, mit dem nemlichen Monatstag, dasselbe wie das eben angegebene. Ein 
anderes, mit Oesslers Namen, steht auf dem Titel der Tractahts *HJcolai Din^ 
ckelsjmbel, Joh. Schott, 15 16, in-f*; ein deutsches, auf der Rückseite des Titels 
von Geilers Evangelia mit Us^legung, Grüninger, 15 16, in-f«. Trotz seines Titels 
war indessen Oessler, so wenig als Stabius, alleiniger Spender von Privilegien; 
diese waren und blieben ein kaiserliches Recht. Den 6. Mai 1 5 14 verlieh Maxi- 
milian eines unserm Matthias Schürer, für den Druck der Chronik Otto's von 
Freisingen, der ^Hjoctes attica von Aulus Gellius, der Schriften Rudolph 
Agricola's und anderer den Studien nützlicher Bücher, licet apud exteros impressi 
fuerint, (In Schürers Ausgabe von Otto's Chronik, 1515, in-f«.) 1520 tritt 
Stabius auf mit der aus seinem Privileg von 15 12 hergeleiteten Behauptung, er 
sei ermächtigt auch andern solche zu ertheilen ; Kraft der censura sibi a fuon- 
dam, . . divo ^aximiliano concessa, gibt er eines für sieben Jahre dem schlett- 
stadter Drucker Lazarus Schürer für Jakob Spiegels Erklärung eines der Hymnen 
des Prudentius. 1520 scheint Oessler nicht mehr gelebt zu haben ; die in diesem 
Jahr neu erschienene Ausgabe des Ptolemaeus ist nur noch von Uebelin besorgt. 
Ueber Oesslers Verbindungen mit den strassburger Humanisten, s. Histoire 
Utthaire de f%Alsace, B. 2, S. 103, 117, 130. — Ich bemerke nur noch, dass die 
Drucke mit einem Privilegium in extenso selten bei uns sind ; gewöhnlich heisst 
es nur cum privilegio, entweder mit der Angabe einer Frist oder ohne dieselbe. 

I. Für Griechisches leer gelassene Stellen, z. B. in Tetri SchotU Lucu' 
hratiuncuU, Martin Schott, 1498. Griechische Wörter in Holz geschnitten, 
z. B. in Coccinii opusculum de imperii tralatiane, GrOninger, 1506. 



Die strassburger Buchdrucker vor ijio. 87 

Massen schimpflich gedacht», er verlange daher, dass sie aabge- 
than» werde*. Es ist nichts von einer solchen Schrift bekannt; wurde 
sie bei uns gedruckt, so wurde sie auch auf Befehl des Raths ver- 
nichtet. Eine Censur im modernen Sinn des Worts hat weder damals 
noch später existirt, der Magistrat griff nur ein, wenn irgend Jemand 
durch eine jüngst erschienene Publikation glaubte beleidigt zu sein. 
Er übertrug dann die Prüfung bald dem Ammeister oder einigen 
Rathsherren, bald dem seit 1500 als Stadtschreiber und Syndicus 
angestellten Sebastian Brant. Das erste verbotene Buch war, 1502, 
Mumers Germania novay die Wimphelings Groll erregt hatte und 
über die ein ungenauer Bericht an Kaiser Maximilian gelangt war*. 
Den 24. Februar 1504 liess der Rath durch den Ammeister Peter 
Arg neun Buchdruckern eröffnen, sie sollten weder etwas gegen 
den Papst, den Kaiser, den römischen König, die andern Fürsten, 
die Reichsstädte, noch «schändliche und üppige Lieder ausgehn 
lassen, ohne Wissen und Willen Meister und Raths»'. Letztere 
blieben übrigens bei der früheren Praxis, nicht eher einzuschreiten, 
als bis man sie deshalb ansprach; so untersagten sie, 15 14, den 
Druck von Murners Geuchmatt erst, nachdem sich die Barfusser, 
die einen Angriff auf iiire Lebensweise argwöhnten, sich darüber 
beschwert hatten; Murner erhielt jedoch sein Manuscript zurück \ 
Um die Verbote zu umgehen, setzten die Drucker bald ihre Namen 
nicht unter die bedenklichen Traktate, bald verbargen sie sich unter 
erdichteten Namen*. In der hieraus für den Magistrat entstehenden 
Verlegenheit berief er, wenn eine namenlose Schrift als beleidigend 
angegeben wurde, sämmtliche Drucker und forderte sie auf, bei 
ihrem Eid den Schuldigen zu nennen. 1 5 1 5 liefen Klagen ein über 
«schantliche Sprüche und Lieder» gegen die Eidgenossen, 15 16 



1. S. Beilage I. * 

2. Histoire littlraire de f^Alsace, B. i , S. 45. 

3. Georg Husner, Joh. Grüninger, Joh. Prüss, Mat. HupfufF, Joh. We- 
hinger, Joh. Knoblouch, Barthol. Kisller, Thomas Swop, Joh. Schott. Brants 
Aniulen, Ms., ehmals auf der Stadt-Bibliothek. 

4. Histoire lilUraire de T%Ahace, B. 2, S. 231. 

5. Die kleine Sammlung von Briefen und Versen für Wimpheling gegen 
Mumer, die 1502 erschien, In hoc libeUo hec continentur, Versictdi Tbeodorici 
Grumundi, 6 BL in-4», hat am Ende : Joannes Strosack feliciler impressit, Suosack 
bt ein erdichteter Name für Prüss oder Grüninger. 



88 Die strassburger Buchdrucker vor ijio. 



über ein awQrtembergisch Lied» gegen die Kaiserlichen; der Rath 
erneuerte die alten Verbote und fügte bei, man solle nichts neues 
der Art herausgeben, es sei denn zuvor «durch den Ammeister 
oder den Doktor (Brant) besichtigt und zugelassen»*: offenbar eine 
schwer auszuführende Massregel; weder der Ammeister noch der 
Stadtschreiber hatten die nöthige Müsse, um selbst kleinere Schriften 
zu untersuchen, bevor sie unter die Presse kamen. 1520, als die 
religiöse Polemik begonnen hatte, erliess abermals der Rath ein 
Verbot, nicht um die Besprechung der theologischen Fragen zu ver- 
hindern, sondern nur, um groben Beleidigungen Einhalt zu thun. 
Er strafte nie die Verfasser, er hielt sich an die Buchdrucker und 
Buchhändler, und diese wurden, summarisch genug, durch Con- 
fiscation und Vernichtung der noch nicht verkauften Exemplare 
bestraft« 

Trotz dieser Censur, die übrigens stets nur Schmähschriften 
und unzüchtige Lieder betraf, *genoss die elsässische Typographie, 
wegen der Vortrefläichkeit ihrer Erzeugnisse, eines weitverbreiteten 
Rufs. Auf den Messen, wo unsere Drucker ihre neusten, oft noch 
nicht einmal vollendeten Bücher auslegten, erhielten sie nicht nur 
Bestellungen auf dieselben, sondern auch Aufträge, Manches auf 
Kosten fremder Verleger zu drucken. Solche Aufträge kamen ihnen 
von Basel, Speier, Colin, Nürnberg, Augsburg, Leipzig, Hamburg, 
Wien, sogar einmal von Pesth und etwas später von Mailand. Zu. 
Strassburg selber hatten mehrere von ihnen eigene Buchläden, 
entweder im Erdgeschoss ihrer Häuser oder in beim Münster und bei 
der Pfalz befindlichen Buden. Andere überliessen den Verkauf Buch- 
händlern, die nicht zugleich Drucker waren, wie Paul Götz und 
Johann Bischo&heim. 



STRASSBURG. 
I.Johann Mentel. 

Johann, Sohn des Nicolaus Mentel oder Mentelin, dessen 
Gattin Elisabeth hiess, wurde zu Schlettstadt geboren, wo seine 
Familie zu den angesehenem der Bürgerschaft gehörte; 1457 ^^^ 



X. Brants Annaleo. 



Die strassburger Buchdrucker vor IJ20. 89 

146 1 war ein Dietrich Mentel Mitglied des Stadtraths^ Ein anderer 
Zweig war zu Andlau angesessen; 1470 bezog ein Jakob Mentel 
von da die Basler Universität; 1472 erscheint ein Johann Mentel 
unter den villani, die sich, im Namen der Gemeinde, für ein Kapital 
verbürgten, das ihr Herr, Ritter Ludwig von Andlau, vom S. Thomas- 
stift entlehnte*. 

Johann Mentel von Schlettstadt siedelte nach Strassburg über, 
wo er 1447 als Goldschreiber, scriba aurarius, das Bürgerrecht 
kaufte; seines Kunstgewerbes wegen ward er in die Zunft zur Stelz 
eingeschrieben*. Zugleich versah er das Amt eines Notars*. Daraus 
kann man schliessen, dass er einige Studien gemacht hatte; wäre 
er des Lateinischen unkundig gewesen, so hätte er weder Notars- 
geschäfte verrichten, noch sich der Typographie widmen können. 
Ueber die Umstände, die ihn zu dieser Kunst hinführten, lassen sich 
nur Vermuthungen aufstellen. Van der Linde nimmt an, Gutenberg, 
der mit Mentel zu Strassburg in Berührung gekommen sein kann, 
habe ihn nach 1450 zu sich nach Mainz berufen als Buchstaben- 
Schneider und Illuminist; zu Mainz sei er in die Geheimnisse des 
Buchdrucks eingeweiht worden, und sei erst 14s S> ^Is Gutenberg 
und Fust sich trennten, nach Strassburg zurückgekehrt*. Um zu 
beweisen, dass er längere Zeit von hier abwesend war, beruft sich 
Van der Linde auf die von Schöpflin mitgetheilten Auszüge aus 
den Registern des HelbelingszoUs*; hier wird Mentels zuerst im 
Herbst 1447 gedacht, dann wieder 1448, 1449 und im Dezember 
1450. Diese Daten bieten aber keinen hinreichenden Grund; Schöpf- 
lin, der nur feststellen wollte, dass zu dieser Zeit Mentel als scriba 



1. Bernhard Herzog, Ebässische Chronik. Strassburg, 1592, in-f*. Buch 7, 
S. 10. — Die Nachrichten über die persönlichen und die Familien- Verhältnisse 
der strassburger Buchdrucker sind hauptsächlich dem Bürgerbuch und den 
Registern der Contraktstube , auf dem Stadt-Archiv, enmommen. 

2. S. Thomas-Archiv. — 1520 wird der Sattler Hans Mentel, von Andlau, 
strassburger Bürger. 

3. Schöpflin, Vindicia typogr., documetUa, S. 42. 

4. Job. Mentel notarius, Liber donationum fabrica ucl, %Arg. Frauenhaus- 
Archiv. — Nach Schöpflin, O. c, S. 95, haben zu seiner Zeit noch imtru- 
merUa a Job, thCentelio notario confecta existirt. 

5. Van der Linde, Gutenberg. Stuttgart, 1878, S. 64. 

6. Find, typogr,, documenta, S. 42. Der HelbeUngs^oU war eine Wein- Abgabe, 
ein Helbling, halber Pfennig, per Maass. 



90 Die strassburger Buchdrucker vor 1^20. 

aurarius zu Strassburg war^ hatte kein Interesse, die Untersuchung 
der Register weiter zu verfolgen. Da indessen diese letztem nicht 
mehr vorhanden sind, so wäre es zu viel gewagt, wenn man ohne 
andern Beleg behaupten wollte, Mentel habe auch nach 1450 fort- 
gefahren, die Taxe zu bezahlen, mit andern Worten, er sei ohne 
Unterbrechung zu Strassburg geblieben. Da er femer das Dmcken 
bei Jemand erlernen musste, der es bereits ausübte, und da seit 
Gutenbergs Weggang in unserer Stadt selber Niemand seine Ver- 
suche fortgesetzt hatte, so behält Van der Linde's Vermuthung 
immerhin einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit. Wie dem 
aber auch sei, so viel ist gewiss, dass Mentel, seitdem er sich für 
den Buchdmck entschlossen, ihn mit eben so viel Eifer als Ge- 
schicklichkeit betrieb; er gehört zu den ersten, die die Bedeutung 
ahnten, zu der die neue Kunst in der Welt bemfen war. Nicht 
zufrieden mit dem, was er zu Mainz gelernt — falls er in der That 
hier ein Gehülfe Gutenbergs gewesen — , verbesserte er das ursprüng- 
liche,* noch theilweise unvolUcommene Verfahren. Hieronymus Geb- 
weiler nennt ihn geradezu den Erfinder der caracteres sUmnei 
und versichert bei Johann Schott, dem Enkel Mentels, ein UbeUus 
tnanuscriptus ac mülüs figuris tnstrumentorum ei arti mcessariorum 
depictus, nebst einer Schrift über die Bereitung der Tinte gesehn 
zu haben*. 

Der Zeitpunkt der ersten Errichtung von Mentels Dmckerei 
ist nicht genau zu bestimmen. Indem sie sich auf eine Stelle der 
Chronik des Philipp de Lignamine stützen, der selber zu Rom eine 
typographische Offizin besass, nehmen Einige für Mentels erstes 
Auftreten das Jahr 1458 an*. Bei näherer Ansicht des betreffenden 
Passus ergibt sich aber, dass der Chronist nicht ausdrücklich das- 



1. Tanegyris Carolina, tArgent., 1521, in-40, f> 19. Die Behauptung, Mentel 
sei der Erfinder der caracteres stannei ist nicht richtig ; schon Schöffer hatte sich 
metallner Typen bedient; Mentel kann indessen, unabhängig von Schöffer, auf 
den nemlichen Gedanken gekommen sein. 

2. Thilippi de Lignamine continuatio chronici '^icohaldini , in EcCARDS Corpus 
historicum tnedii avi, Lips,, 1723, in-f>, B. i, col. 1307. Lignamine's Chronik 
war zuerst zu Rom erschienen, 1474, in-4«. — Dorlan, Quelques mots sur 
forigine de fimprimerie, Schlettstadt, 1840. S. 7, nimmt för Mentels Anfang das 
Jahr 1458 an. — S. auch De Vinne, Invention of priniing, London, 1877, 
S. 488 u. f. 



Die strassburger Buchdrucker vor 1^20. 91 



UmX. 



jenige sagen will, was man aus seinen Worten herausliest. Er gibt 
im Vorbeigehn eine kurze Notiz über Gutenberg» Fust und Mentel, 
die er sozusagen zufiLllig zwischen Thatsachen aus den Jahren 1458 
und 1459 einschiebt. Er hatte ohne Zweifel von einem der nach 
Rom kommenden Drucker etwas über die drei genannten erfahren, 
die chronologische Aufeinanderfolge war ihm aber unbekannt ge- 
blieben; so begnügte er sich mit der Bemerkung, alle drei hätten 
zur Zeit des Papstes Pius II. gearbeitet und jeder hätte täglich 300 
Bogen gedruckt. Die Freiburger Bibliothek besitzt eine lateinische 
Bibel in zwei Bänden in Folio, ohne Jahr und Druckort; seit Panzer 
gilt sie fär Mentels Werk*. Am Ende des ersten Bandes steht von 
der Hand des Rubricators geschrieben: ExpUcü Tsalterium 1460, 
am Ende des zweiten: ExpUcü JpocaUpsis anno damini M?.ccc(f^.lxP* 
Mentel hat demnach schon 1460 einen grossen Folioband ausgegeben; 
eine so beträchtliche Arbeit hätte er schwerlich unternehmen kön- 
nen, wenn er erst im Beginn seiner Thätigkeit gewesen wäre; da 
die Kunst noch neu und beim Publikum wenig bekannt war, so 
müssen Mentels Anfänge ziemlich bescheiden gewesen sem; nur 
die nach einem gewissen Zeitraum erzielten Erfolge können ilim 
gestattet haben, seiner Werkstatt mehr Ausdehnung zu geben; der 
erste Ursprung derselben mag daher älter sein als 1460, und inso- 
fern kann Philipp de Lignamine's ungefähre Zeitbestimmung ihre 
Richtigkeit haben. 

Der erste Druck, in dem Mentels Name genannt ist, und zwar 
nicht am Ende, sondern in einer Einleitung, ist der Trakut de arte 
pnedicaioria, der bekanntlich nichts anderes ist als das vierte Buch 
von Augustins de doctrina christiana. Dieser nur 22 Blätter zählende 
Folioband hat eine Vorrede, deren unbekannter Verfasser erzählt, 
er habe Manuscripte der Schrift zu Heidelberg, zu Speier, zu Worms 
«und zuletzt auch zu Strassburg» gefunden, er habe dann Johann 
Mentel, mcolam %Argentmensem, impressorue arüs magisirum, bewogen, 
sie zu drucken, damit sie in hrevi tempore ad magnam numerosiSatem 
vermehrt, den Clerikem zugänglich würde. Fust veranstaltete gleich- 
falk eine Ausgabe mit der nämlichen Vorrede, in der er den Namen 
Mentels durch seinen eigenen ersetzte; da er gegen Ende von 1466 
starb, so gehört Mentels Druck entweder diesem Jahr oder dem 



I. Panzer» B. 1, S. 69. Van der Linde, S. 65. 



92 Die strassburger Buchdrucker var*i$20. 

vorhergehenden an ^ Die Bezeichnung artis impressarue magisier setzt 
voraus^ dass er bereits als Buchdrucker bekannt war^ und daher seit 
der Bibel von 1460 manches Andere in Umlauf gesetzt hatte. Den 
27. Juni 1466 kaufte Hector Mulich ein Exemplar seiner deutschen 
Bibel'; der Druck des grossen, aus 405 Blättern bestehenden Bandes 
hatte jedenfalls mehrere Monate erfordert. Es wird nicht . gesagt, 
dass, als Mulich ihn erwarb, er erst die Presse verfassen hatte» er 
konnte vor dem Monat Juni 1466 vollendet sein. 

Zu dieser Zeit setzte Mentel noch weder seinen Namen noch 
eine Jahrzahl ans Ende seiner BOcher; seit 1466 haben wir indessen 
einige Angaben, die eben so sicher sind, als wenn äe gedruckt 
wären. Eine lateinische Bibel hat am Schluss die von einem Gdli- 
graphen beigefiigten Worte: Explicü Kber iste anno dammi miUesimo 
quadringeniesimo sexagesimo sexto famuUus arte impressaria per vene^ 
rahüem vhrum Johannem !hCenteUm %Argentma\ Bne ähnliche In- 
schrift, mit dem Datum 1469, befand sich in einer Summa %Aslexana 
unserer verbrannten Stadtbibliothek \ In andern MenteTschen Bänden 
hatte man nur die Jahrzahlen vermerkt: 1466 in einer Summa des 
Thomas von Aquino, 1477 in einer Bibel*; in einer andern, ehe- 
mals unserer Bibliothek gehörenden Bibel, war in den Anfangs- 
buchstaben des Buches Hiob das Datum 1470 eingeschrieben. So 
viel mir bekannt, ist das Speculum bistoriale von 1473 das erste 
Werk, das Mentel im Explicit nennt; das Speculum monüe von 1476 
ist das zweite, mit dieser, der des Speculum histariale im Wesent- 
lichen gleichlautenden Formel: Impressum in mclyld urbe %Argen- 
Hnensium ac nitide terse cmendateque refcctum per banorandum dominum 
dominum Johannem ihCentelin artis impressorie magistrum famosissimum. 
njinno a partu virginis salutifero miUesimo quadringentesimo septttagesimo 
sexto die mensis novembris nona*. 



1. Madden, Lettres d'un bibliograpbe, 2* sirii, Versailles, 187), S. 56 u. f., 
beweist durch eine genaue Prüfung der Ausgaben dieser Schrift, dass Mentel 
deren zwei gemacht hatte, ehe Fust die seinige gab. 

2. Lichtenberger, Iniiia typogr., S. s8. — Hain, n» 3130. 

3. SCHÖPFLIN, Vind. typogr. , tab. 3. 

4. O. c, S. 44 und tab. 4. 

5. Lichtenberger, S. 58. i 

6. ScHöPFLiN, S. 48. — Madden, 4* sirie, Paris, 1875, S. 45, beweist 

dass Mentel nur diese zwei Specula gedruckt hat 1 



j 



Du strassburger Buchdrucker vor ij2o. 93 



Wie viel Bücher hat Meniel herausgegeben? Wer vermag es 
heute zu sagen? Die Zahl derer^ die man ihm zuschreibt, scheint 
übertrieben zu sein'; nimmt man aber auch eine geringere an, so 
bleiben noch genug, meist in gross Folio gedruckte Bände übrig, 
um uns über seine Thätigkeit in Erstaunen zu setzen. 

Er verkaufte seine Drucke nicht blos zu Strassburg, er brachte 
sie auch auf die Messen. So wie früher der Manuscriptenhändler 
Diebold Lauber von Hagenau, verfasste er Anzeigen, Prospectus 
wie man heute sagen würde, um seine Bücher zu empfehlen; er 
bat darin die Gelehrten und die Buchhändler, in die Herberge zu 
kommen, wo er oder sein Agent abgestiegen waren, und verhiess 
ihnen einen billigen Verkäufer, largum vcndüorem. Eines dieser ge- 
druckten Blätter ist in der pariser National-Bibliothek aufbewahrt, 
ein zweites hat Weigel veröffentlicht, ein drittes befand sich noch 
unlängst zu München*. Der Name der Herberge war leer gelassen, 
um nach Ankunft an dem Ort der Messe mit der Feder ausgefüllt 
zu werden; diese Anzeigen sind um so werth voller, da sie uns 
über mehrere der Mentel'schen Publikationen bestimmtere Auskunft 
geben. 

Die Gelehrten, die Schönheit dieser letztern bewundernd, stell- 
ten Mentel noch höher als die grössten Künstler des Alterthums. 
Auf der letzten Seite des Exemplars der ersten Ausgabe seiner 
lateinischen Bibel, das unserer Stadtbibliothek gehört hatte, standen 
handschriftliche Verse von Rudolph Lang, die in ihrer Art interes- 
sant genug sind, um aufbewahrt zu werden: 

tAcerrimo atque aculissimo multarum pmc artium divinarutn 
magistro Johanni ^hCcntelin %udolphus de Langen musarum atque dicendi 
artis sectator Erfordiensis qui Vasilea epistolas Ciceronis pracepit. 



1. Madden, O. c, S. 40 u. f., nimmt an Mentel habe erst 1465 zu 
drucken angefangen; da er im Dezember 1478 starb, habe seine typographische 
Thitigkeit weniger als 14 Jahre gedauert ; in diesem kurzen Zeitraum könne 
er nicht alle ihm zugeschriebenen Bücher gedruckt haben. Madden zihlt ai un- 
zweifelhafte Drucke von ihm, zusammen 4t Bände, wovon 37 in gross-folio ; 
en moyenne habe er daher 3 Bände per Jahr geliefert Es ist aber mehr ab 
wahrscheinlich, dass sein Anfang früher als das Jahr 1465 anzusetzen ist. 

2. S. Beilage II. 



94 -D^ strassburger Buchdrucker vor 1^20. 

Quos celebrat magnis spectatos laudibus mgens 
Gracia, qui vwum ducebat märmare vultum 
Fidias Minerva diva omnipotenüs in ade, 
Vel qui magnanimi putavit fartia regis 
Gesta nAlexandri pingendi doctus %Apeües, 
Hos tua magnifica superasti docte Johannes 
Mentelin doctrina, dederat quam magnus %Apollo 
Musarum princeps, quarum tu spargis in orhem 
Doctus arte in nobili veneranda volumma totutn, 
His te posteritas ditabit laude venusta. 
Ut fcelix vivas titubans vult musa l(udolphiK 

Mentel hatte seine Druckerei in einem zum Thiergarten ge- 
nannten Hause, in der Nähe des Fronhofs*. Er selber bewohnte 
das Haus zum Dom, in der Domengasse'. Kaiser Friedrich m. 
gestattete ihm als Wappen den nemlichen Löwen anzunehmen, der 
das Schlettstadter Wappen bildet, mit dem Unterschied, dass in 
letzterem das Feld weiss und der Löwe roth sind, während im 
Menterschen die Farben in umgekehrter Ordnung angebracht waren. 
Man kennt dieses Wappen durch einen sogleich zu erwähnenden 
Gedenkstein und durch einen Holzschnitt aus dem sechzehnten 
Jahrhundert, besitzt aber keine Urkunde, aus der sich das Datum 
des kaiserlichen Privilegiums ermitteln liesse. Mentel war zweimal 
verehlicht; von seiner ersten Gattinn, Magdalena, bürgerlichen 
Standes, hatte er zwei Töchter, deren jede einen Buchdrucker 
heirathete, die eine Adolph Rusch, die andere Martin Schott. Seine 



1. Auf diese Verse folgten andere, ziemlich barbarische und sehr unle- 
serlich geschriebene , von einem gewissen Sigismundus. Ich gebe sie als Curio- 
sum Beilage III. Schon Schöpflin hatte nicht Alles lesen können; die Lücken 
in meinem Abdruck fanden sich bereits in der Copie, die er in seine hand- 
schriftliche KAhaiia litieraia. Vol. 2, f» 73, aufgenommen hatte. Das Corm^ ist 
interessant, weil es Mentel einen scriha perornatus und prudens causidicus nennt, 
und seine speciosa noch lebende erste Gattinn und seine bella proUs erwähnt. 
Unter causidicus ist wohl nur Notar zu verstehn. 

2. Königshof ENS Chronik, Anmerkung von Schilter, S. 444, nach den 
CoJJectanea Specklins. 

3. Das Hus lum Dorn do Johannes ^Centel inne sitzet, Almendbuch von 
1466. Stadt- Archiv. 



Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 95 

zweite Frau war Elisabeth, Tochter des Junkers Johann von Matzen- 
heini und Anna's von Mülnheim. 1473» nach ihrem Tod, liess er 
im Kreuzgang des Wilhehnerklosters eine Inschrift errichten zu 
seinem Gedächtniss, zu dem seiner Eltern, seiner beiden Gattinnen 
und seiner Töchter. Der später in Schöpflins Musäum und von da 
in die Stadtbibliothek übergegangene Gedenkstein wurde 1870 durch 
das Bombardement zerstört. Die Inschrift war -folgende: 

f^Cemoria Johannis, 

!\Centelitt civis. %Argen. 

parentu, suor. ^NJcolai. 
Ely:(abeth, !hCagdalene. pme uxoris 
et liberor. suor, ^Njtc, no. Byiabetb. de 
^at:(enheim. vxoris sue secunde. 

%Anno dni. Mcccclxxiü. 

In den beiden obern Ecken waren die Wappen Mentels und 
der Familie von Matzenheim'. Im Mai 1476 gab er seiner gleich- 
falls verwittwcten Schwiegermutter die Güter zurück, die Elisabeth 
als Mitgift erhalten hatte, Grundstücke, Möbel, Geräthschaften, Silber- 
geschirr u. s. w. ; für 900 Goldgulden, die er ihr noch schuldig blieb 
und die er in vier Terminen zu bezahlen versprach, verpfändete 
er ihr sein mit einem Zins von 20 Gulden belastetes Haus zum 
Dom und ein Hypothekenrecht auf drei Gärten im Finkweiler; be- 



I. ScHÖPFLiN, Vind. typogr,, S. 97. Eine Abbildung des Steins mit den 
beiden Wappen bei Oberlin, ^usteum Schcepfiini. %Argent,, 1780, in-4«, p. i, 
tab. 3, und in Silbermann, Lokalgescbicbte der Stadt Strassburg, Sirissburg, 1775, 
in-f*, auf Plan XI. Die Inschrift findet sich auch bei Huber, Danckpredig bey. . 
Erweiterung., der Pfarrkirch zu S. Wilhelm. Strassburg, 1697, in-4*, S. 202, 
and in Schilters Anmerkungen zu Königshofen , S. 4$ i . Statt Matzenheim liest 
Huber Malzenheim und Schilter Watzenheim ; letzterer hat sich auch geirrt, 
indem er das Wappen dieser Familie für das strassburger hielt. In Stein gehauen, 
ohne Farben, konnten allerdings beide einander ähnlich sehn; das Mauen- 
heim'sche hatte aber, nach Bernhard Herzog, Buch 6, S. 193, «einen über- 
zwerchen gelben Balken in schwarzem Feld » ; das strassburger dagegen hat 
bekanntlich einen rothen Balken in weissem Feld. In der Revolution wurden 
die Wappen weggemeisselt ; eine Abbildung des Monuments, wie es zuletzt 
war, ist in den Bilderheften von Lempertz, zur Geschichte des Bücherhandels, 
Colin, 1853 u* ^•> in-f*, Tafel 2. 



96 Die strassburger Buchdrucker vor Jj20. 

reits 1477 hatte er sich dieser Schuld entledigt'. Zu grossem Wohl- 
stand gelangt'^ gehörte er zu den reichen Bürgern^ die auf eigene 
Kosten Pferde für den öffentlichen Dienst der Stadt unterhielten*. 
Um auch seinerseits zum Unterhalt und Ausbau des Münsters bei- 
zutragen, schenkte er, schon 1465, dem Frauenhaus zwei Pferde, 
von denen eines als validus bezeichnet ist\ 1474 stiftete er in der 
Lorenzenkapelle, durch Schenkung von 20 Strassb. Pf., die Jahres- 
zeiten seiner Eltern*. Er starb den 12. Dezember 1478; den folgen- 
den Tag — es war ein Sonntag — wurde er auf dem Leichhof der 
S. Michaelskapelle an der nordöstlichen Seite des Münsters be- 
erdigt*. Entweder um seine Verdienste im Namen der Stadtgemeinde 
anzuerkennen, oder einfach weil seine Erben die Kosten davon 
übernahmen, liess man, am Abend des Begräbnisstages, die grosse 
Münsterglocke läuten^. Eine, in deutschen Alexandrinern abgefasste 
Grabschrift, die bis 1534 auf dem Leichhof existirt haben soll, muss 
jungem Ursprungs sein; am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts 
hatte man noch nicht die Gewohnheit, solche Verse zu schreiben*. 
Die Tradition, nach der man ihm im Münster selber ein Denkmal 
gesetzt hätte, mit dem in Stein gehauenen Bild einer Buchdrucker- 
presse, ist gleichfalls sehr zweifelhaft*. 



1. S. Beilage IV. 

2. fhCuUa voJuniina castigatt ac polite %Argentina imprimendo f actus est hrevi 
opuUntissimus. Wimpheling, Epitome rerum gerinan, %Argent,, 1505, in-4® f> 39. 

}. SCHÖPFLIN, Find, typogr., S. 96. 

4. Liber donationum fahrica eccl urgent,, (^135. Frauenhaus- Archiv. Die 
Münster-Fabrik erhieh Geschenke aller An, Kleider, Waffen, Geräthschaften 
u. s. w. ; die Pfleger Hessen sie zum Besten des Werks verkaufen. 

5. ScHÖPFLiN, S. 97. 

6. Jacet in cimiterio antejanuam capeüa 5, Michaelis. Necrolog der S. Lorenzen- 
pfarrei. Granoidier, Essais historiques sur Ja cathidrale, suppUment. Paris, 1868, S. 73. 

7. Liber pulsuum mortuorum, Frauenhaus- Archiv. Man ersieht aus diesem 
Register , dass die grosse Glocke für jeden geläutet wurde , dessen Familie die 
Kosten davon übernahm. 

8. Abgedruckt im SuppUment von Grandioiers Essais, S. 74. 

9. Künast, im Ms. seiner Kunstkammer, ehmals auf unserer Stadt-Biblio- 
thek, redete von diesem Denkmal. — PrroN, Strasbourg iOusiri. Strassburg, 
1855, in*f«, B. I, S. 105, sagt, über Mentels Hausthür sei das von Kaiser 
Friedrich III. dem gesammten deutschen Buchdruckergewerb verliehene Wappen 
in Stein gehauen gewesen. Hat eine solche Sculptur existirt, so war es ohne 
Zweifel nur Mentels persönliches Wappen. 



Die strassburger Buchdrucker vor ij2o. 97 



2. Heinrich Eggestein. 

Heinrich Eggestein, eine Zeit lang Mentels Geschäftsgenosse, 
war von Rosheim, wo man seine Familie bis in die erste Hälfte 
des vierzehnten Jahrhunderts verfolgen kann'. Auf einer Universität, 
die er besuchte, erwarb er den Magistergrad; zugleich war er ein 
geschickter Calligraph. Er kam nach Strassburg und wurde da, nach 
1427, sigülifer curia prapositura %Argentinemis; als solcher leistete 
er den Eid, nichts ausserhalb des Hofs zu versiegeln, das Siegel 
nie wegzutragen und das für die Akten empfangene Geld gewissen- 
haft in die Kasse zu verschliessen*. 1442 erhielt er das Bürgerrecht 
als Nach-Constoffler*. Er hatte einen Bruder, Sifrid, der Goldschmied 
war, und einen Vetter, Heinrich, der schon 1407 als Priester und 
Summissar des Grossen Chors vorkommt. 1438 verpfändeten die 
beiden Brüder ihrem Vetter, für eine Summe von 100 Gulden, ilir 
in der Jungfrauengasse gelegenes, zum Eggest^in genanntes und 
wahrscheinlich ihm abgekauftes Haus; in dem nemlichen Jahre 
entlehnten sie auch vom Thomasstift ein Kapital von 60 Pfund \ 
Durch ein seltsames Versehn verschmelzt Schöpfiin die beiden 
Heinrich, den Priester und den sigillator, in euie und dieselbe 
Person; auch sagt er, dieser Eggestein wäre 145 1 in die Ehe ge- 
treten*. Der sigillator war aber Laie und bereits seit 1448 ver- 
heirathet; in diesem Jalire verkaufte er mit Zustimmung seiner Frau 



1. Zu Rosheim: Joh. Egstein 1335, 1337; Niciaus Eggestein 1346; ein 
anderer Niciaus 1371, 140 1 ; Joh. Eggestein,. einer der SchöfTen 1419, 1425 ; 
Cuntzelin E., 1464. 141 3 ist zu Strassburg ein Henselinus JiV/ui Eggestein, von 
Dunuenheim, Kornhändler in der Steinstrasse. — Des Buchdruckers Siegel 
zeigt einen Sparren, darunter eine fünfblättrige Rose, und darüber in einem 
Spruchband : S. (sigillum) Heinrich Eggestein. Abgebildet in den Bilderhcften 
von Lempertz, Taf. 2. 

2. Stadt- Archiv, Mandata, B. 30. 1427 wird noch Herr Joh. Knapp als 
Ingesiegeier genannt. 

3. Er wurde unter die Nach-Constoffler eingeschrieben. Schöpflin, Find, 
typ., S. 100, documenta, S. 41. 

4. S. Thomas-Archiv. Das Haus zum Eggestein ist im Almendbuch von 
1427 als dem Priester Heinrich E. gehörig bezeichnet, 1438 war es von Sifrid 
bewohnt. 

5. ScHÖPFLiN, S. 100. 

7 



98 Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 

m 

Agnes^ Schwester des schlettstadter Pfarrers Michael Ochsensteiner^ 
an die Vikare des Grossen Chors eine Rente auf Güter zu Rosheim 
und Lampertheim'. Aus unbekannter Ursache gab er für einige 
Zeit sein Bürgerrecht auf, um es erst den 9. August 1459 wieder 
zu kaufen als Mitglied der Tucherzunft, nicht etwa weil er selber 
ein Tucher geworden wäre, sondern weil jeder Bürger, der nicht 
Handel oder ein Gewerbe trieb, sich einer beliebigen Zunft an- 
schliessen musste. Gewöhnlich entsagte man dem Bürgerrecht nur, 
wenn man Strassburg verliess, um sich anderswo niederzulassen; 
es liegt daher die Vermuthung nahe, Eggestein sei, wie Mentel, 
nach Mainz gegangen, um da die Kunst des Buchdrucks zu er- 
lernen; dagegen spricht aber der Umstand, dass eine längere Ab- 
wesenheit mit dem Insiegler-Amt nicht verträglich gewesen wäre; 
Eggestein versah dieses Amt noch 1463. Die Frage, warum er auf- 
gehört hatte, Bürger zu sein, muss vorläufig noch offen bleiben. 
Bald nach 1463 wurde er als sigillator durch Peter Strube ersetzt, 
den er, man weiss nicht aus welchem Grund, wegen Injurien ver- 
klagte. Er erscheint nur noch als scriba; unter seinen Bekannten 
jedoch fuhr man fort, ihn den alten Insiegler zu nennen. Möglicher- 
weise entschied er sich erst jetzt für die Typograplüe; er trat mit 
Mentel in Verbindung, dem ihn seine Eigenschaften als magister 
artium, als Calligraph und als Bruder eines Goldschmieds mögen 
empfohlen haben. Hieronymus Gebwiler hat noch ein Document 
gesehn, durch welches Eggestein sich gegen Mentel verpflichtete, 
ihr gemeinsames Verfahren geheim zu halten'; darf man nicht 
hieraus schliessen, dass Mentel es war, der ihn die Kunst gelehrt 
hatte? Beide waren Anfangs Associ^s, die Genossenschaft dauerte 
aber nicht lang*. Den 30. April 1466 nahm Friedrich von der Pfalz, 
Landvogt des Unter-Elsasses, Eggestein und seine Arbeiter unter 
seinen Schutz ^ woraus hervorgeht, dass die Verbindung mit Mentel 



1. Archiv des Unter-Elsasses, Fonds des Grossen Chors. 

2. Ipsi quidem vidimus syngraphum Johannis thCentelin ei Henrici Eckstein, xAr- 
gentinensium civium, super certis pacHs , quibus alter altert sese eo tempore ohligaverai, 
causa occultius hanc impressoriam artem inter se primum exercendi, 'Panegyris Caro- 
lina , f« 19. 

3. Madden, Leltres d*un hibliographe, 4* sirie, S. 52, vermuthet, der Zeitpunkt 
ihrer Trennung sei der wo sie anfiengen ihren Drucken ein Datum beizufügen. 

4. Van der Linde, S. 63. 



Die sirassburger Buchdrucker vor *IS20. 99 

au%elöst war und dass von dieser Zeit an Eggestein für sich allein 
Geschäfte machte. Er hatte seine OfEzin in dem seit 1441 von 
ihm bewohnten Haus zum Baumgarten im Dummenloch. 

Die Drucke, die man von ihm kennt, sind eben so aus- 
gezeichnet wie die Mentel'schen. In der ersten Zeit gab auch er 
weder seinen Namen noch die Jahrzahl an. Eine lateinische Bibel 
unserer ehmaligen Stadtbibliothek hatte am Schluss die vom Rubri- 
cator geschriebenen Worte : per magistrum Henricum EggesUin 1468. 
Er nennt sich zum ersten Mal am Ende des Decretum Graüani: 
Vresens Gratiani decretutn ... artificiosa admvencionis (sie) imprimendi 
absque ulla calami exaroHane sie effigiatum et ad laudem omnipotenäs 
dd est consummatum per vener abüem virum Heinricum Eggesteyn artium 
Uberalium magistrum civem inclite civitatis %Argentin. %Anno Homini 
M^ cccc^. Ixxi^. Es ist dies das älteste bekannte strassburger Buch mit 
einem gedruckten Datum ^ In dem nämlichen Jahr*, den 21. Novem- 
ber, erschienen mit seinem Namen die Clementinen; in dem Explicit 
heisst es, das Buch sei gedruckt summa cum cura et diligentia, ut 
mnumera antehac divini humanique juris per ipsum impressi testantur 
Volumina. Sollte man hier unter volumina Werke verstehn, so wäre 
innumera offenbar eine Hyperbel; denn welche zahllose Werke über 
göttliches und menschliches Recht hätte Eggestein vor 1471 ge- 
druckt? Man kennt deren nur sehr wenige; volumina ist ohne allen 
Zweifel blos im Sinn von Exemplaren zu nehmen. Cicero's de oßciis 
und Justinians Inslitutiones, aus dem Jahr 1472, haben gleichfalls 
seinen Namen und das Datum. Bei den Decretalen Innocenz des 
vierten, die er 1478, diesmal anonym, ausgab, hatte der Licentiat 
juris Andreas Hartmann von Eptingen, OfHcial der strassburger 
Archidiakonen, als Correktor gedient. Eggesteins Todesjahr ist un- 
bekannt'. 



1. Vindicia typogr., S. 44. 

2. ScHÖPFLiN» O. c, S. 48, erwähnt auch als strassburger Drucker einen 
gewissen C. W. , und erklärt diese Buchstaben durch Cephalxus Wolfgang ; 
er stützt sich auf das 1474 herausgegebene Werk von Berchorius, Hfductorium 
morale bihlia. Nach Hain, n* 2795, steht am Ende dieses Buchs: Tarysius cor- 
rectus et tarn cyrographata ex scriptura litter as reductus ad pressas, diligenti correcture 
advertencia et puncture per C, IV. civem tArgentinensentf ex annis dominice incar- 
nationis 147) ehpsis , finitus anno sequenti ydibus sept. septimis. Demnach wurde 
das Buch 1473 zu Paris durch den Strassburger C. W. corrigirt, und den 



100 Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 



3. Adolph Rusch. 

Der bisher kaum mehr als dem Namen nach bekannte Adolph 
Rusch, von Ingweiler, arbeitete zuerst als Gehülfe bei Mentel, 
heirathete dann seine Tochter Salome, ward Theilhaber an seinem 
Geschäft und übernahm später seine im Haus zum Thiergarten 
errichtete Officin. Er und seine Gattinn bewohnten in der Ober- 
strasse jetzige Lange Strasse) das Haus zum Bild*. Geschenke, die 
er der basler Karthause machte, fuhren zur Annahme, dass er sich 
in dieser Stadt aufgehalten, sich da mit den Druckern befreundet 
und Latein 'genug gelernt hatte, um lateinische Bücher zu lesen 
und lateinische Briefe zu schreiben. Obgleich er es in der Eleganz 
noch nicht weit gebracht hatte, folgte er doch mit Interesse den 
neuen humanistischen Bestrebungen; der junge Canonicus Peter 
Schott, der erste, der es versuchte, zu Strassburg die Lust für die 
klassischen Studien zu erwecken, war innig verbunden mit ihm und 
widmete ihm, 1485, eine Elegie über das Hinscheiden ' Rudolph 
Agricola's, den Beide gekannt hatten*. 

Buchdrucker und Buchhändler, vielleicht auch noch Hand- 
schriftenhändler, betrieb Rusch auf grossartige Weise sein Geschäft*. 



7. September 1474 ausgegeben. Es ist nicht ein strassburger, es ist ein pariser 
Druck. Auch kann C. W. nicht Cephalxus Wolfgang bedeuten ; Wolfgang 
Cephalaeus, eig. Köpfel, hat erst 48 Jahre später zu Strassburg zu drucken 
angefangen. Schöpflin, S. 104, zählt ferner zu den hiesigen Druckern Marcus 
Reinhardi de Argentina und seinen Genossen Nicolaus Pistoris von Benszheim. 
1479 ^'°^ ^^^^ beide zu Lyon, wo sie die Sermones des Robert de Licio heraus- 
geben. Ihre Ausgabe des Liber de proprietatihus rerutn, 29. Juli 1480, und ihre 
lateinische Bibel von 1482 geben keinen Druckort an ; nichts beweist, dass sie 
von Lyon nach Strassburg übergesiedelt wären; 1482 giengen sie vielmehr 
nach Paris. 

1. WiMPHELiNG, Epiiome rerum gertnan,, f» 39. Rusch hat im Haus zum 
Bild gewohnt, und nicht im Thiergarten, wie Schöpflin, Find, typ., S. loi, 
nach Specklin berichtet. 

2. F. Schott, Lucuhr atiuncüla, %Argent,, 1498, in-4», !• 162. 

3. Den 27. März 1485 schrieb Rudolph Agricola an einen Freund Namens 
Adolph, in Frankfurt, er möge ihm auf der Messe Columella, Celsus, Macro- 
bius, Sutius und Silius Italiens kaufen. Da 1485 noch keiner dieser Autoren in 
Deutschland gedruckt worden war, und die etwa in lulien erschienenen Aus- 



Die strassburger Buchdrucker vor 1^20. 10 1 

Wenn seine eigenen Pressen nicht ausreichten, half er sich aus, 
indem er den kleinen, in der Stadt angesessenen Druckern Arbeit 
gab^; man wird weiter unten, bei Peter Attendorn, sehn, wie gern 
er sich diesen Leuten behülflich erwies, wenn es ihnen Ernst mit 
ihrem Berufe war. Nach dem Tode seines Schwiegervaters scheint 
er noch einen oder mehrere Genossen gehabt zu haben; in einem 
seiner Briefe spricht er von einer societas mea^. Er übernahm Auf- 
träge für Anton Koburger von Nürnberg und Johann Amerbach von 
Basel; von einem Werkmeister dieser Sudt bezog er einen Theil 
seines Materials. Merkwürdig ist, dass Amerbach, wenn er etwas 
bei ihm drucken liess, ihm Typen und einen Setzer schickte. 1481, 
als ein nicht genanntes Buch beinahe fertig war, verl^mgte Amer- 
bach die Lettern ziu-ück; im September antwortete ihm Rusch, er 
solle den Arbeiter, der sie kannte, wieder senden; er selber habe 
sein Haus verkauft; da der Käufer Veränderungen machen wolle, 
müsse man den Staub aller Winkel durchsuchen, um etwa ver- 
lorene Typen zu finden; nur wünsche er, Amerbach möge ihm 
noch so viel lassen, als nöthig ist, um den begonnenen Druck zu 
vollenden. 

Er theilte auch seinem basler Freund Manuscripte mit, und 
verstand sich mit ihm über verschiedene Publikationen. So schickte 
er ihm 1485 eine Handschrift von Cassians Büchern de insHtutione 
cctnohiorum, bat ihn aber zu wachen, dass sie während des Drucks 
nicht beschmutzt würde ; ein anderes Mal ein Brevier, das er gleich- 
falls seiner Sorgfalt empfahl, weil er es unversehrt zurückgeben 
müsse. Er bewog ihn, Augustins Civitas dei, die Fabeln Aesops und 
die Sennones discipuli zu drucken, letztere auf dieselbe Art, wie sie 
zu Strassburg bei Martin Flach erschienen waren, es ist ein gutes 
Buch, sagte er, das sich leicht verkauft. Wollte Amerbach sich mit 
der Schrift de civitate dei befassen, so möchte er zuvor die Typen 
wählen, nach denen das Format des von Rusch zu liefernden 



gaben schwerlich damals schon nach Frankfurt kamen, so sind wahrscheinlich 
die von Agricola verlangten Bücher als Handschriften zu betrachten. (Kirchhoff, 
im Serapeum, 1852, S. 312.) Der genannte Adolph ist vielleicht Niemand 
anders als der die Messe besuchende Adolph Rusch. Dass er Agricola kannte, 
ersieht man aus Schotts Elegie. 

1 . Rusch an Amerbach , feria 4* post präsent. ^Karüe, s. a, S. Beilage V. 

2. Sabbato post JuHlate, s, a. 



102 Die strassburger Buchdrucker vor 1^20. 

Papieres zu bestimmen wäre*. In unsern Gegenden war er einer 
der angesehensten Papierhändler'; mehrere basler Drucker bezogen 
von ihm, was sie brauchten. Für Bücher, die er bei Andern kaufte, 
zog er vor statt Geld Papier zu geben; dem Jakob von Pforzheim, 
zu Basel, machte er das Anerbieten, zwei Ballen weisses für einen 
Ballen bedrucktes zu schicken, « wie es der Gebrauch zu Strassburg 
ist*». Indessen kaufte er doch auch Bücher für Geld, unter andern 
eine Summa pradicanüum und die 1487 von Nicolaus Kessler her- 
ausgegebenen Predigten MefFreth*s, stets bereit, wie er sagte, sofort 
zu bezahlen; er beklagte sich aber über Kessler und über Jakob 
von Pforzheim, die bezahlt sein wollten, ehe sie das von ihnen 
Verlangte nach Strassburg schickten*. 

Bei Ingweiler hatte er eine schlossartige Villa erbaut, der er 
den Namen Ruschenburg (Rauschenburg) gegeben*, und wo er im 
Sommer verweilte; in einem sogleich zu erwähnenden Gedicht sagt 
Rudolph Lang: 

xArgeniina poiens seu te, quam mcenibus altis 
StruxisH, Villa pulchcr %Adolfe tenet . . . 

Im Frühling von 1489 ging Rusch nach Baden; hier erkrankte 
er an einer Entzündung, die ihn nöthigte, nach Strassburg zurück- 
zukehren ; kaum angelangt, starb er den 26. Mai, in noch nicht vor- 



1. Jeorii (23. April), 5. a. — 24. Sept. 1485. — S. J. •— Cassian erschien 
zu Basel 1485, Augustins De civitate dei erst 1489. — Die Sermonts discipuU 
waren zu Strassburg 1483, in-f*, erschienen, ohne Druckemamen. 

2. 'Bapiri commercium habeo. An Amerbach, sabbato post Jubilate, 5. a. 

3. L. c. 

4. L. c. 

5. ScHöPFLiN, xAhatia iüustrata, B. 2, S. 237. VindicU typogr,, S. loi. 
Franz Irenicus, in seiner Exegesis Germania, Lib, 2, cap. 4y , nennt das Schloss 
Russenburg. 1496 verkaufte es Philipp Sturm an die Grafen von Bitsch. Es 
existirte noch in den ersten -Jahren des vorigen Jahrhunderts; Ichtershexm, 
Elsassische Topographie. Regensburg, 1710, in-4», Th. i, S. 20. Zur Zeit 
Schöpflins war es verwüstet. Heute ist da nur noch ein Meierhot und der, zur 
Gemeinde Ingweiler gehörende kleine Weiler Rauschenburg. Franz Irenicus, 
1. c, erwähnt einer Sage, der zufolge in der Rauschenburg die Buchdrucker- 
kunst erfunden worden wäre. 



Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 103 

gerücktem Alter'. Seine Wittwe heirathete den Ritter Philipp Sturm 
von Sturmeck. 

Man kennt bis jetzt nur wenig Drucke^ die man mit völliger 
Sicherheit als die seinigen anführen kann; kein einziger hat sich 
noch gefunden, der seinen Namen trägt. Dem Kapitel von S. Thomä 
vermachte er einige Bücher, um sein und seiner Gattinn Jahreszeiten 
zu stiften; sie sind aber nicht namhaft gemacht. Ueber die Ge* 
schenke, welche die basler Karthause ihm verdankte, sind wir 
besser unterrichtet. Ausser einer Geldsumme und einem vergoldeten 
%Agims dei, schickte er zu verschiedenen Malen Bücher: die Sermones 
Socci de tempore et sancüs, die Opera Gersons, ein Speculum exem- 
plorum, fünfzehn Exemplare der Imitatio Christi, und zwei des 
Itinerarium heata Virginis*. Nichts bezeugt aber, dass er der Ver- 
leger aller dieser Werke gewesen; die Opera Gersons waren jeden- 
falls nicht von ihm; da er zugleich Buchhändler war, hatte er auch 
Bücher aus anderm Verlag geschenkt. 

Panzer* erwähnt einen Terenz und einen Valerius Maximus, 
in einen Band zusammengebunden; der erste Besitzer hat darin be- 
merkt, er habe den Terenz 1470 gekauft und den Valerius habe 
ihm der Buchdrucker x^ldolphus de htgwiler, das ist Rusch, geschickt. 
Um 1470 war Rusch noch der Genosse Mentels; der Valerius ist 
daher den Drucken beizuzählen, die beiden gemeinsam angehören \ 
Durch ein enthusiastisches Carmen Rudolph Längs, der schon Mentel 
besungen hatte, erfährt man, dass die grosse Bibel in vier Theilcn 
unter dem Titel ^iblia latina cum glossa ordinaria Walafridi Stra- 
honis et interlineari %An5elmi Laudunemis, von Rusch gedruckt worden 
ist*. Da Längs Carmina i486 erschienen, so war die Bibel früher. 



1. Schott, Lucubratiuncuhe , f» 84. 

2. S. Beilage VI. — Von damaligen strassburger Ausgaben dieser Werke 
kennt man: Sermones Socci, Grüninger 1484; Imitatio Christi, Flach 1487; Spe- 
culum exemplorum, 1487 ohne Druckernamen (vielleicht von Rusch?). Hain, 
n« 9J22 u. f., hat mehrere Ausgaben des Itinerarium b, Virginis , ohne Jahrzahl 
uiid Druckort. Die Opera Gersonis können die 1483 von Joh. KölhofT, zu Colin, 
gedruckten sein, 4 B. in-f» ; vor der Ausgabe Flachs 1494, ist keine strassburger 
bekannt. 

3. %Annales typogr., B. 4, S. 224. 

4. Terenz und Valerius Maximus sind in der Anzeige Mentels genannt, 
deren Original zu München war. S. Beilage II. 

5. Carmina. Münster, Joh. Limburg, i486, in-4», f» 14. S. auch den 



104 ^^^ strassburger Buchdrucker vor i$20. 

wahrscheinlich schon 1480, fenig geworden. Rusch hatte sie für 
Anton Koburger gedruckt und bedeutende Kosten darauf verwandt; 
sie ist in der That ein Meisterstück der damaligen Typographie; die 
Disposition^ die uns heute freilich zu künstlich^ zu wenig übersicht- 
lich erscheint^ wurde ganz besonders bewundert: den Bibeltext 
umgibt auf jeder Seite die glossa ordinaria, während zwischen die 
Zeilen desselben die Interlinearglosse des Anselm von Laon ein- 
geschoben ist; man begreift, wie viel Zeit und wie viel Arbeit von 
Seiten der Setzer und Correktoren dieses complicirte, aus Lettern 
von drei verschiedenen Grössen zusammengesetzte immensum opus, 
wie Lang es nennt, erfordert haben muss. Zu Strassburg verbreitete 
sich das Gerücht, auch Amerbach wolle eine Ausgabe dieser Bibel 
veranstalten ; sofort schrieb ihm Rusch, ein neuer Druck des grossen 
Werks, das ihm einen Theil seines Vermögens gekostet, müsste 
ihm beträchthchen Schaden bringen, er habe noch bei 100 Exem- 
plaren auf dem Lager; Koburger, gleichfalls beeinträchtigt, würde 
ihn auf das ausgelegte Geld warten lassen, und Amerbach selber 
könnte, bei diesem Sachverhalt, kaum auf einigen Vortheil hoffen, 
er möge desshalb von seinem Vorhaben abstehn *. In der That er- 
schien auch die Bibel nicht zu Basel. 

Kurz vor seinem Tod hatte Rusch sich vorgenommen, einen 
mit Holzschnitten verzierten Virgil herauszugeben, dessen Text ohne 
Zweifel der nemliche gewesen wäre wie der der Mentel'schen Aus- 
gabe von 1466. Den 14. Mai 1489 schrieb ihm Peter Schott nach 
Baden: Icona argumentorum ^aronis, non tarn per desidiatn meam 
infecta sunt, quam quod %^ppelles atque Lysippus %Alexandro qui eis 
operam imperaret caruerunt. ^Hjim cum alter semel a me archetypum 
receperit, alterum postea ne videre quidem polui donec ipse, inquirendi 
eius gratia officinas plerasque perlustrans, vix tandem invento, arche- 
typum secundum offerrem*. Es ist um so mehr zu bedauern, dass 
Ruschs Tod diese Publikation unterbrach, je interessanter ein 1489 
von strassburger Künstlern illustrirter Virgil gewesen wäre. 



Aufsatz von Schrampff, im Serapeum, 1852, S. 135 u. f., wo auch Längs 
Gedicht abgedruckt ist. Es folgt als Beilage VII. 

1. Tost oculi, s, a, 

2. Lucubratiunctüa , f* 84. 



Die sirassburger Buchdrucker vor i^io. 105 



4. Georg Husner. 

Der Goldschmied Georg* Husner, von unbekanntem Geburtsort, 
erhielt 1470 das strassburger Bürgerrecht durch seine Verheirathung 
mit Agnes, Tochter des Nicolaus von Honau. Dieser arbeitete als 
aurifaber et pressor librorum mit seinem Schwiegersohn. Ein anderer 
Gehülfe dieses letztern, wahrscheinlich als Correktor, war der 
mainzer Cleriker Johann Beckenhaub, den man später unter den 
Freunden Wimphelings antrifft*. 1473 ^i^schien das Speculum judiciale 
des Bischofs Wilhelm Durand, mit einem, wegen der darin er- 
. wähnten Utera are ^jc5^x/i(ß/if merkwürdigen Explicit : Vrelucidum hoc 
opus . . non calamo ut prisci quidem nee penne traciu quo ipsi fruitnur, 
verum exsculpüs itre lUeris divino suggesta spiramine imprinutuii arte 
transpictum ac . . consummatum est et perfectum in celebri %Argenlinorum 
urbe, factoribus Jeorio Hus^^ner cive inibi et Johanne Veckenhub clerico 
!\Coguntino. ^Anno domini 3^C. CCCC. LXXIIL fXCensis novembris die 
XXIP. Die Expositio decalogi von Johann Nider und die Predigten 
des Hugo de Terato florido, beide von 1476, haben nur noch Husners 
Namen. Ein Tractatus contra vitia, den 5. Dezember 1498 ausge- 
geben, ist das letzte bekannte Werk, das ihn als Drucker nennt. 
Panzer und Hain schreiben ihm mehrere Bücher ohne Namen und 
Jahrzahl zu. 

1505 wählte die Goldschmiedezunft Husner, um sie im Stadt- 
rath zu vertreten. Bereits den 16. August dieses Jahres starb er, 
immer noch als impressor bezeichnet. Der Goldschmied Diebold 
Sebold übernahm die Vormundschaft seiner Kinder; 1506 lieh er 
in ihrem Namen 400 Str. Pf. dem Kaufmann Friedrich Brechter, 
und 200 dem Junker Peter Elnhard*. Da einige EdcUeute, die ge- 
meinschaftlich an Husner eine Gült von 50 Gulden zu entrichten 
hatten, die fernere Bezahlung verweigerten, verklagte sie Sebold zu 



1. Sein Vorname ist meist, nach damaliger Aussprache, /«orioi geschrie- 
ben. Marchand und Andre haben fälschlich Leorius gelesen. 

2, Ucber Beckenhaub, s. Hisloire littiraire de T%Alsace, B. i, S. 16, 20, 
129, und Francks Artikel über Husner, in der Allgemeinen deutschen Biogra- 
phie, B. 13, S. 457. 

). Ehmals auf der strassburger Bibliothek. — Hain , n<» 6506. 
4. Register der Contraktstube. 



io6 Die strassburger Buchdrucker vor ij2o. 

Rottweil; der Prozess dauerte noch 1523, bis endlich in diesem 
Jahr^ nach ernstlicher Mahnung des strassburger Magistrats^ die 
Auslieferung der Rente an Husners Erben befohlen wurde*. 



5. Martin Flach, 

Bevor ich zu Martin Flach übergehe, ist ein Irrthum zu be- 
richtigen, in den Schöpflin und einige andere Bibliographen ver- 
fallen sind. Das Jahr 1475 brachte eine Ausgabe des Speculum vita 
humana des Bischofs Roderich von Zamora, ein Folioband, ohne 
Titel, ohne Seitenzahlen und Signaturen; am Ende, vor dem Index, 
findet sich diese Note : %A !\Cartino Flachen ex ^asilea dvi progenüo 
arte impressoria in medium feliciter deditus. Feria iercia posi festutn 
beaie Katherine virginis. xAnno a partu virginis salutifero mälesimo 
quadringentesimo septuagesimo quinto. In den Worten ex Vasilea dvi 
t>rogenito ist offenbar ein Fehler. Die Verfasser der Basler Buch- 
druckergeschichte halten civi für eine Abkürzung von civitate*; es 
ist aber weder ein Punkt noch ein Abkürzungszeichen zu sehn; man 
könnte ebensowohl civi durch cive verbessern und so construiren: 
a Martino Flachen cive progenito ex ^asilea; es wäre allerdings ein 
wenig elegantes Latein, in jener Zeit kümmerte man sich aber noch 
wenig um Eleganz. Eines ist sicher: man hat sagen wollen, dass 
Martin Flach von Basel war. Darauf sich stützend, schliesst Schöpflin, 
dass der strassburger Drucker Martin Flach von Geburt ein Basler 
und derselbe war, der das Speculum herausgegeben hat*. Es hat 
aber basler und elsässer Flach gegeben, die man nicht mit einander 
verwechseln darf. 1429 trifft man zu Basel einen nicht zünftigen 
Ulrich Flach, 1453 einen Rebmann Erhard Flach, der 1476, 1478, 
1480 für die Zunft der Rebleute im Stadtrath sass*. Der der nem- 



1. Stadt-Archiv, AA, 374. 

2. Stockmeier und Reber, Basler Buchdruckergeschichte. Basel, 1840, 
S. 25. 

3. 'Basiliensis origine. Vindicia typogr,, S. 103. 

4. Schönberg, Finanzvcrhähnisse Basels. Tübingen, 1879, S. 552, 675, 

797- 



Die strassburger Buchdrucker vor 1^20. 107 

liehen Familie angehörende Drucker Martin Flach arbeitete 1475, 
in dem Jahr in dem das Speculum erschien^ mit fünf Gesellen im 
Haus an den Steinen; zehn Jahre später, 1485, liess ihm der 
Rath eine Summe von 33 Pfund 6 Seh. 8 Pf. ausbezahlen, für den 
Druck von 2000 Exemplaren eines der Stadt Basel bewilligten 
päpstlichen Ablasses'. 

Dass dieser basler Martin Flach nicht der nemliche gewesen 
sein kann wie der unsrige, wird übrigens unwiderleglich dadurch 
bewiesen, dass der letztere von Küttolsheim, einem nicht weit von 
Strassburg, im Canton Truchtersheim gelegenen Dorf gebürtig war. 
Im November 1472 ward er strassburger Bürger als Ehemann 
Githarina's, einer Tochter des Schusters Johann Dammerer; er er- 
klärte, weil er Buchdrucker war, wolle er «zu den Goldschmieden 
dienen»". Wimpheling zufolge, war er der Nachfolger Adolph 
Ruschs*. Man hat aber Drucke mit seinem Namen seit I475> 14 
Jahre vor Ruschs Tod. Sollte es wahr sein, dass er, nachdem er 
unabhängig von Mentels Schwiegersohn zu arbeiten angefangen, 
den Besitz von dessen Offizin erworben hätte, so könnte diess 
nicht vor 1489 geschehn sein. Wimpheling, der sich an Flachs 
früheste Ausgaben nicht erinnerte, hat aber vielleicht nur sagen 
wollen, dass er nach Rusch einer der vornehmsten Buchdrucker 
Strassburgs war. 

Seine Correktoren gaben seinem Namen bald die lateinische 
Form Flaccus, bald übersetzten sie ihn durch Sitnus. Mehreren seiner 
Ausgaben liess er Verse beifügen, sowohl um die Verfasser zu 
preisen als um sich selber zu empfehlen. Am Ende des zweiten 
Bandes von Thoma de %Argenlina scripta in quaiuor libros senUntiarum, 
1490, in F**, steht ein langes Carmen mit folgendem Schluss : 



1. Ffxhter, Beiträge zur ältesten Geschichte der Buchdruckerkunst in 
Basel, im Basler Taschenbuch für 1863, S. 252. 

2. !X( artin Flach von Külielsheim der 'Drucker hat von Kat her inen siner 
Husfrowen wegen, Hans 'Dämmeren des Schusters 'Dochter, das 'Burgreht empfangen 
und geret mit den GoUsmyden ^u dienen, uff Zinstag nach omnium sanctorum. Bür- 
gerbuch. 

3. Huic (JKenlelio) successil ^Adolphus 'Bjtschius, mox xAdolpho t^artinus 
Flachus. Epitome rerum german., f> 39. 



io8 Die strassburger Buchdrucker vor 1^20. 

Crede mihi, verbis Simum laudabit (lectar') amicis 
!\Cartinum, impensis cuius id extat opus. 

^Njec minus ipse operam commendabit ^NJcolai, 
Qui studuit iurpes tollere falce notas. 

Wer dieser Poet und Correktor Nicolaus war, vermag ich 
nicht zu sagen. Ein ähnliches Stück findet sich im dritten Theil der 
Opera Ger sortis, 1494, in F*'; man liest darin folgende Distichen: 

^HjOscere forte voles quis sculpterit hoc opus ere, 
Tresserit has Chartas quisve characteribus, 

nie quidem Simus Martinus, littore T(heni 

Urbs dedit insignem cui %Argentina dotnum, 

nie inquam impensis qui nunquam, crede, pepercit, 
Lector amice, dabit his liber iste fidem. 

Von 1475 bis 1500 habe ich etwa 70 Drucke mit Flachs 
Namen gezählt; manche andere anonyme verrathen seine Presse 
durch die Gleichheit der Typen und des Formats. Das letzte von 
ihm herausgegebene Buch ist vom 20. September 1500*. Er starb 
den darauffolgenden 26. Oktober, nachdem er der Thomaskirche, 
zur Stiftung seines Anniversariums und desjenigen seiner Frau, 10 
Pfund geschenkt. Er hinterliess einen Sohn, der gleichfalls Buch- 
drucker ward; seine Wittwe heirathete ihrerseits einen Johann 
Knoblouch. 



6. Heinrich Knoblochtzer. Thomas Anshelm. Johann Eber. 

Peter Attendorn. 

I. Heinrich Knoblochtzer, Knoblotzer, Knoblitzer; der 
Name erscheint unter diesen drei verschiedenen Formen. Von 1478 
bis 1484 kennt man von Knoblochtzer nur sechs strassburger Drucke, 
alle in deutscher Sprache. 1479 Hess er seine vom Aussatz befallene 
Frau, Anna, in das Gutleutehaus bei der Rothenkirche aufnehmen; 



I. Confutatio iudaice secte magistri Johannis baptiste. Hain, n* 7879. 



Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 109 

wegen ihres boshaften und zänkischen Wesens wurde sie kurz 
darauf von den Pflegern wieder ausgewiesen. Nach 1484 verliess 
Knoblochtzer unsere Sudt^ seit 1489 findet man ihn als Buchdrucker 
zu Heidelberg. 

2. Thomas Anshelm, von Baden, druckte zu Strassburg ein 
deutsches Plenarium, das er den 10. Januar 1488 ausgab*. Sonst 
ist aus jener Zeit nichts von ihm zu melden; er tritt erst später 
wieder auf, zu Pforzheim, zu Tübingen und besonders zu Hagenau. 

3. In dem nemlichen Jahre 1488 erschien eine Scala coelt, 
von Johann Eber, von Landsberg in Bayern, gedruckt, das ein- 
zige Buch, das von ihm bekannt ist. 1473 war er als Drucker 
Burger geworden, nachdem er eine Tochter des Wagners Erhard 
Kännel geheiratliet, in dessen Zunft er sich hatte aufnehmen lassen. 
Eigentlich nur einer der gemeinen Drucker, die für die grossen 
Verleger arbeiteten, wollte er einmal für sich selber das Glück ver- 
suchen; da es ihm, wie es scheint, nicht gelang, liess er es bei 
seiner ersten und letzten Publikation bewenden. # 

4. Peter Attendorn druckte seit 1482. In diesem Jahr bat 
er Adolph Rusch, ihm pro una pressura Lettern von Amerbach zu 
verschaffen; den 22. Oktober schrieb Rusch an seinen basler Freund, 
um ihm Attendorn als einen arbeitsamen Mann zu empfeiilen, der 
für Frau und Kinder ehrlichen Unterhalt suchte". Amerbachs Ant- 
wort ist nicht auf uns gekommen. Attendorn hatte zu Heidelberg 
unter Wimpheling studirt. 1489 erbat er sich den Rath seines ehe- 
maligen Lehrers über die Zweckmässigkeit der Herausgabe ver- 
schiedener kleiner Traktate und Reden; den 15. Oktober ermunterte 
ihn Wimpheling, in einem Brief aus Speier, diesen Gedanken aus- 
zuführen; der kleine, mit zwei Holzschnitten gezierte Quartband 
erschien dann unter dem Titel T)ireclorium statuum*. Weiter weiss 
ich nichts von Attendorn anzuführen; auch er scheint nur ein ge- 
meiner Drucker gewesen zu sein, der wahrscheinlich für Rusch ge- 
arbeitet hatte. Zugleich hatte er einen Buchladen; Wimpheling nennt 
ihn bibUopola. 



1. Hain, n« 6736. Die strassb. Bibl. hatte ein Exemplar des Buchs 

2. S. Beilage V, n«» 5. 

}. S. Hisloire litUraire de TxAhace, B. i, S. 21. 



HO Die strassburger Buchdrucker vor ij2o. 



7. JohannPrüss. 

Johann Prüss war ein 1447 geborener Würtemberger*. Er 
druckte zu Strassburg seit 1480, kaufte aber das Bürgerrecht erst 
1490 und ward Mitglied der Zunft zur Stelz. Seit 1504^ wenn nicht 
früher, hatte er seine Pressen in adibus zum Thi ergarten, in 
adibus lustri vulgo zum Thiergarten, da wo Mentels Of&zin ge- 
wesen war. Ausser einer kleinen Bücherbude "vor diesem Hause, 
hatte er eine grössere unter denen, die das Münster verunzierten. Als 
im Jahre 1506 die Schwaben Wimpheling beschuldigten, sie zu 
verachten, richtete dieser an Prüss, in seinem Namen und in dem 
der strassburger Gelehrten, eine Epistel, um ihm ihre Achtung für 
seine Landsleute zu bezeugen*. Prüss starb, 63 Jahre alt, den 16. 
November 15 10, als er eben mit dem Druck eines schönen strass- 
burger Breviers beschäftigt war*. Eine seiner Spezialitäten war die 
Herausgabe von liturgischen Werken; man hat von ihm Martyro- 
logien mit Kalendern, Messbücher, Graduale, Psalter mit den Musik- 
noten; 1509 beauftragte ihn Hermann von Embden, ein !hCissaU 
für Hamburg zu drucken. Ausserdem gab er Schriften von Theo- 
logen, Medizinern, Geschichtschreibem, Grammatikern, Humanisten, 
klassischen Autoren, u. s. w. 

Seine Wittwe heirathete den Buchdrucker Reinhard Beck; 
sein Sohn gründete eine Offizin in einem andern Viertel der Stadt. 

Er hat zwei Marken gebraucht, eine grössere und eine kleinere; 
beide enthalten sein von einem T und einem S gebildetes Mono- 
gramm*, darüber der kaiserliche Adler, unten ein von einem Hag 
umgebener und mit einer Thür verschlossener Thiergarten mit 
verschiedenen Thieren, Symbol des Hauses. Auf der grossem Marke 



1. Prüs, Pryss, Prys, Prüssc, Brysc, immer derselbe Name. 

2. Ein Gedemlin, Dimin. von Gadem, Gaden. 

3. Epistola excusatoria ad Suevos. urgent,, i$o6, in-4«. 

4. ExpHcit dieses Breviers : . . . dehinc per subtUissintum ealcbograpbia 
artificem Joannem *Bryse, qui sua industria rem Uierariam plurimum adauxit , paucis 
demptis quaiemionibus transcriptum , quo defuncto sue etatis anno LXiii. die xvi. 
novemhris anno vero domini /5/0, (andern successores sui consummaverunt prima die 
marcii anno domini ijir, 

5. S. die Notiz über Job. Schott. 



Die strassburger Buchdrucker vor 1^20. 1 1 1 

ist das Monogramm in einem von zwei Löwen gehaltenen Schild, 
und die Thüre ist von zwei Affen bewacht. Da, wie weiter unten 
gezeigt werden soll, das Monogramm nicht älter ist als der Anfang 
des sechzehnten Jahrhunderts, so kann man nicht sagen, Prüss sei 
der erste strassburger Drucker, der sich einer Marke bedient; Martin 
Schott und Grüninger haben solche schon auf Werken aus dem 
Ende des fünfzehnten Jahrhunderts. 



•8. Martin Schott. 

Martin Schott, aus einer alten strassburger Familie, war ein 
Sohn von Friedrich Schott, der, nachdem er Holzschneider und 
Bildhauer gewesen, im Jahre 145 1 sein Kunstgewerbe aufgegeben 
hatte. Der gelehrte Canonicus Peter Schott war Martins Vetter, 
eine Tochter Mentels, deren Name nicht erhalten ist, ward seine 
Frau. 1492 besass er, in der Dornengasse, das Haus, das seinem 
Schwiegervater gehört hatte. Da die Pressen dieses letztem auf 
Rusch übergiengen, musste Schott sich ein neues Material an- 
schaffen; auch unterscheiden sich seine Drucke durch Format und 
Typen von denen, die als solche von Mentel und Rusch bekannt 
sind. Das erste mit einem Datum von ihm herausgegebene Buch 
ist von 1481, das letzte vom 10. März 1499'. Obgleich er ver- 
mögend war, so scheint doch seine Offizin keine sehr bedeutende 
gewesen zu sein; während der achtzehn Jahre seines Wirkens, hat 
er nur wenig Werke geliefert, die einen lateinisch, die andern 
deutsch, die meisten von Holzschnitten begleitet. Er starb den 
22. November 1499. Seine Marke ist der mit seinen Wurzeln ver- 
sehne Baum, der das Schottische Familienzeichen war; er steht 
zwischen den Anfangsbuchstaben des Namens !\C. S. 

Auch Martins Sohn, Johann, widmete sich der Typographie. 



1. Das erste ist ein deutsches Plenarium in-f*, dessen Titelseite ein 
grosser Holzschnitt ausfüllt, und das vom 4. Oktober 1481 datirtist; das letzte 
st WiMPiiELiNGS ^gatharchia, 21. November 1498. 



112 Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 



9. Johann Grüninge r*. 

In den Jahren 1441 und 1442 lebte zu Strassburg ein Maler 
Johann von Grüningen, 1468 ein Schuster, Sifrid von Grüningen, 
Besitzer eines Hauses in der Kurdewangasse. Wegen des engen 
Verhältnisses, in dem ursprünglich die Maler und Drucker zu ein- 
ander standen, könnte man versucht sein, Johann Grüninger, den 
Buchdrucker, für einen Sohn Johanns von Grüningen, des Künst- 
lers, zu halten, wenn nicht der Name Reinhardi, den er häufig 
seinem Vornamen beifügte, ihn als den Sohn eines Reinhard be- 
zeichnete". Die Formeln Johannes de Grüningen, magister Johannes 
dictus T(einhart de Grüningen, lassen keinen Zweifel über seinen 
Geburtsort, er war von Grüningen in Würtemberg. 

1480 trifft man Meister Hans Grüninger als Drucker zu Basel; 
da er Meister genannt ist, so hat er in dieser Stadt nicht als blosser 
Geselle gearbeitet, er machte wohl nur eine Reise, um sich in 
seiner Kunst zu vervollkommnen. Zu Strassburg kaufte er das 
Bürgerrecht den 2. Oktober 1482 und schloss sich der Zunft der 
Goldschmiede an. Bereits den 28. August des folgenden Jahres 
vollendete er, gemeinschaftlich mit Heinrich von Ingweiler, gleich 
ihm impressoria artis magister genannt, den Druck der Historia 
schoIasHca: Der übrigens völlig unbekannte Heinrich von Ingweiler 
blieb nur kurze Zeit in der Genossenschaft; man hat von dem nem- 
lichen Werk Exemplare mit dem nemlichen Datum, aber nur mit 
Grüningers Namen; unsere Stadtbibiiothek hatte eines unter den 
Johanniter-Incunabeln besessen*. Von den Erzeugnissen seiner Presse 



1. Der Name kommt auch unter den Formen vor: Gniniger, Greninger, 
Grieninger, Grienninger, Greininger, Greninger, Groininger, Gürninger, lauter 
Versehn der Setzer und Correktoren. 

2. Johannes 1(fynardi alias Grüninger, 1489 — 1494, 1498, i$o6. — Gegen 
Ende des XV. Jahrh. war ein Heinrich GrOninger oder Groninger Lehrer der 
Rhetorik und der Poesie zu Nürnberg. Waldau, Beiträge zur Geschichte der 
Stadt Nürnberg. Nürnberg, 1786, B. 4, S. 237. 

3. In Folge eines Versehns Hess man in den Exemplaren, die nur noch 
den Namen Grüningers haben , den Flur, factorihus magistris stehn. Beide Drucker 
trennten sich zu einer Zeit als schon eine gewisse Anzahl von Exemplaren 
fertig war; in den folgenden begnügte sich Grüninger den Namen Heinrichs 
von Ingweiler wegzulassen. Vergl. auch Madden , 4* sirie, S. 282. — Die von 



Die strasshnrger Buchdrucker vor ij20. 113 



aus dem Jahre 1484 ist besonders eine, mit rotlien Rubriken und 
Initialen verseiine ^Cargarita mariiniana, nebst der Concordia discor- 
dantium canonum mit den Glossen des Bartholomäus von Brescia in 
gross Folio hervorzuheben, eines der schönsten Bücher jener Zeit*. 
1487 druckte Grüninger, ohne seinen Namen beizufügen, ein Missale 
und ein T>iurnale für das Cistercienscrkloster Baümgarten; um ihn 
zu bezahlen, entlehnte der Abt Nicolaus Widenbosch (ßalicetus) 70 
Gulden von dem schweizerischen S. Urbanskloster; durch die hier- 
über ausgefertigte Urkunde erfahrt man, dass Grüninger der Heraus- 
geber war". Zwei Jahre später liess derselbe kht SQmtn %AnHdotarius 
anima bei ihm drucken. Von da an werden seine Publikationen 
immer zahlreicher; sie begreifen alle Theile der Wissenschaft und 
der Litteratur; es sind darunter merkwürdige und höchst selten 
gewordene Ausgaben von Terenz, Horaz, Virgil, lateinische und 



Grüninger gedruckte 'Biblia aurea des Augustiners Antonius de Rompigollis 
wird von einigen Bibliographen ins Jahr 1465 gesetzt« Vergl. Sciiöpflik, 
Vind. typ,, S. 43. Panzer, B. 6, S. 69, liest das Datum mcccccxv; Hain, 
n* 13685 hat Mcccclyv, und fugt bei forte 1495. Die Jahrzahl, in der das x 
eine eigenthömliche, auch sonst vorkommende Gestalt hat, ist deutlich mccccixv, 
was nichts anders sein kann ab 1495. 

1. Die ^argarita mariiniana und die Concordia, obschon jede ihre eigenen 
Signaturen hat, gehören zusammen. Erstere hat aut der Rückseite des letzten 
Blattes ein einfaches Explicit ohne Datum und Ort. Am Ende der Concordia 
steht : Divinus iste ac insignis decretcrum codex una cum apparalu 'Barlhohtnei 
'Brixiensis accuralissime Jobannis Grüninger impensis %ArgerUine feUciler est consum- 
matus. ^nno nosire salutis miUesimo quadringentesimo octogesimo quarto pridie nonas 
septembrias. 

Es scheint indessen, dass beide Werke auch separat verkauft wurden. 
Hain, n« 7901, beschreibt die tkCargarita ohne die Concordia, und von dieser 
gibt es mehrere besondere strassburger Ausgaben. 

2. thCissale cisterciense. Ohne Utel. F. i^: Qmmissio. . Jobannis ahbaiis 
Cistercii, . de missaUbus ac breviariis ordinis imprimendis. F« 2*: Executio dide 
commissionis per. . VJcolaum abbatem monasterii de Tomerio alias 'Bomgart, Am 
Ende : %^nno miJlesimo quadringentesimo octogesimo septimo pridie vero nonas sep- 
tembris» S. L, in-f». Den 27. August 1487 bekennt Abt Nicolaus dem S. Urbans- 
kloster eine Sonmie von 100 Goldgulden schuldig zu sein, wovon 70 um 
Grüninger für den Druck des tJ^issale und eines DiumaU zu bezahlen. (Herr 
Theodor von Liebenau , Staats-Archivar von Luzern , war so gefällig mir diese 
Notiz mitzutheilen.) Von dem 'Diumale befand sich ein Exemplar in der Bibl. 
unserer Karthanse. 1494 druckte Grüninger auch ein 'Breviarium, . proiä in 
Gstertio fsaUUmr, in-8* ; gleichfalls fiür Baümgarten ? 

8 



114 ^^^ strassburger Buchdrucker 'vor Jj20, 

deutsche Predigt-Sammlungen, namentlich, von Geiler von Kaisers- 
berg, populäre Werke über Chirurgie und Medizin, Wörterbücher, 
Legenden, Romane, Schriften von Klassikern, Theologen, Canonisten, 
Humanisten, Kosmographen, u. s. w. Ich habe schon in der Ein- 
leitung auf Grüninger als Nachdrucker hingewiesen, - und zugleich 
bemerkt, dass gerade er unter den ersten war, die sich durch 
Privilegien gegen den Nachdruck zu schützen suchten. 

Während mehrerer Jahre dienten ihm Matthias Ringmann, 
Johann Adelphus, Gervasius Sopher als Correktoren. Trotz der 
Mühe, die sich diese jungen Gelehrten und andere gaben, um die 
Probebogen zu reinigen, wimmeln viele seiner Drucke von Fehlern, 
die von der Ungeduld zeugen, die Bücher so schnell als möglich 
in den Handel zu bringen. Es scheint, man machte ihm einmal 
Vorstellungen darüber; in einer 1306 erschienenen Schrift sagt der 
Verfasser des Explicit, sie sei solito limatius gedruckt*. Die alte Ge- 
wohnheit nahm aber bald wieder überhand, die litna wurde nicht 
strenger gehandhabt als vorher. Die Pagination besonders ist so 
fehlerhaft, dass, wenn man die Bücher nicht genau collationirt, man 
geneigt ist, sie für unvollständig zu halten*. Die Drucke Grüningers 
aus der ersten Zeit seiner Thätigkeit lassen in diesem Bezug weit 
weniger zu wünschen übrig; später, als er auf immer grössern Ab- 
satz speculirte, nahm er es nicht mehr so genau. Was dagegen 
seine Typographie vortheilhaft auszeichnet, das sind seine zahl- 
reichen Holzschnitte und Verzierungen. Er konnte 'mit Recht sich 
rühmen, grosse Kosten darauf zu verwenden*. Bei den verschiedenen 



1. Opusculum !\Cich, Coccinii etc. S. oben Seite 86, Note i. 

2. Sogar die Jahrzahlen und die Verfassernamen sind nicht immer richtig. 
Das 'Buch der Cirurgia, . durch Hieronymus 'BrunscJnvig , in-f», erschien zuerst 
mit dem Explicit : Durch Johannes Grüninger gedruckt und volendt ^ Strasburgk 
uff Zinstag noch sant peter und pauls dag, anno damini M. ccc. xcvii. Wegen des 
Fehlers druckte Grüninger das leute Blatt noch einmal und setzte M. cccc. xcvii. 
Die Pariser National-Bibliothek besitzt zwei Exemplare des Buchs, das eine mit 
dem falschen Datum, das andere mit dem richtigen. Von Geilers Sermones de 
arbore humana, die 15 14 erschienen, gibt es Exemplare mit einem etwas ver- 
schiedenen Titel und der Jahrzahl 1414. Das Werk Drutmars, 15 14, hatte zuerst 
auf dem Titel: Cristiani Druthinari, . Als man den Fehler bemerkte, wurde 
ein neuer Titel gedruckt. 

3. Von dem mit zahlreichen Holzschnitten gezierten Virgil, IS02, in-f*, 
heisst es impressum. . impensa non mediocri magistri Johannis Grieninger. 



Die strassburger Buchdrucker vor 1^20. 115 

Zeichnern und Formschneidem, die für seine Offizin gearbeitet 
haben, erkennt man am deutlichsten die Eigenthümlichkeiten der 
elsässischen Schule. Er besass eine solche Menge von Holzstöcken, 
dass er sie ohne Wahl für die ungleichartigsten Werke benützte; 
so kommen z. B. einige der Bilder des Vu-gils von 1502 auch in 
den deutschen Uebersetzungen von Julius Cäsar und Titus Livius 
und sogar in den Predigten Geilers über die Enteis vor; ein mit 
Epheu gekrönter Poet, der zuerst in einer kleinen Schrift Lochers 
1497 erscheint, tritt wieder auf in den Werken des Horaz 1498, 
in Brunschwigs Über pesiilentialis 1500, in Geilers Predigten über 
die Sünden des Munds 15 18, ja noch in dem 1535 von Grüningers 
Sohn Bartholomäus besorgten Wiederabdruck des Barbarossa. U. s. w. 
Grüningcr hat übrigens einige schöne Alphabete von Initialen und 
äusserst zierliche Titel-Einfassungen im Styl der deutschen Renais- 
sance. Würden eine sorgfältigere typographische Ausführung und 
ein besseres Papier diesem künstlerischen Charakter seiner Drucke 
entsprechen, so verdiente er eine der ersten Stellen. 

Er ist der einzige der strassburger Buchdrucker, der nach 
der Reformation fortgefahren hat, katholische Traktate herauszu- 
geben. Da die Behörden die Schmachbücher von Neuem verboten, 
fügte er der im November 1522 von ihm gedruckten Schrift 
Murners, Ob der Künig usz Engelland ein Lügner sey oder 
der Luther, diese charakteristische Entschuldigung bei: • . . hab 
ich . . dis Buch gedruckt in guter Hoffnung nieman mir 
solchs verargen werd, wie wol mich etlich angeret ich 
sol es ein andern trpkcn lassen. Mag doch ein ieder 
frummer wol bedenken das ich mit meiner Handtierung 
dis und ander Trück mein Narung suchen musz. Diesen 
Traktat liess man dahin gehen. Den 19. Dezember erschien aber 
bei Grüninger das höchst beleidigende Gedicht Mumers vom grossen 
lutherischen Narren, für das er sich ein kaiserliches Privilegium für 
fünf Jahre zu verschaffen gewusst hatte. Drei Tage darauf beschied 
der Rath sämmtliche Buchhändler und befahl ihnen, die Exemplare 
an die Kanzlei auszuliefern. Grüninger gab nicht alle; in denen die 
er zurückbehielt, ersetzte er das Privilegium durch eine der eben 
angegebenen ähnliche Erklärung*. Nichtsdestoweniger wurde was 



I. S. Histoirt litUraire de TsAlsace, B. 2, S. 245. Man kennt einige wenige 



ii6 Die strassburger Buchdrucker vor 1^20, 

• 

sich noch vorfand in Beschlag genommen und vernichtet, wesshalb 
auch dieses Buch zu den von den Bibliophilen am eifrigsten ge- 
suchten Seltenheiten gehört. 

Grüningers Ruf verschaffte ihm mehrmals Bestellungen von 
Seiten auswärtiger Verleger. 1502 druckte er für Conrad Hist von 
Speier die juristischen Traktate des Roffredus von Benevent. In 
eben diesem Jahr verkaufte er an Johann Schönsperger von Augs- 
burg das Eigenthumsrecht auf ein Heiligenleben, das er zu 1000 
Exemplaren gedruckt hatte; er verpflichtete sich, nur 200 davon 
für sich zu behalten, sie nicht ausserhalb Strassburgs und zu keinem 
andern Preis als ein Gulden das Exemplar zu verkaufen, vor Ab- 
lauf .von sechs Jahren das Buch nicht neu aufzulegen und die Holz- 
stöcke der Bilder an Schönsperger abzuliefern, als Beweis fbr diesen, 
dass er allein der rechtmässige Besitzer der Ausgabe war*. Für 
Anton Koburger druckte er, 15 10, die lateinischen Predigten des 
französischen Barfüsserprovinzials Nicolaus Denise; 1524 und 1525 
für denselben eine von Pirkheimer besorgte Ausgabe der Geographie 
des Ptolemäus. Die Karten Hess er durch einen Kartenmaler 
coloriren, und die Seiten des Textes zierte er mit kunstvollen Rand- 
leisten. Als er die ersten Bogen nach Nürnberg schickte, wollten 
sie hier nicht gefallen, das Malen und die Leisten nannte man eine 
Gaukelei, auch fürchtete man, der Druck würde zu theuer werden.. 
Grüninger beschwerte sich darüber in einem Brief an Pirkheimer; 
pariser und lyoner Buchhändler, die auf einer Messe die Bogen 
gesehn, und Spanier, denen er sie selber während des letzten Reichs- 
tages gezeigt, hätten ihn höchlich desshalb gelobt; weil man aber 



Exemplare des Buchs, die einen mit dem Privilegium, die andern mit dieser 
Schlussnote : . . . Des hat er (!\Curner) mir auch zugesagt, das dis büchlin niitiums 
soll stnehen, sunder in der narrenkappen us^gon. Uff solchs hah ich, Johannes Grie- 
ninger, das angenumen, so ich mich auch truchens mus^^ enteren, und mein bände! 
ist. Von mir getruckl niemans :(u lieb noch :(u leid, . . Jahrzahl und Monatstag sind 
in beiden Arten von Exemplaren die nemlichen. 

I. Der Entwurf des Vertrags, 24. März 1502» ist abgedruckt in Petzholds 
Neuem Anzeiger für Bibliographie, Dresden, 1877, 11. Lieferung, und im 
Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels, 1880, 5. Lieferung, S. 8). 
Das von Grüninger gedruckte Buch wird im Vertrag Vassionalia genannt; der 
wahre Titel ist Der Heiligen leben nüw mit vil me Heilgen und dap;u der 7*as* 
sion. , . 2 Th. in-f», 28. Februar 1502. 



DU slrassbnrger Buchdrucker vor 1^20. 117 

sparen wolle, werde er das weitere Verzieren unterlassen ^ In dem 
den 30. März 1525 ausgegebenen Buch finden sich auch in der 
That von Bogen T an keine Randleisten mehr. 

Das letzte von GrQninger gedruckte Buch ist vom 10. März 
1529*. Es scheint, dass er sich als Drucker zurückzog, um nur noch 
als Verleger thätig zu sein. Im Jahre 1529 machte Amandus Farkal, 
der seit 1523 einiges zu Colmar und zu Hagenau gedruckt, zu 
Strassburg eine neue Auflage des zuerst 1520 von GrQninger heraus- 
gegebenen Barbarossa von Johann Adelphus; 1530 erschien bei 
dem nemlichen Farkal, «in Johannes Grüningers Kosten», die 
Historie von Flore und Blancheflore. Aber auch ein Sohn Grü- 
ningers, Bartholomäus, druckte zu Strassburg im Jahr 1529 und 
in den folgenden, zum Theil mit Bildern nach ziemlich abgenützten 
Hokstöcken aus der väterlichen Offizin. Ein andrer Sohn, Christoph, 
impressar librorum, kaufte 1525 ein Haus und einen Garten hinter 
der Fischerstube; wahrscheinlich war er an dem Geschäft seines 
Vaters betheiligt; später kommt er nicht mehr vor. 

Grüningers Todesjahr ist noch nicht ermittelt*. Seine Pressen 
soll er in der Schlauchgasse in dem nemlichen Hause gehabt haben, 
in dem sich seit mehr als anderthalbhundert Jahren die Heitz'sche 
Druckerei befindet. Für den Verkauf seiner Bücher hatte er eine 
der Münsterbuden gemiethet. Seine Marken sind folgende: i. In 
einem länglichen Viereck auf schwarzem Grund ein weisser Kreis, 
auf dessen Durchmesser ein Monogramm steht; eine der senkrechten 
Linien dieses letztern durchbricht oben den Kreis und endet in 



1. Der Brief ist vom 17. Februar 1525. Fac-simile bei Lempertz, Bilder- 
Hefte, Tafel }i. Im nürnberger Archiv sind noch einige andere, auf diesen 
Druck bezügliche Briefe Grüningers aufbewahrt ; ich weiss nicht ob sie irgendwo 
veröffentlicht worden sind. 

2. Geberi pbilosophi ac alcbimisltc maximi de akbimia libri tres. Panzer, B. 6, 
S. 115. 

3. Nach Wohlfahrt Spangenberg, Kon der edeln Kunst der tSCmica {lAs, 
auf unserer ehmaligen Bibl.), war Grüninger 1508 Mitglied eines Gesangvereins. 
Röhrich, Gesch. der Reformat. im Elsass, Strassburg, iSjo, Th. j, S. 127, 
sagt irrthümlich, Grüninger habe in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zur 
Gesellschaft der Meisiersänger gehört, Franck, in der Allgemeinen deutschen 
Biographie, B. 10, S. 53, setzt die Sache sogar ins Jahr 1590, muss aber 
natürlich vcrmuthen, dass es sich um einen andern Joh. Grüninger handelt als 
der Drucker. . 



Ii8 Die strassburger Buchdrucker vor if20» 

einem, von der strassburger Lilie überragten Kreuz; unter dem 
Durchmesser rechts ein Stern; über dem Kreis, zu beiden Seiten 
des Kreuzes, die Buchstaben E. F. und ©. F.; ich weiss nicht, 
welche Namen sich hinter diesen Initialen verstecken. Das Mono- 
gramm, in dem man ein M; erkennen kann, war vielleicht Grüningers 
Haus- oder Handelsmarke. — 2. Der mit einem Nimbus gekrönte 
Adler des - Evangelisten Johannes, mit einer Klaue ein offenes Buch 
haltend, auf dem das Monogramm; darüber auf einem Spruchband 
Sanctus Johannes. — 3. Ein Wappenschild mit dem Monogramm, 
an einem Baum hängend und von einem Adler und einem Löwen 
gehalten. — 4. Das Monogramm in einem kleinen länglichen Schild, 
in der Titelbordure einiger Traktate nach 1520. 



10. Matthias Hupfuff. 

Der älteste Druck, den ich mit dem Namen des strassburger 
Bürgers Matthias Hupfuff* gefunden, ist eine Fiola sanctorum von 
1492; der letzte ist aus dem Monat März 1520*. Manches von ihm 
ist namenlos. Er hat besonders viel deutsche, populäre Schriften 
herausgegeben, Erzählungen, Legenden, Lieder, Kalender, Traum- 
und Räthselbücher; dazu ein Heiligenleben, zwei Bände Geiler*scher 
Predigten, einige Satyren Murners und die von Brant besorgten 
neuen Auflagen des' Layenspiegels und des Klagspiegels; 15 14 ver- 
kaufte ihm Murner für 4 Gulden seine Gcuchmatt, in der er, deiner 
Gewohnheit gemäss, auch Geistliche und Mönche nicht schonte; 
seine strassburger Ordensbrüder, die Wind davon bekamen, klagten 
bei dem Magistrat; dieser liess sogleich in der Druckerei das 
.Manuscript confisciren; auf Brants Verwendung erhielt es jedoch 
Mumer zurück, er musste aber seinerseits an Hupfuff das mehr 
als bescheidene Honorar zurückgeben'. 

Hupfiiff hat auch lateinische Bücher gedruckt, meist • von 



1. Sein letzter datirter Druck, Tapt. f^antuani fastorum UM, in-4*, ist 
vom Monat März 1520. 

2. S. Histoire lUUraire de fxAUace, B. 2, S, 231.' 



Die strassbnrger Buchdrucker vor ij20. 119 

Theologen und Humanisten. Viele seiner Publikationen sind iUustrin^ 
die einen durch anderswo erschienenen Schriften entlehnte Bilder, 
andere durch eigens für ihn zum Theil von Urs Graf angefertigte 
Hokschnitte. Er hatte zwei Buden, die eine unter der Treppe der 
Pfalz, die andere seit 1509 bei dem Munster. Da seine deutschen 
Drucke dem Geschmack der Zeit entsprachen, verkaufte er oft be- 
trächtliche Quantitäten an die Buchhändler; im Jahr 15 16 schuldete 
ihm Knoblouch für gelieferte Bücher eine Summe von 1984 Gulden, 
deren Zahlung er und seine Gattinn vor einem Notar ihm ver- 
bürgten '. 

Er war zwei Mal verheirathet. Seine erste Frau, Elsa Klemm, 
von Oppcrshofcn in der Mainzer Diöcese, erkrankte 1509 an dem 
Aussatz, worauf er eine gerichtliche Theilung der Möbel, Uten- 
silien und silbernen Geräthe machen liess, die sie gemeinschaftlich 
mit einander besessen hatten'. Nach ihrem Tod eheUchte er Bri- 
gitu Zorn; er selber starb 1520'. 

Seme Marke, wie sie in der untern Bordüre einiger Titel er- 
sichtlich ist, besteht aus den Anfangsbuchstaben seines Namens, 
i\C H, zwischen einem wilden Mann und einer wilden Frau. 



^ ^ ^^ ^ .^ 



II. Wilhelm Schaffner von Ropperschwiler. 

Ein Drucker Namens Wilhelm, deutsch als Schaffner, lateinisch 
als procurator von Roperswilre oder Roperschwilcr bezeichnet, 
ist eine ziemlich räthselhafte Persönlichkeit. Ropperschwiler ist ein 
Dorf in der ehmaligen Grafschaft Pfirt. Schaffner, nach damaliger 
Sitte durch procurator übersetzt, kann nur Personenname sein; ein 
an ein festes Amt gebundener Verwalter hätte nicht, wie der be- 
sagte Wilhelm, als wandernder Buchdrucker eine kleine Presse im 
Land herumgeführt, um bald da, bald dort einmal ein Buch heraus- 
zugeben. Die zwei ersten der sieben Drucke, die man von Schaff- 



1. Stadt- Archiv, Varia , %Aciei judiciair es. 

2, Register der Contraktstube. 

). Seine Wittwe heirathete Philipp Hofe, von Baden. 



120 Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 



ner kennt, ein 1498 und nochmals 1500 erschienener Horhilus 
anima, sind von Strassburg dadrt; dann folgen ein deutsches Ple- 
narium 1506 zu Dutenstein, die Sermones des Leipziger Doctors 
Georg Morgenstern 1508 ohne Druckort und 15 13 zu Strassburg, 
die Gemma gemmarum 1 514 zu Lohr am Main, endlich die Predigten 
Morgensterns zum dritten Mal, zu Strassburg 151s*- Diese Ausgabe, 
so wie die von 15 13, hat am Ende ein Bild der Kreuzigung, das 
einen andern Styl verräth als den der elsässischen Schule. 



12. Bartholomäus Kistler. Matthias Brant. 

1. Der Maler Bartholomäus Kistler von Speier kaufte 
i486 das strassburger Bürgerrecht. So wie andere seiner Kunst- 
genossen errichtete er eine Druckerpresse. Von 1497 bis 1509 gab 
er etwa dreissig deutsche, der volksthümlichen Litteratur angehörige 
und zwei kleine lateinische Traktate heraus. Unter denjenigen seiner 
Bücher, die mit Holzschnitten geziert sind, ist besonders eines der 
Beachtung werth, eine unter dem Titel TPracüca im Jahr 1502 ge- 
druckte und vom hiesigen Maler Johann Schrotbank verfasste 
Sammlung astrologischer Prophezeiungen. Zwei der Bilder dieser 
sonderbaren Schrift sind offenbar von Schrotbank gezeichnet^ sie 
stellen ihn selber vor. Kistlers OfEzin war am Grieneck, dem 
Spital gegenüber; beim Münster hatte er einen Buchladen, den er 
1509 an Hupfuff abtrat. Da dieser sich in der Folge auch einiger 
Holzstöcke Kistlers bediente, so ist zu vermuthen, dass Letzterer 
sein Geschäft aufgegeben hatte, um nur noch der Malerkunst zu 
leben. Von 15 17 bis 1520 war er für die Zunft zur Stelz Mitglied 
des Raths. 1525 lebte er nicht mehr; in diesem Jahr wurde Grüninger 
zum Vormund seiner Tochter Agnes bestellt. 

2. Matthias Brant, ein Bruder Sebastians, hatte 1500 eine 
Presse in dem Haus zum Rosenganen am Weinmarkt. Zwei Drucke 



I. Hortuhis anima, Hain, n« 8936, 8938. — Tlenarium, Pahiek, Annalcn 
der altern deutschen Litteratur, B. i , S. 272; ich weiss nicht besser als Panzer 
wo Dutenstein zu suchen ist. — Ganma gemmarum ^ Weller, n« 866. Die drei 
Ausgaben der Sermones von Morgenstern habe ich selber gesehn. 



Du strassbnrger Buchdrucker vor IS20. 121 

werden von ihm angeführt, ein l(egimm sanüaUs 15 00', und eine 
Ausgabe ohne Datum von Wimphelings ihCedulla ekgantiarum\ Der 
berliner Antiquar Herr Albert Cohn hat in seinem Catalog von 
1877 ein Rechtsbuch des Bischofs Kanut von Wiborg in lateinischer 
und dänischer Sprache 1504 zu Ripen in Jutland gedruckt, opera 
iXCathet Vrand artis impressoria magisiri. Panzer, der diese Ausgabe 
nicht kennt, beschreibt eine andere aus dem Jahre 1508 opera 
diligentiaque iXCathei Vrand^. Kommt einem da nicht der Gedanke, 
dieser Brand könnte der unsrige sein? Der Buchdrucker von Ripen 
ist zweifellos der nemliche, der 1485 und i486 zu Lübeck einiges 
herausgegeben hat. Welche wunderliche Fahrten müsste man aber 
voraussetzen, um seine Identität mit dem strassbnrger glaubhaft zu 
machen! Vor 1485 von Strassburg nach Lübeck, 1500 wieder zu 
Strassburg, 1504 und 1508 in Judand und bald nachher abermals 
in der Heimath! Es ist übrigens zu bedenken, dass unser Brant 
nicht Matthäus, sondern Matthias hiess. Er war in seiner Vaterstadt 
geblieben, hat aber, wie es scheint, seit den ersten Jahren des 
Jahrhunderts nichts mehr mit seinem Namen gedruckt. 1511 ver- 
beiratliete er seine Tochter an den Buchdrucker Conrad Kemer, 
von dem weiter unten. 



13. Johann Schott. 

Johann Schott, Sohn Martin Schotts und Enkel Johann Mentels, 
besuchte die Vorlesungen einer facultas ariium und wurde Humanist 
genug, um in gutem correktem Latein Briefe und Vorreden zu 
schreiben; er verfasste sogar oder compilirte vielmehr, för den 
Schulgebrauch, ein Enchiridtutn poeticum\ Gebwilers Aussage gemäss, 
bewahrte er als Familien-Erbstück die handschriftlichen Traktate 
Mentels, von denen oben die Rede gewesen. In den Jahren 1500 



1. Weller, n« 168. 

2. xAmanitales fribnrgenses , S. 180. 

3. B. 8, S. 245. 

4. 15 13, in-4«, am Ende ein Holzschnitt von Hans Baidung, Maria mit 
dem Kind. 



122 Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 

bis 1502 hat er zu Strassburg gedruckt*. 1503 ging er mit seiner 
Presse nach Freiburg, um da zum ersten Mal die !XCargarita philo- 
sophica des Karthäuserpriors dieser Stadt, Gregorius Reisch, heraus- 
zugeben*. Nach Vollendung dieses Werks kehrte er nach Strassburg 
zurück. Den 26. Februar 1504 trifft man ihn unter den Buch- 
druckern, denen der Magistrat verbot, der Republik oder den Sitten 
gefährliche Schriften zu drucken. Den folgenden 16. März erschien 
die zweite Ausgabe der t\Cargariia, opus , . rursus exaraUim pervigili 
nova itemque secundaria hac opera Joannis Schotti %Argentintnsis chalco- 
graphi chis. Auf das Explicit folgt ein gegen einen Nachdruck 
Grüningers gerichtetes Distichon: 

Hoc nisi specteiur signatum nomine Schotti, 

^Njinquam opus exactum, candide lector, emes*. 

Hier scheint sich nun aber eine Schwierigkeit zu erheben. 
Conrad Pellicanus, von Ruffach, der seit 1502 bei mehreren basler 
Buchdruckern als Correktor thätig war, berichtet, er habe als solcher 
auch für Johann Schott gearbeitet, «als er die thCargarita zum 
zweiten Mal druckte*». Es ergiebt sich aus seiner Erzählung, dass 
er 1503 und 1504 zu Basel war, dass er also die Correkturen nicht 
zu Strassburg gemacht hat. Wäre demnach die thCargarita zu Basel 
gedruckt ? Dagegen spricht die Anwesenheit Schotts in seiner Vater- 
stadt im Februar 1504. Er hat offenbar die Probebogen nach Basel 
geschickt, was sich leicht begreift, wenn man annimmt, er habe 
das Werk gemeinsam mit Michael Furter herausgegeben, so wie er 
auch im Februar 1508 als dessen complex genannt wird für die 
dritte Original- Ausgabe der !\Cargarita*. 



1. Seine erste Publikation mit einem Datum ist : 'Die vier und ^ueniig 
%AUen, in-f>, 28. März 1500. 

2. Chalcographaium pritnicidli hac pressura Friburgi per Johattnem SchotUun 
%,4rgentinenseni , citra festum ^argarethtc anno graUa M. ccccc. iii. 

3. Grüningers Nachdruck war den 24. Februar 1504 erschienen, 20 Tage 
vor der zweiten Ausgabe Schotts. 

4. Operas quoqtie tneas. . coUocavi, . impressoribus, ,, sie quoque Joanni Scoto 
%Argentinensi , imprimenti tunc t^argaritam philosophicam vice secunda. Das Chro- 
nikon des Konrad Pellikan, herausg. von Bernhard Riggenbach. Basel, 1877, 
S. 28. 

$. Diese dritte Ausgabe ist gleichfalls von Schott gedruckt, obgleich am 



Du slrassburger Buchdrucker vor Ij20. 123 

Zwischen dem 16. März 1504 und dem Monat Februar 1508 
ist kein anderer Qruck von Schott bekannt. Sein Name erscheint 
erst wieder 1509 in einer Schrift Thomas Mumers'; man weiss 
jedoch nicht, wo er damals seine oßicina libraria hatte. 1504 hatte 
Prüss die seinige im Haus zum Thicrgarten, wo früher Schotts 
Grossvater Mentei und sein Onkel Rusch gearbeitet. In dem aus 
einem 7 und einem 5 zusammengesetzten Monogramm von Prüss 
bezieht sich das S vielleicht auf Schott, so dass zwischen Beiden, 
unter der Firma Prüss, während einiger Zeit eine Geschäftsgenbssen- 
schaft bestanden hätte, über die uns aber alle Nachrichten fehlen, 
und die sich aufgelöst hatte als Schott 1508 wieder mit Furt er in 
Verbindung trat*. Diese Hypothese würde am besten erklären, 
warum seit 1504 bis 1508 kein anderes Produkt der Schottischen 
Presse mit seinem Namen als die (Kargarüa sich nachweisen lässt. 
Von 1509 an druckte er ohne Unterlass bis zu seinem Tod zahl- 
reiche Werke. 15 10 gab er mehrercs heraus auf Kosten seines 
Freundes Georg Uebelin, Maxillus genannt, Signatar des bischöf- 
lichen Gerichts*. Seit 15 13 bediente er sich auch griechischer Let- 
tern. Sowohl strossburger als fremde Verleger liessen bei ihm 



Ende steht: *Basilea, 1508. Voran steht ein langes Carmen son Ringmann Phi- 
lesius, mit dem Distichon: 

Tertia quam docU laiidaia impressio ScboUi 
Fuso ttutic nitidii fabricat are nolis, 

Grüninger, der im nemiichen Jahr die Margarita noch einmal nachdruclcte, 
scheute sich nicht auch das Cartiun aufzunehmen, nur liess er die zwei auf 
Schott bezüglichen Verse weg. 

1. Murner, *De reformalione. . poeiarum, %ArgenL, 1509, in-4*. F» i, 6, steht 
ein Brief Schotts an Murncr, ex oßcina libraria, ) ttonas deumbr, 1509. 

2. Choulant, der in Naumanns Archiv für zeichnende Künste, 1857, 
S. 253, den 1507 von Prüss gedruckten deutschen Herbarius beschreibt, sagt, 
am Ende des Buchs sei die Maricc von Joh. Schott. Ich habe das Buch nicht 
gcschn, glaube mich aber nicht zu irren, wenn ich annehme, Choulant habe 
die Marke von Prüss, wegen des mit dem P verbundenen S, auf Schott be- 
zogen. 

3. Man kennt sechs von Schott impensis Georgii Uebelin gedruckte Werke, 
alle aus dem Jahr 15 10: Homer i poeiarum clarissimi Odyssea de error ibus Ulyxis, 
in-f« ; ]acobus Turlillarum comes de liberorum educatione, in-4« ; Georgius 'Baptista 
tSCaiüuani, in-4« ; Symmachi episloLe familiäres, in-4« ; Lectura aurea domini abbatis 
aniiqui super quittque libris Decretalium , in-f* ; %tjugium advocalorum, in-4*. 



124 "^'^ strassbtirger Buchdrucker vor' ij20. 

arbeiten; 15 13 druckte er für Knoblouch, 1515 und 15 16 fbr Paul 
Götz, 15 17 und 15 18 für diesen und Knoblouch., zusammen, 1519 
für Blasius Salomon zu Leipzig, 1536 für Andrea Calvi zu Mailand. 
Die von Jakob Oessler und Georg Uebelin besorgte, mit Karten 
versehne Ausgabe des Ptolemäus, die er 1513 und nochmals 1520 
machte, gehört zu dem besten, das die strassburger Typographie 
hervorgebracht hat. Andre seiner Werke sind wegen ihrer aus- 
gezeichneten Holzschnitte gesucht; ich nenne nur Geilers Postill, 
1522, mit dem trefflichen Portrait des Predigers und den Bildern 
der Passion von Hans Wächtelin. 1530 und 1532 gab er die zwei 
Theile der Herbarum viva tcones von Otto Brunfels, mit Pflanzen- 
abbildungen, die der strassburger Künstler Johann Weiditz mit 
merkwürdiger Genauigkeit gezeichnet hatte*. Der frankfurter Buch- 
drucker Christian Egenolph, der während einiger Jahre zu Strass- 
burg gelebt hatte, veröffentlichte 1533 ein den Brunfels'schen /cow« 
mehr oder weniger ähnliches Kräuterbuch; Schott verklagte ihn 
wegen Nachdruck, indem er sich auf kaiserliche Privilegien berief; 
von dem Prozess ist aber weiter nichts bekannt als dass Egenolph 
die Beschuldigung zurückwies*. 

15 19 ist Schotts OfHzin zum ersten Mal als in Thoma loci pomerio 
angegeben ; es ist das Haus zum Baumgarten im Dummenloch, wo 
Eggesteins Druckerei gewesen war. Nach dem Tode Reinhard 
Becks, des Nachfolgers von Prüss, bezog er das alte Lokal Mentels 
im Thiergarten. Seine und andere Bücher bot er zum Verkauf aus 
in einer Bude bei der Pfalz. Er lebte noch iS4S- I™ Jahre 1516 
war er Curator seiner Tante Salome, Wittwe des Ritters Philipp 
Sturm. Von seiner Frau, Barbara, hatte er einen Sohn, der ein 
Taugenichts ward; die Mutter, seit einigen Jahren Wittwe, be- 
klagte sich einmal bei dem Rath über Misshandlungen, die sie von 
dem jungen Menschen zu erdulden hatte. 

Auf dem Titel einiger Foliobände Schotts* steht das Mentel'sche 
Wappen mit der Umschrift: Insigne Schottorum familia ab Friderico 



1. Ueber die Pflanzenabbildungen in diesem Werk, s. den Aufsatz von 
Herrn Flückiger über Brunfels, im Archiv für Pharmade, Halle, 1878. 

2. Choulant, in Naumanns Archiv, 1857, S. 228. 

3. Z. B. auf dem Titel des THoUmaus von 1520, und auf dem des Lexicon 
medicin*e, von Brunfels, 1543. 



Die strassbttrger Buchdrucker vor IS20. 125 

7{pm. Ifftp. III. Jö. Mentelin primo iypographia inventori ac suis con- 
cessum anuo Christi mülesimo quadriugentesimo sexto. Mentels Wappen, 
da er keine Söhne hatte, war auf seine Töchter übergegangen; dass 
deren Gatten, Rusch und Martin Flach, es nicht als typographische 
Marke gebrauchten, darf uns nicht befremden; zu Ruschs Zeit war 
es noch nicht Sitte, die Offizinen aut solche Weise kenntlich zu 
machen, und Martin Schott hatte sein eigenes, patrizisches Familien- 
zeichen; erst Johann Schott, nachdem er als Drucker berühmt ge- 
worden war, nahm das Wappen an, um, in verzeihlichem Stolz, 
seine Abstammung von Mentel zu bezeugen, den er, die wahre 
Geschichte nicht kennend, unrichtig den Erfinder der Buchdrucker- 
kunst nennt*. 

Von ihm selber habe ich folgende Marken gefunden : i. 1501, 
in einem länglichen Viereck auf schwarzem Grund sein weiss ge- 
lassenes Monogramm, ein S, das um ein / sich schlingt, welches 
oben in einem Kreuz endigt. — 2. 1502, der nemliche Baum der 
Schott, den man auf Drucken Martins antrifft, jedoch hier mit den 
Initialen LS. — 3. 1504 am Ende dtr, !\Cargarita philosophica, ein 
Kreis, in der obern Hälfte desselben eine Sehne, unter welcher die 
Buchstaben /. S,, auf der Sehne erhebt sich eine senkrechte Linie, 
die den Kreis durchschneidet, um oben ein dreifaches Kreuz zu 
bilden; auf beiden Seiten Spruchbänder, das eine mit den Worten: 
necessitas forte ferre, das andere mit : docet consuetttdo facile. Seneca. 
Die Marke, die eine ganze Quartseitc einnimmt, ist auf schwarzem, 
mit weissen Punkten besätem Grund. — 4. Seit 1523 ein trefflich 
ausgeführtes Sinnbild: ein mit seinem Ross zu Boden geworfener 
Ritter, auf dessen Rücken die aus Wolken ragende Hand Gottes 
einen Szepter stützt, auf dem ruhig drei Storchen nisten; bald ist 
dieses Bild von den Worten Virgils (Aeneis VI, 854): parcere sub- 
jectis et debellare superbos begleitet, bald von den es erklärenden 



I. Weil in dieser Umschrift Mentel primus typographia inventor genannt 
ist, beschuldigt Van der Linde, S. 323, Joh. Schott eines Schwindels. Van 
der Linde*s Werk hat grossentheils zum Zweck die Sagen zu prüfen, die sich 
früh über den Ursprung der Buchdruckerkunst gebildet hatten. Diese Sagen 
sind so zahlreich und gehn so weit auseinander, dass man daraus schliesscn 
darf, im ersten Anfang sei die Erfmdung wenig beachtet worden. Schott konnte 
bona fide seinen Grossvater als primus inventor bezeichnen , ohne desshalb einen 
absichtlichen Betrug zu bcgehn. 



126 DU strassburger Buchdrucker vor IJ20. 

Stellen Jeremias VIII, 7 und Hiob IX, 22. — 5. In einigen Titel- 
borduren das nemliche Monogramm wie Nr. 2, nur mit dem Unter- 
schied, dass es schwarz auf weissem Grunde steht. — Am Schluss 
des Ptolemäus von 1520 ist das Bild zweier sich beissender Hunde, 
mit der Ueberschrift vim vi repellere licet; gehört es zu Schotts 
Druckerzeichen? 

Nach 1520 hat Schott, auf kleinen reformatorischen Traktaten, 
von einem geschickten Künstler gezeichnete, aus biblischen Szenen 
zusammengesetzte Titeleinfassungen; die einer Schrift von 1523 
stellt einen, mit wilden Thieren besetzten baumreichen Thiergarten 
vor*. 



14. Johann Knoblouch. 

Johann Knoblouch war weder ein Sohn Heinrich Knob- 
lochtzers, nomine paululum ad euphoniam mutato, wie Schöpflin ge- 
meint hat', noch gehörte er der strassburger Patrizierfamilie der 
Knoblouch an; er war von Zofingen in der Schweiz*. In einem 
Register des Kapitels dieser Stadt ist er als Johann Cist, genannt 
Knoblouch, eingeschrieben*. Nach Panzer und Hain hätte er, 1497, 
die Gesta Tipmanorum cum applicationibas moralisaiis et tnysticis gedruckt, 
da die beiden Bibliographen das Buch aber nicht selbst gesehn haben, 
so ist es erlaubt, vorläufig die Richtigkeit ihrer Angabe zu be- 
zweifeln. Schöpflin erwähnt einen ^Apologeticus von Gregor von 
Nazianz und einen Marsilius Ficinus de triplici vita, die Knoblouch 
im Jahr 1500 herausgegeben haben soll*. Es müssen dies sehr seltene 



1. ^Cartin Mutier an ein chrisiUchen Tiath und Gemeyn der staU Weissenhurg. , . 
S. a. (1523), in-40. 

2. Vindicue typogr., S. 108. 

3. Johann Knohcloch von Zofingen, der Trucker, hat das 'Bürgerrecht em- 
pfangen. Biirgcrbuch. 

4. Chronik der Stadt Zofmgen (von Frickart). Zoßngen, 1812, B. 2, 
S. 98. 

5. Panzer, B. i, S. 60, ex hihi canohii CampiUL (Abtei Lilienfeld in 
Oestreich). FIain, n® 7750. 

6. Vind. typogr., S. 108. Panzer, I.e., citirt diese Werke nach Schöpflin. 



Die sirasshurger Buchdrucker vor 1^20. 127 

Bücher sein, denn Panzer citirt sie nur nach Schöpflin und Hain 
kennt sie gar nicht. Fast alle in Schöpflins Werk angeführten 
Drucke befanden sich entweder in seiner eigenen Bibliothek oder 
in der unserer alten Universität; man darf daher nicht voreilig be- 
haupten, er habe sich in Bezug auf das Datum der beiden Knob- 
louch'schen Produkte geirrt. Es wäre aber wichtig, zu erfahren, an 
welchem Monatstag sie erschienen sind; hätte sie Knoblouch vor 
dem 26. Oktober 1500, dem Todestag Martin Flachs, ausgegeben, 
so wäre es ein sicherer Beweis, dass er vor dieser Zeit eine Druckerei 
errichtet hatte; gehörten sie dagegen in die beiden letzten Monate 
des Jahrs, so liesse sich annehmen, dass er zuvor bei Flach ge- 
arbeitet und nun dessen Nachlass übernommen hatte. Schon im 
Frühling des folgenden Jahres hcirathete er als Drucker dessen 
Wittwe, dtliarina Dammerer, empficng dcsshaib den 21. Mai das 
Bürgerrecht, und tritt nun entschieden als Flachs Nachfolger auf. 
1503 erschien, ohne Druckemame, der Trostspiegel Geilers; die 
völlige Gleichförmigkeit dieser Ausgabe mit der, welche Knoblouch 
1519 von derselben Schrift machte, beweist, dass auch sie von ihm 
ist. Der erste Druck mit seinem Namen seitdem er Bürger ge- 
worden, ist vom 3. Juli 1504'. 

Als Brant in der Pfarrei der S. Martinskirche eine Brüder- 
schaft des h. Sebastian stiftete, Hessen sich Knoblouch und seine 
Frau als Mitglieder aufnehmen. Wittwer geworden, verehlichte er 
sich zum zweiten Mal mit Catharina Vogler, die ihm zwei Töchter 
gebar. Nach Frickart, dem Verfasser der Zofingcr Chronik, soll er 
1500 strassburger Rathsherr geworden sein; dies ist ein Irrthum, sein 
Name findet sich auf keiner der Rathslistcn von 1500 bis 1528'. 1516 
machte er eine Reise in seine Vaterstadt und schenkte dem Zofingcr 
Kapitel theologische Bücher im Werth von 100 Gulden zur Stiftung 
seiner Jahreszeit'. 1522 war seine Druckerei im Haus zur Turtel- 



1. Summula, . . 'B^ymundi revisa, 111-4«. 

2. Chronik ücr Staut Zofingen, B. 2, S. 98. — 15 11 und 15 12 war ein 
Daniel Knoblouch hiesiger Rathsherr für die Zunft der Wirthe. Andere bürger- 
liche Knoblouch waren Gärtner, Tuchhändler, Fiizmacher, etc. 

}. Frickart, 1. c, gibt eine Liste von 21 dieser Bücher; im Ganzen 
waren es 30. Einige waren bei Knoblouch erschienen, andere bei Flach, Grö- 
ninger, Gran, noch andere waren auswärtige Drucke. Knoblouch m.ichie die 
Schenkung gemeinschaftlich mit seinem Schwager Johann Bossart. 



128 Die sirassburger Buchdrucker vor ij2o. 



taube, apud turturem, in der Nähe der S. Barbarakapelle. Sein letzte^ 
Druck ist von 1327; das Jahr darauf starb er; der Maurermeister 
Johann Schott, der sein Gläubiger für 4000 Gulden war, ward Vor- 
mund der Wittwe und der Töchter. 

Ausser einigen anonymen Drucken, besonders aus der Re- 
formationszeit, hat man von Knoblouch bis 200 lateinische und 70 
deutsche Werke aus allen Zweigen, von der Theologie und der 
klassischen Litteratur herab bis zur Küchenmeisterei. Die griechi- 
schen Bücher, die er seit 151 5 herausgegeben hat, zeichnen sich 
durch die, an die aldinischen erinnernden Typen aus. Auch war 
er einer der ersten, die hübsche Octavbände mit Cursivschrift 
(italique^ druckten. Seine zahlreichen Illustrationen sind theils sehr 
mittelmässig, theils sind es Werke von Urs Graf und Hans Baidung. 
Unter seinen Titeleinfassungen sind die des Aulus Gellius, 15 17, 
und die der Werke des Athanasius, 1522, als höchst gelungen zu 
bemerken. In dem Explicit seines Terenz von 1514 konnte man 
mit Recht sagen, er st\ reipublica litteratoria haudquaquam poenitendus 
chalcographus. 

Seine Geschäftsverbindungen waren sehr ausgebreitet; 1505 
und 1306 hat er für Johann von Ravesberg von Colin gedruckt, 
151 5 für Urban Kaym von Buda, 1516 für Johann Haselberger von 
Reichenau*. Von 13 14 bis 1522 hat er mit dem Buchhändler Paul 
Götz, 13 17 mit Matthias Schürer auf gemeinsame Kosten Ausgaben 
besorgt. Da seine Pressen für die an ihn gelangenden Begehren 
nicht immer genügten, Hess er bei Heinrich Gran von Hagenau, 
bei Johann Prüss, Johann Schott, Martin Flach dem jüngeren für 
sich drucken. Im Buchhandel war er nicht minder thätig; man er- 
innert sich, welch bedeutende Summe er für Bücher an Hupfuff 
schuldete. 

Nicht ohne humanistische Bildung, hat er lateinische Vorreden 
zur Empfehlung einzelner seiner Drucke geschrieben; und eifrig auf 



I. Haselberger, hibUopola de %Augia, de %Aia, 'Buchführer aus der Hetchenau, 
war nicht «ein wandernder Buchführer und Verleger. . dessen eigentliche 
Wohnstätte noch nicht ermittelt ist • , wie die Redaktion des Archivs zum Auf- 
satz zur Geschichte dits strassb. Buchdrucks, S. 15, bemerkt. Er hatte seinen 
Wohnsitz auf der Insel Reichenau, im Constanzer See, liess, wie der Nürn- 
berger Koburger, der Augsburger Rinmann, die Wiener Alantsee, u. a., in 
verschiedenen Städten drucken, und brachte seine Bücher auf die Messen. 



Die sirassburger Buchdrucker vor 1^20. 129 

Verbreitung alles dessen bedacht, was ihm nützlich schien^ hat er 
nicht nur vieles in Italien, Frankreich, der Schweiz erschienene neu 
aufgelegt, sondern auch in den strassburger Klöstern nach interes- 
santen Manuscripten geforscht. Den 31. Mai 15 12 gab er dem Bar- 
füsserprovinzial Georg Hofmann einen Empfangschein für die Sennones 
^erchtoldi de tempore et de sanctis, die zur Bibliothek des liiesigen 
Klosters gehörten; er verpflichtete sich, die Handschrift spätestens 
um Weihnachten 15 13 zurückzugeben'. Seit 15 19 gab er auch 
Schriften Luthers und anderer Reformatoren. 

Seine Marken sind: i. Ein von einem Adler gehaltener Schild 
mit drei Knoblauchzehen und den Namens-Initialen /. K. — 2. Ein 
anders geformter Schild, gleichfalls mit den Knoblauchzehen und 
den Buchstaben H, K. (Hans Knoblouch), an einem Baum aufge- 
hängt und von einem Löwen und einem Bären gehalten. — 3. Nach 
1320, die nackt aus einer Felsspalte tretende Figur der Wahrheit, 
von einem Knoblauchkranz umgeben, mit Inschriften in hebräischer, 
griechischer und lateinischer Sprache; die lateinische ist: verum 
quum latebris delüuit diu, eniergiL — 4. In einigen Titelborduren ein 
kleiner Schild mit dem Knoblauchbüschel. 

Seine Nachfolger waren sein Sohn Johann und Georg Messer- 
schmied, Machasropeus genannt. 



15. Martin Flach der jüngere. 

Solm Martin Flachs des altern. Panzer und Hain nennen ihn 
als Drucker eines 1492 erschienenen thCariale von Bemardinus de 
Bustis*. Keiner der beiden hat aber das Buch gesehn; es ist daher 
der nemUche Zweifel erlaubt, wie in Bezug auf die Knoblouch zu- 
geschriebenen Gesta T(pmanorum von 1497. Der jüngere Flach hat 
schwerlich, so lange sein Vater lebte, eine eigene Presse gehabt« 



1. S. Beilage VIII. Panzer kennt keine Ausgabe dieser Predigten. Falls 
sie erschienen sind, so ist zu bedauern, dass sich keine Spur davon findet. 

2. Panzer, B. i, S. 47, nach Denis, Supplem., S. 322, ex GoUwic. hibl 
Hain, n» 4158. Flach senior hat das fSCariale 1496 und 1498 gedruckt, sein Sohn 
gab es 1502. 



130 Die strassburger Buchdrucker vor ij2o. 

Der Vater starb den 26. Oktober 1 500. Der Sohn war bereits an 
Margaretha Wehinger verheirathet und hatte selber einen Sohn, 
der IS03> sehr jung, die basler Universität bezog. Ein den 8. Januar 
1501 erschienenes Buch ist das erste, das seinen Namen hat*. Bald 
nachher, ohne den Ablauf eines Jahres abzuwarten, heirathete die 
Wittwe des alten Flach, obgleich schon Grossmutter, Johann Knob- 
louch, der ia den Besitz der Offizin eintrat. Flach junior musste 
sich mit einem andern Theil der Erbschaft begnügen und seine 
Werkstatt in ein anderes Viertel der Stadt verlegen. Zuweilen 
arbeitete er für Knoblouch, öfter jedoch für sich allein. Seine Drucke 
sind ebenso manchfaltiger Art, wie die mehrerer anderer seiner 
strassburger Zunftgenossen: deutsche Chroniken, Romane, Lieder, 
katholische und reformatorische Traktate, lateinische theologische, 
humanistische, medizinische Werke. 1516 liess der Magistrat, bei 
dem eine Klage über ein politisches Libell, das würtembergisch 
Lied, eingelaufen war, die Drucker vor sich bescheiden; Flach 
bekannte sich für den Schuldigen, sagte aber, er habe nichts von 
einem Verbot solcher Schriften gewusst; die Exemplare mussten an 
die Kanzlei abgeliefert und vernichtet werden*. Seine Bücher haben 
wenig Illustrationen und, ausser einem grossen Holzschnitt von 
Urs Graf in dem Catalogus sanctorum, 1513, sind dieselben von ge- 
ringem Werth. 

1522 verkaufte er an Friedrich Brechter ein neben dem Knob- 
louch'schen gelegenes Haus bei der S. Barbarakapelle. Seine letzten 
Drucke sind aus dem Jahre 1525. Er hat sich verschiedener Marken 
mit einem allen gemeinsamen Monogramm bedient: i. Eine Frau, 
die ein Banner hält, auf dem die durch ein Andreaskreuz getrennten 
Buchstaben (\C F, unten ein Schild mit dem aus einem ^ und 
einem oben zu einem Kreuz sich gestaltenden F gebildeten Mono- 
gramm. — 2. Ein Schild mit dem Monogramm, an einen Baum ge- 
lehnt und von einem Ritter und einer Dame gehalten. — 3. Der- 
selbe, etwas anders geformte Schild, an einen Baum geheftet, 
zwischen einem wilden Mann und einer wilden Frau. — 4. Ein 
kleiner Schild mit dem Monogramm, in einigen Titeleinfassungen. 



1. Castigatorium Egidii de 1(pma in corruptorium Ubrorum 5. Tbonue di 
xAquino, In-f«. 

2. Brants Annalen. 



Die strasshurger Buchdrucker vor 1^20. i}i 



• 16. Johann Wehinger. Thomas Swop. Hieronymus Greff. 

• 

1. Unter den Druckern, denen der Rath im Februar 1504 
das die verbotenen Materien betreffende Mandat mittheiite, war 
auch Johann Wehinger. 1469 war ein Johann Wehinger procu-- 
rator der S, Stephansabtei. 1507 und 1508 ein mdercr procuralor 
des grossen Chors*. Letzterer und der Buchdrucker sind vielleicht 
eine und dieselbe Person. Als Publikationen von Wehinger kenne 
ich nur: i. einen deutschen Hortulus anima in zwei Ausgaben, 1502 
und 1504, und einen lateinischen, 1503, niedliche kleine, roth und 
schwarz gedruckte Bücher mit zahlreichen feinen Holzschnitten; 
2. ein Officium des neu in der strasshurger Diöcese eingeführten 
Festes des h. Joseph; diese, aus acht Quartblättern bestehende, 
gleichfalls roth und schwarz gedruckte Schrift, hat auf dem Titel 
einen ausgezeichneten Holzschnitt*. Schwerlich sind dies Wehingers 
einzige Produkte; seine Vorladung vor den Rath im Jahre 1504 
lässt vermuthen, dass er auch Anderes als ein paar religiöse Trak- 
tate herausgegeben hatte. 

2. Thomas Swop (Schwab), auch einer der 1504 vor den 
Rath beschiedenen Drucker, aller Wahrscheinlichkeit nur ein Heraus- 
geber kleiner Dinge, die längst verschwunden sind; bis jetzt ist 
nichts mit seinem Namen bekannt. 

3. Hieronymus Greff oder Groff (Graf), ein aus Frank- 
furt gebürtiger Maler, kam nach Strassburg, wo er 1 302 das Bürger- 
recht kaufte. Seine Frau hiess Agnes Hirtz; eine Enkelin unseres 
Malers dieses Namens? 1502 gab er mit deutscher Erklärung fünf- 
zehn grosse Holzschnitte über die Apocalypse heraus*. Mehr hat 



1. 1448 findet man einen strasshurger Bürger Bartholomäus Wehinger. 
Es ist oben gesagt worden, dass die Frau Flachs des jungem Margaretha 
Wehinger hiess. 

2. Weller, n» 213, schreibt Wehinger auch das kleine Buch zu : S. *Bn- 
gitten fünffiehen Vermanung in das leytUn Jhesu Cristi, s. 1. et a., 16 Bl. in- 16*, 
eine Art Anhang zum Hortulus aninut, 

}. 'Die heimlich Offenbarung Johannis. Gedruckt ^ Strassburg durch ßero- 
nimum Greff den tKaler, genant von Franckfurt, 1502, 16 Bl. in-f». Die 15 Holz- 
schnitte sind jeder mit einem, aus den Buchstaben I. M. F. zusammengesetzten 
Monogramm bezeichnet. 



132 Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 

man noch nicht von ihm nachgewiesen. Eher Formschneider und 
Bilddrucker^ scheint er den Druck von Texten nur als Nebensache 
betrieben zu haben. Als Künstler gelangte er in seiner Zunft zu 
gewissem Ansehn; 1507 war er einer der Bürger, die der Magistrat 
mit der Handhabung der Ordnung während des Einreitens des 
Bischofs Wilhelm von Honstein beauftragte*. 



17. Matthias Schürer. 

Matthias Schürer von Schlettstadt war ein Vetter Martin Flachs 
des Jüngern. Sein Vater* hatte eine Schwester der Catharina Dam- 
merer geheirathet, die die Frau des altem Flach gewesen und in 
zweiter Ehe die Knoblouchs geworden war. Schürer studirte zu 
Erfurt, wo er zum Doctor ariium promovirt wurde*. Er schrieb, 
seinen Namen durch Granarius* übersetzend, eine kleine lateinische 
Grammatik, die 1501 bei seinem Vetter Flach erschien; für diesen 
durchsah er auch die Probebogen des vierten, den 27. Februar 1502 
ausgegebenen Bandes der Werke Gersons. Den 9. Juni dieses 
Jahres kaufte er als Drucker das Bürgerrecht. Von 1505 bis 1507 
diente er als Correktor bei Prüss und bei Knoblouch. Dem von 
Prüss 1505 gedruckten Epitome rerum germanicarum von Wimpheling 
fügte er eine Entschuldigung bei wegen der Fehler: «wer kann 
Alles sehn ? ich habe nur zwei Augen, ich habe deren nicht hundert 
wie Argus; übrigens hatte der Copist eine schlechte Abschrift ge- 



1. Code bist» et diphmat, de la viUe de Strasbourg . Strassburg, 1843, P. 2, 
S. 286. 

2. 1495 kauft ein Arbogast Schürer, von Schlettstadt, zu Strassburg das 
Bfirgerrecht. 

3. Da Schürer sich in mehrern seiner Drucke den Titel doctor artmm 
gibt, so muss er eine Universität besucht haben. In einer 1508 geschriebenen 
Widmung an den Churfürsten Friedrich von Sachsen {<u4numit, fribttrg., S. 312), 
sagt Wimpheling von seinem Landsmann Schürer, qui te terrasqiu iuas, quai 
peragravit, magnis laudibus effert. Schürer hatte demnach Sachsen bereist und die 
Universität, wo er Doctor ward, war ohne Zweifel Erfurt, wo früher auch 
Wimpheling sich eine Zeit lang aufgehalten hatte. 

4. Schürer, von Schür, Scheuer 1 Scheune. 



Die strassburger Buchdrucker vor i^io. ^ 133 

liefert und die bevorstehende Messe nöthigte uns zur Eile.» Den 
9. Februar 1506/ am Schluss der ebenfalls bei Pröss erschienenen 
Sermones cofwiuales von Peutinger, kündigte er an, er werde mit 
nächstem selber die Schriften des Franz Picus von Mirandola drucken, 
a me excudeniur; diese Ausgabe war aber noch Knoblouchs Werk*. 
Das erste von Schörer gedruckte Buch trat erst den 8. Juni 1508 
ans Licht: Matthias Schürer artium doctor id UbelU veluH primitias ex 
offiäna sua impressoria feliciter emisit; es ist eine kleine von Thomas 
Wolf veranstaltete Sammlung alter religiöser und philosophischer 
Traktate. 

So viel mir bekannt, ist Schürer der erste unserer Tjrpo- 
graphen, der auch griechische Lettern einführte; er hatte solche 
seit 1 3 1 1 *. Voll Eifer für die Hebung der klassischen Studien, Mit- 
glied der hiesigen litterarischen Gesellschaft, mit Beatus Rhenanus 
befreundet, von Wimpheling und Erasmus geschätzt, hat er vor- 
zugsweise Klassiker und Schriften der Humanisten* verbreitet. Den 
15. Oktober 15 14 erhielt er von Erasmus den Auftrag, dessen zu- 
erst in Paris erschienene Copia duplex verborum ac rerum neu auf- 
zulegen; der berühmte Mann schrieb ihm: «ich weiss, du bist nur 
darauf bedacht ut libros quam optimos quam emendaHssime excusos in 
lucetn emittas*». Es geschah aber auch, dass Schürer solche druckte, 
die nicht zu den optimis gehörten; ohne viel Prüfung gab er alles, 
was er sich von in Frankreich und Italien erschienenen Versen und 
Traktaten verschaffen konnte. So vereinigte er, 1509, in einem 
Band die religiösen Gedichte des Grcgorius Tiphemas und erotische 
Episteln und Elegien älterer und neuerer Poeten. Beatus Rhenanus 
warf ihm vor, neben die frommen Verse des Tiphemas amatoria 
et subobscoma zu stellen; er schrieb darauf eine entschuldigende Vor- 
rede zu dem Buch: man könne ja, meint er, Rosen zwischen 



I. Panzer, B. 6, S. 36, erwähnt als von Schürcr 1506 gedruckt: %AtmiUi 
*Probi vita exceüentium imperalorum. Am Ende steht allerdings : attn. M. D. VI. 
XU. kal. xApriL 1506 ist aber ein Fehler. In der Vorrede zu den, bei Schürer 
im Februar 15 11 erschienenen HierocUs in Tythagora carmitta commentarii, sagt 
Wolfgang Angst , Aemilius Probus sei unter der Presse ; er ist demnach aus 
dem Monat März 151 1. « 

3. Lilii Ziraldi syntagma de t\Cusis, Im Explicit heisst es : non omissis accen- 
tihus in iis qua graca sunt, 15. August 15 11. 

5. Erasmi opera, B. 3, col. 1533. 



134 Die strassburger Buchdrucker vor iS20. 



Domen pflücken; er hoffe, man werde in den von ihm heraus- 
gegebenen Dingen nur die Eleganz bewundern, um diese auf das 
Lob Gottes und der Heiligen anzuwenden; hat nicht Virgil, ak 
man ihn (ragte, warum er Ennius lese, geantwortet se aurum ex 
stercore coUigere? Schürer hatte in diesem Stück weniger Skrupel 
als Wimpheling und selbst ab Erasmus; er theilte den leichtem 
Sinn seines Freundes Wolfgang Angst von Kaisersberg, der während 
einiger Zeit Correktor bei ihm war. Seine Bücher sind meist mit 
grosser Sorgfalt gedmckt; einige Titel haben Einfassungen von Urs 
Graf; Illustrationen dagegen sind selten bei ihm. 151 3, IS^S* ^5^7 
machte er schöne Ausgaben für die wiener Buchhändler Lucas und 
Leo Alantsee. 15 17 gab er, gemeinsam mit Knoblouch, einen Aulus 
Gellius in Folio, mit der nemlichen von Urs Graf geschnittenen 
Titelbordure, wie die in eben diesem Jahr für die Brüder Alantsee 
voq ihm gedmckte Volyanthea des Nanus Mirabellius. 

Wie manche der damaligen Bürger war er eitel genug, sich 
nach einem Wappen zu sehnen. Er schrieb desshalb an seinen 
Freund Jakob Spiegel, Neffe Wimphelings und einer der kaiser- 
lichen Sekretäre. Den 9. April 1 5 1 5 meldete dieser seinem Oheim, 
Schürer brauche nur ein schön gebundenes Exemplar seines Otto 
von Freisingen an den Hof zu schicken, um für sich und seinen 
Neffen Lazams ein Wappen zu erhalten, das ihn sonst wenigstens 
25 Gulden kosten würde. Schürer befolgte diesen Rath; er über- 
sandte die Chronik, die, fiir die Brüder Alantsee gedmckt, im 
Monat März vollendet worden war, mit einem merkwürdigen von 
Urs Graf componirten Titel und einer Inschrift des Beatus Rhenanus 
zu Ehren Maximilians*. Der Kaiser, durch diese Huldigung ge- 
schmeichelt, gewähne das Wappen, das, auf Schürers Namen an- 
spielend, eine Garbe enthält. 

Im August 1314 hatte Schürer dem Bankett beigewohnt, 
durch welches die strassburger litterarische Gesellschaft die Anwesen- 



I. Eine Copie von Spiegels Brief ist im S. Thomas- Archiv. — Spiegel 
hatte auch, auf SchOrers Begehren, ein kaiserliches Privilegium gegen den 
Nachdruck der Freising*schen Chronik erwirkt; es ist vom 6. Mai 1514 und 
zum Voraus auch auf die 'HjOctes atlica des Aulus Gellius und die opara Rudolph 
Agricola's ausgedehnt, die Schürer sich vorgenommen hatte herauszugeben. 
Aulus Gellius erschien 15 17 in adibus Johannis Knobhuchi ductu t^Cattbia Scbu- 
rerii; Agricola's Schrift de invetUlotu dialectica erst 1521 bei Knoblouch. 



Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 135 



heit des Erasmus gefeiert hatte, und dieser hatte in seinem Dank- 
schreiben an Wimpheling von ihm gesagt: «würde ich ihn, der so 
viel für mich gethan, nicht aufs innigste lieben, so müsste man 
glauben, ich habe ein Herz von Eisen oder Stein*». Schürer druckte 
in der That in wiederholten Auflagen viele der erasmischen Schriften. 
Den 21. Juli 15 17 schrieb er ihm, seit zehn Monaten leide er an 
der Brust'; dies hinderte ihn jedoch nicht in seiner gewohnten 
Thädgkeit. Den 31. Oktober dieses Jahres schickte ihm Erasmus 
von Löwen aus einen Quintus Curtius, um ihn zu drucken*; das 
Buch erschien im Juni 1518, mit der nemlichen kunstreichen Titel- 
verzierung wie Otto von Freisingen. Die letzten Schürer'schen 
Drucke sind aus dem Jahr I52I^ Die Gesammtzahl seiner Ausgaben 
beträgt ungefähr 240, worunter nur 4 deutsche Werke. 

Sein Mdtto war tetnpus observa; an diesen zwei Worten oder 
an deren blossen Anfangsbuchstaben erkennt man die wenigen 
Drucke, auf denen sein Name fehlt. Seine Marken sind: i. Ein 
Zeichen, das nicht ein aus Buchstaben gebildetes Monogramm, 
sondern nur eine Handelsmarke zu sein scheint; auf dasselbe stützt 
sich ein von zwei in der Luft schwebenden Löwen gehaltener 
Scliild mit dem kaiserlichen Adler; unten eine griechische Sentenz. 
— 2. Das nemliche Bild, kunstvoller ausgeführt, mit den Worten 
sub umbra alarum tuarum protege nos. — 3. Ein Schild mit dem 
Zeichen, an einen Baum gelehnt, auf dem ein nackter Knabe; da- 
neben ein Jüngling mit einem Mercuriusstab. — 4. Das Schürer'sche 
Wappen mit der Garbe, die auch im Helmschmuck angebracht ist. 



18. Johann Prüss der jüngere. 

Johann Prüss, Sohn des gleichnamigen, 15 10 gestorbenen 
Druckers, arbeitete zuerst in der väterlichen Offizin. 1 504, wälirend 



1. Dieser Brief findet sich am Ende fast aller seit 15 14 erschienenen 
Ausgaben der Copia duplex verborum et rerum von Erasmus. 

2. Erasmi op$ra, B. 3, col. 1619. 

3. Ibidem, col. 1638. 

4. Sein letzter Druck ist eine Ausgabe von sechs Comödien des Tcrenz, 
in-4*, 2. Sept. 1521. 



136 Die strassbttrger Buchdrticker vor ij2o. 

des Kriegs in der Pfalz, machte er eine Geschäftsreise in diese 
Gegend und fiel in die Hände einer feindlichen Parthei. Der strass- 
burger Magistrat verwandte sich für ihn bei dem Churfürsten 
Philipp; dieser antwortete den 19. September ziemlich ungnädig, 
er habe sich auch seinerseits über die Strassburger zu beklagen, in 
diesen Zeiten könne übrigens Manchem ein solcher Unfall begegnen, 
er werde indessen Erkundigungen einziehen *. Auf irgend eine Weise 
erlangte der junge Prüss seine Freiheit wieder. Nach dem Tode 
seines Vaters besorgte er die Druckerei im Thiergarten, bis sie an 
seinen Schwager Reinhard Beck übergieng, worauf er eine eigene 
Presse in einem Haus bei S. Barbara errichtete. Er druckte einiges 
für Knoblouch und Paul Götz. Die seinen Namen allein tragenden 
Bücher belaufen sich auf etwa 20 lateinische und 6 deutsche. Nach 
1519 gab er zahlreiche lutherische Schriften heraus.« Gegen Ende 
seiner Laufbahn traten finanzielle Verlegenheiten für ihn ein, die 
ihn, 1526, nöthigten, sich mit seinen Gläubigern abzufinden. Seine 
letzten Bücher haben das Datum 1527, es sei denn, dass die Unter- 
schrift eines Traktats über ein Gewitter, das ein schlesisches Dorf 
verwüstet hatte, als authentisch zu betrachten ist; das kleine Buch 
soll 1531 zu Strassburg durch Johann Preuss gedruckt sein*. 1542 
erschien in unserer Stadt eine Sammlung französischer Psalmen mit 
der Angabe : Imprimi ä ^me par le commandement du pape par 
Thiodore ^rüss allemant, son imprimeur ordinaire*. Von einem Theodor 
Prüss ist nichts bekannt; der Name ist wohl eben so fictiv wie der 
Druckort. 



19. Reinhard Beck. 

Reinhard, lateinisch '^enatus Beck, war von Colin. Er kam 
nach Strassburg als Drucker und arbeitete anfänglich bei Prüss dem 
altern. Wittwer mit einem Kind, heirathete er Margaretha, eine 



1. Stadt- Archiv , AA, 361. 

2. IVunderharlich Geschieht, . Ein ichr eckliches ungewitUr im darf Scbmahnt^ 
hey der Schweidnit^, Gedruckt ^u Strassburg durch Hans *Preussen, M. D. XXX VI. 

3. BovET, Histoire du psautier des iglises riformies, Neuchätel, 1872, S. 19, 
250. 



DU strassburger Buchdrucker vor ij20. 137 

Tochter von Prüss, und ward Bürger 1 5 1 1 . Nach dem Tode seines 
Schwiegervaters blieb er im Besitz der Offizin zum Thiergarten*; 
die meisten seiner Bücher sind aus dem 3^9ioT909eiov id est xnvarium 
vulgo Thiergarten datirt; die gewölinliche Einfassung seiner Titel 
stellt einen Thiergarten vor. Während einer im Winter 1511 und 

15 12 zu Strassburg ausgebrochenen Pest siedelte er mit seiner 
Presse nach Baden über, wo er mehrere sehr selten gewordene 
Dinge herausgab*. Zu Strassburg lieferte er, ausser theologischen 
Werken, Traktate von Humanisten, Grammatiken, Wörterbücher, 
im Ganzen etwa 30 lateinische und 2 deutsche Bücher. Unter seinen 
Foliobänden ist ein sehr schönes Missale von 1520 zu bemerken. 

1 5 1 3 machte er auf Kosten Knoblouchs und des augsburger Buch- 
händlers Johann Rinmann, eine Ausgabe der Summa angelica, mit 
einer hübschen Titeleinfassung von Hans Wächtelin. Er starb am 
Anfang des Jahrs i522'. Ursula, die Tochter, die er von seiner 
ersten Frau hatte, heirathete den Drucker Wol%ang Forter, der 
den I. April 1522 Bürger ward. Einige Bücher aus den Jahren 1522 
und 1523 mit dem Sinnbild des Thiergartens mögen von Forter 
sein, der dem Geschäft vorstand, bis Becks Wittwe sich, 1524, mit 
dem Buchdrucker Johann Schwan von Marburg in zweiter Ehe 
vermählte. Mit Forters Namen ist nichts bekannt; 1523 trifft man 
übrigens im Thiergarten die Offizin Johann Schotts. Ein Sohn 
Becks, Balthasar, hatte eme am Holzmarkt. 

Becks Marke ist ein wilder Mann, der einen an einen Baum 
aufgehängten Schild hält mit dem aus einem 7^ und einem B gc- 



1. SciiÖPFLiN, Vindiciät typogr,, S. 104, meint, beide Druckereien, die von 
Pröss und die von Beck, seien zu gleicher Zeit im Thiergarten gewesen. Prüss 
hatte aber das Haus verlassen. 

2. vApoJogia muJierum. . Joannis tKotis, . Am Ende : Excusium in thermis 
aniboninis oppidi *Badensis per 'Senatum 'Buk civem vArgentinensern anno M. D. XI. 
fumo kal. Januarii, qiiando pestis preter soUtam cruäeJiiatem *ArgentoraH incrudescebat, 
In-4». — Der tKarggr äff schaff *Baden Statuten und Ordenungen in Testamenten. . . 
Gedruckt und vollendet in der löblichen statt 'Baden durch T^finharten 'Beck burger 
^u Strassburg, uff unser lieben Frawen abent presentationis. %Anno domini M. ccccc. xi. 
18 Bl. in-f». 

3. Ein von Weller, n«* 3810, als von Beck 1526 gedrucktes Herbari oder 
Kreuterbuch, genant der Garten der Gesuntheit, scheint zweifelhaft« Beck hatte das 
Buch zwei Mal herausgegeben, 15 15 und 1521 ; 1527 machte sein Sohn Balthasar 
eine neue Ausgabe. 



138 Die strassburger Buchdrucker vor ij2o. 

bildeten Monogramm. Bald ist dieses Bild allein, bald umgiebt es 
der Thiergarten, 4er es vervollständigt. Der Titel einer Gemrna 
gemmarum von 15 14 hat, als Bordüre, einen anders und feiner ge- 
zeichneten Thiergarten, unten mit Becks Monogramm. 



20. Conrad Kerner. — Ulrich Morhard. 

1. Conrad Kerner, von Steinfeld, seit 1511 strassburger 
Bürger wegen seiner Verehlichung mit der Tochter Matthias Brants, 
druckte 15 17 (mit der frühern Presse seines Schwiegervaters?) die 
Himmlisch Fundgrub, und für Johann Haselberger eine deutsche 
Predigt über die Arche Noäh. Sonst weiss ich nichts von ihm an- 
zuführen. 

2. Ulrich oder Huldrich Morhard, von Augsburg, hei- 
rathete 15 18 Barbara, Tochter des Secklers Michael Burger und 
ward desshalb als Bürger aufgenommen. Er druckte bei uns von 
15 19 bis 1522. Seine Typen und besonders seine Titeleinfassungen* 
erinnern an die von Schürer gebrauchten, auch hat er einige von 
diesem vor 15 19 herausgegebene Bücher auf ganz ähnliche Weise 
wieder aufgelegt. Hätte nicht Schürer bis 1 5 2 1 gearbeitet, so könnte 
man denken, Morhard habe seine Offizin übernommen*. Missver- 



1. Sein erster Druck, Erasmus, de dupUci copia vtrborum et rerum , ist vom 
Monat Januar 15 19; der Titel hat die nemliche, aus Portraits klassischer Au-, 
toren bestehende Einfassung wie die von Schürer 15 18 gedruckten FahuU, 
Dieselbe Einfassung hat Morhard noch einmal für einen 1522 von ihm heraus- 
gegebenen Trakut des Laurentius Valla. 

2. Nach dem Verf. des Aufsatzes, Zur Gesch. des strassb. Buchdrucks, 
S. 20, hätte Morhard im Jahr 1520 auch für die Brüder Alantsee von Wien 
gedruckt; er beruft sich hieför auf Denis, Einleitung in die Bücherkudde, 
2. Ausg., Wien, 1795, in-4«, S. XXU. Dieses Citat ist doppelt unrichtig, statt 
S. XXII ist zu schreiben B. I, $ XXIII, S. 128, und an dieser Stelle ist nichts 
von Morhard gesagt ; Denis begnügt sich kurz zu bemerken , dass die Alantsee 
u. a. auch zu Strassburg haben arbeiten lassen, und als Beweis führt er den 
15 16 von Schürer für sie gedruckten Calepinus an. 



DU strassburger Buchdrucker vor is2o. 139 

gnügt über den zu Strassburg überhand nehmenden reformatorischen 
Geist, zog er 1522 nach Tübingen, wo er von da an im katho- 
lischen Interesse wirkte. 



ANHANG. 



HAGENAU. 

I.Heinrich Gran. 

Die Buchdruckcrci Heinrich Grans war eine der grösstcn jener 
Zeit. In den handschriftlichen Annalen der hagenauer Barfüsscr wird 
crzälilt, die Bürger dieser Stadt, « die sich der neu crftindenen Kunst 
zu erfreuen wünschten», hätten schon 1469 die Typographie bei 
ihnen errichtet, kurz nachdem Diebold Lauber zu Hagenau seine 
Werkstätten fürs Absclireiben und Uluminiren der Manuscripte ge- 
habt hatte. Dieser Nachricht scheint eine andere derselben Annalen 
zu widersprechen; es heisst da bei dem Jahr 14S8, «um diese Zeit» 
habe der Magistrat «die edle Kunst des Buchdrucks» eingeführt, 
indem er dem berühmten Typographen Heinrich Gran das Privi- 
legium ertlieilt, alle Bücher herauszugeben, die ihm dazu geeignet 
scheinen würden*. Der Ort, wo Gran sich zum Drucker gebildet, 
wird nirgends genannt. Da man ihn 1488 als praclarus typographus 



I. 1^69. His temporibus Hagenotnses , nuper invent4e ariis typographica eiiam 
gaudtre voUntes, typographiam erigunt. — 1488, Circa h4ec tempora iticlytus magistra- 
tus HagenoiB urbis iniroducit pranohilem illam artem impressoriam seu typogrophicam, 
et domino Henrico Gran praclaro typographo concedit licentiam imprinundi libros 
quos reperire poterat necessarios ei prcelo aptos, cum privilegiis, honoribus et cateris 
gratiis quibus alii gaudeni ei potiuntur typographi ei bibliopola. Ms. der hagenauer 
Bibliothek. Ich verdanke die Auszüge der Gefälligkeit des Herrn Nessel, eines 
der gelehrtesten Kenner der elsässischen Alterthümer. 



140 Die strassburger Buchdrucker vor ij2o. 

bezeichnet, so muss er sich schon vor dieser Zeit bekannt gemacht 
haben^undda 1489 sein Sohn Johann Michael unter die hagenauer 
Schöffen gewälilt ward, so war er zu dieser Zeit nicht mehr ein 
junger Mann. Es ist vielleicht nicht unmöglich, die beiden Angaben 
der Barfüsser-Annalen mit einander in Einklang zu bringen. Ist es 
der Wahrscheinlichkeit zuwider, wenn man annimmt, Gran habe 
1469 eine erste Erlaubniss vom Magistrat erlangt, und manche zu 
Hagenau ohne Datum und Druckername erschienene Bücher ge- 
hören der Periode vor 1488 an? Gran hätte sein ausgedehnteres 
Privilegium erst erhalten, nachdem man erkannt, dass seine ver- 
grösserte OfEzin der Stadt zur Ehre gereichte und zahlreichen 
Arbeitern Unterhalt verschaffte. Dann hätte er auch angefangen, 
seinen Büchern seinen Namen beizugeben; der erste Druck mit 
seiner Unterschrift ist in der That von 1489*. 

Seine Pressen dienten vornehmlich zur Verviel&ltigung theo- 
logischer Werke und ganz besonders lateinischer Predigtsammlungen. 
Wolfgang Angst, "Correktor bei ihm in den Jahren 15 14 und 1515, 
sagt in einer Widmung an Vitus Geisfell, Probst des . Stiftes Sur- 
burg : nosträ offidna concionibus, ut nosti, et dwini eloquio penitus dedita\ 
Die Auflagen waren sehr beträchtlich; das Opus concionatorium des 
spanischen Dominikaners Sanctius de Porta wurde zu 150Q Exem- 
plaren gedruckt; viele dieser Predigten erschienen sogar mehrmals 
in einem Zeitraum weniger Jahre: Beweis, wie sehr damals diese 
dicken Bände bei den Geistlichen beliebt waren, während sie heute 
nur noch den Wertli von Incunabeln haben. Ausserdem hat man 
von Gran einige Werke über Grammatik, Logik, canonisches Recht, 
aber keinen einzigen Klassiker*. Ohne dass er es vielleicht merkte, 
ging 151 5 aus einer seiner Pressen die von Wolfgang Angst im 
Geheimen besorgte erste Ausgabe der ^[nstola obscurorum virorum 
hervor*; Angst, der das Jahr zuvor Gran gelobt hatte, sich nicht, 
wie die übrigen Deutschen, die Basler ausgenommen, mit libelluh 
semidoctorum zu befassen, sondern nur autores prmcipes und integra 



1. Camutus magistri loannis de Garlandria, In-4*. Goth., 3 CoL 

2. Opus concionatorium Sanctii de Torta, 15 15, in-f*. 

3. 15 18 erschien bei Gran: !\C. TuUii Ciceronis oratorum omnium frincipis 
Synonyma ad Lucium Veturium, In-4«. Diese Schrift ist bekanntlich unächt. 

4. S. Histoire liUiraire de f*AUace, ß. 2, S. 154. 



Die strassburger Buchdrucker vor i}20. 141 

Volumina zu drucken S besass Witz genug, um einen solchen Streich 
tM spielen; er rühmte sich, in einem Brief an Erasmus, in dem 
dürren Sand Hagenaus die Obscuri viri hervorgebracht zu haben. 

Gran war mit Aldus in Verbindung; er bezog Lettern von 
ihm; am Schluss eines 1500 gedruckten Buches sagt er, es sei 
Fenetiis alias propalatum, jetzt aber characteribus venetis in imperiali 
oppido Hagenaw iierum impressum^\ und 15 14 spricht Angst mit Be- 
wunderung von dem noster kAUus, hujus artis decus, auctor et ad 
summum pene fastigium evector*. 

Ich habe bei 240 mit Grans Namen versehne Drucke gezählt, 
darunter^ nur zwei deutsche, das 1509 für Knoblouch gedruckte 
Heldenbuch und 1522 das Teglich Brot von den Heiligen^ 
Seit 1497 hat er grösstentheils für Johann Rinmann gearbeitet, der 
zuerst Buchhändler zu Geringen in Würtemberg, dann zu Augsburg 
war. Vermuthlich war es in Grans Druckerei, der er reichen Ver- 
dienst verschaffte, dass man für ihn die Bezeichnung archUnbUopola 
er£md*; dieser Titel, der ihm schmeichelte, fand Eingang bei Ge- 
lehrten und Buchdruckern; man übersetzte ihn durch in teutscher 
Nation fürnemster Buchfürer*. 1503 hat Gran auch für Wolf- 



1. Widmung des Note 2, Seite 140 , citirten Buchs. 

2. Zweiter Theil des Tipsarium des Bernardinus de Bustis. 

3. S. die eben angeführte Widmung. 

4. Diesen deutschen Drucken kann man den Tractatus de ruifue eccUsia 
pUmciu beifügen, in deutschen und lateinischen Versen, Hagenau, s. a., 
8 BL in-4^ — Nach Weller, n« 797 und 798, wäre auch des Arztes Eucharius 
Rösslin Der swangem Frawen und Hebammen %>sengarten, s. 1. et a., in-4«, bei 
Gran gedruckt, weil sich unten auf dem Titel einer der Ausgaben die Buch- 
suben H. G. finden. Man sieht aber aus Choulant's genauer Beschreibung des 
Titels und der Holzschnitte (Naumanns Archiv, 1857, S. 276), dass das Buch 
schwerlich aus Hagenau stammt. Gran war nicht gewohnt solche kleine, deutsche, 
illustrirte Dinge zu drucken. 

5. Dieser Titel findet sich im Ezplicit zahlreicher Gran'scher Drucke, 
zum ersten Mal 1503. 

6. Z. B. am Ende der Schriften Suso's, Augsb., Hans Othmar, 15 12, 
In-fi. — ÜLkiCH Tengler, in der Vorrede seines Layenspiegels, nennt Rinn- 
mann gemainer teutscher land buchführer, — Rinmann war von Geringen gebürtig. 
Den 4, Januar 1498 ertheilte ihm Graf Graft von Hohenlohe, zu dessen Herr- 
schaft damals Geringen gehörte, die Erlaubniss des freien Abzugs, um sich zu 
Augsburg niederzulassen, «weil er seit mehrern Jahren in Deutschland und 
an andern Grtcn den Buchhandel betrieb und desshalb häufige Reiseri untei- 



142 Die sirassburger Buchdrucker vor ij20. 

gang Lachner von Basel gedruckt, von 1508 bis 15 12 för Knob- 
louch, 15 12 und 15 14 für Conrad Hist von Speier, 1523 für Franz 
Birckmann von Cöibi. 

Die Natur der von ihm herausgegebenen Bücher eignete sich 
nicht leicht für künstlerische Illustration; einige wenige haben einen 
groben Holzschnitt auf dem Titel*; das Heldenbuch ist der einzige 
seiner Drucke mit Bildern im Text; da Knoblouch die Kosten der 
Ausgabe trug, hatte er auch ohne Zweifel die Holzstöcke geliefert 
Vor 15 14 scheint Gran sich keiner Einfassung für seine Titel be- 
dient zu haben; die, die er seit 15 14 hat, sind alle nach dem nem- 
lichen Typus gemacht. In der untern Leiste sieht man auch meist 
seine Marke: zwei von Kränzen umgebene und von geflügelten 
Genien gehaltene Schilde, in dem einen die auf den Münzen und 
dem Wappen Hagenaus vorkommende Rose, auf dem. andern die 
Initialen H. G. und ein zwei gekreuzte Hacken durchschneidender 
Getraidestengel, als Anspielung auf den Namen Gran, granutn. 

Er starb in hohem Alter 1523 oder 1524. Auf einem Buch 
von 1527 liest man noch in officina Henrici Granu*; zu dieser Zeit 
war aber die Offizin bereits in die Hände eines Andern über- 



nehmen musstei; für diese Erlaubniss hatte er in vier Terminen 800 Gulden 
zu bezahlen. Als Buchhändler zu Augsburg erscheint er zum ersten Mal im 
Jahr 1502. Er liess in dieser Stadt, zu Basel, zu Nürnberg, zu Venedig, zu 
Strassburg und vornehmlich zu Hagenau drucken. S. Kirchhopp, Beiträge zur 
Geschichte des deutschen Buchhandels. Leipzig, 1851, B. i, S. 11 u. f. 

1. Die Sermones dormi secure 1493, eine Expositio himnorum 1493, und 
einige Schulbücher 1494 und 1495, haben auf dem Titel d ?n nemlichen Schul- 
meister, den man auf Drucken Joh. Schönspergers von Augsburg sieht. Wolt- 
MANN, Geschichte der deutschen Kunst im Elsass, Leipzig, 1876, S. 272, citirt 
das von Gran, 1501 in-f*, gedruckte Steüarium corona hMcdicta Ovaria virginii, 
und sagt, es habe auf dem Titel « die stehende Madonna mit einer Stemenkrone 
und mit zwei krönenden Engeln, und in den vier Ecken die evangelistischen 
Zeichen in Intaglio-Holzschnitte. Das der hiesigen Stadt- Bibliothek gehörende 
Exemplar der nemlichen Ausgabe hat kein Bild auf dem TiteL Man rouss 
annehmen, dass Gran zweierlei Exemplare ausgegeben hat ; jedenfalls sind die 
mit dem Holzschnitt eine seltene Ausnahme unter seinen Drucken. Die Medail- 
lons der vier Evangelisten mögen wohl dieselben sein wie die auf dem Utel 
der von Hans Othmar 1 508 zu Augsburg gedruckten Sammlung Geilers 'Predigen 
teutsch und vil guter leeren, 

2. Opusculum D. tAgapeti. . ad Justinianum, . hont principis compUcUnsofi» 
cia, . . Haganoa in officina Henrici Granu anno i^2y nonis septetnhris, In-4*. 



Die strasshurger Buchdrucker vor ijio. 143 

gegangen; der neue Besitzer rechnete noch auf den grossen Ruf 
seines Vorgängers, ich kann aber nicht sagen, wer dieser Be- 
sitzer war*. 



2. Thomas Anshelm. 

Gran hatte sich während der ganzen langen Zeit seiner Thätig- 
keit von der klassischen Litteratur fern gehalten; während zu Strass- 
burg und zu Sclilettstadt die humanistische Bewegung die Gemüther 
ergriflF, blieb Hagenau ihr fremd. Erst gegen Ende von 15 16 brachte 
Thomas Anshelm einen frischern Geist in «die dürre Sandwüste », 
wie das Jahr zuvor Wol%ang Angst die Gegend bezeichnet hatte. 
Anshelm, den wir 1488 zu Strassburg getroflfen, hatte seit 1300 zu 
Pforzheim, seit 1511 zu Tübingen Bücher verschiedener Art ge- 
druckt. Die Gründe, die ihn nach Hagenau führten, sind nicht be- 
kannt; sie müssen aber wichtig genug gewesen sein, um ihn zu 
veranlassen, mit einer Offizin wie die Gran sehe in Concurrenz zu 
treten. Eine seiner ersten hagcnauer Publikationen ist das Decachor- 
dum des Marcus Vigerius, in Folio, mit zehn der besten Holz- 
schnitte von Hans Schäufielin. 15 18 druckte er ein !\CissaU für die 
bursfelder Benediktiner-Congregation, 1520 ein anderes für die strass- 
hurger Diöcese, ein* grosser schöner Band mit Bildern, die einer 
ganz andern Schule angehören als der elsässischen. Neben solchen 
kirchlichen Werken gab Anshelm klassische Autoren, humanistische 
und reformatorische Bücher, Schriften und Briefe Reuchlins und 
seiner Freunde , Traktate von Luther, Mclanchthon u. a. Um seine 
Vorliebe für die neue Zeit kundzugeben, nannte er seine Druckerei 
bald academia oder neoacademia anshelmiana, bald bezeichnete er sie 
durch das Wort charisium, das irgend ein Humanist für die Werk- 
stätte der Grazien ersonnen hatte*. 



1. Der von Knoblouch 1525 gedruckte Traktat ErkUrung wie Carlstadt 
sein ler voft dem hochwirdigen Sacrament und andere achtet, . , hat Grans Titelein- 
fassung und Marke. Hatte Knoblouch dieselben erworben» oder hatte er Grans 
Nachfolger mit dem Druck beauftragt, obgleich es am Ende heisst: Zu Strasi- 
bürg getrucki durch Joh. Knoblouch? 

2, *De artibus liberalibus oratio *Phil. ^elanchthonis. Ex charisio Thonne tAns- 
helmi. 15 17. — Nora in laudem beatiss. Virginis, Ex charisio Tb. %A. 15 18. 



144 -D& strassburger Buchdrucker vor ij2o. 

15 17 und 15 19 arbeitete er einige Male fiir Knoblouch ; 15 18 
unternahm er, auf gemeinsame Kosten Koburgers und Lucas Alant- 
see's, eine prachtvolle Ausgabe der Naturgeschichte des Plinius. 
Den 7. Januar 15 18 schrieb er an Koburger, er habe den Druck 
noch nicht beginnen können, weil Alantsee zwei Exemplare auf 
Pergament verlange, für die er zuerst das Material beschaflfen müsse; 
auch wünsche er grosse Initialen, da aber zu Hagenau kein Form- 
schneider zu finden sei, so möge Koburger zu Nürnberg, nach 
einem beigegebenen Muster, ein Alphabet zeichnen und schneiden 
lassen. Zu gleicher . Zeit druckte er, gleichfalls für Koburger, die 
Exegesis Germania von Franz Irenicus, konnte aber nur langsam 
damit vorwärts kommen, da der Verfasser fortwährend auf den 
Probebogen Aenderungen machte*. 1520 folgten dann noch für 
Koburger die Werke des Fulgentius, 1521 für Alantsee das Wörter- 
buch des Calepinus. Anshelms Correktor war zu dieser Zeit Johann 
Secer von Laucha in Thüringen, ein in den alten Sprachen tüchtig 
bewanderter Gelehrter; Reuchlin, der ihn den besten seiner Freunde 
nannte, überschickte ihm von Ingolstadt, wo er das Griechische 
dozirte, drei Schriften Xenophons, um sie zu drucken, da er sie 
seinen Zuhörern in die Hände zu geben wünschte; zwei Jahre 
später, als er zu Tübingen Professor geworden, bat er Anshelm, 
die Reden des Demosthenes und Aeschines nobili tuo cbaractere 
graco quam emendatissime et gracissime herausAigeben. Beide Male 
wurde ihm gewillfahrt*. 

Anshelms Offizin besass nicht nur einen grossen Reichthum 
griechischer Lettern, sie hatte auch sehr deutliche hebräbche. Das 
Verzeichniss der von ihm zu Hagenau herausgegebenen, den alten 
Sprachen angehörenden Bücher zählt bei 70 Nummern; deutsche 
habe ich nur vier gefunden. Er bediente sich folgender Marken: 
I. Das Monogramm, das er bereits zu Pforzheim und Tübingen ge- 
braucht und das von den Buchstaben T xA ^ (Thomas %Anshelm$is 



1. Der Brief Anshelms ab Fac-simile in den Bilderheften von Lempem, 
Tafel 20. Die Exegesis Germania erschien im August 15 18, der Plinius im 
November. 

2. Reuchlins Briefwechsel, herausg. von L. Geiger. Stuttgart, 1875, 
S. 323, 335. — Xenophons Apologie des Socrates» Agesilaus und Hieron er- 
schienen im Juli 1520 mit einer Widmung Secers an Reuchlin; Demosthenes 
und Aeschines im April 1522. 



Die strassburger Buchdrucker vor if20. 145 

Vadensis) gebildete Monogramm, in viereckigem Rahmen von einem 
Kreis umgeben, weiss auf schwarzem Grund; zuweilen steht darüber 
der hebräische Namen Jesus auf einem Spruchband. — 2. Das Mono- 
gramm, klein, in der untern Leiste einiger Titelborduren. — 3. Ein 
von Baidung Grien gezeichnetes Bild: ein Schild mit dem Mono- 
gramm, gehalten von zwei geflügelten Genien, die über sich ein 
Spruchband wehen lassen, mit dem griechischen und hebräischen 
Namen Jesus. 

Anshelms Nachfolger war seit 1523 Johann Secer. 



SCHLETTSTADT. 

Lazarus Schüre r. 

Der erste imd einzige schlettsudter Buchdrucker dieser Zeit 
war Lazarus Schürer, Neffe Mattliias Schürers, ein junger Gelehrter, 
zuerst Mitglied der strassburger, dann der schlettstadter litterarischen 
Gesellschaft. In letzterer Stadt, wo er geboren war, gründete er 
15 19 eine Offizin, iudem er als Marke das Wappen gebrauchte, 
das seinem Oheim und ihm von Kaiser Maximilian ertheilt worden 
war. 1520 gab er eine kleine Schrift heraus sumptu TZJcolat Cuferii 
bibliopola ScUstadtensis* ; Schöpflin hält diesen Nicobus Küfer für 
einen schlettstadter Buchdrucker und schreibt ihm als solchem auch 
den Traktat Luthers zu Warum des Bapstes und seiner 
Jüngern Bücher von D. M. Luther verbrannt seindt, 1521*, 
am Ende steht aber: getruckt durch Nicolau m Küffer von 
Sinszheim usz der Markgraffschafft Baden'. Dies will frei- 
lich nur sagen, dass Küfer von Sinsheim war; hätte er indessen 
das Buch zu Schlettstadt gedruckt, so hätte er ohne Zweifel nicht 
unterlassen, es zu bemerken; er war hier aber blos Buchliändler 
und dies nur für kurze Zeit. Auch Lazarus Schürer, der Schriften 



1. Erasmi epistola ad rev. archiepiscopum i^oguntinum, . . In-4*. 

2. Vindiciit typogr., S. 117. 

3. Weller I n« 18S0. 



10 



146 Die strassburger Buchdrucker vor i$2o. 

seiner Landsleute Wimpheling, Sapidus, Spi^el und solche von 
Erasmus, Luther u. a. herausgab, hone schon 1322 zu drucken auf. 
Drei Jahre später verklagte man ihn in seinem Haus «eine luthe- 
rische Synagoge» zu halten; es gelang ihm, sich zu entschuldigen, 
denn 1527 trifft man ihn als Rektor der schlettstadter Schule, aus 
der früher so viele ausgezeichnete Männer hervorgegangen waren, 
die er aber nicht mehr vor dem Verfall schützen konnte. 



BEILAGEN. 
I. 

KAISER FRreDRICH HI. AN DEN STRASSBURGER MAGISTRAT, 

WEGEN EINER POLITISCHEN SCHMÄHSCHRIFT, 

DIE ZU STRASSBURG GEDRUCKT SEM SOLLTE. 

Nöraberg, 2. November 1488. 
(Original. Papier, rothes Wachssiegel. Sudt- Archiv, AA. 228.) 



Den ersamen unnsem -und des Reichs lieben getrewen 
Meister und Rate der Statt Strassburg. 
Fridrich von Gottes gnaden Römischer Keyser etc. 

Ersamen Heben getrewen. Uns lanngt an wie die hanndlung des 
mutwilligen unpillichen Kriegs, so der Künig von Hungern, on all 
ursach über hoch glübd, eyde und verschreibung, gegen uns und 
unsern erblichen lannden gebrauchet, in der Statt Straszburg 
in schrifft gedrucket und unnser etlicher massen schimpfflich darinne 
gedacht werden süUe. Nu wisset jr in was gestalt wir lanng jar 
und zeit von den Türkhen und demselben Künig von Hungern mit 
Krieg swerlichen angefochten, und wie die allein auf uns und 
unnser erbliche lannde gelaitet und von meniclich darinne verlassen 



Die strassburger Buchdrucker vor ij2o. 147 

seien ; deszhalben solh schrifit, wo die also gedruckt und in kunfitig 
zeit den lewten zu hören werden solt, nicht aliein uns und unserm 
namen, sonnder auch gemeiner deutscher nation, die uns in solichen 
kriegen als Römischem Keyser jrem rechtem herm und deutschen 
cristeolichen fbrsten pillich rate, hilffe und beystannd getan imd in 
disen unfal, darinne wir laider steen, nit wachsen lassen hetten, zu 
ewiger smah und Verachtung kommen möcht. Das zu verhüten 
begeren wir an euch mit ernst bevelhende, jr wellent, uns, euch 
selbst und gemeyner deutscher nation zu eren, darob sein und ver- 
fügen, ob solich schriSt bey euch zu Straszburg gedruckt werden, 
damit die förderlichen widerumb abgetan und ferner nit gedruckt 
werden, als jr uns, euch selbst, dem heiligen Reiche und gemeyner 
deutschen nation des zu tunde schuldig seit. Daran tut jr unnser 
meynung und sonnder gevallen. Geben zu Nüremberg am Sonn- 
tag nach sant Symon und Judas der heiligen zwelflfbotten tag anno 
domini etc. Ixxxviij, unsers Keyserthums im vier und dreissigsten 
jare. 

n^d mandatum domini Imperatoris. 



IL 

ANZEIGEN MENTEL'SCHER DRUCKE 
(mit aufgelösten Abkürzungen). 

I. 

(Nach dem Abdruck bei Weigel und Zestermann, Die Anfange der Drucker- 
kunA in Bild und Schrift. Leipzig, 1866, in-f*, B. 2, S. 438. Die Anzeige 
bezieht sich blos auf die 1469 erschienene Summa %A$Uxana, die in der 
folgenden in zweiter Linie erscheint.) 

Volentes emere summam vere amabilem cunctorum aspectibus 
gratiosam^ vulgariter summam astensis nuncupatam, compilatam per 
r. et religiosum patrem astexanum . . . {Folgt eine ausführliche xAn- 
gäbe des Inhalts; dann:) Utilissima est pauperibus qui, inopia pressi, 
neque possunt sanctorum originaiia ncque scolasticorum doctorum 



148 Du strassburger Buchdrucker vor ij20. 

quesdones et summas innumeras comparare, hie enim in summa 
quicquid recte digestum est ab optimis quibusque viris et saluti 
proficuum breviter extat exaratum. Accomoda est divitibus qui, etsi 
multitudine libronim gaudeant, quia tarnen respersio in diversa 
memoriam gravat, et ordinata in unum collectio memoriam juvat, 
presens summa/ in qua quasi in quodam promptuario queque utilia 
coadunata sunt, aspernanda ab ipsis* ^non est, quinymmo afTectu 
pläcido amplexanda, certis namque ingenüs immorari scioium facit. 

Veniant ad hospicium ... et habebunt largum venditörem. 

2. 

(Qriginaldnick. Pariser National-Bibliothek. — Das Specubim historiale ist vom 
Jahr 1473.) 

Cupiens igitur pretactum voiumen* emere cum ceteris subscrip- 
tis bene emendatis veniat ad hospicium infra notatum, et habebit 
largum venditörem. 

Item specuhim historias Vincencii 

Item summam Astaxani (sie) 

Item archidyaconum super decretis ^ 

Item Ysidorum ethymoiogiarum. 

(Das Original war zu München. Ich gebe die Anzeige nach dem Neuen lite- 
rarischen Anzeiger. Nürnberg, 1807, in-4«, S. 302.) 

Volentes emere epistolas Aurelii Augustini Yponensium pre- 
suiis dignissimi, in quibus nondum humane eloquentie facundia sonat, 
verum etiam plurimi sacre scripture passus difficiles et obscurissimi 
lucide exponuntur, heresesque et errores a recta fide devii quasi 
malleo solidissime veritatis conteruntur, et totius vite agendi norma 
in ipsis perstringimr, virtutum monstrantur insignia^ et vida queque 
ad ima mergentia iusta racione cuipantur. 



t. Bei Weioel steht iais, was keinen Sinn gibt; die Vergleichung mit 
andern Abkürzungen zeigt dass ipsis zu lesen ist. 

2» Der Titel des prdtactum volmmn sollte mit der Feder beigefügt werden. 



Die sirasshurger Buchdrucker vor ij20. 149 

Fortalicium fidei 

Item epistolas quoque beati Jeronimi 

Josephum de antiquitatibus et bello iudaico 

VirgiUum 

Terencium 

Scrutinium scripturarum 
Librum confessionum beati Augustini 
Vaierium Maximum 
Veniat ad hospicium :(u dem . .. . 



m. 

VERSUS 

IN LAUDEM MENTELIL 

(S. oben S. 94, Note i.) 

Suscipe pauca Johannes stilo iam dato bleso 
Inter ego quae . . . parabo limina vatum 
Garrio cuncta scis quid agamque preconia laudum 
Innitor paucis succingere longa tuarum, 
Scriba perornatus ast prudens causidicus, nunc 
Miro quoque modo, latuit nii ars tibi visa, 
Vir bonus et sapiens, ars Tuchitidis tibi paret, 
Nam Lidi Pigis Ap'ellisque poema polire 
Nosti . . . fondi natus Tulixis' ab arte. 
Dotatus prole bella, tibi plus speciosa 
Uxor amena parens . . . Zephirus flans 
Suavior atque rosis fuit . . . gaudia vobis. 
Inclita T(gdolphique camena . . . tersum 
Omni fidum decora famosum celebremque 
Hunc hominem toUit qui pollens . . . arte 
Altius atque libros primorum spargat in orbem 

I. jülyxis. 



150 Die strassburger Buchdrucker vor 1^20. 



Nonque volat penna pluries una decies . . . 
Nam scriba tot iotas tot querentque diebus 
EfFerrique decetn pressum quis torquet et horis 
Succinctis graphis . . . dux et eorutn 
Merzque tenax incausti delet quod . . . nee 
Et reque • . . persculptos numero variatas 
Num quisquam . . . instrumentaque tot trutinare 
Tale dari . . * miror opus cellens queat esse 
Estoque multennis rebus vivasque secundis 
Ne pereat divum procreant quod nunc opus orbi 
Lausque licet mundo . . . spargatur tua fama 
I licet in fronte sit versus et accipiendum 
Nomen cognomenque tuum tibi, sed vale, cessum. 

Pro me quisque legas reminiscere versus orare 
Sigismunde vocor. Tu sine fine vale. 

Versuum horum literis initialibus continetur nomen primo 
Sigismundus, dein Johannes Mentelin. 



IV. 
ABRECHNUNG 

MENTELS mit seiner SCHWIEGERMUTTER. 

18. MAI 1474. 

(Conzept. Register der Contraktstube, Band der Jahre 1456 u. f. Stadt- Archiv.) 

T. Consdtuta domina tAnna de fMülnhtim, relicta quondam 
Johannis de !\Cat(enheim armigeri^ et in presencia Johannis !\CenteUn 
pressoris librorum tArgentma commorantis, se nostrse jurisdictioni 
subiciens^ confessa fuit et presentibus publice recognovit sibi eundem 
Johannem !\Centelin eins filiastrum de omnibus et singulis bonis mo- 
bilibus et immobilibus ac rebus utensilibus, vasis argenteis, debitis, 
creditis quibuscunque, nil penitus excepto, quibus, ipsa domina 
nAnna coniitens dominse Elizabeth de 3\£at:(enheim eins filise uxori 



Die strassburger Buchdrucker vor if20. 151 

dum vixit dicti Johannis thCentelin jure hereditario successit et suc- 
cedere habuit et debuit, modum in quemcunque plene integraiiter 
et in toto satisfecisse. Igitur %Anna confitens pre&ta pro se et eins 
heredibus universis prefatum Johannem !\CenteUn eins fiiiastrum 
ipsiusque heredes in soiidum de huiusmodi bonis et rebus heredi- 
tarüs et ab omnibus juris actionibus, impetitionibus, questionibus, 
causis et requisitionibus quibustunque sibi dominse %An$ue sulsque 
heredibus contra eundem Johannem ihCentelin eius fiiiastrum etipsius 
heredes quoscunque occasione omnium et singulorum bonorum 
mobiiium et immobilium, rerum utensilium, vasorum argenteorum, 
creditorum, debitorum hereditariorum de quibus premittitur quomo- 
dolibet competentibus seu competere potentibus modum in quem- 
cunque quittavit et absolvit ac iiberos, quittatos et absolutos cÜxit et 
dimisit, quittatque et absolvit publice per presentes: promittens 
nichilominus dicta domina ^Anna confitens pro se et eins heredibus 
universis, per fidem nomine juramenti ab ipsa coram nobis corpo- 
raliter presdtam, huiusmodi confessionem, quittationem et absolutio- 
nem modo ut prefertur factas ratas et gratas atque firmas perpetuo 
teuere, nee contra eas facere vel venire aut hoc fieri procurare per 
se vel per alios verbo vel opere, publice vel occulte quoquomodo 
in judicio vel extra, imposterum vel ad presens, necnon prefatum 
Johannem ihCentelin eins fiiiastrum aut suos heredes de et super huius- 
modi hereditate et eins occasione abhinc inantea nunquam impetere, 
impedire, molestare, vexare seu pcrturbarc modo quovis. Etc. 

Actum XV kalend. Junii anno Ixvüij^ 

2. Insuper constitutus prcfatus Johannes !\CenteIin confessus fiiit 
et in presencia %Anna de Mülnhüm eins socrus publice rccognovit 
se teneri et obligari eidem xAnna de !\Cühiheim in debito noningen- 
torum florenorum auri Renensium occasione hereditatis ad ipsam 
xAnnam ex obitu quondam Elizabeth de !\Cat:(enheim uxoris dicti 
Johannis !KenUlin, eius filix, dcvolutx; quod quidem debitum dictus 
Johannes V^Cmtelin pro se et eius heredibus universis solvere et dare 
promisit per fidem hiis terminis et in hunc modum, videlicet centum 
florenos Renenses festo sancti Adelphi episcopi proxime venturo, 
item ducentos florenos Renenses feste sancti Johannis Baptist« de 
anno Ixxquinto occurrenri, atque dehinc singulis annis eodem festo 
sancti Johannis Baptista^ trecentos florenos usque ad integram solutio- 



IJ2 Die strassburger Buchdrucker vor 1^20. 

nem debiti antedicti; et pro maiori certitudine solutionis prefatus 
Johannes t\CenteIin confitens bona subscripta titulo ypothecxe obligavit 
et jrpothecavit, ita et in hunc modum ut quod si ipse confitens vel 
eins heredes . in aliquo. diaorum terminorum termino insolventes 
vel negligentes existerent aut remissi, quod tunc excommunicationis 
sententias debeant subiacere, et nichilominus licitum erit dictae 
creditori et eius heredibus omnia et singula bona etc. occupare, 
judicio ecclesiastico vel seculari etc., usque ad solutionem debiti 
tunc suo, termino heglecti. Etc. 

Specificatio vero bonorum de quibus premittitur est haec et 
sita sunt in hunc. modum, videlicet primo curia, domus et area cum 
suis edificüs, juris amplitudine et comprehensione sitis in civitate 
%Argentinensi in Uomgassen :(um Domen, de quibus antea cedunt 
viginti floreni Renenses Hugoni Wurm, reemibiles cum quadringen- 
ti^ fiorenis Ren«; item meliorationem trium ortorum sitorum 7;u 
Vinckenwüre in ^urggasse bi dem ^ürnelin. 

Actum XV kal. Junii anno Ixxiiij^ 

(Dieses zweite Conzept ist durchgestrichen ; darüber steht : Cassatus est 
presens recessus de consensu heredum %Anna de thCüllnheim anno domini Ixxvii*.) 



V. 
ACHT BRIEFE 

ADOLPH RUSCHS AN JOHANN AMERBACH 
(Autogr. Basler Bibliothek. Cod. G. II. 30«.) 

I. 

S. a. Sabbato post Jubilate. 

Honorabili magistro Johanni xAmerbach 
amico et confratri sibi dileao. 

Honorande magister. Reversus %Argenünam invenio literas 
vestras, unde vobis recognitiones paulo commissas transmitto. De 



I. Die Briefe sind so flüchtig geschrieben, das Latein ist so schlecht und 
das Papier so durchlöchert» dass es nicht möglich war Alles zu entziffern. 



Die strassburger Buchdrucker vor i$2o. 153 

pecunia mihi data 34 fl. et de 50 ex parte Johannis Galicüm*) 
quam statim habito certo nuntio vos (sie) expediam. Nescio qua 
quidem fortuna involutus ne mihi vas meum, in quo meam cum 
vestra pecunia conclusi, presentetur. Gerte periclum vereor, et post 
triduum si mihi non mittatur ego ipse visurus ibo quorsum perve- 
nerit. Ceterum de extanti pecunia 1 50 fl. pro repensione . . . lubcns 
vestri quam statim et vos . . . solvam. Est namque ud scitis consti- 
tutus terminus ad festum usque Johannis; verum sunt aliqui apud 
vos quibus certa et prompta est solutio, qui mihi et societai mee 
solutionem £acere tenentur. Ubi habito vase meo Üiicet vobis recog- 
nidones transmittam, ut et vos ipsum solvatis. Et de pecunia reliqua 
apud vos habita, id agite, ut pro opere vestro exponatis, et si quid 
in exposidone cuiusdam damni infertur, ego susdnebo. 

Item componatis bapirum relictam de impressione Tireviarü, 
sit qualecunque, namque . . . bapirifici indemnem consdtuent. 

Item mittads quam stadm lazurium quod üii superaverat et priori 
queso nundo^ namque opus . . . Item compleatis defectum in Glosa 
ordinaria quamprimum queso, ut ea que apud me ordinata sunt edam 
huic modo dispergantur. In hoc düigendam agite et vobiscum conferte 
ad nundinas nostras, ubi vos una cum uxore letos spero adventuros. 

Item ex singulari amicida et etiam motus pardbus vestris 
scripsi consodali vestro Jacobo* ut sibi aliquos balios bapiri compo- 
nerem, et soludonem eiusdem in libris reciperem, unum scÜicet 
bailum librorum pro duobus bapiri, ud apud nos consuetum est, et 
omnes in me clamant et petunt ut sie exponam. Ipse vero' respon- 
dit, provisionem sese bapiri fecisse, verum si pecuniam mittam ipse 
mihi libros mutuabit. Scids quod libros emere non audeo, bapiri 
autem commercium habeo, qua si de me nunc pro isto suo opcre 
non egebit, nee edam posterius pro aiiis habebit, et quid si de mea 
bapiro 8 aut 10 balios recepisset, et si quid de ea quam ipse com- 
paravit superesset, ad aÜa sua opera pro suo usu convertisset ncs- 



1. Nach Stockmeier und Reber, S. i, waren um 1470 zwei Brüder, 
Anton und Michael Gallicion, aus Spanien nach Basel gekommen und hatten 
da die Papierfabrikation in Aufschwung gebracht. Ruschs Brief zufolge wäre ein 
dritter, Johann, beizufügen. 

2. Ueber diesen Jakob, der wohl Jakob von Pforzheim war, s. Stock- 
MEIER und Reber, S. 65. 



154 ^^ strassburger Buchdrucker vor IJ20. 

ciunt .... hoc modo se habent. Jam sat de Ulis. Valete felix, et 
pro commoditate vestra si quidpiam potero, audax penes me exi- 
gite. Iterum felicissime cum uxore vestra sospes valete. Datum sab- 
bato post Jubilate. 

nAdolffus. 

Item retnittatis ezemplar 'Breviarii, cogor namque id illesum quoad 
possutn reponere. 



2. 

S. a. 4 post praesentationis Mariae. 

Honorablli magistro Johanni %Amerbach 
amico et confratri sibi dilecto. 

Honorande magister. De ... onibus (recognitionibus?) quam 
statim Hemricus advenerit ... et quicquam huiusce rei penes me 
est vobis presentabit ut inde quod lubet formabitis. 

Item quod scribitis impressores nArgenünmses dedisse 8o quin- 
temos pro f. (floreno), profeao mihi credite sie non esse; ego enim 
ab ipsis hoc ipsum extorquere non possem, dum etiam in summa 
necessitate ipsis pecunia mea subvenirem. Id. verum esse contestor, 
quod 8o Codices et ad malus 84 sive sint quintemi, quatemi aut 
triterni etc. tradiderunt pro uno floreno; hoc mihi constat apud 
plurimos quibuscum forum, me etiam presente fecerunt. Hoc modo 
si quidpiam libebit, ego quoscunque optabitis transmittam, habeo 
nempe adhuc pecuniam vestram 40 fl. quos teneor. Vellem me 
vobis 100 quintemos pro floreno posse comparare; sed res ipsa ut 
est, sie vobis indico. 

Rescribite queso si nondum mutatus sit magister %AtUh(mius^ 
et eins frater pro bapiro. Spero dum . . . ;ina vice pecunia egerent 
ipsimet convenirent et erga me pro foro intercederent. 

Scribite queso quid agit magister Jacobus consodalis vester. 
Nil mihi rescribit, verum nondum ego . . , responsum de ^reviaräs 
habeo. Vereor ut nihil proficiam, quia id nil aliud quam pecunia 
impedit. Valete felix. 4 post presentationes Marie. 

I. Koburger. 



Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 15 s 



3- 

S. a. 6 post Oculi. 

Honorabili magistro Johanni %Afnerbach 
amico et confratri sibi dileao. 

Honorande magister. Multa apud nos volvitur fama, quod 
nunc Glosam ardinariam imprimere velitis; quamquam id minime 
verum esse arbitratus sum, ob id tarnen quod multi tarn certe id 
predicabant, has ad vos constitui scribi litterulas, eam quidem inten- 
tionem meam continentes, quam et pridem dum mihi id idem 
Johannes consodalis vester dbdsset vobis litteris significabam. Esset 
mihi res damnosa et vobb parum conduceret; habeo nempe apud 
me in mea possessione circiter centum Glosas, quas retinui nesciente 
Koburger, ut non ex toto exhaustus, verum, ut dietim etiam aliquid 
pecuniarum pro quotidiana expeditione domus reciperem. Quas 
quidem ubi aut quando vendercm, dum vos unam pro tribus aut 
quatuor aureis exponeritis. Preterca scitis quod onmem meam sub- 
stantiam habet KAtUhonius Koburger, et ad terminos extensos soiutio- 
nem &cturum se obligavit, qui'si damnificaretur, presertim in ea re 
quam ego sibi donavi quis esset qui me exolveret? Forsan inde 
radonem sibi sumeret, ut ego ad plenam usque soludonem nunquam 
pervenirem. Id queso amplius, quam scribi possit, perpendite, et 
pro multis beneficüs que vobis hilari vultu quam iibens exhibui 
posterius quam exbibere possum, non malum imo plus quam malum, 
quia destrucüonem totius facultatis mee mihi reddite; et si vos ad 
bilem concitaverit xAnthonius Koburger non ego ex hoc damnificor, 
verum indulgete, ut recte quidem hoc sacro tempore oremus: 
dimitte nobis debita nostra sicut et nos etc. Valete itaque felix, et 
rescribite et dum Francfordiam ieritis, convertimini in edes mcas, 
illic ad vestrum usque adventum ingens caput lucii observetur. Datum 
6 post Oculi. 

^dolffus T(^sch. 

Item si tKatihias aut quisquam nomine suo vobis pecuniam affert, illam 
mihi adducatis queso. 



is6 Die strassburger Buchdrucker vor IS20. 



148 1, 23. September. 

Honorabili magistro Johanni tAmerbach 
amico uti confratri sibi dilecto. 



^ Honorande magister Johannes. Optatis carraaeres vestros, quos 
apud me pro defectu complendo redneo. Placet quidem quod mit- 
tatis Johannem aut alteruniy qui circumquaque bene coUigat et pro 
defectu tantum pro una pressura, duas scilicet formulas^ dimitteret, 
cum quibus ego in dies defectum complere curabo. Item quod etiam 
deferat, si quid in pulveribus in domo posteriori repositum opinamini; 
seit namque Johannes vester locum quem volo, et si expensas in hoc 
salvas esse estimet, illicet curetis ut exponantur atque recoUigantur 
pulveres, domum namque vendidi et emptor ipse structuram in ea 
perficere curabit, unde pulveres omnes iste perderentur. Item stru- 
mulos mittam vectura proxima bapiri, quorum interea copiam spero 
habebimus. Adeo enim distrahor quod non una vectura totam sum- 
mam transmittere possum. Hactenus nunquam evenit hoc mihi 
diflfortunium in minori forma bapiri. Id quidem effecit hec illa 
satumina et seva aeris temperies, parcite igitur, est enim eque mihi 
et multo amplius reor quam vobis molestum; posterius in re altera 
nos ampliorem fortunam spero habituros. Item &cite mihi fiisorem 
vestrum quam statim formare quatuor lebetes, vulgariter digel an die 
pressen, sub eo modo atque forma ut pridem mihi formari fecistis, 
& quod magnam adhibeat diligentiam, ego enim pretium uti scri- 
betis quam libens exponam. Valete feUcissime, et immanes (ut 
audio) sudores longis deducitis noctibus dii velint atque faxint pros- 
perrime. Atque si sese fors ultro (ut certe optito) pro vobis offert 
sahem .Adolffi memoramini, dicentes en si unquam potuisset pro 
nobis .... facuhatis sue partes exposuisset. Iterum scmpitemum 
valete. 2 post Mathei Ixxxj. 

Adolffus. 



Die strassburger Buchdrucker vor i$20, 157 



S- 

1482^ 22. Oktober. 

Honorabili magistro Johanni de xAmerbach 
amicoet confratri sibi dilecto. 

S. P. Honorande magister. Petivit pridem Tärus %AtUndorn 
ut vobis scriberem, quatenus sibi providereds cum carracteribus pro 
tina pressura, unde et vobis sufficientem £aceret remunerationem. 
Quia autem ad labores permaxime anhelat, quibus uxorem et pueros 
suos honeste educare posset, vobis supplico, cum earum rerum 
copiam habeatis, ob meas preces sibi subveniatis. Rem graum sie 
mihi exhibetiSy quam et re multo grandiori rependere curabo. Valete 
felix. Datum 4 post Luce amio Ixxxij. 

^Adolffus K^ch. 



6. 

1485, 24. September. 
Magistro Johanni t^merbach. 

Honorande magister. Video singuÜs diebus pro vectura, qua 
habita, mittam vobis bapirum. Item mitto vobis exemplar Optimum 
ut mihi videtur, quod continet InstUuta ac simul Coüationes; hoc 
velim mundissime teneatur, quia si quocunque modo macula infi- 
geretur^ ego incredulus appellarer, poliicitus sum*namquc quod tan- 
tum domi retinere atque rescribere vclim. Illicet etiam expedito 
remittatis, quia ad fcstum Martini et non amplius eo uti permissum 
est; ncque titulum facite hoc modo: InstUuta monachorum Cassiani 
etc., sed InstUuta antiquorum patrum Cassiani etc. incipiunt. 

Item scribitis de ^revUego ; non adeo consultum mihi videtur, 
verum potius ad xAugustinum de civitate dei transeundum esse, ad 
quem si mens crit, cgo vobis bapirum ordinabo in forma rcaii, 
£icite igitur si Übet rescribi %Augustinum; prius tamen ordinandi 



IS8 Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 

essent carraaeres, ut inde qualiter comprehendi deberet modus et 
forma acciperetur. Quo facto, si depost commode fieri posset, ut 
horsum ad me conveniretis extunc nos de eius perfectione con- 
cluderemus. Valete felix^ Datum Sabbato post Mauricii Ixxxv*^. 

^dolff Krisch. 

7- 

S. d. 

Honorabili magistro Johanni %Amerbach 
amico et confratri sibi dilecto. 

Honorande magister. Nondum mihi responsivitis (sie) de bis 
quibus pridem conversaremur. Scripsistis queso ut mentem illicet 
pemoscam, et si vobis non placeat impressio Esopi, saitem id agite 
ut formule vobis communicentur et mihi mittads, et ego de his 
quicquam vos indicaveritis prompte exponam. Item ego inter me 
constituebam ut finito Esopo incepissetis Sermones discipuU, et facere- 
tis non tarn magna spatia et ad hunc modum comprehenderetis 
sicut in proximo impressi sunt per MarHnum Flach. Gerte, ut vos 
ipse scitis, bonus est Über et large venditionis. Neque etiam multe 
adhüc sunt. Item xAn. Koburger scripsit mihi atque exaae petivit ut 
vos exorem quatenus sibi communicetis exemplar vestrum quod de 
novo emendastis. Summam predicantium nescio quis ei de hac retulit, 
forsan consodalis vester. Obsecro igitur ut mihi' et nunc hoc nuntio 
mittatis, quia ipse incepit Summam et valde concupiscit exemplar 
vestrum; ego ordinabo ut vobis bonam et plus quam valeat solu- 
tionem ficiat. Item de Bemo habebitis XI ballos bapiri, quos retinete 
quoad vobis scribam. Item vadatis ad Ulricum Zürcher ut bapirum, 
quam mihi mittere pollicitus sit, vobis presentare velit, itaque lintheo 
communiat, nee plures ab eo ballos recipiatis quam 6 vel 8; pos- 
sum enim ab aliis remissius habere et vobis transmittere, si de 
opere quopiam imprimendo conveniemus. 

Valete felicissime. 

xAdolffus. 

Miror facilitatetn %Acolai Kesseler aut Jacohi vestri , non enim habent eam 
aviditatem mittendi libros quantam recepturi pecuniam. 



Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 159 

- 

8. 

S. a. 23. April. 
Magistro Johanni ^Amerbach. 

Hohorande magister. De Esopo quid futurum censeds, preterea 

de xAugustino certum me litteris facite, et si adhuc supersint alique 

Summe predicaniium, 10 aut 20 facite ut habeam, et ego pecuniam 

pro una iV, fl. prompte exponam sicque quam statim mihi mit- 

terentur. Item remittads copiam carminis, quam quondam vobis 

communicavi. Item dicite Jacobo quod exolvi octo florenos CurUs^ 

!XCerswine^ suo nomine ut miiii schpsit, diciteque quod (ut videt) 

ego enim uü poUiceor pro suo voto atque comodo expedire festino, 

ipse autem aut ^HJclaus non pari modo agunt, nondum enim mise- 

nmt !\Ceffrä*, et scribit quod coliaüonati non sint. Fateor forsan 

quod Uli quos mihi mittere velint coiladonati non sint, profecto 

licet . . . ., consdtui tarnen ut amplius tenacius pecuniam meam 

tenebo, nemo enim me unquam melius defraudare potest, aut si 

cerdus loquar, prompdorem me sibi faciet, quam is, qui mihi fieri 

quod vult fcsdnus et leto exhibeat vultu; sanxitum est enim apud 

veteres: tolle moras, nocuit quia semper differre paratis. Valete. 

Datum Jeorii. ^ . i/r 

xAdolffus. 



VI. 
AUSZUG 

AUS DEM LIBER BENEFACTORUM 
CARTHUSIiE BASILIENSIS. 

(Basler Staats- Archiv. Carthaus, L. p. 102.) 

Orctur pro domino xAdolpho T(tisch de %Argentina imprcssore, 
qui dedit i flor. 8 sol. Item dedit unum clinodium Agnus dei 



1. Voti 1462 bis 1494 wird zu Strassburg ein Junker Cuntz Merswin er- 
wihnt, der mehrmals im Stadtrath sass ; 1468 ein Cuntz Merswin , s^t^a /WiVii 
Sätcularis, Der, von dem Rusch redet, ist vermuthlich der Schreiber, der viel- 
leicht als solcher für die Basier eine Abschrift gemacht hatte. 

2. Die Sen/tones von McfTrctli wurden 1487 von Nicolaus Kessler gedruckt. 



i6o Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 

deauratum, estimatio 4 flor. , circa ymaginem beatissime patrone (S. 
Margarethie) pendens. Item dedit Sermanes Socci de tefnpare et sanctis, 
estimatio 2 lib. denar., item Speculum exemplorum, videlicet 2 flor., 
item Opera Gersanis cancellarii Parisiensis, videlicet tres flor., item 
12 tractatus de ymüoHone Christi et duos Itinerarios beate Vhrginis, 
valentes 2 flor. Iterum misit tres tractatus de Yinitaüone Christi. 



vn. 

GEDICHT RUDOLPH LÄNGS 

ÜBER DIE VON RUSCH GEDRUCKTE BIBEL. 



Ad ^Adolphum H^chium 

virum clarissimum, apud illustrem Helveciorum urbem %Argentinam 
officinse librariae principem, qui coelesti instinctu et mentis magni- 
tudine immensum byblise opus aggressus cum ordinaria glosa sub 
triplici caractere^ non tam mundissime quam castigatissime, prasstan- 
tissimo illo suo impresserit ingenio, et tam divinum munus in chri- 
stianum emiserit orbem, 

Gratulatio 
carmine alcaico jugi et continuato. 

Nunc nunc, %Adolpho magnanimo tibi et 
Cedat magistro sidereo, labor 
Mortalium sceptro imperiosior 
Pugnacis orbem qui petit Herculis 
Bello triformem sub juga mittere. 

Tu namque sacros impiger arduo 
Aggressus audax peaore Codices 
Formis decoros fingere splendidis, 
Quos sponsa Jesu, sidere pulchrior, 
Grseco vocabat nomine bybliam. 



Du strassburger Buchdruchr vor ij20. i6i 

Quem non parantem clara volumina 
Victum repellat sub tripllci stylo 
Magnis gygantum ceu manibus foret 
Congesta moles^ o labor inclytus. 

Omnesque nostrum puppibus uberi 
Pontum prementes remige navigant> 
Sed tu sequaces navibus ingredi 
Jam vasta ponti murmura sustinens 
Invictus audes oceani minas. 

Quae digna mentis laus erit arduae, 
Felix %Adolphus teutonicse decus 
Gends, minantem quse juga liberis* 
Ter vicit hostem vix superabilem. 
Cur fabulosus dormiat Herculis 
Clavse trinodis nunc* strepitus feri. 

Ducis triumphum victor amabilis 
Nullo rubcntem sanguine gentium 
Reges catenis stringere rennuens, 
Duro ligatos carcere Codices 
Dextra resolvis, liberi ut exeant 

Vitam ^dolphus sed tibi Langius, 
Ingens %Adolphe, expostulat integram, 
Coelestis ut te gratia confovens 
Carisque tandem sedibus invehat. 



I. Von Strampff» der das Gedicht im Scrapeum von 1852, S. 137, 
mittheilt, macht zu diesem Vers die Bemerkung : «Wer sind diese Kinder? 
Sollte Martin Flach, auf welchen die Mentel'sche Druckerei von Adolph Rusch 
übergegangen ist, etwa der Schwiegersohn von Rusch geworden sein?» Es 
findet sich aber keine Spur von Kindern Ruschs, und die Vermuthung in Bezug 
auf Flach wird durch das Faktum widerlegt, dass er die Schusterstochter 
Catharina Dammerer heirathete. Die liberi, mit denen vereint Rusch dreimal den 
Feind (den Teufel?) besiegt hat, sind wohl figürlich zu nehmen; man kann die 
drei in der Bibel zusammengestellten, sttb tripUci characUre gedruckten Texte 
darunter verstchn und Rusch, den Drucker, gleichsam ab den Vater betrachten. 
Das Carmen glänzt überhaupt nicht durch zu gros3e Klarheit. 

II 



i62 Du strassburger Buchdrucker vor i$20. 

Insinuadonis versunm epigramma. 

xArgentina potens seu te, quam moenibus alds 
Struxisti, villa pulcher %Adolfe tenet, 
Suscipe jocunda luculenta haec carmina mente 
A qua c'eu magnum numine fluxit opus. 



vm. 

EMPFANGSCHEIN KNOBLOUCHS 

FÜR EIN VON DEN BARFÜSSERN ENTLEHNTES MANUSCRIPT 

DER SERMONES BERCHTOLDI. 
3t. MAI 1512. 

(Aotograph. S. Thomas-Archiv.) 



Ich Hans Knoblauch, Buchdrucker zu StrasT^burg, bekenn mich 
mit myner eygen hantgeschrifft dasz ich von dem hochwirdigen vaner 
und docfor herm Jörg H., provincial desz barfusser Ordens unnd 
convents zu Straszburg, empfangen und entdenet hab usz ir librarien 
ein exemplar genannt Sennones ^erchtoldi de tempore et de sanctis, 
welliches buch oder exemplar versprech ich siner wirde wider zu 
stellen und antwurten, sobald ich das im druck vollend oder uff 
das lengst ad natalem domini anni futuri ISI3- Und diesz zu 
mererem urkund hab ich an dissen chirographum meyn eigen 
bitschaft gedruckt. Actum altera penthecostes anno Christi 15 12. 



m. 
DIE EHMALIGE BIBLIOTHEK 

DER STRASSBURGER HOHEN SCHULE 

lU ERSTEN JAHRHUNDERT IHRES BESTEUNS'. 



Hie Anfänge der Bibliothek, die später die des hiesigen 
1 protestantisclien Scminariums wurde, waren äusserst 
1 bescheiden. Die Männer, welche zuerst den Gedanken 
Sfassten, sie zu gründen, ahnten deren zukünftige Aus- 
dehnung nicht; noch weniger konnten sie ahnen, welches ihr Ende 
SEID würde. 

Kaum hatte sich die Bürgerschaft für die Reformation erklän, 
so wurden in verschiedenen Quartieren der Stadt lateinische, jungen 
Humanisten anvertraute Schulen eingerichtet, während einheimische 
und fremde Gelelute zu S. Thoma theologische und andere Vor- 
lesungen hielten. Für den Magistrat stellte üch früh die Nothwen- 
digkeit heraus, die Leitung dieser Anfangs vereinzelten Bestrebungen 
in die Hand zu nehmen. Zu diesem Zweck verordnete er drei seiner 
Mitgheder als prafecH scholarum. Die ersten dieser Scholarchen, 
wie man sie später nannte, waren Jakob Sturm, Ntcolaus Kniebs 
und Jakob Meyer. Von diesen ging auch der Vorschlag aus, eine 
Bibliothek zu errichten, und zwar noch keine öffentliche, zu der* 



I. Die bcnüuten Qiiclten sind die Protokolle der EUtb und XXI, im 
Stadt-Archiv, und die der Scholarchen nebst den duu gehörenden Akten- 
itQckeD, im S. Tliomas- Archiv. 




164 Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 

t 

auch Studenten und Bürger Zugang gehabt hätten, sondern zunächst 
nur eine für den Gebrauch der Lehrer und der Geistlichen. Bereits 
im Jahre 1 5 3 1 beschloss der Rath, diesen Vorschlag in Ausführung 
zu bringen, «zum Nutzen der Gelehrten, deren Mittel ihnen nicht 
gestatten, sich die nöthigen Bücher anzuschaffen». Als ersten Fonds 
hatte man schwerlich etwas mehr als die Ueberreste der Biblio- 
theken einiger aufgehobenen Bettelklöster. Diejenigen geistlichen 
Anstalten, welche die reichsten Büchersammlungen besassen, das 
hohe Stift, das Johanniterhaus und die Karthause, blieben im Be- 
sitz der Katholiken; ihre Manuscripte waren noch längere Zeit fiir 
die Protestanten ein verborgener unzugänglicher Schatz. Um die 
durch das Wiederaufleben der klassischen Studien und durch die 
Reformation geweckten nächsten Bedürfhisse zu befriedigen, be- 
durfte es übrigens nicht sowohl mittelalterlicher Handschriften als 
neugedruckter Bücher. Zum Ankauf solcher Bücher war aber vor- 
erst wenig Geld vorhanden; man musste sich meist auf Geschenke 
verlassen; der aus dem Einkommen von Klostergut gebildete Schul- 
Fiscus lieferte nur einen unzureichenden Beitrag. 

Zum Lokal der Bibliothek bestimmte man die ehmalige Uberei 
des Predigerklosters in einem langen Saal über dem der Kirche 
angebauten Kreuzgang ^ Im Jahre 1535 liessen die Scholarchen einen 
Ueberschlag der Kosten der Einrichtung machen; da die Arbeit 
sich auf 200 Gulden belaufen sollte, so waren sie der Meinung, 
«den Platz nochmals zu besichtigen und hernach zu schliessen». 
Das Resultat dieser weitem Untersuchung ist in dem damals sehr 
unregelmässig geführten' Protokoll der Scholarchen mit Stillschwei- 
gen übergangen; es muss indessen ein günstiges gewesen sein, denn 
zehn Jahre später findet man die Bibliothek, obgleich noch sehr 
unbedeutend, aufgestellt und einigermassen geordnet, sie hat einen 
Aufseher und besitzt einen Catalog. 

Die Gründung des Gymnasiums, die Ankunft auswärtiger Ge- 
lehrten, die als Professoren Anstellung erhielten, das Zuströmen 
zahlreicher Schüler aus allerlei Ländern, gaben dem von den 
' Scholarchen unternommenen Werk einen neuen Impuls. Gegen 



1: Die Uberei ^u den 'Predigern, Prot, der Schol. 1535. — Die aUe *Bi^ 
hUotbek ist Ober dem Kreutigang. Handschr. Noten über die Predigerkirche, von 
Pappus. 



Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 165 

Ende des Jahres 1545 verfassten sie Statuten für das Gymnasium 
und die mit demselben zusammenhängenden öffentlichen Vor- 
lesungen; unter diesen Statuten sind auch drei Artikel den bibUo^ 
thecarius betreffend: i. er soll «nach Nothdurft durch Oeflhung 
und Wiederzuthun der Fenster und andere Mittel für Säuberung 
der Bücher sorgen, so dass diese ad posteros erhalten werden und 
es ein Wohlstand der Schule sei»; 2. im Sommer soll er zwei 
Mal wöchentlich von Mittag bis zwei Uhr auf der Bibliothek sein, 
warten ob Jemand komme, mit den Kommenden ein- und ausgehn 
und darauf sehn, dass kein Buch verloren oder beschädigt werde; 
3. im Winter mag er sich in dem neben dem Büchersaal befind- 
lichen heizbaren lectorium publicum aufhalten und da, während er 
auf Besucher wartet, etwas lesen oder übersetzen. 

Ein solcher Vibliothecarius brauchte nicht ein Gelehrter zu sein; 
man verlangte nicht mehr von ihm als was ein gewöhnlicher Auf- 
seher verrichten konnte : die Fenster auf- und zumachen, die Bücher 
von Staub und Spinngeweben reinigen, denen die etwas begehren 
es, nach dem ihm anvertrauten Index, zustellen und Acht haben, 
dass nichts fortgetragen werde. Die Bücher musste man an Ort 
und Stelle benutzen, trotz der Unbequemlichkeit des im Winter 
kaken Raums. 

Der erste, der das Amt in dieser Weise versah, war Peter 
Schriessheimer, Siderander genannt, weil er der Sohn eines strass- 
burger Eisenhändlers war; von den Scholarchen unterstützt, hatte 
er zu Paris gute humanistische Studien gemacht, war 1537 Hülfs- 
lehrer in der Schule des Johann Sapidus gewesen, und 1 542 in der 
untersten Klasse des Gymnasiums angestellt worden. Da man sich 
über die Heftigkeit beklagte, mit der er die Kinder behandelte, ver- 
lor er diese Stelle und erhielt dagegen die als Bibliothekar. Die 
Scholarchen trugen ihm auf, während der Bibliothekstunden, wenn 
Niemand nach Büchern fragte, die Briefe Ciceros, die in den untersten 
Klassen erklärt wurden, nebst den daraus gezogenen formula ins 
Deutsche zu übersetzen, und für die Knaben der ^Hj>na lateinische 
Sentenzen mit deutscher Interpretation zusammenzuschreiben. 

2. 

^ Den 30. Oktober 1553 starb Jakob Sturm; die Bibliothek. war 
eines der grössten Anliegen des trefflichen Stettmeisters gewesen; 



i66 Die ehmalige Bibliothek der strassburger hoben Schule. 



er hatte ihr Bücher geschenkt, von denen manche mit seinem 
Wappen und mit der Inschrift: In usum studiosorum schola ^Argen^ 
nensis Jacobus Sturm donabat, sich bis 1870 erhalten hatten. Durch 
sein Testament vermachte er ihr eine Rente von 50 Gulden. Als 
im Jahr 1560 seine Brüder das schöne Bild malen Hessen, das ihn 
lebensgross darstellt und das noch existirt, verfasste Johann Sturm 
für dasselbe eine Inschrift, in der auch das erwähnt wird, was er 
Sät die Bibliothek gethan: amplificata sua pecunia biblioiheca. Sein 
Legat war das erste und während langer Zeit das einzige; aus 
Dankbarkeit gewöhnte man sich, die Bibliothek, die kaum andere 
Einkünfte hatte, die sturmische zu nennen. 

Ungeachtet dieses rühmlichen Namens war sie weit entfernt, 
in blühendem Zustand zu sein; mit den spärlichen Mitteln, über die 
sie gebieten konnte, war wenig auszurichten, und da sie noch keine 
öffentliche war^ erregte sie bei der Bürgerschaft nur geringes In- 
teresse. Dem Aufseher gebrach es an dem nöthigen Ansehen, um 
sich dem Wegtragen von Büchern zu widersetzen, wenn solche 
von Mitgliedern des Raths verlängt wurden; 1563, nach dem Tode 
Peter Sturms fand man deren mehrere in dessen Wohnung; die 
Scholarchen liessen sie auf die Bibliothek zurückbringen. Zudem 
war das Lokal so verwahrlost, dass es nicht einmal vor Regen und 
Schnee geschützt war; es nützte nichts, dem Aufseher zu empfehlen, 
die Fenster zu schliessen, wenn diese keine Scheiben hatten. Im 
April 1565 klagte der Rektor, Johann Sturm, dass im verflossenen 
Winter die Bücher durch den Schnee viel Schaden gelitten; da er 
von der Wichtigkeit einer wohlgehaltenen Bibliothek eben so über- 
zeugt war als sein verstorbener Freund Jakob Sturm es gewesen, 
machte er den Vorschlag, das bisherige Lokal zu verlassen und ein 
anderes im Chor der Neuen Kirche einzurichten ; würde dieser Vor- 
schlag angenommen, so könnte er, als Probst von S. Thomä, 
eine Vikariatspfründe dieses Stifts zum Unterhalt der Bibliothek be- 
stimmen. Die Scholarchen liessen den Bau durch die Werkleute 
der Schule überschlagen, um dann die Sache vor den Rath zu 
bringen. Es geschah jedoch nichts. Man begnügte sich (20. April 
1565) dem Bibliothekar Georg Antz, Schreib lehrer im untern Gym- 
nasium, den Befehl zu geben, täglich während einer Stunde den 
^aal offen zu halten; und um den Gelehrten den Gebrauch der 
Bücher möglichst zu erleichtern, gestattete man ihnen, gegen einen 



Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule, 167 

Empfangschein, solche nach Haus zu nehmen'. Man überliess sogar 
dem Magister Elias Kyber, damals Diakonus im Münster und Pro- 
fessor des Hebräischen, für eine Zeit lang einen Schlüssel, um selber 
die ihm nöthigen Werke zu holen. Dieses bedenkliche Privilegium 
wurde später Niemand mehr gestattet. 

Den 18. Januar 1566 wiederholte Sturm seinen Vorschlag, 
ein besseres Lokal zu suchen; der Erfolg war kein besserer als zu- 
vor. Im September dieses Jahres erhielt Georg Antz eine Anstellung 
als Schreiber in einer der städtischen Verwaltimgen; um ihn zu 
ersetzen, dachten die Scholarchen an Prothasius Sopher, der ein 
Kanonikat von S. Thomä besass, für das er keine Dienste leistete; 
da der Magistrat seine Einwilligung verweigerte, beauftragte man 
im Oktober 1567 mit der Bibliothek Adam Fels, Lehrer einer der 
unteren Klassen und Pedell der Schule, mit einem jährlichen Ge- 
halt von zwölf Gulden. 



3- 

Nachdem Kaiser Maximilian IL, 1566, der Schule die aka- 
demischen Privilegien ertlieilt hatte, schien es an der Zeit zu sein, 
etwas zur Verbesserung dieser so unvollkommenen Zustände zu 
thun. Es ist jedoch merkwürdig, dass in keinem der von den Pro- 
fessoren verfassten Bedenken über die Einrichtung und Verfassung 
der Akademie auch nur ein Wort von der Bibliothek gesagt ist. 
In diesem Bezug blieb noch alles beim Alten. Johann Sturm hatte 
Besseres gehofft; den Merkwürdigkeiten, die der Stadt zur Ehre 
gereichten, wünschte er den Bau einer stattlichen Bibliothek beizu- 
fügen ; er hatte dafür sogar auf die Mitwirkung des ihm befreundeten 
und die Studien liebenden Bischofs Erasmus von Limburg gezählt; 
als dieser 1568 starb, schrieb Sturm an den Kanonikus Grafen Her- 
mann Adolf von Solms, seine Hoffnung sei gescheitert, es sei denn, 
dass das Stift einen Prälaten wähle, der ähnliche Gesinnungen habe 
wie Erasmus*. Solche Hoffnungen gehörten zu den Illusionen des 



1. Der Prof. der Theol. Melchior SpecVer ubegeriime eltUche patres gnecos 
aus^ der Liberei ^u lassen uff ein 'Rscognition ; ist bewilligt*. Prot, der Schol. 1565. 

2. JoH. Sturm, EpistoU de motte Erasmi *Argent. episcopi. oirgeni,, 1569» 
in-4», f» C, 3. 



i68 Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 

Rektors; ein katholischer Bischof würde sich schwerlich ftir die 
Gründung einer protestantischen Kirchen- und Schulbibliothek that- 
sächlich interessirt haben. 

Die 1568 promulgirten kges academka wiederholten, was die 
Bibliothek betrifft, die drei Artikel von 1545» mit einem Zusatz und 
einer Aenderung: der Bibliothekar kann Bücher ausleihen, aber nur 
auf Befehl der Scholarchen, und statt nur zweimal wöchentlich soll 
er dreimal an seinem Posten sein, Donnerstags und Samstags von 
I bis 4, und am Sonntag vom Schluss der Mittagspredigt an bis 
zum Anfang der Abendpredigt. Etwas später erklärte man, diese 
höchst einfache Ordnung sei «nur auf den damals vorhandenen 
ganz geringen Vorrath von Büchern accommodirt gewesen». 

Für den Augenblick schienen diese Massregeln zu genügen; 
Sturms Gedanken giengen über den Augenblick hinaus, er wollte 
etwas gründen, das der Akademie würdig wäre; eine dürftig aus- 
gestattete, schlecht verwahrte, von einem blossen Pedell beauf- 
sichtigte Büchersammlung entsprach den Bedürfhissen der neuen, 
zahlreiche Schüler aus allen Ländern anziehenden hohen Schule 
bei weitem nicht mehr. Im September 1569 erlangte der Rektor 
vorerst, dass die Verwaltung der Bibliothek einem der Professoren 
anvertraut wurde; der bisherige Aufseher behielt den Titel bibluh- 
thecarius und den Dienst, so wie dieser durch die Statuten geregelt 
war, nur wurde er dem Professor untergeordnet, den man von nun 
an gewissermassen als Inspektor oder Ober-Bibliothekar betrachten 
konnte. Die Scholarchen wandten sich desshalb an Michael Beuther, 
Professor der Rechte und der Geschichte, der vor seiner Berufung 
nach Strassburg an der Bibliothek von Heidelberg angestellt ge- 
wesen war. Da er sich bereit erwies, erhielt er einen Schlüssel 
und einen Index der Uberei, versprach die Bücher in Ordnung zu 
bringen und zu bedenken, «was von Mess zu Mess zu kaufen sein 
möchte, um solches den Scholarchen anzuzeigen». Sein Beruf be- 
stand demnach darin, die Bibliothek in Ordnung zu halten und 
während der jährlichen Messen zu Frankfurt, wo der Hauptbücher- 
markt war, sich nach den neuerschienenen Büchern umzusehn; er 
konnte jedoch nichts kaufen ohne die Genehmigung der Scholarchen. 
Diese Ordnung, so unvollständig sie war, enthielt einige der wesent- 
lichsten Elemente jedes zweckmässigen Bibliothek-Statuts: eine Com- 
mission (die Scholarchen), ein Bibliothekar und ein Diener. Aus 



Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 169 

einer Buchbinderrechnung von 1569 ersieht man^ dass bald nach 
Beuthers Anstellung 21 theologische Bücher^ 7 juristische^ 2 histo- 
rische, 2 mathematische, eines über Geographie und 7 Klassiker 
gekauft worden waren; die Kosten des Einbindens beliefcn sich auf 
3 Pf. 19 Seh. 4 Pf., die aus der Schulschaffenei bezahlt wurden. — 



Man hatte so in den letzten Jahren einige Fortschritte ge- 
macht, war aber noch weit von dem Ziele entfernt, das Johann 
Sturm und schon vor ihm Jakob Sturm sich vorgesetzt hatten. Der 
Rektor liess keine Gelegenheit vorübergehn, ohne seine Wünsche 
zu äussern. Als im Jahr 1580 der Rath Herrn Philipp von Ketten- 
heim zum Kanzler der Akademie erwählte, wurde dieser den 2. 
Juni feierlich vom Schulconvent empfangen; in der Rede, die Johann 
Sturm an ihn richtete, sagte er, es sei eines hauptsächlich, das er 
obgleich mit fast erbUndeten Augen noch sehen möchte, den Bau 
einer Bibliothek im Chor der Neuen Kirche und unter derselben 
ein grosses Auditorium für die Vorlesungen; die Bibliothek, amit 
grossen hellen Fenstern und mit den besten %Autores versehen», 
würde die Augen aller Fremden auf sich ziehen, nicht weniger als 
die Mauern der Stadt und der Thurm des Münsters, sie wäre ein 
noch herrlicheres Werk als die astronomische Uhr; mancher Ge- 
lehrte würde sich bewogen fühlen, ihr seine Bücher zu lassen, 
lieber als undankbaren Erben, denn er wüsste, dass sein Andenken 
von der Nachwelt in Ehren gehalten würde. 

Solche dringende Vorstellungen bewogen endlich die Scho- 
larchen, den Bau einer Bibliothek ernstlich in Betracht zu ziehen. 
Auch der Rath dachte darüber nach, er that es aber mit seiner 
gewohnten gravitätischen Langsamkeit. Erst 1388 beauftragte er den 
die städtischen Bauten leitenden Lonherrn, einen Plan einzureichen, 
der dem acht Jahre vorher von Sturm ausgedrückten Wunsch ent- 
spräche. Den 10. Dezember war dieser Plan vollendet, er verwandte 
für die Bibliothek das Chor der Kirche. Bald nachher indessen 
nahm man einen andern an, der für die damalige Zeit in jeder 
Hinsicht vortheilhafter war: man bestimmte das Chor für die aka- 
demischen Feierlichkeiten und liess die gegen Ende des fünfzehnten 



170 Die ehmatige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 

Jahrhunderts an dasselbe angebaute S. Elisabethenkapelle theilweise 
abbrechen, um unten das Lektorium oder .Auditorium und . über 
diesem das Bibliotheklokal einzurichten. Die Arbeit, die auf Kosten 
der Schule sollte ausgeführt werden, begann ohne Verzug, gieng 
jedoch weniger rasch voran als man es hätte wünschen dürfen. 
Das obere Stockwerk war 1603 kaum angefangen; es fehlte an 
Geld; die Scholarchen klagten über die grossen dem Schul-Fiskus 
auferlegten Kosten. 

Unterdessen erhielt die Bibliothek einigen Zuwachs ; sie erwarb 
mehrere der alten kostbaren handschriftlichen Codices des Münster- 
kapitels; Fürsten, adelige Studenten, fremde Gelehrte machten ihr 
nicht unbedeutende Geschenke. 



S- 

Im Jahre 1604 revidirte man die leges academica; eine der 
Hauptveränderungen betraf die Bibliothekordnung : von nun an sollte 
jährlich von dem Schulconvent einer der Professoren ad inspectumem 
bibliotheca gewählt werden, dem der Schlüssel und der Index anzu- 
vertrauen seien; unter ihm ein Ordinarius minister, der ihm Gehor- 
sam schuldig und verbunden sei, jedes Buch «nach Inhalt des 
Index» an seinen Ort zu stellen, und Niemanden eines zu leihen 
ohne Wissen und Befehl des Inspektors. Der Diener soll das Lokal 
sauber halten; wird ein Buch beschädigt oder geht eines verloren, 
so hat er es auf seine Kosten zu ersetzen ; endlich soll er sich drei- 
mal wöchentlich auf der Bibliothek einfinden. Der Gehalt des In- 
spektors wurde auf 5 Pf. 5 Seh, festgesetzt, der des Dieners auf 
10 Pf 10 Seh. 

Diese Ordnung war im Grunde nur eine Bestätigung der- 
jenigen, die man zur Zeit der Ernennung Beuthers provisorisch 
eingeführt hatte. Zwei Punkte waren indessen gebessert: wer ein 
Buch zu entlehnen verlangte, hatte sich an den Inspektor und nicht 
mehr an die Scholarchen zu wenden, welches letztere immer zeit- 
raubend und oft beschwerlich gewesen war; und der Unterbeamte 
hiess nicht mehr bibliothecarius, sondern einfach minister bibliotheca. 
Im Ganzen war aber nicht viel mit diesen Neuerungen geholfen; 
bei dem Inspektor waren sie wenig geeignet, den Eifer zu erwecken, 



Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule, 171 

der allein den rechten Bibliotliekar ausmacht ; hatte er a Lust zu den 
Büchern »^ so brauchte er Zeit, um sich mit dem vorhandenen Vor- 
rathe vertraut zu machen^ und kaum war dies geschehen^ so war 
sein Amtsjahr vorüber und ein anderer trat an seine Stelle; hatte 
letzterer^ wie es geschehen konnte, keine Lust zu den Büchern, so 
kümmerte er sich um das Geschäft nur so weit', als es ihm nöthig 
schien, um seine magere Besoldung zu verdienen. Der eigentliche 
Bibliothekar war immer der minister, der in der Bibliothek auf die 
Besucher wartete, aber weder im Stande noch berechtigt war, ihnen 
irgend einen Rath zu ertheilen. 

Es geschah daher auch, dass die Bibliothek nicht viel besser 
verwaltet wurde als früher; manches Buch gieng aus Nachlässigkeit 
verloren; man redete nur noch von den arudera der sturmischen 
Bibliothek ». So lang der neue Bau nicht vollendet war, blieben die 
Bücher im alten Lokal auf nothdürftig zusammengenagelten Bret- 
tern aufgestellt, oder lagen unordentlich auf dem Boden umher; 
der Index war unvollständig; es war nicht leicht etwas zu finden. 

Endlich, im Jahre 1609 ging die Akademie mit mehr Nach- 
druck ans Werk. Der Bau war fertig; für die Bibliothek fehlten 
nur noch die Schränke und Repositorien. Da die Mittel der Schule 
fbr diesen Zweck nicht mehr ausreichten, richteten den 18. Februar 
der Rektor, der Dekan und die Visitatoren der Akademie eine Bitt- 
schrift an den Magistrat. Sie gaben ihm zu bedenken, wie nützlich 
bei wohlbestellten hohen Schulen öflfentliche Bibliotheken sind; ob- 
wohl jeder Professor sich befleissigt, die zu seinem täglichen Ge- 
brauch nöthigen Bücher sich selber anzuschaffen, so ist doch die 
Zahl der opera so gross, dass nicht jeder aus eigenem Vermögen 
alles bezahlen kann, noch nöthiger ist eine Bibliothek ftir die 
Studenten. Ferner sei zu bemerken, dass « die grossen und ftimemen 
Opera, welche vor dieser Zeit in den Druck gekommen, nicht so 
bald oder in der Menge wiederum aufgelegt werden, dass wenn 
man sie nicht im rechten Augenblick kauft, man sie später nicht 
mehr bekommen kann, selbst um hohen Preis». Auch gehöre eine 
Bibliothek zu den grössten Ornamenten einer res publica; die 
Fremden, die sie besuchen, ersehen daraus, wie die Regierung für 
den gemeinen Nutzen sorgt; «um die Wahrheit zu sagen, wir haben 
uns oft schämen müssen, unsere Bibliothek den Fremden nicht 
zeigen zu können». Der Magistrat habe zwar sein Bestes gcthan. 



172 Die ehmalige Bibliothek der strassburger hoben Schule. 

sie mit Büchern zu versehn^ auch haben die Scholarchen, da die 
alte Liberei zu eng gewesen und bau&llig geworden, über dem 
Auditorium einen ansehnlichen Raum verordnet und diesen so weit 
gebracht, dass nichts mehr fehlt als die pulpita zum Aufistellen der 
Bücher; die Kasse der Schule sei aber erschöpft, man bitte daher 
den Rath, das noch Fehlende auf Kosten der Stadt und durch ihre 
Werkleute verfertigen zu lassen. 

Nachdem der Dekan Melchior Sebitz, Professor der Medizin, 
und Johann Pappus, Professor der Theologie, dieses von den Scho- 
larchen unterstützte Begehren dem Rath übergeben, erklärte dieser, 
er wolle die Sache überlegen. Um sicher zu gehen, verlangte er 
einen Ueberschlag der Kosten und ein weiteres Bedenken über die 
Mittel, die Bibliothek zu vermehren und die Art, sie zu gebrauchen. 
Beides wurde sofort geliefert. Der vom Stadtschreiner gemachte 
und vom Schulconvent genehmigte Plan begriff 24 Pulte, «auf 
welche die Bücher gestellt oder gelegt werden sollen», jedes mit 
mehreren Schäften versehn und 9 Schuh lang, 2 Schuh tief und 
5 Schuh hoch; die Kosten waren auf 74 Pf. 12 Seh. berechnet. 
In dem diesem Plan beigefügten Bedenken werden zuerst Vorschläge 
gemacht über die Vermehrung der Bibliothek: adelige und wohl- 
habende Studenten sollen angehalten werden, Bücher zu schenken; 
den Scholarchen oder dem Rath gewidmete Schriften, wenn solche 
sich in der Kanzlei vorfinden, sind auf die Bibliothek zu bringen; 
die Scholarchen mögen eine jährliche Summe bestimmen, um auf 
der frankfuner Messe Bücher zu kaufen und diese einbinden zu 
lassen; die Prediger sollen reiche Leute ermahnen, in ihren Testa- 
menten der Bibliothek zu gedenken. Um den Gebrauch dieser 
letztem zu erleichtern, sollen bei jedem Repositorium Tafeln mit 
den Titeln der da aufgestellten Bücher aufgehängt werden. So lange 
das neue Lokal noch leer gewesen, hatten allerlei Leute Zugang 
in dasselbe erhalten, um von da aus den dramatischen Vorstellungen 
der Schüler im Hof des Gymnasiums zuzusehn; dies soll in Zukunft 
verboten werden; Niemand, welchen Standes er auch sei, soll bei 
solchen Gelegenheiten zugelassen werden, ausgenommen die Pro- 
fessoren, Gymnasiallehrer und Geistlichen, aber ohne ihre Weiber, 
Kinder und Kostgänger. Was die Tage und Stunden betrifft, an 
denen die Bibliothek zu öffnen ist, beruft sich das Bedenken auf 
die legcs academica. Zum Schluss wird noch bemerkt, dass wenn 



Die ehmäUge Bibliothek der strassburger hohen Schule. 173 

Fremde die Bibliothek besichtigen wollen, der Diener es dem In- 
spektor anzuzeigen habe; nur dieser oder einer der Professoren, 
Präceptoren oder Pfarrer sollen das Recht haben, die Besucher 
herumzuführen, denselben das Register vorzuweisen^ in dem die 
Namen der Wohlthäter der Bibliothek verzeichnet sind, und ihnen 
fkveruunde zu verstehn zu geben, dass sie auch etwas gutwillig 
dazu thun mögen.» 



6. 

Der Rath bewilligte das Anfertigen der Repositorien auf Kosten 
der Stadt, beschloss aber noch nichts über die in dem Bedenken 
berührten Punkte. Als die Arbeit fertig und vorläufig die Hand- 
schriften in das schöne, helle, neue Lokal herübergebracht waren, 
bestimmte man die alte Liberei zum Aufbewahren der zum Schul- 
theater nöthigen Dinge; nur blieben noch einige Zeit die gedruck- 
ten Bücher da. 

Die Scholarchen begehrten dann ein Gutachten vom aka- 
demischen Convent über den Gebrauch und die Vermehrung der 
Bibliothek. Es liegen zwei solche Schriftsücke vor; die ungenannten 
Verfasser waren ohne Zweifel Professoren, Es war unvermeidlich, 
dass beide über einige Fragen ähnUche Gedanken aussprachen; un- 
geachtet dieser Wiederholungen scheint es angemessen, den Inhalt 
beider Bedenken kurz anzugeben, um zu zeigen, wie man damals 
diese Dinge betrachtete. 

Der eine der Verfasser beginnt mit dem Bibliothekar. Wer 
dieses Amt zu versehen wünscht, hat sich bei den Scholarchen und 
den Herren in officiis, das heisst dem Rektor, dem Dekan und den 
Visitatoren der Schule zu melden. Der Ernannte schwört vor dem 
akademischen Convent, treu zu sein in seinem Beruf. Alsbald nach 
seiner Ernennung coUationirt er nach dem Index den vorhandenen 
Vorrath. Er kauft neue Bücher, aber nicht promiscue, sondern nur 
die bessern und so, dass für jede Fakultät gleichmässig gesorgt wird; 
die neu erworbenen lässt er in gleicher Farbe, Decke und Clausur 
einbinden. Jeden Monat hat er den Herren in officiis Bericht zu er- 
statten über das was er gekauft hat, und jeden Monat haben diese 
Herren die Bibliothek zu inspiciren. — Das Ausleilien von Büchern 



174 ^^ ehtnalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 

kann nur stattfinden gegen einen Schein, durch den sich der 
Empfänger verpflichtet, das ihm geliehene in bestimmter Zeit zurück- 
zugeben; verspätetes Zurückgeben wird durch Geldstrafe gebüsst. — 
Zur Vermehrung der Bibliothek wird zunächst vorgeschlagen, einen 
Fonds zu bilden,. bestehend aus dem sturmischen Legat, aus einem 
Beitrag des Schulfiskus und aus einer von jedem neu eingeschriebe- 
nen Studenten zu bezahlenden. Summe; femer soll Niemand zum 
Gebrauch der Bibliothek zugelassen werden, es sei denn, er spende 
einen Reichsthaler a oder einen ansehnlichen autorem » ; vornehme 
Studenten mögen etwas ad nominis sui memoriam verehren; ver- 
mögende Bürger entweder inter vivos oder post mortem Geld oder 
Bücher schenken, und die Buchdrucker von jedem neuen Werk ein 
Exemplar abliefern. Die Strafe des Carcers könnte fbr die Studenten 
durch eine Geldbusse für die Bibliothek ersetzt werden. Endlich 
sind die von firemden Besuchern gegebenen Trinkgelder zum Nutzen 
der Anstalt zu verwenden. 

Nach dem Verfasser des zweiten, vom 7. September 161 1 
datirten « unvorgreiflichen Bedenkens », beruht das Werk fumemlich 
auf drei Punkten: i. T>e bibliotheca acquirenda. Zuerst sei der Cata- 
log der alten Bibliothek zu machen, um zu erfahren, was von der- 
selben noch übrig ist ; weil sie aber überhaupt zu unbedeutend, 
«um mit Ruhm für die res publica und die Akademie publice ge- 
öffnet zu werden », sei für deren Vermehrung zu sorgen, vor allen 
Dingen durch Ankauf der Büchersammlungen der kürzlich ver- 
storbenen Professoren Pappus und Spach. Würde man auch « Fürsten, 
Grafen, Herren vom Adel und andere wohlhäbige Leute, so zur 
strassburger Schule kommen», schriftlich ersuchen, etwas in die 
Bibliothek zu verehren, so wäre der Erfolg doch zu gering, «um 
ein namhaft Werk darauf zu bauen». Das Ankaufen neuer Bücher 
soll nicht einem Einzigen, sondern einer Commission anvertraut 
werden; auch seien nur «fümehme und classici autoresi» anzuschaflfen* 
Da femer zu einer wohlbestellten Bibliothek auch mskeleta, globi, 
tabula geographica et astronomica und instrumenta geometrica gehören », 
so sei mit der Zeit auch auf Ankauf solcher Dinge zu sehn. — 
2. T)e bibliotheca dispontnda. Jede Fakultät solle ihren Ort haben, 
in zwei Klassen abgetheilt, die eine für die Hauptwerke, die andere 
für die Commentare. — 3. jD^ bibliotheca custodienda. Es sei nöthig, 
einen gelehnen Mann als bibliothecarius perpetuus anzustellen. Die 



Die ehmaUge Bibliothek der strassburger • hohen Schule, 175 

leges academica verlangen zwar, dass das Amt jährlich einem andern 
übertragen werde^ dies sei aber ein Uebelstand^ denn kaum hat der 
Ernannte die BeschaflFenheit und die Bedürfnisse der Bibliothek er- 
kannt, so tritt er wieder ab. 

Dieses Gutachten zeugt von besserm Verständniss als alle 
frühem von dem was nöthig war, um die Bibliothek neu zu grün- 
den, sie mit wissenschaftlichen Hülfemitteln zu versehen imd sie in 
eine öffentliche umzugestalten. Auf den Vorschlag, die Sammlungen 
von Pappus und Spach anzukaufen, werden wir weiter unten zurück- 
kommen. 

Von den angerathenen Massregeln wurde vorläufig nur eine 
in Berathung gezogen, die Anstellimg eines bibliothecarius perpetuus ; 
dies war auch in der That die Hauptbedingung jedes weitem Fort- 
schritts. 



Den 16. Oktober 161 1 melden die Scholarchen dem Rath, 
«die BibUothek sei nun so hergerichtet, dass nichts mehr fehle als 
ein beständiger Bibliothekar; sie wüssten einen, der Manns genug 
wäre, gelehrt und verständig », die Statuten der Akademie verlangen 
aber einen jährlichen Wechsel; so lang dieser Artikel nicht geändert, 
sei nichts erspriessliches zu erwanen. Der Rath, wie es scheint, 
beschloss, in diesem Punkt von den Statuten abzusehen; er lud die 
Scholarchen ein, ihm einen geeigneten Bibliothekar anzuzeigen. 

Statt sogleich nun den in Vorschlag zu bringen, der ihnen, 
wie sie gesagt, « Manns genug » zu sein schien, und der ohne Zweifel 
der bald nachher erwählte Clutenius war, erbaten sie vom aka- 
demischen Convent neue Gutachten über das oßlcitim hibliothecarii ; 
wir haben deren gleichfalls zwei, beide ohne Unterschrift. 

Das eine lautet etwa folgcndermassen : der Bibliothekar soll 
aso viel studiert haben, dass er in allen Fakultäten gute Ordnung 
der Bücher anstellen könne, und Lust genug zu den Büchern be- 
sitzen, um für deren Erhaltung zu sorgen». Er soll die Schlüssel 
haben und berechtigt sein, Bücher an Professoren, Präceptoren und 
Kirchendiener auszuleihen, auch an solche Studenten, denen er glaubt 
trauen zu können. Endlich soll er allein die Fremden einführen. 



176 Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 

Damit er gern bei dem Amte bleibe^ soll ihm ein genügender Ge- 
halt angewiesen werden; wegen dieses Gehalts soll er aber auf 
seine Kosten das Lokal säubern und die Bücher ausstäuben lassen, 
wozu er Studenten gebrauchen kann, welche mauricianische oder 
marcianitische Stipendien geniessen. Was durch seine Schuld ver- 
wahrlost wird, hat er zu ersetzen. Um des Amts besser warten zu 
können, mag man ihm auf der Bibliothek ein heizbares Musäum 
oder Studierzimmer einrichten. Er soll Inventare machen, das eine 
nach der Ordnung der Bücher auf den Schäften, ein zweites nach 
dem Alphabet, ein drittes nach den Materien. Endlich soll er darauf 
sehen, dass Jeder, der in der Bibliothek arbeiten will, an der Thüre 
seinen Mantel ablege, damit er kein Buch heimlich wegtragen könne. • 
Aus dem zweiten Gutachten, dessen Verfasser Kennmiss von 
dem ersten erhalten hatte, sind nur wenig Punkte hervorzuheben. 
Der, der das erste geschrieben, schlägt vor, dem Bibliothekar ein 
Musäum zu bauen; er geht von dem richtigen Gedanken aus, dass 
die Anwesenheit des Bibliothekars selber nothwendig ist, und dass 
die Bücherschätze nicht mehr einem blossen Diener sollen anver- 
traut bleiben. Dagegen bemerkt der Verfasser des zweiten Be- 
denkens, der offenbar der Meinung ist, der Bibliothekar könne ge- 
nugsam von seiner Wohnung aus das Amt versehn, wie es der 
bisherige Inspektor gethan: i^hic latet unguis in herha; dieser Pass 
scheint auf eine gewisse Person gerichtet zu sein, demselben pn- 
vatam institutioneni junger vom Adel zu benehmen, und ist gar 
odios; dann falls er damit in seinem officio nichts versäumet und 
daneben auch andern privatim dienen kann, sehe ich nicht ein, ihm 
solches zu wehren oder miszgunnen, sintemal nit zu vermuthen 
das er mit seinem salario so übersilbert werden wird, dass er einig 
und allein bey demselben sein Auszbringens gehaben möchte.» 
Es hiess ferner in einem der frühem Gutachten, die freiwilligen 
Geldgeschenke fremder Besucher sollen für Vermehrung der Biblio- 
thek benützt werden; auch dagegen erhebt sich unser Verfasser: 
«solche Verehrung soll billich dem Bibliothekar gelassen werden, 
wie auf allen Zeughäusern, Speichern und Vorrathhäusern der Städte 
zu geschehn pflegt, dann ohne das sein salarium nit übergrosz sein 
wird»; eine Meinung, die ein würdiges Seitenstück derjenigen ist, 
es sei wichtiger, jungen Herren vom Adel Privatunterricht zu geben 
als der öflfentlichen Bibliothek zu warten, die Hauptsache sei, gut 



Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 177 

bezahlt zu sein: die gewisse Person, auf die der Verfiisser an- 
spieit, könnte wohl dieser* selber sein: und vergleicht man das 
Schriftstück naph Styl und Geist mit einem des Professors Clutenius, 
von dem weiter unten die Rede sein wird, so kann man sich kaum 
des Gedankens erwehren, Clutenius habe auch das eben besprochene 
verfasst 

8, 

Ich muss dem Leser bemerken, dass wir noch nicht am Ende 
sind mit den Bedenken; es kommen deren noch mehr. 

Sämmtliche bisher geschriebene Gutachten wurden dem aka- 
demischen Convent überwiesen, der dann durch den Rektor, die 
Visitatoren und einige ihnen beigeordnete Professoren einen, für 
die Scholarchen bestimmten Vorschlag einer die Bibliothek und den 
Bibliothekar betreffenden Ordnung ausarbeiten liess. Es ist interes- 
sant, diesen Vorschlag näher zu betrachten; die einzelnen Punkte 
hängen nicht immer logisch mit einander zusammen, ich gebe sie 
indessen so, wie ich sie finde. 

Der Bibliothekar hat die Schlüssel und öffnet jedem, der die 
Bibliothek benützen will. (Man setzt somit voraus, dass diese, selbst 
an den Tagen, wo sie zugänglich ist, geschlossen bleibt und dass 
man nur auf Anklopfen oder Klingeln Einlass erhält.) Die Regel 
soll sein, dass man die Bücher auf der Bibliothek selber consultirt; 
da jedoch ein Gelehrter oft mehrere Volumina durchzusehen hat, 
und da dies im Winter beschwerlich ist, so hat der Bibliothekar 
die Befugniss, Professoren, Präceptoren und Predigern zu erlauben, 
Bücher mit nach Haus zu nehmen; er kann dies sogar Studenten 
gestatten. Erfahrt man im Ausland, dass man zu Strassburg so liberal 
ist, so kann es für Manchen ein Beweggrund werden, in unserer 
Stadt zu studieren; auch kann man von den Studenten für diese 
Vergünstigung irgend eine Gebühr verlangen. Nur soll die Biblio- 
thek nicht Allen ohne Unterschied offen stehn; die Schüler des 
Gymnasiums sind per se auszuschliessen; die der Akademie dagegen 
können Bücher erhalten, wenn sie dem Bibliothekar persönlich be- 
kannt sind ; die vornehmen und ihre Hofmeister ebenfalls, aber nur 
auf Vorweisen eines von einem Professor ertheilten Zeugnisses und 
unter der Bedingung, einen Bürgen zu stellen. 



178 Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 

Aus dieser Zulassung der Studenten zum Gebrauch der Biblio- 
thek wird der Schluss gezogen^ dass es nicht thunlich wäre, einen 
Professor zum Bibliothekar zu ernennen, er hätte kaum Zeit mehr, 
seine akademischen Pflichten zu erfüllen; es wäre daher besser, 
einen hibliothecarius extra numerum professorum anzustellen, der zu- 
gleich das Amt eines minister bibliotheca zu versehn hätte; ein ge- 
nügender Gehalt müsste ihn so an seine Stelle binden, dass er nicht 
nöthig hätte, sich um eine andere umzusehn. Jedenfalls aber soll 
er ein in allen Fächern hinreichend bewanderter Gelehrter sein und 
Lust zu den Büchern haben. 

Es wäre gut, dass er seine Wohnung im collegio pradicatorum 
oder in der Nähe hätte, und in der Bibliothek ein kleines, etwas 
erhabenes Musäum, das man im Winter heizen und von dem aus 
er alles übersehn könnte, a wie man solche in Buchgäden und andern 
tabemis sieht.» 

Das Säubern kann er durch die Stipendiaten besorgen lassen. 
Glaubt er dagegen eines beständigen Famulus bedürftig zu sein, so 
soll er ihn nicht anstellen ohne Vorwissen der Herren in officiis. 

Jedem Buch soll er eine Nummer geben, und drei Cataloge 
machen, den einen nach den Nummern der Bände auf den Repo- 
sitorien, den andern nach dem Alphabet, den dritten nach den be- 
handelten Wissenschaften und Gegenständen. . 

Wer ein Buch entlehnt, unterschreibt eine scheda obligatiams, 
in der er sich verpflichtet, es nach einer gewissen Frist zurück- 
zubringen; überdies sind sein Name, seine Wohnung und der 
Titel des Buchs in ein besonderes Register einzutragen. Wird ein 
ausgeliehenes Buch zurückgegeben, so hat der Bibliothekar, ehe er 
die Scheda ausUefert und Namen und Titel im Register ausstreicht, 
nachzusehn, ob nichts fehlt oder beschädigt ist. 

Beim Antritt des Amts soll er sämmtliche Bücher collationiren, 
ein besonderes Inventarium der unvollständigen machen, und in jedes 
dieser letztem einen Zettel kleben, auf dem die fehlenden Blätter 
verzeichnet sind. 

Die Herren in officüs besichtigen die Bibliothek jeden Monat. 
Die Ephoren thun es in den Ferien «zu Ostern, Johannis, Michaelis 
und Weihnachten». 

Der Bibliothekar kauft die Bücher auf den jährlichen Messen, 
lässt sie einbinden und sorgt dafür, « dass sie wohl planirt werden »• 



Die ehmalige Bibliothek der strassburger hoben Schule. 179 

Da nicht vorauszusehn ist, dass einer der Professoren das Amt 
annehmen werde, «weil es Anfangs viel Mühe imd Arbeit erfordert», 
so wäre ein besonderer bibliothecarius perpetuus zu suchen, der sich 
eidlich vor den Scholarchen verpflichtete, das ihm Vorgeschriebene 
treu zu verrichten. 

In Bezug auf Vermehrung der BibUothek wiederholt der aka- 
demische Convent die in einem der frühem Bedenken enthaltenen 
Vorschlage, wie sie oben S. 172 angegeben sind. Nur wird beige- 
fugt, dass für das von Fremden und Studenten gespendete Geld 
«ein Stock oder Truhe» gemacht werden soll, mit zwei Schlüsseln, 
wovon der eine von dem Rektor, der andere von dem Syndikus 
der Akademie zu verwahren ist; der Stock soll nur geö&et werden 
im Beisein der Ephoren. 



Dies alles war, wie bereits bemerkt worden, nur erst das 
Projekt einer BibÜothekordnung. Noch bevor es vom Magistrat 
gutgcheissen war, starb den 7. Juni 161 2 der letzte der jährlich 
wechselnden Inspektoren, der Professor der Rechte Georg Obrecht. 
Statt, wie der akademische Convent es wünschte, einen beständigen 
Bibliothekar extra numerum professorum zu ernennen, dachten die 
Scholarchcn und der Rath an einen dieser letztem. Es lebte damals 
zu Strassburg ein junger mecklenburgischer Gelehrter, Joachim 
Clutenius von Parchim gebürtig; seit sechs Jahren hatte er sich 
in unsrer Stadt durch Privatunterricht erhalten. Es war ein ge- 
wandter, vielfach unterrichteter Mann, aber ziemlich charakterlos. 
16 12, acht Tage vor Weihnachten, wurde er als Professor der Ge- 
schichte und als Bibliothekar angestellt, in letzterer Eigenschaft 
jedoch nur provisorisch. Man scheint eine hohe Meinung von ihm 
gehabt zu haben, denn statt ihn auf ein fertiges Reglement zu ver- 
pflichten, übergab man ihm das zuletzt ausgearbeitete Projekt imd 
ersuchte ihn, seine Ansicht darüber zu äussem. Er that dies den 
12. März 161 3 in einem längern « Unpräjudicirlichen Bedenken 
wie das officium bibliothecarii und die bibliotheca anzustellen». 

Die Bibliothek, sagt Clutenius, soll den Professoren, Präcep- 
toren, Kirchendienern und vornehmen Bürgern frei ofien stehn, so 
dass sie da zu bestimmter Zeit arbeiten und auch Bücher heim 



i8o Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 

nehmen können. Den Hofmeistern adeliger Studenten ist der Ge- 
brauch gleichfalls zu gestättien; sie haben meist ihre Studien auf 
andern Universitäten vollendet' imd halten sich zu Strassburg nur 
ihrer discipuli wegen auf, können aber da «etwas nützlichs in ihren 
sfudOs und französischer Sprach ausrichten, und folgends aus dieser 
Frontier-Stadtmit guter bequemer Gelegenheit in Frankreich und 
andre Orten verreisen». Es ist nicht thunlich ein testimonium ihrer 
Studien zu Strassburg zu verlangen, da sie anderswo absolvirt 
haben; auch können sie nicht wohl einen sponsorem stellen; da die 
strassburger Akademie eine freie ist, soll man sie bona fide zulassen, 
nur sollen sie keine grosse opera r\2ic\i Hause nehmen. 

Studenten, die bei ehrbaren Leuten oder in den coüegüs 
wohnen, können die Bibliothek benützen. «Man findet aber allhie 
andere fremde studiosos, welche bei alten Weibern hin und wieder 
in dem Finkweiler, Krautenau und grünen Bruch ihr Unterbleiben 
suchen und ihre Atzung bei gemeinen Leuten durch padagogias 
(Stundengeben)t haben, damit sie sich ein wenig allhie aufhalten 
mögen durch den Winter, im Frühling machen sie sich aber wieder 
ins Feld, und weil sie den mercurium in pede haben, können sie an 
keinem Orte bleiben. Diese kann man ad biblioiheca usum nicht 
wohl admittiren, sintemal sie biszweilen anklebende Hände haben 
und ihnen deszwegen wenig zu trauen». 

Das Studieren im Lokal der Bibliothek soll nie mehr als drei 
Personen auf einmal gestattet sein, «wie dies auch der usus zu 
Heidelberg ist». Auf den sächsischen Universitäten erlaubt man den 
Gelehrten zwei bis drei Stunden «über die Zeit» auf den Biblio- 
theken zu bleiben, und schliesst sie ein; dies ist i nicht rathsam; 
man soll zwar den Leuten trauen, aber nicht zu viel, «sintemal ich 
oft befunden, dass in ansehnlichen voluminibus drey auch mehr 
Blätter, welche dem Leser Wohlgefallen, ausgerissen waren ». Den 
Professoren,. Gymnasiallehrern, Geistlichen und Zöglingen des semi-- 
narium ecclesiasHcum könnte man indessen gestatten, länger zu bleiben 
und sie dann einschliessen. 

Fremden Gelehrten und Landpfarrem können Bücher geschickt 
werden, unter der Bedingung, dass Einwohner Strassburgs für sie 
Bürgschaft leisten und dass die Bücher nicht länger als ein Viertel- 
jahr draussen bleiben; hie und da in Deutschland beobachte man 
diesen Gebrauch« 



Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. i8i 

In Bezug auf die Eigenschaften des Bibliothekars stimmt Qu- 
tenius mit dem Bedenken überein; er hoflit, dass man mit ihm zu- 
frieden sein werde. Das officium bibliothecarü ist, ihm zufolge, ein 
ordmarium und ein extraordinarium. Das ordentliche 'besteht darin, 
dass er täglich von 9 bis 10/ oder von 10 bis 11, auf der Biblio- 
thek den Dienst thut, die ^Bücher ordentlich 'disponirt, den Studenten 
Rath und Anweisung gibt, darauf sieht, dass kein Buch beschädigt 
wird oder verloren geht, und dass Alles rein gehalten wird. Bei 
den dramatischen actiones im Hof des Gymnasiums liess man bisher 
ifuUstincte spectatores und spectatrices auf die Bibliothek kommen, woraus 
viel Inconvenientien entsprangen und der Bibliothekar zwei oder 
mehrere Tage tanquam in pistrino zu laboriren {latte ; es wäre besser, 
die Herren des Raths, • die bisher bei diesen Gelegenheiten ins 
Auditorium gegangen, in den Bibliotheksaal einzulassen, wo es auch 
in warmen Zeiten kühler ist; die Frauen und Jungfrauen mögen 
ins Auditorium gehn. 

Der Bibliothekar soll femer die nöthigen indices haben. Da es 
nicht möglich ist, sobald ein neues Buch kommt, die Nummern zu 
ändern, so scheint es zweckmässiger, in jeder Fakultät die Bücher 
so abzutheilen, dass man das gesuchte opus durch blosses Ansehn 
der inscripHo repositorü leicht finden könne; so werde es in den 
Bibliotheken societaHs Jesu gehalten. 

' «Die Bücher zu numeriren und an Ketten anzulegen, ist ein 
alter münchischer Gebrauch, welchen die Münche auch selbst all- 
gemach lassen abgehen^ wie an vielen Orten in der Nachbarschaft 
zu sehen.» 

Was die Inventarien betrifft, so könnte man zum Beispiel in 
der theologischen Fakultät diese Ordnung halten « dass erstlich 
Viblia omnium linguarum würden coUocin, und das man liierinnen, 
wie in allen Sachen billich geschehn sollte, ordinem historicum ob- 
servirte, darnach die glossam ordinariam und ^HJcolaum Lyram, femer 
mit patres VLTiA pontificiorum aniiquorum scripta, darauf der lutheranorum 
celebriorum scripta, erstlich didactica, darnach polemica contra pontificios 
et calvinianos, auch Calvini und anderer T^inglianorum didactica, 
polemica contra luiheranos et pontificios; item des Schwenkfelds und 
anderer neuen Secten; endlich alle historicos ecclesiasticos». Aehnlich 
seien die Bücher der andern Fakultäten zu disponiren. 

Wer ein Buch entlehnt, soll eine scheda obligationis unter- 



iZi Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule, 

schreiben. Es wäre aber schwer, auf nicht richtiges Zurückgeben 
der Bücher eine mulcta zu setzen, dies würde in den cottventiaüis 
Studiosorum zu böser Nachrede Anlass geben. 

Der Bibliothekar soll den Buchhändlern insinuiren, auf den 
frankfurter und strassburger Messen die neuen Bücher au&ubringen. 
Er selber soll jährlich einmal, im Frühling oder Herbst, nach Frank- 
furt reisen und alle officinas typographicas perlustriren, nicht nur nach 
neuen, sondern auch nach alten Sachen. 

Das officium extraordinarium des Bibliothekars beschränkt sich 
darauf, die Fremden einzuführen und Nachmittags eine oder zwei 
Stunden auf Ordnen der Bücher oder Anfertigen der Cataloge zu 
verwenden. 

Das Erbauen eines Musäums überlässt Clutenius den Scho- 
larchen; nur befürchtet er eine Verunstaltung des schönen Lokals. 

Für Vermehrung der Bibliothek trägt er vor Allem darauf an, 
die Bücher des Pappus zu kaufen, und sich zu erkundigen, ob noch 
etwas von denen Spachs^ übrig ist. Die Anwendung der andern vor- 
geschlagenen Mittel stellt er den Scholarchen anheim, glaubt in- 
dessen über einige derselben Bemerkungen machen zu müssen: erst 
nach gänzlicher Eröffnung der Bibliothek könne man verlangen, dass 
wer dieselbe benützen will, einen Reichsthaler spende oder ein 
Buch schenke; in hiesiger Stadt sei es nicht angemessen, von den 
Kanzeln herab die Leute aufzufordern, etwas für die Bibliothek zu 
legiren, die Geistlichen mögen es privatim thun ; bei Einschreibung 
der Studenten eine Gebühr ftir die Bibliothek abzufordern, sei 
schwierig, eher könnte man persuadendo etwas von ihnen erlangen, 
von den pauperes jedoch sei nichts zu begehren. Am entschiedensten 
erklärt sich Clutenius gegen den Vorschlag, die von fremden Be- 
suchern «verehrten Gelder» für die Bibliothek zu benützen: «es 
würde ein gar schlechtes augmentum bringen, auf solche dem 
Bibliothekar gereichte freiwillige honoraria sei wenig zu bauen; in 
den nächsten Jahren werde schwerlich die Bibliothek schon reich 
genug sein, um vornehme Fremde anzuziehen, die den Bibliothekar 
mit Geld überschütten würden; zudem wäre es novum und mm- 
ditum in tota Germania dass die Verehrungen zum gemeinen Nutzen 
sollten auf- und angewendet werden.» Wie gelehrt auch Clutenius 
gewesen sein mag, mit der Standesehre nahm er es nicht genau. 



Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 183 



10. 

Wie dem auch sei, das Gutachten trug wenig dazu bei, die 
Abfassung eines definitiven Bibliothekstatuts zu beschleunigen. Da 
jedes Projekt zuerst dem akademischen . Convent, dann, den Scho- 
larchen, imd zuletzt dem Rath vorgelegt werden musste, so war es 
nicht leicht, in kurzer Zeit zu einem Beschluss zu gelangen. Die 
Berathungen in die Länge ziehen, schien das sicherste Mittel, ihnen 
die nöthige Gründlichkeit zu verschaffen. Indessen bewies man auf 
andere Weise, dass das Interesse an einer für Stadt und Akademie 
gleich wichtigen Angelegenheit in der That em lebhaftes war, in- 
dem man, während der Berathungen über das Statut, sich mit der 
Vermehrung der Bibliothek befasste. Den 20. April 16 10 war der 
Professor der Medizin Israel Spach gestorben, den 13. Juli des- 
selben Jahres der bekannte Theologe Johann Pappus. Beide hatten 
beträchtliche Bibliotheken hinterlassen, welche die Erben dem 
Magistrat zum Kauf angeboten hatten. Die des Pappus, aus theo- 
logischen, historischen und philosophischen Werken bestehend, zählte 
3026 gebundene Bücher, wovon 814 in P, 754 in 4® und 1458 
in kleinem Format; ferner 4282 ungebundene, wovon 235 in P, 

2514 in 4®, 1733 ^" ^^ ^^^ ^ ^^^> ^^^" ^^°^ °^^^^ unbedeutende 
Anzahl von Manuscripten. Das Ganze, auf 4517 Pf. geschätzt, wurde 
angeboten für 4000. Man mag Pappus als strengen Orthodoxen be- 
urtheilen wie man will, man muss jedoch anerkennen, dass es ihm 
Ernst war mit semer Wissenschaft; es gibt berühmtere Theologen 
als er, diejenigen aber, die Bibliotheken aufweisen können wie die 
seinige, sind in geringer Zahl. 

Man hatte wiederholt darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig 
es wäre, diese Sammlung für die Akademie zu erwerben, aber 
immer ohne Erfolg. Den 21. März 16 12 erschienen Abgeordnete 
des Schul- und des Kirchenconvents vor dem Rath, erinnerten ihn, 
dass er die Nothwendigkeit einer Bibliotliek erkannt, dass er das 
neue Lokal <k mit Repositorien genugsam versehn » und beschlossen, 
einen Bibliothekar anzustellen; es komme nun darauf an, den Bücher- 
schatz zu vermehren, man hoffe, der Rath werde «dem löblichen 
Anfang seinen Fortgang geben »; es seien zwei stattliche Bibliotheken 
vorhanden, die der Professoren Pappus und Spach, die Erben seien 



184 Die ehmaUge Bibliothek der strassburger hohen Schule. 

« 

geneigt, sie zu verkaufen, eine solche Gelegenheit möge man nicht 
vorübergehen lassen. 

Hierauf gesellte der Rath den Scholarchen drei Herren bei, 
den Alt-Ammeister Peter Storck, Franz Rudolph Ingold und Junker 
Hans Simon von Brumbach, um die Sache zu untersuchen, «den 
Augenschein beider Bibliotheken einzunehmen» und wegen des 
Preises zu unterhandeln. 

Die Scholarchen- Hessen zunächst den Catalog der bereits vor- 
handenen Bücher : « aufsuchen ». Nachdem man ihn mit dem der 
Pappus'scheu' Bibliothek verglichen, meinten Ingold und Brumbach, 
es ;sei. nicht rathsam, diese letztere zu kaufen, denn sie enthalte 
«eine :Menge librorum biblicorum und Postillen und dergleichen, die 
ftar eine öffentliche Bibliothek nicht taugen; auch habe man den 
catalogum gemacht, derer Bücher so noch von der alten bibliotheca 
der Akademie übrig sind, und gefunden, dass über 700 Stück und 
sondeT]idi in theologia der mehrer Theil. der slten pa^es da sind»; 
es wäre besser, nicht • nur für eine Fakultät zu sorgen, sondern eine 
Summe für Anschafiung . von Büchern ftir alle: < Fakultäten zu be- 
stimmen.-:. •»'.; ' ■.. '.'I . M-». . " 

Der akademische Convent war anderer Ansicht als die zu 
praktischen Herren aus dem Rath; den 22. Januar 161 3 besichtigten 
der Rektor, der Dekan, die Visitatoren und einige Mitglieder des 
Kirchenconvents die Bibliothek des Pappus, in Beisein des Sohns 
dieses letztem, Johann Caspar, damals Helfer zu S. Wilhelm; sie 
fanden, dass sie cm theologia und historia viel Werke besass die 
nicht mehr zu bekommen warea » und ausserdem viel Manuscripte ; 
der jüngere Pappus erbot sich zugleich alles zu schenken, was nicht 
im Catalog stand, namentlich die hebräischen Bücher, die er fili 
sich selber hatte behalten wollen. Auch Clütenius, der die Biblio- 
thek eingesehn, empfahl deren Ankauf und meinte, aus den Werken 
deren man nicht bedürfte, könnte man «ein namhaftes lösen». 

Der Rath zögerte; Herzog August der jüngere von Braun- 
schweig-Lüneburg zeigte Lust, die Bibliothek zu erwerben, verlangte 
das Verzeichniss derselben und hoffte, « dass kein tertitis interveniem 
sich darein mischen werde». Die zwei obengenannten Rathsgliedei 
unterstützten dies Gesuch. 

Im Juni 1614 wurde vor dem Rath ein neuer Antrag des 
Kirchen- und Schulconvents verlesen: man begreife, dass «wegen 



Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 185 

des unruhigen Kriegswesens über die pappianische Bibliothek noch 
nichts beschlossen sei»; der Rath möge aber diesen ansehnlichen 
tbesaurus nicht aus den Händen lassen; nicht nur d^r Herzog von 
Braunschweig werbe darum^ sondern Joseph Lang^ der seit 1599 
Professor der Matheniadk ' zu Strassburg gewesen^ dann katholisch 
geworden und zu Freiburg angestellt worden war, habe durch zwei 
Schreiben gedroht, sie entweder für Freiburg oder für « einen bäpst- 
liehen Prälaten » zu erwerben, dies wäre < ein Hohn ftir Strassburg 
und ein Triumph für die Jesuiten. Nachdem die Stadt so viel Geld 
auf Kriegsvolk verwendet, möge sie jetzt dafür sorgen, dass «das 
Kleinod» dieser Bibliothek unserer Kirche und Schule erhalten 
werde. Diesen Vorstellungen gab endlich der Magistrat Gehör; die 
Bücher wurden gekauft; sie bildeten in der That einen Schatz, denn 
es waren darunter eine Menge von Schriften aus der Reformations- 
zeit, die heute zu den grössten Seltenheiten gehören. 

Dagegen konnte man [sich nicht entschliessen, die Bibliothek 
des Mediziners Spach zu erwerben, obgleich sie reich war an medi- 
zinischen, historischen und philosophischen Werken «und solchen 
in fremden Sprachen»; sie wurde zersplittert, schon 161 3 war nur 
noch wenig davon in den Händen der Erben. 

II. 

Nachdem sämmtliche Bücher, die man nun besass, in dem 
neuen Gebäude aufgestellt waren, wandten sich die 'Scholarchen an 
den Rath, er möge in der alten Bibliothek zwei Hörsäle einrichten 
lassen, da für die Professoren nicht mehr Raum genug vorhanden 
sei; den 3. Mai 161 5 erhielt dann der Werkmeister der Stadt den 
Befehl, das baufällige Dach auszubessern und durch eine hölzerne 
Wand das Lokal in zwei Auditorien zu theilen, wo von da an während 
langer Zeit Vorlesungen gehalten wurden*. 



X. Zur Zeit Schöpflins diente einer dieser Säle der Rechtsfakultät : 'FiWo- 
tbecam publicam in conclavi , übt jurisconsultorum jam auditorium est, primitus 
constitutrunt majores. %AUatia iUustrata, T. 2, S. 346. — Man sieht aus dem bisher 
gesagten, dass Oberlins Behauptung, die Bibliothek sei zuerst im Chor aufge- 
stellt gewesen, dann seit 161 5 in einem der Hörsäle der Akademie und später 
erst über dem grossen Auditorium, auf einem Irnhum beruht. Diuours ä Tou- 
vtrture de T%Acadimie des Protestant s. Strassburg, 1804, S. 45. 



i86 Die ehmaUge Bibliothek der strassburger hohen Schule. 

Den 9. Juni 161 5 gaben dann die Schoiarchen Qutenius den 
Auftrag, zwei Cataloge zu machen, «einen der alten von Sturmio 
herrührenden Bibliothek, und einen der neuen pappianischen». Neun 
Monate später, den 9. März 16 16, berichteten sie an den Rath, 
diese letztere sei nun. nach dem neuen Lokal transportirt, sie hät- 
ten desshalb die Herren m officüs um eine Ordnung gebeten, und 
hätten dieselbe geprüft und sie vom akademischen Convent ge- 
nehmigen lassen ; sie wünschen nun, der Magistrat möge sie seiner- 
seits gutheissen. Dies geschah sofort in der nemlichen Sitzung vom 
9. März. 

Diese, aus den frühem Bedenken und Berathungen hervor- 
gegangene Ordnung sollte von nun an sowohl für den Bibliothekar 
als für die, welche die Bibliothek benützen wollten, obligatorisch 
sein. Sie bestand aus zwölf Artikeln: 

1. Die Scholarchen ernennen den Bibliothekar auf Vorschlag 
des akademischen Convents. Er soll wo möglich einer der profes-- 
sores ptibliä oder der praceptores classici sein; ist keiner unter diesen 
dazu geneigt, so wähle man einen, der nicht nur Lust zu den 
Büchern, besitzt, sondern auch genug studiert hat, um in allen Fakul- 
täten gute Ordnung der Bibliothek anstellen zu können. — Die 
Scholarchen haben ihm «nach Gelegenheit eine erträgliche Er- 
götzung und Besoldung» zu bestimmen. — Er schwört vor dem 
akademischen Convent, «der Kirche und der Schule hold und treu 
zu sein, den Nutzen der Bibliothek zu fördern, sie vor Schaden zu 
bewahren, und sich dieselbe als einen theuem Schatz anbefohlen 
sein zu lassen». 

2. Nachdem er den Eid geleistet, übergeben ihm die Herren 
in officiis die Bibliothek mit allem Zubehör. Er vervollständigt die 
Cataloge, und diese sind « am füglichsten secundum facultates anzu- 
ordnen ». Ausserdem macht er zwei Universal-Inventarien, das eine 
für die Scholarchen, das andre für die Herren in officiis, 

3. Er sorgt für Erhaltung der Bücher. Zur Reinigung derselben 
und des Lokals sind ihm, auf sein Begehren, entweder Stipendiaten 
oder alumni des theologischen Studienstifts zu bewilligen, die ihm 
auch beim Abschreiben der Cataloge behüWich sein sollen. 

4. Er soll dreimal wöchentlich auf der Bibliothek sein von 9 
bis II, und am Sonntag nach dem Schluss der Mittagspredigt bis 
zum Anfang der Abendpredigt. Denen, die Bücher verlangen, soll 



Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 187 

■ 

er, wenn sie jung und unerfahren sind; mit Rath an die Hand 
gehn. 

Was durch seine Nachlässigkeit verloren geht, hat er auf seine 
Kosten zu ersetzen. Hat er keine Schuld dabei, so wird das Ver- 
lorene ex arario publico ersetzt. 

5. Er kann Bücher ausleihen an Professoren, ;Präceptoren, - 
Prediger, « fleissige und ehrliche Studenten und die Studien liebende 
Bürger». Die Entlehner schreiben ihre Namen und Wohnung nebst 
dem Titel des Buchs in das hiezu bestimmte Register; zugleich 
stellen sie eine scheda obligationis aus, durch die sie sich verpflichten, 
das ihnen Anvertraute innerhalb Monatsfrist zurückzubringen. 

Von Foliobänden oder libri angulares sollen nie mehr als zwei 
auf einmal, von solchen in anderm Format nie mehr als drei oder 
vier ausgegeben werden. 

Bücher, die ein Entlehner ein Monat lang gehabt, sollen ihm 
nicht wieder geliehen werden, sie seien denn zuvor acht Tage auf 
der Bibliothek geblieben; begehrt sie in dieser Zeit ein Anderer, so 
hat dieser den Vorzug, «damit nicht nur Einem, sondern Vielen 
gedient werde». 

Auch darf der Bibliothekar Niemanden länger als die vor- 
geschriebene Zeit auf der Bibliothek lassen. 

6. Fremden können Bücher geliehen werden mit Vorwissen 
der Scholarchen und der Herren in officiis; solche Entlehner haben 
nicht nur die scheda zu unterschreiben, sondern auch einen Bürgen 
zu stellen. 

7. Der Bibliotliekar begleitet die Fremden, welche die Biblio- 
thek besuchen; er darf sich durch Niemanden ersetzen lassen, 
weder in diesem Fall noch überhaupt. 

Wenn Professoren, Präceptoren oder Geistliche hora extra- 
ordinaria Bücher verlangen, so ist er verpflichtet, ihnen zu willfahren. 

8. So oft die Scholarchen und der akademische Convent es 
wünschen, soll er die frankfurter Messe besuchen und die Bücher 
so wohlfeil als möglich kaufen. 

9. Er soll ein Register halten, in das er die Geschenke vor- 
nehmer Fremden einschreibt und alle zwei Monate das Geld den 
Herren in officiis abliefern. 

10. Zwei Mal jährlich machen die Scholarchen eine Inspektion 
der Bibliothek. 



i88 Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule, 

11. Alle zwei. Monate machen die Herren m qfficäs diese 
Inspektion. 

12. Tritt ein Bibliothekar ab, so sollen die Herren m ofßciis 
ihm die Schlüssel abfordern und, mit Vorwissen der Scholarchen, 
bis zur Ernennung des Nachfolgers provisorisch einem Professor 
oder Präceptor die Aufisicht der Bibliothek anvertrauen. ' 

Diese Ordnung ist, wie man sieht, das Ergebniss der Be- 
rathungen über die verschiedenen Gutachten; einige der in diesen 
vorgeschlagenen Massregeln sind vereinfacht, andere sind weggelassen, 
um • nur die beizubehalten, die man für die angemessensten hielt ; 
man liess zwar noch mehrere unnöthige pedantische Formalitäten 
bestehn, im Ganzen aber ist das Statut, was die Erleichterung des 
Gebrauchs der. Bücher betrifft, so liberal und praktisch als es die 
Verhältnisse gestatteten. 

12. 

Im ersten Artikel der Ordnung war noch nichts bestimmtes 
über den Gehalt des Bibliothekars gesagt; ein allgemeines Statut 
war der Ort nicht, um HfFern anzuführen. Clutenius, obgleich er 
nur erst provisorisch angestellt war, beschwerte sich über ein Still- 
schweigen, dessen Grund er nicht einsah; zugleich verlangte er 
rückständige Besoldung als Professor. Die Scholarchen hatten aber 
mancherlei, über ihn zu klagen. Als den 4. April 161 3 der greise 
Melchior Junius gestorben war, ernannte man Clutenius zum pro- 
fessor institutionum, unter der Bedingung, zuvor in der Philosophie 
und im Recht zu promoviren; er gieng desshalb nach Basel, wurde 
da Doctor, kam erst Anfangs 16 14 nach Strassburg zurück, fieng einige 
Monate später seine Vorlesungen an, reiste im August nach seinem 
Vaterland, blieb acht Monate aus und versah ordentlich sein Amt 
erst seit Ende Mai 161 5. Die Scholarchen erklärten daher den 16. 
Juli 1617, man sei ihm nichts schuldig für die Zeit, während der 
er keine Dienste geleistet, «dieweil er aber seit seiner Rückkehr 
mit der Bibliothek sehr bemüht gewesen, solle ihm zur Ergötz- 
lichkeit solcher laborum und weil er sonsten keine Besoldung noch 
zur Zeit davon hat», vom Professorengehalt nichts abgezogen wer- 
den. Den 24. Oktober wurde er dann definitiv als Bibliothekar be- 
stellt, er leistete vor dem akademischen Convent den vorgeschriebenen 



Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 189 

Eid, und erhielt einen Gehalt von 26 Pf., « weil er* nit geringe Mühe 
dabei haben werde». 

In der Bibliothekordnung war natürlich nicht von den Mitteln 
gehandelt, den Geldfonds und die Sammlungen zu vermehren; dieser 
Gegenstaild wurde besonders berathen. In der nemlichen Sitzung 
vom 9. März 16 16, in welcher der Rath die Ordnung genehmigte, 
trugen die Scholarchen vor, es seien manche Bücher in mehreren 
Exemplaren vorhanden, man möge die Doubletten verkaufen, um 
neue Werke anschaflfen zu können. Der Rath gab ihnen die hiezu 
nöthige Autorisation. Den 27. Mai richteten ferner die Herren m 
officüs ein Bedenken an die Scholarchen, « welcher Gestalt die allhie 
angestellte bibliotheca academica möchte gebessert und vermehrt 
werden». «Der Rath hat durch Ankauf der pappianischen Bibliothek 
einen stattlichen Anfang gemacht, da dieselbe jedoch nebst den 
coUigirten rudera der sturmischen Bibliothek nicht hinreicht, um 
ein justum corpus bibliotheca publica zu bilden», so schlägt man 
folgende Mittel vor: 

1. Es mögen jährlich vom Rath. oder den Scholarchen 50 bis 
100 Gulden als beständiges /)^c///iV/f/f ^i^/iV^t&eraruim bewilligt werden, 
aber so, dass der BibUothekar nicht allein über die Summe zu ver- 
fugen habe, sondern, dass die Bücher nur gekauft werden auf den 
Rath der Herren in officiis und der ältesten Professoren. 

2. Fürsten und Adelige, die zu Strassburg studiert haben, sollen 
angegangen werden, Bücher zu schenken; ihre Namen sollen dafür 
in ein besonderes Register eingetragen werden. 

3. Aehnliches möge man den dermalen zu Strassburg studieren- 
den Fürsten und Herren zu Gemüth führen, wie dies zum Beispiel 
auf der Universität von Orleans gebräuchUch ist. 

4. Die Professoren, Präceptoren, Kirchendiener, wohlhabende 
Bürger möge man bitten, ein oder mehrere Bücher, entweder neue 
oder solche aus ihrer Liberei zu schenken; in Zukunft, solle jeder 
neu anzustellende Kirchen- und Schuldiener . hiezu verpflichtet sein. 

5. Jeder strassburger Buchdrucker soll? von Allem, was er 
herausgibt, ein Exemplar auf die Bibliothek abliefern. 

6. Die dem Rath oder den Scholarchen gewidmeten Schriften 
seien auf der Bibliothek aufzustellen. 

Es scheint nicht, dass der Rath über diese Vorschläge einen 



190 Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 

förmlichen Beschluss £isste; wenigstens er&hrt man nichts von der 
Gründung eines peailium bibliothecarium. Die Scholarchen suchten 
sich auf andere Weise zu helfen. Im Juli 16 17 bat Ludwig König, 
Buchdrucker zu Basel, um Mittheilung einer gewissen hebräischen 
Bibel aus der Pappus'schen Bibliothek, deren er fbr eine neue Aus- 
gabe bedurfte. Die Scholarchen trugen Clutenius auf, an König zu 
schreiben, sie bewilligten das Begehren unter den Bedingungen, 
dass er einen Burgen stelle, «ein Auge daraufhabe, dass das Buch 
von den Setzern nicht besudelt und etwa mit Röthel oder auf andre 
Weise beschmiert werde », und dass er der Bibliothek ein Exemplar 
der neuen Ausgabe schenke und zudem für 40 Gulden andere 
autores, die man ihm bezeichnen werde. Auf das hin verlangte König 
den Band nur für eine Woche; die Scholarchen liessen ihm den- 
selben zuschicken, ohne weiter auf Geschenke zu dringen. 

Die strassburger Buchdrucker erhielten dagegen die oben an- 
gerathene Weisung, von allem, was sie druckten, Exemplare auf die 
Bibliothek zu liefern; der Ammeister Peter Storck, ein eifriger Be- 
förderer der Wissenschaften, der auch die Gründung eines botani- 
schen Gartens in Anregung brachte, Hess die in der Kanzlei befind- 
lichen Bücher nach der Bibliothek hinübertragen; die Scholarchen 
thaten dasselbe mit denen die in ihrer Stube aufgestellt waren. 

Erst nachdem so die Bibliothek einigermassen vervollständigt und 
geordnet, und «das neue Portal inwendig an der Thür» fertig war*, 
wurde sie endlich dem Publikum geöffnet. Den 3. Februar 16 19 
kündigte Clutenius durch einen lateinischen Anschlagzettel die Er- 
öffnung an; nachdem er hier mit grossem Aufwand von Gelehr- 
samkeit und Eloquenz den Ruhm und Nutzen öffentlicher Biblio- 
theken gepriesen, bringt er die Nachricht, dass vom 13. des ge- 
nannten Monats an die neue strassburger, Sonntags, Montags, Mitt- 
wochs und Freitags von eins bis 3 Uhr den Gelehrten offen stehn 
werde, aber stets nur drei Personen auf einmal! Den Professoren 
und Studenten empfiehlt er häufige Benützung der Bücher, sie 
mögen mit beiden Händen diese Gelegenheit et recreandi et studendi 
ergreifen, non mann cotispectum ftigite, er verspreche ihnen freund- 
liche und schleunige Bedienung. 



I. Die Thüre war im Kreuzgang, sie führte zu einer Treppe, oben an 
dieser war das mit Schniuweric verzierte Portal. 



Die ehmaüge Bibliothek der strassburger hohen Schule. 191 



I}- 

I 

In eben diesem Jahr war man beschäftigt, die Umwandlung der 
Akademie in eine vollständige Universität vorzubereiten; man hatte 
gegründete Hoffnung, von Kaiser Ferdinand 11. das nöthige Privi- 
legium zu erlangen. Auf Ersuchen der Scholarchen gab jeder der 
Professoren ein handschriftliches Gutachten über die zweckmässigste 
Weise, die Anstalt zu organisiren; auf Grund dieser Arbeiten wur- 
den die neuen Statuten verfasst, vom akademischen Convent ange- 
nommen, aber noch nicht vom Magistrat genehmigt. Den 5. Februar 
1621 ertbeilte der Kaiser das längst gewünschte Privilegium; im 
folgenden August fand die Inauguration der Universität statt; die 
ganze Anordnung der Feierlichkeit und die dabei gehaltenen Pro- 
motionen setzen die Statuten als gültig voraus, trotzdem dass der 
Rath sie nicht in der gewohnten Form veröffentlicht hatte; während 
einer Reihe von Jahren weigerte er sich, sie gesetzlich einzuführen, 
vorgebend, sie würden von dem corpus academicum anders ausgelegt 
ab sie lauteten; die Universität dagegen weigerte sich, sie zu ändern. 
Es war seltsam, dass, ungeachtet dieser Conflikte, die kges in der 
Praxis beobachtet und die in denselben vorgeschriebenen Eide ge- 
leistet wurden, und dass der Magistrat bei allen Universitäts-Feier- 
lichkeiten zugegen war. 

Was die Bibliothek betrifft, so blieb man im Ganzen bei der 
Ordnung von 1616, nur mit den nöthigen durch die neuen Ver- 
hältnisse gebotenen Aenderungen im Ausdruck und mit einigen 
wenigen Zusätzen. Der frühere Eingang ist weggelassen; statt der 
Herren m oßiciis heisst es der Rektor und die Dekane, und statt 
conventus academicus, consilium universitatis. Dem 5. Artikel, über die 
Zahl der auszuleihenden Bücher, ist die Milderung beigefügt, dass, 
wenn ein Professor, Präceptor oder Geistlicher deren mehr braucht, 
der Rektor die Erlaubniss dazu geben kann. Dem 7. Artikel zufolge 
ist dem Bibliothekar ein beeidigter substiUitus beigegeben, der ihn 
ersetzen kann, wenn Fremde kommen; bei solchen Gelegenheiten 
kann er sich auch durch einen der Professoren vertreten lassen. 
Dem 8. Artikel sind einige Bemerkungen angehängt über die Mittel, 
die auf der frankftirter Messe gekauften Bücher am wohlfeilsten 
nach Strassburg zu bringen. Artikel 9: das Buch» in das die Ge- 



192 Die ehmalige Bibliothek der strassburger hoben Schule. 

schenke eingeschrieben werden, soll statt alle zwei Monate nur vier 
Mal jährlich, ja sogar nach Gutdiinken nur zwei Mal dem Rektor 
und den Dekanen vorgewiesen werden. Nach dem 11. soll die In- 
spektion der Bibliothek nur alle drei oder sechs Monate stattfinden. 

Bald nach Eröfihung der Universität bot sich, im September 
1621, eine neue Gelegenheit, die Bibliothek zu bereichem. Die 
Erben des bereits 16 18 verstorbenen Johann Ludwig Hauenreuter, 
der zuerst Professor der Medizin und dann der Physik gewesen 
war, boten den Scholarchen seine Bücher an, unter der Bedingung, 
ihnen den Kau^reis zu verzinsen. «Aus allerhand bedenklichen 
Ursachen» wurde dieses Anerbieten abgewiesen. Den 5. Oktober 
erneuten es die Erben; diesmal beschlossen die Scholarchen den 
«Augenschein einzunehmen und es' dann vor den Rath zu bringen». 
Wurde der Sache Folge gegeben? In den Protokollen findet sich 
nichts weiter darüber. 

Den 21. Juli 1622 machte Justus Meyer, Professor der Rechte, 
eine besondere Stiftung für Vermehrung des juristischen Theils der 
Bibliothek; er bestimmte dazu 200 bei der Stadt angelegte Gulden; 
die zehn Gulden Zins sollten jährlich am 21. Juli durch den Rektor 
und den Dekan der Rcchtsfakultät erhoben und, im Einverständniss 
mit dem Bibliothekar, zum Ankauf juristischer Bücher verwendet 
werden. Dies war seit dem Vermächtniss Jakob Sturms das erste 
zu Gunsten der Bibliothek. Um den Stifter zu ehren und ihm Nach- 
ahmer zu erwecken, schaltete man in die Bibliothekordnung einen 
Artikel ein, über das Legat und über die Art, es zu benützen; die 
damit ' gekauften Bücher sollten gleichförmig eingebunden und mit 
Meyers Wappen bezeichnet werden, « dessgleichen dann auch in 
andern solchen fundationibus, so etwann noch geschehen möchten, 
observirt werden soll*». 



14. 

Der Bibliothekar war immer noch Professor Joachim Qutenius; 
es schien ihm aber wenig daran gelegen zu sein, das Vertrauen zu 
rechtfertigeo, mit dem der Magistrat und die Schule ihn beehrten. 



I. Den 10. April 1659 wurde die Rente auf das Quart herabgesettt. 



Die ehmalige Bibliothek der strassburger hoben Schule. 193 

Den 5. Oktober 1621 wurde den Scholarchen berichtet: «Dr. Qu- 
tenius sei gar unfleissig zu seiner Profession, er habe nun Jahr und 
Tag weder gelesen noch disputationes gehalten und emp£uge doch 
nit desto weniger seine Besoldung, er warte fremden Geschäften 
ab, ziehe oft nach Vinstingen zu der Herzogin aus Pommern, da- 
selbst wohnend, sei auch noch nit Burger, da ihm doch vor diesem 
auferlegt. Burger zu werden». Die Scholarchen beriefen ihn auf die 
Pfalz, machten ihm Vorstellungen und drohten ihm seinen Gehalt 
zu entziehen. Er scheint indessen Entschuldigungsgründe gegeben 
zu haben, die man genügend fand, denn als er den 10. Dezember die 
Scholarchen zu seiner Hochzeit nach Esslingen einlud, liessen sie 
ihm sechs Reichsthaler als Verehrung zustellen, jedoch mit dem 
Bedeuten, er möge damit zu&ieden sein, «da er wohl wisse, wie 
es mit dem Schulsäckel stehe». Er kaufte das Bürgerrecht, blieb 
aber nachlässig und pflichtvergessen. Im Dezember 1633 erftihr der 
Magistrat, Qutenius stehe in geheimem^ Briefwechsel mit den kaiser- 
lichen Offizieren zu Breisach; da er es nicht leugnen konnte, entzog 
man ihm das Bürgerrecht, die Stellen als Professor und Bibliothekar, 
so wie das Canonicat, das er von S. Thomä genossen hatte. Zum 
Bibliothekar ernannte man den Strassburger Johann Georg Dorsch, 
der seit 1627 Professor der Theologie war. 

Dorsch, eben so gelehrt in seinem Fach wie Qutenius in dem 
seinigen, aber fester und ehrenhafter in seiner Gesinnung, imter- 
suchte sofort die Zustände der Bibliothek; er £ud diese in der 
grössten Unordnung; es erwies sich, dass sein Vorgänger sich 
wenig an die Statuten gehalten und eine sehr laxe Praxis eingeführt 
hatte; er hatte Einzelnen viel mehr Bücher anvertraut, als es ge- 
stattet war und sich nie um die Rückgabe bekümmen; seit Jahren 
waren Werke ausgeliehen, manche der Entlehner waren gestorben; 
« ein schöner aber übel verwahrter Vorrath » von Büchern war auf- 
gehäuft, die noch nicht eingebunden waren; bei 1800 Bände waren 
weder im Catalog eingeschrieben noch an dem gehörigen On auf- 
gestellt. Es scheint demnach, dass die periodischen, von dem Statut 
verlangten Inspektionen von geringem Erfolg gewesen waren; dies 
begreift sich leicht; wie hätten die Scholarchen, der Rektor und 
die Dekane bei einem raschen Gang durch die Bibliothek sich von 
dem wahren Stande der Dinge vergewissern können? Die Er- 
fahrung, die man gemacht, bewies zur Genüge, wie illusorisch diese 



194 -^ ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule, 

Massregel war; die Hauptsache ist immer die Gewissenhaftigkeit des 
Bibliothekars. 

' Den 8. November 1634 übergab Dorsch dem Kanzler der 
Universität und den Scholarchen einen Bericht über die Bibliothek, 
so wie er sie geRinden, und über einige Verbesserungen, die er 
verlangte; Er hat, sagt er, damit angefangen die Cataloge zu. per- 
lüstriren, die ausgeliehenen Bücher einzutreiben . und Ordnung her-^ 
zustellen. Er ist bereit,, den Eid als Bibliothekar zu leisten, wünscht 
aber, dass man «die odiosa und onerosa, die vielleicht auf seines 
antecessoris Person gerichtet waren», mildem möge, damit man 
ihm durch Massregeln, die bloss in Bezug auf Clutenius' Nachlässig- 
keit getroffen waren, das Amt nicht erschwere. Im .3. Artikel der 
Bibliothekordnung ist die Rede von drei Exemplaren des Catalogs; 
Dorsch bemerkt, er kenne nur das ftar den Bibliothekar bestimmte; 
es wäre zu erforschen, ob die beiden andern existiren, wo nicht, 
so werde er Copien machen lassen; auch wolle er einen index uni- 
versalis autorum materiarumque anfertigen «und etwa in patribus et 
iheologicis scriptis einen index dictorum scriptum fär die Theologen 
zu adomiren suchen». — Es sei femer nicht rathsam, die jungen 
Leute, die beim Abschreiben der Cataloge behülflich sein sollen, 
bloss aus den Stipendiaten zu wählen, denn «sie. müssen Verstand 
zur Sache haben und eine zierliche nette Hand»; man möge es 
dein Bibliothekar > überlassen, diejenigen Studenten zu suchen, die 
ihm am tauglichsten scheinen. — Die in den Statuten festgesetzten 
Stunden seien nicht zweckmässig; Clutenius habe sie anfangs ein-^ 
gehalten, « es habe sich, aber befunden, dass $ehr oft kein «Mensch 
erschien, daher nachmals etwa m defectu . peccin worden». Das 
Beste wäre, wenn der Bibliothekar zu Anfang jedes Semesters die 
bequemsten Tage und Stunden durch Anschlag bekannt machte.' 
Er, Dorsch, sei bisher im Sommer zweimal wöchentlich vor den 
Betstunden, von 5 bis 7 Uhr gekommen, und am Donnerstag, nach 
der Sitzung des Kirchenconvents bis gegen Abend; den Rest der 
drei Tage habe er « auf Disposition und Purification» der Bibliothek 
verwendet. Im Winter und an den Sonntagen sei das Amt be- 
schwerlich, ausserdem dass nur wenig Leute auf der Bibliothek 
arbeiten. Ueberhaupt sei das Nachschlagen in den Büchern auf der 
Bibliothek selber der scopus minus prindpalis, die Hauptsache sei das 
Ausleihen. — Nach den leges sollen alle Entlehner eine scbeda 



Die ehnialige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 195 

— ■ — 

ohligaüonis unterschreiben; bisher habe man dies nur von den 
Studenten verlangt, indem man sich damit begnügte, die Kamen 
der Professoren u. s. w. in ein diürnale einzutragen. Dorsch ist 
der Ansicht, die scheda von Jedermann zu begehren. — Weiter 
sagt er: den leges zufolge sollen von den Folianten nur zwei, von 
den andern Formaten nur drei oder vier auf einmal ausgeliehen wer- 
den, es sei aber geschehen, dass man ganze opera in Folio, Äugustin, 
Hieronymus, Luther, u. s. w., und von. andern Büchern 20, 30^ 
40 den Professoren habe nach Haus schicken müssen. «Es sei zwar 
in der theologischen Fakultät keiner, der nicht seine gute Bibliothek 
hat», und diese Privat-Sammlungen «wären noch ansehnlicher wenn 
nicht bei so unseligen Zeiten alle Mittel zerrinneten»; es kann aber 
ein Gelehrter eine Arbeit vorhaben, zu der er ganze opera hTZUcht, 
die er nicht selber besitzt; soll man sie ihm verweigern? Dorsch 
bekennt mit Dank, dass ihm in solchen Fällen sein Vorgänger 
jedesmal das Begehren bewilligt hat; er fragt, ob er zur strengen 
Befolgung der Statuten zurückkommen soll, oder ob es nicht bil- 
liger wäre, bei dem eingeführten mildem usus zu bleiben, den man 
auch solchen Studenten gewähren könnte, die an einer Disputation 
arbeiten. — Auf Restitution der Bücher nach einem Monat sei bis- 
her wenig gehalten worden; man habe Niemanden bestraft, der den 
vorgeschriebenen Termin überschritten, man habe vielmehr Profes- 
soren und Studenten die Bücher Jahre lang gelassen. In diesem 
Stück sollte man bei den leges bleiben, höchstens könnte man 
denen, die in öffentlichen Aemtern sind, zuweilen eine Dispens 
gestatten. Jedenfalls sollten am Ende jedes Vieneljahrs alle ausge- 
liehenen Bücher zurückgegeben werden, damit der Bibliothekar, wie 
dies anderswo gebräuchlich ist, eine allgemeine Revision machen 
könnte. — Was man endlich auch beschliesse, so wird es gut sein, 
die Bibliothekordnung deutsch und lateinisch ak Plakat drucken zu 
lassen und gehörigen Orts anzuschlagen, damit Jedermann wisse, 
wonach er sich zu richten habe. 

Mehrere dieser Vorschläge Dorschs hätten Berücksichtigung 
verdient, man änderte jedoch nichts an der bestehenden Ordnung; 
erst 1669 wurde diese zum ersten Mal theilweise verbessert. Dies 
liegt aber jenseits der Gränzlinie, die ich mir für diesmal gezogen 
habe. Es ist nur noch von dem zu reden, was unter Dorschs treff- 
licher Verwaltung für die Bereicherung der Bibliothek geschah. 



1^6 Die ehmaUge Bibliothek der strassburger hoben Schule. 



15. 

Das bedeutendste, was hier Erwähnung verdient, ist der An- 
kauf der Bibliothek des Professors Matthias Bemegger. Den 12. 
September 1635 schrieb dieser an Dorsch: «die Difficulteten, darein 
mich das aligemeine betrübte Unwesen gesetzt» — die Nothstände 
des dreissigjährigen Kriegs — zwängen ihn, seine mathematischen 
Bücher und Manuscripte zu verkaufen; er thue es ungern, denn er 
habe einen Sohn, der sich gut zum Studium der Mathematik anlässt,* 
er könne sich aber nicht anders helfen; er wünsche die Bibliothek 
der Stadt Strassburg zu lassen, die er jederzeit als sein zweites 
Vaterland angesehn und die seinem Sohn den Gebrauch derselben 
nicht verweigern werde. Schon vor Jahren habe ihm Herzog August 
von Braunschweig, derselbe, der auch die Pappus'sche Bibliothek 
hatte kaufen wollen, Vorschläge gemacht, und unlängst wäre Ge- 
legenheit gewesen, die handschriftlichen Codices an die vom Cardinal 
Richelieu neu errichtete Bibliothek zu verkaufen. « Obschon die 
mathematischen Bücher, wegen der Figuren und der geringen Auf- 
lagen, theurer sind als andre», so biete er den Band in Folio fbr 
15 Seh. an, den in quarto für 5, den in 8® fiir 3, den in 16® fbr 
2; das Ganze, die Manuscripte, etwa 400 an der Zahl, abgerechnet, 
fiir 355 Pf. «Die manuscripta, sonderlich aber die veteres gracos 
Codices betreffend, halte ich solche für den grössten thesaurum, 
welcher mit Geld nit zu bekommen, wann man gleich gantz 
Germaniam und mehr Ort durchsuchen solt. Sind mehrerentheils 
noch nie gedruckt worden. Ist eines darunter, welches Sambucus* 
in Italia um 48 Kronen und ein Ducat, item ein anderes für 20 
Kronen, ein anderes für 8 Kronen erkauft ; in die übrigen hat er 
den Preis nit verzeichnet. Unter denen so recenHore manu geschrie- 
ben, ist sonderlich was Dasypodius in vielen Jahren elaborirt und 



I. Der als Arzt, Dichter, Philolog und Geschichtschreiber bekannte un- 
garische Gelehrte, Johann Sambucus, hatte, ausser den deutschen und fran- 
zösischen Universitäten, auch die italienischen besucht, und überall Handschriften 
und Bücher gesammelt. Er war 1594 zu Wien gestorben. Man erfiihrt weder 
wann noch wo der 1582 zu Hallstadt, in Oberöstreich , gebome Bernegger die 
Codices aus dem Nachlass des Sambucus erwarb. 



Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 197 

• ■ 

auszgehn zu lassen Willens gewesen». Die ganze Sammlung dieser 
Handschriften, nebst einigen mathematischen Instrumenten, taxirte 
Bemegger auf 160 Pf., und im Fall, dass der Kauf abgeschlossen 
würde, erbot er sich, in den nächsten Herbstferien Alles auf die 
Bibliothek abzuliefern. Die Verhandlungen dauenen aber noch bei- 
nahe ein ganzes Jahr. Erst den 3. August 1636 brachten der Rektor 
und die Dekane ein Begehren vor den Rath, auf Bemeggers, von 
Dorsch lebhaft unterstützten Vorschlag einzugehn; der Rath gab 
unmittelbar seine Einwilligung. Höchst charakteristisch war die 
Art, das Geld zu finden. Es starb ein gewisser Daniel Taufkircher, 
der zu Strassburg studiert und dann während neun Jahren «durch 
Information (Privat-Unterricht) ein Ansehnliches erworben, aber nie 
etwas zum allgemeinen Besten beigetragen hatte»; man beschloss 
aus semer Verlassenschaft eine Summe von 288 Pf. 12 Seh. zu er- 
heben für nicht bezahlte Taxen und Kriegssteuem; damit wurden 
Bemeggers Bücher gekauft! Seine Manuscripte griechischer Mathe- 
matiker hatten zu den werthvoUsten Schätzen unserer Seminar- 
Bibliothek gehört ^ Seine philologischen und historischen Bücher 
erwarb später sein Schwiegersohn Freinshemius; 

Nach einigen elsässischen Schriftstellern sollen die Schweden, 
nachdem sie sich im Jahr 1634 der Stadt Bockenheim bemächtigt, 
die Bibliothek des dortigen Jesuitenhauses an Strassburg verkauft 
haben*. Wenn dies kein Irrthum ist, so darf man sich wundem, dass 
weder in den Protokollen der Universität noch in denen des Raths 
sich irgend eine Spur davon findet. 

Im Mai 1 647 trug Dorsch darauf an, « die rare und von allerlei 
guten Autoren in allerlei Sprachen zusammengesammelte Bibliothek » 
zu erwerben, welche der Spanier Doctor Caspar Simon, der über 
dreissig Jahre zu Strassburg gelebt, hinterlassen hatte. Simon hatte 
sich, wie Taufkircher, von allen Abgaben an die Stadt zu befreien 



1. In einer, 1638 bei dem Jubiläum des Gymnasiums gehaltenen Rede, 
lobte Prof. Joh. Heinr. Böcler die communis instrumenti bibliothec^e acadtmicM 
txtrucHo y quam a Jacobo Sturmio inchoatam alque ultima quasi voluntate hertditariäi 
laudis causa ad successorum curas propagatam , tum alias alio, tum nuper maibema- 
tico locuplitari apparatu vidimus. Des strassburger Gymnasii Jubelfest. Strassburg, 
1641, in-4% p. 156. 

2. Hermann, TLotices sur Strasbourg. Strassburg, 1817, T. 2, p. 373. — 
Jung, TLotiu sur la bibliothique publique de Strasbourg. Strassburg, s. a., p. 4*. 



198 Die ebmaUge MUoAdt der strasAurgir bcbm SdmU. 

, 1 — ■ — — 

gewusst; Dorsch meinte, man sollte einfiich' dessen Bficher confis- 
ciren. Es wird nicht berichtet, dassder Rath hiezu seine Ein- 
willigung gab. . - 

Um eben diese Zeit schrieb Dorsch über die Vermehrung der 
Bibliothek ein neues Bedenken fär den Kanzler und die Scholarchen. 
Nachdem: er die froher mehrmals angeradienen Mittel wiederholt 
in Erinnerung gebracht, schlägt er noch folgende vor: bei Immatri- 
culation der Studenten^ wie dies in andern Universitäten geschieht, 
ihnen eine Büchse' hinhalten, um nach Belieben etwas Ar die Biblio- 
thek hineinzulegen; «die Fallimenten, da Bücher vorhanden, welche 
etwann sehr wohlfeil vericauft werden, in Acht nehmen » ; die nach 
dem Absterben der Gelehrten zum Kauf angebotenen Bibliotheken 
besuchen, «wo oft ein köstlicher Autor um einen geringen Preis 
zu haben wäre, wenn der Bibliothekar etwas Geld in Händen hätte»; 
es sei zu bedauern, dass man, wegen Mangels an Mitteb, aus der 
Sanunlung des Professors Georg Obrecht nichts habe erwerben 
können, es seien da «um ein schlecht Geld Mainuscripte, die un- 
wiederbringlich sind», fbr Strassburg verloren gegangen. Weiter gibt 
er den Rath, den Buchdrucker der Universität, «dem diese viel 
zu verdienen gibt», um ein jährliches Geschenk anzuhalten, eben 
so die Antiquare, denen man erlaubt, im Kreuzgang des Prediger- 
klosters alte Bücher feil ta bieten; endlich die Cataloge der frank- 
fiiner Messe auf dreissig Jahre zurück zu untersuchen, <t wodurch 
man finden würde, dass die hiesigen Drucker nur von dem geringsten 
Theil ihrer Bücher Exemplare auf die Bibliothek geliefert liaben». 

Keiner dieser Vorschläge scheint damals genehmigt worden 
zu sein; wie ernst es auch dem Bibliothekar mit seinem Berufe 
war, er konnte nur wenig thun. Es dauerte noch eine geraume 
Zeit, bis eine jährliche, einigermassen genügende Summe fbr An- 
kauf von Büchern ausgesetzt wurde. Die Bibliothek war jedoch ge- 
gründet, ihre Zukunft schien gesichert, sie war eine öffentliche ge- 
worden, sie hatte die zwei reichen Sammlungen von Pappus und 
Bemegger erworben und Alles war in einem weiten, zweckmässig 
eingerichteten Raum aufgestellt, der uns Aeltern noch sehr wohl 
erinnerlich ist. . . i . 



INHALTS-VERZEICHNISS 



L Bücher und Bibliotheken zu Strassburg im Mittelalter. s«tc 

1. 'Bücher und 'BihUothtken i 

I. Die Kapitel 2 

II. Die Klöster 15 

III. Liturgische BQcher und Archive 25 

IV. Privat-Bibliotheken v 28 

V. Einrichtung und Gebrauch der Bibliotheken 32 

2. «^11/ das 'BüchtrwesM he^Uchi Gewerbe 35 

'BeÜagen: 

I. Cauiog der Bibliothek des Thomasstifts 49 

II. Cauiog der Karthiuser-Bibliothek 51 

III. Catalog der Bibliothek von Paul Munthart 67 

IV. Cauiog der Bibliothek von Ludwig von Odrauheim. . . 70 

II. Die strassburoer Buchdrucker vor 1520. 

Einleitung 75 

Strassburg. i. Johann Mentel 88 

2. Heinrich Eggestein 97 

). Adolph Rusch 100 

4. Georg Husner 105 

5. Martin Flach 106 

6. Heinrich Knoblochuer. Thomas Anshelm. Johann 

Eber. Peter Attendorn 108 

7. Johann Pröss 1 10 

8. Martin Schott 1 11 

9. Johann Grüninger 112 

10. Matthias HupfufT. 118 

11. Wilhelm Schaffner von Ropperschwiler 119 

12. Bartholomäus Kistler. Matthias Brant 120 

13. Johann Schott 121 

14. Johann Knoblouch 126 

15. Martin Flach der jüngere 129 

16. Johann Weliinger. Thomas Swop. Hieronymus 

Greff. iji 

17. Matthias SchOrer i}2 



200 JnbaUs'Fci^eicbmss. 



i8. Johann Pröss der jüngere. . . ; 135 

19. Reinhard Beck. 136 

20. Conrad Kemer. Ulrich Morhard. 138 

Anhang, 

Hagenau. i. Heinrich Gran. 139 

2. Thomas Anshehn 143 

Schlettsudt. Lazarus Schürer. 145 

'Beilagen. 

I. Kaiser Friedrich m. an den strassborger Magistrat, 

2. November 1488 146 

II. Anzeigen Mentel'scher Drucke 147 

m. Versus in laudem MtnUHi, . . . ^ 149 

IV. Abrechnung Mentels mit seiner Schwiegermutter. ... 150 

V. Acht Briefe Ad. Ruschs an Johann Amerbach 152 

VI. Auszug" aus dem Über hen^adarum der Basler Karthause. 159 

VII. Gedicht Rud. Längs auf die von Rusch gedruckte BibeL . 160 
VIII. Empfangschein Knoblouchs ftkr ein von den BarfÜssem 

entlehntes. Manuscript , 162 

III. Die eumalige Bibuothek der strassburger hohen Schule im 

ERSTEN Jahrhundert ihres Bestehns i^ 



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