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Harvard College
Library
FROM THE BEQUEST OF
FRANCIS BROWN HAYES
Class of 1839
OF LEXINGTON, MASSACHUSETTS
ZUR GESCHICHTE DER ÄLTESTEN BIBLIOTHEKEN
UND DER ERSTEN BUCHDRUCKER ZU STRASSBURG.
BUCHDRUCKEREI R. SCHULTZ U. COMP. (BERGER-LEVRAULT'S NACHFOLGER)
IN STRASSBURG.
0>
ZUR GESCHICHTE
DER ÄLTESTEN
BIBLIOTHEKEN
UND DER
ERSTEN BUCHDRUCKER
zu STRASSBURG
VOM
C. SCHMIDT
C.
S'I'K ASS |{ (' Kc;
C. F. SCHMIDTS UNIVERSITÄTS-BUCHHANDLUNG
• FRIEDRICH BULL
1882
r:
^
.-; S'^'? - \ ^^
L->
HERRN D"^ LUDWIG SIEBER
OBERBIBLIOTHEKAR
ZU BASEL,
ALS KLEINES ZEICHEN
DANKBARER FREUNDSCHAFT.
$-
VORWORT.
Her erste Abschnitt der iii diesem Buch zusanimenge-
istellten Notizen war bereits 1877 unter dem Titel
'^lÄvres rl 'Bibüolhiquei ä Strasbourg au moyett dge in
der Hfvue iiAlsace erschienen. Man hat mir zu verstehn gegeben,
es könnte eine deutsche Uebcrsetzung davon gemacht werden; ich
habe um 50 mehr vorgezogen diese Uebersetzung selber zu machen,
da mir dies Gelegenheit bot, manches Neue beizufögen.
Der zweite bringt biographische — nicht bibliographische —
Notizen über unsere ältesten Buchdrucker. Er bt, ohne allen Zweifel,
so wie auch der erste, unvollständig, jeder, der mit derartigen
Forschungen vcnraut ist, kennt die Schwierigkeit, ich möchte sagen
die UnmögUclikeit, sie methodisch zu betreiben. Das Material ist zu
zerstreut, als dass man hoffen könnte nichts zu iibersehn ; es ge-
schieht Ott, dass man sehr wichtiges da entdeckt, wo man es am
wenigsten gesucht häne. Ich kann nur geben, was ich gefunden
habe; darunter ist aber Manches, das noch aus Quellen summt,
die mit unserer ehmaltgen Bibhothek, verschwunden sind.
Der dritte Abschnitt enthält die wenig bekannte, grösstentheils
aus handschriftlichen Documemen geschöpfte Geschichte der Grün-
dung der Bibliothek, die im siebeozehnten Jahrhundert die unserer
protestantischen Universität und später die des protestantischen
Seminars geworden war. Kein Strassburger hat vergessen, wie sie
zu Grunde gegangen bt; ich liielt es Sit eine PAicht der Pietät
ihren Ursprung zu erzählen.
Mai 1882.
* <-»»<**f-»-<
I.
Bücher und Bibliotheken
zu STRASSBURG
IM MITTELALTER.
Hie Nachrichten über die strassburger mittelalterlichen
i Bibliotheken und über die Mittel, die man angewandt
Sum sie. zu bilden, sind spärlich in Urkunden und
ElSchriften verschiedener Art zerstreut; wie lückenhaft
sie aber aucli sein mögen, so schien es mir doch wichtig sie zu
sammeln; sie tragen Ihres Theils dazu bei die geistigen Zustände
einer Zeit zu schildern, wo es noch nicht leicht war sich wissen-
schafthche Hülfsmittel zu verschaffen.
Ich beginne mit den Bibliotheken, um dann emiges über die
Gewerbe zu sagen, die sich an dem betheiligt haben, was man die
materielle Hervorbringung der Bücher nennen kann.
I. 'Bücher und "Bibliothekm.
In den frühsten Zeiten des Mittelalters und in Städten wie
Strassburg hatten die Layen noch weder Lust zu gelehrten Beschlf-
tigungen noch die Mittel diese Lust, wenn sie vorhanden gewesen
wäre, zu befriedigen. Das Wissen war ausschliesslich Sache der
Kleriker. Diese mussten, ausser den freien Künsten, theologische
Kenntnisse und einige RechtsbegrifTe besitzen ; sie betrieben die
Heilkunst, pflegten die Poesie und sammelten historische Notizen.
Sie versahen den Dienst als Notare, verfassten und copinen sowohl
2 Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im Mittelalter.
die öffentlichen Akten als die, die sich auf Privatverhäitnisse bezogen ;
den jungen Layen, die nicht in völliger Unwissenheit verbleiben
sollten, gaben sie einen Unterricht, der oft dürftig genug war. Vor
der Gründung der Universitäten erhielten sie selber ihre Bildung jn
den Schulen der Stifter und der Klöster, und da waren Bücher
nöthig für die Zöglinge und mehr noch für die Lehrer. Es ist daher
natürlich, dass die ältesten Bibliotheken die der geistlichen Anstalten
waren. In Strassburg erscheinen als die ersten die der verschiedenen
Kapitel; seit dem dreizehnten Jahrhundert kommen die einiger
Klöster dazu; im fünfzehnten endlich entstehn Privat-Sammlungen,
die indessen, mit sehr wenig Ausnahmen, auch wieder nur Stifb-
herren oder Mönchen gehören. Nach dieser Ordnung werde ich
dasjenige zusammenstellen, was ich habe aufbringen können.
I. Die Kapitel. — i. Münster, Das älteste Buch, das der
Münsterbibliothek gehört haben soll, wird von Schadasus, und nach
ihm von Schilter, unter dem Titel angegeben : « Biulfi episcopi Argen-
tinensis commentarii in libros s. scriptura, so er mit eigenen Händen
geschrieben'». Diese Notiz ist unzuverlässig; von Biulfiis ist durchaus
nichts bekannt ; die alten Cataloge unserer Bischöfe haben blosxseinen
Namen; Erkanbold widmet ihm nur den unbedeutenden Vers: tantis
prasulibus sociatur jure Biulfus* ; er war so verschollen, dass Closener
ihn sogar Duulfus nennt*. Grandidier bezweifelt daher mit Recht
die Glaubwürdigkeit der Angabe von Schadaeüs*; dieser war übrigens
selber der Sache nicht gewiss, er kannte sie nur vom Hörensagen;
<K unter andern denkwürdigen Dingen, sagt er, sollen folgende da
sein...» Eine sichere Thatsache dagegen ist, dass das Münster eine
Sammlung von Canones besessen hat, welche Bischof Rachio im
Jahr 788 «zum Heil seiner Seele und aus Liebe zu Gott und zur
strassburger Kirche» hatte schreiben lassen*. Dieser prachtvolle
1. ScHAD£US, Summum templum %Argtntinense, Strassburg, 16 17, 4*, S. 71.
— Schilter, in seiner Ausgabe Königshofens. Strassburg, 1698, 4», S. 966.
2. KöNiGSHOPEN, Ausg. von Schilter, S. 471.
3. Ausg. von Hegel. Leipzig, 1870, B. i, S. 70.
4. Grandidier, Histoire de tiglise de Strasbourg, Strassburg, 1776, 4«,'
B.'i, S, 186.
5.. S. die Inschrift bei Grandidier, O. c, B. 2, S. CXLI.
Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MittelaUer. 3
Foliobandy dem die in ihm enthaltenen Stücke ein grosses historisches
Interesse verliehen, kam zu Anfang des siebenzehnten Jahrhunderts,
in Folge von weiter unten zu erwähnenden Ursadien, in den Besitz
der Stadt Bern; während einer Reise durch die Schweiz, im Jahr 1774,
erhielt ihn der strassburger Bischof, Cardinal Rohan, vom Bemer
Magistrat zurück und schenkte ihn seinem Seminar'; die Revolution
brachte ihn auf unsere Stadtbibliothek, mit der er zu Grunde
gegangen ist.
Nach Wimpheling bereicherte Bischof Uto (930 bis 963) seine
Kirche durch einen «kostbaren Schatz von Büchern"», von denen
aber weiter nichts bekannt ist. Uto's Nachfolger, Erkanbold (965 bis
991), ein für seine Zeit gelehrter Mann, der den Kaiser Otto nach
Italien begleitete, verschaffte sich da eine Anzahl von Handschriften,
die er, nach Strassburg zurückgekehrt, gleichfalls der Münster-
bibliothek überliess. Im Jahr 1308 besass diese noch von diesen
Codices den Traktat des Hieronymus de viris illustribus, einen dem
Ambrosius zugeschriebenen Commentar über die Proverbien, einen
andern, de concordantiis quatuor evangelistarum , der den Namen des
Hieronymus trug, wahrscheinlich aber das Werk Augustins, deconsensu
evangelisiarum, war; femer, das Leben des h. Martin, von Sulpicius
Severus, und die Kj4cta einiger Heiligen*. Ums Jahr 1633 erwarb
Böcler, Professor der Geschichte an der strassburger Universität,
einen die Commentarc Beda's über mehrere Bücher des Alten Tes-
taments enthaltenden Band; es war dies eines der von Erkanbold
geschenkten Manuscripte, dessen Werth dadurch erhöht war, dass
der Bischof mit eigener Hand die Fehler darin verbessert hatte ;
1. Die Berner Regierung überliess die [landschrift dem Cardinal durch
Beschluss vom 4. Juli 1774* Hagen, Catalogus codicum 'Bcmensium, Bern, 1875,
S. 9. — Die Pariser National-Bibliothek besitzt einen im Jahr 1779 geschrie-
benen Catalogus librorum hihliotheca %Argentinenü$ {t^si. laiins, 17925); es sind
darin ungefähr 50 Manuscripte erwähnt, deren einige auf Pergament, unter
andern 'Decreta pontificum romanorum et aliorum patrum ; dies könnte wohl der
Codex Rachio's sein ; der Catalog wire demnach der des ehemaligen bischöf-
lichen Seminars.
2. Catalogus episcoporum %Argentinensium, Ed. Moscherosch. xArgent^^ 1660,
4% S. 29.
3. O. c, S. 35.
4 Bücher und Bibliotheken ^ Strasshtrg im Mittrlabrr.
»i^tt Uöclcrs Tod hat man dessen Spur verioren*. In dem Commentar
Über dio Proverbien, dem einzigen dieser BQcher das später in die
lUlillothck unserer Universität Obergieng, standen am Anfang diese
Worte: lirkanbold prasul sancUt dat dona !\Carut; der Traktat de
vh h illustribus hatte folgende Inschrift gehabt : ErkanboU bumilis
prmul tne scribere jussü\
Der vorzüglichste Wohkhater der Münsterbibliothek war Bischof
Wornhcr (1002 bis 1027), derselbe der auch den Neubau des
MOtiltori unternahm. Dieser ausgezeichnete Pnüat benützte seine
hoho Stellung^ seine Reisen, seine Reichthümer, um sich zahlreiche
HUchor zu verschaffen« Man darf annehmen dass, als er im Jahr 1026
mit KaUer Gmrad nach Rom zog, er deren in Italien kaufte; andere
erhielt er aus Benedikdnerklöstem diesseits der Alpen. Er beschrankte
nlcli nicht blos auf theologische Werke, er suchte auch Klassiker
iltul Schriften über alle Theile der Wissenschaft'. Er gab seinem
M (Unter die Uebersetzung Euclids durch Boetius, in einer im
Jiihr 1004, in der kurzen Frist von eilf Tagen, durch Constantius,
den gelehrten Scholasticus von Luxeuil, gemachten Copie*; einige
1. Gkamdidier, Histoire de Ja province d'^Alsact. Strassburg, 1787, 4«,
II. r, S. CCIV, Kote g. Auf dem ersten Blatt dts Ms. standen Verse, deren
erite die folgenden sind :
UtiJis eccUsue fnus Erchanboldus agia
Inclitus aniiiUs libros perlegerat omnes,
Inter quos istum parili cum sorte Uheüum
Correxit per se studiosi dogmatis arte
Falsa catus radens et congrua sensibus addens, . .
Aus einem Distichon auf dem zweiten Blatt ersieht man, dass Erkanbold
den Codex in Italien hatte schreiben lassen :
Erchambold prasul Francorum rurihus exiä
Hoc nohis propius scribere iussit opus,
Exul bedeutet hier nicht verbannt, sondern abwesend.
2. Grandidier, 1. c.
3. WiMPHELiNG, Catal, episc, ^Arg,, S. 39.
4. S. die Inschrift die sich im Buch befand, bei Grandidier, (Euvres
historiques inidites. Colmar, 1865, ß. 2, S. 236.
Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter. . 5
Bücher Cicero's, Quintilians Institutiones , die Thanomena des Arams^
des Boetius Commentar über Aristoteles de interpretaiume, mehrere
Werke über Musik, Arithmetik, Astronomie, Rhetorik, Dialektik,
einen Pentateuch mit dem Commentar des Origenes, dieses letztem
Schrift de principiis, das Hexaettteron und andere Traktate von
Ambrosius, desselben Briefe, so wie die Augustins, Hieronymus
über die kleinen Propheten und über die Epistel an die Epheser,
das erste Buch der Uebersetzung Eusebs durch Rufin, die
Histaria des Paulus Orosius, Gregor von Tours de miracuUs
sanctorum, die Gedichte des Prudentius, die Etymologieen und
die Briefe Isidors von Sevilla, Augustins und Beda's Homilien,
des Hesychius Commentar über den Leviticus', mehrere Hei-
ligenleben, ein Tontificale, und anderes mehr. In jeden Band
war eingesclirieben IVerinharius episcopus dedit sancta t\Carut;
die meisten Codices stammten aus dem zehnten Jahrhundert; nicht
wenige derselben Varen mit Miniaturen geschmückt. Ein mit
tironischcn Noten und vergoldeten Initialen geschriebener Psalter,
den im Jahre 1498 Trithemius in der Münsterbibliothek sah, ist nicht
in Wimphelings Verzeichniss der Wernher'schen Sammlung erwähnt.
Hatte ihn das Kapitel schon vor den Zeiten dieses Bischofs besessen,
oder erst später erworben? Diese Frage kann heute nicht mehr
beantwortet werden. , Irgend jemand, der die Schrift nicht lesen
konnte, hatte dem Buch den Titel Tsalierium armenica lingua ge-
geben; Trithemius, den Geiler in die Bibliothek eingeführt hatte,
machte diesen auf den Irrthum aufmerksam und rieth ihm, die
falsche Bezeichnung durch die richtigere Tsalterium notis ciccronianis
descriptum ersetzen zu lassen*. Man untcrlicss es, diesen Rath zu
1. WiMPHELiNG, 1. c, hat EsUius super Liviticum de sacrificiis. Esitius ist
für Hesychius.
2. *Bieitnio f ernte post hac {post J4<^) eques xArgentinam in causis ordinis
fnei ascendi, admissusqtu per Joannem Keisersbergium insignem loci cancionaiorem
in hihliothecam maioris eccUsia, psalUrium repperi tolum hisdem Tuüii et Cypriani
nolis exaralum aureisque capiteüii decentissime scriptum, Super scriptio autem ab ignaro
mjsUrii taJis fuerat extrinsecus posita TsaUerium armenica lingua, Doctorem adhibui,
JalsitaUm ostendi, ita rescribendum admonui: Tsalterium notis ciceronianis descriptum,
Quod fecerit nee ne, incertum häbeo, quoniam ad eam bibliothecam postea non sum
reversus. TRrrHEMius, Tolygraphia libri sex. Impr, aere ac impensis integerrimi
bibUopoUe Joannis Haulbergi d€ iiia, constantiensis diacesis, 15 18 , in-folio, f* Q^ 5.
6 Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im Mittelalter.
befolgen; noch am Anfang des siebenzehnten Jahrhunderts galt der
Psalter bei den Kapitularen für einen armenischen*.
Der grosse Werth dieser Handschriften bestand in ihrem Alter.
Die ältesten waren wohl der Codex Rachio's und der tironische
Psalter; vielleicht darf man ein Sacramentarium dazu rechnen, das,
mit Gold und Silber auf Purpurpergament geschrieben, einer der
kostbarsten Schätze unserer Stadtbibliothek gewesen war". Die
jüngsten waren jedenfalls vor 1027, Wernhers Todesjahr, verfertigt.
Dieser Bischof war für lange Zeit der letzte, der mit Eifer und
Umsicht für seine. Kirche Bücher saitimelte. Die Geschichte weiss
nichts von ähnlichen Geschenken zu berichten, die seine Nachfolger
gemacht hätten. Der im Jahr 1306 erwählte Johann von Lichtenberg
gab dem Stift das in barbarischem Latein verfasste, aber historisch
sehr interessante Gedicht des Canonicus von S. Thom« Gotfried
von Hagenau de sex festis beata Virginis ; das schön auf Pergament
geschriebene Manuscript hatte aber den Bischof nichts gekostet, der
Verfasser hatte es ihm als Huldigung angeboten.
Im Jahr 1372 bestand die Bibliothek aus 91 Bänden'; als
Wemher starb, hatte sie deren wenigstens 50 gezählt; im Lauf von
vierthalb Jahrhunderten waren daher nur etwa 40 dazugekommen.
Zu diesen darf man ohne Zweifel ein die Homilien Gregors des
1. %Aus diesir 'Bibliotbeca bat mein Vatier selig (der Prof. Elias Schad,
gest. 1593) ein uhralt in 'Pergament geschrieben 'Buch ^u lehnen bekommen, daraus^
er etliche notas oder signa, so gant^e Wörter in sich begreiffen, abgezeichnet (wie
unter seinen coli, alphabetis variarum gentium ^u befinden). Ueber dieselbigen hat er
diesen titulum prafigiret : 'hLota cypriana ex Tsalterio 'Bibliotheca summt templi
xArgent., cujus titulus Tsalterium armenicum. Handschriftliche von Oseas Schad
gesammehe Notizen über das Münster (in Privatbesitz). — Zur Zeit iGrandidier*s
{(Euvres inidites, B. i, S. 441, Note 4), war der Codex bereits aus der
Münsterbibliothek verschwunden. — Vor dem letzten Krieg hatte unsere Stadt-
bibliothek ein Manuscript mit tironischen Noten, es war aber kein Psalter, son-
dern eine Art Clavis der Abkürzungen.
2. S. die Beschreibung bei Kopp, Bilder und Schriften der Vorzeit.
Mannheim, 1819, B. i, S. 176.
3. 'HjOta quod LXXXXI libri sunt in catenis in dormitorio ecclesia xArgen-
tinensis, 'HjOn, Jul. anno domini M.CCC.LXXII. Präsentatum est mihi Henrico per
Hammannum dictum %Anshelmum dormitorium tunc temporis ecdesia xArgent.
Inschrift im Ms. des Quintilian. Bandini, Catalogus codicum latinorum bibL
nudicut'launntian^. Florenz, 1775» in-f*, B. 2, S. 382.
Bücher und Bibliotheken j^m Strassburg im MiUelalter. 7
Grossen enthaltendes Manuscript des zwölften Jahrhunderts rechnen;
man hatte in dasselbe die Namen der 31 ältesten strassburger
Bischöfe eingeschrieben, woraus sich schliessen lässt, dass es dem
Münster gehört hatte. Nicolaus , einer der Brüder des Klosters
Truttenhausen am Fusse des Odilienbergs, überreichte im Jahr 1467
dem Bischof Ruprecht ein von ihm geschriebenes !\Gssale Kargen-
tinense, ein calligraphisches Kunstwerk, mit 38 dem Band eingefugten
merkwürdigen Miniaturen, von denen mehrere einem weit älteren
Manuscript entnommen waren. Ich vermag jedoch nicht zu sagen,
ob der Prälat es für seinen Privatgebrauch behielt oder ob er es
der Stifbbibliothek überliess*.
Die Canonici, sämmtlich grosse Herren von adeliger Geburt,
kümmerten sich wenig um ihre Büchersammlung. Trotz der Ketten,
welche die Bände beschützen sollten, wurden manche entweder,
verkauft oder entwendet. Poggio, der während des Concils zu
Constanz war, mit dem Auftrag alte Bücher zu sammeln, besuchte
auch einmal das einst durch seine gelehrten Bestrebungen so be-
rühmte Kloster S. Gallen. Hier fand er die Bibliothek tief unten
in einem finstern Thurm, in dem man, wie ersieh ausdrückt, nicht
einmal zum Tode verurtheilte Verbrecher einschliessen möchte.
Unter den mit Staub und Schmutz bedeckten Bänden entdeckte er
den Quintilian, den Bischof Wernher unserm Münster gegeben hatte
und der, man weiss nicht wie, nach der Schweiz ausgewandert
war. Die den Studien fremd gewordenen Mönche überliessen
Poggio den Codex; er brachte ihn nach Italien, nebst andern,
«die er aus den Kerkern Deutschlands und Frankreichs befreit
hatte». Er gehört heute der Laurentiana zu Florenz, wo man auch
die, gleichfalls von Wernher stammenden Schriften Cicero's auf-
bewahrt; dass diese letztere Handschrift bereits vor 1508 aus Strass-
burg verschwunden war, geht aus dem Umstand hervor, dass
Wimpheling ihrer nicht mehr erwähnt; sehr wahrscheinlich war
auch sie mit Poggio über die Alpen gekommen, denn sie gehörte
seinem Freunde, dem Cardinal Niccolo Niccoli; erst zu Anfang
unseres Jahrhunderts gelangte sie in die Laurentiana*.
1. Caialogue de la hihlioih^qtu de OC. Yiminii. Paris, 1867, S. XXX VII.
Der Codex hatte im 18. Jahrhundert dem Kloster Naxareth, zu Paris, gehört.
2. Poggio fand den Quintihan adhuc sahmm et incohinum, pUnum tarnen
situ ei puhere referlum. Eranl enim in hibliothua Ubri iüi, höh ui eorum difmtas
H Bücher und Bibliotheken :(ii Strassburg im Mittelalter.
\
In. einer 1482 gehaltenen Synodalrede beklagte sich der.
Münitcrprediger Geiler von Kaisersberg über die Sorglosigkeit des
DUchofs und des Kapitels in Bezug auf die Bibliothek ^ Diese befand
nlchi seit längerer Zeit, in dem ehemaligen Dormitorium des Bruder-
hoffl» das, seitdem die Canonici das gemeinsame Leben aufgegeben
halten, verfügbar geworden war; die Bücher lagen da ohne Auf-
flicht und von Niemanden benützt. Als im Jahre 1487 der Lizentiat
der Rechte Johann Simler, Dekan von S. Thomae und bischöflicher
Odizial, sein Testament machte, überliess er seine Bibliothek dem
Ml^HHtcr, aber nur unter der Bedingung, dass ein neues, besseres
(«okal eingerichtet würde". . Man erfährt durch einen Brief des
Karthäuscrs Johann Rot, dass 1493 diese Bedingung erfüllt war;
Rot erzählt, dass, während eines Spaziergangs mit dem Scholasticus
I Icinrich von Henneberg, dieser ihm sagte : wir haben eine libraria
erbaut für zahlreiche Bände; als Rot ihn darauf fragte, ob sich auch
I.cHcr finden würden, erklärte er, dies sei leider schwerlich zu er-
warten, da wegen des mit den gratia apostolica getriebenen Miss-
brauchs das Stift auch die Ungelehrtesten aufnehmen müsse*. Da
potiuhhat, sed in teter rimo quodam et obscuro cärcere, fnndo scilicet unius türris,
tmo ne viia quidem damnati detruderentur. An Guarinus von Verona, 16. De-
Kcmber 1417. Mabillon, thCuseum iialicum, Paris, 1724, in-4<», S. 209. — ... Qua
in re ven posstim dicere, omnes libros fere qui noviler tum ah aliis reperti sunt, tum
a tne ipso, qui integrum QuintiKanum, Ciceronis nostri orationes, Silium Italicum,
Ti^nium ^arcellum, Lucretii partem, multosque praterea e Germatiorum Gallorumqug
$rgastulis mea diligentia eripui alque in lucem extuU, Nicolai suasu. Oratio tertia
in f untre *tLicolai TLicoli. Toggii opera. Basel, 1538, in-f», S. 272. — Wimphe-
MHO hatte Kenntniss von der Sache: De oratore TuUium et Quintilianum ipsum
in Jilamanorum latehris inventos esse Itali confitentur. An Trithemius, 17. Sep-
tember 1492, vor dem Supplement zu dem Catahgus illustrium virorum, S. 1.
et a. » in-4*, f" O, i. — S. auch Bandini, 1. c, und einen Artikel von Reif-
yBRSCHEiD, im Rheinischen Museum für Philologie, 23. Jahrg., Frankf., 1868,
S. 143 u. f.
1. De negligentia denique hihliotheca et lihrorum preciosorum taceo. Sermones
$t tractatus varii. %Argent., 1521, in-f«, f» 177.
2. 5/ contigeret hibliothecam seu lihrariam infra ambitum %Argentinensis eccle^
si0, sive in locis ad eandem pertinentibus erigi, extunc et non alias volo, . . Wencker,
Collecta archivi jura, %Argent., 171$, in-4*, S. 429.
3 . Dicehat eonstructam esse librariam omandam libris plurimis. Cui ego : si
etiam adessent viri docti plurimi qui Codices leger ent? Et ipse subjunxit, ante XL
annos, tempore quo ipse advenit, erant multi ex prabendariis chori, viri honesti et
Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MiUelalter. 9
indessen über der Kapitelstube ein neues «schön, .luftig und gantz
vertäfielt Gemach mit vielen Schafften» für die Bibliothek bestinmit
war', so wurde die Sammlung des 1492 verstorbenen Simler mit
dem vorhandenen Fonds vereinigt". Um eben diese Zeit kam wei-
terer Zuwachs durch Geschenke des Chor- Vikars Eucharius Trösch,
des Pfarrers von S. Lorenz Martin von Würzburg, imd des Raths-
herrn Peter Schott, der ein Freund Geilers und einer der eifrigsten
Verwalter des Frauenhauses war*.
Durch ein Testament vom 30. April 1505 vermachte Geiler
seine Bücher dem officium pradicatura des Münsters; sie sollten,
zum Gebrauch seiner Nachfolger, in der diesem Amt angewiesenen
Behausung bleiben und, im Falle der Aufhebung des Amts, zum
Besten der Armen verkauft werden *. Nach der Reformation wurde
der protestantische Cultus im Münster eingeführt und die Prädicatur
bekam einep andern Charakter; hatte diese Aenderung die Ausfüh-
rung der letzten Klausel des Geiler'schen Testaments zur Folge?
Wir wissen es nicht.
Während der am Ende des sechzehnten Jahrhunderts ausge-
brochenen Streitigkeiten zwischen den katholischen und den protestan-
tischen Stiftsherren wurde die Münsterbibliothek schmählich ver-
schleudert. Einige der Handschriften kamen in den Besitz der
protestantischen Akademie, so namentlich ein altes Testament in
fünf Bänden, desOrigcnes Commcntar über den Pentateuch, der des
Boötius über Aristoteles de interpretaiiotte , eine Schrift Beda's, Isidors
uientia spectabiles, sed nunc tales paucissimi sunt, propler usum apostolicarum gra-
tiarum quibus, inquit, cogimur quoscunque acceptare. 22. Juni 1493. Autograph.
Stadt- Archiv. Abgedruckt bei Dacheux, Un mfonnateur catltoUqui d la fin du
XV^ siicle, Jean Geiler. Paris, 1876, S. LXXIV.
1. ScHADiEUS, Summum templum, S. 77.
2. Das Kapitel ehrte das Andenken Simlers durch eine Inschrift im
Kreuzgang des Münsters: t\Cementote Joannis Simleri tArgentinensis , jurisconsuUi
doctissimi, qui comilio suo mullis profuit nosiramque hibliothecam opiimis voluminibus
locuplitavit, Grandidier, (Etivres inidiies, B. i , S. 442, Note 3.
3. WiMPHELiNG, Catal, episc. urgent,, S. 40. — ScHADiEUS, S. 79. —
Trösch machte sein Testament den 17. Sept. 1489 und starb den 19. Dez. 1490.
4. Röhrich, der in der Zeitschrift fQr hbt. TheoL, 1848, das Testament
Geilers hat abdrucken lassen, hat die Bibliothek des Predigtamts mit der des
Kapitels verwechselt, und daher irrthümlich angenommen, dass erstere dem
nemlichen Schicksal anheim fiel wie die andere.
10 Bächer und Bibliotheken s^u Strassburg im Mittelalter.
Opus etymologia^um, die Homilien Gregors des Grossen, und das
Gedicht Gottfrieds von Hagenau. Alle diese Bücher sind 1870 zu
Grunde gegangen*. Andere Manuscripte erwarb Friedrich Casimir
von Zweibrücken, der eines davon, die Hymnen des Prudentius,
an den Ritter Jakob Bongars, Heinrichs IV. Residenten zu Strass-
burg, abtrat". Von dem Ueberrest kaufte Bongars, ein leidenschaft-
licher Bücherfreund', selber einen Theil, namentlich die auf Befehl
Rachio's angelegte Sammlung von Canones, und mehrere der von
Bischof Wernher gegebenen Bände.
Im Jahre 1612 hinterliess er testamentarisch seine ganze
Sammlung an Jakob, Sohn seines Freundes, des strassburger Bürgers
Renaud Gravisset;' Jakob, der 1624 nach Bern übersiedelte, schenkte
sie zuletzt dieser Stadt.* Hier hat man noch, sämmtlich mit Wemhers
Namen bezeichnet, die Thanomena des Aratus, die Geschichte des
Orosius, des Bo6tius Uebersetzung Euclids, den Anfang ,der Ueber-
setzung Eusebs durch Rufin, sowie den Prudentius mit einer In-
schrift, die besagt, dass er unserm Münster gehört hatte*. Die
1. Grandidier, Essais hisloriques surla cathidrale, Strassburg, 1782, S. 362 ;
(Ettvres inidites, B. i, S. 439. — Im Jahr 1748 machte Prof. Schatz den Catalog
der Mss. der protestantischen Universität ; zu unserer Zeit machte der 1863
verstorbene treffliche Prof. Jung, den der Mss. der Stadtbibliothek in zwei
Exemplaren; eines wurde nach Paris ans Ministerium des öffentlichen Unter-
richts geschickt, aus dem es im März 1854 nach Strassburg zurückkam; sowohl
dieses, als das hier auf der Bibliothek gebliebene, existirt nicht inehr. Der von
WrrTER gemachte Catalog der Codices des Johannitcrhauses, und die summa-
rischen Aufzeichnungen in HAnels Catalogus Ubrarum t}€ss,, geben einen Begriff
von dem Reichthum unserer ehemaligen Handschriftensammlung. S. auch Archiv
der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde, 1843, B. 8, S. 461 u. f.,
und die interessante' Arbeit von H. Rud. Reuss, Les bibliothiques de Strasbourg
incendiies dans la nuit du 24 aoüt j8jo, Paris, 1871.
2. Grandidier, Histoire de la province d*tAlsace, B. i, S. CCVI.
3. Er erwarb auch die rdiquia Cuiaciana bibliotheca, S. seinen Brief an
den Strassburger Georg Michael Lingebheim, churpfälzischer Rath, 19. Jan. 1604,
und Lingelsheims Antwort, 14. Februar. 'Bongarsii et Lingelsbemii epistoUe, Ar-
gent, 1660, in-i20, S. 62 — 180.
4. Hagen, Catalogus codicum 'Bernensium, S. XX u. t.
5. Nach Hagen befinden sich folgende von Wernhers Schenkung her-
röhrende Mss. zu Bern: n« 87, Libri 'Boetii de arte geomärica et arilbmetica,
1004 geschrieben, mit mathematischen Figuren, 18 Blätter in-foL; — n« 88,
Qaudii Casaris xArati pbanomena , X. Jahrh. , mit auf den Thierkreis bezüglichen
Bücher und Bibliotheken ^u Strassburg im MiUelaUer. ii
Behauptung Grandidiers, einige der Manuscripte des Ritters Bongars
seien von dem pfalzischen Churfiirsten filr Heidelberg gekauft
worden*, scheint auf einem Irrthum zu beruhen. Nach der Ein-
nahme Heidelbergs durch die kaiserlichen Truppen im Jahre 1622,
wurde bekanntlich die palatinische Bibliothek nach Rom weggeführt;
Grandidier schliesst hieraus, dass aus unserm Münsterstift stammende
Handschriften sich im Vatikan befinden müssen. Bongars hatte aber
seine vollständige Sammlung, ohne Ausnahme, dem Sohn seines
Freundes vermacht, und den pfälzischen Rath Georg Lingelsheim
von Strassburg beauftragt, sie bis zur Mehrjährigkeit des jungen
Mannes aufzubewahren; es ist nicht anzunehmen, dass Lingelsheim,
seinem Auftrage untreu, irgend etwas daraus an irgend jemand ab-
getreten hätte. 1816 musste die päpstliche Regierung 890 Hand-
schriften an Heidelberg zurückgeben'; unter den 19 lateinischen,
die darunter aufgezählt sind, findet sich keine einzige, die sich als
ehemals unserer Münsterbibliothek gehörig ausweisen dürfte.
Es scheint übrigens nicht, dass während des bischöflichen
Kriegs die Stiftsherren alle ihre Bücher veräussert hatten. Die Pariser
National-Bibliothck hat einen Catalogus librorum bibliothecaargentinensis,
der sich durch verschiedene Details als den des frühem bischöflichen
Bildern; — n» 128, Orosii bistoria et Eusehii historia ecclesiaUica libtr primus,
am Anfang und am Ende unvollständig, X. Jahrh., in-f» ; dazu gehört n« 108,
das davon abgetrennt ist, Fragmentum Calendarii antiqui rotnani, ad decemhrtm
nunsem pertinens et Fasti romani; — n» 169, 'Breve chronicon et capitula histO'
riarum Orosii, IX. Jahrb., 14 Blätter in-f». Alle diese Nummern haben Wern-
hers Sckenkung bezeugende Inschrift; — n* 264, Trudentii carmina , X. Jahrb.,
in-4« ; auf der ersten Seite : *Bongarsii ab ilL principe domino Frederico Casimire
comile Palatino ad *R}ienum Tipontin.; S. 75 : hie Über pertinet ad Ubrariam ecciesie
tArgent, — Grandidier, Hisloire de la province d'tAlsace; B. i, S. CCV, glaubte,
es wären auch noch andere Wernher'sche Mss. zu Bern; er hatte, etwas vor-
eilig, nach Sinker's Catalogus codicum !^Css, bernensium, 3 B., Bern, 1760 u. f.,
diejenigen Berner Handschriften auf Wernher zurüclcgefuhrt, deren Titel eine
Aehnlichkcit mit den von Wimphcling angegebenen zu haben schienen. Allein
keiner der 8 Codd. die er erwähnt, hat die an unsern Bischof erinnernde In-
schrift ; einer derselben hatte nicht Bongars, sondern Peter Daniel gehört;
andere fangen mit Traktaten an, von denen Wimpheling nichts weiss. Bei
Hagen sind es die Nummern loi, 102, 199, 285, 325, 370, 424, 548.
1. Grandidier, Essais sur la cathSdrale, S. 363.
2. WiLKEN, Geschichte der ahen heidclberger Büchersammlungcn , Hei-
delberg, 1817, S. 291.
12 Bikher und BäfUotbeken :(u Sirasdmrg im MütdalUr.
Seminars zu erkennen gibt; unter andern fikhrt er xwei Peigament-
manuscripte an^ das eine die l^es%Alamannorum enthaltend, das andere
die leges Longobardorum; bis 1870 hatte nun unsere Stadd>]b]iothek
eine im neunten Jahrhundert gemachte Copie der l^es der Alemannen
besessen, und eine aus dem swölften oder dreizehnten der.üqfcf
der Longobarden; es liegt daher die Vermuthung nahe, dass diese
Codices die in dem. soeben erwähnten Catalog genannten and; und
da die Gelehrten des Seminars noch wexug Sinn fikr das Studhun
germanischer RechtsalterthQmer hatten, so darf man. femer ver-
muthen, dass die leges nicht erst im achtzehnten Jahrhundert
angeschafit wurden, sondern dass sie Ueberreste der mittelalter-
lichen Münsterbibliothek waren. Zu dieser letztem hatten, seit der
Beendigung des Schisma's im Kapitel, die Protestanten keinen 2^-
gang mehr; sie konnten nicht wissen, was noch vorhanden und
was abhanden gekommen war; Schadoeus, 1617, und Schilter, 1698,
mussten sich darauf beschränken, die Notizen >K^phelings zu
wiederholen; Schada^us sagt, die Bücher sollen noch da sein, und
Schilter meint, sie seien yerhoffentlich noch da. Ja es hatten
sich Sagen gebildet über Schätze, die nie ezistirt hatten; ich habe
schon oben von den vorgeblichen Commentaren des Bischofs Biuli
geredet; Schilter glaubte sogar zu wissen, das Münster besässe
ades Caroli Magni teutsch Psalterium, darein er mit eigener Hand
geschrieben'». Ein deutscher Psalter, mit eigenhändigen Bemer-
kungen Karls des Grossen, wäre eine wunderbare Rarität gewesen.
2. 5. Thomas-Kapitel. Vor dem Schluss des vierzehnten Jahr-
hundens erfährt man nichts von der Bibliothek dieses Kapitels, das
nach dem Hochstift das reichste und angesehenste Strassburgs war.
Jedenfalls aber hatte es schon vor dieser Zeit eine besessen; firühe
trifft man unter den Canonicis, die weniger vornehm waren als die
des Münsters y einige der Zeit gemäss wissenschaftlich gebildete
Männer, magistri artium , Juristen, Aerzte., sogar Dichter. Königs-
hofen, einer der Stiftsherren, hat uns das Verzeichniss der Bücher
erhalten, die er in der Bibliothek gefunden, und die ohne Zweifel
schon längst vorhanden waren*. Es sind folgende: zwei Abschriften
1. ScHAD^us, S. 77. — Schilter, zu Königshofen, S. ^66,
2. S. den Catalog, Beilage I.
Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter, 13
•
des Pentateuch, wovon eine in kleinem Format, das hohe Lied,
die neutestamentlichen Episteln, Glossen über verschiedene Theile
der Bibel, einige Psalter, von denen der eine als alt bezeichnet ist,
Postillen, Homiliensammlungen, des Hieronymus Prolog des Neuen
Testaments, Augustins Confessiones, seine Bücher de trinitate und sein
Enchiridion de fide , spe el caritate , der vierte Theil der !hCaralia über
Hiob von Gregor dem Grossen, desselben Dialoge und Homilien,
Isidors Sententia und Etymologia, die Schrift Hugo's von S. Victor
de sacratnentis , die Legenda aurea, die Hisloria scholastica, das
T(ationale divinorum officiorum , mehrere Heiligenleben, das von dem
Mönch Erich (gest. um 881) verfasste Gedicht über S. Germanus
von Auxerrc, die durch den Canonicus von Reims, Peter Riga,
gegen Ende des zwölften Jahrhunderts, in lateinischen Versen ver-
fasste allegorische Auslegung der Bibel, die den Namen %Aurora
führt. Zu diesen theologischen Werken gesellten sich einige Trak-
tate über Grammatik und Dialektik, des Aristoteles Topica mit dem
Commentar des Boetius, dieses letzteren Schriften über die Arith-
metik und die Musik, zwei medizinische Bücher, das Ureviarium
juris canonici, eine Sammlung von Canones antiqtä, die Instituten mit
Glossen, ein ^Alexander magnus metrice, ohne Zweifel das Gedicht
Walters von Lille. Diese, obgleich wenig zahlreiche Sammlung
war insofern merkwürdig, als sie den verschiedenen Bedürfnissen
der Canonici und der Kapitclschulc zu genügen schien; sowohl die
freien Künste, als die Theologie, das Recht und die Medizin waren
darin vertreten ; für den lateinischen Unterricht fehlten allerdings die
Klassiker, damals indessen glaubte man häufig sie entbehren zu können ;
Scnriften wie Walthers von Lille %Alexandrei$ galten als genügende
Vorbilder für die, welche sich in der Verskunst üben wollten.
Im fünfzehnten Jahrhundert scheint das Kapitel keine Bücher
gekauft zu haben; es existiren noch in dessen Archiv die bis 1391
hinaufreichenden Jahresrechnungen, in keiner derselben habe ich
eine Ausgabe für die Bibliothek gefunden. Diese wurde nur durch
Schenkungen vermehrt; die erste derselben, die bekannt ist, ist die
des Canonicus Paul Munthart, der 1480 seine reiche Sammlung von
Handschriften und Incunabeln an S. Thomas abtrat, unter der Be-
dingung, einen neuen, gewölbten Saal für die Bibliothek herzustellen'.
I. S. das Testament in meiner Histoire du chapitre de Saint- Thomas ,
Strassburg, 1860, in-4*, S. 459.
14 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter.
Das Kapitel ging hierauf ein' und bewies überhaupt während einiger
Zeit mehr Sorgfalt für seinen Bücherschatz. Zu diesem kamen
einige Bände ^ die der Buchdrucker Adolph Rusch und seine Frau
zum Heile ihrer Seele schenkten^ die aber leider nicht namentlich
angeführt sind". Im Jahre 15 17 vermachte der Lizentiat der Rechte
Johann Sigrist, Scholasticus von S. Thomae und General- Vikar des
Bischofs, den lebenslänglichen Gebrauch seiner Bücher seinem Sohn
Johann-Thomas, der legitimirt worden war; der junge Mann sollte
sich aber den Studien widmen; thäte er dies nicht, so seien die
Bücher Sigrists beiden Neffen zu überlassen, unter der nemlichen
Bedingung; wölken auch sie nicht studiren, so hatten die Testa-
ments-Vollstrecker die Befugniss, die Sammlung entweder zum
Besten der Armen zu verkaufen, oder zu schenken ad locum übt
necessitas magis postulat^. Da weder der Sohn, noch die Neffen Lust
zu gelehrten Beschäftigungen zeigten, übergaben die Executoren die
Bibliothek dem Thomas-Stift. Trotz der nach der Schenkung Munt-
harts getroffenen Massregeln war wieder Alles vernachlässigt; die
Canonici Martin von Baden und Lorenz Schenkbecher unternahmen
es, die Ordnung wieder herzustellen; sie Üessen das Lokal reinigen
und allerlei Geräth daraus >yegschaffen, das den Gebrauch der
Bücher verhindert hatte. .Das fernere Schicksal der S.' Thomas-
Bibliothek ist unbekannt; da die meisten der Stiftsherren sich für
die Reformation erklärten, könnte man denken, sie sei der neuge-
gründeten Schulbibliothek einverleibt worden; allein keines der in
den Verzeichnissen Königshofens und Muntharts angeführten Werke
fand sich später weder in der Stadtbibliothek, noch in der der
protestantischen Universität. *
Ueber die Sammlungen der beiden S. Peter-Kapitel ist es mir
nicht vergönnt gewesen, etwas aufzufinden.
1. Man ersieht es aus der noch in der Thomaskirche vorhandenen
Grabschrift Muntharts : ^Anno domini tXCCCCCLXXL XIX C^arcii ohiil spectabilis
tnagister 'Paulus Gunthar t, decretorum Ucentiatus , prepositus 5. Tetri iunioris et buius
canonicus et henefactor ecclesiarum lihrarieque hie noviter erecte fundator. Orate pro eo.
2. VIII Kai. Junii, *Ad. 1(iisch et Sahnte eius uxor qui certos libros ad libra-
riam nostram donaverunt. Liher vita, S. Thomas-Archiv.
3. Testament vom 2. August 15 17. Die Executoren waren Johann Rech-
burger, doctor juris und Kanzler des Bischofs, Jakob von Richshofen, Probst von
S. Thom« , und Sixtus Hermann , Lcutpriester dieser Kirche. S. Thomas- Archiv.
Bücher und Bibliotheken :(U Strassburg im Mittelalter. 15
n. Klöster. Die grösste der strassburger Klosterbibliotheken
war die des im Jahre 1371 durch den Bürger Rulmann Merswin
gegründeten Johanniterhauses zum Grünen-Wörth. Die Um-
stände, welche die Stiftung dieser Anstalt veranlasst hatten, er-
weckten gleich Anfangs in derselben den Eifer für fromme Be-
schaulichkeit und theologisches Studium. Der erste Comthur, Heinrich
von Wolfach, begann sofort eine Bibliothek zu errichten, die von
dieser Zeit an mit einer Einsicht gepflegt und vermehrt wurde, die
alle unsere Bewunderung verdient. Bereits 1386 erhielt Heinrich
einige Handschriften von den Freiburger Johannitern; andere kaufte
er theils aus eigenen Mitteln, theils aus «Almosen frommer Leute»,
sie sollten den Brüdern ad usum sttidendi et sermonvi^andi dienen; die
Schenkung, die er davon dem Grünen-Wörth machte, erhielt, wäh-
rend eines zu Heimbach gehaltenen Kapitels, die Bestätigung des
Ordensmeisters für Deutschland, Conrad von Brunsberg*. Dieser
erste Fonds bestand aus einer Bibel in einem Bande, den Predigten
des Cisterciensers Soccus in drei Bänden, zwei Theilen der Summa
des Thomas von Aquino, dem Traktat de profectu vita religiosa von
dem Franziskaner David von Augsburg, einem andern de profectu
cordis, den Sermones Bcrtholds von Regensburg, den Predigten
Jakobs de Voragine, dem Werke Richards von S. Victor de patriar-
chis, und einigen andern Büchern «von geringerm Werth*». 1395
1. Urkunde vom 27. Mai 1386. Archiv des Unter-Elsass.
2. Tota biblia in uno volumine, Sermones Socci in tribus voluminibus, du^e
partes questionum S. Thonue, videlicet prima, secunda et ultima, tractatus de profectu
vita religiöse cum sermonibus %usticani in uno volumine, tractatus de doctrina cordis,
Tdchardus de pairiarchis qui intitulatur ^Benjamin, Sermones dominicales Jacobi de
Voragine, et quidam alii minor is valoris. — Der Traktat Davids von Augsburg,
de profectu vita religiosa, befand sich auf unserer Stadtbibliothek, Fonds S. Jo-
hann (cod. A, 113, in-f«), unter dem Titel Trofectus religiosorum. In dem neni-
lichen Bande waren fratris Tertholdi sermones rusticani; hier sind es die sermones,
die rusticani genannt werden; in der Urkunde von 1386, bezieht sich rusticanus
auf die Person des Predigers, vielleicht wegen Bertholds Gewohnheit, auf
freiem Felde zu predigen. Die sermones waren kurze lateinische Auszüge aus
den deutschen Reden. Ueber eine andere Sammlung Berthold*scher Predigten
im hiesigen Barfusserkloster, s. weiter unten. Auch die Wiener Hofbibliothek
'besitzt lateinische sermones von dem berühmten Redner; s. Strobl, Ueber eine
Sammlung lateinischer Predigten Bertholds, Wien, 1877. — In dem ebener-
wähnten Johannitercodex war auch ein Tractatus de cordis doctrina, von unge-
nanntem Verfasser, in der Urkunde von 1386, als de profutu cordis angeführt.
i6 Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im Mittelalter.
kaufte das Haus für lo Pf. von der Cistercienser- Abtei Baumgarten
die !\Coralia Gregors des Grossen in zwei auf Pergament geschrie-
benen Bänden; im folgenden Jahr^ von dem nemlichen Kloster,
für 3 Pf. acht pergamentne, Bände ^ die zusammen folgende Schriften
enthielten : Gregors Commentar über Ezechiel, desselben Tastorale,
fünfzig Homilien Beda's^ die Predigten Leo's des Grossen, den
zweiten Theil derjenigen des h. Bernhard über das hohe Lied, des
Origenes Commentar über den Leviticus, die dem Dionysius
Areopagita zugeschriebenen Werke, und ein Buch unter dem Titel
Liber occupationum\ Um den im Grünen- Wörth einheimischen my-
stischen Tendenzen zu genügen, verschaffte man sich, noch vor
Ende des vierzehnten Jahrhunderts, sehr schöne Handschriften
Eckarts, Taulers, Suso's und anderer Lehrer dieser Schule.
Neben dieser, von Jahr zu Jahr durch Käufe, Geschenke und
in dem Hause selbst gemachte Copien bereicherten Bibliothek, be-
sund noch eine andere, weniger zahlreiche, aber nicht minder
kostbare, die gleichsam einen geheimen Schatz bildete unter der
besondern Aufsicht der drei Layenpfleger des Grünen-Wörths. Sie
bestand aus einigen seit 1382 gesammelten autographen Traktaten
Rulmann Merswins und seines Genossen, «des grossen Gottes-
freundes im Oberland»; femer aus Abschriften derselben Traktate
und anderer kleiner Werke der beiden Verfasser, aus Copien der
Briefe des Gottesfreundes, sowie der au die Gründung des Hauses
bezüglichen Urkunden und päpstlichen Bullen, endlich aus mehreren
erbaulichen Stücken in Prosa und in Versen. Dazu kam ein Band
unter dem Titel: Memorial des Grünen-Wörths; er enthielt die
I. IDuo Volumina mofaUa h, Gregorii papa super Jibrum Job totaliter et per-
fecte continmlia in pergameno comcripla, 13. November 1395. — Octo distincia
Volumina librorum in pergameno conscripta, quorum primum intilulatur Gregorius
super E^echylem , secundum conlinel quinquaginta omelias venerahilis 'Beda perscripia
in uno volumine, tertium continet sermones Leonis papa, quartum intitulatur secunda
pars sancti *Bernhardi super caniica, quinlum intituJaiur tractalus Orionis (sie) super
Leviticum, sextum iniiiulatur Dyonisius super Iherarchyas, sepiimum intilulatur Tas-
totale b, Gregorii papa, octavum intilulatur liber occupationum, i. März 1396.
Archiv des Unter-Elsasses. Alle diese Bücher, so wie die in Note 2 S. 15 er-
wähnten, waren in die Stadtbibliothek übergegangen, mit Ausnahme der Ser-
mones Socci und des, mir unbekannten Liber occupationum ; diese beiden Nummern
fehlen schon in Witters Catalog.
Bücher und Bibliotheken t^u Sirassburg im Mittelalter. 17
älteste Gescliichte der Anstalt > nebst den dazu gehörigen Doku-
menten. Den 21. Jänner 1385 verordnete Conrad 'von Brunsberg,
das Memorial solle unter der Obhut eines der Brüder bleiben, der
es nur den Bewohnern des Hauses mittheilen dürfe; die Pfleger
mögen dafür sorgen, dass es nie in fremde Hände komme. Für
den deutschen Ordensprovinzial machte man davon eine mit Mi-
niaturen gezierte Abschrift; jedesmal, wann ein neuer eingesetzt
wurde, sollten die Pfleger ihn brieflich ersuchen^ sich das von
seinem Vorgänger hinterlassene Exemplar einhändigen zu lassen.
Die Johanniter erhielten sich zu Strassburg auch nach der
Reformation; sie fuhren fort, ihre Bibliothek zu vermehren, kauften
aber meist nur noch gedruckte Werke. Im Jahre 1746 vereinigte
der Comthur Johann Baptist Kentzinger mit der strassburger Samm-
lung die des schlettstadter Hauses, das seit 141 7 unter die Leitung
des Grünen-Wörthes gestellt war. Er liess ein Lokal bauen, gross
genug, um beide Bibliotheken aufzunehmen; zugleich beauftragte er
zwei Gelehrte mit Anfertigung der Cataloge. Der der Druckwerke
wurde von Johann Nicolaus Weislinger, Pfarrer zu Kappel-Rodeck,
einer der heftigsten Gegner des Protestantismus, gemacht; der der
Manuscripte dagegen durch Johann Jakob Witter, Professor der
Philosophie an der protestantischen Universität. Beide erschienen im
Druck'; ich habe mich hier nur mit dem der Handschriften zu be-
fassen. Zuvor ist zu bemerken, dass es, wegen der Vereinigung der
schlettstadter mit der strassburger Bibliothek, nicht immer leicht
ist, diejenigen Bücher zu unterscheiden, die ursprünglich der einen
oder der andern angehört haben; man wird aber nicht irre gehen,
wenn man annimmt, dass der reichste Schatz der des Grünen-
Wörthes war. Witters Catalog zählt im Ganzen 899 Codices, wovon
164 auf Pergament; unter denen auf Papier sind mehrere im
sechzehnten und im siebenzehnten Jalirhundert gemachte' Gopten
von Traktaten, die wenig Interesse bieten. Die mittelalterliche
Bibliotliek umfasste beinahe sämmtliche Wissenschaften, die Theologie,
I. Weislinger, CataJogus librorum itnpressorum in biblioibeca, . . ordinis
S, Johannis . . . asservatorum , KArgent,, 1749, in-f». — WnTER, Catalogus codicum
manuscripiorum in hihliotheca ordinis hierosolymitani. . . xArgent., s. a., in-f". Beide
sind gewöhnlich Weislingcrs gegen die Protestanten gerichteten KArmamenta-
rium catholicum, urgent», 1749, in-f<*, beigebunden.
2
iK lUUhir mi BMk&ekem ^ Strasämrg im Mmdabtr.
MHM()«<> ff^^'t^ ^ Potsk var radiädi vemwm, liaodic Hand-
HhIiHIi^m Wiitr^o 4a:!in; aizs don Tkarrhrrm Jafariumdai fiokre kh
\\i\\{m\iU ü»^'^ ThQm4t Aqmahi Surnrn^ pars «änsA, xorj^ '3^2;
I hthl/i (IflftffUiUnüs fVrdiUilii mts dt vha Qnisb, pars primM, saipia
i 1 4M, Ht /x (.hr0P9Acbo im ßne pasto patei^ per ^Bmxardmm; VsaUerä
hiitl^lftlt^f iUJVd äfmo i}47 perfecta; l^asüUa Joriam it QuedBmhirg,
kiin fifima $Cfif4a t)6o, pars seamda i}6j; Gtälldm dt ^gtait über
liii HHifllfU^ hf/mimun, scriphu i}6}; magistri Ifstdalfi dt Litied l^astoraU
imt'pllhm, icripium 1)64; Jobatmts dt Tamhauf, dt amsolaäomt Ato-
htlff^t //'^^/ ><^«^*»» Speadum bäflU, scr^Otm 1)90; nAmbrosü
lUhn$ilh ^Uper Psalmum heaü immaaJaU, i}9). Zo den wichtigsten
I tuHfß^ f/4;li/>rtrn die Schriften Eckarts, Tanlers, Snso's, zahkeiche
\\Hll*it U^ ffiy^tkcht Trakute von unbekannten Veifatssern, religiöse
Wh^titUu^hii^f^ in lateinischen Versen, deutsche Dichtungen wie
\^ ii\ttU^I rkU, hioroK, der trojanische Kri^ von Konrad von Würz-
hiM/j, «''^^ Gotfried von Strassburg zugeschriebene Mere von der
MlMM^/ ein lieben Jesu und ein Passional in deutschen Versen*,
^Ifiii f/tfreiriite Paraphrase mehrerer Theile des alten Testaments,
»ll»* K^')<^Hit'lien Lieder Heinrichs von Laufenberg mit Musiknoten,
Mmmmi* iidcUtein, Königshofens Chronik und sein lateinisch-deutsches
tiUintitii, Auch Klassiker waren da, Virgil, Ovids Episteln, Maräal,
hM« )M(i, einiges von Seneca, Sueton, Eutrop, die Scriptores bistaria
tWfftf^hf, Alles aber in Abschriften aus dem spätem Mittelalter. Unter
iImM iliirologischen war eines der interessantesten Drutmars Er-
U(IMIM|/ dcH Evangeliums Matthasi, die 15 14 von WimpheUng im
IlMMli herausgegeben wurde; wegen der Unterdrückung dieser Aus-
iirtlf^ f{cliört sie zu den bibliographischen Seltenheiten.
Nach der Revolution kam die Johanniterbibliothek, die unter
llftifM Druckwerken mehrere der ältesten Incunabeln gehabt hatte,
rtl) ilk Stadt Strassburg. Sie war aber schon nicht mehr so voll-
iillliMliK als zur Zeit der Veröffentlichung der Cataloge; es fehlten
lihuic'lie Codices, von denen man nicht weiss, wo sie hingekommen
iiltMl. Das untcr-clsässischc Archiv hat noch, im Fonds St. Johann,
iltt^l bald nach der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts auf Papier
I. \i% waren der i. und 3. Theil des Passionais, dessen i. und 2., zu
lUltIcIberg befindlich, Haiin herausgegeben hat, Frankfurt, 1845.
Bücher und Bibliotheken :(u Strasshurg im MiUetatter. 19
geschriebene Foliobände; der eine enthält eine Auslegung der
Psahnen^ nach im Jahr 1448 zu Erfurt durch Mag. Gotfried Honouer
gehaltenen Vorlesungen, und das zweite und vierte Buch der Sen-
tenzen des Petrus Lombardus; der zweite ist das Über apum von
Thomas Cantipratensis; der dritte besteht aus mehreren, von ver-
schiedenen Händen geschriebenen Stücken, unter andern die unter
dem Namen Cato bekannten versifizirten Lebensregeln mit. einem
Commentar, eine lateinische Erklärung der in der Rechtssprache
üblichen Ausdrücke, ein politischer Dialog, eine gereimte lateinische
Poesie und die Synodalstatuten der strassburger Bischöfe Friedrich
und Wilhelm. Witters Catalog fuhrt keines dieser Manuscripte an;
auch haben sie die Marke nicht, die sich in den Büchern des
Grünen- Wörths befand und die das Haus vor seinem Abbruch im
Jahre 1633 darstellte. Ich weiss nicht, wie sie sich unter die St.
Johanns-Urkunden des Archivs verirrt- haben mögen. In eben diesem
Archiv finden sich drei Bände der Sammlung, die ich oben den
geheimen Schatz der Johanniter genannt habe; andere der nemlichen
Sammlung wurden vor beiläufig dreissig Jahren theils in hiesigen
Büchcr-Auctioncn, theils von Curiositäten- Händlern feilgeboten; einen
kaufte man damals für die Stadtbibliothek, andere kamen in Privat-
besitz oder geriethen ins Ausland. Früh aus dem Grünen- Wörth
verschwunden, sind sie heute die einzigen zerstreuten LJeberreste
der schönsten Bibliothek, die hier im Mittelalter gebildet worden war.
Die reichste nach derselben war die der Karthause. Die
Mönche dieses, im Jahre 1340 ausserhalb der Mauern Strassburgs
errichteten Klosters, galten am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts
mit den Johannitern und den Wilhelmiten wegen ihres sittlichen
Ernstes und ihres gelehrten Eifers für die ehrenwerthestcn unserer
Stadt. Geiler von Kaisersberg und Wimpheling waren mit ihnen
befreundet, und mehr als ein die damalige Verweltlichung des
Clerus beklagender Geisüichcr zog sich, entmuthigt, in die stillen
Räume ihres Hauses zurück. Ihre Regeln empfahlen ihnen das
Bücherschreiben ; Gerson hatte sogar zu beweisen gesucht, dass sie,
ohne ihr Seelenheil zu gefährden, selbst an Feiertagen nützliche
Werke copiren konnten*. Einer der strassburger Prioren, Heinrich
I. Gerson, De laude scriptorum, Opera, ed. Dupin. Antw., 1706, in-f«,
B. 2, S. 694.
20 Bücher und Bibliotheken t^u Sirassburg im Mittelalter.
Kalkar> verfasste Traktate über Theologie^ Rhetorik und Musik.
Während der Mahlzeiten las einer der Brüder etwas vor; in den
Jahren 1454 bis 1510 wurden auf diese Weise die !\Caralia Gregors
über Hiob vier mal durchgelesen.
Es ist nicht unwahrscheinlich^ dass manche Bände dieser Biblio-
thek in den Zellen der Karthause selber geschrieben worden waren.
Während kurzer Zeit hatte diese sogar eine eigene Druckerpresse;
die Brüder druckten für ihren Gebrauch einen Psalter auf Perga-
ment*. Im Jahre 1525 traten vierzehn von ihnen in die bürgerliche
Gesellschaft zurück; sieben erklärten^ im Kloster bleiben zu wollen.
Während des ganzen sechzehnten Jahrhunderts beherbergte das
Haus einige Karthäuser; 1591 wurden die Gebäude der Stadt über-
lassen und abgebrochen; die Bibliothek brachte man provisorisch
in das Lokal der protestantischen Akademie*. Bei dieser Gelegen-
heit machte man den Catalog'. Seit der Reformation hatte das ver-
armte, nur von wenig Mönchen bewohnte Kloster höchstens drei
oder vier polemische Schriften angeschafft; mit diesen geringen
Ausnahmen repräsentirt der Catalog den Zustand der Bibliothek
vor 1525. Er hat 365 Nummern, grösstentheils Handschriften, tlieils
auf Pergament, theils auf Papier. Das Vorhandensein gewisser
Bücher in mehreren Exemplaren scheint zu beweisen, dass die
Sammlung auch durch Geschenke bereichert worden war. Einen
Band, Homilien von Augustin, Beda und andern enthaltend, hatte
ein Pfarrer von Worms vermacht; einer der Brüder, der von 1393
bis 1396 zu Bologna die Rechte studirt hatte, gab einen Innocentius
super T)ecretale. In andern Codices hatte man die Preise verzeichnet für
die sie gekauft worden waren. Den Hauptbestandtheil der Bibliothek
bildete selbstverständlich die Theologie: Kirchenväter, Scholastiker,
Mystiker, Predigten, Commentare, Heiligenleben, liturgische Bücher,
1. 'Psalterium in tnembranis, typis expresstim in carthusia %ArgenUfunsi. S. den
Caulog, Beilage II.
2. Als die Karthäuser sich in Molsheim niederliessen, wurde ihnen die
Bibliotheic zurückerstattet. Nach der Revolution kam sie an die Stadt Strassburg.
3. Ms. in-4^ S. Thomas- Archiv. Die Schrift verräth die Hand des Prof.
Johann Pappus. Dieser, der nicht nur ein gelehrter Theolog, sondern auch
ein eifriger Bocherfreund und ein Liebhaber der strassburger Lokalgeschichte
war, hat in den Catalog auch die historischen Notizen aufgenommen, die in
einige der Bücher eingeschrieben waren. S. Beilage IL
Bücher und Bibliolheken t^u Strassburg int MiUdalUr. 21
•
die Regeln und Gewohnheiten des Karthäuser - Ordens , der
Commentar des Drutmar^ von dem auch der Grüne- Wörth eine
Copie besass^ ein Compcndium theologia des hiesigen Dommikaner-
priors Hugo Ripelin, ein Kapitel über das Hohe Lied von einem
Bruder Rudolph, der in einem unserer Klöster Uctor sententiarum
gewesen war, eine Historia Evangelii ntetrica und eine dem Johann
Beleth zugeschriebene^ in Versen verfasste Summa über das Hohe
Lied. Ferner: etwa zwanzig juristische und canonische Werke,
worunter mehrere Exemplare der Summa %aymundiy' verschiedene
Schriften über Medizin, eine über die Logik, die Orationes VhiUlpbi,
die Reisen des Ritters von Mandeville, und zwei Klassiker, Lucan
und Sencca's Briefe an Lucilius. Ausser ein paar deutschen Psaltern
bcsass die Bibliothek nur ein Buch in der Landessprache, die von
Johann Vintler am Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts verfasste
Blume der Tugend. Das Interesse des Catalogs wird nicht nur
durch die Angabe der Preise und der Daten mancher Bände erhöht,
sondern auch durch die Aufbewahrung mehrerer der so merk-
würdigen Formeln, welche die Abschreiber gebrauchten, wenn sie
ihre mühselige Arbeit vollendet hatten. Ich lasse sie hier folgen:
Lamberti de Ligniaco sicco sumtnula, scripta anno 1286 :
Lauda scriptorem donec videas meliorem.
Flores 5. ^ernhardi:
Hie liber est scriptus, deus ex hoc sit benediciHs\
Legenda sanctorum:
Explicit iste Über, scriptor sit crimtne liber.
Sermones 5. ^ernardi super Cantica:
O Ternarde pattr, qui dulcia hie posuisü,
Fac me qui scripsi regnum conscendere Christi.
T(epertorium Speculi Wühelmi Durandi:
Qua pridem plura sunt sparsim tradita iura,
Hoc nunc scriptura facili tnotistrat tibi cura.
I. Diese Formel befindet sich, mit geringer Aendcrung, unter denen, die
Wattenbach gesammelt hat, Das Schriftwesen des Mittelalters, 2. Ausg., Leipzig,
1875, S. 424. Auch die folgende, häufig vorkommende, wird von Wattenbach
Angeführt, S. 428.
tt Bmcher und Bibliaibdttm ^ Sirüsshmrg im IGidaher.
m
Jßsiona scbolastica:
Dexiram scribends vbrtus regat amm^aUiitis.
Ue vha et laude b. Hierouynd per Job. %Amdre4e jttristam:
xAcdpe Jeranymum mm ex dodoribus mmm
^^[/^ miris mhumum, sed Jhtftue munire^primum,
Exposi&o b. ^mhrosä super Vsabnum beati immaculati:'
Snt dec graies ^Ambrosioque qui dedä aries
Et mihi mente pia ter ave legüate (sie) !\Caria. 146^.
Die anderen datirten Bücher waren: Vastorale novellum magistri
^Hldolphi de Ubeg, completum IJ24; VostiOa super Vroverbia Sah-
ffumi$ fratris Thoma %ygsled, angUä, ord. prad.^ scripta armo ißfo;
l/fra super Fetus Test., pars prima finita armo i}68; Libellus qui
(nliuäatur Fakte bonum, continens accentuationes quarumdam dictionum
de ^Hiblia et de evangeliis et de martyrologio , 1441.
Nachdem die Dominikaner sich zu Strassburg angesiedeh
liaiurn, zuerst 1224 in einer der Vorstädte, dann in der Stadt selber,
war eine ihrer vornehmsten Sorgen das Anlegen einer Bibliotliek.
\hf Orden war berufen ein gelehrter zu sein; von dem dreizehn-
fiffi Jahrhundert an bis zum fünfzehnten kann unser Kloster eine
K^'ihe von' ausgezeichneten Lehrern und Predigern aufweisen; die
Werke, die sie hinterlassen haben, setzen den Gebrauch einer wohl-
vcrtchcnen Büchersammlung voraus. Als im Jahre 1288 die Mönche,
Wffrcn ihrer Streitigkeiten mit dem Magistrat, die Stadt verlassen
MMi«fttcn, ermächtigten sie ihren librarius, Bruder Martin, bis zu
«'incr Summe von 200 Mark, Handschriften und kirchliche Gefösse
lind Geräthschaften zu verkaufen oder zu verpfänden*. Den 8. März
l/|2o vermachte der Prior Peter von Gengenbach dem Kloster alle
Hhchcr, die er gesammelt hatte, hundert und mehr an der Zahl".
I,«idcr besitzt man das'Verzeichniss derselben nicht. Die Schriften
<|cN Thomas von Aquino, die Bruder Johann Ortwin dem jungen
(lanonicus Peter Schott mittheilte, um ihn zur thomistischen Theo-
l()|{io zu bekehren, waren wohl der Predigerbibliothek entlehnt.
I. a8. Dexember 1288, Schlettstadt. S. Thomas- Archiv,
a. Omms mtos Ubros, qui stmt in prasenti numero centum ei ultra, notabiles
$1 (ommumt, quos compilavi et collegi, S. Thomas- Archiv.
Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im Mittelalter. 23
Aus dem nemlichen Codex nahm der Lector Mag. Johann Winkel
die Traktate des Thomas, die er, mit einer Widmung an Geiler,
1500 zu Strassburg bei Martin Flach drucken liess*. Im Jahr 1504
beschäftigte sich Wimpheling zu Basel mit einer Ausgabe der Postille
des Cardinais Hugo von Saint-Cher; er bat seinen Schüler Thomas
Vogler (%Aucuparius)y in den strassburger Klöstern Manuscripte des
Werkes zu suchen; Vogler schrieb ihm zurück, er hätte nur eines
bei den Dominikanern gefunden, in diversis voluminibus antiquo
charactere conscriptas (postillas), es fehlten aber die kleinen Propheten".
Es ist möglich, dass nach der Reformation, als die letzten Mönche
ihre Besitzthümcr dem Magistrat übergaben, ihre Bibliothek für die
neue Schule bestimmt wurde; da aber in den von den Kloster-
herren angestellten Inventarien der Güter von keinen Büchern die
Rede ist, so lässt sich nichts Bestimmtes hierüber sagen. Jedenfalls
waren nur noch Reste der alten Sammlung vorhanden; manches
mag, als 1524 der Pöbel ins Kloster eindrangt verwüstet, anderes
von den katholisch gebliebenen Brüdern aus der Stadt gefuhrt wor-
den sein.
Diese nemliche Bemerkung gilt auch andern unserer Klöster.
Die Franziskaner, die nicht lange nach den Predigern nach
Strassburg gekommen waren und deren Schule am Ende des fünf-
zehnten Jahrhunderts unter dem gelehrten Lector Conrad von Bon-
dorf in grossem Rufe stand, können nicht ohne eine Bibliothek
gewesen sein. Sie hatten nicht nur die von Bondorf vor zahkeichen
Zuhörern erklärten Schriften des Duns Scotus besessen, sondern
auch lateinische Predigten Bertholds von Regensburg. Im Jahre 15 12
entlehnte diese letztern der Buchdrucker Johann Knoblouch, um
sie herauszugeben; die Ausgabe scheint aber nicht zu Stande ge-
kommen zu sein, und das Manuscript ist verloren*.
Die Augustiner, die sich seit 1265 in der Wcissen-Thurm-
1. Ortwin an Schott, s. d. Schotti lucubratiuncuhe. %Argent., 1498, in-4*, f* 102.
— Qtusiiones disputaU 5. Ttjorne. . depotentia dei. ., %Argent., Martin Flach, 1500, in-f*.
2. 9. März 1504. Autogr. Basler Bibliothek.
3. S. im folg. Beitrag die Notix über Knoblouch. — Ich bemerke hier,
dass auch in Strassburg ein Prediger Namens Berthold gewesen war. In einem
der Johanniter-Mss. , Cod. A, 76, f«, standen folgende Worte : Ein 'Brcdiger wa^
^e Strasburg, hie^ 'Bruder 'Behielt, der bredioU manig gute t^ere. Einige deutsche
Auszüge aus seinen Predigten waren beigegeben.
24 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter.
Vorstadt niedergelassen hatten, kauften, 1379, von den regulirten
Chorherren des Klosters Ittenwiler für 35 Pf. eine Bibel in fiinf
Bänden*. Um diese Zeit hatten sie einen nicht ungelehrten Lector, •
Johann von Schaftolzheim, der die mystischen Traktate Rulmann
Merswins ins Lateinische übersetzte. Diese Uebersetzung findet sich
noch theilweise im hiesigen Bezirks-Archiv. Unsere Stadtbibliothek •
hatte Predigten eines der Mönche des Klosters besessen, gleichfalls
aus der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts. 1508 war bei
den Augustinern noch ein altes Manuscript des Gedichts Walthers
von Lille über Alexander den Grossen; nach einem darin enthal-
tenen Distichon hatte der von Lille gebürtige Verfasser Chdtillon
geheissen".
Auch das kleine, seit 1300 in der Krautenau bestehende
S. Wilhelmskloster hatte eine Bibliothek, auf deren Vermehrung
es nicht unbedeutende Summen verwendete; noch 1450 kaufte es
für 60 Goldgulden eine handschriftliche lateinische Bibel. Zu Anfang
des sechzehnten Jahrhunderts verweilte oft Wimpheling bei den
damals allgemein geachteten Brüdern um, ungestört ihrer Bücher
sich bedienend, arbeiten zu können.
In den Frauenklöstern traf man vorzugsweise erbauliche Bücher
in deutscher Sprache, meist von den Nonnen selber abgeschrieben.
Das der Reuerinnen der h. Magdalena hatte unter Anderm
einen Folioband aus dem fünfzehnten Jahrhundert, mit den Leben
der Altväter, der Geschichte des gefangenen Ritters von dem
Gottesfreund im Oberland, und einer zum Behuf von Predigern
zusammengetragenen Sammlung von Legenden, Erzählungen, Anec-
doten oft sehr eigenthümlicher Art. Vor etwa 25 Jahren kaufte
1. *Bihliatn unam quinque Volumina continentem. 28. Jan. 1379« S. Thomas-
Archiv.
2. Sunt qui suhiectum opus non Gudltero , sed cuidam Guillermo de Casteüione
asscribunt, ut testatur exempJar vetustum apud %Augustenses %Argentina et sequens
dystichon : *
Insula me genuit; rapuit CasteUio nomen,
Terstrepuit moduUs GaUia Iota meis.
%Ahxandri magni vita per Guältherum Jnsulanum , ed, Job, %Adelphus, %Argent.,
ijij, in-4«. Der Name Wilhelm steht nicht in dem Distichon. Der Verfasser
war von Lille und hiess Walther von Chätillon.
Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MiUelalier. 25
ein deutscher Gelehrter das Manuscript bei^ einem hiesigen An-
tiquar '.
Eine Handschrift aus dem Kloster 5. ^HJcolai in undis ist in die
Pariser National-Bibliothek gekommen 9 nachdem sie 1733 ^^^ '^^^'^
1817 einer oberelsässischen Familie gehört hatte. Sie enthält» ausser
einigen mystischen Predigten und Traktaten, mehrere Schriften
Suso's mit ziemlich roh gearbeiteten Miniaturen*.
ni. Liturgische Bücher. — xArchive. — Die zum Cultus
dienenden Bücher gehörten nicht zu den Bibliotheken; sie machten
einen Theil des thesaurus der Kirchen aus, und wurden mit den
geweihten Gefassen und den priesterlichen Gewändern in den
Sacristeien oder den Treskammern (Tresorkammern) thesauraria
aufbewahrt. Die in den Kapiteln und Klöstern zum Horengesang
bestimmten Psalter waren mit Ketten an den, im Chor, vor den
Stühlen der Canonici und der Mönche stehenden Pulte befestigt*.
Aus den Rechnungen der Fabrik von S. Thomae ersieht man,
dass das Stift, am Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts, ebensoviel
Psalter als Stiftsherren besass nebst einem für die Chorschüler;
ferner mehrere Messbücher, Antiphonare und Graduale, zwei Ple-
narien, zwei Levitenbücher*, ein Passional, eine Homiliensamm-
lung, ein besonderes Scelmessenbuch, «ein gross Bettebuch»*» «ein
Alleluiabüchlein»*, und «ein Buch do man inne h^n^^citn candelas
festo purificaüonis und palmas et baptismum vigilia pascha». Von allen
diesen Büchern und andern, die nicht in den Fabrikrechnungen
angegeben sind, existiren nur noch einige Exemplare des Liber
1. Das Ms. kam in den Besitz Grieshabers, zu Rastatt. In der Germania
von 1858 hat Pfeiffer einige Auszüge mitgetheilt, unter dem Titel Predigt-
märlein, Ausdruck der in der Schrift selber gebraucht ist.
2. )02 Blatter in-f«. tXCss. alUmands, n* 222. •
). Rechnung der S. Thomasfabrik: 1417, 5 ^Pfennig umb ein Ketten an
den Salter der vor Her Teter Si^iltenberg lit^ 3 Tfg. utnb ein Käienlin an den Salter
der vor Her Syfrit KerceJeU lit,
4. Livitenbücher , wahrscheinlich die Episteln und Evangelien enthahende
Lectionarien, da die Leviten (Diaconus und Subdiaconus) beauftragt sind, während
des Cuhus, die Epistel zu lesen und das Evangelium zu singen.
5. Ein gross 'Bettebuch, Dieser Ausdruck erinnert an die Bettegänge oder
Bittgänge, in der Woche der Himmelfahrt Christi.
6. %AüiluidbiUhUn , vielleicht ein kleines Gradaale.
26 Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg kn MittelaUer.
vita und ein schönes.^ im fünfzehnten Jahrhundert auf Pergament
geschriebenes Gr aduale. Im Jahr 1546 machte das Kapitel ein In-
ventar von dem^ was vom alten thesaurus noch übrig war; unter
Anderm fand sich da «ein Evangelibuch mit Silber überguldet be-
schlagen > und ein alt Epistelbuch > an dem einen Ort mit einem
kleinen silberin Plech». Beide sind längst verschwunden.
Vor bald vierzig Jahren glückte es mir, in einer alten ge-
wölbten Kammer über dem damals noch bestehenden Theil des
Kreuzgangs des ehemaligen Predigerklosters ein auf Pergament ge-
schriebenes !\Cissale,zu finden, dem am Schluss einige lateinische
Hymnen beigefügt waren; in der Mitte, vor dem Anfang des
eigentlichen Messkanons, zwei blattgrosse, herrliche Miniaturen;
die eine stellte, auf Goldgrund, den gekreuzigten Erlöser dar,
zwischen Maria und Johannes; die andere, den heiligen Franz von
Assisi mit einem Engel, der ihm die Wundmale einprägt, in einer
lieblichen, von R6hen und Vögeln belebten Landschaft. Dieses
letztere Bild lässt vermuthen, dass das Buch nicht den Dominikanern,
sondern den Barfüssern gehört hatte. Es wurde auf die Bibliothek
gebracht. In der, 153 1, von den Klosterherren gemachten Auf-
zählung der den reichen Kirchenschatz des Predigerklo$ters bilden-
den Gegenstände sind keine Bücher erwähnt*.
Der nemliche Canonicus Paul Munthart, der seine Bibliothek
dem S. Thomaskapitel vermachte, liess den Rest seiner Güter den
beiden S. Peterskirchen; durch sein zweites, den 15.. Mai 1480,
gemachtes Testament verordnete er, das Stift zum jungen S. Peter,
dessen Probst er war, solle ein Epistelbuch schreiben und mit ver-
goldetem Silber beschlagen lassen, ähnlich dem schon vorhandenen,
mit den Bildern der Apostel Petrus und Paulus geschmückten
Evangelienbuch; er wollte, dass man sein Wappen beifügte, auf
dass auch andere Canonici sich bewogen fühlen möchten, derglei-
chen Schenkungen zu machen*. Was aus diesem und den andern
liturgischen Büchern der beiden S. Peterskapitel geworden ist, wer
vermag es zu sagen? Von den Johannitern hat sich nur das uii-
1. S. Thomas- Archiv.
2. Liher Uctionarius Epistolarum missarum, ei ometur seu circumferatur argento
deaurato, ut ihi est liher Evangeliorum argento deaurato omatus cum imaginihus
beatissimorum aposlolorum 'PUri et TaulL S. Thomas-Archiv.
Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MiUelalter. 27
längst von der hiesigen Universitätsbibliothek erworbene Necro-
logium erhalten.
Ein im Jahr 145 1 geschriebenes Verzeichniss des Schatzes der
S. Helenenkirche 9 die damals die Pfarrkirche Schiltigheims war,
weist folgende Bücher auf: ünCissale et duo specialia, unum novum
speciale !XCissale, duo Ubri matitutinales preciosi, VsaUerium, Graduale,
dua partes xAnHphonarii , unum parvum xAniiphonale. Über cum
evangeliis et epistolis, dua %Agenda, Vigilia mortuorum, Confessionale
in pirgameno, duo Libri vita; ausserdem ein Glosenarium, wahrschein-
lich ein lateinisch-deutsches Wörterbuch. 1490 schenkte ein Mag.
Melchior dieser Kirche eine nova %Agenda in pressura*.
Die zahheichen Psalter und Breviere im Karthäuser -Catalog
waren wohl nur darum in der Bibliothek niedergelegt worden ,
weil man sich seit dem sechzehnten Jahrhundert gedruckter Exem-
plare bediente.
Die Kirchen- und Kloster- Archive waren gleichfalls von den
Bibliotheken getrennt; sie waren ein Schatz anderer Art, den man
oft iiir kostbarer hielt als den der Bücher; von den Privilegien, den
Schenkungs-Akten, den Besitztiteln konnte nicht nur das Vermögen,
sondern zuweilen sogar das Bcstehn eines Hauses abhängen. In den
frühern Zeiten des Mittelalters gieng Manches thcils durch Feuers-
brünste, theils durch Nachlässigkeit verloren; man erkannte erst
später die Nothwendigkeit sorgfaltiger Aufbewahrung, Die Original-
Urkunden legte man an sicheren Orten nieder, zu S. Thomae zum
Beispiel in einem kleinen, mit einer eisernen Thüre versehenen
Gewölbe der Kirche*. Für den täglichen Gebrauch hatte man Ab-
schriften in Pergament- oder Papier-Folianten. Königshofen, der
das S. Thomas-Archiv ordnete, Hess die Copialbücher neu einbinden
und copirte eigenhändig eine Menge von Stücken. Durchforscht
man die reichen, in Strassburg erhaltenen Sammlungen, so staunt
man über den Eifer, mit dem unsere Kirchen und Klöster über ihre
Urkunden wachten.
1. Spital- Archiv.
2. Im Jahr 1 399 verordnete auch der strassburger Magistrat, dass man ein
Gewölbe mache, das gut für Füre sei, darin man die *Brieffe und 'Bücher thuge.
Wencker, %Apparatus et instructus archivorum, %Argent., 171 )» iü-4*> S. 84.
28 Bächer und Bibliotheken t^u Strassburg im MiUelaUer.
In die Archive wurden auch die Annalen deponirt, die man
in den religiösen Anstalten zusammenzuschreiben pflegte. Die unserer
Dominikaner sind als Geschichtsquelle hinlänglich bekannt. Eines
der Register des Thomasstifts enthält eine längere Notiz Königs-
hofens über die Schicksale dieser Kirche bis zu seiner Zeit. Ein
Manuscript seiner grössern Chronik befand sich noch am Ende' des
achtzehnten Jahrhunderts im Archiv des Frauenhauses'.
IV. Privat-Bibkiotheken. Vor Anfang des fünfzehnten Jahr-
hunderts ist mu: kein strassburger Geistlicher bekannt, selbst unter
denen, die der reichsten Pfründen genossen, v der andere Bücher be-
sessen hätte als einige liturgische oder juristische. Die Layen hatten
deren noch weniger; so lange der Buchdruck nicht erfunden war,
konnten sie sich schwerlich viel mit Lesen beschäftigen; einzelne
fromme Leute, wie Rulmann Merswin, erbauten sich an mystischen
Schriften; hie und da fand sich in der Wohnung eines Adeligen
eine Legendensammlung oder ein weltlicher Roman. Sieht man
einen Herrn Ulrich von Ratsamhausen seiner Tochter den fremd-
klingenden Namen ^lantschflor geben, so kann man sich der Ver-
muthung nicht erwehren, er oder seine Gattin hatten Flore und
^lantschflor gelesen, eine der im Mittelalter am meisten gesuchten
Liebesgeschichten*. Was die Geistlichen betrifft, so mögen einige
Beispiele genügen, um zu zeigen, in welchem Masse sie Biblio-
philen waren. Im Jahre 1300 drang ein Trupp junger Leute in das
Haus des Canonicus von S. Thomae Johann de S. Amarino, der
für einen vir litteratus galt; er beklagte sich bei dem Magistrat, sie
hätten ihm Möbel, Kleider, Waffen, Küchengeschirr zerstört und
zwei Bücher entwendet, ein Digestum vetus und eine Dekretalen-
Sammlung*. 1328 vermachte Johann Kusolt, Canonicus des näm-
lichen Stifts, seinem Neffen ein Liber mattitinalis , einen grossen
1. Geiler redet in mehrern seiner Predigten von dieser Chronik uf unser
Frauen Hus, Sermones de arbore humana, %Argent,, 15 19, in-f», f» lyy ; *BrdsamJin.
Strassburg, 15 17, in-f«, Th. 2, f» 12. — Obcrlin hat sie noch gesehn. 7>i5J^-
tatio de Jacobe Twingero, KArgenL, 1789, in-4«, S. 19.
2. Blantschflor von Ratsamhausen, Gemahlin Antons von Hohenstein,
1467. — Das Gedicht wurde, nach französischem Muster, zu Anfang des
XIII. Jahrh. von Conrad Fleck vcrfasst.
3. 14. Sept. 1300, von dem Bischof beglaubigte Klagschrift des Johann
de S. Amarino. Stadt-Archiv.
Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MitUlalter. 29
Psalter und ein GraduaU, und dem Dekan von Rhinau ein And-
phonar. 1406 schenkte der Probst des Kapitels, Friedrich Buhart»
zwei Libri matutinales dem Pfründner von S. Martin Jakob Fabri.
Um 141 5 überliess der Canonicus Peter Völtsch dem Kapitel ein
Liber oratorius, das aus einem Winter- und einem Sommer-Theil
bestand*. 1473 gab Wernher, Stiftsherr vom alten S. Peter, dieser
Kirche ein neu geschriebenes !\Cissale*, Diese Thatsachen beweisen,
dass die Besitzer dieser Bücher keine andern hinterlassen hatten.
In den zahkeichen Testamenten von Geistlichen, die ich gesehen
habe, und in denen sonst alles aufs genauste specificirt ist, steht
kein Wort von Bibliotheken. Königshofen mag einige Bücher ge-
habt haben; von denjenigen, deren er sich zur Abfassung seiner
Chronik bedient hat, finden sich im Catalog von S. Thom« nur
die Historia scholastica des Petrus Comestor, die Legenda aurea und
das Gedicht über Alexander; ausser den Annalen einiger Klöster
und den Schriften Closcners und des Matthias von Neuenburg, hat
er vorzugsweise die historischen Werke Eusebs, Beda's, des Martinus
Polonus und das Speculum historiale des Vincenz von Bcauvais be-
nützt; ebenso hat er Stoff aus dem sogenannten Turpin und aus
deutschen Heldensagen entlehnt. Die Dominikaner-Annalen hatte er
im Predigerkloster gefunden, Euseb, Beda, Vincenz waren bei den
Johannitern; die übrigen Bücher, waren sie sein Eigenthum gewesen
oder das hiesiger geistlicher Anstalten?
Bald nach der Zeit Königshofens erscheinen die ersten Privat-
Bibliothekcn, von denen wir sichere Kenntniss haben. Eine neu
erwachende Lust zum Lesen und Studiren, die Königshofen selber
auch «den klugen Layen» zugetraut hatte, als er es unternahm,
seine Chronik deutsch zu bearbeiten, bewog Manchen, dem seine
Mittel es erlaubten, sich Bücher zu sammeln. Ich habe schon oben
von der Bibliothek des Dominikanerpriors Peter von Gengenbach
gesprochen, die aus mehr als hundert Bänden bestand. Die Munt-
harts war nicht minder ansehnlich; sie zählte 43 Handschriften,
meist auf Pergament, und 21 der ältesten Incunabeln*. Munthart
1. S. Thomas-Archiv.
2. Nach dem Liber vita, Grandidier, Histoire de fägliie de Strasbourg,
B. 2, S. 3}6, Note Z.
3. Histoire du chapitre de Saittt-Thomas , S. 189, 266, 460. — S. den
Caulog. Beilage 111.
30 . Bücher und Bibliotheken ^u Sirassburg im Mittelalter,
hatte in luiien die Rechte studirt; aus diesem Lapde hatte er
juristische und canonistische Bücher zurückgebracht, und zu Strass-
burg selber vieles von dem angekauft, was vor 1480 aus den
Pressen Mentels und Eggesteins hervorgegangen war. Den grössten
Theil seiner Sammlung bildete die Rechtsliteratur; theologisches
hatte er nicht viel, zwei Manuscripte, das ^^ationale divüiorum offi-
ciorum und die Postille des Nicolaus von Lyra über das Neue
Tesument, und sieben Druckwerke : ^iblia, duo volutmna optime pressa
(vermuthlich die Bibel Eggesteins, um 1470), Gregors DiCoralia in Job,
Albertus Magnus de laudibus Virginis (Mentel, um 1474), Thomas
von Aquino über die Evangelien, die Vita Christi von dem Kar-
thäuser Ludolph, Isidors Opus etymologiarum und des spanischen Bar-
füssers Alphons von Spina Fortalitium fidei (beide letztem von
Mentel). Ueberdies hatte Munthart das Speculum historiale duo magna
Volumina (Mentel 1473), und das Catholicon.
Die Bibliothek Simlers, deren Verzeichniss fehlt, war aus
juristischen, theologischen und poetischen Werken zusammengesetzt*.
Da er sich den Ruf eines gelehrten Juristen erworben hatte und,
gegen Ende seines Lebens, bedauerte, die Theologie vernachlässigt
zu haben, so wird seine Sammlung «geschriebener und gedruckter
Bücher» vornehmlich das bürgerliche und canonische Recht umfasst
haben; die libri in arte poetica, von denen sein Testament redet,
waren ohne Zweifel Schriften von Humanisten oder damals neu
herausgegebene ake lateinische Dichter.
Ueber die Bibliothek des Dekans vom alten S. Peter, Mag.
Ludwig von Odratzheim, licentiatus in decretis, sind wir besser unter-
richtet. Nach seinem Tod machte man, den 3. Januar 1499, das
Inventar seiner Hinterlassenschaft; ausser den in den Zimmern, der'
Küche, dem Keller geftindenen Möbeln und Geräthschaften, sind
da 138 thcils handschriftliche, theils gedruckte Bücher angeführt;
in Anbetracht der Zeit eine für einen Privatmann schöne Zahl*.
So wie bei Munthart und Simler waren die Jura am meisten ver-
treten, sie allein zählten bei 70 Werke; dazu ungefähr ein Dutzend
über Theologie, eben so viel über Philosophie; ferner einige litur-
gische Bücher so wie Schriften über Grammatik, Mathematik, Astro-
1. Omnes UM tnei in utroque jure, civili et canonico, scripH et impressi,
pariter in theologia et in arte poetica. Wencker, ^Apparatus, S. 429.
2. S. Thomas-Archiv. S. den Catalog, Beilage IV.
Bücher und Bibliotheken t^u Strasshurg im Mittelalter. 31
nomie, Naturhistorie, Medizin. In den letzten Jahren seines Lebens
hatte sich auch der Dekan, als wahrer Bücherfreund, literarische
Neuigkeiten angekauft, Ausgaben von Virgil, Ovid, Terenz, Aesop,
die Cönsolatio philosophia des Boetius, Petrarchs Traktat de remedOs
utrüisque fortuna, die Briefe des Aeneas Silvius, den Fasciculus temporum
von ^Werner Rolewink, die Reise ins heilige Land des Mainzer
Kämmerers Bernhard von Brcidenbach, das Buch, das den Titel
führte Formulare und tütsch Rhetorik, u. s. w.
Ueberhaupt zeigen in dieser Zeit des Wiederauflebens der
klassischen Studien im Elsass Kleriker und Layen einen rühmlichen
Eifer, sich Bücher zu verschaflfen, theils um ihrem persönlichen
Hang zu genügen, theils um den Buchdruckern Texte zu liefern
oder um einen bessern Unterricht in den Schulen einzuführen. Der
junge Peter Schott^ einer der frühsten unserer Humanisten, kaufte
zu Bologna, wo er die Rechte studirte, Bücher für sich und für
Freunde. Durch einen Brief aus dem Jahre 1480 meldete er seinem
ehemaligen Lehrer Johann Müller die Absendung einer Kiste, in
der folgende Werke eingepackt waren: ein Vocabularius gracarum
dictionum^ das seiner Seltenheit wegen zwei Dukaten kostete, eine
Bibel, das T(ationale divinorum officiorunty Hesiod, Terenz, die KÄrgiH
nautica, ein Commentar über die Satiren von Horaz, Cicero's
Epistolay ein Mamotrectus^ ein Trakut über Prosodie und einige
Rechtsbücher; beigegeben waren zwei Digesten für Thomas Wolf
und ein Terenz mit dem Commentar des Donatus für den Probst
des Stiftes Surburg*. Geiler von Kaisersberg hatte eine an theo-
logischen und literarischen Werken reiche Bibliothek; Kirchenväter
und mittelalterliche Doctoren standen ihm in Menge zu Gebot, er
bedurfte ihrer täglich für seine Predigten; nach Wimpheling hatte
er Freude an den klassischen Rednern und Dichtern; auch mit
Petrarcha, Aeneas Silvius, Piatina, Johann Picus von Mirandula,
Baptista Mantuanus, Marsilius Ficinus, und den neuem deutschen
Humanisten war er vertraut; bei Tische liess er sich daraus vor-
lesen/. Sebastian Brant*, Wimpheling, Thomas Wolf, einige Canonici
1. LucubratiuncuLe , f> iio.
2. 'Bibliotbecam bahuit omnis generis librorum refertiisimam. Beatus Rhena-
Nus, Vita GeiUri, in den xAnuzttit. friburg,, Ulm, 1775, S. 66, — Wimpheling,
ib., S. III.
3. Nach Brants Tod wurde ein Theil wenigstens seiner Bücher verkauft.
32 Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im MittelaUer.
des Münsters besassen Bibliotheken, und bald fand sich kaum
Jemand, der auf den Namen eines Gelehrten Anspruch machte, von
dem man nicht Aehnliches aussagen könnte. Selbst unter dem Adel
verbreitete sich die Lust an den Büchern; Jakob von Fleckenstein,
Unterlandvogt des Elsasses, wird gerühmt wegen seiner Sammlung
liistorischer Werke*. Es gab sogar schon Büchernarren, die Bücher
nur kauften, um sie «vor sich zu sehn», ohne sich um das zu be-
kümmern, was darin stand; Seb. Brant hat auf geistreiche Weise
im ersten Kapitel seines Narrenschiflfs ihr Bild gezeichnet*.
V. Einrichtung und Gebrauch der Bibliotheken. Das im
Mittelalter übliche Wort für Bibliotheken war libraria, wovon das
deutsche, zu Strassburg noch gegen das Ende des sechzehnten
Jahrhunderts gebrauchte Liberei.* Die. Bücher waren nicht, wie
heute, aufrecht gestellt, sondern der Länge nach auf repositoria ge-
legt. Die Titel schrieb man entweder auf den Rücken oder auf den
obern Rand oder die vordere Decke, in letzterm Fall zuweilen mit
einer durchsichtigen dünnen Hornscheibe bedeckt. Um in Kirchen-
und Kloster-Bibliotheken Entwendungen zuvorzukommen, befestigte
man die Bände an Ketten; in dqm jetzt auf der Laurentiana befind-
Die strassb. Universitätsbibliothek hat eine Explanatio 'Psahnorum, von Augustin»
Basel, Amerbach, 1497, 2 Th. in einem B. in-f>. Auf dem Vorseublatt steht :
Liber hie quondam fuit 'D, Sehastiani 'Branti^ quem ego
?. V, ahhas XII solid, %Argent. redemi anno domini
ÄC. ©. XXXVIII mense julio die XXIIII in publica foro.
P. y. ist Paul Volz, der zum Protestantismus übergetretene Abt von
Hugshofen. Das forum publicum ist der Gimpelmarkt, wo damals schon alte
Bücher feil waren.
1. . . . fVelcherley 'Bücher er glychsam eine gant^e Libery hat, Vorrede
RiNGiiANNS zu seiner Uebersetzung des J. Cäsar : Julius der erst römische Kaiser,
von seinen Kriegen, Strassburg, 1507, in-f», f» 8.
2. Von 'Büchern hab ich grossen Hort,
Verstand doch drin gar wenig Wort. , ,
Domit loss ich benügen mich
*Das ich vil Tücher vor mir sich, . .,
Und lisi doch gant:^ wenig darinn, , . Ausg. von Zarnckb. Leipzig, 1854,
S. 4.
3. ^Die Libery ^u den 'Predigern, 1569, d. i. die Bibliothek der protest.
Akademie im ehmaligen Predigcrkloster.
Bücher und Bibliotheken :(u Sirassburg im Mittelalter . 3}
liehen Quintilian, der einst unserm Münster gehört hatte, steht die
1372 geschriebene Notiz: nota quod LXXXXI Ubri sunt in catenis
in darmiiorio ecclesia ^rgentinensis^. Peter von Gengenbach wollte,
dass seine dem Predigerkloster vermachten Bücher an Ketten gelegt
würden, zu denen der Prior, der Lector und der Ubrarius jeder
einen Schlüssel haben sollte*. Munthart ordnete .Aehnliches an; in
dem auf sein Todesjahr folgenden Jalir sollte das S. Thomas-Kapitel
eine libraria cum voltis seu testudinibus, bancis et catenis, ut mos est
einrichten, wo nicht, so käme seine Bibliothek an das Stift zum
jungen S. Peter, und würde auch dieses die Bedingimg nicht er-
füllen, an das Münster*. Der Gebrauch der Ketten war sehr alt und
hat sich hie und da sehr lang erhalten \ Die meist in einem ge-
wölbten Raum aufgestellten Repositorien bestanden jedes aus zwei
mit dem Rücken an einander gelehnten Fächern, jedes mit einem
Schreibtische, vor dem eine Bank. Längs des Faches lief eine eiserne
Stange hin, an der die an einem Ende mit einem Ring versehenen
Ketten hiengen; um sich der Bücher zu bedienen, brauchte man
sie nur herauszuziehen. Die Stangen selber waren mit einem Mal-
schloss angeschlossen, das man öflfnete, wenn ein Buch ausserhalb
des Lokals benützt werden sollte; die Schlüssel befanden sich in
den Händen der Vorsteher, die allein die Befugniss hatten zu
decatenare. Die nemlichen Vorsichtsmassregeln beobachtete man zum
1. Bandini» Catal, codicum latin, hibl, laurent., B. 2» S. 382.
2. Omnes meos libros. . . ad locum specialem quem ad hoc deputaverim repo^
nendos et catenis ferreis alligandos pro furtu vel concisioiu ipsorum precavendos,
quihus prior et omnes fratres studere volentes uti poterunt me existente in vita et post
mortem meam quandocunque voluerint, ad quos seu quorum clausuram prior unam
qui tunc fuerit, lector unam et Ubrarius unatn clavem habere debebunt, S. Thomas-
Archiv.
3. Histoire du chapitre de Saint- Tfjomas , S. 459.
4. Die 'BUcher an Ketten anzulegen ist ein alter münchischer Gebrauch,
welchen die Tünche auch selbst allgemach lassen abgehen, wie an vielen Orten in
der 'Njuhbarschafft ^u sehen. Bedenken des Prof. Clutenius, Ober die Einrichtung
der Bibl. der strassb. Akademie, 161 3. S. Thomas- Archiv. — Bei Paul Lacroix,
Lis tArts au moyen dge, Paris, 1869, S. 492, Ist eine Ansicht der so eingerich-
teten Bibl. von Lcyden, nach einem Kupferstich des XVII. Jahrh. Selbst noch
1839 lagen die Bücher der ahen Bibl. von ZQtphcn an Ketten. Wattenbach,
Schriftwesen, S. 531.
3
34 Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im Mittelalter.
Schutz der in den Sacristeien aufbewahrten liturgischen Bücher';
diese wurden «entkettet», so oft es die Cultus-Akte erfordenen.
In den Bibliotheken dagegen war das decatenare und Ausleihen eine
nur selten irgend einem studirenden Geistlichen gewährte Ver-
günstigung; in der Regel aber mussten diese Geistlichen Mitglieder
des Stifts oder des Klosters sein, dem die Bibliothek gehörte.
Königshofen vermerkt in seinem Catalog, dass der Probst Burkart
Burggraf einen Pentateuch des Kapitels in seiner Behausung hatte,
und dass die Legenda aurea dem Leutpriester und seinem Gehülfen
geliehen war, die ihr den Stoff zu ihren Heiligenpredigten ent-
nahmen*. Munthart verbot in seinem Testament, seine Bücher zu
veräussem, gegen andere auszutauschen, oder irgend Jemanden zu
leihen, der nicht zum S. Thomaskapitel gehörte; nur wenn einer
seiner Neffen sich dem Rechte widmete, sollte ihm unter hin-
reichender Bürgschaft der Gebrauch derselben gestattet werden*.
Simler hatte Aehnliches bestimmt, mit der beigefbgten Drohung,
dass, im Fall der Nichterfüllung der Bedingungen, seine Bibliothek
nach Heidelberg auswandern müsse, wo er seine Studien gemacht
hatte *.
Zuweilen indessen kam es vor, dass ein geistliches Haus einem
andern eines seiner Bücher anvertraute. Isidors Opus etymologiarum^
das Bischof Wernher dem Münster geschenkt hatte,- wurde später
einmal von dem Kapitel den Barfiissern geliehen*. 1426 lieh das
Thomasstift ein Liber oratorius zwei Canonicis des jungen S. Peter
während ihrer Lebenszeit, unter der Bedingung, für sie oder ihre
Erben 30 Gulden zu bezahlen, im Fall, dass das Buch verloren
1. 14x7, 2 Seh, umh ein Ketten an das grosse *Bettebuch das in der Tres-
kammer lit, lo Tf, umh ein Malschlos an die Bücher in der Treskammer, ß Scb.
umh das Isen do die Bücher ane ligent beschlossen in der .Treskammer, Rechnung
der S. Thomasfabrik. Von ungefähr 1430 an, sind diese speziellen Rechnungen
nicht mehr vollständig erhalten.
2. Quinque lihri fMoysi in parvo volumine sine asser ihus, habet d, prepositus
9. 'Burggrave, — Lampartica historia, que concessa est pltbano et socio. S. den
Catalog, Beilage I.
3. Histoire du chapitre de Saint- Thomas , S. 459.
4. Wencker» %Apparatus, S. 429.
$. Iste liber concessus est fratribus minoribus, et est dominorum de summo
temph, Grandidier, CEuvres inidites, B. i, S. 439, Kote 2.
Bücher und Bibliotheken ^u Strasshurg im Mittelalter. 35
gienge*. Andere Male, wenn Geldnoth drängte, verkaufte oder ver-
pfändete man Bücher. Ich habe schon oben bemerkt, dass die
Mönche von Ittenwiler den hiesigen Augustinern, und die Abtei
Baumgarten dem Johanniterhaus mehrere Werke verkauften. 1404
liehen die Johanniter dem Kloster Neuburg eine Summe von 41 Pf.,
für welche ein pergamentenes Speculum historiale in vier Bänden
verpfändet wurde*. Die Karthäuser gaben einmal cautionis loco für
27 Gulden einige Rechtsbücher. 1450 verkaufte das Kloster Ober-
steigen dem Vikar des Münster-Chors Erhard Franck für 60 Gold-
gulden eine Bibel auf Pergament in vier Bänden, die bald nachher
Franck für denselben Preis den Wilhelmiten abtrat*. Alle diese
Verträge wurden vor dem judex curia episcopalis in der nemlichen
Rechtsform, mit den nemlichen Garnelen abgeschlossen, wie der
Verkauf oder die Lehnung eines Hauses oder eines Grundstücks:
Beweis, dass die Bücher zu den wcnhvoUsten Bestandtheilen eines
Besitzthums gehörten.
2. Auf das Bücherwesen bezügliche Gewerbe.
Es sind hier zu betrachten: die Pergamenter, die das Perga-
ment zubereiteten, die Papierer oder Papierfabrikanten, die Copisten,
lUuministen und Formschneider, die Buchhändler und Buchbinder.
Den ältesten Buchdruckern, die auch hier eine Stelle haben sollten,
ist der zweite der in diesem Band vereinigten Beiträge gewidmet.
I. Pergamenter. — Das Bestehen einer strassburger Perga-
ment-Industrie ist wenigstens seit dem dreizehnten Jahrhundert
bewährt. Im Jahr 1272 waren zwei Birmenter in einem Haus an
dem Fronhof angesessen \ Bald nachher trägt eine ganze Gasse den
Namen Birmentergasse, vicus pergamentorum. In mehrern andern,
1. S. Thomas- Archiv.
2. Quatuor partes seu Volumina Speculi hisioriaJis Vincentii, in pergameno
scripta, asserüms cooperta. 14. Dez. 1404. Archiv des Unter-Elsasses.
3. Spital-Archiv.
4. £1« Hofestat vor des Hfhestocks des Vogts sei. Hus , doruff ^en üirmenttr
gesessen sint. Spital-Archiv. Das Haus des Vogts Rebstock war am Fronhof
gelegen.
36 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter,
der jetzigen Salzmannsgasse 1310, der Küfergasse 1357» der Ketten-
gasse 1364, der Schlossergasse 1395, 1482, bezeugen zum Bir-
m enter geheissene Häuser, dass auch da Pergament bereitet wurde.
Strassburg bedurfte dessen in beträchtlicher Menge, nicht nur (br
liturgische und andere Bücher, sondern auch für Urkunden wie
Testamente, Kauf- und Lehn-Contrakte, für die Cartularien des
Magistrats, der Stifter und der Klöster, für die gerichtlichen Akten
und Urtheilssprüche. Im Jahr 1322 liess der Rath ein Stadtbuch
schreiben, «do der Stette Reht und Gesetze inne Stent», ein
Pergament-Codex, der zur Zeit Königshofens noch vorhanden war*.
In den Schulen gab man den Kindern Pergament-Abschnitzel in
die Hände, auf denen sie schreiben lernten; lange schmale Streifen
dienten zu Dinghofrödeln und Zeugenverhören, von denen noch
manche in öffentlichen und Privat-Sammlungen zu finden sind.
Kirchliche Anstalten und einzelne Geistliche hatten Vorräthe für
ihren Gebrauch. 13 16 vermachte der Scholasticus von S. Thomae
Reinbold von Kageneck einem Pfründner dieser Kirche, Hugo von
Lüttenheim, ausser einem vergoldeten Becher, Pergament für Ubri
matutinales*. 141 2 kaufte der Fabrikschafiher desselben Kapitels eine
Sexterne oder Lage von 6 Blättern für 20 Pfennig; 141 3 8 Sextemen
für I Pfund; 141 5 ebenfalls 8 nebst einer Quateme für i Pfund
5 Seh.; 141 6, eine Sexterne für 3 Seh.; während längerer Zeit war
dies der normale Preis. Seit dem fünfzehnten Jahrhundert jedoch
verdrängte das Papier immer mehr das Pergament, dessen man
sich, seit der Entdeckung des Buchdrucks, nur selten mehr für
Bücher, noch lange aber für amtliche Urkunden bediente.
Merkwürdig war der Gebrauch von Wachstafeln für die
Rechnungen der Stadt; schon in der Römerzeit üblich und im
Mittelalter an vielen Orten für ähnliche Zwecke eingeführt, hat er
sich zu Strassburg bis ums Jahr 1500 erhalten; während der Johannis-
messe zeigte man dann später die alten Tafeb, nebst andern
Raritäten, den fremden Kaufleuten und Gästen'. Sie waren ohne
1. KÖNIGSHOFEN» Ausg. voii Hegel» B. 2, S. 743» 930.
2. S. Thomas-Archiv.
3. . . . 'Darm auch allhier ^u Strassburg derselben Wachstafeln Gebrauch, in
Beschreibung der gemeinen Stadt Einkommens und ^Ausgaben, oder Tfenrngthurms-
lifchnungen noch bis^ %Anno IJQO in Uebung geblieben, wie solche Wachstafel'
Dehnungen noch aujf dem Tfennigthurme uffgehoben, und jährlich nebenst andern
Bücher und Bibliotheken :(u Strasshurg im Mittelalter. 37
Zweifel von den in unserer Stadt mehrfach erwähnten Wachshänd-
lem, Wahsmannen, verfertigt worden.
2. Papierer*. — Das älteste datirte Papier, das ich bis jetzt
zu Strasshurg gefunden habe, ist das einer im Jahr 1343 durch den
Cleriker Friedrich von Pfaffenhoffen geschriebenen Güter-Erneuerung
des S. Clarenklostcrs auf dem Wörth, die dem Spital-Archiv gehört.
1 3 5 1 wurde im Frauenhaus ein liber censuum angefangen, ein noch
vorhandener papiemer Folioband. Das Jahr darauf schrieb Rulmann
Merswin auf in Quart gefaltetes Papier seinen gleichfalls noch
vorhandenen mystischen Traktat von den neun Felsen. Aus diesen
Daten ist indessen nicht zu schliessen, dass man erst damals zu
Strasshurg begonnen hätte, sich des Papiers zu bedienen; wir dürfen
wohl annehmen, dass es schon einige Zeit vor 1343 eingeführt
war; von nun aber ward es immer häufiger gebraucht. Bis zum
Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts scheint es aus dem Ausland
gekommen zu sein. In einer Stadt jedoch wie Strasshurg, die ihre
Kanzlei, ihre manchfach verzweigte Verwaltung, ihre gebtlichen
und weltlichen Gerichte hatte, und deren Stifter und Klöster be-
deutende Güter verwalteten, während deren Kaufleute einen aus-
gedehnten Handel trieben, musste man früh daran denken, diesen
verschiedenen Bedürfnissen durch Verfertigung des für den täglichen
Gebrauch weit mehr als das Pergament bequemen Papiers, an Ort t
und Stelle zu genügen. Im Thomas-Archiv findet sich ein Papier
von 1391, dessen Wasserzeichen der obere Theil einer Lilie ist;
da eine ähnliche Lilie auf einigen strassburger Münzen erscheint,
so könnte man auch für das Papier einen strassburger Ursprung
vermuthen, und daher annehmen, dass die hiesige Fabrikation bis
ans Ende des vierzehnten Jahrhunderts hinaufreicht; die ncmliche
Gestalt der Lilie kommt aber auch in Frankreich vor, so dass es
rathsam ist, dieser Vermuthung keinen zu grossen Werth beizulegen.
raren Antiquitäten uff Job, 'Baptiste öffentlich gezeigt ^u werden pflegen, Scmilter,
zu Königshofen, S. 441. — S. auch Wattenbach, Schrifhvcsen, S. 70 u. C
I. Ich erlaube mir hier auf meine 'Nj>tice sur les filigranes des papiers
employis d Strasbourg de iß4ß d i$2$ zu verweisen, in dem 'Bulletin de la SociiU
industrielle de ^ulhouse, 1877. Heute wäre ich im Stande manches Neue hinzu-
zufügen.
38 Bücher und Bibliotheken ^ti Strassburg im Mittelalter.
J
Erst 1408 trifft man als Wasserzeichen ein Wappenschild, das, trotz
einer wahrscheinlich durch Verschiebung der Drähte hervorgebrach-
ten Unregelmässigkeit in der Lage des Querbalkens, nur das strass-
burger sein kann. Von 1421 bis .1426 haben wir dann das regel-
mässige Wappen, gleichsam an einen verticalen, oben gekrümmten
Stab angelehnt; es bezeugt ohne allen Zweifel ein hiesiges Produkt
Bestimmte Nachrichten über strassburger Papiermühlen treten in-
dessen erst gegen Mitte des Jahrhunderts auf. In einer Urkunde
von 1452 wird beiläufig eine solche im Rosengarten (heutige Fink-
matt) erwähnt'; sie muss schon früher bestanden haben, sonst hätte
man sie gewiss als etwas Neues angeführt. Zu derselben Zeit befand
sich eine andere vor dem Weissenthurmthor in der Nähe der
grünen Warte und der S. Gallen-Kapelle; sie war Eigenthum der
Stadt und wurde, als Gutenberg mit Andreas Heilmann seine ersten
Versuche machte, von einem Bruder dieses letztem betrieben. 1 503
miethete sie der Kartenmaler Gabriel Schwarz für einen jährlichen
Zins von 3 Pfund 3 Seh.; derselbe, diesmal als hapirifex bezeichnet,
kaufte 1509 ein Haus im Goldgiessen*. Das seit 15 10 durch das
strassburger Wappen mit der Lilie erkennbare Papier stammte aus
der einen oder der andern dieser beiden Fabriken'.
Ausser dem von der Lokal-Industrie erzeugten Papier, fuhr
man fort, auch fremdes zu benützen; seit Erfindung der Buch-
druckerkunst hatte sich der Gebrauch ausserordentlich vermehrt
Die Vergleichung der Wasserzeichen führt zum Schluss, dass das
meiste ausländische Papier damals aus Frankreich und Italien bezogen
1. Silbermann» Lokalgeschichte der Stadt Strassburg, Strassburg, 177$,
in-f», S. 146.
2. Zinsbuch. Register der Contraktstube » 1509, Stadt- Archiv.
3. Der Buchdrucker Thomas Anshelm, zu Hagenau, bezog sein Papier
von zwei Strassburgern » Brechter und Meister Anton, Fabrikanten oder blosse
Händler? Die Mühle bei der grünen Warte kam, nach Gabriel Schwan » an
einen gewissen Johann Volpis, ^apirmacher, und seit 1526 an den Buchdrucker
Wolfgang Köpfel, auf dessen Gesuch der Magistrat, durch den Franzosen
Meister Glaä de la Tlan (?), 'Bapirmühlen^immermann^ Verbesserungen anbringen
Hess; ein lothringischer 'Bapirer, der sie 1527 besuchte, erklarte, es sei in
tatschen Landen nit des glichen ^tf befinden. Der jährliche Zins wurde nur auf
30 Pfund angesetzt. 1537 wurden die Gebäude durch den Blitz zerstört; nach-
dem sie wieder hergestelh, miethete sie der Buchdrucker Wendelin Rihel,
dessen Enkel sie, 1605, für 6000 Gulden der Stadt abkaufte. i.
Bücher und Bibliotheken :(u Sirasshurg i»n Mittelalter. 39
wurde; Deutschland und die Schweiz lieferten verhältnissmässig
nur wenig.
Nach emem den Eingangszoll der fremden Waaren bestimmen-
den Rathsmandat aus der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahr-
hunderts ^ bestand ein Fardel (altfranzösbch, das heutige fardeau)
oder Ballen Papier aus 27 Riessen. Das «über das Gebirg », das
heisst aus Frankreich und Italien auf Frachtwagen kommende Papier
zahlte per Fardel eine Transitgebuhr von 5 Seh., wenn es weiter
als Strassburg gicng; für das in der Stadt selber zu verkaufende
war die Taxe 4 Pfennig per Riess grossen Formats, und 2 Pfennig
für das kleinere Format; i Seh. endlich für das gröbere, schwerere,
sogenannte Zerrepapier, das man zerriss, um Waaren zu ver-
packen. Das Papier dagegen, das die Rheinschiffer einführten, war
nur mit 28 Pfennig per Fardel belastet ; vielleicht in Folge besonderer
Verträge mit den Städten am Nieder-Rhein.
Der Verkaufpreis war verschieden je nach Sorte und Format.
1387 zahlte der Schaffner von S. Thomae 2 Seh. für ein halbes
Buch, 1432 18 Seh. für 3 Buch, beide Male für das Copiakegister
des Kapitels, grosses, starkes Papier, das noch heute vortrefflich
erhalten ist. 1423 zahlte der nemliche nur 8 Seh. für einen Riess
von kleinerem Format, der für die Jahresrechnungen bestimmt war;
1443 kostete der Riess, zu demselben Zweck, 10 Seh., 1446 10 Seh.
6 Pf., 1450 10 Seh.; dies war auch, von 1416 bis 1475, der Mittel-
preis für das im Frauenhaus gebrauchte Papier'. Die Verkäufer
waren theils die strassburger Krämer, theils die während der Messe
anwesenden fremden Fabrikanten. Der grosse Papierhandel des Buch-
druckers Adolph Rusch hatte vorzugsweise das Druckpapier zum
Gegenstand ; der Gewohnheit Strassburgs gemäss, schrieb er einmal
an den Basler Johann Amerbach, gilt ein Ballen bedrucktes Papier
so viel wie zwei Ballen weisses*: ein Verhältniss, das seitdem ein
ganz anderes geworden ist.
3. CopisTEN. Illuministen. FoRMSCHNEiDER. — In den Stiftern
und Klöstern waren es sehr oft die Canonici und die Brüder selber.
1. Alte Ordnungen, Band 15. Stadt- Archiv.
2. Hanauer, 6tudes iconomiqtus sur fxAUace. Paris, 1878, B. 2, S. 578.
3. S. in dem folgenden Beitrag die Notiz aber Rusch.
40 Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im MittelaUer.
welche die für den Cultus oder die Bibliotheken nöthigen Bücher
abschrieben; die nemlichen befassten sich auch mit dem Fioriren,
das ist mit dem farbigen Ausschmücken der Anfangsbuchstaben und
der Seitenränder. Um 1280 wird der Dominikaner-Prior Hugo
Ripelin als scriptor bonus atque depictor gerühmt*. Unter den
Johannitern des Grünen- Wörths kennt man mehrere, die för ihre
Bibliothek Manuscripte geliefert haben; Nicolaus von Laufen schrieb
seit 1382 in schöner Handschrift auf Pergament einige der Geheim-
bücher des Hauses; 1417 copirte Georg Geisfell von Hagenau auf
Papier sechs Exemplare eines T)irectorium officii divini; Heinrich
Collator 1437 das Catholicon; Johann Wurzgart 1453 den Traktat
des Ambrosius de offidis ministrorum ; Hermann Gross 1467 eine
deutsche Uebersetzung der Psalmen von Heinrich Kozzer; Peter
Rysch 1481 ein Chorale; selbst einer der Prioren, Johann Kobel
von Molsheim, hatte 1473 auf Pergament das bei den Johannitern
übliche Brevier abgeschrieben*. In den letzten zwanzig Jahren des
vierzehnten Jahrhunderts war auch im Grünen- Wörth ein mit seltenem
Talent begabter illuminator ; die Bilder, die das dem deutschen
Ordens-Provinzial übersandte Memorial geziert hatten, sind zwar
nur durch alte Beschreibungen bekannt'; ich habe aber in einigen
Johanniter-Handschriften Initialen, Wappen, Randverzierungen ge-
sehen, die zu dem Besten gehören, das das strassburger Mittelalter
aufzuweisen hatte. Ich habe oben von den schönen Miniaturen
eines Messbuchs der Barfusser geredet; sie trugen das Gepräge der
burgundischen Schule des fünfzehnten Jahrhunderts; es ist aber
kein Beweis vorhanden, dass der Künstler einer der Mönche des
hiesigen Klosters gewesen war.
Die Mitglieder des Thomasstifts, die für ihre Kirche Bücher
abschrieben und florirten, erhielten für ihre Arbeit eine « Geldver-
ehrung ». Ich vermag nicht zu sagen, ob dies ein allgemeiner und
auch bei den Bettelorden üblicher Gebrauch gewesen ist. Zu Anfang
1. xAnnaJes des dominicains de Cobnar, publ. par Girard et Liblin. Colmar,
1854. ^Appendice^ S. 28.
2. Witter, Catalogus, S. i, 2, 18, 47, 56.
3. In dem Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, Jahrg. 1858, S. 375 u. f.,
habe ich, nach einem der Memorialbücher des Grünen-Wörths, eine Beschreibung
dieser Bilder veröffentlicht, nebst den, sie erklärenden, Reimen. Dies könnte
dazu dienen , den Band zu erkennen , falls er noch irgendwo existirt.
Bächer tind Bibliotheken t^u Strassburg im Mittelalier, 41
des fünfzehnten Jahrhunderts bezahlte die Fabrik von S. Thomae
dem dormeniarius ein Pfund für das Schreiben eines Psalters, dem
partarius Heinrich Altdorf von Hagenau i Pfund 5 Seh. 8 Pfennig
ebenfalls für einen Psalter, dazu 3 Seh. 6 Pfennig für das a Floriren»
von sieben Initialen; dem Pfründner Jakob Fabri, genannt Frenkelin,
I Pfund für ein Antiphonar. War eine Copie vollendet, so übergab
man sie zur Durchsicht einem andern Mitglied des Kapitek; 141 3
erhielt Königshofen i Pfiind für die Correction eines fhCissale; 14 16
beklagten sich der Canonicus Nicolaus Richenbach und der oben-
genannte Heinrich Altdorf nur 8 Pfennig für das Corrigiren eines
Psalters empfangen zu haben, auf das sie zwei Tage verwendet
hatten. 141 5 wurde i Gulden für die Initialen in zwei Psaltern
ausgegeben, 14 17 2 Seh. für das Malen eines Crucifixes in ein
kleines Messbuch, und 15 Seh. für 27 Anfangsbuchstaben eines
grossen Antiphonars.
Ausser den von strassburger Geistlichen und Mönchen copirten
Büchern kamen auch andere in die Bibliotheken und Sakristeien,
theils durch Kauf, theils durch Schenkung. Manche derselben waren
anderswo als zu Strassburg geschrieben; es gab aber auch in der
Stadt selber Leute, die das Copiren als Gewerbe trieben. Pfarrer
und Stiftsherren, die liturgischer oder canonischer Werke bedurften,
Klosterbrüder, die theologische Traktate zu haben wünschten, hatten
entweder die Müsse zum Abschreiben nicht, oder es fehlte ihnen
die Lust zu einer offenbar langwierigen und ermüdenden Arbeit;
sie musstcn die Bücher fertig vorfinden, oder sie für Geld durch
handwerksmässige Copistcn sich schreiben lassen. Gegen Ende des
dreizehnten Jahrhunderts wird ein scriptor Namens Heinrich er-
wähnt, dessen Frau Ellina dem Frauenhaus einen Rock geschenkt
hatte; 13 18 der scriptor Johann Koswiler. Als B uch seh riber oder
einfach Schriber finden wir im fünfzehnten Jahrhundert Peter von
Haslach 1408, Johann Vendenheim 1425, Graser, Hans Ulmer,
Hans Werlein, Rudolph, 1427, Emmerich 1430, Johann von Kirch-
heim 1433, Jakob Bärmann 1485, Peter Schenk von Freiburg i486,
Jost Lötisen, Johann von Winterthur, Walther von Schlettstadt. Es
muss ein einträgliches Gewerbe gewesen sein, denn 1430 besass
der obengenannte Emmerich, ausser einem Wohnhaus in der Stadt,
einen Garten vor dem Thor. So wie an andern Orten gaben sich
auch zu Strassburg die SchuUchrer mit Copiren ab; ausser den
^2 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MittelaUer.
fKagistri scholarum der Kapitel, waren in verschiedenen Quartieren
der Stadt Layen-Lehrmeister angesessen; 1477 war einer derselben
Buchbinder; umso mehr können andere Buchschreiber gewesen sein.
Die Notare endlich und die scriba der Kanzlei und . der Gerichts-
höfe mögen gleichfalls um Geld Bücher abgeschrieben haben.
Für Handschriften, die nicht besonders verziert werden sollten,
bediente man sich blos rother Farbe, um die einzelnen Abschnitte
durch sogenannte rubrica dem Auge leichter erkenntlich zu machen;
in den nemlichen Codices wurden auch die Anfangsbuchstaben nur
roth eingetragen. Seltener brauchte man zu demselben Zweck blaue
Farbe; ich erinnere mich an einige Manuscripte, wo sie mit der
rothen abgewechselt hatte. Den Ausdruck rubricator habe ich indessen
in Strassburg nie angetroflfen, desto häufiger aber illuminator oder
illuminista. Diese Künstler mögen wohl beides geleistet haben, das
reichere Ausschmücken der Manuscripte und das einfache Rubriciren,
letzteres indessen konnte auch durch die gewöhnlichen Buchschreiber
geschehen. Als illuminator erscheint 1325 ein gewisser Zürne; von
1466 bis 1499 Michael von Mainz, bald illuminista, bald Maler ge-
nannt. Da sie sich auch des Goldes bedienten, sowohl für die
grössern Initialen, als für den Grund feinerer Miniaturen, kommen
sie auch unter dem Namen Goltschriber, Guldinschriber,
scriba aurarii vor \ als solcher kaufte 1447 Johann Mentel das strass-
burger Bürgerrecht; ein anderer, Johann Imgrien von Eichstadt,
wird 1506 erwähnt. Ich weiss nicht recht, was unter der Bezeich-
nung Buppenmaler zu verstehen ist, die ich in dem Almendbuch
von 1427 gefunden; vielleicht ist an einen der Kartenmaler,
pictores cärtarum, zu denken, die seit der Mitte des Jahrhunderts
auftreten und die Spielkarten, Heiligen- und andere populäre Bilder-
bogen bemalten. 1502 wurden sie der Goldschmiede- und Maler-
zunft beigesellt, jedoch mit untergeordnetem Rang, obgleich man
ihnen verbot, ein anderes gering erscheinendes Gewerbe zu treiben;
der Kartenmaler Johann von Rothenburg, genannt Heiligenmaler,
der eine Krämerbude eröffnet hatte, erhielt eine Zurechtweisung,
weil er die Ehre der Zunft verletzt*. 1503 übernahm, wie oben ge-
sagt, der Kartenmaler Gabriel Schwarz eine Papiermühle; dies
wurde nicht für unehrbar gehalten.
I. Zunftbuch der Stelz. Stadt- Archiv.
Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter. 43
Um eben diese Zeit ungefähr, als der Bücherdruck erfunden
wiu'de» hatte Diebold Lauber zu Hagenau eine Handschriftenfabrik,
für die auch üluministen arbeiteten, und deren Erzeugnisse in den
benachbarten Gegenden, wohl auch in Strassburg, auf die Messen
kamen*.
An diesem Orte wäre nun auch von den Buchdruckern zu
reden; da indessen dieser Gegenstand eine grössere Ausführlichkeit
verlangt, so hat es mir angemessen geschienen, ihn in einem be-
sondem Aufsatz zu behandeln. Es ist hier nur zu bemerken, dass
Anfangs die neue Kunst der der Illuministen keinen Abbruch that;
die Drucker bedurften der Beihülfe dieser letztem zum Ausschmücken
ihrer Bücher. So wie in den Manuscripten war in vielen altem
Incunabcln der Raum für die grossem Anfangsbuchstaben leer ge-
lassen, um durch einen Maler farbig ausgefüllt zu werden. Derselbe
Maler fugte dann zuweilen am Schluss, mit rother Farbe, das Datum
und den Namen des Druckers hinzu. Der früh erscheinende Gebrauch
rothgedmckter Stellen auf Titeln und im Text liturgischer Bücher
war gleichfalls den Handschriften entlehnt, ebenso das Eintragen
gemalter Bilder. Die Johanniter hatten einige Drucke Mentels und
Eggesteins besessen mit ausgezeichneten Miniaturen. Zuweilen
brauchte man statt der Malerei blose Federzeichnung. In der ehma-
ligen Bibliothek des protestantischen Seminars war eine Mentel'sche
Bibel von 1466; die Initialen der einzelnen Bücher enthielten am
Rand fortlaufende, historische oder allegorische Sccnen, die, obwohl
keine Farben angewandt waren, treffliche kleine Kunstwerke bildeten.
Ums Jahr 1490 liess der Magistrat eine neue Abschrift auf Perga-
ment der alten Freiheiten Strassburgs anfertigen; auf dem ersten
Blatt dieses im Stadt-Archiv aufbewahrten Foliobandes ist ein mit
der Feder gezeichnetes Bild der h. Jungfrau als Patronin der Stadt;
sie sitzt mit dem Kinde auf einem Thron, zu ihren Füssen ein
Papagei, das Ganze zierlich umrahmt, ein schönes Werk, das wohl
der Schule Martin Schöns angehört.
Auch die Formschneider arbeiteten für die Drucker; nicht
nur schnitten sie in Holz die zur Illustration der Bücher bestimmten
Bilder, sondern auch Alphabete verzierter Initialen, Titeleinfassungen,
Randleisten, oft nach Zeichnungen damals berühmter Künstler.
I. lieber Lauber, s. Wattenbach, S. 478 u. f.
44 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter.
Die Copisten, die in den ersten Zeiten des Bücherdrucks noch
den Kirchen liturgische Bücher lieferten, waren zugleich auch von den
Druckern beschäftigt. Die ältesten typographischen Produkte waren,
mit wenig Ausnahmen, ältere Werke, die man erst, wenn man
nicht die Codices selber den Setzern in die Hände geben wollte,
musste abschreiben lassen. 1472 warf man die Frage auf, ob es
nicht gerathen wäre, die scriptores zu*einem Eid zu verpflichten, um
auf diese Weise die Genauigkeit ihrer Arbeit zu garantiren; der
Magistrat sprach sich jedoch dagegen aus ^ Als man anfieng, Bücher
nach bereits anderswo erschienenen Ausgaben, sowie Werke neuerer
Verfasser nach deren eigenen Manuscripten zu drucken, als femer
die Geistlichen die wohlfeilem gedmckten liturgischen Bücher den
geschriebenen vorzogen, wurde das Gewerbe der Copisten immer
mehr überflüssig. Leute, die sich der Calligraphie beflissen, dienten
nur noch als Schreiblehrer in den Schulen, oder als Abschreiber
in den verschiedenen Verwaltungsstuben*.
4. BuaiHÄNDLER. — Aus allem bisher Gesagten lässt sich ab-
nehmen, dass schon frühe zu Strassburg eine Art Buchhandel be-
stand. Schon die industriellen Schreiber, die für Geld arbeiteten,
können gewissermassen als Buchhändler gelten. Der Ausdmck
Stacionierer, stationär ins, den man bei uns antriflt, hatte indessen
nicht, wie in einigen Universitäten, die besondere Bedeutung von
venditor librorum. Unsere Stacionierer, die ihre Buden bei der
S. Martinskirche hatten, handelten mit Gegenständen der verschie-
densten Art*. 1230 war Heinrich Stacionierer einer der Schöffen,
1237 sein Sohn Erbo einer der Vertreter der grossen Kürschner-
zunft. Noch gegen Ende dfes Jahrhunderts wird eine Anna staciatrix
genannt. Das Wort wurde zu Strassburg auch noch in einem andern
Sinn gebraucht; 1272 erscheint ein Conradus dictus StatT^enierer,
nuncius et famulus fabrica Ecclesia ^Argentinensis ; 131 1 war er todt,
quondum Conradus stationarius fabrica; das Wort ist hier gleich-
bedeutend mit famulus.
1. SCHÖPFLIN, Vindicite typographica. %Argent,, 1760, in-4«, S. iij.
2. 1525 begehrte ein Guldinschriber um die ErUubniss eine Schule eröffnen
zu dürfen. Noch 1^75 wird einer erwähnt, der am Fischerstaden eine Winkel-
schule hielt.
3. S. auch das Glossarium von Ducange, Henschels Ausg., B. 6, S. 362.
Bächer und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter. 45
1408 wird zum ersten Mal eines Buchladens Erwähnung ge-
than. In diesem Jahre erhielt unser Magistrat von dem von Lindau
die Nachricht^ ein Priester aus der Nähe dieser Stadt habe seine
zwei kleinen Pfarreien verlassen und zwei liturgische Bücher mit-
genommen^ das eine weiss, das andere roth eingebunden; beide
seien nach Strassburg gekommen und befanden sich bei dem
Schreiber Peter von Haslach, «der die Bücher verkauft auf den
Greden des Münsters»*. Die Greden, gradus, waren die zu den
Münsterthüren führenden Stufen; hier war also damals schon eine
Bücherbude; der Schreiber, der sie hielt, handelte nicht nur mit
seiner eigenen Waare, sondern auch, wie ein Antiquar, mit altem
Werken. Die Erlaubniss, bei dem Münster Bücher feil zu halten,
erbat man sich von dem portarius des Stifts; man hatte den Ort in
der Absicht gewählt, die Aufmerksamkeit der in die Kirche ein-
tretenden Cleriker auf die ausgelegten Bände zu richten. Seit der
Mitte des dreizehnten Jahrhunderts war dies der Gebrauch zu Paris*,
und später auch in andern Städten. Der Magistrat, der die Auf-
sicht über die für den Münsterbau sorgende Verwaltung des Frauen-
hauses hatte, wollte 1482 die zahlreichen, das Gebäude entstellenden
Buden entfernen; er verbot daher auch auf den Greden Bücher zu
verkaufen. Darüber beschwerte sich lebhaft der portarius Friedrich
von Baden; es stehe, schrieb er den 10. Mai aus Trier, wo er
gleichfalls Canonicus war, es stehe Layen nicht zu, «gefreite, ge-
weihte Stätten», die nur unter der Gerichtsbarkeit des Kapitels
stehn, irgend Jemanden zu verbieten; es sei «auf viel Stiften ge-
wonlich das man vor den Greden und Kirchthüren Bücher feil
habe und sie an diesen Enden wisse zu finden'». Wie es scheint,
musste der Magistrat sich fugen; noch lange nachher waren unter
den Münsterbuden auch solche, wo neue und alte Bücher verkauft
wurden. Seitdem man Bücher druckte, hatten die Drucker ihre
eigenen Läden, theils in den Häusern, die sie bewohnten, theils
1. Schreiben vom 28. Mai 1408. *BuUetin de la SocUti pour la conservation
des numuments historiques d!%Ahace, 1879, S. 270.
2. Der Grammatiker Johann de Garlandia redet von einer platea nova
ante paravisum domina nostra (parvis de 'KjOtre-Dame) ; eine, um 1250 geschrie-
bene Glosse, fugt bei: paravisus est locus übt libri uolarium venduntur. Watten-
bach , S. 470. DucANGE , Glossarium , B. 5 , S. 80.
3. 'Bulletin de la Sociiti pour la conserv. des mon, bist,, 1879, S. 271.
46 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MiUelältet.
beim Münster oder bei der Pfalz. Die Produkte der ausländischen
OfEzinen bezogen sie von der frankfurter Messe; anderes kam aus
Italien^ noch anderes aus Paris^ das im Mittelalter durch seinen
Handschriftenhandel berühmt gewesen war*^ und das seit dem Ende
des fünfzehnten Jahrhunderts zahlreiche , meist schöne Ausgaben
der verschiedenartigsten Werke auf den Büchermarkt brachte.
Was den Verkaufpreis der Handschriften betrifft, so ist es
schwer, etwas Bestimmtes darüber zu sagen. Die hie und da an-
gegebenen Summen gehn so weit auseinander, dass, wenn man
den calligraphischen Werth eines Buches nicht kennt, kein sicherer
Massstab anzulegen ist. Auf das Alter der Manuscripte wurde wohl
schwerlich Rücksicht genommen. Nur Eines lässt sich behaupten
und begreifen, das ist der im Allgemeinen hohe Preis. Hier folgen
die wenigen Angaben, die ich gefunden habe. Im Jahr 1300 schätzt
der Canonicus von S. Thom«e Johann de S. Amarino das DigesHitn
vetus und die Decretalen, die man ihm entwendet hatte, zu 40 Mark
Silber. 1379 verkaufen die Augustiner von Ittenwiler eine Bibel in
fünf Bänden für 33 Pfund. 1395 und 1396 verkauft die Abtei Baum-
garten dem Johanniterhaus die !\Coralia Gregors in zwei Bänden
für 10 Pfund, und acht andere Bände für 3. Elsa Zürnin, vielleicht
die Wittwe oder Tochter des obengenannten Illuminators Zürne,
überliess dem nemlichen Haus ihr auf 20 Pfund geschätztes Ver-
mögen, für welche Summe die Brüder ein magnum gradale kauften.
Im fünfzehnten Jahrhundert erhielten sie als Geschenk ein fhCissdU im
Werth von 40 Gulden*; 1404 verpfändete ihnen das Kloster Neu-
burg für 41 Pfund ein Speculum historiale in vier Bänden. 1426
schätzte das Thomasstift ein aus zwei Theilen bestehendes Über
oratorius auf 30 Gulden. Die Karthäuser kauften für 12 Gulden die
Postille des Thomas Rygsted über die Proverbien, und für 40
Gulden die Glossa archidiaconi super decreto; um einmal 27 Gulden
zu entlehnen, gaben sie mehrere Rechtsbücher als Pfand. Die Bibel
1. Der englische Bischof, Richard von Bury, um 1350, redet mit Be<>
geisterung von den zahlreichen Werken aller Art, die man sich zu Paris ver-
schaffen konnte. ThiloUhUon. Paris, J. Petit, 1500, in-4«, f» B. 4. Gersoo
dagegen klagt, dass so viele Handschriften aus Frankreich entführt wurden.
De laude scriptorum, in opp., B. 2, S. 700.
2. Necrolog der Johanniter. Bibl. der strassb. Universität.
Bücher und Bibliotheken ^ Strassburg im MiUelalter. 47
in vier Bänden^ die dem Kloster Obersteigen gehört hatte^ wurde
1450 für 60 Gulden verkauft.
Auch von dem Preis der ältesten Incunabeln ist nur wenig
bekannt. Eine im Juni 1466 von Hector Mulich gekaufte ^ von
Mentel gedruckte deutsche Bibel, die sich heute zu München be-
findet, hat, am Ende diese Note: emUis est hie Über, nondum ligatus,
florenis duodecim^. Mentels Schwiegersohn und Nachfolger Adolph
Rusch schenkte der basler Karthause eine gewisse Anzahl von
Büchern, worunter ein Speculum exemplorum, auf zwei Gulden ge-
schätzt, die Werke Gersons 3 Gulden, und die Sermones Socci zwei
Pfund«.
5. Buchbinder. — Nachdem Königshofen das S. Thomas-
Archiv neu geordnet hatte, trug der Schaffner in die Rechnung von
1397 2 Pfund 14 Seh. ein, pro bappiro ad libros instrutnentorum et
pro pergameno, unde zu beslahende und zu bindende. Diese
letztern Worte bezeugen das Vorhandensein von Buchbindern, deren
es jedenfalls schon früher zu Strassburg gegeben haben muss. Der
erste mit Namen genannte ligator librorum ist Johann Badel, 1427.
Johann Utenheim, 1477, war zugleich Schulmeister. Nach Errich-
tung der ersten Pressen in Strassburg bekam auch die Industrie der
Buchbinder eine immer grössere Ausdehnung. 1502 wurden sie mit
den Druckern in die Goldschmiedezunft zur Stelz aufgenommen.
Die hiesigen Einbände, von denen noch viele auf unserer
alten Bibliothek zu sehen waren, bestanden, wie beinahe überall,
aus mit Leder, meist Schweinsleder, überzogenen Holzdecken. Bei
einigen aus dem vierzehnten Jahrhundert war das Leder bereits
kunstreich gepresst'. Die für reiche Kirchen bestimmten hatten
silberne oder vergoldete Ecken, Spangen, Buckeln, Schliessen, mit
eingegrabenen Zierrathen oder Heiligenbildern. Auf andern, selbst
ganz kleinen, waren oft sehr fein gearbeitete Ornamente von Kupfer
1. Lichtenberger, Initia typographica, ^Argent., 181 1, in-4«, S. 58.
2. Liber benefactorum der basler Karthause. Basler Archiv.
3. Als im vorigen Jahrhundert der Conithur Kcnringcr die Johanniter-
Bibliothck neu ordnen licss, wurden fast sämmtlichc Mss. nach damaligem
Geschmack neu eingebunden.
48 Bücher und Bibliotheken 7;u Strassburg im Mittelalter.
angebracht. Bald waren es die Buchbinder, die mit diesen Dingen
die Bücher «beschlugen», bald waren es die Spengler*.
Als Buchbinderpreise finde ich in den Rechnungen der S.
Thomasfabrik: 141 2 2 Seh. für einen Psalter, 1414 10 Seh. für
ein Graduale mit Spangen, 1416 6 Seh. für ein Homiliar und 18 Seh.
für ein Antiphonar und einen Psalter, 1419 10 Seh. von dem
Antiffener zu bindende und zu beslahende qui jacet vor
her Jocop Twinger. Um aus diesen Preisen einen allgemeinen
Schluss ziehen zu können, müsste man wissen, ob die Bücher mehr
oder weniger einfach oder kostbar eingebunden waren. Diese
nemliche Bemerkung gilt für folgende Preise: der Einband zweier
Bände für das S. Ciarenkloster kostete im Jahre 1466 7 Seh. 6 Pf.,
der einer Summa angelica für die Johanniter 1490, 3 Seh. 6 Pfg.'
Die Bücher wurden übrigens nicht immer von den Copisten und
den Druckern mit gemalten Initialen und fertig gebunden zum Kauf
ausgeboten; die Käufer liessen sie, je nach ihrem Vermögen und
Geschmack, durch die Illuministen und Buchbinder verzieren und
einbinden'.
1. 1432, 72 Seh. von den 2 Levitenbüchern van nüwem uf zubinden und umh
die 20 Spangen die duffe sint 18 Tf, dem Spengeler dieselben Spangen uf^stahen.
Rechnung der S. Thomasfabrik.
2. Hanauer, itudes iconomiques, B. 2, S. 588.
3. Lichtenberger, Initia typogr,, S. 58. — Schelhorn, %AmcenitaUs Ute-
raria. Francfurt, 1727, B. 3,8. 29.
BEILAGEN.
I.
CATALOG DER BBLIOTHEK DES S. THOMASSTIFTS,
ZU ANFANG DES XV. JAHRHUNDERTS.
(Von der Hand Königshofens geschrieben, S. Thomas- Archiv,
Reg. D, in-f», f» 93.)
Libri in Uberya eccUsie S. Thame %ArgefUmensis.
Isidarus de summo bono. Isidorus ethymologiarum.
Item Aurora^ seil. Bibiia metrica.
Antiquum Psalterium modicum glosatum.
Item novum Psalterium per %AugusHnum, Jeranyinum et %Atnbrosium
glosatum.
Unus liber continens Cantica canticorum, Apocalipsim, vitam Georii,
epistolam ad Romanos, memoriam Michahelis, passionem
Mauricii et sociorum eius.
Item quedam pars beati Gregorü super Johannem. Item Lucas glo-
satus. Item glosa super Matheum.
Item quinque libri Moysi.
Item sermones et omelye estivales.
Item ex alia parte eiusdum secundi pulpiti: %AugusHnus de trinitate.
Item liber confessionum beati ^tigusüni.
Iteip super Epistolas et Ewangelia per amium.
Item sermones et omelye per annum. Item omelye et sermones
diversi.
Item scholastica hystoria super novum testamentum. Item scholas-
tica hystoria super vetus testamentum.
Item expositiones Epistolarum et Ewangeliorum a nativitate Domini
usque Pasca.
4
50 Bücher und Bibliotheken :(u ,Strassburg im Mittelalter.
Item lampartica historia, que concessa est plebano et socio.
Hugo de sacramentis.
Item prologi librorum Biblie. Item Epistole Pauli et libri sapiales.
Item canonice Epistole. Item super Apocalipsim. Item super actus
apostolorum et super Epistolas et Ewangelia.
Item xl omelye Gregorii.
Item Proverbia glosata. Item prima pars super Epistolas Pauli. Item
secunda pars super Epistolas Pauli.
Item ex alia parte eiusdem pulpiti: xl omelye Gregorii.
Item concordantie Ewangeliorum.
Item vita S. Germani metrice scripta, et solutiones diversarum
questionum sacre scripturetextus.
Item Enchideron (sie) ^ugustini, et de libris divini officii, et de
transitu beate virginis.
Item quarta pars Moralium Yob.
Item canones antiqui. Item de origine mortis humane.
Item Ysaias glosatus per beatum Jeronimum.
Item Psalterium glosatum. Item dyalogus Gregorii.
Alexander magnus metrice.
Item dialectice rationes. Item Über de diversis materiis, scilicet de
astronomya, de topica %Aristotelis , de septem artibus liberalibus.
Item Über medicinalis.
Item Vriscianus maior.
Item Instituta glosata. Item breviarium iuris canonici.
Item ex alia parte : Musica ^oecii.
Item super topicorum. Item ^oecius super arismetrica (sie).
Item Biblia metrica que dicitur Aurora.
Item D^arcianus et de gramatica.
Item duo libelli cantuales cum gravibus historiis et responsorüs.
Item Rationale divinorum.
Item libellus de medicina.
Item quinque libri Moysi, in parvo volumine sine asseribus. Habet
dominus prepositus B. ^urggrave.
(Man kann nicht genau sagen, wie viel Bände es waren. Wahrscheinlich
aber wollte Königshofen mit jedem Item einen besonderen Band bezeichnen.
Die Bücher lagen auf mehreren Kepositorien oder pulpita, jedes mit zwei ein-
ander den Rücken kehrenden Fächern.)
n.
CATALOG DER KARTHÄUSER-BIBLIOTHEK.
(Zwei gegen Ende des XVI. Jahrh. von Pappus geschriebene Hefte in-4*.
S. Thomas- Archiv , Lad. 57.)
%0^0^ß^m^^f^0^
I. HEFT.
Index Ubrorum bibliotheca Carthusiana in vumbranis exaratornm.
I. 2. Biblia ladna cum prasfationibus HUronymi, tomis duobus^
in membranis^ typis excusa.
3. Hierofiymus in duodecim prophetas minores. Singuloj temiones
vestiunt membranae^ reliqua in chards sunt exarata.
4. Lyra super Pentateuchum, Josua, Judicum, Ruth, quatuor
Regum, Paralip., Esdram, Nehemiam, Tobiam, Judith,
Esther, Job et Psalterium, seu prima pars Moraliutum ^NJcolai
de Lyra, finita a. d. 1368.
5. Concordantias euangelistarum super euangelia per annum.
Brevis continentia omnium librorum Biblias. Item breves causa?
euangeliorum.
6. Interpretationes hebraicarum dictionum quas continet Biblia.
7. Postilla super Proverbia Saiomonis fr. Thoma %ygsted anglici,
ordinis praedicatorum, scripta a. C. 1390'. Emta XII florenis.
8. Tractatulus de diversis haeresibus et inquisitione hxreticae pra-
vitatis. Hugo de 5. Victore super Apocalypsin, quamquam videtur
esse Hugonis cardinalis. Incipit: Vidit Jacob in somnis scalam
etc. Partim in membranis, partim in chartis.
9. Glossa ordinaria super iibros sapientiales.
I. Thomas Hingstede, gest. 1365. Qy^TiF u. Hchard, Scriptores ordinis
fr, pTted. T. I, S. 652.
52 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter.
10. Expositio ^NJcolai de Lyra super Psalterium.
11. Expositiones b. tAugustini super primam quinquagenam.
12. Expositiones tAugustini super secundam quinquagenam.
13. Idem super tertiam quinquagenam.
14. Expositio b. tAmbrosü super Psalmum beati immaculati.
Sint deo grates Ambrosioque qui dedit artes
Et mihi mente pia ter ave legitate Maria. 1467.
15. Hugo Cardinalis in plserosque libros veteris testamenü. In medio
est Communiloquium fr. Johannis Vallensis.
16. Expositio Christiani grammatici super Matthaeum. Expositio
seu epithoma super Lucam et Johannem. Homelia in cap. 12
Matthsei^ cum dormirent homines etc. Epistola S. fhCartini epis-
copi ad Mironem regem de 4 virtutibus.
17. Thomas de %Aquino super epistolas paulinas.
18. 19. Moraliutum Gregorii super Job pars i et 2.
20. Earundem moralitatum pars 3.
21. Earundem iterum moralitatum pars i.
22. Epistolare b. Hieronymi. Idem adversus Jovinianum. Sermo
eiusdem de assumtione b, Marias. Partim in membranis, partim
in chartis^ ut volumen 3.
23. Isidorus de officio clericali^ de officio missae^ et disputatio
eiusdem contra quinque genera hostium.
24. JeronimianuSy de vita et laude b. Hieronymi^ per Johannem
%Andrea juristam editus.
Accipe Jerony mum y non ex doctoribus imum.
Nee miris minimum, sed linguae munere primum.
25. Moralitates b. %Ambrosii de patriarchis Abraham^ Isaac etc.
Idem de Naboth et Achab. ^emhardus super missus est.
26. Sermo b. tAugustini de suscitatione Lazari. OmelixB. Gregorii
super Ezechielem prophetam.
27. tAugustinus de cognitione novae vitae. K^hardus de 5. Victore
de exterminatione mali et promotione boni. Idem de contem-
platione. Idem de statu interioris hominis.
28. Sermones b. ^emhardi super Cantica canticorum. Eiusdem
speculum monachorum.
O Beraarde pater, hie dulcia qui posuisti,
Fac me, qui scripsi, regnum conscendere ChristL
Bücher und Bibliotheken 7^ Strassburg im MiUelaÜer. 53
29. Epistolse 'Bembardi aliique eius tractatus cum testamento
eiusdem.
30. %AugusHnus super epistolam b. Johannis. Eiusdem soliloquium
aliique tractatus.
31. ^idius de T^gma de corpore Christi, ^ugustmus de %Ancona de
laude viri perfecti. Liber artis catholicse fidei. Liber de spiritu
sanao. l(usbruch super tabernaculum.
32. Dialogi GregorU papse.
33. Pars secunda moraUum Gregorü.
In secundo reposüorio.
34. Ubertus Lombardus de nomine et amore Jesu'.
35. Pars 3 moralium Gregorü in Job. (Lib. 18, foL 28 contra
merita operum insignis locus)'.
36. Gregorianus sive authoritates b. Gregorü in diversos libros
utriusque testamenti.
37. Pars 4 moralium b. Gregorü. Anno domini 1454 finiti sunt
libri Job in refectorio. Item a. d. 1463 iterum finiti sunt. Item
a. d. 1481 tertio finiti sunt Item a. d. 15 10 quarto finiti sunt.
38. Tractatus aliquot b. ^Ambrosü, ExaSmeron^ de paradiso^ de
Cain et Abel^ de adhortatione virginiuds^ de perpetua virgi-
nitate b. Marias » qui alias intitulatur de institutione virginis ad
Euseblum.
39. Quosstiones subtiles super quatuor libros sententiarum^ authoris
incerti.
40. Alias quasstiones super libros sententiarum.
41. Dicta Thoma de %ArgenHna super quartum sententiarum.
42. Postilla TPeiri de Tarantasia super librum i sententiarum.
43. Quodlibeta Egidü de Kgma.
44. Excerptum quasstionum Bonaventura, per fi*. H. ordinis mi-
norum in Thurego lectorem.
45. Gesta antiquorum patrum sive Vitas (sie) patrum.
46. Thomas de %Aquino contra gentiles.
1. Excerpta aus dieser Schrift auch in der Joh.-Bibl. WmrER, S. 37.
2. Das Eingeklammerte ist ein Zusatz von Pappus.
54 Bächer und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelaller,
9
47. Pars tertia summas S. Thoma, partim in membranis, partim in
chartis.
48. Secunda secundas Thoma de %Aquino, similiter.
49. Eiusdem prima secundas tota in membranis.
50. Pars prima summte 5. Thoma.
51. Summa ^artholomai Visani.
52. Compendium theologicae veritatis. Miracula sive exempla sanc-
torum, secundum ordinem alphabeti ex diversis iibris collecta.
53. Historias scholasticas pars posterior de novo testamento. Biblia
pauperum.
54. Historia scholastica.
Dextram scribentis virtus regat omnipotentb.
55. Historia scholastica iterum.
56. Historia variorum sanctorum^ Hugonis Gratianopoiitani^ Pauli
eremitae, Malchi etc., Otiliae virginis fol. 160, 170, undecim
millium virginum etc. Priores in membranis, posteriores in
chartis.
57. Vita Bernhardi et quaedam eins opuscula.
58. Dialogi Gregorii. Idem super Psalmos pcenitentiales.
59. Liber gestorum Barlaam et Josaphat servorum dei, authore
Joh. Damasceno.
60. De ordine cisterciensi et de b. Bernhardo.
61. Vita Hugonis Lincolniensis episcopi.
62. Casaris Heisterbacensis de miraculis, in membranis, usque ad
cap. 2 distinctionis tertiär.
63. Apologia pauperum adversus calumniatorem. Determinatio
Johannis XXII. Quorundam hasreticorum in Avenione combus-
torum historia.
64. Malogranati duae partes, partim in membranis, partim in
chartis.
63. Hugo de claustro animae.
66. Fr. ^dolphus, leaor sententiarum in Argentina, in Canticum
canticorum caput primum. Reductio super euangelia ad decem
materias. Extraeta Guilhelmi Occam super sententias. Quaedam
%Alberti magni. Liber tSCosi Vetri tAlfonsi. Baptisatus fuit 29
Junii 1106, aera 1144. Expositiones quasdam morales ^NJcolai
de Lyra in Genesim, Job, Psalterium.
Bücher und Bibliotheken :(u Sirassburg itn Mittelalter. 55
67. Speculum humanae salvationis.
68. Sermones et tractatus varii.
69. Pars tertia Malogranati^ partim in membranis» partim in chartis.
In tertio repositorio.
70. Joannes Climacus. Sermones decem Eusebü Emiseni, qni alias
inscribuntur Casario tArelatensi.
71. Tractatus aliquot de profectibus religiosorum.
72. CoUationes patrum Cassiani (in quibus cavendum est^ in colla-
tionibus patrum Jo. Cassiani et in libris institutionum).
73. Breviloquium de triplici vita. Historia passionis domini.
74. Sermones %Augustini de sanctis sive festis.
75. Postilla Parmensis fr. tAnthonii ordinis prxdicatorum.
76. Homiliae %Augustini, Veda et aliorum doctorum super euan-
gclia per anni circulum. Istum librum ego Fridericus plebanus
S. Magni in Wormacia assigno Carthusise in %Argentina in re-
medium animae mese.
77. Holkot super librum sapientias.
78. Sermones Vernhardi abbatis.
79. Iterum sermones Vernhardi.
80. Sermones Socci.
81. Seneca ad Lucilium epistolae.
82. Isagoge Joannicii ac Tegni Galieni. Vhilaretus de negotio pul-
suum. Pronostica Ypocratis cum commento Galieni. Regimen
acutorum cum glossa Galieni. Et Über de signis Galieni. Item
Tegni Galieni cum commento tAly. Et liber de causis Galieni.
Item liber aphorismoruni Ypocratis cum g]ossa Galieni.
83. Tractatus aliquot medici.
84. Lilium medicina? mag. ^urkardi de Gorgonio.
85. Innocentius super Decretale.
Hoc Volumen cum aliis duobus, i. reportatis super 4 et 5
Decretalium Casparis de Caldarinis, 2. reportatis super 3 et 4
Decretalium in bapyro, cautionis loco data fuerunt pro 27
florenis. In huius voluminis fine h;ec erant ascripta : Anno
domini 1387 in vigilia Mattha'i apostoli transivi ad Studium
Viennense, et ibi steti per sex annos. Deinde anno 93 in
Bononiam, et ibi steti per tres annos minus 4 mensibus.
56 Bücher und Bibliotheken ^u Strassburg im MittelalUr.
Et ibidem anno 96 die 23 mensis aprilis^ in qua erat vi-
gilia S. Georii^ quamvis in aliis partibus dies ipsius, repetii
C. testimonium situatum sub titulo de testibus. Demum die
27 eiusdem mensis intravi temptamen domini mei Casparis
de Caldrinis, et habebam ab eo in punctis C. quia op. V.
q. ni. et C. cum super, de concessione prsbendas. Item
die seqüenti habui in punctis a domino meo Laurentino de
Pina C. si qua de rebus XII. q. 2 et C. cum ecdesiastica,
de exceptionibus. Item prima die maii recepi a domino
meo domino Carralo (sie) de Sampucariis pro punctis C.
episcopo n. liceri. VIII. q. i et C. q. omne, de prxscrip-
tionibus. Ultimo vero decima die maii, in qua erat dies
S. Florianiy summisi me examini collegii almas universitatis
Bononiensis^ a quo habui in punctis C. quisquis probatus
fuerit 2. q. 6 et C. primum de restitutione spoliatorum.
Et sie eadem die post examen data mihi erat licentia iuris.
Jo. ^NJcolai Doa. — Nota contra morbum calculi, vor das
Grien, rec. :(isem et magnam radicem petersilie; fac bulire
in munda olla / oder 2 mall; bibe post de mane et sero
et ... . cum eode^ commisce et testa .... avellanorum
welsch hctselnus^i, combure et pulverisa, et de eodem pul-
vere ....
86. Constitutiones Clementis paps V una cum apparatu domini
Joh. %Andrea.
87. Decretales cum glossis Garsia.
88. T)ynus de regulis iuris. Sacramentale Guilhelmi de Monte Lau--
duno. Idem super clementinis.
89. Archidiaconus super decreto. Emtus 40 flor. rhen.
90. Decretum Gratiani cum glossis. Historia decretorum ^artho^
. lomai ^rixensis.
9 1 . Liber de ordine iudiciorum in iure civili et canonico Heinfredi
^eneventani.
92. Repertorium speculi M. Wilhelmi Durandi.
Quae pridem plura sunt sparsim tradita iura
Haec nunc scriptura facili monstrat tibi cura.
93. Summa T(aymundL
94« Missale in membranis typis excusum.
Bucher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter. 57
95. Lyra super epistolas paulinas et caponicas, et acta apostolorum.
96. Textus clementinarutn cum glossis.
97. Pastorale noveilum M. K^dolphi. de Liebeg, prsepositi ecclesias
episcopalis Ceilas necnon canonici ecclesise maioris Constan-
tiensis. Completum a. d. 1324'.
98. Sermones Socci de sanctis.
99. 'Beda in parabolas Salomonis.
100. Traaatus varii.
loi. Psalterium glossatum interlinealiter.
102. Libelius qui intitulatur Valde bonum, continens accentuationes
quarundam dictionum in BibÜa^ et de euangelüs et de mar-
tyrologio. 1441.
10}. Lyra super libros historicos veteris testamenti.
104. Prima pars moralium B. Gregorü.
105. Summa Richardi de WeT^ernigsete (sie). Innocentius de officiis
missae. Tractatus de professione monachorum. De confessione.
Speculum pcenitentise Mag. Wühelnii de !\Contibus. Sermones
diversi.
106. Isidarus de summo bono.
107. Pars Socci hyemalis de tempore et de sanctis.
In quarto repositorio.
108. Quaestiones variae in magistrum sententiarum.
109. Pastorale Gregorü papas.
HO. Vetrus de Tarantasia super secundum sententiarum.
111. Liber sententiarum M. Yvonis. M. tValtherus ihCaurus de con-
iugio. De ordinibus et ordinandis. Micrologus.
112. Hugo de Septem sacramentis.
II}. Summa confessorum Fr. ^ymundi.
114. Privilegia papalia ordinis carthusiensium.
115. Compendium theologicae veritatis.
1 1 6. Versus J^idii de Vrinis cum commento Gilberti,
117. Psalterium in membranis typis expressum in carthusia Arg.
I. S. ober diese in leoninischeo Versen abgefasste Schrift, von der auch
die Joh.-Bibl. zwei Copien hatte (Wetter, S. 3, 11), den Aufsatz von Gall
Morel, über Rud. von Liebegg, Probst von Bischofszell und Canonicus von
BeromQnster, gest. 1332, im Gescbichtsfreund, B. XXI, S. 134.
58 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MUtelalter.
118. Psalterium secundum consuetudinem ordinis carthusiensis.
119. Postilla innominati authoris.
120. Consuetudines ordinis carthusiensis.
121. Scrmones fr. Guidonis deOnCesnello^.
122. Ofßcia missae de sanais.
123. Psalterium carthusiense.
124. Omeli« Gregorii super Ezechielem.
125. Pars hyemalis libri matutinalis.
126. Psalterium carthusiense. 15 18.
127. Psalterium carthusiense plenum.
128. Liber cellae secundum ordinem carthusiensium.
129. Viaticus Constantini seu practica medicinae.
130. Historia scholastica.
131. Miracula b. Virginis, in copia. Hildefonsus de laude b. Virginis.
De b. Nicoiao. Passio b. Christophori martyris.
132. De XI millibus virginum. De S. Catharina. Gesta Elisabeth de
Leodio. Vita Mariae de Oegines (Oignies).
133. Legenda sanctorum.
134. Vita S. Martini, Briccii et Auctoris, episcoporum.
135. Historia lombardica, pro parte.
136. Miracula b. Virginis et historia XI millium virginum.
137. Legenda sanctorum sive lombardica.
Explicit iste liber, sit scriptor crimine liber.
138. Liber gratiae spiritualis S. Mechtildis. De miraculis b. Virginis
et de XI millibus virginum.
139. Quidam tractatus xAugustini, Hugo de claustro animae. Abbrc-
viatio ethicae AristoteUs. De moribus et officiis nobilium super
ludum scaccorum Jacobi de tAssolis.
140. Speculum ecclesiae. Tractatus de virtutibus.
141. Speculum S. Mariae virginis.
142. Liber miraculorum in gloria martyrum.
143. Regula b. Benedicti cum expositione ^emardi abbatis Cassi-
nensis.
144. Compendium theologicae veritatis. Pastorale b. Gregorii.
I. Guido Ebroicensis de ^osniUio, Ende des 13. Jahrh. QjJtnF u. Echaiu),
H. I , S. 402.
Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MiUelalter. 59
145. Speculum b. Morias virginis.
146. Psalterium germanicum maxitna parte in chartis descriptum.
147. Psalterium germanicum in membranis.
148. Vrito de vocabulis Bibiix.
In quinto repositorio.
49. Sermones varii antiqui.
50. Lyra super parabolas. Idem^ utrum ex scripturis receptis a
Judasis efficaciter probari possit saivatorem nostrum fuisse
deum et hominem.
51. De tempore et de sanctis.
52. Consuetudines ordinis carthusiensis.
53. Donatus spiritualis. De septem profectibus religiosorum.
54. Speciales missae et collectae.
55. Novae constitutiones ordinis carthusiensis.
56. Psalterium veteris editionis.
57. Tractatus aliquot Joh. %Andrea et aliorum j. c.
58. Digitus iuris 9 poIlex, index, medius, annularius et auricularius,
seu remissorium iuris secundum ordinem alphabeti.
59. Abbreviata super moralia Gregorii.
60. Sermones varii.
61. Psalterium vulgare cum glossis marginalibus.
62. Cursus b. Virginis Marias.
63. Textus sententiarum.
64. Tractatus varii Thoma de %Aquino.
65. Compendium theologiae.
66. Idem.
67. Allegoria^ quorundam passuum S. Scripturae.
68. Summa T(aimundi metrice, cum aliis.
69. Expositio symboli. De passione domini. Regula solitariorum.
70. Exceptiones summac M. Johannis beleih de officio divino. Item
summa virtutum.
71. Dionysius de coelesti hierarchia cum expositionc.
72. Tractatus xAlberü Magni de fine religiosx perfectionis, cum
aliis eiusdem argumenti.
73. Dieta salutis. Themata dominicalia et sanctorum.
74. Hieronymus de essentia divinitatis. Bulla apostolica de confir-
matione ordinis hieronymiani.
6o Bücher und Bibliotheken :(u Sirassburg im Mittelalter.
75. ^Albertus magnus de ardculis fidei» aliique tractatus varii.
76. Postilla brevis. Physiologus.
77. Flores b. ^emhardi.
78. De officio missae.
79. Compendium theologise.
80. Pharetra Bonaventura.
81. Breviloquus Bonaventura cum aliis,
82. Sermones de tempore et de sanctis.
83. Sermones diversi.
84. Sermones diversi capitulares.
85. Quadragesimale Jacobide Foragine.
86. Sermones dominicales per annum.
87. Sermones de tempore Luca de 7adua.
88. Consuetudines ordinis carthusiensis.
89. Breviarium.
90. De simonia.
91. Historia lombardica seu passionale sanctorum.
92. Casus summarii. Temperatura incausti.
In quinto repositorio.
193. De Septem sacramentis.
194. Horologium sapientise.
195. Monita de verbis Isidori extracta. ^Augustinus de spiritu et littera,
cum aliis tractatulis.
196. Horologium sapientiae.
197. Doctrina cordis.
198. Psalterium vetus.
199. Flores b. Beruh ardi.
200. Brito terminorum Bibliae expositor.
201. Consuetudines ordinis carthusiensis.
202. Idem.
203. Sermones dominicales Jacobi de Foragine.
204. Sermones quidam postillares.
205. Summulse M. Lamberti de Ligniaco\
I. Magister Larabertus, auch de Liniaco Castro genannt, war von Ligny-
le-Chastel, Depart. der Yonne; er lebte im 13. Jahrh. und schrieb eine Summa
oder Summula de logica, von der sich drei Mss. in der Pariser National-Bibliothek
Bücher und Bibliotheken ^ Strasshurg im MiUelaUer. 6i
206. Dicta super Gintica canticorum.
207. Psalterium vetus.
208. Diadema monachorum abbatis Smaragdi.
209. Flores Vemhardi et %Augustim.
210. Compendium pauperum super sententias, Excerptum de quatuor
libris sententiarum. Summa %aimundi.
211. Contemplatio b. Vemhardi de passione domini, cum multis
aliis et variis.
212. Sermones varii diversorum. .
213. Vita Pauli eremitae et alia similia.
214. Statuta ordinis carthusiensis.
215. Excerptum summae confessorum.
216. Psalterium vetus.
217. Summa %iimundi.
218. Sermones de sanctis.
219. Compendium theologiae. Deest liber primus. In fine hxc sunt
annotata : Fr. Hugo dictus ^ippelin, ordinis prsedicatorum, com-
posuit hunc librum, videlicet compendium theologix.
220. Sermones varii.
221. Breviarium.
222. Postilla incerti authoris.
223. Sermones varii.
In sexto repositorio.
224. De Septem sacramentis tractatus.
225. Horologium sapientiae (ratris kA,^ ordinis pracdicatorum,
226. Monita de verbis S. Isidori et aliorum extracta.
227. Liber doctrinas cordis.
228. Horologium sapientiae. Cursus de aeterna sapientia, Quaestiones
theologicae aliquae.
229. Flores b. ^emhardi abbatis.
und eines xu Troyes befinden. Man vermuthet, er sei der nemliche wie der bei
Qy^TiF u. EcHARD, Script, ord, prad,, T. i, S. 906, ab Verfasser einer Summa
logicalia erwähnte Lambert von Auxcrre. S. Hist, litt, de la Fronet, B. 19,
S. 416. Unsere Karthiuser hatten noch eine xweite Copie, n* 236. Das hier,
dem Namen Ligniaco beigefügte Wort sicco, scheint ein Schreibfehler xu sein ;
man kennt kein Ligny-le-Sec.
I. %Am4mduSt Beiname Suso*s.
62 Bücher und Bibliotheken ^u Strassburg im Mittelalter.
230. Breviarium seu Psalterium.
231. Consuetudines ordinis carthusiensis.
232. ^rito expositor terminorum Biblias.
233. Consuetudines ordinis carthusiensis.
234. Sermones dominicales per anni circulum Jacohi de Voragine.
235. Homeliae et lectiones varias per annum.
236. Lamberti de Ligniaco sicco summulas, scriptae anno 1286.
Lauda scriptorem donec videas meliorem.
237. In Cantica canticorum.
238. Psalterium.
239. Diadema monachorum abbatis Smaragdi. Vita Paulae.
240. Flores b. Bernhardt et %Augu5tini. •
Hie liber est scriptus, deus ex hoc sit benedictus.
241. Compendium pauperum super sententias fr. Bonaventura. Ex-
cerptum de quatuor iibris sententiarum. Summa ^aimundi.
242. Contemplatio b. Bemhardi de passione domini. Claustrum
animae. Stella clericorum Guidonis ordinis pra^dicatorum. Itine-
rarius mentis ad deum Bonaventura cardinalis.
243. Sermones varii.
244. Vitae quorundam sanctorum, Pauli 'anachoretae, etc.
245. Statuta Guigonis et nova.
246. Summa confessorum Guilhelmi Gayoti ordinis praedicatorum*.
247. Psalterium.
248. Summa T(aymundi.
249. Sermones de sanctis.
250. Psalterium et Breviarium.
251. Sermones varii.
252. Compendium theologicae veritatis.
253. Omeliae fratris pauperis Praetoris. Loquagium rhetoricas H. Kai"
kar. Cantuagium musicae eiusdem prioris carthusiae %Argentinensis.
254. Precationes variae, inter alias de vita et passione Christi.
255. Cursus b. Maria?, Ihesus, Maria, S. Anpa, salva nos te tertia.
I. Vermuthlich Guillelmus de Kaioco, von Cayeu» in der Picardie» Ende
des 13. Jahrh. y Verfasser einer Summa casutim conscientia. QuihiF u. Echard,
B. I, S. 507.
Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter. 63
256. Vrito minor de expositione terminorum biblicorum.
257. Psalterium et Breviarium. Liber de venenis seu Septem vitiis
capitalibus et eorum remediis. Item de moribus tam nobilium
quam secularium super ludo scaccorum. Incipit datio veneni,
258. Sermones de tempore et sanctis.
259. Percgrinus de tempore aestivali.
260. Cursus b. Mariae virginis.
261. Sermones dominicales de tempore , et alia.
262. Cursus b. Marias virginis.
265. Excerpta ex summa virtutum et vitiorum.
264. Liber pocnitentialis ^berti de S. Victore.
265. Soliloquium dcvotx animx.
266. Cursus b. Maria; virginis.
In septimo repositorio.
267. Rosarium b. Marias virginis.
268. Summa salutis.
269. Excerptum de summa virtutum et vitiorum.
270. Libellus de poenitcntia.
271. Cursus b. Marias virginis.
272. Sermones de summis festivitatibus.
273. Thomas de perfectione spiritualis vitae.
274. Psalterium cum Breviario.
275. Breviarium.
276. Der tugent buch.
277. Psalterium cum Breviario.
278. Cursus b. Marias virginis.
279. De passione domini et alia varia.
280. Orationcs varias.
(Von hier an sind die Bücher nicht mehr numerirt.)
Clavis physicas. Disputatio Theodori abbatis, grxci genere, arte
philosophi, cum Johanne viro eruditissimo roman;e ccclcsias
archidiacono , genere scoto.
Historia cuangelii mctrice. Summa M. Johannis beleih super Cantica
canticorum metrice.
xArator subdiaconus in Acta apostoloruni.
64 Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im Mittelalter.
Lucanus de hello civili.
Anno domini 1387 dlcebatur quod in %Argenüna fuissent
vina venalia d. d. dualium meliora circa viginti, qualibet
quarta pro denario, et tantum unum pro tribus obulis, alia
vero plura remissius, et quadam dominica assumtionis b.
Virginis. Circa finem libri Horologii sapientias n® 226.
2. HEFT.
Libri carthusiani.
(Mit wenig Ausnahmen, gedruckte BQcher.)
Secunda pars epistolarum d. Hieronymi.
Sermones Jordani de sanctis.
Sermones discipuli de sanctis. Promptuarium exemplorum. Abbre-
viata Ludolfi de vita Christi.
Sermones !hCichaelis ihCediolanensis per adventum et quadragesimam.
^Antonius de ^utrio super IV et V Decretaliam. Ms.
Liber sex distinctionum ordinis cisterciensis. Ms. membr.
Quxstiones euangeliorum de tempore et sanctis Johannis de Turre-
cremata.
Margarita Decreti Martiniana. Statuta synodalia dioecesis Basiliensis.
Chronicon Ungarorum %Andrea Hess.
Gesta Barlaam et Josaphat servorum dei. Ms. membr.
Quadragesimale discipuli.
In-4^
Psalterium carthusianum.
Itinerarius Johannis de ü^andevilla militis. Tractatus de vitiis lingual.
M. Johannis Stass. Tractatus xAlbertani ^rixiensis de modo loquendi
et tacendi.
Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im MiUelaUer. 65
Speculum manuale sacerdotum Hermanni de Schildis. Expositio deni-
que, sed manuscripta, hymnorum per Dianysium carthusianum.
Speculum finalis retributionis Tetri 'Ssgi* • • (uolesbar).
De doctrina moriendi opusculum. Trithemn catalogus scriptorum
illustrium Germaniae.
Trilhemius de scriptoribus ecclesiasticis.
Guilbelmi Vibauci carthusiani conciones.
De veritate contritionis Johannis Ludaviä Vivaldi.
Breviarium carthusiense.
Breviarium argentinense Alberd episcopi.
Aliud carthusiense Breviarium.
Item aliud.
Antidotarius animas ^NJcolai Saliceti.
Assertio purgatorii Tetri Leidensis.
Censura ^ellarmini über das Concordibuch.
Horae b. Virginis secundum ordinem carthusianum.
Hortulus animx.
Stimulus divini amoris Bonaventura. Johannes Viterbiensis super Apo-
calypsim.
Unterricht von den tApostaten. Jeu:. T(abus.
Directorium parvum contemplari inchoantium Tetri Leidensis.
In-xvi®.
Horae b. Mariae Virginis.
Diumum secundum ordinem carthusianum.
In prima exedra.
Decretum Gratiani cum apparatu Johannis Teutonici et annotationibus
Bartholomai Brixiensis.
Speculum judiciale üurandi.
Summa de casibus astexana.
Biblia latina translationis veteris, incertum quo anno.
Githolicon; dcsunt paucula in principio et fine.
Thomas de Valois et ^NJcolaus Trivct in %Augustinum de civitatc dei,
cum ipso librorum XXII contextu.
5
66 Bücher und Bibliotheken :(u Sirassburg im MitUlalter.
Prima pars summae %AnUmim.
Repenorii juris doa. Caldrini pars incipiens a littera L usque ad
finem.
Missale y incertum cuius dioecesis.
Secunda secundae Thoma %AquinaHs.
Dictionarii pars m a P littera usque ad finem.
Missale speciale argentinense.
Rationale divinorum officiorum.
Jacobi Thilippi ^ergomensis supplementum chronicarum.
Sermones discipuli de tempore et sanctis.
Summa vitiorum Guühelmi Lugdunensis.
Jacobus Verotus de Valentia in psalmos.
Bonaventura in tertium sententiarum.
Margarita Martiniana Decreti.
Casus longi Bernhardt super decretales.
Pars rV et V librorum %Augustinu
Pars VI et VII eiusdem.
Pars Vm et IX eiusdem.
Ars diphthongandi Guarini Veronensis. Dialogus de arte punctandi
et de accentu. Breviloquus vocabularii.
Dialogus Guühelmi de Ockam. Eiusdem compendium errorum Jo-
hannis XXII.
tAurelii ^Augustini opuscula plurima.
Decretales Gregorii IX.
Decretum Gratiani.
Sextus, Clementinas et Extravagantes.
Eusebius de praeparatione evangelica et Lactantius.
Chrysostomus in Matthreum, interprete Georgio TrapeT^untio , pars 2.
Franciscus de Mayronis super 4 libros sententiarum. Eiusdem quod-
libeta.
Orationes T^hilelphi cum aliis opusculis.
Hugo de S. Victore de sacramentis, et Margarita Decreti Martiniana.
KAthanasii opera, Parisiis 15 19.
Tenia pars totius summae ^ntonini.
In secunda exedra.
Prima pars summae 5. Thoma.
Prima secundae S. Thoma.
Bücher und Bibliotheken t^u Strassburg im Mittelaher. 67
Summa diaa destructorium vitiorum.
Petrus de %Aquila in quatuor libros sententiarum.
Sermones Vernhardini de Senis.
Repertorium morale Tetri Verchorii seu prima pars dlctionarii» A,
B, C, D.
Expositio Tetri Tartareti super summulas Tetri Hispani.
Quadragesimale ^ernhardini.
Gregorius de xArimino super secundum sententiarum , et summa de
veritate Thoma de xAquino.
Textus sententiarum cum conclusionibus Henrici Gorichem, necnon
scriptis Thoma %Aquinatis ad Hunibaldum episcopum. '
Thomas de %Aquino de veritate cathoiicx fidei contra errores gen-
tilium.
Rosarii Vemhardini pars 11.
Sermones 5. %^ugusHni ad heremitas.
Thomas de %Aquino in libros Aristotelis de anima.
Dictionarii pars incipiens a littera P usque ad finem.
m.
CATALOG DER BIBLIOTHEK
DES CANONICUS VON S. THOMiE PAUL MUNTHART.
(Aus Muntharts Testament, 6. Mai 1480. S. Thomas-Archiv.
Abgedruckt in meiner Histoire du chapitre de Saint-Tbomas, S. 457 u. f.)
Im Original sind die Manuscripte und die gedruckten Bücher unter
einander gemengt und mehrere Namen nur durch Abkürzungen bezeichnet;
es schien mir zweckmässig die Handschriften von den Druckwerken xu trennen
und die Abkürzungen aufzulösen.
iXCanuscripte.
Decretaies cum apparatu.
Liber sextus cum apparatu Johannis ^Andrea.
Alius liber sextus cum apparatu Johannis !\Conachi.
Oementin».
68 Bücher und Bibliotheken t^u StrassbUrg im Mittelalter.
Archidiaconus super Decreto.
Novella Johannis %Andrea in duobus voluminibus in pergameno.
Lectura Henrici ^oid, scripta littera mala in quatuor parvis volumi-
nibus , et super quarto super decretalibus.
Lectura domini xAnionii de ^utrio super decretalibus , scripta bona
littera, prima pars super primo decretalium, item una super
quarto et quinto.
Lectura domini ^HJcolai abbatis de Sicilia, unum volumen super
primo decretalium, item duo volumina super secundo, item
unum super tertio, item unum super quarto et quinto.
%j4rchidiaconus super sexto decretalium, in pergameno scriptus,
Lectura domini T>ominici de S. Geminiano, in duobus voluminibus,
super sexto.
Lectura domini Johannis de Ymola super clementinas.
Speculator, in pergameno cum suo repertorio aureo.
Additiones Johannis %Andrea ad speculum, in pergameno.
Novella Johannis %Andrea super sexto, in pergameno.
Compostellanus super decreto et quasstiones ^ariholomai 'Brixiensis
veneriales et dominicales, in uno volumine in pergameno.
Mandogottus de electionibus, in pergameno.
Dynus in regulis juris super sexto et Compostellanus, in pergameno.
Repertorium Speculatoris, in pergameno.
Gisus Vernardi super decretalibus, in pergameno.
Mercuriales Johannis %Andrea cum tractatu usurarum domini Tanor^
mitani.
Unum volumen in quo ponuntur sacramentale Guillelmi de !\Conte
Laudinio, tractatus Johannis Calderini de summa interdicti, re-
petitio Johannis de Ymola, c. fi. de prescript., tractatus Johannis
de Ligna de censura ecclesiastica, repetitio Francisci de Sjoba--
rella, c. perpendimus de sen. ex., repctino Johannis de Ymola,
c. quintavali. de jure jurando, et repetitio ejusdem c. cum
contingat e. t., ac consilia Oldradi.
Lectura Francisci Zabarella super quarto, et in eodem volumine
repertorium ^erengarii cardinalis super specuio.
Unum volumen in quo continentur practica nova Ferrariensis, Ludo-
vicus de ^ma de concordia testium, Vartolus et Valdus, et
singularia ^aldi super singularibus %Archidiaconi in decreto.
Summa Goffredi.
Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im MiUelaker. 69
Item adhuc pulchra summa Goffredi in pergameno.
Decisiones novae. Item decisiones antiquse.
Summa %aymundi cum apparatu GuiUebni de üi€mUe Laudimo, in
pergameno,
Repertorium utriusque juris in duobus voluminibus.
Repertorium domini Johannis de ihCilis in jure canonico, ctmi secunda
parte additionum speculi.
Instituta.
Lectura Johannis de Tlatea super Institutis, in duobus voluminibus
scriptis de parva forma.
FF. (Digestum) vetus et novum.
Inforciatum.
Repertorium domini Johannis de !\Cilis in legibus.
Valdus super usibus feudorum, et summa !\CarHni in usibus feudorum>
et textus usus feudorum cum extravaganti ad reprimendum,
cum glosa Vartoli, in uno volumine.
Lectura %Angeli de %Areüo super tit. de actionibus, et additiones ^aldi
ad additiones Johannis %Andrea ad speculum.
Rationale divinorum officiorum.
Lyra super evangeliis.
Lyra super epistolis canonicis et actibus apostolorum et apocalypsi.
Cynus super C. (Codice.)
K/tngelus de Verusio super C.
KAlverotus super usibus feudorum.
Druckwerke (vor 1480 erschienen).
G)nsilia Tanarmiiani cum singularibus domini Ludavici de T(gma,
pressa.
Summa Hostiensis in duobus voluminibus, pressa.
Vartolus in duobus voluminibus super FF. veteri, pressus.
Vartolus in duobus voluminibus super Inforciato, pressus.
Vartolus in duobus voluminibus super FF. novo, pressus.
Variolus in uno magno volumine super C, pressus.
Valdus in quatuor voluminibus super C, pressus.
Githolicon, pressum.
Biblia in duobus voluminibus optime pressa.
Thomas de xAquino super evangeliis, pressus.
Ludolphus carthusiensis super evangeliis, pressus.
70 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter.
Summa Vartholomai Cepulla servitutiim urbanorum praediorum, ac
summa Jasonis de !\Cayno de jure emphyteotico, et KAlexander
de Ymola super tribus libris C.> pressi in uno volumine.
Tractatus Vartoli pressi.
Speculum historiale in duobus magnis voluminibus pressis.
Ysidorus ethimologiarum, pressus,
tyllbertus !hCagnus dt laudibus b. Marias virginis, pressus.
Moralia Gregorii, pressa.
Fortalitium fidei» pressum.
Textus summarum^ pressus.
Secunda pars domini KAntonU de Vutrio super pijmo libro decreta-
lium, pressa.
IV.
CATALOG DER BIBLIOTHEK
DES DEKANS DER KIRCHE ZUM ALTEN S. PETER
LUDWIG VON ODRATZHEIM.
(Aus dem Invenur seiner Verlassenschaft» Januar 1499. Heft in-4».
S. Thomas-Archiv.)
^HjOmina librorum.
Repertorium ihCilitis.
Gisus longi super libros decretalium.
Consilia Vanonnitani.
Prima pars Vartoli.
Repertorium Vartoli.
Jacobus %Alforot (Alvarotti) super feoda.
Bücher und Bibtiotheken :(u Strassburg im MäUlalUr. 71
Liber apostillarum per Vartbolum.
G>iisilia Ludavici de T(ffma.
Valdus super sexto Codicis,
Vocabularius breviloquus.
Lectura super titulum de appellationibus.
Tercia pars repertorii utriusque juris.
Summa %Alberü üiCagni.
Valdus super quarto et quinto Codids.
Githolicon.
Lectura attenticorum (authenticorum) tAngeli ac alii tractatus in uno
volumine.
Questiones super sentencias.
Secunda pars VartoU super easdem.
Repertorium TanarmüartL
G>nmientum tAngeli super Institutiones.
Cytms super Codicem.
Olradus.
G>nsilia fr. de Senis.
tArcbidiacottus super decreta.
Prima pars Nomina super sexto decretalium.
Franciscus de ZabereUis super Clementinas.
Secunda pars ^otninü super sexto decretalium.
Secimda pars VartoU super F. vetus.
Prima pars VartoU super F. novum.
^Bartolus super F. novimi.
Prima pars siminue Hostiemis.
Secunda pars sunmise Hostiemis.
Secunda pars speculi DuranH.
Prima pars repertorii utriusque juris.
Novella Johannis %Andrea super primo et secundo decretalium.
Defensorium juris» scriptum.
Decisiones rotae» scripta.
Decretales.
Modus legendi in utroque jure.
Fasdculus temporum.
Secunda pars repertorii juris.
Novella Johannis %Andrea super tercio, quarto et quinto decreu-
lium.
72 Bücher und Bibliotheken ^u Strassburg im Mitielalier.
Liber ethimologiarum Isidort.
Summarium textuale et conclusiones super seztum et Qementinas.
Viatorium utriusque juris.
Liber sextus decretalium.
^anormiUmus super prima secundi.
Instituta.
Tercia pars speculi Tiuranti.
Repertorium juris T>uranH.
Decretales.
Repertorium magistri Gxmlhelmi in pergameno scriptum.
Questiones Johannis %Andrea super regulis juris.
Virgüius.
Lactantius.
Gisus longi sexti et Qementinarum.
Vocabularius utriusque juris.
Summa angelica.
^lugusHnus xAurelius de mirabilibus sacrae scripturse.
Tractatus restitutionum.
Tanormitanus super secunda secundi.
Esopus.
De indiciis astrorum.
Liber elementorum EucHdis.
Liber de anima %Arestotilis.
Formulare und tütsch ^ethonca.
Apparatus ^landi notarii.
Exposiciones titulorum utriusque juris.
Repeticio utriusque juris.
Phisica Fersoris.
Peregrinacio domini Hern Vreitenbach.
Vita philosophorum,
Mammotrectus.
Parva naturalia.
Addiciones Vlutarchi.
De proprietatibus rerum.
Practica nova. *
Tanormitanus super primo Decretorum.
Tanormitanus super quarto et quinto.
Textus loyc« ^^restotäis , scriptus.
Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter. 73
Repertorium scriptum.
Historia Alexandri magni et Ovidius.
Formulare latinum.
Declaracio super Valerium.
Laurencius Falla.
BibUa.
Sermones Bonaventura.
Repeticiones LanfrancL
fkCarius Vhüelphus.
Codex.
Liber pergamenus scriptus in jure.
Repeticio capituli omnis utriusque sexus.
Textus %Alexandri.
Githo cum aliis.
G)pulata omnium tractatuum Tetri Hispani.
Franciscus Thilelphus.
Questiones super totum cursum loycae.
De vita et moribus philosophorum.
Boecius de consolacione.
Scripta super philosophicorum.
Confessionale %Anthomni.
Parvus liber pergamenus scriptus in jure.
Processus judiciarius Tanormitani.
^Albertus ihCagnus de virtutibus herbarum et lapidum.
De celo et mundo.
G)pulata parvorum loycalium.
Comutus.
Tberencius.
Questiones super tota philosophia.
Mensa philosophica.
Formuhe epistolarum domini Karoli.
Regimen sanitatis.
Herbarius.
De laudibus S. Annae et alii tractatus.
Epistobe &ua Silvii.
Practica et formulae juris.
Franciscus Tetrarcha de remediis utriusque fortunae.
Qementinse.
74 Bücher und Bibliotheken :(u Strassburg im Mittelalter.
Liber scriptus de jure.
Duo libri pergameni scripti.
Duo libri impressi sine titulo.
Formularius advocatorum.
Liber scriptus et certa coUecta.
Liber scriptus et certa collecta^ non inligatus asseribus.
Missale pergamenum.
Quinque libri oracionales pergameni.
VI parva et minuta oracionalia.
n.
DIE STRASSBURGER BUCHDRUCKER
VOR 1520.
EINLEITUNG.
Niese Arbeit hat keinen andern Zweck als die Nach-
Irichten zusammenzustellen, die ich über unsere ältesten
I Buchdrucker gefunden habe ; anhangsweise (Üge ich
Sl einiges über die bagenauer und schlenstadter bei.
Gutenberg und seine ersten Versuche zu Strassburg werde ich un-
berührt lassen; eben so wenig ist es meine Absicht, die ohne
Druckernamen bei uns erschienenen Incunabeln kritisch zu unter-
suchen ; ich beschränke mich auf biographische Notizen über die-
jenigen Typographen, die seit Mentel bis 1520 hier gearbeitet haben.
Von 1520 an, macht die zu Strassburg begonnene reformatorische
Bewegung immer grössere Fortschritte; während mehrerer Jahre
nimmt die Polemik die öffentliche Aufmerksamkeit beinah aus-
schliesslich in Anspruch; sie bringt eine Menge von Flugschriften
hervor; um den wachsenden Bedürfnissen zu genügen, werden
neue Pressen errichtet; Werke, welche die religiösen Fragen nicht
betreffen, erscheinen in dieser Zeit nur in geringer Zahl. Das
Jahr 1520 bezeichnet den Uebergang aus dem Mittelalter und dem
elsässischen streng katholischen Humanismus zur Periode der Refor-
mation; (ür meinen Zweck bildet es daher einen angemessenen
Abschluss.
Ueber einzelne unserer alten Drucker ist nur wenig zu be-
richten; es ist mir indessen möglich durch manches bisher unbe-
76 DU strasshurger Buchdrucker vor ij20.
achtete dasjenige, was bereits Schöpfiin bekannt gemacht hat*,
einigermassen zu vervollständigen. Einige allgemeine Bemerkungen
über die Ausübung des Buchdrucks bis 1520 mögen vorangehn.
Bis 1520 hat man im Elsass nur zu Strassburg, zu Hagenau
und zu Schlettstadt gedruckt Jeder der sich mit bibliographischen
Studien beschäftigt, weiss welch beträchtliche Anzahl von Büchern
die beiden ersten dieser Städte damals hervorgebracht haben; an
wenig Orten hat man verhälmissmässig eine grössere Thätigkeit
entwickelt. Unter Vorbehalt möglichen Irrthums, habe ich mehr als
1150 Publikationen mit den Namen der Drucker, und ungefähr
340 namenlose gezählt*. Für einige dieser letztem kann man mit
ziemlicher Sicherheit die Pressen bestimmen, aus denen sie hervor-
gegangen sind, es gibt aber noch viele, über die man im Zweifel
ist; einer genauen Prüfung mag es jedoch gelingen die eine oder
die andere auf den oder jenen unserer Drucker zurückzufuhren; um
diese Prüfung mit Aussicht auf Erfolg unternehmen zu können,
müsste man die Bücher vor Augen haben; diese sind aber nicht
immer leicht zu finden. Eine solche Arbeit wäre übrigens eher die
Aufgabe eines gelehrten Bibliographen, als die eines ein£u:ben Lieb-
habers elsässischer Geschichte.
Strassburg war im Elsass der erste Mittelpunkt typographischer
Produktion; das älteste datirte, zu Hagenau gedruckte Buch, ist
von 1489; zu Schlettstadt errichtete man erst dreissig Jahre später
eine Presse.
Strassburg war zugleich wie eine Art Schule, die Frankreich,
Italien, Deutschland, der Schweiz, mehrere der frühsten Buchdrucker
geliefert hat. Marcus Reinhard hat zu Lyon und zu Paris gearbeitet.
Berthold Riching zu Gaeta und zu Rom, der ^Cagisttr artium Sixms
Rissinger zu Neapel, Diebold Schenkbecher zu Rom'; Berthold
1. Vindicia typographica, xArgent., 1760, in-4». — S. auch Lichtenberger,
Initia typographica. urgent., 181 1, in-4®. — Zur Geschichte des strasshurger
Buchdrucks und Buchhandels, im Archiv für Geschichte des deutschen Buch-
handels. Leipzig, 1880, 5. Lieferung.
2. Die vollkommene Genauigkeit dieser Zahlen kann ich nicht garantiren;
ich habe mit eigenen Augen nur etwa 800 Drucke gesehn ; för den Rest be-
folge ich Panzers xAnnahs typographici , Hains T{epertonum und dasjenige Wellers.
3. Rissinger ward Kaplan zu Ungersheim bei Colmar und Vikar von
S. Thomas zu Strassburg, Schenckbecher erhielt in letzterm Stift ein Kanonikat.
Die strassburger Buchdrucker vor ijio. 77
•
Rembold war zu Paris der Genosse des berühmten Ubich Gering,
von Constanz; Heinrich Quentel gründete eine Offizin zu Colin';
Michael Wenssler, der 1462 als Zögling der basler Universität im-
matrikulirt wurde, gründete eine in dieser Stadt. Alle die genannten
waren Strassburger. Michael Friburger, der gleichfalls mit Gering zu
Paris gedruckt hat, war von Colmar; Nicolaus Götz, der sich zu
CöUn niederliess, war von Schlettstadt; man darf annehmen, dass
sie zu Strassburg ihre Kunst erlernt hatten.
Mehrere unserer ersten Buchdrucker waren Goldschmiede,
Maler, Calligraphen; als solche gehörten sie zur Goldschmiedezunft,
die damals alle, irgend einen künstlerischen Charakter habenden
Gewerbe umfasste, und deren Stube in der Münstergasse war, in dem
Haus :(tir Stel:(. Nachdem sie sich ihrer neuen Kunst gewidmet,
waren sie Mitglieder ihrer alten Zunft geblieben. Schon frühe trifft
man aber auch Drucker, pressores, impressores librorum, von denen
man nichts als die Namen kennt. Es ist kaum wahrscheinlich, dass
diese verschollenen Leute auf eigene Kosten Bücher herausgegeben
haben; man könnte sich versucht fühlen, ihnen einige der, vor
Anfang des sechzehnten Jahrhunderts, so zahlreichen anonymen
Drucke zuzuschreiben; dies wäre aber eine, jedes Beweises ent-
behrende willkürliche Vermuthung. Die einen mögen kleine popu-
läre Dinge, fliegende Blätter, Lieder, Kalender gedruckt haben,
oder im Auftrage grosser Typographen beschäftigt gewesen sein,
während andere ohne. Zweifel in den Offizinen dieser letztem nur
I. Der Verfasser des in Note i (Seite 76) angeführten Aufsatzes «Zur Ge-
schichte des strassburger Buchdrucks • zählt auch, S. 15, Heinrich Qjucntel unter die
hiesigen Drucker. Die Redaktion des Archivs bemerkt hiezu, mit Recht, Quentel
habe nur zu Colin gedruckt, fugt aber bei, der von dem Verfasser als Beweis
citirte Titel sei wahrscheinlich corrumpirt. Dieser Titel steht S. 77, Note 90;
er ist nicht currumpirt, er ist nur unvollständig und falsch verstanden. Das
fragliche Werk befindet sich auf der hiesigen Universitäts-Bibliothek : C 'PUnii
Sicundi iunioris Über illustrium virorum a condita urbe; am Ende : Excussum in
literaioria oßUina Henrici Quentel %Argentini et civis urbis %Aggripin€ pie memorie,
xAnno a naiali M. CCCC. V. ln-4». Panzer, B. 6, S. 356, fuhrt das Buch nur
summarisch an, ohne es, wie es scheint, selber gesehn zu haben; S. 358 gibt
er den Titel und das Explicit vollständig, aber mit der Jahrzahl 1506. Es ergibt
sich aus dem Explicit, dass Quentel von Strassburg gebürtig war und dass das
1505 in seiner cöllner OfHzin gedruckte Buch erst nach seinem Tod erschien.
Eine zweite Auflage erfolgte 1506.
78 Die strasshurger Buchdrucker vor IS20.
als Arbeiter angestellt waren. Vor 1500 kann man folgende nennen:
Ulrich von Lauingen 1471, Johann Danhuser 1474, Johann Muscat-
blut von Nördlingen 1477, Güsslinger und Peter von Müntz 1479,
beide im Dummenloch, wahrscheinlich als Arbeiter bei Eggestein»
Matthis von Werd und Conrad Franck von Kitzingen 1484, Niclaus
von Neu Weiler und Johann Jacob von Rothenburg 1487, Peter
Johann Beheim von Basel 1490, Johann von Dinslacken 149 1»
Friedrich Ruch von Dumpach 1495. Nur wenige dieser Drucker
gehörten zur Zunft der Stelz. Die welche, ohne zuvor eine andere
Kunst ausgeübt zu haben, grössere Werkstätten besassen, waren
gleichfalls dieser Zunft fremd geblieben. Mehrere von ihnen hatten
Universitäten besucht und Grade in der Artistenfakultät erworben.
Da nun die Verbreitung, des Buchdrucks das Gewerbe der
Gilligraphen gefährdete, und die Typographen für die Ausschmückung
ihrer Produkte eigene Zeichner und Uluministen in ihren Diensten
hatten, erlitt die Zunft zur Stelz, durch Verminderung der Zahl
ihrer Mitglieder, so bedeutenden Schaden, dass die Beiträge für den
« Stubenzins » erhöht werden mussten. Nach Schöpflin soll schon 1472
im Stadtrath die Rede gewesen sein de lege et norma typograpbis
prascrihenda^ ; über den Gegenstand dieses Gesetzes erfährt man aber
nichts. Hatte man damals schon daran gedacht die Buchdrucker
zünftig zu machen, ohne noch einen Beschluss darüber zu fassen?
Die erste Massregel des Magistrats, von der man sichere Kenntniss
hat, ist von 1502. Die Zunft der Stelz beklagte sich nemlich über
die Concurrenz, - die sie von Seiten der, nicht ihre Lasten theilenden
Buchdrucker zu erleiden hatte. Den 26. November verordnete daher
der Rath, dass alle die sich mit Drucken beschäftigten, so wie die welche
auf irgend eine Weise sich an der Verfertigung von Büchern betheiligten,
von nun an sich in der Stelz sollten einschreiben lassen*. Der Beschluss
unterscheidet: erstens ^uchtrucker, welche in dem Wesen und Ver--
mügen sient das sie gross redeliche Truckerien halten und auch der
ünColer Hantierunge domit brücken ; und zweitens die überigen gemeinen
Trucker, Formensnider , Buchbinder und Kartenmoler, die 'Bücher
nüwen und Heiligen truckent, us^istrichent und verkouffent, und damit
1. Vindicia typogr,; S. 113.
2. Articulbuch der Zunft zur Stelz. Sudt-Archiv. Abgedruckt in der Ab-
handlung zur Geschichte des strassburger Buchdrucks, S. 85.
Die strasshurger Buchdrucker vor ij20. 79
oucb der thColer Hantierunge bruchen. Beide Klassen wurden also darum
in die Zunft zur Stelz eingereiht, weil beide sich der Beihülfe der
Maler bedienten. Die Drucker der ersten Klasse hatten den nem-
lichen, damals erhöhten Beitrag zu entrichten wie die andern
Künstler; die der zweiten, einen geringern; erst wann «die Gesell-
schaft sich wieder erholt» haben würde, sollte für alle eine Erleich-
terung eintreten.
Unsere Typographen, die « grosse redeliche Di:uckereien » hatten,
gaben indessen nicht blos grosse, dickleibige Bände heraus; da der
Geschmack am Lesen sich immer mehr auch unter der Bürgerschaft
verbreitete, sahen sie auf die kleinen Bücher nicht mit der nemlichen
Geringschätzung herab wie der Basler Frobenius, der, wie Beatus
Rhenanus an Erasmus schrieb, nur grandia volumina drucken und
nicht under die Zahl derer gerechnet sein wollte, die vemaculas can-
tiunculas mprimunt, non se curare id genus libellos^. Wir haben
allerdings einige Drucker gehabt, die ausschliesslich nur Volksschriften
geliefert haben, allein auch Grüninger, Flach, Knoblouch haben
diese Art landläufiger Litteratur nicht verschmäht, deren Vertrieb
vielleicht sicherer und ergiebiger war, als der nur für die Gelehrten
bestimmter Werke.
Als sonst unbekannte Drucker werden seit dem Rathsbeschluss
von 1502 erwähnt: Erhart Arnold 1502, Thomas Krycher 1504,
Arnold von Colin und Wolfgang Gefeler von Behlenheim 1507,
Matthis Schuck von Speier 1511, Bastian von Kentzingen und Andreas
Hartmann 15 12, Wendling von Seltz 1520, sänmitlich Fremde, als
Bürger aufgenommen. Erhard Arnold und Arnold von Colin waren
die einzigen, die zur Stelz «dienten»; sie gehörten zu den soge-
nannten gemeinen, mit einer eigenen Presse für Andere arbeitenden
Drucker. Die Uebrigen waren blose Gesellen. Gewiss waren es aber
nicht die einzigen dieser Jahre; die von Strassburg gebürtigen
brauchten nicht erst das Bürgerrecht zu erwerben, wesshalb ihre
Namen im Bürgerbuch nicht verzeichnet sind. Seitdem das Drucken
eine einträgliche Industrie geworden, suchten Leute aller Gattung
darin ihren Broderwerb. Damalige Schriftsteller, wenn sie sich über
die schlechten Sitten der Studenten beklagen, erzählen, dass viele
derselben, unfähig einen Grad zu erlangen, sich zuletzt als Drucker-
I. 24. April 15 17. Erasmi epistola, in opp, Lugd, 'Bat., T. 3, col. 1604.
8o Die strassburger Buchdrucker vor ij20.
gesellen verdingten; sie verstanden gerade genug Latein, um als
Setzer lateinischer Bücher zu dienen. Brant, der während seines
Aufenthalts zu Basel, wo er bei Amerbach und andern Correkturen
besorgt hatte, mehr als einen solcher ehmaligen Studenten gesehn
haben mag, beschreibt sie als eben so lüderlich wie auf den Uni-
versitäten; an einem Tag, sagt er, verprassen sie einen ganzen
Wochenlohn*.
In den ersten Zeiten haben diejenigen Buchdrucker, die zugleich
Goldschmiede waren, ihre Typen selber verfertigt. Der Goldschmied
und Drucker Georg Husner, dessen Schwiegervater Nicolaus von
Honau, gleichfalls aurifaber et pressor Ubrorum war, redet im Jahr
1473 von seinen litera are exsculpta*. Die grosse Zahl der veröf-
fentlichten Bücher führt jedoch zur Annahme, dass schon fiühe das
Graviren und Giessen der Buchstaben zu Strassburg ein eigenes
Gewerbe geworden sein muss, das vielleicht mit dem der Form-
schneider zusammenhieng. Zum ersten Mal wird 1520 ein Geschrifft^
schnyder genannt, Peter Kreiss, Mitglied der Goldscbmiedzunft.
Andrerseits liess man Typen aus dem Ausland kommen ; so erklärt
sich zum Beispiel die Identität einiger strassburger Drucke mit denen
des Würzburgers Georg Reiser*. Gran von Hagenau bediente sich
zuweilen venezianischer Buchstaben, Adolph Rusch erhielt mitunter
I. So sint wir ^u Lyp^, Erfordt, Wien,
m Heidelberg , !XCent^, *Basel, gstanden,
kamen ^uJetst doch heim mit schänden,
das gelt das ist ver^eret do,
der truckery sint wir dann fro. NarrenschifT, Kap. 27, V. 26 u. f.
^ie trucker in dem bras^ umbgon,
uff einen tag ein wochenlon
ver^eren, das ist ir gfert. Ib., Kap. 48, V. 59 u. f. Zarncke's Ausgabe,
S. 29, 51. — Wann sie (die Studenten) wider heim kumen, so künnen sie nOt, und
werden buchtrucker darus^, gauckler, etc. Geilers Predigten über das Narrcn-
schiff, Strassburg, 1520, in-f», f» 69. — S. auch das Lichtschiff, bei Zarncke,
Die deutschen Universitäten im Mittelaher. Leipzig, 1857, S. 60.
2. S. weiter unten die Notiz über Husner.
3. Im Jahr 1477 erschien in zwei Ausgaben, die eine in-f», die andre
in-4«, ein deutsches Gedicht über den burgundischen Krieg, beide mit dem
Explicit getruckt ^u Strassburg anno domini etc. M. cccc. Ixxvii. Die Typen der
Quart-Ausgabe sind genau dieselben wie die des Werks JoH. von Dajibach,
De consolatione theologiee und einiger anderer nach Hain typis %eiserianis gtdvicVltn
Bücher, n« 15236, 10367, 12580, etc.
Die strassburger Buchdrucker vor 1^20. 81
die seinen aus Basel*. In den ersten Jahren des sechzehnten Jahr-
hunderts wird zuerst bei uns der caracteres oder calami stannei Er-
wähnung gethan*; man weiss aber, dass schon lang vorher solche
gegossen wurden; Hieronymus Gebwiler schreibt sogar ihre Erfindung
unserm Mentel 'zu'.
So wie ein Druck fertig war, kam er in den Handel. Man
ersieht jedoch aus den am Ende beigefügten Daten, dass viele
Bücher erst beim Beginn der strassburger oder fi'ankfurter Messen
ausgegeben wurden; es geschah dann, dass, wenn die Zeit drängte,
man sich beeilte, dasjenige rasch und flüchtig zu vollenden, was
unter der Presse war. In dem Explicit des Epüome rerum gtrmani-
carum Wimphelings, das den 11. März 1505 bei Prüss erschien,
sagt der Correktor Matthias Schürer, wenn Druckfehler übrig ge-
blieben, so möge man sie zum Theil dadurch entschuldigen, dass
coacH sumus ob imminentes nündinas franckfordenses itUra brevissimum
tempus id operis formis excudere.
Man erfahrt nicht, wie stark die Auflagen unserer ältesten
Drucke waren. Mentel wurde einmal angegangen, eine Schrift
Augustins herauszugeben, damit sie ad magnam numerosüaUm ver-
breitet würde; ums Jahr 1465 wird sich diese magna numerosüas
schwerlich auf mehr als einige hundert Exemplare belaufen haben.
Später waren die Auflagen grösser; ein Heiligenleben 1502, die
Tucolica des Baptista Mantuanus 1503, die lateinische Grammatik
des Cochläus und die Collectanea adagiorum von Erasmus 15 12, er-
schienen je zu 1000 Exemplaren; 151 5 liess Gran 1500 von einem
dicken Folioband lateinischer Predigten abziehen. Einzelne Pracht-
exemplare druckte man auf Pergament; mehrere derselben sind
noch in Bibliotheken vorhanden; auch die hiesigen Karthäuser be-
Sassen ein Missale und eine Bibel in zwei Bänden auf Pergament ;
eine Zeit lang hatten sie in ihrem Kloster eine eigene Presse, mit
der sie einen Psalter druckten; ein Exemplar für ihre Bibliothek
war in membranis^
1. S. die Notizen über Rusch und Gran.
2. Qüamis sianneis, z. B. Schürer 1509 u. f., Grüninger 1509, Beck 15 14,
Prüss 15 15. 'HjOtis areis, die !\Cusica institutionts O. Nachtgalls, Knoblouch 15 15,
in-4».
3. S. die Notiz über Mentel.
4. S. oben, S. 51, den Caulog der Karthäuser-Bibliothek, n* i, 2, 94, 117.
6
82 Die strassburger Buchdrucker vor /J20.
Das Durchsehen der Probebogen lateinischer Werke geschah
durch Cleriker und seit Ende des fünfzehnten Jahrhunderts durch
junge Humanisten. Diese fügten, zur Empfehlung der Bücher, Vor-
reden oder lobpreisende Verse bei; auch verfassten sie die Schluss-
noten, in denen sie nicht verfehlten, sich als casHgatores einzuführen.
Auf ihr Anregen begnügten sich auch die Drucker nicht mehr mit
dem Namen pressores librorum, sie nannten sich griechisch chalco-
graphi, bei Johann Schott und Grüninger übersetzte man imprimere
durch chalcographare^; Grüninger, der sich, wie früher Mentel, den
Titel impressoria artis tnagister gegeben hatte, bezeichnete sich 1 504
als chalcographia artifex; seine Druckerei und die Knoblouchs und
Schürers wurden offidna liUeraria, die Schotts ein prelum liitera-
torium*. Ich bemerke auch noch, dass in mehreren Drucken Strass-
burg als Stadt der Helvetier erscheint. Wimpheling, an eine
unrichtige Behauptung des Aeneas Silvius sich anschliessend, meinte
in seinem Hass gegen die Schweizer, unter Helvetien sei das Elsass
zu verstehn, er drang darauf, dass die Drucker ihre Bücher
aus der inclyta urbs Helvetiorum xArgentina datirten*. Schon der
westphälische Humanist Rudolph Lang redet, in einem an Rusch
gerichteten Gedicht, von der illustris Helvetiorum urbs %Argentina*.
Das erste hier erschienene Werk mit dieser falschen Bezeichnung
ist die 1490 von Grüninger gedruckte Summa %Antonini. Später
kommt sie noch öfter vor. Eine andere seltsame Laune unserer
Humanisten, denen es schmeichelte, für Archäologen zu gelten,
war statt nArgentoratum das nie gehörte Wort %Argentoracum zu
brauchen, oder den Namen Strassburg durch apud Tribonos zu er-
setzen*.
1. Chdlcographus , Joh. Schott 1502 u. f., HupfufF 1503, Knoblouch 1506
u. f., PrQss 1509, Flach 151 1. Chalcographia, Knoblouch 1504, Graninger 1506,
etc.
2. Für Buchdrucker findet man auch Ubrarius, und für Druckerei oficina
Uhraria, Joh. Schott 1509, 15311 Schürer 15 10. Lf^anui ist nicht Buchhändler,
wie der Vert. der Abhandl. zur Gesch., etc., S. 19, meint; Buchhändler ist da-
mals immer durch hibliopola übersetzt. Die Unterscheidungen, die derselbe Verf.
zwischen impressum apud, impressum per, impressum in offidna macht , sind ima-
ginär; diese Formeln haben alle den nemlichen Sinn.
3. S. meine Histoire Uttiraire de T^Ahace, Paris, 1879, B. i, S. 72.
4. S. die Notiz über Rusch.
5. In urbe %Argentoraco , in veteri %Argentoraco , apud •Argenloracot , sehr
Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 83
Was die künstlerische Ausführung der Drucke betrifit, so war
sie sehr verschieden. Nach Mentel, Eggestein, Rusch, deren Produkte
immer noch unsere Bewunderung erregen, wurde man so zu sagen
sparsamer; um wohlfeiler verkaufen zu können, reduzirte man das
Foroiat der In-Folio auf kleinere Dimensionen, man brauchte weniger
starkes, oft ganz schlechtes Papier und zuweilen eben so schlechte
Typen. Die vorzüglichsten unserer Meister behielten indessen Ach-
tung genug für ihre Kunst, um meist nur ausgezeichnete Bände zu
liefern. Den Werth dieser letztern erhöhen der Reichthum der
Ornamente, die Schönheit der Initialen und der Titelborduren, die
in den Text eingeschalteten Holzschnitte. Anfangs verrathen zwar
die damals nicht weniger als heute beliebten Illustrationen noch
grosse Ungeschicklichkeit; bald sind es mehr oder weniger rohe
Copien von Bildern aus anderswo erschienenen Büchern, bald er-
kennt man Originalzeichnungen, die aber eben so unvollkommen
sind wie jene Copien. Erst seit Martin Schön trat eine Verbesserung
ein; unter seinem Einfluss bildete sich eine Schule von Zeichnern
und Formschneidem, die man, wegen ihrer leicht zu unterscheiden-
den Manier, die elsässische nennen kann. Mehrere der damals be-
deutendsten Künstler, Urs Graf von Basel, Johann Wächtelin von
Strassburg, Johann Baldung-Grien von Gemünd, Johann SchaeuflFelin
von Nördlingen, haben Bilder für elsässische Drucke geliefert. Diesen
Namen ist der eines wenig bekannten, aber talentvollen Malers bei-
zufügen, Johann Schrotbank von Westhoffen. Hie und da findet
man auch Holzschnitte nach Zeichnungen Albrecht Dürers. Das
Vorkommen endlich der nämlichen Titelverzierungen und Initialen
bei verschiedenen Druckern beweist, dass dieselben fertig aus den
Werkstätten für den Verkauf arbeitender Formschneider kamen.
Bis zu Anfang des sechzehnten Jahrhimderts war die Typo-
häufig. — Am Schluss des Focabtdarius predicarUium (um 1504) in-4«, steht dies
Distichon :
Hutu nuper lihrum Knohlouchus rite prenubai
Cuius apud Tribonos calchographia viget.
Das OpuscuJum ^icb. Cocchii de imperii a gracis ad germanos tralationt,
1506, in-4«, hat ein ähnliches:
Tressit apud Tribonos solito Hmaiius iüa
Tnclyta Grüningeri calchographia, Vale.
84 Die strassburger Buchdrucker vor ij20.
graphie zu Scrassburg, in Bezug auf die Freiheit des Nachdrucks,
eine völlig unabhängige Industrie. In den ersten Zeiten gab man
nur, nach Handschriften, ältere Werke heraus; da solche Codices
auch in andern Kirchen- und Kloster-Bibliotheken vorhanden waren,
so war Niemand in seinem Rechte geschädigt, wenn an verschie-
denen Orten nach verschiedenen Manuscripten das nämliche Buch
erschien. Erst als auch neuere und mehr volksthümliche Dinge unter
die Presse kamen und die wachsende Leselust des Publikums eine
grössere Ausdehnung des Buchhandels bedingte, kam es vor, dass
man, um nicht nöthigzu haben, Schriften, auf deren Abgang man
zählen konnte, aus der Feme kommen zu lassen, sie nachdruckte,
ohne den Schaden zu bedenken, der daraus für die ersten Heraus-
geber erwuchs. Von damaligem gesetzlichem Gesichtspunkte aus
war dies kein Vergehen; es bestand noch keine Verordnung zum
Schutz des industriellen oder litterarischen Eigenthums. Einer der
rührigsten Nachdrucker war Grüninger; kaum waren zu Basel Brants
Faria carmina und sein Narrenschiff erschienen, so gab Grüninger
sie zu Strassburg heraus; ähnlich verfuhr er mit der ihCargarüa
phüosophica. Natürlich wurden auch strassburger Bücher ausserhalb
nachgedruckt. Um diesen Missbrauch zu verhüten, wandten sich die
Drucker von Original-Editionen an die höchste Behörde; diese er-
theilte dann, gegen Erlegung einer gewissen Summe, Privilegien
fiir einen längeren oder kürzeren Zeitraum und bedrohte die Nach-
drucker mit Geldstrafen. Seit 15 14 erscheint zu Strassburg der mit
unsern Humanisten befreundete Jakob Oessler, Doktor beider Rechte
und Advokat beim bischöflichen Gericht, als per imperium romanum
artis impressoria censor et superattendens generalis, Generalsuperat-
tendent der Druckereien im heiligen Reich. In dieser Eigen-
schaft verkaufte er den Verlegern Privilegien gegen den Nachdruck.
Dies war wohl sein einziges Geschäft; nichts beweist, dass er als
Censor eine Aufsicht über alle zu druckenden Bücher ausgeübt
hätte: aus seinem hochtönenden Titel geht nur hervor, dass die
den Strassburgern ertheilten Rechte im ganzen Reiche respektirt
werden sollten; die gewöhnlich auf zehn Mark Gold festgesetzte
Geldstrafe für die Nachdrucker wurde unter Oessler und den kaiser-
lichen Fiskus getheilt*. Es ist charakteristisch, dass Grüninger, der
I. J. P. VON Ludewig sagt in seinen Gelehrten Anzeigen, Halle und
Die strassburger Buchdrucker vor IJ20. 8j
rficksichtslose Nachdrucker, einer der ersten war, der um solche
Privilegien einkam.
Die meisten unserer frühesten Drucke gehören in den Bereich
der Theologie und des Rechts, zumal des canonischen; lateinische
Klassiker, Chroniken, Schulbücher sind seltene Ausnahmen; noch
seltener sind Schriften in deutscher Sprache; ausser der deutschen
Bibel Mentels, kann man vor 1500 kaum etwa vierzig deutsche
Drucke anführen, von denen mehrere nur wiederholte Ausgaben
desselben Textes sind. Gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts
und vornehmlich seit Anfang des sechzehnten bewirkt das Aufleben
der humanistischen Studien eine wesentliche Veränderung. Nur der
Hagenauer Gran bleibt noch im hergebrachten scholastischen Ge*
leise, zu Strassburg dagegen überwiegen von nun an die zur Ver*
besserung des Schulunterrichts bestimmten Traktate, die Ausgaben
aker Autoren, die Schriften neuerer Historiker und Poeten, Das
Griechische erscheint in unsem Druckereien erst seit 1 5 1 1 ; in früher
veröffentlichten Werken liess man fbr etwa vorkommende griechische
Leipzig, 1745» B. 5, S. 79, er habe io zu Siriuburg im Jabr 14^ fCifro^kUff
Bochem ein Ton Oessler, nnter dem Damm 14 kal, /ihr, 149$, aiifgcHtllt««
Privilegiom gesehn. Ich frage nicht , wie umdetbM es wire, in elfitm 149^
gedruckten Werk ein Priirilegiom Ton 149$ zu finden; ^ titu der beiden
Jahrzahlen könnte ja bei hadewig ein Dnsckfebler fein« kh habe aber in k^imm
strassborger Druck ans dem Ende des f&okehnttn Jahrbunderti und den $fH$n
Jahren des sechzehnten ugcad ein Pnwilepom eutätckt; wircn »okh« in di^Hf
Zeit schon obfich gewesen, so wire skbeilich Job. Schott um §in€§ Hbf dUi
IkCargtriU fbiluwfkicM eingefcomaien, statt sich gtnddup zu f€hn Hin€ Aui^gMh$n
als (fie echten gegen Sc Hacbäiücke Gtfamgtn tu tmfkhi^n, Vin von ihm
mddeueu Tkd dt€ Woru M€hn i ^umprk/iUgh
1511 gjb Mirimiiin, tu tmtf \u Aubttfübl d## d«n
Verl^crm durch hjbgkHfe Ma^idfucktf «rwseb^tfidfn
nkmotkigrtfhtu faiumm i akim pd mh i^mm hM rHi, d«4
w^gdem dem er fmm mitf0 v4 dUm m4 v^tuni4$4 imf^t^
€t wmmm itd äi4» Jtm äm i wra, i^AmmnU* ifihUff^,, %, ;||.;
der ^tm %Mtm d€U0ff4n (>ffftmi HH ^ 1 7Atm
Stamkfmg ty^f ik^ nm ^ A4vf/kit0 m 44fff
GeadkoL. r;ij beMTji^ er mt (0^^% iUA^fttt <r^ y^ fvf» ^M^f
g rdrurktr Ams^gbe des f^aitmdait ; i«> der V^^r^s^i« <^ 4/ mt4 i^m tf^^ftr4
ab u m i m mm mimmim'm m m ^4r ftim 9mm \ n umutfimp0k^ M/XkIip^^ , W d^n*
86 Die strassburger Buchdrucker vor 1^20,
Wörter leere Lücken, oder man schnitt sie schlecht genug in Holz'.
Neben der Humanisten-Litteratur blühte immer mehr die populäre ^
es erschienen in Menge deutsche erbauliche, geschichtliche, recht-
liche, medizinische, poetische, belustigende Bücher. Ausser stattlichen
Bänden in Folio und in Quart, druckte man Brochuren und fliegende
Blätter über die manchfaltigsten Gegenstände. Unter diesen Publi-
kationen waren nicht selten ehrenrührige Satyren. Es scheint, dass
schon früh die strassburger Drucker im Verdacht standen, sich mit
solchen Dingen zu befassen. Im Jahr 1488 schrieb Friedrich m. an
den Magistrat, er habe in Erfahrung gebracht, es solle zu Strass-
burg eine Schrift über den Krieg des Königs von Ungarn gegen
das Reich gedruckt werden, und es sei darin des Kaisers «ettlicher
bekannte, einem strassburger Drucker, und zwar von Oessler ertheilte Privi-
legium ist das für die erste bei GrQninger erschienene Ausgabe von Geilers
Strmoms de arbore butnana; es hat das Datum 14 kal, f$h, anno Christi 15 14;
das Buch wurde den 24. darauffolgenden März ausgegeben. Da ist es nun
merkwürdig, dass ein Gelehrter wie Ludewig dieses Privilegium von 15 14 in
das Jahr 1498 hat versetzen können ; dasjenige das er mittheilt, ist Wort für
Wort, mit dem nemlichen Monatstag, dasselbe wie das eben angegebene. Ein
anderes, mit Oesslers Namen, steht auf dem Titel der Tractahts *HJcolai Din^
ckelsjmbel, Joh. Schott, 15 16, in-f*; ein deutsches, auf der Rückseite des Titels
von Geilers Evangelia mit Us^legung, Grüninger, 15 16, in-f«. Trotz seines Titels
war indessen Oessler, so wenig als Stabius, alleiniger Spender von Privilegien;
diese waren und blieben ein kaiserliches Recht. Den 6. Mai 1 5 14 verlieh Maxi-
milian eines unserm Matthias Schürer, für den Druck der Chronik Otto's von
Freisingen, der ^Hjoctes attica von Aulus Gellius, der Schriften Rudolph
Agricola's und anderer den Studien nützlicher Bücher, licet apud exteros impressi
fuerint, (In Schürers Ausgabe von Otto's Chronik, 1515, in-f«.) 1520 tritt
Stabius auf mit der aus seinem Privileg von 15 12 hergeleiteten Behauptung, er
sei ermächtigt auch andern solche zu ertheilen ; Kraft der censura sibi a fuon-
dam, . . divo ^aximiliano concessa, gibt er eines für sieben Jahre dem schlett-
stadter Drucker Lazarus Schürer für Jakob Spiegels Erklärung eines der Hymnen
des Prudentius. 1520 scheint Oessler nicht mehr gelebt zu haben ; die in diesem
Jahr neu erschienene Ausgabe des Ptolemaeus ist nur noch von Uebelin besorgt.
Ueber Oesslers Verbindungen mit den strassburger Humanisten, s. Histoire
Utthaire de f%Alsace, B. 2, S. 103, 117, 130. — Ich bemerke nur noch, dass die
Drucke mit einem Privilegium in extenso selten bei uns sind ; gewöhnlich heisst
es nur cum privilegio, entweder mit der Angabe einer Frist oder ohne dieselbe.
I. Für Griechisches leer gelassene Stellen, z. B. in Tetri SchotU Lucu'
hratiuncuU, Martin Schott, 1498. Griechische Wörter in Holz geschnitten,
z. B. in Coccinii opusculum de imperii tralatiane, GrOninger, 1506.
Die strassburger Buchdrucker vor ijio. 87
Massen schimpflich gedacht», er verlange daher, dass sie aabge-
than» werde*. Es ist nichts von einer solchen Schrift bekannt; wurde
sie bei uns gedruckt, so wurde sie auch auf Befehl des Raths ver-
nichtet. Eine Censur im modernen Sinn des Worts hat weder damals
noch später existirt, der Magistrat griff nur ein, wenn irgend Jemand
durch eine jüngst erschienene Publikation glaubte beleidigt zu sein.
Er übertrug dann die Prüfung bald dem Ammeister oder einigen
Rathsherren, bald dem seit 1500 als Stadtschreiber und Syndicus
angestellten Sebastian Brant. Das erste verbotene Buch war, 1502,
Mumers Germania novay die Wimphelings Groll erregt hatte und
über die ein ungenauer Bericht an Kaiser Maximilian gelangt war*.
Den 24. Februar 1504 liess der Rath durch den Ammeister Peter
Arg neun Buchdruckern eröffnen, sie sollten weder etwas gegen
den Papst, den Kaiser, den römischen König, die andern Fürsten,
die Reichsstädte, noch «schändliche und üppige Lieder ausgehn
lassen, ohne Wissen und Willen Meister und Raths»'. Letztere
blieben übrigens bei der früheren Praxis, nicht eher einzuschreiten,
als bis man sie deshalb ansprach; so untersagten sie, 15 14, den
Druck von Murners Geuchmatt erst, nachdem sich die Barfusser,
die einen Angriff auf iiire Lebensweise argwöhnten, sich darüber
beschwert hatten; Murner erhielt jedoch sein Manuscript zurück \
Um die Verbote zu umgehen, setzten die Drucker bald ihre Namen
nicht unter die bedenklichen Traktate, bald verbargen sie sich unter
erdichteten Namen*. In der hieraus für den Magistrat entstehenden
Verlegenheit berief er, wenn eine namenlose Schrift als beleidigend
angegeben wurde, sämmtliche Drucker und forderte sie auf, bei
ihrem Eid den Schuldigen zu nennen. 1 5 1 5 liefen Klagen ein über
«schantliche Sprüche und Lieder» gegen die Eidgenossen, 15 16
1. S. Beilage I. *
2. Histoire littlraire de f^Alsace, B. i , S. 45.
3. Georg Husner, Joh. Grüninger, Joh. Prüss, Mat. HupfufF, Joh. We-
hinger, Joh. Knoblouch, Barthol. Kisller, Thomas Swop, Joh. Schott. Brants
Aniulen, Ms., ehmals auf der Stadt-Bibliothek.
4. Histoire lilUraire de T%Ahace, B. 2, S. 231.
5. Die kleine Sammlung von Briefen und Versen für Wimpheling gegen
Mumer, die 1502 erschien, In hoc libeUo hec continentur, Versictdi Tbeodorici
Grumundi, 6 BL in-4», hat am Ende : Joannes Strosack feliciler impressit, Suosack
bt ein erdichteter Name für Prüss oder Grüninger.
88 Die strassburger Buchdrucker vor ijio.
über ein awQrtembergisch Lied» gegen die Kaiserlichen; der Rath
erneuerte die alten Verbote und fügte bei, man solle nichts neues
der Art herausgeben, es sei denn zuvor «durch den Ammeister
oder den Doktor (Brant) besichtigt und zugelassen»*: offenbar eine
schwer auszuführende Massregel; weder der Ammeister noch der
Stadtschreiber hatten die nöthige Müsse, um selbst kleinere Schriften
zu untersuchen, bevor sie unter die Presse kamen. 1520, als die
religiöse Polemik begonnen hatte, erliess abermals der Rath ein
Verbot, nicht um die Besprechung der theologischen Fragen zu ver-
hindern, sondern nur, um groben Beleidigungen Einhalt zu thun.
Er strafte nie die Verfasser, er hielt sich an die Buchdrucker und
Buchhändler, und diese wurden, summarisch genug, durch Con-
fiscation und Vernichtung der noch nicht verkauften Exemplare
bestraft«
Trotz dieser Censur, die übrigens stets nur Schmähschriften
und unzüchtige Lieder betraf, *genoss die elsässische Typographie,
wegen der Vortrefläichkeit ihrer Erzeugnisse, eines weitverbreiteten
Rufs. Auf den Messen, wo unsere Drucker ihre neusten, oft noch
nicht einmal vollendeten Bücher auslegten, erhielten sie nicht nur
Bestellungen auf dieselben, sondern auch Aufträge, Manches auf
Kosten fremder Verleger zu drucken. Solche Aufträge kamen ihnen
von Basel, Speier, Colin, Nürnberg, Augsburg, Leipzig, Hamburg,
Wien, sogar einmal von Pesth und etwas später von Mailand. Zu.
Strassburg selber hatten mehrere von ihnen eigene Buchläden,
entweder im Erdgeschoss ihrer Häuser oder in beim Münster und bei
der Pfalz befindlichen Buden. Andere überliessen den Verkauf Buch-
händlern, die nicht zugleich Drucker waren, wie Paul Götz und
Johann Bischo&heim.
STRASSBURG.
I.Johann Mentel.
Johann, Sohn des Nicolaus Mentel oder Mentelin, dessen
Gattin Elisabeth hiess, wurde zu Schlettstadt geboren, wo seine
Familie zu den angesehenem der Bürgerschaft gehörte; 1457 ^^^
X. Brants Annaleo.
Die strassburger Buchdrucker vor IJ20. 89
146 1 war ein Dietrich Mentel Mitglied des Stadtraths^ Ein anderer
Zweig war zu Andlau angesessen; 1470 bezog ein Jakob Mentel
von da die Basler Universität; 1472 erscheint ein Johann Mentel
unter den villani, die sich, im Namen der Gemeinde, für ein Kapital
verbürgten, das ihr Herr, Ritter Ludwig von Andlau, vom S. Thomas-
stift entlehnte*.
Johann Mentel von Schlettstadt siedelte nach Strassburg über,
wo er 1447 als Goldschreiber, scriba aurarius, das Bürgerrecht
kaufte; seines Kunstgewerbes wegen ward er in die Zunft zur Stelz
eingeschrieben*. Zugleich versah er das Amt eines Notars*. Daraus
kann man schliessen, dass er einige Studien gemacht hatte; wäre
er des Lateinischen unkundig gewesen, so hätte er weder Notars-
geschäfte verrichten, noch sich der Typographie widmen können.
Ueber die Umstände, die ihn zu dieser Kunst hinführten, lassen sich
nur Vermuthungen aufstellen. Van der Linde nimmt an, Gutenberg,
der mit Mentel zu Strassburg in Berührung gekommen sein kann,
habe ihn nach 1450 zu sich nach Mainz berufen als Buchstaben-
Schneider und Illuminist; zu Mainz sei er in die Geheimnisse des
Buchdrucks eingeweiht worden, und sei erst 14s S> ^Is Gutenberg
und Fust sich trennten, nach Strassburg zurückgekehrt*. Um zu
beweisen, dass er längere Zeit von hier abwesend war, beruft sich
Van der Linde auf die von Schöpflin mitgetheilten Auszüge aus
den Registern des HelbelingszoUs*; hier wird Mentels zuerst im
Herbst 1447 gedacht, dann wieder 1448, 1449 und im Dezember
1450. Diese Daten bieten aber keinen hinreichenden Grund; Schöpf-
lin, der nur feststellen wollte, dass zu dieser Zeit Mentel als scriba
1. Bernhard Herzog, Ebässische Chronik. Strassburg, 1592, in-f*. Buch 7,
S. 10. — Die Nachrichten über die persönlichen und die Familien- Verhältnisse
der strassburger Buchdrucker sind hauptsächlich dem Bürgerbuch und den
Registern der Contraktstube , auf dem Stadt-Archiv, enmommen.
2. S. Thomas-Archiv. — 1520 wird der Sattler Hans Mentel, von Andlau,
strassburger Bürger.
3. Schöpflin, Vindicia typogr., documetUa, S. 42.
4. Job. Mentel notarius, Liber donationum fabrica ucl, %Arg. Frauenhaus-
Archiv. — Nach Schöpflin, O. c, S. 95, haben zu seiner Zeit noch imtru-
merUa a Job, thCentelio notario confecta existirt.
5. Van der Linde, Gutenberg. Stuttgart, 1878, S. 64.
6. Find, typogr,, documenta, S. 42. Der HelbeUngs^oU war eine Wein- Abgabe,
ein Helbling, halber Pfennig, per Maass.
90 Die strassburger Buchdrucker vor 1^20.
aurarius zu Strassburg war^ hatte kein Interesse, die Untersuchung
der Register weiter zu verfolgen. Da indessen diese letztem nicht
mehr vorhanden sind, so wäre es zu viel gewagt, wenn man ohne
andern Beleg behaupten wollte, Mentel habe auch nach 1450 fort-
gefahren, die Taxe zu bezahlen, mit andern Worten, er sei ohne
Unterbrechung zu Strassburg geblieben. Da er femer das Dmcken
bei Jemand erlernen musste, der es bereits ausübte, und da seit
Gutenbergs Weggang in unserer Stadt selber Niemand seine Ver-
suche fortgesetzt hatte, so behält Van der Linde's Vermuthung
immerhin einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit. Wie dem
aber auch sei, so viel ist gewiss, dass Mentel, seitdem er sich für
den Buchdmck entschlossen, ihn mit eben so viel Eifer als Ge-
schicklichkeit betrieb; er gehört zu den ersten, die die Bedeutung
ahnten, zu der die neue Kunst in der Welt bemfen war. Nicht
zufrieden mit dem, was er zu Mainz gelernt — falls er in der That
hier ein Gehülfe Gutenbergs gewesen — , verbesserte er das ursprüng-
liche,* noch theilweise unvolUcommene Verfahren. Hieronymus Geb-
weiler nennt ihn geradezu den Erfinder der caracteres sUmnei
und versichert bei Johann Schott, dem Enkel Mentels, ein UbeUus
tnanuscriptus ac mülüs figuris tnstrumentorum ei arti mcessariorum
depictus, nebst einer Schrift über die Bereitung der Tinte gesehn
zu haben*.
Der Zeitpunkt der ersten Errichtung von Mentels Dmckerei
ist nicht genau zu bestimmen. Indem sie sich auf eine Stelle der
Chronik des Philipp de Lignamine stützen, der selber zu Rom eine
typographische Offizin besass, nehmen Einige für Mentels erstes
Auftreten das Jahr 1458 an*. Bei näherer Ansicht des betreffenden
Passus ergibt sich aber, dass der Chronist nicht ausdrücklich das-
1. Tanegyris Carolina, tArgent., 1521, in-40, f> 19. Die Behauptung, Mentel
sei der Erfinder der caracteres stannei ist nicht richtig ; schon Schöffer hatte sich
metallner Typen bedient; Mentel kann indessen, unabhängig von Schöffer, auf
den nemlichen Gedanken gekommen sein.
2. Thilippi de Lignamine continuatio chronici '^icohaldini , in EcCARDS Corpus
historicum tnedii avi, Lips,, 1723, in-f>, B. i, col. 1307. Lignamine's Chronik
war zuerst zu Rom erschienen, 1474, in-4«. — Dorlan, Quelques mots sur
forigine de fimprimerie, Schlettstadt, 1840. S. 7, nimmt för Mentels Anfang das
Jahr 1458 an. — S. auch De Vinne, Invention of priniing, London, 1877,
S. 488 u. f.
Die strassburger Buchdrucker vor 1^20. 91
UmX.
jenige sagen will, was man aus seinen Worten herausliest. Er gibt
im Vorbeigehn eine kurze Notiz über Gutenberg» Fust und Mentel,
die er sozusagen zufiLllig zwischen Thatsachen aus den Jahren 1458
und 1459 einschiebt. Er hatte ohne Zweifel von einem der nach
Rom kommenden Drucker etwas über die drei genannten erfahren,
die chronologische Aufeinanderfolge war ihm aber unbekannt ge-
blieben; so begnügte er sich mit der Bemerkung, alle drei hätten
zur Zeit des Papstes Pius II. gearbeitet und jeder hätte täglich 300
Bogen gedruckt. Die Freiburger Bibliothek besitzt eine lateinische
Bibel in zwei Bänden in Folio, ohne Jahr und Druckort; seit Panzer
gilt sie fär Mentels Werk*. Am Ende des ersten Bandes steht von
der Hand des Rubricators geschrieben: ExpUcü Tsalterium 1460,
am Ende des zweiten: ExpUcü JpocaUpsis anno damini M?.ccc(f^.lxP*
Mentel hat demnach schon 1460 einen grossen Folioband ausgegeben;
eine so beträchtliche Arbeit hätte er schwerlich unternehmen kön-
nen, wenn er erst im Beginn seiner Thätigkeit gewesen wäre; da
die Kunst noch neu und beim Publikum wenig bekannt war, so
müssen Mentels Anfänge ziemlich bescheiden gewesen sem; nur
die nach einem gewissen Zeitraum erzielten Erfolge können ilim
gestattet haben, seiner Werkstatt mehr Ausdehnung zu geben; der
erste Ursprung derselben mag daher älter sein als 1460, und inso-
fern kann Philipp de Lignamine's ungefähre Zeitbestimmung ihre
Richtigkeit haben.
Der erste Druck, in dem Mentels Name genannt ist, und zwar
nicht am Ende, sondern in einer Einleitung, ist der Trakut de arte
pnedicaioria, der bekanntlich nichts anderes ist als das vierte Buch
von Augustins de doctrina christiana. Dieser nur 22 Blätter zählende
Folioband hat eine Vorrede, deren unbekannter Verfasser erzählt,
er habe Manuscripte der Schrift zu Heidelberg, zu Speier, zu Worms
«und zuletzt auch zu Strassburg» gefunden, er habe dann Johann
Mentel, mcolam %Argentmensem, impressorue arüs magisirum, bewogen,
sie zu drucken, damit sie in hrevi tempore ad magnam numerosiSatem
vermehrt, den Clerikem zugänglich würde. Fust veranstaltete gleich-
falk eine Ausgabe mit der nämlichen Vorrede, in der er den Namen
Mentels durch seinen eigenen ersetzte; da er gegen Ende von 1466
starb, so gehört Mentels Druck entweder diesem Jahr oder dem
I. Panzer» B. 1, S. 69. Van der Linde, S. 65.
92 Die strassburger Buchdrucker var*i$20.
vorhergehenden an ^ Die Bezeichnung artis impressarue magisier setzt
voraus^ dass er bereits als Buchdrucker bekannt war^ und daher seit
der Bibel von 1460 manches Andere in Umlauf gesetzt hatte. Den
27. Juni 1466 kaufte Hector Mulich ein Exemplar seiner deutschen
Bibel'; der Druck des grossen, aus 405 Blättern bestehenden Bandes
hatte jedenfalls mehrere Monate erfordert. Es wird nicht . gesagt,
dass, als Mulich ihn erwarb, er erst die Presse verfassen hatte» er
konnte vor dem Monat Juni 1466 vollendet sein.
Zu dieser Zeit setzte Mentel noch weder seinen Namen noch
eine Jahrzahl ans Ende seiner BOcher; seit 1466 haben wir indessen
einige Angaben, die eben so sicher sind, als wenn äe gedruckt
wären. Eine lateinische Bibel hat am Schluss die von einem Gdli-
graphen beigefiigten Worte: Explicü Kber iste anno dammi miUesimo
quadringeniesimo sexagesimo sexto famuUus arte impressaria per vene^
rahüem vhrum Johannem !hCenteUm %Argentma\ Bne ähnliche In-
schrift, mit dem Datum 1469, befand sich in einer Summa %Aslexana
unserer verbrannten Stadtbibliothek \ In andern MenteTschen Bänden
hatte man nur die Jahrzahlen vermerkt: 1466 in einer Summa des
Thomas von Aquino, 1477 in einer Bibel*; in einer andern, ehe-
mals unserer Bibliothek gehörenden Bibel, war in den Anfangs-
buchstaben des Buches Hiob das Datum 1470 eingeschrieben. So
viel mir bekannt, ist das Speculum bistoriale von 1473 das erste
Werk, das Mentel im Explicit nennt; das Speculum monüe von 1476
ist das zweite, mit dieser, der des Speculum histariale im Wesent-
lichen gleichlautenden Formel: Impressum in mclyld urbe %Argen-
Hnensium ac nitide terse cmendateque refcctum per banorandum dominum
dominum Johannem ihCentelin artis impressorie magistrum famosissimum.
njinno a partu virginis salutifero miUesimo quadringentesimo septttagesimo
sexto die mensis novembris nona*.
1. Madden, Lettres d'un bibliograpbe, 2* sirii, Versailles, 187), S. 56 u. f.,
beweist durch eine genaue Prüfung der Ausgaben dieser Schrift, dass Mentel
deren zwei gemacht hatte, ehe Fust die seinige gab.
2. Lichtenberger, Iniiia typogr., S. s8. — Hain, n» 3130.
3. SCHÖPFLIN, Vind. typogr. , tab. 3.
4. O. c, S. 44 und tab. 4.
5. Lichtenberger, S. 58. i
6. ScHöPFLiN, S. 48. — Madden, 4* sirie, Paris, 1875, S. 45, beweist
dass Mentel nur diese zwei Specula gedruckt hat 1
j
Du strassburger Buchdrucker vor ij2o. 93
Wie viel Bücher hat Meniel herausgegeben? Wer vermag es
heute zu sagen? Die Zahl derer^ die man ihm zuschreibt, scheint
übertrieben zu sein'; nimmt man aber auch eine geringere an, so
bleiben noch genug, meist in gross Folio gedruckte Bände übrig,
um uns über seine Thätigkeit in Erstaunen zu setzen.
Er verkaufte seine Drucke nicht blos zu Strassburg, er brachte
sie auch auf die Messen. So wie früher der Manuscriptenhändler
Diebold Lauber von Hagenau, verfasste er Anzeigen, Prospectus
wie man heute sagen würde, um seine Bücher zu empfehlen; er
bat darin die Gelehrten und die Buchhändler, in die Herberge zu
kommen, wo er oder sein Agent abgestiegen waren, und verhiess
ihnen einen billigen Verkäufer, largum vcndüorem. Eines dieser ge-
druckten Blätter ist in der pariser National-Bibliothek aufbewahrt,
ein zweites hat Weigel veröffentlicht, ein drittes befand sich noch
unlängst zu München*. Der Name der Herberge war leer gelassen,
um nach Ankunft an dem Ort der Messe mit der Feder ausgefüllt
zu werden; diese Anzeigen sind um so werth voller, da sie uns
über mehrere der Mentel'schen Publikationen bestimmtere Auskunft
geben.
Die Gelehrten, die Schönheit dieser letztern bewundernd, stell-
ten Mentel noch höher als die grössten Künstler des Alterthums.
Auf der letzten Seite des Exemplars der ersten Ausgabe seiner
lateinischen Bibel, das unserer Stadtbibliothek gehört hatte, standen
handschriftliche Verse von Rudolph Lang, die in ihrer Art interes-
sant genug sind, um aufbewahrt zu werden:
tAcerrimo atque aculissimo multarum pmc artium divinarutn
magistro Johanni ^hCcntelin %udolphus de Langen musarum atque dicendi
artis sectator Erfordiensis qui Vasilea epistolas Ciceronis pracepit.
1. Madden, O. c, S. 40 u. f., nimmt an Mentel habe erst 1465 zu
drucken angefangen; da er im Dezember 1478 starb, habe seine typographische
Thitigkeit weniger als 14 Jahre gedauert ; in diesem kurzen Zeitraum könne
er nicht alle ihm zugeschriebenen Bücher gedruckt haben. Madden zihlt ai un-
zweifelhafte Drucke von ihm, zusammen 4t Bände, wovon 37 in gross-folio ;
en moyenne habe er daher 3 Bände per Jahr geliefert Es ist aber mehr ab
wahrscheinlich, dass sein Anfang früher als das Jahr 1465 anzusetzen ist.
2. S. Beilage II.
94 -D^ strassburger Buchdrucker vor 1^20.
Quos celebrat magnis spectatos laudibus mgens
Gracia, qui vwum ducebat märmare vultum
Fidias Minerva diva omnipotenüs in ade,
Vel qui magnanimi putavit fartia regis
Gesta nAlexandri pingendi doctus %Apeües,
Hos tua magnifica superasti docte Johannes
Mentelin doctrina, dederat quam magnus %Apollo
Musarum princeps, quarum tu spargis in orhem
Doctus arte in nobili veneranda volumma totutn,
His te posteritas ditabit laude venusta.
Ut fcelix vivas titubans vult musa l(udolphiK
Mentel hatte seine Druckerei in einem zum Thiergarten ge-
nannten Hause, in der Nähe des Fronhofs*. Er selber bewohnte
das Haus zum Dom, in der Domengasse'. Kaiser Friedrich m.
gestattete ihm als Wappen den nemlichen Löwen anzunehmen, der
das Schlettstadter Wappen bildet, mit dem Unterschied, dass in
letzterem das Feld weiss und der Löwe roth sind, während im
Menterschen die Farben in umgekehrter Ordnung angebracht waren.
Man kennt dieses Wappen durch einen sogleich zu erwähnenden
Gedenkstein und durch einen Holzschnitt aus dem sechzehnten
Jahrhundert, besitzt aber keine Urkunde, aus der sich das Datum
des kaiserlichen Privilegiums ermitteln liesse. Mentel war zweimal
verehlicht; von seiner ersten Gattinn, Magdalena, bürgerlichen
Standes, hatte er zwei Töchter, deren jede einen Buchdrucker
heirathete, die eine Adolph Rusch, die andere Martin Schott. Seine
1. Auf diese Verse folgten andere, ziemlich barbarische und sehr unle-
serlich geschriebene , von einem gewissen Sigismundus. Ich gebe sie als Curio-
sum Beilage III. Schon Schöpflin hatte nicht Alles lesen können; die Lücken
in meinem Abdruck fanden sich bereits in der Copie, die er in seine hand-
schriftliche KAhaiia litieraia. Vol. 2, f» 73, aufgenommen hatte. Das Corm^ ist
interessant, weil es Mentel einen scriha perornatus und prudens causidicus nennt,
und seine speciosa noch lebende erste Gattinn und seine bella proUs erwähnt.
Unter causidicus ist wohl nur Notar zu verstehn.
2. Königshof ENS Chronik, Anmerkung von Schilter, S. 444, nach den
CoJJectanea Specklins.
3. Das Hus lum Dorn do Johannes ^Centel inne sitzet, Almendbuch von
1466. Stadt- Archiv.
Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 95
zweite Frau war Elisabeth, Tochter des Junkers Johann von Matzen-
heini und Anna's von Mülnheim. 1473» nach ihrem Tod, liess er
im Kreuzgang des Wilhehnerklosters eine Inschrift errichten zu
seinem Gedächtniss, zu dem seiner Eltern, seiner beiden Gattinnen
und seiner Töchter. Der später in Schöpflins Musäum und von da
in die Stadtbibliothek übergegangene Gedenkstein wurde 1870 durch
das Bombardement zerstört. Die Inschrift war -folgende:
f^Cemoria Johannis,
!\Centelitt civis. %Argen.
parentu, suor. ^NJcolai.
Ely:(abeth, !hCagdalene. pme uxoris
et liberor. suor, ^Njtc, no. Byiabetb. de
^at:(enheim. vxoris sue secunde.
%Anno dni. Mcccclxxiü.
In den beiden obern Ecken waren die Wappen Mentels und
der Familie von Matzenheim'. Im Mai 1476 gab er seiner gleich-
falls verwittwcten Schwiegermutter die Güter zurück, die Elisabeth
als Mitgift erhalten hatte, Grundstücke, Möbel, Geräthschaften, Silber-
geschirr u. s. w. ; für 900 Goldgulden, die er ihr noch schuldig blieb
und die er in vier Terminen zu bezahlen versprach, verpfändete
er ihr sein mit einem Zins von 20 Gulden belastetes Haus zum
Dom und ein Hypothekenrecht auf drei Gärten im Finkweiler; be-
I. ScHÖPFLiN, Vind. typogr,, S. 97. Eine Abbildung des Steins mit den
beiden Wappen bei Oberlin, ^usteum Schcepfiini. %Argent,, 1780, in-4«, p. i,
tab. 3, und in Silbermann, Lokalgescbicbte der Stadt Strassburg, Sirissburg, 1775,
in-f*, auf Plan XI. Die Inschrift findet sich auch bei Huber, Danckpredig bey. .
Erweiterung., der Pfarrkirch zu S. Wilhelm. Strassburg, 1697, in-4*, S. 202,
and in Schilters Anmerkungen zu Königshofen , S. 4$ i . Statt Matzenheim liest
Huber Malzenheim und Schilter Watzenheim ; letzterer hat sich auch geirrt,
indem er das Wappen dieser Familie für das strassburger hielt. In Stein gehauen,
ohne Farben, konnten allerdings beide einander ähnlich sehn; das Mauen-
heim'sche hatte aber, nach Bernhard Herzog, Buch 6, S. 193, «einen über-
zwerchen gelben Balken in schwarzem Feld » ; das strassburger dagegen hat
bekanntlich einen rothen Balken in weissem Feld. In der Revolution wurden
die Wappen weggemeisselt ; eine Abbildung des Monuments, wie es zuletzt
war, ist in den Bilderheften von Lempertz, zur Geschichte des Bücherhandels,
Colin, 1853 u* ^•> in-f*, Tafel 2.
96 Die strassburger Buchdrucker vor Jj20.
reits 1477 hatte er sich dieser Schuld entledigt'. Zu grossem Wohl-
stand gelangt'^ gehörte er zu den reichen Bürgern^ die auf eigene
Kosten Pferde für den öffentlichen Dienst der Stadt unterhielten*.
Um auch seinerseits zum Unterhalt und Ausbau des Münsters bei-
zutragen, schenkte er, schon 1465, dem Frauenhaus zwei Pferde,
von denen eines als validus bezeichnet ist\ 1474 stiftete er in der
Lorenzenkapelle, durch Schenkung von 20 Strassb. Pf., die Jahres-
zeiten seiner Eltern*. Er starb den 12. Dezember 1478; den folgen-
den Tag — es war ein Sonntag — wurde er auf dem Leichhof der
S. Michaelskapelle an der nordöstlichen Seite des Münsters be-
erdigt*. Entweder um seine Verdienste im Namen der Stadtgemeinde
anzuerkennen, oder einfach weil seine Erben die Kosten davon
übernahmen, liess man, am Abend des Begräbnisstages, die grosse
Münsterglocke läuten^. Eine, in deutschen Alexandrinern abgefasste
Grabschrift, die bis 1534 auf dem Leichhof existirt haben soll, muss
jungem Ursprungs sein; am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts
hatte man noch nicht die Gewohnheit, solche Verse zu schreiben*.
Die Tradition, nach der man ihm im Münster selber ein Denkmal
gesetzt hätte, mit dem in Stein gehauenen Bild einer Buchdrucker-
presse, ist gleichfalls sehr zweifelhaft*.
1. S. Beilage IV.
2. fhCuUa voJuniina castigatt ac polite %Argentina imprimendo f actus est hrevi
opuUntissimus. Wimpheling, Epitome rerum gerinan, %Argent,, 1505, in-4® f> 39.
}. SCHÖPFLIN, Find, typogr., S. 96.
4. Liber donationum fahrica eccl urgent,, (^135. Frauenhaus- Archiv. Die
Münster-Fabrik erhieh Geschenke aller An, Kleider, Waffen, Geräthschaften
u. s. w. ; die Pfleger Hessen sie zum Besten des Werks verkaufen.
5. ScHÖPFLiN, S. 97.
6. Jacet in cimiterio antejanuam capeüa 5, Michaelis. Necrolog der S. Lorenzen-
pfarrei. Granoidier, Essais historiques sur Ja cathidrale, suppUment. Paris, 1868, S. 73.
7. Liber pulsuum mortuorum, Frauenhaus- Archiv. Man ersieht aus diesem
Register , dass die grosse Glocke für jeden geläutet wurde , dessen Familie die
Kosten davon übernahm.
8. Abgedruckt im SuppUment von Grandioiers Essais, S. 74.
9. Künast, im Ms. seiner Kunstkammer, ehmals auf unserer Stadt-Biblio-
thek, redete von diesem Denkmal. — PrroN, Strasbourg iOusiri. Strassburg,
1855, in*f«, B. I, S. 105, sagt, über Mentels Hausthür sei das von Kaiser
Friedrich III. dem gesammten deutschen Buchdruckergewerb verliehene Wappen
in Stein gehauen gewesen. Hat eine solche Sculptur existirt, so war es ohne
Zweifel nur Mentels persönliches Wappen.
Die strassburger Buchdrucker vor ij2o. 97
2. Heinrich Eggestein.
Heinrich Eggestein, eine Zeit lang Mentels Geschäftsgenosse,
war von Rosheim, wo man seine Familie bis in die erste Hälfte
des vierzehnten Jahrhunderts verfolgen kann'. Auf einer Universität,
die er besuchte, erwarb er den Magistergrad; zugleich war er ein
geschickter Calligraph. Er kam nach Strassburg und wurde da, nach
1427, sigülifer curia prapositura %Argentinemis; als solcher leistete
er den Eid, nichts ausserhalb des Hofs zu versiegeln, das Siegel
nie wegzutragen und das für die Akten empfangene Geld gewissen-
haft in die Kasse zu verschliessen*. 1442 erhielt er das Bürgerrecht
als Nach-Constoffler*. Er hatte einen Bruder, Sifrid, der Goldschmied
war, und einen Vetter, Heinrich, der schon 1407 als Priester und
Summissar des Grossen Chors vorkommt. 1438 verpfändeten die
beiden Brüder ihrem Vetter, für eine Summe von 100 Gulden, ilir
in der Jungfrauengasse gelegenes, zum Eggest^in genanntes und
wahrscheinlich ihm abgekauftes Haus; in dem nemlichen Jahre
entlehnten sie auch vom Thomasstift ein Kapital von 60 Pfund \
Durch ein seltsames Versehn verschmelzt Schöpfiin die beiden
Heinrich, den Priester und den sigillator, in euie und dieselbe
Person; auch sagt er, dieser Eggestein wäre 145 1 in die Ehe ge-
treten*. Der sigillator war aber Laie und bereits seit 1448 ver-
heirathet; in diesem Jalire verkaufte er mit Zustimmung seiner Frau
1. Zu Rosheim: Joh. Egstein 1335, 1337; Niciaus Eggestein 1346; ein
anderer Niciaus 1371, 140 1 ; Joh. Eggestein,. einer der SchöfTen 1419, 1425 ;
Cuntzelin E., 1464. 141 3 ist zu Strassburg ein Henselinus JiV/ui Eggestein, von
Dunuenheim, Kornhändler in der Steinstrasse. — Des Buchdruckers Siegel
zeigt einen Sparren, darunter eine fünfblättrige Rose, und darüber in einem
Spruchband : S. (sigillum) Heinrich Eggestein. Abgebildet in den Bilderhcften
von Lempertz, Taf. 2.
2. Stadt- Archiv, Mandata, B. 30. 1427 wird noch Herr Joh. Knapp als
Ingesiegeier genannt.
3. Er wurde unter die Nach-Constoffler eingeschrieben. Schöpflin, Find,
typ., S. 100, documenta, S. 41.
4. S. Thomas-Archiv. Das Haus zum Eggestein ist im Almendbuch von
1427 als dem Priester Heinrich E. gehörig bezeichnet, 1438 war es von Sifrid
bewohnt.
5. ScHÖPFLiN, S. 100.
7
98 Die strassburger Buchdrucker vor ij20.
m
Agnes^ Schwester des schlettstadter Pfarrers Michael Ochsensteiner^
an die Vikare des Grossen Chors eine Rente auf Güter zu Rosheim
und Lampertheim'. Aus unbekannter Ursache gab er für einige
Zeit sein Bürgerrecht auf, um es erst den 9. August 1459 wieder
zu kaufen als Mitglied der Tucherzunft, nicht etwa weil er selber
ein Tucher geworden wäre, sondern weil jeder Bürger, der nicht
Handel oder ein Gewerbe trieb, sich einer beliebigen Zunft an-
schliessen musste. Gewöhnlich entsagte man dem Bürgerrecht nur,
wenn man Strassburg verliess, um sich anderswo niederzulassen;
es liegt daher die Vermuthung nahe, Eggestein sei, wie Mentel,
nach Mainz gegangen, um da die Kunst des Buchdrucks zu er-
lernen; dagegen spricht aber der Umstand, dass eine längere Ab-
wesenheit mit dem Insiegler-Amt nicht verträglich gewesen wäre;
Eggestein versah dieses Amt noch 1463. Die Frage, warum er auf-
gehört hatte, Bürger zu sein, muss vorläufig noch offen bleiben.
Bald nach 1463 wurde er als sigillator durch Peter Strube ersetzt,
den er, man weiss nicht aus welchem Grund, wegen Injurien ver-
klagte. Er erscheint nur noch als scriba; unter seinen Bekannten
jedoch fuhr man fort, ihn den alten Insiegler zu nennen. Möglicher-
weise entschied er sich erst jetzt für die Typograplüe; er trat mit
Mentel in Verbindung, dem ihn seine Eigenschaften als magister
artium, als Calligraph und als Bruder eines Goldschmieds mögen
empfohlen haben. Hieronymus Gebwiler hat noch ein Document
gesehn, durch welches Eggestein sich gegen Mentel verpflichtete,
ihr gemeinsames Verfahren geheim zu halten'; darf man nicht
hieraus schliessen, dass Mentel es war, der ihn die Kunst gelehrt
hatte? Beide waren Anfangs Associ^s, die Genossenschaft dauerte
aber nicht lang*. Den 30. April 1466 nahm Friedrich von der Pfalz,
Landvogt des Unter-Elsasses, Eggestein und seine Arbeiter unter
seinen Schutz ^ woraus hervorgeht, dass die Verbindung mit Mentel
1. Archiv des Unter-Elsasses, Fonds des Grossen Chors.
2. Ipsi quidem vidimus syngraphum Johannis thCentelin ei Henrici Eckstein, xAr-
gentinensium civium, super certis pacHs , quibus alter altert sese eo tempore ohligaverai,
causa occultius hanc impressoriam artem inter se primum exercendi, 'Panegyris Caro-
lina , f« 19.
3. Madden, Leltres d*un hibliographe, 4* sirie, S. 52, vermuthet, der Zeitpunkt
ihrer Trennung sei der wo sie anfiengen ihren Drucken ein Datum beizufügen.
4. Van der Linde, S. 63.
Die sirassburger Buchdrucker vor *IS20. 99
au%elöst war und dass von dieser Zeit an Eggestein für sich allein
Geschäfte machte. Er hatte seine OfEzin in dem seit 1441 von
ihm bewohnten Haus zum Baumgarten im Dummenloch.
Die Drucke, die man von ihm kennt, sind eben so aus-
gezeichnet wie die Mentel'schen. In der ersten Zeit gab auch er
weder seinen Namen noch die Jahrzahl an. Eine lateinische Bibel
unserer ehmaligen Stadtbibliothek hatte am Schluss die vom Rubri-
cator geschriebenen Worte : per magistrum Henricum EggesUin 1468.
Er nennt sich zum ersten Mal am Ende des Decretum Graüani:
Vresens Gratiani decretutn ... artificiosa admvencionis (sie) imprimendi
absque ulla calami exaroHane sie effigiatum et ad laudem omnipotenäs
dd est consummatum per vener abüem virum Heinricum Eggesteyn artium
Uberalium magistrum civem inclite civitatis %Argentin. %Anno Homini
M^ cccc^. Ixxi^. Es ist dies das älteste bekannte strassburger Buch mit
einem gedruckten Datum ^ In dem nämlichen Jahr*, den 21. Novem-
ber, erschienen mit seinem Namen die Clementinen; in dem Explicit
heisst es, das Buch sei gedruckt summa cum cura et diligentia, ut
mnumera antehac divini humanique juris per ipsum impressi testantur
Volumina. Sollte man hier unter volumina Werke verstehn, so wäre
innumera offenbar eine Hyperbel; denn welche zahllose Werke über
göttliches und menschliches Recht hätte Eggestein vor 1471 ge-
druckt? Man kennt deren nur sehr wenige; volumina ist ohne allen
Zweifel blos im Sinn von Exemplaren zu nehmen. Cicero's de oßciis
und Justinians Inslitutiones, aus dem Jahr 1472, haben gleichfalls
seinen Namen und das Datum. Bei den Decretalen Innocenz des
vierten, die er 1478, diesmal anonym, ausgab, hatte der Licentiat
juris Andreas Hartmann von Eptingen, OfHcial der strassburger
Archidiakonen, als Correktor gedient. Eggesteins Todesjahr ist un-
bekannt'.
1. Vindicia typogr., S. 44.
2. ScHÖPFLiN» O. c, S. 48, erwähnt auch als strassburger Drucker einen
gewissen C. W. , und erklärt diese Buchstaben durch Cephalxus Wolfgang ;
er stützt sich auf das 1474 herausgegebene Werk von Berchorius, Hfductorium
morale bihlia. Nach Hain, n* 2795, steht am Ende dieses Buchs: Tarysius cor-
rectus et tarn cyrographata ex scriptura litter as reductus ad pressas, diligenti correcture
advertencia et puncture per C, IV. civem tArgentinensentf ex annis dominice incar-
nationis 147) ehpsis , finitus anno sequenti ydibus sept. septimis. Demnach wurde
das Buch 1473 zu Paris durch den Strassburger C. W. corrigirt, und den
100 Die strassburger Buchdrucker vor ij20.
3. Adolph Rusch.
Der bisher kaum mehr als dem Namen nach bekannte Adolph
Rusch, von Ingweiler, arbeitete zuerst als Gehülfe bei Mentel,
heirathete dann seine Tochter Salome, ward Theilhaber an seinem
Geschäft und übernahm später seine im Haus zum Thiergarten
errichtete Officin. Er und seine Gattinn bewohnten in der Ober-
strasse jetzige Lange Strasse) das Haus zum Bild*. Geschenke, die
er der basler Karthause machte, fuhren zur Annahme, dass er sich
in dieser Stadt aufgehalten, sich da mit den Druckern befreundet
und Latein 'genug gelernt hatte, um lateinische Bücher zu lesen
und lateinische Briefe zu schreiben. Obgleich er es in der Eleganz
noch nicht weit gebracht hatte, folgte er doch mit Interesse den
neuen humanistischen Bestrebungen; der junge Canonicus Peter
Schott, der erste, der es versuchte, zu Strassburg die Lust für die
klassischen Studien zu erwecken, war innig verbunden mit ihm und
widmete ihm, 1485, eine Elegie über das Hinscheiden ' Rudolph
Agricola's, den Beide gekannt hatten*.
Buchdrucker und Buchhändler, vielleicht auch noch Hand-
schriftenhändler, betrieb Rusch auf grossartige Weise sein Geschäft*.
7. September 1474 ausgegeben. Es ist nicht ein strassburger, es ist ein pariser
Druck. Auch kann C. W. nicht Cephalxus Wolfgang bedeuten ; Wolfgang
Cephalaeus, eig. Köpfel, hat erst 48 Jahre später zu Strassburg zu drucken
angefangen. Schöpflin, S. 104, zählt ferner zu den hiesigen Druckern Marcus
Reinhardi de Argentina und seinen Genossen Nicolaus Pistoris von Benszheim.
1479 ^'°^ ^^^^ beide zu Lyon, wo sie die Sermones des Robert de Licio heraus-
geben. Ihre Ausgabe des Liber de proprietatihus rerutn, 29. Juli 1480, und ihre
lateinische Bibel von 1482 geben keinen Druckort an ; nichts beweist, dass sie
von Lyon nach Strassburg übergesiedelt wären; 1482 giengen sie vielmehr
nach Paris.
1. WiMPHELiNG, Epiiome rerum gertnan,, f» 39. Rusch hat im Haus zum
Bild gewohnt, und nicht im Thiergarten, wie Schöpflin, Find, typ., S. loi,
nach Specklin berichtet.
2. F. Schott, Lucuhr atiuncüla, %Argent,, 1498, in-4», !• 162.
3. Den 27. März 1485 schrieb Rudolph Agricola an einen Freund Namens
Adolph, in Frankfurt, er möge ihm auf der Messe Columella, Celsus, Macro-
bius, Sutius und Silius Italiens kaufen. Da 1485 noch keiner dieser Autoren in
Deutschland gedruckt worden war, und die etwa in lulien erschienenen Aus-
Die strassburger Buchdrucker vor 1^20. 10 1
Wenn seine eigenen Pressen nicht ausreichten, half er sich aus,
indem er den kleinen, in der Stadt angesessenen Druckern Arbeit
gab^; man wird weiter unten, bei Peter Attendorn, sehn, wie gern
er sich diesen Leuten behülflich erwies, wenn es ihnen Ernst mit
ihrem Berufe war. Nach dem Tode seines Schwiegervaters scheint
er noch einen oder mehrere Genossen gehabt zu haben; in einem
seiner Briefe spricht er von einer societas mea^. Er übernahm Auf-
träge für Anton Koburger von Nürnberg und Johann Amerbach von
Basel; von einem Werkmeister dieser Sudt bezog er einen Theil
seines Materials. Merkwürdig ist, dass Amerbach, wenn er etwas
bei ihm drucken liess, ihm Typen und einen Setzer schickte. 1481,
als ein nicht genanntes Buch beinahe fertig war, verl^mgte Amer-
bach die Lettern ziu-ück; im September antwortete ihm Rusch, er
solle den Arbeiter, der sie kannte, wieder senden; er selber habe
sein Haus verkauft; da der Käufer Veränderungen machen wolle,
müsse man den Staub aller Winkel durchsuchen, um etwa ver-
lorene Typen zu finden; nur wünsche er, Amerbach möge ihm
noch so viel lassen, als nöthig ist, um den begonnenen Druck zu
vollenden.
Er theilte auch seinem basler Freund Manuscripte mit, und
verstand sich mit ihm über verschiedene Publikationen. So schickte
er ihm 1485 eine Handschrift von Cassians Büchern de insHtutione
cctnohiorum, bat ihn aber zu wachen, dass sie während des Drucks
nicht beschmutzt würde ; ein anderes Mal ein Brevier, das er gleich-
falls seiner Sorgfalt empfahl, weil er es unversehrt zurückgeben
müsse. Er bewog ihn, Augustins Civitas dei, die Fabeln Aesops und
die Sennones discipuli zu drucken, letztere auf dieselbe Art, wie sie
zu Strassburg bei Martin Flach erschienen waren, es ist ein gutes
Buch, sagte er, das sich leicht verkauft. Wollte Amerbach sich mit
der Schrift de civitate dei befassen, so möchte er zuvor die Typen
wählen, nach denen das Format des von Rusch zu liefernden
gaben schwerlich damals schon nach Frankfurt kamen, so sind wahrscheinlich
die von Agricola verlangten Bücher als Handschriften zu betrachten. (Kirchhoff,
im Serapeum, 1852, S. 312.) Der genannte Adolph ist vielleicht Niemand
anders als der die Messe besuchende Adolph Rusch. Dass er Agricola kannte,
ersieht man aus Schotts Elegie.
1 . Rusch an Amerbach , feria 4* post präsent. ^Karüe, s. a, S. Beilage V.
2. Sabbato post JuHlate, s, a.
102 Die strassburger Buchdrucker vor 1^20.
Papieres zu bestimmen wäre*. In unsern Gegenden war er einer
der angesehensten Papierhändler'; mehrere basler Drucker bezogen
von ihm, was sie brauchten. Für Bücher, die er bei Andern kaufte,
zog er vor statt Geld Papier zu geben; dem Jakob von Pforzheim,
zu Basel, machte er das Anerbieten, zwei Ballen weisses für einen
Ballen bedrucktes zu schicken, « wie es der Gebrauch zu Strassburg
ist*». Indessen kaufte er doch auch Bücher für Geld, unter andern
eine Summa pradicanüum und die 1487 von Nicolaus Kessler her-
ausgegebenen Predigten MefFreth*s, stets bereit, wie er sagte, sofort
zu bezahlen; er beklagte sich aber über Kessler und über Jakob
von Pforzheim, die bezahlt sein wollten, ehe sie das von ihnen
Verlangte nach Strassburg schickten*.
Bei Ingweiler hatte er eine schlossartige Villa erbaut, der er
den Namen Ruschenburg (Rauschenburg) gegeben*, und wo er im
Sommer verweilte; in einem sogleich zu erwähnenden Gedicht sagt
Rudolph Lang:
xArgeniina poiens seu te, quam mcenibus altis
StruxisH, Villa pulchcr %Adolfe tenet . . .
Im Frühling von 1489 ging Rusch nach Baden; hier erkrankte
er an einer Entzündung, die ihn nöthigte, nach Strassburg zurück-
zukehren ; kaum angelangt, starb er den 26. Mai, in noch nicht vor-
1. Jeorii (23. April), 5. a. — 24. Sept. 1485. — S. J. •— Cassian erschien
zu Basel 1485, Augustins De civitate dei erst 1489. — Die Sermonts discipuU
waren zu Strassburg 1483, in-f*, erschienen, ohne Druckemamen.
2. 'Bapiri commercium habeo. An Amerbach, sabbato post Jubilate, 5. a.
3. L. c.
4. L. c.
5. ScHöPFLiN, xAhatia iüustrata, B. 2, S. 237. VindicU typogr,, S. loi.
Franz Irenicus, in seiner Exegesis Germania, Lib, 2, cap. 4y , nennt das Schloss
Russenburg. 1496 verkaufte es Philipp Sturm an die Grafen von Bitsch. Es
existirte noch in den ersten -Jahren des vorigen Jahrhunderts; Ichtershexm,
Elsassische Topographie. Regensburg, 1710, in-4», Th. i, S. 20. Zur Zeit
Schöpflins war es verwüstet. Heute ist da nur noch ein Meierhot und der, zur
Gemeinde Ingweiler gehörende kleine Weiler Rauschenburg. Franz Irenicus,
1. c, erwähnt einer Sage, der zufolge in der Rauschenburg die Buchdrucker-
kunst erfunden worden wäre.
Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 103
gerücktem Alter'. Seine Wittwe heirathete den Ritter Philipp Sturm
von Sturmeck.
Man kennt bis jetzt nur wenig Drucke^ die man mit völliger
Sicherheit als die seinigen anführen kann; kein einziger hat sich
noch gefunden, der seinen Namen trägt. Dem Kapitel von S. Thomä
vermachte er einige Bücher, um sein und seiner Gattinn Jahreszeiten
zu stiften; sie sind aber nicht namhaft gemacht. Ueber die Ge*
schenke, welche die basler Karthause ihm verdankte, sind wir
besser unterrichtet. Ausser einer Geldsumme und einem vergoldeten
%Agims dei, schickte er zu verschiedenen Malen Bücher: die Sermones
Socci de tempore et sancüs, die Opera Gersons, ein Speculum exem-
plorum, fünfzehn Exemplare der Imitatio Christi, und zwei des
Itinerarium heata Virginis*. Nichts bezeugt aber, dass er der Ver-
leger aller dieser Werke gewesen; die Opera Gersons waren jeden-
falls nicht von ihm; da er zugleich Buchhändler war, hatte er auch
Bücher aus anderm Verlag geschenkt.
Panzer* erwähnt einen Terenz und einen Valerius Maximus,
in einen Band zusammengebunden; der erste Besitzer hat darin be-
merkt, er habe den Terenz 1470 gekauft und den Valerius habe
ihm der Buchdrucker x^ldolphus de htgwiler, das ist Rusch, geschickt.
Um 1470 war Rusch noch der Genosse Mentels; der Valerius ist
daher den Drucken beizuzählen, die beiden gemeinsam angehören \
Durch ein enthusiastisches Carmen Rudolph Längs, der schon Mentel
besungen hatte, erfährt man, dass die grosse Bibel in vier Theilcn
unter dem Titel ^iblia latina cum glossa ordinaria Walafridi Stra-
honis et interlineari %An5elmi Laudunemis, von Rusch gedruckt worden
ist*. Da Längs Carmina i486 erschienen, so war die Bibel früher.
1. Schott, Lucubratiuncuhe , f» 84.
2. S. Beilage VI. — Von damaligen strassburger Ausgaben dieser Werke
kennt man: Sermones Socci, Grüninger 1484; Imitatio Christi, Flach 1487; Spe-
culum exemplorum, 1487 ohne Druckernamen (vielleicht von Rusch?). Hain,
n« 9J22 u. f., hat mehrere Ausgaben des Itinerarium b, Virginis , ohne Jahrzahl
uiid Druckort. Die Opera Gersonis können die 1483 von Joh. KölhofT, zu Colin,
gedruckten sein, 4 B. in-f» ; vor der Ausgabe Flachs 1494, ist keine strassburger
bekannt.
3. %Annales typogr., B. 4, S. 224.
4. Terenz und Valerius Maximus sind in der Anzeige Mentels genannt,
deren Original zu München war. S. Beilage II.
5. Carmina. Münster, Joh. Limburg, i486, in-4», f» 14. S. auch den
104 ^^^ strassburger Buchdrucker vor i$20.
wahrscheinlich schon 1480, fenig geworden. Rusch hatte sie für
Anton Koburger gedruckt und bedeutende Kosten darauf verwandt;
sie ist in der That ein Meisterstück der damaligen Typographie; die
Disposition^ die uns heute freilich zu künstlich^ zu wenig übersicht-
lich erscheint^ wurde ganz besonders bewundert: den Bibeltext
umgibt auf jeder Seite die glossa ordinaria, während zwischen die
Zeilen desselben die Interlinearglosse des Anselm von Laon ein-
geschoben ist; man begreift, wie viel Zeit und wie viel Arbeit von
Seiten der Setzer und Correktoren dieses complicirte, aus Lettern
von drei verschiedenen Grössen zusammengesetzte immensum opus,
wie Lang es nennt, erfordert haben muss. Zu Strassburg verbreitete
sich das Gerücht, auch Amerbach wolle eine Ausgabe dieser Bibel
veranstalten ; sofort schrieb ihm Rusch, ein neuer Druck des grossen
Werks, das ihm einen Theil seines Vermögens gekostet, müsste
ihm beträchthchen Schaden bringen, er habe noch bei 100 Exem-
plaren auf dem Lager; Koburger, gleichfalls beeinträchtigt, würde
ihn auf das ausgelegte Geld warten lassen, und Amerbach selber
könnte, bei diesem Sachverhalt, kaum auf einigen Vortheil hoffen,
er möge desshalb von seinem Vorhaben abstehn *. In der That er-
schien auch die Bibel nicht zu Basel.
Kurz vor seinem Tod hatte Rusch sich vorgenommen, einen
mit Holzschnitten verzierten Virgil herauszugeben, dessen Text ohne
Zweifel der nemliche gewesen wäre wie der der Mentel'schen Aus-
gabe von 1466. Den 14. Mai 1489 schrieb ihm Peter Schott nach
Baden: Icona argumentorum ^aronis, non tarn per desidiatn meam
infecta sunt, quam quod %^ppelles atque Lysippus %Alexandro qui eis
operam imperaret caruerunt. ^Hjim cum alter semel a me archetypum
receperit, alterum postea ne videre quidem polui donec ipse, inquirendi
eius gratia officinas plerasque perlustrans, vix tandem invento, arche-
typum secundum offerrem*. Es ist um so mehr zu bedauern, dass
Ruschs Tod diese Publikation unterbrach, je interessanter ein 1489
von strassburger Künstlern illustrirter Virgil gewesen wäre.
Aufsatz von Schrampff, im Serapeum, 1852, S. 135 u. f., wo auch Längs
Gedicht abgedruckt ist. Es folgt als Beilage VII.
1. Tost oculi, s, a,
2. Lucubratiunctüa , f* 84.
Die sirassburger Buchdrucker vor i^io. 105
4. Georg Husner.
Der Goldschmied Georg* Husner, von unbekanntem Geburtsort,
erhielt 1470 das strassburger Bürgerrecht durch seine Verheirathung
mit Agnes, Tochter des Nicolaus von Honau. Dieser arbeitete als
aurifaber et pressor librorum mit seinem Schwiegersohn. Ein anderer
Gehülfe dieses letztern, wahrscheinlich als Correktor, war der
mainzer Cleriker Johann Beckenhaub, den man später unter den
Freunden Wimphelings antrifft*. 1473 ^i^schien das Speculum judiciale
des Bischofs Wilhelm Durand, mit einem, wegen der darin er-
. wähnten Utera are ^jc5^x/i(ß/if merkwürdigen Explicit : Vrelucidum hoc
opus . . non calamo ut prisci quidem nee penne traciu quo ipsi fruitnur,
verum exsculpüs itre lUeris divino suggesta spiramine imprinutuii arte
transpictum ac . . consummatum est et perfectum in celebri %Argenlinorum
urbe, factoribus Jeorio Hus^^ner cive inibi et Johanne Veckenhub clerico
!\Coguntino. ^Anno domini 3^C. CCCC. LXXIIL fXCensis novembris die
XXIP. Die Expositio decalogi von Johann Nider und die Predigten
des Hugo de Terato florido, beide von 1476, haben nur noch Husners
Namen. Ein Tractatus contra vitia, den 5. Dezember 1498 ausge-
geben, ist das letzte bekannte Werk, das ihn als Drucker nennt.
Panzer und Hain schreiben ihm mehrere Bücher ohne Namen und
Jahrzahl zu.
1505 wählte die Goldschmiedezunft Husner, um sie im Stadt-
rath zu vertreten. Bereits den 16. August dieses Jahres starb er,
immer noch als impressor bezeichnet. Der Goldschmied Diebold
Sebold übernahm die Vormundschaft seiner Kinder; 1506 lieh er
in ihrem Namen 400 Str. Pf. dem Kaufmann Friedrich Brechter,
und 200 dem Junker Peter Elnhard*. Da einige EdcUeute, die ge-
meinschaftlich an Husner eine Gült von 50 Gulden zu entrichten
hatten, die fernere Bezahlung verweigerten, verklagte sie Sebold zu
1. Sein Vorname ist meist, nach damaliger Aussprache, /«orioi geschrie-
ben. Marchand und Andre haben fälschlich Leorius gelesen.
2, Ucber Beckenhaub, s. Hisloire littiraire de T%Alsace, B. i, S. 16, 20,
129, und Francks Artikel über Husner, in der Allgemeinen deutschen Biogra-
phie, B. 13, S. 457.
). Ehmals auf der strassburger Bibliothek. — Hain , n<» 6506.
4. Register der Contraktstube.
io6 Die strassburger Buchdrucker vor ij2o.
Rottweil; der Prozess dauerte noch 1523, bis endlich in diesem
Jahr^ nach ernstlicher Mahnung des strassburger Magistrats^ die
Auslieferung der Rente an Husners Erben befohlen wurde*.
5. Martin Flach,
Bevor ich zu Martin Flach übergehe, ist ein Irrthum zu be-
richtigen, in den Schöpflin und einige andere Bibliographen ver-
fallen sind. Das Jahr 1475 brachte eine Ausgabe des Speculum vita
humana des Bischofs Roderich von Zamora, ein Folioband, ohne
Titel, ohne Seitenzahlen und Signaturen; am Ende, vor dem Index,
findet sich diese Note : %A !\Cartino Flachen ex ^asilea dvi progenüo
arte impressoria in medium feliciter deditus. Feria iercia posi festutn
beaie Katherine virginis. xAnno a partu virginis salutifero mälesimo
quadringentesimo septuagesimo quinto. In den Worten ex Vasilea dvi
t>rogenito ist offenbar ein Fehler. Die Verfasser der Basler Buch-
druckergeschichte halten civi für eine Abkürzung von civitate*; es
ist aber weder ein Punkt noch ein Abkürzungszeichen zu sehn; man
könnte ebensowohl civi durch cive verbessern und so construiren:
a Martino Flachen cive progenito ex ^asilea; es wäre allerdings ein
wenig elegantes Latein, in jener Zeit kümmerte man sich aber noch
wenig um Eleganz. Eines ist sicher: man hat sagen wollen, dass
Martin Flach von Basel war. Darauf sich stützend, schliesst Schöpflin,
dass der strassburger Drucker Martin Flach von Geburt ein Basler
und derselbe war, der das Speculum herausgegeben hat*. Es hat
aber basler und elsässer Flach gegeben, die man nicht mit einander
verwechseln darf. 1429 trifft man zu Basel einen nicht zünftigen
Ulrich Flach, 1453 einen Rebmann Erhard Flach, der 1476, 1478,
1480 für die Zunft der Rebleute im Stadtrath sass*. Der der nem-
1. Stadt-Archiv, AA, 374.
2. Stockmeier und Reber, Basler Buchdruckergeschichte. Basel, 1840,
S. 25.
3. 'Basiliensis origine. Vindicia typogr,, S. 103.
4. Schönberg, Finanzvcrhähnisse Basels. Tübingen, 1879, S. 552, 675,
797-
Die strassburger Buchdrucker vor 1^20. 107
liehen Familie angehörende Drucker Martin Flach arbeitete 1475,
in dem Jahr in dem das Speculum erschien^ mit fünf Gesellen im
Haus an den Steinen; zehn Jahre später, 1485, liess ihm der
Rath eine Summe von 33 Pfund 6 Seh. 8 Pf. ausbezahlen, für den
Druck von 2000 Exemplaren eines der Stadt Basel bewilligten
päpstlichen Ablasses'.
Dass dieser basler Martin Flach nicht der nemliche gewesen
sein kann wie der unsrige, wird übrigens unwiderleglich dadurch
bewiesen, dass der letztere von Küttolsheim, einem nicht weit von
Strassburg, im Canton Truchtersheim gelegenen Dorf gebürtig war.
Im November 1472 ward er strassburger Bürger als Ehemann
Githarina's, einer Tochter des Schusters Johann Dammerer; er er-
klärte, weil er Buchdrucker war, wolle er «zu den Goldschmieden
dienen»". Wimpheling zufolge, war er der Nachfolger Adolph
Ruschs*. Man hat aber Drucke mit seinem Namen seit I475> 14
Jahre vor Ruschs Tod. Sollte es wahr sein, dass er, nachdem er
unabhängig von Mentels Schwiegersohn zu arbeiten angefangen,
den Besitz von dessen Offizin erworben hätte, so könnte diess
nicht vor 1489 geschehn sein. Wimpheling, der sich an Flachs
früheste Ausgaben nicht erinnerte, hat aber vielleicht nur sagen
wollen, dass er nach Rusch einer der vornehmsten Buchdrucker
Strassburgs war.
Seine Correktoren gaben seinem Namen bald die lateinische
Form Flaccus, bald übersetzten sie ihn durch Sitnus. Mehreren seiner
Ausgaben liess er Verse beifügen, sowohl um die Verfasser zu
preisen als um sich selber zu empfehlen. Am Ende des zweiten
Bandes von Thoma de %Argenlina scripta in quaiuor libros senUntiarum,
1490, in F**, steht ein langes Carmen mit folgendem Schluss :
1. Ffxhter, Beiträge zur ältesten Geschichte der Buchdruckerkunst in
Basel, im Basler Taschenbuch für 1863, S. 252.
2. !X( artin Flach von Külielsheim der 'Drucker hat von Kat her inen siner
Husfrowen wegen, Hans 'Dämmeren des Schusters 'Dochter, das 'Burgreht empfangen
und geret mit den GoUsmyden ^u dienen, uff Zinstag nach omnium sanctorum. Bür-
gerbuch.
3. Huic (JKenlelio) successil ^Adolphus 'Bjtschius, mox xAdolpho t^artinus
Flachus. Epitome rerum german., f> 39.
io8 Die strassburger Buchdrucker vor 1^20.
Crede mihi, verbis Simum laudabit (lectar') amicis
!\Cartinum, impensis cuius id extat opus.
^Njec minus ipse operam commendabit ^NJcolai,
Qui studuit iurpes tollere falce notas.
Wer dieser Poet und Correktor Nicolaus war, vermag ich
nicht zu sagen. Ein ähnliches Stück findet sich im dritten Theil der
Opera Ger sortis, 1494, in F*'; man liest darin folgende Distichen:
^HjOscere forte voles quis sculpterit hoc opus ere,
Tresserit has Chartas quisve characteribus,
nie quidem Simus Martinus, littore T(heni
Urbs dedit insignem cui %Argentina dotnum,
nie inquam impensis qui nunquam, crede, pepercit,
Lector amice, dabit his liber iste fidem.
Von 1475 bis 1500 habe ich etwa 70 Drucke mit Flachs
Namen gezählt; manche andere anonyme verrathen seine Presse
durch die Gleichheit der Typen und des Formats. Das letzte von
ihm herausgegebene Buch ist vom 20. September 1500*. Er starb
den darauffolgenden 26. Oktober, nachdem er der Thomaskirche,
zur Stiftung seines Anniversariums und desjenigen seiner Frau, 10
Pfund geschenkt. Er hinterliess einen Sohn, der gleichfalls Buch-
drucker ward; seine Wittwe heirathete ihrerseits einen Johann
Knoblouch.
6. Heinrich Knoblochtzer. Thomas Anshelm. Johann Eber.
Peter Attendorn.
I. Heinrich Knoblochtzer, Knoblotzer, Knoblitzer; der
Name erscheint unter diesen drei verschiedenen Formen. Von 1478
bis 1484 kennt man von Knoblochtzer nur sechs strassburger Drucke,
alle in deutscher Sprache. 1479 Hess er seine vom Aussatz befallene
Frau, Anna, in das Gutleutehaus bei der Rothenkirche aufnehmen;
I. Confutatio iudaice secte magistri Johannis baptiste. Hain, n* 7879.
Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 109
wegen ihres boshaften und zänkischen Wesens wurde sie kurz
darauf von den Pflegern wieder ausgewiesen. Nach 1484 verliess
Knoblochtzer unsere Sudt^ seit 1489 findet man ihn als Buchdrucker
zu Heidelberg.
2. Thomas Anshelm, von Baden, druckte zu Strassburg ein
deutsches Plenarium, das er den 10. Januar 1488 ausgab*. Sonst
ist aus jener Zeit nichts von ihm zu melden; er tritt erst später
wieder auf, zu Pforzheim, zu Tübingen und besonders zu Hagenau.
3. In dem nemlichen Jahre 1488 erschien eine Scala coelt,
von Johann Eber, von Landsberg in Bayern, gedruckt, das ein-
zige Buch, das von ihm bekannt ist. 1473 war er als Drucker
Burger geworden, nachdem er eine Tochter des Wagners Erhard
Kännel geheiratliet, in dessen Zunft er sich hatte aufnehmen lassen.
Eigentlich nur einer der gemeinen Drucker, die für die grossen
Verleger arbeiteten, wollte er einmal für sich selber das Glück ver-
suchen; da es ihm, wie es scheint, nicht gelang, liess er es bei
seiner ersten und letzten Publikation bewenden. #
4. Peter Attendorn druckte seit 1482. In diesem Jahr bat
er Adolph Rusch, ihm pro una pressura Lettern von Amerbach zu
verschaffen; den 22. Oktober schrieb Rusch an seinen basler Freund,
um ihm Attendorn als einen arbeitsamen Mann zu empfeiilen, der
für Frau und Kinder ehrlichen Unterhalt suchte". Amerbachs Ant-
wort ist nicht auf uns gekommen. Attendorn hatte zu Heidelberg
unter Wimpheling studirt. 1489 erbat er sich den Rath seines ehe-
maligen Lehrers über die Zweckmässigkeit der Herausgabe ver-
schiedener kleiner Traktate und Reden; den 15. Oktober ermunterte
ihn Wimpheling, in einem Brief aus Speier, diesen Gedanken aus-
zuführen; der kleine, mit zwei Holzschnitten gezierte Quartband
erschien dann unter dem Titel T)ireclorium statuum*. Weiter weiss
ich nichts von Attendorn anzuführen; auch er scheint nur ein ge-
meiner Drucker gewesen zu sein, der wahrscheinlich für Rusch ge-
arbeitet hatte. Zugleich hatte er einen Buchladen; Wimpheling nennt
ihn bibUopola.
1. Hain, n« 6736. Die strassb. Bibl. hatte ein Exemplar des Buchs
2. S. Beilage V, n«» 5.
}. S. Hisloire litUraire de TxAhace, B. i, S. 21.
HO Die strassburger Buchdrucker vor ij2o.
7. JohannPrüss.
Johann Prüss war ein 1447 geborener Würtemberger*. Er
druckte zu Strassburg seit 1480, kaufte aber das Bürgerrecht erst
1490 und ward Mitglied der Zunft zur Stelz. Seit 1504^ wenn nicht
früher, hatte er seine Pressen in adibus zum Thi ergarten, in
adibus lustri vulgo zum Thiergarten, da wo Mentels Of&zin ge-
wesen war. Ausser einer kleinen Bücherbude "vor diesem Hause,
hatte er eine grössere unter denen, die das Münster verunzierten. Als
im Jahre 1506 die Schwaben Wimpheling beschuldigten, sie zu
verachten, richtete dieser an Prüss, in seinem Namen und in dem
der strassburger Gelehrten, eine Epistel, um ihm ihre Achtung für
seine Landsleute zu bezeugen*. Prüss starb, 63 Jahre alt, den 16.
November 15 10, als er eben mit dem Druck eines schönen strass-
burger Breviers beschäftigt war*. Eine seiner Spezialitäten war die
Herausgabe von liturgischen Werken; man hat von ihm Martyro-
logien mit Kalendern, Messbücher, Graduale, Psalter mit den Musik-
noten; 1509 beauftragte ihn Hermann von Embden, ein !hCissaU
für Hamburg zu drucken. Ausserdem gab er Schriften von Theo-
logen, Medizinern, Geschichtschreibem, Grammatikern, Humanisten,
klassischen Autoren, u. s. w.
Seine Wittwe heirathete den Buchdrucker Reinhard Beck;
sein Sohn gründete eine Offizin in einem andern Viertel der Stadt.
Er hat zwei Marken gebraucht, eine grössere und eine kleinere;
beide enthalten sein von einem T und einem S gebildetes Mono-
gramm*, darüber der kaiserliche Adler, unten ein von einem Hag
umgebener und mit einer Thür verschlossener Thiergarten mit
verschiedenen Thieren, Symbol des Hauses. Auf der grossem Marke
1. Prüs, Pryss, Prys, Prüssc, Brysc, immer derselbe Name.
2. Ein Gedemlin, Dimin. von Gadem, Gaden.
3. Epistola excusatoria ad Suevos. urgent,, i$o6, in-4«.
4. ExpHcit dieses Breviers : . . . dehinc per subtUissintum ealcbograpbia
artificem Joannem *Bryse, qui sua industria rem Uierariam plurimum adauxit , paucis
demptis quaiemionibus transcriptum , quo defuncto sue etatis anno LXiii. die xvi.
novemhris anno vero domini /5/0, (andern successores sui consummaverunt prima die
marcii anno domini ijir,
5. S. die Notiz über Job. Schott.
Die strassburger Buchdrucker vor 1^20. 1 1 1
ist das Monogramm in einem von zwei Löwen gehaltenen Schild,
und die Thüre ist von zwei Affen bewacht. Da, wie weiter unten
gezeigt werden soll, das Monogramm nicht älter ist als der Anfang
des sechzehnten Jahrhunderts, so kann man nicht sagen, Prüss sei
der erste strassburger Drucker, der sich einer Marke bedient; Martin
Schott und Grüninger haben solche schon auf Werken aus dem
Ende des fünfzehnten Jahrhunderts.
•8. Martin Schott.
Martin Schott, aus einer alten strassburger Familie, war ein
Sohn von Friedrich Schott, der, nachdem er Holzschneider und
Bildhauer gewesen, im Jahre 145 1 sein Kunstgewerbe aufgegeben
hatte. Der gelehrte Canonicus Peter Schott war Martins Vetter,
eine Tochter Mentels, deren Name nicht erhalten ist, ward seine
Frau. 1492 besass er, in der Dornengasse, das Haus, das seinem
Schwiegervater gehört hatte. Da die Pressen dieses letztem auf
Rusch übergiengen, musste Schott sich ein neues Material an-
schaffen; auch unterscheiden sich seine Drucke durch Format und
Typen von denen, die als solche von Mentel und Rusch bekannt
sind. Das erste mit einem Datum von ihm herausgegebene Buch
ist von 1481, das letzte vom 10. März 1499'. Obgleich er ver-
mögend war, so scheint doch seine Offizin keine sehr bedeutende
gewesen zu sein; während der achtzehn Jahre seines Wirkens, hat
er nur wenig Werke geliefert, die einen lateinisch, die andern
deutsch, die meisten von Holzschnitten begleitet. Er starb den
22. November 1499. Seine Marke ist der mit seinen Wurzeln ver-
sehne Baum, der das Schottische Familienzeichen war; er steht
zwischen den Anfangsbuchstaben des Namens !\C. S.
Auch Martins Sohn, Johann, widmete sich der Typographie.
1. Das erste ist ein deutsches Plenarium in-f*, dessen Titelseite ein
grosser Holzschnitt ausfüllt, und das vom 4. Oktober 1481 datirtist; das letzte
st WiMPiiELiNGS ^gatharchia, 21. November 1498.
112 Die strassburger Buchdrucker vor ij20.
9. Johann Grüninge r*.
In den Jahren 1441 und 1442 lebte zu Strassburg ein Maler
Johann von Grüningen, 1468 ein Schuster, Sifrid von Grüningen,
Besitzer eines Hauses in der Kurdewangasse. Wegen des engen
Verhältnisses, in dem ursprünglich die Maler und Drucker zu ein-
ander standen, könnte man versucht sein, Johann Grüninger, den
Buchdrucker, für einen Sohn Johanns von Grüningen, des Künst-
lers, zu halten, wenn nicht der Name Reinhardi, den er häufig
seinem Vornamen beifügte, ihn als den Sohn eines Reinhard be-
zeichnete". Die Formeln Johannes de Grüningen, magister Johannes
dictus T(einhart de Grüningen, lassen keinen Zweifel über seinen
Geburtsort, er war von Grüningen in Würtemberg.
1480 trifft man Meister Hans Grüninger als Drucker zu Basel;
da er Meister genannt ist, so hat er in dieser Stadt nicht als blosser
Geselle gearbeitet, er machte wohl nur eine Reise, um sich in
seiner Kunst zu vervollkommnen. Zu Strassburg kaufte er das
Bürgerrecht den 2. Oktober 1482 und schloss sich der Zunft der
Goldschmiede an. Bereits den 28. August des folgenden Jahres
vollendete er, gemeinschaftlich mit Heinrich von Ingweiler, gleich
ihm impressoria artis magister genannt, den Druck der Historia
schoIasHca: Der übrigens völlig unbekannte Heinrich von Ingweiler
blieb nur kurze Zeit in der Genossenschaft; man hat von dem nem-
lichen Werk Exemplare mit dem nemlichen Datum, aber nur mit
Grüningers Namen; unsere Stadtbibiiothek hatte eines unter den
Johanniter-Incunabeln besessen*. Von den Erzeugnissen seiner Presse
1. Der Name kommt auch unter den Formen vor: Gniniger, Greninger,
Grieninger, Grienninger, Greininger, Greninger, Groininger, Gürninger, lauter
Versehn der Setzer und Correktoren.
2. Johannes 1(fynardi alias Grüninger, 1489 — 1494, 1498, i$o6. — Gegen
Ende des XV. Jahrh. war ein Heinrich GrOninger oder Groninger Lehrer der
Rhetorik und der Poesie zu Nürnberg. Waldau, Beiträge zur Geschichte der
Stadt Nürnberg. Nürnberg, 1786, B. 4, S. 237.
3. In Folge eines Versehns Hess man in den Exemplaren, die nur noch
den Namen Grüningers haben , den Flur, factorihus magistris stehn. Beide Drucker
trennten sich zu einer Zeit als schon eine gewisse Anzahl von Exemplaren
fertig war; in den folgenden begnügte sich Grüninger den Namen Heinrichs
von Ingweiler wegzulassen. Vergl. auch Madden , 4* sirie, S. 282. — Die von
Die strasshnrger Buchdrucker vor ij20. 113
aus dem Jahre 1484 ist besonders eine, mit rotlien Rubriken und
Initialen verseiine ^Cargarita mariiniana, nebst der Concordia discor-
dantium canonum mit den Glossen des Bartholomäus von Brescia in
gross Folio hervorzuheben, eines der schönsten Bücher jener Zeit*.
1487 druckte Grüninger, ohne seinen Namen beizufügen, ein Missale
und ein T>iurnale für das Cistercienscrkloster Baümgarten; um ihn
zu bezahlen, entlehnte der Abt Nicolaus Widenbosch (ßalicetus) 70
Gulden von dem schweizerischen S. Urbanskloster; durch die hier-
über ausgefertigte Urkunde erfahrt man, dass Grüninger der Heraus-
geber war". Zwei Jahre später liess derselbe kht SQmtn %AnHdotarius
anima bei ihm drucken. Von da an werden seine Publikationen
immer zahlreicher; sie begreifen alle Theile der Wissenschaft und
der Litteratur; es sind darunter merkwürdige und höchst selten
gewordene Ausgaben von Terenz, Horaz, Virgil, lateinische und
Grüninger gedruckte 'Biblia aurea des Augustiners Antonius de Rompigollis
wird von einigen Bibliographen ins Jahr 1465 gesetzt« Vergl. Sciiöpflik,
Vind. typ,, S. 43. Panzer, B. 6, S. 69, liest das Datum mcccccxv; Hain,
n* 13685 hat Mcccclyv, und fugt bei forte 1495. Die Jahrzahl, in der das x
eine eigenthömliche, auch sonst vorkommende Gestalt hat, ist deutlich mccccixv,
was nichts anders sein kann ab 1495.
1. Die ^argarita mariiniana und die Concordia, obschon jede ihre eigenen
Signaturen hat, gehören zusammen. Erstere hat aut der Rückseite des letzten
Blattes ein einfaches Explicit ohne Datum und Ort. Am Ende der Concordia
steht : Divinus iste ac insignis decretcrum codex una cum apparalu 'Barlhohtnei
'Brixiensis accuralissime Jobannis Grüninger impensis %ArgerUine feUciler est consum-
matus. ^nno nosire salutis miUesimo quadringentesimo octogesimo quarto pridie nonas
septembrias.
Es scheint indessen, dass beide Werke auch separat verkauft wurden.
Hain, n« 7901, beschreibt die tkCargarita ohne die Concordia, und von dieser
gibt es mehrere besondere strassburger Ausgaben.
2. thCissale cisterciense. Ohne Utel. F. i^: Qmmissio. . Jobannis ahbaiis
Cistercii, . de missaUbus ac breviariis ordinis imprimendis. F« 2*: Executio dide
commissionis per. . VJcolaum abbatem monasterii de Tomerio alias 'Bomgart, Am
Ende : %^nno miJlesimo quadringentesimo octogesimo septimo pridie vero nonas sep-
tembris» S. L, in-f». Den 27. August 1487 bekennt Abt Nicolaus dem S. Urbans-
kloster eine Sonmie von 100 Goldgulden schuldig zu sein, wovon 70 um
Grüninger für den Druck des tJ^issale und eines DiumaU zu bezahlen. (Herr
Theodor von Liebenau , Staats-Archivar von Luzern , war so gefällig mir diese
Notiz mitzutheilen.) Von dem 'Diumale befand sich ein Exemplar in der Bibl.
unserer Karthanse. 1494 druckte Grüninger auch ein 'Breviarium, . proiä in
Gstertio fsaUUmr, in-8* ; gleichfalls fiür Baümgarten ?
8
114 ^^^ strassburger Buchdrucker 'vor Jj20,
deutsche Predigt-Sammlungen, namentlich, von Geiler von Kaisers-
berg, populäre Werke über Chirurgie und Medizin, Wörterbücher,
Legenden, Romane, Schriften von Klassikern, Theologen, Canonisten,
Humanisten, Kosmographen, u. s. w. Ich habe schon in der Ein-
leitung auf Grüninger als Nachdrucker hingewiesen, - und zugleich
bemerkt, dass gerade er unter den ersten war, die sich durch
Privilegien gegen den Nachdruck zu schützen suchten.
Während mehrerer Jahre dienten ihm Matthias Ringmann,
Johann Adelphus, Gervasius Sopher als Correktoren. Trotz der
Mühe, die sich diese jungen Gelehrten und andere gaben, um die
Probebogen zu reinigen, wimmeln viele seiner Drucke von Fehlern,
die von der Ungeduld zeugen, die Bücher so schnell als möglich
in den Handel zu bringen. Es scheint, man machte ihm einmal
Vorstellungen darüber; in einer 1306 erschienenen Schrift sagt der
Verfasser des Explicit, sie sei solito limatius gedruckt*. Die alte Ge-
wohnheit nahm aber bald wieder überhand, die litna wurde nicht
strenger gehandhabt als vorher. Die Pagination besonders ist so
fehlerhaft, dass, wenn man die Bücher nicht genau collationirt, man
geneigt ist, sie für unvollständig zu halten*. Die Drucke Grüningers
aus der ersten Zeit seiner Thätigkeit lassen in diesem Bezug weit
weniger zu wünschen übrig; später, als er auf immer grössern Ab-
satz speculirte, nahm er es nicht mehr so genau. Was dagegen
seine Typographie vortheilhaft auszeichnet, das sind seine zahl-
reichen Holzschnitte und Verzierungen. Er konnte 'mit Recht sich
rühmen, grosse Kosten darauf zu verwenden*. Bei den verschiedenen
1. Opusculum !\Cich, Coccinii etc. S. oben Seite 86, Note i.
2. Sogar die Jahrzahlen und die Verfassernamen sind nicht immer richtig.
Das 'Buch der Cirurgia, . durch Hieronymus 'BrunscJnvig , in-f», erschien zuerst
mit dem Explicit : Durch Johannes Grüninger gedruckt und volendt ^ Strasburgk
uff Zinstag noch sant peter und pauls dag, anno damini M. ccc. xcvii. Wegen des
Fehlers druckte Grüninger das leute Blatt noch einmal und setzte M. cccc. xcvii.
Die Pariser National-Bibliothek besitzt zwei Exemplare des Buchs, das eine mit
dem falschen Datum, das andere mit dem richtigen. Von Geilers Sermones de
arbore humana, die 15 14 erschienen, gibt es Exemplare mit einem etwas ver-
schiedenen Titel und der Jahrzahl 1414. Das Werk Drutmars, 15 14, hatte zuerst
auf dem Titel: Cristiani Druthinari, . Als man den Fehler bemerkte, wurde
ein neuer Titel gedruckt.
3. Von dem mit zahlreichen Holzschnitten gezierten Virgil, IS02, in-f*,
heisst es impressum. . impensa non mediocri magistri Johannis Grieninger.
Die strassburger Buchdrucker vor 1^20. 115
Zeichnern und Formschneidem, die für seine Offizin gearbeitet
haben, erkennt man am deutlichsten die Eigenthümlichkeiten der
elsässischen Schule. Er besass eine solche Menge von Holzstöcken,
dass er sie ohne Wahl für die ungleichartigsten Werke benützte;
so kommen z. B. einige der Bilder des Vu-gils von 1502 auch in
den deutschen Uebersetzungen von Julius Cäsar und Titus Livius
und sogar in den Predigten Geilers über die Enteis vor; ein mit
Epheu gekrönter Poet, der zuerst in einer kleinen Schrift Lochers
1497 erscheint, tritt wieder auf in den Werken des Horaz 1498,
in Brunschwigs Über pesiilentialis 1500, in Geilers Predigten über
die Sünden des Munds 15 18, ja noch in dem 1535 von Grüningers
Sohn Bartholomäus besorgten Wiederabdruck des Barbarossa. U. s. w.
Grüningcr hat übrigens einige schöne Alphabete von Initialen und
äusserst zierliche Titel-Einfassungen im Styl der deutschen Renais-
sance. Würden eine sorgfältigere typographische Ausführung und
ein besseres Papier diesem künstlerischen Charakter seiner Drucke
entsprechen, so verdiente er eine der ersten Stellen.
Er ist der einzige der strassburger Buchdrucker, der nach
der Reformation fortgefahren hat, katholische Traktate herauszu-
geben. Da die Behörden die Schmachbücher von Neuem verboten,
fügte er der im November 1522 von ihm gedruckten Schrift
Murners, Ob der Künig usz Engelland ein Lügner sey oder
der Luther, diese charakteristische Entschuldigung bei: • . . hab
ich . . dis Buch gedruckt in guter Hoffnung nieman mir
solchs verargen werd, wie wol mich etlich angeret ich
sol es ein andern trpkcn lassen. Mag doch ein ieder
frummer wol bedenken das ich mit meiner Handtierung
dis und ander Trück mein Narung suchen musz. Diesen
Traktat liess man dahin gehen. Den 19. Dezember erschien aber
bei Grüninger das höchst beleidigende Gedicht Mumers vom grossen
lutherischen Narren, für das er sich ein kaiserliches Privilegium für
fünf Jahre zu verschaffen gewusst hatte. Drei Tage darauf beschied
der Rath sämmtliche Buchhändler und befahl ihnen, die Exemplare
an die Kanzlei auszuliefern. Grüninger gab nicht alle; in denen die
er zurückbehielt, ersetzte er das Privilegium durch eine der eben
angegebenen ähnliche Erklärung*. Nichtsdestoweniger wurde was
I. S. Histoirt litUraire de TsAlsace, B. 2, S. 245. Man kennt einige wenige
ii6 Die strassburger Buchdrucker vor 1^20,
•
sich noch vorfand in Beschlag genommen und vernichtet, wesshalb
auch dieses Buch zu den von den Bibliophilen am eifrigsten ge-
suchten Seltenheiten gehört.
Grüningers Ruf verschaffte ihm mehrmals Bestellungen von
Seiten auswärtiger Verleger. 1502 druckte er für Conrad Hist von
Speier die juristischen Traktate des Roffredus von Benevent. In
eben diesem Jahr verkaufte er an Johann Schönsperger von Augs-
burg das Eigenthumsrecht auf ein Heiligenleben, das er zu 1000
Exemplaren gedruckt hatte; er verpflichtete sich, nur 200 davon
für sich zu behalten, sie nicht ausserhalb Strassburgs und zu keinem
andern Preis als ein Gulden das Exemplar zu verkaufen, vor Ab-
lauf .von sechs Jahren das Buch nicht neu aufzulegen und die Holz-
stöcke der Bilder an Schönsperger abzuliefern, als Beweis fbr diesen,
dass er allein der rechtmässige Besitzer der Ausgabe war*. Für
Anton Koburger druckte er, 15 10, die lateinischen Predigten des
französischen Barfüsserprovinzials Nicolaus Denise; 1524 und 1525
für denselben eine von Pirkheimer besorgte Ausgabe der Geographie
des Ptolemäus. Die Karten Hess er durch einen Kartenmaler
coloriren, und die Seiten des Textes zierte er mit kunstvollen Rand-
leisten. Als er die ersten Bogen nach Nürnberg schickte, wollten
sie hier nicht gefallen, das Malen und die Leisten nannte man eine
Gaukelei, auch fürchtete man, der Druck würde zu theuer werden..
Grüninger beschwerte sich darüber in einem Brief an Pirkheimer;
pariser und lyoner Buchhändler, die auf einer Messe die Bogen
gesehn, und Spanier, denen er sie selber während des letzten Reichs-
tages gezeigt, hätten ihn höchlich desshalb gelobt; weil man aber
Exemplare des Buchs, die einen mit dem Privilegium, die andern mit dieser
Schlussnote : . . . Des hat er (!\Curner) mir auch zugesagt, das dis büchlin niitiums
soll stnehen, sunder in der narrenkappen us^gon. Uff solchs hah ich, Johannes Grie-
ninger, das angenumen, so ich mich auch truchens mus^^ enteren, und mein bände!
ist. Von mir getruckl niemans :(u lieb noch :(u leid, . . Jahrzahl und Monatstag sind
in beiden Arten von Exemplaren die nemlichen.
I. Der Entwurf des Vertrags, 24. März 1502» ist abgedruckt in Petzholds
Neuem Anzeiger für Bibliographie, Dresden, 1877, 11. Lieferung, und im
Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels, 1880, 5. Lieferung, S. 8).
Das von Grüninger gedruckte Buch wird im Vertrag Vassionalia genannt; der
wahre Titel ist Der Heiligen leben nüw mit vil me Heilgen und dap;u der 7*as*
sion. , . 2 Th. in-f», 28. Februar 1502.
DU slrassbnrger Buchdrucker vor 1^20. 117
sparen wolle, werde er das weitere Verzieren unterlassen ^ In dem
den 30. März 1525 ausgegebenen Buch finden sich auch in der
That von Bogen T an keine Randleisten mehr.
Das letzte von GrQninger gedruckte Buch ist vom 10. März
1529*. Es scheint, dass er sich als Drucker zurückzog, um nur noch
als Verleger thätig zu sein. Im Jahre 1529 machte Amandus Farkal,
der seit 1523 einiges zu Colmar und zu Hagenau gedruckt, zu
Strassburg eine neue Auflage des zuerst 1520 von GrQninger heraus-
gegebenen Barbarossa von Johann Adelphus; 1530 erschien bei
dem nemlichen Farkal, «in Johannes Grüningers Kosten», die
Historie von Flore und Blancheflore. Aber auch ein Sohn Grü-
ningers, Bartholomäus, druckte zu Strassburg im Jahr 1529 und
in den folgenden, zum Theil mit Bildern nach ziemlich abgenützten
Hokstöcken aus der väterlichen Offizin. Ein andrer Sohn, Christoph,
impressar librorum, kaufte 1525 ein Haus und einen Garten hinter
der Fischerstube; wahrscheinlich war er an dem Geschäft seines
Vaters betheiligt; später kommt er nicht mehr vor.
Grüningers Todesjahr ist noch nicht ermittelt*. Seine Pressen
soll er in der Schlauchgasse in dem nemlichen Hause gehabt haben,
in dem sich seit mehr als anderthalbhundert Jahren die Heitz'sche
Druckerei befindet. Für den Verkauf seiner Bücher hatte er eine
der Münsterbuden gemiethet. Seine Marken sind folgende: i. In
einem länglichen Viereck auf schwarzem Grund ein weisser Kreis,
auf dessen Durchmesser ein Monogramm steht; eine der senkrechten
Linien dieses letztern durchbricht oben den Kreis und endet in
1. Der Brief ist vom 17. Februar 1525. Fac-simile bei Lempertz, Bilder-
Hefte, Tafel }i. Im nürnberger Archiv sind noch einige andere, auf diesen
Druck bezügliche Briefe Grüningers aufbewahrt ; ich weiss nicht ob sie irgendwo
veröffentlicht worden sind.
2. Geberi pbilosophi ac alcbimisltc maximi de akbimia libri tres. Panzer, B. 6,
S. 115.
3. Nach Wohlfahrt Spangenberg, Kon der edeln Kunst der tSCmica {lAs,
auf unserer ehmaligen Bibl.), war Grüninger 1508 Mitglied eines Gesangvereins.
Röhrich, Gesch. der Reformat. im Elsass, Strassburg, iSjo, Th. j, S. 127,
sagt irrthümlich, Grüninger habe in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zur
Gesellschaft der Meisiersänger gehört, Franck, in der Allgemeinen deutschen
Biographie, B. 10, S. 53, setzt die Sache sogar ins Jahr 1590, muss aber
natürlich vcrmuthen, dass es sich um einen andern Joh. Grüninger handelt als
der Drucker. .
Ii8 Die strassburger Buchdrucker vor if20»
einem, von der strassburger Lilie überragten Kreuz; unter dem
Durchmesser rechts ein Stern; über dem Kreis, zu beiden Seiten
des Kreuzes, die Buchstaben E. F. und ©. F.; ich weiss nicht,
welche Namen sich hinter diesen Initialen verstecken. Das Mono-
gramm, in dem man ein M; erkennen kann, war vielleicht Grüningers
Haus- oder Handelsmarke. — 2. Der mit einem Nimbus gekrönte
Adler des - Evangelisten Johannes, mit einer Klaue ein offenes Buch
haltend, auf dem das Monogramm; darüber auf einem Spruchband
Sanctus Johannes. — 3. Ein Wappenschild mit dem Monogramm,
an einem Baum hängend und von einem Adler und einem Löwen
gehalten. — 4. Das Monogramm in einem kleinen länglichen Schild,
in der Titelbordure einiger Traktate nach 1520.
10. Matthias Hupfuff.
Der älteste Druck, den ich mit dem Namen des strassburger
Bürgers Matthias Hupfuff* gefunden, ist eine Fiola sanctorum von
1492; der letzte ist aus dem Monat März 1520*. Manches von ihm
ist namenlos. Er hat besonders viel deutsche, populäre Schriften
herausgegeben, Erzählungen, Legenden, Lieder, Kalender, Traum-
und Räthselbücher; dazu ein Heiligenleben, zwei Bände Geiler*scher
Predigten, einige Satyren Murners und die von Brant besorgten
neuen Auflagen des' Layenspiegels und des Klagspiegels; 15 14 ver-
kaufte ihm Murner für 4 Gulden seine Gcuchmatt, in der er, deiner
Gewohnheit gemäss, auch Geistliche und Mönche nicht schonte;
seine strassburger Ordensbrüder, die Wind davon bekamen, klagten
bei dem Magistrat; dieser liess sogleich in der Druckerei das
.Manuscript confisciren; auf Brants Verwendung erhielt es jedoch
Mumer zurück, er musste aber seinerseits an Hupfuff das mehr
als bescheidene Honorar zurückgeben'.
Hupfiiff hat auch lateinische Bücher gedruckt, meist • von
1. Sein letzter datirter Druck, Tapt. f^antuani fastorum UM, in-4*, ist
vom Monat März 1520.
2. S. Histoire lUUraire de fxAUace, B. 2, S, 231.'
Die strassbnrger Buchdrucker vor ij20. 119
Theologen und Humanisten. Viele seiner Publikationen sind iUustrin^
die einen durch anderswo erschienenen Schriften entlehnte Bilder,
andere durch eigens für ihn zum Theil von Urs Graf angefertigte
Hokschnitte. Er hatte zwei Buden, die eine unter der Treppe der
Pfalz, die andere seit 1509 bei dem Munster. Da seine deutschen
Drucke dem Geschmack der Zeit entsprachen, verkaufte er oft be-
trächtliche Quantitäten an die Buchhändler; im Jahr 15 16 schuldete
ihm Knoblouch für gelieferte Bücher eine Summe von 1984 Gulden,
deren Zahlung er und seine Gattinn vor einem Notar ihm ver-
bürgten '.
Er war zwei Mal verheirathet. Seine erste Frau, Elsa Klemm,
von Oppcrshofcn in der Mainzer Diöcese, erkrankte 1509 an dem
Aussatz, worauf er eine gerichtliche Theilung der Möbel, Uten-
silien und silbernen Geräthe machen liess, die sie gemeinschaftlich
mit einander besessen hatten'. Nach ihrem Tod eheUchte er Bri-
gitu Zorn; er selber starb 1520'.
Seme Marke, wie sie in der untern Bordüre einiger Titel er-
sichtlich ist, besteht aus den Anfangsbuchstaben seines Namens,
i\C H, zwischen einem wilden Mann und einer wilden Frau.
^ ^ ^^ ^ .^
II. Wilhelm Schaffner von Ropperschwiler.
Ein Drucker Namens Wilhelm, deutsch als Schaffner, lateinisch
als procurator von Roperswilre oder Roperschwilcr bezeichnet,
ist eine ziemlich räthselhafte Persönlichkeit. Ropperschwiler ist ein
Dorf in der ehmaligen Grafschaft Pfirt. Schaffner, nach damaliger
Sitte durch procurator übersetzt, kann nur Personenname sein; ein
an ein festes Amt gebundener Verwalter hätte nicht, wie der be-
sagte Wilhelm, als wandernder Buchdrucker eine kleine Presse im
Land herumgeführt, um bald da, bald dort einmal ein Buch heraus-
zugeben. Die zwei ersten der sieben Drucke, die man von Schaff-
1. Stadt- Archiv, Varia , %Aciei judiciair es.
2, Register der Contraktstube.
). Seine Wittwe heirathete Philipp Hofe, von Baden.
120 Die strassburger Buchdrucker vor ij20.
ner kennt, ein 1498 und nochmals 1500 erschienener Horhilus
anima, sind von Strassburg dadrt; dann folgen ein deutsches Ple-
narium 1506 zu Dutenstein, die Sermones des Leipziger Doctors
Georg Morgenstern 1508 ohne Druckort und 15 13 zu Strassburg,
die Gemma gemmarum 1 514 zu Lohr am Main, endlich die Predigten
Morgensterns zum dritten Mal, zu Strassburg 151s*- Diese Ausgabe,
so wie die von 15 13, hat am Ende ein Bild der Kreuzigung, das
einen andern Styl verräth als den der elsässischen Schule.
12. Bartholomäus Kistler. Matthias Brant.
1. Der Maler Bartholomäus Kistler von Speier kaufte
i486 das strassburger Bürgerrecht. So wie andere seiner Kunst-
genossen errichtete er eine Druckerpresse. Von 1497 bis 1509 gab
er etwa dreissig deutsche, der volksthümlichen Litteratur angehörige
und zwei kleine lateinische Traktate heraus. Unter denjenigen seiner
Bücher, die mit Holzschnitten geziert sind, ist besonders eines der
Beachtung werth, eine unter dem Titel TPracüca im Jahr 1502 ge-
druckte und vom hiesigen Maler Johann Schrotbank verfasste
Sammlung astrologischer Prophezeiungen. Zwei der Bilder dieser
sonderbaren Schrift sind offenbar von Schrotbank gezeichnet^ sie
stellen ihn selber vor. Kistlers OfEzin war am Grieneck, dem
Spital gegenüber; beim Münster hatte er einen Buchladen, den er
1509 an Hupfuff abtrat. Da dieser sich in der Folge auch einiger
Holzstöcke Kistlers bediente, so ist zu vermuthen, dass Letzterer
sein Geschäft aufgegeben hatte, um nur noch der Malerkunst zu
leben. Von 15 17 bis 1520 war er für die Zunft zur Stelz Mitglied
des Raths. 1525 lebte er nicht mehr; in diesem Jahr wurde Grüninger
zum Vormund seiner Tochter Agnes bestellt.
2. Matthias Brant, ein Bruder Sebastians, hatte 1500 eine
Presse in dem Haus zum Rosenganen am Weinmarkt. Zwei Drucke
I. Hortuhis anima, Hain, n« 8936, 8938. — Tlenarium, Pahiek, Annalcn
der altern deutschen Litteratur, B. i , S. 272; ich weiss nicht besser als Panzer
wo Dutenstein zu suchen ist. — Ganma gemmarum ^ Weller, n« 866. Die drei
Ausgaben der Sermones von Morgenstern habe ich selber gesehn.
Du strassbnrger Buchdrucker vor IS20. 121
werden von ihm angeführt, ein l(egimm sanüaUs 15 00', und eine
Ausgabe ohne Datum von Wimphelings ihCedulla ekgantiarum\ Der
berliner Antiquar Herr Albert Cohn hat in seinem Catalog von
1877 ein Rechtsbuch des Bischofs Kanut von Wiborg in lateinischer
und dänischer Sprache 1504 zu Ripen in Jutland gedruckt, opera
iXCathet Vrand artis impressoria magisiri. Panzer, der diese Ausgabe
nicht kennt, beschreibt eine andere aus dem Jahre 1508 opera
diligentiaque iXCathei Vrand^. Kommt einem da nicht der Gedanke,
dieser Brand könnte der unsrige sein? Der Buchdrucker von Ripen
ist zweifellos der nemliche, der 1485 und i486 zu Lübeck einiges
herausgegeben hat. Welche wunderliche Fahrten müsste man aber
voraussetzen, um seine Identität mit dem strassbnrger glaubhaft zu
machen! Vor 1485 von Strassburg nach Lübeck, 1500 wieder zu
Strassburg, 1504 und 1508 in Judand und bald nachher abermals
in der Heimath! Es ist übrigens zu bedenken, dass unser Brant
nicht Matthäus, sondern Matthias hiess. Er war in seiner Vaterstadt
geblieben, hat aber, wie es scheint, seit den ersten Jahren des
Jahrhunderts nichts mehr mit seinem Namen gedruckt. 1511 ver-
beiratliete er seine Tochter an den Buchdrucker Conrad Kemer,
von dem weiter unten.
13. Johann Schott.
Johann Schott, Sohn Martin Schotts und Enkel Johann Mentels,
besuchte die Vorlesungen einer facultas ariium und wurde Humanist
genug, um in gutem correktem Latein Briefe und Vorreden zu
schreiben; er verfasste sogar oder compilirte vielmehr, för den
Schulgebrauch, ein Enchiridtutn poeticum\ Gebwilers Aussage gemäss,
bewahrte er als Familien-Erbstück die handschriftlichen Traktate
Mentels, von denen oben die Rede gewesen. In den Jahren 1500
1. Weller, n« 168.
2. xAmanitales fribnrgenses , S. 180.
3. B. 8, S. 245.
4. 15 13, in-4«, am Ende ein Holzschnitt von Hans Baidung, Maria mit
dem Kind.
122 Die strassburger Buchdrucker vor ij20.
bis 1502 hat er zu Strassburg gedruckt*. 1503 ging er mit seiner
Presse nach Freiburg, um da zum ersten Mal die !XCargarita philo-
sophica des Karthäuserpriors dieser Stadt, Gregorius Reisch, heraus-
zugeben*. Nach Vollendung dieses Werks kehrte er nach Strassburg
zurück. Den 26. Februar 1504 trifft man ihn unter den Buch-
druckern, denen der Magistrat verbot, der Republik oder den Sitten
gefährliche Schriften zu drucken. Den folgenden 16. März erschien
die zweite Ausgabe der t\Cargariia, opus , . rursus exaraUim pervigili
nova itemque secundaria hac opera Joannis Schotti %Argentintnsis chalco-
graphi chis. Auf das Explicit folgt ein gegen einen Nachdruck
Grüningers gerichtetes Distichon:
Hoc nisi specteiur signatum nomine Schotti,
^Njinquam opus exactum, candide lector, emes*.
Hier scheint sich nun aber eine Schwierigkeit zu erheben.
Conrad Pellicanus, von Ruffach, der seit 1502 bei mehreren basler
Buchdruckern als Correktor thätig war, berichtet, er habe als solcher
auch für Johann Schott gearbeitet, «als er die thCargarita zum
zweiten Mal druckte*». Es ergiebt sich aus seiner Erzählung, dass
er 1503 und 1504 zu Basel war, dass er also die Correkturen nicht
zu Strassburg gemacht hat. Wäre demnach die thCargarita zu Basel
gedruckt ? Dagegen spricht die Anwesenheit Schotts in seiner Vater-
stadt im Februar 1504. Er hat offenbar die Probebogen nach Basel
geschickt, was sich leicht begreift, wenn man annimmt, er habe
das Werk gemeinsam mit Michael Furter herausgegeben, so wie er
auch im Februar 1508 als dessen complex genannt wird für die
dritte Original- Ausgabe der !\Cargarita*.
1. Seine erste Publikation mit einem Datum ist : 'Die vier und ^ueniig
%AUen, in-f>, 28. März 1500.
2. Chalcographaium pritnicidli hac pressura Friburgi per Johattnem SchotUun
%,4rgentinenseni , citra festum ^argarethtc anno graUa M. ccccc. iii.
3. Grüningers Nachdruck war den 24. Februar 1504 erschienen, 20 Tage
vor der zweiten Ausgabe Schotts.
4. Operas quoqtie tneas. . coUocavi, . impressoribus, ,, sie quoque Joanni Scoto
%Argentinensi , imprimenti tunc t^argaritam philosophicam vice secunda. Das Chro-
nikon des Konrad Pellikan, herausg. von Bernhard Riggenbach. Basel, 1877,
S. 28.
$. Diese dritte Ausgabe ist gleichfalls von Schott gedruckt, obgleich am
Du slrassburger Buchdrucker vor Ij20. 123
Zwischen dem 16. März 1504 und dem Monat Februar 1508
ist kein anderer Qruck von Schott bekannt. Sein Name erscheint
erst wieder 1509 in einer Schrift Thomas Mumers'; man weiss
jedoch nicht, wo er damals seine oßicina libraria hatte. 1504 hatte
Prüss die seinige im Haus zum Thicrgarten, wo früher Schotts
Grossvater Mentei und sein Onkel Rusch gearbeitet. In dem aus
einem 7 und einem 5 zusammengesetzten Monogramm von Prüss
bezieht sich das S vielleicht auf Schott, so dass zwischen Beiden,
unter der Firma Prüss, während einiger Zeit eine Geschäftsgenbssen-
schaft bestanden hätte, über die uns aber alle Nachrichten fehlen,
und die sich aufgelöst hatte als Schott 1508 wieder mit Furt er in
Verbindung trat*. Diese Hypothese würde am besten erklären,
warum seit 1504 bis 1508 kein anderes Produkt der Schottischen
Presse mit seinem Namen als die (Kargarüa sich nachweisen lässt.
Von 1509 an druckte er ohne Unterlass bis zu seinem Tod zahl-
reiche Werke. 15 10 gab er mehrercs heraus auf Kosten seines
Freundes Georg Uebelin, Maxillus genannt, Signatar des bischöf-
lichen Gerichts*. Seit 15 13 bediente er sich auch griechischer Let-
tern. Sowohl strossburger als fremde Verleger liessen bei ihm
Ende steht: *Basilea, 1508. Voran steht ein langes Carmen son Ringmann Phi-
lesius, mit dem Distichon:
Tertia quam docU laiidaia impressio ScboUi
Fuso ttutic nitidii fabricat are nolis,
Grüninger, der im nemiichen Jahr die Margarita noch einmal nachdruclcte,
scheute sich nicht auch das Cartiun aufzunehmen, nur liess er die zwei auf
Schott bezüglichen Verse weg.
1. Murner, *De reformalione. . poeiarum, %ArgenL, 1509, in-4*. F» i, 6, steht
ein Brief Schotts an Murncr, ex oßcina libraria, ) ttonas deumbr, 1509.
2. Choulant, der in Naumanns Archiv für zeichnende Künste, 1857,
S. 253, den 1507 von Prüss gedruckten deutschen Herbarius beschreibt, sagt,
am Ende des Buchs sei die Maricc von Joh. Schott. Ich habe das Buch nicht
gcschn, glaube mich aber nicht zu irren, wenn ich annehme, Choulant habe
die Marke von Prüss, wegen des mit dem P verbundenen S, auf Schott be-
zogen.
3. Man kennt sechs von Schott impensis Georgii Uebelin gedruckte Werke,
alle aus dem Jahr 15 10: Homer i poeiarum clarissimi Odyssea de error ibus Ulyxis,
in-f« ; ]acobus Turlillarum comes de liberorum educatione, in-4« ; Georgius 'Baptista
tSCaiüuani, in-4« ; Symmachi episloLe familiäres, in-4« ; Lectura aurea domini abbatis
aniiqui super quittque libris Decretalium , in-f* ; %tjugium advocalorum, in-4*.
124 "^'^ strassbtirger Buchdrucker vor' ij20.
arbeiten; 15 13 druckte er für Knoblouch, 1515 und 15 16 fbr Paul
Götz, 15 17 und 15 18 für diesen und Knoblouch., zusammen, 1519
für Blasius Salomon zu Leipzig, 1536 für Andrea Calvi zu Mailand.
Die von Jakob Oessler und Georg Uebelin besorgte, mit Karten
versehne Ausgabe des Ptolemäus, die er 1513 und nochmals 1520
machte, gehört zu dem besten, das die strassburger Typographie
hervorgebracht hat. Andre seiner Werke sind wegen ihrer aus-
gezeichneten Holzschnitte gesucht; ich nenne nur Geilers Postill,
1522, mit dem trefflichen Portrait des Predigers und den Bildern
der Passion von Hans Wächtelin. 1530 und 1532 gab er die zwei
Theile der Herbarum viva tcones von Otto Brunfels, mit Pflanzen-
abbildungen, die der strassburger Künstler Johann Weiditz mit
merkwürdiger Genauigkeit gezeichnet hatte*. Der frankfurter Buch-
drucker Christian Egenolph, der während einiger Jahre zu Strass-
burg gelebt hatte, veröffentlichte 1533 ein den Brunfels'schen /cow«
mehr oder weniger ähnliches Kräuterbuch; Schott verklagte ihn
wegen Nachdruck, indem er sich auf kaiserliche Privilegien berief;
von dem Prozess ist aber weiter nichts bekannt als dass Egenolph
die Beschuldigung zurückwies*.
15 19 ist Schotts OfHzin zum ersten Mal als in Thoma loci pomerio
angegeben ; es ist das Haus zum Baumgarten im Dummenloch, wo
Eggesteins Druckerei gewesen war. Nach dem Tode Reinhard
Becks, des Nachfolgers von Prüss, bezog er das alte Lokal Mentels
im Thiergarten. Seine und andere Bücher bot er zum Verkauf aus
in einer Bude bei der Pfalz. Er lebte noch iS4S- I™ Jahre 1516
war er Curator seiner Tante Salome, Wittwe des Ritters Philipp
Sturm. Von seiner Frau, Barbara, hatte er einen Sohn, der ein
Taugenichts ward; die Mutter, seit einigen Jahren Wittwe, be-
klagte sich einmal bei dem Rath über Misshandlungen, die sie von
dem jungen Menschen zu erdulden hatte.
Auf dem Titel einiger Foliobände Schotts* steht das Mentel'sche
Wappen mit der Umschrift: Insigne Schottorum familia ab Friderico
1. Ueber die Pflanzenabbildungen in diesem Werk, s. den Aufsatz von
Herrn Flückiger über Brunfels, im Archiv für Pharmade, Halle, 1878.
2. Choulant, in Naumanns Archiv, 1857, S. 228.
3. Z. B. auf dem Titel des THoUmaus von 1520, und auf dem des Lexicon
medicin*e, von Brunfels, 1543.
Die strassbttrger Buchdrucker vor IS20. 125
7{pm. Ifftp. III. Jö. Mentelin primo iypographia inventori ac suis con-
cessum anuo Christi mülesimo quadriugentesimo sexto. Mentels Wappen,
da er keine Söhne hatte, war auf seine Töchter übergegangen; dass
deren Gatten, Rusch und Martin Flach, es nicht als typographische
Marke gebrauchten, darf uns nicht befremden; zu Ruschs Zeit war
es noch nicht Sitte, die Offizinen aut solche Weise kenntlich zu
machen, und Martin Schott hatte sein eigenes, patrizisches Familien-
zeichen; erst Johann Schott, nachdem er als Drucker berühmt ge-
worden war, nahm das Wappen an, um, in verzeihlichem Stolz,
seine Abstammung von Mentel zu bezeugen, den er, die wahre
Geschichte nicht kennend, unrichtig den Erfinder der Buchdrucker-
kunst nennt*.
Von ihm selber habe ich folgende Marken gefunden : i. 1501,
in einem länglichen Viereck auf schwarzem Grund sein weiss ge-
lassenes Monogramm, ein S, das um ein / sich schlingt, welches
oben in einem Kreuz endigt. — 2. 1502, der nemliche Baum der
Schott, den man auf Drucken Martins antrifft, jedoch hier mit den
Initialen LS. — 3. 1504 am Ende dtr, !\Cargarita philosophica, ein
Kreis, in der obern Hälfte desselben eine Sehne, unter welcher die
Buchstaben /. S,, auf der Sehne erhebt sich eine senkrechte Linie,
die den Kreis durchschneidet, um oben ein dreifaches Kreuz zu
bilden; auf beiden Seiten Spruchbänder, das eine mit den Worten:
necessitas forte ferre, das andere mit : docet consuetttdo facile. Seneca.
Die Marke, die eine ganze Quartseitc einnimmt, ist auf schwarzem,
mit weissen Punkten besätem Grund. — 4. Seit 1523 ein trefflich
ausgeführtes Sinnbild: ein mit seinem Ross zu Boden geworfener
Ritter, auf dessen Rücken die aus Wolken ragende Hand Gottes
einen Szepter stützt, auf dem ruhig drei Storchen nisten; bald ist
dieses Bild von den Worten Virgils (Aeneis VI, 854): parcere sub-
jectis et debellare superbos begleitet, bald von den es erklärenden
I. Weil in dieser Umschrift Mentel primus typographia inventor genannt
ist, beschuldigt Van der Linde, S. 323, Joh. Schott eines Schwindels. Van
der Linde*s Werk hat grossentheils zum Zweck die Sagen zu prüfen, die sich
früh über den Ursprung der Buchdruckerkunst gebildet hatten. Diese Sagen
sind so zahlreich und gehn so weit auseinander, dass man daraus schliesscn
darf, im ersten Anfang sei die Erfmdung wenig beachtet worden. Schott konnte
bona fide seinen Grossvater als primus inventor bezeichnen , ohne desshalb einen
absichtlichen Betrug zu bcgehn.
126 DU strassburger Buchdrucker vor IJ20.
Stellen Jeremias VIII, 7 und Hiob IX, 22. — 5. In einigen Titel-
borduren das nemliche Monogramm wie Nr. 2, nur mit dem Unter-
schied, dass es schwarz auf weissem Grunde steht. — Am Schluss
des Ptolemäus von 1520 ist das Bild zweier sich beissender Hunde,
mit der Ueberschrift vim vi repellere licet; gehört es zu Schotts
Druckerzeichen?
Nach 1520 hat Schott, auf kleinen reformatorischen Traktaten,
von einem geschickten Künstler gezeichnete, aus biblischen Szenen
zusammengesetzte Titeleinfassungen; die einer Schrift von 1523
stellt einen, mit wilden Thieren besetzten baumreichen Thiergarten
vor*.
14. Johann Knoblouch.
Johann Knoblouch war weder ein Sohn Heinrich Knob-
lochtzers, nomine paululum ad euphoniam mutato, wie Schöpflin ge-
meint hat', noch gehörte er der strassburger Patrizierfamilie der
Knoblouch an; er war von Zofingen in der Schweiz*. In einem
Register des Kapitels dieser Stadt ist er als Johann Cist, genannt
Knoblouch, eingeschrieben*. Nach Panzer und Hain hätte er, 1497,
die Gesta Tipmanorum cum applicationibas moralisaiis et tnysticis gedruckt,
da die beiden Bibliographen das Buch aber nicht selbst gesehn haben,
so ist es erlaubt, vorläufig die Richtigkeit ihrer Angabe zu be-
zweifeln. Schöpflin erwähnt einen ^Apologeticus von Gregor von
Nazianz und einen Marsilius Ficinus de triplici vita, die Knoblouch
im Jahr 1500 herausgegeben haben soll*. Es müssen dies sehr seltene
1. ^Cartin Mutier an ein chrisiUchen Tiath und Gemeyn der staU Weissenhurg. , .
S. a. (1523), in-40.
2. Vindicue typogr., S. 108.
3. Johann Knohcloch von Zofingen, der Trucker, hat das 'Bürgerrecht em-
pfangen. Biirgcrbuch.
4. Chronik der Stadt Zofmgen (von Frickart). Zoßngen, 1812, B. 2,
S. 98.
5. Panzer, B. i, S. 60, ex hihi canohii CampiUL (Abtei Lilienfeld in
Oestreich). FIain, n® 7750.
6. Vind. typogr., S. 108. Panzer, I.e., citirt diese Werke nach Schöpflin.
Die sirasshurger Buchdrucker vor 1^20. 127
Bücher sein, denn Panzer citirt sie nur nach Schöpflin und Hain
kennt sie gar nicht. Fast alle in Schöpflins Werk angeführten
Drucke befanden sich entweder in seiner eigenen Bibliothek oder
in der unserer alten Universität; man darf daher nicht voreilig be-
haupten, er habe sich in Bezug auf das Datum der beiden Knob-
louch'schen Produkte geirrt. Es wäre aber wichtig, zu erfahren, an
welchem Monatstag sie erschienen sind; hätte sie Knoblouch vor
dem 26. Oktober 1500, dem Todestag Martin Flachs, ausgegeben,
so wäre es ein sicherer Beweis, dass er vor dieser Zeit eine Druckerei
errichtet hatte; gehörten sie dagegen in die beiden letzten Monate
des Jahrs, so liesse sich annehmen, dass er zuvor bei Flach ge-
arbeitet und nun dessen Nachlass übernommen hatte. Schon im
Frühling des folgenden Jahres hcirathete er als Drucker dessen
Wittwe, dtliarina Dammerer, empficng dcsshaib den 21. Mai das
Bürgerrecht, und tritt nun entschieden als Flachs Nachfolger auf.
1503 erschien, ohne Druckemame, der Trostspiegel Geilers; die
völlige Gleichförmigkeit dieser Ausgabe mit der, welche Knoblouch
1519 von derselben Schrift machte, beweist, dass auch sie von ihm
ist. Der erste Druck mit seinem Namen seitdem er Bürger ge-
worden, ist vom 3. Juli 1504'.
Als Brant in der Pfarrei der S. Martinskirche eine Brüder-
schaft des h. Sebastian stiftete, Hessen sich Knoblouch und seine
Frau als Mitglieder aufnehmen. Wittwer geworden, verehlichte er
sich zum zweiten Mal mit Catharina Vogler, die ihm zwei Töchter
gebar. Nach Frickart, dem Verfasser der Zofingcr Chronik, soll er
1500 strassburger Rathsherr geworden sein; dies ist ein Irrthum, sein
Name findet sich auf keiner der Rathslistcn von 1500 bis 1528'. 1516
machte er eine Reise in seine Vaterstadt und schenkte dem Zofingcr
Kapitel theologische Bücher im Werth von 100 Gulden zur Stiftung
seiner Jahreszeit'. 1522 war seine Druckerei im Haus zur Turtel-
1. Summula, . . 'B^ymundi revisa, 111-4«.
2. Chronik ücr Staut Zofingen, B. 2, S. 98. — 15 11 und 15 12 war ein
Daniel Knoblouch hiesiger Rathsherr für die Zunft der Wirthe. Andere bürger-
liche Knoblouch waren Gärtner, Tuchhändler, Fiizmacher, etc.
}. Frickart, 1. c, gibt eine Liste von 21 dieser Bücher; im Ganzen
waren es 30. Einige waren bei Knoblouch erschienen, andere bei Flach, Grö-
ninger, Gran, noch andere waren auswärtige Drucke. Knoblouch m.ichie die
Schenkung gemeinschaftlich mit seinem Schwager Johann Bossart.
128 Die sirassburger Buchdrucker vor ij2o.
taube, apud turturem, in der Nähe der S. Barbarakapelle. Sein letzte^
Druck ist von 1327; das Jahr darauf starb er; der Maurermeister
Johann Schott, der sein Gläubiger für 4000 Gulden war, ward Vor-
mund der Wittwe und der Töchter.
Ausser einigen anonymen Drucken, besonders aus der Re-
formationszeit, hat man von Knoblouch bis 200 lateinische und 70
deutsche Werke aus allen Zweigen, von der Theologie und der
klassischen Litteratur herab bis zur Küchenmeisterei. Die griechi-
schen Bücher, die er seit 151 5 herausgegeben hat, zeichnen sich
durch die, an die aldinischen erinnernden Typen aus. Auch war
er einer der ersten, die hübsche Octavbände mit Cursivschrift
(italique^ druckten. Seine zahlreichen Illustrationen sind theils sehr
mittelmässig, theils sind es Werke von Urs Graf und Hans Baidung.
Unter seinen Titeleinfassungen sind die des Aulus Gellius, 15 17,
und die der Werke des Athanasius, 1522, als höchst gelungen zu
bemerken. In dem Explicit seines Terenz von 1514 konnte man
mit Recht sagen, er st\ reipublica litteratoria haudquaquam poenitendus
chalcographus.
Seine Geschäftsverbindungen waren sehr ausgebreitet; 1505
und 1306 hat er für Johann von Ravesberg von Colin gedruckt,
151 5 für Urban Kaym von Buda, 1516 für Johann Haselberger von
Reichenau*. Von 13 14 bis 1522 hat er mit dem Buchhändler Paul
Götz, 13 17 mit Matthias Schürer auf gemeinsame Kosten Ausgaben
besorgt. Da seine Pressen für die an ihn gelangenden Begehren
nicht immer genügten, Hess er bei Heinrich Gran von Hagenau,
bei Johann Prüss, Johann Schott, Martin Flach dem jüngeren für
sich drucken. Im Buchhandel war er nicht minder thätig; man er-
innert sich, welch bedeutende Summe er für Bücher an Hupfuff
schuldete.
Nicht ohne humanistische Bildung, hat er lateinische Vorreden
zur Empfehlung einzelner seiner Drucke geschrieben; und eifrig auf
I. Haselberger, hibUopola de %Augia, de %Aia, 'Buchführer aus der Hetchenau,
war nicht «ein wandernder Buchführer und Verleger. . dessen eigentliche
Wohnstätte noch nicht ermittelt ist • , wie die Redaktion des Archivs zum Auf-
satz zur Geschichte dits strassb. Buchdrucks, S. 15, bemerkt. Er hatte seinen
Wohnsitz auf der Insel Reichenau, im Constanzer See, liess, wie der Nürn-
berger Koburger, der Augsburger Rinmann, die Wiener Alantsee, u. a., in
verschiedenen Städten drucken, und brachte seine Bücher auf die Messen.
Die sirassburger Buchdrucker vor 1^20. 129
Verbreitung alles dessen bedacht, was ihm nützlich schien^ hat er
nicht nur vieles in Italien, Frankreich, der Schweiz erschienene neu
aufgelegt, sondern auch in den strassburger Klöstern nach interes-
santen Manuscripten geforscht. Den 31. Mai 15 12 gab er dem Bar-
füsserprovinzial Georg Hofmann einen Empfangschein für die Sennones
^erchtoldi de tempore et de sanctis, die zur Bibliothek des liiesigen
Klosters gehörten; er verpflichtete sich, die Handschrift spätestens
um Weihnachten 15 13 zurückzugeben'. Seit 15 19 gab er auch
Schriften Luthers und anderer Reformatoren.
Seine Marken sind: i. Ein von einem Adler gehaltener Schild
mit drei Knoblauchzehen und den Namens-Initialen /. K. — 2. Ein
anders geformter Schild, gleichfalls mit den Knoblauchzehen und
den Buchstaben H, K. (Hans Knoblouch), an einem Baum aufge-
hängt und von einem Löwen und einem Bären gehalten. — 3. Nach
1320, die nackt aus einer Felsspalte tretende Figur der Wahrheit,
von einem Knoblauchkranz umgeben, mit Inschriften in hebräischer,
griechischer und lateinischer Sprache; die lateinische ist: verum
quum latebris delüuit diu, eniergiL — 4. In einigen Titelborduren ein
kleiner Schild mit dem Knoblauchbüschel.
Seine Nachfolger waren sein Sohn Johann und Georg Messer-
schmied, Machasropeus genannt.
15. Martin Flach der jüngere.
Solm Martin Flachs des altern. Panzer und Hain nennen ihn
als Drucker eines 1492 erschienenen thCariale von Bemardinus de
Bustis*. Keiner der beiden hat aber das Buch gesehn; es ist daher
der nemUche Zweifel erlaubt, wie in Bezug auf die Knoblouch zu-
geschriebenen Gesta T(pmanorum von 1497. Der jüngere Flach hat
schwerlich, so lange sein Vater lebte, eine eigene Presse gehabt«
1. S. Beilage VIII. Panzer kennt keine Ausgabe dieser Predigten. Falls
sie erschienen sind, so ist zu bedauern, dass sich keine Spur davon findet.
2. Panzer, B. i, S. 47, nach Denis, Supplem., S. 322, ex GoUwic. hibl
Hain, n» 4158. Flach senior hat das fSCariale 1496 und 1498 gedruckt, sein Sohn
gab es 1502.
130 Die strassburger Buchdrucker vor ij2o.
Der Vater starb den 26. Oktober 1 500. Der Sohn war bereits an
Margaretha Wehinger verheirathet und hatte selber einen Sohn,
der IS03> sehr jung, die basler Universität bezog. Ein den 8. Januar
1501 erschienenes Buch ist das erste, das seinen Namen hat*. Bald
nachher, ohne den Ablauf eines Jahres abzuwarten, heirathete die
Wittwe des alten Flach, obgleich schon Grossmutter, Johann Knob-
louch, der ia den Besitz der Offizin eintrat. Flach junior musste
sich mit einem andern Theil der Erbschaft begnügen und seine
Werkstatt in ein anderes Viertel der Stadt verlegen. Zuweilen
arbeitete er für Knoblouch, öfter jedoch für sich allein. Seine Drucke
sind ebenso manchfaltiger Art, wie die mehrerer anderer seiner
strassburger Zunftgenossen: deutsche Chroniken, Romane, Lieder,
katholische und reformatorische Traktate, lateinische theologische,
humanistische, medizinische Werke. 1516 liess der Magistrat, bei
dem eine Klage über ein politisches Libell, das würtembergisch
Lied, eingelaufen war, die Drucker vor sich bescheiden; Flach
bekannte sich für den Schuldigen, sagte aber, er habe nichts von
einem Verbot solcher Schriften gewusst; die Exemplare mussten an
die Kanzlei abgeliefert und vernichtet werden*. Seine Bücher haben
wenig Illustrationen und, ausser einem grossen Holzschnitt von
Urs Graf in dem Catalogus sanctorum, 1513, sind dieselben von ge-
ringem Werth.
1522 verkaufte er an Friedrich Brechter ein neben dem Knob-
louch'schen gelegenes Haus bei der S. Barbarakapelle. Seine letzten
Drucke sind aus dem Jahre 1525. Er hat sich verschiedener Marken
mit einem allen gemeinsamen Monogramm bedient: i. Eine Frau,
die ein Banner hält, auf dem die durch ein Andreaskreuz getrennten
Buchstaben (\C F, unten ein Schild mit dem aus einem ^ und
einem oben zu einem Kreuz sich gestaltenden F gebildeten Mono-
gramm. — 2. Ein Schild mit dem Monogramm, an einen Baum ge-
lehnt und von einem Ritter und einer Dame gehalten. — 3. Der-
selbe, etwas anders geformte Schild, an einen Baum geheftet,
zwischen einem wilden Mann und einer wilden Frau. — 4. Ein
kleiner Schild mit dem Monogramm, in einigen Titeleinfassungen.
1. Castigatorium Egidii de 1(pma in corruptorium Ubrorum 5. Tbonue di
xAquino, In-f«.
2. Brants Annalen.
Die strasshurger Buchdrucker vor 1^20. i}i
• 16. Johann Wehinger. Thomas Swop. Hieronymus Greff.
•
1. Unter den Druckern, denen der Rath im Februar 1504
das die verbotenen Materien betreffende Mandat mittheiite, war
auch Johann Wehinger. 1469 war ein Johann Wehinger procu--
rator der S, Stephansabtei. 1507 und 1508 ein mdercr procuralor
des grossen Chors*. Letzterer und der Buchdrucker sind vielleicht
eine und dieselbe Person. Als Publikationen von Wehinger kenne
ich nur: i. einen deutschen Hortulus anima in zwei Ausgaben, 1502
und 1504, und einen lateinischen, 1503, niedliche kleine, roth und
schwarz gedruckte Bücher mit zahlreichen feinen Holzschnitten;
2. ein Officium des neu in der strasshurger Diöcese eingeführten
Festes des h. Joseph; diese, aus acht Quartblättern bestehende,
gleichfalls roth und schwarz gedruckte Schrift, hat auf dem Titel
einen ausgezeichneten Holzschnitt*. Schwerlich sind dies Wehingers
einzige Produkte; seine Vorladung vor den Rath im Jahre 1504
lässt vermuthen, dass er auch Anderes als ein paar religiöse Trak-
tate herausgegeben hatte.
2. Thomas Swop (Schwab), auch einer der 1504 vor den
Rath beschiedenen Drucker, aller Wahrscheinlichkeit nur ein Heraus-
geber kleiner Dinge, die längst verschwunden sind; bis jetzt ist
nichts mit seinem Namen bekannt.
3. Hieronymus Greff oder Groff (Graf), ein aus Frank-
furt gebürtiger Maler, kam nach Strassburg, wo er 1 302 das Bürger-
recht kaufte. Seine Frau hiess Agnes Hirtz; eine Enkelin unseres
Malers dieses Namens? 1502 gab er mit deutscher Erklärung fünf-
zehn grosse Holzschnitte über die Apocalypse heraus*. Mehr hat
1. 1448 findet man einen strasshurger Bürger Bartholomäus Wehinger.
Es ist oben gesagt worden, dass die Frau Flachs des jungem Margaretha
Wehinger hiess.
2. Weller, n» 213, schreibt Wehinger auch das kleine Buch zu : S. *Bn-
gitten fünffiehen Vermanung in das leytUn Jhesu Cristi, s. 1. et a., 16 Bl. in- 16*,
eine Art Anhang zum Hortulus aninut,
}. 'Die heimlich Offenbarung Johannis. Gedruckt ^ Strassburg durch ßero-
nimum Greff den tKaler, genant von Franckfurt, 1502, 16 Bl. in-f». Die 15 Holz-
schnitte sind jeder mit einem, aus den Buchstaben I. M. F. zusammengesetzten
Monogramm bezeichnet.
132 Die strassburger Buchdrucker vor ij20.
man noch nicht von ihm nachgewiesen. Eher Formschneider und
Bilddrucker^ scheint er den Druck von Texten nur als Nebensache
betrieben zu haben. Als Künstler gelangte er in seiner Zunft zu
gewissem Ansehn; 1507 war er einer der Bürger, die der Magistrat
mit der Handhabung der Ordnung während des Einreitens des
Bischofs Wilhelm von Honstein beauftragte*.
17. Matthias Schürer.
Matthias Schürer von Schlettstadt war ein Vetter Martin Flachs
des Jüngern. Sein Vater* hatte eine Schwester der Catharina Dam-
merer geheirathet, die die Frau des altem Flach gewesen und in
zweiter Ehe die Knoblouchs geworden war. Schürer studirte zu
Erfurt, wo er zum Doctor ariium promovirt wurde*. Er schrieb,
seinen Namen durch Granarius* übersetzend, eine kleine lateinische
Grammatik, die 1501 bei seinem Vetter Flach erschien; für diesen
durchsah er auch die Probebogen des vierten, den 27. Februar 1502
ausgegebenen Bandes der Werke Gersons. Den 9. Juni dieses
Jahres kaufte er als Drucker das Bürgerrecht. Von 1505 bis 1507
diente er als Correktor bei Prüss und bei Knoblouch. Dem von
Prüss 1505 gedruckten Epitome rerum germanicarum von Wimpheling
fügte er eine Entschuldigung bei wegen der Fehler: «wer kann
Alles sehn ? ich habe nur zwei Augen, ich habe deren nicht hundert
wie Argus; übrigens hatte der Copist eine schlechte Abschrift ge-
1. Code bist» et diphmat, de la viUe de Strasbourg . Strassburg, 1843, P. 2,
S. 286.
2. 1495 kauft ein Arbogast Schürer, von Schlettstadt, zu Strassburg das
Bfirgerrecht.
3. Da Schürer sich in mehrern seiner Drucke den Titel doctor artmm
gibt, so muss er eine Universität besucht haben. In einer 1508 geschriebenen
Widmung an den Churfürsten Friedrich von Sachsen {<u4numit, fribttrg., S. 312),
sagt Wimpheling von seinem Landsmann Schürer, qui te terrasqiu iuas, quai
peragravit, magnis laudibus effert. Schürer hatte demnach Sachsen bereist und die
Universität, wo er Doctor ward, war ohne Zweifel Erfurt, wo früher auch
Wimpheling sich eine Zeit lang aufgehalten hatte.
4. Schürer, von Schür, Scheuer 1 Scheune.
Die strassburger Buchdrucker vor i^io. ^ 133
liefert und die bevorstehende Messe nöthigte uns zur Eile.» Den
9. Februar 1506/ am Schluss der ebenfalls bei Pröss erschienenen
Sermones cofwiuales von Peutinger, kündigte er an, er werde mit
nächstem selber die Schriften des Franz Picus von Mirandola drucken,
a me excudeniur; diese Ausgabe war aber noch Knoblouchs Werk*.
Das erste von Schörer gedruckte Buch trat erst den 8. Juni 1508
ans Licht: Matthias Schürer artium doctor id UbelU veluH primitias ex
offiäna sua impressoria feliciter emisit; es ist eine kleine von Thomas
Wolf veranstaltete Sammlung alter religiöser und philosophischer
Traktate.
So viel mir bekannt, ist Schürer der erste unserer Tjrpo-
graphen, der auch griechische Lettern einführte; er hatte solche
seit 1 3 1 1 *. Voll Eifer für die Hebung der klassischen Studien, Mit-
glied der hiesigen litterarischen Gesellschaft, mit Beatus Rhenanus
befreundet, von Wimpheling und Erasmus geschätzt, hat er vor-
zugsweise Klassiker und Schriften der Humanisten* verbreitet. Den
15. Oktober 15 14 erhielt er von Erasmus den Auftrag, dessen zu-
erst in Paris erschienene Copia duplex verborum ac rerum neu auf-
zulegen; der berühmte Mann schrieb ihm: «ich weiss, du bist nur
darauf bedacht ut libros quam optimos quam emendaHssime excusos in
lucetn emittas*». Es geschah aber auch, dass Schürer solche druckte,
die nicht zu den optimis gehörten; ohne viel Prüfung gab er alles,
was er sich von in Frankreich und Italien erschienenen Versen und
Traktaten verschaffen konnte. So vereinigte er, 1509, in einem
Band die religiösen Gedichte des Grcgorius Tiphemas und erotische
Episteln und Elegien älterer und neuerer Poeten. Beatus Rhenanus
warf ihm vor, neben die frommen Verse des Tiphemas amatoria
et subobscoma zu stellen; er schrieb darauf eine entschuldigende Vor-
rede zu dem Buch: man könne ja, meint er, Rosen zwischen
I. Panzer, B. 6, S. 36, erwähnt als von Schürcr 1506 gedruckt: %AtmiUi
*Probi vita exceüentium imperalorum. Am Ende steht allerdings : attn. M. D. VI.
XU. kal. xApriL 1506 ist aber ein Fehler. In der Vorrede zu den, bei Schürer
im Februar 15 11 erschienenen HierocUs in Tythagora carmitta commentarii, sagt
Wolfgang Angst , Aemilius Probus sei unter der Presse ; er ist demnach aus
dem Monat März 151 1. «
3. Lilii Ziraldi syntagma de t\Cusis, Im Explicit heisst es : non omissis accen-
tihus in iis qua graca sunt, 15. August 15 11.
5. Erasmi opera, B. 3, col. 1533.
134 Die strassburger Buchdrucker vor iS20.
Domen pflücken; er hoffe, man werde in den von ihm heraus-
gegebenen Dingen nur die Eleganz bewundern, um diese auf das
Lob Gottes und der Heiligen anzuwenden; hat nicht Virgil, ak
man ihn (ragte, warum er Ennius lese, geantwortet se aurum ex
stercore coUigere? Schürer hatte in diesem Stück weniger Skrupel
als Wimpheling und selbst ab Erasmus; er theilte den leichtem
Sinn seines Freundes Wolfgang Angst von Kaisersberg, der während
einiger Zeit Correktor bei ihm war. Seine Bücher sind meist mit
grosser Sorgfalt gedmckt; einige Titel haben Einfassungen von Urs
Graf; Illustrationen dagegen sind selten bei ihm. 151 3, IS^S* ^5^7
machte er schöne Ausgaben für die wiener Buchhändler Lucas und
Leo Alantsee. 15 17 gab er, gemeinsam mit Knoblouch, einen Aulus
Gellius in Folio, mit der nemlichen von Urs Graf geschnittenen
Titelbordure, wie die in eben diesem Jahr für die Brüder Alantsee
voq ihm gedmckte Volyanthea des Nanus Mirabellius.
Wie manche der damaligen Bürger war er eitel genug, sich
nach einem Wappen zu sehnen. Er schrieb desshalb an seinen
Freund Jakob Spiegel, Neffe Wimphelings und einer der kaiser-
lichen Sekretäre. Den 9. April 1 5 1 5 meldete dieser seinem Oheim,
Schürer brauche nur ein schön gebundenes Exemplar seines Otto
von Freisingen an den Hof zu schicken, um für sich und seinen
Neffen Lazams ein Wappen zu erhalten, das ihn sonst wenigstens
25 Gulden kosten würde. Schürer befolgte diesen Rath; er über-
sandte die Chronik, die, fiir die Brüder Alantsee gedmckt, im
Monat März vollendet worden war, mit einem merkwürdigen von
Urs Graf componirten Titel und einer Inschrift des Beatus Rhenanus
zu Ehren Maximilians*. Der Kaiser, durch diese Huldigung ge-
schmeichelt, gewähne das Wappen, das, auf Schürers Namen an-
spielend, eine Garbe enthält.
Im August 1314 hatte Schürer dem Bankett beigewohnt,
durch welches die strassburger litterarische Gesellschaft die Anwesen-
I. Eine Copie von Spiegels Brief ist im S. Thomas- Archiv. — Spiegel
hatte auch, auf SchOrers Begehren, ein kaiserliches Privilegium gegen den
Nachdruck der Freising*schen Chronik erwirkt; es ist vom 6. Mai 1514 und
zum Voraus auch auf die 'HjOctes atlica des Aulus Gellius und die opara Rudolph
Agricola's ausgedehnt, die Schürer sich vorgenommen hatte herauszugeben.
Aulus Gellius erschien 15 17 in adibus Johannis Knobhuchi ductu t^Cattbia Scbu-
rerii; Agricola's Schrift de invetUlotu dialectica erst 1521 bei Knoblouch.
Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 135
heit des Erasmus gefeiert hatte, und dieser hatte in seinem Dank-
schreiben an Wimpheling von ihm gesagt: «würde ich ihn, der so
viel für mich gethan, nicht aufs innigste lieben, so müsste man
glauben, ich habe ein Herz von Eisen oder Stein*». Schürer druckte
in der That in wiederholten Auflagen viele der erasmischen Schriften.
Den 21. Juli 15 17 schrieb er ihm, seit zehn Monaten leide er an
der Brust'; dies hinderte ihn jedoch nicht in seiner gewohnten
Thädgkeit. Den 31. Oktober dieses Jahres schickte ihm Erasmus
von Löwen aus einen Quintus Curtius, um ihn zu drucken*; das
Buch erschien im Juni 1518, mit der nemlichen kunstreichen Titel-
verzierung wie Otto von Freisingen. Die letzten Schürer'schen
Drucke sind aus dem Jahr I52I^ Die Gesammtzahl seiner Ausgaben
beträgt ungefähr 240, worunter nur 4 deutsche Werke.
Sein Mdtto war tetnpus observa; an diesen zwei Worten oder
an deren blossen Anfangsbuchstaben erkennt man die wenigen
Drucke, auf denen sein Name fehlt. Seine Marken sind: i. Ein
Zeichen, das nicht ein aus Buchstaben gebildetes Monogramm,
sondern nur eine Handelsmarke zu sein scheint; auf dasselbe stützt
sich ein von zwei in der Luft schwebenden Löwen gehaltener
Scliild mit dem kaiserlichen Adler; unten eine griechische Sentenz.
— 2. Das nemliche Bild, kunstvoller ausgeführt, mit den Worten
sub umbra alarum tuarum protege nos. — 3. Ein Schild mit dem
Zeichen, an einen Baum gelehnt, auf dem ein nackter Knabe; da-
neben ein Jüngling mit einem Mercuriusstab. — 4. Das Schürer'sche
Wappen mit der Garbe, die auch im Helmschmuck angebracht ist.
18. Johann Prüss der jüngere.
Johann Prüss, Sohn des gleichnamigen, 15 10 gestorbenen
Druckers, arbeitete zuerst in der väterlichen Offizin. 1 504, wälirend
1. Dieser Brief findet sich am Ende fast aller seit 15 14 erschienenen
Ausgaben der Copia duplex verborum et rerum von Erasmus.
2. Erasmi op$ra, B. 3, col. 1619.
3. Ibidem, col. 1638.
4. Sein letzter Druck ist eine Ausgabe von sechs Comödien des Tcrenz,
in-4*, 2. Sept. 1521.
136 Die strassbttrger Buchdrticker vor ij2o.
des Kriegs in der Pfalz, machte er eine Geschäftsreise in diese
Gegend und fiel in die Hände einer feindlichen Parthei. Der strass-
burger Magistrat verwandte sich für ihn bei dem Churfürsten
Philipp; dieser antwortete den 19. September ziemlich ungnädig,
er habe sich auch seinerseits über die Strassburger zu beklagen, in
diesen Zeiten könne übrigens Manchem ein solcher Unfall begegnen,
er werde indessen Erkundigungen einziehen *. Auf irgend eine Weise
erlangte der junge Prüss seine Freiheit wieder. Nach dem Tode
seines Vaters besorgte er die Druckerei im Thiergarten, bis sie an
seinen Schwager Reinhard Beck übergieng, worauf er eine eigene
Presse in einem Haus bei S. Barbara errichtete. Er druckte einiges
für Knoblouch und Paul Götz. Die seinen Namen allein tragenden
Bücher belaufen sich auf etwa 20 lateinische und 6 deutsche. Nach
1519 gab er zahlreiche lutherische Schriften heraus.« Gegen Ende
seiner Laufbahn traten finanzielle Verlegenheiten für ihn ein, die
ihn, 1526, nöthigten, sich mit seinen Gläubigern abzufinden. Seine
letzten Bücher haben das Datum 1527, es sei denn, dass die Unter-
schrift eines Traktats über ein Gewitter, das ein schlesisches Dorf
verwüstet hatte, als authentisch zu betrachten ist; das kleine Buch
soll 1531 zu Strassburg durch Johann Preuss gedruckt sein*. 1542
erschien in unserer Stadt eine Sammlung französischer Psalmen mit
der Angabe : Imprimi ä ^me par le commandement du pape par
Thiodore ^rüss allemant, son imprimeur ordinaire*. Von einem Theodor
Prüss ist nichts bekannt; der Name ist wohl eben so fictiv wie der
Druckort.
19. Reinhard Beck.
Reinhard, lateinisch '^enatus Beck, war von Colin. Er kam
nach Strassburg als Drucker und arbeitete anfänglich bei Prüss dem
altern. Wittwer mit einem Kind, heirathete er Margaretha, eine
1. Stadt- Archiv , AA, 361.
2. IVunderharlich Geschieht, . Ein ichr eckliches ungewitUr im darf Scbmahnt^
hey der Schweidnit^, Gedruckt ^u Strassburg durch Hans *Preussen, M. D. XXX VI.
3. BovET, Histoire du psautier des iglises riformies, Neuchätel, 1872, S. 19,
250.
DU strassburger Buchdrucker vor ij20. 137
Tochter von Prüss, und ward Bürger 1 5 1 1 . Nach dem Tode seines
Schwiegervaters blieb er im Besitz der Offizin zum Thiergarten*;
die meisten seiner Bücher sind aus dem 3^9ioT909eiov id est xnvarium
vulgo Thiergarten datirt; die gewölinliche Einfassung seiner Titel
stellt einen Thiergarten vor. Während einer im Winter 1511 und
15 12 zu Strassburg ausgebrochenen Pest siedelte er mit seiner
Presse nach Baden über, wo er mehrere sehr selten gewordene
Dinge herausgab*. Zu Strassburg lieferte er, ausser theologischen
Werken, Traktate von Humanisten, Grammatiken, Wörterbücher,
im Ganzen etwa 30 lateinische und 2 deutsche Bücher. Unter seinen
Foliobänden ist ein sehr schönes Missale von 1520 zu bemerken.
1 5 1 3 machte er auf Kosten Knoblouchs und des augsburger Buch-
händlers Johann Rinmann, eine Ausgabe der Summa angelica, mit
einer hübschen Titeleinfassung von Hans Wächtelin. Er starb am
Anfang des Jahrs i522'. Ursula, die Tochter, die er von seiner
ersten Frau hatte, heirathete den Drucker Wol%ang Forter, der
den I. April 1522 Bürger ward. Einige Bücher aus den Jahren 1522
und 1523 mit dem Sinnbild des Thiergartens mögen von Forter
sein, der dem Geschäft vorstand, bis Becks Wittwe sich, 1524, mit
dem Buchdrucker Johann Schwan von Marburg in zweiter Ehe
vermählte. Mit Forters Namen ist nichts bekannt; 1523 trifft man
übrigens im Thiergarten die Offizin Johann Schotts. Ein Sohn
Becks, Balthasar, hatte eme am Holzmarkt.
Becks Marke ist ein wilder Mann, der einen an einen Baum
aufgehängten Schild hält mit dem aus einem 7^ und einem B gc-
1. SciiÖPFLiN, Vindiciät typogr,, S. 104, meint, beide Druckereien, die von
Pröss und die von Beck, seien zu gleicher Zeit im Thiergarten gewesen. Prüss
hatte aber das Haus verlassen.
2. vApoJogia muJierum. . Joannis tKotis, . Am Ende : Excusium in thermis
aniboninis oppidi *Badensis per 'Senatum 'Buk civem vArgentinensern anno M. D. XI.
fumo kal. Januarii, qiiando pestis preter soUtam cruäeJiiatem *ArgentoraH incrudescebat,
In-4». — Der tKarggr äff schaff *Baden Statuten und Ordenungen in Testamenten. . .
Gedruckt und vollendet in der löblichen statt 'Baden durch T^finharten 'Beck burger
^u Strassburg, uff unser lieben Frawen abent presentationis. %Anno domini M. ccccc. xi.
18 Bl. in-f».
3. Ein von Weller, n«* 3810, als von Beck 1526 gedrucktes Herbari oder
Kreuterbuch, genant der Garten der Gesuntheit, scheint zweifelhaft« Beck hatte das
Buch zwei Mal herausgegeben, 15 15 und 1521 ; 1527 machte sein Sohn Balthasar
eine neue Ausgabe.
138 Die strassburger Buchdrucker vor ij2o.
bildeten Monogramm. Bald ist dieses Bild allein, bald umgiebt es
der Thiergarten, 4er es vervollständigt. Der Titel einer Gemrna
gemmarum von 15 14 hat, als Bordüre, einen anders und feiner ge-
zeichneten Thiergarten, unten mit Becks Monogramm.
20. Conrad Kerner. — Ulrich Morhard.
1. Conrad Kerner, von Steinfeld, seit 1511 strassburger
Bürger wegen seiner Verehlichung mit der Tochter Matthias Brants,
druckte 15 17 (mit der frühern Presse seines Schwiegervaters?) die
Himmlisch Fundgrub, und für Johann Haselberger eine deutsche
Predigt über die Arche Noäh. Sonst weiss ich nichts von ihm an-
zuführen.
2. Ulrich oder Huldrich Morhard, von Augsburg, hei-
rathete 15 18 Barbara, Tochter des Secklers Michael Burger und
ward desshalb als Bürger aufgenommen. Er druckte bei uns von
15 19 bis 1522. Seine Typen und besonders seine Titeleinfassungen*
erinnern an die von Schürer gebrauchten, auch hat er einige von
diesem vor 15 19 herausgegebene Bücher auf ganz ähnliche Weise
wieder aufgelegt. Hätte nicht Schürer bis 1 5 2 1 gearbeitet, so könnte
man denken, Morhard habe seine Offizin übernommen*. Missver-
1. Sein erster Druck, Erasmus, de dupUci copia vtrborum et rerum , ist vom
Monat Januar 15 19; der Titel hat die nemliche, aus Portraits klassischer Au-,
toren bestehende Einfassung wie die von Schürer 15 18 gedruckten FahuU,
Dieselbe Einfassung hat Morhard noch einmal für einen 1522 von ihm heraus-
gegebenen Trakut des Laurentius Valla.
2. Nach dem Verf. des Aufsatzes, Zur Gesch. des strassb. Buchdrucks,
S. 20, hätte Morhard im Jahr 1520 auch für die Brüder Alantsee von Wien
gedruckt; er beruft sich hieför auf Denis, Einleitung in die Bücherkudde,
2. Ausg., Wien, 1795, in-4«, S. XXU. Dieses Citat ist doppelt unrichtig, statt
S. XXII ist zu schreiben B. I, $ XXIII, S. 128, und an dieser Stelle ist nichts
von Morhard gesagt ; Denis begnügt sich kurz zu bemerken , dass die Alantsee
u. a. auch zu Strassburg haben arbeiten lassen, und als Beweis führt er den
15 16 von Schürer für sie gedruckten Calepinus an.
DU strassburger Buchdrucker vor is2o. 139
gnügt über den zu Strassburg überhand nehmenden reformatorischen
Geist, zog er 1522 nach Tübingen, wo er von da an im katho-
lischen Interesse wirkte.
ANHANG.
HAGENAU.
I.Heinrich Gran.
Die Buchdruckcrci Heinrich Grans war eine der grösstcn jener
Zeit. In den handschriftlichen Annalen der hagenauer Barfüsscr wird
crzälilt, die Bürger dieser Stadt, « die sich der neu crftindenen Kunst
zu erfreuen wünschten», hätten schon 1469 die Typographie bei
ihnen errichtet, kurz nachdem Diebold Lauber zu Hagenau seine
Werkstätten fürs Absclireiben und Uluminiren der Manuscripte ge-
habt hatte. Dieser Nachricht scheint eine andere derselben Annalen
zu widersprechen; es heisst da bei dem Jahr 14S8, «um diese Zeit»
habe der Magistrat «die edle Kunst des Buchdrucks» eingeführt,
indem er dem berühmten Typographen Heinrich Gran das Privi-
legium ertlieilt, alle Bücher herauszugeben, die ihm dazu geeignet
scheinen würden*. Der Ort, wo Gran sich zum Drucker gebildet,
wird nirgends genannt. Da man ihn 1488 als praclarus typographus
I. 1^69. His temporibus Hagenotnses , nuper invent4e ariis typographica eiiam
gaudtre voUntes, typographiam erigunt. — 1488, Circa h4ec tempora iticlytus magistra-
tus HagenoiB urbis iniroducit pranohilem illam artem impressoriam seu typogrophicam,
et domino Henrico Gran praclaro typographo concedit licentiam imprinundi libros
quos reperire poterat necessarios ei prcelo aptos, cum privilegiis, honoribus et cateris
gratiis quibus alii gaudeni ei potiuntur typographi ei bibliopola. Ms. der hagenauer
Bibliothek. Ich verdanke die Auszüge der Gefälligkeit des Herrn Nessel, eines
der gelehrtesten Kenner der elsässischen Alterthümer.
140 Die strassburger Buchdrucker vor ij2o.
bezeichnet, so muss er sich schon vor dieser Zeit bekannt gemacht
haben^undda 1489 sein Sohn Johann Michael unter die hagenauer
Schöffen gewälilt ward, so war er zu dieser Zeit nicht mehr ein
junger Mann. Es ist vielleicht nicht unmöglich, die beiden Angaben
der Barfüsser-Annalen mit einander in Einklang zu bringen. Ist es
der Wahrscheinlichkeit zuwider, wenn man annimmt, Gran habe
1469 eine erste Erlaubniss vom Magistrat erlangt, und manche zu
Hagenau ohne Datum und Druckername erschienene Bücher ge-
hören der Periode vor 1488 an? Gran hätte sein ausgedehnteres
Privilegium erst erhalten, nachdem man erkannt, dass seine ver-
grösserte OfEzin der Stadt zur Ehre gereichte und zahlreichen
Arbeitern Unterhalt verschaffte. Dann hätte er auch angefangen,
seinen Büchern seinen Namen beizugeben; der erste Druck mit
seiner Unterschrift ist in der That von 1489*.
Seine Pressen dienten vornehmlich zur Verviel<igung theo-
logischer Werke und ganz besonders lateinischer Predigtsammlungen.
Wolfgang Angst, "Correktor bei ihm in den Jahren 15 14 und 1515,
sagt in einer Widmung an Vitus Geisfell, Probst des . Stiftes Sur-
burg : nosträ offidna concionibus, ut nosti, et dwini eloquio penitus dedita\
Die Auflagen waren sehr beträchtlich; das Opus concionatorium des
spanischen Dominikaners Sanctius de Porta wurde zu 150Q Exem-
plaren gedruckt; viele dieser Predigten erschienen sogar mehrmals
in einem Zeitraum weniger Jahre: Beweis, wie sehr damals diese
dicken Bände bei den Geistlichen beliebt waren, während sie heute
nur noch den Wertli von Incunabeln haben. Ausserdem hat man
von Gran einige Werke über Grammatik, Logik, canonisches Recht,
aber keinen einzigen Klassiker*. Ohne dass er es vielleicht merkte,
ging 151 5 aus einer seiner Pressen die von Wolfgang Angst im
Geheimen besorgte erste Ausgabe der ^[nstola obscurorum virorum
hervor*; Angst, der das Jahr zuvor Gran gelobt hatte, sich nicht,
wie die übrigen Deutschen, die Basler ausgenommen, mit libelluh
semidoctorum zu befassen, sondern nur autores prmcipes und integra
1. Camutus magistri loannis de Garlandria, In-4*. Goth., 3 CoL
2. Opus concionatorium Sanctii de Torta, 15 15, in-f*.
3. 15 18 erschien bei Gran: !\C. TuUii Ciceronis oratorum omnium frincipis
Synonyma ad Lucium Veturium, In-4«. Diese Schrift ist bekanntlich unächt.
4. S. Histoire liUiraire de f*AUace, ß. 2, S. 154.
Die strassburger Buchdrucker vor i}20. 141
Volumina zu drucken S besass Witz genug, um einen solchen Streich
tM spielen; er rühmte sich, in einem Brief an Erasmus, in dem
dürren Sand Hagenaus die Obscuri viri hervorgebracht zu haben.
Gran war mit Aldus in Verbindung; er bezog Lettern von
ihm; am Schluss eines 1500 gedruckten Buches sagt er, es sei
Fenetiis alias propalatum, jetzt aber characteribus venetis in imperiali
oppido Hagenaw iierum impressum^\ und 15 14 spricht Angst mit Be-
wunderung von dem noster kAUus, hujus artis decus, auctor et ad
summum pene fastigium evector*.
Ich habe bei 240 mit Grans Namen versehne Drucke gezählt,
darunter^ nur zwei deutsche, das 1509 für Knoblouch gedruckte
Heldenbuch und 1522 das Teglich Brot von den Heiligen^
Seit 1497 hat er grösstentheils für Johann Rinmann gearbeitet, der
zuerst Buchhändler zu Geringen in Würtemberg, dann zu Augsburg
war. Vermuthlich war es in Grans Druckerei, der er reichen Ver-
dienst verschaffte, dass man für ihn die Bezeichnung archUnbUopola
er£md*; dieser Titel, der ihm schmeichelte, fand Eingang bei Ge-
lehrten und Buchdruckern; man übersetzte ihn durch in teutscher
Nation fürnemster Buchfürer*. 1503 hat Gran auch für Wolf-
1. Widmung des Note 2, Seite 140 , citirten Buchs.
2. Zweiter Theil des Tipsarium des Bernardinus de Bustis.
3. S. die eben angeführte Widmung.
4. Diesen deutschen Drucken kann man den Tractatus de ruifue eccUsia
pUmciu beifügen, in deutschen und lateinischen Versen, Hagenau, s. a.,
8 BL in-4^ — Nach Weller, n« 797 und 798, wäre auch des Arztes Eucharius
Rösslin Der swangem Frawen und Hebammen %>sengarten, s. 1. et a., in-4«, bei
Gran gedruckt, weil sich unten auf dem Titel einer der Ausgaben die Buch-
suben H. G. finden. Man sieht aber aus Choulant's genauer Beschreibung des
Titels und der Holzschnitte (Naumanns Archiv, 1857, S. 276), dass das Buch
schwerlich aus Hagenau stammt. Gran war nicht gewohnt solche kleine, deutsche,
illustrirte Dinge zu drucken.
5. Dieser Titel findet sich im Ezplicit zahlreicher Gran'scher Drucke,
zum ersten Mal 1503.
6. Z. B. am Ende der Schriften Suso's, Augsb., Hans Othmar, 15 12,
In-fi. — ÜLkiCH Tengler, in der Vorrede seines Layenspiegels, nennt Rinn-
mann gemainer teutscher land buchführer, — Rinmann war von Geringen gebürtig.
Den 4, Januar 1498 ertheilte ihm Graf Graft von Hohenlohe, zu dessen Herr-
schaft damals Geringen gehörte, die Erlaubniss des freien Abzugs, um sich zu
Augsburg niederzulassen, «weil er seit mehrern Jahren in Deutschland und
an andern Grtcn den Buchhandel betrieb und desshalb häufige Reiseri untei-
142 Die sirassburger Buchdrucker vor ij20.
gang Lachner von Basel gedruckt, von 1508 bis 15 12 för Knob-
louch, 15 12 und 15 14 für Conrad Hist von Speier, 1523 für Franz
Birckmann von Cöibi.
Die Natur der von ihm herausgegebenen Bücher eignete sich
nicht leicht für künstlerische Illustration; einige wenige haben einen
groben Holzschnitt auf dem Titel*; das Heldenbuch ist der einzige
seiner Drucke mit Bildern im Text; da Knoblouch die Kosten der
Ausgabe trug, hatte er auch ohne Zweifel die Holzstöcke geliefert
Vor 15 14 scheint Gran sich keiner Einfassung für seine Titel be-
dient zu haben; die, die er seit 15 14 hat, sind alle nach dem nem-
lichen Typus gemacht. In der untern Leiste sieht man auch meist
seine Marke: zwei von Kränzen umgebene und von geflügelten
Genien gehaltene Schilde, in dem einen die auf den Münzen und
dem Wappen Hagenaus vorkommende Rose, auf dem. andern die
Initialen H. G. und ein zwei gekreuzte Hacken durchschneidender
Getraidestengel, als Anspielung auf den Namen Gran, granutn.
Er starb in hohem Alter 1523 oder 1524. Auf einem Buch
von 1527 liest man noch in officina Henrici Granu*; zu dieser Zeit
war aber die Offizin bereits in die Hände eines Andern über-
nehmen musstei; für diese Erlaubniss hatte er in vier Terminen 800 Gulden
zu bezahlen. Als Buchhändler zu Augsburg erscheint er zum ersten Mal im
Jahr 1502. Er liess in dieser Stadt, zu Basel, zu Nürnberg, zu Venedig, zu
Strassburg und vornehmlich zu Hagenau drucken. S. Kirchhopp, Beiträge zur
Geschichte des deutschen Buchhandels. Leipzig, 1851, B. i, S. 11 u. f.
1. Die Sermones dormi secure 1493, eine Expositio himnorum 1493, und
einige Schulbücher 1494 und 1495, haben auf dem Titel d ?n nemlichen Schul-
meister, den man auf Drucken Joh. Schönspergers von Augsburg sieht. Wolt-
MANN, Geschichte der deutschen Kunst im Elsass, Leipzig, 1876, S. 272, citirt
das von Gran, 1501 in-f*, gedruckte Steüarium corona hMcdicta Ovaria virginii,
und sagt, es habe auf dem Titel « die stehende Madonna mit einer Stemenkrone
und mit zwei krönenden Engeln, und in den vier Ecken die evangelistischen
Zeichen in Intaglio-Holzschnitte. Das der hiesigen Stadt- Bibliothek gehörende
Exemplar der nemlichen Ausgabe hat kein Bild auf dem TiteL Man rouss
annehmen, dass Gran zweierlei Exemplare ausgegeben hat ; jedenfalls sind die
mit dem Holzschnitt eine seltene Ausnahme unter seinen Drucken. Die Medail-
lons der vier Evangelisten mögen wohl dieselben sein wie die auf dem Utel
der von Hans Othmar 1 508 zu Augsburg gedruckten Sammlung Geilers 'Predigen
teutsch und vil guter leeren,
2. Opusculum D. tAgapeti. . ad Justinianum, . hont principis compUcUnsofi»
cia, . . Haganoa in officina Henrici Granu anno i^2y nonis septetnhris, In-4*.
Die strasshurger Buchdrucker vor ijio. 143
gegangen; der neue Besitzer rechnete noch auf den grossen Ruf
seines Vorgängers, ich kann aber nicht sagen, wer dieser Be-
sitzer war*.
2. Thomas Anshelm.
Gran hatte sich während der ganzen langen Zeit seiner Thätig-
keit von der klassischen Litteratur fern gehalten; während zu Strass-
burg und zu Sclilettstadt die humanistische Bewegung die Gemüther
ergriflF, blieb Hagenau ihr fremd. Erst gegen Ende von 15 16 brachte
Thomas Anshelm einen frischern Geist in «die dürre Sandwüste »,
wie das Jahr zuvor Wol%ang Angst die Gegend bezeichnet hatte.
Anshelm, den wir 1488 zu Strassburg getroflfen, hatte seit 1300 zu
Pforzheim, seit 1511 zu Tübingen Bücher verschiedener Art ge-
druckt. Die Gründe, die ihn nach Hagenau führten, sind nicht be-
kannt; sie müssen aber wichtig genug gewesen sein, um ihn zu
veranlassen, mit einer Offizin wie die Gran sehe in Concurrenz zu
treten. Eine seiner ersten hagcnauer Publikationen ist das Decachor-
dum des Marcus Vigerius, in Folio, mit zehn der besten Holz-
schnitte von Hans Schäufielin. 15 18 druckte er ein !\CissaU für die
bursfelder Benediktiner-Congregation, 1520 ein anderes für die strass-
hurger Diöcese, ein* grosser schöner Band mit Bildern, die einer
ganz andern Schule angehören als der elsässischen. Neben solchen
kirchlichen Werken gab Anshelm klassische Autoren, humanistische
und reformatorische Bücher, Schriften und Briefe Reuchlins und
seiner Freunde , Traktate von Luther, Mclanchthon u. a. Um seine
Vorliebe für die neue Zeit kundzugeben, nannte er seine Druckerei
bald academia oder neoacademia anshelmiana, bald bezeichnete er sie
durch das Wort charisium, das irgend ein Humanist für die Werk-
stätte der Grazien ersonnen hatte*.
1. Der von Knoblouch 1525 gedruckte Traktat ErkUrung wie Carlstadt
sein ler voft dem hochwirdigen Sacrament und andere achtet, . , hat Grans Titelein-
fassung und Marke. Hatte Knoblouch dieselben erworben» oder hatte er Grans
Nachfolger mit dem Druck beauftragt, obgleich es am Ende heisst: Zu Strasi-
bürg getrucki durch Joh. Knoblouch?
2, *De artibus liberalibus oratio *Phil. ^elanchthonis. Ex charisio Thonne tAns-
helmi. 15 17. — Nora in laudem beatiss. Virginis, Ex charisio Tb. %A. 15 18.
144 -D& strassburger Buchdrucker vor ij2o.
15 17 und 15 19 arbeitete er einige Male fiir Knoblouch ; 15 18
unternahm er, auf gemeinsame Kosten Koburgers und Lucas Alant-
see's, eine prachtvolle Ausgabe der Naturgeschichte des Plinius.
Den 7. Januar 15 18 schrieb er an Koburger, er habe den Druck
noch nicht beginnen können, weil Alantsee zwei Exemplare auf
Pergament verlange, für die er zuerst das Material beschaflfen müsse;
auch wünsche er grosse Initialen, da aber zu Hagenau kein Form-
schneider zu finden sei, so möge Koburger zu Nürnberg, nach
einem beigegebenen Muster, ein Alphabet zeichnen und schneiden
lassen. Zu gleicher . Zeit druckte er, gleichfalls für Koburger, die
Exegesis Germania von Franz Irenicus, konnte aber nur langsam
damit vorwärts kommen, da der Verfasser fortwährend auf den
Probebogen Aenderungen machte*. 1520 folgten dann noch für
Koburger die Werke des Fulgentius, 1521 für Alantsee das Wörter-
buch des Calepinus. Anshelms Correktor war zu dieser Zeit Johann
Secer von Laucha in Thüringen, ein in den alten Sprachen tüchtig
bewanderter Gelehrter; Reuchlin, der ihn den besten seiner Freunde
nannte, überschickte ihm von Ingolstadt, wo er das Griechische
dozirte, drei Schriften Xenophons, um sie zu drucken, da er sie
seinen Zuhörern in die Hände zu geben wünschte; zwei Jahre
später, als er zu Tübingen Professor geworden, bat er Anshelm,
die Reden des Demosthenes und Aeschines nobili tuo cbaractere
graco quam emendatissime et gracissime herausAigeben. Beide Male
wurde ihm gewillfahrt*.
Anshelms Offizin besass nicht nur einen grossen Reichthum
griechischer Lettern, sie hatte auch sehr deutliche hebräbche. Das
Verzeichniss der von ihm zu Hagenau herausgegebenen, den alten
Sprachen angehörenden Bücher zählt bei 70 Nummern; deutsche
habe ich nur vier gefunden. Er bediente sich folgender Marken:
I. Das Monogramm, das er bereits zu Pforzheim und Tübingen ge-
braucht und das von den Buchstaben T xA ^ (Thomas %Anshelm$is
1. Der Brief Anshelms ab Fac-simile in den Bilderheften von Lempem,
Tafel 20. Die Exegesis Germania erschien im August 15 18, der Plinius im
November.
2. Reuchlins Briefwechsel, herausg. von L. Geiger. Stuttgart, 1875,
S. 323, 335. — Xenophons Apologie des Socrates» Agesilaus und Hieron er-
schienen im Juli 1520 mit einer Widmung Secers an Reuchlin; Demosthenes
und Aeschines im April 1522.
Die strassburger Buchdrucker vor if20. 145
Vadensis) gebildete Monogramm, in viereckigem Rahmen von einem
Kreis umgeben, weiss auf schwarzem Grund; zuweilen steht darüber
der hebräische Namen Jesus auf einem Spruchband. — 2. Das Mono-
gramm, klein, in der untern Leiste einiger Titelborduren. — 3. Ein
von Baidung Grien gezeichnetes Bild: ein Schild mit dem Mono-
gramm, gehalten von zwei geflügelten Genien, die über sich ein
Spruchband wehen lassen, mit dem griechischen und hebräischen
Namen Jesus.
Anshelms Nachfolger war seit 1523 Johann Secer.
SCHLETTSTADT.
Lazarus Schüre r.
Der erste imd einzige schlettsudter Buchdrucker dieser Zeit
war Lazarus Schürer, Neffe Mattliias Schürers, ein junger Gelehrter,
zuerst Mitglied der strassburger, dann der schlettstadter litterarischen
Gesellschaft. In letzterer Stadt, wo er geboren war, gründete er
15 19 eine Offizin, iudem er als Marke das Wappen gebrauchte,
das seinem Oheim und ihm von Kaiser Maximilian ertheilt worden
war. 1520 gab er eine kleine Schrift heraus sumptu TZJcolat Cuferii
bibliopola ScUstadtensis* ; Schöpflin hält diesen Nicobus Küfer für
einen schlettstadter Buchdrucker und schreibt ihm als solchem auch
den Traktat Luthers zu Warum des Bapstes und seiner
Jüngern Bücher von D. M. Luther verbrannt seindt, 1521*,
am Ende steht aber: getruckt durch Nicolau m Küffer von
Sinszheim usz der Markgraffschafft Baden'. Dies will frei-
lich nur sagen, dass Küfer von Sinsheim war; hätte er indessen
das Buch zu Schlettstadt gedruckt, so hätte er ohne Zweifel nicht
unterlassen, es zu bemerken; er war hier aber blos Buchliändler
und dies nur für kurze Zeit. Auch Lazarus Schürer, der Schriften
1. Erasmi epistola ad rev. archiepiscopum i^oguntinum, . . In-4*.
2. Vindiciit typogr., S. 117.
3. Weller I n« 18S0.
10
146 Die strassburger Buchdrucker vor i$2o.
seiner Landsleute Wimpheling, Sapidus, Spi^el und solche von
Erasmus, Luther u. a. herausgab, hone schon 1322 zu drucken auf.
Drei Jahre später verklagte man ihn in seinem Haus «eine luthe-
rische Synagoge» zu halten; es gelang ihm, sich zu entschuldigen,
denn 1527 trifft man ihn als Rektor der schlettstadter Schule, aus
der früher so viele ausgezeichnete Männer hervorgegangen waren,
die er aber nicht mehr vor dem Verfall schützen konnte.
BEILAGEN.
I.
KAISER FRreDRICH HI. AN DEN STRASSBURGER MAGISTRAT,
WEGEN EINER POLITISCHEN SCHMÄHSCHRIFT,
DIE ZU STRASSBURG GEDRUCKT SEM SOLLTE.
Nöraberg, 2. November 1488.
(Original. Papier, rothes Wachssiegel. Sudt- Archiv, AA. 228.)
Den ersamen unnsem -und des Reichs lieben getrewen
Meister und Rate der Statt Strassburg.
Fridrich von Gottes gnaden Römischer Keyser etc.
Ersamen Heben getrewen. Uns lanngt an wie die hanndlung des
mutwilligen unpillichen Kriegs, so der Künig von Hungern, on all
ursach über hoch glübd, eyde und verschreibung, gegen uns und
unsern erblichen lannden gebrauchet, in der Statt Straszburg
in schrifft gedrucket und unnser etlicher massen schimpfflich darinne
gedacht werden süUe. Nu wisset jr in was gestalt wir lanng jar
und zeit von den Türkhen und demselben Künig von Hungern mit
Krieg swerlichen angefochten, und wie die allein auf uns und
unnser erbliche lannde gelaitet und von meniclich darinne verlassen
Die strassburger Buchdrucker vor ij2o. 147
seien ; deszhalben solh schrifit, wo die also gedruckt und in kunfitig
zeit den lewten zu hören werden solt, nicht aliein uns und unserm
namen, sonnder auch gemeiner deutscher nation, die uns in solichen
kriegen als Römischem Keyser jrem rechtem herm und deutschen
cristeolichen fbrsten pillich rate, hilffe und beystannd getan imd in
disen unfal, darinne wir laider steen, nit wachsen lassen hetten, zu
ewiger smah und Verachtung kommen möcht. Das zu verhüten
begeren wir an euch mit ernst bevelhende, jr wellent, uns, euch
selbst und gemeyner deutscher nation zu eren, darob sein und ver-
fügen, ob solich schriSt bey euch zu Straszburg gedruckt werden,
damit die förderlichen widerumb abgetan und ferner nit gedruckt
werden, als jr uns, euch selbst, dem heiligen Reiche und gemeyner
deutschen nation des zu tunde schuldig seit. Daran tut jr unnser
meynung und sonnder gevallen. Geben zu Nüremberg am Sonn-
tag nach sant Symon und Judas der heiligen zwelflfbotten tag anno
domini etc. Ixxxviij, unsers Keyserthums im vier und dreissigsten
jare.
n^d mandatum domini Imperatoris.
IL
ANZEIGEN MENTEL'SCHER DRUCKE
(mit aufgelösten Abkürzungen).
I.
(Nach dem Abdruck bei Weigel und Zestermann, Die Anfange der Drucker-
kunA in Bild und Schrift. Leipzig, 1866, in-f*, B. 2, S. 438. Die Anzeige
bezieht sich blos auf die 1469 erschienene Summa %A$Uxana, die in der
folgenden in zweiter Linie erscheint.)
Volentes emere summam vere amabilem cunctorum aspectibus
gratiosam^ vulgariter summam astensis nuncupatam, compilatam per
r. et religiosum patrem astexanum . . . {Folgt eine ausführliche xAn-
gäbe des Inhalts; dann:) Utilissima est pauperibus qui, inopia pressi,
neque possunt sanctorum originaiia ncque scolasticorum doctorum
148 Du strassburger Buchdrucker vor ij20.
quesdones et summas innumeras comparare, hie enim in summa
quicquid recte digestum est ab optimis quibusque viris et saluti
proficuum breviter extat exaratum. Accomoda est divitibus qui, etsi
multitudine libronim gaudeant, quia tarnen respersio in diversa
memoriam gravat, et ordinata in unum collectio memoriam juvat,
presens summa/ in qua quasi in quodam promptuario queque utilia
coadunata sunt, aspernanda ab ipsis* ^non est, quinymmo afTectu
pläcido amplexanda, certis namque ingenüs immorari scioium facit.
Veniant ad hospicium ... et habebunt largum venditörem.
2.
(Qriginaldnick. Pariser National-Bibliothek. — Das Specubim historiale ist vom
Jahr 1473.)
Cupiens igitur pretactum voiumen* emere cum ceteris subscrip-
tis bene emendatis veniat ad hospicium infra notatum, et habebit
largum venditörem.
Item specuhim historias Vincencii
Item summam Astaxani (sie)
Item archidyaconum super decretis ^
Item Ysidorum ethymoiogiarum.
(Das Original war zu München. Ich gebe die Anzeige nach dem Neuen lite-
rarischen Anzeiger. Nürnberg, 1807, in-4«, S. 302.)
Volentes emere epistolas Aurelii Augustini Yponensium pre-
suiis dignissimi, in quibus nondum humane eloquentie facundia sonat,
verum etiam plurimi sacre scripture passus difficiles et obscurissimi
lucide exponuntur, heresesque et errores a recta fide devii quasi
malleo solidissime veritatis conteruntur, et totius vite agendi norma
in ipsis perstringimr, virtutum monstrantur insignia^ et vida queque
ad ima mergentia iusta racione cuipantur.
t. Bei Weioel steht iais, was keinen Sinn gibt; die Vergleichung mit
andern Abkürzungen zeigt dass ipsis zu lesen ist.
2» Der Titel des prdtactum volmmn sollte mit der Feder beigefügt werden.
Die sirasshurger Buchdrucker vor ij20. 149
Fortalicium fidei
Item epistolas quoque beati Jeronimi
Josephum de antiquitatibus et bello iudaico
VirgiUum
Terencium
Scrutinium scripturarum
Librum confessionum beati Augustini
Vaierium Maximum
Veniat ad hospicium :(u dem . .. .
m.
VERSUS
IN LAUDEM MENTELIL
(S. oben S. 94, Note i.)
Suscipe pauca Johannes stilo iam dato bleso
Inter ego quae . . . parabo limina vatum
Garrio cuncta scis quid agamque preconia laudum
Innitor paucis succingere longa tuarum,
Scriba perornatus ast prudens causidicus, nunc
Miro quoque modo, latuit nii ars tibi visa,
Vir bonus et sapiens, ars Tuchitidis tibi paret,
Nam Lidi Pigis Ap'ellisque poema polire
Nosti . . . fondi natus Tulixis' ab arte.
Dotatus prole bella, tibi plus speciosa
Uxor amena parens . . . Zephirus flans
Suavior atque rosis fuit . . . gaudia vobis.
Inclita T(gdolphique camena . . . tersum
Omni fidum decora famosum celebremque
Hunc hominem toUit qui pollens . . . arte
Altius atque libros primorum spargat in orbem
I. jülyxis.
150 Die strassburger Buchdrucker vor 1^20.
Nonque volat penna pluries una decies . . .
Nam scriba tot iotas tot querentque diebus
EfFerrique decetn pressum quis torquet et horis
Succinctis graphis . . . dux et eorutn
Merzque tenax incausti delet quod . . . nee
Et reque • . . persculptos numero variatas
Num quisquam . . . instrumentaque tot trutinare
Tale dari . . * miror opus cellens queat esse
Estoque multennis rebus vivasque secundis
Ne pereat divum procreant quod nunc opus orbi
Lausque licet mundo . . . spargatur tua fama
I licet in fronte sit versus et accipiendum
Nomen cognomenque tuum tibi, sed vale, cessum.
Pro me quisque legas reminiscere versus orare
Sigismunde vocor. Tu sine fine vale.
Versuum horum literis initialibus continetur nomen primo
Sigismundus, dein Johannes Mentelin.
IV.
ABRECHNUNG
MENTELS mit seiner SCHWIEGERMUTTER.
18. MAI 1474.
(Conzept. Register der Contraktstube, Band der Jahre 1456 u. f. Stadt- Archiv.)
T. Consdtuta domina tAnna de fMülnhtim, relicta quondam
Johannis de !\Cat(enheim armigeri^ et in presencia Johannis !\CenteUn
pressoris librorum tArgentma commorantis, se nostrse jurisdictioni
subiciens^ confessa fuit et presentibus publice recognovit sibi eundem
Johannem !\Centelin eins filiastrum de omnibus et singulis bonis mo-
bilibus et immobilibus ac rebus utensilibus, vasis argenteis, debitis,
creditis quibuscunque, nil penitus excepto, quibus, ipsa domina
nAnna coniitens dominse Elizabeth de 3\£at:(enheim eins filise uxori
Die strassburger Buchdrucker vor if20. 151
dum vixit dicti Johannis thCentelin jure hereditario successit et suc-
cedere habuit et debuit, modum in quemcunque plene integraiiter
et in toto satisfecisse. Igitur %Anna confitens pre&ta pro se et eins
heredibus universis prefatum Johannem !\CenteUn eins fiiiastrum
ipsiusque heredes in soiidum de huiusmodi bonis et rebus heredi-
tarüs et ab omnibus juris actionibus, impetitionibus, questionibus,
causis et requisitionibus quibustunque sibi dominse %An$ue sulsque
heredibus contra eundem Johannem ihCentelin eius fiiiastrum etipsius
heredes quoscunque occasione omnium et singulorum bonorum
mobiiium et immobilium, rerum utensilium, vasorum argenteorum,
creditorum, debitorum hereditariorum de quibus premittitur quomo-
dolibet competentibus seu competere potentibus modum in quem-
cunque quittavit et absolvit ac iiberos, quittatos et absolutos cÜxit et
dimisit, quittatque et absolvit publice per presentes: promittens
nichilominus dicta domina ^Anna confitens pro se et eins heredibus
universis, per fidem nomine juramenti ab ipsa coram nobis corpo-
raliter presdtam, huiusmodi confessionem, quittationem et absolutio-
nem modo ut prefertur factas ratas et gratas atque firmas perpetuo
teuere, nee contra eas facere vel venire aut hoc fieri procurare per
se vel per alios verbo vel opere, publice vel occulte quoquomodo
in judicio vel extra, imposterum vel ad presens, necnon prefatum
Johannem ihCentelin eins fiiiastrum aut suos heredes de et super huius-
modi hereditate et eins occasione abhinc inantea nunquam impetere,
impedire, molestare, vexare seu pcrturbarc modo quovis. Etc.
Actum XV kalend. Junii anno Ixvüij^
2. Insuper constitutus prcfatus Johannes !\CenteIin confessus fiiit
et in presencia %Anna de Mülnhüm eins socrus publice rccognovit
se teneri et obligari eidem xAnna de !\Cühiheim in debito noningen-
torum florenorum auri Renensium occasione hereditatis ad ipsam
xAnnam ex obitu quondam Elizabeth de !\Cat:(enheim uxoris dicti
Johannis !KenUlin, eius filix, dcvolutx; quod quidem debitum dictus
Johannes V^Cmtelin pro se et eius heredibus universis solvere et dare
promisit per fidem hiis terminis et in hunc modum, videlicet centum
florenos Renenses festo sancti Adelphi episcopi proxime venturo,
item ducentos florenos Renenses feste sancti Johannis Baptist« de
anno Ixxquinto occurrenri, atque dehinc singulis annis eodem festo
sancti Johannis Baptista^ trecentos florenos usque ad integram solutio-
IJ2 Die strassburger Buchdrucker vor 1^20.
nem debiti antedicti; et pro maiori certitudine solutionis prefatus
Johannes t\CenteIin confitens bona subscripta titulo ypothecxe obligavit
et jrpothecavit, ita et in hunc modum ut quod si ipse confitens vel
eins heredes . in aliquo. diaorum terminorum termino insolventes
vel negligentes existerent aut remissi, quod tunc excommunicationis
sententias debeant subiacere, et nichilominus licitum erit dictae
creditori et eius heredibus omnia et singula bona etc. occupare,
judicio ecclesiastico vel seculari etc., usque ad solutionem debiti
tunc suo, termino heglecti. Etc.
Specificatio vero bonorum de quibus premittitur est haec et
sita sunt in hunc. modum, videlicet primo curia, domus et area cum
suis edificüs, juris amplitudine et comprehensione sitis in civitate
%Argentinensi in Uomgassen :(um Domen, de quibus antea cedunt
viginti floreni Renenses Hugoni Wurm, reemibiles cum quadringen-
ti^ fiorenis Ren«; item meliorationem trium ortorum sitorum 7;u
Vinckenwüre in ^urggasse bi dem ^ürnelin.
Actum XV kal. Junii anno Ixxiiij^
(Dieses zweite Conzept ist durchgestrichen ; darüber steht : Cassatus est
presens recessus de consensu heredum %Anna de thCüllnheim anno domini Ixxvii*.)
V.
ACHT BRIEFE
ADOLPH RUSCHS AN JOHANN AMERBACH
(Autogr. Basler Bibliothek. Cod. G. II. 30«.)
I.
S. a. Sabbato post Jubilate.
Honorabili magistro Johanni xAmerbach
amico et confratri sibi dileao.
Honorande magister. Reversus %Argenünam invenio literas
vestras, unde vobis recognitiones paulo commissas transmitto. De
I. Die Briefe sind so flüchtig geschrieben, das Latein ist so schlecht und
das Papier so durchlöchert» dass es nicht möglich war Alles zu entziffern.
Die strassburger Buchdrucker vor i$2o. 153
pecunia mihi data 34 fl. et de 50 ex parte Johannis Galicüm*)
quam statim habito certo nuntio vos (sie) expediam. Nescio qua
quidem fortuna involutus ne mihi vas meum, in quo meam cum
vestra pecunia conclusi, presentetur. Gerte periclum vereor, et post
triduum si mihi non mittatur ego ipse visurus ibo quorsum perve-
nerit. Ceterum de extanti pecunia 1 50 fl. pro repensione . . . lubcns
vestri quam statim et vos . . . solvam. Est namque ud scitis consti-
tutus terminus ad festum usque Johannis; verum sunt aliqui apud
vos quibus certa et prompta est solutio, qui mihi et societai mee
solutionem £acere tenentur. Ubi habito vase meo Üiicet vobis recog-
nidones transmittam, ut et vos ipsum solvatis. Et de pecunia reliqua
apud vos habita, id agite, ut pro opere vestro exponatis, et si quid
in exposidone cuiusdam damni infertur, ego susdnebo.
Item componatis bapirum relictam de impressione Tireviarü,
sit qualecunque, namque . . . bapirifici indemnem consdtuent.
Item mittads quam stadm lazurium quod üii superaverat et priori
queso nundo^ namque opus . . . Item compleatis defectum in Glosa
ordinaria quamprimum queso, ut ea que apud me ordinata sunt edam
huic modo dispergantur. In hoc düigendam agite et vobiscum conferte
ad nundinas nostras, ubi vos una cum uxore letos spero adventuros.
Item ex singulari amicida et etiam motus pardbus vestris
scripsi consodali vestro Jacobo* ut sibi aliquos balios bapiri compo-
nerem, et soludonem eiusdem in libris reciperem, unum scÜicet
bailum librorum pro duobus bapiri, ud apud nos consuetum est, et
omnes in me clamant et petunt ut sie exponam. Ipse vero' respon-
dit, provisionem sese bapiri fecisse, verum si pecuniam mittam ipse
mihi libros mutuabit. Scids quod libros emere non audeo, bapiri
autem commercium habeo, qua si de me nunc pro isto suo opcre
non egebit, nee edam posterius pro aiiis habebit, et quid si de mea
bapiro 8 aut 10 balios recepisset, et si quid de ea quam ipse com-
paravit superesset, ad aÜa sua opera pro suo usu convertisset ncs-
1. Nach Stockmeier und Reber, S. i, waren um 1470 zwei Brüder,
Anton und Michael Gallicion, aus Spanien nach Basel gekommen und hatten
da die Papierfabrikation in Aufschwung gebracht. Ruschs Brief zufolge wäre ein
dritter, Johann, beizufügen.
2. Ueber diesen Jakob, der wohl Jakob von Pforzheim war, s. Stock-
MEIER und Reber, S. 65.
154 ^^ strassburger Buchdrucker vor IJ20.
ciunt .... hoc modo se habent. Jam sat de Ulis. Valete felix, et
pro commoditate vestra si quidpiam potero, audax penes me exi-
gite. Iterum felicissime cum uxore vestra sospes valete. Datum sab-
bato post Jubilate.
nAdolffus.
Item retnittatis ezemplar 'Breviarii, cogor namque id illesum quoad
possutn reponere.
2.
S. a. 4 post praesentationis Mariae.
Honorablli magistro Johanni %Amerbach
amico et confratri sibi dilecto.
Honorande magister. De ... onibus (recognitionibus?) quam
statim Hemricus advenerit ... et quicquam huiusce rei penes me
est vobis presentabit ut inde quod lubet formabitis.
Item quod scribitis impressores nArgenünmses dedisse 8o quin-
temos pro f. (floreno), profeao mihi credite sie non esse; ego enim
ab ipsis hoc ipsum extorquere non possem, dum etiam in summa
necessitate ipsis pecunia mea subvenirem. Id. verum esse contestor,
quod 8o Codices et ad malus 84 sive sint quintemi, quatemi aut
triterni etc. tradiderunt pro uno floreno; hoc mihi constat apud
plurimos quibuscum forum, me etiam presente fecerunt. Hoc modo
si quidpiam libebit, ego quoscunque optabitis transmittam, habeo
nempe adhuc pecuniam vestram 40 fl. quos teneor. Vellem me
vobis 100 quintemos pro floreno posse comparare; sed res ipsa ut
est, sie vobis indico.
Rescribite queso si nondum mutatus sit magister %AtUh(mius^
et eins frater pro bapiro. Spero dum . . . ;ina vice pecunia egerent
ipsimet convenirent et erga me pro foro intercederent.
Scribite queso quid agit magister Jacobus consodalis vester.
Nil mihi rescribit, verum nondum ego . . , responsum de ^reviaräs
habeo. Vereor ut nihil proficiam, quia id nil aliud quam pecunia
impedit. Valete felix. 4 post presentationes Marie.
I. Koburger.
Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 15 s
3-
S. a. 6 post Oculi.
Honorabili magistro Johanni %Afnerbach
amico et confratri sibi dileao.
Honorande magister. Multa apud nos volvitur fama, quod
nunc Glosam ardinariam imprimere velitis; quamquam id minime
verum esse arbitratus sum, ob id tarnen quod multi tarn certe id
predicabant, has ad vos constitui scribi litterulas, eam quidem inten-
tionem meam continentes, quam et pridem dum mihi id idem
Johannes consodalis vester dbdsset vobis litteris significabam. Esset
mihi res damnosa et vobb parum conduceret; habeo nempe apud
me in mea possessione circiter centum Glosas, quas retinui nesciente
Koburger, ut non ex toto exhaustus, verum, ut dietim etiam aliquid
pecuniarum pro quotidiana expeditione domus reciperem. Quas
quidem ubi aut quando vendercm, dum vos unam pro tribus aut
quatuor aureis exponeritis. Preterca scitis quod onmem meam sub-
stantiam habet KAtUhonius Koburger, et ad terminos extensos soiutio-
nem &cturum se obligavit, qui'si damnificaretur, presertim in ea re
quam ego sibi donavi quis esset qui me exolveret? Forsan inde
radonem sibi sumeret, ut ego ad plenam usque soludonem nunquam
pervenirem. Id queso amplius, quam scribi possit, perpendite, et
pro multis beneficüs que vobis hilari vultu quam iibens exhibui
posterius quam exbibere possum, non malum imo plus quam malum,
quia destrucüonem totius facultatis mee mihi reddite; et si vos ad
bilem concitaverit xAnthonius Koburger non ego ex hoc damnificor,
verum indulgete, ut recte quidem hoc sacro tempore oremus:
dimitte nobis debita nostra sicut et nos etc. Valete itaque felix, et
rescribite et dum Francfordiam ieritis, convertimini in edes mcas,
illic ad vestrum usque adventum ingens caput lucii observetur. Datum
6 post Oculi.
^dolffus T(^sch.
Item si tKatihias aut quisquam nomine suo vobis pecuniam affert, illam
mihi adducatis queso.
is6 Die strassburger Buchdrucker vor IS20.
148 1, 23. September.
Honorabili magistro Johanni tAmerbach
amico uti confratri sibi dilecto.
^ Honorande magister Johannes. Optatis carraaeres vestros, quos
apud me pro defectu complendo redneo. Placet quidem quod mit-
tatis Johannem aut alteruniy qui circumquaque bene coUigat et pro
defectu tantum pro una pressura, duas scilicet formulas^ dimitteret,
cum quibus ego in dies defectum complere curabo. Item quod etiam
deferat, si quid in pulveribus in domo posteriori repositum opinamini;
seit namque Johannes vester locum quem volo, et si expensas in hoc
salvas esse estimet, illicet curetis ut exponantur atque recoUigantur
pulveres, domum namque vendidi et emptor ipse structuram in ea
perficere curabit, unde pulveres omnes iste perderentur. Item stru-
mulos mittam vectura proxima bapiri, quorum interea copiam spero
habebimus. Adeo enim distrahor quod non una vectura totam sum-
mam transmittere possum. Hactenus nunquam evenit hoc mihi
diflfortunium in minori forma bapiri. Id quidem effecit hec illa
satumina et seva aeris temperies, parcite igitur, est enim eque mihi
et multo amplius reor quam vobis molestum; posterius in re altera
nos ampliorem fortunam spero habituros. Item &cite mihi fiisorem
vestrum quam statim formare quatuor lebetes, vulgariter digel an die
pressen, sub eo modo atque forma ut pridem mihi formari fecistis,
& quod magnam adhibeat diligentiam, ego enim pretium uti scri-
betis quam libens exponam. Valete feUcissime, et immanes (ut
audio) sudores longis deducitis noctibus dii velint atque faxint pros-
perrime. Atque si sese fors ultro (ut certe optito) pro vobis offert
sahem .Adolffi memoramini, dicentes en si unquam potuisset pro
nobis .... facuhatis sue partes exposuisset. Iterum scmpitemum
valete. 2 post Mathei Ixxxj.
Adolffus.
Die strassburger Buchdrucker vor i$20, 157
S-
1482^ 22. Oktober.
Honorabili magistro Johanni de xAmerbach
amicoet confratri sibi dilecto.
S. P. Honorande magister. Petivit pridem Tärus %AtUndorn
ut vobis scriberem, quatenus sibi providereds cum carracteribus pro
tina pressura, unde et vobis sufficientem £aceret remunerationem.
Quia autem ad labores permaxime anhelat, quibus uxorem et pueros
suos honeste educare posset, vobis supplico, cum earum rerum
copiam habeatis, ob meas preces sibi subveniatis. Rem graum sie
mihi exhibetiSy quam et re multo grandiori rependere curabo. Valete
felix. Datum 4 post Luce amio Ixxxij.
^Adolffus K^ch.
6.
1485, 24. September.
Magistro Johanni t^merbach.
Honorande magister. Video singuÜs diebus pro vectura, qua
habita, mittam vobis bapirum. Item mitto vobis exemplar Optimum
ut mihi videtur, quod continet InstUuta ac simul Coüationes; hoc
velim mundissime teneatur, quia si quocunque modo macula infi-
geretur^ ego incredulus appellarer, poliicitus sum*namquc quod tan-
tum domi retinere atque rescribere vclim. Illicet etiam expedito
remittatis, quia ad fcstum Martini et non amplius eo uti permissum
est; ncque titulum facite hoc modo: InstUuta monachorum Cassiani
etc., sed InstUuta antiquorum patrum Cassiani etc. incipiunt.
Item scribitis de ^revUego ; non adeo consultum mihi videtur,
verum potius ad xAugustinum de civitate dei transeundum esse, ad
quem si mens crit, cgo vobis bapirum ordinabo in forma rcaii,
£icite igitur si Übet rescribi %Augustinum; prius tamen ordinandi
IS8 Die strassburger Buchdrucker vor ij20.
essent carraaeres, ut inde qualiter comprehendi deberet modus et
forma acciperetur. Quo facto, si depost commode fieri posset, ut
horsum ad me conveniretis extunc nos de eius perfectione con-
cluderemus. Valete felix^ Datum Sabbato post Mauricii Ixxxv*^.
^dolff Krisch.
7-
S. d.
Honorabili magistro Johanni %Amerbach
amico et confratri sibi dilecto.
Honorande magister. Nondum mihi responsivitis (sie) de bis
quibus pridem conversaremur. Scripsistis queso ut mentem illicet
pemoscam, et si vobis non placeat impressio Esopi, saitem id agite
ut formule vobis communicentur et mihi mittads, et ego de his
quicquam vos indicaveritis prompte exponam. Item ego inter me
constituebam ut finito Esopo incepissetis Sermones discipuU, et facere-
tis non tarn magna spatia et ad hunc modum comprehenderetis
sicut in proximo impressi sunt per MarHnum Flach. Gerte, ut vos
ipse scitis, bonus est Über et large venditionis. Neque etiam multe
adhüc sunt. Item xAn. Koburger scripsit mihi atque exaae petivit ut
vos exorem quatenus sibi communicetis exemplar vestrum quod de
novo emendastis. Summam predicantium nescio quis ei de hac retulit,
forsan consodalis vester. Obsecro igitur ut mihi' et nunc hoc nuntio
mittatis, quia ipse incepit Summam et valde concupiscit exemplar
vestrum; ego ordinabo ut vobis bonam et plus quam valeat solu-
tionem ficiat. Item de Bemo habebitis XI ballos bapiri, quos retinete
quoad vobis scribam. Item vadatis ad Ulricum Zürcher ut bapirum,
quam mihi mittere pollicitus sit, vobis presentare velit, itaque lintheo
communiat, nee plures ab eo ballos recipiatis quam 6 vel 8; pos-
sum enim ab aliis remissius habere et vobis transmittere, si de
opere quopiam imprimendo conveniemus.
Valete felicissime.
xAdolffus.
Miror facilitatetn %Acolai Kesseler aut Jacohi vestri , non enim habent eam
aviditatem mittendi libros quantam recepturi pecuniam.
Die strassburger Buchdrucker vor ij20. 159
-
8.
S. a. 23. April.
Magistro Johanni ^Amerbach.
Hohorande magister. De Esopo quid futurum censeds, preterea
de xAugustino certum me litteris facite, et si adhuc supersint alique
Summe predicaniium, 10 aut 20 facite ut habeam, et ego pecuniam
pro una iV, fl. prompte exponam sicque quam statim mihi mit-
terentur. Item remittads copiam carminis, quam quondam vobis
communicavi. Item dicite Jacobo quod exolvi octo florenos CurUs^
!XCerswine^ suo nomine ut miiii schpsit, diciteque quod (ut videt)
ego enim uü poUiceor pro suo voto atque comodo expedire festino,
ipse autem aut ^HJclaus non pari modo agunt, nondum enim mise-
nmt !\Ceffrä*, et scribit quod coliaüonati non sint. Fateor forsan
quod Uli quos mihi mittere velint coiladonati non sint, profecto
licet . . . ., consdtui tarnen ut amplius tenacius pecuniam meam
tenebo, nemo enim me unquam melius defraudare potest, aut si
cerdus loquar, prompdorem me sibi faciet, quam is, qui mihi fieri
quod vult fcsdnus et leto exhibeat vultu; sanxitum est enim apud
veteres: tolle moras, nocuit quia semper differre paratis. Valete.
Datum Jeorii. ^ . i/r
xAdolffus.
VI.
AUSZUG
AUS DEM LIBER BENEFACTORUM
CARTHUSIiE BASILIENSIS.
(Basler Staats- Archiv. Carthaus, L. p. 102.)
Orctur pro domino xAdolpho T(tisch de %Argentina imprcssore,
qui dedit i flor. 8 sol. Item dedit unum clinodium Agnus dei
1. Voti 1462 bis 1494 wird zu Strassburg ein Junker Cuntz Merswin er-
wihnt, der mehrmals im Stadtrath sass ; 1468 ein Cuntz Merswin , s^t^a /WiVii
Sätcularis, Der, von dem Rusch redet, ist vermuthlich der Schreiber, der viel-
leicht als solcher für die Basier eine Abschrift gemacht hatte.
2. Die Sen/tones von McfTrctli wurden 1487 von Nicolaus Kessler gedruckt.
i6o Die strassburger Buchdrucker vor ij20.
deauratum, estimatio 4 flor. , circa ymaginem beatissime patrone (S.
Margarethie) pendens. Item dedit Sermanes Socci de tefnpare et sanctis,
estimatio 2 lib. denar., item Speculum exemplorum, videlicet 2 flor.,
item Opera Gersanis cancellarii Parisiensis, videlicet tres flor., item
12 tractatus de ymüoHone Christi et duos Itinerarios beate Vhrginis,
valentes 2 flor. Iterum misit tres tractatus de Yinitaüone Christi.
vn.
GEDICHT RUDOLPH LÄNGS
ÜBER DIE VON RUSCH GEDRUCKTE BIBEL.
Ad ^Adolphum H^chium
virum clarissimum, apud illustrem Helveciorum urbem %Argentinam
officinse librariae principem, qui coelesti instinctu et mentis magni-
tudine immensum byblise opus aggressus cum ordinaria glosa sub
triplici caractere^ non tam mundissime quam castigatissime, prasstan-
tissimo illo suo impresserit ingenio, et tam divinum munus in chri-
stianum emiserit orbem,
Gratulatio
carmine alcaico jugi et continuato.
Nunc nunc, %Adolpho magnanimo tibi et
Cedat magistro sidereo, labor
Mortalium sceptro imperiosior
Pugnacis orbem qui petit Herculis
Bello triformem sub juga mittere.
Tu namque sacros impiger arduo
Aggressus audax peaore Codices
Formis decoros fingere splendidis,
Quos sponsa Jesu, sidere pulchrior,
Grseco vocabat nomine bybliam.
Du strassburger Buchdruchr vor ij20. i6i
Quem non parantem clara volumina
Victum repellat sub tripllci stylo
Magnis gygantum ceu manibus foret
Congesta moles^ o labor inclytus.
Omnesque nostrum puppibus uberi
Pontum prementes remige navigant>
Sed tu sequaces navibus ingredi
Jam vasta ponti murmura sustinens
Invictus audes oceani minas.
Quae digna mentis laus erit arduae,
Felix %Adolphus teutonicse decus
Gends, minantem quse juga liberis*
Ter vicit hostem vix superabilem.
Cur fabulosus dormiat Herculis
Clavse trinodis nunc* strepitus feri.
Ducis triumphum victor amabilis
Nullo rubcntem sanguine gentium
Reges catenis stringere rennuens,
Duro ligatos carcere Codices
Dextra resolvis, liberi ut exeant
Vitam ^dolphus sed tibi Langius,
Ingens %Adolphe, expostulat integram,
Coelestis ut te gratia confovens
Carisque tandem sedibus invehat.
I. Von Strampff» der das Gedicht im Scrapeum von 1852, S. 137,
mittheilt, macht zu diesem Vers die Bemerkung : «Wer sind diese Kinder?
Sollte Martin Flach, auf welchen die Mentel'sche Druckerei von Adolph Rusch
übergegangen ist, etwa der Schwiegersohn von Rusch geworden sein?» Es
findet sich aber keine Spur von Kindern Ruschs, und die Vermuthung in Bezug
auf Flach wird durch das Faktum widerlegt, dass er die Schusterstochter
Catharina Dammerer heirathete. Die liberi, mit denen vereint Rusch dreimal den
Feind (den Teufel?) besiegt hat, sind wohl figürlich zu nehmen; man kann die
drei in der Bibel zusammengestellten, sttb tripUci characUre gedruckten Texte
darunter verstchn und Rusch, den Drucker, gleichsam ab den Vater betrachten.
Das Carmen glänzt überhaupt nicht durch zu gros3e Klarheit.
II
i62 Du strassburger Buchdrucker vor i$20.
Insinuadonis versunm epigramma.
xArgentina potens seu te, quam moenibus alds
Struxisti, villa pulcher %Adolfe tenet,
Suscipe jocunda luculenta haec carmina mente
A qua c'eu magnum numine fluxit opus.
vm.
EMPFANGSCHEIN KNOBLOUCHS
FÜR EIN VON DEN BARFÜSSERN ENTLEHNTES MANUSCRIPT
DER SERMONES BERCHTOLDI.
3t. MAI 1512.
(Aotograph. S. Thomas-Archiv.)
Ich Hans Knoblauch, Buchdrucker zu StrasT^burg, bekenn mich
mit myner eygen hantgeschrifft dasz ich von dem hochwirdigen vaner
und docfor herm Jörg H., provincial desz barfusser Ordens unnd
convents zu Straszburg, empfangen und entdenet hab usz ir librarien
ein exemplar genannt Sennones ^erchtoldi de tempore et de sanctis,
welliches buch oder exemplar versprech ich siner wirde wider zu
stellen und antwurten, sobald ich das im druck vollend oder uff
das lengst ad natalem domini anni futuri ISI3- Und diesz zu
mererem urkund hab ich an dissen chirographum meyn eigen
bitschaft gedruckt. Actum altera penthecostes anno Christi 15 12.
m.
DIE EHMALIGE BIBLIOTHEK
DER STRASSBURGER HOHEN SCHULE
lU ERSTEN JAHRHUNDERT IHRES BESTEUNS'.
Hie Anfänge der Bibliothek, die später die des hiesigen
1 protestantisclien Scminariums wurde, waren äusserst
1 bescheiden. Die Männer, welche zuerst den Gedanken
Sfassten, sie zu gründen, ahnten deren zukünftige Aus-
dehnung nicht; noch weniger konnten sie ahnen, welches ihr Ende
SEID würde.
Kaum hatte sich die Bürgerschaft für die Reformation erklän,
so wurden in verschiedenen Quartieren der Stadt lateinische, jungen
Humanisten anvertraute Schulen eingerichtet, während einheimische
und fremde Gelelute zu S. Thoma theologische und andere Vor-
lesungen hielten. Für den Magistrat stellte üch früh die Nothwen-
digkeit heraus, die Leitung dieser Anfangs vereinzelten Bestrebungen
in die Hand zu nehmen. Zu diesem Zweck verordnete er drei seiner
Mitgheder als prafecH scholarum. Die ersten dieser Scholarchen,
wie man sie später nannte, waren Jakob Sturm, Ntcolaus Kniebs
und Jakob Meyer. Von diesen ging auch der Vorschlag aus, eine
Bibliothek zu errichten, und zwar noch keine öffentliche, zu der*
I. Die bcnüuten Qiiclten sind die Protokolle der EUtb und XXI, im
Stadt-Archiv, und die der Scholarchen nebst den duu gehörenden Akten-
itQckeD, im S. Tliomas- Archiv.
164 Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule.
t
auch Studenten und Bürger Zugang gehabt hätten, sondern zunächst
nur eine für den Gebrauch der Lehrer und der Geistlichen. Bereits
im Jahre 1 5 3 1 beschloss der Rath, diesen Vorschlag in Ausführung
zu bringen, «zum Nutzen der Gelehrten, deren Mittel ihnen nicht
gestatten, sich die nöthigen Bücher anzuschaffen». Als ersten Fonds
hatte man schwerlich etwas mehr als die Ueberreste der Biblio-
theken einiger aufgehobenen Bettelklöster. Diejenigen geistlichen
Anstalten, welche die reichsten Büchersammlungen besassen, das
hohe Stift, das Johanniterhaus und die Karthause, blieben im Be-
sitz der Katholiken; ihre Manuscripte waren noch längere Zeit fiir
die Protestanten ein verborgener unzugänglicher Schatz. Um die
durch das Wiederaufleben der klassischen Studien und durch die
Reformation geweckten nächsten Bedürfhisse zu befriedigen, be-
durfte es übrigens nicht sowohl mittelalterlicher Handschriften als
neugedruckter Bücher. Zum Ankauf solcher Bücher war aber vor-
erst wenig Geld vorhanden; man musste sich meist auf Geschenke
verlassen; der aus dem Einkommen von Klostergut gebildete Schul-
Fiscus lieferte nur einen unzureichenden Beitrag.
Zum Lokal der Bibliothek bestimmte man die ehmalige Uberei
des Predigerklosters in einem langen Saal über dem der Kirche
angebauten Kreuzgang ^ Im Jahre 1535 liessen die Scholarchen einen
Ueberschlag der Kosten der Einrichtung machen; da die Arbeit
sich auf 200 Gulden belaufen sollte, so waren sie der Meinung,
«den Platz nochmals zu besichtigen und hernach zu schliessen».
Das Resultat dieser weitem Untersuchung ist in dem damals sehr
unregelmässig geführten' Protokoll der Scholarchen mit Stillschwei-
gen übergangen; es muss indessen ein günstiges gewesen sein, denn
zehn Jahre später findet man die Bibliothek, obgleich noch sehr
unbedeutend, aufgestellt und einigermassen geordnet, sie hat einen
Aufseher und besitzt einen Catalog.
Die Gründung des Gymnasiums, die Ankunft auswärtiger Ge-
lehrten, die als Professoren Anstellung erhielten, das Zuströmen
zahlreicher Schüler aus allerlei Ländern, gaben dem von den
' Scholarchen unternommenen Werk einen neuen Impuls. Gegen
1: Die Uberei ^u den 'Predigern, Prot, der Schol. 1535. — Die aUe *Bi^
hUotbek ist Ober dem Kreutigang. Handschr. Noten über die Predigerkirche, von
Pappus.
Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 165
Ende des Jahres 1545 verfassten sie Statuten für das Gymnasium
und die mit demselben zusammenhängenden öffentlichen Vor-
lesungen; unter diesen Statuten sind auch drei Artikel den bibUo^
thecarius betreffend: i. er soll «nach Nothdurft durch Oeflhung
und Wiederzuthun der Fenster und andere Mittel für Säuberung
der Bücher sorgen, so dass diese ad posteros erhalten werden und
es ein Wohlstand der Schule sei»; 2. im Sommer soll er zwei
Mal wöchentlich von Mittag bis zwei Uhr auf der Bibliothek sein,
warten ob Jemand komme, mit den Kommenden ein- und ausgehn
und darauf sehn, dass kein Buch verloren oder beschädigt werde;
3. im Winter mag er sich in dem neben dem Büchersaal befind-
lichen heizbaren lectorium publicum aufhalten und da, während er
auf Besucher wartet, etwas lesen oder übersetzen.
Ein solcher Vibliothecarius brauchte nicht ein Gelehrter zu sein;
man verlangte nicht mehr von ihm als was ein gewöhnlicher Auf-
seher verrichten konnte : die Fenster auf- und zumachen, die Bücher
von Staub und Spinngeweben reinigen, denen die etwas begehren
es, nach dem ihm anvertrauten Index, zustellen und Acht haben,
dass nichts fortgetragen werde. Die Bücher musste man an Ort
und Stelle benutzen, trotz der Unbequemlichkeit des im Winter
kaken Raums.
Der erste, der das Amt in dieser Weise versah, war Peter
Schriessheimer, Siderander genannt, weil er der Sohn eines strass-
burger Eisenhändlers war; von den Scholarchen unterstützt, hatte
er zu Paris gute humanistische Studien gemacht, war 1537 Hülfs-
lehrer in der Schule des Johann Sapidus gewesen, und 1 542 in der
untersten Klasse des Gymnasiums angestellt worden. Da man sich
über die Heftigkeit beklagte, mit der er die Kinder behandelte, ver-
lor er diese Stelle und erhielt dagegen die als Bibliothekar. Die
Scholarchen trugen ihm auf, während der Bibliothekstunden, wenn
Niemand nach Büchern fragte, die Briefe Ciceros, die in den untersten
Klassen erklärt wurden, nebst den daraus gezogenen formula ins
Deutsche zu übersetzen, und für die Knaben der ^Hj>na lateinische
Sentenzen mit deutscher Interpretation zusammenzuschreiben.
2.
^ Den 30. Oktober 1553 starb Jakob Sturm; die Bibliothek. war
eines der grössten Anliegen des trefflichen Stettmeisters gewesen;
i66 Die ehmalige Bibliothek der strassburger hoben Schule.
er hatte ihr Bücher geschenkt, von denen manche mit seinem
Wappen und mit der Inschrift: In usum studiosorum schola ^Argen^
nensis Jacobus Sturm donabat, sich bis 1870 erhalten hatten. Durch
sein Testament vermachte er ihr eine Rente von 50 Gulden. Als
im Jahr 1560 seine Brüder das schöne Bild malen Hessen, das ihn
lebensgross darstellt und das noch existirt, verfasste Johann Sturm
für dasselbe eine Inschrift, in der auch das erwähnt wird, was er
Sät die Bibliothek gethan: amplificata sua pecunia biblioiheca. Sein
Legat war das erste und während langer Zeit das einzige; aus
Dankbarkeit gewöhnte man sich, die Bibliothek, die kaum andere
Einkünfte hatte, die sturmische zu nennen.
Ungeachtet dieses rühmlichen Namens war sie weit entfernt,
in blühendem Zustand zu sein; mit den spärlichen Mitteln, über die
sie gebieten konnte, war wenig auszurichten, und da sie noch keine
öffentliche war^ erregte sie bei der Bürgerschaft nur geringes In-
teresse. Dem Aufseher gebrach es an dem nöthigen Ansehen, um
sich dem Wegtragen von Büchern zu widersetzen, wenn solche
von Mitgliedern des Raths verlängt wurden; 1563, nach dem Tode
Peter Sturms fand man deren mehrere in dessen Wohnung; die
Scholarchen liessen sie auf die Bibliothek zurückbringen. Zudem
war das Lokal so verwahrlost, dass es nicht einmal vor Regen und
Schnee geschützt war; es nützte nichts, dem Aufseher zu empfehlen,
die Fenster zu schliessen, wenn diese keine Scheiben hatten. Im
April 1565 klagte der Rektor, Johann Sturm, dass im verflossenen
Winter die Bücher durch den Schnee viel Schaden gelitten; da er
von der Wichtigkeit einer wohlgehaltenen Bibliothek eben so über-
zeugt war als sein verstorbener Freund Jakob Sturm es gewesen,
machte er den Vorschlag, das bisherige Lokal zu verlassen und ein
anderes im Chor der Neuen Kirche einzurichten ; würde dieser Vor-
schlag angenommen, so könnte er, als Probst von S. Thomä,
eine Vikariatspfründe dieses Stifts zum Unterhalt der Bibliothek be-
stimmen. Die Scholarchen liessen den Bau durch die Werkleute
der Schule überschlagen, um dann die Sache vor den Rath zu
bringen. Es geschah jedoch nichts. Man begnügte sich (20. April
1565) dem Bibliothekar Georg Antz, Schreib lehrer im untern Gym-
nasium, den Befehl zu geben, täglich während einer Stunde den
^aal offen zu halten; und um den Gelehrten den Gebrauch der
Bücher möglichst zu erleichtern, gestattete man ihnen, gegen einen
Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule, 167
Empfangschein, solche nach Haus zu nehmen'. Man überliess sogar
dem Magister Elias Kyber, damals Diakonus im Münster und Pro-
fessor des Hebräischen, für eine Zeit lang einen Schlüssel, um selber
die ihm nöthigen Werke zu holen. Dieses bedenkliche Privilegium
wurde später Niemand mehr gestattet.
Den 18. Januar 1566 wiederholte Sturm seinen Vorschlag,
ein besseres Lokal zu suchen; der Erfolg war kein besserer als zu-
vor. Im September dieses Jahres erhielt Georg Antz eine Anstellung
als Schreiber in einer der städtischen Verwaltimgen; um ihn zu
ersetzen, dachten die Scholarchen an Prothasius Sopher, der ein
Kanonikat von S. Thomä besass, für das er keine Dienste leistete;
da der Magistrat seine Einwilligung verweigerte, beauftragte man
im Oktober 1567 mit der Bibliothek Adam Fels, Lehrer einer der
unteren Klassen und Pedell der Schule, mit einem jährlichen Ge-
halt von zwölf Gulden.
3-
Nachdem Kaiser Maximilian IL, 1566, der Schule die aka-
demischen Privilegien ertlieilt hatte, schien es an der Zeit zu sein,
etwas zur Verbesserung dieser so unvollkommenen Zustände zu
thun. Es ist jedoch merkwürdig, dass in keinem der von den Pro-
fessoren verfassten Bedenken über die Einrichtung und Verfassung
der Akademie auch nur ein Wort von der Bibliothek gesagt ist.
In diesem Bezug blieb noch alles beim Alten. Johann Sturm hatte
Besseres gehofft; den Merkwürdigkeiten, die der Stadt zur Ehre
gereichten, wünschte er den Bau einer stattlichen Bibliothek beizu-
fügen ; er hatte dafür sogar auf die Mitwirkung des ihm befreundeten
und die Studien liebenden Bischofs Erasmus von Limburg gezählt;
als dieser 1568 starb, schrieb Sturm an den Kanonikus Grafen Her-
mann Adolf von Solms, seine Hoffnung sei gescheitert, es sei denn,
dass das Stift einen Prälaten wähle, der ähnliche Gesinnungen habe
wie Erasmus*. Solche Hoffnungen gehörten zu den Illusionen des
1. Der Prof. der Theol. Melchior SpecVer ubegeriime eltUche patres gnecos
aus^ der Liberei ^u lassen uff ein 'Rscognition ; ist bewilligt*. Prot, der Schol. 1565.
2. JoH. Sturm, EpistoU de motte Erasmi *Argent. episcopi. oirgeni,, 1569»
in-4», f» C, 3.
i68 Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule.
Rektors; ein katholischer Bischof würde sich schwerlich ftir die
Gründung einer protestantischen Kirchen- und Schulbibliothek that-
sächlich interessirt haben.
Die 1568 promulgirten kges academka wiederholten, was die
Bibliothek betrifft, die drei Artikel von 1545» mit einem Zusatz und
einer Aenderung: der Bibliothekar kann Bücher ausleihen, aber nur
auf Befehl der Scholarchen, und statt nur zweimal wöchentlich soll
er dreimal an seinem Posten sein, Donnerstags und Samstags von
I bis 4, und am Sonntag vom Schluss der Mittagspredigt an bis
zum Anfang der Abendpredigt. Etwas später erklärte man, diese
höchst einfache Ordnung sei «nur auf den damals vorhandenen
ganz geringen Vorrath von Büchern accommodirt gewesen».
Für den Augenblick schienen diese Massregeln zu genügen;
Sturms Gedanken giengen über den Augenblick hinaus, er wollte
etwas gründen, das der Akademie würdig wäre; eine dürftig aus-
gestattete, schlecht verwahrte, von einem blossen Pedell beauf-
sichtigte Büchersammlung entsprach den Bedürfhissen der neuen,
zahlreiche Schüler aus allen Ländern anziehenden hohen Schule
bei weitem nicht mehr. Im September 1569 erlangte der Rektor
vorerst, dass die Verwaltung der Bibliothek einem der Professoren
anvertraut wurde; der bisherige Aufseher behielt den Titel bibluh-
thecarius und den Dienst, so wie dieser durch die Statuten geregelt
war, nur wurde er dem Professor untergeordnet, den man von nun
an gewissermassen als Inspektor oder Ober-Bibliothekar betrachten
konnte. Die Scholarchen wandten sich desshalb an Michael Beuther,
Professor der Rechte und der Geschichte, der vor seiner Berufung
nach Strassburg an der Bibliothek von Heidelberg angestellt ge-
wesen war. Da er sich bereit erwies, erhielt er einen Schlüssel
und einen Index der Uberei, versprach die Bücher in Ordnung zu
bringen und zu bedenken, «was von Mess zu Mess zu kaufen sein
möchte, um solches den Scholarchen anzuzeigen». Sein Beruf be-
stand demnach darin, die Bibliothek in Ordnung zu halten und
während der jährlichen Messen zu Frankfurt, wo der Hauptbücher-
markt war, sich nach den neuerschienenen Büchern umzusehn; er
konnte jedoch nichts kaufen ohne die Genehmigung der Scholarchen.
Diese Ordnung, so unvollständig sie war, enthielt einige der wesent-
lichsten Elemente jedes zweckmässigen Bibliothek-Statuts: eine Com-
mission (die Scholarchen), ein Bibliothekar und ein Diener. Aus
Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 169
einer Buchbinderrechnung von 1569 ersieht man^ dass bald nach
Beuthers Anstellung 21 theologische Bücher^ 7 juristische^ 2 histo-
rische, 2 mathematische, eines über Geographie und 7 Klassiker
gekauft worden waren; die Kosten des Einbindens beliefcn sich auf
3 Pf. 19 Seh. 4 Pf., die aus der Schulschaffenei bezahlt wurden. —
Man hatte so in den letzten Jahren einige Fortschritte ge-
macht, war aber noch weit von dem Ziele entfernt, das Johann
Sturm und schon vor ihm Jakob Sturm sich vorgesetzt hatten. Der
Rektor liess keine Gelegenheit vorübergehn, ohne seine Wünsche
zu äussern. Als im Jahr 1580 der Rath Herrn Philipp von Ketten-
heim zum Kanzler der Akademie erwählte, wurde dieser den 2.
Juni feierlich vom Schulconvent empfangen; in der Rede, die Johann
Sturm an ihn richtete, sagte er, es sei eines hauptsächlich, das er
obgleich mit fast erbUndeten Augen noch sehen möchte, den Bau
einer Bibliothek im Chor der Neuen Kirche und unter derselben
ein grosses Auditorium für die Vorlesungen; die Bibliothek, amit
grossen hellen Fenstern und mit den besten %Autores versehen»,
würde die Augen aller Fremden auf sich ziehen, nicht weniger als
die Mauern der Stadt und der Thurm des Münsters, sie wäre ein
noch herrlicheres Werk als die astronomische Uhr; mancher Ge-
lehrte würde sich bewogen fühlen, ihr seine Bücher zu lassen,
lieber als undankbaren Erben, denn er wüsste, dass sein Andenken
von der Nachwelt in Ehren gehalten würde.
Solche dringende Vorstellungen bewogen endlich die Scho-
larchen, den Bau einer Bibliothek ernstlich in Betracht zu ziehen.
Auch der Rath dachte darüber nach, er that es aber mit seiner
gewohnten gravitätischen Langsamkeit. Erst 1388 beauftragte er den
die städtischen Bauten leitenden Lonherrn, einen Plan einzureichen,
der dem acht Jahre vorher von Sturm ausgedrückten Wunsch ent-
spräche. Den 10. Dezember war dieser Plan vollendet, er verwandte
für die Bibliothek das Chor der Kirche. Bald nachher indessen
nahm man einen andern an, der für die damalige Zeit in jeder
Hinsicht vortheilhafter war: man bestimmte das Chor für die aka-
demischen Feierlichkeiten und liess die gegen Ende des fünfzehnten
170 Die ehmatige Bibliothek der strassburger hohen Schule.
Jahrhunderts an dasselbe angebaute S. Elisabethenkapelle theilweise
abbrechen, um unten das Lektorium oder .Auditorium und . über
diesem das Bibliotheklokal einzurichten. Die Arbeit, die auf Kosten
der Schule sollte ausgeführt werden, begann ohne Verzug, gieng
jedoch weniger rasch voran als man es hätte wünschen dürfen.
Das obere Stockwerk war 1603 kaum angefangen; es fehlte an
Geld; die Scholarchen klagten über die grossen dem Schul-Fiskus
auferlegten Kosten.
Unterdessen erhielt die Bibliothek einigen Zuwachs ; sie erwarb
mehrere der alten kostbaren handschriftlichen Codices des Münster-
kapitels; Fürsten, adelige Studenten, fremde Gelehrte machten ihr
nicht unbedeutende Geschenke.
S-
Im Jahre 1604 revidirte man die leges academica; eine der
Hauptveränderungen betraf die Bibliothekordnung : von nun an sollte
jährlich von dem Schulconvent einer der Professoren ad inspectumem
bibliotheca gewählt werden, dem der Schlüssel und der Index anzu-
vertrauen seien; unter ihm ein Ordinarius minister, der ihm Gehor-
sam schuldig und verbunden sei, jedes Buch «nach Inhalt des
Index» an seinen Ort zu stellen, und Niemanden eines zu leihen
ohne Wissen und Befehl des Inspektors. Der Diener soll das Lokal
sauber halten; wird ein Buch beschädigt oder geht eines verloren,
so hat er es auf seine Kosten zu ersetzen ; endlich soll er sich drei-
mal wöchentlich auf der Bibliothek einfinden. Der Gehalt des In-
spektors wurde auf 5 Pf. 5 Seh, festgesetzt, der des Dieners auf
10 Pf 10 Seh.
Diese Ordnung war im Grunde nur eine Bestätigung der-
jenigen, die man zur Zeit der Ernennung Beuthers provisorisch
eingeführt hatte. Zwei Punkte waren indessen gebessert: wer ein
Buch zu entlehnen verlangte, hatte sich an den Inspektor und nicht
mehr an die Scholarchen zu wenden, welches letztere immer zeit-
raubend und oft beschwerlich gewesen war; und der Unterbeamte
hiess nicht mehr bibliothecarius, sondern einfach minister bibliotheca.
Im Ganzen war aber nicht viel mit diesen Neuerungen geholfen;
bei dem Inspektor waren sie wenig geeignet, den Eifer zu erwecken,
Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule, 171
der allein den rechten Bibliotliekar ausmacht ; hatte er a Lust zu den
Büchern »^ so brauchte er Zeit, um sich mit dem vorhandenen Vor-
rathe vertraut zu machen^ und kaum war dies geschehen^ so war
sein Amtsjahr vorüber und ein anderer trat an seine Stelle; hatte
letzterer^ wie es geschehen konnte, keine Lust zu den Büchern, so
kümmerte er sich um das Geschäft nur so weit', als es ihm nöthig
schien, um seine magere Besoldung zu verdienen. Der eigentliche
Bibliothekar war immer der minister, der in der Bibliothek auf die
Besucher wartete, aber weder im Stande noch berechtigt war, ihnen
irgend einen Rath zu ertheilen.
Es geschah daher auch, dass die Bibliothek nicht viel besser
verwaltet wurde als früher; manches Buch gieng aus Nachlässigkeit
verloren; man redete nur noch von den arudera der sturmischen
Bibliothek ». So lang der neue Bau nicht vollendet war, blieben die
Bücher im alten Lokal auf nothdürftig zusammengenagelten Bret-
tern aufgestellt, oder lagen unordentlich auf dem Boden umher;
der Index war unvollständig; es war nicht leicht etwas zu finden.
Endlich, im Jahre 1609 ging die Akademie mit mehr Nach-
druck ans Werk. Der Bau war fertig; für die Bibliothek fehlten
nur noch die Schränke und Repositorien. Da die Mittel der Schule
fbr diesen Zweck nicht mehr ausreichten, richteten den 18. Februar
der Rektor, der Dekan und die Visitatoren der Akademie eine Bitt-
schrift an den Magistrat. Sie gaben ihm zu bedenken, wie nützlich
bei wohlbestellten hohen Schulen öflfentliche Bibliotheken sind; ob-
wohl jeder Professor sich befleissigt, die zu seinem täglichen Ge-
brauch nöthigen Bücher sich selber anzuschaffen, so ist doch die
Zahl der opera so gross, dass nicht jeder aus eigenem Vermögen
alles bezahlen kann, noch nöthiger ist eine Bibliothek ftir die
Studenten. Ferner sei zu bemerken, dass « die grossen und ftimemen
Opera, welche vor dieser Zeit in den Druck gekommen, nicht so
bald oder in der Menge wiederum aufgelegt werden, dass wenn
man sie nicht im rechten Augenblick kauft, man sie später nicht
mehr bekommen kann, selbst um hohen Preis». Auch gehöre eine
Bibliothek zu den grössten Ornamenten einer res publica; die
Fremden, die sie besuchen, ersehen daraus, wie die Regierung für
den gemeinen Nutzen sorgt; «um die Wahrheit zu sagen, wir haben
uns oft schämen müssen, unsere Bibliothek den Fremden nicht
zeigen zu können». Der Magistrat habe zwar sein Bestes gcthan.
172 Die ehmalige Bibliothek der strassburger hoben Schule.
sie mit Büchern zu versehn^ auch haben die Scholarchen, da die
alte Liberei zu eng gewesen und bau&llig geworden, über dem
Auditorium einen ansehnlichen Raum verordnet und diesen so weit
gebracht, dass nichts mehr fehlt als die pulpita zum Aufistellen der
Bücher; die Kasse der Schule sei aber erschöpft, man bitte daher
den Rath, das noch Fehlende auf Kosten der Stadt und durch ihre
Werkleute verfertigen zu lassen.
Nachdem der Dekan Melchior Sebitz, Professor der Medizin,
und Johann Pappus, Professor der Theologie, dieses von den Scho-
larchen unterstützte Begehren dem Rath übergeben, erklärte dieser,
er wolle die Sache überlegen. Um sicher zu gehen, verlangte er
einen Ueberschlag der Kosten und ein weiteres Bedenken über die
Mittel, die Bibliothek zu vermehren und die Art, sie zu gebrauchen.
Beides wurde sofort geliefert. Der vom Stadtschreiner gemachte
und vom Schulconvent genehmigte Plan begriff 24 Pulte, «auf
welche die Bücher gestellt oder gelegt werden sollen», jedes mit
mehreren Schäften versehn und 9 Schuh lang, 2 Schuh tief und
5 Schuh hoch; die Kosten waren auf 74 Pf. 12 Seh. berechnet.
In dem diesem Plan beigefügten Bedenken werden zuerst Vorschläge
gemacht über die Vermehrung der Bibliothek: adelige und wohl-
habende Studenten sollen angehalten werden, Bücher zu schenken;
den Scholarchen oder dem Rath gewidmete Schriften, wenn solche
sich in der Kanzlei vorfinden, sind auf die Bibliothek zu bringen;
die Scholarchen mögen eine jährliche Summe bestimmen, um auf
der frankfuner Messe Bücher zu kaufen und diese einbinden zu
lassen; die Prediger sollen reiche Leute ermahnen, in ihren Testa-
menten der Bibliothek zu gedenken. Um den Gebrauch dieser
letztem zu erleichtern, sollen bei jedem Repositorium Tafeln mit
den Titeln der da aufgestellten Bücher aufgehängt werden. So lange
das neue Lokal noch leer gewesen, hatten allerlei Leute Zugang
in dasselbe erhalten, um von da aus den dramatischen Vorstellungen
der Schüler im Hof des Gymnasiums zuzusehn; dies soll in Zukunft
verboten werden; Niemand, welchen Standes er auch sei, soll bei
solchen Gelegenheiten zugelassen werden, ausgenommen die Pro-
fessoren, Gymnasiallehrer und Geistlichen, aber ohne ihre Weiber,
Kinder und Kostgänger. Was die Tage und Stunden betrifft, an
denen die Bibliothek zu öffnen ist, beruft sich das Bedenken auf
die legcs academica. Zum Schluss wird noch bemerkt, dass wenn
Die ehmäUge Bibliothek der strassburger hohen Schule. 173
Fremde die Bibliothek besichtigen wollen, der Diener es dem In-
spektor anzuzeigen habe; nur dieser oder einer der Professoren,
Präceptoren oder Pfarrer sollen das Recht haben, die Besucher
herumzuführen, denselben das Register vorzuweisen^ in dem die
Namen der Wohlthäter der Bibliothek verzeichnet sind, und ihnen
fkveruunde zu verstehn zu geben, dass sie auch etwas gutwillig
dazu thun mögen.»
6.
Der Rath bewilligte das Anfertigen der Repositorien auf Kosten
der Stadt, beschloss aber noch nichts über die in dem Bedenken
berührten Punkte. Als die Arbeit fertig und vorläufig die Hand-
schriften in das schöne, helle, neue Lokal herübergebracht waren,
bestimmte man die alte Liberei zum Aufbewahren der zum Schul-
theater nöthigen Dinge; nur blieben noch einige Zeit die gedruck-
ten Bücher da.
Die Scholarchen begehrten dann ein Gutachten vom aka-
demischen Convent über den Gebrauch und die Vermehrung der
Bibliothek. Es liegen zwei solche Schriftsücke vor; die ungenannten
Verfasser waren ohne Zweifel Professoren, Es war unvermeidlich,
dass beide über einige Fragen ähnUche Gedanken aussprachen; un-
geachtet dieser Wiederholungen scheint es angemessen, den Inhalt
beider Bedenken kurz anzugeben, um zu zeigen, wie man damals
diese Dinge betrachtete.
Der eine der Verfasser beginnt mit dem Bibliothekar. Wer
dieses Amt zu versehen wünscht, hat sich bei den Scholarchen und
den Herren in officiis, das heisst dem Rektor, dem Dekan und den
Visitatoren der Schule zu melden. Der Ernannte schwört vor dem
akademischen Convent, treu zu sein in seinem Beruf. Alsbald nach
seiner Ernennung coUationirt er nach dem Index den vorhandenen
Vorrath. Er kauft neue Bücher, aber nicht promiscue, sondern nur
die bessern und so, dass für jede Fakultät gleichmässig gesorgt wird;
die neu erworbenen lässt er in gleicher Farbe, Decke und Clausur
einbinden. Jeden Monat hat er den Herren in officiis Bericht zu er-
statten über das was er gekauft hat, und jeden Monat haben diese
Herren die Bibliothek zu inspiciren. — Das Ausleilien von Büchern
174 ^^ ehtnalige Bibliothek der strassburger hohen Schule.
kann nur stattfinden gegen einen Schein, durch den sich der
Empfänger verpflichtet, das ihm geliehene in bestimmter Zeit zurück-
zugeben; verspätetes Zurückgeben wird durch Geldstrafe gebüsst. —
Zur Vermehrung der Bibliothek wird zunächst vorgeschlagen, einen
Fonds zu bilden,. bestehend aus dem sturmischen Legat, aus einem
Beitrag des Schulfiskus und aus einer von jedem neu eingeschriebe-
nen Studenten zu bezahlenden. Summe; femer soll Niemand zum
Gebrauch der Bibliothek zugelassen werden, es sei denn, er spende
einen Reichsthaler a oder einen ansehnlichen autorem » ; vornehme
Studenten mögen etwas ad nominis sui memoriam verehren; ver-
mögende Bürger entweder inter vivos oder post mortem Geld oder
Bücher schenken, und die Buchdrucker von jedem neuen Werk ein
Exemplar abliefern. Die Strafe des Carcers könnte fbr die Studenten
durch eine Geldbusse für die Bibliothek ersetzt werden. Endlich
sind die von firemden Besuchern gegebenen Trinkgelder zum Nutzen
der Anstalt zu verwenden.
Nach dem Verfasser des zweiten, vom 7. September 161 1
datirten « unvorgreiflichen Bedenkens », beruht das Werk fumemlich
auf drei Punkten: i. T>e bibliotheca acquirenda. Zuerst sei der Cata-
log der alten Bibliothek zu machen, um zu erfahren, was von der-
selben noch übrig ist ; weil sie aber überhaupt zu unbedeutend,
«um mit Ruhm für die res publica und die Akademie publice ge-
öffnet zu werden », sei für deren Vermehrung zu sorgen, vor allen
Dingen durch Ankauf der Büchersammlungen der kürzlich ver-
storbenen Professoren Pappus und Spach. Würde man auch « Fürsten,
Grafen, Herren vom Adel und andere wohlhäbige Leute, so zur
strassburger Schule kommen», schriftlich ersuchen, etwas in die
Bibliothek zu verehren, so wäre der Erfolg doch zu gering, «um
ein namhaft Werk darauf zu bauen». Das Ankaufen neuer Bücher
soll nicht einem Einzigen, sondern einer Commission anvertraut
werden; auch seien nur «fümehme und classici autoresi» anzuschaflfen*
Da femer zu einer wohlbestellten Bibliothek auch mskeleta, globi,
tabula geographica et astronomica und instrumenta geometrica gehören »,
so sei mit der Zeit auch auf Ankauf solcher Dinge zu sehn. —
2. T)e bibliotheca dispontnda. Jede Fakultät solle ihren Ort haben,
in zwei Klassen abgetheilt, die eine für die Hauptwerke, die andere
für die Commentare. — 3. jD^ bibliotheca custodienda. Es sei nöthig,
einen gelehnen Mann als bibliothecarius perpetuus anzustellen. Die
Die ehmaUge Bibliothek der strassburger • hohen Schule, 175
leges academica verlangen zwar, dass das Amt jährlich einem andern
übertragen werde^ dies sei aber ein Uebelstand^ denn kaum hat der
Ernannte die BeschaflFenheit und die Bedürfnisse der Bibliothek er-
kannt, so tritt er wieder ab.
Dieses Gutachten zeugt von besserm Verständniss als alle
frühem von dem was nöthig war, um die Bibliothek neu zu grün-
den, sie mit wissenschaftlichen Hülfemitteln zu versehen imd sie in
eine öffentliche umzugestalten. Auf den Vorschlag, die Sammlungen
von Pappus und Spach anzukaufen, werden wir weiter unten zurück-
kommen.
Von den angerathenen Massregeln wurde vorläufig nur eine
in Berathung gezogen, die Anstellimg eines bibliothecarius perpetuus ;
dies war auch in der That die Hauptbedingung jedes weitem Fort-
schritts.
Den 16. Oktober 161 1 melden die Scholarchen dem Rath,
«die BibUothek sei nun so hergerichtet, dass nichts mehr fehle als
ein beständiger Bibliothekar; sie wüssten einen, der Manns genug
wäre, gelehrt und verständig », die Statuten der Akademie verlangen
aber einen jährlichen Wechsel; so lang dieser Artikel nicht geändert,
sei nichts erspriessliches zu erwanen. Der Rath, wie es scheint,
beschloss, in diesem Punkt von den Statuten abzusehen; er lud die
Scholarchen ein, ihm einen geeigneten Bibliothekar anzuzeigen.
Statt sogleich nun den in Vorschlag zu bringen, der ihnen,
wie sie gesagt, « Manns genug » zu sein schien, und der ohne Zweifel
der bald nachher erwählte Clutenius war, erbaten sie vom aka-
demischen Convent neue Gutachten über das oßlcitim hibliothecarii ;
wir haben deren gleichfalls zwei, beide ohne Unterschrift.
Das eine lautet etwa folgcndermassen : der Bibliothekar soll
aso viel studiert haben, dass er in allen Fakultäten gute Ordnung
der Bücher anstellen könne, und Lust genug zu den Büchern be-
sitzen, um für deren Erhaltung zu sorgen». Er soll die Schlüssel
haben und berechtigt sein, Bücher an Professoren, Präceptoren und
Kirchendiener auszuleihen, auch an solche Studenten, denen er glaubt
trauen zu können. Endlich soll er allein die Fremden einführen.
176 Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule.
Damit er gern bei dem Amte bleibe^ soll ihm ein genügender Ge-
halt angewiesen werden; wegen dieses Gehalts soll er aber auf
seine Kosten das Lokal säubern und die Bücher ausstäuben lassen,
wozu er Studenten gebrauchen kann, welche mauricianische oder
marcianitische Stipendien geniessen. Was durch seine Schuld ver-
wahrlost wird, hat er zu ersetzen. Um des Amts besser warten zu
können, mag man ihm auf der Bibliothek ein heizbares Musäum
oder Studierzimmer einrichten. Er soll Inventare machen, das eine
nach der Ordnung der Bücher auf den Schäften, ein zweites nach
dem Alphabet, ein drittes nach den Materien. Endlich soll er darauf
sehen, dass Jeder, der in der Bibliothek arbeiten will, an der Thüre
seinen Mantel ablege, damit er kein Buch heimlich wegtragen könne. •
Aus dem zweiten Gutachten, dessen Verfasser Kennmiss von
dem ersten erhalten hatte, sind nur wenig Punkte hervorzuheben.
Der, der das erste geschrieben, schlägt vor, dem Bibliothekar ein
Musäum zu bauen; er geht von dem richtigen Gedanken aus, dass
die Anwesenheit des Bibliothekars selber nothwendig ist, und dass
die Bücherschätze nicht mehr einem blossen Diener sollen anver-
traut bleiben. Dagegen bemerkt der Verfasser des zweiten Be-
denkens, der offenbar der Meinung ist, der Bibliothekar könne ge-
nugsam von seiner Wohnung aus das Amt versehn, wie es der
bisherige Inspektor gethan: i^hic latet unguis in herha; dieser Pass
scheint auf eine gewisse Person gerichtet zu sein, demselben pn-
vatam institutioneni junger vom Adel zu benehmen, und ist gar
odios; dann falls er damit in seinem officio nichts versäumet und
daneben auch andern privatim dienen kann, sehe ich nicht ein, ihm
solches zu wehren oder miszgunnen, sintemal nit zu vermuthen
das er mit seinem salario so übersilbert werden wird, dass er einig
und allein bey demselben sein Auszbringens gehaben möchte.»
Es hiess ferner in einem der frühem Gutachten, die freiwilligen
Geldgeschenke fremder Besucher sollen für Vermehrung der Biblio-
thek benützt werden; auch dagegen erhebt sich unser Verfasser:
«solche Verehrung soll billich dem Bibliothekar gelassen werden,
wie auf allen Zeughäusern, Speichern und Vorrathhäusern der Städte
zu geschehn pflegt, dann ohne das sein salarium nit übergrosz sein
wird»; eine Meinung, die ein würdiges Seitenstück derjenigen ist,
es sei wichtiger, jungen Herren vom Adel Privatunterricht zu geben
als der öflfentlichen Bibliothek zu warten, die Hauptsache sei, gut
Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 177
bezahlt zu sein: die gewisse Person, auf die der Verfiisser an-
spieit, könnte wohl dieser* selber sein: und vergleicht man das
Schriftstück naph Styl und Geist mit einem des Professors Clutenius,
von dem weiter unten die Rede sein wird, so kann man sich kaum
des Gedankens erwehren, Clutenius habe auch das eben besprochene
verfasst
8,
Ich muss dem Leser bemerken, dass wir noch nicht am Ende
sind mit den Bedenken; es kommen deren noch mehr.
Sämmtliche bisher geschriebene Gutachten wurden dem aka-
demischen Convent überwiesen, der dann durch den Rektor, die
Visitatoren und einige ihnen beigeordnete Professoren einen, für
die Scholarchen bestimmten Vorschlag einer die Bibliothek und den
Bibliothekar betreffenden Ordnung ausarbeiten liess. Es ist interes-
sant, diesen Vorschlag näher zu betrachten; die einzelnen Punkte
hängen nicht immer logisch mit einander zusammen, ich gebe sie
indessen so, wie ich sie finde.
Der Bibliothekar hat die Schlüssel und öffnet jedem, der die
Bibliothek benützen will. (Man setzt somit voraus, dass diese, selbst
an den Tagen, wo sie zugänglich ist, geschlossen bleibt und dass
man nur auf Anklopfen oder Klingeln Einlass erhält.) Die Regel
soll sein, dass man die Bücher auf der Bibliothek selber consultirt;
da jedoch ein Gelehrter oft mehrere Volumina durchzusehen hat,
und da dies im Winter beschwerlich ist, so hat der Bibliothekar
die Befugniss, Professoren, Präceptoren und Predigern zu erlauben,
Bücher mit nach Haus zu nehmen; er kann dies sogar Studenten
gestatten. Erfahrt man im Ausland, dass man zu Strassburg so liberal
ist, so kann es für Manchen ein Beweggrund werden, in unserer
Stadt zu studieren; auch kann man von den Studenten für diese
Vergünstigung irgend eine Gebühr verlangen. Nur soll die Biblio-
thek nicht Allen ohne Unterschied offen stehn; die Schüler des
Gymnasiums sind per se auszuschliessen; die der Akademie dagegen
können Bücher erhalten, wenn sie dem Bibliothekar persönlich be-
kannt sind ; die vornehmen und ihre Hofmeister ebenfalls, aber nur
auf Vorweisen eines von einem Professor ertheilten Zeugnisses und
unter der Bedingung, einen Bürgen zu stellen.
178 Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule.
Aus dieser Zulassung der Studenten zum Gebrauch der Biblio-
thek wird der Schluss gezogen^ dass es nicht thunlich wäre, einen
Professor zum Bibliothekar zu ernennen, er hätte kaum Zeit mehr,
seine akademischen Pflichten zu erfüllen; es wäre daher besser,
einen hibliothecarius extra numerum professorum anzustellen, der zu-
gleich das Amt eines minister bibliotheca zu versehn hätte; ein ge-
nügender Gehalt müsste ihn so an seine Stelle binden, dass er nicht
nöthig hätte, sich um eine andere umzusehn. Jedenfalls aber soll
er ein in allen Fächern hinreichend bewanderter Gelehrter sein und
Lust zu den Büchern haben.
Es wäre gut, dass er seine Wohnung im collegio pradicatorum
oder in der Nähe hätte, und in der Bibliothek ein kleines, etwas
erhabenes Musäum, das man im Winter heizen und von dem aus
er alles übersehn könnte, a wie man solche in Buchgäden und andern
tabemis sieht.»
Das Säubern kann er durch die Stipendiaten besorgen lassen.
Glaubt er dagegen eines beständigen Famulus bedürftig zu sein, so
soll er ihn nicht anstellen ohne Vorwissen der Herren in officiis.
Jedem Buch soll er eine Nummer geben, und drei Cataloge
machen, den einen nach den Nummern der Bände auf den Repo-
sitorien, den andern nach dem Alphabet, den dritten nach den be-
handelten Wissenschaften und Gegenständen. .
Wer ein Buch entlehnt, unterschreibt eine scheda obligatiams,
in der er sich verpflichtet, es nach einer gewissen Frist zurück-
zubringen; überdies sind sein Name, seine Wohnung und der
Titel des Buchs in ein besonderes Register einzutragen. Wird ein
ausgeliehenes Buch zurückgegeben, so hat der Bibliothekar, ehe er
die Scheda ausUefert und Namen und Titel im Register ausstreicht,
nachzusehn, ob nichts fehlt oder beschädigt ist.
Beim Antritt des Amts soll er sämmtliche Bücher collationiren,
ein besonderes Inventarium der unvollständigen machen, und in jedes
dieser letztem einen Zettel kleben, auf dem die fehlenden Blätter
verzeichnet sind.
Die Herren in officüs besichtigen die Bibliothek jeden Monat.
Die Ephoren thun es in den Ferien «zu Ostern, Johannis, Michaelis
und Weihnachten».
Der Bibliothekar kauft die Bücher auf den jährlichen Messen,
lässt sie einbinden und sorgt dafür, « dass sie wohl planirt werden »•
Die ehmalige Bibliothek der strassburger hoben Schule. 179
Da nicht vorauszusehn ist, dass einer der Professoren das Amt
annehmen werde, «weil es Anfangs viel Mühe imd Arbeit erfordert»,
so wäre ein besonderer bibliothecarius perpetuus zu suchen, der sich
eidlich vor den Scholarchen verpflichtete, das ihm Vorgeschriebene
treu zu verrichten.
In Bezug auf Vermehrung der BibUothek wiederholt der aka-
demische Convent die in einem der frühem Bedenken enthaltenen
Vorschlage, wie sie oben S. 172 angegeben sind. Nur wird beige-
fugt, dass für das von Fremden und Studenten gespendete Geld
«ein Stock oder Truhe» gemacht werden soll, mit zwei Schlüsseln,
wovon der eine von dem Rektor, der andere von dem Syndikus
der Akademie zu verwahren ist; der Stock soll nur geö&et werden
im Beisein der Ephoren.
Dies alles war, wie bereits bemerkt worden, nur erst das
Projekt einer BibÜothekordnung. Noch bevor es vom Magistrat
gutgcheissen war, starb den 7. Juni 161 2 der letzte der jährlich
wechselnden Inspektoren, der Professor der Rechte Georg Obrecht.
Statt, wie der akademische Convent es wünschte, einen beständigen
Bibliothekar extra numerum professorum zu ernennen, dachten die
Scholarchcn und der Rath an einen dieser letztem. Es lebte damals
zu Strassburg ein junger mecklenburgischer Gelehrter, Joachim
Clutenius von Parchim gebürtig; seit sechs Jahren hatte er sich
in unsrer Stadt durch Privatunterricht erhalten. Es war ein ge-
wandter, vielfach unterrichteter Mann, aber ziemlich charakterlos.
16 12, acht Tage vor Weihnachten, wurde er als Professor der Ge-
schichte und als Bibliothekar angestellt, in letzterer Eigenschaft
jedoch nur provisorisch. Man scheint eine hohe Meinung von ihm
gehabt zu haben, denn statt ihn auf ein fertiges Reglement zu ver-
pflichten, übergab man ihm das zuletzt ausgearbeitete Projekt imd
ersuchte ihn, seine Ansicht darüber zu äussem. Er that dies den
12. März 161 3 in einem längern « Unpräjudicirlichen Bedenken
wie das officium bibliothecarii und die bibliotheca anzustellen».
Die Bibliothek, sagt Clutenius, soll den Professoren, Präcep-
toren, Kirchendienern und vornehmen Bürgern frei ofien stehn, so
dass sie da zu bestimmter Zeit arbeiten und auch Bücher heim
i8o Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule.
nehmen können. Den Hofmeistern adeliger Studenten ist der Ge-
brauch gleichfalls zu gestättien; sie haben meist ihre Studien auf
andern Universitäten vollendet' imd halten sich zu Strassburg nur
ihrer discipuli wegen auf, können aber da «etwas nützlichs in ihren
sfudOs und französischer Sprach ausrichten, und folgends aus dieser
Frontier-Stadtmit guter bequemer Gelegenheit in Frankreich und
andre Orten verreisen». Es ist nicht thunlich ein testimonium ihrer
Studien zu Strassburg zu verlangen, da sie anderswo absolvirt
haben; auch können sie nicht wohl einen sponsorem stellen; da die
strassburger Akademie eine freie ist, soll man sie bona fide zulassen,
nur sollen sie keine grosse opera r\2ic\i Hause nehmen.
Studenten, die bei ehrbaren Leuten oder in den coüegüs
wohnen, können die Bibliothek benützen. «Man findet aber allhie
andere fremde studiosos, welche bei alten Weibern hin und wieder
in dem Finkweiler, Krautenau und grünen Bruch ihr Unterbleiben
suchen und ihre Atzung bei gemeinen Leuten durch padagogias
(Stundengeben)t haben, damit sie sich ein wenig allhie aufhalten
mögen durch den Winter, im Frühling machen sie sich aber wieder
ins Feld, und weil sie den mercurium in pede haben, können sie an
keinem Orte bleiben. Diese kann man ad biblioiheca usum nicht
wohl admittiren, sintemal sie biszweilen anklebende Hände haben
und ihnen deszwegen wenig zu trauen».
Das Studieren im Lokal der Bibliothek soll nie mehr als drei
Personen auf einmal gestattet sein, «wie dies auch der usus zu
Heidelberg ist». Auf den sächsischen Universitäten erlaubt man den
Gelehrten zwei bis drei Stunden «über die Zeit» auf den Biblio-
theken zu bleiben, und schliesst sie ein; dies ist i nicht rathsam;
man soll zwar den Leuten trauen, aber nicht zu viel, «sintemal ich
oft befunden, dass in ansehnlichen voluminibus drey auch mehr
Blätter, welche dem Leser Wohlgefallen, ausgerissen waren ». Den
Professoren,. Gymnasiallehrern, Geistlichen und Zöglingen des semi--
narium ecclesiasHcum könnte man indessen gestatten, länger zu bleiben
und sie dann einschliessen.
Fremden Gelehrten und Landpfarrem können Bücher geschickt
werden, unter der Bedingung, dass Einwohner Strassburgs für sie
Bürgschaft leisten und dass die Bücher nicht länger als ein Viertel-
jahr draussen bleiben; hie und da in Deutschland beobachte man
diesen Gebrauch«
Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. i8i
In Bezug auf die Eigenschaften des Bibliothekars stimmt Qu-
tenius mit dem Bedenken überein; er hoflit, dass man mit ihm zu-
frieden sein werde. Das officium bibliothecarü ist, ihm zufolge, ein
ordmarium und ein extraordinarium. Das ordentliche 'besteht darin,
dass er täglich von 9 bis 10/ oder von 10 bis 11, auf der Biblio-
thek den Dienst thut, die ^Bücher ordentlich 'disponirt, den Studenten
Rath und Anweisung gibt, darauf sieht, dass kein Buch beschädigt
wird oder verloren geht, und dass Alles rein gehalten wird. Bei
den dramatischen actiones im Hof des Gymnasiums liess man bisher
ifuUstincte spectatores und spectatrices auf die Bibliothek kommen, woraus
viel Inconvenientien entsprangen und der Bibliothekar zwei oder
mehrere Tage tanquam in pistrino zu laboriren {latte ; es wäre besser,
die Herren des Raths, • die bisher bei diesen Gelegenheiten ins
Auditorium gegangen, in den Bibliotheksaal einzulassen, wo es auch
in warmen Zeiten kühler ist; die Frauen und Jungfrauen mögen
ins Auditorium gehn.
Der Bibliothekar soll femer die nöthigen indices haben. Da es
nicht möglich ist, sobald ein neues Buch kommt, die Nummern zu
ändern, so scheint es zweckmässiger, in jeder Fakultät die Bücher
so abzutheilen, dass man das gesuchte opus durch blosses Ansehn
der inscripHo repositorü leicht finden könne; so werde es in den
Bibliotheken societaHs Jesu gehalten.
' «Die Bücher zu numeriren und an Ketten anzulegen, ist ein
alter münchischer Gebrauch, welchen die Münche auch selbst all-
gemach lassen abgehen^ wie an vielen Orten in der Nachbarschaft
zu sehen.»
Was die Inventarien betrifft, so könnte man zum Beispiel in
der theologischen Fakultät diese Ordnung halten « dass erstlich
Viblia omnium linguarum würden coUocin, und das man liierinnen,
wie in allen Sachen billich geschehn sollte, ordinem historicum ob-
servirte, darnach die glossam ordinariam und ^HJcolaum Lyram, femer
mit patres VLTiA pontificiorum aniiquorum scripta, darauf der lutheranorum
celebriorum scripta, erstlich didactica, darnach polemica contra pontificios
et calvinianos, auch Calvini und anderer T^inglianorum didactica,
polemica contra luiheranos et pontificios; item des Schwenkfelds und
anderer neuen Secten; endlich alle historicos ecclesiasticos». Aehnlich
seien die Bücher der andern Fakultäten zu disponiren.
Wer ein Buch entlehnt, soll eine scheda obligationis unter-
iZi Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule,
schreiben. Es wäre aber schwer, auf nicht richtiges Zurückgeben
der Bücher eine mulcta zu setzen, dies würde in den cottventiaüis
Studiosorum zu böser Nachrede Anlass geben.
Der Bibliothekar soll den Buchhändlern insinuiren, auf den
frankfurter und strassburger Messen die neuen Bücher au&ubringen.
Er selber soll jährlich einmal, im Frühling oder Herbst, nach Frank-
furt reisen und alle officinas typographicas perlustriren, nicht nur nach
neuen, sondern auch nach alten Sachen.
Das officium extraordinarium des Bibliothekars beschränkt sich
darauf, die Fremden einzuführen und Nachmittags eine oder zwei
Stunden auf Ordnen der Bücher oder Anfertigen der Cataloge zu
verwenden.
Das Erbauen eines Musäums überlässt Clutenius den Scho-
larchen; nur befürchtet er eine Verunstaltung des schönen Lokals.
Für Vermehrung der Bibliothek trägt er vor Allem darauf an,
die Bücher des Pappus zu kaufen, und sich zu erkundigen, ob noch
etwas von denen Spachs^ übrig ist. Die Anwendung der andern vor-
geschlagenen Mittel stellt er den Scholarchen anheim, glaubt in-
dessen über einige derselben Bemerkungen machen zu müssen: erst
nach gänzlicher Eröffnung der Bibliothek könne man verlangen, dass
wer dieselbe benützen will, einen Reichsthaler spende oder ein
Buch schenke; in hiesiger Stadt sei es nicht angemessen, von den
Kanzeln herab die Leute aufzufordern, etwas für die Bibliothek zu
legiren, die Geistlichen mögen es privatim thun ; bei Einschreibung
der Studenten eine Gebühr ftir die Bibliothek abzufordern, sei
schwierig, eher könnte man persuadendo etwas von ihnen erlangen,
von den pauperes jedoch sei nichts zu begehren. Am entschiedensten
erklärt sich Clutenius gegen den Vorschlag, die von fremden Be-
suchern «verehrten Gelder» für die Bibliothek zu benützen: «es
würde ein gar schlechtes augmentum bringen, auf solche dem
Bibliothekar gereichte freiwillige honoraria sei wenig zu bauen; in
den nächsten Jahren werde schwerlich die Bibliothek schon reich
genug sein, um vornehme Fremde anzuziehen, die den Bibliothekar
mit Geld überschütten würden; zudem wäre es novum und mm-
ditum in tota Germania dass die Verehrungen zum gemeinen Nutzen
sollten auf- und angewendet werden.» Wie gelehrt auch Clutenius
gewesen sein mag, mit der Standesehre nahm er es nicht genau.
Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 183
10.
Wie dem auch sei, das Gutachten trug wenig dazu bei, die
Abfassung eines definitiven Bibliothekstatuts zu beschleunigen. Da
jedes Projekt zuerst dem akademischen . Convent, dann, den Scho-
larchen, imd zuletzt dem Rath vorgelegt werden musste, so war es
nicht leicht, in kurzer Zeit zu einem Beschluss zu gelangen. Die
Berathungen in die Länge ziehen, schien das sicherste Mittel, ihnen
die nöthige Gründlichkeit zu verschaffen. Indessen bewies man auf
andere Weise, dass das Interesse an einer für Stadt und Akademie
gleich wichtigen Angelegenheit in der That em lebhaftes war, in-
dem man, während der Berathungen über das Statut, sich mit der
Vermehrung der Bibliothek befasste. Den 20. April 16 10 war der
Professor der Medizin Israel Spach gestorben, den 13. Juli des-
selben Jahres der bekannte Theologe Johann Pappus. Beide hatten
beträchtliche Bibliotheken hinterlassen, welche die Erben dem
Magistrat zum Kauf angeboten hatten. Die des Pappus, aus theo-
logischen, historischen und philosophischen Werken bestehend, zählte
3026 gebundene Bücher, wovon 814 in P, 754 in 4® und 1458
in kleinem Format; ferner 4282 ungebundene, wovon 235 in P,
2514 in 4®, 1733 ^" ^^ ^^^ ^ ^^^> ^^^" ^^°^ °^^^^ unbedeutende
Anzahl von Manuscripten. Das Ganze, auf 4517 Pf. geschätzt, wurde
angeboten für 4000. Man mag Pappus als strengen Orthodoxen be-
urtheilen wie man will, man muss jedoch anerkennen, dass es ihm
Ernst war mit semer Wissenschaft; es gibt berühmtere Theologen
als er, diejenigen aber, die Bibliotheken aufweisen können wie die
seinige, sind in geringer Zahl.
Man hatte wiederholt darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig
es wäre, diese Sammlung für die Akademie zu erwerben, aber
immer ohne Erfolg. Den 21. März 16 12 erschienen Abgeordnete
des Schul- und des Kirchenconvents vor dem Rath, erinnerten ihn,
dass er die Nothwendigkeit einer Bibliotliek erkannt, dass er das
neue Lokal <k mit Repositorien genugsam versehn » und beschlossen,
einen Bibliothekar anzustellen; es komme nun darauf an, den Bücher-
schatz zu vermehren, man hoffe, der Rath werde «dem löblichen
Anfang seinen Fortgang geben »; es seien zwei stattliche Bibliotheken
vorhanden, die der Professoren Pappus und Spach, die Erben seien
184 Die ehmaUge Bibliothek der strassburger hohen Schule.
«
geneigt, sie zu verkaufen, eine solche Gelegenheit möge man nicht
vorübergehen lassen.
Hierauf gesellte der Rath den Scholarchen drei Herren bei,
den Alt-Ammeister Peter Storck, Franz Rudolph Ingold und Junker
Hans Simon von Brumbach, um die Sache zu untersuchen, «den
Augenschein beider Bibliotheken einzunehmen» und wegen des
Preises zu unterhandeln.
Die Scholarchen- Hessen zunächst den Catalog der bereits vor-
handenen Bücher : « aufsuchen ». Nachdem man ihn mit dem der
Pappus'scheu' Bibliothek verglichen, meinten Ingold und Brumbach,
es ;sei. nicht rathsam, diese letztere zu kaufen, denn sie enthalte
«eine :Menge librorum biblicorum und Postillen und dergleichen, die
ftar eine öffentliche Bibliothek nicht taugen; auch habe man den
catalogum gemacht, derer Bücher so noch von der alten bibliotheca
der Akademie übrig sind, und gefunden, dass über 700 Stück und
sondeT]idi in theologia der mehrer Theil. der slten pa^es da sind»;
es wäre besser, nicht • nur für eine Fakultät zu sorgen, sondern eine
Summe für Anschafiung . von Büchern ftir alle: < Fakultäten zu be-
stimmen.-:. •»'.; ' ■.. '.'I . M-». . "
Der akademische Convent war anderer Ansicht als die zu
praktischen Herren aus dem Rath; den 22. Januar 161 3 besichtigten
der Rektor, der Dekan, die Visitatoren und einige Mitglieder des
Kirchenconvents die Bibliothek des Pappus, in Beisein des Sohns
dieses letztem, Johann Caspar, damals Helfer zu S. Wilhelm; sie
fanden, dass sie cm theologia und historia viel Werke besass die
nicht mehr zu bekommen warea » und ausserdem viel Manuscripte ;
der jüngere Pappus erbot sich zugleich alles zu schenken, was nicht
im Catalog stand, namentlich die hebräischen Bücher, die er fili
sich selber hatte behalten wollen. Auch Clütenius, der die Biblio-
thek eingesehn, empfahl deren Ankauf und meinte, aus den Werken
deren man nicht bedürfte, könnte man «ein namhaftes lösen».
Der Rath zögerte; Herzog August der jüngere von Braun-
schweig-Lüneburg zeigte Lust, die Bibliothek zu erwerben, verlangte
das Verzeichniss derselben und hoffte, « dass kein tertitis interveniem
sich darein mischen werde». Die zwei obengenannten Rathsgliedei
unterstützten dies Gesuch.
Im Juni 1614 wurde vor dem Rath ein neuer Antrag des
Kirchen- und Schulconvents verlesen: man begreife, dass «wegen
Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 185
des unruhigen Kriegswesens über die pappianische Bibliothek noch
nichts beschlossen sei»; der Rath möge aber diesen ansehnlichen
tbesaurus nicht aus den Händen lassen; nicht nur d^r Herzog von
Braunschweig werbe darum^ sondern Joseph Lang^ der seit 1599
Professor der Matheniadk ' zu Strassburg gewesen^ dann katholisch
geworden und zu Freiburg angestellt worden war, habe durch zwei
Schreiben gedroht, sie entweder für Freiburg oder für « einen bäpst-
liehen Prälaten » zu erwerben, dies wäre < ein Hohn ftir Strassburg
und ein Triumph für die Jesuiten. Nachdem die Stadt so viel Geld
auf Kriegsvolk verwendet, möge sie jetzt dafür sorgen, dass «das
Kleinod» dieser Bibliothek unserer Kirche und Schule erhalten
werde. Diesen Vorstellungen gab endlich der Magistrat Gehör; die
Bücher wurden gekauft; sie bildeten in der That einen Schatz, denn
es waren darunter eine Menge von Schriften aus der Reformations-
zeit, die heute zu den grössten Seltenheiten gehören.
Dagegen konnte man [sich nicht entschliessen, die Bibliothek
des Mediziners Spach zu erwerben, obgleich sie reich war an medi-
zinischen, historischen und philosophischen Werken «und solchen
in fremden Sprachen»; sie wurde zersplittert, schon 161 3 war nur
noch wenig davon in den Händen der Erben.
II.
Nachdem sämmtliche Bücher, die man nun besass, in dem
neuen Gebäude aufgestellt waren, wandten sich die 'Scholarchen an
den Rath, er möge in der alten Bibliothek zwei Hörsäle einrichten
lassen, da für die Professoren nicht mehr Raum genug vorhanden
sei; den 3. Mai 161 5 erhielt dann der Werkmeister der Stadt den
Befehl, das baufällige Dach auszubessern und durch eine hölzerne
Wand das Lokal in zwei Auditorien zu theilen, wo von da an während
langer Zeit Vorlesungen gehalten wurden*.
X. Zur Zeit Schöpflins diente einer dieser Säle der Rechtsfakultät : 'FiWo-
tbecam publicam in conclavi , übt jurisconsultorum jam auditorium est, primitus
constitutrunt majores. %AUatia iUustrata, T. 2, S. 346. — Man sieht aus dem bisher
gesagten, dass Oberlins Behauptung, die Bibliothek sei zuerst im Chor aufge-
stellt gewesen, dann seit 161 5 in einem der Hörsäle der Akademie und später
erst über dem grossen Auditorium, auf einem Irnhum beruht. Diuours ä Tou-
vtrture de T%Acadimie des Protestant s. Strassburg, 1804, S. 45.
i86 Die ehmaUge Bibliothek der strassburger hohen Schule.
Den 9. Juni 161 5 gaben dann die Schoiarchen Qutenius den
Auftrag, zwei Cataloge zu machen, «einen der alten von Sturmio
herrührenden Bibliothek, und einen der neuen pappianischen». Neun
Monate später, den 9. März 16 16, berichteten sie an den Rath,
diese letztere sei nun. nach dem neuen Lokal transportirt, sie hät-
ten desshalb die Herren m officüs um eine Ordnung gebeten, und
hätten dieselbe geprüft und sie vom akademischen Convent ge-
nehmigen lassen ; sie wünschen nun, der Magistrat möge sie seiner-
seits gutheissen. Dies geschah sofort in der nemlichen Sitzung vom
9. März.
Diese, aus den frühem Bedenken und Berathungen hervor-
gegangene Ordnung sollte von nun an sowohl für den Bibliothekar
als für die, welche die Bibliothek benützen wollten, obligatorisch
sein. Sie bestand aus zwölf Artikeln:
1. Die Scholarchen ernennen den Bibliothekar auf Vorschlag
des akademischen Convents. Er soll wo möglich einer der profes--
sores ptibliä oder der praceptores classici sein; ist keiner unter diesen
dazu geneigt, so wähle man einen, der nicht nur Lust zu den
Büchern, besitzt, sondern auch genug studiert hat, um in allen Fakul-
täten gute Ordnung der Bibliothek anstellen zu können. — Die
Scholarchen haben ihm «nach Gelegenheit eine erträgliche Er-
götzung und Besoldung» zu bestimmen. — Er schwört vor dem
akademischen Convent, «der Kirche und der Schule hold und treu
zu sein, den Nutzen der Bibliothek zu fördern, sie vor Schaden zu
bewahren, und sich dieselbe als einen theuem Schatz anbefohlen
sein zu lassen».
2. Nachdem er den Eid geleistet, übergeben ihm die Herren
in officiis die Bibliothek mit allem Zubehör. Er vervollständigt die
Cataloge, und diese sind « am füglichsten secundum facultates anzu-
ordnen ». Ausserdem macht er zwei Universal-Inventarien, das eine
für die Scholarchen, das andre für die Herren in officiis,
3. Er sorgt für Erhaltung der Bücher. Zur Reinigung derselben
und des Lokals sind ihm, auf sein Begehren, entweder Stipendiaten
oder alumni des theologischen Studienstifts zu bewilligen, die ihm
auch beim Abschreiben der Cataloge behüWich sein sollen.
4. Er soll dreimal wöchentlich auf der Bibliothek sein von 9
bis II, und am Sonntag nach dem Schluss der Mittagspredigt bis
zum Anfang der Abendpredigt. Denen, die Bücher verlangen, soll
Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 187
■
er, wenn sie jung und unerfahren sind; mit Rath an die Hand
gehn.
Was durch seine Nachlässigkeit verloren geht, hat er auf seine
Kosten zu ersetzen. Hat er keine Schuld dabei, so wird das Ver-
lorene ex arario publico ersetzt.
5. Er kann Bücher ausleihen an Professoren, ;Präceptoren, -
Prediger, « fleissige und ehrliche Studenten und die Studien liebende
Bürger». Die Entlehner schreiben ihre Namen und Wohnung nebst
dem Titel des Buchs in das hiezu bestimmte Register; zugleich
stellen sie eine scheda obligationis aus, durch die sie sich verpflichten,
das ihnen Anvertraute innerhalb Monatsfrist zurückzubringen.
Von Foliobänden oder libri angulares sollen nie mehr als zwei
auf einmal, von solchen in anderm Format nie mehr als drei oder
vier ausgegeben werden.
Bücher, die ein Entlehner ein Monat lang gehabt, sollen ihm
nicht wieder geliehen werden, sie seien denn zuvor acht Tage auf
der Bibliothek geblieben; begehrt sie in dieser Zeit ein Anderer, so
hat dieser den Vorzug, «damit nicht nur Einem, sondern Vielen
gedient werde».
Auch darf der Bibliothekar Niemanden länger als die vor-
geschriebene Zeit auf der Bibliothek lassen.
6. Fremden können Bücher geliehen werden mit Vorwissen
der Scholarchen und der Herren in officiis; solche Entlehner haben
nicht nur die scheda zu unterschreiben, sondern auch einen Bürgen
zu stellen.
7. Der Bibliotliekar begleitet die Fremden, welche die Biblio-
thek besuchen; er darf sich durch Niemanden ersetzen lassen,
weder in diesem Fall noch überhaupt.
Wenn Professoren, Präceptoren oder Geistliche hora extra-
ordinaria Bücher verlangen, so ist er verpflichtet, ihnen zu willfahren.
8. So oft die Scholarchen und der akademische Convent es
wünschen, soll er die frankfurter Messe besuchen und die Bücher
so wohlfeil als möglich kaufen.
9. Er soll ein Register halten, in das er die Geschenke vor-
nehmer Fremden einschreibt und alle zwei Monate das Geld den
Herren in officiis abliefern.
10. Zwei Mal jährlich machen die Scholarchen eine Inspektion
der Bibliothek.
i88 Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule,
11. Alle zwei. Monate machen die Herren m qfficäs diese
Inspektion.
12. Tritt ein Bibliothekar ab, so sollen die Herren m ofßciis
ihm die Schlüssel abfordern und, mit Vorwissen der Scholarchen,
bis zur Ernennung des Nachfolgers provisorisch einem Professor
oder Präceptor die Aufisicht der Bibliothek anvertrauen. '
Diese Ordnung ist, wie man sieht, das Ergebniss der Be-
rathungen über die verschiedenen Gutachten; einige der in diesen
vorgeschlagenen Massregeln sind vereinfacht, andere sind weggelassen,
um • nur die beizubehalten, die man für die angemessensten hielt ;
man liess zwar noch mehrere unnöthige pedantische Formalitäten
bestehn, im Ganzen aber ist das Statut, was die Erleichterung des
Gebrauchs der. Bücher betrifft, so liberal und praktisch als es die
Verhältnisse gestatteten.
12.
Im ersten Artikel der Ordnung war noch nichts bestimmtes
über den Gehalt des Bibliothekars gesagt; ein allgemeines Statut
war der Ort nicht, um HfFern anzuführen. Clutenius, obgleich er
nur erst provisorisch angestellt war, beschwerte sich über ein Still-
schweigen, dessen Grund er nicht einsah; zugleich verlangte er
rückständige Besoldung als Professor. Die Scholarchen hatten aber
mancherlei, über ihn zu klagen. Als den 4. April 161 3 der greise
Melchior Junius gestorben war, ernannte man Clutenius zum pro-
fessor institutionum, unter der Bedingung, zuvor in der Philosophie
und im Recht zu promoviren; er gieng desshalb nach Basel, wurde
da Doctor, kam erst Anfangs 16 14 nach Strassburg zurück, fieng einige
Monate später seine Vorlesungen an, reiste im August nach seinem
Vaterland, blieb acht Monate aus und versah ordentlich sein Amt
erst seit Ende Mai 161 5. Die Scholarchen erklärten daher den 16.
Juli 1617, man sei ihm nichts schuldig für die Zeit, während der
er keine Dienste geleistet, «dieweil er aber seit seiner Rückkehr
mit der Bibliothek sehr bemüht gewesen, solle ihm zur Ergötz-
lichkeit solcher laborum und weil er sonsten keine Besoldung noch
zur Zeit davon hat», vom Professorengehalt nichts abgezogen wer-
den. Den 24. Oktober wurde er dann definitiv als Bibliothekar be-
stellt, er leistete vor dem akademischen Convent den vorgeschriebenen
Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 189
Eid, und erhielt einen Gehalt von 26 Pf., « weil er* nit geringe Mühe
dabei haben werde».
In der Bibliothekordnung war natürlich nicht von den Mitteln
gehandelt, den Geldfonds und die Sammlungen zu vermehren; dieser
Gegenstaild wurde besonders berathen. In der nemlichen Sitzung
vom 9. März 16 16, in welcher der Rath die Ordnung genehmigte,
trugen die Scholarchen vor, es seien manche Bücher in mehreren
Exemplaren vorhanden, man möge die Doubletten verkaufen, um
neue Werke anschaflfen zu können. Der Rath gab ihnen die hiezu
nöthige Autorisation. Den 27. Mai richteten ferner die Herren m
officüs ein Bedenken an die Scholarchen, « welcher Gestalt die allhie
angestellte bibliotheca academica möchte gebessert und vermehrt
werden». «Der Rath hat durch Ankauf der pappianischen Bibliothek
einen stattlichen Anfang gemacht, da dieselbe jedoch nebst den
coUigirten rudera der sturmischen Bibliothek nicht hinreicht, um
ein justum corpus bibliotheca publica zu bilden», so schlägt man
folgende Mittel vor:
1. Es mögen jährlich vom Rath. oder den Scholarchen 50 bis
100 Gulden als beständiges /)^c///iV/f/f ^i^/iV^t&eraruim bewilligt werden,
aber so, dass der BibUothekar nicht allein über die Summe zu ver-
fugen habe, sondern, dass die Bücher nur gekauft werden auf den
Rath der Herren in officiis und der ältesten Professoren.
2. Fürsten und Adelige, die zu Strassburg studiert haben, sollen
angegangen werden, Bücher zu schenken; ihre Namen sollen dafür
in ein besonderes Register eingetragen werden.
3. Aehnliches möge man den dermalen zu Strassburg studieren-
den Fürsten und Herren zu Gemüth führen, wie dies zum Beispiel
auf der Universität von Orleans gebräuchUch ist.
4. Die Professoren, Präceptoren, Kirchendiener, wohlhabende
Bürger möge man bitten, ein oder mehrere Bücher, entweder neue
oder solche aus ihrer Liberei zu schenken; in Zukunft, solle jeder
neu anzustellende Kirchen- und Schuldiener . hiezu verpflichtet sein.
5. Jeder strassburger Buchdrucker soll? von Allem, was er
herausgibt, ein Exemplar auf die Bibliothek abliefern.
6. Die dem Rath oder den Scholarchen gewidmeten Schriften
seien auf der Bibliothek aufzustellen.
Es scheint nicht, dass der Rath über diese Vorschläge einen
190 Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule.
förmlichen Beschluss £isste; wenigstens er&hrt man nichts von der
Gründung eines peailium bibliothecarium. Die Scholarchen suchten
sich auf andere Weise zu helfen. Im Juli 16 17 bat Ludwig König,
Buchdrucker zu Basel, um Mittheilung einer gewissen hebräischen
Bibel aus der Pappus'schen Bibliothek, deren er fbr eine neue Aus-
gabe bedurfte. Die Scholarchen trugen Clutenius auf, an König zu
schreiben, sie bewilligten das Begehren unter den Bedingungen,
dass er einen Burgen stelle, «ein Auge daraufhabe, dass das Buch
von den Setzern nicht besudelt und etwa mit Röthel oder auf andre
Weise beschmiert werde », und dass er der Bibliothek ein Exemplar
der neuen Ausgabe schenke und zudem für 40 Gulden andere
autores, die man ihm bezeichnen werde. Auf das hin verlangte König
den Band nur für eine Woche; die Scholarchen liessen ihm den-
selben zuschicken, ohne weiter auf Geschenke zu dringen.
Die strassburger Buchdrucker erhielten dagegen die oben an-
gerathene Weisung, von allem, was sie druckten, Exemplare auf die
Bibliothek zu liefern; der Ammeister Peter Storck, ein eifriger Be-
förderer der Wissenschaften, der auch die Gründung eines botani-
schen Gartens in Anregung brachte, Hess die in der Kanzlei befind-
lichen Bücher nach der Bibliothek hinübertragen; die Scholarchen
thaten dasselbe mit denen die in ihrer Stube aufgestellt waren.
Erst nachdem so die Bibliothek einigermassen vervollständigt und
geordnet, und «das neue Portal inwendig an der Thür» fertig war*,
wurde sie endlich dem Publikum geöffnet. Den 3. Februar 16 19
kündigte Clutenius durch einen lateinischen Anschlagzettel die Er-
öffnung an; nachdem er hier mit grossem Aufwand von Gelehr-
samkeit und Eloquenz den Ruhm und Nutzen öffentlicher Biblio-
theken gepriesen, bringt er die Nachricht, dass vom 13. des ge-
nannten Monats an die neue strassburger, Sonntags, Montags, Mitt-
wochs und Freitags von eins bis 3 Uhr den Gelehrten offen stehn
werde, aber stets nur drei Personen auf einmal! Den Professoren
und Studenten empfiehlt er häufige Benützung der Bücher, sie
mögen mit beiden Händen diese Gelegenheit et recreandi et studendi
ergreifen, non mann cotispectum ftigite, er verspreche ihnen freund-
liche und schleunige Bedienung.
I. Die Thüre war im Kreuzgang, sie führte zu einer Treppe, oben an
dieser war das mit Schniuweric verzierte Portal.
Die ehmaüge Bibliothek der strassburger hohen Schule. 191
I}-
I
In eben diesem Jahr war man beschäftigt, die Umwandlung der
Akademie in eine vollständige Universität vorzubereiten; man hatte
gegründete Hoffnung, von Kaiser Ferdinand 11. das nöthige Privi-
legium zu erlangen. Auf Ersuchen der Scholarchen gab jeder der
Professoren ein handschriftliches Gutachten über die zweckmässigste
Weise, die Anstalt zu organisiren; auf Grund dieser Arbeiten wur-
den die neuen Statuten verfasst, vom akademischen Convent ange-
nommen, aber noch nicht vom Magistrat genehmigt. Den 5. Februar
1621 ertbeilte der Kaiser das längst gewünschte Privilegium; im
folgenden August fand die Inauguration der Universität statt; die
ganze Anordnung der Feierlichkeit und die dabei gehaltenen Pro-
motionen setzen die Statuten als gültig voraus, trotzdem dass der
Rath sie nicht in der gewohnten Form veröffentlicht hatte; während
einer Reihe von Jahren weigerte er sich, sie gesetzlich einzuführen,
vorgebend, sie würden von dem corpus academicum anders ausgelegt
ab sie lauteten; die Universität dagegen weigerte sich, sie zu ändern.
Es war seltsam, dass, ungeachtet dieser Conflikte, die kges in der
Praxis beobachtet und die in denselben vorgeschriebenen Eide ge-
leistet wurden, und dass der Magistrat bei allen Universitäts-Feier-
lichkeiten zugegen war.
Was die Bibliothek betrifft, so blieb man im Ganzen bei der
Ordnung von 1616, nur mit den nöthigen durch die neuen Ver-
hältnisse gebotenen Aenderungen im Ausdruck und mit einigen
wenigen Zusätzen. Der frühere Eingang ist weggelassen; statt der
Herren m oßiciis heisst es der Rektor und die Dekane, und statt
conventus academicus, consilium universitatis. Dem 5. Artikel, über die
Zahl der auszuleihenden Bücher, ist die Milderung beigefügt, dass,
wenn ein Professor, Präceptor oder Geistlicher deren mehr braucht,
der Rektor die Erlaubniss dazu geben kann. Dem 7. Artikel zufolge
ist dem Bibliothekar ein beeidigter substiUitus beigegeben, der ihn
ersetzen kann, wenn Fremde kommen; bei solchen Gelegenheiten
kann er sich auch durch einen der Professoren vertreten lassen.
Dem 8. Artikel sind einige Bemerkungen angehängt über die Mittel,
die auf der frankftirter Messe gekauften Bücher am wohlfeilsten
nach Strassburg zu bringen. Artikel 9: das Buch» in das die Ge-
192 Die ehmalige Bibliothek der strassburger hoben Schule.
schenke eingeschrieben werden, soll statt alle zwei Monate nur vier
Mal jährlich, ja sogar nach Gutdiinken nur zwei Mal dem Rektor
und den Dekanen vorgewiesen werden. Nach dem 11. soll die In-
spektion der Bibliothek nur alle drei oder sechs Monate stattfinden.
Bald nach Eröfihung der Universität bot sich, im September
1621, eine neue Gelegenheit, die Bibliothek zu bereichem. Die
Erben des bereits 16 18 verstorbenen Johann Ludwig Hauenreuter,
der zuerst Professor der Medizin und dann der Physik gewesen
war, boten den Scholarchen seine Bücher an, unter der Bedingung,
ihnen den Kau^reis zu verzinsen. «Aus allerhand bedenklichen
Ursachen» wurde dieses Anerbieten abgewiesen. Den 5. Oktober
erneuten es die Erben; diesmal beschlossen die Scholarchen den
«Augenschein einzunehmen und es' dann vor den Rath zu bringen».
Wurde der Sache Folge gegeben? In den Protokollen findet sich
nichts weiter darüber.
Den 21. Juli 1622 machte Justus Meyer, Professor der Rechte,
eine besondere Stiftung für Vermehrung des juristischen Theils der
Bibliothek; er bestimmte dazu 200 bei der Stadt angelegte Gulden;
die zehn Gulden Zins sollten jährlich am 21. Juli durch den Rektor
und den Dekan der Rcchtsfakultät erhoben und, im Einverständniss
mit dem Bibliothekar, zum Ankauf juristischer Bücher verwendet
werden. Dies war seit dem Vermächtniss Jakob Sturms das erste
zu Gunsten der Bibliothek. Um den Stifter zu ehren und ihm Nach-
ahmer zu erwecken, schaltete man in die Bibliothekordnung einen
Artikel ein, über das Legat und über die Art, es zu benützen; die
damit ' gekauften Bücher sollten gleichförmig eingebunden und mit
Meyers Wappen bezeichnet werden, « dessgleichen dann auch in
andern solchen fundationibus, so etwann noch geschehen möchten,
observirt werden soll*».
14.
Der Bibliothekar war immer noch Professor Joachim Qutenius;
es schien ihm aber wenig daran gelegen zu sein, das Vertrauen zu
rechtfertigeo, mit dem der Magistrat und die Schule ihn beehrten.
I. Den 10. April 1659 wurde die Rente auf das Quart herabgesettt.
Die ehmalige Bibliothek der strassburger hoben Schule. 193
Den 5. Oktober 1621 wurde den Scholarchen berichtet: «Dr. Qu-
tenius sei gar unfleissig zu seiner Profession, er habe nun Jahr und
Tag weder gelesen noch disputationes gehalten und emp£uge doch
nit desto weniger seine Besoldung, er warte fremden Geschäften
ab, ziehe oft nach Vinstingen zu der Herzogin aus Pommern, da-
selbst wohnend, sei auch noch nit Burger, da ihm doch vor diesem
auferlegt. Burger zu werden». Die Scholarchen beriefen ihn auf die
Pfalz, machten ihm Vorstellungen und drohten ihm seinen Gehalt
zu entziehen. Er scheint indessen Entschuldigungsgründe gegeben
zu haben, die man genügend fand, denn als er den 10. Dezember die
Scholarchen zu seiner Hochzeit nach Esslingen einlud, liessen sie
ihm sechs Reichsthaler als Verehrung zustellen, jedoch mit dem
Bedeuten, er möge damit zu&ieden sein, «da er wohl wisse, wie
es mit dem Schulsäckel stehe». Er kaufte das Bürgerrecht, blieb
aber nachlässig und pflichtvergessen. Im Dezember 1633 erftihr der
Magistrat, Qutenius stehe in geheimem^ Briefwechsel mit den kaiser-
lichen Offizieren zu Breisach; da er es nicht leugnen konnte, entzog
man ihm das Bürgerrecht, die Stellen als Professor und Bibliothekar,
so wie das Canonicat, das er von S. Thomä genossen hatte. Zum
Bibliothekar ernannte man den Strassburger Johann Georg Dorsch,
der seit 1627 Professor der Theologie war.
Dorsch, eben so gelehrt in seinem Fach wie Qutenius in dem
seinigen, aber fester und ehrenhafter in seiner Gesinnung, imter-
suchte sofort die Zustände der Bibliothek; er £ud diese in der
grössten Unordnung; es erwies sich, dass sein Vorgänger sich
wenig an die Statuten gehalten und eine sehr laxe Praxis eingeführt
hatte; er hatte Einzelnen viel mehr Bücher anvertraut, als es ge-
stattet war und sich nie um die Rückgabe bekümmen; seit Jahren
waren Werke ausgeliehen, manche der Entlehner waren gestorben;
« ein schöner aber übel verwahrter Vorrath » von Büchern war auf-
gehäuft, die noch nicht eingebunden waren; bei 1800 Bände waren
weder im Catalog eingeschrieben noch an dem gehörigen On auf-
gestellt. Es scheint demnach, dass die periodischen, von dem Statut
verlangten Inspektionen von geringem Erfolg gewesen waren; dies
begreift sich leicht; wie hätten die Scholarchen, der Rektor und
die Dekane bei einem raschen Gang durch die Bibliothek sich von
dem wahren Stande der Dinge vergewissern können? Die Er-
fahrung, die man gemacht, bewies zur Genüge, wie illusorisch diese
194 -^ ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule,
Massregel war; die Hauptsache ist immer die Gewissenhaftigkeit des
Bibliothekars.
' Den 8. November 1634 übergab Dorsch dem Kanzler der
Universität und den Scholarchen einen Bericht über die Bibliothek,
so wie er sie geRinden, und über einige Verbesserungen, die er
verlangte; Er hat, sagt er, damit angefangen die Cataloge zu. per-
lüstriren, die ausgeliehenen Bücher einzutreiben . und Ordnung her-^
zustellen. Er ist bereit,, den Eid als Bibliothekar zu leisten, wünscht
aber, dass man «die odiosa und onerosa, die vielleicht auf seines
antecessoris Person gerichtet waren», mildem möge, damit man
ihm durch Massregeln, die bloss in Bezug auf Clutenius' Nachlässig-
keit getroffen waren, das Amt nicht erschwere. Im .3. Artikel der
Bibliothekordnung ist die Rede von drei Exemplaren des Catalogs;
Dorsch bemerkt, er kenne nur das ftar den Bibliothekar bestimmte;
es wäre zu erforschen, ob die beiden andern existiren, wo nicht,
so werde er Copien machen lassen; auch wolle er einen index uni-
versalis autorum materiarumque anfertigen «und etwa in patribus et
iheologicis scriptis einen index dictorum scriptum fär die Theologen
zu adomiren suchen». — Es sei femer nicht rathsam, die jungen
Leute, die beim Abschreiben der Cataloge behülflich sein sollen,
bloss aus den Stipendiaten zu wählen, denn «sie. müssen Verstand
zur Sache haben und eine zierliche nette Hand»; man möge es
dein Bibliothekar > überlassen, diejenigen Studenten zu suchen, die
ihm am tauglichsten scheinen. — Die in den Statuten festgesetzten
Stunden seien nicht zweckmässig; Clutenius habe sie anfangs ein-^
gehalten, « es habe sich, aber befunden, dass $ehr oft kein «Mensch
erschien, daher nachmals etwa m defectu . peccin worden». Das
Beste wäre, wenn der Bibliothekar zu Anfang jedes Semesters die
bequemsten Tage und Stunden durch Anschlag bekannt machte.'
Er, Dorsch, sei bisher im Sommer zweimal wöchentlich vor den
Betstunden, von 5 bis 7 Uhr gekommen, und am Donnerstag, nach
der Sitzung des Kirchenconvents bis gegen Abend; den Rest der
drei Tage habe er « auf Disposition und Purification» der Bibliothek
verwendet. Im Winter und an den Sonntagen sei das Amt be-
schwerlich, ausserdem dass nur wenig Leute auf der Bibliothek
arbeiten. Ueberhaupt sei das Nachschlagen in den Büchern auf der
Bibliothek selber der scopus minus prindpalis, die Hauptsache sei das
Ausleihen. — Nach den leges sollen alle Entlehner eine scbeda
Die ehnialige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 195
— ■ —
ohligaüonis unterschreiben; bisher habe man dies nur von den
Studenten verlangt, indem man sich damit begnügte, die Kamen
der Professoren u. s. w. in ein diürnale einzutragen. Dorsch ist
der Ansicht, die scheda von Jedermann zu begehren. — Weiter
sagt er: den leges zufolge sollen von den Folianten nur zwei, von
den andern Formaten nur drei oder vier auf einmal ausgeliehen wer-
den, es sei aber geschehen, dass man ganze opera in Folio, Äugustin,
Hieronymus, Luther, u. s. w., und von. andern Büchern 20, 30^
40 den Professoren habe nach Haus schicken müssen. «Es sei zwar
in der theologischen Fakultät keiner, der nicht seine gute Bibliothek
hat», und diese Privat-Sammlungen «wären noch ansehnlicher wenn
nicht bei so unseligen Zeiten alle Mittel zerrinneten»; es kann aber
ein Gelehrter eine Arbeit vorhaben, zu der er ganze opera hTZUcht,
die er nicht selber besitzt; soll man sie ihm verweigern? Dorsch
bekennt mit Dank, dass ihm in solchen Fällen sein Vorgänger
jedesmal das Begehren bewilligt hat; er fragt, ob er zur strengen
Befolgung der Statuten zurückkommen soll, oder ob es nicht bil-
liger wäre, bei dem eingeführten mildem usus zu bleiben, den man
auch solchen Studenten gewähren könnte, die an einer Disputation
arbeiten. — Auf Restitution der Bücher nach einem Monat sei bis-
her wenig gehalten worden; man habe Niemanden bestraft, der den
vorgeschriebenen Termin überschritten, man habe vielmehr Profes-
soren und Studenten die Bücher Jahre lang gelassen. In diesem
Stück sollte man bei den leges bleiben, höchstens könnte man
denen, die in öffentlichen Aemtern sind, zuweilen eine Dispens
gestatten. Jedenfalls sollten am Ende jedes Vieneljahrs alle ausge-
liehenen Bücher zurückgegeben werden, damit der Bibliothekar, wie
dies anderswo gebräuchlich ist, eine allgemeine Revision machen
könnte. — Was man endlich auch beschliesse, so wird es gut sein,
die Bibliothekordnung deutsch und lateinisch ak Plakat drucken zu
lassen und gehörigen Orts anzuschlagen, damit Jedermann wisse,
wonach er sich zu richten habe.
Mehrere dieser Vorschläge Dorschs hätten Berücksichtigung
verdient, man änderte jedoch nichts an der bestehenden Ordnung;
erst 1669 wurde diese zum ersten Mal theilweise verbessert. Dies
liegt aber jenseits der Gränzlinie, die ich mir für diesmal gezogen
habe. Es ist nur noch von dem zu reden, was unter Dorschs treff-
licher Verwaltung für die Bereicherung der Bibliothek geschah.
1^6 Die ehmaUge Bibliothek der strassburger hoben Schule.
15.
Das bedeutendste, was hier Erwähnung verdient, ist der An-
kauf der Bibliothek des Professors Matthias Bemegger. Den 12.
September 1635 schrieb dieser an Dorsch: «die Difficulteten, darein
mich das aligemeine betrübte Unwesen gesetzt» — die Nothstände
des dreissigjährigen Kriegs — zwängen ihn, seine mathematischen
Bücher und Manuscripte zu verkaufen; er thue es ungern, denn er
habe einen Sohn, der sich gut zum Studium der Mathematik anlässt,*
er könne sich aber nicht anders helfen; er wünsche die Bibliothek
der Stadt Strassburg zu lassen, die er jederzeit als sein zweites
Vaterland angesehn und die seinem Sohn den Gebrauch derselben
nicht verweigern werde. Schon vor Jahren habe ihm Herzog August
von Braunschweig, derselbe, der auch die Pappus'sche Bibliothek
hatte kaufen wollen, Vorschläge gemacht, und unlängst wäre Ge-
legenheit gewesen, die handschriftlichen Codices an die vom Cardinal
Richelieu neu errichtete Bibliothek zu verkaufen. « Obschon die
mathematischen Bücher, wegen der Figuren und der geringen Auf-
lagen, theurer sind als andre», so biete er den Band in Folio fbr
15 Seh. an, den in quarto für 5, den in 8® fiir 3, den in 16® fbr
2; das Ganze, die Manuscripte, etwa 400 an der Zahl, abgerechnet,
fiir 355 Pf. «Die manuscripta, sonderlich aber die veteres gracos
Codices betreffend, halte ich solche für den grössten thesaurum,
welcher mit Geld nit zu bekommen, wann man gleich gantz
Germaniam und mehr Ort durchsuchen solt. Sind mehrerentheils
noch nie gedruckt worden. Ist eines darunter, welches Sambucus*
in Italia um 48 Kronen und ein Ducat, item ein anderes für 20
Kronen, ein anderes für 8 Kronen erkauft ; in die übrigen hat er
den Preis nit verzeichnet. Unter denen so recenHore manu geschrie-
ben, ist sonderlich was Dasypodius in vielen Jahren elaborirt und
I. Der als Arzt, Dichter, Philolog und Geschichtschreiber bekannte un-
garische Gelehrte, Johann Sambucus, hatte, ausser den deutschen und fran-
zösischen Universitäten, auch die italienischen besucht, und überall Handschriften
und Bücher gesammelt. Er war 1594 zu Wien gestorben. Man erfiihrt weder
wann noch wo der 1582 zu Hallstadt, in Oberöstreich , gebome Bernegger die
Codices aus dem Nachlass des Sambucus erwarb.
Die ehmalige Bibliothek der strassburger hohen Schule. 197
• ■
auszgehn zu lassen Willens gewesen». Die ganze Sammlung dieser
Handschriften, nebst einigen mathematischen Instrumenten, taxirte
Bemegger auf 160 Pf., und im Fall, dass der Kauf abgeschlossen
würde, erbot er sich, in den nächsten Herbstferien Alles auf die
Bibliothek abzuliefern. Die Verhandlungen dauenen aber noch bei-
nahe ein ganzes Jahr. Erst den 3. August 1636 brachten der Rektor
und die Dekane ein Begehren vor den Rath, auf Bemeggers, von
Dorsch lebhaft unterstützten Vorschlag einzugehn; der Rath gab
unmittelbar seine Einwilligung. Höchst charakteristisch war die
Art, das Geld zu finden. Es starb ein gewisser Daniel Taufkircher,
der zu Strassburg studiert und dann während neun Jahren «durch
Information (Privat-Unterricht) ein Ansehnliches erworben, aber nie
etwas zum allgemeinen Besten beigetragen hatte»; man beschloss
aus semer Verlassenschaft eine Summe von 288 Pf. 12 Seh. zu er-
heben für nicht bezahlte Taxen und Kriegssteuem; damit wurden
Bemeggers Bücher gekauft! Seine Manuscripte griechischer Mathe-
matiker hatten zu den werthvoUsten Schätzen unserer Seminar-
Bibliothek gehört ^ Seine philologischen und historischen Bücher
erwarb später sein Schwiegersohn Freinshemius;
Nach einigen elsässischen Schriftstellern sollen die Schweden,
nachdem sie sich im Jahr 1634 der Stadt Bockenheim bemächtigt,
die Bibliothek des dortigen Jesuitenhauses an Strassburg verkauft
haben*. Wenn dies kein Irrthum ist, so darf man sich wundem, dass
weder in den Protokollen der Universität noch in denen des Raths
sich irgend eine Spur davon findet.
Im Mai 1 647 trug Dorsch darauf an, « die rare und von allerlei
guten Autoren in allerlei Sprachen zusammengesammelte Bibliothek »
zu erwerben, welche der Spanier Doctor Caspar Simon, der über
dreissig Jahre zu Strassburg gelebt, hinterlassen hatte. Simon hatte
sich, wie Taufkircher, von allen Abgaben an die Stadt zu befreien
1. In einer, 1638 bei dem Jubiläum des Gymnasiums gehaltenen Rede,
lobte Prof. Joh. Heinr. Böcler die communis instrumenti bibliothec^e acadtmicM
txtrucHo y quam a Jacobo Sturmio inchoatam alque ultima quasi voluntate hertditariäi
laudis causa ad successorum curas propagatam , tum alias alio, tum nuper maibema-
tico locuplitari apparatu vidimus. Des strassburger Gymnasii Jubelfest. Strassburg,
1641, in-4% p. 156.
2. Hermann, TLotices sur Strasbourg. Strassburg, 1817, T. 2, p. 373. —
Jung, TLotiu sur la bibliothique publique de Strasbourg. Strassburg, s. a., p. 4*.
198 Die ebmaUge MUoAdt der strasAurgir bcbm SdmU.
, 1 — ■ — —
gewusst; Dorsch meinte, man sollte einfiich' dessen Bficher confis-
ciren. Es wird nicht berichtet, dassder Rath hiezu seine Ein-
willigung gab. . -
Um eben diese Zeit schrieb Dorsch über die Vermehrung der
Bibliothek ein neues Bedenken fär den Kanzler und die Scholarchen.
Nachdem: er die froher mehrmals angeradienen Mittel wiederholt
in Erinnerung gebracht, schlägt er noch folgende vor: bei Immatri-
culation der Studenten^ wie dies in andern Universitäten geschieht,
ihnen eine Büchse' hinhalten, um nach Belieben etwas Ar die Biblio-
thek hineinzulegen; «die Fallimenten, da Bücher vorhanden, welche
etwann sehr wohlfeil vericauft werden, in Acht nehmen » ; die nach
dem Absterben der Gelehrten zum Kauf angebotenen Bibliotheken
besuchen, «wo oft ein köstlicher Autor um einen geringen Preis
zu haben wäre, wenn der Bibliothekar etwas Geld in Händen hätte»;
es sei zu bedauern, dass man, wegen Mangels an Mitteb, aus der
Sanunlung des Professors Georg Obrecht nichts habe erwerben
können, es seien da «um ein schlecht Geld Mainuscripte, die un-
wiederbringlich sind», fbr Strassburg verloren gegangen. Weiter gibt
er den Rath, den Buchdrucker der Universität, «dem diese viel
zu verdienen gibt», um ein jährliches Geschenk anzuhalten, eben
so die Antiquare, denen man erlaubt, im Kreuzgang des Prediger-
klosters alte Bücher feil ta bieten; endlich die Cataloge der frank-
fiiner Messe auf dreissig Jahre zurück zu untersuchen, <t wodurch
man finden würde, dass die hiesigen Drucker nur von dem geringsten
Theil ihrer Bücher Exemplare auf die Bibliothek geliefert liaben».
Keiner dieser Vorschläge scheint damals genehmigt worden
zu sein; wie ernst es auch dem Bibliothekar mit seinem Berufe
war, er konnte nur wenig thun. Es dauerte noch eine geraume
Zeit, bis eine jährliche, einigermassen genügende Summe fbr An-
kauf von Büchern ausgesetzt wurde. Die Bibliothek war jedoch ge-
gründet, ihre Zukunft schien gesichert, sie war eine öffentliche ge-
worden, sie hatte die zwei reichen Sammlungen von Pappus und
Bemegger erworben und Alles war in einem weiten, zweckmässig
eingerichteten Raum aufgestellt, der uns Aeltern noch sehr wohl
erinnerlich ist. . . i .
INHALTS-VERZEICHNISS
L Bücher und Bibliotheken zu Strassburg im Mittelalter. s«tc
1. 'Bücher und 'BihUothtken i
I. Die Kapitel 2
II. Die Klöster 15
III. Liturgische BQcher und Archive 25
IV. Privat-Bibliotheken v 28
V. Einrichtung und Gebrauch der Bibliotheken 32
2. «^11/ das 'BüchtrwesM he^Uchi Gewerbe 35
'BeÜagen:
I. Cauiog der Bibliothek des Thomasstifts 49
II. Cauiog der Karthiuser-Bibliothek 51
III. Catalog der Bibliothek von Paul Munthart 67
IV. Cauiog der Bibliothek von Ludwig von Odrauheim. . . 70
II. Die strassburoer Buchdrucker vor 1520.
Einleitung 75
Strassburg. i. Johann Mentel 88
2. Heinrich Eggestein 97
). Adolph Rusch 100
4. Georg Husner 105
5. Martin Flach 106
6. Heinrich Knoblochuer. Thomas Anshelm. Johann
Eber. Peter Attendorn 108
7. Johann Pröss 1 10
8. Martin Schott 1 11
9. Johann Grüninger 112
10. Matthias HupfufT. 118
11. Wilhelm Schaffner von Ropperschwiler 119
12. Bartholomäus Kistler. Matthias Brant 120
13. Johann Schott 121
14. Johann Knoblouch 126
15. Martin Flach der jüngere 129
16. Johann Weliinger. Thomas Swop. Hieronymus
Greff. iji
17. Matthias SchOrer i}2
200 JnbaUs'Fci^eicbmss.
i8. Johann Pröss der jüngere. . . ; 135
19. Reinhard Beck. 136
20. Conrad Kemer. Ulrich Morhard. 138
Anhang,
Hagenau. i. Heinrich Gran. 139
2. Thomas Anshehn 143
Schlettsudt. Lazarus Schürer. 145
'Beilagen.
I. Kaiser Friedrich m. an den strassborger Magistrat,
2. November 1488 146
II. Anzeigen Mentel'scher Drucke 147
m. Versus in laudem MtnUHi, . . . ^ 149
IV. Abrechnung Mentels mit seiner Schwiegermutter. ... 150
V. Acht Briefe Ad. Ruschs an Johann Amerbach 152
VI. Auszug" aus dem Über hen^adarum der Basler Karthause. 159
VII. Gedicht Rud. Längs auf die von Rusch gedruckte BibeL . 160
VIII. Empfangschein Knoblouchs ftkr ein von den BarfÜssem
entlehntes. Manuscript , 162
III. Die eumalige Bibuothek der strassburger hohen Schule im
ERSTEN Jahrhundert ihres Bestehns i^
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