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Full text of "Zur Vertheidigung der geschichtlichen Wahrheit und zur Abwehr der Angriffe ..."

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/7/ 



Zur Vertheidigung 



der 



geschichtlichen Wahrheit 



und 



zur Abwehr 

der Angriffe des Herrn Archivars Piek. 



Von 





C. RHOEN. 




Mit einer Tafel. 








V 

• 




Aachen 1896. 




La Ruelle'sche Accidenzdruckerei (Inh.: Jos. I 


•' 








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Hioot 



Vorwort, 



Der hiesige Archivar^ Herr Bichard Pick; hat vor kurzem unter 
dem Titel „Aus Aachen's Vergangenheit ** einen Band Miszellen aus der 
aachener Geschichte herausgegehen. Von diesen Mittheilungen ist bereits 
in frühern Jahren ein grosser Theil in öffentlichen Blättern erschienen, 
sodass ihre Wiederherausgabe nicht den Reiz der Neuheit bietet. 
Unter den von Pick gebrachten Aufsätzen befinden sich mehrere, 
welche Aufstellungen enthalten, deren Unrichtigkeiten geeignet sind, 
die Baugeschichte der Stadt in Verwirrung zu bringen. Auch nach- 
gewiesen unrichtige ältere Annahmen werden in diesem Buche als zu 
Recht bestehend dargestellt. 

Pick scheint die besondere Absicht zu haben, sich mit anderweitigen 
lokalen Forschungen in Widerspruch zu setzen. So hat er es auch 
auf die in meinen Schriften gebrachten architektonisch-topographischen 
Forschungen abgesehen, die er, wo es ihm angängig erscheint, als 
unrichtig darzustellen und herabzuwürdigen sucht. — Ich bin daher 
genöthigt, theils in eigenem Interesse, theils zur Verhütung unrichtiger 
Vorstellungen, diesen Aufstellungen Pick's entgegen zu treten und auf 
die in ihnen enthaltenen Unrichtigkeiten aufmerksam zu machen, 
damit nicht, wie es leider auch in frühern Zeiten in Aachen geschehen 
ist, solche unrichtige Angaben sich in den Darstellungen der Geschichte 
der Stadt festsetzen und einen nachtheiligen Einfluss ausüben. Wer die 
Geschichte der Städte kennt, weiss, wie sehr der Bürger der Geschichte 
seiner Vaterstadt anhängt, und wie schwer selbe, wenn sie falsch dargestellt 
worden ist, berichtigt werden kann. Damit solche Unrichtigkeiten 
nicht weiter verbreitet werden, habe ich die in dem Werke Pick's 
vorkommenden Fehler hervorgehoben und dabei nachgewiesen, dass der 
Verfasser nicht als Autorität in baulich-archäologischen Dingen gelten 
kann, und dass ihm ein bestimmendes Urtheil über sie nicht zuge- 
muthet werden darf. 

Da ich von Pick in seinem Buche mehrfach persönlich angegriffen 
worden bin, so bitte ich den verehrten Leser, die im Nachfolgenden 
von mir angewandte Schreibweise freundlichst entschuldigen zu wollen. 



Aachen, im Juli 1896. 

Der Verfasser. 



t 



In der Schrift Pick's „Ans Aachens Vergangenheit*' sind besonders 
drei Aufsätze, in welchen ihr Verfasser mit der topographischen und 
architektonischen Archäologie der Stadt Aachen sich befasst, und die, 
wegen der darin enthaltenen unrichtigen Aufstellungen, einer Beleuchtung 
bedürfen. Es soll jedoch nicht gesagt sein, dass auch in weitern Auf- 
sätzen des Pick'schen Buches solche Aufstellungen nicht enthalten seien, 
doch kann ich es mir für jetzt nicht gestatten auch diese zu beleuchten, 
weil die vorliegenden Blätter den ihnen gestellten Rahmen schon 
bedeutend überschritten haben. Ich werde mich daher in Folgendem 
nur mit den oben gedachten drei Aufsätzen befassen, und die weiteren 
für spätere Zeit reserviren. Die drei Aufsätze sind überschrieben : 

1) Aachens Befestigung im Mittelalter, 

2) das Grashaus zu Aachen, und 

3) das Eathhaus zu Aachen. 

Ich beginne mit dem Aufsatze auf Seite 113: 

Aachens Befestigung im Mittelalter. 

Die Annales aquenses berichten uns, dass im Jahre 1172 Kaiser 
Friedrich I. den Aachenern den Eid abnahm, ihre Stadt innerhalb eines 
Zeitraums von vier Jahren mit Mauern und Befestigungswerken zu 
versehen. Es hat bisher Niemand bezweifelt, dass die Befestigung, 
welche die Bürger in Folge dieses Schwures errichteten, die erste 
gewesen sei, welche die Stadt erhielt. Nur Archivar Pick bestreitet 
dies und stützt sich hierfür auf eine zu Gunsten der Abtei Stablo vom 
Kaiser Lothar III. im Jahre 1137 in dem Städtchen Urbino in Italien 
ausgestellte Urkunde. In dieser Urkunde ist die Eede von einer Schenkung 
einer Reihe Häuser, welche von dem Hause des Bischofs von Cambrai 
ab bis zur Stelle des Grabens, wo man zur Harduinsbrücke gehe (usque 
ad fossatum in ea parte qua itur ad pontem Harduini), sich befanden. 
Diese Beschreibung bezeichnet Pick selbst in den Mittheilungen des Vereins 
für Kunde der Aachener Vorzeit, I. Jahrg. S. 9, als nicht ganz klar. 
Auf das Vorkommen des Wortes „fossatum" gründet nun Pick seine 
Behauptung, dass Aachen vor 1172 bereits eine Befestigung auf- 
gewiesen habe. 

Dieselbe Behauptung brachte Pick auch mündlich in der Monats- 
versammlung des Aachener Geschichts- Vereins vom 21. Juni 1888 vor. 
In einer kleinen Schrift „Zur Aachener Befestigungsfrage" habe ich die- 
selbe widerlegt, doch ist diese Widerlegung bisher von Pick ignorirt 
worden, wohl weil er sie nicht zu entkräften vermag. 

1) Aquenses ab imperatore commoniti, iuraverunt in quatuor annis muro et 
moenibus civitatem munire; et munitus est mens Berenstein. 



2 



Es kann doch nicht mehr bestritten werden, dass die Römer den 
Paubach von seinem ursprünglichen Lauf ableiteten, um das Wasser 
desselben für die Therme, welche sich an der Stelle des jetzigen Münsters 
befand, zu benutzen.^) Ein bedeutender Rest des hierzu eigens angelegten 
Kanals, welcher das Wasser der Therme zuführte, wurde im Jahre 1879 
auf dem Domhof gefunden. Das gebrauchte Wasser, welches von der 
Therme abfloss, wurde durch die heutige Ursulinerstrasse abgeleitet,^) während 
dem überschüssigen, zur Benutzung von der zur Römerzeit bereits 
bestehenden Ansiedlung, seinen Lauf durch die jetzige Kleinmarschier- 
strasse gegeben wurde. Es wird dies durch die Ueberbleibsel eines weitern 
Kanals von demselben Querschnitt, wie der auf dem Domhofe aufgefundene, 
welcher sich in dem abwärts der Therme gelegenen Hause Schmiedstrasse 
Nr. 4 befindet, bewiesen. Diese beiden Kanalstücke, jetzt noch in 
Gebrauch befindlich, sind unbestreitbar römisch. 

Das durch die Kleinmarschierstrasse laufende Wasser floss bis zum 
Ende dieser Strasse bis zu der Stelle, wo früher das Marschiermittelthor 
stand. Hier bog es in seinem Laufe fast rechtwinkelig nach Osten 
um, bis zum spätem mittlem Adalbertsthor, und lief von da ab der 
Adalbertstrasse entlang, bis in das alte Bett der Pau. Denselben Lauf 
weist der Paubach noch bis zum heutigen Tage auf. 3) 

An der Stelle, wo die jetzige Hartmannstrasse auf den heutigen 
Friedrich- Wilhelmplatz ausmündet, war von den Römern über den Bach eine 
Brücke, die spätere Harduinsbrücke, angelegt worden, von welcher in der 
angezogenen Urkunde die Rede ist. Die römische Herkunft dieser 
Brücke wurde dadurch nachgewiesen, dass bei der jüngst ausgeführten 
Kanalisation der Hartmannstrasse noch Steine und Mörtel derselben zu 
Tage gebracht wurden. Diese Brücke war von den Römern über den 
Bach gelegt worden, um von der Niederlassung aus, welche sich bei den 
hiesigen Bädern befand, den Verkehr mit den südöstlich gelegenen 
Villen, welche in der Wirichsbongard- und Römerstrasse nachgewiesen 
sind, zu vermitteln. 

Durch den Ausdruck „fossatum", welcher im mittelalterlichen 
Latein einen Festungsgraben bedeutet, während ein sonstiger Graben „fossa'^ 
heisst, will Pick den Bach als einen Befestigungsgraben darstellen, und 
schliesst daraus, dass sich im Anfang des 12. Jahrhunderts auch ein 
solcher Graben um die ganze Stadt befunden habe. Aus der Silbe 
„tum" will Pick also eine ganze Stadtbefestigung schaffen, jedoch liegt 
diese luftige Befestigung im Widerspruch mit der Geschichte und der 
Topographie der Stadt. Diese geben nicht den mindesten Anhaltspunkt 
dafür, dass vor 1172, als Friedrich I. sich von den Aachenern die 
Befestigung der Stadt versprechen Hess, eine frühere Befestigung mit 
Wall und Graben*) vorhanden gewesen wäre. Hätte eine solche be- 
standen, so würden jedenfalls die Annalen derer erwähnt und von einer 
Verstärkung oder Vergrösserung derselben gesprochen haben. Aber auch 
bei allen Aufgrabungen und Abtragungen sowie bei der grossen Anzahl 
von Neubauten, welche an so vielen Stellen der Stadt in den letzten 



^) Rhoen, Die röni. Thermen zu Aachen, S. 42 f. 
3) Ebendas. S. 41. 

3) Rhoen, Zur Aachener Befestigungsfrage, S. 7. 
*) Mittheil. I Jahrg., S. 100. 



vierzig Jahren ausgeführt worden sind, hat sich niemals eine Spur einer 
Befestigung, die von einer frühern als der zu Ende des 12. Jahrhunderts 
begonnenen herrühren konnte, aufgefunden. 

Die Urkunde vom Jahre 1137, worauf Pick seine Aufstellung stützt, 
ist nicht deutlich. Sie sagt, dass die Häuser bis zum Graben (fossatum) 
gegangen wären, das ist doch offenbar unrichtig, da stadtwärts des 
Grabens der Erdwall lag, auf dem doch keine Häuser stehen konnten. 
Dieser einzige Umstand ist ja Beweis genug dafür, dass der Schreiber 
der Urkunde mit den lokalen Verhältnissen nicht bekannt war, da in 
einer regelrechten Urkunde dieser Wall hätte genannt werden müssen, 
weil die Häuser doch zuerst daran anstiessen. Es kann jedoch solches 
nicht auffallen, da die Urkunde etwa 200 Stunden von Aachen entfernt 
angefertigt wurde, wahrscheinlich von einem Schreiber, der weder mit 
den aachener Verhältnissen noch mit dem Befestigungswesen vertraut 
war. Die Bezeichnung „Brücke*^ beweist ebenfalls, dass Aachen noch 
keine Befestigung hatte, denn sonst hätte die Brücke durch ein Thor 
vertheidigt werden müssen, da eine Brücke ohne Befestigung durch 
ein Thor ja doch nur einen offenen Weg zur Stadt hinein bedeutet 
haben würde. War aber ein Thor vorhanden, so würde es nicht geheissen 
haben „Harduinsbrücke**, sondern, wie es auch später der Fall war, 
„Harduinsthor*^. Führten doch alle Stadtthore über Brücken die über 
den Graben geschlagen waren, und doch heisst es nirgend etwa Jacobs- 
brücke oder Kölnbrücke, sondern immer Jacobsthor und Kölnthor sowie 
auch hier Harduinsthor. Wir sehen daher, dass wir es hier nicht mit 
einer Befestigung sondern mit einer einfachen Brücke über einen kleinen 
Bach zu thun haben, und dass dieser kleine Bach kein Befestigungs- 
graben war sondern nur einfach das überflüssige Wasser der römischen 
Therme fortleitete. 

Pick lässt sich aber nicht davon abbringen, dass das Wort „fossatum**' 
hier, trotz allen Gegenbeweises, einen Befestigungsgraben bedeute. 
Damit seine Aufstellung in den Augen seiner Leser an Wahrscheinlich- 
keit gewinne, bringt er S. 122 eine Anzahl Urkunden zum Beweis. 
Unter den sämmtlichen von ihm gebrachten Urkunden ist jedoch keine 
einzige, die wirklich für seine Behauptung spricht. Die von ihm an- 
geführte vom Jahre 1218, welche von einem Garten vor dem Marschier* 
mittelthor spricht, datirt schon so spät, dass um diese Zeit, in Folge 
der Verpflichtung, welche die Aachener dem Kaiser Friedrich I. gegen- 
über eingegangen waren, die Gräben an dieser Stelle schon über 
40 Jahre fertig sein mussten. Es konnte daher gewiss schon um 1218 
ein Garten an dem Stadtgraben liegen. Dasselbe gilt auch von dem 
Hause, welches 1292 an dem Stadtgraben zwischen Marschier- und 
Scherpthor lag, da diese Urkunde 44 Jahre nach der Belagerung der 
Stadt durch Wilhelm von Holland (1248) datirt. Dann bringt er 
Urkunden aus den Jahren 1318 und 1326, also aus der Zeit, in welcher 
die zweite Umwallung der Stadt schon ein Vierteljahrhundert in Aus- 
fuhrung begriffen war. Aber eine Urkunde von vor 1172, wodurch er 
seine Aufstellung beweisen könnte, bringt er nicht, weil sie eben nicht 
existirt. Dann sagt er: 

„Man wird kaum fehlgehen, wenn man in all diesen Gräben, 
oder doch in der Mehrzahl von ihnen, Theile des 1137 bei der 
Harduinsbrücke erwähnten Grabens erblickt^. 



Man ist erstannt über die Zamnibung, welche Pick seinen Lesern 
macht; alle diese Unwahrscheinlichkeiten and Unrichtigkeiten als richtig 
anzunehmen ! Erst bei der Anlage der ersten Befestigung der Stadt^ 
nach 1172, wurden die Gräben, welche er anführt, angelegt, und auch 
das bisherige Bett der Pau zu einem regelrechten Stadtgraben erweitert, 
wodurch er erst zu einem „fossatum*' im Sinne der Terminologie der 
mittelalterlichen Befestigungen wurde. — Es ist daher einleuchtend, dass 
alle Aufstellungen, Deutungen und Schlüsse, welche er auf Grund seiner 
Angaben macht, hinfällig sind, und einer weitern Widerlegung nicht 
bedürfen. 

Nachdem Pick S. 122 sich noch bemüht, seine Aufstellungen als 
„selbstverständlich^! darzustellen und sich noch einige Deutungen ge- 
stattet, springt er (S. 128) auf den in den „Annales aquenses*" zum Jahr 
1172 erwähnten mons Berenstein über. Hier deutet er an, dass diese 
Feste nach Meyer „kurz vor der Stadt, nächst dem jetzigen St. Jacobs- 
und Junkersthor** gelegen habe und fügt hinzu: 

„eine Angabe, die man freilich in neuester Zeit mehrfach 
bestritten hat, ohne indessen eine glaubhaftere an ihre Stelle 
zu setzen*'. 
Es zeigt diese Bemerkung Pick's, dass er sich hierüber nicht aus- 
kennt, da er S. 149 von dem zwischen Jacobs- und Jankersthor 
befindlichen Zwinger spricht, wie ich ihn in den Befestigungen der 
Stadt Aachen S. 107 f£. nachgewiesen habe. Man muss hier annehmen, 
dass entweder Pick sich nicht klar ist über das, was er sagt, oder dass 
er aufgehellte Thatsachen wieder verdunkeln will. Ich habe*) nach- 
gewiesen, dass, entgegen Meyer und Pick, der Berenstein weder an dieser 
Stelle noch sonst in der nächsten Nähe von Aachen gestanden haben kann. 
Er wird auch ferner weder in den Annalen noch in den Stadt-Rechnungen 
des 14. Jahrhunderts, noch von den älteren Geschichtschreibern Aachens 
erwähnt, und Meyer, dem Pick beipflichtet, ist der erste, der ihn 
wieder ausgräbt. 

Doch kommen wir wieder auf Pick's Befestigung der Stadt vor 
1172 zurück. Er ist der erste, welcher sie gefunden haben will, und 
bemüht sich daher sehr, sie nachzuweisen. Er vermuthet (S. 124), 
dass es: 

„neben dem Wall und Graben nicht an ergänzenden, mehr 
oder minder vollkommenen Vertheidigungs- und Schutzvor- 
richtungen gefehlt habe, zumal wenn man die Wichtigkeit 
des wehrbedürftigen Orts in Betracht zieht, nicht völlig un- 
begründet erscheinen. Man könnte an einen Plankenzaun oder 
ein anderes Bauwerk denken, wofür das Material in der wald- 
reichen aachener Gegend stets leicht zu beschaffen war. Viel- 
leicht standen aber auch mit der frühesten Befestigung die 
viereckigen, 4 m tiefen Eichenpfählungen von 2— 4 m Durch- 
messer in Verbindung, welche man in jüngster Zeit an verschiedenen 
Stellen der Altstadt bei Erdarbeiten aufgedeckt hat.** 



1) Rhoen, die ältere Topographie der freien Reichsstadt Aachen, Anlage III, 
S. 117. In dieser Schrift sind die topographischen und geschichtlichen Verhältnisse 
des Berenstein in einer Weise beleuchtet, dass sie mit Erfolg nicht angegriffen 
werden können. 



Von diesen ^^EiclieupfähluDgen^^ warden 13 auf dem Terrain des 
ehemaligen St. Stephanshofes aufgefunden^ wo^ der Lage der alten 
Gebäolichkeiten entsprechend^ 3 der Heppiongasse und 1 1 der Hartmann- 
strasse entlang angelegt waren.') Diese „Eichenpfählungen", wie Pick 
sie nennt, waren Erdgruben, deren Wandungen durch schlechte Bretter 
und Absteifungen gegen den Erddruck gesichert waren. Sie bildeten 
ursprünglich — horribile dictu — Latrinen und waren bei ihrer Auf- 
findung noch gefällt mit Abgängen von Menschen und der Küche, 
Knochen, Thonscherben und altem Eisen, kurz allem, was in einer 
Haushaltung als Abgang zählt. Besonders fanden sich Unmassen vpn 
Kirschenkernen darin vor. Derartige Anlagen sind vielfach in Aachen 
gefunden worden. Diese „Eichenpfählungen", worunter Pick die ge- 
dachten Bretter zu verstehen scheint, bestanden jedoch nicht allein 
aus Eichenholz, sondern es waren auch andere Holzarten, wie Tannen- 
und Buchenholz, dazu verwendet, sogar alte Fassdauben fanden darunter 
ihren Platz. Die Ausführung dieser Gruben war derart, dass sie jeder 
auch nur wenig geübte Arbeiter anlegen konnte. Wie sich aus dem 
Befund des Holzes ergab, ging keine dieser Gruben auf früher als etwa 1450 
zurück. — Es wäre interessant, von Pick zu erfahren, in welcher Weise 
er diese „Eichenpfählungen" mit der ersten Befestigung in Verbindung 
bringen will. 

Was nun den Plankenzaun betrifft, womit die Stadt beschützt 
worden sein soll, so ist denn doch unmöglich ernstlich anzunehmen, dass 
durch ein solches Schutzmittel eine Stadt befestigt werden könnte. Ein 
solches würde nicht mehr genutzt haben als eine Spalierhecke um eine W^iese. 
Wie rasch und leicht können nicht aus einem Plankenzaun einige Bretter 
losgelöst werden und dann wäre die Stadt dem Feinde überliefert 
gewesen. — Pick bekundet wenig Verständniss für fortifikatorische 
Verhältnisse. Dieses zeigt sich auch in der Bemerkung (S. 125): 

„Bei der Wichtigkeit der vorliegenden Frage muss es 
immerhin auffallend erscheinen, dass dieselbe seither von Niemand 
einer Untersuchung gewürdigt worden ist". 

Aber wer würde eine Sache untersuchen wollen, welche die gesunde 
Vernunft als nicht vorhanden gewesen erklären muss ? Jeder geistig normal 
angelegte Mensch wird sofort einsehen, dass eine solche immerhin theure, 
aber nichts nutzende Befestigungsanlage eine Thorheit wäre, und sie 
daher niemals bestanden haben kann. Deshalb findet auch Pick, wie er 
(S. 226) sagt, in den Urkunden des 9. — 12. Jahrhunderts betreffs der 
Bestimmung des Alters dieser imaginären Befestigung keine Handhabe. 
Diese letzte Bemerkung Pick's dürfte wohl die glaubwürdigste aller sein, 
welche er über diese Sache gemacht hat. 

Somit würde die von Pick zuerst entdeckte Befestigung der Stadt 
mit einem Plankenzaun und dessen Vertheidigung vermittelst der „Eichen- 
pfählungen" ihre Klärung gefunden haben. Hiermit fällt aber auch der 
ganze Hypothesenbau Pick's über seine erste Befestigung zusammen. 

In der Monatsversammlung des Aachener Geschichtsvereins vom 
21. Juni 1888 warf Pick die Frage auf, 



1) Aus Aach. Vorz. Skizze zu S. 95. 



„ob die Benennung ^Pontstrasse^, trotz der vielfach geltend 
gemachten abweichenden Ansichten^ nicht dennoch auf eine 
Brücke (pons) zurückgeführt werden müsse, die in ältester Zeit 
an der „porta Punt* (Pontmittelthor), gleich der Harduinsbrücke 
am Hartmannsthor, über den Befestigungsgraben geführt habe ?^*). 

Es wurde ihm hierauf erwidert, dass diese Strasse wohl eher von der 
Brücke über den sog. Johannisbach, dessen Lage noch jetzt „auf Pont- 
brück*^ genannt wird, den Namen herleite, da diese Brücke doch eher 
bestehen musste als das Pontmittelthor. Nun kommt Pick (S. 127) 
wieder auf diese Frage zurück und sagt: 

„Hierbei (es ist vom Lauf des ältesten Ringgrabens die 
Rede) würde denn auch die Frage einer erneuten Prüfung 
zu unterwerfen sein, ob die Benennung Pontstrasse, trotz der 
mehrfach geltend gemachten abweichenden Ansichten, nicht 
dennoch von einem Brückenwerk (pontes oder ad pontem) 
hergeleitet werden müsse, das in römischer (?) Zeit an der vor- 
mals allgemein und noch heute im Volksmund „Pontbrück*' 
genannten tiefsten Stelle der Strasse über die einst hier sich 
ausdehnende sumpfige Niederung (?) geführt habe*^. 

Also hier behauptet Pick, was er früher bestritten, und bestreitet, 
was er früher behauptet hat!! 

Im 2. Cap. seines Aufsatzes bespricht Pick den ersten Mauerbau. 
Er sagt darüber (auf S. 133): 

„Vor allem drängen sich hier zwei Fragen auf: erstens 
haben die Aachener ihr dem Kaiser gegebenes Wort binnen 
der versprochenen Frist (von 4 Jahren) eingelöst, dann, wenn 
dies der Fall, mit welchen Mitteln brachten sie es zu Stande?" 

Auf die erste Frage muss mit einem entschiedenen Nein geantwortet 
werden. Zur Begründung dieser Verneinung weise ich hin auf die Kalku- 
lation der Arbeiten, welche bei dieser Befestigungsanlage erforderlich waren, 
wie ich sie auch in der „Befestigungsfrage" S. 117 ff. gebracht habe. 
Es würde zu weit führen, an dieser Stelle in das Detail dieser Berechnung 
einzugehen, doch dürfte es jedem Bauverständigen leicht sein, sich von 
der Richtigkeit derselben zu überzeugen. 

Nimmt man an, dass Aachen damals 10,000 Einwohner gezählt 
habe, die aus etwa 2000 Familien ä 5 Personen bestanden, setzt man 
eine übertriebene Leistungsfähigkeit voraus, wobei der zehnte Einwohner, 
also die Hälfte der arbeitsfähigen Bevölkerung, während 4 Jahren an 
der Befestigung, in Berücksichtigung der Feiertage, des Winters und 
der Tage, an welchen des Wetters wegen nicht gearbeitet werden 
konnte, jährlich 200 Tage gearbeitet haben, so würde die Summe der 
sämmtlichen Arbeitstage sich auf rund 800,000 beziffern. Die Berechnung 
der Arbeiten der Gräber, Maurer und Steinhauer, welche an der be- 
treffenden Befestigung auszuführen gewesen sind, ergab bei dieser Kal- 
kulation für die drei Arbeiterkategorien schon die Summe von über 
800,000 Tagen; nun bleiben noch die Arbeiten der Zimmerleute, Dach- 
decker, Schmiede u. s. w., als über die Summe von 800,000 Tagen 



1) Verg-1. „Zur Aachener Befestig-ung-sfrag-e", S. 20. 



hinausgehend^ übrig. Dann mussten auch die Befestignngswerke mit 
Bleiden, Nothställen, Armbrnsten und anderen Einrichtungen versehen 
werden, ohne welche eine Befestigung werthlos war. Auch die hierzu 
nöthigen Arbeitstage sind in diese Berechnung nicht hineingezogen 
worden. 

Wenn auch Pick (S. 135) meint, dass diese Kalkulation nicht zu 
einem ernstlichen Beweise herangezogen werden könne, so ist diese 
dennoch das einzig richtige Mittel zu einem solchen Beweise, und kann 
ausserdem von jedem Bauverständigen kontroUirt werden. Diese Meinung 
Pick's ist daher, da er in Bausachen unerfahren ist, von keinem 
Belang. 

Aus der obigen Kalkulation geht hervor, dass die Aachener ihren 
Schwur nicht gehalten haben, weil sie ihn nicht halten konnten. Wenn 
Pick auch (S. 133) sagt, dass es sich nicht annehmen lasse, dass 
Friedrich I. sich von den Aachenern etwas habe eidlich zusichern 
lassen, von dessen Unmöglichkeit beide Theile im Voraus überzeugt sein 
konnten, so ist dies unnützes Gerede. Die Aachener haben einfach dem 
Drängen des Kaisers nachgegeben. Dass sie ihr Versprechen nicht ge- 
halten haben, weil sie es nicht halten konnten, ist durch die obige Kalku- 
lation und die Geschichte nachgewiesen. 

Zur Lösung der zweiten (auf S. 133) gestellten Frage, mit welchen 
Mitteln sie innerhalb 4 Jahren die Befestigung zu Stande gebracht hätten, 
sagt uns Pick (S. 144), dass dieselbe „auf Vermuthungen beschränkt 
bleibe". Er ergeht sich daher in Worten, wie: „muss man annehmen*', 
„vielleicht^, „war dies nicht, so war das", „wahrscheinlich" u. s. w. 
Wenn die Aachener ihre Mauern damit hätten bauen sollen, so wären 
sie jetzt noch nicht fertig. Aber sie haben kräftig, so gut sie konnten, 
selbst mit eingegriffen, und trotzdem ihre Befestigung innerhalb 4 Jahren 
nicht fertig gebracht, was, wie wir gesehen haben, eine Unmöglich- 
keit war. 

Ich will hier nicht näher auf die Belagerung im Jahre 1198 ein- 
gehen, welche, trotzdem Philipp von Schwaben noch 300 Ritter in die 
Stadt geworfen hatte, nur 3 Wochen dauerte, und deren kurze 
Dauer nur der Unvollständigkeit der Befestigung zugeschrieben werden 
kann, sondern auf die Belagerung durch Wilhelm von Holland hinweisen, 
wo nach zeitgenössischen Geschichtschreibern an der Südseite der Stadt 
die Mauern noch nicht vollendet und dieselbe an dieser Stelle haupt- 
sächlich durch die Gräben vertheidigt war. 

Diese Belagerung von Aachen vom Jahre 1248 ist eine der inter- 
essantesten des Mittelalters. Sie ist am ausführlichsten durch Johann 
Meerman in holländischer Sprache beschrieben worden, wobei er sich auf 
eine bedeutende Anzahl meist zeitgenössischer, theils auch späterer, vor- 
züglicher Geschichtschreiber stützt. Zu diesen Geschichtschreibern gehören 
Hocsemius, Math. Parisius, Ubbo Emmius, Mencon, dann ferner die Erfurter 
Chronik und auch später der ehemalige Stadtarchivar Meyer. Auf diesen 
fussend sagt Meerman (Buch II, S. 269), dass die Mauern noch nicht 
vollendet waren, was Quix') dadurch näher präcisirte, dass er als 
unfertige Stelle der Stadt die Südseite angab. Meerman sagt, dass sie 



1) Die Königl. Kapelle S. IG, Gesch. der Stadt Auchen n, S. 27. 



8 



dort einen tiefen Graben machten und mit Pallisaden schützten.^) Es 
ist demnach, trotz des von Pick erwähnten ^fossatum", bis dahin an dieser 
Stelle kein eigentlicher Graben vorhanden gewesen. — Doch Pick 
bestreitet dies Alles. „Man sollte nicht annehmen, dass es möglich sei", 
sagt er (S. 138). Er schiebt alles dem armen Meyer in die Schuhe 
nnd sagt: 

„So hätte man denn diese Fabel, znmal in Berücksichtigung 
der geringen kritischen Begabung ihres Erfinders, getrost der 
Vergessenheit überlassen können, wenn sie nicht jüngst von 
Neuem wieder, auch diesmal ohne zuverlässige Quellenbezeichnung 
für eine begründete Thatsache ausgegeben worden wäre". 
Sind denn die Mittheilungen von einem halben Dutzend zeit- 
genössischer, allgemein anerkannter Geschichtschreiber keine zuverlässige 
Quelleubezeichnung ? Ich meine doch jedenfalls zuverlässiger als die Zusatz- 
silbe „tum" in der Urkunde von 1137, auf welcher Pick seine ganze 
„erste Befestigung" gründet. Die Unterwassersetzung Aachens ist auch 
von den neuern Geschichtschreibern unserer Stadt berichtet worden. Ich 
verweise auch auf meine Schrift: „Die Befestigungswerke der freien 
Eeichsstadt Aachen", wo S. 39 die Dammanlage, wodurch die Unter- 
wassersetzung der Stadt bewirkt wurde, näher dargelegt ist. Pick stützt 
sich auf Heintae, als einzigen Partner, von dem er (S. 140, Anm. 1) sagt, 
dass er die auf 40 Fuss „oder mehr" angegebene Höhe des Dammes „mit 
Eecht^ bezweifele.^) Hier verneint Pick die Thatsache der Ueber- 
schwemmung der Stadt, während er sie auf S. 149 zugiebt, wo er ein- 
räumt, dass die Aachener gegen die künstlich herbeigeführte Ueber- 
schwemmung wehrlos gewesen seien. 

Auf S. 140 wirft Pick die Frage auf: 

„Würden die Belagerer, statt eines der Thore zum Ziel- 
punkte ihres Angriffes zu wählen, nicht vielmehr versucht 
haben, an der mauerlosen Seite in die Stadt zu dringen"? 

Dass dies nicht geschehen, beweist eben, dass die Stadt in 
den mit Wasser gefüllten Graben einen bessern Schutz besass, als in 
den Mauern. Pick scheint nicht zu erkennen, dass eben die Thore die 
schwächsten Punkte einer belagerten Stadt waren. Es waren ja auch 
die an der mauerlosen Seite zur Stadt führenden Strassen selbstredend 
durch Thore vertheidigt, da ohne solche diese Punkte vertheidigungslos 
gewesen wären. Wenn aber Pick (S. 142 — 143) annimmt, dass, wenn 
1248 an der Südseite die Thorbauten fertig gewesen wären (was 
durchaus unerwiesen ist), man dann erst recht annehmen dürfe, dass 
auch die Mauern vollendet gewesen sein würden, so ist dies ein Irrthum, 



1) Es ist unzweifelhaft die Stelle der Wallmauer gewesen, welche sich von 
Marschiermittelthor bis Adalbertsmittelthor erstreckte, an welcher Stelle früher 
sowie noch jetzt der Paubach lief und den Graben mit Wasser füllte. Und 
das ist gerade die Seite der Stadt, an welcher Pick auch unter Zuhilfenahme 
seiner Urkunden bis 1248 nicht alle Thore hat nachweisen können. Dass an den 
Stellen, wo die Gräben trocken waren, die Mauern bereits bestanden, darf mit 
Bestimmtheit angenommen werden, weil diese, als die am meisten gefährdeten 
Stellen, zuerst befestigt werden mussten. 

2) Wenn Pick zu irgend etwas Gesagtem die Worte „mit Recht" hinzufügt, 
so kann man überzeugt sein, dass er eine schwache Sache, die zu seinen Gunsten 
spricht, durchdrücken möchte. 



welcher nur auf Unkenntniss der damaligen Befestigungsweise zurück- 
zuführen ist, da er nicht ermessen kann, mit welchen Schwierigkeiten 
beim Aufbau dieser am Wasser stehenden Mauern zu kämpfen war. 

Nach einer langen und erfolglosen Belagerung sahen die Belagerer 
sich genöthigt, zu einem Parforcemittel zu greifen; sie wollten nämlich, 
wie oben bereits angedeutet worden ist, die Stadt unter Wasser setzen. ^) 
Zu diesem Behufe wurde unterhalb der Stadt ein 40 Fuss hoher Damm, 
welcher sich mit seinen Ausläufern von der Sandkauistrasse bis zur 
Hochstrasse hinzog, aufgeworfen, welcher den Ablauf des Wassere der 
Aachen durchlaufenden drei Bäche und der warmen Quellen am Ablaufen 
verhinderte und es zwang, in die Stadt zurückzutreten. Das kann nun 
Pick nicht begreifen und er fragt (S. 140): 

„Würden die wasserbaukundigen Friesen auf den Gedanken 
gerathen sein, das Wasser zur Herbeiführung einer Ueber- 
schwemmung von der Ostseite her in die Stadt hineinzutreiben, 
wenn es sofort wieder durch die Tiefe an der offenen Süd- 
seite hätte abfliessen können?" 

Er sieht nicht ein, dass das Wasser, sich durch den ausserhalb 
der Stadt liegenden und dasselbe zurückhaltenden Damm rückwärts 
aufstauend, eben durch die tiefsten Stellen zuerst in die Stadt 
treten musste, und diese, soweit es möglich war, allmählich unter 
Wasser setzte, und dass der letzte Rest des Wassers auch durch die 
tiefsten Stellen wieder abfliessen musste. Da ein näheres Eingehen auf 
die topographischen Verhältnisse der Stadt hier zu weit führen würde, 
so verweise ich auf meine Schrift über die Befestigungen der Stadt 
Aachen, wo S. 44 ff., sowie auf dem beigegebenen Plan, in welchem 
die Anlage des Dammes sowie die unter Wasser gesetzten Theile der 
Stadt, auf Grund der Höhenangaben der Capellmann'schen Karte von 
Aachen eingetragen sind, und das Nähere über diese Belagerung 
angegeben ist. 

Auf S. 140 macht Pick noch einen verunglückten Versuch, 
urkundlich nachzuweisen, dass an der Südseite bereits die Mauer bestanden 
habe. So bringt er eine Urkunde, wonach im Jahre 1215 ein Haus in der 
Burtscheider Strasse ausserhalb der Stadtmauer gelegen habe. Es 
ist dies ganz richtig, denn da es in der äussern Burtscheider Strasse 
lag, lag es ausserhalb der damaligen Mauern. Die Stadtmauern waren 
damals von Marschiermittelthor ab aufwärts dem Scherpthor zu fertig, 
und so hatte der ürkundenschreiber recht, das Haus als ausserhalb der 
Mauern liegend zu bezeichnen. Dann bringt er eine Urkunde ohne Datum, 
wonach ein Garten vor dem Burtscheider Thor an dem Stadtgraben 
gelegen habe. Das Bestehen der Stadtgräben ist ja unbestritten und 
gilt daher diese Urkunde für seine Sache nichts. Die Urkunde vom 
Jahre 1219, betreffend einen Garten an der Eosmühle, ist für seinen 
Beweis werthlos, da beim Scherpthor, vor welchem dieser Garten lag, 
die Mauern bereits bestanden. Auch die weitern Urkunden, die er 



1) Desselben Mittels hatte sich auch im Jahre 1181 Wichmann, Erzbischof 
von Magdeburg, bedient, um die Stadt Haldensleben einzunehmen. Vergl. Mencon, 
Tom. n, p. 199. 



10 

bringt, sind von keinem Belang, weil sie nichts für die Sache beweisen. ^) 
Dann schliesst er (S. 141 und 142) mit der sonderbaren Bemerkung: 
„Man wird zugeben müssen, dass in allen diesen Fällen die 
Stadtmauer zur Bezeichnung der Lage nur dann verwendet 
werden konnte, wenn sie auch wirklich überall vorhanden war, 
so dass ein Zweifel an dem Bestehen der vollständigen Eing- 
mauer zu den in den Urkunden angegebenen Zeiten völlig aus- 
geschlossen ist.*^ 
Nichts ist unrichtiger als diese Aufstellung. Was geht es z. B. 
die Lage vor Pontthor an, ob die Mauern an der Südseite fertig waren? 
Was hatte es für die Bezeichnung der Lage eines Grundstückes oder 
Hauses vor Jacobsthor zu bedeuten, ob das Königs- oder Kölnthor 
fertig war oder nicht? Man könnte ja diese Fälle ad infinitum 
variiren, wenn die gebrachten nicht ausreichten. Aber diese Aufstellung 
Pick 's zeigt so recht seine Weise, dem Leser das glaubhaft zu machen, 
was er ihm suggeriren möchte. 

Auf S. 142 bemüht sich Pick nachzuweisen, dass das Scherpthor, 
das Adalbertsthor und das Bestederthor etwa gegen 1215 bestanden 
haben. Es fehlt ihm nur der Beweis für das Harduinsthor. Darüber 
kann er sich jedoch beruhigen; das Harduinsthor bestand ebensowohl 
wie die andern, und musste bestehen, weil sonst die Harduinsstrasse und 
somit auch die Stadt leicht hätten eingenommen werden können. Wie 
weit jedoch damals der Oberbau dieser Thore gediehen war, ist eine 
andere Frage, die jedoch für die Bezeichnung der Lage der Grundstücke 
völlig gleichgültig ist. Ob der Oberbau, wie Pick annimmt, um 1248 
fertig gestellt war, ist durchaus unentschieden; selbst bei der ünfertig- 
keit desselben war die Stadt an der Südseite am stärksten befestigt, da ja 
auch Wilhelm von Holland an dieser Seite keinen Angriff versucht zu haben 
scheint. Ein solcher würde jedenfalls geschehen sein, wenn er Erfolg 
versprochen hätte. 

Der Ausbau der Mauerstrecken an der Südseite dürfte erst unter 
Eichard von Cornwallis stattgefunden haben. ^) 

Nach den vorstehend gebrachten Widerlegungen der von Pick ge- 
machten Aufstellungen dürfte es diesem nicht gelungen sein, nachzuweisen, 
dass der äussere Mauerbau innerhalb 4 Jahren errichtet worden ist. Das 
Versprechen, welches die Bürger dem Kaiser auf dessen Drängen 
(Aquenses ab imperatore commoniti) gegeben, haben sie nicht halten 

Pick ist überhaupt wenig g-lücklich mit Anführung der Urkunden. So 
sagt er S. 159 Anm. 4, dass der Pfaffenthurm von 1442 — 1456 — also mehr als 
100 Jahre später als die andern Thürrae — erbaut worden wäre. Besieht man 
sich jedoch den Thurni, so findet man an ihm nicht die geringste Abweichung in 
der Bauweise gegen die andern Bauwerke der weitem Befestigung, was doch 
sonst nothwendig, durch die inzwischen veränderte Bau- und besonders Ver- 
theidigungsweise, hätte eintreten müssen. Der „lej^endecker", den Pick hierbei 
anführt, hat jedenfalls die frühere Deckung in Schindeln durch eine neue in 
Schiefern ersetzt, wodurch er die Berechtigung erhielt, seine Arbeit durch einen 
„mey** zu krönen und beurkundet dies keineswegs die ursprüngliche Fertig- 
stellung des Thurmes. Am Mauerwerk selbst ist damals nicht gebaut worden, 
weil die zu dieser Zeit gefertigten Bauarbeiten den andern gegenüber sich aus- 
zeichnen würden. 

2) Vergl. Zeitschrift des Aach. Gesch.- Ver. III, S. 84, wo auch die nähere 
Begründung hierfür angegeben ist. 



11 



können. Die Exemplifikationen Pick's auf andere Städte können für 
Aachen nicht gelten. Sie stehen wohl auf dem Papier, aber mit der 
Wirklichkeit wird es dorten ebenso aussehen wie in Aachen. Auch hier 
steht es für den Geschichtschreiber auf dem Papier, dass die Stadt- 
befestigung in 4 Jahren erbaut worden sei, doch haben wir gesehen, 
wie es sich in Wirklichkeit verhielt. — Man braucht nur den Bau der 
zweiten Umwallung der Stadt dagegen zu vergleichen, über welchen 
hinreichend urkundliches Material vorliegt, um nachzuweisen, dass an den 
Bauten 50 Jahre mit Einsetzung aller Kraft gearbeitet worden ist und noch 
weitere 30 Jahre, um die Bewaffnung herzustellen. So wird es augen- 
scheinlich, dass eine Arbeit, zu welcher die Stadt im 14. Jahrhundert 
80 Jahre brauchte, im 12. Jahrhundert nicht in 4 Jahren, also in zwanzig- 
mal kürzerer Zeit herzustellen war. Man wird einwenden, dass die 
Um Wallung der äussern Stadt bedeutend grösser war, als die der Innern ; 
es muss aber auch berücksichtigt werden, dass die Einwohnerzahl ent- 
sprechend grösser war und der Wohlstand der Stadt zur Zeit des äussern 
Mauerbaues auf der höchsten Stufe stand. Erwägt man ferner, dass der 
Bau der zweiten Befestigung nachweislich zwanzigmal soviel Zeit er- 
forderte, als der erste gedauert haben soll, so sagt uns die gesunde 
Vernunft, auch ohne die nachgewiesenen geschichtlichen Thatsachen, dass 
die erste Befestigung unmöglich innerhalb vier Jahren hat vollendet 
werden können. 



Wenn Pick in dem Artikel über die Befestigungen der Stadt 
Aachen mit seinen Aufführungen und Behauptungen, welcher meine 
veröffentlichten Forschungen auf diesem Gebiete angreift, mit der 
Nennung meines Namens nur in einzelnen Fällen hervortritt, so ist 
letzteres bei dem folgenden Kapitel über das Grashaus häufiger und in 
markirter Weise der Fall. Es ist mir daher auch eine andere, mehr 
entsprechendere Erwiderungsweise auf die Angriffe Pick's geboten, und 
bitte ich daher den geschätzten Leser, mir dies zu Gute halten zu 
wollen. 



Zum Aufsatz auf Seite 213: 

Das Grashaus in üiachen. 

In dem Aufsatze über das Grashaus zu Aachen, welcher auf Seite 
213 seines Buches „Aus Aachens Vergangenheit" beginnt, hebt Pick 
schon gleich zu Anfang hervor, dass ein von mir — wie ich aus seinem 
Aufsatze ersehe — am 3. August 1882 im Aachener Anzeiger veröffent- 
lichter Artikel in Widerspruch stehe mit meinem Schriftchen über 
„die Grashausfrage". Ich kann mich auf eine Widerlegung nicht ein- 
lassen, da mir dieser Zeitungsartikel augenblicklich nicht zur Hand ist, — 
das letzte Exemplar, welches ich noch besass, habe ich Pick geschenkt. — 
Es war eben ein flüchtig geschriebener Zeitungsartikel, welcher sich mit 
dem Grashaus befasste, insoweit dies bei dem damaligen ruinenhaften Zu- 
stande desselben überhaupt möglich war. Als dann aber bei den 
Restaurationsarbeiten, welche auch mit dem üppig darauf wuchernden 



12 



Gesträuch und dem Schutt langer Zeiten aufräumten, die ursprüng- 
liche Konstruktion des Gebäudes zu Tage trat, da wurde freilich 
Manches klar, was bis dahin nicht nur mir, sondern auch denen, die 
vor mir über denselben Gegenstand geschrieben haben, verborgen ge- 
blieben war. 

Dieser arme Zeitungsartikel muss es sich nun gefallen lassen, von 
Pick mit dem in Widerspruch gesetzt zu werden, was ich später, nach 
erlangter besserer Einsicht in die Konstruktion des alten Grashauses 
geschrieben habe. Als Pick selbst seiner Zeit von H. Kelleter genöthigt 
wurde, sich zur Vaterschaft eines Unrichtigkeiten enthaltenden Artikels, 
welcher in der Aachener Volkszeitung veröffentlicht worden war, zu 
bekennen, da nannte er seinen Zeitungsartikel eine „harmlose Publikation'', 
der man, wie er sagte, „eine kaum verdiente Bedeutung beilege". Er 
meint in Parenthese „schon der Ort der Veröffentlichung lasse über 
seine Anspruchlosigkeit keinen Zweifel", „er sieht sich veranlasst, auf 
die Bemängelung zurückzukommen" u. s. w. (Vergl. Aus Aachens Vor- 
zeit, III, S. 106). Also hier findet Pick sich getroffen, wendet aber 
nichtsdestoweniger das Verfahren Kelleter's gegen mich an. Die Eück- 
sichtnahme, welche Pick für sich in Anspruch nimmt, will er seinem 
Gegner nicht gewähren, nach dem Grundsatze : Was du nicht willst, dass 
man dir thu', das füge einem Andern zu. 

Pick hat sich verschiedentlich über meine Schriften über 
das Grashaus geäussert. Einmal in den Monatsversammlungen 
des Aach. Gesch.-Ver., dann im Aachener „Hausfreund", und zuletzt 
in seinem Buche „Aus Aachens Vergangenheit", welches, wie gesagt, 
früher bereits veröffentlichte Aufsätze bringt. Seine Behauptungen im 
Aach. Gesch.-Ver. waren mündlich. Es war klug von ihm, mich münd- 
lich anzugreifen, da er recht gut wusste, dass ich hier wegen meines 
leidenden Zustandes im Nachtheile war. Ich war genöthigt, seine An- 
griffe schriftlich zu beantworten, und veröffentlichte daher das kleine 
Schriftchen „Zur Grashausfrage". In demselben habe ich dasjenige, 
was in seinen Vorträgen unrichtig war, widerlogt. Dieses Schriftchen 
scheint bei Pick wenig Anklang gefunden zu haben, denn er sagt 
S. 215, dass ich darin 

„in der mir eigenthümlichen, sonst wenig beliebten Manier 
das eigene Wissen gegen die urkundlichen Zeugnisse (!) ver- 
gangener Zeit ins Feld zu führen versucht habe" ; 
dagegen hat er sich an den Widerlegungen, welche in demselben enthalten 
sind, stets muthvoll vorbei gedrückt. — Betreffs der Urkunden bemerke 
ich, dass ich nicht daran denke, etwas gegen diese selbst sagen zu 
wollen; ich werde mich nur gegen die Anwendung einzelner derselben, 
wie Pick sie bringt, wenden. 

Zum besseren Verständniss desjenigen, was in Nachfolgendem über 
das Grashaus gesagt wird, habe ich die Grundrisse des Erd- und oberen 
Geschosses dieses Gebäudes beigefügt. Die Grundlage derselben, in 
grösserem Maassstabe als die beigefügten Pläne gefertigt, ist mir seiner 
Zeit vom städtischen Bauamte mitgetheilt worden. Der grössern Klarheit 
halber, und auch um mich in meinen Ausführungen kürzer fassen zu 
können, gebe ich vorab eine kurze Beschreibung derselben. 

Wie aus den Zeichnungen hervorgeht, bestand das Grashaus aus 
einem Vorder- und Hinterbau. Die Fagadenmauer im Erdgeschosse war 



13 



mit der südöstlichen Längsmauer in Verband gemauert; an der nord- 
westlichen konnte dies nicht mehr konstatirt werden, weil durch das 
später angelegte Thor (c — I des Planes) der ursprüngliche Zustand zerstört 
war. Das Erdgeschoss des Vorderbaues bildete ursprünglich entweder 
einen einzigen grossen Eaum, oder es war in mehrere kleinere Eäume 
abgetheilt. Es war mit einer Balkendecke überspannt. Letzteres ergab 
sich aus Folgendem: Als beim Abbruch des Grashauses behufs Aufbau 
des neuen Archivgebäudes das Mauerwerk der im Erdgeschoss befind- 
lichen Gefängnisse entfernt wurde, fanden sich in der südöstlichen 
ursprünglichen Mauer 23 Kragsteine eingemauert vor, welche früher die 
Balken des Fussbodens des obern Geschosses zu tragen hatten. Ferner fand 
sich in der ursprünglichen Nordostfagadenmauer ein grösserer Kragstein, der 
mit seiner oberen Tragefläche um 44 cm tiefer lag als die der Krage- 
steine in der Südostmauer. Es ist demnach klar, dass dieser Kragestein 
dazu diente, einen Unterzugsbalken zu tragen, w^elcher die Balken zum 
Fussboden des Obergeschosses zu unterstützen hatte. Es ist daher 
ursprünglich das Erdgeschoss mit einer Holzdecke überspannt gewesen. 
Zum Erdgeschosse führten zuerst die drei Thüren a, b und c. Später 
sind an dieser Stelle die Gefängnisse angelegt worden.^) Die Zellen 
derselben A, B, C und D waren nur vom Thorwege F aus durch den 
Gang E zugänglich, die drei weitern Zellen G, H und I nur vom Hofe 
bezw. vom Hintergebäude K aus erreichbar. Die Zelle I war das 
sogenannte Hanseloch. Die Zellen waren zwischen den ursprünglichen 
Mauern, die meist aus kleinen Grauwackensteinen ausgeführt und nur 
strassenwärts verblendet waren, eingemauert; sie waren aus hiesigem 
gehauenem Blaustein ausgeführt, welcher eine Verblendung des Innern 
dieser Mauern bildete und stellenweise in dieselben eingebrochen war. 
Dieselben waren so hoch aufgeführt, dass sie die oben erwähnten Krag- 
steine völlig umschlossen. Alle Gefängnissmauern, auch die der Zelle 
I und die Mauer D — E am Thorwege F, waren in Verband gemauert 
und war mithin das Gefängniss aus einem Guss und zur selben Zeit 
errichtet. Die Gewölbe der Zellen, ina Lichten 4 m über den Fussboden 
hoch, waren aus mit dem Hammer zubehauenen Bruchsteinen hergestellt, 
welche ebenso wie die Mauern bis oberhalb der oben besprochenen Krag- 
steine reichten. Es zog daher die Einrichtung der Gewölbe die Zerstörung 
der ursprünglichen, durch die Kragsteine getragenen Balkendecke 
nach sich. 

Die Zellen waren mit so hoch angelegten Luftlöchern versehen, 
dass die Gefangenen sie nicht erreichen konnten. Die Luftlöcher k und 
I der Zellen A und B mündeten auf den Fischmarkt ; im Innern waren 
dieselben in dem Blausteinmauerwerke angesetzt, d. h. gemauert, in 
das äussere ursprüngliche Mauerwerk aber eingebrochen, und zwar in 
einer Höhe, dass sie nicht nur das in der Fagade befindliche Schriftband 
mit der Inschrift „Urbs aquensis etc.^ durchbrachen, sondern auch noch 
bis in das darüber liegende Gesims hineinreichten. Die Zellen C und 
H erhielten die Luft aus den Gelassen D und G, welche vom Thor- 
weg bzw. dem Hintergebäude ihre Luft bezogen. 



1) Die Schraffieriing der Gefängnissmauern ist im Plan eine andersliegende 
als die der übrigen Theile des Grashausgebäudes. 



14 



Als das Gefängniss errichtet ward, mussten selbstredend die Thüren 
a und b zugemauert, und die c, gegen welche ein Theil der Mauer 
d — e anstiess, fortfallen. Dahingegen wurde, um den gleichzeitig mit den 
Gefängnissen angelegten Thorweg benutzen zu können, an Stelle der 
Thür c ein Strassenthor angelegt. Ein solches Thor bedingte auch 
ein Hofthor, doch ist die Form desselben nicht mehr nachzuweisen. 
Das später an der Stelle f— fl errichtete Thor datirt aus dem Anfange 
des 17. Jahrhunderts. 

Ob ursprünglich ein Hintergebäude als Anbau am Hauptgebäude 
vorhanden war, dürfte fraglich sein, doch später, im Jahre 1349 (Laur. 
Stadtrechn. 223,20) finden wir ein solches erwähnt. Dasselbe konnte 
nur ein Erdgeschoss haben, da durch ein oberes Geschoss des Hinter- 
gebäudes die Fenster des obern Geschosses des Vorderbaues zugebaut 
worden wären. Das zuletzt bestehende Hintergebäude war zweigeschossig 
und datirte aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts. Seit dieser Zeit 
waren also die hintern Fenster des ehemaligen Eathssaales zugebaut. Das 
Erdgeschoss des Hintergebäudes schloss die Gefängnisszelle I ein, und 
es mündeten in dasselbe die Thüren der Zellen 6 und H. Der die 
ZeUe I noch umgebende Kaum K war unbewohnbar, da sich weder ein 
Kamin noch sonst ein Eauchabzug daselbst befand. Zu demselben führte 
die 1,60 m breite Thür h. In der Südwestmauer des Erdgeschosses 
befanden sich vier Fenster, je zwei übereinander. Die untern waren 
1,20 m und die obern 0,95 m hoch und je 1,20 m im Lichten breit; es 
befand sich in der Mitte der Breite desselben ein Steinpfosten. Die Licht- 
öffnungen der Fenster waren mit je drei Eisenstangen versichert. Der 
Zwischenraum bezw. die Brustwehr zwischen dem obern und unteren 
Fenster betrug 0,95 m. lieber der Oberschwelle des obern Fensters 
zog sich ein Gurtgesims von 0,16 m Höhe, bestehend aus Karnies, 
Plättchen und Hohlkehle. In der Aussenfläche der Umfassungsmauer 
waren in der Höhe der Ober- und Unterschwelle der Fenster beider 
Geschosse, auch in der Kreuzung des Fensters des obern Geschosses, 
die bekannten, auf die Erbauungszeit hinweisenden Hausteinbänder an- 
gebracht. 

Im Obergeschoss wies der ganze Vorderbau ursprünglich nur einen 
Kaum auf. Derselbe war 11,70 m breit und 9,30 m tief; doch oberhalb des 
Thorweges, dem Hofe zu, war ein Einbau von 5,20 m Breite und 2,60 m 
Tiefe. Augenscheinlich war der Eaum in Holz überdeckt, da die Mauern 
nicht stark genug waren, weitgespannte Gewölbe zu tragen, auch zeigten 
sich von letztern keine Aufsätze. Der Fussboden des Obergeschosses 
war, soweit im Erdgeschosse die Gefängnissgewölbe reichten, in Stein 
ausgeführt, nur oberhalb des nicht überwölbten Thorweges war er in 
Holz hergestellt. Strassenwärts befanden sich drei gothische Fenster 
m, n und 0. Ob der Eaum auch ursprünglich dem Hofe zu Fenster 
hatte, hing davon ab, ob das Hintergebäude ein- oder zweigeschossig war, 
im letztern Falle mussten zwei Hoffenster zugebaut gewesen sein. Da 
das im 17. Jahrhundert erbaute Hintergebäude aber zweigeschossig war, so 
konnte der Eaum von der Hofseite nur mehr das Fenster p* als Licht- 
öffnung haben. Bei p befand sich eine später zugemauerte Thür von 
0,72 m Breite und 1,80 m Höhe, deren dem Saale zu befindlichen 
hausteinerne Pfosten mit eingehauenem Falz, sowie die Löcher, welche 
ehemals die Gehänge aufnahmen, beweisen, dass der Thürflügel sich dem 



15 



alten Eathssaale zu öffnete. Es war diese die einzige Thür, durch welche 
ein Zugang von aussen möglich war, da die Thür q nur eine Verbindung 
mit dem hintern Räume M vermittelte. Zu Anfang des 1 7. Jahrhunderts 
wurden, wie die Technik und der Mörtel es ausweisen, die Mauern 
r — 8, t — U und Y — W aufgeführt und die dadurch geschaffenen Eäume 
N, und P zu Gefängnissen eingerichtet. Diese Gefängnisse waren nicht 
überwölbt; wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte man noch die 
Ansätze der Gewölbe sehen müssen. Zur Herstellung dieser Geföngnisse 
wurden die Fenster m und n in der Stärke der Fagadenmaüer zugemauert, 
und die gelassenen Licht- und Luftöffnungen an beiden Seiten der Mauer 
mit starken Kreuzgittern versehen, welche in der Hausteineinfassung 
dei Lichtöffnung befestigt waren. ^) Das Fenster o erhielt ein, aber 
schwächeres Gitter, das nur in einem hölzernen Rahmen befestigt war. 
Weil der Raum P einen nur aus Holz hergestellten Fussboden hatte, 
konnte dasselbe nur zur Einsperrung weniger schwerer Verbrecher oder 
etwa zum zeitweiligen Aufenthalte des Gefangenenaufsehers dienen. Als 
Zugang zu diesen Räumen diente der Raum Q, welcher durch die Thür 
p zu erreichen war. 

Aus dem Räume Q gelangte man zu dem im Hintergebäude be- 
findlichen, gross und schön angelegten Raum M. Derselbe war im Mittel 
7,60 m tief und ebenso breit, und hatte einen schönen aus Sandstein 
gefertigten Kamin. An der Südwestseite sah man zwei grosse Kreuz- 
fenster von 1,20 m Breite und 2,30 m Höhe, deren Lichtöffnungen nicht 
vergittert waren. Ob an der Nordwestseite sich ehemals auch Fenster 
befanden, konnte nicht mehr festgestellt werden. 

Ich mache darauf aufmerksam, dass, wie aus der Planlage hervor- 
geht, zwischen dem obern Geschosse und dem Hofe keine direkte Ver- 
bindung, etwa vermittelst einer Treppe, bestand noch bestehen konnte. 

Die Umänderungen im alten Rathssaal sowie die Errichtung des neuen 
Hintergebäudes mussten Hand in Hand gehen, da ein neuer Raum 
geschaffen werden musste, der als Rathskammer den ehemaligen Saal zu 
ersetzen hatte. Die Veranlassung zu diesen Umänderungen dürfte in 
der allmählich eingetretenen Baulosigkeit des alten Saales zu suchen 
sein, welcher, nach einem Bestehen von fast 400 Jahren, die Stadt vor 
die Alternative stellte, entweder einen neuen Saal oder eine neue Raths- 
kammer zu errichten. Da die Stadt, wohl aus pekuniären Gründen, 
letzteres beschloss, so wurde die neue Rathskammer gebaut und der 
alte Rathssaal zu Gefängnissen umgeschaffen. 



Pick hat seinen Aufsatz über das Grashaus in vier mit je einer 
besonderen Ueberschrift versehenen Capiteln oder Abtheilungen ein- 
getheilt. Dieselben sind aber verworren dadurch, dass er, was zu der 
einen Ueberschrift gehört, unter die andere gebracht hat. Einer solchen 



1) Es muss bemerkt werden, dass aus dem mittlem Fenster n das Mauer- 
werk mit dem Gitter später zu irgend einem Zwecke ausgebrochen, und dieses 
Fenster, jedoch ohne das Gitter, wieder zugemauert worden ist. Die dem Sonder- 
abdrucke des Aufsatzes von C. P. Bock „Für die Erhaltung eines alten Bau- 
denkmals" in dem Wochenblatt für Aachen und Umgegend, 1837, beigegebene 
Lithographie zeigt das mittlere Fenster n und das östliche m in der Form als 
durchaus übereinstimmend. 



I 



16 



Schreibweise ist schwer zu folgen, und werde ich daher suchen, meine 
Ansichten und Widerlegungen jedesmal auf den Gegenstand zu richten, 
den er in der Ueberschrift seines Capitels bezeichnet hat. 
Sein erstes Capitel trägt die Ueberschrift: 

„wie lange diente das Grashaus zur Abhaltung von Eaths- 
versammlungen ? ^ 
Pick bringt über diesen Gegenstand mehrere Urkunden, welche den 
Bestand einer Rathskammer bis tief in das 18. Jahrhundert hinein nach- 
weisen sollen. Unter diesen Urkunden befindet sich jedoch eine vom 
Jahre 1513, nach welcher die Rathssitzungen „am Fischmarkt '^ abgehalten 
worden sein sollen,^) während die anderen späteren nur von der „rhatscammer 
im Grashaus ^ sprechen. Aber spricht das nicht dafür, dass man den 
Rathssaal ,,am Fischmarkt " verlassen hat, und die Sitzungen später auf 
der Rathskammer „im Grashaus ^ in dem am ehemaligen Bürgerhaus an- 
gelegten Anbau abgehalten hat? Pick ist ja selbst im Zweifel (siehe 
unten) wo im 17. und 18. Jahrhundert die Rathssitzungen abgehalten 
worden sind. Wie käme man sonst dazu, den Namen des Sitzungssaales 
zu verändern, wenn nicht eine lokale Veranlassung dafftr vorhanden 
gewesen wäre? Da die jüngste der von Pick gebrachten Urkunden über 
das Grashaus vom 26. September 1774 datirt ist, und erst fast 20 Jahre 
nachher die reichsstädtische Zeit aufhörte, so ist anzunehmen, dass in 
dieser Zeit die Rathskammer nach anderswohin verlegt worden ist. 
Dann klagt Pick S. 224, dass man keine Zusammenstellung dessen, was 
in den gedruckten Stadtrechnungen jener Zeit über das Grashaus enthalten 
ist, versucht habe und fährt dann fort: 

„Um so weniger mangelt es dagegen an Schlussfolgerungen, 
welche man aus einzelnen Mauerresten und sonstigen Bautheilen 
des ruinenhaften Gebäude-Innern, so wie es sich vor dem jüngst 
erfolgten Umbau dem Auge des Beschauers darbot, auf die 
ältere Einrichtung desselben und die ehemalige Benutzung seiner 
Räume gezogen hat. Schade nur, dass diese Rückschlüsse 
meist mit den urkundlichen Nachrichten in Widerspruch stehen 
und daher als verfehlt zu erachten sind.^ 
Hierauf bemerke ich, dass trotz des von Pick so genannten ruinen- 
haften Gebäude-Innern die Grundzüge der Anlage des Baues jedem nur 
einigermassen mit der Archäologie vertrauten Architekten klar vor Augen 
lagen und liegen mussten, wenn auch Pick, der bekanntlich in der 
Archäologie und Architektur nicht bewandert ist, sie nicht zu verstehen 
vermochte. Die Rückschlüsse, welche aus dem ruinenhaften Zustande 
des Gebäudes gezogen sind, stehen nirgends mit den Urkunden selbst 
in Widerspruch, wohl aber mit der Deutung, welche Pick denselben 
giebt, und mit den Aufstellungen, welche er vorbringt. Wie unrichtig 
diese Deutungen und Aufstellungen sind, werden wir später sehen. 

Im 2. Capitel will Pick die Frage lösen, wo im Grashaus die 
Rathskammer gelegen gewesen sei. Behufs dessen bringt er wieder 
mehrere Urkunden, in welchen zwar nichts über die nähere Lage der 
Rathskammer gesagt, wohl aber von anderen, im Hofe des Grashauses 



1) Auch von Fürth bringt I, S. 3 seiner Beiträge u. s. w. über den 
Handwerkeraufstand eine Mittheilung, wonach im Jahre 1429 eine Sitzung des 
Kaths „am Fischmarkt ** gehalten wurde. 



17 



gelegenen, Eäumlichkeiten die Rede ist. Aber „leider*' — wie Pick 
(S. 227) sagt — 

„erfahren wir niclit, an welcher Stelle des grossen Hofes 
dieselben gelegen haben ^. 
Er bemerkt (S. 228), dass bei den Erdarbeiten zum Archivbau 
über den Hinterbau hinaus keine weiteren Mauerreste zum Vorschein 
gekommen sind. Damit stimme auch, dass in dem Prachtwerk Rhein- 
fahrt von Webers „eine freilich in den Details nicht überall korrekte 
Abbildung von dem Hofe des Kornhauses*' sich befinde, worauf an der 
bezeichneten Stelle eine verfallene, anscheinend aus dem 17. Jahr- 
hundert stammende Giebelmauer, mit einem hohen stark ver- 
gitterten Ereuzfenster im obern Theile, dargestellt ist. Hier muss ich 
Pick bezüglich der „nicht überall korrekten Abbildung" beipflichten; 
es hat nämlich niemals in dem Kreuzfenster des Obergeschosses vom 
Hinterbau des Grashauses sich ein Gitter befunden, weil hierfür die 
Gitterlöcher in den Fenstereinfassungen fehlten. Wären solche vorhanden 
gewesen, so würde ich sie, bei einer von mir vor mehreren Jahren 
gemachten Aufnahme, gesehen haben. Wohl aber befanden sich Gitterstäbe 
in den Fenstern des Erdgeschosses (vergl. oben S. 14). 

Aus den von Pick gebrachten Urkunden geht wohl hervor, was 
auch jeder, der nur einmal das Grashaus gesehen hat schon wusste, 
nämlich dass die gedachte Rathskammer sich oben, d. h. auf dem Ober- 
geschosse befand, aber sie sagen ihm nicht, an welcher Stelle. Aber 
das bringt Pick nicht in Verlegenheit. Nachdem er (S. 229) mehrere 
Stellen aufgezählt, wo sich die Rathskammer nicht befunden haben kann, 
bricht er endlich in den Ausruf aus: 

„Wo kann also im 17. und 18. Jahrhundert die Raths- 
kammer, das Versammlungslokal des grossen Raths im Grashaus, 
nur gelegen haben? Nirgend anders als da, wo sie auch 
ursprünglich war, nämlich im Obergeschoss des Vorderbaues, an 
derselben Stelle, wo heute der Urkundensaal des Stadtarchivs 
sich befindet. Nur wenn man hier die Rathskammer sucht, 
vermag man die örtlichen Angaben in den Rathsprotokollen von 
1667, 1681, 1708 und 1717, sowie die Mayorie-Protokolle von 
1727 und den folgenden Jahren zu verstehen.** 
Aber um diesen Ausruf zu rechtfertigen, hatte Pick nicht nöthig, 
die Urkunden vorzuführen, das hätte er auch ohne diese gekonnt. Wenn 
aus den Raths- und Mayorie-ProtokoUen, die Pick anführt, die örtliche 
Angabe, wo die Rathskammer gelegen war, zu entnehmen ist, warum 
hat er sie dann nicht gebracht? Er hätte sich dann den bedenklichen 
Ausruf, wodurch er selbst eingesteht, dass er keinen urkundlichen 
Beweis darüber, wo die Rathskammer gelegen war, bringen kann und 
er auch nicht das Mindeste erwiesen hat, ersparen können. 

Nachdem Pick noch mehrere leere Vermuthungen zur Unterstützung 
seines Ausrufes gebracht hat, auf die einzugehen sich nicht der Mühe 
verlohnt, sagt er weiter: 

„Der Saal im Grashaus wird daher seit frühester Zeit den 

Namen „Rathskammer** geführt haben**, 

und sa^t hierdurch etwas, was er urkundlich nicht nachweisen kann, 

denn könnte er es, so würde er es sicher gethan haben. Die 

Bezeichnung „Rathskammer** kommt ja nach Pick erst im 17. und 18. 



18 



Jahrhundert vor, während (S. 217) im 16. die Sitzungen noch ,,am 
Fischmarkt ** abgehalten wurden. 

Pick sagt (S 230): jeder exakte Forscher würde die Raths- 
kammer in erster Linie da suchen müssen; wo sie in älterer Zeit war, 
und dies erst recht dann, wenn er ein zu solchen Rathssitzungen ge- 
eignetes Lokal an einer andern Stelle des Gebäudes nicht nachzuweisen 
vermochte. 

Ich bemerke hierauf, dass der exakte Forscher zunächst den That- 
bestand mit Einsicht und Sachkenntniss zu prüfen sucht und sich nach 
deu früher daselbst befundenen baulichen Verhältnissen umzusehen hat. 
Auf Grund dieser Anschauung muss er sich dann unter steter Berück- 
sichtigung der bezüglichen Umstände ein Urtheil bilden. Glaubt er dann 
das Richtige gefunden zu haben, dann hält er auch daran fest und 
lässt sich durch blosse Phantasiegebilde und sophistische Scheingründe 
Anderer nicht beirren. Pick ist nun kein exakter Forscher, da er seine 
Behauptungen nicht durch die vorgebrachten Urkunden begründen kann. 

Doch wo die Urkunden schweigen, da reden Steine und Trümmer,^) 
und diese besagen hier, dass die Quermauern, r — 8, t — U und v — W 
des Plans, welche den ehemaligen Rathssaal durchzogen, sowie die Zu- 
mauerung der Fenster m, n und o in der Vorderfronte und das prächtig 
angelegte Hintergebäude aus dem Anfange des 1 7. Jahrhunderts herrühren. 
Hierüber waltet kein Zweifel ob, denn diese Arbeiten trugen zu scharf 
ausgeprägt die charakteristischen Zeichen dieser Zeit. £s war noch das 
alte aus dünnen Ziegelsteinen mit kleinen Fugen hergestellte, fast zier- 
liche Mauerwerk, wie es zur Zeit der Renaissance üblich war. Nach 
dem Brande von 1656 wurde das Mauerwerk nachlässiger und in stärkern 
Fugen hergestellt. Auch wurden die Ziegelsteine nicht mehr so sorg- 
fältig gefertigt wie vorher. Dieser Brand selbst bezeugt, dass die 
Quermauern bereits auf dem Saale standen, bevor er eintrat. Denn da, 
wo die alte Pliesterung sich nicht mehr vorfand — und das war besonders 
an der Vordermauer der Fall — hatten die Steine durch das Feuer 
jenen rothbräunlichen Farbenton angenommen, den wir auch als Folge 
dieses Brandes noch im Thurm der St. Foilanskirche und als Folge 
des Rathhausbrandes vom Jahre 1883 im obern Theil des Marktthurmes 
vorfinden. An den Stellen aber, wo die Quermauern gegen das Mauer- 
werk der Fagade anstiessen, zeigte sich dieser rothbräunliche Farbenton 
nicht, weil das Feuer durch diese Quermauern von der Fagadenmauer 
abgehalten worden war, ebenso wie an andern Stellen durch die 
Pliesterung. Angesichts dieser stummen, und doch so viel sagenden 
Zeugen, lasse ich es mir durch keine Wortklaubereien wegdisputiren, 
dass die Quermauern, die Zumauerung der Fenster auf dem Rathssaale, 
und die im Obergeschoss des Hintergebäudes befindliche Rathskammer 
aus dem Anfange des 17. Jahrhunderts herrührten. Die Rathskammer 
wies in ihren äussern decorativen Theilen (vergl. oben S. 14) genugsam 
auf die Zeit ihrer Erbauung hin. Eine Rathskammer musste das Gras- 
haus aufweisen, und mag auch bis zum 17. Jahrhundert der ehemalige 
Rathssaal zu einer solchen gedient haben, daher musste folgerichtig, bevor 
die Gefängnisse auf dem Saale eingerichtet werden konnten, die Raths- 

1) Vergl. Deycks, Römerepuren im Osten des Reichs. Bonne» Jahrb. 
1856, Heft n, S. 1. — Publ. de la soc. bist, et archeol. du Limbourg, — XVIH, 
pag. 299. O'est donc rarcheologie qui suplee au silence des auteui'S. 



19 



kammer fertig gestellt sein. Und diese konnte sich, wie auch der Plan 
ausweist, nirgend anders befinden als, wie auch oben angegeben, im 
Obergeschoss des Hintergebäudes, da Pick selbst S. 227 nachgewiesen 
hat, dass sie auf dem Hofe nicht zulässig war. Daher wurde der im 
Obergeschosse des Hintergebäudes befindliche Raum mit hohen Fenstern 
und mit einem schönen Kamin versehen, weil er einem höhern Zwecke 
zu dienen hatte, und nicht, wie Pick (S. 229) meint, als Lokal benutzt 
wurde, in welchem sich Leute, die dem Grasgebot nachzukommen hatten, 
aufhielten. 

Um dem etwaigen Bedenken zu begegnen, dass der Raum im Ober- 
geschosse des Hintergebäudes fär die darin abzuhaltenden Sitzungen zu 
klein gewesen sein würde, bemerke ich Folgendes: Die Sitzungen des 
grossen Raths wurden nicht auf dem Rathhause, sondern in einem Hause 
am Markt ^) abgehalten, und zwar in dem Hause zum grossen Stern. 
Von der Laube dieses Zunfthauses sagt Oppenhoff (Zeitschr. des Aach. 
Gesch.-Ver. XV, S. 255): „Dass letztere — zum Mindesten im 17. und 
zu Anfang des 18. Jahrhunderts — gleichzeitig das ständige Lokal für 
die Sitzungen des grossen Raths war, ergiebt sich nicht allein ans den 
unten erwähnten Beschlüssen von 1699 und 1707, sondern auch aus 
gewissen, über die Vermiethung des Zunfthauses in den Jahren 1656, 
1657 und 1688 gethätigten Versammlungen". Es war demnach das 
Haus zum Stern das Versammlungslokal des grossen Raths, und da auf 
der Rathskammer im Grashause die Abstimmung, wie Pick (S. 223) sagt, 
gaffelweise erfolgte, und der Raum, wie er weiter sagt, nur einen Tisch 
und vier Stühle enthielt, so wird zur Abstimmung Raum genug vorhanden 
gewesen sein. Da es also keinem Zweifel unterliegen kann, dass dieser 
Raum die Rathskammer gewesen ist, weil diese auf dem Saal nicht mehr 
vorhanden sein konnte, so gehen wir wohl nicht fehl mit der Annähme, 
dass er auch von der Stadt in hinreichender Grösse angelegt wurde. 
War ja auch die Rathskammer im Rathhause (Noppius I, 103) auf dem 
Markte nur wenig grösser wie diese. 

Pick möchte (S. 232) den Denkstein, welcher sich oberhalb des 
frühern Thores des Grashauses befand, benutzen, um mich einer Unwahr- 
heit zu bezichtigen. Er versucht nämlich durch denselben nachzuweisen, 
dass der Um- und Neubau am Grashause im Jahre 1665 stattgefunden 
habe. Hierbei sagt er aber nicht, dass die in diesem Jahre ausgeführten 
Arbeiten den Wiederautbau des Grashauses nach dem grossen Brande 
vom Jahre 1656 betrafen, welche sich bis zum Jahre 1665 hingezogen 
hatten. So verschweigt Pick den geschichtlichen Thatbestand dieser 
Angelegenheit, um seine Aufstellungen als die richtigen erscheinen zu 
lassen. — In solcher Weise sucht er das, was ich über das Grashaus 
geschrieben habe als unrichtig darzustellen und ins Lächerliche zu 
ziehen, und schliesst (auf S. 233) seinen Satz mit dem völlig unmoti- 
virten Ausruf: 



1) So bemerkte ich in der „Grashausfrage* S. 6. Mit dieser von Pick S. 231 
bemängelten Bemerkung hatte es folgende Bewandniss: Ich hatte diese Notiz 
durch Hen-n Th. Oppenhoff erhalten, welcher aber damals einen Aufsatz über die 
Stemzunft in Aachen schrieb. Ich wollte daher Herrn Oppenhoff mit der An- 
gabe des* Lokals, in welchem die Rathssitzungen stattfanden, nicht zuvorkommen. 
Jetzt, nach Veröffentlichung des Aufsatzes des Herrn Oppenhoff, fällt selbstredend 
diese Rücksicht fort. 



20 

„So wäre denn auch hier wieder einmal ßhoens Archäologie 
gründlich in die Brüche gegangen*'. 
Dieses unwissenschaftliche, absprechende ürtheil über meine 
Archäologie kann mir nicht im Geringsten den Humor verderben, denn 
einerseits beruht es auf unwahrer Voraussetzung und anderseits wird es 
nur von Pick allein gefällt, dem ich aber die Befähigung, in 
archäologischen Dingen mitzusprechen, entschieden aberkennen muss. 
In der Versammlung des Aach. Gesch.-Ver. vom 4. Februar 1892 
bestritt Pick, dass der obere Saal des ehemaligen Bürgerhauses durch 
Mauern in drei Theile abgetrennt gewesen sei, und behauptete, dass 
derselbe bis zum Aufhören der reichsstädtischen Zeit zu den Ver- 
sammlungen des grossen Eaths gedient habe. Erst als ihm in einer 
spätem Versammlung eine Photographie vorgehalten wurde, welche das 
ehemalige Vorhandensein dieser Mauern nachwies, musste er den Bestand 
derselben zugeben. Aber diese Mauern standen den Behauptungen Pick's im 
Wege und nun versuchte er, die Aufführung derselben in die französische 
Zeit zu versetzen. Er wandte sich deshalb an den, wie er sagt, „genau 
orientirten*' A. Bull, welcher mit der Leitung des Archivbaues beschäftigt 
gewesen war. Nun, Bull mag ein guter Architekt sein, ich bestreite 
aber, dass er damals die architektonische Archäologie Aachens verstand. 
Er hat mir dies auch zu verschiedenen Malen zugestanden. Wann und 
wo sollte er auch solche hier gelernt haben, da er aus der Fremde hier- 
her kam, um die Leitung des Archivbaues zu übernehmen, und kurz 
nach seiner Ankunft die betreffenden Mauern abgebrochen wurden. Bis 
dahin konnte er doch keine Zeit haben, um die lokalbauliche Archäologie 
mit der damit zusammenhängenden lokalen Geschichte und dem Bauwesen 
zu Studiren. Pick scheint dabei angenommen zu haben, dass jeder der 
überhaupt Architektur verstehe, auch lokalbauliche Archäologie verstehe. 
Nichts ist falscher als das. Daher kann auch auf der Aussage des 
„genau orientirten*' A. Bull kein Gewicht gelegt werden.^) 

Ich muss hier noch eine Bemerkung einschalten. Als Pick am 
4. Februar 1892 die Behauptung aufstellte, dass in dem alten Raths- 
saal die betreffenden Mauern niemals gestanden hätten, war der Bau 
des Archivgebäudes bereits seit mehreren Jahren fertig gestellt. Wie 
konnte nun Bull nachträglich noch sein Urtheil dahin abgeben, dass 
diese Mauern aus der französischen Zeit herrührten, selbst wenn er dazu 
befähigt gewesen wäre, da die Mauern längst nicht mehr bestanden? 
Pick konnte früher kein Interesse an diesen Mauern haben, deren 



1) Es ist entschieden unrichtig, dass jeder Architekt oder auch schrift- 
stellende Archäologe ohne Weiteres befähigt ist, ein ürtheil über Ui-spmng und 
Alter jedes unter den besonderen Bedingungen einer speziellen Oertlichkeit ent- 
standenen Bau- oder Mauerwerks abzugeben. Zur Beurtheilung von solchen 
bedarf es, ausser der Kunst- und Baugeschichte, noch der Kenntniss der baulichen 
Praxis der verschiedenen im Laufe der Jahrhunderte sich folgenden Geschlechter, 
und sind zur Erwerbung dieser Kenntnisse Jahre der Beobachtung und Vergleichung 
der vorkommenden Mauerwerke aus den verschiedenen Zeiten nöthig. Hierbei 
ist die praktische Kenntniss des Bauwesens vorausgesetzt. Man muss Techniker, 
Kenner der Ortsgeschichte und vor allem erfahrener Beobachter sein. Es kann 
jemand die archäologischen Verhältnisse Berlins, Hannovers oder Danzigs zu 
beui-theilen im Stande sein, ohne sich darum über die Technik der Römer, 
Merowinger, Karolinger u. s. w., wie sie nun hier in Aachen in die Erscheinung 
tritt, ein ürtheil beilegen zu können. 



21 



Existenz er bis zur Monatsversammlung des Aach. Gesch.-Ver. vom 
4. Februar 1892 nicht kannte und bestritt. Erst als ihm in einer spätem 
Versammlung dieses Vereins durch die Photographie das ehemalige Vor- 
handensein derselben nachgewiesen worden war, brachte er in einer 
weitem Versammlung Bull und seine Ansicht vor. Welchen Werth 
demnach diese hat, muss ich der Beurtheilung des geneigten Lesers 
überlassen. 

Was ich über die Zeit der Aufführung der Mauern auf dem oberen 
Saale gesagt habe, gilt selbstredend auch für die Zumauerung der 
Fenster daselbst. Das eine hängt mit dem andern zusammen. Die 
Aussage Pick*s (auf S. 236), dass diese Gitter ebensogut aus vorhandenem 
älteren Material hätten genommen werden können, statt neu angefertigt 
zu werden, ist zu naiv, um sie ernst zu nehmen. Er scheint anzunehmen, 
dass im Grashaus so eine Art Museum alter Gefängnissgitter aus dem 
17. Jahrhundert bestanden habe, aus dem man zwei durchaus gleiche, 
so gut gearbeitete Gitter wie die in Eede stehenden, so ohne weiteres 
hätte entnehmen können. Wir glauben kaum, dass ihm die Urkunden von 
so vielen abgebrochenen Gefängnissen berichten. Wie wäre ferner aber 
auch ein Maurer im Stande gewesen, die Zumauerung der Fenster so 
zu bewerkstelligen, wie es nach der Technik und in dem Material um 
zwei Jahrhunderte früher üblich war? Und woher würde er das Bau- 
material aus dieser Zeit beschafft haben? Jeder Sachverständige wird 
sofort einsehen, dass dies unmöglich ist. 

„Aber*' (meint Pick S. 236): 

„wenn auch die Fenster in den Jahren 1664 und 65 zuge- 
mauert worden wären, so würde doch damit nicht das Geringste 
gegen die Annahme bewiesen sein, dass der grosse Rath sich 
noch im 18. Jahrhundert auf der Eathskammer versammelt 
habe. An dem nöthigen Licht, das wie noch jetzt vom Hofe 
her einfiel, hätte es nach jener Zumauerung ebenso wenig 
gefehlt, wie heute dem Kaisersaal auf dem Rathhaus.^ 

Bei dieser Ausführung übersieht Pick nichts weniger als die 
Hauptsache, nämlich dass durch die Errichtung des Hintergebäudes, 
welches Pick (S. 228) als aus dem 17. .Jahrhundert herrührend 
richtig bezeichnet, zwei oder drei Saalfenster am Hofe zugemauert 
wurden, mithin der Saal nur durch das über dem Thorwege befindliche 
Fenster (p im Plan) erleuchtet war. Fünf Sechstel des Saales wären 
demnach ohne Licht gewesen, und der Rath hätte in fast absoluter 
Dunkelheit getagt! — Und Pick, der solche Aufstellungen vorbringt, 
will sich als Richter in baulich-archäologischen Sachen aufspielen! 

Noch ein Grund zur Vermauerung der strassenwärts gelegenen 
Fenster, meint Pick S. 237, wäre wohl denkbar, wenn auch ein solcher 
mir (Rhoen) unerfindlich wäre. Dieser Grund ist der, dass ein aus den 
Kerkerzellen im Erdgeschoss entsprungener Gefangener über den Saal 
hin hätte entfliehen können! ! ! Pick hat vollkommen Recht, solche Albern- 
heit zu erfinden wäre mir unmöglich. Nun möge aber auch Pick in 
seiner Findigkeit sagen, wie ein aus den Kerkerzellen im Erdgeschoss 
entspri^ngener Gefangener auf den Saal gekommen wäre, da doch keine 
Verbindung zwischen dem Erdgeschosse und diesem bestand (vergl. den 
Plan) und der Flüchtling zuerst die Strasse passiren musste? Etwa 



22 



über die imaginäre Treppe, die nach Pick auf dem Hofe liegen sollte, 
deren Stelle er aber nicht finden kann? Ich bewundere Pick's Phantasie 
die einen solchen Nonsens aufzuspüren im Stande ist! 

Zum Schlüsse des 2. Capitels sagt Pick (S. 240): 

„Durch die bisherigen Untersuchungen ist unwiderleglich 
festgestellt, dass der grosse Eath sich bis zur letzten Zeit der 
reichsstädtischen Eegierung bei bestimmten Anlässen im Ober- 
geschoss des Grashauses zu versammeln pflegte, und dass der 
Eaum, worin diese Versammlungen stattfanden, kein anderer 
als der obere Saal im Vorderbau, die alte Eathskammer 
sein konnte*'. 
Das ist durchaus unrichtig. Durch die gebrachten Urkunden hat 
Pick nur festgestellt, was auch aus der Anlage des Grashauses selbst 
hervorgeht, nämlich dass die Eathskammer sich auf dem obern Geschosse 
befand. Dadurch bringt Pick kein Novum, denn wo konnte die Eaths- 
kammer sich anders befinden, da das Erdgeschoss ganz von Gefängnissen 
eingenommen war. Hätte Pick nur in etwa aus den Urkunden einen 
Beweis dafür bringen können, dass die Eathskammer die Stelle des 
vordem Saales eingenommen habe, er würde auf Seite 229 nicht den 
völlig in der Luft schwebenden Ausruf gemacht haben: 

„Wo kann also im 17. und 18. Jahrhundert die Eaths- 
kammer, das Versammlungslokal des grossen Eaths, im Grashaus 
nur gelegen haben ?^ 

Die Antwort die er sich selbst darauf giebt, dass die Eathskammer 
auf der Stelle des frühern Eathssaales gelegen habe, ist nur der Ausdruck 
seiner persönlichen Ansicht, und hat nicht die geringste Beweiskraft. 
Durch diesen Ausruf bestätigt er selbst, dass er es nicht weiss, und 
dass aus den Urkunden kein Beweis für die Lage der Eathskammer 
hervorgeht. Ging ein solcher aus den Urkunden hervor, so würde er 
ihn gewiss hervorgehoben haben. Die Beweise, die er aus BuU's Aus- 
sagen geschöpft haben will> sind hinfällig, da unter den Umständen, unter 
welchen dieser seine Begutachtung abgegeben hat, diesen Aussagen nicht 
den mindesten Glauben geschenkt werden kann. — Durch die Anlage 
der Gefängnissräume N, und P des Plans ist aber nachgewiesen, 
dass der vordere Saal seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts nicht mehr 
als Eathssaal dienen konnte, und demzufolge ein anderer Eaum als 
Eathskammer vorhanden sein musste. Und da, wie der Plan zeigt, kein 
anderer passender Eaum dazu vorhanden war, so musste im 17. und 
18. Jahrhundert die Eathskammer auf dem obern Geschosse des Hinter- 
gebäudes und zwar im Eaum M gelegen haben, wie es auch wegen der 
Anlage des Grashauses zu dieser Zeit nicht anders sein konnte. 

Im 3. Capitel seines Aufsatzes behandelt Pick das Aeussere des 
Grashauses. Er beginnt zunächst mit der auf den alten Eathssaal 
ausmündenden Thür p des Planes. Es war diese die einzige Thür 
des Eathssaales, welche einen Zugang von aussen her zu dem Saale bilden 
konnte, da die Thür q nur eine Verbindungsthür mit der Eathskammer 
M war. Weder an der Nordwest- noch an der Nordostmauer war, auch 
nach der Entfernung der Pliesterung, nicht die Spur einer Thür vor- 
handen. Pick hält S. 257 u. folg. die Thür p für die Oeffnung eines 



23 



Schranks oder eines Aborts und motivirt letzteres dadurch^ dass im 
Erdgeschoss, am Fusse der betreffenden Mauer, eine Kloake hinlief! Man 
gewinnt keine grosse Meinung von dem archäologischen und kultur- 
historischen Wissen Pick's, wenn man solches liest. Während das 
Schicklichkeitsgeftihl in der damaligen Zeit veranlasste, dass die Aborte 
auf den Thoren und Thtirmen der Befestigungen der Stadt Aachen, welche 
doch nur für ungebildete Soldaten angelegt waren, mit einem Vorraum 
versehen wurden, welcher es verhinderte, den Abort vom Innern der 
Räume aus zu sehen, soll auf dem Eathhause sich ein solcher befunden 
haben, an welchem dies nicht der Fall gewesen sei, und welcher nur 
durch eine einfache Thür von dem Eathssaale getrennt war. Bei der 
Benutzung musste der Abort von der ganzen Eathsversammlung gesehen 
werden. Und mit welchem Geruch würde derselbe den Eathssaal erfüllt 
haben I — Doch verlassen wir diesen wenig ästhetischen (regenstand ; auf 
die Thür komme ich später zurück. 

Beim Abbruch des alten Grashauses, behufs Erbauung des Archivs, 
wurde auf der Südwestwand des obern Geschosses, in welcher sich die 
oben besprochene Thür befand, auf einer alten Pliesterschicht, welche 
später mit einer zweiten überzogen worden war, eine Zeichnung bios- 
gelegt, welche mit einem Nagel oder einem sonstigen spitzen Instrument 
in den Mörtel eingeritzt war. Diese Zeichnung stellte in roher und 
skizzenhafter Weise ein Gebäude dar, welches im Erdgeschosse drei 
rundbogig überspannte Thüren, wie wir noch zwei solcher am Grashause 
sehen, und im Obergeschosse drei Fenster hatte. Links neben dem 
Gebäude stand ein schlanker thurmartiger Aufbau mit einem spitzen 
Dache, welcher im Erdgeschoss eine grosse Thür aufwies. An diesem 
thurmartigen Aufbau schloss sich wiederum links ein ähnlich gestalteter 
Bau, wie an der rechten Seite an, welcher im Erdgeschoss vier eben- 
solche thürartige Oeffnungen zeigte. Oben befand sich rechts der Anfang 
des einen Fensters, die übrigen Fenster sind in der Zeichnung nicht 
vollendet. Offenbar war diese Darstellung aus dem Gedächtnisse von 
ungeübter Hand ohne Vorlage entworfen. Auch fehlte in derselben jeg- 
liches Detail, was übrigens bei der Art und Weise der Ausführung 
nicht auffallend sein kann, da solches in der rauhen Pliesterschicht 
kaum reproduzirt werden konnte. Ich habe in meinem Schriftchen „zur 
Grashausfrage*' zwar gesagt, dass diese Zeichnung das Werk eines 
Gefangenen zu sein schien, doch ist dies unwahrscheinlich, da zur Zeit, 
als diese Zeichnung gefertigt wurde, der obere Saal noch nicht zum 
Gefängnisse eingerichtet war. Ich habe mich einfach in der Vermuthung 
des Verfertigers der Zeichnung geirrt. 

Ich stehe nicht an, diese Zeichnung für eine, wenn auch sehr 
mangelhafte und skizzenhafte Darstellung des ursprünglichen Bürger- 
hauses zu halten. Wenn aber Pick (S. 241) sagt, dass ich allen Ernstes 
die Zeichnung für eine frühzeitige, wahrheitsgetreue Darstellung des 
ehemaligen Eathhauses halte, so ist das eine Unwahrheit. Ich habe in der 
„ Grashausfrage ^, S. 19, bloss gesagt, dass ich die Zeichnung für „eine 
Darstellung des ursprünglichen Bürgerhauses" hielte, und in „Aus Aach. 
Vorz. II", S. 83, „dass diese Darstellung auf orthographische Eichtigkeit 
keinen Anspruch machen könne". Wie kommt Pick nun dazu, mir ein 
solches Dafürhalten zu unterschieben? Und doch giebt die Zeichnung 
nach meiner Ansicht eine flüchtige Skizze des Gebäudes. Nur Pick 



24 

kann bestreiten, dass das Gebäude rechts derselben in üebereinstimmung 
mit dem Grashanse ist. Daran reiht sich links der thnrmartige Aufban, 
welcher eine grosse portalartige Thür zeigt. Dieser Aufbau, welcher an 
der Stelle stand, auf welcher jetzt das Haus Öchmiedstrasse No. 9, welches 
nur 3,00 m Breite aufweist, steht, hatte also gerade eine Breite, welche 
erforderlich war, um eine bequeme Wendeltreppe darin anzulegen. Und 
ich nehme keinen Anstand zu behaupten, dass hier die Aufgangstreppe 
zum obern Geschosse sich befunden habe, was ich auch später näher 
nachweisen werde. An diesen Thurm schloss sich links der vierfensterige 
Flügel an, dessen vier Thüren, wie oben bemerkt, mit den drei Thtiren 
des Gebäudes rechts übereinstimmten. 

Wenn nun die von Pick (S. 258) als völlig werthloses Wandbild 
angegebene Zeichnung zur richtigen Lösung der Treppenfrage beige- 
tragen hätte, warum sollte sie nicht auch Fingerzeige für die richtige Beur- 
theilung der übrigen Bautheile enthalten? Und welche Gründe kann 
Pick vorbringen, um dieses Wandbild als völlig werthlos zu bezeichnen ? 
Etwa sein archäologisches Wissen? 

Ich habe früher aufgestellt, und bleibe dabei, dass der Bau links 
des thurmartigen Aufbaues dazu bestimmt war, die städtische Diener- 
schaft aufzunehmen, und dass sich daselbst die Stuben für die Schreiber 
und das sonstige städtische Personal befanden. Pick bestreitet (S. 247) 
sowohl, dass sich dort eine Treppe als ein weiterer Fügel, den er einen 
Anbau nennt, befunden habe, und meint, dass sich vielleicht im Ober- 
geschosse des Hintergebäudes ein Raum für die städtische Verwaltung 
befunden habe. Er vergisst dabei, dass infolge der Anlage eines Ober- 
geschosses auf dem Hinterbau, wie oben ausgeführt ist, die Hoffenster 
des Eathssaales zugebaut werden mussten. Dagegen ergeht er sich 
(S. 246) des Langen und Breiten darüber, dass im 14. Jahrhundert 
die Stadt auf dem Markte das Haus Kleve gemiethet und zu Verwaltungs- 
zwecken benutzt habe. Aber mit unserer Frage stehen wir noch im 
13. Jahrhundert und zwar am Grashaus, zur Zeit als das Haus Eleve noch 
lange nicht gemiethet war. Da mussten doch ebenfalls Beschlüsse 
registrirt und Urkunden angefertigt, und städtische Diener, welche die 
Befehle des Raths auszuführen hatten, untergebracht werden. Und wo 
sollten diese sich anderswo aufgehalten haben, als in dem südöstlichen 
Flügel, und zwar im Obergeschoss, da das Erdgeschoss keine Fenster 
hatte. Es fällt auch damit der „ansehnliche Rathshausbau^, den Pick 
(S. 242) ausmalt, um die Hälfte seiner Grösse zusammen. 

Die Zeichnung ist daher nicht nur nicht, wie Pick sagt, werthlos, 
sondern sie trägt wesentlich dazu bei, die ursprüngliche Anlage des 
Grashauses, auch vor seinem Umbau im Jahre 1267, festzustellen, was 
wohl schwerlich hätte geschehen können, wenn die Zeichnung nicht einen 
Fingerzeig dazu gegeben hätte. Wohl zeigte die von Pick zu einem 
Abort degradirte Thür p einen Ausgang aus dem Rathssaal an, doch 
dabei wäre es auch geblieben, wenn nicht die Zeichnung Anhaltspunkte 
für den Bautheil, der ehemals östlich des Eathssaales sich befand, 
geboten hätte. Durch die Zeichnung, welche auf eine neben dem Raths- 
saal befindliche Treppe hindeutet, die sonst im Grashaus nicht zu finden 
war, dürfte die Lösung der Frage klar und in einfacher Weise 
gegeben sein. 



25 



Die Erwerbung des Hauses Kleve im 14. Jahrhundert seitens 
der Stadt, welche Pick (S. 246) vorführt, war für die Stadt eine 
Nothwendigkeit, da zu Anfang dieses Jahrhunderts bis tief in dasselbe 
hinein die zweite äussere Befestigung errichtet wurde. Da bei dieser 
Arbeit viele hundert Menschen beschäftigt sein mussten, so war auch 
eine grosse Anzahl Aufseher und städtischer Diener erforderlich, welche 
unmöglich in dem obem Geschosse des südöstlichen Flügels des Gras- 
hauses Aufnahme linden konnten. Um von diesem Umstände abzulenken 
und diesen Flügel des Bürgerhauses als überflüssig darzustellen, sagt 
Pick, der sich an die Zeit nicht kehrt und hier ein Jahrhundert über- 
springt (S. 248), dass in den Jahren 1385/86 das Beamtenpersonal der 
Stadt der Zahl nach ein sehr bescheidenes gewesen sei. Ich mache 
darauf aufmerksam, dass es sich um diese Zeit, in welcher die zweite 
Befestigung der Stadt längst fertig war, hier auch nicht handelt, 
sondern um mehr als ein Jahrhundert früher. Ich bemerke 
nebenbei, dass in der Zeit, um welche es sich hier handelt, in welcher 
die Städte gerade in ihrer Fntwickelung begriffen waren, ein Jahrhundert 
früher oder später von grosser Bedeutung ist. 

Die Bemerkung Pick's (S. 243), dass, wenn das Bürgerhaus die 
Ausdehnung gehabt hätte, welche ihm die Zeichnung zuweist, es dann 
in den Urkunden des 14. und 15. Jahrhunderts nicht als „vor^ und 
^anf** dem Parvisch gelegen bezeichnet worden wäre, ist wieder eine 
unrichtige. Ein Haus, welches an zwei Strassen liegt, wird im Munde 
des Volkes immer an der Strasse liegen, in welcher die Eingangsthür 
sich befindet. Wenn Pick meint, ich hätte die Richtigkeit seiner 
Bemerkung auch empfunden, als ich in meiner „altern Topographie der 
Stadt Aachen^, in Widerspruch mit meinen früher gemachten Angaben 
aber nicht ohne Absicht, das Bürgerhaus vom Fischmarkt in die 
Schmiedstrasse verlegt habe, so erkläre ich, dass ich beim Schreiben 
der „Topographie^ an eine solche Dislozirung nicht gedacht habe. 
Pick hat hier wieder einmal die Güte gehabt, von sich auf Andere 
zn schliessen. 

Welche Scheinschlüsse Pick anwendet, um seine Leser für seine 
Aussagen zu gewinnen, sehen wir auf S. 247. Er sagt daselbst: 

„ vergebens sucht man in den sehr zahlreichen Posten 

oder Rechnungen, welche auf das Grashaus Bezug haben, nach 
einem in der Schmiedstrasse gelegenen Anbau desselben. Das 
gänzliche Stillschweigen darüber in den Rechnungen, nicht 
minder in allen sonstigen lokalen Urkunden, darf als ein 
gewichtiges Zeugniss dafür gelten, dass ein solcher Anbau 
niemals existirt hat.^ 

Ich bemerke hierauf, dass ich von einem Anbau nirgends gesprochen 
habe. Pick schiebt mir denselben unter, um dann auf Grund seiner 
Urkunden gegen denselben vorgehen zu können. Der eine sowie der 
andere Flügel des Bürgerhauses ist erklärlicher Weise in den Stadt- 
rechnungen nicht besonders genannt, sondern, wo von Ausgaben für 
dieselben die Rede ist, heisst es ganz einfach „im Gras*^ oder „im 
Bürgerhaus*^. 

In einer langen Ausführung, welche auf S. 243 beginnt, bemüht 
sich Pick nachzuweisen, dass das ganze Rathhaus, also auch das Erd- 



26 



geschoss desselben^ von Magister Henricus gebaut worden sei. Dass 
dabei die weitern Bantheile, welche die aufgefundene Zeichnung noch 
aufweist; also auch der mittlere thurmartige Aufbau und der östliche 
Flügel auszuschliessen sind; ist für Pick selbstverständlich, denn er sagt: 
;,Wäre das Grashaus nur ein Theil des ursprünglichen 
Gebäudes gewesen, man würde gewiss nicht die Inschrift in 
dem neuerdings ergänzten Wortlaut und bloss an einem Flügel 
des Baues und noch in dessen ganzen Breite angebracht haben. ^ 
Ich erwidere hierauf, dass es unter vernünftigen und recht- 
schaffenen Menschen Sitte ist, eine Inschrift mit dem Namen eines 
Meisters auf dessen eigenem Werk anzubringen, nicht aber dort, wo 
er nichts gewirkt hat. Magister Henricus hat aber nur den obern Theil 
des Grashauses ausgeführt, und etwa IV2 m über den Anfang seines 
Werks hat man die ihn verewigende Inschrift an der Stelle des Haupt- 
theiles des Gebäudes, dem Rathssaal, angebracht. Uebrigens lagen auch 
noch andere technische Schwierigkeiten für das Anbringen einer Inschrift 
auf der ganzen Länge des Gebäudes vor. Ein solches hätte nothwendig 
eine bauliche Veränderung an der Fagade bedingt, da man nicht die 
Inschrift auf der platten Mauer ohne ein Hausteinband mit darüber 
befindlichem Gesims, wie es sich am Rathssaal befand, hätte anbringen 
können. Dabei stimmten auch die Fagaden der beiden Flügel des 
Gebäudes nicht in ihrer äussern Ansicht überein, und man wird dieses 
Nichtübereinstimmen nicht dadurch noch mehr haben hervorheben wollen, 
dass man eine über den alten und neuen Theil derselben durchgehende 
Inschrift daran anbrachte. Man hat, streng genommen, durch die 
Inschrift keine Unwahrheit ausgesagt, da der Theil, welcher durch 
Henricus ausgeführt ist, schon etwa 1^ m unterhalb der Inschrift be- 
ginnt. Aber den untern Theil der Fagade hat er nicht gemacht, wie 
folgende Thatsache nachweist. Wie ich auch oben, S. 12 f., angeführt habe, 
war die nordöstliche und südöstliche Mauer im Erdgeschoss an der öst- 
lichen Ecke in Verband gemauert. An der nördlichen Ecke konnte dies 
mit der nordwestlichen und nordöstlichen nicht mehr konstatirt werden, 
weil in derselben durch das später eingebrochene Thor c — I eine bau- 
liche Veränderung stattgefunden hatte. Dagegen war der obere Theil 
der vorderen Fagade weder an der Nord- noch an der Ostecke mit der 
nordwestlichen und südöstlichen Seitenmauer in Verband gemauert, 
sondern dieselbe nur einfach an diese Mauern angeschlossen. Dieser 
Umstand liefert den vollen Beweis, dass der obere Theil der jetzigen 
Fagade erst nach dem Abbruch der früher daselbst bestehenden Fagade 
aufgeführt worden ist. Daher zeigt auch die Fagade in ihrem untern 
und obern Theile eine auffallende Verschiedenheit in der Ausführung. 
Man braucht nur die von Pick seinem Aufsatze beigegebene Photographie 
anzusehen, und jeder intelligente Mensch wird den Unterschied im Mauer- 
werk sofort erkennen. Für den Architekten liegen noch weitere Merk- 
male vor. Zunächst würde Meister Henricus, wenn er auch den untern 
Theil der Fa^ade ausgeführt hätte, die daselbst befindlichen Thüren so 
angebracht haben, dass sie in symmetrischer Beziehung zu den regelrecht 
angebrachten Fenstern des Obergeschosses gestanden hätten. Ferner 
zeigt die Ausführung des untern Tlieiles der Fagade, bis zu etwa 1 ^ m 
unterhalb des Spruchbandes, eine sorgfältigere Auswalil und Bearbeitung 
der Steine, bei geringerer Geschicklichkeit in der Mauerung, während 



27 



der obere Theil grössere Geschicklichkeit in der Mauerang, dabei aber 
bedeutende Nachlässigkeit in der Auswahl der Steine aufweist. Nur in 
dem südöstlichen Pfeiler hat man noch einige Steine vermauert, welche 
mit denen des Erdgeschosses übereinstimmen, und jedenfalls aus dem 
Abbruch des frühern obern Geschosses herrühren. Durch die Verschieden- 
artigkeit der technischen Ausführung wird auf zwei weit auseinander 
liegende Bauperioden hingewiesen. Wäre die Fajade in einem Gusse 
ausgeführt worden, so würde die Technik von unten bis oben die gleiche 
geblieben sein. Man würde auch nicht bei einem monumentalen Gebäude, 
wie das Bürgerhaus, welches der Repräsentant der vor kurzem errungenen 
städtischen Selbstständigkeit und der Stolz der Bürger war, vor Vollendung 
und Abschluss des Geschosses zu einem abweichenden Baumateriale 
gegriffen haben. Sicherlich würde man nicht die Verschiedenheit des 
Materials und der Technik in Aufbau des nämlichen Geschosses an d e r 
Stelle in Ausführung gebracht haben, wo sie, unvermittelt hervortretend, 
dieser üngehörigkeit grössern Ausdruck gegeben hat. Unter allen Um- 
ständen aber würde hier das untere Geschoss in derselben Art und 
Weise, wie es begonnen, bis zur Gurtleiste über dem Spruchbande durch- 
geführt worden sein, weil es damit seinen architektonischen Abschluss 
gefunden hätte. Dass dies nicht geschehen, beweist, dass das Material, 
in welchem das Erdgeschoss bis zu 1^ m unterhalb des Gurtgesimses 
erbaut ist, nicht mehr vorhanden und beim Aufbau des obern Geschosses 
eine völlig verschiedene Technik bereits üblich war. Die bedeutende 
Verschiedenheit in der Technik des untern und obern Geschosses zeigt 
ausdrücklich, dass eine geraume Zeit zwischen der Erbauung dieser 
beiden Theile liegt. 

Die Verschiedenheit des Mauerwerks in den beiden Geschossen 
nennt Pick (S. 260) eine „angebliche^ und sagt, dass sie sich heute 
nicht mehr feststellen liesse. Man braucht jedoch nur eine Photographie 
des Grashauses vor seiner Restauration in die Hand zu nehmen, und 
man wird diese Verschiedenheit leicht erkennen. Pick scheint zu wünschen, 
dass diese Verschiedenheit sich nicht mehr erkennen liesse, allein diesen 
Gefallen thut sie ihm nicht, und wenn auch für den untern und obern 
Theil der Fagade durch die Restauration, und besonders durch den 
Fugenputz, eine grössere Uebereinstimmung der beiden Theile erfolgt 
ist, so ist sie doch für ein unbefangenes Auge noch heute gut erkenn- 
bar. Dass Pick auf eine Erörterung dieser Verschiedenheit, wie er 
sagt, nicht eingehen will, glaube ich ihm gerne ; es würde sich dann eben 
herausstellen müssen, dass der untere, fensterlos aufgeführte Theil nicht, 
Pick's Angabe zufolge, aus Kalksandsteinquadern, die aus den 
Steinbrüchen zu Preussisch-Lemiers herrühren sollen, aufgeführt ist, 
sondern auch dass an der ganzen Fagade kein Lemierserstein sich vor- 
findet, wie es denn überhaupt in Lemiers keinen Kalksandstein giebt. 
Wer über bauliche Dinge gehört zu werden beansprucht, sollte doch vor- 
her sich die nothwendigsten Kenntnisse der Baumaterialien aneignen. 

Auf S. 245 legt es Pick als Beweis für seine Behauptungen aus, 
dass in den Stadtrechnungen des 14. und 15. Jahrhunderts die einfache 
Bezeichnung „domus" oder „Haus" für das Rathhaus vorkommt, und 
schliesst daraus, dass jeder berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der 
Ergänzung „hanc domum^ völlig ausgeschlossen sei. Es ist dadurch 
aber nichts bewiesen, denn für die Stadtrechnungen dieser Jahrhunderte 



28 



war das Btirgerhans eben ^ein Haus**, gleichviel von wem es gebaut 
worden war, oder was auf seiner Fagade geschrieben stand. So deutet 
Pick auch (S. 245) den Umstand wieder zu seinen Gunsten, dass 
C. P. Bock, Fr. Bock, H. Damert u. s. w. sich nicht darüber ausgesprochen 
oder es als selbstverständlich angenommen haben, dass die Fagade nicht 
in verschiedenen Zeiten ausgeführt worden sei. Dies ist durchaus 
gewichtlos. Weder C. P. Bock noch Fr. Bock waren Architekten und 
in der Praxis der Beurtheilung von in verschiedenen Zeiten errichtetem 
Mauerwerk erfahrene Archäologen, weshalb auch die Unterlassung dieser 
Unterscheidung in keiner Weise dafür spricht, dass die Fagade in 
einem Guss errichtet worden ist. Und wenn H. Damert in seiner Fest- 
schrift zur Versammlung der deutschen Ingenieure die verschiedenen 
Bauzeiten der Grashausfagade nicht erwähnt, weil die Ingenieure weniger 
Interesse dafür aufweisen möchten, als Architekten, so steht darum doch 
nicht fest, dass sie nicht existiren. Man sieht, dass Pick sich redlich 
Mühe giebt, um Gründe für seine Aufstellungen herbeizuschaflFen, doch 
sind leider diese Gründe ebensowenig stichhaltig als seine Aufstellungen. 

Wenn die Fagade des Grashauses durch Magister Henricus ganz 
gebaut, also demnach aus einem Gusse gefertigt wäre, wie würde dieser 
dazu gekommen sein, die im Erdgeschoss befindlichen Eundbogenthüren 
so glatt und kunstlos, ohne jegliche Profilirung herzustellen, da er doch 
die obern Fenster in einer für diese Zeit fast reichen Arbeit ausführte? 
Und welches Interesse hätte er haben können, den Charakter der Bogen 
dieser Thüren, welcher auf eine weit frühere Zeit hindeutet, so zu 
gestalten? Diese Thüren allein reichen hin, den Untertheil der Fagade 
in eine frühere Zeit hineinzuweisen, aber ausserdem beweisen der 
Charakter und die Technik des Mauerwerks dasselbe. Hätte Meister 
Heinrich die Thüren angelegt, so würde er sie nicht mit einem Rund- 
bogen sondern mit einem horizontalen Sturz überspannt haben, wie es 
vor und nach seiner Zeit in der gothischen Architektur, zu der doch 
das obere Geschoss gehört, üblich war. 

Auf S. 252 seines Aufsatzes sagt Pick: 

„So dürfte denn der neuerdings dem Grashaus angehängte 
Flügelbau aus der Geschichte des denkwürdigen Gebäudes ein- 
für allemal zu streichen sein. Dem gleichen Schicksal verfällt 
der angebliche Treppenthurm." 

Nun, so weit sind wir noch nicht. Dass eine Treppe vorhanden 
sein musste, um auf das obere Geschoss zu gelangen, ist selbstredend, 
und Pick berichtet urkundlich S. 223, dass noch im Jahre 1717 eine 
steinerne Treppe vorhanden war. Die Lage dieser Treppe verursacht 
ihm jedoch Beschwerden, da er nicht eingestehen will, dass dieselbe an 
der von mir angegebenen Stelle, an der Südostseite des Rathssaales 
gelegen habe. Er weist daher auf die Aussage von Fr. Bock hin, dass 
ursprünglich neben dem alten Bürgerhause, „wo sich heute kleine Wohn- 
häuser in moderner Bauweise befinden, eine besondere Eingangshalle an- 
gebracht gewesen sei, die den Zutritt zu den obern Räumen der Kurie 
vermittelt habe*'.') Doch unterschiebt er diesem, dass er dabei an die 
Nord Westseite des Bürgerhauses gedacht habe, wovon Bock jedoch kein 
Sterbenswörtchen gesagt hat. Und alles dieses, damit ja nur nicht die 



') Bock, Rheinlands Baudenkmale L Lief. 6, Abth. 2, S. G. 



29 



Treppe an der Südostseite liegen, und die Thür p Zugang zu einem 
Abort bleiben solle. 

Auch die geringe Breite von nur 3 m des an der südöstlichen 
Seite des Grashauses gelegenen Wohnhauses weiss er sich zu erklären 
mit der einen Bemerkung des sonst von ihm verlästerten Quix, wonach 
viele Häuser in Aachen schmal gewesen wären. Dann sagt er: 

„Ob zudem das Terrain, worauf jetzt das Haus Schmied- 
strasse Nr. 9 steht, nicht in älterer Zeit unbebaut war, und 
als Brandgasse, zu Kanalreinigung oder zu sonstigen Zwecken 
benutzt wurde, bliebe noch zu untersuchen*'. 
Wie würde es sich dann mit der Thüi* p verhalten, welche dann 
eine Etage hoch sich dem Freien zu geöffnet haben würde ? Diese Thür 
würde dann ja ein Nonsens sein. Hier zeigt sich wieder so recht, in 
welcher W^eise Pick lokale Schwierigkeiten, die ihm im Wege stehen, 
behandelt. 

In Ermangelung eines Bessern will Pick den Gedanken nicht auf- 
geben, dass vormals auf dem Hofe des Grashauses eine Treppe bestanden 
habe, die zu dem obern Geschosse des Grashauses führte. Er meint 
dabei, dass, wenn auch bei den Ausgrabungen, welche auf dem Hofe 
gemacht worden sind, keine Spuren einer Treppe gefunden worden wären, 
so Hesse sich ihr einstiges Bestehen nicht im Geringsten wegleugnen. 
Er ist daher so fest davon überzeugt, dass auch das Fehlen jeder 
Fundamentspur einer solchen Treppe ihn in seiner Ueberzeugung nicht 
wankend macht. Er scheint also anzunehmen, dass man eine steinerne 
Treppe ohne Fundament bauen kann; man weiss aber, dass dies un- 
möglich ist. Wie sollten aber die Fundamente einer Steintreppe, welche 
einen Steinklotz von 3 m Durchmesser und 2 m Höhe bilden mussten, 
aus der Erde spurlos verschwunden sein, obgleich das neue Hinter- 
gebäude des Archivs, wie Pick selbst (S. 228) betont, weit über die 
Mauer des ehemaligen Grashauses hinaus gerückt worden ist, und darüber 
hinaus keine weitern Mauerreste zum Vorschein kamen? Dann kann 
Pick nicht absehen, warum die Treppe sich nicht bei der Ausmündung 
des heutigen Thorweges befunden habe, und meint, was ich dagegen 
sage, wäre von keinem Belang. Ein Blick auf den Plan sagt uns 
jedoch, dass eine Treppe mit dem Treppenhaus, welches mindestens 3 m 
Durchmesser haben musste, noth wendig den Thorweg zubauen würde; 
nun, wozu wäre dieser dann aber angelegt worden? 

Aber alle von Pick gemachten, aus der Luft gegriffenen Behauptungen 
und Ausführungen können es nicht nachweisen, dass sich auf dem Hofe 
eine Treppe befunden habe. Es ist daher sein Ausruf (S. 253): 

„Wie hätte man aber auch, von der Eathskammer ganz ab- 
gesehen, auf das Obergeschoss des Hinterbaues gelangen sollen, 
wenn im Hofe nicht eine Treppe gewesen wäre?" 
ein wahrer Nothschrei nach einer Treppe, die sich nicht vorfinden will. 
Er ist aber ebenso nichtsbedeutend als der verlangende Ausruf nach der 
Eathskammer auf S. 229. Er hält an der Treppe auf dem Hofe um so 
mehr fest, als er fühlen mag, dass, wenn es ihm nicht gelingt, glauben 
zu* machen, dass sich daselbst die Treppe befunden habe, alle seine 
Einwendungen und Widersprüche gegen das Wandbild und den grössern 
Grashausbau haltlos sind, da dieses Bild sowie die Thür p alle seine 
Folgerungen und Scheingründe über den Haufen stossen. 



30 



Wie Pick mit den lokalen Verhältnissen am Grashaus umspringt, 
lässt sich daran erkennen, was er (S. 254) sagt: 

„Dass im 14. Jahrhundert, und schon in der ersten Hälfte 
desselben, ein Thoreingang zum Gras bestand, lässt sich nicht 
in Abrede stellen, aber eben so sicher ist, dass er nicht an 
der Stelle des heutigen lag". 
Hierfür macht er (S. 254) geltend, dass: 

„Neben den am untern Theil der Stirnwand des Gebäudes 
zur Belebung und Verstärkung der schweren Mauermasse (?) 
angebrachten zwei Rundbogen, die niemals geöffnet waren, ^) 
befand sich ehedem nach Nordwesten hin, ein dritter gleicher 
Bogen, von welchem, bis zu dem vor wenigen Jahren erfolgten 
Umbau, die Ueberreste deutlich zu sehen waren. ^^ 

Also hier giebt er den dritten Bogen im Erdgeschosse zu, während 
er das Wandbild, auf welchem sich die dritte Thür mit ihrem Bogen 
vorfindet, auf S. 254 als unrichtig bezeichnet. Die Ueberreste dieser 
dritten Thür, wovon Pick spricht, sind auch jetzt noch vorhanden, und 
sehr deutlich zu sehen. Dass dieselben bisher Pick entgangen sind, 
zeugt dafür, dass er der archäologischen Kenntniss der Architektur, selbst 
des Archivgebäudes, unverdächtig ist. Durch das Gesagte will Pick nach- 
weisen, dass das Thor nachträglich in die Mauer eingebrochen sei, was 
ihm Niemand bestritten hat, und meint, dass das Thor ursprünglich an 
einer andern Stelle, vielleicht da, wo jetzt die ersten Häuser links in 
der Annastrasse stehen, gestanden habe ! ! 1 Für das Vorhandensein eines 
Thores („porta*' in der Stadtrechn. 164.39), welches Wort ebensowohl 
eine Thür bedeutet, führt er (S. 254, Anm. 2) an, dass ein solches schon 
1344 — 45 reparaturbedürftig gewesen sei. Es wird wohl die Thür C 
des Plans gewesen sein, durch welche der Zugang zum Hofe stattfand, 
bis später dieselbe zu einem Thor umgeändert wurde. 

Ich komme hier wieder auf die Thür p im Plan zurück. Dass 
diese, in einer etwa 1 m starken Mauer befindliche Thür kein Eingang 
zu einem Abort sein konnte, dürfte doch wohl klar sein ; dass die Mauer 
zur Anlage eines Aborts in derselben nicht die nöthige Dicke aufwies, 
und dass sie auch nicht zu einem Schranke führte, zeigte die stark 
abgenutzte FussschweUe, die auf einen viele Jahrhunderte im Gebrauch 
befindlichen Durchgang hinwies. Pick sagt (S. 256), dass man beim 
Umbau keine Veranlassung genommen habe, durch eine genaue Unter- 
suchung festzustellen, ob die frühere Thür zu einem in der Mauer an- 
gebrachten GejÄSS führte, oder ob sie einen Durchgang durch die Mauer 
bildete und sagt dann: 

„So gering war mit Recht die Bedeutung, welche man der 
vermauerten Thüröffnung bei ihrer Auffindung beilegte". 
Nein, Herr Pick, nicht wegen der angeblich geringen Bedeutung 
hat man die Untersuchung unterlassen, sondern weil man klar und 
deutlich sah, dass es eine Thür war, die sich als eine ursprüngliche 
Thür in der ursprünglichen, lange vor 1267 (der Zeit der Anlage des 
Rathssaales) errichteten Mauer darstellte. Dass man ferner eine solche 
Untersuchung in der gemeinschaftlichen Scheidemauer nicht ohne Er- 



9 Vergl. unten, wo das Gegentheil nachgewiesen ist. 



31 



laubniss des Nachbars^ in dessen Eänme sie ansmünden musste^ vornehmen 
durfte^ hätte Pick als ehemaliger Amtsrichter doch wissen müssen. 
Bekanntlich ist aber Niemand um derartige Belästigungen verlegen. 
Unsinnig ist auch seine Aussage^ dass sie vielleicht aus einem Kamin 
hergestellt gewesen sei; es würde sich dies ja auf den ersten Blick 
gezeigt haben. Zudem war sie die einzige Thür, durch welche der 
Zugang zur Treppe vermittelt werden konnte, da, wie oben bereits an- 
gedeutet ist, weder in der nordwestlichen noch in der nordöstlichen 
Mauer jemals eine weitere Thür sich befunden hat, wie das Mauerwerk 
es unbestritten ergab. 

Die Thür q in der Mauer zwischen dem alten Saal und der Raths- 
kammer konnte nur zur Verbindung zwischen diesen beiden Räumen 
dienen, da die Rathskammer hofwärts keinen Ausgang haben konnte, 
weil sich daselbst keine Treppe befand. Und doch muss eine Treppe, 
welche zur Rathskammer führte, bestanden haben, da sie im Jahre 1717 
noch urkundlich vorkommt; sie muss aber auch bestanden haben, so 
lange die Rathskammer als solche benutzt worden ist. Da sich nun 
weder an der nordwestlichen, noch an der nordöstlichen Seite, noch hof- 
wärts eine Ausgangsthür befand, welche zur Treppe führen konnte, 
muss letztere an der Südostseite des Grashauses gelegen haben. Nun 
mündet die Thür p aus in einen Raum, auf welchem jetzt ein Haus 
steht, welches, wohl das schmälste Haus der Stadt, nur 3 m Breite auf- 
weist, also eine Breite, welche gerade passte, um eine bequeme Wendel- 
treppe anzubringen. Kann nun, angesichts der Thür p und der auf- 
gefundenen Wandzeichnung, noch ein Zweifel darüber bestehen, dass sich 
auf diesem Räume die nach oben führende Treppe befunden, da doch 
keine Möglichkeit vorliegt, dass sie an einer andern Stelle gelegen habe? 
Jeder vernünftige Mensch wird unbedingt sagen müssen, dass nur an 
der Südostseite die nach oben führende Treppe gelegen haben kann. 

Wie die Wandzeichnung es andeutete, bildete der schmale Mittel- 
thurm des dargestellten Gebäudes einen rundlich vorragenden Thurm, 
der mit einem spitzen Dache überdeckt war. Hier haben wir demnach 
die Form der mittelalterlichen Treppenthürme, wie sie an zahllosen 
Burgen und Schlössern vorkommt. Die am Fusse des Thurmes etwas 
gross gezeichnete Thür musste nothwendig zur Wendeltreppe führen, 
welche ihren Ausgang in einen Raum R (vergl. den Plan) nahm, der 
vor dem frühem Rathssaal lag. Diese Anlage steht auch in völliger 
Uebereinstimmung mit der auf dem Markte neben dem Rathhause 
befindlichen Kaisertreppe, welche noch jetzt zu dem im obern Geschosse 
des Rathhauses befindlichen Kaisersaal führt. Diese Kaisertreppe führte 
ehemals und noch jetzt von der Strasse hinauf zu einem Vorplatz, genau 
ebenso wie es die Treppe am Grashaus gethan haben muss. — Die 
Uebereinstimmung der Anlage der Treppen an den beiden Rathhäusern, 
welche von der Strasse nach den obern Geschossen führen, ist bemerkens- 
werth ; es wäre eben nicht unmöglich, dass die Anlage der einen Treppe 
auf die der andern einen Einfluss ausgeübt hätte. 

Es ist klar, dass im Laufe der Zeit mit dem Treppenthurm und 
der Treppe, in der Form wie die Wandzeichnung andeutet, Ver- 
änderungen stattgefunden haben, wodurch der Thurm entfernt wurde und 
der Treppe eine andere Gestalt gegeben worden ist. Aber immerhin 
muss sich dieselbe in dem Raum befunden haben, den jetzt das Haus 



32 



Schmiedstrasse Nr. 9 einnimmt^ da die Thür p in diesen Ranm mündete. 
Da der Zugang zur Bathskammer noch im Jahre 1717 über eine 
steinerne Treppe führte, so kann diese auch, weil von einer andern Seite 
her kein Zugang zur Bathskammer vorhanden war, sich nirgends anders 
als in diesem Hause befunden haben. — Was den nordöstlichen Flügel 
des Gebäudes betrifft, so dürfte dieser später als überflüssig von der 
Stadt verkauft worden sein, doch konnte dies nur erst dann geschehen, 
als das Rathhaus auf dem Markte von der Stadtverwaltung bezogen 
worden war. 

Auf S. 243 bespricht Pick die Inschrift des Grashauses. Er 
sagt vorsichtig „die jetzt erneuerte Inschrift^ spreche gegen die 
Annahme eines Flügelbaues. Sie besage ausdrücklich, dass Magister 
Henricus dieses Haus (hanc domum) im Jahre 1267 erbaut habe. Er 
ereifert sich gegen mich, dass ich es gewagt habe, die Erneuerung 
„hanc domum ^ nicht für richtig zu halten und sie nach der Meinung 
„Anderer*' in „hoc opus*' verbessern zu sollen glaube. Diese „Andern" 
sind, wie es mir scheint, bloss Dr. Fr. Bock, welcher (in Bheinlands 
Baudenkmale I, Lief. 6, Abtb. 2, S. 6) mit Becht hoc opus als Ergänzung 
gebracht hat. Wenngleich Pick sonst mit Vorliebe Fr. Bock citirt, 
sobald er mit ihm iu Uebereinstimmung steht, so unterlässt er es 
hier, seinen Namen zu nennen, weil derselbe mit mir einer Meinung ist. 
Um das „hanc domum** als richtig darzustellen^ beruft er sich auf die 
Inschriften der Bathhäuser zu Bheinberg und Neuss, welche auch in 
Inschriften als „domus** und „Haus** bezeichnet wären. Aber das ist 
doch etwas ganz Anderes, dort wurden neue ganze Bathhäuser auf- 
geführt, während hier nur ein Theil eines solchen neu hergestellt wurde. 
Hätte die Inschrift „hanc domum** gelautet, so würde sie eine Unwahr- 
heit gewesen sein, da Magister Henricus nicht das ganze Haus, sondern 
nur einen Theil desselben errichtete, da die weitern Umfassungsmauern, 
die doch auch zum Gebäude gehören, nicht von ihm herrühren. Hier 
bezog sich „hoc opus** nur auf den von ihm neu errichteten Theil, an 
welchem auch die Inschrift angebracht war. Die „hervorragenden Fach- 
genossen**, welche mit Pick das „hanc domum *" bestimmt haben, dürften 
jedenfalls, wie er, angenommen haben, dass Meister Heinrich das Bürger- 
haus ganz gebaut habe, was jedoch, wie wir gesehen haben, unrichtig 
ist. — Ich überlasse es dem geneigten Leser zu beurtheilen, ob, nach 
den von mir nachgewiesenen baulichen Verhältnissen, ,, hanc domum'' oder 
„hoc opus*" das Bichtige ist. 

Am Schlüsse des 3. Capitels sagt Pick: 

„Die vorstehende Ausführung stellt, so dünkt mir, zur 
Genüge klar, dass für die Annahme eines vormaligen Treppen- 
thurmes an der südöstlichen Seite des Grashauses kein Anhalts- 
punkt vorhanden ist**. 

Ich erwidere hierauf: das Nichtvorhandensein einer Treppe an der 
südöstlichen Seite des Grashauses setzt nothwendig eine solche an einer 
andern Stelle voraus, die aber Pick, trotz aller Geistesanstrengungen, 
nicht hat nachweisen können. Die von ihm angenommene Treppe im 
Hof hängt, wie ich nacbgewiesen habe, vollständig in der Luft, und 
eine solche im Thorweg anzunehmen, streitet gegen alle gesunde Vernunft. 
Die Exklamation auf S. 253 beweist ebensowenig wie die auf S. 229, 
nur bekennt Pick dadurch, dass er weder die Bathskammer noch die 



33 



Treppe nachweisen kann, obgleich er sich den Anschein giebt, als 
könnte er alles bis zum letzten Pünktchen auf dem I beweisen. — Da- 
gegen zeigen die Wandzeichnung und die Thür p, welche Pick gerne 
wegschaffen möchte, in klarer und einfacher Weise, wo die Aufgangs- 
treppe, sowohl zum frühem Rathssaal als zur spätem Rathskammer, sich 
befunden haben muss. Die Thür allein weist nach, dass die Treppe 
an der Südostseite lag, und die Zeichnung giebt die genauere Stelle 
derselben an. Thür und Zeichnung ergänzen sich in klarster Weise, 
und die Pick'schen Anzweifelungen und Bekrittelungen der Lage der 
Treppe an der Südostseite des Rathssaales können den gebrachten Nach- 
weis derselben nicht entkräften. 

Im 4. Capitel seines Aufsatzes, welches Pick „die Gefängnisse im 
Grashaus " überschreibt, bringt er (S. 261) die Notiz, dass die erste 
Erwähnung der Geföngnisse im Grashause in der Stadtrechnung von 
1349/50 vorkomme, und sagt ferner: 

„Da es sich hier um eine Wiederherstellung des Raths- 
gefängnisses handelt, so muss letzteres offenbar schon früher im 
Grashaus bestanden haben. Das ist ebenso einleuchtend, wie 
die weitere Folgerung, dass die Einrichtung des nothwendig mit 
der Bestimmung des Gebäudes zusammenhängenden Gefängnisses 
zeitlich mit dessen Anlage im Jahre 1267 in Verbindung zu 
bringen ist. Urkundlich steht fest (wo?), dass die Gefängniss- 
zellen sich im 14. Jahrhundert in dem Unterbau des Grashauses 
befanden, der exakte Forscher wird sie, sofern keine sachlichen 
Gründe entgegenstehen, auch für die frühere Zeit an der 
nämlichen Stelle suchen müssen." 

Es ist dies wieder eine willkürliche, auf Nichts gegründete Aus- 
legung der betreffenden Stelle der Stadtrechnungen des 14. Jahrhunderts. 
Dieselben sagen zum Jahre 1349, S. 223, 20 It. de reparacione captivitatis 
domus civium 20 sol. Wie hierdurch festgestellt sein soll, dass dieses 
Gefängniss sich im Unterbau des Grashauses befunden habe, ist unerfind- 
lich, indem doch bloss von dem Gefängniss des Grashauses die Rede ist, 
aber nichts über seine Lage gesagt wird; es kann sich daher an jeder 
andern Stelle desselben befunden haben. *) Wäre er in der Lage, dieses 
Gefängniss, als im Unterbau des Grashauses liegend, urkundlich feststellen 



^) Mit der Bezeichnung Grashaus war nicht immer bloss das aus Vorder- 
und Hinterbau bestehende ehemalige Rathsgebäude gemeint, sondern auch die 
auf dem Hofe befindlichen Gebäulichkeiten lagen „im Grashaus". So sagt 
Pick S. 226: 

„Am 7. März 1702 vernahm im Auftrage der Bürgermeistes der 
Sekretär S. Pelsser im Grashaus die dem Vorgeben nach unpässliche 
Frau des Grasbe wahrers Jacob Ntitten über die kurz vorher statt- 
gehabte Flucht eines Gefangenen. Während er damit beschäftigt war, 
trat der Statthalter des Voigtmajore, Abels, in Begleitung des Prokurators 
Langendorf und des Amtmanns Rosskamp in die Küche und erhob 
gegen das Verhör Einspruch**. 
Auf S. 217 berichtet Pick aus einem Rathsprotokoll vom 9. Juli 1667, 
worin es heisst: 

„ ist wolgemelter rath aufgestanden und in ordine den 

stiegen hinunder bis durch die Laetsch zur galer ayen im Gras- 
haus s hinauf (gangen) alwo der armen Sünderinnen per secretarium die 



34 



za können^ so würde er gewiss nicht verfehlen es zu thnn. Es kann nicht 
bestritten werden^ dass sich im Gras, noch andere Gefängnisse befunden 
haben, deren Lage Pick aber ebensowenig nacliweisen kann, wie er 
bekennt, die des Frauengefängnisses nicht zu wissen. Es ist diese Anf- 
stellnng Pick's wieder eine seiner Urknndenauslegungen, wodurch er 
glauben machen will, dass die Gefängnisse im Grashaus bereits beim 
Bau des Obergeschosses im Jahre 1267 angelegt worden seien. Dieser 
Urkundenauslegung stehen jedoch hinreichend „sachliche Gründe *" ent- 
gegen. Bei dem Abbruche der Gefängnisse hat sich ergeben, dass die 
ursprünglichen nordöstlichen und südöstlichen Umfassungsmauern nicht 
mit den die Gefängnisse umschliessenden Mauern in Verband gemauert 
waren, sondern erstere nur von letztern verblendet worden sind. Diese 
Thatsache beweist zunächst, dass der untere Theil der Fa^ade und der 
südöstlichen Mauer ein höheres Alter aufweisen als die Gefängnisse, denn 
wären sie gleichalterig, so würden die Gefängnissmauern mit den 
ursprünglichen äussern Mauern in Verband gemauert worden sein. Dann 
wiesen die Mauern der Gefängnisse ein anderes Baumaterial auf, als 
die äusseren, nämlich Blaustein, welcher etwaigen Anbrechungen bessern 
Widerstand zu leisten vermochte. Es ist daher ausser aller Frage, dass 
die Gefängnisse später angelegt worden sind, als die Umfassungsmauern. 
Wie ich oben, S. 13, gesagt habe, sind die sämmtlichen Gefängnissmauern 
aus einem Guss gefertigt, was daraus folgt, dass sie miteinander in 
Verband gemauert waren. Auch fand dies beim Hanseloch statt. Es 
ist daher eben eine leere Ausrede wenn Pick sagt, dass dieses 
Gefängniss bei der Wiederherstellung des Grashauses in den sechsziger 
Jahren des 17. Jahrhunderts, oder bald nachher, errichtet worden zu sein 
scheine. Wie die Gefängnisse ursprünglich angelegt wurden, so sind 
sie auch bis zu ihrem vor wenigen Jahren erfolgten Abbruch geblieben, 
und ist bis dahin keine bauliche Veränderung daran vorgenommen worden ; 
diese ist Pick's Erfindung. Wäre eine solche eingetreten, so würde 
sich dies am Mauerwerk klar gezeigt und ich solches bereits früher 
erwähnt haben. Aber weder an den aus behauenen Blausteinen bestehen- 
den Mauern noch aus den zugerichteten Bruchsteinen der Gewölbe 
zeigte sich eine Spur einer baulichen Veränderung. Die bei denselben an- 
gewandte Technik und Anlage wies klar und deutlich nach, dass sie 
gegen das Ende des 14. Jahrhunderts errichtet wurden. Es ging dies 
auch aus der Weise der Bearbeitung der Hausteine und der Zusammen- 
setzung und Verarbeitung des angewandten Mörtels hervor. Uebrigens 
ist diese Zeit der Erbauung auch von anderen sachverständigen Architekten 
festgestellt worden. 

Nachdem die Ge^ngnisse fertig gestellt waren, raussten auch die 
beiden in der Fa§ade noch sichtbaren Thüren zugemauert werden. Es 

urtheil des tods vorgelesen und durch den Scharfrichter volnzogen 
worden**. 
Auf S. 264 bringt er (in Anra. 4) aus einem Beamten-Pi-otokoUe vom 
21. Oktober 1706 : 

„Ferners ist herren baumeistem aufgeben, die im Q rashaus 

liegende schwein und daselbst gemachte stalle abschaffen zu 

lassen**. 

Aus diesen angeführten Beispielen, deren noch mehr gebracht werden können, 

ergiebt sich, dass, wenn von Oebäulichkeiten im Hofe des. Grashauses die Rede 

ist, selbe als im Grashaus befindlich bezeichnet wurden. 



35 



ist ein Nonsens anzunehmen^ wie Pick (S. 254) es thut, dass diese Thären 
niemals geöffnet gewesen sind, oder dass dieselben, wie er sagt, 

„zur Belebung und Verstärkung der schweren Mauermassen'' ? 
angelegt worden seien. Vielmehr dienten sie im ursprünglichen Gebäude als 
Thüren und Fenster des Erdgeschosses. Ein Erdgeschoss muss vor- 
handen gewesen sein, da ein Obergeschoss doch auch ein Untergeschoss 
bedingt. Auch die Verschiedenheit des Mauerwerks weist auf eine 
spätere Zeit der Zumauerung der Thüren hin. 

Es ist oben, S. 13, von mir gesagt worden, dass beim Abbruche der 
Gefängnisse an der Südostmauer 23 Kragsteine zu Tage getreten sind, 
welche zu der ursprünglichen Mauer gehörten, aber bis dahin durch das 
Mauerwerk der Geföngnisse bezw. der Gewölbe, verdeckt, d. h. ummauert 
waren, sowie auch, dass diese Kragsteine die Balken des Fussbodens des 
obern Geschosses zu tragen hatten. Da diese Kragsteine vom Mauer- 
werk des Gefängnisses ummauert waren, müssen nothwendig die Balken 
entfernt worden sein, was selbstredend die Zerstörung des Fussbodens des 
Eathssaales zur Folge hatte. Da dies die Benutzung des letztern 
verhinderte, so muss der Bau der Gefängnisse zu einer Zeit statt- 
gefunden haben, in welcher das Rathhaus nicht benutzt wurde. Hatten 
nun die Eathsherren solche lange Ferien, dass während derselben — bei 
dem damaligen langsamen Bauen — die Gefängnisse errichtet werden 
konnten, oder ist nicht eher anzunehmen, dass der Bau derselben erst 
dann zur Ausführung kam, als das neue Rathhaus auf dem Markte 
fertigt gestellt war? Ich glaube wohl mit Sicherheit letzteres annehmen 
zu können, wei] damit auch die angegebene Bauzeit stimmt. Nun 
bringen die Stadtrechnungen vom Jahre 1394, Seite 393,31 einen Aus- 
gabeposten von 7 mark 10 Schill, „um dat duyster loich in der burger 
huys zu machen son stein, son sant, son loins".^) Bestätigen diese 
Umstände nicht die Richtigkeit, dass die Gefängnisse am Ende des 14. Jahr- 
hunderts und nicht zu einer andern Zeit gemacht worden sind? Wenn 
auch Pick mit Recht die oben aus den Stadtrechnuiigen angeführte 
Summe nicht für hinreichend hält, das ganze Gefängniss zu erbauen, so 
bemerke ich, dass von den Stadtrechnungen des 14. Jahrhunderts die 
Rechnung des Jahres 1394 sehr lückenhaft ist, und von den diesen 
zunächst stehenden Jahren 1392 und 1393 die Ausgaberechnungen, und 
von 1394 ab bis 1400 die sämmtlichen Rechnungen fehlen. Dabei 
wird auch die Bauzeit bei ihrer langen Dauer sich aus dem einem Jahr 
in das andere hingezogen haben, und bei dem Fehlen dieser Jahrgänge 
erhalten wir keine Kunde über die ganzen, für den Bau der Ge^ngnisse 
verausgabten Summen. lieber das Fehlen dieser Rechnungen schweigt 
Pick aber, und obgleich ich diesen Umstand auch in der „Grashausfrage'', 
S. 21, herangezogen habe, sieht er sich nicht veranlasst, denselben anzu- 
führen, da dies seine Ausführungen widerlegen würde. Dass der Bau 
der Gefängnisse in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts statt- 
gefunden, weisen auch die Bruchstücke zweier undatirter Rechnungen 
nach, welche Pick selbst dieser Zeit zuschreibt (Pick, Nachträge, S. 631). 



1) Pick verfehlt nicht ])ei dieser Gelegenheit seinem verdienten Vorgänger 
Laurent einen Vorwurf über Ungenauigkeit zu machen. — Mit dem Ausdruck 
duyster Loch scheint wohl das ganze Gefängniss gemeint gewesen zu sein, da 
die sechs Zellen im Vorderbau des Grashauses gleich duyster (dunkel) und nur 
das Hanseloch etwas besser erleuchtet war. 



36 



j,In dem ersten lieisst es: Item boven dat duyster loch in der burger 
bus eyn esterich, leym, latzen, strö, plackeren, kerzen 6 marc 3 Schillinge •, 
Die andere, eine Rechnung über Zimmerarbeiten lautet : Item boven dat 
duister loch eynen estrych von leym. Item vu(r) lacen in vur leyen in 
vur stro in vur kercen 27 Schillinge, den plackyren 2 marc". Hierzu 
fügt Pick die Bemerkung: „Estrich, gewöhnlich = Fussboden, hier wohl 
Decke" ! ! Pick nimmt also an, dass an der gewölbten Decke im Innern 
der Gefängnisse der Estrich angebracht gewesen sei. Diese Annahme 
entspricht seinen baulich-archäologischen Kenntnissen. — Die Summe 
von über 8 Mark reichte hin, um über das ganze Gefängniss einen 
Lehmstrich aufzubringen. 

Ein weiterer Umstand, welcher die Richtigkeit der angegebenen 
Bauzeit bestätigt, ist die Durchbrechung der Fagade und der Inschrift 
durch die Luftiöcher der Gefängnisszellen A und B des Plans. Dass 
diese Luftlöcher bei der Anlage der Gefängnisse gemacht wurden, wird 
dadurch bewiesen, dass dieselben in der innem Blausteinverblendung an- 
gesetzt resp. gemauert und nur in dem äussern, urspünglichen Mauer- 
werk ausgebrochen waren. Man wird doch auch nicht die Fagade des 
neuen Bürgerhauses gleichzeitig mit ihrer Anlage verstümmelt haben. 
Es konnte daher dieses Löcherbrechen, welches das Grashaus für die 
Folge zu einem Gefängniss stempelte, sowie die damit verbundene Ver- 
unzierung der Fagade und die Verstümmelung der stolzen Inschrift der- 
selben, vernünftigerweise nicht stattfinden, so lange sich dort das Rath- 
haus befand; die aachener Bürger hätten sonst allen Ehrgefühls bar 
sein müssen. Es ist dieses Löcherbrechen in der Fagade ein Beweis 
dafür, dass der untere Theil derselben nicht von Meister Heinrich aus- 
geführt worden ist. Denn wenn dieser, wie es aus der Folgerung Pick's, 
S. 261, hervorgeht, die Geföngnisse angelegt hätte, so würde er jedenfalls 
den Luftlöchern eine baugemässe Einfassung und Schmiege gegeben 
haben. Aber sicher hätte er sie nicht so angelegt, dass sie die Inschrift 
durchbrochen und verstümmelt hätten. Der Umzug des Raths aus dem 
alten Bürgerhaus zum neuen Rathhause auf dem Markte hat etwa 
gegen 1370 stattgefunden, und erst nachdem er geschehen war, und die 
Bürger im Grashaus nicht mehr ihr Rathhaus sahen, konnten die Löcher 
in die Fagade gebrochen und diese verstümmelt werden. 

Es dürfte demnach das Bestreben Pick's, glauben zu machen, dass 
die Anlage der Gefängnisse gleichzeitig mit der der Fagade stattgefunden 
habe, als verunglückt zu betrachten sein. In der beifolgenden Zeichnung 
ist, wie oben bemerkt, das Mauerwerk, welches behufs der Anlage der 
Gefängnisse ausgeführt wurde, durch eine andere Schraffierung als die 
der übrigen Theile der Gebäude, angedeutet. Man erkennt daraus, dass 
die Anlage des Thorweges mit der der Gefängnisse gleichzeitig ist, mithin 
der Thorweg dem Ende des 14. Jahrhunderts angehört. Dass zu dieser 
Zeit auch das Strassenthor angelegt worden, dürfte selbstredend sein, 
da ein Thorweg ohne Thor zwecklos ist. Es kann auch nichts dagegen 
eingewendet werden, dass die an der Stelle des Thors sich ehemals 
befindende Thür c des Plans, als Thür des Durchganges zum Hofe des 
Grashauses gedient habe. Dieselbe dürfte, wegen der im Innern des 
Gebäudes ad hoc angebrachten Durchgangs- und andern Anlagen die 
Veranlassung gewesen sein, dass der Thorweg an dieser Stelle angelegt 
wurde : 



37 



Auf S. 263 bespricht Pick die von mir oben S. 5 gebrachte Auf- 
findung von 23 Kragsteinen, und sagt dann weiter: 

„Die Entdeckung ergab, dass die Bedielung des Obergeschosses 
ursprünglich tiefer als in späterer Zeit lag und ihre Erhöhung 
durch einen Umbau des Gefängnisses herbeigeführt worden war. 
Wann dieser, offenbar fälschlich für die erste Anlage des 
Gefängnisses ausgegebene, Umbau stattfand, ist bisher noch nicht 
aufgeklärt. " 

Es ist, wie oben bereits klar gelegt worden, durchaus unwahr, 
dass an den Gefängnissen im Grashaus ein Umbau, und besonders ein 
solcher durch welchen die Gewölbe höher gelegt worden sind, statt- 
gefunden habe. Besonders ist dies nachgewiesen durch die von Pick 
(Nachtrag, S. 631) gebrachten Bruchstücke von zwei oben mitgetheilten 
Rechnungen über den Estrich im Grashaus. Dieser Estrich, den Pick 
verständnisslos als an der Decke der Gefängnisszellen befindlich annimmt, 
konnte nirgendwo anders angebracht gewesen sein, als auf den Gewölben 
der Gefängnisse. Wären die Gefängnisse im 14. Jahrhundert nicht so 
hoch angelegt worden, dass deren Gewölbe als Unterlage des Fussbodens 
des Rathssaales dienten, so wäre der Estrich, als überflüssig, gewiss nicht 
aufgebracht worden, da ein solcher nur dort gelegt wurde, wo er in 
einem Räume als Fussboden diente. Es müssen daher folgerichtig die 
Gefängnissgewölbe ursprünglich so hoch angelegt worden sein, dass der 
unmittelbar auf denselben angebrachte Estrich als Fussboden des Raths- 
saales diente. Es ist oben bemerkt worden, dass das Mauerwerk der 
Gefängnisse sich beim Abbruch derselben völlig intakt vorfand und 
zeigte, dass niemals ein Umbau stattgefunden hatte. Aber Pick will 
einen spätem Umbau, um es bestreiten zu können, dass die Gefängnisse 
aus dem 14. Jahrhundert herrühren. Behufs dessen sagt er auf S. 264: 

„Nichts spricht dagegen, dass die Veränderung (der Ge- 
fängnisse) bei der Wiederherstellung des Grashauses nach dem 
Stadtbrande von 1656 oder bald nachher vorgenommen wurde". 

Dies weist darauf hin, dass er durchaus einen spätem Umbau 
ausgeführt wissen will. Hierzu bringt er, S. 164, ein städtisches Beamten- 
Protokoll vom 30. Juli 1706, worin es heisst: 

„Dan ist auf angehorte relation der herren baumeister 
deren neu erbauender gefangenussen halber im Grashauss den- 
selben ferners aufgeben, damit also und zur perfection derselben 
verfahren zu lassen^. 

In diesem Protokolle ist nicht von einem U m bau, sondern von einem 
Neubau von Gefängnissen die Rede. Es können mit der Ausführung 
dieses Neubaues die im Erdgeschosse des Grashauses befindlichen Gefängnisse 
nicht gemeint gewesen sein, da diese damals schon bestanden und bis 
zuletzt bestehen geblieben sind, und muss daher der Neubau von anderen 
im Grashaus gelegenen Gefängnissen beabsichtigt gewesen sein. Wurden 
doch, wie ich nachgewiesen habe, die auf dem Hofe des Grashauses be- 
findlichen Gebäude als im Grashaus liegend, bezeichnet. 

Man sieht, wie gewissenhaft „der exakte Forscher** seine Urkunden 
auslegt: passt es zu seinem Zweck, so macht er aus einem Neubau 
einen U m bau ! Es kommt ihm also nicht darauf an, eine Urkunde anders 



38 



zu erklären als der von ihm selbst gebrachte Text derselben ausdrück- 
lich besagt. — Wenn Pick es mit sich vereinbar hält, solches zu thuD, 
welches Vertrauen kann ihm dann noch bei seinen Ausführungen entgegen 
gebracht werden? Ob seine Aussage mit der Wahrheit übereinstimmt, 
scheint für ihn nicht von Belang zu sein. 

Ein Beispiel, welches auch zeigt, wie wenig es Pick darauf an- 
kommt, Mittheilungen anderer Schriftsteller nicht sinngemäss wiederzu- 
geben, befindet sich weiter auf S. 264. In dem von mir „Aus Aach. 
Vorz. II" gebrachten kleinen Aufsatze über das Grashaus habe ich S. 86 
gesagt: „Zu welcher Zeit der obere Eaum aufhörte, als Sitzungssaal für 
den Eath zu dienen, ist nicht genau festgestellt. In den Stadtrechnungen 
des 14. Jahrhunderts wird derselbe im Jahre 1349 zuletzt als Eaths- 
saal — domus consilii — und durch den Eath benutzt erwähnt. Von 
da ab kommt er als Eathssaal in den Stadtrechnungen nicht mehr vor; 
es muss jedoch bemerkt werden, dass vom Jahre 1349 ab, mit Ausnahme 
kleiner Bruchstücke aus den Jahren 1353 — 1373, diese Eechnungen 
sämmtlich fehlen." Hierüber sagt Pick S. 264: 

„Ihn (den Umbau der Gefängnisse) mit der im 14. Jahrhundert 
erfolgten üebersiedlung der städtischen Verwaltung ins Eathhaus 
auf dem Markte in Verbindung zu bringen, wie es Ehoen thut, 
der in den Stadtrechnungen das Obergeschoss des Grashauses 
„im Jahre 1349 zuletzt als Eathssaal (!) — domus consilii — 
und durch den Eath benutzt '^ findet, und eine spätere Benutzung 
desselben seitens dieser Behörde nicht kennt, erscheint schon 
nach den im ersten Abschnitt mitgetheilten urkundlichen Belegen 
als völlig ausgeschlossen*^ ! ! ! — 

Es mag ja jedem Schriftsteller gestattet sein, aus den Werken eines 
andern Schriftstellers, und unter Anerkennung desselben, soviel er für 
gut findet, zu entnehmen, auch damit im Satze abzubrechen, aber es 
zeigt einen Mangel schriftstellerischen Schicklichkeitsgefühls, etwas weg- 
zulassen, was dem angeführten Theile einen andern Sinn giebt oder 
dessen Inhalt einschränkt oder gar verdreht. Doch darüber setzt Pick sich 
hinweg. Wenn man das im Vorhergehenden Mitgetheilte in Betracht 
zieht, kann man ein solches Verfahren kaum auffällig finden. 

Auch im 4. Capitel hat Pick mit seinen Aufstellungen über die 
Gefängnisse, welche im Grashausgebäude lagen, Fiasco gemacht. Die 
Urkunden lassen ihn wieder in Stich und bezeichnen ihm ebensowenig 
die richtige Lage der in Eede stehenden Lokale, als im 2. Capitel 
die der Eathskammer. Sie sind werthvoll für die Geschichte aber werth- 
los für die topographische Archäologie, da er durch dieselben nicht die 
genaue Stelle eines einzigen Lokals hat nachweisen können. Doch 
benutzt er sie in einer ihm eigenthümlichen Weise zur Heraus- 
konstruirung seiner Aussagen, womit er glaubt, seinen Gegner, der sich 
der Thatsache als Urkunde bedient, widerlegen zu können. — Wie 
wenig ihm dies gelungen ist, dürfte im Obigen nachgewiesen worden sein. 



39 



Zum Aufsätze auf Seite 270: 



Das Rathhaus zu Aachen. 

In diesem Anfsatze sagt Pick^ S. 270: 

„Der Marktthurm des Eathhauses wurde im 14. Jahrhundert 
an der Stelle eines altern^ zur ehemaligen Pfalz gehörigen 
Thurmes errichtet. Dieser letztere Thurm, in welchem man 
allgemein die westliche Exedra des karolingischen Festsaales 
erblickt, wurde 1334 abgebrochen.*'*) 

Für diese Aufstellung hat Pick keinen geschichtlichen Anhalt, durch 
welchen er sie nachweisen kann, da die Zeit, in welcher der Eathhaus- 
bau ausgeführt wurde, nicht festgestellt ist. Es ist auch durch nichts 
bewiesen, und eine willkürliche A nnahme Pick's, dass man allgemein 
einen Thurm in der westlichen Exedra erblickt habe. Ursprünglich wies 
der Reichssaal drei Exedren auf, und bildete demnach ein Trichorium.^) 
So lange der Eeichssaal bestand, bildete die westliche Exedra den 
wichtigsten Theil desselben. Die Konstruktion des Reichssaales war 
nicht geeignet, um eine der Exedren als Thurm ausbauen zu können. 
Die westliche Exedra war am Reichssaal das. Was das Chor an der 
Kirche ist, und bildete ebenso wie jenes, in seiner baulichen Form 
eine Apsis. Das Mauerwerk derselben überragte nicht das des Reichs- 
saales, sondern bildete dessen westlichen Abschluss und Halt. Dass dieser 
Gebäudetheil damals, wie Pick sagt, als Thurm keinen Namen gehabt 
habe, glaube ich gern, da er vor dem 14. Jahrhundert kein Thurm 
war. Nur durch den Bau des Rathhauses in der jetzigen Konstruktion 
wurde es möglich, die Exedra als Thurm aufzubauen, dessen Helm 
mit der einen Hälfte auf der Halbkreisrundung und mit der andern auf 
den Rathhausbau ruhte. In dieser Konstruktion erhielt die Anlage erst 
den Namen Marktthurm. Vor Pick hat niemals Jemand diese Exedra 
als Thurm bezeichnet, weil sie eben kein solcher war. 

Die Bezeichnung der Exedra als Thurm hat bei Pick einen anderen 
Zweck ; er will nämlich dadurch glaubhaft machen, dass der unter dem 
Namen „Aula** damals noch bestehende Theil der karolingischen Pfalz, 
in welchem seiner Zeit sich die Wohnräume des Kaisers befanden, im 
14. Jahrhundert nicht existirt habe, und dass das mit dem Namen Aula 
bezeichnete Gebäude das Rathhaus gewesen sei. Da nun, wie die Stadt- 
rechnungen nachweisen, auf der Aula sich ein Thurm befand, der 1334 
abgebrochen wurde, so möchte er die Exedra als diesen hinstellen. — 
Die Aula, in deutscher Sprache der „sal" oder ^sall^ genannt, ist in 
der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts abgetragen worden^) und kommt 
nach dieser Zeit nicht mehr vor. 



1) Es muss bemerkt werden, dass der Marktthurm und das Rathhaus gleich- 
zeitig errichtet wurden, da beide Bautheile konstruktiv verbunden sind. 

2) Zeitschrift des Aach. Gesch.- Ver. HI, S. 42. 

3) Da die Aula, wie durch die Grafschaftsbücher nachg-ewiesen wird, um 
1460 nicht mehr bestand, sie aber in den Stadtrechnungen bis zum Ende des 
14. Jahrhunderts erwähnt wird, so ist es offenbar, dass sie in der ersten Hälfte 
des 15. Jahrhunderts abgetragen wurde. 



40 

Zunächst bemüht Pick sich; aas topographischen Verhältnissen 
nachweisen zu wollen^ dass die Aula identisch sei mit dem Eathhause. 
Hierzu sagt er, S. 276 : 

;,Die um 1460 angelegten Grafschaftsbücher der Stadt Aachen 
zählen die damals an der Ost- und Südostseite des Marktes 
gelegenen Gebäude sämmtlich auf, aber vergebens sucht man 
unter ihnen die Aula^. 
Es ist richtig; dass Pick an der Ost- und Südostseite des Marktes 
die ;;Aula^ vergeblich sucht; da sie doch niemals daselbst gestanden haben 
kann. Er scheint es auch zu vergessen; dass die Bezeichnung ;, Aula*' nur in 
den in lateinischer Sprache geschriebenen Urkunden vorkommt; während 
sie in der deutschen Sprache mit „sal" oder ;,sall" bezeichnet wurde. 
Da aber die Grafschaftsbücher in deutscher Sprache geschrieben sind, so 
ist es selbstredend; dass in denselben die Bezeichnung ^Aula'^ nicht 
vorkommt. Da bei der Anlage der Grafschaftsbücher; welche das damalige 
Kataster der Stadt bildeten; die Aula nicht mehr bestand; so konnte sie 
selbstredend nicht in diese Bücher aufgenommen werden, da sie nur die 
Grundstücke; welche auf der Stelle der ehemaligen Aula sich befanden, 
verzeichnen konnte. Daher können auch die Grafschaftsbücher nicht als 
Beweis für oder gegen das ehemalige Vorhandensein der Aula angeführt 
werden. Es sind darum auch alle Anführungen aus den Grafschaftsbüchern 
sowohl als aus den Urkunden nach 1450 für diese Sache als durchaus 
nichtsbedeutend zu erachten. — 

Dann fährt Pick auf S. 277 fort: 

„ sie (die Aula) kann sich dort auch nicht befunden 

haben; da aus den Stadtrechnungen des 14. Jahrhunderts; in 
Verbindung mit dem etwas altern Todtenbuch des Aachener 
Marienstifts und einzelnen Andeutungen lokaler Urkunden; mit 
Bestimmtheit hervorgeht : 

1. Dass Aula; wenigstens im 13. und 14. Jahrhundert und 
zweifellos auch früher; in Aachen nichts anderes als die 
lateinische Uebersetzung des deutschen Ausdrucks Saal (Sal) 
war; letzterer nach mittelalterlichem Sprachgebrauch = Palast 
(palatium regis); der so nach seinem^Hauptraum; der grossen 
Halle, worin der König Hof hielt^und die J Festlichkeiten 
stattfanden, benannt war ; 

2. dass der Saal oder die Aula an der Stelle des sheutigen 
Eathhauses lag,^^und 

3. dass jener Name nach dem Untergang des palatium auf das 
an seinem Platz tretende Gebäude, das Rathhaus, übertragen 
und später durch die zeitgemässe Benennung (domus consilii) 
Haus, grosses Haus, Stadthaus u. s. -w. verdrängt wurde.*' 

Wir wollen nun sehen, wie es sich mit dieser Aufstellung Pick's 
verhält. 

Wir finden im Todtenbuch der Marienkirche, dem Necrologium 
Eccl. B. M. V. Aquensis, welches nach Quix vom Jahre 1320 herrührt, 
auf S. 16 ausdrücklich des „Palatiums auf dem Markte** gedacht, mit 
den Worten: „0. Godestu .... XLI den. de domo quadam que adheret 
palacio regis in foro**. Es ist klar; dass hier kein anderes Gebäude 
gemeint gewesen ist; als das auf der Stelle des jetzigen Eathhauses 
stehende (vergl. QuiX; in der bei dieser Notiz gebrachten Anmerkung 1 



41 



daselbst), welches im Volksmnnde immer der Palast KarFs des Grossen- 
genannt wurde. Auch Quix (historisch-topographische Beschreibung der 
Stadt Aachen, S. 100) und C. P. Bock (das Bathhaus zu Aachen, S. 97) 
bezeichnen dieses Gebäude als den „Palast auf dem Markt '', ä Beeck sagt 
von ihm (Aquisgranum, pag. 13) „versus forum palatio" und (S. 14) 
„eiusdem'' palatii ; Eäntzeler nennt ihn ebenfalls wiederholt „Palast". Auch 
Aeneas Silvius nennt im 15. Jahrhundert das Rathhaus den Palast, und 
auf verschiedenen Ansichten des Rathhauses heisst die Ueberschrift : „Der 
Palast und Rathhaus zu Aachen". Es dürfte demnach nicht der geringste 
Zweifel über die Identität dieses Gebäudes mit dem früher an der Stelle 
des Rathhauses stehenden obwalten. 

In dem bereits gedachten Nekrolog der Münsterkirche finden wir 
auch mehrfach die von Pick bestrittene Aula erwähnt. So heisst es 
S. 26 de domo ante aulam ; S. 43 sub aulam, dann S. 49 Jutta de vetzou 
. ... de quadam domo super curiam ante aulam. Hier haben 
wir den unwiderlegbaren Beweis, dass die Aula an den Hof (super 
curiam) anstiess, demnach dieselbe nicht auf dem Markte, auf der 
Stelle des jetzigen Rathhauses liegen konnte. 

In den Stadtrechnungen des 14. Jahrhunderts finden wir die Aula 
vielfach erwähnt. So unter anderm S. 104,33—36 (zum Jahre 1334): 
„It. de aula in universo 18 m. tam in delis, lignis et ad picturam per 
Leonardum et de lignis carbonibus et ferreis necessariis de 7 januis, 
quam in labore magistri Wil. et famulorum suorum et de fractione 
turris aule superioris 46 m. 7 s. 3. d. It. 5^2 m. pr. Wm. et 
ass. it 54 m. 6 s. pr. Wm.". Pick behauptet nun, S. 271, ganz will- 
kürlich, dass der abgebrochene Thurm der Aula die westliche Exedra 
des ehemaligen Reichssaales, an der Stelle des jetzigen Marktthurmes 
gewesen sei. Er behauptet ferner, dass betreffs der bedeutenden 
Kosten dieser Position sowie noch zweier anderen, nämlich Stadtrechnung 
S. 104,36 und 105,15, im Ganzen etwa 665 Aachener Mark, oder gegen 
6300 Mark heutigen Geldes, es sich 

„nicht zum Aufbau der verfallenen Aula, wie man vielleicht 
denken könnte, sondern um den Bau des neuen Rathhauses 
handelte, der mithin schon 1334 in vollem Gange war^. 

Aus dieser Position will Pick somit nachweisen — was er nach keiner 
Seite hin beweisen kann — , dass es sich im Jahre 1334 um den Bau 
des neuen Rathhauses handele, der damals schon in vollem Gange ge- 
wesen wäre. Es ist dies schon an sich unrichtig, denn da man im Jahre 
1334 noch mit dem Abbruch des alten Reichssaales beschäftigt gewesen 
sein soll, konnte von einem im vollen Gange gewesenen Aufbau des 
neuen Rathhauses nicht die Rede sein. Aber auch abgesehen hiervon, 
kann er diese Position nicht als Beweis anführen, da sie nicht von der 
von ihm als Thurm angenommenen Exedra, sondern vom obern Thurm 
der Aula spricht. Wozu wären die Kosten für Dielen, Holz und Malerei 
sowie für Kohlen, Eisen und sieben Thüren nöthig, wenn es sich um den 
Abbruch eines alten Gebäudes handelte? Und dann die beiden folgenden 
Positionen der Stadtrechn. S. 104,38 und S. 105,1, welche von Blei 
und Zinn sprechen, die man doch nur zu einem bereits fertigen Dache 
gebraucht und gewiss nicht zu einem Gebäude, mit dessen Abbruch man 
beschäftigt ist. Die Art der angeschafften Gegenstände, für welche die 
in der gedachten Position notixten Summen ausgegeben wurden, zeigt 



42 

klar^ dass es sich hier nicht nin den Neubau des Eathhauses^ der erst 
nach Jahrzehnten fertig gestellt wurde, sondern um Erneuerung eines 
in guten Zustand zu versetzenden alten Gebäudes handelte. Es ist 
daher auch unrichtig; dass, wie Pick sagt, man die in diesen Positionen 
genannten Summen zum Bau des neuen Eathhauses verwandt habe.^) 
— Die Aufstellungen Pick's weisen aber klar darauf hin, dass er das 
Vorhandensein der, wie er sagt, „verfallenen*^ Aula durchaus verneinen 
will. Die Aussage, dass die Aula um die Zeit des Eathhausbaues „ver- 
fallen^ gewesen sei, kann er keineswegs nachweisen. 

So will er auch auf S. 275, Anm. 1, glauben machen, die in den 
Stadtrechnungen zum Jahre 1346 S. 186,39 angeführten Dachdecker- 
arbeiten, welche die Aula betrafen, sißien am Eathhaus ausgeführt worden, 
und zwar ihres geringen Betrags wegen, an dem bereits fertigen Dache 
des letztern. Dieses hätte aber um diese Zeit noch nicht vollendet sein 
können. Zum Beweise der Fertigstellung des Eathhauses glaubt er auch 
auf die im Jahre 1338, also vier Jahre nach dem angeblichen Abbruch 
des alten Eeichssaales, erfolgte Aufstellung des Prangers auf dem Chorus- 
platze, sowie auf den Neubau des Grewandhauses und der am Büchel 
befindlichen WoUktiche hinweisen zu sollen. Wie aber diese Gebäulich- 
keiten in Beziehung zu der Fertigstellung des Eathhauses stehen, sagt 
er uns nicht. 

Doch auch für den Fortbestand der von Pick bestrittenen Aula 
während der von ihm behaupteten Bauzeit des neuen 
Eathhauses, liefern die Stadtrechnungen des 14. Jahrhunderts eine 
Menge von Beweisen. So wird dieselbe im Jahre 1344 auf S. 158,24 
und 158,34—35 erwähnt. Die letzte Position besagt, dass auf der 
Aula die Glocke (campana) hing. Diese konnte sich doch nicht auf dem 
noch im Bau begriffenen Eathhaus befinden. Von der Glocke ist im 
Jahre 1346 (S. 177,22-23) wieder die Eede, sowie auch auf S. 187,25. 
Im Jahre 1349 lagen (S. 203,22) die Pfeifer und Hornbläser auf der 
Aula, die während der Zeigung der Eeliquien musizirten, was doch 
nicht auf dem noch im Bau begriffenen Eathhaus stattfinden konnte. 
S. 227,7 ist wiederum von der Glocke die Eede. Dann im Jahre 1373 
auf S. 234,37, wo von einem Hause vor, und S. 235,23, wo von 
einem solchen unterhalb der Aula gesprochen wird. 1376 auf 
S. 241,28 befanden sich Kleider für die Musikanten daselbst. Ferner 
wurden in den Jahren 1338 (Stadtrechnungen S. 129,37), 1344 (eben- 
das. S. 158,27), 1346 (ebendas. 187,25) und in vielen anderen Jahren 
Kohlen auf die Aula geliefert. Es würde Thorheit sein, anzunehmen, 
dass diese Kohlen auf das Eathhaus geliefert worden seien, welches 
um diese Zeit noch nicht im Mauerwerk hergestellt sein konnte, mithin 
für Kohlen daselbst keine^Verwendung war. Es geht aus dieser Anzahl 
von Beweisen, die leicht zu vermehren sind und auch für die späteren 
Zeiten fortgeführt werden könnten, unbestritten hervor, dass nicht nur 
die Aula, im Gegensatz zum Palast, bestand, sondern dass sie auch 
während des Baues des neuen Eathhauses und nach Vollendung des 
letztern bestanden hat und städtischerseits benutzt wurde. 



1) Ich finde in den von Laurent herausgeg-ebenen Stadtrechuungen keine 
einzige Summe, von welcher man mit Gewissheit annehmen kann, dass sie zum 
Neubau des Eathhauses verausgabt worden sei. 



43 



Hier drängt sich die Frage auf: Wie konnte Pick diese und noch 
viele andere Angaben, welche in den Stadtrechnungen den Fortbestand 
der Aula nachweisen, übersehen, wenn er sie nicht hat übersehen wollen ? 

Auf S. 272 bemüht sich Pick, glaubwürdig zu machen, dass die 
in den Stadtrechn. der Jahre 1344/45, 1346/47 und 1349/50 genannte 
domus consilii das Eathhaus auf dem Markte sei, zumal letzteres einige 
Jahrzehnte später mit der nämlichen Bezeichnung vorkomme. Auf die 
domus consilii wurden nach Ausweis dieser Rechnungen Kohlen geliefert, 
dorthin trägt man 1344 die Armbrüste u. s. w. Nur meint er, diese 
Dinge Hessen sich in wenigen fertig gestellten Räumen eines Gebäudes, 
auch wenn dieses nicht völlig vollendet sei, wohl aufbewahren. — Er be- 
greift es nicht, dass die drei Geschosse des Rathhauses überwölbt wurden, 
und diese Ueberwölbung erst nach Fertigstellung des Daches ausgeführt 
werden konnte. Deswegen konnte bis dahin in dem Gebäude kein Raum 
zur Benutzung hergestellt werden. Pick will nicht einsehen, dass hier 
unter domus consilii die domus civium (das Bürgerhaus, Grashaus) gemeint 
sein muss, welches, so lange das Rathhaus auf dem Markte noch nicht 
fertig war, wie bisher, als domus consilii, als Rathhaus, diente. Dass 
das im Bau begriffene Rathhaus nicht als domus consilii diente, ist doch 
selbstverständlich, zumal ein solches im Bürgerhaus bestand. Es kann 
auch das nicht als Einwand dienen, dass es nach seiner Fertigstellung, 
etwa im Jahre 1370, domus consilii genannt wird. 

Wir ersehen auch des Fernern aus den Stadtrechnungen, dass die 
Aula nicht identisch war mit dem Rathhause. S. 125,37 finden wir die 
Notiz : It de via lapidea ab aula usque ad musam supra curiam. Ver- 
gegenwärtigen wir uns die gegenseitige Lage des Rathhauses und des 
Hofes (curia), so finden wir, dass diese via lapidea, oder gepflasterter 
Weg, um den einen mit dem andern. Orte zu verbinden, einen langen 
und vielfach gekrümmten Weg hätte machen müssen, während dieser 
Weg, bei der Lage der Aula am Hühnermarkt, ein kurzer, den ange- 
gebenen Kosten entsprechender war. 

Im Vorhergehenden dürfte sattsam nachgewiesen sein, dass die 
Aula nicht identisch mit dem Rathhaus war, vielmehr dass sie in der 
Nähe der „curia^ lag. Dass diese Curia den Platz bildete, welcher zu 
allen Zeiten „der Hof*^ geheissen hat und noch jetzt heisst, ist weder 
von den aachener Geschichtschreibern noch von sonst Jemand jemals in 
Zweifel gezogen worden. Pick ist der einzige, der sich dies gestattet.^) 

Einsehend, dass Aula und Curia, als nebeneinanderliegend, nicht 
getrennt werden konnten, da dies, der Urkunden wegen, unmöglich war, 
und, um mit den Angaben des Nekrologs und den Stadtrechnungen in 
Uebereinstimmung zu bleiben, fasst Pick den heldenmüthigen Entschluss, 
den Hof auf den Chorusplatz zu verlegen, um das fälschlich von ihm 
zur Aula umgestempelte Rathhaus als dicht am Hofe liegend bezeichnen 
zu können. Zu diesem Zweck leitartikelt er auf S. 280 und 281 Folgendes: 



1) Ein Blick auf den Plan, welcher meiner Schrift über die karoJingische 
Pfalz beigegeben ist, zeigt sofort, dass das Rathhaus niemals weder an dem Hof 
(curia) gelegen hat noch hat liegen können, da es an der Süd- und Ostseite von 
Gebäuden umgeben war, welche es durchaus von demselben abtrennten. Es ist 
daher klar, dass die am Hofe (super curiam) liegende Aula mit dem am Markte 
(in foro) liegenden Rathhaus nicht identisch sein konnte. 



44 



„Für die Lage der Aula ist noch besonders bemerkenswerth 
die von der ältesten Hand (um 1265) geschriebene Eintragung 
zum 30. August in dem Todtenbuch des Aachener Marienstifts" : 

„Obiit Jutta de Vetzou^ pro qua habemus annuatim 12 denarios 
de quadam domo supra Curiam ante aulam". 

„Dass das fragliche Haus auf dem Markt gelegen habe^ ist 
nicht anzunehmen, da dieser, wenngleich er einstmals den 
innem Pfalzhof bildete, niemals mit der Bezeichnung Curia 
(Hof) erwähnt wird, auch nachweislich schon im 12. Jahrhundert 
zu gewerblichen Zwecken benutzt wurde. Dagegen gab es mehrere 
Plätze mit dem Namen „Hof* (Curia), z. B. der noch heute so 
bezeichnete Platz zwischen Büchel und Krämerstrasse und der 
noch jetzt Chorusplatz genannte Hof, zwischen Münster und 
Eathhaus. Letzterer war ursprünglich der äussere Pfalzhof, 
hiess anfänglich bloss Hof, z. B. in einer im hiesigen Stiftsarchiv 
befindlichen Urkunde vom 22. Februar 1360, worin von zwei 
Häusern „up deme Hove bei der beirren kelre** die Rede ist 
und wurde seit dem 15. Jahrhundert nach dem anscheinend 
im Etatsjahr 1338/39 hier errichteten Pranger (Kax) der 
Katschhof genannt. Dass man bei der „Curia ante aulam" 
nicht an den heutigen Hof denken kann, bedarf keines weitern 
Beweises, jene Benennung passt aber genau zu dem Chorusplatz, 
der in älterer Zeit mehr als heute mit Gebäuden besetzt war 
und dessen Nordseite noch um 1460 als „an den Sal** bezeichnet 
wird. Auch die Benennung „ante aulam" steht dieser Auf- 
fassung keineswegs entgegen, da der Chorusplatz als vormaliger 
äusserer Pfalzhof in älterer Zeit sicherlich stets als vor der 
Aula liegend betrachtet , worden ist. Erweist sich hiernach 
der heutige Chorusplatz als die Curia ante aulam, so ist damit 
zugleich wiederum die Lage der letztern an der Stelle des 
jetzigen ßathhauses festgestellt/ 

Soviel Sätze, soviel Unwahrheiten. 

Es ist sowohl im Todtenbuch als auch in den Stadtrechnungen 
immer nur von einer Curia die Rede, und diese war der noch jetzt 
mit „Hof* bezeichnete Platz, wie sich dies aus den Stadtrechnungen 
ergiebt, wo verschiedene Anlagen und sonstige Gebäulichkeiten erwähnt 
werden, die zum Theil mit den dort entspringenden heissen Quellen in 
Verbindung stehen. So z. B. im Jahre 1338, Stadtrechn. S. 125,37 
musa supra curiam; im Jahre 1344, Stadtrechn. S. 149,26 de via 
lapidea supro curiam prope balnea; im Jahre 1346, S. 171,20 hospitali 
supra curiam,*) im Jahre 1349, S. 202,2 fraternitati hospitalis^) supra 
curiam; 1349, S. 223,38' lava torium») supra curiam; 1376, S. 245,5 
lavatorium und S. 145,35 musa und lavatorium supra curiam. Auch 
das Zinsbuch, der liber censuum des Münsterstiftes vom Jahre 1320, 
nennt den Hof einfach curia, so S. 78 in der Ueberschrift „Census 
supra curiam" ohne weiteres Beiwort. Dass hiermit kein anderer Hof 
als der noch jetzt sogenannte Hof zwischen Büchel und Krämerstrasse 



1) Das Blasiusspital auf dem Hofe. 

2) Die Bruderschaft des Blasiusspitales. 

3) Die Wäsche auf dem Hof über der warmen Quelle. 



45 



gemeint ist^ beweisen die im Zinsbnclie demselben als anliegend^ erwähnten 
balneom regis and balneam qnod dicitnr Katzbad. So ist anch das im 
Jahre 1394 vorkommende „gastns (Gasthaas, Spital) ap den Hof , 
(Stadtrechn. S. 398,36), welches kein anderes sein kann, als das in 
Anmerk. 1 erwähnte Blasiasspital, fär die Lage des Hofes in dieser 
Zeit bezeichnend. Man sieht, es mangelt nicht an nrknndlichen Beweisen, 
dass dieser Platz früher, and anch noch nach Fertigstellnng des Eath- 
haases, einfach „aaf dem Hofe, sapra cariam*" genannt warde. Dieser 
Platz ist stets mit dem alleinigen Namen „Hof, ohne weitere Bei- 
benennnng, bezeichnet, während die andern Plätze zar nähern Bestimmang 
ihrer Lage in spätem Urknnden Eatschhof, Schnsterhof a. s. w. bezeichnet 
wurden. 

Mit der Bezeichnang „Carla ante aalam"", welche Pick heraas- 
getüftelt hat, begeht er eine Textverdrehung, denn es soll heissen „de 
domo sapra cariam — ante aalam^, das ante aalam ist nnr bei- 
gefägt, am die nähere Lage des Hanses aaf der langgestreckten Curia zu 
bezeichnen. Eine „Carla, ante aalam" in dieser Bedeatang des Wortes 
hat es nie in Aachen gegeben; Pick kann eine solche nicht nachweisen, 
and am allerwenigsten war der Chorasplatz dieselbe, da er weder an 
den Bädern lag noch eine Wäsche, wie der Hof, aufwies. In einem 
gegen 1300 geschriebenen Zinsbache des Münsterstiftes wird dieser 
Platz „Ballium'' genannt.^) Es ist eine Verdrehung der Thatsachen, 
die Pick aufgestellt, „dass man bei der „Curia ante aulam'' nicht an 
den heutigen Hof denken könne ^. Wenn auch die Benennung „Hof^, 
ohne näheres Beiwort, zur Bezeichnung des Chorusplatzes einmal in 
einer Urkunde des Münsterstiftes vorkommt, so kann diese doch für 
Annahme einer veränderten Bezeichnung des Chorusplatzes nicht mass- 
gebend sein. Und wenn, S. 281, in einer Urkunde vom Jahre 1460, 
der nördliche Theil des Katschhofes als „an den Sal** liegend bezeichnet 
ist, so ist diese Urkunde, wie so manche andere von Pick gebrachte, 
bedeutungslos, da sie zu einer Zeit aufgestellt ist, in welcher die Aula 
nicht mehr bestand und das Eathhaus bereits seine jetzige Benennung 
führte. Seit dem Bestehen der Stadt lag vor dem Eathhause der Markt 
und hinter demselben der Chorusplatz, welch letzterer aber nie bis zum 
Eathhause gereicht hat, da zwischen beiden die Kaufhallen sich befanden. 
Auch war das Rathhaus vom Chorusplatze ab direkt nicht zu erreichen. 
Es haben auch beide niemals in unmittelbarer VerbinduDg gestanden. 
Noppius sagt I, 102: „Hier ab ist das Eahthauss einer seits langst 
dem grossen Marckt, anderseits nach dem Katschhoff^. Das nach 
bedeutet hier offenbar die Eichtung. 

Unrichtig ist es auch, „dass der Chorusplatz ursprünglich der 
äussere Pfalzhof gewesen sei^. Es ist dieser Platz stets zwischen dem 
Münster und dem Eathhause eingeschlossen gewesen und kann daher 
niemals ein äusserer Pfalzhof gewesen sein. Pick zeigt hier wieder 
sein topographisches Nichtwissen, und ist daher auch seine Angabe, dass 
„der Chorusplatz als vormaliger äusserer Pfalzhof in älterer Zeit sicher- 
lich stets als vor der Aula liegend betrachtet worden ist", eine unwahre 
und so absurde, dass man die Eichtigstellung derselben aufgeben muss. 

Aus den um 1460 angelegten Grafschaftsbüchern führt Pick 
S. 286 an: 

i) C. i*. Bock, Das Eathhaus zu Aachen, S. 36 ff. 



46 



^Op den Kaxhoff. 

Item der stat huyser gelegen langes den Kaxshoff. (Die 
gadom steynt op den steynweych)*' 
und fügt dann in Anm. 2 bei: 

„Das Eingeklammerte ist von anderer Hand beigefügt. Des 
Steinwegs gedenkt schon die städtische Ausgabe-Eechnnng 
von 1338/39 : Item de via lapidea ab aala nsqne ad mosam 
supra Curiam etc." 

Es ist dies wieder eine Verdrehung der Thatsachen durch Pick, 
die via lapidea auf den Ghorusplatz zu verlegen, da sie doch offenbar 
auf dem Hofe sich befand, indem auf dem Chorusplatz keine musa 
(laufender Brunnen, Pief) stand. 

Auf S. 281, Anm. 3, will Pick auf Grund des bei Noppius III, 
S. 141, gebrachten § 4 des WoUenambachts-Privilegiums beweisen, dass 
der in diesem § genannte „aide Hoff*' der Chorusplatz sei. Er bemerkt 
ferner, dass dort von der Hoffpiffe (§ 6) und dem „Hoff vur der Woll- 
kuchen'' (§ 11) die Eede sei. — Ich weiss nicht, wie Pick dies gedeutet 
haben möchte, doch muss ich bemerken, dass die in den Stadtrechnungen 
von 1338, S. 125,37, gedachte „musa supra curiam" identisch ist mit 
der daselbst, S. 249,29, genannten „Hoeff piif**.*) Da er auch noch 
die Wollküche erwähnt, die nur wegen des heissen Quellwassers ein- 
gerichtet war, welches sich bekanntlich auf dem Chorusplatz nicht vor- 
findet, so hätte er auch ebensogut die in dem Zinsbuche des Münsterstifts 
vom Jahre 1320, S. 78, als am Hof liegend gedachten Königs- und 
Kutzbadehäuser auf den Chorusplatz verlegen können! 

In den Stadtrechnungen des Jahres 1376, S. 255,10, befindet 
sich die Position: „Item 4 s. um Gras up den sali du die Kaiserynne 
drup quam danzen". Pick sagt, S. 279: 

„Dass diese Festlichkeit erweislich im Eathhaus, und zwar 
nicht auf dem Kaisersaal, sondern auf dem in der ersten Etage 
gelegenen „sali" Tanzsaal (Tanzkammer) stattgefunden habe". 

Es muss diese Thatsache noch besser erwiesen werden als durch 
eine Angabe Pick's, denn um 1376 bestand nachweislich noch die Aula, 
der „sal*^, und ist es durchaus nicht ausgeschlossen, dass dieses Tanzen 
der Kaiserin in derselben stattfand. Dafür spricht das Wort „up den 
sali", womit in deutscher Sprache, wie oben gedacht, die Aula bezeichnet 
wurde. In späterer Zeit, als die Aula nicht mehr bestand, hat man im 
Erdgeschoss des Eathhauses einen Eaum den Tanzsaal benannt. Nach 
dem oben Gesagten ist es auch unrichtig, was Pick S. 277 (unter 
2. und 3.) sagt, dass die Bezeichnung Aula auf das neue Eathhaus über- 
gegangen sei. Mir ist keine Schrift bekannt, welche den Beweis bringt, 
dass das jetzige Eathhaus Aula oder Sal genannt worden sei, und es 
ist als bestimmt anzunehmen, dass die Bezeichnung Eathhaus, Stadthaus, 
grosses Haus u. s. w. sofort für dasselbe angenommen werden ist. Die letztere 
Bezeichnung finden wir schon im Jahre 1387.*) Das bisherige Eathhaus 



1) Stadtrechnungen, S. 426,4. Ferner S. 385,9 unter der Ueberschrift : 
„Dit sind die ander huysser up den Hoff" Rutger Vinkendey von syme huse 
up den Wesche 5 m. 

3) Stadtrechn., S. 368,15 und 385,26 „dit sind die gedummen up den 
mart vilr deme groissen huys". 



47 

am Fischmarkt wurde noch immerfort „ Bürgerhans ** genannt.^) Die 
Bezeichnung ^sal"^) in den deutsch geschriebenen Rechnungen des 
14. Jahrhunderts bezieht sich in den Stadtrechnungen noch immer auf 
die alte Aula, da in derselben die nämlichen Verrichtungen geschahen, 
wie vor der Fertigstellung des neuen Eathhauses. 

Das neue Rathhaus, mit seinen weiten Eäumen, war für die 
damaligen Bedürfnisse der städtischen Verwaltung ausreichend angelegt, 
und machte den ferneren Bestand der Aula, welche ohnehin bereits ein 
alter Bau war, überflüssig; auch wurde dieselbe nicht mehr erneut, 
sondern wie oben gesagt, in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts ab- 
getragen. Der Eaum, auf welchem sie gestanden, ging in Privatbesitz 
über; wann dies geschehen, ist nicht näher festgestellt. Dass die 
Bezeichnung „an den sal^^ noch in den Grafschaftsbüchern vorkommt, 
weist darauf hin, dass sie zur Angabe der Lage noch im Volke all- 
gemein gebräuchlich war, auch als die Aula nicht mehr bestand. 
Es wird damals so gewesen sein, wie auch noch jetzt, da, nachdem die 
äussern Stadtthore vor fast einem Jahrhundert abgebrochen sind, die 
ehemals ausserhalb derselben liegenden Orte heute noch als „vor den 
Thoren" liegend bezeichnet werden. — Pick sagt S. 276: 

„Ja man hat sogar behauptet, dass dieses letztere Gebäude 
(die Aula) noch bis zum grossen Stadtbrande von 1656 fort- 
bestanden habe''. 
(Hier citirt er in Anm. 2 „Ehoen, die karolingische Pfalz zu 
Aachen, S. 73,^ und fährt dann fort): 

„Nichts ist irriger als dies". — 
In meiner Schrift, die karolingische Pfalz, lautet die citirte Stelle, 
S. 73, jedoch so: 

„Nach dem 14. Jahrhundert finden wir keine Nachrichten 
mehr über dieselbe (die Aula) und sind uns keine geschicht- 
lichen Notizen weiter darüber bekannt. In späterer Zeit, im 
17. Jahrhundert, finden wir in den nach dem grossen Brande 
vom Jahr 1656 geführten Rathsprotokollen die Stelle der 
ehemaligen Aula in mehrern Parzellen eingetheilt und auf den- 
selben Wohn- und Zunfthäuser errichtet,*' 
also das genaue Gegentheil der Pick 'sehen Auslassung. — Ich überlasse 
es dem geneigten Leser, sich über die Wahrheitsliebe (?) Pick's sein ürtheil 
zu bilden. 

Von den von Pick auf S. 277 aufgestellten Behauptungen, welche 
er aus den Stadtrechnungen und aus dem Todtenbuch des Münsterstiftes 
mit Bestimmtheit nachweisen zu können vorgab, hat er, wie wir gesehen 
haben, keine zu beweisen vermocht. Dagegen ist durch das oben 
Angegebene nachgewiesen, dass die Aula ein vom Eathhaus ganz un- 
abhängiger Bau war, der selbstständig für sich bestand. Und dieser 
Beweis ist geführt worden aus denselben Schriften aus denen Pick 
versuchte, seine Angaben zu beweisen. Auch ist sein Versuch, den Hof 
(curia) nach dem Chorusplatz zu verlegen, wodurch in die Topographie 
der alten Pfalz Verwirrung gebracht worden wäre, vereitelt worden. 
Selbst die eigenthümliche Phrasendrechselung auf S. 281 : 



J) Ebendas., 373,32-34, 393,9, 393,31 

2) Ebendas., 357,10, 361,26, 373,32-34, 375,35. 



48 



n erweist sich hiernach der hentige Chornsplatz als die Caria 
ante aalam^ so ist damit zugleich wiederum die Lage der 
letztern an der Stelle des jetzigen Rathhaases festgestellt^, 
ist hierbei für ihn fruchtlos^ denn mit dem ^erweist sich dies — so ist 
es das^ ist ein Cirkelschluss, welcher Nichts feststellt; es müssen positive 
Nachweise gebracht werden^ die Pick aber, wie seine Ansführnngen zeigen, 
zu bringen nicht im Stande ist. Trotz seiner Textverdrehungen — um 
die Sache gelinde zu bezeichnen — hat er es nicht vermocht, die 
Wahrheit umzustossen, und ist mit seinen Behauptungen und Angaben 
in die Brüche gerathen. 



Zu den Bauten in Aachen, welche wahrscheinlich von Ludwig dem 
Frommen ausgeführt wurden, gehört auch ein Tonnengewölbe von etwa 
5 m lichter Breite, welches sich vom Domhofe ab der Westseite des 
Chorusplatzes entlang bis auf 15 m vom Eathhause ab erstreckte.^) 
Oberhalb dieses Gewölbes, welches in mittelguter Weise in Bruchsteinen 
hergestellt ist, befand sich ein in späterer Zeit vielfach durch Quermauern 
unterbrochener Gang, der aus zwei Mauern von fast 1 m Stärke mit 
darüber befindlicher Holzdecke gebildet war.*) Der mittlere Theil dieses 
Gewölbes wurde gegen 1748 und der nördliche im Jahre 1894 abgetragen. 

Eine junge, noch nicht 80 Jahre alte, Tradition^) besagt, dass 
dieses das Gebäude sei, welches Einhard in Cap. 32 seiner Vita Karoli 
mit den Worten erwähnt: ^Porticus, quam inter basilicam et regiam 
operosa mole construxerat, die ascensionis Domini subita ruina usque ad 
fundamenta conlapsa." Von den ältesten Geschichtschreibern Aachens, 
wie k Beeck, Noppius und Meyer, wird dieses Gewölbe nicht erwähnt; 
sie führen beim Bericht über den Tod Karls d. Gr. nur die Worte 
Einhards an, ohne anzugeben, wo der Portikus gestanden haben soll. 
Der erste aachener Schriftsteller, welcher sich über die Lage dieses 
Portikus äusserte, war Nolten, der im Jahre 1818 auf ihn, als oberhalb 
des Gewölbes befindlich, in unklarer Weise hinweist.*) Nolten folgte 
hierbei der alten Annahme, dass das Eathhaus auf der Stelle des 
ehemaligen Palastes KarFs d. Gr. stände. Ihm, als nicht Bauverständigen, 
scheint die Bedeutung des Wortes „Portikus", wie sie von Einhard 
sachverständlich ausgesprochen ist, nicht klar gewesen zu sein, da ein 
Portikus doch nicht aus bloss zwei parallelen Mauern, sondern aus einer 
Mauer mit ihr parallel stehender Säulenreihe besteht. Auch den Ausdruck 
Einhard's „operosa mole construxerat '^ scheint er nicht verstanden zuhaben, 
da er das Bauwerk als Portikus ausgab, obschon Einhard's Ausdruck 
ein Gebäude bedeutet, das in starker, solider und kräftiger Weise aus- 
geführt ward. 

Von diesem Portikus hatte sich nun auch allmählich die Sage aus- 
gebildet, dass derselbe in horizontaler Richtung vom Obergeschosse der 
Münsterkirche, dem sogenannten Hochmünster, zum Erdgeschosse des Eath- 
hauses, welches nachweislich noch jetzt in derselben Höhe wie der ehemalige 



1) Rhoen, die karolingische Pfalz zu Aachen, S. 115. 
3) Rhoen, Der sogenannte karolingische Gang zu Aachen, S 2. 
3) Ebend., S. 9. 

*) Archäologische Beschreibung der Münster- oder Krönungskirche in Aachen, 
nebst einem Versuch über die Lage des Palastes Karl's d. Gr., S. 16. 



49 



karolingiscbe Eeichssaal') liegt, geführt habe. Angestellte Nivellements 
haben jedoch ergeben, dass dies nicht zutrifft, da das Erdgeschoss des Eath- 
haases um 2,69 m höher liegt als das Hochmünster. ^) Es ist demnach 
ausgeschlossen, dass das Obergeschoss des betreffenden Gewölbes als eine 
horizontale Verbindung zwischen dem Hochmünster und dem Rathhause 
zu betrachten ist. 

So hatte sich diese Tradition aus der unklaren Angabe Nolten's 
gebildet, und wurde, als eine Lieblingstradition der aachener Bärger, 
vielfach besprochen. 

Einhard spricht in den Annalen zum Jahre 817 von einem andern 
Portikus: „Feria 5 qua coena Domini celebratur, cum Imperator ab 
ecclesia peracto sacro officio remearet, lignea porticus per quam incedebat, 
cum et fragili materia esset edificata, et tunc jam marcida et putrefacta 
quae contignationem et tabulatum sustinebat transtra pondus aliquod 
ferre non possent, incedentem desuper imperatorum subita ruina cum 
viginti et amplius hominibus, qui una ibant, ad terram nsque deposuit^. 

Man hat seltsamer Weise diesen Portikus mit dem oben angeführten 
identifizirt, ohne auf den von Einhard angegebenen Unterschied in der 
Konstruktion zu achten. Die aachener Geschichtschreiber, Quix, C. P. Bock, 
Haagen und Andere haben die Angabe Nolten's mit Eifer aufgefasst und 
sich ohne weiteres Nachdenken damit begnügt, herauszufinden, dass die 
verschiedenen Einstürze des Portikus an verschiedenen Stellen desselben 
stattgefunden haben sollen. In neuerer Zeit ist das Dunkel, welches auf 
den angegebenen Stellen Einhard's lag, durch die kleine Schrift ^Der 
karolingiscbe Gang^ aufgehellt, und klargelegt worden, dass Einhard 
nicht einen sondern zwei verschiedenartig konstruirte Portiken ge- 
meint haben muss, wie es aus den angegebenen Bauarten, wovon die eine 
mit operosa mole construxerat, die andere mit lignea porticus .... cum 
fragili materia esset edificata bezeichnet ist, klar und deutlich hervorgeht. 

Dass die altern aachener Geschichtschreiber, wie Quix, P. C. Bock, 
Haagen und Andere, die Angaben Nolten's angenommen haben, kann nicht 
auffallen. Um so mehr muss es aber auffällig erscheinen, dass in der 
neuesten Zeit, in welcher doch schon seit einer Reihe von Jahren die 
karolingischen und andere Bauverhältnisse unserer Stadt auf Grund er- 
folgter Aufgrabungen und Auffindungen so klar gelegt worden sind, wie 
es nur in wenigen andern Städten der Fall ist, Pick in seinem Buche, 
S. 304, noch immer auf die Ansicht Nolten's und der diesem folgenden 
Geschichtschreiber zurückgreift und sich denselben anschliesst! Er sagt 
an der angegebenen Stelle, nachdem er die Mittheilung Einhard's in den 
Annalen zum Jahre 817 gebracht hat: 

„Mit Recht nimmt man fast allgemein an, dass beide An- 
gaben auf denselben Portikus Bezug haben und der Zusammen- 
sturz sich an zwei verschiedenen Stellen ereignet habe^. 
Hierfür beruft er sich (S. 304, Anm. 2) auf k Beeck, Aquisgranum, p. 56, 
und Meyer, Aach. Gesch., S. 106 und 134. Diese bringen aber nur die oben 
gebrachte Mittheilung Einhard's (vita KaroliCap. 32), ohne weitere Angabe 
der Stelle, wo der Portikus gestanden haben soll. Eben dasselbe sagen 
auch die von Pick herangezogenen neuern Geschichtschreiber, Giemen, 
Simson und Richter-Kohl. Weiter fährt er auf S. 304 fort : 

1) Zeitschrift des Aach. Gesch.- Ver. m, S. 39. 

2) Rhoen, Der karolingiscbe Gang, S. 18. 



50 



„Wie der Portikus sich an die Pfalz anschloss, ist nicht 
aufgeklärt. Nach örtlichen Untersuchungen reichte er nicht his 
an das heutige Gebäude heraU; sodass die Vermuthung nicht 
unbegründet erscheint, er habe auf einen Laubengang (solarium) 
gemündet, der sich um die Pfalz etwa in der Höhe der jetzigen 
Eathhausetage herumgezogen habe. Für diese Annahme spricht 
namentlich die Richtung des Weges, den der Rath seit Alters, 
und nachweislich bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts zur 
Mitwirkung bei der Oeffnung und Schliessung des Heiligthums- 
schreins vom Rathhaus nach dem Münster nahm.^ 
Es ist unmöglich, aus dieser konfusen, von Pick selbst unver- 
standenen Darstellung, Klarheit und Sinn herauszufinden. — Der aus 
den örtlichen Untersuchungen sich ergebende Befund, dass das fenster- 
lose Gewölbe, welches nach Pick's Ansicht den Portikus bildete, 
um 14,60 m vom Rathhausgebäude entfernt aufhörte, scheint für ihn 
nicht in Betracht zu kommen. So scheint ihm auch die von ihm selbst 
aufgestellte Vermuthung nicht unbegründet zu sein, dass dieses Gewölbe, 
dessen Oberkante an seinem Ende mit der Erde in gleicher Höhe lag 
und also vollständig einen Keller bildete, auf einen Laubengang ausge- 
mündet habe, der sich um die Pfalz, etwa in der Höhe der jetzigen 
Eathhausetage, durchgezogen habe ! Die Unmöglichkeit dieser Vermuthung 
tritt in ein um so helleres Licht, wenn man erwägt, dass die Eathhaus- 
etage 14,90 m höher liegt als der Fussboden des Gewölbes, und der Lauben- 
gang, den Pick sich denkt, von dort unmöglich zu erreichen war. Und wenn 
es einen Laubengang um die Pfalz (?!) herum in der von ihm angegebenen 
Höhe gegeben hätte, auf welcher Höhe hätte dieser dann an den untern 
tiefern Stellen der auf sehr abschüssigem Terrain befindlichen Pfalzanlage 
liegen müssen ? Er würde dort die Dächer der meisten daselbst liegenden 
Gebäude überragt haben. — Diese Hypothese entspringt einer Phantasie, 
deren Erzeugnisse zu widerlegen gänzlich zwecklos ist. 

Pick meint dabei noch, dass für seine Annahme die Wege- 
richtung spräche, die der Eath bei Aufschliessung des Heiligthumsschreins 
vom Rathhause zum Münster nahm ! Die Beziehung dieses Weges zu 
seinem Laubengang ist eine ganz willkürliche und unmögliche; der 
Weg kann daher auch niemals daselbst bestanden haben. Der 
Weg, welchen der Eath bei der Aufschliessung des Heiligthumsschreines 
nahm, war bei der Heiligthumsfahrt vom Jahre 1657 ein völlig 
verschiedener von dem von 1888, wie sich dies aus dem Vergleich 
der EathsprotokoUe und der örtlichen Lage ergiebt. Aber in beiden 
Jahren musste der Eath treppauf, treppab, über Höfe, durch Zimmer, 
durch bedeckte Eäume und unter freiem Himmel gehen, um — im 
Kreuzgang anzulangen. Wäre der Weg durch das Gewölbe genommen 
worden, so wäre der Eath nicht im Münster, sondern im Domhof ange- 
kommen. Wenn der Eath mit peinlicher Gewissenhaftigkeit, wie Pick un- 
richtig sagt, an diesem Wege, der ja schon baulicher Umstände halber 
wechseln musste, fest hielt, so wird er durch sein fast immer gespanntes 
Verhältniss zum Stiftskapitel hierzu Grund gehabt haben. 

„Wo sollte", sagt Pick S. 311, „dieser (Grund) aber anders 
zu finden sein, als in dem einstigen Zusammenhang der Pfalz 
mit ihrer Kapelle, in dem von der Tradition gestützten Be- 
wusstsein, dass dieser W^eg der nämliche gewesen sei, auf 



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N0V15 1943 






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