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Full text of "Zwei schriften Basilius und des Augustinus als geschichtliche dokumente der vereinigung von klassischer bildung und Christentum [microform]"

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MASTER  NEGATIVE  # 


AUTHOR 


TITLE 


93-81668-1 


EICKHOFF,  HERMANN 


ZWEI  SCHILIFTEN  BASILIUS  UND  DES  AUGUSTINUS 
ALS  GESCFQCHTLICHE  DOKUMENTE  DER 
VEREINIGUNG  VON  KLASSISCHER  BILDUNG  UND... 


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KAUFE,  H. 


[SCHWENKENBECKER,  W.  ] 


DIE  ERKEKNTNISLEHRE  DES  HEILIGEN  AUGUSTIN 
UND  IHR  VERHÄLTNIS  ZUR  PLATONISCHEN 
PHILOSOPHIE... 

AUGUSTINS  WORT:    "FIDES  PRAECEDIT  RATIONEM", 
ERÖRTERT  NACH  DESSEN  SCHRIFTEN... 


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AUGUSTINIUS,  AURELIUS, 


CID 


ARS  GRAMMATICA  BREVIATA.    EDITIONEM  IN 
GERMANIA  PRIMAM  ET  ROMANA 
INTEGRIOREM/APOGRAPHO  CODICIS... 

DIE  ROMAMZEN  VOM  CID.    AUS  DEM  SPANIFCHEN 
VON  KARL  EITNER. 


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DELGADO,  JUAN  B. 
DELGADO,  RAFAEL 
CLULOW,  CARLOS  ALBERTO 


DELGADO  Y  LOPEZ,  DAMASO 


BAJO  EL  HAYA  DE  TITIRO. 
LA  CALANDRIA,  NOVELA  MEXICANA. 
MUIRAKITAN,  NOVELA  AMERICANA. 
MARIA,  HISTORIA  POETICA  DE  LA  VIRGEN. 


GUIDE  TO  CONTENTS  (cont.) 


MASTER  NEGATIVE  # 


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CRUCHAGA  SANTA-MARIA, 
ANGEL 

CUCM  COLL,  ISABEL 

MICHAELIS,  JOHANN  GEORG 

NOIRE,  LUDWIG 


RAGNISCO,  PIETRO 


STOHR,  ADOLF 


WOLLNY,  F. 


CERVANTES  SAAVEDRA, 
MIGUEL  DE, 


LAS  MANOS  JUNTAS. 


DEL  MADRID  LITERARIO... 

DE  TETRACTY  PYTHAGORICA... 

GRUNDLEC^UNG  EINER  ZEITGEMASSEN 
PFnLOSOPinE. 

DELLA  FORTUNA  DI  S.  TOMMASO  D'AQUINO  NELLA 
UNIVERSITA  DI  POSOVA  DURANTE  IL 
RINASCIMl^NTO;  DISCORSO  PER... 

ANALYSE  DER  REINEN  NATURWISSENSCHAFT 
KANT'S. 

ÜBER  FREIHEIT  UND  CHARAKTER  DES  MENSCHEN; 
EINE  PHIL(3SOPHISCHE  BETRACHTUNG. 

EL  INGENI(3SO  HIDALGO  DON  QUIJOTE  DE  LA 
MANCHA.  . 


MASTER  NEGATIVE 

NO.  93-81668- 


MICROFILMED  1993 


COLUMBIA  UNIVERSITY  LIBRARIES/NEW  YORK 


as  part  of  the  .  „ 

"Foundations  of  Western  Civüization  Preservation  Project 


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A  UTHOR: 


EICKHOFF,  HERMANN 


TITLE: 


ZWEI  SCHRIFTEN 
BASILIUS  UND  DES 

PLACE: 

SCHLESWIG 

DA  TE: 

1897 


COLUMBIA  UNIVERSITY  LIBRARIES 
PRESERVATION  DEPARTMENT 


Masler  Negative  # 


BIBLIOGRAPHIC  MICROFORM  TARGET 


Original  Material  as  Filmed  -  Existing  Bibliographie  Record 


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DZ  9 

V.3 


1 

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Eiokhoff,  Hermann, 

Zwei  Bohrlften  des  Baslllus  und  des  Augus- 
tinus  als  geschichtliche  dokumente  der  Ver- 
einigung von  klassischer  bildung  .md  Christen- 
tum.. •   Schleswig,  1897. 

21  p.   30om. 

Beilage  zum  Jahresbericht  der  Königl.  Dom- 
schule  zu  Schleswig. 


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Centimeter 

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1.6 


MfiNUFfiCTURED    TO   fillM   STfiNORRDS 
BY    APPLIED    IMfiGE,     INC. 


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Zwei  Schriften 


des 


Basilius  und  des  Augustinus 


als  g'oscliiclitliclie  üokiimente  der  ^Bereinigung  von 
klassiselier  Bildung  und  Christentum. 


Von 


Prof.  Dr.  Hermann  Eickhoff. 


Wi-;sfMiN(*li;iftlit'lio  Eoila^-e 
/um  Jahi'es-Rorieht  der  Kr.iiiuiiclHMi  Uomscliulo  zu  Scliloswig,  1S96/97 


-:  ^-y^t^-^. 


SCHLESWIG 
Buchdruc  ivorei    dor    Provi  nzial-Taubstuiiiraen-Anstalt    (Julius    Bergas) 

1897. 


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r  1'.  l\'uils('n  iiiiDcrt  sich  in  sciiicr  (Jcscliichtc  (\(}<<  uclohrten  l'iitci'i'iehts  auf  den  (Icutschcn 
Scliiilcii  über  (las  Voi'hältiüs  zwischen  Christentum  und  khissiseher  iJihhmu'  (hihin.  dal!  sich 
hei(h'  Faktoren  zu  (dnandei-  verhalten  wie  "Wasser  und  l'euer  und  d(Miinach  alle  Versuche,  sie 
zu  versr>hnen.  aussiciitslos  seien.''')  Die  abendländische  Kultur,  die  sich  seit  1500  Jahren  wesent- 
lich auf  dem  Fundament  des  Christentums  und  der  klassischen  Bildunii'  auferbaut  hat,  wäi-e  dann 
also  niclits  anderes,  als  eine  unuliicksdiue  ^lischuni;'  zweier  iieterogener  F^lemente.  Andei's  haben 
bekanntlicii  die  deutschen  Reformatoren,  anders  bedeutende  Philologen  und  Pädac;ogen  der  Neu- 
zeit ,i;(nirteilt.  Nägelsbach,  ein  überzeuuter  Voi'treter  der  christlichen  Weltanschauunp:.  glaubt, 
dal)  wir  geistiger  Barbai'ci  veifallen  würden,  wenn  unsre  christlichen  Schulen  das  Studium  dei- 
Antike  aus  ihi'em  Lehrplan  ausschlössen,  und  Lübker**)  vertritt  in  seinen  zahlreichen  Sciiriften 
d(Mi  Standpunk",  daß  Ciu-istentum  und  klassisches  Alt(u-tum  stets  in  engem  Bunde  mit  einander 
bleiben  müss(Hi.  Einseitige  Bewundeier  und  Aniiän^ü'er  der  Antike  dürfen  walndich  nicht  di(3 
liist(»rische  Verbindung  von  Christentum  und  klassischer  Bildung  beklagen.  Sie  hat  ohne  allen 
Zweifel  die  antike  Kultui-  in  unsie  Zeit  herübergerettet.  Was  wäre  aus  ilir  geworden,  Avenn 
wilde  Bar))arenhorden,  im  Osten  die  SchanMi  ^luhameds.  im  Westen  die  germanischen  Vdlker- 
stäinme,  die  gesamte  antike  Kultur  in  Trümmer  geschlagen  hätten,  ohne  in  dem  geistigen  Eigentum 
der  unterwoi'fenen  Länder  einen  Antrieb  zur  Ausbildung  des  eigenen  (leisteslel)ens  zu  finden? 
Der  heutige  Kulturzustand  do:^  geistig  und  nuiteriell  tief  gesunkenen  Orients  giebt  eine  Antwort 
darauf.  Xur  dei-  Umstand,  daß  die  neue  Religion  des  Christentums,  zu  welcher  sich  die  unter- 
woi-fenen  Komi  n(Mi  wie  die  siegenden  Cei-mancMi  gleichmäßig  bekannten,  in  ein  enges  Verhältnis 
zur  Bildung  des  Altertums  getreten  wai-,  rettote  die  letztei-e  durcli  die  Stürme  der  Zeit  hindurch 
und  sicherte  ihr  eine  dauei'nde  Bedeutung  füi-  alle  Zeit,  l^nd  wie  diese  beiden  Faktoren  vereint 
im  vierten  und  fünften  Jahrhundeit  nach  Christus  eine  neue  Zeit  mit  durcdiaus  eigenai'tiger 
Kultur  hei-auflührten,  welche  ein  volles  Jahrtausend  hindurch  der  Geschiclite  des  Al)end- 
landes  ihr  eigentümliches  (iejirägo  gab,  so  vermochten  aucli  beide  Faktoren  im  fünfzehnten  und 
seciizehnten  Jahrhundert  der  .Menschheit  Impulse  zu  neuer,  nachlialtiger  l^ethätigung  ihres  sittlich- 
religiTtsen  und  geistigen  Lebens  zu  gelxMi.  Noch  in  neuester  Zeit  sclieinen  sie  ihre  Wirkungen 
U'emeinsam  äußei'u  zu  wollen.  Dem  grossen  Aufschwünge  der  khissisclien  Studien  und  der  damit 
in  (Migem  Zusammenhange  stehenden  Hlüteperiode  unserer  Xationalliteratur  am  Ende  des  vorigen 
und  zu  Anfaui^  dieses  Jahrhunderts  f(Mgte  unmittelbar  ein  F]rwachen  des  religiösen  Lebens,  das 
voi'her  im  Rationalisnuis  einer  seichten  Verflachung  aidieimgefallen  war.  Es  ist  gewiß  nicht 
Zufall,  daß  die  Vertreter  der  Theologie  in  unsern  Tagen  die  eifrigsten  Verfechter  des  klassischen 
Bildungsideals    sind,   und    daß  ^^(^^j:vn  die    l^esclu-änkung   des   khissischen  Unterrichts    sich  gerade 


*)  Vn-l.  Prennisrhe  Jahrbücher.  Bd.  61,  S.  472. 

**;  Uetammelte  Schritten  zur  Philologie  und  Pädagogik,  Halle  1868,  S.463.  Siehe  auch  die  Vorrede  S.U. 

1* 


aus    flrii    l\n'i>rn    ihv  TlimlopMi    <lit'    meisten    Stimmon    erholien   haben.     Noch    sind   (Mii-istentiiiii 
und   iiiUik.'  I'.il<lun,ir  die   Weiden    w  iclitiusten  Kleniente  nn>erer  ^^innasialen  I'j/.ielumi;-  und  iJildun--. 
Sit'    ver   ;i!l''ni    schein    unserni    V.dke   ein    -tetes.   eitel -reiehes    Fortscliiviten    auf  dei"    liahn    wahrer 
desittunu'  und  Kultur.     Viel  ni<dir  nech,  al>  der  m.nlei'ne  MiMisch  dies  /n   he-ivilen  verina,i:-.  Iialx'n 
dies   die    Manner  er\v<.,u-e'n.    \velch(>    als    die    ^'eistip-n    Kiihrer    ihres   Velkes    naeh    dem   Sturze    des 
Heidentums    die   Hildunic    devstdhen    in    enp'   Verldiuluni;-    mit    dem   riu'istentum    setzten   und   in 
hewusster   Al.>ieht    dies  Hand    zu    einem   dauei-mlen    für   »lie   Fol-ezeit   zu   machen   str(d)ten.      Ks 
^in,|    die.,    in   der   C'heriran^-szeit  d<'s   vierten     und    fiinft(>n    Jahriuuiderts    mu'h    Christus    Ix'sonders 
l'.asilius    di'i-    (ii'osse    und   Au-tistinus.     Sie    nema>   ich   vor    anderen,    deren    Name    ebenfalls    hier 
anu-.'fiihrt    wei-den    ktamte,     weil    wir    ven   diesen   beiden    Miinnei-n   Schi-iften   besitzen,    in   welehen 
da.   Verhaltni>    zwisclien    Christentum     und     antiker   Kultur    prinzipiell    und    ein-vluMid    behandelt 
wird,  und   ferner,   weil   si(^  durch   ihre  Wirksamkeit    einen   mab.uebenden    Kinflub    auf  die  wissen- 
schaftliche   Hildun-:    der    Felpv.eit     -ciiabt    haben.      Heide   Miinnei-    iiaben     die    klassische    Hilduni;' 
ihrer  Z(Mt,   (h'i\  Krtra.tr  viel<M-  vorausgehender  Jahrhunderte,   -enossen.   beide  iial)(Mi  an  den  Centren 
der  damaü-en  Kultur  iän^a're  Zeit  gearbeitet.  be,--eistert  und  mäcliti-  ann-ezo-cn  von  dem  Hildun-s- 
ideal    jener  Tap>,   beide  ,tr"i'ieten  durcli  ihre  christliehe  ('iHM-zeu-'un--  in  einen  entschiedenen  (;e,i;-en- 
satz  'j:ri:i'\\  das  [leidentum   ihrer  Zeit  und   liaben  doch  mit  vollem   HewulUsein  dvu  Bund  zwischen 
heidnischer  Bildung-  und  christlicher  Beli.uion  scldieben  helfen. 

Hildiiiiirs-  und  innriTr  Kiitwickluiiu:su:s\iii?  des  Uasiliiis. 

Kine   dreihundertjährii^e  Zeit    i\r^   ivampfes    wai-   vorausp',-,^an,i;-en,    als    beide    Männer,    Ba- 
silius  in  einer  Stadt  des  mittleren  Kleina>iens,  Au<iustinus   in   einer  Provinzialstadt   dc^   nuiiischen 
Xumidiens.    ueboren   wurden.     Je   nach   der   Verscinedenheit   dv^   n>mischen   und   i;riechischen    Bil- 
dun^^si(leal>  war  auch  ihr  P.il(lun;j,s,uan,!;-  verschieden.    Während  beide  eine  philosophisch-rhetorische 
Bildunu-    u'enossen,    war    doch    l)ei    Au^nistinus    das     letztere    Element    und    damit    zu,i;leicli    die 
Kicirfunii-    auf    das    Reale    und    Praktische   ent.schieden    ül)erwie.uend.    während    bei    Basilius    der 
ideale    liellrnische   Zu«:   zur    riiilosopliie   und    zum    Krkenntnis-Tiieoretischeii   vorwaltet.     Basilius 
war  bel•el^-^  dem  Christentum   von  p^anzem  Herzen   zuu-ethan.  als  er  sein  Studium  in  AthiMi  b(\L,^uin. 
Die  staiken.  heidnischen  Einflüsse,  welche    dort  einen  Julian    vollends  für  die  alte   Heliiiion  ein- 
nahmen, haben   Basilius   in    seiner   aus   dem   Elternhause   mit,u-(Miommenon   Ül)erzeup;unn-   niciit  zu 
er^chüttein   vermocht.     Nachdem   er   seine  Studien    vollendet   hatte,    ^/uvj:   er   etwa   im  Jahre  .'^ilO 
naeh   Kon>tantinopel,    von    dort    nach    Ephesus    und    weiter    nacli   Kappadozien    und    Bontus.     In 
Cäsarea   h-te  er  die   ersten    l'roben    seiner  I^envlsamkeit    ab.     Her  Einladun-r   der  Bürü:er  (lies(>r 
Stadt,  sieh   als  Hhetor  dort  niederzulassen,  folgte  er  nicht,  sondern  entschied  sich  unter  dem  Ein- 
flul)  >einer   Schwester  Makriua  dauernd   für  den    «geistlichen  Beruf.     Damals  scheint  eine   tiefere, 
innere  Wandluni:  seines  Soeleid(d)ens   voi-  sicii  «ivuanuen  zu  s(>in.    Er  schreibt  Epist.  22:),  p.  337: 
V, Nachdem    ieh    viele   Zeit    auf  Thorladt    und    fast   meine    ganze  Jugenrl   auf  eitle  Arbeit  verwandt 
hatte,  die  ich  in  der  Erlernung  von  Wissenschaften  einer  vor  (iott  thr.richten  Weisheit  verschwendet 
iiatte.  erwachte  ich  gleichsam  aus  einem  tiefen  Selilafe  u.  s.  w.      Vor  allem  aber  lag  es  mir  am 
Herzen,  meiiu'  Sitten  zu  reinigen,  die  lange  Zeit  hindui-cii  durcli  den  Umgang  mit  Ciottloson  be- 
fleckt   waren.        Basilius    entschloj)    sich    zum    ascetisciien    Lel)en.     Er    empfing   erst    damals    <lie 
von   dem    Bischof    von  Ciisanni   an    iluu    vollzogene  Tauf(^  und   bereiste  fast  sämtliche  Länder  des 
Orients,    um    das  Mr.nchsleben    kennen    zu   lernen.     In  dvm   Dorfe  Anesi    im   Bontus    verlebte    er 
mehre?-e  Jahre  in   stiller  Zurückgezogenheit.     Im  Jahre  3i)4   wurde  er  Presbyter  und  370  Bischof 
von   Cäsarea.     Aus  dieser  späteren  Zeit  seines   Lebens  stammt  zweifellos  unsere  Schrift: 


»TTOog  Tovg  vfocc,  o.Tros  är  f'|  'EXkr]vixcbv  dtq^EAoTvTo  Xoycov.« 
Als  Bischof  hatte  Basilius  über  der  Erziehung  cliristliclier  Jünglinge  und  deren  Heran- 
bildung zu  Ccistlichen  zu  wachen.  Yi'w  sie  schrieb  er  diese  Schrift.  Andere  meinen,  er  habe 
die  Schrift  an  seine  Neffen  gelichtet,  welche  zu  Cäsarea  in  den  heidnischen  Schulen  Unterricht 
genossen  (vgl.  Wandinger:  I'rogramm  der  Studienanstalt  in  Freising,  1857,  S.  11).  Aus  eigener 
Erfahrung  wulte  er,  welch(>  (iefahren  diese  in  der  Berührung  mit  heidnischer  Wissenschaft  und 
Leben  zu  be.st'^iien  liatten,  denn  die  ganze  wissenschaftliche  Bildung  und  das  Unterrichtswesen 
lag  damals  noch  fast  ausschlieblicli  in  heidnischen  Händen,  zumal  zu  der  Zeit,  da  Kaiser  Julian 
alle  Christen  von  den  (Ufentlichen  Lehrämtern  der  Crammatik  und  Rhetorik  ausschloß.  Noch  bis 
tief  in  das  fünfte  Jahrhundert  bliel)en  die  Heiden  im  Besitze  der  wichtigeren  öffentlichen  Lehr- 
ämter (vgl.  Schulze:  Untergang  des  griechisch-römischen  Heidentums,  II,  73).  Basilius  spricht  als 
ein  gereifter  und  erfahrener  Alaun,  in  dessen  Innern  beide  Faktoren,  Christentum  und  heidnische 
Bildung,  mit  einander  gekäm[)ft  und  nunmehr  einen  Pakt  geschlossen  haben,  sich  gegenseitig  ihr 
Gel)iet  begrenzend  und  das  Maß  iiires  Einflusses  bestimmend.  Xach  den  oben  citierten  Worten 
aus  den  Bi'iefen  des  Ikisilius  ist  es  für  ihn  eine  ausgemachte  Sache,  daß  das  Christentum  der 
allein  bestimnieMide  Faktoi-  seines  religiris-sittlichen  Lebens  ist.  Aber  seine  ganze  geistige  Ent- 
wicklung ist  ^iel  zu  stark  durch  die  antike  Bildung  bestimmt,  als  daß  er  diese  oline  weiteres 
l)ei  Seite  schieben  könnte.  Er  fühlt,  daß  sie  nicht  nur  jetzt,  sondern  auch  zukünftig  unentbehr- 
lich sein  wird,  und  sucht  sie  im  Interesse  der  ihm  anvertrauten  Jugend  so  zu  gestalten,  daß  sie 
der  sittlich-religiösen  Entwicklung  der  christlichen  Jugend  keinen  Schaden,  sondern  nur  Förderung 
bringen  kann.  Mit  väterlicher  Freundlichkeit  redet  er  seine  Jünglinge,  die  ihm  anvertraut  sind, 
an.     Xach  den  Eltern  nimmt  er  die  erste  Stelle  bei  ihnen  ein. 

Als  ein  vielerfahrener  Mann  (Öui  jiolÄcTn'  fjö}]  y8yi\iivdoßai  TTgay/uaTcov)  will  er  ihnen  den 
rechten  Weg  zeigen,  sie  etwas  Besseres  lehren,  als  diejenigen  kennen  lernen,  welche  Tag  aus, 
Tag  ein  in  die  Schule  gehen  und  mit  den  großen  Männern  der  alten  Zeit  durch  das  Studium 
ihi'cr  AV^erke  in  Beziehung  treten.  E]r  wünscht,  daß  sie  ihnen  nicht  blindlings  ein  für  allemal 
das  Steuei-ruder  ihrer  Vernunft  anveitrauen,  sondern  das  Nützliche  von  ihnen  annehmen,  aber 
dabei  sich  klar  sind,  was  sie  bei  Seite  lassen  sollen.  Ein  unvergleichliches  Ziel  haben  sich  die 
Christen  gesetzt,  dem  gegenül)er  alles  Irdische  seine  Bedeutung  verliert.  Nur  was  der  p]rreichung 
dieses  Zieles  dient,  hat  Wert  für  den  Christen,  denn  Cdück  und  Glücksgüter  dieser  Welt  ver- 
halten sich  zu  den  himmlischen  (Uitern  wie  Schatten  und  Traum  zur  Wirklichkeit. 

Bor  Christ  und  die  woltHelio  Wissenschaft. 

Die  AMs.senschaft  nützt  dem  Christen  in  derselben  Weise,  wie  dem  Soldaten  die  Hand- 
und  Fussbewegungen  zu  statten  kommen,  die  er  beim  Tanzen  erlernt  hat.  Sie  ist  also  eine  Alt 
Progymnastik  für  den  Christen.  Diese  Vorbereitung  ist  jetzt  um  so  nötiger,  als  den  Christen 
der  gleißte  aller  Kämpfe  bevorsteht.  Darum  sollen  sie  sich  vorher  bei  Dichtern,  rrosaikern 
(XoyomnoTs)  urd  bei  Rhetoren  in  die  Schule  begeben,  um  von  ihnen  das  zu  lernen,  was  ihrer 
Seele  nur  irgeadwie  nützen  kann.  Dann  werden  sie  wie  Leute,  die  sich  die  Sonne  im  Wasser 
zu  sehen  gewöhnt  haben,  die  Augen  dem  Lichte  selbst  zuwenden  können.  Nutzen  bringt  di(^ 
Beschäftigung  mit  der  Wissenschaft  unter  allen  Umständen,  wenn  etwa  nicht  direkt  positiven, 
so  doch  sicherlich  den,  daß  der  große  Unterschied  zwischen  heidnischer  und  christlicher  Wissen- 
schaft klar  in  die  Augen  fällt.  An  einem  Bilde  suchte  Basilius  das  A^^'hältnis  christlicher  und 
weltlicher  Wissenschaft  zu  erläutern.  Wie  der  schönste  Schmuck  eines  Baumes  die  Früchte  sind, 
aber  auch  die  Blätter,  welclie  die  Zweige  umrauschen,  dem  Baum  zur  Zierde  dienen,  so  schmückt 


6 


,1i(.  S.>olo   vur/uirswpiso    (iie   Frucht  dor  Walirlioit  (.1.  h.  dov  christliclKMi),    abor   es   ist    niciit    iin- 
IK.^.rnd.  .lall  ^i.'su-li  aucli  mit  (l(M-iüir.orlic-lKMi  Wei>lH'it   (,)   l)roat)n'  (.der  t^ioDn'  o,><,  in)   schmückt 
I)a>^rll.r   hal.cn   Meses  und   David   -ethan.   als   sie  sich  mit  äoyptisciicr  und  chahlaischcr 
Wcislif'it   l)(fa!')tcn,  che  sie  die  <;C)ttliche   Wahrheit  kennen  hörnten. 

Dichter  niul  Prosaiker. 

i;asiini>  uaint  .hivor.  allen  Dichtern  ohne  Unterschi(Ml  Interesse  zu  schenken.  Nur  wenn 
.ir  <li<'  Thatrii  .".Ih.r  Männer  erzählen.  s..ll  man  ihnen  zuhören,  da-e-en,  wenn  sie  das  (ie^^enteil 
thun  di..()liiv„  v<'r>to{,fen.  wi.«  Odvss.nis  bei  dem  (Jesan-e  der  Sirenen.  Wer  sicli  an  schleciite 
LMaiiiv  uvu.,i,iir.  i.t  bereits  auf  dem  We-e  zur  bösen  That.  Tnter  schlechten  Dichtern  v(>r- 
.t.'hr  er  sul.-hr.  dii'  Lebredner  von  Lä>terern,  Spöttern,  Trunkenb,.lden  u.  s.  w.  sind  und  an  dem 
MallstalH'   rnio   reichbesetzten   Tisches   und   zü^irclloser   Lieder  das  (Uück   m.'ssen. 

Am  wcniusten  verdienen  sie  beachtet  zu  werden,  wenn  sie  über  die  (iötter  reden.  Zwist, 
Klu-bruch  und  .In-  allerschändlichsten  Din-e,  die.  wenn  sie  von  Tieren  erzählt  würden,  uns  er- 
n.ren  IicImii.  wonlon  v.,n  ihnen  und  b.'sonders  von  Zeus  erzählt.  Dasselbe  Urteil  plt  von  den 
.Sehritt>tollriii.  die  zur  rnterhaltun-  ihrer  Leser  Hed(Mi  einl(-(Mi  (/jr/onoiny).  und  den  Rednern, 
dir  M.-h  ant  dio  Kun>t  dos  Lü-ens  verstehen.  Nur  wenn  sie  die  Tu-end  loben,  sind  sie  zu  be- 
luitzon.  Wie  dio  Dienen  .las  15rauchbare  aus  einer  Dlum<>  entnehmen,  das  übrige  aber  unbeachtet 
la>>.'n.  wir  i.'tnan.l  .len  D-.sen  <lio  D..rnen  ausbricht,  um  sich  daran  zu  erfreuen,  so  soll  es  der 
('h,i>t  auch  niit  .len  Wiss.'usschätzen  des  Heidentums  machen.  An  alles  ist  der  Mabstab  der 
Tu-ond   zu   I.m:.'!!.  wi.'  nacli  einem  d.>rischen  Sprüchworte  die   Richtschnur  an   den  Stein. 

Die  Philosophen. 

Vnn  dorTu-end  hau. lein  außer  dm  .»ben  -enannten  Dichtern  und  Dr..saikern  Ix^sonders 
,r,..  rhilM>np!,.,i.  Darum  müsM'U  die  Jün-lin-e  frühzeiti-  mit  .liesen  ix'kannt  werden,  weil  er- 
fahrun-smalliL:  dio  in  der  Ju-on.l  emptan-enen  Kindrück.'  .Iie  nachhalti-st.Mi  sind.  Nur  in  der 
Ab>ich't.  dl.'  du-end  zur  Tu-on.l  zu  .ermuntern,  kann  Hesi.xl  seine  (Je.lichte  vorfalU  haben. 
Da..,. Ihr  uiir  auch  v..n  .ier  l'.M-si.'  H.)m(M-s.  Sein.'  Dichtun-vn  bezw.'cken,  wie  dem  Basilius 
rin  tiicIitm-.T  Kcnn.'r  IL.mers  -.'sa-t  hat,  nichts  an.l.'rs.  als  die  Tu-end  zu  loben.  Als  P,eispiel 
tuhrt  rr  au^  d.'r  ()dv>s.'e  <li.'  Lrzählun-  von  .I.mu  schiftbrüchi-.Mi.  an  .las  (iestade  der  IMiäaken- 
wiM-l  vrr>cii!auvn.'n  (idysseus  an.  Di."  That>aclie,  .lab  <ler  v..n  allen  Mitt.'ln  un.l  je-licher  Klei.lun- 
ri,tbir,Hrr  Held  ,i.Mi  Dhäak.'U  .'in  (le-enstand  iU'>  Staunens  un.l  .1er  P,ewun.lerun-  -ewor.h'n  ist, 
.Mklart  M.'h  nur  .iaraus,  dall  .l.-r  Dicht.-r  ihn  nut  h.'rrlich.u-  Tu-en.l  -.-schmückt  hatte.  Sie  ist 
,.,n  unvcilicrhar.'s  (iut  und  kein.-m  W.'chs.-l  unt."rw..rt.Mi.  Iksilius  b.'le.-t  .lies  mit  einem  ('itat 
au>  S,,iMii>  (1. -dichten  un.l  .-rinnert  an  ähnlich.-  Aussprüche  des  Theo-nis  un.l  Dr.xlikos  v..n  Keos 
(H.-rkul.-  am  Seheidewe-e).  Wh-  i'r...likos,  s..  haben  auch  viel.-  andere  Dhil..s.)phen  in  iluvn 
W.-rk.-n  d;i^  Lob  .1er  Tu-end  verkün.let.  Dies  soll  man  Ix-herzi-en  un.l  ein  der  Tu-end  ent- 
.pr.chen.io   Leben   führen,  aber  je.le  scheinbare  (ic-n-chti-keit,  die  doch   niciits  bedeutet,  meiden. 

Edle  Thateii  der  Alten  sind  naehahnienswert. 

Ein.-  ern.-ute  Aufh)r.l._'run-  <les  Hasilius,  allen  Schriften,  welche  .Iie  (Jrundlajije  des  sittlich 
(.ut.-n  (r.-zn,'),'ryM,  nnr  y.nlinr)  enthalt.-n.  Liten-sse  zu  schenken,  leitet  zu  einem  neuen  Teile  ül)er, 
in  w.-lclu-m  er  auf  die  edlen  Thaten  d(-r  Alten  hinweist.  Als  (-rst.-s  Beispiel  führt  er  die  (ieduld 
un.l   (iela^x-iilieit  .les   IVrikles  an,  mit  welcher  dieser  einst  einen  ganzen  Tag   ül)er  die  Schmäh- 


w.ti'te  eines  pcrsönliclien  Fein. les  eitrug.  F]in  yvfivdoiov  TJoog  (pdoofxjiav  schien  ihm  diese  Drohe 
der  (Jeduld  zu  sein.  i'l)ei'  Fuclid.-s  von  Megai-a  weiß  Dasilius  ein  ähnliches  Heispiel  von  Sanftmut 
zu  bei-ichten.     Das  Wort  d.-r  Tragödie     gegen   den  F'eind  l)ewaffnet  der  Zorn  die  Hand     ist  ih 


m 


verwerflich,  e^  gilt  den  Zorn  vielmehr  zu  zügeln.  Das  Herrenwort  Matth.  5,  l^i)  vom  geduldigen 
Ki-tragen  des  Übels  befolgte  Sokrat(-s  treulich,  indem  er  sein  Gesicht  einem  FYdnde  zum  Scldagc-n 
darbot,  bis  es  ganz  von  Beulen  entstellt  war.  Seine  Rache  bestand  darin,  daß  er  auf  .Iie  Stirn 
schrieb  o  <)m'('.  tTioin.  Zu  dem  Worte  Matth.  5,  28.  in  welchem  das  bl.)ß)e  Begehren  bereits  als 
Sünde  l)ezeichnet  wii'd,  erzäldt  er  aus  dem  Leben  <les  großen  Alexander  ein  Beispiel.  Diese)- 
wollte  die  scliönen  Töchtei-  des  Dai-ius  nicht  ansehen,  um  nicht  von  ihnen  besiegt  zu  werden. 
Zu  dem  Herrenwoite  Matth.  5,  8P)  ff.  vom  Schwören  giebt  das  Beispiel  eines  Dythagoreers. 
der  lieber  eine  schwere  Geldstrafe  erleiden  als  schwören  wollte,  eine  treffliche  Illustration. 

Der  Christ  nuiss  das  Ziel  im  Auiiv  behalten  und  alle  Dinjie  meiden,  welche  ihn  an  der 

Erreiehunu  des  Zieles  hindern. 

Sollen  Christen  sicli  von  Handwerkern  und  Künstlern  bescliämen  lassen,  die  ihre  ganze 
Ai-beit  für  einen  bestimmten  Zweck  treiben?  Die  Athleten,  die  gymnischen  und  musischen  Wett- 
kämpfer erlangten  ihren  Ruhm  doch  nur  daduich,  daß  sie  in  durchaus  einseitiger  Weise  ihre 
Kunst  betrieb(-n  und  sich  auf  kein  Gebiet  wagten,  auf  dem  sie  nicht  zu  Hause  waren. 

Ein  sprechendes  Beispiel  dafür  ist  Timotheus,  welcher  sich  einseitig  der  Musik  gewidmet 
hatte,  aber  so  Großes  daiün  leistete,  dal)  er  eine  f.h-mliche  (Jewalt  üb(;r  das  Gemüt  seiner  Zuhörer, 
unt(u-  denen  auch  Alexander  sich  befand,  ausübte.  Solches  vermag  fleißige  Übung  zu  stände  zu 
bringen.  Und  welchen  Strapazen  des  K.'u-p.Ms  unterziehen  sich  die,  welche  hier  auf  Erden  um 
eine  vergängliche  Krone,  einen  Oliven-  oder  Eppichkranz,  ringen!  Und  wir  Chi-isten  sollten  sie, 
so  zu  sagen,  im  Schlafe  und  sorglos  lebend  erringen?  Wie  abschreckend  ist  die  (Jestalt  dii:^ 
verweichlichte]!  Sardanapal  oder  des  nichtsnutzigen  Margites,  der,  wie  Homer  sagte,  zu  keinem 
Jk'rufe  taugte.  Besser  der  Aussi)iuch  ik^  l'ittalais,  daß  das  Edle  schwer  sei.  Wer  liier  auf 
Ei-<len  absichtlich  seine  l'flicht  versäumt  und  das  l^öse  dem  Guten  vorzieht,  hat  in  jener  Welt 
ein  stren!.;es  Urteil  und  Strafe  zu  erwarten. 

Der  Christ  miiss  auf  seine  Seele  aehten  und  den  Leib  von  sehändliehen 

Leidenschaften  befreien. 

Mittelst  der  Bhihisophie  b.-freit  der  Christ  seine  Seele  von  den  sinnlichen  Leiden- 
schaften wie  cuis  einem  Kerker,  ^'erächtlich  sin.l  ihm  deshalb  die,  welche  nur  an  .las  denken,  was 
den  (iaumen  kitzelt  und  dem  Bauch  fronmit.  Alles  Stutzerhafte  und  Butzsüchtige  dünkt  ihm  ebenso 
verwerflich  als  das  Buhlen  un.l  un>ittliches  Leben.  Denn  nicht  das  Äußere,  was  man  sieht,  ist 
der  Mensch,  sondern  es  gilt  mittelst  einer  ludieren  Weisheit  das  eigentliche  Wesen  des  Menscken 
zu  erkennen.  Reinigung  der  Seele  (Fiat.  Bhaed.  82  B)  ist  uns  nötig.  Sie  besteht  in  .lem  \av- 
achten  jeglichen  sinnlichen  Vergnügens,  sei  es  des  Auges  oder  des  Ohres,  welches  zur  Unfreiheit 
und  Erniedri^aung  führt.  Dagegen  gi(-bt  es  Genüsse  des  Ohres,  z.  B.  heilige,  edle,  ernste  Musik, 
wie  sie  David  übte  und  Fythagoras  schätzte.  Dadurch  können  Menschen  sittlich  gebessert  werden. 
Genüsse,  die  noch  sinnlicher  sind,  als  .Iie  erwähnten,  und  nur  einen  angenehmen  Geschmack. 
Geruch  und  Ciefühl  erzielen  wollen,  erniedrigen  den  Menschen  zum  Tiere.  Der  Leib  kommt  also 
nur  in  sofern  in  Betracht,  als  er.  wie  Flato  sagt,  dem  höheren  geistigen  Streben  (ifäoow/ inj  des 
lilenschen  Dienste  leistet,  was  auch  Faulus  bestätigt,  wenn  es  Köm.  13,  14  heißt  > Wartet  des 
Leibes,  doch   nicht,  damit  Begierden  daraus  entstehen«.     Jegliche  Leidenschaft   und  Unruhe,   die 


8 

vom  Kr>r|)»  r  in  die  Seclo  drinut,  iiiul)  daliof  p'ziiuclt  und  bei  ZcihMi  /ui'ü('kjj;tMlriiiii;t  werden,  sonst 
wird  der  K'.irptT  mit  soinoni  SinncniiXMUir)  /um  (icfan^nis  t'iir  die  Seele,  l'lato  wählte  ahsielitlieli 
die  Akadfiiiie  zum  Aufenthalt  für  seine  Zti^liiip'.  <lamit  dies«M'  uni;esundo  Ort  ein  allzugrolies 
Wohlleht'ii  unnitiu'lieh  maelie.  Kin  Menseh  also,  der  die  sinnlichen  (irniis>e  (\i'>.  Kr)r|)ers  ver- 
aehtiMi  irt'Iernt  hat,  läßt  sich  auch  nicht  dui-cli  den  Heichtum  hlendcn,  denn  er  hostimnit  seine 
lieiliirfni»»'  durch  das  ^lal)  des  Xaturnotwendiizen.  niciit  dui'ch  sinnliche  (Genüsse.  Wer  sich  ei'st 
einmal  dem  Strel)en  nacli  lieichtum  iiinucirehen  hat,  der  kennt  kein  Mallhalten  mehr,  (ieniii!;- 
samkeit,  wie  >ie  Theoo^nis  empfahl  und  I)ioL;'enes  übte,  steht  einem  Manne  wojd  an.  P)ist  du 
rdcht  rf'ieh,  so  sollst  du  dich  nicht  nach  Reichtum  sehnen.  i)ist  du  i'eich.  so  suche  ihn  recht  zu 
irehi-auchen.  Phidias  und  l'ojyclet  wiii'den  sich  lacherlich  i;emacht  hal>en.  wenn  sie  mit  dem 
(Jold  un<l  Klfenhein.  aus  dem  sie  ihre  Kunstweike  Zeus  und  Hera  hei'stellten.  ii'eprunkt  hiitten. 
Nein,  ihre    Kunst   und   ^i;-eisti,u'e    Hedeutuni!;  wai'  es,   die   dem    Metall    lndiei-en    Weit   veiiieh. 

Endlich  ist  Schmeichelei  und  charakterloses  IJeden  als  unwüi'dii;-  ahzu weisen.  Kin  Christ 
kann  keine   l^ioteusnatur  sein   und   iieute  so,  mor^t^^'u  andeis  reden. 

Sdiluss. 

Alles  das  ist  in  christlichen  Schiüften  vollkommener  dargestellt  als  in  heidnischen,  aher 
diese  (<,('  i'^aiihrj  enthalten  gewissermaßen  einen  Schattenril»  der  Tu^-nd,  wie  I^asilius  ihn  jetzt 
entworfen  hat.  Und  wenn  die  Ertriii^e,  welche  der  fleilli^-e  Sammh^'  aus  den  Alten  schö|)ft.  an  und 
für  sich  nur  klein  sind,  so  er^'elxMi  sie  doch  vereint  einen  urollen  Schatz.  wi(.'  viele  kleine  Hiichc 
einen  großen  Fluß,  l^ias  antwortete  dem  nach  Ai;vi»ten  reisenden  Sohne  auf  die  Krap\  wie  er 
dem  \  ater  einen  groi')en  (Gefallen  thun  ktinne,  weiui  du  mir  Zehriicld  für  das  Alt(M'  erwirbst  . 
Darunter  ver>tand  er  die  Tuiiend.  Wir  Chi'isten  haben  eine  läni^ere  Zeit  vor  uns  als  das  (Ji-eisen- 
alter,  die  lanue  Kwiukeit!  Dafür  müss(Mi  wir  zu  arbeit<'n  und  zu  erwerben  sti'eben,  indem  wir 
nach  einem  Sprüchworto  jeden  Stein  anfassen,  der  uns  etwa  Nutzen   bi-in,i;en   kann. 

Seliließjlich  ermahnt  Basilius  die  Jüngiinij;e.  den  (iuti;esinnten  (ror^  ooi)(o^  l'yovrdc:  T<7)y 
ÄoyioiKoi'j  «iehtir  zu  schenken  und  sie  nicht  zu  meiden,  son>t  verfallen  sie  unheill)arer  Krankheit 
und  Siechtum  der  Seele. 

T)d>  sind  die  Ansichten  (\o<>  Basilius  über  den  Wei't  der  klassischen  Bildung'  zu  ein(M- 
Zeit  (4.  Jaiirli.  nach  Chr.),  da  die>e  noch  ausschließlich  und  allein  die  gelehrte  Bildung  in  den 
Schulen   dfs   finnischen  Reiches  beherrschte.*) 

Wir  ficilich  urteilen  in  vieler  Beziehung  and(M's  als  Basilius.  Wir  schätzen  zunächst 
den  sprachlichen  Wert  der  antiken  Schriftsteller.  Allein  nach  dieser  formalen  Seite  haben  wir 
ihnen   an    Anregung   und   BereicluM'ung   unsrer  Sprache   unendlich   viel   zu   verdanken. 

Wii'  .schätzen  sie  nach  ihi'ei'  hohen  geistigen  Redeutung,  insofern  sie  uns  einen  Keichtum 
an  hohen,  edjon  (ledanken  übei-liefert  halten,  wie  sie  keine  Zeit  vorher  und  nachher  in  solcher 
Fülle  gekannt  hat.  Wir  sehen  dabei  zunächst  davon  ab,  ob  diese  Werke  hellenisclien  (Jeistes 
moralischen  Wert  haben,  unsere  Zeit  hat  sie  von  dem  Standpunkte  und  den  \'oraussetzungen 
au>.  durch  die  sie  entstanden  sind,  schätzen  und  weilen  gelernt,  mögen  es  nun  Historikei',  EpikcM', 
Lyriker,  Dramatiker  oder   I-*liilosophen  sein. 

Basilius  mulUe  als  Kind  seiner  Zeit  einen  anderen  Maßstab  anleu'('n.  Kr  beweiit  sieh 
wesentlich  in  denselben  Bahnen  wie  seine  großen,  ihn  weit  überragenden  Vorgänger,  Kiemen. 
Alexandriuus  und  Origenes. 


*\    T> 


)  BernharJy:  Litteniturgesch.  der  Griechen   1,  p.  547. 


9 

Sie  al:e  haben  kein  Wort  über  den  unvergleichlichen  Wert  dei-  si)rachlichen  Schulung 
und  die  hohe  o-eistige  Bedeutung  der  Alten  geschrieben.  Die  Anerkennung  dieser  Thatsache  war 
ihnen  eben  eine  elementare  Wahrheit.  *)  und  niemand  von  ihnen  dachte  daran,  diese  Lehrer  der 
Hellenen  und  der  ganzen  damaligen  gebildeten  Welt  durch  andere  Schriftstellej-  zu  ersetzen, 
außer  etwa  M(«nche  und  kurzsichtige  Gegner,  wie  die  beiden  ApoUinaris  (vgl.  Wandinger,  p.  9). 
Wenn  wir  den  Alten  dagegen  menschlich  näher  stehen  und  objektiver  über  sie  urteilen,  so  hat 
das  ganz  einfach  seinen  (rrund  darin,  daß  heute  die  christliche  Weltanschauung  niclit  mehr  im 
Kampfe  mit  einer  auf  dem  antiken  (iötterglauben  und  der  Moral  und  den  Formen  des  antiken 
Lebens  sich  auferbauenden  steht.  Das  vierte  Jahrhundert  nach  Christus  ist  noch  immer  die  Zeit 
des  großen  Geisteskampfes  zwischen  Heidentum  und  Christentum.  Als  J:{asilius  diese  Kode  schrieb. 
war  der  letzte  A^ersuch  des  Heidentums  unter  Julian,  seine  Herrschaft  zu  behaupten,  soeben  ire- 
scheitert,  aber,  wenn  auch  die  politischen  Stützen  des  Heidentums  dahinsanken,  noch  verfügte 
es  über  einen  ]leichtum  an  geistigen  Kräften,  der  dem  Christentum  sehr  gefährlich  werden  konnte. 
Unbestritten  stand  Athen  und  zwar  das  heidnische  Athen  als  das  geistige  Centrum  (\(jv  gebildeten 
Welt  jener  Tage  da,  ein  Libanius  lehrte  dort  als  gefeierter  Redner  mit  solchem  Erfolge,  daß 
christliche  Jünglinge,  welche  dort  studierten,  den  Gefahren  eines  Rückfalls  ins  Heidentum  aus- 
gesetzt waren.  Die  litterarischen  Schätze  der  Antike  und  ihre  unvei'gleichliche  geistige  l^edeutung 
einfach  zu  negieren  und  sich  mönchisch  dagegen  zu  verschließen,  fiel  dem  Basilius  und  seinen 
Vorgängern  ebensowenig  ein,  wie  wir  daran  denken,  uns  den  großen  Werken  der  Geistesheroen 
unsrer  Nation  aus  dem  Ende  des  vorigen  und  dem  Anfange  dieses  Jahrhunderts  gegenüber  her- 
metisch abzuschließen,  bloß  deshalb,  weil  ihre  religiöse  Stellung  eine  dem  positiven  Christentum 
nicht  dii-ekt  fiuderliche  war.  Und  wie  wir.  von  specifisch  sittlich-religiösem  Standpunkt  ausgehend. 
es  lernen,  aus  den  großen  Werken  eines  Shakspeare,  Goethe  und  Schiller  dasjenige  herauszusuchen, 
was  einen  bleibenden  sittlichen,  ja  zum  Teil  religiösen  Wert  besitzt,  so  liat  auch  Basilius  unter 
ähnlichem  (Jesichtspunkte  die  Alten  für  die  p]rziehung  und  Heranbildung  der  ihm  anvertrauten 
Jünglinge  zu  verwerten  gesucht.  Wie  Justinus  Martyr  in  seinen  i^cMlen  Apologieen  bei 
den  griechisclen  Dichtern  und  Schriftstellern  einen  /jr/og  oTTfoiiarixog,  d.  h.  Teile  des  /o;'o>, 
Ahnungen  der  christlichen  Wahrheit  findet,  so  auch  Basilius.  W^orte  und  Handlungen  der  Alten 
dienen  ihm  nur  zur  Bestätigung  und  zum  Belege  der  christlichen  Wahrheiten.  Daß  der  moralische 
Gesichtspunkt  hierbei  für  ihn  der  maßgebende  war,  liegt  einesteils  in  den  hohen  sittlichen  An- 
forderungen der  christlichen  Religion  begründet,  anderenteils  in  der  ganzen  P^ntwicklung  auf  das 
Moralische  hin.  welche  die  griechische  Philosophie  in  den  ersten  Jahrhunderten  nach  Christus  ge- 
nonunen  hatte.  Dazu  kommt,  daß  die  moralisch  zum  Teil  sehr  anstößigen  Dinge,  welche  sich  bei 
Dichtern  und  Prosaikern  der  (Jricchen  finden,  in  den  Schulen  vom  Unterricht  nicht  etwa  aus- 
geschlossen, sondern  behandelt  wurden  (vgl.  Plato  de  rep.  ü,  pag.  ^77;  Bernhardy,  griechische 
Litteraturgeschichte  I,  71).  Daher  sieht  sich  Basilius  genötigt,  den  moralischen  Gesichtspunkt 
besonders  in  der  Beurteilung  der  Alten  zu  betonen.  Das  bloße  Wissen  hat  für  ihn  keinen  AVert, 
wenn  nicht  die  Tugend  dadurch  gefördert  wird.  Jegliche  Geisteswissenschaft  der  antiken  Welt 
muß  der  Erreichung  des  höchsten  Zweckes  des  Christentums  dienen,  der  Seligkeit  des  Menschen. 
Basilius  glaubt,  daß  sich  die  /jr/oi  twv  'Elh'p'iov  in  diesem  Sinne  verwerten  lassen.  Sie  sollen 
eine  Propädeutik  für  den  angehenden  Christen  sein,  eine  oxiayonffia,  Schattenumriß  der  christ- 
lichen Tugend,  durch  welchen  die  jungen  Christen  auf  die  ab'jdeia  und  rf/^oD/s  der  christlichen 
Religion  vorbereitet  würden. 


*)  Vgl.  Wandinger:  Pr(i<i:ramni  der  Studienanstalt  zu  Freising  1857,  p.  12. 


10 

Hat  (irmnach  Ba>iliu>.  >o  schließen  wir  diesen  «Tsten  Teil  iinsrer  Abhandlung,  die 
Bedeutuni:  d-r  antiken  Hildung  nicht  nach  allen  Seiten  -ewürdiut,  so  hat  er  doch  ihren  dauern- 
den, unveruaii-liclien  Wert  für  die  (reistesl)ildung  des  Menschen  anerkannt  und  ihr  eine  bleibende 
Bedeutun-  tili'  <lie  Folgezeit  gesichert.  Besonders  hat  er  dasjenige  Moment,  in  welchem  die 
-ru-chi>clie  (M'i.steshildung  ihren  Kulminationspunkt  erreichte,  die  Philosophie,  speziell  die  Sokratisch- 
Platoni-che.  nacli  ihrem  Werte  für  die  christliche  Erziehung  geschätzt  und  an  seinem  Teil  dazu 
beiuvtragen.  dal',  der  geistige  Ertrag  der  heli»'nischen  Kultur  der  Nachwelt  vererbt  und  ein  un- 
schatzl)aiv>  Klnnent  unserer  abendländischen  Kultur  wurde,  dessen  segensreiche  Wirkungen  wir 
auf  un>ern   deut>chen   (iymnasien   und   Hochschulen  seit  drei  Jahrhunderten  genossen  haben. 

Bil(lunirsu:}nm-  des  Aimustiiiiis. 

Etwa   zwanzig  Jahre    später   als   Basilius  i>t  Augustin  zu  Tagaste  in  Xumidien  geboren. 
Bei    allei'    ( -emeinsamkeit    und    ('bereinstimmung,    welche    zwischen    griechischer    un<l    römischer 
Bildung    heirM-hten.    hatte    doch    jede    von    beiden    ihre   Eigenart    und    unterschied   sich    von  der 
andern  so  >ehr.    wie   griechische    und    nimische  Individualität.     Die   griechische  Bildung,    welche 
der  heranwachsende  Jüngling  genolS.    war  nicht  nur  eine  stark  philosophische,  sondern  auch  mit 
air  den   reichen   Bihlung^elementen  gesättigt,  welche   griechische   Poesie  und  (Jeschichtscluvibung 
und   Hhetnrik  enthielten.     Was    konnte    die    römische    l^ildung    dagegen    bieten?     Zwar   war   die 
romische  Rechtswissenschaft  der  griechischen   weit  vorausgeeilt,  aber  im  übrigen  war  die  l^ildung 
}{oms  nur  von  sekundärer  Bedeutung,  eine  Nachbildung  griechischer  Vorbilder.     Dies   Urteil  gilt 
besonders  von  der  rhetoriscli-philosophischen  Bildung  der  Kaiserzeit.    Die  r.Hiiische  Bildung  stand 
auch    in>ofein    schon    hinter    dei-  griechischen  zurück,   als    iiir   der  weite,   freie  Blick    für   die  ge- 
samten Erseheinungen  auf  dem  (iebiete  des  menschlichen  Geisteslebens  abging.    Wie  dem  Kömer 
das   jus  Komanum    und    das    Imperium  Komanum    ein  (regenstand    seines    Nationalstolzes   wai-en, 
woran  »-r  wie   an   ein  Dogma  glaubte,  so   dem  Griechen    die  (ieistesbildung   seiner  Nation.     Das 
r()mische  Afrika,  in   welchem  Augustinus  seine  Jugendjahre  verlebte,   befand  sich  tlamals  in  ma- 
terieller wi.'   m  geistiger  Beziehung  in   hoher  Blüte.    In  Tagaste   wie  in   Kartiiago,    wo  Augustinus 
seine  Bildun-  empfing,  wurde  im  wesentlichen  dasselbe  Lehrverfahren  geübt  uud  dieselbe  I^ildung 
u-eboteii.    wi.'   in   <len  Schulen   der  Hauptstadt   und    der  übrigen  groben  Städte  des  Reiches.     Au- 
-•ustinus  hat  Mch.  wie  seine  Seiiriften  es  bezeugen,  eingehend  mit  dem  Studium  der  bedeutenderen 
Erscheimuigen  der  römischen  Litteratur    befaßt.     Varro    und  Cicero*)    scheinen    seine  Lieblings- 
schriftsteller   gewesen   zu    sein.     Philosophie  hat  Augustinus  ebenfalls    getrieben,    aber    wohl    in 
geringeivni  Maße,   als   ein  Zr)gling  griechischer  Rhetorenschulen    es  that.     Er  lernte  sie  zunächst 
nur  in  lateinischer  Darstellung  kennen,  vornehmlich  aus  Cicero's  Schriften,  und   hegte  seit  dieser 
Zeit  eine  ausgesprochene   Vorliebe    für   sie.     Auch    nach   seiner  Bekehrung   blieb   er  ein  eifrigei' 
Jünger    derselbon   (vgl.  Boissier  L  p.  376).     Sein    Hauptinterresse  war    jedoch    der   grammatisch- 
rhetorischen Bildung  zugewandt. -'^*)    Davon  zeugen  auf  Schritt  und  Tritt  seine  späteren  Schriften, 
welche  den   gelehrten   Zögling  der  Rhetorenschulen   überall  erkennen   lassen  (vgl.  Reuter,  August. 
Studien,  S.  -PJl).     Als   Augustinus    l'resbyter    und     Bischof   geworden    war,    konnte    er,    wie    er 
Epist.  101    sagt,  sich  mit  diesen   Lieblingsst.udien   nicht    weiter  beschäftigen.      Und  doch  blieb  die 
Erinnerung    an    das,    was    er   aus   der  Lektüre    der   nunisciien   Klassiker  geschöpft  und  genossen 
hatte,  unvergeßlich,  und  auf  Schritt  und  Tritt  begegnet  uns  in  seinen  späteren  Schriften  <lie  Wahr- 


*)  Angustimis  nennt  Cicero  unsern  Freund  TuUius.  von  dem  die  Philosphie  in  lateinischer  Sprache 
begonnen  und  vollendet  ist.     contra  academicos   1.  8.  vgl.   Boisrfier  la  tin   du  paganisme  1.  349. 

**;   Noch  nach  seiner  BeKebrung  fungierte  er  eine  Zeitlang  als  Rbetur  i^vgl.  Boissier  1.  3G8  und  369,. 


' 


11 

nehmung,  daß  wir  einen  gelehrigen  und  dankbaren  Schüler  Plato's,  Cicero's,  Varro's  und  Vergils 
vor  uns  haben  (vgl.  Boissier  L  302  u.  ff.). 

Augustins  innere  iMitwicklung  ist  gänzlich  vei'schieden  von  der  des  Basilius.  Hier  ein 
langsames,  stetiges  Hineinwachsen  in  die  Wahrheiten  des  christlichen  Glaubens,  ohne  daß  di»^ 
heidnischen  p]iiiflüsse  eine  merkliche  Störung  in  dieser  Entwicklung  hervorbringen,  dort  bei  Au- 
gustinus zunächst  eine  bewußte  und  entschiedene  Abkehr  vom  Christentum,  welches  ihm  anfäng- 
lich durch  den  Einfluß  der  Mutter  so  vertraut  geworden  war,  dann  eine  Zeit  sch\verer  innerer 
Kämpfe  und  fortwährender  Wechsel  seiner  religiösen  Überzeugung  (Häresie  und  philosophisches 
Heidentum,  vgl.  Confessiones  5,  10  und  5,  (j)  und  zuletzt  eine  bewußte  Umkehr  und  Hinwendung 
zu  der  von  ihm  so  lange  Zeit  bekämjjften  christlichen  Religion. 

Die  Vtrschiedenartigkeit  der  inneren  religiösen  Entwicklung  beider  Männer  läßt  von  vorn- 
herein den  Schluß  berechtigt  erscheinen,  daß  auch  ihre  spätere  Stellung  zum  Heidentum  und 
heidnischer  W  ssenschaft  davon  nicht  unbeeinflußt  geblieben  ist.  Wir  finden  dies  bestätigt 
besonders  in  den  Schriften,  in  welchen  Augustinus  die  prinzipielle  Stellung  des  Christen  zur 
doctrina  saecuH  (weltlicher  Bildung)  behandelt,  vor  Allem  in  seinem  Werke  de  doctrina  christiana. 
Es  ist,  wie  das  Werk  des  Basilius.  vorzugsweise  an  Jünglinge  gerichtet.  Mehrfach  redet  er 
geradezu  »adulescentes«  an.  die  er  als  Bischof  seiner  Obhut  anvertraut  weiß.  Wenn,  wie  aus 
einer  gelegentlichen  Notiz  geschlossen  wird,  das  4.  Buch  etwa  im  Jahre  426  nach  Christus,  also 
fünf  Jahre  vor  seinem  Tode  geschrieben  ist.  so  dürfen  wir  also  in  diesem  Werke  die  reife  Erucht 
seines  Lebens,  einen  Niederschlag  seiner  gesamten  religiösen  und  litterarisclien  Ansichten  erblicken, 
die  er  sich  in  einem  so  bewegten  und  erfahrungsreichen  Leben  gebildet  hatte. 

Die  SloUuiiu:  des  Aiiuiistiii  zur  heidniseheii  Wissenschaft  im  alluemeiiieii. 

Auijustin  äußert  sich  an  verschiedenen  Stellen  seiner  Schrift,  wie  er  im  allgemeinen  als 
Christ  über  heidnische  Weisheit  denkt,  so  z.  B.  lib.  2,  c.  41.  Nützlich  ist  jedes  aus  den  Schriften 
der  Heiden  gesammelte  Wissen,  freilich  nur  in  dem  Sinne,  wie  das  Gold  Ägyptens,  das  Israel 
bei  seinem  Auszuge  mit  forttrug,  diesem  Volke  nützte.  Und  wie  dieses  mit  dem  Golde  Salomo's 
nicht  verglichen  werden  kann,  so  wenig  können  sich  die  Wissensschätze  des  Heidentums  mit  den 
Schätzen  christlicher  Lehre  messen.  Die  christlichen  Jünglinge  sollen  (lib.  2,  c.  89)  bei  ihrem  Streben 
nach  einem  seligen  Leben  darüber  belehrt  werden,  daß  sie  sich  keiner  Wissenschaft,  die  außerhalb 
der  Kirche  Chilsti  steht,  hingeben  düilen,  als  ob  sie  dadui-ch  ein  glückliches  Leben  erlangen: 
vielmehr  müssen  sie  nüchtern  die  Bedeutung  christlicher  Lehre  und  heidnischer  Wissenschaft  unter- 
scheiden lernen.  Zumal,  wenn  die  weltlichen  Wissenschaften  n(»ch  in  Beziehung  zu  den  Dämonen 
stehen  (worauf  gewdsse  Bezeichnungen   hindeuten),  müssen  sie  diese  durchaus  verabscheuen. 

Gewisse  von  Menschen  getnd'fene  sociale  Einrichtungen  sollen  sie  nicht  verachten.  Sie 
sind  zum  Leben  notwendig. 

In  den  übrigen  Wissenschaften  der  Heiden  findet  Augustinus  außer  der  Geschichte  der 
Dinge,  die  vom  Menschen  sinnlich  wahrgenommen  werden,  woran  sich  auch  noch  die  A^M-suche 
und  Entwürfe  iconiecturae)  nützlicher,  äußerlicher  (corporalium)  Künste  und  Fertigkeiten  schließen, 
und  außer  der  Methode  wissenschaftlichei-  Enirterung  und  der  Theorie  der  Zahl  nichts  Nützliches. 
(Vgl.  ähnliche  Äußerungen  Augustins  Beuter:  Augustinische  Studien,  S.  454).  Es  sind  also  besonders 
die  sogenannten  exakten  Wissenschaften,  deren  Studium  Augustinus  empfiehlt.  Speciell  den  heiligen 
Zahlen  3,  7,  10.  4  mißt  Augustinus  eine  besondere  Bedeutung  bei  und  meint,  in  ihnen  seien  Cie- 
heimnisse  vei-borgen  (lib.  II,  17).  Dag(\uen  hat  die  Zahl  der  neun  Musen  gar  keinen  Wert,  sie 
ist  das  Ergebnis   eines  Zufalls,   wie  Varro   es  selbst  an  einer  Stelle  seiner  Schriften  gezeigt  hat. 

2" 


12 


18 


Spraelicn. 

Aui:u>tiims  empfand  os  als  feiner  Benrteiler  de^  Lateinischen  als  sehr  störend,  daß  die 
hi.^lu^riuvn  rb.Tsetzuniron  der  IJibel  aus  dem  Hebräischen  und  Griechisclien  ins  Lateinische  in 
koiurr  W.-i..'  -enimten  und  von  Härten  und  Fehlern  wimmelten  (Bcissier  L  351).  Lateinische 
Schriftstelirr.  di."  des  H(d)räischen  kündig  waren,  -ab  es  vor  und  zu  seiner  Zeit  keine,  ausgenommen 
Hieronvinu^  l)a-.-en  machten  sich  viele  daran,  aus  .lem  Griechischen  die  Bibel  zu  übertragen, 
aber  mri>r.-ns  recht  ungeschirkt  (v,ul.  lib.  H.  11).  Schon  allein  wegen  der  Versciuedenheit  der 
vielen  Übor>rtzunixen  ist  eine  Kenntnis  beider  Sprachen  durchaus  notwendig.  Aber  nicht  die 
Sprache  aU  -^..Iclie  soll  Gegenstand  dos  Studiums  sein,  sondern  nur  als  Hülfsmittel  zur  Erforsciiung 
des  biblischen  Sinnes  (Reuter,  p.  4-").")). 

Musik. 

Xieht  geringe  Verehrung  zollt  Augustinus  der  Musik.  Sie  dürfen  wir  nicht  deshalb  meiden, 
weil  die  HeidiMi  damit  Aberglauben  treiben,  nocii  kann  einem  Christen,  der  sich  über  Cithern 
und  andere  musikalische  Instrumente  belehren  lidU,  daraus  der  Vorwurf  gemacht  werden,  daß  er 
dadurch  sich  mit  .hm  Thoi-heiten  des  iiei.lnischen  Theaters  abgebe.  Der  Christ  muß  vielmehr 
einsehen,  daß  die  Wahrheit  seinem  Herrn  gehr»rt.  wo  er  sie  nur  findet,  und  hei.lnische,  aber- 
gläubische <  iebilde  scharf  davon  unterscheiden  und  von  sich  weisen.  Auch  zum  Verständnis  der 
Bil)el  kann   die  Musik   von   Nutzen   sein   (lib.  II.   IG). 

Heidnischer  Aberirlaube. 

Dahin  -ehr.it  jeirlicher  (Jötzenkult.  die  Bücher  der  Haruspices  und  der  Augurn.  Amulette, 
Zaubereien  und  dergleichen  mehr:  insbesondere  eine  Fülle  von  abergläubischen  Gebräuchen,  denen 
der  Heide  einen   besoiulereii   Wert  beilegte. 

Auch  die  Kunst  der  Astrologie  un<l  der  Gestirndienst  ist  hierher  zu  nehmen  (lib.  II.  20  u.  25). 

(iewisso  iiotae  uiul  si^iia  inuss  der  Christ  sieh  merken. 

Uiit.'i-  die  si-na  rechnet  Augustinus  z.  B.  die  Gebärden  und  Gesten  des  Pantomimen, 
wh'  er  sie  in  Kaithag«.  gesehen  hat.  Früher  mulUen  diese  besonders  durch  einen  praeco  erklärt 
werden.  s<mst  verstand  sie  niemand.  Die  signa  haben  nur  dann  allgemeinen  Wert,  wenn  sie  auf 
Übereinkunft  der  Menschen  beruhen,  sonst  versteht  sie  niemand.  Es  giebt  überflüssige  Zeichen 
und  notwendige  Zeichen.  Zu  den  ersteren  gehüren  die  zahllosen  erdichteten  Fabeln  und 
Fälschun-en  in  den  heidnischen  Göttermythen,  an  deren  Unwahrheit  die  Menschen  Freude  em- 
pfinden," zu  den  notwendigen  rechnet  er  alles  das,  was  sich  auf  Kleidung  und  Schmuck  des 
Körpers  zur  Unterscheidung  des  (Jeschlechts  und  des  Ranges  bezieht,  ferner  Gewicht,  Maß  und 
Münze.  Alles  dieses  muß  der  Christ  nicht  nur  nicht  fliehen,  sondern  möglichst  genau  dem  Ge- 
dächtnis einpi-ägen  (lib.  II,  c.  25).  Kenntnis  der  Schriftzeichen  und  sogar  der  notae  (Kurzschrift) 
ist  ebenfalls  durchaus  erwünscht. 

Oesehiehte  und  (leoirraphie. 

Ihre  Bedeutung  schätzt  Augustinus  ganz  besonders  für  den  Unterricht.*)  Sie  hilft  zum 
Verständnis  der  heiligen  Bücher,  auch  wenn  man  nur  jugendliche  Kenntnisse  von  ihr  besitzt. 
So  kann  zum  Beispiel  durch  die  Geschichte  die  Länge  des  Lebens  des  Herrn,  sein  Geburts-  und 
sein  Todesjahr  genauer  erforscht  und  bestimmt  werden.    Freilich  bekundet  Augustin  selbst  keinen 


*i  V<;1.  Reuter:  Augustinische  Studien,  S.  450. 


besonders  histoiischen  Sinn.  Fi-  eiklärt  die  Zahl  -Iß  vom  Altei-  des  Herrn  (vgl.  -loh.  2,  1!))  in  der 
Weise,  dal)  er  die  Zahl  nicht  von  dem  wirklichen  Altei"  des  Hei'rn  versteht,  sondern  auf  das 
(Jeheiinnis  der  leiblichen  iV'rson  des  Herrn  bezieht.  Fernei-  läßt  er  IMato  zur  Zeit  des  Jei-emias 
nach  Agy])ten  r?isen.  um  zu  beweisen,  daß  di(>ser  seine  theologischen  Ansichten  aus  dei-  Bibel 
geschöipft  habe.  Die  (leschiclite  ist  nicht  etwas  von  ^lenschen  allein  (beschaffenes,  sondern  eine 
direkte  Wirkung  (Jottes,  des   Lenkers  aller  Dinge  (lib.  J],  28). 

Auch  die  Kenntnis  der  (ieogiaphie,  sowie  der  Natur,  als  z.  1».  der  Steine,  Kräuter.  Tiei'e, 
kann  dem  Christen  nui'  v(»n  Nutzen  sein  und  wird  ihm  manche  Rätsel  der  heiligen  Schrift 
lösen  (lib.  II,  21)). 

M<'<li/in  und  Astronomie. 

Die  ersn-re  riihmt  Augustinus  im  (iegensatz  zu  jener  Heilkunst,  die  mit  abeigiäubischeii 
Dingen,  Zauberiiiitteln  u.  s.  w.  dem  Kranken  helfen  will.  AVenn  man  die  Ui'sache  der  Wirkung 
eines  Heilmittels  nicht  weiß,  konnnt  es  auf  die  (Besinnung  an,  mit  dei"  man  (>twas  gebrauciit. 

Die  Astronomie  ist  als  exakte  Wissenschaft,  die  auf  bestimmten  Gesetzen  bei'uht,  zu 
schätzen.  Auch  ihren  A^orausbestimmungen  ist  zu  glauben,  nur  die  Astrologie  (error  fatua  fata 
cantantium)  ist  abzuweisen,  und  weil  die  Astronomie  ihr  verwandt  ist,  so  lassen  unbefestigte  Gemüter 
liel)er  beide  ruhen,  als  daß  sie  dadurch  in  Irrtum  geraten.  Die  Ciiristen  können  die  Astronomie 
nicht  entbehren,  da  jährlich  die  Zeit  des  Leidens  des  Herrn  nach  den  Monderscheinungen 
festgesetzt   wird. 

Die  Kenntnis  allei'  [)raktischeii  Wissenschaften,  wie  ^ledizin,  Ackerbau,  Schiffahrt,  kann 
der  Christ  sich  nur  in  beschränktem  .Maße  und  eilig  erwerben,  anwenden  wii'd  ei"  sie  ja  nur 
im  Notfall,  aber  zur  Beurteilung  mancher  figüiiichen  Redeweise  der  heiligen  Schrift,  welche  diese 
Dinge  betrifft,  sind  sie  ihm  sehr  nützlich  (lib.  II,  30). 

PhiIos()])liie  und  edle  Wissensehaften. 

Alle  Aussprüche  der  l'hilosophen,  insofern  sie  Waiirheit  enthalten  und  dem  cliristlichen 
Glauben  sich  anpassen  lassen,  sind  nicht  nur  nicht  zu  fürchten,  sondern  sind  ihnen  als  den 
unrechtmäihgcn  Besitzern  abzunehmen  und  in  den  (Jebi-auch  des  Christentums  zu  stellen.  ^^) 
Augustinus  wendet  auch  hier  wi(Mler  (his  Bild  des  aus  Ägypten  auszielienden  Israel  auf  die 
Christen  an.  AMe  dies  das  doch  der  Knechtschaft  abschüttelte  und  die  CuHzen  Ägyptens  vei-- 
wünschte,  dagegen  Gold  und  Silbei'schmuck  und  Kleider  mitnahm,  um  sie  zu  einem  besseren 
Gebrauclie  zu  vorwenden,  so  soll  auch  der  Christ  handeln.  Die  edlen  AVissenschaften  (liberales 
disciplinae),  welche  sich  der  AVahrlieit  nähern,  enthalten  nützliche  moralische  Vorschriften  und 
manche  treffende  Bemerkung  über  die  Verehrung  des  einen,  wahren  Gottes.  Dieses  (Jold  der 
Erkenntnis  haben  sie  aus  den  Bergwerken  der  g()ttlichen  A'orsehung  ausgegraben,  aber  stets  im 
Dienste  der  Dämonen  angewandt.  Der  Christ  muß  dieses,  wenn  er  sich  von  der  (Jemeinschaft 
mit  dem  Heidentum  trennt,  in  den  bessern  Dienst  der  iVedigt  des  F]vangeliums  stellen.  Auch 
die  Kleider  der  Heiden,  worunter  Augustinus  hier  menschliche  Einrichtungen  versteht,  die  nicht 
zu  entbehren  sind,  müssen  wir  annehmen  und  l)esser  verwenden.  Augustinus  verweist  auf  eine 
große  Anzahl  von  Kirchenlehrern,  z.  B.  Cyprian,  Laktanz,  und  besonders  auf  griecliische  Lehrer 


*)  Vgl.  eiuen  Ausspruch  A.'s  Reuter,  S.  450:  „Derjenige,  Avelclier  meint,  sie  als  solelie  fliehen  zu  müssen, 
will  nichts  anderes,  als  die  Weislieit  nicht  lieben."  A^gl.  Reuter,  S.  45IJ ;  desgl.  Aug.,  epist.  118,  §i^  15—33, 
Boissier  I,  S.  352  u.  375   philosophiae   tutissinius  jucundissimusque   purtus.     Aug.  cuntra   acad.  II,  1  u.  a.  m 


11 

hin  uvlrlM-  ihn-  IVil.i.n.^^  l.ri  .!,>..  H.m.1(mi  -osuclit  und  sie  nachl.or  in  .1(M)  Dienst  des  Clinstentnms 
..,.,trllt  i.al..i)  (lil.  '>  M)).  Kivilidi  S.M  dann  imm.T  das  \V..rt  .los  Aj^stels  zu  behorzi-on  das 
Wi.s.n  Mal.rt  auf,  di.  I.i(d).  alnT  .'rbaut  (1.  Vov.  K  1),  un.l  nieman.l  könne  soli.i;-  ^^e^len,  der 
nicht  zuvor  ()>trrn   -efeiert   hal.e.     Das  reclito   Passahhunni    aber    sei    Jesus  Christus    (hb.  2,  41). 

Kunst  der  disputatio  und  der  loirischni  SchlusstVdiior.inu. 

AV.-nn  Vu<nistin  v..n  .ler  l'hih.sophie  so  hoch  denkt,  wie  ^^il■  es  eben  hörten,  so  ist  das 
„orh  in  vi.l  höheivni  Mab.'  der  Kali  bei  sein.'ni  LiebHni^sstu.hum.  der  Kunst  der  ^vissenschatt- 
li,h.n  Kn.rtorun.'  un.l  .l.'r  Kiietorik.  =^-)  Hi(>r  fühlt  er  sieh  se  n.cht  zu  Hause,  hier  ^velß  er  aus 
..i..vn.t.-r  Krfahrun.-.  was  er  .ii.'sen  Disciplinen  zu  .lanken  hat.  Die  Kunst  der  disputatio  dient, 
wie  er  ^a^-t  (lib  '>  'Ml  /ur  Lösun-  aller  Arten  v.m  Fra-en.  .lie  in  der  heili-en  Sclirift  vorkommen. 
\ur   nii..^-    .lab.i    .li.'    Lust    zum    Zanken    un.l    ein    kindisches   Zursehautragen    des   Veronügens, 

<len  (1 nor  /u  tauselH-n.  vermieden   wer.len.     Daliin  gehören  die  sogenannten  Sopliismen,   Trug- 

sehlü.s.'  die  .ich  auf  falschen  V..rauss.-tzungen  auferbau(Mi.  Augustin  cHäutert  dies  an  einigen 
Beispielen  u  a  an  1  C^.r.  1.').  DJ.  Aber  die  Wahrheit  der  Schlubfolgerung  (conne.xiones)  bleibt 
b(>.tehen  'au.-h  w.-nn  der  Inhalt  derselben  falsch  ist.  Der  Christ  kann  diese  in  den  Schulen 
aui;.-rhall.  dor  Kirche  kennen  lernen,  die  sententiae,  .1.  h.  «ler  Inhalt  der  connexiones,  sind  aus 
den   kirchlichen    Büchern  zu  entnehmen. 

Die  Wahrheit  diesei  louischen  desetzc^  ist  von  den  M.Mischen  nicht  erfunden  und  test- 
..c.-tzt  -.n.l.-rn  nur  b.M.bachtet  w.u-.len.  Sie  liegt  vielmehr  in  d.'r  Weltordnung  und  stammt 
direkt  von  (iotr  (lib.  2,  42).  Aber  sie  haben  an  un.l  für  sich  keinen  groben  Wert,  wenn  nicht 
ihr  Inhalt  auf  Wahrh.'it  heruht.  Dess<«r  ist  es,  eine  wahre  A'..rstellung  (sententia)  zu  haben, 
z.  U.  dw  Aufor.t.-hung  .l.'r  T..ten.  als  eine  richtige  Schlubfolgerung,  <lie  unbefrie.ligt  laßt,  z.  H.  .lab, 
wenn  es  k.'in-  Auferstehung  .ler  Toten  giebt,  auch  Christus  nicht  auferstan.leii  ist. 

Die  Kunst  der  Definition  und  der  Tciluni?. 

Da^^selbe,  was  AuLni>tin  von  dm  bei.len  ..ben  genannten  Disciplinen  gesagt  hat,  gilt  auch 
von  drv  Kunst  .h-r  .l.-finitio  und  partitio.  s.)wohl  was  ihren  Ih-sprung  als  ihre  Anwendung  an- 
h.dangt.  Si.  .in.l  an  und  für  sich  .lurchaus  berechtigt  un.l  wahr,  auch  wenn  vielfach  von  Heiden 
und   faU.'hoii   Christ.Mi   Mil)l)rauch   mit  ihnen   getiieben   wir.l. 

\)nvh  hat  .lies.'  -anzo  Kunst  .ler  Logischen  SchlulUolge,  Definition  un.l  Partition  nur 
W.Tt  für  d.'u  .l.M'  sie  veisteht.  Kin  begabt.T  Mensch  b.-reift  viel  leichter,  daß  eine  Schlul')- 
folgeiunu-  nirht  richtig  i<  als  .laß  ."r  .li.'  ( b's.'tze  .leiselb.Mi  versteht,  ein  unfähiger  Mensch 
ho-qvift  lM>i.lr>  nicht.  .\bcr  d(«r  Ceist  wird  .loch  .lurch  si.'  geübt,  und  .lie  (Jefahr,  daß  der 
ClKu-aktor  duivh  sie  v.-rd.ub.'n  un.l  .lie  Lust  zum  Tauscheu  .lurch  sie  erw.X'kt  wir.l.  ist  nicht 
sondfflich  zu   füix'ht.'ii   (lib.  2.  o7). 

Aritlinictik. 

Die  Wissenschaft   v..n   .len   Zahlen    hat,    wie   Augustinus    scIdu    früher   bemerkt    hat,    für 

den   Chri^.-M   hohen   Wert.      Di.-  (i.'setz."    .lerselben    sin.l    unvcran.lerlich   un.l   fest.     Wenn   Vergil 

,|ic  eiste  Silbe  v..n   Italia,    welch.-    sonst    bei    allen  Schriftstellern   vor   ihm    kurz    war,    verlängert 

luit,  so  kann   man   noch  nicht  in  derselben  Weise  .las  (les.'tz  .l.-r  Zahl   iin.lern   un.l   sagen:   „3  >^  3 

■  sind    nicht   ;i-.     Do.-h   s..ll    >ich    nieman.l    unter    Unerfahren.-n    mit   dieser  Wissenschaft,    die   von 


*i  Viil.  de  üi'diiie,  üb.  II.  cap.  1:5. 


15 

unveriinderlichen  (iesetzen  beherrscht  ist,  brüsten,  sondern  vielmehr  be.lenken,  wie  sein  Geist 
selbst  dem  Wechsel  unterworfen  ist,  und  alles  zum  Lobe  des  einen  (iottes,  v.m  dem  alles 
stammt,   anwenden. 

Die  Beredsamkeit. 

Augustinus  nimmt  sie  gegen  den  Y.)rwurf  in  Schutz  (lib.  2,  30),  daß  durch  sie  die 
Menschen  zu  verAcrflichen  Dingen  überre.let  werden  k*>nnen.  Daran  trägt  aber  die  Beredsamkeit 
selbst  keine  Schuld,  sondern  .liejenigen.  welche  sie  übel  anwenden.  Den  Ursprung  der  Bered- 
samk.Mt  verlegt  Augustinus  (d)enfalls  nicht  in  eine  selbständige  Erfin.lung  des  menschlichen  Ceistes, 
sondei-n  sie  liegr  in  .len  menschlichen  Dingen  selbst  begründet  und  ist  v.»n  Menschen  d.trther 
entlehnt  und  ausgebaut  wor.len.  Sie  hat  nach  der  Ansicht  Augustins  für  den  Christen  eine  solche 
Bedeutung,  daß  -v  ihr  ein  ganzes  Buch  widmet.  Er  will  (lib.  4,  1)  nicht  alle  Kegeln  der  Rhetorik 
eingehend  mitteilen  und  beschreiben,  das  geh.u't  vielmehr  in  die  Schulen  der  Rhetoriker.  Wie 
sie  in  den  Diens:-  des  Guten  treten  kann,  damit  sie  für  die  Wahrheit  streite,  wenn  böse  Menschen 
sie  zur  Behauptung  ihrer  verkehrten  Sache  in  .len  Dienst  der  Sün.le  und  des  Irrtums  stellen, 
das  will  er  zeigen.  Sie  muß)  schnell,  wie  es  auch  die  römischen  Meister  dieser  Kunst  l)ezeugen, 
in  einem  passen.len  Alter,  aber  dann  auch  ausschließ)lich  und  allein  von  allen  Wissenschaften 
betrieben  werden.  Noch  in  ganz  jugendlichem  Alter  (adulescentuli)  muß  sie  von  solchen  erlei-nt 
werden,  deren  Zeit  nicht  v.)n  anderen  notwen.ligeren  Dingen  besetzt  ist.  Unbedingt  notwendig 
ist  sie  nicht  für  jeden  Klerik.u-.  Es  giebt  zwar  auch  kirchliche  Schriften,  die  schon  allein  im- 
stande sin.l,  einom  fähigen  Menschen,  der  sie  vortragen  höi't,  sich  im  Schi-eiben,  Diktieren  un.l 
Reden  übt,  die  Kunst  .ler  Rcdv  beizubiingen.  Wenn  aber  die  geistige  Fähigkeit  fehlt,  dann  nützt 
alles  nichts,  weder  Regeln  noch  sonst  etwas.  Es  giebt  Leute,  die  beredt  sind,  aber  doch  nicht 
während  der  Re.le  an  die  einzelnen  V.^rschriften  der  Beredsamkeit  denken.  Die  Regeln  sind 
ihnen  vielmehr  in  Fleisch  und  Blut  übergegangen,  und  sie  wenden  sie  unbewußt  an.  Menschen, 
die  in  gebildeter  Umgebung  aufgewachsen  sin.l,  sind  .)ft  bere.lt,  obwohl  sie  keine  einzige  Regel 
kennen.  Ein  Mann,  <ler  die  heilige  Schrift  lehi-t  und  behandelt,  der  den  ivchten  Glauben  ver- 
teidigt un.l  .len  Irrtum  bekämpft,  muß  mit  allen  Regeln  dar  Beredsamkeit  vertraut  sein,  um  im 
ge"-ebenen  M.tmente  immer  .li.'  n.Hige  Einwirkung  auf  seine  Zuhöi-er  ausüben  zu  können.  D.'im 
alle  die  Regeln  von  den  obsecrationes,  increpationes,  concitationes  und  coerciti.)nes  der  Zuhörer 
kennt  nur  derjenige,  welcher  die  Bercilsamkeit  schulmäßig  betrieben  hat. 

Objekt  der  Elo.pienz  muß  aber  .lie  .W.dsheit«  sein,  unter  welcher  Augustinus  die  g.dt- 
liche  Lehre  dei-  heiligen  Schrift  verst.^ht.  Schon  .lie  Alten  sagten:  AVeisheit  .)hne  Beredsamkeit 
nützt  den  Staaten  wenig,  P>(>re.lsand(eit  ohn.»  W.dsheit  scha.let  meistens  sehr,  nützt  nie  ,  wie  viel 
mehr  müssen  Christen  sich  zu  dieser  Wahrheit  bekennen!  Ein  christlicher  Lehrer,  der  nicht 
beredt  ist,  muß  d.>ch  w^eise  reden  k(>nnen,  indem  er  eine  genaue  Kenntnis  .ler  heiligen  Schrift 
besitzt.  Freilich  er  kann  mehr  nützen,  wenn  er  bei.les  vermag.  Darum  empfiehlt  Augustinus 
angelegentlich  de  Lektüre  solchei-  Kirchenväter,   welche  bei.le  Vorzüge  in  sich  vereinigen  (c.  o). 

Wie  steht  es  nun  mit  den  Verfassern  der  heiligen  Schriften  Alten  und  Neuen  Testaments? 
Sind  sie  nur  weise  oder  auch  beredt  gewesen?  Augustinus  behauptet  mit  der  größten  Ent- 
schiedenheit bei'les  von  ihnen,  ja,  er  erkühnt  sich,  nachzuweisen,  daß  alle  A^orzüge  und  aller 
riietorische  Sclimuck,  den  .lie  Hei.len  nur  bei  ihren  Schriftstellern  im  Gegensatz  zur  Bibel  zu 
finden  glauben,  dort  vielmehr  in  reichstem  Maße  vorhanden  ist.  Die  Beredsamkeit  erscheint  an 
den  Stellen  der  Bibel,  wo  sie  angewan.lt  wird,  als  durch  die  Dinge  selbst,  welche  behan.lelt 
werden,  hervorg.ibracht,  ja  als  eine  unzei'trennliche  Dienerin  der  Weisheit.     Paulus  kannte  keine 


16 

yjJnn'i  (i^nidati..).  luifl  (loch  wendet  er  sie  (R(mier  5,  :'>)  an.  Den  p^ewalti^ren  Strom  der  Paulinischen 
Heredsaniki'ir  (2.  (\>r.  11,  K)  u.  ff.)  niul)  souar  <'in  Menseli,  der  sclniarcht  (stertit),  anerkennen. 
Es    findrn     -ich    Jiier    so-ar    die     Formen    der    y.öniKnn    (Olieder)    und    der    regelrechten    Pe- 

ri()(h'nl)ihluni:! 

Aumi>riiuis  l(\ut  dieses  einstellend  dar.  Er  hätte  auch  zeii;en  kiumen.  daH  der  Apostel 
die  Kedefii;uivn  kennt,  aher  es  würde  ihn  zu  weit  füliren.  Soüar  seine  (reiner  müssen  ihm 
zuirestehen,  dal!  die  Hi'it'fV'  Pauli  he(kMitend  und  ,irewalti,u'  (,uraves  et  fortes)  sind.  Aber  auch  die 
l'ruphetcii  iiahcn.  wie  ihre  Auss])rüch('  i)eweisen.  Beredsamkeit  gekannt.  Durch  pHtliche  Ein- 
-•ehunu'  (c.  7)  wurde  es  ihnen  verliehen,  dal)  sie  beredt  und  weise  sein  konnten,  wie  es  Personen 
von  ilirei-  Art  zustand.  Wer  die  heilig(Mi  Schriftsteller  liest  und  sie  and(M-n  ei'kliirt,  hat  besonders 
darauf  zu  >ehen.  dal)  (u-  sieh  einer  deutlichen  und  verständliehen  Hedeweise  befleißigt,  nicht 
aber  die  Schwierigkeiten    nachahmt,  die   im  Texte   liegen. 

Auch  wenn  sprachliche  Hauheiten  und  abnorme  AVortbildungen  entstehen,  soll  man  sie 
doch  (h'r  Deutlichkeit  wegen  tolerieren.  Er  rechtfei-tigt  die  l'bersetzung  von  Ps.  15,4:  :jnon  con- 
greirabo  conventicula  eorum  de  sanguinibus  nach  dei-  Septuaginta,  speciell  den  ungebräuchlichen 
riural  von  ^anguis.  und  (uklärt  es  für  zulässig,  die  Form  ossum  für  os  (ossis)  zu  gebrauchen, 
damit  es  niemand  mit  Os  (oris)  verwechsle.  Demi  was  nützt  alle  Keinheit  der  Sprache,  ^venn  sie 
nicht  deutlich  i>tl  Ebenso  bclie!)t  wie  der  ist,  welchei-  schwer  verständliche  Dinge  seinen  Zu- 
h()rei-n  tMiti'iitselt.  ebenso  lästig  ist  der,  welcher  bekannte  Dinge  andei'n  aufdrängt  (c,  10).  Die 
Eorm  und  Art  dei-  Heivdsamkeit  dai-f  mit  der  ( Jefälligkeit  (suavitas)  nicht  in  Konflikt  kommen, 
(ieschieht  da>.  so  wird  die  Wahrheit  nur  wenigen  strebsamen  (Jeistern  zu  teil.  Aber  wie  die 
Speisen  <:ewürzt  werden,  um  den  Widerwillen  vieler  zu  ül)erwinden,  so  mub  auch  die  Form  der 
Heredsamkeit  eine  angenehme  sein  (c.  11).  Ihre  Aufgabe  ist,  wie  Cic(U'o  or.  c.  21  sagt,  zu  be- 
lehren, zu  eru(itzen  und  eine  Wirkung  auf  die  Hiücr  auszuüben  (docere,  delectare,  flectere).  So 
muH  aucli  dei-  kirchliche  Hediier.  wenn  er  etwas  eiiii)fiehlt,  was  zu  tliun  ist,  nicht  nur  lehren, 
um  zu  unt.'i-richteii,  und  eig()tzen,  um  zu  fessi-ln.  sondern  auch  die  (iemüter  bezwingen,  um  zu 
sieiren.  Freilich  hat  die  suavitas  auch  ihre  bedenkliche  Seite  und  wii'd  von  vielen  in  der  Weise 
mibbraiu'lit.  ilai;  sie  verabsciieuenswerte  Dinge  nui'  der  Enteilialtung  wegen  (dcdectandi  causa) 
lesen.  mIiu.'  ihnen  beizu>tiiiniien.  In  dem  Tone  tiefster  sittlicher  Entrüstung  weist  Augustinus  es 
als  L;-anz  unwüi'dig  zurück,  dal",  ein  christlicher  Ltdirer  «mIci-  eine  christliche  (iemeinde  an  der- 
artigen Diii-en  (iefalleii  habon  kiuiiie.  Das  (ieivchte  und  Wahre,  auch  wenn  es  nicht  gefällt, 
nicht  Eindi'uck  macht,  werde  frei  bekannt,  aber  nicht  werde  das  Sündige  gern  gehöil!  Auch 
dürfen  unbedeutende  Dinge  nicht  mit  übertriebener  rednei'ischer  Ausschmückung  dargestellt 
werden,  »vprian  hat  dies  einmal  in  einem  Briefe  gethan.  wo  er  die  Annehmlichkeit  seines 
Wohnsitze-,  beschreibt,  nachhei'  aber  nie  wieder,  um  damit  zu  beweisen,  dal)  er  wohl  die  Fähigkeit 
rednerischer  Ausschmückung  besitzt,  aber  sie  absichtlich   nicht  anwenden   will  (c.  14). 

Dem  Einwurf,  dal)  alle  Heg^dn  und  Pbungen  der  Beredsamkeit  eigentlich  überflüssig 
seien,  da  doch  von  (iottes  Segen  alles  abhänge,  entgegnet  Augustinus,  es  stehe  mit  der  Bered- 
samkeit wie  mit  der  Medizin,  die  dem  Kranken  gereicht  wei'de.  Auch  diese  kiume  ohne  den 
Willen  (rottes  niclits  nützen.    Wenn   aber  (Jott  seinen  Beistand   verleihe,  so  sei  sie  dem  Menschen 

nützlich  (c.  It)). 

Wer  also  als  Christ  die  drei  Regeln  dei"  Rhetorik  l)efolgt.  ist  beredt,  auch  wenn  er  bei 
dem  ZulKU-er  keinen  Beifall  findet.  Dasselbe  wie  die  genannten  drei  Regeln  besagt  ein  andrer 
Ausspruch  ricero's:  der  wird  beredt  lieiben.  dei'  das  Unbedeutende  affektlos,  das  etwas  Wiclitigere 
iremäbifft.  das   Bedeutende  mit   Affekt   voitragen   kann     (c.  17). 


17  

Kleine,  unbedeutende  Dinge  giebt  es  nun  eigentlich  in  den  Worten  des  Heri-n 
überhaupt  nichv.  auch  das  rnbedeuteiidsti;.  z.  B.  dal)  (k'rjenige,  welcher  seinem  Jüngei"  einen 
Becher  kalten  Wassers  i'cicht.  seinen  Lohn  eni])fangen  wird,  inul),  wenn  der  (Jeistliche  über 
diesen  Text  spiicht,  im  gi-ande  genus  dicendi  behandelt  werden.  So  hat  es  Augustinus  selbst 
einmal  erlebt,  als  er  diesen  Text  behandelte  und  er  unter  dem  lieistande  des  (Jeistes  (iottes 
so  gewaltig  redete,  dab  viele  ZuhönT  zur  Ausübung  von  Werken  der  liarmlierzigkeit  sich  ge- 
drungen fühlter   (c.  IS). 

Und  doch  muH  ein  geistliche'-  Ive(lner  auch  die  beiden  anderen  Arten  des  Vortrags 
anwenden.  Wenn  er  nämlich  lehrt,  nuil!  ei'  affektlos,  wenn  er  etwas  tadelt  oder  lobt,  gemäbigt, 
wenn  er  aber  >eine  ZulKÜ'cr  zu  einer  Handlung  fortreillen  und  begeistern  will,  die  sie  nicht 
wollen,  mit  Pathos  reden.  Als  Beispiel  dei-  dictio  suhmissa  führt  Augustinus  die  Stelle  (Jal.  4,  1 
an,  als  P)eis})ie'  der  dictio  teinjiei'ata  I.Tim.  ;").  1  u.  ff.,  und  Rinn.  P_\  1  u.  ff.  Bei  dem  SchluH 
induite  Dominum  Jesum  et  cariiis  providentiain  ne  feceritis  in  concupiscentiis  Rom.  lo,  11  maciit 
er  die  Bemerkung,  dab  v.v  (Muem  n'imischen  Ohre  nicht  wohlklingend  genug  sei.  Im  griechischen 
Texte  möge  das  anders  sein,  aber  es  fällt  ihm  überhaupt  bei  den  christlichen  Autoren  auf, 
(lab  sie  auf  einen  wohlklingenden  Schlub  niclits  geben.  Wenn  jemand  diesem  in)elstan(le  durch 
Umstellung  und  Änderung  der  Worte  abhilft,  so  wird  sich  lierausstelhMi,  daß  den  heilig(Mi  Schrift- 
stellern der  Bibid  nichts  von  dem  bdilt,  was  ein  Schüler  der  Rhetoren  und  (Jrammatiker  als 
wichtig  und  bedeutsam  gelernt  hat. 

Und  was  den  AVohlklang  (h'<^  Schlusses  l)etrifft,  so  ist  er,  wie  Hieronymus,  ein  Kenner 
des  n(d)räischen,  konstatiert  hat.  den  Bro))heten  auch  nicht  ganz  unbekannt  g{d)!ieben.  Augustinus, 
der  iiersönlich  den  RMiythmus  des  Schlusses  häufig  anwendet,  findet  es  durchaus  begreiflich,  dab 
die  heiligen  Schriftsteller  ihn  wenig  anwenden,  weil  der  göttliche  Inhalt  der  Schrift  durch  ein*.- 
allzu  vollkomm'Mie  l'orm  vielleicht  an  (iewicht  verlieren  kötune.  Als  I>eispiel  der  dictio  grandis 
citiert  Augustinus  die  AVorte  '1.  Cor.  (i.  '1  u.  ff..  Rönu.  8.  2S  ff.  u.  (Jal.  d,  10  (lib.  4,21).  AVeitei" 
giebt  Augustinus  Pi'oben  ^\vv  dici  genei-a  dicendi  aus  Cvpi'ian  und  Ambrosius.  ,]v(\{^  Nuance 
d(S  \'ortrai!'s  e  fordert  übi'iuvns  die  Px'rücksiciltiüiinu'  eines  besonderen  genus,  z.  B.  muH  dei' 
Anfang  ^^:'>  graiide  genus  b(>s--ei'  ohne  besonderen  Affekt  gesprochen  werdc'ii  (tenijierate),  damit 
das  folgende  si<'li  um  so  mehr  davon  abliebt.  Ebenso  ist  im  tenijieratum  genus  stellenweise  das 
submissum  gen  is  anzuwenden  (c.  2.!).  Lauter  Beifall  der  Zuluü-er  ist  durchaus  nicht  ein  An- 
zeichen des  gi'ande  dicendi  genus.  Dieses  läHt  vielmehr  durch  seinen  gewichtigen  Inhalt  die 
Zuhö)rer  still  und  andächtig  aufmerken  und  rührt  sie  zu  Thränen.  So  hat  es  Augustinus  selbst 
einmal  durch  die  Anwendung  der  dictio  gi-andis  erreicht,  dal!  die  Bürg(U'  von  Cäsaiea  in  Maure- 
taiii(Mi  von  eiiuni  gegenseitigen  erbitternMi  Kampfe  ablieben  und  zum  Dank  gegen  (Jott  mit  Herz 
und  Mund  sich,  durch  di<'  l)eg(Msterte  Rede  y\v^  Bischofs  birtreiben  Hellen  (c.  21).  Im  iibfigeii 
verfolgt  der  Christ  einen  andren  Zweck  als  der  Heidt'  in  der  Anwendung  der  verscliie(lenen 
V()rtragsw(Msen.  Wähi'end  diesei-  das  temperatum  g(Muis  nur  zur  Unteilialtung  seiner  ZuIkuvi- 
in  Lobreden  und  andren  \'oi'trägen  gebraucht,  hat  der  Christ  in  allen  drei  Fällen,  also  auch  bei 
der  dictio  temperata.  nur  den  Zwecd^  im  Auge,  seinen  Zuhörern  die  Li(d)e  zum  ethisch  (Juten 
und  die  Abneigung  gegen  das  Böse  einzupflanzen  (c.  25).  Wenn  man  sagt,  der  Zweck  der  di'ci 
genera  sei  der.  daH  der  K*ediier  1)  mit  ViM'ständiiis.  2)  gern  und  3)  von  willigen,  folgsamen  Zii- 
li()rei-n  ang(dir»r  werde,  so  sind  die  (Jrenzen  zu  eng  gezogen,  denn  bei  jedem  einzelnen  der  drei 
genera  mub  er  die  dreifache   Wirkung  hervorzurufen   beabsichtigen  (c.  2()). 

Soll  aber  diese  AVirkung  nicht  ausbleiben,  so  muH  das  Leben  des  Redners  ein  Vorbild 
für  die  Höuer   >ein  (c.  27).     Auch   muH  die  Sache  über  dei'  Form  stehen,  und  es  kommt  weniger 

3 


18 


,lanu.f  an  .^1.  ^'twas  -uf  irrsa-t  i>t.  als  daH  os  wahr  ---sa-t  ist.  =^^)  Dai;  dir  Wahrheit  cinUMichte, 
„,.talh.  und  .Mnwirk.-.  da>  i^t  d.T  Zutrk  drr  drei  uvn.'ra.  Si,-  steht  dem  ('hn>trn  immer  ..hen 
;ui.  I5.-s>rr  .,n  Mensch,  .ier  KaUehes  uu.rhnn.  als  j.'mand.  .h'r  es  here.it  v.ntra-t.  Div  iKu-hste 
Kun>t  i>r.  iMM-edt  und  w.'i>r  zu  iv.hMi.  Wer  hei.h's  nieht  kann,  .h^r  re.h'  weise,  denn  (his  ist 
i)essrr.   aU   wfnn    jemand   th.diclitc    Dini^e   hmviit   vnrtriiut  (e.   l^S). 

Hat  r\rv  eiiri^tliehe  IJchier  xdhst  nieht  di.>  (iahe  .h'i  Inventi.Mi.  aher  die  des  Vertra-s. 
,.,  .,,11  rr  >iHi  -ar  nieht  seheu-n.  die  Arheiten  an.leivr  zu  hemitz-n.  sie  sieh  einzuprä-en 
und  vurzuriauvn.  '  Khcii».  ui.d,t  .■>  I.-ute.  welch.'  .li.'  (ial..>  .les  Vuitra-s  nieht  hesitzen.  aher 
w.ihl-.-.'tzr.'  UriU'U  h'ieht  fntw.Th-n  k.'.nnen.  Hei.le  k.-.nn.m  C^tt  un.l  <ler  (lemeinde  in  ihrer 
W,,i...  .ii^'n.Mi.  !-:>  i^t  ihre  ei-m.'  R.'.le.  di."  >i.'  vurti'au.Mi.  d-'un  .liese  u.di.M't  ( Jott.  dem  sie  s.dhst 
auch  anu.'lHT'ü.  mid  ^i.'  ma.-!i.Mi  .la>.  was  si.-  nieht  halnMi  ahtas>en  können,  zu  ihrem  lMi.MMitum. 
wnn  >i.>  d^MH  Inhalt.'  .lesxMi.  .las  >i."  v.utra.uvn.  uvmäi;  leh.m  (e.  •_>!!).  Auf  .his  (Ivhvt  und  .len 
Scuvn  von  oh.n  k^nimt  aueli  luer  für  .len  ("hrist.Mi  all.'s  an.  Au-ustinu^  sehliel'.t  mit  <leni  he- 
s.-h.M.l.'n.'U  li.'.ran.ini..  .lall  n  ni<-ht  .'in  l'.ihl  v..n  >ieh.  .l.Mn  so  vi.'l."  Män-el  anhaften.  s..ndern 
v.m   ein.Mi.   ehri^tlieli.Mi    K.'dn.'r.  <1.t  an. lern   nützen    will.  s..   -ut  er   k..nnt.".  entwerfen   hah.". 

S.jwnt   Aimu>tinus  in   seiner  d.ictrina  christiana. 

SclihisscriiTbiiis. 

Kin  \'erui<'ieh   mit  P.asilius   i^t   in   mehrfaeh.'i'  Heziehun-  h'hrreich.     Wie  wir   her(>its  ..1)(mi 

1,,. merkt.!!,    tritt    d.-i-   rntersehi.Ml    zwischen    nunischer    liildun-    und    der  Th.'eh.-ie  (h-s  Occidents 

un.l    an.l.-r.M-.rits    -ri.vhixdier    Hihlun-    un.l    The..l..,ui.'   in   der   Heurteilun-  der   Antike    hei    heiden 

l>rr^rmliehk.-it.'n    .leutlich    h.Mv.-r.      \Vi.'    Au,uustinu>    .lie    (h-ensiitze    zwischen    Heidentum    und 

Chiistentuni.   zuixdi.m   Natur  un.l   (ina.le   in   vhd   tief.'rer  Weis.-  an  sich  erhdu-en   hat,   als  ir-end 

rin    Kirch.-nl.'hrei'    .l.'s    Ori.nts.    so    nimmt    er    auch    zum    Heidentum    ein.'    an.leiv    Stellun-   ein. 

(iHTall.    un   ihm   .li.'s.'>.  s.'i    .•>    in    d.'r    h.d.lnischen    l{.di,-i..n.    s.d    es   in   s.dn.Mi   (h'istespr.Mlukten, 

.■nt-ei:enti-itt.   witt.'i't  ei'  Siui.l.".   Ahcr-lauhen.   ( i.'m.dn>cliaft    mit   den    DauDuen.    denn    das   Wesen 

,l.'s    natiirli.-h.m     M.'ii-.-hen     i>t     nach     s.'in.u-    Ansicht     durch    un.l     duivh     venlerht    un.l     vei-ma- 

ui.-ht>  (.ut.-   Mi   (i..ttes  Au.u.'U   zu   v.illhrinu-en.    Anfan-iich.  a!>  Au-u>tinus  das  zweite  Buch  seiner 

.l.H-trina   .•hri^tiana   >chritd).    z..,-   er    .lie  (ir.mz."   .le».Mi,    wa>    dem   Chi-ist.m   aus  ili'U   Schriften   der 

Hei.l.m    iiut/.r,    k.-inii.'.    aui;.'rMi'd.Mitlich    .mi-      (i.'schicht.'.    iiidl.'rliehe   F.'rti-keiten.    die   Kunst   der 

.lisputati.^   un.l   .'twas   Arithm.tik    sin.l    .las    einzii:.'.    was    er    -vi. rauchen    kann   (2.   P>1»).     Später  ist 

rr   \.>n   .li.-.iM   en-herzi-en   Stall. Ipunkt.'  zurück-ek..mmen.  ^^^^••)      Da   l).v..'ichnet    er  die    Phil..s..i)hio 

un.l  .li.'  .liM'iplma.'  lih.'rah'^  als  ein<-n  n..twen.lii:vn  un.l  wichti-.Mi  (h-enstaud  d.-s  Studiums.     Diesen 

W.'chx'l    -rlwrv   Stiunnun-'    un.l    die    Difh'renz    seiner    Äur.erunp'U    üher    weltliche   Wissenschaft 

h.-T.'ih'n    wii'.    w.-nn    wii'  .li.'    In.livi.lualitat  un.l    l'ei's.-.nliehkeit   Au-ustins    in    Hechnun,-'   ziehen. 

Au-u-tinii-   war   \(in   .'inem  P)il.lun,us.lran,u-e   hcscdt   wie   k.'in   an.lrei-  zu   seiner  Zeit.      Er  wai-  ein 

Kultui-m.Mivrh  .■r>ten    Kan-.'s    in    .Ier   l\'ri.).le  'rhe...l..sius  <les  (iivhen   und    (h'^  Honerius  (Heuter, 

S.  4.')1).     Srin    Dran-'  nach    Krk.'untnis  war  .d.ens..  lehhaft   zui-  Zeit,   da   er  nocli  Heide  war,   als 

>piit.M-.  .la  rv  Christ  --ew.ii'.l.Mi   war.      Kein   Wunder,    dah    dieser   Dran--    ihm    hisweilen    die  ]{ulio 

seines  (ilaul). 'US  >t.ü'te   und   ihn   zu  Äuh.'run-en   verleitete,  die   den  früheren  direkt  widersprachen. 

Wainvnd    15asilius    nun    ühei'all    <len   idealen   ethischen   :\Iai;stah   anleimt  und   prüft,  oh   die 
h.'trefhMid.-  Schrift  zur  amn'j  führe,  le-t  Au-ustinus  den   melir  praktischen  Mahstab  der  Wahrheit 

*'   V'j:1.  V.  Scluiltzc:  (J.'scliirlitt'  des   Tu terif;:!!!, «res  des  ti:ritM'lnscli-r()iiiiscli«Mi  Heidentniiis  U,  p.  79. 
**;    i'lier  sein   scliwaiikt'iulfs    rrti-il   v--|.    IN'iittT.   S.  450. 


19 

an:  Alle  Kiinst<\  Ferti<;keiten  und  Wissenscliafteu  lial)cii,  wenn  sie  nicht  (fer  Fördernnü  des 
Verstän(hiisses  r  er  heiliii'en  Schi'ift  und  der  IJarsteliunt;'  der  christlichen  AVaiu-lieit  und  l^ef.u'dei'un,-' 
ilirer  Annahme  dienen,  keinen  Weit.  Weisiieit,  d.  h.  den  Besitz  der  Wahilieit.  findet  er  nur  in 
der  heili,i;en  Schrift,  sonst  nii;-ends.  Auch  die  Philosoplien,  die  nacdi  seiner  Meinun-,-  etwas 
Wahriieit  enthalten,  sind  in  seinen  Au-en  uni'cchtnuihiiio  l^esitzer  dei's.dhen.  Zu  d.'r  freien 
Stcdlun-'  (\qs  Dasilius,  dei*  in  ihivn  Weiken  eine  l'i'.tpädeutik  (\v^  Clu'istentums  sieht,  kann  >icii 
Aui;ustinus  nicht  aufsclnvin-cn.  (diciall  in  dei-  heidnischen  Wissenschaft  scdiätzt  er  iiauj)ts;iehlich 
das  Formale,  (hb  Mat(,M-iale  tritt  für  ihn  mehi'  zurück.  (Janz  licsonders  ^-ilt  ihm  dieses  von  den- 
jenigen Disciplir.en,  die  ei"  mit  Hecht  sein  Fi,i;entum  nennen  konnte,  dei'  Kunst  der  disputatio 
und  eloquentia.  ihnen  liatte  er  das  Studium  und  die  Kraft  seines  Lebens  -vwichnet.  Die  F..i-m 
dei-s(dhen,  die  doch  das  Wesentliche  war.  hat  er  als  (dnist  soi'-faltii;-  Ix'ibehalten  und  in  den 
Dien.st  seiner  Keligion  gestellt,  (\n\  Inhalt  aber  mit  dem  Wechsel  seiner  i-eligi(>sen  Überzeugung 
verändert. 

Es  wiire  th.U'icht  zu  glauben.  Augustinus  habe  aus  Abneigung  gegen  die  religiösen  Wahn- 
vorstellungen und  den  sittlichen  Defekt  des  Heidentums  das  Interesse  für  die  (Jesehichte  und 
Kultur  seines  röimischen  Vateilandes  verloren  und  sei  ganz  in  einer  einseitigen  Wei'tschätzung 
des  Christentums  aufgegangen.  Es  hat  selten  einen  so  feurigen  Patrioten,  einen  so  entschied.^nen 
Anhänger  i'ö»mis.3lien  Wesens  gvgeben,  wde  ihn.  Wir  ^viss(Ml  das  aus  den  letzten  Tagen  seines 
Lebens,  als  die  Vr)lkerstürme  ül)er  X.»rdafrika  hereinbrachen.  Augustinus  hat  trotz  seinei-  enei- 
gisclien  Betonung  der  christlichen  Wahiiieit  nirgends  den  Versuch  gemacht,  die  Unterrichtsweise, 
wie  sie  damals  ;n  den  Schulen  hen'schte,  irgendwie  zu  ändern.  Niclit  nur  die,  welciie  ein  welt- 
liches Amt  bekleiden  wollen,  sondei'u  auch  die  Kleriker  müssen  nach  seiner  Meinung  diese 
Schulen  besuclu^n  (Boissier  L  249).  So  hart  Augustinus  in  den  Bekenntnissen  über  seine 
früheren  Studien  und  ihren  nichtigen  Inhalt  ui'teilt,  nirgends  unternimmt  ei'  den  Versuch,  der 
Juiiend  (las  Studium  der  weltlichen  Littei-atur  zu  vei-bieten.  8o  ist  denn  auch  die  mimische  Er- 
zielumg  nach  dem  E.rscheinen  der  doctrina  in  nichts  verändert  und  hat  noch  in  derselben  Form 
eine  Zeitlang  bis  zum  Untergange  ik's  röimischen  Staates  und  dem  Ausstei'ben  der  lateinischen 
Sprache  fortgedauert. 

Augustiiuis  erlebte  es  teilweise  noch,  wie  das  r.imische  Reich  in  Ti'ümnier  fiel  und  eine 
i^rovinz  mich  der  andei'n  eine  Beute  der  F>arbaren  wurde.  Auch  nach  Afrika  und  seinem  Bisch. ds- 
sitze  Hippo  Kegius  drangen  die  feindlichen  lloi-den.  Ihm  erschien  der  (Jedanke  unerti"ägli(di, 
unter  einem  vandalischen  K.uiige  zu  leben,  ci'  dachte  zu  i^imisch.  Unermüdlich  ernumterte  ci' 
di(!  Seinen  zum  Widerstand  und  betete  zu  (iott,  ihn  sterben  zu  lassen,  ehe  die  Katastrophe  eintivte. 
Gott  erhr>i-te  ihn,  Uner.schütterlich  lebte  in  ihm  der  (ilaube,  daß  diese  (ieisteskultur,  welche  er 
mehr  wie  ander.'  genossen  und  geschätzt  hatte,  unmr)glich  im  Bai-bai-entum  untergehen  k.inne 
(Bohssier  II,  450).     Auch   diesei-   sein   Wunsch   ist  erfüllt  worden,   mehr,   als  er  je  gedacht  hatte. 

Mit  einem  klassischen  Zeugnis  des  Hieronymus,  eines  Zeitgenossen  und  nahen  (ieistes- 
verwandten  Augustins,  über  den  Wert  der  klassischen  Bildung  für  den  Christen  möciite  ich 
diese  Arbeit  schließen.  In  einem  Biiefe  ad  Magnum  Oi-atorem  ui'bis  Komae  antwortet  ei-  auf 
die  Frage  des  Magnus,  warum  cj'  in  seinen  i^i-iefen  so  häufig  Beispiele  aus  weltlichen  Wissens- 
zweigen anführe  und  die  Keinheit  (candor)  der  Kirche  mit  dem  Schmutze  des  Heidentums  beflecke, 
folgendes  ^=):    Die  heilige  Schrift  enthalte  viele  Beispiele  von  Männern,  welche  heidnische  Wissen- 

*)  In  einem  andern  Briete  gieht  Hieron3^mus  seiner  Bewunderung  der  Klassiker  folgenden  Ausdruck: 
Mul]  ich  Lethe  trinken,  um  mich  nicht  mehr  an  die  Heiden  zu  erinnern? 


20 


>hat't  für    ilnv  Zwecke    verwandt    hättiMi. 


u 


nd   (»ratur  iiivictus  Verse   des  Kpinienides  und   3lenan( 


U.  a.   liabe  Tauliis,   dieser  ductor  christiani  oxcrcitus 


'AI  einem   !> 


ewtise    tl{'>< 


(Ilaul»eii; 


vei 


der  und  eine  Stelle  aus  Aratus  eitiert  und 
•wandt.     Weiterliin   heilU  es  dann:   „Cvprian,  ein  Mann,  groß 


(liirch    Px-reiUaiiikeit  und   Zeu.u'ennuit.  eini)findet  es   nach   seinen   eiuviien 


AVcrten  peinlich,  daß  er 


im  litteiari>clit'!i  Kam})fe  mit  seinem 
pheteii,  dif  i<'inT  als  unecht  verwir 
Dichtern,    deren   Aukteritat    sich    jent 


(1  r 


ro- 


(ie<'iier   Demetiius    mir  Zeiii:nisse    ans    Aposteln    und    1  i 
ft,    an.ireführt    hat    und    nicht   vielmehr  aus  Philosophen   und 
'r   als    Hei<le    nicht    iiiitte    wi( 


'(irpiiyriii- 


w  t 


^vd^'W   vi>n  Oriu'ene 


lersetzen   können.     Celsus   und 
Methodius,    Kusehius  und   Apollinai'is  bekämpft.     Liest  du  sie, 


irst  du   Uli-   im   Veruleich   mit  jenen   s( 


■hr  unwissend  finden   und   «dauben,  dal)  wir  uns  nach  so 


amrer   Mu!V   kaum.    •:lfich>am   im  Traum.    de>M 


11    rrinnern.    was   wir    a 


l)rr  Kaiser  diilian   hat  auf  dem  Zimc  u'e 


Ml  die  l'arther   7  liucher  uvu'en   die   Christe-n   i;vschi-iel>en 


Is    Knaben    i;;elernt   haben. 

hi'ieb 


Wen 


n  ich  es  ui 


itcrnehme.    uc'n'ii    ihn    zu    schreiben,    wii'st    du    es    mir 


untersaiien,    daß    ich    den 


wu 


tenden   Hund   mit  den   Lehren  der  Philos()])hie   um 


1  Stoiker,  d.  li.   mit  der  Keule  des  Herkules 


lila-eV     .)e>eplius.    da>  Altertum    des   jüdischen   Volkes  beweisend,   hat   2  Bücher   -egen   den 


e!'schhiu<'y     Jesej 
(rnimmatiker    Api 


( I 


aus 


Alexandria   u-eschriebeii.      Lr   fühi't   s<.    v 


iele   Zeugnisse   der  Heiden    an. 


dal)  ich 


n 


iclit  beureib'n   kann,    wie    dieser   heni-üisc 


h   -ebildcte   Mann    die    <;anze  Littei'atur  der 


(iriechen   studiert   liat.     Was  soll   ich   von  Philo  sagen.  ( 


Irii   die  Kritiker  einen  zweiten   Plato   oder 


J 


U( 


liscl 


len 


;ito   nennen.-' 


l^iadratus,  d(M'  Sehüler  der  Apostel   und  Priester  der  Kirche  zu  Athen, 


üherii:al)    ei-    nicht    dem 


Hadrian,   als   er   das  Heiligtum  zu 


Kleiisis  besuchte,   ein   Buch  für  unsre 


i{(dii:ion? 


ml    ei- 


fand 


eine   so 


alliremeine  Anerkennung.   ( 


laß)    sein    heri-licher  (ieist  der  harten 


\'erfoli:unu'  ein  Lnde   machte.     Der  Philosoph  Aristides,  ein 


beredter  Mann,  überreichte  demselben 


Fürsten   eine  \'rrteidiuunu'  der  Christen,   wc 


lehe  aus  den   Meinunuvn   der   Philosophen  zusammen- 


.lu>tinus,  elx'ufalls  Philosoi)li,  ahmte  ihm  nachher  nach  und  übergab  dem  Antiminus. 


L^^'esrellt   war 

meinen  Srdiiifn   und  dem  Senate  < 


■in   Buch  uviren  die  Heiden   u.  s.  w 


W 


[IS    so 


11    ich   von  Melito, 


A! 


)ollinai 


i>. 


Dinnvsius,    Tatian.    P.ardesanes  und   L'eniius  sagen,    die  gezeigt  haben,    von  welche 


'U 


IMiilosopheii  die  rrsju'ünge  der  einzi 


■Inen  Sekten  herrühren.     Pantiinus.  der  Philosoph  der  stoischen 


Seliule,    \\\\\ 
drien,    nach 
vei-künde. 


I  ( 


W( 


'U-en    seiner    voiv.üulichen  (ielehrsamkeit    v 


oll 


Demetiius,    Bischof    von  Alexan- 


L't 


■hickt.    damit  er  Christus  den   ]}rahmanen   und    i'hilosophen  dieses  Volkes 

Icr    rre>l)\ter  der   Kirche  zu   Alexandria.    nach    meiner  Ansicht    dei"   aller- 

dehrte^to.    M-hriel)    S   Bücher  strumata   und   eb.-nso\ielo   r.Torr.7(/>n//.-  und   ein   anderes  gvgen   die 


Indien    u'es( 


Klfineiis.    ( 


Heiden    und    :>   Bücher   des    Püda^^ogii: 
nicht  mitton   aus  der   Philosophie".-' 


W 


as 


i>t  an   diesen    uimelehrt.  oder   vielmehr,  was  stammt 


()ruines.   diesem   n 


aehahmeiid.   schrieb   zehn    mntniKtTfa^,   ( 


lie  Meinunuen  (U'r  Christen  und 


Pliil 


osonhen   ve 


r<dei<'hend,   und   erwies  alle   (ilaulx'ussii 


tze   unserer  PeliuMon    aus   Plato,  Aristoteles, 


Xumeniiis    und   Cornutus    nach.     Nach    einer    weiteren 


Aufzählunu'    vieler   namhafter,  christlicher 


Schriftsteller  heilU  es:    Diese   alle    füllen    ihre   Bücher   so    s( 


dir    mit  den   Lehren  dei"  l^hilosophie 


worül)er  man   sicii 


daß   ich  nicht  w(mI 

oder  die   Kenntnis  der  Stdirift. 

b'h  komme  zu  den  Lateinern. 


wundern 


so 


11,  über  ihre  Kenntnis  der  Bildung  ihrer  Zeit 


Sein  Apologetikus  und   seine 

Was  hat   Minucius  Felix   in  seinem  lynche  Oktavius  u 


AVas  iriebt  (n  Gelelirteres  und  Scharfsinnigeres  als  Tertullian? 
Bücher  «'•euen   die  Hei(h'n  eiitlialten   die  ganze   Bildung   seiner  Zeit. 


von 


den    Schriften    der    Fleiden    un 


Heiden  und  ebensovi( 
Wenn  man   ( 


nd  in  dem  andern  gegen  die  Mathematiker 
berü(d<sichtigt    gelassen?     Arnobius   hat    7   Büclier   gegen    die 
■le  Laktanz  uesciirieben,  welch(n-  2  J^üclier  de  ira  et  opificio  dei  verfaßt  hat. 


m 


Märtvrer  Viktorinns  m 


lie  liest,  in(")clite  man  einen  Auszug  aus  Dialogen  des  Cicero  in   ihnen  finden.     De 
a"-  in  seinen  Büchern  P>ildung  fehlen,  aber  es  fehlt  doch   nicht  das  Streben 


] 


21 

nach  I^ildung.  Wie  kurz  und  bündig  und  mit  welcher  Kenntnis  dei-  Dinge  und  mit  welch'  hei-r- 
lichen  Worten  und  Iidialt  beweist  Cyprian.  daß  die  Götzen  keine  Götter  sind!  Hilarius.  welcher 
Konfessor  nnd  P^ischof  zu  meiner  Zeit  war.  ahmt  P2  Bücher  des  Quintilian  nach,  sowohl  was 
Stil  als  was  Ftliythmus  anl)elangt.  und  zeigt  in  einem  kleinen  Buclie  gegen  Dioskui'us  Medicus. 
was  er  wissenschaftlich  leisten  kann.  Der  Presbyter  Juvencus  stellte  das  Leben  (\q^  Eib •..->. ms 
in  Versen  dar  und  trug  kein  Bed(Md<en,  den  hohen  Inhalt  des  Evangeliums  in  metrische  Fesseln 
zu  legen.     A'or   den  übrigen  schweige  ich.« 

Dies  beredte  Zeugnis  des  Hieronymus  dürfte  zur  weiteren  Illustration  der  Auffassung 
dienen,  mit  we  eher  die  Chorführer  der  chiistlichen  Peligion  in  jenei-  entscheidungsvollen  Epoche 
an  die  antike  Bildung  luM'antraten.  Der  Bund  zwischen  Clirist(Mitum  und  Antike  wurdi'  im 
vierten  Jahrhundert  nach  Clnistus  ein  definitiver,  und  die  heraufziehende  Zeit  des  .Alittelalters 
fand  beide  zu  lauernder  Verhindung  vereint.  Nur  so  können  wir  es  verstehen,  daß  die  christ- 
liche Kirche  (k^  Mittelalters  und  auch  der  Xeuzeit  stets  eine  Hütei'in  und  Pflegerin  der  antik(Mi 
l^ildung  gewesen  ist,  unter  deriMi  ßefruchtenden  und  segensreiclKMi  "Wirkuimen  innner  neue 
Foi-meii   unsrer  Kultur  und  gesamten  Geisteswissenschaften  sich  gebildet  haben.